Skip to main content

Full text of "Archiv der Pharmazie"

See other formats


N 
ARCHIV 


PHARMACIE. 


Eine Zeitschrift 
des 


allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins. 


BET nah; 


> 


Ahtheilung Harvdentschlam. 


Herausgegeben 


von 


L. Bley und H. Ludwig. 


xvin Jahrgang. 


or € Sa 
2 


ea 
Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung. 


1867. 


ARCHIV 


PHARMACIE, 


) 


Zweite Reihe. OXXXI. Band. 
Der ganzen Folge a Band. 


Unter Mitwirkung der Herren 


Bender, Beyer, Björklund, Bodenstab, Casselmann, Erz, Faust, 
Frisch, Göppert, Hallier, Heintz, Hirschberg, Husemann, Landerer, 
Lenz, J. oflichig, Löhr, Weinhold, Wittstein 


“ heraus gegeben 


von 


1. Biey und H. Ludwig. 


Aschoff’sches\y ereinsjahr. 
A BRA Rr r 


kew 'voa« 
BOTANICAL 


HAN OVER. 


Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung. 


1867. 


Ya ch 


ie 


MAY 22 1901 


ıBRANX, 


NEW YORK 
BOTANICAL 


SanpeÂź 
en 


Erstes und zweites Heft. 


I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und 


praktische Pharmacie. Seite 
Ueber die Constitution des Phenols; von Dr. Carl Weinhold 
ubreibereut sa A RE Fe Se 1 
Ueber das Kreosot; von Dr. K. Frisch...................2. 9 
Ueber Zuckerkapseln mit löslichem Eisen(oxyd)-Saccharat; von 
RIEHWittstern. ll RE RN REDE 28 
Ueber die essbaren Erden in Persien.........zzssseerenc00n 34 
Ergebnisse chemischer Analysen der Seidenraupen; von Leo- 
pold Lenz in Ungarisch-Altenburg.........-..-rrrse000. 36 
Die Seidenraupen-Krankheiten; von J. v. Liebig........... 41 
Die: Farbe der) BĂŒtter:r vH A RER 49 
Der Leberthran auf der Fischerei-Ausstellung in Boulogne s.M. 
imal: Jahre sl866%:. 1.4: 2. Sr RR ee 50 
Nolsen:. von Dr: K.Friseh..... I... 52 
IH. Naturgeschichte und Pharmakognosie. 
Ueber die Anordnung der Alpenpflanzen in unsern GĂ€rten; von 
H.R.Göppert, Director des botanischen Gartens in Breslau 55 
Ueber den Laachersee und die KohlensÀuregas - Exhalationen 
Beimer: Umgebung. 22... Men. 42 ws. a RE 62 
Der Sternschnuppenfali im November 1866. ...........s02200. 66 
Die Insel Lernnos und ihre Heilquellen; von Dr.X.Landerer 70 
Ueber ein gegen das Ausfallen der Haare erprobtes Mittel; von 
Demselben «Er. syn 1 er ER el ker ee 71 
Ueber ein Schutzmittel fĂŒr Bewaldung der Gebirge........... 72 


III. Monatsbericht. 


Chlorkohlenstoff S. 73. — Dichtigkeit des Kohlenstoffs in sei- 
nen Verbindungen 73. — Steinkohlen in Turkestan 75. — 
Verbrauch der Steinkohlen und nÀchste Folgen desselben 
75. — Englands Kohlenreichthum und ‚seine Dauer 79. — 
Rauchverzehrende kĂŒnstliche Brennstoffe 84. — Fabrika- 
tion der Schlempekohle 85. — Verfahren zur Wiederbele- 


ni Y 


a a Hi er 2 BE REEE ne  BE  E  AE a > . ee 


Inhaltsanzeige. 


Seite 


bung der Knochenkohle 86. — Einwirkung von Ammoniak 
auf glĂŒhende Kohle 86. — Dissociation (Zerfallen) des Koh- 
lenoxyds 87. — Erkennung der Vergiftung mit Kohlenoxyd 
88. — SchĂ€dliehkeit des Schwefelkohlenstoffdunstes 89. — 
Borax in Californien 90. — Chemische Constitution der 
KieselsĂ€ure 91.— Die FeldspĂ€the 92.— Einfluss der Kohle 
und des Schwefels auf die FĂ€rbung des Glases 93. — Chrom- 
Aventuringlas 93. — Wasserglas 93. — CĂ€mentfabrikation 
94. — Englisches Probirverfahren fĂŒr Portland-CĂ€ment 9%. 
— Neuer kĂŒnstlicher Marmor und CĂ€ment, mit Magnesia 
bereitet 96. — Analyse des Chladnit 96. — Darstellung 
von reiner Aetzkali- und Aetznatronlauge 97. — Krystalli- 
sirtes kohlensaures Kali 98.— UeberfĂŒhrung des schwefel- 
sauren Kalis in kohlensaures 98. — Stassfurtit 98. — 
FlĂŒssige Glycerinseife 99. — Wirkungen des Sprengöls 
(Nitroglycerins) 100. — Eine Schiffs-Explosion durch Nitro- 
glycerin 101. — Ueber dieselbe Glonoin-Explosion 101. — 
Vorsichtsmassregeln bei Benutzung des Nitroglycerins 102. 
— SchĂ€dlichkeit des Nitroglyeerins 103. — PrĂŒfung des 
Ă€therischen Senföls 104. — Allylamin 105. — Tricarballyl- 
sĂ€ure 105. — Acidum thebolacticum, OpiummilchsĂ€ure 106. 
— Lactimid — C6H> NO? 107. — SuceinaminsĂ€ure 108. — 
Leueinimid 109. — Capryl- und Oenanthyl-Alkohol 109. — 
VerfĂ€lschung des Mandelöls und ihre Entdeckung 110. — 
PrĂŒfung des Mandelöls 111. — Chemische Kennzeichen 
des Baumwollsamenöls 111. — Sonnenblumenöl 112. — 
BromerucasĂ€ure 112. — LeinölsĂ€ure 113. — Bereitung 
eines vorzĂŒglichen Leinölfirnisses 114. — RothfĂ€rben der 
Fette und Oele 114. — Darstellung von Uhrmacheröl 115. 
— Classifieation der GerĂŒche der Pflanzen 115. — Aus- 
beute an Ă€therischen Oelen 117. — Wirkung Ă€therischer 
Oele auf Fuchsin 118. — Zusammensetzung des Ă€therischen 
Oels der Lorbeeren 118. — OrangeblĂŒth- und OrangeblĂ€t- 
ter-Wasser 119. — Aetherisches Oel der BlĂŒthen von Citrus 
decumana 119. — Löslichkeit des Camphers in Wasser 119. 
— Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen 120. 
— Das Ă€therische Oel von Erigeron canadensis 121. — 
FlĂŒchtige SchĂ€rfe von Coronilla varia 121. — Erasin, ein 
Ersatzmittal fĂŒr Benzin 121.— Aethyl-Phenyl 121. — Un- 
terscheidung der CarbolsÀure (PhenylsÀure) von Steinkoh- 
lentheeröl 122.— Hydrazoanilin 122. — Physiologische und 
therapeutische Wirkungen der PikrinsĂ€ure 123. — Amido- 
diphenylimid, eine neue organische Base 124. — Benzoyl 
130. — Die isomeren Chlorbenzo&sĂ€uren 130. — Azodra- 
cylsĂ€ure und HydrazodracylsĂ€ure 131. — Verhalten von 


Inhaltsanzeige. vu 
Seite 


BenzoesÀureÀther und Nitrobenzo&sÀureÀther gegen Brom 132. 
— Ueber einige Derivate des Benzoins 133. — Benzophe- 


non 134. — Azobenzid 136. — Hydrazosalieylige SĂ€ure 136. 
— Xylol 137. — Zur Kenntniss des Xylols 137. — Ver- 
schiedenheit des Cymols im Römisch-KĂŒmmelöle von dem 
aus Campher dargestellten 139. — Untersuchungen ĂŒber 
das amerikanische Petroleum 139. — Petroleumquellen in 
Italien 147. — Petroleumbeleuchtung 147. — Ueber einige 
neue Kohlenwasserstoffe 147. — Anfertigung von wasser- 
diehtem Papier 148. — Metamorphose der Fische 149. — 
Tödten der Fische 149. — Ein grosser Hecht 150. — Straus- 
senzucht am Cap 150. — VerhĂ€ltniss des Albumins zum 
Casein 150. — Chemische Analyse einer Schweinemilch 152. 
— Eisen im Blute 152. 


IV. Literatur und Kritik...... a 1 a 
Bibliographischer ‚Anzeiger........ ......u..e se 165 
—hlrt 


Drities Heft. 
I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und 
praktische Pharmacie. 


Ueber die Mineraiquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen im 


Brohlthale;;:von BR. Bender... un. ee 1699 
Notiz ĂŒber die Einwirkung von salpetrigsaurem Kali auf salz- 
gatures TriÀthylamin; von W.-Heintz.......2.2.2.2m0R 173 
Ein Beitrag zur PrĂŒfung der fetten Oele; von Dr. A. Cassel- 
MAR... nen TEN EIER INNERER EC = - 176 
Ueber die VerÀnderung des Oeles durch die Zeit; von Dr. X. 
Landereri. sts RN EE 185 


Ueber die BasieitÀt der WeinsÀure: von Dr. Kuno Frisch, 
Assistenten am Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Erd- 


WEN TETE ie hr ee el FREE Ser a Save 186 
Ueber einen Bleigehalt kÀuflicher WeinsÀure; von Fr. Boden- 

st3 bin 'Calyörde..; "u: H.:n.:0 0.2 ea u a Bee 198 
Notiz ĂŒber Rapskuchen und Rapsmehl (entöltes).............. 199 
Ueber die Keimung der gelben Lupine; von Dr. A. Beyer in 

Begenwalde: .. Nee Lee ET a e 201 
Acorin, ein Glykosid im Kalmus; von August Faust....... 214 
Zur Darstellung von Bromsalzen; von Demselben............ 216 


Zur Rademacher’schen essigsauren Eisentinctur; von Demselben 217 


\ 


vIa Inhaltsanzeige. 
Seite 
II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. 
Botanische Notizen aus Caracas; von G. A. Ernst.......... 219 
VorlĂ€ufige Mittheilung ĂŒber Flores Cinae; von Dr. G. A. Björk- 


BREI ia seen aan Mberele Bleralehee ale Reale Ss ee Net 227 
III. Monatsbericht. 

Ueber die Darstellung grosser Salpeterkrystalle S. 229. — Ueber 
ein in der NÀhe von Schönebeck neu entdecktes Steinsalz- 
lager 230. — Process und Theorie der Sodafabrikation 231. 
— Ueber den Leblane’schen Sodaprocess 233. — Schwefel- 
saurer Baryt 235. — Kohlensaurer Kalk 235. — Chlor- 
baryum als Mittel gegen Bildung von Kesselstein 236. — 
Bereitung von reinem Kalk zum Gebrauche bei der Ele- 
mentaranalyse 236. — Wolframsaures Natron zur Trennung 
von Caleium und Magnesium 237. — Phosphormagnesium 
238. — Untersuchung des Carnallits von Maman in Per- 
sien und ĂŒber die Ursache der rothen FĂ€rbung mancher 
natĂŒrlicher Salze 239. — Kainit, ein neues Salz von Leo- 
poldshall, dem Anhaltischen Steinsalzwerke bei Stassfurt 
240. — Smirgel 240. — Evansit, ein neues Mineral 241. — 
Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 241 — 
Zusammensetzung des Guignet’schen GrĂŒns 243. — Ueber 
ein Verfahren, Spuren von Chrom im Eisen und Stahl 
nachzuweisen 244. — Vorkommen des Vanadiums in dem 
Aetznatron des Handels 244. — TitansĂ€ure 245. — Pyro- 
ehroit, ein neues Mineral 245. — Uebermangansaures Kali 
aus Manganoxyd 246. — VerfĂ€lschung des Petroleums 247. 
— Neue Untersuchung ĂŒber die in dem flĂŒchtigsten Theile 
des Steinkohlentheeröles enthaltenden Kohlenwasserstoffe 
248. — Mittel zur Erkennung von Kohlenwasserstoffen in 
"Gasgemengen 249. — Verbindungen des Naphthalins mit 
Brom 250. — Ueber die festen Kohlenwasserstoffe des 
Steinkohlentheeröls 251. — Kopaivabalsam 254. — Ursprung 
und geographische Verbreitung des Copals in Angola 254. 
— Schnelle Bereitung einer Schellacklösung 255. — Asa 
foetida 255. — Die SaughĂŒtchen von Kautschuk, eine 
Quelle chronischer Aphthenbildung bei Kindern 256. — 
Geleimtes und farbiges Pergamentpapier 257. — Holz zu 
eonserviren 257. — Schiesspulver aus HolzsĂ€gespĂ€nen 258. 
— Collodiumwolle 258. — Zwei neue Arten von Schiess- 
baumwolle 259. — Einwirkung der wasserfreien EssigsĂ€ure 
auf Cellulose, StÀrke, Zucker, Mannit und dessen Verwandte, 
auf Glykoside und gewisse vegetabilische Farbstoffe 260. — 
Kermanisches Gummi 261. — Go@min, ein Bestandtheil von 
Fucus crispus 262. — Weinstein 263. 

IV. Literatur und Kritik........ Be LET .. 264 


a, er ee BREI EBEN TE en 


ARCHIV DER PHARNACIE. 


CLXXXI. Bandes erstes und zweites Heft. 


2. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- 
logie und praktische Pharmaecie. 


Ueber die Constitution des Phenols; 
von 
Dr. Carl Weinhold in Freiberg. 

: Schon die verschiedenartigen Namen, welche im Laufe 
der Zeit fĂŒr das Phenol in Gebrauch gekommen sind, 
deuten genugsam an, wie sehr man ĂŒber die chemische 
Constitution dieses interessanten Körpers noch im Un- 
klaren ist. Runge, alser (1834) bei seiner Untersuchung 
des Steinkohlentheeröls das Phenol entdeckte, hielt dasselbe, 
wegen seiner Verbindbarkeit mit den Alkalien, fĂŒr eine 
SĂ€ure und ertheilte ihm den Namen „CarbolsĂ€ure“, welcher 
sich mit den spĂ€ter auftauchenden Bezeichnungen „Phenyl- 
sĂ€ure, phenylige SĂ€ure, PhensĂ€ure etc.“ bis in die Gegen- 
wart im Gebrauch erhalten hat. Schon Laurent hin- 
gegen, welcher (1840) die Zusammensetzung des Phenols 
ermittelte und eine ausfĂŒhrliche Untersuchung desselben 
unternahm, sprach bereits die Ansicht aus, dass darin 
wahrscheinlich ein Oxyd (Phenyloxyd) analog dem Aethyl- 
oxyd im Alkohol, mit Wasser verbunden enthalten sein 
mĂŒsse. In der That sind auch die Aehnlichkeiten des 

_ Phenols mit den Alkoholen unverkennbar, weshalb sich 
auch sehr bald die Namen „Phenylalkohol, Phenyloxyd- 
hydrat etc.“ fĂŒr dasselbe geltend machten. Jedoch auch 
diese Ansicht erweist sich nicht in allen Puncten stich- 
haltig und es hat bereits Kolbe (in seinem Lehrbuche 

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hft. 1 


2 C©. Weinhold, . 


der organ. Chemie Bd. II. S. 670) darauf hingewiesen, 
dass viele WahrscheinlichkeitsgrĂŒnde vorliegen, nach denen 
das Phenol besser als Oxyphenylwasserstoff (C12H502, H) 
zu betrachten sei. FĂŒr diese Ansicht nun glaube ich auch‘ 
in meinen Beobachtungen, besonders ĂŒber die Einwirkung 
der SchwefelsĂ€ure auf das Phenol, eine erhebliche StĂŒtze 
gefunden zu haben und es sollen daher im Folgenden 
zunÀchst die bemerkenswerthesten Momente daraus hervor- 
gehoben werden. 


Bekamntlich lÀsst sich das Phenol mit englischer und 
nordhÀuser SchwefelsÀure leicht mischen, ohne dass dabei 
eine merkliche Einwirkung erfolgt, so dass durch Wasser 
beide. wieder getrennt werden können. ErwÀrmt man 
aber obige Mischung auf 60—1000C. einige Zeit, so 
erfolgt, wie schon Laurent gezeigt hat, allmÀlig die Bil- 
dung einer sogenannten gepaarten SĂ€ure, der Phenyloxyd- 
schwefelsÀure (SulfophenissÀure nach Laurent), deren 
Formel man gewöhnlich HO, C12H50, S?06 zu schreiben 
pflegt. Es ist diese SĂ€ure aber nicht das einzige Product 
jener Einwirkung der SchwefelsÀure auf das Phenol. Je 
nÀch der Dauer der ErwÀrmung und der Concentration 
der SchwefelsÀure in verschiedener QuantitÀt wird dabei 
noch eine zweite, zweibasische SĂ€ure erzeugt, welche aller- 
dings in freiem Zustande, wie auch in ihren Salzen eine 
solche Aehnlichkeit mit der Obigen zeigt, dass es leicht 
erklĂ€rlich ist, wie man sie bisher ĂŒbersehen hat. 


In reichlichster Menge erhÀlt man diese zweite SÀure, 
wenn man zu krystallisirtem Phenol, welches sich in einer 
von Eis umgebenen Vorlage befindet, wasserfreie 
SchwefelsÀure destillirt und die so erhaltene, wachs- 
artig erstarrte, röthliche Masse, welche in der WÀrme 
leicht zu einer zĂ€hen, ölartigen FlĂŒssigkeit schmilzt, einige 
Zeit im Wasserbadg erwÀrmt. Das Product besteht dann 
in der Regel der Hauptmasse nach aus der neuen SĂ€ure 
und enthÀlt nebenbei noch PhenyloxydschwefelsÀure 
und freie SchwefelsÀure. Zur Trennung von diesen 


die Constitution des Phenols. 3 


Letzteren sÀttigt man zweckmÀssig das mit Wasser ver- 
dĂŒnnte Product in der WĂ€rme vollstĂ€ndig mit kohlen- 
'saurem Bleioxyde und filtrirt die FlĂŒssigkeit möglichst 
rasch von dem schwefelsauren Bleioxyde ab. Beim Erkal- 
ten scheiden sich dann farblose, atlasglÀnzende in Wasser 
schwerlösliche KrystallschĂŒppchen eines basischen Bleisal- 
zes der zweiten SĂ€ure ab, wĂ€hrend die FlĂŒssigkeit wiederum 
eine schwach saure Reaction angenommen hat. Durch wie- 
derholtes SÀttigen in der WÀrme und Erkaltenlassen erhÀlt 
man so nach und nach eine Verbindung der neuen SĂ€ure als 
schwerlösliches basisches Bleioxydsalz völlig getrennt von 
der nur leichtlösliche Salze erzeugenden Phenyloxydschwe- 
felsÀure und es kann die SÀure sodann mittelst Schwefelwas- 
serstoff leicht in reinem Zustande dargestellt werden. — In 
wÀsseriger Auflösung, wie man sie auf jene Weise erhÀlt, 
stellt diese SĂ€ure eine farb- und geruchlose FlĂŒssigkeit von 
rein saurem Geschmack dar, welche sich ohne Zersetzung 
zu erleiden, in eine Röhre eingeschlossen, bis auf 1800 C. 
erhitzen und durch Eindampfen concentriren lÀsst. In 
sehr eoncentrirtem Zustande lÀngere Zeit im Vacuum 
ĂŒber SchwefelsĂ€ure aufbewahrt, bildet sie allmĂ€lig farb- 
lose, seideglÀnzende, Àusserst hygroskopische, nadelförmige 
Krystalle, welche aber schon wenig ĂŒber 1000 sich zer- 
setzen. Von auffallend grosser BestÀndigkeit ist diese 
SĂ€ure aber bei Gegenwart von Basen. Weder ein Kochen 
mit ĂŒberschĂŒssigem Aetzkali, noch ein Erhitzen damit auf 
1800 wirkte verÀndernd auf dieselbe ein und es liess 
sich das Barytsalz bis auf 2250 erhitzen ohne sich zu 
zersetzen. Ziemlich rasch bewirken dagegen Chlor, Sal- 
petersÀure, Phosphorchlorid etc. eine Zersetzung unter 
Bildung von SchwefelsÀure. Die Salze dieser SÀure sind 
fast sÀmmtlich in Wasser und hÀufig auch in Weingeist 
so ungemein leicht löslich, dass ihre Darstellung in kry- 
stallinischer Form sehr schwierig ist. Am leichtesten 
scheint, nÀchst dem schwerlöslichen basischen Bleisalze, 
das Barytsalz zu krystallisiren und es wurde dieses daher 
hauptsĂ€chlich zur Feststellung der Formel fĂŒr die neue 


3 


a ET A Et 


le a u ara 


WE ne A ehe 


Pa fr 2 ac u 


a a a. Ach 


4 C. Weinhold, 


SĂ€ure benutzt. Die Resultate der Analyse ergeben fol- 
gende Zahlen *): 


Gefunden Berechnet 
Br t=n1,43 15,62 = 120 
Ha 4,04 0,87... 405 
Be 5A 13,88 —= 48 
B30 7 33,31 33,19.—= 2 BaO 
OEL 21,38 20,82 —= 12 0 
HO, 0 15,30 15,62. —=...8:H¼ 


100,00. 100,00. 
Hieraus ergiebt sich also die Zusammensetzung des 


Barytsalzes — 2BaO, C1?H4S2012 — Saq. Zieht man 
nun die Bildungsweise dieser SĂ€ure in Betracht, so ist 
nicht zu bezweifeln, dass ihre rationelle Formel folgende 
Gestalt haben muss: 


3204 
2 HO, C12H302 |» 94, 02 
und es kÀme ihr somit der Name 
„OxyphenylendisulfonsĂ€ure*“ 
zu. 
Da nun bei der Entstehung dieser SĂ€ure die Bildung 
der PhenyloxydschwefelsĂ€ure, wie ich mich ĂŒberzeugt 
habe, als vorausgehend angenommen werden kann, so 
ergiebt sich auch fĂŒr diese die Vermuthung einer Ă€hn- 
lichen Zusammensetzung, indem der Bildungsprocess beider 
sich am besten in folgender Weise veranschaulichen lÀsst. 
C12H602 + S206 — HO, C1?H50?(5?04) 0 
(Phenol) [PhenyloxydschwefelsÀure] 
(OxyphenylsulfonsÀure) 


5204) ,, 
0124602 4 28206 — 2HO, C12H402 \sa9a| 0 
(OxyphenylendisulfonsÀure). 


Einzig in seiner Art wĂŒrde dieser Vorgang dastehen, 


*) NĂ€here Angaben ĂŒber die Darstellung und die Eigenschaften 
dieser SĂ€ure und ihrer Salze, nebst einer ausfĂŒhrlichen Dar- 
legung der Analysen, werden demnÀchst in den Annalen der 


Chemie und Pharm. erscheinen. e 


1% 


die Constitution des Phenols. 5 


wenn man hier die Ansicht festhalten wollte, dass das 
Phenol ein Alkohol sei. Dieser gemĂ€ss mĂŒsste die deshalb 
so genannte PhenyloxydschwefelsÀure als ein Analogon 
der AetherschwefelsÀure betrachtet werden, wÀhrend doch 
schon ihre grosse BestÀndigkeit sich schwer mit dem 
Charakter der AethersÀuren vereinbaren lÀsst, noch weniger 
aber die Bildung jener zweibasischen SĂ€ure durch weitere 
Einwirkung der SchwefelsÀure. Dagegen findet die Ent- 
stehung beider SÀuren eine höchst einfache und durch 
Analogien wohl unterstĂŒtzte ErklĂ€rung, wenn man das 
Phenol als eine vom Benzol abgeleitete Oxyverbindung 
betrachtet; wenn man annimmt, dass es ein Benzol sei, 
in welchem ein Wasserstoffatom durch das Radical Hydroxyl 
(HO?) vertreten ist. 

(C12H5)H (C12H5)HO2 

(Benzol) (Phenol = Oxybenzo!). 
(Zweifelhaft ist es zur Zeit noch, ob man das extraradicale 
Wasserstoffatom oder ein Wasserstoffatom aus dem Radicale 
C1?H5 durch HO? substituirt sich zu denken hat.) 

Ein vergleichender Blick auf die Eigenschaften des 
Benzols und Phenols und auf deren Derivate rechtfertigt 
diese von Kolbe aufgestellte Hypothese vollkommen. 
Unter den Abkömmlingen des Benzols finden wir auch 
die den eben besprochenen SĂ€uren analogen Glieder: 

C2H6 + S206 — HO, C12H5 (S?04O 
(PhenylschwefelsÀure) 


i 204 
C12H6 + 28206 — 2HO, C!2H4 IS20«. 02 


(PhenylendisulfonsÀure). 
Es erscheint sonach die PhenyloxydschwefelsÀure als . 
die der SalicylsÀure entsprechende SulfonsÀure, ebenso 
wie die PhenylschwefelsÀure als der BenzoösÀure, die 
PhenylendisulfonsÀure der Phtal- oder TerephtalsÀure 
correspondirend gedacht wird. 
HO, C12H5(S?040 HO, C1?H5(C20%0 
(PhenylschwefelsÀure) (Benzo&sÀure) 


Sr, \S?0%4 #10202 
2HO, Cı2H4 ro 02 2HO,Cı?H4 en 02. 


(PhenylendisulfonsÀure) (PhtalsÀure) 


j 


6 C. Weinhold, 


HO, C1?H502(8203)0 HO,C12H502(0202)0 
(PbenyloxydschwefelsÀure) (SalieylsÀure). 


FĂŒr die OxyphenylendisulfonsĂ€ure fehlt zur Zeit noch 
das entsprechende Glied, es ist aber vorauszusehen, dass 
es bald einmal gelingen wird, dasselbe in Form der Oxy- 
phtalsÀure darzustellen; bis dahin könnte hier die bereits 
bekannte SalicylschwefelsÀure an deren Stelle fungiren: 

2 

2HO,C12H202 [90.02 2H0,01M302 fGaga} 0% 
(Bei dieser Gelegenheit sei noch hervorgehoben, dass durch 
weitere Einwirkung von SchwefelsÀure auf die Salicyl- 
sÀure höchstwahrscheinlich gleichfalls Oxyphenylendisulfon- 
sÀure entstehen wird und dass sie auf diesem Wege 
möglicher Weise schon frĂŒher einmal von Duppa erhal- 
ten worden ist) *). 

Nachdem durch diese Betrachtungen die Annahme, 
dass das Phenol Oxybenzol sei, sich als eine sehr wahr- 
scheinliche erwiesen hat, gilt es nun, noch einen Blick 
auf die ĂŒbrigen Beweise und Consequenzen dieser Hypo- 
these zu werfen. Der KĂŒrze wegen soll dies durch Hinweis 
auf folgende Puncte geschehen: 

1. Das Phenol lÀsst sich aus dem Benzol auf dieselbe 
Weise darstellen, wie man behufs der Bildung von Oxy- 
verbindungen ĂŒberhaupt zu verfahren pflegt. Denn wird 
Benzol in Nitrobenzol und dieses durch nascirenden Wasser- 
stoff in Anilin umgewandelt, so kann daraus, wie Hof- 
mann und Gerhardt gezeigt haben, durch Einwirkung 
von salpetriger SĂ€ure leicht Phenol erhalten werden. 

C12]15(NOM) + 6H = CIH5H?N — AHO 
CRH>H?N + NO3 — CRH5(HO?) + HO + 2N. 

Ebenso ist es Church gelungen, durch Behandlung 
von aus Benzol dargestelltem PhenylchlorĂŒr mit Aetzkali 
Phenol zu erzeugen: 

C2H5Cl + KO,HO = CPH5(HOM + KCl. 


2. LĂ€sst man auf Phenol Kalium oder Natrium 


*) 8. Annalen d. Chem. u. Pharm. Bd. 103. S. 346. 


en be PL N 0 ED RE EEE 5 a > 0.5 hit a a 
SR N RR Re SFT NR 


ia NEE Er: en Y ; I a BRENNEN? SI SERERT N bot TREE IN. Er r Auge ev; 


* die Constitution des Phenols. 7 


wirken, so wird Wasserstoff entbunden und das Alkali- 
“metall tritt an dessen Stelle. (Eine bei den Oxyverbin- 
dungen hÀufig zu beobachtende Erscheinung.) Die so 
erzeugten Verbindungen geben alsdann bei der Behand- 
lung mit KohlensÀure die OxyphenylcarbonsÀure (Salicyl- 
sÀure), mit Jodmethyl das Oxyphenylmethyl (Anisol), mit 
JodÀthyl das OxyphenylÀthyl (Salithol), mit Jodamyl das 
Oxyphenylamyl (Phenamylol) etc. wie folgende Formeln 
veranschaulichen: 
C12H502Na + C?01 — NaO, O1H502(C2090 

C12H50?Na 4 C?H3J — C?H50%(C?H3) — NaJ etc. 

Da nun diese Oxyphenylmetalle sich identisch erwei- 
sen mit den Producten, welche durch Einwirkung von 
Kali- oder Natronhydrat auf Phenol gebildet werden, so 
muss man annehmen, dass in diesem Falle ihre Bildung 
nachstehender Gleichung entsprechend vor sich gehen 
mag: 

C2?H50?H — KO = CI?H50?K + HO. 

Hieraus folgt aber nun auch weiter, dass, wenn man 
den Wasserstoff des Phenols theilweise oder ganz durch 
Chlor, Brom, Jod oder UntersalpetersÀure ersetzt, die so 
erzeugten Derivate (wenn sie den ursprĂŒnglichen Formel- 
typus beibehalten sollen) mit den Basen keine wirklichen 
Salze geben können. Sonach wĂŒrde das pikrinsaure Kali 
z.B. als Trinitroxyphenylkalium (C1?H?2(NO2)30?K) an- 
zusehen sein. Dies hat allerdings fĂŒr den ersten Anblick 
etwas Befremdendes und man könnte durch den so ent- 
schieden sauren Charakter dieser Verbindungen leicht zu 
der Vermuthung kommen, dass durch die Einwirkung 
jener Agentien das Hydroxyl zerstört wurde und vielleicht 
Substitutionsproducte des Phenyloxyds entstĂŒnden. 

3. Bei der Behand!ung des Phenols mit Phosphor- 
chlorid tritt unter geeigneten VerhÀltnissen die Bildung 
von Chlorphenyl, SalzsÀure und einer gewöhnlich als phos- 
phorsaures Phenyloxyd bezeichneten Verbindung auf, ohne 
dass, wie bei Àhnlichen Processen, Phosphoroxychlorid 
gebildet wird. Betrachtet man nun den Verlauf dieses 


8 C. Weinhold, Be Constitution des Phenols. 


Vorgangs nach den hier festgehaltenen GrundsÀtzen, so 
ergiebt. sich folgende Gleichung: 
C12H502 
4 C?H5HO? + PC15 — CRH5C1--4HCI + CIH502}PO2. 
C12H502 
Es wÀre sonach die in der Hauptmasse auftretende 
Verbindung als eine PhosphorsÀure anzusehen, worin die 
drei extraradicalen Sauerstoffatome durch Oxyphenyl ver- 
treten sind. In der That findet diese Annahme auch 
weitere Rechtfertigung. Behandelt man nÀmlich diese 
ihrer Natur nach indifferente Verbindung mit Kalihydrat, 
so erfolgt die Bildung von Phenol und dioxyphenylphos- 
phorsaurem Kali: 


C12H5 02 
Gmison| PO2 + KO,HO =KO, u (P 02) O + C12H6 02, 

Auf solche Weise wird nun auch der Umstand erklÀr- 
lich, dass durch fortgesetzte Behandlung des sogenannten 
phosphorsauren Phenyloxyds mit Kali, nie mehr als ein 
Atom Phenol eliminirt wird und dass, wenn man statt 
des Kalis Chlorkalium oder Cyankalium dazu bringt, kein 
Chlorphenyl und Cyanphenyl gebildet wird. 

4. Noch sehr wichtige StĂŒtzpuncte findet endlich die 
Ansicht, dass im Phenöl eine Hydroxylsubstitution an- 
zunehmen sei, durch die an dasselbe sich eng anschliessende 
OxyphensÀure (Brenzkatechin) und PyrogallussÀure, in 
welchen man das Vorhandensein von Hydroxyl bereits 
von vielem Seiten annimmt. 

Phenol = C!12H5(HO?), 
OxyphensĂ€ure — CI?H?2(HO2)2, 
PyrogallussĂ€ure — C1?H3(HO2)3. 

Um Weitschweifigkeiten zu vermeiden, beschrÀnke 
ich mich jetzt auf das AngefĂŒhrte, jedoch mit der Ueber- 
zeugung, dass sich noch zahlreiche VerhÀltnisse in Betracht 
ziehen liessen, welche zur BestÀtigung der hier festgehal- 
tenen Ansicht dienen könnten. 

Leipzig, im August 1866. 


— a — 


KK. Frisch, ĂŒber das Kreosot. 9 


Ueber das Kreosot; 


von 


Dr. K. Frisch '*). 


Hofmann’s Arbeit ĂŒber Kreosot (Journ. f. prakt. Chem. 
96, 225) fĂŒhrte zu dem Resultate, dass dasselbe unreines 
Phenyloxydhydrat sei. Das Material hatte er unter Ver- 
sicherung seiner Reinheit aus mehren der bedeutendsten 
Droguenhandlungen bezogen. Dagegen hat Herr Prof. 
Dr. v. Gorup-Besanez (Journ. fĂŒr prakt. Chem. 97, 63) 
erklÀrt, das echte Buchenholztheerkreosot sei aus dem 
deutschen Handel gÀnzlich verschwunden und könne nur 
noch aus den Reichenbach’schen Fabriken zu Blansko in 
MÀhren und Dobriss in Böhmen oder durch Batka in 
in Prag bezogen werden. Ich habe mich vergebens be- 
mĂŒht, aus einer dieser Bezugsquellen Kreosot zu erlangen, 
da auf den Reichenbach’schen Fabriken nicht mehr gear- 
beitet wird. Dagegen erhielt ich echtes Buchenholztheer- 
kreosot aus der Fabrik des Vereins fĂŒr chemische Industrie 
zu Mainz, dessen Echtheit von der Direction gewÀhrt 
wird **). Das chemische Verhalten dieses Kreosots stimmt 
mit dem des von v. Gorup-Besanez, Hlasiwetz und 
Völckel untersuchten fast vollkommen ĂŒberein. 

Das Mainzer Kreosot ist eine ölige, das Licht stark 
brechende, fast farblose FlĂŒssigkeit, mit einem geringen 
Stich ins BrÀunliche, das aber dem Sonnenlichte aus- 
gesetzt sich nicht weiter brÀunte, von einem spec. Gew. 
von 1,0874 bei 2000. Es zeigt einen eigenthĂŒmlichen, 
wesentlich von dem der PhenylsÀure abweichenden Geruch, 
ist in Weingeist, Aether und Schwefelkohlenstoff voll- 
kommen löslich, desgleichen in EssigsÀure. Ammoniak 


*) Vom Hrn. Verfasser im Separatabdruck eingesandt. D. Red. 
**) Auszug aus dem Briefe: Wir versichern Sie nun auf unser 
Ehrenwort, dass das fragliche Kreosot echtes und reines 
Buchenholziheer-Kreosot ist und dĂŒrfen Sie sich getrost 
auf uns berufen, dass wir fĂŒr die Echtheit einstehen. 
gez. Heinrich Dietze. 


RENTE REN VCHERON AN TE MIRRORS: WEREREREEER 
10 K. Frisch, , | ö 
löst es nur in geringer Menge auf und nimmt dabei eine 
blĂ€ulich-grĂŒne FĂ€rbung an, die immer dunkler grĂŒn wer- 
dend nach mehren Tagen in braun ĂŒbergeht. Das am 
Boden des GefÀsses ungelöst bleibende Kreosot fÀrbt sich 
braunschwarz. Kreosot mit SchwefelsÀure digerirt löst 
sich mit rubinrother Farbe. Die Lösung mit Wasser 
verdĂŒnnt ‚und mit Zink zusammengebracht wird farblos. 
Eisenchlorid bewirkt in wÀsseriger Lösung nur eine 
BrÀunung, setzt man jedoch Alkohol hinzu, oder nimmt 
man eine alkoholische Lösung von Kreosot und eine solche 
von Eisenchlorid: so erhĂ€lt man eine anfangs blaugrĂŒne, 
spĂ€ter saftgrĂŒn werdende bestĂ€ndige FĂ€rbung. Das Kreosot 
krystallisirt zu erhalten ist mir nicht gelungen, obwohl 
ich das mit frisch geschmolzenem Chlorcalcium in gut 
verschlossenen GefÀssen behandelte Kreosot in KÀlte- 
mischungen bis — 160 abkĂŒhlte. OxalsĂ€ure wird reich- 
lich gelöst und beim Erkalten wieder krystallinisch aus- 
geschieden, ebenso lösen sich darin mehrere Alkaloide 
und Salze. In Kalilauge, selbst in schwÀcherer, ist es 
leicht löslich und lÀsst man eine solche Lösung an der 
Luft stehen, so verdickt sie sich zu einer braunen Masse. 
Setzt mÀn zu einer kalischen Lösung Aether, so nimmt 
dieser eine schöne blaue FÀrbung an, welche aber beim 
UmschĂŒtteln wieder verschwindet. 
Dieses Kreosot mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome 
verbrannt, gab folgende Resultate: 
a) 0,2205 Grm. 0,594 CO? und 0,146 HO, 
b) 0,3625 , DaRS. NL 420,340 


B)] 


wie 


c) 0,325 M 0,8765 „ ».r.: 21345 
2. b. G: 
= 73,47 73,98 13,99 
H = 7,36 7,35 7,28 


Dieses Kreosot in nicht zu grossen QuantitÀten der 
Destillation unterwofen, begann bei 1950 C. zu sieden, bei 
2040 blieb der Siedepunct stationÀr. Der grösste Theil 
des Kreosots ging bei dieser Temperatur in öligen Streifen 
ĂŒber, wĂ€hrend sich der RĂŒckstand in der Retorte braun 


ĂŒber das Kreosot. 11 


fÀrbte und dicker zu werden schien, wodurch gegen Ende 
der Operation ein Steigen des Siedepunctes eintrat. Unter- 
wirft man das bei 2040 ĂŒbergegangene Destillat einer 
nochmaligen Destillation: so hat man fast dieselben Er- 
scheinungen wahrzunehmen, indem nicht die ganze Menge 
bei 2040 ĂŒbergeht, sondern gegen Ende der Destillation 
das Thermometer bis 2090 steigt und auch der Inhalt der 
Retorte sich im Laufe der Operation brÀunt. 

Einen Theil des Kreosots versuchte ich durch Chlor- 
caleium zu entwÀssern, indem ich dasselbe mit frisch 
geschmolzenem Chlorcaleium in luftdicht verschlossenen 
GefĂ€ssen unter öfterem UmschĂŒtteln mehre Tage stehen 
liess, dann klar abgoss und der Destillation unterwarf. 
Nachdem das Thermometer bis 1500 gestiegen war, begann 
der Inhalt der Retorte stark zu stossen und die WĂ€nde 
derselben belegten sich mit ausgeschiedenem Chlorcalcium. 
Man kann daher dieses Salz nicht zur EntwÀsserung des 
Kreosots anwenden, da es sich, wie der Versuch lehrte, 
in letzterem gelöst hatte. Ob sich hierbei vielleicht eine 
dem Chlorcaleiumalkoholat Àhnliche Verbindung bildet, 
war unmöglich nachzuweisen, da dasselbe erst bei einer 
Temperatur abgeschieden wird, in welcher Kreosot ent- 
weicht. 

Das bei 2040 ĂŒbergegangene farblose Kreosot, welches 
sich bei Einwirkung des Sonnenlichtes nicht dunkler fÀrbte, 
wurde mit Kupferoxyd im Sauerstofistrome verbrannt: 

a) 0,264 Kreosot gaben 0,703 00? und 0,173 HO. 


b) 0,5535 a H 1,442, BR 0 or 5 Ir 
c) 0,389 R ; 1,0435 „ 51.,.0,2495,, 
d) 0,3105 R r 0,8355 „ st OS 
2a. b. c. d. nach Völckel 
C=172,64Proc. 72,53Proc. 73,16 Proc. 73,15 Proc. 72,68 Proc. 
ET 101715 5 DE tan? 7.1008 
=, — n ET » Ay B) u n 20,22 ” 
100,00 Proe. 


Die elementare Zusammensetzung meines Kreosots 
ist ĂŒbereinstimmend mit der von Völckel gefundenen. 
Ausserdem stimmten der Siedepunct und die Reactionen 


x 


BE Ah ar DE N 9, ENT RAR Ag PERL 
12 K. Frisch, 


mit den von Völckel und v.Gorup-Besanez angege- 
benen ĂŒberein, so dass ich ĂŒberzeugt sein konnte, echtes 
Buchenholztheerkreosot von gleicher Beschaffenheit, wie 
es die oben genannten Chemiker zu ihren Untersuchungen 
anwendeten, unter den HĂ€nden zu haben. Auch Hlasi- 
wetz*) hatte mit demselben Material gearbeitet, als er 
aus dem Kreosot das sich als SĂ€ure verhaltende, mit dem 
Quajacol identische Kreosol darstellte und durch die genaue 
Untersuchung dieser SĂ€ure und ihrer Verbindungen das 
Kreosol als den einen Bestandtheil des Buchenholztheer- 
kreosots nachwies. 


Um das neutrale Kalisalz des Kreosots darzustellen, 
behandelte ich nach Hlasiwetz die Àtherische Lösung 
von Kreosot mit einer gesÀttigten alkoholischen Kalilösung. 
Ich erhielt einen weissen, consistenten Krystailbrei, von 
welchem sich fast gar keine Mutterlauge abpressen liess 
und der mit Alkohol umkrystallisirt werden musste. 
Bessere Resultate erhielt ich aber, wenn ich Kreosot in 
Alkohol löste und mit einer alkoholischen Kalilösung ver- 
mischte und stehen liess. Es bildeten sich weisse, weiche, 
seidenglÀnzende Nadeln, die strahlenförmig von einem 
Puncte aus, dem Coffein Àhnlich, krystallisirt waren, sich 
von der Mutterlauge durch Abpressen leicht befreien liessen 
und durch Umkrystallisiren aus absolutem Alkohol und 
Abwaschen mit Aether gereinigt und unter der Luitpumpe 
getrocknet wurden. Dieses von der Mutterlauge vollstÀn- 
dig befreite Salz zeigt eine etwas graulich-weisse Farbe, 
wÀhrend die geringste Menge anhÀngender Mutterlauge 
dasselbe violett und braun fÀrbt. Das von mir darge- 
stellte Salz zeigte dieselben Reactionen, wie sie bereits 
Hlasiwetz gefunden. Es gelang mir auch, dasselbe aus 
einer concentrirten wÀsserigen Kalilösung und Kreosot 
zu erhalten; ĂŒbergoss ich dieses Salz mit Aether: so nahm 
derselbe eine schön blaue, beim UmschĂŒtteln verschwin- 
dende Farbe an. 


*) Journ. fĂŒr prakt. Chem. 75, 1. 


ĂŒber das Kreosot. 13 


0,409 Grm. des unter der Luftpumpe getrockneten Sal- 
zes gaben 0,135 kohlensaures Kali — 22,45 Proc. Kalı. 

0,616 Grm. gaben 0,253 Grm. schwefelsaures Kali — 
22,21 Proc. Kalı. 

0,376 Grm. gaben 0,123 Grm. kohlensaures Kali = 
22,26 Proc. Kali. 

Die Berechnung verlangt 22,17 Proc. KO. 

Da dieses Salz die Zusammensetzung von Hlasiwetz's 
kreosolsaurem Kalı besass, mithin Kreosol als der eine 
Bestandtheil auch meines Kreosots gefunden war: so konnte 
ich diese von Hlasiwetz so wohl charakterisirten Ver- 
bindungen bei meiner Arbeit bei Seite lassen und hatte 
nur mein Augenmerk auf den neben dem Kreosol vor- 
handenen Bestandtheil zu richten. 

Schon Hlasiwetz hatte den Versuch gemacht, die 
Mutterlauge seiner Kalisalze zur Isolirung des anderen 
Körpers zu benutzen, doch mit wenig gĂŒnstigem Erfolg. 
Ich hatte dieselben Erfahrungen zu machen: denn die 
Mutterlaugen enthalten immer noch betrÀchtliche Mengen 
des Kalisalzes und des Kreosols gelöst und wurden die- 
selben immer noch durch alkoholische Eisenchloridlösung 
grĂŒn gefĂ€rbt. — Da sich direct der andere Bestandtheil 
des Kreosots von dem Kreosol nicht trennen lÀsst: so 
konnte er nur durch seine Derivate erkannt werden. Es 
war hierbei besonderer Werth zu legen auf das Verhalten 
des Kreosots gegen SalpetersÀure, da Hlasiwetz beim 
Nitriren seines Kreosols keine krystallisirbaren Nitropro- 
producte, sondern schliesslich nur OxalsÀure erhielt. Trat 
ein krystallinisches Nitroproduct auf: so konnte es nur 
von dem anderen Bestandtheil im Kreosot herrĂŒhren. 
Ausserdem waren die Chlorverbindungen zu berĂŒcksich- 
tigen, da Hofmann aus dem Kreosot Chloranil bekom- 
men hatte und dieses nicht aus Kreosol entsteht und fer- 
ner noch das Verhalten des Kreosots gegen SchwefelsÀure. 

Beim Nitriren des Kreosots ist die Einwirkung eine 
Ă€usserst heftige, weshalb es am besten ist, das Kreosot 
tropfenweise zur SalpetersÀure zu bringen. Es bildet sich 


14 K. Frisch, 


neben viel OxalsÀure ein harzartiger Körper, der, nach- 
dem die OxalsÀure durch Waschen mit Wasser entfernt 
ist, sich beim Kochen mit SalpetersÀure zu einem seide- 
glÀnzenden, hellgelben Harze verwandelt, welches in kal- 
tes Wasser gegossen, fest und brĂŒchig wird und aus wel- 
chem Alkohol eine krystallisirende Substanz auszieht. 
Diese wiederholt aus Alkohol umkrystallisirt, stellte hell- 
gelbe Prismen dar, die vorsichtig erwÀrmt zu einem in 
der KĂ€lte krystallinisch erstarrenden braungelben Oel 
schmelzen, beim Erhitzen lebhaft mit heller Flamme ab- 
brennen. In Aether und Alkohol sind die Krystalle leicht, 
in Wasser schwer löslich, mit intensiv gelber Farbe. Die 
wÀsserige Lösung reagirt sauer, fÀrbt intensiv und dauernd 
gelb und schmeckt stark bitter. 0,510 Grm. der SĂ€ure 
waren in 38,960 Wasser von 20°C. löslich, mithin 1 Th. 
in 76,5 Th. Wasser. Schwefelsaures Eisenoxydul und 
Baryt fÀrbten die gelöste SÀure blutroth, indem sich 
PikraminsÀure bildete. Kochende Kalilauge entwickelte 
aus dem Nitroproduct Ammoniak und diese Lösung beim 
Uebergiessen mit SchwefelsÀure salpetrige SÀure. Con- 
centrirte SchwefelsÀure löste sie unverÀndert auf. Eine 
alkoholische Lösung der SÀure mit Ammoniak versetzt 
und mit Schwefelwasserstoff gesĂ€ttigt, fĂ€rbte die FlĂŒssig- 
keit dunkel. Beim Stehenlassen nahm sie eine tiefrothe 
Farbe an und darin hatten sich braunschwarze Nadeln 
von amidinitrophenylsaurem Ammoniak gebildet. Cyan- 
kalium wurde durch die SÀure roth gefÀrbt. 


a) 0,301 Grm. der SĂ€ure gaben mit Kupferoxyd und 
vorgelegten KupferdrehspÀnen verbrannt 0,0455 
Gramm HO und 0,346 CO?. 


b) 0,538 Grm. Substanz gaben 0,0675 Grm. HO und 
0,6155 CO2. 


c) 0,620 Grm. der SĂ€ure mit CuO und Kupferdreh- 
spÀnen verbrannt gaben 99 CC. N bei 100 ©. und 
741,63 MM. Barometerstand. Corr. — 91,955 CC. 
Gas —= 0,114469 Grm. N = 18,47 Proc. 


ĂŒber das Kreosot. 15 


Gefunden 
Berechnet ne ro EN, 
G12 — 31,4Proc. 31,34 Proc. 31,2 Proe:; Proc. 
HB— 13, HET Tail, an 
N3 = 184 „ SEHEN WAREN 18,47 , 
02 — 48,9 2) vs n Ba X Fe 
100,0. 


War das eben beschriebene Verhalten dieser SĂ€ure 
und deren elementare Zusammensetzung schon hinreichend 
sie als TrinitrophenylsÀure zu erkennen, so geschah dies 
noch vollstÀndiger durch das Kalisalz, welches ich durch 
SĂ€ttigen der SĂ€ure mit doppeltkohlensaurem Kali darstellte 
und das die bekannten Eigenschaften des pikrinsauren 
Kalis zeigte. Beim Erhitzen dunkler werdend, dann 
schmelzend, explodirte es zuletzt heftig unter ZurĂŒck- 
lassung einer leicht verbrennlichen Kohle. In kaltem 
Wasser war das Salz schwer, aber mit intensiv gelber 
Farbe löslich, in kochendem jedoch leichter. 29,550 Grm. 
bei 17,50C. gesÀttigter Lösung von pikrinsaurem Kali 
enthielt 0,1105 Grm. gelöst; mithin 1 Th. in 267,5 Th. 
Wasser. In Alkohol war das Salz zwar schwer, aber mit 
intensiv gelber Farbe löslich, eine Eigenschaft, die mich 
veranlasste, Löslichkeitsbestimmungen mit pikrinsaurem 
Kali zu machen, da angenommen wird, dass dieses Salz 
in jenem Lösungsmittel unlöslich sei *). 


*) Vom pikrinsauren Kali wird ziemlich allgemein angenommen, 
dass dasselbe in Alkohol unlöslich sei. Dies ist unrichtig. 
Ich habe einige Versuche ĂŒber die Löslichkeit des Salzes in 
Wasser und Alkohol angestellt, da ausser der Bestimmung 
von Liebig, nach welcher 1 Th. des Salzes in 14 Th. kochen- 
den Wassers löslich ist, eine Angabe der Löslichkeit dieses 
wichtigen Salzes bei anderen Temperaturen nicht existirt. 
Das zu diesen Versuchen dienende Material stellte ich mir 
durch SÀttigen reiner PikrinsÀure mit doppeltkohlensaurem 
Kali und mehrmaliges Umkrystallisiren dar. Die Bestimmun- 
gen wurden so ausgefĂŒhrt, dass ich eine ĂŒberschĂŒssige Menge 
des Salzes mit dem betreffenden Lösungsmittel kochte, dann 
24 Stunden lang der angegebenen Temperatur unter öfterem 


BE U De HL an) 1800 HE Hal Sata ln an Ma a 


16 KF visch, 


0,552 Grm. des Salzes gaben 0,178 schwefelsaures 
Kalı' = 17,42 Proc. 

0,695 Grm. des Salzes gaben 0,226 schwefelsaures Kali 
2147.59: Prog, 


Der gefundene Kaligehalt stimmt genau ĂŒberein mit 
dem des pikrinsauren Kalis, welches 17,51 Proc. KO enthÀlt. 

Kreosot mit SchwefelsÀure digerirt und mit Wasser 
verdĂŒnnt, lĂ€sst mit SalpetersĂ€ure gekocht neben OxalsĂ€ure 
ein beim Erkalten festwerdendes, hellgelbes, mit Krystal- 
len durchsetztes Harz entstehen, welches mit Ammoniak 
ausgezogen beim Verdunsten der ammoniakalischen Lösung 
lange, feine, gelbe, seideglÀnzende Nadeln anschiessen 
liess, die in kaltem Wasser und Alkohol schwer, in kochen- 
dem Wasser leicht löslich waren. Die heisse wÀsserige 
Lösung mit SalpetersÀure versetzt liess beim Erkalten 
sÀulenförmige Krystalle entstehen, die durch wiederholtes 
Umkrystallisiren blond wurden, beim vorsichtigen Erhitzen 
schmolzen und theilweise unverÀndert sublimirten; beim 
schnellen Erhitzen jedoch rasch abbrannten. Von Schwefel- 
sÀure wurden diese Krystalle unzersetzt gelöst und durch 
Wasser wieder abgeschieden. Schwefelsaures Eisenoxydul 
und Barytwasser gaben eine der PikraminsÀure Àhnliche 
rothe FĂ€rbung. Zink und verdĂŒnnte SchwefelsĂ€ure lösten 
die SĂ€ure zu einer schön dunkel rosenrothen FlĂŒssigkeit, die 
sich durch Ammoniak grĂŒn fĂ€rbte. Diese Eigenschaften 


UmschĂŒtteln aussetzte, abfiltrirte und in der abgewogenen 
Lösung durch Abdampfen das pikrinsaure Kali bestimmte. 
36,045 Grm. einer alkoholischen Lösung (Aikohol von 90 Proc.) 
bei 20°C. gesÀttigt, gaben 0,049 pikrinsaures Kali. 

30,487 Grm. alkoholischer Lösung von 0° enthielten 0,018 Grm. 
Salz gelöst. 

20,224 Grm. einer wÀsserigen Lösung von 20°C. hinterliessen 
0,074 Grm. des Salzes. 

37,027 Grm. wÀsseriger Lösung, die 24 Stunden lang in Eiswasser 
gestanden, gaben 0,084 trocknes Salz. 

Demnach ist ein Theil pikrinsaures Kali in 735,6 Th. 

Alkohol von 20°C.; in 1138 Th. Alkohol von 0°; in 273,3 Th. 
Wasser von 20°C. und in 440,8 Th. Wasser von OP löslich. 


u ee RT ee Zu ne en. ER Re Ans ae ee 


ĂŒber das Kreosot. 17 


liessen auf DinitrophenylsÀure schliessen und die wurde 
durch die Verbrennung bestÀtigt: 
a) 0,856 der SĂ€ure gaben 1,205 CO? und 0,195 HO 
Dass. En231,085 . 5.32 70100, 


Berechnet a. b. 
032 — 39,1:Proc, 38,33 Proc. 38,78 Proc. 
H4 — 22 „ 53, ES 
N = 152 „ Tale Tr te 
010 = 43,5 n 77 ” Se n 
100,0 Proc. 


Das Kalisalz dieser SĂ€ure erhielt ich durch Abstumpfen 
derselben mit zweifach-kohlensaurem Kali in orangefar- 
benen kleinen Nadeln, die beim ErwÀrmen dunkler wur- 
den, beim Erkalten ihre frĂŒhere Farbe wieder annahmen. 
In Wasser schien es etwas leichter löslich zu sein als das 
pikrinsaure Kali. 

0,527 Grm. des bei 100% getrockneten Salzes gaben 
0,203 Grm. schwefelsaures Kali — 20,83 Proc. KO. 

0,635 Grm. gaben 0,2455 Grm. KO, SO3 — 20,9 Proc. 
Kali. 

Das dinitrophenylsaure Kali verlangt 21,17 Proc. Kali. 

Wie Hlasiwetz gefunden, verwandelt sich beim 
Nitriren das Kreosol in OxalsÀure. Diese Nitroproducte 
mĂŒssen also von dem neben dem Kreosol im Kreosot ent- 
haltenen Körper stammen und die gefundene PikrinsÀure, 
besonders aber die DinitrophenylsÀure bezeichnen diesen 
als einen Phenylkörper. 

Behandelt man Kreosot mit SalzsÀure und chlorsaurem 
Kali unter Mitwirkurg von anfangs gelinder WĂ€rme: so 
erfolgt eine lebhafte Reaction. Das Kreosot wird unter 
starkem AufschÀumen dicker und braun und man erhÀlt 
nach dem Erkalten und Stehenlassen zwei Schichten, von 
denen die eine consistentere sich zu Boden setzt und die 
andere schaumartige und hellgelbe von der Salzlauge 
getragen wird. Diese Masse wurde öfters von dem sich 
bildenden und anhÀngenden Chlorkalium durch Auswaschen 
befreit und die Chlorung so lange fortgesetzt, bis die 

Arch.d.Pharm. CLXXXTI. Bds. 1.u.2. Hft. 2 


18 K. Frisch, 


Masse pflasterartige Consistenz erlangt hatte und mit 
Krystallen durchsetzt schien. Eine Probe mit kaltem 
. Weingeist ausgewaschen und daraufin kochendem Alkohol 
velöst, schied gelbe glĂ€nzende SchĂŒppchen aus, welche 
durch Umkrystallisiren gereinigt und sublimirt wurden. 
Der zum Umkrystallisiren verwendete Alkohol nahm beim 
lÀngeren Stehen eine röthliche Farbe an; ebenso wurden 
auch die hellen goldgelben SchĂŒppchen bei lĂ€ngerem 
Liegen auf dem Filter oder an der Luft dunkler. | 
Vor der Sublimation schmolzen die Krystalle theil- 
weise unter BrÀunung. 
a) 0,5315 Grm. des Sublimats mit Kalk geglĂŒht, in 
SalpetersÀure gelöst und durch salpetersaures Silber- 
oxyd gefĂ€llt, gaben 1,139 Grm. Ag Ül=— 0,28156 Ol 
= 192,97 Proc. 0 
b) 0,813 Grm. gaben 1,742 Grm. AgCl = 52,96 Proe. C]. 
Das Hexachloroxylon von v. Gorup-Besanez ver- 
langt 50,35 Proc. Cl. 
Diese glĂ€nzenden SchĂŒppchen, die durchaus gleich- 
artig erschienen und nicht vermuthen liessen, dass sie 
zwei verschiedene Producte enthielten, wurden von Schwe- 
felsÀure erst in der Hitze zersetzt. Vorsichtig mit Kali 
unter gelinder ErwÀrmung behandelt, lösten sich die 
Schuppen zu einer purpurrothen FlĂŒssigkeit, die nach 
dem Erkalten eine braune humusartige Substanz absetzte 
und neben dieser bildeten sich schöne rothe Krystalle, 
welche mit SalzsĂ€ure zersetzt hellrothe SchĂŒppchen ven 
 ChloranilsÀure gaben. Dieses Kalisalz, so wie die daraus 
dargestellte SĂ€ure liessen keinen Zweifel ĂŒbrig, dass in 
dem gechlorten Körper Chloranil vorhanden sei. Die 
Reaction des Kalis auf die gelben SchĂŒppchen muss aber 
sehr vorsichtig sowohl mit nicht zu concentrirter Lösung, 
als auch unter möglichster Vermeidung höherer Tem- 
peratur geschehen, da man sonst statt einer purpurrothen 
eine braune FlĂŒssigkeit erhĂ€lt, die beim Erkalten nur 
humusartige Körper absetzt. 
Neben dem Chloranil war aber ein diesem in seinen 


ĂŒber das Kreosot. 19 


physikalischen Eigenschaften sehr Àhnlicher Körper in 
diesen Krystallen enthalten, der, wie aus der Chlorbestim- 
mung hervorgeht, einen geringeren Chlorgehalt als das 
Chloranil haben musste. Um die Beschaffenheit dieses 
- Körpers festzustellen, verfuhr ich ganz wie v. Gorup- 
Besanez bei der Darstellung seines Hexachlorhydroxylons, 
da die Vermuthung nahe lag, dass er niedriger gechlorte 
Chinone als das Chloranil enthalten könne und diese sich 
durch Behandlung mit schwefliger SĂ€ure am besten charak- 
terisiren. 

Die mit Wasser zerriebenen SchĂŒppchen wurden dem- 
nach mit schwefligsaurem Gas bis zur SĂ€ttigung der FlĂŒs- 
sigkeit behandelt, einige Tage stehen gelassen und gekocht. 
Es hatte sich neben schmutzig weissen Krystallen, die 
die Gestalt des Chloranils beibehalten, ein weisses Pulver 
ausgeschieden. Die gesammelten Krystalle und das weisse 
Pulver wurden nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser 
durch Aether und Alkohol gelöst. Es schieden sich beim 
Verdunsten dieser Lösung perlmutterglÀnzende grauweisse 
BlÀttehen aus und an den WÀnden des GefÀsses hatten 
sich lange prachtvolle dunkelviolette, im auffallenden Lichte 
schwarzgrĂŒne Nadeln gelagert, welche Aehnlichkeit mit 
dem grĂŒnen Chinon-Hydrochinon hatten, nur dunkler als 
dieses waren. Diese Krystalle fĂŒr sich sorgfĂ€ltig gesam- 
melt, waren in kaltem Wasser unlöslich, wurden durch 
Alkohol und Aether, in denen sie leicht löslich sind, theil- 
weise zersetzt, indem sich mitden vorigen zugleich die unten 
beschriebenen Krystalle abschieden. In heisser EssigsÀure 
waren sie ebenfalls löslich und krystallisirten daraus theils 
unverĂ€ndert, theils verĂ€ndert heraus. In verdĂŒnntem Am- 
moniak lösten sie sich mit smaragdgrĂŒner Farbe, die bald 
darauf in eine rubinrothe ĂŒberging. SalzsĂ€ure fĂ€llte aus 
dieser Lösung einen korallenrothen Niederschlag. Ver- 
dĂŒnnte Kalilauge verhielt sich dem Ammoniak Ă€hnlich. 
Durch SalpetersÀure entstanden Prismen von Dichlorchinon. 

Die schmutzig weissen KrystallblÀttchen, welche sich 
in grösserer Menge als die violetten Nadeln abgeschieden 


DE 


20 K. Frisch, 


hatten, wurden, nachdem sie durch Umkrystallisiren aus 
kochendem Alkohol gereinigt, durch Kalilauge ebenfalls 
aber ohne FarbenverÀnderung, gelöst. Bei lÀngerem 
Stehen wurde die Lösung aber grĂŒn und spĂ€ter roth. 
Ammoniak löste die Krystalle mit gelber Farbe, die bei 
Zusatz von ChlorwasserstoffsĂ€ure in eine violette ĂŒberging. 
Wurde jedoch die ammoniakalische Lösung der Luft aus- 
gesetzt; so fĂ€rbte sie sich erst grĂŒn, dann roth, unter Ab- 
scheidung einer schmutzig braunen Substanz. Schwefel- 
sÀure war ohne Einwirkung. Unterchlorigsaures Natron 
zu einer alkoholischen Lösung der Krystalle gesetzt, be- 
wirkt eine tiefgrĂŒne FĂ€rbung unter Abscheidung von 
gleich gefÀrbten Krystallen. 

Diese weissen Krystalle zeigten Reactionen, wie das 
Dichlorhydrochinon und das Tetrachlorhydrochinon, wÀh- 
rend die oben beschriebenen schönen schwarzgrĂŒnen Na- 
deln sich als Dichlorchinon - Dichlorhydrochinon ergaben. 
Aus der Bildung dieser Verbindungen geht aber hervor, 
dass mein ursprĂŒnglich gechlortes Product ein Gemisch 


von Chloranil mit Bichlorchinon war. 
v. Gorup-Besanez hatte, nachdem er auf gleiche 


Weise sein Hexachloroxylon mit schwefliger SĂ€ure behan- 
delt, ebenfalls dunkelviolette Nadeln und blonde Prismen 
erhalten. Durch Kochen mit viel Wasser entstanden die 
dunkelvioletten Nadeln. Kali fĂ€rbte dieselben grĂŒn und 
spÀter roth; kaustisches Ammoniak verhielt sich Àhnlich; 
concentrirte SalpetersÀure verwandelte sie nach lÀngerem 
Einwirken in goldgelbe BlÀttehen. Durch unterchlorig- 
saures Natron hingegen wurden sie nur in gelbe BlÀttchen 
verwandelt. 

Die schwarzen Nadeln v. Gorup-Besanez’s lösten 
sich beim ErwÀrmen mit Kali und Ammoniak mit roth- 
brauner Farbe, wobei die Krystalle schmutzig-grĂŒn, hell- 
grĂŒn und blassgelb wurden. Dasselbe Verhalten habe ich 
auch beobachtet, wenn ich meine Nadeln mit concentrir- 
ter Kalilauge und mit nicht verdĂŒnntem Ammoniak in 
der WĂ€rme behandelte, wĂ€hrend mit verdĂŒnnten Lösungen 


ĂŒber das Kreosot. 21 


und in der KĂ€lte die oben angefĂŒhrten Reactionen des 
Dichlorchinon -Dichlorhydrochinons auftraten. 

Es zeigen das blonde und das violette Hexachlor- 
hydroxylon von v. Gorup-Besanez mit Ausnahme 
einiger nur sehr unbedeutender Abweichungen ein solches 
Ă€hnliches Verhalten wie das Bi- und Tetrachlorhydro- 
chinon, dass wohl der Schluss Hofmann’s einige Berech- 
tigung zu haben scheint, nach welchem dieses Hexa- 
chlorxylon ein Gemisch von beiden oben genannten gechlor- 
ten Chinonkörpern ist. 

Wenn meine Voraussetzungen richtig: so musste mein 
gechlortes Product in Chloranil vollstĂ€ndig ĂŒbergefĂŒhrt 
werden können. Der Process der Chlorung geht sehr 
langsam vor sich. Nachdem die Behandlung mit chlor- 

saurem Kali und SalzsÀure noch 12 Stunden lang fort- 
“ gesetzt worden war und eine Probe, wie oben angegeben, 
auf den Chlorgehalt geprĂŒft wurde, gaben 0,240 Grm. 
Krystalle 0,534 Grm. Chlorsilber, entsprechend 55 Proc. Cl. 
Nach weiterer fĂŒnfzehnstĂŒndiger Chlorung waren endlich 
die SchĂŒppchen vollstĂ€ndig in Chloranil ĂŒbergegangen, 
welche, nachdem sie durch wiederholtes Umkrystallisiren 
gereinigt, sich weder durch Farbe, Krystallform, noch 
sonstige Àussere Eigenschaften von den zuerst untersuch- 
ten Krystallen unterschieden. 

0,288 Grm. sublimirtes Chloranil mit Kalk geglĂŒht, 
durch SalpetersÀure gelöst und mit salpetersaurem 
Silberoxyd ausgefÀllt, gaben 0,6670 AgCl = 0,16488 
Cl = 57,25 Proc. Cl. Das Chloranil verlangt 
57,7 Proc. Cl. 

Die erhaltene Menge Chloranil war der angewendeten 
Menge Kreosots nach eine verhÀltnissmÀssig sehr geringe. 
Das Chloranil konnte sich nur aus dem neben dem Kreosol 
im Kreosot enthaltenen Bestandtheil gebildet haben und 
liess als diesen einen Phenylkörper vermuthen. In dem 
Alkohol, welcher nach der Behandlung des ursprĂŒnglich 
gechlorten Harzes mit Weingeist zur Isolirung des Chlor- 
anils verwendet war, hatte sich ein Harz gelöst, welches 


22 K. Frisch, 
nach Abdestillation des Alkohols als ein goldgelbes, dickes, 


klebriges, zĂ€hes Harz von unangenehmem Geruch zurĂŒck- 
blieb. In Wasser war es vollstÀndig unlöslich, eben so 
in EssigsÀure. | 

Uebergiesst man dieses Harz mit SalpetersÀure, so 
fÀrbt es sich dunkler; beim ErwÀrmen nimmt es eine 
rothe FĂ€rbung an und bei fortgesetztem Erhitzen geht 
der grösste Theil in einen schönen purpurrothen Schaum 
ĂŒber, der sich grösstentheils beim Erkalten wieder harz- 
artig zu Boden setzt. Ein krystallisirtes Nitroproduet 
daraus zu erhalten, ist mir trotz lange fortgesetzten Nitri- 
rens nicht gelungen. 

Behandelt man Kreosot mit englischer SchwefelsÀure, 
so löst sich dasselbe unter ErwÀrmung mit violettrother 
Farbe auf. Auf Zusatz von Wasser wird das Kreosot 
wieder in öligen gefÀrbten Tropfen ausgeschieden. LÀsst 
man aber das Gemisch von Kreosot und SchwefelsÀure 
34 Stunden lang bei 500 stehen, so wird die Masse sehr 
dickflĂŒssig und löst sich vollstĂ€ndig ohne Kreosotabschei- 
dung in Wasser zu einer tief rubinröthen FlĂŒssigkeit auf, 
welche mit Zink farblos wird, an der Luft sich wieder 
röthet. Die rothe Lösung mit kohlensaurem Baryt ab- 
gestumpft, enthÀlt ein Barytsalz gelöst, welches nach Ein- 
dampfen der FlĂŒssigkeit bei gelinder WĂ€rme unter der 
Luftpumpe in kugeligen Massen krystallisirt. Durch Um- 
krystallisiren konnte das Salz fast farblos erhalten werden, 
gab aber beim Lösen in Wasser, in welchem es sehr leicht 
löslich ist, immer eine brÀunlich-rothe Lösung. In heis- 
sem Alkohol löst sich das Salz schwerer als in Wasser 
und bildet nach dem Erkalten aus verdĂŒnnten Lösungen 
eine durchsichtige Gallerte, beim Erkalten aus gesÀttigten 
Lösungen aber eine breiartige Substanz. Dieselbe gelatinöse 
Masse bildet sich, wenn man eine wÀsserige Lösung des 
Salzes mit Alkohol versetzt. 

Das aus Wasser umkrystallisirte und durch Nach- 
waschen mit Alkohol gereinigte Salz wurde im luftleeren 
Raume getrocknet. 


Pa - 


ĂŒber das Kreosot. 23 


1,043 Grm. unter der Luftpumpe getrocknet verloren 
bei 1000 0,094 HO = 9 Proc. 
Die folgenden Analysen wurden mit bei 1000 ge- 
trocknetem Salze ausgefĂŒhrt: 
a) 0,560 Grm. gaben 0,259 Grm. BaO, SO3 — 46,25 Proc. 
b) 0,970 „ „0449 ; —46,29 , 
c) 0,848 „ wurden mit SalpetersĂ€ure oxydirt und 
gaben mit Chlorbaryum gefÀllt 0,786 Grm. BaO, SO3, 
d) 0,870 Grm. mit Kupferoxyd und vorgelegten Kupfer- 
drehspÀnen und Bleihyperoxyd verbrannt, gaben 
0,907 CO? und 0,216 HO. 
e) 0,494 gaben 0,521 Grm. CO? und 0,114 HO. 
Berechnet Gefunden 
Pre. Pre. Bre; Pre: Pre. Pre. 
Cl2 = 28,73 28,42 28,77 _ — — 


N = 2 E 
02° =:'64 = = '& 22 > 
BaO — 30,56 = =. .-30,34 22.3036. 
2503 — 31,92 ae an u I isn 


100,00 Pre. 
Es ergiebt sich also fĂŒr dieses Salz die Formel 
C12H50, SO3, HO, BaO, 503, 

dieselbe, die Laurent fĂŒr seinen sulfophenissauren Baryt 
gefunden hatte. In den meisten chemischen Werken ist 
dieser als C12H50, SO3, BaO, SO3 aufgefĂŒhrt. Es lĂ€sst 
sich jedoch das eine Aequivalent Wasser aus der Verbin- 
dung nicht entfernen, da sie bei 1000 getrocknet, obige 
Zusammensetzung besitzt und in höheren Temperaturen 
sich zersetzt. 

Das Barytsalz, welches ich in Alkoho] gelöst, aus 
diesem krystallisirt und bei 1000 getrocknet hatte, zeigte 
eine von den vorigen Salzen abweichende Zusammensetzung, 
indem der Alkohol wohl etwas zersetzend eingewirkt hatte. 
0,441 Grm. gaben 0,195 Grm. BaO,SO3 — 29,02 Proc. BaO. 
Bi 0, = 0 =2905 . 5, 
0,435 „ „0,494 CO? und 0,113 HO — 30,9 Proe. C 

und 2,88 Proc. H. 


24 K. Frisch, 


wn 


0,9765 Grm. gaben 1,104 CO? und 0,2645 HO —= 30,84 

Proc. C und 3,01 Proc. H. 

KreosotschwefelsÀure mit frisch gefÀlltem Bleioxyd- 
hydrat digerirt, löste dieses zu einer röthlich gefÀrbten 
FlĂŒssigkeit, die eingedampft pflasterartig wurde und diese 
Consistenz auch unter der Luftpumpe beihehielt. Diese 
Bleiverbindung nahm bei gewöhnlicher Temperatur, im 
luftleeren Raume getrocknet, tÀglich an Gewicht ab und 
ergab selbst nach vier Wochen keine constanten WĂ€gungs- 
resultate. Bei 1000 entwickelten sich DĂ€mpfe und auch 
ein unangenehmer Geruch, welcher bei dem Barytsalz 
nicht wahrzunehmen gewesen war. Nachdem kein Gewichts- 
verlust mehr stattfand, bestimmte ich den Bleioxydgehalt 
der PrÀparate, die sich im Wasser noch vollstÀndig lösten. 
a) 2,334 Grm. gaben 1,304 Grm. PbO,SO3 — 41Pre.PbO. 
Diias , - , 1,040 ». = 40,06 Pre. PbO. 

C1?H50, SO3, PbO, SO3 wĂŒrde 40,3 Proc. PbO ver- 
langen. 

Da das phenylschwefelsaure Bleioxyd keine krystalli- 
sirbare Verbindung ist, so hÀngt diesem aus dem Kreosot 
bereiteten noch das Kreosol an, welches beim Barytsalz 
in der Mutterlauge bleibt. Dieses entweicht erst voll- 
stÀndig bei höherer Temperatur. 

Kreosot mit Kalkhydrat behandelt, gab eine krĂŒmelige 
feste Masse, die nach einiger Zeit eine violette Farbe 
annahm. Wasser wirkte schwer lösend; es wollte mir 
jedoch nicht gelingen, aus dieser Lösung eine constante 
Verbindung darzustellen, da beim Eindampfen das Kreosot 
bereits durch KohlensĂ€ure verdrĂ€ngt und verflĂŒchtigt wird. 

Behandelte ich das Kreosot mit oxydirenden Substan- 
zen, wie die Lösung desselben in SchwefelsÀure mit saurem 
chromsauren Kali: so Àndert sich der specifische Geruch 
des Kreosots in einen angenehm aromatischen um; die 
FlĂŒssigkeit wird dunkelbraun, fast schwarz und setzt eine 
harzartige schwarze Masse ab, die mit Wasser ausge- 
waschen, bröckelig wird, in Alkohol löslich ist, in Kali 
und Ammoniak sich theilweise mit dunkelbrauner Farbe 


ĂŒber das Kreosot. 25 


löst und braune humusartige Körper zurĂŒcklĂ€sst. Gegen 
SĂ€uren verhielt sich die Substanz indifferent. 

Fast dasselbe Verhalten wie gegen saures chromsaures 
Kali zeigte KreosotschwefelsÀure gegen OxalsÀure. Es 
trat beim ErwÀrmen Entwickelung von KohlensÀure ein, 
die FlĂŒssigkeit wurde immer trĂŒber, zuletzt schwarzbraun, 
wobei sich eine schwarze harzige Masse ausschied, die 
nach dem Auskochen mit Wasser spröde wurde, in Alkohol 
etwas löslich war und von Kali und Ammoniak unvoll- 
stĂ€ndig zu einer röthlich braunen FlĂŒssigkeit gelöst wurde. 

Ein neutrales Bleisalz aus dem Kreosot darzustellen, 
um aus diesem das Aequivalent desselben zu bestimmen, 
gelang nicht, basische Verbindungen aber sind fĂŒr den 
beabsichtigten Zweck natĂŒrlich ungeeignet. Ich versuchte 
das Verhalten einer alkoholischen Lösung von Kreosot 
gegen essigsaures Bleioxyd, eben so auch eine essigsaure 
Lösung von Kreosot gegen dasselbe Reagens, erhielt aber 
keine FĂ€llungen. 

Nach den vorliegenden Resultaten, besonders der Bil- 
dung von PikrinsÀure, DinitrophenylsÀure, von Phenyl- 
schwefelsÀure und Chloranil glaube ich berechtigt zu sein, 
in dem Kreosot neben dem Hlasiwetz’schen Kreosol einen 
Phenylkörper anzunehmen. 

Aus den Elementaranalysen des Kreosots, wie sie 
v. Gorup-Besanez, Ettling, Völckel und ich aus- 
gefĂŒhrt haben und bei denen die ersteren beiden und die 
letzteren beiden ziemlich ĂŒbereinstimmend ausgefallen sind, 
scheint hervorzugehen, dass das nach dem Reichenbach- 
schen Verfahren durch wiederholtes Behandeln mit Aetz- 
kali dargestellte Kreosot keine constante Zusammensetzung 
besitzt, wie auch v. Gorup-Besanez in seiner Zusam- 
mensetzung des Kreosots hervorhebt: denn er hat durch 
eigene Versuche gefunden, dass durch wiederholtes Be- 
handeln mit Kali der Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt 
herabgedrĂŒckt und der Sauerstoffgehalt erhöht wird 
und er vermuthet, dass das Kreosot sich durch fort- 
gesetzte Behandlung mit Kali zu Quajacol oxydiren 


26 K. Frisch, 


liesse, mit welchem es so bedeutende Aehnlichkeiten hat. 
Diese von ihm theoretisch gefolgerte Annahme hat sich 
auch in so fern durch die Arbeiten von Hlasiwetz be- 
stÀtigt, als derselbe wirklich im Kreosot Quajacol gefun- 
‚den hat, das Quajacol jedoch C16H1004 zusammengesetzt 
findet, wÀhrend das von v. Gorup-Besanez gemeinte, 
Völckel’sche Quajacol aus C15H80%, wahrscheinlich einem 
Gemenge des Quajacols mit einem ihm homologen Körper 
besteht. 

Es wÀre wohl eher anzunehmen, dass durch Behan- 
deln mit Kali ein schwer von dem Kreosot zu trennendes, 
mit demselben homolog siedendes Oel, wahrscheinlich ein 
Kohlenwasserstoff, nach und nach entfernt wird und dass 
die Einwirkung des Kalis, wie auch Völckel gefunden 
hat, bei einem gewissen Punct keinen Einfluss mehr auf 
die Zusammensetzung des Kreosots hat. Ist dieses Stadium 
gekommen, so weicht das so gereinigte Kreosot in so fern 
von dem mit höherem Koblenstoffgehalte ab, als es in 
gewöhnlicher EssigsĂ€ure sich auflöst und auch in verdĂŒnn- 
ter Kalilauge vollstÀndig löslich ist. 

Es lÀsst sich auch kaum auf eine andere Weise der 
gleiche und constante Siedepunct eines Kreosots von 
75 Proc. C. und von 73 Proc. Kohlenstoff erklÀren, wenn 
man nicht in ersteren einen mit dem Kreosot homolog 
siedenden Körper annimmt, der durch die Behandlung 
mit Kali entfernt wird: denn eine Zersetzung des Kreosots 
wĂŒrde den Siedepunct verĂ€ndern, in diesem Falle ihn, da 
eine Kohlenstoffverminderung eintritt, herabdrĂŒcken. Aus- 
serdem ist es von Interesse, dass mit der Abnahme von 
Kohlenstoff und Wasserstoff das specifische Gewicht zu- 
nimmt und auch dieses spricht fĂŒr die Annahme eines 
Kohlenwasserstoffes, da diese ein niedriges specifisches 
Gewicht besitzen. So fanden: 

Ettling: bei 75,72 Proc. C und 7,80 Proc. H ein 
spec. Gew. von 1,037 b. 200C. 

v. Gorup-Besanez: bei 75,21 Proc. © und 7,92 Proc. 

H ein spec. Gew. von 1,046 — 1,049 b. 11,50 0. 


ĂŒber das Kreosot. 27 


v. Gorup-Besanez: bei 74,8 Proc. C und 7,8 Proc. 
H ein spec. Gew. von 1,057 b. 130C. 

Völckel: bei 72,68 Proc. C und 7,10 Proc. H ein 
spec. Gew. von 1,076 b. 15,500. 

und nach meiner Bestimmung: bei 72,9 Proc. C und 
7,1 Proc. H ein spec. Gew. von 1,0874 b. 200C. 


DasKreosot ist als eine eigenthĂŒmliche chemi- 
sche Verbindung zu betrachten, welche aus dem 
dem Quajacol gleichen Kreosol und einem Phenyl- 
körper besteht. WĂŒrde man in dem Kreosot mit Hlasi- 
wetz ein dem Phenyl homologes Radical annehmen, so wĂŒr- 
den wohlauch dem Phenyl homologe Derivate resultirthaben, 
wie wir solche aus dem Steinkohlentheerkreosot in den Kre- 
sylverbindungen kennen und aus eben diesem Grunde ist die 
Arnahme unrichtig, nach welcher viele Chemiker das Kreo- 
sot fĂŒr Kresylalkohol halten. Diesem steht ferner die Beob- 
achtung Fairlie's entgegen, dass bei dem Sieden seinesKre- 
syloxydhydrats der anfangs stationÀre Siedepunct im Laufe 
der Destillation mehr und mehr sinkt in Folge einer Zer- 
setzung des Kresylalkohols in Phenylalkohol, Eigenschaften, 
welche vollstÀndig unseren Beobachtungen zuwiderlaufen *). 


Nach vorliegenden Untersuchungen und den Elemen- 
taranalysen von Völckel und mir kann man das Kreo- 
sot als eine dem sauren Kalisalz des Kreosols 
entsprechende Verbindung betrachten, in wel- 
chem an Stelle des Kaliums Phenyl eingetreten 
ist: denn das Kreosol ist geneigt, wie aus dem Kalisalze 
und den Bromverbindungen desselben hervorgeht, saure 
Verbindungen einzugehen. 


Die Formel wĂŒrde sich nach der Elementaranalyse 
herausstellen als: 


C16 H10 04, C16 H9(C1? H5) O4 — HO. 


*) Kresylalkohol weicht in seinem Siedepuncte von dem Gesetze 
der Erhöhung des Siedepunctes homologer Reihen um 19° bei 
C2H?2 ab, indem er dem Phenylalkohol homolog 194 + 19 — 
2130 sieden mĂŒsste. 


28 G. C. Wittstein, 


Berechnet VER Soden me 
44 — 13,12 72,68 12,9 
H?25 — 6,94 7,10 7,1 
037 719,94 20,22 20,0 

100,00. 100,00. 100,0. 


Noch erlaube ich mir zur praktischen PrĂŒfung des 
Kreosots auf seine Reinheit hervorzuheben, dass Kreosot 
aus Buchenholztheer in seiner alkoholischen Lösung mittelst 
Eisenchlorid grĂŒn gefĂ€rbt wird, eine alkoholische Lösung 
von Phenyloxydhydrat sich aber nur brÀunt; eine wÀsserige 
Kreosotlösung hingegen durch dasselbe Reagens nicht 
angezeigt wird, wÀhrend Phenylalkohol die bekannte blaue 
FĂ€rbung giebt. 


rn — 


Veber Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)- 
Saccharat; 


von 


G. C. Wittstein. 


Unter der Bezeichnung lösliches Eisen-Saccharat 
in Zuckerkapseln bringt die Firma Jordan und 
TimÀus in Berlin, Dresden und Wien, ein durch seine 
Cacao-PrĂ€parate schon lange rĂŒhmlichst bekanntes Ge- 
schÀftshaus, seit einiger Zeit das Eisenoxyd, zum Zwecke 
innerlicher medicinischer Anwendung, in so eigenthĂŒm- 
licher, neuer, leicht, bequem und angenehm zu nehmender 
Form in den Handel, dass eine eingehende Mittheilung 
darĂŒber in dieser Zeitschrift gewiss am Platze ist. 


Diese Kapseln befinden sich, eine jede in feines 
Papier eingewickelt, zu 20 und zu 40 StĂŒck in Papp- 
schachteln, deren Aufschrift den Beisatz „jede Kapsel 
enthĂ€lt !/),„ Gran metallisches Eisen“ hat. Die kleinere 
Schachtel voll kostet 5, die grössere 10 Sgr. Das Eisen- 
ı Saccharat dazu liefert Herr Dr. E. Fleischer in Dres- 


Zuckerkapseln mit löslichem Eisen(oxyd)-Saccharat. 29 


den und die oben genannte Firma besorgt die Anferti- 
gung und FĂŒllung der Kapseln. 

Bei dem Namen Kapseln denkt man. unwillkĂŒrlich 
an die bekannten Gelatinkapseln, welche mit Copaivabalsam 
u. dergl. gefĂŒllt sind, allein damit haben sie nur den Namen 
gemein, denn sie bestehen lediglich aus Zucker; es sind 
gleichsam Aggregate von ZuckerkrystÀllchen, in Form 
und Grösse einer gewöhnlichen Cacaobohne und mit einer 
Höhlung versehen, welche von dem Eisen-Saccharate ein- 
genommen wird. Ihr Gewicht variirt von etwas ĂŒber 
1 Skrupel bis beinahe 2 Skrupel, indem die Zuckerwand 
bald dĂŒnner, bald dicker, wĂ€hrend das Gewicht des In- 
haltes ein mehr constantes ist und circa 15 Gran betrÀgt. 
Dieser Inhalt ist ein dunkelgoldgelber klarer Syrup von 
sĂŒssem, milde eisenartigem und weingeistigem Geschmack. 
LĂ€sst man eine Kapsel im Munde zergehen, so empfindet 
man anfangs reinen Zuckergeschmack, und sobald die 
HĂŒlle aufgelöst ist, tritt jener milde eisenartige und wein- 
geistige Geschmack hervor. FĂŒr die Kinderpraxis und 
ĂŒberhaupt fĂŒr Personen, welche vor den gewöhnlichen 
Arzneien einen Widerwillen haben, konnte, wo es sich 
um EinfĂŒhrung von Eisen in den Organismus handelt, 
daher wohl kaum eine passendere Form gewÀhlt werden 
als diese Kapseln. In der That hat das PrÀparat sich 
bald Eingang in die medicinische Welt verschafft; es ist 
bereits in den Apotheken Sachsens so wie des ĂŒbrigen 
Norddeutschlands ein gangbarer Artikel geworden und 
fĂ€ngt auch schon an, sich im SĂŒden zu verbreiten. Dabei 
verdient noch Beachtung, dass die Fabrikanten das PrÀparat 
nur den Apotheken zum Vertriebe ĂŒbergeben, damit das- 
selbe, dessen Grundlage eine reelle wissenschaftliche ist, 
nicht in die Classe der Geheimmittel und Schwindeleien 
geworfen werde. Der fĂŒr dieses in solcher Form unbe- 
zweifelt nicht leicht herzustellende Medicament verlangte 
Preis ist ein sehr mÀssiger. 

Schenken wir aber nun auch dem Eisen-Saccharate 
selbst eine nÀhere Betrachtung. Der Name soll andeuten, 


30 @G. C. Wittstein, 


‘dass das Eisen sich durch Vermittelung des Zuckers in 
gelöstem Zustande befindet; das erscheint auf den ersten 
Blick etwas zweifelhaft, ist aber, wie weiterhin erhellen 
wird, nichts desto weniger richtig. Zwar weiss man, dass 
Zuckerlösung die FÀhigkeit besitzt, kleine Antheile oxydir- 
ten Eisens aufzulösen und dadurch einen schwach eisen- 
artigen Geschmack anzunehmen; ich erinnere nur an das 
bekannte Becker-Klauer'sche Ferrum carbonicum saccha- 
ratum, welches damit geschĂŒtteltem Wasser neben dem 
sĂŒssen auch einen schwach eisenartigen Geschmack ertheilt. 
Das durch die Vermittelung des Zuckers in das Wasser 
‚gelangte Quantum Eisen ist indessen nur gering; Alkalien 
zeigen es gar nicht an, was jedoch nur in der bekannten 
Eigenschaft nicht flĂŒchtiger organischer Substanzen, die 
FĂ€llung des Eisens durch Alkalien zu verhindern, begrĂŒn- 
det ist; aber auch Ammoniumsulfid, dessen Reaction 
durch die Gegenwart solcher Substanzen nicht beeintrÀch- 
tigt wird, ruft zunĂ€chst nichts weiter als eine grĂŒne FĂ€r- 
bung hervor, und erst bei lÀngerem Stehen setzen sich 
schwarze Flocken ab. 

Concentrirte Zuckerlösungen sind im Stande, mehr 
Eisen aufgelöst zu halten, aber beim VerdĂŒnnen mit 
Wasser fÀllt der grösste Theil desselben wieder heraus. 
Solcher Art ist und verhÀlt sich der eisenhaltige Syrup 
der Kapseln, denn er ist vollkommen klar, wird aber 
beim Vermischen mit Wasser sofort trĂŒbe und setzt den 
grössten Theil (15/,,) des Eisenoxyds als gelbbraune Flocken 
ab. Eine Àhnliche Erscheinung kann man tÀglich in der 
Receptur an den meisten officinellen Pflanzenextracten 
wahrnehmen; mit dem Spatel herausgenommen sehen sie, 
selbst in den dĂŒnnsten Schichten, klar aus, aber mit Wasser 
geben sie eine trĂŒbe Lösung, der trĂŒbende Körper befindet 
sich mithin in dem Extracte selbst aufgelöst und scheidet 
sich erst in Folge der Einwirkung des Wassers aus. 

Die Darstellung des Syrups anlangend, so musste die 
Möglichkeit einer directen Auflösung von Eisenoxyd — 
wenn auch als Hydrat und im frischgefÀllten Zustande 


Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)-Saccharat. 31 


— in Zucker schon von vornherein abgewiesen, vielmehr 
angenommen werden, dass man sich dazu eines löslichen 
Eisenoxydsalzes bediene. Ueber die Wahl eines solchen 
konnte kaum ein Zweifel bestehen, denn keines eignet 
sich besser dazu als das Eisenchlorid, und dass dieses 
wirklich verwendet wird, zeigte mir sofort das Verhalten 
des mit Wasser verdĂŒnnten und von ausgeschiedenem 
Eisenoxyde abfiltrirten Syrups zu salpetersaurem Silber- 
oxyd. (Auf SchwefelsĂ€ure gab die FlĂŒssigkeit nur eine spur- 
weise Andeutung.) Aber die verhÀltnissmÀssig nicht starke 
Reaction auf Chlor, dann die schon durch Wasser allein 
erfolgende PrÀcipitation des meisten Eisenoxyds aus dem 
Syrup und der milde eisenartige Geschmack des letztern 
bewiesen, dass darin kein neutrales (Fe?C]3), sondern 
ein sehr basisches Eisenchlorid zugegen ist. 

Wenn man eine Lösung von Eisenchlorid abdampft, 
so entweicht mit den WasserdÀmpfen fortwÀhrend auch 
Chler oder vielmehr SalzsÀure, welche durch Zerlegung 
von Wasser entstanden ist, dessen Sauerstoff mit dem 
seines Chlors beraubten Eisen Eisenoxyd bildet, das sich 
aber nicht ausscheidet, sondern in dem noch unzersetzten 
Eisenchloride zu einer basischen Verbindung gelöst bleibt. 
Auf diese Weise kann sogar das meiste Chlor ausgetrieben 
werden, ohne dass die Masse ihr klares Ansehen verliert; 
giesst man aber dann Wasser hinzu, so erfolgt Zersetzung 
unter starker TrĂŒbung und Ausscheidung von Eisenoxyd- 
hydrat, und die darĂŒber stehende FlĂŒssigkeit besitzt oft 
kaum noch eine gelbliche Farbe. Zuckerzusatz beeintrÀch- 
tigt das klare Ansehn der eingedampften Eisenlösung 
nicht, sondern macht die Farbe nur heller, kann aber 
nicht verhindern, dass beim VerdĂŒnnen mit Wasser eine 
Ă€hnliche Zersetzung und TrĂŒbung erfolgt, wie wenn kein 
Zucker vorhanden wÀre. 

Diese Andeutungen werden genĂŒgen, die Darstellung 
eines eisenhaltigen Syrups, wie er in den Zuckerkapseln 
sich eingeschlossen befindet, verstĂ€ndlich und ausfĂŒhrbar 
zu machen. Neutrales Eisenchlorid in die Kapseln ein- 


32 @G. C. Wittstein, 


geschlossen, wĂŒrde beim Zergehen derselben im Munde 
einen unangenehmen tinteartigen Geschmack hervorrufen; 
dieses zu verhindern, ist das Verdienst des Herrn Dr. 
Fleischer, indem er das Chlorid auf die Àusserste Grenze 
der BasicitÀt gebracht und durch die Syrupform gelöst 
erhalten hat. Der Zusatz von Weingeist scheint mir 
unwesentlich. Und da das Mittel nicht erst in Wasser 
aufgelöst wird, sondern unmittelbar in den Mund gelangt, 
so geht auch keine Spur Eisen verloren. 

In ErwÀgung, dass das Vertrauen zu einem neuen 
Arzneimittel nur gewinnen kann, wenn die Angaben der 
Verfertiger, resp. VerkÀufer von unparteiischer Seite be- 
stÀtigt werden, und dass dem in Rede stehenden die grösste 
Verbreitung zu wĂŒnschen ist, habe ich eine quantitative 
Bestimmung des Eisens und daneben auch des Chlors aus- 
gefĂŒhrt. Zu diesem Zwecke wurden 10 Kapseln, welche 
zusammen 322 Gran wogen, in der doppelten Menge 
Wasser gelöst, das ausgeschiedene Eisenoxyd auf einem 
Filter gesammelt und so lange gewaschen, bis das Wasser 
rein ablief. 

a) Der Filterinhalt konnte möglicherweise kein reines 
Eisenoxydhydrat, sondern basisches Chlorid sein; er wurde 
daher mit Kalilauge erwÀrmt, wieder ausgewaschen und 
hierauf erst geglĂŒhet. Jetzt reines wasserfreies Eisenoxyd, 
betrug sein Gewicht 0,75 Gran —= 0,525 Gran metallischem 
Eisen. 

Das kalinische Filtrat erlitt, nach dem UebersÀttigen 
mit SalpetersÀure, durch salpetersaures Silber eine sehr 
schwache TrĂŒbung, welche sich allmĂ€lig am Boden ver- 
einigte und 0,0312 Gran betrug, worin also 0,00772 Gran 
Chlor enthalten waren. 

b) Die von a getrennte, sehr schwach sauer reagirende 
FlĂŒssigkeit, worin sich aller Zucker, das meiste Chlor 
und noch eine kleine Menge Eisen befanden, machte man 
mit SalpetersÀure stark sauer und fÀllte es dann mit 
salpetersaurem Silberoxyd aus. Das Chlorsilber setzte sich 
_ aus dieser FlĂŒssigkeit gar nicht ab, selbst nach Verlauf 


Zuckerkapseln mit löslichem Eisen (oxyd)-Saccharat. 33 


einer Woche war noch nicht an ein Filtriren zu denken, 
und erst ErwÀrmen des Ganzen bis zum Kochen ver- 
mochte eine Vereinigung des Niederschlags in dichtern 
Flocken und eine KlĂ€rung der FlĂŒssigkeit zu bewirken. 
Dieses Chlorsilber wog 0,130 Gran, enthielt also 0,03216 
-Gran Chlor. Dazu das in a erhaltene Chlor — 0,00772 
Gran, macht in Summa 0,03988 Gran. 

Die vom Chlorsilber getrennte FlĂŒssigkeit wurde 
mittelst SalzsĂ€ure von dem ĂŒberschĂŒssig angewandten 
Silber befreit, dann mit Ammoniak ĂŒbersĂ€ttigt und, als 
dadurch keine sichtbare VerÀnderung eintrat, Ammonium- 
sulfid hinzugefĂŒgt. Es erfolgte eine dunkelgrĂŒne FĂ€r- 
bung und nach 2 Tagen hatten sich schwarze Flocken 
abgelagert, welche noch 0,050 Gran Eisenoxyd — 0,035 Gr. 
metallischem Eisen lieferten. Alles Eisen aus 10 Kapseln 
betrug demnach 0,800 Gr. als Oxyd oder 0,560 Gr. als 
Metall. Dies ergiebt fĂŒr 1 Kapsel 0,056 oder I}, Gran 
metallisches Eisen, also etwas weniger als angegeben ist. 
Hager*), welcher den Eisengehalt ebenfalls bestimmt 
hat, fand per Kapsel 0,077 oder 1/3 Gran, also etwas 
mehr als angegeben. Solche Schwankungen erklÀren sich 
leicht dadurch, dass die eine Kapsel etwas mehr, die 
andere etwas weniger Eisensyrup fasst, sind aber zu unbe- 
deutend, um sie zum Gegenstande eines Tadels zu machen, 
und gleichen sich immer wieder aus, wie denn das Mittel 
der beiden Bestimmungen 1, und 13 auch genau die 
garantirte Zahl !/,, ist. 

Die gefundenen Mengen Chlor und Eisen stehen zu 
einander in dem Àquivalenten VerhÀltniss von 1 zu 18, denn 


Gefunden Aeg. Berechnet 
Chlor... 0,03988 1 0,03941 
Eisen... 0,56000 18 0,56047 
0,59988. 0,59988. 


