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Full text of "Arbeitsmethoden für organisch-chemische Laboratorien"

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ibÄflasi 


GIFT 
Mr.   Eaton  M.  McKay 


Arbeitsmethoden 

für 


Organisch-Chemische  Laboratorien. 


Zweite  Auflage. 


Arbeitsmethoden 

für 

Organisch-Chemische 

Laboratorien 


Ein  Handbuch  für  Chemiker,  Mediziner  und  Pharmazeuten 

Von 

Dr.  Lassar-pohn 

Privatdocent  für  Chemie  an  der  Universität  Königsberg. 


Zweite,  rermehrte  und  verbesserte  Auflage. 

Mit  42  Figuren  im  Text 


Hamburg  und  Leipzig 
Verlag  von  Leopold  Voss 

1893. 


• ., 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


Druck  der  Verlagsanstalt  und  Druckerei  Actien-Gesellschaft 
(vormals  J.  F.  Richter)  in  Hamburg. 


Vorrede  zur  ersten  Auflage. 


Während  es  nicht  schwer  ist,  für  präparatives  Arbeiten 
auf  dem  Gebiete  der  anorganischen  Chemie  die  nötige 
Anleitung  und  die  geeignetsten  Vorschriften,  infolge  der 
meist  einfachen  Operationen,  selbst  in  kleineren  Hand- 
büchern zu  finden,  sieht  man  im  Gegensatz  dazu  in  den 
meisten  Lehrbüchern  der  organischen  Chemie  die  prak- 
tische Seite  des  Arbeitens  recht  stiefmütterlich  behandelt; 
ja  der  Unbefangene  raufe  aus  vielen  derselben  den 
Eindruck  gewinnen,  als  ob  der  praktischen  Ausführung 
der  in  den  kompliziertesten  Gleichungen  angegebenen  Um 
Setzungen  meistens  gar  keine  Schwierigkeiten  entgegen- 
stehen, die  Ausbeuten  an  den  nach  der  Gleichung  zu 
erwartenden  Körpern  den  sich  theoretisch  berechnenden 
gleichkommen. 

Es  kann  in  der  Theorie  kaum  etwas  Einfacheres  geben, 
als  die  Darstellung  von  Estern  —  Säure  und  Alkohol 
geben  unter  Wasseraustritt  einen  Ester  — ,  wer  aber  in 
der  Praxis  einen  solchen  darzustellen  versucht,  eine  so 
einfache  Umsetzung  im  Laboratorium  ausführen  will, 
findet  sehr  bald,  dafs  nur  unter  Einhaltung  ganz  be- 
stimmter Bedingungen  es  zu  erreichen  ist,  dafs  die  Um- 
setzung zwischen  diesen  Körpern  möglichst  quantitativ 
in  der  von  ihm  gewünschten  Weise  verlaufe. 


56073 


Ar 


IV  Vorrede  zur  ersten  Auflage. 

Dafs  die  organische  Chemie  die  Aufgabe  hat,  ebenso- 
gut möglichst  quantitativ  zu  arbeiten,  wie  die  anorganische, 
ist  eine  allseitig  anerkannte  Forderung,  und  dafs  es  in 
vielen  Fällen  zu  erreichen  ist,  beweisen  die  häufig  fast 
quantitative  Ausbeute  liefernden  Verfahren,  nach  welchen 
im  grofsen  organische  Körper  dargestellt  werden. 

Kann  eine  Reaktion  in  mehreren  Richtungen  zugleich 
verlaufen,  z.  B.  gleichzeitig  isomere  Körper  liefern,  wie 
bei  Verbindungen,  deren  Konstitution  auf  ringförmig  ge- 
bundene Atomgruppen  und  Atome  zurückgeführt  wird, 
so*  ist  natürlich  die  Summe  dieser  Isomeren  als  Ausbeute 
zu  betrachten.  Aber  wie  häufig  kommt  es  vor,  dafs 
Substanzen,  von  denen  statt  der  theoretischen  Menge  nur 
wenige  Prozente  erhalten  werden,  ohne  dafs  bekannt  ge- 
worden ist,  wo  vielleicht  90%  des  Ausgangsmaterials  ge- 
blieben sind,  als  das  eigentliche  Ergebnis  der  betreffenden 
Reaktion  angesehen  werden. 

Es  wird  auch  sehr  oft  gegen  den  Grundsatz  ver- 
stofsen,  die  Körper  womöglich  in  molekular  berechneten 
Mengen  aufeinanderwirken  zu  lassen,  um  Nebenreaktionen 
möglichst  auszuschliefsen.  Wie  alle  Regeln  hat  aber 
auch  diese  ihre  Ausnahmen,  namentlich,  wenn  man  sie 
in  dem  engen  Sinne  auffassen  will,  die  molekularen  Ver- 
hältnisse nicht  über  1  :  1  bis  etwa  1  :  4  berücksichtigen 
zu  wollen.  Wie  sehr  eine  andere  Auffassung  eines  Vor- 
ganges auf  die  schliefsliche  Ausbeute  an  der  gesuchten 
Verbindung  von  Einflufs  sein  kann,  möge  folgendes 
Beispiel  beweisen. 

Hofmann1  hatte  konstatiert,  dafs  bei  Einwirkung 
eines  Überschusses  von  weingeistigem  Ammoniak  auf 
Äthylenchlorid,    salzsaures   Athylendiamin    allerdings  nur 

1  B.  4.  667. 


Vorrede  zur  ersten  Auflage.  V 

in  einer  Ausbeute  von  etwa  5°/o  neben  komplizierter 
zusammengesetzten  Basen  erhalten  wird,  wenn  die  Ein- 
wirkung bei  einer  Temperatur  von  100 — 120°  vor  sich  geht. 
Kraut1  fand  bei  Wiederaufnahme  der  Versuche 
ebenfalls,  daß  bei  Einwirkung  von  21/*  bis  3  Mol. 
Ammoniak  auf  Äthylenchloiid  sich  nur  untergeordnete 
Mengen  von  Äthylendiaminsalz  bilden,  während  die  Menge 
des  gleichzeitig  gebildeten  Salmiaks  bis  73%  stieg.  Nun 
kann  nach  ihm  die  Umsetzung  nach  folgenden  3  Glei- 
chungen zwischen  den  Ausgangsmaterialien  verlaufen: 

C2H4C1,  +  2  NH8  =  C2H4(NH8 .  Cl)2 

2  C8H4C12  +  4  NH8  =  C4H8(NH2 .  Ci\  +  2  NH4C1 

3  Ca^Cl,  +  6  NH8  =  C6HM(NH  .  C\\  +  4  NH4C1. 

Da  nun  die  Darstellung  des  salzsauren  Äthylendiamins 
ohne  Bildung  von  Salmiak  verläuft,  die  des  Diäthylen- 
diamin-  und  Triäthylendiaminsalzes  aber  die  Entstehung 
von  54,04  oder  72,05  %  vom  Äthylenchlorid  an  Salmiak 
bedingt,  ist  offenbar  unter  den  angegebenen  Umständen  das 
anfänglich  gebildete  Äthylendiamin  wenigstens  grofsenteils 
weiter  verändert  worden. 

Aufserdem  hatte  Kraut  noch  beobachtet,  dafs  das 
aus  Äthylenchlorid  und  3  Mol.  Ammoniak  bei  Gegen- 
wart von  Weingeist  erzeugte  Produkt  nach  dem  Erkalten 
freie  Äthylenbasen  enthält,  indem  der  Prozefs  teilweise 
nach  der  Gleichung 

CjH^Cl,  +  4  NH8  =  (y^NH,),  +  2  NH4C1 
verläuft  Der  so  gebildete  Salmiak  bleibt  aber  nur  soweit 
erhalten,  wie  die  Gegenwart  des  Weingeistes  sein  Aus- 
krystallisieren  bewirkt,  im  anderen  Falle,  also  bei  An- 
wendung von  wässerigem  Ammoniak,  tritt  bei  Abdampfen 
seine  Salzsäure  wieder  an  die  im  Vergleich  zum  Ammoniak 


1  Ann.  212.  251. 


r  ersten  Auflage. 

weniger  flüchtige  Athyleubase.  Es  giebt  also  eine  erste 
Periode  der  Reaktion  von  Ammoniak  auf  Äthyl  euch  lorid, 
in  welcher  freies  Athylendiarain  und  freies  Ammoniak 
nebeneinander  vorhanden  sind.  Indem  sie  gleichzeitig 
auf  noch  unverändertes  Äthylenchlorid  wirken,  wird  einer- 
seits Äthylen  diamin,  andererseits  Diäthylendiamin  erzeugt. 
Je  gröfser  die  Anzahl  der  Ammouiokmoleküle  während 
der  ganzen  Reaktion  ist,  um  so  vorwiegender  wird  Äthylen- 
diamin  erhalten  werden,  um  so  mehr  wird  die  Bildung 
der  komplizierteren  Basen  zuriiktreten. 

Kraut  verwendete  deshalb  auf  1  Mol.  Äthylenchlorid 
etwa  18  Mol.  wässseriges  Ammoniak  von  33%  Am- 
moniakgehalt ,  welche  Mischung  er  5  Stunden  im  Ein- 
schufBrohr  auf  115° — 120°  erhitzte,  und  erhielt  so 
127,6%  vom  Gewicht  des  Äthyl enchlorids  an  salzsaurem 
Äthylen  diamin  gleich  95%  der  theoretisch  möglichen 
Ausbeute. 

In  neuerer  Zeit  sind  einige  spezielle  Werke  erschienen, 
welche  eine  Zusammenstellung  aller  der  Methoden  bringen, 
nach  denen  bestimmte  Körperk  lassen  gewonnen  werden 
können.  Aber  auch  sie  begnügen  sich  groisentheils  mit 
der  Angabe  der  Umsetzungsgleichungen.  Bei  den  zahl- 
reichen Litteratnrangaben,  die  sie  enthalten,  ist  es  aller- 
dings für  denjenigen,  dem  eine  gröfsere  Bibliothek  zur 
Verfügung  steht,  nicht  schwer,  sich  an  Ort  und  Stelle 
darüber  zu  informieren,  wie  in  dem  betreffenden  Falle 
zu  verfahren  ist.  Im  vorliegenden  Werke  sollen  dagegen 
im  speziellen  Teile  ohne  Bücksicht  auf  die  zur  Verwendung 
kommenden  Substanzen  einmal  diejenigen  Verfahren  im 
Zusammenhang  dargelegt  werden,  nach  denen  man  die 
Reaktionen  allgemeiner  Art,  wie  das  Sublimiereu ,  Nitrieren, 
Reduzieren,  Sulfoniereu  an  Körpern  irgendwelcher  Art 
ausführen  kann. 


Vorrede  zur  ersten  Auflage.  VII 

Es  wird  —  teilweise  an  Beispielen,  die  für  den  Zweck 
nicht  zu  entbehren  sind  —  gezeigt  werden,  wie  der  eioe 
oder  der  andere  die  Schwierigkeiten  eines  Spezialfalles 
überwunden  hat.  Natürlich  ist  es  nicht  möglich,  alle 
angewandten  Verfahren  wiederzugeben,  eine  gewisse  Aus- 
wahl ist  aus  leicht  verständlichen  Gründen  nötig,  und 
sind  im  folgenden  die  Methoden  der  deutschen  und  aus- 
ländischen Litteratur,  soweit  mir  dieselbe  zugänglich  und 
verständlich  war,  zusammengestellt. 

Unerschöpflich,  wie  das  Gebiet  der  Chemie  selbst, 
ist  auch  die  Art  und  Weise,  nach  welcher  man  arbeiten 
kann,  und  es  ist  durchaus  unmöglich,  das  Thema  ganz 
erschöpfend  zu  behandeln,  bringt  ja  jeder  Tag  neue  Ver- 
fahren. Doch  soll  für  diejenigen,  die  nicht  Gelegenheit 
gehabt  haben  oder  haben,  ausführlichere  Literaturstudien 
zu  machen,  zusammengestellt  werden,  was  sich  zur  Zeit 
etwa  in  ihr  an  zerstreut  und  regellos  aufgespeicherten 
Schätzen  der  Erfahrung  für  praktische  Ausführung  von 
Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der  organischen  Chemie  findet. 
Mancher,  der  z.  B.  mit  Zinn  und  Salzsäure  und  ähn- 
lichem alle  seine  Reduktionen  durchzuführen  sucht,  wird 
vielleicht  im  folgenden  öfters  eine  für  seine  Zwecke  geeig- 
netere Methode  finden,  oder  auf  sie  durch  ein  in  einem 
ähnlichen  Falle  angewendetes  Verfahren  hingeleitet  werden. 
Wirkt  das  Buch  anregend  und  trägt  dazu  bei,  den  Fach- 
genossen das  Arbeiten  zu  erleichtern,  so  ist  der  Zweck 
desselben  erreicht. 

Königsberg  i./Pr.,  im  Mai  1890. 

Der  Verfasser. 


Vorwort  zur  zweiten  Auflage. 


Die  günstige  Aufnahme,  welche  der  ersten  Auflage 
der  Arbeitsmethoden  zu  teil  geworden  ist,  war  ein  er- 
freulicher Ansporn,  an  ihrer  möglichsten  Vervollkommnung 
—  unter  Vermeidung  alles  überflüssigen  —  weiter  zu 
arbeiten. 

Neu  hinzugekommen  ist  nur  der  Abschnitt  „Dia- 
zotieren",  dessen  Einschaltung  mir  von  vielen  Seiten  als 
sehr  wünschenswert  bezeichnet  worden  ist. 

Eine  französische  Ausgabe  der  ersten  Auflage  ist  in- 
zwischen bei  Baudry  &  Co.  zu  Paris  erschienen  Zur 
Herausgabe  der  zweiten  Auflage  in  englischer  Sprache 
hat  sich  Herr  Prof.  A.  Smith  (Wabash  Colleg  Crawfords- 
ville  TL  S.)  gütigst  erboten,  und  wird  sie.  demnächst  bei 
Macmillan  &  Co.  in  London  erscheinen. 

Königsberg  i./Pr.,  im  Juni  1893. 


Inhaltsübersicht. 


Allgemeiner  Teil.  Seite 

Ausschütteln 1 

Bäder 11 

Destillation 13 

Einschlufsröhren 43 

Entfärbung  von  Flüssigkeiten 53 

Filtrieren 56 

Krystallisation 59 

Molekulargewichtsbestimmungen 83 

Schmelzpunktsbestimmungen 117 

Sublimation 121 

Trocknen  fester  Körper  und  Entwässern  von  Flüssigkeiten  125 

Spezieller  Teil. 

Bromieren 136 

Chlorieren 160 

Jodieren   198 

Fluorieren    217 

Darstellung  von  Salzen 220 

Diazotieren 247 

Estergewinnung 256 

Kaliumhydroxyd-(Natriumhydroxyd)-Schmelzen 271 

Kondensation 278 

Nitrieren . .  .* 326 

Oxydation 351 

Reduktion 409 

Sulfonieren 466 

Verseifen 484 

Einiges   über  Elementaranalyse,   sowie  Erkennung  und 
Bestimmung    des    Stickstoffs,   der  Halogene  und    des 

Schwefels  in  organischen  Körpern 494 

Sachregister 517 


Titelabkürzungen . 


A.  Pth.  =  Archiv    f.   experimentelle  Pathologie    u.   Pharma- 
kologie. 
=  American  Chem.  Journal. 
=  Annalen  d.  Chemie  und  Pharm acie. 
=  Annales  de  Chimie  et  de  Physique. 
=  Archiv  der  Pharmacie. 
=  Berichte  d.  Deutsch.  Chem.  Gesellsch. 
=  Bull.  d.  1.  Soc.  Chim.  de  Paris. 
:  Chemisches  Centralblatt. 
=  Chemical  News. 
:  Chemiker-Zeitung. 

:  Comptes  rendus  de  l'Acadäm.  des  sciences  (Paris). 
■•  Dinglers  polytechnisches  Journal. 
:  Deutsches  Reichs-Patent. 
=  Jahresberichte  ü.  d.  Fortschr.  d.  Chem. 
:  Journal  of  the  Chemical  Society. 
:  Journal  f.  prakt.  Chem. 
=  Monatshefte  f.  Chem.  Wien. 
:Pflüger8  Archiv  f.  d.  ges.  Physiologie. 
:Zeitschr.  f.  physiolog.  Chemie. 
:Zeitschr.  f.  analyt.  Chem. 
:Zeit8chr.  f.  Biologie. 
=  Zeitschr.  f.  Chemie. 
^Zeitschr.  f.  physik.  Chem. 


Am. 

Ch. 

Ann. 

Ann.  Ch. 

Ph. 

Ar. 

B. 

B.  Par. 

C. 

Ch. 

N. 

Ch, 

.  z. 

Cr. 

B 

D.  B 

.-P. 

J, 

B. 

J. 

Ch. 

J.  pr. 

Ch. 

M. 

Ch. 

P. 

Ar. 

Z. 

Z. 

A. 

Z. 

B. 

z. 

Ch. 

z 

.  P. 

Allgemeiner  TeiL 


Ausschütteln. 

Das  Ausschütteln  bezweckt  Substanzen,  welche  in 
einer  Flüssigkeit  gelöst  oder  suspendiert  sind,  aus  dieser 
in  eine  zweite  mit  der  ersten  nicht  mischbare  Flüssigkeit 
durch  Durchschütteln  überzuführen. 

Als  Apparat  für  Ausschüttelungen  und  Trennung  der 
beiden  Flüssigkeitsschichten  dient  im  allgemeinen  der 
Scheidetrichter. 

Schiff1  empfiehlt,  anstatt  seiner  Cylinder  mit  Hahn 
und  Stopfen  von  400  mm  Länge  und  60  resp.  30  mm 
Durchmesser  zu  nehmen,  in  denen  man  eine  grofse  Anzahl 
chemischer  Operationen  neben  dem  Ausschütteln  aus- 
führen, auch  das  Verhältnis  zwischen  der  zu  extrahieren- 
den Flüssigkeit  und  dem  Extraktionsmittel  genau  beurteilen 
kann. 

Für  das  Durchschütteln  sind  jetzt  auch  Laboratoriums- 
turbinen konstruiert. 

Als  Flüssigkeiten  werden  zum  Ausschütteln  benutzt: 
Äther,  Amylalkohol,  Benzol,  Chloroform,  Essigester, 
Petroläther,  Phenol,  Schwefelkohlenstoff,  Toluol. 

Von  der  verschiedenen  Löslichkeit  des  betreffenden 
Körpers  in  der  auszuschüttelnden  Flüssigkeit,  welche  fast 
stets  eine  wässerige  Lösung  ist,  und  von  dem  Extraktions- 


1  Ann.   261.    255. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.  2.  Aufl. 


2  Ausschütteln. 

material  hängt  es  ab,  wievielmal  das  Ausschütteln  zu 
wiederholen  ist.  So  extrahierte  Herb1  die  angesäuerte 
Lösung  einer  Tetrahydroterephtalsäure  dreifsigmal  mit 
Äther.  Im  allgemeinen  wird  man  gut  thun,  sich  durch 
Verdunsten  einer  Probe  des  zuletzt  Ausgeschüttelten  zu 
überzeugen,  ob  noch  lohnende  Mengen  aufgenommen 
werden. 

Lassen  sich  Körper  wässerigen  Lösungen  nach  diesem 
Verfahren  nur  schwer  entziehen,  so  kann  es  vorteilhaft 
sein,  die  Flüssigkeit  vor  dem  Ausschütteln  möglichst  ein- 
zudampfen. 

Der  vielverwendete  Äther  löst  sich  übrigens  selbst  in 
10  Teilen  Wasser,  während  z.  B.  ein  Teil  Schwefelkohlen- 
stoff 492  Teile  davon  für  seine  Lösung  beansprucht. 
Diese  Zahlen  haben  für  unseren  Zweck  nur  einen  ap- 
proximativen Wert,  da  ja  nicht  Wasser,  sondern  Salz- 
lösungen ausgeschüttelt  werden,  und  die  Löslichkeit  in 
letzteren  eine  jedenfalls  abweichende  ist. 

Ist  die  auszuschüttelnde  Flüssigkeit  von  dicklicher 
Beschaffenheit,  oder  schwimmen  feste  Teile  in  ihr,  welche 
den  Ablaufhahn  zu  verstopfen  drohen,  so  schüttelt  man 
die  zu  verarbeitenden  Flüssigkeiten  lieber  in  einer  stark- 
wandigen  Flasche  durcheinander,  giefst  nach  dem  Ab- 
setzen das  Klare  ab  und  bringt  erst  zuletzt  das  Ganze 
in  den  Scheidetrichter.  Wird  durch  das  Schütteln  die 
Flüssigkeit  emulsionsartig,  so  dafs  sie  sich  nicht  wieder 
in  zwei  Schichten  trennen  will,  so  kann  man  dies  oft  er- 
reichen, wenn  man  entweder  mehr  Lösungsmittel  oder 
mehr  Wasser  zugiebt,  je  nachdem  die  Probe  entscheidet. 
In  den  Fällen,  in  welchen  Äther  die  Emulsion  veranlafst, 
hilft  oft  die  Zugabe  von  Alkohol,  nach  welcher  das 
Gemisch  von  Alkohol  und  Äther  sehr  bald  klar  obenauf 
schwimmt,  wie  denn  überhaupt  alkoholhaltiger  Äther2 
öfters  dem  alkoholfreien  bei  Extraktionen  vorzuziehen  ist. 

Nach  Schröder3  erleichtert  beim  Ausschütteln  mit 
Essigester    die    Zugabe    von    Kochsalz    zur    wässerigen 


1  Ann.  258.  40.  —  2  Z.  7.  162.  -  8  Z.  3.  325. 


Ausschütteln.  3 

flUDg   die  Trennung  der  Schichten,    andere  empfehlen 
den  Zweck  Chlorcalcium. 

Es  giebt  jedoch  Flüssigkeiten,  die  sich  auf  keine  Art 
ausschütteln  lassen;  so  erstarren  z.  B.  schwach  angesäuerte 
Kla/ninchenurine  beim  Schütteln  mit  Äther  öfters  geradezu 
zu    «iner  Gallerte1,  und  da  sich  überhaupt  nur  selten  Harne 
dix-^kt   auf   diesem  Wege    extrahieren    lassen,    hat   sich, 
so 'weit  es  sich  um  die  Gewinnung  von  in  Äther  etc.  lös- 
HoTfcxen  Substanzen  aus  ihnen  handelt,   und   das  pflegt  ja 
böi    fast  allen  Fütterunffsversuehen  mit  Arzneimitteln  oder 
Chemikalien  der  Fall  zu  sein,  hinsichtlich  ihrer  Verarbei- 
tirrig  die  stets  von  neuem  mit  verschwindenden  Ausnahmen 
als     vorzüglich   bewährte  Praxis  herausgebildet,  jeden  zu 
uixt^rsuchenden  Harn   auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne 
zu-     dampfen  und  den  so  erhaltenen  Rückstand  mit  reich- 
liplxen  Mengen  kochenden  Alkohols   mehrmals   zu    extra- 
hieren.    Die   Gesamtmenge    des  Alkohols    betrage    etwa 
das    l1/«  fache  Volumen  vom  verarbeiteten  Urin.    Das  Un- 
gelöste besteht  dann  grofsenteils  aus  anorganischen  Salzen. 
Der  alkoholische    in    ein  Becherglas   gegossene    Extrakt 
klü:rt  sich  unter  Absetzung  von  Verunreinigungen,   resp. 
entsprechend  der  Tierspecies    und  ihrer  Ernährung,    von 
etwas  Harnstoff  im  Laufe  von  24  Stunden  so  weit,  dafs 
er     sich    leicht    filtrieren    läfst,    ja    der    von    Kaninchen 
stammende  setzt  seine   harzigen   Bestandteile   so   fest  an 
den  Wänden  des   Gefäfses  ab,    dafs   die   rötlich  gefärbte 
Lösung  ohne  weiteres  von  diesen  völlig  klar  abgegossen 
werden  kann.     Die  so   erhaltene   Flüssigkeit   wird   mög- 
lichst weit  eingedampft,    der  Rückstand  mit  Wasser  auf- 
gerührt und  nunmehr  dieses  wässerige  Magma  als  solches, 
oder  nach  dem  Ansäuern,  resp.  nach  Zugabe  von  Alkali, 

1  Merkwürdigerweise  ist  Äther  andrerseits  im  stände,  manche 
v/Ssserige  Emulsion  aufzuheben;  so  teilen  Krämer  und  Spilker 
(B.  24.  2788)  mit,  dafs  beim  Auswaschen  synthetisch  gewonnener 
Schmieröle  mit  Wasser,  ganz  wie  bei  Schmierölen  überhaupt,  sich 
leicht  Emulsionen  bilden,  die  sich  selbst  nach  tagelanger  Ruhe  in 
lauer  Wärme  nicht  trennen ,  aber  durch  Zusatz  von  Äther  über- 
«nraden  werden. 


4  Ausschütteln. 

auch  wohl  in  jedem  dieser  drei  Zustände,  mit  Atherr 
Essigester,  Amylalkohol  u.  s.  w.  ausgeschüttelt,  ohne  dafs 
jetzt  Emulsionsbildung  zu  befürchten  wäre. 

Man  kann  natürlich  aufser  nach  dieser  zumeist  zum 
Ziele  führenden  Methode  auch  noch  auf  ganz  anderen,  von 
dem  betreffenden  Experimentator  vorgezogenen  Wegen,  bei 
der  Verarbeitung  von  Urinen  vorgehen.  So  konstatierten 
Schmiedeberg  und  His1  z.  B.  den  Übergang  von  Pyridin 

OTT 

C5H5N  in  Methylpyridylammoniumhydroxyd  C5H5N<qH 

—  eine  der  merkwürdigsten  im  Tierkörper  beobachteten 
Synthesen  —  so,  dafs  sie  den  betreffenden  Harn  mit  Blei- 
essig und  Ammoniak  ausfällten  und  filtrierten.  Aus  dem 
Filtrat  entfernten  sie  den  Überschufs  des  Bleis  durch 
Schwefelsäure,  worauf  Kaliumquecksilberjodidlösung  einen 
bald  krystallinisch  werdenden  Niederschlag  hervorrief,  der 
sich  als  das  Doppelsalz  der  erwähnten  Base  erwies. 

Hat  man  wässerige  Lösungen,  welche  säurehaltig  (Salz- 
säure, Essigsäure)  waren,  ausgeschüttelt,  und  ist  die  Ex- 
traktionsflüssigkeit sauer  —  sie  darf  diese  Beaktion  aber 
natürlich  nicht  der  auszuschüttelnden  organischen  Ver- 
bindung verdanken  — ,  so  giebt  man  in  diese  Kaliumhydroxyd 
oder  vorsichtiger  Natrium-  oder  Kaliumkarbonat  bezw. 
Calciumkarbonat.2  Sind  in  den  Äther  organische  Säuren 
übergegangen,  so  entfernt  man  die  neben  diesen  vor- 
handene Salzsäure  resp.  Essigsäure  so,  dafs  man  die 
ätherische  Lösung  mit  viel  Wasser  durchschüttelt.  Die& 
nimmt  dann  die  Salz-3  resp.  Essigsäure4  fort.  Schüttelt 
man  jetzt  mit  verdünnter  Natriumkarbonatlösung  z.  B.,  so 
erhält  man  eine  wässerige  Lösung  des  gesuchten  organischen 
Natriumsalzes,  frei  von  Natriumchlorid  oder  Acetat.  Weit 
richtiger  wird  es  aber  sein,  sich  zum  Ansäuern  der  ur- 
sprünglichen Lösung  der  Weinsäure  und  ähnlicher  Säuren  zu 
bedienen,  die  überhaupt  nicht  mit  in  den  Äther  übergehen. 

Vertragen  ätherische  etc.  Ausschüttelungen  nicht  das 
Abdestillieren  des  Äthers,  was  bei  Alkaloiden  vorkommt* 


1  A.  Pth.  22.  255.  —  J  B.  25  3651.  -  3  B.  24.  2583. 
4  B.  25.  950. 


Ausschütteln.  5 

so  entfernt  man  ihn  durch  einen  starken  Luftstrom,  oder 
ist  auch  das  nicht  zuträglich,  so  läfst  man  ihn  im  Vacuum 
über  Schwefelsäure  und  Paraffin  verdunsten.1 

Ist  das  in  den  Äther  übergegangene  Produkt  mit  den 
Ätherdämpfen  sehr  flüchtig,  wie  es  z.  B.  Bamberger51 
beim  Dekahydrochinolin  fand ,  so  destilliert  man  den 
Äther  nicht  direkt,  sondern  unter  Benutzung  eines  Hempel- 
schen  Glasperlenaufsatzes  (siehe  Destillation)  ab. 

Salkowski3  fand,  was  auch  noch  mitgeteilt  sein  möge, 
dafs  Äther  beim  Ausschütteln  Spuren  von  Natriumsalzen 
einzelner  flüchtiger  organischer  Säuren  aufnimmt. 

Ein  ganz  ausgezeichnetes  Ausschüttelungsmittel  wäre 
der  Amylalkohol,  wenn  er  in  reinem  Zustande  leicht 
zugänglich  wäre.  Der  im  Handel  befindliche  enthält  aber 
Beimengungen,  die  bei  der  Extraktion  sowohl  saurer  wie 
alkalischer  Flüssigkeiten  verharzen,  welche  Harze  'die 
Reindarstellung  der  in  ihn  übergegangenen  Körper 
bedeutend  erschweren  können.  Wie  Udransky4  in  einer 
ausführlichen  Untersuchung  gezeigt  hat,  ist  es  hauptsächlich 
Furfurol,  welches  dem  Alkohol  diese  unangenehme  Eigen- 
schaft erteilt,  und  dessen  Entfernung  ist  nur  so  zu  erreichen : 
Man  führt  den  Alkohol  in  amylschwefelsaures  Kalium  über 
und  reinigt  dieses  durch  mehrfaches  Umkristallisieren. 
Zerlegt  man  dann  das  Salz  durch  fünfstündiges  Erwärmen 
im  Wasserbade  mit  zehnprozentiger  Schwefelsäure,  hebt 
hierauf  den  wieder  in  Freiheit  gesetzten  Amylalkohol  ab, 
entsäuert  ihn  durch  Schüttein  mit  Calciumkarbonat  und 
treibt  ihn  mit  Wasserdämpfen  über,  so  kommt  man  nun 
zu  einem  Produkt,  welches  ohne  jedwedes  Bedenken  zum 
Ausschütteln  benutzt  werden  kann.  Er  dient  bekannt- 
lich viel  zur  Gewinnung  von  Alkaloiden,  namentlich  jenen 
geringen  Mengen,  um  die  es  sich  in  Vergiftungsfällen  zu 
handeln  pflegt.  TJslar  und  Erdmann5  zeigten  zuerst, 
dafs  die  freien  Pflanzenbasen  in  ihm,  besonders  wenn  er 
im  heifsen  Zustande  zur  Verwendung  gelangt,  meist  sehr 


1  A.  Pth.  26.  242.  —  s  B.  23.  1144.  —  8  Z.  9.  493. 
4  Z.  13.  248.  —  5  Ann.  120.  121. 


6  Ausschütteln. 

leichtlöslich  sind  —  da  er  erst  bei  132°  siedet,  kann  man 
eben  auch  heiße  wässerige  Lösungen  mit  ihm  behandeln  — , 
und  andererseits  zeigten  sie,  dafs  diese  Lösung  selbst  an 
grofse  Quantitäten  Wasser,  zumal  wenn  dieses  alkalisch 
reagiert,  nichts  von  dem  Alkaloid  abgiebt.  Da  aber  die 
salzsauren  Alkaloide  in  Amylalkohol  schwer  löslich  sind, 
können  hernach  die  Pflanzenbasen  schon  durch  einfaches 
Schütteln  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  ihm  leicht  und  voll- 
ständig wieder  entzogen  werden. 

Läfst  sich  das  in  ihn  Übergegangene  nicht  durch 
Durchschütteln  mit  saurem  oder  alkalischem  Wasser  er- 
halten, so  destilliert  man  ihn  zur  Gewinnung  der  in  ihm 
gelösten  Substanz  aus  einem  Ol-  oder  Metallbad  ab.  Diese 
Operation  führt  man  auch  wohl  im  Vaacum  aus.1 

Wie  Bernthsen2  mitteilt,  gewinnt  man  Methylenrot 
aus  den  Methylenblau-Mutterlaugen,  indem  man  sie  mit 
Phenol  ausschüttelt.  Aus  der  mit  Alkohol  und  Äther 
versetzten  Phenollösung  fällt  es  dann  als  eine  krystallinische 
Masse  aus,  die  durch  mehrmaliges  Umkrystaliisieren  aus 
Alkohol  gereinigt  werden  kann. 

Wie  nicht  anders  zu  erwarten,  ist  die  Löslichkeit  der 
einzelnen  Stoffe  im  Ausscfeüttelmaterial  außerordentlich 
verschieden ;  so  löst  sich  1  Teil  Hippursäure  bei  20— 25^ 
in  200 — 270  Theilen  mit  Wasser  gesättigtem  Äther, 
während  er  nur  16—22  Teile  Essigesters  bedarf.  Bunge 
und  Schmiedeberg  haben  gezeigt,  dafs  man  auf  diesem 
Wege  die  Hippursäure  von  der  Benzoesäure  geradezu 
quantitativ  trennen  kann.  Schüttelt  man  nämlich  eine 
wässerige  Lösung  dieser  beiden  Säuren  mit  Petroläther 
aus,  so  geht  in  diesen  wohl  alle  Benzoesäure,  aber  keine 
Spur  Hippursäure  über.3  Und  vom  Solanin  ist  festgestellt,4 
dafs  es  aus  alkalischer  Lösung  nur  in  Amylalkohol  über- 
geht, aber  nicht  von  Äther,  Benzol,  Chloroform,  Essig- 
ester oder  Petroläther  aufgenommen  wird. 


1  B.  24.513.  —  2  Ann.  251.  5.  —  8  A.  Pth.  6.  237. 
4  Z.  A.  21.  620. 


Neumakn1  hat,  um  das  Arbeiten  mit  dem  Scheide- 
trichter zu  umgehen,  neuerdings  zwei  Apparate  konstruiert, 
die  die  Extraktion  kontinuierlich  selbstthätig  besorgen. 
Die  Beschreibung  des  einen  derselben  sei  hier  wieder- 
gegeben. 

Auf  dem  Wasserbade  bringt 
man  im  Kolben  B  den  Äther 
z.  B.  zum  Sieden.  Der  Äther- 
dampf geht  durch  die  Röhre 
c  nach  dem  Cylinder  D  in 
die  zu  extrahierende  Flüssig- 
keit. Der  entstandene  Ex- 
trakt sammelt  sich  auf  der 
wässerigen  Lösung.  Der  ver- 
dunstende Äther  wird  im 
Uli ckfluTskü hier  E  verdichtet. 
Hat  der  mit  dem  Extraktiv- 
stoff beladene  Äther  die  höchste 
Stelle  des  Rohres  /'  erreicht, 
so  wirkt  dieses  als  Heber  und 
führt  die  ätherische  Lösung 
in  den  Kolben  zurück.  Der 
Scheidetrichter  g  dient  zum 
Zulassen  derzu  extrahierenden 
Flüssigkeit,  und  der  Hahn 
/*  gestattet,  die  extraktfreie 
Flüssigkeit  abzulassen. 

Das  Dichten  von  Korken, 
die  Gefäße  mit  heiisem  Äther, 
Benzol  etc.  verschliefsen ,  ist 
bekanntlich  sehr  schwierig. 
Nbumann*  schlägt  als  Dich- 
tung Chromgelatine  vor,  die, 
nachdem  sie  dem  Licht  aus- 
gesetzt worden,  in  Wasser  und  den  obengenannten  Lö- 
sungsmitteln unlöslich  ist.  Man  bestreiche  die  zu  dich- 
tenden  Stellen   des   Apparates   deshalb   mit   Hülfe   eines 

1  B.  18.  3064.  —  *  B.  18.  30G4. 


8 


Ausschütteln. 


Pinsels  mit  dieser  Gelatine  und  setze  sie  zwei  Tage  lang 
dem  Lichte  aus.  Solche  Chromgelatine  bereitet  man  durch 
Lösen  von  vier  Teilen  Gelatine  in  52  Teilen  kochenden 
Wassers,  Filtrieren  und  Zusatz  von  einem  Teil  Ammonium- 
dichromat.  Die  hiermit  gedichteten  Stellen  schlie&en  ab- 
solut. Für  kleinere  Flüssigkeitsmengen  kann  auch  der 
viel  einfachere  ScHWARTZsche  Apparat  dienen. 

Im  Kolben  A  wird 
der  Äther  z.  B.  zum  Sie- 
den gebracht,  und  geht 
dessen  Dampf  durch  JB 
nach  dem  Vorkühler  G 
von  besonderer,  aus  der 
Abbildung  zu  ersehender 
Form,  an  den  sich  der 
eigentliche  Kühler  D  an- 
schliefst. Aus  dem  Vor- 
kühler C  läuft  der  ver- 
dichtete Äther  durch  eine 
am  Boden  der  zu  extra- 
hierenden Flüssigkeit  aus- 
mündende Röhre  E  in  den 
Rundkolben  JF,  dessen  seit- 
lich angeschmolzenes  und 
passend  gebogenes  Rohr 
ihn  wieder  nach  A  zurück- 
führt,  worauf  das  Spiel 


Fig.  2. 


von  neuem  beginnt. 

Die  zum  Ausschütteln  und  Umkrystallisieren  dienenden 
Flüssigkeiten  werden  auch  häufig  als  Lösungs-  und  Ver- 
dünnungsmittel verwendet,  um  Substanzen,  die  aufeinander 
reagieren  sollen,  in  gelöstem  Zustande  zur  Wirkung  zu 
bringen.  Man  nehme  als  Verdünnungsmittel  nicht  gar  zu 
niedrig  siedende  Körper.  Geht  eine  Reaktion  z.  B.  bei 
80°  am  leichtesten  vor  sich,  so  ist  die  Verwendung  des 
Benzols  der  des  Äthers  jedenfalls  vorzuziehen.  Nicht 
passend  gewählte  Lösungs-  bezw.  Verdünnungsmittel  ver- 
hindern manche  Reaktionen  überhaupt. 


Ausschütteln.  9 

Hofmann  und  Geiger,  Martius,  sowie  Nietzky  hatten 
das  Amidoazoparatoluol  vergebens  aus  Paratoluidin, 
welches  in  Alkohol  gelöst  war,  darzustellen  versucht, 
während  Nölting  und  Witt,1  indem  sie  die  Umlagerung 
des  Diazoamidoparatoluols  in  einer  Lösung  von  ge- 
schmolzenem Paratoluidin  vornahmen  (für  Diazoamido- 
benzol  war  schon  früher  Anilin  angewandt  worden),  ohne 
jede  Schwierigkeit  den  gesuchten  Amidoazokörper  er- 
hielten. 

Phenanthren  giebt  nach  Zetter2  verschiedene  Brom- 
derivate, je  nachdem  die  Einwirkung  in  Schwefelkohlen- 
stoff- oder  Ätherlösung  statthat,  und  Pinner3  vermochte 
mehrfach  gebromten  Aldehyd  nur  nach  Verdünnung  des 
Ausgangsmaterials  mit  Essigester  zu  erhalten,  während 
bei  Gegenwart  von  Schwefelkohlenstoff  oder  Chlorkohlen- 
stoff falsbare  Produkte  nicht  zu  erzielen  waren. 

Rinne  beobachtete4  bei  der  Darstellung  von  Cyanallyl 
aus  Jodallyl  und  Cyankalium,  dafs  bei  Anwendung  von 
Äthylalkohol  als  Verdünnungsmittel  eine  Verbindung  von 
Cyanallyl  mit  Alkohol  C3H5CN  +  C2S60  sich  bildet, 
welche  als  solche  bei  173 — 174°  siedet.  Als  er  Allyl- 
alkohot  nahm,  entstand  C3H5CN  +  3C3H60. 

Aufser  den  bereits  erwähnten  zu  Ausschüttelzwecken 
benutzten  Flüssigkeiten  dienen  natürlich  noch  viele  andere 
als  Verdünnungsmittel,  so  außerordentlich  oft  der  Eis- 
essig. Oder,  aber  weit  seltener,  z.  B.  das  Xylol;  so  gab 
Bischoff5  zu  90  g  Methylmalonsäureester  120  ccm  Xylol, 
und  erwärmte  das  Gemisch  alsdann  mit  11,5  g  Natrium 
am  Rückflufskühler,  und  das  gleiche  Verdünnungsmittel 
verwandte  Brühl,6  nachdem  die  Einwirkung  von  Natrium 
auf  mit  Äther  oder  Toluol  verdünntes  Borneol  sich  als 
ungenügend  erwiesen  hatte.  Auch  verdünnte  letzterer7 
/^Methylamidokrotonsäureanilid  mit  Benzoesäureester,  als 
es  zwecks  Benzoylierung  mit  Natronlauge  und  Benzoyl- 
chlorid  durchgeschüttelt  werden  sollte. 


1  B.  17.  78.  -  2  B.  11.  169.  —  8  Ann.  179.  68. 
4  B.  6.  389.  —  ö  B.  24.  1046.  —  6  B.  24.  3378 
'  B.  25.  1873. 


10  Ausschütteln. 

Während  bei  der  Einwirkung  von  Chioralhydrat  auf 
Derivate  des  Anilins  ganz  ungenügende  Ausbeuten  er- 
halten werden,  werden  diese  nahezu  quantitativ,  wenn 
man  Phenol  als  Verdünnungsmittel  für  das  Anhydrid 
anwendet.  Löst  man  z.  B.1  14  Teile  Chloral  (Anhydrid) 
in  9  Teilen  Phenol  und  läfst  in  diese  Lösung  12  Teile 
Dimethylanilin  einfliefsen,  so  krystallisiert  nach  24  Stunden 
das  Dimethylparaamidophenyloxytrichloräthan  in  reich- 
lichster Menge  aus.2  Auch  Glycerin,  Dimethylanilin, 
Naphtylamin  sind  für  unseren  Zweck  empfohlen  worden. 

Eine  ganz  andere  Art  der  Verdünnung  ist  die  nicht 
mehr  sehr  beliebte  Zugabe  von  Sand,  Talcum,  Koch- 
salz3 etc.  zu  Flüssigkeiten  und  festen  Körpern. 

Hbusler4  teilt  in  der  Beziehung  mit,  dafs,  nachdem 
er,  um  aromatische  Diazoamidoverbindungen  ohne  Gefahr 
einer  Explosion  zersetzen  zu  können,  anfangs  trockenen 
Sand  als  Verdünnungsmittel  angewandt  hatte,  .er  im 
flüssigen  Paraffin  ein  weit  bequemeres  Mittel  kennen 
gelernt  habe.  Übergiefst  man  z.  B.  Diazoamidobenzol 
oder  seine  Homologen  mit  der  acht-  bis  zehnfachen 
Gewichtsmenge  dieses  Materials,  so  löst  sich  beim  Er- 
wärmen die  Diazoamidoverbindung  auf,  und  bei  weiterem 
Erhitzen  findet  eine  durchaus  ruhige  Stickstoffentwicke- 
lung statt. 

Zum  Schlufs  mag  noch  erwähnt  sein,  dafs  manche 
feste  Körper  beim  Zusammenbringen  sich  gegenseitig  auch 
ohne  Anwesenheit  von  Lösungsmitteln  verflüssigen.  Reibt 
man  z.  B.  gleiche  Teile  Chioralhydrat  und  Kampfer  oder 
Menthol  zusammen,  so  erhält  man  ein  dickflüssiges  nicht 
mehr  erstarrendes  Liquidum.5 

Häufig  hat  man  Lösungen  anorganischer  Salze  auf 
alkoholische  Lösungen  wirken  zu  lassen.  Man  wähle,  da 
wässerige  Lösungen  der  ersteren  meist  zu  schlechten  Aus- 
beuten Veranlassung  geben,  womöglich  solche  Salze,  die 

1  D.  B.  P.  61551.  —  2  D.  B.  P.  49844.  —  •  B.  25.  3031. 

4  Ann.  260.  228. 

5  Tappeiner,  Arzneimittellehre.  Leipzig  1890.  S.  223. 


I 


Bäder.  11 

in  Alkohol  leicht  löslich  sind ;  statt  Brom-  oder  Jodkalium 
nehme  man  das  in  Alkohol  leicht  lösliche  Brom-  oder 
Jodnatrinm.  Für  Sulfocyankalium  bietet  das  in  Alkohol 
sehr  leicht  lösliche  von  Tscherniac1  zuerst  empfohlene 
Baryumsalz  einen  trefflichen  Ersatz.  Auch  Chlorkupfer, 
Chlorblei  und  essigsaures  Blei  sind  z.  B.  in  Alkohol  gut 
löslich,  und  Gabriel2  reinigte  unreines  Äthylmercapto- 
phtalimid  so,  dafs  er  zur  heifsen  alkoholischen  Lösung  eine 
neiüse  alkoholische  Lösung  von  Bleizucker,  welche  mit 
etwas  Eisessig  geklärt  war,  gab,  worauf  die  unlösliche 
Mercaptan-Bleiverbindung  ausfiel.  Eine  den  erwähnten 
Salzen  entsprechende  Cyanverbindung  zur  Vertretung  des 
Cyankaliums  scheint  nicht  bekannt  zu  sein,  vielleicht 
eignet  sich  das  kaum  untersuchte  Cyancalcium  dazu, 
Cyankalium  löst  sich  übrigens  in  siedendem  60%igen 
Alkohol  ziemlich  reichlich;  auch  ein  Gemisch  von  zwei 
Teilen  Alkohol  und  einem  Teil  wässeriger  Blausäure  ist 
als  Lösungsmittel  benutzt  worden.  Aus  der  konzentrierten 
wässerigen  Lösung  wird  es  jedoch  bekanntlich  durch 
Alkohol  gefällt.  Man  verwende  aber  ausschließlich  das 
sogenannte  100% ige  Salz,  da  das  dem  LiEBiGschen  Cyan- 
kalium beigemischte  cyansaure  Kalium  Veranlassung  zur 
Entstehung  meist  unliebsamer  Nebenprodukte  giebt. 


Bäder. 


Um  Körper  gleichmäfsiger,  als  es  über  der  freien 
Flamme  möglich  ist,  zu  erwärmen,  bedient  man  sich  der 
Bäder,  und  zwar  benutzt  man: 

Wasserbäder,  Kochsalzbäder,  Salpeterbäder  und  Chlor- 
calcinmbäder,  welche  letzteren  auf  die  Dauer  Kupfer 
stark  angreifen.  Gesättigte  Kochsalzlösungen  sieden  nach 
Geblach3  bei  108°,  gesättigte  Natriumnitratlösungen  bei 
120°,  gesättigte  Chlorcalciumlösungen  nach  Legrand4  bei 
180°.  Auch  Glycerin-5  und  Toluolbäder6  werden  benutzt. 


i 


Ä  16.  348.  —  -  B.  24.  1112.  —  8  Z.  Ä.  26.  427. 
Ann.  17.  34.  —  ö  Zeitschr.  anorg.  Chemie.  L  1. 
Titze,  Dissertation.  Greifswald  1890. 


12 


Bäder. 


Wasserbäder  hält  man,  wenn  angänglich,  durch,  eiuen 
seitlichen  von  der  Wasserleitung  gespeisten  Überlauf  auf 
dauernd  gleichem  Niveau,  um  ihr  Trockenbrennen  zu 
verhüten. 

Höhere  Temperaturen  erreicht  man  mit  Öl-,  Paraffin- 
oder  Schwefelsäurebädern.  Ihnen  sind  aber  Metallbäder, 
bei  denen  die  übelriechenden  Dämpfe  der  erateren  die 
scharfen  Dämpfe  der  letzteren  fortfallen,  so  dafs  man  es 
nicht  nötig  hat,  unter  Abzügen  zu  arbeiten,  bei  weitem 
vorzuziehen.  Sie  bestehen  aus  leicht  schmelzbaren  Metall- 
legierungen, für  höhere  Temperaturen  auch  geradezu  aus 
Blei,  welches  sich  in  einem  gul'seisernen  Gefäfse  befindet. 
SsaTH  und  Davies1  empfehlen  beim  Arbeiten  mit  ihnen, 
den  in  das  Metall  tauchenden  Teil  des  Kolbens  mit 
Lampenrufs  zu  bedecken,  wodurch  das  Blei  ihm  nicht 
anhaftet,  er  auch  weniger  zerbrechlich  werden  soll. 

Trockene  Bäder  sind  Schalen ,  welche  mit  wenig 
Sand,  wegen  dessen  sehr  schlechter  Warmeleitungsfiihigkeit, 
gefüllt  sind.  Man  benutzt  sie  unter  anderem  für  Rück- 
nufskühler ,  die  tagelang  in  Arbeit  bleiben  sollen,  auch 
wenn  diese  alkoholische,  resp.  ätherische  Lösungen  ent- 
halten, weil  eben  das  Nachfüllen  der  Waseerbäder  fortfällt. 
An  Stelle  des  Sandes  werden  auch  Graphit  und  Guß- 
eisen späne  benutzt. 

Ganz  ausgezeichnet  für  Zwecke  aller  Art  sind  Luft- 
bäder verwendbar,  und  zwar  speziell  in  der  ihnen  neuer- 
dings von  Lothar  Meter8  gegebenen  Form.  Eine  Be- 
schreibung derselben  kann  hier  übergangen  werden,  da 
man  sie  sich  kaum  anfertigen  lassen,  sondern  fertig  be- 
ziehen wird. 

Hat  man  auf  dem  "Wasserbade  Äther  und  ähnliehe 
leicht  Feuer  fangende  Stoffe  abzudampfen,  so  läfst  man, 
um  Entzündung  zu  vermeiden,  die  Flamme,  welche  das 
Bad  erhifzt,  innerhalb  eines  engmaschigen  Drahtnetzes 
brennen,  wie  es  bei  den  DAWscben  Sicherheitslampen 
im  Gebrauch  ist. 


1  ./.  C'/i.  1 


.  1.  4111. 


Destillation. 


13 


Destillation. 

Zweck  der  Destillation  ist  die  Trennung  flüchtiger 
von  nicht-flüchtigen  Körpern.  Zweck  der  fraktionierten 
Destillation  ist  die  Reindarstellung  von  Körpern  durch 
ihre  Ausführung  unter  genau  eingehaltenen  Bedingungen.1 


Fig.  3. 

Zu  destillierende  Flüssigkeiten  erhitzt  man  in  einer 
gläsernen  oder  metallenen  Retorte,  resp.  einem  solchen 
Kolben  und  benutzt  im  Laboratorium  ganz  allgemein  die 
von  Liebig  angegebene  Kühlvorrichtung  zum  Verdichten 
der  bei  der  Destillation  übergehenden  Produkte. 

Retorten  verbindet  man  mit  Kühlern  mittelst  eines 
Vorstofses,  durch  den  vermieden  wird,  dafs  die  über- 
gehenden Gase  längere  Zeit  mit  Kork  oder  Kautschuk 
in  Berührung  kommen. 

Kolben,  aus  denen  destilliert  werden  soll,  schmilzt 
man  womöglich  ein  seitliches  anfangs  aufwärts  gebogenes 


1  Die  besonderen  Vorsichtsmafsregeln ,  welche  die  Kein- 
darstellung  von  destilliertem  Wasser  erfordert,  finden  sich  in  den 
„Untersuchungen  über  die  chemischen  Proportionen"  etc.,  von  Stas, 
übersetzt  von  Aronstein.  Leipzig  1867.  S.  110,  sowie  auch  B.  24, 
1492.  angegeben. 


14 


Destillation. 


Rohr  an,  welches  eine  bequeme  Verbindung  derselben 
mit  dem  Kühlrohr  gestattet  und  die  Gase  ebenfalls  vor 
Berührung  mit  Kork  oder  Kautschuk  schützt.  Stellt  man 
die  Verbindung  des  Kolbens  mit  dem  Kühlrohr  durch 
ein  durch  den  Stopfen  des  ersteren  geführtes,  passend 
gebogenes  Glasrohr  her,  so  schneidet  man  dieses  schief 
ab,  und  damit  die  sich  an  dasselbe  anhängenden  Tropfen 
nicht  mit  übergerissen  werden,  versieht  man  es  ein  wenig 
über  dem  Ende  mit  einem  Loche,  welches  den  Gasen 
ungehinderten  Durchgang  gestattet. 

Um  die  Kühler  bequem  mit  der  Retorte  oder  dem 
Kolben  verbinden  zu  können,  darf  das  innere  Kühlrohr 
nicht  zu  eng  sein.     Da  aber  ein  Kühlrohr  um  so  besser 

seinen  Zweck  erfüllt,  je  enger  es 
ist,  bedient  man  sich,  um  beiden 
Forderungen  gerecht  zu  werden, 
etwa  folgender  Vorrichtungen. 

An  das  eigentliche  Kühlrohr, 
welches  beliebig  eng  gewählt 
werden  kann,  schmelzt  man  ein 
weiteres  Stück  Glasrohr  an,  welches 
dann  die  Verbindung  in  gewöhn- 
licher Weise  herzustellen  gestattet,  oder  man  legt  in  ein 
weites  Kühlrohr  ein  engeres  Rohr  von  passender  Dimen- 
sion, welches  an  beiden  Seiten  zugeschmolzen  ist,  und 
damit  es  nicht  der  Länge  nach  aufliegt,  an  verschiedenen 
Stellen  Höcker  trägt.  Um  sein  Durchfallen  durch  das 
Kühlrohr  zu  vermeiden,  ist  dieses  an  passend  gewählter 
Stelle  einseitig  eingedrückt.  Selbst  verhältnismäfsig  kurze 
Kühler,  durch  welche  Ätherdampf  grofsenteils  gasförmig 
durchgeht,  gestatten  nach  Einlage  einer  solchen  Röhre, 
diesen  rasch  ohne  Verlust  abzudestillieren. 

Bei  fast  allen  Destillationen  ist  es  nötig,  die  Tempe- 
ratur des  über  der  siedenden  Flüssigkeit  befindlichen 
Dampfes  zu  wissen,  und  alle  Siedepunktsangaben  beziehen 
sich,  falls  nicht  ausdrücklich  etwas  anderes  gesagt  ist, 
hierauf.  Daraus  folgt,  dafs  man  Thermometer  stets  so 
zu  befestigen  hat,  dafs  sie  sich  einige  Oentimeter  über 
der  siedenden  Flüssigkeit  befinden. 


Fig.  4. 


Destillation. 


15 


Viele  Flüssigkeiten  haben  die  Eigenschaft  während 
des  Siedens  zu  „stoßen",  plötzlich  stark  aufzuspritzen . 
Eine  schwache  Gasentwickelung  in  ihnen  pflegt  dies 
am  besten  zu  beseitigen,  und  so  giebt  man,  wenn  die  in 
Arbeit  befindlichen  Substanzen  es  vertragen,  in  saure 
Flüssigkeiten  ein  wenig  Natriumamalgam ',  in  alkalische 
etwas  Zink.  Ist  dies  nicht  anganglich,  so  wird  zur  Ver- 
meidung derartiger  durch  den  Siedeverzug  veranlagter 
Störungen  empfohlen,  in  die  Flüssigkeit  Platin  Schnitzel 
(auch  für  alkoholische  Lösungen  geeignet),  Thonstücke, 
Kapillarröhren,  Glasperlen,  Talk  zugeben;  nach  Kslbk* 
ist  ein  Stückchen  mit  Platindraht  beschwerten  Bimssteins 
ein  fast  unfehlbares  Mittel  dagegen.  Am  sichersten  scheint 
aber  das  von  Bischoff  und 
Hjblt*  angegebene  Verfahren 
zu  wirken.  Der  betreffende 
Bundkolben  wird  in  einen 
BABOschen  Trichter  gestellt 
und  bis  zu  einem  Drittel  des 
Halses  mit  Asbestpappe  seit- 


lich und   von    oben  umkleidet.     Der  durchlochte  Deckel 
dieser  Pappe  läfst  nur  den  Kolbenhals  herausragen. 


16  Destillation. 

In  ganz  anderer  Weise,  nämlich  durch  Einwirkung 
auf  die  Oberfläche,1  verhindert  Kunz*  das  Überschäumen 
wässeriger  Flüssigkeiten  bei  Destillationen,  und  zwar  mit 
Hülfe  von  ein  wenig  Paraffin,  welches  so  zur  Verwendung 
kommt,  da&  ein  der  Flüssigkeit  aufschwimmender,  peri- 
pherischer und  der  Kolbenwandung  anliegender  Paraffin- 
gürtel von  1 — 2  cm  Breite  entsteht,  in  dessen  Centrum 
dann  die  Flüssigkeit  ruhig  und  ohne  jedes  Schäumen 
siedet.  Scheiden  Lösungen  während  des  Siedens  festQ 
Substanzen  aus,  welche  durch  ihr  Ablagern  am  Boden 
das  Stofsen  veranlassen,  so  wird  ein  kräftiger,  die  Ab- 
lagerung  verhindernder  Grasstrom,  der  während  des  Kochens 
durchgeleitet  wird,  gute  Dienste  thun.  Auch  lassen  sich 
viele  Flüssigkeiten,  welche  beim  Erhitzen  über  freiem 
Feuer  stofsen,  aus  passend  gewählten  Bädern  ganz  ruhig 
überdestillieren. 

Unter  einer  fraktionierten  Destillation  versteht  man 
nun  eine  solche,  bei  der  immer  diejenigen  Teile  des  De- 
stillats aufgefangen  werden,  während  deren  Übergehens  das 
Thermometer  nur  innerhalb  geringer  Grenzen  geschwankt 
hat.  Durch  genügend  oft  wiederholte  Destillation  der 
Teile  gelangt  man  schliefslich  zu  einem  Produkt,  welches, 
während  das  Thermometer  längere  Zeit  nicht  mehr  oder 
kaum  seinen  Stand  änderte,  überging.  Man  ist  dann, 
abgesehen  von  verschwindend  wenigen  Ausnahmen,  durch 
die  fraktionierte  Destillation  zu  einem  chemisch  reinen 
Körper  gelangt. 

Wenn  möglich,  nimmt  man  Siedepunktsbestimmungen 
so  vor,  dafs  sich  das  Thermometer  bis  zur  angezeigten 
Temperatur  im  Dampfe  der  siedenden  Flüssigkeit  befindet, 
indem  man  Kölbchen  mit  genügend  hoch  angeschmolzenem 
seitlichen  Rohr  benutzt.    Das  läfst  sich  aber  nur  in  den 


1  Weit  weniger  bekannt,  als  es  verdient,  ist  auch,  dafs  der 
Schaum  auf  kalten  Flüssigkeiten,  sei  es,  dafs  er  von  einer  Kohlen- 
sänreentwickelnng,  sei  es,  dafs  er  vom  Schütteln  stark  .alkalischer 
Flüssigkeit  herrührt,  beim  Hinaufgiefsen  von  ein  wenig  Äther  sofort 
zusammenfallt. 

*  Ar.  1887.  632. 


Destillation.  17 

wenigsten  Fällen  bewerkstelligen,  meist  wird  ein  Teil 
des  Thermometers  aus  dem  Dampfe  herausragen,  und 
dann  ist  es  nötig,  für  diesen  Teil  eine  Korrektur  an- 
zubringen. 

Nach  Kopp1  verfahrt  man  dazu  folgendermafsen :  In 
den  Tubulus  der  Retorte,  in  welcher  z.  B.  die  Flüssigkeit 
erhitzt  werden  soll,  setzt  man  vermittelst  eines  durch- 
bohrten Korkes  das  Thermometer  ein  und  notiert  die 
Stelle  der  Thermometerskala  während  des  Destillierens. 
Ein  zweites  mittelst  eines  Stativs  verschiebbares  Thermo- 
meter bringt  man  mit  seiner  Kugel  dicht  an  die  Röhre 
des  eingesetzten  Thermometers  an  die  Mitte  des  Queck- 
silberfadens, welcher  bei  der  Siedepunktsbestimmung  in 
der  Thermometerröhre  über  den  Kork  herausragt.  Zweck- 
mässig ist  es  noch,  durch  einen  horizontalen  Schirm  dicht 
über  dem  Kork  den  Einflufs  der  Flamme  auf  die  den 
herausragenden  Quecksilberfaden  umgebende  Luft  zu  ver- 
mindern. Der  korrigierte  Siedepunkt  ist  dann  gleich 
T+N{T—  t)  0,000154,  wo  T  der  direkt  abgelesene 
Siedepunkt,  t  die  Temperatur  des  Hülfsthermometers  und 
N  die  Länge  des  herausragenden  Quecksilberfadens  von 
der  Mitte  des  Korkes  bis  zu  T  ist.  (Siehe  auch  im 
Kapitel  „Schmelzpunktsbestimmungen".) 

Der  Siedepunkt  jeder  Flüssigkeit  hängt  aber  auch 
von  dem  auf  ihr  lastenden  Atmosphärendruck  ab.  Nach 
Landolt2  ermäßigt  er  sich  in  der  Nähe  des  Normal- 
barometerstandes für  je  1  mm  Minderdruck  um  0,043°. 
Zur  Zeit  ist  es  mit  Unrecht  Gebrauch  anzugeben,  bei 
welchem  Luftdruck  der  betreffende  Siedepunkt  bestimmt 
ist,  statt  ihn  auf  den  Normaldruck  umzurechnen. 

StAdel  und  Hahn  3  haben  einen  Apparat  konstruiert, 
welcher  es  gestattet,  Destillationen  und  Siedepunkts- 
bestimmungen bei  beliebig  variiertem  Luftdruck  auszu- 
führen. Bei  der  Seltenheit  derartiger  Bestimmungen, 
abgesehen  von  den  Destillationen  im  stark  luftverdünnten 
Räume,  die  weiterhin  abgehandelt  werden  sollen,  soll 
hier   nur    auf   den  Apparat    hingewiesen    werden.      Die 


1  Ann.  94.  263.  —  *  Ann.  Suppl.  6.  175.    -  3  Ann.  195.  218. 

Lastar-Cohii,  Arbeitsmethoden.  2.  Aufl.  2 


lg  Destillation. 

Angriffe,1    welche   derselbe    erfahren    hat,    hüben    : 
unberechtigt  zurückgewiesen;  doch  hat  Schümann8  spät 
noch   Verbesserungen    desselben  angegeben. 

Betreffs  der  Thermometer  ist  folgendes  zu  erwähnei 
ZlNCKE3  bat  zuerst  zwecks  leichterer  Handhabung 
höher  siedende  Flüssigkeiten  Thermometer  zur  Benutzung 
empfohlen,  bei  denen  die  dicht  über  der  Kugel  beginnende 
Graduierung  bereits  100°  anzeigt,  wodurch,  ohne  die 
Thermometer  gar  zu  lang  zu  machen,  die  einzelnen  Grade 
nicht  zu  nahe  an  ein  anderfallen. 

Grabe*  hat  dann  Thermometer  zu  verwenden  vor- 
geschlagen, deren  Quecksilberfuden  ganz  von  Dampf  um- 
geben ist,  resp.  nur  wenig  aus  diesem  herausragt,  so  dal's 
der  Fehler  äuiserst  gering  wird. 

Mit  jedem  beliebigen  Thermometer  kann  man  dann 
auch  die  korrigierten  Schmelzpunkte  erhalten,  wenn  man 
es  mit  vier  genau  kontrollierten  vergleicht,  von  denen  das 
erste  bis  100"  ausreicht,  "bei  dem  zweiten  der  tiefste  Punkt 
bei  100°,  bei  dem  dritten  bei  210  bis  -MS"  (Siedepunkt  des 
Naphtalius),  bei  dem  vierten  bei  304  bis  300°  (Siedepunkt 
des  Benzophenos)  liegt.  Die  Vergteichung  ist  natürlich 
unter  möglichst  ähnlichen  Bedingungen  vorzunehmen. 

Anscbütz5  teilt  mit,  dafs  er  zur  Erzielung  einer  noch 
gröfseren  Genauigkeit  die  Thermometerskala  auf  sieben 
kurze  Thermometer  verteilt  habe,  deren  Grade  noch  in 
Fünftel  geteilt  sind,  wodurch  das  Herausragen  des  Queck- 
silherfadens  aus  dem  Dampfe  siedender  Flüssigkeiten 
wohl  immer  vermieden   werden  kann. 

Die  Verwendbarkeit  der  mit  Stickstoff  unter  Druck 
gefüllten  GEissLERsclien  Thermometer  reicht  bis  460° e, 
Schweitzer'  erwähnt  ein  GERHAKDTsches,  dessen  Skala 
sogar  bis  gegen  ö00°  sich  erstreckt. 

Ein  Vergleich  des  letzteren  mit  dem  Luftthermo- 
meter  —    ein    sehr    einfaches,    für    chemische    Arbeiten 


1  II.  13.  8:.H>.         -  I>a,,<,t.u<l.   An».  21-2.  -14.   -  3  Ann.  161.  95. 

'  Ann.  238.  320. 

"■  fiaiti/tntwn  unter  nniiinderlcm  Druck:    Bonn  1887.  S.  16 

c  Ann.  259.  10«  und  Arm.  264.  124.  —  '  Ann.  2G4.  194. 


Destillation. 


19 


geeignetes  haben  Meter  und  Goldschmidt  *  angegeben  — 
liefs  aber  bei  Temperaturen  von  über  400°  eine  Korrektion 
Ton  29°  notwendig  erscheinen. 

Die  neueren  elektrischen  Thermometer  werden  wol 
die  zur  Bestimmung  hoher  Temperatur  jetzt  bequemsten 
sein,  zumal  für  explosive  Substanzen,  da  die  abzulesende 
Skala  in  beliebiger  Entfernung  aufgestellt  werden  kann. 

Thermometer  werden  sehr  häufig  zerbrechen,  wenn 
man  sie  direkt  durch  Korke  oder  Kautschukstopfen  schiebt 
oder  nach  der  Benutzung  aus  denselben  herausziehen  will. 


A 


Um  das  zu  vermeiden,    bedient   man  sich  einer  an  die 
Stopfbüchsen  der  Maschinen  erinnernden  Vorrichtung. 

Durch  den  Stopfen  geht  eine 
Glasröhre  weit  genug,  um  das  Ther- 
mometer durch  dieselbe  durch- 
führen  zu  können.  Über  das 
äufsere  Ende  dieses  Rohres  zieht 
man  ein  nicht  zu  weites  Stück 
Gummischlauch,  welches  nach  dem 
Durchschieben  des  Thermometers 
dieses  festhält.  Mit  dieser  Vor- 
richtung kann  man  nach  voll- 
ständiger Montierung  der  Apparate 
das  Thermometer  leicht  in  die- 
selben einführen  und  ebensoleicht 
nach  beendeter  Operation  wieder 
entfernen.  Hat  man  komplizierte 
Destillationsapparate  zusammen- 
gesetzt, an  denen  sich  schliefslich 
eine  oder  mehrere  Stellen  als  nicht 
ganz  dicht  erweisen,  so  kann  man 
sich  so  helfen,  dafs  man  durch  den 
ganzen  Apparat  einen  schwachen 
Luftstrom  saugt,  durch  den  dann 
das  Austreten  von  Dämpfen  aus  ihm  zur  Unmöglichkeit 
wird. 


(Durch  den  Kork  des  Kolben» 
geht  ein  Stück  Glasrohr  at  6, 
durch  dieses  wird  das  Thermo- 
meter geschoben,  welches  durch 
ein  Stückchen  Kautschuk- 
schlauch  c   festgehalten   wird.) 


1  B.  15.  141. 


20  Destillation. 

Die  fraktionierte  Destillation,1  d.  h.  also  die  Tren- 
nung von  unzersetzt  flüchtigen  flüssigen  Gemischen  mit 
Hülfe  des  verschiedenen  Siedepunktes  der  in  ihr  enthaltenen 
chemischen  Individuen  läfst  sich  durch  gewifse  Vorrich- 
tungen unterstützen,  welche  den  Kolonnenapparaten  der 
Grofsindustrie  nachgebildet  sind;  manchmal  ist  sie  über- 
haupt nur  auf  diesem  Wege  zu  erreichen.2 

Auf  Veranlassung  von  V.  Meyer  hat  Kreis3  die  ver- 
schiedenen vorgeschlagenen  Apparate  auf  ihre  Wirksam- 
keit geprüft  und  ist  dabei  zu  folgenden  Resultaten 
gekommen : 

1.  Am  besten  bewährten  sich  für  fraktionierte  Destilla- 
tion von  Substanzen  mit  dem  Siedepunkt  gegen  100° 
der  LiNNEMANNsehe  Drahtnetzaufsatz  und  die  Hem- 
PELsche  Siederöhre.  Den  le  Bel- Henning  ERschen 
Apparat,  welcher  den  LiNNEMANNschen  durch  seitlich 
angebrachte  Abflufsröhren  zu  verbessern  trachtet,  erklärt 
er  für  zu  kompliziert  und  in  nichts  dem  ursprünglichen 
überlegen,  denn  es  sei  durchaus  kein  Fehler  desselben, 
dafs  man  das  Sieden  öfters  unterbrechen  müsse,  weil  die 
Platindrahtnetze  sich  mit  Flüssigkeit  füllen.  Durch  diesen 
öfteren  Stillstand  der  Destillation  wird  nämlich  der  leichter 
flüchtige  Bestandteil  sozusagen  abgeblasen,  und  man  er- 
reicht rascher  eine  Trennung. 

Die  HfiMPELsche  Vorrichtung  besteht  aus  einer  Röhre, 
die  mit  Glasperlen  gefüllt  wird,  und  verdient,  weil  sie 
leicht  herzustellen  und  ganz  aus  Glas  besteht,  vielleicht 
noch  den  Vorzug  vor  dem  LiNNEMANNschen  Aufsatz. 
Mit  dieser  Methode  erreicht  man  durch  eine  Destillation 
ein  Resultat,  zu  dem  man  bei  Anwendung  eines  Kolbens 
ohne  Aufsatz  zwölf  Destillationen  braucht. 

2.  Bei  Anwendung  des  WüRTZschen  Glaskugelauf- 
satzes erreicht  man  mit  sechs  Destillationen  ebensoviel, 
wie    bei   Destillationen   aus   dem  Kolben    ohne  Aufsatz 


1  Manche  nennen  sie  jetzt  gebrochene  Destillation.  Da  wäre 
es  aber  wohl  richtiger  sie  „gebrochenes  Überziehen"  zu  nennen, 
welch  letzteres  Wort  gesetzlich  für  das  Fremdwort  Destillation 
bei  uns  eingeführt  ist. 

2  B.  22.  607.  —  8  An.  224.  268. 


Destillation. 


21 


LINNKMANN.1 
(1,  2,  3y  4,  5,  6  sind  kleine  Körbchen  aus  Platindraht.) 


Die  Fällung  besteht  aus  Glasperlen. 


MB;<r.!ffa'.'.'.^K.a.  i  .:   •  .-  -  •■ 


HEMPEL.' 


WURTZ.* 


LE  Bel-hekninger.4 
(7,  2,  3,  4  sind  kleine  Körbchen  ans  Platindraht.) 


Kolbon  mit  Kugelaufsatz.6 
Fig.  8. 


1  Ann.  160.  195.  -  *  Z.  A.  20.  502.  —  3  Ann.  93.  108. 
4  Ä  7.  1084.  —  5  Ann.  224,  268. 


22 


Destillation. 


mit  zwölf  Destillationen.  Die  Wirkung  des  WüRTZschen 
Aufsatzes  wird  nicht  verändert,  wenn  man  statt  zwei 
vier  Kugeln  anwendet,  oder  die  Röhre  den  vier  Kugeln 
entsprechend  erweitert. 

3.  Auch  für  hochsiedende  Körper  ist  die  Destillation 
aus  einem  Kolben  mit  Kugelaufsatz  wesentlich  besser, 
als  aus  einem  Kolben  mit  verlängertem  Hals. 

Für    geringe    Sub- 
stanzmengen oder  solche 
Körper,  welche  Kork, 
Kautschuk  u.  s.  w.  an- 
greifen,  soll  man  nach 
Hantzsch1,  statt  einen 
besonderen  Glasperlen- 
aufsatz   auf  die  Frak- 
tionierkölbchen    aufzu- 
setzen ,   die   Glasperlen 
direkt  in   den   entspre- 
chend verlängerten  und 
verdickten    Hals    eines 
solchen  füllen  und  das 
Hinunterfallen  durch  ein 
bis  über  den  Bauch  des 
Kölbchens  eingeführtes 
Platin-     oder     Nickel- 
drahtnetz    verhindern. 
Auch  sonst  findet  man 
öfter  in   der  Litteratur 
die  Ansicht   ausgespro- 
Fig.  9.  chen,  dafs   Kolben  mit 

längerem ,  kugelförmig 
aufgeblasenem  Hals  solchen  mit  aufgesetzten  Kugeln  vor- 
zuziehen seien. 

Die  bessere  Zerlegung  eines  auf  dem  Wege  der 
Fraktionierung  zu  trennenden  Dampfgemisches  sucht 
Winssingee2  in  anderer  Art,  und  zwar  so  zu  erreichen, 
dafs  er  in  dieses  ein  unten  geschlossenes  Rohr  (Fig.  9)  hinein- 


\^ 


1  B.  16.  2642.  —  *  Ann.  249.  57. 


Destillation. 


23 


ragen  läfst,  durch  das  während  der  Destillation  Wasser 
oder  Quecksilber  in  einem  sehr  langsamen,  durch  einen 
Hahn  regulierten  Strome  cirkuliert.  Wasser  wird  bei  den 
unter  100°,  Quecksilber  bei  den  höher  siedenden  Flüssig- 
keiten verwendet.  Die  kleinste  Abänderung  der  durch- 
fliefsenden  Menge  veranlafst  sofort  ein  Steigen  oder  Fallen 
der  Thermometerskala,  und  durch  passende  Regulierung 
des  Zuflusses  soll  mit  voller  Sicherheit  die  Scheidung  der 
Dämpfe  bei  einer  bestimmten  Temperatur  zu  erreichen 
sein.  Nach  Claudon  *  erhöht  das  Umwickeln  des  inneren 
Rohres  mit  Drahtnetz  die  Wirksamkeit  des  Apparates,  der 
bei  seiner  Anwendung  stets  vor  äufserem  Luftzug  geschützt 
aufzustellen  ist,  noch  bedeutend. 

Hat  man  Destillationen  unter 
Durchleiten  eines  Gases,  wie  Wasser- 
stoffoder Kohlensäure,  auszuführen, 
so  bedient  man  sich  nach  Hofmann2 
eines  in  folgender  Weise  her- 
gerichteten Kolbens.  (Siehe  die 
Zeichnung.) 

Sind   Substanzen   längere  Zeit 
zu    erhitzen,   die    selbst    oder  von 
denen    ein    Teil    flüchtig    ist,    so 
nimmt  man   das  Sieden  in  einem 
Kolben    oder    einer    Retorte    vor, 
welche  mit  einem  Kühler  so  ver- 
bunden ist,  dafs  das  Verdampfende 
immer  wieder  zurückfließen  mufs. 
Will  manhierbei  den  Druck  im  Apparat  etwas  erhöhen,  so  ver- 
schliefst man  das  Kühlrohr  mit  einer  abwärts  gebogenen 
Glasröhre,  welche   man   bis   zu   einer   gewissen  Tiefe  in 
Quecksilber  eintauchen    läfst.      Handelt    es   sich    darum 
festzustellen,  ob  während  des  Prozesses  ausdem„Rückflufs- 
kühler"  Gase  entweichen,  so  verbindet  man  dessen  Ende 
mit   einem    mit     einer    geeigneten    Flüssigkeit    gefüllten 
LiBBieschen   Kugelapparat.     Andererseits    ist    es    oft  er- 
wünscht,   das  bei  einer  am  Rückflufskühler  ausgeführten 


Fig.  10. 

IIOFMANNscher  Kolben. 


1  B.  Par.  42.  613.  —  2  B.  6.  293. 


24 


Destillation. 


Operation  sich  bildende  Wasser,  trotz  der  Gegenwart  des 
Kühlers,  zu  entfernen.  Ephraim1  erreicht  das  so,  dafs 
er  um  das  Steigrohr  ein  Bleirohr,  durch  das  Dampf 
geleitet  wird,  führt.  Gabriel2  bog  das  Ende  eines  so 
hergerichteten  Luftkühlrohres  abwärts,  und  die  Menge 
des  abtropfenden  Wassers  liefe  zugleich  erkennen,  wie 
weit  die  Reaktion  gediehen  war.  In  ganz  ähnlicher  Art 
verfährt  Bischoff,  um  den  bei  der  am  Rückflufskühler 
ausgeführten  Verseifung  eines  hochsiedenden  Esters  ab- 
gespaltenen leicht  flüch- 
tigen Alkohol  sofort  aus 
dem  Reaktionsgemisch 
zu  entfernen.3 

Droht  sich  der  Rück- 
flufskühler  durch  eine 
in  ihm  erstarrende  Sub- 
stanz zu  verstopfen,  so 
giebt  man,  wenn  an- 
gänglich,  ein  für  diesen 
Körper  geeignetes,  ge- 
nügend leicht  flüchtiges 
Lösungsmittelzu.  Gott- 
schalk4 setzte  z.  B.,  als 
er  Pentamethylbenzol 
mit  Salpetersäure  oxy- 
dierte, um  die  im  Kühler 
erstarrenden  Kohlen- 
wasserstoffe    zurückzu- 

Kolben  mit  einem  Aufsatz  für  RQckflufskühlung    paschen,  dem  siedenden 
zum  Einbringen    auch    von    festen    Substanzen    (jremisch  (110  hierfür  nÖ- 
während  des  Betriebes.  tigeMengeBeUZolhinZU. 

Entwickelt  sich  während  des  Siedens  am  Rückflufs- 
kühler  ein  Gas,  oder  wird  ein  Gasstrom  durch  den 
[nhalt  des  Kolbens  geleitet,  so  wird  er  trotz  der  besten 
Kühlung,  der  Tension  der  Flüssigkeit  entsprechend,  etwas 
von  derselben  mit  fortführen.    Leitet  man  dann  den  Gas- 


Fig  11. 


1  B.  24.  1027.  —  *  B.   18.  3470.  —  3  B.  21.  2093. 
*  B.  20.  3287. 


Destillation.  25 

ström  nach  seinem  Austritt  aus  dem  Kühler  nachträglich 
durch  Wasser,  so  wird  dieses  den  gröüsten  Teil  des 
Mitgerissenen  zurückhalten.  Stellt  man  beispielsweise 
Chlorkohlenstoff  durch  Einleiten  von  Chlor  in  siedendes 
Chloroform  im  Sonnenlicht  dar  und  leitet  das  unabsorbiert 
entweichende  Gas  durch  Wasser,  so  scheidet  sich  in 
diesem  allmählich  ziemlich  viel  einer  schweren  Plüfsigkeit, 
«ein  Gemisch  von  Chloroform  und  Tetrachlorkohlenstoff, 
ab.  Die  infolge  ihrer  Länge  für  Bückflulszwecke  etwas 
unbequemen  LiEBiGschen  Kühler  lassen  sich  für  Metall 
nicht  angreifende  Flüssigkeiten  durch  die  recht  handlichen 
SoxHLBTschen  Kugelkühler  (siehe  die  BECKMANNsche 
Molekulargewichtsbestimmung)  ersetzen. 

Nach  Volhard  *  ist  es  zweckmäfsig,  ßetorteii,  welche 
lange  Zeit  ziemlich  hoch  am  Rückflufskühler  erhitzt 
werden  sollen,  aus  Kaliglas  zu  nehmen  und  deren  Bauch, 
wie  es  in  alten  Zeiten  üblich  war,  mit  einer  dünnen 
Schicht  von  Lehm  und  Sand  zu  überziehen.  Solche 
beschlagenen  Retorten  hat  er  wochenlang  im  Gebrauch 
gehabt,  während  nacktes  Glas,  zumal  das  gewöhnliche 
.Natronglas,  selten  mehr  als  eine  solche  Operation  aushält. 

Das  Beschlagen  führt  man  nach  Otto2  folgender- 
malsen  aus:  Man  verreibt  Lehm  oder  mageren  Thon 
mit  Wasser,  dem  ein  wenig  Soda  zugesetzt  ist,  zu  einem 
zarten  Brei  und  streicht  diesen  mittelst  eines  Pinsels 
oder  einer  Feder  auf  das  Glas.  Ist  der  Anstrich  trocken, 
so  wird  ein  zweiter  gemacht,  und  dies  genügt  meist, 
obgleich  der  Überzug  nicht  dicker  als  ein  Kartenblatt  ist. 
Beschlägt  man  die  ganze  Retorte,  so  läfst  man  zwei 
kleine  gegenüberliegende  Stellen  frei,  durch  welche  man 
die  Vorgänge  im  Innern  beobachten  kann. 

Winkler3  empfiehlt,  3  Teile  feingemahlene  Chamotte 
und  1  Teil  rohen  Thon  mit  käuflicher  Wasserglaslösung 
anzurühren  und  diesen  Schlicker  auf  das  zu  schützende 
Glas  aufzutragen.  Nach  dem  Trocknen  auf  dem  Sand- 
bade wiederholt  man  diesen  Anstrich  zwei-  bis  dreimal. 


1  Ann.  253.  207. 

*  Graham-Otto,     Lehrb.  der  Chemie.    4.  Aufl.  S.  127  u.  385. 

a  B.  24.  1971. 


26 


Destillation. 


Viele  Körper,  die  an  und  für  sich  wenig  oder  kaum 
unzersetzt  flüchtig  sind,  lassen  sich  durch  einen  Strom 
von  Wasserdampf  verflüchtigen,  eine  Methode,  die 
zugleich  für  viele  Fälle  die  bequemste  Trennung  der- 
artiger Körper  von  ihren  Begleitern  bildet. 

Man  verfährt  so,  dafs  man  durch  die  betreffende 
Flüssigkeit,  die  man  zweckmäfsig  selbst  im  Wasser-  oder 
Sandbade  erwärmt,  einen  Dampfstrom  leitet. 


Fig.  12. 


Diesen  entwickelt  man  am  besten  aus  einem  metallenen 
Kessel.  Mangels  eines  solchen  nimmt  man  einen  Kolben 
von  einigen  Litern  Inhalt,  füllt  ihn  halb  mit  Wasser  und 
giebt  nach  Zusatz  weniger  Tropfen  Schwefelsäure  mehrere 
Stückchen  Zink  hinein.  Während  des  Kochens  findet 
dann  eine  ganz  schwache  Wasserstoffentwickelung  statt, 
und  man  erhält  ohne  irgendwelches  Stofsen  einen  regel- 
mäfsigen,    stundenlang    vorhaltenden  Wasserdampfstrom. 


Destillation.  27 

Sollen  sich  leicht  durch  Oxydation  färbende  Pro- 
dukte, —  aromatische  Amido Verbindungen  z.  B.  —  mit 
Wasserdämpfen  übergetrieben  werden,  so  arbeitet  man 
im  Kohlensäurestrom ,  oder  nach  Bechhold1  wird  es 
angebracht  sein,  das  zur  Dampferzeugung  dienende 
Wasser  vorher  mit  Schwefelwasserstoff  zu  sättigen.  Nach 
Schultz  a  ist  es  in  manchen  Fällen  vortheilhaft,  um  un- 
gefärbte Körper  zu  erhalten,  der  zu  destillierenden  Flüssig- 
keit Tierkohle  zuzusetzen. 

Beschleunigt  wird  die  Destillation  im  Wasserdampf- 
strom, ja  in  vielen  Fällen  destillieren  die  Körper  über- 
haupt nur  über,  wenn  man  statt  des  gewöhnlichen 
Dampfes  diesen  in  überhitztem  Zustande  anwendet. 

Man  bewirkt  die  Überhitzung  so,  dais  man  den  Wasser- 
dampf durch  eine  kupferne  Spirale  (Fig.  12)  von  ca.  zehn 
Windungen  gehen  lässt,  welche  durch  einen  Vierbrenner 
erhitzt  werden.  Das  Kupferrohr  habe  etwa  5  mm  lichte 
Weite  bei  1,5  mm  Wandstärke  und  ein  hart  gelötetes 
Ansatzstück  zur  bequemen  Befestigung  des  Stopfens; 
seine  Spirale  sei  durch  Umwickehmg  eines  Dorns  von 
etwa  3  cm  Durchmesser  erhalten. 

Die  weitere  Verbindung  des  Apparates  kann,  wenn 
auch  Kautschuk  solche  Temperaturen  nicht  im  ent- 
ferntesten aushält,  meist  noch  durch  Korke  bewerkstelligt 
werden.  Versagen  auch  diese,  so  mufs  Speckstein  und 
ähnliches  aushelfen. 

Nur  bei  recht  empfindlichen  Substanzen  wird  es  nötig, 
mit  dem  Grade  des  Überhitzens  vorsichtig  zu  sein.  So 
erwähnt  Salkowski,  3  dafs  die  durch  Fäulnis  gewinn- 
bare Skatolkarbonsäure,  wenn  man  sie  auf  diesem  Wege 
überzutreiben  sucht,  zu  einem  beträchtlichen  Teile  ver- 
harzt, falls  der  Dampfstrom  zu  stark  überhitzt  ist. 

Es  ist  gut,  das  in  die  destillierende  Flüssigkeit 
tauchende,  am  Ende  etwas  gekrümmte  Glasrohr  aus 
schwer  schmelzbarem  Glase  herzustellen,  welches  weniger 
leicht  in  diesem  Falle  als  leichtschmelzbares  springt, 
wenn    es    auch    nach  längerem  Gebrauch  ebenso  spröde 


1  B.  22.  2378.  —  *  B.  20.  2721.  —  S.Z.  9.  493. 


28  Destillation. 

wird,  wie  dieses.  Das  zu  Destillierende  zu  erwärmen, 
ist  in  diesem  Falle  unnötig,  da  der  überhitzte  Dampf 
die  Temperatur  stets  auf  dem  der  gelösten  Salzmenge 
entsprechenden  Siedepunkt  erhält.  Will  man  diesen  mög- 
lichst hoch  haben,  so  giebt  man  deshalb  absichtlich  ein 
indifferentes  Salz  in  die  der  Verarbeitung  zu  unterwerfende 
Flüssigkeit. 

Häsin  ski1  hat  Versuche  über  fraktionierte  Destilla- 
tion im  Wasserdampfstrom  ausgeführt,  ohne  bei  den 
Petrolkohlen Wasserstoffen,  mit  denen  er  arbeitete,  günstige 
Erfolge  zu  erzielen.  Lazarus2)  hat  dann,  nachdem  Nau- 
mann gezeigt  hat,  dafs  mit  Wasser  nicht  mischbare 
Flüssigkeiten  im  Wasserdampfstrom  stets  bei  Tempera- 
turen sieden,  welche  unter  dem  Siedepunkte  des  Wassers 
liegen,  die  Versuche  wieder  aufgenommen.  Er  destillierte 
die  zu  fraktionierenden  Gemische  in  einem  nicht  zu  starken 
Dampfstrom  und  fing  das  Destillat  in  zwei  bis  drei  Par- 
tien auf.  Aus  einem  Gemisch  von  25  ccm  Toluol  und 
25  ccm  Nitrobenzol  erhielt  er: 

Fraktion  Temperatur        Volum      Gehalt  an  Toluol     Nitrobenzol 

1  90—95°      21  ccm  19  ccm  — 

2  95—98°        6     „  3,5  „  — 

3  98°      23     „  —    „  23  ccm 

Wiedergewonnen  wurden  also  22,5  ccm  Toluol  und 
23  ccm  Nitrobenzol.  Benzol  und  Toluol  liefsen  sich 
nach  der  Methode  nicht  mehr  scharf  sondern;  es  lassen 
sich  demnach,  wie  Lazarus  angiebt,  nur  solche  Flüssig- 
keiten gut  trennen,  deren  Siedepunkte  nicht  allzunahe 
bei  einander  liegen. 

So  gut  wie  mit  den  Dämpfen  des  Wassers  sind  nun 
manche  Körper  auch  mit  den  Dämpfen  anderer  Flüssig- 
keiten flüchtig,  ein  Verhalten,  das  ein  sehr  verwendbares 
Mittel  für  ihre  Trennung  und  Gewinnung  abgeben  kann, 
So  ist  nach  Bunzel3  das  Übertreiben  des  a-Pipecolins 
mit   Alkoholdämpfen    das  beste   Verfahren    zp.    dessen 


1  J.  pr.  Ch.  137.  39.  -  2  B.  18.  577.  —  8  B.  22.  1053. 


Destillation.  29 

Reindarstellnng,  und  völlig  reines  Nitropropylen  gewinnt 
man  nach  Askenasy  und  Victor  Meter  1  am  leichtesten, 
wenn  man  das  Material  im  Atherdampfstrom  schnell 
destilliert.  Auch  Acetonylaceton  z.  B.  ist  mit  Äther- 
dämpfen in  nicht  unbeträchtlicher  Menge  flüchtig.2  (Siehe 
auch  Seite  10.)  Bei  der  Darstellung  derartiger  Körper 
verwendet  man  natürlich,  wenn  es  sich  um  wiederholtes 
Ausschütteln  derselben  aus  Lösungen  handelt,  stets  den 
Äther,  weicher  bereits  zu  diesem  Zwecke  gedient  hat 
und  durch  Destillation  wiedergewonnen  wurde,  um  so 
dem  Materialverlust  auf  bequeme  Weise  zu  begegnen. 

Tr  ockene    Destillation. 

Unterwirft  man  organische  Körper  der  trockenen 
Destillation,  so  tritt  starker  Zerfall  ein.  Bis  gegen  das 
Jahr  1830  war  aber  die  Kenntnis  der  Vorgänge  kaum 
weiter  gediehen,  als  dafs  man  wufste,  dafs  hierbei  Wasser, 
teerartige  Öle  und  feste  Rückstände  erhalten  werden. 
Zu  der  Zeit  wurde  erkannt,  dafs  hierbei  die  organischen 
Substanzen  in  einfachere  Körper  zerfallen,  etwa  in 
Wasser,  Kohlensäure,  Kohlenoxyd,  feste,  flüssige  und 
gasförmige  Kohlenwasserstoffe  und  in  Kohle.  Anderer- 
seits teilte  aber  Saussure3  mit,  daJs  beim  Durchleiten 
von  Alkohol-  oder  Atherdämpfen  durch  glühende  Röhren 
sich  Naphtalin  bildet. 

Liebig  und  Dumas  fanden  dann  1832,  dafs  bei  der 
Destillation  essigsaurer  Salze  Wasser,  Kohlensäure  und 
Aceton  erhalten  wird,  und  Persoz4  entdeckte  die 
Bildung  von  Kohlensäure  und  Methan  bei  Zersetzung  der- 
selben Salze  unter  abgeänderten  Bedingungen.  Nachdem 
dann  noch  Mitscherlich5  1833  konstatiert  hatte,  dafs 
bei  der  trockenen  Destillation  benzoesaurer  Salze  gleiche 
Volumina  Benzol  und  Kohlensäure  —  beide  im  gas- 
förmigen Zustande  gemessen  — erhalten  werden,  ist  diese 
Operation  zu  einer  in  den  Laboratorien  sehr  häufig 
ausgeführten  geworden. 

1  B.  25.  1702.  —  *  B.  22.  169.  —  3  Gmelin.  4.  Aufl.  4.  552, 
4  Ann.  33.  181.  —  5  Ann.  9.  43. 


30  Destillation. 

Bei  der  trockenen  Destillation  verfehlt  man  im  all- 
gemeinen so,  dafe  man  die  Substanz  in  geringer  Menge 
ans  kleinen  Betorten,  ans  Kugelröhren,  oder  einfach  aus 
schwer  schmelzbaren  Glasröhren,  die  man  im  Ver- 
brennungsofen erhitzt,  destilliert.  Um  einem  unerwünschten 
Zusammensintern  vorzubeugen,  mischt  man  sie  mit 
Quarzsand  oder  ähnlichem.  Wieser  1  mischte  Guajakharz 
z.  B.  mit  Bimssteinstückchen.  Sehr  beachtenswert  ist 
der  Vorschlag  von  Jacobsex,2  dem  zu  Destillierenden, 
z.  B.  Kalksalzen,  Eisenfeile  zuzusetzen.  Durch  diesen 
Zusatz  werden  die  Übelstände,  welche  in  der  schlechten 
Wärmeleitungsfähigkeit  und  in  dem  Zusammensintern  der 
Kalkmischung  ihren  Grund  haben,  völlig  vermieden. 
Die  gleichmäßige  Destillation  vollendet  sich  bei  verhältnis- 
mäßig niedriger  Temperatur,  und  die  Glasretorten  können 
immer  wieder  für  neue  Operationen  benutzt  werden. 

Trockene  Destillationen  sind  in  der  Regel  sehr  zeit- 
raubend, weil  man,  um  gute  Ausbeuten  zu  erzielen,  nur 
kleine  Mengen  auf  einmal  destillieren  darf,  da  eine 
größere  Quantität,  um  sie  im  Innern  vollkommen  zu  er- 
hitzen, stark  überhitzt  werden  müfste.  Hierzu  trägt 
auch  die  Gestalt  des  gewöhnlich  hohen  länglichen 
Retortenbauches  bei. 

Dieser  Mifsstand  würde  vermieden  werden,  wenn  die 
zu  destillierende  Salzmischung  auf  einer  Platte  aus- 
gebreitet und  die  Destillationsprodukte  trotzdem  auf- 
gefangen werden  könnten.  Die  TER  MEERsche  Retorte  3 
entspricht  nun  möglichst  diesen  Bedingungen.  So  wurde 
ein  Gemisch  von  gleichen  Teilen  buttersauren  und  ameisen- 
sauren Kalkes  in  Portionen  von  je  50  g  destilliert,  und 
durch  20Destillationen  wurden270  g  Rohaldehyd  gewonnen. 
Lieben  und  Rossi4  hatten  früher  durch  100  Destillationen 
desselben  Gemisches  zu  je  10  g  aus  Glasretorten  etwa 
250  g  Rohaldehyd  erhalten.  Die  Einrichtung  der  Re- 
torte geht,  ohne  weiteres  aus  der  Abbildung  Fig.  13  (V* 
der  natürlichen  Gröfse)  hervor.     Nach  Mager5  läfst  sich 


1  M.  Ch.  1.  595.  —  *  B.  12.  429.  —  s  B.  9.  844. 
4  Ann.  158.  147.  —  5  Dissertation  Leipzig  1890. 


Destillation. 


31 


die  Ausbeute  bei  Verwendung  von  Glasretorten,  die  10 
bis  15  g  fassen,  dadurch  verbessern,  dafs  man  sie  mit 
einem  zerlegbaren  Eisenmantel  umgiebt,  durch  den  sich 
die  Wärme  gleichmäfsiger  auf  den  Inhalt  überträgt. 

Wenn  auch  zumeist  möglichst  trockene  Kalksalze  zur 
trockenen  Destillation  kommen,  um  das  000  der  Karbo- 
xylgruppe  aus  der  betreffenden  Säure  herauszunehmen, 
so  ist  das  mehr  ein  Herkommen,  als  ein  auf  bestimmten 
Gründen  beruhender  Gebrauch.  Die  Zumischung  von 
ebenfalls  scharf  getrocknetem  Oalciumkarbonat  zum  orga- 
nisch sauren  Kalksalz  soll  übrigens  die  Ausbeute  günstig 
beeinflussen. 


I     J 


Fig.  13. 

Auch  sei  darauf  hingewiesen,  dafs  nicht  immer  die 
an  verschiedene  Basen  gebundene  Säure  bei  der  trockenen 
Destillation  das  gleiche  Produkt  liefert.  So  bekamen 
Meyer  und  Hoffmeyer  *  bei  der  Destillation  von  Hydro- 
fluoransäure  mit  Kalk  Xanthon,  bei  Anwendung  von  Baryt 
oder  Natronkalk  erhielten  sie  aber  ein  ganz  anderes 
Derivat  dieser  Säure. 

Es  giebt   jedoch  auch  viele  Fälle,    in  denen  für  den 

vorliegenden    Zweck    die     Natrium-     oder    Kaliumsalze 

den  Erdalkaliverbindungen    überhaupt  vorzuziehen    sind. 

Und  als  Gros  je  an*   2  Teile   bei  120°   getrocknetes  un- 

decylensaures  Barium,  innig  gemengt  mit  1  Teil  pulver- 

f orangem  Natriumäthylat,  in    eine  Retorte    aus    schwer 


1  JB.  25.  2121.  —  2  B.  25.  478. 


32  Destillation. 

schmelzbarem  Glas  brachte,  erhielt  er  durch  Erhitzen 
des  Gemisches  unter  einem  Druck  von  50  mm  Decylen 
in  einer  Ausbeute  von  über  50  %  der  Theorie . 

Lellmann  und  Reüsch1  erhielten,  als  sie  ortho- 
chinolinsulfosaures  Natrium  mit  dem  fünffachen  Gewicht 
Cyankalium  bei  wenigen  Millimetern  Druck  destillierten, 
das  gesuchte  Orthocyanchinolin. 

Trockene  Silbersalze  werden  ebenfalls  häufig  destillirt, 
und  Kachler  2  hat  für  den  Verlauf  dieser  Operation  bei 
fettsauren  Silbersalzen  sogar  eine  allgemeine  Zersetzungs- 
gleichung zu  geben  versucht. 

Pechmann3  unterwarf,  da  das  trockene  Silbersalz  der 
Cumalinsäure  nicht  zugänglich  ist,  an  dessen  Stelle  das 
Quecksilberoxydulsalz  der  Destillation,  indem  er  je  20  g 
desselben  aus  kleinen  fabulierten  Retorten  im  Wasser  st off- 
strome  verarbeitete.  Die  Ausbeute  betrug  bis  30%  der 
Theorie  an  Cumalin  nebst  Cumalinsäure  und  Quecksilber. 

Destillation  im  luftverdünnten  Baume. 

Einen  grofsen  Fortschritt  in  der  Kunst  des  Destillierens 
bezeichnet  die  Ausführung  dieser  Operation  im  luftleeren 
Raum,  ein  heute  ohne  grofse  Mühe  durchführbares  Unter- 
nehmen ;  denn  viele  Körper,  die  beim  Druck  der  Atmo- 
sphäre nicht  mehr  unzersetzt  flüchtig  sind,  lassen  sich  im 
luftverdünnten  Räume  bekanntlich  unzersetzt  destillieren. 

Merkwürdig  ist  es,  dafs  gewöhnliche,  nicht  zu  grofse4 
und  gar  zu  dünnwandige  Siedekolben  und  Retorten,  wenn 
sie  zu  Destillationen  im  luftverdünnten  Räume  dienen, 
und  die  Luft  aus  ihnen  bis  auf  wenige  Millimeter  Druck 
ausgepumpt  ist,  durch  den  äufseren  Luftdruck  trotz  ihrer 
geringen  Stärke  im  Glase  so  gut  wie  niemals  zerdrückt 
werden. 

Man  kann  sich  also  der  gewöhnlichen  Glasapparate 
bedienen,    destilliere    aber    niemals    über   freier  Flamme, 


1  B.  22.  1391.  —  *  M.  Ch.  12.  339.  — s  Ann.  264.  305. 

4  Man  wähle  die  Betorten  und  Kolben  nicht  geräumiger  als 
von  ca.  einem  halben  Liter  Inhalt,  weil  bei  gröfseren  das  Springen 
schlief8lich  fast  zur  Regel  wird  (B.  24.  937.). 


sondern  stets  ans  Bädern.     Da  man  eine  gewisse  Vorsicht 

nicht  aufser  acht  lassen  soll,  wird  es  immerhin  gut  sein, 

zwischen  sich  und 

dem  Apparate 
einen   Glasschirm 
aufzustellen,  oder 
ihn    mit    Asbest- 
tuch zu  bedecken. 

Was  die  Opera- 
tion zu  einer  sehr 
schwierigen  macht 
ist,  dafs  während 
der  Destillation 
die  Flüssigkeiten 
im  Siedekolben 
derartig  stofsen, 
dafs  sie  mit  Leich- 
tigkeit     bis     ins 

Kühlrohr  ge- 
schleu  dertwerden. 
Anschütz1  maeht 
deshalb  mit  Recht 
in  seiner  Schrift 
darauf     aufmerk- 


sam, dafs  erst  die 
Erfindung    Ditt- 
hars     aus     dem 
Jahre  1869,  wel- 
che    den     Übel- 
stand      beseitigt, 
diese  Art  der  De- 
stillation  zu   einer   allgemein   brauchbaren   gemacht   hat. 
Dittmars     Verfahren     besteht   einfach    darin,      dafs 
während  des  Destillierens  ein  schwacher,  aber  kontinuier- 

Laboratorium. 


Arb«liim«tbodm. 


34  Destillation. 

lieber  Strom  trockenen  Gases  durch  die  siedende  Flüssig- 
keit gesogen  wird. 

Es  werden  jetzt  Kolben1  gefertigt,  in  welchen  ein 
geeigneter  Kapillarfaden  gleich  eingeschmolzen  ist.  In 
Ermangelung  dieser  wird  man  durch  den  doppelt  durch* 
bohrten  Stopfen  des  Rundkolbens  mit  seitlichem  Ansatz- 
rohr erstens  das  Thermometer  fuhren,  und  zweitens  eine 
Röhre,  deren  kapillare  Spitze  bis  möglichst  an  den 
Boden  des  Kolbens  reicht.  Am  andern  Ende  dieser 
Röhre  befindet  sich  ein  Kautschukschlauch,  der  einen 
Quetschhahn  trägt,  welcher  so  eingestellt  wird,  dafs 
während  der  Destillation  fortwährend  ganz  feine  Bläschen 
durch  die  Flüssigkeit  aufsteigen.  Ist  Luft  ungeeignet, 
so  läfst  man  Wasserstoffgas  oder  Kohlensäure  eintreten. 
Man  verwendete  bisher  des  Dichthaltens  halber,  wenn 
möglich,  keine  Kork-,  sondern  nur  Kautschukstopfen  bei 
der  Zusammenstellung  des  Apparates,  doch  teilt  jetzt 
Brühl2  mit,  dafs  zum  Dichten  von  solchen  Kork- 
verschlüssen dicke  Kollodiumlösung  die  besten  Dienste 
thut.  Die  Korke  werden  durch  diese  wie  glasiert  und 
absolut  luftdicht.  (Siehe  Seite  7.) 

Es  empfiehlt  sich  nach  Hell  und  Jordan  off3  bei 
Benutzung  von  Kautschukstopfen  das  zu  einer  Kapillare 
ausgezogene  Rohr,  durch  eine  besondere  Klammer  fest- 
zuhalten, indem  es  öfters  vorkommt,  dafs  diese  Glas- 
röhre während  der  Destillation  infolge  des  Erweichens 
des  Kautschuks  in  die  Retorte  hineingeprefst  wird,  wodurch 
ihre  Kapillare  abgebrochen  und  die  im  schönsten  Gange 
befindliche  Destillation  auf  das  störendste  unterbrochen  wird. 

Betreffs  der  Thermometer  gilt  das  bei  der  gewöhn- 
lichen Destillation  bereits  Gesagte. 

Im  allgemeinen  ist  es  unnötig  Kühler  anzuwenden, 
man  verbindet  die  Retorte  direkt  mit  der  Vorlage,  welck^s 
man  in  Eiswasser  legt;  höchstens  schaltet  man  ein  Gla»~s 
röhr  als  Luftkühler  ein. 

Die  zumeist  benutzten  Wasserluftpumpen  könn^s 
bei  unvorsichtiger  Handhabung    oder    durch    sonst  ein^« 


1  B  24.  597.  —  2  B.  24.  3375.  —  3  B.  24.  937. 


Destillation.  35 

Zufall  Veranlassung  dazu  geben,  dafs  Wasser  bis  in  den 
Apparat  zurücktritt.  Jedenfalls  ist  es  gut,  eine  Vor- 
richtung einzuschalten,  wie  sie  im  Königsberger  Labora- 
torium im  Gebrauch  ist,  die  dies  Vorkommnis  völlig  und 
selbstthätig  ausschliefst,  und  die  im  Gegensatz  zu  Ventilen 
niemals  versagen  kann.  Sie  besteht  aus  folgendem:  Von 
der  Luftpumpe  geht  ein  Rohr  durch  einen  Stopfen  bis 
in  den  Hals  einer  Flasche,  welche  Quecksilber  enthält, 
und  durch  die  zweite  Durchbohrung  des  Stopfens  geht 
ein  Rohr  bis  unter  das  Quecksilber.  Die  Länge  dieses 
zweiten  Rohres  betrage  mindestens  einen  Meter.  Mit 
ihm  wird  der  zu  evakuierende  Apparat  verbunden.  Hört 
die  Wirksamkeit  der  Pumpe  selbst  ganz  plötzlich  auf, 
so  wird  das  Quecksilber  etwa  760  mm  in  dem  zweiten 
Rohr  in  die  Höhe  steigen.  Da  dieses  aber  einen  Meter 
lang  ist,  kommt  nichts  davon  in  den  evakuierten 
Destillationsapparat,  dessen  Inhalt  somit  niemals  durch 
eine  Unregelmässigkeit  der  Luftpumpe  gefährdet  ist. 

Den  Druck  im  Apparat  liest  man  an  einem  ab- 
gekürzten Quecksilberbarometer  ab.  Das  Quecksilber  des- 
selben wird,  wenn  es  bei  unvorsichtiger  Handhabung  des 
Apparates,  also  beim  plötzlichen  Aufheben  des  Vacuums 
an  die  obere  Glaskuppe  schlägt,  diese  sehr  häufig  ab- 
sprengen und  umhergeschleudert  werden.  Eine  kleine 
Vorrichtung  hat  es  ermöglicht,  dafs  dieses  früher  bei  Be- 
nutzung des  Apparates  durch  Ungeübte  sehr  häufige  Vor- 
kommen seit  Jahren  nicht  mehr  eingetreten  ist.  Man 
läfst  nämlich  das  Glasrohr  ein  wenig  unterhalb  der  Kuppe 
sich  sehr  stark  verengen,  so  dafs  das  Quecksilber  nun 
nicht  mehr  mit  voller  Kraft  gegen  diese  schlägt,  sondern 
sich  vorher  durch  die  Verengung  hindurchzwängen 
muß.  Eben  solche  Einschnürung  bringt  man  auch  am  Rohr 
dicht  über  dem  Quecksilberspiegel  in  der  Flasche  an, 
damit  nach  Abstellung  der  Pumpe  es  nicht  zu  plötzlich 
in  ihm  emporschnelle. 

Meistens  ist  es  Gebrauch,  bei  so  niedrigem  Druck,  als 
die  Luftpumpe  herzustellen  gestattet,  zu  arbeiten,  doch 
sind  die  Ansichten  über  die  zweckmäßigste  Erniedrigung, 
deren  man  sich  bedienen  soll,  noch  geteilt. 


<A* 


36  Destillation. 

Krafft1  empfiehlt  speziell  unter  einem  Druck  von 
100  mm  Quecksilber  zu  arbeiten,  in  dessen  Höhe  gering- 
fügige Schwankungen  desselben  weit  weniger  auf  den 
Stand  des  Thermometers  influieren,  als  bei  sehr  kleinen 
Pressionen,  und  unter  welchem,  wie  er  bemerkt,  aufserdem 
das  im  letzteren  Falle  bereits  ganz  besondere  Vorsicht  zu 
seiner  Vermeidung  erfordernde  Stofsen  siedender  Flüssig- 
keiten kaum  jemals  auftritt,  der  aber  zur  vollständigen 
Schonung  vieler  Körper  bereits  tief  genug  liegt.  Um  die 
Pressionen  stets  bis  auf  mindestens  0,1  —  0,5  mm  genau 
im  Apparat  wiederherstellen  zu  können,  schaltet  er  an 
passender  Stelle  zwischen  Apparat  und  Luftpumpe  eine 
starkwandige  Flasche  (Fig.  15)  ein,  welche  bei  genügender 
Gröfse  zugleich  den  Gang  etwa  ausnahmsweise  unregel- 
mäfsig  arbeitender  Luftpumpen  nahezu  vollkommen 
reguliert,  die  also  sozusagen  als  Vacuumreservoir  fungiert. 
Kommuniziert  nun  dieser  Raum  mit  der  Atmosphäre 
(resp.  einem  Wasserstoffgas-  oder  Kohlensäuregasometer) 
vermittelst  eines  mit  zwei  Hähnen  versehenen  Apparates, 
deren  äufserer  in  eine  feine  Spitze  endigt,  so  vermag  man 
mit  geringer  Übung  jeden  beliebigen  Stand  des  Mano- 
meters zu  fixieren,  zumal  wenn  man  den  Wasserzufluüs 
der  Pumpe  schon  ungefähr  auf  den  betreffenden  Druck 
eingestellt  hat,  und  dieser  Stand  bleibt  stundenlang  un- 
verändert. 

Nach  Kahlbaum2  jedoch  gelangt  man  zur  vollen 
Ausnutzung  der  Vorteile  der  Destillation  im  luftverdünnten 
Räume  erst  dann,  wenn  der  Druck  auf  oder  unter  25mm 
gesunken  ist. 

Diese  Art   der  Destillation    war    anfangs    auch   noch 
dadurch  sehr  unbequem,  dafs  bei  Fraktionierungen,    und 
um  solche    handelt    es    sich    doch  meistens,  der  Apparat 
für  jeden  Wechsel  der  Vorlage  ganz  auseinandergenommen 
werden  mufste.     Von  den  vorgeschlagenen  Hülfeapparate 
die  dies  unnötig    machen    sollen,    ist    der    von  Lotha^h 
Meyer  3  jedenfalls  derjenige,  der  seine  Aufgabe  am 

1  B.  15.  1692. 

*  Siedetemperatur  und  Druck.  Leipzig  1885.  S.  72. 

3  B.  20.  1834. 


Destillation.  37 

erfüllt,  zumal  das  Destillat    nicht   wie  bei  anderen  nötig 
hat,  durch  Hähne  zu  passieren. 

Das  Gefefs  A  (Fig.  15)  steht  durch  einen  schrägen, 
etwa  16  mm  weiten  Ansatz  mit  dem  unteren  Ende  des 
Kühlers  B  in  Verbindung.  In  das  obere,  ebenfalls  etwa 
16  mm  weite  Ende  von  A  ist  mittelst  eines  guten,  sehr 
weichen  Korkes  die  Glasröhre  C  eingesetzt,  deren  unteres, 
schräg  abgeschnittenes  Ende  in  das  untere  verengte  Ende 
von  A  bei  a  gut  eingeschliffen  ist.  Unterhalb  dieses 
Schliffes  ist  A  wieder  etwas  erweitert,  um  dann  konisch 
nach  unten  auszulaufen,  wo  es  ebenfalls  schief  abge- 
schnitten ist.  An  dieses  konische  Ende  lassen  sich  Vor- 
lagekolben D  von  beliebiger  Halsweite  ansetzen.  Das 
Rohr  G  ist  oben  rechtwinkelig  umgebogen,  trägt  im  wage- 
rechten Teile  den  Schwanzhahn  c  und  läuft  dann  in 
einen  Schlauchansatz  aus.  Ein  ganz  ähnlicher  Hahn  b 
ist  seitwärts  an  A  angesetzt.  Statt  dessen  genügt  auch 
ein  einfacher  Hahn  oder  gar  nur  ein  Schlauchansatz,  doch 
ist  der  Schwanzhahn  nützlich  für  den  Fall,  dais  ein 
übersteigen  der  Flüssigkeit  drohen  sollte,  dem  man  durch 
vorsichtiges  Einlassen  von  Luft  begegnen  kann.  Nach- 
dem alles  zusammengesetzt,  werden  die  beiden  Hähne  b 
und  c  mittelst  enger,  dickwandiger  Gummischläuche  (1  bis 
2  mm  lichte  Weite,  3  bis  4  mm  Wandstärke)  mit  dem 
Dreiwegrohr  E  und  dieses  wieder  mit  Manometer,  Luft- 
pumpe etc.  verbunden.  Nachdem  die  Hähne  c,  b  so 
gestellt  sind,  dafs  sie  A  und  D  mit  der  Pumpe  ver- 
binden, destilliert  man,  sobald  genügend  evakuiert  ist. 
Soll  eine  Fraktion  des  Destillates  abgesondert  werden, 
so  drückt  man  das  Rohr  C  mit  leiser  Drehung  abwärts, 
wodurch  die  Vorlage  D  von  A  abgesperrt  wird.  Das 
nachfolgende  Destillat  sammelt  sich  jetzt  in  A  über  dem 
Schliff.  Um  D  wegnehmen  zu  können,  dreht  man  den 
Hahn  c  so,  dais  Luft  durch  den  Schwanz  und  durch  C 
nach  D  einströmt.  Nachdem  darauf  D  entleert  und  ge- 
wechselt worden,  wird  der  Hahn  langsam  um  90°  ge- 
dreht, so  dafs  er  wieder  D  mit  der  Pumpe  verbindet. 
Ist  D  ausgepumpt,  so  wird  das  inzwischen  in  A  an- 
gesammelte Destillat  durch  Empordrehen  von    C  in  die 


Destillation.  39 

Vorlage  hinabgelassen,  und  das  ganze  Spiel  beginnt  von 
neuem. 

Eine  weitere  Unbequemlichkeit  bietet  die  Destillation 
im  luftverdünnten  Raum,  wenn  das  Destillat  sehr  rasch 
erstarrt.  Dabei  verstopft  der  Apparat  sich  leicht,  da  man 
ihn  an  der  Stelle,  wo  sich  Kautschukverbindungen  be- 
finden, und  eine  solche  läfst  sich  ja  nicht  umgehen,  nicbt 
von  aufsen  anwärmen  kann.  Für  den  Fall  empfiehlt 
Anschütz  an  das  seitliche  Rohr  des  Destillationskolbens 
sogleich  eine  passend  geformte  Erweiterung  aus  Glas 
anzublasen,  hinter  welcher  erst  die  Verbindung  mit  der 
Luftpumpe  durch  Stopfen  erfolgt.  Diese  dient  dann  als 
Vorlage,  und  einer  etwaigen  Verstopfung  im  engeren  Teil 
kann  durch  Anwärmen  von  aufsen  abgeholfen  werden. 

Ist  die  von  der  Wasserluftpumpe  in  den  Apparat 
tretende  Feuchtigkeit  störend,  so  schaltet  man  zwischen 
beiden  ein  mit  Phosphorsäureanhydrid  gefülltes  Rohr  ein. 


Durchleiten  von  Dämpfen  durch  glühende 

Röhren. 

Mit  der  Destillation  verbindet  sich  öfters  ein  Durch- 
leiten der  Dämpfe  und  Gase  durch  glühende  Röhren, 
bevor  sie  in  den  Kühler  treten. 

Handelt  es  sich  darum,  die  Dämpfe  einmal  eine 
glühende  Röhre  passieren  zu  lassen,  so  erhitzt  man  ein 
eisernes  Rohr,  oder  wenn  es  sein  mufs,  auch  ein  Glas- 
rohr im  Verbrennungsofen  und  lälst  durch  dieses  die 
Dämpfe  hindurchgehen.  Neuerdings  haben  Krämer  und 
Spilkbr1  ein  zweischenkliges  Rohr  von  hier  abgebildeter 

Form  (Fig.  16)  empfohlen, 

(  /       dessen  unterer  Schenkel  in 

I    '  i  einem      Verbrennungsofen 

Fi    16  erhitzt  wird,  während  der 

obere  wohl  als  Vorwärmer 
dient.  Bei  dunkler  Rotglut  z.  B.  lälst  es  Cumarondampf 
ulizersetzt  durch,  spaltet  dagegen  aus  gleichzeitig  durch- 

1  B.  23.  84. 


40  Destillation. 

geleitetem  Cumnron-  and  Naphtalindampf  Wasser  ab  und 
liefert  Chrysen 

C6H4  —  C2H4  -f  C10H8  =  C6H4  —  C2H4  -f-  H,0. 

Xo/  \c10h/ 

In  vielen  Fällen  ist  es  nach  Lüddbns1  vorteilhaft, 
mit  den  Dämpfen  zugleich  Kohlensäure  durch  das  glühende 
Rohr  zu  leiten,  um  ein  zu  langes  Verweilen  der  Dämpfe 
in  ihm  zu  vermeiden.  Als  er  in  dieser  Art  mit  Benzol- 
dampf verfuhr,  erhielt  er  Diphenyl,  ohne  dafs  sich  viel 
Kohle  abschied.  Handelt  es  sich  aber  darum,  die  Dämpfe 
wiederholt  durch  glühende  Röhren  gehen  zu  lassen,  weil 
ein  einmaliges  Passieren  nicht  genügt,  so  bedient  man 
sich  etwa  einer  Vorrichtung  von  der  Art,  wie  sie  La 
Costb  und  Sorger2  empfohlen  haben.  Ihr,  dem  früher 
von  Michaelis3  für  Gewinnung  von  Phosphenylderivaten 
konstruierten,  ähnlicher  Apparat  ermöglicht  es  z.  B. 
Benzoldämpfe  wochenlang  ohne  Unterbrechung  einer  leb- 
haften Glühhitze  auszusetzen.  Das  Benzol  wird  in  einem 
geräumigen  Siedekolben  A  (Fig.  17)  erhitzt.  Der  Kolben 
ist  mit  einem  dreifach  durchbohrten  Gummistopfen  ver- 
schlossen, in  dessen  eine  Durchbohrung  ein  schräg  ab* 
geschnittenes  Bleirohr  eingesetzt  wird,  welches  über  der 
Flüssigkeit  im  Halse  des  Kolbens  endigt.  Das  obere 
Ende  dieses  Rohres  wird  T-förmig  in  ein  kurzes,  ziemlich 
weites,  beiderseits  offenes  Bleirohr  eingelötet,  welches, 
während  der  Apparat  in  Gang  ist,  am  einen  Ende  durch 
einen  mit  Gummiring  versehenen  Glasstopfen  verschlossen 
wird.  In  das  andere  Ende  ist  ein  etwa  l1/*  m  langes 
2  cm  weites  Eisenrohr  eingelötet,  welches  in  einem  schräg 
nach  aufwärts  gestellten  Verbrennungsofen  zum  Glühen 
erhitzt  werden  kann.  Dieses  Rohr  ist  in  der  Nähe  der 
Stelle,  wo  es  den  Ofen  verlaust,  schwach  nach  unten  ge- 
bogen und  in  das  Ansatzrohr  einer  bleiernen  Vorlage 
eingelötet.  Um  das  Abschmelzen  des  Bleistutzens  zu 
verhindern,  wird  der  zwischen  Ofen  und  Vorlage  liegende 
Teil  der  Röhre  durch  Überrieselung  mit  Wasser  gut  ge- 


1  B.  8.  870.  —  »  Ann.  230.  5.  —  3  Ann.  181,  283. 


Destillation.  41 

kühlt.  Die  Vorlage  besteht  aus  einem  kurzen,  beiderseits 
verschlossenen,  etwa  30  cm  langen  Bleicylinder  von  6  cm 
Durchmesser,  welcher  aufser  dem  genannten,  über  der 
Mitte  angebrachten  Bleistutzen  noch  einen  gleich  weiten 
Ansatz  auf  der  gegenüberliegenden  Seite  besitzt,  in  den 
ein  schräg  aufwärts  gerichteter  Kühler  eingesetzt  wird, 
welchen  die  entweichenden  Gase  passieren  müssen.  Ein 
drittes  engeres,  ungefähr  70  cm  langes  Bleirohr  ist  in 
den  Boden  der  Vorlage  eingelötet.  An  dieses  letztere 
ist  mittelst  einer  Kuppelung  ein  gleich  weites  Bleirohr 
angeschraubt,  das  dicht  über  dem  Boden  des  Siedekolbens 


Fig.  17. 
a  Reinigungsöfthnngen. 
b  Verbrennungsofen. 
c  Wasser  Zuleitung. 
d  Kühlvorrichtung. 
«  Ansatzrohr  für  den  Rückflufskühler. 

endigt  und  die  kondensierten  Dämpfe  nach  diesem  zurück- 
führt. Der  Siedekolben  steht  außerdem  noch  mit  einem 
zweiten  leeren  Sicherheitskolben  durch  ein  doppelt  recht- 
winkelig gebogenes  Glasrohr  in'  Verbindung,  welches  in 
beiden  Gefäfsen  bis  auf  den  Boden  reicht.  Vom  oberen 
Ende  des  Kühlers  führt  ein  langes,  abwärts  gerichtetes 
Glasrohr  zu  einem  zweiten  Sicherheitskolben,  der  aufser- 
dem  noch  mit  einer  zur  Hälfte  mit  Wasser  gefüllten 
Waschflasche  verbunden  ist,  durch  welche  die  Gase  aus- 
treten müssen. 

Destillation  unter  Überdruck. 

Eigentliche  Apparate  für  Destillationen  unter  Über- 
druck sind  für  Laboratoriumszwecke  bisher  nicht  kon- 
struiert worden. 


Mit  dem  von  Krey1  für  die  Technik  hergestellten 
hat  Ekülkk  Versuche  im  grofsen  angestellt  und  ist,  von 
Fettsubstanzen  ausgehend,  zu  Petroleumkohlenwasserstoffen 
gelangt. 

Zu  einigen  Parallel  versuchen  im  Laboratorium*  be- 
diente er  sich  im  stumpfen  Winkel  gebogener  Glasröhren, 
deren  jede,  mit  ca.  30  g  Substanz  beschickt,  zugeschmolzen 
und  derart  in  einen  Digestor  eingesetzt  wurde,  dafa  der 
leere,  nach  abwärts  geneigte  Schenkel  herausragte.  Nach 
vierstündigem  Erhitzen  auf  ca.  350°  wurden  die  Röhreo 
herausgenommen,  die  Gase  herausgelassen  und  diese 
Operation  so  oft  wiederholt,  bis  die  Reaktion  durch 
Bildung  eines  genügend  leichtflüssigen  Produktes  beendet 
schien.  Die  Reaktion  war  dabei  ganz  ähnlich  der  im 
KBEYachen  Apparate  verlaufen. 

Siedepunktsbestimmung  kleiner  Mengen 
Flüssigkeit. 

Siwolobopf  s  empfiehlt  für  den  Zweck 
folgendes  Verfahren,  welches  den  Siedepunkt 
selbst  eines  Tropfens  einer  reinen  Verbindung 
zu  bestimmen  gestattet. 

Man  bringt  die  zu  untersuchende  Flüssig- 
keit in  eine  Glasröhre,  deren  Ende  vorher 
ausgezogen  und  zngeschmolzeu  wurde.  Darauf 
führt  man  in  dieselbe  ein  Kapillar röhrchen 
ein,  welches  bei  A  zugeschmolzen  ist,  wodurch 
man  in  die  Flüssigkeit  ein  kleines  Bläschen 
Luft  bringt. 

Die  so  zubereitete  Glasröhre,  welche  die 
zu  untersuchende  Flüssigkeit  enthält,  befestigt 
man  an  ein  Thermometer  und  verfahrt  dann 
so,  wie  zur  Bestimmung  des  Schmelzpunktes 
{siehe  dort). 

Ehe  der  Siedepunkt  der  zu  untersuchenden 
Flüssigkeit  erreicht  wird,  entwickeln  sich  aus 
dem  Kapillar  röhrchen  einzelne  Luftbläschen, 
wie  dies  gewöhnlich  beim  Anfang  des  Siedens 


'  D.  K.P.  37728.  —  s  J(.  21.  1818. 


Einschlufsröhren.  43 

einer  Flüssigkeit  der  Fall  ist,  die  sich  dann  sehr  rasch 
vermehren  und  zuletzt  einen  Faden  kleiner  Dampf  bläschen 
bilden.  Dies  ist  der  Moment,  in  welchem  das  Thermo- 
meter genau  den  Siedepunkt  der  zu  untersuchenden 
Flüssigkeit  anzeigt.  Die  Bestimmung  mufs  einige  Male 
wiederholt  und  das  Mittel  genommen  werden.  Die 
Kapillare  hindert  den  Siedeverzug  der  Flüssigkeit  und  ist 
für  jeden  Versuch  zu  erneuern. 

Auch  von  anderen  sind  Apparate  für  diesen  Zweck 
angegeben  worden,  so  von  Main,1  von  Hasselbt,2  von 
Schleiermacher.8 


Einschlufsröhren. 

Will  man  Körper  bei  einer  höheren  Temperatur  auf 
einander  wirken  lassen,  als  die  Flüchtigkeit  des  einen 
von  ihnen  zuläfst,  so  muJfe  man  sie  mit  seltenen  Aus- 
nahmen (siehe  Seite  23)  in  geschlossenem  Apparaten  er- 
hitzen. Metallene  Apparate  für  den  Zweck,  Autoklaven 
oder  in  kleinerem  Zustande  Druckflaschen  genannt, 
brauchen  hier  nicht  beschrieben  zu  werden.  Ihre  An- 
wendung ergiebt  sich  aus  ihrer  Konstruktion. 

Kehrmann  und  Messinger4  erhitzten  z.  B.  5  g 
Oxynaphtochinonimid  mit  der  äquimolekularen  Menge 
Amidodiphenylamin,  5  ccm  Eisessig  und  300  com  Alkohol 
in  Druckflaschen  48  Stunden  in  siedendem  Wasser,  und 
erreichten  so  die  Synthese  des  ßosindulins. 


0     +  H8N/\ Vr^l^  m  9H  n 

OH        HN>       l  -  -  ■  wwl       I       I       I  +  2Hs° 


HN\/ 


C6HÖ 


Doch  wird  in  den  Laboratorien  in  den  weitaus  meisten 
Fällen  nicht  in  metallenen  Apparaten,  sondern  einfach  in 
Glasröhren  gearbeitet. 

*  Ch.  N.  35. 59.  -  *  Z.  A.  18.  251.  —  3  B.  24.  944.  -  4  B.  24.  587. 


44 


Einschlufsröhren . 


Solche  sogenannte  Einschlufsröhren  halten,  wenn  sie 
richtig  behandelt  werden,  einen  bedeutenden  Druck  aus, 
ohne  zu  springen.  Kaliglas  ist  dem  Natronglas  vorzu- 
ziehen, aber  nicht  unbedingt  nötig.  Auch  ersteres  ist 
eben  namentlich  gegen  die  Einwirkung  von  Wasser  bei 

hoher  Temperatur  durchaus  nicht 
unempfindlich.  So  teilt  Hoppe- 
Seyler1  z.  B.  mit,  daüs,  nach- 
dem er  ein  30  cm  langes  Ein- 
schlufsrohr  aus  bestem  Kaliglas 
6  Stunden  mit  Wasser  auf  180 
bis  200°  erhitzt  hatte,  die  innere 
,   .  Oberfläche  der  Röhre  durch  einen 

/  wei&lichen  Überzug  getrübt  er- 

schien ,  und  dais  das  Wasser 
geringe,  aber  ganz  wohl  bestimm- 
bare Mengen  von  Alkalien  auf 
genommen  hatte. 

Bandelt  es  sich  um  feste 
Körper,  so  füllt  man  diese  in 
das  bereits  auf  einer  Seite  ge- 
schlossene Rohr  und  schmilzt 
es  zu.  Bei  Flüssigkeiten  zieht 
man  die  nach  der  Beschickung 
zuzuschmelzende  Seite  etwas  aus 
und  füllt  das  Rohr,  indem  man 
dieselben  durch  einen  Trichter 
\J  O  mit  langem  dünnen  Halse  ein- 
laufen läfst.  Es  hängt  ganz  von 
dem  beim  Erhitzen  zu  erwarten- 
den Druck  ab,  wie  weit  die 
Fis  19-  Röhren  gefüllt  werden. 

Beim  Herausziehen  des  Trichters  vermeidet  man 
sorgfältig  die  Wand  des  Rohres  an  der  zuzuschmelzenden 
Stelle  zu  verunreinigen,  weil  sonst  das  Zuschmelzen  oft 
ganz  unmöglich  wird.  Dieses  führt  man  so  aus,  dais 
man  die  verengte  Stelle  zu  einer  kapillaren  Spitze  aus- 


ab 


1  Z.  13.  73.     Siehe  auch  B.  25.  2494. 


Einsohlufsröhren.  45 

zieht,   ohne  dafs  das   Glas  an   der  Stelle  gar  zn  dünn- 
wandig wird. 

Das  Öffnen  der  Rohre,  nachdem  sich  die  Reaktion 
in  ihnen  vollzogen,  ist  eine  Operation,  welche  stets  mit 
Vorsicht  zn  geschehen  hat.  Stets  hat  man  bei  demselben 
völliges  Erkalten  abzuwarten.  Können  sich  im  Rohre 
leichtflüchtige  Körper  wie  Chlormethyl  gebildet  haben, 
so  ist  es  gut,  es  vor  dem  Öffnen  mit  Eis  zu  kühlen. 
Sind  die  in  demselben  etwa  entwickelten  Gase  nicht 
weiter  zu  berücksichtigen,  so  öffnet  man  es  so,  dafs  man 
es  mit  Ausnahme  der  Spitze  in  ein  Tuch  schlägt,  in 
einen  Retortenhalter  zwängt  und  hierauf  eine  Flamme 
unter  die  Spitze  stellt.  Sobald  das  Glas  erweicht,  öffnen 
die  Grase  das  Rohr  und  strömen,  wenn  der  Druck  nicht 
übermäfsig  war,  aus,  ohne  etwas  vom  Inhalt  des  Rohres 
mitzureifsen. 

Übermäßigen  Gasdruck  vermeidet  man  so,  dafs  man 
nicht  auf  einmal  alle  gaserzeugende  Substanz  in  das 
Rohr  giebt.  Veranlafst  Brom  z.  B.  eine  Entwickelung 
von  Brom  wasserstoffgas,  so  giebt  man  etwa  nur  Vs  der 
im  ganzen  nötigen  Menge  hinein,  öffnet  nach  vollendeter 
Reaktion  das  Rohr,  giebt  nun  das  zweite  Drittel  zu, 
schmelzt  wieder  zu  u.  s.  f.  Wird  die  starke  Gas- 
entwickelung durch  Erhitzen  auf  sehr  hohe  Temperatur 
veranlafst,  so  erhitzt  man  zuerst  beispielshalber  nur  auf 
200°,  läfst  nach  dem  Erkalten  den  Druck  heraus  und 
fährt  nun  erst  mit  dem  Erhitzen  des  wieder  geschlossenen 
Rohres  fort.  Hat  man  Druck  im  Einschu&rohr  zu  er- 
zeugen, ohne  mit  der  Temperatur  besonders  hoch  gehen 
zu  können ,  so  giebt  man  in  dasselbe  mit  den  zur  Reak- 
tion zu  bringenden  Körpern  zugleich  eine  indifferente 
niedrig  siedende  Flüssigkeit  wie  Äther,  Aceton, 
Chloroform. 

Nach  Stadel1  geschieht  speziell  bei  viel  Brom  Wasser- 
stoff enthaltenden  Röhren  das  Öffnen  im  Vorzug  vor 
allen    anderen  Methoden    so,    dafs   man  die  Spitze  der- 


1  Ann.  195.  190. 


46 


Einschlufsröhren. 


selben  unter  Wasser  anfeilt.  Nach  dem  Anfeilen  ent- 
leeren sich  die  Röhren  durch  eine  äufserst  kleine  Öffnung 
ohne  jeglichen  Verlust,  wobei  ihm,  trotz  häufiger  Wieder- 
holung, nie  ein  Unfall  begegnete.  Erst  nach  dem  Aus- 
strömen der  Gase  bricht  man  die  Spitze  teilweise  ab, 
um  den  Inhalt  des  Rohres  entleeren  zu  können. 

Ist  derselbe  fest,  aber  in  irgend  einem  Lösungsmittel 
nicht  gar  zu  schwer  löslich,  so  bekommt  man  ihn  am 
besten,  nämlich  ohne  jeden  Schaden  für  das  Rohr,  so 
heraus,    dafs   man  dieses  mit  dem  Lösungsmittel   anfüllt 

und  es  in  einem  weiten  Becherglase  mit 
der  Spitze  unter  dem  Lösungsmittel  um- 
gekehrt hinstellt.  Durch  die  Einwirkung 
des  Lösungsmittels  auf  den  Körper  bildet 
sich  eine  Lauge,  welche  durch  ihre 
Schwere  hinuntersinkt,  während  immer 
wieder  weniger  gesättigtes  Lösungsmittel 
an  ihn  herantritt  und  ihn  in  kurzem 
selbstthätig  gänzlich  löst. 

Das  Offnen  von  Röhren  in  warmem 
Zustande  habe  ich  nur  einmal  erwähnt 
gefunden.  Einhorn1  berichtet,  dafs, 
nachdem  er  10  g  Nitrozimmtsäure  mit 
100  g  Eisessig,  der  bei  0°  mit  Brom- 
wasserstoffgas gesättigt  war,  unter  häufigem 
Umschütteln  im  Wasserbade  bis  zur  ein- 
getretenen Lösung  erwärmt  hatte,  er  das 
warme  Rohr  sofort  öffnete,  damit  die 
überschüssige  Bromwasserstoffsäure  nicht 
nachteilig  auf  das  entstandene  Additionsprodukt  einwirken 
könnte. 


Fig.  20. 


Entweichen  beim  Öffnen  eines  zugeschmolzenen  Rohres 
Gase,  die  man  untersuchen  will,  so  fängt  man  sie  in 
einem  Gasometer  von  passender  Gröfse  auf  und  leitet  sie 
dann  durch  Absorptionsapparate,  die  mit  ammoniakalischer 
Silberlösung,     verdünnter     Salzsäure,     Ferrosulfatlösung, 


1  B.  16.  2208. 


Einschlui'sröhren.  47 

Brom  unter  Wasser,  Kalilauge  oder  Barytwasser  beschickt 
sind.  In  der  ammoniakalischen  Silberlösung  erzengen 
Acetylen,  Allylen  etc.  Niederschläge,  die  nach  dem 
Trocknen,  welches  im  Vacuum  erfolgen  mufs,  sehr  ex- 
plosiv sind.  Zu  ihrer  Analyse  zersetzt  man  abgewogene 
Mengen  im  Porzellantiegel  mit  Salzsäure.  Salzsäure 
bindet  Ammoniak  und  flüchtige  Basen.  Das  Brom  löst 
man  mittelst  verdünnter  kalter  Kalilauge.  Hinterbleibt  ein 
Ol,  so  ist  dieses  ein  Additionsprodukt  von  Brom  und 
ungesättigten  Verbindungen.  Barytwasser,  an  dessen  Stelle 
auch  mit  Ammoniak  versetzte  Chlorbariumlösung  treten 
kann,  ergiebt  Kohlensäure.  Ferrosulfatlösung  absorbiert 
Stickoxyd.  Das  unabsorbiert  Austretende  kann  sicher  nur 
durch  quantitative  Analyse  bestimmt  werden,  läfst  sich 
aber  im  allgemeinen  aus  der  Zersetzungsgleichung  ent- 
nehmen und  durch  qualitative  Reaktionen  feststellen. 

Carius1  empfiehlt  für  Röhren  mit  starkem  Druck, 
wenn  die  Gase  aufgefangen  werden  sollen,  folgendes: 

In  ein  Mefsrohr,  welches  mit  Wasser  gefüllt  ist,  wird 
ein  Gummischlaucb  bis  über  die  Mitte  hinauf  eingeführt. 
Das  untere  Ende  des  Schlauches  wird  fest  auf  ein  ge-. 
bogenes  kurzes  und  weites  Glasrohr  aufgesetzt,  dessen 
zweiter  nach  oben  gerichteter  Schenkel  einen  kurzen 
Gummischlauch  trägt,  in  welchen  die  Spitze  des  Versuchs- 
rohres unter  der  Sperrflüssigkeit  fest  eingeschoben  wird, 
so  dafs  das  kapillare  Ende  des  Rohres  bis  in  die  ge- 
bogene Glasröhre  hineinreicht.  Aus  der  nun  vorsichtig 
abgebrochenen  Spitze  des  Rohres  strömt  dann  sehr  heftig 
ein  Teil  der  Gase  aus,  während  zugleich  fast  alle  Flüssig- 
keit mit  ausgetrieben  wird. 

Salkowski2  hat  genaue  Angaben  gemacht,  in  welcher 
Weise  Ammoniak,  welches  für  analytische  Zwecke  (z.  B. 
Harnstoffbestimmung  nach  Bünsen)  quantitativ  aus  Ein- 
schluüsröhren  herausgebracht  werden  mufs,  aufgefangen 
werden  kann. 

Will    man    im    zugeschmolzenen    Rohr    Chlor    oder 
Ammoniak   entwickeln,  so   verfährt    man  für  die  Chlor- 

1  Ann.  169.  319.  —  2  Z.  4.  464. 


48  Einßchlufsröhren. 

entwickeluog  so:  Man  übergiefst  die  Substanz  nach  dem 
Einfällen  mit  Salzsäure  und  bringt  darüber  einen  Bausch 
aus  Glaswolle.  Auf  diesen  kommt  trockenes  Kalium- 
chlorat,  Kaliumbichromat  oder  Braunstein.1  Nach  dem 
Zusohmelzen  des  Rohres  und  Einlegen  desselben  in  den 
Explosionsofen  beginnt  alsdann  die  Chlorentwickelung. 

Zur  Ammoniakentwickelung  dient  das  Chlorzink- 
ammoniak oder  Bromzinkammoniak,  die  mit  Chlor-  oder 
Bromammonium  gemischt  werden.  Auch  kann  man  sich 
des  Chlorcaloiumammoniaks  bedienen.  So  liefert  ein 
Gemisch  von  1  Teil  a  in  -  Xylenol ,  3  Teilen  Bromzink- 
ammoniak und  1  Teil  Bromammonium,  durch  40  Stunden 
auf  340°  erhitzt,  Xylidin2  in  einer  Ausbeute  von  etwa 
25°/0,  und  Sbyewitz8  konnte  durch  dreistündiges  Erhitzen 
von  Resorcin  C6H4(OH)2  mit  4  Tln.  Chlorcalciumammoniak 
im  Einschlufsrohr  auf'  300°  60%  derselben  in  Meta- 
phenylendiamin  CgH4(NH2)2  überführen. 

Man    erhält     Chlorzinkammoniak4    nach    Merz    und 
Müller,  indem  man  durch  in  einer  Beiorte  geschmolzenes 
Chlorzink  ganz   trockenes  Ammoniakgas   leitet,    welches 
unter  Temperaturerhöhung  rasch  absorbiert  wird.     Nach 
eingetretener  Sättigung   läfst  man  im  Gasstrom  erkalten. 
So  dargestellt,  bildet  es  eine  durchsichtige,   feste  an  der 
Luft  nicht  zerfliefsliche  Masse  von  der  Zusammensetzung 
ZnCl2(NH3)2.     Ein  Zusatz  von  Salmiak  ist   vorteilhaft, 
weil    er   der  Bildung  von  Zinkoxychlorid    bei    etwaiger 
teilweiser    Zersetzung    des    normalen   Chlorids    entgegen- 
wirken niufs,    Bromzinkammoniak  wird  in  derselben  Art 
dargestellt,   nur  ist  es  hygroskopisch.     Seine  Zusammen- 
setzung ist  ganz  entsprechend  ZnBr2(NH3)2. 

Will  man  den  Druck  in  Einschlufsröhren  bestimmen» 
so  kann  man  sich  des  von  Beychler5  angegebenen  V«r" 
fahrens  bedienen.  Ein  dünnes  Glasröhrchen  von  etw» 
40  cm  Länge  wird  an  einem  Ende  auf  einer  Länge  voa 
4  bis  5  cm  auf  der  inneren  Wand  versilbert,  sodann  ip 
der  Mitte  umgebogen  und  bis  zu  einer  gewissen  Höhe  rx*1*- 


1  Ann.  255.  370.  —  *  B.  20.  1039.  —  s  Cr.  109.  816. 
4  B.  19.  2902.  —  5  JB.  20.  2461. 


Einschlufsröhren. 


49 


B  . 


I 


Fig.  21. 


Quecksilber  gefüllt.  Nach  dem  Zuschmelzen  des 
Röhrchens  am  versilberten  Ende  wird  das  Queck- 
silber in  dem  offenen  Schenkel  mit  einer  schützen- 
den Schicht  eines  Kohlenwasserstoffs  bedeckt. 
Nachdem  man  die  Länge  L  der  Luftsäule  AB 
gemessen,  die  Temperatur  t  und  den  Luftdruck  P 
abgelesen  hat,  wird  der  Apparat  in  die  schon 
mit  den  zu  verarbeitenden  Substanzen  beschickte 
Röhre  geschoben,  worauf  deren  Zuschmelzen  er- 
folgt. Durch  den  im  Rohr  entwickelten  Druck 
steigt  in  dem  geschlossenen  Schenkel  des  Druck- 
messers das  Quecksilber  und  löst  das  Silber  von 
der  Wand  bis  zu  einer  Höhe  G  Nach  der 
Operation  wird  der  Druckmesser  herausgenommen 
und  das  Stück  AG  =  L'  gemessen,  welches  dem 
Maximaldruck  entspricht.  Bei  der  Temperatur  f 
des  Heizbades  steigerte  sich  der  Druck  in  der  Röhre 
bis  zu  P'-  Millimeter  Quecksilber.  Die  Dampf- 
spannung des  Quecksilbers  wird  A'-Millimeter. 
Man  berechnet  den  Druck  nach  der  Formel 

D,       L.P.(l  +  af)    ,     ,         ^      , 

=       X'd+afl       + k  mm  Quecksilber- 

Diese  Methode  der  Druckbestimmung  gilt  allerdings 
nur  angenähert,  da  die  Länge  II  nicht  immer  sehr  deut- 
lich zu  erkennen  ist.  Die  Versilberung  ist  sehr  sorgfältig 
herzustellen,  und  der  Apparat  soll  wenigstens  in  schräger, 
besser  noch  in  vertikaler  Stellung  aufgestellt  werden. 

Des  Vergleiches  halber  in  Autoklaven  angestellte  Ver- 
suche ergaben  die  Bestätigung  des  so  bestimmten  Druckes 
durch  das  Manometer  des  Apparates. 

Sehr  zu  empfehlen  ist  die  DitECHSELsche  Methode  zur 
Anstellung  von  Versuchen  im  Einscblufsrohr  im  kleinen.1 

Versuche  im  zugeschmolzenen  Rohr  von  den  gebräuch- 
lichen Dimensionen  erfordern  viel  Material,  welches  häufig 
genug  durch  Explosionen  verloren  geht.  Man  kann  aber 
Vorversuche  mit  wenigen  Milligrammen  anstellen,  indem 

1  J.  pr.  Ch.  135.  422. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  4 


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50  Einschlufsröhren. 

man  als  Einschmelzrohr  eine  gewöhnliche  Glasröhre  von 
etwa  3 — 4   mm   lichter  Weite    und    1    mm  Wandstärke 
benutzt.    Die  Röhre  wird  an  einem  Ende  zugeschmolzen, 
nach  dem  Erkalten  beschickt  und  nunmehr  zu  einer  sehr 
langen  dünnwandigen  Kapillare  ausgezogen.    Die  eigent- 
liche Rohrlänge  soll  nach  dem  Ausziehen  nicht  mehr  als 
5 — 6  cm  betragen ;  der  Kapillare  giebt  man  dagegen  eine 
Länge   von   10 — 15  cm.     Zum   Erhitzen  setzt  man  das 
fertige  Rohr    in   ein   weites    und  langes  Probierröhrchen 
mittelst  eines  der  Länge  nach  in  der  Mitte  durchschnitte- 
nen schlecht   schliefsenden  Korkstopfens  fest  ein,  so  daß 
das  untere  Ende  etwa  1  —1,5  cm  vom  Boden  des  Probier- 
röhrchens entfernt  bleibt,   in  letzteres  giebt  man  eine  je 
nach  der  Temperatur  zu  wählende  Flüssigkeit  in  solcher 
Menge,  dafs  das  Versuchsröhrchen  etwa  zur  Hälfte  hinein- 
ragt, und  erhitzt  dieselbe   zum  Kochen,    wobei  man  die 
Flamme   so   reguliert,    dafs   das   ganze  Versuchsröhrchen 
nebst  einem  Stück  der  Kapillare  von  den  Dämpfen  um- 
spült werden,  ohne  dafs  jedoch  letztere  den  Kork  berühren 
könnten.    Das  Ganze  stellt  man  zweckmäßig  unter  einen 
Abzug  und  läfst  dessen  Fenster  herunter.   Da  die  gläsernen 
Gasleitungsröhren   erfahrungsmäfsig    einen   hohen   Druck 
aushalten,  hat  man  Explosionen  wenig  zu  fürchten ;  sollten 
sie  aber  selbst  z.  B.  während  des  Erhitzens  im  Schwefel- 
dampf eintreten,   so  sind  die  Folgen  ganz   unbedeutende. 
Hat   man   sich  durch    solche  Versuche   im    kleinen  ertf 
über  den  Verlauf  der  Reaktion  orientiert,  so  ist  es  natür- 
lich   hernach    viel    leichter,    für    Versuche    in    gröfserem 
Mafsstabe  die  erforderlichen  Vorkehrungen  zu  treffen. 

Das  Erhitzen  der  Einschlufsröhren  erfolgt  in  eisernen 
Röhren,    die   im  Explosionsofen   erhitzt  werden.     Damit 
man  sie  nach  beendeter  Reaktion  leicht  und  ohne  Gefahr 
des  nachträglichen  Zerspringens   aus   ihren  Schutzröhr©& 
wieder  herausziehen  kann,  legt  man  um  jedes  von  ihn®11 
einen    dünnen    Messingdraht    in    der    in    Figur    18    fl^" 
gegebenen  Art. 

An    den  Explosionsofen    sind    nach   Babo1    folgere*** 
Anforderungen  zu  stellen: 

*  K  13.  1219. 


«.■-"•■  kW*-*»-,.  w  ^ 

»**  ***•*•».»  U    V    V 


Einsehluf8rökren.  51 

1.  Er  mufs  ermöglichen  mehrere  Röhren  in  den 
üblichen  Dimensionen  auf  Temperataren  zu  erhitzen, 
welche  sich  dem  Siedepunkte  des  Quecksilbers  nähern, 
und  es  müssen  hierbei  die  einzelnen  Röhren  möglichst 
gleichmäfsig  erhitzt  werden. 

2.  Die  angewendeten  Temperaturen  müssen  gemessen 
werden  können,  und  soll  der  Apparat  so  eingerichtet  sein, 
daüs  ein  gewisses  Maximum  nicht  überschritten  wird. 

3.  Findet  Explosion  einer  Röhre  statt,  so  dürfen  die 
anderen  möglichst  wenig  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden ; 
ebensowenig  darf  hierbei  eine  Gefahr  für  den  Experimen- 
tator entstehen. 

4.  Soll  der  Gasverbrauch  ein  möglichst  geringer  sein, 
und  die  Temperatur  durch  die  überall  vorkommenden 
Schwankungen  im  Gasdruck  keine  wesentliche  Änderung 
erleiden.  Es  ist  zu  empfehlen,  Gasdruckregulatoren  ein- 
zuschalten. 

Diese  werden,  um  das  beiläufig  zu  erwähnen,  auch 
für  Luftbäder  und  ähnliche  Zwecke  gute  Dienste  leisten. 
Meyer1  empfiehlt  ganz  besonders  die  so  sehr  handlichen, 
aus  Metall  bestehenden  GiROUBschen  Rheometer,  Beck- 
mann3 den  ELSTKRschen  Membran-Regulator. 

Explosionsöfen  müssen  unter  Abzügen  aufgestellt 
werden,  damit  die  bei  einer  Explosion  auftretenden  Dämpfe 
keine  Unzuträglichkeiten  veranlassen. 

Da  sich  Explosionen  von  Einschlufsröhren  nicht  ver- 
meiden lassen,  begnügt  man  sich  für  gewöhnlich  damit,  dafür 
zu  sorgen,  dafs  sie  gefahrlos  verlaufen,  doch  hat  man  sich 
auch  bemüht,  sie  an  und  für  sich  unmöglich  zu  machen. 

Schon  Hittorf3  bettete  das  Einschluferohr,  in  das  er 
Phosphor  mit  Blei  zusammen  gegeben  hatte  —  aus 
welch  letzterem  der  erste  nach  dem  Erkalten  in  Krystallen 
erhalten  wurde  — ,  in  gebrannter  Magnesia  in  eine  eiserne 
an  beiden  Enden  durch  Verschraubungen  verschliefsbare 
Röhre,  und  erhitzte  diese  im  direkten  Feuer,  und  Bunsen 
empfahl  für  seine  Methode  der  Stickstoffbestimmung,  cirka 

1  B.  17.  478.  -2ZP.  4.  546.  —  8  Poggend.  Ann.  126.  193. 

4* 


52  Einschlufsröhren. 

0,3  g  Substanz  mit  5  g  Kupferoxyd  in  ein  trockenes, 
Wasserstoff  gefülltes  Einschlufsrohr   zu   füllen,   dieses  2^ 
eine  mit  Gipsbrei  gefüllte  Form   zu  legen,   und  letzte:« 
nach  dem  Trocknen  eine  Stunde   lang  auf  dunkle  Rot- 
glut zu  erhitzen. 

Wöhlbr1  benutzte  die  sich  ihm  bietende  Gelegenheit, 
Röhren  auf  150°  in  einem  mit  etwa  5  Atmosphären  Über- 
druck arbeitenden  Dampfkessel  zu  erhitzen.  Da  seine 
Röhren  mit  wässerigen  Lösungen  beschickt  waren,  war 
keine  Explosion  möglich,  weil  hierbei  die  Gefiäfse  aus- 
und  inwendig  fast  dem  ganz  gleichen  Drucke  ausgesetzt 
waren. 

Jetzt  verfährt  man  etwa  folgender  Art.  Das  gläserne 
Einschlufsrohr  bringt  man  in  ein  weiteres,  außerordentlich 
starkes,  gut  verschraubbares  Eisenrohr  und  füllt  den 
Zwischenraum  mit  Wasser  aus,  das  durch  eine  Druck- 
pumpe, welche  bis  zu  200  Atmosphären  zu  gehen  gestattet, 
zusammengeprefst  werden  kann.  Die  Erwärmung  erfolgt 
durch  Elektroden,  die  in  dem  Wasser  sich  befinden. 
Indem  man  nun  den  sich  im  Einschlufsrohr  entwickelnden 
Druck  ungefähr  zu  berechnen  sucht  und  den  Druek  des 
Wassers  auf  die  gleiche  Höhe  bringt,  vermindert  man  die 
Möglichkeit  der  Explosion  aufserordentlich.  Da  die  Voranß- 
berechnung  des  Druckes  ziemlich  problematisch  erscheint, 
auch  der  kritische  Druck  seine  Rolle  spielt,  schliefst  die 
Vorrichtung  trotzdem  nicht  jede  Gefahr  aus,  und  wirklich 
ist  in  einem  holländischen  Laboratorium  ein  ungefähr  in 
der  angegebenen  Art  hergerichteter  Apparat  durch  ein.« 
übermäfsige  Entwickelung  von  Bromwasserstoff  zerstör-* 
worden. 

Daher    wird    das    Bestreben    das  Arbeiten    mit 
schlufsr obren   zu  vermeiden,   ganz   abgesehen  von  seine 
Unbequemlichkeit,  stets  vorherrschen,   und  es   ist  gewi 
erfreulich,  wenn  es  hinsichtlich  mancher  Gruppenreaktion^ 
zum  Ziele  führt.     So  wurde  angenommen,    dafs  die  Ar 
Spaltung  der  Sulfogruppe  jener  aromatischen  Verbindungei 
die  sich  überhaupt  dafür  eignen,  nur  vermittelst  Salzsäi 

1  Ann.  103.  117  (1857). 


Entfärbung  von  Flüssigkeiten.  53 

im  Einschlulsrohr  möglich  sei;  doch  hat  Turner1  jetzt 
z.  B.  gezeigt,  dafs,  wenn  man  eine  Lösung  von  Orthonitro- 
anilinsulfosäure  mit  dem  dreifachen  Gewicht  einer  Schwefel- 
säure von  67 — 68%  noch  eine  halbe  Stunde  lang  nach 
«ingetretener  Lösung  kocht,  hernach  aus  dieser  in- 
folge Abspaltung  der  Sulfogruppe  Orthonitroanilin  in 
befriedigender  Ausbeute  erhalten  wird. 


Entfärbung  yon  Flüssigkeiten. 

Schon  im  vorigen  Jahrhundert  hatte  Lowitz  die  ent- 
färbende Kraft  der  Kohle  erkannt. 

Für  Laboratoriumszwecke  benutzt  man  am  besten  reine 
Blutkohle.  Skraup2  warnt  besonders  vor  eisenhaltigen 
Präparaten. 

Die  Entfärbung  wird  durch  Kochen  der  Flüssigkeit 
mit  der  Tierkohle,  das  manches  Mal  stundenlang  fortgesetzt 
werden  muls,  bewirkt.3  Zu  beachten  ist,  dafs  die  Kohle 
oft  nicht  unbeträchtliche  Mengen  von  Substanz  festhält. 
Nach  Liebbrmann4  wird  z.  B.  harnsaures  Kalium  stark 
von  ihr  zurückgehalten,  ebenso  Salze  aromatischer  Säuren, 
und  zerlegt  sie  sogar  alle  fettsauren  Salze  derart,  dafs 
freie  Säuren  im  Filtrat  nachweisbar  sind ;  und  nicht  anders 
wirkt  sie  auf  die  Salze  von  Alkaloiden,  z.  B.  auf  essig- 
saures Morphium  und  citronensaures  Koffein.  Diese 
Dissoziationserscheinungen  treten  aber  nur  in  wässerigen, 
nicht  in  absolut  alkoholischen  Lösungen  auf. 

Auch  lehrt  die  Erfahrung  immer  wieder  von  neuem, 
dafs  feingepulverte  Kohle,  namentlich  Blutkohle,  in  geringer 
Menge  mit  durch  die  Filter  geht.5  Man  soll  deshalb 
niemals  Substanzen  zur  Elementaranalyse  benutzen,  die 
aus  Lösungen  krystallisierten,  die  durch  Kohle  entfärbt 
waren,  sondern  sie  hernach  noch  einmal  umkrystallisieren 


1  B.  25.  968.  —  2  M.  Ch.  1.  185.  —  s  Ann.  240.  169. 

4  Sitzungsberichte  der  Wiener  Akad.  1877.  2.  331. 

5  Es  sei  in  dieser  Beziehung  auch  an  Liebigs  Erfahrungen 
mit  dem  Allantoin  erinnert.  Siehe  in  dessen  Lebensbeschreibung 
B.  23.  R.  819. 


54  Entfärbung  von  Flüssigkeiten. 

und  filtrieren,  bei  welcher  Gelegenheit  die  Beste  der  Kohle 
dann  zurückbleiben.  Indem  man  nun  die  zuerst  benutzte 
Kohle  mit  Alkohol  z.  B.  auskocht  und  diesen  zum  Um- 
krystallisieren  benutzt,  gewinnt  man  zugleich  den  gröfsten 
Teil  der  Substanz  wieder,  die  sonst  an  der  Kohle  haften 
geblieben  wäre. 

Nach  Heintz1  soll,  wenn  Kohle  nicht  mehr  wirkt, 
noch  manches  Mal  Bolus  alba  helfen  können. 

Manche  Körper  werden  von  der  Kohle  so  stark  zurück- 
gehalten, dafs  man  sie  mit  ihrer  Hülfe  geradezu  gewinnen 
kann.  Hopff  hat  wohl  zuerst  angegeben,  dais  die  Holz- 
kohle, sowie  auch  besonders  die  Tierkohle,  den  Aus- 
kochungen  mancher  Pflanzenstoffe  entweder  schon  in  der 
Kälte  oder  doch  sicher  während  des  Siedens  das  bittere 
Prinzip  entziehe.  Nach  Kromayer2  eignet  sich  aber  die 
Knochenkohle  zur  Entbitterung  solcher  Auszüge  am  besten,, 
und  zwar  im  feingekörnten  Zustande,  weil  nur  dann  ein 
leichtes  und  rasches  Auswaschen  möglich  ist,  während  die 
gepulverte  Kohle  nach  dieser  Bichtung  hin  manche  Übel- 
stände zeigt.  Zur  Entfernung  ihr  etwa  anhaftender 
ammoniakalischer  Produkte  ist  sie  vorher  anhaltend  mit 
Wasser  auszukochen  und  dann  frisch  auszuglühen. 

Aus  300  g  Kalmuswurzel  gewann  Thoms8  so  0,29  g 
Bitterstoff,  und  Geüther4  verfuhr  derart,  dafs  er  den 
Auszug  dieser  Wurzel  so  lange  mit  Tierkohle  kochte,  bis 
der  Geschmack  erwies,  dafs  diese  allen  Bitterstoff  der 
Lösung  aufgenommen  hatte.  Alsdann  trocknete  er  die 
Kohle  und  entzog  ihr  ihn  wieder  durch  Auskochen  mit 
Alkohol  von  99%. 

Aulser    durch    Tierkohle    entfärbt    man    auch    durcfc^ 
schweflige  Säure;  Knorr5  entfärbte  z.  B.  so  die  methyfc^ 
alkoholische  Lösung  des   l-Phenyl-2,3-dimethyl  (5)  pyre^- 
zolons  (Antipyrin).     Auch   entfärbt    der   Zusatz   wenigöx 
Tropfen    einer    Lösung    von    Kaliumpermanganat    vieXe 
Flüssigkeiten  vollständig. 

1  Ar.  1876.  390.  —  2  Die  Bitterstoffe.   Erlangen.   1861.  S.  IS. 
3  Ar.  1886.  486.  —  4  Ann.  240.  94.  —  5  B.  17.  549. 


Entfärbung  von  Flüssigkeiten.  55 

Ein  ganz  anderes  Verfahren  der  Entfärbung  ist  das 
Ausfällen  der  Farbstoffe  mit  Bleizuckerlösung,  die,  wenn 
in  genügender  Menge  zugesetzt,  fast  alle  diese  nieder- 
schlägt. Zumeist  wird  so  verfahren,  dafs  man  der  zu 
entfärbenden  neutralen  oder  alkalischen,  wässerigen  oder 
alkoholischen  Flüssigkeit  —  basisches  Bleiacetat  giebt 
übrigens  auch  mit  seinem  fünf-  bis  sechsfachen  Gewicht 
an  alkoholischem  Ammoniak  eine  klare  Lösung  —  so  lange 
von  der  neutralen  oder  basischen  Bleiacetatlösung  zusetzt, 
bis  das  Filtrat  hell,  wenn  erreichbar,  wasserhell,  erscheint. 
Dieses  wird  alsdann  durch  Schwefelwasserstoff  oder  genaue 
Zugabe  von  Schwefelsäure  wiederum  entbleit.  Manches 
Mal  reifst  der  Schwefelbleiniederschlag  den  Rest  des  Farb- 
stoffes mit  nieder.1 

Aber  man  vergesse  nicht,  dafs  das  basische  Bleiacetat 
aufser  Farbstoffen  auch  viele  andere  indifferente  Verbin- 
dungen aus  den  Lösungen  ausfällt,  so  z.  B.  alle  Glukoside. 
Nach  Schmiedeberg  2  werden  in  der  Regel  Gummi  und 
Pflanzenschleim  schon  durch  das  neutrale  essigsaure  Blei, 
sicher  durch  Bleiessig  gefällt,  während  die  löslichen  Kohlen- 
hydrate in  wässeriger  Lösung  weder  mit  dem  einen  noch 
mit  dem  anderen  einen  Niederschlag  geben;  erst  nach 
Zusatz  von  Ammoniak  fallen  sie  als  Bleiverbindungen  aus. 

Neben  den  Zuckern  vorhandene  Substanzen  vermögen 
diese  Verhältnisse  aber  etwas  zu  verschieben;  so  hat 
Brücke3  bekannt  gegeben,  dafs,  obgleich  also  Bleiessig 
allein  in  reinen  Glukoselösungen  keinen  Niederschlag 
erzeugt,  dennoch  eine  geringe  partielle  Fällung  mit 
diesem  aus  künstlichen  und  pathologischen  Zuckerharnen4 
erhalten  wird. 


1  B.  24.  4216.  —  2  Z.  3.  114.  —  a  Ar.  1880.  447. 

4  Dies  ist  natürlich  von  Wichtigkeit  für  die  so  aufserordentlich 
oft  auszufahrende  Bestimmung  des  Zuckergehaltes  von  Harnen 
mittelst  des  Polarisationsapparates,  zu  welchem  Zwecke  ein  sehr 
grofser  Teil  von  ihnen  entfärbt  werden  mufs,  nachdem  man  etwa 
gleichzeitig  vorhandenes  Eiweifs,  weil  es  links  dreht,  vorher  durch 
Kochen  entfernt  hat.  Der  Zusatz  von  Bleiessig  hat  natürlich  in 
einem  bestimmten  Mafsverhältnis  zu  erfolgen,  um  die  durch  ihn 
bewirkte  Verdünnung  in  Rechnung  zu  ziehen.  Da  aber  nach 
Brücke  durch  ihn  etwas  Zucker  ausgefallt  wird,  ist  kein  Grund, 


56  Filtrieren. 

An  Stelle  des  vorhin  erwähnten  Ammoniakzusatzes 
können  auch  andere  Basen  treten.  So  fällte  Fischer1  die 
Kibose  als  Bleiverbindung  so  aus  ihrer  Lösung,  dafs  er 
zu  dieser  einen  Überschufs  von  basischem  Bleisalz  und 
alsdann  eine  zur  Ausfällung  dieses  Bleies  genügende 
Menge  Barytwasser  setzte.  Durch  Zerlegung  des  aus- 
gewaschenen Niederschlages  mit  Schwefelsäure  und  Ein- 
dampfen des  auf  diesem  Wege  erhaltenen  Filtrats  kam  er 
dann  zur  fast  aschefreien  Bibose. 

Wie  man  sieht,  ist  die  Behandlung  von  Lösungen  mit 
Bleiessig  behufs  Entfärbung  noch  weit  mehr  als  die  mit 
Tierkohle  zugleich  zur  Darstellung  von  Körpern  geeignet, 
und  gerade  manche  Farbstoffe  sind  allein  auf  diese 
Art  durch  Wiederabscheidung  aus  ihrer  Bleiverbindimg 
gewinnbar. 

Ihre  Darstellung  auf  diesem  Wege  braucht  aber  nicht 
ausschliesslich  durch  Bleiacetat  oder  Bleiessig  zu  erfolgen. 
Wenn  auch  das  erstere  Agens  z.  B.  das  Hämatoporphyrin 
aus  Urinen  völlig  ausfällt,  thut  man  doch  besser  nach. 
Salkowski,2  es  durch  eine  Mischung  von  gleichen  Teilen 
Barytwasser  und  10%iger  BaryumchloricQösung  nieder- 
zuschlagen, weil  es  aus  dem  so  gewonnenen  Niederschlag" 
mittelst  salzsäurehaltigen  Alkohols  hernach  leicht  it* 
reinem  Zustande  erhalten  werden  kann. 


Filtrieren. 

Für  das  Filtrieren  gilt  das  von  anorganischen  Arbeiter» 
her  bekannte  Verfahren. 

Asbestfilter3  stellt  man  übrigens  nach  Casamajoi*' 
folgender  Art    her:     Der  Asbest  wird  durch   ein  grobem 


sich  in  diesem  Falle  statt  des  usuellen  Bleiessigs  nicht  dei 
bequemeren,  von  jeder  Rechnung  freien  Entfärbung  durch  kräftige' 
Schütteln  mit  ein  wenig  Tierkohle  (womöglich  ausgewaschene^* 
Blutkohle)  zu  bedienen,  der  man  allerdings  nachsagt,  dafs  auch  «  "" 
etwas  Zuker  zurückhalte. 

1  B.  24.  4220.  —  *  Z.  15.  286.  —  3  Ar.  1883.  377. 


Filtrieren.  57 

Drahtsieb  gerieben,  der  durchfallende  Teil  auf  einem 
feinen  Sieb  durch  aufströmendes  Wasser  von  den  feinsten 
Partikelchen  getrennt,  der  zurückbleibende  Asbestbrei  im 
Becherglas  mit  starker  Salzsäure  ausgekocht,  auf  dem 
Trichter  mit  durchlöchertem  Platinkonus  mit  Wasser 
ausgewaschen  und  nach  dem  Trocknen  in  einem  Porzellan- 
tiegel geglüht.  Zur  Beschleunigung  des  Filtrierens  bedient 
man  sich  auch  hier  der  Luftpumpen. 

Bei  organischen  Arbeiten  kommen  aber  viele  Nieder- 
schläge in  grösseren  Mengen  vor,  die  sich  weder  durch 
Dekantieren  auswaschen,  noch  an  der  Pumpe  absaugen 
lassen. 

In  solchen  Fällen  koliert  man  die  Flüssigkeit,  was 
man  nach  Gentele1  in  etwa  folgender  Art  ausführt: 

In  den  Saum  quadratisch  geschnittener  Tücher  läfst 
man  starke  fest  gedrehte  Schnüre  von  Hanf  einnähen, 
die  etwa  30  cm  aus  dem  Saum  herausragen.  An  jeder 
Ecke  des  Tuches  hat  man  dann  zwei  hervorragende 
Schnürenden. 

Den  zugehörigen  Filterrahmen  verfertigt  man  aus 
vier  Holzlatten,  die  etwas  länger  sind,  als  die  Seiten  der 
Tücher.  Diese  Latten  werden  so  zusammengesetzt,  dafs 
sie  ein  Viereck  und  an  den  vier  Ecken  Kreuze  bilden, 
deren  Enden  über  das  Viereck  hinausragen. 

Beim  Gebrauche  bindet  man  das  Tuch  mit  seinen 
Schnüren  so  auf,  dals  jede  Ecke  des  Tuches  eine  Ecke 
des  Rahmens  trifft,  indem  die  Schnüre  um  die  Kreuzungs- 
stellen der  Latten  geschlungen  und  befestigt  werden. 

Dieser  Rahmen  wird  so  auf  irgend  eine  Art  von 
Gestell  gelegt,  dafs  das  Filtertuch  frei  hängt  und  ein 
Gefäfs  darunter  gesetzt  werden  kann.  Zum  Filtrieren 
werden  die  Tücher  erst  angenetzt,  am  besten,  bevor  sie 
aufgebunden  werden.  Dadurch  ziehen  sich  die  Maschen 
zusammen,  und  der  Niederschlag  läuft  nicht  so  leicht  durch. 

Unter  jedes  Tuch  stellt  man  ein  Gefäfs  derart  auf, 
dafs  die  Spitze  des  Sackes,  den  es  bildet,  sich  über  diesem 


1  Farbenfabrikation.    Stuttgart.  1860. 


58  Filtrieren. 

Gefäfe  befindet.  Alsdann  giebt  man  den  zn  filtrierenden 
Niederschlag  auf  das  Tuch.  Das  anfangs  trüb  Durch- 
laufende wird  wieder  aufgegossen,  bis  das  Filtrat  ganz 
klar  ist.  Man  beschleunigt,  wenn  nötig,  das  Durchlaufen 
dadurch,  dafs  man  mit  einem  Spatel  den  festen  Brei  von 
aufsen  nach  innen  schiebt,  so  dafs  die  Flüssigkeit  wieder 
mit  dem  Tuch  in  Berührung  kommt.  Während  man 
dies  thut,  wechselt  man  den  Untersatz,  weil  das  Filtrat 
nun  wieder  anfangs  leicht  trübe  läuft. 

Sollen  Filtertücher  längere  Zeit  vorhalten,  so  müssen  sie 
nach  jedesmaligem   Gebrauch   gut  ausgewaschen  werden. 

Wollen  sich  Flüssigkeiten  auch  durch  Filtration  nicht 
klären,  so  erzwingt  man  dies  durch  einen  dieser  vorher- 
gehenden Zusatz  von  Bleiacetat,  Bleiessig,  oder,  falls  m 
neutral  oder  alkalisch  reagieren,  durch  Zusatz  von  ein 
wenig  Baryumchlorid  nebst  etwas  Natriumkarbonat  xu. s.w. 

Auch  bei  fauligen  Flüssigkeiten  hilft  kein  Filtrieren, 
indem  Fäulnisbakterien   die  Poren   des  Filters    passieren     1 
und  das  Filtrat  trübe  erscheinen  lassen.     Schüttelt  man. 
jedoch  solche  Flüssigkeit  mit  Kieseiguhr  tüchtig  durch 9 
wie  es  Jolles2  empfiehlt,    so   wird  man    nunmehr  eic»- 
klares  Filtrat  erhalten. 

Mit    Hülfe    dieses    Kunstgriffes    ist    es    jetzt    auc 
möglich    in   durch   Bakterien   getrübten  Harnen,    welch' 
sich   nach  dieser  Methode   nunmehr   durch  gewöhnliche 
Filtrierpapier  klar  filtrieren  lassen,  Spuren  EiweiJs  durcfc^1- 
die  beim  Kochen  eintretende,    durch   einen   zugesetztem^- 
Tropfen  Essigsäure  nicht  wieder  verschwindende  Trübung^ 
mit    Sicherheit    zu    erkennen.      Minimale    Mengen    voi^- 
Eiweifs    hält    aber    das  Kieseiguhr    (also    etwa    wie  di^ 
Kohle  Traubenzucker)  zurück.     Kaum  nötig  ist  wohl  n&- 
bemerken,   dafs  man  auch  mit  den    in  den  hygienischen 
—  für  gewöhnlich  aber  nicht  in  den  chemischen  —  Labora- 
torien verwendeten  CHAMBERLANDschen  Kerzen,  Bbrkefeld- 
filtern  u.  s.  w.  bakterienfreie  Flüssigkeiten  durch  Filtration 
erhalten  kann. 


1  Z.  9.  493.  —  2  Z.  A.  29.  406. 


Krystallisation.  59 

Man  hat  jetzt  auch  Filterpressen  in  für  Lahoratorien 
geeigneter  Gröfse;  das  Arbeiten  mit  ihnen  ergiebt  sich 
aus  ihrer  Konstraktion. 

Es  ist  noch  zu  erwähnen,  dafs  beim  Auswaschen  das 
destillierte  Wasser,  falls  es  nicht  der  Prozefs  erforderlich 
macht,  öfters  mit  Vorteil  durch  eine  schwache  Salzlösung 
vertreten  wird,  da  feine  Niederschläge  dann  viel  weniger 
leicht  durchs  Filter  laufen.  So  ging  z.  ß.,  wie  Baeybr1 
mitteilt,  das  bei  einer  Oxydation  in  alkalischer  Lösung 
aus  Kaliumpermanganat  abgeschiedene  Hyperoxydhydrat 
beim  Auswaschen  mit  destilliertem  Wasser  mit  durchs 
Koliertuch,  doch  hörte  dieser  U  beistand  bei  Benutzung 
von  Soda  haltigem  Wasser  sofort  auf. 

Auch  von  der  anorganischen  Chemie  her  ist  ja  be- 
kannt, dals  Flufswasser,  in  welchem  man  Lehm  auf- 
schwemmt, nach  wenigen  Stunden  durch  Absetzen  wieder 
geklärt  ist,  während,  wenn  das  gleiche  Quantum  Lehm 
in  der  gleichen  Menge  destillierten  Wassers  aufgeschwemmt 
wird,  dieses  noch  nach  Tagen  milchig  getrübt  erscheint, 
indem  die  feinsten  Partikelchen  sich  so  lange  schwebend 
erhalten. 


Kristallisation. 

Die  Überführung  organischer  Körper  in  Krystalle 
wird  durch  Lösen  derselben  in  geeigneten  Lösungsmitteln 
bewirkt.  Diese  sättigt  man  entweder  heifs  mit  der  um- 
zukrystallisierenden  Substanz,  die  dann  beim  Erkalten, 
oder  auch  wohl  erst  nach  dem  Einsetzen  in  eine  Kälte- 
mischung —  gleiche  Teile  Kochsalz  und  Schnee  liefern 
—  17°,  Chlorkalcium  und  Schnee  — 48°  — ,  auskrystalli- 
siert.2  Auch  läfst  man  die  Lösungsmittel  allmählich 
verdunsten,  wobei  sie  sich  ebenfalls  krystallisiert  aus- 
scheidet. Viele  von  diesen  Mitteln  bleiben  bei  den 
erwähnten  niedrigen  Temperaturen  durchaus  flüssig.      So 


1  Ann.  245,  139. 

*  Eine  Methode  zur  Gewinnung  regelmässiger  Einzelkrystalle 
in  ganz  besonderer  Gröfse  beschreibt  Meter.   Ar.  1878.  312. 


60  Krystallisation. 

errtarrt  Schwefelkohlenstoff  bei  —  116°,  Alkohol  von 
95%  bei  — 1300,1  und  reiner  Äther  erfordert  vielleicht 
eine  noch  niedrigere  Temperatur.2 

Krystalle  werden  auch  durch  Sublimation  erhalten. 
Sonstige  Methoden  ihrer  Gewinnung  kommen  bei  orga- 
nischen Körpern  fast  nie  in  Anwendung. 

Als  Lösungsmittel  benutzt  man  etwa  folgende  oder 
passende  Gemische  aus  ihüen,  die  bei  ihrer  Verwendung 
im  speziellen  Falle  vor  allem  der  Bedingung  genügen 
müssen,  dafis  sie  ohne  chemische  Einwirkung  auf  die 
umzukrystallisierenden  Substanzen  sind: 

Wasser,    Salzsäure,    Salpetersäure,    Schwefelsäure, 

Ammoniakwasser. 

Aceton,  Äther,  Alkohol  nebst  seinen  Homologen, 
sowie  dem  Methylakohol ,  wobei  Mischungen  von 
Alkohol  und  Wasser  in  jedem  Verhältnis  Ver- 
wendung finden. 

Benzol  nebst  seinen  Homologen  Toluol,  Xylol,8  sowie, 
dem  Cumol.4 

Chloroform. 

Eisessig  und  Essigsäure,  Essigester. 

Nitrobenzol. 

Petroläther,  Phenol,  Pyridin. 

Schwefelkohlenstoff. 

In  viel  selteneren  Fällen  sind  angewendet  worden: 
Anilin  (für  Indigo  und  Naphtylamin),5  Azobenzol,6  Kanada- 
balsam (oder  Kolophonium  für  Krystallisationserscheinungen 
unter  dem  Mikroskop),7  Dimethylanilin,8  Fluorwasser- 
stoffsäure,9 Glycerin,10  Isobutylalkohol,11  Kreosol,  Naph- 
talin,  Natronlauge,12  Olivenöl,13  Paraffin,14  Petroleum,15 
Phosphoroxychlorid,16  Terpentin,  Teeröl,17  Walrat.18 


1  Ar.  1884.  63.  —  -  B.  10.  831.  3  B.  25.  B.  185. 
4  B.  17.  2812.  —  ö  B.  3.  289.  —  ü  B.  23.  184. 
7  B.  23.  1747.  —  8  B.  25.  2007.  —  9  B.  12.  581. 
10  D.  R.-P.  46252.  —  ll  B.  20.  3275.  —  12  B.  24.  2714. 
18  Wird  auch  viel  als  unschädliches  Lösungsmittel  für  Sub- 
stanzen benutzt,  die  Tieren  unter  die  flaut  gespritzt  werden  sollen^ 
14  B.  25.  B.  488.  —  15  B.  24.  2597.  —  16  B.  18.  B.  22. 
17  B.  24.  B.  652.  —  18  B.  4.  334. 


Krystallisation.  61 

Betreffs  der  einzelnen  Lösungsmittel  wäre  folgendes 
zu  bemerken: 

Hat  man  Substanzen  aus  Wasser  umzukrystallisieren, 
auf  die  der  Sauerstoff  der  Luft  wirkt,  die  durch  diesen 
z.  B.  gefärbt  werden,  wie  es  bei  vielen  Aminen  der  Fall, 
so  setzt  man  dem  Wasser  etwas  Schwefelwasserstoff  oder 
schweflige  Säure  zu. 

Kristallwasser  findet  sich  in  den  verschiedensten  Ver- 
hältnissen, zu  V6  Molekül  bei  einzelnen  Kohlehydraten, 
zu  */s  Molekülen  beim  Phenyldihydro  -  ß  -  naphto- 
triazin1  u.  s.  w.,  und  wird  solches  Krystallwasser  manch- 
mal aufserordentlich  festgehalten,  so  verliert  das  Bariumsalz 
einer  Acridonsulfosäure  seine  l1/*  Moleküle  davon  erst 
bei  220°.* 

Sehr  merkwürdig  hinsichtlich  des  Krystallwassers  ist 
auch  das  Verhalten  der  Citronensäure.8  Dampft  man 
nach  Witter  ihre  Lösung  ein,  bis  die  Temperatur  auf 
130°  gestiegen  ist,  so  krystallisiert  wasserfreie  Säure 
beim  Erkalten  aus,  die  beim  Umkrystallisieren  auch  aus 
kaltem  Wasser  immer  wieder  wasserfrei  anschielst.  Bringt 
man  in  die  Lösung  jedoch  einen  Krystall  der  gewöhnlichen 
krystallwasserhaltigen  Citronensäure,  so  erhält  man  jetzt 
ein  wasserhaltiges  Präparat.  Diese  seltene  Eigenschaft 
bleibt  auch  in  den  Bleisalzen  erhalten,  wie  das  Verhalten 
der  aus  ihnen  wieder  abgeschiedenen  Säure  beweist. 

Heüse  Salzsäure  zeigt  sich  öfters  sehr  brauchbar, 
weil  sie  viele  Harze  ungelöst  läfst.  So  krystallisiert  man 
aus  ihr  das  rohe  Paranitrophenol  um,  wobei  alle  diese, 
ihm  von  der  Darstellung  her  anhaftend,  ungelöst  zurück- 
bleiben, und  ebenso  verhält  es  sich  mit  dem  Metabrom- 
nitrophenol.4 

Konzentrierte  Schwefelsäure  vermag  da  auszuhelfen, 
wo  vielleicht  alle  anderen  Krystallisationsmittel  versagen. 
Baeyer5  erhielt  z.  B.  mit  ihrer  Hülfe  die  Bichlorhyduril- 
säure  in  krystallisierter  Form,  als  er  sie  in  der  konzen- 
trierten Säure  löste  und  durch  vorsichtigen  Wasserzusatz 

1  B.  24.  1003.  —  *  B.  25.  1981.  —  3  B.  25.  1159. 
*  B.  25.  552.  —  5  Ann.  127.  26. 


62  Krystallisation. 

wieder  ausfällte.  Manche  Sulfosäuren,  die  aus  Wasser 
nur  in  Form  von  Harzen  sich  ausscheiden,  krystallisieren 
mit  Leichtigkeit  aus  verdünnter  Schwefelsäure,  wie  es 
z.  B.  Lönnies  *  bei  der  y-Sulfoisophtalsäure  beobachtete. 

Aceton  kommt  mit  Recht  immer  mehr  als  Krystalli- 
sationsmittel  in  Aufnahme.  Cholalsäure2  vermag  ein 
Molekül  von  ihm  als  Krystallaceton  zu  binden. 

Äther  vermag,  wenn  auch  sehr  selten,  als  Krystall- 
äther  sich  mit  abzuscheiden.  So  erhielten  Fischer  and 
Zibgler3  Krystalle  des  Pseudoleukanilin,  welche  Kristall- 
äther enthielten.  Man  thut  gut  zur  Krystallisation  be- 
stimmte ätherische  Lösungen  mit  Ohlorcalcium  zu  trocknen, 
damit  den  Krystallen  nicht  das  beim  Verdunsten  des 
feuchten  Äthers  zurückbleibende  Wasser  anhaftet. 

Der  käufliche  Äther  reagiert  gewöhnlich  sauer.  *  Seine 
Reinigung  geschieht  einfach  durch  Schütteln  mit  Natron- 
lauge. Der  von  dieser  wieder  abgehobene  Äther  wird 
hierauf  noch  einmal  mit  Wasser  geschüttelt.  Prüft  man 
ihn  nach  langer  Zeit  wieder,  so  finden  sich  neuerdings 
Spuren  Säuren  in  ihm. 

Manche  Körper  krystallisiren  erst  dann  aus  Wasser 
aus,  wenn  man  ihre  Lösung  mit  Äther  überschiohtet. 
So  erhält  man  die  Glykocholsäure  aus  der  Bindergalle 
der  Tübinger  Gegend5  —  die  anderer  Gegenden  ist  zu 
arm  an  ihr6  —  nach  mehrtägigem  Warten  in  Krystallen, 
wenn  man  diese  Galle  in  einem  engen  Cylinder  mit  etwas 
Äther  übergiefst  und  auf  je  20  ccm  derselben  1  com 
konzentrierter  reiner  Salzsäure  hinzugiebt. 

Graham  hat  zuerst  beobachtet,  dafs  aufser  Waliser 
auch  Alkohol  als  Krystallalkohol  in  Verbindungen  ein- 
treten kann,  eine  Beobachtung,  die  nicht  nur  Aufsehen, 
sondern  auch  anfangs  Widerspruch  erregte. 7  Dagegen 
scheint  Hesse  in  einem  Nebenalkaloid  des  Chinins,  dem 
Oonchairamin,8  C22H26N204  +  H20 -}- C2H60,  den  ein- 
zigen   Körper   bisher    aufgefunden    zu    haben,     welcher 


1  B.  13.  704.  —  2  B.  19.  373.  —  3  B.  13.  673. 

4  B.  24.  1491.  —  6  J.  pr.  Ch.  133.  97.  —  6  M.  Oh.  3.  335. 

7  Ann  65.  120.  —  8  Ann  225.  247. 


Krystallisation.  63 

zugleich  mit  Alkohol  -f-  Wasser  krystallisiert.  Beim 
oholeinsanren  Baryum  liegt,  wie  Mylius1  gefunden,  der 
merkwürdige  Fall  vor,  dafs  es  in  absolutem  Alkohol 
sowie  iu  Wasser  unlöslich  ist,  sich  in  verdünntem  Alko- 
hol aber  mit  grofser  Leichtigkeit  löst. 

Selten  esterifizieren  sich  organische  Säuren  bereits 
teilweise  beim  Kochen  mit  Alkohol.  Als  Gewinnungs- 
methode für  Ester  kommt  das  nicht  in  Betracht,  nur 
stöfst  man  manchmal  auf  diese  Erscheinung  beim  Um 
krystallisieren  von  Säuren  aus  ihm.  Es  verschwinden 
z.  B.  scheinbar  sehr  groise  Quantitäten  Cholalsäure  in 
ihren  alkoholischen  Mutterlaugen,  die  man  reichlich  beim 
Umkrystallisieren  erhält;  sie  gehen  eben  iu  den  nicht 
mehr  auskrystallisierenden  Äthylester  über,  wie  Verfasser2 
gezeigt  hat.  Trifft  man  auf  Säuren  mit  derartigen  Eigen- 
schaften, so  verwendet  man  Aceton,  Benzol  u.  8.  w.  zum 
Umkrystallisieren,  womit  dieser  U beistand  fortfällt. 

Einzelne  Substanzen  sind  in  heilsem  und  selbst  ver- 
dünntem kalten  Alkohol  ziemlich  gleich  löslich,  im 
Wasser  aber  unlöslich.  Man  kann  sie  oft  so  krystallisiert 
gewinnen,  dafs  man  die  stark  mit  Wasser  versetzte 
Lösung  auf  dem  Wasserbade  eindampft,  bis  sie  sich  aus 
Mangel  an  Alkohol  zu  trüben  beginnt,  worauf  man  beim 
Erkalten  Krystalle  erhält.  Manchmal  ist  er  nur  von 
ganz  bestimmter  Stärke  brauchbar.  So  krystallisiert  nach 
Kiliani3  das  Digitonin  mit  gröüster  Leichtigkeit  ans 
85°/0i?em  Alkohol,  während  es  sich  aus  stärkerem  nur 
amorph,  aus  schwächerem  weniger  vollständig  und  eben- 
falls zumeist  unkrystallisiert  abscheidet. 

Noch  vorsichtiger  scheint  man  nach  Herzfeld4  bei 
der  Krystallisation  der  Maltose  verfahren  zu  müssen.  Sie 
geht  nämlich  weit  leichter  von  statten,  wenn  man  die 
Lösung  in  heifsem  80 — 85%igem  Alkohol  einige  Zeit  in 
der  Kälte  im  verschlossenen  Gefäfs  stehen  und  dann  erst 
den  Alkohol  verdunsten  läfst.  Es  mag  das  daran  liegen, 
dafs    die    Maltosebeim    Erhitzen    in    eine    zerfliefsliche 


1  B.  20.  1970.  —  *  B.  25.  807  u.  Z.  16.  497.  —  s  B.  2L  339. 
4  B.  12.  2120 


Krystallisatinn. 

H  yd  ratform  übergebt,  ■welche  siob  erst  bei  längerem 
Stehen  in  der  Kälte  wieder  in  ihr  Anhydrid  verwandelt 

Manche  organisch  sanren  Natriumsalze  sind  nur  so 
krystaltisirt  zu  erhalten,  dafs  man  sie  in  absolutem  Alko- 
hol löst  und  die  Lösung  mit  Äther  fällt,  worauf  der 
Niederschlag  im  Laufe  mehrerer  Tage  krystalliniseb 
wird.  Auf  diese  ÄTt  kommt  man  z.  B.,  wie  Platner1 
zuerst  gefunden,  zur  sogenannten  kristallisierten  Galle, 
bekanntlich  einem  Gemisch  von  tauro-  und  glycochol- 
saurem  Natrium. 

Es  kommt  auch  vor,  dafs  angesäuerter  Alkohol  dem 
neutralen  vorzuziehen  ist.  Man  bedient  sich  für  dieseD 
Zweck  einiger  Tropfen  Eisessig  u.  s.  w.  So  galt  das 
Koffeinsulfat  für  eine  schwer  darstellbare  Verbindung, 
bis  Biedermann  *  fand,  dafs  die  Gewinnung  dieses  Salzes 
in  krystallisierter  Form  mit  überraschender  Leichtigkeit 
gelingt,  wenn  man  das  Alkaloid  in  etwa  der  zehnfachen 
Menge  heifsen  Alkohols,  welcher  mit  Schwefelsäure  bis 
zur  stark  sauren  Reaktion  versetzt  ist,  auflöst  und  her' 
nach  die  Lösnng  längere  Zeit  an  einem  kühlen  Orte 
stehen  läfst. 

Auch  mit  Hülfe  der  Anwendung  eines  Gemisches 
von  Wasser,  Alkohol  und  Äther  kann  man  viele 
Körper,  die  sich  gern  amorph  ausscheiden,  krystallisiert 
erhalten,  eine  Methode,  die  weniger  in  Benutzung  ist, 
als  sie  es  verdient.  P  abtheil"  z.  B.  stellte  das  brom- 
wasserstoffsaure  Cytisin  aus  der  konzentrierten  wässerigen 
Lösung  der  Base  durch  Neutralisieren  mit  25°/°igOT 
Brom wassers toffsäure  dar,  und  erhielt  es  aus  dieser  Flüssig- 
■  keit  in  Krystallen  durch  Zugabe  von  absolutem  Alkohol 
und  Überschichten  mit  Äther.  Fügt  man  nach  Bayer* 
zu  einer  alkoholischen  Lösnng  von  Cholalbäure  Wasser 
bis  zur  bleibenden  Trübung  und  giefst  noch  etwas  Äther 
darauf,  so  krystallisiert  sie  in  Drusen  aus. 

Amylalkohol  (siehe  Seite  5)  ist  ein  ausgezeichnetes 
Lösungsmittel  für  sonst  kaum  krystallisiert  zu  erhaltende 

1  J.  pr.  Ch.  11.  129.  —  ■  Ar.  1883.  181.  -  a  B.  24.  636. 


Krystallisation.  65 

Verbindungen.  So  löste  Niementowsky1  das  in  allem 
schwer  lösliche  m-Methyl-o-Uramidobenzoyl  in  ihm,  worauf 
es  beim  Erkalten  in  Nadeln  wieder  ausfiel. 

Nach  Nencki  2  krystallisiert  das  aus  den  roten  Blut- 
körperchen darstellbare  salzsaure  Hamm  mit  einem 
Molekül  Krystall- Amylalkohol  (C82H31ClN4Fe03)  C5H120. 
Benzol  vermag  als  Krystallbenzol  in  Verbindungen 
einzutreten  und  kann  in  diesen  sehr  fest  gebunden  sein. 
So  fand  Thrular,3  dafs  Thio-p-tolylharnstoflF  seine  3  Mol. 
Krystallbenzol  noch  nicht  nach  vierstündigem  Erhitzen 
auf  100 — 110°  ganz  verloren  hatte.  Liebermann  und 
Limpach4  hatten  i/z-Tropio  aus  Benzol  umkrystallisiert 
und  suchten  durch  Erwärmen  auf  70°  einen  etwaigen 
Krystallbenzolgehalt  zu  ermitteln;  da  aber  das  Gewicht 
nfolge  fortgesetzter  Verflüchtigung  von  ^-Tropin  über- 
haupt nicht  konstant  wurde,  überzeugten  sie  sich  schliefs- 
lich  von  der  Abwesenheit  des  Krystallbenzols  durch  eine 
an  frischen  Krystallen  vorgenommene  Stickstoflbestim- 
mung.  Kishner5  teilt  mit,  dafs  Triphenylmethan 
Benzol  derartig  bindet,  dafs  es  aus  einer  erwärmten 
Lösung,  die  etwas  Benzol  enthält,  beim  Auskrystallisieren 
dieses  völlig  fortnimmt,  was  er  als  Trennungsmittel 
benutzte. 

Wie  Liebermann  und  Seyewetz6  gezeigt  haben, 
enthält  das  Handelsbenzol  (Siedepunkt  80 — 82°)  etwa  0,2 
bis  0,3  %  Schwefelkohlenstoff,  welcher  beim  Arbeiten 
mit  gewissen  Substanzen  recht  bedenkliche  Nebenreak- 
tionen bedingen  kann.  Man  entfernt  ihn  wohl  am  besten 
durch  Abdestil Heren  des  mit  gesättigter  alkoholischer 
Kalilauge  gut  durchgeschüttelten  Benzols,  welche  jenen 
in  xanthogensaures  Kalium  überführt. 

Auch  Chloroform,  welches  gewöhnlich  etwas  Alkohol 
enthält,  von  dem  es,  wenn  nötig,  durch  Waschen  mit 
Wasser  befreit  wird,  tritt  als  Krystallchloroform  in  Ver- 
bindungen ein.  Das  Triazin  des  Benzols 7  von  der 
Formel  C27H18N6  krystallisirt  z.  B.  mit  einem  Molekül, 

1  J.  pr.  Ch.  148.  22.   —  8  A.  Pth.  20.  328.  —   3  B.  20.  669. 
4  B.  25.  927.  -  5  B.  24.  E.  559.  —  '  B.  24.  788. 
7  B.  20.  325. 

LasBar-CohB,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  5 


66  Krystallisation. 

das  Colchicin1  mit  2  Mol.  und  das  Leukonditoluylen- 
chinoxalin2  mit  1  Mol.  Chloroform,  welches  ans  dieser 
letzteren  Verbindung  erst  bei  140°  völlig  entweicht,  und 
Schmidt3  fand  es  im  BerberinchloroformC20H17NO4CHCl3 
so  fest  gebunden,  dafs  er  zweifelt,  ob  in  diesem  Körper 
eine  durch  einfache  Addition  entstandene  die  Komponenten 
noch  als  solche  enthaltende  Molekularverbindung  vorliegt 

Merkwürdig  ist,  dafs  nach  Oudemans4  im  Gegensatz 
zu  fast  allen  sonstigen  Erfahrungen  Cinchonin  in  einem 
Gemisch  von  Alkohol  und  Chloroform  löslicher  ist,  als 
in  jedem  von  ihnen  allein. 

Hat  man  Körper  aus  Eisessig  oder  Essigsäure  um- 
krystallisiert,  so  befreit  man  die  Krystalle  von  den  letzten 
Resten  des  anhaftenden  Lösungsmittels,  indem  man  sie, 
wenn  möglich,  im  LiEBiGschen  Trockenrohr  bei  100° 
im  Luftstrom  trocknet,  oder  im  Vacuum  neben  Natron- 
kalk5 stehen  läfst;  aber  es  genügt  auch,  den  Eisessig 
neben  Kalihvdrat6  im  nichtevakuierten  Exsiccator  ver- 
dunsten  zu  lassen.  Krystallessigsäure  fand  Latschinoff7 
bei  der  Choleinsäure  C24H40O44-C2H4O2.  Auch  Hämin- 
krystalle  sollen  sie  einschliefsen  können.8 

Das  Naphtalin  hat  Witt  zum  Umkrystaüisieren 
des  sonst  nicht  krystallisiert  zu  erhaltenden  a^-Naphtazins 
benutzt.  Er  löste  dieses  im  siedenden  Kohlenwasserstoff 
und  kochte  den  erkalteten  Kuchen  mit  Alkohol  aus, 
worauf  das  Azin  krystallisiert  zurückblieb,  und  in  einem 
Patent9  wird  speziell  mitgeteilt,  dafs  das  in  den  ge- 
bräuchlichen Lösungsmitteln  schwer  lösliche  Nitroalizarin- 
blau  sicji  aus  Naphtalin  umkrystaüisieren  läfst, 

Nitrobenzol  diente  Gabriel10  alsKrystallisationsmittel 
für  Nitroäthindiphtalid,  das  aus  diesem  in  derben  Nadeln 
anschiefst,  und  Grabe  und  Philips11  krystallisierten  an» 
ihm,  für  sich  allein    oder   gemischt   mit  Eisessig,    einexa. 
Teil   der    Farbstoffe  um,    die    bei    der   fortschreitende 
Hydroxylierung  des  Alizarins,  wenn  dieses  mit  Schwefo 

1  M.  Ch.  7.  571.  —  *  B.  19.  776   —  3  Ar.  1887.  147. 
4  Ann.  166.  74.  —  5  Ann.  228.  303.  —  6  B.  14.  1867. 
7  B.  20.  1046.  —  8  A.  Pth.  20.  328.  —  9  D.  R.  R  59190. 
10  B.  19.  837.    —  »  B.  24.  2298. 


Krystallisation.  67 

säure  erhitzt  wird  (siehe  im  Kapitel  „Oxydation"),  erhalten 
werden. 

Als  Petroläther  wird  man  am  besten  diejenigen 
Fraktionen  des  Handelsproduktes  verwenden,  welche  im 
Wasserbade  hei  60 — 70°  überdestillieren.1  Wislicenus2 
nennt  die  nach  oft  wiederholtem  Rektifizieren  zwischen 
33°  und  39°  vollkommen  übergehenden  Anteile  des 
Petroläthers  Petrolpentane,  die  zwischen  60°  und  69°  er- 
haltenen Petrolhexane. 

Nölting  und  Schwarz3  lösten  rohes  Trichinyl- 
methan  in  möglichst  wenig  Benzol  und  versetzten  die 
Lösung  mit  unter  100°  siedendem  Ligroin.  Sie  mufsten 
aber  ein  Ligroin  anwenden,  das  sie  durch  Behandeln 
mit  Schwefelsäure  und  Destillieren  gereinigt  hatten,  da 
sie  mit  dem  käuflichen  Produkt  nur  Schmieren  erhielten. 
Sobald  der  durch  den  Petroläther  hervorgerufene  Nieder- 
schlag nicht  mehr  harzig  erschien,  filtrierten  sie,  setzten 
noch  ein  wenig  Ligroin  hinzu  und  liefsen  im  Vacuum 
über  Paraflin  und  Schwefelsäure  krystallisieren. 

Phenol,  welches  ein  ausgezeichnetes  Lösungsmittel 
für  viele  Stoffe  ist,  bisher  aber  viel  zu  wenig  für  Kry- 
stallisatitionsz wecke  verwendet  wird,  hat  Witt4  in  fol- 
gender Weise  verwandt,  um  Eurhodol,  welches  in  allen 
bekannten  Lösungsmitteln  unlöslich  ist,  krystallisiert  zu 
erhalten.  Er  löste  das  Chlorhydrat  der  Base  in  Phenol 
und  versetzte  die  auf  100°  abgekühlte  Lösung  mit 
siedendem  Alkohol,  dem  ganz  wenig  Anilin  zugefügt 
war.  Das  Anilin  sättigte  die  vorhandene  Salzsäure  ab, 
und  es  begann  die  Abscheidung  von  in  Nadeln  krystalli- 
sierendem  Eurhodol. 

Das  den  Krystallen  anhängende  Phenol  entfernt  man 
durch  Waschen  mit  Alkohol. 

Es  vermag  auch  als  Krystallphenol  sich  mit  auszu- 
scheiden, dies  ist  z.  B.  beim  Harnstoff5  und  bei  der 
Oholalsäure6  beobachtet. 


1  B.  23.  142.  —  *  Ann.  272.  19. 
a  B.  24.  1606.  —  *  B.  19.  2791. 
5  Ar.  1886.  625.  —  6  B.  20.  3278 


68  Kry8tallisation. 

Pyridin  scheint  nach  Böttigek  *  ein  besonders  für 
die  Klasse  der  gechlorten  Benzidin-  und  Tolidinderivate, 
welche  in  den  sonstigen  Lösungsmitteln  kaum  löslich 
sind,  geeignetes  Krystallisationsmittel  zu  sein. 

Im  Falle  heifsgesättigte  Lösungen  schon  während 
des  Filtrierens  durch  die  Abkühlung  Krystalle  ausscheiden, 
welche  das  Filter  verstopfen,  mufs  man  sich  der  Heifs- 
wasserfilter  bedienen.  Ist  die  Menge  der  Lösung  hierfür 
zu  gering,  so  wärmt  man  den  ganzen  Glastrichter  direkt 
in  einer  Flamme  an  und  legt  hernach  das  Filter  hinein. 
Dies  genügt  dann  bei  Verwendung  richtigen  Filtrier- 
papiers fast  stets,  um  die  Krystallisation  in  ihm  oder 
seinem  Halse  hintanzuhalten. 

Nicht    immer   darf   man    das   vollständige  Abkühlen 
der    für  Krystallisationen    bestimmten  Flüssigkeiten   ab- 
warten. So  erhält  man  krystallisiertes  Veratrin  nur  dann 
leicht  und  in  guter  Ausbeute,  wenn  man,  wie  Schmidt 
und    Bosetti2    das     durch    Äther    gereinigte    käufliche 
Alkaloid  in  einem  geräumigen  Becherglase  in  absolutem 
Alkohol    löst,    die  Lösung    auf    60 — 70°    erwärmt  und 
jetzt  so  viel  Wasser  zusetzt,  dafs  die  Mischung  eine  blei- 
bende Trübung  zeigt.  Beseitigt  man  diese  durch  erneute 
Zugabe  von   Alkohol  und   läfst  nunmehr    bei    50 — 60° 
verdunsten,  so  scheiden  sich  reichliche  Mengen  kristalli- 
sierten Veratrins  in  nahezu  reinem  Zustande  ab.    Sobald 
sich  aber  die  Flüssigkeit  infolge    der  Ausscheidung  der 
harzartigen  Verltrinmodifikation  zu  trüben  beginnt,  mufa 
sie    schleunigst  von   den  Krystallen  abgegossen  werden- 
Mit    ihr    kann    man   die    ganze    Operation    noch  einig« 
Male  wiederholen  und   so  bis  33%  der  käuflichen  Base 
in  den  krystallisierten  Zustand  überführen. 

Viele  Körper  fester  (auch  flüssiger  Natur)  könne» 
aus  ihren  wässerigen  Lösungen  nicht  nur  durch  Abdunsten 
der  Flüssigkeit  oder  durch  Auskrystallisieren,  sondern 
auch   dadurch  gewonnen   werden,   dafs  man  das  Wasser 

1  Dissert.  Jena.  1891.  —  *  Ar.  1883.  84. 


Krystallisation.  69 

durch  Zusätze  in  eine  Flüssigkeit  verwandelt,  welche 
jene  Körper  nicht  mehr  gelöst  zu  halten  vermag.  Als 
solche  Zugaben  dienen  Kochsalz  (weshalb  das  ganze  Ver- 
fahren auch  kurzweg  Alissalzen  genannt  wird),  Glauber- 
salz, Kaliumkarbonat  (so  scheidet  sich  aus  alkoholhaltigem 
Wasser  der  Alkohol  als  obenschwimmende  Schicht  ab, 
wenn  in  die  Flüssigkeit  genügend  Pottasche  eingetragen 
ist).  Auch    heifses1  Salzwasser  gelangt  zur  Verwendung. 

Es  lassen  sich  auf  diese  Art  natürlich  auch  Trennungen 
durchführen,  die  namentlich  in  der  Chemie  der  „Eiweifs- 
stoffe"  eine  grofse  Rolle  spielen.  So  kann  Ammonium- 
sulfat zur  Trennung  von  Eiweifsstoffen  von  Peptonen 
(den  durch  Verdauung  veränderten  und  durch  kochendes 
Wasser  nicht  mehr  koagulierbaren  Eiweifsderivaten)  dienen, 
indem  die  ersten  in  einer  mit  diesem  Salz  gesättigten 
Lösung  unlöslich  sind  und  daher  auf  dessen  Zusatz  aus- 
fallen.2 Viele  sehen  derartige  Trennungen,  die  in  der 
Chemie  der  Eiweifsstoffe  eine  geradezu  ausschlaggebende 
Rolle  spielen,  als  quantitativ  an,  eine  Anschauung,  für 
die  wohl  noch  keinem  einen  unantastbaren  Beweis  zu 
führen  gelungen  ist.  (Siehe  weiterhin.) 

Dagegen  ist  die  Methode  natürlich  vorzüglich  ver- 
wendbar, wenn  die  Einheitlichkeit  der  ausgefüllten  Sub- 
stanz, die  vielleicht  auf  anderem  Wege  aus  der  betreffenden 
Lösung  nur  sehr  schwer  rein  darstellbar  ist,  durch  nach- 
heriges  Umkrystallisieren  erwiesen  werden  kann.  Baeyeb,  3 
löste  z.  B.  den  Amidoindigo  in  verdünnter  Salzsäure, 
neutralisierte  mit  Soda  und  fällte  ihn  durch  Natrium- 
acetat  wieder  aus,  und  in  derselben  Weise  kam  er  zu 
reinem  Amidophtalsäureäther.4 

Im  Vorhergehenden  erwähnt  ist  schon  das  Ausfällen 
alkoholischer  Lösungen  mit  Wasser.  Es  wird  also  sehr 
oft  angebracht  sein,  wenn  der  gelöste  Körper  in  Alkohol 
Jeioht,  in  Wasser  schwer  löslich  ist,  so  lange  von  letzterem 
zur  Lösung  zuzusetzen,    bis  eine  schwache  Trübung  ein- 

1  D.  R.P  46252.  —  2  Z.  B.  22.  423.  —  8  12.  1317. 
4  B.  10.  1079. 


70  Krystallisation. 

tritt,  wnrauf  sich  in  kurzem  gut  ausgebildete  Krystalle 
abzuscheiden  pflegen.  Viel  häufiger  wird  jedoch  das 
Verfahren  bei  ätherischen  Lösungen  angewendet,  die  man 
mit  Petroläther  bis  zur  beginnenden  Trübung  versetzt, 
zumal  eine  sehr  grofse  Anzahl  von  Körpern  in  Äther 
leicht,  in  Petroläther  aber  so  gut  wie  unlöslich  ist.  Auch 
wird  man  öfters  vorteilhaft  davon  Gebrauch  machen, 
zu  Phenollösungen  Alkohol  zu  geben1  u.  s.  w. 

Krystalle  pflegt  man  von  der  ihnen  anhängenden 
Mutterlauge  durch  Abwaschen  zu  befreien.  Hat  man 
gröfsere  Mengen  zur  Verfügung,  so  bringt  man  sie  auf 
ein  Saugfilter,  dessen  Trichter  man,  namentlich  wenn 
die  Mutterlauge  stark  sauer  oder  stark  alkalisch  ist,  weit 
besser  statt  durch  einen  Platinkonus  mit  oder  ohne 
Papier,  durch  eine  Glaskugel  verschliefsen  wird. 

Hat  man  nur  wenige  Kristalle,  so  streicht  man  sie, 
zumal  wenn  die  Mutterlauge  sehr  dick  ist,  auf  unglasiertes 
Porzellan,  oder  in  Ermangelung  dessen  auf  Ziegelsteine, 
welche  die  Mutterlauge  aufsaugen. 

Prefst  man  die  Krystalle  zwischen  Filtrierpapier,  ein 
Verfahren,  dessen  Resultate  weniger  gut  als  die  des 
vorhergehenden  zu  sein  pflegen,  so  kann  man  aus  dem 
Papier,  falls  die  Mutterlauge  wertvoll  ist,  diese  durch 
Extraktion  wieder  gewinnen. 

Für  Extraktionen  sind  eine  Unzahl  von  Apparaten 
vorgeschlagen,  von  denen  hier  nur  zwei  erwähnt  werden 
sollen,  mit  denen  man  in  fast  allen  Fällen  znm  Ziele 
gelangen  wird. 

Als  Extraktionsmittel  können  ein  sehr  grofser  Teil 
der  in  den  Kapiteln  „Ausschütteln"  und  „Krystallisation" 
erwähnten  Flüssigkeiten,  sowie  aufserdem  etwa  die  folgen- 
den2 dienen:  Leichtes  Harzöl,  Holzteeröl,  Kampferöl, 
Tetrachlorkohlenstoff,  ßraunkohlenteeröle. 

Der  Apparat  von  Farnsteiner3  speziell  ist  sehr  hand- 
lich.     Seine    Einrichtung    folgt    aus    Figur    22.      Von 

1  B.  17.  2403.  —  »  B.  R.-P.  57634.  —  a  Ch.  Z.  1892.  1030. 


Krystalliaaiion. 


71 


besonderem  Wert  ist  der  Umstand,  dal's 
durch  die  Anwendung  der  abgebildeten 
Kühlvorrichtung  Extraktion  sapparat  und 
Kühler  sich  in  einem  Bohr  befinden,  so 
.>,  dafs  die  bei  fast  allen  sonstigen  Konstruk- 
tionen notwendige  Verbindung  dieser  beiden 
Teile  durch  Kork  oder  Glasschliff  wegfallt. 
Die  Länge  des  Extraktionsrohres  betrage 
32  cm,  seine  lichte  Weite  3  cm. 

Für  Extraktionen  mit  kaltem  Äther  ist  der 
Apparat  von  Reinsch1  {Fig.  23),  der  grofee 
Quantitäten  zu  extrahieren  gestattet,  sicher 
einer  der  besten.  Von  A  aus  destilliert 
der  Äther  durch  B  nach  dem  Kühler  hinauf. 
Aus  diesem  läuft  er  in  den  auf  das  Rohr 
D  lose  aufgesetzten  Behälter  C,  der  die 
zu  extrahierende  Masse  enthält,  und  gelangt 
durch  das  Rohr  D,  welches  mit  einem  Ver- 


schlufs  versehen  ist,  der  das  Entweichen  dampf- 
förmigen Äthers  verhindert,  wieder  nach  A. 


72  Krystallisation. 

Es.  mag  bei  dieser  Gelegenheit  darauf  hingewiesen 
sein,  dafs  bei  der  Destillation  von  Äther  an  und  für  sich 
Explosionen  vorgekommen  sind,  und  dafs  diese  zumeist 
einem  abnorm  hohen  Gehalt  desselben  an  Wasserstoff- 
superoxyd  oder  gar  Athylhyperoxyd1  zugeschrieben  werden, 
dafs  solche  Explosionen  aber  auch  beim  Verdunsten  der 
letzten  Reste  von  Äther  in  einer  offenen  Schale  bei  etwa 
60°,  die  zur  Gewinnung  des  mit  seiner  Hülfe  Extrahierten 
diente,  beobachtet  wurden»  Sehr  ausführliches  hierüber 
hat  Schär2  mitgeteilt.  Eine  Vorprüfung  zur  Entschei- 
dung der  Frage,  ob  Äther  zu  Explosionen  Veranlassung 
geben  kann,  ist  nicht  bekannt. 


Zweck  jeder  Krystallisation  ist,  die  betreffende  Ver- 
bindung möglichst  in  chemisch  reinem  Zustande  dar- 
zustellen. Ist  dies  durch  eine  einmalige  Operation  nicht 
zu  erreichen,  so  wiederholt  man  das  Umkrystallisieren  so 
lange,  bis  man  ans  Ziel  kommt  und  alle  Verunreinigungen 
in  den  Mutterlaugen  zurückgeblieben  sind.  Dabei  geht 
man  von  der  Annahme  aus,  dafs  sich  Mischungen  von 
Krystallen  durch  verschiedene  Löslichkeit  im  passend  ge- 
wählten Lösungsmittel  trennen  lassen;  dafs  also  bei  der 
richtig  gewählten  Menge  des  Lösungsmittels  von  den 
einen  mehr  in  der  Mutterlauge  bleibt,  als  von  den  anderen. 
In  der  That  sind  bisher  fast  nur  unter  den  Thiophen- 
derivaten  Gemische  von  Krystallen  beobachtet  worden,  die 
sich  durch  fraktionierte  Krystallisation  überhaupt  nicht  mehr 
trennen  lassen,  und  neuerdings  hat  B.UD.  Cohn3  die  inter- 
essante Beobachtung  gemacht,  dafs,  wenn  man  molekulare 
Mengen  von  p-Nitrobenzoesäure  und  p-Acetylamidobenzoe- 
säure  in  heifsem  Wasser  löst,  sie  beim  Erkalten  zusammen 
auskrystallisieren,  ohne  dafs  eine  Zerlegung  der  Doppel- 
verbindung durch  Krystallisation  oder  fraktionierte  Fällung 
der  Silbersalze  sich  nachher  wieder  ermöglichen  läfst. 
Mischkrystalle  im  gewöhnlichen  Sinne  werden  öfter  er- 
wähnt.   So  fand   Herrmann,4    dafs    Succinylobernstein- 

1  B.  25.  E.  745.  —  2  Ar.  1887.  623.  —  *  Z.  17.  306. 
4  B.  19.  2235. 


Kristallisation.  73 

säureester  und  Chinondiliydrodikarbonsäureester,  von  denen 
der  erstere  asymmetrisch,  der  letztere  rhombisch  krystalli- 
siert,  Mischkrystalle  liefern. 

Eine  häufig  beobachtete  Erscheinung  ist  es,  dafs 
Körper,  die  sich  ölig  abscheiden,  durch  „Krystallinfektion"1 
sofort  krystallisieren,  wenn  man  sie  mit  einem  Krystall 
ihrer  Art,  der  von  einer  früheren  Darstellung  herstammt, 
berührt,  eine  Bedingung,  deren  Erfüllung  häufig  unmög- 
lich ist.  Stadel  hat  nun  gefunden,  dafs  es  nicht  immer 
ein  Krystall  derselben  Art  sein  mufs,  sondern  dafs  in 
manchen  Fällen  schon  ein  solcher  von  einer  ähnlichen 
chemischen  Konstitution  geeignet  ist,  die  Krystallisation 
einzuleiten.  So  brachte  er  das  für  unkrystallisierbar 
geltende  m-Kresol  (Methylphenol),  das  bei  —  80°  noch 
nicht  erstarren  sollte,  zum  Krystallisieren,  als  er  nach 
dem  Abkühlen  auf  —  18°  einen  winzigen  Phenolkrystall 
hineinwarf,  und  Ott2  teilt  mit,  dafs  das  Propyliden- 
essigsäuredibromid,  das  nicht  krystallisieren  wollte,  als  er 
es  mit  einem  Kryställchen  von  Äthylidenpropionsäure- 
dibromid  „infizierte",  sehr  bald  fest  wurde. 

In  manchen  Fällen  gelingt  es  nur  durch  häufig 
wiederholtes  und  in  bestimmtem  Sinne  geleitetes  um- 
krystallisieren  zu  chemisch  reinen  Körpern  zu  gelangen. 
Dies  Verfahren  wird  dann  als  fraktionierte  Krystallisation 
bezeichnet. 

Ein  Beispiel  wird  am  besten  erläutern,  in  welcher 
Weise  etwa  man  niutatis  mutandis  in  solchen  Fällen  zu 
verfahren  hat. 

Schwalb3  verseifte  Bienen  wachs  mit  Natronlauge  und 
extrahierte  die  trockene  Seife  mit  Petroläther.  Die  so 
erhaltenen,  nicht  sauren  Produkte  der  Verseif ung  des 
Wachses  wurden  einer  systematisch  durchgeführten  frak- 
tionierten Krystallisation  unterworfen  in  der  Art,  dafs  die 
am  höchsten  schmelzenden  Fraktionen  aus  reinem  Petrol- 
äther umkristallisiert  wurden,  während  zum  Umkrystalli- 
sieren    der   niedriger   schmelzenden  Produkte   immer   die 

*  Z.  10.  151.  —  2  B.   24.  2603.  —  »  Ann.  235.  110. 


74  Krystallisation. 

Mutterlauge  der  vorhergehenden  höher  schmelzenden  Sub- 
stanz verwandt  wurde.  Auf  diese  Weise  wurden  die 
niedrig  schmelzenden  Körper  in  den  letzten  Mutterlaugen 
angehäuft,  während  in  den  ersten  Krystallisationen  die 
am  höchsten  schmelzenden  Bestandteile  auftraten.  Dieses 
systematische  Umkrystallisieren  wurde  so  lange  fortgesetzt, 
bis  die  Mutterlauge  der  beim  Erkalten  abgeschiedenen 
Krystalle  beim  Verdunsten  des  Petrolätbers  ein  Produkt 
lieferte,  dessen  Schmelzpunkt  nicht  mehr  wesentlich  von 
dem  der  zuerst  erhaltenen  Krystalle  verschieden  war. 
Sobald  dieser  Punkt  erreicht  war,  wurde  diese  Krystalli- 
sation für  weitere  Verarbeitung  beiseite  gestellt  und  mit 
dem  Umkrystallisieren  der  noch  nicht  so  weit  gereinigten 
Mittelprodukte  fortgefahren.  So  wurden  zuerst  drei  Haupt- 
portionen  erhalten,  die  dann  ihrerseits  in  derselben  Weise 
weiter  behandelt  wurden.  Dadurch  wurde  aufser  vielen 
anderen  ein  Produkt  erhalten,  dessen  Analyse  auf  einen 
Kohlenwasserstoff  hinwies.  Bis  der  Schmelzpunkt  des 
Auskrystallisierten  und  der  beim  Abdampfen  der  Mutter- 
lauge erhaltenen  Krystalle  übereinstimmte,  war  es  aber 
nötig,  allein  dieses  Produkt  noch  dreizehnmal  umzn- 
krystallisieren. 

Auch  Zinoffsky1  vermochte  nur  so  die  Sicherheit 
zu  erlangen,  dafs  das  von  ihm  durch  Umkrystallisieren 
gereinigte  Oxyhämoglobin  des  Pferdeblutes  wirklich  ein  ein- 
heitlicher Körper  sei,  dafs  er  feststellte,  dafs  der  Gehalt 
an  Eisen  im  trockenen  Rückstande  der  Mutterlauge  der 
gleiche  wie  der  in  den  getrockneten  Krystallen  war. 

Das  Oxyhämoglobin  des  Blutes  mancher  Tierspezies 
ist  bekanntlich  kaum  krystallisiert  zu  erhalten.  Dahin 
gehört  das  des  Schweineblutes.  Hüfner2  machte  nun 
die  merkwürdige  Mitteilung,  dafs  solches  frisch  defini- 
brierte  Blut,  wenn  es  direkt  mit  dem  dritten  Teil  einer 
etwa  l°/oigen  alkoholischen  Chinolinlösung  versetzt  und 
dann  in  eine  Kältemischung  gestellt  wird,  nach  mehreren 
Tagen  in  einen  dichten  roten  Krystallbrei  verwandelt  ist, 
eine  Beobachtung,  die  Otto  weiter  verfolgt  hat. 

1  Bissert  Dorpat  1885.  —  *  Z.  7.  57. 


Krystallisation.  75 

Kommt  man  zu  Körpern,  die  sich  überhaupt  nicht 
umkrystallisieren  lassen,  so  mufs  man  versuchen,  indem 
man  von  reinen  Materialien  ausgeht,  sie  auch  ohne  dieses 
Verfahren  möglichst  analysenrein  zu  erhalten.  Hbrth1 
verfuhr  beispielsweise  so  bei  der  Synthese  des  Biguanids. 

Aus  dem  bisher  Mitgeteilten  geht  zur  Genüge  der 
grofse  Aufwand  an  Mühe  und  Scharfsinn  hervor,  den  die 
das  Gebiet  der  organischen  Chemie  Ausbauenden  darauf 
verwenden,  ihre  neu  gewonnenen  Präparate  in  den  kry- 
stallisierten  Zustand  überzuführen. 

Wollen  wir  offen  sein,  so  müssen  wir  eingestehen, 
dafs  die  Chemiker  bisher  eben  mit  organischen  Körpern 
nur  dann  sicher  zu  arbeiten  verstehen,  wenn  sie  un- 
zersetzt  flüchtig,  oder  an  und  für  sich,  resp.  in  Form  eines 
nahestehenden  Derivates  (siehe  weiterhin)  krystallisiert  zu 
erhalten  sind,  woran  sich  als  drittes  zuverlässiges  Ver- 
fahren die  vorsichtige  fraktionierte  Fällung2  reiht. 

Und  das  ist  es,  weshalb  die  Chemie  der  organisirten 
Gebilde  (Eiweilsstoffe  u.  s.  w.)  noch  ganz  in  ihren 
Anfangsstadien  sich  befindet.  Es  sind  noch  nicht  einmal 
irgendwelche  allgemeineren  Methoden  bekannt,  nach 
denen  man  diese  chemisch  rein  gewinnen  kann,  konsta- 
tieren kann,  dals  die  nach  einem  bestimmten  Verfahren 
gewonnenen  Produkte  wirklich  chemisch  einheitliche 
Körper  sind. 

Schon  Berzelius3  beklagte  dies,  und  man  kann  nicht 
sagen,  dafs  in  der  Zwischenzeit  bahnbrechende  Fortschritte 
von  allgemeiner  Anwendbarkeit  gemacht  worden  wären. 
Er  laust  sich  darüber  so  aus:  „Eine  der  schwierigeren 
Aufgaben  in  der  organischen  Chemie  ist  die  richtige 
Kenntnis  solcher  Veränderungen  in  organischen  Stoffen, 
wobei  ohne  Dazwischentreten  eines  anderen  Reagens, 
ohne  eintretende  Gasentwickelung  oder  Bildung  eines 
Niederschlages  ein  in  Wasser  aufgelöster  Stoff  allmählich 
in   mehrere  ebenfalls  lösliche  Materien  verwandelt  wird, 


1  M.  Ch.  1.  89.  Siehe  auch  B.  25.  931. 

*  Siehe  auch  A.  Pth.  20.  351. 

8  Lehrbuch  d.  Chemie  B.  IV.  Abt.  I.  S.  671. 


76  Krystallisation. 

und  wobei  es  ein  blofser  Glückszufall  ist,  wenn  der 
Chemiker  Mittel  zur  Trennung  dieser  neugebildeten 
Stoffe  voneinander  und  von  dem  noch  unveränderten 
auffindet. 

Das  Studium  unserer  derzeitigen  Litteratur  führt 
unwillkürlich  zur  Ventilierung  der  Frage,  weshalb  eine 
so  grofse  Anzahl  der  Fachgenossen  —  abgesehen  natürlich 
von  den  für  die  Farbstoffchemie  und  auf  dem  Gebiete 
der  Synthese  der  Alkaloide  u.  s.  w.  thätigen  —  sich 
für  verpflichtet  erachtet,  immer  nur  Produkte  und  Deri- 
vate der  Stein  kohlendes  tillation,  Herkömmlinge  einer  vor 
unendlichen  Zeiten  dagewesenen  organischen  Welt,  in 
den  Kreis  ihrer  Untersuchung  zu  ziehen,  statt  der  lebenden 
organischen  Welt  ihre  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  hier 
an  dem  Ausbau  der  Methoden  mitzuwirken,  hier  ihre 
Erfolge  zu  suchen,  die  kein  geringeres  Interesse  erregen 
werden,  als  etwa  der  Aufbau  möglichst  vielgliedriger 
Ringe  oder  Ringsysteme,  deren  Zusammenschweiisung  durch 
Stickstoffatorae  bewirkt  ist.  Es  sei  hier  in  der  Beziehung 
nur  an  die  neueste  ausgezeichnete  Arbeit  von  Schmiedebbbo 
über  den  Knorpel1  erinnert.  —  Auch  in  rein  analytischer 
Hinsicht  ist  auf  diesem  Gebiete  noch  viel  zu  leisten. 

Wir  kommen  nun  zu  den  soeben  erwähnten  nahe- 
stehenden Derivaten.  Da  also  die  Überführung  nicht- 
krystallisierender  Körper  in  den  krystallisierten  Zustand 
oder  in  unzersetzt  flüchtige  Verbindungen  das  gröfste 
Interesse  bietet,  hat  man  gewisse,  ziemlich  allgemein  brauch- 
bare Methoden  hierfür  herausgebildet.  Basische  Flüssig- 
keiten führt  man  in  ihre  Salze,  Platin-,  Gold-  oder 
Quecksilberdoppelsalze2  u.  s.  w.,  über,  die  sich  dann  rein 
darstellen  lassen.  Saure  Flüssigkeiten  werden  in  ähnlicher 
Art  die  gewünschten  Derivate  liefern. 

Die  Leichtigkeit  des  Ersatzes  des  Wasserstoffatoms  der 
Hydroxylgruppe  durch  Reste  wird  häufig  verwendet,  um 
zu  krystallisierenden  Derivaten,  die  ebenfalls  einen  absolut 
sicheren  Rückschlufs  auf  das  Ausgangsmaterial   zulassen. 


1  A.  Pth.  28.  355.  —  '  Ann.  247.  5. 


Ery  stallisation .  7  7 

igen.  Säuren  verestert  man  wohl  geradezu.  So  ist 
)  ßiliansäure x  nur  so  rein  zu  gewinnen,  dafs  man 
hren  Diäthylester  überführt,  der  sehr  gut  krystal- 
aus  welchem  sie  dann  schliefslich  auch  in  fester 
u  erhalten  ist. 

t  häufiger  verfährt  man  jedoch  im  angegebenen 
mit  Körpern,  die  alkoholische  Hydroxylgruppen 
n  Aminrest  enthalten. 

neben  diesen  auch  noch  die  Karboxylgruppe  vor- 
so  ist  es  meist  gut,  diese  zu  verestern,  die  Säure  also 
vor  in  ihren  Athylester  überzuführen.  Die  Wasser- 
ae  der  Hydroxyl-  oder  Amin-  resp.  Amidgruppe 
nan  bald  durch  den  Acetyl-,  bald  den  Benzoyl-, 
)hl  den  Benzosulfonyl-  oder  Formylrest. 
beste  Verfahren  für  die  Acetylierung  ist  das  von 
kann2  angegebene.  Man  erhitzt  zu  dem  Zwecke 
stanzen  mit  Essigsäureanhydrid  unter  Zusatz  von 
3rtem  (geschmolzenem)  Natriumacetat  längere  Zeit 
ckflufskühler.  Auch  ganz  unbeständige  Körper 
so  in  luftbeständige  Derivate  übergeführt  werden, 
elt  Liebermann  a  das  Indigweifs  in  Form  seiner 
erbindung  in  luftbeständigen  Krystallen,  als  er 
Reduktion  des  Indigo  zugleich  dessen  Acetylierung 
.  Er  verwendete  auf  1  Teil  der  zu  reduzierenden 
z  2  Teile  Natriumacetat  und  3  Teile  Zinkstaub 
3hte  längere  Zeit  mit  10  bis  15  Teilen  Essigsäure- 
d  am  Rückflufskühler.  Ähnlich  verfuhr  Nietzki* 
Darstellung  des  Chlorhydrats  des  Diacetylsafra- 
Veil  die  freie  Base  schwer  zugänglich  ist,  mischte 
3lorhydrat  derselben  mit  trockenem  Natriumacetat 
litzte  es  ebenfalls  mit  einem  Überschufs  von  Essig- 
tiydrid  zum  Sieden. 

let  eine  Reduktion  der  Körper  nach  stattgehabter 
irung  statt,  so  können  natürlich  trotz  des  Acetyl« 
ehr  unbeständige  Körper  erhalten  werden.  So 
is  Reduktionsprodukt,  welches  Baeyer5    bei  Re- 

20.  1982.  —  2  B.  11.  1619.  —   J  B.  24.  4130. 
16.  468.  —  5  B.  12.  1309. 


78  KrystallisatioD. 

duktion    von    Acetylisatin    mit   Zinkstaub    und    Eisessig 
erhielt,  an  der  Luft  wieder  schnell  in  Acetylisatin  über. 
Nachdem  Döbner  und  Förster  *  5  g  Pyrogallolbenzein 
mit  Essigsäureanhydrid  (12  g)  und  geschmolzenem  Natrium- 
acetat   (10  g)    etwa    2  Stunden    am    Rückflufekühler   im 
Paraffinbad  auf  120°  erhitzt  hatten,  kamen  sie  nach  Aus- 
waschen des  Produkts  mit  Wasser  und  Umkrystallisieren 
aus  Alkohol  zur  TetraacetylverbindungC38H20O11(C2H80)4. 
Bei  Anwendung  von  Kondensationsmitteln  (siehe  weiter- 
bin),  die  stärker   als  Natriumacetat  wirken,    kann   man 
aber    in    dazu    geeignete    Substanzen    noch    weit    mehr 
Acetylgruppen  einführen. 

Andererseits  acetylieren  natürlich  Acetylchlorid  sowohl 
wie  Essigsäureanhydrid  für  sich  allein  ebenfalls.  Die 
Anzahl  der  eintretenden  Acetylgruppen  ist,  wie  zu  er- 
warten, aber  von  der  angewandten  Methode  abhängig. 

Erwig  und  Königs2  teilen  in  der  Beziehung  folgendes 
mit:  Kocht  man  Chinasäure  mit  7  Teilen  Essigsäure^ 
anhydrid,  so  entsteht  als  Hauptprodukt  ein  Triacetylchinid  - 
Erhitzt  man  dieses,  oder  erhitzt  man  Chinasäure  direkt 
mit  Essigsäureanhydrid  im  Einschlufsrohr  auf  240°,  so 
bildet  sich  in  guter  Ausbeute  ein  isomeres  Triacetylchinid- 
Nach  der  LiEBERMANNschen  Methode  erhält  man  alö 
Hauptprodukt  das  erst  erwähnte  Isomere.  Kocht  mal*" 
die  Säure  mit  Essigsäureanhydrid  und  einem  Körnehep» 
geschmolzenen  Chorzinks,  so  erhält  man  fast  quantitativ 
Tetraacetylchinasäure,  und  erhitzt  man  endlich,  wie  es 
Hesse3  gethan,  Chinasäure  mit  Essigsäureanhydrid  zehn- 
Stunden  im  Einschlufsrohr  auf  170°,  so  bildet  sich  eil* 
Gemenge  von  Triacetylchinid  und  Tetraacetylchinasäure - 

Bischoef4  löste  Malanil  in  Benzol,  kochte  mit  eine** 
molekularen  Menge  Acetylchlorid  am  Rückflufskühle*^ 
und  kam  so  zum  Acetäpfelsäureanil. 

Kiliani  5  teilt  mit,  dafs  Digitogenin  nach  der  LiEBKB- 
MANNscben   Methode   ein  Monoacetvlderivat  liefert.    Z^ 
dem  gleichen  Produkt  gelangt  man,  wenn  man  an  Stell  - 


1  Ann.  257.  36.  —  3  B.  22.  1457.  —  s  Ann.  200.  233. 
*  B.  24.  20Q7.  —  5  B.  24.  342. 


Krystallisation.      '  79 

des  essigsauren  Natriums  konzentrierte  Schwefelsäure  als 
Kondensationsmittel  benutzt,  wogegen  die  Anwendung 
von  Chlorzink  zu  amorphen  Produkten  führt. 

Die  Anzahl  der  eingetretenen  Acetylgruppen  aus  der 
Elementaranalyse  berechnen  zu  wollen,  macht  oft  Schwierig- 
keiten, da  die  Mono-,  Di-,  Trisubstitutionsprodukte  hoch- 
molekularer Körper  nur  sehr  geringe  Unterschiede  in  der 
prozentischen  Zusammensetzung  zeigen.  Deshalb  ver- 
seift man  lieber  solche  Acetylverbindungen  und  bestimmt 
die  Menge  der  abgeschiedenen  Essigsäure,  indem  man 
sie  etwa  nach  Zusatz  von  Phosphorsäure  —  Schwefelsäure 
kann  mit  der  vorhandenen  organischen  Substanz  schweflige 
Säure   liefern  —  abdestilliert   und  das   Destillat  titriert. 

Nach  Art  des  Essigsäurerestes  kann  man  auch  den 
der  Ameisensäure  in  geeignete  Körper  einführen.  So 
kamen  Fischer  und  Hbpp1  zum  Diformyldiamidophenazin 
durch  mehrstündiges  Kochen  der  Base  mit  konzentrierter 
Ameisensäure  und  trockenem  ameisensauren  Natrium. 

Körper  zu  benzoylieren,  um  womöglich  gut  krystalli- 
sierende  Derivate  zu  erhalten,  hat  zuerst  Schotten  2  ver- 
sucht, indem  er  Benzoylpiperidin  aus  Piperidin  und 
Benzoylchlorid  in  Gegenwart  der  dem  entstehenden 
Quantum  Salzsäure  äquivalenten  Menge  Natronlauge 
bereitete. 

Baumann3  hat  dann  die  Methode  systematisch  aus- 
gebildet und  empfiehlt,  etwa  nach  folgendem  Beispiel 
zu  arbeiten:  5  g  Traubenzucker,  in  15  g  Wasser  gelöst, 
wurden  mit  210  ccm  Natronlauge  von  10%  vermischt 
und  30  ccm  Benzoylchlorid  zugegeben.  Nachdem  bis  zum 
Verschwinden  des  Geruchs  nach  Benzoylchlorid  geschüttelt 
war,  hatten  sich  13  g  Ester  (hauptsächlich  Tetrabenzoyl- 
traubenzucker)  gebildet. 

Pechmann4  löste  20  g  Acetessigester  in  30  ccm  Wasser 
und  35  ccm  15%iger  Natronlauge  und  schüttelte  unter 
Kühlung  mit  kaltem  Wasser  siebenmal  mit  je  10  g  Benzoyl- 
chlorid und  30  ccm  Natronlauge  jedesmal  so  lange,   bis 

1  B.  23.  842.  —  »  B.  17.  2545.  —  a  B.  19.  ;5219. 
4  B.  25.  1045. 


80  *      KrystallisatioD. 

der  Geruch  nach  Benzoylchlorid  verschwunden  war.  Die 
Temperatur  stieg  während  der  Operation,  die  etwa  eine 
Stunde  in  Anspruch  nahm,  nicht  über  25°.  Die  Unter- 
suchung ergab  die  Bildung  von  Benzoylacetessigester  und 
Dibenzoylacetessigester  zu  etwa  gleichen  Teilen. 

Dagegen  ist  die  Überführung  des  Glycerins  nach 
dieser  Methode  ins  Benzoat,  falls  der  Gehalt  der  Flüssig- 
keit unter  2  %  von  ihm  beträgt,  eine  so  vollkommene, 
dafs  Diez1  darauf  eine  zuverlässige  quantitative  Methode 
zu  dessen  Bestimmung  hat  basieren  können. 

Nach  Panormow2  ist  zur  möglichst  vollständigen 
Benzoylierung  der  Kohlenhydrate  eine  stärkere  Natron- 
lauge, als  die  von  Baumann  empfohlene,  zu  verwenden. 
Er  erhielt  bei  Anwendung  von  6  Teilen  Benzoylchlorid 
und  48  Teilen  Natronlauge  von  18—20  %  auf  l  Teil 
Kohlenhydrat  resp.  Alkohol  z.  B.  Pentabenzoyldextrose, 
Dibenzoylglykogen,  Hexabenzoylmannit. 

Victor  Meyer3  macht  darauf  aufmerksam,  dals  das 
Benzoylchlorid  des  Handels  oft  Chlorbenzoylchlorid  ent- 
hält, was  zur  Bildung  chlorhaltiger  Derivate  Veranlassung 
giebt,  und  dafs  ihm  oft,  was  wegen  dessen  grofser  Reaktions- 
fähigkeit ebenso  störend  sein  kann,  Benzaldehyd4,  bei- 
gemengt ist. 

Keller5  erhitzte  Phenylorthophenylenguanidin  mit 
seinem  fünffachen  Gewicht Benzoesäureanhydrid  1 V« Stun- 
den auf  130 — 140°.  Nach  dem  Auskochen  mit  Sodalösung 
hinterblieb  ein  Rückstand,  der  sich,  aus  Alkohol  um- 
krystallisiert,  als  das  dibenzoylierte  Derivat  C^gHgNj 
(C7H50)2  erwies. 

Die  Verwendung  des  Benzosulfonchlorids  rührt  von 
Hinsberg6  her.  Schotten  und  Schlömann7  stellten  das 
Benzosulfonpiperidin  C5H10N.SO2C6H5  durch  Einwirkung 
von  Benzosulfonchlorid  C5H5S02C1  auf  Piperidin  in 
Gegenwart  wässeriger  Alkalilauge  dar.  Die  Ausbeute  an 
diesem  unzersetzt  flüchtigen  Präparat  beträgt  90  %  der 
Theorie. 


1  Z.  11.  472.   -  2  B.  24.  B.  971.  —  3  B.  24.  4251. 
4  B.  25.  209.  —  5  B.  24.  2502.  —  6  B.  23.  2962. 
1  B.  24.  3689. 


Krystallisation.  81 

wie  hydroxylhaltige  Körper  durch  Einführung 
Lcetyl-  oder  Benzoylgruppen  u.  s.  w.  sich  häufig 
1  gut  krystallisierende  Derivate  überführen  lassen, 
iben  manche  Kohlenwasserstoffe  mit  ringförmig 
denen  Atomkomplexen  z.  B.  gut  krystallisierende  Ver- 
agen mit  der  Pikrinsäure,  dem  Dinitrochlorbenzol, 
•rinitrochlorbenzol  und  anderen.  So  liefert  Naphtalin 
'ikrinsäureverbindung  vom  Schmelzpunkt  149°,  *  eine 
•ochlorbenzolverbindung  vom  Schmelzpunkt  78°, 2 
Trinitrochlorbenzolverbindung    vom    Schmelzpunkt 


aiser  durch  die  Analyse  lassen  sich  Krystalle  auf 
allographischem  Wege  identifizieren.  Ja,  da  die 
senzahlen  für  alle  Körper,  deren  summierte  Formel 
leiche  ist,  auch  die  gleichen  sind,  können  isomere 
w.  Verbindungen  durch  nichts  sicherer  als  durch 
rystallographische  Untersuchung  voneinander  unter- 
en werden.  Krystalle,  welche  für  derartige  Unter- 
ugen  bestimmt  sind,  sollen  durchaus  nicht  grofs 
damit  sie  sich  bequem  am  Reflexionsgoniometer 
igen  lassen,  aber  sie  müssen  glatte,  gut  spiegelnde 
en  und  scharfe  Kanten  besitzen.  — 

Im  Anschlufs  an  das  Vorhergehende  mag  noch  darauf 
ufmerksam  gemacht  werden,  dafs  kalt  gesättigte  Boraxlösung 
in  Lösungsmittel  namentlich  für  viele  sonst  wasserunlösliche 
'arbstoffe  ist.  Hat  man  z.  B.  Sandelholz  mit  Wasser  aus- 
ekocht,  um  ihm  die  Gerbsäure  zu  entziehen,  so  zieht  die 
toraxlösung  nachher  das  Santalin  völlig  aus,  welches  aus 
ieser  Lösung  durch  Schwefelsäure  gefallt  werden  kann. 
)ie  Untersuchungen  in  der  Hinsicht  rühren  von  Palm4  her. 
taktisch  wichtig  ward,  dafs,  nachdem  Fränkel6  den  hohen 
)esinfektion8wert  der  im  Wasser  ganz  unlöslichen  Stein- 
:ohlenteerkresole  konstatiert  hatte,  die  Beobachtung  gemacht 
rurde,  dafs  diese  in  stark  alkalischen  Seifenlösungen  löslich 
dnd,  was  zur  Herstellung  von  Lysol,  Kreolin,  Sapokarbol  etc, 
rührte.  Die  Vermeidung  des  Nachteils  der  starken  Alkalitä* 
iieser  Mittel  ist  nunmehr  auch  erreicht,  indem  es  sich 
herausgestellt  hat,  dafs  die  Kresole  auch  mittelst  salicylsauren, 


J.  B.  1857.  456.  —  *  JB.  11.  603.  -5Ä8.  378. 
Z.  Ä.  22.  324.  —  u  Zeitschr.  f.  Hygiene  6.  521. 

•r-Cohn,  Arbeitsmethoden.     2.  Aufl.  (J 


82  Krystallisation. 

oder  besser  kresotinsauren  Natriums   in   neutrale  wässerige 
Lösungen   zu  bringen  sind.    Das  Solveol  oder  Solutol   stellt 
eine  etwa  25%ige  Lösung  von  Kresolen  in  einem  der  beiden 
genannten  in  Wasser  gelösten  Salze  dar.1   Das  Ganze  erinnert 
an  das  Verbalten  mancher  anorganischen  Salze,  löst  sieb  doch 
das  im  Wasser  unlösliche  Bleisulfat  reichlichst  in  Natrium- 
acetatlösung. 

Dialyse. 

Ein  sehr  wenig  benutztes  Verfahren  um  krystallisier- 
bare  Körper  von  nicht  krystallisierenden  (Harzen,  Eiweife- 
körpern  und  ähnlichen)  zu  trennen,  bildet  die  Dialyse 
von  Graham.2  * 

Will  man  ein  Gemisch  solcher  Sub- 
stanzen durch  Dialyse  voneinander 
scheiden,  so  bringt  man  ihre  Lösung* 
in  ein  flaches  Gefäfs,  dessen  Boden 
mit  Pergamentpapier  oder  tierische 
Haut  überbunden   ist.    Hierauf  läfe* 

man  diesen  Dialysator  auf  einer  passen  A 

Fig.  24.  gewählten    Flüssigkeit,     welche   siefc»- 

in  einer  gröfseren  Schale  befindet,  schwimmen.  Nadfc»- 
gewisser  Zeit,  zumal  wenn  im  äufseren  Gefäfs  sich  A*- 
Flüssigkeit  befindet,  ist  fast  dieGesammtmenge  derkrystalL-^ 
sierbaren  Körper  in  diese  übergegangen.  Als  Norm  de 
Verfahrens  kann  folgendes  hingestellt  werden: 

Man  nimmt  zur  Beschleunigung  der  Diffusion  di 
Membran  recht  grofs  und  bringt  die  spezifisch  schwere: 
Flüssigkeit  in  den  Dialysator,  der  so  im  Wasser  hänjffc» 
dafs  die  Membran  nicht  nach  innen  hinein  gedrüc^-* 
wird. 

Als  Beispiel  möge  eine  zur  Gewinnung  von  Pseu<L<> 
pepton3  von  Neumeister  ausgeführte  Dialyse  mitgeteraJt 
werden.  Hühnereiweifs  wurde  schwach  mit  Essigsäotie 
angesäuert  und  durch  Aufkochen  koaguliert;  das  Filtzrat 
ward  mit  Ammonsulfat  gesättigt,  und  der  durch  diöees 
bewirkte    Niederschlag    abfiltriert     und     mit    gesättifgte1 


1  Deutsche  med.  Wochenschrift  18.  841. 

2  J.  Ch.  III.  6  u.  257.  —  s  Z.  B.  27.  372. 


Molekularge  wichtsbestimmungen .  83 

Ammonsulfatlösung  gehörig  ausgewaschen.  In  kaltem 
Wasser  löste  sich  die  auf  diese  Art  erhaltene  Fällung 
darauf  fast  vollkommen,  und  durch  mehrtägige  Dialyse 
wurde  das  ihr  anhaftende  Sulfat  völlig  entfernt,  ohne 
dafs  wesentliche  Mengen  der  Substanz  diffundierten. 
Die  darauf  auf  dem  Wasserbade  konzentrierte  Lösung 
lieferte  allmählich  eine  glasige  Ausscheidung,  und  aus 
der  Mutterlauge  von  dieser  liefs  sich  durch  Alkohol  eine 
Gallerte  abscheiden,  die  die  gleichen  Eigenschaften  wie 
die  Ausscheidung  gegenüber  den  gebräuchlichen  Reagentien 
zeigte;  nach  seinem  Verhalten  zu  diesen  erhielt  das  so 
dargestellte  Präparat  dann  eben  den  Namen  Pseudopepton. 

Es  gelingt  auch  das  Wasser  in  kolloidalen  Lösungen 
durch  organische  Flüssigkeiten  zu  ersetzen,  und  Graham 
gewann  so  Lösungen  von  Kieselsäure  in  Alkohol,  Äther 
und  Schwefelkohlenstoff.  Schneider1  hat  jetzt  sogar 
kolloidales  Silber  in  alkoholischer  Lösung  darzustellen 
gelehrt. 

Höhere  Temperatur,  sowie  öfteres  nicht  zu  starkes 
Schütteln  beschleunigt  bei  wässerigen  Lösungen  den  Verlauf 
der  Dialyse.  Da  sich  das  Verfahren  um  so  mehr  ver- 
langsamt, je  geringer  der  Gehalt  an  diffundierenden  Sub- 
stanzen wird,  so  ist  es  gut,  den  etwaigen  wässerigen  Inhalt 
von  A  nach  einiger  Zeit  einzudampfen  und  neuerdings 
zu   dialysieren. 


Molekulargewichtsbestimmungen. 

Man   führt    zur   Zeit  Molekulargewichtsbestimmungen 
organischer  Körper  aus: 

a)  mittelst  der  Dampfdichte; 

b)  mittelst  der  RAOULTschen  Methode  der  Gefrierpunkts- 
erniedrigung; 

c)  mittelst  der  BECKMANNschen  Methode  der  Be- 
stimmung des  Siedepunktes  des  Lösungsmittels 
und  der  Lösung  der  Substanz. 


1  B.  25.  1166. 


84  Molekulargewi  Ortsbestimmungen. 

a)  Nach  dem  BoYLE-MARiOTTEschen  Gesetz  verhalten 
sich  alle  Gase  gegen  Temperatur  und  Druck  gleich.  Dies 
ist  nur  verständlich,  wenn  in  gleichen  Baumteilen  aller 
Gase  gleich  viel  Moleküle  vorhanden  sind.  Folglich 
findet  man  das  Molekulargewicht  aller  unzersetzt  gas- 
förmigen Substanzen,  wenn  man  das  spezifische  Gewicht 
ihrer  Gase  mit  dem  des  Wasserstoffgases,  als  des  ein- 
fachsten Körpers,  vergleicht.  Da  aber  das  specifische 
Gewicht  des  Wasserstoffgases  gleich  1  gesetzt  wird,  sein 
Molekulargewicht  aber  gleich  2  ist,  weil  das  Molekül 
Wasserstoff  aus  zwei  Atomen  H  besteht,  mufs  man,  um 
die  Molekulargewichte  vergleichen  zu  können,  die  ge- 
fundenen specifischen  Gewichte  der  Gase  mit  2  multi- 
plizieren. 

Die  spezifischen  Gewichte  der  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur konstanten  Gase  findet  man  durch  direkte  Wägung, 
mit  der  also  auch  zugleich  ihr  Molekulargewicht  festgestellt 
ist.  Da  wir  keine  Wagen  besitzen,  welche  heifse  mit  den 
Gasen  der  betreffenden  Substanzen  gefüllte  Gefefse  direkt 
zu  wägen  gestatten,  so  mufs  für  alle  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  nicht- gasförmigen  Körper,  die  aber  durch 
Erwärmen  in  den  gasförmigen  Zustand  übergeführt  werden 
können,  die  direkte  Wägung  umgangen  werden.  Diesem 
Zwecke  dienen  die  Methoden  der  Dampfdichte,  welche 
das  durch  Wägung  nicht  feststellbare  spezifische  Gewicht 
der  Substanzen  im  Gaszustande  durch  Rechnung  zu  finden 
ermöglichen. 

Die  Anzahl  der  für  diesen  Zweck  vorgeschlagenen 
Methoden  ist  sehr  grofs.  Nachstehend  sollen  diejenigen 
beschrieben  werden,  die  von  Victor  Meyer,1  dem  wir 
die  bequemsten  Verfahren  verdanken,  und  dessen  Ansichten 
auf  diesem  Gebiete  jeder  als  ausschlaggebend  betrachten 
wird,  empfohlen  und  betreffs  ihrer  Anwendung  in  folgen- 
der Art  geordnet  worden  sind. 

1.  Für  Körper,  die  nicht  höher  sieden,  als  ca  260°, 
und  welche  eine  Erhitzung  bis  auf  ca.  30°  über  ihren 
Siedepunkt  ertragen,    wird    das  von    Victor  Meyer  be- 

1  B.  15.  2777. 


Molekulargewichtsbestimmungen.  35 

schriebene  Quecksilberverdrängungsverfahren  angewandt, 
welches  in  Rücksicht  auf  die  Genauigkeit  der  Resultate, 
die  kleine  Menge  Quecksilber,  die  es  erfordert  (ca.  35  ccm), 
und  die  Einfachheit  der  Operation  als  bequem  und  für 
diesen  Zweck  am  geeignesten  erscheint;  natürlich  voraus- 
gesetzt, dafs  die  Substanzen  Quecksilber  nicht  angreifen. 
Als  Erhitzungsmittel  dienen  Wasser,  Xyol,  Anilin,  Äthyl- 
und  Amylbenzoat,  sowie  Diphenylamin. 

2.  Substanzen,  welche  bei  Atmosphärendruck  nicht 
unzersetzt  flüchtig  sind,  oder  eine  Erhitzung  über  den 
Siedepunkt  nicht  ertragen,  werden,  falls  sie  nicht  höher 
sieden,  als  310°,  und  auf  Quecksilber  nicht  einwirken, 
nach  der  ausgezeichneten  Methode  von  Hofmann  unter- 
sucht. 

3.  Für  schwer  flüchtige,  auf  Metalle  nicht  einwirkende 
Substanzen,  die  zwischen  260°  und  420°  sieden,  wird 
das  von  Victor  Meyer  beschriebene,  auf  Verdrängung 
von  WooDscher  Legierung  beruhende  Verfahren  ange- 
wendet. 

4.  Zur  Bestimmung  der  Dampfdichte  noch  höher 
siedender  Körper,  sowie  aller  Substanzen,  die  auf  Metalle 
einwirken,  dient  das  Victor  MEYERsche  Luftverdrängungs- 
verfahren. 

5.  In  denjenigen  Fällen,  in  denen  schwer  flüchtige 
Körper  nur  bei  vermindertem  Druck  resp.  unterhalb  ihres 
wahren  Siedepunktes  unzersetzt  verdampfen,  wird  man 
das  von  Robert  Demüth  und  Victor  Meyer1  ange- 
gebene Verfahren  zur  Bestimmung  der  Dampf  dichte  von 
Körpern  unterhalb  ihrer  Siedetemperatur  benutzen,  oder 
sich  etwa  des  EYKMANschen2  oder  ScHALLschen3  Verfahrens 
bedienen. 

Ausführung  von  l.4  Die  Heizflüssigkeit,  von  welcher 
man  nicht  mehr  als  50 — 60  ccm  bedarf,  kommt  in  den 
dünnwandigen  Glaskolben,  dessen  Kugel  ca.  80  ccm  fafst, 
während  der  Hals  bei  einer  Länge  von  750  mm  einen 
Durchmesser    von    etwa    42   mm    hat.     Bei   oft    wieder- 


1  B.  23. 311.  —  2  B.  22.  2754.  —  8  B.  25.  1491.  —  4  B.  10.  2068. 


86  Molekulargewichts  beatimmungen. 

holter  Benutzung  dieser  Glasmäntel  macht  sich  der  Übel- 
stand  geltend,  dafs  die  Kugeln  derselben,  durch  häufiges 
Erhitzen  und  Abkühlen  empfindlich  gemacht,  springen. 
Zur  Vermeidung  dessen  empfiehlt  Victor  Meyer1,  sich 
eines  gußeisernen  Tiegels  zu  bedienen,  dessen  Rand  eine 
solche  Form  erhalten  hat,  dafs  man  in  denselben,  unter 
Dichtung  mit  Quecksilber,  bequem  ein  gläsernes  Rohr 
einstellen  kann.  Solche  Dampfmäntel  springen  fast  nie, 
und  wenn  es  geschähe,  könnte  der  gläserne  Cylinder  ohne 
weiteres  durch  einen  neuen  ersetzt  werden. 

Das  aus  dünnem  Glase  gefertigte  Gefäfs  At  in  welches 
die  zu  untersuchende  Substanz  und  das  Quecksilber  ge- 
bracht werden,  und  welches  ca.  35  ccm  fällst,  ist  aus  der 
Zeichnung  (Fig.  25)  verständlich.  Das  schmälere  Schenkel- 
rohr hat  eine  lichte  Weite  von  6  mm.  Um  es  in  vertikaler 
Stellung  in  den  Dampfmantel  einhängen  zu  können,  wird 
ein  dünner  Draht  in  der  in  der  Figur  angedeuteten  Art 
um  dasselbe  geschlungen  und  dieser  an  einen  hakenförmig 
gebogenen  starken  zweiten  Draht  gehängt,  welcher  an 
einem  Stativ  befestigt  wird.  Bei  Ausführung  der  Be- 
stimmung wird  die  Substanz,  von  welcher  einige  Centi- 
gramme  genügen,  wenn  sie  flüssig  ist,  in  einem  Hopmakn- 
schen  Fläschchen,  dessen  Kapazität,  wie  es  Brühl  2  vor- 
geschlagen, durch  Einbringen  von  etwas  Quecksilber  be- 
liebig modifiziert  wird,  wenn  fest,  im  offenen  Eimerchen 
abgewogen,  in  den  Glasapparat  A  eingeführt,  und  nun 
dieser  mit  der  Substanz  auf  der  Tarierwage  bis  auf  Deci- 
gramme  genau  gewogen.  Der  Glasapparat  wird  darauf 
mit  Quecksilber  gefüllt,  die  Kapillare  bei  C  zugeschmolzen 
und,  nachdem  er  abermals  gewogen,  an  dem  Drahthalter 
in  den  Kolben  eingeführt. 

Die  Flüssigkeit  im  Kolben  wird  nun  zum  Sieden 
erhitzt.  Dient  Wasser  zur  Heizung,  so  entweicht  dies 
teilweise;  höher  siedende  Substanzen,  wie  Anilin  etc. 
kondensieren  sich  wenige  Centimeter  über  dem  Queck- 
silbergefäfs.  Ein  Bedecken  des  Kolbenhalses  ist  unnötig, 
da  der  Dampf  dieser  Substanzen   weit    unter    dem  Ende 


1  B   19.  1862.  —  2  B.  9.  1371. 


Molekulargewichtsbestimmungen. 


87 


leaselben  vollständig  verdichtet  wird,  so  dafe  man  den 
Versuch  beliebig  lange  fortsetzen  kann.  Sobald  längere 
r*eit  kein  Quecksilber  mehr  ausfliefst,  hebt  man  den 
pparat  aus  dem  Kolben  und  wägt  ihn  nach  dem  Br- 
üten abermals  bis  auf  Decigramme.    Nachdem  Barometer- 


fO 


R 


A 


2cm 


! 


I * 


Fig.  25. 


stand  und  Anfangstemperatur  des  Quecksilbers  (Zimmer- 
temperatur) ermittelt  sind,  ist  noch  die  wirksame  Queck- 
silbersäule im  Schenkelrohr  zu  messen.  Man  öffnet  zu 
diesem  Zweck  die  Kapillare  bei  (7,  bewirkt  durch  ge- 
eignetes Neigen  des  Apparates,  dafs  sich  das  Schenkelrohr 
ganz  mit  Quecksilber  füllt,  und  markiert  nun  den  Stand 


88  Molekulargewichtsbestimmungen. 

des  Quecksilbers  im  weiteren  Schenkel  durch  einen  Punkt 
mit  der  Schreibfeder.  Die  Höhendifferenz  von  diesem 
Punkte  bis  zum  Ende  des  schmalen  Schenkelrohrs  wird 
bei  Zimmertemperatur  gemessen  und  der  den  Barometer- 
stand angebenden  Millimeterzahl  zuaddiert.  Für  die 
genaue  Berechnung  ermittelt  man  auch  den  Inhalt  des 
Fläschchens,  indem  man  die  Menge  Quecksilber,  welche 
es  fafst,  bis  auf  die  Decigramme  wägt.  Um  das  Glas- 
gefäfs  A  von  neuem  benutzen  zu  können,  hat  man  nur 
für  Erhaltung  der  Kapillare  C  zu  sorgen. 

Die  Berechnung  geschieht  nach  der  Formel 

S.  (1  +0,00366  T).  7988000 

"(P+p— 5)[(a+2)(1.0,0000303[T—  *])— r(l+0,00018(r—  01(1 +0,0001«) 

Es  ist  hierbei 

/Sr=das  Gewicht  der  angewandten  Substanz. 
T=die  Dampftemperatur. 
t  =  die  Zimmertemperatur. 
P  =  der  auf  0°   reduzierte  Barometerstand. 
p  =  die  wirksame  Quecksilbersäule. 
s  =  die  Tension  der  Quecksilberdämpfe  bei  der  Dampf- 
temperatur. 
a  =  das  Gewicht  der  angewandten  Menge  Quecksilber. 
q  =  das  Gewicht  des  Quecksilbers,  welches  das  Eimer- 
chen fafst. 
r  =  das  Gewicht  des  nach  Beendigung  des  Versuches 
in  dem  Schenkelapparat  bleibenden  Quecksilbers. 
13,59  ist  das  spezifische  Gewicht  des  Quecksilbers  bei 
0°,    0,0000303    der   Ausdehnungskoeffizient  des   Glases, 
0,00018    der   des    Quecksilbers    (bei  Temperaturen   über 
240°   ist  der  letztere  gleich  0,00019  zu  setzen). 

Die  Dampftemperatur  braucht  beim  Versuch  nicht 
festgestellt  zu  werden,  da  die  Siedepunkte  der  Heizflüssig- 
keiten bekannt  sind.  Bei  Anwendung  von  Amylbenzoat- 
dampf  ist  nach  Meyer  die  Dampftemperatur  gleich  253°, 
bei  Diphenylamindampf  gleich  290°.  Die  Abweichung 
von  den  für  diese  Körper  sonst  angegebenen  Siedepunkten 
rührt  daher,  daXs  sie  bei  den  Dampfdichtebestimmungen 
zusammen  mit  Quecksilber  sieden. 


Moleknlargewiphtsbeatimmtmgen . 

2.  Methode  von  ,v 

A.  W.  Hofmann.1 

Man  füllt  eine 
etwa  1  m  lange 
Glasröhre ,  deren 
eines  Ende  man  vor 
der  Lampe  zuge- 
schmolzen hat,  mit 
Quecksilber,  stülpt 
sie  unter  Queck- 
silber um,  80  daft 
man  in  der  Röhre 
einen  luftleeren 
Baum  von  etwa 
25  cm  hat,  und  be- 
stimmt die  Höhe  der 
Quecksilbersäule  in 
dem  Kobre  über  dem 
Spiegel  des  Queck- 
silbers in  der  Wanne 
als  Barometerstand. 
Dabei  ist  voraus- 
gesetzt, dafs,  wie 
es  das  Verfahren 
durchaus  verlangt, 
Röhre  sowohl  wie 
Quecksilber  völlig 
rein*  und  trocken 
sind.  Alsdann  <j.i\X^l, 

bringt  man  die  ab-      fs"'' 
gewogene  Substanz      J_| 
in    einem    kleinen     p2-~__ 
Flaschchen  — siehe    M^~-^ 
das    vorhergehende 

1  JB.  1.  198  und  9.  1304. 

*  Quecksilber  reinigt  man  am  bequemsten  durch  Destillation 
im  luftleeren  Räume  in  dem  von  "Weikhoj.d  angegebenen  Glas- 
appantt«,  welcher  nur  wenig  Aufsicht  erfordert  und  der  stündlich 
etwa  1  kg  liefert. 


90  Molekulargewichtsbestimmungen. 

Verfahren  —  in  die  Röhre,  und  umgiebt  diese  mit  einem 
Mantel,  welcher  oben  in  ein  rechtwinkelig  abgebogenes 
Rohr  endigt.  Der  Dampf  der  als  Heizflüssigkeit  dienenden 
Materialien  tritt  unten  ein  (Fig.  26),  und  was  sich  kon- 
densiert, läuft  in  den  Siedekolben  zurück;  etwaige  Dämpfe 
können  oben  durch  das  Rohr  entweichen.  Sobald  die 
Substanz  in  den  gasförmigen  Zustand  übergeht,  drückt  sie 
das  Niveau  des  Quecksilbers  herab.  Nachdem  dieses  sta- 
tionär geworden  ist,  stellt  man  das  Pendelkathetometer 
ein  und  klebt,  der  Einstellung  entsprechend,  nach  dem 
Erkalten  des  Apparates  und  der  Entfernung  des  Glas- 
mantels, einen  Papierstreifen  auf  die  Glasröhre.  Man 
hat  auf  die  Weise  das  Volum  bestimmt,  welches  der 
Dampf  am  Schlüsse  des  Versuches  einnahm.  Um  dieses 
Volumen  in  Kubikcentimetern  zu  wissen,  hat  man  die 
Röhre  nur  noch  bis  zur  Marke  mit  Quecksilber  zu  fallen 
und  das  so  erhaltene  Quecksilbervolum  auf  einer  Wage, 
welche  noch  ein  halbes  Gramm  angiebt,  zu  wägen.  Der 
Quotient  des  Gewichtes  in  Grammen  durch  das  Volum- 
gewicht des  Quecksilbers  giebt  das  Volum  in  Kubik- 
centimetern. 

Die  Höhe  der  Quecksilbersäule  über  dem  Niveau  des 
in  der  Schale  befindlichen  Quecksilbers  ist  bestimmt,  und 
das  bei  der  Temperatur  des  Heizdampfes  festgestellte 
Volumen  wird  auf  0°  und  760  mm  Barometerstand  um- 
gerechnet. Dies  geschieht  nach  folgender  Formel,  welche 
das  spezifische  Gewicht  des  Dampfes  auf  Wasserstoff 
gleich  1  berechnet  angiebt. 
760  (1  +  0,00365  Q  p 
V.  0,0012934 .  B 

B== *_ ( V |  *"  ■  X 

1  +  0,00018  t      M.  +  0,00018*"  ^  1  +  0,00018  V  ^  / 

Es  ist  hierbei 
D  =  das  gesuöhte  spezifische  Gewicht. 

V  =  das  Volumen  des  Dampfes  bei  t\ 
t  =  die  Zimmertemperatur. 

V  =  die  Dampftemperatur. 

£//  =  die  mittlere    Temperatur    der    kalten    nicht  vom 
Dampf  bespülten  Quecksilbersäule. 


Molekulargewichtsbestimmungen.  91 

p  =  das  Gewicht  der  angewandten  Substanz. 
b  =  der  auf  0°   reduzierte  Barometerstand. 
6'  =  Höhe  der  Quecksilbersäule  unterhalb  des  Dampf- 
mantels. 
6"  =  Höhe  der  Quecksilbersäule  innerhalb  des  Dampf- 
mantels bei  der  Versuchstemperatur  t1 . 
s  =  Spannkraft  des  Quecksilberdampfes  bei  der  Dampf- 
temperatur. 
0,00018    ist    der  Ausdehnungskoeffizient    des  Queck- 
rilbers. 

Spannkraft    des    Quecksilberdampfes   in    Milli- 
metern (nach  Regnault). 

Temp.  Spannkr.  Temp.  Spannkr.  Temp.  Spannkr. 

100°              0,75  180°            11,00  '      260°  96,73 

120°              1,53  200°            19,90  280°  155,17 

140°              3,06  220°            34,70  300°  242,15 

160°              5,90  240°            58,82  320°  368,73 


Beschreibung  des  Verfahrens  3,  zur  Dampfdichte- 
bestimmung bei  444,2°  (Siedepunkt  des  Schwefels)  un- 
zersetzt  flüchtiger,  auf  WooDsches  Metall  nicht  einwirkender 
Substanzen.1 

Die  zu  untersuchende  Substanz  wird  in  Grlaseimerchen, 
die  in  Figur  27  in  natürlicher  Gröfse  abgebildet  sind,  ab- 
gewogen. Die  Menge  der  Substanz  richtet  sich  natürlich 
nach  dem  erwarteten  Molekulargewicht,  und  werden  daher 
Gefälschen  für  Substanzen  mit  kleinem  Molekulargewicht 
angewandt,  welche  noch  kleiner  als  die  gezeichneten 
sind,  damit  das  Dampfvolum  kleiner,  als  das  der  Glas- 
kugel, bleibt.  Dieselben  sind  ein  wenig  gekrümmt,  um 
sie  bequem  von  A  aus  in  die  Kugel  einführen  zu  können. 

Zur  Einfüllung  der  Substanz  in  das  zuvor  genau  ge- 
zogene Eimerchen  wird  dies  an  einen  Platindraht 
gebunden  und  in  der  in  einem  engen  Eeagensrohr  ge- 
schmolzenen Substanz  untergetaucht;  ein  etwa  zurück- 
bleibendes Luftbläschen  entfernt  man  leicht  durch  Be- 
irren,   Erwärmen,    oder,    wenn    nötig,   durch  Berühren 

1  B.  9.  1220. 


92 


Molekulargewichtebestimmungen. 


G> 


mit  einem  kapillaren  Glasfaden.  Das  wieder  hen 
gezogene  Eimerchen  wird  nach  dem  Erstarren  der  S 
stanz,  nachdem  es  vom  Draht  abgelöst  und  mit  Se 
abgewischt  ist,  gewogen.  Hat  man  zu  wenig  Substi 
für  diese  Art 
der  Füllung,  so 
schmilzt  man 
direkt  im 

Eimerchen. 
Eines  Stöpsels 
bedarf  es  nicht, 
da  die  im  Ge- 
fallenen       er- 
starrte       Sub- 
stanz    so    fest 
abhäriert,   dafs 
keine  Spur  der- 
selben verloren 
geht.    Das  Ge- 
fefs   wird    als- 
dann in  die  sorgfältig  gereinigte 
und  getrocknete  Kugelröhre  bei 
A  eingeführt.   Für  Flüssigkeiten 
dienen     HoFMANNsche    Fläsch- 
chen,  die  eine  leichte  Krümmung 
haben. 

Die  Kugelröhre,  deren  Ka- 
pillar^   bei   B    noch    offen    ist, 
wird  samt  dem  die  Substanz  ent- 
haltenden   Eimerchen    auf   der 
gröberen  Wage   bis    auf   Deci- 
gramme  gewogen,  dann  an  dem 
Schenkelrohr  A  in  eine,  an  ein 
Stativ   befestigte   Klammer  ge- 
spannt und  mit  der  WooDschen 
Legierung  gefüllt.     Letztere   hat   man   zuvor,    wenn 
zum    erstenmal    gebraucht  wird,  einigemal  unter  Bens 
dann  unter  Weingeist  auszukochen  und  darauf  andauei 
im    Wasserbade    unter    Umrühren    und   Entfernen  ei 


C 


Fig.  27. 


Molekulargewichtsbestimmungen.  93 

kleinen  Menge  schaumiger  Schlacke  zu  trocknen.  Ist  sie 
schon  zu  Bestimmungen  gebraucht,  so  wird  sie  nur  mit 
Weingeist  ausgekocht  und  ebenso  getrocknet.  Man  be- 
wahrt sie  in  einer  mit  Ausgufs  versehenen  Porzellan  - 
schale,  in  der  man  sie  erstarren  läfst,  im  Exsiccator  auf. 
Um  sie  in  die  Bohre  einzufüllen,  wird  sie  jedesmal  zu- 
nächst im  Wasserbade  geschmolzen,  dann  über  einer 
kleinen  Flamme  zur  vollständigen  Entfernung  der  Feuchtig- 
keit einige  Zeit  ziemlich  stark  (auf  ca.  150 — 180°) 
erhitzt ;  hierauf  läfst  man  sie  dann  bis  auf  ungefähr  100° 
erkalten  und  giefst  sie  bei  A  in  die  Kugelröhre;  wäh- 
rend des  Eingiefeens  der  ersten  Anteile  muls  durch 
Neigen  des  Stativs  diese  so  gehalten  werden,  dafs  das 
die  Substanz  enthaltende  Gefälschen  nicht  in  das 
Schenkelrohr  fällt,  sondern  in  der  Kugel  bleibt,  was 
nach  dem  Eingiefsen  der  ersten  Metallmenge  von  selbst 
erfolgt.  Bei  dieser  Arbeit  bedient  Meter  sich,  um  die 
gegen  100°  warme  Schale  sicher  zu  fassen,  eines  ledernen 
Handschuhs. 

Ein  am  Substanzgefäfs  etwa  hängen  bleibendes  Luft- 
bläschen wird  vor  der  gänzlichen  Füllung  leicht  durch 
Klopfen  und  Bewegen  in  die  Höhe  getrieben  und  durch 
die  Kapillare  bei  JB  entfernt.  Eine  dann  noch  zurück- 
bleibende minimale  Spur  von  Luft  hat  auf  das  Resultat 
einen  äufserst  geringen  Einflufs.  Sind  der  bei  A  scharf 
abgeschnittene  Schenkel,  sowie  die  Kugel  und  Kapillare 
B  mit  dem  Metall  gefüllt,  so  schmilzt  man  die  Kapillare 
zu.  Um  nun  den  Apparat  mit  Metall  von  genau  der 
Temperatur  des  siedenden  Wassers  anzufüllen,  hängt  man 
ihn  freischwebend  vermittelst  eines  Drahthalters  ähnlich 
dem  der  Figur  27  (derselbe  ist,  um  ihn  bequem  aufhängen 
zu  können,  am  oberen  Ende  umgebogen,  die  in  der  Figur 
angedeuteten  Fäden,  die  hernach  erwähnt  werden,  sind 
an  demselben  nicht  vorhanden)  in  ein  Becherglas  oder 
Blechgefäfs  mit  siedendem  Wasser,  wodurch  bei  A  einige 
Tropfen  Metall  ausgetrieben  werden.  Nach  einigen 
Minuten  zieht  man  denselben  aus  dem  Wasserbade,  ent- 
fernt den  bei  a  aufschwimmenden  Tropfen,  sowie  die 
überragende   Metallkuppe  mit  einem   Stück  Fliefspapier, 


94 


Molekulargewichtsbestimmungen . 


trocknet  den  Apparat  mit  einem  Tuch  und  wägt  ihn 
abermals  bis  auf  Decigramme  genau.  Darauf  befestigt 
man  ihn  an  einem  in  Figur  27  abgebildeten  Halter  von 
starkem  Eisendraht  durch  Umschlingen  der  an  demselben 
festgebundenen,  aus  dünnem  eisernen  Klaviersaitendraht 
bestehenden  Fäden  in  vertikaler  Stellung.  Alle  Opera- 
tionen gelingen  mit  Leichtigkeit,  und  der  Apparat  ist 
von  einem  mit  Quecksilber  gefüllten  nicht  zu  unter- 
scheiden. Vor  dem  Wägen  erstarrt  das  Metall  im 
Schenkelrohr;  man  darf  dasselbe  aber  nicht  vollkommen 
erkalten  lassen,  da  alsdann  (nach  ca.  3A  Stunden)  der 
Apparat  bersten  würde. 

Das    Erhitzen    im    Schwefeldampf 
geschieht  in  einem  gufseisernen  Tiegel  c 
von   ca.    400  ccm  Inhalt.      In  diesem 
befinden  sich  ca.  120 — 130  g  SchwefeL 
Man  hängt  nun    den   Apparat  so  auf, 
dafs  die  Glaskugel  etwa  in  der  Mitte 
des   Tiegels   sich   befindet;    ein  durch- 
bohrter   Deckel    schliefst    den    Tiegel, 
welcher  durch  einen  Vierbrenner  erhitet 
wird.     Kocht  der  Schwefel,  so  dringt 
aus  den  Fugen  ein  Dampfstrom,  welcher 
sich  zu   einer    3A  Fufs   langen  Stich- 
flamme entzündet.   Das  Ganze  befindet 
sich  deshalb  unter  einem  gut  ziehenden 
Abzüge. 

Nach  25  Minuten  etwa  löscht  man  die  Flamme,  hebt 
den  Deckel  und  zieht  das  Gefäfs  aus  dem  Tiegel.    Sofet 
markiert    man    den    Spiegel    des  Metalles   in  der  Kugel 
durch    Berühren    derselben    mit  einem   Glasstäbohen,  an 
dessen  Spitze  man  einen  Tropfen  Siegellack  angeschmolzen 
hat.     Es  entsteht  hierdurch  ein  bleibender  Fleck,  welehtf 
nach  dem  Wägen  und  Erkalten  die  Höhe  der  wirksamen 
Säule  im  Schenkelrohr  zu  bestimmen  gestattet.     Da  das 
spezifische  Gewicht  des  Metalles  bei  444,2°   sich  zu  dem 
des  Quecksilbers  wie  2  :  3  verhält,  werden  die  gefundenen 
Anzahl  Millimeter  mit   2/s   multipliziert  und  zum  Baro- 
meterstände addiert.    Nachdem  der  Kugelapparat  äullserlidh 


Fig.  28. 


Molekulargewichtsbestimmungeii.  95 

durch  leichtes  Abreiben  mit  Fliefspapier  gereinigt,  wird 
er  wieder  auf  der  gröberen  Wage  gewogen. 

Die  Dampfdichte  berechnet  sich  nach  folgender  Formel: 

TN,  u     ~  *T    *.       -.n  S.  14146000 

Dachte  (bezogen  auf  Luft  =  l)  =  {a_Qfm  b){P+Vspy 

Es  ist  hierbei  S  das  Gewicht  der  angewandten  Sub- 
stanz, b  das  des  angewandten  —  a  das  des  ausgeflossenen 
Metalles,  P  der  Barometerstand,  p  die  Länge  der  das 
Niveau  in  der  Kugel  überragenden  Metallsäule;  0,036  ist 
der  Ausdehnungsverlust  der  Legierung. 

Da  Schwefel  das  Metall  nicht  angreift,  gewinnt  man 
das  Ausgeflossene  durch  Umschmelzen  wieder.  Die  Kugel 
wird  behufs  Wiedergewinnung  des  Metalles  zerschlagen. 
Das  Eimerchen  wird  mit  Salpetersäure  ausgekocht. 

Das  WooDsche  Metall,1  dessen  sich  Meyer  bedient, 
besteht  aus  15  Teilen  Bi,  8  Teilen  Pb,  4  Teilen  Sn  und 
3  Teilen  Cd.  Es  schmilzt  schon  unter  70°,  und  kann 
man  mit  ihm  fast  so  bequem  wie  mit  Quecksilber  arbeiten ; 
auch  wird  es  von  den  meisten  organischen  Dämpfen 
nicht  angegriffen  und  läfst  sich,  wenn  verunreinigt,  aufser- 
ordentlich  leicht  säubern. 

Verfahren  4.  Das  Victor  MEYERsche  Luftver- 
drängungs  verfahren. 

Denkt  man  sich2  ein  Gefäfs  von  der  in  der  Fig.  29 
wiedergegebenen  Form  mit  ungefähr  100  ccm  Inhalt 
durch  einen  stets  bis  zu  derselben  Tiefe  einzutreibenden 
Kautschukpfropfen,  an  dessen  Stelle  später  ein  Hahn 
getreten  ist,  verschlossen,  in  den  Dampf  einer  siedenden 
Flüssigkeit,  oder  wenn  es  sich  um  sehr  hohe  Tempera- 
.  turen  handelt,  in  ein  Metallbad  getaucht,  so  wird  nach 
einiger  Zeit  der  Erhitzung  die  Temperatur  eine  konstante 
werden.  Es  wird  also  aus  der  Abflufsröhre  a  bei  f  keine 
Luft  mehr  austreten,  was  leicht  daran  zu  erkennen  ist, 
dafs  über  der  in  einer  Wanne  unter  Wasser  befindlichen 
Öffnung  f  keine  Blasen  mehr  aufsteigen.  Wird  alsdann 
über  f  eine  mit  Wasser  gefüllte  graduierte  Röhre  gestülpt, 


1  B.  9.  1217.  —  *  B.  11.  1867. 


96  Molekül  arge  wicMaboatimmniigan. 

bei  d  geöffnet,  die  abgewogene  Substanz  hineingeworfei 
und  d  schnell  wieder  verschlossen,  so  wird,  vorauGgesetc 
dafs  die  Temperatur  hoch  gentig  ist,  die  Substanz  ves 
dampfen  und  eine  ihrem  Dampfvolum 
entsprechende  Luftmenge  hei  /"austreten, 
die  mit  der  geteilten  Röhre  gemessen 
werden  kann.  Damit  das  herabfallende 
Substanzfläschchen  den  Boden  des  Luft- 
gefalses  nicht  zertrümmere,  ist  derselbe 
mit  etwas  Sand  oder  Asbest  bedeckt. 
Ist  die  Menge  der  Substanz  so  klein, 
daüs  der  Dampf  nur  den  unteren  Teil 
des  GefäJses  erfüllt,  und  geht  die  Ver- 
dampfung sehr  schnell  vor  sich,  so  wird 
der  durch  die  Diffusion  des  Dampfes 
entstehende  Fehler  sehr  gering 
werden.  _^=_ 

Der  spezielle  Apparat1  hat 
dann  folgende  Form  erhalten. 
Das  G-asentbindungsrohr  a  ist 
so  klein  wie  möglich  gewählt 
worden.  Sein  Durchmesser 
betragt  1  mm,  seine  Lange 
140  mm.  Die  Substanzmenge 
wird  so  gewählt,  dafs  ihr 
Dampf  weniger  als  die  Hälfte 
vom  Rauminhalt  des  Glas- 
apparates b  einnimmt.  Dieser 
letztere  besteht  aus  einem 
cylindrischen  GefäJ's  von  ca. 
100  com  Inhalt  und  200  mm 
Höhe,  an  welches  ein  Glas- 
rohr von  600  mm  Länge  und 
4 — 6  mm  lichter  "Weite  an- 
geschmolzen ist.  In  einer  "&  iJ' 
Höhe  von  500  mm  ist  das  enge  GaspntbindungBroli*  Q 
angeschmolzen.    Arbeitet  man  bei  Temperaturen  bis  <aS 

1  B.  11.  2254. 


Molekulargewichtsbestimmungen.  97 

Siedepunkte  des  Diphenylamins  (310°),  so  wird  das  Gefäfs 
in  den  Glaskolben  c  eingehängt,  dessen  Kugel  etwa  80  ccm 
fafst,  und  dessen  Hals  ca.  520  mm  Länge  und  40  mm 
Durchmesser  hat,  derselbe  Erhitzungsmantel  also,  wie  er 
für  das  erste  Verfahren  benutzt  wird  (siehe  dort).  Als 
Heizflüssigkeiten  dienen  auch  hier:  Wasser,  Xylol,  Anilin, 
Äthylbenzoat,  Amylbenzoat  und  Diphenylamin.  Laden- 
bürg verwendete  Anisol.1  Die  Körper  brauchen  übrigens 
nicht  rein  zu  sein,  da  beim  Kochen  unter  Rückflufs  ja 
auch  Gemische  konstante  Siedetemperatur  annehmen, 
und  der  Grad  dieser  bei  der  Rechnung  nicht  in  Betracht 
kommt. 

Für  Temperaturen  über  310°  hält  man  eiserne  unten 
zugeschweilste  Röhren  (Gasröhren)  als  Dampfmäntel  vor- 
rätig, 2  in  welchen  etwas  Anthracen  (Siedepunkt  335°), 
Antrachinon  (Siedepunkt  368°)  und  Schwefel  (Siedepunkt 
444°)  ein  für  allemal  parat  gehalten  werden.  Für  noch 
höhere  Temperatur  (518°)  dient  eine  Eisenröhre  mit 
Phosphorpentasulfid3,  welches  man,  weil  es  nicht  luft- 
beständig, zweckmäfsig  frisch  bereitet,  indem  man  roten 
Phosphor  und  Schwefel  im  Verhältnisse  von  2  zu  5  Ge- 
wichteteilen zusammenschmilzt  und  das  Produkt  ohne 
Reinigung  verwendet. 

Für  noch  höhere  Temperaturen,  die  aber  bei  organi- 
schen Substanzen  wohl  nicht  vorkommen  werden,  dient 
ein  Bad  von  geschmolzenem  Blei.4 

Die  Ausführung  der  Dampfdichtebestimmung  beginnt 
damit,  das  Glasgefäls  6,  dessen  Inhalt  nicht  bekannt  zu 
sein  braucht,  in  den  Dampfmantel  einzuführen.  Auf  dem 
Boden  des  Gefäfses  hat  man,  wie  bereits  erwähnt,  etwas 
Asbest,  Sand  oder  wohl  auch  Quecksilber  gebracht.  Das 
Entbindungsrohr  a  läfst  man  in  einer  Wanne  unter  Wasser 
münden,  die  obere  Öffnung  des  Glasapparates  trägt  als 
Verschlufs  die  MAHLMANNSche  Fallvorrichtung,5  welche 
darin  besteht,    dafs    sich   oben   im  Halse   des  Apparates, 

1  B.  21.  762.  —  *  B.  17.  1335. 

3  Die  Verwendung  des  Phosphorpentasulfids  für  diesen  Zweck 
•ührt  von  Hittorf  (Pogg.  Ann.  126.  193.)  her. 
*  B.  11.  2255.  —  ö  Z.  P.  1.  157. 

J,ass.*ir-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  7 


98  Molekulargewichtsbe8timmungen. 

wenige  Centimeter  unter  dem  Stopfen,  ein  Glashahn  mit 
sehr  weiter  Durchbohrung  befindet,  welche  das  Eimerchen 
bequem  passieren  kann.  In  den  kleinen  Raum  zwischen 
Glashahn  und  Stopfen  wird  die  abgewogene  Substanz 
nach  dem  Konstant  werden  der  Temperatur  gebracht,  und 
durch  Drehung  des  Hahnes  wird  bewirkt,  dafs  sie  in  das 
Gefäfs  stürzt.  Darauf  stülpt  man  sogleich  eine  bereite 
in  der  Wanne  parat  stehende,  mit  Wasser  gefüllte  gra- 
duierte Röhre,  wie  sie  für  Stickstoffbestimmungen  dient, 
über  die  Mündung  des  Entbindungsrohrs.  Nach  etwa 
V*  Minute  verdampft  die  Substanz  und  drängt  in  raschem 
Strome  eine  ihrem  Dampfvolum  entsprechende  Luftmenge 
in  die  Röhre.  Sobald  keine  Luftblasen  mehr  auftreten, 
öffnet  man  den  Stopfen,  stellt  die  Mefsröhre  in  einen 
geräumigen,  mit  Wasser  gefüllten  Cylinder,  so  dafs  das 
Niveau  innerhalb  und  aufserhalb  des  Rohres  gleich  steht, 
liest  nach  einiger  Zeit  das  Luftvolumen  ab,  notiert 
Barometerstand  und  Temperatur  des  Wassers  im  Cylinder^ 
und  hat  nun  alle  Daten  zur  Berechnung  der  Dichte,  die 
sich  aus  der  Formel 

_       0  (1  +  0,003665  t) .  587780 

D=8 {B-tv):v 

ergiebt. 

Es  ist  hierbei: 

S  =  Gewicht  der  angewandten  Substanz. 
B  =  der  auf  0°   reduzierte  Barometerstand. 
tv  =  Tension  des  Wasserdampfes  bei  der  Temperatur  t 
V  =  das  gemessene  Luftvolum. 
t  =  die  Temperatur   des  Zimmers    resp.  des  Wassers 

im  Cylinder. 
Das  Abwägen  der  zu  untersuchenden  Körper  geschieht 
in  Eimerchen;  feste  Substanzen  bringt  man  in  die  Form 
von  Stäbchen,  die  man  ohne  Anwendung  eines  Gefäises 
in  den  Apparat  stürzen  läfst.  Ihre  Bereitung  gelingt 
bei  schmelzbaren  Substanzen  mit  grofser  Leichtigkeit 
folgendermaßen :  *  Man  bringt  die  zu  untersuchende 
Substanz  in  einem  Schälchen  zum  Schmelzen  und  saugt 


1  B  23.  313. 


Molekulargewichtsbestimmungen.  99 

von  der  geschmolzenen  Masse  in  einer  ca.  2  mm  weiten 
und  6  em  langen  Glasröhre  so  viel  auf,  dals  dieselbe 
etwa  2/s  damit  gefüllt  ist.  In  der  kalten  Glasröhre 
erstarrt  die  flüssige  Masse  meist  sehr  rasch  und  haftet, 
wenn  gänzlich  fest  geworden,  nur  noch  an  einzelnen 
Stellen  des  Glases.  "Bewegt  man  nun  ein  solches  Röhrchen 
über  einer  kleinen  Flamme  hin  und  her,  daJfc  die  im 
Innern  befindliche  Substanz  nur  an  den  Stellen,  an 
welchen  sie  das  Glas  berührt,  eben  zu  schmelzen  beginnt, 
so  läfst  sich  mittelst  eines  Drahtes  ohne  Schwierigkeit 
die  ganze  Masse  in  Form  eines  gleich  dicken  Stäbchens 
aus  der  Bohre  hinausschieben.  Die  Anwendung  der- 
artiger Stäbchen  empfiehlt  V.  Meter  wegen  der  überaus 
grofsen  Bequemlichkeit  beim  Aufbewahren,  beim  Abwägen 
und  beim  Einführen  in  den  Dampfdichtebestimmungs- 
apparat  ganz  allgemein.  Man  verwendet  höchstens  0,1  g 
Substanz,  damit  ihr  Dampf  sicher  weniger  als  50  ccm  beträgt. 

Bei  Körpern,  auf  welche  Sauerstoff  einwirkt,  füllt 
man  das  Geläüs  b  (Figur  29)  vor  dem  Versuche  an  Stelle 
der  Luft  mit  trockenem  Stickstoff,  welchen  man  mittelst 
einer  Glasröhre,  die  bis  auf  den  Boden  des  Gefäf9es 
reicht,  bis  zur  völligen  Verdrängung  der  Luft  einleitet; 
oder  man  bedient  sich  solcher  Gefäfse,  welche  ein  in  der 
abgebildeten  Art  angeschmolzenes  Glasrohr1  tragen,  das 
den  Stickstoff  vom  Boden  aus  einzuleiten  gestattet. 

Das  Stickgas  bereitet  Meyer  nach  dem  Gibbs- 
BöTTöERschen  Verfahren*  durch  Kochen  einer  Lösung 
von  1  Teil  Kaliumbichromat,  1  Teil  Ammoniumnitrat, 
1  Teil  käuflichem  Natriumnitrit  und  3  Teilen  Wasser,, 
findet  es  aber  zweckmäfsig,  das  Gas  vor  dem  Gebrauche 
durch  Leiten  über  eine  Schicht  glühenden  Kupfers  von 
jeder  Spur  Sauerstoff  zu  befreien. 

Verfahren  5  von  Robert  Demüth  und  Victor  Meyer 
zur  Bestimmung  der  Dampfdichte  von  Körpern  unter- 
halb ihrer  Siedetemperatur.3 

1  B.  21.  688. 

*  Jahresb.  d.  phys.   Vereins  zu  Frankfurt  a.  M.  1876 — 77.  24. 

a  B  23.  311. 


1 00  Molekulargewichtsbestimmungen. 

Eine  Methode  für  diesen  Zweck,  die  HoFMANNsche, 
welche,  wo  es  sich  nm  möglichste  Schärfe  der  Zahlen- 
werte handelt  und  die  Natur  der  Substanzen  es  zuläfet, 
ihre  Überlegenheit  über  die  anderen  Methoden  stets 
behaupten  wird,  ist  im  Vorhergehenden  bereits  beschrieben. 
Seitdem  man  aber,  nachdem  V.  Meyer  sein  ßasver- 
drängungsverfahren  bekannt  gegeben  hat,  im  Punkte  der 
Bequemlichkeit  viel  höhere  Anforderungen  an  Dampf- 
dichtebestimmungen stellt,  sind  Apparate  für  den  Zweck 
in  grofser  Zahl  ersonnen  worden ;  sie  alle  ermangeln 
jedoch  des  Vorzuges,  welchem  das  ursprüngliche  Verfahren 
seine  Verbreitung  verdankt,  nämlich  der  Einfachheit. 

Im  Tageblatt  der  62.  Naturforscherversammlung  zu 
Heidelberg  1889  finden  sich  die  ersten  Mitteilungen  über 
dieses  fünfte  Verfahren,  welches  von  der  Betrachtung 
ausgeht,  dals  bei  jeder  Dampfdichtebestimmung  nach  dem 
Gas  verdrängungsverfahren  eine  Verdünnung  des  Dampfes 
mit  dem  als  Sperrflüssigkeit  dienenden  Grase  stattfindet. 
Diese  Verdünnung  genügt  nun,  wenn  man  für  rasche 
Ausbreitung  der  in  den  Apparat  geworfenen  Substanx 
auf  dem  Boden  desselben  Sorge  trägt,  um  eine  ähnliche 
Wirkung  hervorzubringen,  wie  eine  mäfsige  Verdünnung 
mit  der  Luftpumpe.  Arbeitet  man  in  einer  Atmosphäre 
von  Luft,  so  ist  die  Wirkung  keine  sehr  grofse;  wendet 
man  aber  den  viel  rascher  diffundierenden  Wasserstoff 
als  Sperrflüssigkeit  an,  so  sind  die  erhaltenen  Resultate 
überraschend. 

Aufserst  bequem  gestaltet  sich  das  Arbeiten,  wenn  die 
zu    untersuchenden    Körper    in    Stäbchenform    verwandt 
werden    können    (siehe    das    vorhergehende    Verfahren). 
Solche  Substanzen  breiten  sich,  weil  sie  auf  dem  Boden 
des   Apparates   schmelzen,    selbst    in   genügender  Weise 
aus.     Bei   Flüssigkeiten,    die   natürlich   die   Anwendung 
eines  Gefäfschens  unerläßlich  machen,  kann  die  unbedingt 
erforderliche    rasche    Ausbreitung     sehr    leicht    erreicht 
werden,    wenn    man    die    Substanz    in    Eimerchen    ans 
WooDschem  Metall  (siehe  Seite  95)  abwägt,  welche  nach 
dem  Hinabstürzen   in    den    warmen  Teil    des   Apparates 
schmelzen    und    so    die   sofortige   Ausbreitung    der  Sab- 


Mole  kularge  wichtsbestimmungen .  101 

stanz  bewirken.  Diese  Eimerchen  lassen  sich,  nötigen- 
falls durch  Abfeilen  der  äufseren  Oberfläche,  leicht  so 
dünnwandig  herstellen,  dafs  ein  Zerbrechen  der  Birne 
beim  Hinabstürzen  derselben  ausgeschlossen  ist,  wovon 
man  sich  vor  Ausführung  des  Versuches  zweckmäfsig 
überzeugt,  indem  man  das  leere  Eimerchen  mehrmals  in 
die  später  zu  benutzende  Birne  fallen  läfst.  Bei  An- 
wendung dieser  Gefäfschen  ist  die  Untersuchung  von 
Flüssigkeiten  ebensoleicht  und  bequem  durchführbar, 
wie  die  von  festen  Körpern.  Nur  selten,  wenn  nämlich 
die  Substanz  WooDsches  Metall  angreift,  oder  wenn  die 
Temperatur  des  Versuches  niedriger  liegt,  als  der  Schmelz- 
punkt des  Metalles,  ist  die  Anwendung  desselben  aus- 
geschlossen. In  solchen  Fällen  werden  gläserne  Gefäfschen 
verwandt.  Man  mufs  dann  beim  Einführen  deren  Stöpsel 
lüften  (bei  schwerer  flüchtigen  Flüssigkeiten  wird  ein 
solcher  überhaupt  nicht  angewandt)  und^  sogleich  nach 
ihrem  Hinabstürzen  aus  der  Fallvorrichtung  durch  tüch- 
tiges Klopfen  an  dem  Halse  der  Birne  mittelst  Zeige- 
und  Mittelfingers  das  Ausfliefsen  der  Substanz  aus  ihnen 
bewirken.  Diese  letzteren  müssen  kurz  und  weit  gewählt 
werden,  so  dafs  sie  sicher  am  Boden  der  Birne  horizontale 
Lage  annehmen  und  daher  leichtes  Ausfliefsen  gestatten. 

Die  Birne  soll  einen  Inhalt  von  ca.  100  ccm  bei 
einem  Durchmesser  von  3  cm  haben.  Ihr  Boden,  welcher 
nicht  zu  dünnwandig  sein  darf,  wird  etwas  abgeplattet, 
um  eben  die  Ausbreitung  der  Substanz  und  damit  die 
Raschheit  der  Verdampfung  zu  befördern.  Der  Stiel  sei 
nicht  über  4 — 5  mm  weit.  Die  Substanz  ist  in  richtiger 
Menge  gewählt,  wenn  das  verdrängte  Gasvolum  nicht 
weniger,  aber  auch  nicht  mehr  als  9 — 11  ccm  beträgt. 

Erwähnt  sei  noch,  dafs  es  für  die  hier  beschriebene 
Methode  durchaus  unzulässig  ist,  den  Boden  der  Birne, 
um  ein  Zertrümmern  desselben  durch  das  herabfallende 
Eimerchen  zu  verhindern,  mit  Sand,  Asbest  u.  dergl.  zu 
bedecken,  weil  dann  die  Substanz  aufgesogen  und  dadurch 
die  Verdampfung  derselben  sehr  verlangsamt  wird.  Wo 
ein  Schutz  des  Bodens  passend  erschien,  haben  sich  M. 
und  D.  kleiner  Platinspiralen  bedient,   welche,    auf  dem 


1 02  M  olekularge  wichtsbestimmungen. 

Boden  der  Birne  befindlich,  den  gleichen  Zweck  erfüllen, 
wie  Sand  oder  Asbest.  Indessen  bedarf  es  auch  dieser 
nicht,  sobald  man  nur  möglichst  dünnwandige  und  daher 
sehr  leichte  GefäJfechen  benutzt.  Falls  es  zulässig 
erscheint,  kann  auch  der  Boden  der  Birne  mit  Queck- 
silber bedeckt  werden. 

Unter  diesen  Umständen  geben  also  die  Substanzen 
bereits  beträchtlich  unter  ihrem  Siedepunkt  dieselben 
Dichtewerte,  welche  bei  dem  sonst  üblichen  Erhitzen 
des  Dampfes  über  den  Siedepunkt  erhalten  werden. 
Xylol  gab  40°  unter  seinem  Siedepunkte  statt  der 
berechneten  Dichte  von  3,68  die  Zahl  3,73,  Naphtalin 
35°  unter  seinem  Siedepunkte  statt  der  berechneten 
Dichte  4,44  die  Zahl  4,65.  (Diese  Zahlen  sind  auf 
Luft,  nicht  auf  Wasserstoff  als  Einheit  bezogen.) 

Die  Berechnung  der  Dichte  erfolgt  nach  der  beim 
Gas  verdrängungsverfahren  gegebenen  Formel. 

Sollte  man  anstatt  des  HoFMANNschen  oder  des  soeben 
beschriebenen  Verfahrens  der  Darapfdichte  unter  ver- 
mindertem Druck  nach  Meyer  und  Demüth  ein  anderes 
anwenden  wollen,  so  empfehlen  sich  wie  erwähnt  die 
Methoden  von  Schall  l  und  von  Eyckman.2 


Aufser  der  Dampfdichte,  die  also  nur  für  unzersetzt 
flüchtige  Körper  anwendbar  ist,  besafsen  wir,  wenigstens 
in  Deutschland,  keine  Methode  für  Molekulargewichts- 
bestimmungen organischer  Körper,  bis  Victor  Meyer3 
die  Aufmerksamkeit  auf  die  einige  Jahre  vorher  von 
Raoult4  veröffentlichte  Methode  hinlenkte,  welche  darauf 
beruht,  die  Erniedrigung  der  Erstarrungstemperatur 
eines  Lösungsmittels  (Benzol,  Eisessig,  Phenol  u.  s.  w.) 
durch  ein  bestimmtes  Gewicht  eines  darin  aufgelösten 
Körpers  zu  messen,  und  aus  dieser  Grö&e,  welche  nach 
de  Coppet  und  Raoult  eine  Funktion  des  Molekular- 
gewichtes der  zugesetzten  Substanz  ist,  auf  dieses    selbst 


1  B.  25.  1491.  —  8  B.  22.  2754.  —  3  B.  21.  536. 
4  Ann.  Ch.  Ph.  (5)  28.  133  (6)  2.  115. 


Molekulargen  icht  eb  e  sti  m  mungen. 


103 


zn  schliefsen.  Es  kommen  wohl  einige  Ausnahmen  von 
dieser  Regel  vor,  in  den  zahlreichen  Fällen  ihrer  An- 
wendung hat  sie  sich  aber  immer  von  neuem  bewährt, 
so  dafs  sie  als  eine  sehr  wesentliche  Bereicherung  der 
Molekül  arge  wichtsbestimmungsmethoden  erachtet  wird. 
Ihre  Ausführung  gestaltet  sich  mit  am  bequemsten  iu  der 
von  Eyckmax1  angegebenen  Form  mit  dem  von  ihm 
konstruierten  Apparat,  den  er  „Depressimeter"  nennt.  — 
Um  das  Thermometer  desselben  für  jede  Temperatur 
benutzen  zn  können,  hat  er  eine 
Einrichtung a  benutzt,  welche  es  ge- 
stattet, es  für  eine  beliebige  Tem- 
peratur direkt  bis  auf  einige  Zehntel- 
grade  richtig  einzustellen.  Dazu  ist 
oben  über  der  Kapillare  ein  birn- 
förmiges  Grefäfe  angeschmolzen,  in 
dem  sich  etwas  überschüssiges  Queck- 
silber befindet.  Letzteres  kann  man 
nach  Beliehen  mit  dem  Quecksilber- 
faden der  Kapillare  vereinigen  oder 
vou  ihm  trennen.  Sei  der  Schmelz- 
punkt des  Lösungsmittels  t°,  der 
Wert  in  Graden  der  Erweiterung 
a  =  f ,  ond  der  Punkt  der  Skala, 
auf  den  man  das  Thermometer  ein- 
zustellen wünscht  =  Ü',  so  erwärme 
man  das  Thermometer  in  einem  Bade 
von  der  Temperatur  t  -j-  V  +  '".  UI1<i 
klopfe  das  herausfallende  Quecksilber 
ab.  —  Die  Ausführung  einer  Bestimmung  ist  folgende: 
Nachdem  das  Thermometer  richtig  eingestellt  und  der 
leere  Apparat  (Kölbcben  -f-  Thermometer)  auf  der  Wage 
tariert  worden  ist,  wird  das  Kölbchen  mit  so  viel  des 
geschmolzenen  Lösungsmittels  beschickt,  dafs  nach  dem 
Einsetzen  des  Thermometers  dessen  Quecksilberbehälter 
ganz  untergetaucht  ist  und  noch  etwa  1—2  ccm  Raum 
übrig  bleiben  für  die  nachher  zu  lösende  Substanz.    Das 


1  Z.  P.  i.  '. 


'  P.  2.  i 


1 04  Molekulargewichtsbestimmungen. 

Ganze  wird  zur  Bestimmung  des  Gewichts  der  ein- 
gebrachten Substanz  nunmehr  genau  gewogen,  und  diese 
sodann  mit  einer  ganz  kleinen  Flamme  wieder  zum  Schmel- 
zen gebracht  (bei  leicht  schmelzbaren  Lösungsmitteln,  wie 
Anethol,  Diphenylmethan,  durch  die  Wärme  der  Hand). 
Das  Schmelzen  findet  unter  wiederholtem  Schütteln,  zu 
welchem  Zweck  das  eigentliche  Depressimeter  A  in 
den  Cylinder  B  gesetzt  wird,  möglichst  vorsichtig  statt; 
erst  wenn  die  Temperatur  nicht  mehr  steigt,  wird  von 
neuem  erwärmt,  damit  sie  nicht  höher  wird,  als 
erforderlich,  und  eine  kaum  sichtbare  Minimalmenge 
zurückgelassener  Kryställchen  genüge,  um  zur  rechten 
Zeit  die  Krystallbildung  einzuleiten.  Bei  Substanzen, 
welche  eine  starke  Überschmelzung  zeigen,  lasse  man 
einzelne  oder  mehrere  Kryställchen  sichtbar  in  der 
Flüssigkeit  schwebend  zurück  (Benzophenon,  Thymol, 
Anethol,  Azobenzol,  Choralalkoholat  etc.).  Fürchtet  man, 
dafs  die  Erhitzung  etwas  zu  weit  getrieben,  so  dafe  sich 
die  einzelnen  zurückgelassenen  Kryställchen  beim  weiteren 
Schütteln  auflösen  würden,  so  lasse  man  den  Apparat 
zunächst  in  Ruhe,  bis  die  Temperatur  auf  etwa  7*Q 
bis  1°   über  den  Gefrierpunkt  herabgesunken  ist. 

Das  in  den  Glascylinder  eingesenkte  Depressimeter 
wird  nun  geschüttelt  und  nach  je  2  bis  4  Schüttelungen 
mit  einer  Ruhepause  -zum  Beobachten  der  Bewegung 
des  Quecksilberfadens  abgewechselt.  Die  Temperatur 
geht  zunächst  unter  den  wahren  Gefrierpunkt  herab  um 
einen  Betrag,  der  für  verschiedene  Lösungsmittel  wech- 
selt ,  sodann  steigt  dieselbe ,  anfangs  langsam ,  später 
schneller,  zuletzt  wieder  langsam  bis  zu  einem  Maximum. 
Man  kann  nun  entweder  dieses  Maximum  benutzen,  oder 
auch,  sobald  nach  ein  paar  Schüttelungen  keine  sofortige 
Steigerung  um  einige  Hundertstelgrade  mehr  eintritt, 
den  Apparat  hinstellen.  Es  tritt  dann  noch  eine  weitere 
Steigerung  ein  (einige  Vioo  bis  Vio  Grade,  je  nach  Art  des 
Lösungsmittels),  deren  Maximum  sich  leicht  mit  einer  Lupe 
oder  was  besser,  mit  einem  Kathetometerfernrohr  ablesen 
läfst.  Bei  dem  in  V20  Grade  geteilten  Thermometer 
lassen  sich  so  0,005°   schätzen,   bei  einiger  Übung  sogar 


Molekül  arge  wichtsbestimmungen.  105 

weniger.    Es  ist  erwünscht  bei  jeder   Versuchsreihe  mög- 
lichst gleiche  Bedingungen  einzuhalten,  das  Schütteln  in 
gleichförmiger  Weise    auszuführen ,    um  dabei  eine  mög- 
lichst konstante  Differenz  zwischen  dem  Überschmelzungs- 
punkte  und  dem  Punkte,   bis  zu  welchem  das  Schütteln 
fortgesetzt    wird,    und    dem    Gefrierpunkte    zu    erzielen. 
Nachdem  man  nun  einige  Male  die  Bestimmung  des  Gefrier- 
punktes  des   reinen  Lösungsmittels    wiederholt    hat    (die 
erste  Bestimmung  ist  öfter    etwas  abweichend,   und  man 
lasse    sie    unberücksichtigt),    wird    zum    Einbringen    der 
Substanz   das  Kölbchen  geöffnet,   indem    man    den  Hals 
über  der  Flamme   erhitzt.     Man  lüftet  das  Thermometer 
und    streicht  das  daran  herabflielsende  Lösungsmittel  am 
Halse   ab.     Es  gelingt  dann  leicht,    die  beiden   SchliÖ- 
flächen,  nachdem  die  Substanz  eingefüllt,  wieder  genügend 
rein,   sogar  völlig  trocken  zu  erhalten,   ohne  dafs   dieses 
einen  nachweisbaren  Einflufs  auf  den  Gefrierpunkt  ausübt. 
Nunmehr  wird  wiederum  der  Gefrierpunkt  der  Lösung  in 
der    angegebenen    Art    bestimmt.     Bei   jedem    Versuche 
werden  die  erwähnten  drei  Punkte :  Überschmelzungspunkt, 
Punkt,  bis  zu  welchem  das  Schütteln  fortgesetzt  wird,  und 
Maximalsteigerung  beim  Hinstellen  notiert.    Hierdurch  hat 
man  eine  gute  Kontrolle  für  den  gleichmäfsigen  Verlauf 
der  einzelnen  Bestimmungen.     Findet  dann  eine  abnorm 
starke  oder  geringe  Überschmelzung  statt   im  Vergleich 
zu  der  im  Anfang  als  Norm  angenommenen,  so  wird  der 
Versuch  wiederholt,  indem  man  beim  Aufschmelzen  etwas 
mehr     oder     weniger    Kryställchen     in    der    Flüssigkeit 
zurückläfst. 

Bestimmungen  mit  Lösungen  von  einer  Konzentration 
kleiner  als  0,2  Depression  entsprechend  sind  nicht  an- 
gebracht, weil  die  Minimalversuchsfehler  das  Resultat  zu 
sehr  beeinflussen;  auch  mehrere  Bestimmungen  zwischen 
0,2°  und  1°  Depression  können  noch  für  einen  Versuchs- 
fehler von  +  0,005°  eine  Differenz  von  mehreren 
Prozenten  veranlassen,  so  dafs  es  gut  is^,  immer  mehrere 
Bestimmungen  mit  größerer  Konzentration  (0,5°  bis 
mehrere  Grade)  vorzunehmen.  Der  Einflufs  eines  Ver- 
suchsfehlers läfst  sich  dann   auf  1  bis  2%  herabdrücken. 


1 06  Molekulargewichtsbestimmungen. 

Im  allgemeinen  wird  man  mit  der  B,AOULTSchen  Me- 
thode keine  absolut  genauen  Werte *  für  die  Molekular 
gewichte,  sondern  nur  Näherungswerte  erhalten,  da  der 
Wert  der  molekularen  Depression  für  kein  Lösungsmittel 
eine  wirklich  konstante  Gröfse,  sondern  in  allen  Fällen 
gewissen  Schwankungen  unterworfen  ist. 

Die  mittleren  Konstanten  für  einige  häufiger  ange- 
wendeten Lösungsmittel  sind  folgende: 


Ameisensäure 

27,7 

Nitrohenzol 

71 

Benzol 

50 

Palmitinsäure 

44 

DiphenylamiD 
Eisessig 
Naphtalin 
Naphtylamin 

88 
39 
69 

78 

Phenol 
p-Toluidin 
Thymol 
Wasser 

76 
51 
92 
18,9 

Die  Wahl  des  Lösungsmittels  hat  vor  allem  von  dem 
Gesichtspunkte  aus  zu  erfolgen,  dafs  dasselbe  chemisch 
auf  die  Substanz ,  deren  Molekulargewicht  bestimmt 
werden  soll,  ohne  jede  Einwirkung  ist.  Nach  des  Ver- 
fassers Erfahrung  ist  Phenol,  da  es  bei  Zimmertemperatur 
sehr  bald  wieder  erstarrt  und  ein  ausgezeichnetes  Lösungs- 
vermögen für  die  verschiedenartigsten  organischen  Körper 
besitzt,  für  Bestimmungen  nach  Raoults  Methode  be- 
sonders brauchbar.  Man  erhält  mit  Steinkohlenteerphenol 
und  mit  synthetischem  Phenol  etwas  voneinander  ab- 
weichende Zahlen,  wohl,  weil  die  Konstante  selbst  der 
reinsten  Karbolsäure  nicht  mit  der  des  auf  synthetischem 
Wege  dargestellten  Produktes  zusammenfällt. 

Das  gesuchte  Molekulargewicht  wird  nach  der  Gleichung 

P 

M  —  c  .  -    berechnet. 

V 

Hierin  bedeutet: 
M  das  gesuchte  Molekulargewicht, 
c  ist  die  Konstante  des  gewählten  Lösungsmittels, 
p  ist    der  Prozentgehalt  des   Lösungsmittels   an   gelöster 

Substanz, 
t  ist  die  in  Graden  Celsius  ausgedrückte  Depression  des 

Erstarrungspunktes. 


1  Siehe  Auwers.     B.  21.  708. 


Molekulargewichtsbestimmungen.  107 

Da  die  Ausführung  der  Molekulargewichtsbestimmungen 
oh  der  RAOULTschen  Methode  sich  schneller  und  be- 
emer  gestaltet ,  als  die  einfachste  Elementaranalyse, 
rgerte  sich  das  Verfahren  in  den  Laboratorien  rasch 
i.  Sind  die  mit  demselben  erhaltenen  Zahlen  auch 
ilit  ganz  genau,  so  genügen  sie  doch  zur  sicheren  Ent- 
aeidung,  ob  einem  Körper  einfaches  oder  doppeltes 
>lekulargewicht  zukommt. 

Baumann  und  Fromm1  konstatierten  mit  seiner  Hülfe, 
fs  das    polymere   Thiofurfurol    eine    Vereinigung   von 

bis  20  Molekülen  darstellt,  und  Lellmann  und 
*.:nold2  meinen,  daJGs  in  dem  aufsergewöhnlichen  Ge- 
-de  eines  18gliederigen  Ringes  aus  12  Kohlenstoff-  und 
Stickstoffatomen,  den  sie  darstellten,  der  Grund  zu 
chen  sei,  dafe  dieser  Körper  dem  Gesetze  der  Molekular- 
pression, wie  sie  fanden,  nicht  mehr  gehorcht,  während 
i  dem  halb  so  grofsen  Ringe  keine  Abweichung  von 
esem  Gesetze  stattfindet. 

Genauere  Zahlen  als  mit  dem  EYCKMANschen 
epressimeter  erhält  man  mit  dem  von  Beckmann3  für 
te  Ausführung  der  Methode  angegebenen  Apparate, 
*doch  die  nach  Eyckman  erhaltenen  Zahlen  werden  zu- 
meist genügen. 

BECKMANN4  verdanken  wir  aber  eine  in  ihrer 
Usführung  noch  weit  bequemere  als  die  vorhergehende 
ftethode  für  Molekulargewichtsbestimmungen.  Sie  beruht 
tuf  der  Messung  der  Siedepunktserhöhung,  die  ein 
Lösungsmittel  durch  eine  in  ihm  gelöste  Substanz  erfährt, 
und  bat  man  bei  ihr  nur  nötig,  sechs  bis  acht  Stellen 
4es  Thermometers,  die  sich  ohne  weiteres  —  also  ohne 
Wies  Schütteln  u.  s.  w.  —  durch  das  Sieden  der  Flüssig- 
keit allein  konstant  einstellen,  genau  abzulesen. 


1  B.  24.  3595.  —  2  B.  25.  664.  —  3  Z.  P.  7.  324. 
4  Z.  P.  4.  543. 


108     Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens. 

Beschreibung  des  für  das  Laboratorium 
geeignetsten  Verfahrens.1 

Einrichtung  und  Beschickung  des  Apparates. 
Als  Siedegefäfs  dient  das  abgebildete  Kölbchen  A,  das 
dreifach  tubuliert  ist  und  durch  dessen  Boden  zur  Ver- 
meidung des  Stofsens  ein  dicker  Platindraht  mit  Hülfe 
von  Einschmelzglas  geführt  ist.  Man  giebt  in  das- 
selbe bis  etwa  zur  halben  Höhe  ein  Füllmittel,  z,  B. 
Granaten,  befestigt  mittelst  Kork  oder  Glasschiff  in 
dem  weiteren  Röhrenansatz  das  Thermometer  so,  dafe  es 
die  Granaten  fast  berührt,  im  mittleren  Tubus  b  das 
Rücknufsrohr  B  in  der  Weise,  dals  das  Dampf  loch  d 
als  der  Weg  für  die  Dämpfe  zum  Kühler  frei  bleibt  und 
das  untere  Ende  des  Rohres  noch  etwa  1  cm  von  den 
Granaten  absteht,  damit  nicht  später  durch  Aufsteigen 
von  Dampf  blasen  das  Ausfliegen  von  Flüssigkeit  behindert 
wird.  Weiterhin  hat  man  durch  Drehung  des  Rückflufs- 
rohres  um  seine  Axe  dafür  zu  sorgen,  dafs  es  weder  in 
unmittelbarer  Nähe  des  Thermometers  mündet,  noch  auch 
das  zum  Einbringen  von  Substanz  bestimmte  Rohr  G 
versperrt. 

So  vorgerichtet  und  mit  Korken  verschlossen ,  wird 
der  Apparat  in  ein  Becherglas  gehängt,  bis  auf  Deci- 
gramme  oder  Centigramme  genau  tariert  und  mit  so  viel 
Lösungsmittel  beschickt,  dafs  das  Thermometergefefs  ganz 
eingetaucht  ist.  Die  Flüssigkeit  wird  dann  in  dem 
erweiterten  Theil  des  Kölbchens  stehen  und,  wie  es  für 
die  Erhaltung  einer  möglichst  gleichmäfsigen  Konzentration 
wünschenswert  erscheint,  das  untere  Ende  des  RückfhuV 
rohres  bedecken.  Nachdem  auch  das  Gewicht  des  ein- 
gefüllten Lösungsmittels  festgestellt  ist,  schiebt  man  um 
das  Kölbchen  samt  dem  unteren  Teil  der  Röhren  einen 
Mantel  von  Asbestgewebe  M,  welcher  den  Boden  frei 
läfst,  oben  aber  mit  Watte  ausgestopft  wird,  und  giebt 
der  Vorrichtung  die  aus  der  Zeichnung  ersichtliche  Auf- 


1  Alle    beschriebenen    und   erwähnten  Vorrichtungen  können 
durch  die  Leipziger  Firma  F.  0.  K.  Götze  bezogen  werden. 


leschreib.  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrene.      109 

g  an  dem  durch  ein  Chlorcalciumrohr  geschützten 

iLETschen 

kühler.  Das 

ien  ruht  auf 

sb  estplatte. 

;  einer 

näfsigenEr- 

ng  und  zum 

;  der  oberen 

des   Appa- 

fegen  Hitze 

r  der  Heiz- 


g         einer 

nicht    eine 
Asbest- 
angebracht, 
i  einen  Aus- 
für   den 

des  Siede  - 
s  besitzt. 
hitzung. 
ärmequelle 
idet  man  für 
tflüchtige 
jkeiten.  wie 
ind  Schwe- 
.enstoff,  die 
leuchtende 
ie ,  welehe 
UNSBNbren- 
ch  entfern  - 
:ennerröhre 

für  höher 
te  Substan-  F*  31" 

ie  Alkohol.  A™""  ftr  *  st«"e""l"°"c- 

,  Essigsaure,  kommt  die  nicht- leuchten  de  Bünsex- 
i  zur  Anwendung.  Eine  besonders  reichliche  Warme- 


HO    Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens. 

zufuhr  verlangen  wässerige  Flüssigkeiten.  Behufs  besseren 
Zusammen  haltens  der  Wärme  ersetzt  man  hier  die  Heiz- 
platte durch  eine  flache  Asbestschale,  auf  welche  die 
Schutzplatte  direkt  aufgelegt  wird. 

Wenn  auch  durch  Füllmittel  die  Siedepunktsbestim- 
mungen  nicht  ganz  unabhängig  von  der  zugeführten 
Wärmemenge  werden,  so  läfst  sich  doch  dieser  Nachteil 
gegenüber  der  Asbesthülle  dadurch  ausgleichen,  dais  man 
weniger  überschüssige  Wärme  zuführt  und  die  Flüssigkeit 
nur  eben  im  Sieden  erhält.  —  Die  notwendige  vorüber- 
gehende Unterbrechung  des  Siedens  beim  Einfuhren  der 
zu  lösenden  Substanz  ist  ohne  Nachteil. 

An  der  Erwärmung  des  Rückflufsrohres  und  durch 
die  Tropfenbildung  am  Kühler  läfst  sich  der  Grad  des 
Siedens  bequem  erkennen.  Man  richtet  das  Erhitzen  im 
allgemeinen  so  ein,  dafs  zwar  das  Rückflufsrohr  von 
Dämpfen  erfüllt  ist,  diese  aber  nur  in  dem  Mafse  in  dem 
Kühler  aufsteigen,  dafs  je  nach  der  Flüchtigkeit  alle  5 
bis  10  bis  15  Sekunden  oder  noch  seltener  ein  Tropfen 
abfällt.  Man  wird  finden,  dafs  alsdann  das  Thermometer 
im  reinen  Lösungsmittel  und  dessen  Dampf  dieselbe 
Temperatur  anzeigt. 

Bei  dem  besonders  schwer  zu  verdampfenden  Wasser 
erkennt  man  ein  genügendes  Erhitzen  besser  daran,  dafs  die 
mit  mangelhaftem  Sieden  verbundenen  kleinen  Temperatur- 
schwankungen aufhören.  Die  Siedetemperatur  ist  hier 
erreicht,  wenn  die  heifsen  Dämpfe  in  den  sichtbaren  Teil 
des  Rückflufsrohres  aufzusteigen  beginnen.1 

Der  SoxHLETsche  Metallkühler,  welcher  beim  Arbeiten 
mit  Asbesthülle  wegen  seiner  bei  reichlichem  Durch- 
leiten von  Wasser  intensiven  Wirkung  Verwendung  findet, 

1  Dafs  von  dem  zur  Siedeerleichterung  eingeschmolzenen 
Platindraht  aus  sich  bei  stärkerem  Erhitzen  Sprünge  ins  Schmelz- 
glas bilden,  ist  nie  beobachtet  worden.  Auch  vom  Schmelzglas 
nach  dem  gewöhnlichen  Kolbenglas  entstehen  Bisse  erst  dann, 
nachdem  lange  Zeit  mit  höher  siedenden  Lösungsmitteln  gearbeitet 
worden  ist.  Die  Dauer  der  Siedegefäfse  wird  bedeutend  erhöht, 
wenn  man  die  Umgebung  des  Platindrahts  durch  Belegen  mit 
etwas  Glaswolle  vor  einem  Bitzen  durch  das  anschlagende  Füll- 
mittel bewahrt. 


Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens.     Hl 

sich  übrigens  auch  durch  grofee  Handlichkeit  und 
Dauerhaftigkeit  sehr  empfiehlt,  kann  hier  zumeist  durch 
einen  LiEBiaschen  Glaskühler  ersetzt  werden.  Dies 
geschieht  in  allen  Fällen,  wo  die  Dämpfe  Metall  angreifen 
würden. 

Für  die  genaue  Einstellung  der  Flammenhöhe  ist  ein 
Präzisionsgashahn  zwar  nicht  notwendig,  aber  äufserst 
bequem.  Der  Hahn  trägt  eine  gezahnte  Kreisscheibe, 
welche  durch  eine  Schraube  ohne  Ende  gedreht  wird. 
Natürlich  erscheint  es  wünschenswert,  dafs  während  des 
Versuches  die  Flammenhöhe  sich  nicht  wesentlich  ändert. 
Dieserhalb  wird  der  Brenner  mit  Schornstein  versehen, 
etwaige  Zugluft  durch  einen  Schirm  abgehalten  und  eine 
gröfsere  Änderung  des  Gasdruckes  vermieden.  Mit  Rück- 
sicht auf  die  Zunahme  des  Druckes  in  der  Leitung  am 
Nachmittag  und  Abend  wird  man  die  Bestimmungen  gern 
vormittags  ausführen.  Der  Einflufs  des  Gasdrucks  läfst 
sich  etwas  herabmindern,  wenn  man  durch  Zusammen- 
pressen des  Zuleitungsschlauches  mit  einem  Quetschhahn 
den  Druck  der  Leitung  zum  grofsen  Teil  fortnimmt. 
Besonders  beim  Arbeiten  mit  leicht  siedenden  Lösungs- 
mitteln, wie  Äther,  genügen  diese  Vorsichtsmafsregeln. 

Grofse  Bequemlichkeit  und  Vorteile  bietet  dagegen 
für  schwer  siedende  Flüssigkeiten  die  Anwendung  eines 
ELSTERschen  Membran-Gasdruckregulators.  Die  Flamme 
wird  dadurch  von  den  Druckchwankungen  in  der  Haupt- 
leitung, den  Zuckungen  beim  Wechseln  der  Kammern 
des  Gasmessers,  wie  auch  dem  wechselnden  Gasverbrauch 
im  Laboratorium  unabhängig.  Den  überschüssigen  Druck 
der  Leitung  kann  man  hier  durch  Verschieben  eines 
Laufgewichtes  leicht  nach  Belieben  beseitigen.  Auf  einen 
bestimmten  Gaskonsum  justierte  Regulatoren  sind  natürlich 
nicht  anwendbar.1 


1  Präzisionshahn  und  Gasdruckregulator  können  nach  Beckmann 
im  Laboratorium  so  vielseitige  und  wertvolle  Dienste  leisten,  dafs 
deren  Anschaffung  bei  weitem  nicht  nur  für  die  in  Rede  stehende 
Methode  gemacht  wird. 


112     Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens. 

Siedepunkt  des  Lösungsmittels.  Bei  der  Beo- 
bachtung des  Siedepunktes  des  Lösungsmittels  kommt  es 
viel  weniger  darauf  an,  die  absolute  Temperatur  kennen 
zu  lernen,  als  eine. sichere  Ghwadlage  für  die  folgende 
Beobachtung  der  Siedepunktserhöhung  zu  gewinnen.  Für 
die  Versuche  eignet  sich  deshalb  das  bereits  bei  der 
Gefriermethode  beschriebene,  bei  beliebiger  Temperatur- 
höhe brauchbare  Thermometer,  dessen  Skala  mit  willkür- 
licher Bezifferung  versehen,  und  in  Fünfzigstel  oder 
Hundertstel  genaue  CELSiusgrade  geteilt  ist. 

Bekanntlich  erhält  man   leicht  kleine  Abweichungen 
in  den  Angaben  eines  Thermometers,  wenn   auf  dieselbe 
Temperatur  das   eine  Mal  erwärmt,    das  andere  Mal  ab- 
gekühlt wird.     Aus  diesem  Grunde  empfiehlt  es  sich  die 
Ablesungen  immer  nach  einem  Ansteigen  des  Quecksilber- 
fadens vorzunehmen.    Hat  man  das  Lösungsmittel  behufs 
Zeitersparniss  mit  grofser  Flamme   ins  Kochen  gebracht, 
so  wird  durch  kurzes  Entfernen  derselben  zunächst  etwas 
unter    den   Siedepunkt    abgekühlt    und    darauf  mit  ent- 
sprechend verkleinerter  Flamme   das  Sieden  wieder  her- 
gestellt.    Zur  weiteren    Sicherung   der  Ablesungen  dient 
das  übliche  Anklopfen  des  Thermometers. 

Eine  Konstanz  ist  erst  erreicht,  wenn  die  Temperatur 
sich  während  fünf  Minuten  nicht  oder  doch  nur  um  ein 
paar  Tausendstelgrade  ändert,  was  nach  einer  Stunde  etw* 
der  Fall  zu  sein  pflegt. 

Man  achte  darauf,  dafs  das  auf  dem  Kühler  angebrachte 
Chlorcalciumrohr  einen  Druckausgleich  leicht  gestattet  üH« 
nicht  etwa  durch  Anziehen  von  Feuchtigkeit  verstopft  ist 

Der  Tubus  zur  Aufnahme  des  Thermometers  soll  BD 
lang  und  weit  sein,  dafs  der  ganze  sogenannte  Stiel  des 
Thermometers  von  den  Dämpfen  erwärmt  wird.  B8 
weiter  Tubus  ist  auch  für  spätere  bequeme  Entleerung 
des  Füllmittels  erwünscht. 

Einbringen  der  Substanz.  Die  zu  untersuchende 
Lösung  wird  durch  Einführen  des  betreffenden  Körpen 
durch  den  Tubus  C  in  das  siedende  Lösungsmittr1 
hergestellt. 


Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens.     113 


Einfüllpipette. 
Flg.  32. 


Bei  der  Verlängerung  des  Tubus  bis  über  das  Niveau 
der  Dämpfe  im  Kühler  ist  ein  merklicher  Verlust  an 
Lösungsmittel  beim  Öffnen  nicht  zu  fürchten.  Am  höchsten 
steigen  "Wasserdämpfe  auf  infolge  ihrer  grofsen  Fähigkeit, 
gegen  Luft  zu  diffundieren  und  die  Wärme  zu  leiten. 

Zum  Eintragen  von  Flüssig- 
keiten dient  die  auch  bei  der  Gefrier- 
methode verwendbare,  aber  mit  ent- 
sprechend längerer,  nicht  zu  enger 
Kapillare  versehene,  in  Fig.  32  ab- 
gebildete Pipette,  welche  zur  be- 
quemeren Abschätzung  der  Substanz- 
menge  in  Kubikcentimeter  geteilt 
werden  kann. 

Man  füllt  sie  nach  dem  Ein- 
tauchen der  Kapillare  in  die  Flüssig- 
keit vermittelst  Saugens  an  dem  durch 
ein  Chlorcalciumrohr  zu  schützenden 
weiteren  Ende,  tariert,  entleert  die  wünschenswerte  Menge 
in  den  unteren,  mit  Dämpfen  erfüllten  Teil  des  Tubus  C 
durch  Einblasen,  saugt  die  Flüssigkeit  aus  der  Kapillare 
zurück  und  wägt  wieder. 

Feste  Körper  verwendet  man  zweckmäßig 
in  Form   von  Pastillen  mit   einem  Durch- 
messer von  10 — 12  mm.     Dieselben  werden  in 
Guier   kleinen     Maschine     durch    Zusammen- 
pressen der   trockenen  Pulver  erhalten,    oder 
nan  verfährt  bei  unzersetzt  schmelzenden  Kör- 
ern, so  wie  es  Meyer  empfohlen  (s.  S.  98), 
id  führt  sie   in    Stäbchen  über. 
Flüssige    und    feste    Körper    können 
&    mit    Hülfe     des    abgebildeten    Ventil- 
erchens  (Fig.  33)  eingeführt  werden.    Nach- 

das  Eimerchen  auf  einem  durchbohrten  ventneimerchen. 
k  tariert  und  die  Substanz  eingewogen  ist,      Fig.  33. 
t  man  den  Platinhenkel  an    einen  langen,  am  Ende 
hogenen  Platindraht,   und  läfst  die  Vorrichtung  ins 
lgsmittel   gleiten.      Sobald   der   Glasstiel    das    Füll- 
berührt, öffnet  sich  das  Ventil. 

ir-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  8 


/, 


114    Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens. 

Dieses  Verfahren  findet  dann  besonders  Anwendung, 
wenn  zähflüssige,  halbfeste  oder  aus  anderen  Gründen  für 
die  obige  Behandlung  nicht  geeignete  Substanzen  vor- 
liegen. Im  allgemeinen  wird  man  das  Einbringen  von 
Glasfläschchen  in  das  Siedegefäfs  aus  nachher  anzu- 
gebenden Gründen  gern  vermeiden. 

Ermittelung  der  Siedepunktserhöhung.  Durch 
das  Eintragen  der  Substanz  und  die  folgende  Auflösung 
sinkt  zunächst  die  Temperatur,  steigt  aber  alsbald  über 
die  frühere  Ablesung  hinaus,  um  nach  einiger  Zeit  wieder 
konstant  zu  werden.  Dauert  das  Ansteigen  länger  ab 
wenige  Minuten,  so  ist  dies  auf  langsames  Lösen  der 
Substanz  zurückzuführen.  Die  Konstanz  wird  als  erreicht 
angesehen,  wenn  binnen  3 — 4  Minuten  der  Stand  des 
Thermometers  sich  nicht  oder  doch  nur  um  ein  paar 
Tausendstelgrade  geändert  hat. 

Wie  bei  der  Gefriermethode  ist  es  auch  hier  zweckmäßig, 
die  Bestimmungen  bei  verschiedenen  Konzentrationen  aus- 
zuführen. Nach  der  ersten  Beobachtung  wird  sofort  neue 
Substanz  zugefügt,  die  Siedeerhöhung  bei  der  neuen  Kon- 
zentration beobachtet,  ein  drittes  Mal  Substanz  zu- 
gegeben u.  s.  f.  Man  beginnt  vielleicht  mit  0.3  g  bis  0.5  g 
Substanz  und  0.1°  Erhöhung  und  steigert,  soweit  die  Sub- 
stanz reicht  oder  es  überhaupt  wünschenswert  erscheint. 

Ist  mehr  Substanz  eingeführt  als  sich  zu  lösen  vermag, 
so  folgt  auf  das  Ansteigen  des  Thermometers  vielfach  ein 
langsames  Zurückgehen.  Aus  der  zunächst  übersättigten 
Lösung  findet  eine  allmähliche  Wiederausscheidung  von 
Substanz  statt.  In  solchem  Falle  wird  man  später  un- 
gelöste Substanz  am  Boden  des  Siedegefäfses  unterhalb 
des  Füllmittels  angesammelt  finden.  Das  Thermometer 
giebt  die  beste  Auskunft  über  alles,  was  während  des 
Versuches  im  Innern  des  Apparates  vor  sich  geht,  und 
ein  Einblick  in  denselben,  welcher  übrigens  durch  Ein- 
schneiden eines  Fensterchens  in  den  Asbestmantel  leicht 
gewonnen  werden  kann,  hat  deshalb  nicht  viel  Wert. 

Beim  Arbeiten  mit  Ventileimerchen  kann  die  Kon- 
zentration nicht  wie  bei  den  anderen  Verfahren  beliebig 


ra 


Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens.     115 

gesteigert  werden;  die  in  der  Flüssigkeit  verbleibenden 
Eimerchen  sind  der  Einführung  neuer  Substanz  bald 
im  Wege. 

Auch  aus  einem  anderen  Grunde  wird  man  fremde 
Körper  in  dem  Siedegefäfs  nicht  unnötig  häufen.  Mit 
der  Einführung  einer  jeden  Substanz  ist  eine  Zunahme 
der  Flüssigkeitssäule  im  Siedekölhchen  und  damit  eine 
Erhöhung  des  Durchschnittssiedepunktes  selbst  verbunden. 
Allerdings  sind  die  daraus  entstehenden  Fehler  zu  gering, 
um  für  gewöhnlich  Berücksichtigung  zu  verdienen. 

Nimmt  z.  B.  eine  bei  760  mm  Druck  siedende  Äther- 

saule  um  1  mm  zu,  so  entspricht  dies  einer  Siedeerhöhung 

von  annähernd  0.002°. 

■  

i  Barometerstand.  Bei  der  erreichten  kurzen  Ver- 
suchsdauer kann  der  Barometerstand  unbedenklich  als 
konstant  angenommen  werden.  Ob  etwa  während  einer 
gröfseren  Versuchsreihe  merkliche  Druckänderungen  vor- 
gekommen sind,  wird  man  allerdings  gern  durch  die 
Beobachtung  kontrollieren. 

Beendigung  des  Versuchs.  Ist  die  letzte  Tempe~ 
laturerhöhung  abgelesen,  so  entfernt  man  die  Heizvor- 
richtimg samt  Asbestmantel  und  läfst  das  Kölbchen  am 
Kühler  zunächst  in  der  Luft,  später  unter  Eintauchen 
*a  Wasser  erkalten.  Nach  dem  Abnehmen  vom  Kühler 
*W  nun  durch  eine  wie  eingangs  auszuführende  Wägung 
«e  der  Berechnung  zu  Grunde  zu  legende  Konzentration 
bestimmt.  Bei  korrektem  Arbeiten  wird  das  Lösungs- 
mittel nur  einige  Decigramme  weniger  als  dessen  ein- 
gewogene  Menge  betragen. 

Die  angewandte  Substanz  kann  durch  Abdunsten  des 
Lösungsmittels  vollkommen  wiedergewonnen  werden.  Um 
die  letzten  Beste  derselben  von  dem  Füllmittel  zu  trennen, 
wird  dasselbe  in  einen  Extraktions- Apparat  mit  ein 
wenig  Lösungsmittel  extrahiert. 

Die  Berechnung  erfolgt  nach  der  Gleichung: 

Jf=100.c. £ 

G  (*i  - 1) 


116    Beschreib,  des  für  d.  Laboratorium  geeign.  Verfahrens. 


Hierin  bedeutet: 
M  das  gesuchte  Molekulargewicht. 
c    die    molekulare    Siedepunktserhöhung     für   100  g 

Lösungsmittel. 
g    Gewicht  der  angewandten  Substanz. 
G  Gewicht  des  Lösungsmittels. 
t    Siedepunkt  des  Lösungsmittels. 
tx  Siedepunkt  des  Lösungsmittels  nach  Auflösen 

Substanz. 


Lösungsmittel 

Siedepunkt 

Molekulare  Erhöhung 
des  Siedepunktes  für  100  g 
Lösungsmittel 

Aceton 

56,3 

16,7 

Athyläther 

Äthylalkohol 

Benzol 

Chloroform 

Essigsäure 

Schwefelkohlenstoff 

35,0 
78,3 
80,3 
61,2 
118,1 
46,2 

21,1 
11,5 
26,7 
36,6 
25,3 
23,7 

Wasser 

100,0 

5,2 

Der  im  Vorhergehenden  beschriebene  Apparat  kann 
für  Lösungsmittel,  welche  zwischen  35°  und  130°  siedöttj 
benutzt  werden.  Es  kann  aber  auch  die  Siedemethode 
für  sehr  hoch  siedende  Lösungsmittel  bequem  anwendbar 
gemacht  werden ,  wenn  man  die  Aufsentemperatur  aaf 
diejenige  des  siedenden  Lösungsmittels  erhöht.  Einei 
hierzu  geeigneten  Apparat  hat  Beckmann  x  ebenfalls  an* 
führlich  beschrieben.  Da  aber  in  den  vorstehend  an- 
gegebenen Lösungsmitteln  die  bei  weitem  gröfste  Zahl  <te 
zur  Untersuchung  kommenden  Körper  genügend  löslich 
sein  wird,  soll  hier  nur  auf  ihn  hingewiesen  werden. 

Zum  Schlufs  sei  noch  bemerkt,  dafs  noch  weiten 
einfache  Methoden  der  Molekulargewichtsbestimmung  vd 
geschlagen  sind,  so  eine  solche  von  Will  und  Brbdig, 
die    bei    dieser  Gelegenheit    die    Gesamtlitteratur    die» 


1  Z.  P.  8.  223.  —  2  B.  22.  1084.  u.  B.  25.  1491. 


Schmelzpunktsbestimmungen.  1X7 

Gegenstandes  zusammengestellt  haben.  Sie  bestimmen 
mittelst  Wägung  den  Gewichtsverlust  einer  Lösung  der  zu 
untersuchenden  Substanz  durch  einen  durch  dieselbe  unter 
den  nötigen  Kautelen  geleiteten  Luftstrom.  Die  Lösung 
befindet  sich  zu  dem  Zwecke,  die  Luft  völlig  mit  dem 
Dampfe  des  Lösungsmittels  zu  sättigen,  in  einem  dem 
LlEBioschen  nachgebildeten  Kugelapparate,  welcher  statt 
der  unteren  drei  Kugeln  deren  neun  besitzt.  Die  er- 
haltenen Zahlen  entsprechen  an  Genauigkeit  etwa  denen, 
die  man  nach  der  ÜAOULTschen  Methode  in  EYCKMANscher 
Ausführung  erhält.  Von  anderer  Seite  scheint  nach  dem 
Verfahren  nicht  gearbeitet  worden  zu  sein. 


Schraelzpiinktsbestimmiiugeii. 

Wir  verdanken  Landolt1  die  ersten  ausführlichen 
Untersuchungen  über  die  Methoden  der  Schmelzpunkts- 
bestimmung, welche  sich  beziehen  auf: 

Schmelzen-  und  Erstarrenlassen  gröfserer  Mengen  mit 
direkt  eingetauchtem  Thermometer; 

Erhitzen  der  Substanz  in  Kapillarröhren  verschiedener 
Form,  auch  PiccARDscher  Röhrchen2  in  Flüssigkeits-  oder 
Luftbädern; 

Das  LöWBsche3  Verfahren,  einen  mit  der  Substanz 
überzogenen  Platindraht  in  einem  Quecksilberbade  zu 
erwärmen,  bis  durch  Abschmelzen  Kontakt  der  Metalle 
entsteht  und  dadurch  ein  elektrischer  Strom  geschlossen 
wird.  Ein  dem  letzten  ähnliches  Verfahren  hat  Christo- 
MAN0S4  beschrieben. 

Die  Resultate  Landolts  sind  folgende: 

Die  Methode  des  Schmelzen-  und  Erstarrenlassens 
liefert  stets  sehr  übereinstimmende  Zahlen,  und  sie  mufs 
als  die  einzige  bezeichnet  werden,  welche  zu  sicheren 
Resultaten  führt.  Hierzu  ist  aber  immer  die  Anwendung 
von    etwa    20  g    des    Körpers    nötig.      Bei    Benutzung 


1  Z.  P.  4.  357.  —  2  B.  8.  687.  —  3  Z.  A.  11.  211. 
4  B.  23.  1093. 


118  Schmelzpunktsbestimnrangen. 

gröfserer  Quantitäten  läfst  sich  im  allgemeinen  leichter  die 
Temperatur  der  Erstarrung  als  diejenige  der  Schmelzung 
ermitteln. 

Im  Spezialfall  verfuhr  er  folgendermafsen :  18  g  pulver- 
förmiges  Anthracen  wurden  in  ein  30  mm  weites  und 
175  mm  langes  Reagensrohr  gebracht  und  letzteres  in  ein 
solches  von  40  mm  Durchmesser  eingesetzt.  Das  Ganze 
umgab  man  mit  einem  beiderseitig  offenen  Glascylinder, 
unter  welchem  sich  eine  Lampe  mit  ringförmigem  Brenner 
befand.  Die  innerste  Röhre  wurde  durch  einen  Kork 
geschlossen,  durch  den  das  Thermometer  und  ein  Rührer 
gingen.  Letzterer  wurde  mit  der  Hand  in  Bewegung 
gesetzt,  sobald  beim  Erhitzen  des  Luftbades  das  Schmelzen 
begann.  Beginn  des  Schmelzens  bei  196°,  bei  197°  alles 
geschmolzen,  Beginn  des  Erstarrens  bei  196,2°,  aber  — 
ohne  dals  der  Erstarrungspunkt  konstant  wurde. 

Die  Schmelzpunktsbestimmungen  mittelst  der  Kapillar- 
röhrchen  verschiedener  Form  können  untereinander  er- 
heblich abweichen,  bisweilen  fallen  dieselben  mit  den 
richtigen  Werten  zusammen,  meistens  aber  sind  die  er- 
haltenen Resultate  zu  hoch,  namentlich  bei  Anwendung 
enger  Röhrchen. 

Die  elektrische  Methode  giebt  ebenfalls  wenig  überein- 
stimmende und  leicht  zu  hohe  Schmelzpunkte. 


Für  gewöhnlich  nimmt  man  im  Laboratorium 
Schmelzpunktsbestimmungen  nach  der  Methode  2  in  Ks- 
pillarröhren  vor,  schon  weil  man  sie  mit  minimalen 
Substanzmengen  ausführen  kann. 

Nach  Reissert,1  der  sich  mit  der  Genauigkeit  i& 
Methode  ausführlich  beschäftigt  hat.  ist  der  Punkt  des 
beginnenden  Schmelzens  als  eigentlicher  SohmelzpunU 
anzugeben.  Weil  die  Temperatur  innerhalb  der  Kapillar- 
röhre stets  etwas  niedriger  als  an  ihren  Wänden  tft 
schmelzen  die  an  der  Glaswand  haftenden  Teilchen  etftf 
früher  als  die  im  Innern  befindlichen  Partien,  und  dtt 
Verflüssigung  dieser  ersten  Anteile  liegt  eben  der  wahres 

1  B.  23.  2241. 


Schmelz  punktsbestimmungen.  119 

Schmelztemperatur  am  nächsten.  Es  empfiehlt  sich  daher  oft, 
die  Kapillare  nach  dem  Füllen  der  Substanz  durch  Auf- 
klopfen wieder  zu  entleeren  und  nun  an  den  jetzt  noch  am 
Glase  haftenden  Teilchen  den  Schmelzpunkt  zu  bestimmen. 

Auch  soll  man  nach  Reissert  den  Nullpunkt  der 
für  diese  Bestimmungen  dienenden  Thermometer  von  Zeit 
zu  Zeit  feststellen  und  die  entsprechende  Korrektur  an- 
bringen. Man  muJs  sie  für  den  herausragenden  Queck- 
silberfaden nach  ihm  stets  ausfuhren,  da  ohne  sie,  infolge 
der  sehr  verschieden  grofsen  Fehler  der  Thermometer, 
Differenzen  von  mehreren  Graden  eintreten  können.  Ist 
man  im  Besitz  der  RiMBACHschen  *  Tabellen,  so  ist  die 
Anbringung  der  Korrektur  eine  äufserst  einfache  Operation. 
Die  Korrektion  nach  Kopp  (siehe  Seite  17)  liefert  dagegen 
nach  Rimbach  2  bei  langen  Fäden  zu  niedrige,  bei  kurzen 
zu  hohe  Werte. 

Man  füllt  also  in  ein  dünnwandiges  Kapillarröhrchen 
etwas  von  der  Substanz  und  befestigt  das  Röhrchen 
mittelst  eines  Gummiringes  oder  Platindrahtes  so  am 
Thermometer,  dafs  sich  die  Substanz  neben  der  Kugel 
desselben  befindet. 

Das  Thermometer  hängt  man  alsdann  in  ein  Reagens- 
glas, das  etwa  2  cm  hoch  mit  konzentrierter  Schwefel- 
säure gefüllt  ist  oder  leer  bleibend  als  Luftbad  dient. 
Das  Reagensglas  seinerseits  taucht  in  ein  Kölbchen, 
welches  ebenfalls  Schwefelsäure  enthält  und  als  Bad  dient. 
Durch  Erwärmen  des  Kölbchens  kommt  man  schliefslich 
an  den  Punkt,  bei  dem  die  Substanz  im  Kapillarrohr 
schmilzt,  worauf  man  sofort  das  Thermometer  abliest. 

Das  Doppelbad,  welches  für  diesen  Zweck  von  Gräre3 
zuerst  empfohlen  ist,  sichert  eine  gleichmäüsige  Erhitzung 
der  im  Reagensglase  befindlichen  Luft  oder  Schwefelsäure. 
Bringt  man  das  Thermometer  mit  dem  Schmelzröhrchen 
direkt  in  die  in  einem  Kölbchen  oder  Becherglase  befind- 
liche Schwefelsäure,  so  erfolgt  trotz  Umschütteins  oder 
Umrührens  die  Erwärmung  eu  ungleichmäfsig,  als  dafs 
der  Schmelzpunkt  genau  bestimmt  werden  könnte. 
— \ 

1  B.  22.  3072.  —  2  B.  22.  3075.  —  a  Ann.  238.  320. 


120  Schmelzpunktsbestimmungen. 

Giebt  man  in  das  Reagensglas  statt  Schwefelsäure 
Glycerin,  so  wird  der  als  Klammer  dienende  Kautschuk- 
ring auch  bei  hoch  schmelzenden  Substanzen  wenig  Ver- 
anlassung zur  Braunfärbung  der  Flüssigkeit  geben.  Weit 
besser  als  mit  dem  Kautschukring  befestigt  man  aber  daa 
Schmelzröhrchen  mittelst  einer  aus  Platindraht  passend 
gebogenen  Ose  am  Thermometer. 

Manche  bedienen  sich  überhaupt  statt  der  Schwefel- 
säure des  Glycerins  als  Heizflüssigkeit.  Für  unter  100° 
schmelzende  Körper  wird  auch  Wasser  verwendet  und 
dann  für  Fette  z.  B.  in  der  Art  verfahren,  dais  man  ein 
beiderseits  offenes  Kapillarrohr  in  das  geschmolzene  Fett 
taucht  und  das  Röhrchen  nach  dem  Erstarren  des  Fettes 
in  das  Wasser,  wie  angegeben,  mit  dem  Thermometer 
zugleich  eintaucht.  Beobachtet  man  nunmehr  den  Punkt 
bei  welchem  nach  dem  Erwärmen  das  Wasser  mit  dem. 
geschmolzenen  Fett  im  Kapillarrohr  aufsteigt,  so  fällt  diö 
Bestimmung  des  Schmelzpunkts  recht  genau  aus. 

Allgemein  wäre  noch  zu   bemerken,   dafs   erfahrunga- 
gemäfs  Verunreinigungen  den  Schmelzpunkt  fast  stets  Ln 
auffallend   starkem   Mafse  herabdrücken.     Das   Gegenteil 
ist  selten  beobachtet;  so  erwähnt  Wallach,1  dafs  unreine 
Präparate  von  Kampferderivaten  höher  schmelzen  als  die 
reinen. 

Auch  zeigen  ganze  Körperklassen  hinsichtlich  ihrer 
Schmelzpunkte  ein  bestimmtes  Verhalten.  So  differieren 
Ortsisomere,  die  fast  den  gleichen  Schmelzpunkt  zeigen* 
in  dem  ihrer  Acetylderivate  zumeist  bedeutend,  und  der 
Schmelzpunkt  der  Hydrazone2  wird  nur  bei  raschem  Et 
hitzen  konstant  gefunden. 

Biban3  stellte  den  Schmelzpunkt  des  Additionsprodukttf 
der  Salzsäure  mit  einem  Terpen  C10H16.HC1,  das  seif 
leicht  sein  HCl  abgiebt,  so  fest,  dais  er  ihn  in  einer  mit 
salzsaurem  Gas  gefüllten,  beiderseits  zugeschmolzenen 
Kapillarröhre  bestimmte.  Da  Chloranil  vor  dem  Schmelzen 
bereits  vollständig  sublimiert,   füllte   Grabe4   ein   wenig 

1  B.  25.  919.  —  a  B.  23.  1583.  —  3  B.  Par.  24.  14. 
4  Ann.  263.  19. 


Sublimation.  121 

davon    in  ein  Kapillarröhrchen,    schmolz  dieses  ebenfalls 
zu  und  konnte  den  Schmelzpunkt  nun  zu  290°  bestimmen. 


Sublimation. 

„Die  Sublimation  organischer  Verbindungen  ist   eine 
Operation,    die  zur  Reinigung   derselben   nicht   selten  in 
Anwendung   gezogen    werden    mufs.     In  solchen  Fällen 
hat  man  gewöhnlich  gerade  keinen  Übernufs  an  Material, 
und    der  Verlustquellen    sind    schon    bei   der  Reinigung 
organischer    Körper    durch  Umkrystallisieren,    Entfärben 
tl  s.  w.   so  viele,    dafs  es  für  die  Möglichkeit  eines  ge- 
i    naueren  Studiums  solcher  Körper  von   gröfster  Wichtig- 
i    keit  erscheint,   diese  Verluste   auf  ein   Minimum   zu   re- 
i    dozieren.     Die   zur   Sublimation    angewandten   Apparate 
*    entsprechen  aber  gewöhnlich   diesem  Postulate   durchaus 
■"    nicht,    und    die    vielen    Übelstände    derselben    sind    den 
Chemikern   bekannt  genug."      So   äusserte   sich    Gorüp- 
£   Besanez1  im  Jahre  1855  bereits  über  Sublimationen  im 
f   Laboratorium,  und  während  die  Technik  die  Frage  längst 
gelöst  hat,   fehlt   es  in   diesen  immer  noch  an  allgemein 
brauchbaren     Sublimations  Vorrichtungen.       Von     diesen 
scheinen  mir  die  für  den  luftverdünnten  Raum  berech- 
neten die  besten  zu  sein. 

Von  Kolbe   rührt  der  Vorschlag  her   Sublimationen 

zwischen  Uhrgläsern  in  folgender  Art  auszuführen :    Diese 

Verden  aufeinander  abgeschliffen,  ein  passend  geschnittenes 

Stuck  Filtrierpapier  dazwischengelegt  und  dann  durch  die 

von  ihm  angegebene,  aus  zwei  Messingstreifen  bestehende 

Klammer  zusammengehalten.    Gorup-Besanez  empfiehlt, 

fie  auf   einem    Luftbade    (Fig.  34)    zu    erhitzen,    dessen 

Temperatur  ein  Thermometer  anzeigt.     Die  Dämpfe   der 

rablimierenderi  Substanz  werden  durch  die  Papierscheide- 

wand  gewissermaßen  filtriert  und  verdichten  sich  an  der 

Innenwand  des  oberen  möglichst  stark  gewölbten  Uhrglases 

1  Ann.  93.  265. 


122 


Sublimation. 


gewöhnlich  in  prachtvollen  Krystallen.  Um  das  Zu-heifs- 
werden  des  oberen  Uhrglases  zu  verhindern,  bedeckt  man 
dasselbe  zweckmässig  mit  einem  gestrickten  kleinen  Kühl- 
netz und  läfst  auf  selbiges  mit  der  nötigen  Vorsicht  tropfen- 
weise Äther  fliefsen. 

Die  Papierscheidewand  ver- 
hindert auch  ein  Zurückfallen  des 
Sublimates  in  den  unteren,  den 
Sublimationsrückstand  enthaltenden 
Raum. 

Gröfsere  Mengen  sublimiert  man 
aus  einer  Retorte.  Schon  Libbio1 
schlug  vor,  um  das  Sublimat  der 
Gefahr  einer  weiteren  Zersetzung 
durch  zu  hohe  Temperatur  zu  ent- 
ziehen, sowie  zur  Erleichterung  der 
Sublimation  überhaupt,  einen  in- 
differenten Gasstrom  durch  dieselbe 
zu  leiten,  und  verbessert  dies  die 
Ausbeute  in  der  That  sehr  be- 
deutend. So  erhielt  er,  unter  An- 
wendung eines  Kohlensäurestromes, 
über  80%  der  theoretisch  möglichen 
Menge  an  Pyrogallussäure  aus  der 
Gallussäure. 

Baeyer2  empfiehlt  für  schwer 
zu  verflüchtigende  Körper  folgende 
Methode:  Der  Boden  eines  kleinen 
weiten  Becherglases  wird  mit  der 
Substanz  bedeckt.  Dann  wird  ein  mit  niedrigen  Fü&en 
versehener  Glasdreifufs  eingesetzt,  auf  dem  eine  die  Wände 
berührende  Papierscheibe  ruht.  Am  oberen  Rande  des 
Glases  befindet  sich  eine  gleiche,  mit  einem  Trichter  be- 
deckte Scheibe.  Durch  den  Trichterhals  wird  eine  Glas- 
röhre durch  die  Filterscheiben  hindurch  bis  fast  zum  Boden 
des  Gefäfses  geführt.  Auf  dem  Sandbade  wird  hierauf 
das  Becherglas  stark  und  rasch  erhitzt,  und  während  des 


Fig.  34. 


1  Ann.  101.  49.  —  *  Ann.  202.  164. 


Sublimation.  123 

Erhitzens  ein  starker  Kohlensäurestrom  durch  die  Röhre 
geleitet.  Nach  beendigter  Operation  findet  man  das  Sub- 
limat zwischen  der  ersten  und  zweiten  Fapierscheibe  und 
im  Innern  der  Trichterwandung. 

Nach  Schützenberger  sublimiert  man  so,  dafs  man 
die  trockene  Substanz  (höchstens  1  g)  in  einen  breiten 
5 — 6  cm  hohen  Porzellantiegel  bringt,  welchen  man  mit 
einem  runden  Stück  Filtrierpapier  und  dann  mit  seinem 
Deckel  bedeckt.  Der  Tiegel  wird  auf  dem  Sandbade 
erhitzt.  Auch  Fischer1  bediente  sich  mit  Erfolg  dieses 
Verfahrens. 

Auch  breitet  man  wohl  die  Substanz  auf  dem  Boden 
eines  ERLENMEYERschen  Kölbchens  gleichmäfsig  aus, 
verschliefet  es  lose  und  taucht  es  etwa  1  cm  tief 
in  ein  mit  Thermometer  versehenes  Schwefelsäurebad. 
Bemerkt  man  keine  Zunahme  des  Sublimats  mehr,  so 
nimmt  man  das  Kölbchen  wieder  aus  dem  Bade  und 
sprengt,  wenn  nötig,  zur  Trennung  des  Sublimats  vom 
Rückstand  den  Boden  ab. 

Tollens2  sublimierte  je  1  g  Trimethylenoxyd  so, 
dafs  er  es  in  eine  Einschlufsröhre  gab  und  die  Röhre 
mittelst  Asbest  so  in  die  eiserne  Röhre  eines  Erhitzungs- 
apparates packte,  dafs  der  Inhalt  (das  Trimethylenoxyd) 
sich  innerhalb,  das  leere  Stück  dagegen  sich  aufserhalb 
befand,  worauf  er  auf  180 — 185°  erhitzte. 

Sublimationsapparate  mit  Wasserkühlung  sind  von 
Brühl  und  Landolt  beschrieben  worden. 

Brühls3  Apparat,  der  namentlich  für  leicht  schmelz- 
bare Sublimate  geeignet  ist,  besteht  aus  einem  Dreifufs, 
auf  welchem  eine  flache  Dose  ruht.  Diese  hat  in  der 
Mitte  einen  zur  Aufnahme  eines  Metalltiegels  bestimmten 
Ausschnitt  von  der  Gestalt  eines  abgestumpften  Kegels, 
dessen  Basis  nach  unten  gerichtet  ist  und  an  der  Peri- 
pherie zwei  gegenüberliegende  angelötete  Schlauchspitzen, 
vermittelst  welcher  kaltes  Wasser  durch  das  Kästchen 
geleitet  wird.  Dieses  Kühlgefäis  bedeckt  eine  mit  ab- 
geschliffenem Rande  versehene  Glasschale.    Der  Tiegel  hat 


1  B.  22.  357.  —  »  B.  15.  1830.  —  *  B.  22.  238. 


124 


Sublimation. 


zweckmäfsig  eine  längliche  Form  und  sei  aus  gilt  leitet 
dem  Metall:    Kupfer,    Platin.     Um    die    Berührung  de 
Sublimats  mit  Metall  zu  vermeiden,   wird  die  Dose 
einer  in  der  Mitte  passend  gelochten  Glasplatte  bedeck"^ 

(im  Originale  nicht  angegeben).   Wählt  man  die  Glasschal 

ziemlich  hoch,  so  kondensiert  sich  nur  wenig  an  derselbeicz 
und  fast  das  ganze  Sublimat  setzt  sich  auf  den  gekühlte^-  * 
Boden. 

Der  Apparat  ist  auch  für  fraktionierte  Sublimationen^ 
brauchbar. 

Hertkorn  1  hat  ganz  neuerdings  ebenfalls  einen  Subl 
mationsapparat  für  Laboratoriumszwecke  angegeben. 


Fig.  35. 

Landolts2  Sublimationsvorrichtung  besteht  aus  einer 
cirka  150  mm  langen  und  18  mm  weiten,  unten  ge- 
schlossenen Röhre  aus  dünnem  Platinblech,  welche  oben 
einen  von  zwei  Glasröhren  durchsetzten  Stopfen  trägt 
Durch  die  längere,  tief  hineinragende  wird  kaltes  Wasser 
ein-  und  durch  die  andere  ausfließen  gelassen.  Beim  Ein- 
tauchen des  Apparates  in  einen  weithalsigen  Kolben,  in 
welchem  die  zu  sublimierende  Substanz  erhitzt  wird,  setzt 
sich  diese  an  das  Platinrohr  an  und  kann  nach  dem 
Herausziehen  mit  Leichtigkeit  von  der  Oberfläche  ab- 
gelöst werden. 

Bei  der  Sublimation  schwer  flüchtiger  Körper,  welche 
in  einem  Platin-  oder  Porzellantiegel  erhitzt  werden,  ist 


1  Ch.  Z.  1892.  795.  —  *  B  18.  57. 


Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten.     125 

es  nötig,  den  herausragenden  Teil  der  Röhre  durch  einen 
Schirm  von  Blech  oder  Asbestpappe  vor  den  aufsteigen- 
den Flammengasen  zu  schützen,  da  sich  sonst  beträcht- 
liche Mengen  Wasser  an  ihm  kondensieren. 

Ein  Ersatz  der  Platinröhre  durch  ein  gläsernes 
Reagensrohr  hat  sich  nicht  bewährt. 

Die  Sublimation  im  luftverdünnten  Räume  ist  wohl 
zuerst  von  Sommaruga1  versucht  worden.  Nach  vergeb- 
lichem Bemühen  Indigo  auf  eine  der  damals  üblichen 
bekannten  Arten  ohne  jede  Zersetzung  auf  diesem  Wege 
zu  reinigen,  brachte  er  ihn  in  Ballons  von  70 — 80  ccm 
Inhalt  und  evakuierte  diese  bis  auf  30 — 40  mm  Druck. 
Nunmehr  konnte  er,  bei  direkter  Erwärmung  des  Ballons 
mit  der  Gasflamme  im  Verlauf  einer  Stunde  jede  ge- 
wünschte Quantität  seines  Sublimates  sammeln. 

Volhard2  brachte  rohe  Brenzschleimsäure  zwischen 
Asbestpfropfen  in  ein  Glasrohr,  welches  in  einem  Luft- 
bade erhitzt  wurde.  Das  eine  Ende  des  Rohres  stand  mit 
einer  Vorlage  und  der  Wasserluftpumpe  in  Verbindung, 
während  das  andere  ein  mit  Quetschhahn  versehenes 
Röhrchen  trug,  durch  welches  trockene  Luft  eintrat. 
Unter  50 — 60  mm  Druck  sublimierte  die  Säure  leicht  bei 
130 — 140°  in  langen  weifsen  Nadeln. 

Ebenso  gelang  es  Bourgeois,3  Harnstoff  aus  einem 
auf  120 — 130°  erhitzten  Quecksilberbade  (welches  letztere 
seiner  Giftigkeit  halber  wenig  empfehlenswert  erscheint) 
in  der  Luftleere  mit  Leichtigkeit  zusublimieren;  Schwefel- 
harnstoff geht  aber  bei  dieser  Behandlung  in  Ammonium- 
sulfocyanat  über. 


Trocknen  fester  Körper  und  Entwässern 

von  Flüssigkeiten. 

Feste    Körper    trocknet    man    durch    Erwärmen    auf 
höhere  Temperatur.     Wenn  angänglich,  bringt   man    sie, 

1  Ann.  195.  305.   —   »  Ann.  261.  380.   —  8  B.  Par.  3.  7.  46 


126    Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten. 

speziell  für  Analysenzwecke,  in  eine  LiEBiösche  Trocken- 
röhre,  vor  welcher  man  ein  Chloroalciumrohr  anbringt, 
und  erhitzt  in  dem  von  Lothar  Meter1  angegebenen 
Luftbad.  Vertragen  die  Verbindungen  das  nicht  und 
sollen  deshalb  bei  gewöhnlicher  Temperatur  getrocknet 
werden,  so  bringt  man  sie  in  Exsiccatoren.  In  diesen 
bewahrt  man  auch  die  in  der  Wärme  getrockneten  Sub- 
stanzen, um  das  Anziehen  von  Feuchtigkeit  unmöglich 
zu  machen,  auf. 

Da  weit  mehr  Körper  sich  durch  Belichtung  zersetzen, 
als  im  allgemeinen  angenommen  wird,  wird  es  gut  sein, 
auch  einen  Exsiccator  mit  dunkler  Glasglocke  zur  Hand 
zu  haben.2 

Unter  die  Glocke  eines  solchen  bringt  man  als  wasser- 
anziehende Mittel  etwa  konzentrierte  Schwefelsäure, 
Phosphorpentoxyd,  Chlorcalcium,  Kalk,  Baryumoxyd,  Ate- 
kalistücke,  Ätznatronstücke.  Verlieren  Verbindungen  in 
ihm  Kohlensäure,  so  trocknet  man  sie  in  einer  Kohlen- 
säure-, verlieren  sie  Ammoniak,  in  einer  Ammoniakgas- 
atmosphäre, zu  welch  letzterem  Zwecke  man  einige 
schwach  feuchte  Salmiakkrystalle  auf  das  feste  Ätzkali 
wirft. 

Müller-Erzbach3  hat  gefunden,  dafs  Phosphorsäure- 
anhydrid, konzentrierte  Schwefelsäure  und  entwässertes 
Kalihydrat  in  der  Anziehung  zum  Wasser  keinen  wesent- 
lichen Unterschied  zeigen.  Ätznatron  und  Chlorcalcium 
von  geringem  Wassergehalt  differieren  ebenfalls  nur  wenig 
darin.  Natronhydrat  kann  aber  durch  Absperren  mit 
Kalihydrat  vollständig  entwässert  werden,  und  der  Unter- 
schied in  der  Spannung  des  Wasserdampfes  über  dem 
Anhydrid  der  Phosphorsäure  und  fast  wasserfreiem  Calcium- 
chlorid  beträgt  nur  einen  Bruchteil  eines  Millimeter  Queck- 
silber. Schwefelsäure  wirkt  jedoch  viel  schneller  als 
Chlorcalcium.4  / 

Hempel5  macht  auf  den  prinzipiellen  Fehler  der 
gebräuchlichen,  nicht-evakuierten  Exsiccatoren  aufmerksam, 


1  B.  22.  879.  —  2  B  21.  2529.  —  3  B.  14.  1096. 
4  Ar.  1884.  107.  —  5  B.  23.  3566. 


Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten.     127 

der  darin  besteht,  dafs  die  Trockenmittel  sich  auf  dem 
Boden  der  Gefäfse  befinden.  Da  nun  feuchte  Luft  leichter 
als  trockene  ist,  so  findet  nur  ein  geringer  Austausch  der 
Gasschichten  im  Exsiccator  statt.  Als  er  dann  im  Hinblick 
auf  diese  Anschauung  das  Trockenmittel  über  dem  Aus- 
zutrocknenden anbrachte,  verdunstete  ein  Quantum  Wasser 
in  3  Tagen,  während  ein  zweites  ebensogrofses  bei  der 
alten  Anordnung  9  Tage  dazu  brauchte.  Er  hat  jetzt  auch 
eine  neue  seiner  Anforderung  entsprechende  Exsiccator- 
form1  beschrieben. 

Alles  Trocknen  wird  durch  Anwendung  von  Exsicca- 
toren  beschleunigt,  welche  einen  Tubulus  haben,  mit 
Hülfe  dessen  man  die  Glocken,  nachdem  sie  hergerichtet, 
evakuieren  kann.  Eine  geeignete  Fettmischung  zum 
Abdichten  der  aufeinander  abgeschliffenen  Glasflächen 
erhält  man  durch  Zusammenschmelzen  von  3  Teilen 
Ochsenklauenfett  mit  1  Teil  weifsem  Wachs. 

Pflüger  2  teilt  mit,  dafs  gute  Wasserstrahlpumpen 
bei  einer  Temperatur  von  16 — 20°  einen  Raum  bis  auf 
11  mm  Quecksilberdruck  entleeren.  Läfst  man  alsdann  in 
das  Vaccuum  ausgekochte  konzentrierte  Schwefelsäure 
treten,  so  sinkt  der  Druck  in  ihm  sehr  rasch  unter  1  mm 
herab,  womit  bewiesen  ist,  dafs  ein  Strahl  mit  Luft 
gesättigten  Wassers  alle  Luft,  abgesehen  von  minimalen 
Spuren,  aus  einem  Räume  aussaugt. 

Man  kann  auch  geringe  Mengen  von  Lösungen,  statt  sie 
abzudampfen,  unter  dem  Exsiccator  verdunsten  lassen,  was 
durch  Warmstellen  oder  durch  Evakuieren  desselben  be- 
schleunigt wird.  Es  sind  auch  Exsiccatoren  konstruiert, 
in  denen  man  geradezu  die  in  einer  Schale  befindliche 
Flüssigkeit  zum  Sieden  bringen  und  so  im  luftverdünnten 
Räume  eindunsten  kann.  Solche  haben  Anschütz,3  sowie 
andere  und  neuerdings  Brühl4  beschrieben.  Verfasser 
bedient  sich  des  folgendermafsen  eingerichteten  und  leicht 
herstellbaren  heizbaren  Apparates :     Die  sehr  starke  Glas- 


1  Zeitschr.  angew.  Chem.  1891.  201.  —  ■  P.  Ar.  38.  311. 
3  Ann.  228.  305.  —  *  B.  24.  2458. 


128     Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten. 


platte  desselben,  auf  welche  eine  geräumige  Glocke  at 
geschliffen  ist,  ist  in  der  Mitte  durchlocht.  In  dia 
Öffnung  kommt  ein  doppelt  durchbohrter  Kautschu 
stopfen,  über  welchen  auf  einem  kleineu  Dreifufs  eil 
Porzellanschale  gestellt  wird.  Ein  passend  starkes  Ble 
röhr  wird  durch  eine  Durchbohrung  des  Stopfens  geführt 
die  Porzellanschale  von  innen  mit  ihm  vollständig  aus 
gelegt  —  die  einzelnen  Windungen  fixiert  man  gegen- 
einander mit  Draht  —  und  das  Bleirohr  alsdann  durch  die 
zweite  Durchbohrung  des  Stopfens  wieder  hinausgeleitet 
In  die  Porzellanschale   schüttet   man  zur  besseren' Über- 


tut  Luftpumpe 


r       m 

^l,Mllillll.1.LIlll.l...MI<      ** l.HI.IHlT 


Jbieirahre 


Fig.  36. 

tragung  der  Wärme  Kupferpulver,  wie  es  etwa  durck 
Reduktion  von  Kupferoxyd  erhalten  wird,  und  das  Er- 
wärmen erfolgt  durch  Durchleiten  heifsen  Wassers  odtf 
Wasserdampfes  durch  das  ßleirohr.  Unter  dem  DreifiA 
kann  man  kleine  Schalen  mit  Schwefelsäure  plazieren. 
Die  Unterlage  zweier  Hölzer  ermöglicht  die  wegen  da 
Bleirohrleitungen  notwendige  Hohlstellung  des  Ganzen 
Die  Luft  wird  durch  eine  in  dem  Tubus  der  Gloob 
befindliche  Röhre  abgesogen.  Ein  zweites  mit  einet 
Hahn  versehenes  Glasrohr  taucht  in  ein  nebenstehende 
ßecherglas.  Offnet  man  den  Hahn,  so  saugt  die  Luf 
leere  die  Flüssigkeit  an,  und  kann  auf  die  Art  die  i 
Vacuum   stehende    Schale  gefüllt  erhalten  werden,    ob 


Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten.     129 

den  Gang  des  Apparates  zu  unterbrechen.  Letztere  Vor- 
richtung rührt  von  Walter  *  her,  der  ebenfalls  Apparate 
angegeben  hat,  um  Flüssigkeiten  in  Schalen  im  luft- 
verdünnten Raum  zu  verdampfen,  die  aber  komplizierter 
sind. 

Vielleicht  ist  es  bei  der  angegebenen  Einrichtung  des 
Vacuumexsiccators  von  Vorteil  das  Rohr,  welches  zur  Luft- 
pumpe führt,  durch  eine  dritte  Durchbohrung  des  unteren 
Kautschukstopfens  zu  führen  und  so  die  Evakuierung 
vom  Boden  aus  zu  bewerkstelligen,  eine  Abänderung, 
die  demnächst  ausprobiert  werden  soll. 

Will  man  im  Exsiccator  Schwefelkohlenstoff,  Äther, 
Chloroform  oder  Benzol  verdunsten  lassen,  so  beschickt 
man  ihn  statt  mit  Schwefelsäure  etc.,  mit  Stücken  niedrig 
schmelzenden  Paraffins  (am  besten  Rohparaffin).  Das 
Verdunsten  geht,  wie  Liebermann,2  von  dem  die  Beob- 
achtung herrührt,  angiebt,  sehr  rasch  von  statten.  Das 
Paraffin  zerfliefst,  ohne  dafs  seine  Absorptionsfähigkeit 
damit  aufhört.  Am  schnellsten  wird  Schwefelkohlenstoff, 
am  langsamsten  Benzol  absorbiert.  Die  angewandten 
Lösungsmittel  können  durch  Destillation  der  entstandenen 
Paraffinlösung  ganz  rein  wiedergewonnen  werden. 

Manche  Substanzen  bereiten  beim  Trocknen  ganz 
besondere  Schwierigkeiten.  So  teilt  Schmiedeberg3  mit, 
daüs  beim  Trocknen  der  sauren  chondroitinschwefelsauren 
Verbindungen  und  des  Chondroitins  bei  100°  im  Vacuum 
oder  bei  Normaldruck  leicht  eine  Zersetzung  derselben 
eintritt.  Bei  einfachem  Stehen  über  Schwefelsäure  wird 
selbst  nach  Jahr  und  Tag  kein  konstantes  Gewicht  erreicht. 
Nur  das  Trocknen  im  Vacuum  neben  Schwefelsäure  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  führte  meistens  schliefslich  zum 
Ziele,  doch  dauerte  es  bei  einzelnen  Präparaten  mehrere 
Monate,  bevor  die  Gewichtsabnahme  aufhörte. 

Flüssigkeiten  entwässert  man,  indem  man  in  dieselben 
giebt:  Ätzkalk,  Baryumoxyd,  Bromcalcium,  Chlorcalcium, 

1  J.  pr.  Ch.  140.  425.  —  *  B.  12.  1294.  —  8  A.  Pth.  28.  364. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.  2.  Aufl.  9 


130    Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten. 

Jod  calcium,  Kaliumkarbonat,  Kaliumhydroxyd,  kon- 
zentrierte Schwefelsäure,  Phosphorpentoxyd,  Kaliumbisulfat, 
entwässertes  Kupfersulfat  oder  KaUumferrocyanid,  Natrium, 
Natriumhydroxyd,1  geschmolzenes  Natriumsulfat,2  Calcium- 
nitrat,  Siliciumchlorid,  Zinkchlorid.8 

Man  wendet  für  die  betreffenden  Flüssigkeiten  natür- 
lich nur  solche  Mittel  an,  die  auf  dieselben  chemisch 
nicht  einwirken.  Sieden  sie  hoch,  so  kann  man  nach 
Bkühl4  auch  das  Wasser  durch  Durchleiten  von  Kohlen- 
säure durch  die  erwärmte  Flüssigkeit  entfernen. 

Am  häufigsten  zum  Trocknen  gebraucht  wird  Chlor- 
calcium,  und  zwar  im  geschmolzenen  Zustande,  weil  es 
in  diesem  nicht  porös  ist.  Es  geht  aber  mit  vielen 
Substanzen  Doppelverbindungen  ein.  Zur  Alkoholtrooknung 
ist  es  im  Laboratorium  nicht  verwendbar,  weil  es 
mit  diesem  ein  zu  schwer  zersetzliches  Chlorcalcium- 
alkoholat  bildet,  welches  nur  bei  der  Destillation  ans 
kupfernen  Retorten  wieder  völlig  zerlegt  wird.  Propyl- 
alkohol5  bildet  mit  ihm  die  Verbindung  OaCl2  -f-  3  C«  H^  0, 
welche  die  merkwürdige  Eigenschaft  hat,  sich  auf  Wasser 
gebracht  bis  zur  Auflösung  lebhaft  zu  bewegen,  wiewohl 
dabei  kein  gasförmiger  Körper  frei  wird.  Benzylalkohol 
löst  sogar  in  der  Wärme  so  viel  davon,  dafs  beim  Erkalten 
das  Ganze  krystallinisch  erstarrt,6  und  Lieben7  giebt  an, 
dafs  sich  auch  die  fetten  Säuren  mit  ihm  krystallinisch 
verbinden.  Auch  mit  vielen  Estern  geht  es  Verbindungen 
ein;  man  kennt  z.  B.  einen  Chlorcalciumessigester  und 
einen  Chlorcalciumglukonsäureester  von  der  Formel  C6Hn 
07 .  C2H5  +  CaCl2. 

Auch  nimmt  es  nicht  aus  allen  Flüssigkeiten  die 
letzten  Spuren  von  Feuchtigkeit  heraus.  Ist  dieses  z.  B. 
für  genaue  Siedepunktsbestimmungen  von  Wichtigkeit,  so 
wendet  man  Natrium  (bei  Kohlenwasserstoffen),  Phosphor- 
pentoxyd oder  konzentrierte  Schwefelsäure  an. 

Calciumnitrat  dient  fast  nur  zum  Trocknen  empfind- 
licher  Nitrokörper,   sowie   zum  Trocknen   von   Dämpfen 

1  B.  25.  145.  -  *  Ann.  256.  29.  —  3  B.  24.  1019. 
4  B.  24.  3391.  —  5  B.  23.  181.  —  °  B.  14.  2395. 
7  M.  Ch.  1.  919. 


Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten.     131 

r  salpetrigen  Säure,1   Jodcaloium    zum    Trocknen    der 
»dwasserstoffsäure. 2 

Mittelst  Chlorsilicium  befreite  Labenburg3  einmal 
Bsigester  von  den  letzten  Spuren  von  Alkohol  und 
fasser,  und  Friedel  und  Crafts4  konstatierten,  dals 
ieselsäureester  mit  wasserhaltigem  Alkohol  auf  100° 
iitzt,  letzteren  in  absoluten  verwandelt.  Chlorzink 
ente  Haktmann5  zum  Trocknen  von  Petroleum. 

Wertheim6  trocknete  Flüssigkeiten  mit  glasiger 
tiosphorsäure. 

Öfters  ist  das  Trocknen  ätherischer  Lösungen  dem  de& 
riu  Gelösten,  nachdem  es  als  solches  abgeschieden  ist, 
rzuziehen.  So  löste  Liebermann  7  Hygrin  in  absolutem 
her  und  versetzte  die  Lösung  mit  festem  Stangenkali, 
1  die  Base  völlig  wasserfrei  und  zugleich  auch  frei  von 
yaiger  aus  der  Luft  angezogener  Kohlensäure  zu  erhalten. 

Man  kommtMhäufig  in  die  Lage  absoluten  Alkohol 
i  absoluten  Äther  herstellen  zu  müssen  —  neuerdings 
inen  einige  den  ersteren  Eitelalkohol  —  und  verfährt 
diesen  Spezialfällen  f olgendermafsen : 

1.  Man  läfst  den  Alkohol  etwa  zwei  Tage8  mit  viel 
skalk9  in  der  Kälte  stehen  und  destilliert  ihn  ab.  In 
sem  Falle  zerMlt  der  Kalk  scheinbar  wenig,  der  über- 
Lende Alkohol  ist  aber  unter  Fortlassung  der  ersten 
1  letzten  Anteile  des  Destillats10  so  sehr  von  Wasser 


1  Sollte  man  in  die  Lage  kommen,  aus  einem  Gemisch  von 
Bn  Chlor  entfernen  zu  müssen,  so  leitet  man  es  über  erwärmtes 
Linon ;  sollte  es  nötig  sein  Schwefelkohlenstoffdampf  abzuscheiden, 
ann  dies  durch  Durchleiten  durch  eine  mit  Kautschuk  gefüllte 
re  erreicht  werden  (Than.  Ann.  Suppl.  5.  236.). 

*  Cr.  112.  717.  —  a  B.  3.  305.  —  4  Ann.  Ch.  Ph.  4.  9.  5. 

*  B.  24.  1019.  —  6  Ann.  127.  79.  —  7  B.  22.  676. 
8  Z.   Ch.  1865.  260.  —  9  Soubeiran  Ann.  30.  356. 

*•  Die  Fortlassung  der  ersten  Anteile  ist  an  und  für  sich  ver- 
llich; auch  mufs  sie  erfolgen,  weil,  wie  Soubeiran  (Ann.  30.  360) 
[ts  gezeigt  hat,  selbst  aus  fast  absolutem  Alkohol  zuerst  ein 
örreicheres  Produkt  überdestilliert,  und  auf  die  letzten  mufs 
verzichten,  weil,  wie  Mendelejeff  nachgewiesen  hat  (Z.  Ch. 
210),  bei  der  erhöhten  Temperatur  der  absolute  Alkohol 
sfslich  wiederum  dem  Kalkhydrat  Wasser  entzieht. 


132    Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten. 

befreit,  dafs  Kaliumpermanganat  ihn  nicht  mehr  rot, 
sondern  kaum  mehr  bräunlich  färbt. 

2.  Man  erhitzt  den  käuflichen  Alkohol  mit  Atzkalk, 
dessen  Stücke  den  Spiegel  des  Alkohols  überragen 
müssen,  auf  dem  Wasserbade,  während  einer  halben  bis 
einer  Stunde  unter  Rückflufs  zum  Sieden;  alsdann  kehrt 
man  den  Kühler  um  und  destilliert  den  nunmehr  absoluten 
Alkohol  ab.  Hierbei  zerfällt  der  Kalk  bei  der  Hydrat- 
bildung zu  Pulver,  und  die  damit  plötzlich  frei  werdende 
Wärme  pflegt  ein  solches  Aufkochen  des  Alkohols  zu 
veranlassen,  dafs  er  teilweise  aus  dem  Kühler  geschleudert 
wird,  wenn  das  Gefäfs  zu  reichlich  mit  ihm  gefüllt  iet 

Enthält  der  Alkohol  mehr  als  5%  Wasser,  so  rnuft 
man  ihn  zwei-  oder  mehrmals  derselben  Behandlung  unter 
werfen.1  Ist  er  sehr  wasserhaltig,  so  füllt  man  bei  der 
ersten  Kochung  den  Alkohol  nur  zur  Hälfte  mit  Kalk, 
weil  sonst  das  Gefäfs  durch  dessen  rasche  Hydratisierung 
auseinander  getrieben  werden  kann. 

Ganz  vorzüglich  eignet  sich  auch  zur  Darstellung  des 
absoluten  Alkohols  der  Ätzbaryt,2  sobald  nämlich  die 
überstehende  Flüssigkeit  gelb  geworden,  hat  der  Alkohol 
die  letzten  Anteile  Wasser  verloren.  Man  erhält  Ate- 
baryt  durch  Zersetzen  des  salpetersauren  Salzes  bei  all- 
mählich gesteigerter  Hitze. 

Natrium  und  Natriumamalgam  eignen  sich  nicht  zum 
Entwässern,  weil  die  Destillate  sich  nach  Mendelejkef3 
als  natrium-  und  quecksilberhaltig  erweisen. 

Setzt  man  dem  meist  verwendeten  Kalk  eine  kleine 
Menge  Atzbaryt  zu,  so  kann  man  an  der  eintretenden 
Gelbfärbung  schon  beim  Stehen  in  der  Kälte  erkennen, 
dafs  der  Punkt  der  völligen  Entwässerung  des  Alkohols 
eingetreten  ist. 

Schon  Raimündus  Lüllus  hat  Alkohol  mit  Pottasche 
zu  entwässern  gesucht,  ein  Mittel,  das  aber  für  Alkohole 
zu  schwach  ist.  So  hat  Tornöe4  gezeigt,  dafs  wässeriger 
Allylalkohol,    der  so   lange   mit  geglühter  Pottasche  in 

1  Ann.  160.  249.  —  *  J.  B.  1862.  392.  —  :{  Z.  Ch.  1865.  M 
4  B.  24.  2671. 


Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten.      133 

irung  ist,  bis  ihm  diese  kein  Wasser  mebr  entzieht, 
doch  noch  verhältnismäßig  reichlich  von  ihm  enthält. 

Die  Menge  Kalk,  welche  zur  Entwässerung  von 
Alkohol  in  die  Glaskolben  gegeben  werden  mufs,  ist  nach 
dem  Abdestillieren  des  absolut  gewordenen  infolge  Zerfalls 
erfahrungsgemäfs  so  schwer  aus  diesen  wieder  zu  ent- 
fernen, dafs  der  gröiste  Teil  von  ihnen  hierbei  zerbricht. 
Verfasser  vermeidet  dieses  in  folgender  AVeise  im  Ansehluis 
an  die  Untersuchungen  von  Squiebs,1  nach 
denen  sich  Alkohol  nach  keiner  Methode 
im  Laboratorium  so  völlig  entwässern  läfst, 
wie  es  im  großen  erreicht  wird,  wo  er 
langsam  durch  gebrannten  Kalk  in  der 
Kälte  filtriert.  Ein  so  hergestellter  Al- 
kohol hat  nach  Squ.  ein  geringeres  spezi- 
fisches Gewicht,  als  es  jemals  nach  einer 
anderen  Methode  erhalten  werden  konnte. 
Ein  cylindrisches  mehr  hohes  als  weites 
Gefäfs  von  ca.  20  l  Inhalt,  das  unten  mit 
einem  Hahn  versehen  ist.  enthält  einen  sieb- 
artig durchlöcherten  Einsatz  von  fastgleioher 
Höhe  wie  der  Cy linder.  In  der  Mitte  des 
Einsatzes  ist  noch  ein  Rohr  fast  von  der  Höbe 
Apparates  befestigt.  Nachdem  er  mit 
*  alk  gefüllt,  wird  auf  diesen  so  viel 
ihol,  als  Platz  hat,  gegossen,  den  man 
10 — 14  Tagen    durch    den  unteren  37 

als  absolut  abzapft.  Derselbe  Kalk 
zu  3 — 4  Operationen  dienen,  indem  jedesmal  von 
der  etwas  zusammensinkt,  nachgefüllt  wird.  Den 
m  Kalkscblamm,  der  den  Hahn  verstopft,  stöfst  mau 
ilet  eines  durch  das  Mittel  röhr  geführten  Drahtes 
iter.  Der  ganze  Apparat  wird  an  der  Wand  auf- 
gehängt. Am  besten  hält  man  ihn  stets  mit  Kalk  und 
Alkohol  gefüllt;  die  Entleerung  des  verbrauchten  Kalkes 


134    Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten. 

wird  durch  Herausheben  des  Einsatzes,  der  zu  dem  Zwecke 
mit  einem  Handgriff  versehen  ist,  bewirkt. 

Alkohol  löst  bekanntlich  aufserordentlich  wenig  Kalk. 
Smith1  giebt  an,  dafs  50  ccm  vom  Kalkbodensatz  ab- 
geheberter Alkohol  nach  dem  Filtrieren  weniger  als  0,005  g 
.Rückstand  lassen,  so  dafs  Filtrieren  des  auf  obige  Art 
dargestellten  Alkohols  zu  seiner  Reinigung  für  viele 
Zwecke  genügen  wird ;  destilliert  man  ihn,  so  zeigt  er 
über  99,9%. 

Im  Anschlufs  daran  mag  bemerkt  werden,  dafe  selbst 
derartig  getrockneter  Alkohol,  auch  wenn  er  frei  von 
Wasser,  deswegen  doch  nicht  absolut  rein  ist,  da  sich 
mit  ihm  hergestellte  alkoholische  Kalilauge  allmählich 
braun  färbt,  während  gut  gereinigter  Alkohol  diese  Eigen- 
schaft nicht  hat.  Nach  Waller2  kommt  man  zu  diesem 
folgender  Art:  Man  schüttelt  den  zu  reinigenden  ab- 
soluten Alkohol  mit  gepulvertem  Kaliumpermanganat,  bis 
er  eine  deutliche  Färbung  annimmt,  und  läfst  einige 
Stunden  stehen,  bis  sich  das  Permanganat  zersetzt  und 
braunes  Manganoxyd  abgeschieden  hat.  Hierauf  wird 
ein  wenig  gefälltes  Calciumkarbonat  zugegeben,  und  er 
aus  einem  mit  einer  HEMPELschen  Röhre  versehenen 
Kolben  so  destilliert,  dafs  etwa  50  ccm  in  20  Minuten 
übergehen.  Von  dem  Destillat  kocht  man  wiederholt 
10  ccm  mit  1  ccm  starker  sirupöser  Kalilauge  und  läfit 
sodann  20  Minuten  stehen.  Tritt  keine  Gelbfärbung 
mehr  ein,  so  wird  der  weiter  übergehende  Alkohol  zum 
Gebrauche  aufgefangen,  wobei  man  indes  nicht  bis  zur 
völligen  Trockne  destilliert. 