- *) Pharm. Centralhalle 1866. No. 46. 


— 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u. 2. Hft. 3 


34 Die essbaren Erden in Persien. 


Deber die essbaren Erden in Persien. 


Die Gewohnheit, mineralische Stoffe zu geniessen, 
dĂŒrfte kaum in einem andern Lande so verbreitet sein, 
wie in Persien. Auf den Bazaren der meisten StÀdte 
werden erdartige Stoffe feilgeboten, die der Befriedigung 
einer, wie es scheint, tief eingewurzelten Gewohnheit 
dienen sollen; sie bilden einen nicht unbedeutenden Han- 
delsartikel. Es ist dieser Erdgenuss vorzugsweise auf 
das Volk beschrÀnkt und namentlich sollen die Frauen 
demselben huldigen. Wenn neuere europÀische Reisende, 
welche Persien besuchten, jener seltsamen Gewohnheit 
"mit keiner Silbe erwĂ€hnten, so darf das nicht ĂŒberraschen, 
da den Fremden nur wenig Gelegenheit geboten wird, 
sich mit den Sitten und GebrÀuchen des Volks eingehen- 
der bekannt zu machen. 


Es sind besonders essbare Erden von zwei Oertlich- 
keiten, die sich eines Rufes im Lande erfreuen und welche 
man fast allenthalben wieder trifft. Die eine ist unter 
dem Namen @hel Mahallat, d.h. Thon von Mahallat be- 
kannt, welcher vom Gebirge gleichen Namens etwa 60 
Werste westlich von Kum gebracht wird. Es ist ein 
rein weisser, feiner, etwas fettig anzufĂŒhlender und der 
Zunge anklebender Thon. Die chemische Untersuchung 
dieses Thones ergab: 


KieselsÀure........ 43,0 
Thonerdec. . 1.0.00 al) 
Rail. vn 0,5 
Wasser. 4.0.0, 19,0 


Die zweite Erdart heisst Ghel i Giveh, Thon von 
Giveh, einer Oertlichkeit, die unfern Kirman liegen soll. 
Es sind unregelmÀssig gestaltete, rein weisse, feste Knol- 
len, von Wallnuss- bis Faust-Grösse; sie fĂŒhlen sich fein- 
erdig, nicht fettig an, haften nur schwach an der Zunge 
und haben einen etwas salzigen Geschmack. 


Die essbaren Erden in Persien. 35 


Die Untersuchung zweier Knollen ergab: 


I. I. 
Kohlensauren Kalk.......... 14,660 23,500 
Kohlensaure Magnesia....... 78,162 68,758 
Magnesiahydrat............. 1,385 2,985 
Chlornatrium und schwefelsau- 
BER SNALOR Et 2,192 1,946 
EST RT Un RE EN LATGSE 3,601 2,812 


100,000 100,000. 


Nach dieser Zusammensetzung ist das Mineral keine 
Thonart, sondern: reihet sich am ehesten dem Hydro- 
magnocalcit an. 

Beide untersuchte Substanzen enthalten weder etwas, 
was zu den eigentlichen Nahrungsstoffen des mensch- 
lichen Körpers zu rechnen ist, noch solche Dinge, welche 
irgend einen Einfluss auf das Nervensystem ausĂŒben; 
denn der feine Mahalla-Thon wird sich völlig indifferent 
verhalten, die Erde von Giveh kann nur insofern von 
Wirkung sein, als allenfalls durch die Erdcarbonate die 
freie SĂ€ure des Magensaftes neutralisirt wird. Sucht 
man nun nach der ErklÀrung der seit Jahrhunderten 
eingewurzelten Gewohnheit des Erde-Essens, so lÀsst sich 
etwa Folgendes annehmen: 


Die in den meisten persischen Ebenen den grössten 
Theil des Jahres hindurch herrschende trockne Hitze, 
das unthÀtige Leben der Orientalen haben zunÀchst ein 
Ă€usserst vermindertes NahrungsbedĂŒrfniss zur Folge. Der 
Körper bedarf wenig zum Wiederersatz der verbrauch- 
ten Stoffe. Der eigentliche Genuss des Essens, welcher 
in dem Masse höher empfunden wird, als der Mensch 
unter dem Einflusse anstrengender ThÀtigkeit und nie- 
derer Temperatur sich befindet, fÀllt somit weg. Wollte 
er sich solchen verschaffen durch EinfĂŒhrung wirklicher 
Nahrungsmittel, die sehr leicht ĂŒber das erforderliche 
gewöhnliche Mass geht, so wĂŒrden die Folgen davon in 
Form von heftigen Indigestionen, die in jenem Klima 


3* 


36 Die essbaren Erden in Persien. 


besonders heftiger Natur sind, nicht ausbleiben. Der 
Genuss sĂŒsser und wĂ€sseriger FrĂŒchte, der hier am Platze 
wĂ€re, behagt nicht Allen, auch sind solche nicht ĂŒberall 
zu haben. Jene dem Organismus völlig indifferenten, 
dabei wohlfeilen Thone und Erden genĂŒgen zu diesem 
Zwecke. Sie verschaffen zunÀchst die ThÀtigkeit des 
Beissens und Schlingens, fĂŒllen den Magen und brin- 
gen das GefĂŒhl einer vermeintlichen SĂ€ttigung hervor 
und verlassen den Organismus wieder, ohne — wenig- 
stens bei nicht ĂŒbermĂ€ssigem Genuss — auf die Blut- 
mischung einen störenden Einfluss ausgeĂŒbt zu haben. 
Sie wirken nur mechanisch, nicht chemisch. Hierzu 
kommt noch von Seiten der Phantasie das reinliche Aus- 
sehen der blendend weissen Knollen, das sanfte, zwischen 
den ZĂ€hnen abstumpfende GefĂŒhl des sandfreien, durch 
Reiben und DrĂŒcken leicht mehlfein zu erhaltenden Pul- 
vers derselben. Endlich tragen noch Aberglauben, Un- 
wissenheit und Faulheit das, Ihrige bei zur Erhaltung 
der sonderbaren Gewohnheit. (Landw. Zeitung des Prov.- 
Vereins Hannover.) 


ms Di 


Ergebnisse chemischer Analysen der Seidenraupen; 


von 
Leopold Lenz in Ungarisch-Altenburg. 


Die zur Analyse verwendeten Seidenraupen entstam- 
men theils der an der hiesigen Anstalt befindlichen Zucht, 
theils waren sie anderorts herbeigeschafft und wurden — 
bezeichnet als gesunde, fleckenkranke und gelbsĂŒchtige 
Raupen — im lebenden Zustande nebst ihren entspre- 
chenden Excrementen an das agricultur-chemische Labo- 
ratorium abgeliefert. Die Seidenraupen standen in glei- 
chem Alter und kamen 4 Tage nach der letzten HĂ€utung 
zur chemischen Untersuchung. Die Excremente stammen 
ebenfalls von Raupen gleichen Alters und wurden nicht 
im frischen, sondern im bereits lufttrocknen Zustande in 
Arbeit genommen. Die verwendeten BlÀtter, ebenfalls 


L. Lenz, chemische Analysen der Seidenraupen. 37 


lufttrocken, waren eine Durchschnittsprobe der gesamm- 
ten zur FĂŒtterung gelangten Masse. Ausgehend von der 
Thatsache, dass die Raupen bei ihrer ErnÀhrung die Rip- 
pen des Blattes nicht angreifen, wurden diese, so wie 
auch die Blattstiele, sorgfÀltigst ausgeschnitten. 

Ueber den Gang der Analyse sei kurz bemerkt, dass 
wegen der zur VerfĂŒgung gestandenen geringen Aschen- 
mengen alle Bestimmungen der verschiedenen Aschen- 
bestandtheile immer in einer Portion Asche durch Auflösen 
in chlorfreier SalpetersÀure vorgenommen werden mussten. 
Zur Abscheidung der KieselsÀure wurde die salpetersaure 
Lösung ĂŒber dem Wasserbade zur vollkommenen Trocken- 
heit gebracht, der RĂŒckstand in salpetersĂ€urehaltigem 
Wasser gelöst, die KieselsÀure am Filter gesammelt und 
das gemessene Filtrat zur Theilanalyse verwendet. Der 
dabei befolgte Gang war derselbe, wie er gewöhnlich bei 
Analysen der Pflanzenaschen eingehalten wird. Der Ge- 
halt der Asche an KohlensÀure, Sand und Kohle kam 
nicht in Rechnung, daher beziehen sich die analytischen 
Ergebnisse nur auf den in SalpetersÀure löslichen Theil 
der Asche, Die Bestimmung des Kalis geschah aus dem 
Kaliumplatinchlorid, der Stickstoffgehalt wurde durch Ver- 
brennen der Substanz mit Natronkalk und Einleiten des. 
Ammoniaks in titrirte OxalsÀure erhalten. 

Die ausgefĂŒhrten chemischen Analysen ergaben nun 
folgende Resultate: 

Bestimmung der Trockensubstanz und des Wasser- 
gehalts in 1000 Gewichtstheilen der lebenden Seidenrau- 
pen und ihrer lufttrocknen Excremente: 


Gesunde Fleckenkranke GelbsĂŒchtige 
ar I —— I. ni TT 
Rau- ihreEx- Rau- ihreEx- Rau- ihre Ex- 
pen cremente pen cremente pen cremente 


Trockensubstanz 166,44 879,38 
Wasser. 2. 2. 833,56 120,62 


138,87 870,58 141,98 858,84 
861,13 129,42 858,02 141,16 


1000 Gewichtstheile Trockensubstanz enthalten : 


Stickstoff....... 105,52 29,03 106,94 32,81 10841 31,03 
Asche (frei von 
KohlensÀure, 
Sand und Kohle) 73,54 97,49 9123 9424 83,60 110,15 


38 L. Lenz, 


In 1000 Gewichtstheilen lebender Seidenraupen und 
ihrer lufttrocknen Exeremente sind enthalten: 


Orga- 1000 Gewth. frischer, 
Wasser nische Asche bezw.lufttrockner Sub- 
Sub- stanz enthalten Stick- 
stanz stoff 
Gesunde Raupen 833,56 154,20 12,24 17,56 
Excremente ders. 120,62 793,65 85,73 25,53 
Fleckenkranke 
Raupen..... 861,13 126,20 12,67 14,85 
Excremente ders. 129,42 788,54 82,04 28,56 
GelbsĂŒchtige 
Raupen .... 858,02: 130,11 11,87 15,39 
Excremente ders. 141,16 764,24 94,60 26,65 


1000 Gewichtstheile Asche (frei von KohlensÀure, Sand 
und Kohle) der gesunden, fleckenkranken und gelbsĂŒch- 
tigen Seidenraupen und ihrer Excremente enthalten: 


Gesunde Fleckenkranke GelbsĂŒchtige 
— — 
Rau- Exere- Rau- Exere- Rau- Excere- 
pen mente pen mente pen mente 
ders. ders. ders. 


KieselsÀure.. 5,76 23,10 12,34 59,17 13,52 14,09 
SchwefelsÀure 6228 4804 57,21 56,73 4901 62,97 
PhosphorsÀure 287,14 89,94 280,93 82,76 267,60 94,47 
Ghlori..a:...2. Spuren ‘ 2,03 Spuren 2,38 2,45 0.62 
Eisenoxyd-... 7,15 35,28 1,47 20,55 Spuren 24,83 
Magnesia.... 8482 112,85 54,72 90,74 48,75 117,61 
ke Ye..... 59,21 479,75 86,99 864,23 51,60 325,90 

yoacı 10896 480,72 308,03 5500 341,45 
Neitron. 2; .: I 31.21 17,10 20,76 6,86 18,0 

Aschenanalysen verpuppter Seidenraupen (gesunde 
Japanesen), ihrer Cocons und der MaulbeerblÀtter: 
In 1000 Gewichtstheilen sind enthalten von: 


Verpuppten Cocons Maulbeer- 
Raupen derselben blÀttern 

(Japanesen) 
KieselsÀure,:........ 0 30,50 14,51 
SchwefelsÀure....... 24,12 21,37 46,36 
PhosphorsÀure....... 358,78 121,32 120,2 
eBlor.a. una Spuren 9,02 0,62 
Eisenoxyd........... Spuren 24,89 15,87 
Macnesia ...uu..0.:u 157,61 126,17 124,82 
nee 46,65 522,37 331,53 
Sn a A URREARE 355,95 131,95 312,67 


Bean...) 50,61 5,0 31,0 


I N Ta ar ee v Me TE Pr 


chemische Analysen der Seidenraupen. 39 


In 1000 Gewichtstheilen Trockensubstanz verpuppter 
Seidenraupen (gesunde Japanesen), ihrer Cocons und der 
MaulbeerblÀtter sind enthalten: 


Verpuppte Cocons Maulbeer- 
Raupen derselben blÀtter 
SBekstolt:... 2.0.4 92,36 195,71 47,74 
Asche (frei von Kohlen- 
sÀure, Sand und Kohle) 60,87 10,61 74,84 


Aus Obigem ergiebt sich: 


1) Dass die Trockensubstanz in den gesunden Rau- 
pen grösser ist, als in den kranken, und hier sind es die 
gelbsĂŒchtigen, welche mehr aufweisen, als die flecken- 
kranken, die den geringsten Trockengehalt zeigen; es 
betrÀgt nÀmlich in 1000 Gewichtstheilen der Seidenrau- 
pen die Differenz zwischen gesunden und gelbsĂŒchtigen 
24,46 Gewth., zwischen gesunden und fleckenkranken 
27,57 Gewth., also Unterschiede, die wohl unter sich 
selbst betrachtet weniger abweichen, jedoch fĂŒr den Orga- 
nismus gewiss nicht ohne Bedentung sind. 


2) Dass bei der Unterscheidung der Trockensubstanz 
in organische und unorganische Bestandtheile die sich 
herausstellenden Differenzen beinahe ausschliesslich die 
organische Substanz betreffen, indem die Abweichungen 
in den organischen Bestandtheilen zwischen gesunden und 
gelbsĂŒchtigen Raupen in 1000 Gewth. 24,09 Gewth., zwi- 
schen gesunden und fleckenkranken 28,0 Gewth. betra- 
gen, welche Zahlen mit den Differenzen in der Trocken- 
substanz fast ĂŒbereinstimmen. 


3) Dass der Stickstoffgehalt in den gesunden RĂ€u- 
pen höher als in den kranken erscheint, indem fĂŒr je 
1000 Gewth. der lebenden Seidenraupen die fleckenkran- 
ken um 2,71 Gewth. und die gelbsĂŒchtigen um 2,17 Ge- 
wichtstheile weniger enthalten als die gesunden. Es ver- 
hÀlt sich nÀmlich nach obigen Analysen der Stickstoff- 
gehalt gesunder, dieser gleich 1000 gesetzt, zu dem Stick- 
stoffgehalte fleckenkranker und zu dem gelbsĂŒchtiger Rau- 
pen wie 1000 : 845 : 876. 


40 L. Lenz, 


4) Dass die Differenzen im Aschengehalte zwischen 
gesunden, fleckenkranken und gelbsĂŒchtigen Seidenrau- 
pen sich unbedeutend erweisen. BezĂŒglich der wichti- 
geren Aschenbestandtheile ist bemerkbar, dass sowohl 
die Menge der PhosphorsÀure, als auch die der Magne- 
sia in den gesunden Raupen grösser ist, als in den kran- 
ken, und hier sind es die gelbsĂŒchtigen, die merkliche 
Abweichungen in beiden Bestandtheilen zu erkennen 
geben, indem die Differenz im PhosphorsÀuregehalte 19,54 
Gewichtstheile und die Differenz im Magnesiagehalte 36,07 
Gewichtstheile in 1000 Gewth. der Asche betrÀgt. Da- 
gegen ist in den Excrementen der gelbsĂŒchtigen gegen- 
ĂŒber den Excrementen gesunder und fleckenkranker Sei- 
denraupen sowohl die PhosphorsÀure als auch die Mag- . 
nesia vorherrschend. Ebenso wie die vorher angefĂŒhrten 
Aschenbestandtheile ist auch das Eisenoxyd und die 
SchwefelsÀure in der Asche gesunder Raupen in grösse- 
rer Menge enthalten, als in der Asche fleckenkranker 
und gelbsĂŒchtiger Raupen. Die Asche der letzteren ent- 
hÀlt wieder weniger SchwefelsÀure als die der flecken- 
kranken und es scheint mir nicht als unwichtig, 
auf das spurenweise Auftreten des Eisenoxyds in den 
gelbsĂŒchtigen Seidenraupen aufmerksam zu machen. In 
Betreff des Kalkes ist bemerkbar, dass sich die Menge 
desselben in 1000 Gewth. Asche bei den fleckenkranken 
bedeutend grösser als in den gelbsĂŒchtigen herausstellte, 
da die gesunden im Kalkgehalte um 27,78 Gewth. und 
die gelbsĂŒchtigen um 35,39 Gewth. von den fleckenkran- 
ken SeidenwĂŒrmern differiren. Hingegen enthĂ€lt die 
Asche der Excremente von gesunden Raupen mehr Kalk, 
als die der Excremente fleckenkranker und gelbsĂŒchtiger 
Raupen. Der Alkaligehalt erscheint nach obigen Ana- 
lysen in der Asche gesunder Raupen geringer, als in der 
Asche kranker Raupen und hier erweist die der gelb- 
sĂŒchtigen mehr, als die der fleckenkranken. Dasselbe 
Verhalten giebt sich auch in der Asche der entsprechen- 
den Excremente kund. 


chemische Analysen der Seidenraupen. 41 


Zur ĂŒbersichtlichen Vergleichung sind die Beziehun- 
gen der wichtigeren Aschenbestandtheile, der Trocken- 
substanz und des Stickstoffgehaltes der Seidenraupen, ihrer 
Excremente, der Cocons und der MaulbeerblÀtter zu dem 
gleich 1000 gesetzten PhosphorsÀuregehalt jeder Asche 
gebildet und in folgender Tabelle zusammengestellt worden. 

VerhÀltniss der gesammten Trockensubstanz, des Stick- 
stoffgehalts und der wichtigeren Aschenbestandtheile zur 
PhosphorsĂ€ure — diese gleich 1000 — in den Raupen, 
ihren Excerementen, in den Cocons und den Maulbeer- 
blÀttern: 


N = 2 u ; @ . | 
es 23 28:7 8% |s |= 888 
sÂź= 232 |23.e5=|5=| 8 265 
83 ER g8a°ı 2 IK |S 2 88 

Ba l3 E 2) 
MaulbeerblÀtter...... 111111| 5304/1000| 13211038 2758 26011257| 385 
Gesunde Raupen .....| 47356) 493711000 25 295 206) 1719 | 216 


Exceremente derselben |114047, 331011000) 392 1254 5334 1878/413 534 
Fleckenkranke Rau- Ks 20 


TER AR 39017) 417211000 5) 187 30911711) 60! 203 
Exeremente derselben |128205, 42061000 2481096 4401 37211250) 685 
GelbsĂŒchtige Raupen | 44700| 484711000 — | 182) 1922055] 25) 183 


Excremente derselben | 96099 2981/1000, 26211244 344936141190] 666 


Gesunde, verpuppte 
Raupen (Japanesen) | 45789 422911000 — | 439] 130) 9921140) 67 


Cocons derselben. ... 263158 51502 1000 20511039/4309 11087, 41| 176 


(Allgem. land- u. forstwirthsch. Zeitung der k. k. Landwirth- 
schafts-Gesellschaft in Wien.) 


Die Seidenraupen-Krankheiten ; 


von 
J. v. Liebig”). 


Durch die grosse GefÀlligkeit des Hrn. Heinrich 
Scheibler in Crefeld bin ich in den Stand gesetzt wor- 


*) Aus der Agronomischen Zeitung von Dr. Hirschberg mit- 
getheilt. 


42 J.v. Liebig, 


den, die Ermittelung einer Anzahl von Thatsachen zu 
veranlassen, welche, wie ich glaube, ĂŒber die Natur der 
gegenwĂ€rtig herrschenden, fĂŒr die Seidenindustrie so ver- 
derblichen Krankheit der Seidenraupe Licht zu verbrei- 
ten vermögen. 

Eine genaue Untersuchung des Futters der Seiden- 
raupe aus den verschiedenen LĂ€ndern und Gegenden, wo 
die Seidenraupen-Krankheit herrscht oder nicht herrscht, 
hatte ich Hrn. Scheibler als eine der nÀchsten und un- 
erlĂ€sslichsten Bedingungen bezeichnet, um ĂŒber diese 
Krankheit AufschlĂŒsse zu gewinnen, und durch seine aus- 
gebreiteten Verbindungen gelang es Hrn. Scheibler, 
mir Maulbeerlaub aus China, Japan, der Lombardei, Pie- 
mont und Frankreich in genĂŒgender Menge zu verschaf- 
fen, um eine solche Untersuchung in meinem Laborato- 
rium durch einen sehr geschickten und gewissenhaften 
Chemiker, Hrn. Dr. Reichenbach, vornehmen zu lassen 
und es sind einige Resultate seiner grossen Arbeit, die 
ich in Folgendem mittheilen will. 

Ueber den Ursprung der BlÀtter schreibt mir Herr 
Scheibler: „Eine nĂ€here Angabe, von welcher Species 
das Laub genommen, ist mir von China und Japan nicht 
zugekommen; es ist aber jedenfalls gesundes Laub“. 

Die erhaltenen Resultate sind, wenn ich sie richtig 
interpretire, vollkommen geeignet, die Ansicht zu stĂŒtzen, 
die ich bereits frĂŒher ĂŒber die Natur der Seidenraupen- 
Krankheit ausgesprochen habe. Es ist eine ziemlich all- 
gemeine Erfahrung, dass aus Eiern, welche frisch aus 
China oder Japan, oder auch von manchen andern Orten, 
bezogen worden sind, Raupen erzogen werden, welche 
' Seide liefern und keine Symptome von Krankheit zeigen, 
dass aber die Nachkommenschaft von diesen Eiern in der 
zweiten oder dritten Generation der Krankheit verfÀllt. 
Diese Thatsache scheint mir die Existenz eines „Krank- 
heitsstoffes“, welcher die einen ansteckt und die andern 
nicht, auszuschliessen; denn es lÀsst sich nicht erklÀren, 
warum Thiere von frisch importirten Eiern gesund blei- 


die Seidenraupen - Krankheiten. 43 


ben und Seide liefern, wÀhrend die zweite oder dritte 
Generation aus Eiern aus demselben Lande unter sonst 
gleichen VerhÀltnissen und gleichem Futter krank wer- 
den und sterben. 

Nach Allem, was darĂŒber bekannt ist, werden die 
Raupen von der herrschenden Krankheit vor oder un- 
mittelbar nach der letzten HĂ€utung befallen; sie sterben 
vor dem Einspinnen und dem Anschein nach fehlt es 
ihrem Körper an Vorrath an dem fĂŒr das Gespinnst er- 
forderlichen Stoff; dass der Mangel an diesem Stoff ihre 
Verpuppung gefÀhrden und den Tod der Raupe nach sich 
ziehen muss, ist selbstverstÀndlich. Auf die Erzeugung 
dieses Stoffes, welcher die Seide giebt, muss aber die 
Nahrung einen ganz bestimmten Einfluss Àussern und 
diejenige muss als die geeignetste fĂŒr die Seidenraupen 
angesehen werden, welche das Material hierzu in gröss- 
ter Menge enthÀlt. Die Seide ist sehr stickstoffreich; sie 
wird in dem Körper der Thiere aus den stickstoffhaitigen 
Bestandtheilen der MaulbeerblÀtter erzeugt und es lÀsst 
sich hiernach aus dem Gehalt der letzteren an Stickstoff 
mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ihr Futterwerth beur- 
theilen. 

Die vollstÀndige Entwickelung und die Gesundheit 
eines Thieres hÀngt selbstverstÀndlich von seiner ErnÀh- 
rung ab; durch eine Verminderung in der Menge der 
tÀglich erforderlichen Nahrung wird seine Entwickelung 
beeintrÀchtigt und die Körpermasse verringert; der Wider- 
stand gegen Àussere SchÀdlichkeiten, welchen der Begriff 
der „Gesundheit“ in sich einschliesst, wird dadurch ge- 
schwÀcht, d.h. das Thier wird bei mangelhafter ErnÀh- 
rung leichter von Krankheiten befallen; gut genÀhrt wider- 
steht es besser. Das Maximum von Nahrung, welches 
ein Thier zu verzehren vermag, hÀngt in gleichen Ver- 
hÀltnissen von der Grösse oder dem Umfang seiner Ver- 
dauungswerkzeuge ab; ĂŒber ein gewisses Quantum Fut- 
ter hinaus kann ein Thier nicht fressen. 

Es ist ferner klar, dass ein Thier von zwei Nah- 


Aar.ıd SUR ME a RCUe ©. 


44 J. v. Liebig, 


rungsmitteln, von denen das eine bei gleichem Gewicht 
mehr eigentlichen NÀhrstoff als das andere enthÀlt, von 
dem Àrmeren dem Gewicht nach mehr verzehren muss, 
als von dem reicheren, um ein gleiches Quantum Mate- 
rial zur ErnÀhrung und zum Aufbau seines Körpers in 
sich aufzunehmen. Von Brod und Fleisch zusammen 
bedarf ein Mensch z.B. dem Gewicht nach weniger, als 
von Brod allein; von Brod weniger, als von Kartoffeln. 
Wenn man nun von diesen GrundsÀtzen aus die Zusam- 
mensetzung der MaulbeerblÀtter aus verschiedenen LÀn- 
dern betrachtet, so ergiebt sich, dass sie sehr ungleich 
in ihrer Zusammensetzung sind, dass die eine Sorte aus 
China oder Japan z.B. sehr viel mehr von den Stoffen 
enthÀlt, die zur Entwickelung des Körpers und zur Bil- 
dung der Seide dienen, als die andere. In Zahlen aus- 
gedrĂŒckt, hat die Analyse folgende VerhĂ€ltnisse ergeben: 
Stickstoffgehalt der MaulbeerblÀtter aus 


Japan China Tortona (Piemont) Alais Brescia 


1) 3,28: 3,13 1) 2,34 2,38 3,36 
2) 3,36 2) 2,34 
3) 2,49 


oder in Fleisch und Seide bildenden Stoffen ausgedrĂŒckt: 
im Mittel 

Japan China Tortona Alais Breseia 

20,59 19,56 14,93 14,62 21,0. 

Diese Zahlen zeigen, dass die MaulbeerblÀtter aus 
Piemont und Alais beinahe ein Drittel weniger von den 
zur Bildung der Körperbestandtheile der Raupe und der 
Seide dienenden Stoffen enthalten, als die aus Japan und 
China, und wenn diese VerhÀltnisse durch weitere Unter- 
suchungen sich bestĂ€tigen und constant erweisen, so knĂŒ- 
pfen sich hieran SchlĂŒsse von grosser Bedeutung. Es 
liegt zunÀchst auf der Hand, dass wenn eine Anzahl 
Raupen von chinesischen oder japanischen BlÀttern eine 
QuantitÀt von 1000 Gr. und eben so viel von piemon- 
tesischen oder von BlÀttern aus Alais verzehren, die Rau- 
pen in den ersteren 205 oder 195 Gr. Blut und Seide 


die Seidenraupen - Krankheiten. 45 


bildende Stoffe, in den andern hingegen nur 149 Gr. 
dieser Stoffe in ihren Körper aufnehmen, und dass fer- 
ner die Raupen von den in Alais und in Tortona gewach- 
senen BlĂ€ttern nahe an 1400 Gr. verzehren mĂŒssen, um 
eben so viel von diesen Stoffen in ihren Körper aufzu- 
nehmen, als sie in 1000 Gr. chinesischem oder japani- 
schem Laub empfangen hÀtten. 

Ein Einfluss dieser Ungleichheit in der Beschaffen- 
heit des Futters auf die Körperbeschaffenheit der Thiere 
kann nicht verkannt werden. Mit derselben Menge Maul- 
beerblĂ€tter gefĂŒttert, wĂŒrde der Körper der Raupen in 
China und Japan an sich stÀrker und reicher an Seide 
bildenden Stoffen sein mĂŒssen, als der Körper der Thiere, 
die mit BlÀttern von Tortona oder Alais ernÀhrt worden 
sind. Man kann nicht annehmen, dass jede einzelne von 
1000 Raupen eben so viel frisst wie eine andere, denn 
dies hÀngt von der Körperbeschaffenheit der Individuen 
ab, welche theils durch die Race, theils von der Körper- 
beschaffenheit der Eltern mit bedingt wird; aber man 
kann, ohne einen Fehler zu begehen, voraussetzen, dass 
die Nachkommen derselben Race nicht mehr Futter zu 
verzehren im Stande sind, als ihre unmittelbaren Vor- 
fahren zu fressen vermochten. 

Wenden wir dies auf Raupen an, die aus japanischen 
oder chinesischen Eiern gezogen, mit Maulbeerlaub in 
Tortona oder Alais ernÀhrt werden, so wird eine gewisse 
Anzahl, welche in China oder Japan 1000 Gr. Maulbeer- 
laub gefressen hatte, auch 1000 Gr. von dem piemonte- 
sischen oder französischen Laub fressen. Die Unter- 
suchung giebt nun zu erkennen, dass die mit piemonte- 
sischen oder französischen MaulbeerblÀttern ernÀhrten 
Raupen nahe ein Drittel weniger stickstoffhaltige NĂ€hr- 
und Seide-bildende Stoffe empfangen, als die in China 
und Japan mit dortigem Maulbeerlaub ernÀhrten Raupen. 
Ist die FĂŒtterung mit einer gegebenen Menge chinesi- 
scher oder japanischer BlĂ€tter ausreichend fĂŒr die voll- 
stÀndige ErnÀhrung und Metamorphose einer gewissen 


46 J. v. Liebig, 


Anzahl von Raupen gewesen, so ist die gleiche Menge 
BlĂ€tter von Tortona oder Alais nicht genĂŒgend fĂŒr diese 
Zwecke; die Raupen in Tortona und Alais werden mit 
‚derselben Menge Maulbeerlaub unvollstĂ€ndig ernĂ€hrt sein 
und wie in allen FÀllen von mangelhafter ErnÀhrung, 
muss die Nachkommenschaft dieser Thiere schwÀcher als 
ihre Vorfahren sein, schwÀcher in Beziehung auf die Aus- 
bildung ihrer Organe und ihre EntwickelungsfÀhigkeit 
und: schwÀcher in Hinsicht auf ihr Vermögen, Àusseren 
SchÀdlichkeiten Widerstand zu leisten. Durch eine an 
NĂ€hrstoffen reichere Nahrung wird die Race wieder ver- 
bessert werden können, d.h. es kann in diesen Thieren 
der gesunde und krÀftige Zustand, der ihre Vorfahren 
auszeichnete, dadurch wiederhergestellt werden; aber mit 
dem mangelhaften Futter ernÀhrt, wird die dritte Gene- 
ration noch mehr ausarten. WĂ€hrend die erste Genera- 
tion (von aus Japan und China importirten Eiern), die 
von den stÀrksten Eltern stammt, noch krÀftig frisst, so 
dass man das bekannte GerÀusch beim Fressen deutlich 
hört und noch so viel Vorrath von Seide bildendem Stoff 
in ihrem Körper zu sammeln vermag, um sich einzuspin- 
nen, nimmt dieser Vorrath in den Individuen der zwei- 
ten und dritten unvollstÀndig ernÀhrten Generation noth- 
wendiger Weise ab. 

Aus den Eiern mangelhaft ernÀhrter Eltern muss 
sich ein schwÀcheres Geschlecht entwickeln und der Um- 
stand, dass die daraus hervorgehenden Individuen weni- 
ger krĂ€ftig fressen, wird von den SeidenzĂŒchtern als 
eines der frĂŒhesten Symptome der sogen. Krankheit an- 
gesehen und sehr bald giebt sich ein bemerklicher Unter- 
schied in ihrer Grösse zu erkennen. Viele Raupen ver- 
lieren die FÀhigkeit sich zu hÀuten, und es erzeugen 
diejenigen, welche bis zum Einspinnen kommen, ein loses, 
dĂŒnnes Gewebe; ibre Puppen verbleiben lĂ€nger im Cocon; 
der kleine, in seinen Bewegungen trÀge Schmetterling 
hat hĂ€ufig verkrĂŒppelte FlĂŒgel. Dies sind alles Zeichen 
einer unvollstÀndigen ErnÀhrung und eines herabgekom- 


die Seidenraupen-Krankheiten. 47 


menen Geschlechts, aber nicht die einer besonderen 
Krankheit. 

Es tritt bei diesen Thieren derselbe Fall ein, wie 
bei guten Viehracen, deren EinfĂŒhrung aus England z.B. 
nach der Erfahrung mancher ViehzĂŒchter keinen Vor- 
theil hat, weil sie in ihrer Gegend ausarten, d. h. weil 
ihre Nachkommen viele der ausgezeichneten Eigenschaf- 
ten ihrer Eltern wieder verlieren, wÀhrend es sicher ist, 
dass, wenn sie das importirte Vieh mit gleicher Sorgfalt, 
eben so reichlich und mit eben so gutem Futter ernÀh- 
ren wĂŒrden, wie dies in England geschieht, von einer 
solchen Ausartung keine Rede sein könnte. Worin lÀge 
aber der Vortheil — so sagte mir ein ViehzĂŒchter — 
wenn es mir nicht gelingt, die Race zu erhalten mit dem 
Futter, das mir gerade zu Gebote steht? Diese Vieh- 
zĂŒchter suchen einen gewissen Vortheil durch die Ein- 
fĂŒhrung von fremdem Vieh zu erzielen; da sie aber die 
Bedingungen missachten, durch die er gesichert wird, so 
erreichen sie ihren Zweck nicht, was Niemand in Ver- 
wunderung setzt, der die ersten Elemente der ErnÀh- 
rungsgesetze kennt. In Europa ist der SeidenzĂŒchter 
nicht, wie in Japan und China, ein Landwirth, der seine 
MaulbeerbÀume selbst pflanzt und sorgfÀltig pflegt, son- 
dern fĂŒr ihn ist Maulbeerlaub Maulbeerlaub, woher es 
auch stammen mag. 

Der einfachste Bauer weiss, dass unter seinem Heu 
ein Unterschied ist, dass die eine Sorte Heu weiter reicht 
und lieber von seiner Kuh gefressen wird und mehr und 
reichere Milch liefert, als eine andere. Der SeidenzĂŒch- 
ter weiss von allen Dingen nichts und wenn er fortfÀhrt, 
auf seinem Standpuncte und auf seiner lÀngst in die 
Rumpelkammer veralteter Begriffe verwiesenen Ansicht 
zu beharren, dass auf die Thiere alles ankommt und dass 
ihr Organismus alles schafft und auch Seide erzeugt aus 
Futter, in welchem das Material zu ihrem Gespinnst weit- 
aus nicht in hinreichender Menge enthalten ist, so zieht 
er tÀglich an der Glocke zum GrabgelÀute einer Indu- 


48 J. v. Liebig, 


strie, auf welcher der Reichthum grosser LĂ€nder beruht, 
und dies kann nicht anders sein. 

Zum Schlusse will ich mir noch eine Bemerkung 
hinsichtlich der MaulbeerblÀtter von Brescia erlauben, 
von denen ich nicht mehr als von den andern weiss, und 
das ist, dass es BlÀtter sind von der Beschaffenheit, wie 
sie in der Gegend, von der sie stammen, als Futter fĂŒr 
die Raupen benutzt werden. Die analysirten BlÀtter von 
Brescia sind nÀmlich eben so reich an Stickstoff, als die 
japanischen und chinesischen, aber verglichen mit den 
letzteren ist in ihrer Grösse ein auffallender Unterschied; 
die chinesischen und japanischen BlÀtter sind völlig aus- 
gewachsen, die chinesischen sind aber handgröss, dick 
und mĂŒssen frisch sehr vollsaftig und fleischig gewesen 
sein; die lombardischen BlÀtter sind hingegen klein (um 
!/; kleiner), dĂŒnn und wahrscheinlich jĂŒnger. Es ist eine 
ganz allgemeine Erfahrung, dass die jungen BlÀtter rei- 
cher an Stickstoff sind, als die ausgewachsenen und höchst 
wahrscheinlich, dass jĂŒngere chinesische oder japanische 
BlÀtter einen noch weit höheren Stickstoffgehalt ergeben 
hÀtten, als die analysirten. 

Aus den Erfahrungen der Landwirthschaft wissen 
wir, dass die DĂŒngung einen ganz entscheidenden Ein- 
fluss auf den Gehalt und den Reichthum der Pflanzen an 
stickstoffhaltigen Bestandtheilen ausĂŒbt und dass in China 
und Japan jede Pflanze, von der man eine Ernte gewin- 
nen will, gedĂŒngt wird. Die chinesischen Werke ĂŒber 
Seidenmanufactur beginnen mit der Beschreibung des 
Culturverfahrens des Maulbeerbaumes oder Strauches und 
es lÀsst sich daraus der Werth erkennen, den der chine- 
sische Bauer auf die richtige Pflege der Pflanze legt, 
welche bestimmt ist, das Futter fĂŒr den Seidenwurm zu 
liefern; dem Anbau der Pflanze oder der Saat geht jeder- 
zeit die DĂŒngung des Bodens voraus und die Zusammen- 
setzung der Asche der MaulbeerblÀtter aus China und 
Japan giebt mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erkennen, 
dass dieses Laub von gedĂŒngten BĂ€umen gewonnen wor- 
den ist. 


die Seidenraupen-Krankheiten. 49 


Aus den chinesischen Werken (s. z.B. The Chinese 
Miscellany. On the Silkmanufacture and the Cultivation 
of the Mulberry Nr. III. Printed at the Mission Press. 
Schanghai 1849) sieht man, dass in manchen Gegenden 
in China der Bauer den Maulbeerbaum sehr nahe so, wie 
der Winzer in Europa den Rebstock behandelt; auf das 
Beschneiden wird die grösste Sorgfalt verwendet und 
werden dazu die genauesten Vorschriften gegeben. In 
dem eitirten Werke heisst es S. 84: „Jeder Hieb mit 
der Hacke erzeugt 3 Zoll Fruchtbarkeit und jeder Schnitt 
mit dem Messer sichert einen doppelten Ertrag vom Maul- 
beerbaum.“ Ferner: „Ueberfluss an Zweigen durch Ver- 
nachlĂ€ssigung des Beschneidens macht die BlĂ€tter dĂŒnn 
und geschmacklos; daher ist das Beschneiden der BĂ€ume 
‚von der grössten Wichtigkeit fĂŒr die Zucht der Seiden- 
raupen.“ 

Wenn der europĂ€ische SeidenzĂŒchter gelernt haben 
wird, die Vorschriften seines Meisters in der Seidenzucht, 
des gewöhnlichen chinesischen Bauers, genau und richtig 
zu befolgen, so wird er ganz unzweifelhaft Herr des gros- 
sen Uebels werden, das seine Existenz bedroht. Die 
Natur giebt dem Menschen alles, was er von ihr will, 
aber auf die Dauer nicht umsonst; sie lohnt ihn fĂŒr seine 
Pflege und straft ihn, wenn er sie beraubt. Dies ist das 


Gesetz. 
— 


Die Farbe der Butier. 


Die schöne gelbe Butter ist oft gefÀrbt. Man 
wendet dazu in Frankreich oft MohrrĂŒbensaft an, aber 
in einigen Gegenden der Normandie, besonders in Gour- 
nay, wird dafĂŒr die Feldringelblume (Calendula arvensis 
oder sylvestris) gezogen (französ. souci des champs). Sie 
wird dazu in freiem Felde sowohl, als in GĂ€rten culti- 
virt. BreitwĂŒrfige Saat, die Pflanzen breiten sich aus, 
brauchen daher nicht dicht zu stehen. Ernte Juli bis 

Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bas. 1.u.2. Hft. 4 


F. 


50 Leberthran auf der Fischerei- Ausstellung in Boulogne. 


Mitte September. Die Bereitung des Farbestoffs, der 
Merliton heisst, geschieht, indem man die Blume pflĂŒckt, 
in einem steinernen Topfe (gres) in 6zölligen Schichten 
mit einer dĂŒnnen Salzschicht abwechselt, bis der Topf 
voll ist. Im Salz löst sich der Farbestoff auf und um 
so besser, je lÀnger man ihn liegen lÀsst. Daher ver- 
kauft sich auch der einjÀhrige Merliton 2 Fr. 25 per 
Kilogramm, der zweijĂ€hrige 3 Fr., der fĂŒnfjĂ€hrige 10 Fr. 
Wenn man Butter fÀrben will, nimmt man etwa 25 Grm. 
(12/3; Loth) Merliton per 50 Liter Rahm (oder 50 Pfund 
Butter) und rĂŒhrt sanft um. Dann seiht man den Rahm 
durch und macht die Butter auf gewöhnliche Weise. 
(Wochenblatt der Annalen der Landwirthschaft.) 
Hirschberg. 


[u 


Der Leberthran auf der Fischerei- Ausstellung in 
Boulogne s.M. im Jahre 1866. 


Norwegen. Leberthran vom Dorsch, Hai und 
Rochen, in allen Farben, von der reinsten Wasserhelle 
bis zur tiefbraunen FĂ€rbung. 

Der anscheinend beste von diesem Artikel war aus- 
gestellt von A. E. Dewald in Aalesund, H. Lundgren 
in Drontheim, R. Knudson in Christiansund, P. MĂŒller 
in Christiania. 

Wir wollen aber nicht verschweigen, dass wohlbe- 
wÀhrte Techniker hier in Berlin gerade die hellsten und 
darum dem Auge wohlgefÀlligen Leber- (Medicin-) Thrane 
fĂŒr verdĂ€chtig erklĂ€ren. 

Sie halten die weit verbreitete Meinung fĂŒr wohl- 
begrĂŒndet, dass mit denselben seit einigen Jahren eine 
arge TĂ€uschung verĂŒbt werde und meinen, dass diese 
Fabrikate andere Substanzen als den Thran der Dorsch- 
leber enthalten. Sie stĂŒtzen diese Meinung leider nicht 
auf eine sorgfÀltige chemische Untersuchung, wohl aber 
auf die immerhin auffÀllige Erscheinung, dass diese Thrane 


Leberthran auf der Fischerei-Ausstellung in Boulogne. 51 


bei AnnÀherung der Temperatur an den Nullpunct feste 
Conglomerate zeigen, beim Sinken unter den Nullpunct 
ganz erstarren; wÀhrend der reine, dunkelgefÀrbte Ber- 
ger Leberthran auch bei mehren KÀltegraden unverÀn- 
dert durchsichtig und flĂŒssig bleibt. Sie folgern daraus 
sicher nicht mit Unrecht, dass der helle Thran Substan- 
zen enthalten mĂŒsse, die zu ihrer Ausschmelzung einen 
höheren Temperaturgrad als das Fett der Dorschleber 
erfordere, welches gleich flĂŒssig bleibe, lasse man es im 
Sonnenschein auslaufen oder gewinne man es durch Kochen 
im Wasser oder in DĂ€mpfen. 

Eine vollstÀndige AufklÀrung in dieser Beziehung 
wĂ€re interessant, nicht sowohl fĂŒr die norwegischen Fa- 
brikanten, denen daran liegen muss, ein etwaiges Vor- 
urtheil zu beseitigen, als vielmehr auch fĂŒr unsere Pro- 
ducenten an der Ostsee, die sich in erfreulicher Weise 
zu. mehren scheinen und denen daran liegen muss, Con- 
eurrenten aus dem Felde zu schlagen, die mit dem Àus- 
seren Schein zu tÀuschen suchen. 

Gerade an einer aus Boulogne mitgebrachten Flasche 
Thran aus Aalesund ist die Si bemerkte 2 ge- 
macht worden. 

Frankreich. Die Leberthranproben waren trĂŒbe 
und in ihrer Àusseren Erscheinung mit denen aus Nor- 
wegen nicht zu vergleichen. 

Dorschlebersyrup, Dorschleberpillen, die den widri- 
gen Geschmack des Thrans vermeiden lassen sollen, er- 
weckten einigen Verdacht, ebenso die von Bayer pÂŁere 
in Trouville s.M. ausgestellte Fischwurst. (Aus dem dem 
Königl. Preuss. Ministerio fĂŒr landw. Angelegenh. erstatteten 
amtl. Berichte. Annalen der Landwirthschaft.) 

Hirschberg. 


4 R 


52 K. Frisch, 


Notizen; 


von 


Dr. K. Frisch. 


1, Zur PrĂŒfung der caleinirten Soda. 

Bei PrĂŒfung der calceinirten Soda ist es oft wesent- 
lich, neben dem Gehalt an kohlensaurem Natron auch 
den Gehalt an Aetznatron zu ermitteln. Dies geschieht 
gewöhnlich, indem man vor der KohlensÀurebestimmung 
die betreffende Soda behufs der Wasserbestimmung glĂŒht. 
Man erhÀlt aber hierbei stets ungenaue Resultate, da 
beim Erhitzen das Aetznatron lebhaft KohlensÀure aus 
der Luft anzieht und dadurch eine Differenz entstehen 
kann, die oft mehre Procent betrÀgt. Diese Fehlerquelle 
umgeht man, ohne das Salz in einer kohlensÀurefreien 
AtmosphĂ€re glĂŒhen zu mĂŒssen, indem man eine Probe 
der betreffenden Soda, ohne sie vorher zu glĂŒhen, unter 
den nöthigen Cautelen auf ihren Gehalt an KohlensÀure 
prĂŒft, alsdann einen andern Theil glĂŒht und in diesem 
ebenfalls nach dem WÀgen die KohlensÀure bestimmt. 
Man wird finden, dass der Gehalt an KohlensÀure bei 
der zweiten Bestimmung stets und oft betrÀchtlich höher 
ausfÀllt, als dies bei der ersten der Fall war. Die Differenz 
zwischen den WĂ€gungen vor und nach dem GlĂŒhen und 
zwischen der zuerst und zuletzt gefundenen KohlensÀure 
wird den Gehalt an Wasser angeben, wÀhrend die mit 
der ungeglĂŒhten Soda vorgenommene KohlensĂ€urebestim- 
mung den wirklichen Gehalt an reinem kohlensauren 
Natron bestimmen lÀsst. 

Ein Beispiel wird dies erlÀutern: 

1,434 Grm. Soda ohne vorher geglĂŒht zu sein, gaben 
0.352-.Grm.' 002 = 24,4 Proc. 

2,358 Grm. Soda verloren nach dem GlĂŒhen 0,138 Grm. 
— 5,9 Proc. HO und gaben 0,591 CO2 — 25,1 
Procent, also 

25,1 — 24,4 — 0,7 
0,2.—- 5,9 Proe. HO —-..6,6°Proc. HO. 


z Nickel-Kobalterz von Dobschau. — CarminsĂ€ure. 53 


Die gesammte Menge des Alkalis wird ausserdem 
noch entweder durch Titriren oder durch GlĂŒhen der 
mit kohlensaurem Ammoniak hinreichend befeuchteten 
Soda und nachheriges Bestimmen der KohlensÀure ge- 
funden. 


2. Nickel-Kobalterz von Dobschau. 


Herr Prof. Schrötter legte der kais. Akademie der 
Wissenschaften zu Wien eine im chemischen Laborato- 
rium des k.k. polytechnischen Instituts von Hrn. L. Zer- 
jau ausgefĂŒhrte Untersuchung eines Nickel-Kobalterzes 
aus Dobschau in Ungarn vor. Nach derselben enthÀlt 
dieses Erz, das fast ausschliesslich nach England aus- 
gefĂŒhrt und dort zur Gewinnung des Nickels und Kobalts 
verwendet wird: 


Arsen Var 49,725 
Schwefel 2%... u... 9,410 
Nickel: A. 0... 25,825 
Koballı’r.... Br: 3% 7,455 
Biseng ee 5,195 
IKieselsÀure. 7.2. 1,625 


Es stimmt also in seinem Arsen- und Nickelgehalte 
nahe mit dem Gersdorffit von Schladming zusammen, 
welchen A. Löwe schon vor lÀngerer Zeit untersucht 
hat, unterscheidet sich aber durch einen bedeutenden 
Gehalt an Kobalt von demselben. (Anz. der kais. Akad. 
zu Wien, 1866, No. 19.) 


3: (arminsÀure, 


Herr Prof. Hlasiwetz hat der k.k. Akademie zu 
Wien ĂŒber eine in Gemeinschaft mit A. Grabowsky 
ausgefĂŒhrte Untersuchung der sogenannten CarminsĂ€ure 
aus der Cochenille berichtet, die zu dem Resultate fĂŒhrte, 
dass diese Substanz, fĂŒr welche man mehre Formeln auf- 
gestellt hatte, ohne ĂŒber ihre nĂ€here Zusammensetzung 
etwas Bestimmtes zu wissen, eine Zuckerverbindung 


54 K. Frisch, KaffeegerbsĂ€ure. — Nascırender Wasserstoff- 


ist, die beim Kochen mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure in 
ihre nÀheren Bestandtheile, den Zucker und einen amor- 
phen Farbstoff, das Carminroth, zerfÀllt. 

Carminroth ferner giebt beim Schmelzen mit Kali- 
hydrat ein interessantes Zersetzungsproduct, das Cocei- 
nin, einen in gelben BlÀttchen krystallisirten Körper, 
der eine Reihe der schönsten und auffÀlligsten Farber- 
reactionen giebt. (Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, 
No. 14.) 


4. KaffeegerbsÀure. 

Eine neue Untersuchung der KaffeegerbsÀure von 
Hlasiwetz hat ergeben, dass diese Verbindung ein 
Glykosid ist, Àhnlich der GallÀpfelgerbsÀure und sich mit 
Leichtigkeit in einen Zucker und eine neue, schön kry- 
stallisirtte SÀure, die er KaffeesÀure nennt, die im 
nĂ€chsten Zusammenhange mit der von ihm kĂŒrzlich ent- 
deckten FerulasÀure, so wie mit der ProtocatechusÀure 
steht, spalten lÀsst. 

Die Formel der KaffeesÀure ist C18H808. Die Ver- 
hÀltnisse der sogenannten ViridinsÀure, so wie der zu- 
letzt von Mulder beschriebenen SĂ€uren aus dem Kaffee 
werden nun verstÀndlich sein. 

Mit in die Untersuchung gezogen sind bereits die 
ChinagerbsÀure und die SÀuren des Thees. 

Aus beiden ist ProtocatechusÀure darstellbar. 

(Anz. der kais. Akad. zu Wien, 1866, No. 14.) 


5. Wirkung nascirenden Wasserstofls auf Chinin, 
Cinchonin und Caflein. 
Herr Prof. Rochleder in Prag theilte der Wiener 
Akademie unterm 20. December v.J. folgende Notiz mit: 
„Ich habe mich ĂŒberzeugt, dass Chinin, Cinchonin 
und Caffein, welche oxydirenden Mitteln so hartnÀckig 
widerstehen, mit der grössten Leichtigkeit durch naseciren- 
den Wasserstoff angegriffen werden. Die dabei entstehen- 
den Producte werde ich spĂ€ter ausfĂŒhrlich beschreiben.“ 


——— 


55 


Bu. Naturgeschichte und Pharma- 
kognosie. 


Deber die Anordnung der Alpenpflanzen in unsern 
GĂ€rten; 


HR: Göppert, 


Director des botanischen Gartens in Breslau. 


In unsern Tagen, wo man keine Gefahren scheut um 
die frĂŒher im Ganzen wenig berĂŒcksichtigten höchsten 
Gipfel und KĂ€mme unserer Alpen zu erklimmen, hat man 
auch den sie zierenden Pflanzen vermehrte Aufmerksam- 
keit gewidmet und sie in unsern GĂ€rten einzufĂŒhren ver- 
sucht, was auch mit den meisten unter genauer BerĂŒck- 
sichtigung der Bodenbeschaffenheit und des natĂŒrlichen 
Vorkommens gelungen ist. Gewöhnlich stellt man sie 
nun in GĂ€rten ohne alle wissenschaftlichen Principien nur 
nach Cultur oder GrössenverhÀltnissen bunt durcheinander, 
wobei man wohl allenfalls Kenntniss der Art, aber nicht 
Kenntniss ihrer Beziehungen zu den VerhÀltnissen ihres 
Standortes, zum Klima und geschweige ihrer Verwandt- 
schaft zu den arktischen GewÀchsen erlangt, denen sie 
doch durch ihre Form wie namentlich auch durch ihre 
durch klimatische Einwirkungen verursachte Vegetations- 
zeit so nahe stehen. Allen diesen Anforderungen, welche 
die Pflanzengeographie stellt, sollte man in botanischen 
GĂ€rten mehr Rechnung tragen, was ich schon seit Jahren 
zu thun versucht habe, indem ich meine, dass die botani- 
schen GĂ€rten auch die Aufgabe haben, pflanzen-geo- 
graphische Studien nach den verschiedensten 


56 H. R. Göppert, 


Richtungen hin zu fördern. Hinsichtlich der Anord- . 
nung der Alpenpflanzen gehe ich von folgenden Grund- 
linien aus, die ich mir erlaube hier kĂŒrzlich mitzutheilen: 


Allgemeine Grundlinien. 


Zwischen der arktischen Flora und der alpinen oder 
der Flora zwischen der Baum- und Schneegrenze findet 
eine innige Verwandtschaft statt. So in Europa zwischen 
der Flora Lapplands und der Flora der Central-Alpenkette 
namentlich der Schweiz und Deutschlands (von den 360 
Alpenpflanzen der Schweiz finden sich 150 im Norden 
Europas), ferner in Sibirien zwischen der Flora der Nord- 
kĂŒste und der des Altai. Die Ă€usserste Grenze der Vege- 
tation gegen den Nordpol ist noch nicht erreicht. Spitz- 
bergen besitzt unter dem 780 selbst in 1000 bis 3000 F. 
Höhe nach Malgren noch krĂ€ftigen Pflanzenwuchs, ĂŒber- 
haupt noch 93 Phanerogamen und an 280 Cryptogamen. 

Dr. Robert Kane sah am offenen Polarmeere ĂŒber 
dem Polarkeis in 823/,0 noch blĂŒhend: Papaver nudicaule, 
Saxifraga oppositifolia und Ranunculus nivalis, und Dr. 
Hayes sammelte in Grinnel-Lande zwischen 78 bis 820 
n. Br. vom Juli bis September 1861 noch 52 Phanerogamen 
und 68 Cryptogamen. Die Floren aller dieser den Pol 
umgebenden LÀnder zeigen die grösste Verwandtschaft 
unter einander. Von jenen 93 Pflanzen Spitzbergens 
kommen nicht weniger als 81 auch in Grönland vor, 53 
im Taymurlande Sibiriens unter 750, 69 in Skandinavien. 
24 Species sind, da sie sich auch in den andern arktischen 
LĂ€ndern finden, als die wesentlichen Pflanzen der arkti- 
schen Flora anzusehen, nÀmlich: Ranunculus arcticus 
Rich., Parrya arctica R. Br., Eutrema Edwardsii R. Br., 
Braya purpurascens, Draba glacialis Adams., D. paueiflora 
R. Br., D. micropetala Hook., D. arctica Fl. Dan., D. 
corymbosa R. Br., Cochlearia fenestrata R. Br., Stellaria 
EdwardsĂŒ R. Br., St. humifusa Rottb., Arenaria Rossii 
R. Br., Potentilla pulchella R. Br., P. emarginata Pursh, 
Saxifraga flagellaris Sternb., Taraxacum phymatocarpum 


en FE TE nn 


Anordnung der Alpenpflanzen in unsern GĂ€rten. 57 


Vahl., Polemonium pulchellum Ledeb., Hierochloa pauciflora 
R. Br., Dupontia psilorantha Rupr., D. Fischeri R. Br., 
Glyceria angustata MĂŒhlenb., Catabrosa vilfoidea Anders., 
Festuca brevifolia R. Br. 

Das Ende der Baumyvegetation um den ganzen Nord- 
pol bilden fast ĂŒberall Nadelhölzer: in Nordamerika 
Abies alba, A. nigra H. Kew., Pinus Banksiana Lamb., 
und gruppenweise Larix americana Lamb., und Abies 
canadensis Poir., mit Juniperus virginiana; im arktischen 
Europa Pinus Abies L., und zuletzt Pinus sylvestris; im 

 arktischen Asien (Sibirien) Pinus sylvestris nur bis zum 
600, höher hinauf Picea sibirica (Pinus Pichta Fisch.), 
Picea obovata Ledeb., und Pinus Cembra. Die baumleere 
Region beginnt in Amerika, und zwar in Labrador schon 
unter dem 570, erhebt sich jedoch bis zum Mackenziefluss 
bis zum 650 und diesseits der Behringsstrasse bis zum 660; 
jenseits dieser Strasse in Nordasien schwankt sie zwischen 
dem 63 bis 710 und endigt in Europa in Norwegen und 
Lappland mit dem 700. In Strauchform wachsen unter 
den Grenzen der Baumvegetation ja hie und da wohl 
noch, etwas darĂŒber hinaus um den ganzen Pol die nor- 
'dische Birke Betula alpestris, Fr. (B. pubescens var.), 
Alnus incana, Populus tremula, Sorbus Aucuparia, Prunus 
Padus, Rubus ldaeus, Ribes rubrum, KRibes nigrum, und 
noch darĂŒber hinaus als letzte HolzgewĂ€chse niedrige 
kriechende StrÀucher aus Juniperus nana, Betula nana, 
Pthododendron lapponicum, Menziesia coerulea, Ledum 
palustre, Vaccinium uliginosum, Andromeda hypnoides, A. 
tetragona L., Rubus Chamaemorus, Empetrum nigrum, und 
kriechende Weiden wie Salix arctica Pall., reticulata L., 
polarıs Wahlb., arbuscula Wahlb., depressa L., ovata Seringe, 
Myrsinites L. Zuletzt bleiben fast ĂŒberall nur als Holz- 
pflanzen Andromeda tetragona, Empetrum nigrum, Salisc 
reticulata und polaris, Flechten und Moose (die sogenann- 
ten Tundren) machen den Beschluss des gesammten vege- 
tabilischen Lebens. Auf den ewigen Schnee verirrt sich 
nur eine Alge, die Bewohnerin des ewigen Schnees, der 


58 H. R. Göppert, 


Protococcus nivalis, die interessante Entdeckung von Sco- 
resby und Shuttleworth, die allen TemperaturverhÀlt- 
nissen spottet. Auf der Central-Alpenkette besteht zwar 
die letzte Baumvegetation auch aus Coniferen, aber niemals 
aus Pinus sylvestris, sondern aus Pinus Abies L., und 
noch höher hinauf Larix europaea und Pinus Cembra, wie 
in Strauchform die in der arktischen Region fehlende 
Pinus montana Mill. (Pumilio Haenke), Sorbus Aucuparia 
var. alpestris ist dagegen ebenfalls vorhanden, desgleichen 
Populus tremula, Betula alpestris, dann Alnus incana, höher 
hinauf Alnus viridis, dann Rhododendron hirsutum und 
ferrugineum, Empetrum, die Vaccinien, Azalea, Juniperus 
nana, und zuletzt ebenfalls die kriechenden Weiden, Salix 
herbacea, reticulata, retusa W., Myrsinites L., und arbus- 
cula Wahlenb. als letzte HolzgewÀchse, Moose und Flech- 
ten machen auch hier den Beschluss. 

Von den circa 3,500 Phanerogamen Deutschlands 
und der Schweiz gehören ungefÀhr ein Drittheil zu den 
Berg- und Alpenpflanzen. Als wahre Alpenpflanzen sind 
jedoch nur etwa 450 anzusehen, zwei Drittheile davon 
werden 'in unserm Garten cultivirt. Sie befinden sich 
theils in etwa 2000 Töpfen, theils im freien Lande auf 
einen Preuss. Morgen grossen an einem Wassergraben 
gelegenen Raume, zwischen Gesteinen verschiedener Art, 
in acht folgenden durch Tafeln bezeichneten Gruppen auf- 
gestellt; unter ihnen eine ausgehöhlte Granitplatte erfĂŒllt 
mit Protoccus nivalis, den Pflanzen des ewigen Schnees. 

I. Pflanzen des höchsten Nordens ĂŒber dem 80% oder 
der Polarzone, und Pflanzen der Centralalpen auf Firn 
oder Gletscherinseln ĂŒber der Schneelinie zwischen 10,000 
bis 10,700 Fuss. 

a) Pflanzen des höchsten Nordens zwischen 780 bis 
820 im Grinnel-Land (Smith Sound und Kennedy Canal). 

Ranuneulus nivalis, glacialis. 

Draba alpina D. C., corymbosa R. Br., und 
rupestris R. Br., Cochlearia officinalis. 

Stellaria strieta Richards. 


Anordnung der Alpenpflanzen in unsern GĂ€rten. 59 


Cerastium alpinum, Silene acaulis, Lychnis apetala. 

Dryas octopetala, Potentilla nivea, Alchemilla vul- 
garis. 

Saxifraga oppositifolia, rivularis L., tricuspidata R., 
cernua L., nivalis L. 

‘ Taraxacum palustre D. C. 

Campanula rotundifolia var. linifolia. 

Vaceinium uliginosum L. 

Andromeda tetragona L. 

Bartsia alpina L. 

Armeria vulgaris W. 

Polygonum viviparum L., Oxyria digyna Campder. 

Empetrum rubrum L. 

Betula nana L. 

Salix herbacea. 

Tofieldia palustris var. borealis. 

Luzula campestris var. congesta. 

Carex rigida Gaud. 

Eriophorum vaginatum. 

Glyceria arctica Hook. 

Festuca ovina L. 

Im Ganzen 39, die ĂŒbrigen 13 fehlen. 

b) Pflanzen, welche auch auf unsern Alpen den höch- 
sten Standpunct einnehmen und in der Region des ewigen 
Schnees auf Firn oder Gletscherinseln, wie z. B. im soge- 
nannten Jardin oder bei den Grand Mulet am Montblanc 
in 10,000 bis 10,700 Fuss vorkommen, etwa 40 bis 50 
Phanerogamen, welche mit den vorigen grosse Ueberein- 
stimmung zeigen, unter ihnen Cherleria sedoides von höch- 
stem Vorkommen in 11,700 F. Höhe am Monte Rosa 
(Schlagintweit). 

Draba frigida Sauter, fladnicensis Wulf, tomentosa; 
Cardamine bellidifolia. 

Silene acaulis L. 

Potentilla frigida Vill. 

Saxifraga groenlandica L., exarata Vill., muscoides 


Wulf, oppositifolia L., bryoides L. 


60 H. R. Göppert, 


Erigeron uniflorum, Pyrethrum alpinum, 
Phyteuma hemisphaericum L. 

Androsace helvetia Gaud, pubescens. 

Gentiana verna. 

Luzula spicata D.C. 

Agrostis rupestris All. 

Trisetum subspicatum P. Beauv. 

Poa laxa Haenke, caesia Sm., alpina L., vivipara. 
Festuca Halleri. 

Carex nigra. 

Il. Pflanzen der Schneelinie der Alpen von 8,500 bis 
10,000 F. Höhe. (Die in der arktischen Zone ebenfalls 
vorkommenden Arten sind in unsern GĂ€rten mit einem 
Kreuz auf der Etiquette bezeichnet.) 

Von Monocotyledonen: Sesleria microcephala 
D. C., S. sphaerocephala Ait., Trisetum subspicatum, 
rPoa alpina, 7Poa laxa Haenke, jCarex firma L. 

Von Dicotyledonen: 7Salix herbacea, fS. retusa, 
Primula minima L., Androsace glacialis App., Pedicularis 
rostrata, Gentiana bavarica, jAzalea procumbens, Phy- 
teuma pauciflorum L., Pyrethrum alpinum W., Artemisia 
Mutellina Wulf, spicata Vill., Gaya simplex, Saxifraga 
androsacea, biflora All, Tbryoides, caesia B., muscoides - 
Wulf, Foppositifolia L., Sempervivum arachnoideum, Sedum 
atratum L., j Cerastium latifolium, Talpinum, Arenaria 
ciliata, Cherleria sedoides, Alsine verna Bartl., +Silene 
acaulis, Braya alpina, fRanunculus glacialis L. 

IIl. Pflanzen der subnivalen Region von 6000 bis 
8000 F. der Alpen, oder die eigentliche Alpenflora, welche 
im Allgemeinen der Flora der baumleeren Region der ark- 
tischen Zone entspricht. 

Auf unserm viel nördlicher gelegenen Riesengebirge 
beginnt die Region der Alpenpflanzen und mit ihr das 
Verschwinden der BÀume in 3500 bis 4000 F. Seehöhe. 

Im Allgemeinen aus folgenden in unsern GĂ€rten mehr 
oder weniger stark vertretenen Familien (ĂŒber 200 Arten): 
Filices, Lycopodiaceen, Juncineen, Liliaceen, Orchideen 


0 
Anordnung der Alpenpflanzen in unsern GĂ€rten. 61 


{unter ihnen das sibirische Cypripedium macranthum), 
Salieineen, Thymeleen, Polygoneen, Plantagineen, Primula- 
ceen, Rhinantheen, Antirrhineen, Borragineen, Gentianeen, 
Ericineen, Vaceinien, Campanuleen, Compositen, Stellaten, 
Saxifrageen, Crassulaceen, ÖOnagrarien, Sanguisorbeen, 

_ Rosaceen, Papilionaceen, Alsineen, Sileneen, Violarien, 
Cistineen, Cruciferen und Ranunculaceen. 

Alle sind Familienweise zusammengruppirt, wobei 
wir auch bemĂŒht waren, UebelstĂ€nde, welche durch Grössen- 
verhĂ€ltnisse der einen oder der andern Art herbeigefĂŒhrt 
werden können, möglichst zu vermeiden. 

IV. Pflanzen des höchsten Nordens, die in der baum- 
leeren Region um den ganzen Pol verbreitet und auch in 
Deutschland einheimisch sind. 

Unter dieser Rubrik haben wir etwa 90 Arten zu- 
sammengestellt, welche mit wenigen Ausnahmen auch in 
Deutschland und Mitteleuropa ĂŒberhaupt vorkommen. 

V. Eine Anpflanzung von Laubhölzern, StrÀuchern und 
BĂ€umen, welche mit den vorigen unter Abtheilung IV. 
genannten Pflanzen um den ganzen Pol wachsen, wie 
Rubus Idaeus, Sorbus Aucuparia, Alnus incana, Betula 
alpestris, Prunus Padus, Populus tremula. 3 

VI. Diejenigen oben erwÀhnten Nadelhölzer, welche um 
den Pol herum wachsen. 

VI. StrÀucher der Centralalpen, welche nach dem Auf- 
hören der Baumvegetation ‚vorkommen. 

VII. Die Pflanzen der Bergregion Mitteleuropas, 
welche innerhalb des Baumwuchses, z. B. in verschiedenen 
Gegenden Deutschlands zwischen 2000 bis 6000 F. Höhe 
vorkommen. 

Endlich sind zum Vergleiche ReprÀsentanten der Alpen- 
flora des Himalaya (Rhododendra, Polygoneen, Pomaceen, 
Saxifragen, Berberideen, Compositen) in der NĂ€he in einer 
Gruppe vereinigt, welche jedoch zu wenig Arten enthÀlt 
um mit allen den geschilderten VerhÀltnissen in nÀhere 
Beziehung gebracht werden zu können. 

Wir glauben, dass Gruppirungen dieser Art uns wohl 


62 Laachersee u. KohlensÀuregas- Eschalationen der Umgebung. 


in Stand setzen, mit einem Blicke die Beschaffenheit der 
Vegetation nach den HöhenverhÀltnissen ihres Vorkom- 
mens von der Ebene bis zur Àussersten Grenze organischen 
Lebens und wieder ihre Verwandtschaft mit den Floren 
der immer noch so viele RĂ€thsel bergenden arktischen 
Zone klar zu ĂŒbersehen und wĂŒnschen, dass der hoch- 
geehrte botanische internationale Congress unsere Mit- 
theilungen gĂŒtig aufnehmen möge, welche eigentlich nur 
als praktische AusfĂŒhrung der die Wissenschaft zieren- 
den Lehren eines A. von Humboldt, Schouw, Watson, 
A. de Candolle anzusehen sind. 

Englands Forscher haben bis jetzt mit den grössten 
Opfern das Studium der Alpen verfolgt, vielleicht sieht 
man sich veranlasst, auch meine Bestrebungen als einen, 
wenn auch nur sehr unbedeutenden Beitrag zu denselben 
anzusehen. 


—astte—— 


Veber den Laachersee und die KohlensÀuregas- 
Exhalationen seiner Umgebung. 


Der Laachersee, das grösste der rheinischen Maare 
und der Mittelpunct der frĂŒhern vulkanischen ThĂ€tigkeit 
des linken Rheinufers, liegt zwei Stunden nordwestlich 
von der Stadt Andernach, grenzt einerseits an das frucht- 
bare Maifeld, anderseits an die ersten Höhen der Eifel, 
so dass der See gleichsam der Ausgang des vulkanischen 
Eifelgebirges bildet. Der Wasserspiegel des Laachersees 
liegt 706 Fuss ĂŒber dem Rheine bei Andernach, 845 Fuss 
ĂŒber dem Spiegel der Nordsee. Die grösste Tiefe dessel- 
ben betrÀgt gegenwÀrtig 157 Fuss, vor dem Jahre 1845 
dagegen betrug sie 177 Fuss. Der FlÀchenraum des Sees 
betrug frĂŒher 0,068 Quadratmeilen, jetzt dagegen nur 0,0597 
Quadratmeilen. Im 12. Jahrhundert wurde nÀmlich die 
am Ufer des Sees gelegene Abtei Laack gegrĂŒndet, der 
See hatte damals einen viel bedeutenderen Umfang und 
die GebÀude der Abtei waren hÀufigen Ueberschwemmun- 


Ta Ei N ur DEE _ 


Laachersee u. KohlensÀuregas- Exhalationen der Umgebung. 63 


gen ausgesetzt. Der Abt Fulbert liess deshalb einen 
Abzugscanal graben, der, den sĂŒdlichen Rand durch- 
brechend, das Wasser des Sees in den Nettebach leitete. 
SpĂ€ter stĂŒrzte der Graben- ein und wurde im 13. Jahr- 
hundert wieder hergestellt. Im Jahre 1845 wurde dieser 
Abzugscanal von dem damaligen Besitzer der Abtei tiefer 
gelegt, wodurch der FlÀchenraum des Sees sehr abgenom- 
men hat und etwa 300 Morgen Land gewonnen wurden. Die 
Form des Sees ist eiförmig, in der Mitte etwas eingeschnĂŒrt. 

Der Weg, welcher am Ufer um. den See herumfĂŒhrt, 
besitzt eine LĂ€nge von 2100 Ruthen, wenig mehr als eine 
Meile. Der See wird hauptsÀchlich von einer weit ver- 
breiteten Kalktuffablagerung umgeben, in der sich auch 
Schichten von Bimsstein finden im Gemenge mit Schlacken 
und basaltischer Lava; an manchen Stellen tritt auch 
Devonschiefer auf. Das Wasser des Sees ist klar und 
durchsichtig und spiegelt stets die Farbe des Himmels 
zurĂŒck. Ein lieblicher Anblick ist es, wenn man die 
Westseite befahrend in die Tiefe schaut und auf dem 
Grunde zahlreiche Wasserpflanzen, Sparganien, Ceratophyl- 
leen und andere in die Höhe gerichtet stehen. Sehr selten 
- findet man noch Nıymphaea alba schwimmend auf der 
OberflÀche des Wassers. Ueberhaupt ist das Becken von 
Laach und der nÀchsten Umgebung sehr pfanzenreich. 
Es gedeihen in dem beschrÀnkten Raume innerhalb des 
Bergkranzes 750 Arten GefÀsspflanzen, ausserdem zahl- 
reiche Zellenpflanzen, besonders Flechten und Pilze. Von 
vorkommenden seltenern Pflanzen sind zu erwÀhnen: 
Anthericum Liliago, Potentilla rupestris, Arabis brassicae- 
Fformis, Dentaria bulbifera, Lithospermum purpureo - coeru- 
leum, Poa sudetica, Digitalis grandiflora, Libanotis montana, 
Centaurea nigrescens, Calamintha offieinalis, Achillea nobilis, 
u.a.m. Der See nÀhrt zahlreiche Fische, namentlich 
Hechte, Barben und Schleien. Auch Conchylien beleben 
denselben, zwar nur in geringer Artenzahl, man kannte 
deren 10, Limnaeus- und Planorbis - Arten und einen 
Zweischaaler Cyclas, dafĂŒr aber in grosser Menge der 


ia? dr Du SD AR, 
, A 


64 Laachersee u. KohlensĂŒuregas-Exrhalationen der Umgebung. 


Individuen. Ihre GehÀuse bilden mÀchtige BÀnke und 
selbst am Ufer in einer Tiefe von 12—15 Fuss unter 
dem Wasserspiegel mit Torfschichten abwechselnd, die 
den Beweis liefern, dass das Alter des Sees bedeutend 
und seine Höhe dem Wechsel unterworfen gewesen sein 
mĂŒsse. Unter dem Torfe findet man noch die starken, 
schwarzen WurzelstĂŒcke der weissen Seerose, ein Beweis, 
dass diese Pflanze in frĂŒhern Zeiten bei weitem hĂ€ufiger 
sich vorfand.. Auch Lager von Infusorien wurden in 
neuerer Zeit aufgefunden, nach der Untersuchung von 
Ehrenberg sind unter diesen besonders die Gattungen 
Polygastrica und Phytolitharia vorhanden. Nach der 
Analyse enthÀlt das Wasser des Laachersees kohlensaures 
Natron, schwefelsaures Natron, Chlornatrium, kohlensauren 
Kalk, kohlensaure Talkerde und KieselsÀure. SÀmmt- 
liche feste Bestandtheile betragen 0,215 Promille. 

In dem See selbst sind viele Quellen vorhanden, 
aber auch am Ufer bei geringer Wassertiefe wird das 
Aufsteigen von BlÀschen von kohlensaurem Gase bemerkt. 
Quellen, imprÀgnirt mit kohlensaurem Gase, finden sich 
dann auch in grosser Zahl auf 2—3 Meilen im Umkreise 
und bilden die sogenannten SĂ€uerlinge, welche den Be- 
wohnern dieser Gegend stets ein angenehmes und er- 
frischendes GetrÀnk darbieten. Einige dieser Quellen, 
z.B. die von Tönnisstein und Heilbrunn im Brohlthale 
haben eine medicinische Bedeutung erlangt. Bei beiden 
Quellen sind elegante KurhÀuser zur Aufnahme der GÀste 
eingerichtet, welche die Wasser des Brohlthales trinken 
und eines stillen lÀndlichen Aufenthalts sich erfreuen 
wollen. Der Absatz des Tönnissteiner Wassers nach 
Holland und den Colonien war frĂŒher bedeutend, jetzt 
hat er indess abgenommen und ist nur nach den umlie- 
genden Orten von Bedeutung, so werden nach Coblenz 
jĂ€hrlich 12—15,000 KrĂŒge versandt. Der Heilbrunnen 
ist eine Salzquelle, welche leicht abfĂŒhrend wirkt, durch 
ihren Reichthum an Bestandtheilen und an KohlensÀure 
ausgezeichnet ist, dabei sehr angenehm schmeckt. Von 


cha ae ae RT N 
Laachersee u. Kohlen 0 dR Bihalatiornien der Umgegend. 65 


dem Heilbrunnen-Wasser werden jĂ€hrlich etwa 20— 25,000 
KrĂŒge versandt. 

Von den gasförmigen Producten, welche aus dem 
Boden erloschener Vulkane zu Tage treten, ist fast aus- 
schliesslich die KohlensÀure zu erwÀhnen. Diese Quellen 
kohlensauren Gases sind fast unerschöpflich, sie imprÀgni- 
ren das unterliegende Gestein und zersetzen dasselbe, 
wie das hÀufige Vorkommen von SphÀrosiderit in dieser 
Gegend beweist, ferner das Effloresciren verschiedener 
wesentlich kohlensaurer Salze in natĂŒrlichen und kĂŒnst- 
lichen Höhlungen des Tuffsteins, welcher fĂŒr das Brohl- 
thal eine grosse Bedeutung erlangt hat. Exhalationen 
von KohlensÀure finden sich dann auch in grosser Zahl 
in der Umgebung des Laachersees. In einem !/, Meile 
von demselben nordwestlich gelegenen Kesselthale liegt 
das Dorf Wehr, durch welches sich der Wirrbach ergiesst. 
Der Boden dieses Thales wird von sumpfigen Wiesen 
eingenommen und hat nur ein geringes GefÀlle nach der 
Abflussstelle.. An der Nordostseite treten unzÀhlige Sauer- 
quellen auf, welche mit Ablagerungen von Eisenocker 
umgeben sind, der als FĂ€rbematerial Benutzung findet. 
Nar zur trockenen Jahreszeit, wenn die einzelnen insel- 
artig aus dem Sumpfe hervortretenden Stellen trocken 
sind, kann die ungeheure KohlensÀuregas - Entwickelung 
ringsumher beobachtet werden. Das Brausen des Gases, 
welches sich zum Theil in kopfgrossen Blasen entwickelt, 
und das Sauerwasser fusshoch emportreibt, ist so stark, 
dass es schon in bedeutender Entfernung gehört wird. 

Drei Stunden nordöstlich vom Laachersee mĂŒndet 
der Brohlbach in den Rhein. In dem Brohlthale finden 
sich unterhalb des Dorfes Burgbrohl unzÀhlige Stellen, 
wo das KohlensÀuregas unmittelbar aus dem Boden ent- 
weicht. Man ĂŒndet hier an den BergabhĂ€ngen kleine 
Vertiefungen, worin stets todte Vögel, MÀuse u. dergl. 
liegen und beim NiederbĂŒcken bemerkt man den stechen- 
den Geruch der KohlensÀure. Ebenso zeigen sich ein- 
zelne Stellen auf den Feldern, wo die FrĂŒchte nur sehr 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2 9, HR, 15 


Be ET 


ei 4 


66 Der Sternschnuppenfall im November 1866. 


kĂŒmmerlich gedeihen. Aus dem Brohlbache entwickeln 
sich an vielen Stellen ununterbrochen Gasblasen. Mehre 
Keller in Burgbrohl sind so mit KohlensĂ€ure erfĂŒllt, 
dass sie gar nicht benutzt werden können und beim 
Graben neuer Keller finden oft sehr starke Gasentwicke- 
lungen statt. G. Bischof bemerkt *), dass die Sauerquellen 
im tiefsten Niveau der Thalsohle, fast in dem des Baches, 
die, Gasentwickelungen in einem höhern vo an den 
BergabhĂ€ngen und die sĂŒssen Quellen, deren es in Burg- 
brohl nur zwei giebt, noch höher ĂŒber der Thalsohle 
ausfliessen. 

Die Menge des kohlensauren Gases, welches hier dem 
Boden fortwÀhrend entsteigt, ist ausserordentlich gross, 
so dass man bereits eine technische Nutzanwendung davon 
gemacht hat. In Burgbrohl sind nÀmlich zwei Bleiweiss- 
fabriken vorhanden, von welchen eine vor circa 30 Jahren 
gegrĂŒndet worden ist. In diesen wird Bleiweiss durch 
FÀllung einer Auflösung von basisch essigsaurem Bleioxyd 
mit natĂŒrlicher, aus dem Boden ausströmender Kohlen- 
sÀure gewonnen. 

Es bietet somit die Umgebung des Laachersees, welche 
fĂŒr den Naturforscher von so bedeutendem Interesse ist, 
auch dem Industriellen vielfache Gelegenheit, die reichen 
Producte dieser Gegend zu verwerthen und Nutzen davon 
zu ziehen, J. J. Bender, 


Der Sternschnuppenfall im November 1866. 


» 
Das glÀnzende SternschnuppenphÀnomen der vor- 
jÀhrigen Novemberperiode hat gewiss das Interesse an 
diesen kleinen WeltbĂŒrgern in dem Masse wach gerufen, 
dass folgende kurze Notizen willkommen sein werden. 
Dass diese schönen Meteore wirklich kosmischen und 
nicht tellurischen Ursprungs sind, hat zuerst Chledni 
1794 nachgewiesen. Brandes und Benzenberg bestimmten 


*) Lehrbuch der chem. und physikal. Geologie I: p. 264. 


RN FE Vgl Tale 


Der Sternschnuppenfall im November 1866. 67 


zuerst 1798 ihre Geschwindigkeit und ihre Entfernung 


von der Erde. Dass die Sternschnuppen zu bestimmten 
Zeiten des Jahres besonders hÀufig auftreten, wurde mit 
Bestimmtheit erst gefolgert, nachdem Oimstedt und Palmer 
den ungeheuren Sternschnuppenschwarm am 12. und 13. 
November 1833 in Nordamerika beobachtet hatten. Jetzt 
wurde man aufmerksam darauf, dass besonders die Zeit 
zwischen dem 10. und 14. November es sei, in der in 
verschiedenen Jahren zahlreiche Sternschnuppen gefallen 
seien. So hatten Humboldt und Bonpland am 12. Novbr. 
1799 Tausende der Meteore an der Mexikanischen KĂŒste 
beobachtet, so waren sehr viele in Potsdam am 12. Novbr. 
1822 gesehen, noch mehr aber 1831 am 13. Novbr. im 
sĂŒdlichen Deutschland und an der Spanischen KĂŒste und 
eben so in der Nacht des 12.—13. Novbr. 1832 an sehr 
weit von einander entfernten Orten. Man nahm nun an, 
dass ein ganzer Ring dieser winzigen Körperchen im 


Weltraume vorhanden sei, den unsere Erde in ihrer Bahn 


gegen den 12. oder 13. Novbr. durchschneidet. Aus der 
grossen Geschwindigkeit dieser Meteore und daraus, dass 
bei besonders hÀufigen FÀllen sÀmmtliche Sternschnuppen 
von dem Puncte des Himmels ausgingen, nach welchem 
sich unsere Erde hinbewegte, schloss man bald, dass die 
Sternschnuppenschaar dieses Ringes eine der Erde ent- 
gegengesetzte Bewegung haben mĂŒsste. Dass die Erschei- 
nung der Sternschmuppen in einigen Jahren so viel glÀn- 
zender war als in andern, fĂŒhrte zu der Hypothese, dass 
der Ring nicht allenthalben gleich dicht mit Körperchen 
besetzt sei. Ölbers und nicht Humboldt, wie hĂ€ufig an- 
gegeben wird, war wohl der erste, der aus den beiden 
so ĂŒberaus prachtvollen Erscheinungen von 1799 und 
1833 folgerte, dass eine Stelle des Ringes besonders dicht 
mit den kleinen Körpern besetzt und dass gerade dieser 
Schwarm es gewesen sei, dem die Erde in den beiden 
genannten Jahren begegnete. „Im Jahre 1799 und 1833* 
— dies schrieb Olbers 1837 — „vielleicht auch 1832 ging 
die Erde durch einen solchen dichten Schwarm. In andern 


5* 


Er A ie, g 
! ER 


68 Der Sternschnuppenfall im November 1866. 


Jahren begegnete sie nur einzelnen, wenngleich vielen 
Sternschnuppen- Asteroiden. Vielleicht gehen mehre sol- 
cher dichteren SchwÀrme auf dieser Strasse einher, viel- 
leicht mĂŒssen die Erdbewohner selbst bis 1867 warten, 
ehe sie dies merkwĂŒrdige PhĂ€nomen in seiner ganzen 
Pracht, die es 1799 und 1833 hatte, sich wieder erneuern 
sehen.“ — Dies ist auch die Stelle, auf welche sich 
Humboldt in seinem Kosmos bezieht. 

Zu derselben Zeit erkannte man auch das August- 
PhÀnomen als ein periodisches, bald wurde man auch auf 
andere Tage des Jahres aufmerksam, an denen das Er- 
scheinen von Sternschnuppen besonders hÀufig ist. 

Aus einer sorgfÀltigen Discussion nicht nur der neuern, 
sondern auch der in frĂŒhern Jahrhunderten beobachteten 
Erscheinungen schloss der amerikanische Astronom New- 
ton, dass der Schwarm der Novemberperiode eine Bahn 
um die Sonne beschreibe, welche gegen die Erdbahn um 
17 Grad geneigt sei, dass aber die Richtung der Bewe- 
gung des Schwarms in seiner Bahn der Richtung der 
Erdbewegung entgegengesetzt sei. Die Umlaufszeit des- 
selben betrage 354,55] Tage, so dass derselbe alle Jahre 
um etwa elf Tage frĂŒher durch die Erdbahn geht als im 
vorbergehenden. Alle 33 Jahre macht er hiernach nahe 
34 UmlĂ€ufe, und wir wĂŒrden also alle 33 Jahre das 
Schauspiel eines reichen Sternschnuppenfalls geniessen. 
Dies schliesst jedoch nicht aus, dass auch in zwei auf 
einander folgenden Jahren ein aussergewöhnlicher Stern- 
schnuppenreichthum eintreten kann, denn der Schwarm 
ist wahrscheinlich von einer solchen Ausdehnung, dass 
die Erde in aufeinander folgenden Jahren Theile von ihm 
treffen kann. Ein centraler Durchgang ereignet sich nach 
Newton erst alle 133 Jahre, und zwar sollte der nÀchste 
am Morgen des 14. Novbr. 1866 statt finden. 

Diese Vorausbestimmung hat sich als richtig bewÀhrt, 
nur wenige Stunden frĂŒher, als Newton angab, stiess die 
Erde mit dem Schwarm zusammen. Der ĂŒberaus herr- 
liche Anblick des PhÀnomens, das sich dem Auge in der 


a El Rn ee EEE 
; ’ PRTE ’ 


Der Sternschnuppenfall im November 1866. 69 


Nacht vom 13. zum 14. Novbr. 1866 darbot, hat gewiss 
alle Beobachter mit Staunen und Bewunderung erfĂŒllt. 
Zur Zeit der reichsten Entfaltung der glÀnzenden Erschei- 
nung, welche in Berlin kurz vor 2 Uhr Nachts statt fand, 
zeigten sich nach sorgfÀltiger SchÀtzung aufmerksamer 
Beobachter gegen 20 Meteore in der Secunde. Man wird 
sicher nicht zu viel schÀtzen, wenn man annimmt, dass 
von halb zwei bis halb drei Uhr in der Minute durch- 
schnittlich 450 Sternschnuppen fielen, was also fĂŒr diese 
Stunde 27,000 machen wĂŒrde. Alle kamen aus der Gegend 
des grossen Löwen, aus der Gegend, nach welcher sich 
die Erde gerade hinbewegte. Die Pracht und der Reich- 
thum der Erscheinung musste sich in derjenigen Gegend 
der Erde am grössten zeigen, welche die Hauptmasse des 
Schwarms traf. Hat derselbe eine hinreichende Ausdeh- 
nung gehabt, so waren die Bewohner von Hindostan die 
GlĂŒcklichen, das Schauspiel in seiner reichhaltigsten FĂŒlle 
geniessen zu können. Denn sie hatten den grossen Löwen 
gerade im Zenith, als der Sternschnuppenfall eintrat, was 
bei ihnen kurz vor Sonnenaufgang statt fand. 

Nach frĂŒhern Erscheinungen zu schliessen, ist es 
jedoch unwahrscheinlich, dass der Schwarm eine solche 
Breite gehabt hat. Weiter nach Westen hin musste aber 
die Reichhaltigkeit der Erscheinung abnehmen. Dies 
scheint auch deutlich aus den Berichten der englischen 
Astronomen hervorzugehen, welche die Zahl der wÀhrend 
der Dauer des PhÀnomens gesehenen Meteore lange nicht 
so hoch angeben als die oben mitgetheilte. Das schönste 
Meteor, was in Berlin gesehen wurde, war unstreitig eine 
Feuerkugel, die in der Richtung nach dem Stern y des 
grossen BÀren platzte. Besonders schön war der Anblick 
der zurĂŒckgebliebenen Theile durch das Fernrohr. Zwei 
Minuten nach dem Platzen boten sie den Anblick des 
krÀuselnden Ringes, der sich zuweilen in den Rauchwolken 
einer brennenden Cigarre zeigt. Nach und nach erweiterte 
sich derselbe, öffnete sich an einer Stelle und verschwand 
erst nach 10— 12 Minuten. Sehr bemerkenswerth war, 


rl E em 
a ae Sn En Sn ng" / 2 2 ne 


a MER 


70 _ Landerer, die Insel Lemnos und ihre Heilquellen. 


dass die Theilchen trotz ihrer grossen Höhe Luftströmun- 
gen ausgesetzt zu sein schienen. Einen sehr prachtvollen 
Anblick boten auch die Schweife verschiedener Stern- 
schnuppen. Oft lagen 6—8 neben einander, die zuweilen 
mehre Minuten sichtbar blieben. Die meisten zeigten 
eigenthĂŒmliche Bewegungen und KrĂŒmmungen, im Fern- 
rohr machten sie durchaus den Eindruck des Rauches. 
(Bl. fĂŒr Handel und Gewerbe, 1866, 49.) B. 


— 


Die Insel Lemnos und ikre Heilquellen; 


Dr. X. Landerer. 


Noch gegenwÀrtig wird die Terra Lemnea oder 
Bolus Lemnia in der Mediein gebraucht; sie wird 
von der Insel Lemnos in Form von grossen Boli, mit 
einem tĂŒrkischen Zeichen versehen, das ich auch in 
letzter Zeit vergoldet gesehen, ausgefĂŒhrt. Ich theile 
hier Einiges mit ĂŒber eine sehr krĂ€ftige Heilquelle, 
die sich auf dieser Insel befindet. Lemnos hielten die 
Griechen zu Homer's Zeiten fĂŒr die Wohn- und Arbeiis- 
stÀtte des Hephaestus, weshalb sie auch Hephaestinea, 
so wie die am Fusse eines vulkanischen Berges erbaute 
Stadt Hephaestinea genannt wurde. Ein aus Trachitfelsen 
bestehender Berg, dem im grauen Älterthum FeuersĂ€ulen 
entstiegen sein mĂŒssen und der vulkanische Producte 
ausgeworfen haben muss, heisst Meschila. Auf der Ost- 
seite desselben sieht man auch die Ueberreste von Lava- 
strömen. Der grösstentheils aus Puzzolanerde, d.i. vul- 
kanischer Asche mit Bimssteingerölle, bestehende Boden 
erzeugt prÀchtigen Wein, so dass der Wein von Stali- 
meni, wie die Insel heute von den TĂŒrken genannt wird, 
zu den ausgezeichnetesten der Inseln des tĂŒrkischen Ar- 
chipels gehört. In der NÀhe dieses vulkanischen Berges 
Meschila befindet sich eine sehr krÀftige Theiotherme, 
die von den Lemnern zu BĂ€dern gebraucht wird und die 


. Do nr nr A =y. 
UND PEST, N 


Landerer, Mittel gegen das Ausfallen der Haare. 71 


sich bei Psora und auch bei rheumatischen und arthri- 
tischen Leiden sehr heilkrÀftig erweist. Seit einigen Jah- 
ren befinden sich in der NĂ€he dieser Therme drei kleine 
HÀuser, die den Patienten wÀhrend der Badezeit zur 
Unterkunft dienen. Eine andere Therme, die jedoch eine 
Stahlquelie zu sein scheint, liegt drei Stunden von der 
Stadt Lemnos entfernt; dieselbe soll eine Menge rothen 
Pulvers absetzen, das die Leute auf Lemnos sxopıa od 
olörpov, d.i. Eisenrost, nennen und hieraus ist zu schlies- 
sen, dass das Wasser einer Stahlquelle angehören muss. 


— nn 


Ueber ein gegen das AusfÀllen der Haare 
erprobtes Mittel; 


von 


Demselben. 


Der rothe Wein von der Insel Zea ist einer der 
ausgezeichnetsten und krÀftigsten Weine, der dem Fin de 
Bourgogne, dem Vin de Chateau Lafitte nicht nur an die 
Seite zu stellen ist, sondern denselben an Tannin- und 
Weingeistgehalt ĂŒbertrifit. Auf derselben Insel befinden 
sich WĂ€lder von Quercus Aegilops (Aegilops, ’ Al: - Oxss, 
Ansehen der Ziegenaugen), deren Fruchtkelche die soge- 
nannten Wallaniden sind, die einen bedeutenden Aus- 
fuhrartikel bilden und je nach der Zeit der Sammlung 
den meisten Tannin enthaltenden Stoffen vorzuziehen sind. 
Wenn ich nicht irre, so ist der Gerbstofigehalt der 
Wallaniden auf 34-—40 Procent angegeben. Diese bei- 
den Ingredienzien bilden nun das erprobte Mittel, um 
das Ausfallen der Haare zu verhindern, indem sich die 
Frauen und MĂ€dchen ein Vinum e Capsulis Quercus Aegi- 
lopis bereiten und diesen zum Waschen der Haare ver- 
wenden. Kein Mittel soll dieses ĂŒbertreffen können und 
auf Zea ist es selten, dass eine Dame lÀnger als einige 
Tage an diesem Ausfallen der Haare leidet. Zu bemer- 


ae 0 Fe 111° Aal aii gE a A “ir v 


72 Ein Schutzmitsel fĂŒr Bewaldung der Gebirge. 


ken ist jedoch noch, dass man sich vor der Anwendung 
dieses Weines die Haare mit einem Absude von sSapo- 
naria Levantica zu waschen hat, um die Pityriasis, die 
oft die einzige Ursache des Ausfallens der Haare sein 
soll, zu vertreiben. 


Ueber ein Schutzmittel fĂŒr Bewaldung der Gebirge. 


Der durch seine praktische volkswirthschaftliche Wirk- 
samkeit bekannte Professor Dr. Molin schreibt: „Um 
in kĂŒrzester Zeit die Bewaldung der Gebirge zu be- 
werkstelligen, muss dieselbe durch eine Pflanze eingelei- 
tet werden, welche die Thiere und hauptsÀchlich die Zie- 
gen instinctmĂ€ssig nicht berĂŒhren, welche in ihrer Ent- 
wickelung weder durch die geringe QuantitÀt Erde, in 
welcher sie vegetirt, noch durch die DĂŒrre zurĂŒckgehal- 
ten wird und die Bewaldung selbst muss nach einem 
bestimmten Plane, aber durch eine eigene Methode aus- 
gefĂŒhrt werden. Die Pflanze ist Ailanthus glandulos« 
(Götterbaum). Eine junge Bewaldung von Ailanthus ist 
die einzige, welche sowohl die MauereinzÀunung als die 
Aufsicht entbehrlich machen wird, sie wird sich selbst 
gegen den nagenden Zahn der Thiere, die Ziegen nicht 
ausgeschlossen, schĂŒtzen.“ (Bl. fĂŒr Hand. u. Gwbe. 1866. 
No. 49.) B. 


73 


HEE. Monatsbericht. 


Chlorkohlenstofl. 


Simpson hat den Chlorkohlenstoff, C2Cl#, (durch 
Einwirkung von Chlor auf Chloroform zu erhalten) als 
Anaestheticum mit Erfolg angewendet. Bei localen Schmer- 
zen der Brustwand und des Abdomens gab er, unter die 
Haut gespritzt, gute Resultate. Innerlich verordnete er 
ihn in kleinen Dosen bei Gastrodynie, wo die Wirkung 
sich der des Chloroforms gleich zeigte. (Pharm. Journ. 
and Transact. Il. Ser. Vol. VII. No. 8. Febr. 1866. p. 416.) 

Wp. 


Ueber die Dichtigkeit des Kohlenstofls in seinen 
Verbindungen. 


Eine hauptsĂ€chliche Schwierigkeit, welche der kĂŒnst- 
lichen Darstellung von Diamanten im Wege steht, ist 
nach E. J. Maumene& (Compt. rend. T.59.) die je nach 
den Verbindungen verschiedene Dichtigkeit des Kohlen- 
stoffes, 


Am ersten wĂŒrde er sich darstellen lassen aus sol- 
chen Substanzen, in welchen der Kohlenstoff dieselbe 
Dichtigkeit hat, wie der natĂŒrliche Diamant. 


Das Terpenthinöl C20HI16 enthÀlt nur Kohlenstoff und 
Wasserstoff, nÀmlich: 
15 Gewichtstheile Kohlenstoff und 
2 s Wasserstoff 
in 17 Gewichtstheilen Terpenthinöl. 
Da ĂŒber die Molecularstructur dieser Verbindung 


etwas Sicheres noch nicht bekannt ist, so kann man dar- 
ĂŒber folgende Hypothesen aufstellen: 


1) Der Koblenstoff existirt darin als Diamant, oder- 
mit der Dichtigkeit des Diamanten. 


le Ba a ent 1. AO ART 
74  Dichtigkeit des Kohlensioffs in seinen Verbindungen. 