Der  so  gereinigte  Alkohol  ist  völlig  neutral  und  ab 
Lösungsmittel  für  kaustische  Alkalien  oder  Silbernitni 
sehr  geeignet.  Die  Lösungen  bleiben  selbst  nach  dem 
Kochen  oder  unbegrenzt  langem  Stehen  so  farblos  wie 
destilliertes  Wasser,  wie  des  Verfassers  Versuche  bestätiget 

Nach  Vincent  und  Delachanel8  ist  der  oben  ei^ 
wähnte  Ätzbaryt  nicht  für  das  Entwässern  aller  Alkohole 
geeignet.       Allylalkohol    giebt     damit    die    Verbindung 

1  Ar.  1876.  356.  —  2  Ch.  Z.  1890.  23.  —  s  Cr.  90.  1860. 


Trocknen  fester  Körper  u.  Entwässern  v.  Flüssigkeiten.     135 

3,fl60  .  BaO.  Hübner  und  Lbllmann  verfuhren  des- 
11  so,  dafs  sie  diesen  mit  dem  drei-  bis  vierfachen 
>lumen  Chloroform  verdünnten  und  nunmehr  mit 
llorcalcium  trockneten. 

Absoluten  Äther  erhält  man  aus  dem  käuflichen  so, 
fs  man  letzteren,  nachdem,  wenn  nötig,  durch  Waschen 
/fc  Wasser  der  Alkohol  entfernt  ist,  mit  Chlorcalcium 
er  Phosphorpentoxyd  entwässert  und  nach  dieser  Be- 
.ndlung  noch  einige  Zeit  mit  Natrium  am  Rückflufs- 
ihler  kocht.  Nach  Squibbs1  wird  Äther  auch  durch 
ochenlanges  Stehen  mit  Chlorcalcium  wasserfrei. 

Einen    etwaigen    Wassergehalt    erkennt  man  an   der 

rübung,  die  eintritt,    wenn    man  ihn  mit  dem  gleichen 

olum  Schwefelkohlenstoff  mischt,    einen  Alkoholgehalt 

aran,    dafs    er    sich    beim  Schütteln    mit    Anilinviolett 

tobt,  was  von  diesem  freier  Äther  nicht  thut. 


1  B.  18.  B.  177. 


Spezieller  Teil. 


Bromieren. 

Man  bromiert  in  den  meisten  Fällen  mit  Brom  für 
sich  oder  bei  Gegenwart  von  Bromüberträgern. 

Anfserdem  aber  auch  mit  Brom  Wasserstoff,1  Brom- 
phosphor, Bromkalk,  Bromkupfer  und  unterbromigsaurem 
Kalium. 


1  Die  Darstellung  von  Bromwasserstoff  wird  man  entweder 
nach  Recoura  (O.  110.  784)  ausführen.  —  Er  empfiehlt  hierzu 
die  schon  lange  bekannte  Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffs  auf 
wässeriges  Brom,  die  unter  Bromwasserstoffentwickelung  vor  sich 
geht.  Man  leitet  das  Schwefelwasserstoffgas  in  einem  hohen  Ge* 
fäfse  durch  Brom,  welches  mit  Wasser  oder  besser  Brom  Wasserstoff 
überschichtet  ist.  Nachdem  das  Wasser  vollständig  gesättigt  ist, 
beginnt  eine  regelmäfsige  Entwicklung  von  Bromwasserstoffgas, 
welches  durch  eine  Bromwasserstoff-  oder  Bromkaliumlösung,  der 
ein  wenig  roter  Phosphor  zugefügt  wird,  gewaschen  wird.  Nach 
Fileti  und  Crosa  {Gazz.  cliim.  21.  64)  läfst  man  besser  das  Brom- 
wasserstoffgas durch  einen  Absorptionsturm  streichen,  der  mit  einem 
mit  HBr.  befeuchteten  Gemische  von  Asbest  und  rotem  Phosphor  be- 
schickt ist.  Nach  einer  dieser  Methoden  wird  es  also  von  den 
mitgerissenen  Bromdämpfen  befreit.  Schwefelwasserstoff  ist  ihm 
selbst  bei  schnellem  Einleiten  dieses  Gases  nicht  beigemischt  — 
oder  nach  Feit  und  Kubiersohkt  (B.  25.  E.  411.).  Nach  ihnen 
erhält  man  die  Bromwasserstoffsäure  so,  dafs  man  100  g  Kalium- 
bromid  in  150  ccm  Schwefelsäure  vom  spez.  Gew.  1,41  auf  lost 
und  diese  Lösung  destilliert,  bis  das  Thermometer  200°  zeigt 
Die  in  fast  theoretischer  Ausbeute  erhaltene  Säure  ist  so  gut  wie 
bromfrei,  enthält  aber  eine  Spur  Schwefelsäure.  Fraktionierte 
Destillation  führt  zu  einer  konstant  bei  126°  siedenden  Portion 
vom  spez.  Gew.  1,49  entsprechend  48  %  HBr.  150  g  des 
Bromids  geben  etwa  200  g  der  Säure.  Aus  ihr  erhält  man  sie  im 
gasförmigen  Zustande,  indem  man  die  Flüssigkeit  mit  trockenem 
Calciumbromid  versetzt  und  erwärmt. 


Bromieren.  137 

Das  käufliche  Brom  ist  niemals  rein.  Nach  Hei- 
din1 enthält  es  bis  zu  10%  fremde  Bestandteile, 
a entlich  Bromoform.2 

Gessner3  befreit  es  von  seinem  Chlorgehalt  durch 
»derholtes  tüchtiges  Schütteln  mit  destilliertem  Wasser, 
rauf  er  es  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  unter  Be- 
igung  der  zuerst  übergegangenen  Teile  destilliert. 

Man  befreit  Brom  von  dem  in  ihm  enthaltenen 
>mwasserstoff  durch  Destillation  über  durch  Fällung 
ponnenes  Mangansuperoxyd  oder  Quecksilber oxyd4  und 
>knet  es  durch  Schütteln  mit  Schwefelsäure  oder  Zu- 
>e  von  Phosphorpentoxyd.  Stellt  man  aber  noch 
Ltere  Ansprüche  an  seine  Reinheit,  so  kann  man  sich 
ra  des  STASschen  Verfahrens5  bedienen,  welches  ohne 
XSse  Mühe  es  leicht  kiloweise  chemisch  rein  herzustellen 
vubt. 

Trockenes  Brom  wirkt  übrigens  viel  schwächer  als 
Lchtes,  was  aus  Thomsens  Bestimmungen6  leicht  er- 
tlich ist,  aus  denen  folgt,  dafs  die  Affinität  zwischen 
rom  und  Wasserstoff  im  trockenen  Zustande  =  8440% 
Gegenwart  von  Wasser  dagegen  =  28  376°  ist.  So 
ilen  denn  auch  Zincke  und  Kegel7  mit,  dafs  reines 
•ockenes  Brom  auf  Hexachlortriketon  selbst  bei  längerem 
Mutzen  auf  100°  nicht  reagiert;  läfst  man  es  aber  in 
regenwart  von  Wasser  wirken,  so  macht  sich  sofort 
£ohlensäureentwickelung  bemerkbar,  und  nach  der 
xleichung 

Cfllfl,  +  2  Br2  +  H20  ==  C5Cl6Br202  +  C02  +  2  HBr 
rhält  man  Hexachlordibromacetylaceton.8 

1  Ä  8.  792.  —  2  Ann.  95.  211.  —  3  B.  9.  1507. 

4  B.  13.  1338. 

6  Stas.  Untersuchungen  über  die  Gesetze  der  ehem.  Propor- 
wun  etc.,  übersetzt  von  Aronstein.     Leipzig  1867.  S.  161. 

6  JB.  5.  770.  —  7  B.  23.  235. 

8  Als  weiterer  Beweis,  wie  notwendig  die  Gegenwart  von 
Nasser  bei  Einwirkung  auf  organische  Körper  öfter  ist,  sei  noch 
«^föhrt,  dafs  nach  Nef  {B.  25.  367)  Natrium  auf  eine  absolut 
wierische  Lösung  von  Phthalsäure,  Bernsteinsäure  u.  s.  w.  nicht 
^wirkt,  und  ähnlich  verhält  es  sich  nach  Brühl  bei  völliger  Ab- 
^esenheit  von  Wasser  gegen  manche  Alkohole  wie  Menthol,  Borneol. 


138  Bromieren. 

Man  läüst  zum  Zwecke  der  Bromiernng  erstens  Bro 
direkt  auf  die  zu  bromierenden  Körper  wirken  tu 
verdampft  hernach  den  etwaigen  Überschufs  auf  de: 
Wasserbade.  Während  jedoch  meist  Verdünnungsmitti 
angewendet  werden,  löste1  Jacobsen  z.  B.  Metatoluy 
säure  direkt  in  viel  überschüssigem  Brom,  dunstete  nac 
1 2  Stunden  dessen  ÜberschuJs  ab,  brachte  den  Rückstao 
mit  Calciumkarbonat  in  Lösung  und  erhielt  durch  Am 
fällen  mit  Salzsäure  2  Monobrommetatoluylsäuren. 

Furil  wird  in  Chloroformlösung  selbst  beim  Kochei 
von  Chlor  oder  Brom  nicht  angegriffen;  als  FlSCHEB 
dagegen  1  Teil  Furil  in  etwa  40  Teilen  gut  gekühltem 
Brom  löste,  erhielt  er  ein  Additionsprodukt  von  der 
Formel  C10H6Br8O4. 

Paal3  trug  Phenylmethylfurfuran  in  überschüssiges 
Brom  ein,  dessen  Temperatur  so  niedrig  gehalten  wurde, 
dafs  stets  ein  Teil  desselben  gefroren  blieb.  Nachdem 
das  Reaktionsprodukt  durch  Stehen  an  der  Luft  alsdann 
vom  Brom  und  Bromwasserstoff  befreit  war,  erwies  ee 
sich  nach  dem  Umkrystallisieren  als  Bromphenylmethyl- 
furfurantetrabromid  CnH9Br50. 

Da  Brom  bereits  bei  58°  siedet,  wird  man  häufig  in 
die  Lage  kommen,  mit  demselben  in  Einschlufsröhren  zu 
arbeiten.  Auch  verdünnt  man  es  wohl  für  diesen 
Zweck  (siehe  weiterhin).  So  erhitzte  Bischoff4  36  g  Äthyl- 
bernsteinsäureanhydrid  mit  40  g  Chloroform  und  46  g  Brom 
in  solchen  Röhren  5  Stunden  auf  130—140°,  nach 
welcher  Zeit  die  Farbe  des  Broms  verschwunden  war. 
Hierauf  wurde  der  Bromwasserstoff  im  Vacuum  weg- 
gesogen  und  das  Chloroform  aus  dem  Wasserbade  ab- 
destilliert. Zurückblieb  das  Bromäthylbernsteinsänre- 
anhydrid. 

Sein  Vereinigungsbestreben  ist  aber  öfters  so  gwfe 
dafs  man  es  in  manchen  Fällen  zu  hoch  erhitzten  Körper 
fliefsen  lassen  kann,  mit  welchen  es  sich  rascher  vtf* 
bindet,    als    seine    Verflüchtigung    eintritt.      So   liefe  * 


1  B.  14.  2351.  —  2  B.  13.  1338.  —  8  B.  17.  2760. 
4  B.  24.  2016. 


Bromieren.  139 

G-RfilFF  *  in  auf  1 70°  erhitztes  Orthonitrotoluol  eintröpfeln. 
Unter  lebhafter  Entwickelnng  von  BromwasserstofFsäure 
trat  eine  Reaktion  ein,  welche  so  viel  Wärme  erzeugte, 
da£s  der  Prozefs  bei  Anwendung  von  200  g  Material 
keine  weitere  äufsere  Wärmezufuhr  erforderte.  Nachdem 
in  dieser  Weise  2  Atome  Brom  eingetragen  waren,  wurde 
die  Operation  unterbrochen,  und  die  nach  dem  Erkalten 
krystallinisch  erstarrte  Schmelze  mit  kohlensaurem  Natrium 
behandelt.  Säuren  schieden  hernach  aus  dieser  Lösung 
die  durch  Umlagerung  entstandene  Dibromanthranilsäure 
ab.  Auch  Reimer  erzielte,  als  er  Benzylcyanid  im  Kolben 
auf  170°  erhitzte  und  Brom  langsam  zugab,  eine  heftige 
Einwirkung,  indem  sich  nach  der  Gleichung 

2  C6H5 .  CH,  .  CN  +  2  Bra  =  4  HBr  -f  C6H8  —  C  —  CN 

C6H6  —  C  —  CN 

Dicyanstilben  bildete,  und  Bischoff2  schmolz  15  g Äthyl- 
bernsteinsäure in  einem  Kölbchen  und  liefs  unter  all- 
mählicher Steigerung  der  Temperatur  auf  200°  aus  einem 
Kapillartrichter  16  g  Brom  zwecks  erfolgreicher  Bro- 
mierung  zufliefsen. 

Eine  sehr  gemilderte  Form  der  Einwirkung  des  Broms 
ist  seine  Verwendung  in  Dampfform.  Man  bringt  zu  dem 
Zweck  die  zu  bromierende  Substanz  neben  das  Brom 
unter  eine  Glasglocke.  Diese  Methode  ist  von  P^ligot3 
für  die  Darstellung  der  Brombenzoesäure  bereits  im  Jahre 
1836  verwendet  worden,  weil  die  direkte  Einwirkung 
des  Broms  auf  trockenes  benzoesaures  Silber  zu  heftig 
ist.  Läfet  man  diese  beiden  Körper  24  Stunden  neben- 
einander stehen,  so  zieht  Alkohol  die  Brombenzoesäure 
aus,  während  Bromsilber  zurückbleibt. 

Versuche  KekülüJs,4  in  derselben  Weise  zur  Brom- 
bernsteinsäure zu  kommen,  hatten  keinen  Erfolg;  es  bildet 
eich  wohl  auch  hier  Bromsilber,    aber  durch  Auskochen 


1  B.  13.  288.  —  2  B.  24  2015.  —  *  J.  pr.  Ch.  8.  258. 
4  Ann.  117.  122. 


140  Bromieren. 

mit  Wasser  erhält  man  aus  dem  Gemisch  nur  unveränderte 
Bernsteinsäure  zurück. 

Während  derartige  Reaktionen  im  allgemeinen  be- 
kanntlich durch  Sonnenlicht  günstig  beeinflußt  werden, 
sind  in  diesem  Spezialfälle  Ausnahmen  bekannt.  Man 
kann  nämlich  die  Orthonitrozimmtsäure  ganz  wie  die 
Zimmtsäure  selbst  bromieren,  indem  man  si#  in  flüssiges 
Brom  einträgt  oder  Bromdämpfe  auf  sie  wirken  läfet. 
Merkwürdigerweise  verhindert  aber  das  Licht  die  Auf- 
nahme der  Dämpfe,  da  nach  Friedländers x  Beob- 
achtungen Nitrozimmtsäure  im  Bromdampfe,  dem  Sonnen- 
lichte ausgesetzt,  so  gut  wie  gar  nicht  an  Gewicht  zu- 
nimmt. WieWiSLiCENUS2  bewiesen  hat,  erhält  man,  was  von 
grofsem  theoretischen  Interesse  ist,  Angelicasäuredibromür 
nur,  wenn  man  die  Bromaddition  an  die  Säure  im  Dunkeln 
sich  vollziehen  läfst,  während  das  isomere  Tiglinsäure- 
dibromür,  wenn  man  im  Tageslichte  arbeitet,  entsteht. 
Ausführliche  Untersuchungen  über  den  Einfluis  des  Lichtes 
auf  den  Verlauf  der  Reaktion  bei  der  Einwirkung  der 
Halogene  auf  aromatische  Verbindungen  lieferte  Schramm.3 

Man  verfährt  für  das  Bromieren  auch  so,  dafs  man 
Bromdampf  über  die  in  einer  Röhre  befindliche  Substanz 
leitet,  indem  man  das  Brom  in  ein  hinter  dem  Rohr 
befindliches  Kölbchen  giebt  und  nun  einen  Kohlensäure- 
ström  durch  den  Apparat  treibt.  Anwärmen  des  Kölbchens 
gestattet  Beschleunigung  der  Reaktion.  Entwickelt  man 
das  Brom  für  diesen  Zweck  aus  Bromkalium,  Kalium- 
bichromat  und  Schwefelsäure,  so  bietet  das  Verfahren 
eine  passende  Gelegenheit  zur  Verwendung  des  so  viel 
als  Nebenprodukt  auftretenden  Bromkaliums. 

Niementowski4  verfuhr  folgendermafsen :  200  g  o-Aoet- 
toluid  wurden  in  1300  g  Eisessig  gelöst  und  durch  diese 
Lösung  ein  mit  Bromdämpfen  beladener  Luftstrom  so 
lange  geleitet,  bis  der  Kolbeninhalt  zu  einer  festen 
Krystallmasse  von  weifsen  Nadeln  erstarrte.  Das  durch 
Kolieren    und  Auspressen    von   der  Mutterlauge   befreite 


1  JB.  13.  2257.  —  2  Ann.  272   98.  —  3  M.  Ch.  8.  101. 
4  B.  25.  868. 


Bromieren.  141 

Produkt  liefert  nach  einmaliger  Krystallisation  aus 
Alkohol  150  g  chemisch  reines  m-Brom-o-Acettoluid. 
Die  essigsauren  Mutterlaugen  enthalten  noch  infolge  der 
verseifenden  Wirkung  der  Bromwasserstoffsäure  auf  das 
m-Bromo-Acettoluid  bedeutende  Mengen  von  brom- 
wasserstoffsaurem  m-Brom-otoluidin. 

Für  die  Bromierung  der  Seitenketten  aromatischer 
Kohlenwasserstoffe  gilt  dieselbe  Regel,  wie  sie  für  das 
Chlorieren  derselben  angegeben  werden  wird.  Für  das 
Toluol  ist  diese  Gesetzmäfsigkeit  unbedingt  gültig,  nicht 
aber,  wie  Schramm  *  gefunden  hat,  für  alle  substituierten 
Toluole.  Als  er  Brom  auf  geschmolzenes  Parabromtoluol 
im  Verhältnis  der  Molekulargewichte  einwirken  liefs, 
erhielt  er  nämlich  Parabrombenzylbromid.  Ausbeute  fast 
quantitativ. 

Das  Brom  ist  auch  im  stände,  aus  manchen  Ver- 
bindungen direkt  Jod  auszutreiben  und  an  seine  Stelle 
zu  treten;  so  kommt  man  durch  Einwirkung  desselben 
auf  Chlorjodäthylen  zum  Chlorbromäthylen  C2H4JC1  -f 
ßr  =  C2H4BrCl  +  J. 

Meyer  und  Müller2  finden  die  Methode  zweckmäfsig 
zur  Gewinnung  von  Isopropylbromid.  Brom  wirkt  nämlich 
auf  das  leicht  zugängliche  sekundäre  Propyljodid  mit 
äufserster  Heftigkeit  unter  massenhafter  Jodabscheidung 
ein.  Man  erhält  die  beste  Ausbeute,  wenn  man  das 
l1/s  fache  der  theoretischen  Menge  an  Brom  anwendet. 
Henry3  erhielt  nach  der  Gleichung  CH2J2  +  Br4  = 
CH2Br2  -f-  2BrJ,  indem  er  das  gebildete  BrJ  mit  Kali- 
lauge fortnahm,  Bibrommethan. 

Die  Anlagerung  von  Brom  an  ungesättigte  Ver- 
bindungen verläuft  nicht  immer  ganz  glatt,  wenigstens 
konnte  Bennet4  kein  Additionsprodukt  der  Dichlorakryl- 
säure  erhalten.  Andrews5  kam  zu  ihm  aber,  als  er  die 
Dichlorakrylsäure   mit    einem   Mol.   Brom    auf    100°    er- 


1  B.  17.  2922.  —  ■  B.  15.  1904.  —  8  Ann.  Ch.  Ph.  30.  266. 
4  B.  12.  656.  —  6  B.  14.  1679. 


142  Bromieren. 

wärmte.  Das  fast  farblose  Reaktionsprodukt  war  die  er- 
wartete Dichlordibrompropionsäure.  Henry1  hat  durch 
direkte  Addition  an  das  Dipropargyl  CH  =  C  —  CH,  — 
CH2  —  C  =  CH  sogar  das  Oktodipropargylbromid  C6H6Brg 
erhalten.  Freund2  giebt  hinwiederum  an,  dafs  Trimethylen 
sich  nur  langsam  mit  Brom  zum  Trimethylenbromid 
verbinde. 

Will  man  Brom  in  statu  nascendi  einwirken  lassen, 
so  bringt  man  etwa  zur  Lösung  des  betreffenden  Körpers 
Natriumbromid  und  Natriumbromat  und  setzt  schließlich 
die  nach  der  Gleichung 

5  NaBr  +  NaBr08  +  6  H2S04  =  6  NaHS04  +  3  H,0  +  6  Br 

nötige  Menge  Schwefelsäure  zu.3 

Heinichen4  konnte  bei  der  Darstellung  der  Dibrom- 
sulfanilsäure,  wozu  er  teils  von  der  Sulfanilsäure  selbst, 
teils  von  deren  Barytsalz  ausging,  nur  wenn  er  mit  Brom 
in  statu  nascendi  arbeitete,  die  Bildung  von  Tribromanilin 
ganz  vermeiden.  Zu  dem  Zweck  verwendet  er  entweder 
eine  frisch  bereitete  Auflösung  von  Brom  in  Natronlauge, 
die  er  verdünnt  der  mit  der  nötigen  Menge  Salzsäure  ver- 
mischten Sulfanilsäure  langsam  zutröpfelt,  oder  bromsaurefl 
Salz,  indem  er  der  Sulfanilsäure  die  entsprechende  Menge 
Bromwasserstoffsäure  zusetzt.  Er  löste  z.  B.  17,3  g 
Sulfanilsäure  in  Ö00  ccm  heifsem  Wasser  und  gab  37,6  g 
einer  43%igen  Brom  wasserstoffsäure  zu.  In  diese 
Mischung  wurde  unter  Umrühren  eine  Lösung  von 
11,1  g  KBrOs  in  250  ccm  Wasser  einlaufen  gelassen. 
Dauer  der  Bromierung  30  Minuten ;  Ausbeute  90% ;  bei 
Anwendung  der  Lösung  von  Brom  in  Natronlauge  erhielt 
er  sogar  95%. 

Zur  Milderung  der  sehr  heftigen  Einwirkung  des 
Broms  verdünnt  man  dasselbe  oder  löst  es  in  Äther, 
Chloroform,  Eisessig,  Salzsäure,  Schwefelkohlenstoff  und 
Wasser,  bezw.  in  Mischungen  der  ersteren. 


1  J.  pr.  Qi.  117.  231.  -  *  M.  Ch.  2.  642. 
3  JD.  B.  P.  26642.  —  *  Ann.  253.  269. 


ßromieren.  143 

Seltener  werden  für  den  Zweck  Alkohol,  Bromkaliuni- 
lösung,  Bromwasser,  Bromwasserstoflsäure,  Essigester  und 
ähnliche  Agenden  benutzt.  Doch  ist  die  Wahl  des 
Lösungsmittels  nicht  etwa  immer  gleichgültig. 

Ebenso  löst  man  auch  die  der  Einwirkung  des  Broms 
zu  unterwerfenden  Substanzen  in  für  diese  passend  ge- 
wählten Lösungs-  oder  Verdünnungsmitteln.  Einen 
etwaigen  ÜberschuJs  an  zugesetztem  Brom  entfernt  man 
durch  Erwärmen,  Zugabe  von  schwefliger  Säure  oder 
Schütteln  mit  metallischem  Quecksilber. 

Allgemein  zu  bemerken  wäre,  dafs  es  sich  oft  vor- 
teilhaft erweist,  statt  freier  Säuren  deren  Ester  oder 
Silbersalze  zu  bromieren. 

Man  verfährt  für  gewöhnlich  so,  dafs  man  das  ge- 
löste Brom  zur  gelösten  Substanz  tropfen  lälst  oder  den 
umgekehrten  Weg  einschlägt. 

So  erhält  man  die  beste  Ausbeute  an  Bromanil,  wenn 
man  nach  Grabe  und  Weltner1  10  g  gepulvertes 
Paraphenylendiamin  in  40  ccm  Eisessig  löst,  wobei  man 
etwas  erwärmen  kann,  und  dann  diese  Lösung  nach  dem 
Erkalten  zu  40  ccm  Brom,  welches  sich  in  einem  Kölb- 
chen  befindet,  das  durch  Wasser  gekühlt  wird,  flielsen 
lälst.  Man  giebt  sie  ganz  allmählich  hinzu,  damit  so 
wenig  Bromdämpfe  wie  möglich  entweichen.  Die  bald  fest 
werdende  Masse  rührt  man  von  Zeit  zu  Zeit  um,  läfst  über 
Nacht  stehen  und  erwärmt  den  anderen  Tag  so  lange  auf 
dem  Wasserbade,  bis  die  Entwickelung  von  Bromwasser- 
stoff und  das  Entweichen  des  geringen  Überschusses  an 
Brom  beendigt  ist.  Jetzt  giebt  man  Wasser  zu,  und 
nach  kurzem  Erwärmen  mit  diesem  wäscht  man  aus. 
Das  so  erhaltene  Produkt  wird  durch  Oxydation  mit 
Salpetersäure  schließlich  in  Bromanil  übergeführt  (siehe 
im  Kapitel  „Oxydation").    Ausbeute  30 — 32  g  Bromanil. 

Böttinger2  fand  es  zweckmäfsig,  die  Bromierung  der 
Anhydropyrogallopropionsäure  z.  B.  in  einem  Gemisch 
von  Eisessig  und  Chloroform  vorzunehmen.  Die  Reaktion 
führt  zur  dreifach  und  fünffach  gebromten  Säure. 


1  Ann.  263.  32.  —  »  B.  16.  2411. 


144  '  Bromieren. 

Kocht  man  nach  Schünk  und  Römer1  Flavopurpurin 
mit  einer  Lösung  von  Brom  in  Schwefelkohlenstoff,  so 
tritt  keine  Reaktion  ein.  Löst  man  dagegen  Flavopurpurin 
in  kochendem  Eisessig  und  fügt  Brom  hinzu,  so  erhält 
man  nach  dem  Erkalten  Nadeln  von  Trihromflavopurpurin. 

Michael2  zeigte,  dafs,  wenn  man  1  Mol.  Essigsäure, 
1  Mol.  Brom  und  etwas  Schwefelkohlenstoff  in  völlig 
trockenem  Zustande  am  Rückflufskühler  erhitzt,  bis  die 
Bromwasserstoffentwickelung  aufhört,  man  bis  90%  der 
theoretischen  Menge  an  Monobromessigsäure  erhält.  Das 
Entweichen  der  Bromwasserstoffsäure  erfordert  hier  wie 
bei  allen  Bromierungen  die  Anwendung  von  Brom  iE 
geringem  Überschufs  (cirka  5%),  weil  es  nicht  zu  ver- 
meiden ist,  dafs  etwas  davon  von  den  Bromwasserstoff- 
säuredämpfen mitgerissen  wird. 

Für  die  Homologen  der  Essigsäure  ist  dies  Verfahren 
nicht  anwendbar,  dagegen  fand  Michael,3  dafs  deren 
Chloride  nach  dieser  Methode  bromiert  werden  können 
(siehe  weiterhin  die  VoLHABDsche  Methode,  die  auf 
Gegenwart  von  Phosphor  beruht).  Man  erhitzt  das  Chlorid 
zu  dem  Zweck  mit  etwas  mehr  als  der  berechneten  Menge 
Brom,  um  das  bromierte  Derivat  zu  bilden,  und  ziemlich 
viel  Schwefelkohlenstoff  in  einem  Kolben,  der  mit  Rück- 
flufskühler versehen  ist,  bis  zum  Aufhören  der  Brom- 
wasserstoffentwickelung. Brom  und  Schwefelkohlenstoff 
müssen  auch  hier  gut  trocken  sein.  Durch  Eingleisen 
des  bromierten  Chlorids  in  Wasser  erhält  man  die 
Säure,  in  Alkohol  den  entsprechenden  bromierten  Ester. 
Michael  bromierte  nach  der  Methode  z.  B.  200  % 
Buttersäurechlorid  in  etwa  10  Stunden,  und  erhielt 
schliefslich  nahezu  die  berechnete  Menge  Brombutter- 
säureester. 

Ein  sehr  brauchbares  Lösungsmittel  für  Bromierungs- 
zwecke  ist,  wie  Wolff4  gefunden,  speziell  die  SalS8ftüI6. 

Giebt  man  zu  einer  einige  Grade  unter  Null  ab- 
gekühlten Lösung  von  3  Teilen  Lävulinsäure  in  12  Teilen 


1  B.  10.  1823.  —   *  Ann  Ch.  5.  203.  —  *  J.  pr.  Cli.  143.  92. 
*  Ann.  264.  233. 


r 


Bromieren.  145 

konzentrierter  Salzsäure  tropfenweise  4  Teile  Brom  und 
sorgt  durch  stetes  Umschütteln  des  Gefäfses  dafür,  dafs 
das  Brom  sofort  in  Lösung  geht,  läfst  die  Flüssigkeit 
sodann  bis  zur  völligen  Entfärbung  bei  niederer  Tem- 
peratur stehen,  giefst  dieselbe  in  viel  kaltes  Wasser  und 
filtriert  von  eventuell  ausgeschiedener  Dibromlävulinsäure 
ab,  so  geht  beim  Ausschütteln  mit  Äther  in  diesen 
Bromlävulinsäure  über.  Sie  ist  zu  ihrer  Reinigung  aus 
viel  siedendem  Schwefelkohlenstoff  umzukrystallisieren. 
Bedient  man  sich  an  Stelle  der  konzentrierten  Salzsäure 
als  Lösungsmittel  des  Äthers  oder  Chloroforms,  so  geht 
die  Reaktion  stets  zu  weit  und  führt  fast  aussehliefslich 
zur  Bildung  von  Dibromlävulinsäure. 

Gans  gelang  es  im  Anschlüsse  daran,  durch  Bromieren 
der  ßrenztraubensäure  in  salzsaurer  Lösung  —  1  Teil 
Säure  vom  Siedepunkt  165°— 170°  und  4  Teilen  kon- 
zentrierte Salzsäure  —  bei  etwa  12 — 15°  die  bis  dahin 
vergeblich  gesuchte  Monobrombrenztraubensäure  darzu- 
stellen. Aber  auch  zur  Gewinnung  von  Dibrombrenz- 
traubensäure  scheint  das  Verfahren  das  beste  zu  sein.  Man 
hat  für  diesen  Zweck  nur  nötig,  die  berechnete  Menge 
Brom  bei  30 — 35°  zur  Einwirkung  kommen   zu  lassen. 

Viele  Körper  werden  einfach  in  Wasser  aufgeschwemmt 
oder  gelöst  und  durch  Bromzusatz  bromiert. 

Claus1  giebt  an,  dafs  man  die  drei  Clorbenzoesäuren, 
die  sich  bei  der  Einwirkung  von  Brom  recht  verschieden 
verhalten,  leicht  in  ihre  Bromsubstitutionsprodukte  über- 
führt, wenn  man  die  heifse  Lösung  ihrer  Silbersalze  mit 
ihm  versetzt.  So  fällt  die  Orthochlorbrombenzoesäure 
—  während  die  OrthochlorbenzGesäure  auch  bei  längerem 
Erhitzen  im  Einschlufsrohr  vom  Brom  so  gut  wie  gar 
nicht  verändert  wird  —  aus  der  heifsen,  wässerigen 
Lfösung  des  orthochlorbenzoesauren  Silbers  nach  Zusatz 
von  Brom  beim  Erkalten  sofort  in  Krystallen  aus. 

Wie  sehr  verschieden  derselbe  Körper  vom  Brom  je 
nach  den  Lösungsmitteln  angeriffen  werden  kann,   mag 

1  B.  5.  656. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  £0 


146  Bromieren. 

noch  folgende  Mitteilung  von  Baeyee  und  Bloem1 
Das  Acetylamidoderivat  des  Acetophenons  liefert  in 
Gegenwart  von  Wasser  oder  Eisessig  ein  im  Kern  ho- 
miertes  Produkt.  Nimmt  man  dagegen  die  Bromienmg 
in  Chloroform  oder  Schwefelsäurelösung2  vor  oder  seilt 
man  die  Substanz  Bromdämpfen  aus,  so  findet  der  Ein- 
tritt des  Broms  an  zwei  Stellen  im  Kern  und  in  dtf 
Seitenkette  statt,  und  man  erhält  das  Dibrom-m-Brom-o- 
acetylamidoacetophenon 

n  TT  T*~*-^OCin$r2 

^"^NH .CO  CH8 

Den  Alkohol  kann  man  als  Verdünnungsmittel  ntf 
dann  verwenden,  wenn  Brom  viel  schneller  auf  & 
gelöste  Substanz  als  auf  ihn  einwirkt.  So  verdünnt 
Wallach3  1  Volum  Terpen  mit  4  Volum  Alkohol  uni 
4  Volum  Äther  und  gab  allmählich  0,7  Teile  Brom  o. 
Das  entsteheude  Tetrabromid  ist  in  Alkohol  fast  unlöaliA 
während  er  reichlich  von  den  öligen  Nebenprodukten 
löst,  die  sich  stets  gleichzeitig  bilden. 

Spitzer4  löste  2,466  g  Pentamethylphloroglucin  i» 
23  g  absolutem  Methylalkohol,  liefs  unter  Kühlung  lang- 
sam 2,316  g  Brom  zufliefsen  und  bekam  so  Monobrom- 
pentamethylphloroglucin. 

Kronfeld5  fand,  dafs  salzsaures  Amidonaphtochinon- 
imid  in  wässriger  Lösung  am  besten  durch  eine  Lösung 
von  Brom  in  Bromkalium  in  einen  gebromten  Körptf 
übergeführt  wird. 

Bromwasser  enthält  nach  Slessor6  bei  5°  3,6%,  ^ 
30°  3,1%  Brom  und  kann  zum  Bromieren  Verwendung 
finden.  Fischer7  erwärmte  z.  B.  fein  gepulvertes  Dibrfl*" 1 
pyvureid  mit  der  zwanzigfachen  Menge  von  ihm  auf  d«* 
Wasserbade,  und  ging  es  dadurch  bald  in  Tribrompyvuiö1 
über,  das  sich  beim  Erkalten  ausschied.  Ausbeute  120°J* 
des  Ausgangsmaterials. 


1  B.  17.  996.  —  *  Siehe  auch  M.  Ch.  10.  813. 

8  Ann.  227.  280.  —  <  M.  Ch.  10.  110.  —  6  B.  17.  716. 

6  New  Edinb.  Phil  Jcmrn.  7.  287.  -   7  Ann.  239.  189. 


Bromieren.  147 

Manche  Körper  lassen  sich  durch  verdünntes  Brom- 
wasser quantitativ  bromieren,  und  ist  das  Bromprodukt 
im  Lösungsmittel  unlöslich,  dann  kann  man  sie  auf  diese 
Art  völlig  ausfällen.  So  hat  Landolt1  die  genauen 
Bedingungen  festgestellt,  unter  denen  aus  wässerigen 
Phenollösungen  dieses  auf  Zugabe  von  Bromwasser  als 
Tribromphenol  ausfällt,  und  darauf  seine  quantitative 
Bestimmung  gegründet.  (Kresol  wird  schon  nicht  mehr 
quantitativ  gefällt.) 

Bei  seinen  Versuchen,  Aldehyd  zu  bromieren,  fand 
Pinner,2  dafs,  wenn  man  ihn  in  Form  von  Paraldehyd 
mit  Schwefelkohlenstoff  oder  Tetrachlorkohlenstoff  mischt, 
sich  keine  analysierbaren  Substanzen  gewinnen  lassen, 
wohl  aber  solche  erhalten  werden,  wenn  man  den 
Paraldehyd  mit  etwas  mehr  als  seinem  doppelten  Gewicht 
Essigester  verdünnt.  Er  kam  so  zum  Dibrom-  und 
Tribromaldehyd. 

Ja  MKS3  löste  200  g  Brom  in  1  kg  eines  Gemisches 
von  gleichem  Volumen  Salzsäure  und  Wasser  und  leitete 
unter  Kühlen  mit  Eis  Chlor  bis  zur  Sättigung  ein;  dann 
wurde  Äthylen  eingeleitet,  und  das  abgeschiedene  Öl 
durch  Destillation  gereinigt;  es  wurden  140  g  Äthylen- 
chlorobromid  erhalten. 

Die  häufiger  beobachtete  Erscheinung,  dafs  aromatische 
Sulfosäuren  bei  der  Einwirkung  von  Brom  gebromte 
Kohlenwasserstoffe  liefern,  ist  zuerst  von  Kelbe4  als 
ziemlich  allgemein  gültige  Reaktion  erkannt  worden. 
Durch  Einwirkung  von  Brom  auf  eine  im  Dampfbade 
erhitzte  Lösung  von  39,5  g  a-cymolsulfosaurem  Natrium 
erhielt  er  28,5  g  Bromcymol,  während  die  theoretische 
Ausbeute  31,3  g  betragen  hätte. 

SO*<OHHl3  +  Br*  +  H20 =H2S04  +  HBr  +  C10H18Br. 

Und   zwar  geht    diese  Reaktion    um   so  leichter  von 
statten,  je  rascher  der  betreffende  Kohlenwasserstoff  von 

1  Z.  6.  184.  —  8  Ann.  209.  48.  —  3  B.  16.  79. 
*  Ann.  J79.  68. 

10* 


146  Bromieren. 

Brom  angegriffen  wird.  Sie  wird  sich  also  in  den  Fällen 
empfehlen,  in  welchen  die  direkte  Einwirkung  von  Brom 
auf  die  Kohlenwasserstoffe  zu  heftig  verläuft.  (Die  Erfolge 
mit  Chlor  sind  wenig  zufriedenstellend.)1 

Während  Collidin  mit  Brom  keine  Substitutions- 
produkte liefert,  werden  solche  durch  seine  Einwirkung 
auf  das  Kaliumsalz  der  Collidinkarbonsäure  leicht  erhalten. 
Als  Pfeiffer2  nämlich  auf  dieses,  nachdem  es  in  seinem 
dreifachen  Gewicht  Wasser  gelöst  war,  die  doppelte 
Gewichtsmenge  Brom  am  Rückflufskühler  wirken  liefe, 
begann  lebhafte  Reaktion.  Nachdem  dann  schlielslich 
noch  einige  Minuten  zum  Sieden  erhitzt,  und  durch 
Natriumhydroxyd  das  überschüssige  Brom  weggenommen 
war,  erstarrte  das  hinterbleibende  Ol  zu  Krystallen,  die 
sich  nach  einmaligem  Umkrystallieren  als  reines  sym- 
metrisches Dibromcollidin  erwiesen. 


Ganz  ebenso  verhielt  sich  die  Lutidindikarbonsäure.  Bei 
anderen  Säuren  der  Gruppe,  wie  der  Chinolinsäure,  ist  der 
Verlauf  weniger  glatt.  Manche  Körper  lassen  sich  ab 
solche  überhaupt  nicht  bromieren,  während  in  ein  ihnen 
ganz  nahestehenden  Derivat  Brom  mit  Leichtigkeit  ein- 
tritt. Dahin  gehört  z.  B.  die  Klasse  der  fetten  Nitro- 
produkte.  Nitromethan3  wird  also  von  Brom  nicht  an- 
gegriffen, führt  man  es  dagegen  in  Natriumnitromethan 
über,  so  kommt  man  nach  der  Gleichung 

CH2NaNOt +Br,  =  CH2BrN02  +  NaBr 

mit  Leichtigkeit  zum  Bromnitromethan. 

Bei  fast  allen  besprochenen  Methoden  der  Einführung 
von  Brom  in  organische  Körper  entweicht  BromwasBer- 
stoffsäure.  Ist  diese  der  Reaktion  nicht  zuträglich,  so 
sucht   man    sie    durch    gleichzeitig   durchgeleitete    Luft 

1  B.  16.  617.    -  l  B.  20.  1345.  —  s  Ann.  180.  128. 


Bromieren.  149 

oder  Kohlensäure  zu  entfernen.  Am  sichersten  wird  man 
diesen  Zweck  durch  Zugabe  von  bromsaurem  Kalium 
bezw.  Quecksilberoxyd  oder  Bleioxyd  erreichen,  also  in 
der  Art,  wie  es  bei  Jodierungen  allgemein  üblich  ist. 
Auch  hat  Keafft1  durch  direkte  Versuche  die  Wirksam- 
keit des  Mittels  erprobt.  Als  er  bromsaures  Kalium, 
Brom  und  Benzol  im  Verhältnis  der  Gleichung 

Br08H  +  2Br2  +  5CaH6=5C6H6Br  +  3H20 
zusammengab  und  genügend  mit  dem  doppelten  Gewicht 
Wasser  verdünnte  Schwefelsäure,  um  das  Kalium  des 
bromsauren  Salzes  zu  binden,  zusetzte,  war  die  glatt  ver- 
laufene Reaktion  nach  2  Stunden  beendet.  Ausbeute 
70—80%  der  Theorie. 

Sollte  sich  bei  einer  Reaktion  selbstentzündliches 
Bromacetylen  entwickeln,  so  verfährt  man,  wie  es  für 
das  Chloracetylen  angegeben  wird. 

Nach  Art  der  Chlorüberträger  hat  man  auch  Brom- 
Überträger,  und  zwar  dienen  als  solche  Jod,  metallisches 
Eisen,  Eisenbromid,  Eisenchlorid,  Aluminiumbromid, 
Schwefel2  und  Phosphor  nebst  einigen  anderen  aufser  von 
ihren  Entdeckern  kaum  verwendeten  Körpern.  Die  aus- 
führlichste Arbeit  über  den  Gegenstand   verdanken  wir 

SCHEUFELEN.3 

Das  Jod  wird  als  solches  dem  Brom  zugesetzt,  welches 
letztere  dadurch  bedeutend  aktiver  wird. 

Wie  Kolbe  gefunden,  wirkt  Brom  selbst  dann  nicht 
unter  Bromidbildung  auf  Schwefelkohlenstoff  ein,    wenn 
die  gemischten  Dämpfe   dieser   zwei  Körper  durch  rot- 
glühende Röhren  geleitet  werden.     Als  aber  Bolas   und 
öroves4  2  Teile  Schwefelkohlenstoff  mit  14  Teilen  Brom 
und  3  Teilen  Jod  48  Stunden  bei   150°  im  Einschlufs- 
rohr  digerierten    und    dessen    Inhalt    nach    Zusatz    von 
überschüssiger    Natronlauge    destillierten,    bekamen    sie 
Tetrabromkohlenstoff. 

Kekulä  hatte  durch  Einwirkung  von  Brom  auf  Nitro- 
Wzol   schließlich  Pentabrombenzol    erhalten,5    während 

J-B.  8. 1044.  —  »  B.  25.  B.  797.  —  8  Ann  231.  52.  -413.  508. 
5  Ann.  137.  172. 


150  Bromieren. 

die  Darstellung  des  hexasubstituierten  Produktes  erst 
GrESSNER1  gelang,  der  Benzol  mit  chlorfreiem  Brom,  dem 
Jod  zugesetzt  war,  150  Stunden  auf  350 — 400°  erhitzte 
(siehe  weiterhin). 

SchEüfelen2  füllte  10  g  trockenes  Nitrobenzol,  2  g 
wasserfreies  Eisenchlorid  und  4,3  com  trocknes  Brom  in 
ein  Rohr,  erhitzte  12  Stunden  auf  100°  und  erhielt  voll- 
kommen chlorfreies  Bromnitrobenzol;  als  er  14  g  Mono- 
bromnitrobenzol,  11,2  g  Brom  und  4  g  Eisenchlorid  alsdann 
ebensolange  auf  75 — 80°  erwärmte,  hatte  sich  Para- 
dibromnitrobenzol  gebildet. 

Auf  Benzol  wirkt  Brom  bekanntlich  nur  bei  wochen- 
langem Stehen  ein.  Als  er  aber  zu  300  g  Brom, 
welchem  einige  Gramme  Eisenchlorid  zugesetzt  waren, 
langsam  Benzol  unter  Abkühlung  und  RückfluJskühlxmg 
zutröpfelte,  erhielt  er  aus  17  g  Benzol  110  g  Hexabrom- 
benzol,  während  die  Theorie  119  g  verlangt. 

Schiff3  kam  im  Anschlufs  an  Scheüfelens  Arbeit 
zum  Bibrombenzol,  und  in  folgender  Art  speziell  zur 
Orthoverbindung.  Paranitrobrombenzol  wurde  im  Ein- 
schlufsrohr  mit  der  theoretischen  Menge  Brom  nebst  der 
zur  vollständigen  Umsetzung  des  zugesetzten  Eisenchlorids 
in  Eisenbromid  nötigen  Menge  davon  zusammengebracht 
Die  Röhren  wurden  mit  20  g  Substanz  u.  8.  w.  50  Stunden 
auf  85—90°  erhitzt.  Der  zähflüssige  Inhalt  derselben 
ward  alsdann  mit  Wasser  zur  Entfernung  der  Eisen- 
verbiudungen  gewaschen,  und  nach  dem  Umkrystallisieren 
aus  Alkohol  wurden  so  90%  der  Theorie  an  Dibrom- 
nitrobenzol erhalten.  Hierauf  wurde  dessen  Nitrogruppe 
mit  Zinn  und  Salzsäure  reduziert  und  im  Amidoprodukt 
die  NH2-Gruppe  mittelst  Äthylnitrit  durch  ein  Wasser- 
stoflatom  ersetzt,  wodurch  Schiff  jetzt  zum  Orthodibrom- 
benzol  kam. 

Kerrow4  hat  dann  auf  Scheüfelens  Veranlassung 
die  Grenzen  der  Wirkung  von  Chlor-  und  Bromüber- 
trägern zu  bestimmen  gesucht.     Es   hat  sich  hierbei  die 


1  B.  9.  1507.  —  *  Ann.  231.  164.  —  s  M.  Ch.  10.  39. 
4  B.  24.  2939. 


Bromieren.  151 

bemerkenswerte  Thatsache  ergeben,  dafs  die  bei  Gegen- 
wart einer  einzigen  Nitrogruppe  im  Benzolringe  so 
ausserordentlich  wirksame  Unterstützung  der  Chlorierung 
und  Bromierung  durch  sie  gänzlich  unterbleibt,  sobald 
zwei  oder  drei  Nitrogruppen  sich  in  demselben  befinden. 
In  allen  diesen  Fällen  werden  die  Nitrogruppen  auch  in 
ihrer  Gegenwart  leichter  abgespalten  und  durch  Brom 
ersetzt,  als  die  neben  jenen  vorhandenen  Wasserstoffatome. 

Sobald  aber  die  Nitrogruppen  entfernt  sind,  zeigt 
sich  wieder  der  Einflufs  der  Überträger  in  einer  rasch 
weitergehenden  Substitution.  Während  jedoch  nach 
Scheüfelen  bei  Anwendung  von  Eisenchlorid  und  Brom 
bei  100°  nicht  übersteigenden  Temperaturen  der  Wasser- 
stoff der  aromatischen  Substanz  mit  dem  Chlor  des  Eisen- 
chlorids Chlorwasserstoff  bildet  und  nur  durch  Brom 
ersetzt  wird,  wurde  jetzt  beobachtet,  dafs  bei  höheren 
Temperaturen  (von  180°  und  mehr)  auch  ein  Teil  des 
Chlors  aus  dem  Eisenchlorid  in  die  organische  Ver- 
bindung eintreten  kann,  so  dafs  es  in  diesen  Fällen 
geratener  ist,  Eisenbrqmid  (oder  das  bequemer  zu 
erhaltende  Bromür)  als  Überträger  zu  benutzen. 

Kann  man,  wie  es  Meyer  und  Müller1  gethan,  Eisen- 
draht als  Überträger  benutzen,  so  umgeht  man  damit 
am  bequemsten  die  etwaigen  Unzuträglichkeiten  des 
Eisenchlorids.  Sie  schmolzen  1  Mol.  Äthylbromid  und 
1  Mol.  Brom  mit  diesem  Überträger  in  eine  Röhre  ein, 
erwärmten  eine  Stunde  und  fanden,  dafs,  abgesehen  von 
einem  geringen  Rest,  der  unangegriffen  geblieben  war, 
das  Ausgangsmaterial  glatt  und  ohne  Nebenprodukte  in 
Äthylenbromid  verwandelt  war. 

Auch  Aluminiumbromid  ist  ein  vorzüglicher  Brom- 
überträger, und  nach  Gustavson2  gehen  CC14,02014  und 
C2C16  durch  dasselbe  in  die  entsprechenden  Bromide 
über. 

Blümlein3  trug  in  150  g  Brom  unter  guter  Ab- 
kühlung 1  g  Aluminium  nach  und  nach  ein,  welches 
sich  unter  Feuererscheinung  löste.     Nachdem  es  wieder 


1  B.  24.  4249.  —  8  B.  14.  1709.  —  3  B.  17.  2486. 


152  Bromieren. 

auf  0°  abgekühlt  war,  gab  er  allmählich  10  g  a-Naphtol 
zu.  Nach  Abdunsten  des  Broms  kochte  er  den  Rückstand 
mit  Cumol  aus,  worauf  das  entstandene  Pen-tabromnaphtol 
C10H2Br5.  OH  ungelöst  zurückblieb. 

Bis1  trug  staubfeines  yff-Dinaphtylamin  in  mehr  ab 
die  achtmal  molekulare  Menge  aluminiumhaltigen  Broms 
allmählich  ein,  wobei  sich  eine  teigige  Masse  bildete,  die 
mit  Wasser  zerrührt  wurde.  Der  Rückstand  erwies  sich 
als  Oktobrom -^-Dinaphthylamin  C20H7Br8N. 

Die  Methode  den  Phosphor  als  Halogenüberträger  zu 
verwenden,  rührt  von  Corenwinder2  her,  der  durch 
Einwirkung  von  Jodphosphor  auf  Wasser  Jodwasserstoff 
erzeugte.  Auf  die  Möglichkeit  den  roten  Phosphor  für 
derartige  Zwecke  statt  des  gelben  zu  verwenden,  hat 
zuerst  Personne3  hingewiesen.  Allgemeine  Verwendung 
findet  die  Methode  zur  Darstellung  gebromter  Kohlen- 
wasserstoffe aus  Alkoholen. 

Die  Umsetzung  vollzieht  sich  nach  der  Gleichung 

P  +  5  Br  +  5  C2HaO  =  5  C2H6Br  +  P04H8  -f  H,0. 

Man  bringt  z.  B.  zur  Gewinnung  von  Bromäthyl  den 
roten  Phosphor  in  eine  mit  Rückflufskühler  versehene 
Retorte,  übergiefst  ihn  mit  der  berechneten  Menge  wenig- 
stens 90%igen  Alkohols  und  läfst  die  berechnete  Menge 
Brom  langsam  zufliefsen,  wobei  wegen  der  heftigen 
Reaktion  gekühlt  werden  mufe.  Schliesslich  erhält  man 
das  reine  Bromäthyl  durch  fraktionierte  Destillation  (siehe 
auch  Jodäthyl). 

Hell4  wies  zuerst  auf  die  Leichtigkeit  hin,  mit  welcher 
sich  Säuren  bei  Gegenwart  von  Phosphor  bromieren 
lassen.  Volhard  5  zeigte  dann,  welche  glänzenden  Erfolge 
nach  dieser  fast  wieder  vergessenen  Methode  erzielt 
werden,  wenn  man  sie  unter  den  für  sie  geeigneten  Be- 
dingungen zur  Anwendung  bringt. 

1  B.  20.  2621.  —   2  Ann.  Ch.  Ph.  30.  248.   —   3  Cr.  52.  46a 
4  li.  14.  891.  —  5  Ann.  242.  144. 


Bromieren.  153 

In   erster    Linie   bedingend   für  den  raschen  Verlauf 
dieser  Art  der  Bromierung  ist  vollkommene  Trockenheit 
der  Materialien.     Da  der  rote  Phosphor  meist  Phosphor- 
sfiure  enthält,  wäscht  man  ihn  mit  Wasser  bis  zum  Auf- 
iiören   der    sauren  Reaktion    und    trocknet    ihn    wieder. 
•Bensteinsäure  und  Phosphor  werden  z.  B.  gut  zusammen- 
trieben, und  während   des  Zutropfens   des  Broms  muJfe 
maxi  durch  Bewegen  der  Retorte  für  möglichste  Mischung 
der  Materialien  sorgen. 

Es  ist  nötig,  einen  geringen  Uberschufs  von  Phos- 
phor und  mehr  Brom,  als  die  Theorie  verlangt,  zu 
nelunen.  Der  entweichende  Bromwasserstoff  reifst  eben 
bei  stürmischer  Entwickelung  von  5  bis  zu  16°/o  des 
Broms  mit. 

Die  Darstellung  des  Bromids  der  Brombernsteinsäure, 
diö  hierbei  nach  der  Gleichung 

CB,  —  COOH  CHBr  —  COBr 

3    |  +  2P  +  Br16=3   |  +  2P08H  +  7BrH 

CB,  -  COOH  CH2  —  COBr 

erfolgt,  beschreibt  er  folgendermafsen : 

Zweckmäfsig  nimmt  man  die  Reaktion  in  einer  tubu- 

Uerten  Retorte  vor,  deren  Hals  durch  ein  angeschmolzenes 

Rohr  von  etwa  11  mm  lichter  Weite  und  70  cm  Länge 

Terltogert    ist.     Das    Rohr    wird    durch    einen    Kühler 

gesteckt,  durch  welchen  man  kaltes  Wasser  laufen  läfst. 

I)a8  aus  dem  Kühler  ragende  Ende  des  Rohres  wird  mit 

Äbsorptionsflaschen    zur    Bindung    des    BromwasserstofFs 

±     verbunden.     Das  Verbindungsrohr   reicht   nur  bis   unter 

^     den  Kork    der    ersten    dieser  Flaschen.     Man  verwendet 

*     ihrer  2,  die  etwas  Wasser  enthalten   und  durch  beinahe 

.§    biß  zum  Boden  reichende  Röhren    miteinander  in  Ver- 

^    bindung  stehen,    so   dais   die  Flüssigkeit   aus    der  einen 

in  die  andere  wechseln  kann,  und  doch  die  Möglichkeit 

des  Zurücksteigens    in    die    Retorte    ausgeschlossen    ist. 

Weiterhin  werden  die  Gase  in  eine  grofse  offene  Flasche 

ttit  Wasser    eingeleitet,    jedoch    derart,    dafs    das    Gas- 

kitungsrohr  das  Wasser  nicht  berührt.     Bromwasserstoff 

*md  Brom  werden  hier   selbst  bei  rascher  Entwickelung 

vollständig  absorbiert,  während  die  zwei  Waschfläschchen 


154  Bromieren. 

den  Gang  der  Gasentwickelung  anzeigen.    Eine  ähnliche 
Vorrichtung  hat  Stadel1  angegeben. 

Da  Brom  Gummischläuche  rasch  zerstört,  sind  diese 
möglichst  zu  vermeiden. 

Jeder  einfliefsende  Tropfen  Brom  erzeugt  anfangs 
Feuererscheinung,  welcher  stürmische  Bromwasserstoff- 
entwickelung  folgt,  weshalb  man  namentlich  zu  Beginn 
langsam  arbeiten  mufs.  Ist  keine  momentane  Reaktion 
mehr  zu  bemerken,  so  läfst  man  ein  wenig  abkühlen, 
bevor  man  den  Rest  zugiebt.  Nunmehr  erwärmt  man  auf 
dem  Wasserbade  bis  zum  Verschwinden  des  Broms.  Mehr 
als  200  g  Bernsteinsäure  kann  man  nicht  gut  auf  einmal 
verarbeiten;  die  Dauer  der  Reaktion  wird  unter  den 
erwähnten  Bedingungen,  von  denen  man  womöglich  nicht 
abweiche,  3  bis  5  Stunden  betragen. 

Geht  man  vom  Bernsteinsäureanhydrid  aus,  so  verläuft 
die  Reaktion  wesentlich  ruhiger,  (siehe  S.  177.) 

Für  je  100  g  verarbeitete  Bernsteinsäure  bringt  man 
einen  halben  Liter  Wasser  in  einer  Porzellanschale  zum 
Sieden,  entfernt  die  Lampe,  und  [läfst  das  Chlorid  aus 
einem  Tropftrichter  einfliefsen.  Man  arbeite  wegen  der 
heftigen  Dämpfe  unter  einem  gut  ziehenden  Abzüge. 
Nach  Zugabe  allen  Bromids  wird  filtriert  und  der  Lösung 
schliefslich  durch  vieles  Schütteln  mit  Äther  die  Brom- 
bernsteinsäure entzogen.  Ausbeute  80 — 90  %  der  Theorie. 
Giefst  man  das  Bromid  in  Alkohole,  so  erhält  man 
natürlich  sofort  die  entsprechenden  Ester. 

In  derselben  Weise  lassen  sich  auch  die  a-bromierten 
Bromide  der  Fettsäuren  gewinnen.  Die  Ingredienzien 
werden  entsprechend  der  Gleichung 

3  CH8  COOH  -4-  P  +  Br8  =  3  CH2  Br  COBr  +  P08H  +  2  HBr 
angewendet.  Da  die  flüssige  Fettsäure  den  amorphen 
Phosphor  bedeckt,  ist  hier  die  Reaktion  bei  weitem 
weniger  heftig,  als  bei  der  Bernsteinsäure.  Bei  dieser 
Methode  darf  man  aber  trotzdem  nie  die  nötige  Vorsicht 
aufser  Acht  lassen.  Behufs  Darstellung  der  bromierten 
Säure  selbst  läfst  man  das  Bromid  in  kochendes  Wasser 


2  B.  19.  1951. 


Bromieren.  155 

eintropfen,  von  welchem  etwas  mehr  als  zur  Zersetzung 
nötig  angewandt  wird.  Die  bromierte  Säure  wird  dann 
durch  wiederholte  Destillation  im  luft verdünntem  Räume 
gereinigt.     Ausbeute  vorzüglich. 

Der  gro&e  Vorteil  des  Verfahrens  gegen  die  früheren 
Arten  der  Bromierung  von  Säuren,  welche  fast  alle  nur 
im  Einschlufsrohr  ausführbar  sind,  ist,  dafs  es  die  Ver- 
arbeitung gröfserer  Mengen  in  offenen  Gefäfsen  bei  vor- 
züglicher Ausbeute  gestattet. 

Nach  den  Versuchen  von  Auwers  und  Bernhardt1 
kann  man  als  allgemeine  Regel  aufstellen,  dafs  bei  der 
Bromierung  nach  diesem  Verfahren  aliphatische  Mono- 
und  Dikarbonsäuren  so  viele  Bromatome  aufnehmen,  als 
sie  Karboxylgruppen  besitzen,  vorausgesetzt,  dafs  sich 
neben  jeder  Karboxylgruppe  mindesten  ein  a-Wasserstoff- 
atom  befindet. 

Hat  man  übrigens  aus  irgend  welchem  Grunde  im 
Einschlufsrohr  zu  arbeiten,  so  bewährt  sich  auch  hier 
ein  Phosphorzusatz  aufs  beste ;  so  geben  Bujard  und 
Hell2  an,  dafs,  während  z.  B.  die  Einwirkung  von  Brom 
auf  Azelainsäure  in  gleich  molekularen  Mengen  in  einem 
solchen  selbst  bei  achtstündiger  Dauer  und  Wasserbad- 
temperatur resultatlos  bleibt,  nach  Zugabe  von  auch  nur 
Vio  /o  amorphen  Phosphors  nach  drei  Stunden  bei  der 
gleichen  Temperatur  die  Wirkung  des  Broms  bereits  eine 
vollständige  ist.  Krafft  und  Beddies3  fanden,  dafs  die 
Einwirkung  des  freien  Broms  auf  hoch  molekulare  Fett- 
säuren, wenn  man  sie  im  Einschlufsrohr  bei  130 — 140° 
ausführt,  sich  in  einer  im  Verhältnis  zum  gewöhnlichen 
Verlauf  von  Substitutionsvorgängen  sehr  eigentümlichen 
und  unerwarteten  Weise,  deren  Wiedergabe  aber  hier 
zu  weit  führen  würde,  vollzieht,  was  nicht  unerwähnt 
bleiben  soll. 

Alexander4  variierte  das  VoLHARDsche  Verfahren  in 
der  Art,  dafe  10  g  Phenylbernsteinsäure  in  einer  mit 
Rückflufskühler  verbundenen  Retorte  mit  11g  Phosphor- 


1  B.  24.  2215.    —    *  B.  22.  68.   —    s  B.  25.  488. 
4  Ann.  258.  76. 


156  Bromieren. 

tribromür  übergössen  wurden,  wobei  keinerlei  Reaktion 
eintrat.  Als  dann  abermittelst  eines  Tropftrichters  langsam 
16  g  Brom  hinzugefügt  wurden,  löste  sich  die  Säure 
unter  heftiger  Bromwasserstoffentwickelung  und  Bildung 
des  entsprechenden  Bromids  auf.  Die  weitere  Verarbeitung 
erfolgte  in  der  bereits  beschriebenen  Weise. 

Die  nach  Volhard  erhaltenen  bromierten  Säurebromide 
lassen  sich  übrigens,  wie  Verfasser1  gefunden  hat,  durch 
Zugabe  von  Brom  im  Einschluisrohr  bei  ca.  100°  leicht 
in  dibromierte  Produkte  überführen. 

Die  Bromwasserstoffsäure,  die,  wenn  man  sie  ganz 
trocken  wünscht,  am  besten  über  Phosphorpentoxyd  ge- 
leitet wird,  liefert  mit  Alkoholen,  wenn  man  sie  in  diese 
einleitet  und  schlie&lich  mit  ihnen  auf  100°  im  EinschluJs- 
rohr  erhitzt,  bromierte  Kohlenwasserstoffe.  Für  gewöhnlich 
wird  man  aber  in  solchen  Fällen  den  Phosphor  als  Über- 
träger des  Broms  benutzen. 

Vbley  2  sättigte  z.  B.  trockenes  Glycerin  mit  trockenem 
Bromwasserstoff,  wusch  hierauf  mit  Kalilauge  und  de- 
stillierte unter  vermindertem  Druck.  Er  kam  so  zum 
Monobr  omhy  drin . 

Die  aufserordentliche  Löslichkeit  des  Bromwasserstoffes 
in  Eisessig  —  bei  gewöhnlicher  Temperatur  löst  er  68% 
desselben3  —  läüst  diese  Lösung  besonders  für  Additionfl- 
zwecke  an  ungesättigte  Verbindungen  geeignet  erscheinen, 
wozu  sie  auch  viel  verwendet  wird.  Man  erhitzt,  wenn 
nötig,  wie  Anschütz  und  Kinnkutt  angeben  —  die  so 
aus  Zimmtsäure  Monobromhydrozimmtsäure  darstellten,  — 
kurze  Zeit  im  Einschluüsrohr  im  Wasserbade. 

Aber  die  Temperatur  kann  auf  die  Art  der  An- 
lagerung von  Einflufs  sein.  So  fanden  Kraut  undMERLiNG,4 
dafs  durch  Anlagerung  von  Bromwasserstoff  (als  rauchende 
HBr  zur  Reaktion  benutzt)  bei  100°  aus  der  Atropasäure 
/8-Bromhydratropasäure  entsteht,  während,  wenn  man  nach 
Fittig  5  die  Addition  bei  0°  sich  vollziehen  läfst,  a-Brom- 
hydratropasäure  erhalten  wird. 

1  Ann.  251.  346.  —  2  Ch.  N.  47.  39.  —   3  B.  11.  1221. 
4  Ann.  264.  320.  —  ß  Ann.  195.  147. 


Bromieren.  157 

Ebenso  giebt  trockenes  Bromwasserstoffgas  mit  trocke- 
nem Allylbromid  CH2  :  CH  .  CH2Br  hauptsächlich  Trime- 
thylenbromid  CH2Br  .  CH2 .  CH2Br,  während  die  Gegen- 
wart eines  Lösungsmittels  oder  feuchte  Säure  die  Entstehung 
von  Prophylenbromid  CH3  .  CHBr  .  CH2Br  begünstigen. 
Letzteres  bestreitet  Bogomolez.1 

Durch  Einwirkung  der  ßromwasserstoffsäure  auf  Diazo- 

körper  kommt  man  natürlich  auch  zu  bromierten  Körpern,2 

nur  ist  der  Verlauf  bei  diesem   Halogen   nicht  so  glatt 

wie  beim  Jod.     Man   thut  gut,   die  Lösung  des  Diazo- 

salzes  mit  starker  Bromwasserstoffsäure  und  Bromwasser 

zu  versetzen.  Dadurch  wird  die  Bildung  eines  Perbromides 

veranlafst,  welches  beim  Kochen  mit  Alkohol  in  einen 

bromhaltigen  Körper  übergeht.   Der  Verlauf  der  Reaktion 

wird  durch  folgende  Gleichungen  wiedergegeben: 

C6H6 .  N2 .  N08  +  HBr  +  Br2  =  C6HBN2Br .  Br2  -f  HN08 
06H6N2BrBr2  +  C2H6OH = C6H6Br  +  N2 + 2  HBr  +  C2H40  (Aldehyd) 

• 

Die  Ausbeuten  des  Verfahrens  lassen  nach  Richter3 
oft  viel    zu   wünschen    übrig.     Dagegen    kam    er   z.  B. 
quantitativ  vom  Tribromanilin  zum  Tetrabrombenzol,  als 
er  ersteres    mit  Eisessig  übergofs    und   salpetrige   Säure 
einleitete,  bis  alles  in  Lösung  gegangen  war.     Fügte  er 
zu  der  so  erhaltenen   Lösung   der  Diazoverbindung  kon- 
zentrierte Bromwasserstoffsäure,  so  erstarrte  sie  sofort  zu 
;;   Krystallen  des  Tribrombenzoldiazobromids  C6H2Br5N2Br, 
;    und  kochte  er  nunmehr  nach  fernerem  Zusatz  von  Eisessig 
«  bis  zum  Aufhören  der  Stickstoffentwickelung,  so  krystalli- 
*   sierte  beim  Erkalten  das  Tetrabrombenzol  aus. 
I       Nach  Jackson  und  Bancroft4  ist  ihm,  wenn  es  nach 
[   diesem  Verfahren  dargestellt  wird,  manchmal  Pentabrom- 
|   fcenzol  beigemischt. 

Während  wir  in  Phosphorpentachlorid  ein  so  brauch- 
.äares  Mittel  zur  Gewinnung  von  Säurechloriden  besitzen, 
ff  das  Pentabromid  für  den  Zweck  kaum  verwendbar, 
^brauchbar  für  Bromierungen  überhaupt  ist  es  natürlich 

JB.  11.  1257.  —  *  Ann.  137.  49.  —  3  B.  8.  1428. 
*  23.  E.  459. 


158  Bromieren. 

nicht.  So  erhielt  Wurtz1  auf  diesem  Wege  Äthyliden- 
bromid  aus  Aldehyd,  und  auch  Gabriel  2  erwähnt  einen 
gebromten  Körper,  den  er  mit  seiner  Hülfe  gewonnen 
hatte. 

Claus  und  Pollitz3  gelang  die  Darstellung  des 
a-Bromchinolins  aus  Karbostyril,  als  sie  einen  Teil  des 
letzteren  mit  drei  Teilen  frisch  bereiteten  Pentabromids 
innig  mengten  und  das  Gemisch  3 — 4  Stunden  unter 
beständigem  Durchleiten  eines  Stromes  trockener  Kohlen- 
säure auf  120 — 130°  erhitzten.  Eine  höhere  Temperatur 
ist  zu  vermeiden,  weil  sich  sonst  auch  so  schon  immer 
entstehende,  höher  gebromte  Produkte  in  gröfserer  Menge 
bilden.  Das  a-Bromchinolin  wurde  durch  Destillation 
mit  Wasserdampf  aus  dem  Reaktionsgemisch  isoliert.  Da 
es  vor  den  bromreicheren  Produkten  übergeht,  unterbricht 
man  deshalb  diese  Operation,  ehe  die  im  Kühlrohr  auf- 
tretenden Öltröpfchen  fest  werden. 

Selbst  Benzoesäure  und  Phosphorpentabromid  wirken, 
wie  Claisen4  mitteilt,  kaum  aufeinander  ein.  Viel 
leichter  kam  er  zum  Benzoylbromid  mittelst  des  Phosphor 
tribromids. 

Geschmolzene  und  dann  fein  gepulverte  Benzoesäure 
(3  Mol.)  wird  mit  Phosphortribromid  (2  Mol.)  übergössen 
und  das  Gemisch  am  Rückflufskühler  erwärmt.  Mit  der 
Auflösung  der  Säure  beginnt  eine  gelinde,  leicht  zu 
regulierende  B,eaktion,  während  deren  Ströme  von  Brom- 
wasserston0 entweichen.  Destilliert  man  dann  nach  viertel- 
stündigem Erwärmen  im  Vacuum  und  rektifiziert  das 
Destillat  unter  gewöhnlichem  Druck,  so  erhält  man  aus 
500  g  Ausgangsmaterial  nach  der  Gleichung 

3  C6H6 .  COOH  +  PBr8  =  3  C6H6 .  COBr  +  P08H, 

gegen  400  g  Bromid. 

Statt  des  Phosphorpentabromids  wird  häufig  das 
Phosphorchlorobromid  PCl3Br2  verwendet.  Ladendurg 
und  Friedel  zeigten  wohl  zuerst,  dafs  es  sich  organischen 
sauerstoffhaltigen  Körpern  gegenüber  durchaus  dem  Fünf- 


1  Cr.  47.  418.    —  »  B.  24.  3100.  —  *  J.  pr.  Ch.  149.  41. 
4  B.  14.  2474. 


Bromieren.  159 

fachbromphosphior  ähnlich  verhält.  Man  erhält  es  durch 
Einwirkung  von  Brom  auf  Phosphortrichlorid  bei  Zimmer- 
temperatur. Nach  Michaelis  *  schliefst  man  überschüssiges 
Phosphorchlorür  mit  Brom  in  eine  Glasröhre  so  ein,  dafs 
diese  zur  Hälfte  davon  erfüllt  ist.  Nach  einigen  Tagen 
ist  die  Reaktion  beendet,  und  durch  Umkehren  der 
Röhre  läuft  das  überschüssige  Phosphorchlorür  von  den 
Krystallen  des  Chlorobromids  ab.  Diese  von  gelbroter 
Farbe  zerfallen  bereits  bei  35°. 

Patbrno  und  Pisati2  führten  mit  seiner  Hülfe  Aldehyd 

CHBr2 
in  Äthylidenbromid  |  über,  und  Michael  3  erhielt  mit 

CHS 
ihm  aus  dem  Butylaldehyd  das  Butylidenbromid. 

Lellmann  und  Schwaderer4  liefsen  Bromkalk  auf 
Piperidin  wirken.  Sie  setzten  nämlich  zu  300  g  mit  Wasser 
angerührten  Kalkhydrats  130  g  Brom  und  liefsen  zu  diesem 
in  einer  Retorte  befindlichen  Gemisch  langsam  eine  Lösung 
von  Piperidin  in  Wasser  zufliesen,  während  gleichzeitig  ein 
Dampfstrom  durchgeleitet  wurde.  Das  in  der  Vorlage  sich 
ansammelnde  Öl  erwies  sich  als  Brompiperidin  C5H10NBr. 
Schon  früher  hatte  übrigens  Preibisch5  Bromkalk  auf 
Nitromethan,  aber  ohne  Erfolg,  einwirken  lassen. 

Auch  Stbnhoüse6  hatte  schon  durch  Einwirkung  von 
Bromkalk  auf  Pikrinsäure  Brompikrin  erhalten.  Eine 
genaue  Vorschrift  für  dieses  Verfahren  gaben  dann  Bolas 
und  Groves.7  Man  löscht  4  Teile  Kalk  mit  Wasser 
und  setzt  unter  Vermeidung  einer  Temperaturerhöhung 
6  Teile  Brom  allmählich  und  hernach  1  Teil  Pikrinsäure 
zu.  Bei  der  dann  erfolgenden  Destillation  ist  alles  Brom- 
pikrin im  ersten  Viertel  des  Destillates  enthalten.  Nach 
dem  Trocknen  mit  Chlorcalcium  wird  es  durch  fraktio- 
nierte Destillation  gewonnen.  Ausbeute  etwa  95%  der 
Theorie  nach  der  von  ihnen  aufgestellten  Gleichung. 

Kupferbromür  für  die  SANDMETERsche  Reaktion8 
(siehe     weiterhin     im    Abschnitt    „Chlorieren")     bereitet 

1  B.  5.  9.  —  *  Ann.  221.  137.  —  8  B.  14.  2105. 

4  B.  22.  1327.  —  5  J.  pr.  Ch.  116.  316.  —  6  Ann.  91.  309. 

7  Ann.  155.  253.  —  •  Z.  P.  4.  69. 


160  Chlorieren. 

man  so:  125  g  CuS04-f5H20,  360  g  KBr,  800  g  fl^O, 
110  g  konzentrierte  H2S04  und  200  g  Cu  werden  bis 
zur  annähernden  Entfärbung  am  Rückflufskühler  gekocht 
Anilin  z.  B.  geht  also  durch  dieses  Reagens,  in  ent- 
sprechender Weise  für  die  Behandlung  mit  der  Lösung 
vorbereitet,  in  Brombenzol  über. 

Statt  des  Kupferbromürs  kann  nach  Gattermann1 
auch  fein  verteiltes  Kupfer  als  Überträger  dienen;  auch 
hierüber  siehe  das  Nähere  im  Kapitel  „Chlorieren**. 

Zur  Überführung   organischer  Jodide   in  Bromide  ist 
das  Kupferbromid   sehr   wegen  seiner   Leichtlöslichkeit 
in  Alkohol  verwendbar.     Mischt  man  seine  Lösung  mit 
Jodallyl  z.  B.,  so  entsteht  nach  der  Gleichung 
2  CuBr2  +  2  C8H6J= 2  C8H6Br  +  CuaJa  +  Bra 
ein  Niederschlag  des  unlöslichen  Kupferjodürs. 

Das,  wie  die  Gleichung  zeigt,  frei  werdende  Brom 
kann  allerdings  bei  solchen  Umsetzungen  störend  wirken; 
nach  Berthelot2  würde  vielleicht  ein  Zusatz  von  fein 
verteiltem  Kupfer  diesen  Übelstand  beheben. 

Mit  Bromkalium  und  Bromsilber  lassen  sich  auch 
derartige  Umsetzungen  erzwingen,  meist  sind  sie  aber 
nicht  glatt,  und  die  Ausbeuten  sehr  schlecht. 

Ciamtcian  und  Silber3  lie&en  eine  5%ige  Lösung 
von  unterbromigsaurem  Kalium  auf  Pyrrol  wirken 
und  erhielten  dadurch  hauptsächlich   Bibrommaleinimid. 


Chlorieren. 

Man  führt  in  organische  Verbindungen  Chlor  haupt- 
sächlich durch  direkte  Einwirkung  von  Olllorgas  (Salz- 
säure) und  durch  Phosphorpentachlorid  ein.  Seltener 
zur  Verwendung  gelangen  etwa  Acetylchlorid,  Antimon- 
pentachlorid ,  Chlorkalk  ( unterchlorige  Säure ) ,  Chlor- 
schwefel, Kupferchlorür,  Phosphoroxychlorid,  Phosphor- 
trichlorid,  Quecksilberchlorid,  Sulfurylchlorid,  Sulruryl- 
oxychlorid,  Thionylchlrid. 

1  B.  23.  1218.  —  *  Ann.  100.  124.  —  8  B.  17.  1746. 


Chlorieren.  161 

Chlorgas  wird  entwickelt  durch  Übergiefsen  eines 
Gemisches  aus  5  Teilen  Kochsalz  und  &  Teilen  Braunstein 
mit  einer  kalten  Mischung  von  12  Teilen  konzentrierter 
Schwefelsäure  mit  6  Teilen  Wasser  und  nachheriges 
gelindes  Erwärmen.  Das  Verfahren  liefert  einen  gleich- 
mäfsigen,  fast  trockenen  Chlorstrom.  Neuerdings  empfiehlt 
Klason,1  das  Gas  aus  Braunstein  und  Salzsäure  in  einem 
von  ihm  beschriebenen  thönernen  Apparate  zu  entwickeln. 

Auf  die  Benutzung  des  Chlorkalks  als  Chlorquelle 
für  Laboratorien  hat  wohl  zuerst  ernstlich  Kämmerer 
hingewiesen.2  Als  dann  Winkler3  im  Jahre  1887 
mitteilte,  dafs  sich  der  Prozefs  der  Zersetzung  des  Chlor- 
kalks durch  Salzsäure,  wenn  man  den  Chlorkalk  mit 
Gips  formt,  im  KiPPschen  Apparate  ausführen  lasse, 
fand  die  Methode  viele  Anhänger.  Nach  Klason1  hat 
man  das  Formen  gar  nicht  nötig,  sondern  kann  ihn  als 
Pulver  verwenden.  Trotzdem  ist  die  Bereitungsweise 
von  vielen  bereits  wieder  verlassen,  weil  ihr  bei  längere 
Zeit  fortgesetzter  Benutzung  des  Apparates  mancherlei 
Übelstände  anhaften. 

Nachdem  nunmehr  die  Badische  Anilin-  und  Sodafabrik4 
flüssiges  Chlor  in  den  Handel  bringt,  werden  gröfsere 
Laboratorien  zu  dem  Gebrauche  dieses  übergehen  können. 

Da  das  Gas  Korke  und  Kautschuk  stark  angreift, 
sind  diese,  wenn  möglich,  mit  Vaselin  zu  überziehen. 
Werden  Gummistopfen  mit  diesem  Mittel  eingerieben, 
so  widerstehen  sie  seiner  Einwirkung  sehr  lange  und 
behalten  sogar  ihre  Weichheit  (Klason).5 


1  B.  23.  330.  —  *  B.  9.  1548.  —  8  B.  20.  184. 

4  D.  B.  P.  50329  und  Ann.  259.  100. 

6  Nebenbei  sei  hinsichtlich  des  Verhaltens  von  Kautschuk 
erwähnt,  dafs  nach  Bunge  (B.  23.  B.  113.)  Gummistopfen  beträcht  - 
liehe  Mengen  von  Kohlenwasserstoffen  absorbieren,  und  zweitens 
sei  bemerkt,  dafs  das  Festhaften  der  vulkanisierten  Gummischläuche 
an  messingenen  Schlauchhähnen  nach  längerer  ununterbrochener 
Berührung,  so  dafs  sie  ohne  Zerreifsen  nicht  mehr  abgenommen 
werden  können,  nach  Levoib  seinen  Grund  in  der  Bildung  von 
kristallisiertem  Schwefelkupfer  hat.  Vorheriges  Einreiben  mit 
grüner  Seife  (nicht,  mit  Fetten)  verhindert  aber  dessen  Bildung 
und  damit  diesen  Übelstand. 

Lamar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  H 


162  Chlorieren. 

Will  man  Chlor  auf  Flüssigkeiten  wirken  lassen,  so 
kann  man  es  direkt  in  diese  einleiten.  Um  eine  zu 
heftige  Einwirkung  zu  mildern,  verdünnt  man  die  Flüssig- 
keit mit  Wasser  oder  anderen  entsprechenden  Verdünnungs- 
mitteln (Chloroform,  Eisessig  etc.).  Soll  dies  jedoch  ver- 
mieden werden,  so  verdünnt  man  das  Chlor,1  indem  man 
durch  dessen  Entwickelungsgefäis  zugleich  einen  Luft- 
oder Kohlensäurestrom  treibt,  resp.  einen  solchen  durch 
den  passend  hergerichteten  Apparat  ansaugt. 

Die  Menge  des  von  der  Flüssigkeit  aufgenommenen 
Chlors  erfährt  man  durch  direkte  Wägung  und  kontrolliert 
auf  die  Art,  falls  durch  direktes  Chlorieren  mehrere 
Chloratome  in  die  Verbindung  eintreten  können,  ob  bereits 
eine  genügende  Menge  eingeleitet  ist. 

Will  man  nur  eine  ganz  bestimmte  genau  berechnete 
Quantität  von  Chlor  einführen,  so  entwickelt  man  es 
aus  abgewogenen  Mengen  von  Kaliumpermanganat  oder 
Kaliumchlorat  und  Salzsäure,  und  leitet  schließlich 
Kohlensäure  durch  den  Apparat. 

Bei  Körpern  der  aromatischen  Reihe  ist  die  Tempe- 
ratur von  groüsem  EinfluJs  darauf,  an  welchen  Stellen 
die  Chloratome  eintreten.  So  fand  Varnhoi/t,*  dato, 
wenn  man  Phenol  bei  so  niedriger  Temperatur,  dab 
eben  das  Erstarren  vermieden  wird,  mit  Chlor  behandelt, 
sich  bis  43%  Orthochlorphenol  bilden,  während  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  viel  weniger  von  diesem 
neben  dem  gleichzeitig  entstehenden  Parachlorphenol 
entsteht.  Für  die  aromatischen  Kohlenwasserstoffe  gilt 
die  von  Beilstein  und  Geitner3  aufgestellte  Regel,  dafe 
bei  Gegenwart  von  Chlorüberträgern  (siehe  weiterhin) 
das  Chlor  in  die  Phenylgruppe  tritt,  wenn  man 
in  der  Kälte  arbeitet;  chlort  man  dagegen  bei  Siede- 
temperatur, so  geht  es  in  die  Seitenkette.  Ganz  be- 
sonders leicht  scheint  es  in  die  Seitenkette  zu  gehen, 
wenn  diese  eine  Aldehydgruppe  ist,  und  auf  die  Alt 
Säurechlorid   zu    liefern.      So    ist  Benzoylchlorid    zuerst 


1  Ann.  246.  98.  —  *  J.  pr.  Ch.  144.  22. 
8  Ann.  139.  332. 


Chlorieren.  163 

auf  diese  Weiße  dargestellt  worden.    Liebig  und  Wöhlbr1 
erhielten   es,   als   sie  in  bis  zum  Sieden  erhitzten  Benz- 
aldehyd Chlorgas  so  lange  einleiteten,  als  sich  Salzsäure 
entwickelte,  und  das  Produkt  hernach  rektifizierten 
CflH6 .  COH  +  Cl2  =  C6H6 .  C0C1  +  HCl. 

Jetzt  scheint  es  technisch  wieder  nach  diesem  Ver- 
fahren gewonnen  zu  werden. 

Die  Einwirkung  des  Chlors  in  direktem  Sonnenlicht 
ist  stets  lebhafter,  als  im  zerstreuten  Tageslicht.  So  wirkt 
es  auf  Chloroform,  welches  dabei  in  Tetrachlorkohlenstoff 
übergeht,  nur  unter  dieser  Bedingung. 

Sind  feste  Körper  zu  chlorieren,  so  löst  man  sie  in 
Wasser,  Eisessig,  Chloroform,  Tetrachlorkohlenstoff,  Nitro- 
benzol,  Äther,  und  verfährt  mit  den  Lösungen  wie  mit 
Flüssigkeiten.  Als  Zeichen,  dafs  ein  Körper  nicht  mehr 
im  stände  ist  Chlor  aufzunehmen,  betrachtet  man  die 
von  freiem  Chlor  herrührende  grünliche  Färbung  der 
Flüssigkeit.  Solchen  ÜberschuJfe  kann  man  z.  B.  durch 
Zugabe  von  etwad  schwefliger  Säure,  resp.  durch  Erwärmen 
oder  durch  einen  lebhaften  Luftstrom  entfernen,  und 
erkennt  man  in  letzterem  Falle  die  vollständige  Ent- 
fernung am  Nichtmehreintritt  der  Jodkaliumstärkereaktion.2 

Auch  Schütteln  mit  Quecksilber  nimmt  ihn  fort; 
dann  mufs  man  aber  beachten,  dafs,  wenn  derartige 
Lösungen  mit  Äther  ausgeschüttelt  werden,  in  diesen 
Chlorquecksilber  mit  übergeht. 

Bei  gelösten  Körpern  ist  natürlich  ebenfalls  die 
Temperatur,    bei   welcher    chloriert   wird,    und    das    an- 

SBwandte  Verdünnungsmittel,  ganz  abgesehen  von  der 
tellungßisomerie,  oft  von  grofser  Wichtigkeit.  So  liefe 
sich  Acetparatoluid  nur  mit  äußerst  schlechter  Ausbeute 
chlorieren,  solange  man  die  Einführung  des  Halogen  bei 
0°  in  eisessigsaurer  Lösung  —  andere  Lösungsmittel 
erwiesen  sich  als  noch  ungünstiger  —  vornahm.  Durch 
Abspaltung     der    Acetylgruppe     kam    man     dann    zum 


1  Ann,  S.  262.  —  s  B.  22.  2525. 

11' 


164  Chlorieren. 

Metachlorparatoluidin.1  Dagegen  gewann  Erdm&nn*  dieser 
Körper  mit  Leichtigkeit,    als  er  100  g  p-Acettohdd  i 
100  com   Eisessig  heifs   löste  und   nun  Chlor,  das  seh— : 
rasch   absorbiert  wird,   durchleitete,   wobei   das   Materuu-. 
ohne  äufsere  Erwärmung   sich  im   Sieden   erhielt.    Ahm 
1  kg   technischem  Paratoluidin   wurden  so  400  g  inner 

halb   7    Graden   siedendes    m-Chlor-p-toluidin    gewonnen 

Zu  diesem  EsDMANNschen  Verfahren  bemerkt  jedocbz 
Lellmann,3  dafs  es  infolge  der  hohen  Temperatur,  be~ 
der  es  sich  vollzieht,  kein  genügend  reines  Prodnk~z 
gäbe,  und  dals  man  die  Ausbeute  auf  40 — 42%,  stat 
der  nach  E.  erhaltenen  38°/0  bringen  könne,  wenn  ma — ■ 
50  g  p-Acettoluid  in  400  g  Eisessig  löst  und  das  Chlors 
mit  2  Volumen  Kohlensäure  verdünnt,  in  die  abgektihlfc 
Flüssigkeit  leite. 

Sehr  selten  wird  man  als  Lösungsmittel  Schwefelsäure 
verwenden.   So  soll  man  beispielsweise  Phtalsäureanhydrirf' 
mit    Schwefelsäure    von    50 — 60%    Anhydridgehalt  au/ 
60°  erwärmen   und   unter  Zusatz   von  etwas   Jod  Chlor 
einleiten,  wobei  die  Temperatur  allmählich  auf  180 — 200* 
gesteigert  wird.     Das  Verfahren   liefert   Tetraohlorphtal- 
säure   (und   man   kann  nach  demselben  auch  Tetrabrom- 
und  Tetrajodphtalsäure  gewinnen). 

Hafner5  hat  basische  Körper  wie  Anilin,    Toloidin, 
bei   Gegenwart  von   viel   Schwefelsäure,    die  er  in  ver- 
schiedenen  Stärkegraden  verwendete ,   zu   chlorieren  vef 
sucht,   aber  einen  Erfolg  nicht  erzielt.     Dagegen  kam» 
Claus  und  Philipson6  zum  Dichlornaphtylamin,  als  s» 
/8-Naphtylaminsulfat  in  dem  50fachen  Gewicht  80%ig* 
Schwefelsäure  suspendierten,  und  in  das  mit  Eis  gekühlte 
Gemisch  die  auf  2  Mol.  Chlor  berechnete  Menge  dieses 
Gases  einleiteten.   Beim  Eingiefsen  des  Reaktionsgemisbha 
in    Eiswasser  fiel    das   Chlorirungsprodukt    aus,    welches 
durch  Waschen  mit  Ammoniakwasser  entsäuert  und  dann 
aus    Alkohol    umkrystallisiert    oder    mit  Wasserdämpfen. 
übergetrieben  wurde. 


1  Ann.  168.  196.  —  *  B.  24.  2767.  —  8    B.  24.  4111. 

4  D.  E.-P.  50 177.  -  6  B.  22.  2525.  —  ö  J.  pr.  Ch.  151.  59. 


Chlorieren.  165 

TJnzersetzt  schmelzbare  Körper  werden  auch  ge- 
hjnolzen,  und  durch  diese  Flüssigkeit  wird  dann  Chlor 
♦leitet.  Paranitrotoluol *  z.  B.,  welches  im  Ölbade  auf 
W>°  erhitzt  ist,  wird  zu  seiner  Chlorierung  unter  all- 
ählicher  Steigerung  der  Temperatur  bis  auf  160°  so 
age  mit  trockenem  Chlorgas  behandelt,  bis  die  berechnete 
uahme  erfolgt  ist.  Die  Reaktionsmasse  wird  nach- 
lander  mit  Wasser,  verdünnter  Sodalösung  und  wiederum 
Lt  Wasser  ausgewaschen  und  zum  Schlufs  aus  Alkohol 
nlrystallisiert.  Es  bildet  sich  so  Paranitrobenzyliden- 
lorid,  doch  scheint  die  Darstellung  der  Verbindung 
if  diesem  Wege  mit  besonderen  Schwierigkeiten  ver- 
itipft  zu  sein.  So  vermochten  Zimmermann  und  Müller2 
3  so  durchaus  nicht  zu  erhalten,  kamen  aber  zu  ihr 
ireh  Einwirkung  von  Phosphorpentachlorid  auf  Para- 
Ltrobenzaldehyd. 

Um  das  Chlor  auf  möglichst  grolse  Oberflächen 
irken  zu  lassen,  wird  man  etwa  wie  Clo£z3  verfahren. 
ir  löste  Citronensäure  in  ihrem  anderthalbfachen  Gewicht 
Nasser,  liefs  diese  Lösung  auf  Bimssteinstücke  tröpfeln, 
ttdem  zugleich  von  unten  ihr  ein  Chlorstrom  entgegen- 
hieltet wurde,  und  erhielt  so  Pentachloraceton. 

Will  man  eine  möglichst  durchgreifende  Wirkung  auf 
ttizersetzt  flüchtige  Körper  erzielen,  so  wird  man  das  Chlor 
Ulf  die  Substanzen  im  Gaszustande  wirken  lassen,  indem 
o&an  es  an  die  Oberfläche  des  in  einem  mit  Rückflufs- 
büder  versehenen  Kolben  siedenden  Körpers  leitet.  Oder 
toan  leitet  die  Dämpfe  der  zu  chlorierenden  Verbindung, 
mit  Chlorgas  gemischt  durch  ein  glühendes  Rohr,4  in 
dessen  Inneres  man  vorher  in  demselben  Grase  ausgeglühte 
Itakohle  giebt.  Nach  dieser  Methode  erhält  man  z.  B. 
nit  Leichtigkeit  aus  Kohlenoxydgas  und  Chlor  das 
Piosgengas  CO  Clg,  welches  man  am  besten  durch  Benzol, 
l  dem  es  ausserordentlich  löslich  ist,  absorbiert. 

Kann  sich  beim  Chlorieren  einer  Flüssigkeit  das  in 
erührung  mit  Luft  selbstentzündliche  Monochloracetylen 


1  D.  B.-P.  24.  152.  —  2  B.  18.  997.  —  3  B.  Par.  39.  636. 
4  B.  Par.  27.  113. 


1 66  Chlorieren. 

entwickeln,  wodurch  Explosion  und  Zertrümmerung  der 
Apparate  einzutreten  pflegt,  so  mufs  während  der  Reaktion 
ein  starker  indifferenter  Gasstrom  durch  die  Gefälse  ge- 
leitet werden. 

Chlor  in  statu  nascendi  auf  Verbindungen  wirken 
zu  lassen,  ist  schon  lange  im  Gehrauch.  80  giebtKoLBE1 
im  Jahre  1843  an,  dafs  man  das  Thiophosgen  CS  OL  am 
vorteilhaftesten  erhält,  wenn  myi  Schwefelkohlenstoff  mit 
Braunstein  und  Salzsäure  in  einem  verschlossenen  Geft&e 
längere  Zeit  unter  Umschütteln  stehen  läüst,  eine  Methode, 
die  übrigens  heute  niemand  für  die  Darstellung  dieses 
Körpers  mehr  anwenden  wird.2 

Claus  3  hat  10  g  Dichlor-« -naphtocbinon  mit  10  g 
Braunstein  (etwa  90  %  Mn02  enthaltend)  und  40  ccm 
reiner  Salzsäure  (spez.  Gew.  1,2)  in  geschlossenen  Röhren 
zehn  Stunden  auf  230°  erhitzt  und  Dichlor-a-naphto- 
chlorochinon  C10H4C1402  erhalten. 

Jetzt  arbeitet  man  gewöhnlich  so,  dafe  man  die  zu 
chlorierende  Substanz  in  Salzsäure  löst  oder  aufschwemmt 
und  Kaliumbichromat,  Kaliumchlorat  resp.  Chlorkalk 
(siehe  dort)  zugiebt.  Hofmann4  führte  auf  diese  Art 
Phenol  in  Cbloranil  über.  Er  empfiehlt  solche  Reaktionen 
in  Schalen  vorzunehmen,  weil  die  Heftigkeit  der  Ein- 
wirkung sich  bis  zu  Explosionen  steigern  kann. 

Fischer  verfuhr  beim  Naphtalin  folgendermaßen: 
Er  mischte  es,  ähnlich  wie  Depouilly,5  mit  der  für  gewisse 
Grade  seiner  Chlorierung  berechneten  Menge  Kalium« 
chlorat  innig  in  einer  Reibschale  (Vorsicht!).  Das  Ge- 
menge benetzte  er  mit  so  viel  Wasser,  daJs  sich  kleine 
Kugeln  daraus  ballen  liefsen,6  die  er  einzeln  in  konzen- 
trierte Salzsäure  brachte,  wobei  nur  sehr  wenig  Chlorgas 
entwich.  Wandte  er  das  Anderthalbfache  der  fttr  vier 
Atome  Chlor  im  Naphtalinmolekül  berechneten  Menge 
Kaliumchlorat  an,  so  erhielt  er  hauptsächlich  Naphtalin- 
tetrachlorid. 


1  Ann.  45.  44.  —  2  Ann.  167.  195.  —  8  B.  19.  1142. 
4  Ann.  52.  58.  —  6  B.  Par.  1865.  4.  10.  —  e  B.  11.  735. 


Chlorieren.  167 

Wegen  der  geringen  Löslichkeit  des  Chlors  in  Wasser 
wird  das  Ctlorwasser  selten  als  Chlorierungsmittel  ver- 
wendet. Vielleicht  mit  Unrecht.  Witt1  giebt  an,  dafs 
es,  wie  anzunehmen,  viel  weniger  energisch  wirkt  als  das 
gasförmige  Element.  Körneb  vermochte  z.  B.  Nitroanilin 
(1,4)  mit  gasförmigem  Chlor  wegen  zu  starker  Ver- 
harzung nicht  zu  chloren.  Dagegen  erhielt  jener  ganz 
glatt  und  ohne  Schmierenbildung  den  zweifach  gechlorten 
Körper,  als  er  das  Nitroanilin  in  einem  grofsen  Uberschufs 
von  Salzsäure  löste,  stark  abkühlte  und  ziemlich  rasch 
so  lange  Chlorwasser  zusetzte,  bis  die  Flüssigkeit  deutlich 
nach  Chlor  roch  und  einen  citronengelben  Niederschlag 
abschied.  Jede  Erwärmung  war  vermieden  worden,  da 
diese  auch  hier  zur  Verharzung  führt. 

Während  nach  Gay  Lussac2  das  Maximum  der  Ab- 
sorption des  Wassers  für  Chlor  bei  8°  liegt,  bei  welcher 
Temperatur  es  drei  Volumina  desselben  absorbiert,  erhält 
man,  wenn  man  bei  0°  einen  raschen  Chlorstrom  durch 
Wasser  gehen  läfst,  bekanntlich  Krystalle  von  der  Formel 
Cl  +  5  H20,  die  fär  Arbeiten  bei  niederer  Temperatur 
sehr  geeignet  sein  werden. 

Sie  werden  besonders  in  den  Fällen  verwendbar  sein, 
in  welchen  es  wünschenswert  erscheint,  dafe  während  der 
Reaktion  fortwährend  ein  Chlorüberschuis  vorhanden  ist. 
Nach  Stbnhousb  und  Grovbs3  läfet  sich  Tetraohlor- 
betorcinol  C8H6C1402  nur  unter  dieser  Bedingung  erhalten. 
Sie  leiteten  deshalb  einen  Chlorstrom  durch  Wasser,  dem 
der  vierte  Teil  Eis  zugesetzt  war,  und  gaben  eine  er- 
kaltete Lösung  von  Betorcinol  zur  Chlorhydratmischung, 
die  im  geringen  Uberschufs  bleiben  mufs.  Nach  12  bis  20 
Stunden  hatte  sich  farbloses  Tetrachlorbetorcinol  in 
kristallisiertem  Zustande  abgesetzt.  Ähnlich  verfuhr  auch 
Dittb.4 

Mit  in  Chloroform  gelöstem  Chlor  —  dieses  löst  bei 
0°  28%  bei  10°  25%  desselben  —  arbeitete  Grimaux5 
und    führte    mit    seiner  Hülfe   im  Einschlufsrohr  Benzol 


1  B.  8.  143.     —  *  Würtz,  Dict.  de  chim.  1.  858. 
8  Ann.  203.  291.  —  4  O.  95.  1283.  —  6  B.  5.  222. 


168  Chlorieren. 

in    Benzolhexachlorid,    Naphtalin    in    sein    Tetrachlorid 
C10HgCl4  über. 

Mit  verdünntem  Königswasser  kann  man  wohl  auch 
Chlor  in  organische  Körper  einführen,  zugleich  pflegt  aber 
auch  Stickstoff  mit  einzutreten,  so  dafs  Derivate  von  sehr 
komplizierter  Zusammensetzung  entstehen. 

Eine  sehr  verwendbare  Methode,  die  in  manchen 
Fällen  die  einzig  zum  Ziele  führende  ist,  ist  die  Addition 
von  Chlor  oder  Chlorwasserstoffsäure  an  ungesättigte 
Verbindungen.  Gasförmige  ungesättigte  Körper  verbinden 
sich  direkt  mit  ihm.  So  lieferten  zwei  Gase  nämlich  Chlor 
und  Äthylen  im  Jahre  1795  Deimann  und  Trobtwyk 
das  „Ol  der  holländischen  Chemiker",  das  Äthylenchlorid. 
Zum  Zweck  der  Addition  löst  man  ungesättigte  Ver- 
bindungen in  Wasser,  Eisessig,  Äther  etc.  und  giebt 
im  gleichen  Mittel  gelöstes  Chlor  oder  gelöste  Chlor- 
wasserstoffsäure zu. 

Ob  man  genügend  Chlor  zur  Lösung  des  ungesättigten 
Körpers  gegeben  hat,  kann  man  fast  stets  daran  erkennen, 
dafs  sie  nicht  oder  kaum  mehr  im  stände  ist,  verdünntes 
Bromwasser  zu  entfärben. 

Die  ^-substituierten  Säuren  der  aliphatischen  Reihe, 
welche  also  das  substituierende  Chloratom  nicht  an  dem- 
selben Kohlenstoffatom  tragen,  an  welchem  die  Karboxyl- 
gruppe  sich  befindet,  können  z.  B.  nur  durch  Addition 
von  Salzsäure  an  die  entsprechende  angesättigte  Säure 
erhalten  werden.  Man  kommt  also  zur  /8-Chlorpropion- 
säure  CH2C1 .  CH^ .  COOH,  durch  Vereinigung  der  Akryl- 
säure  mit  Salzsäure1 

CH2 :  CH .  COOH  +  HCl  =  CH,Cl .  CH2 .  COOH. 

Durch  Addition  von  Salzsäure  liefern  auch  Terpene 
chlorhaltige  Produkte;  so  teilte  Devillb2  bereits  im 
Jahre  1843  mit,  dafs  Terpen  mit  Salzsäure  zur  Ver- 
bindung C10H18C12  zusammentrete,  und  Wallach3  giebt 
neuerdings  an,  dafs  eine  Lösung  von  Limonen  in  Eis- 
essig momentan  Chlorwasserstoffsäure  (ebenso  Brom-  und. 


1  Ann.  163.  96.     —  2  Ann.  71.  348.  —  3  Ann.  236.  9. 


Chlorieren.  169 

Jodwasserstoffsäure)  addiert  und  den  Körper  C10H16  2HC1 
abscheidet. 

Auch  noch  in  anderer  Weise  dient  die  Salzsäure  zur 
Gewinnung  chlorhaltiger  Körper. 

Läfst  man  sie  auf  Alkohole  wirken,  so  geht  die  Um% 
Setzung  so  vor  sich,  dafs  ein  srechlorter  Kohlenwasserstoff 
und  Wasser  entstehen  CH3OH  +  HCl  =  CH3C1  -f  HgO. 

Nach  G-euther1  erhält  man  Chloräthyl  am  besten 
durch  langsames  Erhitzen  im  Wasserbade  von  Alkohol, 
in  welchen  vorher  salzsaures  Gas2  geleitet  worden  war, 
Waschen  des  gasförmig  entweichenden  Chloräthyls  durch 
viel,  etwa  20°  warmes  Wasser,  und  Trocknen  desselben 
durch  Chlorcalcium.  Die  beste  Ausbeute  giebt  ein  mit 
2  Teilen  Wasser  verdünnter  und  mit  Chlorwasserstoff 
nahezu  gesättigter  gewöhnlicher  Alkohol. 

Der  Wasserzusatz  zu  den  Alkoholen  ist  deshalb  nötig, 
weil  diese  an  und  für  sich  nicht  genügend  Salzsäure  zu 
lösen  vermögen.  So  teilt  Malbot1  mit,  dafs  wenn 
man     1    1    Amylalkohol    mit     salzsaurem    Gas    sättigt, 


1  Z.  Ch.  1871.  147. 

2  Salzsaures  Gas  entwickelt  man  entweder  so,  dafs  man  nach 
Hofmann  (B.  1.  272)    einen   Kolben    bis    zu    einem  Drittel   seines 
Volumens  mit  roher  Salzsäure  füllt   und  dann  durch  einen  Tropf- 
trichter konzentrierte  Schwefelsäure  vom  spez.  Gewicht  1,848   zu- 
fliefsen  läfst.     Die  nach  anfänglicher  Neigung  zum  Zurücksteigen  (!) 
sehr  regelmäfsige  Salzsäureentwickelung   hört  erst  auf,    wenn    die 
Schwefelsäure  das  spezifische  Gewicht  1 ,566  erreicht  hat.  Sie  enthält 
dann    nur  0,3270  Salzsäure.     Oder  man  bringt   in  einen    sehr  ge- 
räumigen   Kolben    grobe   Salmiakstücke    und    läfst    konzentrierte 
Schwefelsäure     hinzutropfen.    —    Nach    Biltz     (Zeitschr.   phpsik. 
Chem.  2.  965)   soll    man    allerdings    derartige    Gasentwickelungen 
im  Kippschen  Apparate  ausführen,  indem  er  unter  Darlegung  der 
Oiünde  nachweist,    dafs   alle    anderen  bisher  für    den  Zweck  vor- 
geschlagenen Apparate  diesem   bei  weitem   nachstehen;    doch   ist 
dessen  Verwendung  für  die  Reaktion  zwischen  Salmiak  und  Schwefel- 
saure insofern  nicht   ungefährlich,    als    das    in   der  Schwefelsäure 
gelöst  bleibende  salzsaure    Gas   beim   etwaigen  Umschütteln  sich 

i\     so  plötzlich  entwickelt,  dafs  die  konzentrierte  Säure  aus  der  oberen 
-:j     Öffnung  des  Apparates  hoch  hinaus-   und  weit   umhergeschleudert 


!■»>- 


wird. 

8  B.  Par.  3.  1.  604. 


/ 


170  Chlorieren. 

dessen  Volum  sich  auf  1,7  1  erhöht.  Trotzdem  genügt 
die  HCl -Menge  nicht  zur  völligen  Überführung  in 
Amylchlorid,  und  man  mufs  noch  das  halbe  Volum 
des  Alkohols  an  höchst  konzentrierter  Salzsäure  zufügen. 
Durch  Erhitzen  dieses  Gemisches  auf  120 — 130°  erhält 
man  dann  bei  97°  siedendes,  vom  Alkohol  freies  Amvl- 
chlorid ;  steigert  man  die  Temperatur  auf  150°,  so  bilden 
sich  Nebenprodukte. 

Von  Groves  1  rührt  der  Zusatz  von  Zinkchlorid  (siehe 
auch  den  Abschnitt  „Kondensation")  bei  dieser  Reaktion 
her.  Man  verwendet  nach  ihm  1  Teil  geschmolzenes 
Chlörzink  auf  1,5 — 2.  Teile  Alkohol  und  leitet  in  das 
siedende  Gemisch  unter  Verwendung  eines  Rückfluß- 
kühlere  Salzsäure  ein.  Anfangs  wird  das  Gas  absorbiert, 
bald  aber  entweicht  ebensoschnell  als  das  Einleiten  des- 
selben  erfolgt,  ein  Gasstrom  von  Äthylchlorür  z.  B.  aus  dem 
Kühler.  Auch  Krüger  2  empfiehlt  die  Methode,  der  nach 
Schorlemmer3  nur  der  Übelstand  anhaftet,  daüs,  wenn 
es  sich  um  hoch  molekulare  primäre  Alkohole  handelt, 
das  Chlorzink  zur  Abspaltung  von  H20  aus  ihrem 
Molekül  Veranlassung  giebt,  wobei  sich  dann  andererseits 
ein  Kohlenwasserstoff  der  Athylenreihe  bilden  mufe, 
welcher  sogleich  mit  der  Salzsäure  zu  einem  sekundären 
Chlorid  zusammentritt. 

Auch  in  anderen  Körperklassen  können  auf  diese  Art 
Hydroxylgruppen  durch  Chlor  ersetzt  werden;  so  liefert 
Glykolsäure  Monochloressigsäure,  und  Werigo  und  Mbli- 
KOFP4  erhielten,  als  sie  Glycerinsäure  CHX)H — CHOH 
— COOH  längere  Zeit  mit  einem  grofsen  Überschufs  bei 
0°  gesättigter  Salzsäure  im  Einschlufsrohr  erhitzten,  eine 
Chlormilchsäure  und  Eichlorpropionsäure. 

Von  ganz  besonderer  Wichtigkeit  ist  es,  dais  die 
H'aloidsäuren  auf  die  schwefelsauren  Diazoverbindungen 
so  einwirken,  daüs  halogenisierte  Körper  erhalten  werden. 

Die  Umsetzung  der  schwefelsauren  Diazobenzoesäure 
z.  B.  —  die  man  leicht  aus  der  salpetersauren  gewinnt, 

;  t 

1  Ann.  1U.  372.   —   2  J.  pr.  Ch.  122.  195.    —   *  B.  7.  17». 
4  B.  12.  178. 


Chlorieren.  171 

indem  man  dieselbe,  wie  alle  diese  Verbindungen,  in 
möglichst  wenig  kalter,  verdünnter  Schwefelsäure  (gleiche 
Teile  englische  Schwefelsäure  und  Wasser)  löst  und  die 
Lösung  dann  aufeinanderfolgend  mit  starkem  Alkohol 
und  Äther  versetzt,  wodurch  sie  alsbald  in  Krystallen 
abgeschieden  wird  —  setzt  sich  nach  folgender  Gleichung  um 

CaH4«<N__2j  ggQ  +HC1=^C6H4<;q1        +  N4  +  H,804. 

Auf  1  Teil  Diazosäure  verwendet  man,  wie  Griess  * 
angiebt,  3 — 5  Teile  Haloidsäure.  Nach  beendigter 
Reaktion,  die  sich  durch  Kochen  vollzieht,  erhält  man 
z.  B.  einen  weiisen  Krystallbrei  von  sofort  nahezu  ganz 
reiner  Chlorbenzoesäure. 

Nach  BaeyiSr  resp.  Zincee  lassen  sich  bekanntlich 
primäre  aromatische  Hydrazine  durch  Oxydation  leicht  in 
die  zu  Grunde  liegenden  Kohlenwasserstoffe  überführen. 
Führt  man  die  Reaktion  aber  z.  B.  statt  mit  freiem 
Phenylhydrazin  mit  dessen  salzsaurem  Salz  aus,  so 
erhält  man  in  fast  theoretischer  Ausbeute  Chlorbenzol. 
Und  zwar  verfahren  Gattermann  und  Hölzle2  dazu 
folgender  Art : 

In  einem  Kolben  von  1,5  1  Inhalt,  welcher  mit 
Tropftrichter  und  Kühler  versehen  ist,  wird  eine  Lösung 
Ton  100  g  Kupfersulfat  in  100  ccm  Wasser  bis  zum 
beginnenden  Sieden  erhitzt,  und  dann  eine  heiise  Lösung 
von  10  g  Phenylhydrazin  in  25  ccm  konzentrierter  Salz- 
säure (40%)  und  100  ccm  Wasser  hinzufliefsen  gelassen. 
Unter  äußert  lebhafter  Stickstoffentwickelung  und  Ab- 
scheidung von  metallischem  Kupfer  destilliert  mit  den 
Wasserdämpfen  ein  bei  der  Rektifikation  bei  132° 
siedendes  Öl  Chlorbenzol  über.  Ausbeute  86,4%  der  Theorie. 

Nach  Wallach  und  Köllikeb3  ist,  wenn  man 
10  Teile  reines  salzsaures  Amidoazobenzol  mit  100  Teilen 
Salzsäure  (1,12  spez.  Gewicht)  am  aufsteigenden  Kühler 
kocht,  nach  wenigen  Stunden   alles  Amidoazobenzol  zer- 


1  B.  18.  960.  —  *  B.  25.  1075.  —  8  B.  17.  396. 


172  Chlorieren. 

legt.      Leitet    man   jetzt    einen    Dampfstrom    durch  dm  ■* 
Reaktionsprodukt,   so    geht   mit    diesem   etwas  TrictÜor- 
hydrochinon  über.    Ausbeute  sehr  gering. 

Nach  Losanitsch1  kann  man  die  Amidogruppe  der 
aromatischen  Amine  unter  Umgehung  der  Diazotienmg 
durch  Halogene  ersetzen,  indem  man  ein  Gemisch  von 
Halogenwasserstoff  und  Salpetersäure  auf  sie  wirken  labt 
Die  Methode  scheint  nach  den  mitgeteilten  Resultaten 
nicht  sehr  empfehlenswert. 

Man  kann  auch  von  bromierten  und  jodierten  Körpern 
zu  gechlorten  in  der  Art  kommen,  daüs  man  sie  in  Lösung 
mit  Chlorsilber  längere  Zeit  unter  häufigem  Schütteil 
behandelt.  Unter  Bildung  von  Brom-  resp.  Jodsilber  tritt 
dann  Chlor  an  die  Stelle  dieser  Halogene.  Digeriert  nun 
nach  Conrad  und  Eckhardt  2  z.  B.  die  heifse  wässerige 
Lösung  von  Oxychinaldinjodmethylat  mit  der  nötige» 
Menge  frisch  gefällten  Chlorsilbers  und  engt  die  abfiltrierte 
jodfreie  Flüssigkeit  etwas  ein,  so  erhält  man  gut  aus- 
gebildete Krystalle  von  Oxychinaldinchlormethylat. 

Auch  gasförmiges  Chlor  vermag  natürlich  die  ander» 
Halogene  auszutreiben;  so  gelangte  Weitz3  zum  Tet» 
chlorthiophen,  indem  er  durch  Dibromthiophen  bis  tat 
vollständigen  Austreibung  des  Broms  einen  starken  Chlor- 
ström  leitete,  wobei  mit  Eiswasser  gekühlt  ward,  und 
das  Reaktionsprodukt  hernach  längere  Zeit  mit  alko- 
holischem Kali  kochte,  um  Additionsprodukte  zu  zerstören. 
Schliefslich  lieferte  die  fraktionierte  Destillation  reines 
C4C14S. 

Statt  auf  freie  Säuren  ist  es  manchmal  vorteilhafter 
das  gasförmige  Chlor  auf  deren  Silbersalze,  die  man  in  j 
Äther4  oder  Chloroform  aufschwemmt,  wirken  zu  lassen; 
man  kommt  dann  ebenfalls  zu  den  gechlorten  Säuren. 
Läüst  man  es  mit  den  trockenen  Salzen  in  Reaktion 
treten,  so  entstehen,  wie  vorauszusehen,  komplizierten 
Produkte;  so  liefert  nach  Ejrutwig5  Silberacetat  hierbei 


1  B.  18.  39.  -  8  B.  22.  74.  —  3  B.  17.  795. 
4  J.  pr.  Ch.  140.  111.  -     5  B.  15.  1340. 


Chlorieren.  173 

loracetylchlorid,  und  nach  Nef1  geht  Chloranilsäure 
Form  ihres  Silbersalzes  durch  Chlor  bei  Ausschluß 
i  Wasser  in  Tetrachlortetraketohexamethylen  über. 

Manchmal  wirkt  auch  das  Chlor  —  und  ebenso  das 
om  —  nur  auf  die  salzartige  Verbindung  eines  Körpers, 
>ht  auf  ihn  selbst.  So  kann  man  Chlornitromethan 
I8(N02)C1  nur  durch  Einwirkung  von  Chlor  auf  Nitro- 
sthannatrium  oder  -kalium2  erhalten.    (Siehe  Seite  148). 

Sollte  man  in  die  Lage  kommen  Chlor  in  berech- 
ter Menge  im  Einschiufsrohr  entwickeln  zu  wollen,3  so 
rfährt  man  nach  Beilstein  so:  Man  giefst  in  die 
öhre  etwa  25  ccm  rauchende  Salzsäure,  über  welche 
an  einen  Bausch  aus  Glaswolle  schiebt ;  dann  bringt  man 
te  zu  chlorierende  Substanz  und  zuletzt  die  berechnete 
[enge  von  Kaliumbichromat  hinein.  Nach  dem  Zu- 
ihmelzen  erhitzt  man  alsdann  das  Rohr  behufs  Chlor- 
tttwickelung. 

Während  Chlor  auf  die  gesättigten  Körper  der  alipha- 
ischen  Reihe  nur  substituierend  wirken  kann  und  leicht 
Q  diesem  Sinne  reagiert,  verläuft  seine  Einwirkung  wegen 
•ßr  doppelten  Bindungen  in  den  aromatischen  Körpern  auf 
iese  mehr  im  Sinne  einer  Addition,  und  so  erhält  man 
«im  Einleiten  von  Chlor  in  Benzol  hauptsächlich  Benzoi- 
lexachlorid.  Man  erkennt  das  schon  äufserlich  daran, 
ä&  keine  Salzsäure  entweicht,  deren  Auftreten  doch  mit 
eder  Chlorsubstitution  verbunden  sein  mufs: 

CLEL  -  -  CL  =  CaHaCI 


6"6 


e  —  ^e-^e^'e 


C6Ha  +  Cl,  =  C6H5  Cl  +  HCl. 

Müller4  fand  nun,  als  er  jodierte  Verbindungen  der 
romatischen  Reihe  herstellen  wollte  und  diese  zu  dem 
weck  mit  Chlorjod  behandelte,  dals  zwar  sehr  heftige 
inwirkung  statthatte,  aber  nur  gechlorte  Produkte  ent- 
laden. Dies  veranlafste  ihn  das  Mittel  auch  beim 
mzol  zu  versuchen,  und  wirklich  veranlagte  die  Zugabe 
q  ein  wenig  Jod   zu  diesem   nach   dem  Einleiten  von 


1  B.  25.  842.  —  8  B.  8.  608.  —  s  Ann,  179.  287. 
«  Z.  Ch.  1862.  100. 


1 74  Chlorieren. 

Chlor  eine  regelmäßige  Salzsäuregasentwickelung.  Hervor- 
gerufen wird  die  Wirkung  durch  das  sich  bildende  Chlor- 
jod, welches  nach  der  Gleichung 

C6H6  +  CU  =  C6H5C1  +  HJ 
unter  Jodwasserstoffbildung  einwirkt.     Dieser  geht  aber 
mit  dem  vorhandenen  Chlor  nach  der  Gleichung 

H  J  +  Cl2  =  HCl  +  C1J 
immer  wieder  in  Chlorjod  über. 

Ein  so  ausgezeichnetes  Mittel  das  Jod  für  Chlorüber- 
tragungen ist,  so  hat  es  doch  den  Nachteil,  dais  sich  in 
seiner  Gegenwart  immer  ein  wenig  jodierte  Verbindungen 
bilden. 

Schon  früher  hatte  Wöhleb  auf  die  chlorierende 
Eigenschaft  des  Antimonchlorids  aufmerksam  gemacht, 
und  hatte  Hofmann1  Tetrachlorkohlenstoff  aus  Chloroform 
im  zerstreuten  Tageslicht  so  erhalten,  dafs  er  dieses  dem 
Chloroform  zusetzte  und  hierauf  Chlor  durchleitete.  Für 
aromatische  Verbindungen  scheint  es  zu  jener  Zeit  nicht 
verwendet  worden  zu  sein. 

Als  sich  dann  bei  Versuchen  Molydbdänpentachlorid 
aus  Benzol  umzukrystallisieren,  zeigte,  dafs  es  dieses  in 
der  Wärme  unter  Entwickelung  von  Strömen  von  Chlor 
Wasserstoff  zersetzte,  vermutete  Lothar  Meter8  in  ihm 
einen  Ersatz  für  das  Jod  als  Chloruberträger.  Versuche 
Aronheims  bestätigten  diese  Annahme. 

Nach  ihm  absorbieren  500  g  Benzol,  mit  etwa  l°/i 
ihres  Gewichtes  Molybdänpentachlorid  versetzt,  beim  Er- 
hitzen auf  dem  Wasserbade  am  Rückflufskühler  einen 
kräftigen  Chlorstrom  so  begierig,  dafs  lange  Zeit  nur 
Spuren  von  Chlor  dem  in  Strömen  entweichenden  Chlor- 
wasserstoffgase  beigemischt  sind. 

Auch  Schwefelkohlenstoff3  wird  bei  Gegenwart  dieses 
Überträgers  sehr  stark  von  Chlor  angegriffen. 

Die  schwierige  Herstellung  des  Molybdänpentachlorids* 
legte  es  nahe,  nach  Metallchloriden  zu  suchen,  welche 
so  wirksam  wie  Mo  Cl5  aber  leicht  zugänglich  sind. 


1  Ann.  115.  266.  -  *  B.  8   1400.  —  3  B.  9.  1788. 
4  Ann.  169.  344 


Chlorieren.  175 

Die  Untersuchungen  Pages1  ergaben,  dafs,  abgesehen 
i  MoCl5  und  SbCl5,  noch  MoCls,  FeCV  A101*> 
Dl  und  TIOI3  als  wirksame  Chlorüberträger  in  Betracht 
amen. 

Namentlich  Eisenchlorid  und  die  Chloride  des  Thal- 
na  sind  empfehlenswert.  Mit  ihnen  geht  die  Chlo- 
rung sehr  rasch  und  regelmäfsig  vor  sich.  Chlorthallium 
bet  aber  den  weiteren  Vorzug,  sich  von  dem  Reaktions- 
dukt  leicht  trennen  zu  lassen,  während  Eisenchlorid 
:>lge  von  Nebenzersetzungen  oft  erhebliche  Rückstände 
iert. 

In  75  g  Nitrobenzol,  welches  von  Chlor  allein  nicht 
jegriffen  wird,  wurden  9,56  g  wasserfreies  Eisenchlorid 
getragen  und  bei  100°  ein  langsamer  Chlorstrom  durch- 
eitet;  die  erreichte  Gewichtszunahme  betrug  82,57  g: 
hatte  sich  hauptsächlich  Tetrachlornitrobenzol  gebildet; 
ide  das  Einleiten  bei  noch  höherer  Temperatur  fort- 
letzt, so  ging  es  in  Perchlorbenzol  C6  Cl6  über.  Nach 
tu  Auswaschen  mit  Wasser  ward  aus  Schwefelkohlen- 
ff  Timkrystallisiert. 

Im  allgemeinen  wird  ein  Zusatz  von  2%  trockenem 
eenchlorid  genügen. 

Beilstein  und  Kurbatow2  arbeiten  mit  Antimon- 
Lehlorid  folgendermafsen:  20  g  Nitrobenzol  z.  B.  werden 
it  40  g  Sb  Cl3  erwärmt  und  durch  das  Gemisch  ein 
Bcher  Chlorstrom   geleitet.     Sobald  der  Kolben  68  g 

Gewicht  zugenommen  hat,  wäscht  man  dessen  Inhalt 
eheinander  mit  Salzsäure,  Wasser,  Natronlauge  und 
eder  mit  Wasser.  Bei  der  Destillation  wird  das  von 
0—245°  Übergehende  für  sich  aufgefangen  und  stark 
gekühlt,  worauf  sich  Metachlornitrobenzol  in  Krystallen 
scheidet. 

Folgendes  Verfahren  wird  im  gro&en3  verwendet: 
ae  Mischung  von   5  Tln.  Phtalsäureanhydrid  mit  ca. 

Tln.  Antimonpentachlorid  wird  einige   Stunden  auf 

200°  erwärmt.  Unter  fortwährendem  Erhitzen  leitet 
n  durch    die  geschmolzene  Masse    8  bis  12  Stunden 


1  Ann.  225.  199.  —  8  Ann.  182.  102.  —  8  D.  R.-P.  32564. 


176  Chlorieren. 

einen  Chlorstrom,  wodurch  beinahe  das  ganze  Qua^^ 
des  in  Arbeit  genommenen  Phtalsäureanhydrids  ine.  ' 
vierfach  gechlorte  Verbindung  umgewandelt  wird.  D  "■** 
Destillation  entfernt  man  zunächst  das  Antimonp02^ 
chlorid  (oft  gemischt  mit  Antimon trichlorid),  weLeift 
für  eine  neue  Operation  verwendet  wird.  Nachdem  dk 
Antimonverbindungen  übergegangen  sind,  destilliert  dann 
bei  weiterem  Erhitzen  das  Anhydrid  der  entstanden« 
Tetrachlorphtalsäure. 

Statt  der  Chloride  kann  man  auch  die  trockenes 
Metalle  in  Pulverform  in  die  Flüssigkeiten  eintragen ;  der 
Chlorstrom  führt  sie  im  Verlauf  der  Reaktion  in  die  ent- 
sprechenden Metallchloride  über. 

Nach  Willgerodt1  ist  die  Halogenübertragung  der 
Elemente  zum  Teil  eine  Funktion  ihrer  Atomgewichte. 

Willgerodt  und  Salzmann2  chlorierten  Parabron- 
toluol  z.  B.  in  Gegenwart  metallischen  Eisens.  Bali 
nach  Beginn  der  Chlorentwickelung  tritt  erhebliche  Tempe- 
raturerhöhung ein,  unter  deren  Einfluß  das  p-Bromtoluol 
schmilzt ;  schliefslich  wird  es  notwendig  etwas  zu  kühlen. 
Ergiebt  die  Wägung  eine  genügende  Chlorzunahme,  w 
sistiert  man  den  Prozeüs.  Das  durch  gelöste  Eisen- 
Verbindungen  braun  gefärbte  Chlorierungsprodukt  schfiW 
man  zu  seiner  Reinigung  mit  verdünnter  Natronlauge  und 
wäscht  es  hernach  mit  Wasser.  Bei  der  fraktioniert* 
Destillation  der  entwässerten  farblosen  Flüssigkeit  gÄ 
der  größte  Teil  derselben  zwischen  210—220°  tiW 
und  ist  ein  Gemisch  der  beiden  nach  der  Theorie  von» 
zusehenden  Monochlorparabromtoluole. 

Petricou3  erwärmte  400  ccm  Benzol  nach  Zugabe  tt» 
90  g  granuliertem  Zinn  am  Rückflufskühler  unter  Durch- 
leiten  eines  Chlorstromes.     Nach  36  Stunden   hatte  fflA 
Dichlorbenzol,  nach  86  Stunden  Tetrachlorbenzol  gebildet.; 
Die  Bequemlichkeit,   mit   der   sich   das  Chlormetall 
dem  Reaktionsgemisch  mit  Wasser  auswaschen  läfst, 
wohl  durch  die  Länge  des  Prozesses  fast  illusorisch. 


1  J.  pr.  Ch.  143.  391.  —  8  J.  pr.  Ch.  147.  465. 
3  B.  Par.  3.  3.  189. 


Chlorieren.  177 

Das  Phosphorpentachlorid  ist  ein  allgemein  für  den 
Ersatz  von  Hydroxylgruppen  durch  Chlor  verwendbares 
Agens.  Cahoürs1  hat  zuerst  es  selbst  genau  und  .dann 
seine  Einwirkung  auf  Zimmtsäure,  Benzaldehyd  u.  s.  w. 
untersucht,  nachdem  Dumas  und  Peligot  es  einmal  zur 
Gewinnung  von  Cetylchlorid  aus  Cetylalkohol  schon 
10  Jahre  früher  (1836)  benutzt  hatten.  Namentlich  wird 
es  zur  Überführung  der  Säuren  in  Säurechloride  gebraucht. 
Der  Vorgang  vollzieht  sich  z.  B.  bei  der  Bernsteinsäure 
nach  folgender  Gleichung: 

'  CH2  — COOH  CH,—  CO.  Gl  jF 

I  +2PC16=|    "  +  2POCr8  4- 2HC1. 

CH2  — COOH  CH2-C0.C1 

Läfst  man  die  Einwirkung  auf  Säureanhydride  vor  sich 
gehen,  so  braucht  man  nur  die  Hälfte  des  Pentachlorids 

CH2  — COx  CH2— CO.C1 

CH,  — CO/  CH8  — CO.C1 

(Statt  der  Säuren  kann  man  auch  deren  Alkalisalze 
mit  dem  Chlorid  behandeln 

C6H5 .  COONa  +  PC16  =  C6H5 .  CO .  Cl  +  P0C18  +  NaCl 

Dies  kann  von  Interesse  sein,  wenn  die  freien  Säuren 
schwer  wasserfrei  zu  erhalten  sind.) 

Das  Verfahren  ist  in  allen  diesen  Fällen  derart,  dafs 
man  zur  trockenen  Säure  allmählich  das  Phosphorpenta- 
chlorid zusetzt.  Falls  die  Einwirkung  sehr  heftig,  kühlt 
man,  resp.  kühlt  man  die  Säure  und  das  Chlorid  schon 
bevor  man  sie  zusammengiebt,  möglichst  stark  ab.  Als 
Apparate  dienen  Kolben  oder  Retorten,  die  mit  Rück- 
flufskühlern  versehen  sind. 

Paganini2  fand,  dais  die  Einwirkung  des  Pentachlorids 
übrigens  auch  auf  Oxyazokörper  in  charakteristischer  Weise 
verläuft.  Nach  zweistündigem  Erwärmen  gleicher  Mole- 
küle p-Toluazophenol  und  PC15  z.  B.,  auf  dem  Wasser- 
bade resultierte  eine  orangerote  Schmelze,  die  durch 
Behandeln  mit  Wasser  von  den  überschüssigen  Phosphor- 
chloriden  befreit  wurde.     Eine  Trennung  der  beiden  bei 


1  Cr.  22.  846  u   25.  724.  —  a  B.  24.  365. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  12 


178  Chlorieren. 

der  Reaktion  gebildeten  Körper  liefe  sich  so  ausführen, 
daüs  siedender  Alkohol  dem  chlorierten  Körper  p-Toluol- 
azochlorbenzol 

C*H*<N  =  N.C6H4C1 
löste,  während  deraus  Aceton  uinloystallisierte  Rückstandsieh 
als  p-Toluolazophenylphosphat  PO  (OC6H4NNC6H4CH8)l 
erwies. 

Zur  Mälsigung  der  Einwirkung  übergieM  man  wohl 
auch  das  Phosphorpentachlorid  mit  etwa  seinem  fünf- 
fachen Gewicht  Phosphoroxychlorid  und  chloriert  mit 
diesem  Gemisch,  oder  man  bedient  sich  des  Bensolfl, 
Chloroforms,  Petroläthers  als  Verdünnungsmittel. 

Baeyer1  erwärmte  5  g  Isatin  mit  6— 7  g  Funflach- 
chlorphosphor  und  8 — 10  g  trockenem  Benzol  in  einem 
mit  Kühlrohr  versehenen  Kölbchen.  Nach  Beendigung 
der  sehr  lebhaften  Einwirkung  erstarrte  das  Ganze  n 
braunen  Krystallen  von  Isatinchlorid  C8H4C1N0.  Aus- 
beute 4  g  anstatt  5,5  g. 

Geigy  und  Königs2  lösten  Orthonitrobenzylalkohol, 
in  ähnlicher  Weise  wie  es  bei  der  Darstellung  der 
Chloride  der  Chinaalkaloide  geschieht,  in  10  Teilen 
trockenen  Chloroforms,  trugen  dann  allmählich  unter 
Abkühlung  die  berechnete  Menge  Phosphorpentachlorid 
ein  und  zersetzten  das  gebildete  Phosphoroxychlorid  durch 
Zusatz  von  Wasser.  Darauf  wurde  die  Chloroformschictt 
abgehoben  und  nach  dem  Abdestillieren  des  Chloroforms 
das  Orthonitrobenzylchlorid  erhalten. 

CÄCNO^CH^H  +  PC16=C6H4(N02)CH,C1  +  POC1, + HCL 

Bebeenheim3  übergofs  etwas  mehr  als  die  theoretische 
Menge  von  Phosphorpentachlorid  mit  Petroläther  vsA 
trug  Menthol  in  kleinen  Portionen  unter  sorgfältiger  Biß- 
kühlung  ein,  indem  er  nach  jedesmaliger  Zugabe  du 
Aufhören  der  Salzsäureentwickelung  abwartete.  Nach 
Entfernung  des  Petroläthers  wurde  das  erhaltene  Produkt 
destilliert,  wobei  aus  100  g  Menthol  70  g  einer  bei 
209—210°    und    15  g   einer    bei    167—169°    siedenden 


1  B.  12.  456.  —  2  B.  18.  2402.  —  3  B.  25.  686. 


» 


Chlorieren.  179 

raktion  erhalten  wurden ;  erstere  erwies  sich  als  Menthyl- 
Üorid  010H19C1,  letztere  als  ein  Menthen  C10Hl8,  welches 
eine  Entstehung  also  der  wasserentziehenden  Einwirkung 
lee  Pentachlorids  auf  Menthol  C10H19OH  verdankt. 

Wallach  x  löste  45  g  Fenchylalkohol  in  80  g  niedrig 
siedendem  Petroläther  und  trug  nach  und  nach  60  g 
Phosphorpentachlorid  in  die  Lösung  ein.  Es  findet  eine 
lehr  lebhafte  Reaktion  statt,  nach  deren  Beendigung  die 
RfiSfflgkeit  von  den  kleinen  Mengen  nicht  verbrauchten 
Ohlorphosphors  abgegossen,  und  durch  Destillation  aus 
dem  Wasserbade  im  Vacuum  von  Petroläther  und 
Phosphoroxychlorid  möglichst  befreit  wird.  Das  Fenchyl- 
chlorid  ist  flüssig,  und  da  es  daher  durch  Krystallisation 
nicht 'zu  reinigen  ist,  wurde  gesucht  es  durch  Destillation 
mit  Wasserdampf  von  den  anhängenden  Phosphorverbin- 
dungen vollkommen  zu  befreien.  In  der  That  geht  das 
Chlorid  mit  den  Dämpfen  über,  und  eine  fraktionierte 
Destillation  im  luftverdünnten  Raum  liefert  es  schliefslich 
ganz  rein. 

Pechmann  2  befeuchtete  in  einem  Fraktionirkolben  mit 
angeschmolzener  Vorlage  14  g  rohe  Cumalinsäure  mit 
Phosphoroxychlorid  und  mischte  portionsweise  22  g 
Phoephorpentachlorid  dazu,  während  gleichzeitig  auf  dem 
wasserbade  erwärmt  wurde.  Nach  Beendigung  der  leb- 
haften Reaktion  wird  das  Phosphoroxychlorid  aus  dem 
Ölbade,  der  Rückstand  im  luftverdünnten  Räume  ab- 
destilliert,  und  bei  80  mm  Druck  ging  alles  bei  cirka 
180°  über.  Es  gelang  aber  nicht,  das  so  erhaltene 
Chlorid  der  Cumalinsäure  völlig  von  Phosphorverbindungen 
*n  befreien. 

Hat  man  Phosphorpentachlorid  in  einer  der  oben 
^Wähnten  Arten  auf  Säuren  wirken  lassen,  so  erhält  man 
ho  ein  Gemisch  von  Säurechlorid  und  Phosphoroxy- 
Üorid. 

Sollte  man  einen  Überschufs  von  Pentachlorid  an- 
wendet haben,  so  giebt  man  ein  wenig  Phosphor  zu ; 


1  Ann.  263.  148.  —  *  Ann.  264.  282. 

12' 


180  Chlorieren. 

hierdurch  bildet  sich  aus  diesem  Phosphortrichlorid,  das 
als  eine  bei  74°  siedende  Flüssigkeit  nunmehr  leicht  ab- 
destilliert werden  kann. 

Das  Gemisch  von  Säurechlorid  und  Oxychlorid  trennt 
man,  wenn  beide  unzersetzt  flüchtig,  durch  fraktionierte 
Destillation,  die  man,  wenn  nötig,  im  luftverdünnten 
Raum  ausführt. 

Krafft  und  Bürger1  teilen  mit,  dafia,  wenn  man 
gleiche  Moleküle  der  höheren  Homologen  der  Essigsäure 
in  fein  geriebenem  Zustande  mit  Phosphorpentachlorid 
zusammenbringt,  die  alsbald  beginnende  Reaktion  durch 
kurzes  Erwärmen  auf  dem  Wasserbade  unterstützt  und 
zur  Verjagung  des  Phosphoroxychlorids  im  luftverdünnten 
Räume,  zuletzt  unter  nur  cirka  15  mm  Druck  bis 
gegen  150°  erhitzt,  das  in  der  Retorte  zurückbleibende  Öl 
genau  soviel,  als  der  Theorie  nach  von  einem  Säure- 
chlorid C^B^n^ — OC1  sich  bilden  mufs,  wiegt.  Sie 
stellten  so  Laurylchlorid  C12H230C1,  Myristylchlorid 
CUH270C1  u.  s.  w.  dar,  und  die  Produkte  erwiesen  sich 
unmittelbar  als  rein. 

Grabe  und  Bungen  er2  erhielten  bei  der  Darstellung 
des  Chlorids  der  Phenylessigsäure,  welches  sie  durch 
Destillation  reinigen  wollten,  nur  10%  Ausbeute,  obgleich 
die  Einwirkung  des  Fünffachchlorphosphors  den  Eindruck 
einer  glatten  Reaktion  machte.  Bei  Wiederholung  da 
Prozesses  mischten  sie  gleiche  Moleküle  der  Ausgangs- 
materialien, sofort  trat  die  Reaktion  wiederum  unter 
Erwärmen  ein.  Das  erhaltene  Produkt  wurde  aber  ab- 
dann,  um  das  Phosphoroxychlorid  zu  verjagen,  nicht 
destilliert,  sondern  auf  110 — 120°  erwärmt  und  ein 
trockener  Kohlensäurestrom  durchgeleitet,  bis  nichts  mehr 
überging.  Hierauf  blieb  das  Chlorid  in  der  Retorte  in 
sehr  guter  Ausbeute  kaum  gefärbt  zurück. 

Derartigen  Rückstand  thut  man  gut,  mit  absolutem 
Äther  aufzunehmen,  um  etwa  mitgebildetes  Säureanhydrid, 
dessen  Entstehung  Phosphorpentachlorid  ebenfalls  ver- 
anlassen kann, 


1  B.  17.  1378.  -  *  B.  12.  1079. 


Chlorieren.  181 

C2H4(C02H)2  +  PCI.  =  CA<gj.>  0  +  2HC1+P0C18 

zu  lösen. 

Eine  ganz  anjiere  Art ,  der  Entfernung  des  Phosphor- 
oxychlorids  ist  die,  dafs  man  das  durch  Einwirkung  des 
Phosphorpentachlorids  erhaltene  Reaktionsgemisch  so 
lange  mit  trockenem  Petroläther  versetzt,  als  sich  die 
Trübung  noch  vermehrt.  Nach  kräftigem  Umschütteln,, 
da  Phosphoroxychlorid  und  Petroläther1  3ich  nur  schwer 
mischen,  setzt  sich  bei  längerem  Stehen  dann  das  Säure- 
chlorid am  Boden  ab. 

Phosphorpentachlorid  führt  auch  die  Sulfosäuren  in 
Chloride  über,  z:.  B.  ...».-. 

C6H6 ,  S08a+ PC16 = C6H6 .  S02C1  +  PÖGlj  +  HCl. 

Die  Ausführung  des  Verfahrens  ist  die  gleiche  wie 
bei  den  Säuren  mit  Carboxylgruppenj  nur  finden  sich 
hier  manchmal  Ausnahmen.  So  kann  nach  Claus  und 
Knyrtm2  das  Chlorid  der  a«Naphtol-/ff-sulfosäure  nicht 
erhalten  werden,  sondern  es  bleibt,  wenn  man  1  Molekül 
des  Natriumsalzes  der  Säure  mit  1  Molekül  Pentachlorid 
zur  Reaktion  bringt ,  ein  Teil  des  sulfosäuren  Salzes 
unverändert,  während  ein  anderer  Teil  in  Dichlornaphtol 
übergeführt  wird.  Ganz  ähnlich  verhält  sich  die  ^-Naphtol- 
o-sufibsäure,3  dagegen  kam  Zielstorfp4  zum  Chlorid  der 
Diphenyldisulfosäure,  indem  er  deren  Kaliumsalz  bei  180° 
trocknete  und  es  hernach  mit  2  Molekülen  PC15  erwärmte. 
Nachdem  das  Reaktionsgemisch  mit  Wasser  bis  zur  neu- 
tralen Reaktion  gewaschen  war,  lieferte  Umkrystallisieren 
aus  Chloroform  den  gesuchten  Körper  in  reinem  Zustande. 

Auch  aus  Äther,  Benzol,  Essigsäure,  Schwefelkohlen- 
stoff5 lassen  sich  solche  Sulfochloride  umkrystallisieren. 
So  löste  JikfeL6  z.  B.  das  Tiophendisulfochlorid 

in  Äther,  aus   dem  es  dann  in  Nadeln  krystallisierte. 


1  B.  8.  301.  —  *  B.  18.  2926.  —  3  B.  18.  3157. 
4  Dissertation.  :Greifswald  1890.   —  b  B   24.  B.  654. 
6  B.  19.  189. 


182  Chlorieren. 

Sulfochloride  sind  nämlich,  im  Gegensatz  zu  den 
eigentlichen  Säurechloriden,  oft  von  sehr  grofser  Beständig- 
keit auch  gegenüber  dem  Wasser,  so  dafe  man  manche 
von  ihnen  anhaltend  mit  diesem,  oder  besser  mit 
schwachen  Alkalien,  kochen  mufs,  um  sie  in  die  zu- 
gehörige Sulfosäure  überzuführen. 

Babbaglia  und  Kekule1  fanden,  dafs  die  Sulfo- 
chloride durch  Phosphorpentachlorid  bei  200°  glatt  im 
Sinne  der  Gleichung 

C6H5 .  SÜ2C1  +  PC16  =  C6H6C1  +  S0C12 +P0C1, 

zerlegt    werden.     Von    Michaelis2    ist   die  Entstehung 
dieser  Produkte  in  etwas  anderer  Weise  gedeutet  worden. 

Königs  und  Geigy3  sind  auf  die  Art  zu  bis  dahin 
unbekannten  gechlorten  Produkten  gekommen,  indem  ne 
z.  B.  das  Bariumsalz  der  Pyridinsulfosäure  mit  Phosphor- 
pentachlorid auf  200°  erhitzten.  Die  Reaktionsmasse  wild 
in  Eiswasser  eingetragen  und  nach  Zersetzung  der  Chlor 
phosphorverbindungen  mit  Wasserdampf  destilliert.  Ans 
dem  Destillat  konnten  sie  ein  Di-  und  ein  Trichlor- 
Pyridin  isolieren. 

Ähnlich  verfuhr  Erdmann4  mit  der  NaphtvlamiB- 
sulfosäure. 

Phosphorpentachlorid  ersetzt  in  Aldehyden  und  Ke- 
tonen  den  Sauerstoff  durch  Cl2",  so  liefert  Aldehyd  Äthyt 
denchlorid 

CH8 .  CHO  +  PC16= CH8 .  CHC12  +  P0C1,. 

Es  wirkt  auch  lebhaft  auf  Säureoyanide  ein.  Bei  d» 
Behandlung  mit  Benzoylcyanid  entsteht  nach  ClaisHJ* 
ein  gelb  gefärbtes  Reaktionsprodukt;  wird  dies  auf  Eifr 
wasser  gegossen,  so  scheidet  sich  ein  schweres  Öl  ab, 
welches  vom  noch  beigemengten  Cyanid  durch  Waschen 
mit  etwas  Kalilauge  befreit  und  durch  Rektifizieren 
gereinigt  wird.  Es  erweist  sich  als  Phenyldichlor- 
acetonitril 

C6H6 .  CO .  CN  +  PC15 =C6H6 .  CC12 .  CN  +  P0C18. 


1  B.  5.  876.  —  2  B.  5.  929.  —  3  B.  17.  1832. 
4  B.  20.  3185.  —  fi  B.  12.  626. 


Chlorieren.  183 

Auf  Phenylglyoxyisäureester  wirkt  es  so,  dafs  es  ihn 
in  Phenyldichloressigsäureester  überführt, 

C6H5 .  CO .  COO .  C2H6  +  PC16=C6H5 .  CC12 .  COO .  C2H5 .  +  POCl8 

der  durch  fraktionierte  Destillation  rein  erhalten  wird. 

Von  Wallach5  rührt  die  Beobachtung  her,  dafs  das 
Pentachlorid ,  wenn  in  einem  Säureamid  mehrere  00- 
G nippen  vorhanden  sind,  zuerst  dasjenige  Saueratoffatom 
durch  2  Atome  Chlor  ersetzt,  welches  sich  am  gleichen 
Kohlenstoffatom  mit  der  NH2-Gruppe  befindet 

COO.C2H6  COO.C2H5 

+  PClß=  I  +POCL 

CO.NH2  6      CC12.NH,  8 

Oxamethan  dadurch  in  Bichloramidoessigsäureester  über- 
geht. Aus  50  g  Oxamethan  wurden  50  g  Chlorprodukt 
erhalten,  die  durch  Petroläther  abgeschieden  wurden. 

Von  Wichtigkeit  ist  diese  Reaktion  zur  Auf- 
klärung    der  Jndigsynthese    geworden.     Versucht     man 

CO  CO 
Isatin  C6H4jtjj| I   (Pseudoisatin)  zu  reduzieren,  so  werden 

alle  Reduktionsmittel  sich  ausschliefslich  auf  die  CO- 
Gruppe  werfen,  die  unmittelbar  mit  dem  Benzolrest 
verbunden  ist.  Dagegen  gelang  es  Baeter2  durch 
Behandeln  des  Isatins  mit  Phosphorpentachlorid  und 
nachherige  Reduktion  auch  die  andere  CO-Gruppe  zu 
desoxydÄfc^  die  mit  dem  NH  in  Verbindung  steht. 
Als  ZS^Hgnprodukt  bildet  sich  jedenfalls  das  Imid- 
chlorid  'awlsatins 

/C0.CC1 

Nach  Colson  und  Gautier3  kann  man  mittelst  des 
Pentachlorids  bestimmte  Mengen  Chlor  in  Homologe  des 
Benzols  einführen;  erst,  wenn  der  Wasserstoff  der  Seiten- 
ketten ersetzt  ist,  tritt  Chlor  in  den  Kern.  Man  erhitzt 
zu  dem  Zweck  im  Einschlufsrohr  gegen  200°.  Sie  er- 
hielten auf  diese  Art  z.  B.  Hesachlorxylol  C6H4(CC13)2. 

1  B.  8.  301.  —  *  B.  11.  1296.  —  8  Cr.  102.  690 


184  Chlorieren. 

'  Die  häufige  Verwendung  des  Acetylchlorid  für  Acetj- 
lierungszwecke  läfst  es  nicht  unangebracht  erscheinen 
darauf .  hinzuweisen,  dafs  es  auch  chlorierend. wirken  \m 
Wenigstens  erhielt  Becker1  bei  der  Einwirkung  yoü 
Chloracetyl  auf  Azobenzol  hauptsächlich  p:Diohlora»- 
benzol  und  p-Chloracetanilid,  als  er  die  Körper  bei  160* 
im  Einschlufsrohr  4  Stunden  aufeinander  wirken  lieb. 

Bredt*  fand,  daJs,  wenn  man  Lävulinsäure  mittinea 
Überschufs  von  Acetylchlorid  (2  Mol.)  versetzt,  eine» 
heftige  Reaktion  eintritt,  dals  man  sie  durch  Kühlung 
mälsigen  mufs.  Nachdem  bei  der  Destillation  im  Vacuwi 
das  überschüssige  Acetylchlorid  und  die  Essigsäure 
verdampft  waren,  ging  der  Rest  unter  15  mm  Druck 
bei  80°  über,  und. erwies  sich  als  Lävulinsäurechlorid. 

Des  Antimonpentachlorids  als  Chlorüberträgers  irf 
bereits  gedacht  worden.  Es  kann  aber  auch  selbst  ab 
chlorierendes  Mittel  dienen.  So  erhitzte  Beilsthä1 
l  Teil  p-Chlorbenzoesäure  mit  7,5  Teilen  von  ihm  einig« 
Stunden  auf  200°.  Den  Röhreninhalt  befreite  er  durch 
konzentrierte  Salzsäure  vom  Antimon,  löste  die  Säureffl 
Ammoniak,  verdunstete  zur  Trockene  und  kam  » 
schließlich  durch  erneuten  Säurezusatz  zur  Dichlor^ 
benzoesäure. 

Von  Merz  und  Weith4  ist  dies  Pentachlorid  zu* 
Perchlorieren,  d.  h.  zur  Gewinnung  solcher  Chlorierung 
süufe.n,  bei  denen  alle  doppelten  Bindungen  des  Atfr 
gangsmateriais  durch  einfache  ersetzt  sind,  verwende 
worden.  Der  zu  untersuchende  Körper  wurde  ftl 
gewöhnlich  mit  sehr  viel  überschüssiger  Antimonver 
Bindung  versetzt,  im  Einschlufsrohr,  wenn  nötig,  W 
350°  erhitzt,  und  dies  so  lange  fortgesetzt,  bis  gl 
keine  Chlorwasserstoffentwickelung  mehr  zu  bemerk« 
war.  War  die  Einwirkung  des  Chlorids  im  Anfang: 
heftig,  so  wurde  der  Körper  zuerst  mit  gasförmige 
Chlor  behandelt*  ■;  Vom  Phenanthrenchinon  kamen  J 
so     zum      Perchlordiphenyl    C12C110;    Dibenzyl    liefei 


1  J5.  20.  2007.  —  2  Ann.  256.  334.  —  s  Ann.  179.  284. 
*  B.  16.  2870. 


Chlorieren.  185 

Perohlorbenzol  -f-  Perchloräthan,  /0-Naphtonitril  Perchlor- 
benzol  ti.  s.  f. 

Im    Arischlufs    daran    hat   Hartmann1    später    auch 
einige  Körper  der  Fettreihe,  Kohlenwasserstoffe,  Palmitin- 
säure,. Wachs,    der  Perchlorierung    mittelst   jodhaltigem 
Antiirionpentachlorid  bei  300 — 450°  unterworfen.  Schließ- 
lich,   liefern    alle    Perchlormethan    und    Perchlorbenzol, 
welche  Chlorkohlenstoffe  wohl  sozusagen  die  Verbrennungs- 
produkte aller  aliphatischen  Körper  durch  das  Chlor  sind. 
Nach   Henry2    kann    das  Antimonpentachlorid  auch 
zum  Austausch  von  Brom  gegen  Chlor  dienen.    Erwärmt 
man  nämlich  gechlortes  Äthylenbromid  CH2Br — CHClBr 
damit,    so    erhält   man  Monobromdichloräthan  CH2Br  — 
CH012>    und    ebenso    geht    Dibrommethan    dadurch    in 
Dichlormethan  über.3 

Chlorkalk  dient  für  sich  und  bei  Gegenwart  von 
Säuren  als  chlorierendes  Mittel. 

Erhitzt  man  nach  Beilstein4  Orthochlorbenzoesäure 
mit  Chlorkalklösung  zum  gelinden  Sieden,  so  bildet  sich 
leicht  Dichlorbenzoesäure,  aber  es  ist  schwer  die  Bildung 
einer  dreifach  gechlorten  Benzoesäure  zu  vermeiden. 

Nach  Witt  kommt  man  folgender  Art  zu  gechlorten 
Anilinderivaten.  Man  löst  Acetanilid  (5  Tle.)  in  Eisessig 
(10  Tle.)  und  Alkohol  (10  Tle.)  unter  Erwärmen,  verdünnt 
diese  Mischung  mit  Wasser  (100  Tle.)  und  setzt  zu  der 
auf  50°  erwärmten  Lösung  langsam  unter  Umschütteln 
nach  und  nach  100  Teile  einer  kalten  10%  Ca02Cl2 
enthaltenden  Chlorkalklösung.  Alsbald  scheidet  sich  ein 
schneeweißer  aus  kleinen  Nädelchen  bestehender  Nieder- 
schlag ab,  der  nach  einmaligem  Umkrystallisieren  aus 
warmer  Essigsäure  oder  aus  Alkohol  sich  als  reines  Mono- 
chloracetanilid  erweist  (siehe  auch  Bender,  B.  19.  2272). 
Löst  man  aber  Acetanilid  (5  Tle.)  in  Eisessig  (20  Tle.), 
verdünnt  mit  Wasser  (100  Tle.),  erwärmt  die  Lösung 
zum  Sieden  und  fügt  nun  zu  der  vom  Feuer  entfernten 
Lösung  nach  und  nach  Chlorkalklösung  von  der  erwähnten 


1  B.  24.  1025.  —  8  GV.  97.  1491.  —  :J  Ann.  Ch.  Ph.  30.  271 
*  Ann.  179.  286. 


\ 


186 


Chlorieren. 


Konzentration  (400  Tle.)  hinzu,  so  tritt  nach  . 
ersten  100  Tle.  ebenfalls  eine  Fällung  ein,  welche  sieb 
aber  schon  nach  Zusatz  der  zweiten  100  Tle.  in  die 
viel  kompakteren  Krystalle  des  Dichloracetanilids  ver- 
wandelt bat.  Man  erhitzt  nun  die  Flüssigkeit,  falls  ih« 
Temperatur  unter  60—70°  gesunken  sein  sollte,  auf  diesen 
Grad  und  fügt  die  letzte  Hälfte  der  Chlorkalklösung  in 
kleinen  Anteilen  unter  beständigem  Schütteln  zu.  Nach  be- 
endeter Operation  bat  man  am  Boden  ein  schweres  Ol,  welch« 
ein  Additionsprodukt  Dnterchlorigsäuredichloracetanilid  ist. 
Löst  man  dies  in  trockenem  Äther  und  entwässert  die 
Lösung  durch  2— 3stündiges  Stehen  über  Chlorcalcimn, 
so  erhält  mau  eine  Flüssigkeit,  die  sich  allmählich  unter 
Abscheidung  von  schönen  Krystallen  des  in  Äther  schwer 
löslichen  Dichloracetanilids  zersetzt.  Will  man  die  lel 
Operation  vermeiden,  so  unterbricht  man  den  Chlor! 
zusatz  schon,  wenn  die  Masse  eine  breiige  Konsis 
angenommen  hat  und  gelb  geworden  ist. 

Tscherniak1  vermischte   100  g   salzsaures  Ätbyl 
NHS .  CgEri .  HCl  in  Portionen  von  je  25  g  mit  21 
Chlorkalk,    der    mit  Wasser    zu    einem   ziemlich 
Brei    angerührt    war,    in    einem    gröfseren  Kolben 
destillierte,   solange  Oltropfen  übergingen.    Diese 
nochmals  ebenso  mit  2Ö0  g   Chlorkalk   behandelt, 
nun    erhaltene   Destillat    wurde    erst    mit  Schwefel 
dann  mit  Natronlauge,  dann  mit  Wasser  geschüttelt 
nach  dem  Trocknen  fraktioniert. 

Iu    befriedigender    Ausbeute     war    Dicbloräthyl 
gebildet    worden,    welchem    nach    ihm    die   Konstitute 
CHS  —  CR,-NC12  zukommt. 

Nach  Chasdelon2  reagieren  alkalische  Hypoehlorite 
auf  Phenol  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  wenn 
man  mit  verdünnten  Lösungen  (3%iges  Phenol)  in  !*■ 
rechneter  Menge  arbeitet  bis  zur  Bildung  von  Trichlor- 
phenol.  Beim  Neutralisieren  der  nach  molekularen  Ver- 
hältnissen vorgenommenen  Mischung  von  Phenol  nnd 
Xatriumhypochlorit  (aus  Chlorkalk  und  Soda)  durch  3ala- 

1  S  9.  146.  —  *  B.  16    1749. 


Chlorieren.  187 

säure  scheidet  sich  beispielshalber  ein  gelbes  Öl  aus,  das 
sich  als  o-Chlorphenol  erweist.  Ausbeute  ziemlich  er- 
heblich. 

Wie  man  sieht,  läfst  sich  .Chlorkalk  sehr  wohl  zum 
Chlorieren  verwenden,  aber  im  voraus  seine  Wirkung  zu 
bestimmen,  ist  meist  schwierig.  Von  Liebig1  rührt  schon 
die  Beobachtung  her,  dafs  Alkohol  und  Aceton  mit  ihm 
Chloroform  geben.  Belohoubek2  hat  dann  gezeigt,  dafs 
wohl  Äthyl-,  aber  nicht  Methylalkohol  es  bei  dieser  Reaktion 
liefert,  und  Goldberg  3  kam  in  einer  ausführlichen  Arbeit 
über  die  Einwirkung  von  Chlorkalk  auf  verschiedene 
Alkohole  zu  dem  Resultat,  dafs  das  Chlor  nie  an  den 
Karbinolrest  tritt,  sondern  diesen  zu  Ameisensäure  resp. 
Kohlensäure  oxydiert.  Nach  ihm  entspricht  folgende 
Gleichung  am  meisten  den  Ausbeuteverhältnissen  an 
Chloroform,  wie  sie  im  grofsen  erzielt  werden,  —  die  im 
Laboratorium  erreichbaren  bleiben  aber  weit  hinter  diesen 
zurück: 

4  C,HBOH  + 16  CaOCl2=  13  CaCl,  +  3  (HCOO),Ca +8  HaO  +  2  CHC1,. 

Man  kann  auch  mit  Chlorkalk  in  Gegenwart  von 
Salzsäure  in  statu  nascendi  chlorieren,  doch  ist  die 
Anwendung  von  Kaliumchlorat  im  allgemeinen  vor- 
zuziehen. 

Im  Anschluß  an  den  Chlorkalk  soll  die  Einwirkung 
der  unterchlorigen  Säure  auf  organische  Körper  be- 
sprochen werden. 

Nachdem  ihre  ringsprengende  Kraft4  erkannt,  und  sie 

in   dieser  Beziehung  namentlich  ein  wertvolles   Reagens 

geworden,  sollen  ihre  besten  Bereitungsweisen  mitgeteilt 

werden. 

Man  gewinnt  sie  1.  nach  Reform atzky  (J.  pr.  Ch.  148.  395) 
folgender  Art:  Im  Abzüge  wird  aus  einem  Kolben  von  ca.  1,5  1 
Inhalt  Chlor  aus  einem  Gemisch  von  HCl+K2Cr,07(?)  durch  eine 
Wasser  enthaltende  dreihalsige  Flasche  in  einen  Kolben  von  ca. 
7«  1  Kapazität,  welcher  1  Vol.  HgO  und  ca.  5  Vol.  Wasser  ent- 
halt, geleitet  Dieser  Kolben  wird  in  ein  Gemisch  von  Wasser  und 
Schnee   gestellt   und   mit   einem    zweifach   durchbohrten  Stopfen 


H       >  Ann.  1.  199.  —  ■  Ann.  165.  350.  —   *  J.  pr.  Ch.  132.  114. 
.:       4  Siehe  z.  B.  B.  25.  1493. 


•    v 


188  Chlorieren. 

versehen.  Durch  die  eine  Öffnung  geht  die  Chlor  zuführende 
Röhre  bis  fast  auf  seinen  Boden,  durch  die  andere  eine  Glasröhre, 
welche  die  Gase  in  das  Abzugsrohr  leitet.  Erst  gegen  Ende  der 
Reaktion  bedarf  es  eines  zeitweiligen  Umschütteins  des  Kolbeninhalts. 
Die  Reaktion  ist  beendigt,  sobald  das  HgO  verschwunden  ist.  Die  so 
erhaltene  wässerige  Lösung  von  HCIO  wird  sodann,,  um  die  Sfcure 
vom  HgCla  zu  trennen,  der  Destillation  unterworfen.-  Während 
dieser  wird  die  Vorlage  ebenfalls  mit  dem  Abzüge  verbunden. 
Selbst  gröfsere  Quantitäten  von  HCIO  sind  so  leicht  darzustellen. 
Da  ein  Teil  der  HCIO  bei  der  Destillation  sich  '  unter  Bildung 
freien  Chlors  zersetzt,  so  erscheint  die  Entfernung,  flea  letzteren 
von  besonderer  Wichtigkeit,  denn  es  zeigt  sich,  daJös  man  beim 
Hinzufügen  des  so  erhaltenen  Destillates  zu  einer  ungesättigten 
Verbindung  aufser  dem  Chlorhydrin  z.  B.  noch  eine  Menge  anderer 
Produkte  erhält  Zu  seiner  Entfernung  leitet  man  einfach  durch 
die  Lösung  so  lange  einen  starken  Strom  Kohlensäure,  biaisän 
Chlorgeruch  mehr  wahrnehmbar  ist. 

2.  erhält  man  bekanntlich  eine  allerdings  stark  mit  Salzen,  he- 
ladene  wässerige  Lösung  von  unterchloriger  Säure,  wenn  man  eine 
Chlorkalklösung  mit  der  genügenden  Quantität  Borsäure'  versetzt 

Reform atöwsky  1  gofs  eine  chlorfreie  LöBung  von 
unterchloriger  Säure  in  kleinen  Portionen  in  einen  ge- 
räumigen Kolben,  in  welchen  vorher  20  g  Allyldimethyl- 
karbinol  mit  et^was  Eiswasser  gebracht  waren.  Von  au&en 
wurde  der  Kolben  gleichfalls  mit  Eiswässer  gekühlt 
Von  der  Säure  wurde  so  lange  zugegeben,  als  noch  ihr 
Geruch  verschwand,  und  ihren  geringen  Überschufs  zer- 
störte er  zum  Schlufs  durch  Natriumhyposulfit.  Das  Fittrat 
des  Reaktionsgemisches  wurde  mit  Äther  erschöpft,  welcher 
nach  der  Verflüchtigung  23  g  (statt  30  der  Theorie] 
Monochlorhydrin  des  Glycerins  hinterliefs. 

Sohlebüsch2  brachte  äquivalente  Mengen  von  valerian- 
saurem  Natrium  und  unterchloriger  Säure  in  wässeriger 
Lösung  zusammen.  Er  erhielt  nach  mehrtägigem.  Stehen 
im  Dunkeln  Monochlorvaleriansäure  nebst  unverändert 
gebliebener  Valeriansäure 

05^05  +  0^0=051^0102  +  ^0. 

Die  Addition  von  Unterchlorigsäurehydrat  findet  nach 
Cabius3  im  allgemeinen  an  alle  organischen  Körper  statt, 
welche  ihre  Elemente  noch  nicht  im  Zustande  völliger 
Sättigung  enthalten,   und   zwar  kann  ein  solcher  Körper 

1  J.  pr.  Ch.  148.  400.  —  2  Ann.  141.  323.  —  :J  Ann.  140.  317. 


Chlorieren.  189 

für  jede  Hs,  um  welche  er  sich  von  der  Grenzformel 
entfernt,  1  Mol.  C1HO  aufnehmen;  in  ähnlicher  Weise 
vermag  eich  auch  chlorige  Säure  anzulagern. 

Schützenbbrger1  hat  bei  sehr  niedriger  Temperatur 
wasserfreie  unterchlorige  Säure  auf  Essigsäureanhydrid 
wirken  lassen.  Die  erhaltene  Flüssigkeit  hat  dieselbe 
Summenformel,  wie  die  Monochloressigsäure,  ist  aber  in 
ihren  Eigenschaften  durchaus  von  ihr  verschieden  und 
wird  als  essigsaures  Chlor  bezeichnet. 

Der  Ohlorschwefel  S2C12  ist  zuerst  von  Hbintz  und 
dann  von  Camus  2  für  die  Gewinnung  von  Dichlorhydrin 
aus  Glycerin  empfohlen  und  bis  heute  beibehalten  worden, 
sonst  hat  er  bis  in  die  neueste  Zeit  für  chlorierende 
Zwecke  keine  Verwendung  gefunden.  Nach  Claus3 
vollzieht  sich  diese  Umsetzung  nach  folgender  Gleichung : 

C8H808  +  2S2Cla=C,H6Cl,0+2HCl  +  S02  +  3S. 

In  einen  geräumigen,  etwa  2  1  haltenden  Kolben,  der 
mit  einem  Kühlrohr  verbunden  ist,  bringt  man  800  g 
Glycerin  vom  Kochpunkte  195°  (?)  —  nach  Rössing* 
soll  man  wasserfreies  Glycerin  vom  Siedepukte  176 — 177° 
nehmen  —  und  trägt  in  dasselbe  2  kg  Chlorschwefel 
ein,  während  unter  fortwährendem  starken  Umschütteln 
im  Kochsalzbade  erhitzt  wird.  Nach  7 — 8  Stunden  ist 
die  Reaktion  beendet,  und  nun  entfernt  man  das  Kühl- 
rohr und  erhitzt  noch  eine  Stunde  zur  Verjagung 
der  schwefligen  Säure  und  der  Salzsäure.  Nach  dem 
Erkalten  setzt  man  der  inzwischen  breiartig  erstarrten 
Masse  etwa  das  doppelte  bis  dreifache  Volumen  Äther 
zu,  filtriert  und  destilliert.  Durch  mehrfache  Rekti- 
fikation erhält  man  schliefslich  reines  bei  179°  siedendes 
Dichlorhydrin. 

Morlby6  giebt  an,  dafe  die  Ausbeute  des  Verfahrens 
etwas  über  50%  der  Theorie  beträgt. 

Durch  Einwirkung  von  Chlorschwefel  auf  Glykol 
erhält  man  Äthylenchlorhydrin ,  doch  haften  diesem 
schwefelhaltige  Verunreinigungen  an. 


1  Cr.  52.  135.  —  *  Ann,  122.  73.  —  8  Ann.  168.  43. 
4  B.  19.  64.  -  5  B.  13.  222. 


CH.-OH  CH..C1 

2  |  +  2S.C1,  =  |         +  2HC1  +  SO,  + 

CH,— OH  CH,OH 

Nach    Angbr    und    Böbal'    wirkt    Schwefeltet»- 
Chlorid  auf  Eisessig  nach  der  Gleichung 

SCL  +  2CH„C02H  =  SCH^COCl  +  SOs  +  2HC1 

ein.    Man  bringt  zur  Ausführung  dieser  Reaktion  2  Mol  I 
EiBesaig  in  einen  Kolben  und  setzt  ihnen  1  Mol.  Schwefel    I 
oder  Chlorschwefel  zu,  worauf  man  unter  Abkühlung  ia 
einer  Kältemischung  Chlor   einleitet,    solange   dieses  f1 
sorbiert  wird.     Nachdem   das  Reaktionsgemisch  Zimmi 
temperatur  angenommen   hat,    erwärmt   man  den  Kolb« 
destilliert   unter  Verwendung    eines   guten   Kühlers  I 
fängt  das  Destillat  in   einer  mit  Eis   gekühlten  Vorl»( 
auf.    Ströme  von  entweichendem  Salzsäuren  und  schwefü] 
sauren  Gas  führen  sonst   zu   viel  Acetylchlorid  mit 
fort.     Alsdann   rektifiziert  man   die  unterhalb   60° 
gegangene    Flüssigkeit,     entzieht    dem     Destillat    dm 
Schütteln    mit   Quecksilber    oder   fein    verteiltem    Kupf 
einen    schwefelhaltigen    Körper,    und    eine    nochmal' 
Destillation  liefert  reines  Acetylchlorid  in  einer  Ausbe 
von  500  g  Chlorid  aus  600  g   Säure. 

Leitet   man    Chlor    in   eine   siedende   Mischung 
Schwefel  und  Eisessig,  so  bildet  sich  hauptsächlich  Moi 
chloressigsäure,    vermischt    mit    etwas    Acetylchorid. 
von  den  Experimentatoren  aus  800  g  Eisessig  nach  dl» 
Verfahren  in   einem  Tage   1   kg  Monochh  iresaigsäure  f 
wonnen  wurde,    ist  dies  vielleicht  die  empfehlenswer 
Methode  zu  deren  Darstellung. 

Cyanurchlorid   liefert,    wenn    es   mit   den    Natr 
salzen   von   Säuren   mehrere   Stunden   im   EinschlnJ 
auf  100"  erhitzt  wird,  nach  Senikr-'  Saurechloride. 
beute   heim  Natriumacetat    nur   22"/u  der  Theorie, 
Natrium  benzoat  dagegen  88%.    Der  Verlauf  der  Real 
ergiebt  sich  aus  der  Gleichung 

CjNjOI,  +  3C0H,COONa  =  C,NB0„NaB  +  3C„HtCOCl. 


1  B.  Par.  3.  2.  144. 


.  19.  310. 


Chlorieren.  191 

Die  Einführung  des  Kupferchlorürs  zur  Ersetzung 
Amidogruppen  aromatischer  Verbindungen  durch  Chlor 
irt  von  Sandmeyer1  her.  Bei  der  Einwirkung  von 
etylenkupfer  auf  Diazobenzolchlorid  konstatierte  er 
jhliche  Bildung  von  Chlorbenzol,  eine  Wirkung,  die 
nur  dem  unter  diesen  Bedingungen  im  Verlaufe  der 
aktion  sich  bildenden  Kupferchlorür  zuschreiben  konnte, 
1  in  der  Hinsicht  angestellte  Versuche  bestätigten  seine 
rmutung.  Er  löste  zum  Zwecke  der  Diazotierung  30  g 
dun  in  67  g  Salzsäure  (spez.  Gewicht  1,17),  die  mit 
)  ccm  Wasser  verdünnt  war.  Hierzu  setzte  er  all- 
hlich  unter  Kühlung  23  g  Natriumnitrit,  gelöst  in 
ccm  Wasser,  und  liefs  diese  Mischung  aus  einem 
tieidetrichter  zu  einer  10%igen  Kupferchlorürlösung  in 
Izsäure  zutropfen,  die  fast  bis  zum  Kochen  erhitzt  war. 
ler  Tropfen  der  Diazobenzollösung  erzeugte  beim  Zu- 
amentreffen  mit  der  Kupferlösung  für  einen  Augenblick 
en  gelben  Niederschlag,  der  sich  aber  sogleich  unter 
okstoffentwickelung  und  Abgabe  von  Öl  zersetzte, 
roh  nachherige  Destillation  mit  Wasserdampf  erhielt 
so  26  g  Chlorbenzol. 

Die  Kupferchlorürlösung  für  die  „SANDMEYERsche 
iktion"  bereitet  man  nach  Feitler2  am  besten  so: 
)  Tle.  CuS04  +  5H20,  120  Tle.  NaCl  und  500  Tle. 
3  werden  zum  Sieden  erhitzt,  dann  1000  Tle.  kon- 
tierte HCl  und  130  Tle.  Cu  in  Form  von  Spänen 
r  kleinen  Stücken  zugesetzt  und  in  einem  Kolben  mit 
aufgesetztem  Stopfen  bis  zur  Entfärbung  erhitzt.  Die 
l  übrigen  Kupfer  und  Bodensatz  in  eine  vorher  mit 
ilensäure  gefüllte  gewogene  Flasche  abgezogene  Lösung 
l  mit  konzentrierter  HCl  versetzt,  bis  alles  zusammen 
8  Tle.  ausmacht.  Die  Lösung  enthält  dann  ca.  10% 
>ferchlorür  und  ist  in  einer  verschlossenen  Flasche, 
n  Luft  durch  Kohlensäure  verdrängt  war,  sehr  lange 
bar. 

3-attermann3  fand  dann  bei  einem  Versuche,  2  Mol. 
sobenzolchlorid   durch   Einwirkung  von  Metallen   zu 


1  B.  17.  1633.  —  *  Z  P.  4.  68.  —  3  B.  23.  1218. 


192  Chlorieren. 

Diphenyl  zu  kondensieren,  dafs  speziell  Kupferpulver  schon 
bei  0°  sehr  lebhaft  auf  die  Diazoverbindung  einwirkt,  aber 
statt  des  Diphenyls  entstand  Chlorbenzol.  (Im  Verfolg  der 
Beobachtung  zeigte  es  sich,  dafs  auf  diesem  Wege  in 
gleicher  Weise  die  Amidograppe  des  Anilins  und  seiner 
Homologen  auch  durch  Brom,  Cyan,  sowie  durch  die 
Nitro-  und  Rhodangruppe  ersetzt  werden  kann.) 

Diese  an  die  SANDMEYERsche  erinnernde  Reaktion  hat 
vor  ihr  die  Vorzüge,  dafs,  da  sie  in  der  Kälte  verläuft, 
das  Erhitzen  gröfserer  Flüssigkeitsmengen  vermieden  wird; 
auch  gestalten  sich  infolge  der  niedrigen  Temperatur  die 
Ausbeuten  zum  Teil  günstiger,  und  während  es  nach 
Sandmeyer  erforderlich  ist,  zunächst  das  Kupferoxydul- 
salz der  Säure,  deren  Rest  man  einführen  will,  darzu- 
stellen, ist  dies  nach  der  ÖATTERMANNschen  Methode  gar 
nicht  erst  nötig. 

Das  zur  Zersetzung  der  Diazokörper  nötige  Kupfer 
pulver  erhält  man  durch  Einwirkung  von  Zinkstaub  auf 
Kupfersulfat.  Eine  kalt  gesättigte  Lösung  von  letzterem 
wird  in  einer  Porzellanschale  mit  Zinkstaub,  welchen 
man,  um  sein  Zusammenballen  zu  vermeiden,  durch  ein 
feines  Sieb  unter  fortwährendem  Umrühren  einträgt,  ver- 
setzt. Mit  der  Zugabe  hört  man  auf,  wenn  die  Lösung,  die 
sich  dabei  bis  80°  erwärmt,  noch  eben  schwach  blau 
erscheint.  Das  so  erhaltene  Kupferpulver,  welches  äufterst 
fein  verteilt  ist,  setzt  sich  als  schwere  dunkelrote  Schicht 
auf  dem  Boden  der  Schale  ab.  Nachdem  man  es  durch 
Dekantieren  möglichst  ausgewaschen  hat,  übergielst  man 
es  zur  Entfernung  von  Spuren  Zink,  die  ihm  beigemischt 
sind,  wiederum  mit  Wasser  und  fügt  unter  Umrühren  so 
lange  verdünnte  Salzsäure  zu,  als  noch  Aufbrausen  statt- 
findet. Hierauf  wird  nochmals  dekantiert  und  es  schließ- 
lich an  der  Saugpumpe  bis  zur  neutralen  Reaktion  aus- 
gewaschen. Wegen  seiner  leichten  Oxydierbarkeit,  aueu 
schon  im  halbtrockenen  Zustande,  ist  es  erforderlich,  es 
als  feuchte  Paste  in  einem  gut  schliefsenden  Gefaise  auf- 
zubewahren. 

Zur  Überführung  von  Anilin  z.  B.  in  Chlorbenzol  mit 
seiner  Hülfe  wurden  zu  einer  Mischung  von  300  g  kon- 


Chlorieren.  193 

zentrierter  Salzsäure  (40%)  und  150  ccm  Wasser  31  g 
Anilin  (Vs  Mol.)  hinzugefügt.  Vollständige  Lösung  tritt 
nicht  ein,  aber  ohne  Rücksicht  darauf  wurde,  nachdem 
das  Gemisch  durch  hineingeworfenes  Eis  auf  0°  abgekühlt 
war,  durch  eine  gesättigte  wässerige  Lösung  von  23  g 
Natriumnitrit,  die  in  nicht  zu  langsamem  Tempo  unter 
starkem  Rühren  zufliefsen  gelassen  wurde,  die  Diazo- 
tierung  bewirkt. 

Die  so  erhaltene  Diazolösung  wird  dann  allmählich 
mit  40  g  des  feuchten  Kupferpulvers  ebenfalls  unter  fort- 
währendem Rühren  versetzt.  Sogleich  beginnt  die  Stick- 
stoffentwickelung. Im  Laufe  einer  halben  Stunde  ist  die 
Reaktion  beendet,  was  man  daran  erkennt,  dafs  das 
Kupferpulver,  welches  infolge  der  Gasentwickelung  wäh- 
rend der  Umsetzung  teilweise  oben  schwimmt,  nunmehr, 
mit  dem  öligen  Chlorbenzol  durchsetzt,  am  Boden  liegt. 
Nach  dem  Abgiefsen  des  gröfsten  Teils  des  überstehenden 
Wassers  bläst  man  das  Chlorbenzol  mit  Dampf  ab.  Die 
Ausbeute  ist  meist  etwa  gleich  der  des  SANDMEYERschen 
Verfahrens.  Durch  Anwendung  von  weniger  Salzsäure 
oder  Kupferpulver  wird  sie  beeinträchtigt. 

Ausbeute  an  o-Chlortoluol  aus  o-Toluidin  66,3% 
(Sandmeyer  31,5%),  an  ^-Chlornaphtalin  aus  ^-Naph- 
tylamin  30%,  an  p-Chlornitrobenzol  aus  p-Nitroanilin 
70%  der  Theorie. 

Anöeli1  benutzt  an  Stelle  der  SANDMEYERschen  Lö- 
sungen oder  des  Kupferpulvers  Kupfersulfatlösungen,  die 
er  mit  der  nötigen  Menge  an  der  betreffenden  Halogen- 
wasserstoffsäure etc.  und  an  Natriumhypophosphit  versetzt. 
Seine  Versuche  ergaben,  dafs  die  Anwendung  seiner 
Methode  zur  Gewinnung  von  Chlor-,  Brom-,  Jod-  und 
Nitrobenzol  aus  Anilin  sich  sehr  bequem  gestaltet  und 
recht  gute  Ausbeuten  giebt. 

Das  Phosphoroxychlorid,  welches  meist  als  Neben- 
produkt bei  der  Säurechloriddarstellung  mit  PC15  erhalten 
wird,  und  auch  nach  Odling2  durch  direkte  Vereinigung 
von   Sauerstoff  und  Phosphortrichlorid  beim   Siedepunkt 


1  B.  24.  JB.  952.  —  s  A  manual  of  chemistry  1.  287. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.      2.  Aufl.  13 


194  Chlorieren. 

des  letzteren  dargestellt  werden  kann,  dient  zur  Gewinnung 
von  Chloriden  ans  Alkoholen 

3(CaH6[OH])  +  POC1,  =  3CtH6Cl  +  P04H8. 

Auf  Säuren  wirkt  es  nicht,  wohl  aber  auf  deren 
Natriumsalze.  Zuerst  hat  es  Chiozza1  für  diesen  Zweck 
benutzt.  Nach  den  Untersuchungen  Gbuthers2  verläuft 
die  Reaktion  so,  dafs  sich  dabei  metaphosphorsaures 
Natrium  bildet. 

2CH8COONa  +  POC1,  =  2CH,COCl  +  NaCl  +  NaPO,. 

Man  verfährt  derart,  dafs  man  das  Phosphoroxychlorid 
auf  das  in  einem  Kolben  mit  RückfluGsktihler  befindliche 
fein  gepulverte  Natriumsalz  fliefsen  laust  und  nach  ein- 
getretener Reaktion  noch  eine  Zeit  lang  im  Wasserbade 
erhitzt. 

In  neuerer  Zeit  ist  es  auch  von  Gabriel8  benutet 
worden,  um  aus  dem  Homo-o-phtalimid 

H 
C 

HC/\C-CHs~CO 

hcI^/c-co  -ira' 

C 
H 

welches  Kohlenstoff  und  Stickstoff  in  der  dem  Isochinolin 
eigentümlichen  Anordnung  enthält,  den  Sauerstoff  zu 
entfernen.  Durch  dreistündiges  Erhitzen  des  Einschlaft- 
rohres  auf  150—170°,  das  mit  8  g  des  Imids  und  24  f 
Phosphoroxychlorid  beschickt  war,  war  das  Imid  in  M* 
chlorisochinolin 

H     H 
C      C 

HC\/d\A 

c     c 

H      Cl 
übergegangen,    welches    sich,    als  der  Rohrinhalt   in  das 


1  Cr.  36.  655.  —  "  Ann.  123.  114.  —  8  B.  19.  1655. 


Chlorieren.  195 

he  Volum  Alkohol  gegossen  wurde,  in  Krystallen 
d.1 

bemann2  erwärmte  Iso-p-xylalphtalimidin  mit  der 
en  Menge  Phospboroxychlorid  eine  halbe  Stunde 
n  Wasserbade  am  Rückflufskühler.  Durch  Zugabe 
lkobol  zur  klaren  gelben  Lösung  des  im  über- 
jen  Phosphoroxychlorid  gebildeten  Chlorkörpers 
i  Zerstörung  des  Oxychlorids  und  Abscheidung 
rystallinischen  Substanz,  welche  eine  weitere  Zugabe 
asser  noch  vennehrte.  Es  war  auf  diesem  Wege 
•-/ff-p-Tolylisochinolin  entstanden. 

H       H 
C       C 

}-CH  =  C.C7H7  .     HC/-\Q/\C.C7H7 

i  war  übergegangen  m 

]!-CO  -  NH  *  *    *  RC\yb\J$ 

H      Cl 

►sphortrichlorid  ist  ebenfalls  geeignet  Hydroxyl- 
)  durch  Chlor  zu    ersetzen,    also  Alkohole  in  ge- 
Kohlenwasserstoffe überzuführen.      Auch   Säuren 
lurch  dasselbe  nach  der  Gleichung 

3CH8COOH  +  PC13  =  3CH8COCl  +  P08H8 

•echloride  über,  wie  BÄchamp3  zuerst  mitteilte. 
it  nicht  so  heftig  wie  das  Pentachlorid,  liefert 
j  Nebenprodukt  an  Stelle  des  flüchtigen  Phosphor- 
rids  die  phosphorige  Säure  als  nicht- flüchtigen 
.nd,  deren  Trennung  von  schwer  oder  nicht  un- 
flüchtigen Säurechloriden  Schwierigkeiten  be- 
:ann. 

lererseits  liefert  jedoch  1  Mol.  Phosphortrichlorid 
Säurechlorid,    während    1    Mol.    Phosphorpenta- 
nur  1  Mol.  an  diesem  ergiebt,  wie  aus  den  Glei- 
i  ersichtlich  ist. 

h  Versuchen  von  Schlagdenhaüffen4  wird  Jod- 
jim Erhitzen  mit  wässeriger  oder  ätherischer  Lö- 


19.  2355.  -  ■  B.  24.  3975.  —  8  Cr.  42.  224. 
J5.  1856.  576. 


13' 


196  Chlorieren. 

simg  von  Quecksilberchlorid  im  Einschkdsrohr  ki 
100°  in  Chloräthyl  umgewandelt,  und  nach  Oppenheim1 
scheint  diese  Einwirkung  des  Quecksilberchlorids  anf  die 
Jodverbindungen  der  Alkoholradikale  allgemein  statt 
zufinden. 

Die  Verwendung  von  Sulfurylchlorid  *  hat  ver- 
schiedentlich zu  gechlorten  Produkten  geführt.  So  liefe 
Wenghöffjer3  zu  einer  abgewogenen  Menge  desselben 
das  äquivalente  Quantum  Anilin  zuniefsen,  das  zur 
Mäfsigung  der  Einwirkung  mit  dem  sechsfachen  Gewichte 
Äthers  verdünnt  war.  Das  Reaktionsprodukt  erstarrte, 
und  es  zeigte  sich  nach  schwieriger  Reinigung  durch 
Umkrystallisieren,  dafs  sich  Trichloranilin  nach  der 
Gleichung 

C6H5NH2  +  3S0,C12  =  C6H2C18NH2  +  3S02  +  3HC1 

gebildet  hatte. 

Ausbeute  nur  15%  der  Theorie. 


1  Ann.  141.  207. 

2  Der  merkwürdigen  Kontaktwirkung  eines  organischen  Körpen 
halber,  auf  welcher  die  beste  Gewinnungsmethode  dieser  Ver- 
bindung beruht,  sei  dieselbe  hier  beschrieben.  Behandelt  man 
nämlich  nach  Schulze4  Kampfer  mit  gasformiger  schwefliger  Saue, 
so  wird  er  anfangs  oberflächlich  feucht  und  zerfliefst,  wie  es  schal 
Bineau5  beobachtete,  darauf  zu  einer  wasserhellen  Flüssigkeit,  dta 
noch  bedeutende  Mengen  des  Gases  aufnimmt,  und  zwar  bis  0,88  Teils 
vom  Gewicht  des  Kampfers  bei  725  mm  Luftdruck.  In  diese  Flüssig- 
keit, die  durch  schmelzendes  Eis  auf  0°  gehalten  wird,  leitet  man 
nunmehr  trockenes  Chlorgas,  welches  rasch  absorbiert  wird.  Hat 
der  Kampfer  durch  abwechselndes  Behandeln  mit  beiden  Gasen  sein 
doppeltes  Gewicht  an  Sulfurylchlorid  sich  zugesellt,  dann  vermal 
die  Lösung  beide  Gase  zu  absorbieren ,  und  die  Aufnahme  um 
chemische  Vereinigung  des  Gemisches  erfolgt  leicht  und  auch  bei 
raschem  Strome  vollständig,  wenn  die  Höhe  der  Flüssigkeitssiul« 
eine  genügende  und  die  verteilende  Wirkung  der  Einleitungsrohn 
eine  gute  ist.  Beim  Abdestillieren  erhält  man  ein  Produkt,  weichet 
fast  stets  etwas  Kampfer  enthält,  doch  gelingt  es,  bei  Einhaltung 
möglichst  niederer  Temperatur  bisweilen  schon  bei  der  ersten 
Rektifikation,  —  es  siedet  bei  77°  —  reines  Sulfurylchlorid  zu  er- 
halten. Seinen  etwaigen  Kampfergehalt  verrät  es  beim  Durch- 
schütteln mit  Wasser  durch  zurückbleibende  weifse  Flocken. 

8  J.  pr.  Ch.  124.  449.  —  4  J.  pr.  Ch.  132.  168. 
5  Ann.  Ch.  Ph.  3.  24.  326. 


Chlorieren.  197 

Ieinhold  l  löste  Resorcin  in  dem  dreifachen  Gewicht 
r  und  liefe  langsam  Sulfurylchlorid  zutropfen.  Durch 
ionierte  Destillation  des  Reaktionsgemisches  kam  er 
Monochlorresorcin  in  einer  Menge,  die  etwa  der  des 
wandten  Resorcins  gleich  war. 

C*H*<OH  +  S0*Cl*  =  C6Hsd<§H  +  S0*  +  HCL 

i.LL£HN2  liefs  Sulfurylchlorid  zu  Acetessigester  fliefsen. 
so  erhaltene  Flüssigkeit  ging  fast  vollständig  zwischen 
und  195°  üher  und  erwies  sich  als  Acetmonochlor- 
ester,  der  nach  der  Gleichung 

CH8CO.CH2.COOC2H6  +  S02C18  = 
CH8C0.CHC1.C00C2H5  +  SOa  +HC1 

anden  war. 

Ioübleff3  liefs  zu  1  Mol.  gut  gekühltem  Methyl- 
sssigester  langsam  1  Mol.  Sulfurylchlorid  tröpfeln, 
i  Zufügen  des  ersten  Drittels  beginnt  die  Reaktion, 
unter  Entwickelung  von  salzsaurem  und  schweflig- 
em Gas  dann  so  lange  anhält,  als  die  Zugabe  des 
lrylchlorids  dauert.    Nach  Beendigung  dieser  erwärmt 

auf  dem  Wasserbade,  wäscht  in  ätherischer  Ver- 
ung  mit  Wasser  bis  zur  neutralen  Reaktion,  trocknet 
ätherische  Lösung  mit  Calciumchlorid,  und  kommt 
eislich  durch  fraktionierte  Destillation  zum  reinen 
rmethylacetessigester. 

3as  Sulfuryloxychlorid  SO3HCI  ist  wenig  für  Ge- 
mng  von  einfachen  Säurechloriden  geeignet.  Dagegen 
.  man  nach  Heümann  und  Köchlin4  mit  ihm  die 
randlung    aromatischer  Sulfosäuren   in  Sulfochloride 

gut  bewerkstelligen.  Sie  mischten  z.  B.  97  g 
ioluolsulfosaures  Natrium  (1  Mol.)  mit  58,25  g 
iryloxychlorid  (1  Mol.)  und  trugen  das  Gemisch  in 
1er  ein,  worauf  sich  36,5  g  Toluolsulfochlorid  ab- 
ien. 

Jas  Thionylchlorid  SOClg  ist  von  denselben  Autoren5 
ein  Verhalten  zu  einigen  organischen  Säuren  geprüft 


J.  pr.  Ch.  125.  322.  —  2  JB.  11.  569.  —  3  Ann.  259.  254. 
B.  15.  1166.  —  5  B.  16.  1627. 


198  Jodierung. 

worden.  1 0  g  Buttersäure  reagierten  mit  überschüssigem 
Thionylchlorid  sofort  und  gaben  6  g  Butyrylchlorid; 
10  g  Benzoesäure  wurden  damit  am  Rückflufskühler 
gekocht  und  lieferten  10  g  Benzoylchlorid.  Ausbeute 
also  sehr  gut. 


Jodierung. 

Jodierungen  werden  mit  Jod  in  festem  Zustande  ans- 
geführt.     Weit  häufiger  jedoch  dient  es  dazu  in  gelöster 

Form,  und  dann  meist  in  Gegenwart  von  oxydierenden 
Mitteln  oder  von  Phosphor. 

Als  Lösungsmittel  verwendet  man  Alkohol,  Äther, 
Chloroform,  Schwefelkohlenstoff,  Jodkaliumlösung,  Jod- 
wasserstoffsäure, Benzol,  Toluol  u.  s.  w. 

Seltener  gebraucht  man  für  Jodierungszwecke  Chlorjod, 
noch  seltener  werden  Jodphosphonium,  Jodstickstoff  und 
ähnliche  angewandt. 

Manche  chlor-  und  bromhaltige  Körper  lassen  sich 
durch  Jodnatrium  (Jodkalium)  oder  Jodsilber  in  jodierte 
Verbindungen  überführen. 

Aufserdem  kommt  man  zu  jodierten  Derivaten  durch 
Einwirkung  von  Jodwasserstoffsäure  auf  manche  Körper- 
klassen und  durch  Addition  von  Jod,  Jodwasserstoflsäure, 
Chlorjod  etc.  an  ungesättigte  Verbindungen. 

Fischer  erwärmte  Tolan,1  welches  in  Chloroform  oder 
Schwefelkohlenstofflösung  von  Jod  nicht  angegriffen  wird, 
mit  trockenem  Jod  bis  zum  Schmelzpunkt  desselben.  Es 
findet  lebhafte  Wechselwirkung  statt,  und  die  Schmelze 
erstarrt  beim  Abkühlen  krystallinisch.  Aus  ihr  zieht 
kaltes  Chloroform  unverändertes  Tolan  und  Jod  aus, 
während  der  Rückstand  sich  nach  dem  Umkrystallisieren 
als  Tolanjodid  C14H10J2  erweist. 

Ein  Zusatz  von  Eisenjodür  oder  Quecksilberoxyd 
(siehe  weiterhin)  würde  derartige  Einwirkungen  gewifs 
sehr  begünstigen. 

1  Ann.  211. 


Jodierung.  199 

Birnbaum  und  Rein  herz  *  liefsen  Jod  auf  trockena* 
aoesaures  und  salicylsaures  Silber  wirken,  erhielten 
äi  wohl  Jodbenzoesäure  und  Dijodsalicylsäure,  aber  in 
z  ungenügender  Ausbeute.  Schon  früher  hatte  B.2 
Dachtet,  dafs  aus  trockenem  Silberacetat  auf  diesem 
ge  überhaupt  keine  Jodessigsäure  erhalten  wird. 

Obgleich  das  Jod  in  seinem  Allgemeinverhalten  dem 
>m  und  Chlor  so  sehr  ähnlich  ist,  erzeugt  es  bei  seiner 
Wirkung  auf  gelöste  organische  Substanzen  niemals 
•  diese  Substitutionsprodukte,  worauf  Kekulü:  zuerst3 
führlich  hingewiesen  hat. 

Der  Grund  ist  darin  zu  suchen,  dafs  die  bei  der 
wtitution  entstehende  Jodwasserstoflsäure  sofort  wieder 
Zerfall  des  Derivates  bewirkt,  bezw.  dessen  Ent- 
tung  überhaupt  verhindert.  Kekul&  wies  geradezu 
h,  dafs  Jodessigsäure,  mit  einer  konzentrierten  Lösung 
JodwasserstofFsäure  zusammengebracht,  bereits  in  der 
te  unter  Jodausscheidung  wieder  in  Essigsäure  übergeht 

CH2J  —  COOH  +  HJ  =  CH8  -  COOH  +  J2. 

Daraus  erklärt  sich  andererseits,  dafs  Basen  sich  direkt 
eren  lassen,  weil  sie  die  JodwasserstofFsäure  im  Ent- 
itmgsmomente  binden  können,  und  so  lieferte  ihm  Anilin 
direkter  Jodierung  jodwasserstoffsaures  Jodanilin 

C6H6NH2  +  Ja  =  C6H4JNH,.  HJ. 