2) Beide Körper, Kohlenstoff und Wasserstoff, sind 
ohne Condensation verbunden, der Kohlenstoff mit der 
dem Diamant entsprechenden Dichte, der Wasserstoff mit 
dem Volumen, welches einer der fĂŒr ihn in seinen Ver- 
bindungen gefundenen Dichtigkeiten entspricht. Setzt 
man die letzteren gleich x, so hat man: 


15 2 37: 
—— == —— oraus. x ==. 0412: 
3,53 x DR 


Mit dieser Dichte tritt der Wasserstoff mehrfach, haupt- 
sÀchlich im Wasser auf, da nach Kopp der Sauerstoff 
in den Metalloxyden eine der folgenden Dichten hat: 
6,25 
oder die HĂ€lfte 3,125 
oder das Viertel 1,5625. 
Nehmen wir fĂŒr den Sauerstoff im Wasser die grösste 
Dichte, 6,25, und den Wasserstoff ohne Condensation an, 
so haben wir: 
8 1 3 
6,25 1 era 
und x — 0,1295 fĂŒr die Dichte des Wasserstofis, was 
mit der obigen Zahl sehr gut stimmt. 

Daraus kann man also ziemlich sicher schliessen, 
dass der Wasserstoff im Wasser die Dichte 0,1295 hat, 
dass er eben so dicht im Terpenthinöl ist und folglich 
der Kohlenstoff in demselben als Diamant vorhanden ist. 

Mehre andere Kohlenstoffverbindungen, so das Fara- 
day’sche Sesquichlorid C4C16, geben dasselbe Resultat, 
wenn man fĂŒr Chlor die von Kopp aus den ChlorĂŒren 
von K, Ca, Sr, H?N, Cu, Hg gefundene Dichte annimmt! 
Andere Verbindungen haben eine geringere Dichte, so 
das Benzol. 

Maumen& ist durch Rechnungen und Betrachtungen 
zu der Ansicht gekommen, dass die JodĂŒre des Kohlen- 
stoffs C3J6 oder C3J? denselben mit der ungefÀhren Dichte 
3,53 enthalten mĂŒssen. 

In den LehrbĂŒchern findet sich zur Darstellung des 
Jodkohlenstoffs das Verfahren von Serullas angegeben, 
wonach man 

1 Theil C+H2J? — 1 Aeg. und 

4 Theile HgCl — 83 „ 
mit einander erhitzen soll. Hierbei erhÀlt man aber statt 
des JodĂŒrs nur eine chlorhaltige FlĂŒssigkeit, deren Ana- 
lyse Maumen& nÀchstens veröffentlichen wird. 

Hofmann (Ann. de Chim. et de Phys.) erwÀhnt einen 


es a aD a Ben aee 
Steinkohlen in Turkestan. — Verbrauch der Steinkohlen. 75 


Versuch, bei welchem sich wahrscheinlich das eigentliche 
JodĂŒr bildet, es ist das die Erhitzung von Jodotorm auf 
1500 in geschlossenen Röhren, wobei sich Methylenjodid 
C2H2J?2 bilden soll. Demnach wÀre die Zersetzung: 
2(02HJ3) = C?H2J?2 + 02J%. 

Hofmann spricht nur von dem ersteren, das zweite, bis 
jezt noch nicht bekannte, wĂŒrde vielleicht zur Darstellung 
von Diamanten dienen können. 

: Maumene’s Versuche, die KohlenstoffjodĂŒre danach 
zu bereiten, waren alle von ungĂŒnstigem Erfolge. (Journ. 
fĂŒr prakt. Chemie, Bd. 95. 5.) B. 


Steinkohlen in Turkestan. 


In Turkestan hat man 90 Werst von Tschemkent, 
Turkistan und der MĂŒndung des Arys Steinkohlen von 
sehr guter QualitÀt aufgefunden. Der Weg nach den 
drei genannten Orten ist fĂŒr Fuhrwerk gut passirbar. 
Der Mangel an Feuerungsmaterial war eine der Haupt- 
ursachen, weshalb die Dampfschifffahrt auf dem Syrdarja 
sich nicht entwickeln konnte, man musste den Anthraeit 
fĂŒr die Dampfer vom Don herschaflen, wodurch das Ma- 
terial auf 2 Rubel das Pfund kam. (Kussisch. Inv.) 

Dr. Reich. 


Der Verbrauch der Steinkohlen und die nÀchsten 
Folgen desselben. 
Von Emil Sommer. 


Gar manchem unserer Leser, der die an allen Bahn- 
höfen massenhaft angehĂ€uften SteinkohlenvorrĂ€the ĂŒber- 
blickte, oder das Auge ĂŒber die unzĂ€hligen rauchenden 
Kamine einer unserer grösseren FabrikstÀdte schweifen 
liess, hat sich gewiss schon die Frage aufgedrÀngt, 
ob die von der Natur im Schosse der Erde seit Jahrtau- 
senden aufgespeicherten KohlenschÀtze wohl reichhaltig 
genug sein möchten, um die Menschheit fĂŒr alle Zeiten 
mit diesem kostbaren Heizmaterial zu versorgen, und ob 
nicht ein so ungeheurer Consum, wie derselbe heute 
statt findet, schliesslich und wenn auch erst nach einer 
langen Reihe von Jahren den Zeitpunct herbeifĂŒhren 
mĂŒsste, wo diese anscheinend unerschöpfliche WĂ€rme- 
und Kraftquelle zu fliessen aufhören wĂŒrde. 

Auch die Industrie und Wissenschaft hat sich, na- 
mentlich in der letzten Zeit, wo der Verbrauch der Stein- 


76 Verbrauch ‘der Steinkohlen. 


kohlen durch den grossartigen Aufschwung des industriel- 
len Lebens in so ausserordentlichem Masse gewachsen 
ist, wiederholt diese ernste und bedeutungsvolle Frage 
vorgelegt und verschiedene namhafte Gelehrten mach- 
ten es sich zur Aufgabe, durch sorgfÀltige SchÀtzungen 
und Berechnungen wenigstens annÀhernd zu bestimmen, 
fĂŒr welche Zeitdauer die in den bedeutenderen heutigen 
Bergwerken vorhandenen Kohlenlager voraussichtlich noch 
ausreichen dĂŒrften, wobei es natĂŒrlich nicht auf 50 Jahre 
mehr oder weniger ankommt, indem es sich bei der Be- 
stimmung so kolossaler numerischer VerhÀltnisse nur um 
annÀhernde Zahlenwerthe. handeln kann. Wenn daher 
die Resultate derartiger Berechnungen, welche stets mehr 
oder weniger auf Wahrscheinlichkeit beruhen, auch kei- 
nen Anspruch auf absolute Genauigkeit haben, so gestat- 
ten dieselben dennoch die wichtigsten und interessante- 
sten SchlĂŒsse, deren allgemeine Bedeutung und Tragweite 
nicht zu verkennen ist. 

Um nur einige Zahlen anzufĂŒhren, so weisen wir 
hier zunÀchst auf eine vor ungefÀhr zwei Jahren von Sir 
William Armstrong aufgestellte und auf möglichst ge- 
naue SchĂ€tzungen und Ermittelungen sich stĂŒtzende. Be- 
rechnung hin, aus welcher hervorgeht, dass, wenn der 
Steinkohlenverbrauch ferner in demselben Masse wie bis- 
her zunimmt, Englands Kohlenreichthum schon nach zwei : 
Jahrhunderten gĂ€nzlich erschöpft sein wĂŒrde. Ein ande- 
rer englischer Gelehrter, H. Murchison, welcher gleich- 
falls dieselbe Frage in der jĂŒngsten Zeit zum Gegenstande 
genauer Untersuchungen machte und unlĂ€ngst ĂŒber die 
Resultate derselben in einem in der Britischen Gesell- 
schaft gehaltenen Vortrage Bericht erstattete, gelangt 
ebenso wie Armstrong an der Hand untrĂŒglicher Zah- 
len zu dem Schlusse, dass der Zeitpunct, bis zu wel- 
chem die Industrie die in dem Boden Grossbritanniens 
noch begraben liegenden KohlenvorrÀthe verschlungen 
haben wird, keineswegs so entfernt von uns liegt, als 
man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Wenn nun 
auch die hierbei zu Grunde gelegte Annahme, dass der 
jÀhrliche Kohlenverbrauch, welcher 1862 in England allein 
1720 Mill. Ctr. betrug und 1864 sogar 1860 Mill. Ctr. 
erreichte, auch ferner sich in der gleichen Progression 
steigern und demnach im Jahre 1900 sich in England zu 
der ungeheuren Summe von 4380 Mill. Ctrn. erheben 
wĂŒrde, etwas gewagt und ĂŒbertrieben erscheinen muss, 
so sind darum die von jenen Aufstellungen abzuleitenden 


Verbrauch der Steinkohlen. 7, 


Consequenzen nicht minder ernst und das Eintreten jenes 
drohenden Zeitpunctes der Erschöpfung der englischen 
Kohlenbergwerke nicht minder gewiss, mag derselbe nun 
auch unter gĂŒnstigen UmstĂ€nden um 100 Jahre wei- 
ter hinausgeschoben werden, als die in Rede stehenden 
SchÀtzungen hoffen lassen. Jahrhunderte sind im Leben 
der gesammten Menschheit wie Tage im Leben des ein- 
zelnen Individuums und es wĂŒrde daher auch bei der 
Voraussetzung eines möglichen Irrthums von Seiten der 
Geognosten ein derartiges weiteres HinausrĂŒcken des un- 
vermeidlichen Termins um 100 Jahre nur eine wenig 
beruhigende Gnadenfrist bilden. 

Eine Àltere, weniger zuverlÀssige SchÀtzung nimmt 
in allzu optimistischer Uebertreibung an, dass die in dem 
SaarbrĂŒcker Kohlenbecken (in der Preussischen Rhein- 
provinz) noch vorhandenen SteinkohlenvorrÀthe, welche 
die MÀchtigkeit der meisten Kohlenflötze Englands bei 
weitem nicht erreichen, noch fĂŒr 3000 Jahre ausreichen 
könnten; doch ist hierbei nicht nur der Reichthum die- 
ses Kohlengebirges bedeutend ĂŒberschĂ€tzt, sondern auch 
die jÀhrliche Ausbeute, welche in der in Rede stehenden 
Berechnung nur zu 50 Mill. Ctr. angenommen wird, viel 
zu niedrig gegriffen und mit den BedĂŒrfnissen des sich 
tÀglich steigernden Verbrauches nicht mehr im Einklange, 
so dass jene Zahl von 3000 Jahren sich in Wirklichkeit 
auf einen sehr bescheidenen Bruchtbeil derselben redu- 
eiren dĂŒrfte. 

So unsicher und von einander abweichend alle diese 
SchÀtzungen nun auch sein mögen, so stimmen dieselben 
doch sĂ€mmtlich in der Hauptsache ĂŒberein, dass nĂ€mlich 
von einer Unerschöpflichkeit der Steinkohlenbergwerke, 
wie man dieselbe fast allgemein noch trÀumt, durchaus 
nicht die Rede sein kann, sondern dass alle auch noch 
so reichen Gruben nach lÀngerer, man könnte sogar sa- 
gen, verhÀltnissmÀssig kurzer Zeit vollstÀndig ausgebeu- 
tet und erschöpft sein werden. — Es ist allerdings hier- 
bei nicht zu vergessen, dass immer noch hier und da in 
weniger bewohnten Gegenden neue und ergiebige Kohlen- 
fundorte entdeckt werden können; anderseits ist es aber 
auch eine durch die Erfahrung bewiesene Thatsache, dass 
mit einem solchen Zuwachse stets auch der Verbrauch 
in gleichem VerhÀltnisse wÀchst, indem die durch den 
Zufluss neuer reicher Nahrung an den betreffenden Orten 
sofort mÀchtig sich entfaltende Industrie, gleich der durch 
die Zufuhr frischen Brennstoffes nur um so gefrÀssiger 


78 Verbrauch der Steinkohlen. 


um sich greifenden Flamme, den grössten Theil der neu 
hinzugekommenen VorrÀthe bald wieder verschlingt und 
folglich nur sehr wenig davon auf den allgemeinen Welt- 
markt gelangen lÀsst, so dass die mögliche Entdeckung 
solcher vereinzelten Gruben nur unmerklich zur VerlÀn- 
gerung des Steinkohlenzeitalters beizutragen vermag. 

Wenn wir erwÀgen, dass fast der gesammte moderne 
Fortschritt mit dem grossartigen, hoch pulsirenden, indu- 
striellen, commerziellen, socialen und geistigen Leben un- 
serer Zeit mittelbar durch Dampf und Dampfmaschinen 
auf der Wunderkraft der Steinkohle beruht, dass somit 
fast die ganze herrliche BlĂŒthe der heutigen Cultur aus 
dem reichen Boden des Steinkohlenfeldes hervorwuchs, 
so ist die Verarmung dieses Feldes, das Versiegen die- 
ser mÀchtigen Kraftquelle fast gleichbedeutend mit dem 
plötzlichen Stillstande aller Bewegung und TnÀtigkeit und, 
wenigstens vorĂŒbergehend, auch des materiellen und gei- 
stigen Fortschrittes der Völker. Es ist schwer, fast un- 
möglich, uns in unsern jetzigen VerhÀltnissen die uner- 
messlichen und auf alle Gebiete sich erstreckenden Fol- 
gen eines solchen Ereignisses zu vergegenwÀrtigen; aber 
ahnen können wir dieselben wenigstens, indem wir uns 
fĂŒr einen Augenblick die Steinkohle aus der uns heute 
umgebenden Welt, welcher sie gleich dem Prometheus- 
funken mit feurigem Odem Leben und Bewegung ein- 
haucht, hinwegdenken. 

Gleich einem riesigen Uhrwerke, in dessen RĂ€der 
die Hand plötzlich hemmend eingreift, wĂŒrde bei einem 
Verschwinden der Steinkohle das mÀchtige Weltgetriebe, 
das uns in wildem Strudel ĂŒberall umfluthet, plötzlich in 
Stockung und Erstarrung gerathen: Fabriken, WerkstÀt- 
ten, Eisenbahnen, Posten, Dampfschiffe, Dampfpressen, 
kurz Alles, was unser heutiges Leben zusammensetzt, 
wĂŒrde wie mit einem Schlage stille stehen und nur eine 
allgemeine UmwÀlzung und Umgestaltung aller VerhÀlt- 
nisse wÀre alsdann im Stande, das gewaltsam zerstörte 
Gleichgewicht allmÀlig wieder herzustellen. Des mÀch- 
tigsten und universellsten Motors beraubt, wĂŒrde sich die 
Menschheit in einem solchen Falle genöthigt sehen, gleich- 
sam eine neue Richtung in ihrem weiteren Entwickelungs- 
gange einzuschlagen, um auf neuen Wegen und durch 
neue Mittel der ErfĂŒllung ihrer Weltbestimmung ent- 
gegen zu streben. 

Und diese neuen Mittel und Wege werden, wir hof- 
fen es zuversichtlich, gefunden werden, ehe noch der 


7, Ag 
li, Be vırr, 
KR, 
IM 


bel 


Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 79 


verhÀngnissvolle Augenblick an ein spÀteres Geschlecht 
herantritt. Bereits hat der Genius der Erfindung im 


‘Bunde mit Wissenschaft und Teehnik in der Neuzeit so 


Grosses und Unerwartetes hervorgebracht, dass es wohl 
nicht als sorglos eitler Wahn erscheinen kann, von der 
ElektrieitÀt, dem Luftdrucke oder dem durch eine wohl- 
feilere Wasserzersetzungsmethode erzeugten Wasserstoffe 
das zu erwarten, was zu leisten der Steinkohle einst ver- 
sagt sein wird. . 

Schon hat man elektrische Locomotiven construirt, 
schon versucht man, unsere Strassen statt mit Steinkoh- 
lengas mit elektrischem Lichte zu beleuchten, ĂŒberall 
arbeitet man rastlos an der Vervollkommnung der Aero- 
nautik, fortwÀhrend beschÀftigen sich noch zahlreiche 
Köpfe mit dem Problem der wohlfeilen Gewinnung des 
heizkrÀftigsten aller Brennmateriale, des in unerschöpf- 
licher Menge im Wasser zu Gebote stehenden Wasser- 
stoftes, und wenn auch alle diese Versuche bis jetzt keine 
vollstÀndig befriedigenden Resultate geliefert haben, wenn 
auch die industrielle Anwendung der Wasserstoffverbren- 
nung jetzt noch als eine unwissenschaftliche und unaus- 
fĂŒhrbare Idee erscheint, so mĂŒssen wir doch auf Grund 
des Princips der steten Fortentwickelung der Mensch- 
heit annehmen, dass einer spÀteren Generation das ge- 
lingen wird, was uns heute zu erreichen noch ver- 
sagt ist. 

Aber noch eine Folge ganz anderer Art haben wir 
hier als Wirkung des heutigen enormen Steinkohlenver- 
brauches zu erwÀhnen, eine Folge, unter der nicht nur 
die kommenden Generationen zu leiden haben werden, 
sondern welche auch das jetzt lebende Geschlecht schon 
sehr nahe berĂŒhren kann; wir meinen die Erzeugung der 
ungeheuren Massen von KohlensÀure, welche die Ver- 
brennung so kolossaler QuantitÀten Steinkohlen aus Mil- 
lionen Feuerheerden bestĂ€ndig der AtmosphĂ€re zufĂŒhrt. 
(Bl. fĂŒr Hand. u. Gewbe. 1866.) B. 


Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 


Die Frage ĂŒber die Erschöpflichkeit der Kohlenlager 
in England beschÀftigt schon seit geraumer Zeit die dor- 
tigen Industriellen. Von besonderem Interesse ist daher 
nachstehender Artikel, welchen der „Eeonomist“, in wirth- 
schaftlichen Tagesfragen unbestritten die gediegenste eng- 
lische Wochenschrift, veröffentlicht: 


[: « u ie, EEE 
‘ 


30 Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 


Unter dem Titel: „Die Kohlenfrage“ hat Jevons 
dem Publicum eine Anzahl wohlgeordneter und meistens 
unbestreitbarer Thatsachen vorgelegt und sie mit einer 
‚Reihe von anregenden ErwĂ€gungen begleitet, welche Je- 
der, der Theilnahme hegt fĂŒr die zukĂŒnftige Entwicke- 
lung und Grösse seines Landes, sehr wohl thun wird, in 
ernste Ueberlegung zu ziehen. FĂŒr Wenige wird es der 
Erinnerung bedĂŒrfen, wie vollstĂ€ndig unsere ProsperitĂ€t 
und commerzielle und industrielle Ueberlegenheit auf der 
„billigen Kohle“ ruht. Kohlen und Eisen machen Eng- 
land zu dem, was es ist und sein Eisen hÀngt von sei- 
ner Kohle ab. Andere LĂ€nder besitzen eben so viel 
Eisenerz wie wir und mehre besseres als wir; aber kein 
Land (mit Ausnahme Amerikas, welches noch unent- 
wickelt ist) hat reichlich Kohlen und Eisenstein in der 
erforderlichen NĂ€he. Wir haben keine weiteren natĂŒr- 
lichen Anlagen fĂŒr Erreichung industrieller Grösse, als 
unsern Vorrath von Kohlen und Eisen; fast alle rohen 
Stoffe fĂŒr unsere Manufacturen kommen zu uns von fern- 
her; wir importiren viel von unserer Wolle, das meiste 
von unserem Flachse, alle unsere Baumwolle und alle 
unsere Seide. Unsere Eisenbahnen und unsere Dampf- 
boote werden von Eisen gemacht und von Kohlen betrie- 
ben, so auch gegenwÀrtig viele Fahrzeuge unserer Kriegs- 
marine. Kohle ist das Brod unserer grossen Fabriken, 
Eisen einer unserer Hauptexportartikel. Ganz besonders 


De nk 


unsere Maschinenarbeit ist es, worin wir andere Natio- 


nen ĂŒbertreffen; unsere Maschinen sind es, die unsere 
erfolgreichen textilen Fabrikate hervorbringen und das 
Eisen, aus welchem die Maschinen construirt sind, wird 
gefördert, geschmolzen, gegossen, gehÀmmert, zu GerÀ- 
then verarbeitet durch Kohlen und Dampf, welchen Koh- 
len erzeugen. Man glaubt, dass wenigstens die HĂ€lfte 
der in Grossbritannien gewonnenen Kohle von den ver- 
schiedenen Zweigen unseres Eisenhandels verbraucht 
wird. 

Wenn wir diese Thatsachen im Sinne behalten, so 
werden wir leicht begreifen, dass die Lebensfragen rĂŒck- 
sichtlich des Reichthums, des Fortschrittes, der Grösse 
unseres Landes diese sind: „Ist unser Vorrath an Kohle 
unerschöpflich? und, wenn nicht, wie lange wird er dau- 
ern?“ Jevons setzt uns in den Stand, diese beiden 
Fragen zu beantworten. Dieser Vorrath ist weit entfernt 
unerschöpflich zu sein; er ist im Wege des Erschöpfens 
und wenn wir fortfahren, unsern Verbrauch an Kohlen 


| Englands Kohlenveichthum und seine Dauer. 81 


‚von Jahr zu Jahr im VerhĂ€ltniss unseres jetzigen Mehr- 
verbrauchs zu vermehren, so wird er nicht mehr hun- 
‚dert Jahre vorhalten. Unsere geologischen Kenntnisse 
sind jetzt so gross und so sicher und das, was wir hier 
die unterirdische Aufnahme unserer Inseln nennen kön- 
nen, ist in solcher VollstÀndigkeit geschehen, dass wir 
mit ziemlicher Sicherheit sowohl die Ausdehnung, die 
MÀchtigkeit und die ZugÀnglichkeit unserer Kohlentelder, 
so wie die jÀhrlich an die OberflÀche gebrachte und ver- 
brauchte QuantitÀt Kohlen kennen. Der ganze noch in 
Grossbritannien befindliche Kohlenvorrath bis zu einer 
Tiefe von 4000 Fuss wird auf 80,000 Millionen Tonnen 
geschÀtzt. Unser jÀhrlicher Verbrauch betrug im Jahre 
1860 etwa 80 Millionen Tonnen. Nach diesem VerhÀlt- 
nisse wĂŒrde die erreichbare Kohle noch 1000 Jahre aus- 
reichen. Aber unser Verbrauch ist jetzt in stetiger Ver- 
mehrung begriffen, der Consum steigt 31/,; Proc. pro Jahr 
und wird im Jahre 1880 nicht 80, sondern 160 Millionen 
betragen und wenn er in dieser Weise fortfÀhrt zu stei- 
gen, so werden die ganzen S0,000 Millionen Tonnen vor 
dem Jahre 1960 erschöpft sein. Ja, dieser Zeitpunet 
wird vielleicht noch etwas frĂŒher erreicht werden, denn un- 
sere Berechnung schliesst alle Kohle bis zu 4000 Fuss 
Tiefe ein und bis jetzt ist keine Kohle bis zu einer grös- 
seren Tiefe als 2500 Fuss ausgebeutet worden, auch 
glauben wir nicht, dass Minen, wenn ĂŒberhaupt, dann 
noch nutzbar in einer Tiefe von 4000 Fuss betrieben 
werden können. 

Wir wissen natĂŒrlich, dass thatsĂ€chlich unsere Koh- 
lenfelder innerhalb dieser Periode nicht ausgenutzt sein 
werden. Wir sind uns klar darĂŒber, dass das gegen- 
wÀrtige VerhÀltniss der jÀhrlichen Vermehrung nicht bei- 
behalten werden kann. Mit jedem Jahre haben wir tie- 
fer zu steigen fĂŒr unsere Zufuhr und tiefer gehen heisst, 
grössere und grössere Kosten fĂŒr Arbeit, Maschinerie, 
Ventilation, Wasserhaltung, UnfÀlle u. s. w. aufwenden 
mĂŒssen. Grössere Tiefe bedeutet daher einen erhöhten 
Preis fĂŒr die emporgehobene Kohle und diese Erhöhung 
des Preises wird den Verbrauch zurĂŒckhalten. Allein es 
ist gerade diese bevorstehende Erhöhung des Preises und 
nicht die endliche Erschöpfung, welche wir zu fĂŒrchten 
haben; denn es ist diese Erhöhung, welche unser Mass des 
Fortschritts limitiren und uns unserer besonderen Vor- 
theile und industriellen Oberhoheit berauben wird. 

Sehen wir ein wenig nÀher den Modus operandi an. 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2.Hft. 6 


82 Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 


Die Schwierigkeit des Betriebes und des Förderns der 
Kohle wÀchst schnell, je mehr die Grube tiefer wird 
oder je nachdem untergeordnete Gruben ĂŒberhaupt aus- 
gebeutet werden können; die Hitze wird mehr und mehr 
unertrÀglich, die Stollen, Strecken und QuerschlÀge werden 
lÀnger, die Gefahr wird grösser, die Ventilation kostspie- 
liger, die QuantitÀt Wasser, die abzuhalten oder hinauf- 
zuschaffen ist, schwerer zu bewÀltigen. Ein sehr kurzer 
Zeitraum kann Maschinenkohle und Schmelzkohle von 
5 auf 10 Sh. die Tonne erhöhen. Nun verbraucht aber 
eine Baumwollenspinnerei von gewöhnlicher Grösse fĂŒr 
ihre Dampfkraft 80 Tonnen Kohlen pro Woche. Dies 
macht zu 5 5h. 1000 ÂŁ das Jahr; zu 10 Sh. per Tonne da- 
gegen 2000 ÂŁ. Aber die Baumwollenspinnerei ist voll 
von Maschinerien und ein grosses Moment in den Kosten 
dieser Maschinerie ist die zum Schmelzen und Verarbei- 
ten des Eisens, woraus die Maschinerie besteht, ver- 
wendete Kohle. Die Eisenbahnen, welche die Kohle 
zur Fabrik bringen, und das Calico und Garn zurĂŒck- 
fĂŒhren zum Exporthafen, sind von Eisen gemacht und 
durch Kohlen betrieben; ebenso die Dampfboote, welche 
die Baumwolle zu unsern Gestaden fĂŒhren und das Garn. 
nach Deutschland exportiren; — der Preis des Trans- 
ports, welcher ein sehr bedeutender Factor in den Ge- 
sammtkosten unserer Fabrikate ist, wird daher bedeutend 
vermehrt werden, sowohl mittelbar wie unmittelbar, durch 
eine Steigerung der Kohlenpreise. Eine Erhöhung in 
diesem Preise von 5 auf 10 Sh. per Tonne kann als gleich- 
bedeutend mit 2000 Pfd. St. das Jahr auf die Betriebs- 
kosten einer grösseren Baumwollenspinnerei geschÀtzt wer- 
den. Das heisst, jeder Fabrikant wĂŒrde im Vergleich 
mit der gegenwÀrtigen Lage der Dinge und im Vergleich 
mit fremden LĂ€ndern eine Last von 2000 Pfd. St. das 
Jahr sich auferlegt sehen und wĂŒrde deshalb den Preis 
seiner Waaren in diesem VerhĂ€ltnisse erhöhen mĂŒssen. 
Wie lange wĂŒrde es ihm möglich sein, bei diesem Miss- 
stande, oder wie es richtiger wÀre zu sagen, bei dem 
Fortfall seiner gegenwÀrtigen vortheilhafteren Lage, mit 
seinen Coneurrenten Schritt zu halten? Und wie lange 
wird die Kohle selbst zum Preise von 10 Sh. per Tonne 
geliefert werden? 

Und dann beachte man, dass der Stillstand im Ver- 
brauche der Kohle, d.h. die Verzögerung des Zeitpunc- 
tes ihrer endlichen und gÀnzlichen Erschöpfung, nur durch 
die Steigerung der Preise hervorgerufen werden kann 
und dass ‘in dem Augenblicke, wo er eintritt, der Ver- 


Englands Kohlenreichthum und seine Dauer. 83 


fall unseres relativen industriellen Supremats begonnen 
hat. Wir werden das Ausgehen unserer Kohle in dem 
kurzen Zeitraume eines Jahrhunderts vermeiden; allein 
wir werden das nur können, indem wir weniger ver- 
brauchen und jetzt weniger verbrauchen, heisst weniger 
Eisen produciren, weniger Calico und Wollenmanufacte 
exportiren, weniger Schiffe verwenden, eine geringere 
Bevölkerung unterhalten, aufhören in unserem Fortschritte, 
zurĂŒckweichen von unserer gĂŒnstigeren Stellung. Wir 
können allerdings bewirken, dass unsere Kohle noch tau- 
send Jahre vorhÀlt, anstatt hundert und die unvermeid- 
liche Erhöhung ihres Preises auf ein sehr unbedeutendes 
Mass reduciren; allein wir können dies nur, indem wir 
im Stillstande bleiben, und im Stillstande bleiben heisst, 
durch andere Nationen uns im Wettlaufe ĂŒberflĂŒgeln las- 
sen, unsere ganze jÀhrliche Vermehrung der Bevölkerung 
exportiren, vergleichsweise, wenn nicht positiv, Àrmer 
und schwÀcher werden. 

Und kein Vorbeugen dieses Endresultates scheint 
möglich in der Theorie, noch in der Praxis irgend ein 
Mittel, es zu modifieiren. 

Wir können immerhin, heisst es, sparen im Ver- 
brauche der Kohle; aber erstlich sind die grösseren Er- 
sparungen, welche vernĂŒnftiger Weise in Aussicht genom- 
men werden können, bereits eingefĂŒhrt. Im Schmelzen 
des Eisenerzes werden zwei Drittel weniger Kohle ver- 
wendet als frĂŒher und im Betriebe unserer Dampfmaschi- 
nen die HĂ€lfte weniger. Zweitens ist es nur eine Stei- 
gerung im Preise der Kohle, welche uns zum sparsame- 
ren Gebrauche derselben anstacheln wird und gerade 
diese Steigerung des Preises ist der Beweis und das 
Mass unserer Gefahr. „Exportirt keine Kohle mehr,“ 
ruft man aus, „und so schont euren Vorrath“. Wir kön- 
nen aber dieses Auskunftsmittel nicht anwenden, wÀre 
es selbst weise, es zu thun, oder im Einklange mit un- 
serer Handelspolitik, ohne die HĂ€lfte .unserer Schifffahrt 
in Verwirrung zu stĂŒrzen, indem wir sie ihres Ballast- 
transports berauben; und selbst dann wĂŒrde das Uebel 
kaum mehr als gemildert sein. „Warum, fragen Andere, 
sollten wir nicht, sobald unsere eigenen VorrÀthe erschöpft 
sind, Kohlen von andern LĂ€ndern importiren, welche noch 
reich sein werden an Mineral-Brennstoffen und so unsern 
Mangel ersetzen?“ Einfach darum nicht, weil von allen 
Handels- und Industrie-Artikeln die Kohle der umfang- 
reichste im VerhÀltniss zu seinem Werthe ist; und dass 


6* 


84 Rauchverzehrende kĂŒnstliche Brennstoffe. 


der Umstand, sie zur Hand zu haben, sje im Ueberflusse 
billig und ohne Transportkosten zu haben, es ist, welcher 
uns unsere industrielle Ueberlegenheit verschafft hat. Mit 
Kohle, von Amerika gebracht, mit Kohle zu einem Preise, 
welchen sie dann kosten wĂŒrde, können wir weder unser 
Eisen schmelzen, unsere Maschinen im Betriebe halten, 
unsere Locomotiven treiben, unsere Schiffe fahren, unsere 
Garne spinnen, noch unsere Tuche weben. Lange, ehe 
wir unsern Brennstoff importiren mĂŒssten, wĂ€re das Spiel 
zu Ende. 

Von 136 Mill. Tonnen Kohlen, welche gegenwÀrtig in der 
Welt gewonnen werden, produciren Grossbritannien 80 Mil- 
lionen und die Vereinigten Staaten nur 20. Allein das ist 
nur so, weil wir den Vorsprung hatten und unsere Be- 
völkerung weit dichter ist und weil unser Eisen und 
unsere Kohle fĂŒr einander bequem liegen und auch be- 
quem zum Transport. "Sobald Amerika dicht bevölkert 
sein wird, wird sowohl unsere Eisen- wie unsere Kohlen- 
- Ueberlegenheit — und Alles, was daraus folgt — auf 
Amerika ĂŒbergehen; denn die Vereinigten Staaten sind 
in dieser Hinsicht unernfesslich reicher als selbst Eng- 
land. Ihre Kohlenfelder werden auf 196,000 Quadrat- 
meilen an Ausdehnung geschÀtzt, wÀhrend die unsrigen 
nur 5400 haben. Und das ist nicht Alles; ihre Kohlen 
sind oft besser in QualitÀt und unvergleichlich zugÀng- 
licher als die unsern, hauptsÀchlich im Ohio-Thale. An 
einigen Stellen in Amerika ist der Preis der Kohle am 
Förderpuncte selbst jetzt schon nur 2 Sh. per Tonne, gegen 
6 Sh.in England. (Derg- u. HĂŒttenm.-Ztg. 8.99. 1866.) B. 


Rauchverzehrende kĂŒnstliche Brennstoffe. 
1: Kohle fĂŒr die KĂŒche. 


Gepulverte Holzkohle ......... 50 Kilogrm. 

s fette Steinkohle... 8 N 

% magere Steinkohle 40 x 
Salpeter nt b, a 
Gebrannte StÀrke............ 11], 

2. Kohle zum Heizen der Zimmer. 
Magere Steinkohle......... 92 Kilogrm. 
Fette Steinkohle.......... 6 r 
Salpeter ai ar me Ua s 


Gebrannte StÀrke......... 11, 2 


. Fabrikation der Schlempekohle. 85 
3. Kohle zum Heizen der Fabriköfen, Dampfkessel etc. 


Magere Steinkohle......... 88 Kilogrm. 
Fette Steinkohle... ...°: 10 R 
SE Re 1, = 
came StÀrke. ur. cr 1l/, 


” 

Die Materialien fĂŒr diese Brennstoffe werden zu Pul- 
ver gemahlen, gehörig vermengt, dann fĂŒr den KĂŒchen- 
gebrauch zu Cylindern, fĂŒr sonstige Zwecke aber zu 
Blöcken von verschiedener Gestalt geformt. (Armengaud’s 
Genie industr.) 


Die Fabrikation der Schlempekohle. 

in der „Zeitschr. fĂŒr RĂŒbenzuckerindustrie“, Bd. 15. 
S.734, finden wir einen Aufsatz ĂŒber die Verarmung 
des Bodens durch die Schlempekohlefabrikation 
von Hugo Schulz, welcher wohl von allgemeinerem Inter- 
esse sein dĂŒrfte. Wir entnehmen jener Mittheilung Fol- 
gendes: 

Die Erschöpfung des Bodens an Kali ist eine sehr 
wichtige Frage geworden. Bekanntlich ist die RĂŒbe eine 
viel Kali bedĂŒrftige Pflanze; in der Zuckerfabrikation 
geht dasselbe zum bei weitem grössten Theile in den 
Syrup und von da in die Melasse. Letztere wird in den 
meisten FĂ€llen nicht verfĂŒttert, sondern nachdem sie zur 
Spiritusfabrikation gebraucht ist, verkohlt und als Schlempe- 
kohle in den Handel gebracht. Diese dient zur Berei- 
tung von Salpeter und Pottasche, beides Producte, die 
der Landwirthschaft nicht wieder zugefĂŒhrt werden. 

Die Provinz Sachsen fabricirt jÀhrlich ca. 60000 Otr. 
solcher Kohle; folgende Tabelle giebt ĂŒber die chemische 
Zusammensetzung derselben Aufschluss. Sie ist aus 46 
speciellen Analysen berechnet, welche vom Verfasser in 
den Jahren 1864 und 1865 ausgefĂŒhrt worden sind: 


Minimal- Maximal- Mittlerer 
gehalt gehalt Gehalt 
BehHekeit 2.22... 00. 0,51 10.09 2,93 
In Wasser Unlösliches....... 11,82 28,62 18,03 
Schwefelsaures Kali......... 3,74 12779 7,193 
BNlorkallume. ir... 14.26 30.01 19,24 
Kohlensaures Natron........ 12,36 22,05 17.14 
Reale ee 46,38 34,94 
Unbestimmtes und Verlust... — — 0,53 
100,00. 


Der in Wasser unlösliche RĂŒckstand besteht aus 
Kohle, etwas Thonerde, Eisenoxyd, Kieselerde und Kalkver- 
bindungen mit nur ganz geringen Mengen von Phosphor- 
sÀure und Kali. Es ist ein beinahe werthloser lÀstiger Abfall. 


er ER wir a 
86 Einwirkung von Ammoniak auf glĂŒhende Kohle. 


Der Gesammtkaligehalt stellt sich im 


Minimum..... 25,99 Proc. j 
Maximum..... 57,01 
Mittels: 39.89. #4 


Es werden also hier der Landwirthschaft durch die 
Schlempekohlenfabrikation jÀhrlich circa 24,000 Centner 
Kali entzogen. Um diese wieder zu ersetzen, mĂŒss- 
ten dem Boden jÀhrlich mehr als 44,000 Centner schwe- 
felsaures Kali zugefĂŒhrt werden. (Bl. fĂŒr Hand. u. Gwbe. 
1866. No. 38.) B. 


Verfahren zur Wiederbelebung der 
Knochenkohle. 


Nach Beane soll man, um den von der gebrauchten 
Knochenkohle absorbirten Kalk zu entfernen, ohne dabei 
gleichzeitig den phosphorsauren Kalk zu lösen, die trockne 
und heisse Kohle mit salzsaurem Gase vollstÀndig sÀtti- 
gen und dann eine Portion unbehandelte Kohle damit 
mischen. Das in den Poren der ersteren zurĂŒckbleibende 
Gas wird von der letzteren aufgenommen und durch den 
Kalkgehalt derselben neutralisirt. Nach dem Auswaschen 
des Chlorcalciums wird die Kohle in gewöhnlicher Weise 
geglĂŒht. Dies Verfahren wird von Medlock als beach- 
tenswerth empfohlen. (Chem. News. — Chem. Centralbl.) 

B. 


Einwirkung von Ammoniak auf glĂŒhende 
Kohle. 


Weltzien hat bei seinen Versuchen ĂŒber die Ein- 
wirkung von Ammoniak auf glĂŒhende Kohle keine Spur 
eines Kohlenwasserstoffes wahrnehmen können. G. Lunge, 
der denselben Process im Grossen vorgenommen hat, glaubt 
dabei Acetylen aufgefunden zu haben. Nachdem das 
bei der Operation gebildete Cyanammonium in passenden 
Apparaten absorbirt worden ist, wird das unabsorbirte 
Gas durch mehre GefÀsse mit Wasser und schliesslich 
in den Ofen geleitet, um dort verbrannt zu werden. 
Einige von den Röhren waren aus Kupfer gemacht. So- 
bald Lunge mit diesem Apparate zu arbeiten angefan- 
gen hatte, fanden tÀglich die heftigsten Explosionen statt, 
von denen er sich anfangs keine Rechenschaft geben 
konnte, bis er durch die Entdeckung der explodirenden 
Eigenschaften, welche die Verbindung von Acetylen mit 


Dissociation des Kohlenoxyds. 87 


Kupfer besitzt, aufmerksanı gemacht, die kupfernen Lei- 
tungsröhren durch eiserne ersetzte. Von diesem Zeit- 
puncte an fanden keine Explosionen mehr statt. In Be- 
tracht dieser UmstÀnde glaubt Lunge die Bildung von 
Acetylen bei diesem Processe fĂŒr erwiesen ansehen zu 
dĂŒrfen. (Chem. News. — Chem. Centralbl. 1866. 7.) B. 


Dissociation (Zerfallen) des Kohlenoxyds. 


Obgleich das wesentliche Ergebniss der Versuche 
H.St.Cl. Deville’s ĂŒber diesen Gegenstand schon frĂŒher 
einmal mitgetheilt worden ist, so ist es jedoch bei dem 
hohen Interesse und der Bedeutsamkeit derartiger Zer- 
legungen wohl geboten, diese Sache noch einmal zur 
Sprache zu bringen und speciell den Apparat und die 
Experimentirweise zu beschreiben, deren Deville sich 
zur Zerlegung des Kohlenoxyds bediente (Compt. rend. 59), 
zumal dieser Apparat nicht nur zu Versuchen gleichen 
Zwecks, sondern auch zu manchen anderen verwendbar 
erscheint. 

Die Vorrichtung fĂŒr die Dissociation des Kohlenoxyds 
hat die Aufgabe, in gleicher Art zu wirken, wie etwa 
der durch Gase durchschlagende elektrische Funke wirkt, . 
nÀmlich an einer gewissen Stelle durch seine Hitze eine 
Zersetzung hervorzubringen, deren Producte, mit der 
ĂŒbrigen ĂŒberwiegenden Gasmenge sich mischend, nicht 
wieder so hoch erhitzt werden, dass sie sich von Neuem 
wieder vereinigen können. Diesen Zweck erreichte De- 
ville durch folgende Anordnungen. 

Ein Porcellanrohr wird beiderseitig mit Korken ver- 
schlossen, die doppelt durchbohrt sind. In das eine Loch 
der beiden Korke wird ein dĂŒnnes Messingrohr von 8MM. 
Durchmesser gesteckt, in die beiden anderen Löcher je 
ein kurzes beiderseitig offenes Glasrohr, durch deren eines 
das Kohlenoxyd eintritt, um in der Porcellanröhre sich 
zu verbreiten, durch deren anderes die Gase, die bei der 
Zersetzung im Porcellanrohr entstehen, entweichen. 

Wurde nun das Porcellanrohr einer sehr hohen Tem- 
peratur ausgesetzt und wÀhrend dieser Zeit durch das 
eine Glasrohr ganz reines Kohlenoxyd eingeleitet, durch 
das Messingrohr ein schneller Strom kalten Wassers 
geschickt, das gegenĂŒberliegende zweite Glasrohr aber 
mit einem Kugelapparat, der Barytwasser enthielt, in 
Verbindung gesetzt, so beobachtete man in lebhafter Roth- 
gluth die TrĂŒbung des Barytwassers und an dem Messing- 


= a 


88 Erkennung der Vergiftung mit Kohlenozxyd. 


rohr hatte sich, so weit es im Porcellanrohr lag, flockiger 
Kohlenstoff abgesetzt. 

Der Process ist also der: das Kohlenoxyd, welches 
die untere glĂŒhende Wand des Porcellanrohres bestreicht, 
zersetzt sich theilweise in Kohle und Sauerstoff und diese 
Producte steigen in die Höhe, treffen in der Mitte das 
kalte Messingrohr, dessen Temperatur etwa +- 100 betrÀgt, 
und hier setzt sich der Kohlenstoff ab. Mit dieser Er- 
klĂ€rung stimmt auch die Thatsache ĂŒberein, dass die 
Kohle nur der unteren Seite des Messingrohres anklebt. 
Der Sauerstoff des einen zersetzten Aequivalents Kohlen- 
oxyd verbindet sich mit einem unzersetzten Antheil des 
Gases zu KohlensÀure und nicht wieder mit dem einmal 
abgeschiedenen zu sehr abgekĂŒhlten Kohlenstoff *). 

Mit einigen Modificationen wird der oben beschriebene 
Apparat bei Gasuntersuchungen verschiedener Art sehr 
werthvolle Dienste leisten können. Macht man z.B. ins 
Messingrohr eine sehr feine Spalte und lÀsst das Wasser 
durch ein hinreichend langes senkrechtes Rohr abfliessen, 
so besitzt man eine Art TrommelgeblÀse, durch welches 
man Gase schnell aufsaugen und die heissesten schnell 
abkĂŒhlen kann. (Journ. f. prakt. Chem. Bd.95. 5.) B. 


Erkennung der Vergiftung mit Kohlenoxyd. 


Das mit Kohlenoxyd behandelte Blut zeigt im Sonnen- 
spectrum untersucht bei hinreichender VerdĂŒnnung fast 
eben solche Absorptionsstreifen als sauerstoffhaltiges Blut, 
fĂŒgt man aber Schwefelammonium hinzu, so verschwin- 
den die Streifen nicht im Verlaufe mehrer Tage, wÀhrend 
das kohlenoxydfreie, aber sauerstoffhaltige Blut nach 
einigen Minuten nur einen Absorptionsstreif in der Mitte 
zwischen den Spectrallinien D und E zeigt, wenn es mit 
Schwefelammonium versetzt war. An dieser UnverÀnder- 
lichkeit des kohlenoxydhaltigeu Blutes durch Schwefel- 
ammonium kann man den Kohlenoxydgehalt des Blutes 
erkennen und es gelingt bei Thieren, die man mit wenig 
Kohlenoxyd allmÀlig vergiftet hat, recht gut auf die 
obige Weise, im Blute das Kohlenoxyd mit Entschieden- 
heit nachzuweisen. Dabei ist es zweckmÀssig, das Blut 


*) Man kann den Vorgang auch so erklÀren, dass das Kohlenoxyd 
C202 in Kohle CE und KohlensÀure CO? zerfÀllt; eine weitere Ein- 
wirkung beider Zersetzungsproducte auf einander wird durch die 
AbkĂŒhlung des Kohlenstoffs und eine Entfernung des KohlensĂ€ure- 
° gases verhindert. EEE 


u 


“ 


SchÀdlichkeit des Schwefelkohlenstoffdunstes. 89 


zur Untersuchung im Spectralapparate stark zu verdĂŒn- 
nen. Zahlreiche FĂ€lle der Vergiftung von Menschen und 
Thieren haben erwiesen, dass nach der Vergiftung in 
atmosphÀrischer Luft ziemlich schnelle Erholung eintritt, 
wenn die Vergiftung nicht bis unmittelbar zum beginnen- 
den Tode gedauert hatte. Hoppe-Seyler hat oft Kanin- 
chen und Hunde bis zum völligen Aufhören der Respiration 
mit Kohlenoxyd vergiftet und diese Thiere nach einge- 
leiteter kĂŒnstlicher Respiration sich bald wieder erholen 
gesehen. Die Ursachen dieser Reconvalescenz hat Po- 
krowsky (Virchows Arch. Bd. 30. 8. 525) untersucht 
und gefunden, dass bei derselben kein Kohlenoxyd, son- 
dern mehr als gewöhnlich KohlensÀure ausgeathmet wird. 

Auch das mit Kohlenoxyd behandelte defibrinirte 
Blut verliert seinen Kohlenoxydgehalt beim Stehen an der 
Luft allmÀlig und Schwefelammonium macht dann die 
beiden Absorptionsstreifen bald verschwinden, SchĂŒtteln 
mit der Luft ruft sie wieder hervor, auch wird das Blut 
beim SchĂŒtteln mit Luft hellroth, beim Stehen venös dunkel. 

Die VerÀnderung des kohlenoxydhaltigen Blutes beim 
Stehen in dieser Weise macht daher in forensischen 
FÀlfen schnelle Untersuchung nöthig, wo es sich um den 
Nachweis derartiger Vergiftung handelt. Mehre Tage 
können bei mittlerer Temperatur vergehen, ehe der Kohlen- 
oxydgehalt des Blutes bemerkbar abnimmt. (Med.-Centrbl.) 

B. 


SchÀdliehkeit des Schwefelkohlenstofldunstes. 


Arbeiter, welche viel mit der Fabrikation des Sch wefel- 
kohlenstoffs zu thun haben, werden immer dĂŒmmer, ver- 
lieren den Geschmack ganz, haben eine belegte Zunge, 
können aber sehr viel essen. Dabei magern sie ab, wer- 
den kachektisch und empfinden ein fortwÀhrendes Brennen 
in der Brust, im Unterleibe und After. 

Beim Leckwerden eines BehÀlters mit Schwefelkohlen- 
stoff liefen mehre Maass desselben aus; die dabei beschÀf- 
tisten Arbeiter merkten bald ein GefĂŒhlloswerden der Beine 
von unten herauf und nach und nach des ganzen Körpers, 
dann traten Hitze, Angstschweiss und ein Àusserst weh- 
mĂŒthiges, bis zum Weinen sich steigerndes GefĂŒhl ein 
und zuletzt fielen sie bewusstlos um. Durch Waschen. 
der Gelenke mit kaltem Wasser, Genuss desselben, auch _ 
wohl eines starken Schnapses, bekamen sie die Besinnung 
wieder und fĂŒhlten sich wohler, wenn sie sich nur tĂŒchtig 
erbrechen konnten. Noch mehre Tage nach solchem 


90 Borax in Californien. 


schweren Anfalle fĂŒhlten sich die Leute sehr matt und 
nahmen dann, wie ĂŒberhaupt hĂ€ufig, zum AbfĂŒhren ein 
und unterstĂŒtzten die Genesung durch kalte Abreibungen 
und BĂ€der. 

Ein Arbeiter, der viel Schwefelkohlenstoff eingeathmet 
hatte, wurde erst dumm, dann ganz blödsinnig, dabei so 
wĂŒthend, dass ihn drei MĂ€nner nicht im Bette halten 
konnten, schlief darauf ein und starb am folgenden Tage. 
(Pharm. Centralh.) 


Borax in Californien. 


Die kĂŒrzlich erschienene Schrift J. D. Whitney’s 
ĂŒber „die geologische Vermessung Californiens“ enthĂ€lt 
eine interessante Schilderung einer Boraxablagerung in 
diesem Lande. 

Der „Borax-See‘“, wie man ihn nennt, liegt ungefĂ€hr 
36 engl. Meilen vom stillen Meere und 65 engl. Meilen 
nordwestlich von der Suisun-Bay. Das Vorhandensein 
dieses Sees wurde zuerst im Jahre 1856 von Dr. Veatch 
bekannt gemacht, der in den GewÀssern desselben Borax 
entdeckte. Einige Monate spÀter fand man eine grosse 
Ablagerung von Krystallen auf dem Grunde des Sces. 
Diese Krystalle, welche an Grösse von mikroskopischen 
Dimensionen, bis zu 2 oder 3 Zoll querĂŒber abweichen, 
bilden eine Schicht von verschiedener Dicke unmittelbar 
unter dem Wasser. An einer Stelle fand man diese 
Schicht 18 Zoll tief, an anderen Stellen wechselten mehre 
dĂŒnnere Schichten mit schwachen Thonlagen ab. 

Der Umfang des Sees schwankt je nach der Trocken- 
heit der Jahreszeit und eben so auch die QuantitÀt der 
in der Lösung enthaltenen Salze. Im September 1863 
waren in einer Gallone 2401 Grains feste Stoffe enthalten, 
von denen die HĂ€lfte gemeines Salz (Chlornatrium) 
ein Viertheil kohlensaures Natron und der Rest 
hauptsÀchlich borsaures Natron waren. Im Jahre 
1864 kam die „California Borax Compagny“ in den Besitz _ 
des Sees und aus der laufenden Nummer von Silliman’s 
Journal, der wir die vorstehenden Notizen verdanken, 
erfahren wir, dass die Compagnie im Laufe des letzten 
Jahres nicht nur den örtlichen Bedarf von 30 bis 40 
Tonnen geliefert, sondern auch 200 Tonnen nach New-York 
. verschifit hat. Der Borax wird wÀhrend der trockenen 
Jahreszeit aus dem Schlamm auf dem Grunde des Sees 
gesammelt und der Ertrag in der letzten Jahreszeit belief 


Chemische Constitution der KieselsÀure. 91 


sich durchschnittlich auf etwa 21, Tonnen reinen Borax 
tÀglich. Diese neue Quelle des Salzes scheint sonach 
einige commerzielle Wichtigkeit zu besitzen. (Das Ausland, 
15. Mai 1866. No. 20. 8.480.) H. Ludwig. 


Chemische Constitution der KieselsÀune. 


Th. Scheerer, der schon frĂŒher die Ansicht ĂŒber 
die diatome Constitution der KieselsÀure bekÀmpfte *), 
sucht diesem Streite nun eine endgĂŒltige Entscheidung 
zu geben. Nach Wöhler’s Entdeckung des Leu- 
cons und Silicons, ferner, nachdem es Geuther ge- 
lungen, ein Oxyd darzustellen, dem man die Formel 
SiO2 beilegen mĂŒsse, sei die Zusammensetzung der Kiesel- 
sÀure unzweifelhaft nach der Formel SiO3 anzunehmen. 
Nach Scheerer’s Ansichten, die viel fĂŒr sich haben, 
wĂŒrde die Reihe der Verbindungen des Siliciums mit dem 
Sauerstoff folgende sein: 

Si?0, HO — Silicon 
Sı0,HO. — Leucon 
SiO2.,.. — Geuther's Oxyd 
SiO3.... = KieselsÀure. 

Durch die Existenz einer solchen Oxydationsreihe 
ist aber nach Scheerer’s Ansicht der endgĂŒltige 
Beweis fĂŒr die chemische Constitution der Kie- 
selsĂ€ure — SiO? gegeben. Die isomorphen Haloid- 
doppelsalze, Kieselfluorstrontium und Zinnfluorstrontium, 
deren Formel nach der diatomen Ansicht ĂŒber die Kiesel- 
sÀure folgendermassen lauten: 

SrF — SiF?2 + 2HO = Kieselfluorsirontium 
SrF + SnF? + 2HO = Zinnfluorstrontium 
lauten nach dem Aequivalentgewicht der Kieselerde — 
8103: 3SrF (Si?)F6 — 6HO 

3SrF (Sn3)F6 — 6HO. 

Es findet mithin nach dieser Ansicht ein polymerer 
Isomorphismus statt. 2 Aeq. Si können 3 Aegq. Sn ver- 
treten. 

G. Rose deutete die Zusammensetzung des Zircons 
nach der Formel — Zr?03, Si0O3, da die isomorphen 
Minerale Rutil und Zinnstein eine analoge Zusammen- 
setzung, nÀmlich nach den Formeln 


*) S. Annal. d. Chem. u. Ph. 116. 129—160. — Pogg. Annal. 118, 
182 — 185. — Leopoldina 1864, Heft 4. 


92 Die FeldspÀthe. 
TiO2 — Rutil 
SnO? — Zinnstein 


"haben. Scheerer sucht den Grund der Isomorphie in 
folgenden VerhÀltnissen: 


Rutil 22. —=3T 60 
Zinnstein.. = 39n 4 60 
Zirkon..... = Zr 4 Sı) + 60. 


Diese Ansicht hat Vieles fĂŒr sich. 


Physikalische Thatsachen sind nach Th. Scheerer’s 
Ansicht nur mit grösster Vorsicht zur Entscheidung ĂŒber 
die chemische Constitution von Verbindungen zu benutzen 
und liefert schlagende Beispiele fĂŒr diesen Satz. (Journ. 
fĂŒr prakt. Chemie. Bd. 96. Heft6. 8.321— 529.) (.Bl. 


Die FeldspÀthe. 


Ein einfaches System der zahlreichen zu den Feld- 
spÀthen gehörigen Mineralien nach ihrer chemischen Zu- 
sammensetzung aufzustellen, ist bis jetzt nicht gelungen. 
Die frĂŒher von Tschermak ausgesprochene Ansicht, es 
möchten viele FeldspÀthe wohl Gemische isomorpherV erbin- 
dungen sein, hat derselbe begrĂŒndet. Alle FeldspĂ€the sind 
nach ihm Gemische von nur drei Mineralien, dieim Adular, 
Albit und Anorthit fast rein auftreten. Der Orthoklas 
oder kalireiche Feldspath besteht aus regelmÀssigen Durch- 
wachsungen von Adular und Albit. Die ĂŒbrigen Feld- 
spÀthe sind Gemenge von Albit und Anorthit, bisweilen mit 
kleinen Mengen Orthoklas gemischt. Oligoklas, Andesin 
und Labrador sind nur Glieder einer continuirlichen Reihe. 
Die bis jetzt noch nicht ins System gebrachten FeldspÀthe, 
weil sie keinem dieser FĂ€lle entsprechen, sind die bisher 
nicht berĂŒcksichtigten Zwischenglieder. Tschermak 
zÀhlt auch zu den FeldspÀthen den barythaltigen Hyalophan 
und den Danburit, der statt Thonerde BorsÀure enthÀlt. 
Es ist mithin hiernach die Gruppe der FeldspÀthe in drei 
Gattungen zu trennen, deren jede nach dem VerhÀltniss 
der Mischung in Unterabtheilungen zerfÀllt. (T'schermak, 

# Chemisch-mineralogische Studien. 1. Th.) Dr. Reich. 


Chrom - Aventuringlas. — Wasserglas. 93 


Einfiuss der Kohle und des Schwefels auf 
die FĂ€rbung des Glases. 


Schon seit lÀngerer Zeit weiss man, dass das Glas 
durch Kohle und durch Schwefel gelb gefÀrbt wird; der 
Einfluss der ĂŒbrigen Metalloide ist bis jetzt noch unbekannt 
geblieben. Um diese LĂŒcke auszufĂŒllen, hat J. Pelouze 
in der Glasfabrik von Saint-Gobain Versuche ausge- 
fĂŒhrt. 

Als Hauptresultate seiner Untersuchungen ergeben 
sich: 

1) dass alle GlÀser des Handels Sulfate enthalten; 

2) dass ein Glassatz, welcher vollstÀndig frei von 
Sulfat ist, weder durch Kohle, noch durch Bor, noch durch 
Silicium, noch durch Wasserstoffgas gefÀrbt wird; 

3) dass der Schwefel und die Alkali- oder Erd- 
sulfĂŒre sowohl das reine Glas als auch die kĂ€uflichen 
Glasarten gelb fÀrben; 

4) dass die Farbe, welche das Glas unter dem Ein- 
flusse der genannter Metalloide annimmt, nur eine Wir- 
kung der reducirenden Kraft der letzteren ist. (Compt. 
rend. 7. 60.) B: 


Chrom - Aventuringlas. 


Bekanntlich werden Email und Glas durch Chromoxyd 
grĂŒn gefĂ€rbt. Pelouze schmolz einen Glassatz von 250Th. 
Sand, 100 Th. kohlensaurem Natron und 50 Th. Kalk- 
spath mit doppelt - chromsaurem Kali zusammen und 
erhielt mit 10 Thheilen Chromsalz ein homogenes, trans- 
parentes, gelblich-grĂŒnes, — mit 40 Theilen COhromsalz 
ein dunkelgrĂŒnes und mit Flitterchen von Chromoxyd 
erfĂŒlltes Glas. Dieses grĂŒne Aventuringlas funkelt im 
Sonnenlichte und an sehr hellen Orten, steht in dieser 
Beziehung nur dem Diamant nach, ist viel hÀrter als 
gewöhnliches Glas und schneidet dieses mit Leichtigkeit. 
Zu Schmucksachen ist es sehr geeignet. Dr. Reich. 


Wasserglas 


bietet nach A. PĂ€tsch ein wirksames Schutzmittel 
fĂŒr hölzerne Dachconstructionen gegen Feuersgefahr. Man 
stellt dasselbe folgendermassen dar: 180 Pfd. Sand, 
110 Pfd. Glaubersalz und 10 Pfd. gepulverte Coaks wer- 
den in GlashĂ€fen geschmolzen und blank geschĂŒrt, auf 


I ET DE EN 
94 CĂ€mentfabrikation. 


eiserne Platten gegossen, nach der AbkĂŒhlung fein ge- 

mahlen und in einem gusseisernen Kessel aufgelöst. Zum 

Anstriche wird eine sehr verdĂŒnnte Lösung 5—6 Mal 

aufgetragen. (Ztschr. des Ver. deutscher Ingenieure. Bd. 9.) 
B. 


Cimentfabrikation. 


GrĂŒneberg beschreibt eine nach dem Bleibtreu- 
schen Principe arbeitende CĂ€mentfabrik bei Misdroy auf 
der Insel Wollin. Die in der NĂ€he der Fabrik gewonnene 
Kreide wird gleichmÀssig einem kreisförmigen, nach der 
Mitte zu sich kegelförmig erhebenden, mit etwa 12 Zoll 
hohen Rande umgebenen SchlĂ€mmheerd zugefĂŒhrt, auf 
dem sich ein Rahmenwerk an einer verticalen Welle mit 
einer Geschwindigkeit von 60 Umdrehungen in der Minute 
bewegt. Ein continuirlich zufliessender Wasserstrahl bildet 
mit der Kreide eine milchartige FlĂŒssigkeit, die durch 
das Rahmenwerk mit in Rotation versetzt wird. Von 
dem SchlÀmmherde gelangt die Kreidemilch durch ein 
Sieb nach 12 Zoll breiten, 8 Zoll tiefen CanÀlen von 
einigen 100 Fuss LĂ€nge, in denen sich die schwereren 
sandigen Theile absetzen und von hier nach 50 Fuss 
langen, 20 Fuss breiten und 8 Fuss tiefen in CĂ€ment- 
mauerwerk aufgefĂŒhrten Schlammbassins. Das Absetzen 
der Schlemmkreide in diesen dauert 10 Tage bis 4 Wochen, 
je nachdem die Luft mehr oder weniger ruhig ist. Der 
aus der Umgegend von Stettin bezogene Thon wird in 
TrockenhÀusern "getrocknet und dann zu einem ganz 
feinem Pulver gemahlen. Dieses Pulver wird mit der 
geschlÀmmten Kreide gemengt, circa 2 Raumtheile Kreide- 
brei mit 1 Raumtheil gemahlenen Thones; das genaue 
VerhĂ€ltniss wird nach einer Probe festgestellt, die fĂŒr 
jedes SchlÀmmbassin gemacht wird. Zur innigen Ver- 
mengung werden Thonschneider angewendet, zur besseren 
Versteifung wird nach BedĂŒrfniss noch gemahlene und 
nur getrocknete CĂ€mentmischung zugesetzt. Die Thon- 
schneider pressen die CĂ€mentmischung durch einen circa 
8 Zoll breiten und 5 Zoll hohen eisernen Canal nach 
aussen, wo dieselbe mittelst Draht in Ziegel abgeschnitten 
wird. Diese Ziegel werden im Sommer in TrockenhÀusern 
getrocknet, was je nach den WitterungsverhÀltnissen drei 
Tage bis vier Wochen erfordert. Die getrocknete Masse 
wird auf Schienenwegen nach den Brennöfen gefĂŒhrt. 

Die Oefen bestehen aus 2 Fuss starkem Mauerwerke, 


Englisches Probirverfahren fĂŒr Portland-CĂ€ment. 95 


sind cylindrisch von 10 Fuss im Durchmesser, 50 Fuss 
hoch, oben zugespitzt und dort mit einem Regulirungs- 
schieber fĂŒr den Zug versehen. Jeder Ofen hat 3 Be- 
schickungen, resp. Entleerungsöfen; auf die untere flache 
Ofensohle wird zunÀchst eine Lage Holz geschichtet, 
darauf Coaks, dann abwechselnd CĂ€mentziegel und Ooaks 
bis der Ofen circa 18 Zoll ĂŒber den cylindrischen Theil 
gefĂŒllt ist und zuletzt noch eine Lage Holz. Die Luft 
wird durch einige kleine Oeffnungen ĂŒber der Sohle zu- 
gefĂŒhrt. Beim Anheizen wird zunĂ€chst die obere, dann 
die untere Holzlage angezĂŒndet, hierauf werden die Be- 
schickungsöffnungen vermauert, deren eiserne ThĂŒren von 
Aussen verschlossen sind und nun der Zug mittelst des 
oberen Schiebers so regulirt, dass das Material ganz all- 
mĂ€lig ins GlĂŒhen kommt. Die ganze Operation des Bren- 
nens dauert circa 3 Tage, worauf die Oefen in 8 Tagen 
allmĂ€lig abkĂŒhlen. Die zerbröckelte CĂ€mentmasse wird 
herausgezogen, mit HĂ€mmern zerschlagen und zwischen 
cannelirten Walzen oder in eisernen sog. BrechkÀsten 
zerdrĂŒckt, deren Boden ein starker Rost bildet und in 
denen sich eine Walze mit schraubenförmig herumgewun- 
denen Messern dreht. Die weitere Verarbeitung geschieht 
auf 4 MahlgÀngen mit französischen Steinen, in denen 
die SteinstĂŒcke nicht mit Gyps, sondern mit CĂ€ment ver- 
bunden sind. Aus den MahlgÀngen fÀllt das feine CÀment- 
pulver direct in die PackfÀsser; die durch eine mechanische 
Vorrichtung fortwĂ€hrend geschĂŒttelt werden, so dass eine 
feste Verpackung hergestellt wird. Zu einer tÀglichen 
Production von 80 Centnern CĂ€ment sind 200 Arbeiter 
nöthig. 

GrĂŒneberg hebt als Eigenschaften eines guten 
CĂ€ments hervor, ein solcher dĂŒrfe in BerĂŒhrung mit Was- 
ser sich nicht stark erhitzen und derselbe mĂŒsse, mit 
2 Th. Sand gemischt, binnen 3 Stunden gebunden sein. 
Ein geringer Zusatz von Soda zu dem CĂ€ment vor dem 
Brennen beschleunige die ErhÀrtung desselben bedeutend, 
so dass man es in der Hand habe, den CĂ€ment in belie- 
bigen ZeitrÀumen erhÀrten zu lassen; ein zu schnelles 
ErhÀrten erschwere jedoch die Anwendung. (Deutsche 
Indstr.- Ztg.) 


Englisches Probirverfahren fĂŒr Portland -CĂ€ment. 


Bei grösseren öffentlichen Bauten wird in England 
eine besondere BauhĂŒtte zur Vornahme von Proben mit 


Nr 


96 Analyse des Chladnit. 


dem angelieferten CĂ€mente errichtet, welche Einrichtung 
von sehr praktischem grossen Nutzen ist. 

ZunĂ€chst wird das Gewicht untersucht, welches fĂŒr 
den gestrichenen Bushel 110 Pfd. engl. oder 1375 Kilogrm. 
pro Cubikmeter betragen muss; dann werden Probeziegel 
aus 1 Th. CĂ€ment und 1 Th. reinem Sande gefertigt und 
auf die Festigkeit geprĂŒft, welche sich mindestens auf 
180 Pfd. pro Quadratzoll belaufen muss, wenn die Ziegel 
einen Tag an der Luft und sechs Tage im Wasser erhÀr- 
tet sind. (Ztschr. des hannov. Archit. u. Ingen.- Vereins.) 


Neuer kĂŒnstlicher Marmor und CĂ€ment, mit Magnesia 
bereitet, von Ste. Claire-Deville. 


Der Verfasser beobachtete, dass wasserfreie Magnesia, 
durch Caleination von Uhlormagnesinm gewonnen, einem 
continuirlichen Wasserstrahle ausgesetzt, nach und nach. 
so hart wurde wie Marmor. In kleine StĂŒcke zertheilt 
wurde die Masse durchscheinend wie Alabaster und kry- 
stallinisch. Nach sechs Jahren hatte sie sich an der Luft 
dem Anscheine nach nicht verÀndert. Die Analyse ergab 
Wasser 27,7, KohlensÀure 8,3, Thonerde und Eisenoxyd 
1,3, Magnesia 57,1, Sand 5,6. 

Eine Portion wasserfreie Magnesia mit Wasser zu 
einer halbplastischen Masse angerĂŒhrt und dann mit Wasser 
in ein hermetisch verschlossenes Glasrohr gebracht, ver- 
band sich langsam mit dem Wasser und wurde vollkom- 
men hart. An der Luft getrocknet wurde das Hydrat 
durchscheinend und krystallinisch. 

Eine Mischung von Kalk oder Marmor mit gepulverter 
Magnesia, mit Wasser zum Teige angerĂŒhrt, erhĂ€rtete 
gleichermassen unter Wasser. Deville schlÀgt eine 
solche Mischung zur Darstellung von BĂŒsten vor. 

Durch Caleination eines an Magnesia reichen Dolomits 
bei 300— 4000 und Mischung des Products mit Wasser 
bekam Deville einen CĂ€ment, der sich in Salzwasser 
ausserordentlich gut hielt. (Pharmaceut. Journ. and Trans- 
act. 2. Ser. Vol.7. No.9. March 1866. p. 476.) Wp. 


Analyse des Chladnit. 
Unter diesem Namen hat vor lÀngerer Zeit She- 
pard den ĂŒberwiegenden Gemengtheil des Meteorsteins 
von Bischopville beschrieben und ihm die Formel: 


A 


a A er a 


. Darstellung von reiner Aarau und Aetznatronlauge. 97 


Mg0, SiO3 zugetheilt. Denselben Stein hat jĂŒngst J. L. 
Smith einer erneuten Analyse unterworfen und ist dabei 
zu anderen Resultaten gelangt. (Sill. Amer. Journ. 38.) 
Darnach ist der Chladnit ein Talkerde-Pyroxen und 
identisch mit Eustasit; seine Zusammensetzung entspricht 


der Formel M50O, SiO?. Er enthÀlt nÀmlich: 


SIOr 60,12 59,83 
in an OA 39,45 39,22 
Fe203...... 0,30 0,50 
KO,Na0, LiO 0, 74 —— 
7100,81. 


Diese Abweichung von Shepard sucht Smith in 
der fehlerhaften Analyse des Letzteren, vermöge deren 
er den KieselsĂ€uregehalt zu hoch fand. (Journ. fĂŒr prakt. 
Chemie. Bd. 95. 5.) k 


Darstellung von reiner Aetzkali- und Aetznatronlauge. 


Die kohlensauren Alkalien sind sehr leicht schwefel- 
sÀurefrei zu erhalten, schwierig dagegen salzsÀurefrei. 
Hat man es daher mit einem kohlensauren Alkali zu 
thun, welches so weit rein ist, dass es nur noch kleine 
Mengen von Chlor enthÀlt, so setzt man der Auflösung 
derselben eine entsprechende Menge kohlensaures Silber- 
oxyd zu, erwÀrmt damit, filtrir, und macht das Filtrat 
alsdann auf die gewöhnliche Weise durch gebrannten 
Marmor Àtzend. Zur Filtration bedient sich GrÀger 
schon seit lÀngerer Zeit eines Filters, welches aus Marmor 
besteht und in folgender Weise hergerichtet wird. In 
die Oeffnung eines Glastrichters legt derselbe zunÀchst 
einige StĂŒckchen groben Marmors und auf diese feineres 
Pulver desselben Materials und spĂŒlt so lange mit destil- 
lirtem Wasser nach, bis dieses alles Feinere fortgenom- 
men hat und klar abfliesst. Hierauf giesst man die Lauge 
in den Trichter; man hÀlt wÀhrend der Arbeit den Trich- 
ter gut bedeckt, die Fittrafion geht ungemein rasch von 
statten und man erhÀlt eine vollkommen wasserhelle und 
farblose Lauge. Der RĂŒckstand im Trichter lĂ€sst sich 
mit aller Bequemlichkeit vollstÀndig auswaschen ohne den 
geringsten Verlust zu erleiden. Die gelbliche FĂ€rbung, 
die eine in einem eisernen Kessel eingekochte Lauge 
zeigt, rĂŒhrt gewöhnlich und hauptsĂ€chlich von suspendir- 
tem Eisenoxydhydrate her, die man wegnimmt, wenn man 
die alsdann freilich nicht zu starke Lauge durch gepul- 
verten Marmor filtrirt. (Polyt. Notizbl. 1866. I) 2. 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hft. {{ 


Pr EHER, EU } °r 


98 UeberfĂŒhrung des schwefelsauren Kalis in kohlensaures. 


Krystallisirtes kohlensaures Kalı. 


Bei der Darstellung von UroxansÀure durch Einwir- 
kung von Kalilösurg auf HarnsÀure erhielt G. StÀdeler, 
nachdem uroxansaures und oxalsaures Kali angeschossen 
waren, beim weiteren Abdampfen der Mutterlauge ein 
'in grossen farblosen durchsichtigen Prismen anschiessen- 
des Salz, welches bei nÀherer Untersuchung aus reinem 
kohlensauren Kali bestand. Dieses Salz ist nach der 
Formel 2KO, Ü2 0? — 3aq zusammengesetzt, enthĂ€lt 
also 3 Aeq. Wasser. 

Wir kennen bereits ein krystallisirtes kohlensaures 
Kali von der Zusammensetzung 2 KO, C204 —+ A4ag, 
welches nach Berzelius gewonnen wird, wenn man die 
Lösung des Salzes so weit verdampft, bis sie in der 
WĂ€rme 1,62 spec. Gew. hat, und dann langsam in einem 
hohen Cylinder erkalten lÀsst. G. StÀdeler erhielt nach 
dieser Methode nur ein krystallinisches Pulver; grössere 
Krystalle bildeten sich erst dann, als die Lösung vor 
dem Abdampfen mit etwas kaustischem Kali vermischt 
wurde. Da diese Krystalle aber einen Wassergehalt 
ĂŒbereinstimmend mit der Formel 2KO, 0204 -ÂŁ 3aq 
zeigten, so scheint nach diesen Versuchen ein kohlen- 
saures Kali mit 4 Aegq. Krystaliwasser nicht zu existiren. 
(Annal. d. Chem. u. Pharm. UXXXIL., 371— 574) @. 


Die VeberfĂŒhrung des schwefelsauren Kalis 
in kohlensaures, 

analog dem Sodabildungsprocesse von Leblanc, ist 
unter Leitung von Koppe, nach einer brieflichen Mit- 
theilung desselben an R. Wagner versuchsweise in 
grösserem Massstabe ausgefĂŒhrt worden und hat zu einem 
sehr gĂŒnstigen Resultate gefĂŒhrt. Allein es bilden sich 
dabei sehr grosse Mengen von Cyan- und Schwefeleyan- 
kalium, welche UmstÀnde der allgemeinen Anwendung 
dieser Pottasche hindernd in den Weg treten. (Polyt. 
Journ. Bd. I75.) B. 


Ueber den Stassfurtit. 


A. Steinbeck gelangte durch eine Analyse die- 
ses Minerals zu dem Resultate, dass eine Verschieden- 
heit zwischen dem ausgewaschenen Stassfurtit und dem 
LĂŒneburger Boracit nicht besteht, sondern ersterer als 
eine dimorphe Form des Boracits anzusehen ist. (Poggend. 


Annal. Bd. 125.) 


N" Pla NE gen Sand, a he ai dd Dr ae u DE ME 
FlĂŒssige Glycerinseife. 99 


Die flĂŒssige 6Glycerinseife 

aus der Fabrik von Sarg in Wien, deren Betrieb 
fĂŒr Norddeutschland Dr. Marquart in Bonn ĂŒbertra- 
gen ist, besitzt beim Gebrauche so empfehlenswerthe 
Eigenschaften, dass Prof. Heeren in Hannover sich 
bemĂŒht hat, ein Ă€hnliches Product herzustellen, da die 
Sarg’sche Glycerinseife ihres ziemlich hohen Preises wegen 
der Classe der feinen Luxusseifen anheimfÀllt, indem 
Heeren vermuthete, dass sie zu einem niedrigeren Preise 
sich werde herstellen lassen. 

Die Sarg’sche flĂŒssige Glycerinseife ist vollkommen 
klar, von hellbrauner Farbe und dickflĂŒssiger Consistenz, 
wie Honig. Sie ist parfĂŒmirt. Freies Alkali ist nicht 
vorhanden. Zum Waschen der HĂ€nde reicht ein Thee- 
löffel voll derselben hin, die Seife giebt aber weniger 
Schaum, als gewöhnliche glycerinfreie Seife. 

Zur Bereitung der flĂŒssigen Glycerinseife bringt 
Heeren 100 Gewth. Olein in ein beliebiges GefÀss, 
welches erwÀrmt werden kann, bei kleinen Portionen in 
ein Kochglas oder einen Glaskolben, bei grösserem Quan- 
tum in einen eisernen Kessel, setzt 314 Gewth. Glycerin 
von 1,12 spec. Gew. hinzu, erwÀrmt das Ganze etwa auf 
5000. und fĂŒgt nun 56 Gewth. concentrirte Aetzkalilauge 
von 1,34 spec. Gew. unter stetem UmrĂŒhren hinzu. Die 
Seifenbildung erfolgt dabei augenblicklich und es entsteht 
ein ziemlich dĂŒnnflĂŒssiges, jedoch etwas trĂŒbes Liquidum. 

Nach mehreren Tagen muss nun, um die honigartige 
Durchsichtigkeit zu erlangen, durch Papier filtrirt werden, 
was natĂŒrlich nur sehr langsam von Statten geht. Man 
macht ein grosses Filter von einem Bogen Löschpapier, 
breitet es in einem grossen Glastrichter gehörig aus 
und giebt die Seife hinein. Hört das langsame Abtröpfeln 
auf, so bringt man den noch im Filter vorhandenen Rest 
auf ein neues kleineres Filter. 

In den Laboratorien kann man auch, um diese lang- 
wierigen Filtrationen zu umgehen, nach dem Zusatze der 
Lauge die Seife mit einer ihrem Gewichte gleichen Menge 
Wassers verdĂŒnnen, wodurch sie ganz dĂŒnnflĂŒssig wird 
und sich leicht filtriren lÀsst, worauf man sie nachher 
wieder auf ihr vorheriges Gewicht eindampft. Dieses 
Eindampfen darf aber nur im Wasserbade statt finden. 

Dieser nun geklĂ€rten Seife fĂŒgt man I}, von der 
Gewichtsmenge des angewendeten Oleins Pottasche, welche 
in einer sehr kleinen Menge heissen Wassers aufgelöst 


Ir 


TEN IRRE N, 
fr 


100 Die Wirkungen des Sprengöls (Nitroglycerins). 


wird, unter SchĂŒtteln und UmrĂŒhren, hinzu. Durch diesen 
Zusatz erlangt die Seife die diekflĂŒssige honigartige Con- 
sistenz und man giebt nun der Seife mit Ol. Neroli oder 
anderen wohlriechenden Oelen ein angenehmes ParfĂŒm. 


Zur Benutzung dieser Seife muss ein GefÀss mit ganz 
weiter Oeffnung angewandt werden und ein Theelöffel 
voll zum Gebrauche dienen. 


Nach der Berechnung Heeren’s stellt sich der Preis 
des Pfundes der nach dieser Vorschrift bereiteten Seife 
auf 4 Sgr. (Mitth. des Gew.-Ver. in dem Königr. Hannover. 
1866.) B. 


Ueber die Wirkungen des Sprengöls (Nitroglycerins) 


berichtet das „Dresdener Journal“. Hier fanden 
in dem Sienitsteinbruche bei der Restauration „Zum 
hohen Stein“ oberhalb Plauen Sprengversuche mittelst 
Sprengöl (Nitroglycerin) statt. Es waren zu dieser Probe 
sechs Bohrlöcher getrieben worden. Die Tiefe der klei- 
neren derselben, welche man in vorherrschend ebenem 
Gestein angebracht hatte, betrug 14 bis 32 Zoll und es 
wurden diese Bohrlöcher mit 2 bis 7 Loth Sprengöl besetzt. 
Auf dieses Oel wurde sodann Wasser gefĂŒllt. Durch 
dasselbe ging eine circa 1 bis 11), Elle lange, etwas ĂŒber 
BleistiftstÀrke dicke Schnur, an welche ein hölzerner, 
mit Pulver gefĂŒllter ZĂŒnder (PatentzĂŒnder) angebracht war. 
Die durch das AnzĂŒnden desselben erreichte Wirkung 
war höchst befriedigend. Auch bei grössern Bohrlöchern 
waren die Resultate sehr zufriedenstellend. Ein Bohrloch 
von 1}, Fuss Tiefe und 1 Zoll Durchmesser wurde mit 
10 Loth Oel besetzt und die Sprengung erfolgte mit gleich 
gĂŒnstigem Erfolge. Ein in einen frei stehenden Kegel 
in den Sienit getriebenes Bohrloch von 4 Fuss Tiefe und 
oben 5J,, unten 3/4 Zoll Durchmesser rĂŒckte, mit 21), Pfd. 
Sprengöl besetzt und mit PatentzĂŒnder entzĂŒndet, gleich 
bei der ersten ZĂŒndung ĂŒber 2 Ruthen Steine fĂŒr die 
Abtragung auseinander, was von der ĂŒberwiegenden Kraft 
des Sprengöls im Vergleich mit Schiesspulver Zeugniss 
ablegt. Eire eigenthĂŒmliche Wahrnehmung bei diesem 
Sprengmaterial ist die, dass es weniger in die Höhe treibt, 
als vielmehr das Gestein vorzugsweise nach der Seite 
rĂŒckt. Am Schlusse der Versuche wurden die Flaschen, 
aus denen- das Sprengöl entnommen worden war ‚und 
welche inwendig an den WĂ€nden noch mit gefrorenem 


“27 


kn TR Peer ae lee pri ie ER DE A lie nr 


Glonoin- Explosion. 101 


Nitroglycerin bekleidet waren, gegen eine unten gelegene 
Felswand geschleudert, dabei jedoch eine Explosion nicht 
wahrgenommen. (Bl. fĂŒr Hdl. u. Gewerbe.) B. 


Eine Schiffsexplosion durch Nitroglycerin. 


Eine furchtbare Explosion wird aus Colon, an der 
Ostseite des Isthmus von Panama berichtet. Der der 
West- India und Pacific- Company gehörige Dampfer 
„European “, welcher eine QuantitĂ€t (70 Flaschen) Nitrogly- 
cerin an Bord hatte, flog am 3. April 1866 im Hafen von 
Aspinwall in die Luft. 50 Menschen wurden getödtet 
und die Explosion wird als furchtbar geschildert. (Allg. 
Ztg.) B. 


Ueber dieselbe 6lonoin - Explosion. 


Ein entsetzliches UnglĂŒck trug sich am 3. April 
1866 zu Aspinwall zu. Der zum Löschen seiner Ladung 
am Quai liegende englische Dampfer European sprang 
in Folge einer Explosion im Waarenraume. Der 400 Fuss 
lange Quai wurde buchstĂ€blich in StĂŒcke zermalmt, ein 
nahestehendes grosses Magazin stĂŒrzte zusammen und 
bildete nur noch einen TrĂŒmmerhaufen. Die ErschĂŒt- 
terung pflanzte sich durch die ganze Stadt fort und es 
ist fast kein Haus unbeschÀdigt geblieben. Die Zahl der 
Opfer schÀtzt man auf 50, viele Personen wurden ver- 
wundet und mussten operirt werden, mehre ĂŒberlebten 
die Operation nur wenige Stunden. ‘ Der Schaden wird 
in runder Summe auf eine Million Dollars veranschlagt. 
Es fanden drei Explosionen statt, nach der ersten ver- 
suchte das königliche Paketboot Tamar den European 
fortzubugsiren, dann erfolgte eine zweite schwÀchere Explo- 
sion, der Dampfer war in offenes Wasser gebracht, die 
dritte zerschmetterte ihn dermassen, dass er in weniger 
als einer halben Stunde in den Grund sank. 

Das UnglĂŒck wurde nach dem Panama star and 
Herald Schiesspulver zugeschrieben; es ist jedoch unmög- 
lich, dass eine Pulverexplosion ohne eine Rauchwolke 
vor sich gehen kann und ohne in der Umgebung Spuren 
zu hinterlassen; in dem vorliegenden Falle war einige 
Minuten nach dem Ereignisse keine andere sichtbare 
Spur vorhanden als die allgemeine VerwĂŒstung. Man 
erfuhr spÀter, dass 66 Kisten mit Glonoin oder Nitro- 
glycerin, dem gegenwÀrtig furchtbarsten Sprengkörper, 


ii at eBalen: 
HN: 


102 Vorsichtmassregeln bei Benutzung des Nitroglycerins. 


unter gewöhnlichem Frachtbrief an Bord gewesen seien 
und von Liverpool nach Californien bestimmt waren. 
Vor kurzer Zeit hat in der Greenwich-Street eine 
Explosion statt gefunden durch das dem Glonoin wahr- 
scheinlich gleich zusammengesetzte Sprengöl, wodurch drei 
grosse GebĂ€ude und viele kleinere zertrĂŒmmert wurden. 
(Courrier de la Cöte. Mai 1866.) Dr. Reich. 


Vorsichtsmassregeln bei Benutzung des Nitroglycerins. 


Durch die kĂŒrzlich in Bochum und Hirschberg statt- 
gehabten UnglĂŒcksfĂ€lle mit dem Patentsprengöle von 
A. Nobel in Hamburg wurde derselbe veranlasst, die 
bei Benutzung des Sprengöls erforderlichen Vorsichts- 
massregeln in KĂŒrze mitzutheilen, bei deren Befolgung 
irgend ein Unfall kaum möglich ist. 

Dieselben bestehen darin: 

1) Den Arbeitern jedes Experimentiren zu untersagen. 

2) Die Packflaschen mit Sprengöl -in feuerfesten 
RĂ€umen, oder wo solche nicht vorhanden, unter Wasser 
aufzubewahren. 

3) Wenn das Sprengöl gefroren ist, zum Gebrauch 
die Packflaschen in lauwarmes Wasser einzusetzen, um 
es aufzuthauen. 

4) Beim Laden nur losen Besatz aus Sand oder Letten 
zu gebrauchen. 

5) Den Besatz, wenn ein Schuss versagt hat, nur 

zur HĂ€lfte vorsichtig auszukratzen, und in dem leeren 
_ Theile des Bohrloches eine kleine neue Sprengölladung 
anzubringen, bei deren EntzĂŒndung beide Ladungen explo- 
diren. 

6) Weder gefrorenes noch flĂŒssiges Sprengöl mit 
Hammer oder Beilschlagen zu behandeln. Bei jeder 
Neuerung ĂŒbertreibt man die Nachtheile und lĂ€ugnet die 
Vortheile am lÀngsten. Die riesige Kraft und die grossen 
Vortheile des Sprengöls in der Verwendung lassen sich 
aber nicht mehr lÀugnen, es handelt sich demnach nur 
darum, dasselbe mit Vernunft und Vorsicht zu gebrauchen 
und Nobel macht sich anheischig, um jegliche Gefahr 
abzuwenden: 

durch EinfĂŒhrung von elastischen, mit Sicherheits- 
platten versehenen Packflaschen, worin das Sprengöl 
auch durch den stÀrksten Stoss nicht explodiren 
kann, und wo bei 1000 C. die Metallplatte schmilzt, 
so dass das Sprengöl nie im geschlossenen Raume 


SchÀdlichkeit des Nitroglycerins. 103 


bis zum Explosionsgrade erhitzt werden kann, 

sondern bei einer Feuersbrunst auslÀuft und harm- 

los verbrennt, wie es dieses stets im Freien thut. 

Die von Nobel oben angefĂŒhrten VorschlĂ€ge sind 

von einer Commission berĂŒhmter schwedischer AutoritĂ€ten 

in diesem Fache geprĂŒft und fĂŒr gut befunden, auch Ver- 

suche angestellt worden, um die UngefÀhrlichkeit des 

Nitroglycerins in mehren Beziehungen, im Vergleich 

zum gewöhnlichen Pulver nachzuweisen. (Polytechn. 
Notizbl. 1866. 1.) 


Veber die SchÀdlichkeit des Nitroglycerins 
theilt B. Schuchardt Folgendes mit: 

Das Nitroglycerin wirkt bei höheren Thieren vorzugs- 
weise auf die HirnthĂ€tigkeit und fĂŒhrt bei hinreichender 
Grösse der Gabe den Tod herbei. Um die Wirkung des Stof- 
fes zu studiren, nahm B. Schuchardt Vormittags 10 Uhr 
einen Tropfen; fĂŒnf Minuten spĂ€ter stellte sich ein ziem- 
lich starker Schwindel mit SchwÀche im Sehvermögen ein, 
darauf Kopfschmerz in der Stirngegend mit Klopien in 
den SchlÀfen, Mattigkeit und SchlÀfrigkeit, stark aromati- 
scher Geschmack im Munde, mit brennendem GefĂŒhle 
im Schlunde und Schmerz in der Cardia. Eine Stunde 
nachher bekam derselbe aus Unvorsichtigkeit, indem er 
mittelst eines kleinen Rohres Nitroglycerin aus der Flasche 
herausnehmen wollte, eine nicht unbedeutende Menge in 
den Schlund. Obgleich dasselbe ausgespien und der Mund 
mit Alkohol ausgespĂŒlt wurde, so empiand B. Schuchardt 
doch darauf eine Zunalıme der oben angegebenen Symp- 
tome, so dass er sich ins Bett legen musste. Hier fiel 
er in einen balb bewustlosen Zustand, der einige Stunden 
dauerte und einen sehr heftigen klopfenden Kopfschmerz 
mit Empfindlichkeit gegen Licht, Schwindel und Zittern . 
im ganzen Körper hinterliess. Die Temperatur war Anfangs 
erhöht; es war ein GefĂŒhl von WĂ€rme im ganzen Körper 
nebst vermehrter Pulsfrequenz, spĂ€ter ein KĂ€ltegefĂŒhl 
bemerkbar, ferner eine brennende Empfindung in der 
Cardialgegend, Uebelkeit, aber kein Erbrechen vorhanden. 
Anı folgenden Tage war jedes Vergiftungssympton ver- 
schwunden. Keine Spur von KrÀmpfen zeigte sich. 

Durch directe Application bewirkt das Nitroglycerin 
keine Symptome, es muss absorbirt werden und ins Blut 
ĂŒbergehen, was darauf deutet, dass seine giftige Wirkung 
durch ein Zersetzungsproduct desselben bedingt werde. 


104 PrĂŒfung des Ă€therischen Senföls. 


Vielleicht wird dadurch im Blute Stickoxydul frei gemacht. 
Da das Sprengöl eine bedeutende FÀhigkeit hat, organische 
Gewebe zu durchdringen, so erklÀrt sich der Umstand, 
dass die mit diesem Stoffe umgehenden Arbeiter leicht 
Kopfschmerzen bekommen, aus einer Resorption durch 
die Haut, da das Nitroglycerin nicht verdampft, also eine 
Einwirkung durch die Lungen nicht statt finden kann. 


Da die VorzĂŒglichkeit dieses Stoffes als Sprengmittel 
hinreichend bewiesen ist, so wird es wohl in kurzer Zeit 
eine ausgebreitete Anwendung finden. Dann wird die Frage 
entstehen, ob nicht die giftigen Eigenschaften so bedeutend 
sind, um eine Benutzung desselben zu verbieten. B. Schu- 
chardt glaubt, dass nach seinen Untersuchungen kein 
Grund vorhanden ist, dagegen einzuschreiten. Versuche 
an Thieren haben bewiesen, dass erst in verhÀltnissmÀssig 
grossen Dosen der Tod erfolgt; bei Menschen bringt es 
zwar selbst in geringen Mengen deutliche Vergiftungs- 
symptome hervor, aber selbst nach einigermassen grossen 
Gaben treten diese doch in keinem beunruhigenden Grade 
auf. B. Schuchardt hat an 100 Tropfen in den Mund 
bekommen und mindestens 10 Tropfen hinabgeschluckt. 
Die Symptome traten allerdings heftig auf, jedoch war 
derselbe keinen Augenblick fĂŒr sein Leben besorgt. Wir 
wenden zum technischen Gebrauche Gifte an, die weit 
gefÀhrlicher sind, als Phosphor, Cyankalium, Sublimat 
u.8s.w. Jedoch mĂŒssen beim Verkaufe und bei der Be- 
reitung Vorsichtsmassregeln angewandt werden. Der Ver- 
kauf des Sprengöls muss controlirt, ferner mĂŒssen die 
Arbeiter ĂŒber die GefĂ€hrlichkeit des Stoffes belehrt werden, 
so dass sie nicht durch fahrlÀssigen Umgang mit demsel- 
ben sich selbst Schaden zufĂŒgen. Auf diese Weise wĂŒrde 
sich das Sprengöl wohl kaum schÀdlicher erweisen als 
alle anderen zum technischen Gebrauche angewandten 
Gifte. (Ztschr. fĂŒr prakt. Heilk. u. Med.-W. 1866. 1.) 2. 


PrĂŒfung des Ă€therischen Senföls. 


Concentrirte SchwefelsÀure löst dasselbe auf; beige- 
mengte Oele scheiden sich aus. (Polyt. Centrbl. 491. — 
Illustr. Gewbe.-Ztg. 28. — FPhilipp’s Alphab. Sachregister 
techn. Journale.) H. Ludwig. 


Allylamin. — TricarballylsĂ€ure. 105 


Allylamin. 

Allylamın — 0605, H2N = CSHZN, "erhieltC: 
Oeser, als er Senföl in weingeistiger Lösung in BerĂŒh- 
rung mit Zink und SalzsÀure brachte. Es entwickelte 
sich schon bei gewöhnlicher Temperatur ein Gas, welches 
neben Wasserstoff und Schwefelwasserstoff auch Kohlen- 
sÀure enthielt. Nach mehrtÀgiger Einwirkung des nas- 
eirenden Wasserstoffes wurde aus der FlĂŒssigkeit durch 
UebersÀttigen mit Kalilauge, Destillation, AnsÀuern des 
alkalischen Destillats mit SalzsÀure, Abscheidung des dabei 
entstandenen Salmiaks und abermalige Destillation mit 
Kalilauge das Allylamin rein erhalten. 

Das Allylamin ist eine farblose, ziemlich dĂŒnne FlĂŒs- 
sigkeit von penetrant ammoniakalischem, entfernt lauch- 
artigen Geruch, welcher Niesen und ThrÀnen der Augen 
hervorruft. Es schmeckt brennend scharf, siedet constant 
bei 580 und hat bei 150 das spec. Gew. — 0,864. Es 
brennt mit leuchtender Flamme, mischt sich unter WĂ€rme- 
entwickelung in allen VerhÀltnissen mit Wasser, reagirt 
stark alkalisch und fÀllt Thonerde-, Eisenoxyd-, Queck- 
silberoxyd-, Kupferoxyd- und Silberoxydsalze; die beiden 
letzteren Oxyde sind in einem Ueberschusse der Base, 
‚wie im Ammoniak löslich. 

Die Reaction, durch welche bei Einwirkung von Salz- 
sÀure und Zink auf Senföl Allylamin entsteht, beschrÀnkt 
sich also nur darauf, dass ohne directe Wasserstoffaddition 
Wasser aufgenommen wird nach der Gleichung: 

12 \6H5 

Gens} 8? +-4HO = "IN + 2HS + 2002 


(Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 7— 11.) @. 


TricarballylsÀure. 


M. Simpson bezeichnet mit diesem Namen die von 
ihm entdeckte und von Kekul& mit dem Namen Carb- 
allylsÀure bezeichnete SÀure, die durch Einwirkung von 
Kali auf dreifach Oyanallyl entsteht. Seiner frĂŒher ge- 
gebenen Beschreibung dieser SÀure lÀsst Simpson jetzt 
noch nachstehende Thatsachen folgen: Kocht man die 
Lösung der SÀure mit frisch gefÀlltem Quecksilberoxyd, 
filtrirt und verdunstet, so erhÀlt man schöne weisse Kry- 
stalle, die an Glanz dem Silber nicht nachstehen. 

Der TricarballylsÀure- AethylÀther, durch Einleiten 
von SalzsÀure in eine heisse alkoholische Lösung der 


106 TricarballylsÀure. 


SĂ€ure dargestellt, bildet eine farblose, etwas in Wasser 
lösliche FlĂŒssigkeit, von scharfem Geschmacke. Dieselbe 
siedet bei 3000 und zerfÀllt mit festem Kali erhitzt, in 
Alkohol und TricarballylsÀure. Die Formel ist 3 C4H50, 
C12H509 (ber. 55,38°C, 7,69 H, 36,93 O; gef. 54,59 — 
54,86 C — 7,43 H). 

Der AmylÀther 3C1WH!110,C12H509 ist von Simp- 
son nicht vollstÀndig rein dargestellt worden. Er bildet 
eine dicke ölige FlĂŒssigkeit, die schwerer als Wasser ist, 
von einem sehr scharfen Geschmacke. Erhitzt man ein 
Gemisch von 1 Gewth. TricarballylsÀure und 2 Th. reinem 
Glycerin in einem verschlossenen Raume mehre Stun- 
den lang auf 200°, fĂŒgt dem Inhalte dann ĂŒberschĂŒssiges 
Barytwasser zu, entfernt diesen Ueberschuss durch Kohlen- 
sĂ€ure, filtrirt und dunstet ein, so erhĂ€lt man einen RĂŒck- 
stand, aus dem man durch Auflösen in Wasser und FÀllen 
mittelst Alkohol einen leicht gefÀrbten Niederschlag erhÀlt, 
der nicht krystallisirt. Derselbe ist nach Simpson 
glycerin-tricarballylsarer Baryt (2BaO, 06 H705, C12H509), 
obwohl die Analysen nicht sehr genau mit der nach dieser 
Formel berechneten Zusammensetzung stimmen. 

Die Natronsalze der TricarballylsÀure sind in Wasser 
leicht löslich und krystallisiren schwierig. Es giebt wahr- 
scheinlich deren drei: mit 1, 2 und 3 Aequiv. Natron. 

Tricarballylsaurer Kalk 3 CaO, C12H509 + 4HO 
bildet sich durch einfache SĂ€ttigung der SĂ€ure mit der 
genĂŒgenden Menge Kalkwasser. Weisses amorphes Pulver, 
leicht in verdĂŒnnten SĂ€uren löslich, schwer in Wasser. 
Das Kupfersalz 3CuO, C©12H509 bildet sich als schön blau- 
grĂŒner Niederschlag, wenn man Kupfervitriol zu einer 
heissen Lösung von tricarballylsaurem Natron giebt. Un- 
löslich in Wasser. — Das Bleisalz 3PbO, C1?H509 wird 
auf ganz analoge Weise dargestellt. 