1  Eliminierung  des  Einflusses  der  Jodwasserstoffsäure 
nicht-basischen  Körpern  gab  er  später4  Jodsäure  zu, 
den  Wasserstoff  der  ersteren  sofort  oxydiert.  Als  er 
\.  20  g  Benzol,  15  g  Jod  und  10  g  Jodsäure  auf 
— 240°  im  Einschlufsrohr  erhitzte,  erhielt  er  nunmehr 
l  der  Gleichung 

5  C6H6  +  HJ08  -f  2  J2  =  5  C6H6  J  +  3HsO, 

erwartet,  Jodbenzol. 

dem  kann  auch  so  verfahren,  dafs  man  Jod  und  Jod- 

>    in    sehr   verdünnter  Kalilauge    löst    und    dem    zu 


B.  15.  457.  —  »  Ann.  152.  116.  —  3  Ann.  131.  122. 
Ann.  137.  162. 


200  Jodierung. 

jodierenden  sauren  Körper  z.  B.  Phenol  zugiebt,  worauf 
man  unter  stetigem  Umrühren  die  nötige  Menge  Salzsäure 
zufügt.  Durch  Vermehrung  der  molekularen  Mengen  von 
Jod  und  Jodsäure  kann  man  dabei  zu  höher  jodierten 
Körpern  gelangen. 

Kehrmann  undTiESLER1  erhielten  Jodchlordioxyohinon, 

0  indem    sie    die   stark   angesäuerte  Lösung  des 

Cl/\OH  Chlordioxychinons    tropfenweiße    mit    der  im 

HO\/J      richtigen  Verhältnis   gemischten    Lösung  von 

0  Jodkalium  und  jodsaurem  Kalium  versetzten. 

Das  sich  anfangs  ausscheidende  Jod  verschwindet  fast 
momentan,  und  nach  kurzer  Zeit  fällt  die  gewünschte 
Verbindung  als  Krystallpuiver  beinahe  quantitativ  aus. 

Hlasiwetz  und  Weselsky2  empfahlen  an  Stelle  der 
Jodsäure  die  Verwendung  eines  leicht  reduzierbaren 
Metalloxyds,  dessen  Jodid  unlöslich  ist,  als  welches  sich 
am  besten  auf  nassem  Wege  dargestelltes  Quecksilberoxyd 
nach  ihnen  eignet. 

Man  trägt  z.  B.  in  eine  in  einem  Kolben  befindliche 
alkoholische  Phenollösung  Jod  und  Quecksilberoxyd  unter 
fortwährendem  Schwenken  in  kleinen  Portionen  ein; 
vom  Quecksilberoxyd  immer  nur  so  viel,  dafs  sich  die 
braune  Flüssigkeit  wieder  entfärbt.  Die  Reaktion  ver- 
läuft dabei  schnell  und  unter  Erwärmen  der  Flüssigkeit, 
welche  man  durch  Abkühlen  mäfsigt.  Wenn  man  die 
Materialien  auch  nach  der  Gleichung 

2C6H60  +  HgO  +  J4  =  2C6H6JO  +  HgJ,  +  H,0 

verwendet,  bildet  sich  doch  immer  etwas  Dijodphenol, 
das  man  fast  ausschliefslich  erhält,  wenn  man  die  Körper 
im  Verhältnis  der  Gleichung 

2C6H60  +  2HgO  +  J8  =  2C6H4J,0  +  HgJ2  +  2H,0 

aufeinander  wirken  läfet. 

Töhl3  gab  25  g  Jod,  250  com  Petroläther,  20  g 
Durol  und  11g  Quecksilberoxyd  zusammen.  Nach  drei- 
wöchentlichem Stehen  wusch  er  die  Lösung  mit  Natron- 
lauge.    Alsdann    destillierte  er  den  Petroläther  ab,  und 


1  J.  pr.  Ch.  148.  487.  —  2  C.  1870.  63.  —  8  B.  25.  1522. 


Jodierung.  201 

auf  dem  Wege  der  fraktionirten  Destillation  kam  er  zum 
Joddurol  (siehe  Seite  205). 

Löst  man  Orcin  in  Äther  (6  Teile)  und  fügt  Jod 
(2  Teile)  hiuzu,  schüttelt,  bis  alles  Jod  gelöst  ist,  und 
trägt  dann  allmählich  fein  gepulverte  Bleiglätte  ein,  so 
erfolgt  eine  heftige  Reaktion,  und  man  erhält  nach 
Stenhouse1  Monojodorcin  C7H7J02. 

Bringt  man  nach  Clermont  und  Chaütard2  200  g 
Aceton  nebst  100  g  Jod  und  40  g  Jodsäure  in  einen 
Kolben  und  erhitzt  nach  8tägigem  Stehen  2 — 3  Stunden 
am  Rückflufskühler,  so  fällt  auf  Wasserzusatz  Jodaceton 
C3H5JO,  eine  recht  unbeständige  Substanz,  aus.  Auch 
wollen  sie  nach  dieser  Methode3  zufolge  der  Gleichung 

5(C2H40)  +  J4  +  HJ08  =  5C2H8J0  +  3H20, 

nachdem  das  Gemisch  acht  Tage  bis  zum  Verschwinden 
des  Jods  gestanden  hatte,  Jodaldehyd  erhalten  haben. 

Hinsichtlich  der  Verwendung  des  Jods  in  Lösungs- 
mitteln wäre  zu  bemerken,  dafs  manche  Flüssigkeit 
selbst  Jod  löst,  man  in  solchen  Fällen  also  ein  besonderes 
Lösungsmittel  vermeiden  kann. 

CüRTius4  behandelte  die  alkoholische  Lösung  des 
Diazoacetamids  mit  Jod  und  bekam  nach  der  Gleichung 

CHNjCONH,  +  J2  =  CHJ2C0NH2  +  N, 

Dijodacetamid. 

Schall5  suspendierte  20  g  völlig  trockenes  Phenol- 
natrium in  300  ccm  trockenem  Schwefelkohlenstoff  und 
gab  allmählich  45  g  trockenes  Jod  zu.  Es  hatte  sich 
reichlich  Jodphenol  gebildet,  dessen  Trennung  aber  von 
den  zugleich  entstandenen  Verbindungen  recht  umständ- 
lich ist. 

Baeyer6  fügte  zu  der  noch  feuchten  Kupferverbindung 
des  Propargylsäureesters  eine  Lösung  von  Jod  in  Jod- 
kalium zu,  solange  die  Farbe  des  Jods  schnell  ver- 
schwand.    Der    entstandene    Niederschlag    wurde    durch 


1  Ann.  171.  310.  —  .*  Cr.  100.  745.  —  3  Cr.  102.  119. 
4  B.  18.  1285.  —  5  B.  16.  1897.  —  6  B.  18.  2274. 


202  Jodierung. 

Abpressen  von  Wasser  befreit  und  nach  Zusatz  einiger 
Tropfen  Alkohol  zwanzigmal  mit  Äther  ausgezogen. 
Dieser  hinterließ;  nach  dem  Verdunsten  den  Jodpropargyl- 
säureester  J  —  C  =  C  —  COO .  C2H5. 

Nach  Fischer1  vollzieht  sich  die  Wechselwirkung 
zwischen  Phenylhydrazin  und  Jod  vorwiegend  derart, 
daüä  aufser  Jodwasserstoff  Diazobenzolimid  und  Anilin 
entstehen  gemäfs  der  Gleichung 

2C6H8NH.NH2  +  J4  =  3HJ  +  C6H6NH2HJ  +  C6H6N$ 

Diese  Reaktion  scheint  aber  nach  Meyer2  nur  einzutreten, 
wenn  ein  Überschufs  von  Phenylhydrazin  vorhanden  ist 
Läfst  man  umgekehrt  auf  eine  mindestens  2  Mol.  Jod 
enthaltende  Lösung  1  Mol.  Phenylhydrazin  einwirken,  so 
scheidet  sich  dagegen  unter  Stickstoffentwiokelung  Jod- 
benzol  aus 

C6H8NH .  NH2  +  J4  =  3H  J  +  Na  +  C6H6  J. 

Als  Meyer  nämlich  18,5  g  Jod  mittelst  Jodkalium  in 
Lösung  brachte,  dazu  4  g  Phenylhydrazin,  in  viel  Wassö 
gelöst,  allmählich  zufügte  und  zur  Vollendung  <ta 
Reaktion  auf  dem  Wasserbade  erwärmt  hatte,  ging  dtf 
abgeschiedene  dunkel  gefärbte  Öl  nach  dem  Trooknei 
grofsenteils  konstant  über  und  erwies  sich  als  Jodbenzol 
Ausbeute  6,5  g  statt  7,4.  Bei  sehr  starker  Verdünnuflj 
(Vio  Normal-Jodlösung)  geht  die  Reaktion  völlig  quanti 
tativ  vor  sich. 

Jodkaliumlösung  kann  dazu  dienen  einen  eventuelle* 
Überschufs  von  zugesetztem  Jod  zu  entfernen,  den  mal 
auch  mit  einem  Wasserdampfstrom  oder  mit  Quecksilbe 
u.  s.  w.  fortnimmt,  wenn  die  Anwendung  von  Alkalie 
nicht  angebracht  ist.  Partheil3  entfärbte  eine  jodhaltig 
Lösung  mit  Hülfe  von  Schwefelwasserstoff  und  verjag 
dessen  Überschufs  mittelst  Kohlensäure. 

Bei  Gegenwart  von  Phosphor  läfst  man  das  J 
hauptsächlich  auf  Alkohole  wirken,  die  dadurch  in  | 
jodete  Kohlenwasserstoffe  nach  der  Gleichung 

1  B.  10.  1335.  —  2  J.  pr.  Ch.  144.  115.  —  3  B  24.  636. 


Jodierung.  203 

3CH8CH2ÜH  -f  P  +  J8  =  3CH8CH2J  +  P03H8 

len. 

\  Verfahren  rührt  von  Serullas  her.1 

jh  Hofmann  2  verfährt  man  bei  Anwendung  gelben 

ors  folgendermaßen:    Man  iibergiefst  ihn  in  einer 

rten  Retorte   mit   etwa  dem  vierten  Teil   des  an- 

enden   Alkohols;    der  Hals    der   Retorte   mündet 

n  guten  Kühlapparat,  während  durch  den  Tubulus 

leidetrichter  führt.    Man  erhitzt  nunmehr  die  Re- 

a  Wasserbade  und  läfst,  sobald  der  Phosphor  ge- 

sen  ist,  eine  Lösung  von  Jod  in  den  übrigen  drei 

len  des  Alkohols  langsam  aus  dem  Trichter  in  die 

treten.  Augenblicklich  erfolgt  die  Reaktion,  und 
lösung  von  Jodäthyl  in  Alkohol  destilliert  fast 
schnell  über,  als  die  Lösung  von  Jod  in  Alkohol 
nt.  Das  Jod  ist  verhältnismässig  wenig  löslich 
)hol,  es  bleibt  daher  nach  Verwendung  der  ganzen 
blen  Alkoholmenge  stets  eine  sehr  beträchtliche 
Ät  ungelöst;  es  löst  sich  dagegen  mit  auiser- 
icher  Leichtigkeit  in  Jodäthyl,  und  man  braucht 
lur  das  erste  Destillationsprodukt  auf  das  zurück- 
3ne  Jod  zu  giefsen,  welches  alsbald  gelöst  und, 
len  Trichter  fliefsend,  augenblicklich  in  Jodäthyl 
lelt    wird.     Das    Destillat    wird    schliefslich    mit 

gewaschen,  getrocknet  und  destilliert.  Geeignete 
nisse  für  Jodmethyl  sind  1000  g  Jod,  500  g 
ilkohol  und  60  g  Phosphor.  Ausbeute  94  bis 
.er  Theorie. 

Jodäthyl  1000  g  Jod,  700  g  Alkohol  und  50  g 
or,  Ausbeute  96 — 98%  der  Theorie  wegen  der 
ren  Flüchtigkeit  des  Jodäthyls.  Das  Jodäthyl 
igens   zuerst    von    G-ay-Lüssac    1835    dargestellt 

* 

h   Beilstein3    verfährt    man    unter   Verwendung 

Phosphors    in    der    Art,    dafs    man    in   einer   mit 

verbundenen  Retorte  10  Teile  roten  Phosphor  mit 


»it.  Ch.  Ph.  25.  223.  —  *  Ann.  115.  273. 
m.  126.  250. 


204  Jodierung. 

50  Teilen  Alkohol  von  0,83  spezifischem  Gewicht  über- 
gießt und  in  Portionen  100  Teile  trockenes  Jod  einträgt 
Nach  24stündigem  Stehen  destilliert  man  dann  das 
Jodäthyl  ab.  Das  Destillat  wird  mit  ganz  wenig  Natron- 
lauge versetzt,  um  etwa  noch  gelöstes  Jodäthyl  zu  fallen 
und  es  zugleich  zu  entfärben.  Durch  erneute  Destillation 
wird  es  ganz  rein  erhalten.  Ausbeute  ebenfalls  fast  theo- 
retisch. —  Alles  Jodäthyl  färbt  sich  beim  Stehen  all- 
mählich rötlich,  was  aber  nicht  eintritt,  wenn  man  in 
dasselbe  einen  blanken  Kupferdraht  legt. 

Walker1  empfiehlt  als  Apparat  einen  der  für  Fett- 
extraktionen üblichen  zu  verwenden.  In  den  unteren 
Kolben  bringt  man  den  Phosphor  nebst  dem  Alkohol 
und  in  den  Extraktionsraum  das  Jod.  Die  Ausbeute 
soll  570  g  Jodäthyl  aus  500  g  Jod  betragen. 

Nach  V.  Meyer2  kommt  man  folgender  Art  zur  ß- 
Jodpropionsäure:  Man  oxydiert  Glycerin  in  der  üblichen 
Weise  mit  Salpetersäure  (siehe  dort),  dampft  die  erhaltene 
Flüssigkeit  ein,  vertreibt  die  Salpetersäure  auf  dem 
Wasserbade  und  gewinnt  so  einen  Sirup,  den  man  wieder 
auf  ein  spezifisches  Gewicht  von  genau  1,26  verdünnt. 
Die  erhaltene  Lösung  giefst  man  in  Mengen  von  30  ccm 
auf  eine  Portion  von  Jodphosphor,  die  jeweilen  im 
Reaktionskolben  aus  je  50  g  Jod  und  6,5  g  gelbem 
Phosphor  bereitet  ist.  Die  Reaktion  tritt  entweder  von 
selbst  ein,  oder  wird  durch  gelindes  Erwärmen  eingeleitet 
Nachdem  der  sehr  stürmische  Verlauf  derselben  vorüber 
ist,  läfst  man  erkalten  und  findet  dann  nach  einiger  Zeit 
den  Inhalt  des  Reaktion sgefäfses  durch  Ausscheidung 
grofser  fast  farbloser  Blätter  von  Jodpropion  säure  erstarrt, 
welche  nach  einmaligem  Krystallisieren  aus  Wasser  rein 
sind,  für  die  meisten  Zwecke  aber  nach  dem  Abpressen 
und  Trocknen  verwendet  werden  können. 

Feste  Alkohole  schmilzt  man  mit  dem  Phosphor 
zusammen  und  giebt  dann  das  Jod  hinzu.  So  erhitzten 
Hell   und   Hagele3   Myricylalkohol    mit  gewöhnlichem 


1  Ch.  Z.  1892.  1057.  —  *  B.  19.  3295.  —  3  B.  22.  503. 


Jodierung.  205 

Phosphor  im  Olbade  auf  130 — 140°  und  trugen  Jod  in 
kleinen  Portionen  ein,  bis  dauernd  violette  Dämpfe  sich 
zu  entwickeln  begannen.  Nachdem  mit  dem  Erwärmen 
noch  bis  zum  Aufhören  der  Gasentwickelung  fortgefahren 
war,  wurde  schliefslich  die  erkaltete  rotbraune  Schmelze 
mit  Wasser  ausgekocht,  und  erwies  sich  ihr  Rückstand, 
der  aus  Alkohol  und  Petroläther  umkrystallisiert  wurde, 
als  reines  Myricyl Jodid. 

Auch  sonst  ist  das  Zusammenschmelzen  fester  Körper 
mit  Jod  bei  Gegenwart  von  Überträgern  für  Jodierungs- 
zwecke  sehr  empfehlenswert.  20  g  Phenylpropiolsäure 
lieferten  z.  B.  nach  mehrmonatlichem  Stehen  mit  Jod  in 
einer  Schwefelkohlenstofflösung  nur  1,5  g  Dijodid,  während 
Additionsprodukte  auf  diesem  Wege  in  kürzester  Zeit 
gewinnbar  sind.  So  bekamen  Liebermann  und  Sachse,1 
als  sie  die  Säure  mit  molekularen  Mengen  Jod  und 
etwas  Eisenj odür  ca.  eine  Stunde  auf  140 — 145°  erhitz- 
ten, leicht  und  schnell  Dijodphenylpropiolsäure,  und  das 
entsprechende  Produkt  der  Behenolsäure  bildet  sich 
schon  bei  100°. 

Joddurol,  dessen  zeitraubende  Darstellung  auf  nassem 
Wege  schon  erwähnt  ist,  erhält  man  ebenfalls  in  kür- 
zester Frist,  wenn  man  Durol  mit  Jod  unter  allmählichem 
Eintragen  von  Quecksilberoxyd,  bis  das  Halogen  verbraucht 
ist,  zusammenschmilzt.2 

Auiser  dem  Phosphor  benutzt  man  als  Jodüberträger 
also  noch  Eisenj  odür,  während  Aluminiumjodid  und 
Eisenchlorid  wenig  brauchbar  sind. 

Wie  Lothab  Meyebs3  Versuch  zeigt,  erfolgt  die 
Einwirkung  von  Jod  auf  Benzol  in  Gegenwart  dieses 
letzteren  im  Einschlufsrohr  wahrscheinlich  nach  der 
Gleichung 

3C6Ha  +  3J2  +  Fed8  =  3C6H5J  +  3HC1  +  FeJ2  +  J. 

Der  Verlauf  der  Reaktion  ist  also  kompliziert  und  scheint 
auch    wenig    sicher,    und  Gustavson*   hat    speziell    die 


1  B.  24.  4113.  —  2  B.  25.  1523.  —  3  Ann.  231.  195. 
4  B.  9.  1607. 


206  Jodierung. 

geringe  Brauchbarkeit  des  Aluminium  Jodids  für  unseren 
Zweck  festgestellt. 

Das  wasserfreie  Eisen jodtir  haben  Liebermann  und 
Sachse  *  auch  für  Jodierung  auf  nassem  Wege  verwendet 
Etwa  10%  desselben,  vom  Gewichte  der  verwendeten 
Propiolsäure  gerechnet,  einer  kalten  Schwefelkohlenstoff- 
lösung  dieser,  die  zugleich  die  nötige  Menge  Jod  enthielt, 
zugesetzt,  genügten,  um  nach  24  Stunden  bereits  3,5  g 
Jodid  zu  bilden,  während  in  10  Tagen  die  Umwandlung 
so  gut  wie  vollständig  war. 

Nach  Neumann2  ist  die  Schwefelsäure  insofern  ein 
Überträger,  als  es  mit  ihrer  Hülfe  gelingt,  von  manchen 
monosubstituierten  zu  disubstituierten  Jodderivaten  zu 
kommen.  Zu  50  g  konzentrierter  Schwefelsäure  fügte  er 
50  g  Jodbenzol  und  erwärmte  das  Gemenge  unter  öfterem 
Schütteln  2  Stunden  auf  170°.  Das  beim  Erkalten  er- 
starrte  Reaktionsgemisch  wurde  mit  Wasser  gewaschen, 
und  nach  der  nötigen  Reinigung  ergab  sein  Rückstand 
20  g  reines  Paradijodbenzol,  dessen  Entstehung  die 
Gleichung 

2C6HBJ  +  H2S04  =  C6H4J2  +  C6H8S08H  +  HsO 

ausdrücken  soll.  Auch  vom  Jodtoluol  und  Jodphenol 
ausgehend  wurden  so  Disubstitutionsprodukte  erhalten. 

H Emmerich3  übergols  Jod-m-xylol  mit  der  dreifachen 
Menge  konzentrierter  Schwefelsäure  und  liefs  das  Gemisch 
unter  öfterem  Schütteln  6  Wochen  stehen.  Darauf  wurde 
die  überschüssige  Schwefelsäure  vom  Bodensatz  getrennt, 
letzterer  mit  Wasser  ausgewaschen,  mit  unterschweflig- 
saurem  Natrium  entfärbt  und  im  Vacuum  destilliert,  was 
zur  Gewinnung  des  Dijodxylols  führte. 

Vorzügliche  Ausbeuten  an  jodierten  Phenolen  erhält 
man  jedenfalls  nach  dem  Verfahren  von  Messinger  und 
Vortmann.4  Erwärmt  man  nach1  ihnen  eine  alkalische 
Phenollösung  auf  50 — 60°  und  fügt  einen  gehörigen  Über- 
schufs  von  Jod  hinzu  (8  Atome  Jod  auf  1  Mol.  Phenol 
in  4  Mol.  Kaliumhydroxyd  gelöst),   so  fällt  ein    dunkel- 

1  B.  24.  4113.  —  2  Ann.  241.  37.  -   »  B.  23.  1635. 
4  B.  22.  2312  u.  D.  B.  P.  61575. 


Jodierung.  207 

roter  Niederschlag,  der  sich  gröfstenteils  in  Kalilauge 
löst,  worauf  durch  Fällung  mit  Säuren  Trijodphenol 
C6H3J30  gewonnen  wird.  Thymol  geht  hierhei  in  die 
Dij  od  verbin  düng  C10H12J2O  über. 

Sehr  merkwürdig  ist,  dafs  eine  geringe  Abänderung 
dieses  Verfahrens  dahin  führt,  dafs  die  Jodierung  nicht 
nur  im  Kern  statthat,  sondern  sich  auch  auf  den 
Hydroxylwasserstoff  des  betreffenden  Phenols  erstreckt. 

Man  erhält  z.  B.  Jodthymoljodid,1  indem  man  ent- 
weder zu  einer  wässerigen  Lösung  von  Jod  in  Jodalkalien 
eine  alkalische  Lösung  des  Phenols  bei  10 — 30°  fliefsen 
läfst,  oder  zu  dessen  alkalischer  Lösung  Jod  frei  machende 
Mittel  wie  Chlor,  Chlorkalk,  Natriumhyposulfit  setzt. 
In  derselben  Weise  lassen  sich  auch  Jodsalicylsäurejodid2 
und  ähnliche  Verbindungen  gewinnen. 

Alle  Alkaloide  addieren  direkt  Jod  (ebenso  Chlorjod 
siehe  weiterhin),  wenn  man  Lösungen  der  Salze  der  Alka- 
loide mit  der  entsprechenden  Menge  Jodes  in  Jodkalium 
gelöst  versetzt;  Jörgensen3  erhielt  sogar  Tarkoninhepta- 
jodid  C12H12N03J7.  Auch  Tetrammoniumbasen  zeigen 
diese  Eigenschaft,  wie  das  Teträthylammoniumtrijodid 
Mabquarts4  beweist.  Einhorn5  fällte  das  von  ihm  in 
Lösung  erhaltene  Anhydroecgonin  mit  in  Jodwasserstoff 
gelöstem  Jod  geradezu  quantitativ  als  Perjodid.6 

Auch  den  Metallverbindungen  der  Säureamide  scheint 
nach  Tafel  und  Enoch7  diese  Additionsfähigkeit  eigen 
zu  sein.  So  gewannen  sie  Acetamidquecksilberjodid 
(CH3CONH)2HgJ2  und  ähnliche  Verbindungen. 

1  D.  B.-P.  49739.  —  *  D.  B.  P.  52833. 

3  J.  pr.  Ch.  109.  433.  —  4  /.  pr.  Ch.  110.  433. 

Ä  B.  20.  1221. 

6  Es  mag  an  dieser  Stelle  noch  mitgeteilt  werden,  dafs  Alka- 
loide auch  Wasserstoffpolysulfid  addieren.  Versetzt  man  z.  B. 
nach  Schmidt  {Ar.  25.  149)  eine  mäßig  warme  alkoholische  Lösung 
von  Berberinchlorhydrat  oder  -sulfat  mit  gelbem  Schwefelammonium, 
so  scheiden  sich  alsbald  braune  Krystalle  eines  Berberinpolysulfids 
(CjoH^NOJgHjSe  aus,  und  Strychnin  liefert  unter  denselben  Be- 
dingungen (C„H22N2Oj),H2S6. 

7  B.  23.  1552. 


I 


208  Jodierung. 

Daroh    Addition    von    Jod    an    ungesättigte  Korps  m 
gelangt    man     natürlich    auch    sonst    zu   jodierten  Vfr  ■D 
Bindungen;    an  dreifache  Bindungen  gelingt   es  abetiwf 
2  Atome  heranzubringen.    Leitet  man  also  z.  B.  Acetjl« 
in  mit  Jod  versetzten   absoluten  Alkokol,  so  erhält  ma» 
nur  Acetylendijodid 

HC  :  CH  +  J2  =  JHC  :  CH J, 

und  erhitzt  man  Propargylsäure1  CH  :  C .  COOH  mit  der 
molekularen  Menge  Jod  selbst  in  Chloroformlösimg 
6  Stunden  auf  100°,  so  bekommt  man  doch  nur  Dijot 
akrylsäure  CH J :  C J  .  COOH. 

Vermittelst  der  Einwirkung  der  Jodwasserstoffeanre 
auf  Diazokörper  kommt  man  allgemein  zu  jodsubstituiertea 
Produkten,  wie  schon  Griess  angegeben  hat. 

C6H5N :  N  .  N08  +  HJ  =  C6H6J  +  N2  +  HNO,. 

Gabriel  und  Herzberg2  z.  B.  erwärmten  dasNitat 
der  o-Diazozimmtsäure  mit  der  vierfachen  Menge  Jod- 
wasserstoffsäure,  die  vorher  mit  dem  gleichen  Volumö 
Wasser  verdünnt  war,  allmählich  und  filtrierten  nach 
erneutem  Wasserzusatz  nach  Beendigung  der  Stickstoff' 
entwickelung.  Die  ^om  ausgeschiedenen  Jod  herrührend 
Färbung  nahmen  sie  durch  etwas  Natriumhyposulfit  fort 
Durch  Umkrystallisieren  erhielten  sie  die  JodzimmtsfeW 
JC6H4  .  C2H2 .  COOH  rein. 

Manches  Mal  verläuft  diese  Reaktion  geradezu  üb* 
raschend  glatt,    so  z.  B.  in  dem  Falle,   als  Hähle,9  si(k 
an  eine  Angabe  von  Schmitt4  haltend,  Nitrodiazophenot 
chlorid    mit    Jodwasserstoff    behandelte.       Da     bei  ge- 
wöhnlicher  Temperatur  die   Reaktion    zu  heftig  verlief, 
trug    er    die    Diazoverbindung    allmählich    in    die  enfcr 
sprechende  Menge  eiskalter  Jodwasserstoffeäure  ein.   Nach 
Austreibung    des    letzten    Bestes    an    Stickstoff   aus  der 
Flüssigkeit  durch  Erwärmen  fiel  dann  das  Nitrojodphenol 
auf    Wasserzusatz    fast    quantitativ    aus.      Zu    jodierten 

1  B.  24.  4120.  —  8  B.  16.  2037.  —  s  J.  pr.  Ch.  151.  72. 
4  B.  1.  68. 


Jodierung.  209 

Körpern   gelangt  man   natürlich    auch  nach   dem   Sand- 
MEYERschen    oder    GATTBRMANNschen    Verfahren1    (siehe 
die  Abschnitte  „Chlorieren"  und  „Bromieren").    Letzterer 
verwendete   zur   Gewinnung   von   Jodbenzol   aus   Anilin 
die  Materialien  in  folgender  Menge:   31  g  Anilin,   200  g 
konzentrierte  Schwefelsäure,  200  g  Wasser,  23  g  Natrium- 
nitrit,  126  g  Jodkalium  und  40  g   Kupferpulver.     Die 
Ausbeute  von  48  g  Jodbenzol  entsprach  70%  der  Theorie. 
Höhere,  sowie  sekundäre  und  tertiäre  Alkohole  geben 
beim   Behandeln  mit   Jodwasserstoffsäure   direkt  jodierte 
Produkte.     So  leiteten  Freund  und  Schönfeld2  in  den 
auf  dem  Wasserbade  erhitzten  Oktylalkohol  —  in  der  Kälte 
war  die  Einwirkung  ungenügend  —  Jodwasserstoffsäure, 
die  rasch  absorbiert  wurde,  so  lange  ein,   bis  sie  sich  in 
Form  einer  gelben  Schicht  am  Boden  zu  sammeln  anfing, 
und  die  Flüssigkeit  stark  zu  rauchen  begann.    Das  nicht 
unzersetzt  flüchtige  Jodid  wurde  nur  durch  Schütteln  mit 
Natriumbisulfit   entfärbt   und   eine  Ausbeute   von    180  g 
CH3 .  CHJ .  C6H13    aus    100  g    Alhohol    erhalten.     Aus 
tertiärem  Butylalkohol 

CH8>u<Cfl8 

bildet  sich,  wenn  man  ihn   mit  Jodwasserstoffgas  sättigt 

oder  mit  stärkster  rauchender  Jodwasserstoffsäure  schüttelt, 

nach  Butlerow  3  tertiäres  Butyljodid,  welches  mit  Ätzkali 

oder  zweifach  schwefligsaurem  Kalium  bis  zur  Entfärbung 

behandelt  und  durch  Destillation  gereinigt  wird.     Auch 

Glycerin    wird    nach    Erlenmeyer4  durch   Kochen   mit 

Jodwasserstoff  im  Überschufs  in  Isopropyljodid  übergeführt. 

Bemerkt  sei,    dals   beim  Kochen   mehratomiger  Alkohole 

mit  überschüssiger  Jodwasserstoffsäure  überhaupt  stets  ein 

sekundäres  Jodid  sich  bildet,  also  Erythrit  z.  B.  sekundäres 

Butyljodid  liefert. 

C4H6(0H)4  +  7HJ  =  C4H9J  +  6  J  +  4  H20. 

sekundäres 
Butyljodid 


1  B.  23.  1222.  —  »  B.  24.  3354.  —  3  Ann.  144.  5. 
4  Ann.  126.  305. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl  14 


210  Jodierung. 

Jodierte  Alkohole  lassen  sich  also  auf  diesem  Wege 
nicht  darstellen,  weil  die  Jodwasserstoffsäure  sogleich  alle 
Hydroxylgruppen  angreift ;  man  erhält  an  ihrer  statt  eben 
jodierte  Kohlenwasserstoffe.  Es  sei  in  der  Beziehung  noch 
die  Darstellung  des  Hexyljodids  nach  Munsche1  ange- 
führt, der  die  Jodwasserstoffsäure  teilweise  während  des 
Prozesses  aus  Jod  und  Phosphor  in  Gegenwart  von 
Wasser  bereitet,  was  sogar  eine  Verwendnng  des  durch 
den  Prozefs  regenerierten  Jods  ermöglicht 

CeHeCOHJe+llHJ^CeH^J+ÖJ.+e^O. 
Mannit 

In  einer  tubulierten  Retorte  wurden  je  200  g  Jod  mit 
100  g  wässriger  Jodwasserstoffsäure  (spez.  Gew.  1,7)  über- 
gössen, und  ward  so  viel  von  90  g  rotem  Phosphor  hinzu- 
gethan,  bis  die  Mischung  eben  entferbt  war.  Jetzt  wurde 
unter  mäfsigem  Erwärmen  auf  dem  Sandbade  der  übrige 
Phosphor,  abwechselnd  mit  Portionen  Mannit  (120  g),  zu- 
gegeben. Nachdem  Vs  eingetragen  waren,  wurde  der 
Best  des  Mannits  und  Phosphors  mit  der  inzwischen  neben 
Hexyljodür  überdestillierten  Jodwasserstoffsäure  zugefügt 
Das  erhaltene  Jodür  wurde  zuerst  mit  Wasserdampf,  hernach 
für  sich  destilliert.     Die  Ausbeute  soll  eine  gute  sein. 

Leser2  verfuhr  zur  Darstellung  des  Orthoxylilendijodids 
C8H8J2  so,  dafs  er  Phtalalkohol  mit  rauchender  wässeriger 
Jodwasserstoffsäure  und  etwas  rotem  Phosphor  kochte. 
Der  verdünnten  Lösung  entzieht  Äther  alsdann  das  Jodid. 

Friedländer  und  Weinberg3  bedienten  sich  der  Jod 
wasserstoffsäure  zum  Ersatz  des  Chlors  durch  Jod.  Während 
nämlich  Py-1-Chlorchinolin  durch  Jodwasserstoff  in  Eis- 
essig bei  240°  durch  Reduktion  direkt  in  Chinolin  über- 
geführt wird,  gelang  es  ihnen  durch  Mäfsigen  der  Reaktion 
das  intermediär  sich  bildende  Jodchinolin  zu  isolieren.  Sie 
erhitzten  zu  dem  Zwecke  Chlorchinolin  mit  konzentrierter 
Jodwasserstoffsäure  (Siedep.  127°)  und  etwas  amorphem 
Phosphor  3  Stunden  auf  140—150°.  Beim  Erkalten 
schieden  sich  aus  dem  Rohrinhalt  Krystalle  von  jod- 
wasserstoffsaurem Jodchinolin  aus. 


1  Bissertat.   Jena  1890.  —  2  B.  17.  1826.   —   8  B.  18.   1531. 


Jodierung.  211 

Schliefslich  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dafs,  wenn 
man  von  halogenhaltigen  Diazokörpern  ausgeht,  die  Jod- 
wasserstofisäure  zu  gemischt  halogenisierten  Körpern  führen 
kann,  wie  es  in  den  entsprechenden  Fällen  die  Chlor- 
und  Brom  wasserstoffsäure  ebenfalls  zu  bewirken  im  stände 
sind.  Als  Silberstein  1  z.  B.  eine  wässerige  Lösung  des 
Tribomdiazobenzolnitrats  mit  konzentrierter  Jodwasser- 
stoffsäure versetzte,  schied  sich  unter  stürmischer  Stick- 
stoffentwickelung Tribromjodbenzol  C6H2Br3J  aus. 

Die  Jodwasserstoffsäure  führt  auch  durch  An- 
lagerung an  ungesättigte  Körper  zu  jodhaltigen 
Verbindungen  und  vereinigt  sie  sich  mit  derartigen  Sub- 
stanzen bei  weitem  leichter  als  die  Brom-  oder  Chlor- 
wasserstoffsäure. 

So  verfuhr  Mabkownikoff2  zur  Darstellung  des 
Jodpropylalkohols  CgH^O  folgender  Art:  Propylenoxyd 

0<y  I  wurde    mit    etwas    mehr    als     dem     gleichen 

Volumen  Wasser  verdünnt,  Jodwasserstoff  nur  an  die 
Oberfläche  der  Flüssigkeit  geleitet  und  letztere,  sobald 
sie  eine  stark  saure  Reaktion  angenommen  hatte,  mit 
noch  mehr  Wasser  verdünnt.  In  Folge  dessen  schied 
sieh  der  Jodpropylalkohol  ab,  der  durch  Destillation  im 
lnftverdünnten  Räume  gereinigt  wurde.  Wenn  möglich, 
wird  man  den  betreffenden  Körper  in  Eisessig  lösen,  die 
Jodwasserstoffsäure  im  gleichen  Lösungsmittel  gelöst  zu- 
geben, auch  vielleicht  erwärmen,  worauf  dann  beim 
Eingießen  in  Wasser  meist  das  Additionsprodukt  sofort 
ausfallen  wird. 

Lippmann3  kam  direkt  von  den  ungesättigten  Kohlen- 
wasserstoffen zu  jodierten  Alkoholen  (Jodhydrinen)  durch 
Anlagerung  von  nnteijodiger  Säure  im  Entstehungs- 
momente. Löst  man  z.  B.  Jod  in  Gegenwart  von  Queck- 
silberoxyd und  Amylen  in  Chloroform  auf,  so  kann  man 
ans  dem  Chloroform  ein  schweres  Ol  erhalten,  welches 
jedoch  ein  Gemisch  verschiedener  Jodhydrine  ist. 

1  J.  jpr.  Ch.  135.  119.  —  *  Z.  Ch.  1870.  423.  —  8  Gr.  53. 968. 

14* 


212 


Jodiera  Dg. 


Melikoff  erhielt  durch  Einwirkung  von  rauchender 
Jodwassers  toösäure  anf  das  trockene  Kaliumsalz  der 
Glycidsäure  (Oxyakrylsäure)  jodmilchsaures  Kalium. 

Durch  Addition  von  Chlorjod  oder  Bromjod  kommt 
man  zu  gemischt  halogenisierten  jodhaltigen  Körpern. 

Dittmar1  rühmt  speziell  seine  Anlagerungsfähigkeit 
an  Alkaloide,  nnd  soll  die  Zahl  der  angelagerten  Halogen- 
gruppen  im  allgemeinen  der  Zahl  der  Pyridinkerne,  die 
man  in  der  betreffenden  Pflanzenhase  anzunehmen  hat, 
entsprechen.  Seine  Chlorjodlösung  stellt  er  sich  ans 
einer  Mischung  von  Jodkalium,  Natriumnitrit  und  Salz- 
säure, oder  durch  Einleiten  von  Chlor  auf  in  Wasser 
suspendiertes  Jod  her. 

Das  Chlorjod  als  JodieTungsmitte!  durch  Substitution 
hat  zuerst  Browne2  versucht.  Ausführlicher  damit  gearbeitet 
hat  dann  Stenhouse,3  der  aher  fand,  dais  das  Chlor 
manchmal  in  der  Art  wirkt,  dafs  es  Jod  in  die  Verbindung 
einführt;  in  anderen  Fällen  wieder  wirkt  das  Chlor,  wie 
wenn  es  nicht  in  Verbindung  wäre,  und  das  Jod  scheidel 
sich  ab,  ohne  an  der  Einwirkung  teilzunehmen. 

Michael  und  Norton1  erklärten   es  in   neuerer  Zeit 
wieder  als  ein   für  die  Darstellung   der  Jodverbindungen 
gut    geeignetes    Reagens.      Sie    stellten    es    durch  Über- 
leiten eines  trockenen  Chlorstroms  über  Jod  dar. 
Gewicht  des  letzteren  um  etwas  weniger  als  die  bere 
nete  Menge  zugenommen  hatte. 

Löst    man    nach  ihnen  Acetanilid3   in   viel   Eis 
und  gieht  Chlorjod  zu,  so  setzt  sich  viel  Jodacetanilid 
und  der  Best  fällt  auf  Wasserzusatz.    Ausbeute  8£ 
an  Parajodacetanilid. 

Sie  lösten  auch  Anilin  im  mehlfachen  Volumen 
essig,    leiteten    2   Mol.    Chlorjod    dampfförmig    ein 
kamen   zum   Dijodanilin.     Auf  eine  Lösung   von 
in  verdünnter  Salzsäure  liefsen  sie  alsdaun  ebenfalls  3 
Chlorjod   wirken.     Ausbeute    15%   der  theoretischen 
Trijodanilin. 


Jodierung.  213 

Völker1  löste  96  g  festes  Dreifachchlorjod  in  einein 
Liter  Wasser  und  gab  48  g  Aceton  zu,  erwärmte  bis 
66°,  worauf  starke  Trübung  eintrat  und  sofort  wieder 
gekühlt  wurde.  Das  abgeschiedene  Öl  enthielt  Dijod- 
aceton.  Aus  5225  g  JC13  und  2600  g  Aceton  erhielt 
er  1020  g  von  diesem  als  Rohprodukt  nach  umständlicher 
Reinigung.  Aus  den  Nebenprodukten  schlofs  er  auf 
folgende  Umsetzungsgleichung 

3  JC18  +  4C3H60  =  JC1  +  5  HCl  +CsH4J20  +  3C8H5C10. 

Green  2  liefs  Chlorjod  auf  mit  Aluminiumchlorid  ver- 
setztes Benzol  wirken  und  erhielt  Jodbenzol  nebst  höher 
jodierten  Produkten. 

Jodphosphonium  und  Äthylenoxyd  geben  nach  Girard3 
Äthylenjodid  und  Phosphorwasserstoff. 

Willgerodt  hat  im  Jodstickstoff  einen  die  Phenole 

leicht  nach  den  Gleichungen 

C6H50H  +  JNH2  =  C6H4J0H  +  NH3 
C6H6OH  +  J8N    =  C6H2J80H  -f  NH8 

jodierenden  Körper  gefunden  und  bei  der  Ausarbeitung 
des  Verfahrens  die  Darstellung  des  freien  Jodstickstoffs 
umgangen.4 

Zur  Darstellung  von  Monojodthymol  wurden  5  g 
Thymol  in  6  ccm  Ammoniak  -\-  2  ccm  Alhohol  gelöst 
und  darauf  8,5  g  Jodpulver  allmählich  zugegeben.  Auf 
Wasserzusatz  fällt  alles  entstandene  Jodthymol  aus,  dessen 
Ausbeute  etwa  45  %  der  Theorie  beträgt.  Disubstituiertes 
Produkt  kann  nach  dem  Verfahren  nicht  erhalten  werden. 
Jodiert  man  dagegen  Orthokresol,  so  wird  vorzüglich 
Dijodkresol  gebildet.  Versuche  mit  mehratomigen  Phe- 
nolen sind  fehlgeschlagen.  Temperaturerhöhung  ist  bei 
der  Reaktion  zu  vermeiden,  weil  sonst  Verharzung  eintritt. 

Der  Ersatz  von  Chlor  durch  Jod  kann  auch  durch 
Einwirkung  von  Bortrijodid,  Jodcalcium,  Jodnatrium 
(Jodkalium),  Jodsilber  erreicht  werden.5 

1  Ann.  192.  90.  —  2     Cr.  90.  40.  —  3  Cr.  101.  478. 

4  J.  pr.  Ch.  147.  290. 

5  Die  ersten  derartigen  Versuche  rühren  von  Perkin  und 
Duppa  (Ann.  112.  125)  her. 


214  Jodierung. 

Das  Bortrijodid  führt  nach  Moissan1  Chloroform, 
wenn  man  es  mehrere  Tage  mit  ihm  stehen  läßt,  nach 
der  Gleichung  CHC1S  +  B  J3  =  CH  J3  +  BC18  in  Jodoform 
über,  und  verwandelt  mit  Leichtigkeit  Tetrachlorkohlenstoff 
in  den  nach  anderen  Verfahren  kaum  erhaltbaren  Tetra- 
jodkohlenstoff. 

Lothar  Meter  2  hat  dann  den  Austausch  von  Chlor, 
Brom  und  Jod  zwischen  organischen  und  anorganischen 
Verbindungen  auf  das  ausführlichste  untersuchen  lassen, 
und  schliesslich  fand  Spindler3  im  wasserhaltigen  käuf- 
lichen Jodcalcium,  das  nicht  ganz  4  Moleküle  Krystall- 
wasser  enthält  (wasserfreies  ist  ohne  Wirkung),  ein  Mittel, 
mit  dem,  wie  es  scheint,  in  allen  gechlorten  und  gebromten 
organischen  flüssigen  Verbindungen  die  beiden  anderen 
Halogene  durch  Jod  ersetzt  werden  können.  Leider 
beeinträchtigen  die  Langwierigkeit  und  die  oft  schlechten 
Ausbeuten  den  Wert  des  Verfahrens. 

Dieses  besteht  darin  die  umzusetzende  Flüssigkeit, 
unter  Ausschlufs  jeder  sonstigen  Feuchtigkeit,  in  einem 
trockenen  Einschmelzrohr  mit  dem  Jodcalcium.  während 
120  Stunden  einer  Temperatur  von  70 — 75°  auszusetzen. 

Von  1,35  g  Chloroform,  die  in  der  angegebenen  Art 
mit  5  g  Calciumjodid  behandelt  wurden,  waren  17,4 °/« 
in  dieser  Zeit  in  Jodoform  übergegangen,  von  2,3  g 
Tetrachlorkohlenstoff  14,4%,  doch  wird  bei  diesem  die 
Umsetzung  bei  längerer  Dauer  der  Einwirkung  fest 
quantitativ.    Vom  Äthylen chlorid    setzen  sich  86°/o  tun. 

Das  Jodnatrium  ist  für  derartige  Umsetzungen  deshalb 
dem  Kaliumsalz  vorzuziehen,  weil  es  selbst  in  starkem 
Alkohol  leicht  löslich  ist.  Liebig  und  Wöhler4  erhielten 
durch  Destillation  von  Benzoylchlorid  mit  Jodkalium 
Benzoyljodid,  ein  Verfahren,  welches  bis  heute  wohl  den 
einzigen  Weg    zur  Gewinnung  von  Säurejodiden  bildet 


1  Cr.  113.  19. 

-  Eine  Zusammenstellung  aller  in  dieser  Beziehung  in  der 
Litteratur  bis  dahin  beschriebenen  Versuche  findet  sich  Ann. 
'225.  166—170. 

:J  Ann.  231.  258.  —  4  Ann.  3.  266. 


Jodierung.  215 

Nach  Perkin  *  wird  in  Alkohol  gelöstes  Trimethylen- 
'omid,  mit  einem  Überschufs  von  Jodkalium  (Jodnatrium 
tirde  also  jedenfalls  die  Reaktion  erleichtern)  behandelt, 
ist  quantitativ  nach  der  Gleichung 

CH2Br .  CH2 .  CH2Br .  +  2  K  J  =  C,H2  J .  CHS .  CH2  J  +  2  KBr 

i  das  Jodid  umgewandelt.  Und  so  wird  es  viele  Fälle, 
i  welchen  die  direkte  Gewinnung  jodierter  Verbindungen 
hwierig  oder  kaum  möglich  ist,  geben,  in  denen  man 
ßh  auf  diese  Weise  helfen  kann.  So  fand  Henry2  die 
ethode  am  zweckmäfsigten  zur  Darstellung  des  Pro- 
trgyljodürs  CH  :  C .  Cfl2J ,  indem  er  Natriumjodür  in 
hyialkoholischer  Lösung  auf  C3H3Br  wirken  liefs. 

Nach  ihm3  scheinen  methylalkolische  Lösungen  dieses 
ilzes  aber  noch  wirksamer  zu  sein.  Methylchlorid  soll 
irch  diese   in   einer  Druckflasche   geradezu    quantitativ 

Methyljodid  übergeführt  werden. 

Als  Claus4  s-Dichlorhydrin  mit  etwas  mehr  als 
Molekülen  Jodkalium  in  einer  zur  vollständigen  Lösung 
nreichenden  Menge  Wasser  im  Salzbade  erhitzte,  bekam 

das  gesuchte  Dijodhydrin. 

Und  Demuth  und  Meyer5  kamen  zum  lang  gesuchten 
Kiaikohol,  indem  sie  25  g  Äthylenchlorhydrin  C2H4C10H 
it  50  g  fein  gepulvertem  Jodkalium  zu  einem  dünnen  Brei 
trührten  und  diesen  unter  öfterem  Umrühren  24  Stunden 
i  Wasserbade  erhitzten.  Nachdem  das  Gemisch  hierauf 
i  der  Pumpe  abgesogen  und  der  Rückstand  mit  Äther 
'waschen  war,  wurde  das  JFiltrat  mittelst  Natriumhypo- 
lfitlösung  entfärbt,  und  die  abgehobene  ätherische  Lösung 
it  entwässertem  Glaubersalz  getrocknet.  Das  Jodhydrin 
rH4JOH  hinterblieb  nach  dem  Abdestillieren  des  Äthers 
J  schwach  rötliches  ÖL  25  g  Chlorhydrin  gaben  25  g 
sselben. 

Im  AnschluJs  an  die  besprochenen  Chlorierungs-, 
amierungs-  und  Jodierungsmethoden  soll  hier  noch 
nerkt  werden,    dafs    die    für  weitere  Umsetzungen    so 

*  B.  18.  221.  —  2  B.  17.  1132.  -   3  B.  24.  R.  74. 

*  Ami.  168.  24.  —  *  Ann.  256.  28. 


216  Jodierung. 

viel  verwendeten  drei  nahe  verwandten  Körper  Chlor-, 
Brom-  und  Jodäthyl  sich  durchaus  nicht  immer  gleich 
verhalten,  obgleich  die  beiden  letzteren  gemeinhin  als 
von  fast  ganz  gleicher  Brauchbarkeit   angesehen  werden. 

So  wird  eine  alkoholische  Lösung  von  Chloräthyl 
selbst  beim  Kochen  mit  Silbernitratlösung  nicht  verändert, 
während  Bromäthyl  unter  diesen  Umständen  Salpeter- 
säureäthylester nebst  AgBr  liefert. 

Fischer  fand,  dafs  ein  Gemisch  von  gleichen  Mole- 
külen Phenylhydrazin  und  Jodäthyl  sich  nach  einiger 
Zeit  von  selbst  erwärmt,  und  die  Einwirkung  bei  größeren 
Mengen  so  heftig  wird,  dafs  die  ganze  Masse  unter  explo- 
sionsartiger Gasentwickelung  zersetzt  wird.  Beim  Erhitzen 
eines  Gemenges  von  gleichen  Molekülen  Basis  und 
Bromäthyl  aber  am  Rückflufskühler  wird  die  Reaktion 
ohne  Gefahr  in  wenigen  Stunden  zu  Ende  geführt,  und 
nach  beendigter  Reaktion  erstarrt  die  Lösung  zu  einem 
Magma  von  Krystallen.  V.  Meyer  2  teilt  mit,  dafe  beim 
Propylieren  des  Benzylcyanids  Brompropyl  gar  nicht, 
Jodpropyl  dagegen  sehr  leicht  alkylierend  auf  das  Benzyl- 
Cyanid  einwirkt. 

Von  Henry  3  liegen  ausführliche  Untersuchungen  über 
die  verschiedene  Reaktionsfähigkeit  der  Halogene  in  den 
gemischten  Haloidäthern  (es  sei  hier  auch  an  die  Synthese 
des  Taurins  mittelst  Äthylenchlosobromids4  durch  James 
erinnert)  vor. 

Bei  der  Gelegenheit  sei  auch  gestattet  darauf  hin- 
zuweisen, dafs  Kalium  und  Natrium  sich  nicht  immer 
identisch  bei  ihrer  Einwirkung  auf  organische  Körper 
erweisen.  Wie  verschieden  ihr  Verhalten  gegen  eine 
Substanz  sein  kann,  geht  aus  der  Mitteilung  von  Mbbs 
und  Weith5  hervor,  wonach  sich  Natrium  jahrelang  in 
trockenem  Brom  aufbewahren  läfst,  ja  mit  ihm  auf  200° 
erhitzt  werden  kann,  ohne  viel  korrodiert  zu  werden, 
während  Kalium,    wenn    es  in  selbst   auf  diesem  "Wege 


1  B.  9.  885.  —  2  Ann.  250.  153.  —  3  B.  16.  1366. 
4  J.  pr.  Ch.  128.  351    ö  B.  6.  1518. 


Fluorierung.  217 

getrocknetes  Brom  geworfen  wird,   sofortige  Entzündung 
und  heftige  Explosion  veranlafst. 


Fluorierung 

Reinsch1  ist  der  erste  gewesen,  der  sich  ernstlich 
mit  der  Darstellung  fluorhalt  iger  organischer  Ver- 
bindungen beschäftigte.  Bereits  im  Jahre  1840  versuchte 
er  durch  Einleiten  von  Fluorwasserstoffgas  in  absoluten 
Alkohol  Fluoräthyl  darzustellen,  vermochte  aber  diese 
gasförmige  Verbindung  nicht  zu  charakterisieren. 

Die  vollkommene  Indifferenz  der  wässerigen  Fluor- 
wasserstoffsäure gegenüber  vielen  organischen  Verbindungen 
zeigte  Städeler,2  von  dem  auch  der  Vorschlag  zu  ihrer 
Aufbewahrung  in  Guttaperchaflaschen  herrührt. 

Reinsch  warnt  schon  vor  der  heftigen  Einwirkung 
der  fluorwasserstoffhaltigen  organischen  Flüssigkeiten  auf 
die  Haut,  die  namentlich  unter  den  Nägeln  kaum  er- 
trägliche langandauernde  Schmerzen  verursacht,  die  er 
nur  durch  Eiskühlung  mildern  konnte. 

Fremy3  hat  dann  das  gasförmige  Fluormethyl  und 
Fluoräthyl  durch  Destillation  von  ätherschwefelsaurem 
Kalium  mit  saurem  fiufssauren  Kalium  dargestellt 

S0*<CH  +  HF1KF1 = K*s°4  +  HF1  +  CH»FL 

Die  Umsetzung  verläuft  jedenfalls  komplizierter,  denn 
als  Seubert4  Fluoräthyl  nach  dieser  Methode  darstellte, 
mufste  er  es  von  der  bis  zu  25%  beigemischten  Kohlen- 
säure durch  Atzkali  befreien. 

Borodine5  destillierte  Benzoylchlorid  mit  dem  sauren 
Kaliumsalz  aus  einer  Platinretorte  und  erhielt  so  das 
Benzoylfluorid  als  eine  bei  161°  siedende  das  Glas 
wenig  angreifende  Flüssigkeit. 

Geradezu  auffällig  ist,  dafs  erst  seit  kurzem  das 
Fluorsilber    zu    derartigen    Umsetzungen     herangezogen 

— -s 

1  J.  pr.  Ch.  19.  314.  —  2  Ann.  87.  137.  —  3  Cr.  38.  393 
4  B.  18.  2646.  —  5  Bepert  de  chim.  1862.  336. 


218  Fluorierung. 

worden  ist;  dieses  liefert,  wie  man  von  vornherein  fast 
annehmen  konnte,   Fluorverhindnngen   mit  Leichtigkeit 

So  erhielt  Moissan1  Fluoräthyl,  als  er  Jodäthyl 
langsam  auf  Fluorsilber  fliefsen  liefe.  Das  entweichende 
Gas  befreite  er  vom  mitgerissenen  Jodäthyl  in  der  Art, 
dafs  er  es  erst  durch  eine  auf  —  20°  abgekühlte  Röhre  und 
hernach  nochmals  über  Fluorsilber  leitete. 

Mbslans2  brachte  1  Teil  Chloroform,  2  Teile  Jodo- 
form und  1  Teil  Fluorsilber  in  einen  mit  Eis  gekühlten 
Kolben.  Beim  Anwärmen  begann  eine  Gasentwickelung. 
Das  Gas  wurde  ebenfalls  auf  —  23°  abgekühlt,  dann 
wiederum  über  erwärmtes  Fluorsilber  und  hierauf  über 
Kautschuk  zur  Fortnahme  des  Chloroformdampfes  geleitet 
Nachdem  ihm  durch  Kupferchlorür  noch  Kohlenoxyd 
entzogen  war,  erwies  es  sich  als  reines  Fluoroform. 

In  ähnlicher  Weise  stellte  Chabrie8  das  ebenfalls 
gasförmige  Methylenfluorid  CH2F12  aus  Methylenchlorid  dar. 

Häufig  wird  auch  die  Einwirkung  der  wässerigen 
Flufssäure  auf  Diazoverbindungen  verwendet.  So  stellte 
Lenz4  durch  Kochen  der  Diazobenzolsulfosäure  mit  ihr 
die  Fluorbenzolsulfosäure  C6H4F1S03H  dar. 

Ekbom  und  Maüzelius5  lösten  Naphtylamin  unter 
Erwärmen  in  starker  Flufssäure  und  gaben  eine  mehr 
als  genügende  molekulare  Menge  in  wenig  Wasser  gelösten 
Kaliumnitrits  zu,  worauf  unter  lebhafter  Gasentwickelung 
die  Bildung  des  Fluornaphtalins  vor  sich  ging. 

Schmitt  und  Gehren6  haben  dann  durch  Zerlegen 
von  jedesmal  10 — 15  g  Diazoamidosäure  mit  200  ccm 
stark  rauchender  Flufssäure  in  einer  geräumigen  Platin- 
schale nach  der  Gleichung 

ü14HnN,04  +  2HF1  =C7H5F10,  +  C7H7N03HF1  +  2N  (?) 

Fluorbenzoösäure  erhalten.  Auch  sie  warnen  vor  den 
Schmerzen  in  den  Fingerspitzen ,  die  sie  dadurch  milderten, 
dafs  sie  diese  von  Zeit  zu  Zeit  in  Natronlauge    badeten. 

1  Cr.  107.  260  u.  1155.  -  2  Cr.  110.  717. 

8  Cr.  110.  1202.  —  4  B.  12.  581.  —  5  B   22.  1846. 

6  J.  pr.  Ch.  109.  395. 


Fluorierung.  219 

Ebenso  erhielt  Mauzelius1  durch  Eintragen  von 
ce-Diazonaphtalinsulfosäure  in  erwärmte  50%igeFlufssäure 
Leicht  die  Fluornaphtalinsulfosäure. 

Fluorierte  Kohlenwasserstoffe  soll  man  nach  den 
Untersuchungen  von  Paterno  und  Oliveri  durch  Zer- 
legung der  Salze  der  Diazoverbindungen  mit  Flufssäure 
nicht  erhalten  können.  (Siehe  weiterhin.)  Wallach2  hat 
aber  in  der  Zerlegung  der  Diazoamidoverbindungen  einen 
"Weg  gefunden,  auf  dem  sich  diese  leicht  und  in  reichlicher 
Menge  gewinnen  lassen. 

Vermischt  man  z.  B.  eine  wässerige  Lösung  von  Diazo- 
benzolchlorid  mit  wässeriger  Piperidinlösung,  so  erhält 
man  quantitativ  Benzoldiazopiperidid.  Übergiefst  man  die 
lufttrockene  zerriebene  Verbindung  mit  konzentrierter 
Flufssäure,  so  tritt  bald  stürmische  Reaktion  ein,  und 
nach  der  Gleichung 

C6H5N :  N .  NC5H10  +  2F1H= C6H5F1  +  N,  +  NHC6H10 .  F1H 

bildet  sich  Fluorbenzol.  Wegen  der  Leichtflüchtigkeit  des 
Fluorbenzols  ist  ein  mit  guter  Kältemischung  umgebener 
Schlangenkühler  zu  verwenden,  dessen  Ende  durch  eine 
Glasröhre  in  Quecksilber  taucht,  und  wegen  der  heftigen 
Einwirkung  verarbeitet  man  nicht  mehr  als  10  g  Benzol- 
diazopiperidid auf  einmal,  die  mit  20 — 30  ccm  Säure 
übergössen  werden. 

Ekbom  und  Mauzelius3  erhielten  neuerdings  Fluor- 
naphtalin  C10H7F1,  als  sie  a-  oder  ^-Naphtylamin  in 
einer  Platinschale  in  starker  Flufssäure  lösten,  und  dazu 
eine  mehr  als  zur  Diazotierung  genügende  Menge  in 
wenig  Wasser  gelösten  Kaliumnitrits  setzten.  Neben 
teerigen  Produkten  bildet  sich  unter  lebhafter  Gas- 
entwickelung Fluornaphtalin,  welches  sie  nach  Neutrali- 
sation mit  Natriumkarbonat  und  Behandlung  mit  Natron- 
lauge zur  Trennung  von  Naphtolen  mit  Wasserdämpfen 
übertrieben. 

Jackson  und  Hartshorn4  kamen  zu  Difluorbenzoe- 
säure    C6H3Fl2COOH,     als    sie    Chromhyperfluorid    auf 


1  B.  22.  1844.  —  *  Ann.  235.  258.  —  8  B.  22.  1846. 
*  B.  18.  1993. 


220 


Darstellung  von  Salzen. 


trockene  Benzoesäure  wirken  liefsen.  Diese  bedeckt 
dabei  mit  einer  schwarzen  Kruste,  von  welcher  die  Difluor- 
benzoösäure  durch  Ausziehen  mit  Soda  getrennt  werden 
kann.  Das  Ohromhyperfluorid  stellten  sie  aus  180  g 
rauchender  Schwefelsäure,  60  g  Kaliinndichromat  und 
100  g  Flußspat  dar. 

Darstellung  von  Salzen. 

Die  Gewinnung  von  Salzen  aus  Sauren  oder  Basen 
kann  in  bo  mannigfacher  Weise  erfolgen,  dafs  es  unmög- 
lich ist  eine  auch  nur  annähernd  vollständige  Zusammen- 
stellung der  Methoden  liefern  zu  wollen.  Dazu  kommt, 
dafs  ein  Teil  derselben  allgemein  bekannt,  ja  geradezu 
selbstverständlich  und  deshalb  zu  besprechen  unnötig  iat. 

Alle  wasserunlöslichen  Säuren  lassen  sich  natürlich 
durch  Zugabe  von  Natronlauge,  Kalilauge  oder  mit  ?er 
schwindenden  Ausnahmen  von  Ammoniakin  Lösung  bringen. 
Nur  selten  wird  man  au  des  letzteren  Stelle  organische 
Substitutionsprodukte  verwenden,  wie  z.  B.  Kleeberg1  in 
einem  Falle  Phenylhydrazin  benutzte.  In  starker  Kali- 
oder  Natronlauge  sind  aber  viele  solche  Salze  schwer  löslich. 

Hat  man  Säuren  als  solche  in  Wasser  gelöst,  so 
wird  man  sie  mittelst  Alkalien  in  die  entsprechenden 
Salze  überführen  können.  Einen  Überschufs  an  Kali- 
oder Barytwasser  entfernt  man  durch  nach  fragliches  Einleiten 
von  Kohlensäure.  Kennt  man  ihre  Menge,  so  kann  man 
durch  Zugabe  der  theoretisch  nötigen  Quantität  direkt  3nf 
neutrales  Salz  hinarbeiten,  iat  sie  unbekannt,  und  treibt  die 
SäureK  oh  len  säure  aus,  so  wird  man  durchZusatz  von  in  Wasser 
unlöslichen  Karbonaten  und  Durchschütteln  zu  neutralen 
Lösungen  kommen.  Als  solche  Karbonate  dienen  hantig 
Bariumkarbonat,  Calciumkarbonat,  aber  ebensogut  werden 
auch  Bleikarbonat,  Sifberkarbonat  etc.  in  Anwendung 
gebracht.  Lost  die  Säure  Oxyde,  so  kann  auch  Blei- 
oxyd, feuchtes  Silberoxyd  etc.  verwendet  werden. 

Kaliumkarbonat  oder  Natriumkarbonat  eignen  sich 
weniger  für  den  Zweck,  da,  wenn  man  nicht  mit  titrierten 

1  Ann.  268.  285. 


Darstellung  von  Salzen.  221 

jöeungen  arbeitet,   es  schwer  ist  genau  den  Sättigungs- 
unkt  zu  treffen. 

Das  Verhalten  der  Lösungen  gegen  Lackmus  etc. 
ann  nicht  immer  ausschlaggebend  sein,  ja  Ost1  fand 
eradezu,  dafs  die  sauren  Salze  der  Pyromekonsäure  von 
er  Formel  C5H302.OM  -f  C5H3Oa.OH  alkalisch  rea- 
ieren,  und  Pinner  und  Wolfpbnstein2  teilen  mit,  dafs 
in  von  ihnen  erhaltenes  Oxynikotin  trotz  schwach  saurer 
Reaktion  die  Eigenschaften  einer  Base  besitzt. 

Die  wasser-,  alkohol«,  äther-  etc.  löslichen  Basen  kann 
ian  durch  Säurezusatz  (Kohlensäure  reagiert  aber  mit 
en  meisten  nicht,  und  die  Beobachtung  Bambergers,3 
afs  das  Tetrahydrochinolin  ein  Karbonat  bildet,  ist  eine  durch 
ie  Hydrierung  veranlagte  Ausnahme)  in  die  entsprechenden 
entralen  und  bezw.  sauren  Salze  überführen.  So  erhielt 
teBNTHSEN4  das  neutrale  Sulfat  des  Amidodimethylanilins, 
idem  er  zu  dessen  ätherischer  Lösung  vorsichtig  die  be- 
achnete  Menge  einer  ätherischen  Lösung  von  konzentrierter 
chwefelsäure  setzte.  Das  neutrale  Salz  fiel  sofort  aus, 
rährend  überschüssige  Säure  zur  Entstehung  des  schlecht 
rystallisierenden  sauren  Salzes  Veranlassung  giebt. 

Schwefelsäure  ist  in  derartigen  Fällen  der  Salzsäure 
orznziehen,  weil,  während  die  Sulfate  meist  gut  krystalli- 
eren,  die  Salze  der  letzteren  oft  zur  Braunfärbung 
eigen. 

Lellmann5  hat  ein  Verfahren  angegeben,  nach  dem 
ie  Affinitätsgröfsen  sehr  vieler  organischen  Basen  ermittelt 
erden  können,  und  von  Fuchs6  ist  ebenfalls  eine  solche 
[ethode  ausgearbeitet  worden. 

Wasserlösliche  Salze    werden    häufig    durch    Alkohol 

s.  w.  gefällt.     Salzsaure  Salze  stellt  man   auch  durch 

inleiten  von  Chlorwasserstoff  in   die  absolut  ätherische 

ler  benzolische 7  Lösung  der  Basen  dar,  aus  der  sie  sich 

inn  meist  direkt  ausscheiden.    Viele  salzsaure  Salze  sind 


1  J.  pr.  Ch.  127.  183.  —  8  B.  24.  64.  —  8  B.  22.  354. 
*  B.  16.  2235.  —  5  Ann.  263.  286.  —  6  M.  Ch.  9.  1132. 
7  Ann.  256.  290. 


222  Darstellung  von  Salzen. 

aber  auch  in  starker  Salzsäure  unlöslich  und  können 
deshalb  aus  ihrer  wässerigen  Lösung  durch  fortgesetztes 
Einleiten  von  salzsaurem  Gas  gewonnen  werden,  oder 
fallen,  wenn  man  ihre  mit  überschüssiger  Salzsäure  ver- 
setzten Lösungen  im  Wasserbade  eindampft,  mit  zunehmen- 
der Konzentration  derselben  allmählich  aus. 

Manche  organischen  Säuren  liefern  nach  Art  der  Kohlen- 
säure mit  schwachen  Basen  keine  Salze.  Altmann1  suchte 
sich  in  dem  Falle  so  zu  helfen,  daJs  er  z.  B.  die  Zucker 
säure  in  ihr  Kaliumsalz  überführte  und  dieses,  um  die 
Zersetzungsprodukte  des  zuckersauren  Anilins  kennen  zu 
lernen,  alsdann  mit  der  theoretischen  Menge  Salzsäuren 
Anilins  mischte  und  destillierte. 

Viel  dargestellt  werden  Oxalate  und  Pikrate  der 
Basen,  weil  sie  meist  schwer  löslich  sind,  resp.  gut  kry- 
stallisieren.  Man  neutralisiert  z.  B.  die  alkoholische  Lösung 
einer  Base  mit  einer  alkoholischen  Oxalsäurelösung  und 
fällt  das  Oxalat  mit  Äther  aus. 

So  gelang  es  Miller  und  Gerdeissen2  das  basische 
Kondensationsprodukt,  welches  man  aus  m-Phenylendiamin 
und  Önanthol  erhält,  das  sogar  ein  nicht-krystallisierendes 
Platindoppelsalz  giebt,  in  Form  seines  Pikrates  rein  zn 
erhalten.  Versetzt  man  nämlich  die  alkoholische  Lösung 
der  öligen  Base  mit  konzentrierter  alkoholischer  Pikrin- 
säurelösung, so  scheidet  sich  nach  längerem  Stehen  eine 
allerdings  mit  viel  Öl  durchtränkte  Krystallmasse  aus. 
Dieses  abgeschiedene  Pikrat  kann  durch  Waschen  mit 
kaltem  und  Umkrystallisieren  aus  heifsem  Bisessig  schließ- 
lich leicht  in  Form  eines  gelben  Krystallmehls  erhalten 
werden.  Die  aus  diesem  wieder  in  Freiheit  gesetzte  Base, 
das  Dihexyldiamylphenanthrolin,  konnte  sogar  ihrerseits 
alsdann  aus  Alkohol  in  schneeweißen  Krystallen  ge- 
wonnen werden. 

Im  allgemeinen  sind  Salze  in  heifsem  Wasser  bekannt- 
lich leichter  löslich  als  in  kaltem.  Die  merkwürdigste 
Ausnahme  ist  wohl,    wie  Jacobsen3  gefunden  hat,   das 

1  IKssertat.  Neisse  1874.  —  2  B.  24.  1732.  —  s  B.  10.  859. 


Darstellung  von  Salzen.  223 

xylidinsaure  Zink.  Bei  0°  lösen  100  Teile  Wasser  fast 
36  Teile,  bei  100°  nur  0,735  Teile,  bei  130°  fast  genau 
0,5  Teile  des  Salzes.  Etwas  Ähnliches  kommt  auch  bei 
wasserlöslichen  Flüssigkeiten  vor.  So  lösen  nach  Keküle 
und  Zincke1  100  Teile  Wasser  bei  13°  12  Teile  Paraldehyd; 
bei  30°  trübt  sich  die  Lösung  und  bei  100°  scheidet  sich 
etwa  die  Hälfte  desselben  wieder  aus. 

Kry stall wasser bestimmungen  erfolgen  meistens  durch 
Erwärmen  des  betreffenden  Salzes  bis  zum  Austreiben 
dieses  im  Trockenschrank  oder  im  luftverdünnten  Räume. 
In  letzterem,  wenn  angänglich,  auch  bei  gewöhnlicher 
Temperatur. 

Der  Krystallwasserverlust  ist  bei  manchen  Körpern 
mit  Änderung  der  Farbe  verbunden.  So  werden  z.  B.  die 
stahlblauen  Nadeln  des  Paraazotoluolnaphtylaminsulfats 2 
während  des  Erwärmens  auf  105°  unter  Verlust  von 
3  Mol.  Wasser  grün. 

Jacobsen3  bestimmt  den  Krystall Wassergehalt  von 
Säuren  durch  Titration  mit  Normalnatronlauge;  in  ent- 
sprechender Weise  könnte  man  mit  Basen  verfahren. 

Die  Bestimmung  der  Löslichkeit  von  Salzen  ist  nach 
Limpeicht4  in  vielen  Fällen  sehr  geeignet  über  die 
Identität  oder  Verschiedenheit  namentlich  isomerer  Ver- 
bindungen sich  ein  Urteil  zu  bilden.  Bei  Salzen  z.  B., 
bei  denen  Schmelzpunkts-  oder  Siedepunktsbestimmungen 
nicht  anwendbar  sind,  bei  welchen  sehr  oft  die  Krystall- 
form  nicht  so  ausgebildet  ist,  dafs  sie  mit  Leichtigkeit 
sicher  erkannt  werden  kann,  und  bei  denen  auch  der 
Krystallwassergehalt  ein  wechselnder  sein  kann,  bietet 
die  Bestimmung  der  Löslichkeit  nach  ihm  ein  nicht 
genug  zu  schätzendes  Kriterium. 

Nach  V.  Meyer5  werden  auf  ihre  Löslichkeit  zu 
prüfende  Substanzen  in  50 — 60  ccm  fassenden  Reagens- 
gläsern in  heifsem  Wasser  gelöst.  Nach  erfolgter  Lösung 
werden   die    Reagensröhren   in    ein    geräumiges   Becher- 

1  Ann.  162.  145.  —  *  B.  12.  229.  -  3  B.  15.  1854. 
*     B.  8.  350.  —  5  B.  8.  999. 


224 


Darstellung  von  Salzen. 


ifrück- 
der  in    I 

.ungn  I 
ättip  I 
er  ga- 


glas mit  kaltem  Wasser  gestellt,  und  wird  ihr  Inhalt  mit 
scharfkantigen  Glasstäben  so  lange  heftig  umgerührt,  bis 
er  die  Temperatur  des  umgebenden  Wassers  angenommen 
hat.  Man  lafst  dann  das  Ganze  zwei  Stunden  stehen, 
notiert  die  Temperatur  des  ebenfalls  umgerührten  Wassers 
im  Becherglase,  rührt  den  Inhalt  der  ReageDsröbren  noch- 
mals mit  den  Glasstäben  sehr  heftig  um,  filtriert  sofort 
die  für  die  Bestimmung  erforderliche  Menge  durch  ein 
trockenes  Faltenfilter  in  einen  mit  dem  Deckel  gewogenen 
Tiegel  und  wagt  die  Flüssigkeit  und  dnrjn  den  Abdamphück- 
stand,  resp.  bestimmt  auf  beliebige  Art  die  Menge  der  in 
der  gewogenen  Losung  enthaltenen  Substanz. 

Will  man  die  Löslichkeit  für  heifs  gesättigte  Lösi 
bestimmen,  so  filtriert  man  die  kochend  heifs  gesäi 
Flüssigkeit  durch  ein  in  einen  erwärmten  Trichter 
brachtes  aschefreies  Faltenfilter  in  ein  mit  einem  gut 
passenden  Stopfen  versehenes  vorher  itn  leeren  Zustande 
genau  gewogenes  Kochflascheheu.  Nach  3  bis  4  Stunden 
lüftet  man  den  Versehlul's,  um  etwaige  Luft  Verdünnung 
auszugleichen,  und  wägt  nun  Flasche  samt  Inhalt. 
Hierauf  wird  die  Losung  erst  auf  dem  Wasserbade  und 
dann  im  T rocke nschrauke  bis  zur  Gewicbtskon  stanz  ein- 
getrocknet. Die  abermalige  WftguDg  ergiebt  dif  Menge 
des  in  der  kochenden  Flüssigkeit  gelöst  gewesenen  wasser- 
freien Salzes. 

Zur  Bestimmung  des  Gehalte  an  gelöster  Substam 
bei  einer  beliebigen  Temperatur  übergiel'st  man  das  Sali 
mit  einer  bei  der  gewünschten  Temperatur  unzureichen- 
den Menge  des  Lösungsmittels.  Hierauf  stellt  man  da* 
Ganze  in  ein  auf  den  gewünschten  Grad  gehaltenes  Bad 
und  schüttelt  während  mehrerer  Stünden  öfters  um.  Das 
weitere  Verfahren  entspricht  dem  für  gesiittigte  Lösuugeu- 

Häufig    läfst    Bich    auch    der  Wassergebalt   der  Sake 
aus    der    Elementaranalyse    berechnen,    was     namentlich 
dann  in  Frage  kommt,   wenn  Salze,  bevor  die  Gewi» 
kons  tanz  des  Rückstandes  erzielt  ist,  sich  zersetzen. 

Viele   wasserlösliche  Salze  sind,    wie  schon   erwät 
in  Alkohol  unlöslich  und  können  durch  Eingießen  i 


Darstellung  von  Salzen.  225 

Lösung  in  einen  Uberschufs  von  diesem  abgeschieden 
werden.  Der  umgekehrte  Fall  ist  recht  selten.  So  er- 
wähnt Hemiliak,1  dafs  das  Bariumsalz  der  Methyltri- 
phenylmetankarbonsäure  in  Wasser  fast  unlöslich  ist,  sich 
aber  ziemlich  leicht  in  kochendem  70°/oigen  Alkohol  löst 
und  daraus  krystallisiert  erhalten  werden  kann;  auch 
Strecker2  beobachtete  schon,  dafs  cholsaures  Barium  in 
Alkohol  leichter  als  in  Wasser  löslich  ist. 

Alkohollösliche  Salze  können  häufig  durch  Äther  resp. 
Petroläther  gefällt  werden.  Namentlich  organische  Salze 
der  Schwermetalle  pflegen  kaum  in  diesen  löslich  zu  sein, 
doch  fand  Gussebow3  bereits  in  den  dreifsiger  Jahren, 
daüs  ölsaures  Blei  sich  leicht  in  Äther  löst. 

Diese  Ätherlöslichkeit  scheint  speciell  sehr  vielen  Salzen 
der  Olsäurereihe  zuzukommen.  So  ist  nach  Krafft  und 
Beddies4  das  bromstearylensaure  Barium  nebst  einigen 
Homologen  ebenfalls  in  ihm  löslich.  Solche  Salze  eignen 
sich  dann  meist  ausgezeichnet  zu  Trennungen. 

Viele  organische  Basen  und  auch  Alkaloide 5  verbinden 
sich  mit  den  Salzen  schwerer  Metalle  zu  in  Wasser  meist 
so  gut  wie  unlöslichen  Körpern.  Schon  Hofmann6  fand, 
dafs  Kyanol  (heute  Anilin)  in  einer  Auflösung  von 
Kupfersulfat  eine  grüne  krystallinische  Fällung  (C6H5NH2)2 
Cuo04  giebt.  Schiff7  stellte  ein  Doppelsalz  des  Äthyli- 
denanilins  mit  Quecksilberchlorid  dar.  Von  Chinolin 
mag  erwähnt  sein,  dafs  es  mit  einer  alkoholischen 
Lösung   von  Kobaltchlorür  sich  zu  CoCl2.2C9H7N  ver- 


einigt.1 

Die  Schwerlöslichkeit  solcher  Doppelverbindungen  in 
Wasser  giebt  manchmal  die  beste  Methode  zur  Ge- 
winnung der  betreffenden  Base  ab.  So  gewann  Kossbl  9 
das  Hypoxanthin  aus  einer  Lösung,  die  durch  40stündiges 
Kochen  von  Hefenuklein  erhalten  war,  in  der  Art,  dafs 
ör  diese  mit  Ammoniak  und  dann  mit  Silbernitrat  ver- 
setzte, worauf  Hypoxanthinsilbernitrat  ausfiel. 

1  B.  16.  2364.  —  8  Ann.  67.  4.  —  3  Ann.  35.  197. 
*  B.  25.  483.  —  5  M.  Ch.  9.  511.  —  G  Ann.  47.  56. 
7  Ann.  Suppl.  3.  348.  —  8  B.  23.  434.  —  9  Z.  5.  155. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  15 


226  Darstellung  von  Salzen. 

In    Wasser    pflegen    also    solche   Verbindungen  Dir 
löslich  zu  sein,  sie  können  aber  meist  aus  Alkohol,  da  |? 
wohl    ein  wenig  Säure   zugesetzt   wird,    umkrystalliaert 
werden.     Das   Hvpoxanthinsilbernitrat  krystalusiert  wa  lä 
z.  B.  am  besten   direkt   ans  heiiser  Salpetersäure  (spei  |i 
Gew.  1,1)  um  u.  s.  w. 

Lachowicz1  hat  gefunden,  dafs  Silbernitrat  nnta 
allen  Salzen  die  gröfste  Yerbindungsfähigkeit  mit  Barn 
besitzt.  Er  bezeichnet  dieses  Verhalten  als  die  nun 
Restenergie  anorganischer  Salze. 

Alle  organischen  stickstoffhaltigen  Basen  und  Alkalose 
werden,  wie  Sonnenschein  *  gefanden  hat,  durch  Phosphtt- 
molybdänsäure  in  saurer  Lösung  gefällt.  Das  Reagea 
wird  so  dargestellt,  dafs  man  molybdänsaures  Ammon  mit 
Natriumphosphat  füllt,  den  wohl  ausgewaschenen  Nieds- 
schlag  in  warmer  Sodalösung  auflöst,  die  Lösung  ff 
Trockne  dampft  und  zur  vollständigen  Verjagunj 
des  Ammoniaks  glüht.  Ist  hierbei  die  Molybdansäfli« 
teilweise  reduziert  worden,  so  wird  der  geglühte  Rück- 
stand mit  Salpetersäure  befeuchtet  und  das  Glühen  wieder- 
holt. Nun  wird  die  erhaltene  trockene  Salzmasse  DU 
Wasser  erwärmt,  Salpetersäure  bis  zur  stark  sauren  Rflik- 
tion  zugefügt  und  dann  so  viel  Wasser  zugegeben,  dtfc 
aus  1  Teil  der  trockenen  Salzmasse  10  Teile  Lösung 
entstehen.  Setzt  man  zu  dieser  goldgelben  Flüssigbit 
Ammoniakbasen,  irgend  ein  Alkaloid  oder  ein  Sahs  d* 
selben,  so  entsteht  sofort  ein  Niederschlag.  Alkalisehe 
und  kohlensaure  Erden  zersetzen  diesen  bei  längei* 
Einwirkung  unter  Bildung  eines  phosphormolybdänsatnci 
Erdsalzes  und  Wiederabscheidung  der  freien  Base.  A» 
besten  bedient  man  sich  des  Bariumkarbonats. 

Ganz  wie  die  Phosphormolybdänsäure  ist  die  Phosph* 
wolframsäure  verwendbar. 

Pellacani3  verfuhr  z.  B.  zur  Gewinnung  des  Nigellins 
folgender  Art:  Gepulverte  Samen  von  Schwarzkümmel 
wurden  mit  60°/oigem  Alkohol  extrahiert,  und  die  erhaltene 
Flüssigkeit  ward  mit  basisch  essigsaurem  Blei  ausgefällt 

1  M.  Ch.  10.  884.  —  2  Ann.  104.  45.  —  8  A.  Pth.  16.  442. 


Darstellung  von  Salzen.  227 

Vom  Niederschlage  —  Bleisalze  von  Pflanzensäuren  — 
wurde  abfiltriert,  das  Filtrat  durch  Schwefelwasserstoff 
entbleit  und  hierauf  in  gelinder  Wärme  eingedampft. 
Ausschütteln  mit  Äther  nahm  sodann  Spuren  von  ätherischen 
Ölen  und  eine  fluorescierende  Substanz  fort.  Nach  völliger 
Entfernung  des  Extraktionsmittels  wurde  die  Flüssigkeit 
mit  Schwefelsäure  angesäuert  und  mit  Phosphor  wolfram- 
säure versetzt.  Den  hierdurch  bewirkten  reichlichen 
Niederschlag  bringt  man  aufs  Filter,  wäscht  ihn  aus  und 
zerlegt  ihn  wieder  unter  Wasserzusatz  durch  Barythydrat. 
Das  Wasser  nimmt  dann  das  freie  Alkaloid  auf.  Nach 
Entfernung  des  überschüssigen  Bariums  durch  Kohlensäure 
wird  diese  Lösung  bei  gelinder  Wärme  eingedampft, 
und  Zusatz  von  Bromwasserstoffsäure  zum  sirupförmigen 
Rückstand  veranlafst  im  Laufe  von  48  Stunden  das 
Auskrystallisieren  des  rohen  Nigellinbromids. 

Schulze    und    Steiger1    verfuhren    zur    Gewinnung 
von  Arginin   aus  Lupinenkeimlingen,   die  ca.  2  Wochen 
im  Dunkeln   vegetiert    hatten,    folgender  Art:      Die  ge- 
trockneten und  fein  gepulverten  Kotyledonen  wurden  mit 
Wasser  ausgekocht.    Der  so  erhaltene  durch  ein  Seihtuch 
?om  Ungelösten  getrennte  Extrakt  wurde  mit  Gerbsäure 
und   dann   (ohne  zu  filtrieren)  mit  Bleizucker  oder  Blei- 
essig ausgefällt.     Dem  Filtrat  von   diesem  Niederschlage 
fügt  man  zur  Entfernung  des  überschüssigen  Bleis  Schwefel- 
säure und  dann  (nach  nochmaliger  Filtration)  eine  Lösung 
von    Phosphorwolframsäure    zu.     Der    jetzt    entstehende 
starke  sehr  voluminöse  Niederschlag  setzt  sich  allmählich 
za  Boden.     Er  wird    abfiltriert,    kurze   Zeit    mit    säure- 
haltigem Wasser  —   in   reinem  Wasser  ist  er  nicht  un- 
löslich  —   gewaschen   und   zur    möglichst  vollständigen 
Entfernung    der   Mutterlauge    auf   Fliefspapier   gebracht. 
Hierauf  verreibt  man  ihn   in   einer  Reibschale  innig  mit 
Kalkmilch  unter  Zugabe   von  etwas   Barytbydrat.     Das 
Filtrat    wird    sodann   durch  Einleiten    von  Kohlensäure 
vom  gelösten  Kalk  und  Baryt  befreit,   mit  Salpetersäure 
neutralisiert  und  bis  fast  zur  Sirupskonsistenz  eingedampft. 

1  Z.  11.  44. 

15* 


228  Darstellung  von  Salzen. 

Im  Laufe  der  Zeit  scheidet  sich  dann  das  Salpetersäure 
Arginin  aus  dieser  Flüssigkeit  so  reichlich  aus,  data  sie 
zum  Krystallbrei  wird. 

Hofmeister1  zerlegte  einen  Phosphorwolframsäure- 
niederschlag mittelst  kohlensauren  Bleis  und  befreite 
das  erhaltene  Filtrat  mittelst  Schwefelwasserstoffs  vom 
gelösten  Metall. 

Fischer  2  hat  gefunden,  dafs  viele,  wenn  auch  durchaus 
nicht  alle  Basen,  sich  auch  in  Form  ihrer  sauren  ferro- 
cyan  wasserstoffsauren  Salze  als  schwer  lösliche  Verbin- 
dungen abscheiden  lassen.  So  werden  Dimethyl-  und 
Diäthylanilin  aus  sehr  verdünnten  sauren  Lösungen 
durch  Ferrocyankalium  gefällt,  Anilin  selbst  nur  ans 
konzentrierten.  Durch  Alkalien  werden  die  in  Wasser 
suspendierten  Salze  augenblicklich  wieder  zersetzt  und 
die  Basen  abgeschieden. 

Die  Methode  kann  sehr  verwendbar  sein,  um  Basen 
von  den  sie  begleitenden  Harzen  in  bequemer  Weise  zu 
trennen,  oder  um  die  letzten  Reste  im  Wasser  ziemlich 
schwer  löslicher  Basen  zu  gewinnen.3 

Ja  sie  kann  geradezu  zur  quantitativen  Abscheidung 
und  Trennung  von  Alkaloiden  dienen.  So  läfet  sich 
Strychnin  neben  Brucin  als  saures  Ferrooyanstrychnin 
bestimmen.  Beckurts4  hat  eine  sehr  groüse  Anzahl 
dieser  Verbindungen  untersucht. 

Nach  Wurster  und  Roser5  sind  die  von  ihnen  in 
den  Kreis  der  Untersuchung  gezogenen  ferricyanwasser- 
stoffsauren  Salze  leichter  als  die  ferrocyanwasserstof&auren 
löslich,  erstere  sind  bald  saure,  bald  neutrale,  letztere 
stets  saure  Salze.  Krystallwassergehaltsbestimmungen 
sind  mit  Vorsicht  auszuführen,  da  die  Substanzen  schon 
bei  100°  mehr  oder  weniger  Zersetzung  erleiden. 

Wir  wollen  nicht  vergessen,  dafs  sich  die  Alkaloide 
auch  zum  grofsen  Teil  als  PerJodide,  als  Jodcadmium- 
Jodwismutdoppelsalze  u.  s.  w.  ausfällen  lassen. 


1  Z.  2.  311.  —  2  Ann.  190.  184.  —  3  B.  16.  714. 
1  Ar.  1890.  347.  —  6  B.  12.  1827. 


Darstellung  von  Salzen.  229 

Auch  sonst  haben  viele  Salze  —  nicht  nur  Basen  — 
die  Eigenschaft,  mit  anderen  Salzen  Doppelsalze  zu  bilden, 
welche  infolge  ihrer  Schwer-  oder  Unlöslichkeit  sich 
abscheiden. 

Doppelverbindungen  mit  den  Salzen  der  edlen  Metalle 
wie  Goldchlorid,  Platinchlorid,  Quecksilberchlorid  waren 
lange  bekannt,  das  erste  Chlorzinkdoppelsalz  hat  Petten- 
kofer1  dargestellt,  und  seitdem  sind  die  Chloride  wohl 
ziemlich  aller  Metalle  zur  Poppelsalzgewinnung  ver- 
wendet worden.  Man  erhält  sie  im  allgemeinen  so,  dafs 
man  zu  den  Lösungen  der  salzsauren  Salze  der  Basen 
die  Chloride  der  Metalle  setzt.  Wenn  nötig  und  wenn 
möglich,  reinigt  man  sie  durch  Umferystallisieren.  (Siehe 
weiterhin  bei  den  einzelnen  Metallen.) 

Es  kommen  übrigens  zwischen  denselben  Substanzen 
Doppelsalze  von  verschiedener  Zusammensetzung  vor,  die 
dann  von  der  Menge  des  einen  der  angewandten  Materialien 
abhängt. 

Will  man  Säuren  aus  Salzen  abscheiden,  so  geschieht 
dies  durch  Zugabe  einer  Mineralsäure  zu  ihrer  Lösung, 
worauf  die  organische  Säure  entweder  unlöslich  ausfällt 
oder  nunmehr  meist  mit  einem  Extraktionsmittel  aus- 
geschüttelt werden  kann.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so 
dampft;  man  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne,  extra- 
hiert mit  Alkohol  u.  s.  w.  Hat  man  jeden  Überschufs  an 
Mineralsäure  zu  vermeiden,  so  setzt  man  zur  wässerigen 
Lösung  des  betreffenden  Salzes  Tropäolin,  dessen  Farb- 
umschlag die  geringste  Spur  freier  Mineralsäure  anzeigt, 
während  organische  Säuren  es  bekanntlich  nicht  beein- 
flussen.   (Siehe  auch  im  Abschnitt  „Sulfonieren".) 

Sind  die  abgeschiedenen  Säuren  in  Wasser  lösliche 
Flüssigkeiten  — ,  bezw.  Flüssigkeiten,  welche  Wasser 
lösen  —  so  schlägt  man,  um  sie  wasserfrei  zu  erhalten, 
wenn  sie  unzersetzt  destillierbar  sind,  einen  anderen  Weg 
ein;  man  zerlegt  nämlich  ein  geeignetes  Salz  mit  trocke- 
nem   gasförmigen    Schwefelwasserstoff   oder  Chlorwasser- 

1  Ann.  52.  97. 


230  Darstellung  von  Salzen. 

stoff.  Mit  ersterem  gewinnt  man  z.  B.  wasserfreie  Ameisen- 
säure aas  trockenem  Bleiformiat,  und  nach  letzter« 
Verfahren  stellte  Wallach  l  die  Bicbloressigsäure  in  ia 
Art  dar,  dafs  er  deren  trockenes  Kaliumsalz  in  eine 
lange  Verbrennungsröhre  brachte,  den  Ofen  schräg  stellte, 
und  das  Rohr  auf  der  einen  Seite  mit  einem  Salzsäure- 
entwiokelungsapparate,  auf  der  anderen  mit  einer  Kühl- 
vorrichtung verband.  Läfst  man  dann  gasförmige  Salt- 
säure  über  das  dichloressigsaure  Salz  streichen,  so  wirf 
das  Gas  anfangs  lebhaft  absorbiert.  Sobald  es  aus  dem 
Kühler  zu  entweichen  beginnt,  erwärmt  man  die  Böto 
nach  und  nach  und  destilliert  so,  die  BichloressigsSon 
in  einem  langsamen  Salzsäurestrom  ab.  Ausbeute  fat 
quantitativ. 

Basen  werden  aus  ihren  Salzen  zumeist  durch  Alkalien 
oder  kohlensaure  Alkalien  abgeschieden.  So  erhält  mu 
das  freie  Pseudoephedrin,*  indem  man  die  Lösung  sein« 
Chlorhydrats  mit  Kaliumkarbonat  versetzt  und  die  fre» 
Base  mit  Äther  ausschüttelt,  nach  dessen  Verdunsten  8* 
auskrystallisiert.  Zur  Gewinnung  des  Delphinins  mufi 
man  nach  Dragendokff3  die  saure  Lösung,  in  welch« 
es  schließlich  aus  dem  Pflanzenextrakt  erhalten  wird, 
so  lange  mit  gepulvertem  Natriumbikarbonat  (nicht  neu- 
tralem Alkalikarbonat  oder  kaustischem  Alkali  weg» 
der  Empfindlichkeit  des  Alkaloids)  versetzen,  bis  genub 
eine  deutliche  alkalische  Reaktion  erreicht  ist  Ab- 
schütteln mit  Äther  führt  dann  auch  hier  zur  Btf* 
Nach  Büchka1  kommt  man  zum  Cvtisin,  indem  mm 
dessen  Tannat,  in  welcher  Form  es  aus  dem  Pflanze* 
extrakt  abgeschieden  wird,  durch  Bleiglätte  zerlegt. 

Manche  Basen  lassen  sich  auch  durch  Natriumacetatr 
lösung  ausfällen.  So  setzte  Bischleb5  zur  heüsen  wässe- 
rigen Lösung  des  salzsauren  o-Nitrophenylhydrazins  einen 
Überschufs  von  dieser  Lösung,  worauf  sich  die  freie  Baes 
quantitativ  in  Krystallen  ausschied. 


1  B.  9.  1213.  —  2  B.  22.  1823.  —  s  Ä.  Pth.  7.  57. 
4  B.  24.  253.  —  8  B.  22.  2802. 


Darstellung  von  Salzen.  231 

Manche  festen  Basen  zeigen  die  Eigenschaft  bei  ihrer 
Abscheidung  aus  der  wässerigen  Lösung  ihrer  Salze  ölig 
auszufallen,  und  setzen  dem  Übergang  in  den  starren 
Zustand  einen  hartnäckigen  Widerstand  entgegen.  In 
solchem  Falle  mischt  man,  wenn  die  Base  unzersetzt 
flüchtig  ist,  das  Salz  mit  Natriumkarbonat  und  destilliert 
aus  einer  Retorte,  worauf  die  unter  diesen  Verhältnissen 
wasserfrei  übergehende  Base  alsbald  in  der  Vorlage 
erstarrt.  So  hat  man  z.  B.  mit  dem  m-  und  p-Phenylen- 
diamin  zu  verfahren.1 

Will  man  Säuren  durch  doppelte  Umsetzung  in  un- 
lösliche Salze  überführen,  so  geht  man  am  besten  von 
essigsaurem  Barium,  essigsaurem  Magnesium  etc.  aus,  weil 
die  entstehenden  Niederschläge  in  verdünnter  Essigsäure 
weit  weniger  löslich  zu  sein  pflegen  als  in  Salzsäure 
oder  Salpetersäure,  die  man  z.  ß.  durch  Silbernitrat  in 
die  Lösung  bringt.  Zur  Vermeidung  von  freien  Säuren 
überhaupt  setzt  man  statt  der  freien  organischen  Säuren 
deren  Ammonium-,  Natrium-  oder  Kaliumsalze  mit  den 
zu  verwendenden  Reagentien  um. 

Befindet  sich  in  einer  Lösung  ein  Gemisch  von  Säuren 
oder  von  Basen,  so  wird  man  diese  durch  fraktionierte 
Zugabe  der  betreffenden  Reagentien  unter  sich  trennen 
können.  Denn  aus  einem  Gemisch  von  Natriumsalzen 
verschiedener  Säuren  z.  B.  wird  ein  zur  Gesamtabscheidung 
ungenügender  Zusatz  von  Mineralsäure  zuerst  die  schwächste 
Säure  frei  machen  u.  s.  w. 

An  die  Verwendung  der  Rechts-  und  Linksweinsäure 
zur  Zerlegung  von  synthetischen  Basen  in  ihre,  polarisiertes 
Licht  rechts  und  links  drehenden,  Komponenten,  deren 
sich  Ladenburg2  zur  Zerlegung  des  synthetischen  Koniins 
bediente,  sowie  die  Benutzung  des  Chinolins  oder  Strych- 
nins  und  ähnlicher  Alkaloide  zum  Zweck  der  Erreichung 
oder  Änderung  der  Drehkraft  der  an  sie  gebundenen  orga- 
nischen Säuren  mit  mehreren  asymmetrischen  Kohlenstoff- 
atomen nach  E.  Fischer3  soll  hier  erinnert  sein. 


1  B.  7.  1531.  —  *  Ann.  247.  86.  —  :;  B.  23.  2611. 


232  Darstellung  von  Salzen. 

Nun  noch  Spezialbemerkungen  über  gewisse  Arten 
von  Salzen  nebst  der  gewichtsanalytischen  Bestimmung 
der  in  ihnen  enthaltenen  Metalle. 

Neutrale  Ammoniaksalze  erhält  man,  wenn  man  die 
betreffende  Säure  in  überschüssigem  Ammoniak  löst  und 
die  Lösung  direkt  oder  im  Exsiccator  neben  Schwefel- 
säure verdunsten  läfst. 

Antimonsalze  resp.  An timonyl Verbindungen  sind,  ab- 
gesehen vom  weinsauren  Antimonylkalium  (Brechweinstein) 
K.SbO.(C4H406)  +  72H20,  wenig  dargestellt.  Catjssb1 
beschreibt  eine  saure  Verbindung  zwischen  Brenzkatechin 

und  Antimonyl  von  der  Formel    C6H4<5>Sb.OH. 

In  Bleisalzen  bestimmt  man  das  Blei  durch  Ab- 
rauchen  derselben  mit  Schwefelsäure  als  PbS04. 

Lewkowitsch2  teilt  mit,  dafs  bei  der  Darstellung 
der  Glycerinsäure  aus  ihrem  Bleisalz  durch  Schwefel- 
wasserstoff stets  eine  gewisse  Menge  Blei  in  Lösung 
bleibt.  Man  ist  daher  gezwungen,  wenn  man  sie  ganx 
rein  haben  will,  sie  aus  ihrem  Kalksalz  mittelst  Oxal- 
säure abzuscheiden. 

In  Bariumsalzen  bestimmt  man  das  Barium  als  BaS04. 

Die  meisten  von  ihnen  gewinnt  man  so,  dafs  man 
die  betreffende  Säure  in  überschüssigem  Barytwasser, 
wenn  sie  mit  diesem  ein  lösliches  Salz  bildet,  löst 
und  hernach  dessen  Überschufs  durch  Kohlensäure  fort- 
nimmt. Die  unlöslichen  erhält  man  durch  doppelte  Um- 
setzung. Sehr  selten  stöfst  man  dabei  auf  saure  Salze, 
von  denen  König3  eines  von  der  Formel  (C10H6[OHJ 
[COOH]  S03])2Ba  erhielt,  als  er  die  warme  Lösung  der 
Oxynaphtoesulfosäure  mit  Bariumchlorid  ausfällte. 

Das  neutrale  Salz  C10H5(OH)<oq    >Baerhielterbeim 

3 

Behandeln  der  Sulfosäure  mit  Bariumkarbonat.  Kom- 
plizierter zusammengesetzte  organisch  .saure  Bariumsalze 
kommen  auch  vor,  so  bei  der  Glukuronsäure,4  sind  aber 
nur  selten  beobachtet. 


1  Cr.  114.  1073.  —  «  R  24,  B.  653.  —  3  B.  22.  787. 
4  Z.  3.  442. 


Darstellung  von  Salzen.  233 

Beethelot1  empfiehlt  folgende  Art  der  Überführung 
von  Kalium-  in  lösliche  Bariumsalze:  Man  fällt  die 
Kaliumsalzlösung  mit  Kieselfluorwasserstoffsäure,  giebt 
zum  Filtrat  einen  Überschufs  von  Bariumkarbonat  und 
filtriert  nochmals.  Oder  man  fügt  zur  Kaliumsalzlösung 
die  theoretische  Menge  Normalschwefelsäure  und  setzt 
das  etwa  lOfache  Quantum  an  absolutem  Alkohol  zu, 
worauf  das  Kaliumsulfat  ausfällt.  Die  Lösung  der  freien 
Säure  wird  nunmehr  direkt  oder  nach  vorherigem  Ab- 
destillieren  des  Alkohols  mit  Bariumkarbonat  behandelt. 

In  Galciumsalzen  bestimmt  man  das  Calcium  als 
CaS04. 

Auch  sie  werden,  wie  die  Bariumsalze,  viel  durch 
Lösen  der  Säuren  in  Kalkwasser  (Kalkmilch)  und  Ent- 
fernen des  Überschusses  an  diesem  durch  Kohlensäure 
gewonnen.  Da  letztere  hierbei  einen  Teil  des  Kalkes 
als  Bikarbonat  in  Lösung  hält,  mute  man  die  mit  der 
Kohlensäure  behandelte  Flüssigkeit  vor  der  Filtration  zur 
Überführung  des  Bikarbonates  in  unlösliches  Monokarbonat 
stark  kochen.  Ist  das  nicht  angebracht,  so  mufs  man 
sich  etwa  wie  Schulze  und  Steiger2  zu  helfen  suchen, 
und  die  Flüssigkeit  24  Stunden  in  einer  offenen  Schale 
stehen  lassen,  um  auf  diesem  Wege  zu  erreichen,  dafs 
das  Bikarbonat  sich  unter  Abscheidung  von  Monokarbonat 
möglichst  zersetze. 

Die  Calciumsalze  der  primären  Alkohole  erhält  man 
nach  Destrem3  durch  Erhitzen  dieser  im  wasserfreien 
Zustande  mit  CaO  oder  BaO  auf  120—130°.  Gegen 
Wasser  sind  sie  ganz  unbeständig. 

Die  Calciumverbindungen  der  Phenole  gewinnt  man 
nach  Niederhäusern4  so,  dafs  man  das  jeweilen  be- 
nutzte Phenol  in  geringem  Überschufs,  und  zwar  in  Äther 
gelöst,  auf  fein  gepulverten  gelöschten  Kalk  einwirken 
läist.  Die  Mischung  bleibt  24  Stunden  unter  öfterem 
Schütteln  stehen,  dann  wird  der  Äther  abdestilliert  und 
hierauf  die  so  erhaltene  breiige  Substanz  in  Schalen  unter 


1  Cr.  109.  227.  —  *  Z.  11.  47.  —  3  Ann.  Ch.  Ph.  5.  27.  7. 
*  B.  15.  1120. 


234  Darstellung  von  Salzen. 

Umrühren  zur  völligen  Trockene  gedampft.  Die  so 
erhaltene  körnige  Substanz  löst  sich  in  Wasser  nahen 
völlig  auf. 

Aus  Kalksalzen  macht  man  Säuren,  falls  sie  wasser- 
löslich sind,  etwa  wie  E.  Fisches,1  frei.    Man  trägt  das 
gepulverte  Salz  in  eine  verdünnte  Lösung  von  Oxalsäure, 
von  der  ungefähr  die  berechnete  Menge  angewandt  wird, 
und  fällt  deren  kleinen  Überschuß  schliesslich  wieder  mit 
Calciumkarbonat  aus. 

Gadmiumsalze  pflegen  gut  zu  krystallisieren. 

E.  Fischer2  benutzte  es  z.  B.  bei  der  Reinigung  der 
Bibonsäure.  Cadmiumbestimmungen,  welche  durch  Fällen 
der  Salzlösung  mit  kohlensaurem  Alkali  und  Glühen  des 
Niederschlages  ausgeführt  werden,  geben  sehr  unsichere 
Zahlen,  und  wegen  des  unvermeidlichen  Sichverflüchti- 
gens  von  Spuren  Metall  des  am  Filter  hängen  bleibenden 
Anteils  zu  niedrige  Cadmiumgehalte.  Besser  und  über- 
einstimmender werden  daher  nach  Barth  und  ELlabiwetz* 
die  Resultate  bei  Ausführung  der  Analyse  durch  Über- 
gießen der  Salze  mit  rauchender  Salpetersäure,  Abdunsten 
im  Wasserbade  und  Wiederholen  der  Operation  bis  flff 
völligen  Zerstörung  der  organischen  Substanz.  Der  ein- 
getrocknete Rückstand  wird  schliesslich  vorsichtig  erhibt, 
und  das  hinterbleibende  Oxyd  stark  und  andauernd 
geglüht. 

Golddoppelsalze,  und  es  kommen  fast  ausschlief 
Doppelsalze  in  Betracht,  sind  nach  der  Formel  B.HGl- 
AuCl3  zusammengesetzt,  es  kommt  also  1  Mol.  sal«- 
saure  Base  auf  1  Mol.  Goldchlorid.  Den  Metallgehalt 
bestimmt  man  durch  Glühen  als  solchen. 

Will  man  aber  neben  diesem  noch  das  Chlor  bestimmen, 
so  verfährt  man  nach  Scheibler4  so,  dafs  man  eine  ab- 
gewogene Quantität  des  Goldsalzes  (resp.  Platinsalzes)  in 
Wasser  löst,  oder  bei  schwer  löslichen  Verbindungen  WH 
darin  suspendiert  und  mit  Magnesiumband  in  Berührung 
bringt,   wodurch  das  Gold  (Platin)   in  metallischem  Zu- 


1  B.  24.  1842.  —  «  B.  24.  4217.  —  3  Ann.  122.  104. 
4  B.  2.  295. 


Darstellung  von  Salzen.  235 

stände  unter  Wasserstoffentwickelung  gefallt  wird.  Man 
operiert  in  der  Kälte  oder  bei  schwer  löslichen  Substanzen 
auf  dem  Wasserbade;  auch  kann  man  die  Flüssigkeit 
ansäuern.  Die  mittelst  Magnesium  abgeschiedenen  Metalle 
werden  durch  Dekantation  und  Filtrieren  ausgewaschen, 
ist  dies  geschehen,  so  beseitigt  man  die  Filtrate,  welche 
zur  Chlorbestimmung  dienen,  und  wäscht  das  Metall  dann 
nochmals  mit  Wasser,  dem  Salzsäure  zugesetzt  ist,  um 
überschüssiges  Magnesium  oder  etwa  gebildetes  Magnesium- 
oxydhydrat zu  beseitigen. 

Krystallwassergehalt  ist  bei  Golddoppelsalzen  außer- 
ordentlich selten  immerhin  aber  beobachtet  worden. 
Wahrend  Nicholson1  das  Koffeingoldchlorid  als  wasser- 
frei beschreibt,  teilt  Biedermann  2  mit,  dafs,  wenn  man 
«ne  heifse,  verdünnte  Lösung  von  Koffein  in  verdünnter 
&lzsäure  mit  einer  entsprechenden  Menge  von  Gold- 
chlorid  zusammenbringt,  sich  beim  Erkalten  nahezu  die 
ganze  Menge  des  gebildeten  Doppelsalzes  in  Blättchen 
m  der  Formel  C8H10N4O2 .  HCl .  AuCl3  -f  2H20,  also 
Dait  2  Mol.  Krystallwasser  ausscheidet,  und  Schmidt3 
bat  gezeigt,  dafs  das  synthetische  Koffein  sich  ebenso 
Erhält. 

Kalium  salze  werden  im  allgemeinen  aus  den  Säuren 
lurch  Kaliumhydroxyd  oder  -Karbonat  erhalten.  Von 
**n  Salzen  der  Schwermetalle  kommt  man  durch  Um- 
totzung  mit  letzteren  zu  ihnen.  Sind  die  Schwerinetall- 
Fttbindungen  in  Wasser  unlöslich,  so  übergiefst  man  sie 
tait  Pottaschelösung  und  dampft  auf  dem  Wasserbade 
*1;  bei  dieser  Gelegenheit  tritt  dann  quantitative  Um- 
totzung  ein. 

Hat  man  Chlorkalium  von  einem  organisch  sauren 
Jaliumsalz  zu  trennen  und  will  dies  durch  Alkohol  be- 
wirken, so  mufs  man  nach  Barth  und  Schmidt4  fast 
bsoluten  nehmen,  da  sonst  zu  viel  Chlorkalium  mit  in 
»ösung  geht.  Ist  aber  das  organische  Salz  im  absoluten 
ikokol  gar  zu  schwer  löslich,    so  ist  es  am  besten,   in 


1  Ann.  62.  71.    —  2  Ar.  1883.  182.  —  8  Ar.  1883.  664. 
4  B.  12.  1262. 


236  Darstellung  von  Salzen. 

wässeriger  Lösung  zuerst  das  Chlorkalium  mit  Silbersolfat 
in  Kaliumsulfat  überzuführen,  welches  schon  in  70%igem 
Alkohol  so  gut  wie  unlöslich  ist. 

Das  Kalium  wird  stets  als  K2SOiy  welches  durch  Ab* 
rauchen  der  Salze  mit  Schwefelsäure  erhalten  wird,  gewogen. 

König1  erwähnt  ein  sauresKaliumsalz einer  Oxynaphtoö- 
sulfosäure. 

In  Kobaltsalzen  bestimmt  man  das  Metall  als  solches, 
da  seine  Oxyde  beim  Glühen  im  Wasserstoffstrom  in 
dieses  übergehen. 

In  Kupfersalzen  bestimmt  man  das  Kupfer  als  Cu,S, 
wie  es  durch  Glühen  mit  Schwefel  im  Wasserstoffitrom 
erhalten  wird.2 

Liebermann  und  Kühling3  benutzten  die  Löslichkeit 
des  hygrinsauren  Kupfers  in  Chloroform  zur  Bein- 
gewinnung  dieser  Säure,  indem  sie  die  Chloroformlösung 
mit  Äther  ausfällten  und  das  Verfahren  mehrmals  wieder- 
holten. 

Kupfersalze  liefern  auch  Doppelverbindungen  mit 
organischen  Basen,  so  erhielt  Förster4  Kupferacetat- 
Pyridin  Cu(C2H302)24C5H5N,  als  er  feingepulverto 
Kupferacetat  mit  überschüssigem  Pyridin  verrührte. 

Es  kommen  auch  organische  Kupferverbindungen  vor, 
welche  etwas  flüchtig  sind  und  deshalb  weder  für  sich 
noch  im  Sauerstoffstrom  geglüht  werden  können,  ohne 
Verlust  an  Kupfer  zu  erleiden.  Nach  Walker6  verfährt 
man  mit  ihnen  so,  dafs  man  sie  im  RosEschen  Tiegel 
zuerst  gelinde  im  Schwefelwasserstoffstrom  erwärmt,  btt 
die  organische  Substanz  verflüchtigt  ist,  und  hierauf  die 
Analyse  im  Wasserstoffstrom  beendigt. 

Magnesiumsalze  glüht  man  und  wägt  den  Rückstand 
als  MgO. 

Kiliani6  diente  als  einer  der  Beweise  für  die  Richtig- 
keit der  Formel  der  Digitogensäure  der  Metallgehalt  des 


1  B.  22.  788. 

2  Die  Brauchbarkeit  dieser  altbewährten  Methode  wird  von 
Uhl  neuerdings  B.  23.  2153.  bestritten. 

3  B.  24.  410.  -  4  B.  25.  3421.  —  5  B.  22.  3246. 
6  B.  24.  343. 


Darstellung  von  Salzen.  237 

kristallisierten  Magnesiumsalzes.  Benetzt  man  diese  Säure 
zuerst  mit  Alkohol,  fügt  dann  stark  verdünnte  Kalilauge 
hinzu,  bis  gerade  noch  ein  kleiner  Rest  Säure  ungelöst 
bleibt,  und  giebt  hierauf  zu  der  filtrierten  Lösung  soviel 
Wasser,  dafs  Magnesiumnitrat  (1  :  10)  eben  noch  eine 
ganz  schwache  Trübung  hervorruft,  so  scheidet  sich  nach 
Znsatz  eines  Überschusses  von  diesem  Reagens  innerhalb 
24  Stunden  das  digitogensaure  Magnesium  in  weifsen 
Krusten  ab,  die  mit  kaltem  Wasser  gewaschen   werden. 

Gazb1  erhielt  das  Magnesiumsalz  der  Propionsäure 
in  krystallisiertem  Zustande  durch  Lösen  desselben  in 
Alkohol  und  Zugabe  von  Essigester  zu  dieser  Lösung. 

Mangansalze  analysiert  man  so,  daüs  man  sie  nach 
dem  Verglühen  nochmals  mit  salpetersaurem  Ammoniak 
glüht,  worauf  der  Rückstand  aus  Mn304  besteht. 

Das  Natrium  in  den  Natriumsalzen  wird  als  Na2S04 
bestimmt. 

Die  Löslichkeit  der  meisten  organisch  sauren  Natrium- 
salze in  Alkohol  im  Gegensatz  zur  Unlöslichkeit  des 
Natriumkarbonats,  sowie  einer  grofsen  Anzahl  sonstiger 
anorganischer  und  organischer  Körper  (aller  Eiweifsstoffe 
z.  B.)  in  ihm,  läfst  häufig  folgenden  Weg  zur  Gewinnung 
organischer  Säuren  in  Form  ihres  Natriumsalzes  aus  Ge- 
mischen verschiedenster  Art  praktisch  erscheinen:  Das 
Material  wird  mit  wässriger  heifser  oder  kalter  Natronlauge 
extrahiert,  und  im  Filtrat  hierauf  das  Ätznatron  durch 
Einleiten  von  Kohlensäure  in  kohlensaures  Salz  übergeführt. 
Nachdem  das  Filtrat  dann  auf  dem  Wasserbade  soweit  wie 
möglich  eingedampft  ist,  liefert  die  Extraktion  des  Rück- 
standes mit  80 — 90  %>igem  Alkohol  das  organisch  saure 
Natriumsalz  in  verhältnismäßig  reinem  Zustande. 

Brühl8  erhielt  das  Natriumsalz  der  Kamphokarbon- 
säure,  indem  er  sie  in  Wasser  suspendierte  und  hierauf 
Natronlauge  bis  zur  schwach  alkalischen  Reaktion  zugab. 
Nach  dem  Einleiten  von  Kohlensäure  dunstete  er  die 
Flüssigkeit  im  Vacuum  ein  und  nahm  den  Rückstand 
mit  absolutem  Alkohol  wieder   auf.     Beim   Eintrocknen 


1  Ar.  1891.  490.  —  *  B.  24.  3390. 


238  Darstellung  Ton  Salzen. 

dieses  Lösungsmittels  wiederum  über  Schwefelsäure  wnnb 
ein  krystallinisches  Pulver  erhalten,  welches  in  Wim, 
Methylalkohol  und  Chloroform  leicht  löslich  war,  wA 
durch  Verdunsten  der  wässerigen  Lösung  dieses  Pul?« 
an  der  Luft  kam  er  dann  zu  ziemlich  wohlausgebildetea 
Krystallen  des  gesuchten  Natriumsalzes. 

Buchner  1  erwähnt,  dafs  das  Natriumsalz  der  Acetyk* 
dikarbondiazoessigsäure  in  kaltem  Wasser  schwer  löslich 
ist,  und  König*  beschreibt  das  saure  Natriumsili 
C10H5(OH)(COOH)(SOsNa),  welches  er  erhielt,  als  er 
eine  warme  Lösung  von  Oxynaphtoösulfosäure  mit  ge- 
sättigter Kochsalzlösung  in  starkem  Überschufs  vereette, 
und  den  entstandenen  Niederschlag  aus  heifsem  Wasser 
umkrystallisierte. 

Nickelsalze  hinterlassen  nach  dem  Glühen  NiO. 

Die  Platindoppelsalze  sind  wohl  die  am  meisten  v» 
allen  Salzen  dargestellten.  Man  erhält  sie  durch  Zugabe 
einer  Platinchloridlösung  zur  meist  wässerigen  oder  alko- 
holischen Lösung  der  salzsauren  Base«  Sie  fallen  größten- 
teils krystallinisch  aus  oder  gehen  doch  sehr  rasch  ii 
diesen  Zustand  über;  so  erwähnt  z.  B.  Nietzki,3  dai» 
wenn  man  die  wässerige  Lösung  des  Chlorhydrats  d* 
Phenosafranins  mit  Platinchlorid  versetzt,  ein  roter  käsig« 
Niederschlag  entsteht,  der  sich  nach  wenigen  Augenblickes 
in  prachtvoll  goldglänzende  Blättchen  verwandelt  In  ihrer 
Zusammensetzung  entsprechen  diese  Salze  dem  Platt* 
salmiak  PtCl4  +  2NHS .  HCl,  in  dem  das  Ammoniak  duiA 
die  betreffende  Basis  vertreten  ist.  Platindoppelsalze  mit 
Krystall Wassergehalt  sind  recht  selten.  BaeyeR  4  teilt  ii 
der  Beziehung  mit,  dafs  das  Doppelsalz  des  Chinoliü 
1  Mol.  Rrystallwasser  (C,H7N  .  HCl)2PtCl4  -f  H.0 
enthält,  und  erwähnt  zugleich,  dafs  das  Platinsalz  oei 
synthetischen  Pikolins  ohne  nachweisbaren  Grund  bald 
mit,  bald  ohne  solches  krystallisiert. 

Das    Platindoppelsalz    des    Isochinolins    krystallißiert 
nach  Zincke5   mit   2   Mol.  Krystall wasser  (C9H7NHC1]| 


1  B.  22.  845.  —  *  B.  22.  787.  —  8  B.  16.  467. 
4  B.  12.  1322.  —  5    B.  25.  1497. 


Darstellung  von  Salzen.  239 

tCl4  4-  2H20.  Läfst  man  das  Chloroplatinat  des  1  -Phenyl- 
-methylpyrazols  aus  Salzsäure,  die  überschüssiges  Platin- 
hlorid  enthält,  anschiefsen,  so  schliefst  es  nach  Andre- 
CCI1  3  Mol.  Wasser  ein.  Löst  man  l-Phenyl-3-methyl- 
tyrodiazolon  mit  Platinchlorid  zusammen  in  wenig  warmer 
anchender  Salzsäure,  so  erhält  man  ein  Doppelsalz 
nit  4  Mol.  Krystallwasser.  Wie  viele  andere  Platinsalze 
mch,  läfst  sich  dies  letztere  nicht  aus  Wasser  umkrystalli- 
ieren.  Als  Smolka  und  Friedrich  2  zu  einem  Brei  von 
Konzentrierter  Salzsäure  und  Phenylammelin  sehr  starke 
?latinchloridlösung  fügten,  löste  sich  beim  Erwärmen 
lies.  Da  das  beim  Erkalten  sich  ausscheidende  Platin- 
ßppelsalz  aber  durch  Wasser  zersetzt  wurde,  gaben  sie 
ogleich  zur  noch  warmen  Lösung  starken  Alkohol  und 
Tischen  dann  auch  mit  diesem  die  abgeschiedenen  Kry- 
Ule. 

Handelt  es  sich  um  die  Wiedergewinnung  der  Base 
H8  dem  Doppelsalz,  resp.  um  die  Reingewinnung  der- 
rfben  auf  diesem  Wege,  eine  oft  verwendete  Methode, 
>  wird  man  die  Doppelverbindung  im  allgemeinen  in 
Nasser  aufschwemmen  und  durch  Schwefelwasserstoff 
»legen.  Das  ausgeschiedene  Schwefelplatin  pflegt  sehr 
blecht  zu  filtrieren,  und  empfindliche  Basen  (Cholin  z.  B.) 
»tragen  diese  Behandlung  überhaupt  nicht.  Nach 
Chmiedeberg  und  Harna  ck  8  erhält  man  daher  das  salz- 
lure  Cholin  aus  dem  reinem  Platinsalz  am  zweckmäfsigsten 
Qreh  Eindampfen  der  Lösung  des  Doppelsalzes  mit  der 
{Bivalenten  Menge  Chlorkalium  und  Extrahieren  der 
ogetrockneten  Masse  mit  Alkohol,  und  Gram4  empfiehlt, 
ese  Platinverbindung  noch  vorsichtiger,  und  zwar  ohne 
n wendung  höherer  Temperatur,  mit  Chlorkalium  zu 
degen.  Der  Alkohol  nimmt  dann  also  das  Cholin- 
lorhydrat  auf,  während  Kaliumplatinchlorid  ungelöst 
ückbleibt. 

Dnzersetzt  flüchtige  Basen  gewinnt  man  aus  den 
ppelsalzen  durch  Destillation  mit  Natriumkarbonat. 


1  B.  24.  R.  955.  —  *  M.  Ch.  11.  7.  —  3  A.  Pth.  6.  14. 
*  A.  Pth.  20.  119. 


240  Darstellung  von  Salzen. 

Platindoppelsalze  von  abweichen  der  Formel  sind  nur 
wenige  bekannt.  So  hat  Hofmann,1  als  er  das  Amidia 
des  0-Amidophenylmercaptans  mit  konzentrierter  Salzsäure 
behandelte  und  das  so  gebildete  Chlorhydrat,  ohne  es 
aufzulösen,  mit  Platinchlorid  übergofs,  ein  nadeiförmiges 
Salz  erhalten,  das  zu  seiner  Reinigung  mit  konzentrierter 
Salzsäure  ausgewaschen  wurde.  Nach  dem  Trocknen 
ergab  sich  aus  der  Analyse  die  Zusammensetzung 

C8H7N3S.2HClPtCl4, 
es  hat  sich  also   nur    1   Mol.  Amidin  mit   2  MoL  Salz- 
säure verbunden.     Das  ebenfalls  dargestellte  Golddoppel- 
salz der  Verbindung  zeigte  aber  die  erwartete  Zusammen- 
setzung C8H7N3S .  HCl  .AuCl3. 

Den  Platingehalt  der  Salze  erfährt  man  aus  dem 
Glührückstande.  In  allen  Fällen,  wo  die  Zusammen- 
setzung einer  Base  lediglich  aus  dem  Platinsalz  erschlossen 
werden  kann,  ist  aber  eine  Bestimmung  des  Chlors  in 
denselben  unerläfslich.  Nach  Wallach2  verfährt  man 
dazu  so:  Das  zu  analysierende  Platin3alz  wird  in  einer 
Platinschale  abgewogen,  mit  einer  frisch  bereiteten  kon- 
zentrierten Auflösung  von  V*  bis  1  g  Natrium  in  abso- 
lutem Alkohol  übergössen,  und  der  überschüssige  Alkohol 
durch  Erwärmen  auf  dem  Wasserbade  bis  zur  Bildung 
einer  Krystallhaut  abgeraucht.  Die  Schale  wird  dann 
auf  ein  Dreieck  gesetzt,  und  durch  vorsichtiges  Nähen 
der  Flamme  der  Alkohol  in  derselben  angezündet.  Er 
sowohl  wie  das  Alkoholat  brennen  nun  ganz  ruhig  and 
ohne  das  mindeste  Schäumen  oder  Verspritzen  ab,  wenn 
das  Alkoholat  frisch  aus  absolutem  Alkohol  bereitet  war. 
Das  Platinsalz  wird  unter  Abscheidung  von  metallischen 
Platin  völlig  zerlegt,  während  sich  alles  Chlor  an  das 
Alkali  bindet.  Wenn  die  Flamme  erloschen  ist,  wird 
die  Schale  noch  kurze  Zeit  über  freiem  Feuer  erhitzt, 
und  nach  dem  Erkalten  der  Schaleninhalt,  bestehend  in 
Na2COs,Pt,NaCl,C,  in  ein  Becherglas  gespült,  mit  Salpeter- 
säure angesäuert  und  nach  dem  Filtrieren  das  Chlor  ge- 
fällt.    Das    auf  dem  Filter    befindliche  Metall    und  der 


1  B.  20.  2253.  —  2  B.  14.  753. 


Darstellung  von  Salzen.  241 

Kohlenstoff  werden  in  die  Platinschale  zurückgebracht, 
und  das  Platin  wird  als  Glührückstand  bestimmt.  Die 
Zahlen  für  Chlor  fallen  sehr  genau  aus,  die  des  Platins 
lassen  manchmal  zu  wünschen  übrig,  reichen  aber  voll- 
kommen aus,  um  das  Verhältnis  von  ihm  zum  Chlor  in 
den  Salzen  genau  erkennen  zu  lassen. 

Nach  Mylius  und  Förster1  ist  es  nicht  aus- 
geschlossen, dafs  der  Verlust  an  Metall,  welchen  man  so 
häufig  bei  Platinbestimmungen  der  organischen  Doppel- 
salze wahrnimmt,  bisweilen  darauf  zurückzuführen  ist, 
da£s  sich  flüchtiges  Kohlenoxydplatdnchlorid  bildet;  bei 
dem  Erhitzen  dieser  Salze  fehlt  es  ihm  ja  nicht  an 
Gelegenheit,  mit  Kohlenoxyd  und  Chlor  in  Reaktion  zu 
treten. 2 

Quecksilbersalze  werden  nicht  gerade  häufig  erwähnt. 
Man  bestimmt  das  Metall  in  ihnen  als  Schwefelqueck- 
silber. Heuser  und  Stöhr3  beschreiben  ein  Doppelsalz 
des  aa-Dimethvldipyridyls  von  der  Formel  C12H12N2 .  2HC1 

4-  eHgCl,. 

Den  Wert  gerade  dieser  Doppelsalze  zur  Trennung 
der  ortsisomeren  Basen  in  der  Pyridinreihe  erkannte 
Ladenburg.  Man  erhält  das  reine  Pyridin4  selbst  in 
folgender  Art:  Man  löst  20  g  zwischen  114  und  118° 
siedendes  Pyridin  des  Handels  in  100  g  lO°/oiger 
Salzsäure  und  versetzt  mit  einer  Lösung  von  135  g 
Quecksilberchlorid  in  1  1  heifsen  Wassers.  Beim  Er- 
kalten krystallisiert  dann  ein  Doppelsalz  von  salzsaurem 
Pyridin  und  Quecksilberchlorid  aus,  dessen  Schmelzpunkt 
176°  durch  Umkrystallisieren  aus  kochendem  Wasser  auf 
178°  erhöht  werden  kann.    Durch  Destillation  mit  Natron- 


1  B.  24.  2429. 

2  Nach  Duvilikrs  {Ami.  Ch.  Fh.  5.  10.  872.)  verfährt  man  zur 
Wiedergewinnung  des  Platins  aus  den  Chlorplatindoppelsalzen,  einer 
so  oft  zu  lösenden  Aufgabe,  am  besten  folgender  Art.  Man  trägt 
allmählich  100  g  Doppelsalz  in  eine  kochende  Lösung  von  50  g 
ameisensaurem  Natrium  und  50  ccm  NaOH  (30°B.)  in  1  1  Wasser 
ein.  Die  Reduktion  beginnt  augenblicklich,  und  nach  einstündigem 
Kochen  wäscht  man  das  Platin  mit  heifsem  salzsäurehaltigen 
Wasser  aus. 

3  J.  pr.  Ch.  150.  437.  —  4  Ann.  274.  4. 

T,aMflr-Cohn,  Arbeltsmethoden.    2.  Aufl.  \(y 


242 


Darstellung  1 


i  Salze». 


lauge  wird  aus  ihm  die  Base  wieder  in  Freiheit  gesetzt, 
die  nach  dem  Trocknen  mit  festem  Kali  nun  bis  znni 
letzten  Tropfen  konstant  bei  114°  siedet. 

Silbersalze  stellt  mau  nach  den  allgemeinen  Methoden 
dar.  In  manchen  Fällen  verwendet  man  das  Silbernitrat 
besser  in  alkoholischer  Lösung:  es  löst  sich  in  4  Teilen 
kochenden  Alkohols.1  Auch  Silbersulfat  ist  für  viele  Um- 
setzungen sehr  geeignet,  lost  sich  aber  erst  in  87  Teilen 
Wassers.  Silbersalze  fallen  fast  stets  neutral  und  wasser- 
frei aus  und  sind  deshalb  zur  Bestimmung  der  Wertigkeit 
von  Säuren  u.  s.  w.  sehr  verwendbar. 

Nach  Könios  und  Kökner2  läfst  sich  die  Destillation 
von  Silbersalzen  wohl  in  vielen  Fällen  mit  Vorteil  an- 
wenden, wenn  es  darauf  ankommt,  Kohlensäure  abzu- 
spalten. Sie  wird  namentlich  dann  den  Vorzug  vor  der 
sonst  üblichen  Destillation  der  Säure  oder  ihrer  Kalksalze 
mit  Basen  den  Vorzug  verdienen,  wenn  aufser  der  Karoo- 
xylgruppe  noch  stark  saure  Hydroxyle,  wie  bei  dflB 
aromatischen  Oxysäuren  z.  B.,  vorhanden  sind.  AU 
sie  die  Oxycincboninsänre  mit  Basen  destillierten,  fand 
Verkohlung  statt;  als  sie  aber  5  g  des  Silbersnlzes 
(C9H&OHN) .  CCXAg)  im  Verbrennungsrohr  im  KoWeft 
säuresfcrom  erhitzten,  bekamen  sie  unter  geringer  Ver 
kohlung  neben  Chinolin  2  g  Oxychinolin. 

Während  nach  MenD"elejeff3  für  das  Silber  charakte- 
ristisch ist,  dafs  es  mit  anorganischen  Säuren  weder 
basische  noch  sanre  Salze  bildet,  sind  saure  Salze  mit 
organischen  Säuren  bekannt. 

So  ist  von  Thate4  das  neutrale  ClüHläN307Ag!  und 
das  saure  ClfiH)3NgOTAg  azoxyorthophenoxylessigsaure 
Silber  beschrieben  worden,  und  Schmidt5  konnte  neutrales 
jervasaures  Silber  CjHjAgjOj  darstellen,  aber  auch  das 
saure  Salz  C,H3AgOB  +  H80  erhalten.  Merkwürdig  und 
abnorm  zusammengesetzt  ist  nach  Jeanrexatjd*  ein 
Silbersalz     der     Tetrah  ydrodi  oxytereph  talsä  u  re ,     nämlich 


1  Gmelix,  Handbuch  3.   Ö24.  —  *  B.  16.  2153. 
:   Grundlagen  der   l'hemie.     Petersbure    1831.     S.  1092. 
*  J.  pr.  Ck.  137.  157.  —  "  Ar.  1886.  521.  —  •  B    2a  1281, 


Darstellung  von  Salzen.  243 

C6H2(OAg)2(COOAg)2H4  +  2^0 ,  und  Claus  und 
Kohlstock1  erhielten  neben  dem  Amarinsilber  CLH17N2 Ag 
auch  das  Diamarinsilbernitrat  (C21H18N2)2 .  AgN03  +  H20 
in  großen  Krystallwasser  haltigen  Krystallen,  als  sie  eine 
alkoholisch  wässerige  Lösung  von  Amarin  und  Silbernitrat 
einige  Wochen  stehen  lielsen.  Eine  ähnliche  Doppel- 
verbindung liefert  das  dimethylpyronsaure  Silber,  und  die 
gleiche  seltene  Eigentümlichkeit  kommt  dem  Diphenyl- 
pyronkarbonsauren  Silber  zu,  dessen  Doppelsalz  der  Formel 
(C18HnAg04)2 -f  AgN032  entspricht. 

Schmiedeberg  und  Meyer3  fanden,  dafs  das  Silber- 
salz der  Camphoglykuronsäure  mit  3  Mol.  Krystallwasser 
sich  ausscheidet  und  nach  der  Formel  C16H23Ag08+  3H20 
zusammengesetzt  ist,  und  Eckhardt4  konstatierte  im  Silber- 
salz den  Metachinaldinakrylsäure  C13H10NO2Ag-f-4H2O 
sogar  4  Mol.  desselben. 

Das  beim  Glühen  organischer  Silbersalze  hinter- 
bleibende Metall  ist  oft  kohlehaltig. 

In  Strontiumsalzen  wird  das  Strontium  als  SrSO, 
bestimmt. 

Das  Zink  wird  als  ZnO  gewogen. 

Zinksalze  scheinen  zur  Reindarstellung  mancher  Säuren 
besonders  geeignet  zu  sein.  So  kamen  Hell  und  Rempel  5 
in  folgender  Art  zur  reinen  Oxykorksäure :  Die  wässerige 
Lösung  der  sirupös  erhaltenen  Säure  wurde  mit  Ammoniak 
neutralisiert  und  alsdann  durch  eine  gesättigte  Lösung 
von  Zinksulfat  gefällt.  Das  auf  dem  Saugfilter  gesammelte 
Zinksalz  wurde  in  einer  Porzellanschale  mit  der  erforder- 
lichen Menge  mäfsig  konzentrierter  Schwefelsäure  zersetzt, 
und  die  in  der  Zinksulfatlösung  schwer  lösliche  und 
darin  sich  fein  krystallinisch  ausscheidende  Oxykorksäure 
abgesaugt,  getrocknet  und  aus  Äther  umkrystallisiert. 
Die  gleiche  Methode  diente  Büjard  und  Hell6  zur 
Reinigung  der  Oxyazelainsäure. 

Die  Zinksalze  isomerer  Säuren  zeigen  oft  charakte- 
ristische    Unterschiede.      Das     der    Gährungsmilchsäure 


1  B.  18.  1849.  —  *  B.  23.  3733.  —  8  Z.  3.  433. 
4  B.  22.  276.  —  6  R  18.  817.  —  6  B.  22.  70. 


16' 


244  Darstellung  von  Salzen. 

krystallisiert  z.  B.  mit  3H20,  das  der  FleichmilchsÄure 
mit  2H20,  das  der  Äthylenmilchsäure  mit  4H80,  und 
ebenso  ist  ihre  Löslichkeit  in  Wasser  und  in  Alkohol 
eine  ganz  verschiedene. 

Mblikow1  trennte  geradezu  die  ß-  und  y-Chloroxv- 
buttersäure  durch  die  verschiedene  Löslichkeit  ihrer  Zink- 
salze in  Wasser. 

Auch  seine  Doppelsalze  mögen  manchmal  in  der  Art, 
wie  es  Heintz  bei  der  Äthylenmilchsäure  gelungen,  zur 
Reinigung  von  Säuren  dienen  können.  Die  Salze  dieser 
Säure  krystallisieren  wegen  ihrer  leichten  Löslichkeit  in 
Wasser  nämlich  kaum  oder  sehr  schwer;  als  Heintz8  aber 
den  Vorrat  an  unreiner  freier  Säure  in  zwei  Teile  teilte, 
die  eine  Hälfte  mit  Kalk,  die  andere  mit  Zinkoxyd  sättigte 
und  die  Lösungen  zusammengab,  fiel  sogleich  ein  Teil 
des  Doppelsalzes  aus,  während  er  den  Rest  durch  Ver- 
dunsten der  Mutterlauge  erhielt.  Das  eventuell  um- 
krystallisierte  Salz  befreite  er  durch  Schwefelwasserstoff 
vom  Zink,  durch  eine  genau  gewogene  Menge  Oxalsäure 
vom  Kalk  und  kam  so  zu  reiner  Äthylenmilchsäure,  die 
auf  anderem  Wege  aus  dem  Ausgangsmaterial  abzuscheiden  | 
nicht  mehr  möglich  gewesen  war. 

■  Zur  Gewinnung  von  Basen  als  schwefelsaure  Sake 
direkt  aus  den  Chlorzinkdoppelsalzen  mag  ein  im  großen 
angewandtes  Verfahren 3  manchmal  auch  im  Laboratorium 
dienlich  sein.  Dort  wird  z.  B.  eine  Lösung  des  sali- 
sauren  Zinkdoppelsalzes  des  Diamidokarbazols  mit  Natrium- 
Sulfat  versetzt,  und  dieser  Zusatz  veranlafst  die  Aus- 
scheidung des  schwer  löslichen  schwefelsauren  Diamido- 
karbazols in  Krvstallen. 

Zinnchlorürdoppelsalze  kommen  häufig  vor,  indem 
sie  aus  Beduktionsge  mischen  mit  Zinn  und  Salzsäure  aus- 
krystallisieren. 

M  ach  Hofmann  *  dürfte  das  Zinntetrachlorid  bei  der 
Untersuchung  flüchtiger  Basen  nicht  selten  mit  Vorteil 
Vorwendung  finden.   So  trennte  erKoniin  vom  ^-Konicein, 


1  J.  B.  1885.  1350.  -  -  Ann.  157.  294. 
1  D.  R.  1>.  46438.  —  l  B.  18.  115. 


Darstellung  von  Salzen.  245 

indem    er   die  Mischung   der  Chlorhydrate   beider  Basen 
bis  zur  Krystallisation  eindampfte  und  mit  einer  konzen- 
trierten   Lösung    von   Zinnchlorid    versetzte,    wobei    ein 
Überschuß  des  letzteren  sorgfältig  zu  vermeiden  ist.    Nach 
einigen  Augenblicken   erstarrt  die  Flüssigkeit  zu  hinein 
Kiystallbrei  von  salzsaurem  ^-Koniceinzinnchlorid,  während 
das  entsprechende  Koniinsalz,  welches  nicht  krystallisiert, 
sondern  zu  einer  gummiartigen  Masse  eintrocknet,  in  der 
Mutterlauge    bleibt.     Durch   Umkrystallisieren    u.    s.    w. 
kommt  man  schliefslich  zum  reinen  ^-Konicein.     Für  die 
Analyse  wurde  das  Salz  2(C18H15N .  HCl).SnCl4  in  Wasser 
gelöst,  das  Zinn  mit  Schwefelwasserstoff  gefällt  und  das 
Schwefelzinn   nach   dem   Glühen  an  der  Luft   als  Zinn- 
oxyd gewogen. 

Au&er  mit  den  anorganischen  Basen  werden  natürlich 
auch  Salze  mit  der  Unzahl  der  zur  Verfügung  stehenden 
organischen  Basen  dargestellt,  die  oftmals  charakteristisch 
ftr  die  betreffende  Säure  sind  oder  zu  ihrer  Rein- 
gewinnung  dienen  können.  So  ist  das  Anilinsalz  der 
AUozimmt8äure x  unlöslich  in  Benzol,  während  die  ihr 
so  außerordentlich  nahestehende  isomere  Hydrozimmtsäure 
ans  Benzollösung  durch  Anilin  nicht  gefallt  wird,  und 
E.  Fischer2  fand,  dafs  die  völlige  Reinigung  der  Talon- 
tfure  passend  mit  Hülfe  des  talonsauren  Brucins  aus- 
geführt wird.  Um  dasselbe  zu  gewinnen,  kocht  man  die 
▼«rdünnte  wässerige  Lösung  dieser  Säure  mit  etwas  mehr 
ab  der  berechneten  Menge  Brucin  15  Minuten  und  ver- 
dampft zum  Sirup,  der  in  der  Kälte  zu  krystallisieren 
tyginnt.  Zur  Entfernung  des  noch  vorhandenen  Wassers 
wird  die  Krystallmasse  mit  absolutem  Alkohol  angerieben, 
filtriert  und  dann  in  heilsem  Methylalkohol  gelöst,  aus 
dem  das  reine  Salz  anschiefst. 

Zum  Schluls  noch  eine  Bemerkung  betreffs  Veraschung 
txplosiver  Salze.  Man  wird  die  Heftigkeit  der  Reaktion 
durch  Vermischen   mit  Sand   zu   mäfeigen,    oder  sie  vor 

1  -B.  25.  951.  —  f  B.  24.  3624. 


246  Darstellung  von  Salzen. 

dem  Veraschen  in  nicht- explosive  Verbindungen  über- 
zuführen versuchen,  indem  man  sie  nach  dem  Wägen 
mit  einer  starken  Mineralsäure  oder  Bromwasser  etc.,  vor 
dem  Glühen  im  Tiegel  abraucht.  Fischer1  zersetzte 
z.  B.  das  explosive  diazoäthansulfosaure  Kalium  durch 
Abdampfen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  auf  dem.  Wasser- 
bade  und  konnte  hernach  den  Rückstand  wie  gewöhnlich 
glühen. 

Zweitens    soll    die    jetzt    wohl    beste    Methode    zur 
Bestimmung  des  Aschengehalts  organischer  salzhaltiger 
Gemische   mitgeteilt   werden.     Fest  steht,    dafs   man  in 
vielen  Fällen   durch   einfaches   Glühen  in   einer  offenen 
Schale    die    Kohle    nicht   vollkommen    verbrennen   und 
somit    auf   diesem   Wege    keine    weifse    Asche    erzielen 
kann.     Die  schmelzenden  Alkalisalze  umhüllen   einzelne 
Kohleteilchen    und    schützen    sie    dadurch  vor   der  Ver- 
brennung.    Ebenso  ist  es  nicht  zu  empfehlen,   den  ver- 
kohlten  Stoff  mit  Ammoniumnitrat  (Gorup  Besanez),  mit 
Hülfe  von  Sauerstoff  oder  durch  Schmelzen  mit  Soda  und 
Salpeter  (Stahel)  zu  verbrennen,   denn  diese  Hülfsmittel 
bringen  anderweitige  Gefahren  (Spritzen)  oder  Unbequem. 
lichkeiten    (die   bedeutende    Menge   Soda   und   Salpeter), 
wenn  man  einigermafsen  grofse  Menge  einzuäschern  hat, 
mit   sich.     Für    eine   genaue   Bestimmung    dös   Aschen- 
gehaltes ist  eioe  Verbrennung  mit  Salpeter  allein  ebenfalls 
unbrauchbar.     Durch     Glühen,     und    besonders     starkes 
Glühen,  erhält  man  auch  bei  derartigen  Zusätzen  Verluste 
an  Asche,    denn  Chloralkalien    verflüchtigen    sich    dabei. 
Überdies  erreicht  man    selbst  durch  starkes    und  lange« 
Glühen  (6  Stunden  empfiehlt  Graanboom2)  kein  völliges 
Weifsbrennen. 

Allen  angeführten  Beschwerden  geht  man  nach 
Bemmelen3  durch  folgende  Methode  aus  dem  Wege:  Di« 
trockene  Substanz  wird  portionsweise  zuerst  .in  einer 
Platinschale  in  einer  dünnen  Schicht  ausgebreitet  und 
mit   kleinen  Flammen  vorsichtig   und  langsam  verkohlt. 


1  Ann.  199.  303.  —  a  Bissertat  Amsterdam  1881. 
s  Z.  7.  505. 


Diazotieren.  247 

Sobald  die  trockene  Destillation  aufgehört  hat,  wird  die 
zusammengebackene  Kohle  vorsichtig  gelöst,  umgekehrt 
und  aufs  neue  erhitzt.  Auf  diese  Weise  gelingt  es  die 
ganze  Masse  zu  verkohlen,  ohne  dafs  durch  Aufblähen 
ein  Verlust  herbeigeführt  wird.  Hat  man  einige  Platin- 
schalen zur  Verfügung,  so  lassen  sich  50  g  in  1 — 2  Tagen 
leicht  so  verarbeiten.  Die  ganze  Kohlenmenge  wird 
schliefslich  wiederum  in  Portionen  in  einer  oder  zwei 
Platinschalen,  noch  besser  in  einem  Platinkasten  von 
Devxlle,  in  einen  Muffelofen  (etwa  von  Wiesnegg) 
gebracht. 

Dieser  wird  bis  zur  schwachen  Dunkelrotglut  erhitzt, 
bei  welcher  Temperatur  Chlorkalium  und  Chlornatrium 
sich  nicht  verflüchtigen.  In  solchem  Muffelofen  herrscht 
ein  so  guter  Luftzug,  dafs  die  Kohle  meist  schnell  in 
ihm  verzehrt  wird.  Sollte  aber  ein  geringer  Rest  von 
ihr  nicht  verbrennen  wollen,  so  spült  man  den  Inhalt 
der  Schalen  in  ein  Becherglas.  Die  rückständige  und  mit 
Wasser  ausgezogene  Kohle  wird  auf  einem  kleinen  Filter 
gesammelt  und  mit  diesem  wiederum  in  der  Muffel  ver- 
brannt. Jetzt,  wo  sie  grofsenteils  von  den  Alkalichlorüren 
und  -phosphaten  befreit  ist,  verbrennt  sie  leicht  unter 
Hinterlassung  einer  rein  weifsen  Asche.  Durch  Hinzu- 
fügen des  Rückstandes  des  wässerigen  Auszuges  erhält 
man  den  gesamten  Aschengehalt. 


Diazotieren. 

Gbiess  hat  Körper  der  Diazoreihe  bekanntlich  zuerst 
durch.  Einwirkung  von  salpetriger  Säure  auf  Salze  von 
Amidoverbindungen1  erhalten.  Da  ihnen  eine  ganz  aufser- 
ordentliche  Reaktionsfähigkeit  zukommt,  werden  sie  sehr 
viel  dargestellt,  häufig  aber  nicht  als  solche  aus  den 
Lösungen  erst   abgeschieden,    sondern  sogleich  in  dieser 

1  Hinsichtlich  der  direkten  Benutzung  von  Lösungen  dieser, 
wie  man  sie  durch  Keduktion  der  zugehörigen  Nitroderivate  erhält, 
siehe  den  Schlufs  der  Mitteilungen  im  Abschnitt  „Reduktion" 
über  den  Gebrauch  des  Zinns  in  saurer  Lösung. 


». 


248  Diazotieren. 

weiterverarbeitet,  zumal  ein  beträchtlicher  Teil  von  ihnen 
im  trockenen  Zustande  anfserordentlich  explosiv  ist,  und 
Diazobenzolnitrat  z.  B.  schon  bei  gelindem  Erhitzen 
heftiger  als  Knallquecksilber1  explodiert. 

Man  stellt  sie  jetzt  nur  noch  selten  durch  Einwirkung 
von  gasförmiger  salpetriger  Säure  anf  die  Salze  uni 
Ester  von  Amidoverbindungen  dar,  sondern  man  litt 
diese  in  der  sauren  Lösung  sich  dnroh  Zugabe  von 
Natriumnitrit,  resp.  Kaliumnitrit  entwickeln,  anstatt 
welcher  beiden  auch  Amylnitrit  verwendet  wird,  während 
salpetrigsaures  Silber  oder  Oxydationswirkungen  kaum  je 
zu  ihrer  Gewinnung  in  Anwendung  gekommen  sind. 

Man  bereitet  salpetrigsaures  Gas  durch  Erwärmen 
von  ca.  50%iger  Salpetersäure  mit  Arsentrioxyd  auf  den 
Wasserbade,  eine  Methode,  die  es  in  ruhigem  Strome  liefert 

Nimmt  man  an  Stelle  der  arsenigen  Säure  Stärke,  so 
erhält  man  im  Gegensatz  hierzu  einen  nur  kurze  Zeit 
anhaltenden  sehr  heftigen  Gasstrom. 

Auch  kann  man  die  gasförmige  Säure  aus  salpetrig- 
saurem  Natrium  und  verdünnter  Schwefelsäure  entwickeli 

Über  die  genaue  Zusammensetzung  der  auf  eines 
dieser  Wege  erhaltenen  Gase  ist  man  sich  bekanntlich 
nicht  klar  und  wird  wahrscheinlich  nur  unter  gleichen 
Arbeitsbedingungen  ein  gleich  zusammengesetztes  Gas- 
gemisch erhalten.  So  gießt  Silberstein2  an,  dafs,  wem 
man  in  Tribromanilin,  welches  in  Alkohol  halb  gelftt 
halb  suspendiert  ist,  unter  Abkühlung  salpetrige  säuft 
welche  durch  Erwärmen  von  Arsentrioxyd  mit  Salpeter- 
säure entwickelt  wird,  im  raschen  Strome  einleitet,  mso 
der  Hauptsache  nach  salpetersaures  Tribromdiazobeniol 
erhält.  Leitet  man  dagegen  salpetrige  Säure,  die  sieh 
ohne  Erwärmen  der  Arsenigen-  und  Salpetersäure  ent- 
wickelt, im  langsamen  Strome  ein,  so  bildet  sich,  indem 
der  gröfste  Teil  des  Tribromanilins  selbst  bei  lange  fort- 
gesetztem Einleiten  unangegriffen  bleibt,  Hexabromdiazo* 
amidobenzol. 


1  Berthelot.  B.  Par.  37.  385.  —  *  J.  pr.  Ch.  135.  101. 


Diazotieren.  249 

Einen  Überschuß  an  eingeleiteter  Säure  erkennt  man 
1  Barth  1  daran,  dafs  vorgelegtes  Barytwasser  deutlich 
'Übt  wird. 

Piäia8  war  zuerst   mit  Hülfe   von   salpetriger  Säure 
interessanten  Umsetzungen  gekommen,   indem  er  mit 
•er  Hülfe    das  Asparagin    in  salpetersaurer  Lösung   in 
rfelsäure 

CH .  Nfl2 .  COOH  CH .  OH .  COOH 

|  +NOtH=|  +N,  +  H,0 

CH,.COOH  CHt.COOH 

Asparaginsäure  Äpfelsäure 

ergeführt  hatte,  und  nach  ihm  hatte  namentlich  Strecker3 
s  vielen  Amiden  die  entsprechenden  Oxyverbindungen 
lalten. 

Ganahl4  hat  aber,  wie  Chiozza  mitteilt,  als  erster  bei 
nwirkung  von  salpetrigsaurem  Gas  auf  Naphtylamin 
)  Bildung  eines  Körpers  beobachtet,  welcher  an  Stick- 
»ff  reicher  als  das  Ausgangsmaterial  ist.  Griess5  ge- 
igte dann  bei  Einwirkung  des  Gases  auf  in  Salpeter- 
ure  gelöstes   m-Dinitro-o-Amidophenol  (Pikraminsäure) 

einem  Produkt,  welches  er  in  Rücksicht  darauf,  dafs 
sselbe  vollständig  den  Typus  des  Phenols  bewahrt  und 
mentlich  wegen  der  eigentümlichen  Form,  in  welcher 
&  Hälfte  des  Stickstoffs  in  ihm  enthalten  ist,  in  Er- 
ingelung  eines  besseren  den  Namen  Diazodinitro- 
tenol  gab.  Sehr  bald  fand  er,6  dafs  man  sowohl  in 
koholischer  wie  in  ätherischer  salpetersaurer  Lösung 
beiten  kann,  dafs  aber  niedrige  Temperatur  ein  Haupt- 
ttrdernis  beim  Diazotieren  ist,  und  dafs  die  Einwirkung 
f  freie  Amidogruppen  anders,  als  wenn  dieselben  an 
ure  gebunden  sind,  verläuft. 

LäHst  man  auf  eine  kalte  alkoholische  Lösung  von 
lidobenzoesäure  salpetrigsaures  Gas  wirken,  so  bildet 
i  Diazoamidobenzoesäure.  Setzt  man  jedoch  die  Amido- 
zoesäure,  in  kalter  wässeriger  oder  alkoholischer 
petersäure  gelöst,   der  Einwirkung  des  salpetrigsauren 


'  Jf.  CA.  1.  882.  —  2  Ann.  68.  349.  —  3  Ann.  68.  54. 
4  Ann.  99.  240.  —  5  Ann.  113.  207.  —  6  Ann.  120.  126. 


250  Diazotieren. 

Gases  ans,  so  scheidet  bei  Anwendung  einer  konzentriert» 
Lösung  sehr  bald  Salpetersäure-Diazobenzoesäure  aus. 

Zur  Darstellung  des  salpetersauren  Diazobenzols1  liefe 
er  salpetrigsaures  Gas  auf  salpetersaures  Anilin 

C6H^^f|;N°8  =  C6H6.N:N.N08  +  2H,0 

Anilinnitrat  +  salpetrige  Säure  =  Diazobenzolnitrat  +  Wawer 

einwirken,  welches  mit  einer  zu  seiner  Lösung  un& 
reichenden  Menge  Wasser  übergössen  war,  indem  er  dafi 
sorgte,  daüs  die  Temperatur  nicht  über  30°  stieg.  SoW 
Kalilauge  aus  einer  Probe  kein  Anilin  mehr  ausschie 
wurde  die  Reaktion  als  beendigt  angesehen  und  i 
filtrierte  wässerige  Lösung  des  Produkts  mit  dem  du 
fachen  Volum  starken  Alkohols  versetzt.  Nach  Zuga' 
von  etwas  Äther  schied  sich  die  neue  Verbindung  alsdai 
fast  vollständig  in  krystallisiertem  Zustande  ab.  Am 
stellte  er2  schon  1867  die  erste  der  nun  für  die  H< 
Stellung  der  Substantiven  Farbstoffe  so  wichtig  gewordem 
Tetrazoverbindungen  dar,  indem  er  eine  wässerige  Lösm 
von  salpetersaurem  Benzidin  mit  salpetriger  Säure  \ 
handelte  ;  die  von  etwas  brauner  Materie  abfiltrierte  Lösm 
lieferte  nach  Zusatz  von  Alkohol  und  Äther  krystal 
siertes  Tetrazodiphenylnitrat 

C6H4 .  NH2 .  HN08  C6H4 .  N :  N .  N08 

|  +2N02H=|  +4H40. 

C6H4 .  NH2 .  HN08  C6H4 .  N :  N .  N08 

Benzidinnitrat  +  salpetrige  Säure = Tetrazodiphenylnitrat -fWaa 

Solche  alkoholisch  ätherische  Mutterlaugen  muüs  man,  i 
er  mitteilt,  ehe  man  sie  zum  Zwecke  der  Wiedergewinnu 
des  Äthers  der  Destillation  aus  dem  Wasserbade  unt 
wirft,  mit  etwas  Wasser  schütteln,  um  etwa  in 
vorhandene  Kry stalle  in  Auflösung  zu  bringen.  Die  Dn' 
lassung  dieser  Vorsichtsmafsregel  kann  zu  den  gefi 
lichsten  Explosionen  Veranlassung  geben. 

Heinzelmann8  leitete  durch  eine  alkoholische  Lös 
von  krystallisierter  Anilindisulfosäure  in  starkem  Alb 

1  Ann.  137.  41.  —    *   J.  B.  1866.  461   ü.  J.  pr.  CJi.  101 
3  Ann.  188.  174. 


Diazotieren.  251 

^saures  Gas  und  fällte  die  Lösung  mit  Äther.  Die 
ölige  Abscheiduog  erstarrte  beim  Stehen  über 
tlsäure  zu  Krystallen  der  Diazobenzoldisulfosäure. 
ehe  Diazoderivate  sind  auch  in  absolutem  Alkohol 
h.  So  erhielt  Ascher,1  nachdem  er  in  diesem 
Lmidotoluolsulfosäure  suspendierte,  nach  dem  Ein- 
er salpetrigen  Säure  sogleich  einen  Brei  von  kry- 
•ter  Diazotoluolsulfosäure.  Nach  Mohr2  vermag 
kohol  manchmal  die  Diazotierung  zu  verhindern. 
.  nämlich,  dafs  die  p-Diazobenzilsulfosäure  nicht 
,  wenn  man  zu  der  mit  absolutem  Alkohol  über- 
1  Amidosäure  salpetrige  Säure  leitet,  dafs  sie  aber 
wird,  wenn  man  das  Agens  auf  die  mit  Wasser 
jene  Säure  wirken  läfst,  worauf  man  sie  aus  der 
;en  Lösung  durch  Alkohol  fällen  kann. 

che  Diazoverbindungen  lassen  sich  aus  ihrer 
;en  Lösung  nicht  einmal  durch  Eingiefsen  in 
lkohol  gewinnen.  Sie  können  aber  dann  in  ein- 
Fällen  durch  Zusatz  von  Mineralsäuren  teils  als 
izo Verbindung,  teils  als  Salze  abgeschieden  werden, 
teilt  Kollrepp3  mit,  dafs,  als  er  Chloramido- 
llfösäure  in  eiskaltem  Wasser  suspendierte  und 
;e  Säure  durchleitete,  nach  kurzer  Zeit  eine  klare 

entstanden  war,  aus  der  aber  selbst  beim  Ein- 
in  Äther- Alkohol  nichts  ausfiel;  als  er  jedoch  gas- 

Salzsäure  einleitete,    erhielt  er  Krystalle,  welche 
i    Chlordiazophenolsulfosäure   erwiesen,    die    sich 
lünnter  Salzsäure  umkrystallisieren  liefs. 
KITT4  diazotierte    salzsaures  Amidophenol   in   der 
Es  er  es  mit  absolutem  Alkohol,   welcher  mit  sal- 

Säure  gesättigt  war,  übergofs,  indem  er  gleich- 
et Eiswasser  kühlte.  Als  er  hierauf  zu  der  so 
en  Flüssigkeit  viel  Äther  setzte,  erstarrte  das 
ehr  bald  durch  die  Menge  des  auskrystallisierenden 
m  Diazophenols. 


n.  161.  8.  u.  172.  235.  —  2  Ann.  221.  220. 
n.  234.  29.  —  4  JB.  1.  67. 


252 


Diazotieren. 


Die  immerhin  wenig  bequeme  Art  des  Diazotiewa 
mit  salpetrigsaurem  Gras  wird  jetzt  wohl  nur  noch  ii 
Laboratorien  angewendet,  wo  man  aber  auch  fast  stell 
wie  im  grolsen  nunmehr  so  arbeitet,  dafs  man  sa  ttr 
gesäuerten  Lösungen  der  zu  diazotierenden  Amide  Nabu» 
nitritlösung  —  das  Natriumnitrit  des  Handels  pflegt  Wh 
NaN02  zu  enthalten  —  fliefsen  läfst,1  so  dafe  die  sal- 
petrige Säure  in  statu  nascendi  und  quantitativ  zur  Wir- 
kung gelangt.  Dadurch  ist  das  Diazotieren  zu  einer  ds 
leicht  ausfuhrbarsten  Operationen  geworden. 

In  folgender  ebenso  präzisen  wie  klaren  Weise  tdt 
Friedländeb2  über  das  Verfahren,  sowie  das  Verhalt* 
der  Substanzen  dabei  folgendes  mit:  Aromatische  primM 
Aminbasen,  wie  Anilin,  Xy lidin  etc.,  deren  Sftlw  ii 
Wasser  leicht  löslich  sind,  werden  in  saurer  Löfflnj 
durch  Zugabe  der  molekularen  Menge  in  Wasser  gelöflt» 
Natriumnitrits  fast  momentan  diazotiert.  Schwer  lösKck 
Salze,  wie  Benzidinsulfat,  erfordern  eine  mehrstündig 
Einwirkungsdauer;  das  Gleiche  gilt  von  den  in  Was* 
meist  sehr  schwer  löslichen  Amidosulfosäuren,  wie  Stf 
anilsäure,  Naphtionsäure.  Behufs  feinerer  Verteilung  i> 
Wasser  werden  diese  stets  aus  ihrer  alkalischen  Lösuaj 
durch  Säuren  abgeschieden  und  dann  direkt  der  E» 
Wirkung  der  molekularen  Menge  von  Natriumnitrit  hl 
Gegenwart  1  Mol.  Salzsäure  ausgesetzt.  Nach  mfib 
stündigem  Stehen  in  der  Kälte  ist  dann  auch  hier  dil 
Umsetzung  eine  vollständige  und  quantitative. 

Fische»  und  Kuzel3  lösten  z.  B.  in  der  Wäfl* 
10  Teile  Amidozimmtsäure  in  9  Teilen  Salzsäure  (sp* 
Gew.  1.19)  entsprechend  2  Mol.  und  in  70  Teilen  Waaa* 
liefsen  die  Lösung  erkalten  bis  sich  eine  reichliche  Meufl 
von  Krystallen  abgeschieden  hatten,  und  fügten v  dasi 
unter  Kühlen  und  Umschütteln  die  berechnete  Meng* 
Natriumnitrit  zu.  Gewöhnlich  geht  hierbei  die  ganft 
Salzmasse  in  Lösung  und  nach  kurzer  Zeit  scheidet  siA 


h 


1  Siehe  Meyer  und  Ambühl  B.  8.  1074. 
*  Fortschritte  der  Farbenfabrikation*  I.  542. 
3  Ann.  221.  272. 


Diazotieren.  253 

Salzsäure    Diazoverbindung    als   gelbliches    Krystall- 
ver  ab. 

Ekdmann1  verfuhr  speziell  in  folgender  Weise:  180  g 
phtionsalz  wurden*  zu  800  ccm  in  warmem  Wasser 
tot  und  die  Lösung  wieder  abgekühlt.  In  einer  grofsen 
lale  mischt  man  nun  1 — 2  1  Wasser  mit  650  ccm  ver- 
einter Salzsäure  von  13%  Gehalt  oder  mit  110 — 120  g 
[lischer  Schwefelsäure  und  kühlt  durch  reichlich  ein- 
rorfene  kleine  Stücke  gewaschenen  Eises.  In  diese 
lale  münden  zwei  Büretten,  von  denen  die  eine  mit 
riger  Natriumnitritlösung,  die  andere,  mit  sehr  feiner 
ßflufeöffnung  versehene,  mit  der  Naphtionsalzlösung 
gefüllt  ist.  Zunächst  lälst  man  einige  Kubikcentimeter 
xit  einlaufen,  dann  in  kontinuierlichem  aber  sehr  dünnem 
ahl  von  der  Naphtionsalzlösung,  indem  man  durch 
iiges  Rühren  mit  dem  Glasstab  ein  Zusammenballen  der 
l  in  der  sauren  Flüssigkeit  anfänglich  ausscheidenden 
phtionsäure  verhindert  und  gleichzeitig  so  viel  Nitrit 
shlaufen  läfst,  dafs  die  Flüssigkeit  stets  schwach  nach 
petriger  Säure  riecht  und  ein  herausgenommener  Tropfen 
Ikaliumstärkepapier  stark  bläut.  Im  ganzen  werden  ca. 
)  ccm  Nitrit  verbraucht.  Zum  Schlufs  mufs  auch 
sh  viertel-  bis  halbstündigem  Stehen  die  Reaktion  mit 
Ikaliumstärkepapier  eintreten,  widrigenfalls  es  noch  an 
trit  fehlt.  Die  rein  gelb  gefärbte  Diazoamidoverbindung 
'd  nach  dem  Absitzen  auf  einem  Koliertuch  gesammelt. 
i  Wasser  gewaschen,  abgeprefst  und  auf  Thontellern 
Vacuum  über  Schwefelsäure  getrocknet.  Aber  es  ist, 
m  man  die  Verbindung  nicht  im  trockenen  Zustande 
acht,  vorzuziehen,  sie  in  hohen  Cylindern  durch  Dekan- 
en auszuwaschen,  die  Flüssigkeit  alsdann  auf  1,8  1 
sufiillen  und  sie  so  als  10%ige  Paste  zum  Gebrauch 
rabe  wahren. 

Gabriel2   kochte  5  g  Amidozimmtsäure    mit    7,5  g 
:säure  von  20%  und  27,5  g  Wasser  bis  zur  Lösung, 

dann  abkühlen  und  setzte   zu  dem  noch  lauwarmen 
stallbrei  des  entstandenen  Chlorhydrats  nach  und  nach 


Ann.  247.  329.  —  «  B.  15.  2295. 


254 


Diazotieren. 


eine  Lösung  von  2,5  g  Natriumnitrit  in  50  g  Watt«.  ■  ■ 
Dabei  wird  das  Magma  flüssig;  nur  geringe  Mengen  eis« 
gelben  Substanz  bleiben  ungelöst.  Man  filtriert  die  Lösung 
schnell  ab  und  versetzt  sie  mit  dem  etwa  doppelten  Volum 
konzentrierter  Salpetersäure,  wodurch  sich  sehr  bald  dii 
gelbbraunen  Krystalle  des  Nitrats  der  Orthodiazoamnt 
säure  (5  g)  ausscheiden. 

Bernthsen1  löste  3  g  Amidodiäthylanilintiliosulfo- 
säure  in  0,6  g  Kali  und  Wasser  und  gofs  die  Lösimg  ii 
etwa  300  ccm  verdünnte  Schwefelsäure  (1 :  15).  Zu  der 
stark  sauren  Flüssigkeit,  die  durch  Eis  auf  +  3° — 51 
gekühlt  war,  wurde  langsam  eine  Lösung  von  0,75  g 
Natriumnitrit  gegeben.  Die  filtrierte  Reaktionsflüsagkat 
liefert  beim  Versetzen  mit  Ammoniak  eine  feste  FälluBf 
welche  von  Äther  aufgenommen  wird.  Nach  dem  Trocknet 
läJst  man  die  ätherische  Lösung  verdunsten.  Die  hint* 
bleibenden  Krystalle  werden  durch  mehrfaches  Umkrystalfr 
sieren    aus    Benzol   -j~  Petroläther    gereinigt,    sie 

C6H3^-N^.       5  *  Diazothiodiäthylanilin. 


Will    man    anorganische  Salze   vermeiden,   so  säuert 
man  statt  mit  Salz-  oder  Schwefelsäure  mit  Oxalsäuren. 

Das  anorganische  vermeidet  man  ganz,  wenn  man  ik 
Quelle  für  die  salpetrige  Säure  Amylnitrit  verwendet    : 

Victor  Meyer  und  Ambühl2  lösten  Anilin  (2  UcL) 
in  seinem  mehrfachen  Volum  Äther,  fugten  genau  1  MA 
Amylnitrit  hinzu,  und  liefsen  in  offenen  Schalen  üb* 
Schwefelsäure  verdunsten.  Ohne  die  geringste  Harzbildiog 
erhält  man  schöne,  harte,  goldgelbe,  durchsichtige  Krystab 
von  Diazoamidobenzol,  die  nur  noch  abgeprefst  zu  werf* 
brauchen,  um  den  gebildeten  Amylalkohol  völlig  zu  «fr 
fernen.     Ihre  Entstehung  erfolgt  nach  der  Gleichung 

2C6H6NH2  +  C5HnONO  =  HfO  +  C6HfiN8HCeH6  +  C5Hu0H. 


1  Ann.  251.  56.  —  2  B.  8.  1074. 


Diazotieren.  255 

Nach  Pabst  und  Girard  1  soll  Sulfanilsäure  mit  Blei- 
kammerkrystallen  erhitzt  werden,  um  zur  Diazoverbindung 
zu  kommen. 

Nach  MÖhlaü2  erhält  man  Diazobenzolchlorid  bei 
Einwirkung  von  7  Teilen  Zinkstaub  unter  allmählicher 
Zugabe  von  34  Teilen  Salzsäure  (spez.  Gew.  1,16)  auf  eine 
abgekühlte  Lösung  von  15,5  Teilen  salpetersauren  Anilins 
in  500  Teilen  Wasser. 

CeH6NHf  .NO,  +  Zn  +  3HC1  =  C6HfiN  .N  .Cl  +  ZnCl8  +  3H80. 

Die  Reaktion  soll  von  ganz  allgemeiner  Anwendbar- 
keit sein. 

Von  Hydrazinverbindungen  ausgehend  kann  man 
durch  Oxydation  zu  Diazoverbindungen  kommen: 

C1Hfi.NH.NH.S08K  +  0  =  CJH6.N:N.S08K  +  H.O. 
Äthylhydrazinsulfosaures  Kalium    Diazoäthansulfosaures  Kalium. 

So  kam  Fischer3  zum  diazoäthansulfosauren  Kalium, 
als  er  die  konzentrierte  wässerige  Lösung  der  Hydrazo- 
verbindung  mit  einem  Überschufs  von  gelbem  Quecksilber- 
oxyd versetzte  und  sofort  filtrierte.  Durch  Zusatz  von 
Alkohol  und  schliefslich  Äther  erhielt  er  die  Verbindung 
in  Krystallen. 

Während  die  salpetrige  Säure  die  primären  aroma- 
tischen Amine  in  saurer  Lösung  in  Diazoverbindungen 
(bei  Fehlen  von  Säure  in  Diazoamidoverbindungen)  ver- 
wandelt, werden  die  aliphatischen  Amine  bekanntlich, 
ohne  dafs  Diazoverbindungen  als  Zwischenprodukt  an  die 
Stelle  der  NH2-Gruppe  treten,  sofort  hydroxyliert. 

Curtius4  hat  aber  dann  gezeigt,  dafs  man  durch  Dia- 
Kotieren  von  Estern  aliphatischer  Amidosäuren  zu 
Diazoverbindungen  der  Fettreihe  kommen  kann,  welche 
ebenso  reaktionsfähig  wie  die  der  aromatischen  Reihe 
sind  und  deren  Untersuchung  ihn  bekanntlich  zu  so 
außerordentlich  interessanten  Körpern,  wie  der  Stickstoff- 

wasserstoffsäure  ||  ;>N— H,  führte. 


1  D.  B.-P.  6034.  —  2  D.  B.-P.  25146.  —  3  Ann.  199.  302. 
4  J.  pr.  Ch.  146.  401. 


256  Estergewinnung. 

Den  Diazoessigester  stellt  man  z.  B.  so  dar,  dafe  man 
50  g  auf  dem  Wasserbade  von  überschüssiger  Salzsäure 

befreites  Amidoessigsäureesterchlorhydrat  CIl2<c00  GJL 
in  einem  Scheidetrichter  von  1  1  Inhalt  in  möglichst 
wenig  Wasser  auflöst,  wobei  Abkühlung  bis  unter  ff 
eintritt,  und  zu  dieser  Flüssigkeit  25  g  Natriumnitrit 
ebenfalls  in  konzentrierter  wässeriger  Lösung  aetit 
Wenn  die  Substanzen  rein  waren,  tritt  keine  Ausscheidung 
von  Diazoessigester  ein;  sobald  man  aber  tropfenweise 
verdünnte  Schwefelsäure  hinzufügt,  beginnt  die  Flüssig- 
keit sich  unter  allmählicher  Temperaturerhöhung  zu 
trüben.  Auf  der  Oberfläche  der  anfangs  milchig 
scheinenden  Lösung  sammeln  sich  gelbe  Öltröpfchen,  die 
schliefslich  eine  ölige  Schicht  bilden.  Es  ist  aber  vor 
zuziehen,  die  milchige  Trübung  alsbald  mit  Äther  aus- 
zuschütteln. Der  ätherische  Auszug  wird  abgehoben, 
wiederum  Schwefelsäure  zugegeben,  wieder  ausgeäthert 
und  so  fort,  solange  noch  eine  Trübung  wahrgenommen 
werden  kann.  Aus  der  ätherischen  Lösung  wird  dann 
der  Diazoessigester  gewonnen,  wobei  wegen  seiner  ex- 
plosiven Eigenschaften  durchaus  Vorsicht  geboten  ist. 


Estergewinnung. 

Man  versteht  unter  Estern  Säureäther;  sie  sind  als 
Alkohole  zu  betrachten,  deren  alkoholischer  Wasserstoff 
durch  Säureradikale,  oder  als  Säuren,  deren  Karboxyl- 
Wasserstoff  durch  Alkoholradikale  vertreten  ist. 

Man  erhalt  Säureester  durch  Einleiten  von  trocke- 
nem salzsauren  Gas  in  eine,  wenn  nötig,  erwärmte  Lösung 
der  betreffenden  Säure  oder  eines  Säureanhydrids  in  dem 
entsprechenden  Alkohol.  Die  wasserentziehende  Kraft 
der  trockenen  Salzsäure  bewirkt  die  Esterbildung 

HCOOH+CH8OH=HCOO .  CH8+HsO. 
Ameisensäure  -(-Methylalkohol  — Ameisensäuremethyleater-f-  Wasser. 


Estergewinnung.  257 

Man  kann  auch  von  den  Silbersalzen  der  betreffenden 
Säuren  ausgehen,  diese  im  wasserfreien  Alkohol  suspen- 
dieren und  nunmehr  die  Salzsäure  einleiten.1 

Aus  zweibasischen  Säuren  vermögen  sich  unter  diesen 
Bedingungen  saure  Ester  zu  bilden. 

Da  fast  alle  Ester  in  Wasser  unlöslich  sind,  gewinnt 
man  sie,  nachdem  die  Flüssigkeit  mit  salzsaurem  Gas 
gesättigt  ist  und  wohl  auch  längere  Zeit  damit  gestanden 
nat,  durch  Eingießen  derselben  in  viel  Wasser,  worauf 
sie  sich  als  Öle  abscheiden.  Falls  sie  ein  wenig  löslich 
sind,  mufs  das  Wasser  mit  Äther  ausgeschüttelt  werden. 
Zugabe  von  Kaliumkarbonat  zum  Wasser  erleichtert  das 
Aasschütteln  meist  bedeutend,  das  die  Ester  in  einer 
starken  Pottaschelösung  weit  weniger  löslich  zu  sein 
pflegen. 

Aus  den  Ölen  erhält  man  den  gröfsten  Teil  von  ihnen 
durch  fraktionierte  Destillation  im  reinen  Zustande,  indem 
sie,  wenn  sie  nicht  von  Ausgangsmaterialien  mit  allzu 
iomplizierter  Strukturformel  herstammen,  meist  bei  ge- 
wöhnlichem Luftdruck  unzersetzt  flüchtig  sind. 

Ausnahmen,  wie  der  Benzoesäureisopropylester,  der  nach 
Linnemann2  bei  der  Destillation  sich  völlig  in  Benzoe- 
säure und  Propylen  spaltet,  sind  so  selten,  dafs  dieses 
Verhalten  geradezu  zur  Erkennung  von  Isopropylalkohol 
dienen  kann.  Auch  teilen  Anschütz  und  Benneet3  mit, 
dafe  der  Linksäpfelsäuredimethylester  bei  der  Destillation 
unter  gewöhnlichem  Druck  quantitativ  in  t  Fumarsäure- 
methylester  und  Wasser  zerfällt. 

Ist  das  Ausgangsmaterial  eine  feste  Säure  gewesen,  so 
maGs  man  das  durch  Eingiefsen  in  Wasser  erhaltene  Ol 
mit  alkalischem  Wasser  waschen,  um  den  nicht-veresterten 
Teil  derselben  —  die  Veresterung  nach  dieser  Methode 
verläuft  durchaus  nicht  quantitativ  —  zu  entfernen.  Läfst 
man  ihn  darin,  so  scheidet  er  sich  nämlich  während  der 
Destillation  in  festem  Zustande  aus  und  veranlafst  meist 
das  Springen  der  Kolben. 


1  Ann.  52.  283.  —  2  Ann.  161.  15. 
3  Ann.  254.  164. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  17 


258  Estergewinnung. 

Anschütz  und  Pictet1  machen  darauf  aufmerksam, 
dafs  manche  Ester  beim  Eingiefsen  in  Wasser  bereits 
partiell  verseift  werden,  so  Weinsäureester  und  Trauben- 
säureester,  wodurch  es  unmöglich  ist,  sie  auf  diese  Art 
säurefrei  und  neutral  zu  gewinnen.  Man  kommt  aber 
zu  denselben  (abgesehen  von  anderen  Arten  der  Dar- 
stellung, wie  mit  Hülfe  der  Silbersalze,  siehe  weiterhin) 
durch  fraktionierte  Destillation  der  mit  Salzsäure  gesättigten 
Lösungen,  welche,  wenn  nötig,  im  luftverdünnten  Raum 
ausgeführt  wird. 

Die  Bildung  der  Ester  beruht  also  auf  einer  Wasser- 
entziehung durch  das  salzsaure  Gas.  Die  durch  die 
Reaktion  selbst  sich  bildende  Menge  an  diesem,  welche 
im  Gemisch  gelöst  bleibt,  mufs  daher  auf  deren  Verlauf 
störend  wirken,  und  es  entspricht  ganz  dieser  Anschauung, 
dafs  wenn  man  sie  so  weit  wie  möglich  entfernt,  die 
Ausbeute  an  Ester  sich  wirklich  beträchtlich  steigern 
läfst,  wie  ebenfalls  Anschütz  und  Pictet2  gezeigt  haben. 

Sie  übergössen  gepulverte  Weinsäure  mit  dem  gleichen 
Gewicht  Alkohol  (Methyl-Äthyl-Propylalkohol),  leiteten 
bis  zur  völligen  Sättigung  unter  Kühlung  Salzsäure 
ein,  liefsen  mindestens  24  Stunden  stehen,  saugten  durch 
die  von  etwas  ungelöster  Säure  abgegossene  Flüssigkeit 
einen  trockenen  Luftstrom  und  befreiten  alsdann  das 
Reaktionsprodukt  durch  Erhitzen  der  Flüssigkeit  auf  dem 
Wasserbade  unter  stark  vermindertem  Druck  völlig  von 
Alkohol  und  wässeriger  Salzsäure.  Von  der  erwähnten 
Voraussetzung  ausgehend,  setzten  sie  abermals  das  gleiche 
Quantum  Alkohol  zu  und  leiteten  nochmals  Salzsäure 
ein,  worauf  sie  schliefslich  den  Ester  durch  fraktionierte 
Destillation  im  stark  luftverdünnten  Kaum  reinigten 
Die  Ausbeute  betrug  bis  70%  der  theoretisch  sich  be- 
rechnenden Menge. 

Entgegen  der  Behauptung,  dafs  nach  dieser  als  gam 
allgemein  verwendbar  zu  bezeichnenden  Methode  der  Ester 
der  Oxyglutarsäure 3  nicht  zu  erhalten  sei,  zeigten  sie, 
dafs  er  auf  dieser  Art  sehr  wohl  gewinnbar  ist  und  eine 


1  B.  13.  1175.  —  2  B.  13.  1176.  —  3  B.  24.  3250. 


Estergewinnung.  259 

ersetzt  unter  etwa  11  mm  Druck    bei   150°    siedende 
ssigkeit1  darstellt. 

Manche  Säuren,  z.B.  dieTerephtalsäure,2  esterificieren 
i  allerdings  wegen  ihrer  Schwerlöslichkeit  im  Alkohol 
schwierig  nach  diesem  Verfahren.  In  solchen  Fällen 
it  man  besser  vom  betreffenden  Säurechlorid  aus.  (Siehe 
iterhin.) 

Kocht  man  ein  Säureanhydrid   mit  einem  Alkohol, 
erhält    man    ebenfalls    Ester   z.   B.   aus    Essigsäure- 
Hydrid  und    Methylalkohol   den    Essigsäuremethylester 

CH8~CO>0  +  CH8°H=Cfl^ 

Manche  Ester,  wie  der  A1'5  Dihydroterephtalsäure- 
methylester,3  verharzen  in  kürzester  Zeit  bei  Luftzutritt. 

Eine  ebenfalls  sehr  häufig  gebrauchte  Darstellungs- 
eihode der  Ester  ist  die  Destillation  einer  Mischung 
ir  Salze  einer  organischen  Säure  und  des  betreffenden 
lkohols  mit  Schwefelsäure;  seltener  werden  freie 
ganische  Säuren  verwendet,  obgleich  Marko wnikoff4 
ichgewiesen  hat,  dals,  ähnlich  wie  bei  der  seiner  Zeit 
poche  machenden  Darstellung  des  gewöhnlichen  Äthers 
»h  der  bis  heute  üblichen  Methode  von  Boullay,  ver- 
iltni8mäfsig  kleine  Quantitäten  Schwefelsäure  im  stände 
id,  beträchtliche  Mengen  einer  Mischung  von  Alkohol 
kI  einer  organischen  Säure  in  Ester  zu  verwandeln.  — 
f  verfuhr  folgender  Art:  Schwefelsäure  wurde  in  eine 
Btorte  gebracht,  diese  im  Bade  auf  130°  erhitzt  und 
br  langsam  ein  molekulares  Gemisch  aus  Alkohol 
3%)  und  Essigsäure  zufliefsen  gelassen.  Bei  An- 
todung  von  10  g  Schwefelsäure,  50  g  Essigsäure  (spez. 
öw.  1,065)  und  38  g  Alkohol  dauerte  die  Reaktion 
Stunden,  und  wurden  70  g  Essigester  erhalten.  Die 
iwefelsäure  wurde  weiter  verwandt  und  schliefslich 
lttelst  der  10  g  232  g  roher  Essigester  gewonnen. 


1  B.  25.  1926.  —  2  Ann.  245.  140.  —  3  Ann.  258.  18. 
4  B.  6.  1177. 

17* 


260  Estergewinnung. 

Die  Methode  kann  auch  zur  Darstellung  zweibasisc 
Ester  dienen ;  eine  ununterbrochene  Darstellung  dereell 
ist  aber  wegen  deren  Schwerflüchtigkeit  ausgeschlo» 
Sie  giebt  jedoch  auch  so  sehr  gute  Ausbeuten,  denn  2 
Bernsteinsäure,  8  g  Alkohol  und  1  g  Schwefelsäure  ga 
nach  zweistündigem  Kochen  am  RückfluTskühler  2 
rohen  Bernsteinsäureester,  während  die  Theorie  28  g 
fordert.  Seine  Abscheidung  erfolgte  wie  beim  Salzsä 
verfahren  durch  Eingiefsen  in  Wasser. 

Böttinger1  vermied  die  ungünstige  Einwirkung 
selben  so :     Nachdem  er  ein  Gemisch  gleicher  Eaumi 
von  Brenztraubensäure  und  Alkohol  vorsichtig   mit  i 
halben  Volum  konzentrierter  Schwefelsäure  versetzt 
das  völlige  Erkalten  der  Lösung    abgewartet    hatte, 
er  das  Reaktionsgemisch  in  Äther,  der  auf  Wasser  schwai 
Dieser  hinterliefs  dann  nach  dem  Verdunsten  den  Bi 
traubensäureäthylester,   der    so  unbeständig    ist,    dafe 
mit  Wasser  in  Berührung,  in  kurzer  Zeit  in  seine  Koi 
nenten  zerfällt. 

Als  er2  a-Oxyuvitinsäure  in  Methylalkohol  löste 
konzentrierte  Schwefelsäure  zutröpfelte,  welche  die  S 
teilweise  abschied,  wurde  das  Gemisch  beim  Erwftr 
auf  50°  wieder  völlig  flüssig,  und  die  Esterbildung  vol 
sich  in  gewünschter  Weise.  Hougounbnö3  giebl 
Gegensatz  zu  Markownikoff  an,  dafs  derartige  Es 
ficierungen  sich  in  ganz  kurzer  Zeit  zu  vollziehen 
mögen.  Er  erhielt,  als  er  gleiche  Molküle  Monochlore 
säure  und  Amylalkohol  unter  Zusatz  von  sehr  n 
Schwefelsäure  einige  Minuten  zum  Sieden  erhitzte,  i 
Eingiefsen  in  Wasser  sofort  den  gewünschten  Ester. 

Trotz    dieser    günstigen    Erfahrungen     werden 
Umsetzungen    zwischen   Salzen,   Alkohol   und  Scb 
säure  häufiger  angewendet;    selbstverständlich    wird 
sie  immer  ausführen,    wenn    das  Salz    bequemer   a 
freie  Säure  zugänglich  ist. 


1  B.  14.  317.  -  2  B.  13.  2345. 
3  B.  Par.  45.  328. 


Estergewinntrag.  261 

Man    erhält    nach    dem   Verfahren    vorzügliche   Aus- 
sen. 

Pieree  und  Puchot1    versetzten    eine  Mischung   von 

g  trockenem  buttersauren  Kalium  in  kleinen  Stücken 

180  g  Propylalkohol  nach  und  nach  unter  Umrühren 

295  g  Schwefelsäure.     Nachdem  etwas  mehr  als  % 

Schwefelsäure  zugesetzt  war,    trat  freiwilliges  Sieden 

worauf  die  Flüssigkeit  sich  in  zwei  Schichten,    eine 

re    ätherische    und    eine    untere    Salzmasse,    trennte. 

*h  Zusatz    des  Restes    der   Schwefelsäure    wurde    er- 

;en    gelassen    und    hierauf    die   Flüssigkeit    und    der 

skstand    mit   Wasser    behandelt.     So    wurden    382  g, 

ezu  98%  der  theoretischen  Menge,  an  Ester  erhalten. 

Tritt  freiwilliges  Sieden  nicht  ein,    wie  bei  der  Dar- 

lung  des  valeriansauren  Butyls2   (Ausbeute  97%),    so 

itzt   man    schliefslich    während    40 — 45  Minuten    auf 

i  dem  Siedepunkte  naheliegende  Temperatur. 

Zur  Darstellung  des  Malonsäureäthylesters  ging  Conrad 

i  rohen  Calciumsalz  der  Säure  aus.     Er  kochte  mono- 

oressigsaures  Natrium  mit  Cyankalium.     Nach  Zugabe 

nötigen  Quantität  Natronlauge  kam  er  durch  weiteres 

chen    zu    einer    Lösung    von    malonsaurem  Natrium. 

s  der   mit  Salzsäure    neutralisierten  Lösung    fällte  er 

Säure  als  Kalksalz.     Das  Calciumsalz  trocknete  er  bei 

)°,  setzte    die  vierfache    zur  Esterbildung    notwendige 

nge  an  absolutem  Alkohol  und    die    auf  das  Calcium 

•echnete  Menge    konzentrierter    Schwefelsäure    zu    und 

dtzte  die  Mischung  auf   dem  Wasserbade  24  Stunden. 

«hdem  vom  Calciumsulfat  abfiltriert  war,  wurde  durch 

«tillation    aus  dem  Wasserbade    der    gröfste    Teil    des 

kohols    wiedergewonnen    und    durch  Wasserzusatz  der 

ier  abgeschieden.    Die  Ausbeute  beträgt  40 — 50%    der 

oretischen. 

Claisen  und  Cbismer3  haben  aber  jetzt  gezeigt,  dafs, 

in    man   so  verfährt,    dafs    man  aus  chloressigsaurem 

ium  und  Cyankalium  erhaltenes  cyanessigsaures  Kalium 

Alkohol  übergielst  und  nun  Salzsäure  einleitet,  also 


1  Ann.  163.  272.  —  *  Ann.  163.  285.  —  *  Ann.  218.  131. 


262  Estergewinnung. 

die  Verseifung  der  Cyangruppe  mit  der  gleichzeitigen 
Esterificierung  verbindet,  —  eine  Methode,  die  von 
Backünts  und  Otto1  zuerst  empfohlen  wurde  — ,  man 
den  Malonsäureester  bequemer  und  in  reicherer  Ausbeute 
erhält. 

Befindet  man  sich  in  der  Lage,  den  Ester  einer 
Säure  darstellen  zu  wollen,  welche  ihrerseits  in  einer 
konzentrierten  Lösung  von  Schwefelsäure  gewonnen  wird, 
so  kann  man  diese  Lösung  direkt  in  den  Alkohol  giefsen. 
Zur  Darstellung  des  Acetondikarbonsäureesters 2  verfährt 
man  folgendermafsen : 

Ein  Teil  12  Stunden  bei  150°  getrockneter  Citronen- 
säure  wird  auf  dem  Wasserbade  mit  2  Teilen  konzen- 
trierter  Schwefelsäure  so   lange  erhitzt,   als   Kohlenoxyd 

entweicht, 

CH,  —  COOH  CH.COOH 

I    "  i 

COH  —  COOH  =  H20  +  CO  +  CO 


CH2  —COOH  CH2COOH 

wobei  die  Acetondikarbonsäure  entsteht.  Diese  Abspal- 
tung von  Kohlenoxyd  durch  Schwefelsäure  ist  ja  eine  bei 
vielen  a-Oxysäuren3  eintretende  Reaktion.  Die  Reaktions- 
masse von  Citronensäure  und  konzentrierter  Schwefel- 
säure giefst  man  alsdann  unter  guter  Kühlung  in  ab- 
soluten Alkohol.  Nach  zwölfstündigem  Stehen  wird  mit 
mit  Kochsalz  versetztem  Wasser  verdünnt  und  der  ge- 
bildete  Athylester  durch  zehnmaliges  Ausschütteln  mit 
Äther  extrahiert. 

Die  Einwirkung  von  Säure  auf  eine  Mischung  des 
betreffenden  Salzes  mit  dem  Alkohol  kann  auch  zur 
Gewinnung  von  Estern  mit  einer  anorganischen  Säure 
dienen.  So  ist  nach  Witt4  der  einfachste  Weg  für  die 
Darstellung  von  Äthyl-Isobutyl-  und  Amylnitrit  folgender: 
Man  mischt  eine  verdünnte  wässerige  Lösung  von  Natrium* 
nitrit   mit  etwas    mehr   als   der  theoretischen  Menge 

1  B.  9.  1590.  —  -  1).  B.~P.  32  245.  —  3  Ann.  264.  262. 
4  B.  19.  915. 


Estergewinnung.  263 

Alkohols  und  läfst  in  der  Kälte  verdünnte  Salzsäure 
zufliefsen.  Athylnitrit  entweicht  bei  der  Reaktion  als 
Gras,  welches  gewaschen,  getrocknet  und  durch  Kälte 
verdichtet  wird.  Die  höheren  Homologen  scheiden  sich 
als  ölige  Schichten  ab,  welche,  abgehoben  und  rektificiert, 
das  betreffende  Nitrit  sofort  rein  in  fast  quantitativer 
Ausbeute  liefern. 

Für  gewisse  Zwecke  wird  die  Schwefelsäure  passend 
durch  ihre  sauren  Salze  ersetzt.  So  erhält  man,1  wenn 
man  9  Tle.  Phenol,  3  Tle.  Methylalkohol,  14  Tle.  Kalium- 
bisnlfat  einige  Stunden  im  Einschlufsrohr  auf  150 — 160° 
erhitzt,  aus  dem  Phenol  Anisol  (Phenolmethylester),  und 
das  Kaliumpyrosulfat,  dessen  richtige  Beschaffenheit  nöt- 
wendige Bedingung  ist,  dient  zur  Gewinnung  der  Äther- 
schwefelsäuren der  Phenole. 

Nach  Baumann2  verfährt  man  zu  deren  Gewinnung 
folgendermafsen : 

100  Tle.  Phenol  werden  mit  60  Tln.  Kaliumhydroxyd 

und  80 — 90  Tln.   Wasser  in   einem   geräumigen  Kolben 

zusammengebracht.     Sobald   die  Mischung    auf  60  —70° 

erkaltet  ist,  werden  125  Tle.  feingepulvertes  Kaliumpyro- 

SUlfat  allmählich  in  dieselbe  eingetragen.     Nachdem  die 

Masse    unter    häufigem    Schütteln    8 — 10    Stunden    bei 

60 — 70°,  über  welche  Temperatur  man  nicht  hinausgehen 

darf,    erhalten    ist,    ist    die    Reaktion    im    wesentlichen 

v°llendet.     Der  Inhalt  des  Kolbens  wird  mit  siedendem 

Alkohol  von  95%  extrahiert  und  heifs  filtriert.   Das  Filtrat 

erstarrt  zu  eiuem  Brei  von  phenolschwefelsaurem  Kalium. 

Die  Ausbeute  beträgt  25 — 30%  von  der  Menge  des  an- 

^Wandten  Phenols  an   diesem  leicht  zersetzlichen  Salze, 

K,  S207  +  C6H5OK  =  KsS04  +  C6H60S0?0K. 

Auf  dieselbe  Art  kommt  man  zu  den  Ätherschwefel- 

äfruren  der  Oxysäuren.     Man   löst  z.  B.  10  Tle.  Salicyl- 

^Ure  mit    8   Tln.   Ätzkali   in   ca.   25  Tln.   Wasser  und 

fiötzt    unter     schwachem    Erwärmen     und     beständigem 

Schütteln  17  Tle.  gepulvertes  pyroschwefelsaures  Kalium 

1  D.  R.-P.  23  775.  —  f  Ä  11.  1907.  u.  Z.  2.  337. 


26  4  Estergewinnung. 

allmählich  zu.  Nach  einigen  Stunden  wird  die  Masse 
mit  dem  doppelten  Volumen  Alkohol  von  90%  heiüs 
extrahiert,  und  das  Filtrat  giebt  nach  dem  Versetzen  mit 
dem  gleichen  Volumen  Äther  eine  dicke  Flüssigkeit,  die  das 
gesuchte  Salz  enthält.  Sie  wird  in  wenig  Wasser  gelöst, 
mit  Essigsäure  neutralisiert  und  mit  absolutem  Alkohol 
bis  'zur  bleibenden  Trübung  versetzt.  Nach  einiger  Zeit 
krystallisiert  dann  das  salicylsäure  -  ätherschwefelsaure 
Kalium  aus. 