Die TricarballylsÀure steht zu der CitronensÀure in 
derselben Beziehung, wie BernsteinsÀure zur AepfelsÀure: 
C1?48012 TricarballylsÀure, O3H608 BernsteinsÀure; 

C12H8014 CitronensÀure, C3H6010 AepfelsÀure. 

Die Umwandlung der TricarballylsÀure in Citronen- 
sÀure ist Simpson nicht gelungen. (Journ. of the chem. 
Soc. — Chem. Centrbl. 1866. 14.) 


Acidum thebolaetieum, OpiummilchsÀure, 
von T. und H. Smith. 


Diese SĂ€ure wird auf folgende Art aus dem Opium 


2 Der 2a a 


Acidum thebolacticum, OpiummilchsĂ€ure. — Lactimid. 107 


gewonnen: Nach AusfÀllung aller Alkaloide aus den 


Morphiummutterlaugen mittelst eines Alkalis digerirt man 
die concentirte FlĂŒssigkeit mit BleiglĂ€tte, verdĂŒnnt 
und filtrirt. Das wiederum concentrirte Filtrat wird mit 
viel Weingeist vermischt, die weingeistige FlĂŒssigkeit 
&ltrirt und mit SchwefelsÀure versetzt, bis sich keine 
Basen mehr ausscheiden. Nach abermaligem Filtriren 
neutralisirt man mit Kalkmilch und destillirt den Spiritus 
ab. Der DestillationsrĂŒckstand wird zur Syrupsconsistenz 
gebracht; nach einigen Wochen scheidet sich das Kalk- 
salz der OpiummilchsÀure in krystallinischen Massen aus, 
die durch Umkrystallisiren und Behandlung mit Thier- 
kohle schneeweiss erhalten werden. Man scheidet daraus 
die SÀure mittelst SchwefelsÀure ab. 


Die OpiummilchsÀure findet sich im Opium eben so 
constant, wie dessen Alkaloide oder wie die MekonsÀure, 
auch in unverÀnderlicher Menge. (Man erhÀlt etwa 2 Proc. 
opiummilchsauren Kalk.) Sie ergÀnzt die MekonsÀure bei 
der Neutralisation der Basen. Ob sie mit der gewöhn- 
lichen MilchsÀure identisch oder gleich der Fleischmilch- 
sÀure nur eine isomere Modification derselben sei, ist noch 
zu ermitteln. (Pharmaceut. Journ. and Transact. Vol. VIT. 
No. II. p. 50 f.) Wp. 


Lactimid = C°W5N0?, 

Das von S. Preu dargestellte Lactimid entsteht aus 
dem Alanin, wenn ıman dasselbe einer Temperatur von 
180% bis 2000 aussetzt und trockenes SalzsĂ€uregas darĂŒber 
leitet, die braune rĂŒckstĂ€ndige amorphe Masse dann in 
Wasser löst, mit Bleioxydhydrat versetzt, die von dem 
basischen Chlorblei abfiltrirte Lösung durch Schwefel- 
wasserstoff entbleit und ‘das zur Trockene verdampfte 
Filtrat mit absolutem Alkohol behandelt. Beim Verdun- 
sten des Alkohols scheiden sich dann farblose Krystalle 
von Lactimid ab. 

Es bildet farblose und durchsichtige Krystallnadeln 
oder BlÀttchen, die bei 2750 C. schmelzen, sich unzersetzt 
sublimiren lassen und sich in Wasser und Alkohol leicht 
lösen. Die Lösungen schmecken bitter. Das Lac- 
timid scheint wesentlich-indifferenter Natur zu sein; seine 
Zusammensetzung entspricht der Formel C6H5NO2, es 
enthÀlt also 2HO weniger als das Alanin, wie aus fol- 
gender Gleichung hervorgeht: 


108 SuceinaminsÀure. 


C6H7NO? — 2HO — C6H>NO?2 
Alanin Laectimid. 
(Annal. d. Chem. u. Pharm. OXXXIV. 372— 375.) @. 


SueeinaminsÀure. 


Die Darstellung der SuccinaminsÀure aus Succinimid 
gelang R. Teuchert nach derselben Methode, nach wel- 
cher Heintz aus Diglycolimid die DiglycolaminsÀure 
erhalten hatte. 

Aequivalente Mengen Succinimid und Barythydrat 
wurden in nur wenig erwÀrmter Lösung zusammentiltrirt 
und dann unter der Luftpumpe ĂŒber SchwefelsĂ€ure ver- 
dunstet. Der rĂŒckstĂ€ndige vollkommen klare Syrup er- 
starrte beim Stehen an der Luft zu einer warzigen Kry- 
stallmasse, welche sich nicht ganz vollstÀndig in Wasser 
wieder löste, sondern eine geringe Menge weissen Pulvers 
zurĂŒckliess. Dieses letztere ward abfiltrirt und dem Pil- 
trate nach und nach Alkohol hinzugefĂŒgt, bis zuerst ein 
bleibender Niederschlag (bernsteinsaurer Baryt) entstand. 
Nachdem auch dieser Niederschlag durch Filtration ent- 
fernt war, wurde die FlĂŒssigkeit mit noch mehr Alkohol 
versetzt und nun 24 Stunden sich selbst ĂŒberlassen. Nach 
Verlauf dieser Zeit hatten sich am Boden und den WĂ€n- 
den des GefÀsses eine ansehnliche Menge von kleinen, 
concentrisch gruppirten Krystallnadeln abgeschieden, deren 
QuantitÀt durch erneuten Zusatz von Alkohol noch be- 
deutend vermehrt wurde. Die so erhaltene Krystallmasse 
war succinaminsaurer Baryt, CSH6BaNO6, weisse, seiden- 
glÀnzende Nadeln, in Alkohol und Aether unlöslich, in 
Wasser leicht löslich, bei 1000 bis 1300 unverÀnderlich, 
bei höherer Temperatur schmelzend und schliesslich unter 
Entwickelung von kohlensaurem Ammoniak in Wasser 
und brenzliche Stoffe sich zersetzend.. Die wÀsserige 
Lösung zerfÀllt beim Sieden in bernsteinsauren Baryt und 
Ammoniak. 

Aus diesem Salze die SuccinaminsÀure ganz rein dar- 
zustellen gelang nicht; es wurde aber nachgewiesen, dass 
dieselbe in freiem Zustande existiren kann und deutliche 
Krystalle bildet, die aber in der Lösung leicht Wasser 
aufnehmen und in saures bernsteinsaures Ammoniak ĂŒber- 
gehen. 

Die Salze der SuceinaminsÀure sind grösstentheils 
gut krystallisirbar, wenn es auch schwer hÀlt, schöne 
Krystalle zu erzielen, da man bei ihrer Darstellung Hitze 


Leueinimid. — Capryl- und Oenanthyl-Alkohol. 109 
vermeiden muss. Sie sind theils wasserfrei, theils wasser- 
haltig, mehr oder weniger löslich in Wasser und die 
Lösungen scheinen sich alle in der Siedehitze zu zer- 
setzen, wÀhrend sie im festen Zustande bis 1000C. und 
darĂŒber erhitzt werden können, ohne sich zu verĂ€ndern. 


(Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 136 — 165.) @. 


Leueinimid. 


Das Leucinimid, CI?H!INO2, von anderen Chemikern 
unter dem Namen LeucinsÀurenitril beschrieben, erhielt 
A. Kohler auf leichte Weise, indem er trockenes Leuein 
im Oelbade einer allmÀlig auf 2200 bis 2300 steigenden 
Hitze aussetzte und dann einen langsamen Strom trocke- 
nen SalzsĂ€uregases darĂŒber leitete. Der RĂŒckstand wurde 
in absolutem Alkohol aufgelöst und die ausgeschiedenen 
Krystalle wurden durch Umkrystallisiren aus Weingeist 
gereinigt. Das Leucinimid entsteht aus dem Leuein unter 
Austritt von 2HO nach der Gleichung: 

CE H13NO2 — CRHUNO? + 2HO. 
(Annal d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 367 — 972.) G@. 


Ueber Capryl- und Oenanthyl-Alkohol. 


Bouis erhielt bei der Destillation von Ricinusöl mit 
ĂŒberschĂŒssigem Alkali ein Product, das er bald fĂŒr 
Oenanthyl- bald fĂŒr Capryl-Alkohol ansah. SpĂ€tere Unter- 
suchĂŒngen ĂŒber denselben Gegenstand lieferten zwar ein 
bei 1780 siedendes Product, dessen Dampfdichtebestim- 
mung und Analyse jedoch verschiedene Resultate ergaben. 

Mit der Absicht, diese EigenthĂŒmlichkeit aufzuklĂ€ren 
und den fraglichen Alkohol darzustellen, verseifte T. Chap- 
mann Ricinusöl mit Soda, schied die Seife auf gewöhn- 
liche Weise ab und erhitzte sie mit ungefÀhr !/, ihres 
Gewichts kaustischer Soda, bis Alkoholgeruch bemerkbar 
wurde, in einer Retorte. Das Destillat bestand aus Wasser 
und einem öligen Producte, das mit einer concentrirten 
Lösung von zweifach Schwefelnatrium geschĂŒttelt und dann 
24 Stunden lang stehen gelassen wurde. 

Um das Feste von dem FlĂŒssigen zu trennen, wurde 
hierauf die Masse durch Filtrirzeug gedrĂŒckt und der 
ölige Theil der FlĂŒssigkeit getrennt, getrocknet und destil- 
lirt. Das Sieden begann unter 1000, der grösste Theil 
ging jedoch zwischen 1700 bis 180% ĂŒber, worauf das 


110 VerfÀlschung des Mandelöls und ihre Entdeckung. 


Thermometer langsam, ohne wieder constant zu werden, 
bis zum Siedepuncte des Quecksilbers stieg. 

‚Das zwischen 1780 und 1800 ĂŒbergehende Oel ergab 
bei der Analyse die Formel C16H1502. In der Meinung, 
die Substanz könnte noch mit einem Kohlenwasserstoffe 
von demselben Siedepuncte verunreinigt sein, suchte 
Chapmann mittelst Phosphor und Jod daraus das Jodid 
darzustellen. Er erhielt eine bei 2120 siedende Masse, 
die mit kaustischem Kali den Alkohol regenirte, der nun 
bei 1820 siedete. Aus diesem Producte stellte Chap- 
mann ferner mit Fhosphorpentachlorid Caprylchlorid dar, 
welches normal bei 1750 siedete, und verwandelte das- 
selbe ebenfalls wieder in Alkohol, der gleichfalls, wie der 
aus dem Jodid erhaltene, bei 1820 siedete. Bei der Ver- 
brennung ergab jedoch auch dieses Product, wenn gleich 
‚ einige Grade höher siedend, dieselben Werthe und folglich 
dieselbe Formel C16 H1502, mit der auch die ausgefĂŒhrten 
Dampfdichte- Bestimmungen in Uebereinstimmung stehen. 

Dass der erhaltene Körper wirklich Caprylalkohol 
sei, stellte Chapmann ferner noch dadurch fest, dass 
er daraus ein Bromid und mit dessen HĂŒlfe ein Amin 
darstellte, das sich als Tricaprylamin (C!6 H17)3N auswies. 

Um den synthetisch aus Petroleum dargestellten Capryl- 
alkohol mit dem aus Ricinusöl erhaltenen zu vergleichen, 
bereitete Chapmann aus dem zwischen 1150 und 1200 
siedenden Theil des canadischen Petroleums Caprylchlorid 
und stellte daraus den Alkohol dar. In allen Eigen- 
schaften zeigte derselbe sich dem Alkohol aus Ricinusöl 

gleich. 

RR. Die Zersetzung des Ricinusöles durch Kali ist indess 
nicht so einfach, wie man gewöhnlich annimmt. Es bil- 
den sich neben den beschriebenen Alkoholen noch mehre 
andere Körper und die Zusammensetzung des Destillates 
ist auch keineswegs immer dieselbe. So fand der Ver- 
fasser, dass bei einer Destillation des Oeles mit Alkali 
beinahe die sÀmmtlichen Producte mit Schwefelnatrium 
in Verbindung traten, mit dem sie, wie oben erwÀhnt, 
geschĂŒttelt wurden. (Journ. of the chem. Soc. — Chem. 
Centrbl. 1866. 7.) B. 


VerfÀlschung des Mandelöls und ihre Entdeckung. 
Im sĂŒdlichen Frankreich wird das Mandelöl vielfach 
mit dem aus Aprikosenkernen gepressten Oeles versetzt. 
Man erkennt diese VerfÀlschung nach Nickles daran, 


ENGEN AT, 8 


F 


#r Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls. 1134 


dass sich das Aprikosenkernöl mit pulvrigem Kalkhydrat 
salbenartig verdickt, echtes Mandelöl aber nicht. Man 
schĂŒttelt etwa 12 Gramme des zu prĂŒfenden Oels mit 11), 
Grammen Kalkhydrat, erhitzt im Wasserbade und filtrirt 
noch heiss durch einen Wasserbadtrichter. Beim Erkal- 
ten in Wasser oder Eis wird verfÀlschtes Oel weiss und 
undurchsichtig, echtes bleibt klar. Es lÀsst sich so noch 
1 Proc. Aprikosenkernöl nachweisen. (Pharm. Journ. and 


Transact. Juli 1866. 6. Ser. Vol. VIII. No. I.p.23.) Wp. 


PrĂŒfung des Mandelöls. 


Die Eigenschaft, mit Kalkhydrat eine feste salben- 
artige Masse zu bilden, besitzen neben dem Aprikosen- 
kernöle auch das Hanf- und Mohnöl, das Nuss-, Lein- 
samen- und Erdnussöl; das Baumwollensamenöl giebt 
nur sehr wenig der festen Masse, ist aber leicht an an- 
deren Reactionen zu erkennen. 

Das Kalkhydrat geht mit dem reinen Mandelöl keine 
Verbindung ein und ebenfalls werden reines Oliven- und 
Colzaöl von demselben nicht verÀndert. Diese beiden 
Oele sind schon durch den Geschmack vom reinen Mandelöl 

zu unterscheiden und lassen sich durch zweckmÀssige 

Reagentien leicht erkennen. Jedenfalls ist diese leicht 

ausgefĂŒhrte Untersuchung eines fraglichen Mandelöls auf 

die fast immer statt findende Vermischung mit Aprikosen- 

kernöl nach der hier angegebenen Methode nicht un- 

wichtig. (Bull. de la soc. ind. — Hamburg. Gewerbebl. 1866.) 
B. 


Chemische Kennzeichen des Baumwollsamenöls. 


In grösseren Massen erscheint dieses Oel röthlich, in 
kleineren Mengen weniger dunkel, schmutzig-gelb. Es 
ist ohne Geruch und Geschmack. Werden einige Tropfen 
desselben in einem Reagensglase mit Chlorzinklösung 
ĂŒbergossen, so fĂ€rbt es sich dunkelbraun, RĂŒböl dagegen 
nur goldgelb, Olivenöl grĂŒn. Englische SchwefelsĂ€ure 
fĂ€rbt das Oel sofort dunkelrothbraun, RĂŒböl dagegen wird 
grĂŒn, Olivenöl schwach orangegelb. Zinnchlorid verĂ€n- 
dert das Oel in eine dicke durchsichtige Masse von orange- 
rother Farbe; RĂŒböl wird auch hier grĂŒn, Olivenöl grĂŒn- 
lich- blau, beide verdicken sich nicht. PhosphorsÀure 
fĂ€rbt Baumwollsamenöl unter Aufbrausen goldgelb, RĂŒböl 
wird dadurch weisslich, Olivenöl blĂ€ulich-grĂŒn. Durch 


112 Sonnenblumenöl. — BromerucasĂ€ure. 


diese angefĂŒhrten Reagentien ist es leicht zu ermitteln, 
ob man reines Baumwollsamenöl oder ein mit diesem Oel 
verfĂ€lschtes RĂŒb- oder Olivenöl vor sich hat. (Hamburg. 
Gewerbebl. 1866.) 


Sonnenblumenöl. 


FĂŒr die Russische Landwirthschaft ist das Sonnen- 
blumenöl in den letzten Jahren zu rasch steigender 
Bedeutung gekommen. Die Production des letzten Jahres 
wird auf ĂŒber 100,000 Ctr. geschĂ€tzt, welche einen Werth 
von gegen 1!/, Mill. R. reprÀsentiren. Von diesem Quan- 
tum wurde der dritte Theil ĂŒber Petersburg nach Stettin 
exportirt und ging bei der schlechten RĂŒbsenernte hier 
zu steigenden Preisen rasch in den Consum. Der Anbau 
der Sonnenblumen, welche frĂŒher von den Bauern nur 
an den GrabenrÀndern angepflanzt wurden, gewinnt immer 
grössere Ausdehnung. Die Stengel werden dort zu Pott- 
asche verbrannt und der Export dieses Artikels hat in 
Folge davon ebenfalls zugenommen. Auch bei uns wĂŒrde, 
bei dem sehr riscanten Ertrage der hier gebauten Oel- 
frĂŒchte, der Anbau der Sonnenblumen wohl die Beach- 
tung der Landwirthe verdienen. Die Pflanze wÀchst hier 
wild und wird also gewiss das Klima ihrem Gedeihen 
als Culturpflanze kein Hinderniss bereiten. Das Oel ist 
als Speiseöl zu verwerthen und wird höher als. RĂŒböl 
bezahlt. Zu einem Versuchsanbau ist jedoch der Bezug 
von Samen aus Russland zu empfehlen, wo durch die 
langjÀhrige Cultur die Pflanze zu einer grössern Ent- 
wickelung gelangt ist, als die bei uns wild wachsende. 
Von einer Verwerthung der Stengel zu Pottasche wĂŒrden 
unsere Landwirthe aber wohl absehen, um dem Boden 
nicht die DĂŒngstoffe zu entziehen, welche ihm durch den 
Anbau der Pflanze genommen werden. (Bl. fĂŒr Handel 
und Gewerbe.) 


BromerneasÀure. 


Nach R. Otto verbindet sich Brom direet mit Eruca- 
sÀure ohne Entwickelung von Bromwasserstoff zu der ein- 
basischen BromerucasÀure, C44H4204Br2, welche in klei- 
nen warzenförmigen Krystallen erhalten wird, sich leicht 
in Alkohol und Aether löst und einen Schmelzpunct von 
420— 430 besitzt. Das Barytsalz ist ein weisser, an 
der Luft bald schmierig werdender Niederschlag, das 
Bieioxydsalz ist krystallisirbar. 


at 4% A 
u 


Ueber die LeinölsÀure. 113 


Die ErucasÀure gleicht hiernach in ihrem Verhalten 
gegen Brom völlig der ElaidinsÀure und AngelicasÀure, 
welche sich beide ebenfalls mit 2 Aeq. Brom direct ver- 
einigen, wÀhrend die mit ersterer isomere OelsÀure ein 
Substitutionsproduct giebt. Hinsichtlich ihres Verhaltens 
gegen schmelzendes Kalihydrat findet jedoch eine Ab- 
weichung statt, denn unter den Zersetzungsproducten 
konnten ArachinsÀure und EssigsÀure nicht nachgewiesen 
werden. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXV. 226— 229.) 

@. 


Ueber die LeinölsÀure. 


Es war Otto SĂŒssenguth gelungen, ein Zinksalz 
der LeinölsÀure darzustellen, das aus kochendem absoluten 
Alkohol vollstÀndig in warzenförmig gruppirten Nadeln 
herauskrystallisirte und sich nicht verÀnderte. Da jedoch 
die Analyse desselben mit den frĂŒheren Resultaten Sace’s, 
SchĂŒler’s und Oudemann’s nicht ĂŒbereinstimmte, so 
schied SĂŒssenguth die SĂ€ure daraus ab, um durch 
weitere Versuche und besonders durch die Einwirkung 
des Broms zu bestimmten Resultaten zu gelangen. LĂ€sst 
man in die SĂ€ure unter AbkĂŒhlung Brom eintropfen, so 
tritt heftige Bromwasserstoff-Entwickelung ein und die 
Masse wird fest. 

In kaltem Alkohol ist bloss ein Theil davon löslich, 
der beim Verdampfen oder Zusatz von Wasser, als schweres 
röthlich-gelbes Oel erhalten wird. Der unlösliche Theil 
löst sich erst beim Kochen und scheidet sich beim Erkal- 
ten in glÀnzenden krystallinischen BlÀttchen aus, sobald 
die Lösung verdĂŒnnt; ist sie jedoch concentrirt, oder 
setzt man Wasser zu, so bilden sich weisse Flocken 
desselben Körpers. Die Entstehung der öligen Sub- 
stanz scheint von der Reinheit der OelsÀure abzuhÀn- 
gen, je weisser und leichtflĂŒssiger diese war, desto 
weniger bildete sich von dem Oele. Eine Analyse des- 
selben wurde nicht angestellt, da es nicht rein zu erhal- 
ten war, dagegen fĂŒhrte die Analyse des krystallinischen 
Körpers zu der Formel U32H2#Br?08. BerĂŒcksichtigt 
man, dass die Formel des Zinksalzes der LeinölsÀure 
wahrscheinlich ZnO, C32H2503 ist, woraus die Formel der 
SĂ€ure selbst C3?H2604 folgt, so dĂŒrfte anzunehmen sein, 
dass bei Einwirkung von Brom 4 At. Wasserstoff durch 
A At. Brom substituirt werden und mit 4 HO die feste 
krystallinische Verbindung bilden. Weitere Mittheilun- 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hit. s 8 


114 RothfÀrben der Fette und Oele. 


gen ĂŒber Salze und Umsetzungen der LeinölsĂ€ure stellt 
Otto SĂŒssenguth in Aussicht. (Zeitschr. fĂŒr Chemie. 
N. Folge 1. 18.) B. 


Bereitung eines vorzĂŒglichen Leinölfirnisses. 


WohlgeklĂ€rtes abgesetztes Leinöl, welches nicht trĂŒbe 
und dunkelbraun aus der Presse gewonnen, wird in 
einem nicht zu flachen, sauberen Kupferkessel nur vom 
Boden aus mÀssig und langsam erhitzt, bis es nach Auf- 
hören der wÀsserigen Verdampfung anfÀngt, Oelgase zu 
entwickeln, die mit dem zugleich resultirenden Brenz- 
Àtheröl als hellwolkig aufsteigender Dampf, den Zeitpunct 
bezeichnen, wo der Kessel vom Feuer entfernt werden 
muss. Sogleich werden 4 Proc. wohl getrocknete und ge- 
riebene oder gesiebte prÀparirte BleiglÀtte unter schnellem 
UmrĂŒhren eingetragen und mit einem breiten vorher auch 
wohl ausgetrockneten Holzspatel immer recht vom Boden 
auf anhaltend langsam gerĂŒhrt, bis im Kleinen etwa noch 
400R. WÀrmestand sind, oder im Grossen, dass höchstens 
nach 5/,stĂŒndigem RĂŒhren diese Temperatur eingetreten 
ist. Dann lĂ€sst man denselben ablagern und fĂŒllt ihn in 
gut verschliessbare GefÀsse. 

Der solcher Art bereitete Firniss dunkelt zwar nicht 
nach, aber fĂŒr hellzarte Farbe, wenn Lackmischung nicht 
angebracht, ist es erwĂŒnscht, einen helleren Oelfirniss 
aus Mohn- oder Wallnussöl zu haben; dieser darf aber 
nicht in KupfergefÀssen bereitet werden, sondern man 
muss die Arbeit auf dem Sandbade in SteingutgefÀssen 
ausfĂŒhren. (Hamb. Gewerbebl. 1866.) 


RothfÀrben der Fette und Oele. 

Hirzel empfiehlt zum RothfÀrben der Fette und 
Oele, welches man bis dahin durch Digestion derselben 
mit Alkannawurzel ausfĂŒhrte, die Anwendung eines Al- 
kanna-Extrats als ganz vorzĂŒglich. Die zerkleinerte 
‚Wurzel wird zu dem Ende mit sog. gereinigtem Petroleum- 
Ă€ther ĂŒbergossen, welcher den Farbstoff sehr schnell auf- 
nimmt und sich durch die Destillation im Wasserbade 
und gelindes Austrocknen vollstÀndig entfernen lÀsst. Es 
bleibt ein sehr dunkles, geruchloses, weiches Extract von 
grossem FÀrbevermögen, mit welchem man die verschie- 
densten Stoffe sehr schön roth fÀrben kann. Solches Al- 
kannawurzel-Extract ist aus der chemischen Fabrik von 
Hirzel und Gerhard zu Leipzig zu beziehen. (Polyt. 
Notizbl. 1866. 10.) B. 


Ce 
x 


w Classification der GerĂŒche der Pflanzen. 115 


Darstellung von Urmacheröl. 


Man verwendet hierzu das beste Olivenöl von der 
ersten Pressung vollkommen gereifter Oliven, nachdem 
dasselbe gut abgelagert ist und setzt dasselbe einer Tem- 
peratur von einigen Graden unter dem Gefrierpunct aus, 
wodurch sich die schleimigen Theile und sonstigen fremd- 
artigen Stoffe abscheiden. Das klar gebliebene flĂŒssige 
Oel giesst man vorsichtig ab und filtrirt durch einen 
Becher von Lindenholz oder Hollundermark. So erhÀlt 
man ein Oel, welches mehre Jahre flĂŒssig bleibt und die 
Zapfen der RĂ€der nicht angreift. 

Ein anderes Verfahren, das Olivenöl fĂŒr die Uhr- 
macherei zu reinigen, besteht darin, dass man das Oel 
in eine weisse Glasflasche giesst, ein StĂŒck Blei so hinein- 
legt, dass es daraus hervorragt, und dann das Oel der 

inwirkung der Sonnenstrahlen aussetzt. Dieses Oel ist 
aber nicht ganz so sÀurefrei, wie das nach oben beschrie- 
bener Methode dargestellte. 

Eine aus Amerika in den Handel gelangende Sorte 
Uhrmacheröl, angeblich aus Fischöl, hÀlt sich nicht lÀnger 
als ein Jahr, was seine Anwendung sehr beeintrÀchtigt. 
(Dingl. polyt. Journ. Bd. 178.) 


Classifieation der GerĂŒche der Pflanzen. 


Eduard Ritter von Josch in Graz‘ (Oestereich. 
bot. Zeitschr.) schlĂ€gt vor, folgende GrundgerĂŒche an- 
zunehmen: 

1) Rosengeruch, z.B. bei Rosa canina u.a. Rosa- 
Arten, Rhodiola rosea (der Wurzel), Spartium junceum etc. 

2) Nelkengeruch, Beispiele: Dianthus-Arten, Mono- 
tropa Hypopitys, Orobanche cruenta u. a. Orobanchen, - 
Convoivulus arvensis, Cyclamen europaeum, Daphne Me- 
zereum, D. Cneorum, Gymnadenia odoratissima, Platan- 
thera bifolia, Nigritella suaveolens. 

3) Veilchengeruch: Viola odorata und Viola suavis, 
Matthiola varia, Cheiranthus Cheiri, Hesperis matronalis, 
Erysimum Cheiranthus, Myosotis alpina *). 

4) Resedageruch: Reseda odorata, Tilia grandi- 
folia und parvifolia, Vitis vinifera, Lychnis vespertina, 
Scabiosa suaveolens. 


*) auch Rad. Ireos = Veilchenwurzel u. a. 
g* 


116 Classification der GerĂŒche der Pflanzen. 


5) Melilotengeruch*): Melilotus alba, offhicinalis 
und coerulea, Asperula odorata, Anthoxanthum odoratum, 
Trigonella Foenum graecum, monspeliaca und corniculata. 

6) Myrtengeruch: Myrtus communis, Philadelphus 
coronarius, Lonicera Caprifolium, Jasminum officinale, 
Elaeagnus angustifolia, Narcissus poeticus, Convallaria 
majalis und Hemerocallis flava. 

7) Baldriangeruch: Valeriana- Arten, z.B. Val. 
celtica, saxatilis; Geranium macrorhizon, Prunus Padus, 
Sambucus nigra, Ligustrum vulgare, Fraxinus ÖOrnus, 
Asarum europaeum, Humulus Lupulus. 

8) Primel- (oder Aurikel-) geruch: Arten von 
Primula, Berberis vulgaris, Muscari racemosum, Trollius 
europaeus, mehre Arten von Verbascum. 

9)Grasgeruch **): Senecio nemorensis var. odorata, 
Hierochloa australis, Anthoxanthum odoratum, Asperula. 

10) Camphergeruch: Ruta graveolens, Dictamnu% 
fraxinella, Artemisia Absynthium, A. camphorata, A. Dra- 
eunculus, Tanacetum vulgare, Tanacetum balsamita, La- 
vandula vera, Rosmarinus offieinalis, Melissa officinalis, 
Hyssopus officinalis, Origanum Majorana, Laurus nobilis, 
Acorus Calamus, Foenieulum ofticinale, Anethum gra- 
veolens. Aebnlich dem Uampher, doch mehr Àtherisch, 
duften Cistus wonspessulanus, Anthemis nobilis, Matri- 
caria Chamomilla, Hieracium albidum, Rhododendron fer- 
rugineum, Rh. hirsutum (die BlÀtter), Ocymum Basilicum, 
viele Arten von Mentha, Salvia, Thymus, Satureja, Cala- 
mintha, Nepeta und Teucrium, Cortusa Matthioli ***). 

11) Knoblauchgeruch: Sehr viele Allium-Arten, 
von Erysimum Alliaria mancher Pilze. 

12) Moschusgeruch: Adoxa moschatellina, : Achil- 
lea moschata, Erodium moschatum, Jurinea mollis. 

13) Bocksgeruch: Ononis hircina, Ribes nigrum 7), 
“Opium graveolens, Petroselinum sativum, Orlaya grandi- 
flora, Coriandrum sativum, Cannabis sativa. 

14) Uebelriechend ĂŒberhaupt: Thalictrum foeti- 
dum, Helleborus foetidus, Lepidium ruderale, Geranium 


*) Steinklee-, Waldmeister-, Tonkabohnen-, Heu-, Cumarin- 
geruch. (Ludwig.) 
**) fÀllt theilweise mit Heugeruch zusammen. (L.) 

*##) Hier können noch manche Unterabtheilungen gemacht werden, 
so namentlich der erfrischende, kĂŒhlende Labiatengeruch 
der Mentha-Arten, der heisse Labiatengeruch des Lavendels, 
der erfrischende Dillgeruch, der bitterliche Geruch von 
Artemisia, der sĂŒsse Umbelliferengeruch des Fenchels. (H. L.) 

7) Wanzenbeere, also auch Wanzengeruch. 


TE u I a A te 
7° sr. N 


Ausbeute an Àtherischen Oelen. 117 


robertianum, Aposeris foetida, Conium maculatum, Hyos- 
cyamus niger, Datura Stramoniunf, Scrophularia nodosa 
und canina, Chenopodium vulvaria*), Buxus sempervirens, 
Orchis coriophora etc. (Frauendorfer BlÀtter vom 16. April 
1866.) H. Ludwig. 


Ausbeute an Àtherischen Oelen. 


H. Zeise in Altona giebt in Nachstehendem einen 
Bericht ĂŒber die Ausbeute an Ă€therischem Oel, welche 
er durch Destillation verschiedener Droguen, aus 100 
Pfurden derselben erhalten hat. 


Pfd. Unz. 
Absynthii herba recens (Absynthium officinale) — 2 
Amomi semen (Myrtus Pimenta)............. 2 10 
bis 3 
Amygdalae amar. (Amygdalus communis)..... 12-14 
Anrisi, semen (Pimpinella Anisum)............ 2. — 
Anısi stellati, sem. (Illieium anisatum)........ 4 5-15 
Cardamom. minus (Alpinia Cardamomum)..... 2 3 
Caryı, semen (Carum Carvi)..........2%.... Se 
auch 4 8 
Beivaphylli de- Bourbon... ...:%..:2222> 13 — 
„ Zanzibar (Caryoph. aromaticus) 16 — 
Cascarillae, cortex (Croton Eluteria).......... — 10-14 
Chamomill. roman., flor. sicc. (Anthemis nobilis) — 61, 
2a wule. for. sice. (Matricaria Chamomilla) — 1 
bis 33, 
Cedri eitrini, lignum (Pinus Cedrus)......... Tas 
bis 2 2 
Emmamom. acut..Ceyl. cort.... 2.2... — 7 
bis 1 11!/, 
Cinnamom. acut. de Java, cortex............ ı 31, 
Copaivae, bals. (Copaifera offieinalis)......... 58 — 
bis 67 
Brbebaes (Piper. Cubeba)::.. . 22.2.0... Hl — 
bis 121), 
Cupressi, lignum (Cupressus thyoides)........ 3926 
Beni semen..s ee al, — 
bis 33], 
Ben baceae: a. ee — 12-14 
Bunisebacene:s. 2er. een — 111, 
bis 13 
Macis (Myristica möschata).................. 7 — 


*) HĂ€ringslakengeruch, Trimethylamingeruch. (L.) 


118 Zusammensetzung des Àtherischen Oels der Lorbeeren. 


Pfd. Unz 
Menth. :pip. 'berb. :Biee..............:% ui. oe — 111), 
Bupes mosechatae.... 2.2.20. 2 20200 200 32 dl 
Piperis, baccae, de Batavia (Piper nigr.)...... DENE 
@abinaesherba Sice..... 2.22... ee 23), — 
Santalınalb. Ligen... 7722.22... 22 ee 11, — 
bis 234 
ensatrag Bien... ...... 480 ae. re — 12 
apa, sem. holland... .... .... 20.2... Pa — 7-11 
: ri MAC. -.... 2 Rn — 7-10 
Kimsiberis, rad. de Bengal... ........ ve 1. 
(N. Jahrb. f. Pharmacie. Bd. 25. 2.) B. 


Wirkung Àtherischer Oele auf Fuchsin 


Nach H. Zeise in Altona lösen folgende von ihm selbst 
frischbereitete Àtherische Oele Fuchsin auf: Ol. amygd. 
amarar., Ol. caryophyll., Ol. flor. Cassiae, Ol. Cinnamom. 
acuti, Ol. Coriandri, Ol. Pimenti, Ol. ligni Santali albi und 
Ol. Sinapis aether. Schwach lösend wirken: Ol. menth. 
erisp. et pip. Sehr schwach lösend: Ol. nuc. moschat. 
Gar nicht lösend: Ol.nuc. moschat. aus Myristic. tomen- 
tosa, Ol. Maeidis, Oascarill., Bals. copaiv., Cubebar., Ligni 
sassafras, Piperis zingiber. (N.Jahrb. fĂŒr Pharm. Febr. 
1867.) H. Ludwig. 


Zusammensetzung des Àtherischen Gels der Lorbeeren. 


Das von C. Blas untersuchte Àtherische Oel von 
Laurus nobilis hatte eine grĂŒnlich-gelbe Farbe, war etwas 
dicklich, besass einen an Lorbeeren und Terpenthinöl 
erinnernden Geruch, reagirte schwach sauer und zeigte 
bei 150 das spec. Gew. 0,932. 

Bei der Destillation des Oels stieg der Siedepunct 
langsam von 170° auf 2500; die HÀlfte des Oels ging 
unter 2000 ĂŒber. Aus diesem Antheil wurde durch frac- 
tionirte Destillation und Rectification ein Kohlenwasser- 
stoff von der Zusammensetzung des Terpenthinöls C20H16 
abgeschieden, dessen constanter Siedepunct 1640, dessen 
spec. Gew. 0,908 und dessen Molecular-Rotationsvermögen 
bei 16 = — 23,35 war. 

Der höher siedende Theil des rohen Oels wurde 
durch verdĂŒnnte Kalilauge in ein obenauf schwimmendes 
gelbes Oel und eine trĂŒbe wĂ€sserige Lösung getrennt. 
Aus jenem konnte durch fractionirte Destillation ein was- 
serhelles neutrales, bei 2500 siedendes Oel (spec. Gew. 


Rn 


Aetherisches Oel der BlĂŒthen von Citrus decumana. 119 


0,925 und linksseitiges Rotationsvermögen — 7,225 bei 
15°) abgeschieden werden. Die Elementarzusammensetzung 
desselben ist der des vorigen Kohlenwasserstoffes gleich, 
das Moleculargewicht scheint aber wegen des höheren 
Siedepuncts durch die Formel 030H?4 ausgedrĂŒckt wer- 
den zu mĂŒssen. 

In der von dem obenauf schwimmenden Oele befrei- 
ten alkalischen Lösung wurde eine SÀure abgeschieden, 
welche die Zusammensetzung der LaurinsÀure C23H2404 
zeigte. NelkensÀure, welche Gladstone im Lorbeeröl 
gefunden hatte, konnte von Blas nicht nachgewiesen 
werden. (Annal. d. Chem. u. Pharm. OXXAXIV. I—7.) @. 


OrangenblĂŒth- und OrangenblĂ€tter - Wasser. 


Nach Gobley wird das OrangenblĂŒthwasser öfters 
mit dem ĂŒber OrangenblĂ€tter abgezogenen, weniger an- 
genehm riechenden verfÀscht. Man kann jenes von die- 
sem daran unterscheiden, dass es sich mit einer Mischung 
von 20 Th. SalpetersÀure, 10 Th. SchwefelsÀure und 30 Th. 
Wasser im VerhÀltniss von 1:5 versetzt je nach der 
StÀrke des Wassers mehr oder weniger tief rosenroth 
fÀrbt; mit dem BlÀtterwasser tritt diese Reaction nicht 
ein. Leider zeigt sie sich auch nicht bei einer Mischung 
der beiden WÀsser, ja selbst nicht bei Àlterem, lÀnger 
aufbewahrt gebliebenem echten oder mit Neroliöl berei- 
tetem OrangenblĂŒthwasser. (Pharm. Journ. and Transact. 


Aug. 1866. II. Ser. Vol. VIII. No. 2. ». 78.) Wp. 


Aetherisches Oel der BlĂŒthen von Citrus deeumana. 
De Vry hat durch Destillation der BlĂŒthen von 


Citus decumana, welche. auf Java sehr reichlich wÀchst, 
ein Oel erhalten, das mit dem bekannten Neroliöl völlig 
identisch sein soll. Dabei hat er die interessante Ent- 
deekung gemacht, dass die in der Blase zurĂŒckbleibende 
FlĂŒssigkeit nach dem Coliren und Erkalten eine grosse 
Menge des sogenannten Hesperidins in Krystallen absetzt. 
(Pharmaceut. Journ and Transact. II. Ser. Vol. VIT. No. 9. 
March 1866, p. 477.) Wn». 


Ueber die Löslichkeit des Camphers in Wasser. 


Die Vorschrift der Vereinigte Staaten - Pharmakopöe 
zur Aqua Camphorae lautet: 


120 Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen. 


Campher, „Re ass 120 Gran 
Alkohol,..“... DE 40 Tropfen 
Kohlensaure Magnesia 1/, Unze 
Destillirtes Wasser... 2 Pinten. 


Der Campher wird zuerst mit dem Alkohol fein ge- 
rieben, dann die Magnesia, hierauf allmÀlig das Wasser 
zugesetzt und schliesslich das Ganze durch Papier filtrirt. 

Alle BĂŒcher geben ĂŒbereinstimmend an, dass der Cam- 
pher in 1000 Th. kalten Wassers löslich sei. Storer sagt 
in seinem „Handwörterbuche ĂŒber die Löslichkeit der 
chemischen Substanzen“, aus einem innigen Gemenge von 
Campher und kohlensaurer Magnesia löst Wasser angeb- 
lich dreimal mehr Campher auf, als von Campher allein. 

H. Markoe (Amer. Journ. of Pharm.) suchte nun die 
aufgelöste Menge Campher dadurch zu bestimmen, dass 
er den ungelöst gebliebenen, mit der kohlensauren Mag- 
nesia vermehrten Antheil desselben ermittelte, indem er 
das auf dem Filter zurĂŒckgebliebene Gemenge von kohlen- 
saurer Magnesia und Campher in ein Becherglas brachte 
und mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure in Ueberschuss be- 
handelte, wodurch die Magnesia in Lösung ging und der 
Campher sich auf der OberflÀche sammelte. Auf diese 
Weise ermittelte Markoe, dass 1 Unze Aq. Camphorae 
2 Gran Campher auflöse, oder in 240 Th. desselben 1 Th. 
Campher aufgelöst sei. ( Wittst. Vierteljahrsschr. Bd. 15. 2.) 

B. 


Erhaltung des Aromas der gerösteten Kaffeebohnen. 


Die gerösteten Kaffeebohnen verlieren mit jedem 
Tage der Aufbewahrung von ihrem aromatischen Geruche 
in Folge der Einwirkung der Luft. J.v. Liebig macht nun 
neuerdings darauf aufinerksam, dass man diese nachthei- 
lige VerĂ€nderung dadurch verhĂŒten könne, wenn man 
nach beendeter Röstung, ehe noch die Bohnen aus dem 
noch sehr heissen RöstgefĂ€sse geschĂŒttet werden, diesel- 
ben mit gestossenem Zucker bestreue. Auf 1 Pfd. Kaffee- 
bohnen genĂŒge 1 Loth Zucker. Der Zucker schmilzt 
sogleich und durch starkes UmschĂŒtteln verbreitet.er sich 
auf alle Bohnen und ĂŒberzieht sie mit einer dĂŒnnen, aber 
fĂŒr die Luft undurchdringlichen Schicht von Caramel; 
sie sehen dann glĂ€nzend aus, wie mit einem Firniss ĂŒber- 
zogen und verlieren hierdurch beinahe ganz ihren Geruch, 
der natĂŒrlich beim Mahlen wieder aufs stĂ€rkste zum Vor- 
schein kommt. (Deutsche Ind.-Ztg. 1866.) B. 


BErasin, ein Ersatzmittel fĂŒr Benzin. 121 


Das Àtherische Oel von Erigeron canadensis 


empfiehlt Moormann als vortreffliches Mittel gegen 
HÀmorrhagie, Diarrhöe und Dysenterie. Man giebt es 
in Dosen von 5—10 Tropfen alle drei Stunden, doch kann 
man auch grössere Dosen ohne Nachtheil anwenden. Bei 
Ruhr ist es gerathen, vorher eine Dosis Rieinusöl nehmen 
zu lassen. (Pharmaceui. Journ. and Transact. 11. Ser. 


Vol. VII. No. VIII. Febr. 1866. p. 425.) Wp. 


FlĂŒchtige SchĂ€rfe von Coronilla varia. 


Czumpelik giebt als wesentlichen Bestandtheil der- 
selben einen nach Senföl riechenden, die Augen und Nase 
reizenden Körper an, ĂŒber dessen Natur und Eigenschaf- 
ten er spÀter berichten wird. (Chem. Centrbl. 1866.2.) B. 


Erasin, ein Ersatzmittel fĂŒr Benzin. 


In Californien hat man jetzt BĂ€ume von einer neuen 
Species der Kiefer entdeckt, die anstatt des gewöhnlichen 
Terpenthinöls durch Destillation eine Ă€therisch-ölige FlĂŒs- 
sigkeit geben, welche den Wohlgeruch der Citronen 
besitzt und frei von aller theerigen Substanz ist. Das spe- 
eifische Gewicht der FlĂŒssigkeit sei 0,6; sie löse alle 
animalischen und vegetabilischen Oele und hinterlasse 
beim Verdunsten auf weissem Papier keine Flecken, noch 
wirke sie auf die in der FĂ€rberei benutzten Farben und 
sei daher ein ausgezeichnetes Ersatzmittel fĂŒr Benzin, 
auch sei sie billiger als Benzin. Sie verdampfe schnell 
und brenne gut und sei ausgiebiger als alles Kohlen- 
theeröl. (Polyt. Centrbl.) B. 


Aethyl- Phenyl. 

Der schon frĂŒher von R. Fittig dargestellte und 
beschriebene Kohlenwasserstoff Aethyl-Phenyl C16H10 — 
C:H5, C12H5 hat dieselbe Zusammensetzung wie das Xylol, 
ist aber nicht mit demselben identisch. 

Das Aethyl-Phenyl liefert bei der Oxydation mit 
chromsaurem Kali und SchwefelsÀure BenzoösÀure, wÀh- 
rend Xylol unter gleichen UmstÀnden TerephtalsÀure giebt. 
Ferner verbindet sich das Aethyl-Phenyl mit Brom zu 
einem Körper, dem MonobromÀthylphenyl, welcher ein 
schweres, farbloses, wasserklares Liquidum darstellt. End- 
lich erhÀlt man beim Behandeln des Aethyl-Phenyls mit 
rauchender SalpetersĂ€ure nur flĂŒssige Verbindungen, wĂ€h- 


122 Eydrazoanilin. 


rend aus Xylol unter gleichen VerhÀltnissen die gut kry- 
stallisirenden Körper, das Dinitroxylol und Trinitroxylol, 
entstehen. Das DinitroÀthylphenyl bildet ein hellgelbes, 
völlig durchsichtiges, nicht unzersetzt flĂŒchtiges Oel; die 
Trinitroverbindung des Aethyl-Phenyls besteht aus einem 
dem vorigen Ă€hnlichen, aber noch dickflĂŒssigeren Oele. 
(Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXII. 222—230) &@. 


Unterscheidung der CarbolsÀure (PhenylsÀure) von 
Steinkohlentheeröl. 


BetrĂŒgerischer Weise wird statt der CarbolsĂ€ure, die 
jetzt in England als Desinfeetionsmittel viel Anwendung 
findet, nicht selten Steinkohlentheeröl verkauft. Nach 
W. Crookes dient als Unterscheidungsmittel der kÀuf- 
lichen CarbolsÀure vom Steinkohlentheeröle ihre Eigen- 
schaft, sich in 25 bis 70 Th. Wasser oder ihrem zwei- 
fachen Volumen Natronlauge zu lösen, wÀhrend Stein- 
kohlentheeröl darin unlöslich ist. Man braucht also nur 
einen Theelöffel voll CarbolsÀure in eine Flasche zu brin- 
gen, 1/, Liter warmes Wasser zuzugiessen und die Flasche 
Il, Stunde lang von Zeit zu Zeit zu schĂŒtteln, worauf 
der ĂŒbrige RĂŒckstand die Verunreinigung anzeigen wird; 
oder man schĂŒttelt 5 Th. CarbolsĂ€ure mit einer Lösung 
von 1 Th. Aetznatron in 10 Th. warmen Wassers und 
sieht wieder zu, ob und wie viel RĂŒckstand bleibt. (Zolyt. 
Notizbl. 1866. 11.) 


Hydrazoanilin 


stellte A. Haarhaus aus dem Nitranilin durch 
Reduction mittelst Natriumamalgam dar. Eine alkoholische 
Lösung von Nitranilin wurde nach und nach mit Natrium- 
amalgam versetzt, die entstandene gelbbraune FĂ€llung 
abfiltrirt und zu dem Fitrate Wasser hinzugefĂŒgt. Der 
gebildete Niederschlag gab beim Umkrystallisiren aus 
Alkohol lange, goldgelbe, gut krystallisirte Nadeln, welche 
Hydrazoanilin, C?4 H1!ANÂź, sind. 

Das Hydrazoanilin ist eine ziemlich starke Base, 
schmilzt etwas ĂŒber 1400 und sublimirt zum grössten 
Theil unzersetzt bei höherer Temperatur; es ist schwer 
löslich in Wasser, dagegen leicht löslich in Alkohol und 
Aether und giebt mit SĂ€uren krystallisirbare Salze. (Annal. 
d. Chem. u. Pharm. CXXXV. 162 — 167.) 


0 € - 2 E 
x: > 


Physiolog. u. therapeut. Wirkungen der PikrinsÀure. 123 


Die physiologischen und therapeutischen Wir- 
kungen der PikrinsÀure. 


Von Prof. Dr. Friedrich veranlasst, hat Dr. W.Erb, 
Assistent an der medicinischen Klinik zu Heidelberg, 
eine Reihe von Versuchen ĂŒber die physiologischen und 
therapeutischen Wirkungen der PikrinsÀure angestellt und 
deren Beschreibung zum Gegenstande seiner Inaugural- 
Dissertation gemacht. 

Die PikrinsÀure, von Hausmann im Jahre 1788 
entdeckt, wurde schon öfter zu Heilzwecken anzuwenden 
versucht. Sie wurde zuerst von Bell in Manchester 
gegen Wechselfieber angewendet und fĂŒr ein gutes Surrogat 
der ChinaprÀparate gehalten. SpÀter wurde sie und ihre 
Salze von Molfat bei Üephalalgie, Wechselfieber und 
chronischen Diarrhöen, von Braconnot und Calvert, 
eben so von Seitz in MĂŒnchen gegen Wechselieber an- 
gewendet. 

Die SchlusssÀtze, zu deren Aufstellung sich Erb 
am Ende seiner Arbeit berechtigt glaubt, sind folgende: 

1) Die PikrinsÀure, in Verbindung mit Kali oder 
Natron dargereicht, wird in das Blut aufgenommen, imbibirt 
fast alle Gewebe des thierischen Organismus und wird 
grösstentheils durch den Harn wieder ausgeschieden. 


2) Die Aufnahme grösserer Dosen eines pikrinsauren 
Alkalis in das Blut bedingt Zerstörung eines grossen 
Theiles der rothen Blutkörperchen und consecutive Ver- 
mehrung der farblosen. (KĂŒnstliche Leukocythose.) 


3) Die Aufnahme pikrinsaurer Alkalien in den 
Organismus erzeugt einen kĂŒnstlichen vorĂŒbergehenden 
Icterus. 

4) Kleine Dosen der pikrinsauren Alkalien werden 
selbst auf lÀngere Zeit ganz gut vertragen; grössere Dosen 
verursachen nach lÀngerem Gebrauche den Tod unter den 
Erscheinungen der Erschöpfung. 

5) Die pikrinsauren Alkalien werden von krÀftigen, 
nicht fiebernden Erwachsenen in der Dosis von 9—15 
Gran tÀglich sehr gut vertragen. 

6) Dagegen sind dieselben bei Kindern so wie bei 
schwÀchlichen und fiebernden Personen nur mit grösster 
Vorsicht anzuwenden. 

7) Die pikrinsauren Alkalien sind gegen die Trichinen- 
Krankheit vollstÀndig wirkungslos. 

8) Dagegen ist das pikrinsaure Kali in seiner Wir- 


124 Amidodipkenylimid, eine neue organische Base. 


kung gegen TĂ€nien den ĂŒbrigen Bandwurmmittel gleich- 
zustellen. 

9) Das pikrinsaure Kali ist gegen Oxyuris vermi- 
cularis von entschieden gĂŒnstiger, gegen Ascaris lumbri- 
coides von ganz vortrefflicher Wirkung, dagegen gegen 
Cysticerken vollkommen wirkungslos. 

10) Das Wechselfieber kann durch pikrinsaures Kali 
nicht geheilt werden. (Buchn.n. Repert. Bd. 14. 11. u. 12.) 

B. 


leber das Amidodiphenylimid, eine neue orga- 
nische Base. 


In der Fabrik der HH. Simpson, Maule und 
Nicholson in London wird das Anilingelb durch Ein- 
wirkung von salpetriger SĂ€ure auf Anilin dargestellt; die 
Genannten halten solches fĂŒr identisch mit dem Diazo- 
amidobenzol O24 HIIN3, 

C. A. Martius und P. Griess vereinigten sich zur 
gemeinschaftlichen AusfĂŒhrung einer gewissen Versuchs- 
reihe ĂŒber diesen Gegenstand und beschlossen, um der 
gerade nicht sehr angenehmen Darstellung desselben zu 
entgehen, sich des kÀuflichen Materials zu bedienen. Sie 
erhielten dieses als ein braungelbes, lockeres, krystalli- 
nisches Pulver. Um sich zu ĂŒberzeugen, ob dasselbe in der 
That mit dem Diazoamidobenzol identisch sei, untersuchten 
sie sein Verhalten gegen kochende ChlorwasserstoffsÀure, 
durch welche das Diazoamidobenzol bekanntlich eine sehr 
charakteristische Zersetzung im Sinne nachstehender Glei- 
chung erleidet. 

C24 HM N3 4 H20?2 — CR2H60?2 + CH7’N + 2N 
Diazoamidobenzol Phenol Anilin 

Dabei war indess auch nicht die allergeringste Gas- 
entwickelung zu beobachten und ebenso wenig konnten 
in der tiefroth gefÀrbten, chlorwasserstoffsauren Auflösung 
Phenol oder Anilin aufgefunden werden. Als die salz- 
saure Lösung dagegen mit Ammoniak ĂŒbersĂ€ttigt wurde, 
nachdem sie durch Filtration von einer Spur eines unlös- 
lichen Harzes befreit worden war, entstand eine reich- 
liche Menge eines gelben krystallinischen Niederschlages, 
wÀhrend sich in der Mutterlauge betrÀchtliche Mengen 
OxalsÀure nachweisen liessen. 

Durch diesen Versuch wurde nicht allein die voll- 
stÀndige Abwesenheit von Diazoamidobenzol im Anilin- 
gelb dargethan, sondern auch der Beweis geliefert, dass 


= 5 Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 125 


dasselbe, abgesehen von der Spur harziger Substanz, nur 
aus dem oxalsauren Salze einer organischen Base bestand. 
Ueber die Natur dieser Base musste man vorlÀufig im Un- 
klaren bleiben, da es nicht gelang, sie durch qualitative 
Reactionen mit irgend einem bekannten Körper zu identi- 
ficiren. Da dieselbe mehre bemerkenswerthe Eigenschaf- 
ten erkennen liess, so wurde sie einer eingehenden Unter- 
suchung unterworfen. 

Was zunÀchst die Reindarstellung der neuen Verbin- 
dung anlangt, so gelingt diese schon, wenn man die auf 
die vorhererwÀhnte Weise aus dem kÀuflichen Materiale 
abgeschiedene Verbindung öfters aus warmen Alkohol 
umkrystallisirt. ZweckmÀssiger ist jedoch, sie vorher der 
Destillation zu unterwerfen, wobei sie unzersetzt als gelb- 
rothes Oel ĂŒbergeht, das schon im Retortenhalse zu einer 
strahlig-krystallinischen Masse erstarrt. Ein einmaliges 
Umkrystallisiren des Destillationsproductes aus Alkohol 
liefert sie dann in der Regel von einer zur Analyse hin- 
reichenden Reinheit. 

Nach der Analyse kommt der neuen Base, welche 
C. A. Martius und P. Griess aus spÀter zu erörtern- 
den GrĂŒnden Amidodiphenylimid nennen, die Formel 
C#HNN3 zu, sie ist also isomer mit dem Diazoamido- 
benzol. 

Dass sie mit dem letzteren aber ausserdem nichts 
gemein hat, erhellt schon aus der Art ihrer Reindarstel- 
lung und ergiebt sich vollends aus den nachstehenden 
Eigenschaften. 

In Wasser ist das Amidodiphenylimid selbst in der 
Siedehitze nur sehr wenig auflöslich, reichlicher dagegen 
in Aether und heissem Alkohol. Aus der heiss gesÀttig- 
ten alkoholischen Lösung krystallisirt beim Erkalten der 
grösste Theil wieder aus, in gelben rhombischen Na- 
deln oder Prismen von beilĂ€ufig 490 20‘, deren scharfe 
Seitenkanten durch breitere FlÀchen gerade abgestumpft 
werden. Da die Enden der sonst ziemlich grossen Kry- 
stalle alle abgerundet waren, konnte V. von Lang, dem 
C. A. Martius und P. Griess dieselben zur Messung 
ĂŒbergeben hatten, nichts weiter ĂŒber die kry stallographi- 
schen Constanten mittheilen. 

Das Amidodiphenylimid schmilzt bei 1300, erstarrt 
wieder bei 1200 und siedet ohne Zersetzung zu erleiden 
bei einer Temperatur, die höher ist als der Siedepunct 
des Quecksilbers. Mit SĂ€uren verbindet es sich zu wohl 
charakterisirten Salzen, die zum grössten Theil gut kry- 


j 2 
126 Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 


stallisiren. Das Diazoamidobenzol dagegen wird fast immer 
in messinggelben BlÀttchen erhalten, die bei 910 schmel- 
zen und in höherer Temperatur explodiren. ErwÀrmt 
man dasselbe mit SĂ€uren, so zersetzt es sich unter Ent- 
wickelung von Stickgas. 

Dass das Amidodiphenylimid in Àhnlicher Weise wie 
das Diazoamidobenzol durch Einwirkung von salpetriger 
SÀure auf alkoholische Lösungen von Anilin entsteht, hat 
sich im Laufe der Untersuchungen bestÀtigt. ©. A. Mar- 
tius und P. Griess haben sich ferner ĂŒberzeugt, dass 
es in der That nur von der Temperatur abhÀngt, ob der 
eine oder der andere von diesen beiden Körpern bei dieser 
Reaction zu erwarten steht. LĂ€sst man die salpetrige 
SÀure in der KÀlte auf die Anilinlösung einwirken, so 
wird nur Diazoamidobenzol erhalten; zur Bildung des 
Amidodiphenylimids dagegen ist eine höhere Tem- 
peratur erforderlich. Man verfÀhrt zur Darstellung des 
Amidodiphenylimids am zweckmÀssigsten in folgender 
Weise. Anilin wird in der dreifachen Menge Alkohol 
gelöst und in die etwas erwÀrmte Lösung, ohne dabei 
abzukĂŒhlen ein starker Strom salpetriger SĂ€ure geleitet, 
so lange, bis die FlĂŒssigkeit eine tiefrothe Farbe ange- 
nommen hat. Man versetzt dieselbe darauf mit einem 
grossen Ueberschusse mÀssig concentrirter SalzsÀure, wobei 
die Mischung sofort zu einem braunrothen dicken Brei 
erstarrt. Dieser wird auf ein Filter geworfen und zur 
Entfernung der Mutterlauge, welche stets eine betrÀchtliche 
Menge PhenylsĂ€ure enthĂ€lt, nochmals mit sehr verdĂŒnn- 
tem Alkohol gewaschen. Der FilterrĂŒckstand wird dann 
wiederholt mit kochendem Wasser ausgezogen, aus den 
vereinigten Lösungen die Basis mit Ammoniak abgeschie- 
den und in oben angegebener Weise gereinigt. 

WĂ€hrend C. A. Martius und P. Griess mit den 
eben beschriebenen Versuchen beschÀftigt waren, wurde 
ihre Aufmerksamkeit noch auf einen anderen gelben Farb- 
stoff gelenkt, der durch Einwirkung von zinnsaurem Natron 
auf salzsaures Anilin entsteht und dessen Bildung zuerst 
in der Fabrik von G. J. MĂŒller & Comp. in Basel, 
spÀter auch von H. Schiff beobachtet wurde. Die Ver- 
muthung, dass derselbe mit dem Amidodiphenylimid iden- 
tisch sei, haben C. A. Martius und P. Griess bestÀtigt 
gefunden. 

Will man sich dieser letzteren Darstellungsweise 
bedienen, so kann man auf folgende Weise verfahren. 
Eine Mischung von 3 Th. zinnsaurem Natron und 1 Th. 


N a Re 


Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 127 


- Anilinnitrat wird mit 10 Th. Wasser versetzt und auf 
1000 erwÀrmt. Wird nun Natronlauge nach und nach 
in kleinen Portionen zugefĂŒgt, so tritt eine heftige Reaction 
ein. Sobald SĂ€uren einer Probe eine tiefrothe FĂ€rbung 
ertheilen, unterbricht man die Operation und lÀsst erkal- 
ten. Versetzt man darauf mit SalzsÀure bis zur Lösung 
des ausgeschiedenen Zinnoxyds, wobei ein starker Ge- 
ruch nach Phenol zu beobachten ist, so wird eine be- 
trÀchtliche Menge eines rothbraunen Harzes abgeschieden. 
Dieses wird zur Entfernung beigemengten Phenols mit 
verdĂŒnnter Natronlauge digerirt und dann mit salzsĂ€ure- 
haltigem Wasser ausgekocht. Die wÀsserig sauren Aus- 
zĂŒge, mit Ammoniak zersetzt, liefern Amidodiphenylimid 
mit allen seinen vorher erwÀhnten Eigenschaften. 


Zieht man nur die Darstellungsweise des Amido- 
diphenylimids mittelst salpetriger SĂ€ure in Betracht, so 
wÀre es am einfachsten, wenn man annÀhme, dass es 
nach derselben Gleichung entstÀnde, wie das ihm isomere 
Diazoamidobenzol: 

2C1?H’N 4 HO,NO3 — CHHUN3 4 4HO. 

Aber hiermit steht die letzterwÀhnte Bildungsweise 
desselben mittelst zinnsauren Natrons und salpetersauren 
Anilins nicht im Einklang, da hierbei keine so einfache 
Stickstoff-Substitution erscheint. Erinnert man sich ĂŒbri- 
gens, dass bei beiden Darstellungsweisen das Auftreten 
von Phenol beobachtet wurde, so kommt man jedenfalls 
der Wahrheit nÀher, wenn man die in beiden FÀllen 
stattfindenden Reactionen in gleicher Weise als einen 
ÖOxydationsprocess auffasst, nachstehender Gleichung ent- 
sprechend: 

3 Cı?H7N 4 6 O0 = CAHIN3 4 CRH602 42 HO 

Anilin Amidodiphenyl- Phenol. 

imid 

Das Amidodiphenylimid ist eine einsÀurige Base und 
zwar sind seine basischen Eigenschaften nur schwach 
ausgeprĂ€gt, da alle seine Salze schon in BerĂŒhrung mit 
viel Wasser in ihre Bestandtheile zerfallen. Die schwach 
sauren Auflösungen dieser Salze besitzen eine schön coche- 
nillerothe Farbe. 

Von den Salzen sind hauptsÀchlich das 

salzsaure Salz CAHINN3, HCl, 

Nitrat C24H1ıN3, HO, NO5, 

Sulfat 2 (C24 H11N3), 2 HO, S206 und 

Oxalat 2 (CH11N3) 2 HO, 0406 
bemerkenswerth. 


128  Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 


In Wasser lösen sich die Salze mit Ausnahme des 
Nitrats schwer, Sulfat und Oxalat sind selbst in kochen- 
dem Alkohol schwierig löslich. 

Auf Zusatz von Platinchlorid zu einer alkoholischen 
Lösung des salzsauren Salzes scheidet sich das Platin- 
doppelsalz: 2(C24HNN3, HCl), Pt?Cl4 
in feinen braunrothen Nadeln ab. 

Setzt man zur alkoholischen Lösung des Amidodi- 
phenylimids eine Lösung von Silbernitrat, so fallen gold- 
gelbe, stark glÀnzende BlÀttchen, denen die Formel 
2 (C24H11N3), AgO, NO5 zukommt und die in kochendem 
Alkohol schwer, in Wasser oder Aether fast gar nicht 
löslich sind. 

Bleibt die alkoholische Lösung der Base lÀngere Zeit 
in der KĂ€lte mit JodĂ€thyl in BerĂŒhrung, so entsteht eine 
schön krystallisirende jodwasserstoffsaure Verbindung der 
einfach Àthylirten Base C2?H10(C4H5) N3, HJ. Wirken 
dagegen diese Körper bei 1000 auf einander ein, so wird 
Aethylanilin und ein harziges Product gebildet. 

Ueber die Anwendbarkeit des Amidodiphenylimids 
als Farbstoff lĂ€sst sich nicht viel GĂŒnstiges mittheilen. 
Fast alle schwach sauren Auflösungen desselben fÀrben 
Wolle und Seide intensiv citronengelb.» Aus einer Lö- 
sung der PikrinsÀureverbindung kann Wolle in einer 
Farbe gefÀrbt werden, die dem Cochenilleroth, was Schön- 
heit und Tiefe des Tons anlangt, wenig nachsteht. Des- 
senungeachtet haben diese Farben eine sehr untergeord- 
nete praktische Bedeutung, weil sie HĂŒchtig sind und in 
Folge dessen von den damit gefÀrbten Stoffen, namentlich 
in höherer Temperatur, nach und nach wegsublimiren. 

Was die Stellung anlangt, welche das Amidodiphe- 
nylimid im chemischen Systeme einnimmt, so ist es nach 
BerĂŒcksichtigung seiner im Vorhergehenden erwĂ€hnten 
Eigenschaften von selbst verstÀndlich, dass es nicht mit 
dem ihm isomeren Diazoamidobenzol in ein und dieselbe 
Gruppe gehört. Es zeigt sich dagegen in mannigfacher 
Beziehung grosse Uebereinstimmuug mit jener Olasse von 
Verbindungen, deren erstbekanntes Glied das von Mit- 
scherlich. entdeckte Azobenzol ist. In der That sind 
C.A. Martius und P. Griess sogar ‚geneigt, ihre Base 
geradezu als Amidoazobenzol CH !1N3 — C24H9 (H?N) N? 
anzusprechen. Im Fall sich diese Ansicht richtig erweist, 
mĂŒsste ihre Darstellung auch aus dem Nitraazobenzol, 
dessen Existenz von Laurent und Gerhardt wahr- 


he 


“= 


er 


SE, Li, er 
Amidodiphenylimid, eine neue organische Base. 129 


scheinlich gemacht wurde, nach folgender Gleichung ge- 
lingen: 
C21H9 (NO) N2 + 6 HS = C#H9(H2N)N?+6S-—-4HO. 
Nitroazobenzol 

Diese Bildungsweise wÀre dann ganz in Uebereinstim- 
mung mit der des Diamidoazobenzols (Diphenins) aus 
Dinitroazobenzol: 
C2H3(NON2N?--12HS—CHS(H2N)?N?2+12S-+-8HO. 
Dinitroazobenzol Diphenin 

C.A. Martius und P. Griess hoffen, dass sie spÀ- 
ter in der Lage sein werden, diese Vermuthungen durch 
das Experiment bestĂ€tigen zu können. Dass ĂŒbrigens die 
angedeutete Beziehung des Amidodiphenylimids zum Di- 
phenin nicht nur eine rein zufÀllige ist, möchte schon durch 
die grosse Aehnlichkeit der beiden Verbindungen, so wie 
namentlich auch durch die im Nachstehenden erwÀhnten 
Zersetzungserscheinungen genĂŒgend dargethan werden. 


Wird Amidodiphenylimid mit Zinn und SalzsÀure 
erwÀrmt, so wird es rasch unter EntfÀrbung gelöst und 
in der Auflösung finden sich neben Chlorzinn zwei orga- 
nische Basen, Anilin und das kĂŒrzlich von A. W. Hof- 
mann beschriebene Paraphenylendiamin. Um diese 
beiden Körper von einander zu trennen, wird das Zinn 
durch Schwefelwasserstof entfernt, die filtrirte Lösung 
zur Trockne verdampft, der RĂŒckstand in wenig Wasser 
gelöst und durch Zusatz von concentrirter SalzsÀure das 
chlorwasserstoffsaure Paraphenylenanilin aus- 
gefÀllt, welches bekanntlich in concentrirter SalzsÀure 
schwer löslich ist. Durch Wiederholung dieser Opera- 
tion wurde das Paraphenylendiamin von jeder Spur Ani- 
lin befreit. Es wurde sowohl durch eine gut stimmende 
Analyse, als durch die Vergleichung seiner Eigenschaf- 
ten mit der Hofmann’schen. Verbindung identificirt. 

Man kann diese Umsetzung durch nachstehende Glei- 
chung versinnlichen: 

C24H!1N3 + AH — C!2H7N + CI2HSN? 
Amidodiphenylimid Anilin Paraphenylendiamin. 
Eine weitere Analogie beider Basen ergiebt sich aus 
dem gleichen Verhalten derselben beim Erhitzen mit 
einer Oxydationsmischung aus Braunstein und Schwefel- 
sÀure, beide liefern dabei reichliche Mengen von Chinon. 
Ueber einige weitere Zersetzungsproducte des Amido- 
diphenylimids soll bei anderer Gelegenheit berichtet wer- 
den. Besonders wird eines blauen Farbstoffs zu geden- 
ken sein, der sich beim Erhitzen des Amidodiphenyl- 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2.Hft. 8 


130 Benzoyl. — Isomere ChlorbenzoesĂ€uren. 


imids mit chlorwasserstoffsaurem oder salpetersaurem Ani- 
lin bildet. Auch das Diazoamidobenzol und Diphenin 
liefern unter diesen Bedingungen einen blauen Farbstoff, 
es bleibt jedoch zu beweisen, ob diese identisch sind. 
Schliesslich erwÀhnen C. A. Martius und P. Griess 
noch, dass sich aus dem Toluidin, sowohl durch Ein- 
wirkung der salpetrigen SĂ€ure, wie des zinnsauren Na- 
trons, eine dem Amidodiphenylimid homologe Verbindung 
darstellen lÀsst, welche ebenfalls in gelben Nadeln kry- 
stallisirt und mit letzterem auch in allen andern Eigen- 
schaften die grösste Uebereinstimmung zeigt. (Ber. der 


Berl. Akad. — Chem. Centralbl. 1866. No. 21.) B. 


benzoyl. 


Das Benzoyl = C14H50O2, das Radical der Benzo&- 
sÀure, wurde von G. Briegel isolirt, indem er Benzoyl- 
chlorid in Àtherischer Lösung mit Natriumamalgam be- 
handelte. Die Zersetzung ging nach der Gleichung vor 
sich: C1H502Cl + Na = U14H502 + NaCl. 

Es sind kleine, farblose Prismen von starkem Glas- 
glanze, bei 1460 schmelzend, unverÀndert sublimirbar, in 
Alkohol und Aether schwer löslich. Beim Kochen mit 
alkoholischer Kalilösung tritt eine vorĂŒbergehende röth- 
liche FÀrbung ein; auf Zusatz von Wasser fÀllt ein Oel 
nieder (Benzalkohol), wĂ€hrend die davon abfıiltrirte FlĂŒs- 
sigkeit mit SÀuren Krystallnadeln von BenzoesÀure lie- 
fert. (Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXV. 171-175.) @. 


Die isomeren ChlorbenzoösÀuren. 


F. Beilstein und F. Schlun haben dargethan, dass 
alle von verschiedenen Forschern beschriebenen isomeren 
SĂ€uren der Formel C1#H5C104 sich auf drei scharf von 
einander getrennte Verbindungen zurĂŒckfĂŒhren lassen : 
Chlorbenzo&ÀsÀure, ChlorsalylsÀure und Chlor- 
dracylsÀure. 


1) ChlorsalylsÀure (aus SalicylsÀure). Schmelz- 
punct ĂŒbereinstimmend mit Kekul&’s Angaben — 1370; 
(nach Limpricht und v. Uslar bei etwa 1300, nach 
Kolbe und Lautemann bei 1400). Die SĂ€ure schmilzt 
beim Erhitzen mit Wasser. Ihr Kalksalz enthÀlt 1 Mol. 
Wasser und ist löslicher als die Kalksalze der ĂŒbrigen 
isomeren SĂ€uren. 


0 AzodracylsÀure und HydrazodracylsÀure. 131 


2) Chlorbenzo&sÀure (aus BenzoöschwefelsÀure) 
erhÀlt man rein, indem man sie durch Papier hindurch 
sublimirt. Blendend weisse Krystallnadeln, Schmelzpunct 
1530 (nach Limpricht und y. Uslar 1400, nach Kolbe 
und Lautemann 1520). Die Gegenwart einer kleinen Bei- 
mengung kann den Schmelzpunct betrÀchtlich erniedrigen. 
Die SĂ€ure schmilzt nicht unter Wasser, ihr Kalksalz 
enthÀlt 11, Mol. Wasser. Nur die ganz reine SÀure 
liefert ein krystallisirendes Kalksalz; ein Theil DR 
löst sich bei 120 in 82,7 Th. Wasser. 


3) Chlord elelere (aus Azo-AmidodracylsÀure). 
Schmelzpunct bei 236 — 237°, sublimirt nicht in Nadeln, 
sondern in Schuppen. Kalksalz mit 11, Mol. Wasser. 

Die weiteren Untersuchungen der Verf. haben nun 
ergeben, dass alle ĂŒbrigen auf verschiedene Art erhaltenen 
Chlorbenzo@sÀuren einem dieser drei Typen angehören. 
Das Resultat ist: Wird aus Benzo@sÀure oder einem 
Derivate der BezoösÀure (NitrobenzoösÀure, Benzoeschwefel- 
sÀure), oder auch nur aus einem Körper, der BenzoösÀure 
zu liefern im Stande ist (HippursÀure, ZimmtsÀure) Chlor- 
benzo@sÀure dargestellt, so erhÀlt man stets ein und die- 
selbe Verbindung. Isomere SĂ€uren, Chlorsalyl- und 
ChlordracylsÀure, entstehen nur, wenn von anderen 
parallelen Reihen (SalicylsÀure, NitrodracylsÀure) ausge- 
gangen wird. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXAII., 239 
bis 253.) @. 


AzodraeylsÀure und HydrazodracylsÀure. 


Diese beiden SĂ€uren wurden von O. Bilfinger aus 
der Para- NitrobenzoösĂ€ure Fischer’s (oder Nitrodracyl- 
sÀure von Beilstein und Hildebrand) dargestellt und. 
entsprechen den von Strecker beschriebenen Azover- 
bindungen der Nitrobenzo&sÀure, der Azobenzo&sÀure und 
der HydrazobenzoösÀure. 

Nitrodracylsaures Natron wurde in wÀsseriger 
Lösung nach und nach mit Natriumamalgam versetzt, die 
sich dabei abscheidende flockige Masse von der FlĂŒssig- 
keit getrennt, in Wasser gelöst und die kochende Lösung 
mit verdĂŒnnter SalzsĂ€ure zersetzt. Die so erhaltene 
AzodracylsÀure bildet im trockenen Zustande ein 
feines, fleischfarbenes, unkrystallinisches Pulver; sie ist 
eine schwache stickstoffhaltige SÀure, löst sich wenig in 
Wasser, Weingeist und Aether, ist aber in concentrirter 
SchwefelsÀure mit schön gelber, in Ammoniak, kaustischen 


9* 


ET 


132 Verhalten von BenzoesÀureÀther etc. gegen Brom. 


und .kohlensauren Alkalien mit orangegelber Farbe lös- 
lich. Die Analysen der bei 1000 getrockneten SĂ€ure 
fĂŒhrten zu der Formel O14H5NO4, die bei 1000 getrocknete 
AzobenzoösÀure besitzt die Formel 2 (C14H5NO4) + HO. 
Das Natron-, Ammoniak-, Baryt- und Silberoxydsalz sind 
nicht identisch, sowohl in Betreff des Wassergehaltes als 
der Form mit den entsprechenden Salzen der Azobenzoe- 
sÀure. 

Die HydrazodracylsÀure erhÀlt man, wenn man 
eine Lösung von azodracylsaurem Natron in ĂŒberschĂŒssiger 
Natronlauge kochend nach und nach mit Eisenvitriollösung 
bis zur EntfÀrbung versetzt, bis sich das anfangs gebil- 
dete Eisenoxydhydrat in schwarzes Eisenoxydoxydul ver- 
wandelt hat, und dann zu dem Filtrat SalzsĂ€ure hinzufĂŒgt. 
Die SÀure scheidet sich als gelblich weisser voluminöser 
Niederschlag aus, bekommt nach dem Trocknen ein hell- 
fleischfarbenes Ansehen, ist in Wasser fast ganz unlöslich, 
löst sich leicht ais noch feuchter Niederschlag in kochen- 
dem Weingeist und kann daraus in farblosen Krystall- 
chen erhaiten werden. Die Salze sind leicht zersetzbar, 
scheinen ursprĂŒnglich farblos zu sein und fĂ€rben sich an 
der Luft, wahrscheinlich indem sie Sauerstoff aufnehmen 
und dadurch in azodracylsaure Salze ĂŒbergehen. Die 
HydrazodracylsÀure hat dieselbe Zusammensetzung wie 
die HydrazobenzoösÀure = C1H$6NO#, ist aber nur mit 
derselben isomer. 

Aus dieser Untersuchung geht hervor, dass die Nitro- 
dracylsÀure im Allgemeinen das Verhalten der Nitrobenzo&- 
sÀure gegen Natriumamalgam zeigt, dass aber die aus 
beiden SÀuren entsprechenden Producte in Àhnlicher Weise 
bestimmte Unterschiede von einander zeigen, wie ihre 
Mutterstoffe. (Annalen der Chem. u. Pharm. CXXXV, 152 
bis 161.) @: 


Verhalten von BenzoesÀureÀther und NitrobenzoösÀure- 
Ă€ther gegen Brom. 


Die von Urafts angegebene Entstehungsweise der 
- .. .e . 

MonobromessigsÀure durch Einwirkung von Brom auf 
EssigsÀureÀther veranlasste A. Naumann, auch das Ver- 
halten des Benzo&sÀureÀthers und NitrobenzoösÀureÀthers 
unter gleichen VerhÀltnissen zu studiren. Die Versuche 
haben ergeben, dass sich dabei nicht BrombenzoösÀure, 
sondern BenzoösĂ€ure und ausserdem Aethylenb romĂŒr bilde 


A en “ 


E. 


Ueber einige Derivate des Benzoins. 133 


nach der Gleichung: C4H50, C14H503 + Br? = C1H4H604 
+ C4H4Br?. 

Der Nitrobenzo@sÀureÀther verhÀlt sich ganz Àhnlich, 
indem sich Nitrobenzo&sÀure und BromÀthylen bildet. Der 
Schmelzpunct der hierbei entstandenen NitrobenzoesÀure 
wurden zwischen 140 und 1420 gefunden, wÀhrend Mulder 
denselben zu 1270 angiebt, wahrscheinlich aber ein mit 


BenzoösÀure verunreinigtes Product untersucht hat. (Annal. 
d. Chem. u. Pharm. UXXXIL. 199 — 207.) @G. 


Ueber einige Derivate des Benzoins. 


Ueber die durch Einwirkung von weingeistigem Am- 
moniak auf Benzoin entstehenden Producte berichtet J. 
Erdmann Folgendes: 


Wenn man Benzoin mit dem doppelten Volumen 
weingeistigen Ammoniaks in zugeschmolzenen Röhren 
etwa 4 bis 6 Stunden lang im Wasserbade erwÀrmt, so 
scheiden sich nach Verlauf von einigen Stunden in der 
goldgelb gefĂ€rbten FlĂŒssigkeit seideglĂ€nzende Nadeln aus. 
Diese bestehen aus einer in siedendem Alkohol löslichen 
Verbindung (wahrscheinlich Lophin) und einer darin 
unlöslichen. Letztere ist das bereits von Laurent be- 
schriebene Benzoinam, C56H?+NO?. Das Benzoinam 
wird beim Erhitzen ĂŒber 1200 C. zersetzt, indem Bitter- 
mandelöl austritt und Amarin zurĂŒckbleibt, welches fast 
gleichzeitig mit der Entbindung des Benzaldehyds ein 
wohlriechendes Oel entwickelt und nach und nach in 
Lophin ĂŒbergeht. Die Spaltung des Benzoinams in Bitter- 
mandelöl und Amarin geschieht nach folgender Gleichung: 

C56H24N20? — C42HI8N2-L C14H602 
Benzoinam . Amarin Bittermandelöl, 
und es lÀsst sich demnach das Benzoinam besser als 
Benzaldehydamarin bezeichnen mit der Formel 


C42 H1s, C144502, HN?. 


Die Mutterlauge vom Benzaldehydamarin scheidet, 
der spontanen Verdunstung ĂŒberlassen, eine gelbe Kry- 
stallmasse aus, die nach dem Auskochen mit siedendem 
Alkohol ein eitronengelbes Pulver darstellt. Der Körper 
ist unlöslich in Alkohol, Aether und Wasser, löst sich in 
eoncentrirter SchwefelsÀure mit blutrother Farbe, zeigt 
die Zusammensetzung C2SH!!N und ist demnach als 
Benzoinimid zu betrachten — (C13H5)?HN. 


LET OFT 


134 Benzophenon. 


Die Mutterlauge von Bezoinam liefert drittens ausser 
einem harzartigen, nach Bittermandelöl riechenden Product 
noch gelb gefÀrbte Krystallnadeln von Lophin, C42H16N2, 
die mit einer geringen Menge einer körmigen, nicht nÀher 
untersuchten Verbindung verunreinigt sind. 

Die Hauptproducte der Einwirkung des’ Ammoniaks 
auf Benzoin sind demnach: Benzoylaldehydamarin (Ben- 
zoinam), Lophin und ein Harz; in geringer Menge ent- 
stehen dabei Benzoinimid und eine körnige Verbindung. 
(Annal. d. Chem. u. Pharm. OXXXV, 181—188.) G@. 


Benzophenon. 


Das durch Destillation von wasserfreiem benzo@sauren 
Kalk und Aetzkali gewonnene Benzophenon stellt nach 
‘ E. Linnemann eine schneeweisse, aus langen dĂŒnnen 
Nadeln bestehende Krystallmasse dar, welche bei 48— 48,50 


schmilzt, bei 3150 siedet und nach der Formel C26H 1002 . 


zusammengesetzt ist. 

Brombenzophenon. Bei der Einwirkung von 
Brom auf Benzophenon in zugeschmolzenen Röhren bei 
1600 bildet sich ein gelber Syrup, der beim Erkalten 
erstarrt und nach mehrmaligem Umkrystallisiren aus 
kochendem Weingeist die Zusammensetzung C52]115Br504 
zeigt. Die Substanz leitet sich demnach von 2 Mol. 
Benzophenon ab. 

Benzhydrol. Dieser Körper von der Formel 
C26H1202 entsteht unter Wasserstoffaufnahme aus dem 
Benzophenon beim Behandeln desselben mit Natrium- 
amalgam. Er krystallisirt aus Weingeist, Aether, Chloro- 
form und Schwefelkohlenstoff als eine seideglÀnzende, aus 
feinen Nadeln bestehende Masse. In Wasser ist er wenig 
löslich, leichter in alkalischen FlĂŒssigkeiten, aus denen 
er auf Zusatz von Wasser oder einer SĂ€ure wieder kry- 
stallinisch ausgeschieden wird. In seinem chemischen 
Verhalten zeigt das Benzhydrol viele Eigenschaften eines 
einatomigen Alkohols, es unterscheidet sich aber von den 
eigentlichen Alkoholen vor Allem darin, dass es unter 
Einfluss von Oxydationsmitteln nicht wie die normalen 
Alkohole ein Aldehyd liefert, welches bei fortgesetzter 
Wirkung jener Agentien in die zugehörige SĂ€ure ĂŒber- 
geht, sodann dass es in diesem Falle einfach wieder in 
Benzophenon zurĂŒckgefĂŒhrt wird. So wird das Benzhydrol 
durch rauchende SalpetersĂ€ure in Binitrobenzophenon ĂŒber- 
gefĂŒhrt, indem es sich zunĂ€chst in Benzophenon verwan- 


| 


"  Benzophenon. 185 


delt, welches dann nitrirt wird. VerdĂŒnnte ChromsĂ€ure 
bildet gleichfalls aus dem Benzhydrol Benzophenon. 
Mit Brom giebt das Benzhydrol sehr leicht zweifach- 
gebromtes Benzhydrol. Auf der anderen Seite hat das 
Benzhydrol jedoch die Eigenschaft mit den normalen 
Alkoholen gemein, dass es wie diese leicht Aetherarten 
bildet. Der eigentliche Aether, der BenzhydrolÀther, ent- 
steht schon durch einfache Destillation des Benzhydrol- 
alkohols, indem dieser hierdurch in Wasser und Aether 
zerfÀllt; die gemischten Aether des Benzhydrols und 
Metbyl- oder Aethylalkohols erzeugen sich schon bei 
mittlerer Temperatur, wenn man die Lösung des Benz- 
hydrols in einem dieser Alkohole mit SchwefelsÀure ver- 
setzt; die zusammengesetzten Aether des Benzhydrols 
und der EssigsÀure, BenzoösÀure oder BernsteinsÀure end- 
lich lassen sich durch einfaches Zusammenschmelzen der 


. SÀuren mit dem Alkohol darstellen. Der BenzhydrolÀther 


bildet mikroskopische, federartig vereinigte Krystalle, die 
bei 1110 schmelzen und bei 3150 sieden; der Aethyl- 
BenzhydrelĂ€ther ist eine geruchlose FlĂŒssigkeit von der 
Consistenz des Glycerins und zeichnet sich dadurch aus, 
dass es im Lichte eine deutliche FĂ€rbung annimmt, die 
aber im Dunkeln wieder verschwindet und nach aber- 
maligem Belichten wieder auftritt, namentlich im directen 
Sonnenlichte schon nach einigen Secunden. Bei auffallen- 
dem Lichte ist die Substanz schön grĂŒn, bei durchschei- 
nendem schwach gelb; durch SchĂŒtteln verschwindet die 
Farbe ebenfalls, ebenso bei gelinder ErwÀrmung, nicht 
aber bei plötzlicher ErkĂ€ltung um 20— 30°. Diese Empfind- 
lichkeit gegen das Licht hört nach mehreren Monaten 
auf. Wenn man durch den verdunkelten Aether einen 
Lichtkegel fallen lÀsst, so tritt eine lebhafte Fluorescenz 
auf und zwar ist das ausgestrahlte Licht lebhaft hellblau. 
Diese merkwĂŒrdigen Eigenschaften finden sich auch bei 
dem essigsauren BenzhydrolÀther wieder. 

Benzpinakon. Wird Benzophenon in Alkohol ge- 
löst und mit SchwefelsÀure und Zink zusammengebracht, 
so bildet sich nach einigen Tagen ein Ueberzug ĂŒber 
dem Zink, der nach dem Umkrystallisiren aus siedendem 
Weingeist als eine blendend weisse, glÀnzende, aus klei- 
nen Nadeln bestehende Masse erscheint. Der Verfasser 
nennt diesen Körper von der Formel C52H??204 Benz- 
pinakon, weil er zu dem Benzophenon in derselben Bezie- 
hung steht, wie das mit dem Acetal isomere Pinakon zum 
Aceton. 


136 Azobenzid. — Hydrazosalicylige SĂ€ure, 
2C6H60? + H?2 — C1?H1404 


Aceton Pinakon 
2 C26H1002 + H2 — C52?H2204 
Benzophenon 


Das Benzpinakon löst sich leicht in Aether, Schwefel- 
kohlenstoff und Chloroform, geht beim Kochen mit einer 
verdĂŒnnten ChromsĂ€urelösung in Benzophenon und beim 
Behandeln seiner weingeistigen Lösung mit Natriumamal- 
gam in Benzhydrol ĂŒber. Beim Destilliren so wie beim 
Schmelzen verwandelt es sich in eine FlĂŒssigkeit von 
fast gleicher Zusammensetzung, das Isobenzpinakon, 
eine farblose, dicke, stark lichtbrechende FlĂŒssigkeit, 
welche, wenn sie Monate lang sich selbst ĂŒberlassen wird, 
wieder eine VerÀnderung erleidet, indem sie anfÀngt fest 
zu werden und endlich ganz erstarrt. Alle drei Körper 
aber, das Benzpinakon, das flĂŒssige und das feste Isobenz- 
pinakon, geben beim Behandeln mit Natriumamalgam 
Benzhydrol. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXXXIL, 1—32.) 

G% 


Azobenzid. 


A. Werigo versetzte eine alkoholische, mit Essig- 
sÀure angesÀuerte Lösung von Nitrobenzol allmÀlig mit 
Natriumamalgam; es bildete sich hierbei Azobenzid, wel- 
ches durch verlÀngertes Einwirken des Natriumamalgams 
in Benzidin ĂŒberging. Ersteres wurde in Gestalt von 
rothen, rhombischen BlÀttchen erhalten; seine Formel ist 
C24 H10N2, sein Schmelzpunct 65°. 

Das Azobenzid verbindet sich nicht nur direct mit 
Wasserstoff zu Benzidin, sondern auch direct mit Brom zu 
Dibrombenzidin, C?HIWN?Br?. Diese Verbindung bildet 
aus Alkohol umkrystallisirt kleine, gelbe, goldglÀnzende 
Nadeln, ist ziemlich schwer in Alkohol löslich, schmilzt 
bei etwa 2050 und sublimirt sich in Gestalt von irisiren- 
den, schwach gelben, ziemlich grossen Nadeln. In Aether 
ist es schwer löslich, in concentrirter SchwefelsÀure löst 
es sich mit rother Farbe. Mit starker SalpetersÀure be- 
handelt giebt es Mononitrodibrombenzidin, C24H9(NO%) 
N?Br?, welches in langen strohgelben Nadeln krystallisirt. 
(Annual. d. Chem. u. Pharm. CXXXV, 176—180.)) @. 


Hydrazosalicylige SĂ€ure. 


Wenn man nach dem von Strecker angegebenen 
Verfahren die nitrosalicylige SĂ€ure, C14H5(NO4) O4, mit 


Xylol. — Zur Kenntniss des Xylols. 137 


Natriumamalgam behandelt, so wird derselben der Sauer- 
stoff aus der Gruppe NO4 entzogen und es entsteht eine 
neue SĂ€ure, die hydrazosalicylige SĂ€ure, von der Zusam- 
mensetzung CI4H5NO%. 

Diese SĂ€ure stellt nach G. Briegel im trockenen 
Zustande ein feines, rothbraunes, nicht krystallinisches 
Pulver dar, das in Wasser, Weingeist und Aether fast 
unlöslich ist, dagegen in Ammoniak eine dunkelrothbraune 
Lösung bildet. (Annal. d. Chem. u. Pharm. UXXXV, 168 
—/70.) @. 


Xylol. 

Die Angaben ĂŒber das Xylol waren bisher wenig 
ĂŒbereinstimmend. F. Beilstein hat jetzt das reine 
Xylol durch fractionirte Destillation aus einem von H. 
Trommsdorff bezogenen Steinkohlentheeröl dargestellt 
und gefunden, dass dasselbe constant bei 1390 siedet und 
bei 210 ein spec. Gew. — 0,8668 besitzt. Hiernach stel- 
len sich die Siedepunctsdifferenzen bei den Kohlenwasser- 
stoffen des Steinkohlentheers anders dar, als sie gewöhn- 
lich in den LehrbĂŒchern angegeben sind. Es ist: 


Benzol.. CI?H6 . 822 Differenz 
Toluol... C14H8 1110 390 
Xylol... C!6H10 1390 280, 


Mit der SchwefelsÀure geht das Xylol eine krystalli- 
sirbare Verbindung, die XylolschwefelsÀure, ein, 
welche mit Metalloxyden wohl charakterisirte Salze giebt. 
Bei der Oxydation durch doppelt-chromsaures Kali und 
SchwefelsÀure liefert das Xylol nicht ToluylsÀure, sondern 
TerephtalsÀure. Durch rauchende SalpetersÀure wird 
es in Mononitro-Xylol und Dinitro-Xylol verwan- 
delt, welche beiden Körper durch Behandeln mit Salpeter- 
SchwefelsĂ€ure sehr leicht in Trinitro-Xylol ĂŒbergehen. 
Dieses Trinitro- Xylol ist identisch mit dem Trinitro- 
petrol von Bussenius und Eisenstuck. (Annal.d. 
Chem. u. Pharm. CXXXIII, 82—47.) I 


Zur Kenntniss des Xylols. 


G. Deumelandt wandte zur Darstellung des Nitro- 
xylols, C16H9(NOA), ein constant bei 1400 siedendes Xylol 
an, welches sich sehr leicht nitrirt, wobei sich indess Di- 
und Trinitroxylol mit bildet. Man reinigt die gebildeten 
Nitroverbindungen durch SchĂŒtteln mit Ammoniak von 


A de Da DENE N 


138 Zur Kenntniss des Xylols. 


den beigemengten SĂ€uren und destillirt nach dem Waschen 
und Trocknen im KohlensÀurestrome bei einer 2400 nicht 
ĂŒbersteigenden Hitze. Diese Vorsichtsmassregel darf nicht 
unterbleiben, indem sonst gegen das Ende der Destillation 
eine Explosion eintritt. Das abdestillirte Nitroxylol kann 
durch wiederholtes Fractioniren leicht auf den constanten 
Siedepunct 2400 gebracht werden. 

Behandelt man Nitroxylol mit Zinn und SalzsÀure, 
so erstarrt nach dem Erkalten das Ganze unter Bildung 
eines Doppelsalzes, welches, durch Umkrystallisiren in 
concentrirte SalzsÀure gereinigt, grosse schuppige Krystalle 
bildet, die die Formel CI6H!!N, HCI-+- 2 SnCl besitzen. 
Aus diesem Salze kann man durch Schwefelwasserstoff 
das salzsaure Xylidin erhalten, welches beim Abdampfen 
seiner Lösung sehr leicht krystallisirt. Formel CI6HIIN, 
HCl. Es ist in kaltem Wasser nicht so leicht löslich, 
wie gewöhnlich die salzsauren Basen. 

Die freie Base gewinnt man entweder, indem man 
das salzsaure Salz mit trockner Soda destillirt, oder bes- 
ser, indem man Nitroxylol mit Eisenfeile’und EssigsĂ€ure 
redueirt und nach dem Zusatze von ĂŒberschĂŒssiger Natron- 
lauge das freie Xylidin CI6H!IN aus einem kupfernen 
Kessel abdestillirt. Es wird zur Reinigung an SalzsÀure 
gebunden, und aus dem reinen Salze durch Kali gefÀllt. 
Es ist eine farblose FlĂŒssigkeit, die sich an der Luft 
bald brĂ€unt, schwerer als Wasser und bei 214 — 2160 
siedend. Mit Chlorkalk erhÀlt man keine FÀrbung. 


Die von Deumelandt untersuchten Salze, das sal- 
petersaure, schwefelsaure und oxalsaure Xylidin krystalli- 
siren leicht. Das salpetersaure Salz bildet weisse seiden- 
glÀnze BlÀttehen und ist in heissem Wasser leichter lös- 
lich, als in kaltem. 

Erhitzt man schwefelsaures Xylidin mit SchwefelsÀure, 
bis ein Theil der letzteren abraucht und krystallisirt den 
RĂŒckstand aus siedendem Wasser um, so erhĂ€lt man 
XylidinschwefelsĂ€ure CI6H!IN, S?O6. Aus einer verdĂŒnn- 
ten Lösung krystallisirt sie in Nadeln. Das Baryumsalz 
— BaO, C!6H10N, S?O5 bildet Warzen, die in Wasser 
leicht löslich sind. (Ztschr. f. Chem. N. Folge. Bd. 2. — 
Chem. Centrbl. 1866, 27.) B. 


NE EEE 


Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 139 


Verschiedenheit des Eymols im Römisch - KĂŒmmelöle 
von dem aus Campher dargestellten, 


Mit Gerhardt und Delalande nimmt man gewöhn- 
lich die IdentitÀt des Kohlenwasserstoffes aus Römisch- 
KĂŒmmelöl und des aus Campher durch Chlorzink darge- 
stellten an, obgleich deren Siedepuncte etwas differiren. 
Indess verhalten sich beide Körper auch in anderer Hin- 
sicht verschieden. «&-Cymol (aus Römisch - KĂŒnmelöl) 
bildet mit Brom nur eine dicke pflasterÀhnliche Verbin- 
dung von nahezu der Zusammensetzung C20 HWBr#. Die 
Verbindung von Sieveking — C?"H!?Br? konnte R. 
Fittig nicht erhalten. Dagegen liefert 3-Cymol (aus 
Uampher und Chlorzink) sehr leicht eine schön krystalli- 
sirende Verbindung mit Brom von der Zusammensetzung 
C20H12Br?. Auch die Nitroverbindungen unterscheiden 
sich: «-Dinitrocymol krystallisirt aus Alkohol in farb- 
losen langen, glÀnzenden BlÀttchen oder Nadeln, die bei 
69,50 schmelzen, wÀhrend 8-Dinitrocymol in kleinen farb- 
losen, dĂŒnnen, bei 900 schmelzenden Tafeln krystallirt. 

Das a-Dinitroeymol scheint ferner nur sehr schwie- 
rig in eine Trinitroverbindung ĂŒberzugehen, wĂ€hrend das 
ß-Dinitrocymol leicht eine bei 112,50 schmelzende Trinitro- 
verbindung erzeugt. 

Das 8-Cymol wird schliesslich auch durch chrom- 
saures Kali und SchwefelsÀure nicht wie das «-Cymol in 
TerephthalsÀure verwandelt. Die dabei entstehende SÀure 
zeigt Àusserlich zwar eine grosse Aehnlichkeit mit der 
TerephtalsÀure, ist aber namentlich durch ihre grössere 
Löslichkeit, sowohl im freien Zustande, als in ihren Sal- 
zen, streng unterschieden. Die Analyse des Baryt-, Kalk- 
und Silbersalzes fĂŒhrte zu der Formel C18H808, die 
Lunge jedoch als noch nicht Sanz unzweifelhaft betrach- 
tet. (Zischr. f. Chemie. N. F. Bd. I. Heft 10. — Chem. 
Centrbl. 1866, 7.) B. 


Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum; 
von Pelouze und Cahours. 

Die Àltesten Schriftsteller sprechen in ihren Schrif- 
ten von brennbaren FlĂŒssigkeiten, die Ă€hnlich dem Wasser 
dem Erdboden entspringen. Bei den Urvölkern wurden 
diese zu dem gröbsten hÀuslichen Gebrauche verwendet, 
wÀhrend civilisirtere Völker sich derselben zur Erzeugung 
von WĂ€rme und Licht in verschiedenen industriellen An- 
wendungen bedienten. Nach Herodot war eine solche 
Quelle am Fusse der Gebirge auf Zante, welche die Ein- 


. 


140 Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 


wohner in mannigfacher Weise ausnutzten. Einige dieser 
natĂŒrlichen Quellen entzĂŒndeten sich von selbst, brannten 
Jahrhunderte hindurch in Folge der fortwÀhrenden Er- 
neuerung des Brennstoffes und wurden von den Feuer- 
anbetern als die herrlichste Manifestation der Gottheit 
betrachtet. 

Die Mineralöle der verschiedensten Natur wurden 
viel spÀter als Petroleum oder Steinöl bedeutende Handels- 
artikel. Persien, Indien, einige Gegenden am kaspischen 
Meere, gewisse Landstriche in Italien bieten uns bemer- 
kenswerthe Beispiele solcher Quellen. Trotz ihrer Wichtig- 
keit fanden diese Substanzen dennoch nur beschrÀnkte 
Verwendung, bis vor einigen Jahren die Nachricht sich 
verbreitete, dass in mehren Gegenden Nordamerikas 
betrÀchtliche Reservoirs eines dem Petroleum Àhnlichen 
Oeles sich vorfÀnden, das man vortheilhaft verwenden 
könnte als Brennmaterial in eigen dazu construirten Lam- 
pen oder als Lösungsmittel fĂŒr Stoffe, die an Kohlenstoff 
und Wasserstoff reich sind, wie Oele, Fette, Essenzen 
u.s.w. Ferner kann man bei Rothgluth aus diesen FlÀssig- 
keiten ein stark leuchtendes Gas erhalten, und die Mannig- 
faltigkeit der Eigenschaften konnte nicht verfehlen, ihnen 
bedeutenden Abgang zu verschaffen. 

Die reichlichsten Quellen dieses interessanten Pro- 
ductes finden sich bei Mekka in der Grafschaft Trumbull 
und bei Titusville in der Grafschaft Venanzo in Pensyl- 
vanien. Jede von ihnen lieferte 125,000 Tonnen zu 145,20 
Liter im Jahre 1861, fast das FĂŒnffache der Menge, die 
man 1860 erhalten hatte. Es ist dieses das rohe Mineralöl, 
das zu New-York 1859 die Gallone (3,63 Lit.) 1 Fr. 
89 Cent. kostete und gegen Ende 1862 auf 76 Cent. fiel. 

Neuerdings hat man diese Mineralöle an zwei Orten 
in Kanada aufgefunden bei Gaspe am Meerbusen von 
St. Lorenz und in der Grafschaft Lambton am west- 
lichen Ende der Halbinsel zwischen dem Huron, Erie 
und Öntario-See. Hier sind es nicht einfache Quellen, 
sondern wahre Springbrunnen; die Resultate bei Gaspe 
haben wenig befriedigt, was bei denen von Lambton 
nicht der Fall ist. - Die Oellager befinden sich fast in der 
Mitte der Grafschaft im Bezirk Enniskillen. 1861 zÀhlte 
man hier vier Brunnen mit ununterbrochenem Flusse, von 
welchen die drei ersten gegen Ende desselben Jahres in 
24 Stunden mindestens 5808 Hectoliter lieferten, ohne 
dass auch nur daran zu denken wÀre, dass ihre Production 
sich verlangsamern wĂŒrde. Der vierte Brunnen, dessen 
Bohrung im MÀrz 1862 gefasst wurde, lieferte wÀhrend 


dieser Zeit mehr Oel als die drei andern zusammen. 
Diese allerdings noch unvollstÀndigen Notizen sind aus 
einem Berichte des französischen Consuls in Kanada, 
Gauldr&e-Boileau, an den Minister der auswÀrtigen 
Angelegenheiten. 

Ebenso kommt dieses Mineralöl im Ueberfluss vor 
in Texas, an der KĂŒste in Kalifornien, wo es zusammen 
mit Erdharz gefunden wird; ferner tritt es westlich vom 
Mississippi auf, in Illinois und in einigen anderen der 
Vereinigten Staaten. 

Der Verbrauch . dieser Producte nimmt tÀglich in: 
grossen Dimensionen zu, so war 1861 der Export 41,161 
Hectoliter und hatte sich schon in den drei ersten Monaten 
1862 auf 76,866 Hectoliter gehoben. 

Die Methode, diese Oele zu erhalten, ist sehr einfach. 
Man hohrt mit einem Sonden-Erdbohrer von 0,076 bis 
0,152 Durchmesser in die Tiefe, die von 15 bis 150 Meter 
variıren kann; hat man bei dieser Tiefe noch keinen 
Erfolg, so giebt man gewöhnlich das weitere Bohren an 
derselben Stelle auf. Trifft die Sonde auf Oel, so röhrt 
man das Bohrloch aus und setzt eine Pumpe ein, durch 
welche das Gemenge von Oel und Wasser in nahe ge- 
legene Reservoirs gezogen wird. Bei geringer Ergiebig- 
keit setzt man die Pumpe durch menschliche KrÀfte in 
Bewegung, bei reicher Ausbeute treibt man dieselbe durch 
Dampf. 

GegenwÀrtig erhÀlt man durch Destiliation der Stein- 
öle vier Producte, welche verschiedene Anwendung finden: 

1) Die Essenz, die wegen des hohen Preises des 
Terpenthinöles bei der Malerei verwendet wird; 

2) Das Beleuchtungsmaterial mit einer Dichte 
von 0,780 bis 0,800, das man en gros fĂŒr 75—80 Fres. 
das Hectoliter kauft; 

3) Das schwere hellgelbe Oel, von welchem 
das Liter 320 — 830 Grm. wiegt, und welches man nach 
VerhĂ€ltniss mit 60— 65 Fres. fĂŒr das Hectoliter bezahlt; 

4) Das rothe Oel, das zur VerfÀlschung der vege- 
tabilischen Oele dient und je nach seiner Klarheit 35 bis 
45 Fres. kostet. 

Die Oele von Kanada sind bis jetzt wegen ihres 
sehr unangenehmen Geruches und wegen der geringen 
Ausbeute an Belenchtungsmaterial nicht in Anwendung 
gekommen. Das schwere Oel wird mit Vortheil zu 
Maschinenschmiere verwendet, auch erhÀlt man daraus 
zu ziemlich billigem Preise ein Gas von betrÀchtlicher 
Leuchtkraft. 


142 Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 


Es sind die silurischen, Ammoniten fĂŒhrenden oder 
devonischen Kalke, welche die Reservoirs der Mineral- 
öle zu enthalten scheinen. Die von Pensylvanien und 
Ohio öffnen sich in einem porösen Sandstein, der als 
Aequivalent des englischen Altrothsandsteins betrachtet 
werden kann und den die unteren Schichten der kohlen- 
fĂŒhrenden Formation bedecken, die in Kanada fehlt. Ueber 
die Entstehung dieser Oele hat man bis jetzt nur mehr 
oder weniger gegrĂŒndete Vermuthungen, man muss sich 
in dieser Hinsicht mit reinen Hypothesen helfen. Einige 
Geologen meinen, den Ursprung des amerikanischen Petro- 
leums mĂŒsse man einer Art langsamer Fermentation von 
Meerpflanzen und Thierresten der palÀozoen Zeit zuschrei- 
ben, die bei niedrigen Temperaturen und in einem Medium 
statt findet, zu welchem die atmospÀrische Luft nicht zu- 
treten kann. Nach Andern sind diese Producte das Resul- 
tat einer langsamen Destillation bituminöser Kohlen, die 
bei möglichst niedriger Temperatur vor sich geht. Wie 
dem auch sei, die vollstÀndige Abwesenheit von Benzin 
und seinen Homologen in den zahlreichen Proben sehr 
verschiedener Quellen lÀsst es als wahrscheinlich erschei- 
“nen, dass diese Producte nicht aus der Kohle stammen, 
weil diese bestÀndig Benzin und analoge Kohlenwasser- 
stoffe liefert, mag man sie bei hoher oder niedriger Tem- 
peratur, schnell oder langsam destilliren. 

Die neuerdings in Manchester von Schorlemmer 
ausgefĂŒhrten Untersuchungen ĂŒber die flĂŒchtigen Destilla- 
tionsproducte der Kannelkohle haben einige Kohlenwasser- 
stoffe ergeben, die Pelouze und Cahours auch in dem 
amerikanischen Petroleum fanden, aber neben diesen traten 
in dem Destillate bestÀndig Benzin und seine Homologen 
in ziemlich bedeutenden VerhÀltnissen auf. Die gleichen 
Kohlenwasserstoffe sind auch in der Bogheadkohle und 
in den Destillationsproducten gewisser Schiefer vorhanden. 
Jedes Mal bildeten sie sich, wenn man etwas ĂŒber Rothgluth 
die SÀuren der EssigsÀuregruppe und ihre Alkohole in 
verschlossenen GlÀsern erhitzte. Dasselbe ist der Fall, 
wie Wurtz und Berthelot jeder fĂŒr sich gezeigt 
haben, wenn man dieselben Alkohole der gleichzeiti- 
gen Einwirkung von WÀrme und Chlorzink oder höchst 
concentrirter SchwefelsÀure aussetzt. Berthelot er- 
hielt Sumpfgas, Aethyl-, Propyl- und Butylwasserstoff, 
indem er die alkalischen essigsauren und buttersauren 
Salze der Destillation unterwarf. Es ist nicht unwahr- 
scheinlich, dass die Reihe der homologen Kohlenwasser- 
stoffe im amerikanischen Petroleum ihren Ursprung einer 


SE, 
en 


= a ee re _ 1 Bm DA EEE ET 9 u an nen 2 2 u Pr De 
2 ET . 


AL 


Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 143 


langsamen Destillation verdankt oder einer Art Fermen- 
tation der organischen Materien, die Kohlenstoff und 
Wasserstoff in Àquivalenten VerhÀltnissen enthalten. 

Die von Pelouze und Cahours ausgefĂŒhrte che- 
mische Untersuchung ergab eine der merkwĂŒrdigsten und 
wichtigsten Reihen der organischen Chemie, alle Verbin- 
dungen standen im Bezuge zum Sumpfgas, dem sie homolog 
sind und vervollstÀndigten so eine interessante Reihe, 
von deren Gliedern man bis jetzt nur eine beschrÀnkte 
Zahl kannte. Die in möglichster Reinheit dargestellten 
dreizehn flĂŒssigen, dem Sumpfgase homologen Kohlen- 
wasserstoffe charakterisiren sich alle eben so wie das 
Sumpfgas durch grosse chemische Indifferenz. Das als 
Paraffın bezeichnete feste Product, welches man immer 
im amerikanischen Petroleum findet und welches eben so 
gegen die Einwirkung der energischsten Reagentien resi- 
stent ist, gehört ebenfalls zu dieser Reihe. Es steht jetzt 
fest, dass es mehre Paraffine mit sehr verschiedenem 
Schmelz- und Siedepuncte giebt, die eine eben solche 
mehr oder weniger betrÀchtliche Reihe fester Verbindun- 
gen bilden, wie die der flĂŒssigen. 

Jeder dieser Kohlenwasserstoffe wird durch Chlor 
angegriffen, wobei unter successiver Elimination des Was- 
serstofis als SalzsÀure eine Àquivalente Menge Chlor fixirt 
wird. Das erste Product dieser Einwirkung ist bei jedem 
Kohlenwasserstoffe der salzsaure Aether des entsprechen- 
den Alkohols, aus diesen ChlorwasserstoffÀthern kann man 
verschiedene homologe Alkohole der Aethylreihe darstel- 
len und umgekehrt werden die einmal erhaltenen Alkohole 
durch ChlorwasserstoffsÀure in ihre verschiedenen Chlor- 
wasserstoffÀther umgebildet. Alle diese Aether ohne Aus- 
nahme geben im Contact mit Natrium die schöne blau- 
violette FĂ€rbung, die Bouis in seiner Arbeit ĂŒber den 
Caprylalkohol erwÀhnt. Erhitzt man die Mischung dieser 
Körper, so vereinigt sich das Chlor mit dem Alkalimetall, 
in derselben Zeit entwickelt sich ein Kohlenwasserstoff 
mit 2 Aeq. Wasserstoff weniger, als der ursprĂŒngliche 
Kohlenwasserstoff enthielt. 

Auf diese Weise kommt man aus der Reihe des 
Sumpfgases in die des ölbildenden Gases. Die Chlor- 
wasserstoffÀther wirken in verschlossenen GlÀsern bei 100 
bis 1600 auf die alkoholischen Lösungen der Alkalien, 
SulfĂŒre, CyanĂŒre, alkalischer Salze und bringen durch 
Doppelzersetzung die verschiedenartigsten Verbindungen 
hervor, die man durch reciproke Einwirkung der ent- 
sprechenden Alkohole und SĂ€uren erhalten kann, aus wel- 


a: > 
144 Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 


chen die verschiedenen einfachen und zusammengesetzten 
Aether entstehen. Die dem Sumpfgase homologen Kohlen- 
wasserstoffe versprechen uns also nicht allein die Darstel- 
lung aller bekannten Alkohole, sondern auch die Auf- 
findung anderer noch unbekannter. 

LÀsst man in verschlossenen GlÀsern die Chlorwasser- 
stoffÀther auf alkoholische Ammoniaklösungen einwirken, 
so kann man ebenso die ganze Reihe der den Methyl- 
und Aethylverbindungen homologen Ammoniake erhalten. 
Jeder dieser Kohlenwasserstoffe fĂŒhrt demnach zu zahl- 
reichen Producten, deren Darstellung keine ernstlichen 
Schwierigkeiten darbieten dĂŒrfte. 

Sind die Kohlenwasserstoffe in ihren vielfachen heute 
gebrÀuchlichen Verwendungen von grosser Bedeutung, 
so‘ sind sie dieses nicht weniger von rein speculati- . 
vem Gesichtspuncte, indem sich aus ihnen eine grosse 
Zahl von Verbindungen darstellen lÀsst, deren Existenz 
bisher nur durch Hypothesen wahrscheinlich gemacht war. 

Die von Pelouze und Cahours aus dem ameri- 
kanischen Petroleum erhaltenen Producte sind: 


Dichte h Dichte d. Gase| - 
a Siede- 
Mitectolearı) Punct. |gefun- |berech-|. 
FlĂŒssigkeit den. | net. 


For- 


; 
Name. el 


Volum 
Ă€qui- 
valente 


ButylhydrĂŒr (Te- 


trylbydrĂŒr)..... C3 H10 0,600 bei OP'gegen 100 — — 14 Vol. 
AmylhydrĂŒr (Pen- 

tylhydrĂŒr)...... C1012 0,628 „ 170 300| 2,557.| 2,535) „ 
CaproylhydrĂŒr 

(HexylhydrĂŒr). . C12H140,669 „ 16 680 3,055 | 3,029| „ 
OenanthylhydrĂŒr 


(HeptylhydrĂŒr)..|C14H16/0,699 „-16% 92— 940 | 3,600 | 3,521) „ 
CapryIhydrĂŒr (Oe- 
tylhydrĂŒr)...... C16H180,726 „ 150116— 1180 4,010 
PelargylhydrĂŒr | 
(NonylhydrĂŒr)... C18H20 0,741 „ 1501136— 1380| 4,541 | 4,508| „ 
RutylhydrĂŒr (De- 
eylhydrĂŒr)...... C20H22.0,757 „ 15158— 1620 5,040 | 5,001 | „ 
UndeeylhydrĂŒr ...|C22H210,766 „ 160180—1820| 5,458 | 5,494 | „ 
LaurylhydrĂŒr (Du- 
odeeylhydrĂŒr) ..|C24H 260,778 „ 2001198 —2000 5,972 | 5,987 | „ 
CoeinylhydrĂŒr | 
(TridecylbydrĂŒr). . C26H28 0,796 „ 200216 — 2180| 
MpyristylhydrĂŒr | | 
(TetradeeylhydrĂŒr) C28H30 0,809 „ 200236 —2400| 7,019 | 6,974| „ 
BenylhydrĂŒr (Pen- | 
tadecylhydrĂŒr)..|030H320,825 „ 190255 — 2600 7,526 | 7,467 „ 
PalmitylhydrĂŒr 
(CetylhydrĂŒr)..... C32H34 _ gegen2800 8,078, 7,961) „ 


Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 145 


Aus der sehr umfangreichen Arbeit sind ĂŒber die 
einzelnen Kohlenwasserstoffe einige möglichst kurze Aus- 
fĂŒhrungen nothwendig. 

ButylhydrĂŒr konnte wegen der geringen Menge 
nicht grĂŒndlich untersucht werden; riecht Ă€therartig, giebt 
mit Chlor C8H9C1, das mit alkoholischer Kalilösung im 
Wasserbade sich zersetzt und unter andern Producten 
ein Gas liefert, welches von Brom absorbirt wird. Brom- 
butylen UÜSH8Br? bei 163— 1650 siedend. 

AmylhydrĂŒr farblos, Ă€usserst beweglich, Ă€therartig 
riechend, brennt mit stark leuchtender nicht russender 
Flamme, unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol 
und Aether, ist identisch mit dem von Frankland durch 
reciproke Einwirkung von Zink und Jodamyl dargestell- 
ten Amylwasserstoff, löst fette Körper sehr leicht, ein Hin- 
derniss seiner Anwendung ist die grosse FlĂŒchtigkeit. Chlor 
wird selbst bei gewöhnlicher Temperatur und im diffusen 
Lichte unter Erhitzung reichlich davon absorbirt, C!0H 110]; 
das AmyichlorĂŒr giebt mit alkoholischer Lösung von 
einfach Schwefelkallum AmylsulfĂŒr, mit Schwefelwas- 
serstoff-Schwefelkalium Amylmercaptan und mit Brom 
bildet sich Bromamylen ClHI0Br?. 

CaproylhydrĂŒr—=Ül?Hl# ist im amerikanischen 
Petroleum von allen Kohlenwasserstoffen in 
grössterMenge enthalten, farblos, sehr beweglich, mit 
schwach Àtherartigem Geruch, unlöslich in Wasser, leicht 
löslich in Alkohol, Holzgeist, Aether, Aceton, Amylalkohol 
und verschiedenen zusammengesetzten Aethern. Es löst: 
Elaylchlorid, Schwefelkohlenstoff, BromhydrocarbĂŒr in allen 
VerhÀltnissen bei gewöhnlicher Temperatur; reichlich selbst 
in der KĂ€lte Talg, Aethal, Stearin, Margarin, Elain, 
Paraffin, vegetabilisches Wachs, fette Oele und die aus 
ihrer Verseifung entstehenden SÀuren, löst aber selbst in 
der WĂ€rme nicht merklich die SĂ€uren, welche aus Fetten 
durch SalpetersÀure sich bilden wie BernsteinsÀure, Adi- 
pin-, Pimelin- und SuberinsÀure. Nicotin wird davon in 
allen VerhÀltnissen und bei allen Temperaturen gelöst; 
‘ Anilin nur in der WĂ€rme, scheidet sich beim Erkalten 
wieder ab; Chinin, Cinchonin, Morphin, Narcotin nicht 
merklich. CaproylhydrĂŒr löst Jod und nimmt davon eine 
sehr intensive rothviolette Farbe an; Jodoform beim Sie- 
den mit röthlicher FÀrbung, scheidet sich beim Erkalten 
in gelben glÀnzenden Flittern aus. In nur sehr geringen 
Mengen selbst bei lÀngerm Sieden werden gelöst Colo- 
phonium, Copal, Anime; BenzoösÀure in der KÀlte kaum, 


Arch.d. Pharm. CLXXXI,Bds.1.u.2. Hit. 10 


rn un ei. an 
ar NT Y 


146 Untersuchungen ĂŒber das amerikanische Petroleum. 


in der WĂ€rme reichlich, scheidet sich beim Erkalten in 
langen, durchsichtigen, dĂŒnnen Nadeln wieder ab; Benzo& 
bei gewöhnlicher Temperatur nicht merklich, in der WÀrme 
sehr wenig; Benzin in allen VerhÀltnissen, Nitrobenzin 
ziemlich betrÀchtlich, Dinitrobenzin in sehr geringen Men- 
gen, scheidet sich in feinen, schwach gefÀrbten Nadeln 
wieder aus; Naphtalin in der WĂ€rme reichlich, scheidet 
sich beim Erkalten in glÀnzenden Prismen ab, weniger 
gelöst wird selbst in der WÀrme Nitronaphtalin, das sich 
beim allmĂ€ligen Erkalten in langen, gelben, dĂŒnnen, glĂ€n- 
zenden Nadeln abscheidet. Leicht gelöst wird Azobenzid 
selbst in der KÀlte, giebt beim Verdunsten schön orange- 
rothe Prismen, die grosse Aehnlichkeit mit doppelt chrom- 
saurem Kali haben. Campher löst sich in allen VerhÀlt- 
nissen im HexylhydrĂŒr. 

Es ist brennbar mit stark leuchtender Flamme. Diese 
Eigenschaften versprechen eine vortheilhafte Verwendung 
dieses Körpers zur Beleuchtung einerseits und andererseits 
zum Entfernen von Fettflecken aus Zeugen. Zur Berei- 
tung von Firnissen kann es nicht dienen, weil es zu wenig 
lösend auf harzartige Körper wirkt. 

Bei mehrstĂŒndigem Einleiten unter diffusem Lichte 
von Chlor in CaproylhydrĂŒr nimmt dasselbe die charak- 
teristische Farbe des Gases an. Das CaproylchlorĂŒr 
C12H13C] siedet bei 125 — 1280, ist farblos, klar, völlig 
neutral, wirkt nicht auf Silbernitrat, ist unlöslich in Was- 
ser, leicht löslich in Alkohol und Aether. Dichte 0,892 
bei 160. Es ist der ChlorwasserstoffÀther der 
Hexyl- oder Caproylreihe. — Durch lĂ€ngeres Ein- 
leiten von Chlor entwickelt sich SalzsÀure und es bilden 
sich chlorreichere Producte; man erhÀlt eine farblose, klare 
FlĂŒssigkeit, die bei 180—184° siedet, bei 200 eine Dichte 
von 1,087 zeigt und der Formel C1?H!?2C]? entspricht: 
einfach gechlorter ChlorhydrohexylĂ€ther. — Das 
dritte Product der Einwirkung von Chlor auf HexylhydrĂŒr 
ist fast farblos, noch ziemlich beweglich, siedet bei 215 
bis 2180, seine Dichte ist 1,193 bei 210, seine Formel 
Cl?H11C]3: zweifach gechlorter Chlorhydrohexyl- 
Ă€ther. — Das vierte Product ist eine leicht ambrafarbige 
FlĂŒssigkeit, weniger beweglich als das dritte, von der For- 
mel CPH10C]4, dreifach gechlorter Chlorhydro- 
hexylĂ€ther. — UnterstĂŒtzt man die Einwirkung des 
Chlors auf HexylhydrĂŒr durch WĂ€rme und Sonne nicht, so 
erhÀlt man eine betrÀchtliche Menge eines dunkelambra- 
farbenen Productes von der Consistenz eines fetten Oeles, 


Petroleumbeleuchtung. 147 


das beim Erhitzen stark campherartig riecht, bei 285 bis 
2900 siedet, Dichte 1,598 bei 200%, Formel C1?H8Ol6: 
fĂŒnffach gechlorter ChlorhydrohexylĂ€ther. 

Die ĂŒbrigen in der Tabelle aufgefĂŒhrten Kohler wasser- 
stoffe sind nebst ihren Derivaten und Substitnutionsproduc- 
ten sehr ausfĂŒhrlich in der Arbeit von Pelouze und 
Cahours behandelt, bieten jedoch nichts pharmaceutisch 
Wichtiges dar. (Annal. de Chim. et de Phys.) Dr. Reich. 


Petroleumquellen in Italien. 


Auch in Italien und zwar im Toskanischen, wurden 
durch einen englischen Geognosten Petroleumquellen auf- 
sefunden. Derselbe hat die Landesstrecken bei Guerzola, 
Guercin, Varana, Monte Carenzone angekauft; die Aus- 
beutungsarbeiten werden ehestens beginnen. (Ztgsnachr. 
1866.) B. 


Petroleumbeleuchtung. 


Eine bei der Petroleumbeleuchtung ĂŒberall ge- 
machte Erfahrung lautet dahin, dass die Beleuchtung 
durch das hÀufige Zerspringen der Glascylinder ziemlich 
vertheuert wird und dies ist namentlich an Orten, wo 
Luftzug herrscht (in Hausfluren, Strassen, auf Bahnhöfen 
u.s.w.) der Fall. Die Petroleumflamme strahlt nÀmlich, 
weil sie hellleuchter ist als andre Flammen, auch eine 
stÀrkere Hitze aus, welcher der Glascylinder nicht wider- 
steht, wenn von aussen eine ungleiche und rasche Ab- 
kĂŒhlung erfolgt. Das einfachste Mittel, das Zerspringen 
der Glascylinder sicher zu verhĂŒten, besteht darin, den 
Glascylinder mit einem andern, von 7—10 Linien grös- 
seren Durchmesser zu umgeben. SelbstverstÀndlich muss 
der grössere Glascylinder auf einem Boden aufstehen, so 
dass von unten her kein bemerkenswerther Luftstrom im 
Zwischenraum beider Cylinder entsteht. Es kann keine 
Rede davon sein, dass nun der Àussere Cylinder zersprin- 
gen muss, weil er jetzt ungleicher AbkĂŒhlung ausgesetzt 
ist, denn die Temperatur seiner InnenflÀche ist offenbar 
zu gering. (Bl. f. Hdl. u. @ew. 1866.) B. 


Notiz ĂŒber einige neue Kohlenwasserstoffe. 


C. Schorlemmer theilt mit, dass er in letzterer 
Zeit mehre Kohlenwasserstoffe der Reihe C#H%#+? mit 


10 * 


BB HD u 2,1 20133 ern 
148 Notiz ĂŒber einige neue Kohlenwasserstoffe. 


allen möglichen Oxydationsmitteln behandelt habe, jedoch 
ohne Erfolg. Er hat sich indess ĂŒberzeugt, dass die aus 
Steinöl dargestellten Amylverbindungen mit den aus 
Fuselöl erhaltenen im Siedepuncte, specifischen Gewicht 
u.s. w. ganz identisch sind. FĂŒr das Acetat fand Schor- 
lemmer, wie kĂŒrzlich Wanklyn, den Siedepunct 1400. 

GegenwÀrtig hat Schorlemmer eine Arbeit wieder 
aufgenommen, die sich an seine Untersuchung ĂŒber die 
Kohlenwasserstoffe aus ÜCannelkohlentheeröl anschliesst. 
Beim Reinigen des unter 1200 siedenden Oels mittelst 
SchwefelsÀure wird ein Theil desselben verÀndert, indem 
beim Abdestilliren des gewaschenen Oeles die Koblen- 
wasserstoffe der Sumpfgas- und der Benzolreihe abdestil- 
liren und eine bedeutende Menge einer theerartigen FlĂŒs- 
sigkeit zurĂŒckbleibt. Wird dieselbe ĂŒber 2000 erhitzt, 
so destillirt ein dickes Oel ĂŒber, aus dem Schorlemmer 
durch lange wiederholtes Fractioniren ĂŒber Kalihydrat 
und Natrium folgende drei Kohlenwasserstoffe abgeschie- 
den’ hat: Siedepunet 

@2# 20.112.200 
©23H2F }.\.) 2400 
C32H28,,. 2800. 

Dieselben sind wasserhelle, dickflĂŒssige, stark licht- 
brechende Oele, die einen eigenthĂŒmlichen, an die Wur- 
zeln einiger Umbelliferen erinnernden Geruch besitzen 
und mit SalpetersÀure Nitroverbindungen bilden, aus denen 
durch Zinn und SalzsÀure leicht verÀnderliche chlor- 
wasserstoffsaure Salze entstehen. Durch UhromsÀure wer- 
den die Kohlenwasserstoffe langsam oxydirt, unter Bildung 
von KohlensĂ€ure, flĂŒchtigen FettsĂ€uren und einer harz- 
artigen SĂ€ure. Diese Kohlenwasserstoffe hat Schorlem- 
mer bis jetzt nur in geringer Menge und noch nicht in 
ganz reinem Zustande erhalten, es ist demselben jedoch 
vor der Hand wahrscheinlich, dass dieselben durch Einwir- 
kung der SchwefelsÀure auf Kohlenwasserstoffe der Reihe 
C’H?r2 entstanden sind. (Zischr. f. Chem. N. F. .Bd.2. 
Heft 2. — Chem. Üentrbl. 1866. 29.) B: 


Anfertigung von wasserdichtem Papier. 

Man setzt zu der Papiermasse eine Lösung von reiner 
Talgseife in Wasser, zu welcher man die genĂŒgende Menge 
Alaun hinzugefĂŒgt hat, um eine vollstĂ€ndige Zersetzung 
der Seife zu bewirken. Das Papierzeug wird dann in 
gewöhnlicher Weise verarbeitet, braucht aber nicht geleinit 
zu werden. (Scient. Amer. durch "Pol yt. Centrbl. 1866.) B. 


Tödten der Fische. 149 


Metamorphose der Fische. 


Agassiz zeigt, dass nicht allein bei den Insekten 
und Amphibien Metamorphosen vorkommen, sondern auch 
und zwar gar nicht selten bei den Fischen. Kleinere 
Fische, die anfangs den Gadoiden (Schellfischen) und 
Blennioiden (Meergrundeln) gleichen, nehmen spÀter die 
Gestalt von Labroiden (Lippenfischen) und Lophioiden 
(Meerteufeln) an. Gewisse unenrtwickelte Formen, die 
denjenigen der Frösche und Kröten Àhneln, werden zu 
Cyprinodonten (Weissfischen); es werden Akanthoptery- 
gien (Stachelflosser) aus Malakopterygien (Weichflossern); 
Jugularen (Kehl-Stachelflosser) oder Abdominalen (Bauch- 
Weichflosser) aus Apoden (KahlbÀuchen). Bei einigen 
Skomberoiden (Makrelen oder Thunfischen) treten noch 
unerwartetere Metamorphosen auf. Der Sonnen- oder St. 
Peterfisch (Zeus faber L.) ist als zu den Makrelen oder 
Thunfischen gehörig von allen Naturforschern genau cha- 
rakterisirt. Seltener ist der zu den Lachsen gezÀhlte 
Argyropelecus hemigymnus im Mittelmeere. Es werden 
Lachse und Makrelen von den Systematikern als sehr 
weit von einander stehende Familien betrachtet und doch 
ist der Argyropelecus nichts Anderes als ein junger Son- 
nenfisch.. Es wird das ganze bisherige System durch 
diese Beobachtungen umgestĂŒrzt und eine grosse Zahl 
von Arten wird sich bei nÀherer Untersuchung als Meta- 
morphosenforım ausweisen. (Annal. des sciences natur.) 

Dr. Reich. 


Ueber das Tödten der Fische 


Die Erfahrung hat gelehrt, dass das Fleisch von 
Fischen, die sogleich beim Herausnehmen aus dem Was- 
ser getödtet werden, wie es in Holland durchgÀngig im 
Gebrauch ist, viel fester und schmackhafter ist, ais das 
von solchen, denen man noch Stunden oder Tage lang 
ein eben so unnatĂŒrliches als qualvolles Leben lĂ€sst, da 
die Fische, denen man eine lÀngere Zeit die nothwen- 
digste Lebensbedingung (frisches Wasser) entzogen hat, 
krank werden mĂŒssen. Im Interesse der Gesundheit des 
Fische consumirenden Publicums muss aber darauf ge- 
drungen werden, dass die Fische sogleich beim Heraus- 
nehmen aus dem Wasser getödtet werden, welches aber 
auch ferner nicht mehr auf die gewöhnliche rohe Weise 
geschehen möge, sondern es viel zweckmÀssiger ist, den 
Fischen das Leben durch Trennung des Gehirns vom 


a er. Re Bin.‘ 


150 Ein grosser Hecht. — Straussenzucht am Cap. 
RĂŒckenmarke, also durch einen hinter dem Kopfe beizu- 
bringenden Schnitt, mit einem Male zu nehmen. Die 
bisherige Ansicht, dass das Fleisch der getödteten Fische 
zu schnell in Verwesung ĂŒbergehe, ist ganz unrichtig; 
an einem kĂŒhlen Orte aufbewahrt, erhĂ€lt sich dasselbe 
48 Stunden vollkommen frisch. (Burger’s kurze Berichte.) 


Ein grosser Hecht. 


Das Memorial de la Loire spricht von einem selte- 
nen Fischfange, der im August 1865 zu St. Paul-en-Cor- 
millon gemacht wurde. Man fing in der Loire einen rie- 
sigen alten Hecht, in dessen Körper man ein Messer mit 
zwei Klingen, einen kleinen SchlĂŒssel und den StahlbĂŒgel 
einer Börse fand. Das Geld und die Börse hatte das 
gefrÀssige Thier ohne Zweifel verdaut. Die Autopsie 
wurde nach allen Regeln vorgenommen. Nach der An- 
sicht erfahrener Fischer war dieser Hecht mindestens ein 
Jahrhundert alt, seine LĂ€nge betrug gegen 5 Fuss. Ueber 
den Ursprung der in ihm gefundenen GegenstÀnde ver- 
liert man sich in Conjecturen; die Meisten nehmen an, 
er habe einen Menschen gefressen, der seinen Tod im 
Wasser gefunden. Derjenige, der die Wildheit und sprich- 
wörtliche GefrÀssigkeit der Hechte kennt, wird darin 
nichts Unmögliches finden. Man hat das Thier zerglie- 
dert und dem Museum von St. Etienne zugesandt. (Cour- 
rier de la Cöte.) Dr. Reich. 


Straussenzucht am (Cap. 


Man beginnt jetzt am Cap den Strauss zu zĂŒchten. 
35 dieser Thiere erfordern 300 Acker Grasgrund. Die 
Federn werden einmal in 6 Monaten gerupft und jeder 
Vogel liefert fĂŒr 10—12 Pfd. Sterl. (etwa 67—80 Thlr.). 
1 Pfund Straussenfedern kostet 25 Pfd. Sterl. (166 Thlr. 
20 Sgr.) Die ursprĂŒnglichen Kosten der jungen Vögel 
sollen sich auf je 5 Pfd. Sterl. belaufen. (Ausland.) 

Dr. Reich. 


VerhÀltniss des Albumins zum (asein. 


Schwarzenbach hat die Beobachtung gemacht, dass 
die Proteinkörper nicht nur durch gelbes und rothes 
Blutlaugensalz, sondern auch durch die Platindoppeleya- 
nĂŒre gefĂ€llt werden. 


En Na a AN 
KIN > 


VerhÀltnisse des Albumins zum (Casein. 151 


SĂ€uert man ein Gemisch aus einer schwach alkalisch 
reagirenden Lösung der Proteinkörper und Kaliumplatin- 
cyanĂŒr an, oder setzt man das Reagens gleich einer be- 
reits sauren Lösung zu, so tritt augenblicklich eine reich- 
liche FĂ€llung ein. Die schneeweissen gallertartigen Nie- 
derschlÀge verdichten sich bald und trennen sich von 
der FlĂŒssigkeit; sie sind im Ueberschusse des FĂ€llungs- 
mittels ziemlich leicht und vollstÀndig löslich, durch Schwe- 
felwasserstoff werden sie nicht zersetzt. Sie lassen sich 
auf dem Filter auswaschen und bleiben als eine zusammen- 
hĂ€ngende kĂ€sige Masse zurĂŒck, die man am besten gleich 
vom Filter abnimmt, da sie nach dem Trocknen zu fest 
am Papier haftet. Der weisse undurchsichtige Körper 
wird nÀmlich beim Trocknen völlig durchsichtig und glas- 
artig, nur der Fibrinniederschlag nimmt im Wasserbade 
eine brĂ€unliche FĂ€rbung an. Die ĂŒbrigen Platinproteide 
lassen sich leicht zu einem staubfeinen Pulver zerreiben, 
welches bis auf eine geringe HygroskopicitÀt an der Luft 
vollkommen unverÀnderlich ist. 

HĂŒhnereiweiss wurde mit dem doppelten Volu- 
men Wasser vermischt, geschlagen, filtrirt, durch concen- 
trirte EssigsÀure schwach angesÀuert, abermals filtrirt und 
die saure Lösung mit KaliumplatineyanĂŒr vorsichtig ge- 
fÀllt. Die gut ausgewaschene kleisterartige Masse wurde 
getrocknet und gab einen Gehalt von 5,54 — 5,57 Proc. 
Platin. Nimmt man nach LieberkĂŒhn das Mischungs- 
gewicht des Eiweisses zu 1612 an, so wĂŒrden sich 5,59 Pro- 
cent Pt. berechnen. 

Der unter denselben UmstÀnden in einer Casein- 
lösung erhaltene Niederschlag bildet ein compactes Coa- 
gulum und lÀsst sich leicht auswaschen und trocknen. 
Der Platingehalt wurde zu 11,173— 11,346 Proc. gefun- 
den. Es verhÀlt sich demnach der Procentgehalt an Pla- 
tin in der Eiweissverbindung zu demjenigen in der Üa- 
seinverbindung wie 1:2. 

Dieses auffallende Resultat veranlasste den Verf., 
noch Schwefelbestimmungen beider Proteide auszufĂŒhren. 
Es ergab sich fĂŒr das HĂŒhnereiweiss in der Mehrzahl 
der Versuche 2,1—2,2 Proc. S und fĂŒr das Casein ge- 
wöhnlich 1,1 Proc., also betrÀgt der procentische Schwe- 
felgehalt des Caseins nur die HĂ€lfte von dem des Albu- 
mins. Dieser Schwefelgehalt ist höher als der bisher 
gefundene, doch ist der Verf. der Ueberzeugung, dass 
er nicht auf Irrthum der Analyse beruht, sondern wohl 
nur dem Umstande zuzuschreiben ist, dass alle bisherigen 


- ke RP WINE Pa Eee , - 
Âź Y \ 


a 


152 Analyse einer Schweinemilch. — Eisen im Blute. 


Methoden zur Reinigung der Proteinkörper behufs der 
Elementaranalyse einen Verlust an deren Schwefelgehalt 
mit sich gefĂŒhrt hĂ€tten. 

Hiernach wĂŒrde also das Mischungsgewicht des Ca- 
seins die HĂ€lfte von dem des Albumins betragen und — 
806 anzunehmen sein. (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXXII, 
185 — 193.) @. 


Chemische Analyse einer Schweinemilch. 
Das Schwein, von welchem die Milch herrĂŒhrte, war 
2 Jahre alt. GefĂŒttert wurde dasselbe mit Molken, Kar- 
toffeln, Bruch von Afterweizen und Afterroggen. 
Die Milch des Schweines betrug 50 Grm.; sie war 
dicklich, fast fadenziehend, ihr Geschmak kĂŒhlend, fettig, 
nicht sĂŒss; die Reaction stark alkalisch. 


Lintner fand darin in 100 Theilen: 


Casein. NE 6.89 
Albumin..... i 
Wasser 0.8: 82,93 Butter 6.88 
Fester RĂŒckstand 17,07 Milchzucker .. 901 
.. ’ 
Salze, 1,29 
(Buchn. n. Repert. Bd. 15.) B. 


Eisen im Blute. 


Nach einer neueren von Pelouze angegebenen Me- 
thode untersucht enthalten 100 Theile: 


Menschenblut... 0,051 — 0,054 Th. Eisen 
Ochsenblut..... 0,049 — 0,055 


n n 
Schweineblut... 0,051 — 0,059 „ ,„ 
GĂ€nseblut...... 0,035 .0.037 0, 
Truthahnblut... 0,033 — 0,084 „ „ 
HĂŒhnerblut..... 0,036 2 4 
Entenblut...... 0,034 RE 
Froschblut..... 0,042 BEN 

(Comptes rendus.) Dr. Reich. 


153 


EV. Literatur und Kritik. 


Amtlicher Bericht ĂŒber die 40ste Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte. Hannover 1866. 


Allgemeine Sitzungen. Erste Sitzung, 18. Septbr. 1865. An- 
sprachen beider GeschĂ€ftsfĂŒhrer: Geh. Ober-Medicinalraths Krause 
und Directors Karmarsch; ferner des Stadtdirectors Rasch und 
Sr. Excellenz des Staatsminiserss v. Hammerstein. Es folgten 
die VortrĂ€ge: „Ueber Darwin’s Lehre und die Specification“ von 
Ernst Hallier:; â€žĂŒber die klinische Bedeutung der Helmholtz’schen 
Schwingungslehre“ von Professor Erhardt und â€žĂŒber die Stellung 
Blumenbach’s zur Darwin’schen Schöpfungstheorie“ von Professor 
Schultz-Schultzenstein. 

Zweite Sitzung, 20. Septbr. Vortrag: „Ueber die nationale Ent- 
wickelung und Bedeutung der Naturwissenschaften“ von Professor 
Virchow; Bericht ĂŒber das Stassfurther Steinsalzlager vom Geh. 
Ober-Bergrath Nöggerath; Vortrag: â€žĂŒber sogenannte Geheim- 
mittel“ von Professor W. Krause. 

Dritte Sitzung, 23. Septbr. Vortrag: „Ueber naturgeschicht- 
liche Volksbildung“ von Professor RossmĂ€ssler. Mittheilung: 
„Ueber Entwickelungsgeschichte der SteinsalzlagerstĂ€tten“ von Dr. 
Volger. Vortrag: „Ueber submarine Apparate und Fahrzeuge“ 
vom Submarine-Ingenieur Wilh. Bauer. Vortrag: „Die Kalen- 
derreform“, von Staatsrath MĂ€dler. Schlusswort vom Geh. Ober- 
Bergrath Nöggerath. 

Aus den Sectionssitzungen theilen wir natĂŒrlich nur dasjenige 
mit, was fĂŒr die Botanik von besonderem Interesse ist. 

ZunÀchst machen wir aufmerksam auf den in der mathema- 
tisch-physikalischen Section von Hrn.Dr. Prestel aus Emden em- 
pfohlenen Verdunstungsmesser, welcher sich fĂŒr pflanzenphysiolo- 
gische Versuche vorzĂŒglich eignen dĂŒrfte. 

Aus der chemischen Section heben wir eine Mittheilung von 
Dr. J. Erdmann in Hannover ĂŒber die Steinzellen der Birnen 
hervor. Die SchlĂŒsse, welche auf das interessante Ergebniss einer 
Analyse jener Zellen gebaut werden,:sind vielleicht etwas zu kĂŒhn 
und allgemein gehalten. Sehr wichtig fĂŒr die Pflanzenphysiologie 
dĂŒrfte die Methode zur Bestimmung des Stickstoffs gleichzeitig mit 
Kohlenstoff und Wasserstoff, welche C. Gilbert Wheeler aus 
NĂŒrnberg mittheilt, sich erweisen. Herr Dr. K.Kraut aus Hannover 
sprach ĂŒber die Salieyl-Verbindungen. Vom höchsten Interesse fĂŒr die 
gesammte Naturwissenschaft ist die Frage, welche H.L. Buff durch 
seinen Vortrag: „Ueber das VerhĂ€ltniss der RaumerfĂŒllung und 
der chemischen AffinitĂ€t bei dem Schwefel in flĂŒchtigen und flĂŒs- 
sigen Verbindungen desselben“ berĂŒhrte. 

Section Botanik und Pflanzenphysiologie. Vortrag vom Pro- 
fessor Schultz-Schultzenstein: „Ueber den Unterschied zwi- 
schen Metamorphose und Anaphytose mit RĂŒcksicht auf die gefĂŒll- 
ten Blumen“. 


154 Literatur. 


Aus interessanten und wichtigen Beobachtungen an Dianthus 
Heddewigii, welche zeigen, dass hier die FĂŒllung Folge einer Pro- 
lifieation der StaubfÀden ist, zieht Redner den Schluss, es finde 
ĂŒberhaupt keine Verwandelung der StaubblĂ€tter in KronblĂ€tter 
statt. Wer an der rĂŒckschreitenden Metamorphose zweifelt, den 
darf man nur an das erste Stadium der TulpenfĂŒllung erinnern, 
wo in der That am Connectiv sich einerseits ein halber Staub- 
beutel und andererseits ein halbes Perigonblatt ausbildet. Aber 
es bedarf dessen nicht. Die Teratologie giebt zur Metamorphose 
die interessantesten und deutlichsten Belege. 

So viel im Einzelnen auch Interessantes und richtig Beobach- 
tetes in der Auffassung des Redners liegt, so mĂŒssen wir doch im 
Auge behalten, dass er gegen die alte Form der Goethe’schen 
Metamorphose kĂ€mpft und dass seine EinwĂŒrfe durch die Zellen- 
lehre, besonders durch die IndividualitÀt der Zelle, grösstentheils 
beseitigt sind. Ausser der Zellenlehre, vermöge deren die Zellen 
eines Blattes z.B. an den Orten stÀrkster Saftbewegung, also na- 
mentlich an den Kreuzungspuncten der GefĂ€ssbĂŒndel, unter gĂŒn- 
stigen UmstÀnden Zellenvermehrung und Knospung einleiten kön- 
nen, bedarf es keiner Annahme besonderer Anaphyta: denn die 
lEigenthĂŒmlichkeit der ganzen Pflanze, also auch der Knospe, liegt 
schon in der einzelnen Zelle; sonst könnte die erste Pflanzenanlage 
nicht einzellig sein. 

Wir haben nicht nöthig, auf die ĂŒbrigen Folgerungen, welche 
aus der Änaphytosenlehre gezogen werden, nĂ€her einzugehen, da 
die ganze heutige Botanik dieser Frage gegenĂŒber schon entschie- 
den hat. 

Herr Dr. v. Holle hielt in der zweiten Sitzung einen Vor- 
trag: „Ueber die Formenconstanz der Brombeeren zwischen dem 
Deister und den Mooren bei Hannover.“ 

In der dritten Sitzung: Vortrag von Ernst Hallier: „Ueber 
Schmarotzerpilze auf dem menschlichen Körper, insbesondere GÀh- 
rungspilze“. Med.-Assessor Wilms knĂŒpfte daran sehr interessante 
Mittheilungen ĂŒber parasitische Pilze auf Insektenlarven, insbeson- 
dere ĂŒber eine wahrscheinlich neue Clavaria auf dem Larvenkopfe 
einer Cicade. 

Vierte Sitzung. Vortrag von Dr. F. Buchenau: „Ueber die 
SprossverhĂ€ltnisse in der Gattung Triglochin“:; ferner von H. Wend- 
land: „Ueber die systematische Eintbeilung der Palmen“, und 
von Demselben: „Ueber Uyelanthus Pois.“ 

Leider war Referent bei dem folgenden Vortrage des Herrn 
Forstraths Hartig: „Ueber die in der AtmosphĂ€re vorausgesetzten 
Infusorien- und Pilzkeime“, nicht mehr in Hannover anwesend. 
Referent ist ganz entschieden der Ansicht, welche er auf einem 
anderen und einfacheren Wege als Pasteur glaubt begrĂŒndet zu 
haben, dass alle GÀhrungs-Organismen aus der Luft in die gÀh- 
rende Substanz gelangen. Hartig hatte so schöne Zeichnungen 
zur ErlÀuterung seiner entgegengesetzten Ansichten mitgebracht, 
dass schon dadurch die Lust erweckt wurde, dem Vortrage zu fol- 
gen. Wir lassen den kurzen Bericht wörtlich folgen. Redner hatte 
Glasflaschen mit einer gĂ€hrungsfĂ€higen, Schimmel nĂ€hrenden FlĂŒs- 
sigkeit gefĂŒllt, gekocht und mit einem Baumwollenstöpsel verschlos- 
sen. Es blieb dann die FlĂŒssigkeit unverĂ€ndert; allein wenn der 
Stöpsel nach einigen Tagen oder selbst Monaten auch nur fĂŒr 
einen Augenblick geöffnet wurde, siedelten sich rascher und mas- 
senhafter, als wenn die Flasche gar nicht verschlossen gewesen 


Literatur. 155... 


wÀre, Schimmel- und GÀhrungspilze an. Da wegen der Àusserst 
geringen Temperaturdifferenz eine sehr geringe Luftmenge in die 
Flasche eintritt, so berechnet Redner, dass, wenn man diese Luft- 
menge auch ziemlich hoch taxire, eine solche Menge Pilzsporen in 
der Luft schwimmen mĂŒssten, dass dieselben auf keine Weise ĂŒber- 
sehen werden könnten. 

Es ist dies ein merkwĂŒrdiges Beispiel, wie viel bei unseren 
Beobachtungen von der ErklÀrungsweise der Erscheinungen ab- 
hÀngt. Referent sieht nÀmlich aus der oben mitgetheilten Beob- 
achtung genau das Gegentheil von dem hervorgehen, was der Red- 
ner daraus schliesst. 

Das Wesen aller GĂ€hrungsformen zeigt sich bekanntlich darin, 
dass die Organismen im Innern einer FlĂŒssigkeit vegetiren und 
daber gezwungen sind, der FlĂŒssigkeit den Sauerstoff zu entziehen, 
dessen sie bedĂŒrfen. An der OberflĂ€che, wo die FlĂŒssigkeit mit 
der Luft in BerĂŒhrung ist, kann daher keine GĂ€hrung statt finden, 
sondern es tritt Schimmelbildung oder, im allgemeinsten Sinne des 
Wortes, Verwesung ein. Daher schliesst man bei allen GĂ€hrungs- 
processen die Luft möglichst ab. Es folgt daraus, dass eine Flasche, 
gefĂŒllt mit gĂ€hrungsfĂ€higer Substanz, nur dann starke GĂ€hrung 
zeigen wird, wenn man sie fĂŒr kurze Zeit öffnet und wieder schliesst, 
nicht aber, wenn sie ganz offen steht. Dieses Factum hat Referent 
experimentell nachgewiesen und wird sogleich darĂŒber referiren. 

Was aber zunĂ€chst die Ansicht Hartig’s anlangt, es könne 
nur eine geringe Luftmenge in die Flasche gelangt sein wÀhrend 
des augenblicklichens Oeffnens, so glauben wir, dass auch diese 
und zwar in doppelter Weise auf unrichtigen Vorstellungen beruht. 
Erstlich nÀmlich werden Pilzsporen in die Flasche sinken, wenn 
auch gar kein Luftaustausch statt findet, denn die durch Luft- 
bewegungen suspendirten Körperchen sind doch speeifisch schwe- 
rer als die Luft, also im Sinken begriffen, sobald die Luft nur 
schwach bewegt ist. Schon eine Viertelstunde nach dem Abwischen 
ist in einem Zimmer das Mobiliar wieder, dem blossen Auge sicht- 
bar, mit Staub bedeckt. 

Zweitens aber habe ich gezeigt, dass nur wenige Sporen dazu 
gehören, um in 2—3 Tagen eine nĂ€hrende Substanz mit diehtem 
Schimmel zu ĂŒberziehen. Weit stĂ€rker aber vermehrt sich die Hefe. 
Jede Pilzspore entlĂ€sst im Innern der GĂ€hrungsflĂŒssigkeit eine Menge 
von Kernen, deren jeder schon binnen einer Stunde mehre seines 
Gleichen hervorgebracht hat, welche eben so rasch den Theilungs- 
process fortsetzen. 

Nun zu dem oben versprochenen Referat. Ich stellte Milch in 
drei GefÀssen an. Das eine wurde gekocht und verstöpselt. Nach 
mehren Monaten zeigte die Milch noch keine Spur von saurer 
Reaction oder von Hefezellen. Die zweite Flasche stand unter 
Wasserverschluss, ohne vorher gekocht zu sein. Ihr Inhalt befand 
sich nach wenigen Tagen in starker GÀhrung. Das dritte GefÀss 
stand ganz offen an der Luft in demselben Raume. Hier wurde 
noch ĂŒberdies Penicillium auf die OberflĂ€che gesĂ€et. Die GĂ€h- 
rung trat ein, aber merklich spÀter und langsamer; statt dessen 
zeigte sich aber schon nach 11/, Tagen starke Schimmelbildung. 
Noch schlagender dĂŒrfte ein anderes Beispiel sein. HĂŒhnereiweiss 
wurde, mit Penieillium besÀet, unter Wasserverschluss gebracht. 
Es trat schon binnen 24 Stunden unter Bildung unzÀhliger Kerne 
(die Hefekerne schwellen nicht zu Hefezellen an, sondern theilen 
sich rasch wie die Leptothrix-Ketten; sie sind in der That nichts 


N Re 7° Tr 
156 Literatur. 


Anderes, als bestÀndig zerfallende Ketten) starke FÀulniss ein. 
Eine andere Portion Eiweiss wurde in einem Becherglase ebenfalls 
dick mit Penieillium besÀet und oben nur lose ein Uhrglas darauf 
gelegt, um den gröbsten Staub abzuhalten, ohne der Luft den Zu- 
tritt zu wehren. Nach 21l/, Monaten war noch keine Spur von 
Geruch wahrzunehmen; jetzt, nach lÀnger als 3 Monaten, ist der- 
selbe noch sehr schwach. Es ist offenbar statt der FĂ€ulniss eine 
sehr langsame Verwesung eingetreten. 

Auch Herrn Meyer’s Einwand gegen die Hartig’schen Folge- 
rungen, dass die am Baumwollenpfropf so lange angesammelten 
Pilzsporen beim Entfernen desselben zum Theil in die Flasche 
gefallen sein mĂŒssen, können wir nur beistimmen. 

FĂŒnfte Sitzung. Vortrag von Prof. Schultz-Schultzen- 
stein: „Ueber die Umbildung von Holzsaft in Lebenssaft. Mit- 
theilung vom Forstrath Hartig ĂŒber Entnadelungsversuche und 
Gerbmehl. 

Hinweisen wollen wir hier auf die in mehrfacher Beziehung 
botanisch interessanten Sitzungen der forstwissenschaftlich-agrono- 
mischen Section. 

Schliesslich heben wir noch aus der zoologischen Section den 
Vortrag des Hrn. Prof. Ferd. Cohn: „Ueber die Gesetze der Be- 
wegung der mikroskopischen Pflanzeu und Thiere* hervor. Cohn 
zeigt die AbhÀngigkeit der Bewegung der mit Geisseln versehenen 
Infusorien (Flagellata Cohn), der Zoosporen, Spermatozoiden der 
Chlorosporeae, Melanosporeae und Phaeosporeae vom Licht, 1) in 
Bezug auf die Richtung, welche durch den einfallenden Strahl be- 
stimmt wird: 2) in Bezug auf PolaritÀt, indem gewöhnlich der Kopf, 
d. h. das mit Geisseln versehene Ende, sich der Lichtquelle zu- 
wendet; 3) in Bezug auf eine bestimmte Drehungsrichtung; 4) in 
Bezug auf die Brechbarkeit der Strahlen, indem nur die stÀrker 
brechbaren Bewegung veranlassen. 

Cohn weist auf einige Ausnahmen von diesen Gesetzen hin 
und auf die chemische ThÀtigkeit des Lichtes. 

Wir möchten nur gegen Cohn’s Ansicht, dass die farblosen 
mikroskopischen Organismen der Pilze ganz indifferent gegen das 
Licht seien, uns einen kleinen Einwand erlauben. Der Zellen- 
inhalt der Sporen der Mucorineen tritt bekanntlich in gÀhrungs- 
fĂ€higen FlĂŒssigkeiten in Gestalt beweglicher oder unbeweglicher 
Kerne hervor, um sich je nach der chemischen Natur der FlĂŒssig- 
keit zu den verschiedenen Hefezellen zu gestalten. Diese beweg- 
lichen Zellen (SchwÀrmer) sind allem Anschein nach stets in ihrer 
Bewegung vom Lichte abhÀngig und zwar genau in der von Cohn 
angegebenen Weise. Sie besitzen eine polarische, mit dem schwanz- 
förmigen Ende (Cilie?) der Lichtquelle zugekehrte, um die im 
Lichtstrahl liegende Achse drehende und bohrende Bewegung. 
Gerade an dieser Bewegung kann man sie unterscheiden von den 
in allen Richtungen umherschwÀrmenden Nibrionen: ri etc. 

allier. 


Enumeratio plantarum Transsilvaniae, exhibens stirpes 
phanerogamas sponte crescentes, atque frequentius 
culta; Cryptogamas vasculares, Characeas, etiam 
Muscos, Hepaticasque.. Auctore Dr. phil. Johanne 
Ferdinando Schur, Profess. emer. Scientiae natural., 


Literatur. 157 


plurimum Societat. literar. sociali ord., Societat. natur. 
Transsilv. Cilliniensi et Societat. Regn. hungar. in- 
vestigator natur. Pestini correspond. ete. Vindobonae 
1866, apud Guilielmum BraumĂŒller. 


Unter obigem Titel liegt uns ein umfangreiches Werk, die 
Flora von SiebenbĂŒrgen, vor, in welchem uns der gelehrte Ver- 
fasser in grossen Umrissen ein reiches, vielgestaltiges Pflanzen- 
wachsthum in einem Lande vorfĂŒhrt, welches theilweise bis jetzt 
in botanischer Hinsicht noch nicht vollstÀndig bekannt war. Das 
Buch enthÀlt nÀmlich eine nicht unbedeutende Zahl von neuen 
und unbenannten Gattungsnamen, Arten und VarietÀten, wovon 
meistens nur die beiden letzteren mit wissenschaftlichen Diagnosen, 
Citaten und sonstigen Bemerkungen in lateinischer Sprache be- 
schrieben und die Standorte, Fundorte, BlĂŒthezeit u.s. w. in deut- 
scher Sprache zugesetzt sind. 


Die Enumeratio umfasst einen Band von 62 Gross-Octav-Bogen 
mit 984 Seiten. Die systematische Zusammenstellung der darin 
enthaltenen Pflanzen ist mit wenigen Abweichungen nach De Can- 
dolle geordnet, mit 162 (Familien-) Ordnungs- und 1040 Gattungs- 
Namen mit 4622 Arten. Auf die Phanerogamen kommen 151 Ord- 
nungen mit 886 Gattungen und 4129 Arten;. auf die Kryptogamen 
fallen 11 Ordnungen, die GefÀsskryptogamen sind dabei mit 180 
Arten, die Laubmoose mit 224 Arten, die Lebermoose mit 75 Arten 
und die Characeen mit 14 Arten vertreten. Unter den Phanero- 
gamen befinden sich 222 Culturpflanzen oder solche, die der Verf. 
als FlĂŒchtlinge aus GĂ€rten, als eingewandert oder als unbestĂ€ndig 
bezeichnet. Vergleicht man nun in demselben VerhÀltnisse J. C.@. 
Baumgarten, Enumeratio stirpium in Transsylvanie, Tom. I— IV. 
Vindobonae 1816 mit nur 2548 Arten gegen die vorliegende Enu- 
meratio von 1866 mit 4622 Arten, so so hat sich die Zahl um 2038 
Arten vermehrt. Dem Verfasser dieser Enumeratio hat demnach 
die botanische Wissenschaft durch mĂŒhevolle und schwierige For- 
schungen zu verdanken, dass sie einen bedeutend weiteren Ein- 
blick in den Pflanzenreichthum jener Gegenden gewonnen hat, 
welcher fĂŒr dieselbe, besonders aber fĂŒr die geographische Botanik, 
von hohem Werth ist, wenn auch manche als neu beschriebene 
Pflanze, was bei Bearbeitung und Sichtung eines so bedeutenden 
Materials kaum vermieden werden kann, auf schon frĂŒher bekannte 
Pflanzennamen zurĂŒckgefĂŒhrt werden wird. 


Bei Aufstellung von neuen Gattungen hat der Verf., wie er 
selbst im Vorworte bemerkt, sich frei bewegt, indem er nach sei- 
ner Ansicht fĂŒr erforderlich gefunden, Sectionen oder Subgenera 
der Arten oder eingeschobene heterogene Formen als Gattungen 
zu erheben und diese mit Namen der verdienstlicheren Botaniker 
SiebenbĂŒrgens, z. B. Haynald, Bielz, Fuss, Heuffel, Lerchenfeld, 
Kladni zu belegen, oder auch nach Sectionen, Subgenera anderer 
Autoren unter seinem Namen zu benennen; wenn auch manche 
Aufstellung nicht ungerechtfertigt erscheint, so mussten doch die 
neuen Gattungen Diagnosen erhalten. Bei Beschreibung von neuen 
Arten hat der Verf. mehrfach ausser den obigen Botanikern auch 
die Namen von Baumgarten, Fenzl, Heuffler, Kayser, Sigerus be- 
nutzt; warum aber nicht Janka? Wenn nun aber die Ansicht des 
Verf. adoptirt werden sollte, dass jeder Autor einer Flora die in 
der Botanik anerkannten Sectionen und Subgenera von De Cand., 


158 Literatur. 


R.Br., Koch ete. zu neuen Gattungen stempeln wollte, so wĂŒrde 
man zuletzt den Wald der BÀume wegen nicht mehr sehen kön- 
nen; denn nach einem Ueberschlag des Registers sind eirca 10 Pro- 
cent der Pflanzen von dem Verf. benannt! 

Bei Bearbeitung der Enumeratio plantarum Transsilvaniae hat 
sich der Verf. die Aufgabe gestellt, welche neue Arten und Ab- 
arten, nach seinen Beobachtungen, in SiebenbĂŒrgen vorkommen 
und es scheint ihm, nach den umfassenden Auseinandersetzungen, 
auch gelungen zu sein, ein ĂŒbersichtliches Bild der Flora Sieben- 
bĂŒrgens nach KrĂ€ften aufgerollt zu haben. 

Wer ein so umfangreiches Werk nÀher kennen lernen will, 
dem kann man nur rathen, das Original zu studiren, um eine voll- 
stÀndige Auffassung zu erlangen und wir wollen in diesen BlÀttern 
nur Dasjenige mittheilen, was uns bei flĂŒchtiger Durchsicht noch 
besonders aufgefallen ist. 

Pag. 11. Ranunculaceen. Ranunculus Sect.I., Batrachium 
De Cand. Syst., stellt die Enumerat. als Batrachium Schur. herb. 
Transsilv. auf, indem E. Meyer diesen Namen als Gattung schon 
1822 in seiner Flora von Preussen beschrieben hat; ebenso 

3atr. hederaceum Schur., frĂŒher E. Meyer, Wimmer ete. 

Batr. aquatile Schur, 2 5 N 

Batr. paueistaminea Schur. Fr.Schultz schon in seiner Flora 
der Pfalz. 

Batr. fluitans Schur., frĂŒher Wimmer ete. 

Sect. II. Hecatonia De Cand. Syst. hat Schur zu einer eige- 
nen Gattung Hecatonia Schur gemacht und darunter gestellt: 

H. glacialis Schur; Ranunculus glacialis L. 

H. alpestris Schur; Ranunculus alpestris L. 

H. Traunfellneri Schur; Ranunculus Traunfellneri Hoppe 

H. crenata Schur und Hecatonia aconitifolia Schur. 

Pag. 29. Cruciferen. Nasturtium R. Br. Sect.II. Brachy- 
lobus De Cand. nimmt der Verf. als eigenes Genus unter Brachy- 
lobus Schur auf, obschon Allion. pedem. schon frĂŒher Sisymbrium 
amphibium L. Brachylobus amphibius nannte. Schur stellt nun 
unter seinen Brachylobus noch Br. pyrenaicus Schur, Br. silvestris 
Schur; Br. brevistylus Schur ist wohl nur VarietÀt von Nastur- 
tium silvestre Koch syn. II. p.38. Br. palustris Schur. Br. ripa- 
rius Schur ist Nasturtium riparium Wallr. sched. er. eine VarietÀt 
von N. amphibium x auriculatum DeC. Br. anceps Schur. Br. 
armoracioides Schur. Br. hybridus Schur nov. spec. SiebenbĂŒrgen 
bei Schellenberg mit Br. austriacus Schur. 

Pag. 49. Cardamine rivularis Schur ist nach Andrae Botan. 
Zeitung 1853 subalpine Form von (. pratensis, SĂŒdkarpathen. 

Pag. 51. Hesperis Kladni Schur, H. glabra Schur und H. al- 
pina Schur, Siebenb., Verhandl. Enum. Transsilv. scheinen nach 
Beschreibung Formen von der vielgestaltigen Hesp. matronalis. 

Pag. 56. Erysim. Witmanni Zaw. Galiz. 81. E. odoratum Baumg. 
Trans. II. ist nach Andrae Bot. Zeitg. von E. carniolieum Doll. 
nicht verschieden und die letztere ist nach K. syn. ebenfalls nur 
eine Var. y dentatum von E. odoratum Ehrh. 

Pag.132. Hypericineen. Hypericum Rochelii Griesb. scheint 
uns nach der Beschreibung zu H. Richeri Vill. delph. zu gehören, 
indem die BlÀtter nur etwas mehr herzförmig, Kelche und Deck- 
: blÀtter etwas mehr gefranzt sind. 

Pag. 134. Geraniaceen. Geranium alpestre Schur Transsil. 
G. sylvaticum Baumg. scheint wohl Alpenform von @. sylvaticum L. 


Dip.» 1. Dee 
NP, 
; 


Literatur. 159 


Pag.144. Papilionaceen. Genista transsilvan. Schur. Enum. 
Seet. 637. @. leptophylla Spach. Ann. des sciences. 1845. @. trian- 
gularis Fuss., nicht Baumg. Am Altfluss bei Talmatz. Mai bis 
Juli. 1500. 

Genista rupestris Schur Enum. mit dem Citat (affinis G. tinc- 
toria). Kalkfelsen auf dem Kapellenberge bei Kronstadt. Mai bis 
Juli. 3—4000'. 

Genista incubaea Schur. Enum. Kapellenberg. Mai bis Juli. 

Vieia Lerchenfeldiana Schur. Enum. pl. Trans. V. morospor- 
tensis Lerchenf. V. hybrida et V. lutea, an var. Schur. Morosporto 
in SiebenbĂŒrgen etc. Juni — Juli. 

Vicia flavida Schur Enum. pl. Trans. Sect. 20. V. lentiformis 
Schur herb. Trans. (Affinis V. lutea L. var. 8 K. syn.) Hermann- 
stadt. Juni — Juli. 

Pag. 183. Rosaceen. Dryadeae Vent. R 

Geum strietum Ait. hort. Kew. (Gr. intermedium Bess. De CO. prod. 
non Ehrk. Am Arpat in SiebenbĂŒrgen. Juli— August. Leicht mit 
@. urbanum zu verwechseln. 

Potentilla pseudo-frigida Schur. Enum. pl. Trans. p.195. Kalk- 
alpen auf dem Königsstein bei Kronstadt. 6— 7000. August. 

Potentilla amphibola Schur. Enum. Auf den Budos am S$t. 
Anna-See. 7 —8. 

Sclerantheen. sScleranthus neglectus Rochel pl. Banat. rar. 
Baumg. Rehb. fl. excurs. Auf der Höhe von Butsets, 8000‘ Juli 
bis August. 

Pag.229. Crassulaceen. Sempervivum ciliatum Schur Enum. 
S. campaniforme Schur herb. Scheint nach Beschreibung $. sobo- 
liferum Sims. nahe zu stehen. Gmneisfelsen, Mauern, DĂ€cher bei 
Michelsberg. 7—8. 

Umbelliferen. Libanotis humiis Schur En. pl. Tr. L. pu- 
mila Schur herb. Trans. L. alpina Schur. Sec. HĂ€lt Neilreich 
nur fĂŒr niedere ÄAlpenformen von L. montana Crtz. Glimmerschie- 
fer der Arpater Alpen. 6 — 7000°. Juli — August. 

Pag.290. Valerianeen. Valeriana sisymbrifolia Desp. Chair. 
De C. prodr. Schur Enum. V. Cardaminis M. et B. V. transsil- 
vanica Schur herb. V.tripteris var. Schur. Quellige Orte auf den 
Arpater Alpen. 3000‘. Juli. Soll Aehnlichkeit mit Nasturtium offi- 
cinale haben. 

Pag. 312. Compositen. Inula transsilvanica Schur. Enum, 
pl.trans. I. media Schur, I. cordata germanica Schur. Verh. des 
Siebenb. Ver. Die Pflanze scheint mit I. media M. v. B. Koch syn. 
viel Aehnlichkeit zu haben. Sonnige HĂŒgel bei Klausenburg ete. 
7—8. 

Tripleurospermum pusillum Maly, pag. 386, ist richtig als Tri- 
pleur. inodorum 8. pusillum Janka. Oestr. botan. Wochenbl. 1856. 
aufgenommen. Unangebaute Orte bei Klausenburg. 

Pag. 343. Stellt der Verf. Cineraria E. ß Tephroseris Rchb. 
exc. germ. Tephroseres De. prodr. Endlicher als Genus Tephro- 
seris Schur auf und beschreibt die Species unter seinem Namen. 


Cirsium ferox DeC. fl. fr. Schur Enum. pl. Transsilv. p. 419, 
welche nach einem Ex. in Baumgarten’s Herb. als eine Pflanze 
SiebenbĂŒrgens aufgenommen wurde, scheint als sĂŒdwestliche 
Pflanze auf einem Irrthum zu beruhen. 


Caleitrapa solstitialis Schur pl. Trans. ist schon vor 30 Jahren 
in meiner Flora von Coblenz pag.179 so benannt worden. 


NE 2 
160 Literatur. 


Pag. 447. Erica cinerea L. Schur. Enum. pl. Trans., nach Mit- 
theilung von Bielz bei Boitza in SiebenbĂŒrgen: scheint mir zwei- 
felhaft, da die Pflanze eine westeuropĂ€ische ist. Sie kann ĂŒbri- 
gens leicht mit E. Tetralix L. verwechselt werden, besonders wenn 
die Form des BlĂŒthenköpfchens etwas abnorm verlĂ€ngert ist, wie 
dies an dem Standorte Bonn am Rheine schon geschehen. 


Pag. 457. Gentiana pneumonanthoides Schur. En. pl. Transsilv. 
WaldrÀnder bei Hermannstadt und Kronstadt. Sept. Oct. Scheint 
uns nur eine VarietÀt von @. Pneumonanthe L., welche durch spÀ- 
tere BlĂŒthezeit eine verĂ€nderte Form erhalten hat. 


Pag. 469. Onosma pseudo-arenaria Schur. Ex. pl. = 0. stella- 
tum a ramosum paniculatum Schur. Sert. O. transsilvanica Schur 
Herb. ist wohl nur eine Àstige AbÀnderung von ©. stellatum L. 
Siebenb. bei Klausenburg; auf dem sogenannten Onosma-HĂŒgel bei 
Hermannsdorf. Juli— August. Ebenso gehört O. pustulatum Schur. 
Oestr. bot. Zeitg. 1860. zu O. montana Sm. 


Pag. 483. Serophularia olympieca Schur En. gehört nach Neil- 
reich zu Se. laciniata. Hermannstadt (Janka). 


Pag. 521. Salvia transsilvanica Schur En. Sert. fl. trans. 8. 
pratensis var. transsilvanica Grieseb. Rchb. Icon. XXVIII. p.29 
ist wohl nur eine Form der vielgestaltigen S. pratensis, Hermann- 
stadt, Klausenburg. Juni — Juli. 

Ajuga Astolonos Schur En. p.545. Herb. transsilv. Am Fusse 
des Surul, 3000. Juli. A. pumila Schur Enum. A. alpina Vill., 
Kronstadt auf dem Kapellenberge. 2 - 3000° auf Kalkmergel. Mai 
bis Juni. Sind wohl nur Formen der vielgestaltigen A. genevensis L. 

Pag. 593. Euphorbia lingulata Heufjfel. Flora 1855. Schur 
Enum. pl. Trans. Soll nach Neilreich Nachtr. p.277 von E. epi- 
ihymoides Jacqg. kaum verschieden sein. Siebenb. Kalk, auf dem 
Kapellenberge bei Kronstadt. 2500‘. Mai — Juli. 

Pag. 608. Quereus Esculus L. sp. Schur. En. pl. Trans. Ob 
in SiebenbĂŒrgen die Pflanze Linn&’s wĂ€chst, oder ob es nur (Q. con- 
ferta Kit. Rehb. Icon. XXII. p. 8, Q. Esculus Pollini veronensis 1789 
ist, da die echte Pflanze Linn&’s nur im sĂŒdlichen Macedonien, 
Thracien wachsen soll. Siebenb. BergwÀlder bei Hatzeg. 

Quercus pallida Heuffel. Oestr. bot. Ztg. 1858: Schur Enum. 
Neilreich sagt in seinen Nachtr., dass er die Pflanze nach Ori- 
ginal-Exemplaren von Q. Eessiflora Sm. nicht zu unterscheiden ver- 
möge. Siebenb. Westgrenze, WĂ€lder bei Doba. April — Mai. 

Pag. 625. Juniperus intermedia Schur. Enum. J. communis 
ß alpina Wahlb. Carpat. Gaud. Helv. J. communis y Lin. J. sibi- 
rica Burgsd. ete. Ist wohl nur eine Mittelform von J. communis 
und J. nana. Siebenb. auf dem Surul in den KronstÀdter Alpen. 
Juli — August. 

Pag. 641. Orchis tetragona Heuff. Schur Enum. pl. Trans. ©. 
maeculata var. turfosa Schur Sert. Ist eine Form von O. maculata 
L. Voralpen in SiebenbĂŒrgen auf Glimmerschiefer. Juni— Juli. 

Himantoglossum caprinum C©. Koch, nicht cuprinum. Schur En. 
Aceras caprina Lindl. Satyrium hircinum Pall. Ist nach Reichb. 
fil. Icon. XXIII. p.6 nur eine Form von H. hircinum. 

Pag. 659. Asparagus collinus Schur. Enum. Trans. Sandige 
HĂŒgel bei Hermannstadt und Klausenburg. Mai— Juni. Nach der 
Beschreibung scheint die Pflanze eine Form von Asp. offieinalis. 

Pag. 665. Albucea chlorantha Schur En. Ornithogalum chlo- 
ranthum Sauter Koch syn. ist nach Britt. Flora 1849, Hausmann 


Literatur. 161 


Tirol. nur Schattenform von A. nutans Rehb. GrasgÀrten Klausen- 
burgs ete. 

Pag. 678. Colchieum pannonicum Griesb. et Sch. It. hung. Wich- 
mann Archiv 1852, Schur Enum. Ü. multiflorum Schur Sert. Ist 
nach Janka Linn. 1860 von C. autumnale nicht verschieden. Sie- 
benbĂŒrgen. Wiesen der HĂŒgelregion bei Stolzenberg. September 
und October. 

C. transsilvanicum Schur Enum. C. latifolium Heufel. Wald- 
wiesen, Kapellenberg bei Kronstadt. 2500. 8—%9. FrĂŒchte Juli. 

Cyperaceen. Sectionen der Carices erhebt der Verfasser zu 
eigenen Gattungen. z. B. Sect. Psyllophora Loisl., Sect. caricifor- 
mis Rechb. (Vignantha Schur), indem derselbe die Species unter sei- 
nem Namen darunter stellt. R 

Gramineen, p. 728, hat der Verf. Colobachne Gerardi Lk. 
Schrad. gramin. der Enum. Transs. in den Arpaser nach Kladni 
angegeben: diese Pflanze ist aber nach Neilr. Nachtr. 20. nicht die 
echte Pilanze Link’s, sondern Phleum Gerardi Panz. All. ped. oder 
Ph. commutatum Gaud. helv. I. 166; Formen von Ph. alpinum L. 
K. syn. II. p. 899. 

Hierochloa vinialis Schur. En. p. (25; Oestr. botan. Ztg. 1859. 
H. orientalis Fries et Heujfel. Oest. bot. Ztg. 1859. In SiebenbĂŒr- 
gen bei Klausenburg, sind nach Janka’s Linn. 1860 von FH. odorata 
Wahlb. nicht verschieden. 

Alopecurus obscurus Schur. En. A. nigricans K. syn. II., nicht 
Hornem. A. pratensis 8 obscurus Ledeb. Ross. IV. A. ventricosus 
Pers. SiebenbĂŒrgen, Waldwiesen bei Klausenburg und Kronstadt. 
Juni — Juli. i 

Al. ruthenicus Weinm. hort. Dorp. 1810. Schur Enum. p. (26. 
Al. nigricans Hornem.hafn. Al. arundinaceus Poir. Al. repens M. 
et B. A. sibiricus Schott. Schwammige Wiesen der Alpen Sieben- 
bĂŒrgens. 5000. 6—7. 

Alopecurus altissimus Schur. En. Oestr. bot. Ztg. 1859. Wie- 
sen, GrasgĂ€rten SiebenbĂŒrgens, bei Hermannstadt. Juli — August. 

Pag. 753 hat der Verf. in seiner Enum. pl. Trans. die II. Sec- 
tion Aira, Avenella K. syn. II. 915. Lerchenfeldia Schur genannt 
und Lerch. flexuosa Schur und L. uliginosa Schur als Arten zuge- 
zogen. Avena Sect. V. Caryophyllea K. syn. II. p.912 ist zu einem 
neuen Genus Fussia Schur benutzt und Fussia caryophyllea Schur, 
F. capillaris Schur und F.praecox Schur zugezogen: ebenso wurde 
vom Verf. Avena Sect. II. Avenastrum K. syn. Il. 918 in Heuffelia 
Schur umgeĂ€ndert und die in dieser Section aufgefĂŒhrten Arten 
sind unter Schur veröffentlicht u. s. w. 

Man wird wohl im Allgemeinen mit meiner Ansicht einverstan- 
den sein, wenn ich behaupte, dass eine solche Vermehrung der 
Namen von neuen Gattungen und Arten der Wissenschaft keinen 
Nutzen bringt. Denn wenn alle Florenschreiber denselben Weg 
geben wollten, so mĂŒsste folgerichtig die Botanik sehr erschwert 
werden. 

Nun folgen pag. 815 die Characeen, pag. 818 die GefÀss-Cryp- 
togamen, pag. 844 die Laubmoose und die Lebermoose und den 
Schluss der Enumeratio macht ein vollstÀndig ausgearbeitetes Re- 
gister der Ordnungen, Gattungen, Arten und Abarten der Flora 
SiebenbĂŒrgens mit den Corrigenda. 

Wir halten obige Notizen aus dem als Flora ausgezeichneten 
wissenschaftlichen Werke fĂŒr das Archiv hinreichend, um einen 


Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bas. 1.u.2.Hft. 11 


y 
162 Literatur. 


flĂŒchtigen Blick in dasselbe werfen zu können, obschon in dem 
Buche selbst noch vieles Wissenswerthe und Interessante enthal- 
ten ist. 

Die ganze Ausstattung des Werkes ist in jeder Beziehung 
zweckentsprechend und vorzĂŒglich ausgefĂŒhrt und macht der Ver- 
lagshandlung alle Ehre. 

Dr. M. J. Löhr. 


Taschenbuch der Geheimmittellehre. Eine kritische 
Uebersicht aller bis jetzt untersuchten Geheimmittel. 
ZunĂ€chst fĂŒr Aerzte und Apotheker, dann zur Be- 
lehrung und Warnung fĂŒr Jedermann herausgegeben 
von Dr. G. C. Wittstein. Nördlingen, C.H. Beck. 
1867. 190 Seiten in Octav. 


Wenn sich irgend ein Buch fĂŒr Jedermann empfiehlt, so ist es die- 
ses. Der Wunsch nach einer alphabetisch geordneten Zusammenstel- 
lung der Geheimmittel ist schon öfters laut geworden und noch neuer- 
dings hat ihn in seiner Schrift ĂŒber Geheimmittel W. Krause 
vernehmen lassen. Wittstein war der Mann dazu, eine solche 
Sammlung zu veranstalten, da er selbst durch zahlreiche eigene 
und unter seinen Augen ausgefĂŒhrte PrĂŒfungen von Geheimmitteln 
ein ungemeines Interesse zur Beseitigung dieses Krebses der öffent- 
liehen Gesundheitspflege an den Tag gelegt hat.- Wie sehr Witt- 
stein ausserdem die vorhandene Literatur benutzt hat, worunter 
ihm in den letzten Jahren besonders die IndustrieblÀtter von Hager 
und Jacobsen eine reiche und lautere Fundgrube fĂŒr seinen 
Zweck darboten, zeigt die ungemein grosse Anzahl der Arcana, 
welche Aufnahme in diesen Codex medicaminum spuriorum gefun- 
den haben. Als unerlĂ€ssliche Bedingung fĂŒr ihre Aufnahme galt 
ĂŒbrigens mit Recht die Kenntniss ihrer Zusammensetzung, nicht 
aber etwa der Umstand, dass sie in dem gegenwÀrtigen Momente 
in Gunst und Ansehen stehen. Auch das Obsolete ist in diese 
quasi Pharmakopöe aufgenommen, weil man von diesen Pseudo- 
medieamenten sagen kann, dass sie wiederbelebungsfÀhig sind und 
gar nicht selten ĂŒber kurz oder lang unter demselben oder unter 
einem neuen Firmaschilde wieder auftauchen, wie das z. B. mit 
der als Revalesciere revalescenten Revalenta der Fall gewesen ist. 
So hat es denn Wittstein zu einer sehr ansehnlichen Ziffer von 
Medicamenten der niedrigsten Art gebracht, die er in alphabeti- 
scher Ordnung auffĂŒhrt und wobei er es nicht vergisst, ĂŒber den 
Namen des Erfinders oder Verfertigers und seinen Wohnort, so 
wie ĂŒber die empfohlene Anwendung und die angebliche Wirkung 
die ihm bekannten Facta oder Angaben beizufĂŒgen. Es sind solche 
Daten, die ĂŒbrigens hĂ€ufig fehlen, wie z.B. bei dem das Buch ein- 
leitenden Acetine sehr werthvoll fĂŒr einen Historiker dieser bisher 
als rudis indigestaque zu bezeichnenden Moles, wenn sich ein sol- 
eher finden sollte. Wir unsererseits wĂŒrden eine solche Arbeit fĂŒr 
keineswegs unverdienstlich halten und der Stoff selbst darf nicht 
als zu despectirlich angesehen werden, da ihm ein bedeutendes 
Interesse zukommt, indem die Unsitten der Zeit dieselbe wesent- 
lich charakterisiren; auch darf man nicht ausser Acht lassen, dass 
der vornehme Schatz unserer Pharmakopöen die Namen verschiede- 

ner Schwindler vergangener Jahrhunderte verewigt hat, wir wollen 


Be Be ia a ee Be. 


I WE 


Literatur. 163 


nur an Dippe! und den Grafen St. Germain erinnern. Es las- 
sen sich sehr hĂŒbsche Gesichtspuncte durch ein genaues Studium 
der Wittstein’schen Arbeit gewinnen. So z.B. ĂŒber die Variation 
in den Benennungen, die manchmal ganz hausbacken den Zweck 
in der Sprache des Vaterlandes ausdrĂŒcken, wie Augenwasser, 
Augenheilwasser, Gichtpflaster, Kropfpulver, Viehfutter, bald dies 
in fremden Zungen thun, wie Antisudie, Chromacome, oder doch 
wenigstens neben dem Krankheitsnamen noch eine pharmaceutische 
Beigabe, wie Essenz, Balsam tragen, bald ganz sinnlos und haar- 
strÀubend componirt sind, wie Anditropfen, Anthosenz ; nicht selten 
ist es auch, dass ein französischer Fabrikant einen englischen Na- 
men wÀhlt, wie Odorous powder, oder ein Deutscher glauben machen 
will, sein Fabrikat sei in England erfunden (vgl. Augenwasser von 
White, das aus der Fabrik von F. Ehrhardt in Altenfeld in ThĂŒ- 
ringen stammt). Interessant ist es dann auch zu verfolgen, welche 
Krankheiten besonders industriell von Geheimmittelfabrikanten aus- 
gebeutet werden. Bisweilen sind es besondere Krankheiten, wie 
die Cholera, die eine AnticholerasÀure, ein Anticholerawasser, Bast- 
ler’s Choleratropfen u.s. w. hervorrief, oder die Epilepsie, in Bezug 
auf welche wir von S. 883—87 verschiedenen Mitteln begegnen, zu 
denen Deutschland, Frankreich und selbst Holland ihr Contingent 
stellten: bisweilen Krankheiten bestimmter Organe, z.B. Augen- 
krankheiten, Magenkrankheiten, welchen beiden ein erkleckliches 
Quantum gegen sie bestimmter Arcana zufÀllt; bisweilen haben die 
Mittel den Zweck, schmerzstillend zu wirken, und insbesondere ist 
es dann auch der Zahnschmerz, welcher dadurch eurirt wird; viele 
haben den Zweck, die Lebenskraft zu stÀrken, manchmal daneben 
auch noch antodontalgisch zu wirken, wie das oder die oder der 
Anthosenz von Hess; eine besondere Aufmerksamkeit ist aber von 
Seiten der Industrieritter der Haut und den Haaren gewidmet und 
namentlich scheinen Grauköpfe jederlei Geschlechts eine willkom- 
mene Beute fĂŒr derartige Schwindelei und Prellerei zu sein. Um 
eine solche aber handelt es sich, wie die von Wittstein ĂŒberall, 
wo es anging, beigefĂŒgten GegenĂŒberstellungen von Preis und Werth 
beweisen, in allen FĂ€llen; manchmal muss der Geprellte den 35- 
fachen Werth bezahlen, wie z.B. bei der Lebenstinctur von Lau- 
rentius. Es enthĂ€lt Wittstein’s Buch ĂŒbrigens, wie wir bemer- 
ken mĂŒssen, nicht allein Medicamente, sondern auch eine grosse 
Reihe technischer Geheimmittel, hinsichtlich deren in Ansehung 
der Prellerei das NĂ€mliche gilt, wie von den Arzneimischungen; 
auch hier herrscht eine grosse Mannigfaltigkeit bezĂŒglich der Ver- 
wendung, vom ButterfÀrbmittel bis zum Delphineum, das Stiefel 
gegen Wassersgefahr schĂŒtzt, und zu Bucher’s Feuerlöschpulver, 
welches des Feuers Herr werden soll, alle durch das gemeinsame 
Band der GebeimnisskrÀmerei und des zu hohen Preises zusaın- 
mengehalten. Auch die VeterinÀrheilkunde hat ihre Arcana, Mor- 
veum und wie sie alle heissen mögen, denen bei Wittstein ihr 
Recht geschieht. 

Bei weitem die Mehrzahl der im vorliegenden Codex arcano- 
rum enthaltenen Geheimmittel sind deutschen Ursprungs (nicht 
allein die grossen StÀdte unseres Vaterlandes, unter denen Berlin 
und Wien hinsichtlich der Grösse des Erfindungsgeistes rivalisiren, 
sondern auch kleinere Orte haben BeitrÀge dazu geliefert); ausser- 
dem finden wir Frankreich, Grossbritannien, Holland, Russland, 
Italien, die Schweiz u.s. w. berĂŒcksichtigt. Zur Vergleichung ĂŒber 
die PrÀvalenz des Industrieritterthums in den einzelnen LÀndern 


164 Literatur. 


scheint uns indess das Wittstein’sche Buch nicht das nöthige Ma- 
terial zu liefern, indem wir gerade in Bezug auf auswÀrtige LÀn- 
der Manches vermissen und zwar namentlich Sachen, bei denen 
die GesundheitsschÀdlichkeit klar zu Tage liegt: wir erinnern z.B. 
an die Strychninmischungen zum Zwecke der Tödtung von Unge- 
ziefer, wie Battley’s vermin kilter, Vermieidal magical powder, 
von denen ersteres nach einer Analyse von Mayet (Ann. d’hy. 373. 
1865) im Paquete von 11/3 Grm. Gewicht 0,10 Grm. Strychnin, 1,00 
KartoffelstÀrke und 0,20 Berliner Blau enthÀlt; an das zu so vie- 
len tödtlichen Intoxicationen Anlass gewesene Sir William Burnetts 
Fluid (Burnetts desinfecting fluid), nach Taylor eine Lösung von 
372 Gran Chlorziuk in 1 Unze Wasser), endlich an die verschie- 
denen Opium enthaltenden englischen Mittel, Godfrey’s Cordial, 
Dalby’s Carminative, Battley’s sedative solution, ĂŒber deren Zusam- 
mensetzung Wittstein das Bekannte in meinem Handbuche der Toxi- 


kologie p. 593 angegeben gefunden haben wĂŒrde. Einzelne vermisst _ 


Ref. um so mehr ungern, weil sie zu den beliebten und viele Jahre 
hindurch in Gebrauch stehenden Mitteln gehören, z.B. Battley's 
sedative solution, die sogar neulich im Pritchard’schen Processe eine 
Rolle spielte, indem dieser Àrztliche Giftmischer sie mit Aconit 
gemengt zu haben schien, um unter dem Deckmantel dieses Arca- 
nums ungestraft Giftmischeri treiben zu können. In Bezug auf ein 
englisches Geheimmittel findet sich S.73 in der Ueberschrift ein 
störender Druckfehler; es muss heissen: herbal embrocation for the 
wooping-congh. Auch das so sehr en vogue stehende Chlorodyne 
(vergl. Wiggers Jahresber. fĂŒr 1865, p. 95) fehlt bei Wittstein. 

Auch unter den neuesten Erzeugnissen französischen, russischen 
und deutschen Industrieritterthums vermissen wir Einiges. So z.B. 
den Toilette-Essig von Jean Vincent Bully (vergl. darĂŒber 
Hannovy. Zeitschrift fĂŒr wissensch. Heilkunde, 1866, p. 414, wo das 
Recept nach einer frĂŒheren Angabe im Journ. de Pharm. et de 
Chim. mitgetheilt ist, Dr. Mampe’s echte bittere Tropfen (Pharm. 
Centralhalle, V. 371), Dr. Scharlau’s Milchpulver, von Peltz 
(Pharmae. Ztschr. fĂŒr Russland, III. 55) analysirt, Pariser Gela- 
tinpomade (Hager in dessen Centralhalle, V. 31, amerikanisches 
Mustangliniment (Neue Jahrb. fĂŒr Pharm, XX. 168) u.s.w. Auch 
das im FĂŒrstenthum Lippe gewissermassen unter obrigkeitlicher 
Aufsicht verkaufte Schmiedeskampsche Schutzmittel gegen 
Wuthkrankheit, dem in Folge von blindem Vertrauen zu dem- 
selben schon manche Opfer gefallen sind, hÀtte aufgenommen wer- 
den können, da dessen Zusammensetzung bekannt ist. Ebenso ver- 
missen wir die neueste Schöpfer’sche Industrie, das famose Tsa- 
tsin, das als chinesisches Heilmittel sogar Pharmakognosten wie 
Schroff und Wiggers getÀuscht hat, obschon es den Stempel 
der Dichtung durch eine beigefĂŒgte romanhafte Geschichte von 
einem niemals existirt habenden Apotheker Schmidt, der aus dem 
von einem Mandarinen bewachten chinesischen Tsa-tsin-Felde sich 
. eine Schote dieses herrlichen Mittels, das im Vereine mit Chamil- 
lenthee (d.h. mit einem fĂŒr sich wirksamen Mittel) Menstrualkoli- 
ken in 3—4 Tagen (d.h. in derjenigen Zeit, binnen welcher sie 
spontan aufhören) beseitigen soll, annectirte, auf der Stirn trÀgt 
und das Tscheu-fu, ein Antiepilepticum von der allerhöchsten 
Bedeutung (?), aber weder in China gewachsen, noch dort je 
gebraucht, sondern in Deutschland aus Artemisia und Cureuma 
gemischt. 

Andererseits mĂŒssen wir hervorheben, dass Wittstein an ein- 


a A en 


Literatur. 165 


zelnen Stellen zu weit zurĂŒckgegangen ist; so hĂ€tte unsers Erach- 
tens die Aqua Tofana fehlen können, ohne dass dem Werthe des 
Buches dadurch geschadet worden. Wenn Wittstein diese aber 
aufnahın, so ımussten eine Menge anderer Arcana vergangener Jahr- 
hunderte, das Poudre de succession, die vielen spagirischen Mittel 
auch Aufnahme finden, zumal da diese zum Theil besser hinsicht- 
lich ihrer Zusammensetzung gekannt sind, wie das berĂŒchtigte ita- 
lienische Giftwasser. 


Diese Ausstellungen, welche wir im Interesse einer zweiten 
Auflage oder eines Additaments zu Wittstein’s Codex arcanorum 
machen mussten, hindert uns nicht, die gethane Arbeit in hohem 
Grade willkommen zu heissen und wĂŒnschen wir dieselbe am lieb- 
sten in aller Aerzte und Apotheker HĂ€nden, damit dieselben durch 
Verbreitung dieser die Prellereien der Geheimmittelfabrikanten ad 
oculos demonstrirenden Schrift in ihren Kreisen, besonders an Geist- 
liche und Lehrer, der Ausbreitung des immer weiter wuchernden 
Krebsschadens der öffentlichen Gesundheitspfiege Einhalt thun könn- 
ten. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Aerzte selbst 
nicht die HĂ€nde in den Schoos legen dĂŒrfen, wo es darum gilt, ein 
solches Unkraut auszurotten, das hier und da, wie der bekannte 
Lampen-Scandal beweist, von der Obrigkeit gepflegt‘ wird wie ein 
seltenes BlĂŒwnlein, aber dieser Vertilgungskrieg wird erst dann ein 
fruchtbarer, wenn er mit gemeinsamer Anstrengung gefĂŒhrt wird 
und auch zum gedeihlichen Ende kann er erst gebracht werden, 
wenn, wie es die bekannten Richter’schen VorschlĂ€ge bezwecken, 
die Aerzte das Selfgovernement in ihrem Gebiete auszuĂŒben und 
aus ihren Kreisen die rÀudigen Schafe, welche dem Industrie- 
rittertthum Vorschub zu leisten sich nicht entblöden, auszumerzen 
berechtigt sind. 

Theodor Husemann. 


Bibliographischer Anzeiger fĂŒr Pharmaceuten, 
1867. No. II 


Annalen der Chemie und Pharmacie. Herausg. von Fr. Wöhler, 
J. Liebig u. H. Kopp. Jahrg. 1867. 12 Hefte gr. 8. Leipzig, 
C. F. Winter. n.7 2. 

— der Physik und Chemie. Herausg. von J. C. Poggendorff. Bd. 
130 er Jahrg. 1867. 12 Hefte gr. 8. Leipzig, J. A. Barth. 
n.C9 [3 . 

Apotheker-Zeitung. Correspondenzblatt fĂŒr Apotheker, Dro- 
guisten, Chemiker ete. Red. Dr. Heppe u. Kohlmann. Jahrg. 
1867. 52 Nrn. Fol. Leipzig, KĂŒrsten. 11/, 2. 

Archiv fĂŒr Anthropologie. Zeitschrift fĂŒr Naturgeschichte u. Ur- 
geschichte des Menschen. Red. v. A. Ecker u. L. Lindenschmit. 
2. Heft. Mit eingedr. Holzst. gr. 4. (1. Bd. S. 161— 284.) 
Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 11a ‚$- 

Barth, L., ĂŒber die ParaoxybenzoösĂ€ure. Lex.-8. (10 S.) Wien, 
Gerold’s Sohn. n. 2 ngr. 


166 Bibliographischer Anzeiger. 


Brehm, A. E. u. E. A. RossmÀssler, die Thiere des Waldes. 

. 2. Bd. 4-6. Lief. Lex.-8. Mit eingedr. Holzschn. Leipzig, 
C. F. Winter. n. 24 nyr. 

Centralblatt, chemisches. Repertorium fĂŒr reine, pharmac., phy- 
siolog. u. techn. Chemie. Red. R. Arendt. 12. Jahrg. 1867. 
12 Nrn. 8. Leipzig, Voss. n. 5 .$. 

Centralhalle, pharmae., fĂŒr Deutschland. Herausg. von Hager. 
8. Jahrg. 1867. Lex..8. Berlin, Springer’s Verl. baar n. 2.$. 

Corda, A. J., Flora protogaea. BeitrÀge zur Flora der Vorwelt. 
Mit 60 Taf. Abbild. 1. Lief. 4. (14 S. mit 8 Steintaf.) Ber- 
lin, Calvary & Comp. n. 1. 

CrĂŒger, Dr. Joh., Lehrbuch der Physik. Mit 318 eingedr. Holzsch. 
gr. 8. Erfurt, Körner’s Verl. n. 1/5 ÂŁ. 

EncyklopÀdie, allgemeine, der Physik. Herausg. v. G. Karsten. 
18. Lief. Lex.-8. Leipzig, Voss. 22/3 »f. 

Ettingshausen, Prof. Dr.C. Ritter v., die fossile Flora des Ter- 
tiĂ€r-Beckens von Bilin. Mit 30 lith. Taf. 4. Wien, Gerold’s 
Sohn in Comm. n. 62/3 $. 

* Fleischer, Dr. Emil, kurzgefasstes Lehrbuch der Massanalyse. 
Mit eingedr. Holzschn. gr. 8. (176 S.) Leipzig, J. A. Barth. 
n. 28 ngr. 

Flora od. A botan. Zeitung. Red. Dr. Herrich-SchÀffer. 25r 
Jahrg. 1867. 48 Nrn. gr. 8. Regensburg. (Pustet.) n. 4 $. 

Flora Bremensis. NachtrÀge und Berichtigungen dazu. Zu- 
sammengestellt von Dr. Frz. Buchenau. 8. Bremen, MĂŒller. 
n. 8 ngr. 

Flora a Deutschland. Herausg. von F. L. v. Schlechtendal, L. 
E. Langethal u. E. Schenck. 21. Bd. 1. u. 2. Lief. 8. Jena, 
F. Mauke. 1/3 $. 

FlĂŒckiger, Dr. F. A., Lehrbuch der Pharmakognosie des Pflan- 
zenreiches. FĂŒr Pharmaceuten, Mediceiner und Chem ZU 
3. Lief. gr. 8. (S. 129— 384.) Berlin, GĂ€rtner. & n. 

Fuss, M., Flora Transsylvaniae excursoria. 8. (864 S$.) ER. 
stadt, "Filtsch. n. 22; 2. 

Garten, der zovlogische. Herausg. v. F.C. Noll. 8. Jahrg. 1867. 
12 Nrn. Mit Illustrat. Lex.-8. Frankfurt a.M., SauerlĂ€nder’s 

Verlag. n. 22/3 $. 

Hanstein, Prof. Dr. F., ĂŒber die Richtungen und Aufgaben der 
neueren Pflanzen-Physiologie. 8. Bonn: 1866, Marcus n. !/; „2. 

Harting, Prof.P., das Mikroskop. Theorie, &ebrauch, Geschichte 
u. gegenwÀrtiger Zustand desselben. Herausg. v. F.W. Theile. 
2. Aufl. 3.Bd. gr.8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 2,2. 
(compl. 51/3 »P.) 

Hedwigia. Notizblatt fĂŒr kryptogam. Studien. Red. von Dr. L. 
Rabenhorst. Jahrg. 1867. 12 Nrn. Mit Steintaf. gr. 8. Dres- 
den, Heinrich. baar n. 2 .ÂŁ. 

Hein, Theod., Analyse eines Meteoriten aus Dacca in Bengalen. 
Lex.-8. (4 S.) Wien, Gerold’s Sohn. 1P/y ngr. 

Hlasiwetz, H. u. A. Grabowsky, ĂŒber die CarminsĂ€ure. Lex.- 
8 (14 S.) Wien, Gerold’s Sohn. n.2 n 

Jahrbuch, neues, fĂŒr Mineralogie, Geologie u. PalĂ€ontologie. Fort- 
gesetzt v. G. Leonhard u. H.B. Geinitz. Jahrg. 1867. 7 Hfte. 
Mit Steintaf. gr. 8. Stuttgart, Schweizerbart. n. 6 „B 12 ngr. 

— — fĂŒr Pharmacie u. verwandte FĂ€cher. Herausg. v. Dr. F. Vor 
ER 1367. 12 Hefte. gr. 8. Speyer, Neidhard. baar 
n. B i 


Bibliographischer Anzeiger. 167 


JahrbĂŒcher fĂŒr wissenschaftl. Botanik. Herausg. v. Dr. N. Prings. 
heim. 5. Bd. 2. Heft. Lex.-8. Leipzig, Engelmann. n. 3 .$. 

Journal fĂŒr prakt. Chemie. Herausg. v. OÖ. L. Erdmann und G- 
ee Jahrg. 1867. 24 Hefte. gr. 8. Leipzig, J. A. Barth. 
n.8.. 

Kalender, pharmaceutischer, fĂŒr SĂŒddeutschland, auf d. J. 1867. 

* Herausg. von Dr. F. Vorwerk. 5. Jahrg. gr. 16. Speyer, Kle- 
berger. n. 171g ngr. 

Kerner, A. u. J. Kerner, Herbarium österreich. Weiden. 6. u. 
7. Deeade. Fol. (& 10 Bl. mit aufgekl. Pflanz. u. 1Bl. Text.) 
Innsbruck, Wagner. n. 1... 

Kopp, Herm., Sonst und Jetzt in der Chemie. Ein populÀr-wis- 
sensch. Vortrag. gr.8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 8 ngr. 


La Fontaine, Alph. de, Faune du pays de Luxembourg ou ma- 
nuel de zoologie. Oiseaux. 2. Partie. gr. 8 Luxembourg, 
BĂŒck. 24 ngr. 

Landois, Dr.H., die Ton- u. Stimmapparate der Insekten in ana- 
tomisch-physiologischer und akustischer Beziehung. Mit 2 Taf. 
gr. 8. Leipzig, Engelmann. n. 5/; $. 

Ludwig, C., Arbeiten aus der physiolog. Anstalt zu Leipzig v.J. 
1866. Mit 7 Taf. gr. 8. Leipzig, Hirzel. n. 11/3 $. 

Malin, G., ĂŒber ein Derivat der PyrogallussĂ€ure. Lex.-8. Wien, 
Gerold’s Sohn. 11/g ngr. 

Maly, Dr. R. L., ĂŒber einige Derivate des Thiosinnamins. Lex.-8. 
Wien, Gerold’s Sohn. 2 ngr. 

Metschnikow, Elias, einbryolagischs Studien an Insekten. Mit 
10 Taf. gr. 8. Leipzig, Engelmann. n. 22/3 »$. 

Miquel, F. A. G., Prolusio florae Japonieae. Fasc. IV. Fol. (S. 
145— 192.) Amsteldami. Leipzig, Fr. Fleischer. n. 1.821 ngr. 


MĂŒller, Anton, alphab. Wörterbuch synonymer deutscher, lateini- 
scher u. böhmischer Namen der officin. Pflanzen. 4. (174 S.) 
Prag, Rziwnatz. n. 1 .ȣ 26 ngr. 

Muspratt’s theoret., prakt. und analyt. Chemie, von Dr. F. Stoh- 
mann, fortges. v. Prof. B. Kerl. 2te Aufl. 3.Bd. 6—11. Lief. 
4. (S. 321—704.) Braunschweig, Schwetschke u. Sohn. & n. 12 ngr. 


Neilreich, Aug., Flora von Niederösterreich. NachtrÀge. gr. 8. 
(104 S.) Wien 1866. Leipzig, Brockhaus. n. 2/3 $. 

Nitschke, Dr. Th., Pyrenomycetes germanici, die Kernpilze Deutsch- 
lands. 1. Bd. 1. Lief. gr. 8. (160 S.) Breslau, Trewendt. 
n. 12/z SP. 

Patek, Schulr. Joh., die Giftpflanzen. 2. (Schluss-) Heft. gr. 4. 
Prag. Tempsky. n. 1!/3 ȣ. 

Portius, K.W., die Entdeckung der Grundelemente des Weltalls, 
ein naturwiss. Vortrag. gr.8. (1638.) Leipzig. Brauns. n. 2/3 .$. 

Rabenhorst, Dr.L, die Algen Europas. Dec. 81—89. 8. (& ca. 
10 Bl. mit aufgekl. Pfl.) Dresden, am Ende. baar An. 5/5 »P. 


Regnault-Strecker’s kurzes Lehrbuch der Chemie. 1. Bd. 
2. HĂ€lfte. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. An. 1.2. 
Reinsch, Paul, das Mikroskop in seiner Bedeutung fĂŒr die Erwei- 
terung der Naturkenntniss, fĂŒr die Entwickelung der physikal., 
der beschreib. u. physiolog. Wissenschaften. Mit 6 Taf. gr.8. 
NĂŒrnberg, Stein. n. 21/3 .$. 

Repertorium, neues, fĂŒr Pharmaeie. Herausg. v. A. Buchner. 
13—15. Bd. & 12 Hefte. gr. 8. MĂŒnchen, Kaiser. & Bd. 2 .ÂŁ 
16 ngr. 


168 Bibliographischer Anzeiger. 


Rochleder, Dr. Fr., zur Elementaranalyse org. Substanzen. Lex.-8. 
(3 8.) Wien, Gerold’s Sohn. 11/, ngr. 

— uber den Gerbstoff der Rosskastanie. Lex.-8. (23 8.) Ebend. 

ngr. 

Ehache, Dr.J.F. u. F.W.Laux, Preise von Arzneimitteln, welche 
in der 7. Ausg. der preuss. Pharmakopöe nicht enthalten sind. 
Zusammengest. f. d. J. 1867. gr. 8. (64 8.) Berlin, GĂ€rtner. 
baar n. 1/3 ȣ. 

Ule, Dr. Otto, populÀre Naturlehre. Mit eingedr. Holzschn. 8. 
Lief. 8. (S. 577 — 687.) Leipzig, Keil. a !4 »$. 

VerĂ€nderungen der kön. preuss. Arzneitaxe fĂŒr die Hohenzol- 
lernschen Lande fĂŒr 1867. gr. 8 (10 8.) Berlin, GĂ€rtner. 
n. 21/g ngr. 

Vierteljahresschrift fĂŒr techn. Chemie, landwirthsch. Gewerbe 
u. Fabrikwesen. Herausg. v. Dr. W. Artus. 8. Jahrg. 1867. 
4 Hefte. gr. 8. Quedlinburg, Basse. n. 21/3 ‚2. 

Weiss, Ad., Untersuchungen ĂŒber die Entwickelungsgeschichte des 
Farbstoffes in Pflanzenzellen. Lex.-8. (61 8.) Wien, Gerold’s 
Sohn. n. 5/; »$. - 

Wiessner, Dr. Jul., Einleitung in die techn. Mikroskopie nebst 
mikroskop.-techn. Untersuchungen. Mit 142 Holzschn. 8. Wien, 
BraumĂŒller. n. 21/3 $. 

Wittstein, Dr. G. C., Anleitung zur Darstellung und PrĂŒfung 
chemischer und pharmac. PrÀparate. 4. Aufl. 8. (764 S. mit 
eingedr. Holzschn.) MĂŒnchen, Grubert. 4 .$. 

Wochenblatt, pharmac., insbesondere den materiellen Interessen 
des Standes gewidmet. Herausg. v. Dr. H. Hanstein. Jahrg. 
1867. 52 Nrn. gr. 8. Heidelberg, Weiss. n. 27 ngr. 

Zeitschrift des allgem. österreich. Apotheker-Vereins. Red. von 
Fr. Klinger. 4. Jahrg. 1867. 24 Nrn. Lex.-8. Wien, Tend- 
ler & Comp. baar n. 4 .$. 

— österreich. botan. Herausg. Dr. A. Scofitz. 17. Jahrg. 1867. 
12 Nrn. gr. 8. Wien, Gerold’s Sohn. n. 3l/z3 ‚$. 

— fĂŒr Chemie. Herausg. von F. Beilstein, R.Fittig u. H. HĂŒbner. 
10. Jahrg. gr. 8. Leipzig, Quandt u. HĂ€ndel. n. 31/, $. 

— pharmaceut., fĂŒr Russland. Red. v. Dr. A. Casselmann. 6. Jahrg. 
1867. 12 Hfte. Lex.-8. Petersburg, MĂŒnk. n. 4 ,$. 

Zeitung, botanische. Red. Hugo v.Mohl, A. de Bary. 25. Jahrg. 
1867. 52 Nrn. 4. Leipzig, Felix. n. 6 ,$. S 


Hofbuchdruckerei der Gebr. JĂ€necke zu Hannover. 


Be DR Tr EYE, ee En a EP I UWE EEFS- Te Fe a 
e PR ML raca je, 2 Fe HERE Nr er ei . N r 
N ar Rn, 
25 en Ve SE : 
tele 


ARCHIV DER. PHARIACIE, 


CLXXXT Bandes drittes Heft. 


2. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- 
logie und praktische Pharmaeie. 


Deber die Mineralquellen zu Tönnisstein und 
Heilbrunnen im Brohlthale; 


von 
R. Bender. 

Einen Hauptreichthum des Brohlthales bilden eine 
Menge Mineralquellen, welche durch die Verschieden- 
artigkeit ihres Gehaltes auffallen und als die namhafte- 
sten sind zu erwÀhnen: der Tönnissteiner Brunnen, die 
Tönnissteiner Stahlquelle und der Heilbrunnen. 

Das Tönnissteiner Wasser hatte schon in frĂŒhen 
Zeiten einen medicinischen Ruf, so nennen schon Prof. 
GĂŒnther in Strassburg 1565 in seinem Commentar. de 
balneis et aquis medicatis und Tabernaemontanus 1593 
diese Quelle fons ewcellentissimus; im 17ten und 18ten 
Jahrhundert erschienen verschiedene Schriften ĂŒber die- 
selbe, in welchen die Heilkraft des Wassers in den ver- 
schiedensten Krankheiten angepriesen wurde; von den 
neueren sind zu erwÀhnen die von Wallerheim, G. 
Bischof, Wegeler u.a. 

Das Tönnissteiner Wasser entquillt einem Brunnen, 
der durch eine 17 Fuss hohe Kuppel, welche auf einer 
RĂŒckwand und 4 toskanischen SĂ€ulen ruht, bedeckt wird. 
Die ersten grösseren Brunnenanlagen fĂŒhrte KurfĂŒrst Max 
Heinrich im Jahre 1666 aus. Sein Nachfolger Clemens 
August errichtete das BrunnengebÀude, das jetzige Kur- 

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hft. 12 


dr vr P u 77 « ET u 3 “ ÂŁ 4 4 14 “r n, ai, er‘ 2: —. 8,8 m u} ern A % Ne m 
} lud 156.1: Ve 


170 R. Bender, 


haus, die Kapelle und stellte einen Verbindungsweg mit 
dem Heilbrunnen her. 


Der Tönnissteiner Trinkbrunnen liegt in einer Höhe 
von 395 Fuss ĂŒber dem Spiegel der Nordsee, etwa 1 Meile 
‘ vom Rhein entfernt; er besitzt eine Temperatur von 
1002 R. 

Nach der Analyse von Prof. G. Bischof sind in 
einem Civilpfunde des Wassers enthalten: 


Kohlensaures Natron........ 6,60 Gran 
Kohlensaure Magnesia....... 7,10 473 
” Kalkerde....... 3.107008 
Kohlensaures Eisenoxydul... 0,46 „ 
Schwefelsaures Natron....... 0,60: 05 
Ehlasnakrmım. casa. 4,10. 9733 
Kreselkanee Bi 030488 


Summa der Bestandtheile 22,26 Gran. 

100 Vol. des Wassers enthalten 163,5 Vol. freie und 
halbgebundene KohlensÀure. 

Der Tönnissteiner Badebrunnen liegt oberhalb dem 
Trinkbrunnen in einer Höhe von 441 Fuss ĂŒber dem 
Meeresspiegel. Derselbe besitzt eine Temperatur von 
80 R. und enthÀlt nach der Analyse von G. Bischof in 
einem Civilpfunde: 


Kohlensaures Natron........ 6,00 Gran 


Kohlensaure Magnesia....... 2,10 55 

a Kalkerde,,....«; 3.605905 
Kohlensaures Eisenoxydul,.. 0,53 ,„ 
Schwefelsaures Natron...... DAUER 
Ghlornatrium. nur deracn > 1.10 38 
Kieselsaure, Hr iu 020.5, 


Summa der Bestandtheile 14,53 Gran. 


Der Tönnissteiner Stahlbrunnen liegt 20 Minuten 
oberhalb dem Badebrunnen bei Wassenach, in einer Höhe 
von 680 Fuss ĂŒber dem Meere und besitzt eine Teempe- 
ratur von 80,7 R. 


SE Hr u 
! Mineralquellen zu Tönnisstein und Heilbrunnen. 171 


In einem Civilpfunde des Wassers sind nach 6. 
Bischof enthalten: 


Kohlensaure Magnesia........ 2,60 Gran 
ß Kalkerde........ 2,607 98 
Kohlensaures Eisenoxydul..... 3,08 „ 
Schwefelsaures Natron........ DOM 
KreselsÀurer. a An 0,30.8% 


Summa der Bestandtheile 9,28 Gran. 


Der Heilbrunnen im Brohlthale, !/, Meile unterhalb 
Tönnisstein, liegt in einer mit Wald umgebenen Gebirgs- 
schlucht, 356 Fuss ĂŒber dem Meere. Die Temperatur 
des Heilbrunnens betrÀgt 99%,3R. Dieser Temperaturgrad, 
die mittlere Bodentemperatur nach dem Temperaturgrade 
sĂŒsser Quellen der Umgebung zu 7,30 angenommen, lĂ€sst 
ungefÀhr auf eine Tiefe ihres Ursprungs von 230 Fuss 
schliessen. 

Nach einer Analyse von G. Bischof enthalten 10,000 
Theile des Heilbrunner Wassers: 


Kohlensaures Natron......... 17,495 
Kohlensaure Magnesia....... 10,935 

N Kalkerde....... 3,744 
Kohlensaures Eisenoxydul.... 1,116 
Schwefelsaures Natron....... 3,054 
Chlornatriumm nu 2 Dee 16,695 
Kieselsaure.s. 2 Re 0,678 


Summa der Bestandtheile 53,717. 
Die Summe der löslichen Bestand- 
BElesbebÀst.. 1.0... us 37245 


Die Bestimmung des Gehalts an KohlensÀure im 
Heilbrunnen wurde von Dr. F. Mohr ausgefĂŒhrt. Der- 
selbe fand in 1000 Grammen 4,942 Grm. KohlensÀure, wo- 
von 1,6732 Grm. in gebundenem und 3,2688 Grm. in 
freiem Zustande sich befanden. Berechnet man dieses 
Gewicht auf Volumina bei O0OR. und 28 Zoll Barometer- 
stand, so reprÀsentiren diese 3,2688 Grm. einen Raum 

19. 


172 R. Bender, Mineralquellen zu Tönnisstein u. Heilbrunnen. 


von 1651,1 ©.C. Es enthÀlt demnach 1 Vol, Mineral- 
wasser 1,6511 Vol. KohlensÀure in freiem und doppelt 
kohlensaurem Zustande. Es ıst somit das Wasser als 
mit KohlensÀure vollstÀndig gesÀttigt anzusehen und wird 
das aus dem Wasser frei werdende Gas noch dazu be- 
nutzt, vor der FĂŒllung in die KrĂŒge und Flaschen gelei- 
tet zu werden, deren 1000 in einem Tage bequem gefĂŒllt 
werden können. 

Eine PrĂŒfung des Heilbrunner Mineralwassers durch 
den Spectralapparat habe ich gemeinschaftlich mit Herrn 
Director Dr. Dronke versucht. Zu diesem Endzwecke 
wurden 30 Grm. des klaren unfiltrirten Wassers in einer 
Platinschale zur Trockne verdunstet. Der salzige RĂŒck- 
stand, bei 1200 getrocknet, zeigte im Spectroskop die 
Linien: 

Na.a sehr stark und lang, 
Li.a stark und lang, 
Cs.3 schwach aber deutlich. 
Nach Befeuchten mit ChlorwasserstoffsÀure zeigte sich 
Ca-Spectrum sehr intensiv. 

Es enthielt demnach das Heilbrunner Wasser noch 
Spuren von Lithium und CÀsium, welche Körper in der 
jĂŒngsten Zeit in verschiedenen alkalisch-salinischen Mine- 
ralwÀssern aufgefunden wurden. 

Die wissenschaftliche Deputation fĂŒr das Medicinal- 
wesen in Berlin, welche von der Brunnen- und Bade- 
verwaltung um ein Gutachten ersucht worden, hat nach 
den mitgetheilten Analysen und nach dem Vergleich der- 
selben mit Àhnlichen MineralwÀssern, wie Carlsbad und 
Marienbad, sich dahin ausgesprochen, dass der Heilbrun- 
nen und die demselben zunÀchst liegenden Mineralquellen 
im Broblthale, begĂŒnstigt durch ihre vortheilhafte Lage, 
eine ganz besondere BerĂŒcksichtigung verdienen. 


Me TE SEE ne BET N EEE 
Ru la AR 


My 3 
Ei 


Einwirkung von salpetrigs. Kali auf salzs. TriÀthylamin. 173 | 


Notiz ĂŒber die Einwirkung von salpetrigsaurem 
Kali auf salzsaures TriÀthylamin; 


von 


W. Heintz"). 


Âź 
In der Zeitschrift fĂŒr Chemie (N. F. 2, 513)**) hat 
Geuther einige Angaben von mir ĂŒber die Art der 
Einwirkung obiger zwei Körper auf einander in einer 
Weise besprochen, die zu MissverstĂ€ndnissen fĂŒhren könnte. 
Ich habe in meinem Aufsatze „Ueber die Einwir- 
kung der salpetrigen SĂ€ure auf die GlykolamidsĂ€uren‘“ 
(Ann. Ch. Pharm. 138, 315 u. Zeitschr. fĂŒr Chem. N.F. 2, 
466) behauptet, dass reines TriÀthylaminsalz durch Kochen 
mit salpetrigsaurem Kali (natĂŒrlich in wĂ€sseriger Lösung) 
im Wesentlichen unverÀndert bleibt und daraus (ebendas. 
S. 821) geschlossen, dass mit HĂŒlfe des salpetrigsauren 
Kalis das TriÀthylamin von dem DiÀthylamin leicht ge- 
trennt werden könne. 
Geuther sagt (l.c.), er habe die Heintz’sche Ent- 
deckung, dass reines TriÀthylaminsalz durch Kochen mit 
salpetrigsaurem Kali im Wesentlichen unverÀndert bleibt, 
nur mit Verwunderung zu lesen vermocht. 
Hierauf fĂ€hrt Geuther fort: „die folgenden Ver- 
el. 2 tans zeigen“ u.s. w. 
Nach dieser Fassung sollte man nun meinen, die 
nun folgenden, aus den von Geuther neuerdings ange- 


stellten Versuchen gezogenen SchlĂŒsse mĂŒssten meiner 
Behauptung schnurstracks widersprechen, mĂŒssten Beweis 
geben, dass meine Angaben falsch seien und die Behaup- 
tung von Geuther (Arch. d. Pharm. 123, 200) vollkom- 
men sicher stellen, dass sich das TriÀthylaminsalz gegen 
salpetrigsaures Kali ganz wie das DiÀthylaminsalz ver- 


*) Als Separatabdruck aus der Zeitschrift fĂŒr Chemie, herausg. 
von Beilstein, Fittig u. HĂŒbner, 1866, Bd.2. S.571 vom 
Verfasser eingesendet. 

**) Dieses Archiv, Bd. 130, S. 56. 


. Die 30.40 2,0 oe 
N ö | N zayt, an 


174 W. Heintz, BR‘ 


halte. Ein nicht sehr aufmerksamer Leser wĂŒrde zu dem 
Schlusse gelangen können, obgleich sich Geuther in 
seiner zweiten und dritten Schlussfolgerung, wie folgt, 
ausdrĂŒckt: „Die Versuche zeigen 2., dass in concen- 
trirter Lösung das salzsaure TriÀthylamin durch salpe- 
trigsaures Kali das nÀmliche Product liefert, wie das 
salzsaure DiÀthylamin, nÀmlich NitrosodiÀthylin, sich also 
so verhÀlt, wie Dr. W. Schultze beobachtet hat, dass 
in verdĂŒnnter Lösung dagegen nur geringe Zersetzung 
eintritt, und 3., dass bei dieser Behandlung das TriÀthyl- 
amin vollstĂ€ndig verschwindet“. 

Zur AufklÀrung der Sachlage möge Folgendes dienen: 

Geuther sagt in dem oben citirten Àlteren Auf- 
satze (Arch. Pharm. |2] 123, 200) wörtlich: „der Verlauf 
der „Reaction“ (bei Einwirkung von salpetrigsaurem Kali 
auf salzsaures TriĂ€thylamin) war ganz so, wie ich es frĂŒ- 
her bei dem DiÀthylaminsalz (Ann. Ch. Pharm. 128, 151) 
beobachtet habe“. An der citirten Stelle drĂŒckt sich 
Geuther aber, wie folgt, aus: „Erst beim ErwĂ€rmen 
(einer Mischung einer „ziemlich concentrirten Lösung von 
salzsaurem DiĂ€thylamin“ „mit einer concentrirten Lösung 
neutralen salpetrigsauren Kalis“) beginnt die Stickgas- 
entwickelung, welche durch die sich bei der Reaction 
entwickelnde WĂ€rme immer bedeutender wird, so dass 
der Kolben zeitweilig in kaltes Wasser gesetzt werden 
N AA In der Vorlage sammelt sich allmÀlig eine 
gelb gefÀrbte wÀsserige Lösung des NitrosodiÀthylins, auf 
welcher der Ueberschuss ölförmig schwimmt“. 

Ganz anders lautet seine Beschreibung des Vorgangs 
bei Einwirkung des salpetrigsauren Kalis auf salzsaures 
TriÀthylamin, welche er neuerdings giebt. Es heisst da 
(Ztschr. fĂŒr Chemie, N. F. 2, 515): „In der KĂ€lte keine 
Einwirkung, beim Kochen wird, ohne dass ölige Tropfen 
erscheinen, ein sich allmÀlig schwach gelb fÀrbendes und 
den Geruch nach NitrosodiÀthylin in geringem Grade be- 
sitzendes Destillat erhalten. Je weiter die Destillation 
fortschreitet, desto deutlicher der Geruch, bis, bei begin- . 


Einwirkung von salpetrigs. Kali auf salzs. TriÀthylamin. 175 


nender Ausscheidung von Chlorkalium im Kölbchen, dau- 
ernd ölige Tropfen von NitrosodiĂ€thylin erscheinen“. 

Hiermit ist constatirt, dass die frĂŒhere Angabe von 
Geuther, die Reaction bei Einwirkung von salpetrig- 
saurem Kali auf TriÀthylaminsalz verlaufe ganz gleich, 
wie die auf DiÀthylaminsalz, irrig ist. Diese irrige An- 
gabe veranlasste mich, bei meinen Versuchen mit Tri- 
Ă€thylamin es nie zur Salzausscheidung kommen zu las- 
sen, um eine etwaige anomale Zersetzung bei zu starker 
Concentration und damit Ueberhitzung der Mischung zu 
vermeiden und unter diesen UmstÀnden sind meine An- 
gaben vollkommen richtig. Von dem TriÀthylaminsalz 
wird nur sehr wenig verÀndert, das DiÀthylamin dagegen 
ganz in das Destillat ĂŒbergefĂŒhr. Die von mir ange- 
gebene Methode zur Trennung und Reindarstellung des 
Di- und TriÀthylamins ist also durchaus brauchbar. Man 
hat nur die Vorsicht anzuwenden, die kochende Mischung 
nicht bis zur Abscheidung von Chlorkalium "einzudam. 
pfen, wodurch, wie Geuther’s Versuche lehren, ein be- 
deutender Verlust eintreten wĂŒrde. 

Geuther’s Versuchen verdanken wir die Kenntniss 
der Thatsache, dass TriÀthylaminsalz beim Einkochen 
mit salpetrigsaurem Kali bis zur BrÀunung vollkom- 
men zersetzt, aber nur zum Theil in NitrosodiÀthylin 
ĂŒbergefĂŒhrt wird. 

In Betreff der ersten Schlussfolgerung aus Geuther's 
neuen Versuchen (Zischr. fĂŒr Chem. N. F. 2, 514), wonach 
das von ihm durch fractionirte Destillation gereinigte Tri- 
Àthylamin frei war von DiÀthylamin, will ich gern zu- 
geben, dass ich im Irrthum war, wenn ich das Gegen- 
theil vermuthete. HĂ€tte ich gewagt, das anzunehmen, 
was nun durch Geuther’s eigene Angaben constatirt 
ist, dass ihm nÀmlich die Verschiedenheit des Verlaufs 
der Einwirkung des salpetrigsauren Kalis auf Di- und 
TriÀthylaminsalz entgangen war, so hÀtte ich freilich in 
diesen Irrthum nicht verfallen können. 

Halle, den 26. September 1866. 


— a >—— 


ur TEE EEE ae nn 0.00. u 
176 A. Casselmann, 


Ein Beitrag zur PrĂŒfung der fetten Oele; 


von 
Dr. A. Casselmann’”). 


Vor einiger Zeit ersuchte mich ein hiesiger GeschÀfts- 
mann, verschiedene Leinölsorten auf VerfÀlschungen 
mit andern Oelen zu prĂŒfen. Von der einen Sorte Lein- 
öl war eine grössere QuantitÀt nach dem Auslande ge- 
sandt, von den KĂ€ufern jedoch nicht fĂŒr genĂŒgend rein, son- 
dern fĂŒr mit andern Oelen, namentlich mit Sonnenblumen- 
öl versetzt, erklĂ€rt worden. Der betreffende Herr wĂŒnschte 
in Folge dessen nicht allein die Richtigkeit dieser An- 
gabe ausser Zweifel gesetzt zu sehen, sondern auch ein 
Reagens zu haben, welches ihn als Laien befÀhigte, die 
GĂŒte des Oeles kĂŒnftig selbst zu prĂŒfen. 

Wer sich jemals mit der PrĂŒfung der fetten Oele 
beschÀftigt hat, wird die Erfahrung gemacht haben, wie 
schwierig .es ist, ein in jeder Beziehung genĂŒgendes Re- 
sultat zu erlangen. Die in den verschiedenen Werken 
angegebenen PrĂŒfungsmethoden sind nicht ĂŒberall genau 
zutreffend, und wenn auch ein französischer Chemiker 
Chateau inseinem Werke „Die Fette“ **) S. 55 u. flgde. 
einen Untersuchungsgang zur Bestimmung und PrĂŒfung 
der Oele genau aufgefĂŒhrt hat, so lĂ€sst derselbe doch 
noch sehr viel zu wĂŒnschen ĂŒbrig und eignet sich kei- 
neswegs fĂŒr den Laien. Der Grund fĂŒr das Eben- 
gesagte liegt meines Erachtens nach vorzugsweise in dem 
Grade der Reinheit der zu untersuchenden Oele, so dass 
das Oel einer und derselben Pflanze manche abweichende 
Reactionen zeigen kann, oder besser gesagt: Viele Reac- 
tionen sind weniger dem Oele selbst, als viel- 


*) Als Separatabdruck aus der Pharmae. Zeitschrift fĂŒr Russland 
vom Hrn. Verfasser eingesendet. D. Red. 

**) Die Fette. Die Lehre von den natĂŒrlichen Fettkörpern, 
welche technische Anwendung finden. Vorkommen, Gewin- 
nung, Handel, Eigenschaften etc. von Th. Chateau. Bear- 
beitet und mit ZusÀtzen vermehrt von Dr. Hugo Hartmann. 
Leipzig 1864, bei Wolfgang Gerhardt. 


a a FR PER En ı Dee 
= 


. 


Beitrag zur PrĂŒfung der fetten Oele. 177 


mehr denjenigen Stoffen zuzuschreiben, welche 
das Oel aus der Mutterpflanze als Verunreini- 
gungen aufgenommen hat. 

Als Beispiel will ich anfĂŒhren: Die fetten Oele der 
Cruciferen bilden mit wÀsseriger Kali- oder Natron- 
lauge in der WĂ€rme behandelt Schwefelkalium oder 
Schwefelnatrium, enthalten mithin irgend eine Schwe- 
felverbindung, welche wir weniger als einen wesentlichen, 
als vielmehr als einen zufÀlligen Bestandtheil des fetten 
Oels der Cruciferen betrachten mĂŒssen. Dennoch gebrau- 
chen wir diesen geringen Schwefelgehalt, um eine Ver- 
fÀlschung des Mandelöls, Mohnöls oder Olivenöls mit 
einem Oele aus der Familie der Cruciferen nachzuweisen. 

Unter den fetten Oelen unterscheiden wir vorzugs- 
weise drei Gruppen: 

1. Die nicht trocknenden Oele, die Glyce- 
ride der OelsÀure. Sie charakterisiren sich dadurch, 
dass sie 

a) an der Luft nicht trocknen, sondern schmierig 
bleiben; 

b) mit salpetriger SÀure oder UntersalpetersÀure ver- 
setzt, sehr bald erstarren durch Umwandlung des 
flĂŒssigen Oleins in festes Elaidin und 

c) mit concentrirter SchwefelsÀure gemischt sich höch- 
stens bis 600 C. erhitzen. 

2. Die trocknenden Oele, die Glyceride der 
LeinölsÀure oder Àhnlicher SÀuren. Sie charakterisiren 
sich 

a) durch allmÀliges Eintrocknen an der Luft, d.h. 
sie werden bei Zutritt der Luft und rascher noch 
bei Anwendung einer höheren Temperatur (z.B. 
lÀngere Zeit in einem Oelbade bei der Tempe- 
ratur von 150— 16000. gehalten), entweder in 
einen starren, festen, harzÀhnlichen oder in einen 
kautschukartigen Körper verwandelt; 

b) dass sie in BerĂŒhrung mit Untersalpeter- oder sal- 
petriger SĂ€ure nicht erstarren, und 


#- ui) " Lak rn wre % rw ar riK r “ r. a Sur, u 
ar TRITE 4 PR. N Wu Fe Le 3705 


ed an 6 5 
178 A. Casselmann, 


.c) mit concentrirter SchwefelsÀure gemischt, sich un- 
gemein stark, meist unter Entwickelung von schwef- 
liger SĂ€ure, erhitzen. 


3. Die Fischöle oder Thrane. Die Glyceride 
der PhysetölsÀure oder Àhnlicher SÀuren. Dieselben 
charakterisiren sich durch die intensiv rothen FĂ€rbun- 
gen, welche Aetznatron, SchwefelsÀure von 1,530 spec. 
Gew. und namentlich syrupsdicke PhosphorsÀure damit 
erzeugen. 


Wenn aus diesem eben Gesagten hervorgeht, dass 
es dem Laien nicht schwer fallen wird, die VerfÀlschung 
eines Oels einer Gruppe mit dem einer andern Gruppe 
durch die oben angefĂŒhrten charakteristischen Reactionen 
zu entdecken, so wird ihm die Entdeckung der Ver- 
mischung von Oelen ein und derselben Gruppe doch um 
so mehr Schwierigkeiten bereiten, als es eigentlich nur 
möglich ist, dieselben aus dem Complex einer Reihe von 
Reactionen genauer zu erkennen. 


Die mir zur Untersuchung gesandten Leinölsorten 
fĂŒhrten, wahrscheinlich nach dem Namen der Fabriken, 
verschiedene Bezeichnungen, nĂ€mlich MĂŒller, Schisch- 
kin und Tschubuikin und das Sonnenblumenöl die 
Bezeichnung sĂŒsses Sonnenblumenöl No. 2. 


Das Leinöl von MĂŒller war dunkelgelb und klar 
und wurde mir als vollkommen rein und unverfÀlscht 
bezeichnet, wĂ€hrend die beiden andern von trĂŒber Be- 
schaffenheit waren und noch Schleimtheile enthielten. 
Auch das Sonnenblumenöl, von hellgelber, dem Mohnöl 
Ă€hnlicher Farbe, war nicht ganz klar. 


Zur PrĂŒfung des specifischen Gewichts wandte ich 
ein Oleometer an, was Àhnlich wie ein Alkoholometer 
mit Thermometer eingerichtet und dessen O-Punct gleich 
121,0 R. war. Die Scala des Oleometers stieg von unten 
20 nach oben bis 50. Eine beigegebene Anweisung be- 
sagte, dass Baumöl 38, Mohnöl 32, Leinöl 29— 30, Thran 
33 Grade anzeigten mĂŒsse. 


SE Lea a EIER RR ap SSR RT Ban A a al re Fe N a ae Ne 
EN N x 


Beitrag zur PrĂŒfung der fetten Oele. 179 


Nach diesem Oleometer zeigten nun 
das Leinöl von MĂŒller und Schischkin — 29,5 Grade 


R 5 BIS BSchnDULK 10.5.5 nn, — 30 N 
Fsanttenblumendl......n.lmsseeis. a Be 
Ferner: 
RR BUT — 5, 2 
nn De Bo 
oe ee ee ee, eu rn 
N TE AL — ONE 


Durch Beschaffung einer Mohr’'schen Wage war es 
mir spÀterhin möglich, das specifische Gewicht der erst- 
genannten vier Oele und des Provenceröls nochmals fest- 
zustellen und es ergab sich, dass 


das Leinöl von MĂŒller und Schischkin = 0,9316 
2 ÂŁ Ensksehtrbuikın.. 2... — 0910) 
esonnenblumenöl............0. —=.0,920 
rovenicerĂ¶ĂŒl:......n.0 er nun dee == 0,14 


spec. Gew. bei 15°C. zeigte. 

Ein Gemisch von gleichen Theilen Leinöl und Son- 
nenblumenöl dagegen zeigte am Oleometer 32 Grade und 
ergab mit der Mohr’schen Wage ein spec. Gewicht von 
— 0,926 bei 150C. 

Bei dieser Gelegenheit muss ich bemerken, dass Bol- 
ley in seinem Handbuch der chemisch-technischen Unter- 
suchungen 1864 S. 347 mittheilt, dass es den von ver- 
schiedenen Autoren angegebenen specif. Gewichtsbestim- 
mungen der fetten Oele an Uebereinstimmung mangelte. 
Vergleichsweise fĂŒhrt er ausser andern auch das Leinöl 


und Olivenöl auf. Dieselben besitzen folgendes speci- 
fische Gewicht: 


Seharling Lefebvre SchĂŒbler 
Leinöl... 0,9383 0,9350 0,9347 
Olivenöl — 0,9180 0,9176. 


Da die daselbst angegebenen Zahlen mit den von 
mir mittelst der Mohr’schen Wage gefundenen ebenfalls 
nicht ĂŒbereinstimmten, so versuchte ich die Bestimmung 
des specif. Gewichts noch auf anderem Wege, nÀmlich 
durch das gewöhnliche ArÀometer und das 1000 Gran- 


180 


GlÀschen. 


ar ca Fr 
Pa 


A. Casselmann, 


aus Leinöl und Sonnenblumenöl zu Gebote. 
folgendes spec. Gewicht bei 150 C.: 


Mohr’sche Wage 


0,926 


1000 Gran-GlÀschen 


0,928 


Leider stand mir dazu nur noch das Gemisch 


Dies ergab 


Gew. ArÀometer 
0,930. 


Auch hier sieht man eine Differenz auftreten, deren 


RKeage 


Röinen Schwefel- | Schwefel- | Schwefel- nen Pag 
a | Schwefel- sÀure von | sÀure von sÀure von 1.840 mit 1.475 
” calcium. 1.475 spec. | 1,530 spec. | 1,635 spec. | Salpeter- | Gew. 
Oele, Gew. | Gew. | Kew. sÀure von \chroms 
| | | 1,2 sp. Gew. | gesÀt 
Beimöl eidotter- kun , schmutzig | dunkel- 
von ı schmutzig u. roth- dunl 
hubiii. gelbe rs dunkel- grĂŒn- 
kin Emulsion FĂ€rbung | grĂŒn braun braun grĂŒ 
| | 
| En | desgl. dunkel- stark dese] 
sch. | etwas grĂŒne dunkel- | desgl Vapce 58 des 
km dunkler FĂ€rbung grĂŒn | 
Leinöl desgl. |desgl. wenig, _ | . 
von heller als | heller wie dunkel- | schmutzig desgl- des; 
MĂŒller | vorige vorige | gran HN, Braun heller 
ken | Ren. |weiss, kaum) weissgelb, desgl.mehr 
2 Gelbliche weisse | ins BrĂ€un- | ins BrĂ€un- | ins Röth- | grĂŒn, 
blumenöl __: FĂ€rbung |liche ĂŒber- liche ĂŒber- |licheĂŒber-| Gel 
spielende 5 
ner, | gehend gehend gehend 
| gelbliche, | F 
' weisslich- | bald ins En it 
Mohnöl | gelbe BrÀunliche | en Be braun des: 
Emulsion [ĂŒbergehend.| ;)6.rehend 
FĂ€rbung 7 gehen 
| 8 | 
„7 | grĂŒngelbl. | dunkelgr. | dunkel- dunkel- | schwarz- |desgl. 
Ba | Emulsion FĂ€rbung | grĂŒn grĂŒn braun dunk 
'gelblicheins | rg 
en weissgelb- GrĂŒne und gelb, k schmutzig | orange. | dual 
vencer liche BrÀunliche | schmutzig besuch ein Hral 
öl Emulsion | ĂŒbergeh. grĂŒnlich 8 
FĂ€rbung | 
weiss, ins dunk 
2 En Röthliche, | „11: grĂŒn, 
Mandelöl Ei Bee weiss dannBrÀun- Re BrÀt 
ra BE liche ĂŒber- lich 
gehend ĂŒber; 


WiR.K. la a etEr Z RE NT RE NIEE N 
Beitrag zur PrĂŒfung der fetten Oele. 181 
4 


Grund in der fehlenden Genauigkeit der Instrumente zu 
_ suchen ist, welche möglicher Weise, abgesehen von den 
verschiedenen Oelsorten und deren Reinheit, auch bei oben- 
genannten Autoren nicht ohne Einfluss gewesen sein mag. 
Die Wirkung .. der verschiedenen angewandten Rea- 
gentien ist in folgender Tabelle niedergelegt: 


iem 


| 
Salpeter- 
= - A Salpeter- 
arme ven | ana | Yinkekei | hehe | Sale 
e von sÀure von | 7,20 spec, | Zinnchlorid | ; x SBauR: 
N 35105 (ZnCl) beim sÀure Anecksilber- 
D spec. 1,220 spec. | Gew. und Sn. | Kens ' diek). | os7d beim 
| iunferfeil- irwÀrmen. | (syrupsdick). 
pe; | Gew. ne ch ErwÀrmen. 


| | | sehmutzig | gelbe emul- 
reihe | dunkel- gelb; nach, | sionsÀhn- 
Br. en, | braune einiger Zeit) grĂŒn und liche Masse, dunkel- 
| dunkler | dick- | schmutzig | grĂŒn blei- | nach eini- | grĂŒn bis 
erdend! flĂŒssige | grĂŒn und ; bend |gem Stehen] braunroth 
u | | Masse dunkler sich aus- 
werdend _  scheidend 
gelb, | grĂŒn, ins | 
{ | schmutzig | Schmutzig- | 
sgl. deszl. desgl. | a desgl. desgl. 
werdend ĂŒbergehend 
sg]. desgl. 4 ı bald nach schwach ' desgl. weni- 
cht nicht desgl. demUmrĂŒh- grĂŒn, mehr | ger gut desgl. 
ıdunk. | nachdunk. 'renreingrĂŒn]| gelb | mischbar 
iss, | | » | weiss, dann ‚keine emul- 
wach | weiss, | Kaonlzir etwas dunk- keine Far-| sionsÀhnl. 
srĂ€un- kaum | dickAĂŒcsi e ler (brĂ€un- | benverĂ€n- Masse, zugl. hellgelb 
Â»ĂŒber- brĂ€unlich Mabe lich) wer- derung |EntfĂ€rbung 
rend dend | eintretend 
| schmutzig | | emulsions- 
ern anne } Ă€hnl. Masse, grĂŒn, ins 
lgelb | hellgelb en schmutzig | gesgl. |n. einigem | Braune 
ge| grĂŒnlich St h . h ĂŒb ÂŁ h 
MRS ehen sich ĂŒbergeh. 
ausscheid. 
| I Teer SE Pan lee za Fra a er 
nlich- grĂŒnlich- geso] gelblich- | schön | ' keine desg). 
elb gelb SÂź grĂŒn )° grĂŒn Emulsion | dunkler 
| grĂŒnlich- | 
\ schwach | gelbe | | wurde |desgl. Ent- |; 
blich lv ersEirte hellgelb etwas fÀrbung 
NEE heller eintretend 
'grĂŒnl. gelbe 
fest erstarr. weiss . . 
eiss weiss |Masse, nicht kaum Pas Ver- desgl. eidotter- 
so wie die| gelblich | "derung Be 
| vorige 


AN a) a Aal MR ILL IN a hal NENNE WELT RESTE O VERTWL RUND TONERER 


182 A. Casselmann, 


Diese Tabelle stimmt nicht ganz mit der sich ge- 
wöhnlich in den LehrbĂŒchern befindlichen von Crace 
Calvert ĂŒberein, auch fehlen die Reactionen mit Aetz- 
natron, so wie die mit Königswasser und der alsdann 
weitere Zusatz von Aetznatron, wodurch sich noch ver- 
schiedene FarbenverÀnderungen erzielen lassen, nament- 
lich was die thierischen Oele, die Thrane, anlangt. Da 
aber auf diese hier weniger RĂŒcksicht zu nehmen war 
und andererseits das Material nicht ĂŒberall zureichte, so 
ĂŒberging ich dieselben um so mehr, als mir die meisten 
der Reactionen nicht geeignet erschienen, um daraus mit 
Sicherheit eine bestimmte VerfÀlschung des Leimöls zu 
constatiren. So geht z.B. aus keiner der angegebenen 
Reactionen auch nur annÀhernd hervor, ob eine Ver- 
setzung des Leinöls mit Sonnenblumenöl statt gefunden. 
Denken wir uns 10 Proc. Sonnenblumenöl dem fraglichen 
Leinöl zugemischt, so wĂŒrde diese Beimischung eben so 
wenig durch die aufgefĂŒhrten Reactionen erkannt werden 
können, als eine Vermischung des Mohnöls mit Sonnen- 
blumenöl, weil sich das letztere gegen die Reagentien 
von allen Oelen am indifferentesten verhÀlt. Umgekehrt 
dagegen wĂŒrde man leicht das Leinöl im Sonnenblumen- 
öl nachweisen können, weil ersteres mehre charakte- 
ristische Reactionen zeigt, dagegen weniger gut das Mohn- 
öl, mit welchem das Sonnenblumenöl ĂŒberhaupt grosse 
Aehnlichkeit hat. 

Da diese Reactionen also nicht zum Ziele fĂŒhrten, 
so versuchte ich aus der Temperaturerhöhung, welche 
beim Mischen der fraglichen Oele mit concentrirter Schwe- 
felsÀure von 1,840 spec. Gew. eintritt, eine VerfÀlschung 
zu constatiren. Bei AusfĂŒhrung dieses Versuchs hatten 
die Oele sowohl, wie die SchwefelsÀure eine Temperatur 
von 140C. Vom Oel wurden 50 Grm. genommen und 
zu diesen unter fortwĂ€hrendem UmrĂŒhren 10 C.C. der 
concentrirten SchwefelsĂ€ure in dĂŒnnem Strahle aus einer 
BĂŒrette fliessen gelassen *). Der Grad der Erhitzung bei 


*) Wird weniger Oel und SchwefelsÀure genommen, etwa die 


REST OUTEN SER NEEHT Ab AR Drag bu ARME I a PETE ST PER LE 


Beitrag zur nn der in 0a 183 


den Oelen ist ein verschiedener und in manchen FĂ€llen 
genĂŒgend, um den Ausspruch, dass eine VerfĂ€lschung 
statt gefunden hat, zu rechtfertigen. 

Von den oben aufgefĂŒhrten Oelen ist das Leinöl das- 
jenige, welches die höchste Temperaturerhöhung erzeugt. 
Das Oel verwandelt sich zunÀchst in eine schwÀrzliche, 
dicke, schmierige Masse, welche bei 75% C. unter gleich- 
zeitiger Entwickelung von schwefliger SĂ€ure sehr stark 
zu schÀumen anfÀngt. Das Thermometer steigt alsdann 
rasch und hat in wenigen Minuten den höchsten Punct 
erreicht. 

Nach dem Leinöl folgt das Hanföl, dann das Mohn- 
und Sonnenblumenöl, welche letztere beide sich gleich 
verhalten und keine so zÀhe dieke Masse bilden, wie das 
Leinöl und Hanföl. Bei den nicht trocknenden Oelen, 
dem Provencer- und Mandelöl, ist die Erhitzung lange 
nicht so stark und namentlich findet keine Entwickelung 
von schwefliger SĂ€ure statt. 

Die erhaltenen Resultate sind folgende: 

Bei dem Leinöl von MĂŒller stieg die Temperatur bis 
auf = 1320 0. Âź) 


N ; „ Schischkin Be — END, 
. P »„ Tschubuikin ee 
bei dem Sonnenblumenöl stieg die Temperatur 

bisauf == 42008 

5 Mohnöl x N 

N Hanföl y = 950.0, 

x Provenceröl N —= 4800. 

; Mandeiöl h —= 5906, 


Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich, betrÀgt die 
Differenz der Temperaturerhöhung zwischen Sonnenblumen- 


HĂ€lfte des vorgeschriebenen Quantums, so steigt die Tempe- 
ratur nicht so hoch. Beim Leinöl von MĂŒller wurde au- 
fangs die HĂ€lfte des Obengesagten genommen und die Tem- 
peratur stieg nur bis 1200C. 

*) Da die Oele durchschnittlich 140 hatten, so betrÀgt die Tem- 
peraturerhöhung obige Zahlen minus 14. 


BR N Ha AKAD AL. aaa aan Eleadn Bde ra Haan Mana N ae a 


vi Bi Re \ 


184 A. Casselmann, Beitrag zur PrĂŒfung der fetten Oele. : 


= F 
& 


öl und Leinöl ungefÀhr 40 Grade. Mischungen dieser Oele 
‘ mĂŒssen also innerhalb dieser Grade liegen. Um dies zu 
constatiren, wurden 15 Grm. Sonnenblumenöl mit 35 Grm. 
Leinöl von Schischkin gemischt und mit 10 0.0. Schwe- 
felsÀure versetzt. Die Temperatur stieg bis auf 1180 C., 
welche geringere Temperaturerhöhung mit dem zugesetzten 
Sonnenblumenöl, wie leicht zu berechnen, im Einklang steht. 

Schliesslich stellte ich noch eine Reaction an, welche 
auf der Schnelligkeit des ErhÀrtens oder Eintrocknens 
beruhte. Zu dem Zweck wurden 3—4 Grm. von jedem 
Oel auf UhrglÀsern in ein Oelbad gesetzt, letzteres un- 
gefÀhr 3 Stunden lang auf einer Temperatur von 1500C. 
erhalten und dann erkalten gelassen. Den andern Tag 
wurde dieselbe Operation wiederholt. Nach 36 Stunden 
war das Leinöl von MĂŒller und nach 48 Stunden waren die 
beiden andern Leinöle zu einer gummiÀhnlichen Masse 
eingetrocknet; den 4ten bis öten Tag folgte das Mohnöl, 
darauf das Hanföl, wÀhrend das Sonnenblumenöl am lang- 
samsten trocknete und gegenwÀrtig, nach Verlauf von 
drei Monaten, noch einer gallertartigen klebrigen Masse 
gleicht. Die nicht trocknenden Oele erhÀrteten selbst- 
verstĂ€ndlich nicht, wurden aber bei weitem dickflĂŒssiger, 
so dass sie jetzt Àhnlich dem Ricinusöl fliessen. 

Gehen wir nach dieser Auseinandersetzung zu der 
dieser Arbeit zu Grunde liegenden Frage zurĂŒck, nĂ€m- 
lich: War eine der beiden Oelsorten von Schisch- 
kin oder Tschubuikin (die von MĂŒller wurde als 
rein angenommen) mit Sonnenblumenöl vermischt? 
so muss diese Frage aus folgenden GrĂŒnden mit „Nein“ 
beantwortet werden, weil erstlich weder das specifische 
Gewicht, noch zweitens die Temperaturerhöhung 
mit SchwefelsÀure, noch drittens die Dauer des 
Eintrocknens fĂŒr eine Mischung sprechen. Nur aus 
der Zusammenstellung dieser drei Factoren ist es mög- 
lich, einen solchen Schluss zu ziehen, wenig oder gar 
keinen Schluss aber aus den in der Tabelle angegebenen 
Reactionen. 


Landerer, VerÀnderung des Oeles durch die Zeit. 185 


FĂŒr den Laien aber sind das specifische Gewicht 
und namentlich die Dauer des Eintrocknens als die 
einfachsten und besten Mittel zu bezeichnen, um die 
GĂŒte eines jeden Leinöls zu erproben. 


Deber die VerÀnderung des Oeies durch die Zeit; 


von 


Dre X. Danderer: 


Am Fusse des so bekannten Berges Sion wollte man 
eine Schule bauen und um festen Grund zu finden, war 
man genöthigt, bis zu einer Tiefe von 30 Meter zu gra- 
ben, als man mit einem Mal auf eine Zisterne stiess, die 
mit Oel gefĂŒllt war. Dieses Oel war jedoch durch die 
Zeit, wÀhrend welcher es in dieser Zisterne gewesen war, 
und die man auf etwa 1200 Jahre berechnete, indem 
daselbst frĂŒher eine Stadt gestanden, in einen beinahe 
festen Zustand ĂŒbergegangen, so dass man nur mit MĂŒhe 
mittelst hölzerner Stöcke bis auf den Grund der Zisterne 
kommen konnte. Man versuchte in Jerusalem das Oel 
zum Brennen zu verwenden, es entwickelte jedoch einen 
so fĂŒrchterlichen, in den Augen brennenden, scharfen Ge- 
ruch, dass die Leute, die sich im Zimmer befanden, das 
Freie suchen mussten, was wohl eine Folge der Bildung 
von AcrylsÀure ist. Ein mir befreundeter Geistlicher aus 
Jerusalem machte mir ein FlÀschchen dieses Oeles zum 
Geschenk. Dasselbe ist so fest, dass man das Glas um- 
kehren kann, ohne dass etwas herauslÀuft; es besitzt einen 
brennenden Geschmack und einen ranzigen Geruch; die 
DĂ€mpfe des angezĂŒndeten Oeles sind nicht auszuhalten 
vor Brennen in den Augen. Im ganzen Oriente existirt 
die Meinung, dass das alte Oel fĂŒr Wunden und andere 
SchÀden sehr heilsam sei, weshalb die KleinhÀndler altes 
ranziges Oel fĂŒhren, das mit dem Zwei- bis Dreifachen 
bezahlt wird. In Jerusalem bereitet man aus diesem Oele 
Salben fĂŒr die Armen, jedoch auf offene Wunden ange- 


wendet, kann es Niemand vor Schmerzen aushalten. 
—m 


Arch.d.Pharm. CLXXXI.Bds.3. HÂŁft. 13 


186 K. Frisch, nr 


Ueber die BasieitÀt der WeinsÀure; 
von 
Dr. Kuno Frisch, 
Assistenten am Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Erdmann *). 


Von den meisten Chemikern wird die WeinsÀure als 
eine zweibasische SĂ€ure angesehen, die zwei Reihen von 
Salzen, neutrale und saure bildet, von denen die ersteren 
die Zusammensetzung C3 H?Me?Ol2 besitzen. Dieser 
Annahme stehen jedoch mehre Thatsachen entgegen, 
welche die zweibasische Natur der WeinsÀure zweifelhaft 
machen und dieselbe als eine vierbasische SĂ€ure erscheinen 
lassen, indem einige Metalloxyde im Stande sind, vier 
Aequivalente Wasser in der WeinsÀure zu vertreten. 

Liebig und Dumas zeigten zuerst am Brechwein- 
stein, dass derselbe bei 10000. 2,1 Proc. HO, bei 200 
bis 2200 aber 7,6—7,7 Proc. HO verliert. Sie schrieben 
das Salz nach der Radicaltheorie KO, Sb O3, C8H?O8, 
Gerhardt und Laurent betrachteten dasselbe als die dem 
WeinsÀureanhydrid isomere TartrelsÀure, in welcher 1 At. 
Wasser durch Kali, das andere durch Antimonoxyd ver- 
treten ist. 

Berzelius nahm diese Verbindung als Doppelsalz 
einer neuen SÀure, der anomalen WeinsÀure, an, welche 
2 Aeq. Wasser weniger enthielte, als die WeinsÀure und 
gab diesem die Formel KO, C4HO? + SbO3, C4HO%; 
doch gelang es Berzelius nicht, diese SĂ€ure zu isoliren. 

Von den weinsauren Doppelsalzen ist das von Schwar- 
zenberg zuerst dargestellte weinsaure Wismuthoxyd-Kali 
von höchstem Interesse, weil dasselbe bei 1000 getrocknet 
eine den bei 2000 getrockneten Brechweinsteinen analoge 
Zusammensetzung besitzt. Behufs der Darstellung kochte 
ich frisch gefÀlltes Wismuthoxyd mit Weinstein so, dass 
ersteres in bedeutendem Ueberschusse vorhanden war. 
Das Filtrat stellte eine farblose FlĂŒssigkeit dar, welche 


*) Vom Hrn. Verfasser eingesandt. D. Red. 


die BasicitÀt der WeinsÀure. 187 


durch MineralsÀuren weiss gefÀllt und durch Alkohol 
vollstÀndig niedergeschlagen wurde. Wasser erzeugte 
keine TrĂŒbung. Dampfte man diese FlĂŒssigkeit ein, so 
schied sich aus der concentrirten Lauge ein krystallinisches 
Pulver aus, welches sich mit Wasser unter Abscheidung 
eines weissen, sich schwer absetzenden Pulvers zersetzte. 
Dieses ist der Wismuthweinstein. Versucht man aus dem 
von der ersten Bereitung zurĂŒckgebliebenen Wismuthoxyd 
durch Kochen mit Weinstein neue QuantitÀten des Salzes 
darzustellen, so erhÀlt man stets verschiedene PrÀparate, 
welche immer weit mehr Weinstein enthalten, als das 
normale Salz. Das leichte Körnigwerden des Wismuth- 
oxyds scheint die Bildung des Salzes zu erschweren. 
Das auf die oben beschriebene Weise dargestellte bei 1000 
getrocknete Salz unterwarf ich der Analyse, indem ich 
dasselbe in SalzsÀure löste und mit Schwefelwasserstoff 
fÀllte. Das Schwefelwismuth wurde in SalpetersÀure gelöst, 
mit kohlensaurem Ammoniak gefÀllt und gekocht. Das 
Kali wurde als Chlorkalium gewogen. 


1,810 Grm. des Salzes gaben 1,0685 BiO3 — 59,03 
Proc. BiO3 und 0,332 KC1 = 0,20961 KO = 11,58 
Proc. KO. 

a) 1,763 Grm. Substanz gaben 0,788 CO? — 0,2149 C 
412,19 Proc. ©’ und‘ 0,1055 HO, = '0,01H72 2 — 
0,66 Proc. H. 


b) 1,509 Grm. des Salzes gaben 0,677 CO? — 0,185 C 
—= 12,19 Proc. € und: 0,083. HO — 0,00 > 


0,61 Proc. 
Berechnet Gefunden nach 
2 in Schwarzenberg 

BiO3. 59,52 59,03 58,94 
319 52:11.83 11,58 12,22 
©. ; ..... 12,06 12,19 12:19 12,16 
EI 50,50 0,66 0,61 0,59 
RR) 16,09 

100,00. 100,00. 


13% 


188 K. Frisch, 


Diese Analysen stimmen mit dem Schwarzenberg- 
schen und mit dem berechneten Resultate gut ĂŒberein und 
geben fĂŒr das Salz die Formel C$H?KBiO!2. Wie bereits 
oben erwÀhnt, zerlegte sich dieses Salz mit Wasser zu 
einem weissen unlöslichen Pulver, welches sich schwer 
absetzte. Das Filtrat reagirte sauer, enthielt WeinsÀure 
und Kali, aber keine Spur von Wismuth. Nachdem es 
so lange ausgewaschen, bis es nicht mehr sauer reagirte, 
wurde es zwischen Papier gepresst und getrocknet. 
Zwischen 1000 und 2000 verlor es 3,92 Proc. HO. 

Das bei 2000 getrocknete Salz ergab: 

1,298 Grm. — 0,9225 BiO3 — 71,07 Proc. BiO3 und 
0,0995 Grm. KCl = 0,06295 KO — 4,83 Proc. KO. 

Dieses Salz ist demnach ein basisches Salz von der 

Formel: 
KO, 3(BiO3) + 2C3H?O8 (bei 200° getr.) 
KO, 3 (Bi03) + 2C3H4010 (bei 1000 getr.) denn 


Berechnet Gefunden 
B103,, 24473,67 71,07 
KOlNE. 4,85 4,83 
C4H204. 23,47 24,10 
100,00. 100,00. 


Um die Zusammensetzung der Brechweinsteine zu 
erklÀren, nehmen viele Chemiker an, dass das Antimon- 
oxyd darin als Antimonyl (SbO2) + O enthalten sei 
und dass diese Atomgruppe sich wie das Uranyl (U202) 
verhalte, zu dessen Annahme man durch das Verhalten 
des Uranoxyds zu SĂ€uren bestimmt worden ist. Dieser 
Hypothese zufolge war zu erwarten, dass beide Metall- 
oxyde sich auch Àhnlich in ihren Salzen, besonders in 
ihrem Kali-Doppelsalz, verhalten. Um dieses gegenseitige 
Verhalten zu ermitteln, stellte ich das weinsaure Uran- 
oxydkali dar, indem ich Weinstein mit ĂŒberschĂŒssigem 
frisch gefÀlltem Uranoxydhydrat kochte. Das Filtrat besass 
eine gelbbraune Farbe und konnte nicht zur Krystalli- 
sation gebracht werden. Bei langem Stehen schieden sich 
einzelne Schuppen und HĂ€utchen ohne krystallinisches 


die BasticitÀt der WeinsÀure. 189 


GefĂŒge ab. Die Lösung wurde durch Alkohol vollstĂ€ndig 
gefÀllt. Das bei 1000 getrocknete Salz verlor beim weiteren 
Trocknen bis 2000 noch 5,63 Proc. HO und war noch 
vollstÀndig in Wasser löslich. Das bei 2000 getrocknete 
Salz der Analyse unterworfen, wurde bei Luftzutritt ge- 
glĂŒht, in verdĂŒnntem Königswasser gelöst, mit Ammoniak 
gefÀllt, wieder in SalzsÀure gelöst, die Lösung eingedampft 
und der RĂŒckstand in Wasserstoffgas geglĂŒht. Alsdann 
wurde das anhÀngende Chlorkalium vollstÀndig mit Wasser 
ausgezogen und das gebildete Uranoxydul zur Verwand- 
lung in Uranoxyduloxyd nochmals im schiefstehenden 
Tiegel geglĂŒht. Diese langwierige Operation war noth- 
wendig, da Kali vom Uranoxyd fest zurĂŒckgehalten wurde 
und ich bei meiner ersten Analyse dadurch Differenzen 
erhielt. 

0) 2,219 Grm. gaben 0,9905 UO, U203 — 1,0093 U2O2 
— 45,48 Proc. (kalihaltig) und 0,482 KCl —= 0,3036 
KO==:,13,68/Proe. 

6) 1,9845 Grm. — 0,8545 UO, U203 — 0,8703 U203 — 
43,85 Proc. und 0,449 KÜl —= 0,283 KO — 14,26 Proe. 

a) 1,351 Grm. mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,7185 
CO? — 0,1959 C = 14,5 Proc. und 0,173 HO = 
0,01922 'H =)1,4%5 Proe. 

b) 0,993 Grm. — 0,531 CO? — 0,14481 C — 14,58 Proc, 
und 0,1215 HO — 0,0135 H — 1,36 Proc. 


Berechnet Gefunden 
2. b. 

U?03... 44,36 43,85 
RO. .14,62 14,26 
EIS LA 14,90 14,5 14,58 
1 1,24 1,41 1,36 
ie ee 24,84 

99,36: 


Dieses bei 2000 getrocknete Salz entspricht also der 
Formel: KO, U?03, CSH4010, das Oxyd vertritt also nur 
zwei Aequivalente basischen Wasserstoffs der WeinsÀure, 


ı90 K. Frisch, 


das Salz verhĂ€lt sich demnach entsprechend seinen ĂŒbrigen 
Verbindungen und anders als die Antimonoxyddoppelsalze. 

Ausser den Doppelsalzen mit vier Atomen Basis 
spricht hauptsÀchlich noch eine Verbindung der Wein- 
sĂ€ure mit vier Aequivalenten einer einsĂ€urigen Basis fĂŒr 
die TetrabasiecitÀt derselben. Es ist dies das von Erd- 
mann bereits vor 30 Jahren (Journ. f. prakt. Chem. 9, 271 
und Ann. d. Pharm. 21) dargestellte Bleisalz, welches 
76,9 — 77,2 Proc. Bleioxyd enthĂ€lt und dessen Formel 
4PbO,C8H4010 Jauten wĂŒrde. Dieses Salz, welches 
Erdmann ursprĂŒnglich aus metaweinsaurem und spĂ€ter 
auch aus weinsaurem Bleioxyd darstellte, das er in Am- 
moniak löste und kochte, ist auf Àhnliche Weise vor kur- 
zer Zeit auch von Heintz dargestellt worden. Erdmann 
betrachtete dieses Salz als ein basisches Salz, da auch andere 
SÀuren,wie CitronensÀure, EssigsÀure etc. sich Àhnlich gegen 
Bleioxyd in ammoniakalischer Lösung verhalten und Blei- 
salze von mehr Atomen Basis als die neutralen liefern, 
die sich nur als basische Salze betrachten lassen. Trock- 
net man jedoch das Erdmann’sche Salz bei einer Tempe- 
ratur zwischen 150— 2000, so verliert es noch 2 Aeg. 
Wasser und enthĂ€lt 79— 79,4 Proc. Bleioxyd. 

Dieses Bleisalz auf eine Weise darzustellen, wodurch 
die Entstehung eines basischen Salzes vollkommen aus- 
geschlossen ist, ist mir gelungen, indem ich neutrales 
essigsaures Bleioxyd mit saurem weinsauren Kali acht 
bis zwölf Stunden lang kochte. Unter Entwickelung von 
EssigsÀure setzte es sich als ein schweres krystallinisches, 
rein weisses Pulver nieder, welches heftiges Stossen der 
siedenden FlĂŒssigkeit verursachte. Das gut ausgewaschene 
Pulver war frei von EssigsÀure und KohlensÀure, voll- 
stÀndig unlöslich in Wasser, verhielt sich eben so gegen 
EssigsÀure, weinsaures Ammoniak und andere Ammoniak- 
salze und unterscheidet sich dadurch wesentlich von dem 
zweibasisch weinsauren Bleioxyd. Dagegen löste es sich 
leicht in Kalilauge und SalpetersÀure. Das Salz verlor 
zwischen 160— 2200 kein Wasser. Zwischen 150—1600 


die BasicitÀt der WeinsÀure. 191 


getrocknet ergab die Aequivalentbestimmung einen Gehalt 
von 79,2 — 79,4 Proc. PbO. 
1,413 Grm. des Salzes gaben 1,120 PbO —= 79,19 Proe. 
en eh, Tor: 
Be A aganid: 79,4 0 
a) 0,647 Grm. des Bleisalzes mit 79,3 Proc. PbO gaben 
mit CuO verbrannt 0,2035 CO? — 0,0555 C und 
0,024 HO — 0,00266 H. 
b) 1,127 Grm. des Bleisalzes von 79,4 Proc. PbO —= 
0,348 CO? = 0,0949 C und 0,0395 HO —= 0,00439 H. 


Berechnet 2. b. 
2b02:4179,65 79,3 79,40 
Gi: 8,57 8,57 8,40 
INS 0,35 0,41 0,39 
Oiie 11,42 

99,99 


Diese Zusammensetzung wĂŒrde genau der Formel 
CSH2Pb?O12 entsprechen, mithin sind 4 Aeg. H der 
WeinsÀure durch Pb vertreten. Dass aber in diesem 
Salze WeinsÀure als solche verhanden und eine andere 
SÀure, wie einige Chemiker dies bei den in höheren Tem- 
peraturen getrockneten Brechweinsteinen annehmen, sich 
nicht gebildet hatte, scheint aus folgenden Reactionen 
hervorzugehen. Das Bleisalz verbrannt zeigte den charak- 
teristischen WeinsÀuregeruch. In Wasser vertheilt und 
mit Schwefelwasserstoff zerlegt, lieferte es nur WeinsÀure. 
Um die BerĂŒhrung mit Wasser zu vermeiden, vertheilte 
ich das Salz in Alkohol und leitete Schwefelwasserstoff 
ein. Allein auch hier bekam ich eine SĂ€ure, die die 
Reactionen der WeinsÀure besass.. Den letzten Theil, 
welcher mir von der Bereitung des vierbasisch weinsauren 
Bleioxyds geblieben, zerlegte ich in der KĂ€lte vorsichtig 
mit concentrirter SchwefelsÀure, so dass eine ErwÀrmung 
möglichst vermieden wurde und SchwefelsÀure nicht im 
Ueberschusse zugegen war. Eine Zersetzung der orga- 
nischen SĂ€ure war nicht bemerkbar. Dann zog ich es 
mit absolutem Alkohol aus und versetzte den Auszug mit 


192 K. Frisch, 


einer ĂŒberschĂŒssigen Lösung von in absolutem Alkohol ge- 
lösten Chlorcaleium. Die FlĂŒssigkeit trĂŒbte sich sogleich, 
setzte aber nur sehr langsam einen weissen breiartigen 
Niederschlag ab, welcher auf das Filter gebracht, schwer 
ablief und mit absolutem Alkohol so lange ausgewaschen 
wurde, bis das Filtrat nicht mehr auf Chlor reagirte. 
Der getrocknete RĂŒckstand stellte eine zĂ€he, gummiartige 
Masse dar, welche nur sehr schwer zerrieben werden 
konnte. Verbrannt zeigte das Salz den Geruch nach 
WeinsÀure. Es war in kochender WeinsÀure löslich, 
unlöslich dagegen in Chlorammonium und salpetersaurem 
Ammoniak. Ebenso wie dieses zeigte auch das ursprĂŒng- 
liche vierbasisch weisaure Bleioxyd, in Kalilauge gelöst, 
die Reactionen der WeinsÀure. « 

Bei der Darstellung des vierbasischen Bleisalzes kochte 
ich anfangs die Weinsteinlösung mit der essigsauren Blei- 
oxydlösung nur kurze Zeit, das eine Mal drei, das andere 
Mal vier Stunden. Es resultirten zwei Bleisalze, von 
denen das eine 72,55 Proc. PbO, das andere 72,87 Proc. 
PbO enthielt. Sie unterschieden sich von dem zweibasisch 
weinsauren Bleioxyd durch gÀnzliche Unlöslichkeit in 
Wasser, EssigsÀure und Ammoniaksalzen. WÀre es ein 
Gemisch zweier Salze gewesen, also in diesem Falle aus 
zweibasisch und vierbasisch weinsaurem Bleioxyd beste- 
hend, so hÀtte sich doch wohl das zweibasische Salz in 
EssigsĂ€ure und Ammoniaksalzen lösen mĂŒssen. Von dem 
Bleisalze mit vier Atomen Basis unterschied es sich durch 
mindere Schwere, welche sich durch geringeres Stossen 
der siedenden FlĂŒssigkeit bemerkbar machte. 

Das bei 2000 getrocknete Salz wurde der Analyse 
unterworfen: 

1,2385 Grm. Substanz gaben mit CuO verbrannt 0,4713 
CO? — 0,12859 C und 0,079 HO — 0,00877 H. 


Berechnet Gefunden 
Pb ..72.12 72,87 
ee eh ©, 10,39 
FH; ,.79 20:65 0,70 
O:2.1025,74 


100,00. 


die BasicitÀt der WeinsÀure. 193 


Diesem Salze wĂŒrde demnach die Formel C8H3Pb3012 
zukommen und in ihm drei Aequivalente basischen Wasser- 
stoffs durch Blei vertreten sein. 

Es ist mir auch gelungen, ein vierbasisches Zinksalz 
darzustellen. Bei frĂŒher angestellten Versuchen, die Wein- 
sÀure durch Zink in alkalischer Lösung zu reduciren, 
kochte ich lÀngere Zeit WeinsÀure, Zink und Kalilauge. 
Beim nachherigen Neutralisiren der stark kaustischen 
Lösung mit SalpetersÀure, fÀllte ich ein Zinksalz, wel- 
ches durch nochmaliges Wiederauflösen in Kalilösung und 
nochmaliges vorsichtiges Neutralisiren mit SalpetersÀure 
gefÀllt, abfiltrirt, ausgewaschen und getrocknet wurde. 
Dieses Salz war vollstÀndig unlöslich in Wasser, Wein- 
sÀure, Salmiak und salpetersaurem Ammoniak, löste sich 
aber leicht in Kalilauge und MineralsÀuren. Es war voll- 
stÀndig frei von KohlensÀure. Das bei 1000 getrocknete 
Salz zeigte einen kronpaterchalt von 56,2 —56,8 Proc 
Zinkoxyd, denn 

a) 0,598 Grm. des bei 1000 getrockneten Salzes gaben 
mit SalpetersĂ€ure befeuchtet und geglĂŒht 0,336 ZuO ° 
= 56,2 Proc. 

ß) 0,470 Grm. des bei 1000 getrockneten Salzes von 
einer anderen Bereitungsweise gaben wie oben be- 
handelt 0,267 ZuO —= 56,3 Proc. 

a) 0,824 Grm. bei 1000 getrocknet und mit CuO ver- 
brannt gaben 0,496 CO? —= 0,1352 C und 0,0815 
HO — 0,00905 H. 

b) 1,172 Grm. bei 2000 getrocknet und mit CuO ver- 
brannt gaben 0,709 CO? —= 0,1933 C und 0,1305 
HO — 0,0145 H. 


Berechnet a. (100) b. (2000) 
ZnO 56,84 56,20 56,80 
C... 16,84 16,43 16,50 
FL=2548,05 1,09 1,23 
0... 25,26 

99,39. 


Die Formel fĂŒr dieses Salz ist CSH?Zn?012 4. HO. 


VER RT 2 ENT BE un: 30), 
x j ? IN ie 


194 K. Prisch, 


Dieses letzte Aequivalent Wasser scheint ziemlich 
hartnĂ€ckig zurĂŒckgehalten zu werden, da das Aequivalent- 
gewicht des Zinksalzes auch bei 2000 getrocknet zwischen 
56,2 bis 56,8 Proc. schwankte. Doch steht in der Reihe 
der weinsauren Salze dieser Fall nicht vereinzelt da, denn 
Versuche haben mich ĂŒberzeugt, dass auch bei den zwei- 
basisch weinsauren Salzen des Baryts und Kalks ein Àhn- 
liches ZurĂŒckhalten von 1 Aeq. Wasser, welches ausser- 
halb der Formel steht, statt findet. 

Bei stundenlangem Kochen der WeinsÀure mit Zink 
schied sich unter Entwickelung von Wasserstoff ein weis- 
ses, lockeres Pulver aus, welches in Wasser sehr schwer, 
leicht dagegen in Kalilauge löslich ist. Wasser löste nur 
Spuren. Eben so war es auch getrocknet unlöslich in 
EssigsÀure und Salmiak. Bei 1000 getrocknet ergab es 
sich als zweibasisch weinsaures Zinkoxyd, denn 0,947 
des Salzes gaben mit SalpetersĂ€ure befeuchtet und geglĂŒht 
05595, 2n0: — 37,9 Proc.  ZnO. 

Versuche, die vierbasisch weinsauren Baryt- und 
Kalksalze darzustellen, blieben erfolglos. Durch lÀngeres 
Kochen von ĂŒberschĂŒssigem essigsauren Baryt und Kalk 
mit saurem weinsauren Kali erhielt ich nur zweifach wein- 
sauren Kalk und Baryt. Das Barytsalz war sehr dicht 
und krystallinisch. 

1,204 Grm. bei 1000 getrocknet in HCl gelöst und mit 
SO3 gefĂ€llt gaben 0,950 BaO, S0O3 — 0,6324 BaO 
= 52,53 Proc. 

Das gleiche Resultat wurde erhalten, wenn ich Wein- 
sĂ€ure stark mit Ammoniak ĂŒbersĂ€ttigte und nun erst die 
Lösungen des essigsauren Baryts und Chlorcalciums, 
ebenfalls mit Ammoniak ĂŒbersĂ€ttigt, im Ueberschuss zu- 
setzte und lÀngere Zeit kochte. Bei Anwendung von 
Baryt erhielt ich auf diese Weise gleich anfangs einen 
Niederschlag, der beim Kochen sehr dicht und krystalli- 
nisch wurde. Das Salz war in EssigsÀure unlöslich, eben 
so in Chlorammonium und heisser sowohl, wie kalter 
WeinsÀurelösung. Eben so wurde es auch von kalter 


‘die BasicitĂ€t der WeinsĂ€ure. 195 


Kalilauge nur sehr wenig gelöst und aus dieser Lösung 
durch Kochen wieder abgeschieden. Beim Verbrennen 
blÀhte es sich sehr stark auf und hinterliess den kohlen- 
sauren Baryt als lockeres weisses Pulver. 

a) 2,825 Grm. des bei 1500 getrockneten Salzes gaben 
1,910 BaO, CO? — 1,4834 BaO.= 52,52 Proc. 

b) 2,119 Grm. des Salzes bei 1200 getrocknet, geglĂŒht 
und wie oben mit kohlensaurem Ammoniak befeuch- 
tet und wieder gelinde geglĂŒht gaben 1,427 BaO, 
27 21,11335Ba0 — 152,55, Proc: 

Das Barytsalz verlor zwischen 120—1500 kein Wasser. 

Der wasserfreie weinsaure Baryt hat ein Aequivalent- 
gewicht von 53,7 Proc. BaO. Jene oben gefundenen und 
genau ĂŒbereinstimmenden Analysen sowohl des Salzes 
aus ammoniakalischer Lösung als auch aus essigsaurer, 
welche bei 120 und 1500 getrocknet wurden, lassen das 
Salz mit noch einem Atom Wasser verbunden annehmen 
CsH?*Ba?012, HO, welches vollstÀndig ohne Zersetzung 
aus dem Salze nicht entfernt werden kann. Das Baryt- 
salz zersetzt sich bereits unter BrÀunung bei einer Tem- 
peratur zwischen 150 — 200°. 

Mit Kupferoxyd verbrannt gaben 0,812 Grm. Substanz 
0,468 CO2 — 15,71 Proc. und 0,153 HO — 2,093 
Proe. 11. 


CERBA2ORHO REG 
BaO 52,04 .. 52,54 52,53 52,54 
Ci. 16,32 15,71 
H4.4:1370 2,09 
O.. 29,93 

99,99. 


Eine entsprechende Zusammensetzung habe ich bei 
den nach beiden Methoden dargestellten Kalksalzen ge- 
funden. Das durch stundenlanges Kochen der ammoniaka- 
lischen Lösung von Weinstein und Chlorcaleium dargestellte 
Salz, welchem das verdampfende Ammoniak beim Kochen 
immer wieder zugesetzt wurde, bildete einen dichten, 


196 K. Frisch, 


krystallinischen, weissen Niederschlag, der sowohl in 
Wasser als in concentrirter und verdĂŒnnter EssigsĂ€ure 
unlöslich war. In concentrirter Kalilauge löste sich das 
Salz leicht auf, schied sich aber beim Kochen wieder 
gallertartig aus. In Salmiak und salpetersaurem Ammoniak 
war es vollstÀndig unlöslich. Setzte man kalte WeinsÀure- 
lösung hinzu, so bemerkte man selbst nach lÀngerer Zeit 
keine Lösung, dieselbe erfolgte aber alsbald beim Erhitzen. 
Beim GlĂŒhen blĂ€ht sich das Salz stark auf und hinterlĂ€sst 
ein zartes weisses Pulver. In höherer Temperatur als 
150— 1600 brĂ€unte es sich wie das Barytsalz. 

1,191 Grm. des bei 1500 getrockneten Salzes gaben 

0,608 Ca0, CO? — 0,3404 CaO — 28,5 Proc. 

Das wasserfreie zweibasische Salz verlangt 29,8 Proc. 
Es scheint also eben so wie das Barytsalz sein letztes 
Aequivalent Wasser schwer zu verlieren und besteht aus 
C8H?Ca20122, HO. 

Der Aggregatzustand des Barytsalzes sowohl wie der 
des Kalksalzes ist durch das lange Sieden wahrscheinlich 
ein anderer geworden, denn beide weichen in ihren Lös- 
lichkeitsverhÀltnissen von den auf gewöhnliche Weise dar- 
gestellten Salzen bedeutend ab. In Chlorammonium und 
salpetersaurem Ammoniak sind die von mir dargestellten 
Salze gar nicht löslich, die auf kaltem Wege bereiteten 
leicht. Eben so verschieden verhalten sie sich gegen 
EssigsÀure. Der weinsaure Kalk soll in kalter WeinsÀure- 
lösung löslich sein; der durch langes Kochen erhaltene 
ist es erst in heisser. Der weinsaure Baryt ist in kalter 
Kalilauge sehr leicht löslich, der durch Kochen erhaltene 
sehr schwer. 

Versuche, welche ich anstellte, um das Verhalten des 
Eisenoxyds gegen WeinsÀure zu ermitteln, scheiterten 
an der leichten Reducirbarkeit des Eisenoxyds durch die 
SÀure. Frisch gefÀlltes Eisenoxydhydrat mit WeinsÀure- 
lösung digerirt, welche eine Temperatur von 350 nicht 
ĂŒberstieg, liess bereits nach zwei Stunden deutlich Oxydul 
nachweisen. ErwÀrmt man die Lösung höher, so fÀllt 


die BasicitÀt der WeinsÀure. 197 


unter theilweiser Reduction zu Oxydul ein Salz nieder, 
welches basischer Natur sein muss, denn die ĂŒberstehende 
eisenoxyduloxydhaltige FlĂŒssigkeit enthielt neben wenig 
Eisen sehr viel freie WeinsÀure, welche man durch Kry- 
stallisation trennen konnte. Das PrÀcipitat, wesentlich 
aus Eisenoxyd und Eisenoxydul bestehend, enthielt nur 
ganz geringe Mengen WeinsÀure und war wahrscheinlich 
ein Gemenge von weinsaurem Eisenoxydul und viel Eisen- 
oxydhydrat. 

GĂŒnstigere Resultate schien’ das weinsaure Eisenoxyd- 
Kali zu versprechen, ein Doppelsalz mit vier Aequivalenten 
Basis, also gerade wie die Brechweinsteine zusammen- 
gesetzt. Ich vermuthete, dass es diesen analog zusammen- 
gesetzt sein und bei höherer Temperatur getrocknet noch 
2 Aeg. Wasser verlieren wĂŒrde. Frisch gefĂ€lltes Eisen- 
oxydhydrat wurde mit Weinstein und Wasser mehre 
Tage bei gelinder WĂ€rme digerirt. Verdunstet, setzte 
die FlĂŒssigkeit schwarzbraune Schuppen ab, die bei 1000 
getrocknet, noch nicht zersetzt-waren, denu das Salz löste 
sich in Wasser wieder zu einer klaren FlĂŒssigkeit auf. 
Bei dieser Temperatur enthÀlt es aber noch zwei Aequi- 
valente Wasser, welche, wenn man es in höherer Tem- 
peratur, z. B. bei 1500 trocknet, allerdings entweichen, 
zugleich tritt auch eine Reduction des Oxydsalzes ein, die 
WeinsÀure wird theilweise zersetzt und KohlensÀure ent- 
wickelt. 

Eben so wenig wie beim Kalk und Baryt ist es mir 
auch beim Kupfer und Quecksilber gelungen, noch zwei 
Aequivalente Wasserstoff in der WeinsÀure durch das be- 
treffende Metall zu ersetzen. Beim Quecksilberoxyd stösst 
man auf dieselben Schwierigkeiten wie beim Eisenoxyd, 
da das weinsaure Quecksilberoxyd sehr geneigt ist, sich 
zu reduciren, besonders leicht beim Kochen der entsprechen- 
den Lösungen. Bei Anwendung kalter Lösungen bekommt 
man stets das zweibasische Salz. Von der Behandlung 
der Quecksilberoxydsalze mit Alkalien musste ich absehen; 
eben so konnte ich mir keinen gĂŒnstigen Erfolg durch 


a 0 Rd dan a ale 


198 F. Bodenstab, 


Anwendung von Ammoniak versprechen, denn behandelt 
man weinsaures Quecksilberoxyd mit weinsaurem Am- 
moniak und Ammoniak im Ueberschuss, so tritt Ammoniak 
in die Verbindung und es bildet sich weinsaures Mercur- 
ammoniumoxyd. 

Das weinsaure Quecksilberoxydul zersetzt sich eben- 
falls in der Hitze, indem es bereits durch kochendes 
Wasser schwarzgrau wird und in Folge der Reduction 
Quecksilber ausscheidet. 

Noch leichtere Zersetzbarkeit zeigt das Silbersalz. 

Mehre der dargestellten Salze mit einsÀuriger Basis, 
namentlich das vierbasisch und dreibasisch weinsaure 
Bleioxyd und das vierbasisch weinsaure Zinkoxyd, be- 
weisen, dass in der WeinsÀure C8H6012 nicht bloss zwei, 
sondern auch drei und vier Aequivalente Wasserstoff durch 
Metalle vertreten werden können. 


— u — 


Ueber einen Bleigehalt kÀuflicher WeinsÀure; 


von 
Fr. Bodenstab in Calvörde. 


Obgleich schon wiederholt auf obige Verunreinigung 
hingewiesen, erscheint mir nachfolgende Beobachtung den- 
noch mittheilungswerth. 

Bei der PrĂŒfung einer kĂŒrzlich bezogenen WeinsĂ€ure 
mit der Bezeichnung purissimum, erhielt ich in der wÀsse- 
rigen Auflösung mit Schwefelwasserstoff einen schwarzen 
Niederschlag. Dies veranlasste mich, um letzteren nÀher 
zu prĂŒfen, einige Unzen der SĂ€ure, mit HĂŒlfe eines Mör- 
sers, in Wasser zu lösen. Hierbei bemerkte ich unter 
dem Pistill einige glÀnzende, dehnbare MetallblÀttchen, 
welche offenbar den Krystallen angehÀngt hatten. Diesel- 
ben gaben sich bei nĂ€herer PrĂŒfung als Blei zu erkennen. . 
Auch aus der Auflösung schied sich durch Schwefelwasser- 
stoff reichlich so viel des schwarzen Niederschlages aus, 


RRER I kr. xe yN7 RUE, sera N u k rn Sulr ' Zu 5 m 
R hi z -. . T.ce . Âź .. 
“ Bleigehalt kĂ€uflicher WeinsĂ€ure. 199 


dass es leicht wurde, denselben, nach dem gewöhnlichen 
Verfahren der Analyse als Schwefelblei erkennen zu können. 


Es gelang mir auch, aus einigen Pfunden der SĂ€ure 
eine grössere Anzahl Krystalle auszulesen, welche dunkle 
Punkte enthielten, besonders an den Àusseren Seiten. 
Unter der Loupe zeigten sich diese dunkeln Partikeln 
auf der OberflÀche mit einem matt weisslichen Anfluge 
versehen. Von den Krystallen getrennt und im Mörser 
mit Wasser zerrieben erschienen sie metallglÀnzend, weich 
und dehnbar. 

Offenbar hatte man das Abdampfen der SÀurelösung, 
auch wohl gar die Krystallisation, in BleigefÀssen vor- 
genommen, so dass Partikelchen des Metalls sich von den 
WĂ€nden derselben getrennt und der krystallisirten SĂ€ure 
angehÀngt hatten. 

Ueber die SĂ€ure wurde mir mitgetheilt, dass der 
Fabrikant derselben die meisten Droguenhandlungen damit 
schon lange versorgt, unter Garantie völliger Reinheit! 
Man habe daran um so weniger gezweifelt, weil keine 
Klagen ĂŒber die Waare eingelaufen seien. 

Einige Handlungen fĂŒhren eine wesentlich theurere 
SĂ€ure; die von dem Hause Rump & Lehners in Hannover 
mit der Bezeichnung purum bezogene, hat sich stets als 
völlig rein erwiesen. 


——— 


Notiz ĂŒber Rapskuchen und Rapsmehl (entöltes). 


Bei von O.Lehmann mitgetheilten vergleichenden FĂŒt- 
terungsversuchen mit gepressten, ölreichen Rapskuchen und 
ölarmen Rapsmehl, wie solches bei der Oelgewinnung durch 
Extraction mit Schwefelkohlenstoff ĂŒbrig bleibt, wurde die 
Beobachtung gemacht, dass das letztere, mit Wasser zu 
einem dicken Brei angerĂŒhrt, erstnach 36 Stunden in der Zim- 
merwÀrme einen schwachen Geruch nach Senföl wahrneh- 
men liess, wĂ€hrend der mit PressrĂŒckstĂ€nden bereitete Brei 


200 Notiz ĂŒber Rapskuchen und Rapsmehl. | 


schon nach 6 Stunden diesen Geruch zeigte, der an StÀrke 
allmÀlig zunahm und sich nach etwa 36 Stunden wieder 
verlor. Diese Beobachtung gab Anlass zu folgenden 
weiteren Versuchen: 

1. Gleiche Mengen von beiden Sorten von reinem 
Rapsmehl wurden mit Wasser zu einem Brei angerĂŒhrt 
und nach 8 Stunden, mit Wasser verdĂŒnnt, der Destillation 
unterworfen. Das Destillat von den Presskuchen, nament- 
lich die zuerst ĂŒbergehenden Portionen, zeigte deutlich 
einen schwachen Senfölgeruch, das von dem mit Schwefel- 
kohlenstoff entölten Rapsmehl nicht. 

2. Derselbe Versuch nach 24stĂŒndigem Stehen des 
Breies gab das gleiche Resultat, nur war der Senfölgeruch 
in sehr schwachem Grade, und nur im Anfang der Destil- 
lation wahrzunehmen. 

3. Mit Weingeist, und nach der Erschöpfung mit 


Wasser extrahirt, gaben 
spirituöses wÀsseriges 
Extract Extract 


100 Rapsmehl vom Pressverfahren...... 7,50 4,71= 12,21 Proc. 
100 £ „ Extractionsverfahren 3,18 41.10 =/1,28 5 

Direct mit Wasser digerirt, gab das erstere, das Mehl 
vom Pressverfahren, eine FlĂŒssigkeit, aus der sich beim 
Erhitzen ein sehr starkes, eiweissartiges Coagulum ab- 
schied, wogegen bei dem letzteren nur eine schwache 
Abscheidung erfolgte. Zu einem Theil der ungekochten 
Lösung beider Mehlsorten wurde etwas von dem obigen 
wÀsserigen Extract gebracht, es ergab sich, dass beim 
Stehen an einer circa 300 C. warmen Ofenstelle die Lösung 
mit dem Extract des Rapsmehles vom Pressverfahren 
einen zwar schwachen, aber deutlich zu erkennenden 
Geruch nach Senföl entwickelte, wÀhrend das Extract 
des durch Schwefelkohlenstoff entölten Rapsmehles eine 
solche Geruchsentwickelung nicht veranlasste. 

Nach diesem Verhalten darf man wohl annehmen, 
dass auch in den Körpern des Rapses kleine Mengen 
derjenigen Stoffe (MyronsÀure und Myrosin) vorhanden 
sind, welche den Senfkörnern die FÀhigkeit ertheilen, in 


ee N 


BET 


>. Beyer, die Keimung der gelben Lupine. 201 


BerĂŒhrung mit Wasser Senföl zu erzeugen, und dass die- 
ser scharfe Stoff auch in die Milch ĂŒbergeht und der bei 
starker FĂŒtterung von Rapskuchen daraus dargestellten 
Butter den bekannten scharfen, beissenden Geschmack 
ertheilt. — Da das durch Schwefelkohlenstoff entölte Raps- 
mehl diese ĂŒble EigenthĂŒmlichkeit weder bei den vor- 
stehenden, wenn auch unvollkommenen Versuchen, noch 
bei der VerfĂŒtterung an MilchkĂŒhe zeigte, so muss man 
annehmen, dass die Bedingungen zur Bildung des schar- 
fen, senfölÀhnlichen Stoffes bei der Extraction des ge- 
mahlenen Rapses aufgehoben wurde. Da das Myrosin 
durch Erhitzung das Vermögen, aus MyronsÀure Senföl 
zu entwickeln, einbĂŒsst, so liegt die Vermuthung am nĂ€ch- 
sten, dass der heisse Wasserdampf, durch den man bei 
dem Extractionsverfahren die letzten Reste von anhÀngen- 
dem Schwefelkohlenstoff aus dem Rapsmehl entfernt, eine 
solche Umwandlung bewirkt. Als Milchfutter wĂŒrde es 
demnach den gewöhnlichen Rapskuchen vorzuziehen sein. 
Bei letzteren ist mindestens ein vorgÀngiges lÀngeres 


Weichen in Wasser zu vermeiden. Hirschberg. 
Ueber die Keimung der gelben Lupine; 
von 3 


Dr. A. Beyer in Regenwalde *). 


In Beziehung auf die AusfĂŒhrung nachstehender Arbeit 
sei hiermit vorausgeschickt, dass dieselbe wÀhrend meiner 
ThÀtigkeit an der Akademie zu Tharand begonnen und an 
hiesiger Versuchs - Station zum Abschluss gebracht wor- 
den ist. 

Keine Periode im Leben der Pflanze ist wohl so 
geeignet fĂŒr das Studium des Stoffumsatzes, als die Zeit 
der Keimung. Die hier in einem kleinen Objecte zusam- 


*) Als Abdruck a. d. „Landw. Versuchs-Stationen“, ed. Prof. 
Dr. F. Notbe. Bd.IX. 1867, vom Hrn. Verfasser mitgetheilt. 
D. Red. 


Arch.d. Pharm. CLXXX1. Bds. 3. Hft. 14 


Ba ns 
202 A. Beyer, } 


mengedrÀngten Erscheinungen gestatten mehr, als in der 
bereits zur weiteren Entwickelung gelangten Pflanze, 
einen Einblick in diesen wunderbaren Process. Die bis 
jetzt ausgefĂŒhrten, dahin zielenden Arbeiten haben durch 
ihre auf mikro- und quantitativ-chemischem Wege erhal- 
tenen Resultate schon viel zur Erhellung desselben bei- 
getragen. Allein leider kann man sich nicht verhehlen, 
dass in Beziehung auf die analytischen Mittel bei sol- 
chen Untersuchungen noch mannigfache Unvollkommen- 
heiten existiren. Und weshalb? Weil die Schwierigkeiten 
bedingt sind durch die mangelhafte Kenntniss der chemi- 
schen Constitution derjenigen Körper, die am verbreitesten 
in den Pflanzen vorkommen. Man möchte deshalb ver- 
sucht sein, solche Untersuchungen als verfrĂŒht zu be- 
trachten und könnte es der Zeit ĂŒberlassen, diese LĂŒcken 
auszufĂŒllen; allein ich glaube, trotz der Mangelhaftigkeit 
der Methoden haben solche Untersuchungen auch jetzt 
schon ihre Berechtigung, nur mĂŒssen die dabei einzuhal- 
tenden Bedingungen möglichst den natĂŒrlichen nahekom- 
mende sein. Auch ist das genaue Einhalten einer und 
derselben Methode eine Hauptbedingung. Sind die Zahlen 
bei periodischen Untersuchungen, und zu diesen gehören 
ja die ĂŒber die Keimung, auch nur relative, so haben sie 
doch deshalb einen Werth, weil ja die Untersuchungs- 
methoden dieselben bleiben. 

Wenn ich bei nachstehender Arbeit etwas von den 
am meisten angewandten Methoden der Bestimmung ab- 
gewichen bin, so geschah es in der Ueberzeugung, die 
nothwendigen Bedingungen einzuhalten, die wÀhrend der 


‚Operation eine VerĂ€nderung in dem Untersuchungsmaterial 


selbst verhindern können. Dahin gehört vor allem die 
Vermeidung höherer Temperatur. Ist das Material bei 
1000 getrocknet, so haben gewiss so mannigfache Umwand- 
lungen statt gefunden, dass das Untersuchungsobjeet nicht 
mehr vergleichbar ist mit dem im natĂŒrlichen Zustande 
befindlichen. Einige darauf bezĂŒgliche Zahlen werden 
dies beweisen. Wollte man den natĂŒrlichen VerhĂ€ltnissen 


die Keimung der gelben Lupine. 203 


am nĂ€chsten kommen, so mĂŒsste man stets frische, un- 
getrocknete Pflanzensubstanz anwenden. Allein dies ist 
in der That nicht möglich. Ich habe deshalb den Mittel- 
weg eingeschlagen und zu meinen Untersuchungen, wo es 
nöthig schien, Material angewendet, welches lufttrocken 
oder bei 30—400C. getrocknet war. 

Alle Berechnungen geschehen schliesslich auf bei 
1000C. getrocknete Substanz, und wenn auch dadurch die 
an und fĂŒr sich mĂŒhsame Arbeit noch mehr erschwert 
wird, so glaube ich doch dadurch einen wesentlichen Theil 
der Fehlerquellen beseitigt zu haben. 