Von  Nencki1  rührt  die  wichtige  Beobachtung  her, 
dafs  die  wasserentziehende  Kraft  des  Phosphoroxy- 
chlorids  besonders  zur  Gewinnung  von  Phenolestero 
geeignet  ist.  Man  erhält  nach  Seifert2  nahezu  quanti- 
tative Ausbeuten  und  sehr  reine  Produkte,  wenn  man 
mit  einem  nicht  zu  starken  Uberschufs  der  theoretisch 
nötigen  Menge  Phosphoroxychlorid  arbeitet  und  die 
Reaktion  bei  möglichst  gemäfsigter  Temperatur  sehr 
langsam  ausführt.  Ein  Gemisch  gleicher  Teile  Ameisen- 
säure und  Phenol  wurde  auf  80°  erwärmt  und  allmählich 
mit  Vs  Mol.  (aber  wohl  besser  7*  Mol.  Der  Verfasser) 
Phosphoroxychlorid  behandelt,  das  flüssige  Produkt  nach 
Beendigung  der  Salzsäureentwickelung  in  kalte  verdünnte 
Sodalösung  gegossen  und  das  ausgeschiedene  Öl  im 
Vakuum  rektificiert. 

Die  Darstellung  des  Phenylsalicylats  (Salols)3  nach 
der  Gleichung 

2  (c6H4<gJ0H)  +  2(C0H5OH)  +  POC1,  = 
2(c6H4<gJ0CA)-hHP08  +  HCl, 

wobei  die  Ausbeute  nach  Seiferts  Art  zu  arbeiten, 
92,5%  beträgt,  kann  in  ihrer  Ausbeute  noch  beträchtlich 
gesteigert  werden,  wenn  die  nach  der  Gleichung  auf- 
tretende Metaphosphorsäure,  welche  Veranlassung  zur 
Entstehung  von  Phosphorsäurephenylestern  giebt,  an 
Metall  gebunden  wird.  Man  erreicht  dieses  dadurch, 
dass  man  statt  freier  Salicylsäure  und  Phenol  deren 
Natriumverbindungen  oder  andere  Metallsalze  anwendet 

1  J.  pr.  Ch,  133.  282.  —  2  J.  pr.  Ch.  139. 467.  —  3  D.E.  P.  38  978. 


Estergewinnung.  265 

2  (csH4<gJ0Na)  +  2(C6H6ONa)  +  P0C18= 
2  (c«H4<g J0CcH  J  +  NaPO,  +  3  NaCl. 

Die  Ausführung  des  Verfahrens  ist  die,  dafe  man  die 
Natriumverbindungen  der  Salicylsäure  und  Phenole  oder 
"Naphtole  mit  Phosphoroxychlorid  (an  dessen  Stelle  auch 
Phosphorpentachlorid  treten  kann)  zusammenschmilzt.  Die 
Temperatur  ist  im  Original  nicht  angegeben.  Seifert 
erhitzte  bei  seiner  Saloldarstellung  auf  135°. 

Auüser  nach  diesen  Verfahren  werden  Ester  auch 
sehr  häufig  durch  doppelte  Umsetzung  von  Salzen  mit 
Alkylhalogenüren,  durch  Destillation  mit  äthylschwefel- 
sauren Salzen,  oder  durch  Einwirkung  von  Säurechloriden 
auf  Alkohole  erhalten. 

Man  übergiefst  im  allgemeinen  die  Salze  mit  Äther, 
Alkohol  etc.  und  giebt  die  zweckmäßig  meist  mit  Äther 
verdünnten  Alkylhalogenüre  zu;  Bromüre  sollen  dabei 
manchmal  bessere  Eesultate  geben  als  Jodüre. 

Äthylschwefelsaure  Salze  löst  man  in  Wasser 
(Alkohol)  und  giebt  diese  Lösung  zu  der  Lösung  des 
organischen  Salzes,  worauf,  wenn  nötig,  in  Autoklaven 
erhitzt  und  schliefslich  destilliert  oder  mit  Äther  extrahiert 
wird.     (Siehe  S.  269). 

Für  Umsetzungen  mit  Alkylhalogenüren  sind  Silber- 
salze am  beliebtesten,  obgleich  sie  nicht  jedesmal  die 
geeignetsten  sind.  Man  erhitzt  das  Gemisch  am  Rückflufs- 
kühler,  oder,  wenn  nötig,  im  Einschiufsrohr. 

So  erhielt  Strecker1  durch  Erhitzen  von  Xantin- 
silber  mit  Jodmethyl  ein  Methylxanthin,  welches  mit  dem 
Theobromin  nicht  identisch  war.  Fischer2  kam  dagegen 
zu  diesem,  als  er  an  Stelle  des  amorphen  Silbersalzes 
das  krystallinische  Bleisalz  anwandte.  Das  bei  130° 
getrocknete  Salz  wurde  mit  der  lV^fachen  Gewichts- 
menge Jodmethyl  im  Einschiufsrohr  12  Stunden  auf 
100°  erhitzt.  Es  findet  vollständige  Umsetzung  statt, 
und    der   Röhreninhalt  ist   in   eine  fast  trockene,  durch 


1  Ann.  118.  172.  —  2  B.  15   454. 


266  Estergewinnung. 

Jodblei  stark  gelb  gefärbte  Masse  verwandelt.  Er  wurde 
mit  Wasser  ausgekocht,  und  das  Filtrat,  nachdem  durch 
Schwefelwasserstoff  ein  wenig  Blei  ausgefällt  war,  nach 
dem  Übersättigen  mit  Ammoniak  eingedampft,  worauf 
sich  Theobromin  ausschied. 

Seidel1  teilt  mit,  dafs,  wenn  man  das  Silbersalz  der 
Fulminursäure  mit  Jodäthyl  am  Rückflufskühler  kocht, 
eine  Veränderung  kaum  wahrzunehmen  ist,  dafs  man 
dagegen  den  Ester  C9H2Ns02(OC2H5)  quantitativ  erhält, 
wenn  man  das  Salz  mit  Jodäthyl  im  Einschlufsrohr  nur 
wenige  Minuten  auf  80 — 90°  erwärmt. 

Auch  Kaliumsalze  werden  viel  für  derartige  Umsetzungen 
verwendet.  Man  stellt  sie  nicht  erst  als  solche  dar. 
sondern  neutralisiert  die  betreffende  Säure  mit  der  nötigen 
Menge  Kaliumoxydhydrat  oder  -karbonat,  giebt  Jod- 
methyl etc.  hinzu  und  erhitzt,  wenn  nötig,  ebenfalls  im 
Einschlufsrohr. 

Nach  vielen  vergeblichen  Versuchen  konnte  Laden- 
burg 2  nur  in  folgender  Art  zum  Ester  der  Nipecotinsäure 
kommen:  Genau  abgewogene  Mengen  des  Chlorhydiata 
der  Säure  und  Natriumcarbonat  —  1  Mol.  auf  1  Mol.  — 
wurden  in  wässriger  Lösung  eingedampft,  bei  130°  ge- 
trocknet, die  braune  äufserst  hygroscopische  Masse  im 
heifsen  Mörser  gepulvert  und  mit  1  Mol.  Jodmethyl  im 
Einschlufsrohr  5 — 6  Stunden  auf  100°  erhitzt.  Das 
Reaktionsprodukt  wird  mit  absolutem  Alkohol  ausgezogen, 
nach  Wasserzusatz  der  Alkohol  verdampft  und  mit  über 
schüssigem  frisch  gefüllten  Chlorsilber  geschüttelt.  Daa 
]£iltrat  wird  durch  Sublimatlösung  in  ein  schwerlösliches 
Quecksilberdoppelsalz  verwandelt  und  dieses  mit  Schwefel- 
wasserstoff zerlegt.  Nach  erneutem  Filtrieren  und 
Eindampfen  krystallisiert  ein  Chlorhydrat,  welches  die 
Zusammensetzung  des  Nipecotinsäuremethvlesterchlor^ 
hydrats  C5H902CH3NH .  HCl  besitzt. 

Ein  Verlauf  derartiger  Umsetzungen  in  etwas  anderem 
Sinne  ist  aufserordentlich  selten  beobachtet.  In  der 
Beziehung  teilt  Hjelt3  mit,  dafs,  wenn  das  Kaliumsak 

1  B.  25.  431.  —  -  B.  25.  2771    —  s  B.  25.  525. 


Estergewiiinung.  267 

cusylalkohol-o-karbonsäure  in  alkoholischer  Lösung 
fciyljodid  am  Rückflufskühler  erwärmt  wird,  infolge 
*V>«ständigkeit  des  Esters  der  Säure  Phtalid  entsteht, 

iB*<COOKH+  JC2H6=C6H4<g  J2>0  +  KJ  +  C2HßOH. 

Hatriumsalze  sind  ebenfalls  verwendbar  und  werden 
ler  Technik  der  Billigkeit  halber  vorgezogen.  So 
t  man  den  Äthylester  einer  Rosanilin  sulfosäure,1  indem 
10  kg  Natronsalz  dieser  Säure,  50  1  Wasser,  50  1 
hol  (spez.  Gew.  0,830)  und  750  g  Natronlauge 
1,38  spez.  Gew.  unter  Zusatz  von  1,3  kg  Jod- 
am  Rückflufskühler  erhitzt,  bis  die  zuvor  gelb- 
e  Flüssigkeit  eine  violettrote  Färbung  angenommen 
Bierauf  werden  wiederum  750  g  Natronlauge  von 
ilben  spezifischen  Gewicht  und  1,3  kg  Jodäthyl 
eben  und  dieser  Zusatz  nach  jedesmaligem  Eintreten 
ioletten  Färbung  so  oft  wiederholt,  bis  im  ganzen 
ig  Natronlauge  und  7,8  kg  Jodäthyl  verbraucht 
Es  sei  hier  zugleich  die  Methode  angegeben ,  wie 
je  dieses  Patentes  das  Jod  wiedergewonnen  wird, 
Aufgabe,  welche  ja  auch  in  Laboratorien  oft  zu 
en  ist. 

ach  beendeter  Reaktion  wird  das  Produkt  mit  Salz- 
neutralisiert, der  Alkohol  abdestilliert  und  zu  dem 
:eten  Destillationsrückstand  eine  wässerige  Lösung 
jchwefliger  Säure  bis  zum  Vorwalten  dieser  gegeben. 
12  Stunden  ist  die  Flüssigkeit  nahezu  entfärbt,  und 
sich  das  Jod   als  unlösliches  Kupferjodür  ausfällen. 

Tie  durch  Einwirkung  der  Alkylhalogenüre  auf 
isalze  sich  Ester  bilden,  so  kann  man  umgekehrt 
.  Einwirkung  von  Säurechloriden  auf  Kalium-  und 
umalkoholat  zu  Estern  gelangen.  Man  giefst  dazu 
Jhlorid  zu  dem  mit  Alkohol  verdünnten  Alkoholat. 
l  wird  man  von  dieser  einfachen  Methode  abweichen, 
>s    Emery2  gethan,    der   Bernsteinsäuredimethylester 

D.  B.-P.  2086. 
B.  22.  3185. 


268  Estergewinnung. 

durch    Einwirkung    von    Succinylchlorid     auf    trockenes 
Natriummethylat  in  ätherischer  Lösung  gewann. 

Die  grofse  Reaktionsfähigkeit  der  Säurechloride 
liefert  aber  auch  Ester,  wenn  man  sie  direkt  in  den 
betreffenden  Alkohol  einfliefsen  läfst,  indem  salzsaures 
Gas  entweicht,  und  es  mag  weit  öfter,  als  es  zur  Zeit 
geschieht,  angebracht  sein,  sich  des  Umwegs  über  das 
Chlorid  zu  bedienen,  um  den  Ester  der  betreffenden 
Säure  zu  erhalten.  Von  der  Terephtalsäure  wurde  bereits 
erwähnt,  dafs  sie  sich  für  die  Veresterung  mittelst  Salz- 
säure wenig  eignet.  Dagegen  erhielt  Baeyer1  ihren 
Methylester  in  guter  Ausbeute,  als  die  fein  gepulverte 
Säure  mit  der  berechneten  Menge  Phosphorpentachlorid 
auf  dem  Wasserbade  bis  zur  völligen  Lösung  erwärmt, 
und  die  so  erhaltene  Flüssigkeit  in  überschüssigen  Methyl- 
alkohol eingetragen  wurde.  Aus  dem  Holzgeist  scheidet 
sich  der  Ester  sehr  bald  in  Folge  seiner  Schwerlöslichkeit 
fast  vollständig  ab.  Auf  dieselbe  Weise  gewann  ßüPE* 
den  Methylester  der  Dichlormukonsäure;  auch  dieser  fiel 
grofsentheils  direkt  aus  dem  Holzgeist  aus;  der  Best 
wurde  auf  Wasserzusatz  erhalten. 

Ganz  besonders  zur  Esterbildung  geneigt  ist  das 
Benzoylchlorid.  Schotten3  stellte  z.  B.  Benzoylpiperidin 
so  dar,  dafs  er  Piperidin  und  Benzoylchlorid  in  Gegen- 
wart der  der  entstehenden  Salzsäure  äquivalenten  Menge 
Natronlauge  zusammengab.  Baum4  zeigte  dann  die 
allgemeine  Verwendbarkeit  des  Verfahrens.  Selbst  in 
wässeriger  Lösung  von  Alkoholen  aller  Art.  die  schwach 
alkalisch  sein  müssen,  bildet  es  sofort  die  in  Wasser 
meist  ganz  unlöslichen  Benzoesäureester.  (Siehe  auch 
Seite  79.)  Ebenso  liefert  es  Benzoesäureester  der  Amido- 
säuren   und    der  Kohlenhydrate  aus  wässeriger   Lösung. 

Baumann5  löste  z.  B.  5  g  Traubenzucker  in  15; 
Wasser,  vermischte  mit  210  ccm  Natronlauge  von  10*/i 
und  gab  30  ccm  Benzoylchlorid  zu.  Nachdem  bis  zwn 
Verschwinden  des  Geruchs  nach  Benzoylchlorid  geschüttelt 


1  Ann.  245.  140.  —  -  Ann.  256.  7.  —  3  B.  17.  2545. 
4  Z.  9.  465.  —  5  B.  19.  3219. 


.* 


Estergewinnung.  269 

war,  hatten  sich  13  g  Ester  (hauptsächlich  Tetrabenzoyl- 
traubenzucker)  gebildet. 

In  gleicher  Weise  wie  die  eigentlichen  Säurechloride, 
nur  schwächer,  reagiren  die  Sulfochloride,  und  nach 
Schiaparelli1  thut  mau  gut  ihre  Einwirkung  auf  Phenole 
durch  Zugabe  von  Zinkstaub  oder  Chlorzink  zu  unter- 
stützen. 

In  manchen  Verbindungen,  die  nicht  Säurechloride 
sind,  wird  ebenfalls  das  Chloratom  durch  Einwirkung  alko- 
holischer Kalilauge  gegen  die  entsprechenden  Alkoholreste 
ausgetauscht.  Ausführlich  untersucht  hat  in  der  Beziehung 
WiLiiOERODT2  die  Einwirkung  alkoholischer  Kalium- 
nydroxydlösungen  auf  a  -  Dinitrochlorbenzol,  gelöst  in 
derselben  Alkoholart,  und  so  a-Dinitrophenyläthylester, 
-allylester,  -phenylester  etc.  dargestellt. 

Er  löste  z.  B.  «-Dinitrochlorbenzol  in  Holzgeist  und 
gofs  langsam  unter  Umschütteln  methylalkoholische  Kali- 
lauge   zu.     Die   Umsetzung    zum   Ester  (a-Dinitroanisol) 
vollzieht    sich    sofort.      Nach    dem    Abdestillieren     des 
Holzgeistes    und    Umkrystallysieren   aus  Alkohol    ist  er 
rein;  in  derselben  Art   kam   er   zu  den  anderen  Estern. 
So  löste  er  das  Chlorid  in  kochendem  Glycerin ;  —  es  ist 
darin  sehr  schwer  löslich,  —  und  gab  die  berechnete  Menge 
kalischer    Glycerinlösung    zu,    worauf   sich  der  Mono-a- 
Dinitrophenylglycerinäthylester  bildete 

06H8(N02)2O.C8H6(OH)t. 

Überschuß   an  Alkali    ist   zu   vermeiden,  weil    er  sofort 

nieder  verseifend  wirkt. 

Die  Esterbildung  beim  Erhitzen  der  Salze  organischer 

Säuren  mit  ätherschwefelsauren  Salzen  vollzieht  sich 

nach  der  Gleichung 

CsH6KS04 + CH8C02K  =  CH8 .  C02C2H5  +  K2S04. 

Athylßchwefelsaures  Kalium  +  essigsaures  Kalium  ==  Essigsäureäthyl- 
ester 4-  Kaliumsulfat. 

Auch   die  Salze  von  Phenolen  reagieren  in  derselben 
Weise;  so  stellten  Weselsky  und  Benedict3  Resorcin- 


1  J.  B.  1881.  539.  —  2  B.  12.  762.  —  3  M.  Ch.  1.  91. 


270  Estergewinnuug. 

ester  dar,  indem  sie  200  g  Resorcin,  400  g  Atzkali  und 
800  g  äthylschwefelsaures  Kalium  nebst  so  viel  Alkohol, 
dafs  die  Mischung  eine  dünnbreiige  Beschaffenheit  an- 
nahm, einige  Tage  am  Rückflufskühler  kochten. 

Hlasiwetz  und  Habermann1   erhielten    den   Mono- 

methylester  des  Hydrochinons  C6H4<qH  8    so,     dafe    sie 

10  g  Hydrochinon,  15  g  methylschwefelsaures  Kalium 
und  6  g  Ätzkali  nach  einiger  Mischung  im  Rohr  durch 
6  Stunden  auf  170°  erhitzten.  Als  Habebmann2  aber  nach 
derselben  Methode  unter  Abänderung  der  molekularen 
Gewichtsverhältnisse  den  Diäthylalizarinester  darstellen 
wollte,  war  die  Ausbeute  sehr  schlecht. 

Auch  hier  sind  Silbersalze  wohl  meist  den  Kalium- 
salzen vorzuziehen.  So  berichten  Brasch  und  Fkeyss5, 
dafs  das  Silbersalz  des  Nitrokresols  sich  schon  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  mit  Jodmethyl  vollkommen 
umsetzt,  während  das  Kaliumsalz  selbst  am  RückmnV 
kühler  nicht  reagiert.  Allerdings  liefs  sich  auch  mit 
diesem  im  Einschlufsrohr  durch  vierstündiges  Erhitzen 
auf  100°  eine  Umsetzung  erzwingen. 

Brühl4  erhielt  den  Menthyläthylester  C10Hl9O.C8HJf 
als    er   50  g    Menthol    C10H19OH    in    30  g    trockenem 
Toluol   löste,   8  g  Natrium  zugab  und  unter  Rückfluß 
im  Ölbad   zum  Sieden  erhitzte.    Nach  15  Stunden  wurde 
das     unangegriffen     gebliebene    Natrium     entfernt,    die 
Mentholatlösung    mit    überschüssigem    Jodäthyl    versetzt 
und    im    Ölbad    bis   zum  Verschwinden  der   alkalischen 
Reaktion    gekocht.     Nach    Entfernung  des  entstandenen 
Jodnatriums    mit  Wasser    wurde    die  wieder  getrocknete 
Lösung    nach   dem   Übertreiben   des   Toluols     und  Jod- 
äthvls  schliefslich  in  der  Luftleere  fraktioniert. 

Sehr  merkwürdig  ist,  dafs  Salicylsäure,5  wenn  sie 
für  sich  allein  auf  160 — 240°  erhitzt  wird,  und  während 
des  Erhitzens   das  Wasser  entfernt  und  der  Luftzutritt  W< 


•«. 


1  Ann   177.  340.  —  2  M.  Ch.  5.  228.  —  8  B.  24.  1961. 
B.  24.  3376.  —  5  D.  R.P.  62276. 


Kalipmhydroxyd-(Natriumhydroxyd-)Schmelzen.  271 

möglichst  verhindert  wird,  in  Salol  (Salicylsäurephenyl- 
ester)  überzugehen  vermag,  wobei  die  Ausbeute  eine 
quantitative  ist.  Das  Verhalten  von  Oxysäuren,  deren 
Konstitution  entsprechende  Esterbildungen  ermöglicht, 
scheint  bisher  nicht  untersucht  zu  sein. 


.-„■'■ 


**r 


»~ 


rä- 


Kallnmhydroxyd-(Natriumhydroxyd-) 

Schmelzen. 

Das  Verschmelzen  mit  Alkali  ist  eine  öfters  mit 
organischen  Substanzen  (Sulfosäuren,  Harzen  u.  s.  w.)  vor- 
genommene Operation,  die  aus  ihnen  bestimmte  wohl- 
dharakterisierte  Spaltungsprodukte  zu  gewinnen  gestattet. 
Z.  B.  erhielten  Hlasiwetz  und  Habermann  *  aus  dem 
Gentisin  Gentisinsäure  etc.  nach  der  Gleichung 

2Cl4H10H6  +  02  +  4H20  =  2C6H608  +  2C7H604  +  C,H408. 

Gentisin  Gentisinsäure    Phloroglucin    Essigsäure. 

Kalischmelzen  erfordern  weniger  hohe  Temperatur  als 
llatronschmelzen,  aber  nicht  immer  wirkt  Ätzkali  wie 
Atanatron,  und  auch  die  angewandte  Temperatur  macht 
ihren  Einflufs  geltend.  Bisher  wurden  sie  fast  nur  in 
Silbertiegeln  über  freier  Flamme  ausgeführt.  Weit  besser 
arbeitet  man  aber  nach  Liebermann  2  folgender  Art: 

Für  die  Kalischmelze  sind,  wie  er  gefanden,  Schalen  aus 
Nickel  ganz  vorzüglich  geeignet.  Behufs  Erhitzung  sind 
*e federnd  in  den  aufgebogenen  Ring  eines  kupfernen  Bades 
^gesetzt,  welches  dem  konstanten  Trockenapparat  von 
Victor  Meter  nachgebildet  ist.  Ein  Rohrstutzen  im 
Deckel  dient  zum  Einsetzen  eines  Kühlrohrs.  Das  Bad 
kann  mit  hochsiedenden  Substanzen,  wie  Naphtalin, 
•^athracen,  Anthrachinon  und  anderen  beschickt  und  die 
Schmelze  hierdurch  bei  der  Siedetemperatur  dieser  Ver- 
meidungen ausgeführt  und,  fast  ohne  zu  rühren,  sich  selbst 


1  J.  B.  1874.  901.  —  2  B.  21.  2528. 


272  Kaliumhydroxyd-(Natriumhydroxya-)Schmelzen. 


überlassen  werden.  Anthrachinonsulfosäure  versc? 
sich  mit  Kali  leicht  bei  der  Temperatur  des  sied* 
Naphtalins.     Anthracensulfosäure    verschmolz    niob 

Dampfe  dieses  Kohlenwassersi 
wohl  aber  sehr  gut  im  Anthr 
dampfe.  Siedendes  Anthiaci 
wird  man  nur  in  extremen  F 
als  Wärmequelle  zu  benutzet 
nötigt  sein. 

Sind  die  zu  verschmelze 
Körper  wasserlöslich,  so  löst 
sie  in  möglichst  wenig  davon, 
das  Kali  zu  und  eventuell 
etwas  Wasser,  so  daüs  sich 
Ganze  ordentlich  vermischen 
Man  verwendet  bis  zum  15  fi 
des  Gewichtes  der  SubstanzanA 


Fig.  38. 


Verfasser1  bedient  sich  fi 

wohnlich   des  folgenden  bequ 

Apparates : 

pjmj   Lp  Ein  gröfseres  Reagensglas   von  ca.  3 

Durchmesser  und  30  cm  Länge  wird  tu 

eines     flachen,     auf    den    Rand    aufgel 

Korkes    in    einen    weiteren    Glasmantel 

Jenenser  Glas   von    der   gleichen  Form, 

4,5  cm  Durchmesser  und  35  cm  Länge,  h 

gehängt.      In    dem    äufseren    Mantel  v 

Körper    von    bekanntem    Siedepunkt  « 

womit  die  Temperatur  der  Schmelze  festg 

ist.     Selbst  bei    250°   wird   das   innere 

vom  verflüssigten    Alkali   durchaus   nie! 

gegriffen,  und  da  man  im  Apparate  ca. 

auf  einmal  verarbeiten,  die  Vorgänge  im  ] 

AppTraf  är   genau  beobachten,  auch  die  entweichende] 

hydroxyd-    auffangen  kann,  ist  das  Verfahren  hand 

schmelzen.    ais  <jas  Arbeiten  in  offenen  Silber-  oder  1 

gefäfsen,     solange    es    sich    nicht    um   die   Bewäl 

noch  grösserer   Substanzmengen  in  einer  Charge  h 


\J 


Flg.  39. 
Gläserner 


Kaliumhydroxyd-(Natriumhydroxyd-)Schmelzen .  27  3 

Heumann  *  führte  seine  Schmelze  zur  synthetischen 
Gewinnung  des  Indigo  folgender  Art  aus:  Ein  Teil 
Phenylamidoessigsäure  wird  mit  3  Teilen  Atzkali  und 
1  Teil  Wasser  unter  umrühren  geschmolzen.  Nachdem 
bei  180 — 200°  die  Masse  sich  gelb,  dann  feurig  gelbrot 
zu  ferben  begonnen  hat,  erhitzt  man  weiter,  bis  die  Tiefe 
der  Farbe  nicht  mehr  zunimmt.  Hernach  trägt  man  die 
erkaltete  Schmelze  in  etwa  200  Teile  Wasser  ein  und 
leitet  in  die  Lösung  einen  Luftstrom,  bis  durch  diese 
Oxydation  eine  Vermehrung  an  Indigo,  der  sich  hierbei 
aus  seiner  im  Schmelzprozefs  entstandenen  farblosen  Vor- 
stufe (seinem  Reduktionsprodukt)  bildet,  nicht  mehr  wahr- 
nehmbar ist. 

In  der  Alkalischmelze  läuft  neben  den  anderen  Vor- 
gängen stets  eine  Oxydation  unter  gleichzeitiger  Wasser- 
qtoffentwickelung  her,  wenn  die  Temperatur  genügend 
hoch  wird.  Schon  Varrenteapp  2  fand,  dafs  Ölsäure 
nach  folgender  Gleichung  in  der  Kalischmelze  Palmitin- 
säure und  Essigsäure  liefert. 

C17H8SC00H  +  2K0H  =  C15H81 .  COOK  +  CH8 .  COOK  +  H2. 

Schmilzt  man  nach  Barth  und  Schredkr  3  Phenol 
mit  der  sechsfachen  Menge  Natriumhydroxyds,  so  bemerkt 
man,  dafs  das  gebildete  Phenolnatrium  lange  Zeit  auch 
bei  ziemlich  hoher  Temperatur  als  ölige  Schicht  auf  dem 
geschmolzenen  Alkali  schwimmt.  Nach  und  nach  beginnt 
ein  leichtes  Schäumen  von  sich  entwickelndem  Wasser- 
stoffgas, welches  bald  stärker  wird  und  unter  Braunfärbung 
die  Schmelze  in  eine  feinblasige  homogene  Masse  ver- 
wandelt. Nachdem  dies  Stadium  einige  Zeit  gedauert  hat, 
und  der  Schaum  einzusinken  beginnt,  entfernt  man 
das  Feuer.  Die  erkaltete  Schmelze  trägt  man  in  ver- 
dünnte Schwefelsäure  ein  und  trennt  die  sich  ausscheidenden 
Massen  durch  Filtration.  Das  Filtrat  wird  mit  Äther 
ausgeschüttelt  und  aus  diesem  etwa  20%  des  angewendeten 
Phenols  an  Trioxybenzol  (der  Hauptsache  nach  Phloroglu- 
cin)    erhalten.     Der   Erfolg  der  Schmelze  ist   also   eine 

1  B  28.  8484.  —  f  Ann.  35.  196. 
8  Ä  12.  418. 

LuMr-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  18 


274  Kaüumhy  droxy  d-(Natriumhydroxyd-)Schmelzen . 

Oxydationswirkung.  Die  Verarbeitung  derselben  findet 
fast  stets  in  einer  der  angegebenen  Arten  statt. 

Das  sich  entwickelnde  Wasserstoffgas  ist  natürlich  für 

die  Oxydationswirkungen  höchst  ungünstig.     So  verläuft 

das    Verschmelzen    der    Anthrachinonmonosulfosäure    zu 

Bioxyanthrachinon  mit  Atznatron  nachfolgender  Gleichung: 

C14H702S03H  +  2NaOH  =  C14H602(OH)2  +  Na,S08  +  Hs. 

Der  in  statu  nascendi  vorhandene  Wasserstoff  wirkt  stark 
reduzierend  und  führt  einen  Teil  der  entstandenen 
Oxyanthrachinone  in  Hydroderivate  oder  wieder  in  Antra- 
chinon  über. 

Es  war  daher  von  einschneidender  Bedeutung,  ab 
Koch  in  einer  rheinischen  Farbenfabrik  fand,  dafs  der 
Zusatz  oxydierender  Agentien  zur  Schmelze  diesen  Übel- 
stand beseitigt.  Das  beste  derartige  Mittel  ist  das  Kalium* 
chlorat.  Die  Ausbeute  an  Bioxyanthrachinon  (Alizarin) 
aus  der  Anthrachinonmonosulfosäure  steigert  sich  dadurch 
bis  fast  zur  theoretischen 

3CuH702S08Na  +  9NaOH  +  2KC108  = 
3C14H602(ONa)2  +  3S04Na2  +  2KC1  +  6H,0. 

Die  Dauer  der  Schmelze  beträgt  in  der  Technik,  wo  sie 
bei  160 — 170°  nach  Zugabe  von  etwas  Wasser  unter 
Rühren  ausgeführt  wird,  2*/2  bis  3  Tage. 

Tiemann  und  Reimer  x  oxydierten  Aldehydosalicyl- 
säuren  durch  gelindes  Schmelzen  mit  Kalihydrat  leicht 
und  nahezu  quantitativ  in  Phenoldikarbonsäuren.  Sie  ver- 
wendeten auf  1  Teil  der  Orthoaldehydosalicylsäure  z.  ß. 
10  bis  15  Teile  Kalihydrat,  denen  eine  kleine  Menge 
Wasser  zugefügt  wurde.  Das  Schmelzen  ward  nach  dem 
Eintragen  der  zu  oxydierenden  aldehydartigen  Verbindungen 
höchstens  6 — 8  Minuten  fortgesetzt.  Nach  dem  Erkalten 
lösten  sie  die  Schmelzen  in  Wasser,  gaben  Salzsäure  zu, 
der  gröfste  Teil  der  Dikarbonsäure  fiel  aus,  den  Rest  ge- 
wannen sie  durch  Ausschütteln  mit  Äther.  Es  zeigt  sich 
also,  dafs  auch  unter  diesen  Bedingungen  wieder  der 
einfache  Benzolkern  im  Gegensatz  zum  mehrfachen  für 
hydrierende  Wirkungen  sehr  schwer  zugänglich  ist. 


1  B.  10.  1568. 


Kaliumhydroxyd-(Natriumhydroxyd-)Sohmelzen.  275 

Sind  die  in  der  Schmelze  vorhandenen  Stoffe  durch 
Wasserstoff  in  statu  nascendi  so  gut  wie  unangreifbar,  so 
werden  also  unter  passenden  Bedingungen  auch  ohne  Zusatz 
oxydierender  Mittel  vorzügliche  Ausbeuten  erhalten.  So 
fand  Degener,1  dafs,  wenn  man  benzolsulfosaures  Kalium 
C6H5S03K  mit  6KOH  eine  Stunde  auf  252  °  erhitzt,  die 
Ausbeute  an  Phenol  96°/°  der  Theorie  erreicht. 
C6H6S08K  +  2K0H  =  C6Hß0K  +  K2S08  +  H20. 

Es  ist  gewifs  öfters  möglich,  wenn  auch  im  Labora- 
torium viel  unbequemer,  die  Wirkung  des  Schmelzver- 
fahrens mit  verdünnter  Lauge  im  Einschlufsrohr  zu  erzielen. 
Folgende  Fälle  sind  Beispiele  dafür:  1  Teil  Dimethyl- 
a-naphtylaminsulfosäure 2  liefert  z.  B.  in  ein  schmelzendes 
Gemisch  von  2  Teilen  Ätznatron  und  1  Teil  Wasser 
eingetragen,  nachdem  sie  V2  Stunde  bei  einer  Temperatur 
von  280 — 290°  damit  verschmolzen  ist,  das  entsprechende 
Dimethyl-a-amidonaphtol.  Denselben  Erfolg  erzielt  man 
aber,  weDn  man  die  Einwirkung  einer  verdünnteren 
Lauge  auf  die  Säure  im  Druckgefäfs  vor  sich  gehen  läfst. 
Und  Roemer  und  Schwarzer  3  stellten  Isoanthraflavin- 
säure  durch  Verschmelzen  von  yfl-anthrachinonbisulfosaurem 
Natrium  mit  Kalilauge  unter  Druck  dar,  wobei,  wie  sie 
sagen,  die  Temperatur  und  die  Konzentration  so  gehalten 
wurden,  dafs  sich  möglichst  wenig  Isopurpurin  bildete. 

Die  verschiedene  Wirkung  von  Natron  und  Kali  wird 
durch  die  KoLBEsche  Salicylsäuresynthese  treffend  illu- 
striert, bei  welcher  Phenolnatrium  Salicylsäure,  Phenol- 
kalium dagegen  Paraoxybenzoesäure  liefert.  Ebenso  auch 
durch  folgende  Beobachtung: 

Durch  fortgesetzte  Einwirkung  von  schmelzendem 
Kali  auf  Benzoltrisulfosäure  bei  verschiedenen  Tempe- 
raturen kann  zuerst  eine,  dann  auch  die  zweite  S03H- 
Ghruppe  durch  Hydroxyl  ersetzt  werden,  es  gelingt  aber 
nicht  für  den  dritten  Schwefelsäurerest  eine  dritte  OH- 
Gruppe  einzuführen.  Die  Substanz  wird  bei  diesem  Ver- 
suche   stets    fast    vollständig    verbrannt.      Schmelzendes 


1  /.  pr.  Ch.  128.  300.  —  2  2).  E.P.  50142.  —  3  B.  15.  1401. 


276  Kaliumhydroxyd-(Natriumhydroxyd-)Sohmelzen. 

Ätznatron  verhält  sich  aber,  wie  Barth  und  Schreder1 
gefunden  haben,  anders.  Erhitzt  man  die  Trisulfosäure 
mit  einem  Überschufs  von  ihm,  so  tritt  starkes  Schäumen 
ein,  und  giebt  man  später  den  erkalteten  Schmelzkuchen 
in  verdünnte  Schwefelsäure,  so  erhält  man  25 — 30  %  an 
Phloroglucin  (Trioxybenzol). 

Der  Abbau  der  Naphtalintrisulfosäure  2  verläuft  nach 
Gurke  und  Rudolph  folgender  Art:  Erhitzt  man  1  Teil 
des  Natriumsalzes  der  Säure  mit  der  Hälfte  seines  Gewichts 
an  Ätznatron  und  ebensoviel  Wasser  im  Olbade  mehrere 
Stunden  auf  170 — 180°,  wobei  es  vorteilhaft  ist,  in  ge- 
schlossenen Gefäfsen  zu  arbeiten,  um  ein  Entweichen  des 
Wassers  und  damit  ein  Trockenwerden  der  Masse  zu 
verhindern,  so  enthält  die  Schmelze  nunmehr  ein  Gemisch 
von  Naphtoldisulfosäuren.  Löst  man  10  Teile  naphtalin- 
tetrasulfosaures  Natrium 3  in  möglichst  wenig  Wasser, 
fügt  6  Teile  Atznatron  zu  und  erhitzt  im  geschlossenen 
Gefäfse  auf  180°,  so  bildet  sich  das  Natriumsalz  einer 
Naphtoltrisulfosäure.  Läfst  man  aber  die  Temperatur 
auf  250°  steigen,  so  geht  diese  Säure  in  Dioxynaphtalin- 
disulfosäure  über. 

Man  kann  auch  statt  der  Natrium-  oder  Kaliumsalze 
Calciumsalze  verschmelzen.  Weber  4  löste  das  Calcium- 
salz  der  a-Naphtalindisulfosäure  in  einem  ziemlich  ge- 
räumigen Kolben  in  möglichst  wenig  Wasser,  versetzte 
mit  der  2lk  fachen  Menge  an  Ätznatron,  erhitzte  im  Ölbad 
und  steigerte  die  Temperatur  auf  290 — 300  °  unter  häu- 
figem Rühren.  Leitete  er  während  der  Zeit  Wasserstoff- 
gas durch  den  *  Kolben,  so  blieb  die  Masse  ganz  weife  und 
lieferte  ohne  weiteres  reines  Dioxynaphtalin. 

Auch  Bleisalze  lassen  sich  mit  Kalihydrat  erfolgreich 
verschmelzen. 

Als  Fischli  5  Bromterephtalsäure  anhaltend    mit  Na- 
triumhydroxyd schmolz,  erhielt  er  nach  der  Gleichung: 
CeHsBrfCOOH),  +  6NaOH=  NaBr  +  2Na2C08  +  C6H60Na  +3Hf0 


xBm  12.  422.  —  SD.  R.-P.  38281.  —  *  D.  B.-P.  40893. 
4  B.  14.  2206.  —  8  B.  12.  621. 


Kaliurahydroxyd-(Natriumhydroxyd-)Schmelzen.  277 

Pherxolnatrium ;  als  er  aber  zur  Mäfsigung  der  Wirkung 
in  g-oschmolzenes  Ätznatron  Bromterephtalsäure  eintrug 
und  sogleich  erkalten  liefs,  bekam  er  reichliche  Mengen 
von    Oxyterephtalsäure. 

Weselsky  und  Benedikt  x  haben  gefunden,  dafs 
llononitrophenole  ganz  allgemein  bei  der  Einwirkung  von 
schnalzendem  Kali  in  Azophenole  übergehen.  Sie  ver- 
fahröxi  etwa  folgendermafsen :  5  g  Orthonitrophenol  werden 
in  cLLe  4 — 5  fache  Menge  mit  wenig  Wasser  geschmolzenen 
Kalixxmhydroxyds  eingetragen.  Die  durch  das  Nitrophenol- 
kaliüxn  rot  gefärbte  Masse  wird  nur  so  weit  erhitzt,  bis 
sie  sich  plötzlich  prachtvoll  dunkelgrün  metallglänzend 
färbt  und  unter  Ammoniakentwickelung  sehr  stark  zu 
schä.ix:men  beginnt.  Die  kurz  darauf  tiefrote  Schmelze 
wird,  in  wenig  Wasser  gelöst.  Durch  Schwefelsäure  fällt 
em  ^Niederschlag,  der,  nachdem  er  gut  ausgewaschen  und 
getrocknet  ist,  mit  Äther  extrahiert  wird,  welcher  nach 
denx  "Verdunsten  reines  Azophenol  zurückläfst.  (Ausbeute 
nich.-fc   angegeben.) 

"VVill  man  die  oxydierende  Wirkung  der  Schmelze 
^Suchst  hintanhalten,  so  thut  man  gut,  ihr  Eisenfeile 
zuzxxsetzen. 

Es  mag  hier  darauf  hingewiesen  werden,  dafs  die 
sehr'  merkwürdige  Oxydation  in  der  Kalischmelze  unter 
gleiciizeitiger  WasserstofFentwickelung  ihr  völliges  Ana- 
logon  in  der  Zersetzung  findet,  welche  organische  Körper, 
anelh.  das  Eiweifs,  durch  Fäulnis  erleiden.2  Die  Eiweifs- 
körpcr  z.  B.  liefern  beim  Faulen  Tyrosin  (Hydroparacumar- 
säiure),  welches  Liebig3  auch  durch  Schmelzen  von  Kasein 
mit  Atzkali  erhielt. 

w  So  zerfällt  bei  diesem  Vorgang,  um  ein  einfaches 
Beispiel  zu  bringen,  ameisensaures  Calcium  nach  der 
Gleichung  : 

HCOOCa  +  H2°  =  CaC°3  +  C0*  +  H* 

1  B.  11.  398. 

a  Nencki,  /.  pr.  Ch.  125.  123,  und  Hoppe- Seiler,  P.  Ar.  12. 1. 

3  Ann.  57.  127. 


278  Kondensation. 

in  Calciumkarbonat,  Kohlensäure  und  freien  Wasserstoff. 
Letzterer  wirkt,  wie  in  der  Kalischmelze,  wenn  die  Mög- 
lichkeit dazu  vorhanden,  hydratisierend,  und  so  liefert 
essigsaures  Calcium  nach  der  Gleichung: 

CH8-COOCa  +  H'°  =  CaC0»  +  C0»  +  2CH* 

kohlensaures  Calcium,  Kohlensäure  und  Grubengas. 

Findet  die  Fäulnis  in  Gegenwart  von  Luft  statt,  so 
verbindet  sich  der  frei  werdende  Wasserstoff  teilweise  mit 
dem  einen  Atom  des  Sauerstoffmoleküls  zu  Wasser, 
während  das  zweite  Atom  O,  das  dann  sozusagen  in 
statu  nascendi  vorhanden  ist,  Veranlassung  zu  den  kom- 
pliziertesten Oxydationen  giebt. 

Auch  der  Wasserstoff  des  Palladiumwasserstoffes  vermag 
aus  dem  gleichen  Grunde  der  Spaltung  des  Sauerstoff- 
moleküls in  Gegenwart  organischer  Substanzen  Oxydations- 
wirkungen *  zu  veranlassen,  ja  der  unter  dieser  Bedingung 
erhaltene  Sauerstoff  ist  die  aktivste  Form  desselben,  die 
wir  überhaupt  kennen,  denn  er  führt  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  wie  Baumann  2  festgestellt  hat,  Kohlenoxyd 
in  Kohlensäure  über,  was  Ozon  nicht  vermag. 


Kondensation. 

Unter  Kondensation  soll  die  Bildung  eines  neuen 
Körpers  durch  Zusammentritt  zweier  anderer  verstanden 
werden,  indem  aus  den  beiden  Komponenten  ein  Molekül 
Wasser,  Alkohol,  Salzsäure,  Ammoniak  oder  Halogen  austritt. 

Der  Austritt  kann  schon  durch  Einwirkung  zweier 
Körper  aufeinander  ohne  Mitwirkung  eines  die  Konden- 
sation bewirkenden  Agens  stattfinden.  So  setzen  sich  in 
dieser  Art  alle  Aldehyde  und  Ketone  mit  Hydroxylamin 
und  Phenylhydrazin  um. 

So  liefern  nach  Senhofer  und  Brunner3  die  mehr- 
wertigen Phenole  beim  Erhitzen  mit  einer  wässerigen 
Lösung  von  kohlensaurem  Ammon  die  entsprechenden 
Karbonsäuren. 


1  Z.  2.  22.  —  2  Z.  5.  244.  —  3  B.  13.  930. 


I 


Kondensation.  279 

,0NH4 
C6H4(OH)2  +  CO  =  C6H3(OH), .  C00NH4  +  H80. 

Resorcin  \.rMj 

OH 

Im  allgemeinen  wird  man  aber  das  Kondensations- 
bestreben der  Körper  durch  passende  Mittel  unterstützen 
müssen. 

Es  kommen  natürlich  auch  innere  Kondensationen 
vor,  indem  das  Molekül  eines  Körpers  unter  dem  Einflufs 
von  Agentien  Wasser  verliert  und  in  einen  neuen  Körper 
übergeht;  z.  B.  wird  der  Diacetbernsteinsäureester  durch 
Phosphorsäure1  in  Karbopyrotritarsäureester  übergeführt. 

Kondensieren  sich  Körper  in  sich  ohne  Wasseraustritt, 
so  nennen  wir  das  Polymerisation. 

Die  Kondensation  ermöglicht  mehr  als  irgend  ein 
anderes  Verfahren  die  Darstellung  neuer  Körper  und 
Körperklassen,  und  mit  ihrer  Hülfe  gelangt  man 
leicht  von  Körpern  mit  geraden  Kohlenstoffketten  zu 
ringförmig  gebundenen  Atomkomplexen.  Als  Bei- 
spiele mögen  die  HANTZsche2  Synthese  pyridinartiger 
Verbindungen,  speziell  des  Hydrokollidindikar bonsäure 
esters  aus  2  Mol.  Acetessigester  und  1  Mol.  Aldehyd- 
ammoniak unter  Austritt  von  3  Mol.  Wasser 

CH, 


CO 

/ 
COOC2H6  —  OHH     +  OH,  -  COOCaH5 


CH8  —  CHOH      CO  —  CHS 

\  Acetessigester 

NHa 

Acetessigester  CLL 

Aldehydammoniak  i 

c 

/\ 

OH2      COOC8H6  —  HC    C  —  COOC,H6 
=  HOH        + 


H20  CH8  — HC    C  — CH8 

(3  Mol.)  Wasser  \X 

N 

Hydrokollidindikarbonsftureester 


1  B.  17.  2863.  —  *  Ann.  215.  74. 


280  Kondensation. 

und  die  Beyer-  und  CLAiSENsche1  des  Diphenylpyrazol- 
karbonsäureesters  aus  Benzoylbrenztraubensäureester  und 
Phenylhydrazin,  dienen. 

CH«  —  C0.C6Hß  HC — C.C6H6 


C,H5C00 .  CO  +  NH,  =  C.H8C00.C    N  +2H.0 

/  V 

HN  N 

I  I 

C6H6  C6H6 

Die  meisten  Kondensationen  vollziehen  sich  in  offenen 
Gefäfsen,  und  nur  selten  wird  die  Anwendung  von  Ein- 
schlufsröhren  nötig.  So  teilt  Behrend2  mit,  dalls  Phenyl- 
harnstoff  und  Acetessigester  sich  beim  Vermischen  ihrer 
alkoholischen  Lösungen  unter  Zusatz  von  Salzsäure  nicht 
verbinden.  Auch  beim  Erhitzen  bis  zum  Siedepunkt  des 
Acetessigesters  erfolgt  keine  Vereinigung,  leicht  und  Ter- 
hältnismäfsig  glatt  wird  aber  ein  Kondensationsprodukt 
erhalten,  wenn  man  etwa  10  g  Phenylharnstoff  mit  20  g 
Acetessigester  und  lOccm  Äther  etwa  sechs  Stunden  m 
140—150°  erhitzt.  Die  Ausbeute  beträgt  dann  90%  der 
theoretischen 

C7H8N20  +  CflH10O3  =  C18H16N208  +  H,0. 

Kaum  nötig  zu  bemerken  ist  wohl,  dafs  die  E9ta^ 
bildung  (siehe  deshalb  auch  dort)  nur  ein  Spezialfall  der 
Kondensation  ist.  Sie  ist  aber  der  Übersichtlichkeit 
halber  in  einem  besonderen  Abschnitt  behandelt. 

Für  den  vorliegenden  Zweck  verwendbare  Mittel  sind 
folgende : 3 

Aluminiumchlorid ,     Ameisensäureester    (gechlorter), 
Ammoniak,  Antimonchlorid. 


1  B.  20.  2186.  —  2  Ann.  233.  2. 

3  Anmerkung.  Die  merkwürdige  Einwirkung  des  Sonnenlichts 
auf  mit  einander  zu  kondensierende  Körper  hat  Klinger  ausfuhr 
lieh  studiert,  und  Klinger  und  Standke4  fanden,  dafs  durch  du 
Sonnenlicht  spielend  Verbindungen  erzeugt  werden,  die  auf  che 
mischem  Wege  nur  durch  gewaltsame  oder  raffinierte  Methode! 
darstellbar  wären. 

4  B.  24.  1340. 


.  Kondensation.  281 

Barythydrat,  Benzotrichlorid,  Blausäure. 

Calciumchlorid,  Chlorkohlenoxyd. 

Eisessig,  Essigsäureanhydrid. 

Fluorbor. 

Kaliumbisulfat,  Kaliumcyanid,  Kaliumhydroxyd, 
Kalkmilch,  Kieselsäureester,  Kupfer. 

Magnesiumchlorid. 

Natrium,  Natriumacetat,  Natriumäthylat,  Natrium- 
hydroxyd. 

Oxalsäure. 

Phosphoroxychlorid,  Phosphorsäureanhydrid,  Phosphor- 
trichlorid. 

Salzsäure,  Schwefel,  Schwefelsäure,  Silber. 

Zink,  Zinkchlorid,  Zinkoxyd,  Zinkstaub,  Zinntetra- 
chlorid. 

Es  ist  selbstverständlich,  dafs  diese  Mittel  einander 
icht  zu  vertreten  vermögen,  ja  selbst  solche,  von  denen 
oan  dieses  vielleicht  in  gewissen  Fällen  erwarten  könnte, 
peben  oft,  namentlich  hinsichtlich  der  Ausbeuten,  sehr 
■Iweichende  Resultate.  So  kondensieren  sich,  wie  Baeyrr1 
:<mstatierte,  Aldehyde  mit  Kohlenwasserstoffen  nicht 
Dimer  in  befriedigender  Weise  bei  Anwendung  von 
Schwefelsäure  oder  Schwefelsäure  und  Eisessig,  während 
lach  GrRiEPENTROG2  die  Resultate  mit  Chlorzink  meist 
^ht  zufriedenstellende  sind.  Siehe  auch  in  der  Beziehung 
iie  Verwendbarkeit  der  Oxalsäure  (Seite  304). 

Die  Verwendung  des  Aluminiumchlorids  für  synthe- 
ische  Zwecke  verdanken  wir  Friedel  und  Crafts.3 
Diese  Methode  erinnert,  wie  Baeyer4  einmal  sagt,  in 
Bezug  auf  die  Mannigfaltigkeit  der  Erfolge  fast  an  das 
kfarchen  von  der  Wünschelrute,  und  sie  und  die  Chlor- 
riukmethode  sind  wohl  von  allen  in  der  neueren  Zeit 
tufgefundenen  synthetischen  Methoden  diejenigen,  mit 
lülfe  deren  man  zu  den  verschiedenartigsten  Klassen  von 
[örpern  gelangen  kann. 


1  B.  6.  223.  —  l  B.  19.  1876.  —  8  B.  Par.  29.  2. 
*  B.  12. 642. 


282  KondensatioD. 

Die  Theorie  der  Methode  ist  immer  noch  nicht  siehe 
festgestellt,  wie  die  GrüSTAVSONsche1  neueste  Arbeit  beweis! 

Das  aus  Aluminium  und  Chlor  bereitete  frische  Chlori 
pflegt  bessere  Ausbeute  zu  geben,  als  die  häufig  sei 
verunreinigten  Handelsprodukte.  Sein  Schmelzpunkt  lie 
bei  1940.2  Nach  Stockhaüsbn  und  Gattermann8  ste! 
man  es  folgender  Art  dar :  Ein  möglichst  weites  schw 
schmelzbares  Verbrennungsrohr,  welches  auf  der  m 
Seite  zu  einem  engeren  Bohre  ausgezogen  ist,  wird  n 
Hülfe  eines  doppelt  durchbohrten  Korkes  mit  einem  we 
halsigen  Pulverglase  verbunden,  während  die  zwe 
Durchbohrung  ein  nicht  zu  enges  Ableitungsrohr,  c 
zum  Abzüge  führt,  trägt.  Durch  die  Röhre,  die  : 
Verbrennungsofen  liegend  mit  Aluminiumspähnen  beschit 
ist,  wird  ein  Strom  von  trockenem  salzsaurem  Gras 
leitet.  Nachdem  in  Rücksicht  auf  die  Bildung  \ 
Knallgas  alle  Luft  ausgetrieben  ist,  erhitzt  man  mit  < 
Vorsicht,  dafs  das  Aluminium  nicht  zu  Kugeln  zusamm 
schmilzt,  worauf  das  Chlorid  übersublimiert.  Den  Korl 
des  Pulverglases  schüttz  man  durch  eine  Asbestpappe 
dem  Anbrennen.  Ausbeute  4  Teile  Chlorid  aus  1  1 
Metall. 

Nach  Anschütz4  nimmt  man  die  Reaktionen  in  ein 
geräumigen  Rundkolben  vor,  der  mittelst  eines  VorstoJ 
mit  vertikalem  Ansatzrohr  mit  einem  Rückfluiskül 
verbunden  ist  (siehe  Seite  24).  Durch  das  Ansatzr 
kann  das  Aluminiumchlorid  bequem  hineingebracht,  so 
während  der  Reaktion  ein  Thermometer  zur  Kontn 
der  Reaktionstemperatur  in  die  Flüssigkeit  eingefil 
werden.  Nachdem  man,  wenn  nötig,  die  Reaktion  du 
Erwärmen  im  Wasserbade  unterstützt  hat,  gieJst  t 
nach  beendeter  Chlorwasserstoffentwickelung  das  Reakti( 
produkt  in  Wasser  und  schüttelt  dies  mit  Benzol,  Ä1 
etc.  aus. 

Die  Ausbeuten  lassen  bei  dem  Verfahren  häufig 
wünschen  übrig  und  wechseln  bei  verschiedenen  Köi 


1  B.  23.  R.  767.  —  *  B.  24.  2577.  -  3  B.  25.  3521. 
4  Ann.  235.  154. 


Kondensation.  283 

Ben;  so  erhält  man  eine  bessere  Ausbeute  bei  der 
Stellung  von  Derivaten  der  Homologen  des  Benzols 
bei  diesem  selbst,  nnd  das  Umgekehrte  scheint  nach 
3PFF1  der  Fall  zu  sein,  wenn  man  sie  auf  halogeni- 
e  Benzolderivate  anwendet. 

Vielleicht  ist  die  Einwirkung  des  Chlorids  auf  die 
uxlünnt  zur  Verwendung  gelangenden  Ausgangs- 
»rialien  zu  heftig  und  führt  deshalb  zur  Harzbildung. 
3laüs  und  Wollner2  überschichteten  deshalb  100  g 
oiniumchlorid  in  einem  mit  Kühler  versehenen  Kolben 
so  viel  Schwefelkohlenstoff,  dafs  die  ganze  Masse  von 
sigkeit  überdeckt  war.  Dann  trugen  sie  bei  gewöhn- 
ir  Temperatur  ein  Gemisch  von  100  g  Paraxylol  und 
f  Acetylchlorid  in  kleinen  Portionen  ein.  Nach 
Stunden  mufete,  obwohl  sich  noch  Salzsäure  ent- 
elte,  die  Reaktion  unterbrochen  werden,  weil  sonst 
des  Schwefelkohlenstoffes  Verharzung  eintrat. 
)ie  in  Wasser  gegossene  Masse  wurde  mit  Äther 
thiert  und  aus  diesem  60  g  Methylparaxylylketon  ge- 
aen: 

C8H10  +  CH8 .  COCl  =  CA .  CO .  CH8  +  HCl. 
Slb83  mischt  Kohlenwasserstoffe  und  Säurechloride 
iquivalenten  Mengen  und  setzt  so  viel  Schwefel - 
enstoff  zu,  bis  eine  klare  Lösung  entsteht.  Alle  für 
>  Synthese  zur  Anwendung  kommenden  Gefä&e 
len  gut  getrocknet  sein.  In  einen  mit  Rückflufs- 
er  versehenen  Kolben  wird  eine  dem  Volum  der 
hung  entsprechende  weitere  Menge  Schwefelkohlen- 
gegeben und  ungefähr  ebensoviel  Chloraluminium 
agefügt,  als  das  Gewicht  des  angewandten  Säure- 
rids  ausmacht.  Durch  den  Kühler  giebt  man  nun 
zu  verarbeitende  Gemisch  zu,  indem  man  jeweils 
Zusatz  der  einzelnen  Portionen  abwartet,  bis  die 
:tion  ruhiger  geworden  ist.  Wenn  alles  eingetragen, 
rmt  man  auf  dem  Wasserbade,  bis  die  Salzsäure - 
ickelung  nahezu  aufhört,  und  nach  dem  Erkalten 
t  man  durch  den  Kühler  sehr  wenig  Wasser   hinab 


B.  24.  3766.  -  *  B.  18.  1856.  —  3  /.  pr.  Ch.  141.  181. 


284  Kondensation. 

und    schüttelt    um.     Nach   Ablauf   der    stünnischei 
aktion  wiederholt  man  den  Wasserzusatz,  bis  keine 
wirkung  mehr  stattfindet,  und  destilliert  hierauf  mitl? 
dampf,    wobei    im    Rückstand    die    entstandenen 
molekularen  Ketone  als  schwere  Öle  bleiben,   auf 
die     wässerige     Chloraluminiumlösung    schwimmt 
Ketone  reinigt  man  durch  Destillation,  nachdem  sie 
Kochen  mit  sehr  verdünnter  Salzsäure  von  Thonei 
freit    sind.     Die   Ausbeute    an    reinem    Produkt  1 
50 — 80%  der  theoretischen. 

Die  vorteilhafte  Wirkung  des  Schwefelkohler 
(siehe  aber  weiterhin)  ist  nach  Elbs  eine  dreifache, 
erste  dient  er  als  Verdünnungsmittel,  welches  eine  Im 
ruhige  Umsetzung  sichert.  Dann  hält  er  beim  Em 
die  Temperatur  stets  in  der  für  die  Reaktion  güns 
Höhe  von  etwa  50°,  und  schließlich  verhindert  e 
bei  der  heftigen  Einwirkung  des  Wassers  auf  c 
aktionsmasse  ein  Teil  von  ihr  verharzt.  Gerade 
letztere  Umstand  ist,  wie  sich  Elbs  überzeugt  hi 
sonders  wesentlich. 

Die  Menge  des  angewendeten  Aluminiumchlorit 
sich  in  manchen  Fällen  ohne  Beeinträchtigung  de 
beute   bis   auf  die  Hälfte  vom   Gewichte    des   in 
genommenen  Säurechlorids  ermäfsigen,   und  die  z 
aktion  nötige  Zeit  wechselt  von  lh  bis  2  Tagen. 

Mit  Schwefelkohlenstoff  als  Verdünnungsmittel 
Verwendung   von   gepulvertem  Aluminiumchlorid 
Gattermann1  nach  der  Gleichung 

CflHfl  +  Cl .  CO  .  NH2  =  CflH6  .  CO  .  NH,  +  HCl 
fast    quantitativ    ßenzamid    aus    Benzol    und    Hj 
chlorid.     Gottschalk2  bekam,  als  er  20  g  Penta 
benzol  in  60  g  CS2  löste,  20  g  Harnstoffchlorid  i 
mählich    24    g    Aluminiumchlorid    zugab,    nach 
Erhitzen    auf  dem   Wasserbade   80  %    der   theon 
Ausbeute  an  Amid  der  Pentamethylbenzoesäure. 
wegen  dieser  Säure  auch  Seite  286). 

Später  hat  Elbs  3  gefunden,   dafs  der  Siedepu 

1  Ann,  244.  50.  -  2  B.  22.  1219.  —  3  J.  pr.   Ch.  h 


Kondensation.  285 

irefelkohlenstoffes  doch  für  manche  Aluminiumchlorid- 
ftonen  zu  niedrig  liegt,  und  benutzte  höher  siedende 
ien  von  Petroläther  als  Verdünnungsmittel, 
lo  liegt  die  günstigste  Temperatur  für  die  Bildung 
Phenylbenzoyl  -  o  -  Benzoesäure  aus  Diphenyl  und 
lsäureanhydrid 

?6*6  +  ca  <™>o = c  A  <gJ6£H*  •  C«H» 

xegenwart    unseres    Chlorides    zwischen    90  — 100°, 
alb    Petroläther    von    diesem    Siedepunkt    verwandt 

6. 

>ie  Methode  giebt  im  allgemeinen  sehr  gute  Resultate 
Benzol  und  seinen  Homologen,  weniger  gute  bei 
dizierteren  aromatischen  Kohlenwasserstoffen,  wo  sie 
iter  ganz  im  Stiche  läfst.  Im  Kern  halogenisierte 
er  reagieren  schlecht,  Nitrokohlen  Wasserstoffe1  so  gut 
jar  nicht. 

>ie  Aluminiumchloridmethode  ist  überhaupt  nicht 
ndbar  bei  allen  Körpern,  welche  Hydroxylgruppen 
dten,  weil  das  Chlorid  auf  diese  direkt  wirkt, 
euch  gasförmige  Körper  kann  man  in  seiner  Gegen- 
zur  Reaktion  bringen.  Leitet  man  z.  B.  durch  mit 
Chlorid  versetztes  Benzol2  schweflige  Säure,  so  wird 
unter  Bildung  von  Benzolsulfinsäure  addiert 

0eH6  -f-  SO,  =  C6HßSOsHf 

Leitet  man  Sauerstoff3  durch,  so  erhält  man  Phenol. 
rALLE4  hat  gefunden,  daJs  es  zweckmäfsiger  ist,  an 
*  von  gasförmigem  Äthylchlorid  flüssiges  Äthylbromid 
nit  Aluminiumchlorid  versetztes  Benzol  bei  100°  im 
■chmolzenen  Rohr  wirken  zu  lassen.  Nach  9stündi- 
Erhitzen  hatte  sich  hauptsächlich  Tetraäthylbenzol 
let,  und  nach  weiteren  sechs  Stunden  war  es  gro&en- 
in  Hexaäthylbenzol  übergegangen. 
o  wie  Äthyl  u.  s.  w.  kann  man  auch  Säurereste  mit 
>    der   Methode    an  den  Benzolkern  anlagern,    und 


B.  25.  3523.  —  l  J.  B.  1878.  739.  8  Ann.  Ch.  Ph.  6.  14.  433. 
B.  16.  1744. 


286  Kondensation. 


Doebner  und  Wolff1  kamen  zum  Dibenzoylhydrochini 


C6H6  —  CO-^p  tt  ^OH 
C6H6  —  CO^^^OH» 


als  sie  1  Mol.  Hydrochinondibenzoylester  mit  2  1 
Benzoylchlorid  in  einem  Kolben  auf  190 — 200° 
hitzten  und  Chloraluminium  allmählich  hinzusetzt 
(Es  mufste  also  ein  Ester  statt  des  freien  Hydrochim 
gewählt  werden,  weil  das  Metallchlorid  sonst  auf  des 
Hydroxylgruppen  direkt  eingewirkt  hätte.)  Nach 
stündiger  Dauer  der  Einwirkung  erfolgte  auf  ernc 
Zugabe  von  Chloraluminium  keine  Salzsäureentwickeli 
mehr.  Das  Produkt  wurde  schließlich  mit  alkoholisc 
Kalilauge  verseift  und  aus  der  kaiischen  Lösung  du 
Kohlensäure  das  Oxyketon  gefällt. 

Jacobsen2  trug  in  50  g  Phosgen,  das  auf  — 10° 
gekühlt  war,  70  g  Pentamethylbenzol  und  dann  allmäh 
5 — 10  g  Aluminiumchlorid  ein,  worauf  das  ganze  s 
Wochen  lang  unter  jeweiligem  Umschütteln  bei  eine: 
nicht  übersteigenden  Temperatur  stehen  blieb. 
Flüssigkeit  wurde  dann  kurze  Zeit  in  flachen  Seh 
der  feuchten  Luft  ausgesetzt,  darauf  mit  Wasser 
überschüssiger  Natronlauge,  um  das  Säureohlorid  in 
Natriumsalz  überzuführen,  erwärmt  und  die  Lösung 
letzteren  von  geringen  Mengen  Pentamethylbenzols  getr 
und  mit  Salzsäure  gefällt.  Auf  diesem  Wege  wurde 
Pentamethylbenzoesäure  in  sehr  befriedigender  Aus! 
erhalten 

C6(CH8)5H  +  COC1,  =  C6(CH8)6COCl  +  HCl. 

Auch  Phenylcyanat  z.  B.  vereinigt  sich  bei  Gegen 
von  Aluminiumchlorid  mit  Kohlenwasserstoffen,  und 
sprechend  der  Gleichung 

C6H6  +  CON  .  C6H6  =  C6H6 .  CO  .  NH .  C6H6 

kommt  man  zu  einem  Säureanilid,3  welches  bei  der 
seifung  dann  die  entsprechende  aromatische  Karbon 
liefert. 

Der  Verlauf  dieser  Reaktion  weicht  insofern  voi 


1  B.  12.  661.  —  2  B.  22.  1220.  -  s  J.  pr.  Ch.  149.  3( 


Kondensation*  287 

hnlichen  Kuppelungen  ab,  als  hier  ein  Entweichen 
Salzsäure  der  Gleichung  zufolge  nicht  stattfindet, 
[an  kann  nach  unserer  Methode  auch  die  Acetyl- 
pe  direkt  an  den  Benzolkern  bringen.  So  erhielt 
rEiTZER,1  als  er  Brombenzol  und  Acetylchlorid  in 
refelkohlenstofflösung  in  Gegenwart  von  A1C18 
tunden     miteinander     erwärmte ,     Acetylbrombenzol 

C6H4<co.CH3- 
elbst  anorganische  Chloride  sind  auf  diese  Art  mit 
tischen  Besten  zusammenschweifsbar.  So  erhielten 
aelis  und  Schenk,2  als  sie  100  g  Phosphorchlorür 
10  g  Dimethylanilin  mischten  und  20  g  frisch  subli- 
es  Aluminiumchlorid  in  kleinen  Anteilen  unter  Ab- 
ing  zugaben,  Dimethylanilinchlorphosphin 
PC18  +  CBH6N(CHS),  =  PC12 .  C6H4N(CH8),  +  HCl. 

ur  Synthese  des  Acetovanillons3  gab  Otto  zu  einer 
teung  von  60  Teilen  reinen  Guajakols  in  120  Teilen 
3ig  allmählich  unter  Kühlung  30 — 40  Teile  eines 
gepulverten  Gemisches  aus  Aluminiumchlorid  und 
jhlorid,  und  erhitzte  das  Ganze  sodann  auf  140 — 150°, 
te  Temperaturgrenzen  genau  einzuhalten  sind.  Die 
eute  war  nicht  befriedigend. 

us     dem    Mitgeteilten     geht     die    aufserordentliche 

endbarkeit  des  Aluminiumchlorids  für  die  Synthese 

r,    teils    kann    sie    daraus    geschlossen  werden.     Es 

jedoch   bemerkt  werden,   dafs   neben  der  Beaktion 

+  CH3C1  =  C6H5CH3  -f  HCl  auch  Eeaknonen  der 

gengesetzten  Art,   wie  C6B5CH3  -f  HC1  =  C6H6  -f 

51   eintreten   können.     So  erhitzte  Jacobsen4  Hexa- 

rlbenzol  mit  V10    seines  Gewichts   an  Metallchlorid 

lern  Strom  trockenen  Salzsäuregases    bis   nahe  über 

t  Schmelzpunkt  und  erhielt  so   Pentanlethylbenzol, 

,  ja  selbst  Benzol,  und  Anschütz  und  Immendorff5 

gefunden,    dafs  bei   dieser   Beaktion    eine   direkte 

ragung    von   Alkylresten    aus    dem    einen    Molekül 


B.  24.  550.  —  2  Ann.  260.  2.  —  s  B.  24.  2869. 
B.  18.  339.  —  B  B.  18.  657. 


288 


Kondensation. 


eines  aromatischen  Kohlenwasserstoffes  in  ein 
Molekül  desselben  Kohlenwasserstoffes  stattfindet.  So  liefet 
z.  B.  Toluol  einerseits  Benzol,  anderseits  in-  undp-XyloL 
(Siehe  auch  im  Abschnitt  Verseifen.) 

Über  die  kondensierende  Wirkung  des  Perchlflr- 
ameisensäureesters  hat  Hentschel  1  ausführliches  mit- 
geteilt. Man  »teilt  ihn  selbst  nach  ihm  so  dar :  In  flüssiges 
Phosgen,  welches  sich  in  einem  Kolben  befindet,  der  mit 
einem  mit  einer  Kältemischung  versehenen  RückfltdsküHer 
verbunden  ist,  wird  Alkohol  eingetragen.  Jeder  Tropfe» 
desselben  löst  sich  unter  zischendem  Geräusch,  wähieal 
Ströme  von  Chlormethyl  entweichen.  Sobald  der  zuflieJseiA 
Alkohol  keine  Einwirkung  mehr  hervorbringt,  wird  d* 
entstandene  Ester  in  Wasser  gegossen,  gut  gewaschen  mJ 
über  Chlorcalcium  getrocknet.  Der  so  gewonnene  Ohio* 
ameisensäuremethylester  siedet  zwischen  69 — 71°.  Chlorid 
man  dieses  Produkt  im  Sonnenlicht,2  so  erhält  man  fa 
Perchlorameisensäuremethylester.  Die  kondensierend 
Kraft  dieses  ist  sehr  grofs.  So  erstarren  DimethylaniH» 
und  Bittermandelöl,  mit  der  Verbindung  nur  wenige  kvfp 
blicke  auf  dem  Wasserbade  verweilend,  zur  Leukotai 
des   Malachit  gr uns    (Tetramethyldiamidotriphenylmethi^ 

Auch  im  grofsen 3  dient  der  gechlorte  Ester  zu  Ö* 
liehen  Kondensationen,  doch  wird  dort  die  Zugabe  v» 
Aluminiumchlorid  empfohlen. 

Das  Ammoniak  zeigt,  wie  alle  Lösungen  von  Alkali* 
kondensierende  Eigenschaften.  Es  sei  hier  gleich  bemalt 
dafs  das  Natriumhydroxyd  alle  anderen  Körper  die* 
Klasse  zu  übertreffen  scheint  und  deshalb  das  weit»* 
am  meisten  verwendete  Alkali  ist.  Japp  und  StrbatpiW* 
teilen  speziell  über  Ammoniak  folgendes  mit:  Werta 
Phenanthrenchinon ,  Acetessigester  und  konzentriert» 
Ammoniakflüssigkeit  kurze  Zeit  hindurch  unter  Drt* 
auf  100°  erhitzt,  so  bildet  sich  Phenanthroxylenacetessigesfef 

C6H4  —  C :  C  <C0()CLH 


I 
C6H4  —  CO 


'J"6' 


1  B.  18.  1177.  —  2  J.  Pr.  Ch.  144.  100.  —  3  D.  R.-P. 
B.  16.  276. 


Kondensation.  289 

Auf  die  von  ihnen  zuerst  beobachtete  merkwürdige 
dehydratisierende  Wirkung  einer  wässerigen  Ammoniak- 
flüssigkeit weisen  sie  besonders  hin. 

Blausäureadditionen  an  Aldehyd-  oder  Ketongruppen 
scheint  es  ganz  besonders  zu  begünstigen.  So  beansprucht 
deren  Anlagerung  an  Arabinosekarbonsäure  ca.  8  Tage, 
während  eine  Zugabe  von  4  Tropfen  Ammoniak  auf 
je  100  g  Arabinose  die  Zeit  hierfür  auf  12 — 24  Stunden 
herabsetzt,  und  das  Gleiche  fand  Kiliani1  bei  der  Dar- 
stellung der  Galaktosekarbonsäure.  Zwecks  deren  Ge- 
winnung versetzte  er  30  g  fein  gepulverte  Galaktose 
mit  6  ccm  Wasser,  gab  die  berechnete  Menge  einer 
ca.  50%igen  Blausäure  nebst  einem  Tropfen  des  gewöhn- 
lichen als  Reagens  benutzten  Ammoniaks  zu  und  mischte 
gut  durch.  Das  Ganze  erstarrt  allmählich,  und  nach 
12  Stunden  saugt  man,  nach  Zugabe  des  gleichen  Volums 
Wasser,  von  den  Kry stallen  ab,  die  sich  als  Galaktose- 
kwbonsäureamid  erweiseu,  und  an  denen  die  Ausbeute 
40—50%  vom  verwendeten  Zucker  beträgt. 

Im  Antimontrichlorid  hat  Smith8  ein  Mittel  zur  Ver- 
besserung der  Ausbeute  an  zu  kondensierenden  Kohlen- 
wasserstoffen gefunden.  Leitet  man  Naphtalin  durch  eine 
glühende  Röhre,  so  erhält  man  Isodinaphtyl  O10H7 .  C10H7 
to  sehr  geringer  Menge ;  leitet  man  aber  Antimonchlorid 
1  zugleich  mit  durch,  so  greift  dieses  in  den  Kondensations- 
prozefs  ein,  und  aufser  Salzsäure  bilden  sich  nunmehr 
reichliche  Mengen  des  gesuchten  Körpers 

6C10H8  +  3SbCl3  =  Sb2  +  6HC1  +  3(C10H7 .  C10H7). 

(Zinntetrachlorid  leistet  bei  dieser  Reaktion  noch  bessere 
■Dienste,  indem  es  in  Dichlorid  übergeht,  doch  scheinen 
**ch  in  seiner  Gegenwart  immer  zugleich  gechlorte 
Produkte  zu  bilden.  Benzol  lieferte  mit  ihm  in  kurzer 
2eit  sehr  reichlich  Diphenyl.) 

Böttinger  hat  die  Brenztraubensäure  mit  Baryt- 
•Jydrat8  kondensiert.  Er  versetzte  zu  dem  Zwecke  5  Teile 
"renztraubensäure   mit  3  Teilen   krystallisiertem  Hydrat 


1  B.  21.  916  und  22.  370.  -  2  B.  9.  467. 
3  Ann.  172.  241. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  19 


290  Kondensation. 

nebst  so  viel  Wasser,  dafe  das  Gemisch  bei  140°  siedete,1 
und  erhielt  als  Kondensationsprodukte  Brenzweinsänn 
und  Uvinsäure  (s-Methylisophtalsäure). 

Benzotrichlorid  kann  nach  Wittenberg2  zur  Ge- 
winnung von  Resocyanin,3  C21H1806,  durch  Kondensation 
von  Acetessigester  und  Resorcin  dienen,  doch  liefert 
konzentrierte  Schwefelsäure  weit  bessere  Ausbeuten. 

Lorenz4  giebt  an,  dafs  sich  Piperonal  und  alkoholi- 
sches Ammoniak  bei   Gegenwart  von   etwas  BlansilOT 
in  anderer  Weise  kondensieren,  als  ohne    dieselbe.  Jß 
Blausäure  verläuft  die  Reaktion  nach  der  Gleichung 
3(C8H608)  +  2NH8  =  3H.0  +  C24H18N,06, 

und  der  entstandene  Körper  schmilzt  bei  213°.  Ob» 
diese  entsteht  ein  Körper  von  derselben  Summenfonwl 
der  aber  bereits  bei  1 72°  schmilzt  und  sich  auch  sonrt 
abweichend  verhält  (vielleicht  stereochemische  Verschied»- 
heit).  Ob  Blausäure  auch  in  sonstigen  Fällen  in  1* 
sonderer  Weise  kondensierend  zu  wirken  vermag,  ist  nidt 
bekannt. 

Das  Chlorcalcium  wird  für  sich  allein  kaum  d» 
Kondensationsmittel  angewendet,  dagegen  öfters  den 
Chlorzink  zugesetzt  (siehe  dort). 

Das  Chlorkohlenoxyd5  scheint  technisch  als  Kondet- 
sationsmittel  Anwendung  zu  finden. 

Eisessig  kann  zur  Beförderung  der  Kondensat** 
zwischen  Aldehyden  und  Alkoholen  zu  Acetalen  diene* 

C,H40  +  2C2H6OH  =  CH8.CH<g;g»|6  +  HsO, 

wie  Geuther  6  fand,  der  2  Vol.  Aldehyd,  6  Vol.  AlkoJ 
und  1  Vol.  Eisessig  im  Einschlufsrohr  8  Tage  stehen  lirf 
und  dann  12  Stunden  auf  100°  erhitzte. 

Das  Essigsäureanhydrid  ist  ebenfalls  selten  allen 
zur  Verwendung  gekommen;  meist  bedient  man  »d 
seiner  in  Gegenwart  von  Natriumacetat  (siehe  dortf 
Baum7  erhitzte  12  Teile  Anilinchlorhydrat  mit  18  Teil« 


1  Ann.  208.  126.  —  9  J.  pr.  Ch.  134.  67. 

8  ,/.  pr.  Ch.  132.  126.  —  4  B.  14.  791.  —  6  D.  R-P.  <»* 

6  Ann.  126.  65.  —  7  B  R.-P.  27948. 


Kondensation.  291 

gsäureanhydrid  12  Stunden  auf  180—200°.       Dabei 
zieht  sich  die  Reaktion  nach  der  Gleichung 

2C6H6NH,HC1  +  (CHsCO)sO  =  C16H14N,HC1  +  3H20 
b    vorherige  Bildung   von  Acetanilid.     Ein   Teil   des 
^setzten  Essigsäureanhydrids   wirkt  also   als  Konden- 
>nsmittel. 
Flnorbor,  welches  durch  Erhitzen  eines  Gemisches 

konzentrierter  Schwefelsäure  mit  geschmolzener,  ge- 
rerter  Borsäure  und  Fluorcalcium  dargestellt  wird, 
et  sich  nach  Landolph  x  zu  inneren  Kondensationen, 
geht  Kampfer  durch  dasselbe  in  Cymol  über.  (Mit 
ehyden,  Ketonen  und  wohl  auch  Aminen  verbindet 
ich  allerdings  direkt.) 

Kalmmbisulfat  ist  auf  seine  Verwendbarkeit  als 
idensationsmittel  speziell  von  Wallach  und  Wüsten  2 
üft  und  als  sehr  brauchbar  befunden  worden.  Werden 
!.  2  Teile  Benzaldehyd,  5  Teile  Dimethylanilin  und 
%  6  Teile  Kaliumbisulfat  4 — 6  Stunden  in  einem  Kolben 
120 — 150°  im  Paraffinbad  (bei  Wasserbadtemperatur 
rdern    die   Reaktionen    längere  Zeit)    erhitzt,    so  hat 

die  Bildung  der  Leukobase  des  Malachitgrüns  voll- 
dig  vollzogen  und  dieselbe  kann  aus  der  Reaktions- 
äe leicht  in  sehr  reinem  Zustande  erhalten  werden, 
obenzaldehyl  reagiert  ebenso  leicht  wie  das  Bitter- 
delöl. 

Den  Monomethylester  des  Resorcins  erhielten  sie 
*h  lOstündiges  Erhitzen  von  1  Mol.  Resorcin,  1  Mol. 
bylalkohol  nebst  1  Mol.  Bisulfat  auf  180°. 
Böttinger3  kondensierte  mit  seiner  Hülfe  Tannin  mit 
tessigester  und  erhielt  Mono-  und  Ditannacetessig- 
r. 
Auch  für  intramolekulare  Kondensation  ist  das  Bisulfat 

geeignet.  So  erhielt  Erlermeyer4  aus  Glycerin- 
e  durch  Destillation  mit  diesem  Mittel  (unter  Um- 
rung)  reiche  Ausbeute  an  Pyrotraubensäure,  und 
insäure  lieferte  ebenfalls  50 — 60%   der  theoretischen 


1  B.  12.  1579.  —  2  B.  16.  149.  —  3  Ar.  1891.  440. 
4  B.  14.  321. 

19* 


292  Kondensation. 

Menge  an  dieser  Pyrosäure;  danach  geht  deren  Bildung 
bei  Gegenwart  von  Bisulfat  viel  glatter  von  statten,  ab 
bei  der  Destillation  der  Säuren  für  sich. 

Auch  im  grofsen  hat  es  Verwendung  gefunden.1  So 
sollen  21  Teile  Benzaldehyd  mit  58  Teilen  Naphtol  und 
54  Teilen  Kaliumbisulfat,  dessen  Stelle  auch  Natrium-  und 
Ammoniumbisulfat  vertreten  können,  einige  Stunden  wrf 
150°  erhitzt  werden.  Der  überschüssige  Benzaldebyd 
wird,  nachdem  die  Schmelze  in  Alkali  gelöst  ist,  mit 
Wasserdampf  abgeblasen  und  darauf  das  Kondensation* 
produkt  durch  eine  Säure  gefällt.  Nach  den  dort  ge- 
machten Mitteilungen  eignet  es  sich  besonders  für  Kon- 
densation zwischen  Aldehyden  und  sekundären  und 
tertiären  Monaminen,  zwischen  Aldehyden  und  Phenolen, 
sowie  zwischen  Alkoholen  und  Phenolen. 

Knoevenagel2  hat  jetzt  gefunden,  dafe  Benzaldehjd 
mit  Benzylcyanid  wie  durch  Natriumalkoholat  auch  durA 
Kaliumcyanid  zu  a-Phenylzimmtsäurenitril  kondensiert 
wird.  Ebenso  lassen  sich  die  durch  Kondensation  ton 
Mandelnitril  mit  Anilin  und  ähnlichen  Aminen  i& 
gestellten  Amidonitrile  leicht,  ohne  in  Bomben  arbeiten 
zu  müssen,  bei  50 — 60°  darstellen,  wenn  man  Cyankaüm» 
als  Kondensationsmittel  benutzt,  und  zwar  verfahr  * 
z.  B.  so,  dafs  er  1  Mol.  Benzylcyanid  mit  1  Mol.  ManM- 
nitril  bei  Gegenwart  von  Cyankalium  in  alkoholisch* 
Lösung  12—18  Stunden  auf  50—60°  erwärmte,  woraat 
sich  50%  eines  Körpers  ausschieden,  der  sich  als  Dioyanfr 
benzyl  erwies 

/OH  C6H6.CH.CN 

C6H6.CH2.CN  +  C6H5C^-H   =H20+  | 

\CN  C6H6.CH.CN 

Heintz3    hat    wohl    zuerst   genauere   Versuche 
Kondensation  mittelst  Kalilauge  angestellt.   Er  fand,  i 
reines  Aceton  von  diesem  nicht  beeinflufst  wird,  unreines 
dagegen  Polyaceton  liefert. 

Japp  und  Streatfield4  fanden  in  der  Kalilauge  ein 
sehr  viel  bequemeres  Mittel,  als  in  dem  von  ihnen  zneirf 

1  D.  BP.  23775.  —  2  B  25.  295.  —  3  Ann.  169.  117. 
4  B.  IG.  276. 


Kondensation.  293 

verwendeten  Ammoniak,    um    zum  Phenanthroxylenacet- 

©asigester  zu  gelangen.  100  g  fein  gepulvertes  Phenanthren- 

chinon  wurden  mit  90  g  Acetessigester  zusammengebracht, 

dazu  150  ccm  16%iger  Kalilauge  gegeben  und  das  Ganze 

sah. -wach    erwärmt.       Unter     beträchtlicher    Temperatur- 

erlx<3hung  und  Farbumschlag  tritt  die  Reaktion  ein.  Aus- 

bexxte  sehr  gut. 

Fossbk1  kam  mit  alkoholischer  Kalilauge  vom  Isobu- 
yxraldehyl  zum  Diisopropylglycol. 

Sehr  geringe  Mengen  Kalilauge  scheinen,  wie  es 
>öxreits  beim  Ammoniak  beschrieben  ist,  öfters  genügend, 
Kondensation  zu  bewirken.  Als  Vogtherr2  mole- 
.are  Mengen  Amidodimethylanilin  und  Benzil  in 
BtLfeoholischer  Lösung  zusammenbrachte,  trat  keine  Ein- 
'WT.xkung  ein.  Wenige  Tropfen  Kalilauge  bewirkten  aber 
sofort  die  Abscheidung  dunkelroter  Krystalle  in  fast 
quantitativer  Menge.  Es  hatte  sich  der  Körper  C22H20N2O 
gebildet,  also  1  Mol.   Base  an  das  Benzil  angelagert. 

Mit    Kalkmilch    polimerisierte     Low    Formaldehyd 
CH20  zur  Formose  C6H1206  (siehe  Seite  312),  indem  er 
öine  3.5 — 4%ige  Lösung  des  Aldehyds   mit  etwas  über- 
schüssiger Kalkmich    unter    häufigem   Umschütteln    eine 
halbe  Stunde  stehen  liefs  und  dann  filtrirte.     Nach  5  bis 
t     ®  Tagen  ist  die  Reduktionsfähigkeit  der  Flüssigkeit  gegen 
r     '«HiiiNGsche  Lösung  sehr  intensiv  geworden.     Jetzt  wird 
^    Oxalsäure  neutralisiert,   das  eingeengte  Filtrat  läfst 
?®*  Alkoholzusatz   ameisensauren   Kalk   fallen,    und  das 
^trat  von  diesem  scheidet,  zur  Sirupsdicke  eingedampft, 
??*     Zusatz  von   viel  Alkohol  und  Äther   den  durch  die 
^O:*xdensation    entstandenen  Zucker    als  zähe  Masse   ab. 
Tim  vom  tropasauren  Tropin  zum  Atropin  zu  gelangen, 
^er^xichte  Ladenburg3  den  Kieselsäureester  als  Kon- 
de**  Sationsmittel. 

-Mazzara4    erhielt    beim    Umsetzen    eines   Gemenges 
vo*x  Phenol  und  Isobutylalkohol  mit  Magnesiumchlorid 


1  M.  Ch.  4.  664.  —  *  B.  25.  635. 

3  Ann.  217.  78. 

4  B.  15.  1578. 


294  Kondensation. 

Isobutylphenol ,    C6H5 .  OH  +  C4H9 .  OH  =  C6H4 .  C4H9. 
OH  -f  H20. 

Kupfer  vermag  durch  Herausnahme  von  Schwefel 
aus  Verbindungen  den  Zusammentritt  der  Beste  zu  ver- 
anlassen. Man  verwendet  es  in  fein  verteiltem  Zustande; 
wahrscheinlich  wird  sich  das  nach  Gattermann  (Seite  192) 
dargestellte,  nachdem  es  im  Wasserstoff-  oder  Leuchtgas- 
ström  getrocknet  ist,  besonders  brauchbar  erweisen. 

Eis1  erhitzte  z.B.  ein  inniges  Gemenge  von  1  TeilThio- 
/£-Dinaphtylamin  mit  2  Teilen  unmittelbar  vorher  im 
Gasstrom  schwach  geglühten  Kupferpulvers  in  einer  Retorte 
unter  Durchleiten  von  Kohlensäure.  Sehr  bald  tut 
Schwärzung  des  Metalls  ein,  und  schliefslich  destillierte 
/^-Dinaphtylkarbazol  in  einer  Ausbeute  von  etwa  501/« 
über. 

^ioH0 <C  g  ^>C10Ht  +  Cu  =  C10H6 C10H6  -j-  CuS. 

NH 

Es  scheint  noch  nicht  untersucht  zu  sein,  ob  man 
auf  diesem  Wege  die  Reste  von  zwei  verschiedenen  ge- 
schwefelten Verbindungen  aneinanderhängen  kann. 

Natrium  ist  für  manche  Kondensationen  noch  ge- 
eigneter, als  das  so  brauchbare  Natriumäthylat  (siehe 
weiterhin). 

Für  den  vorliegenden  Zweck  zuerst,  und  zwar  fit 
Reaktion  auf  halogenisierte  Körper  hat  es  WüKH! 
verwendet,  indem  er  mit  seiner  Hülfe  vom  Isobutyl- 
Jodid  zum  Diisobutyl  (CH3)2 :  CH .  CH2 .  CH2 .  CH :  (GH* 
kam.  Kalium  vermag  wegen  allzu  heftiger  Einwirkung 
das  Natrium  nicht  zu  vertreten.  Bedeutung  erlangte  diese 
Synthese  aber  erst  durch  Fittig,3  welcher  auf  diesem 
Wege  verschiedene  Reste  aneinanderhängte  und  so  z.B. 
die  Homologen  des  Benzols  aufbaute. 

C6H5  J  +  JCH8  +  Na,  =  C6H6 .  CH8  +  2Na  J. 

Im  allgemeinen  verfährt  man  derart,  dafs  man  die 
beiden  Ausgangsmaterialien  mit  trockenem  Äther,  Benzol, 
Toluol  übergiefst  und  nun  das  l1/« fache  der  berechneten 


1  B.  19.  2243.  —  2  Ann.  96.  365.  —  3  Ann.  149.  342. 


Kondensation.  295 

enge  Natrium  in  sauberen  dünnen  Scheiben  einträgt, 
an  arbeitet  am  Rückflufskühler  und  kühlt  den  Kolben 
ich  während  des  Eintragens.  Wegen  der  Heftigkeit, 
it  der  die  Reaktion  öfters  beim  nachherigen  Anwärmen 
)i  sich  geht,  ist  es  besser,  sie  sich  durch  längeres 
tehen  in  der  Kälte  vollziehen  zu  lassen.  Die  Ausbeuten 
Teichen  dann  50 — 75%  der  theoretisch  möglichen  Menge. 
Würtz1  bediente  sich  auch  des  Natriumamalgams, 
ad  zwar  speziell  zur  Synthese  von  Karbonsäureestern, 
r  erhitzte  z.  B.  90  g  Brombenzol  mit  60  g  Chlorkohlen- 
roreester  und  3,5  kg  l%igen  Amalgams  mehrere  Tage 
ug  am  Rückflufskühler  im  Kochsalzbade  auf  1 10°.  Nach 
Leser  Zeit  gols  er  das  Quecksilber  von  der  festgewordenen 
alzmasse  ab,  extrahierte  diese  mit  Äther  und  erhielt  aus 
esem  durch  fraktionierte  Destillation  nach  der  Gleichung 

CeH6Br + CO  <^'  C*H6  +Na2 = C6H6 .  COO .  C,H6  +  NaBr  +  NaCl 

enzoösäureester. 

Kampferaldehyd2  erhält  man  am  besten,  wenn  man 
atrium  (1  Atom)  zunächst  in  einer  Lösung  von  Kampfer 

Mol.)  in  Toluol  durch  Erwärmen  auflöst  und  dann 
ater  Abkühlung  1  Mol.  Ameisensäureester  zufügt, 
ach  längerem  Stehen  wird  in  Eiswasser  gegossen  und 
&  alkoholische  Lösung,  welche  den  Kampferaldehyd  jetzt 
i  Form  seines  Natriumsalzes  enthält,  von  dem  auf- 
hwimmenden  Toluol  getrennt.  Die  alkalische  Lösung 
ff  salzartigen  Verbindung  wird  mit  Essigsäure  ange- 
aert  und  der  ölig  ausgeschiedene  Aldehyd  mit  Äther 
tfgenommen,  aus  dem  er  krystallisiert. 

,CH,  /C1I—COH 


8"14 


+  CHO .  0C,H5  =  C8H14<  |  +  C2H6OH. 

0  X50 


Wasserfreies  Natriumacetat,  am  besten  aus  dem 
rstallisierten  Salz  durch  Schmelzen  zu  erhalten,  kann 
solches  zu  Kondensationen  Verwendung  finden.  Grabe 
l    Gute3    mischten   10  Teile  Phtalid,    17—20    Teile 


1  Ann.  Suppl  7.  125.  —  *  D.  B.-P.  49165  und  49542. 
3  Ann.  233.  241. 


296  Kondensation. 

Phtalsäureanhydrid  und  5  Teile  unseres  Mittels  und  er- 
hitzten 10  Stunden  auf  260—265°.  Die  Schmelze  hinter- 
liefs  nach  dem  Auskochen  mit  Wasser  und  wenig  Alkohol 
krystallinisches   Diphtalyl   in  einer  Ausbeute  von  55°/o- 

C  A<Jgv>0+  0<gg>H4C6=  C6H4<^c>0  O<^c>H4C6+H,0. 

Ruhemann  *  schmolz  Paratolylessigsäure  mit  k 
IVafachen  Menge  Phtalsäureanhydrid  und  l/bo  Gewichts- 
teil Natriumacetat  in  einem  Kölbchen  zusammen.  Ad 
der  Stärke  der  aus  diesem  entweichenden  Kohlensäuw 
und  des  Wasserdampfes  konnte  er  den  Verlauf  der 
Reaktion  verfolgen :  es  hatte  sich  ^-Xylalphtalid  gebildet, 
C8H403  4-  C9H10O2  =  C16H1202  +  CO,  4-  H20.  Aus«« 
etwa  76%  der  Theorie. 

Gabriels2  Versuche  hinsichtlich  der  Kondensatü» 
zwischen  Phtalsäureanhydrid  und  Acetessigester  mä 
Natriumacetat  ergaben,  dafs  bei  Einwirkung  dieser  Körpei 
aufeinander  sich  sehr  komplizierte  Derivate  bilden. 

Auch  wässerige  Lösungen  von  Natriumacetat  vermöge« 
kondensierend  zu  wirken,  wie  die  ausführlichen  Unter 
suchungen  Liebens3  ergeben  haben. 

Seine  aufserordentliche  Verwendbarkeit  für  tf* 
thetische  Zwecke  wurde  aber  erst  durch  die  PerkinscIh 
Synthese,4  die  in  der  Einwirkung  von  Säureanhydrid® 
auf  Aldehyde  in  Gegenwart  dieses  Salzes  bestellt,  «H 
gemein  bekannt. 

Nach  Perkin  5  erhält  man  Zimmtsäure  beim  Erhittf 
von  Benzaldehyd  (2  Teile),  Natriumacetat  (1  Teil)  M 
Essigsäureanhydrid  (3  Teile).  Nach  Tiemann  und  Bto 
feld6  werden  3  Teile  Benzaldehyd,  3  Teile  gepulvert 
Natriumacetat  und  10  Teile  Essigsäureanhydrid  in  eint 
mit  Luftkühlrohr  versehenen  Kolben  8  Stunden 
Sieden  erhalten.  Aus  der  erkalteten  Masse  scheidet  8 
beim  Digerieren  mit  Wasser  ein  schweres,  allmählich 
werdendes  Ol  aus,  welches  in  Äther  gelöst  wird. 


1  B.  24.  3965.  —  2  B.  17.  1389.  —  3  M.  Ch.  1.  818. 
4  Journ.  of  the  ehem.  soc.  1877.  391.  —  6  Jahresber.  1877, 
6  B.  10.  68.  — 


Kondensation.  297 

Der  ätherischen  Lösung  entzieht  man  durch  Schütteln 
mit  Natriumhisulfitlösung  etwaigen  Benzaldehyd,  mit 
Natriumkarbonatlösung  die  Zimmtsäure.  Beim  Ansäuern 
mit  Salzsäure  fällt  diese  alsdann  aus  der  Lösung  des 
zimmtsauren  Natriums  aus: 

C6H5CH0  +  (CHS.C0)20  =  C6H5CH  :  CH.COOH  +  C2H40r 

Zimmtsäure 

Nach  Fittig  *  verbinden  sich  erst  der  Aldehyd  und 
das  Natriumsalz  und  das  Essigsäureanhydrid  wirkt  dann 
wasserentziehend : 

C6H6CH0  +  CH8 .  COONa  =  C6H6CHOH  .  CH, .  COONa  = 
C6H6CH  :  CH .  COONa  +  H20. 

Kumarin 2  (Kumarsäureanhydrid)  erhält  man  durch 
Kochen  von  Salicylaldehyd  mit  Essigsäureanhydrid  und 
Natriumacetat,  und  so  kann  man  durch  Abänderung  des 
Aldehyds  zu  den  verschiedensten  Säuren  mit  doppelt 
gebundenen  Kohlenstoffatomen  gelangen.  Auch  können 
an  Stelle  des  Anhydrids  und  des  Salzes  Homologe,  wie 
Propionsäureanhydrid  u.  s.  w.,  treten. 

Die  Ausbeuten  der  PERKiNschen  Synthese  pflegen 
zwischen  40  und  50%  zu  betragen,  sinken  aber  be- 
deutend, wenn  die  Ausgangsmaterialien  an  und  für  sich 
zu  Nebenreaktionen  neigen. 

Im  Einschlufsrohr  mufs  man  arbeiten,  wenn  der 
Aldehyd  sehr  flüchtig  ist,  also  z.  B.  Acetaldehyd 3  zur 
Verwendung  gelangt. 

Erwähnt  mag  die  Beobachtung  Plöchls  und  Wol- 
SRüms  werden,  die  äquivalente  Mengen  Hippursäure  und 
Salicylaldehyd4  mit  der  dreifachen  Menge  Essigsäure- 
aahydrid  unter  Zusatz  von  dem  halben  Gewicht  des 
Salicylaldehyds  an  Natriumacetat  im  Wasserbade  erhitzten. 
•tf.  *k  findet  nur  Kondensation  zwischen  Aldehyd  und 
&£•'  j/*PPnrsäure  statt,  ohne  dafs  eine  Spur  von  Zimmtsäure, 
tezw.  Kumarin  entsteht,  deren  Bildung  unter  den  ge- 
hobenen Bedingungen    eigentlich   erwartet  werden  kann; 

l\C  l  B.  14.  1826.  -jÄ8.  1599. 

8  B.  23.  1029.  —  4  B.  18.  1183. 


i 


298  Kondensation. 

diese  einfache  Addition  mufs  danach  in  diesem  Falle 
ungleich  leichter  erfolgen,  als  die  PERKiNsche  Reaktion. 
Edeleano  und  Budistheano1  haben  die  PERKiNsche 
Synthese  mit  der  alten  Beobachtung  von  Bertagnini,*  nach 
der  Acetylchlorid   und  Benzaldehyd  Zimmtsäure  liefern, 

C6H6 . CHO  +  CH8 .  COC1  =  C6H6 .  CH  :  CH .  COOH  +  HCl 
kombiniert  und  gefunden,  dafs  man  zur  Zimmtsäure 
kommt,  wenn  man  1  Mol.  Benzaldehyd,  1  Mol.  Aoetyl- 
chlorid  und  3  Mol.  Natriumacetat  unter  Rückfluß  24 
Stunden  kocht.  Die  Ausbeute  soll  fast  quantitativ  sein. 
Falls  dies  richtig,  veranlafst  vielleicht  das  infolge  der 
Einwirkung  der  beiden  letzten  Reagentien  aufeinander 
sozusagen  in  statu  nascendi  vorhandene  Essigsäureanhydrid 
das  besonders  günstige  Ergebnis. 

Von  Claisen3  rührt  die  Verwendung  des  Natrium-  - 
äthylats  als  Kondensationsmittel  her,  mit  welchem  geraden 
überraschende  Erfolge  erzielt  werden  können. 

Es  ist  zweckmäfsig4  möglichst  frisch  bereitetes  Natrium- 
äthylat  anzuwenden,  welches  gleich  nach  der  Darstellung 
in  einem  heifsen  Eisenmörser  zerstampft  und  rasch  durch 
ein  feines  Sieb  geschlagen  wird.  Das  Natriumäthylit 
läfst  sich  au&er  in  zugeschmolzenen  Glaskolben  schlecht 
aufbewahren,  es  scheint  nicht  nur  Feuchtigkeit,  sonden 
auch  Sauerstoff  zu  absorbieren.  Wie  HkmmelmäYE5 
gezeigt  hat,  bildet  sich  dabei  essigsaures  Natrium. 

Zur    Darstellung   des    alkohol- 
freien (bei  200°  im  Wasserstoffistrom 
Ä       "^c:::^::^^  getrockneten)  Produktes  sind,  falb 

es  sich  um  gröfsere  Mengen  handelt, 
Glasge fasse  wenig  geeignet,  da  sie 
häufig  springen  und  auch  kein 
gleichmäfsiges  Erhitzen  der  nach 
dem  Abdestillieren  des  Alkohols 
hinterbleibenden  porösen  und  die 
Wärme  schlecht  leitenden  Mas» 
gestatten.  Claisen  bediente  sich 
Fig.  40.  ^t  Vorteil   eines  Kupfercyliudew 


1  B.  Pur.  3.  3.  191.  —  2  Ann.  100.  126.  —  8  Ä  20.  655. 
4  B.  22.  1010.  —  6  M.  Ch.  12.  115. 


Kondensation.  299 

m  der  hier  skizzierten  Form,  welcher  einige  Liter  fafst, 
ein  entsprechend  geformtes  Ölbad  eingesenkt  und  darin 
Litzt  wird.  Derselbe  kann  durch  Asbestzwischenlage 
ld  Schrauben  mit  einem  Deckel  B  verbunden  werden, 
i  welchem  einerseits  ein  Rohr  zum  Eingiefsen  der 
atriumäthylatlösung  und  nachherigen  Überleiten  des 
Wasserstoffes,  andererseits  ein  Abzugsrohr  für  den  ab- 
aetillierenden  Alkohol  angelötet  ist.  Das  Auflösen  des 
atriums  geschieht  in  einem  zweiten  Apparate,  einem 
it  Rückflufskühler  versehenen  Kolben,  in  welchen  auch 
»  aus  dem  Kupferapparate  abdestillierende  Alkohol 
amer  wieder  zurückgegossen  und  zur  Auflösung  neuen 
atriums  verwandt  wird.  Diese  letztere  Lösung  wird 
ieder  in  den  Kupferapparat  gegeben  u.  s.  w.,  bis  er 
inz  mit  trockenem  Natriumäthylat  gefüllt  ist.  Auf 
Lesern  Wege  kann  man  unter  Anwendung  von  verhältnis- 
ifiMg  wenig  Alkohol  in  wenigen  Tagen  mehrere  Kilo 
ae  alkoholfreien  Produktes  gewinnen. 

Kleine  Mengen  davon  wird  man  jetzt  vielleicht  besser 
ach  dem  neuerdings  von  Brühl  und  Biltz  x  angegebenen 
erfahren  bereiten.  Man  löst  nach  ihnen  den  Alkohol 
Äethyl-  oder  Äthylalkohol)  in  Toluol  oder  Xylol,  fügt  all- 
mählich die  theoretische  Menge  Natrium  zu  und  erhitzt 
Ol  Rückflufskühler,  der  mit  einem  Natronkalkrohr  ver- 
gossen ist,  im  Ölbade.  Da  die  Alkoholate  in  den 
fonzol kohlen  Wasserstoffen  unlöslich  sind,  findet  eine  erst 
eim  Schütteln  abfallende  Umhüllung  der  Metallkugeln 
lit  ihnen  und  infolgedessen  eine  nur  langsame  Auf- 
ehrung  dieser  statt,  so  daJs  das  Erhitzen  lange  fortgesetzt 
werden  muis.  Schliefslich  erhält  man  aber  die  alkohol- 
reien  Natriumverbindungen  als  schneeweifse  gelatinöse 
lassen,  die  im  ursprünglichen  Verdünnungsmittel  suspen- 
ierfc  sind. 

Claisen  kondensierte  mit  dem  Mittel  Säureester  mit 
letonen  z.  B.  und  erhielt  nach  der  Gleichung2 

H5.COOC,H6+CH8.  CO . C6H5=C6H6C0  .  CH,.CO  .  C6H6+C,H60H 
8  Benzoeester  und  Acetophenon  Dibenzoylmethan.    Zu 

1  B.  24.  649.  —  2  B.  20.  655. 


«JtiX  T       V^  *      V*     V/ JUl  %*  IA,  i-I.  g^  tah  VAXVi^it-UVJJlVi-li  AAWW   1/AAVJJlVAAlJ  I  %W^/WV**v 

Auf  diesem  Wege  gelang  es  ihm  auch,  Nitrosoke 
aus  Gemischen  von  Ketonen  mit  Salpetrigsäureei 
darzustellen.  Alkoholfreies  Natriumäthylat  ißt  in  di 
Falle  nicht  einmal  erforderlich.  Löst  man  NatriuD 
20  fachen  Gewicht  Alkohol,  fügt  hierzu  unter  guter 
kühlung  Acetophenon  und  darauf  Amylnitrit,  und 
diese  Mischung  in  gut  verschlossenen  Gefäfsen  bei : 
niedriger  Temperatur  stehen,  so  ist  sie  nach  12 — 24Stu 
zu  einem  Brei  des  rotbraunen  Natriumsalzes  des  Nil 
acetophenons  erstarrt; 

C6H6 .  CO .  CHs  +  C2HBONa  +  C5HuO .  NO  = 
06H6 .  CO .  CH :  N .  ONa  +  CaHBOH  +  C6HnOH. 

aus  dem  durch  Säurezugabe  das  freie  Keton  abgesch 
wird. 

Benzoylaceton,1  C6H5 .  CO .  CH2 .  CO .  CH8,  also 
falls  ein  Doppelketon,  erhält  man  in  der  Weise,  dais 
alkoholfreies  Natriumäthylat  (1  Mol.)  mit  überschüs 
Essigester  (etwa  2  Mol.)  übergiefst,  und  der  mil 
gekühlten  Mischung  das  Acetophenon  (1  Mol.)  zi 
Die  Mischung  verflüssigt  sich  zuerst  und  erstarrt  dai 
einem  Brei  von  Benzoylacetonnatrium.  Die  Ausbei] 
Benzoylaceton  beträgt  80 — 90%  vom  Gewicht  de 
gewandten  Acetophenons.     In  gleicher  Weise  erhall 

^i«%4"S\-m         1/   AnnrAvi/iiiv\Ai       rl  rtn        Av\rnwnAAr\Av\nA%t  A  waaia%\aiw»¥ia 


Kondensation.  301 

*•  nach  12  Stunden  eine  reichliche  Menge  des  Natrium - 
£«8  des  Benzoylbrenztraubensäureesters  abgesetzt: 

C6H6 .  CO .  CHS  +  C,H50 .  CO .  CO .  OC2Hß  = 
C6H6 .  CO .  CH2 .  CO .  CO .  OC,H6  +  C,H60H. 

Ausbeute  78%  der  Theorie. 

Zu  der  auf  anderem  Wege  nicht  darstellbaren  Ver- 
idung  des  Benzoylaldehyds  C6H5 .  CO .  CH2 .  COH  kam 

als  er  Natrium  (1  Atom)  in  der  20  fachen  Menge 
kohol  löste,  und  unter  Eiskühlung  Acetnphenon  (1  Mol.) 
d  Ameisensäureester  (1  Mol.)  zugab.  Nach  2  —  3  Tagen 
leidet  sich  das  Natriumsalz  des  Benzoylaldehyds  ab. 
isbeute  sehr  gut. 

Die  vorzüglichen  Ergebnisse  des  Verfahrens  haben 
oh  zur  Verwendung  der  B,eaktion  im  grofsen  geführt,1 
d  dient  die  Methode  dort  zur  Darstellung  von  Keton- 
lreestern  und  Ketoketonen  durch  Einwirkung  zweier 
tireester  aufeinander  oder  von  Säureestera  auf  Ketone 

Gegenwart  von  Natriumalkylaten. 

V.  Meyer2  vermengte  reines  Benzylcyanid  mit  Bitter- 
indelöl  und  Natriumäthylat.  Die  Mischung  erhitzte 
>h  und  erstarrte  nach  kurzer  Zeit  zu  einem  Krystallbrei 
n  Benzalbenzylcyanid  (a-Phenylzimmetsäurenitril)  nach 
r  Gleichung 

^6^5        C6Hß  C6H5    C6H5 


+      |  =H80+|  | 

CHO    H2C.CN  CH:C.CN 

Die  kondensierende  Wirkung   selbst  stark  verdünnter 

atronlauge  ist  zuerst   von  Schmidt3  beobachtet,    von 

jaisen  4  genau  untersucht  worden.  Sie  erfolgt  glatt  unter 

asseraustritt;    so    liefern    Furfurol,    Aceton    und    ver- 

nnte  Natronlauge  Monofurfurylidenaceton 

C4H3.CH0  +  H8C.CO.CH8  =  C4HS.CH  :  CH.CO.CH8  +  H20. 

Nach  Geigy  und  Königs5  kann  man  theoretische 
tsbeuten  erzielen,  wenn  man  die  Stärke  der  Lauge 
:send  wählt.  Auch  kann  es  angebracht  sein,  das 
aktionsgemisch  zum  Sieden  zu  erhitzen. 


1  Z>.  B.-P.  40747.  —  *  Ann.  250.  124.  —  3  B.  14.  1459. 
4  14.  2468.  —  6  B.  18.  2406. 


302  Kondensation. 

Als  Fischer1  durch  Oxydation  von  Glycerin  oi 
Brom  und  Soda  eine  Flüssigkeit  erhalten  hatte,  wekto 
Grlycerinaldehyii  und  wohl  auch  das  isomere  Dioxy 
aceton  (Glycerinketon)  enthält,  synthetisierte2  er  dieses 
einem  Zucker,  indem  er  sie  in  einer  Flüssigkeit,  dem 
Gehalt  an  freiem  Alkali  auf  1%  gebracht  wurde,  bri  ( 
4  bis  5  Tage  stehen  liefs. 

CH2.OH.CH.OH.CHO  +  CH,.OH.CO.CH,.OH  = 

Glycerinaldehyd  Glycerinketon 

CH2.OH.CH.OH.CH.OH.CH.OH.CO.CHaOH 

ct-Akrose 

Einhnorn  und  Diehl8  ließen  zu  einer  Mischung  v 
10  Teilen  Zimmetaldehyd  mit  6  Teilen  Aceton  tropfenwe: 
10°/0igö  Natronlauge  fliefsen.  Die  alkalische  Beakti 
verschwindet  hierbei  anfangs  regelmäfsig  unter  Erwärmi 
Da  es  vorteilhaft  ist  die  Einwirkung  etwas  zu  milde 
taucht  man  das  Gefefs  in  kaltes  Wasser  und  fährt  da 
mit  dem  Zusatz  der  Natronlauge  fort,  bis  die  alkalise 
Reaktion  dauernd  bestehen  bleibt.  12  Stunden  spÄ 
giefst  man  das  Reaktionsgemisch  in  Wasser,  wonach  ( 
Masse  in  kurzer  Zeit  krystallinisch  erstarrt.  Das  Prodn 
setzt  sich  aus  zwei  Körpern  zusammen,  deren  Trenntf 
durch  mehrmalige  Krystallisation  aus  absolutem  Alkol 
gelingt.     Es  bilden  sich 

Cinnamenylvinylmethylketon : 

C6H6.CH :  CH.CH:  CH.CO.CH, 
und  Dicinnamenylvinylketon: 

C6H6.CH:  CH.CH:  CH.CO.CH  :  CH.CH :  CH.C6H6. 

Einhorn  und  Gehrenbeck4  lösten  5  g  jj-Nitrobei 
aldehyd  in  der  Siedehitze  in  80  g  absolutem  Alkoh 
gaben  15  ccm  Wasser  zu  und  kühlten  ab,  bis  sich  i 
Flüssigkeit  trübte.  Nach  nunmehriger  Zugabe  von  1( 
Aceton  lielsen  sie  2%ige  Natronlauge  so  lange  zutropf 
bis  die  alkalische  Reaktion  5  Minuten  bestehen  Mi 
Auf  die  Art  kamen  sie  zu  den  den  vorhergehenden  • 
sprechenden  Produkten. 

Feiedländer5  fand,  dafs  seine  Methode  der  Chine 


1  B.  20.  3386.  —  2  JB.  23.  E.  13.  —  8  B.  18.  2320.  — 
4  Ann.  253.  353.  —  5  B.  15.  2574. 


Kondensation.  303 

«*inntmg,  die  darauf  beruht,  dafs  er  eine  wässerige  ver- 
xuite  Lösung  von  Orthoamidobenzaldehyd  mit  wenig 
Betaldehyd  und  ein  paar  Tropfen  Natronlauge  versetzt 
id  hernach  das  gebildete  Chinolin  durch  Übersättigen 
it  Alkali  frei  macht,  von  fast  allgemeiner  Anwendbarkeit 
;,*  um  zu  im  Pyridinkern  substituierten  Chinolinderi- 
ten  zu  kommen: 

CH  CH    CH 

ch/\coh      CIL.B      ch/X/Vj.b 


CH 


+    1  =|!  +  2H,0. 

^/CNH2      CO.A         CH^^yC.A 


CH  beliebig  substitu-  CH     N 

Amidobenzaldehyd  ierterAcetaldehyd  Chinolinderivat 

Als  solchen  substituierten  Aldehyd  kann  man  z.  B. 
q  Acetessigester  auffassen,  wenn  man  ihn 

CHj .  C02C2a5 

I 
CO.CH8 

breibt,  uud  versetzt  man  in  der  That  eine  wässerige 
teung  von  Orthoamidobenzaldehyd  mit  einer  alkalischen 
Ssung  von  Acetessigester,  so  scheiden  sich  schon  nach 
trzer  Zeit  Krystalle  von  a-Methylchinolin-ytf-karbonsäure- 
hylester  aus. 

V.  Meyer2  kondensierte  Benzylcyanid  mit  Jodmethyl, 
Lchdem  Natriumäthylat  schlechte  Aubeuten  gegeben 
itte,  durch  Anwendung  von  festem  Ätznatron.  Äqui- 
ilente  Mengen  von  Benzylcyanid  und  festem  Ätznatron, 
elches  unmittelbar  vorher  geschmolzen  und  in  einem 
rilsem  Mörser  mit  heifsem  Pistill  gepulvert  war,  wurden 
it  Jodmethyl  versetzt  und  gelinde  erwärmt,  unter 
ufsieden  tritt  Reaktion  ein,  welche  durch  kurze  Er- 
Innung auf  dem  Wasserbade  vollendet  wird.  Im 
»aktionsgemisch  findet  sich  neben  unverändertem  Benzyl- 
inid  das  homologe  Methylbenzylcyanid. 

Oxalsäure  im  entwässerten  Zustande  haben  für 
n  den sationsz wecke  zuerst  Girabd  und  de  Laire3  ver- 
ldet,  indem  sie  mit  ihrer  Hülfe  zum  Diphenylamin- 
i     aus    Diphenylamin    kamen.     Bei   dieser    Reaktion 


1  B.  16.  1833.  —  *  JB.  17.  1078.  —  3  J.  B.  1867.  963. 


304  Kondensation. 

speziell  tritt  allerdings  zugleich  Zerfall  der  Säure  ei 
Die  trockene  Oxalsäure  diente  auch  Anschütz1  z 
Gewinnung  von  Tetramethyldiamidotriphenylmetha 
indem  er  eine  Lösung  von  5  g  Benzaldehyd  in  11.5 
Dimethylanilin ,  der  7.5  g  entwässerte  gepulverte  Oa 
säure  zugesetzt  wurden,  2  Stunden  auf  110°  unfa 
beständigem  Rühren  erhitzte.  Die  Ausbeute  ist  & 
quantitativ. 

2C8H6.N<cH;  +  OHC.C6H6=    '^XX^  N<|W 

Dimethylanilin  Benzaldehyd  Tetramethyldiamidotriphenylmetktt 

Fischer2  hat  dann  mitgeteilt,  dafe  es  eine  d« 
Technikern  seit  Entdeckung  des  Malachitgrüns,  dem  Osf 
dationsprodukt  des  Tetramethyldiamidotriphenilmeita 
bekannte  Thatsache  ist,  dafs  so  elegant  die  Kondensat» 
des  Benzaldehyds  und  Dimethylanilins  mittelst  ChloBÜ 
(siehe  weiterhin)  verläuft,  der  Prozefs  mit  DiäthylaniBi 
bei  Anwendung  dieses  Mittels  bei  weitem  nicht  so  gW 
ist;  ja,  es  ist  sogar  schwierig,  das  TetraäthylihamMfr 
triphenylmethan,  wenn  bei  seiner  Gewinnung  ChlorzinkÄ 
Verwendung  kommt,  überhaupt  krystallisiert  zu  erhalt» 
Zur  Herstellung  der  Malachitgrün leukobase  hatte  dm> 
ebenfalls  seit  langem  andere  Kondensationsmittel  ftf 
wendet,  und  die  von  Anschütz  zuerst  im  Laboratoriö 
benutzte  Oxalsäure  war  für  diesen  Zweck  schon  seit  Jahi* 
im  Grofsbetrieb  (der  ja  vieles  geheim  hält)  eingeführt 
Substitutionen  im  Benzolkern  sind  der  Kondensat« 
mit  diesem  Agens  nicht  hinderlich.  So  liefert  meto 
stündiges  Erwärmen  eines  Gemenges  von  1  Teil  ö-Nita 
benzaldehyd  mit  3 — 4  Teilen  Diäthylanilin  nebst  V/t  Teil« 
Oxalsäure  auf  dem  Wasserbade  reichliche  Ausbeute « 
o-Nitrophenyltetraäthylparaamidodiphenylmethan. 

7  g  Resorcin3,  5  g  Phtalsäureanhydrid  und  3.5  g  0» 
säure  gaben  nach  lOstündigem  Erhitzen  2.3  g  Pluoresceil 


1  B.  17.  1078.  —  «  B.  17.  1893.  —  3  B.  17.  1079. 


Kondensation.  305 

Kaeswurm  l  kondensierte  auf  dieselbe  Art  Parachlor- 
izaldehyd  mit  Diäthylanilin,  und  ebenso  Paranitro- 
lzaldehyd.  Bei  letzterem  verlief  die  Reaktion  besonders 
itt   und  wird  fast   die   theoretische  Ausbeute   an   dem 

erwartenden  Tetraäthyldiamidodiphenylparanitrophenyl- 
»fhan  erhalten: 

»H<<OT&  +  2C9H6N(C,H6),  =  C J^^CAgrOÄJ,  +  H  0 

Nencki2  erhält  die  Leukobase  des  Malachitgrüns  so, 
fe  er  40  g  Benzaldehyd  und  100  g  Dimethylanilin  mit 
>  g  93%igem  Alkohol  in  einem  Kolben  von  2  1  Inhalt, 
r  mit  einem  Rückflufskühler  verbunden  ist,  erwärmt, 
urch  eine  zweite  Durchbohrung  des  Stopfens  führt  ein 
Aeidetrichter,  aus  dem  langsam  65  g  Phosphoroxy- 
ilorid  zu  der  erwärmten  Lösung  fliefsen.  Nachdem 
88en  Zugabe  beendigt  ist,  erwärmt  man  noch  eine  halbe 
unde,  dann  wird  die  so  erhaltene  Flüssigkeit  in  warmem 
'asser  gelöst  und  filtriert.  Nach  Zusatz  der  nötigen 
enge  Alkali  fällt  das  Leukomalachitgrün  als  bald  kry- 
iUinisch  werdendes  Ol  in  fast  theoretischer  Menge  aus. 

Im  grofsen  verfährt  man  folgendermafsen  :3  Eine 
ischung  von  20  Teilen  Benzanilid  z.  B.  und  40  Teilen 
imethylanilin  wird  mit  20  Teilen  Phosphoroxychlorid 
»reetzt  und  unter  stetem  Umrühren  langsam  auf  Wasserbad- 
mperatur  erwärmt.  Sobald  sich  dabei  durch  rascheres 
»igen  des  Thermometers  Selbsterwärmung  zu  erkennen 
ebt,  wird  die  Wärmezufuhr  unterbrochen,  eventuell 
kühlt,  überhaupt  der  Gang  so  geleitet,  dafs  das  Thermo- 
3ter  während  der  Reaktion  nicht  über  120°  steigt. 

Beginnt  die  Selbsterwärmung  nachzulassen,  so  erhitzt 
n  wiederum  1  bis  2  Stunden  auf  dem  Wasserbade. 
b  Masse  hat  nach  dieser  Zeit  Sirupkonsistenz  und 
hält  das  Kondensationsprodukt. 

Nach  Friedländer4  ist  der  Verlauf  der  Reaktion 
,    dals   sich  durch  die  Kondensation   des    intermediär 


1  JB.  19.  744.  —  *  M.  Ch.  9.  1148. 

3  2>.  B.P.  41751,  siehe  auch  D.  R.P.  27789. 

*  Farbenfdbrikation  47. 

»aasar-Cohn,  Arbeitsmethoden,    2.  Aufl.  20 


I 


306  Kondensation. 


entstehenden  Benzanilidchlorids  und  der  tertiären  B» 
Imidoderivate    monosubstitnierter   Benzophenone  \Mm\ 

Auch  für  innere  Kondensationen  ist  es  verwendbar.1 

Die  stark  wasserentziehende  Kraft  des  Phosphoninn- 
anhydrids  läfst  in  diesem  mit  Recht  ein  brauchbar 
Kondensationsmittel  vermuten.  Versetzt  man  nachKottt 
kits  und  Merz  2  eine  Mischung  von  Benzoesäure  nol 
Benzol  mit  Phosphorsäureanhydrid,  so  erhält  man,  w 
erwartet,  Diphenylketon: 

C6H6  +  C6H5C00H  =  C6H6 .  CO .  C6H6  +  H,0, 

und  ebenso  verhalten  sich  die  Sulfosäuren.  Erhitzt  m 
z.  B.  nach  Michael  und  Adair8  p-Toluolsulfosäure  nä 
Benzol  und  Phosphorsäureanhydrid  im  Einschlufirob 
auf  150 — 170°,  so  kommt  man  in  allerdings  nicht  seh 
befriedigender  Ausbeute  nach  der  Gleichung 

C6H4 .  CH8 .  SO,OH  +  C6H6  =  C6H4 .  CH8 .  SO, .  C6H5  +  Hf0 
zum  Phenyltolylsulfon. 

Übergiefst  man  nach  Hemiltan4  P205  mit  einer  Lö80| 
von  Benzhydrol  in  reinem  Benzol  und  erhitzt  to 
Gemisch  4  Stunden  im  Einschluisrohr  (Kochen  am  Bfli 
flufskühler  liefert  schlechte  Ausbeute),  wäscht  aus  da 
Reaktionsgemisch  die  Phosphorsäure  aus  und  destilKfl 
so  erhält  man  ca.  50%  vom  angewandten  Benzhydn 
an  Triphenylmethan: 

£«58>CH.  OH  +  C6H6=cX^CH  +  HtO. 


CAH 


6XX6 


CftHR/ 


'e^B 


Als  er  an  Stelle  des  Benzhydrols  Pluorenalkoho 
nahm,  kam  er  zum  Diphenylenphenylmethan: 

JJScHOH  +  C6H6=^4\cH .  C6H6  +  H,0. 

Die  Phosphorsäure  ist  auch  für  intramolekulare  Was 
entziehung  verwendbar.  So  führt  sie  ja  die  Amide 
Nitrile  über 

R.CO.NH,  =  R.CN  +  H,0, 

1  JB.  20.  2863.  —  2  JB.  6.  537.  —  8  JB.  11.  116. 
4  JB.  7.  1204    —  6  JB.  11.  202. 


Kondensation.  307 

orr1    erhielt  mit  ihr    aus   dem  Diacetbernstein- 
p  den  Karbopyrotritarsäureester,  in  welchem  eine 
ge  Bindung  der  Atome  statthat,    da  die  Unter- 
gezeigt  hat,    dafs  die  Säure  Dimethylfurfuran- 
jäure  ist.  Die  Phosphorsäure  war  als  konzentrierte 
5ur  Verwendung  gekommen. 
Prankland  und  Düppa  2  wurde  bereits  gefunden, 
Phosphortrichlorid    sich  für   intramolekulare 
ltziehung  eignet.    Semljanitzin  und  Saytzeff8 
2    Mol.    PC13    in    eine    Retorte,     gaben    all- 
3  Mol.  ytf-Oxyisobutylameisensäureäthylester   zu 
ärmten    auf    dem    Wasserbade  bis    zum    Auf- 
3r    Salzsäureentwickelung.      Nach   Zugabe    von 
3hwamm  der  entstandene  Dimethylakrylsäureester 
Schicht  oben  auf: 

:  COH .  Cflj .  COOH  =  (CH8)2 :  C  :  CH .  COOH  +  H80. 
in  der  Technik4  wird  es  verwendet.  So  werden 
)  fein  gepulvertes  und  trockenes  Tetramethyl- 
enzophenon  in  20  Teilen  Dimethylanilin  heife 
ad  in  die  kalt  gerührte  Mischung  6  Teile 
chlorür  eingetragen.  Sofort  tritt  Reaktion  ein. 
lung  wird  blau  und  dünnflüssig.  Nach  kurzer  Zeit 
>ine  schnell  fortschreitende  Krystallisation  in  der 
ad  unter  lebhafter  Wärmeentwickelung,  die  durch 
Qg  zu  mäisigen  ist,  erstarrt  das  Ganze.  Wird 
>hrstündigem  Stehen  das  Produkt  in  heifsem 
gelöst,  mit  Natronlauge  schwach  übersättigt  und 
schüssige  Dimethylanilin  im  Wasserdampfstrom 
ert,  so  findet  sich  die  Farbbase  nunmehr  im 
de. 

alzsäure,  das  für  Esterbildung  am  meisten  ver- 
Kondensations mittel,  ist  als  wasserentziehendes 
ir  sonstige  Zwecke  wohl  zuerst  von  Chiozza 
>  1856  erfolgreich  gebraucht  worden.  Er  leitete 
itischung  von  Aldehyd  und  Benzaldehyd  Chlor- 
ffsäure  bis  zur  Sättigung,  beobachtete  die  Trübung 

.7.  2863.  —  2  Ann.  136.  16.  —  8  Ann.  197.  73.  — 
B.  P.  27  789. 

20* 


308  Kondensation. 

der  Flüssigkeit  durch  Abscheidung  von  Wassertröpfcba 
und  konnte  den  gebildeten  Zimmtaldehyd  gewinnen: 

C6HB.CHO  +  CH8.CH0  =  C6H6.CH  :  CH.CHO  +H,0, 
eine  Kondensationsmethode,   welche  noch  heute  vielfach 
in  dieser  Form  verwendet  wird. 

Will  man  die  Menge  des  abgeschiedenen  Wassea 
bestimmen,  welches  schliefslich  nach  längerem  Stehen 
sich  auf  den  Flüssigkeiten  abzusetzen  pflegt,  so  füllt  m 
das  betreffende  Gemisch  in  eine  Bürette. 

Claisen1  kam  zum  Acetäthylidenessigester 

CH8.CHO +CH8.CO.CHa.COO.C,H5  =  £**»  ^ >C .  COO .  Cft+W 

als  er  in  ein  mit  einer  Kältemischung  gekühltes  Gemenp 
von  1  Teil  Aldehyd  und  3  Teilen  Acetessigester  sab- 
saures  Gas  bis  zur  Sättigung  einleitete.  Die  Gewichts- 
zunähme  betrug  schliefslich  43%.  Nach  24  Stunden  gofc 
er  die  Flüssigkeit  auf  Eiswasser.  Das  abgeschieden! 
Ol  wurde  noch  einige  Male  mit  Wasser  dann  mit  Sodfr 
lösung  gewaschen  und  schliefslich  durch  Chlorcalotai 
entwässert.  Bei  der  Destillation  entweicht  erst  viel  durch 
Addition  festgehaltene  Salzsäure;  hernach  erhält  fflö 
70—80%  des  bei  210°  siedenden  Kondensationsprodukt» 
Auch  die  BEYERsche2  Synthese  alkylierter  Chinoliw 
beruht  auf  der  Kondensation  primärer  aromatischer  Amin* 
mit  ungesättigten  Ketonen  oder  mit  Gemischen  vos 
Ketonen  und  Aldehyden  .  mittelst  Salzsäure.  Das  <rf 
Dimethylchinolin, 3  speziell 

CH  C.CH, 

HC/S9/N1CH 


HC\/r\/C-CH3' 

CH  N 
erhielt  er  nach  folgendem  Verfahren:  In  das  der  Gleichi»! 

CH8.CHO  +  CH8.CO.CH3  =  CH8.CH:CH.CO.CH8+Hj0 
entsprechende    Gemisch    von     Paraldehyd    und    Aeetxw 

(von   letzterem  wird  ein   kleiner  ÜberschuJs    angewan» 

leitete  er  trockenes  Salzsäuregas  unter  Abkühlen  bis  & 

1  Ann.  218.  172.  —  *  JB.  20.  1767.  —  •  J.  pr.  Ch.  141.  tf 


Kondensation.  309 

ägung  ein  und  liefe  das  Gemisch  einen  oder  zwei 
;e  stehen.  Alsdann  gofs  er  es  allmählich  zu  einer 
rang  von  Anilin  in  dem  doppelten  Gewicht  kon- 
tierter Salzsäure.  Das  Gewicht  des  Anilins  wählt  man 
dafs  im  Verhältnis  zur  Gleichung  (siehe  weiterhin) 
mausiger  Überschufs  des  Aldehyd-Acetongemisches 
banden  ist.  Alsdann  erwärmt  man  das  Gemenge 
hrere  Stunden  auf  dem  Wasserbade.  Gewöhnlich 
ndte  Beyer  120  g  Paraldehyd  auf  200  g  Aceton, 
)  g  Anilin  und  400  g  konzentrierte  Salzsäure  an.  Die 
isbeute  an  Base  ist  eine  gute.  Man  erhält  sie  wohl 
jh  der  Gleichung 
g .  CHO  +  CH8 .  CO  .  CH8  +  CaH6NH2  =  CnHuN  +  2H,0  +  2H. 

Zu  ihrer  Abscheidung  destilliert  man  erst  im  Dampf- 
om  zur  Entfernung  fremder  flüchtiger  Produkte, 
erauf  werden  nach  Zugabe  von  Natronlauge  bis  zur 
malischen  Reaktion  in  gleicher  Weise  die  basischen 
odukte  übergetrieben.  Die  Basen  löst  man  in  Alkohol, 
d  nach  Zugabe  von  alkoholischer  Pikrinsäurelösung 
lt  nunmehr  pikrinsaures  Dimethylchinolin  aus,  welches 
t  Alkohol  gewaschen  wird.  Indem  man  es  durch  Natron- 
ige zerlegt  und  wiederum  die  freie  Base  mit  Wasser- 
mpf  übertreibt,  erhält  man  letztere  in  reinem  Zustande. 

Doebner  und  Miller1  fanden,  dafs,   wenn   man  ein 

»misch  von  l1/*  Teilen  Paraldehyd,  1  Teil  Anilin  und 

Teilen  roher  Salzsäure  auf  dem  Wasserbade   erwärmt, 

m  in  entsprechender  Weise  zu  Chinolinderivaten  kommt, 

d  die  Chinaldinbildung   schon   nach    einigen  Stunden 

Qendet  ist: 

CH  CH 

C6H7N  +  2CA0  =  S^T^O'.CT,  +  2H*°  +H*- 

Anilin  Aldehyd  \/C\r 

CH     N 

Ghinaldin 

Der  nach  der  Gleichung  in  statu  nascendi  vorhandene 
asserstoff  wirkt  sofort  hydrierend  auf  einen  Teil  des 
ünaldins. 


1  B.  16   2465 


310  Kondensation. 

Auch  eine  der  Darstellungen  des  Schlafmittels  Sulfonal 
beruht  auf  der  Kondensation  von  Aceton  und  Merkaptu 
mittelst  Salzsäure  zu  Mercaptol,  das  bei  der  Oxydation 
Sulfonal  liefert. 

Hat  man  feste  Körper  mit  Salzsäure  zu  kondensieren, 
so  löst  man  sie  etwa  in  Alkohol,  falls  er  ohne  Wirbmj 
bei  der  Reaktion,  oder  besser  in  Eisessig.  Eis  ist  nifib 
immer  nötig,  salzsaures  Gas  einzuleiten,  häufig  genig 
auch  schon  der  Zusatz  weniger  Tropfen  wässeriger  Stow 

Claisen  *  löste  z.  B.  7  Teile  ^-Naphtol  und  3  Teil 
Paraldehyd  in  15  Teilen  Eisessig,  fügte  ein  Teil  rauchen 
der  Salzsäure  zu  und  erwärmte  auf  dem  Wasserbai 
Nach  wenigen  Minuten  scheidet  sich  ein  Ol  ab,  welche 
bald  zu  Krystallen  von  Äthylidenglykol-/8-dinaphtyläthfl 
erstarrt: 

2C10H7 .  OH  +  CH8 .  CHO  =  £10g  7q>  HC .  CHS  +  H,0. 

Caro  2  fand,  dafs  die  Hexaoxydiphenylmethandicarboi 
säure  auffallend  leicht  erhalten  wird,  wenn  man  2  Mo. 
Gallussäure  (Trioxybenzoesäure)  und  1  Mol.  Formaldehy 
mit  der  15  fachen  Menge  verdünnter  Salzsäure  (l:f 
auf  dem  Wasserbade  kocht,  bis  sie  sich  als  weiises  Pu1t€ 
abgeschieden  hat. 

2C6H2(OH)8COOH  +  CH20  =  H20  +  CH1<g«g;<gg|;  JJJJ 

Auch  in  der  Pyrrolreihe  vollziehen  sich  diese  Kw 
densationen.  So  teilt  Babyer  3  mit,  dafs,  wenn  man  eine 
Teil  Pyrrol  in  10  Teilen  reinem  Aceton  löst  und  eine 
Tropfen  Salzsäure  zufügt,  die  Flüssigkeit  sich  färbt  nn 
nach  einigen  Minuten  ins  Sieden  kommt.  Kühlt  ml 
jetzt  rasch  ab,  so  scheiden  sich  bald  nach  der  Gleiche 

2C3H60  +  2C4H6N  =  C14HieN,  +  2H20  +  H, 

Krystalle  des  Körpers  C14H16N2  ab. 

Nach  Dianin4  kondensieren  sich  die  Ketone  < 
JFettreihe  in  Gegenwart  von  rauchender  Salzsäure  lei 
mit  Phenol  unter  Bildung  von    zweiatomigen    Phenol 

1  Ann.  237.  271.  —  -  B.  25.  946.  —  8  JB.  19.  2184. 
4  B.  25  R.  334. 


Kondensation .  311 

linstigste  Temperatur  für  diese  Reaktion  liegt  zwischen 
50°.  Je  gröfser  die  Menge  der  zugesetzten  Salz- 
,  und  je  geringer  das  Molekulargewicht  des  an- 
adten  Ketons  ist,  desto  rascher  verläuft  die  Konden- 
i,  doch  darf  der  Säurezusatz  ein  gewisses  Maximum 

übersteigen.  Als  geeignetster  Weg  zur  Darstellung 
Dimethylparadiphenolmethans  erwies  es  sich  ein 
isch  von  220  g  Aceton,  1600  g  Phenol  und  1800ccm 
sig  mit    600  ccm    rauchender  Salzsäure  (spez.  Gew. 

zu  versetzen  und  das  Ganze  verschlossen  bei  40  — 50° 
n  zu  lassen.  Nach  24  Stunden  kühlt  man  ab, 
lelt  die  sich  ausscheidenden  Krystalle,  läfst  das  Piltrat 
»•um  bei  40 — 50°  stehen  u.  s.  f. 
Irhitzt  man  das  Gemenge  2  Tage  im  Einschlufsrohr 
10 — 90°,  so  ist  schon  in  dieser  Zeit  die  Umsetzung 
f  beendet. 

c?;> co + 2c«h-oh = ch:>c  <cÄ:oh + H»°- 

>ei  folgendem  Verfahren1  gelangt  Alkohol  zur  Ver- 
mag: 5  Teile  Tetramethyldiamidobenzhydrol  werden 
5  Teilen  Salzsäure  von  1,18  spez.  Gew.  und  20 
n  Alkohol  gelöst.  Dann  wird  die  Lösung  unter 
tz    von  5  Teilen  Dibenzanilin    einige   Stunden   auf 

Wasserbade  bis  zum  Verschwinden  der  Hydrolbase 
st,  mit  Wasser  verdünnt,  nitriert  und  aus  dem 
it  die  Leukobase  durch  Natronlauge  abgeschieden. 
Luch    für    innere  Kondensationen    ist    die  Salzsäure 

geeignet.  Leitet  man  nach  Engler  und  Berthold  2 
ene  Salzsäure  in  Acetophenon,  so  wird  sie  stark 
biert.  Nach  mehrtägigem  Stehen  in  lauwarmer 
>eratur  scheiden  sich  reichlich  Krystalle  von  Triphenyl- 
)1  aus.  Erneutes  Einleiten  von  Salzsäure  in  die 
»rlauge  führt  wiederum  zu  ihrer  Ausscheidung,  auf 
lern  Wege  man  ca.  60  %  des  Ausgangsmaterials  ins 
ensationsprodukt  umwandeln  kann. 

3(C6H5 .  CO .  CH8)  =  C24H18  +  3H80. 


B.  K.P.  27032.  —  8  B.  7.  1123. 


312  Kondensation. 

Würtz1  erhielt  bekanntlich  —  zu  der  Arbeit 
theoretische  Spekulationen  Baeyers  2  „  Über  die  JBedeutoiij 
der  Wasserenteichuwj  für  das  Pflanzerileben"  veranlagt- 
durch  Einwirkung  von  Salzsäure  auf  Acetaldehyd  Aldol; 
Formaldehyd 3  CHgO  kondensiert  sich,  wie  er  fand,  iber 
nicht  auf  diesem  Wege.  Dessen  Kondensation  auf  sechs- 
fache zu  C6H1206  zur  Pormose,4  welche  theoretisch  so 
sehr  interessant  ist,  weil  diese  doch  als  Kohlehydrat  in 
die  Zuckergruppe  fällt,  gelangt  erst  Low 5  vermittele 
Kalkmilch.    (Siehe  Seite  293.) 6 

Auch  Schwefel  ist  im  stände,  unter  Fortnahme  vor 
Wasserstoff  Kondensationen  zu  bewirken.  So  erhieltZiEOLER, 
als  er  20  g  Diphenylmethan  mit  8  g  Schwefel  im  ÖlW 
auf  240 — 250°  erwärmte,  Tetraphenyläthylen. 

2  •  c:h;>ch. + 2s = c:?:> c ;  c<c:h; + 2H«s- 

Ob  man  die  Reste  verschiedener  Körper  auf  diesem  Weg 
aneinanderhängen  kann,  ist  wohl  eine  noch  offene  Frage 

Die  wasserentziehende  Kraft  der  Schwefelsäure  1& 
sie  als  sehr  verwendbares  Kondensationsmittel  erscheinen 
und  wird  sie  auch  häufig  als  solches  gebraucht. 

Baeyer8  brachte  ein  Gemisch  von  2  Mol.  Ben« 
und  1  Mol.  Chloral  mit  dem  gleichen  Volum  konzentrierte 
Schwefelsäure  zusammen.  Allmählich  erwärmt  sich  di 
Masse  beim  Umschütteln,  weshalb  man  kühlt.  Darauf  gieß 
man  die  oben  schwimmende,  blau  gefärbte  Schicht  ab  nn 
schüttelt  von  neuem  mit  dem  gleichen  Volumen  Schwefe 
säure,  bis  alles  zu  einem  Krystallbrei  wird,  welchen  ma 
mit  Wasser  wäscht  und  durch  Umkrystallisieren  reinig 
Ausbeute  an  Trichlordiphenyläthan  quantitativ. 

CC1, .  CHO  +  2C6H6  =  06H6 .  CH<C(;  ^»  +  H,0. 

Versetzt  man  eine  Mischung  von  1  Mol.  Bett 
aldehyd     mit    2    Mol.    Thymol    und    10  ccm    Schwefe 

1 ,7.  B.  1872.  449.  —  *  B.  3.  68.  —  8  B.  Für.  31.  434. 

4  B.  23.  2126.  —  5J.  pr.   CA.  141.  327. 

0  Ausführlicheres  über  die  Zuckersynthesen  findet  sich  &  * 
in  des  Verfassers  „Moderne  Chemie",  12  Vorträge,  vor  Ärzten  g< 
halten.     Hamburg.     Leopold  Voss.     1891.     Seite  96—107. 

7  B.  21.  780.  —  8  B.  5.  1098. 


Kondensation.  313 

e  (aus  4  Volumen  Säure  und  1  Volumen  Wasser  be- 
>t),  indem  man  die  ersten  5  ccm  tropfenweise  und 
i  einigem  Erkalten  die  anderen  5  ccm  unter  Um- 
Ltteln  zufügt,  so  erstarrt  das  Ganze  zu  Krystallen  von 
lymolphenylmethan : 

C6H5.C0H  +  2C10HuO  =  C6H5.CH(C10H180),  +  H80. 

ibeute  68  statt  73  g. 

Böttinger1  kam  zur  a-Diphenylpropionsäure,  als  er 
Las  zehnfache  Volumen  auf — 10°  abgekühlter  konzen- 
•ter  Schwefelsäure  Brenztraubensäure  vorsichtig  ein- 
feite, so  dafs  die  Temperatur  nicht  über  0°  stieg, 
a  Benzol  zugab  und  umschüttelte.  Das  Benzol  gefriert 
5h  die  kalte  Säure.  Nimmt  man  hierauf  das  Gefäfs 
der  Kältemischung,  so  ist  die  Reaktion  unter  Um- 
Ltteln  bald  beendigt,  bevor  die  Temperatur  der  Flüssig- 

noch    -f"  10°    erreicht.     Oberhalb    dieser  tritt   tiefer 
fende  Zersetzung  ein. 
Jäger2  löste    in   1    Mol.    Chloral    2    Mol.    Thymol 

und  brachte  unter  guter  Kühlung  und  Umrühren 
i  die  4-  bis  5  fache  Menge  Schwefelsäure,  die  mit 
m  Drittel  ihres  Volumens  Eisessig  verdünnt  war,  zu. 
nählich  schied  sich  das  Dithymyltrichloräthan  als 
ihe  Masse  ab,  die  im  Wasser  körnig  wurde. 

CC18.CH0  +  2C10H1S0H  =  CC18.CH<^»^  +  H20. 

Die  Benutzung  der  Schwefelsäure  in  Gegenwart  von 
issig  scheint  oft  empfehlenswert.  So  mischte  Königs  3 
;  Dihydronaphtalin  mit  28  g  Phenol,  40  ccm  reiner 
wefelsäure  und  40  ccm  Eisessig  unter  Abkühlen,  und 
unter  häufigem  Umschütteln  das  Gemisch  24  Stunden 
en.  Da  hierbei  die  Produkte  zugleich  Gelegenheit 
en,  sich  zu  acetylieren,  so  mufsten  die  Acetylgruppen 
lach  durch  mehrstündiges  Kochen  mit  alkoholischem 
i  wieder  abgespalten  werden.  Überhaupt  ist  die 
oigung  des  in  einer  Menge  von  70%  durch  ein- 
te Addition  entstandenen  Tetrahydronaphtylphenols 
Hn.C6H4.OH  eine  recht  umständliche. 

1  B.  14.  1595.  -  *  B.  7.  1197.  —  8  JB.  24.  180. 


314  Kondensation. 

Im  Anschlufs  an  diese  Methode  verfahren  Ldbbebmaj 
und  Hartmann  1  so,  dafs  sie  10  g  fein  gepulverte  AU 
zimmtsäure  in  10  g  Phenol  und  5  ccm  Eisessig  löste 
und  unter  Kühlung  10  ccm  Schwefelsäure  mit  5  m 
Eisessig  verdünnt  hinzugaben.  Es  bildeten  sich  2  Den 
vate:  Oxydiphenvlpropionsäure  und  wahrscheinlich  Phenyl 
hydrokumarin. 

Auch  zu  inneren  Kondensationen  ist  die  Schwefel- 
säure  verwendbar.  So  entsteht  nach  Millbe  und  Bohde' 
zufolge  der  Gleichung: 

CH     CH2 


Hc(^  JCH  /°^C&t    =    Hc(  j^    /^A+W 
ÖH      C 


(HO)C :  0 

aus  a  -  Phenylhydrozimmtsäure  Phenylhydrindon.  Jfi 
10  g  der  getrockneten  und  pulverisierten  Säure  wurden 
in  80  g  konzentrierte  Schwefelsäure  von  140°  eifr 
getragen,  einige  Augenblicke  —  bis  zur  Lösung  ~ 
damit  geschüttelt  und  dann  die  braune  schäumende  Flüssig- 
keit auf  Eis  gegossen,  dessen  Menge  das  Dreifache  der  ver- 
wendeten Schwefelsäure  betrug.  Aus  der  resultierende! 
milchigen  Flüssigkeit  scheidet  sich  allmählich  das  Phenyl- 
hydrindon in  weifsen  krystallinischen  Flocken  ab. 

Bei    solchen    inneren  Kondensationen    setzen  manch« 
Phosphorsäure  3  oder  rauchende  Schwefelsäure  zu. 

Auf  diesem  Wege  kann  man  auch  zur  AurintrikarboB- 

säure4  kommen,    indem    man    3    Mol.  Salicylsäure  uui 

1  Mol.   Mol.   Methylalkohol   (Formaldehyd,  Methylal)  n 

Gegenwart  von  konzentrierter  Schwefelsäure  undNatrintn 

nitrit  —  nach  der  Gleichung 

/C6H8.0H.C00H 
3C6H4.OH.COOH  +  CH3.OH  +  08  =  Cf-C6H8.OH.COOH  +  4H, 

|  >C6H8.COOH 
(V 


1  B.  24.  2582.  —  2  JB.  25.  2095.  —  8  Ann.  234.  241. 
4  D.  B.-P.  49970  und  B.  25.  939. 


Kondensation.  315 

leinander  zur  Einwirkung  bringt,  wobei  mit  der  Konden- 
tion  gleichzeitig  eine  Oxydation  vor  sich  geht. 

Die  Ansichten  werden  darüber  geteilt  sein,  ob  man 
ie  SKRAüPsche  Chinolinsynthese  als  eine  mit  Oxydation 
erbundene  Kondensation  auffassen  kann ;  immerhin  kann 
ieselbe  hier  ihrer  Wichtigkeit  halber  nicht  übergangen 
erden. 

Der  Kolorist  Prud'homme  *  teilte  1877  mit,  dafs  Nitro- 
izarin  beim  Erhitzen  mit  Glycerin  und  Schwefelsäure 
len  blauen  Farbstoff  gäbe.  Grabe  äufserte  sich  dann 
legentlich  einer  Untersuchung  dieses  Alizarinblaus, 
riches  inzwischen  Brunk  nach  einem  technisch  verwert- 
•ren  Verfahren  durch  Einwirkung  eines  Gemisches  von 
lycerin  und  Schwefelsäure  bei  höherer  Temperatur  auf 
lizarin  und  Nitroalizarin  erhalten  hatte,  dahin,  dafs 
«h  seinen  Untersuchungen  das  Glycerin  beim  Erhitzen 
it  Nitroalizarin  und  Schwefelsäure  nicht  nur  reduzierend  2 
irke,  sondern  gleichzeitig  eine  höchst  wunderbare  Syn- 
iese  veranlasse,  die  sich  durch  die  Gleichung 
C14H704(N02)  +  C8H803  =  C17H9N04  +  3H,0  +  Oa 

Nitroalizarin  Glycerin 

■«drücken  lasse,  und  dafs  der  Körper  C17H9N04  chinolin- 
rtiger  Natur  sei,  da  er  bei  der  Destillation  mit  Zinkstaub 
©inen  Kohlenwasserstoff,  sondern  Anthrachinolin  liefere. 
KRaup  8  sah  sich  dadurch  veranlafst,  die  kondensierende 
Wirkung  der  Schwefelsäure  bei  Gegenwart  von  Glycerin 
*f  Nitrobenzol  zu  untersuchen,  welchem  er  Anilin 
tfftgte,  um  dem  frei  werdenden  Sauerstoffe  etwas 
*cht  Oxydierbares  darzubieten,  das  zugleich  seiner- 
*t8  dabei  in  Chinolin  übergehen  konnte,  C6H7N  + 
8H803  =  C9H7N  +  3H20  -|-  H2,  und  kam  auf  diese  Art 
ich  der  Gleichung  2C3H803  -f  C6H5N02  +  C6H5NH2  = 
C9H,N  +  7H20  +  O  wirklich  zum  Chinolin.  Man 
lischt  144  Teile  Nitrobenzol  mit  216  Teilen  Anilin, 
X)  Teüen  Glycerin  (spez.  Gew.  1,24)  und  600  Teilen 
itriolöl.4     Anfangs    wird    vorsichtig    erhitzt,    dann   das 

»  B.  11.  522.  —  2B.  11.  1646.  —  *  M.  Ch.  2.  141. 
4  Amerik.  Pat  241738. 


316  Kondensation. 

Erhitzen  noch  einige  Stunden  am  Kühler  fortgesetzt 
Hierauf  wird  mit  Wasser  verdünnt,  das  Nitrobenzol  im 
Wasserdampfstrom  abdestilliert,  zum  Bückstand  Natron- 
lange  gegeben  und  das  hierdurch  frei  gemachte  Chinolin 
ebenfalls  mit  Wasserdämpfen  übergetrieben.  Die  Ausbeute 
beträgt  etwa  70%  der  Theorie. 

Da  sich  bei  dieser  Synthese  Anilin  und  Nitrobenzol 
durch  Homologe  und  Isologe  ersetzen  lassen,  ist  dadurch 
die  Möglichkeit,  die  verschiedenartigsten  Chinolinderirote 
zu  gewinnen,  gegeben.  Üb  auch  der  Ersatz  durch  K- 
diome  *  möglich  ist,  scheint  bisher  nicht  untersucht  zu  sein. 

Auch  kann  hier  nicht  das  merkwürdige  Verhalte! 
mancher  Körper  übergangen  werden,  beim  Behandeln  mil 
konzentrierter  Schwefelsäure  die  Elemente  des  Wasttfl 
aufzunehmen.  So  gehen  die  Nitrile  durch  dieselbe  ii 
Amideüber.  Tiemann  und  Stephan2  trugen  z.  B.  a-Anilido 
propionitril  in  Schwefelsäure  mit  der  Vorsicht  ein,  daß 
sich  die  Flüssigkeit  nicht  erheblich  erwärmte.  Nad 
genügendem  Stehen  verdünnten  sie  das  Reaktionsgemisd 
mit  Wasser,  wobei  kein  unverändertes  Ausgangsmatera 
mehr  ausfiel.  Durch  Ammoniak  schieden  sie  darauf  <& 
entstandene  Amid  ab. 

CE8 .  CH(NHC6H5) .  CN  +  H20  =  CH3 .  CH(NHC6H6) .  CON&V 

Und    als    Baeyer3     Propiolsäureester    in    englisch 
Schwefelsäure  löste  und  nach  einigem  Stehen  die  Flüssig 
keit   auf  Eis   gofs,   schied   sich   ein  Öl  ab,  welches  siel 
nach  dem  Reinigen  als  Benzoylessigester  erwies. 
C6H6C  •  C .  COaC2H5  -[-  H20 = C6H6 .  CO .  CH8 .  C08C2H6. 

Propiolsäureester  Benzoylessigester 

Phenylacetylen,  Paranitrophenylpropiolsäure  und  AmÜ° 
phenylacetylen  verhielten  sich  gegen  die  konzentriert1 
Säure  ebenso.4 


1  B.  25.  2394.  —  2  B.  15.  2035.  —  8  B.  15.  2705. 

4  Auch  teilt  Füssek  (M.  Ch.  4.  662.)  mit,  dals  krystalj 
sierter  Triisobutyraldehyd  auf  dem  Wasserbade  am  Bückjto" 
kühler,  nach  Zusatz  weniger  Tropfen  konzentrierter  Schwefels»0* 
geschmolzen,  nach  einstündigem  Erhitzen  wieder  in  die  bei  w 
siedende  einfache  Modifikation  den  Isobutyraldehyd  zra^^f 
verwandelt  ist,  und  schon  Weidenbusch  (Ann.  66.  157.)  fand  öji 
gleiches  Verhalten  beim  Paraldehyd. 


Eond  ensation .  317 

Auch  Fla  witzki  und  Krylow1  erhielten  beim  Schütteln 
von  Isopropylacetylen  (CH3)2 :  CH .  C  •:  CH  mit  Schwefel- 
säure vom  spez.  Gew.  1.64  Methylisopropylketon  (CH3)2  : 
CH.CO.CH3. 

Silber  vermag  in  fein  verteiltem  Znstande  ans  manchen 
halogenisierten  Verbindungen  das  Halogen  herauszunehmen 
und  die  so  entstehenden  Reste  mit  einander  zur  Ver- 
einigung zu  bringen. 

Die  Verwendung  des  Zinks  als  kondensierenden  Mittels 
rührt  von  Frankland  und  Duppa2  her.  Sie  hatten 
zuerst  Zinkäthyl  auf  Oxalester  wirken  lassen,  fanden 
aber  dann,  dafs  man  dasselbe  erreicht,  wenn  man  Zink 
nnd  Jodäthyl  auf  den  Ester  wirken  läfst.  So  mischten 
sie  2  Mol.  Jodmethyl  mit  1  Mol.  oxalsaurem  Methyl 
und  mit  einem  Überschufs  von  amalgamiertem,  granu- 
liertem Zink,  erhitzten  das  Gemisch  am  Rückflufskühler, 
von  dem  eine  Rohrleitung  in  Quecksilber  tauchte  (siehe 
Seite  23)  24  Stunden  anfangs  auf  70°,  dann  auf  100°, 
und  kamen  so  zum  Dimethyloxalsäureester.  Spätere3 
Untersuchungen  zeigten,  dafs  es  besser  für  die  Ausbeute 
ist,  das  Gemisch  ohne  Erwärmen  etwa  4  Tage  stehen  zu 
lassen. 

Die  Methode  ist  allgemeiner  Verwendung  fähig.  So 
erhielt  Saytzeff,4  als  er  auf  1  Mol.  Ameisensäureester 
einen  Überschufs  (4  Mol.)  Äthyljodid  und  aufser  einer 
geringen  Quantität  Zinknatrium  so  viel  trockenes,  fein- 
körniges Zink,  dafs  es  die  Flüssigkeit  eben  überragte, 
einwirken  liefs,  nach  Erwärmen  am  Rückflufskühler  und 
Zersetzen  des  Reaktionsproduktes  mit  Wasser  den  er- 
warteten   sekundären  Amylalkohol,    das   Diäthylkarbinol 

HCOOC2H5  +  2C2H5J  +  H20 +2Zn 

=  HO .  C^-CaH5  +  CaH6OH  +  ZnJ2  +  ZnO. 

Durch  Vermittelung  des  Zinks  werden  also  bei  diesen 
Reaktionen  die  beiden  Sauerstoffvalenzen   der  Karboxyl- 

gruppe  durch  2  Alkylgruppen  ersetzt. 

■1       ■  ■ 

1  C.  1878.  262.  —  *  Ann.  133.  80.  —  8  Ann.  135.  25. 
4  Ann.  175.  363. 


318  Kondensation. 

Hofmanns1  Untersuchungen  ergeben,  dafe  auch  Jodallyl 
sich  zu  solchen  Umsetzungen  eignet. 

Daimler2  verwendet  schwach  amalgamiertes  Zink. 

Dieses  erhält  man  etwa  durch  Eintauchen  des  ge- 
körnten Metalls  in  eine  verdünnte  wässerige  Lösung  tob 
Quecksilberchlorid,  Abwaschen  und  Trocknen. 

Kegel3  empfiehlt  bei  der  Darstellung  von  Naphtyt 
ketonen  aus  Naphtalin  und  Benzoylchlorid,  das  l^Acta 
der  theoretischen  Menge  vom  Naphtalin  zu  nehmen  und 
zur  Vermeidung  einer  allzu  heftigen  Einwirkung  nur 
einen  kleinen  Zinkstreifen  in  die  erhitzte  Flüssigkeit 
tauchen  zu  lassen.  Es  bilden  sich  bei  der  Reaktion  zwei 
Ketone. 

Als  Zincke4  100  g  Benzylchlorid  und  72  g  TotoJ 
mit  Zink  kochte,  bekam  er  32  g  Destillat  und  90  J 
Rückstand.     Die  Reaktion  war  nach  der  Gleichung 

C6H6 .  CHaCl  +  C6H5 .  CH3  =  C6H6 .  CHa .  C6H4 .  CHS  +  HCl 

verlaufen. 

Auf  die  gro&e  Verwendbarkeit  des  Zinkchlorids  ^ 
Kondensationen  hat  0.  Fischer5  zuerst  mit  der  Bemerkung 
hingewiesen,  dafs  seine  Wirkung  geradezu  überraschend 
sei  und  einigermalsen  an  die  des  AluminiumchloridB 
erinnere.  Für  Chlorzinkschmelzen  sollen  sich  kupferne 
Schalen  sehr  eignen. 

Er  verwendet  das  Chlorzink  stets  in  fein  gepulvert» 
Form  und  möglichst  trocken,  da  der  günstige  Vertont 
der  Reaktionen  wesentlich  von  seiner  guten  Beschaffenheit 
abhängt,  namentlich  mufs  es  von  basisch  kohlensaurem 
Zink  frei  sein,  das  im  Handelsprodukt  zuweilen  in  be- 
trächtlicher Menge  enthalten  ist.  Nach  Merz  und  MüLLBB.' 
erhält  man  es  in  der  gewünschten  Reinheit,  wenn  mö 
durch  käufliches,  fast  immer  oxychloridhaltiges,  in  eine 
Retorte  eingeschmolzenes  Material  trockenen  Chlorwaaaei 
stoff  bis  zum  Überschuß;  leitet.  Meist  ist  die  Absorptio 
nicht  unerheblich.  Den  überschüssigen  Chlorwasserstc 
verdrängt  man  durch  trockenes  Wasserstoffgas. 

1  Ann.  201.  85.  —  *  Ann.  249.  174.  —  8  Ann.  247.  180. 
4  Ann.  159.  373.  —  5  Ann.  206.  86.  —  6  B.  19.  2902. 


Kondensation.  319 

Fischer  arbeitet  mit  ihm  z.  B.  folgender  Art: 
Mol.  Phtalsäureanhydrid  und  2  Mol.  Dimethylanilin 
irden  nach  nnd  nach  mit  trockenem  Chlorzink  ver- 
zt,  dessen  Menge  zweckmässig  ebensoviel  beträgt, 
e  das  angewandte  Dimethylanilin.  Die  Einwirkung 
ginnt  schon  auf  dem  Wasserbade,  und  erwärmt  man 
ter  sorgfältigem  Umrühren  einige  Stunden  auf  diesem, 
ir  Beendigung  der  Reaktion  wird  hierauf  im  Olbade 
ch  etwa  4  Stunden  auf  120 — 150°  erhitzt.  Die 
asse  wird  allmählich  dickbreiig  und  erstarrt  beim  Er- 
lten  zu  einem  spröden  harten  Klumpen,  den  man  in 
ifeer  verdünnter  Salz-  oder  Schwefelsäure  löst.  Die 
üssigkeit  versetzt  man  in  einem  geräumigen  Kolben 
it  überschüssiger  konzentrierter  Natronlauge,  worauf  die 
wen  sich  als  dunkles  Öl  oben  abscheiden,  während  das 
llorzink  in  Lösung  bleibt.  Durch  einen  kräftigen  Dampf- 
rom bläst  man  alsdann  alles  nicht  verbrauchte  Dimethyl- 
ilin  ab.  Das  im  Rückstand  bleibende  Phtalein  erstarrt 
erauf  beim  Erkalten.    Ausbeute  ca.  50%  der  Theorie: 

C,H4<gj>0  +  2C6H6N<gg«  =  H,0  +  C24H24NtOt. 

Fischer  und  Körner1  lielsen  1  Teil  Orthoameisen- 
oreäthylester  und  3 — 4  Teile  Dimethylanilin  unter  An- 
andung  von  etwa  2  Teilen  nach  und  nach  zugesetztem 
llorzink  einige  Stunden  auf  dem  Wasserbade  aufein- 
der  einwirken.    Zur  Isolierung  des  nach  der  Gleichung 

(M) !  cX  +  3C6E6 .  N(CH8)2  =  CH  ;  [C6H4 .  N(CH8)J8  +  3C2H6 .  OH 
M).C2H6 

istandenen  Hexamethylparaleukanilin  wird  die  blau  ge 
bte  Masse  zuerst  mittelst  Wasserdampf  vom  über- 
üssigen  Dimethylanilin  befreit,  dann  der  Rückstand 
Salzsäure  gelöst  und  nun  die  Lösung  in  kalt  gehaltenes 
imoniak  eingetragen,  wobei  die  Base  in  fast  theo- 
scher Menge  sich  in  krystallisiertem  Zustande  ab- 
sidet. 

*  B.  17.  99. 


320  Kondensation. 

Sollte  ein  nach  diesem  Verfahren  erhaltenes  Kon- 
densationsprodukt wasserlöslich  sein,  so  extrahiert  man 
es  mit  Äther. 

Chlorzink  kondensiert  auch  Säurechloride  mit  An- 
hydriden. Doebner1  erhitzte  z.  B.  Benzoesäureanhydrid 
mit  Benzoylchlorid  in  einem  mit  Kühlrohr  versehenen 
Kolben.  Reaktion  trat  aber  erst  nach  Zusatz  von  ein 
wenig  Chlorzink  ein,  welche  Zugabe  einigemal  wieder- 
holt wurde.  Nach  8  Stunden  rief  es  keine  weitere 
Salzsäurebildung  mehr  hervor,  und  der  Prozefs  wurde 
als  beendigt  angesehen.  Es  hatte  sich,  wie  erwartet, 
Benzoylbenzoesäure 

C6H6.C0.C6H4.C00H 
gebildet. 

Liebmann2  erwärmte  am  Rückflufskühler  100g Phenol 
in  80  g  Isobutylalkohol  gelöst  mit  240  g  Zinkchlorid, 
worauf  unter  starker  Wasserabspaltung  Reaktion  eintrat 
Nach  dem  Auftreten  weifser  Dämpfe,  welche  eine  weiter- 
gehende Zersetzung  ankündigten,  liefe  er  erkalten  und 
löste  die  Schmelze  in  mit  Salzsäure  angesäuertem  Wasser. 
Das  aufschwimmende  Ol  reinigte  er  durch  Rektifikation 

C  H 

und  kam  so  zum  Isobutylphenol  C6H4<[/-v Vr  9.     Ausbeute 

daran  105  g  aus  100  g  Phenol. 

Nach  Hantzsgh3  entsteht  unter  Ammoniakabspaltung 
ziemlich  quantitativ  a-Naphtylmethyläther  durch  Erhitzen 
von  ungefähr  3  Teilen  Naphtylamin,  ebensoviel  Methyl- 
alkohol und  4  Teilen  Chlorzink  im  zugeschmolzenen 
Rohr  auf  180—200°. 

Die  Eigenschaft  des  Chlorzinks  intramolekulare  Kon- 
densationen unter  Ammoniakabspaltung  zu  bewirken,  hat 
E.  Fischer4  zur  Synthese  von  Indolderivaten  benutzt 
Er  fand  nämlich,  dafs  die  Verbindungen  der  Hydrazine 
mit  den  gewöhnlichen  Ketonen  und  Aldehyden  auf  diesem 
Wege  in  Indolderivate,  also  in  zweiringige  Atomkomplexe 
übergehen.      Die    Reaktion   verläuft    stets    so,    dafe   der 


1  B.  14.  648.  —  2  B.  14.  1842.  —  8  B.  13.  1347. 
4  Ann.  236.  116. 


Kondensation.  321 

äufsere  Stickstoff  der  Hydrazingruppe  als  Ammoniak  ab- 
gespalten wird  und  die  Reste  zum  Indolring  zusammen- 
treten : 

5?  CH  CH 

chAch         _     CHi 


CHUc»,H:C<0B..-yN7c.CH.  +  ™.. 


PR     NR 
Acetonphenylhydrazin  MethyLtol 

Mischt  man  das  Acetonphenylhydrazin1  mit  der  vier- 
bis  fünffachen  Menge  festen  Chlorzinks  und  erhitzt  in 
einem  auf  170 — 180°  erwärmten  Bade,  so  tritt  nach  1 
bis  2  Minuten  die  Reaktion  ein  und  ist  in  kurzer 
Zeit  beendet;  dabei  schmilzt  die  Masse  und  färbt  sich 
dunkel.  Wird  sie  nach  dem  Erkalten  zur  Lösung  des 
Chlorzinks  mit  Wasser  behandelt  und  mit  Wasserdampf 
destilliert,  so  geht  das  Methylketol  als  fast  farbloses, 
rasch  erstarrendes  Ol  in  die  Vorlage  in  einer  Ausbeute 
von  mehr  als  60%  der  Theorie  über. 

Chlorzink  ist  auch  für  Kondensationen  in  der  Pyrrol- 
reihe  brauchbar,  nur  sind  die  Ausbeuten  bisher  nicht 
erfreulich.2 

Dafs  der  Zusatz  von  Chlorzink  die  Acetylierung  durch 
Essigsäureanhydrid  sehr  erleichtert,  ist  bereits  auf  S.  78 
erwähnt  worden.  Hier  mag  noch  hinzugefügt  werden, 
dafs,  wenn  man  Glycerin  mit  dem  vierfachen  Gewicht 
Essigsäureanhydrid  und  einem  kleinen  Stückchen  Chlor- 
zink zusammenbringt,  die  Einwirkung  explosionsartig 
heftig  wird.8  Als  Erwig  und  Königs4  ein  Stückchen 
Chlorzink  in  20 — #2  com  Essigsäureanhydrid  lösten  und 
der  fast  kochend  heifsen  Lösung  5  g  Dextrose  zufügten, 
erhielten  sie  die  Pentacetylverbindung  des  Traubenzuckers 
in  einer  Ausbeute  von  etwa  60°/o.  Lielsen  sie  die 
Lösung  bei  Wasserbadtemperatur  wirken  und  kochten 
nach  einer  halben  Stunde  eine  kurze  Zeit,  so  hatte  sich 
Oktacetyldiglykose  gebildet. 


1  B.  R.  P.  38784.  —  2  B.  20.  851.  —  3  B.  12.  2059. 
*  B.  22.  1465. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  21 


322  Kondensation. 

Auch  gelöstes  Zinkchlorid  vermag  kondensierend  zu 
wirken,  wenn  auch  im  allgemeinen  die  Ausbeuten  nach 
der  Schmelzmethode  bessere  zu  sein  pflegen. 

So  löste  Bourquin1  3  Gewichtsteile  Chlorzink  in 
2  Gewichtsteilen  käuflichem  Eisessig  in  der  Wärme, 
gab  zur  Schmelze  1  Teil  Salicylaldehyd,  erhitzte  hm 
Zeit  auf  145°  und  gofs  in  viel  Wasser,  worauf  sich  das 
Kondensationsprodukt  abschied 

2C7H602  ==•  CMH1003  +  H80. 

Giefst  man  nicht  gleich  in  Wasser,  sondern  gewinnt 
den  Eisessig  durch  Destillation  zurück,  so  wird  er  chlor- 
zinkhaltig  und  hat  kondensierende  Eigenschaften,  die 
dem  reinen  Material  nicht  zukommen.2 

Friedländer  und  Weinberg3  erwärmten  Amidozimmfr 
säureester  mit  einer  möglichst  konzentrierten  Lösung  tob 
Chlorzink  in  Alkohol  einige  Stunden  auf  80 — 90°  und 
erhielten  beim  Übertreiben  der  alkalisch  gemachten  Elüsaif 
keit  mit  Wasserdampf  das  Äthylkarbostyril  (Äthoxy- 
chinolin). 

Dafs  sich  die  Kondensationsmittel,  wie  schon  anfangs 
erwähnt,  nicht  etwa  untereinander  vertreten  können,  gelt 
genauer  aus  den  Untersuchungen  Varennes4  hervor.  Er 
erhielt  z.  B.  durch  Einwirkung  von  Chlorzink  auf  Aceton 
kein  Mesitylen,  während  nach  dem  Zusammenbringen  von 
180  g  Aceton  mit  300  g  Schwefelsäure,  die  1  Stunde 
miteinander  erwärmt  waren,  durch  Abblasen  mit  Wasser- 
dampf  40  g  unreines  Mesitylen  übergetrieben  wurden. 

Bindschedler5  verband  mit  der  Kondensation  zugleidi 
die  Oxydation.  Er  behandelte  1  Mol.  Dimethylpaia 
phenylendiamin  mit  1  Mol.  Dimethylanilin  in  wässe 
riger  Zinkchlorid  haltender  Lösung  bei  etwa  30°  mi 
so  viel  Kaliumbichromat,  dafs  2  Atome  Sauerstoff  al 
gegeben  werden  konnten.  Nach  wenigen  Minuten  scheide 
sich  kupferglänzende,  analysenreine  Krystalle  von  ,,Dhn 
thylphenylengrün"  ab 

C6H4<^CH88  +  C6H5N<£gs  +  02= C6H19H8  +  2Ht0. 


1  B.  17.  502.  —  2  B.  21.  762.  —  3  B.  15.  2103. 
4  B.  Par.  40.  266.  —  5  B.  16.  865. 


Kondensation.  323 

Die  angewandte  Temperatur  kann  für  die  Kondensation 
lit  Chlorzink  von  grofser  Wichtigkeit  sein.  Namentlich 
renn  Nitrokörper  als  Ausgangsmaterial  dienen,  muis  'man 
Le  niedrig  halten.  Fischer  und  Schmidt1  erhitzten 
-  B.  1  Teil  Orthonitrobenzaldehyd  mit  dem  3 — 4 fachen 
Gewicht  Dimethylanilin  unter  allmählicher  Zugabe  von 
Teil  Chlorzink  auf  dem  Wasserbade  und  mufsten  Sorge 
ragen,  dafs  die  Temperatur  nicht  über  100°  stieg,  sonst 
erharzt  die  Schmelze,  indem  Oxydation  durch  die  Nitro- 
rnppe  des  Aldehyds  eintritt.    Ausbeute  fast  quantitativ. 

Bobssnek2  giebt  folgendes  an:  Läfst  man  20  Teile 
ftloralhydrat,  50  Teile  Diäthylanilin  und  10  Teile  Zink- 
hlorid  bei  Wasserbadtemperatur  aufeinander  wirken,  so 
tobt  sich  die  Masse  bald  blaugrün  und  wird  nach 
►  Stunden  zäh.  Löst  man  jetzt  in  verdünnter  Schwefel- 
änre,  so  fällt  durch  Ammoniak  im  Uberschufs  ein  Körper 
'on  der  Konstitution 

[(C2H6)a.N.C6H4]3  :  C  .  C  :  [C6H4N(C2H6),]2 

H 

.ns. 

Löst  man  aber  20  g  Chloralhydrat  in  60  g  Diäthyl- 
»nilin  und  trägt  in  die  Mischung  unter  Umrühren  10  g 
-«inkchlorid,  nimmt  nach  zweitägigem  Stehen  bei  40° 
Lie  Masse  mit  Salzsäure  auf  und  löst  das  auf  Ammoniak- 
xigabe  ausfallende  Zinkoxydhydrat  durch  überschüssiges 
Ammoniak  wieder  auf,  so  kann  man  mit  Äther  Diäthyl- 
midophenyloxytrichloräthan  ausschütteln 

0H\ 
(C2H5/2..N  .  C6H4— C  .  CCI3. 

Mit  Chlorzink  im  Einschlufsrohr  arbeitete  anfangs 
k)EBNER3  und  erhielt,  als  in  einem  solchen  1  Mol. 
ceton,  2  Mol.  Dimethylanilin  nebst  1  Mol.  Chlorzink 
jige  Stunden  auf  150°  erhitzt  waren,  nach  der  Gleichung 

gjjx»  +  2c,h6  .  n(ch8)s = ??;>c<^;gg^+fl1o 

fcramethyldiamidodiphenyldimethylmethan. 

1  B.  17.  1889.  —  *  B.  19.  367.  —  3  B.  12.  813. 

21* 


324  Kondensation. 

Calm  *  erhielt  bei  Anwendung  von  Chlorcalcium,  od« 
besser  eines  Gemisches  von  Chlorcalcium  mit  Chlorzink, 
ausgezeichnete  Resultate.  Die  Ausbeuten  gingen  bis  «a 
90%  der  Theorie.  Er  erhitzte  z.  B.  1  Mol.  Hydro- 
chinon  mit  4  Mol.  Anilin,  3 — 4  Mol.  Chlorcalcium  und 
7*  Mol.  Chlorzink  auf  200—210°  im  EmscUdkrob 
uüd  erhielt  Diphenyl-^Phenylendiamin.  Doch  wirf 
man  jetzt  nach  anderen  Methoden  ebenso  gute  Ausbeuten 
in  offenen  Gefäfsen  erzielen  können. 

In  Gegenwart  des  säurebindenden  Zinkoxyds  er- 
hielten Doebner  und  Stackmann3  aus  Benzotnchloiü 
und  Phenol  Benzoylphenol. 

Mittelst  Zinkstaubs  kondensierte  Zincke8  Benzyt 
chlorid  und  Benzol  zum  Diphenylmethan  C6H5 .  CH2.C6IL 
und  Symons  und  Zincke4  synthetisierten5  mit  seiner  Hälfe 
die  Diphenylessigsäure.  Man  löst  zu  dem  Zweck  etil 
20  g  Phenylbromessigsäure  in  40  g  Benzol  —  bei  meto 
Material  wird  die  Reaktion  zu  heftig  —  und  trägt  unter 
Erwärmen  auf  dem  Wasserbade  so  lange  in  klein« 
Mengen  Zinkstaub  ein,  als  Wasserstoffentwickelniig  - 
herrührend  von  der  Einwirkung  des  Bromwasserstoffefl  sro 
das  Metall  —  stattfindet.  Dann  erhitzt  man  noch  einig* 
Stunden  unter  Rückflufs. 

U6H8 .  CHBr .  COOH  +  C6He  =  (C6Hß)2 :  CH .  COOH  +  HBr. 

Als  Paal6  auf  eine  Mischung  von  18  g  Acetylchloiä 
(das  Vierfache  der  Theorie)  und  10  g  Benzophenon,  welcto 
in  trockenem  Äther  gelöst  waren,  Zinkstaub  wirken  li& 
trat  freiwilliges  Sieden  ein,  und  es  bildete  sich  quantitativ 
/S-Benzpinakolin ,  während  bei  Verwendung  von  nur  45 1 
Acetylchlorid  quantitativ  a-Benzpinakolin  entsteht. 

Baeyer7   fand   für   Darstellung    der  Phtaleine  te 
Zinntetrachlorid  am  geeignetsten.     Erhitzt   man  Phtat 
säureanhydrid    und     Phenol    mit    Zinnchlorid    währen! 
5  Stunden  auf  120°,  so  erhält  man  eine  braunrote  Schmebft. 
Diese    wird    mit    etwas    Wasser    auf   dem   Wasserbad« 


1  B.  16.  2786.  —  *  B.  9.  1919.  —  8  Ann.  159.  374. 
4  Ann.  171.  123.  —  6  B.  23.  B.  13.  —  6  B.  17.  911. 
7  Ann.  202.  68. 


Kondensation.  325 

erwärmt  und  der  Rückstand  in  kohlensaurem  Natrium 
gelöst.  Die  vom  Zinnniederschlag  abfiltrierte  Lösung 
wird  durch  Salzsäure  gefällt,  und  erhält  man  so  das 
Phtalein  in  beinahe  reinem  Zustande. 

Graebe1  kondensierte  in  derselben  Art  15  g  Diphenylen- 
ketonkarbonsäure,  20  g  Phenol  mit  25  g  Zinnchlorid. 
Die  Ausbeute  an  Kondensationsprodukt  betrug  20 — 22  g. 

Fabinti  2  fügte  das  Chlorid  tropfenweise  zu  einer  kalt 
gehaltenen  Mischung  von  geschmolzenem  Phenol  und 
Paraldehyd,  bis  nach  halbstündigem  Stehen  noch  Dämpfe 
von  Zinnchlorid  am  Produkt  bemerkbar  waren.  Nachdem 
er  es  mit  Wasser  gut  gewaschen,  kam  er  durch  Destillation 
im  luftverdünnten  Kaum  zum  Diphenoläthan 

CH8.CHO  +  2C6H6OH  =  H,0  +  CH8.CH :  (C6H40H),. 

Steiner3  empfiehlt  die  Verdünnung  des  Zinntetra- 
chlorids mit  Chloroform. 

Michael4  erhitzte  mit  40  g  Zinntetrachlorid  je  50  g 
Phenol  und  Salicylsäure  (Zinkchlorid  giebt  weniger  gute 
Ausbeuten)  14  Stunden  auf  1 15 — 120°  und  dann  noch  einige 
Zeit  auf  125°.  Die  Schmelze  wurde  durch  Wasser- 
dampf vom  Phenol  befreit  und  mit  einem  grofsen  Über- 
schufs  von  Natriumkarbonatlösung  gekocht.  Aus  dem 
Filtrat  fällt  Kohlensäure  Salicylphenol 

OU<C6H4.OH. 

Leitet  man  Körper  irgend  welcher  Art  durch  glühende 
Röhren,  so  treten,  wie  zu  erwarten,  Umsetzungen  aller 
Ali;  ein  (siehe  S.  39).  Vielfach  bestehen  dieselben  in 
Kondensationserscheinungen,  und  namentlich  Kohlen- 
wasserstoffe pflegen  unter  Austritt  von  H2  sich  gern  zu 
kondensieren.     So  liefern  Benzol  und  Äthylen5  Styrol 

Oß^e  +  C2H4  =  C6H5 .  CH  :  CH2  +  H2. 

1  Ann.  247.  286.  —  *  B.  11.  283.  —  8  B.  11.  286. 
4  B.  16.  2298.  —  5  Z.  Ch.  1866.  709. 


326  Nitrieren. 


Nitrieren. 

Man  nitriert  mit  Salpetersäure,  rauchender  Salpeter- 
säure, einem  Gemisch  von  Salpetersäure  und  Schwefel- 
säure, einem  Gemisch  von  Salpeter  und  Schwefelsäure 
oder  salpetersaurem  Harnstoff  und  Schwefelsäure,  einem 
Gemisch  von  Salpetersäure  und  Eisessig,  sowie  mit 
Silbernitrit  und  Kaliumnitrit. 

Daran  schliefsen  sich  noch  einige  seltener  angewendete 
Methoden,  die  ebenfalls  besprochen  werden  sollen. 

Während  die  meisten  Körper  der  aromatischen  Reihe 
sich  durch  Salpetersäure  etc.  direkt  nitrieren  lassen,  ist 
dies  bei  den  Körpern  der  aliphatischen  Reihe  (aksiyaQ  das 
Fett)  nicht  möglich,  indem  auf  sie  Salpetersäure  nicht  in 
diesem  Sinne  sondern  oxydierend  wirkt. 

Für  die  Körper  der  aromatischen  Reihe  möge  folgendes 
allgemein  gültige  erwähnt  werden :  Man  nitriert  möglichst 
in  der  Kälte,  weil  die  Salpetersäure  in  der  Wärme  mehr 
oxydierend  wirkt  und  dann  namentlich  Seitenketten  in 
die  Karboxylgruppe  überzuführen  Neigung  hat.  Je  mehr 
Seitenketten,  um  so  leichter  scheint  jedoch  die  Nitrierung 
vor  sich  zu  gehen.  Auch  sulfonierte  Körper  lassen  sich 
oft  überraschend  glatt  nitrieren.  Mehr  als  4  Nitro- 
gruppen  in  einen  Ring  einzuführen,  ist  bisher  nicht 
gelungen. 

Andererseits  wirkt  die  Nitrogruppe  auf  benachbarte 
Halogene  so  ein ,  dafs  sie  ihre  Umsetzungsfähigkei 
bedeutend  erhöht.  So  liefern  o-  und  p  -Chlornitrobenzo 
beim  Erhitzen  mit  alkoholischem  Ammoniak  Nitroanili 
(die  Metaverbindung  zeigt  dies  Verhalten  nicht),  un 
2  oder  3  Nitrogruppen  neben  dem  Halogen  wirken  i 
dieser  Beziehung  noch  günstiger. 

Nitrokörper  der  aliphatischen  Reihe  werden  fast  n 
durch  Umsetzung  von  Halogenderivaten  mit  Silbernit 
dargestellt. 


Nitrie 
^kürzte  Tabelle   des 

ren.                                          327 
spezifischen  Gewichtes 

der  Salpetersäure  b 

ei  16,5° 

nach  übe. 

i 

Säure- 

Spez. 

Säure- 

Spez. 

Säure- 

hydrat 

Gew. 

hydrat 

Gew. 

hydrat 

93.0 

1.394 

64.1 

1.196 

31.6 

92.0 

1.383 

62.3 

1.183 

29.7 

90.2 

1.368 

59.6 

1.171 

27.9 

88.3 

1.358 

57.6 

1.159 

26.0 

86.4 

1.348 

55.9 

1.146 

24.1 

84.6 

1.338 

53.9 

1.134 

22.3 

i         82.7 

1.322 

51.1 

1.123 

20.4 

80.9 

1.311 

49.2 

1.111 

18.5 

i          78.0 

1.300     ' 

47.1 

1.099 

16.7 

I          76.2 

1.289 

45.5 

1.088 

14.8 

i          74.4 

1.276 

43.7 

1.076 

13.1 

72.6 

1.258 

40.9 

1.059 

10.2 

;         70.7 

1.246 

39.1 

1.048 

8.4 

68.8 

1.234 

37.2 

1.037 

6.5 

i          66.9 

1.221 
1.208 

35.3 
33.5 

1.027 

4.7 

Die  Verdünnung  einer  konzentrierten  Säure  mit  Hülfe  einer 
n  Tabelle  bewirkt  man,  da  die  Mengen  der  konzentrierten 
erdünnten  Säure  umgekehrt  proportional  ihrem  Gehalte  sind, 
der  Art :  Man  dividiert  den  Prozentgehalt  der  konzentrierten 
durch  den  Prozentgehalt  der  verlangten  verdünnten  Säure 
rhalt  so  einen  Quotienten,  der  die  Menge  der  verdünnten 
anzeigt,  die  aus  einem  Teil  konzentrierter  entstehen  wird, 
labe  eine  Säure  von  1.476  spez.  Gew.,  also  von  84.6%  an 
auf  ein  spez.  Gew.  1.208  oder  33.5%  zu  bringen;  alsdann 
84.6 


man 


33.5 


=  2.52.    Folglich  hat  man  zu  100  Teilen  der  kon- 


srten  Säure  152  Wasser  zuzusetzen. 

)11  dagegen  ein  bestimmtes  Gewicht  verdünnter  Säure  aus 
itrierter  bereitet  werden,  sind  z.  B.  500  g  Säure  vom  spez. 
L.208  aus  einer  Säure  von  1.476  spez.  Gew,  darzustellen,  so 

s  Verhältnis  —  '  n '    =  198,  und  man  hat  198  s  der  kon- 

84.6 

rten  Säure  mit  302  ccm  Wasser  zu  vermischen. 

nsichtlich    der    Zuverlässigkeit   der    Aräometer    vergleiche 

76.  9.  107  u.  11.  16. 


328  Nitrieren. 

Will  man  Salpetersäure  von  salpetriger  befreien,  so 
erhitzt  man  sie  (etwa  vom  spez.  Gew.  1.40)  mit  ca.  6  g 
Harnstoff  auf  jeden  Liter  bis  zum  Aufkochen  und  treibt 
einige  Sekunden  einen  starken  Luftstrom  durch  die 
Flüssigkeit. 

C0<  Js  H*  +  N'°* = C0«  +  2N«  +  2H*a 

m 

Dieses  Verhalten  des  Harnstoffes  gegenüber  der  salpe- 
trigen Säure  hat  Millon1  aufgeklärt. 

Mit  Salpetersäure  nitriert  man  so,  dafs  man  den  zu 
nitrierenden  Körper,  falls  er  flüssig,  als  solchen,  falls  er 
fest,  in  Pulverform  oder  in  wenig  Wasser  oder  Alkohol 
resp.  Äther  oder  Eisessig  gelöst,  mit  starker  oder  rau- 
chender Salpetersäure  übergiefst.  Erweist  er  sich  der  Ein- 
wirkung schwer  zugänglich,  trägt  man  ihn  auch  seinerseits 
in  die  Salpetersäure  ein,  die,  wenn  nötig,  erwärmt  wird; 
ja  manche  Körper  lassen  sich  nur  durch  reines  Salpeter- 
säurehydrat  nitrieren. 

In  dieser  Art  können  fast  alle  aromatischen  Körper 
mit  Ausnahme  der  Amine  behandelt  werden.  Die  NH,- 
Gruppe  tritt  nämlich,  bevor  ein  Nitrieren  statthaben  kann, 
bereits  mit  der  Salpetersäure  in  Wirkung,  so  dafs  nitrierte 
Amine  nicht  entsehen  können. 

Diese  unerwünschte  Nebenwirkung  tritt  nicht  ein, 
wenn  man  die  Amine  in  Gegenwart  eines  sehr  groben 
Überschusses  von  Schwefelsäure  nitriert,  oder,  was  weit 
häufiger  benutzt  wird,  sobald  in  der  NH2-Gruppe  eines 
oder  die  beiden  Wasserstoffatome  durch  Reste  vertreten 
sind.  Die  Nitrierung  in  schwefelsaurer  Lösung  pflegt 
hauptsächlich  Metaverbindungen  zu  liefern,  während  ans 
acetylierten  oder  benzoylierten  Produkten  eher  Ortho- 
und  Paraverbindungen  erhältlich  sind. 

Nach  Nölting  und  Collin2  sollte  man  beim  Nitrieren 
von  Aminen  in  Gegenwart  von  viel  Schwefelsäure  sogar  aus- 
schließlich Metaderivate  erhalten.  Spätere  Erfahrungen 
lehrten  jedoch,  dafs  sich  bei  diesem  Verfahren  wohl  stets 


1  Ann.  Ch.  Ph.  3.  6.  37.  —  2  B.  17.  561. 


Nitrieren.  329 

el   von    der  Metaverbindung,    aber    nicht   immer  diese 
uschlieMich  bildet. 

Hübner1  löste  Anilinsulfat  in  viel  kalter  englischer 
shwefelsäure  und  brachte  tropfenweise  bei  starker  Ab- 
Ihlung  die  berechnete  Menge  rauchender,  ebenfalls  mit 
ßhwefelsäure  sehr  stark  verdünnter  Salpetersäure  hinzu, 
»ter  Abkühlung  wurde  sodann  mit  Wasser  versetzt, 
iit  Soda  neutralisiert  und  von  den  ausgeschiedenen 
"itroanilinen  die  Ortho-  und  Metaverbindung  mit  Wasser- 
ampf  übergetrieben,  während  die  Paraverbindung  sich 
af  diesem  Wege  bekanntlich  nicht  verflüchtigen  läüst. 

Wird  Paratoluidin  in  10  Teilen  konzentrierter  Schwefel- 
lure  nitriert,  so  erhält  man  2  Nitrotoluidine,  eines  vom» 
«shmelzpunkt  114°,  das  andere  vom  Schmelzpunkt  78°; 
rhöht  man  aber  die  Menge  der  Schwefelsäure  auf  das 
5—  20fache  und  mehr,  so  entsteht  nur  das  letztere  vom 
Ichmelzpunkt  78°. 

Man  löst  dazu  100  g  Paratoluidin 2  in  2000  g  Schwefel- 
ätoe  von  66°  B.,  kühlt  diese  Lösung,  welche  sich  in 
inem  dickwandigen  Filtrierstutzen  befindet,  in  einer 
lischung  von  Eis  und  Kocbsalz  bis  unter  0°  ab,  und 
Ifit  nun  langsam  aus  dem  Scheidetrichter  unter  stetigem 
Jmrühren  eine  Lösung  von  75  g  Salpetersäure  (spez. 
ahw.  1.48)  in  300  g  Schwefelsäure  (spez.  Gew.  1.84) 
inflie&en.  Die  Temperatur  darf  dabei  höchstens  einige 
äiade  über  0°  steigen,  und  je  niedriger  sie  gehalten  wird, 
Ua  so  reiner  fällt  das  Produkt  aus.  Nach  dem  Ein- 
tieften aller  Säure  läfst  man  einige  Zeit  stehen  und 
fiefst  dann  langsam  in  5 — 6  1  mit  Eis  gekühltes 
Nasser,  wobei  das  Gemisch  sich  nicht  über  25°  erwärmen 
*11.  Nach  der  Filtration  von  einigen  Verunreinigungen 
Verdünnt  man  auf  15 — 20  1  und  sättigt  nun  die 
?Iüssigkeit  mit  trockener  Soda,  indem  man  Sorge  trägt, 
lie  Temperatur  wiederum  so  niedrig  wie  möglich  zu 
alten.  Natronlauge  statt  Soda  veranlagt  eine  zu  be- 
ratende Wärmeentwickelung.  Den  entstandenen  Nieder- 
hlag  bringt  man  auf  ein  Tuchfilter   und  preist  ihn  ab. 

1  B.  10.  1706.  —  2  B.  17.  263. 


330  Nitrieren. 

Aus  100  g  Toluidin  werden  so  wenigstens  100  g  einmal 
aus  Alkohol  umkrystallisiertes  Nitrotoluidin  vom  Schmelz- 
punkt 78°  erhalten,  in  welchem  die  Nitrogruppe  in  der 
Metastellung  zur  Amidogruppe  steht. 

Gut  ist  es,  wie  Nölting  und  Stoecklin  *  später  an- 
gegeben haben,  der  Lösung  der  Basen  in  Schwefelsäure 
etwas  Harnstoff  zur  Zerstörung  von  etwa  sich  bildender 
salpetriger  Säure  zuzusetzen.  Es  verbessert  die  Ausbeuten, 
und  die  Produkte  sind  reiner. 

Groll2  rührt  200gDimethylanilin  in  4000  g  Schwefel- 
säure von  66°  B  (spez.  Gew.  1,84.)  —  spart  man  bei  dieser 
Methode  an  ihr,  so  pflegt  viel  Material  zu  verharzen  - 
welche  in  einer  Kältemischung  steht,  ein  und  läüst  in  diese 
Lösung  ein  vorher  abgekühltes  Gemisch  von  193  g  Salpeter- 
säure (spez.  Gew.  1,37)  und  600  g  obiger  Schwefebfime 
tropfenweise  einfliefsen,  so  dafs  die  Temperatur  nicht  über 
+  5°  steigt.  Nachdem  die  Mischung  dann  4  bis  5  Stunden 
gestanden,  wird  sie  in  10  1  Eiswasser  gegossen.  Paranitro- 
dimethylanilin  scheidet  sich  ab,  dessen  Menge  auf  Zugabe 
von  Krystallsoda  noch  wächst,  bis  plötzlich  die  Farbe  der 
Lösung  in  Rot  umschlägt.  Jetzt  wird  filtriert,  und  auf 
weiteren  Sodazusatz  fällt  nun  zusammen  mit  Natriumaulfet 
ein  roter  Körper  aus,  der  durch  Alkohol  von  diesem 
getrennt  wird.  Dieser  ist  Metanitrodimethylanilin,  vob 
welchem  160 — 170  g  erhalten  werden.  In  derselben  Art 
kann  man  auch  Amidosäuren3  nitrieren. 

Zum  Paranitroanilin  kamen  Nölting  und  Collin,* 
als  sie  1  kg  Acetanilid  in  4  kg  Schwefelsäure  von  66°  B. 
lösten,  und  in  diese  Lösung  ein  Gemisch  von  590  g 
Salpetersäure  (spez.  Gew.  1.478),  die  mit  1200  g  Schwefel- 
säure verdünnt  war,  einlaufen  liefsen.  Während  der 
ganzen  Operation  stand  das  Gefäfs  in  einer  Kältemischunf 

aus  Eis  und  Kochsalz.    Wegen  der  Schwerlöslichkeit  dtf 

• 

Acetanilids  in  der  kalten  Schwefelsäure  war  es  vorher  in 
möglichst  wenig  heifsem  Eisessig  gelöst  und  das  erkaltete 
Magma  alsdann  in  sie  eingetragen  worden.  Durch  ßa- 
giefsen  in  Wasser,  nachdem  das  Nitrierungsgemisch  einig« 

1  B.  24.  566.  —  *  B.  19.  198.  —  3  B.  22.  292.  —  4  B.  17.  2fö 


Nitrieren.  33 1 

ait  gestanden,  fiel  das  Nitroacetanilid  in  einer  Ausbeute 

>er  95  %  aus.    Durch  Verseifen  mit  Salzsäure  lieferte  es 

hliefslich  Paranitroanilin.     In  den   Mutterlaugen  findet 

3h  ein  wenig  Orthonitroanilin. 

Hübneb  *  erhielt  durch  Nitrierung  von  Benzanilidin  fol- 

Mider  Art  gröfsere  Mengen  von  diesem  letzteren :  (siehe  auch 

rite  329)  In  100g  Salpetersäure  vom  spez.  Gew.  1,45  bei  14° 

og  er  nach  und  nach  10  g  pulverisiertes  Benzanilid  ein 

xi  gofe  das  Gemisch  sofort  in  das  12 — 14  fache  Volumen 

tlten  Wassers.      Es    fiel    ein   Gemisch    von   Benzortho- 

ld  Benzparanitranilid  (Benzmeta-  bildet  sich  kaum)  aus, 

elches  durch  Kochen  mit  etwas  mehr  als  der  äquivalenten 

enge  Natronlauge  in  die  Nitroaniline  und  benzoesaures 

alz   zerlegt    und    durch   Destillation    im    Dampfstrome 

rtrennt  wurde. 

CH 
Mbbtens  2  kam  vom  Dimethylanilin  C6H5N  <prr3  zu 

8 

Kiem  Dinitrodimethylanilin,  nachdem  er  10  Teile  seines 
nsgangsmaterials  mit  110  Teilen  Salpetersäure  und 
L0  Teilen  Wasser  etwa  6  Stunden  sich  selbst  über- 
48en  hatte. 

Auch  Körper  mit  so  leicht  oxydierbaren  Wasserstoff- 
Mmen,  wie  sie  im  Hydrochinon  vorhanden  sind,  lassen 
6h  mit  Salpetersäure  als  solche  nicht  nitrieren.  Nietzki3 
Llrte  das  Hydrochinon  deshalb  vorher  ins  Diacetylhydro- 
ftinon  über,  das  in  die  5 — 6  fache  Menge  Salpetersäure 
3m  spez.  Gew.  1.5  eingetragen  wurde.  Dabei  ward 
arart  gekühlt,  dafs  die  Temperatur  +  10°  nicht  überstieg. 
achdem  das  Ganze  dann  noch  einige  Stunden  in  einer 
Lältemischung  gestanden  hatte,  wurde  mit  Eiswasser  das 
>initrodiacetylhydrochinon  ausgefällt.  Die  Acetylgruppen 
erden  schon   durch  kalte  Kalilauge  wieder  abgespalten. 

Auch  abgesehen  von  dem  Verhalten  der  Amidogruppen 
t  der  Ersatz  von  Wasserstoffatomen,  die  nicht  direkt 
q  Kohlenstoff  haften,  vor  der  Nitrierung  aromatischer 
örper  manchmal  geradezu  eine  Notwendigkeit.  So 
rd    freie    Gallussäure    (Trioxybenzoesäure)    bekanntlich 


1  Ann.  208.  292.  -  3  B.  10.  995.  —  s  Ann.  215.  142. 


332  Nitrieren. 

durch  Salpetersäure  zu  Oxalsäure  oxydiert,  dagegen  wird 
ihr  Triäthylester  ziemlich  glatt  nitriert  und  liefert  dabei 
nach  Schiffer1  —  allerdings  unter  Abspaltung  vonCOj- 

NO 

den  Mononitropyrogalloltriäthylester  C6H2<Oq  £,  tt  v 

Mit  der  nötigen  Vorsicht  kann  man  auch  Aldehyde, 
ohne  dafs  sie  zugleich  in  die  dazugehörige  Säure  über- 
gehen, nitrieren-  So  erhält  man  Mononitrometaoij- 
benzaldehyd,  wenn  man  Salpetersäure  bei  niederer  Tempe- 
ratur während  einer  nicht  zu  langen  Zeit  auf  w» 
Oxybenzaldehyd2  einwirken  läfst. 

Und  wird  p-Chlorbenzaldehyd  in  6  Teilen  konzentrierter 
Schwefelsäure  gelöst  und  bei  einer  25°  nicht  übersteigend» 
Temperatur  mit  78%iger  Salpetersäure  behandelt,  » 
wird  er  nach  Erdmann3  quantitativ  und  ausschlieflü 
in  j;-Chlormetanitrobenzaldehyd  umgewandelt,  des» 
Chloratom  nun  neben  der  Nitrogruppe  sehr  beweglich  Ü 

Erdmanns  späteren  Angaben4  zufolge  ist  es  ab« 
besser,  das  in  dieser  Art  erhaltene  Reaktionsgemisch  vof 
dem  Eingiefsen  in  Wasser  eine  Viertelstunde  auf  80—$ 
zu  erwärmen. 

Sehr  empfindliche  Körper  müssen  bei  noch  niedrig«» 
als  den  erwähnten  Temperaturen  nitriert  werden.    So  ffl» 
wenige    Nitroderivate    der    der    Pyrrolreihe    angehörip» 
Verbindungen  bekannt,   weil  diese  nicht  der  Einwirkung 
der  Salpetersäure   widerstehen.     Clamician  und  SiLBö 
verfuhren  deshalb  so,    dafs  sie  ein  kleines  Quantum  ton 
#s-Acetylpyrrol ,    welches   bei   gewöhnlicher  Temperatur 
von  Salpetersäure   völlig  zerstört  wird,    in    Mengen  von 
4 — 5  g  in   Kölbchen,    die    rauchende  Salpetersäure 
hielten,    welche    durch    eine    Kältemischung    auf   — 
abgekühlt   waren,    eintrugen    und    die    erhaltene  Lösung 
alsdann  in  Eiswasser  gössen.    Allerdings  bilden  sich  troto 
dieser  Vorsichtsmalsregeln    gleich    4    verschiedene  Xitro- 
Verbindungen,  wie  sie  später  gefunden  haben. 


1  B.  25.  722.  —  2  B.  22.  2348,  siehe  auch  9.  1463  und  13. 31tt 
8  D.  B.  P.  60077.  —  *  D.  B.  P.  62180.  —  6  JB.  18.  413. 


Nitrieren.  333 

Schmidt1  verfuhr  zur  Nitrierung  von  Phenanthren 
»lgendermafsen :  Nachdem  er  selbst  bei  einer  Abkühlung 
of — 10°  beim  Arbeiten  mit  Salpetersäure  von  1.5  spez. 
rew.  fast  nur  nicht-krystallisierende  Harze  erhalten  hatte, 
nd  die  Anwendung  von  Salpetersäure  von  1.35  spez. 
i-ew.  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ebenfalls  sehr  schlechte 
Lusbeuten  ergab,  mischte  er  1  Teil  Phenanthren  mit 
*/«  Teilen  groben,  vorher  mit  Salpetersäure  gewaschenen 
landes,  und  übergofs  das  Gemisch  darauf  mit  8  Teilen 
Salpetersäure  von  1.35  spez.  Gew.,  worauf  es  gut  ver- 
leben wurde.  Der  Zusatz  von  Sand  ist  erforderlich,  um 
ine  innigere  Berührung  des  Phenanthrens  mit  der  Säure 
u  ermöglichen,  da  bald  nach  beginnender  Einwirkung 
.er  Kohlenwasserstoff  zu  einer  zähen  klebrigen  Masse 
erfliefst,  die  von  ihr  nur  schwer  durchdrungen  wird. 
Üe  Mischung  wurde  bei  einer  Temperatur  von  etwa 
J-10°  3 — 4  Tage  sich  selbst  überlassen,  dann  aus- 
gewaschen und  der  Rückstand  aus  90°/0\gem  Alkohol 
imkrystallisiert.  Etwa  49  %  des  angewandten  Phenanthrens 
TOren  auf  diesem  Wege  in  einen  Mononitrokörper  über- 
geführt. 

Martius2  gab  an,  daJs  Binitronaphtol  von  kalter 
Salpetersäure  ohne  Zersetzung  gelöst  werde,  beim  fort- 
setzten Kochen  mit  Salpetersäure  aber  unter  Bildung 
ron  Phtalsäure  und  Oxalsäure  zerfalle,  und  es  war  nicht 
fu  erreichen,  den  Körper  in  eine  TrinitroverbinduDg  die 
^aphtopikrinsäure  überzuführen. 

Eckstrand3  kam  aber  zu  dieser  Verbindung  (siehe 
luch  weiterhin),  als  er  Dinitronaphtol  in  einem  Kolben 
nit  dem  vierfachen  Gewicht  einer  Mischung  aus  gleichen 
Peilen  rauchender  und  gewöhnlicher  konzentrierter 
Wpetersäure  übergofs  und  das  Gefäfs  im  Wasserbade 
nter  häufigem  Umschütteln  mehrere  Stunden  lang  auf 
3 — 50°,  doch  nicht  höher  erwärmte.  Ohne  dafs  klare 
ösung  eingetreten  wäre,  wurde  schliefslich  in  viel  Wasser 
»gössen.  Der  entstehende  Niederschlag  bestand  aus 
rinitronaphtol     nebst     noch    unverändertem    Ausgangs- 

1  B.  12.  1154.  —  »  Z.  Gh.  1868.  82.  —  3  B.  11.  162. 


334  Nitrieren. 

material,     die    durch    Krystallisation    getrennt   wurden. 
Ausbeute  etwa  20%  der  theoretischen. 

Meyer  und  Stadler  1  kamen  zum  Mono-  und  Dinitro- 
thiophen  so,  dafs  sie  das  zu  nitrierende  Thiophen  mittelst 
eines  Luftstromes  durch  rote  rauchende  Salpetersäure 
leiteten. 

Über  den  Einflufs  der  Zeit  und  Wärme  auf  den  Verlauf 
von  Nitrierungen  mögen  Angaben  von  Wehr2  mitgeteilt 
sein :  2  g  Paratolylessigsäure  waren  von  10  g  rauchender 
Salpetersäure  auch  nach  12  stündigem  Stehen  noch  nicht 
angegriffen.  Als  das  Gemisch  dann  auf  dem  Wasserbade  ab- 
gedampft wurde,  waren  eine  Mono- und  Dinitrosäure  ent- 
standen. Als  weitere  2  g  in  10  g  Eisessig  gelöst  und 
mit  10  g  Salpetersäure  (spez.  Gow.  1.52)  auf  dem  Wasser- 
bade  erwärmt  wurden,  bildete  sich  m-m-Dinitro-|>-tolyl- 
säure.  2  g  mit  10  g  rauchender  Salpetersäure  übergössen 
(spez.  Gew.  1.52),  ergaben  nach  dreiwöchentlichem  Stehen 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  Mononitrotolylessigsäure.  Das 
gleiche  Quantum  lieferte  mit  einer  Mischung  von  5  % 
rauchender  Säure  (1.52)  und  10  g  reiner  ■  Schwefelsäure 
Dinitroparatolyle9sigsäure.  Als  schliesslich  zur  Ans- 
schliefsung  jeder  Oxydationswirkung  5  g  rauchende 
Salpetersäure  und  10  g  reines  Schwefelsäurehydrat  anf 
— 10°  abgekühlt  und  3  g  Säure  mit  der  Vorsicht  eingetragen 
wurden,  dafs  die  Temperatur  nicht  höher  als  -}- 10°  stieg; 
wurde  ebenfalls  m-m-Dinitro-^-tolylessigsäure  erhalten. 

Bauer3  macht  über  den  Einflufs  verschiedener  Arte« 
des  Nitrierens  die  Angaben,  dafs,  wenn  man  fl 
einer  Lösung  von  Butyltoluoi  in  Eisessig  rauchende 
Salpetersäure  langsam  hinzufügt,  man  ein  mit  Wasser- 
dämpfen flüchtiges  Öl  erhält,  welches  sich  als  Mononitro- 
butyltoluoi  erweist.  Wenn  man  den  Kohlenwasserstoff 
aber  in  rauchende  Salpetersäure  unter  starkem  Abkühlen 
eintröpfelt  und  dann  bei  gewöhnlicher  Temperatur  steh» 
lüfst,  erhält  man  ein  Gemisch  von  Mono-,  Di-  und  Tri- 
derivaten.      Zum    Trinitrobutyltoluol,    dem     künstlichen 


1  B.  17.  2648.  —  8  Bissert  Freiburg  1891.  —  »  B.  24.  2835. 


Nitrieren.  335 

[oschus,  kommt  man  aber,  wenn  man  den  Kohlenwasser* 
;off  langsam  in  der  Kälte  in  das  fünffache  Gewicht 
ines  Gemenges  von  1  Teil  Salpetersäure  (spez.  Gew.  1,5) 
nd  2  Teilen  rauchender  Schwefelsäure  von  15%  Anhydrid- 
ehalt einträgt,  und  die  Mischung  sodann  8 — 9  Stunden 
uf  dem  Wasserbade  erwärmt.  Es  fällt  hernach  beim 
lingieisen  in  Wasser  ein  noch  nicht  ganz  reines  krystal- 
ixiisches  Trinitroderivat  aus,  welches,  um  zu  einem 
nalysenreinen  Präparat  zu  kommen,  am  besten  nochmals 
i  der  gleichen  Weise  nitriert  wird. 

Nibtzki  und  Rösel  l  kamen  zum  Tetraamidotoluol 
>,  dafs  sie  das  Diacetylderivat  des  m-Toluylendiamins 
ömischt  mit  20°/o  Harnstoffnitrat  in  die  sechsfache  Menge 
dt  Schwefelsäure  destillierter  Salpetersäure  allmählich 
Lutrugen  und  dabei  die  Reaktionstemperatur  stets  zwischen 
—  5°  und  10°  hielten.  Sie  bekamen  auf  die  Art  aufser  ein 
r«nig  Mononitroverbindung  Dinitrodiamidotoluol,  das  dann 
Dreh  Reduktion  den  Tetraamidokörper  lieferte. 

Manche  Nitrierungen  lassen  sich  nur  durch  ganz  reines 
alpetersäurehydrat  erzielen,  wie  es  die  Arbeiten  von 
Tietzki  und  Hagenbach  darthun.2  Es  gelang  ihnen 
Ämlich  z.  B.  selbst  bei  Anwendung  von  Salpeterschwefel- 
lure,  sowie  rauchender  Salpetersäure  von  1.52  spez.  Gew. 
Dr  die  Mononitroverbindung  des  Diacetylmetaphenylen- 
Umins  zu  erhalten,  und  erst,  als  sie  reines  Salpetersäure- 
ydrat  anwandten,  gelangten  sie  zu  einem  Dinitrodiacetyl- 
henylendiamin.  Dies  Hydrat  erhält  man  am  leichtesten 
QrchDestillation  rauchender  Salpetersäure  mit  der  doppelten 
chwefelsäuremenge,  und  sein  spezifisches  Gewicht  wurde 
:>n  ihnen  zu  1.533  bei  15°  gefunden. 

Eine  wirklich  völlig  wasserfreie,  nach  der  Formel 
N03  zusammengesetzte  Salpetersäure  kann  aber  nach 
.  Meyer3  nur  so  gewonnen  werden,  dafs  die  stärkste 
irch  Destillation  mit  Schwefelsäure  darstellbare  Säure 
t  Salpetersäureanhydrid  versetzt  und  der  Uberschufs  an 
tsem   titrimetrisch  bestimmt  wird,    worauf  noch  so  viel 


*  B.  23.  3216.  —  *  B.  20.  333.  —  s  B.  22.  23. 


336  Nitrieren. 

einer    etwas    wasserhaltigen  Säure    zugegeben    wird,  als 
zufolge  der  Analyse  notwendig  ist. 

Das  Anhydrid  wird  nach  Meyer  durch  Destillation 
einer  nahezu  wasserfreien  Salpetersäure  mit  Phosphor- 
Säureanhydrid  gewonnen,  die  sich  ohne  merkliche  Er- 
wärmung  miteinander  mischen.1 

Die  nitrierende  Wirkung  des  Salpetersaurenanhydriib 
selbst  ist  zwar  viel  heftiger  als  die  der  stärksten  Säure, 
geht  aber  nicht  weiter  als  diese. 

Die   allgemeine  Annahme,   dafs  verdünnte  Salpeter- 
säure auf  aromatische  Verbindungen  meist  als  oxydierendes 
Agens  wirkte,  läfst  sich  nach  den  Versuchen  von  Nobtoh 
und  Allen2  nicht  aufrecht  erhalten.     Fritzsche8  hatte 
schon  im  Jahre  1859  gefunden,  dafs  man  reichlich  Nitro- 
phenol  erhält,   wenn  man  2  Teile  Phenol  in  100  Teilen 
heifsen  Wassers  löst  und  der  Auflösung  3  Teile  rauchende 
Salpetersäure  zusetzt.   Diese  Beobachtung  war  aber  gam 
vereinzelt  geblieben.     Die  genannten  Autoren  haben  die 
Einwirkung    einer    Salpetersäure    von    1.029  spez.  Gew- 
(etwa  4%)  in  dieser  Hinsicht    geprüft   und  1   g  Methyl— 
acetanilid    in    100   ccm    von    ihr    aufgelöst    und   unter" 
Rückflufs  zum  Sieden  erhitzt.  Nach  zweistündigem  Kochet» 
schied  sich  beim  Erkalten  Dinitromethylanilin  aus;  selb»* 
mit  einer  halb  so  starken  Salpetersäure  erhielten  sie  nock 
diese  Verbindung,    aber   weniger   leicht.     Äthylacetanilid 
verhielt  sich  ebenso.    Phenylacetanilid  (Aoetdiphenylamifli 
ging    in    Trinitrodiphenylamin    über.     Das   Kochen  von 
Phenylbenzanilid     mufste    tagelang    fortgesetzt    werden; 
neben    dem    erhaltenen  Trinitrodiphenylamin    blieb  aber 
viel  Ausgangsmaterial  unverändert.    Es  ist  wahrscheinlich 
dafs  die  Einführung  der  Nitrogruppen  um  so  leichter  tob 
statten    geht,    je    leichter   sich    die  Säuregruppe  aus  den 
Aniliden  entfernen  läfst. 

Lellmann  und  Donner4  fanden  bei  der  Prüfung 
des  Verhaltens  des  Phenacyltoluidins  gegen  Salpeter- 
säure,    dafs    die    22%ige    wässerige    Säure    bereits  ia 


1  J.  pr.  Ch.  114.  342.   —  2  B.  18.  1995.  —  3  Ann.  110.  151. 
4  B.  23.  169. 


Nitrieren.  337 

itande     ist,     die     Base     in     eine     Mononitroverbindung 

DA. .  C6H4 .  N02 .  NH .  CH2 .  CO .  C6H5  umzuwandeln,  wäh- 
rend eine  65%ige  Säure  zu  einer  Dinitroverbindung  führt. 

Da  sich  die  tertiären  Alkohole  der  Fettreihe  in 
manchen  Beziehungen  mit  den  Phenolen  vergleichen 
lassen,  erscheint  die  Möglichkeit  einer  Nitrierung  der- 
selben a  priori  nicht  ausgeschlossen.  Beide  Körperklassen 
enthalten  die  Gruppe  COH,  welche  nur  mit  anderen 
KohlenstofFatomen  in  Verbindung  gedacht  werden  kann. 
Sollte  eine  Oxydation  stattfinden,  so  mufs  Zerstörung  des 
Moleküls  erfolgen,  ein  Umstand,  welcher  der  Ausführung 
der  Nitrierung  nur  günstig  sein  kann.  Von  diesen  Be- 
trachtungen geleitet,  liefs  Lieben  durch  Haitinöer1  die 
Einwirkung    von  Salpetersäure   auf  den   tertiären  Butyl- 

alkohol  das  Trimethylkarbinol  ch8>C<OH   untersuchen. 

Nachdem  er  den  Alkohol  zu  der  kalt  gehaltenen 
Salpetersäure  hatte  allmählich  zufliefsen  lassen  (diese 
Methode  erwies  sich  als  die  beste),  kam  er  schliefslich 
zu  einer  Flüssigkeit,  die  er  mit  entwässertem  Salpeter- 
säuren Kalk  trocknete,  und  welche  sich  als  Nitrobutylen 
©rwies;  die  Ausbeute  betrug  8 — 10%  des  angewandten 
Alkohols.  An  einer  anderen  Stelle2  beschreibt  er, '  wie 
num  denselben  Körper  auch  erhalten  kann,  wenn 
toan  Isobutylengas  in  langsamem  Strome  durch  einen 
Absorptionsturm  leitet,  in  welchen  von  oben  Salpetersäure 
in  solcher  Menge  tröpfelt,    dafs  das  abfliefsende  Produkt 

San  gefärbt  ist.     Nitroäthylen  ist  aber  auf  diesem  Wege 
um  gewinnbar. 

Hat  man  aromatische  Säuren  zu  nitrieren,  so  kann 
man  statt  von  ihnen  von  ihren  Salzen  ausgehen. 

Die  Nitrierung  in  einer  ätherischen  Lösung  hat 
Benedict3  ausgeführt.  Er  löste  10  g  Brenzkatechin  in 
>00  ccm    Äther   und    versetzte   die   Lösung   mit    4  ccm 


1  Ann.  193.  368.  —  a  M.  Ch.  2.  286.  —  :i  M.  Ch.  3.  386. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.      2.  Aufl.  22 


338 


Nitrieren. 


rauchender  Salpetersäure.  Nach  24  ständigem  Stehen 
enthielt  der  Äther  Mononitrobenzkatechin.  Engend 
wurde  in  derselben  Weise  behandelt  und  lieferte  nahezu 
quantitativ  Nitroeugenol.  Die  Verarbeitung  der  Lösung 
fand  so  statt:  Aus  der  rotbraunen  Flüssigkeit 
nach  24  Stunden  die  Hauptmasse  der  nicht  in 
getretenen  Salpetersäure  durch  tropfenweisen  Zusatz  tw 
alkoholischem  Kali  ausgefällt,  dann  wurde  das  flüssig« 
vom  Kaliumnitrat  abgesogen  und  neuerdings  so  lang» 
mit  alkoholischer  Kalilauge  versetzt,  als  noch  ein  roter 
Niederschlag  von  Nitroeugenolalkalium  entstand,  welcher 
in  Wasser  gelöst  und  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
zerlegt  wurde. 

Die  des  Zusammenhanges  halber  bereits 
Nitrierung  in  essigsaurer  Lösung  scheint  für  viel* 
Zwecke  deshalb  recht  verwendbar,  weil  man  bei  ihr  mit 
berechneten  Mengen  Salpetersäure  auskommen  büß 
Cosak1  z.  B.  löste  10  g  Paraacettoluid  in  45  g  Eisessigu^ 
versetzte  die  Lösung  mit  der  berechneten  Menge  Salpeter 
säure  (37  g  von  1.47  spez.  Gew.).  Hierbei  ist  ü* 
Bildung  von  Dinitroprodukten  an  und  für  sich  fast  «fr 
geschlossen,  da  nie  Salpetersäure  im  Überschufs  vorhanden, 
und  andererseits  ihre  Einwirkung  durch  die  Gegenwflt 
des  Eisessigs  geschwächt  ist. 

Stadel  und  Kolb2  mischten  140  g  w-Kresol  v& 
140  g  Eisessig,  kühlten  auf  — 5°  ab  und  liefsen  langst 
eine  auf  — 15°  abgekühlte  Mischung  von  200  g  Salpeter- 
säure (spez.  Gew.  1.5)  mit  400  g  Eisessig  einfließe«. 
Während  der  IV2  Stunden,  die  dieses  dauerte,  stiegt 
Temperatur  nicht  über  — 1°.  Alsdann  wurde  die  «*" 
braune  Masse  auf  1  kg  Eis  gegossen  und  noch  flu 
1.5  kg  Wasser  vermischt.  12  Stunden  später  wurf* 
die  Krystalle  auf  dem  Filter  gesammelt  und  das  Filtw* 
mit  Äther  ausgeschüttelt.  Auch  dessen  Rückstand  wurde» 
die  Krystalle  mit  Wasserdampf  destilliert,  und  so  wfflfa 
39  +  12  g  flüchtiges  und  47  +  18  g  nicht- flüchtig« 
Nitro-m-Kresol  erhalten. 


1  B.  13.  1088.  —  2  Ann.  259.  210. 


Nitrieren.  339 

Viel  häufiger  als  ein  Gemisch  von  Eisessig  und 
Salpetersäure  wird  das  ebenfalls  schon  erwähnte  Gemisch 
von  Salpetersäure  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  an- 
gewendet. Die  sogenannte  „Nitrosäure",  ein  Gemisch 
von  konzentrierter  Schwefelsäure  vom  spez.  Gew.  1.846 
mit  Salpetersäure  vom  spez.  Gew.  1.385 — 1.440,  die 
zuerst  von  Schönbein1  1846  zur  Gewinnung  von  Schiefs- 
baumwolle durch  Nitrieren  von  Baumwolle  verwendet 
worden  ist,  ist  nach  Eriedländer2  in  der  Technik 
überall  an  Stelle  der  früher  angewandten  kostspieligen 
und  unbequem  zu  verarbeitenden  rauchenden  Salpeter- 
säure getreten,  und  gestattet  infolge  der  wasserentziehenden 
Wirkung  der  Schwefelsäure  ein  Arbeiten  mit  nahezu  der 
theoretischen  Menge  Salpetersäure  bei  völliger  Aus- 
nutzung derselben. 

Man  arbeitet  mit  dem  Gemisch,  wie  mit  der  Salpeter- 
säure selbst.  Benzol,  Toluol,  Xylol  werden  mit  ihm  in  der 
Kälte  nitriert,  Naphtalin  bei  40 — 50°.  Dinitrobenzol  etc. 
erhält  man  durch  Einwirkung  von  Nitrosäure  in  der 
Wärme  auf  die  entsprechende  Mononitroverbindung. 

Nach  Armstrong  und  Rossiter3  wirkt  die  Schwefel- 
säure nicht  allein  in  dem  Sinne,  dafs  sie  die  Konzentration 
der  Salpetersäure  auf  ihrer  Höhe  erhält,  sondern  sie  giebt 
aus  von  ihnen  geltend  gemachten  theoretischen  Gründen 
der  Umsetzung  eine  bestimmte  Richtung. 

In  den  Laboratorien  benutzt  man  natürlich  auch 
andere  Mischungsverhältnisse,  als  sie  in  der  Technik  üblich 
sind.  So  übergofs  Schultz4  3  Teile  Diphenyl  in  einem 
Kolben  mit  6  Teilen  konzentrierter  Salpetersäure  von 
1,45  spez.  Gew.  und  1  Teil  konzentrierter  Schwefelsäure. 
Zur  Beendigung  der  sich  teilweise  schon  in  der  Kälte 
vollziehenden  Reaktion  wurde  noch  kurze  Zeit  gekocht, 
worauf  beim  Erkalten  das  Ganze  zu  einem  Krystallbrei 
erstarrte.  Nach  diesem  Verfahren  erhält  man  das  Dinitro- 
diphenyl  leicht  und  frei  von  seinen  Isomeren,  wenn  man 


1  Pogg.  Ann.  70.  320.  und  Phil  Mag.  3.  31.  7. 
8  Fortschritte  der  Teerfarbenfabrikation  3. 
8  B.  24.  R.  721.  —  4  Ann.  174.  221. 


22* 


340  Nitrieren. 

die    an  der    Pumpe   gut    abgesogenen   und  gewaschenen 
Krystalle  einige  Male  mit  Alkohol  auskocht. 

Bladin1  kochte  10  g  Phenyltriazolkarbonsäure  mit 
100  g  rauchender  Salpetersäure  und  50  g  konzentrierter 
Schwefelsäure  8 — 10  Minuten,  worauf  nach  dem  Eingießen 
in  Schneewasser  11,5g  Nitrophenyltriazolkarbousäure  er- 
halten wurden. 

C6H4.N02-N N 


H00C-C\/CH 

Der  Zusatz  rauchender  Schwefelsäure  ist  bei  der  Dar- 
stellung des  künstlichen  Moschus  (Seite  335)  bereits  er- 
wähnt. 

Der  Einflufs  der  Temperatur  ist  auf  den  Verlauf  auch 
dieser  Reaktion  und  auf  die  Ausbeute  natürlich  von  be- 
deutendem Einflufs. 

Klinger  und  Zuurdeeg2  nitrierten  Azoxybenzol  so, 
dafs  sie   20  g   desselben   mit  einer  Mischung  von  200  g 
Salpetersäure  (spez.  Gew.  1,50)  und  100  g  Schwefelsäure 
(spez.  Gew.  1,80)  übergössen.    Giefst  man  diese  Mischung" 
gleich  in  Wasser,  so  erhält  man  ein  stark  harziges  Pro- 
dukt.    Kühlten  sie  sie  aber  während  des  Nitrierens  stark: 
ab,  so  hatte  sich  nach  24  Stunden  die  gröfste  Menge  des 
entstandenen  Trinitroazoxybenzols  frei  von  harzigen  Ver- 
unreiniguugen  abgeschieden.     Aus  60  g  Azoxybenzol  er- 
hielten sie  nach  Kühlung  auf  — 20°  55  g,  nach  Kühlung 
auf  — 10°  35  g  Rohprodukt,  während,  als  sie  65  g  Azoxy- 
benzol bei  -(-10°  verarbeiteten,  selbst  nach  längerer  Zeit 
aus  dem  Gemische  sich  nichts  ausschied. 

Das  schon  einmal  erwähnte  Trinitron aphtol  (Seite  333) 
erhielten  Dtehl  und  Merz3  mit  Hülfe  des  Säuregemisches 
in  folgender  Art :  Sie  zerrührten  fein  gepulvertes  Dinitro- 
naphtol  in  überschüssiger  konzentrierter  Schwefelsäure. 
Die  Mischung  wurde  gut  gekühlt  und  nun  rauchende  in 
Schwefelsäure  gelöste  Salpetersäure  zufließen  gelassen. 
Nach  längerem  Stehen  wird  die  Flüssigkeit  in  Eiswasser 
gegossen.     Der  herausfallende  Niederschlag  ist  der  Haupt- 

1  B.  25.  742.  —  2  Ann.  255.  319.  —  3  B.  11.  1661. 


Nitrieren.  341 

äache  Dach  Trinitronaphtol.     Durch  Variieren  der  Menge 

der  angewandten  Säuren  suchten  sie  die  Bedingungen  für 

die  beste   Ausbeute   festzustellen.      Schliefslich  erhielten 

sie  aus  lüO  g  Dinitrouaphtol  25  ccm  Salpetersäure  und 

1500  g  konzentrierter  Schwefelsäure  nach  lOtägigem  Stehen 

83,9°/o  der  theoretischen  Ausbeute.     Die  Reaktionsmasse 

stand  ^während  der  10  Tage  in  kaltem  Wasser  und  wurde 

täglich,    umgerührt,    um    so    die    Mischung    homogen    zu 

haitön ,  was  von  wesentlichem  Belang  zu  sein  schien. 

In  betreff  der  Quantität  an  Ortsisomeren,  welche 
man  bei  Nitrierung  aromatischer  Verbindungen  erhält, 
kann  aber  die  Verwendung  der  Salpetersäure  und  der 
Nitrosäuie  sehr  verschiedene  Resultate  geben.  So  liefert 
nach.  Nölting1  Toluol  mit  Salpetersäure  allein  vor- 
^ff^nd  Para-  (etwa  66%),  mit  Salpeterschwefelsäure 
jedocyh  hauptsächlich  (auch  etwa  60—66%)  Orthonitro- 
tolnol.  Die  Temperatur  beim  Nitrieren  und  die  Konzen- 
tration der  Säuren  beeinflussen  jedenfalls  auch  hier  die 
Mengenverhältnisse  der  Isomeren.2 

viele  schwer  nitrierbare  Körper  werden  auch  so  nitriert, 
dafe     man    sie    mit    Schwefelsäure    überliefst    und    dann 

Ol  •  •  • 

oalpeter  zugiebt  oder  in  umgekehrter  Reihenfolge  verfährt. 

Namentlich    in    älteren  Zeiten    war   diese  Methode   sehr 

beliebt.   So  nitrierte  Gerland4  Benzoesäure,  indem  er  sie 

mit  dem  doppelten  Gewicht  Salpeter  in  einer  Reibschale 

mengte    und    ein    diesem    gleiches    Gewicht    englischer 

Schwefelsäure  zusetzte.     Die  Ausbeute  soll  eine  gute  sein. 

Und  in   neuerer  Zeit   ist  das  Verfahren  wieder  recht  in 

Aufnahme  gekommen. 


1  B.  18.  2672. 

8  Anmerkung.  Dies  Verhalten  ist  oft  von  gröfster  Wichtig- 
keit in  technischer  Beziehung.  So  scheiterte  die  technisch  wohl 
ausfahrbare  BAEYERsche  Synthese  des  Indigo  daran,  dafs  bei  der 
Nitrierung8  sich  neben  dem  für  diesen  Prozefs  gebrauchten  Ortho- 
nitrozimmtsäureester  gleichzeitig  so  viel  von  der  ziemlich  werth- 
losen  Paraverbindung  bildete,  dafs  das  Verfahren  dadurch  in 
ökonomischer  Beziehung   undurchführbar  wurde. 

8  Caro.     B.  25.  B.  987.  —  *  Ann.  91.  187. 


342  Nitrieren. 

Zum  o-Nitro-m-chlorbenzaldehyd  —  die  Darstellung 
der  Paraverbindung  nach  Erdmann  haben  wir  bereite 
kennen  gelernt  —  kommt  man  nach  Eichengrün  und  Ens- 
hörn1  so,  dafs  man  in  eine  gut  gekühlte  Lösung  von 
11  g  Salpeter  in  200  g  Schwefelsäure  mittelst  eines 
kapillaren  Hebers  tropfenweise  15  g  m-Chlorbenzaldehyd 
unter  fortwährendem  Rühren  einfließen  läfst.  Am  besten 
hält  man  die  Temperatur  des  Nitrierungsgemisches  unter 
0°.  Einige  Stunden  nach  beendeter  Reaktion  gie&t  man 
auf  Eis,  wodurch  der  gebildete  o-Nitro-w-chlorbenzaldehyd 
krystallinisch  ausgeschieden  wird. 

Täuber2  trägt  28,2  g  (Vio  Mol.]  reines  Benzidin- 
sulfat  unter  Umrühren  in  300  g  Schwefelsäure  ein.  Durch 
Anwärmen  unterstützt  er  die  völlige  Lösung  und  kühlt 
dann  wieder  auf  10 — 20°  ab,  bei  welcher  Temperatur 
sich  Benzidinsulfat  noch  nicht  wieder  ausscheidet.  Nun 
giebt  er  langsam  20,2  g  (2/io  Mol.)  Kalisalpeter  zu, 
rührt  noch  einige  Stunden  und  giefst  die  Reaktionsmasse 
in  die  dreifache  Menge  Wasser.  Es  fällt  ein  wenig  eines 
gelbbraunen  Niederschlages,  von  dem  man  abfiltriert. 
Soda  schlägt  dann  aus  Piltrat  das  rohe  m-Dinitrobenzidin 
nieder. 

Löst  man  Oxyazobenzolsulfosäure8  in  Schwefelsäure  von 
66°  B.,  trägt  in  die  Lösung  unter  gutem  Rühren  bei 
10—20°  Kalisalpeter  ein,  setzt  das  Rühren  noch  2  Stunden 
fort  und  giefst  alsdann  in  Wasser,  so  scheidet  sich  in 
quantitativer  Ausbeute  die  Nitrooxyazobenzolsulfosäure  ans. 

Seitz4  kam  zu  einer  Dinitroverbindung  des  /8-Naphto- 
chinaldins,  als  er  das  trockene  salpetersaure  Salz  der  Base 
in  englische  Schwefelsäure  eintrug. 

Sind  die  Körper  sehr  schwer  nitrierbar,  so  verfährt  man 
auch  so,  dafs  man  sie  mit  der  Schwefelsäure  etwa  auf  lw 
erwärmt  und  alsdann  die  berechnete  Menge  Salpeter 
zugiebt. 

Über  die  Gewinnung  der  Nitrokörper  aus  den  stark 
sauren  Lösungen,  in  welchen  sie  entstehen,  wäre  folgen- 

l  Ann.  262.  136.  —  2  B.  23.  795.  —  :l  D.  B.-P.  61571. 
4  B.  22.  257. 


Nitrieren.  343 

zu  sagen.  Erwähnt  ist  bereits  worden,  dafs  sich 
iche  von  ihnen  direkt  krystallisiert  abscheiden,  die 
.sten  aber  durch  Eingießen  der  sauren  Lösung  in  Wasser 
rönnen  werden,  in  welchem  sie  unlöslich  zu  sein 
>gen.  Treten  diese  beiden  Fälle  nicht  ein,  so  werden 
l  die  Nitroverbindungen  aus  ihrer  wässerigen  Lösung 
;  Äther  ausschütteln  lassen.  Zur  Vermeidung  dieser 
beit,  oder  falls  das  Ausschütteln  nicht  angänglich, 
in  man  die  Salpetersäure  vorsichtig  auf  dem  Wasser- 
Le  abdampfen,  indem  man  von  Zeit  zu  Zeit  Alkohol 
etzt,  um  Konzentrierung  der  Säure  zu  vermeiden.  Oder 
n  neutralisiert  die  Säure  mit  Natriumkarbonat,  bevor 
n  zum  Abdampfen  schreitet,  und .  extrahiert  den  ge- 
ßkneten  Rückstand  mit  Alkohol,  Äther  etc. 

Süida  und  Plohn1  hatten  Äthylphenol  durch  Ein- 
isenlassen  in  rauchende  Salpetersäure  nitriert  und 
dünnten  darauf  mit  Wasser.  Der  gröfste  Teil  des 
troäthylphenols  fiel  aus;  den  in  Wasser  gelösten  Rest 
mannen  sie  so,  dafs  sie  die  Lösung  nach  Neutralisation 
b  Ammoniak  mit  Bleizuckerlösung  fällten.  Der  er- 
tene  Niederschlag  war  sehr  explosiv  und  wurde  deshalb 

feuchtem  Zustande  durch  Säurezusatz  wieder   zerlegt. 

ltener  zur  Nitrierung  verwendete  Methoden. 

Allgemein  verwendbar  ist  die  Methode  den  zu  nitrieren  - 
Q  Körper  in  Eisessig  zu  lösen  und  in  die  Lösung  die 
im  Erhitzen  von  Bleinitrat  entstehenden  Dämpfe  ein- 
leiten. 

Oxydation  von  Nitrosokörpern  rnufs  ebenfalls  Nitropro- 
it  liefern.  So  behandelte  Schraube2  Nitrosodimethylani- 
i  mit  einer  alkalischen  Lösung  von  Ferricyankalium  und 
t  einer  solchen  von  Kaliumpermanganat.  Auf  beide 
rten  kam  er  zum  Nitrodimethylanilin,  welches  er  aus 
Q  Lösungen  mit  Äther  extrahierte.  Da  das  Nitro- 
nethylanilin  sich  nur  schwer  mit  Äther  ausschütteln 
st,  empfiehlt  Wurster,3  der  die  Methode  mit  Kalium- 
•manganat  wiederholte,  die  Masse  auf  dem  Wasserbade 


1  M.  Ch.  1.  182.  —  2  B.  8.  620.  —  8  JB.  12.  529. 


344  Nitrieren. 

zur  Trockene  zu  bringen   und  hernach  mit  Benzol  aus- 
zuziehen. 

C«H<<NO  E']*  +  °  =  C  A<  SSf Jl" 
Auch  Natriumnitrit  vermag  in  saurer  Lösnng  ni- 
trierend zu  wirken.  So  liefe  Niementowsky1  zu  einer  1 
Lösung  von  Tetramethyldiamidotoluol  in  Eisessig  Nafahm- 
nitritlösung  fliefsen,  solange  noch  eine  Trübung  entstand. 
Die  durch  Umkrystallisieren  aus  Petroläther  gereinigte 
Abscheidung  erwies  sich  statt  des  erwarteten  Nitrosamins 
als  Mononitrotetramethyldiamidotoluol. 

/(3)N(CHS), 
(1)CH8.C6H2H4)N(CH8)2; 
\?)N02 

es  hatte  also  einfache  Nitrierung  stattgefunden. 

Deninger2  nitrierte  ebenfalls  mit  Erfolg  Amine  und 
phenolartige  Körper  durch  nascierende  salpetrige  Säure- 
Die  Amine  gehen  hierbei  natürlich  durch  ihre  Diazo- 
verbindungen  hindurch  gleich  weiter  in  Phenole  über. 

Die  Ausbeuten,  welche  sehr  gute  sein  können,  hängen 
durchaus  von  den  Versuchsbedingungen  ab.  Für  Anilin 
verfährt  man  am  besten  folgender  Art:  10  g  Anilin» 
20  ccm  englische  Schwefelsäure  und  80  ccm  Wasser  werden 
zusammengebracht  und  unter  15°  abgekühlt.  Dannsebt 
man  ca.  300  g  käufliches  Natriumnitrit  in  100  ccm  Wasser 
gelöst  so  zu,  dafs  das  erste  Drittel  unter  Abkühlung,  dtf 
Rest  aber  ziemlich  rasch  und,  ohne  zu  kühlen,  zufliefst.  K* 
Lösung  wird  in  einem  grofsen  Gefäfse  in  ein  kochendes 
Wasserbad  gestellt  und  sofort  kochende,  mäfsig  verdünnte 
Schwefelsäure  (50  ccm  Säure  und  50  ccm  Wasser)  so 
schnell,  als  es  die  heftige  Einwirkung  gestattet,  zugegeben 
Sobald  die  Reaktion  vorüber,  destilliert  man  mit  Wasser 
dämpfen  die  entstandene  Orthoverbindung  ab.  Dwc 
Umkrystallisieren  aus  Wasser  oder  Salzsäure  gewinnt  ma 
aus  dem  Rückstand  die  Paraverbindung.  Ausbeute  4,1 
Ortho-  und  3,3  g  Paranitrophenol. 

Arbeitet   man   mit  Körpern,    deren  Parasteile  bese 
ist,    z.  B.    Parabenzidin    oder   Paratolidin,    so   wird  • 

1  B.  20.  1890.  —  2  J.  pr.  (Jh.  148.  298. 


Nitrieren.  345 

äbeute  fast  die  theoretische.    So  lieferten  50  g  Tolidin 
70  g  Dinitrodikresol. 

Suspendiert  man  Salicylsäure  in  Wasser  und  giebt 
viel  Natriumnitrit  zu,  dafs  auf  1  Mol.  der  ersteren 
Mol.    Nitrit    kommen,    so   löst    sich    nach    und    Dach 

Salicylsäure.  Setzt  man  dann  so  lange  konzentrierte 
rwefeLsäure  zu,  bis  sich  die  Flüssigkeit  auf  60°  er- 
rmt  hat,  und  erhitzt  weiter  auf  dem  Wasserbade,  bis 
ne  nitrosen  Dämpfe  mehr  entweichen,  so  scheidet  sich 
m  Erkalten  ein  Gemenge  von  Salicylsäure  und  asym- 
trischer  Nitrosalicylsäure  ab;  die  Ausbeute  an  letzterer 
Tagt  80%.  Noch  bessere  Ausbeute  erzielt  man  beim 
beiten  in  eisessigsaurer  Lösung;  aus  10  g  Salicylsäure 
rden  so  11  g  Nitrosäure  erhalten. 

Später  teilte  im  Anschlufs  hieran  Deninger1  mit, 
fe,  während  man  bekanntlich  durch  Salpetersäure  aus 
c  Salicylsäure  fast  nur  die  asymmetrische  Nitrosäure 
m  Schmelzpunkt  228°  erhält  und  die  isomere  Säure 
m.  Schmelzpunkt  144°  sich  nur  in  geringer  Menge 
det,  man  nach  seinem  Verfahren  die  eine  oder  die 
dere  dieser  beiden  Verbindungen,  und  dazu  in  weit 
werer  Ausbeute  als  bisher,  erhalten  könne.  Auch  aus 
p  Paraoxybenzoesäure  bekommt  man  nach  seiner  Art 
s  Arbeitens  die  entsprechende  Nitrosäure  (COOH .  N02 . 
3 — 1.3.4.)  in  einer  Ausbeute  von  90%  der  Theorie. 
ir  Gewinnung  der  as-m-Nitrosalicylsäure  (COOH. OH. 
02. — 1.2.5.)  verrührt  man  100  g  Salicylsäure  mit 
•0  g  Natriumnitrit  und  150  ccm  Wasser  und  giebt  hierzu 
agsam  1.2  1  Schwefelsäure  (spez.  Gew.  1.52),  welche 
cht  über  15°  warm  sein  darf.  Nach  ca.  4  Stunden 
ird  auf  50°  erwärmt  und  dann  noch  einige  Zeit 
)hen  gelassen,  bis  keine  nitrosen  Dämpfe  mehr  ent- 
liehen, worauf  man  auf  dem  Wasserbade  erhitzt.  Die 
im  Erkalten  ausgeschiedenen  Krystalle  sammelt  man 
f  dem  Filter,  krystallisiert  sie  zweimal  aus  Wasser  um, 
I  erhält  so  85  g  der  Nitrosäure. 


1  J.  pr.  Ck.  150.  550. 


346  Nitrieren. 

Wenn  man  100  g  Salicylsäure  mit  170  g  Natrium- 
nitrit  und  '150  ccm  Wasser  mischt  und  hierzu  rasch  1 1 
Schwefelsäure  (spez.  Gew.  1.52)  Ton  60°  giebt,  muls 
man  wegen  der  überaus  heftigen  Reaktion  ein  grobes 
Gefäß*  nehmen,  welches  die  ganze  Zeit  auf  einem  kochenden 
Wasserbad  stehen  soll.  Ist  die  Masse  inzwischen  nicht 
rot  geworden,  so  setzt  man  noch  ca.  100  ccm  englische 
Schwefelsäure  zu.  Filtriert  man  nach  dem  Erkalten  da 
Ausgeschiedene  ab,  löst  es  in  Wasser  und  kocht  länge» 
Zeit  mit  Tierkohle,  wobei  zugleich  das  entstandene 
Nitrophenol  fortgeht,  so  erhält  man  nach  nochmalige! 
Krystallisieren  aus  Wasser  70  bis  80  g  der  tJ-w-Nitro- 
salicylsäure  (Schmelzpunkt  144). 

Goldschmidt1  nitrierte  Pyren  in  der  Hoffnnnj 
Isomere  der  bekannten  Nitroprodukte  zu  erhalten,  so, 
daCs  er  den  in  Äther  gelösten  reinen  Kohlenwasserstof 
über  eine  mäfsig  konzentrierte  Lösung  von  Kaliumnitri' 
schichtete  und  aus  einem  Tropftrichter  langsam 
verdünnte  Schwefelsäure  einfliefsen  lieis.  Er  erhielt 
nur  bereits  bekanntes  Dinitropyren  neben  wenig  Mono 
Verbindung. 

Griess  wies  im  Verlaufe  seiner  Untersuchungen  übe: 
die  Diazokörper  nach,  dafs  sie  beim  Erwärmen  mi 
Salpetersäure  in  zweifach  nitrierte  Phenole  übergehen 
Daraus  erklärt  sich,  dafs,  wenn  man  Amide  mit  über 
schüssiger  Salpetersäure  kocht,  man  Dinitrophenole  erhall 
Zuerst  hat  Ballo2  diese  Reaktion  aufgefunden  nw 
bemerkt,  dafs  sich  Naphtylamin  mit  Salpetersäure  v« 
selbst  erhitzt  und  das  Endprodukt  der  Einwirkt^ 
Binitronaphtol  ist.  Er  stellte  jener  Zeit  die  merkwürdig 
Gleichung  auf 

C13H7NH2  +  3N08H=  C10H5<{g°^  +  NO,NH4  +H.0. 

Die  Ausbeute  des  Verfahrens  ist  speziell  bei  die« 
Körper  eine  so  vorzügliche,  dafe  er  noch  heute  na 
dieser  Reaktion  technisch  dargestellt  werden  soll. 

1  M.  Ch.  2.  580.  —  2  Z.  Ch.  1870.  51. 
8  B.  18.  1338. 


Nitrieren.  347 

Nölting  und  Wild1  versuchten  dann,  ob  bei  An- 
adung von  nur  1  Mol.  Salpetersäure  auf  den  Diazo- 
•per  sich  Monitrophenole  bilden  würden.  Der  Erfolg 
itätigte    ihre   Erwartungen.      Sie    führten   das    Anilin 

folgender    Art    in    Monitrophenol    über.      Nachdem 

g  desselben  in  150 — 200  g  konzentrierter  Schwefel- 
ue  und  2  1  Wasser  gelöst  waren,  wurden  zu  der  mit 
i  gekühlten  Lösung  69  g  Natriumnitrit  gegeben. 
nige  Zeit  später  wurden  119  g  Salpetersäure  von 
&35  spez.  Gew.  (=  63  g  HN03)  hinzulaufen  gelassen, 
i  hierauf  das  Ganze  am  Rückflufskühler  bis  zum 
ifhören  der  Stickstoffentwickelung  erhitzt.  Nach  Um- 
irung  des  Kühlers  destillierten  sie  alsdann  das  Ortho- 
rophenoi  mit  den  Wasserdämpfen  ab ;  im  Rückstand 
ibt  das  Paranitrophenol,  welches  durch  einmaliges 
akrystallisieren  aus  Wasser  rein  erhalten  wird.  Von 
den  Isomeren  erhält  man  etwa  die  gleichen  Mengen 
vorzüglicher  Ausbeute.  Die  Umsetzung  erfolgt  nach 
r  Gleichung 

C6H6N  :  N.SOJ3  +  HN03  =  C6H4(N02)0H  +  N,  +  H,S04. 

Paratoluidin  gab  ebenfalls  gute,  Orthotoluidin  mäfsige 
d  Naphtylamin  geringe  Ausbeute. 

Fittica1  nitrierte,  um  zur  vierten  (!)  Nitrobenzoesäure 

kommen,  seine  Benzoesäure  so,  dafs  er  1  Mol. 
«selben  in  wasser-  und  alkoholfreiem  Äther  löste  und 
)  mit  1  Mol.  Äthylnitrat  vermischte  Lösung  in 
ozentrierte,  nicht  rauchende  Schwefelsäure  eintröpfeln 
fe.     Es   bildete    sich    auch  viel    Nitrobenzoesäureester 

8.  w.     Auf  dieselbe  Art  nitrierte  er  Benzaldehyd. 

Sandmeyer  2  hat  es  nach  seiner  Methode  sogar  ermög- 
bt  Amidogruppen  aromatischer  Verbindungen  in 
trogruppen  überzuführen :  9  g  Anilin,  50  g  Wasser  und 
g  Salpetersäure  (spez.  Gew.  1.4)  wurden  gemischt  und 
nählich  unter  Kühlung  15  g  Natriumnitrit,  gelöst  in 
ccm  Wasser,  zugesetzt.  Die  so  erhaltene  Lösung  wurde 
£sam  zu  einer  in  einem  Kolben  befindlichen  Kupfer- 
dulmischung    gegossen;     das   Ganze  blieb    1   Stunde 


1  J.  pr.  Ch.  125.  189.  —  *  B.  20.  1494. 


348  Nitrieren. 

stehen,  weil  die  Stickstoffentwickelung  so  lange  andauert 
Durch  Destillation  wurden  schliefslicli  5  g  Nitrokm 
gewonnen. 

Die  zu  derartigen  Umsetzungen  nötige  Kupferlösu 
gewinnt  er  so :  50  g  krystallisierter  Kupfervitriol  (2  Hc 
und  15  g  gewöhnlicher  Traubenzucker  werden  in  100« 
Wasser  durch  Erhitzen  gelöst  und  zu  der  siedenden,  el 
vom  Feuer  genommenen  Flüssigkeit  eine  erkaltete  Löfl 
von  20  g  Natron  in  60  g  Wasser  auf  einmal  zngesel 
Sobald  unter  Umschütteln  alles  Kupfer  in  Kupferoxy* 
verwandelt  ist,  wird  rasch  abgekühlt,  und  die  Misch 
zur  Abstumpfung  "des  unverbrauchten  Natrons  bis  : 
neutralen  oder  schwach  sauren  Reaktion  mit  Essigsft 
versetzt. 

Schliefslich  soll  noch  bemerkt  werden,  dafe  Ihefh 
gefunden  hat,  dafs  bei  Einwirkung  von  rancheD 
Salpetersäure  auf  Benzolsulfonamidoessigsäure 

HOCOCH2NHSO,C6H8 
keine  Nitro-,  sondern  eine  Nitrosoverbindung 

HOCOCH2NNOSOaC6H6 
entsteht. 

Nitrokörper  der  Fettreihe. 

Zu  Nitrokörpern  der  Fettreihe  kann  man,  wie  sei 
erwähnt,  nur  durch  doppelte  Umsetzung  mit  sapet 
saurem  Silber,  an  dessen  Stelle  nach  Kolbe  2  für  man 
Zwecke  auch  salpetrigsaures  Kalium  verwandt  wer 
kann,  kommen. 

Die  Methode  rührt  von  V.  Meyer3  her.  Die  weni 
vorher  erhaltenen  aliphatischen  Nitrokörper  finden  i 
auf  den  ersten  Seiten  seiner  Arbeit  zusammengestelli 

Die  Darstellung    des   Silbernitrits  erfolgt   naoh 
zweckmäfsig  so:  konzentrierte  Lösungen  von  Silbern 
(2400  g)  und  Kaliumnitrit  (1500  g)  werden  lauwann 
einander    gemischt  und   erkalten   gelassen.     Der  Ni< 
schlag    von    Silbernitrit    ist    dann     leicht     und    sei 


1  B.  22.  B.  692.  —  2  J.  pr.  Ch.  113.  427.  —  •  Ann.  17 


Nitrieren.  349 

waschbar.  Die  Darstellung  des  Nitroäthans  führt  er 
folgender  Weise  aus: 

2090  g  so  dargestelltes  Silbernitrit  wurden  in  einen 
-fiumigen  Bundkolben  gebracht,  der  mit  einem  doppelt 
rchbohrten  Kork  geschlossen  war.  Vermittelst  der  einen 
urchbohrung  ist  er  mit  einem  grolsen  und  weiten  auf- 
rts  gerichteten  Kühler  verbunden ;  durch  die  andere  geht 
r  Scheidetrichter,  welcher  zur  Aufnahme  des  Jodäthyls 
>nt.  Silber  und  Jod  können  bei  diesen  Versuchen 
ikt  durch  billigere  Materialien  ersetzt  werden.  Bei 
iwendung  von  Bleinitrit  gelang  die  Beaktion  nicht, 
omäthyl ,  Chioressigester ,  Äthylenbromid  wirken  auch 
im  Kochen  nicht  auf  Silbernitrit  ein. 

Es  wurden  nun  1700  g  Jodäthyl  allmählich  zum 
Jbernitrit  fliefsen  gelassen,  und  zwar  ganz  ohne  den 
)lben  zu  bewegen,  was  für  die  allmähliche  Durch- 
jigung  des  Nitrits  sehr  zweckmäfsig  ist.  Das  Jodür 
irde  ohne  äufsere  Kühlung  in  solchen  Intervallen  zu- 
lassen, dafs  die  Flüssigkeit  fortdauernd  lebhaft  kochte, 
er  doch  nicht  zu  rasch,  um  ein  Übersteigen  zu  ver- 
eiden. Schliefslich  wird  noch  einige  Zeit  im  Wasser- 
de  erhitzt.  Bei  dieser  Art  des  Verfahrens  bleibt  die 
itige  Bildung  von  kompakten  Klumpen  Silbemitrit  aus, 
id  ist  ein  Vermischen  des  Nitrits  mit  Sand,  welches 
9  Wiedergewinnung  des  Silbers  so  außerordentlich 
Schwert  (da  der  Sand  beim  Schmelzen  des  Jodsilbers  mit 
»da  ein  Überschäumen  durch  Kohlensäureentwickelung 
st  unvermeidlich  macht),  alsdann  ganz  überflüssig, 
orch  fraktionierte  Destillation  wurde  das  Nitroäthan 
halten.  Man  erhält  fast  bei  allen  Versuchen  50%  der 
eoretischen  Menge  Nitroäthan,  und  es  scheint,  dafs  bei 
r  Beaktion  nahezu  gleiche  Mengen  von  Äthylnitrit 
d  Nitroäthan  entstehen.  Während  mit  Äthyljodid  sich 
©  die  Umsetzung  vollzog,  versagte  sie  beim  Allyijodid, 
jthylenjodid  und  ähnlichen  Verbindungen.  Es  resultierten 
ikstoffhaltige  Öle,  die  nicht  zu  reinigen  möglich  schien. 

Jahre  später  fand  dann  Meter,  dafs  solche  Öle  auf 
satz  von  Natriumäthylat  (das  damals  nicht  versucht 
rde)    die    Natrium  Verbindung    des   Nitrokohlenwasser- 


350  Nitrieren. 

Stoffes  sofort  in  reinem  Zustande  liefern,  und  führte  4i 
experimentelle  weitere  Untersuchung  zusammen  mit  Aao 
nasy1  aus.  Jodallyl  ward  mit  dem  zwei-  bis  dreifache 
Volum  Äther  verdünnt  und  dann  mit  Silbernitrit  ud 
gesetzt.  Die  fast  farblose  Lösung  des  Reaktionsprodakb 
wurde  abfiltriert  und  der  Rückstand  mit  Äther  extrahia 
Nach  6  Stunden  hatte  sich  nochmals  ein  wenig  Silbe 
salz  abgeschieden.  Dem  Filtrat  von  diesem  wurde  d 
doppelte  Volumen  absoluten  Alkohols  zugefügt  und  die 
Lösung  nun  mit  absolut  alkoholischem  Natriumäthyl 
gefällt.  Nachdem  der  Niederschlag  auf  Thonplatten; 
trocknet  i$t,  kommt  man  von  ihm  zum  Nitropropylen  z.  I 
indem  man  ihn  in  Wasser  löst,  dieses  mit  der  berechnet« 
Menge  verdünnter  Schwefelsäure  versetzt  und  nunme 
ausäthert. 

Die  Darstellung  von  zweifach  nitrierten  Kohlenwasse 
Stoffen  der  aliphatischen  Reihe  ist  nur  auf  Umwqp 
möglich. 

Meyer  und  Locher  erhielten  beispielsweise  dm* 
Einwirkung  von  salpetriger  Säure  auf  sekundäres  Nitn 
propan  das  Propyl-Pseudonitrol 

CH8  CH8 

I      TT  '      NO 

C=*0  +  HONO  =  H,0  +  Ctz™ 


CHg  CHg 

und  dieses  geht  bei  der  Oxydation  mit  Chromsäure  (äd 
auch  weiterhin)  in  Dinitropropan  über2 

CH3  CH8 


NO    ,  0_'     N05 


CH8  CH8 

Forcrand  3  hat  aus  bromessigsaurem  Äthyl  und 
nitrit  nitroessigsaures  Äthyl  gewonnen ;  die  Flüssigkeit 
nach   ihm   so  zersetzlich,    dafs    er    sie    nicht   in   rein 
Zustande  zu  erhalten  vermochte. 


1  B.  25.  1701.  —  2  B.  7.  1617.  —  3  Cr.  88.  974. 


Oxydation.  351 

Prbibisch  l  hat  auf  Veranlassung  Kolbes  salpetrig- 
ores  Kalium  auf  monochloressigsaures  Kalium  wirken 
äsen.  3  Teile  des  ersteren  wurden  auf  1  Teil  des  letzteren 
«wandt.  Die  Konzentration  der  Lösungen  scheint  ohne 
inwirkung  auf  die  Ausbeute  zu  sein.  Des  starken 
ßhäumens  halber  nimmt  man  aber  besser  verdünnte 
orangen.  Bei  Anwendung  von  100  g  Monochloressig- 
Inre  bekommt  man  etwa  die  Hälfte,  bei  Verarbeitung 
röiserer  Mengen  nur  etwa  ein  Drittel  der  theoretischen 
>twbeate  an  „Nitrokarbol".  Die  sehr  unbeständige 
itroessigsäure  geht  nämlich  sofort  in,  wie  wir  heute 
gen,  Nitromethan  über,  indem  sich  folgende  Umsetzungs- 
eichungen vollziehen 

(CH,Cl)COOK  +  NOOK  =  KCl  +  (CHaN02)C00K 
1  (CH2NO,)COOK  +  H,0  =  CHsN02  +  COsKH. 

Bewad2  kam  auf  sehr  umständlichem  Wege  zu 
•tiären  Nitrokohlenwasserstoffen  der  Fettreihe ,  und 
Xliers3  hat  durch  Erwärmen  von  Athylenbromid  mit 
Da  gleichen  Volumen  rauchender  Salpetersäure  das  freie 
tranitroäthylenbromid  erhalten,  dessen  Isolierung  aber 
'ht  beschwerlich  ist,  und  auf  dem  merkwürdigen  Wege 
r  Einwirkung  von  konzentrierter  Salpetersäure  auf 
ibromanilin  kam  Losanitsch4  zu  einem  Spaltungs- 
^dukte,    welches   sich    als   Dibromdinitromethan 


£><><*>: 


vies. 


Oxydation. 

Als  Oxydationsmittel  haben  etwa  folgende  Substanzen 
Twendung  gefunden : 
Arsensäure,  Azobenzol. 

Baryumsuperoxyd,  Bleioxyd,  Bleisuperoxyd,  Braun- 
stein, Brom. 


1  «7.  pr.  Ch.  116.  316.  —  2  B.  24.  973.  —  s  Cr.  94.  1122. 
4  B.  15.  472  u.  16.  2731. 


352  Oxydation. 

Chlor,  Chloranil,  Chlorjod,  Chlorkalk,  Chlorsäure, 
Ohromsäure,  Ohromylchlorid. 

Eisenchlorid,  Eisenoxydhydrat. 

Hydroxylamin. 

Kaliumbi  Chromat,  Kaliumchlorat ,  Kaliumferri- 
Cyanid,  Kaliumhydroxyd  (schmelzendes),  Kalium- 
jodafc,  Kaliamman  ganat,  Kaliumpermangaiitt, 
Kupferacetat,  Kupferlösung  (alkalische),  KupferoxyJ, 
Kupfersulfat. 

Luft. 

Mangansuperoxyd. 

Natriumbichromat,  Natriumnitrit,  Natronkalk,  Nitro- 
benzol. 

Ozon. 

Platinchlorid,  platzierter  Asbest,  Platinschwarz. 

Quecksilberacetat,  Quecksilberchlorid,  Quecksilbernitrat, 
Quecksilberoxyd. 

Salpetrige  Säure,  Salpetersäure,  Sauerstoff,  Schwefel- 
säure, Silberacetat,  Silbernitrat,  Silberoxyd. 

Wasserstoffsuperoxyd,  Wasser  (Anlagerung  von). 

Zinkperm anganat,  Zinnchlorid, 
sowie  Oxydation  durch  Umlagerung. 

Die  grofse  Zahl  der  praktisch  versuchten  Oxydations- 
mittel beweist,  wie  verschieden  sich  die  organisch« 
Körper  gegenüber  oxydierenden  Agentien  verhalten,  unl 
läfst  es  leicht  verständlich  erscheinen,  dafs  häufig,  je  nack 
der  Wahl  der  Mittel,  ganz  verschiedene  Oxydation«- 
produkte  erhalten  werden.  Lieben1  hat  wohl  zuerst 
darüber  einige  Versuche  anstellen  lassen.  So  liefe  8 
durch  Reich ardt  die  Wirkung  verschiedener  Mittel  auf 
lösliche  Stärke  untersuchen.  Kaliumpermanganat  in 
neutraler,  alkalischer,  saurer  Lösung,  ferner  Chromsäuw 
wirken  zwar  energisch  ein,  geben  jedoch  nur  unerquick- 
liche braune  Produkte.  Keinen  besseren  Erfolg  gab  die 
Verwendung  von  Chlor  und  Kupferlösung.  Dagegen 
konnte  durch  Erwärmen  der  Stärkelösung  mit  Brom  un<! 
nachheriger    Behandlung    mit    Silberoxyd    Dextronsäus 

x  B.  8.  1020. 


Oxydation.  353 

rlalten  werden,  und  verdünnte  Salpetersäure  lieferte  in 
ar  Wärme  Kohlensäure  und  Oxalsäure ;  rauchende  Säure 
ab  eine  Mononitrostärke. 

Anilin  liefert  mit  Mangansuperoxyd  und  Schwefel- 
inre  neben  Ammoniak  nur  wenig  Chinon,  welches  letztere 
iit  dem  Chromsäuregemisch  quantitativ  aus  ihm  zu 
rhalten  ist.  Kaliumpermanganat  oxydiert  es  in  alkalischer 
jösung  zu  Azobenzol,  Ammoniak  und  Oxalsäure,  in 
wrer  Lösung  zu  Aniiinschwarz  und  letzteres  geht  bei 
aergischer  Oxydation  in  Chinon  über,  in  neutraler  Lösung 
eitsteht  aufser  Azobenzol  Nitrobenzoi.  Durch  Behandlung 
iit  Chlorkalk  bei  Siedetemperatur  geht  es  ebenfalls  in 
fitrobenzol  über.  Wasserstoffsuperoxyd  oxydiert  es  in 
Anwesenheit  von  schwachen  Säuren  zu  Ammoniak  und 
Manilidobenzochinonanilid,  in  Gegenwart  starker  Säuren 
Uteteht  wahrscheinlich  ein  Indulinkörper. 

Schmiedeberg  und  Habnage1  teilen  mit,  dafe  ihre 
r«T8uche  Cholin  mit  Kaliumpermanganat  oder  Chrom- 
Sriire  zu  oxydieren,  negativ  ausfielen,  während  es  ihnen 
©i  Anwendung  von  konzentrierter  Salpetersäure  leicht 
elang  es  in  Muskarin  überzuführen, 

CH3 

Auch  ist  seit  langem  bekannt,  dafs  Metaxylol  |      ] 

CH« 


*>n  verdünnter  Salpetersäure   nicht  angegriffen,    dagegen 

OOOH 

om    Chromsäuregemisch     zu     Isophtalsäure     f     ] 
sydiert  wird,  während   Paraxylol     [      j      von   ersterem 
©agens  in  Paratoluylsäure    f     ]     und    durch    letzteres 


COOH      ÖÖOH 
Terephtalsäure     l       |         umgewandelt     wird,      und 

COOH 


1  A.  Pth.  6.  101. 

I^AMar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  23 


354  Oxydation. 

Methyl  gruppen,  welche  sich  in  der  Orthostellung  zu 
Halogenatomen  am  Benzolkern  befinden,  sollen  allgemein 
von  sanren  Oxydationsmitteln1  mir  sehr  schwer  und  lang- 
sam angegriffen  werden. 

Der  Besprechung  der  einzelnen  Mittel  sei  noch  folgen- 
des vorangeschickt: 

Ist  die  anfangs  durch  die  Oxydation  eni 
Substanz  durch  Weiteroxydation  leicht  zerstörbar,  so  Hl»- 
schichtet  man  die  wässerige  Lösung  mit  einem  passend 
gewählten  Ausschüttelungsmittel,  und  entzieht  nach  jedes- 
maligem Zusatz  des  Oxydationsmittels  den  entstandenes 
Körper  durch  Ausschütteln  der  weiteren  Einwirkung. 
In  solchen  Fällen  kann  die  Zugabe  von  Eis,  tun  & 
Temperatur  niedrig  zu  erhalten,  von  grofsem  Nutzen  sein. 

Ist  der  oxydierte  Körper  mit  Wasserdampf  flüchtig, » 
wird  man  diesen  während  der  Zugabe  des  Oxydation* 
mittels  durch  die  Flüssigkeit  leiten. 

In  manchen  Fällen  ist  der  geistvolle  Ersatz  einff 
Oxydation  durch  eine  andere  an  ihrer  Stelle  benutt* 
Umsetzung  selbst  der  besten  Methode  ihrer  Ausführung 
vorzuziehen  (siehe  S.  359). 


Die  Arsensäure  wird,  zumal  man  meist  mit 
Mitteln  zu  denselben  Resultaten  kommen  kann,  i 
Giftigkeit  halber  nur  selten  benutzt.  Will  man  sich  1$ 
bedienen,  so  geschieht  es  etwa  in  der  Art,  wie  sie  ehema« 
zur  Fuchsindarstellung  Verwendung  fand.  Man  mengfe 
ein  Gemisch  von  Anilin  und  Toluidin2  mit  etwa  V/i  Teilet 
sirupdicker  Arsensäurelösung  vom  spez.  Gew.  2.06  ^d 
erhitzte  das  weifse  Gemenge  der  entstandenen  Arsenik 
langsam  auf  180—190°. 

Azobenzol3  ist  für  die  Gewinnung  von  Parafud^ 
brauchbar,  welches  man  erhält,  wenn  man  Anhydrofon11' 
aldehydanilin  mit  der  öfachen  Menge  Anilin  und  flf 
lOfachen  Menge  salzsauren  Anilins  etwa  3  Stunden  o» 
ihm  als  Oxydationsmittel  auf  170—200°  erhitzt.    &* 

1  B.  24.  3778.  —  2  Friedländer.    Farbmfabrikation  31. 
3  D.  B.  P.  61146. 


Oxydation.  355 

dem  das  überschüssige  Anilin  mit  Wasserdampf  über- 
getrieben, wird  die  Schmelze  mit  verdünnter  Säure 
behandelt  and  ans  der  erhaltenen  Lösung  das  Parafuchsin 
ausgesalzen. 

Das  Baryumsuperoxyd  ist  von  Lippmann1  zur  Dar- 
stellung organischer  Hyperoxyde  benutzt  worden.  24  g 
trockenes  Baryumhyperoxydhydrat  wurden  allmählich  in 
Benzoylchlorid  eingetragen  und  das  Ganze  2  Stunden 
stehen  gelassen.  Darauf  wurde  die  Masse  zur  Lösung 
des  Chlorbaryums  mit  Wasser  verrührt,  dann  mit  einer 
verdünnten  Lösung  von  Natriumkarbonat  die  Benzoesäure 
entfernt  und  der  Rückstand  dreimal  mit  viel  kochendem 
Äther  extrahiert,  bis  das  ungelöste  beim  Erhitzen  auf 
dem  Platinblech  ruhig  abbrannte.  Er  gewann  so  53  bis 
65%  der  theoretischen  Ausbeute   an  Benzoylhyperoxyd. 

Mit  Bleioxyd  oxydiert  man  so,  dafs  man  die  zu 
oxydierende  Substanz  mit  dem  Oxyd  mischt  und  aus 
einer  Betörte  destilliert,  oder  sie  über  das  erhitzte  Oxyd 
leitet.  Als  Wittenberg  und  Meyer2  z.B.  Benzildampf 
über  erhitztes  Bleioxyd  leiteten,  erhielten  sie  so  Benzophenon 

C.HS  —  CO  CaHß\ 

c:H:_fc+pbo=co'+pb+c:H;>0' 

und  Behr  und  van  Dorp3  bekamen  auf  dem  gleichen 
Wege  aus  Acenaphten  Acenaphtylen 

CioH16<  |    2  +  PbO  =  H20  +  Pb  +  Cl0Hlfl<  f 


XCH,  XJH 

Die  oxydierende  Eigenschaft  des  Bleisuperoxydes4 
wird  nieist  so  zur  Geltung  gebracht,  dafs  man  Lösungen 
des  zu  oxydierenden  Körpers  in  der  Kälte  mit  ihm 
zusammenbringt  oder  mit  ihm  kocht»     Es   ist    eines    der 


1  M.  Ch.  5.  561.  —  *  B.  16.  502.  —  8  B.  6.  753. 

4  Bleisuperoxyd  erhält  man  nach  Fehrmann  (JB.  15.  1882)  am 
reinsten  durch  Versetzen  einer  konzentrierten  warmen  Chlorblei- 
lösung (50 — 60°)  mit  Chlorkalklösung,  von  der  man  so  lange 
zugiebt,  bis  sie  in  einer  filtrierten  Probe  keine  braune  Färbung 
mehr  erzeugt.  Nach  dem  Filtrieren  wäscht  man  unter  Luftabschlufs 
gut  aus.  Trocken  bildet  es  ein  fast  schwarzes  Pulver,  doch  läfst 
es  sich  am  besten  im  feuchten  Zustande  aufbewahren. 

23» 


56  Oxydation. 

brauchbarsten  Mittel  zur  Überführung  von  Leukokörpefl> 
in   ihre   Oxydationsstufe.     So   werden  z.  B.  nach  ehei*^- 
Patent1     100     Teile     einer     Leukosulfosäure     in    40C^ 
Teilen  Wasser    und    31    Teilen  Natronlauge  von  409  B 
gelöst.        Andererseits     werden     120     Teile     Bleisuper 
oxyd  von  34%  Gehalt  anPb02  mit  1500  Teilen 

fein  verrührt  und  hierzu  unter  gutem  Umrühren  zuen 1 

die  unter   20°   abgekühlte   Lösung   der   Leukosulfosäure     m, 
sodann  eine  20°  kalte  Auflösung  von  45  Teilen  Schwefel—- 


säure  von  66°  B.  in  300  Teilen  Wasser  schnell  hinzulauft 
gelassen.  Nach  kurze  Zeit  fortgesetztem  Rühren  wir 
das  Oxydationsprodukt  mit  einer  Auflösung  von  30  TeüVzan 
Soda  in  200  Teilen  Wasser  neutralisiert.  Vom  Bk^- 
niederschlag  wird  abfiltriert  und  aus  dem  Filtrat  d^r 
Farbstoff  mit  festem  Kochsalz  ausgefällt. 

Sehr  merkwürdig  ist  die  Beobachtung  von  GlAsex 
und  Morawsky,2  dafs  es,  wenn  es  auf  stark  verdüna'fc« 
alkalische  Lösungen  von  Alkohol,  Glykol,  Rohrzucker  efco- 
wirkt,  nach  der  Gleichung 

C2H602  (Glykol)  4-  04  =HS  +  2CO.H, 

Veranlassung  zur  reichlichen  Bildung  von  Wasseratoflg^3 
und  Ameisensäure  giebt. 

Braunstein  wird  zu  Oxydationen  seltener  als  d^8 
künstliche  Mangansuperoxyd  und  dessen  Hydrat  verwende*" 
E.  und  O.  Fischer3  oxydierten  damit  die  Leukobase  (L^® 
Malachitgrüns,  indem  sie  die  verdünnte,  schwach  schwefe*-*" 
saure  Lösung  derselben  mit  fein  verteiltem  Braunste  *-** 
(oder  Manganoxyd)  in  der  Kälte  behandelten. 

Schmidt  und  Wilhelm4  versetzten  eine  sieden*3-e 
Lösung  von  5  g  Hydrastin  in  75  ccm  Wasser  und  öcc?**1 
Schwefelsäure  allmählich  mit  7.5  g  fein  gepulvertem  Braut*1' 
stein,  erhielten  so  lange  im  Sieden  als  GasentwickehLX3# 
bemerkbar  war,  und  filtrierten  hierauf.  Nach  dem  Erkalfce11 
erstarrte  das  Ganze  zu  einem  Brei  von  Kry stallen,  &*e 
sich  als  Opiansäure  erwiesen,  während  in  der  Mutterlaiig* 
sich  das  Hydrastinin  fand. 

1  D.  B,P.  50782.  —  2  M.  Ch.  10.  578.  —  8  B.  12.  796. 
4  Ar.  1888.  347. 


Oxydation.  357 

Donath1  fand,  dafs  Alkohol,  welcher  in  Dampfform 
über  auf  150 — 360°  erhitzten  Braunstein  geleitet  wird, 
grofsenteils  in  Aceton  übergeht. 

Zu  sehr  auffälligen  Resultaten  kam  Carius  2  mit  diesem 
Mittel.  Als  er  nämlich  Kolben  mit  einem  völlig  erkalteten 
Gemisch  von  600  g  reiner  Schwefelsäure  und  120  ccm 
Wasser,  100  g  Benzol  und  100  g  fein  gepulvertem  Braun- 
stein beschickte  und  diese  schüttelte,  bis  sich  eine 
Emulsion  bildete  —  wobei  er  durch  Einstellen  in  Wasser 
dafür  sorgte,  dafs  die  Temperatur  nicht  über  20°  stieg  — , 
hatten  sich  nach  einigen  Tagen  namentlich  folgende 
Oxydationsprodukte  gebildet:  Ameisensäure,  Benzoesäure 
y*ui  Phtalsäure.  Eine  sichere  Erklärung  dieses  Vorganges 
l&t  bisher  nicht  gegeben  worden. 

Döbereiner3  beobachtete  zuerst,  dafs  sich  beim  Kochen 

^a  Weinsäurelösung  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure, 

"*?°Wensäure    und    Ameisensäure   bilden.      Nach    Liebig 

^?iut    man    100  g     Stärke,     370  g     Braunstein,     300  g 

^^efelsäure   und  300  ccm  Wasser  und    erhält   33,5  g 

i^^ensäure,    die    5    Teile    trockenes    Natriumkarbonat 

U  L^*l?ei1-     Weit  vorteilhafter  erhält  man  jetzt  bekannt- 

a     die  Ameisensäure  nach  Berthelots4  Verfärben  aus 


im  r^^'u^e,  a^er  ^e  Gewinnung  von  Ameisensäureester 
jr  ^^Tofsen  soll  immer  noch  folgender  Art  erfolgen : b 
^L  ^iebt  in  einen  Apparat  4,5  kg  Stärkemehl  und  14,5 
p  "™  Bannstein  von  mindestrens  85%,  und  läfst  alsdann 
ln?     Erkaltete  Mischung  von  14  kg  H2S04,  2,5  1  Wasser 


.      -^^,5  kg   Spiritus  von   80%   hinzulaufen.     Nachdem 
vv   "^^rozefs  durch  Anwärmen  eingeleitet  ist,    ist    äufsere 
^"T^^iezufuhr    fürs    erste    unnötig.      Anfangs    destilliert 
^el^^geist,    dann    der    Ameisensäureester    des    Handels, 
deas^Xj    freie    Säure    man    durch    Kalkmilch    abstumpft. 
Ert^^Tint  man  schliesslich  wieder  das  Destillationsgemisch, 
s°S^ht  jetzt  eine  an  Ameisensäure   sehr    reiche  Flüssig- 
st über. 

Urom  wird  sowohl  in  wässeriger  als  auch  in  alkalischer 
Wsung  zu  Oxydationen  verwendet  und  liefert  Produkte, 

1  Ch.  Z.  1888.  1191.  —  *  Ann.  148.  51.  —  3  Ann.  3.  144. 
4  Ann.  98.  139.  —  6  Dingl.  polyt.  Journ.  187.  402. 


358  Oxydation. 

welche  oftmals  mit  anderen  Mitteln  nicht  zu  erhalten  sind. 
Seine  Brauchbarkeit,  um  zu  krystallisierten  Oxydations- 
produkten aus  Zucker  zu  kommen,  konstatierte  zuerst 
Hlasiwetz.1  Er  erhitzte  1  Mol.  Milchzucker  mit4MoL 
Brom  und  Wasser  im  Einschufsrohr  auf  100°,  entbromte 
hernach  durch  Silberoxyd  oder  Bleioxyd,  entfernte  das 
gelöste  Metall  aus  dem  Filtrat  durch  Schwefelwasserstoff 
und  konnte  die  Säure  schliefslich  in  Form  ihres  Ammoniak- 
salzes krystallisiert  erhalten.  Später 2  erhielt  er  sie  dann 
selbst  krystallisiert  und  stellte  die  Zusammensetzung  der 
„Jsodiglykoläthylensäure"  als  der  Formel  C6H10O7  ent- 
sprechend fest.  Auch  Griesh ammer3  erhielt  auf  diesem 
Wege  aus  Rohrzucker  mittelst  Brom  eine  Säure  C6H100r 

Blomstrand4  hat  zu  gleicher  Zeit  wie  Hlasiwetz 
Oxydationsversuche  mit  Brom,  und  zwar  auch  an  Körpern, 
denen  wir  jetzt  einen  ringförmigen  Atomkomplex 
zuschreiben,  gemacht.  Seine  Anschauungen  über  dessen 
Einwirkung  auf  diese,  die  dabei  in  Säuren  übergehen 
sollten,  sind  jetzt  bereits  historisch  interessant. 

Fischer    hat    aber    erst    den    wahren    Wert   dieses 
Oxydationsmittels   für   die  Aufklärung    der  Verhältnisse 
und   für    Synthesen   in   der  Zuckergruppe  erkannt,  und 
die  brauchbare  Art  seiner  Verwendung  für  diesen  Zweck 
festgestellt.     Er  kam  z.  B.  mit  Meyer5  zur  Laktobion- 
säure,   als   sie   1    Teil  Milchzucker  in    7   Teilen  Wasser 
lösten  und  dazu   bei  Zimmertemperatur   1  Teil  flüssiges 
Brom  gaben.     Bei   öfterem  Umschütteln    löste   sich  das 
letztere  im  Laufe  von  24 — 48  Stunden.     Nach  weiteren 
2  Tagen  wird  der  grölsere  Teil  des  unveränderten  Broms 
aus  der  lauwarmen  Lösung  durch  einen  starken  Luftstrom 
ausgetrieben,  und  der  Rest  durch  Einleiten  von  Schwefel- 
wasserstoff unter  gleichzeitiger  Kühlung  zu  Bromwasser 
stoff  reduziert.    Der  gröfste  Teil  von  diesem  wurde  durch 
Kochen  mit  Bleiweifs,  der  Rest  mit  Silberoxyd  entfernt 
Nach    nochmaliger  Behandlung    mit    Schwefelwasserstofl 
bleibt  schliefslich  ein  Filtrat,  welches  die  Laktobionsäure 
C12H22012  enthält. 

1  Ann.  119.  281.  —  2  Ann.  122.  109.  —  8  Ar.  1879.  193. 
4  Ann.  123.  250.  (1862).  —  ö  B.  22.  362. 


Oxydation.  359 

Die  Gewinnung  der  Glycerose,  also  eines  synthetischen 
Kohlehydrats,  ermöglicht  er1  auf  folgende  Weise:  Er 
löst  10  g  Glycerin  und  35  g  krystallisierte  Soda  in  60  ccm 
warmem  Wasser,  kühlt  auf  Zimmertemperatur  ab  und  giefst 
15  g  Brom  hinzu.  Dieses  löst  sich  beim  Umschütteln, 
und  sofort  beginnt  die  Entwickelung  von  Kohlensäure; 
die  Reaktion  ist  nach  einer  halben  Stunde  beendet 
C§H8Os  +  O  =  C3H603-f  H20,  und  jetzt  enthält  die  Lösung 
reichliche  Menge  von  FEHLiNGSche  Lösung  reduzierender 
Glycerose  C3fl6Os. 

Sie  aus  dieser  Lösung  mittelst  Phenylhydrazin  als 
Glycerosazon  zu  isolieren,  ist  eine  sehr  schwere  Aufgabe ; 
dagegen  fand  er  in  der  Behandlung  von  Bleiglycerat  mit 
trockenem  Brom  einen  Ersatz  des  Oxydationsverfahrens, 
welches  ihm2  fast  reine  Glycerose  in  befriedigender 
Ausbeute  lieferte. 

C8H608Pb  +  2Br=  CsH608  +  PbBr2. 

Das  Bleiglycerat,  in  welchem  also  an  der  Stelle  der 
wegzuoxydierenden  Wasserstoffatome  sich  Metall  befindet, 
dessen  Vereinigungsbestreben  mit  dem  Halogen  durch 
eine  verhältnismäfsig  einfache  Umsetzung  zu  dem  Produkt 
zu  kommen  gestattet,  welches  der  Oxydati  onsprozefs  nur 
schwierig  liefert,  erhielt  er  durch  Einwirkung  von  bei 
100°  getrocknetem  Bleihydroxyd  auf  85%iges  Glycerin 
in  der  Siedehitze,  Ausfällen  mit  Alkohol  u.  s.  w. 

KiLiANi  und  Rleemann3  versetzten  eine  kalte  Lösung 
von  1  Teil  Stärkezucker  in  5  Teilen  Wasser  mit  2  Teilen 
Brom  und  liefsen  unter  häufigem  Umschütteln  ca.  36  Stunden 
stehen,  nach  welcher  Zeit  alles  flüssige  Brom  verschwunden 
war.  Hierauf  erhitzten  sie  die  Flüssigkeit  unter  bestän- 
digem Rühren  über  freier  Flamme  bis  zum  Verschwinden  des 
Bromgeruches.  Nach  dem  Erkalten  verdünnten  sie  wieder 
auf  das  ursprüngliche  Volumen,  bestimmten  in  einem  ab- 
gemessenen Teil  der  Flüssigkeit  den  Bromgehalt,  be- 
rechneten hieraus,  wieviel  Bleikarbonat  zur  Neutralisation 
der     gesamten     Brom  wasserstoffsäure     nötig     sei,      und 


1  B.  23.  2125  und  20.  3385.  —  *  B.  21.  2634.  — 8  B.  17.  1298. 


360  Oxydation. 

fügten  diese  Quantität  in  kleinen  Portionen  zu  der  m 
einem  Kolben  befindlichen  kalten  Flüssigkeit,  welche 
dann  in  einer  Schale  auf  freiem  Feuer  auf  die  Hälfte  ■ 
eingedampft  wurde.  Nach  24  Stunden  filtrierten  siem 
Bromblei  ab,  das  mit  kaltem  Wasser  nachgewasdi« 
wurde.  Zum  mit  Wasser  verdünnten  Filtrat  giebt  m«a 
nunmehr  so  viel  aufgeschlemmtes  Silberoxyd,  bis  alles 
noch  vorhandene  Brom  völlig  ausgefällt  ist,  entfernt  ans 
ihm  Reste  von  Silber  und  Blei  durch  Schwefelwasserstoff^ 
und  kocht  die  Lösung  der  jetzt  als  solche  in  ihr  vor- 
handenen freien  Glukonsäure  mit  kohlensaurem  Kalk, 
wonach  beim  Erkalten  der  durch  Eindampfen  konzentriert» 
Flüssigkeit  sich  etwa  70g  rohes  glukonsaures  Calcium 
(C6H1107)2Ca,  wenn  man  100  g  Stärkezucker  in  Arbeit 
genommen  hat,  ausscheiden. 

Re-FORMatzky1  gelang  es  nicht,  das  erste  Oxyd  des 
fünfwertigen  Alkohols  aus  Diallylkärbinol  C7H110(0H), 
nach  dieser  Methode  weiter  oxydieren. 

Rosenthal2  löste  im  Anschlufs  an  einen  Versuch 
von  Gabriel3  3.5  g  Propylenpseudothiobarnstoff  in  200  ccm 
Wasser,  neutralisierte  mit  Bromwasserstoflsäure  und  fügte 
500  ccm  Bromwasser  hinzu,  die  eine  Fällung  hervor- 
riefen. Dann  ward  so  lange  auf  dem  Wasserballe 
erwärmt,  bis  die  Lösung  wieder  klar  geworden  war, 
und  nur  durch  überschüssiges  Brom  rötlich  geftrbt 
erschien.  Nach  dem  Eindunsten  hinterliefs  sie  einen  Sirup* 
der  in  wenig  heifsem  Wasser  gelöst  wurde,  aus  demsidi 
beim  Stehen  Krystalle  von  /0-Methyltaurokarbaminsäiiw 
ausschieden.     Ausbeute  2.4  g. 

CH8 .  CH  —  S  CH8 .  CH .  S08H 

|  >C:NH+H20+08=  ! 

CH2-NH  CHs.NH.CO.NH,. 

Man  kann  aber  bei  dieser  Art  der  Oxydation  seta 
leicht  zu  bromhaltigen  Körpern  kommen,  wie  es  Pbagbb4 
bei  einem  Oxydationsversuch  von  w-Phenylpropylen 
1/j-thioharnstoff  erging. 

1  J.  pr.  Gh.  149.  71.  —  *  B.  22.  2987.  —  8  B.  22.  1142. 
4  B.  22.  2993. 


Oxydation.  361 

Behrend  und  Roosen1  übergössen  4  g  Isobarbitur- 
säure  mit  30  ccm  Wasser  und  fügten  unter  lebhaftem 
Umrühren  so  lange  Brom  zu,  bis  bleibende  Rotfärbung 
eintrat.  Aus  der  Lösung  erhält  man  quantitativ  teils 
durch  Auskrystallisieren,  teils  durch  Verdunsten  über 
Schwefelsäure,    das  Oxydationsprodukt    die  Isodialursäure 

C4H4N208  +  Br,  +  3H,0  =  (C4H4N804  +2H20)  +  2HBr 

Isodialursäure. 

Oxydationen  mit  Brom  in  alkalischer  Lösung  vermögen 
ebenfalls  geradezu  quantitativ  zu  verlaufen,  wie  es  die 
Angaben  eines  Patentes  erweisen.2  Danach  werden 
15  Teile  Benzylidenaceton  mit  einer  Lösung  von  48  Teilen 
Brom  in  650  Teilen  4%iger  Natronlauge  auf  dem 
Wasserbade  gelinde  erwärmt;  sobald  in  der  Flüssigkeit 
keine  unterbromige  Säure  mehr  nachgewiesen  werden 
kann,  hat  sich  die  Umsetzung  in  Zimmtsäure  vollzogen; 
sie  verläuft  nach  der  Gleichung 

C6H6CH :  CH .  CO .  CH8  +  3NaOBr 
==  C6H5CH:  CH.COONa  +  CHBr8  +2NaOH 

(siehe  auch  bei  Chlorkalk). 

Fischer  und  Hess3  oxydierten  Methylindol  durch 
Natriumhypobromit  zu  Methylpseudoisatinsäure ;  dabei 
bildet  sich  zuerst  ein  Halogenderivat  des  Methylin dols, 
welches  aber  bei  der  Behandlung  mit  alkoholischem  Kali 
direkt  in  ein  Salz  der  Methylpseudoisatinsäure  übergeht. 

Vermittelst  Chlor  kamen  Hlasiwetz  und  Haber- 
mann4 vom  Traubenzucker  zur  Glukonsäure.  Zu  deren 
Gewinnung  leiteten  sie  mehrere  Tage  lang  durch  eine 
verdünnte  aus  100  g  Substanz  bereitete  Traubenzucker- 
lösung Chlorgas.  Nachdem  der  Überschufs  desselben 
durch  einen  Luftstrom  weggesogen  war,  entchlorten  sie 
die  Flüssigkeit  mittelst  Silberoxyds,  und  durch  Absättigen 
des  Filtrats  mit  den  Karbonaten  des  Baryums,  Cadmiums, 
Calciums  und  Zinks  kamen  sie  zu  den  entsprechenden 
Salzen  der  von  ihnen  auf  diesem  Wege  gewonnenen 
Glukonsäure  C6H1207. 


1  Ann.  251.  242.  —  *  B.  R.R  21162.  —  3  B.  17.  563. 
-  Ann.  155.  123. 


362  Oxydation. 

Zinckb  und  Küster  oxydierten  die  ^-Hexachlor-fi 
pentenoxykarbonsäure 

CC1— CCU 

||  >C.OH.COOH 

CCl-CCl/ 

in  der  Art,  daXs  sie  sie  in  kaltem  Wasser  lösten,  Chlor 
einleiteten,  und  die  Flüssigkeit  dann  langsam  im  Wasser- 
bade unter  weiterem  Einleiten  des  Gases  erwärmten. 
Bald  tritt  milchige  Trübung  ein,  man  erhitzt  noch  kurze 
Zeit  und  läfst  dann  erkalten,  wobei  sich  eine  krystalli- 
nische  Masse  absetzt,  die  sich  aus  Benzin  umkrystalÜsieren 
läfst.  Sie  stellt  in  fast  quantitativer  Ausbeute  das  zur 
Säure  gehörige  Keton  dar. 

Das  jetzt  häufig  zu  Oxydationen  verwendete  Ohlor- 
anil  stellt  man  am  besten  nach  der  Vorschrift  von 
Grabe1  dar. 

Man  behandelt  zu  dem  Zweck  salzsaures  Paraphenylen- 
diamin  mit  Kaliumchlorat  und  Salzsäure  und  erhält  so 
direkt  ein  gelb  gefärbtes  Produkt,  welches  keinen  Stickstoff 
mehr  enthält,  und  das  aus  einem  Gemenge  von  3  Teilen 
Tetrachlor-  und  1  Teil  Dichlorchinon  —  eine  für  die 
Oxydationszwecke  direkt  brauchbare  Mischung  —  be- 
steht. Reines  Chloranil  ist  bekanntlich  Tetrachlor- 
chinon. 

Man    benutzt    es    meist    in  Alkohol,2   Eisessig3  oder 
Äther4  gelöst,   resp.  in  alkoholischer    mit  Essigsäure  an- 
gesäuerter Lösung.     So  wird   nach  Levi   die  Leukobase 
des  Thiophengrüns,  das  Tetramethyldiamidodiphenylthienyl- 
methan,   durch  eine  alkoholische  Lösung   des  Chloramis 
in    Thiophengrün    übergeführt.      Malachitgrün5    entstellt 
durch   Erwärmen  des  von   Chlorzink   befreiten   Konden- 
sationsproduktes von  Benzaldehyd  und  Dimethylanilin  mit 
Vi— 1  Teil  Chloranil   auf  50—60°.     Aus  der  Farbstoff- 
schmelze werden  durch  warme  verdünnte  Natronlauge  das 
Chloranil,  resp.  seine  Reduktionsprodukte,  gechlorte  Hydro- 
chinone,  entfernt. 


1  Ann.  263.  19.  —  *  B.  20.  515.  —  s  B.  19.  760. 
4  B.  24.  1707.  —  5  D.  R-P.  11412. 


Oxydation.  363 

Von  Miller  und  Plöchl1  weisen  speziell  darauf  hin, 
&  schwer  es  oft  ist,  gerade  für  die  Oxydation  von 
ukobasen  das  richtige  Oxydationsmittel  zu  finden. 

Ohlorjod  ist  von  Poirrier  und  Chappat2  zur  Oxy- 
tion  von  Methylanilin  empfohlen  worden.  Man  ver- 
lüdet es  entweder,  nachdem  es  mit  dem  5 — 6fachen 
nes  Gewichtes  an  Wasser  versetzt  ist,  oder  benutzt  ein 
aselbe  erzeugendes  Gemisch  (?).  Nach  der  Speziai- 
rschrift sollen  100  Teile  Methylanilin  mit  20  Teilen 
d  und  20  Teilen  Kaliumchlorat  behandelt,  oder  auf 
Teil  Methylanilin  3  Teile  Jodquecksilber  und  1  Teil 
diumchlorat  genommen  werden. 

Die  Verwendung  des  Chlorkalks  als  Oxydationsmittels 
kspricht  ganz  der  des  Broms  in  alkalischer  Lösung. 
ich  hier  kann  man  leicht  zu  chlorhaltigen  Körpern 
mmen  (siehe  den  Abschnitt  über  das  Chlorieren).  Nach 
Di  bereits  erwähnten  Patent3  erwärmt  man  z.  B.  20  Teile 
ihonitrobenzylidenaceton  mit  800  Teilen  einer  3%igen 
Laserigen  Lösung  von  unterchlorigsaurem  Natrium  (aus 
dorkalk  und  Soda  herzustellen),  bis  sich  in  der  Flüssig- 
st keine  unterchlorige  Säure  mehr  nachweisen  läfst. 
ich  der  Gleichung 

CflH4<CH»  CH  c0  CHa  +  3Na0C1 

~  H  ..NO, 
— W^<CH .  CH.  COONa  +  CHC1,  +  2NaOH 

hält  man  in  quantitativer  Ausbeute  Orthonitrozimmt 
nre.  Sobald  sich  die  durch  die  Gleichung  ausgedrückte 
mwandlung  des  Ketons  in  die  Zimmtsäure  vollzogen 
it,  trennt  man  das  gebildete  Chloroform  von  der  Flüssig- 
st, versetzt  diese  mit  verdünnter  Schwefelsäure  und 
inigt  die  ausgeschiedene  Zimmtsäure  durch  Umkrystalli- 
iren. 

Meyer  und  Bellmann4  wollten  die  oxydierende 
irkung  von  Chlorkalk  auf  Isatosäure  bei  Ausschlufs 
a    Wasser  untersuchen   und   schwemmten   ihn  zu  dem 


1  B.  24.  1707.  —  9  Französ.  Brevet  71970. 
*  2>.  B.-P.  21162.  —  *  J.  pr.  Ch.  141.  29. 


364  Oxydation. 

Zweck   in  Chloroform   auf.     Neben   viel  Harz  erh 
sie  eine  isomere  Isatosäure. 

Die  Chlorsäure  ist  ein  selten  benutztes  Oxyda 
mittel,  weil  sie  die  Körper  gar  zu  leicht  gen 
verbrennt,  wie  es  in  letzter  Zeit  wieder  Prj 
beim  n-Phenylpropylen-t//-thioharnstoff  beobachtete. 
Handelsprodukt  enthält  übrigens  von  seiner  Daretel 
her  stets  etwas  Baryt,  weil  dieselbe  nur  so  gefe 
ausführbar  ist. 

Noch  kräftiger  soll  nach  Feit  und  Kubierschky 
Bromsäure  wirken,  was  für  Spezialfälle  verwendbar  sein 

Ein  dagegen  aufserordentlich  viel   verwendetes 
dationsmittel  besitzen  wir  in  der  Chromsäure,  die 
weder    als    solche,    oder  nachdem  sie   aus   ihren  & 
durch    Schwefelsäure  frei   gemacht  ist  (siehe  weitei 
Verwendung  findet. 

Die  wässerige  Lösung  der  Chromsäure  läfet  bei 
Verwendung    Chromoxyd    ausfallen,    was    unbequem 
ja  selbst    störend    wirkt,    wenn    es    sich    um    Oxyd 
organischer   Säuren   handelt,    die   sich  teilweise  mit 
ausfallenden  Oxyd  verbinden  werden. 

Man  verwendet  deshalb  fast  immer  Lösungen 
ihr  in  Eisessig,  oder  säuert  wässerige  Lösungen 
Schwefelsäure,  auch  wohl  Salzsäure,  an. 

Mit    Eisessig    arbeitet    man    nach  Kolbb,3    um 
ruhige  Einwirkung  zu  erzielen,   etwa    so,    dafs  mai 
Chromsäure  auf  einen  Trichter  bringt,  sie  durch  allmäh] 
Übergiefsen  mit  Eisessig  löst   und    diese  Lösung  zi 
zu  oxydierenden  Substanz  fliefsen  läfst. 

Nach  Grabe4  löst  man  den  zu  oxydierenden  K 
in  einem  Kölbchen  in  Eisessig  auf,  dessen  Hals  < 
verengt  ist,  an  welcher  Stelle  sich  ein  Platinkoni] 
findet.  Beim  Sieden  des  Eisessigs  wird  die  auf 
Konus  geschüttete  Chromsäure  allmählich  gelöst 
fliefst  mit  der  kondensierten  Essigsäure  ins  Kölbch 

Seitz5  versetzte  die  Lösung  von  15  g  ^«-Dim 
chinolin    in   20%iger  Schwefelsäure  mit  einer  erka 

1  B.  22.  2993.  —  2  Ch.  Z.  1891.  352.  —  8  J.  pr.  Ch.  13 
4  Ann.  201.  356.  —  5  B.  23.  2257  und  2259. 


Oxydation.  365 

ung  von  27  g  Chromsäure  in  38  g  konzentrierter 
sfelsäure  und  75  com  Wasser  und  erhitzte  auf  dem 
3rbade.  Das  anfangs  ausgefallene  Chromat  wird 
ibar  ziemlich  rasch  vom  Oxydationsgemisch  an- 
fen,  und  nach  zweitägigem  Erhitzen  ist  die  Flüssig- 
ein grün  geworden,  obgleich  noch  ein  grofser  Teil 
usgangsmaterials  unangegriffen  ist.  Nach  dem  Über- 
m  mit  Ammoniak  ward  dieser  mit  Wasserdampf 
strieben,  und  das  Filtrat  vom  Chromoxydhydrat  zur 
ne  abgedampft,  wobei  aber  das  an  die  Säure  ge- 
ne  Ammoniak  sich  infolge  von  Dissoziation  ver- 
igte.  Diese,  eine  Methylchinolinkarbonsäure,  wurde 
Rückstände  schliefslich  durch  Alkohol  entzogen. 
bter1  löste  10  g  Orthotoluchinaldin  in  verdünnter 
rfelsäure  und  gab  eine  Mischung  von  30  g  Cr03, 
konzentrierter  Schwefelsäure  und  100  ccm  Wasser 
Nach  4-  bis  ötägigem  Erwärmen  auf  dem  Wasser- 
war die  Oxydation  beendet.  Darauf  fällte  er  aus 
it  Wasser  verdünnten  LösuDg  das  Chromoxyd  mit 
Dniak,  filtrierte  und  schlug  im  Filtrate  die  Schwefel- 

mit    der    berechneten  Menge    Barythydrat    nieder, 
lern  Rückstände,  welchen  das  Filtrat  vom  Baryum- 

beim  Eindampfen  hinterliefs,  zog  dann  Alkohol 
ü  der  Oxydation  entstandene  Säure  aus. 
ihr  empfehlenswert  ist  das  HAMMARSTENsche2  Ver- 
t,  welches  darin  besteht,  dafs  man  den  betreffenden 
>r,  der  auf  diese  Art  oxydierbar  ist,  im  Kolben  in 
ig  löst  und  dazu  aus  einer  Bürette  eine  10°/oige 
ig  von  Chromsäure  im  gleichen  Material,  etwa  in 
m  von  je  10  ccm,  fliefsen  läfst.  Ein  während  des 
lwenkens  in  die  Flüssigkeit  gehaltenes  Thermometer 
die  Temperatur  des  Reaktionsgemisches  an,  die  man 
id  zwischen  45  und  50°  hält.  Das  auf  erneute 
>e  des  Oxydationsmittels  nicht  mehr  erfolgende 
n  des  Thermometers,  sowie  ein  gleichzeitig  ein- 
ler  Umschlag  der  grünen  Farbe  der  Lösung  in  einen 
ichen  Ton  zeigten  das  Ende  des  Prozesses  an,  und 


3.  23.  2259.  —  ■  B.  14.  71 


366  Oxydation. 

beim   Eingiefsen   in  Wasser  fällt  in  den  meisten  K 
der  neugebildete  Körper  sogleich  ans. 

Die  Überführung  von  Alkoholen  in  Ketone  (Aldel 
läfst  sich  in  ausgezeichneter  Weise  *  nach  der  Beco 
sehen2  Methode  ausführen,  mit  Hülfe  deren  er  2 
Menthol,  welches  für  schwierig  oxydierbar  galt, 
quantitativ  in  Linksmenthon  überführte.  Zu  einer  L 
von  60  g  (1  Mol.)  Kaliumdichromat  und  50  g  (2,5 
konzentrierter  Schwefelsäure  in  300  cem  Wasser,  ¥ 
auf  etwa  30°  gebracht  ist,  bei  welcher  Temperattu 
auszukrystallisieren  beginnt,  fügt  man  auf  einmal 
Menthol.  Dieses  färbt  sich  sofort  oberflächlich  i 
der  Bildung  einer  Chromverbindung  tief  schwarz, 
braucht  man  nur  noch  fleifsig  zu  schütteln,  ui 
Oxydationsprozefs  sich  vollziehen  zu  lassen. 

Die  Flüssigkeit  nimmt  eine  tiefdunkelbraune  Ffi 
an,  indem  sie  sich  freiwillig  mehr  und  mehr  en 
Unter  vorübergehendem  Erweichen  geht  das  M 
vollkommen  in  eine  kleinkrystallinische  Chromverbi 
über.  Erst  wenn  die  Temperatur  auf  53°  steig! 
schüttelt  sich  plötzlich  die  schwarze  Chromverbindi 
einer  braunen  Masse,  die  alsbald  unter  Abscheidnr 
Menthon  zerfliefst.  Sollte  die  angegebene  Tem] 
nicht  erreicht  werden,  so  nimmt  man  äufsere  Wäi 
Hülfe;  bei  gröfseren  Substanzmengen  kühlt  ma 
sprechend  ab. 

Dorsch3  löste  seine  Verbindung  in  einer  Kocb 
in  Eisessig  auf  und  kühlte  in  einer  Kältemischm 
der  Eisessig  anfing,  an  den  Wänden  zu  erstarren.  S 
wurde  der  Kolben  herausgenommen,  die  berechnete 
Chromsäure  hineingeschüttet  und  gut  umgesc 
Nach  12  Stunden,  während  welcher  Zeit  die 
mischung  sich  allmählich  bis  zur  Zimmertem 
erwärmt  hatte,  wurde  erst  auf  40 — 50°,  dann  1 
erwärmt  und  schliefslich  durch  Eingiefsen  in  sta 
dünnte  kalte  Schwefelsäure  das  Oxydationsprodi 
geschieden. 

1  B.  26.  822.  -  *  Ann.  250.  325.  -  8  J.  pr.  Ch.  h 


Oxydation.  367 

Rohde1  teilt  mit,  dafs,  wenn  man  Py-a/J-Dimethyl- 
inolin  in   schwefelsaurer  Lösung   einer  Oxydation   mit 

viel  Chromsäure  unterwirft,  als  zur  Oxydation  einer 
ethylgruppe  erforderlieh  ist,  es  unschwer  gelingt,  aus 
>m  Oxydationsgemisch  eine  in  kaltem  Wasser  schwer 
Bliche  Säure  abzuscheiden,  welche  sich  als  Monomethyl- 
rinolinkarbonsäure  C9H5N(CH3)COOH  erweist. 

überhaupt  scheint  bei  der  Oxydation  mit  Chromsäure 
d  genaues  Einhalten  der  „Molekularen  Mengen"  be- 
nders  empfehlenswert.  Wenigstens  berichtet  Holm,2 
tÜ3  er,  als  er  Dibromfluoren  in  eisessigsaurer  Lösung 
mau  mit  der  berechneten  Menge  Chromsäureanhydrid 
cydierte,  ein  Dibromfluorenketon  vom  Schmelzpunkt 
12,5  erhielt.  Wandte  er  aber  einen  geringen  Überschufs 
m  Chromsäure  an,  so  entsteht  die  zweite  bei  197° 
ihmelzende  Modifikation  des  Ketons. 
•  Auch  ist  es  nicht  immer  gleichgültig,  ob  man  in  eis- 
«igsaurer  oder  schwefelsaurer  Lösung  arbeitet,  wie  aus 
Mi  Untersuchungen  von   Fischer  und  van  Loo3   folgt. 

Als  sie  yff-Dichinolylin  in  Eisessiglösung  mit  der  be- 
lehneten  Menge  Chromsäure,  die  sehr  allmählich  zu- 
geben wurde,  längere  Zeit  gekocht  hatten  (auf  5  g  wurde 
)—20  Stunden  gekocht),  fiel  durch  starkes  Verdünnen 
»  Lösung  mit  Wasser  Metachinolinkarbonsäure  aus. 

Als  sie  aber  /J-Dichinolylin  in  Schwefelsäure  (1  Teil 
»zentrierte  Schwefelsäure  und  1  Gewichtsteil  Wasser) 
rten  und  tropfenweise  mit  einer  konzentrierten  Chrom- 
urelösung  versetzten,  darauf  die  langsam  in  der  Kälte 
>r  sich  gehende  Oxydation  schliefslich  durch  Erwärmen 
iterstützt  hatten,  schied  sich  beim  Erkalten  ein  krystalli- 
»rter  Körper  ab,  der  sich  nach  dem  Reinigen  als  Pyridil- 
Lnolinkarbonsäure  erwies.  Da  in  beiden  Fällen  dasselbe 
jrdierende  Agens  verwendet  wurde,  ist  es  also  lediglich 
i  Lösungsmittel,  welches  die  Verschiedenheit  des  Re- 
tats  bewirkt.  Das  dürfte  wohl  auch  bei  der  Oxydation 
•  natürlichen  Alkaloide  mit  Chromsäure,  die  ja  in 
lerer  Zeit  so  häufig  ausgeführt  wird,  zu  berücksichtigen 
a. 


1  B.  22.  267.  —  s  B.  16.  1081.  —  8  B.  19.  2474. 


368  Oxydation. 

\ 

I 

Das    Chromylchlorid    als    oxydierendes  Agens  für1 
organische    Stoffe   verdanken   wir    Etard,1    indem  sehn 
Untersuchungen  lehrten,  dafs  ihm  die  merkwürdige  Eigw- 
schaft    zukommt,    Methylgruppen    aromatischer  Kohlen- 
wasserstoffe, die  ihrerseits  substituiert  sein  können,  in  die 
Aldehydgruppe  (siehe  weiterhin  einige  Ausnahmen)  über- 
zuführen,  also  Nitrotoluol   beispielshalber   zu  Nitrobea*: 
aldehyd  zu  oxydieren.   Hierdurch  ist  nunmehr  die  SynÜH» ' 
dieser   Körperklasse    direkt    aus   Kohlenwasserstoffen  er- 
möglicht.    Als  Zwischenprodukt  bei  dieser  Reaktion  eat 
steht  immer  eine  Verbindung  von  der  Formel  x^CrOjCI, 
worin   x  einen   aromatischen  Kohlenwasserstoff  bedeutet; 
diese  verliert  leicht  2HC1.  Es  bildet  sich  x  —  2H . 20^,0, 
welches,  durch  Wasser  zersetzt,  Aldehyde  liefert. 

Manchmal    wird  bei   der   Reaktion    auch    der 
angegriffen,  dann  bilden  sich  Ohinone. 

Etard  gewinnt  das  Chromylchlorid  nach  der  Gleichung 

Cr207K4  +  4NaCl  +  3S207H, 
=  2Cr02Cl2  +  S04K,  +  2S04Na,  +  3H2S04, 

indem  er  rauchende  Schwefelsäure,  Kochsalz  und  Kaum* 
bichromat  zur  Darstellung  von  etwa  2  kg  der  Verbindung 
in  einem  Kolben  von  4 — 5  1  Kapazität  im  Verhältnis  te 
Gleichung  zusammengiebt.  Während  der  Reaktion  enfr 
weicht  fortwährend  Chlor.  Die  Destillation  wird  nnW* 
brochen,  wenn  der  Inhalt  des  Kolbens  zu  schäumen 
beginnt.  Die  Ausbeute  beträgt  dann  70%  der  Theone. 
Der  Verlust  schreibt  sich  daher,  dafs,  wie  das  entweichend 
Chlor  anzeigt,  eine  Nebenreaktion,  deren  Verlauf  <& 
Formel 

6Cr02Cl2  +  33207H,  =  2[Cr2(S04)s]  +  2CrOs  +  12C1  +  3H,0 

ausdrückt,  neben  der  Hauptgleichung  herläuft. 

Nach  Moissan2  läfst  man  Chlorwasserstoffgas  anfi* 

einer   Röhre    befindliche  Chromsäure    einwirken.    Unto 

Bildung  dunkelroter  Dämpfe,  die  sich  in  der  Vorlag«10 

v  Chromylchlorid  (Siedep.    107°)   verdichten,   findet  dessen 

Absorption  statt. 


1  Ann.  Ch.  PÄ.  1881.  218.  —  *  B.  Par.  43.  7. 


Oxydation.  369 

Die  Wirkung  der  unverdünnten  Chlorchromsäure  ist 
ausserordentlich  heftig,  wie  es  Walter1  zu  seinem 
Schaden  erfuhr,  als  er  sie  auf  Äthylalkohol  wirken  lassen 
wollte.  Die  energische  Reaktion  führte  zur  Entzündung 
und  Explosion  des  Gemisches,  worüber  er  fast  das  Augen- 
licht verlor.  Später  hat  noch  Carstanjen*  mit  ihr  ge- 
arbeitet, aber  ohne  grofsen  Erfolg,  da  er  Eisessig  als 
Verdünnungsmittel  benutzte.  Das  beste  Verdünnungs- 
mittel, und  auf  dieses  kommt  bei  der  Reaktion,  wie  es 
scheint,  alles  aD,  ist,  wie  Etard  gezeigt  hat,  der  Schwefel- 
kohlenstoff. Man  löst  nach  ihm  z.  B.  Toluol  und  Chromyl- 
chlorid  zu  je  10%  in  Schwefelkohlenstoff  und  giefst 
dann  allmählich  die  Säurelösung  in  die  Toluollösung. 
Falls  es  nötig,  kühlt  man,  da  der  Schwefelkohlenstoff 
nicht  kochen  soll. 

Man  setzt  so  lange  zu,  als  noch  Entfärbung  eintritt, 
was  besser  ist,  als  die  theoretische  Menge  zu  nehmen. 
Der  ausgefallene  Niederschlag  wird  mit  Wasser  zersetzt 
und  liefert  Benzaldehyd.  Nitrobenzol,  so  behandelt, 
wird  nach  Etard  zu  Nitrochinon  oxydiert,  doch  konnten 
Henderson  und  Campbell3  dieses  durchaus  nicht  erhalten, 
ja  glauben,  dafs  Etard  gar  kein  Nitrochinon,  sondern 
p-Nitrobenzoesäure,  die  ihr  Entstehen  einem  Nitrotoluol- 
gehalt  des  Ausgangsmaterials  verdankte,  in  Händen 
gehabt  habe. 

Es  sollen  hier  noch  die  sehr  genauen  Angaben 
Bornemanns4  über  die  Darstellung  des  Metatoluylaldehyds 
nach  diesem  Verfahren  wiedergegeben  werden,  welche 
zugleich  beweisen,  dafs  selbst  die  ETARDsche  Art  zu  ar- 
beiten, nicht  jede  Explosionsgefahr  ausschliefst. 

Er  verdünnte  35  Teile  reines  Metaxylol,  entsprechend 
etwas  mehr  als  1  Mol.  und  100  Teile  Chromylchlorid 
entsprechend  2  Mol.  mit  Schwefelkohlenstoff  im  Ver- 
hältnis von  15  :  100  und  fügte  die  Chromylchloridlösung 
in  Portionen  von  10 — 15  g  der  Xylollösung  hinzu.  Nach 
einiger  Zeit   lagert   sich   am  Boden    des    Grefäfses   unter 


1  Ann    Ch.  Ph.  66.  387.  —  2  /.  pr.  Ch.  110.  51. 
8  B.  23.  E.  497.  —  4  B.  17.  1464. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  24 


370  Oxydation. 

Verschwinden  der  roten  Farbe  ein  krystallinischer  brauner 
Niederschlag    ab.      Dabei    tritt    starke    Erwärmung  ein, 
weshalb  gekühlt  werden  mufs.    Es  ist  durchaus  notwendig, 
im  Anfange  der  Reaktion  nicht   eher  eine  neue  Portion 
der  Chromylchloridlösung  hinzuzubringen,  als  bis  die  rote 
Farbe  der  Flüssigkeit  einer  chokoladebraunen  Nuancierung 
gewichen  und    die  Temperatur  hinlänglich  gesunken  ist; 
anderenfalls    können    unliebsame  Explosionen    eintreten. 
Nach  Verlauf  von  7  Stunden    konnte   die  letzte  Portion 
hinzugegossen  werden.     Nach  weiteren   12  Stunden  hatte 
sich  der  Niederschlag  vollkommen  abgesetzt,  und  war  die 
überstehende  Flüssigkeit  fast  farblos  geworden.    Nachdem 
er  auf  einem  mit  Glaswolle  versehenen  Trichter  abgesaugt 
und    mit    Schwefelkohlenstoff    sorgfältig    gewaschen  ist, 
bringt  man  ihn  in   einen  Kolben,    der   auf   dem  Wasser- 
bade angewärmt  wird,  während  eine  Luftpumpe  den  sich 
entwickelnden   Schwefelkohlen stoff  durch   ein   durch  den 
Stopfen  geführtes  Rohr  absaugt.     45  Minuten  später  war 
er   in   ein  völlig  trockenes,   sehr    hygroskopisches  Pulver 
verwandelt.      Längeres    Erwärmen   auf  dem   Wasserbade 
ist   nicht   ratsam,    da    dabei  leicht  eine   stürmische  Gas- 
entwickelung  eintritt,    die   den  Kolben   zersprengt.    Die 
getrocknete  Doppelverbindung   wird    in    kleinen  Mengen 
in  kaltes  Wasser  eingetragen    und  zerfällt  dabei  in  Meta- 
toluylaldehyd,    Chromichlorid   und  Chromsäure.     Da  die 
letztere    oxydierend    auf    den  entstandenen  Aldehyd  ein- 
wirkt,  ist  es  notwendig,   sie  entweder  sofort  durch  Ein- 
leiten   von    schwefliger    Säure    zu    zerstören     und    den 
Aldehyd     unmittelbar     danach     durch     Destillation    im 
Dampfstrom  überzutreiben,    oder   aber   den  Aldehyd  der 
chromsäurehaltigen  Flüssigkeit  alsbald  durch  Ausschütteln 
mit  Äther  zu  entziehen.     Behufs  weiterer  Reinigung  führt 
man  den  Aldehyd  in  seine  Natriumbisulfitverbindung  über. 
Die    ätherische  Lösung  wäre    zu   dem  Zweck    mit   einer 
sehr  konzentrierten  Lösung   des  Bisulfits    kräftig   durch- 
zuschütteln. 

Nur  bei  Beachtung  aller  der  angeführten  Vorsichts- 
mafsregeln  erhält  man  nach  Bornemann  befriedigende 
Resultate. 


Oxydation.  371 

Richter1  hat  in  ähnlicher  Art  den  Paranitrobenz- 
aldehyd  dargestellt.  Dagegen  gelang  es  nicht,  vom  Dinitro- 
tolnol  ausgehend,  mittelst  Chromylchlorid  znm  Dinitrobenz- 
aldehyd  zu  kommen.  Etard  selbst  giebt  an,  dafs  sein 
Oxydationsmittel  bei  Säuren,  wie  Benzoesäure  etc.  (und 
ebenso  bei  Essigsäure),  zu  keinem  brauchbaren  Resultate 
führt. 

v.  Miller  und  Rohde2  erhielten,  als  sie  Hydrozimmt- 
aldehyd  genau  nach  dem  ETARDschen  Verfahren  aus  Propyl- 
benzol  darstellen  wollten,  keine  Spur  von  diesem,  sondern 
das  isomere  Benzylmethylketon.  Beim  Behandeln  von 
Isopropylbenzol  nach  dieser  Methode  bekamen  sie3  Hydra- 
tropaaldehyd  und  Acetophenon,  die  sie  mittelst  Bisulfit 
voneinander  trennten. 

Eisenchlorid  verwendet  man  zu  Oxydationszwecken 
meist  in  wässeriger  Lösung,  indem  man  mit  dieser,  wenn 
in  der  Kälte  keine  Reaktion  eintritt,  kocht.  Dabei  ist 
jedoch  zu  beachten,  dafs  nach  der  Gleichung 

2FeCl8  +  H20  =  2FeCl,  +  2HC1  +  0  : 

hierbei  stets  Salzsäure  frei  wird.  In  folgender  bewunderns- 
werten Weise  vermied  Baeyer4  diese  sich  als  störend 
erweisende  Nebeneigenschaft  des  Oxydationsmittels. 

Zur  Darstellung  des  Indoxanthinsäureesters  eignet 
sich  am  besten  die  Oxydation  des  Indoxylsäureesters 
mittelst  Eisenchlorid,  jedoch  gehört  diese  Operation  zu 
den  delikatesten  in  der  ganzen  Indigogruppe,  da  die  frei 
werdende  Salzsäure  den  Indoxanthinsäureester  zersetzt, 
und  die  Reaktion  aufserdem  bei  einem  intermediären 
Körper  stehen  bleiben  kann.     Zwecks  Oxydation  wurde 

1  Teil  Indoxylsäureester  in  4  Teilen  Aceton  aufgelöst 
unter  Zusatz  von  frisch  gefälltem   Eisenoxydhydrat   aus 

2  Teilen  käuflichem  krystallisierten  Eisenchlorid.  Dies 
Gemenge  wird  auf  60°  erwärmt,  mit  einer  auf  dieselbe 
Temperatur  gebrachten  Lösung  von  4  Teilen  krystallisiertem 
Eisenchlorid  in  4  Teilen  Aceton  mit  einem  Mal  versetzt, 
wobei  sich   die  Lösung  dunkelgrün  färbt.     Hierauf  wird 


1  R  19.  1061.  —  2  B.  23.  1074.  —  8  B.  24.  1358. 
4  B.  15.  775. 

24< 


«70 

age   GO"   warmes   W 

»ne  Lösung  vom  Eswoiyd      1 

:    ausgeschüttelt 

im    An1- 

Herten  ein  hydriert»  dun-     I 

(Im   i  ; 

■  t-*»hi>l  lösten,  nachdem  die  Löflmi     1 

Kuh     ■ 

iit    wässerigem   Eisae&nd      1 

,.,..A  ,,  i  . 

irobase. 

ILIldttN  ■ 

tchlorid  in  Eii<&3KjE  ■  oJ"    1 

Nach    t 

s   als  ausgezeiehBMK  JßGd    1 

liiuüugi . 

■u    *■■»  fc»o»Ti    t.u    Dinaphtdec    «iisi!     1 

:    10g  Paratolj-lnscihiai    1 

*    ■>i-*~r    ah  einer  Liiscng  «*«  ltfr    1 

El«  «kadtlb  40 «en  Eisessig,    km»    1 

-   Tb«:   zu    dem  geadtti    1 

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■ 

BtdMI   ffdvAi» 

'.in**   J 

Di.    »« 

373 


rächte  100  g  Isobutylalkobol  und  750ccm 
Retorte  und  setzte  eine  Lösung  von 
An  deren  Stelle  nimmt  man  aber 
ntspreehende  Menge  Kalmmbichromats, 
1  noch  warmen  Mischung  seines  fiinf- 
s  Wasser  und  der  zur  Freimachung  der 
!  nötigen  Menge  englischer  Schwefelsäure  löst, 
■i  des  Retorteninhaltes  a.uf  70 — 80° liefs  er  das 
lisch  durch  einen  mit  einem  Hahn  ver- 
•!■  allmählich  zutreffen.  Verfasser  fand  es 
'.-idung  einer  Weiterosydatioij  des  Aldehyds  vorteil- 
Kohlensäure  durchreiten,  um  seine 
fördern,  Aus  dem  Destillat  wird 
t«ln  mit  saurem  Nutriumsulfit 
.dun«  abgeschieden,    aus  der 

l  utei'suchung   üher   difl  An- 
.ydalionsmitto]     auf    nassem 
.''■macht. 
"  B.  6   699. 


374  Oxydation. 

ihn  eine  Destillation  mit  der  genügenden  Menge  von 
Natriumkarbonatlösung  wieder  in  Freiheit  setzt. 

Ein  Überschufs  an  Schwefelsäure  über  die  theoretische 
Menge  pflegt  die  Oxydation  zu  beschleunigen.  Nach 
Beilstein  *  soll  man  für  aromatische  Kohlenwasserstofie 
das  Vierfache  ihres  Gewichtes  an  Bichromat  verwenden, 
und  Popow  2  empfiehlt  als  passende  Mischung  für  Ketone 
3  Teile  K2O207,  1  Teil  Schwefelsäure  und  10  Teüe 
Wasser. 

Im  Gegensatz  zur  letzten  Angabe  ist  es  manchmal 
nötig,  sehr  konzentrierte  Säure  zu  verwenden.  So  gelingt 
nach  Grabe  und  Schültess  3  die  Oxydation  des  Thio- 
xanthons  —  die  übrigens  mit  Chromsäure  in  Eisessig 
glatt  erfolgt  —  mit  Kaliumbichromat  und  Schwefelsäure 
nur,  wenn  letztere  50%  ig  zur  Anwendung  kommt.  Man 
erhält  Benzophenonsulfon. 

CeH4<QQ>CeH4  +  Oa  =  C6H4<£o*>CflH4. 

An  Stelle  der  Schwefelsäure  können  natürlich  auch 
andere  Säuren  Verwendung  finden.  So  soll  man  nach 
Heinzelmann4  Anthracenzu  Anthrachinon  mittelst  Kalium- 
bichromat und  Salzsäure  oxydieren. 

Auch  Kaliumbichomat  und  Salpetersäure5  sind  ehemals 
verwendet  worden.  So  oxydierten  Grabe  und  Liebermabn 
1  Teil  Tetrabromanthracen  mit  2  Teilen  chromsaurem 
Kalium  und  5 — 6  Teilen  farbloser  Salpetersäure  (spez. 
Gew.  1,4)  in  einem  geräumigen  Kolben.  Anfangs  ist 
die  Reaktion  sehr  heftig,  und  es  entweicht  Brom.  Nachdem 
die  Entwicklung  der  Bromdämpfe  aufgehört  hat,  wird 
mit  Wasser  verdünnt,  und  die  ausgefallene  gelbe  Masse 
von  Bibromanthrachinon  aus  Benzol  umkrystallisiert.  (Die 
Oxydation  gelingt  weit  besser  mit  Chromsäure  und  Eisessig.) 

Und  Kaliumbichromat  und  Eisessig  vermögen  zu  fast 
theoretischen  Ausbeuten  zu  führen.  So  erhält  man  fast 
quantitativ  Naphtalsäure  aus  Acenaphten,  wenn  man  nach 
Anselm  6    so   verfährt:    100  g    Acenaphten,    600  g  fein 


1  Ann.  133.  4.  —  8  Ann.  161.  291.  —  3  Ann.  263.  10. 
4  D.  E.-P.  4570.  —  5  Ann.  Suppl.  7.  288.  —  6  JB.  25.  653. 


Oxydation.  375 

ilverisiertes  Kaliumbichromat  und  1200  ccm  Eisessig 
arden  zuerst  während  5  Stunden  auf  dem  Wasserbade 
if  ungefähr  80°  erwärmt  und  dann  am  Rückflufskühler 
>  Stunden  lang  bis  zum  Sieden  des  Eisessigs  erhitzt, 
er  Kolbeninhalt  wird  hernach  in  kaltes  Wasser  gegossen, 
ld  so  viel  Schwefelsäure  zugegeben,  bis  eine  schwer 
shche,  das  Filtrieren  verhindernde  Chromverbindung  in 
Ö8ung  gegangen  ist.  Der  abfiltrierte  Niederschlag  wird 
>chend  in  verdünnter  Natronlauge  gelöst,  die  Lösung 
it  etwas  Tierkohle  entfärbt  und  dann  gefällt.  Es 
erden  so  125  g  Säure  statt  der  theoretischen  140  g 
'kalten.     (Siehe  aber  beim  Natriumbichromat.) 

Die  Wirksamkeit  des  Gemisches  berechnet  man  unter 
st  Annahme,  dafs  die  Chromsäure  bei  der  Reaktion  in 
hromoxyd  Cr203  übergeht. 

K4Cr207  +  4H,S04  =  K2S04  +  Cr2(S04)8  -f  4H20  +  08. 

Die  seinerzeit  von  Fittig  *  geäusserte  Ansicht,  dafs 
le  Orthoverbindungen  beim  Behandeln  mit  Bichromat 
ad  Schwefelsäure  nicht  die  für  die  Meta-  und  Para- 
irbindungen  charakteristischen  Oxydationsprodukte  liefern, 
mdern  ganz  zerstört  werden,  kann  nach  einzelnen  im 
aufe  der  Jahre  gemachten  Beobachtungen  nicht  mehr 
sll  aufrecht  erhalten  werden.2 

Ealiumchlorat  ist  namentlich  bei  Gegenwart  von 
alzsäure  als  Oxydationsmittel3  verwendet  worden.  Man 
eachte  aber,  dafs  es  auch  chlorierend  wirken  kann. 
*Bagbr  4  löste  z.  B.  5  g  n-Phenylpropylen-*//-thiohara8toff 
i  50  ccm  eines  aus  gleichen  Teilen  roher  Salzsäure  und 
Nasser  hergestellten  Gemisches,  fügte  die  äquivalente 
tenge  Kaliumchlorat  (1  Mol.  KCIO^  auf  1  Mol.  Basis) 
Jiter  geringem  Erwärmen  hinzu,  worauf  sich  das 
^xydationsprodukt  nach  längerem  Stehen  der  Flüssigkeit 
*ilß  in  weifsen  Nadeln,  teiss  als  braunes  Harz  abschied, 
relches  beim  Behandeln  mit  Alkohol  ebenfalls  die  weifsen 
^jystalle  gab. 


1  Z.  Ch.  1871.  179.  —  2  Am.  Ch.  1.  36. 
3  M.  Ch.  4.  134.  —  *  B.  22.  2994. 


376  Oxydation. 

Anureasch  1  übergofs  5  g  Sulfhydantoin  mit  50  ccn 
Salzsäure  vom  spez.  Gew.  1,08  und  trug  in  5  Portionen 
4,2  g  Kaliumchlorat  ein.  Eine  etwaige  zu  heftige  m 
Chlorent wickelung  begleitete  Reaktion  verhinderte  er 
durch  sofortiges  Abkühlen.  Beim  Einhalten  dieser  Vor- 
sichtsmafsregel  löste  sich  alles  ohne  merkbare  G& 
entwickelung,  und  die  farblose  Flüssigkeit  trübte 
bald  durch  ein  abgeschiedenes  Krystallmehl.  Nach 
Gleichung 

C8H4NaS0  +  H20  +  30  =  C8H6N,S08 

war  das  Sulfhydantoin  zur  Karbamidsulfonessigsäure  oxydiert 
worden. 

Die  Ausbeute  an  Kaliumsalz  betrug  im  Durchschnitt 
70%  vom  Gewichte  des  verwendeten  Sulfhydantoins,  doek 
müssen  die  angegebenen  Bedingungen  genau  eingehalten 
werden,  da  sonst  oft  gar  kein  Kaliumsalz  erhalten  wirf, 
indem  die  Reaktion  in  anderer  Richtung  verläuft. 

Das  Kaliumferricyanid  ist  ein  in  alkalischen  Lösungen 
zu  verwendendes  Oxydationsmittel.     Nach  der  Gleichung 

2FeCy6K8  +  2KOH  =  2FeCy6K4  +  HjO  +  0  : 

geht  es  hierbei  in  Kaliumferrocyanid  über,  und  schlag1 
infolgedessen  die  tief  rote  Farbe  des  ersteren  in  dieschwad 
gelbe  des  letzteren  um. 

Für  gewöhnlich  verwendet  man  als  Alkali  Kalium 
oder  Natriumhydroxyd.  Sollten  diese  aber  den  zu  off 
dierenden  Körper  resp.  das  Endprodukt  angreifen, « 
nimmt  man  eine  Lösung  von  Natriumkarbonat. 

Babyer  2  oxydierte  mit  diesem  Mittel  Phenylacelyta 
zu  Diphenyldiacetylen,  indem  er  die  1  Mol.  des  Acetyto 
entsprechende  Menge  der  Kupferverbindung  desselben  u 
eine  kalt  gesättigte  und  mit  1  Mol.  Kali  versetzte  Lösunj 
von  1  Mol.  Ferricyankalium  eintrug  und  24  Stund« 
stehen  liefe.  Der  Niederschlag  wurde  getrocknet  un( 
mit  Alkohol  extrahiert. 

2HC:   C.C6H6  +  0  =  H20  +  C6H6.C  :  C.C  :  C.C6H5. 


1  B.  13.  1423.  —  *    B.  15.    57. 


Oxydation.  377 

Doch  arbeitet  man  auch  gelegentlich  mit  einem  grofsen 
Überschufs  des  Oxydationsmittels.  So  löste  Noyes  *  50  g 
Kaliumferricyanid  und  23  g  Atzkali  in  200  ccm  heifsem 
Wasser,  gab  2  g  Nitrotoluol  zu  und  kochte  2 — 3  Stunden 
am  Rückflulskühler.  Es  bildete  sich  Ortho-  und  Paranitro- 
benzoesäure.  Toluol  selbst  wird  von  dem  Mittel  nur 
äufserst  schwer  oxydiert.  Bemerkenswert  erscheint,  dafs 
er2  mit  der  gleichen  Menge  25  mal  mehr  Paranitrotoluol 
als  Toluol  oxydieren  konnte. 

König3  verfuhr  so,  dafs  er  2  g  einer  Base  mit  45  ccm 
Äther  und  einer  Lösung  von  7.5  g  Kaliumferricyanid 
und  13.5  g  Atzkali  in  60  ccm  Wasser  in  einem  Scheide 
trichter  schüttelte.  Nachdem  hernach  der  Äther  in  einem 
Kolben  durch  einen  Luftstrom  verdunstet  war,  blieb  das 
Oxydationsprodukt    in    krystallisiertem  Zustande   zurück. 

Die  oxydierende  Wirkung  des  schmelzenden  Kalium- 
hydroxyds ist  bei  den  Methoden,  nach  denen  man  mit 
diesem  arbeitet,  bereits  besprochen.  Hier  möge  noch 
hinzugefügt  werden,  dafs  es  auch,  was  mit  den  wenigsten 
anderen  Oxydationsmitteln  zu  erreichen  sein  dürfte,4  Phenol 
und  ähnliche  Verbindungen  mit  einem  Kohlenstoffring  zu 
solchen  mit  2  Ringen5  oxydieren  kann,  so  aus  C6H5OH 
Phenol  C12H10O2  Diphenol  erzeugt. 

2C6H80H  +  0  =  C12H1002  +  H90. 

Kaliumjodat  hat  in  mit  Schwefelsäure  versetzter 
Lösung  als  Oxydationsmittel  Verwendung  gefunden. 

Warneke6  löste  10  g  Wrightin  in  100  g  5%>iger 
Schwefelsäure,  versetzte  mit  einer  Lösung  von  5  g  Kalium- 
jodat in  150  ccm  Wasser  und  liefs  24  Stunden  an  einem 
dunklen  Orte  stehen.  Das  inzwischen  ausgeschiedene  Jod 
wurde  mit  Chloroform  ausgeschüttelt  und  die  nunmehr 
farblose  Flüssigkeit  vorsichtig  mit  Ammoniak  versetzt. 
Darauf  begann  die  Ausscheidung  von  Oxywrightin  in 
Krystallen,  deren  Gewicht  ungefähr  dem  des  in  Arbeit 
genommenen  Alkaloids  entsprach.  Mit  anderen  Oxydations- 
mitteln wurde  vergeblich  gesucht,  dies  Produkt  zu  erhalten. 


1  B.  16.  53.  —  •  B.  16.  2296.  —  8  Dissert.  Leipzig.  1891. 
4  B.  21.  728.  —  5  B.  11.  1332.  —  6  Ar.  1888.  281. 


378  Oxydation. 

Kaliummanganat  ist  von  Baeyer  zur  Oxydation 
solcher  Körper  verwendet  worden,  welche  durch  Kalium- 
permanganat sogleich  weiter  oxydiert  werden,  indem  es 
weit  schwächer  als  dieses  wirkt.  Man  erhält  eine  Lösung 
desselben  am  bequemsten  durch  Zusatz  einer  nicht  zu 
grofsen  Menge  Alkohol  zu  einer  alkalischen  Lösung  von 
Kaliumpermanganat. 

Fahlberg  und  List1  fanden,  dafs  sich  die  Darstellung 
der  Orthosulfaminbenzoesäure  am  einfachsten  gestaltet, 
wenn  man  Orthotoluolsulfamid  mit  alkalischer  Manganat- 
lösung  oxydiert.  Sie  erhielten  dieses  Oxydationsmittel 
durch  Zusammenschmelzen  von  2  Teilen  Kali  mit  1  Teil 
Braunstein  und  Auflösen  der  Schmelze  in  Wasser.  Der 
Gehalt  an  Manganat  läfst  sich  leicht  durch  Titration  mit 
Oxalsäure  ermitteln.  Man  wendet  zweckmäfsig  einen 
Uberschufs  an  Manganatlösung  an.  Die  Oxydation  voll- 
zieht sich  bei  Wasserbad temperatur  schon  in  wenigen 
Stunden,  und  den  Uberschufs  an  Manganat  zerstört  man 
schliefslich  durch  Zugabe  von  Alkohol.  Durch  Aus- 
schütteln der  Lösung,  die  nach  dem  Abfiltrieren  vom 
Braunstein  durch  Säurezusatz  fast  neutralisiert  und  dann 
stark  eingedampft  war,  erhielten  sie  eine  der  theoretisch 
möglichen  Menge  nahezu  gleichkommende  Ausbeute. 

Im   Gegensatz    zu    dem    aufser    in    den    angeführten  : 
Spezialfällen   kaum  jemals  gebrauchten  Kaliummanganat 
ist  das  Kaliumpermanganat  nun  dasjenige  Oxydation*  ' 
mittel,    das    an  Häufigkeit    der  Anwendung  alle   anderen 
überragt.     Seine  Verwendbarkeit  in  neutralen,  alkalischen 
und   sauren  Flüssigkeiten,    sowie  seine  Eigenschaft,   sich 
bei   der  Oxydation  zu    entfärben   und  dadurch  den  End- 
punkt seiner  Wirksamkeit  meist  sehr  leicht  erkennen  zu 
lassen,    sind  Vorzüge,    die    seine    häufige  Benutzung  er- 
klärlich machen.  Ja,  auf  der  Leichtigkeit,  mit  der  alkalische 
Permanganatlösungen  auf  ganze  Klassen  organischer  Körper 
in    bestimmtem    Sinne    hinsichtlich    ihrer   Oxydierbarkeit 
reagieren,    konnte    Baeyer2    seine   Methode    zur    Unter- 
scheidung von  offenen   oder  ringförmig  geschlossenen  mv 


1  B.  21.  243.  —  *  Ann.  245.  146. 


Oxydation.  379 

Ättigten  Säuren  von  offenen  oder  ringförmig  geschlossenen 
Ättigten,  sowie  von  den  Karbonsäuren  des  Benzols  und 
xlichen  Gebilden  begründen. 

"Verwendet  man  es  in  neutraler  Lösung,  so  zerfällt  es 
ik  der  Gleichung 

2Mn04K  +  xH20  =  2MnOaxH20  +  2KOH  +  03 

den  oxydierend  wirkenden  Sauerstoff,  sich  abscheidendes 
ingansuperoxydhydrat  und  Kaliumhydroxyd.  Ist  dieses 
fctere  störend,  so  leitet  man  während  des  Zusatzes  der 
rmanganatlösung,  welche  man  für  gewöhnlich  langsam 
liefsen  läfst,  Kohlensäure  durch  die  Flüssigkeit  (siehe 
iterhin).  Man  hört  mit  der  Zugabe  der  Permanganat- 
Tmg  auf,  wenn  nach  längerer  Zeit  (auch  bis  24  Stunden) 
Lue  Entfärbung  mehr  eintritt,  leitet  überhaupt  häufig 
>  Oxydation  recht  langsam.  Man  verwendet  im  all- 
aieinen  Permanganatlösungen,  welches  ca.  40  g  des 
pstallisierten  Salzes  im  Liter  enthalten. 

Das  Verfahren  der  Oxydation  alkalischer  Flüssigkeiten 
tspricht  ganz  dem  hinsichtlich  neutraler  Lösungen  zu 
Folgenden,  und  berechnet  man  in  beiden  Fällen  den 
aoretischen  Wirkungswert  des  Oxydationsmittels  unter 
m  Gesichtspunkte,  dafs  Mangansuperoxydhydrat  zur 
asscheidung  gelangt. 

Arbeitet  man  dagegen  in  sauren  Lösungen,  so  wird  das 
Btall  als  gelöstes  Oxydul  in  Rechnung  zu  ziehen  sein, 
nn  dann  geht  die  Oxydation  nach  der  Gleichung 

2Mn04K  +  3H,S04  =  2MnS04  +  K2S04  +  05  +3  H20 

»r  sich.  Man  pflegt  in  diesem  Falle  so  zu  arbeiten, 
Sa  man  abwechselnd  Säure  und  Permanganat  zugiebt, 
cht  etwa  die  ganze  Säuremenge  von  vornherein  zusetzt. 
Auf  aromatische  Sulfide  hat  man  auch  trockenes 
irmanganat  in  essigsaurer  Lösung  wirken  zu  lassen, 
a  sie  zu  Sulfonen  zu  oxydieren,  indem  man  man  es  in 
pulvertem  Zustande  in  theoretischer  Menge  zugab. 
id  Sbmmler  *  verfuhr  so,  dafs  er  4  g  von  ihm  fein 
rieb,   diese  mit  geschmolzenem  Myristicin  übergofs,  das 

1  B.  24.  3819. 


380  Oxydation. 

Gemisch  nach  dem  Erstarren  pulverte  und  es  nun 
siedendes  Wasser  eintrug.  Aus  diesem  scheidet  sich  d 
beim  Erkalten  als  Oxydationsprodukt  Myristicinaldß 
ab,  den  andere  Oxydationsmittel  nicht  lieferten,  und 
der  Mutterlauge  fiel  auf  Phosphorsäurezusatz  Myristi 
säure  aus. 

Die  Art  seiner  Wirksamkeit  ist  natürlich  auch 
je  nach  den  Bedingungen,  unter  welchen  es  Verwend 
findet,  variierende.  Als  Fahlberg  und  List1  Oi 
toluolsuifamid  in  neutraler  Lösung  mit  ihm  oxydiä 
erhielten  sie  Benzoesäuresulfinid ,  und  in  dem  Mi 
wie  bei  der  Zugabe  des  Permanganates  freies  AI 
entstand,  bildete  sich  Orthosulfaminbenzoesäure.  Ali 
ihr  Ausgangsmaterial  dagegen  in  stark  alkalischer  IM 
mit  ihm  behandelten,  kamen  sie  zur  Orthosulfammal 
Als  sie  aber  ihren  Körper  mit  ihm  in  Gegenwart 
etwas  Salzsäure  oder  unter  gleichzeitigem  Durchleiten 
Kohlensäure  oxydierten,  fand  eine  sehr  schnelle 
Wirkung  statt,  und  es  wurde  mehr  als  die  doppelte  M 
des  zur  Oxydation  der  Methylgruppe  erforderlichen 
manganates  verbraucht.  Wie  der  Versuch  ergab,  ent 
die  Lösung  nunmehr  orthosulfobenzoesaures  Kalium 
Kaliumnitrat.  Nach  der  ScHLÖsiNGschenMethode  kon 
sie  konstatieren,  dafs  der  GesamtstickstofF  des  To 
sulfamids  zu  Salpetersäure  oxydiert  war. 

Wbith  2  löste  reine  Orthotoluylsäure  in  überschüs 
Natronlauge  und  versetzte  die  Lösung  alsdann  mit  e 
mehr  Permangan at  als  der  Gleichung 

C«H*<CO()H  +  2KMn04  =  2Mn02  +  2H.0  +  C6H4<^J 

entspricht.  Nach  10  stündigem  Erhitzen  auf  dem  Wf 
bade  war  die  Oxydation  beendet.  Die  schwach  ( 
Lösung  wurde  durch  etwas  Alkohol  entfärbt,  fil 
und  durch  Salzsäure  die  entstandene  Phtalsäure  ausg« 
Luff8  löste  2  g  Nitrooxyzimmtsäure  (Schmelzt 
218°)  in  Soda,  erwärmte  auf  dem  Wasserbade  unc 
langsam  5  g  Permanganat  in  Lösung  zu.     Nach  länj 

1  Ä  21.  243.  -  *  B.  7.  1058.  —  8  B.  22.  297. 


Oxydation.  381 

itzen  wurde  angesäuert,  der  ausgeschiedene  Braunstein 
ih    Zugabe    von    Natriumsulfit    in   Lösung    gebracht, 

die  klare  Flüssigkeit  mit  Äther  ausgeschüttelt,  aus 
shem  die  bei  der  Reaktion  entstandene  Nitrooxybenzoe- 
•e  erhalten  wurde. 

Babyer1  erwärmte  zur  Oxydation  des  Diacetats  des 
axylylenalkohols  C6H4 .  (CH2 .  C2H302)2  dasselbe  in 
■r  grofsen  Schale  auf  dem  Wasserbade  mit  1  1 
S8er   und   500  g   Natronlauge   vom   spez.  Gew.    1.22 

trug  allmählich  4.5  1  einer  I0%igen  Permanganat- 
Jig  ein.  Schliefslich  wurde,  wenn  nötig,  noch  so  viel 
manganat  zugesetzt,  dafs  die  Flüssigkeit  violett 
hien  und  diese  Farbe  auch  nach  3  stündigem  Erhitzen 

dem  Wasserbade  beibehielt.  Nach  Zerstörung  des 
rechüssigen  Permangänats  ward  das  abgeschiedene 
f>eroxyd  auf  dem  Koliertuch  abfiltriert  und  wegen 
er  sehr  feinen  Verteilung  mit  sodahaltigem  Wasser 
jewaschen,  welches  das  Durchlaufen  dieses  Nieder- 
ages  verhinderte.     Ein  sehr  allmählicher  Säurezusatz 

erwärmten  Flüssigkeit  bewirkt  die  Abscheidung  der 
ephtalsäure  in  Nadeln  in  einer  Ausbeute  von  125% 

als  Ausgangsmaterial  verwendeten  Paraxylols. 
In  sehr  verdünnten  Lösungen  können  Reaktionen 
»r  Art  ganz  quantitativ  verlaufen.  So  gründen  Fox 
„  Wanklin2  auf  der  Oxydation  einer  höchstens 
ä%igen  alkalischen  Glycerinlösung  mittelst  Permanganat 
5  quantitative  Bestimmungsmethode  des  ersteren. 
Eine  sehr  vorsichtige  Art  der  Oxydation  ist  auch  die 
;ende.  Laves3  löste  5 — 10  g  Trithioameisensäure- 
nylester  in  Benzol  und  setzte  nach  und  nach  unter 
findigem  Schütteln  mit  Permanganatlösung  so  viel 
.wefelsäure  zu,  dafs  die  Flüssigkeit  dauernd  schwach 
ar  blieb.  Nach  ca.  2 stündiger  Einwirkung  wurde  die 
ition  durch  Erhitzen  auf  dem  Wässerbade  zu  Ende 
ihrt  und  überschüssiges  Permanganat  durch  schweflige 
re  entfernt.  Im  wässerigen  Filtrat  befanden  sich 
ratende  Mengen  Benzolsulf onsäure.    Aus  dem  getrock- 


1  Ann  245.  139.  —  *  Z.  A.  25.  587.  —  3  B.  23.  1415. 


382  Oxydation. 

neten  Braunsteinrückstand  extrahiert  Alkohol  ein  Disi 
sulfid.  Verfährt  man  aber  so,  dafs  man  den  in  i 
Benzol  gelösten  Ester1  mit  einer  abgekühlten  Mi« 
gleicher  Teile  5%iger  Permanganatlösung  und  2° 
Schwefelsäure  unter  beständigem  Schütteln  nach  nnd 
versetzt,  bis  von  neuem  zugesetztes  Permanganat 
mehr  entfärbt  wird,  löst  sodann  das  Manganhype 
mit  schwefliger  Säure,  so  hinterbleibt  das  im  ^ 
unlösliche  Oxydationsprodukt  beim  Verdunsten  des  B 
in  doppelter  Ausbeute. 

Eine  sehr  heftige  Wirkung  des  Permanganat 
häufig  beobachtet  worden.  So  fand  Cottau,2  da. 
Einwirkung  des  Mittels  schon  in  der  Kälte  anl 
wässerige  Lösung  von  Chloralhydrat  in  zwei  I 
verläuft;  in  der  ersten  wird  das  Molekül  des  C! 
vollkommen  zerstört,  es  entwickelt  sich  Chlor,  Sar 
und  Kohlensäure,  während  das  Kaliumpermangai 
Braunstein  und  Kaliummanganat  übergeführt 
welches  letztere  alsdann  in  der  zweiten  Phase  au 
Chloral  Chloroform  bildet.  Gleichzeitig  treten  Kohle 
und  Sauerstoff  auf,  allein  keine  Spur  von  Chlor. 

Einen  geringen  Überschufs  von  Permanganat, 
der  zu  oxydierenden  Flüssigkeit  nach  beendeter  Rc 
nicht  mehr  entfärbt  wird,  zerstört  man,    wie  schoi 
erwähnt,  durch  ein  wenig  Alkohol  oder  schweflige 
resp.  durch  etwas  ameisensaures  Natrium. 

Baeyer3  oxydierte  eine  sehr  empfindliche  Hj 
Verbindung  unter  Ausschlufs  von  Wasser  so,  dafs 
der  Verbindung  in  15  ccm  absolutem  Alkohol  i 
Wärme  löste,  und  zu  der  siedenden  Plüssigkei 
heifse,  gesättigte  und  mit  etwas  Eisessig  versetzte  1 
von  0.7  g  neutralem  Kupferacetat  zufügte.  Fi 
er  alsdann  die  durch  Ausscheidung  von  Kupferoxyi 
gefärbte  Flüssigkeit  auf  Eis,  so  schieden  sich  nach 
Zeit  gelbe  Nadeln  des  Oxydationsproduktes  ab. 

Die  Verwendung    alkalischer   Kupferlösung 
Oxydationszwecken  ist  allgemeiner  nur  für  den  Ti 

1  B.  25.  347.  —  2  B.  18.  B.  376.  —  3  B.  24   2693. 


Oxydation.  383 

.«ker1  bekannt,  das  Mittel  kann  aber  auch  bei  vielen 
Leeren  Substanzen  erfolgreich  für  synthetische  Zwecke 
»iwendet  werden.  So  erhält  man  nach  Böslbr2  das 
»isil  am  besten  durch  Oxydation  des  Anisoins  auf  diese 
it.  1  Teil  Anisoin  wird  in  5  Teilen  70%igen  Alkohols 
*üs  gelöst  und  so  lange  mit  einer  alkalischen,  möglichst 
>nzentrierten  Kupferlösung  versetzt,  bis  die  Flüssigkeit 
»u  gefärbt  ist.  Man  filtriert  die  Flüssigkeit  heüs  vom 
.npferoxydul  ab  und  fällt  das  Anisil  mit  Wasser  aus. 
ie  Ausbeute  ist  quantitativ. 

Breuer  und  Zincke3  lösten  Acetylkarbinol  in  20 
eilen  Wasser  und  setzten  auf  1  Mol.  6  Mol.  in  Wasser 
»löstes  Atznatron  zu.  Hierauf  wurde  eine  Lösung  von 
Mol.  Kupfersulfat  zugefügt  und  einige  Zeit  auf  dem 
Tasserbade  erwärmt.  Die  Oxydation  war  nach  folgenden 
leichungen  verlaufen: 

CH8.CO.CH2OH  =  CH„.COH  +  HCOH 

Acetylkarbinol  Aldehyd     Formaldehyd 

CH8 .  COH  +  HCOH  +  0  =  CH8 .  CHOH .  COOH 

Milchsäure. 

E.  Fischer4  fand,  nachdem  andre  Mittel  nicht  zum 
iele  geführt  hatten,  in  der  alkalischen  Kupferlösung  ein 
rauchbares  Agens,  um  das  Benzfuroin  in  Benzfuril  über- 
aführen.  Er  löste  2  Teile  Benzfuroin  heifs  in  35  Teilen 
Jkohol,  versetzte  die  Flüssigkeit  mit  70  Teilen  einer 
ihwach  alkalischen  Kupferlösung  (enthaltend  6  Teile 
lystallisierten    Kupfervitriols    und    die     nötige    Menge 

1  Anmerkung.  Da  in  diesen  Rohrzucker,  Stärke  etc.,  wie 
oechhoff  im  Jahre  1811  entdeckte,  durch  Kochen  mit  ver- 
filmten Säuren  ja  leicht  übergehen  (während  die  Inversion  der 
•llulose  durch  diese  Prozedur  erst  von  Braconnot  1819  auf- 
wanden wurde),  spielen  alkalische  Kupferlösungen  eine  grofse 
»olle  in  der  Chemie  der  Kohlehydrate.  Die  FEHLiNGsche  Lösung, 
'eiche  Weinsäure  als  Lösungsmittel  für  das  Kupferoxyd  in  alkalischer 
öflung  benutzt,  hat  den  Nachteil,  nicht  haltbar  zu  sein.  Nimmt 
um  aber  an  Stelle  dieser  Säure  nach  Schmiedeberg  (A.  Pth.  28. 
33)  Mannit,  so  bekommt  man  eine  Lösung,  die  sich  jahrelang  — 
ich  für  Zwecke  der  quantitativen  Zuckerbestimmung  —  völlig 
i verändert  hält. 

8  B.  14.  327.  -  8  B.  13.  639.  —  4  Ann,  211.  229. 


384 


Oxydation. 


Weinsäure  und  Natron)  und  fügte  so  viel  Wasser  zu, 
dafs  beide  Flüssigkeiten  sich  mischten.  Hält  man  die 
Temperatur  auf  50°,  so  ist  die  Oxydation  rasch  beendet 
Sobald  eine  filtrierte  Probe  FfiHLiNGsche  Lösnng  ii 
gelinder  Wärme  nicht  mehr  reduziert,  wird  die  Flüssig- 
keit mit  Wasser  verdünnt,  filtriert  und  mit  Äther  aus- 
geschüttelt. 

Kupferoxyd  führt  salzsaures  Leukanilin,  wenn  « 
damit  gemischt  und  auf  120 — 160°  erhitzt  wird,  ii 
Fuchsin  über.1  Weitere  Verwendung  scheint  es  fc 
die  Synthese  organischer  Verbindungen  nicht  gefirodea 
zu  haben. 

Kupferoxydhydrat  haben  Habermann  und  Köm1 
in  alkalischer  und  neutraler  Lösung  oft  unter  mehr- 
stündigem Kochen  als  Oxydationsmittel  für  die  verschie- 
denen Zuckerarten  verwendet.  Galaktose  lieferte  z.  B. 
dabei:  Kohlensäure,  Ameisensäure,  G-lykolsäure,  Milch- 
säure, sowie  nicht  fest  bestimmte  andere  Säuren. 

Durch  trockne  Oxydation  mit  wasserfreiem  Kupfer* 
sulfat  führte  Brühl3  Menthol  glatt  in  Oyraol  über 
(Chromsäuremischung  liefert  Menthon,  PermangaMt 
Oxymenthylsäure  neben  Pimelinsäure  und  Fettsäuren). 
Erhitzt  man  beide  Körper  einige  Stunden  auf  250— 280*, 
so  entweicht  beim  Öffnen  des  Einschlufsrohres  schwefige 
Säure  in  Strömen,  während  Kupferoxyd  mit  einem  öle 
durchtränkt  zurückbleibt.  Ist  die  Menge  des  angewandt« 
Sulfats  gering,  so  wird  sogar  die  entstehende  schweflip 
Säure  noch  weiter  reduziert,  so  dafs  Schwefelwasserstw 
und  Schwefelkupfer  gebildet  werden.  Das  mit  de» 
Kupferoxyd  gemischte  Öl  war  fast  ganz  mit  Wasser 
dampf  flüchtig  und  erwies  sich  eben  als  Oymol  Cl°fl*0 
+O2=C10Hu-f3H2O. 

Ebenso  erhielt  er  es,4  als  er  Menthen  mit  wasser- 
freiem Kupfersulfat  auf  250  °  erhitzte,  ziemlich  glatt  «* 
diesem. 

CioH18+ O,=C10H14+2H3O. 


1  T).  R.  P.  19484.  —  *  M.  Ch.  5.  208.  -  3  B.  24.  3374. 
4  B.  25.  143 


Oxydation.  385 

Im  grofsen1  wird  mit  dem  Kupfersulfat  etwa  in 
Igender  Art  oxydiert.  Möglichst  reines  Dimethylanilin 
Lid  behufs  feinerer  Verteilung  mit  viel  trockenem  Koch- 
1z  oder  Kreide,2  ca.  50%  gepulvertem  Kupfervitriol 
id  ca.  20  %  flüssigem  (kresolhaltigem)  Phenol  8—10 
banden  auf  öO—öO0  erhitzt.  Das  Phenol  wirkt  ver- 
ntlich  durch  Übergang  in  Chinonderivate  (Chloranil) 
.nerstofiubertragend.  Aus  dem  Reaktionsprodukt  wird 
icthylviolett  dargestellt. 

Der  SauerstofFgehalt  der  Luft  vermag  leicht  oxydier- 
ire  Körper,  wenn  sie  längere  Zeit  in  offenen  Gefäfsen 
«hen,  selbst  quantitativ  in  ihr  Oxydationsprodukt  über- 
lÄhren,  wie  aus  den  Versuchen  Bandrowskys3  hervor- 
aht.  Er  oxydierte  so  in  mäfsig  verdünnten  Lösungen 
dzsaures  Paraphenylendiamin  und  Paraamidophenol. 
toi  ersterem  verlief  die  Reaktion   nach    der    Gleichung 

C6H4(NH2)2  +  0  =  HaO  +  C6H6N„ 

nd  war  die  Ausbeute  fast  theoretisch.  Viel  schneller 
am  er  allerdings  zum  Ziele,  wenn  er  Sauerstoffgas 
oreh  die  Lösung  leitete,  oder  bei  Verwendung  von 
Wasserstoffsuperoxyd. 

Glases4  hat  das  Diphenyldiacetylen,  jene  so  merk- 
rürdige  Verbindung,  die  jetzt  aus  dem  Phenylacetylen- 
npfer  durch  Kaliumferricyanid  (siehe  dort)  erhalten 
nrd,  zuerst  so  dargestellt,  dals  er  diese  Kupferverbindung 
lit  alkoholischem  Ammoniak  bei  Zutritt  von  Luft  stark 
bhüttelte,  wobei  sie  zu  Kupferoxyd  und  Diphenyldiace- 
flen  oxydiert  wurde. 

Viel  wichtiger  als  in  den  erwähnten  Fällen  ist  die 
.fflftoxydation  geworden,  seitdem  Hofmann5  die  Eigen - 
chaft  der  Alkohole,  in  Berührung  mit  Luft  und  Platin 
u  Aldehyden  oxydiert  zu  werden,  zur  Darstellung  des 
is  dahin  unbekannten  Formaldehyds  verwertete,  der 
ach  heute  noch  allein  nach  dieser  Methyde  in  grösseren 
[engen  gewonnen  werden  kann. 


1    Friedländer,  Farbenfabrikat.  33.  —  8  D.  B.  P.  32829. 
3  M.  Ch.  10.  124.  —  4  Ann.  154.  150.  —  a  Ann.  145.  358. 

LasMr-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  25 


386  Oxydation. 

Er  leitete  Methylalkoholdämpfe  mit  Luft  gemischt 
über  eine  glühende  Platinspirale.  Hierbei  findet  die 
flamm enlose  Verbrennung  desselben  zu  Formaldehyd 
statt,  der  in  einem  Kühler  kondensiert  wird.  Tollens1 
hat  dann  die  Apparate  für  den  Zweck  verbessert.  Von 
Loew2  rührt  die  Beobachtung  her,  daJs  weit  besser  als 
Platin  oberflächlich  oxydierter  Kupferdraht  wirken  soll. 
Statt  der  früher  gewinnbaren,  höchstens  3V2%  haltenden 
Destillate  brachte  er  es  zu  solchen  von  15 — 20%igem 
Aldehydgehalt.  Auf  diese  Art  können  übrigens  nach 
Loew  nicht  nur  Alkohole,  sondern  auch  Äther,  Ester 
und  Kohlen  Wasserstoffe,  ja  sogar  Basen  in  Aldehyde 
übergeführt  werden.  So  liefern  Äthyläther  und  Essig- 
ester Acetaldehyd,  Toluol  Benzaldehyd;  Äthylamin  giebt 
Acetaldehyd  und  Stickoxyd. 

Tollens3  hat  aber  einige  Monate  später  gezeigt,  dab 
man  bei  Beibehaltung  des  Platins  mit  Hülfe  von  ange- 
wärmtem Methylalkohol,  durch  den  man  die  Luft  leitet, 
in  seinem  Apparate4  30 — 40%ige  Formaldehydlösungen 
literweise  in  kurzer  Zeit  darstellen  kann. 

Mit  dem  durch  Fällung  erhaltenen  Mangansuper- 
oxyd  oder  dessen  Hydrat  oxydiert  man  meist  saure  Flüsag- 
keiten,  z.  B.  schwefelsaure  oder  eisessigsaure  Lösungen 
basischer  Körper.  Man  fügt  auch  wohl  natürlichen 
Braunstein  oder  Hausmannit  (Manganoxyduloxyd)  zu. 

Nietzki5  löste  gleiche  Moleküle  Mononitroresorcin 
und  Resorcin  kalt  in  Alkohol  (auf  10  Teile  Resorcro 
15  Teile  des  letzteren)  und  suspendirte  etwa  1  Mol 
geschlemmtes  Mangansuperoxyd  in  der  Lösung.  Unter 
Kühlung  liefs  er  dann  ca.  2  Mol.  Schwefelsäure,  die 
vorher  mit  dem  gleichen  Volum  Wasser  verdünnt  war, 
hinzulaufen.  Nach  einiger  Zeit  nimmt  die  Flüssigkeit 
eine  kirschrote  Färbung  an.  Durch  Fällung  der 
filtrierten  Lösung  mit  Wasser  kommt  man  schließlich 
zum  Resazurin. 


1  B.  16.  917.  —  2  /.  pr.  Ch.  141.  323.  -   3  B.  19.  2133. 

4  Abgebildet  in  „Landwirtschaftliche  Versuchsstationen".  29.355. 

5  B.  24.  3367. 


Oxydation.  387 

C.H.O,  +      C,H6NO,       =  C„HI7N04  +  H,0  +  H, 
Besorcin      Nitrosoresorcin      Resazurin. 

Das  Natriumbichromat  hat  vor  dem  Kalium- 
bichromat  —  von  dem  1  Teil  etwa  10  Teile  Wasser 
von  20°  erfordert  —  den  grofsen  Vorzug,  schon  in 
2 — 3  Teilen  Wasser  von  gewöhnlicher  Temperatur  löslich 
zu  sein  und  kann  deshalb  in  Lösung  angewandt  werden, 
ohne  dafs  die  Flüssigkeiten  dadurch  allzusehr  verdünnt 
werden.  Der  Gehalt  des  käuflichen  Salzes  an  Chromsäore 
ist  aber  nicht  immer  konstant,  mufs  also,  wenn  nicht 
Farbenerscheinungen  bei  der  Oxydation  ein  Urteil,  ob 
die  zugesetzte  Menge  genügend  ist,  abgeben,  analytisch 
bestimmt  werden. 

Solche  Gehaltsbestimmung  führt  man  nach  Kissling1 
durch  Titration  mit  Ferroammonsulfatlösung  unter  An- 
wendung des  Tüpfelverfahrens  mit  Ferricyankalium  als 
Indikator  aus.  Der  Gehalt  pflegt  von  88 — 92%  an 
Na2Cr207  zu  schwanken,  doch  kommt  auch  solches  mit 
nur  84%  vor. 

Die  Konzentration  des  Oxydationsgemisches  wählt  man 
für  gewöhnlich  der  für  das  Kaliumbichromat  angegebenen 
entsprechend.  Man  befindet  sich  oft  in  der  Lage,  die 
Schwefelsäure  der  zu  oxydierenden  Substanz  nicht  in 
beliebiger  Menge  zusetzen  zu  können,  ohne  dafs  diese 
darunter  leidet ;  deshalb  giebt  man  eben  meistens  die  von  ihr 
nötige  Menge  zur  Lösung  des  Natriumbichromates,  und 
benutzt  nun  dieses  Chromsäuregemisch. 

Das  Anilin  oxydiert  man  nach  Nietzki-  anstatt 
mittelst  des  früher  von  ihm  eingeführten  Kaliumbichromats3 
mittelst  des  Natriumsalzes  folgendermafsen  zu  Chinon: 

Zu  einem  Gemisch  von  1  Teil  Anilin,  25  Teilen 
Wasser  und  8  Teilen  Schwefelsäure  wird  eine  konzen- 
trierte Lösung  von  Natriumbichromat  unter  guter  Kühlung 
allmählich  zugegeben.  Die  Flüssigkeit  färbt  sich  bald 
dunkelgrün,  gegen  Ende  der  Operation  tief  blauschwarz. 
Nach  fernerem  Zusatz  verschwindet  der  vorhandene 
Niederschlag  zum  gröfsten  Teil,    und    man    erhält   jetzt 


1   Ch.  Z.  1891.  374.  -    2  B    19.  1468.  —  3  Ann.  215.  127. 

25* 


388  Oxydation. 

eine  trübe  braune  Flüssigkeit,  in  welcher  hauptsächlich 
Chinon  neben  Chinhydron  suspendiert  ist.  Letzte» 
läfst  sich  durch  weiteren  Chromatzusatz  zu  Chinon 
oxydieren. 

Für  die  Darstellung  von  Hydrochinon  wird  durch 
Einleiten  von  schwefliger  Säure  alles  reduziert,  und  die 
filtrierte  Flüssigkeit  mit  Äther  ausgeschüttelt.  Die  direkte 
Ausschüttelung  des  Chinons  ist,  weil  sich  dabei  leickt 
eine  Emulsion  bildet,  kaum  ausführbar.  Das  Hydro- 
chinon  löst  man  alsdann  in  möglichst  wenig  Wasser, 
fügt  auf  1  Teil  des  ersteren  etwa  2  Teile  Schwefelsäure 
zu,  und  versetzt  die  Flüssigkeit  so  lange  unter  gute 
Kühlung  mit  Natriumbichromatlösung,  bis  sich  das  ffl 
Anfang  ausgeschiedene  Chinhydron  in  rein  gelbes  Chinon 
verwandelt  hat.  Man  filtriert  es  direkt  ab  und  schüttelt 
den  Rest  mit  Äther  aus.  Ausbeute  an  Chinon  aus  Hydro- 
chinon theoretisch. 

Wenn  die  Temperatur  des  Oxydationsgemisches  fär 
die  Chinondarstellung  aus  Anilin  auf  5 — 10°  gehaltea 
wurde,  konnte  Nietzki  Ausbeuten  bis  zu  85%  an  rohem 
Hydrochinon  erzielen.  Später  hat  aber  Schniteb^utA 
eine  kleine  Abänderung  die  Ausbeute  noch  weiter  # 
steigern  vermocht.  Er  setzte  das  Oxydationsmittel,«!8 
welches  ihm  allerdings  Kaliumbichromat  diente,  nämlich 
in  zwei  Abschnitten  zu  und  fügte,  nachdem  das  eiste 
Drittel  eingetragen  war,  die  letzten  zwei  Drittel  ö*t 
nach  12  — 24stündigem  Stehen  zu.  Nunmehr  erhielt  er 
aus  20  g  Anilin  19  g  Chinon,  also  etwa  86  °/o  4er 
theoretischen  Menge.  So  ist  nunmehr  das  Chinon,  i» 
welches  die  chemischen  Fabriken,  bevor  es  Nietzki  aitf 
Anilin  darstellen  lehrte,  einen  Preis  verzeichneten,  <*? 
dem  des  metallischen  Goldes  ziemlich  nahe  kam,8  ^ 
Leichtigkeit  in  gröfseren  Mengen  zugänglich. 

Das  Chinon  krystallisiert  man  nach  Hesse8  am 
aus    Petroläther    um.       Nach     Saeauw4    soll   man 
gesättigte   heifse  Petrolätherlösung    nach    dem   Filtrieren 


1  B.  20.  2283..  —  2  B.  10.  1934.  —  8  Ann.  200.  240. 
4  Ann.  209.  99. 


Oxydation.  389 

nicht  völlig  erkalten  lassen,  da  sonst  auch  weniger  reine 
Substanz  ausfällt,  sondern  die  noch  warme  Mutterlauge 
von  den  schon  bei  geringer  Abkühlung  in  reichlicher 
Menge  ausgeschiedenen  Chmonnadeln  abgiefsen. 

Beim  Kaliumbicbromat  lernten  wir  schon  eine  Methode 
zur  fast  quantitativen  Gewinnung  der  Naphtalsäure  aus 
Acenaphten  kennen.  Auch  hier  ist  trotzdem  das  Natrium- 
bichromat  vorzuziehen,  weil  die  Oxydation  sich  mit  ihm 
viel  schneller  vollenden  läfst  und  direkt  ein  reineres 
Produkt  liefert.  Die  Ausbeuten  sind  nur  wenig  geringer: 
28 — 29  g  Säureanhydrid  aus  25  g  Kohlenwasserstoff. 
Es  ist  aber  nach  Grabe  und  Gfeller1  erforderlich 
anfangs  sehr  vorsichtig  zu  arbeiten,  da  sonst  die 
Oxydation  zu  heftig  wird.  25  g  Acenaphten  werden 
in  300  ccm  Eisessig  unter  Erwärmen  gelöst.  Nach 
dem  Abkühlen  der  Flüssigkeit  bis  auf  80°  fügt  man 
anfangs  sebr  allmählich  unter  Rühren  oder  Schütteln 
170 — 175  g  grob  gepulvertes  Natriumbichromat  hinzu, 
und  zwar  mit  der  Vorsicht,  dafs  die  Temperatur  nur  bis 
85°  steigt.  Läfst  die  Reaktion  nach,  so  giebt  man  das 
Bichromat  schneller  zu,  erwärmt  schliefslich  auf  dem 
Wasserbade,  und  mit  den  erwähnten  Mengen  sind  diese 
Operationen  ungefähr  in  1  Stunde  vollendet.  Man 
erhitzt  nun  noch  2  Stunden  im  Ölbade  am  Rückflufs- 
kühler,  worauf  man  den  Kolbeninhalt  in  warmes  Wasser 
giefst  und  den  körnigen  Niederschlag  an  der  Pumpe 
absaugt.  Beim  Erwärmen  mit  400  ccm  Natronlauge 
von  5%  Gehalt  löst  er  sich  in  dieser.  Ein  merklicher 
Rückstand  (unangegriffenes  Ausgangsmaterial)  wäre  in 
gleicher  Weise  nochmals  zu  oxydieren. 

Auch  die  Phtalsäure,  von  der  man  noch  meistens  an- 
gegeben findet,  dafs  sie  aus  Tetrachlornaphtalin  durch 
Oxydation  mit  Salpetersäure  gewonnen  wird,  wird  jetzt 
nach  Lüddens2  durch  Oxydation  von  Naphtalin  oder 
Naphtalinsulfosäure  mit  diesem  Chromsäuregemisch 
(Natriumbichromat  und  Schwefelsäure)  im  grofsen  dar- 
gestellt. 


1  B.  25.  653.  -  2  Ch.  Z.  1891.  585. 


390  Oxydation. 

Natriumnitrit  ist  ein  nicht  häufig  gebrauchtes  aber 
für  manche  Zwecke,  wie  Nölting  gefunden  hat,  sehr 
passendes  Oxydationsmittel.  Nietzki  und  Steinmaxs1 
kamen  mit  ihm  vom  Pyrogallol  zum  PurpurogaUin,  wobei 
die  Ausbeute  besser  als  nach  irgend  einem  anderen  Ver- 
fahren war,  als  sie  in  eine  mit  Essigsäure  angesäuerte 
Pyrogallollösung  unter  guter  Kühlung  so  lange  Natrium* 
nitritlösung  einfliefsen  liefsen,  als  Stickstoffentwicke- 
lung  erfolgte.  Der  ausfallende  Körper  wird  unter  Tier- 
kohlezusatz umkrystallisiert. 

Einige  Jahre  früher  hat  Bernthsen2  mit  diesem 
Mittel  das  Methylhydrophenylacridin  behandelt.  Als  er 
auf  dasselbe  in  alkoholischer  Lösung  salpetrigsaurea 
Natrium  und  Salzsäure  wirken  liefs,  änderte  die  Flüssig- 
keit sofort  die  Farbe,  und  nach  dem  Verjagen  des 
Alkohols,  Lösen  in  Wasser  und  Fällen  mit  Alkali  erhielt 
er  das  Methylphenylacridiniumoxydhydrat.  Mithin  ist  die 
Methylgruppe  bei  der  Oxydation  der  Verbindung  erhalten 
geblieben,  ein  Fall,  für  den  kein  analoges  Beispiel 
bekannt  ist. 

Das  jetzt  leicht  zugänglich  gewordene  Natrium- 
Superoxyd  hat  für  die  Oxydation  organischer  Körper 
noch  kaum  Verwendung  gefunden. 

Nachdem  Dumas  und  Stas  auf  rein  theoretischem 
Wege3  zu  der  Überzeugung  gekommen  waren, 
Alkohol  unter  dem  Einflufs  von  Alkalien  sich 
Sauerstoffes  des  Wassers  bemächtigen  mufs,  um  Essigsäure 
zu  bilden,  fanden  sie  als  geeignetstes  Alkali  für  diesen 
Zweck  den  von  ihnen  zuerst  dargestellten  Natronkalk, 
der  nach  ihnen  so  bereitet  wird,  dafs  man  gleiche  Teile 
zum  Rotglühen  erhitzten  Kaliumhydroxyds  und  gepul- 
verten Atzkalks  mengt.  Dieses  heifs  zubereitete  Gemisch 
wird  nach  dem  Erkalten  sehr  hart  und  läfst  sich  dann 
pulverisieren. 

Begiefst  man  ein  solches  Gemenge  mit  absolutem 
Alkohol,  so  verbindet  es  sich  sogleich  mit  ihm.  Seinen 
Überschufs  verjagt  man    im  Wasserbade   und    hat  dann 


1  B.  20.  1278.  -  2  B.  16.  1817.  —  3  Ann.  35.  133. 


Oxydation.  391 

einen  festen,  aus  Kalk,  Kali  und  Alkohol  bestehenden 
Rückstand.  Erwärmt  man  diesen  unter  Luftabschlufs  im 
Glasrohr,  so  tritt  ohne  Schmelzung  oder  Schwärzung 
reichliche  Gasentwickelung  ein,  welches  Gas  Wasserstoff 
ist,  während  aus  dem  Rückstand  die  Essigsäure  durch 
stärkere  Säuren  abgeschieden  werden  kann. 

CH3 .  CH20H  +  KOH=CH8 .  COOK  +  2H2. 

Brodle  kam  mit  Hülfe  des  Verfahrens  vom  Ceryl- 
alkohol  zur  Cerotinsäure  und  vom  Myricylalkohol  zur 
Melissinsäure.1 

Hell2  hat  dann  eine  quantitative  Methode  zur  Be- 
stimmung des  Molekulargewichts  und  der  Atomigkeit 
höherer  Fettalkohole  auf  dieser  Oxydationsmetnode  be- 
gründet. Die  Menge  des  beim  Erhitzen  des  Fettalkohols 
mit  Natronkalk  entwickelten  Wasserstoffes  ist  natürlich 
abhängig  von  dem  Molekulargewicht  des  ersteren;  bei 
gleicher  absoluter  Menge  wird  also  der  Alkohol  mit  dem 
gröfseren  Molekulargewicht  eine  geringere  Wasserstoff- 
xnenge  liefern,  als  der  mit  dem  kleineren  Molekular- 
gewicht. Da  nun  Alkohole  und  Aldehyde  von  gleichem 
Kohlenstoffgehalt  beim  Schmelzen  mit  Kalihydrat  dieselbe 
Säure  liefern,  das  entwickelte  Wasserstoffvolum  aber  bei 
ersteren  doppelt  so  grofs  sein  mufs,  so  kann  man  zugleich 
auf  diese  Art  entscheiden,  ob  ein  hochmolekularer  Körper, 
bei  dem  die  gewöhnlich  brauchbaren  Unterscheidungs- 
mittel  nicht  mehr  anwendbar  sind,  in  diese  oder  jene 
Reihe  gehört. 

Später  hat  Liebermann3  sich  auf  diese  Art  Auf- 
schluß über  den  Coccerylalkohol  verschaffen  wollen,  doch 
verlief  die  Oxydation  auf  diesem  Wege  ganz  unregelmäfsig, 
während  er  mittelst  einer  Lösung  von  Chromsäure  in 
Eisessig  zu  einer  wohl  charakterisierten  Säure  kam. 

Das  Nitrobenzol  als  Oxydationsmittel  ist  durch  den 
CoüPlERSchen Fuchsinprozefs  sehr  bekannt  geworden;  jene 
Darstellung  beruht  darauf,  dafs  eine  Mischung  von  Anilin 
und  Toluidin,  Nitrobenzol  und   -toluol   unter  Zusatz  von 


1  Ann.  71.  149.  —  a  Ann.  223.  269.  —  8  B.   20.  962. 


892  Oxydation. 

etwas  Salzsäure  nebst  wenigen  Prozenten  Chlorzink  oder 
Eisenchlorür  auf  180 — 190°  erhitzt  wird.  Die  Ausbeute 
an  Fnchsin  ist  nicht  viel  von  der  nach  dem  älteren  Arsen- 
säureverfahren (etwa  38%)  verschieden,  aber  es  hat  den 
grofsen  Vorzug  der  Ersparnis  des  Arbeitens  mit  jener 
giftigen  Substanz. 

Zu  Oxydationen  im  Laboratorium  hat  es  selten  gedient. 
Lellmann  und  Geller1  erhitzten  5  g  Piperidin  mit 
22  g  Nitrobenzol  während  4  Stunden  im  EinschlnJsrohr 
auf  250 — 260°  und  kamen  so  zum  Pyridin,  doch  war 
die  Ausbeute  nicht  befriedigend. 

Die  Einwirkung  des  Ozons  auf  organische  Körper  ist 
schon  lange  untersucht  worden.2  Da  bei  derselben  meist 
Körper  von  einer  sonst  kaum  in  dem  Mafse  bekannten 
Neigung  zu  aufserordentlich  heftigen  Explosionen  er- 
halten werden,  ist  bei  derartigen  Versuchen  mit  der  aller 
gröfsten  Vorsicht  zu  verfahren.  Houzeau  und  Renaed5 
haben  aus  dem  Benzol  einen  solchen  Körper,  den  sie 
Ozobenzol  nennen,  erhalten.  Nencki  und  Giacosa4 
haben  auf  diesem  Wege  auch  Phenol,  allerdings  nur  in 
Milligrammen,  aus  Benzol  gewinnen  können,  und 
Berthelot5  berichtet  von  einer  aufserordentlich  explosiven 
Flüssigkeit,  die  er  durch  Einwirkung  von  Ozon  auf 
absoluten    Äther  erhielt. 

Im  Gegensatz  zu  dem  eben  Mitgeteilten  fand  Leeds,* 
dafs  bei  der  Oxydation  von  Benzol  durch  Ozon  nur 
Kohlensäure,  Oxalsäure,  Ameisensäure  und  Essigsäure 
nebst  einem  schwarzen  amorphen  Körper,  aber  kein  Ozo- 
benzol erhalten  werde.  Er  stellte  auch  Untersuchungen 
über  die  Wirkung  des  nascierenden  Sauerstoffes,  den  er 
durch  die  Einwirkung  von  oberflächlich  mit  Wasser  über- 
gossenem  Phosphor  auf  Luft  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
erhielt,  an.  Ist  kein  Benzol  zugegen,  so  wird  Ozon  ge- 
bildet; fügt  man  aber  solches  zu,  so  verschwindet  die 
Ozonreaktion;  im  Sonnenlicht  bilden  sich  dann  Phenol 
und  Oxalsäure.     Im  zerstreuten  Tageslicht  entsteht  Oxal- 


1  B.  21.  1921.  —  2  Ann.  125.  207.  —  3  Cr.  76.  572. 
4  Z.  4.  340.  -  b  Cr.  92.  895.  —  •  B.  14.  975. 


Oxydation.  393 

Bätire,  aber  kein  Phenol.  (Über  die  aktivste  Form  des 
Sauerstoffes  siebe  Seite  278.) 

Das  Platinchlorid  wird  seiner  Kostspieligkeit  halber 
nur  sehr  selten  znr  Oxydation  verwendet.  Platinschwarz 
und  platzierter  Asbest  unterstützten  bekanntlich  die 
"Wirkung  des  Luft-  oder  freien  Sauerstoffes  (siehe  dort), 
(aber  ebensogut  zeigen  auch  andere  Elemente  in  ihrer 
Gegenwart  eine  erhöhte  Umsetzungsfähigkeit.  So  teilt 
schon  Dbbus1  mit,  dafs  Blausäure  und  Wasserstoff,  über 
Platinschwarz  geleitet,  Methylamin  liefern.  HCN  +  H4  == 
CHg.NHa). 

Schmidt  und  Wilhelm2  lösten  je  5  g  Hydrastin  in 
stark  salzsäurehaltigem  Wasser,  versetzten  die  Lösung  mit 
einem  Überschufs  von  Platinchlorid  und  kochten  6  Stunden 
am  Rückflu&kühler.  Allmählich  ferbte  sich  die  Lösung 
dunkelrot.  Nach  Filtration  von  etwas  metallischem  Platin 
schieden  sich  beim  Erkalten  und  dann  weiter  nach  dem 
Eindampfen  weifse  Nadeln  von  Opiansäure  und  Krystalle 
eines  Platindoppelsalzes  aus,  deren  Trennung  leicht  durch 
Äther  zu  bewerkstelligen  ist.  Das  Doppelsalz  erwies  sich 
als  Hydrastininplatinchlorür  (C11H11N02HCl)2PtCl2. 

Nach  Dullo3  kann  man  übrigens  Platin  ohne  jeden 
schwarzen  Rückstand  und  selbst  in  bedeutenden  Mengen 
in  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  in  Lösung  bringen,  wenn 
man  den  Druck,  unter  dem  das  Königswasser  kocht,  ver- 
größert. Man  bewerkstelligt  das  am  besten  dadurch,  dafs 
man  die  Lösung  in  einem  Kolben  vornimmt,  den  man 
mit  einem  gebogenen  Glasrohr  verschliefst,  dessen  längerer 
Schenkel  etwa  1  m  tief  in  Wasser  taucht.  Die  Dämpfe 
der  Säure  überwinden  wohl  noch  diesen  Druck,  trotzdem 
geht  aber  die  Lösung  in  kurzer  Zeit  ohne  Rückstand 
vor  sich. 

Quecksilberacetat  eignet  sich  nach  Tafel4  für  die 
Überführung  von  Derivaten  des  Piperidins  und  Tetra- 
hydrochinolins  in  die  entsprechenden  Pyridin-  und  Chinolin- 
abkömmlinge.      So   liefert  Tetrahydrochinolin  selbst   mit 


1  Ann.  128.  200.  —  *  Ar.  1888.  350.  —  8  J.  pr.  Ch.  78.  370. 
*  B.  25.  1619. 


390  Oxydation. 

Natriumnitrit  ist  ein  nicht  häufig  gebrauchtes  aber 
für  manche  Zwecke,  wie  Nölting  gefunden  hat,  sehr 
passendes  Oxydationsmittel.  Nietzki  und  Steinmasx1 
kamen  mit  ihm  vom  Pyrogallol  zum  Purpur ogallin,  wobei 
die  Ausbeute  besser  als  nach  irgend  einem  anderen  Ver- 
fahren war,  als  sie  in  eine  mit  Essigsäure  angesäuerte 
Pyrogallollösung  unter  guter  Kühlung  so  lange  Natrium- 
nitritlösung  einfliefsen  liefsen ,  als  Stickstoffentwicke- 
lung erfolgte.  Der  ausfallende  Körper  wird  unter  Tier- 
kohlezusatz umkrystallisiert. 

Einige  Jahre  früher  hat  Bernthsen2  mit  diesem 
Mittel  das  Methylhydrophenylacridin  behandelt.  Als  er 
auf  dasselbe  in  alkoholischer  Lösung  salpetrigsaures 
Natrium  und  Salzsäure  wirken  liefs,  änderte  die  Flüssig- 
keit sofort  die  Farbe,  und  nach  dem  Verjagen  des 
Alkohols,  Lösen  in  Wasser  und  Fällen  mit  Alkali  erhielt 
er  das  Methylphenylacridiniumoxydhydrat.  Mithin  ist  die 
Methylgruppe  bei  der  Oxydation  der  Verbindung  erhalten 
geblieben,  ein  Fall,  für  den  kein  analoges  Beispiel 
bekannt  ist. 

Das  jetzt  leicht  zugänglich  gewordene  Natrium- 
Superoxyd  hat  für  die  Oxydation  organischer  Körper 
noch  kaum  Verwendung  gefunden. 

Nachdem  Dumas  und  Stas  auf  rein  theoretischem 
Wege3  zu  der  Überzeugung  gekommen  waren,  dafs 
Alkohol  unter  dem  Einflufs  von  Alkalien  sich  des 
Sauerstoffes  des  Wassers  bemächtigen  mufs,  um  Essigsäure 
zu  bilden,  fanden  sie  als  geeignetstes  Alkali  für  diesen 
Zweck  den  von  ihnen  zuerst  dargestellten  Natronkalk, 
der  nach  ihnen  so  bereitet  wird,  dafs  man  gleiche  Teile 
zum  Rotglühen  erhitzten  Kaliumhydroxyds  und  gepul- 
verten Atzkalks  mengt.  Dieses  heifs  zubereitete  Gemisch 
wird  nach  dem  Erkalten  sehr  hart  und  läfst  sich  dann 
pulverisieren. 

Begiefst  man  ein  solches  Gemenge  mit  absolutem 
Alkohol,  so  verbindet  es  sich  sogleich  mit  ihm.  Seinen 
Überschufs  verjagt  man    im  Wasserbade   und    hat    dann 

1  B.  20.  1278.  —  2  B.  16.  1817.  —  3  Ann.  35.  133. 


Oxydation.  391 

einen  festen,  aus  Kalk,  Kali  und  Alkohol  bestehenden 
Rückstand.  Erwärmt  man  diesen  unter  Luftabschlufs  im 
Glasrohr,  so  tritt  ohne  Schmelzung  oder  Schwärzung 
reichliche  Gasentwickelung  ein,  welches  Gas  Wasserstoff 
ist,  während  aus  dem  Rückstand  die  Essigsäure  durch 
stärkere  Säuren  abgeschieden  werden  kann. 

CH3 .  CH20H  +  K0H=CH8 .  COOK  +  2H2. 

Brodle  kam  mit  Hülfe  des  Verfahrens  vom  Ceryl- 
alkohol  zur  Cerotinsäure  und  vom  Myricylalkohol  zur 
Melissinsäure.1 

Hell2  hat  dann  eine  quantitative  Methode  zur  Be- 
stimmung des  Molekulargewichts  und  der  Atomigkeit 
höherer  Fettalkohole  auf  dieser  Oxydationsmethode  be- 
gründet. Die  Menge  des  beim  Erhitzen  des  Fettalkohols 
mit  Natronkalk  entwickelten  Wasserstoffes  ist  natürlich 
abhängig  von  dem  Molekulargewicht  des  ersteren;  bei 
gleicher  absoluter  Menge  wird  also  der  Alkohol  mit  dem 
gröfseren  Molekulargewicht  eine  geringere  Wasserstoff- 
menge liefern,  als  der  mit  dem  kleineren  Molekular- 
gewicht. Da  nun  Alkohole  und  Aldehyde  von  gleichem 
Kohlenstoffgehalt  beim  Schmelzen  mit  Kalihydrat  dieselbe 
Säure  liefern,  das  entwickelte  Wasserstoffvolum  aber  bei 
ersteren  doppelt  so  grofs  sein  mufs,  so  kann  man  zugleich 
auf  diese  Art  entscheiden,  ob  ein  hochmolekularer  Körper, 
bei  dem  die  gewöhnlich  brauchbaren  Unterscheidungs- 
mittel nicht  mehr  anwendbar  sind,  in  diese  oder  jene 
Reihe  gehört. 

Später  hat  Liebermann3  sich  auf  diese  Art  Auf- 
schlufs  über  den  Coccerylalkohol  verschaffen  wollen,  doch 
verlief  die  Oxydation  auf  diesem  Wege  ganz  unregelmäfsig, 
während  er  mittelst  einer  Lösung  von  Chromsäure  in 
Eisessig  zu  einer  wohl  charakterisierten  Säure  kam. 

Das  Nitrobenzol  als  Oxydationsmittel  ist  durch  den 
CoüPlERSchen  Fuchsinprozefs  sehr  bekannt  geworden;  jene 
Darstellung  beruht  darauf,  dafs  eine  Mischung  von  Anilin 
und  Toluidin,  Nitrobenzol  und   -toluol   unter  Zusatz  von 


1  Ann.  71.  149.  —  2  Ann.  223.  269.  —  8  B.   20.  962. 


396  Oxydation. 

Sie  ist  ein  sehr  mildes  Oxydationsmittel.  Benedikt 
nnd  Hübbl1  haben  Dinitrosoresorcin  (welches  durch  ver- 
dünnte Salpetersäure  sofort  in  Trinitroresorcin,  durch 
Kaliumpermanganat  und  Kaliumferricyanid  völlig  ver- 
brannt wird)  in  10  Teilen  Äther  aufgeschwemmt  und  aus 
ihm,  —  nachdem  sie  salpetrige  Säure,  bis  sich  alles  gelöst 
hatte,  eingeleitet  und  durch  Waschen  mit  Wasser  die  bei 
der  Reaktion  entstandene  Salpetersäure  entfernt  hatten,  — 
das  gesuchte  Oxydationsprodukt,  das  Dinitroresorcin,  er- 
halten. 

Hydrokollidindikarbonsäureester  wird  durch  Salpeter- 
säure z.  B.  fast  völlig  zerstört,  während  Kaliumpermanganat 
sogleich  zur  Lutidin  tri  karbonsäure  führt.  Übergiefet  man 
den  Ester  nach  Hantzsch2  mit  der  annähernd  gleichen 
Gewichtsmenge  Alkohol  und  leitet  in  dieses  durch  Wasser 
gekühlte  Gemisch  salpetrige  Säure  so  lange  ein,  bis  sich 
eine  Probe  in  verdünnter  Salzsäure  klar  löst,  so  verläuft 
auch  hier  der  Prozefs  unter  starker  Wärmeentwickelung, 
so  dafs  die  anfangs  nicht  gelöste  Substanz  vollkommen 
vom  Alkohol  aufgenommen  wird.  Aber  nach  Verjagung 
dieses  wird  durch  Zugabe  von  Natriumkarbonat  bis  zur 
stark  alkalischen  Reaktion  der  bei  der  Oxydation  ent- 
standene Kollidindikarbonsäureester  als  ein  nach  dem 
Trocknen  sofort  konstant  siedendes  Ol  abgeschieden.  Die 
Ausbeute  ist  quantitativ. 