Eine Schwierigkeit, die zu ĂŒberwinden mir nicht 
möglich war, ist noch die, dass die StoffverÀnderung beim 
Keimen die fĂŒr den ruhenden Samen ausprobirten analy- 
tischen Methoden beeintrÀchtigt. Namentlich sind es die 
Umwandlungsproducte der Proteinkörper, die hier hindernd 
in den Weg treten und ein genaues Einhalten einer und 
derselben Methode unmöglich machen. 

Einige Bemerkungen ĂŒber letztere selbst weiter unten. 

Ein RĂŒckblick auf die analytischen Arbeiten ĂŒber 
Keimungsprocesse ist mir wegen des Umfangs an Material 
nicht vergönnt, auch haben ja die bisherigen Abhandlungen 
jedesmal hinreichend darĂŒber referir. Die Keimung 
stĂ€rkemehlhaltender Samen ist schon frĂŒher Gegenstand 
mehrfacher Untersuchung gewesen, eben so die Bedeutung 
des fetten Oels in den ölhaltigen Samen als Reservestoff 
und seine Umwandlung beim Keimen, so noch vor Kurzem 
durch Fleury. 

In beiden Samengruppen nun sind die erwÀhnten 
N-freien Bestandtheile, StÀrke und fettes Oel, als die 
beim Keimen der eingehendsten VerÀnderung unterliegen- 
den zu bezeichnen. Die dahin einschlagenden Abhand- 
lungen von Stein, Planta, Sachs, Peters, Hell- 
riegel, Boussingault u. s. w. sind ja genugsam be- 
kannt. Der Grund zu dieser Arbeit, und die mich dabei 
leitende Idee war, die Keimungsgeschichte eines Samens 
zu studiren, der weder StÀrke noch fettes Oel in grösserer 


14* 


204 A. Beyer, 


Menge (denn ganz feht es ja in keinem Samen), dagegen 
Eiweisskörper in vorwiegender Menge enthÀlt. Ich wÀhlte 
dazu die gelbe Lupine. Abgesehen von ihrer leichten 
KeimfÀhigkeit, eignet sie sich wegen der Grösse des 
Samens und ihrer Keimtriebe sehr gut zu einer Arbeit, 
wo es darauf ankommt, die gewonnenen analytischen Re- 
sultate auf eine bestimmte Anzahl von Individuen zu berech- 
nen. Die ganze Keimungszeit, die circa 8—12 Tage 
umfasste, wurde in zwei Perioden eingetheilt. Die erste 
Periode bezeichnet einen Fortschritt der Keimung bis zur 
Zeit, wo die Cotyledonen die Samenschale noch nicht 
gesprengt und Wurzel und hypocotyles Glied 1—1!/, Zoll 
erreicht haben. In der zweiten Periode sind die Coty- 
ledonen sĂ€mmtlich ĂŒber die Erde emporgetreten, haben 
die Schale zwar noch nicht abgeworfen, aber zersprengt, 
und fangen an, sich grĂŒn zu fĂ€rben. Der ganze Keim 
ist 2—3 Zoll lang. Die Samenschale wurde auch bei 
den ungekeimten Samen durch ein kurzes Einweichen in 
Wasser und Abziehen entfernt und bei der Analyse nicht 
berĂŒcksichtigt. Die Samen keimten in ausgeglĂŒhtem und 
mit concentrirter HCl ausgekochten Weisseritzsand. 
Mikrochemische Beobachtungen. 

Es ist nicht meine Absicht, hier eine auf alle ein- 
zelnen Gewebspartien eingehende Darstellung der Stoff- 
wanderung von dem im Samen enthaltenen Reservestoffe 
darzubieten. Ich will nur auf einige Thatsachen, nament- 
lich in Beziehung auf den Bitterstoff, aufmerksam machen. 

Die StÀrke, welche schon sehr bald nach Streckung 
des Keims in ganz bedeutender Menge auftritt, wÀhrend 
sie im ruhenden Samen nicht zu finden ist, kommt haupt- 
sÀchlich im Parenchym der jungen Rinde, und zwar in 
den Schichten am meisten vor, welche die GefĂ€ssbĂŒndel 
unmittelbar umgeben. Sie besitzt denselben feinkörnigen 
Zustand, wie er bei der Stoffwanderung immer vorkommt. 
Oft sind die StÀrkekörner zu ganzen Gruppen vereinigt. 
Die Eiweisskörper finden sich im Keim wie immer in 
dem Cambiform der GefĂ€ssbĂŒndel. 


die Keimung der gelben Lupine. 25.308 


Behandelt man einen Querschnitt des hypocotylen 
Gliedes mit einer nicht zu concentrirten Jodlösung, so 
bemerkt man im Parenchym des Markes, in den Partien, 
welche die primÀren Markstrablen bilden, und auch in 
einzelnen Zellen des ĂŒbrigen Parenchyms, namentlich in 
der NĂ€he des GefĂ€ssbĂŒndelringes einzelne Zellen mit einem 
körnigen, rothbraunen bis dunkelvioletten Inhalt erfĂŒllt, 
dessen FĂ€rbung auf Zusatz von Alkohol verschwindet. 
Im Laufe nun der Versuche, den Bitterstoff in reiner 
krystallinischer Form darzustellen, die aber bis jetzt zu 
keinem Resultate fĂŒhrten, stellte es sich heraus, dass der 
in der Lupine enthaltene bittere Körper, — so wie man 
ihn mit Zucker zusammen erhÀlt, wenn man den alkoho- 
lischen Auszug der Samen oder Keime verdunstet, den 
RĂŒckstand in Wasser löst, die Lösung mit essigsaurem 
Bleioxyd fĂ€llt, die vom Niederschlage abfiltrirte FlĂŒssig- 
keit durch HS vom Blei befreit und bei gelinder Tem- 
peratur verdunsten lĂ€sst — mit Jod ganz dieselbe prĂ€ch- 
tige rothbraune Reaction giebt, wie man sie unter dem 
Mikroskop beobachten kann. Ich kann deshalb nicht 
umhin, die oben erwÀhnte mikrochemische Reaction als 
auf den Bitterstoff bezĂŒglich zu bezeichnen. Die jeden- 
falls alkaloidische Natur dieses Körpers spricht fĂŒr die 
Wahrscheinlichkeit meiner Vermuthung, da ja manche 
Alkaloide, z. B. das Morphium, mit Jod ganz Àhnliche 
Reactionen geben. Es wÀre dies ausserdem ein neuer 
Beitrag zur Lehre von der Localisirung einzelner 
Pflanzenstoffe. 

Zu den Glykosiden gehört der bittere Körper jeden- 
falls nicht, was schon aus seiner Eigenschaft, durch essig- 
saures Bleioxyd nicht gefÀllt zu werden, hervorgeht *). 


Die bei Bestimmung der einzelnen Körper 
angewandten Methoden. 


*) Neuerdings ist es mir gelungen, die erwÀhnte Jodverbindung 
in sehönen rubinrothen Krystallen rein darzustellen, und ich 
hoffe, in der KĂŒrze ĂŒber die chemische Constitution derselben 
NÀheres mittheilen zu können. 


206 4A. Beyer, 


Die Bestimmung des Totalstickstoffs und fetten Oels 
geschah in gewöhnlicher Weise in der bei 1000 ge- 
- trockneten Substanz, wĂ€hrend sonst fast nur bei 30 — 400 
getrocknete angewandt wurde. 

Die fein gepulverte Substanz wurde zur Bestimmung 
des Zuckers, Gummis, der in Wasser löslichen Protein- 
körper und des Asparagins immer mit derselben Menge 
kalten Wassers bis zur Erschöpfung ausgezogen und der 
Auszug auf ein bestimmtes Volumen gebracht. 

1. Gesammt-Stickstoff der im Wasser lös- 
lichen Körper. — Ein bestimmtes Volumen wurde ein- 
gedampft und im RĂŒckstande der Stickstoff bestimmt. 

2. Bitterstoff. — Die von Eichhorn*) angege- 
bene Methode, nach welcher das alkoholische Extract der 
Samen in Wasser gelöst und mit Bleiessig gefÀllt, filtrirt, 
das Filtrat mit Gyps zur Trockne verdunstet, und in 
einem Theil der Stickstoff bestimmt wird, aus dem schliess- 
lich der Procentgehalt an Bitterstoff berechnet wird, war 
hier deshalb nicht anwendbar, weil im Verlauf der Kei- 
mung N-haltige Körper sich bilden, die theilweise auch 
in Alkohol löslich sind, aber durch essigsaures Bleioxyd 
nicht gefÀllt werden. Ich musste deshalb Zucker und 
Bitterstoff zusammen bestimmen, und ich glaube, dass 
dadurch die Resultate nicht wesentlich gestört werden. 
Ich hoffe jedoch, eine directe Bestimmung zu finden, die 
sich auf das eigenthĂŒmliche Verhalten gegen Jodlösung, 
welches ich bereits erwĂ€hnt habe, grĂŒndet. 

3. Asparagin. — Dieser vielfach beim Keimen der 
Leguminosen beobachtete Körper tritt auch hier in ziem- 
lich bedeutender Menge auf. Ein Theil des wÀsserigen 
Auszuges wurde bis zur dĂŒnnen Syrupsconsistenz einge- 
dampft und zur Krystallisation gebracht. Nach mehrtÀgi- 
gem Stehen enthĂ€lt die ĂŒberstehende FlĂŒssigkeit nur noch 
Spuren von Asparagin. Die gewonnenen Krystalle wurden 
gewaschen und bei 1000 getrocknet. SelbstverstÀndlich 
kann diese Methode auf absolute Genauigkeit keinen An- 


=) Monatsschrift der Pomm. ökon. Gesellschaft 1861, S. 16. 


die Keimung der gelben Lupine. 207 


spruch machen, allein bei vergleichenden Analysen ist sie 
wohl anwendbar. Zur Nachweisung der IdentitÀt der ab- 
geschiedenen Krystalle mit Asparagin wurden mehre 
N-Bestimmungen davon gemacht. 

0,3482 bei 1000 getrocknete, durch mehrmaliges Um- 
krystallisiren gereinigte Krystalle gaben beim Verbrennen 
mit Natronkalk eine, 51 0C. !/,, Silberlösung entsprechende, 
Menge Chlorammonium — 20,50 Proc. N. 

0,300 Grm. derselben Substanz sÀttigen 4,4 CC. Nor- 
mal-SO3 — 20,53 Proc. N. 

0,6385 Grm. Krystalle verloren bei 1000 getrocknet 
0,0755 Grm. Wasser — 11,824 Proc. HO. 

Das bei 1000 getrocknete Asparagin enthÀlt 21,21 
Proc. N und die Krystalle enthalten 12 Proc. HO. Es 
unterliegt also keinem Zweifel, dass der von mir erhal- 
tene Körper Asparagin ist. 

4. Glykose und Gummi. — Ein Theil des Aus- 
zuges wurde zur Syrupsconsistenz verdampft und wieder- 
holt mit absolutem Alkohol behandelt. Glykose und Bitter- 
stoff lösen sich auf, und hinterblieben beim Eindampfen 
der alkoholischen FlĂŒssigkeit. Gummi hinterbleibt in dem 
in Alkohol unlöslichen RĂŒckstande, und gewinnt man die 
Zahlen dafĂŒr, wenn man nach Abzug des als Aspagarin 
vorhandenen N den ĂŒbrigen auf Proteinkörper berechnet. 
Der nach Summirung des in Wasser löslichen Bitterstoffs, 
Zuckers, Aspagarins und der Proteinkörper verbleibende 
Rest ist Gummi. Die Bestimmung des Zuckers mit alka- 
lischer Kupferlösung konnte wegen der mangelhaften Kennt- 
niss des bittern Körpers nicht angewandt werden, da ja, 
wie bekannt, viele organische Verbindungen in der WĂ€rme 
reducirend auf Kupferlösung wirken. 

In Bezug auf das, was ich bereits erwÀhnt, theile 
ich hier nur kurz mit, dass ich nach einer und derselben 
Methode aus der Substanz des hypocotylen Gliedes bei 
1000 getrocknet 69,5 Proc. in Wasser lösliche Körper 
erhielt; in der bei gewöhnlicher Temperatur getrockneten 
hingegen nur 56,63 Proc. derselben. 


a a» 


208 A. Beyer, 

1000 StĂŒck bei 1000 getrocknete Samen wiegen Gramme: 
Cotyle- Hypocotyles Wurzel- in Verlust in 
donen Glied glied Summa Procenten 

Ungekeimte 80,1 — _ er JE 

I. Periode 72,89 4,97 2,12 79,98 _ 

II. Periode 66,60 6,67 447 TI 2,95 

In 100 Th. bei 1000 getrockneter Substanz sind enthalten: 

o I. Periode. a Periode. 
==) E = Ss FE 

>» © +. ES © u "2 
era Se e.\er’olıe 
=) SEEN: Se; 

Fettes Oel.... | 6,020] 5,950) 3,820) 3,680] 4,7101 2,680) 2,800 

Mineralstoffe.. | 4,225| 4,150 6,510) 7,120] 4,322) 6,610) 7,110 

Eiweisskörper. | 61,268} 60,762, 30,000) 25,480} 60,450, 27,080) 23,000 

Asparagin..... == — | 10,500| 10,600] 1,450) 14,650| 14,990 

Zucker und | 

Bitterstoff... | 10,610] 15,115, 15,540| 22,600 
a 6,920] 4.831 (37,010 133,700] "S’ego, 11,410 129,030 
Zellstoff, StÀr- | 

ke, Pectin- 

körper... 10,957| 9.192| 12,160) 19,420} 10,848) 14,970) 23,070 

100,000} 100,000|100,000|100,000[100,000| 100,000] 100,000 

Absolut. Stick- 

stoffgehalt.. | 9,803| 9,722) 7,0201 6,325| 9,980 7,440| 6,860 
Im Wasser lösl. 

Eiweisskörper | 10,913] 20,676| 1,5231 2,687| 26,450] 1,681) 3,687 


In 1000 StĂŒck bei 1000 getrockneter Samen sind enthalten 


Gramme: 
8 I. Periode. II. Periode. 
EHEN = AUES Mr 
Bali 43 Eee 
oo — 00H =! ¼ soon 5 
ar Se ae Se 
= sEal:- S Im 
Fettes Oel.... | 4,832] 4,3361 0,189] 0,0781 3136| 0,178] 0,125 
Mineralstoffe.. | 3,384 3.025 0,323) 0,150] 2,876| 0,440) 0,317 
Eiweisskörper. | 49,075] 44,250 1,491) 0,540| 40,263 1,806) 1,028 
Asparagin.... — — 0,521, 0,224| 0,965) 0,977| 0,670 
Zucker und h 
Bitterstoff.. | 8,498] 11,017 N 10,349 
Bea. 5,542 a 1 | 2268| 1,297 
Zellstoff, StÀr- 
ke, Pectin- 
körper...... 8,869] 6,700) 0.604 0.411] 7.224 0.998) 1,031 
) | | | | | 
Absolut. Stick- 
stoffgehalt.. | 7,852} 7,080 0,348 0,1341 6,646 0,496| 0,306 
In Wasser lösl. 
Eiweisskörper | 8,741| 15,070 0,0756| 0,056| 17,615 0,112] 0,164 


die Keimung der gelben Lupine. 209 


Rechnet man die einzelnen Bestandtheile der Organe 
aus beiden Perioden zusammen, so erhĂ€lt man fĂŒr 1000 


StĂŒck (in Grm.) 


Ungekeimter Pflanzen der Pflanzen der 
Same I. Periode II. Periode 
Fettes Oel....:.. 4,832 4,603 3,439 
Mineralstoffe...... 3,384 3,498 3,633 
Eiweisskörper..... 49,075 46,281 43,097 
Asparagin........ = 0,746 2,612 
In HO lösliche Koh- 
lenhydrate...... 24,040 17,091 15,698 
In HO unlösliche 
Kohlenhydrate... 8,869 7,715 9,257 
Absoluter N-Gehalt 7,852 7,562 7,448 
In HO|!ösliche 
Eiweisskörper.. 8,741 15,145 17,891 


Um auch ĂŒber die VerĂ€nderung der Aschenbestand- 
theile Einsicht zu gewinnen, folgen noch die Aschenanalysen 
des ruhenden Samens. und des Keims in der zweiten 
Periode. Die Veraschung geschah mit der zur Vermeidung 
von Verlusten nöthigen Vorsicht: Verkohlen bei möglichst 
niedriger Temperatur, Ausziehen der Kohle mit Wasser 
u. 8. w. 


100 Th. Asche enth.: 100 Th. Tr.-Subst. enth.: 
peekeimier  Ounzer Ungskeinier Ganzen 

Schale Schale 
Balls... 28,127 36,768 1,1312 2,9222 
Natron... .. Spuren 2,350 Spuren 0,0910 
Be. 8,631 4,246 0,3471 0,2912 
Magnesia..... 11,330 5,049 0,4556 0,3463 
Eisenoxyd.... 2,047 1,590 0,0823 0,1090 
PhosphorsÀure 42,569 32,437 1,7121 2,3211 
SchwefelsÀure 3,023 5,785 0,1215 0,3968 
Chloe... 23... 0,418 1,797 0,0168 0,1212 
KieselsÀure... 0,559 0,311 0,0224 0,0213 


Gehen wir nun zur Darstellung der Resultate ĂŒber. 
— Wir finden auf den ersten Blick keine so in die 


210 A. Beyer, 


Augen fallenden VerÀnderungen, wie man sie bei Àhn- 
lichen Untersuchungen stÀrkemehl- oder ölhaltiger Samen 
sofort erkennt. ZunÀchst ist es die sehr unbedeutende 
Gewichtsabnahme. Sie betrÀgt in der 2. Periode nur 
2,95 Proc. Die Ursache dieser geringen Abnahme liegt 
wohl theilweise in der raschen Keimung, theils in der 
Temperatur, die nie. mehr als 15 —180C. betrug. Ein 
Vergleich des Verlustes von Samen verschiedener Pflanzen- 
gattungen ist schon wegen ihrer verschiedenen chemischen 
Zusammensetzung nicht möglich; denn die Stoffmetamor- 
phose ist nach letzterer gewiss sehr verschieden. 

Die Bildung von qualitativ nachgewiesener CO? und 
von HO sind auch hier die Quellen des Verlustes. Die ge- 
ringe Gewichtsabnahme liess mir eine quantitative Bestim- 
mung der CO? nicht nothwendig erscheinen. Fassen wir 
nun die nÀheren Bestandtheile ins Auge. 

1. Das fette Oel. — WĂ€hrend bei dem Keimungs- 
process von Samen mit einem höheren Procentgehalt an 
fettem Oel die Abnahme des letzteren eine ganz bedeu- 
tende ist, kann man sie hier nur eine geringe nennen. 
Die VerÀnderung scheint mehr qualitativer als quantita- 
tiver Natur zu sein. Die Lupine enthÀlt im fetten Oel 
eine wachsartige Substanz, die im Verlauf der Zeit im 
Aetherauszug in den Vordergrund tritt, wĂ€hrend das flĂŒssig- 
gelbe Oel mehr verschwindet. Bemerkt sei noch, dass 
das fette Oel phosphorhaltig ist. 

2. Die Eiweisskörper und das Asparagin. — 
Von allen Reservestoffen haben die Eiweisskörper jedenfalls 
die durchgreifendste VerÀnderung erlitten. Wie auch bei 
anderen Keimungsprocessen nachgewiesen, hat der absolute 
N-Gehalt so gut wie gar nicht abgenommen, denn die 
kleinen Differenzen sind nur auf die ‚Fehlerquellen bei 
den Analysen zu schieben; wohl aber hat er die Form 
bedeutend gewechselt. Ein grosser Theil der im Samen 
unlöslich befindlichen Eiweisskörper hat sich in im Wasser 
lösliche verwandelt. In den Cotyledonen der 2. Periode 
haben sie sich fast um das Doppelte vermehrt. Im Sten- 


‚die Keimung der gelben Lupine. 211 


‚gelglied sowohl aber, als in der Radicula, finden wir 
den löslichen N fast nur. in der Form von Asparagin. 
In dem Masse nun, als dieses zunimmt, sehen wir die 
Gesammtmenge der Eiweisskörper abnehmen, und es unter- 
liegt wohl nun keinem Zweifel mehr, dass das Asparagin 
aus ersteren entsteht. Der in der entstandenen Menge 
Asparagin enthaltene N ist fast gleich dem in dem ver- 
loren gegangenen Eiweisskörper enthaltenen. 

Hartig, der in seiner Entwickelungsgeschichte des 
Pflanzenkeims aus dem verbreiteteren Vorkommen der 
Eiweissstoffe in der Form von Klebermehl, als der ĂŒbrigen 
Reservestoffe, auf die grössere Wichtigkeit der erstern 
fĂŒr ErnĂ€hrung der jungen Keimpflanze schliesst, giebt 
fĂŒr die VerĂ€nderung des Klebermehls im Keimungsprocess 
folgende ErklÀrung: Ein Theil der Kleberkörnchen, die 
er als Àhnliche Gebilde betrachtet, wie die StÀrkekörner 
verwandelt sich in StÀrkemehl, und dieses in Chlorophyll. 
Ein anderer Theil verflĂŒssigt sich zu Aleurontropfen, die 
nach und nach ihre Reaction auf Jod und Millonsche 
FlĂŒssigkeit einbĂŒssen, farblos werden, und aus denen sich 
ein krystallinischer Körper abscheidet. Diesen nicht allein 
aus jungen Keimpflanzen, sondern auch aus den jungen 
FrĂŒhjahrstrieben von Holzpflanzen erhaltenen krystallini- 
schen Körper bezeichnet er mit dem ÜOollectivnamen Gleiss. 
Er schliesst aus dem hÀufigen Vorkommen desselben in 
dem jungen Zellgewebe, dass es die Form sei, in der die 
N-haltigen Stoffe zum Aufbau neuer Zellen aus Reserve- 
stoffen fortgeleitet wĂŒrden. — Was die chemische Natur 
betrifft, so hÀlt er allerdings das Asparagin auch diesem 
Stoffe nahe verwandt, doch nicht damit identisch. Er 
schliesst dies aus den verschiedenen sauren Reactionen, 
der Krystallform u. s. w. 

Wie meine Analysen beweisen, ist diese Ansicht fĂŒr 
die gelbe Lupine nicht haltbar. Wie sie es fĂŒr andere 
Pflanzen ist, kann nur die Analyse entscheiden. Jeden- 
falls ist aber das hÀufige Vorkommen des Asparagins bei 
den Processen, wo aus fertig gebildeten Stoffen neue 


v 


212 A. Beyer, 


Zellenanlagen gebildet werden sollen, ein Beweis fĂŒr die 
Wichtigkeit desselben. 


Im Laufe der weiteren Vegetation verschwindet es, 
nachdem die Elemente desselben jedenfalls wieder zur 
Neubildung von Eiweisskörpern gedient haben. In einer 
im „Chem. Ackersm. (Jan. 1867)“ erschienenen Abhandlung 
habe ich die Vermuthung ĂŒber das Vorkommen des As- 
paragins im Safte der Weissbuche und Birke ausgesprochen, 
weil ich auch da N-haltigen krystallinischen Körpern 
begegnete. Das gleichzeitige Auftreten der AepfelsÀure 
lÀsst wohl nicht mit Unrecht darauf schliessen, dass 
möglicherweise aus den Eiweisskörpern Ammoniak aus- 
tritt und sich mit der ersteren zu Asparagin verbindet. 
Die in der Lupine vorkommende organische SĂ€ure, die 
scheinbar in nicht ganz unbedeutender Menge auftritt, 
denn der Same reagirt auf dem Querschnitt deutlich sauer, 
ist wahrscheinlich auch AepfelsÀure. Das bis jetzt aus 
dem Alkoholauszug nach gewöhnlicher Behandlung erhal- 
tene Silbersalz war nicht frei von PO5. Ich hoffe darĂŒber 
spÀter entscheiden zu können. Dass das Asparagin nicht 
das einzige Product der Umwandlung der gelösten Eiweiss- 
stoffe sei, ist wohl anzunehmen. Ob aber N-freie Körper 
dabei sind, ist nach der jetzigen Kenntniss beider Gruppen 
schwer zu entscheiden. 


3. Lösliche Kohlenhydrate. — Bei den in HO 
löslichen Kohlenhydraten (Zucker, Gummi) begegnen wir 
nur sehr geringen Unterschieden, wenn wir die Resultate 
auf eine bestimmte Anzahl von Samen beziehen. 


In der 1. Periode nimmt die absolute Menge der- 
selben etwas zu, in der 2. dagegen ab. In beiden Perioden 
aber enthÀlt sowohl das Stengel- als auch das Wurzel- 
glied im VerhÀltniss zu den Cotyledonen procentisch be- 
deutende Mengen mehr davon. Es ist wohl nicht unmög- 
lich, dass im weiteren Verlauf der Entwickelung der Keim- 
pflanzen wahrnehmbare Vermehrung von Zucker und 
Gummi in der Cotyledonarsubstanz auftritt. Zucker und 


>» U #0 Bu 420” 2 Da Sen gi ur un 
© u = - 
’ 


die Keimung der gelben Lupine. 213 


Gummi konnten, wie schon erwÀhnt wurde, getrennt be- 
stimmt werden, wo kein Asparagin vorhanden war. 

4. In Wasser unlösliche Kohlenhydrate. — 
Das Wurzelglied ist es hauptsÀchlich, welches durch die 
Gegenwart von Zellstoff procentisch am reichsten daran 
erscheint. Die StÀrke fand sich bei der mikroskopischen 
Untersuchung in weit geringerer Menge darin vor, eben- 
so der Bitterstoff. Das hypocotyle Glied dagegen, aus 
dem die StĂ€rke in die jungen Blattanlagen gefĂŒhrt wird, 
enthÀlt weit mehr von letzterer. Die verschiedenen Func- 
tionen der beiden Keimtheile im weitern Verlauf der 
ErnÀhrung der jungen Pflanzen erklÀren diese Verschie- 
denheiten. Auf 1000 Pflanzen berechnet, sind auch hier 
die Unterschiede weniger in die Augen fallend. 

5. Mineralstoffe. — Wie man aus den Tabellen 
ersieht, haben dieselben in einer bestimmten Anzahl Pflan- 
zen zugenommen. Es geht daraus hervor, dass trotz des 
vorherigen GlĂŒhens und Ausziehens mit concentrirter HCl 
die Keimpflanzen aus dem Sande Aschenbestandtheile 
aufgenommen haben, doch ist die Zunahme nicht so erheb- 
lich, dass die andern Resultate dadurch beeintrÀchtigt 
werden könnten. Was die Vertheilung der einzelnen 
Mineralstoffe in der Trockensubstanz betrifft, so macht 
sich hauptsÀchlich bemerkbar: 

a. der erheblich grössere Aschengehalt der Keimtheile ; 

b. der um das Doppelte höhere Gehalt an KO in dem- 
selben; 

c. der um das Dreifache höhere Gehalt an SO3; 

d. das sehr bemerkbare Hervortreten der PO5 und 

e. der bedeutend gesteigerte Chlorgehalt. 

Wenn auch letztere Thatsachen schon frĂŒher bei an- 
dern Keimpflanzen beobachtet sind, so bilden die von mir 
sewonnenen Zahlen doch einen weiteren Beitrag zur Be- 
stÀtigung derselben. 

Regenwalde, den 28. December 1866. 


——— 


214 A. Faust, 


Acorin, ein Glykosid im Kalmus; 


von 
August Faust. 


Werden ungeschÀlte Kalmuswurzeln wiederholt mit . 
Regenwasser ausgekocht, die abgepressten FlĂŒssigkeiten 
auf das Gewicht der angewendeten Wurzeln verdampft 
und mit einem gleichen Volum Alkohol versetzt, so scheidet 
sich ein grosser Theil hier gleichgĂŒltiger Körper ab. Die 
abkolirte FlĂŒssigkeit wird mit Bleizucker und Bleiessig so 
lange vermischt, als dadurch noch ein Niederschlag ent- 
steht, von diesem nach einiger Zeit abfiltrirt und endlich 
vom ĂŒberschĂŒssigen Blei durch Schwefelwasserstoff oder 
durch eine Glaubersalzlösung befreit. Der abermals filtrir- 
ten FlĂŒssigkeit entzieht man den Weingeist durch Destil- 
lation, dampft sie auf den fĂŒnften Theil des Gewichtes 
der angewendeten Wurzeln ein, macht sie mit Natron- 
lauge alkalisch und schĂŒttelt sie wiederholt mit je dem 
halben Volum Aether aus. Nach dem Abheben und Ab- 
destilliren des Aethers bleibt ein weicher, harzartiger 
Körper zurĂŒck von der Farbe des gereinigten Honigs 
und einem Geschmacke, der an Kalmus im hohen Grade 
erinnert. Aus fĂŒnf Pfund Kalmuswurzeln wurde eine 
Drachme dieses Körpers erhalten. 

Dieser Körper, den ich aus natĂŒrlichen GrĂŒnden 
„Acorin“ nenne, lĂ€sst sich leider nicht in einen festen 
Zustand bringen. Weder monatelanges Stehen ĂŒber Schwe- 
felsÀure, noch wochenlanges Erhitzen auf 1000 war im 
Stande ihn auszutrocknen. Er bleibt in beiden FĂ€llen 
eine klebrige, harzartige Masse. LĂ€ngeres und namentlich 
höheres Erhitzen bis etwa 1200 trocknet ihn zwar etwas 
mehr aus, scheint aber auch zersetzend auf ihn zu wir- 
ken, wenigstens wird hierbei seine Farbe dunkler bis 
beinahe schwarz. — Auch oft wiederholtes FĂ€llen des 
Acorins aus seiner Àtherischen Lösung durch Benzol 
schied es stets wieder in balsamartigem Zustande ab. — 


Acorin, ein Glykosid im Kaimus. 215 


Da mir nun die vollstÀndige UnfÀhigkeit des Acorins zu 
krystallisiren oder auch nur den festen Zustand anzunehmen, 
keine Sicherheit dafĂŒr geben konnte, dass ich es in ge- 
nĂŒgender Reinheit besass, stand ich von der Elementar- 
analyse ab und begnĂŒge mich vorlĂ€ufig damit, eine kurze 
Charakteristik dieses Körpers zu geben. 

Das Acorin ist eine honiggelbe, weiche, harzartige 
Masse von ausgezeichnet bitteraromatischem Kalmusge- 
schmack; es löst sich leicht in Aether und Alkohol, ist 
aus letzterer Lösung durch Wasser, aus ersterer Lösung 
durch Benzol fÀllbar. In weingeistiger Lösung fÀrbt es 
rothes Lackmuspapier ganz schwach blau. In SalzsÀure 
ist es schwierig, aber vollstÀndig löslich, ohne die SÀure 
zu neutralisiren. Eine solche Lösung mit den Chloriden 
des Goldes und Platins vermischt, redueirt diese nach 
einiger Zeit. — PhosphormolybdĂ€nsaures Natron fĂ€llt die 
Lösung des Acorins in SÀuren, wobei ebenfalls nach einiger 
Zeit eine Reduction der MolybdÀnsÀure zu blauem Molyb- 
dÀnoxyd eintritt. Ferner wird Acorin gefÀllt durch Gerb- 
sÀure, Quecksilberjodidjodkalium und Jodwasser; durch 
letzteres kermesfarbig. 

Das Acorin entwickelt beim GlĂŒhen mit Natronkalk 
Ammoniak. Aus Fehling’'scher Lösung reducirt es Kupfer- 
oxydul. Beim Kochen mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure 
spaltet sich das Acorin in Zucker und eine andere harz- 
artige, stickstoffhaltige Substanz, deren physikalische 
Eigenschaften leider eben so unangenehm sind, wie die 
des Acorins. DBarytwasser bewirkt beim Kochen mit 
Acorin ebenfalls Spaltung in Zucker und einen harzartigen 
Körper. 

Das Acorin ist also ein stickstoffhaltiges Glykosid. 
Göttingen, Laboratorium des Professors Bödeker, im 

Juni 1867. | | 


216 A. Faust, 


Zur Darstellung von Bromsalzen; 


von 
Demselben. 


Herr Professor Bödeker bringt in seinem Labora- 
torium eine Methode zur Darstellung von Bromsalzen in 
Anwendung, die wegen ihrer Eleganz und Einfachheit 
weiterer Verbreitung werth ist. Diese Methode beruht 
auf der Zersetzung von Bromschwefel mit den Àtzenden 
alkalischen Erden, zu einem Bromsalz der alkalischen 
Erde und zu schwefelsaurer alkalischer Erde, nach der 
Gleichung: 5? + 6 Br? — 2(SBr6) und 

2(SBr6) + 8Ca0 — 6 (CaBr?) + 2 (CaSO%). *) 

Oder ĂŒbersichtlicher in Aequivalentgewichten aus- 
gedrĂŒckt: **) 

S + 3Br = SBr3 und SBr3? + 4Ca0 = 3 CaBr 
—+ Ca0, S03. 

Man bereitet zunÀchst Bromschwefel durch einfaches 
Vermischen von 20 Th. Schwefelblumen mit 240 Th. 
Brom in einer Kochflasche. Die Verbindung dieser Körper 
erfolgt bald und ohne Gefahr. Diesen Bromschwefel giesst 
man allmĂ€lig in eine dĂŒnne Kalkmilch, die man aus 
140 Th. reinem Aetzkalk (durch GlĂŒhen von weissem 
Marmor erhalten) und dem nöthigen Wasser dargestellt 
hat. Auch hier erfolgt die Umsetzung des Bromschwefels 
mit dem Aetzkalk zu Bromcalecium und schwefelsaurem 
Kalk rasch unter ErwÀrmung. Nachdem aller Brom- 
schwefel in die Kalkmilch eingetragen ist und die ĂŒber- 
stehende FlĂŒssigkeit farblos erscheint, filtrirt man ab, 
wĂ€scht den RĂŒckstand auf dem Filter gut aus und sĂ€ttigt 
das Filtrat mit KohlensÀure, um den mitgelösten Aetzkalk 
in kohlensauren Kalk zu verwandeln. Jetzt erhitzt man 
die FlĂŒssigkeit einige Zeit zum Kochen, filtrirt dann den 
gefÀllten kohlensauren Kalk ab, dampft das Filtrat weiter 
ein, bis auf ein geringes Volum, vermischt dieses zur 
Abscheidung des schwefelsaurer Kalkes mit der doppelten 

0 — 16, $ = 32, Br = 9, Ca — 40. 

*) 0 — 8, S = 16, Br = 80, Ca = 2%. 


zur Rademacher'schen essigsauren Eisentinctur. 217 


Menge Alkohol und lÀsst es einige Tage stehen. In die- 
ser Zeit scheidet sich der schwefelsaure Kalk aus; man 
filtrirt ihn ab und verdampft die Lösung von jetzt reinem 
Bromealeium zur Trockne. — Bei der Darstellung von 
Brombaryum fĂ€llt natĂŒrlich das letzte Verfahren mit 
Alkohol weg, da schwefelsaurer Baryt wegen seiner Un- 
löslichkeit nicht in Lösung sein kann. 

Das so erhaltene Bromcaleium oder Brombaryum kann 
auch als Grundlage zur Darstellung einiger Bromalkali- 
metalle dienen. Durch Versetzen der wÀsserigen Lösung 
des Bromcalciums mit kohlensaurem Ammoniak, dem etwas 
Salmiakgeist beigemischt ist, bis zur alkalischen Reaction, 
Erhitzen zum Kochen, Abfiltriren von dem gebildeten 
kohlensauren Kalke, Verdampfen des Filtrats zur Trockne, 
Wiederauflösen in Wasser, Filtriren und Krystallisiren, 
erhÀlt man Bromammonium. Beim Verdampfen der Lösung 
des Bromammoniums ist es nothwendig, sÀmmtliches 
kohlensaures Ammoniak zu verjagen, indem sonst geringe 
Mengen Baryt oder Kalk mit grosser HartnÀckigkeit wieder 
mit in Lösung gehen. 

In derselben Weise kann man auch durch vorsich- 
tiges AusfÀllen von Brombaryum oder Bromcalciumlösung 
mit kohlensaurem Natron oder kohlensaurem Kali, Brom- 
natrium oder Bromkalium darstellen. 


————— 


Zur Rademacher’schen essigsauren Eisentinctur; 


von 
Demselben. 


Versuche, welche nur die Zeit entscheiden konnten, 
haben mich gelehrt, dass die Vorschrift zur Rademacher- 
schen essigsauren Eisentinctur, welche im Maiheft dieses 
Archivs vom Jahre 1865 abgedruckt ist, einer AbÀnderung 
bedarf. Der Alkohol dieser Tinctur wirkt nÀmlich, je 
nach UmstĂ€nden bald frĂŒher, bald spĂ€ter, zersetzend auf 
das neutrale essigsaure Eisenoxyd; es scheiden sich dann 


Arch.d. Pharm. CLXXXT. Bds. 3. Hft. 15 


PER NR it 
= i STAR ur 
u 


218 A. Faust, zur Rademacher’schen essigs. Eiseninetur. 


oft scheinbar bedeutende Mengen Eisenoxydhydrats in 
der Tinctur ab. Diesem Uebelstande kann man nur durch 
gÀnzliches Weglassen des Alkohols abhelfen, denn auch 
kleine QuantitÀten davon bewirken diese Zersetzung. Da 
nun nach RĂŒcksprache mit Aerzten der Alkohol in dieser 
Tincetur nur eine untergeordnete Stellung einnimmt, em- 
pfehle ich zur Erzielung eines lange haltbaren PrÀparates 
den Alkohol durch destillirtes Wasser zu ersetzen und, um 
auch den bekannten Àtherischen Geruch zu erreichen, 
der Tincetur etwas EssigÀther zuzusetzen. Auf das im 
Maiheft dieses Archivs vom Jahre 1865 eingehaltene Ver- 
hÀltniss reicht ein Gewichtstheil EssigÀther aus. Eine 
solche fertige Tinctur vertrĂ€gt noch eine VerdĂŒnnung mit 
der HĂ€lfte ihres Gewichtes destillirten Wassers, aber nicht 
mehr; sie ist dann noch eine Kleinigkeit stÀrker als das 
PrĂ€parat der ursprĂŒnglichen Vorschrift. 


219 


3. Naturgeschichte und Pharma- 
kognosie. 


Botanische Notizen aus Caracas; 
von 


G.: A Ernst. 


l. Schnelligkeit des Wachsthums von Musa 
sapientum L. 


Im Septemberhefte 1865 dieses Journals machte Herr 
Geheimerath Prof. H. R. Göppert einige Mittheilungen 
ĂŒber die Schnelligkeit des Wachsthums der Pflanzen, die 
mich veranlassten, Àhnliche Beobachtungen an der oben 
genannten Pflanze anzustellen. Ich vereinte damit zu- 
gleich die Absicht, eine etwaige Verschiedenheit in der 
Vegetationsgeschwindigkeit bei Tage oder bei Nacht zu 
ermitteln. Ein Musastamm wurde 2 Fuss ĂŒber dem Bo- 
den horizontal abgeschnitten. Der frische Schnitt be- 
deckte sich bald mit einer gallertartigen, vollstÀndig farb- 
losen Substanz, welche in kaltem Wasser und Alkohol 
von gewöhnlicher Temperatur vollkommen unlöslich, in 
kochendem Wasser dagegen ein wenig löslich war. Da 
der Saft des Stengels von Musa in hohem Grade ad- 
stringirend ist und auf Leinewand unauslöschliche Flecke 
hervorbringt, so war ich erstaunt zu finden, dass diese 
Substanz durchaus geschmacklos war und keine Flecken 
gab. Der Schnitt wurde gemacht am 3. August 1866, 
Nachmittags 6 Uhr. Die nachfolgende Tafel giebt die 
beobachteten Resultate. 

15° 


220 @. A. Ernst, 


Zeit der Vegetations- Wetter. 
Beobachtung. geschwindigkeit. 

Aug. 3. 6bP.M. -- klar 
Pd. 6R AM. 31mm klar 
aM GES N 36 „ heiss u. trocken 
5, RAN, 39, ein wenig Regen 
aetsst 08 FM: 517, bewölkt 
Enzo. Gm. .M. 52), klar, warm 
DL 6. RB EM: 60, sonnig, warm 
ad. LORAM, 65, etwas Regen 
ENT. 068 PEN 80 „ warm, sonnig 
ERTLD. z A.M. 70, Regen 
Ben D. M. 72, wenig Regen. 


Der a fĂŒr 120 Stunden betrug dem- 
nach 539m oder beinahe 21” rheinl., also stĂŒndlich im 
Durchschnitt beinahe 4,5" oder etwas mehr als 2 Linien. 
Die einzelnen Zahlen der Tafel zeigen zugleich, dass 
Tag und Nacht keinen ersichtlichen Einfluss haben; 
WÀrme und Feuchtigkeit sind die hauptsÀchlichsten be- 
stimmenden Elemente. 


2. Anıylumkörner in den Zellen des Stengels 
strauchartiger Urticeen. 


Das Genus Urera von Gaudichaud enthÀlt bekannt- 
lich eine Reihe strauchartiger GewÀchse, von denen die 
Umgegend von Caracas, so weit ich wenigstens bis jetzt 
beurtheilen kann, drei verschiedene Arten besitzt, nÀm- 
lich U. caracasana Gaud., U. elata Griseb. und U. bac- 
cifera Gaud. Beim Aufsuchen der Raphides, deren Stu- 
dium nach Gulliver’s BeweisfĂŒhrung von nicht gerin- 
ger systematischer Wichtigkeit ist, fand ich im Stengel 
aller drei Species zahlreiche elliptische Körner, die sich 
durch die PrĂŒfung mit Jodtincetur als Amylum auswiesen. 
Die Menge derselben ist grösser in Pflanzen, welche sich 
im ruhenden Vegetationsstadium befinden. Die jungen 
Triebe, welche seit der jetzigen Regenzeit sich entwickelt 

haben, zeigen wenige, oft gar keine Körner. 


botanische Notizen aus Caracas. 221 


3. Ueber die Pulpa in den FrĂŒchten der Randia. 


Randia aculeata L., R. Moussaendae DC. und nament- 
lich R. armata DC. finden sich hÀufig im Gebiete unse- 
rer Flora. Da ich zahlreiche FrĂŒchte der beiden letzt- 
genannten Arten gesammelt hatte, um Samen zum Ver- 
senden zu bekommen, hatte ich Gelegenheit, die schwÀrz- 
lich-braune Pulpa, in welcher die Samen liegen, ' einer 
nĂ€heren PrĂŒfung zu unterwerfen. Geruch und Geschmack 
erinnern so lebhaft an die Pulpa von Cassia fistula, dass 
es nahe lag, einen Ă€hnlichen Einfluss auf den Örganis- 
mus zu erwarten. Und in der That stellte sich heraus, 
dass sie gleichfalls als eine gelinde Purganz wirkt, welche 
unbedenklich statt Cassia fistula angewendet werden kann. 


4. Gummi von Acacia Ouyrarema DC, 
(DC. Prod. II. 469. No. 208.) 


Diese wie es scheint bis jetzt nur aus Guayana be- 
kannte Species erscheint nicht selten bei Turmero in den 
fruchtbaren ThÀlern von Aragua, von wo mir Zweige 
und Gummi ĂŒbersandt wurden. Obgleich jene weder 
BlĂŒthen noch FrĂŒchte hatten, kann doch ĂŒber die Bestim- 
mung dieser so markirten Species kaum ein Zweifel blei- 
ben. Das Gummi gleicht fast genau dem Gummi ara- 
bicum, ist aber etwas dunkler, selbst in den reinsten 
StĂŒcken. Es könnte sehr wohl das arabische Gummi 
ersetzen, namentlich wenn es durch sorgsame Gewinnung 
hellfarbiger geliefert werden könnte. Doch steht zu be- 
fĂŒrchten, dass es weit theurer kommen wĂŒrde als impor- 
tirte Waare. Ricinus wÀchst z. B. in allen Ecken und 
Enden des ThÀles von Caracas, wie in Venezuela im 
Allgemeinen und doch kann die Oelproduction hier nicht 
mit Vortheil betrieben werden und alles Ricinusöl wird 
importirt. Die Arbeitskraft ist hier zu Lande zu theuer, 
einmal weil es an Arbeitern fehlt und zweitens weil die 
vorhandenen Arbeiter selten Lust zur Arbeit haben. 


222 G. A. Ernst, 


5. Gelber Farbestoff von Xanthoxylum Ochroxylum DC. 
(DOG, P0ETLT25.:N0,3:) 


Dieser mit eigentbĂŒmlich gebauten Dornen bewehrte 
Baum ist nicht selten bei Caracas und unter dem Namen 
Bosia bekannt. Die Dornen haben eine kurze, harte 
Spitze, die auf einer breiten, halbkreisförmigen Basis 
sitzt. ° Die innere Rindenschicht ist rein safrangelb und 
wird vielfach zum FĂ€rben benutzt, so dass man in der 
NĂ€he der Ortschaften selten einen Stamm findet, der 
nicht unverkennbare Spuren wiederholter AbschÀlung zeigt. 
Die Farbe hat ein gutes Aussehen, ist aber nicht recht 
dauerhaft. Amarillo como bosia — gelb wie Bosia — 
ist eine gelÀufige Redensart im Volksmunde mit Bezug 
auf einen sehr hohen Grad der Gelbsucht *). 


6. BlausĂ€ure in den FrĂŒchten von Ximenia americana L. 


Ximenia americana L. ist eine sehr gewöhnliche 
Pflanze in der untern Region des Catuche, des Fiusses, 
welcher die Stadt Caracas mit Trinkwasser versorgt. Die 
Pflanze hat die VulgÀrnamen Manzana de Guayava (Gua- 
yava-Apfel, wegen der Aehnlichkeit mit den FrĂŒchten 
von Psidium Guava Radd.) und Manzana del Diablo. 
Die Frucht, welche uns hier nur interessirt, ist von 
Jacquin (Selectarum stirp. Amer. hist. 1763, p. 107) ziem- 
lich gut beschrieben. Schon im unentwickelten Zustande 
zeigt sie einen penetranten Geruch nach BlausÀure, wenn 
sie zerschnitten oder zerrieben wird, also Àhnlich wie 
bei den Mandeln. Sollte dies die Ansicht Derer bestÀ- 
tigen, welche die fertige Existenz der Àtherischen Oele 
in der Pflanze bezweifeln und deren Entstehen vielmehr 
von dem Moment der mechanischen Zerstörung der Zelle 
datiren? Oder liegt es wahrscheinlicher nur daran, dass 
die geschlossene Zelle ein Verbreiten des flĂŒchtigen Zell- 
inhalts unmöglich macht? 


*) Dieser Farbstoff möchte wohl Berberin sein, da dieses gelbe 
Alkaloid auch in Xanthoxylum earibaeum vorkommt. H. Ludwig. 


- 


botanische Notizen aus Caracas. 223 


7. Veber die giftigen Eigenschaften von Euphorbia 


earacasana Boiss. 
(Auszug aus einer bereits in Seemann’s Journal of Botany, 1866, 
IV. publieirten Arbeit.) 

Euphorbia caracasana Boiss. gehört zur Section Alec- 
toroctonum und unterscheidet sich von der nahe verwand-. 
ten Species E. cotinifolia L. vorzugsweise durch die ge- 
zĂ€hnelten DrĂŒsenanhĂ€ngsel, wĂ€hrend dieselben bei der 
letzteren Art ganzrandig sind. Die Pflanze ist gemein 
"im Thale von Caracas und unter dem Trivialnamen ZLe- 
chero, d.h. Milchner, bekannt. Sie ist gewöhnlich ein 
Strauch, erreicht aber gelegentlich bedeutende Dimen- 
sionen, 50— 60° Höhe und 9— 10 Stammdicke. Aus 
den StÀmmen grösserer Exemplare fliesst beim Verletzen 
der Rinde eine reichliche weisslich-gelbe Milch von bal- 
samischem Geruch und wenigstens anfangs indifferentem 
Geschmack. Ich brachte nur 2 Tropfen auf meine Zunge, 
fĂŒhlte aber schon nach einer halben Stunde ein heftiges 
Brennen im Schlunde, das selbst durch wiederholtes Aus- 
spĂŒlen des Mundes mit kaltem Wasser nicht beseitigt 
wurde. Bald stellten sich heftige Nausea ein und nach 
fĂŒnfmaligem Erbrechen war der Organismus wieder in 
leidlicher Ordnung. Ein Theil der Milch war in meine 
Augen gekommen und verursachte eine heftige EntzĂŒn- 
dung von glĂŒcklicher Weise sehr kurzer Dauer. Auf 
der Haut zeigte sich die Milch nicht kaustisch. Der 
Einfluss der Milch scheint weniger energisch, wenn der 
Magen Speise enthÀlt; am Morgen der Excursion, wo ich 
den Versuch anstellte, war ich noch vollkommen nĂŒch- 
tern. Ich nahm Milch in einer Flasche mit nach Haus. 
Ein Theil derselben war coagulirt. Das specif. Gewicht 
war 0,97. Sie erhÀrtete nicht an der Luft, sondern bil- 
dete eine klebrige, gelbliche Substanz, die in fetten Oelen 
löslich war. Das alkoholische Extract enthielt viel Harz. 
Nach 24 Stunden war die Milch vollstÀndig sauer. 

Ich gab 5 Grm. derselben einem Meerschweinchen; es er- 
folgte zweimaliges Erbrechen und das Thier zeigte sich wie- 


224 @. A. Ernst, 


der vollkommen wohl. Ein zweites Meerschweinchen erhielt 
10 Grm. und starb nach wiederholtem Erbrechen nach 
3 Stunden. Ein mittelgrosses Kaninchen hatte 20 Grm. 
bekommen und starb nach einer halben Stunde. Im 
Rectum beider Cadaver zeigten sich zahlreiche rothe 
Flecken. 

Die Milch ist demnach ein drastisch scharfes Gift 
und ist es wohl glaublich, dass manche Indianer Bra- 
siliens unter anderem auch die Milch der so nahe ver- 
wandten E. cotinifolia L. als Pfeilgift benutzen, wie Dr. 
Masters in Lindley’s Treasury of Botany 1. 477 erwĂ€hnt. 


8. Guachamaca, eine Giftpflanze aus den Llanos 
von Venezuela, 


Diese Pflanze gehört zu den Apocyneen, deren gif- 
tige Eigenschaften allbekannt sind. Sie ist so giftig, 
dass selbst Fleisch, welches an Stöcken aus GuachamacÀ- 
Holz gebraten wird, gleichfalls zum tödtlichen Gifte wird. 
Die Bewohner der Llanos benutzen die Pflanze nicht sel- 
ten, um Kraniche und Reiher an den Ufern der grossen 
Lagunen zu erlegen. Eine Anzahl kleiner Fische wer- 
den mit dem Safte des GuachamacÀ bestrichen und an 
Stellen ausgelegt, wo sich gewöhnlich jene Sumpfvögel 
einfinden. Der Vogel soll todt niederfallen, so wie er 
nur den vergifteten Bissen mit dem Schnabel ergreift. 
Der JĂ€ger eilt dann schnell herbei, schneidet dem Thiere 
Kopf und Hals ab und der Rest des Körpers bleibt so- - 
mit vollkommen frei von dem Gifte und kann genossen 
werden. 

Vor einigen Jahren ereignete sich eine entsetzliche 
Vergiftungsgeschichte durch GuachamacÀ in Nutrias, einer 
Stadt im jetzigen Venezuelanischen Staate Apure. Eine 
Frau wurde eifersĂŒchtig auf ihren Liebhaber, da dieser 
einer andern Frauensperson Aufmerksamkeiten zu erwei- 
sen anfing und sie beschloss, sich zu rÀchen, Da es nun 
in jenen abgelegenen Gegenden weder forensische Medi- 


FE 
botanische Notizen aus Caracas. 225 


einer noch Chemiker giebt, es also rein unmöglich ist, 
einen Mord zu constatiren, wenn keine Àusseren Spuren 
der Gewaltthat ersichtlich sind, so beschloss sie ihren 
Liebhaber durch vergifteten Masato zu tödten. Der Ma- 
sate ist ein LieblingsgetrÀnk der Bewohner von Apure, 
aus gekochtem Mais, welchen man dann in Wasser gÀh- 
ren lĂ€sst. In dieses GetrĂ€nk legte sie StĂŒcke Guacha- 
machĂ€ fĂŒr einige Zeit und prĂ€sentirte es dann ihrem 
Opfer. Der Anblick des verfĂŒhrerischen GebrĂ€us ver- 
anlasste den nichts Ahnenden, mehre seiner Freunde und 
Nachbaren einzuladen, und unter diesen auch die ver- 
hasste Nebenbuhlerin. Da die Frau indess nicht wĂŒnschte, 
Jemand anders ausser ihrem treulosen Liebhaber zu ver- 
giften, bereitete sie schnell wÀhrend seiner Abwesenheit 
eine zweite Portion Masato ohne Gift. Die Sitte der 
Llanos verlangte aber, dass der einladende Wirth seinen 
Antheil mit dem der GĂ€ste vermischte und darauf fĂŒll- 
ten alle ihre Schalen aus Crescentia-FrĂŒchten. Von den 
elf versammelten Personen entging nur die verbreche- 
rische Anstifterin dem Tode; selbst die Affen und das 
GeflĂŒgel das Hauses, welche auch :ihren Theil erhalten 
hatten, starben. Die Sprache jener Gegenden bezeich- 
net dergleichen Vergiftungen mit einem eigenen Verbum 
guachamacar. So berĂŒchtigt ist der GuachamacĂ€, dass 
Ramon Paez erzÀhlte, seine Llanero-Begleiter hÀtten 
sich auf das Entschiedenste seiner Idee widersetzt, Pflan- 
zen und FrĂŒchte behufs einer genauen Bestimmung in 
seinem GepÀck mitzunehmen; sie drohten sogar ihn zu 
verlassen, wenn er es thun wollte. 

Die Pflanze ist botanisch noch. nicht recht genau 
bekannt. Humboldt erwÀhnt sie nicht; denn der Name 
Guaricamo, obgleich synonym mit Guachamacd, wird in 
Kunth’s Synopsis auf die Patrisia affinis bezogen (II. 
289), eine Passiflore, und giftige Eigenschaften werden 
gar nicht genannt. Selbst die Ryania coccinea des Reise- 
werkes (engl. Ausgabe I. 224) hat nicht die Aufmerk- 
samkeit des grossen Forschers so erregt, wie es der 


226 GG. A. Ernst, botanische Notizen aus Caracas. 


wirkliche GuachamacÀ sicherlich gethan hÀtte. Don Ra- 
mon Paez in seinem interessanten Buche: Wild Scenes 
in South America (New York 1862) sagt, die Pflanze sei 
erst in neuester Zeit in Apure eingewandert (doch wo- 
her?), da die Àltesten Bewohner sich aus ihrer Jugend 
nicht des GuachamacÀ erinnern. Sollte dies wirklich 
sein, so wĂ€re Humboldt’s Schweigen ĂŒber ein so auf- 
fallendes berĂŒchtigtes Vegetabil zu erklĂ€ren. Ich weiss 
nicht, ob Karsten bereits den GuachamacÀ botanisch 
bestimmte, da leider kein einziges Exemplar seines theu- 
ren Werkes „Florae Columbiae specimina selecta“ in Cara- 
cas existirt. Die einzige mir bekannte Beschreibung fin- 
det sich in einem Werke eines Franzosen, Dr. Renat 
de Grosourdy, EI Medico botdnico eriollo, Paris 1864, 
4 Vol. (1.295). Ich reproducire hier seine Beschreibung, 
indem ich indess die breite Weitschweifigkeit des spani- 
schen Originals durch die strenge KĂŒrze der wissenschaft- 
lichen Sprache vermeiden will. 

Guachamaca toxicaria R. de Gros., loc. cit. BRhizoma 
perpendiculare crassum, diametro interdum 6-pollicari, 
ligno albo levi, cortici tenui brunnea longitudinaliter striata, 
radiculas longas crassiusculas e parte inferiori emittens. 
Caules fruticosi numerosi recti subsimplices (8°—12° alt. 
2“— 21,“ diam.), ramis oppositis ex axillis foliorum, cor- 
tice brunnea albo-notata. Folia simplicia integra oppo- 
sita subsessilia ovato-lanceolata, apice basique attenuata, 
mucronata obtusa, utraque facie glabra, supra intense 
viridia, subter pallidiora, nervo venisque prominentibus 
(venis 11—13, inferioribus oppositis, superioribus alter- 
nis), 5“ long. 2”—2)/,* lat. Flores luteo-virides axilla- 
res conferti longe pedunculati, pedunculo filiformi uni- 
floro pollicari et ultra (12% — 15° long.) glabro apicem 
versus incrassato; calyx monosepalus 5-partibus lobulis 
margine membranaceis triangularibus acutis lineam lon- 
gis; corolla hypocrateriformis calycem multoties supe- 
rans, tubo basi ampliato pentagonali extas glabro intus 
pubescenti, limbo 5-partito, lobulis longis patentibus vel 


Björklund, ĂŒber Flores Cinae. 227 


usque ad calycem reflexis margine undulata, extus gla- 
bris intus pilis longis albis instructis; filamenta fauce 
corollae inserta, antherae conniventes pubescentes. Ova- 
rium subsphaericum sulco verticali paululum notatum, 
disco hypogynio; stylus albus filiformis longiusculus, 
stigma capitatum glandulosum, termino inferiori et in- 
teriori antherarum adhaerens. Fructus ignotus. 

Frutex orgyalis vel biorgyalis.. Habitat in provincia 
Apurensi Venezuelae. GuachamacÀ incolarum. (Planta 
a me non visa!) 


VorlĂ€ufige Mittheilung ĂŒber Flores Cinae; 


von 


Dr. G. A. Björklund *). 


Was die Abstammung betrifft, sagt Prof. Henckel 
in seinem Handbuche der Pharmakognosie Folgendes: 

„Die nicht vollkommen ausgebildeten, noch geschlos- 
senen BlĂŒthenkölbchen mehrer Arten Artemisia Linne 
(Ordn. Corymbifera), welche in Persien, der Bucharei, 
an den Ufern der Wolga, wie auch im nördlichen Afrika 
gesammelt werden, bilden die verschiedenen Sorten des 
Wurmsamens. Den Namen Semen sanctum sollen sie 
erhalten haben, weil sie aus dem heiligen Lande kamen, 
Semen Cinae, weil man glaubte, dass China das Vater- 
land derselben sei.“ 

Nach den neuesten Nachrichten wachsen dieselben 
in ungeheuren Massen in der Kirgisensteppe nördlich von 
Turkestan in der Umgegend des Flusses Aris unweit von 
der Stadt Ikan. 

Zur Zeit der Einsammlung finden sich dort noma- 
disirende Kirgisen ein, welche die obersten Spitzen der 
betreffenden Artemisia-Arten abstreifen und dieselben an 


*) Separatabdruck aus der Pharmae. Zeitschrift fĂŒr Russland. 
1867. 5. Heft vom Hrn. Verfasser eingesendet. D. Red. 


228 Björklund, ĂŒber Flores Cinae. 


Kaufleute fĂŒr circa 1 Rubel per Centner verkaufen. Von 
Turkestan werden die Wurmsamen mit Karawanen nach 
Örenburg gebracht und von da ĂŒber Nishni-Nowogorod 
nach St. Petersburg befördert. 

Ein anderer Theil ging frĂŒher nach Osten ĂŒber Tasch- 
kend, Kaschgar, Jorkand durch Tibet oder den nörd- 
lichen Weg ĂŒber Kuldscha nach China. Dieser uralte 
Handelsweg Central-Asiens bat in neuerer Zeit seine Be- 
deutung verloren und wird nur wenig noch durch Kara- 
wanen bereist, erstlich weil die in neuerer Zeit entwickel- 
ten Handelsverbindungen Chinas mit Europa den Wasser- 
weg einschlagen und zweitens, weil das Gebiet zwischen 
Taschkend und Kaschgar von Kokandern unsicher ge- 
macht wird, wĂ€hrend der nördliche Weg ĂŒber Kuldscha 
schon seit drei Jahren aus dem Grunde gar nicht mehr 
eingeschlagen wird, weil ein rÀuberisches Volk, genannt 
Dunganen, vor drei Jahren die Stadt Kuldscha ĂŒberfallen 


und ein Lager von 60,000 Tschibycken (Kisten) Thee 


verbrannt hat. 

FĂŒr das Jahr 1868 haben wir die Flores Cinae in bester 
QualitÀt im Handel zu erwarten, da FachmÀnner jetzt 
dieses GeschÀft in die Hand genommen haben. Nur die 
in rechter Zeit gesammelte, gut behandelte und verpackte 
Waare wird in den Handel gebracht, wÀhrend der Rest 
an Ort und Stelle zu Santonin verarbeitet werden soll. 


Ich habe Hoffnung, in diesem Jahre eine genaue 
Beschreibung der Pflanze, so wie auch einige getrock- 
nete Exemplare zu Herbarien zu bekommen und werde 
mir alsdann erlauben, darĂŒber NĂ€heres zu berichten. 


229 


EEE. Monatsbericht. 


Ueber die Darstellung grosser Salpeterkrystalle. 


J. Stinde giebt in Nachstehendem seine Erfahrungen 
ĂŒber diesen speciellen Gegenstand und berĂŒcksichtigt nur 
die eigentlichen Handgriffe, welche zum Gelingen der 
Operation nothwendig sind, geht dabei von schon einmal 
raffinirtem Kalisalpeter aus, oder noch besser von dem 
Salpeter, welcher durch Umsetzen des Chilisalpeters mit 
Chlorkalium erhalten wird und bei der ersten Krystalli- 
sation anschiesst. 

Man bereitet eine Lauge von gedachtem Salpeter und 
destillirtem Wasser, und zwar kann man sich hierzu eines 
eisernen Kessels bedienen. Eine beliebige Menge Was- 
ser wird zum Sieden gebracht und nach und nach Salpeter 
eingetragen. Mit dem Eintragen hört man auf, wenn die 
Lauge heiss gemessen 290 an der Beaume@’schen Senk- 
waage zeigt. Nach Erzielung dieses Punctes wird der 
Lauge eine kleine QuantitÀt in heissem Wasser zergan- 
genen Leimes hinzugefĂŒgt, und man beginnt die Lauge 
zu schÀumen. In den meisten FÀllen wird !/;, Pfd. Leim 
auf 1 Ctr. Salpeter genĂŒgen. Der praktische Blick muss 
hier den Ausschlag geben, eine Regel lĂ€sst sich darĂŒber 
eigentlich nicht aufstellen. Ist der Kessel rein, d.h. ist 
sÀmmtlicher Schaum abgenommen, so lÀsst man das Feuer 
gÀnzlich ausgehen; der Kessel bleibt sich so lange selbst 
ĂŒberlassen, bis sĂ€mmtliche Flocken und Unreinigkeiten am 
Boden liegen und die Lauge vollkommen klar erscheint. 

Zum Ausbringen der Lauge in die KrystallisirgefÀsse 
bedient man sich eines grossen kupfernen Schöpflöffels 
und einer hölzernen Rinne, welche vom Kessel in ein 
Filtrirgestell fĂŒhrt. An dem Filtrirgestell hĂ€ngt ein grosser 
Spitzbeutel, auf welchem einige grosse Bogen groben 
weissen Filtrirpapiers liegen. Ein zweiter grobmaschiger 
Spitzbeutel wird, damit die letzteren in ihrer Lage bleiben, 
in den ersten gehÀngt. Unter dem Spitzbeutel kommt 
ein HolzkĂŒbel zu steken, der so erhöhet wird, dass das 
eine Ende einer darauf gelegten Holzrinne sich genau 
unter der Spitze des Beutels befindet und hinreichend 
GefÀlle vorhanden ist, wenn das andere Ende der Rinne 


Die W 


a En a a ae, 00 gie 
230 Neu entdecktes Steinsalzlager bei Schönebeck. 
auf die RĂ€nder der ĂŒbrigen KrystallisirgefĂ€sse gelegt wird. 
Das AusfĂŒllen der Lauge besorgt ein Arbeiter, ein zweiter 
ĂŒbernimmt die Klarmachung des Filters, von dem stets 
ein zweites in Reserve sein muss, ein dritter trÀgt Sorge 
fĂŒr die richtige FĂŒllung der Krystallisirbottiche. Diese 
Bottiche sind aus Tannenholz angefertigt, haben eine 
Höhe von circa 2 Fuss und einen Durchmesser, am 
Boden 31, Fuss, am oberen Rande von 3 Fuss 8 Zoll, 
und sind mit genau schliessendem Deckel von Tannen- 
holz versehen. Diese Bottiche werden bis zur Höhe von 
1!/, Fuss voll Lauge gelassen, mit dem Deckel verschlos- 
sen und bleiben 3 Tage stehen. Nach dieser Zeit ist die 
Krystallisation beendet. WĂ€hrend dieser Zeit bleibt das 
Lokal, worin sich die Bottiche befinden, geschlossen, es 
muss jede BerĂŒhrung sorgfĂ€ltig vermieden werden. Nach 
Beendigung der Krystallisation wird die Lauge vorsichtig 
abgeschöpft und wieder in den Kessel gebracht, um mit 
neuem Salpeter verstÀrkt zu werden. Die Bottiche setzt 
man ĂŒber einander und lĂ€sst die Lauge gehörig ablecken 
und antrocknen, wozu 18 bis 24 Stunden nöthig sind. 
Die erhaltenen Krystalle werden durch vorsichtiges Klopfen 
der FÀsser von Aussen abgetrennt und in TrockenrÀumen 
bei geringer WĂ€rme getrocknet. 

Nach Einhaltung der eben beschriebenen Operationen 
gelingt es stets, prachtvolle, grosse, prismatische Krystalle 
zu erhalten, welche um so klarer ausfallen, je blanker 
die Mutterlauge gekocht wurde. (Hamburg. Gewerbebl. 
1866.) B. 


Ueber ein in der NÀhe von Schönebeck neu ent- 
decktes Steinsalzlager. 


Die vom Staate betriebene Tiefbohrung in der NĂ€he 
von Schönebeck hat nach Meldung des „Staats- An- 
zeigers“ zum Aufschlusse eines Steinsalzlagers in der 
Tiefe von 1091 Fuss unter der ErdoberflĂ€che gefĂŒhrt. 
Man wird das Bohrloch im Steinsalz zunÀchst bis zu 
einer Tiefe von 150 —200 Fuss fortsetzen, um sich von 
der Beschaffenheit des Salzes zu ĂŒberzeugen und fĂŒr 
die spĂ€tere Ausbeutung mittelst ZufĂŒhrung sĂŒssen Wassers, 
welches nach der SĂ€ttigung mit Salz empor gepumpt 
wird, die genĂŒgenden FlĂ€chen zum Angriffe zu erhalten. 
Die Untersuchung ist von ganz besonderer Wichtigkeit, 
um fest zu stellen, ob das Steinsalzlager eine Àhnliche 
Zusammensetzung wie das von Stassfurt habe, dessen 


Ir Is Gr 2 Da er Ze 1 ee u EA er 
N 
ae, Re 


Tr Process und Theorie der Sodafabrikation. 2831 


obere Schichten aus einer Reihenfolge von kalihaltigen 
Salzen bestehen, deren Ausbeutung fĂŒr die Industrie und 
Landwirthschaft von sehr grosser Bedeutung ist. Aber 
auch in dem Falle, wenn die kalihaltigen Salzschichten 
fehlen sollten, wird der neue Aufschluss des Steinsalzes 
in der NÀhe des Elbstroms und der SiedehÀuser der Saline 
zu Schönebeck grosse technische Vortheile bei der Salz- 
fabrikation gewÀhren. B. 


Process und Theorie der Sodafabrikation. 


E. Kopp empfiehlt zur Nutzbarmachung der RĂŒck- 
stÀnde von der Sodafabrikation und von der Darstellung 
des Chlors das folgende Verfahren: Die flĂŒssigen und 
sauren RĂŒckstĂ€nde, die man bei der Chlorkalkfabrikation 
erhÀlt, befreit man durch Absetzen von den in ihnen 
suspendirten festen Substanzen, und fĂŒgt ihnen dann in 
Bassins gerade genug Soda- AbfÀlle zu, um das in ihnen 
enthaltene freie Chlor zu zerstören und das Hyper- und 
Sesquichlorid von Mangan und Eisen in Monochlorid zu 
verwandeln. Es fÀllt Schwefel nieder, den man sammeln 
kann, und es entwickelt sich etwas Schwefelwasserstoff, 
den man durch Eisenoxyd absorbiren lassen kann. Die 
entchlorte, aber noch saure FlĂŒssigkeit wird nun in be- 
sondere Apparate gepumpt, in welchen sie vollstÀndig mit 
Soda-Aescher gesÀttigt wird. Es entwickelt sich hierbei 
sehr viel Schwefelwasserstoff, der zu Wasser und schwef- 
liger SĂ€ure verbrannt werden kann. 


Setzt man den Soda-Aescher der Luft aus, so ver- 
wandelt sich das Calciumoxysulfuret (2 CaS, CaO) in 
zweifach Schwefelcaleium und in Aetzkalk, durch weitere 
Oxydation geht das Disulfid in unterschwefligsauren Kalk 
ĂŒber, der beim Trocknen sich in ein Gemenge von schweflig- 
saurem Kalk und Schwefel verwandelt. Das schweflig- 
saure Salz geht durch fernere Oxydation in schwefelsaures 
Salz ĂŒber, wĂ€hrend der freie Schwefel sich mit neuen 
Mengen Schwefelcaleium zu Disulfid oder Polysulfiden 
vereinigt. 


Die in Folge dieser Reactionen beim Auslaugen er- 
haltenen gelben bis orangefarbigen alkalischen FlĂŒssig- 
keiten, die Polysulfide und unterschwefligsauren Salze 
von Natron und Kalk enthalten, lÀsst man wÀhrend der 
Sommermonate in dĂŒnnen Schichten der Luft ausgesetzt, 
und so erhÀlt man durch Oxydation unterschwefligsaure 


232 Process und Theorie der Sodafab een 2% 


Salze und freien Schwefel. Dasselbe wird auch erreicht, 
wenn man die FlĂŒssigkeit mit schwefliger SĂ€ure behandelt. 
(Compt. rend. T. 61. 1865.) 

In der darĂŒber sich anknĂŒpfenden Discussion hatte 
Dumas gesagt, dass die zahlreichen Analysen von Kopp 
seine Ansicht ĂŒber das Vorhandensein eines in kaltem 
Wasser unlöslichen Calciumoxysulfurets und ĂŒber die 
Theorie des Sodaprocesses ĂŒberhaupt bestĂ€tigten. Dagegen 
macht nun Scheurer-Kestner geltend, dass zwar in 
den RĂŒckstĂ€nden Kalk und Schwefelcaleium vorhanden 
seien, dass aber, wie er schon frĂŒher gezeigt habe, das 
Schwefelcalcium allein hinreichend unlöslich sei, um bei 
der Auflösung des kohlensauren Natrons nicht zersetzend 
auf dieses einwirken zu können. Man brauche daher 
die Dumas’sche Hypothese von einem unlöslichen Caleium 
oxysulfuret gar nicht. ; 

Uebrigens könne man auch nicht behaupten, dass 
sich die Soda-RĂŒckstĂ€nde allgemein durch ein und die- 
selbe Formel ausdrĂŒcken liessen. HĂ€tte Kopp die aus 
verschiedenen Fabriken hervorgehenden RĂŒckstĂ€nde unter- 
sucht, so wĂŒrden die VerhĂ€ltnisse sich eben so verĂ€nder- 
lich erwiesen haben, wie die ursprĂŒnglichen zur Soda- 
fabrikation nothwendigen Substanzen variirt hÀtten. Alles, 
was man ĂŒber die Beschaffenheit der RĂŒckstĂ€nde sagen 
kann, ist das, dass ihre Zusammensetzung sehr verÀnderlich 
ist und nach verschiedenen Fabriken nach Abzug der 
KohlensÀure zwischen CaS und 2CaS, CaO schwankt. 
(Compt. rend. T.61. 1865.) 

Zur Widerlegung dieser Ansichten von Scheurer- 
Kestner hat Kopp nun die Reaction, von reinem Kalk- 
hydrat, reinem Schwefelcaleium (CaS) und Soda-RĂŒck- 
stÀnden verglichen und kommt zu dem Resultate, dass 
die dabei beobachteten wesentlichen Unterschiede es schwer 
erscheinen lassen, in den Soda-RĂŒckstĂ€nden freies Kalk- 
hydrat und freies Schwefelcalcium anzunehmen. 

Eine Lösung von kohlensaurem Natron von 300B. 
wurde in zwei HĂ€lften getheilt und die eine HĂ€lfte 
mit 32,3 Grm. Kalkhydrat, die andere mit 155 Grm. 
SodarĂŒckstand, welcher zufolge einer Analyse ebenfalls 
32,3 Grm. Kalkhydrat enthielt, gleiche Zeit behandelt. 
Bei diesem VerhĂ€ltnisse genĂŒgt der vorhandene Kalk, um 
alles Natron in Aetznatron zu verwandeln. Es wurde 
nun filtrirt und in gleichen Volumen des Filtrats die 
CaustieitÀt titrirt. Hierbei fand sich, dass der Aetzkalk 
des SodarĂŒckstandes unfĂ€hig ist, dieselbe Menge kohlen- 


Ueber den Leblanc’schen Sodaprocess. 233 


saures Natron in Aetznatron zu verwandeln, wie der freie 
kaustische Kalk. 

Schliesslich erwÀhnt Kopp, dass nach vielfachen 
Versuchen in der Sodafabrik zu Dieuze dasjenige Ver- 
hÀltniss zwischen Kalk und schwefelsaurem Natron das 
beste Resultat ergeben habe, welches einen RĂŒckstand im 
VerhÀltnisse 2 CaS, CaO gÀbe, daneben fÀnde sich aber 
stets so viel KohlensĂ€ure, dass der ĂŒberschĂŒssige Kalk 
genau als kohlensaurer Kalk berechnet werden könnte. 
(Compt. rend. T. 61. — Chem. Centrbl. 72.) Bi 


Ueber den Leblane’schen Sodaprocess. 


Die Resultate der sehr umfangreichen Arbeit J. Kolb’s 
ĂŒber den Leblanc’schen Sodaprocess bestehen in Folgendem: 
Bei Gegenwart von lauwarmem oder kaltem Wasser findet 
zwischen Schwefelcaleium und kohlensaurem Natron keine 
Wechselwirkung statt. Es ist daher gleichgĂŒltig, ob man den 
kohlensauren Kalk im Ueberschusse gegen das schwefelsaure 
Natron anwendet (nach der Dumas’schen Gleichung 2 (NaO, 
S03) + 3(Ca0,002) +12C = 2(Na0,CO2) + (CaO,2Cas) 
— 1000-3 C), oder ob man beide Salze zu gleichen Aequi- 
valenten anwendet (nach der Gleichung von Dubrunfaut: 
Na0, S03—+ 0a0, C0?-—- 40 —= Na0,C0?-+ CaS+4CO). 
Ist nÀmlich die Bildung des Oxysulfurets unumgÀnglich 
nothwendig, so muss das erste VerhÀltniss eine vollkom- 
men kohlensaure Soda geben, wÀhrend das zweite nur 
eine Lauge von Schwefelnatrium geben darf. Ist dagegen 
das Schwefelcaleium wirklich in alkalischen Laugen un- 
löslich, so dĂŒrfen beide Resultate nur in Bezug auf die 
CausticitÀt differiren, die bei dem ersten VerhÀltnisse 
wegen des ĂŒberschĂŒssigen Kalks grösser sein muss. Kolb 
hat nun (bei Versuchen im Grossen) gefunden, dass das 
durch Einwirkung von Kohle auf ein Gemenge von gleichen 
Aequivalenten schwefelsauren Natrons und kohlensauren _ 
Kalks entstandene kohlensaure Natron und Schwefelcaleium 
sich leicht durch Auslaugung mit lauwarmem oder kaltem 
Wasser trennen lÀsst. 

Die erste Reaction, die im Ofen vor sich geht, ist 
die Reduction des schwefelsauren Natrons, wobei Kohlen- 
sÀure, nicht Kohlenoxyd entsteht, wÀhrend gleichzeitig 
der kohlensaure Kaik in freien Kalk ĂŒbergeht. Man erhĂ€lt 
auch eine ganz gleiche und vollkommen kohlensaure Soda, 
wenn man die Kreide durch Kalk ersetzt. Es geht aus 
beiden Thatsachen hervor, dass die KohlensÀure der Kreide 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds, 3. Hft. 16 


234 Ueber den Leblanc’schen Sodaprockss, 


nicht zur Bildung der Soda beitrÀgt, und Versuche im 
Laboratorium haben Kolb zu dem Schlusse gefĂŒhrt, dass 
es die theils durch Reduction des schwefelsauren Natrons 
entstehende, theils in den Ofengasen enthaltende Kohlen- 
sÀure ist, unter deren Einflusse die Endreaction sich 
vollzieht. Es wird dadurch erklÀrlich, warum man in 
geschlossenen Tiegeln so schwierig Soda bereiten kann, 
wÀhrend es sehr leicht in einer von KohlensÀure durch- 
strömten Röhre gelingt. Man kann demnach die Bildung 
der Soda durch drei Gleichungen versinnlichen: 

Na0,S03 + 2C = 2C0O? + NaS 

Ca0,C0? 7 C = 2CO + Ca0 

NaS + CaO + CO? (im Ueberschusse) 

— Na0, CO? 4 CaS. 

Ganz trockene Luft hat zwischen 00 und 1000 keinen 
wahrnehmbaren Einfluss auf rohe Soda. Sie wirkt selbst 
nicht durch ihre KohlensÀure. Versuche haben nÀmlich 
gezeigt, dass vollkommen trockene KohlensÀure weder 
auf wasserfreien Kalk, noch auf wasserfreies Schwefel- 
calcium einwirkt. Bei Rothgluth, und selbst etwas darunter, 
oxydirt dagegen die Luft das Schwefelcalcium und der 
gebildete schwefelsaure Kalk wirkt beim Auslaugen schÀd- 
lich. Feuchte Luft wirkt im Gegentheile sehr energisch 
auf rohe Soda, indem sie an den Kalk Wasser und Kohlen- 
sÀure abgiebt und das Schwefelcalcium oxydirt. 

Beim Auslaugen der rohen Soda erhÀlt man ein ver- 
schiedenes Resultat, je nach der Concentration der FlĂŒssig- 
keit, der Dauer der Behandlung mit Wasser und Tem- 
peratur. Die lÀngere Dauer der Digestion und eine er- 
höhte Temperatur begĂŒnstigen nicht nur die Caustification 
eines T'heils der Soda durch den Kalk, sondern sie be- 
wirken auch eine geringe Reaction zwischen Schwefel- 
ealeium und kohlensaurem Natron, die auf der Bildung 
von Caleiumsulfhydrat zu beruhen scheint. Die Concen- 
. tration der Lauge und die Gegenwart von kaustischem 
Natron treten dieser Bildung entgegen, die durch ĂŒber- 
schĂŒssigen Kalk verhindert wird. Wenn es also von 
Nutzen ist, in der rohen Soda etwas freien Kalk zu haben, 
so hat dies nur den Zweck, eine geringe Menge kaustisches 
Natron zu erzeugen, das der Schwefelung entgegenwirkt. 
(Compt. rend. T. 62; Annal. de Chim. et de Phys. T.7.) 

b 


Hieran sich anschliessend folgen die Resultate aus 
J. Pelouze’s Arbeit ĂŒber den Leblane’schen Sodaprocess. 
Rohe Soda ist nach Analyse und Reactionen Pe- 


Schwefelsaurer Baryt. — Kohlensaurer Kalk. 235 


louze’s ein Gemenge von kohlensaurem Natron, Schwe- 
felealeium, kohlensaurem Kalk und freiem Kalk. Durch 
verlÀngerte Einwirkung von Wasser giebt die rohe Soda 
eine gewisse Menge kaustisches Natron, die im VerhÀlt- 
nisse zu dem in ihr enthaltenen freien Kalke steht. Unter 
diesen Bedingungen hinterlĂ€sst die Soda einen RĂŒckstand, 
in welchem aller Kalk durch KohlensÀure gesÀttigt ist, 
und der unfÀhig ist, kohlensaures Natron zu caustificiren. 
Man kann ihn mit einem kohlensauren Natron behandeln, 
ohne dass dabei die geringste Menge kaustisches Natron 
entstĂ€nde, was unfehlbar der Fall sein mĂŒsste, wenn in 
diesem RĂŒckstande Kalk mit Schwefelcaleium verbunden 
wÀre. Da beim Auslaugen der Soda im Grossen die 
Bedingungen fĂŒr eine vollkommene Reaction des freien 
Kalks auf das kohlensaure Natron nicht gegeben sind, 
so enthĂ€lt der RĂŒckstand öfters etwas freien Kalk, ge- 
wöhnlich 1—3, manchmal sogar 3—6 Proc. Hat man 
aber eine rohe Soda, so kann man, je nach der Art, wie 
man auslaugt, in dem RĂŒckstande freien Kalk lassen, 
oder nicht, und es ist daher erklĂ€rlich, wie manche RĂŒck- 
stÀnde kohlensaures Natron caustificiren können, wÀhrend 
andere dies nicht thun. Endlich beweist zur Zeit nichts 
die Existenz eines Calciumoxysulfurets 2 CaS, CaO, noch 
die einer anderen Verbindung zwischen Kalk und Schwefel- 
ealeium. (Compt. rend. T.62. 1866. — Chem. Centrbl. 
1866. 19.) B. 


Schwefelsaurer Baryt 


ist bekanntlich ebenso wie schwefelsaurer Strontian 
und schwefelsaurer Kalk in kochender SchwefelsÀure lös- 
lich. Er löst sich nach Nickles aber auch in kalter 
SchwefelsÀure, wenn er in dieser erzeugt wird, wenn man 
also fein gepulvertes Chlorbaryum in die concentrirte 
SĂ€ure bringt. Bei dem VerdĂŒnnen mit Wasser fĂ€llt das 
Barytsalz nieder. Bemerkenswerth ist, dass schwefelsaurer 
Baryt am leichtesten, das entsprechende Kalksalz aber am 
schwersten in SchwefelsÀure löslich ist. (Silliman Americ. 
Journ.) Dr. Reich. 


Kohlensaurer Kalk 
ist nicht ganz uflöslich in Wasser. Kocht man eine 
Lösung von doppelt-kohlensaurem Kalk sehr lange, so 
fÀllt zwar die grösste Menge des Kalkes nieder, indem ein 
Theil der KohlensÀure entweicht, aber im Liter Wasser 


16 * 


TREE RR ERBETEM 170) 0 
236  Bereitung von reinem Kalk zur Elementaranalyse. 


bleiben nach A. W. Hofmann 0,034 Grm., nach Cruse 
0,036 Grm. kohlensaurer Kalk gelöst. Auf eine der Zer- 
setzung entgangene Spur von doppelt-kohlensaurem Kalk 
ist diese Erscheinung nicht zurĂŒckzufĂŒhren, denn das klare 
Wasser trĂŒbt sich mit Kalkwasser nicht, was geschehen 
wĂŒrde, wenn ĂŒberschĂŒssige KohlensĂ€ure ‘vorhanden wĂ€re. 
(Hofmann im Quart. Journ. of the Chem. Soc. — Üruse in 
den Annal. der Chem. und Pharm.) Dr. Reich. 


Chlorbaryum als Mittel gegen Bildung von Kesselstein. 


Zur VerhĂŒtung des Kesselsteines macht der 
Director der chemischen Fabrik in Griesheim a. M. auf 
ein Mittel aufmerksam, das ihm vorzĂŒgliche Dienste ge- 
leistet habe. Es ist dies nÀmlich Chlorbaryum, von dem 
man fĂŒr jedes Quadratmeter HeizflĂ€che ı Pfd. in den 
Kessel bringt. Nach 2—4 Wochen wird eine neue Quan- 
titÀt hinzugesetzt und damit so lange fortgefahren, bis 
der Kessel gereinigt werden soll. Die Kosten betrugen 
dort fĂŒr einen Kessel von 40 Quadratmeter HeizflĂ€che 
monatlich 21), Thlr. Das dort in Anwendung gebrachte 
Speisewasser enthÀlt Gyps und kohlensauren Kalk und 
giebt einen sehr festen Kesselstein. Bei Anwendung des 
erwÀhnten Mittels erhielt man aber statt dessen nur einen 
aus feinen BlÀttchen und Staub bestehenden Niederschlag. _ 
Die Wirksamkeit des Chlorbaryums beruht zunÀchst in 
der Umsetzung des Gypses; es bilden sich Chlorcalcium 
und schwefelsaurer Baryt. Letzterer ist ein feines schweres 
Pulver, das im kochenden Wasser auf- und abspielt und 
den ausgeschiedenen Kalk verhindert, sich fest zu setzen. 
Ob das Chlorbaryum auch bei Wasser, das nur kohlen- 
sauren Kalk enthÀlt, gute Dienste leistet, ist noch nicht 
entschieden. (Bl. fĂŒr Hdl. und Gew. 1866. 4.) 

B. 


Bereitung von reinem Kalk zum Gebrauche bei der 
Blementaranalyse, 


Nach Fausto Sestini wird fein gepulverter Statuen- 
Marmor mit einer ziemlich concentrirten Zuckerlösung 
befeuchtet (so dass auf 100 Th. Marmor etwa 2 Th. Zucker 
kommen) im Sandbade getrocknet und bis zum Caustisch- 
werden geglĂŒht; dadurch wird der vorhandene Gyps in 
Schwefelcaleium umgewandelt. Der genannte Kalk wird 
mit Wasser abgelöscht, die Kohle abgeschlÀmmt und das 


Wolframsaures Natron zur Trennung von Calcium etc. 237 


Kalkhydrat so lange ausgewaschen, bis das Waschwasser 
sich frei von Schwefelcalecium zeigt. Man löst hierauf 
den FilterrĂŒckstand in SalpetersĂ€ure, fĂ€llt die Lösung 
mit kohlensaurem Ammoniak, wÀscht den erhaltenen koh- 
lensauren Kalk aus und brennt denselben durch fortgesetztes 
GlĂŒhen caustisch. Auf diese Weise wird der Kalk von 
Chlor und SchwefelsÀure gÀnzlich frei erhalten. (Zischr. 
‚fĂŒr anaiyt. Chemie.) B. 


Wolframsaures Natron zur Trennung von Calcium und 
Magnesium. 


Nach E. Sonstadt bleibt eine gesÀttigte Lösung 
von schwefelsaurem Kalk, wenn man ein gleiches Volumen 
einer gesÀttigten Lösung von wolframsaurem Natron 
zufĂŒgt, vollkommen klar. Beim ErwĂ€rmen auf ungefĂ€hr 
420 entsteht jedoch ein dichter Niederschlag. Diese 
Reaction ist so scharf, dass sie noch erkennbar bleibt, 
wenn das VerhÀltniss der Kalklösung wie 1: 114000 ist. 
Eine Lösung von Chlorcaleium verhÀlt sich ebenso. Eine 
Lösung von schwefelsaurer Magnesia wird nicht 
durch wolframsaures Natron gefÀllt. Sind die 
Lösungen jedoch concentrirt, so erhÀlt man beim ErwÀr- 
men derselben eine Krystallisation, die sich nur sehr schwer 
und auch nicht ganz vollstÀndig in Wasser löst. Eine 
FlĂŒssigkeit, die 2,000,000 Th. Wasser, 35 Th. schwefel- 
sauren Kalk und 33849 Th. schwefelsaure Magnesia ent- 
hielt, liess beim ErwÀrmen auf 700 einen vollkommen 
deutlichen Niederschlag fallen. Eine andere ganz gleiche 
Lösung, die aber kein Magnesiasalz enthielt, gab dagegen 
eine schnellere und deutlichere Reaction schon bei niedri- 
gserer Temperatur. Auf diese Weise lÀsst sich in einer 
FlĂŒssigkeit, die auf ungefĂ€hr 56000 Theile 1 Th. Kalksalz 
und ungefÀhr 1000 Theile Magnesiasalz enthÀlt, ersteres 
Salz noch deutlich erkennen. 

Die Gegenwart von Ammoniaksalzen beeintrÀchtigt 
diese Reaction, noch mehr ist dies der Fall, wenn gleich- 
zeitig freies Ammoniak vorhanden ist. Die Reaction wird 
dann erst deutlich, wenn die Kalklösungen Y/goo bis Yıooo 
sind. Jedoch kann vollkommen genug Salmiak vorhanden 
sein, um die FĂ€llung der Magnesia durch freies Ammoniak 
zu verhindern, auch kann das Ammoniak etwas ĂŒber- 
schĂŒssig sein, ohne dass dadurch die quantitative Bestimm- 
barkeit des Kalks nach dieser Methode wesentlich beein- 
trĂ€chtigt wĂŒrde. Zur AusfĂŒhrung der Operation empfiehlt 


na. :. ah 
238 Ueber Phosphormagnesium. 


Sonstadt, dass man das Becherglas, in welchem man 
die FĂ€llung vornehmen will, vorher erst mit einem mit 
Oel befeuchteten Leder etwas anreibt, weil sonst der 
Niederschlag sehr schwer aus dem Glase zu entfernen ist. 
Die Filtration darf erst nach einigen Stunden, indem man 
die FlĂŒssigkeit warm hĂ€lt, statt finden. Wenn der Nieder- 
schlag ausgewaschen ist, muss man ihn nochmals mit ver- 
dĂŒnnter Ammoniaklösung ĂŒbergiessen, braucht aber das 
Filtrat nicht aufzuheben. Das Filter muss gesondert ver- 
brannt werden, nachdem der Niederschlag so viel als 
möglich davon getrenntist. Nach dem GlĂŒhen und WĂ€gen 
muss man ferner den Niederschlag auf seine Reinheit 
prĂŒfen, indem man ihn mit starkem Ammoniak einige 
Zeit stehen lĂ€sst, und die Lösung dann mit SĂ€uren ĂŒber- 
sÀttigt. Entsteht hierdurch ein Niederschlag, so muss 
man das Verfahren mit Ammoniak wiederholen und aber- 
mals glĂŒhen und wĂ€gen. Der geglĂŒhte Niederschlag muss 
ganz weiss sein. 

Das Filtrat könnte nun gleich zur Bestimmung der 
Magnesia durch phosphorsaures Natron gefÀllt werden; 
man thut aber besser, die ĂŒberschĂŒssige WolframsĂ€ure 
vorher durch Kochen mit SalzsÀure zu entfernen. (Chem. 
News. — Chem. Centrbl. 1866. 7.) B. 


Ueber Phosphormagnesium. 


Th.P. Blunt erhielt eine Verbindung von Phosphor 
und Magnesium von der Zusammensetzung Mg3P durch 
Einwirkung von PhosphordÀmpfen auf in einer Kohlen- 
sĂ€ure-AtmosphĂ€re glĂŒhendes Magnesium und durch weite- 
res Behandeln des Productes mit SalzsÀure. Bei letzterer 
Procedur entwickelte sich ein nicht selbstentzĂŒndlicher 
Phosphorwasserstoff ‚und es blieb das Phosphormagnesium 
als eine schwarze, selbst in siedender SĂ€ure nur unbe- 
deutend lösliche flockige Substanz zurĂŒck. Die Phosphor- 
wasserstoffentwickelung deutet Th. P. Blunt folgender- 
massen: „Das ursprĂŒngliche Product ist ein Gemenge 
von P und Mg, die eine galvanische Kette unter sich 
bilden. Es entwickelt sich auf Zusatz einer SĂ€ure H, 
der an das Phosphormagnesium tritt.“ Directe Versuche 
haben diese Ansicht bestÀtigt. 

Das mit einer kleinen nicht zu entfernenden Menge 
von Mg behaftete Phosphormagnesium stellt eine wenig 
cohÀrente, gepulvert russÀhnliche schwarze Masse dar, 
die sich selbst durch mehrwöchentliches Einwirken von 


Carnallit von Maman in Persien etc. 239 


verdĂŒnnter SalzsĂ€ure, eben so wenig durch Kochen mit 
halbeoncentrirter SchwefelsÀure verÀndert. Kochendes 
Königswasser löst dasselbe nur schwierig. Unter Luft- 
abschluss ertrĂ€gt es RothglĂŒhhitze, bei Luftzutritt erhitzt, 
wird es nach und nach unter Bildung von Magnesia 
oxydirt. (Journ. ofthe chem. soc. Ser.2. Vol.3. p. 106. — 
Journ. fĂŒr prak. Chemie. Bd. 96. p. 207—209.)) C. Bl. 


Untersuchung des Carnallits von Maman in Persien 
und ĂŒber die Ursache der rothen FĂ€rbung mancher 
natĂŒrlicher Salze. 

‘ Der Carnallit findet sich nicht allein im Salzlager 
von Stassfurt, sondern auch in den bedeutendsten Steinsalz- 
bergwerken Persiens, zu Maman, im sĂŒdöstlichen Ader- 
beidjan, welches Ad. Göbel im August 1859 besuchte. 

Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung: 


Gefunden Aequivalente Berechnet 
Bllorkalım............ 25,621 ı KCl 26,900 
Chlormagnesium .... 34,649 2 MsCl 34,210 


Unlöslicher RĂŒckstand 0,060. — _ 
Wasser (u. organische 


Bestandtheile) ... 39,670 12 HO 38,890 
100,000. 100,000. 


Die Formel desselben ist mithin die des Carnallits 
— RCl,2MsgCl + 12HO. 

Die rothe FÀrbung dieses Minerals ist nach A. Göbels 
sorgfÀltigen Untersuchungen organischen Gebilden 
zuzuschreiben. Da man beim Einlegen eines StĂŒckes 
Carnallit in Wasser nach einiger Zeit ein weiches flottiren- 
des Gebilde von der Grösse, Form und Farbe des ursprĂŒng- 
lichen StĂŒckes in der Salzlösung suspendirt erhĂ€lt, so 
dĂŒrfte diese Thatsache nach genauer Ermittelung der 
Natur des Suspendirten schon hinreichend sein zu folgender 
Schlussfolgerung: „Die im Steinsalze eingeschlos- 
senen Carnallitklumpen von Maman sind min- 
destens mit gleichem Rechte als Organismen 
aufzufassen, wie als Minerale. Eisenoxyd ist aller- 
dings nach A. Göbel’s Untersuchungen in diesen Organis- 
men, die an die Structur einiger der niedersten Pflanzen- 
formen, namentlich an Palmella KĂŒtz. und an Nostoc erin- 
nern, neben KieselsÀure vorhanden. 

Der Carnallit von Stassfurt zeigt dasselbe Verhal- 
ten. Die gelbe FĂ€rbung des Tachhydrits von Stassfurt 


Mk»: 


Ti. 
N % RT, Re 


240 Kainit, ein neues Salz von Leopoldshall. — SmĂŒrgel. 


rĂŒhrt ebenfalls von denselben Organismen her. In der 
Lösung des Tachhydrits (CaCl, 2 Mg Ci + 12 HO), 
die durch ruhiges Zerfliessenlassen desselben in Wasser 
erzeugt ist, befinden sich leicht flottirende Flocken, die 
aus denselben haarförmigen Spiculen mit rothen hexa- 
gonalen Tafeln bestehen, wie im Carnallit. 


Die rothe FĂ€rbung des Steinsalzes von Hall und von 
andern Orten ist durch formloses Eisenoxyd bedingt, 
welches man als Rest ehemaliger organisirter Gebilde 
ansehen kann. (Bullet. de lacad. des sciences de St. Peters- 
bourg. T. IX. 1. — Journ. fĂŒr prakt. Chemie. Bd. 97. Heft 1. 
pag. 6 — 29.) C. Bl. 


Kainit, ein nenes Salz von Leopoldshall, dem Anhal- 
tischen Steinsalzwerke bei Stassfurt. 


Dieses Mineral, das Zinken Kainit zu nennen vor- 
schlÀgt, findet sich in dem durch sein ausgezeichnetes 
Vorkommen von Leopoldit bekannten Leopoldsschachte. 
Der Kainit findet sich bis jetzt nur derb und zeigt nur 
an einzelnen Stellen kleine krystallinische Partien, hat 
eine hellgraugrĂŒne Farbe, einen ebenen bis splitterigen 
Bruch, ist durchscheinend, zerspringt leicht und löst sich 
leicht in kaltem Wasser auf; sein spec. Gew. ist 2,131. 


Die Analyse des Minerals ergab folgende Resultate: 


Syassarn! ı92..X, 18,52 —- 

Ohlare SSR 19,69 18,56 
SchwefelsÀure... 28,09 30,00 
Magnesia....... 14,78 14,76 
Kallum.»52.: ..: 17,83 14,27 
Natzumı 2... 2,96 4,37 
2 WR 0,15 RĂŒckstand 0,22 


Die Ergebnisse beider Analysen stimmen bis auf den 
eirca 2 Proc. differirenden Alkaligehalt ziemlich genau 
ĂŒberein und entsprechen der Formel: 

\Mg0,S03} KCl 
5 \0x0.8051 + 4 |nacı| + 15HO. 