Nach  Wallach3  löst  sich  salpetrige  Säure  reichlich 
in  Chloral  auf.  Hat  die  Flüssigkeit  eine  grüne  Farbe  an- 
genommen, so  schliefst  man  sie  in  ein  Rohr  ein  und 
erwärmt  etwa  1  Stunde  im  Wasserbade.  Des  starken 
Druckes  halber  darf  man  die  Röhren  nur  mit  wenig 
Substanz  beschicken.  Nach  dem  Öffnen  derselben  erstarrt 
der  Inhalt,  wenn  die  Menge  der  eingeleiteten  salpetrigen 
Säure  genügend  war,  sofort  zu  Krystallen  von  Trichlor- 
essigsaure,  die  durch  schnelles  Abpressen  rein  erhalten 
wird.  Vielleicht  läfst  sich  eine  derartig  glatte  Oxydation 
mittelst  salpetriger  Säure  auch  in  anderen  Fällen  anwenden, 
z.  B.  bei  der  Oxydation  anderer  halogenfreier  Aldehyde. 


1  M.  Ol  2.  323.  —  a  Ann.  215.  21.  —  3  B.  5.  256. 


Oxydation.  397 

die  bisher  durch.  Silberoxyd  oder  den  Einflute  des  gas- 
förmigen Sauerstoffes  bewirkt  wird. 

Beckmann1  oxydierte  mit  sehr  guter  Ausbeute  und 
ohne  viele  Nebenprodukte  a-  und  /£-Benzildioxim  so, 
dafs  er  sie  in  eine  ätherische  Lösung  von  salpetriger 
Säure  eintrug. 

Die  Oxydationen  mit  Salpetersäure  werden  in  her- 
kömmlicher Weise  meistens  durch  anhaltendes,  oft  mehr- 
tägiges Kochen  mit  einer  mehr  oder  weniger  verdünnten 
Säure  und  in  der  Regel  auch  mit  einem  grofsen  Über- 
schufs  dieses  Oxydationsmittels  ausgeführt.  Dazu  bemerkt 
Kbafft,2  dafs  infolgedessen  zuletzt  nioht  nur  primäre 
Produkte,  sondern  —  manchmal  sogar  in  vorwiegender 
Menge  —  aus  diesen  durch  weitergehende  Einwirkung 
gebildete  sekundäre  Körper  vorhanden  sind.  Wie  Krafft 
sich  in  einer  grölseren  Anzahl  von  Fällen  überzeugt  hat, 
ist  es  deshalb  oft  vorteilhafter  derartige  Oxydationen  so 
zu  bewerkstelligen,  dafs  man  unter  fortwährender  Kühlung 
bei  0°  bis  -f-  10°  die  zu  oxydierende  Substanz  langsam 
in  das  gleiche  bis  dreifache  Gewicht  reiner  Salpetersäure 
(ca.  1,5  spez.  Gew.)  —  es  handelt  sich  hierbei  um  Körper  der 
aliphatischen  Reihe,  aromatische  werden  bekanntlich  unter 
diesen  Bedingungen  nitriert  werden  —  einträgt,  und  das 
Gemisch,  nachdem  die  erste  Reaktionsphase  ganz  beendet 
scheint,  sehr  langsam  auf  ca.  50°  erwärmt.  Der  Verlauf 
der  Reaktion  giebt  sich  dann  häufig  schon  äufserlich, 
beispielsweise  durch  Nachlassen  des  Aufschäumens  oder 
Verschwindens  gefärbter  Zwischenprodukte,  zu  erkennen; 
die  Operation,  die  freilich  stets  mit  Vorsicht  zu  leiten 
ist,  nimmt  aber  nur  wenige  Stunden  in  Anspruch,  und 
die  Bildung  von  Nebenprodukten  beschränkt  sich  meist 
auf  ein  Minimum. 

Steht  eine  leicht  ausführbare  Reaktion  zur  Erkennung 
von  noch  unangegriffenem  Ausgangsmaterial  zu  Gebote, 
so  wird  man  diese  natürlich  benutzen. 

Als  Schmiedeberg  und  Meyer3  Kampfoglykuronsäure 
mit  verdünnter  Salpetersäure  durch  Erwärmen  am  Rückflufs- 

1  B.  22.  1594  —  8  £.  21.  2735.  —  3  Z.  3.  444. 


396  Oxydation. 

Sie  ist  ein  sehr  mildes  Oxydationsmittel.  Benedikt 
und  Hübel1  haben  Dinitrosoresorcin  (welches  durch  ver- 
dünnte Salpetersäure  sofort  in  Trinitroresorcin,  durch 
Kaliumpermanganat  und  Kaliumferricyanid  völlig  ver- 
brannt wird)  in  10  Teilen  Äther  aufgeschwemmt  und  ans 
ihm,  —  nachdem  sie  salpetrige  Säure,  bis  sich  alles  gelöst 
hatte,  eingeleitet  und  durch  Waschen  mit  Wasser  die  bei 
der  Reaktion  entstandene  Salpetersäure  entfernt  hatten,  — 
das  gesuchte  Oxydationsprodukt,  das  Dinitroresorcin,  er- 
halten. 

Hydrokollidindikarbonsäureester  wird  durch  Salpeter- 
säure z.  B.  fast  völlig  zerstört,  während  Kaliumpermanganat 
sogleich  zur  Lutidin  tri  karbonsäure  führt.  Übergie&t  man 
den  Ester  nach  Hantzsch2  mit  der  annähernd  gleichen 
Gewichtsmenge  Alkohol  und  leitet  in  dieses  durch  Wasser 
gekühlte  Gemisch  salpetrige  Säure  so  lange  ein,  bis  acn 
eine  Probe  in  verdünnter  Salzsäure  klar  löst,  so  verläuft 
auch  hier  der  Prozefs  unter  starker  Wärmeentwickelnngt 
so  dafs  die  anfangs  nicht  gelöste  Substanz  vollkommen 
vom  Alkohol  aufgenommen  wird.  Aber  nach  Verjagung 
dieses  wird  durch  Zugabe  von  Natriumkarbonat  bis  zur 
stark  alkalischen  Reaktion  der  bei  der  Oxydation  ent- 
standene Kollidindikarbonsäureester  als  ein  nach  dem 
Trocknen  sofort  konstant  siedendes  Ol  abgeschieden.  Die 
Ausbeute  ist  quantitativ. 

Nach  Wallach3  löst  sich  salpetrige  Säure  reichlich 
in  Chloral  auf.  Hat  die  Flüssigkeit  eine  grüne  Farbe  an- 
genommen, so  schliefst  man  sie  in  ein  Rohr  ein  und 
erwärmt  etwa  1  Stunde  im  Wasserbade.  Des  starken 
Druckes  halber  darf  man  die  Röhren  nur  mit  wenig 
Substanz  beschicken.  Nach  dem  Offnen  derselben  erstarrt 
der  Inhalt,  wenn  die  Menge  der  eingeleiteten  salpetrigen 
Säure  genügend  war,  sofort  zu  Krystallen  von  Trichlor 
essigsaure,  die  durch  schnelles  Abpressen  rein  erhalten 
wird.  Vielleicht  läfst  sich  eine  derartig  glatte  Oxydation 
mittelst  salpetriger  Säure  auch  in  anderen  Fällen  anwenden, 
z.  B.  bei  der  Oxydation  anderer  halogenfreier  Aldehyd«, 


1  M.  Ch.  2.  323.  —  *  Ann.  215.  21.  -sfi5,  256. 


Oxydation.  397 

die  bisher  durch.  Silberoxyd  oder  den  Einflufs  des  gas- 
förmigen Sauerstoffes  bewirkt  wird. 

Beckmann1  oxydierte  mit  sehr  guter  Ausbeute  und 
ohne  viele  Nebenprodukte  a-  und  /£-Benzildioxim  so, 
dafs  er  sie  in  eine  ätherische  Lösung  von  salpetriger 
Säure  eintrug. 

Die  Oxydationen  mit  Salpetersäure  werden  in  her- 
kömmlicher Weise  meistens  durch  anhaltendes,  oft  mehr- 
tägiges Kochen  mit  einer  mehr  oder  weniger  verdünnten 
Säure  und  in  der  Regel  auch  mit  einem  grofsen  Über- 
schufs  dieses  Oxydationsmittels  ausgeführt.  Dazu  bemerkt 
Krafft,2  dafs  infolgedessen  zuletzt  nioht  nur  primäre 
Produkte,  sondern  —  manchmal  sogar  in  vorwiegender 
Menge  —  aus  diesen  durch  weitergehende  Einwirkung 
gebildete  sekundäre  Körper  vorhanden  sind.  Wie  Krafft 
sich  in  einer  gröfseren  Anzahl  von  Fällen  überzeugt  hat, 
ist  es  deshalb  oft  vorteilhafter  derartige  Oxydationen  so 
zu  bewerkstelligen,  dafs  man  unter  fortwährender  Kühlung 
bei  0°  bis  +10°  die  zu  oxydierende  Substanz  langsam 
in  das  gleiche  bis  dreifache  Gewicht  reiner  Salpetersäure 
(ca.  1,5  spez.  Gew.)  —  es  handelt  sich  hierbei  um  Körper  der 
aliphatischen  Reihe,  aromatische  werden  bekanntlich  unter 
diesen  Bedingungen  nitriert  werden  —  einträgt,  und  das 
Gemisch,  nachdem  die  erste  Reaktionsphase  ganz  beendet 
scheint,  sehr  langsam  auf  ca.  50°  erwärmt.  Der  Verlauf 
der  Reaktion  giebt  sich  dann  häufig  schon  äufserlich, 
beispielsweise  durch  Nachlassen  des  Aufschäumens  oder 
Verschwindens  gefärbter  Zwischenprodukte,  zu  erkennen; 
die  Operation,  die  freilich  stets  mit  Vorsicht  zu  leiten 
ist,  nimmt  aber  nur  wenige  Stunden  in  Anspruch,  und 
die  Bildung  von  Nebenprodukten  beschränkt  sich  meist 
auf  ein  Minimum. 

Steht  eine  leicht  ausführbare  Reaktion  zur  Erkennung 
von  noch  unangegriffenem  Ausgangsmaterial  zu  Gebote, 
so  wird  man  diese  natürlich  benutzen. 

Als  Schmiedeberg  und  Meyer3  Kampfoglykuronsäure 
mit  verdünnter  Salpetersäure  durch  Erwärmen  am  Rückflufs- 

1  B.  22.  1594  —  8  JB.  21.  2735.  —  3  Z.  3.  444. 


394  Oxydation. 

einer  Lösung  von  ihm,  im  Rohr  auf  150°  erhitzt,  unter 
Abscheidung  metallischen  Quecksilbers  glatt  Chinolin 
(siehe  auch  beim  Silberacetat). 

Quecksilberchlorid  wird  für  die  Darstellung  vod 
Fuchsinschmelzen  im  Laboratorium  von  Goldberg1  be- 
sonders empfohlen.  Er  erhitzte  z.  B.  ein  Gemenge  von 
1  Mol.  Paratoluidin  mit  etwas  mehr  als  2  Mol.  Anilin 
mit  der  theoretischen  Menge  unseres  Reagens  während 
l1/«  Stunden  im  Ölbade  auf  180—200°  und  erhielt  dabei 
neben  dem  Fuchsin  fast  gar  keine  kohligen  amorphen 
Substanzen,  welche  beim  Arsensäure-  und  den  übrigen 
Verfahren  nach  ihm  stets  auftreten. 

Quecksilbernitrat  ist  von  Gerber  und  Keller1 
ebenfalls  für  die  Fuchsinschmelze  als  Oxydationsmittel 
empfohlen  worden. 

Gelbes  und  rotes  Quecksilberoxyd  sind  oft  verwendete 
Oxydationsmittel. 

E.  Fischer8  setzte  zu  einer  kalten  wässerigen  Lösung 
des  Diäthylhydrazins  allmählich  gelbes  Quecksilberoxyd, 
bis  dieses  nicht  mehr  reduziert  wurde,  wobei  die  Lösung 
sich  unter  Abscheidung  eines  Öles  trübte,  welches  von 
den  Quecksilberverbindungen  mechanisch  aufgenommen 
wurde.  Nach  dem  Filtrieren  wurde  es  den  Quecksilber- 
verbindungen durch  Alkohol  entzogen.  Während  das 
Diäthylhydrazin  durch  FEHLiNGsche  Lösung  gröfstenteils 
nach  der  Gleichung 

2(C2H5)2N.NH2  +  0  =  2(C2H5)2NH  +  H80  +  N, 

zu  Diäthylamin  und  Stickstoff  oxydiert  worden  war,  hatte 
das  schon  in  der  Kälte  energisch  wirkende  gelbe  Queck- 
silberoxyd es  in  das  Tetraäthyltetrazon 

(C2H5)2N.N:N.N(C2H5)2 
übergeführt. 

Heffter4  kochte  eine  10°/oige  Glukoselösung  so 
lange  mit  gelbem  Quecksilberoxyd,  bis  nichts  mehr  redu- 
ziert wurde,    worauf   vom    reduzierten   Quecksilber   und 


1  B.  24.  3553.  —  *  J.  B.  1860.  720.  —  3  B.  11.  2209. 
4  B.  22.  1049. 


Oxydation.  395 

Quecksilberoxydul  heifs  abfiltriert  wurde.  Beim  Erkalten 
schieden  sich  Krystalle  des  Quecksilberoxydulsalzes  der 
Glukonsäure  in  sehr  befriedigender  Ausbeute  ab. 

Von  Böenstein  und  Herzfeld1  rührt  die  Beobach- 
tung her,  dals  eine  wässerige  Lävuloselösung,  welche  mit 
rotem  Quecksilberoxyd  ohne  angegriffen  zu  werden,  zum 
Sieden  erhitzt  werden  kann,  sofort  oxydiert  wird,  wenn 
auch  nur  eine  kleine  Menge  reinen  Barythydrats  in  die 
Lösung  gebracht  wird.  Die  rote  Farbe  des  Quecksilber- 
oxyds schlägt  dann  sofort  in  die  schwarze  des  Oxyduls 
um.  Man  setzt  bei  diesem  Verfahren  passend  abwechselnd 
rotes  Oxyd  und  Barytwasser  zu.  Dabei  wird  die  Lävulose 
ziemlich  glatt  zur  Trioxybuttersäure  und  Glykolsäure 
oxydiert.  Herzfeld2  hat  diese  Art  der  Oxydation  dann 
auch  auf  die  Glukose  übertragen  und  vorwiegend  Glukon- 
säure erhalten. 

Cürtius3  erhielt  Monoketazobenzil  durch  Einwirkung 
von  Quecksilberoxyd  auf  Monohydrazobenzil  beim  Schütteln 
einer  kalten  Benzollösung  des  letzteren  mit  ihm  aufser- 
ordentlich  leicht  und  in  berechneter  Menge. 


tf—CA 


\n- 


C — C«H, 


—     I  +  HgO  =  W  |  +  H20  +  Hg. 

CO-C6H6  C0-C6H6 

Als  Fischer  und  Hepp4  Tetraanilidonaphtalin  in 
benzolischer  Lösung  mit  Quecksilberoxyd  kochten,  erhielten 
sie  komplizierte  Oxydationsprodukte. 

Die  salpetrige  Säure,  welche  man  durch  Erwärmen 
von  Arsenigsäureanhydrid  mit  ca.  50%iger  Salpetersäure 
wohl  am  besten  darstellt  (siehe  Seite  248),  ist  ein  viel 
brauchbareres  Oxydationsmittel  als  im  allgemeinen  ange- 
nommen wird.  Dazu  mag  beitragen,  dafs,  wie  schon 
XiENSSEN5  bei  seiner  Untersuchung  über  für  Titrier- 
xnethoden  verwendbare  Oxydationsmittel  mitteilt,  man  es 
nicht  in  der  Gewalt  hat  die  Säure  zu  NO,  N20  oder  N 
zu  reduzieren,  dies  vielmehr  von  der  Temperatur,  Zeit 
der  Einwirkung  etc.  abhängt. 

1  B.  18.  3354.  —  2  Ann.  245.  27.  —  3  B.  22.  2162. 
*  Ann.  256.  252.  —  6  J.  pr.   Gh.  82.  307. 


402  Oxydation. 

mehrere  Stunden  andauerndem  Geräusch  brechen  i 
vielen  Stellen  kleine  Gasblasen  hervor.  Aus  Abi 
feinen  Schlamm  wird  während  dieser  Zeit  eine  Imker 
poröse  Masse,  welche  bis  zur  Entfernung  jeder  Sp 
Natrinmchlorid  —  anf  dessen  Schädlichkeit 
DÖBBBftWBB  speziell  hingewiesen  hat  —  gewaschen,  du» 
abgeprefst  und  über  Schwefelsäure  getrocknet  wird. 

Platzierten  Asbest  für  Oxydationszwecke  stellt  n 
nach  Weidel1  durch  inniges  Vermischen  von  100 
Asbest  mit  80  g  Platinschwarz  dar.  Nach  Tischtschesk 
soll  er  aber  nicht  zu  viel  Platin  enthalten  und  I 
grauer,  nicht  schwarzer  Farbe  sein,  und  Lünue'  gie 
an,  dafs  das  für  die  Gewinnung  von  Schwefelsäureanhvdti 
S03  aus  schwefliger  Saure  und  Sauerstoff  SO.,  +  0 
der  Technik  verwendete  Material  nur  8"/o  Platin  « 
Vielleicht  ist  der  von  Zolkowski  und  Lepez1  empföhlet" 
platinierte  Quarz  noch  besser  verwendbar. 

Man  hat  auch  nach  Art  der  Chlorübertrager  San* 
Stoffüberträger.  Am  wirksamsten  scheint  in  dieser  I 
ziehung,  wie  Loews5  Versuche  beweisen,  ei 
von  Kupferoxydammoniak  zu  sein.  Namentlich  sticksl 
haltige  Körper,  welche  diesem  Reagens  zugesetzt  wd 
erleiden  beim  darauf  erfolgenden  Schütteln  mit  Luft  w 
gehende  Veränderungen. 

1  g  Harnsäure  wurde  mit  der  zur  Bildung  der  n 
tralen  Salze  nötigen  Menge  Kalilauge  versetzt  und  n 
100  ccm  Kupferoxydamraoniak  mehrere  Tage  unter 
lindem  Erwärmen  mit  öfters  erneuter  Luft  geschii 
die  eingeengte  Flüssigkeit  mit  Schwefelsäure  nah 
neutralisiert  (eine  saure  Reaktion  muls  wegen  des  t 
bildenden  Nitrit«  auf  das  sorgfältigste  vermieden  wed 
und  nach  dem  Verdunsten  zur  Trockene  mit  AlkoW 
ausgezogen.  Dieser  nahm  Harnstoff  und  eine  erhebli«-- 
Menge  Oxalsäure  auf.  Amidoessigsäure  und  Amii* 
bernsteinsäure  werden  vom  Reagens  unter  Bildung  v 
Oxalsäure  und  Kohlensäure  angegriffen. 

1  Jlf.  CA.  8.  121.  —  '  B.  20.  B.  704. 

3  Sodainduätrie,  Braunsehweig  1879.  1.  601, 

*  M.  CA,  5.  538.  —  b  3.  pr.  Ol.  126.  300. 


Oxydation.  40& 

Unter  den  von  L.  Meyer1  auf  ihre  Eigenschaft  als 
lerstoffüberträger  untersuchten  Salzlösungen  erwies  sieh, 
des  Manganoxydulsulfats  als  die  wirksamste. 
Konzentrierte  sowohl  als  rauchende  Schwefelsäure 
1  bei  widerstandsfähigen  Körpern  recht  brauchbare  und 
ueme  Oxydationsmittel,  da  man  bei  hohen  Tempera- 
m  ohne  Einschlu&rohr  arbeiten  kann. 
Schon  Eblenmeteb  und  Lisenko2  kamen  mit  ihrer 
Lfe  vom  Merkaptan  zum  Äthyldisulfid. 

2CjHbSH  +  H,S04  =  (C,H8),S,  +  SO,  +  2H,0. 

Königs3  ermöglichte  die  langgesuchte  Überfährung  des 
eridins  in  Pyridin  dadurch,  dafs  er  10  g  Piperidin 
überschüssiger  Schwefelsäure  etwa  7  Stunden  auf 
>°  erhitzte.  Während  des  Prozesses  findet  eine  ruhige 
twickehrag  von  schwefliger  Säure  statt,  das  Produkt 
ant  sich,  scheidet  aber  keine  Kohle  ab. 

H,  H 

C  C 

H^C/VCH,  HC/\CH 

T  +08=      (      |      +  3H,0. 

HjCX/CH,  HO\^CH 

N  N 
H 

Piperidin  Pyridin 

Als  Michler  und  Pattinson4  Dimethylanilin  mit 
l  3 — 4fachen  Gewicht  konzentrirter  Schwefelsäure 
Stunden  auf  180 — 210°  erhitzten,  hatte  sich  unter 
erndem  Entweichen  von  schwefliger  Säure  Tetra- 
hylbenzidin  gebildet. 

20,1^(01,),  +  H,S04  =  l 6 4     )  _*  +  SO,  +  2H,0. 

Außerordentlich  wichtig  (bisher  allerdings  nur 
misch)  wurde  dann  die  Beobachtung  Schmidts,5  daß, 
in  man  Körper  der  Anthracenreihe,  darunter  sogar 
thrachinon  selbst,  mit  einem  grofsen  Überschuß  von 
chender  Schwefelsäure  von  70—85%  AnLydridgehalt 


1  B.  20.  3058.  —  *  J.  B.  1861.  590.  —  3  B.  12.  2342. 
4  B.  IL  2162.  —  ö  J.  pr  Ck.  151.  238. 

26* 


404 

Lei   niedriger   Temperatur    behandelt,    man  keine  Sulfo- 
säuren  sondern  Oxydationsprodukte   erhalt. 

Läfst     mau     auf    einen     Teil     trockenen     Alisa 
0     OH 


also    das   Bioxyanthrachinons 


OÜ 


nach    ihm    10   oder   besser  noch  mehr  Teile  Oleom  von 
70 — B0%    Gehalt    an    S03  bei     Temperaturen   zwiscl 
25 — 50°  1—4  Tage  lang  einwirken  und  giefst  darauf 
Schmelze  auf  Eis,  so  erhalt  man   einen  oraugegelben 
Wasser   unlöslichen  Niederschlag,    welcher    allen   seil 
Eigenschaften  nach  aus  dem  neutralen  Schwefelsäuren!« 
des  gebildeten  neuen  Farbstoffes  besteht  und  unter  gewissen 
Bedingungen  krystallisiert  erhalten  werden  kann.    Di» 
neutrale  Schwefeisiiureester  lost  sich  in  Kali-  oder  Nat 
lauge.     Beim  Ansäuern  seiner  Losung  fällt  er  aber  nii 
mehr  aus,    sondern    man    erhält  eine  tiefbraun  gelbe 
Lösung,    welche    beim  Kochen    einen  reichlichen  N 
schlag  des  Endproduktes  —  das  Alizarinbordeaux  — 
scheidet,    Die  Ausbeute  ist  fast  die  theoretische.   Aus 
rntersuchurjgen  Gattermanns  folgt,  dafs  dieser  Farbs 
ein     Tetraoxyanthruchinon     von     folgender     Konstitution, 
also    um    2  Sauerstoffatome    reicher    als   sein    Ausgangs- 
material  ist,  und  dafs  er  keine  Sulfogrnppen  enthält 


OH   0    OH 


OH 


OH    U 

und  läfst  man  auf  ihn1  gewöhnliche  Schwefelsäure 
200°  oder  auf  Antbrachinon  Schwefelsäureanhydrid 
ca.  30°  einwirken,  so  erhält  man  dunkelgrüne  Kry  stall« 
des  Hexaoxyanthrachinons.  Immer  wirkt  also  die  Schwefel 
säuTe  in  dieser  Körperklasse  unter  diesen  Bedingung«! 
aLs  Oxydationsmittel. 

Im  Silfoeraeetat    hat    Tafel5    ein   sehr   brauchl 
Mittel     zur    Überführung     von     Piperidin-     und    Tel 


illa 


1  J.  pr.  Ck.  151.  250 ;  niete  auch  B.  24.  3067.  —  ■  B.  35.  ML 


Oxydation.  405 

hydrochinolinderivaten  in  die  entsprechenden  Pyridiu- 
und  Chinolinderivate  aufgefunden.  2.5  g  reines  Piperidin 
wurden  in  25  ccm  10°/uiger  Essigsaure  gelöst  und  mit 
30  g  Silberaeetat  in  einer  Rohre  von  Kaliglas  4  Stunden 
auf  180°  erhitzt.  Beim  Offnen  des  Rohres  entweicht 
Kohlensäure,  an  Stelle  des  Silberacetats  ist  ein  grauer 
Silberschwamm  vorhanden,  und  die  Flüssigkeit  ist  braun 
gefärbt.  Sie  wird  filtriert,  das  Silber  mit  wenig  Wässer 
gewaschen,  das  Filtrat  mit  viel  festem  Kali  versetzt  und 
direkt  destilliert.  Es  geht  ein  noch  piperidinhaltiges 
Pyridin  über.  In  gleicher  Weise  erhielt  er  Couyrin  aus 
Coniin. 

Mit  Silbernitrat1  oxydierte  Bladin  Äthyliden- 
dicyanphenylhydraziii,  indem  er  ea  in  alkoholischer  Lösung 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  mit  einer  Silbernitratlösung 
versetzte.  Gab  er  nach  dem  Abfiltrieren  des  aus- 
geschiedenen Silbers  Wasser  zu,  so  fiel  das  Oxydations- 
produkt das  Phenylmetbylcyantriazol  aus. 

Oxydationen  mit  Silberoxyd  scheinen  wirksam  nur 
in  alkalischer  Lösung  ausführbar  zu  sein.  So  berichtet 
Kiuasi,s  dafs  die  Einwirkung  des  Oxyds  auf  verdünntes 
Glycerin  seihst  bei  mehrtägigem  Erhitzen  auf  60 u  nur 
sehr  gering  war.  Dagegen  erhielt  er  reichliche  Mengen 
Glykolsäure,  als  er  die  Oxydation  in  alkalischer  Lösung 
vornahm.  Eine  Lösung  voo  10  g  Glycerin  von  85%  in 
200  ccm  Wasser  wurde  mit  6  g  Kalkhydrat  vermischt, 
dann  das  aus  60  g  Silbernitrat  bereitete  Silberoxyd  zu- 
gegeben, und  diese  Mischung  im  Wasserbade  langsam  auf 
60"  erwärmt,  worauf  nach  4  Stunden  sämtliches  Oxyd 
reduziert  war.  Nach  dem  Einleiten  von  Kohlensäure 
wurde  vom  gefällten  Calciumkarbonat  abfiltrieit,  und  aus 
dem  Filtrat  von  diesem  krystallisierte  nach  dem  Ein- 
dampfen glykolsaurer  Kalk.  Ausbeute  4.6  g  an  diesem, 
wonach  dieses  Verfahren  ein  sehr  ausgiebiges  für  die 
Glykolsäuredarstellung  ist. 

AmmoniakaÜsche  Silberlösungen  sind  bekanntlieh  das 
beste    Mittel   zur    Erkennung    von    Aldehyden,    resp.    zur 


1  B.  25.  185.  —  s  B.  16.  2415. 


406 


Oxydation. 


L  leicht 


Überführung  derselben  in  die  entsprechenden  Säur™, 
wobei  das  Silber  metallisch  abgeschieden  wird.  NttA 
Tollens1  bereitet  man  eine  solche  Lösung  am  besten  so: 
Man  löst  1  Teil  Silbernitrat  in  10  Teilen  Wasser  und 
1  Teil  Ätznatron  ebenfalls  in  10  Teilen  WaBSer.  Gleicht 
Gewielitsteile  dieser  Lösungen  mischt  man  miteinander 
und  fügt  Ammoniak  tropfenweise,  bis  das  Süberoiyd 
gelöst  ist,  hinzu.  Die  Flüssigkeit  ist  in  einer  Stöpsel 
nasche  im  Dunkeln  aufzubewahren.  Man  hüte  sich 
jemals  Siiberlösung,  Ammoniak  und  Natron  ad  libitum 
anzuwenden ;  auch  lasse  man  nie  eine  solche  Lösung 
verdunsten,  da  das  sich  bildende  Knallsilber  Ursache 
höchst  gefährlicher  Explosionen  werden  kann. 

Eichekgrün  und  Etnhokn  ä  konnten  nur  auf  folgendem 
Wege  zur  Dihydrobeiizoesiiure  aus  ihrem  Aldehyd  ge- 
langen ,  indem  stärkere  Oxydationsmittel  sie  sogleich 
weiter  in  Benzoesäure  überführen.  25  g  frisch  gefälltes 
Silberoxyd  werden  in  der  eben  ausreichenden  Menge  stark 
verdünnten  Ammoniaks  gelöst,  mit  einigen  Tropfen  Natron- 
lauge versetzt  nnd  auf  dem  Wasserbade  anf  60—70'' 
erwärmt.  Dann  giebt  man  tropfenweise  5  g  in  wenig 
Alkohol  gelösten  Dihydrobenza.Idehyd  hinzu,  wobei  sich 
die  Flüssigkeit  durch  ausgeschiedenes  Silber  dunkel  färb: 
Man  erwännt  hierauf  noch  unter  zeitweiligem  vorsichtigen. 
Uinschütteln  einige  Zeit,  bis  sieh  ein  dicker  Sil berspiege! 
an  den  Wänden  abgeschieden  hat,  säuert  mit  Salzsäure 
an,  und  schüttelt  das  Filtrat  mit  Äther  aus,  welcher 
die  Dihydrobenzoesäure   aufnimmt. 

Wasserstoffsuperoxyd  ist  ein  sehr  brauchbares  Oxy- 
dationsmittel, mit  dem  sich  viele  Oxydationen  quantitam 
durchfuhren  lassen. 

Aus  den  Untersuchungen  Radztszewskts3  folgt,  dar"- 
dieNitrile  von  ihm  in  Amide  unter  Ent Wickelung  mol* 
kularen  Sauerstoffs 

CHSCN  +  2H,0,  =  CHS .  COKH,  +  O,  +  H,0. 
.delt   werden.     Die   Einwirkung  erfolgt    besonder; 
leicht  in   alkalischer  Lösung   und    bei  einer  Temperatur 


*  B.  23.  2886. 


I 


Oxydation.  40? 

t>n  etwa  40  °.  Wenn  man  z.  B.  zu  Wassertoffsuperoxyd 
tenzonitril  und  etwas  Kalilauge  fugt,  so  verwandelt  sieb 
ei  heftigem  Schütteln  nach  einigen  Minuten  die  ganze 
fasse  des  Nitrite  quantitativ  in  Benzamid.  Seihst  Cyangas 
«ht  durch  S°/^ge  Wasserstoilsuperoxydlösung  und  Zu- 
ngen eines  Tropfens  Kalilauge  quantitativ  in  Oxamid 
foff. 

Bsktob  *  hat  mit  dem  Mittel  Monophenylthioharnstoff 
fltoandermafeen  oxydiert:  5  g  dieses  Materials  wurden 
n  kochendem  50°/oigen  Alkohol  gelöst,  einige  Tropfen 
Süorwasserstoflsäure  zugesetzt  und  dann  40 — oO  g 
5%iger  Wasserstofisuperoxydlösung  in  mehreren  Portionen 
illmählich  in  die  Flüssigkeit  eingetragen.  Die  Losung 
rübt  sich  durch  ausgeschiedenen  Schwefel,  von  welchem 
Mltriert  wird.  Das  noch  warme  Filtrat  wird  mit  Alkair 
neutralisiert,  worauf  sich  quantitativ  das  Dianilidooiazo- 
hiol  ausscheidet 


C-HsNH.C.S  HHS  C,.XHC6H6 

iL     ==:.  +2H.O, 


N       H    HjN 


S 
/\ 

=  CJIJSR.Q       CJ.NHCA  +  4H,0  +  S. 

IJeänthskn  erreichte  die  Oxydation  des  Juglons  zu 
:yphtalsäure  ebenfalls  mit  alkalischem  Wasserstoflsuper- 
Pu,  eine  Reaktion,  die  aber  nicht  ganz  so  glatt  wie  die 
^ahnten  beiden  Verfahren  verläuft. 

Die  Einwirkung  des  Wasserstoffsuperoxyds  wird  jetzt 
Hier  öfter  zur  Konstitutionserforschung  von  Alkalolden 
^Ungezogen,  so  von  Wolffenstbin2  und  von  Mkrlinö,8 
Icher  letztere  den  Übergang  von  Basen  der  Piperidin- 
he  in  Oxybasen  konstatierte.  Die  Umwandlung  erfolgt 
oht,  wenn  man  je  einen  Teil  einer  solchen  Base  z.  B. 
opidm  oder  a-Methyltropidin  mit  je  15  Teilen  kauf- 
ten Wasserstoffsuperoxyds  unter  öfterem  Umschütteln 


1  B.  22. 1177.  —  *  B.  25.  2777.  —  3  K  25.  3124. 


408  Oxydation. 

einige     Tage    bei     Zimmertemperatur   mit    einander  in 
Berührung  läfst. 

Von  theoretischem  Interesse  ist  es,  dafe  Leeds1  Benzol  ir 
durch  60stündiges  Kochen  mit  1.2%igem  Wasserstoff-  l> 
superoxyd  teilweise  in  Phenol2  überführte  |i 

C6H,  +  H,0,  =  C6H60H  +  H,0. 

Kutscheroff3  hat  gefunden,    dafs   man  ungesättigte 
Kohlenwasserstoffe  direkt  in  gesättigte  Ketone  (Aldehyd) 
überfuhren     kann,    wenn    man    dieselben    mit   WUNT 
schüttelt,  in  welches  man  pulverig  krystallinisches  Brom 
qnecksilber   gegeben   hat.     Unter   dem  Einflüsse 
findet  dann  Addition  statt.    Allylen  geht  z.  B.  auf  di 
Art  in  Aceton   über,   und   die  Ausbeute   ist  beinahe 
theoretische. 

Guaeeschi4  hat  150  g  Thioaldehyd  in  Portionen  von 
25 — 50  g  in  400  com  Wasser  suspendiert  und  mit  450  g 
Zinkpermanganat  in  6  1  Wasser  oxydiert.  Die  kom- 
plizierten Resultate  wichen  von  den  mit  Kaliumperman- 
ganat erhaltenen  ab. 

Das  Zinnchlorid  haben  Poireiee  und  Chappat  5  zar 
Oxydation  des  Methylanilins  verwendet.  Sie  gaben  zu 
1  Teil  desselben  allmählich  6  Teile  einer  konzentrierten 
Lösung  des  letzteren  und  erhizten  so  lange,  bis  die 
Masse  dick  wurde.  Das  Zinn  fällten  sie  durch  Alkali 
und   der  Farbstoff  wurde  durch  Aussalzen  abgeschieden. 

Eine  Oxydation  durch  freiwillige  Umlagerung» 
nämlich  die  Oxydation  der  Nitromilchsäure  zu  Oxalsäure 
uud  Blausäure,  ist  von  Henry6  beobachtet  worden.  Seine 
etwas  seltsame  Formel  dafür  ist: 

C00H.CH(N0,).CH8:C00H.C(0H)s  +  CNH 
=  COOH .  COOH  +  CNH  +  H,0, 


1  B.  14.  977. 

8  Den  ersten  direkten  Übergang  von  Benzol  in  Phenol 
übrigens  Schultzen  und  Naunyn  {Meicherts  und  Dubois-Beymonds 
Archiv.  1870.  406,  und  P.  Ar.  12.  294.)  bei  Fütterung  von  Hunden 
mit  Benzol  beobachtet. 

3  B.  15.40.  —  4  Ann.  222.  305. 

6  Französ.  Brevet  71  970.  —  6  B.  12.  1837. 


Reduktion.  409 

mit  er  erklären  will,  weshalb  man  seit  langer  Zeit 
d  zu  unterschiedlichen  Malen  die  Bildung  der  Cyan- 
ßserstoflsäure  als  zu  den  durch  die  Salpetersäure 
rirkten  Oxydationen  gehörig  bezeichnet  hat.  Die  Blau- 
ire ist  nämlich  ein  bei  der  Oxydation  organischer 
äffe  mit  Salpetersäure  häufig  auftretendes  Produkt 
t  GMELiN-KsAUTschen  Handbuch  der  organischen 
\emie1  finden  sich  die  Angaben  zusammengestellt,  wonach 
$66  Verhalten  schon  im  Anfange  des  Jahrhunderts 
bnnt  war. 

Li  seltenen  Fällen  lälst  sich  die  Oxydation  mit  der 
3ndensation  verbinden  (siehe  dort). 

Heuslbe2  suchte  die  Trennung  der  Kohlenwasser- 
>ffe  des  Braunkohlenteeröls  auf  dem  Wege  einer 
Monierten  Oxydation  zu  erreichen. 


Reduktion. 

Als  reduzierende  Mittel  sind  etwa  folgende  verwendet 
•rden : 

Alkoholische  Kalilauge,  Aluminium,  Ammoniak. 
Chromoxydul. 

Eisenfeile,  Eisenchlorür,  Eisensulfat,  Eisenoxalat- 

Formaldehyd. 

Hydroxylamin. 

Jodphosphor,  Jodwasserstoffsäure. 

Kaliumarsenit,Kaliumsulfhydrat,Kaliumxanthogenat. 

Magnesium. 

Natrium,  Natriumamalgam. 

Palladiumwasserstoff,  Phenylhydrazin,  Phosphor,  Phos- 
phorige Säure. 

Schwefelammonium,  Schweflige  Säure,  Schwefel- 
wasserstoff. 

Traubenzucker. 


1  4.  Auflage.  S.  303.  —  s  B.  25.  1668 


410 


Reduktion. 


Zink,  Zinkstaub.  Zinn.1 

Auch  hinsichtlich  der  Reduktion  gilt  die  scbor. 
der  Oxydation  gemachte  Bemerkung,  dafs  ihr  Ersatz  dnnA 
geeignete  Umsetzungen  in  manchen  Fällen  v.v.  boaMW 
Resultaten  führen  kann,  als  die  beste  Methode  ihrer 
Ausführung.  (Siehe  Seite  419.) 

Alkoholische  Kali-  und  Natronlauge-  wird  k 
nur  für  Reduktion  von  Nitrokörpern  zu  Azoxykurpan 
verwendet.  Sie  wirkt  also  in  diesem  Falle  nach  AlÜl 
Natriumamalgams,  und  die  Reduktion  der  Nitrognnl 
erfolgt  ao,  dafs  der  Alkohol  durch  den  Sauerstoff  dramM 
oxydiert  wird.  Man  löst  z.  B.  1  Teil  Nitrobenzol 
5  bis  6  Teilen  starkem  Alkohol,  erwärmt  mit  1  IV: 
festem  Atznatron  und  kocht  schliesslich  ei 
Hierauf  destilliert  man  den  Alkohol  ab,  bis 
bleibende  Flüssigkeit  sich  in  zwei  Schichten  trennt, 
obere  braune  Schicht  wird  so  lange  mit  Wasser  gews 
bis  sie  krystallinisck  erstarrt,  und  aus  ihr  erhall 
durch  ümkrystallisieren  reines  Azoxybenzol.  Das  V* 
fahren  rührt  von  Zinin  her  (siehe  S.  427].  Die  Auslernt 
kann   bis  40%  vom  Xitrobenzol  betragen. 

Buchka    und    SCHACHTBECK  *     verwendeten    Metl 
alkohol.     Zur  Darstellung   des  Metaazosytoluois 
10  g  Metanitrotoluol  mit  einer  Lösung  von    10  g  Alz 
in  90  g  Methylalkohol  ungefähr  6  Stunden  lang  and 

1  Anmerkung.      Die    Verwertung    elektrolytisch 
Wasserstoffs5    in    statu    nascendi   zur   Redaktion   organischer  Vc    I 
bindungen    hat   auch   im    Laboratorium   bisher   kuine  Erfolgt  wi- 
zuweisen.    Wie  Hausse  rmasn0  mitteilt,  liefert  Nitrobenzol  z.B. in   1 
Gegenwart  von   alkoholischer   Natronlauge   aufaer   etwas  Hjdiwfr 
henzol  Benzi diu sulfat  (zusammen  ca.  60"/n  der  theoret.  Ausbeute.    I 
in  Gegenwart  von   mit  Alkohol   verdünnter  Schwefelsaure  wurta   | 
Benzidin sulfat  und  Azuxyljenzol  erhalten.    Winde  teil 
arbeitet/  so  bildeten  sieh  nur  Spuren  Anilin.  Elbs  erhielt  unter  An- 
wendung einer  Kathode  aus  Zink  statt  Platin  hauptsl 

'  Sehr  starke  methyl-  oder   athylalkoliolische   Kalilauge   ertal: 
l     leichtesten    dureh    Vennischen    höelicj      1:,., 
wässeriger  Lange  mit  dem  Alkohol. 

'  Ann.  207.  328.  —  *  B.  22.  836. 

'  U.  S.-P  21131.  —  •  Ch.  7.    1898.  128   -   7  Oft.  Z  1893.»?. 


C,HbC1<Sq»  +  2NH,  =  C,HsCi  <«n'  +  NH.HNO,. 


Reduktion.  411 

Wasserbade  am  Rückflul'skübler  erhitzt.  Der  Alkohol 
wird  sodann  ab  destilliert  und  unverändertes  Nitrotoluol 
mit  "Wasserdampf  übergetrieben.  Das  hinterbleibende 
Öl  wird  darauf  mit  Äther  ausgeschüttelt,  und  dessen 
Rückstand  erstarrt  nach  dem  Verdunsten  krystalliniseb. 

Aluminium'  ist  versuchsweise  au  Stelle  von  Zink 
gebraucht  worden,  ohne  dafs  sich  ein  besonderer  Vorzug 
desselben  gezeigt  hätte. 

Ammoniak  vermag  auf  manche  Nitroverbindungen 
reduzierend  zu  wirken.  So  beobachtete  Lauben heimer, a 
dafs  sich  die  Umsetzung  einer  mit  Ammoniak  gesättigten 
Lösung  vou  Dinitrochlorbeozol  nach  viertägigem  Stehen 
in    folgender  Weise  vollzogen  hatte: 

■NPi  _l  9ww  ™-W!  n  rti  «^^5-  -t 

Doch  schon  6  Jahre  früher  hatte  Clemm3  gefunden, 
dafs  die  Reaktion  sich  ganz  anders  vollzieht,  wenn  man 
mit  starkem  Ammoniak  auf  120Q  erwärmt.  Sie  war  im 
"Sinne  der  Gleichung 

CeH,(KO,),Cl  +  2NH,  =  C,B,(XO,)tNH,  +  NHtCl 
verlaufen. 

Gimbel4  benutzte  zur  Reduktion  des  Nitrosoanthrons 
eine  Lösung  von  salzsaurem  Chromoxydul   in  Eisessig. 

Reduktionswirkungen  können  mit  Eisen  in  metallischem 
Zustande  oder  durch  Salze  desselben  erzielt  werden. 

Schmidt  und  Schultz ;'  erhielten  beider  Destillation 
von  60  g  Azoxybenzol  mit  der  dreifachen  Menge  Eisenfeile 
keine  Spur  von  unzersetztem  Azoxybenzol,  sondern  es 
entstand  glatt  Azobenzol  (72,5%)  und  Anilin  nebst  wenig 
Verkohl  u  agsprodukteu . 

In  dieser  Form  wird  aber  das  Bisen  selten  verwandt,  in- 

!dem  man  sich  lieber  des  meist  weit  wirksamereuZiukataubes 
bedient;  jedoch  in  Gegenwart  von  Sauren  oder  in  Form 
«einer  Salze  ist  es  ein  viel  gebrauchtes  reduzierendes  Agens. 
So  bilden  Eisen  und  Salzsäure  ein  ausgezeichnet 
reduzierendes  Mittel.     Dabei  zeigt  sich   öfters   die  merk- 

Cübtii's  und  Jay,  J.  pr.  CH.  147.  27.  —  *  B.  9.  1826. 
J.  pr.  Ch.  109.  170.  —  *  B.  20.  975.  —  * Ann.  207.  329. 


412 


Reduktion. 


würdige  Erscheinung,  dafs  man  zur  Erzielung  der  Eedak 
tionswirkung    sehr    viel    weniger  Salzsaure    braucht, 
selbst    der    einfachsten    Unisetzungsgleichung    entsprii 
Für  .Xitrobenzol  wäre  diese  z.  B. 

C6HBNO,  ■+•  3Fe  +  6HC1  =  3FeCl,  +  2H,0  +  C^SH, 
Eine  Erklärung  hierfür  wird  in  folgender  Art  geget 
Das  durch  die  Reaktion  sich  bildende  Anilin  zerlegt 
Gemeinschaft  mit  dem  AVasser  das  Eisenchlorür  (i 
Eisenchlorid)  unter  Bildung  von  Eisenoxydul  (resp.  Eisen- 
oxyd-)hydrat  und  salzsaurem  Anilin,  welches  weiter  durch 
überschüssig  vorhandenes  Eisen  zersetzt  wird  in  freie» 
Anilin,  Wasserstoff,  weicher  zur  Reduktion  von  Nitro- 
benzol  dient,  und  Eisenchlorür,  welches  in  derselben 
"Weise  wieder  in  Reaktion  tritt.  Folgende  Gleichungen 
veranschaulichen  diesen  Verlauf: 

FeCls  +  2C,sHBNHt  +  2HsO  =  Fe(OH)5  +  2C,H(NHSHC1  und 
2C0HBNH,HCI  +  Fe  =  FeOl,  +  H.  +  2CBHtNH,. 

Im  Laboratorium  zieht  man  es  vor  die  Eisenfeile  in 
Gegenwart  von  Essigsäure  wirken  zu  lassen,  welches  die 
ursprüngliche  Form  der  Methode  ist ,  wie  sie  von 
BechäMP1  herrührt.  Kocht  man  nach  stattgehabt« 
Reduktion,  so  tritt  Zerfall  des  essigsauren  Eisens 
ein,  und  ist  scbliefslieh  wenig  oder  gar  kein  Eisen  mehr 
in  der  Flüssigkeit,  was  sich  in  vielen  Fällen  als  großer 
Vorzug  vor  anderen  Verfahren  erweisen  wird,  bei  denen 
die  Entfernung  des  Metalles  auf  umständlichem  "Weg» 
bewirkt  werden  mufs. 

Man  kann  auch  im  kleinen  mit  sehr  wenig  Essigsäure 
auskommen,  und  dies  macht  das  Verfahren  besonders 
für  Körper  geeignet,  bei  denen  die  Gefahr  der  gleich- 
zeitigen Verseifung,  durch  überschüssige  Salzsäure  z.  B., 
vorliegt. 

Paranitroacetanilid  kann  z.  B.  mit  Zinn  und  Salz- 
säure überhaupt  nicht  behandelt  werden,  ohne  dafs  die 
Salzsäure  zugleich  das  Acetyl  abspaltet.  Nietzky  ■  verfuhr 
deshalb,  nachdem  Hobkecrek3  früher  in  der  angegebenen 
Art   nicht    zum  Ziel    gekommen    war,    so,     dafs    er   die 


Reduktion.  413 

eduktion  mit  Eisen  und  wenig  Essigsäure  vornahm, 
ß  entsteht  ziemlich  glatt  Amidoacetanilid,  welches  mit 
ei&em  Wasser  der  Masse  entzogen  werden  kann.  Man 
ersetzt  am  besten  nach  vollendeter  Reaktion  mit  so  viel 
lodalösung,  dafs  die  Flüssigkeit  eben  alkalisch  reagiert 
tnd  alles  gelöste  Eisen  in  Form  von  Karbonat  aus- 
geschieden ist,  worauf  man  mit  Wasser  auskocht. 

Nach  Lachowicz1  ist  die  Anwendung  von  Eisen  und 
Enig8äure  auch  das  geeignetste  Mittel,  um  in  mehrfach 
gechlorten  Ketonen  die  Chloratome  successive  gegen 
Wasserstoff  auszutauschen.  Seine  Untersuchungen  ergeben, 
h&  dieses  Reduktionsmittel  in  der  Kälte  auf  diese 
Sdrperklasse  gar  nicht  einwirkt.  Erst  nach  dem  Er- 
rtrmen  auf  eine  bestimmte  Temperatur  beginnt  die 
Üntwickelung  des  Wasserstoffes,  dessen  Wirkung  um  so 
Bergischer  wird,  je  höher  die  Temperatur  steigt.  Die 
Wirkung  anderer  Reduktionsmittel,  wie  Zink  und  Salz- 
tare  in  alkoholischer  Lösung,  obwohl  anscheinend  sehr 
Awach,  besitzt  in  Wirklichkeit  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  eine  solche  chemische  Energie,  dafs  sofort 
teurere  Chloratome  ausgetauscht  werden. 

Die  Reduktion  speziell  des  Dichlorphenanthrons  hat 
(geben,  dafs  der  Ersatz  eines  Chloratoms  durch  ein 
▼asserstoffatom  bei  einer  100°  nicht  tibersteigenden  Tempe- 
fetur  erfolgt.  Man  erhält  das  Monochlorprodukt  ganz 
rin,  ohne  Beimengung  von  Produkten  weiterer  Reduktion. 
Erst  nach  längerer  Dauer  der  Einwirkung  wird  ein  Teil 
«es  Monochlorphenanthrons  zu  Phenanthron  reduziert, 
W»  vollständig  geschieht,  wenn  man  die  Temperatur  von 
iOO  auf  110°  steigert. 

Beim  Dichlorbenzil  gelang  die  Herausnahme  des  einen 
3hloratomes  in  derselben  Weise. 

In  den  bisher  besprochenen  Fällen  der  Verwendung 
kl  Eisens  erfolgt  die  Reduktion  durch  frei  werdendes 
ffiasserstoffgas.  Will  man  sich  davon  überzeugen,  ob  es 
flUig  zur  Reduktion  verbraucht  wird  oder  teilweise  gas- 
krmig  entweicht,  so  füllt  man  den  Apparat  mit  Kohlen- 

1  B.  17.  1162.  —  *  C.  1849.  807. 


säure  und  leitet  diese  auch  während  der  Reaktion  durch. 
Wird  das  austretende  Gas  von  Kalilauge  vollständig 
absorbiert,  so  ist  damit  die  Abwesenheit  des  freien  Wasser- 


Wie   man  mit  W assers toägas    in    statu    nascendi  in 
neutralen  Lösungen  arbeiten   kann,   wird   beim  Zink  an- 


Reduktionen  unter  Ausscblufs  von  freiem  Wasser- 
stoff, der  störend  sein  kann,  wenn  die  Gefahr  vorliegt, 
dafs  er  von  der  zu  reduzierenden  Substanz  als  solober 
addiert  wird,  werden  mittelst  Eisenchlorür  und  EiaeD- 
OXydülsulfat  ausgeführt. 

Das  Eisenchlorür  kaim  in  wässriger  oder  alkoholischer1 
Lösung  und   in  fester  Form  zur   Verwendung  kommen. 

0.  Fischer2  gelang  es  sogar  mit  Eisenchlorür  zu 
gleicher  Zeit  reduzierend  und  oxydierend  zu  wirken. 

Das  Paranitrodiamidotriphenylmethan  liefert  bei  der 
Reduktion  Paraleukanilin,  welches  durch  Oxydation  in 
Rosanilin  übergeführt  werden  kann.  Anstatt  aber  die 
Nitroleukobase  in  getrennten  Operationen  erst  zu  redu- 
zieren und  dann  zu  oxydieren,  führt  er  dieselbe  in  einem 
Prozefs  direkt  in  Rosanilin  über. 

Zu  dem  Zwecke  «rhitzt  er  einen  Teil  Paranitio- 
diamidotriphenylmethan  mit  2  Teilen  festen  Eisen chlorün 
unter  Umrühren  auf  160  — 180°  so  lange,  bis  eine 
homogene  bronzegläuzende  Schmelze  entstanden  ist.  Sie 
wird  mit  verdünnter  Salzsäure  ausgekocht,  und  das  gelöst» 
Fuchsin  nunmehr  abgeschieden.  Das  Eisenchlorür  wirb 
also  reduzierend  auf  die  Nitrogruppe  und  gleichem; 
Sauerstoff  übertragend  auf  die  Methang  nippe. 

Die  Bildung  des  Rosanilins  erfolgt  nach  der  Gleicrwns; 


:„N,  +  20. 

Die  gleiche  Reaktion  läfst  sich  bei  den  H> 
des  Nitxodianiidotriphenyl methaus  und  auch  n 
Gemenge  von  Anilin  und  Toluidin  ausführen. 


C.  1849.  807.  -  'D.  B.-F.  16750. 


Keduktion.  415 

Viel  häufiger  als  das  Eisenchlorür  kommt  der  Eisen- 
triol  zur  Verwendung,  weil  seine  feste  Form  ein  be- 
ttmes  quantitatives  Arbeiten  gestattet.  Seine  Anwen- 
iBg  findet  stete  in  der  Weise  statt,  dafs  er  in  gelöstem 
iWtande  zu  alkalischen  Flüssigkeiten  gegeben  wird,  wobei 
88.  auffallende  Oxydulhydrat  alsdann  die  Reduktion 
«wirkt,  und  empfiehlt  er  sich  namentlich  bei  empfindlichen 
Körpern. 

Als  Alkalien  dienen  Ammoniak,  Barytwasser  und 
Stfronlauge. 

Bastei  und  Blobm  1  operierten  mit  einer  ammoniakali- 
tffcen  Lösung  in  folgender  Art:  1  Teil  Orthonitro- 
rftenylpropiolsäure  wurde  in  einem  Überschufs  von  Am- 
ftouiak  gelöst  und  nach  und  nach  eine  gesättigte  Lösung 
t»a  10.  Teilen  Eisenvitriol  zugegeben.  Während  dieser 
Operation  wurde  die  Lösung  durch  Zusatz  von  Ammoniak 
bets  alkalisch  gehalten.  Die  Reduktion  vollzog  sich 
UUlüch  rasch.  Ihr  Ende  erkennt  man  daran,  dafs  der 
tfbraune  Niederschlag  eine  schwarzbraune  Farbe  annimmt. 

Auch  setzt  man  die  Eisenvitriollösung  zu  kochenden 
kaiischen  Flüssigkeiten. 

Gnehm  *  führte  die  Reduktion  folgendermaßen  aus : 
ijt  Nitrodichlorbenzaldehyd  wurden  in  einer  Lösung  von 
lO  g  Eisenvitriol  in  ca.  11  Wasser  suspendiert  und  die 
tflasigkeit  mit  Ammoniak  übersättigt.  Durch  Destillation 
11.  Waaserdampfstrome  wurde  die  gebildete  Amidover- 
Udung  erhalten.  In  Wasser  wenig  löslich,  löst  sich 
480T  Körper  merkwürdigerweise  besser  in  einer  Natrium- 
iulfitlösung,  aus  welcher  er  durch  Säuren  oder  Alkalien 
ieder  gefällt  werden  kann. 

Von  Wöhlbb,.3  der  auf  diesem  Wege  Pikrinsäure 
^rinitrophenol)  zur  Pikraminsäure  (Dinitroamidophenol) 
duzierte,  rührt,  schon  die  Verwendung  des  Baryt- 
aseers  her. 

Claisbn  und  Thompson  4   benutzen  es  bei  der  Reduk- 
>n    von  Nitrosäuren   in   folgender   Weise:     Die  Nitro- 


1  B.  15.  2147.  —  *  B.  17.  754.  —  3  Boggen.  Ann.  13.  448. 
*  B.  12.  1946. 


416  Reduktion. 

säure  wird  annähernd  in  der  berechneten  zu  ihrer  Lösung 
nötigen  Menge  Barythydrat  gelöst  und  hierauf  zu  der 
noch  warmen  Lösung  die  berechnete  Menge  Eisenvitriol 
hinzugefügt,  endlich  weiter  Barytwasser  zugegeben,  bis 
zur  Ausfällung  allen  Eisens,  also  bis  zur  alkalischen 
Eeaktion.  Man  erwärmt  nun  das  Gemisch  noch  solange 
auf  dem  Wasserbade,  bis  der  anfänglich  schwarzbraune 
Niederschlag  die  braunrote  Farbe  des  Eisenoxydhydrate 
angenommen  hat.  Von  dem  ausgeschiedenen  Baryumsulfat 
und  Eisenoxyd  wird  darauf  abnitriert,  etwa  vorhanden« 
Barythydrat  durch  Einleiten  von  Kohlensäure  beseitigt 
und  die  Lösung,  die  nunmehr  nur  noch  das  Baryumsili 
der  Amidosäure  enthält,  eingedampft.  Aus  der  eis- 
geengten noch  heifsen  Lösung  dieses  Salzes  schieden  sie 
die  Säure  (es  handelte  sich  um  die  Metaamidophenyl- 
glyoxylsäure,  Metaisatinsäure)  durch  Zusatz  von  Salzsäure 
ab,  einen  Überschuß  der  letzteren  möglichst  vermeidend, 
da  diese  die  Säure  unter  Bildung  eines  salzsauren 
gleich  wieder  löst.  Zweckmässig  fügten  sie  daher 
Salzsäure  in  kleinen  Portionen  zu,  lie&en  nach  jedem 
Zusatz  erkalten,  filtrierten  von  dem  erst  nach  längerem 
Stehen  erscheinenden  kristallinischen  Niederschlag  ab  und 
fuhren  in  der  Weise  fort,  bis  auch  nach  längerer  Zeit 
nichts  mehr  auskrystallisierte.  Die  gewöhnliche  Methodfl 
der  Abscheidung  von  Amidosäuren,  nämlich  Zusatz  tob 
Essigsäure,  ist  hier  nicht  anwendbar,  da  die  Salze  der 
Metaisatinsäure  durch  diese  nicht  zerlegt  werden. 

Auch  verfährt  man  übrigens  zur  Gewinnung  von 
Amidosäuren  aus  <Jer  salzsauren  Verbindung  woB 
so,  dafs  man  wie  Döbner  und  v.  Millee1  diese  in 
Wasser  löst  und  jetzt  die  theoretische  Menge  an  Natrium- 
karbonat oder  Natriumacetatlösung  zufügt,  worauf  si«, 
wenn  sie  schwer  löslich  sind,  ausfallen  oder  auskiystsll1 
sieren,  oder  auch  nach  dem  Eindampfen  auf 
Wasserbade  dem  Rückstande  entweder  als  solche 
in  Form  ihres  Natriumsalzes  mit  Alkohol  entzogen  werden 
können. 


R 


1  B.  17.  939. 


Reduktion. 


417 


V  ersuche  mit  Eisenvitriol  in  saurer  Lösung  zu  redu- 
zieren, z.  B.  Anwendung  von  Eisenvitriol  und  konzen- 
trierter Schwefelsäure,  haben  kein  Resultat  ergeben. 

Weit  gröfser  als  die  reduzierende  AVirkung  dea  Eisen- 
suLfats  oder  eines  anderen  anorganischen  oder  organischen 
Eisensalzes  ist  nach  Eder  '  die  einer  Lösung  von  Kalium 
ferrooxalat.  In  ihrer  Wirkung  ist  sie  nach  ihm  einer 
alkalischen  Ferrohydrat- ,  ammoninkali  sehen  Kupferchlorür- 
lösung  oder  alkalischen  Pyrogallussäurelösuug  ahnlich. 
Diese  tritt  aber  bei  dem  Salze  nicht  nur  bei  schwach 
alkalischer  und  neutraler,  sondern  auch  bei  schwach 
saurer  Lösung  ein.  Zu  viel  Saure  scheidet  jedoch  gelbes 
Ferrooxalat  aus. 

Formaldehyd8  findet  Verwendung  zur  Reduktion  von 
Azofarbstoffen,  die  von  Nitr'iaminen  abstammen. 

Hydroxylamin  vermag  im  freien  Zustande  Chinone 
zu  Hydrochinonen  zu  reduzieren.  Seine  reduzierende 
AVirkung  auf  organische  Verbindungen  ist  im  übrigen 
recht  gering.  So  hat  esBöN'iGEa3  z.  B.  erfolglos  zu  ver- 
wenden versucht,  was  auffällig,  da  es  der  stark  reduzierenden 
Kraft  halber,  die  es  in  alkalischer  Lösung  zeigt,  so  viel 
in  der  Photographie  verwendet  wird.  Es  scheidet  Silber 
aus  Lösungen  sofort  metallisch  ab,  nnd  wenn  keine 
weiteren  edlen  Metalle  in  der  Flüssigkeit  vorhanden  sind, 
ist  dies  wohl  die  bequemste  Methode,  um  rasch  zu  reinem 
Silber  zu  kommen. 

Die  sehr  stark  reduzierenden  Eigenschaften  der  Jod- 
wasserstoffs äure  organischen  Körpern  gegenüber  sind 
von  Bkkthelot4  aufgefunden  worden. 

Spezifisches  Gewicht  der  Jodwasserstoffsaure  nach 
AIendelejeff.5 

Spez.  Gew.  Säuregehalt  Spez.  Gew.  Säuregehalt 
1.075                     10  %                      1.399  40  V« 

1.164  20  %  1.567  SO  7» 

1.267  30  %  1.769  60  % 


1  M.  Gh.  1.  137.  —  »  D.  R.-P.  62352.  —  '  B.  ' 
*B.  Par.  2.  7.  53  und  J.  pr.  CA.   104.  103. 
s  Grundlagen  der   Chemie  Petersburg  1891.  546. 


418 


Reduktion, 


Die  stärkste  durch  Destillation  darstellbare  Sünre 
siedet  bei  127°,  hat  einen  Prozentgebalt  von  57.57HJ 
und  das  zpezifische  Gewicht  1.Ö7. 

Die  Leichtigkeit,  mit  welcher  sie  in  Jod  und  Wasser- 
stoffzerfällt, bietet  wohl  die  Erklärung  für  ihre  reduzieren- 
den Eigenschaften.  Man  verwendet  sie  jetzt  in  wässeriger 
Lösung,  bei  Anwesenheit  von  Phosphor  und  in  eisessig- 
saurer Lösung. 

Berthelot,  welcher  anfangs  ohne  Phosphor  arbeitet*, 
sagt  von  der  Methode,  dafs  sie  jedwede  organische  Ver- 
bindung  in  einen  Kohlenwasserstoff  uberzofGÜhm  gestatte, 
welcher  die  gleiche  Menge  Kohlenstoff  und  die  grolste 
Menge  Wasserstoff  enthält.  Nach  ihm  läfst  sie 
anwenden:  von  den  Alkoholen  und  fetten  Sauren  au  bis 
zu  den  aromatischen  Verbindungen,  von  den  mit  Wasser 
Stoff  fast  gesättigten  Äthylen derivaten  bis  zu  den  höchst- 
gechlorten  Verbindungen,  und  ebenso  können  mit  ihr  an 
Amiden,  ja  an  dem  Cyan  selbst  Wasserstoffadditionen 
ausgeführt  werden.     (Siehe  aber  S.  431.) 

Sein  Verfahren  bestand  darin  die  zu  rednziofwiw 
Körper  mit  einem  grofsen  Uberscbufs  von  starker  Jod- 
wasserstoffsäure  (spez.  Gew.  2)  10  Stunden  lang  bis  27a' 
zu  erhitzen.  Er  schätzte  den  unter  diesen  Umstand« 
entwickelten   Druck  auf  100  Atmosphären. 

Für  aromatische  Stoffe  wandte  er  bis  zu  ihrem  lOOfachen 
Gewichte  an  Jodwasserstoffsäure  an. 

Auf  die  Art  reduzierte  er  Jodäthyl  zn  Äthan,  Äthyl 
alkobol  zu  Äthan,  Glycerin  zu  Propan,  Benzol  glaubte 
er  bis  zum  normalen  Kohlenwasserstoff  CeHlt  reduziert 
zu  haben.  (Die  Arbeiten  waren  in  den  Jahren  18(37  und 
1868  ausgeführt  worden.)  Methylamin  ergab  Methan  und 
Ammoniak,  Anilin  Benzol  und  Ammoniak   und   so  for1.. 

Babyee1  verfuhr  z.  B.  zur  Darstellung  der  Hexahydro- 
terephtalsäure  so,  data  er  Tetrahydroterephtal säure  mit 
Jodwasserstoffstiure  vom  Siedepunkt  127°  6  Stunden  lw>E 
auf  etwa  240"  erhitzte.  Der  Rohrinhalt  wurde  mit 
schwefliger  Säure    entfärbt,    die    abgeschiedene   Säure  in 


_ 


B.  19.  1806. 


Reduktion.  419 

gelöst,  wieder  ausgefällt  und  aus  heifsem  Wasser 
ystallisiert.  Sehr  merkwürdig,  weil  wider  alles 
,rten,  ist,  dafs  nach  Eckbom1  im  Chlorid  der  Meta- 
benzolsulfosäure,  wenn  man  es  in  Eisessig  löst  und 
asserstoffsäure  vom  spezifischen  Gewicht  1 .5  zugiebt, 
kurzem  Erwärmen  auf  dem  Wasserbade  dieSulfogruppe 
r  reduziert  ist,  die  Nitrogruppen  aber  unangegriffen 
9n,  so  dafs  sich  m-Dinitrodiphenyldisulfin  bildet. 

2C6H4 .  NO, .  S02C1  +  10HJ  = 
C6H4.N0,.S-S.N02.C6H4  +  2HC1  +  10J  +4H80. 

[olbe2  hatte  zuerst  im  Jahre  1861  gefunden,  dafs 
Benzolderivate  Wasserstoff  zu  addieren  vermögen, 
l  sie  mit  Natriumamalgam  behandelt  werden. 
l  ihm  hatten  auch  andere  derartige  Substanzen  dar- 
Ut,  aber  es  stellte  sich  immer  wieder  heraus,  dafs 
Abkömmlinge  höchstens  6  Wasserstoffatome  addieren 
dabei  in  Verbindungen  übergehen,  die  mit  Leichtigkeit 
er  in  Benzolderivate  übergeführt  werden  können. 
3  vermittelst  Reduktion  bis  jetzt  schwierig  zugänglich 
ebenen  hydrierten  Benzolderivate  sind  nunmehr  auf 
synthetischen  Wege,  den  Baeyer8  angegeben,  aus 
>ern  mit  geraden  Kohlenstoffketten  in  fast  beliebiger 

und  Anordnung  erhältlich  (siehe  Seite  434). 
)ie  KoLBEsche  Mitteilung  veranlagte  seinerzeit 
her,4  die  BERTHELOTschen  Versuche  bald  nach  ihrem 
tontwerden  einer  Prüfung  zu  unterziehen,  und  zwar 
•  Bedingungen,  von  denen  er  glaubte,  dafs  sie  für 
Reduktion  noch  günstiger  sein  würden.  Bei  dem 
CHELOTschen  Verfahren  wird  erstens  Jod  frei,  welches 
ifalls  für   Reduktionswirkungen   nicht  zuträglich  ist, 

aufserdem  ist  Wasser  zugegen,  welches  ebenfalls 
llich  wirkt  und  nur  die  Anwendung  höchst  konzen- 
ter  Säure  gestattet. 

Beides  auszuschliefsen,  gelingt  durch  Anwendung  des 
)hosphoniums,  weil  die  geringste  Menge  Jod,  die 
b  Zersetzung  der  Jodwasserstoffsäure  frei  wird,  nach 

-B.  24.  337.  —  2  Ann.  118.  122.  —  8  B.  25-  1037. 
Ann.  155.  267. 

27* 


420  Reduktion. 

Hofmanns  Versuchen  durch  den  Phosphorwasserstoff  unter 
Bildung  von  Jodphosphor  sofort  wieder  iu  Judphosphonimi 
verwandelt  wird.  Wenn  die  Jodwasserstoffsäure  des  auf 
diese  Weise  neu  gebildeten  Jodphosphoniums  wieder 
zersetzt  wird,  so  wiederholt  sich  dasselbe  Spiel,  bis  endlich 
die  ganze  Menge  vou  Jodphosphonium  in  Jodphosphor 
und  Phosphoniumjodid  nach  folgender  Gleichung:  4PHtJ 
4-  4H  =  PJ  +  SPH^J  verwandelt  ist.  Obgleich  Buh 
das  Jodphosphonium  bei  Reduktionsversuchen  in  der 
angegebenen  Weise  verhält,  ist  sein  Reduktionavennügen 
wider  Erwarten  doch  viel  geringer,  als  das  der  Jodwasser- 
stoffsäure. Trotzdem  ist  es  nach  Baeybr  ein  wertvolles 
Reagens,  weil  es  bei  den  Kohlenwasserstoffen  die  Redut 
tion  gerade  so  weit  führt,  wie  das  Natriumamalgara  bei 
den  Säuren. 

Zum  Erhitzen  des  Jodphosphoniums  mit  Kohlen- 
wasserstoffen mufs  man  dickwandige  nicht  zu  WflW 
Röhren  auswählen,  weil  der  Druck  in  denselben  oft  sehr 
beträchtlich  wird.  Mau  bringt  zuerst  die  abgewogene  Menge 
von  ihm  hinein,  giefst  den  Kohlenwasserstoff  z.  B.  darauf, 
und  füllt  vor  dem  Zuschmeißen  das  Rohr  mit  Kohlen- 
säure, weil  sonst  beim  Erhitzen  durch  Entzündung  des 
Phosphor  Wasserstoffes  Explosion  eintreten  kann.  N;n.'h 
der  Reduktion  findet  man  es  in  lange  rote  Nadeln  rer- 
wandelt,  die  wahrscheinlich  die  Zusammensetzung  PJ 
haben.  Diese  Zersetzung  geht  im  Rohr  bisweilen  aucii 
ohne  Eintritt  einer  Reduktion  vor  sich  und  hat  dann 
nach  der  Gleichung:  PHtJ  =  PJ  -f  Hj  stattgefunden, 
wodurch  sich  der  starke  Druck  erklärt. 

Während  das  Jodphosphonium  also,  wie  angegeben, 
viel  schwächer  reduzierende  Wirkungen  als  die  Jodwasser- 
stoffsäure  zeigt,  kann  die  eine  der  Bedingungen,  welciie 
Baeter  bei  seiner  Anwendung  zu  erfüllen  wünschte, 
nämlich  die  Ausschliefsnng  des  freien  Jodes  während  der 
Reduktion,  durch  Zugabe  von  Phosphor  bewerkstelligt 
werden.  Die  Idee  rührt  von  Lautemasn1  her,  und  mii 
Hülfe  dieses  Kunstgriffes  erst  ist  das  Verfahren  eigentlich 


1  Ann.  125.  9. 


Redaktion.  421 

der  allgemeinen  Verwendung  fähig,  indem  dadurch  die 
höchst  lästige  gleichzeitige  Entstehung  jodierter  Produkte 
möglichst  ausgeschlossen  wird. 

Der  freie  Phosphor  wird  mit  dem  Jod  sofort  zu  Jod- 
phosphor zusammentreten,  welcher  bei  Gegenwart  von 
Wasser  sich  wiederum  in  Jodwasserstoffsäure  und  phos- 
phorige Säure  umsetzen  wird 

PJ,  +  3H,0  =  3HJ  +  P08H„ 

doch  laufen  namentlich  in  der  Wärme  einige  Neben- 
reaktionen1 her,  so  liefert  Phosphor  mit  HJ  auf  160°  für 
sich  erhitzt  Phosphoniumjodid  u.  s.  w.,  die  den  glatten 
Verlauf  dieser  theoretisch  so  schönen  Methode  zu  beein- 
trächtigen vermögen. 

Man  wendet  gelben  und  roten  Phosphor  an.  Nament- 
lich bei  Gegenwart  des  ersteren,  der  aber  nicht  unbedingt 
dazu  nötig  ist,  lassen  sich  viele  .Reduktionswirkungen 
schon  durch  Kochen  am  Rückflufskühler  erreichen,  wenn 
man  die  Jodwasserstoffsäure  recht  konzentriert  nimmt. 
Die  dabei  aus  dem  Kühlrohr  gasförmig  entweichende 
Säure  kondensiert  man  durch  vorgelegtes  Wasser.  Lieber- 
mann und  Topf2  erhielten  z.  B.  bei  einstündiger  Einwirkung 
von  80  g  Jodwasserstoff  und  6  g  weüsen  Phosphors  auf 
20  g  Anthrachinon  reines  Anthracenbihydrür,  benutzten 
aber  später3  mit  gleichem  Erfolge  roten  Phosphor. 

Baeyer4  befestigte  auf  einem  Literkolben  einen  senk- 
recht, stehenden  Kühlapparat  mit  möglichst  weitem 
Ktihlrohr,  dessen  oberes  Ende  mit  einem  H -Rohr  in  Ver- 
bindung steht,  so  dafs  man  durch  den  einen  verschliefs- 
baren  Schenkel  Phosphor  in  den  Kolben  werfen  kann, 
während  durch  den  anderen  das  gebildete  Jodwasserstoff- 
säuregas entweicht.  In  den  Kolben  bringt  man  etwa 
200  g  Jodwasserstoffsäure  (Siedepunkt  127°)  und  50  g 
Jodoform,  erhitzt  bis  zum  Kochen,  trägt  Phosphor  in 
sehr  kleinen  Stückchen  ein,  bis  auch  bei  längerem  Kochen 
die  Flüssigkeit  sich  nicht  mehr  braun  färbt,  und  setzt 
dann  immer  abwechselnd  100  g  Jodoform  und  die  nötige 

1  Siehe  Cr.  91.  883.  —  2  B.  9.  1201.  —  8  B.  20.  1854. 
4  B.  6.  1095. 


422  Redaktion. 

Menge  Phosphor  in  kleinen  Portionen   zu,   wodurch 
Jodoform  OHJ3  zu  Methylenjodid  CH2J2  reduziert  wird, 
welches  durch  Destillation  gewonnen  werden  kann. 

Fischer1     erhitzte     1     Teil    Trioxyglutarsäure    mit 
10  Teilen  konzentrierter  Jodwasserstoffsäure  und  V*  Teil 
amorphem  Phosphor  4  Stunden  am  Rückflufskühler,  ver- 
dünnte   dann   mit  Wasser   und  entfernte  den  Jodwasser- 
stoff mit  Silberoxyd.     Die  warm  filtrierte  farblose  Lösung 
wurde  durch  Salzsäure  vom  Silber  befreit  und  zum  Sirup 
verdampft,  welcher  beim  Erkalten  krystallinisch  zur  Glutar- 
säure    erstarrte.       Von  der  Mannosekarbonsäure2  kam  er 
zur  normalen  Heptylsäure  durch  Kochen  von  35  g  ihr» 
Baryumsalzes  mit  250  g  Jodwasserstoffsäure   (Siedepunkt 
127°)  und  10  g  rotem  Phosphor  während  5  Stunden  am 
Rückfluüskühler.      Die   erhaltene   dunkle    Lösung  wurde 
mit    der    doppelten    Menge    Wasser    verdünnt   und  das 
abgeschiedene    Ol    mit  Äther    extrahiert.         Die    durch 
Schütteln    mit    Quecksilber    vom    Jod    befreite   Lösung 
hinterliefs    beim   Verdampfen   27  g    eines  Öles,    welches 
viel  Jodverbindungen  enthielt.     Zur  Zerstörung  letzterer 
wurde    es   mit    verdünnter  Schwefelsäure   vermischt  und 
mit  kleinen  Mengen  von  Zinkstaub  versetzt.     Nach  zwölf- 
stündigem  Stehen    bei    gewöhnlicher   Temperatur  wurde 
es  alsdann  mit  Wasserdampf  destilliert,  mit  welchem  die 
Heptylsäure    überging,    die    in  Form  ihres  Baryumsalzes 
krystallisiert  erhalten  werden  konnte. 

Stärkere  Reduktionswirkungen  werden  aber  auch  bei 
dieser  Methode,  wie  im  ursprünglichen  BERTHELOTseben 
Verfahren,  im  Einschlufsrohr  erzielt.  Das  angewandte 
Quantum  Jodwasserstoffsäure  braucht  nicht  grofs  zu  sein. 
Nach  Grabe3  sollte  es  genügen  so  viel  zu  nehmen, 
der  Wassergehalt  hinreichend  ist,  um  aus  dem  sich 
scheidenden  Jod  und  dem  Phosphor  wiederum  Jodwasser- 
stoff und  phosphorige  Säure  zu  bilden.  Für  die  Carba- 
zolindarstellung  C12H15N  benutzte  er  folgende  Verhältnisse: 

C  H 
6  g  Carbazol    T  *)nH    2  g    Phosphor,     7—8  g  M 

1  B.  24.  1844.  -  2  B.  22.  372.  —  3  Ami.  163.  352. 


Reduktion.  423 

^wasserctoffsäure.  Er  empfiehlt  für  solche  Versuche  schwer 
schmelzbares  Glas  anzuwenden. 

Nach  den  neueren  Angaben  von  Lucas1  erhält  man 
aber  die  höchsten  Reduktionsstufen  der  aromatischen 
Kohlenwasserstoffe  nur  bei  Anwendung  eines  bedeutenden 
Überschusses  der  reduzierenden  Agentien  und  bei  genügend 
hoher  Temperatur.  So  erhitzte  er  1.5  g  Anthracen  im 
angeschmolzenen  Bohr  mit  der  gleichen  Menge  roten 
Phosphors  und  etwa  8g  Jodwasserstoffsäure  (spez.  Gew.  1.7) 
12  Stunden  auf  250°  und  erhielt  so  die  höchst  mögliche 
Hydrierungsstufe  desselben  den  Kohlenwasserstoff  C14H24. 
Nach  sechsstündigem  Erhitzen  war  die  Wasserstoff- 
anlageruog  erst  bis  zum  Kohlenwasserstoff  C14H20  fort- 
geschritten. Grabe  war  seinerzeit  nicht  über  C14H16 
hinausgekommen. 

Chrysen  hatte  für  unreduzierbar  durch  Jodwasserstoff- 
säure und  Phosphor  gegolten,  weil  zu  wenig  Phosphor 
angewendet  worden  war.  Liebermann  und  Spiegel2 
kamen  aber  zum  Ziele,  als  sie  1  Teil  Chrysen  mit  1  Teil 
rotem  Phosphor  und  5  Teilen  Jodwasserstoffsäure  (vom 
spezifischen  Gewicht  1.7)  16  Stunden  auf  250 — 260° 
erhitzten.  Das  Chrysen  war  auf  diese  Art  in  Chrysen- 
perhydrür  übergeführt  worden. 

Wie  Kbapft3  gefunden  hat,  lassen  sich  die  höheren 
Glieder  der  Fettsäurereihe  von  der  Nonvlsäure  aufwärts 
durch  diese  Art  der  Reduktion  passend  in  normale  Kohlen- 
wasserstoffe überführen.  Er  beschickt  zu  dem  Zwecke 
die  starkwandige  EinschluTsröbre  aus  strengflüssigem  Glase 
mit  je  2 — 4  g  der  zu  reduzierenden  Fettsäure,  3  bis  4 
Gewichtsteilen  Jodwasserstoffsäure  (spez.  Gew.  1.7),  sowie 
0.3 — 0.4  Gewichtsteilen  rotem  Phosphor  und  erhitzt  nach 
dem  Zuschmelzen  zunächst  auf  21(> — 240°,  jedoch  nicht 
so  hoch  und  so  lange,  dals  bei  den  vorgenaonten,  für 
Beendigung  des  Prozesses  ungenügenden  Mengen,  merk- 
liche Jodmengen  frei  werden  und  zersetzend  wirken  können. 
Dieses  Erhitzen  wiederholt  man,  ohne  obige  Zeitdauer 
und  Temperaturhöhe   wesentlich   zu   überschreiten,    noch 


1  B.  21.  2510.  —  2  B.  22.  135  u.  23.  1143.  —  3  B.  15.  1687. 


424 


Reduktion. 


üai 
ba< 


zwei-  bis  dreimal,  wobei  man  zwisehene 
behutsam  öffnet,  um  den  Phosphor  zu  erneuern  nnd 
hierbei  zugleich,  etwa  von  der  dritten  Erhitzung  beginnend, 
auch  eine  geringe  ungefähr  gleiche  Quantität  Wasser  zur 
nachherigen  Zersetzung  der  Phosphor  Verbindungen  unter 
Regeneration  von  Jodwasserstoff  aus  einer  Bürette  zufliefren 
zu  lasseD.  Zum  Schlufs  der  Reaktion  Bchwimmt  der 
Kohlenwasserstoff  meist  obenauf  und  kann 
werden ;  wo  nicht,  erreicht  man  dies  durch  t 
Wasser.  Auch  kann  man  ihn  mit  Äther  extrahieren  u.  8. «". 
Nach  Claus1  verfährt  man  zur  Reduktion  gemischt 
fett  aromatischer  Ketone  zu  Kohlenwasserstoffen  so,  dafs 
man  1  Mol  Keton  mit  einem  Drittel  seines  Gewichtes 
Wasser  sowie  seines  Gewichtes  rotem  Phosphor  zu  einem 
Brei  anrührt,  und  dann  unter  gelindem  Erwärmen  4—5 
Mol.  Jod  zusetzt.  Nach  achttägigem  Erhitzen  dieses  Ge- 
misches im  offenen  Kolben  über  freier  Flamme  —  evput. 
unter  Zugabe  einiger  Tropfen  Wasser  —  wird  das  braune 
ülartige  Reaktionsprodukt  der  Destillation  mit  Wasser- 
dampf  unterworfen.  Das  Destillat  wird  mit  Äther  aus- 
geschüttelt, die  von  Jod  rot  gefärbte  ätherische  Schicht 
nach  dem  Abheben  entwässert,  sodann  mit  Natrium  ent- 

i'odet  und  der  nach  dem  Abziehen  des  Äthers  im  Wasser 
>ade  gebliebene  Rückstand  über  Natrium  destilliert  und 
fraktioniert.  Man  erhält  dann  direkt  Kohlenwasserstoffe 
von  konstantem  Siedepunkt,  und  zwar  in  der  Regel  in 
einer  Ausbeute  von  20 — 25%,  im  ungünstigsten  Falle 
von  15%  vom  Gewichte  des  verwendeten  Ketons. 
Er  stellte  so  z.  B.  Metamethylparaäthyltoluol  aus 
Metaxylylmethylketon  dar. 

Will  man  Jodphosphor  als  solchen  zur  Redukti»n 
benutzen,  so  verfährt  man  nach  Annaheim8  etwa  s«: 
Man  löst  ('0  g  Jod  in  wenig  Schwefelkohlenstoff',  tini-i 
allmählich  8  g  Phosphor  in  kleinen  Stücken  ein,  ver- 
dampft den  Schwefelkohlenstoff  rasch  auf  dem  Wasser- 
bade  und  verjagt  die  letzten  Reste  durch  einen  trockenen 
Luftstrom. 


/.  pr.  Ch.  153.  380.  —  s  An».  172.  51. 


Reduktion.  425 

4  g  einer  zu  reduzierenden  Substanz  (Diamidomethyl- 
oxysulfobenzid)  wurden  in  trockenem  Zustande  auf  den 
Jodphosphor  geschüttet  und  sofort  mit  etwa  30 — 50  ccm 
siedendem  Wasser  übergössen.  Es  begann  augenblicklich 
eine  lebhafte  Gasentwickelung,  Ströme  von  Jodwasser- 
stof&äure  entwichen,  die  Masse  verflüssigte  sich  und  in 
wenigen  Minuten  war  wohl  die  Reaktion  beendigt,  aber 
das  Ausgangsmaterial  war  bei  dieser  Art  zu  reduzieren 
unverändert  geblieben.  • 

Williams1  benutzte  die  reduzierende  Wirkung  einer 
Lösung  von  arseniger  Säure  in  Kalilauge,  um  vom 
Nitrobenzol  zum  Anilin  zu  kommen.  Zu  dem  Zwecke 
digerierte  er  das  Nitrobenzol  einige  Zeit  mit  der  Lösung, 
worauf  sich  nach  kurzem  Anilin  durch  Destillation  ge- 
winnen lieft. 

Das  Kalium-,  resp.  Natriumsulfhydrat  wird  ganz 
nach  Art  des  Schwefelammoniums  (siehe  dort)  verwandt, 
hat  aber  den  Nachteil  durch  Abdampfen  nicht  entfernt 
werden  zu  können. 

Magnesium,  in  Pulver  oder  Bandform,  ist  bisher 
wenig  zur  Reduktion  organischer  Körper  verwendet 
worden.  Baeyer2  liefs  es  auf  Säurechloride  wirken, 
die  zu  dem  Zwecke  mit  Eisessig  gemischt  oder  in  dem- 
selben gelöst  werden.    Phtalylchlorid  lieferte  Phtalaldehyd. 

Sehr  häufig  benutzt  werden  Natrium  und  Natrium- 
amalgam wegen  ihrer  sehr  stark  reduzierenden  Kraft 
und  der  grofsen  Bequemlichkeit  ihrer  Verwendung. 

Das  Natrium  selbst  wird  meist  zu  Scheiben  zer- 
schnitten gebraucht,  eine  Form  der  Anwendung,  die 
manches  zu  wünschen  übrig  läfst  und  namentlich  da 
wenig  angebracht  ist,  wo  sich  die  Scheiben  mit  einer 
unlöslichen  Schicht  überziehen,  die  die  Einwirkung  der 
tiefer  liegenden  Teile  verhindert. 

Hofmann3  hat  eine  Presse  angegeben,  die  es  in 
Drahtform  liefert.  Brühl4  bemerkt,  dafs  zur  Her- 
stellung feinen  Natrium-  oder  Kaliumdrahtes  (er  verwendet 


1  Ann.  102.  127.  —  2  B.  2.  99.  —  8  B.  7.  534. 
4  B.  24.  3384. 


426  Reduktion. 

solchen  bis  zu  einem  Durchmesser  von  0.2  mm)  ein 
durch  Umschmelzen  unter  Toluol  gereinigtes 
benutzt  werden  sollte.  Anderenfalls  verstopft  sich 
Presse  leicht,  und  bei  Anwendung  von  Kalium  kommen 
dann  gefährliche  Explosionen  vor.  Das  einmal  unter 
Toluol  zu  einem  blanken  Regulus  zusammengeschmolzene 
Metall  ist  dagegen  für  alle  Verwendungen  rein  genug, 
doch  soll  man  es  nicht  unter  Petroleum  oder  Toluol, 
sondern  unter  flüchtigen  Ligroin  aufbewahren.  In  diesem 
halten  sich  die  Metalle,  namentlich  das  Natrium,  sein 
lange  nahezu  ganz  unverändert  und  können  so  unmittelbar, 
ohne  beschnitten  zu  werden,  zur  Anwendung  kommen 
Auch  auf  folgendem  Wege  kommt  man  ohne  maschinelle 
Vorrichtung  zu  sehr  fein  verteiltem  Metall. 

Man  erwärmt  Natrium,  das  sich  in  einer  Kochflasche 
mit  Petroleum  übergössen  befindet,  bis  auf  ca.  120*. 
Die  verkorkte  Flasche  wird  kräftig  umgeschüttelt  und 
nach  Entfernung  des  Stöpsels  an  einen  vor  Erschütterung 

feschützten  Ort  gestellt.  Nach  dem  Erkalten  hat  dann 
as  Metall  seine  feine  Granulierung  beibehalten.  Gebt 
man  beim  Erhitzen  erheblich  über  120°  hinaus,  so  backt 
aber  das  fein  verteilte  Natrium  beim  Erkalten  wieder 
zusammen.  Levy  und  Andreocci1  behaupten,  dafe  bei 
Anwendung  von  geschmolzenem  Paraffin  an  Stelle  von 
Petroleum  ein  noch  feiner  verteiltes  Produkt  erhalten 
werde.  Nach  dem  Schütteln  wird  das  Paraffin  abgegossen 
und  der  Rest  mit  auf  50°  erwärmtem  Petroläther  fort- 
genommen.  Man  bewahrt  das  Metall  dann  auch  nach 
ihnen  am  besten  unter  niedrig  siedendem  Ligroin  aut 
um  es  vor  dem  Gebrauche  schnell  trocknen  zu  können. 
Beim  Eingiefsen  von  Wasser  in  Kolben,  in  denen  bei 
einer  .Reaktion  nicht  verbrauchtes  Natriummetall  vorhanden 
sein  kann,  ist,  falls  irgendwie  gröfsere  Mengen  Natrium  in 
Spiel  sind,  bekanntlich  das  Eintreten  einer  —  schon  allein 
durch  die  mit  grofser  Kraft  umhergeschleuderten  GH** 
Splitter  oft  recht  gefährlichen  —  Explosion  unvermeidlich- 
Sehr  viel  besser  ist  es  schon,  wenn  es  sich  nur  um  gering 


1  B.  21.  1464. 


Reduktion.  427 

Mengen  Natrium  handeln  kann,  gestobenes  Eis  an  Stelle 
des  Wassers  zu  verwenden;  bei  gröfseren  Quantitäten 
aber  ist  es  vorzuziehen,  den  Kolben,  falls  er  sonst  nicht 
zu  entleeren  ist,  zu  zerschlagen. 

Man  läfst  Natrium  auf  wässerige,  alkoholische  und 
ätherische  Lösungen  wirken. 

Zur  Beschleunigung  seiner  Wirkung  stumpft  man 
meist  von  Zeit  zu  Zeit  das  entstandene  Natriumhydroxyd 
mit  einer  Säure  unter  Beobachtung  der  Vorsicht,  dafs 
nicht  die  Flüssigkeit  als  solche  sauer  wird,  ab. 

Andererseits  ist  oft  das  Auftreten  von  freiem  Ätznatron, 
ohne  dafs  die  Flüssigkeit  auch  nur  vorübergehend  durch 
«ine  stärkere  Säure  sauer  gehalten  werden  darf,  störend. 
In  solchem  Falle  setzt  man  der  Lösung  von  vornherein 
eine  zu  dessen  Abstumpfung  genügende  Menge  Natrium- 
bikarbonat zu. 

Eine  Lösung  von  Natrium  in  Methylalkohol  (nicht 
Äthylalkohol)  ist  nach  Klinger1  (siehe  weiterhin  Witts 
Bemerkung  über  Zinnoxydulnatron)  besonders  zur  Reduktion 
von  Nitrokor pern  zu  Azokörpern  geeignet.  Er  verfuhr 
zu  dem  Zwecke  so :  10  Teile  Natrium  wurden  in  250  Teilen 
Methylalkohol  gelöst,  30  Teile  reines  Nitrobenzol  zugefügt, 
worauf  die  Lösung  5 — 6  Stunden  am  Rückflufskühler 
auf  dem  Wasserbade  bis  zum  Sieden  erhitzt  wurde.  Sie 
färbt  sich  braunrot  und  bleibt  vollkommen  klar.  Nach 
dem  Abdestillieren  des  Methylalkohols  wird  die  Farbe 
heller,  Krystalle  von  Natriumformiat  scheiden  sich  aus, 
und  endlich  bleibt  eine  öldurchtränkte,  hellgelbe  Masse 
zurück.  Behandelt  man  diese  mit  Wasser,  so  fällt  hell- 
gelbes flüssiges  Azoxybenzol  aus,  das  sehr  bald  erstarrt. 
Die  Umsetzung  erfolgt  nach  der  Gleichung 

4C6H6NOt  +  3CH80Na  =  2(C6B6N)80  +  3HC02Na  +  3H90, 
und  die  Ausbeute  ist   sehr    reichlich.     Aus  30  g  Nitro- 
benzol wurden  23  g  Azoxybenzol  statt  der  sich  theoretisch 
berechnenden  26  g,  also  90%,  erhalten. 

Bei  p-  und  o-Nitrotoluol  konnten  nach  dem  Verfahren 
Azoxytoluole  nicht  erhalten  werden. 


B.  15.  866. 


428  Reduktion. 

Reduktionswirkungen  mit  Natrium  in  äthylalko- 
holischer  Lösung  erzielt  man  am  besten  so,  dafe  man  das 
Natrium  in  die  kochende  Lösung  einträgt.  Zuerst  ist 
wohl  Baeyer1  so  behufs  Reduktion  des  Chloroxindol- 
ohlorids  verfahren. 

Auch  WißCHNEöRADSKY 2  kam  so  vom  Äthylpyridin 
zum  Hexahydroäthylpyridin. 

Ladenburg,0  welcher  dann  die  Methode  wegen  ihrer 
grofsen  Brauchbarkeit  ganz  besonders  empfohlen  hat, 
giebt  an,  dafs  es  wesentlich  zu  sein  scheint,  absoluten 
Alkohol  in  möglichst  geringem  Üb6rschuÜ3  zu  nehmen 
und  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Temperatur  fortwährend 
die  des  Siedepunktes  der  alkoholischen  Lösung  sei. 

Zur  Umwandlung  von  Pyridin  in  Piperidin  löste  er  in 
einem  geräumigen  Kolben,  der  mit  einem  Rückflulskühte 
verbunden  war,  20  g  Pyridin  in  150  g  absolutem  Alkohol 
und  erwärmte  auf  dem  Wasserbade.  Dann  trug  er  nicht 
zu  langsam  75  g  in  Stücke  zerschnittenes  und  unter 
trockenem  Äther  aufbewahrtes  Natrium  ein.  Sobald  die 
Reaktion  träge  wurde  oder  sich  Natriumalkoholat  aus- 
schied, setzte  er  Alkohol  zu,  und  führte  die  Reaktion 
überhaupt  so  schnell  als  möglich  zu  Ende. 

Ist  alles  Natrium  verbraucht,  so   läfst  man 
fügt  etwa  das  gleiche  Volum  Wasser  zu    und  destilliert 
vorsichtig  aus  einem  Bade   ab.     Das  gebildete  Piperidin 
geht  fast  vollständig  mit  dem  Alkohol  über.     Nach  dem 
Neutralisieren  mit  Salzsäure  wird  das  Destillat  zur  Trockne  I 
gedampft.     Die  Ausbeute  ist  so  gut  wie  theoretisch. 

Zur  Reduktion  des  a-Lutidylalkins 4  CgH^CHa.CHj. 
CH2OH)N    wurden    50  g  Natrium,     welche    in    einem 
geräumigen  mit  Rückflufskühler  versehenen  Kolben  erhitit 
wurden,  mit  der  heifsen  Lösung  von   13  g  Base  in  der 
lOfachen  Menge  absoluten  Alkohols  übergössen  und,  sobald 
die    Reaktion    träge    wurde,     weiter    heifser     absoluter 
Alkohol  zugegeben.     Durch  Zerlegung  mit  Wasser,  Ana- 
schütteln mit  Äther   und  Verdunsten   dieses   kam  er  zn 


1  B.  12.  459.  -  2  B.  13.  2401.  —  8  Ann.  247.  51.  u.  80. 
4  B.  24.  1674. 


Redaktion.  429 

der  um  6  Wasserstoffatome  reicheren  Base  C5H9(Cfl2. 
CH8 .  CH2OH)NH ,  welche  die  Zusammensetzung  der 
Conhydrins  hat. 

Zur  Darstellung  des  Pentamethylendiamins  aus  Tri- 
methylenoyanür  verfahr  er  so,  dafs  er  letzteres  in  der 
8fachen  Menge  absoluten  Alkohols  löste  und  nach  und 
nach  4  Teile  Natrium  unter  Ausschlufs  von  Feuchtigkeit 
eintrug. 

CN.CH,.CHt.CHt.CN  +  4H, 

Während  so  das  Pentamethylendiamin  leicht  zugänglich 
geworden  ist,  war  es  nach  den  bis  zu  diesem  Laben- 
BURGschen  Verfahren  verwendeten  anderen  Ueduktions- 
methoden  nur  spurenweise  zu  erhalten.1 

Die  erste  Überführung  von  Cyaniden  in  Amide  durch 
Wasserstoff  in  statu  nascendi  hat  übrigens  Mendiüs2 
ausgeführt,  indem  er  von  der  Blausäure  zum  Methylamin 
HON  +  H4  =  CH3NH2  kam.  Ihm  dienten  alkoholische 
Salzsäure  und  Zink  als  Wasserstoffquelle. 

Weit  stärker  reduzierend,  resp.  wasserstoffanlagernd 
als  in  äthylalkoholischer  wirkt  Natrium  aber  in  amylalko- 
holischer  Lösung.3 

Es  sinkt  hierbei  im  Amylalkohol  zu  Boden,  wodurch 
leicht  ein  Springen  der  Gefäfse  herbeigeführt  wird. 
Tafel4  empfiehlt  zur  Vermeidung  dieses  Übelstandes  den 
Boden  des  Kolbens  durch  Einwerfen  von  grobem  Sand 
oder  dergleichen  vor  direkter  Berührung  mit  dem  Metall 
zu  schützen. 

Ausgearbeitet,  und  zwar  speziell  für  Hydrierung  von 
Naphtalinderivaten ,  ist  diese  Methode  zuerst  von 
Bamberger5  in  der  Form,  dafs  man  die  kochende  amyl- 
alkoholische Lösung  der  zu  reduzierenden  Substanz  in 
kontinuierlichem  Strahl  zur  Gesamtmenge  des  zur  Reduktion 
bestimmten  Natriums  hinzufliefsen  läfst;  letzteres  befindet 
sich    in  Form    dünner   Scheiben    in  einem    geräumigen, 


1  B.  16.  1151.  —  *  Ann.  121.  129. 

9  Siehe  auch  Baeyer  B.  12.  459.  —  4  B.  20.  250. 

5  B.  20.  2916. 


430  Reduktion. 

möglichst  langhalsigen  und  mit  gut  funktionierendem 
Kühler  versehenen  Kolben.  Die  Reaktionstemperatar 
wird  bis  zum  Verschwinden  der  letzten  Natriumpartikel 
beim  Siedepunkt  des  Amylalkohols  erhalten. 

Bamberger  bemerkte  seinerzeit  ausdrücklich, 
die  hydrierten  Basen  auch  entstehen,  wenn  man 
Natrium  allmählich  in  die  kochende  alkoholische  Lösung 
einträgt,  jedoch  in  erheblich  geringerer  Menge;  wendet 
man  dabei  Äthylalkohol  an,  so  sinkt  die  Ausbeute  auf 
ein  Minimum  herab,  und  der  weitaus  gröfste  Teil  des 
z.  B.  verwandten  Naphtylamins  geht  unverändert  am 
dem  Reduktionsprozefs  hervor.     (Siehe  weiterhin.) 

Für  gewöhnlich  sollte  man   folgender   Art  arbeiten. 

Nachdem  das  Natrium,  von  welchem  das  Anderthalb- 
bis  Zweifache  der  von  der  Theorie  geforderten  Menge 
angewandt  wird,  sich  aufgelöst  hat  —  bei  Anwendung 
von  15  g,  denen  in  der  Regel  150  g  Amylalkohol  ent- 
sprechen, sind  dazu  etwa  30  Minuten  erforderlich  - 
wird  die  noch  heifse  Flüssigkeit  in  Wasser  gegossen, 
die  leichtere  Schicht  abgehoben,  mit  Pottasche  getrocknet, 
der  Amylalkohol  mit  Benutzung  eines  Kolonnenaufeatttß 
abdestilliert  und  der  Rückstand  entweder  durch  Krystalli- 
sation  oder  fraktionierte  Destillation  gereinigt.  Die  Aus- 
beuten schwanken  zwischen  40  und  80%  der  Theorie,  in 
vereinzelten  Fällen  erreichen  sie  fast  die  theoretische  ZahL 

Später  hat  er2  dann  angegeben,  dafs  man  auch  heil* 
Eintragen  des  Natriums,  und  zwar  in  Portionen  von  j« 
4 — 5  g,  in  die  siedende  Lösung  zum  Ziele  komme,  ja,  da» 
diese  Art  zu  arbeiten,  unstreitig  zweckmäßiger  ist,  & 
das  Einfliefsenlassen  der  amylalkoholischen  Lösung  & 
Gesamtmenge  des  Natriums,  weil  letzteres  so  langsam* 
und  ergiebiger  zur  Wirkung  komme.  Nur  in  denjenigen 
Fällen,  in  welchen  die  entstehende  Hydrobase  zu  a* 
beständig  ist,  um  längeres  Erhitzen  auf  130°  ohneGefi^ 
zu  ertragen,  dürfte  es  ratsamer  sein,  das  gesamte  Natriü* 
auf  einmal  in  Reaktion  zu  bringen.  In  jedem  Fall« 
aber  mufs  man  gegen   das  Ende   der   Operation,  sobald 


1  B.  20.  3075.  —  2  B.  22.  944. 


Reduktion.  431 

die  Auflösung  des  Metalls  anfängt  träge  zu  werden, 
durch  nachträglichen  Zusatz  kochenden  Amylalkohols  der 
Reaktion  zu  Hülfe  kommen. 

Die  Hydrierung  des  1.5-Naphtylendiamins  (Schmelz- 
punkt 189®)  geschah  also  z.  ß.  so:  14  g  der  Base  wurden 
in  200  g  koohendem  Amylalkohol  gelöst  und  mit  18 — 20  g 
in  Scheiben  geschnittenen  Natriums  in  Portionen  von 
je  4 — 5  g  versetzt.  Dabei  schlug  die  anfangs  dunkel- 
rote  Farbe  der  Flüssigkeit  in  ein  helleres  Braun  um. 
Da  das  salzsaure  Salz  des  entstandenen  1.5-Tetrahydro- 
naphtylendiamins 


H    NH8 

H  H.NH2 

0>- 

COS: 

NH2    H 

NH8    H2 

in  Wasser  sehr  leicht,  in  Amylalkohol  aber  äufserst 
schwer  löslich  ist,  konnte  ihm  die  hydrierte  Base  durch 
öfteres  Schütteln  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  quantitativ 
entzogen  werden. 

Das  Verfahren  bietet  vor  der  Anwendung  der  Jod- 
wasserstoffsäure viele  Vorteile.  Man  operiert  in  offenen 
Gef&feen,  kann  gröfsere  Quantitäten  auf  einmal  in  Angriff 
nehmen  und  erreicht  —  wenn  auch  nicht  ausnahmslos  — 
die  gleichen  Resultate  wie  mit  jener.  So  gelingt  es 
ohne  Schwierigkeit  in  das  Phenanthren  4  Wasserstoff- 
atome einzuführen,  zu  welchem  Zwecke  man  sonst  den 
Kohlenwasserstoff  6 — 8  Stunden  im  Einschlufsrohr  mit 
Jodwasserstoffsäure  und  Phosphor  auf  220 — 240°  erhitzen 
mtdste.  In  vereinzelten  Fällen  beobachtet  man  sogar 
Keduktionswirkungen,  zu  welchen  das  Jodwasserstoff- 
verfahren  überhaupt  nicht  befähigt  ist.  So  nimmt  das 
Reten,  welohes  der  genannten  Säure  bei  100°  widersteht, 
durch  Natrium  und  Amylalkohol  4  Atome  Wasserstoff 
auf,  und  wird  das  der  Hydrierung  bisher  gänzlich  un- 
zugängliche Diphenyl,  welches  durch  Erhitzen  mit  Jod- 
wasserstoff und  Phosphor  auf  280°  nicht  beeinflußt  wird, 
nach  diesem  Verfahren  mit  Leichtigkeit  zu  mehr  als  70% 
in  ein  flüssiges  Tetrahydroderivat  übergeführt. 


432  Reduktion. 

Antbracen  nimmt  so  nur  2  Atome  Wasserstoff  mf, 
während  Jodwasserstoff  und  Phosphor  eine  vollständige 
Hydrierung  ermöglichen,  und  auf  dem  Gebiete  der  ein- 
ringigen,  so  sehr  viel  schwieriger  reduzierbaren  Kohlen- 
wasserstoffe, versagt  die  Methode  überhaupt  ihren  Dienst. 
Das  Verfahren  gestattet  also  nicht  die  Addition  bis  zur 
höchsten  Hydrierungsstufe,  vielleicht  läfst  sieh  daa  aber 
erreichen,  wenn  der  Amylalkohol  durch  ein  höh« 
siedendes  Produkt,  z.B.  durch  sekundären  Oktylalkohol,1 
der  bei  180°  siedet,  ersetzt  wird. 

Beim  Anilin*  ist  derselbe  allerdings  ohne  Erfolg 
versucht  worden,  und  ebensowenig  gelang  es  Brühl.1 
das  Anhydrid  der  Kampfersäure  in  siedender  Naphtalin- 
lösung  mit  Natrium  und  Borneol  (einem  Alkohol  vom 
Siedepunkt  212°)  zu  reduzieren. 

Das  Natrium  verwendet  man  in  ätherischer  Lösuu;' 
so,  dals  man  die  zu  reduzierende  Substanz  in  dem  5-  bi- 
G-fachen  "Volum  nicht  entwässerten  Äthers  löst  uud  das 
Metall  einträgt,  oder  man  löst  den  Körper  in  so  viel 
Äther,  Benzol  etc.,  dafs  Natrium  in  dieser  Flüssigkeil 
zu  Boden  sinkt,  und  schichtet  sie  nunmehr  auf  WuHl 

Bogdanowska*  kam  durch  Behandeln  des  Dibenzvl- 
ketons  zum  entsprechenden  sekundären  Alkohol,  als  sie 
das  Keton  in  Äther  löste,  diese  Flüssigkeit  auf  eine 
Lösung  von  Natriumbikarbonat  gofs  und  Natrium  ui 
kleinen  Stückchen  unter  Kühlung  des  Kolbens  mit  Wasser 
zugab.  Die  Reaktion  dauert  6 — 7  Tage.  Man  mui« 
mindestens  das  dem  Keton  gleiche  Gewicht  an  Natrium 
verwenden  und  dafür  sorgen,  dafs  genügend  Bikarbonai 
vorhanden  ist,  um  das  Auftreten  von  Ätznatron  u 
vermeiden.  Bei  Einhaltung  dieser  Vorsieh tsm als 
steigt  die  Ausbeute  auf  80D/o  der  theoretisch 
Menge  an  Dibenzylkarbinol. 


?:b::cI;>»  +  h,=  ?;I;:S|;>oh(ob 


Die    Verwendung  des  Natriumamalgams   entspricht 
ganz  der  des  Natriums,  nur  wirkt  es  weniger  heff 
dieses. 

Man  erhält  es  bekanntlich  durch  direktes  allmähliches 
Eintragen  von  Natrium  in  Quecksilber,  das  sich  am 
besten  in  einem  Porzellanmörser  befindet.  Wegen  der 
dabei  auftretenden  giftigen  Quecksilberdampfe  mul's  mau 
tinter  einem  gutziehenden  Abzug«  arbeiten.  Mau  mache 
es  womöglich  2'/a%ig,  weil  es  sich  dann,  wie  Taeel1 
angiebt,  pulvern  und  durch  ein  Porzellansieb  schlagen 
läfst,  so  dafs  nicht  übei*  erbseugroi'se  Stücke  erhalten 
werden. 

Von  der  richtigen  Beschaffenheit  de»  Amalgams  hängt 
nach  Übereinstimmung  aller  ausschlaggebenden  Experi- 
mentatoren8 das  Gelingen  empfindlicher  Reaktionen 
durchaus  ab.  Mau  erhält  es  nach  Aschax3  durch  Her- 
stellung aus  eiuem  sorgfältig  gereinigten  Quecksilber  in 
einem  Gefäi's,  in  dem  seine  Verunreinigung  durch  fremde 
Metalle  ausgeschlossen  ist.  Ein  Gehalt  des  Amalgams 
an  Kohlenstoff  ist  auch  zu  vermeiden,  weshalb  das 
angewandte  Natrium  sorgfältig  von  01  befreit  werden 
mufs.  Dem  genannten  Autor  zufolge  rufen  die  Bei- 
mengungen im  Quecksilber  wahrscheinlich  galvanische 
Ströme  hervor,  welche  deu  Wasserstoff  in  Form  von 
Molekülen  und  somit  unwirksam  entbinden.  Aschan 
hat  auch  die  Methode  aufgefunden,  bei  welcher  die 
Leistungsfähigkeit  des  Natriumamalgams  als  Beduktions-, 
resp.  Wassers  toffudditionsmittels  am  vollendetsten  zum 
Ausdruck  kommt,  das  ist  hei  Anwesenheit  von  Kohlen- 
säure. Wenn  man  z.  B.  das  Natriumsalz  der  Benzoesäure 
mit  Natriumamalgaui  in  wässeriger  Lösung  kocht,  findet 
allerdings  Hydrierung  statt,  allein  die  Reaktion  verläuft 
um  SO  träger,  je  mehr  Alkali  sich  in  der  Liisung 
ansammelt.  Zeitweiliges  Abstumpfen  desselben  mit  Mineral- 
sauren  hilft  wenig,  das  Amalgam  wird  dann  wohl  rascher 
verzehrt,  aber  der  Wasserstoff  wird  nicht  fixiert.  Dagegen 
geht    die   Hydrierung   schnell  und   vollständig  vor  sich, 


434  Reduktion. 

wenn    man    das   entstehende   Alkali    fortwährend  ( 
Kohlensäure  bindet.     Er  arbeitete  speziell  folgender  Art 

50    g  Benzoesäure   werden  in   250    ccm   SodalösuM 
(10°/o)   gelöst   und  die  Lösung  in   einem  starkwaadig 
mit  Luftkühlrohr  versehenen  Kolben,  der  in  ein  gerftiuni 
kochendes  "Wasserbad  eingesenkt  ist,  mit  8tyi  k^  Natri 
amalgarn  in  Portionen  von  300 — 400  g  zusammen geW 
Durch  ein  weites  Glasrohr  wird  während  der  Dauer 
Operation  ein  schwacher  Strom  von  Kohleudiosyd  ii 
Lösung    eingeleitet,    infolgedessen    fast    aller   Wasse; 
fixiert  wird.    Ton  Zeit  zu  Zeit  ist  es  nötig,  das  rarib« 
Quecksilber  zu  entfernen   und   auch    kleine  Mengß 
Wasser    zuzusetzen ,     sobald    Natriumbikarbonat 
krystallisieren    beginnt.     Nach   20—25    Stunden  ist  i 
Reaktion    beendigt,    was   man  daran    erkennt,    dafs  n 
dem  Ansäuern  einer  kleinen  Probe   der  Flüssigkeit  > 
Saure  ausfällt,   die  im  Gegensatz   zur  Benzoesäure  u 
nach  mehrstündigem  Stehen  in  der  Kälte    flüssig  bleu 
Diese  neue  Verbindung  ist  Tetrahydrobenzoesäure.'  NeU« 
bei  sei  bemerkt,  dafs  man  von  ihr  zur  HaxahydnboH) 
saure  kommt,  wenn  man  sie  BromwasserstofFsäure  addier« 
läfst,  was  sie  unter  Aufhebung   der   letzten   in  ihr  e 
haltenen    doppelten    Bindung    leicht    thut,     und  nun 
Hydrobromprodukt   wiederum    mit   Hülfe   von   Natriu 
amalgam  das  Broraatom  durch  Wasserstoff  ersetzt. 

Mit   Hülfe    dieser   Reduktionsmethode    hat   BaeTB' 
jetzt     auch     den     einfachsten     Zucker     aus     der    Ino» 
gruppe,    den    „Chinit"    synthetisch   aufgebaut.      tftoHtl  R 
nach  Maquenne  ein  Zucker  C^H^O,.    mit    geschlossen«  ; 
Kette,  ein  Hexamethylenderivat.    Durch  Einwirkung  *® 
Natrium  oder  Natriumalkoholat   auf  Be niste insltureilthyl' 
ester  erhält  man  bekanntlich  SuccinylobernsteinBanre' 
CH,  —  CO  —  CH.COO.  CSH„ 
I  I 

C,Hs.COO.CE  -  CO  -CH,. 

Die   aus    dieser  Verbindung   zu  erhaltende  SuecinyV 
obernsteinsäni'e  verliert  leicht  zweimal  die  Elemente  i« 


'  B.  24.  2619. 


B.  96.  : 


Reduktion.  435 

CH,  —  CO  —  CH, 
Kohlensäure,  was  zum  Diketohexamethylen  I  | 

CH,  — CO  — CHf 

fährt.     Die   Wasserstoffaddition   an   diesen   ringförmigen 

Atomkomplex  führte   Baeyer  so   aus,   daJs  er  5  g   des 

Ketons   und    260  g   Natriumamalgam  in    einer   Lösung 

Ton   Natriumbikarbonat   unter  Durchleiten  eines  starken 

Kohlensäurestromes   ca.    7   Stunden    aufeinander   wirken 

liefe,  wobei  das  Eintragen  des  Natriumamalgams  anfangs 

in  kleinen  Portionen  stattfand.    Das  Produkt  der  Reaktion 

H    OH 

\/ 
C 

Tief    Jch*'  ^eses  GHykol,  das  Dioxyhexamethylen  „Chinit" 


iA 


OH 

hat  das  Aussehen  und  verhält  sich  ganz  wie  ein  Zucker 
der  Inositgruppe. 

Früher  hat  man  auch  salzsaures  Gas  ins  Natrium* 
amalgam  geleitet,  und  Lippmann  1  bekam  auf  diesem  Wege 
nach  dem  Überschichten  von  flüssigem  Amalgam  mit  Benzo- 
ylchlorid  Benzylalkohol. 

C6HjCOCl  +  H4=C6H6CH,OH  +  HCl. 

Auch  beim  Natriumamalgam  erhöht  und  beschleunigt, 
also  wie  beim  Natrium,  die  Abstumpfung  des  entstandenen 
Natriumhydroxyds  durch  eine  Säure  die  Wirkung.  Wie 
sehr  die  Wirksamkeit  je  nach  den  Versuchsbedingungen 
varieren  kann,  beweisen  die  zahlreichen  hydrierten  Phtal- 
säuren,  die  Baeyer2  mit  seiner  Hülfe  erhalten  hat.  Dafs 
es  aber  recht  häufig  angebracht  ist,  das  teilweise  ver- 
brauchte Natrium  durch  eine  Säure,  die  nicht  Kohlen- 
säure zu  sein  braucht,  abzustumpfen,  geht  aus  dem 
glänzenden  Erfolge  hervor,  mit  welchem  Emil  Fischer3 
rar  die  Synthese  des  Traubenzuckers  die  Laktone  in 
saurer  Lösung  reduziert  hat. 


1  Z.  Ch.  1865.  700.  —  2  Ann.  251.  290.  —  3  B.  23.  932. 

28* 


436  Reduktion. 

Das  Lakton  oder  der  laktonhaltige  Sirup  wird  in 
einer  Schüttelflasche  in  10  Teilen  Wasser  gelöst,  die 
Flüssigkeit  mit  Schwefelsäure  schwach  angesäuert,  to 
zur  beginnenden  Eisbildung  in  einer  Kältemischnng 
gekühlt  und  dann  eine  kleine  Menge  21/2°/°igen  Natrium- 
amalgams  eingetragen.  Beim  kräftigen  Umschütteln  wird 
dieses  rasch  ohne  Entwicklung  von  Wasserstoff  ?er« 
braucht.  Man  fährt  mit  dem  Zusätze  des  Amalgams 
unter  dauerndem  Schütteln  und  zeitweisem  Abkühlen 
fort,  während  durch  häufigen  Zusatz  von  verdünnte 
Schwefelsäure  die  Reaktion  der  Flüssigkeit  stets  sauer 
erhalten  wird,  bis  gegen  Ende  der  Operation  Wasserstoff 
entweicht.  Die  Menge  des  Natriumamalgams  wird  für 
den  einzelnen  Fall  am  besten  empirisch  ausprobiert, 
indem  man  kleine  Proben  der  Lösung,  etwa  0.2  ccm, 
mit  FEHLiNGscher  Flüssigkeit  titriert.  Das  Maximum 
der  Reduktion  der  Kupferlösung  bezeichnet  den  Punkt 
an  dem  die  Reduktion  unterbrochen  wird.  Reine  Laktww 
brauchen  etwa  ihre  10 — löfache  Menge  an  21/«%igem 
Amalgam. 

Weidel1  verwandte  es  dagegen  in  alkalischer  Lösunj 
und  löste  40  g  Nikotinsäure  in  800  ccm  25%iger  Kalilauge. 
Ei  kochte  so  lange  unter  allmählicher  Zugabe  von 
4°/uigem  Natriumamalgam,  bis  die  Ammoniakentwickeluug 
aufhörte,  was  nach  3 — 4  Stunden  der  Fall  war. 

Das  Natriumamalgan  wird  auiserdem  in  alkoholischer, 
ätherischer  und  essigsaurer  Lösung  verwendet.  Claus* 
trug  z.  B.  in  reines  Bittermandelöl,  das  in  dem 
5 — 6  fachen  Gewicht  nicht  entwässerten  Äthers  aufgelöst 
war,  einen  Überschufs  von  teigartigem  Natriumamalgam 
ein.  Es  trat  sofort  energische  Reaktion  ein,  durch 
welche  der  Äther  ins  Sieden  geriet,  weshalb  stark  gekühlt 
wurde,  da  die  Produkte  um  so  weniger  gefärbt  ausfielen, 
je  niedriger  die  Temperatur  gehalten  worden  war. 

Tafel3  hat  eine  sehr  bequeme  Methode  zur  Dar- 
stellung von  Aminen  auf  der  Reduktion  von  Hydrazonen 
gegründet.     Phenylhydrazin    tritt    bekanntlich  mit  Alde- 


1  M.  Ch.  11.  510.  —  *  Ann.  137.  92.  —  3  B.  22.  1855. 


Reduktion.  437 

yden  und  Ketonen  unter  Wasserausscheidung  in  quanti- 
artiver  Weise  zu  ihnen  zusammen,  und  ihre  Reduktion 
aufe  dann  2  Aminkörper  liefern 

JJ5»>C  :  N.HN.CeH6  +  H4  =  °g»>CH.NH2  +  NH4.  C6H5 

Acetonphenylhydrazin  Isopropylamin  Anilin. 

Die  Ausführung  dieser  erfolgt  in  folgender  Art: 
Die  Hydrazone  werden  in  der  10 — 20  fachen  Menge 
Alkohols  gelöst  oder  suspendiert  und  dann  unter  fort- 
währendem Schütteln  und  Kühlen  je  25  ccm  Eisessig 
«if  einmal  und  hierauf  250  g  272°/oiges  Amalgam  all- 
mählich eingetragen.  Die  Temperatur  wird  innerhalb 
2—3  Grade  konstant  gehalten,  und  inan  sorgt  dafür,  dafs 
?om  Eisessig  stets  ein  ziemlicher  Überschufs  vorhanden 
ist.  An  Amalgam  wurde  immer  das  Doppelte  der 
theoretischen  Menge  angewendet,  und  die  Verarbeitung 
von  3500  g  Amalgam  erforderte  etwa  2  Stunden.  Nach 
beendeter  Reaktion,  bei  welcher  sich  zum  Schlufs  Natrium- 
*cetat  ausscheidet,  wird  direkt  mit  Natron  übersättigt  und 
destilliert.  Hochsiedende  Basen  trennt  man  nach  Tafel 
•o  vom  Anilin,  dafs  man  das  Wasserdampfdestillat  mit 
Schwefelsäure  oder  Salzsäure  genau  neutralisiert  und  auf 
lern  Wasserbade  einengt.  Extraktion  mit  Äther  entfernt 
lann  alles  Anilin.     (Siehe  Millers  Methode  S.  446.) 

Natriumhydrosulfit,  NaflS02,  in  dem  man  ein 
rauchbares  Mittel  für  Reduktionen  erwarten  sollte, 
jheint  bisher  zu  diesem  Zwecke  keine  Verwendung 
rfnnden  zu  haben.  Versuche  des  Verfassers  in  einem 
pezialfalle,  für  den  es  geeignet  schien,  ergaben  kein 
esultat. 

Saytzeffs1  Arbeiten  beweisen  die  stark  reduzierende 
raft  des  mit  Wasserstoff  beladenen  Palladiums.  Er 
hrte  mittelst  desselben  z.  B.  Nitrobenzol  in  Anilin  über. 
ie  Methode  lälst  an  Bequemlichkeit  alles  zu  wünschen 

>rig. 

Die  reduzierende  Wirkung  des  Phenylhydrazins  ist 
:erst  von  Baeyer  erkannt  worden.     Haller2  gelangte 


1  J.  pr.  Ch.  114.  128.   —  2  B.  18.  92. 


438  Redaktion. 

mit  seiner  Hülfe  vom  Psendokumidin  zum  PseudobimoL 
Zincke1  führte  mit  ihm  Chinon  in  Hydrochinon  über. 
Merz  und  Bis*  bemerkten  gelegentlich  ihrer  Versuche, 
das  damals  noch  recht  schwer  gewinnbare  o-Nitroanilin5 
auf  bequemem  Wege  aus  o-Nitrophenol  zugänglich  zu 
machen,  dafs  sowohl  die  Ortho-,  wie  die  Paraverbindung 
heftig  mit  Phenylhydrazin  reagieren.  Barr4  fand  dann 
im  Verfolg  dieser  Beobachtung,  als  er  Nitrophenol  mit 
2  Mol.  mit  Xylol  verdünntem  Phenylhydrazin  (dem 
Doppelten  der  Theorie)  erwärmte,  dafs  unter  heftiger 
Gasentwickelung  eine  Umsetzung  eintrat,  infolge  welch» 
beim  Erkalten  Krystalle  ausfielen,  die  sich  als  Amido- 
phenol  erwiesen:  es  war  also  die  Nitro-  in  die  Amido- 
gruppe  übergegangen. 

Seidel5  fand  die  gewöhnlichen  Reduktionsmittel  dem 
Farbstoff  C18H12N202  gegenüber  von  kaum  bemerkbarer 
Einwirkung.  Erhitzte  er  ihn  aber  mit  Phenylhydrazin, 
welches  mit  Xylol  verdünnt  ist,  so  trat  bei  120°  uflter 
Lösung  eine  lebhafte  Stickstoffentwickelung  ein,  und 
alsbald  schied  sich  ein  in  farblosen  Blättchen  kristalli- 
sierender Körper  ab.  Bei  der  Reaktion  spaltete  sich  das 
Phenylhydrazin  quantitativ  in  1  Mol.  Benzol,  2  Stickstoff 
und  2  Wasserstoffatome,  welche  letztere  sich  dem  Farbstoft 
zuaddierten  und  ihn  in  die  Leukobase  C1JS.14$ßi 
überführten.     Anilin  und  Ammoniak  traten  nicht  auf. 

Das  Phenylhydrazin  mag  noch  in  vielen  Fällen  von 
Nutzen  sein,  da  es  die  Ausführung  von  Reduktionen  durch 
freiwerdende  Wasserstoffatome  bei  höherer  Temperatur  in 
offenen  Gefäfsen  in  so  bequemer  Weise  gestattet. 

Phosphor  und  Natronlauge  führen  Purpurin  (Trioxy- 
anthrachinon)  in  Purpuroxanthin6  (Metadioxyanthrachinon) 
über. 

Die  phosphorige  Säure,  welche  als  reduzierendes 
Agens  keine  besonderen  Vorteile  bietet,  ist  nur  selten 
für  diesen  Zweck  verwendet  worden. 


1  B.  18.  787.  —  *  B.  19.  1754. 

3  Siehe  B.  25.  985.  und  B.  R-P.  66060. 

4  B.  20.  1498.  —  5  B.  23.  186.  —  •  Ann.  Ch.  Ph.  5.  18.  221 


Reduktion.  439 

Auch  Schwefelwasserstoff  wirkt  auf  organische 
Substanzen  reduzierend,  jedoch  kaum  in  ueutraler  oder 
saurer  Lösung.  Im  letzteren  Falle  erreicht  man  noch 
vielleicht  dann  eine  Einwirkung,  wenn  man  ihn  in  statu 
nascendi  anwendet,  was  man  so  erreichen  kann,  dafs 
man  in  saure  Lösungen  Schwefelzink,  Schwefelbaryum  oder 
Schwefelcalcium  etc.  etc.  eintrügt. 

Nach  Merz  und  Weitq  soll  er  auch  in  Gegenwart 
von  Kupferpulver  besser  wirken. 

Berntbsen1  erwähnt,  dafs  Methylenrot  (leicht  durch 
Zink  und  Salzsaure,  aber  auch  durch  Zinncblorür  und 
Salzsäure,  aowie)  durch  Schwefelwasserstoff  reduziert  wird. 
C.B.NjSjCl  +  2HaS  =  C.H.jN^S .  HCl  +  3S. 

Fast  niemals  in  dieser  Form  verwendet,  ist  er  ein 
häufig  kaum  zu  ersetzendes  Mittel  für  Red  ukt  Jons  Wirkungen 
in  alkalischer  Lösung.  Seine  Wirkung  beruht  bekanntlich 
darauf,  dals  seine  beiden  Wasserstoffatome  sich  mit 
Sauerstoff  zu  Wasser  verbinden,  während  der  Schwefel 
als  solcher  abgeschieden  wird,  resp.  im  überschüssigen 
Schwefelalkali  gelöst  bleibt.  Arbeitet  man  in  ammonia- 
kalischer  Lösung,  so  kann  man  schließlich  durch  längere 
Zeit  fortgesetztes  Kochen  mit  Wasser  seinen  gesamten 
Überschufs  wieder  entfernen. 

Gewöhnlich  verfährt  man  so,  dafs  man  nach  Zusatz 
von  Ammoniak  zu  der  zu  reduzierenden  Flüssigkeit  in 
diese  Schwefelwasserstoff  einleitet,  wenn  nötig,  wiederum 
Ammoniak  zusetzt  und  das  Schwefelwasserstoffeinleiten 
wiederholt  u.  b.  f. 

Zinin8  reduzierte  die  erste  Nitrogruppe  auf  diesem 
'Wege  zur  Amidograppe,  indem  er  Nitrobenzol  mit  alko- 
holischem Schwefel  am  monium  in  Amidobenzol  überführte. 
Dies  war  die  erste  Darstellung  einer  stickstoffhaltigen 
Base  aus  einem  stickstofffreien  Körper,  dem  Benzol,  auf 
synthetischem  Wege,  und  sie  erregte  in  der  damaligen 
Zeit  als  ein  Schritt  zum  Aufbau  von  Alkaloiden  aufser- 
ord  entlich  es  Interesse. 

Ann.  251.  28.  —  *  Ann.  44.  283. 


1  Ann.  251. 


440  Reduktion. 

Durch  Schwefelammoninm  kann  man  bei  Anwesenkit 
mehrerer  Nitrogruppen  eine  nach  der  anderen  reduzieren 
Und  man  kann  sogar  Orthonitroanilin x  selbst  stundenlang 
mit  Schwefelammonium  kochen,  ohne  dafs  seine  neben  der 
Amidogruppe  vorhandene  Nitrogruppe  angegriffen  wiri 
Früher  hielt  man  diese  Methode  überhaupt  für  die  einzig* 
in  solchem  Falle  brauchbare,  jedoch  kann  man  dies  auch 
mit  anderen  Reduktionsmitteln  erreichen. 

Sehr  häufig  verwendet  man  alkoholische  Lösungen 
von  Schwefelammonium,  welche  etwas  schwächer  zu 
wirken  scheinen,  als  wässerige.  So  giebt  Schulze8  an, 
dafs  w-Nitrobenzamid  durch  wässeriges,  nicht  durch 
weingeistiges  Schwefelammonium  reduziert  wird. 

Bei   vielen  Gelegenheiten   bietet  aber  auch  sonst  die 
alkoholische  Lösung  grolse  Vorzüge.     So   teilen  Fbied- 
länder  und  Ostermaier  3  mit,  dafs  sie  für  die  Darstellung 
des  Karbostyrils  nur  die  Methode  von  Morgan4  zweck- 
mässig fanden,  welche  in  der  Beduktion  des  Ortnonitro- 
zimmtsäureesters     mit     wässerigem     Schwefelammoninm 
besteht,  wenn  sie  die  wässerige  Lösung  durch  eine  alko- 
holische ersetzten.     Bei  Morgans  Beduktion  der  freien 
Nitrosäure  beeinträchtigt  die  Bildung  bedeutender  Mengen 
harziger  Produkte  nämlich  wesentlich  die  Ausbeute  und 
erschwert  die  Beinigung  des  Karbostyrils.   Verwendet  man 
bei   Darstellung    von    Karbostyril    aus   Orthonitrozimmt- 
säureester    dagegen     alkoholisches     Schwefelammoninm, 
so  verläuft  die  Beaktion  ohne  die  geringste  Harzbildung, 
indessen    entsteht    hierbei    neben    Karbostyril    stets  in 
gröfserer    oder    geringerer    Menge    ein    dem   Karbostyril 
ähnlicher    Körper,     das    Oxykarbostyril,     der     bei    der 
Beduktion  mit  wässerigem  Schwefelammonium  nur  spuren- 
weise  auftritt,  ohne  dafs  es  ihnen  gelang,  durch  Variieren 
der  Konzentration   resp.    der   Quantität  des  Beduktious- 
mittels  oder  der  Dauer  der  Einwirkung  seine  Entstehungs- 
bedingungen   zu    präcisieren.      Zur    Gewinnung    beider 
Substanzen  verfahren  sie  in  folgender  Weise: 


1  B.  25.  987.  —  2  Ann.  251.  158.  —  3  B.  14.  1916. 
4  Ch.  N.  36.  269. 


Reduktion,  441 

Ürthonitrozim  mtsäatMftel  wird  in  Portionen  von 
3Ü — 40  g  mit  einem  Überschufs  von  konzentriertem 
alkoholischen  Sohwefelammonium  einige  Stnnilen  im 
Wasserbade  in  stark  wandigen  Sodaflascben  erwärmt. 
Nach  vollendeter  Reduktion  scheidet  sich  aus  der  er- 
kalteten Flüssigkeit  ein  Teil  des  Gxykarbostyrils  als 
Ammouiaksalz  in  glänzenden  Blattchen  aus  und  kann 
durch  Abnitrieren  gewonnen  werden.  Die  alkoholische 
durch  ausgeschiedene  Schwefel  stark  braun  gefärbte 
Lösung  wird  zur  Trockne  verdampft,  und  der  Rückstand 
mit  sehr  verdünnter  heifser  Natronlauge  extrahiert. 
Kohlensaure  fällt  aus  der  alkalischeu  Lösung  reines 
Karbostyril,  während  Oxykarbostyril  sich  erst  auf  Znsatz 
von  Schwefelsäure  ausscheidet. 

Zur  Reduktion  einer  N  itrogrujvpe  von  dreien  eignet 
sich  ebenfalls  alkoholische  Sclnvelehimmonium.  Schon, 
TlEMANN1  hatte  Trinitrotoluol  zu  Dinitrotoluidin  reduziert. 
Die  schlechte  Ausbeute,  welche  Beilsteix11  nach  dem 
Verfahren  erhielt,  veranlnfste  ihn,  ein  bessere  Ausbeute 
lieferndes,  von  ihm  aufgefundenes  mitzuteilen.  Nach  ihm 
ist  es  vorteilhafter,  1  Teil  Trinitrotoluol  mit  2  Teilen 
Weingeist  anzurühren  und  dazu  allmählich  die  theoretische 
Menge  Schwefelwasserstoff  (3  Mol.)  in  Form  einer  kon- 
zentrierten wässerigen  Lösung  von  Schwefelammonium 
zuzufügen.  Nach  jedem  Zusatz  desselben  reibt  man 
den  Niederschlag  gut  durch,  läfst  dann  kurze  Zeit  stehen 
und  fällt  endlich  mit  Wasser.  Den  abfiltrierten  und 
gewaschenen  Rückstand  kocht  man  so  lauge  mit  ver- 
dünnter Salzsäure  aus,  als  Ammoniak  in  dieseT  noch  eine 
Fällung  verursacht.  Durch  Umkristallisieren  erhält  man 
schliefslich  reines  Dinitrotoluidin. 

Bauer3  erhielt  in  folgender  Art  mit  fast  quantitativer 
Ausbeute  aus  Trinitrohenzol  Dinitroamidobenzol:  15  g 
von  ersterera  werden  mit  450  ccni  absolutem  Alkohol 
in  einem  geräumigen  Kolben  übergössen  und  am  Rückfiufs- 
kühler  auf  dem  Wasserbade  gekocht,  bis  sich  alles 
gelöst  hat.     Alsdann  littst  man  aus  einem  Seheide  tri  chter 

'  B.  3.  218.  —  J  B   13.  243.  —  3  B.  24.  1654. 


442  Redaktion. 

durch  die  Kühlröhre  tropfenweise  ca.  90  ccm  Schwefel- 
ara monlösung  einfli  eisen,  wobei  jedoch  der  Kolben  Inhalt 
fortwährend  in  starkem  Sieden  erhalten  werden  inufs. 
Schon  durch  die  ersten  Tropfen  des  zugesetzten  Reduktion* 
mittels  wird  die  Lösung  braunrot  gefärbt.  Nachdem  alles 
eingeflossen  ist,  liifat  man  noch  1 — lVs  Stunden  weiter 
sieden  und  giefst  dann  unter  heftigem  Rühren  in  2—3  1 
eiskalten  Wassers,  wobei  sich  das  Dinitroanilio  sogleich 
in  gelben  Flocken  ausscheidet. 

Alkoholisches  Schwefelammonium  wird  auch  als 
reduzierendes  Agens  im  Einschluisrohr  verwendet,  so  von 
Schöpfe  zur  Reduktion  der  »i-Nitro-p-Anilidobenzoesfiure. 

Beilstein  und  Kurbatow1  liefsen  auch  in  der 
Hoffnung,  nur  eine  Nitrogruppe  im  Chlordinitrobenzol  zu 
reduzieren,  alkoholisches  Schwefelammonium  auf  diesen 
Körper  einwirken,  erhielten  aber  nicht  Chtornitroanilin, 
sondern  ein  schwefelhaltiges  Derivat,  entstanden  durch 
Austausch  von  Chlor  gegen  Schwefel.  Versuche  auch  ia 
anderen  Reiben  überzeugten  sie,  dafs  Schwefelwasserstori 
auf  Cblornitroderivate  nur  dano  reduzierend  einwirkt, 
wenn  in  den  Nitrokörpern  die  Nitrogruppe  nicht  neben 
Chlor  oder  einer  anderen  Nitrogruppe  gelagert  ist,  also 
z.  B.  im  symmetrischen  Nitrodichlorbenzol.  In  all« 
anderen  Fällen  wird  durch  Schwefelwasserstoff  das  Chlor 
oder  die  Nitrogruppe  gegen  Schwefel  oder  SchwetVi  i 


Schweflige  Sänre i  wirkt  nur  auf  wenige  Verbindungen 
reduzierend  und  dient  vorwiegend  zur  Überführung  von 
Chinonen  in  Hydro  ch  in  one.  Durch  die  wässerigen 
Chiuonlösungen  wird  sc-hwef  ligsaures  Gas  geleitet.  Beim 
Chinon  par  excellence  wird  die  Flüssigkeit  durch  BilduD? 
eines  Zwischenproduktes,    des  Chinhydrons,    erat    brenn, 

1  B.  11.  2056. 

-  Nach  Neümanh  entwickelt  man  sehwef  ligsaures  Ga>  »u 
einem  Kippschen  Apparat,  welcher  mit  roher  konzentrierter 
Schwefelsäure  und  einem  zu  Würfeln  verarbeiteten  Gemisch  von 
3  Teilen  Calciumaulfit  und  1  Teil  Gips  gefüllt  ist.  0.5  kg  erzeugen 
einen  ungefähr  30  Stunden  anhaltenden  konstanten  Gasttrom 
{B.  20.  1584.) 


Redaktion.  443 

entfärbt  sich  aber  wieder  unter  Bildung  von  Hydroehinon, 
das  mit  Äther  extrahiert  wird.  (Siehe  S.  .388.} 

Claus  und  Berkefeld1  fanden  die  Überführung  des 
4.5.  Dichlor.  1.2.  xylo.  3.6.  chinon  ins  Hydroderivat  auf- 
fallend schwierig.  Seihat  durch  Schütteln  der  ätherischen 
Lösung  mit  Zmnchlorür  und  Salzsäure  ist  die  Reaktion 
nicht  zu  erzwingen,  und  für  die  Einwirkung  von  schwefliger 
Saure  ist  es  nötig  eine  konzentrierte  wasserige  Lösung  von 
ihr  mit  dem  Chinon  einige  Zeit  im  Einschlui'srohr  auf 
100°  zu  erhitzen. 

Mit  Traubenzucker  oder  Milchzucker  reduziert  man 
so,  dal's  man  zu  alkalischen  Lösungen  eine  etwa  10u/°'ge 
Lösung  derselben  setzt  und  alsdaun  zum  Kochen  erhitzt. 
Er  wird  vielfach  zur  Reduktion  von  Farbstoffe  liefernden 
Verbindungen  verwendet. 

Mit  Zink  kann  man  in  neutraler  Lösung  Wasserstoff  ent- 
wickein und  auf  diese  Art  in  solcher  reduzierend  wirken. 
Viele  Ammoniaksalze  und  Aminsalze  entwickeln  nämüch  in 
Gegenwart  von  ihm  und  Eisen  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur, aber  hesser  noch  bei  40°  und  darüber  aus  Wasser 
Wasserstoffgas,  und  Loris*  gelang  es  durch  Einwirkung  von 
Zink  und  Eisen  auf  eine  wässerige  Lösung  von  schwefel- 
saurem Ammoniak  bei  gewöhnlicher  Temperatur  das  zur 
Lösung  zugesetzte  Aceton  inlsopropylalkohol  umzuwandeln. 

Leykauf3  gieht  an,  dafs  eine  Lösußg  von  Kupfer- 
vitriol in  3  Teilen  Wasser,  nachdem  sie  auf  90°  erhitzt 
ist,  beim  Einbringen  von  Zinkblechen  eine  bedeutende 
Menge  Wasserstoffgas  entwickelt. 

Liebermann*  und  Scholz  gelang  es  in  dem  Brom- 
ivasserstoffadditionsprodukt  der  Phenylpropiolsäure  das 
Bromatom  durch  Wasserstoff  zu  re substituieren,  ohne 
gleichzeitig  Wasserstoff  anzulagern,  indem  sie  das  Phenyl- 
propiolsilurehydrobromid  mit  seinem  doppelten  Gewicht 
Zinkfeile  {nicht  etwa  Zinkstauh)  und  seinem  Zehnfachen  an 
absolutem  Alkohol  3—4  Stunden  am  Rück flui's kühler 
kochten. 


■  Ann.  139.  374.  -  *  J.pr.  Ch.  19. 124. 


444 


Reduktion. 


Für  gewöhnlich  reduziert  man  mit  Zink  aber  in  al- 
kalischer Lösung.  Um  ihm  eine  möglichst  grofse  Ober- 
fläche zu  geben,  lafst  man  es  im  geschmolzenen  Zustande 
(etwa  aus  der  Flamme  des  Gasgebläses)  in  einzelnen 
Tropfen  auf  Thonteller  fallen  und  zerschneidet  die  so 
erhaltene  Folie,  wenn  es  nötig  sein  sollte.  Nach  be- 
endigter Einwirkung  kann  man  eB  aus  den  Lösungen 
dann  durch  Kohlensäure  ausfüllen.  Man  verwendet 
wasserige  und  alkoholische  Kalilauge.  NacbZAGOüMEBSV' 
eignet  sich  die  letztere  Form  speziell  für  die  Reduktiim 
von  aromatischen  Ketonen  zu  Alkoholen.  Benzopbenoü 
geht,  auf  diese  Art  behandelt,  z.  B.  in  Diphenylkarbinol 
über,  wahrend  es  mit  Essigsaure  und  Zink  Benzopinakon 
liefert. 

Aber  auch  in  saurer  Lösung,  die  jetzt  meist  eine 
alkoholische  ist,  findet  es  Verwendung.  Schon  GlBAKD* 
führte  auf  diesem  Wege  Schwefelkohlenstoff  CS,  in 
Trimethyleusulfid  (OHsS)a  über.  Jetzt  giebt  man  meist 
zu  der  betreffenden  Losung  das  Metall  und  setzt  von 
Zeit  zu  Zeit  Salzsäure  oder  Eisessig  zu.  Bischokf3  löst-e 
z.  B.  5  g  Orthonitrobeiizoylmalon säureester  in  50  g 
absolutem  Alkohol,  gab  in  die  erkaltete  Lösung  14-T  g 
gereinigte  Zinkblechschnitzel,  stellte  das  Ganze  in  Ei» 
und  leitete  nunmehr  einen  Strom  von  trockenem  soli- 
sauren  Gas  durch. 

Arbeitet  man  mit  Zink  in  essigsaurer  Lösung,  su 
bietet  das  den  Vorteil  vor  Anwendung  der  Mineralsäuren( 
dai'B  das  Metall  schliesslich  durch  Schwefelwasserstoff 
ausgefüllt  werden  kanu. 

Pebkin*  verwandte  zu  Reduktionen  Kupferzink  mid 
Eisessig.  Gladstojse  und  Tbibb5  erhielten  nach  folgendem 
Verfahren  über  99%  der  Theorie  an  Grubengas  aus  Jod- 
methyl.  Granuliertes  Zink  wird  etwa  viermal  mit  einer 
2%igen  Kupfersulfatlösung  übergössen  und  jedesmal  bis 
zur  Entfärbung  der  Lösung  in  ihr  gelassen.  Mit  dem 
gut    ausgewaschenen    und    mit  Alkohol    benetzten    vsr- 

1  Ann.  184.  175.  —  a  Ann.  100.  306.  -  J  Ann.  251.  305. 


Hedaktion.  445 

kupferten  Zink  wird  ein  600  ccm  fassender  Kolben  und 
ein  darauf  sitzendes,  36  cm  langes  und  3  cm  weites, 
Als  Kühlrohr  dienendes  Rohr  gefüllt.  Der  das  in 
geeigneter  Weise  verjüngte  Kühlrohr  mit  dem  Kolben 
▼erbindende  Stopfen  trägt  in  einer  zweiten  Durchbohrung 
einen  Tropftrichter,  durch  welchen  das,  mit  Alkohol 
genrichte  Jodmethyl  eingebracht  wird,  während  in  einem 
die  obere  Öffnung  des  aufsteigenden  Kühlers  abschliefsenden 
Stopfen  aufser  dem  Gasableitungsrohre  ein  zweiter  Tropf- 
trichter steckt,  durch  den  zuweilen  Alkohol  zur  Be- 
netzung des  Kupferzinks  nachgegeben  werden  kann. 
45  g  Jodmethyl  entwickelten  im  Laufe  von  noch  nicht 
lx/2  Stunden  7  1  Grubengas  aus  dem  Apparate.  Später 
hat  Weigth  empfohlen,  das  entweichende  Grubengas 
noch  nachträglich  wiederum  durch  Röhren  zu  leiten,  in 
denen  sich  mit  Alkohol  befeuchtetes  Kupferzink  befindet. 

Ausserordentlich  stark  reduzierende  Eigenschaften 
besitzt  der  Zinkstaub. 

Zerlegt  er  doch  sogar  Kreide  unter  Kohlenoxydgas- 
entwickelung  beim  Erhitzen  des  Gemisches  im  Ver- 
brennungsrohr quantitativ1   nach  der  Gleichung 

Zn  +  CaC08  =  ZnO  +  CaO  +  CO. 

Er  wird  bekanntlich  bei  der  Darstellung  des  Zinks 
im  grofsen  erhalten,  indem  sich  in  den  eisernen  Vor- 
lagen, in  welche  das  Zink  aus  Muffeln  oder  Röhren 
destilliert,  zuerst  eine  staubförmige  Masse,  eben  der  Zink- 
etaub, ansammelt,  der  ein  Gemenge  von  fein  verteiltem 
Zink  mit  10 — 20%  Zinkoxyd  ist  und  häufig  Cadmium 
enthält. 

Wir  verdanken  Baeyer  die  Einführung  dieses  wich- 
tigen Reduktionsmittels,  welches  speziell,  zur  Reduktion 
aromatischer  Verbindungen  verwendet,  diese  bis  zum  zu- 
gehörigen Kohlenwasserstoff  reduziert.  Mit  seiner  Hülfe 
reduzierten  Grabe  und  Liebermann2  das  Alizarin  zum 
Anthracen,  worauf  sie  dann  die  Darstellung  des  künst- 
lichen Krapprotes,  ausgehend  von  diesem  im  Teer 
reichlich  vorkommenden  Kohlenwasserstoffe,  durchführten. 


1  B.  19.  1141.  —  2  B.  1.  49. 


446  Reduktion. 

Destillationen  mit  Zinkstaub  führt  man  stets  mit 
einem  grofsen  Überschüsse  an  ihm  ans.  Am  besten 
destilliert  man  aus  E, obren  von  schwer  schmelzbarem 
Glase,  die  im  Verbrennungsofen  liegen,  unter  gleichzeitigem 
Durchleiten  von  Wasserstoff  oder  Kohlensaure  (?).  Sollte 
die  Einwirkung  gar  zu  heftig  sein,  so  mischt  man 
trockenen  Sand  zu. 

Mit  ihm  sind  auch  höchst  wertvolle  Übergänge  von 
stickstoffhaltigen  Körpern  mit  geraden  Kohlenstoffketten 
zu  stickstoffh  altigen  ring  förmigen  Atomkomp  lesen  durch- 
geführt worden.      So   liefert  nach  Bernthsen1  das  Inud 

CHB  —  CO. 
der  Bernsteinsäure     1  'NH  bei  der  Destillation 

CH2  —  CCK 

ch  =  caN 

mit  Zinkstaub  \  >NH  Pyrrol ,    und   als  im  An- 

CH  =  CH/ 
schlufs    daran    Leblanc"    das    Imid    der    Homophtalsunre. 
CHa  —CO, 

i\NH,    welches    sich    vom    ersteren    nur  w 
BH4  —  CO/ 
unterscheidet,    dafs    es    an  Stelle    einer  CHS- Gruppe  die 
Gruppe  C-H^  enthält,    mit  ihn   destillierte,  kam  er  zum 

CHi 

CH' 


(Jx 


Isochinolin. 


Zinkstaub  wirkt  selbst  bei  Kochen  mit  "Wasser  schon 
sehr  stark  reduzierend.  Miller  3  empfiehlt  deshalb 
seine  Verwendung  zur  Ausführung  von  Reduktionen, 
die  in  manchen  Fällen  ohne  Anwendung  von  Sauren 
ebensogut  wie  sonst  in  ihrer  Gegenwart  von  statten 
gehen,  und  in  diesem  Falle  ohne  Bildung  von  Zinksalzen 
verlaufen,  welche  die  Untersuchung  der  Reduktions- 
produkte erschweren  können.  Er  speziell  spaltete  Ajjo- 
j'arbstoffe    nach    diesem    Verfahren.     Diese    zerfallen   bei 


'  R  13.  1047.  —  *  B.  21. 


B.  13.  : 


dieser  Reaktion  unter  Wasserstoffa,uf nähme  an  der  doppelt 
gebundenen  Stick  stoffkette  und  liefern  die  Komponenten 
als  Amidoverbin düngen.  So  giebt  Chrysoidin  CeHÄN : 
N .  CjHj^H.Jj  bei  der  Reduktion  Anilin  und  Triami- 
dobenzol.     (Siebe  Tafels  Methode  S.  436.) 

Für  gewöhnlich  giebt  man  jedoch  Säuren  zu  und 
reduziert  in  Gegenwart  von  wasseriger  oder  alkoholischer 
Salzsaure.  Diese  Reduktionen  erfordern  oftmals  viel 
Zeit.  So  kochte  Schlieper1  das  «-Naphtindol  in  alko- 
holischer Lösnng  unter  zeitweisem  Zusatz  von  Zinkstaub 
und  Salzsäure,  bis  ein  in  die  Flüssigkeit  getauchter 
Fichtenspan  sich  nicht  mehr  blauviolett  flirbte.  Bei 
Anwendung  von  5  g  dauerte  es  12  bis  15  Stunden,  bis 
die  durch  diese  Reaktion  leicht  zu  verfolgende  Über- 
führung in  ß-Hydronaphtindol  beendet  war. 

Ganz  besondere  Vorzüge  besitzt  aber,  wie  aus  Krafittö  i 
Ausführungen  folgt.  der  Zinkstaub  fürReduktionswirkungeu 
in  Gegenwart  von  Eisessig.  Dieses  bequem  zugängliche 
und  wirksame  Wasserstoffgemisch  halt  die  organische 
Substanz  meist  leicht  in  Losung,  verzehrt  sich  nicht 
rasch,  selbst  bei  andauernder  Verwendung  in  der  Hitze, 
und  ist  vom  Hauptprodukt  ohne  besonderen  Verlust  an 
Zeit  und  Material  meist  leicht  zu  trennen.  Durch  die 
krystallisierbare  Säure  wird  das  Metall  in  Abwesenheit 
leicht  reduzierbnrer  Körper  auch  beim  Erwärmen  nur 
sehr  langsam  angegriffen,  und  es  büfst  die  Essigsäure 
ihre  Wirkungsweise  bis  zum  Ende  der  Operation  um  so 
weniger  ein,  als  das  entstehende  Zinksalz  sieb  zu  kom- 
pakten Krusten  vereinigt.  Deshalb  kann  auch  zuletzt 
das  lösliche  Endprodukt  durch  einfaches  Abgiefaen  der 
Eisessiglösung  und  Ausfallen  mit  Wasser,  falls  es  darin 
unlöslich,  in  wenigen  Augenblicken  isoliert  werden.  In 
Glasgefäfsen,  in  denen  eine  energische  Digestion  nicht 
möglich  ist,  wird  allerdings  ein  Teil  des  Zinkstaubes 
durch  das  sich  allmählich  absetzende  Zinksalz  umhüllt; 
allein,  wenn  man  das  Metallpulver  nicht  auf  einmal, 
sondern  nach  je  2  bis  3  Tagen  portionsweise  zufügt,   so 

1  Ann.  239.  237.  -  »  B.  16.  1715. 


448 


Reduktion. 


bietet  es  auch  ohne  Verwendung  beträchtlicher  31 
bis  zum  Schlüsse  eine  wirksame  Oberflaehe.  Es  w 
sich  übrigens  bei  Alkoholen  z.  B.,  die  nach  dieser 
Methode  aus  Aldehyden  reduziert  werden,  wie  es  Kkaffi 
gethan,  sofort  deren  Essigester  bilden. 

Die  Schwierigkeiten,  auf  welche  Tiemann1  bei  Ver- 
suchen stiefs,  den  Glukulerulaaldehyd  durch  Einwirkung 
von  Wasser  und  Nati'iumanaalgam  iu  eiu  wohl  charakteri- 
siertes Alkoholglukosid  überzuführen ,  veranlafste  ihn, 
Zinkstaub  und  Eisessig  zur  Umwandlung  von  Aldehyden  in 
Alkohole  auf  ihre  Verwendbarkeit  zu  prüfen.  Er  erhitzte  za 
dem  Zwecke  z.  B.  Benzaldehyd  mit  dieseu  beiden  Materialien 
l2Stundenam  Rückflufskühler  zum  gelinden  Sieden,  goü 
die  über  dem  uu  angegriffenen  Zinkstaub  und  ausge- 
schiedenen Ziakueetfit  stehende  Flüssigkeit  in  Wasser,  nen- 
tralisierte  die  saure  Lösung  mit  Soda  oder  Kreide  und  nahm 
das  Reaktionsprodukt  in  Äther  auf.  Es  erwies  sich  oi> 
Benzylacetat,  der  entstandene  Alkohol  wurde  also  Mglnä 
in  acetyliertem    Zustande  erhalten. 

OcHt,COH  +  CH,.COOH+H,  =C,Hj.CH,.0OC,CH,  +  H.C>. 

Bei  Oxyhenazidehvd  a  führt  diese  Reaktion  aber  schon 
zu  komplizierten  Produkten. 

Verdünnte  Essigsäure  ist  natürlich  auch  sehr  verwend- 
bar, namentlich,  wenn  der  zu  reduziereude  Körper  in 
Eisessig  unlöslich  ist. 

Fischer  und  Tafel3  fanden,  dafs  ein« 
wasserige  Lösung  von  «-Akroson  durch  Zinkstaub  ud 
Essigsäure  auf  dem  Wasserbade  in  einer  Stunde  vüllis 
reduziert  ist.  Die  filtrierte  Flüssigkeit  fällten  sie  mit 
Schwefelwasserstoff",  und  das  Filtrat  hiervon  verdampften 
sie  im  Vacuurn  auf  dem  Wasserbade.  Den  Rückstand 
nahmen  sie  in  absolutem  Alkohol  auf,  filtrierten  wiefei 
worauf  auf  Ätherzusatz  die  ß-Akrose  ausfiel.  Sie 
bekanntlich  der  erste  synthetisch  dargestellte  Zu< 
gart  wie  der  natürliche  mit  Hefe,   ist  aber    optisch  inal 

Fischer  undBEpp4  reduzierten  Anilidonaphtochiumi- 
anil  mit  Zinkstaub  in  einer  mit  Schwefelsäure  versetzten 

.  —  s  B.  94.  3170.  —  •  B.  22.  99.   —   '  /;    *_'!    SM 


KHK 

I 


Reduktion.  449 

Eisessiglösung  (15  g  Substanz,  200  g  Eisessig,  50  g 
Schwefelsäure  mit  50  ccm  "Wasser  verdünnt,  und  70  Teile 
Zinkstaub),  und  erhielten  Anilin  und  Naphtalin  als 
Spaltungsprodukte. 

-  v.  Pechmaxs1  erreichte  durch  Kochen  von  Formazyl- 
wasserstoffmit  Essigsäureanhydrid- undZinkstaub,dafs  dieser 
Körper  Wasserstoff  addierte  und  sich  gleichzeitig  acetylierte. 

Zinkstaub  dient  auch  zur  Ausführung  von  Reduktionen 
in  alkalischen  Lösungen. 

Man  kocht  ammouiakatische  Lösungen  mit  dem  Metall- 
pulver am  Rückflul'skühler  und  benutzt  sowohl  wässeriges 
■wie  alkoholisches  Ammoniak,  welches  letztere  aus  etwa 
60%igem  Alkohol  bereitet  wird. 

Wohmax*  löste  z.  B.  eine  Diazoverbindung  in  10  bis 
15%igem  Ammoniak  und  setzte  Zinkstaub  in  kleinen 
Mengen  zu,  wobei  sich  die  Lösung  schwach  erwärmte. 
Sobald  dies  nicht  mehr  eintrat,  wurde  die  ammoniakalische 
Lösung  an  der  Pumpe  abgesogen  und  aus  ihr  die 
Hydraziubase  mittelst  Äther  extrahiert. 

Elbs3  fandzur  Reduktion  des  m-Dimethylanthrachinons 
nur  folgendes  Verfahren  zweckmäfsig:  Je  5  g  desselben 
wurden,  fein  gepulvert,  mit  30  g  Zinks  taub  gut  gemischt 
und  mit  200  ccm  konzentriertem  wässerigen  Ammoniak 
und  5  ccm  einer  Lösung  von  basischem  Kupferkarbonat 
iu  Ammoniak  übergössen.  Unter  häufigem  Umschütteln 
wird  anfangs  gelinde  erwärmt,  schliefslich  6  Stunden 
gekocht  unter  erneuter  öfterer  Zugabe  einiger  Kubikcenti- 
meter  Ammoniak,  das  etwas  Kupferkarbonat  gelöst  enthält. 
Nach  dem  Erkalten  wird  filtriert,  das  Filtrat  zur 
Trockene  gedampft,  und  der  Rückstand  mit  Alkohol 
extrahiert,  in  den  der  auf  diesem  Wege  erhaltene  Kohlen- 
wasserstoff in  einer  Ausbeute  von  20— 25%  übergeht. 

Bei  längerer  Dauer  des  Kochens  giebt  man  also  von 
Zeit  zu  Zeit  etwas  frisches  Ammoniak  zu.  Doch  verläuft 
die  Reaktion  nicht  immer  glatt,    so   erhielt  Lautebaoh,* 

3.  —  '  J.  pr.  Ck  149.  15. 


450  Itedukt.ii.ri. 

als  er  freie  Binitronaphtolsulfosäure  in  1,5  1 
löste,  dann  Zinkstaub  und  nach  kurzem  Stehen  Amme 
zufügte,  eine  blutrote  Lösung,  aus  welcher  sich  stat 
Reduktionsproduktes  Krystalle  von  der  Formel  C, 
Nn0lsS2  abschieden. 

Zinkstaub  und  Natron-  oder  Kalilauge  werden  el 
falls  häufig  verwendet. 

Messinqer  *    benutzte    die    Mischung    auch,    um 
Gemenge   von  Mono-  und  Dijodthinxen   zu    Thioxeu 
reduzieren.      Ursprünglich    hatte    er    die    .Reduktion 
alkoholischer    Lösung    mit    Natrium    ausgeführt.     Di 
Reduktions  verfahren  besnfs  in  diesem  Falle  mannigfs 
Mangel.     Es    konnten    höchstens    20  g  Jodprodukt 
einmal  verarbeitet  werden;  dann  erforderte   die  Real 
stets    sehr    lange   Zeit,    während    welcher  das    Gen» 
fortwährend    geschüttelt    werden     mufste.       Ferner    » 
rlüohtigte     sich     durch     die     langwäbxende    Wasseretoll' 
entwickelung  ziemlich  viel  Thioxen.     Endlich  gelingt * 
niemals    den   Jodkörper    völlig    zu    reduzieren,   weähalt 
schliefslich    noch    eine    ziemlich   umständliche    Trennung 
des  Thioxens  von  den  Jodthioxenen  notwendig  ist. 

All»  diese  Ubelstände  waren  vermieden,  als  er  a 
Stelle  von  Natrium  Zinkstaub  und  alkoholische  NattW 
lauge  als  Reduktionsmittel  verwendete.  Um  100  g  JA 
produkt  zu  reduzieren,  wendet  man  eine  Lösung  MB 
100  g  Ätznatron  in  400  g  Alkohol,  sowie  150  g  Zinkstwl' 
an,  In  der  kalten  Natronlauge  wird  das  Jodprodoii 
aufgelöst,  dann  der  Zinkstaub  eingetragen,  und  nun  & 
Mischung  eine  Stunde  lang  unter  Rückflufs  auf 
Wasserbade  erhitzt,  nach  welcher  Zeit  die  Redi 
vollständig  durchgeführt  ist.  Das  Thioxen  samt 
Alkohol  werden  alsdann  durch  Wasserdani]  ; 

Baksilowsky*  erhielt  das  Metaazotoluol 

»u«^    N—  N  "lj«tl4 
aus  dem  Metanitrotoluol  mit  Leichtigkeit  durch  getimi 


*  Ann.  207.  115. 


Reduktion.  451 

Erwärmen  des  letzteren  mit  Zinkstaub  und  alkoholischem 
Kali  und  nauhherige  Extraktion    mit  Äther. 

Ladenborg1  empfiehlt  bei  derartigen  Reduktionen 
dem  Zinkstaub  eine  kleine  Menge  Eisenfeile  zuzusetzen, 
doch  wird  wohl  die  Zugabe  von  ammoniak alischer  Knp Ver- 
losung, indem  sie  die  Entstehung  des  recht  wirksamen 
Kupferzinks  veranlagst,  sich  ebensogut  bewähren. 

Er  führte  die  Reduktion  der  Chlortropasäure,  die 
mittelst  Natriumamalgam  durchaus  nicht  gelingen  wollte, 
zur  Tropasäiire  leicht  und  glatt  durch,  indem  er  die 
erstere  nach  und  nach  in  die  zehnfache  Menge  konzen- 
trierter Kalilauge  eintrug  und  zu  der  Liisung  Zinkstnub 
und  eine  kleine  Menge  Eisenfeile  setzte.  Um  vollständige 
Reduktion  herbeizuführen,  liel's  er  das  Reaktionsgemisch 
48  Stunden  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  Wirksamkeit, 
und  gab  während  dieser  Zeit  noch  mehrmals  kleine 
Mengen  Zink  und  Eisen  zu,  so  dafs  stets  Wasserstoff- 
entwickelung sichtbar  war.  Dann  wurde  mit  Wasser 
verdünnt,  vom  überschüssigen  Metall  abfiltriert,  mit 
Salzsäure  übersättigt  und  das  Zink  durch  kohlensaures 
Natrium  ausgefällt.  Schüttelt  man  schliefsüch  das  Filtrat 
nach  dem  Ansäuern  mit  Äther  aus,  so  geht  in  diesen 
die  Tropasäure  über. 

Bamberger  und  Berle3  versuchten  vergeblich  Car- 
vakrol,  welches  sie  in  schmelzendem  Ätzkali  bei  einer 
Temperatur  von  180 — 220°  lösten,  durch  Zinkstaub  zu 
reduzieren. 

Von  Dechesd3  rührt  das  Verfahren  zur  Reduktion  von 
Nitroverbindungen  mittelst  Zinkstnub  und  Eisen  oder  ohne 
letzteres  unter  Anwendung    wässeriger  Salzlosungen    her. 

Man  erhitzt  z.  B.  100  Teile  Nitrobenzol  auf  130° 
und  trägt  unter  Umrühren  eine  Mischung  von  100  Teilen 
einer  wässerigen,  bei  103°  siedenden  Lösung  von  Calcium- 
chlorid  und  100  Teilen  Zinkstaub  ein.  i  Die  Reaktion 
tritt  sofort  ein.  Zur  Gewinnung  der  Reduktionsprodukte 
entzieht  man  sie  dem  Zinkoxyd  durch  Alkohol,  Benzol  etc. 
Man  kommt  so  zu  Azoxybeuzol,  Azoxynaphtalin  u.  s.  w. 

1  Ann.  217.  11.  —  *  B.  24.  3208.  —  ■  D.  B.-P.  43330. 


töa 


Redaktion 


Wie  Calciunichlorid  wirken  auch  Nalriunichlori'l,  Ruin 
karbonat,  Kaliumacetat  u.  a.  dl 

Weit  häufiger  als  das  Ziuk  wird  das  Zins 
Reduktionen  verwendet,  zu  denen  es  ebenfalls  in  sa 
und  alkalischen  Flüssigkeiten  dienen  kann. 

Man  verwendet  das  Zinn  iu  Form  von  Gram 
oder  als  Zinnfolie.1  Nach  Treadwbll*  granuliert 
Zinn,  indem  man  es  bei  njöglichst  niedriger  Tempel 
schmilzt  und  durch  ein  Sieb  (ein  Eisenblech  mit 
Löchern),  das  dicht  über  kaltes  Wasser  gehalten 
giefst.  Man  erhält  so  massive  birnförmige  gleich 
Körner  von  halber  Erbsengnifse.  Als  Säure  dient 
wohnlich  Salzsäure  (selten  Brom  wasserstoffsäure), 
diese  nach  dem  Entzinnen  mit  Schwefelwasserstoff  di 
Abdampfen  auf  dem  Wasserbade  entfernt  werden 
auf  diese  Art  das  reduzierende  Agens  also  leicht 
von  dem  Ausgangsmaterial  zu  trennen  ist.  Das  V< 
rührt  von  Beilstgin*  her. 

Reduktionen  nach  dieser  Methode  erfordern  hl 
namentlich  in  der  Kälte,  sehr  viel  Zeit.  So  liefs  L( 
Stilpetersiiureester  14  Tage  mit  dem  Gemisch  stehen, 
d  i  glichst  grofse  Mengen  von  ihm  in  Hydroxyl 
überzuführen.  Andererseits  kann  die  Einwirkua;;  *> 
heftig  sein,  dafs  man  zu  ihrer  Mäfsigung  so  verfatra 
muls,  dafs  man  dem  eventuell  zum  Kochen  erhitzt» 
Keduktionsge misch  —  die  Salzsäure  wird  im  allgemein» 
recht  stark  genommen  —  die  zu  reduzierende  Substanz  nm 
in  kleinen  Portionen  zusetzt  oder  langsam  zutropfen  läßt 
Ans  den  stark  sauren  Lösungen  wird  selbst  i" 
bedeutender  Verdünnung  das  Zinn  durch  Schwefel*«*!' 
Stoff  nur  sehr  unvollkommen  gefällt.  Da  das  in  &' 
Kälte  ausfallende  Schwefelzinn  sich  kaum  abfiltr:^' 
läfst,  ist,  wenn  irgend  möglich,  die  Fällung  in  der  eWR 
erwärmten  Flüssigkeit  vorzunehmen.  Das  Filtvat  «Ö 
man  meist  zur  Verjagung  der  freien  Salzsäure  abdampfe"' 
was  anfangs  recht  gut  auf  freiem  Feuer  geschehen  hna 

1  B.  23.  1626.  —  *  B.  25.  2381.  —  '  Ann.  130.  243. 
'  Ann.   Suppl.  6,  221.  —  s  B.  12.  2039. 


Keduktion. 


Auf  wiederholtes  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  fällt 
dann  wieder  Schwefelzinn.  Das  Filtrat  wird  wiederum 
eingedampft  und  nochmals  auf  seiuen  Zinngehalt  geprüft, 
worauf,  wenn  nötig,  eine  nochmalige  Fällung  vorgenommen 
wird.  Beim  Eindampfen  pflegt  schliefslich  das  salzsaure 
Salz  der  betreffenden  Base  herauszukristallisieren,  weil 
diese  Salze  meist  in  den  stark  salzsauren  Mutterlangen 
so  gut  wie  unlöslich  sind. 

Diese  Eigenschaft  kann  man  unter  Umgehung  der 
Zinnausfälluug  sogar  zur  direkten  Ausfallung  mancher 
Basen  verwenden.  So  erhält  man  nach  Seidel1  salzsaurea 
Amidonaphtol  am  besten  folgender  Art:  1  kg  Benzol- 
sulfosäureazonaphtolkalium 


(unter  dem  Namen  Orange  I  als  Farbstoff  im  Handel) 
wird  in  5  I  Wasser  eingerührt  und  durch  Einleiten  von 
Dampf  in  Lösung  gebracht.  Diese  siedend  heiise  Lösung 
wird  auf  einmal  in  eine  warme  Lösung  der  gerade 
genügenden  Menge  Zinnchlorür  in  5  1  konzentrierter 
Salzsäure  vom  spez.  Gew.  1,19  eingegossen.  Nach  der 
augenblicklich  erfolgten  Eeduktion  lsfst  man  noch  2  1 
kalte  konzentrierte  Salzsäure  einniefsen.  Hierdurch 
ssheidet  sich  fast  alles  salzsaure  Amidonaphtol  absolut 
frei  von  Zinn  und  Sulfanilsfture  aus.  Diese  letztere 
bildet  nämlich  mit  Salzsäure  ein  leicht  lösliches  Salz. 
Sobald  die  Flüssigkeit  auf  40—50°  abgekühlt  ist,  filtriert 
man  und  wäscht  noch  mit  verdünnter  Salzsäure  aus. 
Ausbeute  360  g. 

HDbner3  verfuhr  zur  Gewinnung  des  -Reduktions- 
produktes folgender mafsen : 

10  g  Benzorthonitruanilid  wurden  mit  der  nötigen 
Menge  feingekörnten  Zinns  (1  Mol.  Anilid  auf  3  Atome 
Zinn)  gemischt,  das  Gemisch  mit  starker  roher  Salzsäure 
zn  einem  dünnen  Brei  angerührt  und  in  einem  Kolben 
so  lange  schwach  erhitzt,  bis  das  Anilid  ganz  in  Lösung 
gegangen  war.     Da  auch  Zinnchlorür  mit  Salzsäure  unter 

1  B.  25.  423  n.  976.  —  !  Ann,  208.  304. 


454  Reduktion. 

diesen  Verhältnissen  Wasserstoff  abgieht,  so  bleibt  meist 
etwas  Zinn  ungelöst,  von  dem  man  die  Flüssigkeit 
abgiefst.  Ihren  eingetrockneten  Rückstand  rührte  er  mit 
etwas  gesättigter  Ammoniaklosung  an  und  erwärmte  ihn  mit 
schwefelhaltigem  Schwefelammorj,  welches  das  Schwefel- 
zinn löst.  Er  verwendete  anfangs  sehr  wenig  von  letzterem 
und  fügte  dann  noch  so  lange  kleine  Mengen  desselben 
hinzu,  bis  sich  die  feste  Masse  nicht  mehr  zu  vermindern 
schien.  Ungelöst  bleibt  nur  das  Reduktionsprodukt,  das 
man  abfiltriert  und  gut  mit  Wasser  wäscht.  Es  ist  wohl 
überflüssig  zu  bemerken,  dafs  diese  Methode  nur  für  tu 
Wasser  unlösliche  basische  Körner  verwendet  werden  kann. 

Wasserunlösliche  Basen  kann  man  auch  so  gewinnen, 
dafs  man  die  Lösung  mit  Natronlauge  übersättigt,  worauf 
die  Base  ausfällt,  die  von  den  anhängenden  Verun- 
reinigungen durch  Umkrystallisiereu  befreit  wird.1  Hierbei 
ist  es  nicht  nötig  Zinn  und  Salzsäure  vorher  zu  entfernen, 
da  das  ausfallende  Zinnhydroxyd  sich  in  überschüssiger 
Natronlauge  löst,  und  die  Säure  ja  abgestumpft  wird. 
Mit  Wasserdämpfen  flüchtige  Basen  blast  man  am  besten, 
nachdem  das  Beduktionsgemisch  alkalisch  gemacht  iü, 
mit  AVasserdampf  ab. 

Viele  Lösungen  der  reduzierten  Körper  zeigen  speziell 
nach  Entfernen  des  letzten  Anteiles  Zinn  durch  Schwefel- 
wasserstoff beim  Eindampfen  die  unangenehmeEigenschaft, 
sich  dunkel  zu  färben.  Da  dies  meist  auf  eine  Oxydation 
durch  den  Luftsauerstoff  zurückzuführen  ist,  so  muß 
man  sie,  um  das  zu  verhindern,  entweder  in  einem  mit 
Bl'NSESschem  Ventil  versehenen  Kolben  eindampfen,  oder 
während  des  Eindampfens  für  reduzierende  Mittel  sorgen, 
etwa  Schwefelwasserstoff  durchleiten,  oder  schweflige 
Säure  resp.  hydroschwefligsaures  Natrium  zusetzen;  auch 
giebt  man  wohl  wieder  einen  Tropfen  Zinnchlortir- 
lösung  zu.3 

Verträgt  eine  Base  nach  dem  Eotzinnen  das  Ein- 
dampfen in  Gegenwart  der  starken  Salzsäure  nicht,  » 
mufs  man  sie  durch  Fällung,  etwa  durch  Natriumkarbouat 

1  Z.  B.  B.  15.  1920  u.  B.  20.  1878.  —  »  B.  20.  1148. 


Reduktion.  455 

oder  durch  Ausschütteln1  der  mit  diesem  zur  Vermeidung 
ätzenden  Alkalis  alkalisch  gemachten  Lösung  zu  gewinnen 
suchen. 

Auch  verfahrt  man  wohl  so,  dafs  man  die  resultierende 
Flüssigkeit  durch  Schütteln  mit  Bleioxydhydrat  (siehe 
Seite  398)  oder  feuchtem  Silberoxyd  nach  dem  Entzinnen 
von  Salzsäure  befreit,  und  das  bei  dieser  Behandlung  in 
Lösung  gegangene  Metall  durch  Schwefelwasserstoff  wieder 
fortnimmt.  Es  sei  bei  der  Gelegenheit  bemerkt,  dafs 
Chlorsilber  in  sehr  konzentrierter  Salzsäure  sich  leicht 
löst,  waa  zu  beachten  ist. 

Wie  HliASrwBTE  und  Habehmann*  fanden,  ist  auch 
Kupferoxydul  zur  Fortnahme  des  größten  Teiles 
von  in  Lösungen  vorhandener  Salzsäure  brauchbar. 
Sie  brachten  die  auf  50°  erwärmte  saure  Flüssigkeit 
in  eine  Flasche  und  trugen  unter  Umsohütteln  den 
Kupferoxydul  schlämm8  so  lange  ein,  bis  sich  ein  lieber- 
schufs  desselben  durch  die  rötliche  Farbe  des  heim 
Schütteln  entstehenden  Schaumes  zu  erkennen  gab.  Die 
über  dem  Niederschlag  stehende  Flüssigkeit  ist  vom 
gelösten  Kupfer  lichtblau  gefärbt,  also  waa  zu  beachten, 
noch  keineswegs  ganz  salz  säure  frei.  Man  filtriert,  wäscht, 
fällt  das  Kupfer  mit  Schwefelwasserstoff,  dampft  etwas 
ein  uud  entfernt  den  Rest  der  Salzsäure  schliefslich  durch 
Silberoxyd. 

Ist  das  salzsaure  Salz  wohl  beständig,  aber  die  Base 
selbst  sehr  empfindlich,  so  verfährt  man  auch  etwa  in 
der  Art,  wie  es  Pükail*  mit  dem  Orthoamidodiäthyl- 
resorcin  gethaD.  Zur  Abscheidung  dieser  in  feuchtem 
Zustande  äufserst  leicht  veränderlichen  freien  Base  sättigte 
er  die  Lösung  ihres  reinen  Salzsäuren  Salzes  mit  Sehwefel- 


1  B.  25.  860.  —  *  Am.  169.  155. 

8  Anmerkung.  Solches  Kupferoxydul  stellt  man  wohl  am 
bequemsten  nach  Mitscherucfi  (J.pr.  Gh.  19.  450.)  dar;  indem  man 
eine  wässerige  Lösung  von  1  Teil  Kupfersulfat  und  1  Teil  Trauben- 
zucker mit  so  viel  Ätznatron  rersetlt,  dafs  sich  das  gefällte  Kupfer 
oxj'dbydrat  wieder  löst,  worauf  man  die  Flüssigkeit  erwärmt. 
Das   Oxydul  fällt  frei  von  Hvdrat  als  1  unbeständiges  Pulver  aus. 

*  B.  20   1148. 


456 


Reduktion. 


Wasserstoff  und  fällte  sie  alsdann  mit  Kalkwasser  nder 
kohlensaurem  Natrium.  Die  abgeschiedenen  Krystall- 
blattchen  wurden  mit  Schwefel  wasserst  offw  asser  gewasehaQ 
und  an  einem  vor  Luftzug  geschützten  Orte  getrocknet; 
dieses  letztere  geschähe  wohl  besser  in  einer  in diffe reuten 
Atmosphäre. 

Es  ist  eine  längst  bekannte  Thatsache,  dais  bei  der 
Behandlung  von  Nitroverbindungen  mit  Zinn  und  Salz- 
säure, —  wie  beim  Zink,  —  unter  Umstanden  gechlorte 
Amido  Verbindungen  erhalten  werden  können.  Will  man 
deren  Entstehung  sicher  vermeiden,  so  reduziert  man 
mit  Zinn  und  Essigsäure.  Fittig1  teilt  z.  B.  mit,  dals 
bei  der  Reduktion  von  Parabrommtrobenzol  auf  diesem 
Wege  sich  neben  Bromanilin  regelmässig  Chlorbromanüin 
bildet,  und  Kocks  erhielt  aus  70  g  Nitrobenzol  bei  der 
Reduktion  mit  Zink  und  Salzsäure  29  g  Anilin  tiud 
17.5  g  reines  Parachloranilin. 

v.  Miller  und  Rohde3  reduzierten  25  g  Paranitro- 
hydrozimmtsäure,  indem  sie  sie  mit  165  g  Bromwasser- 
stoff (spez.  Gew.  1.49)  und  45  g  Zinn  bei  gelinder 
Temperatur  behandelten- 

Aufser  in  wässeriger  reduziert  man  mit  Zinn  und 
Salzsäure  auch  in  alkoholischer  Lösung.  Friedländer 
und  Weinberg^  behandelten  zur  Darstellung  des  Ortho- 
amidozimmtsäureesters  den  Nitro ester  in  alkoholisehar 
Lösung  heifs  mit  Zinn  und  Salzsäure,  bis  nach  Been- 
digung der  sehr  lebhaften  Reaktion  auf  Wasserzuaatz 
keine  Trübung  mehr  entstand.  Nach  Entfernung  des 
Zinns  durch  Schwefelwasserstoff  fällt  auf  Zusatz  von 
essigsaurem  Natrium  der  Amidoester  in  hellgelben  Nadeln. 
(Siehe  S.  69.)  Die  Reaktion  verläuft  bei  Anwendung  von 
10  bis  20  g  quantitativ. 

Von  Fkiedländer  nnd  Mahlt5  rührt  auch  die 
indung  ätherischer  Lösungen  her. 

Die  Reduktion   des  Dinitrozimmtsäureesters   erfon 
wegen     der     leichten     Zersetzbarkeit     der     Verbindi 


1  B.  23.  1891. 


Reduktion.  457 

besondere  Vorsicht.  Alkalische  Reduktionsmittel  sind 
ausgeschlossen,  und  bei  Anwendung  saurer  wird  ein  Teil 
des  Stickstoffes  leicht  als  Ammoniak  unter  Bildung  leicht 
löslicher  Oxysäuren  abgespalten.  Um  jede  heftige 
Reaktion  zu  vermeiden,  wurde  deshalb  Dinitrozimmt- 
Säureester  in  Portionen  von  10  bis  20  g  in  Äther  gelöst, 
mit  konzentrierter  Salzsäure  und  überschüssigem  granu- 
lierten Zinn  versetzt  und  in  der  Kälte  12  Stunden  sich 
selbst  überlassen.  Nach  vollendeter  Reaktion  wurde  die 
hellgelbe  Lösung  mit  Wasser  verdünnt,  vom  Äther  und 
Zinn  (durch  HgS)  befreit  und,  nach  vorherigem  Abstumpfen 
der  Salzsäure  durch  Soda,  konzentriert.  Schliefslich 
wurde  durch  Extraktion  der  mit  Salzsäure  zur  Trockne 
gedampften  Lösung  mit  Alkohol  die  Diamidohydrozimmt- 
säure  gewonnen. 

Hinsichtlich  der  Regel,  dafs  bei  Reduktion  von  Nitro- 
verbindungen mit  Zinn  und  Salzsäure  aus  jeder  Nitro- 
gruppe  eine  Amidogruppe  wird,  ist  zu  bemerken,  dafs 
sie  sicher  nur  zu  gelten  scheint,  solange  an  einem 
Kohlenstoffatom  nicht  mehr  als  eine  Nitrogruppe  sich 
befindet. 

Viktor  Meyer  und  Locher1  haben  nämlich  gefunden, 
dafs  Dinitropropan  beim  Behandeln  mit  Zinn  und  ver- 
dünnter Salzsäure  nicht  das  erwartete  Reduktionsprodukt, 
sondern  Aceton  und  Hydroxylamin  liefert.  Die  Um- 
setzung verläuft  nach  der  Gleichung 

CH  CH 

8NC(N08)8  +  H8  =      3NC0  +  2NH80+ HsO, 
CH/  CH,/ 

und  Äthylnitrolsäure  lieferte  unter  diesen  Bedingungen 
(aber  nicht  mit  Natriumamalgam)  Hydroxylamin  und 
Essigsäure 

OH8  CH8 

|  JS  .  OH  |  jQ 

Cf  +  H4  +  H20  =  C  f      +  2NH80, 

xNOo  X>H 


1  B.  8.  215. 


458 


Redaktion. 


SCÜUSSlg 

durch  1 
Gehalt 

1  AM 


Auch  Kachleb1  erhielt  bei  der  Reduktion  der  Dun- 
troheptyl  säure  mit  Zinn   und    Salzsäure  Methylisopropyl- 
keton,  Ammoniak,  Hydroxylamin  und  Kohlensäure. 
C^H^Oe-l-ö^^C.H^O  +  NH^  +  NH.O  +  COj+SH^O 

Wie  Eoffmaks  und  Meter  *  mitteilen,  können  bei 
diesen  Reduktionen  sehr  merkwürdige  Zwischenprodukte, 
die  aufser  ordentlich  schwer  zu  fassen  siud,  auftreten.  Sc 
liefert  Nitromethan  erst  Methylbydroxylauiiii,  welches 
dann  weiter  in  Methylamin  übergeht. 

AI      H,  ,R 

CH..&Y      +       =H,0  +  CH,.N<: 

x0      B,  xOH 

Xitroniriliiiii  MelfaylhydrDxj-litniiu. 

CH,.N<5H+Ht  =  Hl0  +  CH,.K<| 


Viele  Reaktionen  gehen  weit  glatter  als  mit  Zinn 
und    Salzsäure    mit    saurer   Zinnchlorürlösung    vor   BicL 

Diese  Beobachtung  rührt  von  Spiecelberg3  her.  Er 
verfuhr  so,  dals  zur  klaren  sauren  Zinnchlorürlösung,  di« 
etwa  150  g  Zinn  im  Liter  enthält,  die  zu  reduzierende 
Nitroverbindung  gesetzt  wurde.  In  der  Regel  tritt  schau, 
ohne  dafs  Erwärmen  nötig,  beim  Umschütteln  die 
Reaktion  ein,  die  bei  Anwendung  einigermafsen  bedeu- 
tender Quantitäten  bis  zum  Aufkochen  und  Überschäumen 
der  Mischung  sich  steigern  kann. 

Die  Leichtigkeit,  mit  welcher  diese  Reaktion  vor  sich 
geht,  veranlafste  Limfricht  zu  versuchen,  ob  sie  sich 
nicht  zur  quantitativen  Bestimmung  der  NOg-Gruppe  b 
den  organischen  Verbindungen  verwenden  lasse.  Die 
Umwandlung  erfolgt  im  Sinne  der  Gleichung 

—  NO,  +  SnCl,  +  6HC1  =  —  NBS  +  3SnClt  +  2H,0, 
und  wirklich  lflfst  sich  aus  der  nicht  verbrauchten   über- 
schüssig    zugesetzten     Zinnchlorürlösung,    deren     Menge 
durch  Titrieren  leicht  und  scharf  zu    bestimmen  ist,  der 
Gehalt  an  NOs  in  der  Nitroverbindung  berechnen.     Mit 


Reduktion.  459 

flüchtigen  Nitrokörpern  arbeitet  man  im  Einschlufs- 
rohr  bei  "Wasserbadtemperatur.1 

Im  allgemeinen  hat  die  Erfahrung  gelehrt,  dafs  ein 
Verhältnis  von  40  g  Zmosalz  in  lOOccm  reiner  Salzsaure 
(spez.  Gew.  1,17)  mit  das  beste  für  die  Reduktions- 
flüssigkeit ist,  von  dem  im  Spezialfall  aber  auch  ab- 
gewichen wird.  So  giebt  Kern'  in  einem  auffallender- 
weise versagten  Reiehspatent  folgende  Vorschrift  für  die 
Reduktion  des  Foreblormerkaptans  CC13SC1  zu  Thio- 
phosgen  CSC1S: 

20  Teile  Perehiormerkaptau  werden  mit  einer  Lösung 
von  27  Teilen  kristallisiertem  Zinnsalz  in  10  Teilen 
Salzsäure  und  7  Teilen  Wasser  12  Stunden  unter  Luft- 
ab^chlufs  bei  30 — 35"  unter  kräftigem  Umrühren  di- 
geriert und  das  entstandene  CSCL  wird  hernach  ab- 
gehoben oder  direkt  ab  destilliert. 

Wer  einmal  Thiophosgen  nach  den  Angaben  von 
Rathke'  durch  Reduktion  von  Perchlormerkaptan  mit 
pulverfönnigem  Silber  —  alle  andern  von  ihm  versuchten 
Mittel  erwiesen  sich  als  noch  weniger  brauchbar  — 
dargestellt  hat,  wird  den  Fortachritt  ermessen  können, 
den  die  Kunst  des  Reduzierens  In  den  letzten  18  Jahren 
gemacht  hat. 

Häufig  empfiehlt  es  sich,  der  sauren  Zinnchlorürlösung 
etwas  metallisches  Zinn  zuzusetzen. 

Zmnchlorür  ist  auch  eines  der  wenigen  Mitte!,  mit 
deren  Hülfe  man  nitrobenzylierte  Basen  zu  fal'sbaren 
Produkten  zu  reducieren  vermag;  so  erhielten  Lellmann 
•und  Mayer1  nach  vielen  vergeblichen  Versuchen  Ortho- 
diamidodibenzylamlin  CeHsN(CB4.C(!H4.;NHi)s,  als  sie 
3  g  sehr  fein  verriebenes  Üinitrodibenzylanilin  und  15  g 
Zinnchlorür  in  ein  Kölbchan  gaben,  und  unter  Kühlung 
mit  Eiswasser  Eisessig  und  schliefslich  allmählich  50  g 
konzentrierte  Salzsäure  zugaben.  Von  Eisessig  und  Salz- 
säure verwendeten  sie  ungefähr  gleiche  Volumina.  Unter 
wiederholtem  Umschütteln  und  fortgesetztem  Kühlen,  da 

1  B.  11.  40.  —  '  P.  Ä.  5430.  —  s  Ann.  167.  204. 


460  Reduktion. 

eine  plötzliche  Reaktion  vermieden  werden  müfs,  geht  die 
Umsetzung  langsam  vor  sich,  und  ist  beendet,  wenn  A  |g, 
keine  gelben  Partikelchen  des  Nitrokörpers  zwischen  den 
entstandenen  krystallisierten  Zinndoppelsalz  mehr  zeigen, 
was    mehrere   Stunden   Zeit    erfordert.     Zur  Isolierung 
der  Base  behandelten   sie  das  Zinndoppelsalz  mit 
schüssigem  Schwefelammonium,    und   krystallisierten 
Zurückbleibende  aus  Benzol  um.     (Siehe  Seite  454.) 

In  folgender  Art  verwendeten  es  Bbtjnneb  und  Wnr.1 
Orthodinitrodiamidodiphenyl  wurde  mit  der  zur  Reduktion 
nötigen  Menge  desselben  verrieben,  Salzsäure  zugesetzt, 
und  so  lange  auf  dem  Wasserbade  erwärmt,  bis  ans 
einer  Probe  beim  Verdünnen  mit  Wasser  nichts  meto 
ausfiel.  Das  gebildete  Zinnchlorid  wurde  hierauf  durch 
Zusatz  von  Zinn  und  weiteres  Erwärmen  wieder  reduziert, 
die  Flüssigkeit  stark  verdünnt  und  durch  Schwefel- 
wasserstoff entzinnt.  Sie  kamen  so  zum  Salzsäuren  Sab 
des  Tetraamidodiphenyls. 

Von  anderen  wird  jetzt  mit  Bücksicht  auf  die  nicht 
immer  tadellose  Beschaffenheit  des  Zinnchlorürs  des 
Handels  empfohlen,  sich  dessen  Lösung  selbst  zu  bereiten, 
und  zwar  200  g  Zinn  in  1  1  konzentrierter  Salzsäure  zn 
lösen  und  der  Flüssigkeit  einige  Kubikzentimeter  konzen- 
trierter Schwefelsäure  zuzufügen.  Nach  Grandmougd* 
und  Michel2  ist  es  gut  zum  Auflösen  des  Zinns*  nicht 
die  ganze  Salzsäuremenge  auf  einmal  zu  nehmen,  sondern 
zuerst  nur  V»  1;  wenn  sich  dann  die  Auflösung  d# 
Metalls  verlangsamt,  wird  wieder  Vs  1  zugegeben  und  se 
fort.  Zum  Schlufs  ist  der  Zusatz  einiger  Tropfen  Platin- 
chlorid  (Kupferchlorid)  vorteilhaft. 

Da  Zinnchlorür  auch  in  Alkohol  leicht  löslich, 
man  es  auch  in  alkoholischer  Salzsäure.  Und  eine  alko- 
holische Lösung  des  Salzes  erweist  sich  in  vielen  Fällen 
als  ein  ausgezeichnetes  Reduktionsmittel,  welches  nach 
V.  Meyer3  da  glatte  Reaktionen  liefert,  wo  alle 
anderen  Reduktionsmittel  entweder  wirkungslos  bleiben 
oder  unfafsbare  Produkte  geben. 

1  B.  20.  1025.  —  2  B.  25.  981.  —  3  Ann.  264.  131. 


Beduktion.  461 

Willgebodt  *  reduzierte  auf  diese  Art  w-Dinitro- 
izol  zu  s-m-Dinitroazoxybenzol 

OjN-H^.N  —  N  .C6H4.N0,. 

\}^ 

Claus*  mutete  Dinitrodibromcymol  mit  einer  alkoho- 
shen  salzsauren  Zinnchlorüriösung  14  Stunden  kochen, 
.  die  Beduktion  beendet  war.  Ja  Schulhöfeb  und 
steb8  fanden  in  der  Nitroindazolkarbonsäure  einen 
irper,  dessen  Nitrogruppe  sich  gegen  Reduktionsmittel, 
bst  gegen  die  alkoholische  Zinnchlorüriösung,  völlig 
derstandsfähig  erwies.  Der  Körper  addierte  beim 
ageren  Erwärmen  im  Wasserbade  mit  dieser  wahr- 
heinlich  nur  Wasserstoff. 

Mit  der  Lösung  ist  man  auch  ebensogut  wie  mit 
ahwefelammonium  im  stände,  von  mehreren  durch  sie 
Änderbaren  Nitrogruppen  eine,  ohne  dafs  die  anderen 
gegriffen  werden,  in  die  Amidogruppe  überzuführen. 
iAUtsrbach4  erwähnt  schon,  dals  bei  der  Reduktion  der 
•initronaphtolsulfosäure  mit  zinnchlorürhaltiger  Salzsäure 
ch  vorübergehend  Nitroamidosäure  bilde,  ohne  dafs  er 
e  als  solche  abgeschieden  hätte ,  und  Nietzky5  erhielt 
benfalls  mit  wässeriger  Lösung  aus  dem  nitranilsauren 
Valium  einen  Körper,  dem  er  die  Konstitution  eines  Nitro- 
midotetroxybenzols  C^OH^NH^NOg  zuteilt.  Eine  schritt- 
eifle  Amidierung  von  mehrfach  nitrierten  aromatischen 
ubstanzen  von  allgemeiner  Brauchbarkeit  ist  eben  nur 
litteist  alkoholischer  Lösungen  zu  erreichen.  An  schütz6 
erdanken  wir  die  Ausarbeitung  dieser  Methode. 

Läfst  man  z.  B.  unter  guter  Kühlung  und  lebhaftem 
chütteln  zu  einer  alkoholischen  Lösung  von  w-Dinitro- 
uizol  die  Auflösung  der  berechneten  Menge  Zinnchlorür 
1  mit  Salzsäure  gesättigtem  Alkohol  langsam  zu  tropfen, 
1  erhält  man  eine  Reaktionsflüssigkeit,  aus  der  sich 
toe  Schwierigkeit  Nitranilin  darstellen  läfst;  ebenso 
'rilält  sich  o^-Dinitrotoluol,  welches  o-Amido-^-nitro- 
'uol   liefert.      Das  o-Nitro-p-amidotoluol,   welches    sich 


1  B.  25.  608.  -  *  J.  pr.    Ch.   151.  565.  —  8  Ann.  264.  131. 
4  B.  14.  2029.  —  5  B.  16.  2094.  —  6  B.  19.  2161. 


462  Reduktion. 

ausschließlich  bei  der  Reduktion  mit  alkoholischem  |r- 
Schwefelammonium  in  der  Kälte  bildet,  war  in  dem  mit  1^ 
Zinnchlorür  erhaltenen  Reduktionsprodukt  nicht  auk-  ¥• 
finden.  Es  ergiebt  sich  also  die  interessante  Thatsache,  p 
daüs  durch  Zinnchlorür  in  alkoholischer  Salzsäure  gerade 
diejenige  Nitrogruppe  dieser  Substanz  reduziert  wild,  die 
das  alkoholische  Schwefelammonium  verschont. 

Claus,1  der  etwa  gleichzeitig  diese  Eigenschaft  der 
alkoholischen  Zinnchlorürlösungen  erkannte,  läfet  so  w 
fahren,  dafe  er  z.  B.  Dinitrochlorbenzol  in  absoluten 
Alkohol  löst,  konzentrierte  Salzsäure  zufügt,  und 
nach  und  nach  die  Flüssigkeit  zu  der  zur 
einer  Nitrogruppe  nötigen  Menge  von  ZinncMortr 
zuflieüsen  läJst. 

Man  reduziert  auch  mit  einem  Gemisch  von  1  Teil 
Eisessig  und  1  Teil  konzentrierter  Zinnchlorürlösung. 

Es  sei  hier  darin  erinnert,  dafs  ein  Zusatz  von  Zinn- 
chlorür sich  auch  bei  der  Zersetzung  von  -komplizierten 
Stoffen,  z.  B.  Proteinstoffen  *  mit  Salzsäure  oder  anderen 
nicht  oxydierenden  Säuren  bewährt,  und  das  zweck- 
mäßigste Mittel  zur  Vermeidung  der  Bildung  geftAter 
sekundärer  Produkte  ist,  sowie  dafs  in  seiner  Gegenwart 
solche  Zersetzungen  überhaupt  glatter  und  exakter  n 
verlaufen  pflegen. 

Alle  bisher  mitgeteilten  Verfahren  beziehen  sich  ad 
die  Anwendung  des  Zinns  in  sauren  Lösungen.  Ist  d» 
Gegenwart  eines  andern  Metalles  in  der  Lösung  wenig« 
störend,  bezw.  soll  das  Zinn  wegen  seines  immeAiß 
hohen  Wertes  als  solches  wiedergewonnen  werden, » 
giebt  man  in  die  betreffende  Flüssigkeit  Zinkbleet 
Schnitzel.  Das  auf  den  Zusatz  ausfallende  feine  Metall- 
pulver  eignet  sich  in  dieser  Form  besonders  gut 
fernere  Reduktionsv  ersuche. 3 

Das    Bestreben    des    Zinnchlorürs    ins  Chlorid 
zugehen,    hindert    aufserdem    durch    seine    ihm   infolge 
dessen    innewohnende   Reduktionswirkung    die    sofortig« 

1  B.  20.  1379.  —  *  Ann.  169.  151.  —  8  Ann.  247.  291. 


Keduktion.  463 

azotierung  der  erhaltenen  Lösungen  von  Amidokörpern, 
lirend  die  Gegenwart  von  Zinkchlorid  diese  in  keiner 
eise  beeinträchtigt.  Man  hat  es  also  dann  nicht  nötig, 
9  Metall  vor  der  Weiterverarbeitung  erst  ans  der  Lösung 
entfernen. 

Auch  in  alkalischen  Lösungen  wird  das  Zinn  viel  zu 
Auktionen  verwendet.  Als  erste  haben  diese  Methode 
Ittger  und  Petersen1  empfohlen.  Die  von  ihnen  für 
»  Reduktion  des  Dinitroanthrachinons  verwandte  alka- 
ohe  Auflösung  erhielten  sie  durch  Eintragen  von  fein 
Iverisiertem  Zinnchlorür  unter  starkem  Umrühren  in 
anlich  konzentrierte  Ätzkali-  oder  Itznatronlösung  bis 
r  eintretenden  Fällung  von  Zinnoxydulhydrat  und 
rauf  folgende  Filtration.  Mit  dieser  Lösung  kochten  sie 
»  Nitroverbindung  längere  Zeit. 

Von  großer  Wichtigkeit  ist  das  Verfahren,  seit  Witt2 
rauf  eine  Methode  begründet  hat,  welche  die  Darstellung 
n  Azokörpern  bezweckt.  Während  wir  für  die  Be- 
.tnng  hydroxylierter  und  amidierter  Azoverbindungen 
3  bequemen  und  quantitativ  verlaufenden  Methoden 
n  Q-biess  besitzen,  sind  wir  für  die  Darstellung  anderer 
zoverbindtmgen  fast  ausschließlich  auf  die  Reduktion 
r  entsprechenden  Nitrokörper  angewiesen.  Die  Zinin- 
be  Methode  der  alkoholischen  Kali-  oder  Natronlauge 
hrt  nur  in  vereinzelten  Fällen  zum  Ziele.  Die  Klinger- 
be  Reduktion  mit  Natrium  ist  nur  bei  in  Alkohol  lös- 
ten Nitroverbindungen  verwendbar.  Natriumamalgam 
Ire  besser  brauchbar,  wenn  es  nicht  so  schwer  hielte, 
m  Endpunkt  der  Reaktion  zu  treffen.  Auch  werden 
ukstaub  und  Natronlauge  oder  Zinkstaub  und  Calcium- 
iloridlösung  verwandt,  aber  die  Trennung  des  Azokörpers 
is  der  breiförmigen  Reaktionsmasse  ist  umständlich,  weil 
3  nur  durch  wiederholte  Extraktion  mit  Alkohol  mög- 
Jiiflt.  Ebenso  ist  die  WESELSKYsche  Methode:  Schmelzen 
r  Nitrophenole  mit  Kalihydrat  nur  für  eine  beschränkte 
ttahl  E^örper  verwendbar. 


1  /.  pr.  Ch.  112.  327.  -  2  B.  18.  2912. 


464  Reduktion. 

Witt  benutzt    nun    Zinnoxydulkali1    als   Reduktions- 
mittel.     Eine    der    umzuwandelnden  Menge  des  Nitro- 
körpers     äquivalente     Menge     Zinnchlorür    wird   abge- 
wogen,   in   Wasser    gelöst  und    in    überschüssige  fadte 
Kalilauge     eingetragen.       Die     entstehende    wasserhelle 
Lösung  läfst  man  alsdann  bei  der  Temperatur  des  Wasser- 
bades auf  den  Nitrokörper  einwirken.     Ist  derselbe  flüssig 
oder  leicht  schmelzbar,    so  genügt  es  ihn  mit  dem  Zinn- 
oxydulkali  zu  schütteln.      Ist  er  in  Alkohol  löslich,  » 
kann  man  seine  alkoholische  Lösung  eintragen  und  bekommt 
alsdann   durch  die  feine  Verteilung,    in   der  er  sich  ab- 
scheidet,   eine    ebenso    energische  wie  rasche  Reduktion. 
Handelt  es  sich  endlich  um  Nitrosulf önsäuren,  so  mischt 
man  die  wässerige  Lösung  ihrer  Salze   mit  dem  Reduk- 
tionsmittel. 

Bei  Nitrosulf  önsäuren  empfiehlt  es  sich  ganz  besonders 
mit  den  Kalium-  und  nicht  mit  den  Natriumsalzen,  und 
mit  Zinnoxydulkali  zu  arbeiten,  weil  die  Kaliumsal» 
der  entstehenden  Azosulfonsäuren  meist  schwerer  löslich 
sind  und  besser  krystallisieren  als  die  Natriumsalze. 

Gewöhnlich  krystallisiert  der  betreffende  Azoköip* 
beim  Erkalten  ohne  weiteres  aus.  Sollte  dies  nicht  der 
Fall  sein,  so  fällt  man  das  Zinn  durch  Einleiten  v« 
Kohlensäure,  verdampft  die  Lösung  zur  KrystallisatiöB 
und  trennt  eventuell  schliefslich  noch  den  Azokörper  vo» 
Kaliumkarbonat  durch  verdünnten  Alkohol. 

Friedländer2  empfiehlt  das  Zinnoxydulnatron  auA 
zur  Reduktion  der  Diazokörper  zu  Kohlenwasserstoffi»- 
Die  Methode  von  Griess  :  mit  Alkohol  zu  kochen,  vena# 
öfters,  z.  B.  beim  ^)-Diazoxylol,  und  die  FiscHBRsd» 
Methode:  Überführung  in  ein  Hydrazin  und  Oxydation 
des  letzteren  mit  Eisenchlorid,8  liefert  zwar  meistens 
bessere  Ausbeuten,  ist  aber  umständlich. 

Friedländer  vermeidet  diese  Übelstände,  indem  tf 
die  Reduktion  der  Diazoverbindungen  in  etwas  ander« 
Weise  unter  Ausschluß  von  Alkohol  ausfährt.  Die 
meisten  Diazoderivate  lösen  sich  nämlich  in  überschüssiger 

1  Prometheus.  2.  640.  —  2  B.  22.  587.  — -  3  B  23.  2672. 


Reduktion.  465 

ronlauge  in  der  Kälte  ohne  Zersetzung,  die  alkalische 
ang  ist  meist  ebenso  beständig  wie  die  saure.  Fügt 
i  ihr  aber  ein  alkalisches  Reduktionsmittel  zu,  so 
mit  schon  in  der  Kälte  eine  lebhafte  Stickstoffentwicke- 
',  und  an  die  Stelle  der  Diazogruppe  tritt  ein  Wasser- 
atom. Man  verfährt  beim  Anilin  beispielsweise  in 
ander  Art: 

Anilin  wird  in  Diazobenzolchlorid  übergeführt  und 
schwach  saure  nicht  zu  verdünnte  Lösung  (1  :  10  bis 
10)  in  überschüssige,  mit  Eis  versetzte  kalte  Natron- 
;e  eingetragen.  Setzt  man  jetzt  zu  der  klaren  alka- 
len  Lösung  eine  Auflösung  von  Zinnchlorür  in  Natron- 
s,  so  entwickelt  sich  schon  bei  gewöhnlicher  Tem- 
tur  reichlich  Stickstoff,  und  nach  beendigter  Zer- 
mg  schwimmt  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  eine 
cht  Benzol.  In  derselben  Weise  erhält  man  aus 
aphtylamin  direkt  Naphtalin,  aus  Sulfanilsäure  Benzol- 
Maure.  Die  Umsetzung  dürfte  vornehmlich  bei  Sub- 
zen  angebracht  sein,  deren  Reduktionsprodukte  in 
ronlauge  unlöslich  sind,  also  z.  B.  bei  Überführung 
Aminen  in  Kohlenwasserstoffe. 

Zur  Vermeidung  der  Oxydation  der  nach  irgend  einer 
bode  reduzierten  Lösungen  durch  den  Luftsauerstoff 
itet  man,  wie  teilweise  söhon  erwähnt,  in  einer  Kohlen- 
eatmosphäre,  leitet  in  die  Flüssigkeit  Schwefelwasser- 
gas, oder  setzt  zu  derselben  eine  Lösung  von  unter- 
refligsaurem  oder  hydroschwefligsaurem  Natrium. 
le  letztere  erhält  man  durch  Einwirkung  von  etwas 
cstaub  auf  saures  schwefligsaures  Natrium.  Für 
che  Fälle  ist  auch  ein  Überschichten  der  Lösung  mit 
»r  angebracht. 


gar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  30 


466  Sulfonieren. 


Siilfoniereii. 

Das  Sulfonieren  bezweckt  den  Ersatz  von  Wasser- 
stoffatomen organischer  Verbindungen  durch  die  Gruppe 
S03H. 

Die  Einführung  kann  bewirkt  werden  durch: 

Konzentrierte  Schwefelsäure,  die  man  behufs 
stärkerer  Einwirkung  auch  als  monohydratische  Säure 
H2S04,  als  rauchende  Schwefelsäure  verwendet,  oder 
der  man  noch  Phosphorsäureanhydrid  oder  Kaliumbisulfat 
zusetzt. 

An  die  Stelle  der  Schwefelsäure  tritt  in  vielen  Fällen 
das   sehr  empfehlenswerte  Sulfuryloxychlorid  S08HC1. 

Aufserdem  verwendet  man  noch  für  Sulfonieruags- 
zwecke  Kaliumbisulfat,  Kaliumpyrosulfat,  Natriumbisulfat, 
Natriumpyrosulfat,  neutrale  und  saure  Sulfitsalze,  Äthion- 
säurechlorhydrin  etc.,  sowie  die  intramolekulare  Um- 
lagerung  ätherschwefelsaurer  und  saurer  schwefelsaurer 
Salze. 

Die  Schwefelsäure  wirkt  auf  manche  Verbin duDgen 
bereits  in  der  Kälte  sulfonierend.  So  zeigte  Keküle1 
zuerst  und  in  ganz  unanfechtbarer  Weise,  —  wrährend  man 
bis  dahin  seit  Laurent  angenommen  hatte,  Phenol  gehe 
durch  Schwefelsäure  in  eine  Estersäure  die  Phenylschwefel- 
säure  über  — ,  dafs  wenn  man  Phenol  (1  Teil)  mit 
Schwefelsäure  (1  Teil)  einige  Tage  stehen  läfist,  2  Phenol- 
monosulfosäuren  entstehen;  eine  glänzende  Stütze  seiner 
damals  erst  kürzlich  bekannt  gegebenen  Theorie  der  aroma- 
tischen Verbindungen. 

Im  allgemeinen  wird  man  aber  die  Einwirkung  durch 
Erwärmen  unterstützen  müssen.  So  kommt  man  nach 
Michel  und  Adair2  zur  Benzolsulfosäure  am  besten, 
wenn  man  gleiche  Volumina  Benzol  und  Schwefel- 
säure in  einem   mit  Rückflulskühler  versehenen  Kolben 


1  Z.  Ch.  1867.  199.  —  2  B.  10.  585. 


Sulfonieren.  467 

20  bis  30  Stunden  in  gelindem  Sieden  erhält,  wobei 
nach  und  nach  4/ö  des  angewandten  Benzols  in  Lösung 
gehen. 

Die  Temperatur,  bei  welcher  man  die  Sulfonierung 
vornimmt,  ist  von  grofsem  Einflufs  auf  die  Stelle,  welche 
die  Sulfogruppe  im  Kern  aromatischer  Verbindungen  ein- 
nehmen wird.  Erwärmt  man  z.  B.  Naphtalin  mäßig  mit 
0.75  Teilen  konzentrierter  Schwefelsäure,  so  dafs  ein  Teil 
des  Naphtalins  unangegriffen  bleibt,  so  entsteht  a-Naph- 
talinmonosulfosäure ;  erhitzt  man  aber  gleiche  Teile  jNaph- 
talin  und  Schwefelsäure  auf  200°,  so  erhält  man  die 
/J-Naphtalinmonosulfosäure. 

Sbmpotowsky1  teilt  mit,  dafs  Äthylbenzol  sich  in 
kalter  konzentrierter  Schwefelsäure  nur  schwer,  in  warmer 
oder  rauchender  wohl  leicht,  aber  unter  Bildung  zweier 
Sulfosäuren  löse.  Folgendes  Verfahren  liefert  jedoch  nur 
p-Sulfosäure,  so  dafs  keine  Trennung  von  Isomeren 
erforderlich  ist.  Man  erhitzt  das  Äthylbenzol  bis  zum 
Sieden  und  läfst  allmählich  ein  gleiches  Volumen  kon- 
zentrierter Schwefelsäure  unter  kräftigem  Schütteln  auf 
dasselbe  einwirken.  Die  so  erhaltene  weifsgelbe  Lösung 
scheidet  nach  dem  Erkalten  auf  Zusatz  von  Eiswasser 
die  Parasäure  grofsenteils  aus;  den  Rest  gewinnt  man 
mittelst  Bariumkarbonat. 

Sulfoniert  man  Chinolin,  so  erhält  man  nur  o-  und 
wt-Chinolinsulfosäure;  dieParaverbindung  wird  erst  gebildet, 
wenn  man  10  Teile  Chinolin  mit  70  Teilen  konzentrierter 
Schwefelsäure  im  Einschlufsrohr  während  24  Stunden 
auf  275—280°  erhitzt.2  Eine  weitergehende  Sulfo- 
nierung findet  nicht  statt,  weil  für  diese  beim  Chinolin 
die  Wirkung  von  freiem  Schwefelsäureanhydrid  eine 
wesentliche  Bedingung  ist. 

Nietzky3  erhielt,  als  er  in  einer  Reibschale  1  Teil 
trockenes  gepulvertes  yff-Naphtol  mit  IV2  bis  2  Teilen 
konzentrierter  Schwefelsäure  anrührte,  nachdem  sich  das 
Gemisch  schwach  erwärmt  hatte,  einen  Krystallbrei 
von  Naphtylschwefelsäure  C10H7OSO3H,  während  schon 


1  B.  22.  2663.  —  2  D.  E.P.  40901.  —  3  B.  15.  307. 

30* 


468  Sulfonieren. 

Schaeffeb1  durch  Behandeln  des  Naphtols  mit  konzen- 
trierter HjSO-  auf  dem  Wasserbade  die  Naphtolsulfoaäwe 
OH.C10H6.SOSH  dargestellt  hat. 

Es  kann  bei  der  Sulfonierung  von  Säuren  vorteilhaft 
sein  statt  von  den  freien  Säuren  von  deren  Kaliumsalzeo 
auszugehen;  und  ebenso  kann  es  umgekehrt  den  Verlan. 
der  Reaktion  sehr  begünstigen,    wenn    man    statt  freief 
Basen  deren  Salze  sulfoniert.  (Siehe  bei  rauchender  Schwefel  — 
säure.) 

Im  allgemeinen  wird  die  Beendigung  der  Sulfoniemnpg 
daran  erkannt  werden,  dais  sich  das  erhaltene  Reaktion» — 
gemisch  als  im  alkalischen  Wasser  vollkommen  löslickm 
erweist. 

Die  Weiterverarbeitung  der  stark  sauren  Produkb« 
erfolgt  etwa  so: 

Man  setzt  ihnen  1/s  bis  V*  Volum  an  Eis  zu,  woraaJ 
viele  Sulfosäuren  alsbald  auskrystallisieren,2  oder  ma.xi 
giefst  die  Mischung  auf  etwa  das  dreifache  Gewicht  axi 
Eis,  bezw.  in  mit  Eis  reichlich  versetztes  Wasser. 

Die  so  erhaltene  saure  Flüssigkeit  neutralisiert  maxi 
mit  Kalk  (Calciumkarbonat)  oder  Baryt  (Baryumkarbona/tO 
und  filtriert  vom  unlöslichen  Gips  oder  Baryumsulfat  at>- 
Möglichst   wirksame  Kalkmilch   bereitet   man  durch  Al>" 
löschen    von    Kalk    mit    heifsem    Wasser.      Das    meist 
leicht    lösliche  Kalksalz   der  Sulfosäure  wird  nach  dexu 
Eindampfen     auskrystallisieren.       Sollte     dem    Baryum- 
sulfat  ein   unlösliches,    bezw.    schwer    lösliches  Baryuno- 
salz  einer  Sulfosäure   beigemischt  sein,    so    wäscht  mafl 
diesen  Niederschlag  aus  und  zersetzt  ihn  schließlich  mit 
verdünnter  Schwefelsäure,  worauf  man  die  Sulfosäure  wit  § ^ 
Äther    etc.    extrahiert,    resp.    in    Form    eines   Salzes  zu 
gewinnen  sucht.  1^ 

Neutralisiert  man  die  saure  Flüssigkeit  mit  Bleioxyd-   1^ 
hydrat  oder  Bleikarbonat,  so  wird  die  Sulfosäure  als  Blei- 
salz in  Lösung  bleiben  und  man  nach  der  Filtration  vom 
Bleisulfat    durch    Ausfällen    des    gelösten    Metalls   mit 

1  Ann.  152.  293.  u.  D.  E.-P.  18027.  —  *  Ä  15.  1854. 


4 


:e 


Sulfonieren.  469 

»Hwefelwasserstoff  sofort  eine  wässerige  Lösung  der  freien 
ilfosäure  gewinnen  können. 

Manchmal  kann  es  angebracht  sein,  die  saure  Lösung 
t  Soda  zu  neutralisieren  und  zur  Trockne  zu  dampfen. 
an  zieht  aus  diesem  Bückstande  alsdann  die  meist  in 
Lkohol  leicht  löslichen  Natriumsalze  der  Sulfosäuren 
Lfc  diesem  aus,  oder  man  sucht  die  Säuren  oder  Natrium- 
Ize  direkt  auszusalzen.  So  scheidet  Witt1  das  saure 
atriumsalz  einer  Amido-^-naphtoldisulfosäure 

NH*>C   H<S0'H 
OH-^o^^SOaNa 

mrch  Kochsalz    direkt  in    krystallisiertem  Zustande   aus 
siner  Lösung  ab. 

Dieses  technisch  längst  verwertete  Verfahren  wird 
euerdings  von  Gattermann2  für  Laboratoriumszwecke 
rann  empfohlen,  und  beschreibt  er  die  Methode  folgender 
^rt:  Benzol  wurde  z.  B.  durch  gelindes  Erwärmen  mit 
chwach  rauchender  Säure  in  die  Monosulfosäure  über- 
;efthrt  und  d^s  Beaktionsgemisch  nach  dem  Erkalten  in 
^  doppelte  Volumen  kalten  Wassers  gegossen.  Diese 
J<tetmg  wurde  dann  unter  häufigem  Umschütteln  so  lange 
ut  fein  pulverisiertem  Kochsalz  versetzt,  bis  es  sich 
•'hliefslich  nicht  mehr  löste.  Ist  dieser  Punkt  erreicht, 
)  öcheidet  sich  besonders  leicht  beim  Abkühlen  benzol- 
dfosaures  Natrium  in  Krystallen  aus,  die  mit  Kochsalz- 
aaser  gewaschen  werden.  Ausbeute  fast  quantitativ. 
*t  völlige  Trennung  vom  Kochsalz  nötig,  so  krystallisiert 
ton.  die  trockenen  Salze  aus  absolutem  Alkohol  um. 
&  gleicher  Weise  gewann  er  die  Natriumsalze  der 
4esityiensulfosäure,  w-Benzoesulfosäure,  Phenoldisulfo  - 
änre  u.  s.  w. 

Bestimmt  man  nach  Einwirkung  der  Schwefelsäure 
hre  unverbrauchte  Menge  durch  Titration,  wobei  ein 
Lzofarbstoff  als  Indikator  dienen  kann,8  so  kann  man 
ie  Zugabe  an  Baryumkarbonatetc.  auch  so  abmessen, 
%h  man  nach  der  Eiltration  sofort  die  freie  Sulfosäure 
Lösung  hat. 


1  D.  JB.-P.  49857.  —  2  B.  24.  2121.  —  3  Ann.  219.  210. 


470  Sulfo  liieren. 

Nach  Lunge1  wenigstens  reagiert  man  am  besten  auf 
freie  Schwefelsäure  (wie  überhaupt  auf  freie  starke  Säuren) 
mit  einem  Farbstoff  ans  dieser  Reihe,  wie  dem  Anilingelb 
(Amidoazobenzol),  dem  Tropäolin  etc.  Diese  werden 
eben  durch  Metallsalze  nicht  verändert,  wohl  aber  sofort 
durch  die  .geringste  Spur  freier  starker  Säuren,  während 
Kohlensäure,  Schwefelwasserstoff,  Essigsäure  etc.  auf  sie 
nicht  einwirken  (siehe  auch  Seite  229). 

Für  manche  Fälle  der'  Sulfonierung  eignet  sich  be- 
sonders die  monohydratische  Schwefelsäure. 

Nach  Lunge  stellt  man  dieselbe  am  besten  in  folgen- 
der Art  dar:  Man  mischt  gewöhnliche  Schwefelsäure  mit 
etwas  rauchender,  so  dafs  sie  98%ig  wird,  und  gewinnt 
durch  Gefrieren  dieser  einige  Monohydratkrystalle.  Nun- 
mehr kühlt  man  gewöhnliche  möglichst  konzentrierte 
Säure  auf  mindestens  0°  ab,  wirft  von  den  Krystallen 
hinein  und  kühlt  unter  Umrühren  weiter,  bis  die  so 
eingeleitete  Krystallbildung  beendigt  ist.  Hierauftrennt 
man  die  Krystalle,  die  bei  Zimmertemperatur  zur 
100°/oigen  H2S04  zerfliefsen,  von  der  Mutterlauge  durch 
Absaugen. 

Die  technisch  so  wichtig  gewordene  Benzidinmono- 
sulfosäure,2  weil  die  von  ihr  deri vierenden  Azofarbstoffi) 
Baumwolle  ohne  Beize  waschecht  färben  sogenannte 
Substantive  Farbstoffe  sind,  konnte  z.  B.  nur  mit  solcher 
Säure  gewonnen  werden;  rauchende  Schwefelsäure  oder 
sie  ersetzende  Gemische  veranlassen  nämlich  gleich  die 
Bildung  von  mindestens  4  Benzidinsulfosäuren.  Zu  ihrer 
Darstellung3  verfährt  man  so,  dafs  1  Teil  Benzidin,  oder 
zweckmäfsiger  schwefelsaures  Benzidin,  in  2  Teile  mono- 
hydratischer  Säure  eingetragen  und  damit  ca.  l1/*  Stunden 
auf  170°  erhitzt  wird.  Die  so  erhaltene  Schmelze  gießt 
man  in  Wasser  und  filtriert  die  sich  abscheidende  Sulfo- 
säure ab.  (Über  ihre  neuere  Darstellung  aus  saurem 
Benzidinsulfat  siehe  S.  483.) 


1  Sodaindustrie.  Braunschweig,  1879.  1.  40.  —  *  B.  22.  2469. 
3  D.  R-P.  38664. 


Sulfonieren.  471 

Vignon1  erhitzt  a-Naphtol  mit  3  Teilen  Schwefel- 
lremonohydrat  8  bis  10  Stunden  auf  100  bis  110°  und 
mmt  so  zur  a  -Naphtoldisulfosäure. 

Die  Anwendung  rauchender  Schwefelsäure  bietet  vor 
>r  gewöhnlichen  den  Vorteil,  dafs  jede  Nebenreaktion 
uroh  Wasser  ausgeschlossen  bleibt.  Hat  doch  Bender2 
Ainden,  dafs  es  gewisse  Sulfosäuren  des  a-Naphtols 
ebt,  auf  welche  die  überschüssig  angewandte  Schwefel- 
,ure  im  Verein  mit  dem  von  Anfang  an  in  der  Schwefel- 
Iure  enthaltenen  nebst  dem  beim  Sulfonieren  gebildeten 
Nasser  bei  steigender  Temperatur  geradezu  entsulfonierend 
inwirkt. 

Die  rauchende  Schwefelsäure  wirkt  durch  ihren  An- 
ydridgehalt  natürlich  viel  kräftiger  sulfonierend  als  die 
owöhnliche  Säure. 

Trägt  man  z.  B.  nach  Gurke  und  Rudolph3  1  Teil 
fophtalin  nach  und  nach  in  8  Teile  rauchender  Schwefel- 
Iure,  24%  S03  enthaltend,  ein  und  erhitzt  die  Mischung 
och  einige  Stunden  auf  180°,  oder  trägt  man  1  Teil 
fophtalin  in  6  Teile  rauchender  Säure  von  40%  Gehalt 
a  SOs  mit  der  Vorsicht  ein,  dafs  die  Temperatur  des 
emisches  nicht  über  80°  steigt,  und  erhitzt  dann  so 
nge  auf  dem  Wasserbade,  bis  das  Anhydrid  verschwunden 
',  so  erhält  man  Naphtalintrisulfosäure.  Giebt  man  es 
gegen4  in  5  Teile  rauchender  Säure  von  40%  Gehalt 
*d  erhitzt  9  Stunden  im  Ölbade  auf  160°,  so  kommt 
ta  zu  einer  Naphtalintetrasulfosäure. 

Häufig  wird  es  sich  empfehlen  zur  Vermeidung  einer  gar 

weit  gehenden  Sulfonierung  so  zu  verfahren,  dafs  man 
U  betreffenden  Körper  in  monohydratischer  Schwefel- 
are löst  und  nun  so  viel  rauchende  Säure  zugiebt,  dafs 
Ten  Anhydridgehalt  gerade  zur  Erreichung  der  ge- 
inschten  Sulfonierungsstufe  ausreicht. 

Auch  hier  wird  man  statt  freier  Säuren  manchmal 
88er  Salze  derselben,  und  statt  Basen  deren  Salze  ver- 


1  D.  B.-P.  32291.  —  8  B.  22.  994.  —  3  B.  B.-P.  38281. 
4  D.  B.-P.  40893. 


472  Sulfonieren. 

wenden.     So  ist  nach  Witt1  die  Einwirkung  der  rauchen- 
den Säure  anf  freies  a-Naphtylamin  ziemlich  heftig,  und 
das  .Reaktionsprodukt  enthält  viele  schwarze  Verunreini- 
gungen.    Ganz  glatt  verläuft   aber   der  Prozeüs  bei  der 
Behandlung  salzsauren  Naphtylamins  mit  der  rauchenden 
Säure.      Die    scharf   getrocknete   Verbindung   wird  fein 
gepulvert  und  portionsweise  in  die  rauchende  Säure  Yon 
20 — 25%  Anhydridgehalt  eingetragen,  welche  mit  Schnee 
oder  Eis  gut  gekühlt  wird.     Man  unterbricht  die  Reaktion 
noch  ehe  die  ganze  auf  den  Anhydridgehalt  der  Same 
berechnete   Menge  des  Salzes  eingetragen  ist,  und  giefst 
die  Reaktionsmasse  auf  zerkleinertes  Eis.    Die  entstandene 
a-Naphtylaminsulfosäure    scheidet    sich    als     schleimiges 
Gerinnsel  aus   und  wird   durch  Überführen  ins  Calcium- 
salz  etc.  gereinigt. 

Wenn  nötig  erhitzt  man  auch  im  Einschluisrohr.  So 
gaben  LA  Coste  und  Valbue2  Chinolinmonosulfosäuie 
mit  der  zweifachen  Menge  rauchender  Säure  in  ein  solches, 
steigerten  die  Temperatur  bis  250°  und  kamen  zw 
Chinolindisulfosäure. 

Lönnies3  erhitzte  Isophtalsäure  mit  stark  rauchender 
Säure  auf  200°  und  kam  so  zur  ^-Sulfoisophtalsäure 

C6H8(S08H)(COaH)r 

Heine4  hatte  diese  so  erhalten,  dafs  er  Isophtalsäure 
in   Portionen   von    10  g   der  Einwirkung   von  Schwefel- 
säureanhydrid unterwarf  und  dieses  Gemisch  längere  Zeit 
gelinde  erhitzte,  bis  es  in  eine  dunkele  homogene  Flüssig- 
keit  umgewandelt  war.     Er   konnte    sie    nur    als  Sirup 
gewinnen,    weil  er  sie  aus  Wasser  zu  krystallisieren  ver- 
suchte,  während   Lönnies  sie  aus  verdünnter  Schwefel- 
säure  in   langen   farblosen  Nadeln   oder  Prismen  erhielt, 
ein   Verhalten,  welches  viele  Sulfosäuren  zeigen. 

Auch  Barth5  kam  zur  m-Sulfobenzoesäure  in  dei 
Art,  dafs  er  zu  trookener  Benzoesäure,  die  sich  in  einen 
Kolben   befand,   die  Dämpfe  von  wasserfreier   Schwefel 

1  B.  19.  578.  —  2  B.  19.  996.  —  3  B.  13.  704. 
4  JB.  13.  493.  —  5  Ann.  148.  33. 


Sulfonieren.  473 

säure  leitete,  die  man  übrigens  am  einfachsten  durch  Er- 
wärmen möglichst  anhydridreicher  Säure  erhält.  Während 
der  Operation  trat  eine  die  Einwirkung  befördernde  starke 
Erwärmung  des  Gemisches  ein. 

Als  JFischli1  die  Dämpfe  von  Schwefelsäureanhydrid 
über  fein  zerriebene  Toluylsäure  leitete,  wurden  sie  rasch 
absorbiert,  und  das  Ganze  bildete  bald  einen  dickflüssigen 
Brei.  In  diesem  Zeitpunkte  gofs  er  das  Produkt  in 
Wasser  und  kam  so  zur  Sulfoparatoluylsäure 

CH8    C6H8<Cqoqjj. 

Als  Verdünnungsmittel  kann  beim  Sulfonieren  wohl 
nur  Sand  in  Betracht  kommen.  So  verfuhr  Heymann2 
bei  der  Synthese  von  Indigodisulfosäure  folgender  Art: 
1  Teil  Phenylglykokoll  wird  mit  der  10 — 20fachen  Menge 
Sand  fein  verrieben,  der  den  Zweck  hat,  die  lokale  Über- 
hitzung  des  Reaktionsgemisches  beim  Eintragen  des 
Glykokolls  in  die  Schwefelsäure  zu  verhindern,  und 
hierauf  in  die  20fache  Menge  20 — 25°  warmer  rauchen- 
der Schwefelsäure  von  80%  Anhydridgehalt  eingetragen, 
und  zwar  derart,  dafs  die  Temperatur  des  Gemisches 
während  der  Dauer  des  Prozesses  30°  nicht  wesentlich 
überschreitet.  Nach  beendeter  Reaktion  verdünnt  man 
die  Reaktionsmasse  mit  Schwefelsäure  von  60%  B.,  und 
nach  Zusatz  von  Eis  bewirkt  schliefsliche  Zugabe  von 
Kochsalz  die  Abscheidung  des  Farbstoffes,  des  Indigkarmins, 
eben  des  indigodisulfosauren  Natriums. 

Ist  die  Wirkung  der  rauchenden  Schwefelsäure  nicht 
genügend,  so  kann  man  sie  nach  dem  Vorschlage  von 
Babth  und  Senhofer3  durch  Zugabe  wasserfreier  Phos- 
phorsäure in  ihrer  Wirksamkeit  verstärken.  Zur  Disulfo- 
benzoesäure 

/(l)COOH 
C6flsH3)S08H 
X5)SO,H 


1  B.  12.  616.  —  2  B.  24.  1477.  —  8  Ann.  159.  217. 


474  Sulfonieren. 

kamen  sie,  indem  sie  10  g  Benzoesäure  mit  20  g  Vitriolöl 
erwärmten  nnd  dieses  Gemisch  nach  dem  Erkalten  mit 
15  g  Phosphorsäure  nnd  15  g  sehr  anhydridreicher  Säure 
in  einem  Einschlufsrohr  auf  250°  erhitzten. 

Barth  nnd  Herzig1  lösten  1  Teil  Mesitylen  in 
10  Teilen  rauchender  Säure  und  erwärmten  durch  2  bis 
3  Tage  auf  30 — 40°.  In  gleichmäfsigen  Intervallen  von 
ungefähr  10  Stunden  wurden  3 — 4  Teile  P205  zugefügt. 
Es  ist  dies  langsame  Arbeiten  keine  müfsige  Vorsicht, 
da  sonst  oft  partielle,  sogar  vollkommene  Verkohlung  ein- 
tritt. Nach  entsprechender  Reinigung  erhielten  sie  die 
Mesitylendisulfosäure  so  gut  wie  ganz  frei  von  der 
Monosäure. 

Wbidel  und  Cobbnzel2  überzeugten  sich,  dafs 
rauchende  Schwefelsäure  selbst  bei  Temperaturen  über 
200°  ohne  Einwirkung  auf  Cinchoninsäure  ist.  Sie  er- 
hielten aber  eine  Monosulfosäure  in  einer  Ausbeute  von 
70%  der  Theorie,  als  sie  10  g  wasserfreie  Cinchonin- 
säure im  Einschlufsrohr  mit  20  g  Phosphorsäureanhydrid 
und  20  g  Vitriolöl  mischten  und  dann  6  Stunden  auf 
170—180°  erhitzten. 

Das  Arbeiten  im  Einschlufsrohr  kann  man  öfters  um- 
gehen, wenn  man  mit  einem  Gemisch  von  Schwefelsäure- 
monohydrat und  Metaphosphorsäure  arbeitet.  Ein  Ge- 
misch von  2  Teilen  des  ersteren  mit  1  Teil  der  letzteren 
wirkt  nämlich  beim  Sulfonieren  ähnlich  wie  eine  rauchende 
Schwefelsäure  von  20 — 25%  Anhydridgehalt,  entwickelt 
aber  selbst  bei  280 — 300°  nur  Spuren  von  Schwefelsäure- 
anhydrid.3 Man  erhält  z.  B.  eine  Rosanilinsulfosäure,  wenn 
man  2  Teile  Rosanilinsulfat  oder  -hydrochlorat  in  eine 
Lösung  von  3  Teilen  möglichst  wasserfreier  Metaphosphor- 
säure in  7  Teilen  Schwefelsäuremonohydrat  einträgt  und 
auf  dem  Wasserbade  oder  besser  auf  120 — 130°  bis  zur 
völligen  Alkalilöslichkeit  erhitzt. 

Schon  erwähnt  wurde,  dafs  man  öfters  gut  thut  statt 
freier  Säuren  deren  Salze  zu  sulfonieren.  Nimmt  man 
Kalium-  oder  Natriumverbindungen,  so  kann  die  dadurch 


1  M.  Gh.  1.  808.  —  2  M.  Ch.  1.  845.  -  8  D.  B.-P.  19721. 


Salfonieren.  475 

Korkte  Anwesenheit  von  sauren  Sulfaten  eine  ebenso 
itgehende  Sulfonierung  bewirken,  wie  es  von  der  Phos- 
orsäure  dargelegt  worden  ist. 

Die  Benzoltrisulfosäure  war  eine  schwer  zugängliche 
»rbindung,  solange  man  sie  durch  Erhitzen  von  Benzol 
t  rauchender  Säure  und  Phosphorsäure  im  Einschlufs- 
hr1  darstellen  mutete.  Man  erhält  sie  aber  im  offenen 
öfafe,  wenn  man  nach  Jackson  und  Wing2  z.  B. 
>  g  benzol-m-disulfosaures  Kalium  in  einer  Porzellan- 
hale  mit  18  g  konzentrierter  Schwefelsäure  mischt  und 
»er  freier  Flamme  mit  der  Vorsicht  erhitzt,  dafs  die 
ander  der  Flüssigkeit  nicht  zu  verkohlen  beginnen, 
ach  einigen  Minuten  wird  die  Masse  teigig,  und  die 
Qtwickelung  der  Dämpfe  läfst  nach.  Die  Ausbeute 
nn  bis  44%  der  Theorie  betragen. 

Man  kommt  auch  zur  Verbindung  vom  Kohlenwasser- 
>ff  als  Ausgangsmaterial.  In  dem  Falle  kocht  man 
dche  Volumina  Benzol  und  Schwefelsäure  bis  zur  Lösuog 
9  ersteren.  Hierauf  versetzt  man  die  Lösung  nochmals 
t  dem  gleichen  Volumen  konzentrierter  Schwefelsäure 
d  fügt  60 — 70%  vom  Gewicht  des  angewandten 
nzols  an  Kaliumsulfat  zu.  Aus  einer  untubulierten 
»torte  destilliert  man  alsdann  1/$  der  gesamten  ange- 
ndten  Schwefelsäure  ab.  Den  Rückstand  behandelt 
in  in  einer  Porzellanschale  in  der  oben  angegebenen 
eise. 

Die  Darstellung  mancher  Sulfosäuren  ist  insofern  mit 
hwierigkeiten  verknüpft,  als  die  Einwirkung  gewöhn- 
her  Schwefelsäure  ungenügend,  die  rauchender  Säure 
h.  entweder  zu  energisch  oder  ebenfalls  zu  schwach 
^eist.  Diese  lassen  sich  in  vielen  Fällen  vermeiden, 
mn  man  der  Schwefelsäure  das  Sulfuryloxychlorid 
}3HC1  substituiert,8  das  man,  wenn  nötig,  am  passend- 
en mit  Chloroform  verdünnt. 

Man  erhält  dies  nach  Bbckürts  und  Otto,4  wenn 
in  rauchende  Schwefelsäure  von  etwa  40%  Anhydrid- 

1  Ann.  174. 244.  —  *B.  21.  JB.  49—  32>.E.-P.  8764.—  AB.l  1.2058. 


476  Snlfonieren. 

gehalt  in  einer  Retorte  verflüssigt,  mit  welcher  eine  gut 
gekühlte  Vorlage  verbunden  ist,  nnd  nunmehr  so  lange 
salzsaures  Gas  einleitet,  als  dieses  noch  aufgenommen 
wird.  Bei  der  darauf  erfolgenden  Destillation  geht  das 
Chlorhydrin  über,  welches  durch  einmalige  Rektifikation 
als  eine  bei  149 — 151°  siedende  Flüssigkeit  in  fast 
theoretischer  Ausbeute  erhalten  wird.  Nach  Friedländbb1 
erhält  man  es  sehr  bequem  durch  Zusatz  von  Kochsalz 
zu  rauchender  Schwefelsäure  in  allerdings  mit  konzen- 
trierter Schwefelsäure  verdünntem  Zustande. 

Nach  Limpricht,2  der  den  Gegenstand  sehr  ausführ- 
lich untersucht  hat,  verlaufen  die  Reaktionen  mit  dem 
Sulfuryloxychlorid  sehr  glatt,  beinahe  ohne  Bildung  von 
Nebenprodukten,  und  namentlich  bei  Darstellung  von 
Disulfosäuren,  deren  Reinigung  bei  der  Anwendung  der 
Schwefelsäure  eine  zeitraubende  Arbeit  ist,  ist  das  Chlor- 
hydrin vorzuziehen. 

Der  von  ihm  beim  Arbeiten  mit  demselben  benutzte 
Apparat  besteht  aus  einer  tubulierten  Retorte,  mit  welcher 
eine  tubulierte  Vorlage  luftdicht  verbunden  ist.  Der 
Tubulus  der  Vorlage  ist  mit  einem  Ableitungsrohr  für 
den  Chlorwasserstoff  versehen,  und  der  Tubulus  der 
Retorte  wird  entweder  nach  Einbringung  der  Substanzen 
mit  einem  Stöpsel  verschlossen  oder  mit  einem  Tropf- 
trichter versehen,  wenn  das  Chlorhydrin  nach  und  nach 
hinzutreten  soll.  Die  Retorte  wird  in  einem  Olbade 
passend  erwärmt. 

In  der  Regel  bilden  sich  mit  dem  Sulfuryloxychlorid 
dieselben  Verbindungen  wie  mit  der  Schwefelsäure.  So 
wird  beim  gewöhnlichen  Alkohol  mit  Schwefelsäure  nach 
der  Gleichung 

CsH6OH  +  H2S04  =  C2H60 .  SOsH  +  H20 

und  ebenso   mit  Sulfuryloxychlorid   nach    der  Gleichung 

C2H6OH  +  C1S08H  =  C2H60 .  S08H  +  HCl 

Äthylschwefelsäure  erhalten.  Nur  mit  den  Amiden  der 
Säuren  bilden  sich  nicht  Säuren,   sondern  Chlorüre  der- 


1  Farbenfabrikation  111.   —  *  B.  18.  2172. 


Sulfonieren.  477 

ben,    und    mit    Aminen    erhält    man   Sulfaminsäuren, 
wdbl  in  der  aliphatischen  wie  aromatischen  Reihe.    So 
st  man  nach  Traube1   zur  Darstellung   der  Salze   der 
lenylsulfaminsäure  entsprechend  der  Gleichung 
,HC1  +  3C6H6NH,  =  C6H6NH .  S08H .  C6H6NH2  +  HCl .  NH, .  C6H6, 

Mol.  Sulfuryloxychlorid  allmählich  zu  einer  kalt  ge- 
ltenen  Lösung  von  3  Mol.  Anilin  in  dem  mehrfachen 
)lum  Chloroform  fliefsen,  worauf  sofort  ein  Gemisch 
n  phenylsulfaminsaurem  und  salzsaurem  Anilin  ausfeilt. 

50  g  Nitrobenzol  wurden  mit  der  berechneten  Menge 
e  Chlorids  behandelt,  und  war  nach  4  Stunden  bei 
ner  zuletzt  auf  150°  gesteigerten  Temperatur  die  Reak- 
>n  beendigt;  wie  mit  Schwefelsäure  war  Metanitro- 
inzolsulfosäure  fast  ausschliefslich  gebildet. 

Die  Toluidindisulfosäure  wurde  in  derselben  Art  dar- 
»tellt.  Zur  Vermeidung  von  Verkohlung  durfte  höch- 
ens  auf  160°  erhitzt  werden. 

Claisson*  kam  zur  Toluoltrisulfosäure,  als  er  1  Mol. 
ilnoldisulfosaures  Kalium  in  einem  Kolben  mit  3  Mol. 
olfuryloxychlorid  übergofs  und  die  Temperatur  so  lange 
lf  240°  hielt,  bis  sich  eine  herausgenommene  Probe  in 
Passer  völlig  löste.  Die  Schmelze  ferbt  sich  höchstens 
eingelb  und  giebt  relativ  wenig  Dämpfe  aus. 

Nach  Hodgkinson  und  Matthews3  geht  Dibromfluoren 

Ohloroformlösung,  mit  der  berechneten  Menge  Sulfuryl- 

ychlorid  versetzt,  in  eine  Dibromfluorensulfosäure  über. 

Reinhard4  berichtet  von  einer  komplizierter  ver- 
ifenen  Reaktion,  als  er  in  40  g  Sulfuryloxychlorid  10  g 
n  gepulvertes  Dichlorresorcin  eintrug.  Die  Umsetzung 
folgte  nach  der  Gleichung 

2C6H4C1,0,  +  3S02<^H  =  C1SH6C14SS09  +  H2S04  +  3HC1. 

Der  Körper  C12H6C14S209  soll  nach  ihm  entweder 
b  Anhydrid  einer  Dichlorresorcinsulfosäure  oder  eine 
8  2  Dichlorresorcinkomplexen  gebildete  Sulfosäure  sein. 
»  Grund   des  unregelmäßigen  Verlaufes  wird  wohl  in 

1  B.  23.  1654.  —  8  B.  14.  307.  —  3  B.  16.  1103. 
4  J.  pr.  Ch.  125.  332. 


478  Sulfonieren. 

den  freien  Hydroxylgruppen  des  Dichlorresorcins  gelegen 
haben,  welche  besser  vor  der  Snlfonierung  acetyliert 
worden  wären. 

Als  Bischoff  1  Anilin  und  Naphtylamin  mit  Kalium- 
bisulfat  mischte  und  auf  200—  240°  erhitzte,  bekam  er  — 
jedoch  in  ganz  ungenügender  Ausbeute  —  die  zu  er 
wartenden  Sulfosäuren. 

Nach  Kendall  2  soll  es  aber  beim  Rosalinin  gelingen 
durch  Mischen  mit  Kalium-  oder  Natriumbisulfat  in 
trockenem  Zustande  und  durch  genügend  lang  fortgesetztes 
Erhitzen  den  gewünschten  Grad  des  Sulfonierens  zu 
erreichen. 

Nach  Gibard  s  soll  Natriumpyrosulfat,  für  sich  oder 
mit  Schwefelsäure  gemischt,  wenn  man  Körper  mit  ihm 
auf  200 — 250°  erhitzt,  ein  vorzügliches  Sulfonierungsmittel 
abgeben. 

Für  die  Überführung  von  Phenylhydrazin  in  hydrazin- 
sulfosaure  Salze  fehlte  es  an  einer  geeigneten  Methode, 
bis  Fischer4  hierfür  das  pyroschwefelsaure  Kalium 
verwandte.  Erhitzt  man  ein  Gemenge  von  1  Mol.  fein 
gepulvertem  K2S207  (dargestellt  durch  Erhitzen  vonKHSOJ 
und  2  Mol.  der  Base  auf  80°,  so  erstarrt  die  breiige 
Masse  in  kurzem  vollständig  und  enthält  nun  neben 
schwefelsaurem  Kalium  und  schwefelsaurem  Hydrazin  das 
phenylhydrazinsulfosaure  Kalium.  Zu  seiner  Isolierung 
löst  man  die  Schmelze  in  heifsem  Wasser  und  entfernt 
den  gröfsten  Teil  der  Schwefelsäure  mit  BaCOa,  wodurch 
zugleich  die  in  Lösung  befindliche  Base  grofsenteils 
ölförmig  abgeschieden  wird.  Aus  der  heils  filtrierten 
Flüssigkeit  fällt  auf  Zusatz  von  konzentrierter  Kalilauge 
die  Hauptmenge  des  sulfosäuren  Salzes  krystallinisch  aus. 
Ob  der  Vorgang  wirklich  nach  der  Gleichung 

4C6H4N2H8  +  2K2S207  =  2C6H6 .  N2H2 .  S08K 

+  K2S04  +  (C6H6.N2H4)2S04 

verläuft,  ist  noch  nicht  ganz  aufgeklärt.6    Ausbeute  beim 
äthylhydrazinsulfosauren  Kalium  80%  der  Theorie. 


1  B.  23.  1912.  —  2  Amerik.  Pat  421049.  —  8  B.  Par.  25.  333. 
4  Ann.  190.  97.  —  5  Ann.  199.  301. 


Sulfoniereii.  479 

Alle  bisher  mitgeteilten  Sulfonierungsmethoden  sind 
nur  für  Körper  der  aromatischen  Reihe  gut  verwendbar, 
während  Sulfosäuren  der  aliphatischen  Reihe  fast  aus- 
schließlich durch  doppelte  Umsetzung  gewonnen  werden. 

Fehling  x  hat  zwar  schon  im  Jahre  1841  durch  Über- 
leiten von  S03  über  Bernsteinsäure  bei  einer  50°  nicht 
übersteigenden  Temperatur  nach  24stündigem  Stehen  des 
Gemisches  aus  diesem  die  Sulfobernsteinsäure  abgeschieden, 
und  HiMiLiAN2  hat  Sulfobuttersäure  durch  Einwirkung 
von  Sulfuryloxychlorid  auf  Buttersäure  erhalten ;  auch  die 
Oxydation  der  Sulfhydrate  der  Alkohole  führt  zu  ihnen 
u.  s.  w.  Eine  sie  leicht  und  in  gröfserer  Menge  liefernde 
Methode  ist  aber  erst  von  Strecker  3  aufgefunden  worden, 
welche  in  der  Umsetzung  von  Alkylhalogenüren  und,  wie 
jetzt  Mayer4  mitteilt,  auch  der  äthylschwefelsauren 
Salze,  mit  schwefligsauren  Alkalien  besteht.  Von  allen 
diesen  eignet  sich,  wie  Hemilian5  bewiesen  hat,  das 
schwefligsaure  Ammoniak  am  besten,  da  es  die  Gewinnung 
der  meist  sehr  leicht  löslichen  Sulfosäuren  fast  ohne 
Verlust  gestattet.  Kocht  man  z.  B.  20  g  Jodäthyl  mit 
einer  Lösung  von  20  g  kristallisiertem  Ammoniumsulfit 
in  40  ccm  Wasser  6  Stunden  am  Rückflüfskühler,  so  ist 
nach  dieser  Zeit  alles  Halogenür  gelöst.  Hierauf  wird 
mit  Wasser  verdünnt  und  mit  überschüssigem  Bleioxyd 
bis  zur  Verflüchtigung  allen  Ammoniaks  gekocht.  Das 
im  Piltrat  vom  Jodblei  befindliche  äthylsulfosaure  Blei 
wird  hierauf  mit  Schwefelwasserstoff  zersetzt,  und  durch 
Sättigen  der  erhaltenen  Lösung  mit  Baryumkarbonat 
und  Abdampfen  werden  nunmehr  22  g  äthylsulfosaures 
Baryum  statt  der  theoretischen  24  g  erhalten. 

Sehr  merkwürdig  ist,  dafs  schwefligsaures  Ammon 
auch  auf  Nitrokörper  unter  Bildung  von  Sulfosäuren 
reagiert,  was  Piria6  bereits  im  Jahre  1850  konstatierte. 
Smit  7  erhitzte  60  g  Nitrobenzol  und  170  g  Ammonsulfit 
nach  Zusatz  von  1 1  absolutem  Alkohol   ca.  30  Stunden 


1  Ann.  38.  286.  —  *  B.  6.  196.  —  8  Ann.  148.  91. 
4  B.  23.  909.  —  5  Ann.  168.  146.  —  6  Ann.  78.  31. 
7  B.  8.  1443. 


480  Sulfonieren. 

im  Wasserbade.  Das  schw^fligsaure  Ammon  stellt  er 
durch  Einleiten  von  feuchter  S02  und  überschüssigem 
NH3  in  absoluten  Alkohol  (nach  Müspratt)  dar.  Um 
sein  Gemisch  alkalisch  zu  erhalten,  fügte  er  Ammonium- 
karbonat  zu,  welches  sich  beim  Sieden  allmählich  zer- 
setzte und  krystallinisch  im  Kühler  niederschlug,  der 
dadurch  öfters  verstopft  wurde. 

Nach  beendigter  Reaktion  filtrierte  er  vom  ausge- 
schiedenen Ammonsulfat  ab,  und  beim  Erkalten  des 
Alkohols  Schossen  Krystalle  von  sulfanilsaurem  Ammon 
NH2.C6H4.S03NH4  an. 

Man  füllt  nach  Mayer  2  Teile  krystallisiertes  Natrium- 
sulfit, die  im  gleichen  Gewicht  Wasser  möglichst  voll- 
kommen gelöst  sind,  in  Druckflaschen  und  giebt 
1  Teil  äthylschwefelsaures  Natrium  zu.  Nach  4 stündigem 
Erhitzen  auf  100 — 120°  wird  der  wieder  erkaltete  Inhalt 
in  eine  Schale  entleert,  in  der  die  Hauptmenge  des  ent- 
standenen Glaubersalzes  auskrystallisiert.  Das  Piltrat  von 
diesem  wird  zur  Trockne  gedampft  und  mit  viel 
96%igem  Alkohol  ausgekocht,  in  den  das  äthylsulfosaure 
Natrium  übergeht. 

C2H6S04Na  +  Na2S08  =  C2H6S08Na    +  Na2S04 

Athylschwefelsanres  Äthylsulfosaares 

Natrium.  Natrium. 

Laübenheimbr1  fand,  dafs  Dinitrochlorbenzol  bei  mehr- 
tägigem Kochen  mit  einer  wässerigen  Lösung  von  über- 
schüssigem schwefligsauren  Natrium  am  ßückflulskühler 
das  Natriumsalz  einer  Nitrochlorbenzolsulfosäure  nebst 
Natriumnitrit  liefert. 


)N02  +  S08Na2 =L     JS08Na  +  NaN02. 

N~02  N02 

Und  Erdmann2  giebt  als  Verfahren  für  die  Darstellung 
im  grofeen  an,  dafe,  da  der  jp-Chlor-m-nitrobenzaldehyd 
das  in  der  Orthosteilung  zur  Nitrogruppe  stehende  Chlor- 
atom  leicht  gegen   andere  Radikale   austauscht,  man  ihn 


1B.  15.  597.  —  *2>.  B.-P.  61843. 


Solfonieren.  481 

mit  einer  wässerigen  Lösung  der  doppelten  Menge  Natrium- 
sulfit  kochen  soll,  um  m-Nitrobenzaldehyd-jp-sulfosäure  zu 
erhalten.« 

Die  Einwirkung  schwefligsaurer  Alkalien  auf  Diazo- 
körper  hat  zuerst  Schmitt  und  Glutz  *  zu  Sulfosäuren 
geführt.  Strecker  2  hat  dann  salpetersaures  Diazobenzol 
in  einer  Lösung  von  Kaliumbisulfit  gelöst  und  beim  Ein- 
dampfen  der  Lösung  ein  Salz  von  der  Formel  C6H7N2S03K 
erhalten,  welches,  wie  die  Arbeiten  von  Fischer3  erwiesen 
haben,     das     Kaliumsalz     der    Hydrazinbenzolsulfosäure 

Trägt  man  dagegen  Diazobenzolnitrat  in  eine  kalte 
neutrale  oder  schwach  alkalische  Lösung  von  Kalium- 
sulfit ein,  so  erstarrt  die  gelbrot  gefärbte  Flüssigkeit  für 
sich  oder  auf  Zusatz  konzentrierter  Kalilauge  zu  Krystallen 
von  diazobenzolsulfosaurem  Kalium  C6H5 .  N2 .  SO^K.4 

Das  Interesse  an  der  ersten  Reaktion  beruht  darauf, 
dais  das  hydrazinbenzolsulfosäure  Kalium,  wie  Fischer 
erkannte,  zu  einer  Körperklasse  gehört,  welche  den  Über- 
gang von  Diazokörpern  zu  solchen  der  Phenylhydrazin-. 
reihe  ermöglicht. 

Ungesättigte  Verbindungen  vermögen  direkt  Kalium- 
sulfit zu  addieren  und  so  in  gesättigte  Sulfosäuren  über- 
zugehen. Als  Messel5  23  g  Maleinsäure  mit  110  ccm 
einer  Lösung  von  neutralem  schwefligsauren  Kalium  (aus 
100  g  K2C08  und  400  ccm  Wasser  durch  Einleiten  von 
SOa  bereitet)  mehrere  Stunden  lang  in  einer  Retorte  am 
Rückflulskühler  kochte,  schieden  sich  -  beim  Erkalten 
Krystalle  von  sulfobernsteinsaurem  Kalium  aus 

CH.COOH  CH2.COOH 

||  +  S03Hs  =|  so  TT 

CH.COOH  CH<COOH 

Nach  Pinner6  löste  sich  Mesityloxyd  bei  längerem 
Stehen  mit  einer    konzentrierten    Lösung    von   Natrium- 


1  B.  2.  51.  —  2  B.  4.  784.  —  3  Ann.  190.  73. 
'Ann.  190.  73.  —  *  Ann.  157.  15.  -  6  B.  16.  1727. 

LaMar-Cohn,  Arbeitsmethoden.      2.  Aufl.  31 


482  Sulfonieren. 

bisulfit  auf   und  gellt  in  das  Salz  einer  Isopropylaceton- 
sulfosänre  über 

(CH8)2 .  C  :  CH .  CO .  CH,  -\-  HNaS08 
=  (CH8), .  C(NaSO,).  CH, .  CO .  CH8 

und  Phoron 

C9H40  =  (CH8)2 .  C .  CH .  CO .  CH :  (CH8)2 
löst   seine  beiden    doppelten  Verbindungen  und  geht  in 
C9H160(NaHSOs)2  +  2V2H20  über. 

Nach  Spiegel1  zeigen  viele  Azofarbstoffe  die  Eigen- 
schaft, sich  mit  Bisulfiten  zu  Sulfosäuren  zu  vereinigen. 
Azobenzol  selbst  wurde  von  ihm  mit  einem  beträchtlichen 
Überschufs  von  Ammonbisulfit  und  Alkohol  in  einer 
Druckflasche  auf  dem  Wasserbade  erwärmt.  Anfangs 
geht  alles  in  Lösung,  schliefslich  erstarrt  aber  das  Ganze 
durch  abgeschiedene  Krystalle,  die  sich  als  das  Ammon- 
salz  einer  Monosulfosäure  des  Benzidins  erweisen 

NH2 .  C6H4 .  C6H4N<gQ  g 

Die  Reaktion  bleibt  also  in  diesem  Falle  nicht  bei  der 
Addition  stehen,  sondern  bewirkt  auch  noch  eine  Um- 
lagerung  analog  derjenigen,  welche  das  Azobenzol,  iwp. 
Hydrazobenzol  an  sich  zeigen. 

Aldehyde  addieren  bekanntlich,  wie  Bertagnini8 
zuerst  gefunden,  saure  Sulfite  direkt  unter  Bildung  von 
Sulfosäuren. 

CH, .  CHO  +  SO,HNa  =  CH8 .  CH<^Na 

Ludwig3  erhielt  durch  Sättigen  einer  Lösung  von 
1  Teil  Methyläthylakrolein  in  3  Teilen  Wasser  mit  SO,, 
welche  Lösung  er  im  Einschlufsrohr  auf  80°  erhitzte, 
eine  Sulfosäure  von  der  Formel  C6H120(S08H).  Nach 
ihm  vereinigen  sich  ungesättigte  Aldehyde  speziell  sehr 
leicht  mit  Natriumbisulfit  zu  Sulfosäuren. 

Für  Sulfonierungszwecke  sind  auch  das  Äthionaanre- 
anhydrid  und  das  Äthionsäurechlorhydrin  empfohlen 
worden.4     Insbesondere  sollen  Sulfosäuren  der  Rosanilin- 


1  B.  18.  1481.  —  *  Ann.  85.  271.  —  s  M.   CK  9.  661. 
4  D.  B.  P.  19847. 


S  alternieren. 


483 


farbstoffe  so  erhalten  werden,  dal's  man  sie  mit  3  bis 
4  Teilen  der  genannten  Verbindungen  bis  zur  vollstän- 
digen Alkalilöslichkeit  einige  Zeit  auf  100°  erhitzt.  Man 
erhält  Athionsäureanhydrid  durch  Vereinigen  von  Schwefel- 
säureanhydrid mit  Äthylen  CaH4Sa06. 

Athionsfturechlorhydrin  erhält  man  nach  Pürqoli»,1 
wenn  man  auf  Schwefelsäureanhydrid  bei  0°  Chloräthyl 
leitet.  Hierbei  verflüssigt  sich  erateres  nach  und  nach. 
Nach  dem  Erhitzen  auf  100°  schüttet  man  die  Flüssig- 
keit tropfenweise  in  Wasser  von  0°,  wobei  sich  ein 
schweres  Ol  abscheidet,  welches  mit  wasserfreiem  Kupfer- 
vitriol* getrocknet  wird.  Ausbeute  600  g  aus  2000  g  SOj. 
Dies  Ol  wird  im  Vacuum  rektifiziert,  und  erhält  man  so 
das   im  luft verdünnten   Räume   bei   80   bis   82°  siedende 

CaH4<;c,(-tBp|    in  reinem  Zustande. 

Man  kauD  auch  zu  Sulfosäuren  mancher  BaBen 
kommen,  wenn  man  ihre  sauren.  Sulfate  für  sich  erhitzt. 
So  ist  die  beste  Darstellung  der  Benzidinmonosulfosäure 
nach  Gthiess  und  Duisbebg"  folgende :  Man  rührt  1  Teil 
Benzidinsulfat  mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  an, 
und  setzt  dann  eine  \lfa  Molekülen  äquivalente  Menge 
m on oh ydr atischer  Schwefelsäure  (?),  mit  Wasser  ebenfalls 
verdünnt,  hinzu,  rührt  gut  durcheinander  und  dampft 
znr  Trockene.  Darauf  pulverisiert  man  das  gebildete 
saure  schwefelsaure  Benzidin  und  erhitzt  es  im  Luftbade 
24  Stunden  auf  ca.  170°.  Die  zusammen  gesinterte 
schwarze  Masse  wird  zerrieben,  mit  Alkali  extrahiert  und 
aus  der  Lösung  durch  Essigsäure  die  Benzidinmonosulfo- 
säure gefällt. 

Auch  die  sauren  schwefelsauren  Salze  des  Rosanilins1 
gehen  ziemlich  glatt  in  ihre  Sulfosäuren  über,  wenn  mau 
z.  B.  30  Teile  Rosanilin  mit  20  Teilen  Schwefelsäure 
(spez.  Gew.  1.714)  und  100  bis  200  Teilen  Wasser 
anrührt  und  nach  Zusatz  von  400  Teilen  Saud  zur 
Trockene    eindampft,     auf    130     bis    140°    erhitzt    und 


i.  502.  —  "  B.  22.  2458. 


484  Verseifen. 

pulvert.  Die  Umwandlung  des  Sulfats  in  die  Sulfosäure 
wird  durch  5  bis  6stündiges  Erhitzen  auf  180  bis  200° 
im  Kohlensäurestrom  bewirkt,  worauf  die  Masse  mit 
Wasser  ausgekocht  wird.  Es  bilden  sich  Mono-  und 
Disulfosäuren. 

Zu  den  Sulfosäuren  von  Amiden  kann  man  auch  so 
kommen,  dafs  man  ihre  ätherschwefelsauren  Salze  auf 
ca.  200°  erhitzt.1  Man  neutralisiert  etwa  eine  heils 
bereitete  und  dann  mit  Wasser  verdünnte  Mischung  von 
Weingeist  und  Schwefelsäure  mit  Kalk,  konzentriert  das 
Filtrat  und  giebt  eine  Lösung  des  Oxalsäuren  Salzes  der 
Basis  zu.  Nach  nochmaliger  Filtration  dampft  man  zur 
Trockne  und  erhitzt  den  Rückstand  im  Kölbchen  auf 
die  angegebene  Temperatur.  Anfangs  entwickelt  sich 
unter  Schäumen  Alkohol.  Nach  dem  Erkalten  löst  man 
in  heifsem  Wasser,  entfärbt  mit  Tierkohle  und  dampft 
die  Sulfosäure  zur  Krystallisation  ein.2 

Bernthsen3  kam  nach  der  schematischen  Gleichung 

/N.(CH8)2C1  /N.(CH8)2 

C6H4<  |  +  HS-SÖ8H=C6H8^NB2         +HC1 

XN.H  XS— SO.H 

mit  Hülfe  der  unterschwefligen  Säure,  die  als  Aluminium- 
verbindung zur  Verwendung  kam,  zur  Amidodimetbyl- 
anilinthiosulfosäure. 


Verseifen. 


Unter  Verseifen  versteht  man  die  Zerlegung  eines 
Esters  in  seine  Komponenten,  die  Säure  und  den  Alkohol, 
welche  durch  Wasseraufnahme  bewirkt  wird. 

CH8 .  COO .  C2H6  +  H20=CH8.  COOH  +  C2H60. 

Die  Wasseraufnahme  kann  unter  bestimmten  Ver- 
hältnissen direkt  statthaben,  wie  es  die  Verseifung  der 
Fette  im  gro&en  nach  Wilson  und  Gwynne  beweist, 
wo    dieselben    auf   etwa    300°  erhitzt    werden,  und  ein 


1  B.  3.  970.  —  8  B.  7.  1349.  —  8  Ann.  251.  49. 


Verseifen.  485 

alsdann  in  sie  geleiteter  Strom  von  auf  315°  erhitztem 
Wasserdampf  sie  in  Fettsäuren  und  Glycerin  zerlegt. 

Einhorn  und  Rassow1  erhielten  durch  24stündiges 
Kochen  des  Dihydroxyanhydroekgoninmethylesters  mit 
Wasser  unter  Abspaltung  des  Alkohols  die  freie  Säure, 
und  auch  die  salzsauren  Ester  der  Alkohole,  als  welche 
man  die  HaloidverbinduDgen  der  Alkoholradikale  doch 
auffassen  kann,  zerfallen  nach  Niederist2  beim  Er- 
hitzen mit  Wasser  in  ihre  Komponenten.  So  erhitzte 
er  im  geschlossenen  Baum  26.2  g  Methyljodid  mit 
400  ccm  Wasser  8  Stunden  im  Wasserbade  und  erhielt 
in  fast  theoretischer  Ausbeute  die  entsprechende  Menge 
von  Methylalkohol  und  JodwasserstofFsäure  CH3 J  -f- 
H20  =  CH3OH  +  HJ.8  Beim  Jodallyl  führt  schon 
Kochen    am    Rückflufskühler    zum  quantitativen  Zerfall. 

Im  Laboratorium  werden  aber  mit  geiadezu  ver- 
schwindenden Ausnahmefällen  alle  Verseifungen  unter 
Zuhülfenahme  von  Alkalien,  Natriumalkoholat  (Blei- 
oxyd) oder  Säuren,  und  ganz  neuerdings  auch  mit 
Aluminiumchlorid,  ausgeführt,  wodurch  die  Operation 
manchmal  schon  bei  Zimmertemperatur  ermöglicht  werden 
kann. 

Zwecks  Verseifung  kocht  man  die  Ester  längere  Zeit 
mit  Barytwasser  am  Eückflufskühler  und  erhitzt,  wenn 


1  B.  25.  1377.  —  *  Ann.  196.  350. 

3  Anmerkung.  Es  möge  hier  daran  erinnert  sein,  dafs  Buchanan 
(B.  4.  340)  und  dann  Thomsen  (Ann.  200.  76.)  zeigten,  dafs  auch 
Monochloressigsäure  durch  vieltägiges  Kochen  mit  Wasser  in 
Oxyessigsäure  (Glykolsäure)  und  Salzsäure  übergeht.  Wie  aber 
später  Hölzer  (B.  16.  2955)  fand,  geht  diese  Umsetzung  bei 
weitem  glatter  vor  sich,  wenn  man  zur  wässerigen  Lösung  eine 
genügende  Menge  von  fein  gepulvertem  Marmor  (wohl  besser 
gefälltes  Calci amkarbonat)  giebt.  Auch  Häüssermann  und  Beck 
(B.  25.  2445.)  führten  das  Orthonitrobenzylchlorid  durch  Kochen 
mit  Wasser  unter  Zusatz  von  Calciumkarbonat  in  den  bei  74° 
schmelzenden  Nitrobenzylalkohol  über.  Darnach  erscheint  es  viel- 
leicht nicht  ausgeschlossen,  dafs  eine  beabsichtigte  Spaltung  von 
Estern  mittelst  alleinigen  Kochens  mit  Wasser  durch  Zugabe  von 
Calciumkarbonat  erleichtert  wird,  resp.  dafs  auf  diese  Art  mancher 
leicht  spaltbare  Ester,  bei  dem  bisher  ätzendes  Alkali  verwendet 
wurde,  durch  dieses  Mittel  wird  zerlegt  werden  können. 


486  Verseifen. 

die  Temperatur   nicht   genügt,    im    Einschlufsrohr.   Dia 
nach    beendeter    Reaktion    an    Baryt    gebundene  Säurt 
scheidet  man  durch  eine  stärkere  Säure  ab  und  schüttelt 
sie,  wenn  sie  nicht  ausfällt,    mit  Äther  aus.     Will  man 
das  Baryumsalz  gewinnen,  so  entfernt  man  durch  Kohlen- 
säure den  Überschufs  des  Barythydrats   und  dampft  zur 
Krystallisation  ein.     Sollte    man  den  Alkohol   gewinnen, 
wollen,  was  aber  nur  selten  der  Fall,  so  treibt  man  ihn 
durch  Destillation,  eventuell  im  Wasserdampfstrom,  über, 
und  scheidet  ihn  aus  dem  Destillat  durch  reichlich  zuge- 
gebene   Pottasche    ab    oder    schüttelt    einen    sich   dasn 
eignenden  Alkohol  mit  Äther  aus. 

Baeyeb1   verseifte   den   Äthylindoxylsäureester  durch 
Kochen  mit  alkoholischem  Barythydrat    und   erhielt  die 
freie  Äthylindoxylsäure   durch  darauffolgendes '  Ansäuern- 
in  weilsen  JTlocken. 

Ealkwasser  verhält  sich  wie  Barytwasser.  Die  Schwer- 
löslichkeit des  Calciumhydroxyds  lä&t  aber  die  Anwen- 
dung des  Barytwassers  viel  bequemer  erscheinen. 

Die  weit  häufiger  als  die  erwähnten  Alkalien  als 
Verseifungsmittel  benutzten  Kalilauge  oder  Natronlauge 
verhalten  sich  in  ihrer  Einwirkung  mit  diesen  fast 
immer  identisch,  und  nur  die  Möglichkeit  sie  in  viel 
konzentrierterer  Form  zu  verwenden,  läüst  sie  jenen  oft 
vorziehen. 

Das  beim  Kochen  von  ihnen  stattfindende  Stoßen 
kann  sehr  lästig  werden,  und  hat  man  nur  kleine  Mengen 
mit  sehr  konzentrierter  Lauge,  z.  B.  aus  1  Teil  Wasser 
und  2  Teilen  Kalihydrat,  zu  verseifen,  so  führt  man  das 
lieber  im  Einschlufsrohr  etwa  bei  100°  aus. 

Bischoff2  löste  behufs  Verseifung  500  g  Kali  in 
200  ccm  Wasser  in  einer  geräumigen  Schale  und  goß 
sodann  400  g  Äthylacetbernsteinsäureester  in  kleinen 
Portionen  hinzu.  Die  Temperatur  hielt  sich  zwischen 
120  und  126°.  Der  abgespaltene  Alkohol  verdampfte 
und  als  die  letzte  Portion  eingegossen  war  (naeh 
15  Minuten),  war  die  Verseifung    beendigt.     Nun   ward 

1  B.  14.  1743.  —  2  B.  24.  2015. 


Verseifen. 


487 


nach  Zugabe  von  Wasser  mit  verdünnter  Salpetersäure 
ganz  achwach  angesäuert  und  die  Flüssigkeit  mit  einer 
830  g  Bleinitrat  enthaltenden  Lösung  ausgefällt.  Der 
ahfiltrierte  und  abgep reiste  Niederschlag  wurde  noch 
feucht  genau  mit  Schwefelsäure  wieder  zerlegt,  und  das 
Filtrat  vom  Bieisulfat  hinterliefs  nach  dem  Eindampfen 
50  %  der  Theorie  an  AthyLbern  stein  säure. 

Nach  Baeyer1  verseift  man  den  Indoxylsäureester 
am  zweckmäßigsten  so,  dafs  man  ihn  in  geschmolzenes 
Ätznatron  von  ca.  180°  einträgt.  Säuren  scheiden 
aus  dem  so  erhaltenen  gelben  Salz  die  Indoxylsäure 
als  einen  fast  weifsen,  in  AV  asser  schwer  löslichen 
Niederschlag  aus. 

Sehr  komplexe  Säuren  lassen  sich  manchmal  nur 
durch  Alkali  von  bestimmter  Konzentration  unzersetzt 
aus  ihren  Estern  gewinnen.  So  bekam  Guthzeit*  beim 
Verseifen  des  Athantetrakarbonsäuremethylesters  nur 
Äthenyltricarb ol säure,  während  Büchner,3  als  er  1  g  Ester 
mit  4,5  ccm  Natronlauge  (spez.  Gew.  1.2)  l'A  Stunden 
kochte,  dann  neutralisierte,  eindampfte,  ansäuerte  und 
ausätberte,  die  freie  Athantetrakarbon säure  krystallisiert 
erhielt. 

Als  Beispiel  für  eine  "Verseilung  in  der  Kälte  sei 
angeführt,  daJs  Knork  4  Teile  Dneeibenstaiiisaureester 
mit  5  Theilen  Natronlauge  von  25%  Gehalt  an  NaOH 
durch  Stägiges  Stehen  in  der  Kälte  in  Säure  und  Alkohol 
zerlegte. 

Bei  solch  komplexen  Säuren  kann  die  Stärke  der  ver- 
wendeten Lauge  auch  in  der  Kälte  von  gröfstem  Einflüsse 
sein,  denn  als  Knorr4  denselben  Ester  in  etwas  mehr  als 
der  berechneten  Menge  3°/oiger  Natronlauge  loste  und  die 
LöBung  einige  Tage  sich  selbst  überliefs,  zerfiel  er  in 
Alkohol,  Kohlensäure  und  Acetonylaceton 

C18H1B0,  +  2B,0  =  2C,H,0  -+-  2CO,  +  CeH100,. 

Paal  erhielt  die  AcetophenomK'oLvIe^iir^mre  aus  ihrem 
Ester,    indem    er    diesen    mit    2%iger   Kalilauge    einige 

1  B.  11  1743.  —  '  Ann.  214.  72.  —  ü  B.  25.  IIB». 


J 


488  Verseifen. 

Stunden  stehen  liefe,  und  hierauf  die  entstandene  Lösung 
in  verdünnte  Schwefelsäure  filtrierte. 

Ebenfalls  nicht  immer  wird  diese  Art  der  Säure- 
abscheidung  oder  auch  das  Ausschütteln  der  sauren  Lösung 
bei  derartigen  auf  dem  Wege  der  Kondensation  ans 
Acetessigester,  Malonsäureester  etc.  erhaltenen  hoch- 
molekularen Säureestern  angebracht  sein.  So  teilt 
Conrad1  mit,  dafs  die  Darstellung  der  freien  Säuren  ans 
den  Alkylmalonsäureestern  erfahrungsgemäfs  am  besten 
auf  die  Weise  geschieht,  dafs  man  die  verseifte  Masse 
mit  Essigsäure  oder  Salzsäure  neutralisiert  und  alsdann 
durch  Zusatz  von  Chlorcalciumlösung  die  Säure  in  Form 
ihres  Calciumsalzes  abscheidet.  Aus  dem  ausgewaschenen 
meist  krystallinischen  Salz  wird  am  besten  durch  Zusatz 
der  auf  das  Calcium  berechneten  Menge  Oxalsäurelösung 
die  Säure  frei  gemacht.  Filtriert  man,  nachdem  man 
vorher  längere  Zeit  gekocht  hat,  vom  unlöslichen  Calcium- 
Oxalat  ab,  dampft  das  Filtrat  auf  dem  Wasserbade  zur 
Trockene  ein  und  zieht  den  Rückstand  behufe  Trennung 
etwa  noch  vorhandener  Oxalsäure  mit  Äther  aus,  so 
erhält  man  die  betreffende  Säure  als  weiise  krystallinische 
Masse,  die  man  durch  Umkrystallisieren  auf  einen  kon- 
stanten Schmelzpunkt  bringt. 

Verseift  man  durch  Kochen  mit  alkoholischer  Lauge, 
was  häufig  der  Fall  sein  wird,  so  kann  man  den  Über- 
schufs  des  Alkalis  grofsenteils  durch  eingeleitete  Kohlen- 
säure als  Karbonat  abscheiden. 

Paal  und  Hoffmann2  fanden  bei  ihren  Versuchen, 
den  Ester  der  Isoamylmalonsäure  C5Hll .  CH .  (COOH)2  zu 
zerlegen,  dafs  alkoholische  Kalilauge  dies  nur  unvoll- 
kommen thut,  während  mehrstündiges  Kochen  mit  kon- 
zentrierter wässeriger  Lauge  dies  völlig  bewirkt,  eine 
höchst  selten  gemachte  Beobachtung. 

Verfasser  verseift  jetzt  nach  zahlreichen  Versuchen 
Binderfett  folgender  Art :  1250  g  von  ihm  werden  auf  dem 
.Wasserbade  geschmolzen  und  in  1,5  1  96%  igen  Alkohol, 

1  Ann.  204.  132.   —  2  B.  23.  1497. 


Verseifen.  489 

äer  sich  in  einem  ca.  6  1  fassenden  auf  einem  Strohkranz 
stehenden  Kolben  befindet,  und  ebenfalls  vorher  auf  dem 
Wasserbade  erhitzt  war,  gegossen.  Inzwischen  werden 
400  g  Kalihydrat  in  Stangen  mit  etwas  Wasser  übergössen, 
welche  sich  in  ihm  unter  starker  Wärmeentwickelung 
lösen.  Diese  heifse  Lösung  wird  wegen  der  sehr  heftigen 
Reaktion  allmählich  zur  Fettlösung  gegeben,  und  ist  die 
letzte  Portion  zugesetzt  und  wiederum  gut  umgeschüttelt, 
so  ist  auch  die  Verseifung  ohne  äufeere  Wärmezufuhr 
vollendet,  wie  die  Wasserlöslichkeit  des  Kolbeninhalts 
beweist. 

Kossel  und  Obermüller1  haben  im  Natriumäthylat 
ein  ausgezeichnetes  Mittel  für  die  Verseifung,  hauptsäch- 
lich von  Fetten,  schon  in  der  Kälte  gefunden.  In  einem 
Patent 2  beschreiben  sie  ihre  Methode  folgender  Art :  Die 
Verseifung  findet  bei  gewöhnlicher  Temperatur  schnell 
und  vollständig  statt,  wenn  man  eine  Lösung  von  Fett, 
Wollfett,  Walrat,  chinesischem  Wachs  oder  anderen 
Fettsäureestern  in  Benzol,  Petroläther,  oder  Äther  mit 
Natriumalkoholat  versetzt,  oder  zu  einer  Lösung  der  Ester 
in  den  genannten  Lösungsmitteln  Alkohol  hinzufügt, 
und  dann  metallisches  Natrium  einträgt.  Es  scheidet 
sich  hierbei  im  Verlaufe  weniger  Minuten  ein  leicht 
filtrierbarer  Niederschlag  ab,  welcher  die  Seifen  enthält; 
beim  Arbeiten  mit  metallischem  Natrium  überzieht  er  das 
letztere  und  mufs  von  Zeit  zu  Zeit  durch  Schütteln,  wobei 
er  nicht  leicht  abfällt,  entfernt  werden.  Während  1  kg 
Wollfett  sonst  z.  B.  nur  durch  20  stündiges  Erhitzen  mit 
überschüssiger  alkoholischer  Kalilauge  verseift  werden 
kann,  erfordert  es  nach  diesem  Verfahren  nur  50 — 60  g 
Natrium,  kaum  mehr  als  die  theoretische  Menge,  und  ist 
die  Zerlegung  schon  beim  Stehen  in  der  Kälte  in 
24  Stunden  vollendet.  Im  Filtrat  von  der  Seife  hat  man 
in  diesem  Falle  das  Cholesterin  und  Isocholesterin. 

Als  sie8   Salol  (Salicylsäurephenylester)  auf  diese  Art 
verseiften,  bekamen  sie  Salicylsäureäthylester  und  Phenol ; 


1  Z.  14.  599.  —  8  2>.  B.-P.  55057.  —  B.  24.  B.  319. 
8  Z.  15.  422. 


490  Verseifen. 

ersterer  mufste  weiter  durch  Natronlauge  zerlegt  werden 
Die  Verwendung  von  Natriumamylalkoholat  führte  zum 
Salicylsäureamylester.  Die  Methode  ist  also  nur  speziell 
für  Fette  geeignet. 

Nach  Obermüller1  erfolgt  die  Umsetzung  bei  dem 
Verfahren  so,  daJs  fettsaures  Glycerin  +  Natrium- 
alkoholat,  Glycerinnatrium  +  Fettsäureäthylester  liefen. 
Das  Glycerinnatrium  zerfällt  nun  sofort  durch  Wasser, 
welches  dem  nicht  völlig  entwässerten  absoluten  Alkohol 
entstammt,  wieder  in  Glycerin  und  Natriumhydroxyd, 
welches  letztere  jetzt  nicht  mehr  auf  Fett  sondern  Fett- 
säureäthylester einzuwirken  hat,  die  es  leicht  zerlegt 

Fette  zerfallen  bekanntlich  auch,  wenn  man  sie  mit 
Bleioxyd  und  Wasser  kocht,  in  fettsaures  Blei  und  Gly- 
oerin, und  führen  die  so  erhaltenen  Bleisalze  den  Namen 
Bleipflaster. 

Hanztsch  2  erhielt,  als  er  das  salzsaure  Salz  des 
Ammoniumhydrats  des  Nikotinsäureesters  mit  Silberoxyd 
behandelte,  sogleich  die  freie  Säure 

tß<H4        ^^GH,* 
wonach  Silberoxyd  ebenfalls  verseifend  zu  wirken  vermag. 


So  wie  durch  Alkalien  vermag  man  Ester  auch 
Säuren,  Schwefelsäure,  Salzsäure  zu  spalten,  was  seb 
auffallig  erscheint,  da  es  ja  eine  Gewinnungsmethode 
von  Estern  ist,  Säure  und  Alkohol  bei  Gegenwart  einer 
anorganischen  Säure  aufeinander  wirken  zu  lassen.  Die 
erste  derartige  Beobachtung  hat  Lautemann8  gemacht 
Als  er  Jodwasserstoffsäure  in  Gaultheriaöl  (Salicylsäoie- 
methylester)  leitete,  schied  sich  Salicylsäure  aus  und  bildete 
sich  andererseits  Jodmethyl 

HO .  C6H4 .  COOCH8  +  HJ  =  HO .  C6H4 .  COOH  +  JCHr 

Gal  4  teilte  dann  mit,  dafis  Ester,  wenn  sie  mit  Brom- 
wasserstoffsäure    behandelt    werden,    ganz    allgemein  in 

1  Z,  16.  156.  —  2  B.  19.  32.  —  8  Ann.  126.  13. 
4  Cr.  59.  1049. 


Verseifen.  491 

Säure  und  Bromalkyl  zerfallen,  Ameisen  sä  uremethylester 
hierbei  also  Ameisensäure  und  Brommethyl  liefert. 

Auwers  und  Meyer1  gaben  je  30  g  eines  Gemisches 
von  isomerem  Tetramethylberusüeiusäureester  und  Tri- 
methylglutarsäureester,  die  sich  durch  fraktionierte  De- 
stillation nicht  trennen  lassen,  mit  dem  gleichen  Volum 
wässeriger  BromwasseTStoffsäure  vom  spez.  Gew.  1,7 
zusammen  und  erhitzten  etwa  10  Stunden  im  Einschlufo- 
rohr  auf  100°.  Die  Verseifuug  blieb  eine  unvollständige, 
erwies  sich  aber  hinsichtlich  der  Trennung  der  isomeren 
Säuren  immerhin  vorteilhafter  als  die  mittelst  alkoholischen 
Kalis. 

Sapper*  hat  gefunden,  dafs  die  Chlorwasserstoffsäure 
die  für  diesen  Zweck  am  wenigsten  geeiguete  von  den 
dreien  ist,  was  sehr  wohl  d;imit  im  Einklang  steht,  dafs 
sie  die  für  Gewinnung  von  Estern  von  ihnen  am  brauch- 
barsten ist.  (Fluorwasserstoff  wirkt  allerdings  noch  weniger.) 

Die  geeignetste  Form  der  V erseif ung  mit  diesen 
Säuren  ist  wohl  meistens  die,  dsls  man  Eisessig  bei  0° 
mit  Brom  Wasserstoff  siittigt  und  den  Ester  damit  einige 
Zeit  stehen  läfst. 

Die  Verseifung  des  Acetylparaaniidotriphenylkarbinols 
behufs  Abspaltung  der  Aeetylgruppe  führt  man  nach 
BaeyeK''  am  vorteilhaftesten  so  aus,  dafs  man  den  in 
Eisessig  gelösten  Körper  in  heifse  verdünnte  Schwefel- 
säure allmählich  einträgt,  bis  zum  Eintritt  völliger  Lösung 
kocht,  und  die  Base  schliesslich  mit  Ammoniak  fällt. 

Paal  und  Bodewig4  fanden  in  der  Schwefelsäure 
auch  das  geeignetste  Mittel  zur  Abspaltung  der  Benzoyl- 
grnppe,  und  kochten  zur  Gewinnung  von  Orthouitro- 
benzylalkohol  das  durch  Einwirkung  von  Natriumbenzoat 
(lVi— 2  T.)  auf  Nitrobenzylchlorid  (1  T.)  erhaltene  Nitro- 
henzylbenzoat  mit  5Ü%iger  Schwefelsäure  3 — 4  Stunden 
am  Rücktiui'sk übler. 

Mit  einem  Gemisch  von  Eisessig  und  Schwefelsäure 
verseiften    Mackenzie     und    Pbrkin6    auch    den    Hexa- 


492  Verseifen. 

methylentetrakarbonsäureester  und  kamen  zur  entsprechen- 
den Säure.  Ähnliche  Säureester  verseiften  Bischoff  und 
Mintz1  mit  Schwefelsäure  allein.  2  Teile  von  diesen 
wurden  mit  1  Teil  konzentrierter  Schwefelsäure,  die  mit 
1  Teil  Wasser  verdünnt  war,  im  Rundkolben  am  Rück- 
flufskühler  so  lange  auf  150 — 170°  erhitzt,  bis  eine  Probe 
der  Reaktionsmasse  in  Alkali  ohne  Rückstand  löslich 
war,  was  meist  nur  kurze  Zeit  erforderte ;  aber  mit  ihrer 
Art  der  Verseifung  waren  stets  Nebenreaktionen  ver- 
bunden. 

Nach  Stein2  werden  Fettkörper  und  Öle,  welche  in 
Autoklaven  mit  einer  2,5 — 3°/oigen  Lösung  von  schwef- 
liger Säure  oder  Bisulfiten  bei  einer  Temperatur  von 
170 — 180°,  wobei  der  Druck  bis  auf  18  Atmosphären 
steigt,  behandelt  werden,  im  Laufe  von  9  Stunden  völlig 
in  Fettsäure  und  Grlycerin  zerlegt. 

Schmiedebeg3  teilt  mit,  dafs  die  Verseifung  der  Chon- 
droitinschwefelsäure  am  besten  mit  3%>iger  Salpetersäure 
bewirkt  wird,  weil  Schwefelsäure  und  Salzsäure  zur 
Bildung  brauner,  kaum  entfernbarer  Nebenprodukte  Ver- 
anlassung geben. 

Wie  Hartmann  und  Gattermann4  gefunden  haben, 
verseift  das  Aluminiumchlorid  Phenolester  und  Derivate 
derselben,  sowie  Säureester  mit  grofser  Leichtigkeit 
Diese  Methode  bietet  aufser  ihrer  Bequemlichkeit  gegen- 
über der  Verseilung  mit  Jodwasserstoff  vor  allem  noch 
den  Vorteil,  dafs  ihr  auch  Körper  wie  Nitrophenolester, 
Ketonderivate  von  Phenolestern  u.  s.  w.,  welche  infolge 
der  reduzierenden  Eigenschaften  der  Jodwasserstofls&nre 
durch  diese  nicht  in  die  freien  Oxyderivate  übergeführt 
werden  können,  zugänglich  sind. 

Werden  Ester  sehr  energisch  verseift,  so  verwendet 
man  als  Verdünnungsmittel  Schwefelkohlenstoff.  Versetzt 
man  z.  B.  eine  Lösung  von  10  g  Orthonitroanisol  in  dem 
doppelten  Volum  Schwefelkohlenstoff  mit  10  g  Aluminium- 


1  B.  23   650.  —  8  B.  B.-P.  61329.  —  8  A.  Pth.  28.  380. 
4  B.  25.  3531. 


Verseifen.  493 

chlorid,  so  gerät  infolge  der  eintretenden  Reaktion  der 
Schwefelkohlenstoff  ins  Sieden.  Nach  halbstündigem 
Erhitzen  am  Rückflufskühler  erhält  man  2  Schichten, 
deren  obere  ans  Schwefelkohlenstoff  und  deren  untere  aus 
dem  Aluminiumsalz  des  Nitrophenols  besteht.  Nach  dem 
Abdunsten  des  Schwefelkohlenstoffs  wird  der  Rückstand 
mit  Wasser  zersetzt,  mit  Salzsäure  angesäuert,  und  das 
Nitrophenol  mit  Wasserdampf  in  einer  Ausbeute  von 
90%  der  Theorie  übergetrieben 

3C«H4<o°CH8  +  A1C1,=  (C6H4<*}°»)  ,A1  +  3CH8C1. 

Während  die  Ester  der  tertiären  Alkohole  bekannt- 
lich schon,  wenn  man  sie  im  Einschlufsrohr  längere  Zeit 
über  ihren  Siedepunkt  erhitzt,  in  Säure  und  einen  unge- 
sättigten Kohlenwasserstoff  zerfallen,  kommen  andererseits 
auch  Ester  vor,  die  sich  überhaupt  nicht  verseifen  lassen. 
So  fanden  Friedländer  und  Mähly,1  dafs  eine  Verseifung 
des  Dinitrozimmtsäureesters 

p  „  ^GE :  C(N08)COsC8H5 

durch  Einwirkung  von  Alkalien  oder  Säuren  nicht  ge- 
lingt; erstere  zersetzen  ihn  unter  Braunfärbung,  letztere 
spalten  ihn  glatt  in  Paranitrobenzaldehyd  und  Hydroxyl- 
amin. 

Dafs  Ammoniak  die  angeführten  Alkalien  bei  der 
Verseifung  nicht  zu  vertreten  vermag,  hat  Liebig2  zuerst 
festgestellt.     Es  bilden  sich  dabei  Amide,  z.  B. 

CH8.COOCsHß  +  NH3  =  CH8.CONHs  +  C4H60. 

Essigsäareathylester  Acetamid  Alkohol 


1  B.  16.  850.  —  f  Ann.  9.  130. 


494 


Einiges  über  ElemeDtarrmalyse. 


Einiges  über  Elemeiitaranalyse, 

sowie  Erkennung    und  Bestimmung    des  Stickstoffs. 

der  Halogene  und  des  Schwefels  in  organischen 

Körnern. 

Das  allgemeine  Verfahren  bei  Ausführung  von  Eie- 
rn entaranalysen  soll  als  "bekannt  vorausgesetzt  werden.  Ob 
es  besser  ist,  im  Bajonettrohie  oder  im  offenen  Glasröhre 
zu  verbrennen,  Sauerstoffgas  von  Anfang  an  oder  erst  gegen 
Ende  der  Analyse  durchzuleiten,  sind  immer  noch  offene 
Fragen.  Sicher  ist,  dafs  man  mit  beiden  Methoden, 
schneller  wohl  mit  der  zweiten,  zum  selben  Ziele  gelangt; 
und  dafs  die  Vorteile  der  einen  so  wenig  im  ganzen  tue 
der  anderen  überwiegen,  dafs  die  eine  Aussicht  hätte,  die 
andere  völlig  za  verdrängen.  Zuerst  hat  LavoiSIBB  1781 
die  Zusammensetzung  organischer  Körper  durch  Verbrennen 
mittelst  Sauerstoffs  zu  bestimmen  gesucht. 

Auch  Kupferoxyd  für  metalloid  freie  Substanzen  und 
Bleichromat  für  Verbindungen  mit  Gehalt  an  diesen  sind 
bisher  nicht  durch  Platin,1  Manganoxyd*  u.  s.  V.  so 
wenig,  wie  das  Glasrohr  durch  die  Platinröhre  zu  ver- 
drängen gewesen.  Die  Verwendung  dea  Kupferoxydes 
rührt  von  Gay-Lüssac  her,  der  es  1815  zuerst  benutzte. 
Dabei  sind  die  hygroskopischen  Eigenschaften  des  Kupfer- 
oxyds ziemlich  bedeuteud,  bo  dafs  man  gut  thut,  es  wo- 
möglich warm  in  die  Röhren  zu  füllen,  und  das  chrom- 
saure Bleioxyd,  dessen  wasseranziehende  Kraft  aufserdem 
nicht  geringer3  ist,  halt  nach  Rittbausen*  beim  Aus- 
glühen an  der  Luft  Kohlenstoff  zurück,  der  nur  durch 
Ausglühen  im  Sauers toffstrom  verbrannt  werden  kann. 
Liebig6  hatte  zuerst  eine  Mischung  von  chromsaurem  Blei 
und  chromsaurem  Kalium  empfohlen.  Es  ist  übrigens 
eine  bekannte  Erfahrung,  dafs  die  Elementaranalysen  sehr 
halogen reicher   Substanzen  für  den  Kohlenstoff  zu  hohe 


1  8.  9.  1377.  —  »  8.  21.  3173.  -  '  J.  pr.  Ch.  81.  184. 
*  J.pr.  Ch.  133.  141.  — ;'  Ankilg.  zur  Anal.nrgan.  Küri.*- 
'  U.  Ch.  1881.  111. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  495 

Zur  besseren  Bindung  der  Halogene  schiebt  man 
«leshalb  eine  Silberspirale  vorn  ins  Rohr.  Bei  der  Ver- 
Txreixnung  der  Jodosobenzoösäure  *  erwies  sich  sogar  die 
"Vorlage  mehrerer  Silberspiralen  als  notwendig,  da  sonst, 
selbst  bei  Anwendung  einer  sehr  langen  Schicht  von 
Bleichromat,  freies  Jod  überging.  Sind  diese  durch 
öfteren  Gebrauch  mit  etwas  Halogensilber  bedeckt,  so 
glüht  man  sie  im  Wasserstoffstrom  aus.  Vorgelegte 
Kupferspiralen  erfüllen  ihren  Zweck  weit  weniger,  weil, 
wenn  sie  zu  heifs  werden,  das  Kupferhalogen  ins  Chlor- 
ealcinmrohr  sublimiert. 

Substanzen,  welche  leicht  Kohlenoxyd  ausgeben, 
müssen  mit  sehr  langer  Kupferoxydschicht  verbrannt 
werden,  sonst  fallen  die  Resultate  bis  3%  zu  niedrig2  aus. 

Das  Trocknen  der  Substanzen  für  die  Elementar- 
analyse nimmt  man  noch  immer  am  besten  in  der 
LiEBiGschen  Trockenröhre  nach  Anschütz  und  Käkule 
so  vor,8  dafs  man  diese  in  einem  Luftbade  bei  geeigneter 
Temperatur  unter  Überleiten  eines  Luft-  oder  indifferenten 
Gasstromes  resp.  im  luftleeren  Räume  bis  zur  Gewichts- 
konstanz trocknet. 

Sollte  ein  Körper  hierbei  Salzsäure  oder  Ammoniak 
verlieren,  so  fängt  man  diese  in  titrierten  Lösungen  auf, 
oder  bestimmt  sie  gewichtsanalytisch. 

Bei  den  Verbrennungen  organischer  Körper  erhält 
man,  wie  Liebig4  sich  ausspricht,  auch  bei  wasserstoft 
freien  Körpern  stets  eine  gewisse  Menge  Wasser,  und  es 
ist  ganz  außerordentlich  schwierig  und  noch  keinem  ge- 
lungen, eine  solche  Verbrennung  zu  machen  und  das 
Wasser  dabei  gänzlich  auszuschließen.  Das  Chlorcalcium- 
rohr  zur  Wägung  des  bei  der  Analyse  sich  bildenden 
Wassers  hat  Berzblius  1814  zuerst  verwendet. 

Lieben5  weist  darauf  hin,  dafs,  wenn  man  zur  Ver- 
bindung des  Verbrennungsrohres  mit  dem  Trockenapparat 
fär  Luft  und  Sauerstoff  lange  Kautschukröhren  anwendet, 
die  Wirkung  in  vielen  Fällen  ungefähr  dieselbe  ist,   wie 


1  B.  25.  2632.  —  8  Ann.  242.  27  und  B.  25.  408. 

3  Ann.  228.  303.  —  4  Ann.  95.  259.  —  6  Ann.  187.  143. 


496  Einiges  über  Elementaranalyse. 

wenn  man  das  vorher  sorgfältig  getrocknete  Gras  durch 
Wasser  leiten  würde.  Er  benutzt  deshalb  entweder  Glas- 
oder dünne  Bleiröhren.  Man  sehe  auch  wegen  des  Gegen- 
standes die  neueren  Arbeiten  von  Berthelot1  über 
Spuren  von  Feuchtigkeit  in  Gasen  ein. 

Hat  man  gepulverte  Verbindungen  mit  Kupferoxyd 
oder  Bleichromat  für  die  Analyse  zu  mischen,  so  nimmt 
man  das  Schütteln  nach  Thörner  in  einem  besonderen 
Rohre  vor.  Dasselbe  ist  12 — 15  cm  lang,  10 — 11  mm 
weit,  unten  rund  zugeschmolzen  und  oben  stark  verengt, 
dafs  es  bequem  in  eine  Verbrennungsröhre  eingeführt 
werden  kann.  Die  fein  gepulverte  Substanz  wird  in  einem 
Glasrohre  abgewogen,  welches  sich  leicht  in  das  Mischrohr 
einschieben  läfst.  In  letzteres  wird  zunächst  eine  einige 
Oentimeter  hohe  Schicht  von  frisch  ausgeglühtem,  über 
Schwefelsäure  erkaltetem  Kupferoxyd  oder  Bleichromat 
gebracht,  die  Substanz  aufgeschüttet,  das  Bohr  mit  einem 
glatten  Kork  verschlossen  und  nun  kräftig  geschüttelt. 
Der  Inhalt  des  Rohres  wird  hierauf  in  die  Verbrennungs- 
röhre,  welche  bereits  etwas  Kupferoxyd  oder  Bleichromat 
enthält,  ausgeleert,  und  dasselbe  noch  einigemale  unter 
Schütteln  nachgespült. 

Die  Notwendigkeit  der  Vorlage  von  Kupfer  zur  Zer- 
legung etwaigen  Stickoxydes  ist  neuerdings  von  Klinge- 
mann2 wieder  ausführlich  dargelegt  worden,  der  direkt 
die  Menge  des  gebildeten  Stickoxydes  bestimmt  und  bei 
dem  Azih  C28H16N2  bis  zu  8,40%  der  angewandten 
Substanzmenge  gefunden  hat. 

Kupferspiralen  sind  hierfür  den  Silberspiralen  vor- 
zuziehen. Bemerken  doch  Zincke  und  Kegel8  speziell, 
daJs  beim  Verbrennen  von  Dichlormalonsäureamid  die 
vorgelegte  Silberspirale  nicht  genügte,  um  alle  Unter- 
salpetrigsäure zu  zersetzen,  und  infolgedessen  der  Kohlen- 
stoffgehalt zu  hoch  befunden  wurde. 

Als  Schulze  und  Steiger4  bei  der  Verbrennung  von 
salpetersaurem  Arginin  C6H14N402 .  HNO«  -f-  VäHgO  trotz 
der  Vorlage  von   metallischem   Kupfer  den    Kohlenstoff- 


1  Cr.  110.  684.  —  8  B.  22.  3064.  —  8  B.  23.  246.  —  *  Z.  11. 49. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  497 

gehalt  etwas  zu  hoch,  den  Stickstoffgehalt  aber  etwas  zu 
niedrig  fanden,  legten  sie,  um  zu  prüfen,  ob  etwa  Stick- 
oxyd aus  dem  Verbrennungsrohre  austrete,  bei  einer  Wieder- 
holung der  Verbrennung,  unter  Verzicht  auf  die  Kohlen- 
stoffbestimmung, an  Stelle  des  Kaliapparates  einen  mit 
Eisen  vitriollösung  beschicken  Kugelapparat  vor,  sie 
konnten  aber  eine  Farbenveränderung  der  Lösung,  welche 
Sauerstoffverbindungen  des  Stickstoffes  doch  hervorrufen 
müssen,  nicht  bemerken.  Dagegen  zeigte  das  in  der 
Kugel  des  Chlorcalciumrohres  kondensierte  Wasser  ziem- 
lich stark  saure  Reaktion,  was  vielleicht  auf  einen  sehr 
geringen  Salpetersäuregehalt  desselben  hindeutete. 

Nach  Schwarz1,  ist  es  zweckmäßig  mit  Wasserstoff 
reduzierte  Kupferspiralen  so  lange  schwach  anzuwärmen, 
bis  sie  etwas  anlaufen,  wodurch  sie  den  adhärierenden 
Wasserstoff  verlieren.  Noch  besser  ist  es  aber  jedenfalls, 
die  Spiralen  im  Kohlenoxydgasstrom  zu  reduzieren. 
Diesen  stellt  man,  für  den  Zweck  gemischt  mit  der  nicht 
hinderlichen  Kohlensäure,  durch  Erhitzen  von  konzen- 
trierter Schwefelsäure  mit  Oxalsäure  dar. 

Hat  man  Salze  mit  anorganischer  Base  zu  verbrennen, 
so  kann  diese  Kohlenstoff  und  Kohlensäure  zurückhalten. 
Zur  Vermeiduug  dieses  Übelstandes  giebt  man  für  ge- 
wöhnlich in  das  Schiffchen  Kaliumbichromat,  welches 
beim  schliefslichen  Erhitzen  desselben  die  Kohle  ver- 
brennen hilft  und  die  Kohlensäure  aus  den  Alkalien 
austreibt. 

Nach  Schwarz  und  Pastrovich2  stellt  man  durch 
Fällen  von  reinem  neutralen  Kaliumchromat  mit  Queck- 
silberoxydulnitrat Quecksilberchromat  dar,  welches  nach 
dem  nötigen  Auswaschen  und  schliefslichem  Glühen  im 
Porzellantiegel  sehr  fein  verteiltes  reines  Chromoxyd 
zurückläfst,  und  mit  einem  Überschuß  von  diesem  wird 
die  organische  Substanz  vermischt. 

Sollten  Körper  so  schwer  verbrennliche  Kohle  hinter- 
lassen, dafs  deren  Verbrennung  selbst  im  Sauerstoffstrome 


1  B.  13.  559.  —  8  B.  13.  1641. 

Lassar-Cohn,  Arbeitsmethoden.    2.  Aufl.  32 


498  Einige»  über  Elementaranalyse. 

nicht  vollständig  gelingt,  so  gelangt  man  nach  Demel1 
zum  Ziele,  wenn  man  die  Substanz  im  Schiffchen  mit 
der  3 — 4fachen  Gewichtsmenge  an  vorher  ausgeglühtem 
Platinschwamm  oder  Platinmohr  überdeckt  hatte. 

Hat  man  explosive  Körper  zu  verbrennen,  so  nrafs 
man  sie  mit  so  viel  Kupferoxyd  etc.  zu  mischen  suchen, 
dafs  die  explosive  Kraft  dadurch  bis  zur  Unschädlichkeit 
herabgedrückt  wird. 

Wenn  auch  die  Resultate  der  Elementaranalyse,  die 
seit  1830  in  chemischer  Beziehung  keine  Fortschritte 
mehr  gemacht  hat,  vollkommen  sichere  sind,  so  geht  doch 
selbst  bei  ihrer  Durchführung  durch  den  Geübten  so  viel 
Zeit  in  Ausübung  einer  schliefsüch  für  ihn  rein  banau- 
sischen Thätigkeit  verloren,  dafs  es  sehr  wünschenswert 
erscheint,  wenn  eine  sichere,  allgemein  verwendbar« 
Methode,  welche  nach  Art  der  KjBLDAHLschen  Stickstoff- 
bestimmung die  analytische  Bestimmung  von  Kohlenstoff 
und  Wasserstoff  auf  nassem  Wege  in  einem  nicht  eine 
ununterbrochene  Aufmerksamkeit  erfordernden  Apparate 
ermöglichte,  gefunden  würde. 

Vielleicht  dürfen  wir  hoffen,  dafs  die  Arbeiten  auf 
dem  Gebiete  der  physikalischen  Chemie,  welche  zum 
Ersatz  der  komplizierten  Methoden  der  Molekulargewichts- 
bestimmungen durch  Messung  von  Gefrierpunkts- 
erniedrigungen oder  Erhöhung  von  Siedepunkten  führten, 
auch  die  Ausarbeitung  eines  bequemen  Verfahrens  für 
Kohlenstoff-  und  Wasserstoffbestimmungen,  oder  doch 
wenigstens  für  die  ersteren,  —  etwa  mit  Hülfe  von  kom- 
primiertem Sauerstoff  — ,  bringen  werden. 

Schon  Brunner2  beschrieb  eine  Methode,  nach  welcher 
es  ihm  gelang,  durch  eine  Mischung  von  Kaliumbichromat 
und  Schwefelsäure  den  Kohlenstoffgehalt  organischer 
Körper  auf  nassem  Wege  als  Kohlensäure  zu  bestimmen, 
und  in  dem  neuerdings  von  Messinger8  wieder  ausge- 
bildeten Verfahren  besitzen  wir  jedenfalls  eine  Methode, 
deren  weitere  Vervollkommnung  Kohlenstoff  bestimmungen 

1  B.  15.  605.  —  2  Pogg.  Ann.  95.  379  (1855).  —  8  JB.  21.  3910. 


Einiges  über  Elementaranalyße.  499 

aller  Art  auf  diesem  Wege  ermöglichen  wird.  Es  soll 
deshalb  hier  als  Beispiel  eines  solchen  wiedergegeben 
werden.1 

Im  beifolgenden,  von  Classbn2  herrührenden  Apparate 
wird  die  organische  Substanz  mit  Chromsäure 
und  konzentrierter  Schwefelsäure  erwärmt  und 
die  gebildete  Kohlensäure  mit  Hülfe  eines 
langsamen  Luftstromes  in  einen  gewogenen 
Kaliapparat  geleitet.  Um  die  Zersetzung  in 
einem  möglichst  kleinen  Kölbchen  bewirken  zu 
können,  ist  das  Rohr,  durch  welches  man  Luft 
einführt,  an  die  Trichterröhre  angeschmolzen. 

Da  die  Kohlensäureentwickelung  manchmal 
rasch  vor  sich  geht,  ist  es  nötig,  den  Kali- 
apparat mit  einer  gewogenen  Natronkalkröhre 
zu  verbinden. 

Zur  Aufnahme   und  Analyse  von   Flüssig- 
keiten   dienen    kleine   Glaskugeln,    wie    solche   fi*.  41. 
zur  Elementaranalyse  Anwendung  finden. 

Zur  Ausführung  der  Analyse  bringt  man  in  den 
Kolben  5  bis  6  g  Chromsäure  (gepulvertes  saures  chrom- 
saures Kalium  leistet  dieselben  Dienste)  und  hierauf  das 
Röhrchen  mit  der  abgewogenen  Substanz  (0,15 — 0,35  g). 
Bei  der  Befestigung  des  Kolbens  an  den  Kühler  mufe 
man  mit  Vorsicht  zu  Werke  gehen,  damit  die  Substanz 
mit  der  Chromsäure  nicht  in  Berührung  kommt.  Bei 
Anwendung  von  saurem  Kaliumchromat  ist  diese  Vorsicht 
überflüssig.  Zur  Entfernung  der  im  Apparate  vorhandenen 
Kohlensäure  leitet  man  nun  Luft,  die  vorher  durch 
Natronlauge  und  eine  Natronkalkröhre  gegangen,  im  lang- 
samen Strome  ein;  während  dieser  Zeit  kann  die  Wägung 


1  Anmerkung.  Inzwischen  hat  Messinger  (B.  23.  2756)  einen 
▼erbesserten  Apparat  für  seine  Methode  beschrieben,  bei  dem  aber 
die  bestehende  Einfachheit  des  ursprünglichen  nicht  mehr  voll 
zum  Ausdruck  kommt.  Dieser  liefert  nämlich  bei  manchen  Sub- 
stanzen konstant  0,8  bis  l°/o  Kohlenstoff  zu  wenig,  ist  also 
nicht  in  allen  Fällen  verwendbar,  worauf  hiermit  ganz  speziell 
aufmerksam  gemacht  sei. 

*  Quantit.  Analyse,  III.  Auflage,  Seite  239. 

32* 


500 


Einigei  über  Elementaranalyse. 


des  Kaliapparates  und  der  Natronkalkröhre  vorgenom: 
werden.     Die  gewogenen  Apparate   werden    mit  der 
Glasperlen    gefüllten   Trockenrölire   verbunden.      An  dip 
Natron  kalk  röhre  bringt    man    noch   ein    mit  Chlorcalciara 
gefülltes    Rohr   an,    das    das   Zur iickst eigen    von 
Luft     verhindert.       Ist     in     dieser     Weise      alli 
Oxydatiou  vorbereitet,  so  läl'st  mau  durch  die  Trichtei 
30  ccm  konzentrierter  Schwefelsäure  einfließen 
welcher  Zeit  mau  den  Luftstrom  unterbricht.      Von 
ab  mufs  für  eine  starke  Kühlung  gesorgt  werden. 

Zur  Analyse  flüssiger  Verbindungen  mufs  das  Ki 
ehen  mit  Hülfe  des  Trichterrohres  zersprengt  werden 

Das  Kölbchen  wird  jetzt  mit  einer  ganz  kl<" 
Flamme,  die  das  untergelegte  Asbestpapier  kaum  berührt, 
erwannt.  Nach  einigen  Minuten  tritt  eine  langsame 
KohlensBureentwickelung  ein,  die  an  der  Oberflache  des 
Oxydationsge  misch  es  wahrnehmbar  ist.  In  diesem  Augen- 
blicke mufs  die  Flamme  ganz  entfernt  werden,  und  erst 
dann,  wenn  die  Kohlensäureentwickelung  beinahe  zn  Ende 
ist,  wird  bis  zum  Schlüsse  der  Operation  eine  weitere 
Erwärmung  vorgenommen.  Die  Verbrennung  bedarf 
somit  fast  keiner  Aufsicht.  Nach  2  Stunden  ist 
Substanz  vollkommen  zersetzt,  und  zur  Entfernung 
Sauerstoffes  aus  dem  Apparate  wird  noch  i ' 
Stunde  Lnft  durch  geleitet. 

Die  Methode  führt  also  in  vielen  Fällen 
schlössen  sind  leicht  sublimierbare  Substanzen — zu  brauch- 
baren Resultaten,  nur  darf  keine  Uberhitzung  stattfinden, 
sonst  tritt  eine  stürmische  Reaktion  ein,  nebelförmige 
Dämpfe  streichen  durch  den  Apparat  und  geben  ein 
Plus  im  Kaliapparate. 

Enthält  die  Substanz  Halogene,  so  mufs  hinter  dem 
Kühlapparate  eine  kleine  Dueuhse Lache  Waschflasche  von 
etwa  100  ccm  Inhalt  mit  40  ccm  konzentrierter  Jod- 
kaliumlösung  und  eine  kleine,  mit  Glaswolle  gefüllte 
U-Röhre  eingeschaltet  werden.  Die  eine  Hafte  der  Glas- 
wolle wird  mit  Silbern i trat! ösung,  die  andere,  der  Trocken- 
röhre  zugewandte  Hälfte,  mit  konzentrierter  Schwefelsäure 
befeuchtet. 


jedarf 

H1SM- 


Einiges  über  Elementaranalyse.  501 

Schwefel,  Phosphor  und  Arsen  werden  in  Schwefel- 
säure, Phosphorsäure  und  Arsensäure  verwandelt.  Die 
Halogene  entweichen  als  solche. 

Nach  Cross  und  Bevan1  soll  man  die  bei  der  Zer- 
setzung der  organischen  Substanz  unter  der  Einwirkung 
der  Chromsäure  und  Schwefelsäure  auftretende  Kohlen- 
säure nicht  wägen,  sondern  über  Quecksilber  auffangen 
und  messen.  Nach  ihren  Erfahrungen  tritt  nämlich  neben 
Kohlensäure  stets  Kohlenoxyd,  und  zwar  im  Beginn  der 
Reaktion  mehr  als  gegen  Ende,  auf.  Sauerstoff  wird  bei 
der  Zersetzung  nicht  frei,  wenn  das  Gemisch  von  Chrom- 
säure und  Schwefelsäure  nicht  über  100°  erhitzt  wird. 
Wie  die  mitgeteilten  Beleganalysen  zeigen,  sind  die 
Resultate  gut,  wenn  man  als  Korrektur  für  die  von  der 
Schwefelsäure  absorbierte  Kohlensäure  zu  dem  direkt 
berechneten  Prozentwerte  Kohlenstoff  das  Produkt  aus 
diesem  Werte  und  der  Konstanten  0.016  addiert,  also 
z.  B.  C  =  43.55  + 43.55  X  0.016  =  44.25%.2 

Stickstoff. 

Den  Stickstoff  weist  man  qualitativ  so  nach,  dafs 
man   die   zu  untersuchende  Substanz  mit  Natronkalk  im 


1  B.  22.  R.  135. 

8  Anmerkung.    Unter  völligem  Verzicht  auf  die  Berücksichti- 

§ung  irgend  welcher  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  (!)  hat  neuerdings 
kada  herausgefunden  und  schleunigst  bekannt  gegeben,  dafs, 
wenn  man  organische  Substanzen,  deren  Zusammensetzung  von 
hygienischem  und  physiologischem  Interesse  ist  (Fleisch,  Milch, 
Harnsäure,  Salicylsäure  etc.)  mit  schwach  rauchender  Schwefel- 
säure und  Zusätzen,  wie  Quecksilber,  nach  Art  der  KjELDAHLSchen 
Methode  behandelt,  deren  Kohlenstoffgehalt  quantitativ  in  Kohlen- 
säure, die  er  nicht  im  Kaliapparat  wägt,  sondern  in  titriertem 
Barytwasser  auffängt,  übergeht  (!).  Die  sich  natürlich  gleichzeitig 
entwickelnde  schweflige  Säure  zeigt  bei  diesem  Verfahren  die  liebens- 
würdige Eigenschaft,  beim  Durchleiten  der  Gase  durch  eine  mehrere 
Centimeter  hohe  Schicht  einer  gesättigten  Kaliumpermanganatlösung 
sich,  aus  dem  Gasgemisch  heraus,  quantitativ  von  dieser  absorbieren 
zu  lassen;  die  An-  oder  Abwesenheit  von  Kohlenoxydgas,  sowie 
andere  Elleinigkeiten  sind  nicht  erst  besonders  konstatiert  worden. 
Zum  Schlufs  teilt  Okada  mit,  dafs  sich  diese  seine  Methode  wahr- 
scheinlich auch  zu  einer  Sauerstoffbestimmung  in  organischen 
Substanzen  wird  verwenden  lassen.  Alles  Nähere  kann  man  im 
Archiv  für  Hygiene  XIV,  4,  Seite  364—373,  lesen. 


502  Einiges  über  Elementaranalyse. 

Röhrchen  erhitzt  und  auf  das  Auftreten  von  Ammoniak- 
dämpfen  achtet. 

Viel  empfindlicher  ist  die  von  L  assaigne  *  herrührende 
Methode.  Man  erhitzt  nach  ihm  die  fragliche  Verbindung 
mit  Kalium  (an  dessen  Stelle  jetzt  meist  Natrium  ge- 
nommen wird)  in  einem  Glasröhrchen  zum  Glühen,  über- 
giefst  den  ßückstandmit  Wasser ( Vorsicht  I)  und  versetzt  das 
Filtrat  mit  einer  Lösuüg  von  Eisenvitriol  in  Eisenchlorid  und 
dann  mit  Salzsäure.  Zeigt  sich  ein  blauer  Niederschlag, 
so  war  Stickstoff  vorhanden.  Der  blaue  Niederschlag 
rührt  natürlich  davon  her,  dafs  der  Stickstoff  mit  dem 
Natrium  in  Gegenwart  von  Kohlenstoff  zu  Cyannatriiim 
zusammentritt,  das  in  der  alkalischen  Lösung  mit  den 
Eisensalzen  sich  zu  Ferrocyannatrium  umsetzt,  worauf 
nach  dem  Ansäuern  der  Lösung  das  überschüssig  vor- 
handene Eisen  mit  diesem  Berlinerblau  liefert.  Ab- 
wesenheit von  Ammoniak  und  salpetersauren  Salzen  ist 
natürlich  Bedingung. 

Jagobsen2  hat  dann  zuerst  darauf  aufmerksam  gemacht, 
dafs  diese  altbewährte  Methode  manchmal  versagt, 
nämlich  dann,  wenn  organische  Körper  neben  dem  Stick- 
stoff Schwefel  enthalten.  Anstatt  der  Cyan Verbindung 
entsteht  in  dem  Falle  die  Rhodanverbindung  des  Alkali- 
metalles  z.  B.  bei  den  Amiden  der  Sulfosäuren,  Sulfo- 
harnstoff  u.  s.  w.  In  einzelnen  Fällen  liefern  solche 
Körper  beim  Erhitzen  für  sich  eine  so  stickstoffreiche 
und  schwefelarme  Kohle,  dafs  mit  dieser  der  Nachweis 
gelingt,  aber  sicher  zum  Ziel  führt  folgende  von  ihm 
angegebene  Abänderung,  die  auf  teilweiser  Überführung 
des  Bhodankaliums  durch  Eisen  in  Cyankalium   beruht: 

Ein  Körnchen  der  Substanz  wird  mit  mindestens 
dem  4 — 5fachen  Volumen  Eisenpulver  gemischt  und 
dieses  Gemisch  ganz  wie  nach  Lassaigne  mit  Kalium 
oder  Natrium  zusammengeschmolzen.  Die  erkaltete 
Schmelze  wird  mit  Wasser  übergössen,  die  Lösung  nach 
einigen  Minuten  abfiltriert,  mit  wenigen  Tropfen  Salz- 
säure übersättigt  und  mit  einer  verdünnten  Eisenchlorid- 

1  Ann,  48.  367.  -  f  B.  12.  2317. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  503 

lösung  versetzt.  Natürlich  darf  ein  Gemenge  des  anzu- 
wendenden Eisenpulvers  mit  einer  stickstofffreien  organi- 
schen Substanz,  z.  B.  Zucker,  bei  dieser  Prüfung  keine 
Blau-  oder  Grünfärbung  erkennen  lassen. 

Nach  Grabe1  gelingt  der  Stickstofihachweis  neben 
dem  Schwefel  auch  dann,  wenn  man,  entgegen  dem 
sonstigen  Gebrauche,  sehr  viel  Kalium  anwendet;  dessen 
Überschuß  vertritt  dann  wohl  die  Bolle  des  Eisens  in 
der  jACOBSENschen  Modifikation  der  Methode.  Dagegen 
kann  man  in  den  Diazoverbindungen  den  Stickstoff  so 
überhaupt  fast  nie  nachweisen,  weil  er  früher  entweicht, 
als  die  Einwirkung  auf  das  Alkalimetall  stattfindet. 

Quantitativ  bestimmt  man  jetzt  den  Stickstoff  entweder 
nach  Dumas  oder  nach  Kjeldahl. 

Die  Ausführung  der  DuMASschen  Methode  im  all- 
gemeinen soll  als  bekannt  vorausgesetzt  werden.  Die 
zum  Auffangen  des  Stickstoffes  vorgeschlagenen  Apparate 
hat  Ilinski*  zusammengestellt.  Am  einfachsten  ist  es 
wohl,  sich  eines  graduierten  Rohres,  das  einen  gut 
schliefsenden  Hahn  trägt,  zu  bedienen,  und  die  Kalilauge 
durch  Ansaugen  bis  an  diesen  Hahn  in  die  Höhe  zu 
bringen.  Nachdem  man  sich  überzeugt,  dafs  alle  Luft 
ausgetrieben,  saugt  man  nochmals  und  beginnt  mit  dem 
Verbrennen  der  Substanz. 

Um  nicht  etwa  Kalilauge  (Natronlauge  ist  unbrauchbar), 
die  man  durch  Auflösen  von  1  Teil  Ätzkali  in  2  Teilen 
Wasser  darzustellen  hat,  in  den  Mund  zu  bekommen,  ist 
jenseits-  des  Hahnes  eine  kugelförmige  Erweiterung  an 
das  Rohr  angeblasen. 

Zur  Entwickelung  der  Kohlensäure  im  Rohre  dient  ent- 
weder fein  gestofsener  Magnesit  oder  nach  Ilinski  Mangan- 
karbonat, welches  sehr  wenig  hygroskopisch  ist,  einen  sehr 
regelmäfsigen  Kohlensäurestroni  giebt  und  das  Fortschreiten 
der  Zersetzung  durch  Braunfärbung  erkennen  läfst. 

Schwer  verbrennlichen  Substanzen  mischt  man  aufser 
Kupferoxyd    ein    wenig    Quecksilberoxyd    bei,    natürlich 


1  B.  17.  1178.  —  *  B.  17.  1347. 


504  Einiges  über  Elementaranalyse. 

nicht  mehr,  als  daüs  man  sicher  sein  kann,  dafs  der  frei 
werdende  Sauerstoff  auch  vollständig  von  der  Kupfer- 
spirale absorbiert  wird. 

Wenn  stickstoffhaltige  Körper  durch  schwach  erwärmte 
Kohlensäure  zersetzt  oder  in  beträchtlicher  Weise  ver- 
flüchtigt werden,  kann  man  die  Kohlensäure  nicht  aus 
Magnesit  etc.  entwickeln,  sondern  entnimmt  sie  einem 
Kohlensäureapparate  und  leitet  das  Gas  in  raschem  Strome, 
aber  nicht  zu  lange  Zeit,  durch  die  hinten  zu  einer 
Kapillare  ausgezogene  Verbrennungsröhre. 

Fischer  l  mischte  z.  B.  phenylkarbazinsaures  Phenyl- 
hydrazin sorgfältig  in  einem  feinen  Glasröhrchen  mit 
gepulvertem  Kupferoxyd,  worauf  letzters  mit  Kupferoxyd 
vollständig  gefüllt  und  in  die  wie  gewöhnlich  beschickte 
Verbrennungsröhre  eingeführt  wurde.  Nachdem  die  Luft 
durch  einen  raschen  kalten  Kohlensäurestrom  verdrängt 
war,  wurde  die  am  hinteren  Ende  der  Röhre  befindliche 
Kapillare  abgeschmolzen,  während  das  vordere  Gas- 
leitungsrohr unter  Quecksilber  tauchte,  dann  durch  vor- 
sichtiges Aufklopfen  die  in  dem  engen  Röhrchen  befind- 
liche Substanz  in  die  Verbrennungsröhre  gebracht  und 
nun  wie  gewöhnlich  verbrannt. 

Gehrenbeck2  hat  neuerdings  eine  Methode  vor- 
geschlagen, Wasserstoff  und  Stickstoff  zu  gleicher  Zeit  zu 
bestimmen,  indem  die  DuMASsche  Methode  zu  dem  Zwecke 
von  ihm  modifiziert  wird,  ein  Verfahren,  welches  von 
Kbhrmann  und  Messinger3  sehr  gelobt  wird. 

Nach  O'Sullivan4  sollen  bei  der  Stickstoff  bestimmung 
nach  Dumas  4 — 11%  der  Stickstoffs  als  Stickoxyd  aus 
der  Röhre  entweichen. 

Die  Methode,  auf  nassem  Wege  den  Stickstoff  quantitativ 
zu  bestimmen,  verdanken  wir  Kjeldahl.5  Das  Prinzip 
der  Methode  ist,  die  betreffende  Substanz  einige  Zeit  hin- 
durch mit  einer  reichlichen  Menge  konzentrierter  Schwefel- 
säure bis  auf  eine  dem  Siedepunkte  der  Säure  naheliegende 
Temperatur  zu  erhitzen,  und  zwar  unter  Zugabe  die  Oxy- 

1  Ann.  190.  124.  —  *  B.  22.  1694.  —  8  B.  24.  2172. 
4  B.  25.  R.  804.  —  6  Z.  A.  1883.  366. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  505 

dation  beschleunigender  Mittel,  das  nunmehr  vorhandene 
Ammoniak  abzudestillieren  und  titrimetrisch  zu  bestimmen. 

Über  die  zuzusetzenden  Mittel  herrscht  noch  keine 
allgemeine  Übereinstimmung;  das  ursprünglich  verwendete 
Kaliumpermanganat  ist  vom  Kupfersulfat  und  Queck- 
silber1 abgelöst  worden  u.  s.  w.  Neuerdings  schlägt 
Günning  2  das  Kaliumsulfat  vor,  dessen  Verwendung,  sowie 
die  des  Quecksilberoxyds  sehr  bequem  und  wirksam  ist, 
und  welche  beiden  Verfahren  hier  deswegen  speziell  wieder- 
gegeben werden  sollen.  G.  verwendet  ein  Gemenge,  welches 
er  durch  Zusammenschmelzen  von  1  Teil  K2S04  mit 2  Teilen 
gewöhnlicher  Schwefelsäure  erhält.  Die  Masse  ist  bei 
Zimmertemperatur  halb  fest,  schmilzt  aber  leicht  und 
kann  aus  erwärmten  Gefäfsen  bequem  ausgegossen  werden. 
500 — 1000  mg  des  zu  untersuchenden  Stoffes  werden  in 
einem  Kolben  von  ungefähr  300  ccm  Inhalt  —  in 
gröfseren  Kolben  kann  man  aber  leicht  viel  gröfsere 
Mengen  organischer  Stoffe,  z.  B.  100  g  Fleisch  u.  s.  w. 
zersetzen  —  mit  rundem  Boden,  kurzem  Hals  und 
möglichst  kreisrunder  Öffnung  mit  20 — 30  ccm  des 
Gemenges  auf  einem  BüNSENschen  Gasbrenner  erhitzt. 
Flüssigkeiten  werden  vorher,  nötigenfalls  unter  Zugabe  von 
etwas  Säure,  im  Kolben  zur  beginnenden  Trockne  gebracht. 

Zuerst  entsteht  ein  starkes  Aufschäumen,  während 
Säure  mit  viel  Wasser,  später  stärkere  Säure  entweicht. 
Dieser  Verlust  an  Säure  und  die  damit  verbundene 
Konzentrierung  der  Säure  im  Kolben  darf  natür- 
lich nicht  zu  weit  gehen.  Man  hat  aber  die  Regu- 
lierung vollkommen  in  seiner  Gewalt,  denn  wenn  dem 
Kolben  ein  genau  anschliefsender  Trichter  aufgesetzt  und 
dessen  Mündung  mit  einem  Uhrglase  verschlossen  wird, 
werden  die  Säuredämpfe  beinahe  vollkommen  kondensiert 
und  fliefsen  zurück. 

Benutzt  man  aber  nach  Arnold  und  Wedembybr8 
eine  Mischung  von  3  Teilen  Schwefelsäure  und  1  Teil 
Kaliumsulfat,  so  bleibt  das  starke  Schäumen  aus. 


1  Vergleiche  P.  Ar.  46.  581.  —  *  Z.  A.  1889.  189. 
3  P.  Ar.  52   590. 


506 


Einiges  über  Elements  ra  na]  yse. 


Sobald  der  Schaum  sich  zu  legen  anfängt, 
Apparat  eich  selbst  überlassen  werden,  und  wenn  man 
die  Flamme  so  reguliert,  dafs  die  verdampfende  Säure 
regelmässig  an  den  Wänden  zurück fliefst  und  die  daran 
haftenden  kohligen  Stoffe  herunterführt,  so  wird  das  Ziel 
in  möglichst  kurzer  Frist  erreicht.  Man  erhält,  wofern 
keine  färbenden  Metalloxvde  zugegen  sind,  ein  weife 
Produkt,  das  nach  dem  Erkalten  gelost  und  weiter  ver- 
arbeitet wird. 

Die  für  die  Zersetzung  erforderliche  Zeit  ist  nicht 
immer  dieselbe.  Oft  genügt  eine  halbe  Stunde,  bisweilen 
weniger;  mehr  als  l1/*  bis  2  Stunden  nimmt  die  Zer- 
setzung mit  dem  Säuregenienge  aber  niemals  in  Anspruch. 

Die  Beleganalysen  weisen  vorzüglich  stimmende 
Zahlen  auf. 

Mit  Quecksilberoxyd1  arbeitet  Verfasser  folgender 
Art :  In  einem  Kolben,  dessen  Kugel  oa.  600  com  Kapieitftt 
und  dessen  Hals  eine  Länge  vod  15  cm  hat,  bringt  man 
die  Substanz,  deren  Stickstoff  geh  alt  bis  zu  0.03  g  betrafen 
mag,  Zu  dieser  giebtman  7 — 8  ccm  einer  Schwefelsäure 
von  15%  SOa-Gehalt,  die  man  nicht  mit  der  Pipette 
aufsaugt.,  sondern  in  einem  Gläschen  abmifst,  und  fügt  dann 
noch  0.4  g  Quecksilberoxyd  zu.  Das  beim  Anwärmen  auf 
dem  Sandbade  eintretende  Schüumeu  legt  sieh  bald,  worauf 
bis  zum  Wasserhell  werden  der  Flüssigkeit  stark  erhitzt  wird. 

Wegen  der  namentlich  anfangs  infolge  der  Reduktion 
von  SOji  durch  die  organische  Substanz  entweichenden 
schwefligen  Säure  mufs  man  natürlich  nnter  einem  Ab- 
züge arbeiten. 

Die  Verarbeitung  flüssiger  Substanzen  findet  ganz  in 
derselben  Art  statt.  Giebt  man  z.  B.  10  ccm  Harn  in 
den  Kolben,  hernach  die  Schwefelsäure,  wobei  natürlich 
starke  Erwärmung  eintritt,  und  fügt  dann  Quecksilber- 
oxyd zu,  so  entweicht  beim  Erhitzen  so  viel  verdünnte 
Säure,  dafs  das  Zurückbleibende  in  Gegenwart  d« 
Quecksilberoxydes  die  organische  Substanz  völlig  zerstört, 
und  allen  Stickstoff  zugleich  in  Ammoniak  überführt. 


1  Nach  WlLFARTB,   C.  1888.   113. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  50? 

Dafert,1  welcher  sich  sehr  ausführlich  mit  der  Ver- 
wendbarkeit der  KjELDAHLsenen  Methode  beschäftigt  hat, 
kommt  zu  dem  Schlüsse,  dafs  sich  die  stickstoffhaltigen 
Körper  in  2  Klassen  teilen  lassen,  nämlich: 

1.  in  solche,  die  ohne  Vorbereitung  nach  der  Methode 
untersucht  werden  können; 

2.  in   solche,    welche  einer  Vorbehandlung   bedürfen. 
Zu  den  direkt  dem  K JBLDAHLschen  Prozefs  zugänglichen 

Körpern  gehören  nach  ihm:  alle  Amide  und  Ammonium- 
basen, die  Pyridin-  und  Chinolinkörper  (?),  die  Alkaloide, 
die  Bitterstoffe,  die  Eiweifskörper  und  verwandte  Sub- 
stanzen. Höchst  wahrscheinlich  gehören  auch  dielndol- 
abkömmlinge  hierher  u.  s.  w. 

Zur  zweiten  Gruppe  gehören,  allerdings  mit  einzelnen 
Ausnahmen,  alle  Nitro-,  Nitroso-,  Azo-,  Diazo-,  Hydrazo- 
tmd  Amidoazokörper,  die  Verbindungen  der  Salpetersäure 
und  der  salpetrigen  Säure,  die  Hydrazine  und  wahr- 
scheinlich auch  die  Cyanverbindungen. 

Für  Nitrokörper  empfiehlt  er  folgende  von  ihm  als 
die  rationellste  ermittelte  Behandlung: 

Man  löst  die  zu  analysierende  Verbindung  in  10  ccm 
Alkohol  (oder,  wenn  sie  sehr  widerstandsfähig  ist, 
unmittelbar  in  gewöhnlicher  englischer  Schwefelsäure), 
versetzt  mit  Zinkstaub  und  erwärmt  unter  Hinzufügen 
von  10  ccm  englischer  Schwefelsäure  bis  zur  völligen  Ver- 
jagung des  Alkohols.  Ist  dieselbe  erfolgt,  so  fügt  man 
10  ccm  des  von  Kreusler  empfohlenen  Säuregemisches 
aus  1  1  rektifizierter  konzentrierter  Schwefelsäure  und 
200  g  Phosphorsäureanhydrid  und  ein  wenig  Quecksilber 
zu  und  arbeitet  wie  bei  gewöhnlichen  Körpern.  Auf 
gleiche  oder  ähnliche  Weise  behandelt,  lieferten  auch  die 
von  Dafert  untersuchten  Nitrosokörper  und  ebenso  eine 
Azoxyverbindung  ganz  gute  Resultate. 

Nach  Chenel2  soll  man  Nitroverbindungen  für  die 
KjELDAHLsche  Methode  mit  Jod  und  Phosphor  redu- 
zieren.  Er  verfuhr  z.  B.  so  mit  dem  Nitronaphtalin,  das 


1  A.  Z.  1888.  224. 
*  B.  Par.  3.  7.  324. 


508 


Einiges  über  Elamentaranalyse, 


auf  diese    Art   zu    Naphtylamin    reduziert    sehr    genai 
Resultate  gab. 

Die    Methoden    zur    Salpetorsäurebestiniumng ' 
Kjbldahl  fallen  nicht  in  den  Rahmen  dieses  Buches 

Die  schließlich  bei  Verwendung  von  0.4  g  Qneck- 
silberoxyd  als  Oxydationsmittel  erhaltene  Flüssigkeit'  ver- 
dünnt  man  im  Kolben  durch  Zugabe  von  Wasser.  7m  der 
Losung  giebt  man  dann  80ccm  einer  25%igen  Natronlauge 
mit  der  "Vorsicht,  dalä  man  anfangs  nur  so  viel  zusetzt,  dals 
die  sehr  warme  Flüssigkeit  schwach  sauer  bleibt.  Nachdem 
sie  unter  der  Wasserleitung  abgekühlt  wordon  ist,  fügt 
man  erst  den  Rest  der  Lauge  zu,  weil  jetzt  die  Gefahr 
des  Entweichens  von  Ammoniak  aus  der  alkalischen 
Lösung  keine  grofse  ist.  Immerhin  arbeitet  man  rasch. 
Nachdem  man  noch  1 — 2  g  Zink  staub  in  den  Kolben 
gegeben,  die  daaStolsen  der  alkalischen  Flüssigkeit  während 
des  Kochens  völlig  aufheben,  treibt  man  nunmehr  das 
Ammoniak  über,  was  man,  indem  man  eine  halbe  Stunde 
auf  freier  Flamme  kräftig  kochen  läfst,  sicher  quantitativ 
erreicht,  ohne  dafs  die  Flüssigkeit  im  Kolben  übermfifsiit 
dick  wird,  wenn  man  den  neben- 
stehend abgebildeten  Apparat  dem 
Destillationskolben  aufsetzt,  durch 
den  auch  das  Überspritzen  alka- 
lischer Flüssigkeit  in  die  Vorlage 
völlig  unmöglich  wird.  Die  Länge 
dieses  Aufsatzes  beträgt  ca.  25  cm, 
sein  Durchmesser  im  weiten  Teil 
3,2  cm.  A  geht  durch  den  Stopfen 
des  Destillationskolbens,  während 
B  zum  Kühler  führt.  Die  untere 
seitliche  ürfnung  bei  A  zeigt  sich 
hierbei  von  ganz  besonderer  Wirk- 
samkeit. Ohne  dieselbe  werden  die 
zurücklaufenden  Tropfen,  welche  den  Gasen  den  Duich- 

1  Z.  A.  26.  92. 

*  Mit    der  GuNKiNuschen  Lösung    verfährt    i 
braucht  mau  mehr  Natronlauge. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  509 

gang  verwehren,  durch   die  ganze   Länge  des   Aufsatzes 

fortwährend  hin-  und  hergeschleudert,  während  nach  ihrer 

Anbringung  dieses  sofort  aufhört.     Der  Zinkstaub  kann 

hier  nicht  durch  Stückchen  granulierten  Zinks1  vertreten 

werden,  denn  wenn  auch  diese  das  Stofsen  der  siedenden 

alkalischen  Flüssigkeit   fast   eben   so   gut  beseitigen,   so 

.    sind   sie   doch   nicht  im   Stande,  jene  geringen  Mengen 

1    Stickstoff,  welche   das  Quecksilber  in  Form  amidartiger 

'.    Bindung  festhält,  von  ihm  zu  trennen,  während  diese  in 

"    Gegenwart  von  Zinkstaub  als  Ammoniak  mit  übergetrieben 

werden. 

Hat  man  viele  Stickstoffbestimmungen  auszuführen, 
so  benutzt  man  einen  flachen  blechernen  Kühler,  durch 
welchen  etwa  6  Kühlröhren  gleichzeitig  durchgeführt  sind. 
Da  die  zur  Verwendung  kommenden  Reagentien 
Schwefelsäure,  Natronlauge  u.  s.  w.  nicht  ganz  frei  von 
Stickstoff  sind,  bestimmt  man  diesen  Gehalt  ein  für  alle- 
mal und  zieht  ihn  von  den  erhaltenen  Resultaten  ab. 

Zu  diesem  Zwecke  bereitet  man  eine  für  eine 
grofse  Zahl  von  Analysen  ausreichende  Menge  von 
Reagentien  auf  ein  Mal,  und  führt  mit  ihnen  unter  An- 
wendung einer  stickstofffreien  Substanz,  z.  B.  Zucker, 
eine  Bestimmung  nach  Kjeldahl  aus,  die  dann  ihren 
Gesamtgehalt  an  Stickstoff  ergiebt. 

Das  Ammoniak  fängt  man  in  einer  Vorlage  auf,  als 
welche  eine  Flasche  oder  eine  PBLiGOTsche  Röhre  dienen 
kann,  die  man  mit  Wasser  beschickt,  dem  man  etwas 
mehr,  als  dem  zu  erwartenden  Ammoniak  entspricht, 
ftn  Vio  Normalschwefelsäure,  also  etwa  zwischen  25  und 
50  ccm,  zufügt.  Jeder  ccm  von  ihr  zeigt  natürlich 
0.0014  g  Stickstoff  an.  Die  überschüssig  vorgelegte  Menge 
titriert  man  mit  Vio  Normalnatronlauge  zurück. 

Als  Indikator  verwende  manMAYSsche2  Lackmuslösung, 
die  man  folgender  Art  erhält:  100  g  Lackmus  werden 
ohne  vorheriges  Pulvern  mit  700  ccm  Wasser  zum  Kochen 
erhitzt,  und  dieses  wird  alsdann  abgegossen.  Der  Rück- 
stand   wird   nochmals   mit  300  ccm  Wasser  aufgekocht. 


1  P.  Ar.  52.  591.  —  »  Z.  A.  25.  402. 


510 


Einiges  über  Elementir»n*lyie. 


Die  vereinigten  Auszüge  läfst  man  \—2  Tage  abeit 
säuert  dann  deren  JTiltrat  mit  Salzsäure  an  und  dialysie 
lange,  bis  im  Wasser  keine  Salzsäure  mehr  naobzuweisen 
ist,  was  man  bei  öfterem  Wasser Wechsel  im  Laufe  von 
8  Tagen  erreicht.  Die  Losung  bewahrt  man  in  einer  mit 
einem  Wattebausch  v erschlossenen  Flasche  auf.  Sie  setzt 
im  Laufe  von  Monaten  immer  wieder  feste  Substanzen  ab, 
von  denen  sie  abfiltriert  wird,  bleibt  aber  jahr^laojj 
gegen  Säuren  und  Alkalien  änfserst  empfindlich. 

Nach  L.  L'Hötbs1  vergleichenden  Versuchen  zwischen 
der  WiLL-VARRENTRAPPscheu,  DcMASschen  und  Kjeldahl- 
schen  Methode  traten  Differenzen  zwischen  den  Resultaten 
nur  auf,  wenn  bei  der  letzteren  die  Schwefelsäure  selbst 
nach  lVitägigem  Erhitzen  noch  gefärbt  erschien.  Die 
Differenz  soll  von  einer  geringen  Verfluch tignng  von 
Ammonsulfat  während  der  langen  Dauer  der  Operation 
herrühren. 

Leider  ist  nichts  vollkommen  in  der  Welt,  selbst 
nicht  diese  so  vollkommene  Methode  für  Stickstoff- 
beetimmungen,  denn  GbüNHages2  teilt  mit,  dals  sie 
bei  Stickstoff  best  immungen  im  Methylendiparatoluidin, 
«-,„    ^NH.C,H,.CH,        ,    -,  ,     .  .      ,       r, 

OHi<,|XT  n  fr     pu      nnd    lflm    nahestehenden    Basen, 

deren  Stickstoffgehalt  mit  Leichtigkeit  in  Ammoniak  über- 
gehen sollte,  versagt.  Zuerst  wurden  dieselben  nach  der 
DüMASsehen  Methode  ausgeführt,  wobei  aber  immer  zu 
wenig  Stickstoff  gefunden  ward.  Dies  mochte  daran 
liegen,  dafs  die  beim  Verbrennen  mit  Kupferoxyd  zurück- 
bleibende Kohle  Stickstoff  zurückhält.  Auch  bei  der 
Verbrennung  der  Substanz  im  Sauerstoffstrom  war  es 
nämlich  sehr  schwer  gewesen,  die  letzten  Partikelohen 
graphitartig  abgeschiedener  Kohle  zu  verbrennen.  Aber 
auch  die  Bestimmungen  nach  Kjeldahl  gaben  reichlich 
3  %  Stickstoff  zu  wenig.  Nur  die  Methode  von  WlU. 
und  Varrentrapp,3  also  die  Verbrennung  der  Substani 
mit  Natronkalk,  lieferte  ein  mit  der  Berechnung  über- 
einstimmendes Resultat. 


1  Cr.  1889.  817,  —  «  Ann.  256,  289  u.  298.  ~  *  Am 


Einiges  über  Elementaranalyse.  511 

Amidoguanidinderivate  geben  Dach  Thiele1  ebenfalls 
nach    Kjeldahl    nur    einen  Teil    ihres    Stickstoffs    her, 

m N 

speziell  die  Amidotetrazotsäure  H9N — CC  I        nur 

2  XNH— N 

etwa  den  fünften  Teil. 

Chlor,  Brom  und  Jod  weist  man  qualitativ  so  nach, 
dafs  man  die  betreffenden  Substanzen  mit  Kalk  glüht, 
wobei  das  Halogen  sich  mit  diesem  verbindet  und  nun- 
mehr in  gewöhnlicher  Art  erkannt  werden  kann.  Körper 
aber  wie  Monochlorbenzol,  Monochlortoluol,  lassen  sich 
nicht  leicht  durch  Kalk  zersetzen. 

Viel  empfindlicher  und  mit  viel  weniger  Substanz  ist 
das  von  Beilstein2  angegebene  Verfahren  ausführbar. 

Zum  Nachweis  der  Halogene  erhitzt  man  nach  ihm 
die  Verbindung  mit  reinem  Kupferoxyd,  das  sich  im  Öhr 
eines  Platindrahtes  befindet,  zuerst  in  der  inneren,  dann 
in  der  äufseren  Flamme  des  BüNSENbrenners.  Grün- 
färbung zeigt  die  Anwesenheit  von  Halogenen  an,  und 
deren  Dauer  gestattet  einen  Schluls  auf  ihre  ungefähre 
Menge. 

Die  Reaktion  gelingt  auch  mit  so  leichtflüchtigen 
Körpern,  wie  Jodmethyl  und  Chloroform. 

Quantitativ  bestimmt  man  die  Halogene  entweder 
durch  Glühen  mit  Kalk  im  offenen  Rohre  oder  durch 
Erhitzen  mit  Salpetersäure  im  EinschluJsrohre,  seltener 
nach  einer  anderen  von  den  vielen  vorgeschlagenen 
Methoden. 

Für  ersteres  Verfahren  bringt  man  in  ein  ziemlich 
enges  Rohr  aus  schwer  schmelzbarem  Glase  etwas  Atzkalk, 
der  chlorfrei  sein  mufs,  darauf  die  mit  Kalk  gemischte 
Substanz  und  nun  wieder  Ätzkalk.  Die  Länge  des  ein- 
seitig zugeschmolzenen  Rohres  betrage  etwa  40  cm. 
Nach  dem  Glühen,  mit  dem  man  vom  offenen  Ende  aus 
beginnt,  und  Erkalten  löst  man  den  Inhalt  in  verdünnter 
Salpetersäure  und  bestimmt  die  Halogene,  wie  üblich. 


1  Ann.  270.  56.  —  2  B.  5.  620. 


Einige a  über  Elenientsraualj-se. 

Da  jodhaltige  Körper  zur  Entstehung  von  Jodsäurt 
oder  freiem  Jod  Veranlassung  geben,  giebt  man,  wenn 
es  sich  um  solche  handelt,  vor  dem  Silbernitrntzusatz 
etwas  schweflige  Säure  zu. 

Die  Verwundung  der  Salpetersäure  im  Einscüluferohre 
rührt  von  Camus1  her. 

Flüssigkeiten  und  alle  Körper,  auf  die  Salpetersäure. 
die  womöglich  das  spezifische  Gewicht  1.5  —entsprechend 
etwa  90%  HNO,,  —  habe,  heftig  einwirkt,  wägt  mau  in 
Röhrchen  von  etwa  10  cra  Länge  ab  und  giebt  diese  ab 
solche  in  das  Einschmelzrohr.  Dieses  bestehe  aus  Kali- 
glas, sei  0.45  bis  0.5  in  lang  (es  kann  dann  zu  4  bis  Ü 
dienen),  habe  eine  innere  Weite  von  13  mm 
und  eine  Wandstärke  von  1.5  bis  2  mm.  Man  verwendet 
0.2  bis  0.3  g  Substanz,  für  welche  3 — 4  g  Säure  genügen 
Für  Körper  der  aliphatischen  Reihe  genügt  eine  Tempe- 
ratur von  150 — 200";  für  solche  der  aromatischen  Reibe 
geht  man  während  IV*  Stunden  bis  250—260°.  Vxa 
das  vorhandene  Halogen  sofort  zu  binden,  giebt  man  mit 
der  Substanz  zugleich  etwas  mehr  festes  Silbernitrat  als 
theoretisch  hierfür  notwendig  ist,   in  die  Röhre. 

Hat  man  Flüssigkeiten  aus  irgend  welcher  Ursache 
in  Kügelchen  abgewogen,  so  müssen  diese,  welche  schliefs- 
lioh  mit  dem  Halogensilber  mitgewogen  werden,  aus 
schwer  schmelzbarem  Glase  sein,  da  solche  aus  Natron- 
glas nach  TollEns*  so  viel  Alkali  während  des  Erhitzens 
an  die  Salpetersäure  abgeben,  dafs  daraus  ein  beträcht- 
licher Fehler  entsteht. 

Da  Jodsilber  Silbemitrat  hartnäckig  zurückhält,  mufs 
es,  bevor  es  aufs  Filter  gebracht  wird,  erst  einige  Male 
mit  Wasser  ausgekocht  werden. 

Enthält  eine  organische  Verbindung  mehrere  Halogene, 
so  erfolgt  deren  Trennung  und  Bestimmung  sehliebSflli 
ganz  in  der  Art  der  anorganischen  Analyse. 

Neuerdings  wird  auch  wieder  häufiger  die  von  Schiff* 
modifizierte  PntiAsche  Methode  benutzt,  bei  der  man 
offenen  Gefäfs  arbeitet. 


md  B.  3.  1 


1,  95. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  513 

Man  wägt  die  Substanz,  welche  Chlor  oder  Brom 
enthalten  darf  und  nicht  zu  flüchtig  sein  soll,  in  einem 
Platintiegel  von  etwa  Fingerhutgröfse  ab,  füllt  den  Tiegel 
mit  einem  Gemenge  von  1  Teil  wasserfreiem  Natrium- 
karbonat und  4 — 5  Teilen  Kalk  und  stellt  nun  den 
kleinen  Tiegel  in  einen  größeren  so  mit  der  Öffnung 
nach  unten,  dafs  er  auf  den  Boden  des  aufrechtstehenden 
gröfseren  zu  stehen  kommt;  der  ringförmige  Zwischen- 
raum zwischen  beiden  wird  gleichfalls  mit  der  Zersetzungs- 
masse ausgefüllt. 

Erwärmt  man  hierauf  mit  einer  Spitzflamme,  so  erreicht 
man  es  sicher,  dafs  ein  Teil  der  Masse  bereits  glüht, 
wenn  die  Substanz  sich  zu  zersetzen  anfängt.  Eine 
Analyse  erfordert  etwa  14  g  Zersetzungsmasse,  welche 
sich  schliefslich  leicht  vom  gröfseren  Tiegel  ablöst. 

Für  jodhaltige  Körper  darf  man  nur  Natriumkarbonat 
allein  als  Zersetzungsmasse  verwenden,  weil  bei  Gegen- 
wart von  Kalk  das  schwer  weiter  zu  behandelnde  Oalcium- 
jodat  sich  bildet. 

Schwefel. 

Qualitativ  weist  man  die  An-  oder  Abwesenheit  von 
Schwefel  wohl  am  besten  nach  Vohl1  oder  nach 
Horbaczewski2  nach,  indem  man  die  zu  untersuchende 
Verbindung  nach  ersterem  mit  Natrium  erhitzt,  alsdann 
in  Wasser  löst,  Nitroprussidnatriumlösung  zufügt,  worauf 
die  blauviolette  Färbung  den  Schwefel  anzeigt. 

H.  konstatierte  die  Abwesenheit  von  Schwefel  speziell 
im  Elastin  folgender  Art :  2  g  Substanz  wurden  in  konzen- 
trierter kochender  Kalilauge  gelöst  und  in  die  erkaltete 
Lösung  Chlor  im  Überschuß  eingeleitet.  Nach  dem 
Übersättigen  mit  Salzsäure  wurde  gekocht,  bis  sich  kein 
Chlor  mehr  entwickelte,  und  dann  heilB  mit  Chlorbaryum- 
lösung  versetzt.  Als  sich  selbst  nach  48  Stunden  keine 
Spur  einer  Trübung  zeigte,  war  sein  Nichtvorhandensein 
erwiesen. 

Aus  den  Ergebnissen  dieser  Methoden  ist  nicht 
zu  ersehen,   in  welcher  Form  der  Schwefel   in   der  Ver- 

1  Z.  A.  1863.  442.  —  *  Z.  6.  331. 

Lnssar-Cohn,  Arbeitsmethoden.     2.  Aufl.  33 


514  Einiges  über  Elementaranalyse. 

bindung  enthalten  ist.      Um    das    zu   entscheiden,    prüft 
man  nach  Vohl  mit  folgender  Lösung:1 

Man  vermischt  1  Volumen  Wasser  mit  2  Volumen 
reinem  Glycerin  in  einer  Kochflasche,  erhitzt  zum  Sieden 
und  setzt  frisch  bereitetes  Kalkhydrat  in  kleinen  Mengen 
so  lange  zu,  bis  die  Flüssigkeit  vollständig  damit  gesättigt 
ist.  Alsdann  giebt  man  frisch  bereitetes  Bleioxydhydrat 
oder  auch  Bleiglätte  im  Überschuhs  zu  und  läfst  einige 
Minuten  schwach  aufkochen.  Die  erkaltete  Flüssigkeit 
giefst  man  vom  Bodensatz  ab  und  bewahrt  sie  vor  Kohlen- 
säure geschützt  auf. 

Werden  mit  dieser  Flüssigkeit  Substanzen  erhitzt, 
welche  den  Schwefel  als  solchen  enthalten,  wie  Haare, 
Taurin  etc.,  so  werden  diese  Verbindungen  durch  aus- 
geschiedenes Schwefelblei  sofort  schwarz ;  enthält  aber  der 
Körper  den  Schwefel  in  der  Form  von  Sauerstoffverbin- 
dungen, so  tritt  keine  Reaktion  ein. 

Die  quantitative  ^Bestimmung  des  Schwefels  wird 
meist  nach  Carius'2  Salpetersäuremethode,  ganz  wie  sie 
für  die  Halogene  beschrieben  wurde,  ausgeführt.  Nur 
wenn  es  sich  um  Sulfosäuren  aromatischer  Körper  handelt, 
mufs  bis  300°  erhitzt  werden. 

Um  Springen  der  Röhren  zu  vermeiden,  läfst  man  in 
solchen  Fällen,  nach  dem  Erhitzen  auf  200°,  erkalten, 
öffnet  das  Rohr,  um  die  bereits  gebildeten  Gase  heraus- 
zulassen, und  beendigt  nach  erneutem  Zuschmelzen  die 
Bestimmung  nun  erst  bei  der  hohen  Temperatur.  Die 
schliefslich  vorhandene  Schwefelsäure  wird  als  Baryum- 
sulfat  gewogen. 

Nach  Höland3  oxydiert  man  den  zu  untersuchenden 
Körper  mittelst  mäfsig  konzentrierter  Salpetersäure  im 
zugeschmolzenen  Rohr.  Die  Methode  verdient  nach  ihm 
mit  vollem  Recht  als  die  zuverläfsigste  genannt  zu  werden, 
wenn  es  darauf  enkommt  leicht  oxydierbare,  nicht  zu 
kohlenstoffreiche    Körper    zu    untersuchen.      Bei    schwer 

1  B.  9.  876,  —  ■  Ann.  116.  1. 

3  Ch.  Z.  1893.  99.  Höland  hat  bei  dieser  Gelegenheit  auch 
alle  sonst  bekannt  gewordenen  Methoden  der  Schwefelbestimmung 
nochmals  geprüft. 


Einiges  über  Elementaranalyse.  515 

oxydierbaren  oder  bei  Körpern,  die  sich  durch  einen 
hohen  Kohlenstoffgehalt  auszeichnen,  läfst  sie  nach  ihm 
im  Stich.  So  glatt  die  Erwärmung  im  Wasserbade  von 
sich  geht,  so  schwierig,  ja  unmöglich  ist  es  höhere 
Temperaturen  auf  die  Rohre  wirken  zu  lassen,  ohne  dafs 
eine  Zertrümmerung  derselben  eintritt.  Vorsichtiges  Er- 
hitzen von  Grad  zu  Grad  liefs  diesen  Übelstand  nicht 
beseitigen.  Offenbar  tritt  eine  zu  rapide  Zersetzung,  also 
Kohlensäureentwickelung  ein,  welche  die  Rohre  trotz 
öfteren  Offhens  sprengt. 

Gabriel1  mufste    für    die    Schwefelbestimmung     im 

CHg — Sv 
iit-Methylmerkapto-c-thiazolin  |  ^0 .  S .  CH3,  welches 

CH2— N^ 
48.12%  Schwefel  enthält,  so  verfahren,  dafs  er  die  Substanz 
mit  rauchender  Salpetersäure  3  Stunden  auf  200°  erhitzte, 
die  erhaltene  Flüssigkeit  eindampfte,  mit  Pottasche  ab- 
sättigte, eindunstete  und  mit  Soda  und  Kaliumchlorat 
verschmolz.  TJnterliefs  er  das  Verschmelzen,  so  war 
nur  etwa  die  Hälfte  des  Schwefels  in  Schwefelsäure  ver- 
wandelt (25.04  %  Schwefel),  die  andere  Hälfte  offenbar  in 
die  sehr  beständige  Methansulfosäure  übergegangen.  In 
ähnlicher  Art  ist  das  Verfahren  bereits  von  Arendt2  für 
die  Bestimmung  des  Schwefelgehaltes  in  veraschten  orga- 
nischen Substanzen  vor  langer  Zeit  beschrieben  und 
empfohlen  worden. 

Den  Schwefelgehalt  nicht-flüchtiger  Verbindungen 
kann  man  natürlich  stets  durch  Verschmelzen  mit  Kalium- 
chlorat, oder  Salpeter  und  Kaliumkarbonat,  in  schwefel- 
saures Salz  überführen  und  in  dieser  Form  alsdann 
bestimmen. 

Nach  Messinger3  führt  bei  den  meisten  (aber  nicht 
bei  allen)  weniger  flüchtigen  schwefelhaltigen  Verbindungen 
auch  folgendes  Verfahren  zum  Ziel: 

Die  abgewogene  Verbindung  wird  mit  IV2 — 2  g 
Kaliumpermanganat  und    V2  g    reinem   Kaliumhydroxyd 

x  B  22.  1154. 

2  Wachstum  der  Haferpflanze.  Leipzig.  1857.  Seite  28. 

8  B.  21.  2914. 

33* 


516  Einiges  über  Elementaranalyse. 

in  einen  Kolben  von  V2  1  Inhalt  gebracht,  der  einen 
Rückflufskühler  trägt.  Dnrch  die  obere  Mündung  dieses 
werden  25  bis  30  com  Wasser  in  den  Kolben  gegossen, 
und  hierauf  wird  2 — 3  Stunden  erhitzt.  Nach  dem 
Erkalten  der  Flüssigkeit,  die  am  Ende  der  Operation 
schwach  rot  gefärbt  sein  soll,  wird  nach  und  nach  kon- 
zentrierte Salzsäure  durch  den  Kühler  gegossen  und  nach 
beendeter  Gasentwickelung  so  lange  wiederum  erwärmt, 
bis  die  Flüssigkeit  klar  erscheint.  Man  spült  nun  den 
Inhalt  des  Kolbens  in  ein  Becherglas  und  fällt  die 
Schwefelsäure  mit  Chlorbaryumlösung,  die  man,  um  das 
Baryumsulfat  in  leicht  filtrierbarer  Form  zu  erhalten, 
siedend  zur  siedenden1  auszufällenden  Flüssigkeit 
giebt. 

Auch  läfst  sich  der  Schwefel  vieler  Substanzen  so 
oxydieren,  dafs  man  sie  in  Eisessig  löst,  und  nun  in 
kleinen  Mengen  Permanganat  zugiebt,  bis  die  Einwirkung 
eine  vollständige  geworden  ist. 


1  Siehe  Lunge,  Sodaindustrie.  Braunschweig.  1879.  1.  93. 

Hammarsten  hat  eine  gröfsere  Anzahl  von  auch  sonst  empfohlenen 
Methoden  der  Schwefelbestimmung  einer  vergleichenden  Unter- 
suchung unterzogen,  eine  Arbeit,  welche  im  Original  (Z.  9.  273) 
eingesehen  werden  mufs. 


Nachtrag. 

Die  auf  Seite  33  abgebildete  Sicherheitsvorrichtung 
an  Wasserluftpumpen  liefert  jetzt  das  glastechnische  In- 
stitut von  Max  Stuhl,  Berlin  NW.  Philippstr.  22,  mit 
der  Abänderung,  dafs  als  Ersatz  der  Kautschukverbin- 
dungen die  Glasröhren  direkt  mit  einander  verschmolzen 
sind.  Hierdurch  hat  sich  die  Montierung  des  Apparates 
auf  ein  schmales  Brett  ermöglichen  lassen. 


Sachregister. 


Acet  chlor  essigester  197. 
Aceton  60. 

—  dikar bonsäure  262. 
Acetophenonacetylessigsäure 

487. 
Acetylchlorid  77.  184.  190. 

—  gruppe,  Abspaltung  der  491. 
Acetylieren  77, 

Äther  1.  60.  62. 

—  Absoluter  135. 

—  explosionen  72. 

—  schwefelsaure     Salze      269. 
480.  484. 

Äthion säureanhydrid  482. 

—  chlorhydrin  483. 
Athylacetbernsteinsäureester 

486. 

—  karbostyril  322. 
..—  nitrit  262. 

Äthylenchlorobromid  147.  216. 
Athylidenbromid  159. 

—  glykoldinaphtylester  310. 
Äthylindoxylsäureester ,        Ver- 
seifung des  487. 

Äthylnitrolsäure,  Reduktion  der 

457. 
.—  sulfosaures  Baryum  479. 
Ätzbaryt,  Darstellung  des  132. 
Aldehyde,    Darstellung    aroma- 
tischer 368. 
Alizann  274 

Alkaloide  207.  226.  228.  231 
Alkohol  60.  62. 

—  Absoluter  131.  134. 


Alkoholische   Kalilauge  als  Re- 
duktionsmittel 411. 
Aluminium  151.  411. 

—  chlorid    für    Kondensation 
281. 

—  für  Verseifung  492. 

—  Jodid  206. 
Ameisensäureester   für  Konden- 
sation 357. 

Amidoacetanilid  413. 

—  benzol  439. 

—  diäthylresorcin  455. 

—  dichlorbenzaldehyd  415. 

—  dimethylanilinthiosulfosäure 
484. 

Amidonaphtol  453. 

—  phenylglyoxylsäure  416. 

—  phenylpropiolsäure  415. 

—  säuren,  Abscheidung  der  416. 

—  zimmtsäureester  456. 
Amine,  Nitrierung  der  328. 
Ammoniak,    Entwicklung     im 

Einschlufsrohr  48. 

—  für  Kondensation  288. 

—  Reduktion  411. 

—  Wirkung  auf  Ester  493. 
Ammoniakalische     Silberlösung 

405. 
Ammonsulfit,     Darstellung    des 

430. 
Amylalkohol  1.  5.  64. 

—  chlorid  170. 
Anilin  412. 

—  Oxydationsprodukte  des  353. 


518 


Sachregister. 


Anilin  Jodid  199. 
Anisil  383. 

Antimonchlorid    für  Chlorüber- 
tragung  175.  184. 

—  für  Kondensation  289. 
Anthracen  445. 

—  hydrüre  421.  423. 
Anthrachinon8ulfosaures  Kalium 

274. 
Arginin  227. 

Arsenige  Säure  248.  425. 
Arsensäure  254. 
Asbestfilter  56. 
Atomigkeit  höherer  Fettalkohole, 

Bestimmung  der  391. 
Aurintrikarbonsäure  314. 
Aussalzen  69. 
Ausschütteln  1. 
Autoklaven  43. 
Azobenzol  254.  410.  411.  427. 

—  farbstoffe    als    Indikatoren 
229.  470. 

—  phenol  277. 

—  toluol  450. 
Azoxybenzol  451.  463.  482. 

Bader  11. 
Baryumoxydhydrat  289. 

—  sulfocyanid,  Löslichkeit   in 
Alkohol  11. 

—  superoxyd  385. 

Basen,  Affinitätsgröfse  der  221. 
Benzamid  284.  407. 
Benzfuril  383. 
Benzidinmonosulfosäare        470. 

482.  483. 
Benzoesäureisopropylester    257. 
Benzol  1.  60. 

—  Verunreinigung  des  65. 

—  sulfinsäure  285. 

—  sulfonieren  89. 

—  sulfosaure  466.  469. 

—  trisulfosäure  275.  475. 
Benzophenon  355. 
Benzopinakon  444. 

Benzotri chlorid  für  Kondensation 

290. 
Benzoylaceton  300. 

—  aldehyd  301. 


Benzoylbenzoesaure  320. 

—  brenztraubensäureester  147. 

—  bromid  158. 

—  chlorid  163.  198. 

—  fluorid  217. 

—  gruppe,  Abspaltung  der  491. 

—  hyperoxyd  355. 

—  ieren  79.  268. 

—  Jodid  214. 
Benzpinakolin  324. 
Benzylalkohol  435. 
Bernsteinsäureester  260. 
Beschlagene  Retorten  25. 
Blausäure- Addition  289. 

—  Auftreten   bei  Oxydationen 
408. 

—  al8Kondensation8mittel290. 
Bitterstoffe,  Gewinnung  von  54. 
Bleiacetat  zum  Entfärben  55. 
Bleiessig  zum  Entfärben  55. 
Bleioxyd  355. 

—  hydrat  398.  455. 

—  superoxyd  355. 
Blutkohle  56. 

Boraxlösung  als  Lösungmittel  81 . 
Bortrijodid  213. 
Braunstein  161.  356. 

Brom  136.  357. 

—  Bestimmung  510. 

—  anil  143. 

—  äthyl  152.  216. 

—  äthylbernsteinsäureanhydrid 
138. 

—  benzoesäure  139. 

—  benzol  149.  160. 

—  benzylbromid  141. 

—  bernsteinsäure  153. 

—  buttersäurechlorid  141. 

—  brenztraubensäure  145. 

—  chinolin  158. 

—  cymol  147. 

—  dichloräthan  185. 

—  essigsaure  144. 

—  hydrin  156. 

—  hydrozimmtsäure  156. 
Bromieren  136. 

—  aromatischer      Sulfosäuren 
147. 

Bromkalk  159. 


Sachregister. 


519 


Bromlävulinsäure  145. 

—  natrium,      Löslichkeit     in 
Alkohol  11. 

—  nitrobenzol  150. 

—  nitromethan  148. 

—  piperidin  159. 

—  saure  364. 

—  Übertrager  149. 

—  wasser  146. 

—  wasserstoffgas  136.  156. 
Butter8äurepropyle8ter  261. 
Butylidenbromid  159. 
Butyljodid,  tertiäres  209. 

Calciumjodid  für  Jodierung  213. 

—  salze,  Verschmelzen  von  276. 
Cerotinsäure  391. 

Chinaldin  309. 
Chinhydron  442. 
Chinit  435. 
Chinolin  302.  315.  322. 

—  disulfosäure  472. 

—  sulfosäure  467. 
Chinon  387. 
Chlor-Darstellung  161. 

—  Bestimmung  510. 

—  acetanilid  185. 

—  acetessigester  197. 

—  acetylen  165. 

—  äthyl  169.  170.  216. 

—  ameisensäureester  288. 

—  anil  362. 

—  anilin  aus  Nitrobenzol  456. 

—  benzoesäure  171.  174. 

—  benzol  171.  182.  191.   192. 
193. 

—  brombenzoesäure  145. 

—  bromtoluol  176. 

—  calcium  3.  126.  129.  290. 

—  essigsaure  190. 
Chlorieren  160. 

—  jod  212.  363. 

—  kalk  185.  363. 

—  nitrobenzol  175. 
Chloroform  1.  60.  65. 

—  Darstellung  187. 
Cblorphenol  162.  187. 

—  Propionsäure  168. 

—  resorcin  197. 


Chlorsäure  364. 

—  schwefel  189. 

—  toluol  193. 

—  tropasäure,  Beduktion    der 
451. 

—  Überträger  174. 
Chromoxydul  411. 

—  säure  364. 
Chromylchlorid  368. 
Chrysen  40.  423. 
Cinchoninsulfosäure  301. 
Coniin  231.  244. 
Cyankalium  11.  292. 

Dampfdichte  nach  H  o  f  m  a  n  n  89. 

V.  Meyer  85.  91.  95. 

Meyer  undDemuth  99. 

Dämpfe,      Durchleiten      durch 

glühende  Röhren  39. 
Darstellung  von  Salzen  220. 
Destillation  13. 

—  Fraktionierte  16.  20. 
im  Dampfstrom    28.  37. 

—  im  Wasserdampfstrom  26. 

Alkoholdampfstrom    28« 

Ätherdampfstrom  29. 

überhitzten  Dampfstrom 

27. 

luftverdünnten     Baume 

32. 

—  Sicherheitsvorrichtung    für 
35.  516. 

—  Trockene  29.  32. 

—  unter  Überdruck  41. 
Diacetbernsteinsäureester,     Ver- 
seifung des  487. 

Diäthylkarbinol  317. 
Dialyse  82. 
Diamidodibenzylanilin  459. 

—  hydrozimmtsäure  457. 
Diazoäthansulfosaures      Kalium 

255. 

—  benzolnitrat  250. 

—  tieren  191.  193.  209.  247. 
Dibenzoylmethan  300. 

—  hydrochinon  286. 
Dibenzylkarbinol  432. 
Dibromanthranilsäure  139. 

—  collidin  148. 


520 


Sachregister. 


Dibromdinitromethan  351. 

—  sulfanilsäure  142. 
Dichloracetanilid  186. 

—  äthylamin  186. 

—  amidoessigsäureester  183. 

—  benzil,  Reduktion  des  413. 

—  benzoesäure  184.  185. 

—  hydrin  189. 

—  isochinolin  194. 

—  methan  185. 

—  naphtöchinon  166. 

—  nitroanilin  167. 
Dicyanstilben  139. 
Dihydrobenzaldehyd  406. 
Diisopropylglycol  293. 
Dijodacetamid  201. 

—  aceton  213. 

—  acetylen  208. 

—  akrylsäure  208. 

—  anilin  212. 

—  benzol  206. 

—  kresol  213.  - 

—  phenol  200. 

—  phenylpropiolsäure  205. 
Dimethylakrylsäureester  307. 

—  antbracen  449. 

—  chinolin  308. 

—  diphenol  311. 

—  karbinol  317. 

—  oxalsäureester  317. 
Dinitroanilin  441. 

—  anthrachinon  463. 

—  azoxybenzol  461. 

—  benzidin  342. 

—  dikresol  345. 

—  diphenyl  339. 

—  heptylsäure  458. 

—  hydrochinon  331. 

—  methyl anilin  336. 
.  —  naphtol  333. 

—  propan  350.  457. 

—  pyren  246. 

—  toluidin  441. 
DioxynaphtaHndisulfo8äure  276. 
Diphenol  377. 

Diphenyl  289. 

—  diacetylen  376.  385. 

—  essigsaure  324. 

—  karbinol  444. 


Diphenylenphenylmethan  306. 
Diphenylketon  306. 

—  methan  324. 

—  phenylendiamin  324. 

—  Propionsäure  313. 
Disulfobenzoesäure  473. 
Dithymolphenylmethan  313. 
Doppelbad   für    Schmelzpunkts- 
bestimmungen 119. 

Doppelsalze  229. 

Einflufs    des     Lichts    auf  Bro- 
mierungen  140. 

—  —  auf  Kondensationen  280. 
Einschlufsröhren  43. 

—  Bestimmung  des  Drucks  in 

—  Entleeren  der  46. 

—  Entwickeln  von  Cl  und  NH, 
in  47. 

—  Offnen  der  45. 

—  Vermeiden  von  Explosionen 

Eisen  151.*  176.  411. 

—  bromür  151. 

—  chlorid  174.  371. 

—  chlorür  414. 

—  jodür  205. 

—  oxydhydrat  372. 

—  oxydulsulfat  415. 
Eisessig  für  Kondensation  290. 

—  Kondensierende      Wirkung 
des  ZnCl2-haltigen  322. 

—  für  Krystallisation  66. 

—  als  Lösungsmittel  9. 
Eiweifsstoffe  69.  75.  462. 
Elementaranalyse  494. 
Entfärben  von  Flüssigkeiten  53. 
Entwässern  „  „  125. 
Essigester  1.  60.  259. 
Essigsäure  60. 

Essigsaures  Chlor  189. 
Estergewinnung  256. 
Etardsche  Eeaktion  368. 
Explosionsofen  50. 
Explosive  Salze  245. 
Exsiccatoren  126. 

—  Heizbare  128. 

—  mit  Paraffinbeschickung  129. 


Sachregister. 


521 


Extraktionsapparat  nach  Farn- 
steiner 70. 

—  —  Neumann  7. 

—  —  Reinsch  71. 

—  —  Schwarz  8. 

—  mittel  70. 

Farbstoffe,  Gewinnung  mancher 
durch  Fällungsmittel  54.  56. 

Fäulnis,  Chemische  Wirkung  der 
277. 

—  bakterien,  Filter  für  58. 
Fenchylchlorid  179. 
Ferrocyankalium,   Fällung    von 

Basen  durch  228. 
Fette  Verseifung  der  488. 
Filtrieren  56. 

Fittigsche  Synthese  294. 
Fluoräthyl  217. 

—  ieren  217. 

—  naphtalin  219. 

—  oform  218. 
Formaldehyd  385.  417. 
Formylieren  79. 
Fuchsin  354.  391.  394. 
Furfurylidenaceton  301. 

Gasdruckregulator  51.  111. 

Gentisin  271. 

Glühende   Köhren,    Durchleiten 

von  Dämpfen  durch  39. 
Glukonsäure  360.  361.  395. 
Glutarsäure  422. 
Glycerinaldehyd  359.  401. 

—  säure  399. 
Glycerose  359. 
Glykolsäure  395.  405. 
Golddoppelsalze  234. 

Hempelsche  Siederöhre  20. 
Heptylsäure  422. 
Hexaäthylbenzol  285. 

—  brombenzol  150. 

—  chlorbenzol  168. 

—  chlorxylol  183. 

—  hydrobenzoesäure  434. 

—  hydroterephtalsäure  418. 

—  methylparaleukanilin  319. 


Hexaäthyloxyanthrachinon   404. 

—  oxydiphenylmethandikarbon- 
säure  310. 

Hexyljodid  210. 
Hydrochinon  388. 

—  ester  270. 
Hydrokollidinkarbonsäuree8ter 

279    396 
Hydroxylamin    278.    372.    417. 
452.  457. 

Indigo  273.  341. 

—  disulfosäufe  473. 
Indolderivate  320. 
Indoxanthinsäureester ,         Oxy- 
dation des  371. 

Indoxylsäureester  371. 

—  Verseifung  des  487. 
Isatinchlorid  178. 

—  säure  416. 
Isoamylmalonsäure  488. 

—  chinolin  194.  446. 

—  dialursäure  361. 

—  dinaphtyl  289. 

—  propylbromid  141. 

—  propyljodid  209. 

Jod  als  Halogenüberträger  1497 
173. 

—  Addition  an  Alkaloide  207. 

—  Nachweis  u.  Bestimmung  50. 

—  Wiedergewinnung  267. 

—  acetanilid  212. 

—  äthyl  203.  204.  216. 

—  aldehyd  201. 

—  allyl  160. 

—  anilin  199. 

—  benzol  199.   201.  202.  209. 

—  butyl,  Tertiäres  209. 

—  chinolin  210. 

—  durol  201.  205. 

—  essigsaure  199. 
Jodierung  198. 

Jodnatrium ,      Löslichkeit      in 
Alkohol  11. 

—  orcin  201. 

—  phenol  200.  206. 

—  phosphonium  419. 

—  phosphor  424. 

—  propargylsäureester  202. 


522 


Sachregister. 


Jodpropiolsäure  206. 

—  Propionsäure  204. 

—  propylalkohol  211. 

—  thioxen,  Reduktion  des  460. 

—  thymol  213. 

—  thymoljodid  207. 

—  Überträger  203. 

—  Wasserstoff  208.  417.  490 

—  zimmt8äure  208. 

Kaliumarsenit  425. 

—  bichromat  373. 

—  bisulfat  263.  ^91.  478. 

—  chlorat  375. 

—  Cyanid  292. 

—  ferricyanid  228.  376. 

—  ferrocyanid  228. 

—  ferrooxalat  417. 

—  hydroxydschmelzen  271. 

—  hypobromid  160. 

—  jodat  377. 

—  manganat  378. 

—  nitrit  326. 

—  permanganat  54.  377. 

—  pyrosulfat  263.  478. 

—  sulfhydrat  425. 
Kalkmilch  468. 
Kältemischung  59. 
Karbopyrotritarsäureester  307. 
Karbostyril  440. 
Kautschuk  131.  161. 
Kieseiguhr  für  Filtration  58. 
Kieselsäureester  295. 
Kohlenstoffbestimmung  nach 

Messinger  498. 
Kolben  mit  Kugelaufsatz  22. 
Kolieren  57. 

Kollidindikarbonsäureester  396. 
Korke,  Abdichten  der  7.  34. 

—  Schutz  der  161. 
Krystallisation  59. 

—  Einleiten  durch  Infektion  73. 
Krystallisationsmittel  60. 

—  wasserbestimmung  223. 
Kreolin  81. 

Kühler  14.  15.  HO. 
Kumarin  297. 
Kupfer  294. 

—  acetat  382. 


Kupferbromid  160. 

—  bromür  159. 

—  chlorür  191. 

—  lösung,  Alkalische  382. 

—  oxyd  384. 

—  oxydul  348.  455. 

—  pulver  192. 

—  Spiralen,  Reduktion  der  497. 

—  sulfat  130.  384. 

—  zink  444.  449. 

Lakmuslösung  509. 
Laktobionsäure  358. 
Laktone,  Reduktion  der  435. 
Lävulinsäurechlorid  184. 
Le  Bel-Henningerscher  Auf- 
satz 21. 
Linksäpfelsäureester  257. 
Linnemannscher   Aufsatz  21. 
Löslichkeitsbestimmungen  223. 
Lösungsmittel  8. 
Luftbäder  12. 

—  Oxydation  385. 
Lysol  81. 

Magnesium  425. 

—  chlorid  293. 
Malonsäureester  261. 
Mangansuperoxyd  386. 
Melissinsäure  391. 
Menthon  366. 
Menthylchlorid  179. 
Mesitylen  322. 

—  disulfosäure  474. 
Metapbosphorsäure  474. 
Methan  444. 
Methylalkohol  60. 

—  amin  393.  429. 

—  äthyltoluol  424. 

—  chinolinkarbonsäure   365. 
367. 

—  hydroxylamin  458. 

—  ketol  321. 

—  xylylketon  283. 
Methylenfluorid  218. 

—  Jodid  422. 
Mischkrystalle  73. 
Molekulargewichtsbestimmun- 
gen 83. 


Sachregister. 


523 


Molekulargewichtsbestimmun- 
gen nach  Beckmann    107. 

—  —  Hofmann  89. 
V.  Meyer  85.  91.  95. 

—  —  Meyer    und    Demuth 
99. 

Raoult  102. 

Moschus,  Künstlicher  334. 
Muskarin  353. 
Myricyljodid  205. 

Naph talin  für  Krystallisation  66. 

—  derivate,Hydrierungder429. 

—  sulfosäuren  471. 
Abbau  der  276. 

—  tetrachlorid  166.  168. 
Naphtalsäure  374.  389. 
Naphtolsulfosäuren  276.  471. 
Naphtylaminsulfosäure  472. 

—  keton  318. 

—  methylester  320. 

—  schwefelsaure  467. 

—  sulfosäure  468. 
Natrium  294. 

—  Granulierung  des  426. 

—  acetat  295. 

—  amalgam  295.  425.  433. 

—  äthylat  267.  298.  489. 

—  bichromat  387. 

—  bisulfat  478. 

—  hydrosulfit  437. 

—  hydroxydschmelzen  271. 

—  Jodid,  Löslichkeit  in  Alkohol 
11.  213. 

—  nitrit  248.  252.  390. 

—  superoxyd  390. 
Natronkalk  390. 

—  lauge  für  Kondensation  301. 
Nigellin  226. 
Nikotinsäureester,  Verseifung  des 

490. 
Nipekotinsäureesterchlorhydrat 

266. 
Nitrieren  326. 
Nitroäthan  349. 

—  acetaniüd  331. 

—  amidokörper  460. 

—  anilin  53.  330.  438.  440.  461. 

—  benzaldehyd  371. 


Nitrobenzamid,    Reduktion    des 
440. 

—  benzol  60.  66.  348.  391. 

—  benzolsulfosäure  477. 

—  benzoylmalonsäuree8ter444. 

—  benzylidenchlorid  165. 

—  benzylchlorid  178. 

—  butylen  337. 

—  chinon  369. 

—  chlorbenzaldehyd  342. 

—  dimethylanilin  330.  343. 

—  indazolkarbonsäure,    Nicht- 
reduzierbarkeit  der  461. 

—  jodphenol  208. 

—  körper,  Abscheidung  der  342. 

—  kresol  338. 

—  methan  351. 

—  milchsäure  408. 

—  oxyazobenzolsulfosäure  342. 

—  oxybenzaldehyd  332. 

—  phenanthren  333. 

—  phenol  344.  347. 

—  salicylsäure  345. 

—  säure  339. 

—  tetramethyldiamidotoluol 
344. 

—  thiophen  334. 

—  toluidin  330. 

—  toluol  341. 

—  zimmtsäure  140. 
Nitrosoacetophenon  300. 

Oktobromdinaphtylamin  152. 
Oxalate  222. 
Oxalsäure  303. 
Oxychinolin  242. 
Oxydation  351. 

Oxyhämoglobin,    Krystallisation 
des  74. 

—  korksaures  Zink  243. 

—  terephtalsäure  277. 

—  uvitinsäureester  262. 
Ozon  392. 

Palladiumwasserstoff  278. 
Pentabrombenzol  149. 

—  —  naphtol  152. 

—  chloraceton  165. 

—  methylbenzoesäure  284. 286. 


524 


Sachregister. 


Pentabrommethylendiamin  429. 
Perchlorameisensäureester  288. 

—  bcnzol  175. 

—  ieren  184. 
Perhydrüre  269. 
PERKiNsche  Reaktion  296. 
Petroläther  1.  60.  67.  70.  285. 
Phenol   1.  5.  60.  67.  285.  408. 

—  dikarbonsäure  274. 

—  8ulfosäure  466. 
Phenylacetylen  376. 

—  dichloracetonitril  182. 

—  dichloressigsäureester  183. 
Phenylendiamin  231. 
Phenylhydrazin  als  Reduktions- 
mittel 437. 

—  hydrindon  315. 

—  schwefelsaure  466. 

—  sulfaminsäure  477. 

—  zimmtsäurenitril  301. 
Phloroglucin  273.  276. 
Phosgengas  165. 

Phosphor  alsBromüberträger  1 52 . 

—  chlorobromid  158. 

—  molybdänsäure  226. 

—  oxychlorid  193.  264.  305. 

—  trichlorid  195. 

—  pentabromid  157. 

—  pentachlorid  177. 

—  säureanhydrid  306. 

—  tribromid  158. 

—  trichlorid  195.  307. 
Phosphorige  Säure  438. 
Phtalaldehyd  425. 
Phtaleine  319.  324. 
Pikraminsäure  249. 
Pikrate  222. 

Pikrinsäure ,     Verbindung     mit 

Kohlenwasserstoffen  81. 
Piperidin  403.  428. 
Platinchlorid  393. 

—  doppelsalze  238. 

—  ierter  Asbest  393.  402. 

—  schwarz  393.  401. 
Proteinstoffe,  Zersetzung  der  462. 
Pseudopepton  82. 

Purpurin  438. 

Pyridin  60.  68.  241.  403.  428. 

Pyrotraubensäure  291. 


Quecksilberacetat  393. 

—  chlorid  196.  394. 

—  nitrat  394. 

—  oxyd  394. 

Reduktion  409. 
Resorcinkarbonsäure  279. 

—  ester  269.  291. 
Retorten  13.  31. 
Rosanilin  354.  394.  414. 

—  sulfosäure  484. 

—  sulfosäureester  267. 
Rückflufskühler  23. 

Salicylphenol  325. 

—  schwefelsaures  Kalium  264. 
Salol  264.  281.  489. 
Salpetersäure ,     Befreiung    von 

salpetriger  328. 

—  Eliminierung  der  343.  398. 
400. 

—  für  Krystallisation  60. 

—  Monohydratische  335. 

—  Nitrierung  326. 

—  Oxydation  397. 

—  Verseifung  492. 

—  Spezifisches  Gewicht  der  327. 
Salpetrige  Säure  248.  395. 
Salze,  Analyse  der  232. 

explosiver  245. 

—  Bestimmung     des     Wasser- 
gehalts 223. 

der  Löslichkeit  223. 

—  Veraschung  246. 
Salzsäure  60.  61. 

—  für  Chlorierung  169. 

—  Darstellung  169. 

—  Esterdarstellung  256. 

—  Kondensation  307. 
Sandbäder  12. 
Sandmeyer  sehe  Reaktion  159. 

191.  209.  347. 
Sauerstoff-Darstellung  400. 

—  Überträger  402. 
Säureanhydride  259. 

—  bromide  153.  158. 

—  Chloride  177.  190.  194.  195. 
197.  268. 

—  fluoride  217. 


Sachregister. 


525 


Säurejodide  214. 
Schmelzpunktsbestimmung   117. 
Schwefel,     Nachweis    und    Be- 
stimmung 513. 

—  ammonium  439. 

—  kohlenstoff  1.  60.  283.  369. 
Schwefelsäureanhydrid  402. 

—  für  Estergewinnung  259. 

—  Kondensation  312. 

-  Krystallisation  60.  61. 

—  Monohydratische  470. 

—  Oxydation  ;403. 

—  Rauchende  471. 

—  Sulfonierung  466. 

—  Verseifung  491. 
Schweflige  Saure  54.  442. 
Schwefligsaure  Alkalien  479. 
Siedepunkt,  Korrektion  des  17. 

—  kleiner  Flüssigkeitsmengen 
42. 

Siederöhren  21. 

—  verzug  15. 

Silber,  Abscheidung  von  417. 

—  acetat  404. 

—  chlorid  172. 

—  nitrat  405. 

—  nitrit  248.  349. 

—  oxyd  405. 

—  salze  242. 
Solveol  82. 
Stickstoff-Darstellung  99. 

—  Bestimmung  nach  Dumas 
504. 

Kjeldahl  504. 

—  Nachweis  501. 

Stofsen  siedender  Flüssigkeiten 

15. 
Styrol  325. 
Sublimation  121. 

—  imluftverdünntenRauml25. 
Succinylchlorid  177. 
Succinylobernsteinsäure  435. 
Sulfaminbenzoesäure  378. 
Sulfanilsaures  Ammon  aus  Nitro- 

benzol  480. 
Sulfobenzoesäure  472. 

—  bernsteinsäure  479.  48i. 

—  buttersäure  479. 

—  cyanbaryum  11. 


Sulfoisoph talsäure  472. 

—  nal  310. 

—  nieren  466. 

—  säuren,    Krystallisation  der 
62. 

—  toluylsäure  473. 
Sulfurylchlorid  196. 
Sulfuryloxychlorid  197.  475. 

Terephtalsäure  aus  Xylol  281. 
Terpentetrabromid  146. 
Tetraäthylbenzol  284. 

—  diamidophenylnitrophenyl- 
methan  305. 

Tetraamidodiphenyl  460. 

—  brombenzol  157. 
kohlenstoff  149. 

—  —  phtalsäure  164. 

—  chlorbetorcinol  167. 

nitrobenzol  175. 

phtalsäure  164. 

thiophen  172. 

Tetrahydrobenzcesäure  434. 

chinolinkarbonat  221. 

diphenyl  431. 

naphtylphenol  313. 

terephtalsäure  2. 

—  jodphtalsäure  164. 

—  methyldiamidotriphenyl- 
methan  288.  291. 

—  oxyanthrachinon  404. 

—  phenyläthylen  312. 
Theobromin  266. 
Thermometer  18.  19. 

—  Befestigen  der  19. 

—  Korrektur  der  17.  119. 
Thionylchlorid  198. 

—  phosgen  166.  459. 
Thioxen  450. 
Tierkohle  54. 
Tolandijodid  198. 
Toluidinsulfosäure  477. 
Toluol  1. 

—  trisulfosäure  477. 

—  aldehyd  369. 
Traubensäureester  258. 
Traubenzucker  383.  443. 
Triamidobenzol  447. 
Tribromaldehyd  147. 


526 


Sachregister. 


Tribromjodbenzol  211. 

—  phenol  147. 
Trichloranilin  196. 

—  essigsaure  396. 

—  hydrochinon  172. 
Trijodanilin  212. 

—  phenol  207. 
Trimethylenbromid  157. 

—  Jodid  215. 
Trinitroazoxybenzol  340. 

—  butyltoluol  234. 

—  diphenylamin  326. 

—  naphtol  340. 
Triphenylmethan  306. 
Trocknen    fester    Körper  •  und 

Flüssigkeiten  125. 
Tropäolin  229. 

Unterchlorige  Säure  187. 
Urine,  Verarbeitung  der  3. 

Yaleriansaures  Butyl  261. 

Veraschen  245. 

Verdünnung,     Berechnung    der 

von  Säuren  327. 
Verdünnungsmittel  8. 
Verseifen  484. 


Wasserstoffsuperoxyd  406. 
Weinsäureester  258. 
Winsinge  rscher  Röhrenaufsatz 

22. 
Woodsches  Metall  95. 
Würtzscher  Röhrenaufsatz  20. 

Xylol  9. 

Zimmtaldehyd  308. 

—  säure  297. 

Zink  für  Kondensation  317. 

'— '  —  Reduktion  444. 
Zinkchlorid    für    Kondensation 
318. 

Trocknen  130. 

Zinkoxyd  für  Kondensation  324. 
Zinkpermanganat  408. 
Zinkstaub  für  Kondensation  324. 

Reduktion  445.  508. 

Zinn  176.  452. 

—  Chlorid  408. 

—  chlorür  458. 

Zucker,    Partielle   Fällung   von 
55. 

—  Synthese     293.     302.    435. 
448. 


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