(Berg- und HĂŒttenm. Ztg.) B. 


Smirgel. 
Jackson theilt mit, dass in Chester bei Springfield 
(Massachusets) ein fast unerschöpfliches Lager von Smirgel 


Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 241 


entdeckt worden sei, welcher dem besten in London darge- 
stellten Fabrikate von der Insel Naxos gleichkomme. Da 
der Smirgel des griechischen Archipels durch ein ein- 
ziges londoner Bankhaus und der aus Kleinasien durch 
eine Firma in Smyrna monopolisirt ist, so war der Preis 
des Smirgels bis jetzt ausserordentlich hoch und wird 
nothwendig bedeutend fallen. Dr. Reich. 


Bvansit, ein neues Mineral, 


Das unter dem Namen Allophan von Evans im 
Jahre 1855 aus Ungarn mitgebrachte Mineral ist jetzt 
von Forbes einer genaueren Untersuchung unterworfen 
und mit dem Namen Evansit bezeichnet worden. (Phil. 
Magaz. 28.) 

Dasselbe besteht aus zusammengehÀuften kleinen 
Stalaktiten mit AuswĂŒchsen in Gestalt natĂŒrlicher oder 
kĂŒnstlicher Perlen besetzt und ĂŒberkleidet die Drusen- 
wÀnde in Brauneisenstein. Farblos bis milchweis, zuweilen 
schwach gelblich, blÀulich oder irisirend, glas- oder wachs- 
glÀnzend und von halbmuschligem Bruch, amorph, nie- 
ren- oder traubenförmig abgelagert. HĂ€rte 3,5 — 4. 
Spec. Gew. 1,822 — 2,099. Unschmelzbar. 


Die procentige Zusammensetzung war: 


BIO 39,95 
BON 19,05 
AI?O3... 39,31, Mittel aus 3 Analysen. 
Ssi02 TYP 
99,72 


Daraus lÀsst sich die Formel 3 Al203, PO5-+ 18 HO 
berechnen. (Journ. fĂŒr prakt. Chemie. Bd. 95. 5.) DB. 


Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 


Ueber diese Frage Àussert sich A. Chevallier 
(Journal de Chimie medicale) wie folgt: In mehren 
Theilen Frankreichs hat die Anwendung des Alauns zum 
Versetzen des Weins so zugenommen, dass die KrÀmer 
und Droguisten ihn ganz öffentlich zu diesem Zwecke 
schon in Paqueten abgefasst verkaufen. Ein solches 
Paquet enthÀlt 1); Pfd. römischen Alaun und reicht ge- 
wöhnlich fĂŒr ein Fass von 500 Pinten aus; mitunter 
werden aber auch 2 Paquete zu dieser QuantitÀt Wein 


a ha IL u. ı 5 6 00 TU. 


242 Ist der Alaun ein normaler Bestandtheil des Weins? 


genommen. Die Polizei sollte auf diesen Unfug ein wach- 
sames Auge haben, den Verkauf des Alauns zu diesem 
Zwecke verbieten und damit behandelten Wein confisciren, 
denn auf den Genuss desselben folgen Verstopfung, Span- 
nung im Magen, ZusammenschnĂŒrung der CapillargefĂ€sse, 
spÀter MagenkrÀmpie und Abzehrung. 

Angesichts der ganz zweifellosen Thatsache, dass 
französische Weine mit Alaun versetzt werden, ist es nun 
von grösster Wichtigkeit zu wissen, ob die Weine schon 
im natĂŒrlichen Zustande Alaun enthalten oder nicht. 

Wein-Analysen liegen in grosser Menge vor, so von 
Faure in Bordeaux, Filhol in Toulouse, Girardin in 
Lille, Payen und Jacob in Tonnerre. 

Faure& fand in den Weinen von Bordelais: doppelt- 
weinsaures Kali, weinsauren Kalk, weinsaure Alaunerde, 
weinsaures Eisenoxyd, Chlorkalium, Chlornatrium, schwe- 
felsaures Kali, phosphorsaure Alaunerde. 

Nach Filhol enthalten die sĂŒdlichen Weine ausser- 
dem noch: Chlorcalcium, Chlormagnesium, schwefelsauren 
Kalk, phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Magnesia. 

Jacob, wie Ch. Roy erhielten aus den Weinen 
der Bourgogne: doppeltweinsaures Kali, schwefelsaures 
Kali, phosphorsauren Kalk, weinsauren Kalk, weinsaure 
Alaunerde und Chlornatrium. Bei keinem Chemiker findet 
man aber angegeben, dass die betreffenden Weine Alaun 
enthielten. Chevallier selbst hat bei seinen zahlreichen 
Analysen von Weinen niemals Alaun angetroffen. Nirgends 
ist also vom Alaun im natĂŒrlichen Weine die Rede und 
doch will Hugoulin in allen von ihm untersuchten 
Weinen Alaun gefunden haben. Diese WidersprĂŒche ver- 
dienen mithin eine ernste WĂŒrdigung. 

Die Annahme, dass die Weine Alaun enthalten, stĂŒtzt sich 
entweder auf die Gegenwart der Bestandtheile des Alauns 
(Kali, Alaunerde und SchwefelsÀure) in denselben, oder, was 
Chevallier noch einleuchtender ist, auf die Gegenwart 
der schwefelsauren Alaunerde in Folge der Behandlung 
der Weine mit Gyps.. Limouzin-Lamotte, welcher 
mit der Untersuchung gegypster Weine beauftragt war, 
hat in dieser Beziehung eine Reihe von Erfahrungen ge- 
sammelt, welche ergeben, dass alle gegypsten Weine in 
Folge dieser Behandlung Alaunerdesalze, deren Wirkung 
auf den Organismus eben so entschieden ist, als die des 
Alauns, enthalten. Der Gyps nÀmlich, womit man die 
Weine des Languedoc, welche der Gegenstand der Unter- 
suchung waren, behandelt, ist nach Limouzin-Lamothe 


Die Zusammensetzung des Guignet’schen GrĂŒns. 243 


von einem Alaunerdesalze in merklicher Menge begleitet, 
welches durch die SĂ€uren in den Weinen aus dem Gypse 
aufgenommen wird. 

Durch diese Untersuchungen des Letzteren wird die 
Behauptung Hugoulin’s, dass Weine von Natur schon 
Alaun enthalten, widerlegt. Obgleich die Gegenwart kleiner 
Mengen Alaunerde in den Weinen unbestritten bleibt, so 
darf aber doch mit Gewissheit auf eine damit vorgenom- 
mene KĂŒnstelei geschlossen werden, wenn man in einem 
Weine Alaunerde in erheblicher Menge findet, habe diese 
nun in einem Zusatze von Alaun selbst oder von Alaun- 
erde-haltigem Gypse bestanden. Die Behörden hÀtten 
demnach ihr Augenmerk nicht bloss auf das Alaunen, 
sondern auch auf das Gypsen der Weine zu richten, und 
letzteres ebenfalls zu verbieten. (Wittst. Vierteljahrschr. 
Bd. 15. 2.) B. 


Ueber die Zusammensetzung des Guignet’schen GrĂŒns,. 

Indem in einer frĂŒheren Arbeit Scheurer-Kestner's 
die Frage ĂŒber die Bildung dieser Farbe (Chromoxydhydrat) 
ungelöst bleiben musste, so hat sich jetzt durch weitere 
Versuche desselben herausgestellt, dass die frĂŒhere An- 
nahme, zur Bildung desselben sei ein Alkali nöthig, durch 
die Darstellung des Guignet’schen GrĂŒns ohne ein Alkali 
oder ein Alkalisalz widerlegt wird. 

Ersetzt man nÀmlich in dem gewöhnlichen Verfahren 
das doppelt-chromsaure Kali durch ChromsÀure, so erhÀlt 
man eine blasige Masse, welche sich in Wasser zu einem 
mit dem Guignet’schen GrĂŒn identischen Chromoxydhydrat 
unter Lösung der BorsÀure umwandelt. Auch bei An- 
wendung von Chromoxydhydrat ist das Resultat dasselbe. 
Borsaures Chromoxyd mit Wasser zusammengebracht, 
zersetzt sich unter Abscheidung eines reichlichen Nieder- 
schlags von grĂŒnem Chromoxydhydrat, welches ebenfalls 
mit dem Guignet’schen GrĂŒn identisch ist. Der so erhal- 
tene Niederschlag wurde heiss ausgewaschen, dann mit 
heisser verdĂŒnnter Aetznatronlösung behandelt, gewaschen 
und bei 1100 getrocknet. 

Die Analyse ergab: 

Angewandte Substanz. ............ 1,1725 
NMaBBera Eee! 0,1910 
Verlust beim Erhitzen mit FlusssÀure 0,0090 
Es entspricht der Formel 2 Cr?03, 3 HO. 
Berechnet Gefunden 
Wasser 15,06 16,3. 


A FE FAIRE er 
244 Vorkommen des Vanadiums im Aetznatron. 


Bei Verwendung des gewöhnlichen Chromoxydhydrats 
fĂŒr die Darstellung des GrĂŒns muss die Menge der Bor- 
sÀure zur Erleichterung des Schmelzens vergrössert werden. 

Bei Darstellung des Guignet'schen GrĂŒns bildet sich 
demnach zuerst borsaures Ühromoxyd, welches sich in 
BerĂŒhrung mit Wasser, eben so wie das borsaure Eisen- 
oxyd- und das Thonerdehydrat in Hydrat und freie Bor- 
sÀure zerlegt. Das Alkali im doppelt-chromsauren Kali 
befördert mit der BorsÀure das leichtere Schmelzen der 
Masse. (Bull. de la soc. chim. — Journ. f. prakt. Chem. 
Bd. 59. 8.) B. 


Ueber ein Verfahren, Spuren von Chrom im Eisen 
und Stahl nachzuweisen, 


Man bringt nach A. Terreil’s Angabe das Metall 
auf gewöhnliche Weise in Lösung und schlÀgt mit einer 
concentrirten Kalilösung nieder; dann lÀsst man vorsichtig 
in die auf 80—-900 erhitzte FlĂŒssigkeit eine sehr ver- 
dĂŒnnte Lösung von ĂŒbermangansaurem Kali tropfen, bis 
die von der Bildung des mangansauren Kalis herrĂŒhrende 
grĂŒne FĂ€rbung eintritt. Man tiltrirt, ĂŒbersĂ€ttigt mit Essig- 
sÀure und versetzt mit essigsaurem Bleioxyd, worauf beim 
Vorhandensein von Chrom der charakteristische Nieder- 
schlag von chromsaurem Bleioxyd erfolgt. (Bull. de la Soc. 
chim. — Chem. Centrbl. 1866. 3.) B. 


Ueber das Vorkommen des Vanadiums in dem Aetz- 
natron des Handels. 


A.Baumgarten hat aus Sodamutterlaugen ein Salz 
erhalten, welches seiner Zusammensetzung nach der Formel 
2(3NaO, PO5) + NaF + 38 HO entspricht, in der 
Annahme, dass ein Theil der PhosphorsÀure durch die 
gleichzeitig mit beobachtete Arsen- und VanadsÀure ver- 
treten sein könne. FĂŒr diese Annahme spricht, dass das 
Salz, sechs Mal umkrystallisirt, noch vanadhaltig war 
und dass sich auch kĂŒnstlich vanadhaltige Krystalle er- 
halten liessen, wenn man das durch Kochen von 36 Grm. 


phosphorsaurem Natron, 2,1reinem Fluornatrium und 200CC. 


einer 9 Grm. Natron enthaltenen Lösung dargestelltes 
Salz 2(3Na0,PO5) + NaF —- 38 aq mit vanadsaurem 
Natron mischte. Baumgarten nimmt daher die Vanad- 
sĂ€ure der PhosphorsĂ€ure gleichartig zusammengesetzt — 
VO35 an. (Ztschr. f. Chemie. N.F. Bd.1. 19u.29.) B. 


* 


Be 


| 


a ee Er Pie s a , \ 2 


EINEN 3 Y 
ne Turm N 


Pyrochroit, ein neues Mineral. 245 


Die TitansÀure 


ist trimorph in den auf einander nicht zurĂŒckfĂŒhr- 
baren Krystallformen des Rutil (quadratisch), Anatas (qua- 
dratisch, aber mit der Rutilform nicht vereinbar) und Brookit 
(rhombisch). Das spec. Gew. des Rutils ist 4,21 — 4,29 
und Ă€ndert sich beim GlĂŒhen nicht, das des Anatas ist 
3,7—3,9 und wird durch GlĂŒhen zu dem des Rutils, 
eben so der Brookit, dessen spec. Gew. 4,13 — 4,16 ist. 
Hautefeuille hat diese drei Mineralien kĂŒnstlich dar- 
gestellt. FluortitandĂ€mpfe wurden bei der VerflĂŒchtigungs- 
temperatur des Kadmiums in WasserdÀmpfe geleitet, wo- 
durch schöne Krystalle von TitansÀure in Anatasform 
von dem spec. Gew. 3,7—3,9 erhalten wurden. Wirkt 
Fiuortitan auf feuchte Luft, so entsteht bei Dunkelroth- 
gluth farbloser Anatas; mit Wasserdampf gesÀttigtes 
Wasserstofigas giebt bei 5000 durch Titanoxyd indigblau 
gefÀrbte Anataskrystalle; wendet man schwach feuchtes 
Wasserstoffgas an, so ist der resultirende Anatas durch 
rothes 1!/, fach Fluortitan violettblau gefÀrbt. Arbeitet 
man bei einer Temperatur, die zwischen den VerflĂŒch- 
tigungstemperaturen des Kadmiums und Zinks liegt, so 
entsteht Brookit von 4,1—-4,2 und bei Hellrothgluth 
Rutil von 4,3. Bei diesen Versuchen entsteht neben der 
TitansÀure FluorwasserstoffsÀure, welche als Lösungsmittel 
der TitansĂ€ure wirkt, so dass diese bei VerflĂŒchtigung 
des Fluorwasserstoffs wieder krystallisirt. Es wĂŒrde sich 
ChlorwasserstoffsÀure Àhnlich verhalten, diese wirkt aber 
erst bei so hoher Temperatur, dass sich stets nur Rutil 
bildet. (Comptes rendus.) Dr. Reich. 


Pyrochroit, ein neues Mineral. 


In Pajsbergs Eisen- und Mangangrube (Wermland 
in Schweden) findet sich nach L. J. Igelström (Oefv. 
of Akad. Foerh. 21.) ein Mineral, welches in dem Magnet- 
eisenstein weisse, perlmutterglĂ€nzende Adern von 1—2 
Linien Breite bilde. Es verwittert schnell an der Luft, 
indem es braun, dann schwarz wird, ist in dĂŒnnen BlĂ€t- 
tern durchscheinend und weniger hart als Kalkspath. Im 
Kolben erhitzt, giebt es viel Wasser ab und wird zuerst 
grĂŒn, dann grĂŒngrau und schliesslich braunschwarz. Von 
diesem Farbenwechsel in der Hitze hat es Igelström 
Pyrochroit benannt. 

In SalzsĂ€ure ist es sehr leicht löslich. GeglĂŒht verliert es 


4 


246 Uebermangansaures Kali aus Manganoayyd. 


Wasser und KohlensÀure und bekommt das Ansehen des 
Manganoxydoxyduls, woraus es dann wesentlich besteht. 
Seine Zusammensetzung ist: 


MnO .... 76,40 

MsO . 3,14 

Day! 1,27 

1 7:10 Pe 0,006 

MO 15,35 

EIS: 3,834 (aus dem Verlust) 
100. 


Man kann den Pyrochroit als einen Brucit, welchem 
er Ă€usserlich auch sehr Ă€hnelt, mit ĂŒberwiegendem Mangan- 
oxydulgehalt ansehen. (Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 95. 5.) 

B. 


Uebermangansaures Kali aus Manganoxyd, 


Die bisherige Darstellungsmethode des ĂŒbermangan- 
sauern Kalis aus Braunstein giebt nicht immer eine gute 
Ausbeute, da der Braunstein von sehr wechselnder Be- 
schaffenheit ist und man deshalb die Materialien nur 
selten im richtigen VerhÀltnisse anwenden kann. GrÀger 
ersetzt deshalb den Braunstein durch Manganoxyd Mn?O3,. 
Er erhĂ€lt dasselbe, indem er die RĂŒckstĂ€nde von der Chlor- 
bereitung durch vorsichtige FĂ€llung mit Soda von Eisen 
befreit, das darauf ebenfalls durch weiteren Zusatz von Soda 
gefÀllte kohlensaure Manganoxydul auswÀscht, trocknet und 
glĂŒht. Von diesem PrĂ€parate werden 130 Th. mit 100 Th. 
chlorsaurem Kali und 184 Th. möglichst kohlensÀurefreiem 
Aetzkali zusammengeschmolzen und I/, Stunde langschwach- 
roth geglĂŒht. Man benutzt dazu vortheilhaft Kalilauge, 
die man mit dem chlorsauren Kali und dem Manganoxyde 
zur Trockne verdampft. Die erkaltete Schmelze wird mit 
Wasser ausgelaugt, und die Lösung mit KohlensÀure be- 
handelt, bis ein Tropfen der FlĂŒssigkeit auf weissem 
Fliesspapier einen rein rothen Fleck giebt. Man filtrirt 
dann durch gepulverten Marmor und verdampft zur Trockne. 

Dr. Reich. 


VerfÀlschung des Petroleums. 247 


Ueber VerfÀlschung des Petroleums 


enthĂ€lt das in Köln erscheinende „Amtsblatt“ folgende Be- 
kanntmachung der königl. Regierung: „Das Petroleum wird 
in der jĂŒngsten Zeit vielfach verfĂ€lscht und zwar haupt- 
sÀchlich in der Weise, dass man die schweren, sonst nicht 
zur Beleuchtung verwendbaren Paraffinöle durch Zu- 
mischung von Petroleumessenz (Naphta), welche ein spec. 
Gew. von 0,750 hat, auf ein spec. Gew. von etwa 0,300 
bringt. Solche Oele, welche sich der Àussern Erscheinung 
nach fast gar nicht von dem reinen Petroleum unterschei- 
den, indem höchstens ein stÀrkerer Geruch bei demselben 
vorwaltet, sind sehr leicht entzĂŒndlich und deshalb im 
Gebrauche sehr gefÀhrlich. Wird nun Essenz zu einem 
schweren Oele von 0,830 spec. Gew. gesetzt, so treten 
beim Brennen von Lampen folgende Erscheinungen ein: 
Im Anfange kommt grösstentheils eine Auflösung von 
schwerem Oel in Essenz zur Verbrennung, indem durch 
die Einwirkung der WĂ€rme auf das Oel im Dochte 
ein Theil des schweren Oels im Dampfe der Essenz 
gelöst verbrennt. Mit dem Consum der Essenz hört auch 
die Verbrennung des schweren Oels auf: die Flamme 
geht zurĂŒck, es findet eine Verkohlung des Dochtes 
und spÀterhin ein Russen statt. Um dieses zu vermeiden, 
hat man gutes Petroleum von 0,790 —0,795 spec. Gew. 
zugesetzt, oder aber die schweren Oele von nur 0,820 
spec. Gew. genommen. Es wird hierdurch zwar ein 
grösserer Consum des schweren Oeles bedingt, es treten 
jedoch schliesslich ebenfalls die oben genannten Uebel- 
stÀnde beim Brennen ein. In einem Falle wurde ein 
solches verfÀlschtes Oel, welches ein specifisches Gewicht 
von 0,800 hatte, nÀher untersucht, wobei sich ergab, dass 
dasselbe in 100 Raumtheilen aus circa 25 Vol. Essenz 
von 0,750 spec. Gew., 20 Vol. gutem Petroleum -Brennöl 
von 0,790 spec. Gew. und 50 Vol. schwerem Oele, sog. 
Schmier- oder Paraffinöl von 0,830 spec. Gew. bestand. 
Zur Erkennung eines solchen Gemisches giebt es ein ein- 
faches Mittel. Man mischt nÀmlich in einem passenden 
GefÀsse einen Raumtheil (?) mit kaltem Wasser zusammen, 
rĂŒhrt das Gemisch gut um und giesst eine einen starken 
Strohhalm dicke Schicht des fraglichen Oels darauf. Ist 
dasselbe frei von Essenz, so kann es durch einen bren- 
nenden Fidibus nicht entzĂŒndet werden. Uebersteigt aber 
der Essenzgehalt 12 Proc., so entzĂŒndet sich das Oel 


j ARE 


248 Kohlenwasserstoffe im Steinkohlentheeröle. 


jedenfalls. Wir machen das Publicum hiermit auf diese 
efÀhrliche Mischung aufmerksam und warnen vor dem 
rauch derselben als Beleuchtungsmaterial, da aus ihrer 
leichten EntzĂŒndlichkeit viele in der neuesten Zeit durch 
Explosionen herbeigefĂŒhrte UnglĂŒcksfĂ€lle entstanden sind“. 
(Bl. f. Hdl. u. Gew. 1866. 16.) B. 


Neue Untersuchung ĂŒber die in dem flĂŒchtigsten Theile 
des Steinkohlentheeröles enthaltenden Kohlen- 
wasserstoffe. 


Rectifieirt man Benzin des Handels in Mengen von 
800—1000 Liter auf einmal und fĂ€ngt man die ersten 
zwei oder drei Liter gesondert auf, so erhÀlt man nach 
C. Greville-Williams eine sehr flĂŒchtige FlĂŒssigkeit, 
die zum grössten Theile unter 700 siedet und noch viel 
Benzin enthÀlt. Dieselbe wurde mit einem grossen Ueber- 
schusse von SchwefelsÀure behandelt, wodurch man un- 
gefÀhr den achten Theil davon abschied, der sich in der 
SÀure nicht auflösen wollte. Nach zwei- oder dreimaligem 
erneuten Behandeln dieses Theils mit SĂ€ure wurde er 
durch Kali von der SĂ€ure befreit, getrocknet, ĂŒber Na- 
trium rectifieirt und dann der fractionirten Destillation 
unterworfen. Man erhielt von 10 zu 10 Graden Fractionen 
von 709 an bis zu Temperaturen, die ĂŒber den Siedepunct 
des Quecksilbers hinaus lagen. Die betrÀchtlichsten Frac- 
tionen destillirten indess um 2150 herum. Die Analyse 
derselben ergab: 

HT: I. II. IV. 

Kohlenstoff... 88,45 88,49 88,98 88,64 

Wasserstoff.. 11,18 41:23 14,12 11,18 


Die erste und zweite Analyse bezieht sich auf eine 
zwischen 2100 und 2200 siedende FlĂŒssigkeit von einer 
Darstellung, die dritte auf eine FlĂŒssigkeit von einer 
anderen Darstellung, die zwischen 2150 und 2200 siedete, 
fĂŒr die vierte hat Greville-Williams keine nĂ€heren 
Angaben gemacht. 

Diese Zahlen stimmen sehr nahe mit mehren Formeln, 
nÀmlich mit derjenigen des Phenyl-Amyl C22H16, des Phe- 
nyl-Hexyl C?*H1!8 und des Phenyl-Heptyl C26H20 und 
da in diesem Falle eine Dampfdichtebestimmung offenbar 
das beste Mittel abgab, um zwischen diesen verschiedenen 
Formeln zu entscheiden, so wurde eine solche mit der 
grössten Sorgfalt ausgefĂŒhrt. Gefunden wurde 5,78. Dieses 


a A A a ra 


Er = a ara 


Erkennung von Kohlenwasserstoffen in Gasgemengen. 249 


Resultat stimmt am besten mit der Formel C?4H18, wie 
folgende Vergleichung zeigt: O2? H1!8 5,605, C22H16 5,121, 
025 H20 6,089, weshalb Greville-Williams nicht an- 
steht, die Substanz fĂŒr das gemischte Radical Phenyl-Hexyl 
C12H5, C1?2H!13 — C24H!3 anzusehen. Man kann die 
12} 12 
Formel dieses Körpers apa) oder Go schreiben, 
da die Thatsache, dass er sich aus einer unter 700 sie- 
denden FlĂŒssigkeit bildet, die also nur zwischen engen 
Grenzen siedende Körper enthalten konnte, andere For- 
meln ausschliesst. 


Diese Substanz ist demnach homolog mit dem Phenyl- 
Amyl von Tollens und Fittig, es ist eine farblose 
FlĂŒssigkeit von charakteristischem Geruche und einem 
spec. Gew. — 0,8731 bei 130,2. 

Greville-Williams hofft spÀter die Existenz von 
noch anderen gemischten Radicalen in den nach der oben 
mitgetheilten Methode dargestellten FlĂŒssigkeiten nach- 
weisen zu können und verspricht gleichzeitig weitere 
Mittheilungen ĂŒber eine aus dem Phenyl-Hexyl durch 
Reduction des Nitroproductes entstehende Base. (Compt. 
rend. 1866. T.62. — Chem. Centrbl. 1866. 19.) 2: 


Mittel zur Erkennung von Kohlenwasserstoflen in 6Gas- 
gemengen, von Berthelot. 


Die Bildung von Acetylen bei unvollkommener Ver- 
brennung bietet ein Mittel dar, um ein Gemenge von 
Kohlenoxyd und Wasserstoff, von einem Gemenge von 
Wasserstoff mit einer geringen Menge von Sumpfgas oder 
einem anderen Kohlenwasserstoffe zu unterscheiden, eine 
Aufgabe, die nicht selten bei den Reactionen der orga- 
nischen Chemie gestellt wird. Man kann zu diesem 
Zwecke entweder das Gasgemenge bei Gegenwart von 
ammoniakalischem KupferchlorĂŒr einer unvoll- 
kommenen Verbrennung unterwerfen, oder man 
lĂ€sst durch die Gase 2—3 Minuten lang eine Reihe von 
elektrischen Funken hindurchschlagen und bringt dann 
das Reactionsmittel hinzu. Unter solchen UmstÀnden 
erzeugt sich in einem Gemenge von Wasserstoff und 
Kohlenoxyd keine Spur von Acetylen, wenn man nicht 
die Operation mehre Stunden lang unter besonderen 
UmstÀnden fortsetzt. 

Ein Gemenge von Kohlenoxyd und Wasserstoff und 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bas. 3.Hft. - 17 


TEE 


250 _ Verbindungen des Naphtalins mit Brom, 


von Wasserstoff und Sumpfgas lÀsst sich zwar auch so 
unterscheiden, dass man das Gas mit seinem Volumen 
einer salzsauren Lösung von KupferchlorĂŒr schĂŒttelt, worin 
sich das Kohlenoxyd auflöst, wÀhrend Kohlenwasserstoff 
ungelöst bleibt, sodann das Gas aus diesem Reactions- 
mittel entfernt und anzĂŒndet. Hierbei wird das Gas, 
welches Kohlenoxyd enthalten hatte, keine KohlensÀure 
mehr geben, wÀhrend andererseits das Gas, welches 
Sumpfgas enthĂ€lt, natĂŒrlich auch noch KohlensĂ€ure geben 
wird. Indess ist diese Probe nicht so scharf, wie die 
obige, da Spuren von Kohlenoxyd der Absorption ent- 
gehen können, die dann fĂŒr Sumpfgas angesehen werden, 
und da andererseits eine saure Lösung von KupferchlorĂŒr, 
besonders in solcher Masse, wie man sie zur Absorption 
des Kohlenoxyds braucht, auch verschiedene Kohlenwasser- 
stoffe CO?» H?" und andere brennbare DÀmpfe absorbiren 
kann, die man somit fĂŒr Kohlenoxyd ansehen wĂŒrde. Die 
Bildung von Acetylenkupfer ist dagegen von die- 
sen Zweideutigkeiten frei und bietet auch in ihrer An- 
wendung keine Schwierigkeiten dar. (Bull. de la Soc. 
Chim. 1866. — Chem. Üentrbl. 1866. No. 39.) 
B. 


Verbindungen des Naphtalins mit Brom. 


C. Glaser hat folgende Verbindungen des Broms 
mit Naphtalin dargestellt. 


Monobromnaphtalin, C20H’?Br, farbloses Oel 
von starkem Lichtbrechungsvermögen, spec. Gew. 1,555, 
Siedepunct 285°, leicht löslich in Weingeist und Aether, 
löst Naphtalin leicht und schon in der KÀlte, so wie Jod, 
ohne sich mit letzterem zu verbinden. Es verÀndert sich 
nicht beim Kochen mit weingeistiger Kalilösung, giebt 
bei der Behandlung mit Natriumamalgam Bromnatrium 
und Naphtalin und wird von concentrirter SalpetersÀure. 
beim Kochen vollstÀndig zersetzt. 

Dibromnaphtalin, C20H6Br?, schon von Laurent 
in reinem Zustande dargestellt, wird beim Kochen mit 
SalpetersĂ€ure in eine Nitroverbindung ĂŒbergefĂŒhrt und 
tritt in zwei Modificationen auf: a) zolllange, seideglÀn- 
zende Nadeln, Schmelzpunct 810, Erstarrungspunct zwi- 
schen 500 und 70°, leicht löslich in Weingeist und Aether; 
b) warzenförmige, krystallinische Gebilde, Schmelzpunct 
760, noch leichter löslich in Alkohol. 

Tribromnaphtalin, C20H5Br3, bildet schöne 


BEREITET NN 


13 


Bee Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 251 


weisse Nadeln, Schmelzpunct 75°, leicht löslich in Alkohol 
und Aether, wird von weingeistigem Kali nicht verÀndert. 

Tetrabromnaphtalin, C20H?Br#, ist in Wein- 
geist nicht merklich löslich, in Aether schwer löslich; es 
ist in Benzol in der WÀrme leicht löslich und scheidet 
sich daraus in radial gruppirten Nadeln ab. Aus Aether 
krystallisirt es auch in kurzen Prismen. 


Pentabromnaphtalin, 020 H3Br5, besteht aus 
weissen krystallinischen Körnern, die unlöslich in Alkohol 
und sehr schwer löslich in Aether sind, sich aber in 
Benzol in der WÀrme lösen. Der Körper wird durch 
Brom nicht weiter verĂ€ndert, ist unzersetzt flĂŒchtig und 
wird von weingeistigem Kali nicht verÀndert. 


Von den von Laurent noch beschriebenen Brom- 
verbindungen des Naphtalins konnte der Verfasser nur 
darstellen das 

Dihydrobrom-Tetrabromnaphtalin — C?0H6Br6 
— C?0H?Br#, 2HBr, welches er in farblosen und schön 
ausgebildeten Krystallen des rhombischen Systems erhielt. 
(Annal. der Chem. und Pharm. CXXXV. 40—49.)) @. 


Ueber die festen Kohlenwasserstoffe des Steinkohlen- 
theeröls. 


J. Fritsche hat bereits in einer frĂŒheren Abhand- 
lung einen neuen festen Kohlenwasserstoff beschrieben, der 
sich im Steinkohlentheere befindet, eine prÀchtig orange- 
rothe Farbe besitzt und im Stande ist, grossen Mengen 
von farblosen Kohlenwasserstoffen eine schöne gelbe Farbe 
zu ertheilen. Dieser Körper, den Fritsche Chry- 
sogen nennt, ist in der festen Substanz enthalten, welche 
sich aus dem sogenannten schweren Steinkohlenöle abson- 
dert und welche aus einem Gemenge verschiedener Kohlen- 
wasserstoffe besteht, zu deren Darstellung sie das Material 
bildet. Das Rohmaterial, das der VerfÀsser zu seinen 
Versuchen benutzte, stammte aus einer Steinkohlentheer- 
Destillation in Glasgow und war ein pulverförmiger Kör- 
per von citronengelber Farbe, in harte Kuchen zusammen- 
gepresst und den Namen Paranaphtalin fĂŒhrend. Zur 
Darstellung der gelb fÀrbenden Substanz aus diesem 
Materiale behandelte es der Verfasser mit Steinkohlenöl, 
wobei er grosse gelbe BlÀtter erhielt, die durch wieder- 
holtes Umkrystallisiren aus diesem Lösungsmittel immer 
dunkler gelb wurden und eine grĂŒnschillernde Farbe an- 


14% 


& 


252 Feste Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 


nahmen, wÀhrend in der Lösung ein weniger gefÀrbtes 
Product zurĂŒckblieb. Dabei kam es darauf an, nicht nur 
den richtigen Concentrationsgrad der Lösung, sondern 
auch den richtigen Moment beim AbkĂŒhlen fĂŒr die Fil- 
tration zu treffen, denn das am meisten gefÀrbte Product 
scheidet sich zuerst aus und je frĂŒher man nach begin- 
nendem Ausscheiden filtrirt, desto dunkler gefÀrbte BlÀtter 
erhÀlt man gewöhnlich, aber desto kleiner ist auch ihre 
Menge. Diese BlÀtter zeigten lange kein besonderes Ver- 
halten gegen andere Lösungsmittel, nachdem der Verfasser 
sie jedoch oftmals dieser so zu nennenden Üoncentrations- 
arbeit unterworfen hatte, erhielt er endlich eine kleine 
Menge dunkel grĂŒngelber BlĂ€tter, welche beim Behandeln 
mit Aether ein eigenthĂŒmliches Verhalten zeigten. Sie 
wurden nÀmlich von Aether gleichsam angefressen und 
es blieb Anfangs ein orangefarbenes zusammenhÀngendes 
Gerippe zurĂŒck. Bei weiterem Behandeln mit Aether 
zerfiel auch dieses allmÀlig zu einem orangefarbenen 
Pulver, welches auf dem Filter, auf dem man es durch 
Aether ausgewaschen hatte, zurĂŒckblieb. Dieses Pulver 
ist das Chrysogen. Man darf dasselbe indess nicht 
zu lange auswaschen, da es in geringem Grade in Aether 
löslich ist; löst man es nun in der WÀrme in Steinkohlenöl, 
so erhĂ€lt man es beim AbkĂŒhlen in prachtvoll orange- 
farbenen, goldglĂ€nzenden höchst dĂŒnnen BlĂ€ttchen. Auf 
diese und Àhnliche Weise gelang es dem Verfasser mit 
unsĂ€glicher MĂŒhe, nach und nach 0,75 Grm. Chrysogen 
darzustellen, ohne doch eine weitere Garantie fĂŒr seine 
Reinheit, als sein gleichmÀssiges Verhalten gegen Lösungs- 
mittel u.s. w. zu haben. Die beiden Analysen, die der 


. Verfasser mit Producten von zwei Darstellungen anstellte, 


stimmen daher auch nicht ĂŒberein, zumal die erstere von 
beiden noch dadurch beinahe unbrauchbar gemacht wurde, 
dass aus einer dem Verfasser unerklÀrlichen Ursache ein an- 
organischer RĂŒckstand blieb, der, da er aus dem bei der 
Analyse benutzten Platinschiffiehen herausgefallen war, 
sich der RĂŒckwĂ€gung entzog. Man kann indess wohl mit 
Sicherheit annehmen, dass das Chrysogen nur aus Kohlen- 
stoff und Wasserstoff besteht, und dass es sich seinem 
geringen Wasserstoffgehalt zufolge (4,7 Proc.) den mit 
PikrinsÀure verbindbaren Kohlenwasserstoffen nÀher an- 
schliesst, als den gegen 14 Proc. Wasserstoff enthaltenden 
paraffinartigen Körpern. 

Das Chrysogen ist ein sehr schwer löslicher Körper; 
Benzol und dessen Homologen sind noch seine besten 


Feste Kohlenwasserstoffe des Steinkohlentheeröls. 253 


Lösungsmittel. Ein Theil Chrysogen braucht jedoch 
gegen 2500 Th. Benzol von gewöhnlicher Temperatur 
und 500 Th. kochenden Benzols zu seiner Auflösung. 
Auch in EssigsÀure ist das Chrysogen nur sehr schwierig 
löslich, und in Alkohol und Aether noch weniger. Die 
Krystalle, in denen sich das Chysogen aus der kochend 
gesÀttigten alkoholischen Lösung ausscheidet, bestehen 
aus gut ausgebildeten rhombischen Tafeln, oder aus blatt- 
artig ausgebreiteten Aggregaten von ihnen. Eine aus- 
gezeichnete Eigenschaft des Chrysogens ist das Vermögen, 
grossen QuantitĂ€ten von anderen an und fĂŒr sich farb- 
losen Kohlenwasserstoffen eine schön gelbe Farbe zu 
ertheilen. Löst man z.B. einen Theil Öhrysogen mit 1000 Th. 
des in grossen BlÀttern krystallisirenden Kohlenwasser- 
stoffes C23SH!0 in 5000 Th. Steinkohlenöl kochend auf, 
so erhÀlt man eine intensiv gelb gefÀrbte Lösung, welche 
beim Erkalten durch Ausscheidung grĂŒnlich-gelber BlĂ€tter 
gĂ€nzlich erstarrt; eben so erhĂ€lt man einen schon grĂŒn- 
gelben Körper durch Zusammenschmelzen beider Sub- 
stanzen in den angegebenen VerhÀltnissen. Die so erhal- 
tenen gelben Substanzen verhalten sich vollkommen so, 
wie die gelben Körper, welche man aus den festen Destil- 
lationsproducten des Steinkohlentheers erhÀlt und diese 

' verdanken daher ihre gelbe Farbe einer grösseren oder 
geringeren Beimischung von Chrysogen. Anfangs glaubte 
der Verfasser es mit Laurents Chrysen zu thun zu 
haben, ĂŒberzeugte sich indess bald, dass dies nicht der 
Fall sei. Laurent bezeichnet die Farbe des Chrysens 
in reinem Zustande als schön gelb, ohne allen Stich ins 
Orangefarbene oder GrĂŒnliche und ein solcher, von den 
durch Chrysogen gefÀrbten Kohlenwasserstoffen gÀnzlich 
verschiedener und Laurent’s Chrysen wenigstens Ă€hn- 
licher Körper findet sich in der That auch in den 
allerletzten Producten der Destillation des Steinkohlen- 
theers. 

Der Schmelzpunct des Chrysogens liegt bei ungefÀhr 
280— 290%. Bei dieser Temperatur schwĂ€rzt es sich 
indess bereits, wÀhrend ein Theil mit etwas verÀnderten 
Eigenschaften sublimirt. In concentrirter SchwefelsÀure 
ist das Chrysogen ohne grosse VerÀnderung löslich und 
fÀllt daraus beim langsamen Anziehen von Wasser in 
Gestalt feiner Flocken wieder nieder. Höchst concentrirte 
SalpetersÀure greift das Chrysogen sehr energisch an. 

Durch directes Sonnenlicht werden die Lösungen 
des Chrysogens rasch gebleicht, wobei sich ein krystalli- 


7 a a ee gr v ut PEN En TE REIN 


n ’ı 


254 Verbreitung des Copals in Angola. aß 


sirtes farbloses Umwandlungsproduct zu bilden scheint, das 
beim Schmelzen wieder eine orangegelbe Farbe annimmt. 
Indess hat der Verfasser nicht zu entscheiden vermocht, 
ob diese Farbe von regenerirtem Chrysogen herrĂŒhrte. 
(Bull. de !acad. imper. de St. Petersburg. — Chem. Centrbl. 
1866. 19.) B. 


Kopaivabalsam 


erstarrt mit gebrannter Magnesia angerieben zu einer 
knetbaren Masse. Es ist dieses charakteristisch, bisweilen 
jedoch findet man sehr guten und unzweifelhaft echten 
Balsam, der mit Magnesia nicht erhÀrtet. Roussin hat 
nun gefunden, dass frisch gebrannter Kalk mit Balsam 
angerieben werden kann, ohne jemals zu erhÀrten, dass 
aber diese ErhÀrtung sofort eintritt, wenn man ein wenig 
Wasser mit der Mischung zusammen rĂŒhrt. Eben so 
verhÀlt es sich mit der Magnesia. Frisch gebrannte Mag- 
nesia mit ganz wasserfreiem Balsam erhÀrtet nicht. Nun 
zieht aber die gebrannte Magnesia begierig Wasser an, 
und eben so findet man im Handel wasserhaltigen Balsam, 
so dass ohne weitere Massregeln bald ErhÀrtung eintreten 
wird, bald nicht, je nachdem man zufÀllig wasserfreie 
oder wasserhaltige Substanzen in HĂ€nden hat. (Chemical 
News.) Dr. Reich. 


Ueber den Ursprung und die geographische Verbrei- 
tung des Copals in Angola, von Welwitsch. 


Der Copal findet sich im westlichen tropischen Afrika 
vorzugsweise innerhalb der Grenzen, wo die Adansonia 
digitata vorkommt. In der Provinz Angola liefern die 
Landschaften, welche zu dem Gouvernement Benguela 
gehören, am meisten von diesem Harze, bis 2 Millionen 
Pfund des Jahres. Es wird aus dem losen Sande oder 
Mergel ausgegraben, zuweilen liest es, durch heftige 
RegengĂŒsse entblösst, offen zu Tage. Meistens sind die 
StĂŒcke nicht grösser als ein HĂŒhnerei. Sie sind mit einer 
weissen erdigen Kruste bedeckt, heller oder dunkler von 
Farbe. Nach Daniel kommt der Sierra- Leone- Copal 
von einem Baume, Guibourtia copallifera s. Copallifera 
Guibourtiana Benth; Welwitsch ist der Meinung, dass 
aller westafrikanische Copal als ein fossiles Harz zu be- 
trachten sei, Àhnlich dem Bernstein, abstammend von 
BÀumen, die vor lÀngerer Zeit dort WÀlder bildeten, jetzt 


DE BEE FE, 
DR) 


Ueber Asa Foetida. % 255 


aber entweder gar nicht mehr oder nur in zwerghaften 
Abkömmlingen existiren. (Pharmac. Journ. and T'ransact. 
July 1866..2. Ser. Vol. VIII. No. I. p. 27.) Wp. 


Schnelle Bereitung einer Schellacklösung. 


Die Auflösung von Schellack lÀsst sich am schnell- 
sten und sichersten in der Weise bewirken, dass man 
den Schellack auf einer grossen grobmahlenden Kaffee- 
mĂŒhle, indem man ihn 2 bis 3 Mal durchgehen lĂ€sst, zu 
einem gleichmÀssigen Pulver mahlt, in das Auflösungs- 
gefĂ€ss schĂŒttet, nur so viel Spiritus darauf giesst, dass 
die umgeschĂŒttelte Masse die Consistenz eines mĂ€ssig dĂŒn- 
nen Breies hat, das GefÀss auf ein zusammengelegtes 
Handtuch legt, dessen Enden doppelt liegen, um das 
Fortrollen des GefÀsses zu hindern, und die Flasche alle 
!/; bis 1/, Stunden etwa um 90 Grad dreht. Der Brei 
verdickt sich im Anfang, wird dann dĂŒnner flĂŒssig und 
bildet nach circa 8 bis 10 Stunden eine syrupdicke, ganz 
gleichmĂ€ssige FlĂŒssigkeit, der man dann den noch fehlen- 
den Spiritus zusetzt. (Pharm. Ztg. 1866.) B. 


Ueber Asa foetida. 


Nach Henkels Mittheilung findet sich schon seit 
einigen Jahren eine vorzĂŒgliche Asa foetida in lacrymis 
im Handel, welche von grosser Reinheit, bei weniger 
penetrantem Geruch, als der, den die geringere Sorte in 
Massen darbietet, auch in ihrem sonstigen Verhalten 
wesentlich. von der frĂŒheren Asa foetida des Handels 
abweicht. 

KĂ€mpfer, der die Einsammlung des Stinkasants an - 
Ort und Stelle selbst beobachtete, bezeichnet als wichtigste 
Productionsstelle das Baktyriari-Gebirge in der Gegend 
von Lar in der Provinz Farsistan in Westpersien; diese 
Angaben finden ihre BestÀtigung durch Borszezow, 
der zwar trotz zweijÀhrigen Aufenthalts im westlichen 
Centralasien nicht selbst dazu kam, die Gewinnung des 
Stinkasants mit anzusehen, jedoch die IdentitÀt von Linne's 
Ferula Asa foetida und Bunge’s Scorodosma foetidum 
als alleiniger Stammpflanze des Stinkasants behaupte t 
Zugleich bemerkt derselbe, dass es noch andere Dolden 
gebe, die ein Àhnlich riechendes Product ausscheiden, 
darunter namentlich Narthex Asa foetida Falk., dass aber 
nirgends Nachweis vorliege, der fĂŒr den Export letzterer 


Nehp 


256 Die SaughĂŒtchen von Kautschuck etc. 
Producte, als Asa foetida, spreche: Letztere Angabe ist 
jedoch eine irrige, welche schon Henkel nach Berichten 
von Bollew nachgewiesen hat. Die Angaben Borsz- 
czow’s beziehen sich nur auf den westlichen Theil Per- 
siens, wĂ€hrend im sĂŒdöstlichen Theile von Persien, gegen 
die Grenze von Vorderindien hin, wohin derselbe nicht 
kam, also auch ĂŒber die ExportverhĂ€ltnisse keine authen- 
tischen Notizen sammeln konnte, allerdings von Narthex 
Asa foetida Falk. diese Drogue gesammelt wird. Nach 
den Gouvernementsberichten des nordwestlichen Theils 
von Indien betrÀgt der Werth des aus letzterem Theile 
von Persien importirten Stinkasants nach Indien ĂŒber 
2000 Pfund Sterling. WĂ€hrend wir frĂŒher die Asa foetida 
meist ĂŒber die Levante erhielten, beziehen wir seit Jahren 
diese Drogue aus England, wohin sie aus Ostindien gelangt 
und es scheint dadurch der Unterschied bedingt zu sein, 
dass wir jetzt das Product von Narthex, frĂŒher aber das 
von Scorodosma erhielten. 

Die gegenwÀrtig im Handel hÀufigste Asa foetida in 
lacrymis besteht aus verschiedenen (bis 1 Zoll im Durch- 
messer) grossen, frisch weichen, plattgedrĂŒckten StĂŒcken 
von strohgelber, spĂ€ter dunkler werdenden Masse; StĂŒcke, 
welche anfÀnglich rundliche ThrÀnen darstellten, die sich 
erst durch den Druck abplatteten; festere StĂŒcke zeigen 
auf dem Bruche eine mattweisse, stellenweise gelbliche 
Farbe und fast körnige Structur und die auffallendste 
Eigenschaft dieses ostindischen Stinkasants besteht darin, 
dass die BruchflĂ€che der StĂŒcke, deren Henkel mehre 
den ganzen Sommer hindurch der Luft und dem Lichte 
aussetzte, nicht jene eigenthĂŒmliche pfirsischrothe, spĂ€ter 
braune FĂ€rbung annimmt, wie solche bekanntlich an der 
frĂŒheren persischen Asa foetida beobachtet werden konnte. 

Die Angaben englischer Autoren, dass Narthex Asa 
foetida wirklich eine Sorte Stinkasant liefere, hÀlt Henkel 
fĂŒr gerechtfertigt und glaubt auf den bezeichneten Unter- 
schied beider Producte, die wir als Asa foetida kennen, 
in Beziehung auf die FarbenverÀnderung, die sich nur 
bei dem persischen Producte von Scorodosma zeigt, hin- 
weisen zu sollen. (N. Jahrb. f. Pharmaecie. Bd. 15. 2.) B. 


Die SaughĂŒtchen von Kautschuk, eine Quelle chro- 
nischer Aphthenbildung bei Kindern. 


Mettenheimer findet die Ursache hartnÀckiger und 
lang andauernder Aphthenerkrankungen bei Kindern in 


Holz zu conserviren. 257 


dem Gebrauch der Kautschuk-SaughĂŒtchen, indem diese 
nicht immer rein genug gehalten werden. Derselbe fasst 
seine Beobachtungen in folgende SĂ€tze zusammen: 1) wenn 
Kinder, die mit der Flasche aufgezogen werden, wieder- 
holt und langwierig an SchwÀmmchen erkranken, so kann 
die Ursache der Recidive in einer Pilzvegetation auf dem 
KautschukhĂŒtchen liegen; 2) die Pilzsporen sitzen vor- 
zugsweise auf der inneren, schwer zu reinigenden Ober- 
flĂ€che dieser HĂŒtchen; 3) blosses Einlegen der HĂŒtchen 
in Wasser und AusspĂŒlen in demselben genĂŒgt nicht 
zur Entfernung der Sporen; 4) zieht man in solchen 
FĂ€llen nicht ein MundstĂŒck aus Horn, Knochen: oder 
Elfenbein vor, so wende man beim Reinigen die HĂŒtchen 
um und reibe auch die innere OberflÀche sorgfÀltig ab. 
(Memorabilien.) 


Geleimtes und farbiges Pergamentpapier. 


Es stand der vielseitigen Verwendung des Pergament- 
papieres bisher der Uebelstand im Wege, dass sich das- 
selbe auf Holz oder Pappe sehr schlecht, auf sich selbst 
aber gar nicht verleimen lÀsst. Ebermayer befeuchtet 
das Pergamentpapier auf der Seite, auf welcher es ver- 
leimt werden soll, zuerst mit Alkohol oder starkem 
Branntewein, legt das mit Leim stark bestrichene Material 
darauf und reibt mit einem Falzbeine an. Will man 
Pergamentpapier mit sich selbst verleimen, so behandelt 
man die beiden sich berĂŒhrenden FlĂ€chen in angegebener 
Weise. 

Farbiges Pergamentpapier kann auf gewöhnliche Art 
nicht schön hergestellt werden, weil die wenigsten Farben 
die Einwirkung concentrirter SchwefelsÀure vertragen. 
Dagegen nimmt Pergamentpapier die Anilinfarben gut 
auf, wenn man es in die heisse wÀsserige Lösung dersel- 
ben bringt. Man kann gelb fÀrben mit pikrinsaurem 
Natron, orange mit PikrinsĂ€ure und Anilinroth, grĂŒn mit 
PikrinsÀure und Indigkarmin. Dr. Reich. 


Um Holz zu conserviren, 


wurde in der Berliner polytechnischen Gesellschaft 
Braunkohlentheer mit einem Gehalt von 3 Proc. phenyl- 
saurem Natron, wie er in der Weissenfelser Gegend ge- 
wonnen wird, empfohlen. Dieser wird mit 4 Th. Wasser 
verdĂŒnnt, 3—4 Mal aufgestrichen und dann mit Eisen- 


er RE RI 4 
258 Schiesspulver aus HolzsĂ€gespĂŒnen. — Collodiumwolle. 


vitriollösung nachgestrichen. Es bildet sich schwefelsaures 
Natron, das auswittert und vom Regen fortgespĂŒlt wird, 
wĂ€hrend das Kreosot zurĂŒckbleibt. Controlirende Ver- 
suche sollen sehr gĂŒnstige Resultate gegeben haben. 
(Bl. fĂŒr Hal. u. Gewerbe. 1866. 7.) 


Schiesspulver aus HolzsÀgespÀnen 


wird in der Pulverfabrik zu Potsdam dargestellt und 
wird die Fabrikation in kurzer Zeit auch in Frankreich 
eingefĂŒhrt werden. Die Entdeckung rĂŒhrt von Schultze, 
Artillerie-Öfficier in der preussischen Armee, her. Man 
erhÀlt das Pulver durch Digestion von HolzsÀgespÀnen in 
Natronlauge, worauf man die mit Wasser gewaschene 
Mischung der Wirkung von Dampf aussetzt. Nach Bleichen 
mit Chlor und neuem Waschen werden die SpÀne in 
eine Mischung von 40 Th. SalpetersÀure und 100 Th. Schwe- 
felsÀure gebracht, der Ueberschuss der SÀuren wird durch 
eine Turbine herausgeschleudert, die Holzmasse mit Natron 
gekocht, ausgewaschen und getrocknet. Das so erhaltene 
Produet ist unschÀdlich und durchaus nicht brennbar, so 
dass man es in voller Sicherheit in die Magazine bringen 
kann. Um es explodirbar zu machen, digerirt man es 
15 Minuten mit einer Lösung von 12 Th. Pottasche in 
100 Th. Wasser; das darauf nöthige Trocknen muss bei 
höchstens 400C. geschehen. Es hat dieses Pulver den 
Vorzug vor anderen explodirenden Compositionen, dass 
man es auf nassem Wege darstellen kann und dass es 
in dem Augenblicke, in welchem das PrÀparat fertig ist, 
keine Gefahr mit sich fĂŒhrt. Man versichert, dass es 
die Waffen nicht schmutzig mache und in guter QualitÀt 
sehr wenig Rauch gebe. Frankreich endlich wĂŒrde, wenn 
es dieses neue Pulver annimmt, nicht mehr nöthig haben, 
Schwefel vom Auslande zu kaufen, und so eine jÀhrliche 
Ersparniss von nicht weniger als 3 Millionen erzielen. 
(Courrier de la Cöte. 1866.) Dr. Reich. 


Collodiumwolle. 


Dawson’s Versuche haben ergeben, dass selbst bei 
Beachtung aller Vorsichtsmassregeln nicht immer ein 
gutes Collodium erhalten wird, besonders ist die QualitÀt 
der Baumwolle und die LĂ€nge der Faser zu beachten. 
Langfaserige Baumwolle gab stets gutes Collodium, in 
demselben SÀuregemische jedoch löste sich geringere wenn 


nz go 


2 Ean e ET, er BER, Er De er Wer as ea 


Zwei neue Arten von Schiessbaumwolle. 259 


auch gut gereinigte Baumwolle sofort auf. Erst nachdem 
der Wassergehalt der Mischung auf 1,, reducirt war, 
erhielt man mit kurzfaseriger Baumwolle ein ziemlich 
gutes Resultat, doch niemals gelang es, damit vollkommen 
lösliches Pyroxylin oder gut haftendes Collodium darzu- 
stellen. Am besten eignet sich zur Collodiumbereitung 
die Sea-Island- Baumwolle und nÀchst dieser die lang- 
faserige egyptische. (British Journal.) 

Nach Wallis hÀlt sich mit: Alkohol befeuchtete 
Collodiumwolle vier Jahre unverÀndert und giebt mit 
gleichen Theilen Aether und Alkohol ein dickflĂŒssiges 
 Collodium. (Photographisches Archiv.) Dr. Reich. 


Ueber zwei neue Arten von Schiessbaumwolle. 


Ch. Blondeau ist durch seine Untersuchungen zu 
der Ansicht gekommen, dass die Schiessbaumwolle als 
eine wasserfreie, wenig bestÀndige SÀure angesehen werden 
mĂŒsse, von der Formel 024H20020(NO5)5. Durch Ver- 
bindung mit Ammoniak erlange diese SÀure eine grössere 
BestÀndigkeit; es bilde sich dann eine Zusammensetzung 
von der Formel C22H20020(NO4)5(H?N)>, welche Blon- 
deau Üellulo-Nitro-Pentamid nennt. Die Verbindung 
entsteht nicht sofort, sondern nur allmÀlig; sie ist die 
Grenze, bei welcher die Reaction schliesslich anlangt; 
es bilden sich succesive Verbindungen vor den Formeln: 

C24 420 020 (NO5)4 (NO%) (H?N) 
C241H20 020 (NO5)3 (NO%)2 (H2N)2. 

Unterbricht man die Einwirkung des Ammoniaks, 
sobald die erste dieser Verbindungen entstanden ist, so 
erhÀlt man eine Schiessbaumwolle, welche bei aller explo- 
siver Wirkung doch bei gewöhnlicher Temperatur unver- 
Ă€nderlich ist und selbst bei 1000 sich noch nicht zersetzt. 

Um diesen neuen Körper darzustellen, nimmt man 
gewöhnliche gute Schiessbaumwolle und setzt sie ungefÀhr 
24 Stunden der Einwirkung von AmmoniakdÀmpfen aus; 
sie wird bald gelblich und giebt nach dem Trocknen 
ein PrÀparat, dessen explosive Kraft grösser ist, als die 
der gewöhnlichen Schiessbaumwolle. Die ammoniakalische 
Schiessbaumwolle (Pyroxyle ammoniacale) giebt mit Salz- 
sÀure eine Verbindung von der Formel 

024 H20 0% (NO9M)5 (H2N)5 (HC), 
welche sonst eben so stark explodirt, wie gewöhnliche 
Schiessbaumwolle, sich aber bei gewöhnlicher Temperatur 
eben so wenig wie bei 1000 zersetzt. Man stellt dieselbe 


260 Einwirkung d. wasserfreien EssigsÀure a. Cellulose etc. 


dar, indem man Schiessbaumwolle in einer starken Lösung 
von Salmiak kocht, das Product in vielem Wasser aus- 
wÀscht und in der Sonne trocknet. Dieses neue Product 
detonirt bei derselben Temperatur, aber die Zersetzungs- 
producte sind andere, denn ausser Kohlenoxyd und Wasser 
findet sich unter denselben Cyan, Salmiak, SalzsÀure, 
Stickstoff und Wasserstoff; 
C24 H20 020 (N O4)5 (H2N)5 (HCI)5 — C200% + H20020 
+ C2N + 3(HB3NHCI) + N5 — 2HCl —H. 
(Compt. rend. T. 61. — Chem. Centrbl. 1866. 63.) B. 


Einwirkung der wasserfreien EssigsÀure auf Cellulose, 
StÀrke, Zucker, Mannit und dessen Verwandte, auf 
Glykoside und gewisse vegetabilische Farbstoffe, 


Berthelot’s Untersuchungen haben erwiesen, dass 
sich die Zuckerarten wie mehratomige Alkohole verhalten, 
welche wie das Glycerin fÀhig sind, zusammengesetzte 
Aether zu bilden. Die von SchĂŒtzenberger angewandte 
Methode, um die Aether der Zucker zu erhalten, besteht 
darin, dass man diese Körper mit einer wasserhaltigen 
SĂ€ure erhitzt. Die Methode ist zwar allgemein, erfordert 
aber eine lange Zeit (40 bis 50 Stunden) zur Bildung 
und liefert auch in gewissen FĂ€llen viel zu geringe Men- 
gen des beabsichtigten Productes. Viel gĂŒnstigere Resul- 
tate erhielt SchĂŒtzenberger bei Einwirkung von Essig- 
sÀure auf Zuckerarten, Cellulose etc., indem er anstatt 
der krystallisirten SĂ€ure das Anhydrid anwandte. Die 
Aetherification ist in einigen Minuten vollendet. Die 
organische Substanz, die im Allgemeinen im siedenden 
Anhydrid unlöslich ist, wird bei 1380 bis 1400 angegriffen 
und wenn dieser Punct einmal eingetreten ist, so geht 
die Reaction unter lebhaftem Aufkochen von selbst vor 
sich. Die gewonnenen Producte der Reaction sind 1) Essig- 
sÀurehydrat, 2) ein in EssigsÀure lösliches, in Wasser, je 
nach der Natur der angewandten Substanz, lösliches oder 
unlösliches Derivat. Im letzteren Falle genĂŒgt es, den 
dicken Syrup, den man nach Vollendung der Reaction 
erhalten, in Wasser zu giessen und den Niederschlag mit 
Wasser zu waschen, im ersteren Falle verdĂŒnnt man mit 
Wasser, entfÀrbt, wenn nöthig ist, mit Thierkohle und 
dampft im Vacuum ĂŒber Kalk zur Trockne. 

StÀrke giebt nach diesem Verfahren 2 farblose, feste, 
essigsaure Verbindungen: die eine in Wasser unlöslich, 


Ueber das Kermanische Gummi. 261 


in Alkohol und EssigsÀure löslich, die andere in Wasser 
und Alkohol löslich von bitterem Geschmacke. Alle beide 
verseifen sich mit Kali leicht und geben Dextrin und ein 
Acetat. Die EssigsÀure-Oellulose ist fest, weiss, amorph, 
unlöslich in Wasser und Alkohol, löslich in EssigsÀure- 
hydrat. Sie wird durch siedendes Kali unter Wieder- 
erzeugung von Cellulose schneli zersetzt. Rohrzucker, 
Glykose, Milchzucker, Mannit und Duleit geben nach 
dem angefĂŒhrten Verfahren in Wasser lösliche, feste, sehr 
zĂ€he Derivate von bitterem Geschmack. Auf die natĂŒr- 
lichen Glykoside, z. B. Tannin, Salicin, Amygdalin u. s. w. 
und auf viele vegetabilische Farbstoffe (Brasiliin, HĂ€matin 
u.s. w.) wirkt EssigsÀure-Anhydrid in derselben Weise ein. 
SchĂŒtzenberger glaubt mit HĂŒlfe dieser Essig- 
sÀure-Aether zur Darstellung anderer Aether zu gelangen, 
deren Synthese bis jetzt noch nicht gelungen ist. Mit 
kaustischem Ammoniak erhitzt liefern sie stickstoffhaltige 
Verbindungen, welche mit Tannin Àhnliche NiederschlÀge 
seben, wie solche SchĂŒtzenberger in Verbindung mit P., 
Thenard durch Einwirkung von Ammoniak auf Kohlen- 
wasserstoffe bei 1400 erhalten hat. (Compt. rend. T. 61. 
165. — Chem. Centrbl.) B. 


Ueber das Kermanische Gummi. 


Als Wood mit der Durchsicht des Dispensatoriums 
der Vereinigten Staaten beschÀftigt war, erhielt er von 
Benjamin R. Smith von Philadelphia sogenanntes 
„Caramania Gummi“ zugesandt. Ueber dessen Ursprung 
konnte Smith keinen Aufschluss geben, aber es ist viel- 
leicht dasselbe, welches von Maltass beschrieben und zur 
FĂ€lschung des Traganthes gebraucht wird. Maltass 
giebt an, dass man es bis zu 50 Proc. zur FĂ€lschung 
der gemeinen Traganth-VarietÀten verwendet und es, um 
den Betrug weniger auffallend zu machen, mit Bleiweiss 
mengt. Hanbury sagt, dass das Kermanische Gummi 
identisch scheint mit dem „Gomme pseudoadraganta“ von 
Guibourt, welches derselbe als ein Product von „Astra- 
galus gummifer Labill.“ erklĂ€rt. Aber Maltass bemerkt, 
dass es dem GerĂŒchte nach auf den wilden Mandelbaum, 
eine Pflaumenart Kermans zu beziehen sei. 

Dieses Gummi kommt in StĂŒcken vor, welche von 
Erbsengrösse bis zur Grösse einer Kastanie wechseln, 
mit grösserer Neigung zur Kugelform, als Traganth, ob- 
gleich bisweilen, wie dieser, der wurmförmig gewundenen 


Pr ER a ee Be 
aa I ” 0 


262 Das Goömin, ein Bestandtheil von Fucus crispus. 


Gestalt sich nÀhernd. Die Farbe variirt von Hell- zu 
Röthlichbraun, es ist mehr oder weniger transparent, fast 
geschmacklos und, in Wasser gegeben, die Feuchtigkeit 
langsam einsaugend, wobei es zu voluminösen, wasser- 
haltigen, gallertförmigen Massen anschwillt, wÀhrend die 
ZwischenrÀume mit einer schleimigen Lösung des löslichern 
Gummiantheils gefĂŒllt sind, welcher aber weniger reichlich 
ist, als der lösliche Antheil des Traganthes. Der Schleim 
wird durch basisch essigsaures Bleioxyd gefÀllt, aber weniger 
sicher, als das Arabin; oxalsaures Ammoniak bewirkt 
einen nicht sehr reichlichen weissen Niederschlag, Alkohol 
fÀllt ihn nicht. Er gerinnt nicht mittelst Borax und 
Eisensesquichlorid. Der unlösliche gelatinöse Antheil hat 
anfÀnglich nur eine geringe CohÀsion, aber durch Stehen 
erweicht er und wird mehr teigig. Mit SchwefelsÀure 
gekocht verliert er seine Gallertform und nimmt Syrups- 
consistenz an. Eine Kupferoxydlösung in Kali fÀllt sogleich 
diese und das lösliche Gummi als ein voluminöses, blÀu- 
liches Hydrat. Wood meint, dass das Kermanische 
Gummi denselben Ursprung habe, wie das Gummi von 
Bassora und beide wahrscheinlich in der Provinz Kerman 
in Kleinasien erzeugt wĂŒrden, indem das letztere aus 


dem persischen Meerbusen in den Handel gelange, wÀhrend 


das erstere nacb Smyrna komme, um als ein FĂ€lschungs- 
mittel gebraucht zu werden. (Americ. Journ. der Pharm. 
— Ztschr. der österr. Apoth.-Ver. 3. Jahrg. 24.) B. 


Das Goömin, ein Bestandtheil von Fucus crispus. 


Ch. Blondeau hat der Pariser Akademie (Compt. 
rend. T. 60, 860) eine Untersuchung ĂŒber das Perlmoos 
(Fucus cerispus L.), welches auch in Frankreich an den 
KĂŒsten der Bretagne und Normandie in grosser Menge 
wÀchst, mitgetheilt, aus welcher ersichtlich ist, dass das- 
selbe nicht bloss zu Heilzwecken, sondern auch in der 
Haushaltung benutzt wird, zu welchem Zwecke man es 
durch Waschen mit Wasser von seinem Salzgehalt befreit 
und an der Luft trocknet, wodurch gleichzeitig die Pflanze 
ihre grĂŒne Farbe verliert und schön weiss wird. Sie ist 
dann geruch- und geschmacklos. 

Durchs Kochen der Pflanze mit Wasser entsteht eine 
schleimige FlĂŒssigkeit, welche beim Erkalten‘ zu einer 
Gallerte gesteht, jener aus Leim sehr Àhnlich. Die- 
ser Bestandtheil des Fucus ist aber kein Leim, indem 
seine wÀsserige Lösung weder durch GerbsÀure noch 


Weinstein. | 263 


durch Alaun und Bleizucker gefÀllt wird. Blondeau 
nennt diesen Stoff GoÀmin, von Go&Àmon, der französischen 
Benennung des Fucus crispus. 

Zur Reindarstellung des Go@mins wurde die Alge einige 
Stunden lang mit destillirtem Wasser gekocht und die 
schleimige FlĂŒssigkeit mit Alkohol vermischt. Der dadurch 
entstandene Niederschlag wurde wieder in Wasser gelöst 
und die Lösung im Wasserbade abgedampft. Man erhÀlt 
dĂŒnne durchsichtige und elastische Tafeln, welche wie 
Hausenblase aussehen und wie diese in kaltem Wasser 
arschwellen. 

Das Go@min reagirt neutral, es ist geschmacklos und 
geruchlos. In SalzsÀure löst es sich rasch beim ErwÀrmen. 
Von ceoncentrirter SchwefelsÀure wird es unter Verkohlung 
gelöst. Bei Einwirkung der SalpetersÀure auf dasselbe 
entwickeln sich salpetrige DÀmpfe und die Lösung ent- 
hÀlt OxalsÀure und ZuckersÀure. Auch in Kalilauge löst 
sich das Go@min vollstÀndig. 

Bei der Analyse zeigte es folgende Zusammensetzung: 


RE 21,80 
H 4,87 
Nase! 21,36 
De 25 
ER 49,46 

100,00. 


Das Goömin wÀre demnach eine der stickstoffreichsten 
Substanzen des Pflanzenreichs, denn selbst der Leim ent- 
hÀlt kaum 20 Proc. Stickstoff. Es wÀre demnach wichtig, 
den Nahrungswerth des Goömins zu bestimmen. 

Zwischen diesem von Blondeau erhaltenen Resultat 
und den frĂŒheren Untersuchungen des Fucus crispus, 
namentlich von Mulder und ©. Schmidt besteht dem- 
nach ein grosser Unterschied, denn nach Letzteren ist 
der Hauptbestandtheil dieser Alge stickstoff- und schwefel- 
freier Pflanzenschleim. (Buchn. n. Repert. Bd. 15. 1.) 2. 


Weinstein 


empfiehlt Betoldi als Mittel bei der zuckerigen Harnruhr. 
Bei dieser Behandlung brauchen die Kranken sich weder des 
Zuckers, noch zuckerhaltiger Nahrungsmittel zu enthalten; 
sie können essen, was sie wollen, nur soll ihr GetrÀnk 
stets mit Weiustein gesÀttigt sein. (Wittst. Vierteljahrschr. 
. Bd. 14.) A 


ne TUE ‚ 2 HE ae nz PER a rt BR le > 


264 


IV. Literatur und Kritik. 


Muspratt’s theoretische, praktische und analytische Che- 
mie in Anwendung auf KĂŒnste und Gewerbe. Zweite 
vermehrte und verbesserte Auflage. 2ter Band. 


Dextrin. Vorkommen und Bildung. Schleiden hĂ€lt es fĂŒr 
einen eigentlichen bildungsfÀhigen Pflanzenbestandtheil und legt 
ihm grössere Bedeutung bei als dem Gummi. FĂŒrstenberg fand 
es im Weizen und Roggen, Planta im keimenden Mais, Oude- 
manns fand in Weizenkleie 5,52, in Roggenkleie 7,79 Procent; 
Stein in der Gerste 6,5, im Luftmalz 7,55, im Darrmalz 8,23 Pro- 
cent; Albini in der echten Kastanie 22,3 bis 23,3 Procent. Im 
Thierreiche haben es Sanson und Bernard in Blut und Mus- 
keln, Sanson in Milz und Leber nachgewiesen. Im Tbhierreiche 
scheint sein Vorkommen von der ErnĂ€hrung herzurĂŒhren, da es 
bei ErnĂ€hrung mit Körnern gefunden, bei FĂŒtterung mit Möhren 
nicht gefunden wurde. Das Holzdextrin scheint nicht identisch 
mit dem StÀrkemehldextrin. Es finden sich viele geschichtliche 
Notizen ĂŒber die chemischen Arbeiten ĂŒber Dextrin. Ueber den 
Vorgang aber, der beim Einwirken von SĂ€uren, Diastase und an- 
dern Stoffen auf StÀrkemehl statt findet, weiss man nichts Siche- 
res, da frĂŒhere Annahmen sich unhaltbar gezeigt haben. Darstel- 
lung nach Payen, Houze, Pinel, St. Etienne, Ch. O’Neill, 
Hoffmann, Persoz, Thomas. Eigenschaften und Zusammen- 
setzung. Anwendung. Der Artikel ist von Schwanert verfasst 
und sehr ausfĂŒhrlich. 

Tinte. Auf 30 Seiten hat Stohmann sehr ausfĂŒhrliche Mit- 
theilungen gegeben. Schreibtinten. Die Arbeiten von Lewis und 
Ribemann waren zur Zeit die grĂŒndlichsten. Brande, Ure, 
Booth, Reid, Karmarsch, Rostock haben Vorschriften ge- 
geben; Rostock hat Versuche ĂŒber die Zusammensetzung ange- 
stellt. Stephens wird als wahrscheinlicher Erfinder der Alizarin- 
tinte angefĂŒhrt. Winternitz, Leonhardi, Prollius, Bley, 
Runge haben Vorschriften gegeben. Stephens, Baudrimont, 
Kindt gaben Anweisungen zur Herstellung von unauslöschlichen 
Tinten. Scott und J. B. Reade liessen sich Patente geben. 


Sympathetische Tinte. Lithographische Schreibtinte.e Buch- 
druckerschwÀrze. 


DĂŒnger. Auf52Seiten handelt Stohmann ĂŒber DĂŒnger, die 
frĂŒheren Begriffe ĂŒber die ErnĂ€hrung der Pflanzen, Schubart 
von Kleefeld’s EinfĂŒhrung des Kleebaues, die Arbeiten von 
Priestley, Sennebier, Saussure, Davy, Ingenhouss, Chap- 
tal, HermbstĂ€dt, Einhof, SchĂŒbler, Sprengel ĂŒber den 
chemischen Theil der Pflanzenphysiologie. Liebig’s Lehre von 
der Agriculturchemie, welche die Humustheorie umstĂŒrzte. Arbei- 
ten von Wichmann und Polstorf geben dafĂŒr Beweise, so wie 


ae 265 


die Vegetationsversuche von Knop, Stohmann, Sachs. Ferner 
sind der Boden und seine Entstehung sehr grĂŒndlich besprochen. 
Ebenso die kĂŒnstliche Verbesserung des Bodens, die Stallwirth- 
schaft. Liebig hat dieselbe als Verzehrerin von Capital und 
Zinsen bezeichnet. Nur bei ganz kleinem Betriebe hÀlt Liebig 
sie fĂŒr vortheilhaft. Bedeutung und Verwerthung der stĂ€dtischen 
Excremente. KĂŒnstliche DĂŒngstoffe. Guano. Animalische DĂŒn- 
gerfabrikate. Untersuchung der DĂŒngstoffe. 

Der nÀchstfolgende Artikel Eisen, auf 384 Seiten von Stoh- 
mann bearbeitet, umfasst beinahe 6 Hefte. Vom Atomgewichte 
an, ĂŒber Roheisen, Stabeisen, Stahl sich erstreckend, die Geschichte 
des so wichtigen Elements einschliessend, die Roheisenerzeugung, 
seine Constitution, Anwendung der verschiedenen Sorten Roheisen, 
die Begleiter desselben, als Schwefel, Phosphor, Silicium, Mangan, 
MolybdĂ€n, Vanadin, Chrom, Wolfram, welche theils ursprĂŒnglich 
sich darin finden, theils aus den Schmelzmaterialien dazu kommen, 
sind alle in Betracht gezogen. Die Eisenerze und die Schmelz- 
materialien, deren Verarbeitung, die Zusammensetzung vorkommen- 
der Eisenerze, Gewinnung, Aufbereitung, Probiren der Eisensteine, 
Bestimmung auf nassem Wege, Röstprocess, Brennmaterialien, 
'Schmelzapparate, GeblÀse, Hohofenbetrieb, Hohofenproducte, Schla- 
eken, Umschmelzen des Eisens. Stabeisenbereitung, mit zahlrei- 
chen Abbildungen der Oefen, Werkzeuge. Flammöfen. Puddel- 
frischen. Stahlerzeugung. Gediegen Eisen und Meteoreisen. Dar- 
stellung des reinen Eisens. Verbindungen des Eisens. Verhalten 
der Eisensalze gegen Reagentien. Reductionsmethoden. Trennung 
des Eisens von andern Körpern. Analyse der Eisenerze. Eben so 
ausfĂŒhrlich als umsichtig bearbeitet. 

Emaille. Auf 14 Seiten hat Stohmann eine sehr zweck- 
mĂ€ssige Arbeit ĂŒber Zusammensetzung, Darstellung, Materialien, die 
verschiedenen Farben der Glasmassen gegeben, unter Mittheilung 
von Vorschriften zur Anfertigung der Emaillen. 

EssigsÀure. Ueber Geschichte, Vorkommen, Bildung, Zu- 
sammensetzung und Constitution, mit vielen Formeln einer Reihe 
von homologen SĂ€uren, Darstellung, Zersetzung, verschiedene Zu- 
stÀnde, als EssigsÀureanhydrid, concentrirter Essig, Weinessig, Malz-, 
Getreide-, Bieressig, RĂŒbenessig, Branntweinessig. Schnellessig- 
Fabrikation mit vielen Abbildungen von FabrikgegenstÀnden. Holz- 
geist oder Holznaphtha, Reinigung des rohen Holzessigs.. PrĂŒfung 
auf Gehalt an EssigsÀure, auf Verunreinigungen und VerfÀlschun- 
gen ist das Nöthige in recht belehrender Uebersicht aufgefĂŒhrt. 

FĂ€rberei. Farbstoffe und Rohstoffe, Cochenille, Kermes, 
Murexid, Purpur, Carmin, Farbstoffe des Pflanzenreiches, Alkanna, 
Berberin, Curcuma, Krapp, Alizarin, Werthbestimmung, Farbhölzer 
und Rinden. Lokao, Chinesisch GrĂŒn, Catechu, Lack-Dye, Lack- 
Lack, Stock-, Stangen-, Körner-Lack, Aloe, Chica, Carucura, 
Chlorophyll, GallÀpfel, verschiedene Sorten Valonien, Dividivi, 
Myrobalanen, Gelb- oder Avignon-Beeren, SaftgrĂŒn, Chinesische 
Gelbschoten, Orlean, Saflor, Safran, Sumach, Orseille, Persio, 
LecanorsÀure, Erythrin, Orein, Lackmus, Indig, Waid, Wau, Sorgho, 
Steinkohlentheer-Farbstoffe, als Benzol, Phenylalkohol, RosolsÀure, _ 
Anilin, Naphthalin, Azulin, XanthopbylensÀure, PikrinsÀure, Rosol- 
sÀure, Anilin, einst von Unverdorben Kıystallin genannt, von 
Runge Kyanol, von Fritsche als Anilin bezeichnet. Anilide, 
AnilsÀuren. Anilinfarben zuerst von Runge und Fritsche be- 
merkt. Die Constitution lehrte 1861 Hofmann kennen, dessen 


Arch. d.Pharm. CLXXXT. Bds. 3. Hft. 18 


4 1 4 un 
966 Literatur. rar. 


Ansichten StĂ€deler, Arndt in ihren Arbeiten ĂŒber Anilin und 
Toluidin widersprachen. Die Bereitung der Anilinfarben geschieht 
auf die verschiedenste Weise, von verschiedenen Eigenschaften. 

Anilinroth, nach Hofmann Rosanilinsalz. Mit wasserfreien 
Metallchloriden stellten zuerst 1859 Renard und France Fuchsin 
dar. G.Schnitzer stellt es mit Quecksilberchlorid dar. Mit Arsen- 
sÀure von Medlock, Girard, Delaire, mit AntimonsÀure Smith 
in Glasgow, mit salpetersaurem Quecksilberoxyd Gerber und Kel- 
ler, mit salpetersaurem Blei Dale und Caro. Hughes wandte 
SalpetersÀure an. 

Anilinblau, nach Hofmann Triphenylrosanilinsalz. Schlum- 
berger stellt es aus 1 Rosanilin, 3 Anilin und 11/, EssigsÀure dar. 
Pariser Blau wird nach Persoz, de Luynes und Salvetat aus 
16 Anilin mit 9 Zinnchlorid durch 30stĂŒndiges Erhitzen auf 180 
im zugeschmolzenen Glasrohre, Auskochen der Masse mit Wasser, 
FĂ€llen mit Kochsalz erhalten. MĂŒhlhauser Blau wird durch Kochen 
von einer alkalischen Schellacklösung mit Anilinroth erhalten. 


Lauth stellt Anilinblau mit Aldehyd dar. Anilinviolett, zuerst 
von Perkin dargestellt, im Handel als Anilinpurpur, Tyrischer 
Purpur, Indisin, Anilein, Malvenfarbe; Schlumberger stellt es 
mittelst SchwefelsÀure und sauren chromsauren Kalis dar, De- 
pouilly und Lauth mittelst Chlorkalks, Dale und Caro mit- 
telst Kupferchlorids, Price mittelst Bleihyperoxyds;; Hofmann 
hat es aus Rosanilin darzustellen gelehrt. Anilinbraun von R. 
Smith aus Anilinroth gewonnen, Anilingelb von Nicholson be- 
reitet aus einem basischen Harz, welches bei der Darstellung von 
Anilinroth sich bildet. Chrysanilin ist eine Base, die mit SĂ€uren 
zwei Reihen Salze bildet. AnilingrĂŒn bildet sich direct auf den 
Geweben, wenn sie mit einer Lösung von chlorsaurem Kali in 
Wasser getrÀnkt, nach dem Trocknen mit einer Lösung von wein- 
saurem oder salzsaurem Anilin bedruckt und dann 12 Stunden in 
einem Locale aufbewahrt werden, worin eine erhöhte Temperatur 
mit bestimmtem Feuchtigkeitsgrade sich findet. Anilinschwarz aus 
25 chlorsaurem Kali, 50 Anilin, 50 SalzsÀure, 50 Kupferchlorid, 
25 Salmiak, 12 EssigsĂ€ure. — Werthbestimmung der Anilinfarben. 
— Naphthalin. Kreosot. 

Unorganische Farbstoffe. — Aluminiumverbindungen. Ultra- 
marin. Antimonverbindungen. Arsenverbindungen. Bleiverbin- 
dungen. Chlorkalk. Kieselsaures Natron. Zinnverbirdungen. 

Die Operationen der FĂ€rberei und Druckerei. Waid-, Indig- 
oder PastelkĂŒpe, Pottasche- und SodakĂŒpe, kalte KĂŒpen. 

BaumwollenfĂ€rberei. Mit 55 Recepten. — SeidenfĂ€rberei. Mit 
63 Recepten. — SchafwollfĂ€rberei. Mit 84 Recepten. 

FĂ€rberei der sogenannten Halbzeuge oder gemischten Waaren. 
— TĂŒrkischrothfĂ€rberei. 

Vorbereitung der Farben und Beizen. Vorbereitung des Zeu- 
ges vor dem Drucke. 

Klotz Druck fĂŒr Mineralfarben. Dops’scher Druck fĂŒr Tafel- 
und Dampffarben. Druck der Wolle, Seide und gemischten Gewebe. 
Druck der wollenen Stoffe. Druck der Gewebe aus Wolle und 
Baumwolle. Druck der Seidenstoffe. Statistik des Zeugdrucks. 

Kritik und Theorie der Processe. 

Die auf fast 500 Seiten gegebene Belehrung ĂŒber FĂ€rberei ist 
eben so verstÀndlich als prÀcis gehalten und mit vielen Illustratio- 
nen verdeutlicht, eine Arbeit von Kletzinsky. 


u A a a EA Se ae Da este Be 


Literatur. DET 


Fette und Oele. Allgemeine Eigenschaften der Fette. Vor- 
kommen und Bildung im Pflanzen- und Thierreiche. Constitution 
der Fette. NÀhere Bestandtheile. SÀuren der FettsÀuregruppe. 

PalmitinsÀure. Palmitin. StearinsÀure. Stearin. Olein. Leinöl- 
sÀure. PhysetölsÀure. 

Eintheilung und Classification der Fette. 

Ochsentalg, Hammeltalg, Ziegentalg, Butter, Schweineschmalz, 
Menschenfett, Knochenfett, Klauenöl, Cecosnussöl, Palmöl, Cacao- 
butter, Lorbeerfett, Pinientalg, Muscatbutter, Mascattalg, Japani- 
sches Wachs. 

Nicht-Glyceride. Bienenwachs. Chinesisches oder vegetabili- 
sches Wachs. Wallrath. 

FlĂŒchtige Fette oder Oele. Darstellung aus Samen. Allge- 
meine Eigenschaften der Oele. 

Glyceride der OelsÀure. Olivenöl. Baumöl. VerfÀlschungen. 

Mandelöl. VerfÀlschungen mit Olivenöl und Schmalzöl. 

RĂŒböl. Von der Darstellung mittelst Schwefelkohlenstoff ist 
nicht die Rede. 

Sesamöl. Behen- oder Benöl. Buchöl. Erdnussöl. Senföl (fet- 
tes). Baumwollensamenöl. Crotonöl. Eieröl. Leinöl. Wallnussöl. 
Mohnöl. Hanföl. Rieinusöl. Traubenkernöl. 

Fischöle oder Thrane. Walfischthran. Delphinthran. Hai- 
fischthran. Leberthran. Spermacetiöl. 

VerfĂ€lschungen der Oele. — Firnisse. Verschiedene 
Arten. Bereitung. — Arbeit von Stohmann. 

Galvanoplastik. Diese sehr interessante Kunst ist eine 
Erfindung der neuesten Zeit und wesentlich Jacobi zuzuschreiben, 
der sie in Petersburg zuerst und zwar in grossem Maassstabe zur 
Anwendung brachte. Elkington in Birmingham, Ruolz in Paris 
vervollkommneten das Verfahren. De la Rive in Genf fĂŒhrte 
zuerst die Versilberung und Vergoldung praktisch aus, nachdem 
allerdings schon Brugnatelli vor mehr als 60 Jahren darauf hin- 
gewiesen hatte. Ein EnglÀnder Spencer nimmt mit Jacobi die 
PrioritÀt der Erfindung in Anspruch. Jacobi aber hat zuerst die 
praktische Anwendung gemacht. 

Dieser auf 72 gespaltenen Seiten von Stohmann ausgefĂŒhrte 
Artikel ist mit zahlreichen Abbildungen erlÀutert und enthÀlt das 
Wichtigste des Verfahrens auf sehr fassliehe Weise dargestellt. 

Gerberei. Eine kurze geschichtliche Notiz leitet die Abhand- 
lung ein, woraus wir gesehen, dass die Juden und andern Völker 
des Alterthums die Herstellung des Leders kannten und sich des- 
selben bedienten, indess keines derselben genauere Beschreibung 
ĂŒber das Verfahren gegeben hat. 

Mit diesem Artikel schliesst das zuletzt uns zugekommene 19te 
Heft des zweiten Bandes. 

Beim Vergleiche mit der ersten Auflage des so sehr prakti- 
schen, nĂŒtzlichen Werkes ergiebt sich die zahlreiche Vermehrung 
und Bereicherung der Beschreibungen. 

Das Werk gereicht seinem Verfasser Muspratt zur höchsten 
Ehre und wir haben dem Bearbeiter in deutscher Sprache Dr. Stoh- 
mann die grĂŒndliche Umarbeitung und Verbreitung in Deutsch- 
land zu danken. Dasselbe hat sich bereits seit den wenigen Jah- 
ren seines Erscheinens eine weite Bahn gebrochen, welche bei der 
grossen Brauchbarkeit sich immer mehr erweitern wird. 

Papier, Druck und Abbildungen gereichen der Verlagshand- 
lung zum gerechten Ruhme. Dr. L. F. Bley. 


268 Literatur. 


Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preus- 
sischen Rheinlande und Westphalens. Herausgegeben 
von Dr. ©. J. AndrÀ, Secretair des Vereins. 23ster 
Jahrgang. 3te Folge. 3ter Jahrgang. Mit Abhand- 
lungen, Correspondenzblatt 2 und Sitzungsbericht. 
2te HĂ€lfte von 1866. Bonn, in Commission bei Max 
Cohn & Sohn. 1866. 


Einige kurze Mittheilungen. 

Pag. 156. Hr. Dr. Hugo Laspeyres in Berlin ĂŒber das Vor- 
kommen des CĂ€siums und Rubidiums in einem plutonischen Silicat- 
gestein der preussischen Rheinprovinz. Die folgenden Mittheilun- 

en schliessen sich den vorjÀhrigen Verhandlungen (Band XXI. 
Seite 35—48 aus dem Sitzungsberichte der niederrheinischen Ge- 
sellschaft in Bonn vom 2. MÀrz 1865) an, ergÀnzen und beantwor- 
ten die frĂŒher angeregten Fragen, so weit der Verf. zu Resultaten 
gelangt ist. 

Pag. 171. Hr. wirkl. Geh. Rath Dr. v. Dechen: Notizen ĂŒber 
die geologische Uebersichtskarte der Rheinprovinz und der Provinz 
Westphalen. Der Hr. Verf. bemerkt, dass die vorliegende Karte 
im Maassstabe von I/soo.000 der wahren Grösse (1 preuss. Meile = 
0,576 Zoll oder 6,912 Linien) eine wĂŒnschenswerthe ErgĂ€nzung er- 
halten hat, so erscheint es demselben an der Zeit zu sein, ĂŒber 
Umfang, Zweck, Inhalt und AusfĂŒhrung dieses Kartenwerks eine 
kurze ErlĂ€uterung zu veröffentlichen. Diese ausfĂŒhrliche und lehr- 
reiche, 3 Bogen starke Abhandlung ĂŒber diese schöne geologische 
Karte ist nach unserer Ansicht nicht in einzelnen BruchstĂŒcken 
fasslich wiederzugeben und der Raum des Archivs ist zu beschrÀnkt, 
um die Sache in grösserem Umfange vorzutragen. Es kann des- 
wegen auch nur eine Andeutung der Karte gegeben werden, um 
Denjenigen, die sich fĂŒr die Sache interessiren, die Herausgabe 
derselben anzuzeigen. 

Correspondenzblatt No. 2. Pag.41. Bericht ĂŒber die XXIII. 
General-Versammlung des naturhistorischen Vereins. Nachdem die 
geschÀftlichen Angelegenheiten des Vereins abgehandelt waren, wur- 
den die Verhandlungen aufgenommen. 


Pag. 44. Hr. Dr. Wirtgen berichtet ĂŒber eine neue Pflanzen- 
form aus der Gattung Plantago L. und legte eine grosse Zahl von 
Exemplaren in den mannigfaltigsten AbÀnderungen vor, welche von 
Hrn. Pharmaceut Winter aus den salzfĂŒhrenden Wiesen von 
Emmersweiler unweit SaarbrĂŒcken gesammelt und eingesendet wor- 
den waren. Durch das reichliche Material konnte der Vortragende 
genauere Untersuchungen anstellen; er fand darunter eine der Plan- 
tago major Àhnliche Pflanze, die sich aber in vielen Merkmalen 
von dieser unterscheidet: „sie hat eine stĂ€rkere Behaarung, 
die BlĂ€tter sind 3—Ö5nervig, oft lĂ€nglich oder lanzett- 
lich und allmÀlig in einen flachen Blattstiel verschmÀ- 
lert, das Deckblatt unter der BlĂŒthe ist breit rauten- 
förmig, fast so lang als der Kelch und bis auf einen 
schmalen Streifen am Rande ganz grĂŒn etc.“ Er wagt es 
einstweilen nur die Pflanze als Var. salina zu bezeichnen, zweifelt 
aber nicht, dass die Pflanze sich durch den Samen constant fort- 
pflanzen wird und in diesem Falle nennt Wirtgen dieselbe Plan- 
tago Winteri. 


Ne N a a a BE a N el a Kal he chi 


Literatur. 269- 


Hr. Dr. AndrÀ nahm Veranlassung, an die cft gemachte Wahr- 
nehmung zu erinnern, dass Pflanzen, deren eigenthĂŒmlicher Stand- 
ort nicht Salzboden sei, sehr hÀufig, wenn sie auf diesen gerathen, 
im Habitus bedeutende Abweichungen zeigen und fĂŒhrt als Beleg 
Taraxacum offieinale Wiggers an. Wenn es ferner auch dankens- 
werth sei, auf solche Formen die Aufmerksamkeit zu lenken, so 
ermahnen doch gerade dergleichen offenbar vom Boden abhÀngige 
Formen zur grossen Vorsicht in Aufstellung von neuen Arten, zu- 
mal aus der von dem Herrn Vorredner erwÀhnten Gattung Plan- 
tago, welche schon einen charakteristischen Salzbodenbewohner in 
Pl. maritima besitze. 

Pag.45. Hr. Prof. vom Rath machte aus einer grössern Arbeit, 
welche fĂŒr die Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft be- 
stimmtist: „Geologisch-mineralogische Fragmente aus Italien“, einige 
Mittheilungen, besonders ĂŒber die albanischen Gebirge bei Rom. 

Pag.46. Hr. Dr. Marquart legte der Versammlung eine grosse 
Reihe Stufen von grönlÀndischem Kryolitb mit verschiedenen Ein- 
schlĂŒssen vor. Dann zeigte Dr. Marquart Indium- Oxydhydrat 
und Schwefel-Indium in nicht unbedeutender Menge vor, welches 
in seiner chemischen Fabrik aus sÀchsischem Zinkmetall gewon- 
nen war. 

Pag. 46. Hr. Prof. Schaffhausen macht der Versammlung 
Mittheilung ĂŒber zahlreiche SĂ€ugethierreste westphĂ€lischer Höhlen 
in der Gegend von Balve und hielt darĂŒber einen eingehenden 
Vortrag. 

Pag. 58. Hr. wirkl. Geh. Rath v. Dechen knĂŒpfte hieran die 
Notiz eines ealifornischen Blattes, zufolge welcher in einer bedeu- 
tenden Tiefe, wahrscheinlich tertiÀrer Ablagerungen des Goldlan- 
des, ein MenschenschÀdel gefunden worden sei. 

Pag. 58. Hr. Dr. AndrÀ theilt den inhalt eines Schreibens 
des Hrn. Dr. v. Könen in Berlin „Ueber das Alter der TertiĂ€r- 
schichten bei BĂŒnde in Westphalen“ mit. 

Pag. 60. Hr. Med.-Rath Dr. Mohr sprach seine Ansichten ĂŒber 


die Thalbildung, gestĂŒtzt auf die Beobachtungen wĂ€hrend einer 


Reise durch die Schweiz, in einem eingehenden Vortrage aus. 

Pag. 66. Hr. Dr. v.d.Marck bemerkte im Anschlusse an den 
Vortrag des Hrn. Prof. Schaffhausen Folgendes: Seit einer 
Reihe von Jahren hatte ich mich bemĂŒht, Producte menschlichen 
Kunstfleisses, welche der frĂŒhesten Periode angehören, unter den 
EinschlĂŒssen der erwĂ€hnten Knochenhöhle von Balve aufzufinden, 
allein bis in die neueste Zeit vergebens. In den höheren Lagen 
des Höhleniettens waren allerdings vor einigen Jahren unter an- 
deren auch eine Anzahl MĂŒnzen, wenn er nicht irrt aus dem I1ten 
Jahrhundert, aufgefunden worden, welche Hr. Siebertz in Arens- 
berg ankaufte und wovon nur 1 Exemplar in Balve blieb. Der 
Redner besuchte 1866 im Sommer die Höhle nochmals und fand 
zu seiner Freude Steinwerkzeug der rohesten Bearbeitung und 
BruchstĂŒcke sehr alter irdener GefĂ€sse, welche denen in der west- 
phÀlischen Ebene als Theile von Urnen etc. nicht selten vorkom- 
menden Geschirren Àhnlich waren. Die meissel- oder beilartigen 
Steinwerkzeuge waren denjenigen, welche im Sommethale bei Amiens 
aufgefunden, sehr Àhnlich und bestanden nach der Analyse des 
Redners aus einem kieselsÀurereichen Kieselschiefer: 89,01 Kiesel- 
sÀure, 1,15 Thonerde, 4,25 kohlensaurer Kalkerde, 0,35 kohlensaurer 
Bittererde, 3,00 kohlensaurem Eisenoxydul und 2,04 Kohlenstoff in 
100 Theilen. 


De er 


DE Sr an nen 


N a 


a Br Ta 


rn 


+ 


\ I a a AL 5 ri sd! 2 
1 dur Luke 5 


270 Literatur. 2 


Sitzungsbericht der niederlĂ€ndischen Gesellschaft fĂŒr Natur- und 
Heilkunde in Bonn, als Folge der ersten HĂ€lfte von 1866. 


Pag. 33. Hr. Prof. Schulze sprach ĂŒber die Anatomie und 
Physiologie der Retina, indem er die Resultate seiner neueren Unter- 
suchungen zusammenstellte. 

Pag. 34. Hr. Med.-Rath Dr. Mohr theilte mit, dass er in dem 
Se nkohlönrnes Brom entdeckt habe. Ferner trug derselbe Redner 
vor, dass es ihm gelungen sei, ein sicheres Verfahren zur Bestim- 
mung des Magneteisens in Melaphyren, Basalten ete. zu ermitteln. 
Wenn man feingepulvertes Magneteisen mit SalzsÀure und Jod- 
kalium in einem verschlossenen Glase stehen lÀsst, so scheidet sich 
eine dem Gehalt an Eisenoxyd entsprechende Menge Jod aus. 
Diese kann dann leicht mit unterschwefligsaurem Natron nach der 
Methode gemessen werden, welche der Vortragende schon frĂŒher 
angegeben hat: indem nun so einmal 0,2 Grm., dann 0,4 Grm. 
Magneteisen behandelt wurden, so mussten nachher zur Austitri- 
rung des Jods 1) 17,3, 2) 34,4 C.C. Zehntel unterschwefligsaures 
Natron verwendet werden. Diese Mengen ergaben, wenn man das 
Atomgewicht des Magneteisens zu 116 nach der Formel Fe304 an- 
nimmt, 1) 0,20068 Grm., 2) 0,39904 Grm. Magneteisen, also immer 
bis zum letzten Milligramm genau. Ob aber ĂŒberhaupt Magnet- 
eisen vorhanden ist, erkennt man an der Wirkung des Steines auf 
astatische Magnetnadeln oder an der EntfÀrbung des Gesteins in 
verdĂŒnnter SalzsĂ€ure. 

Pag. 39. Hr. Prof. Troschel berichtete ĂŒber eine Sammlung 
von Fischen, welche Hr. Dr. StĂŒbel in Dresden an den Cap Ver- 
dischen Inseln gesammelt und dem Vortragenden zur wissenschaft- 
lichen Untersuchung ĂŒbergeben hat. 

Pag. 40. Hr. Geh. Bergrath Burkart ĂŒberreicht den Abdruck 
einer Abhandlung des Hrn. Prof. del Castillo in Mexiko ĂŒber 
ein neues, vom demselben beschriebenes Insekt, welches er zu dem 
Genus Fulgora und zu dem Subgenus Zystra Latreille zieht und 
glaubt dasselbe als Zystra cerifera mexicana bezeichnen zu mĂŒssen, 
wenn es noch nicht von einem frĂŒheren Autor benannt worden ist. 

Pag. 44. Hr. Dr. WĂŒllner sprach ĂŒber die Spectra des glĂŒ- 
Ken: Wasserstoffgases und berichtet ĂŒber das Ergebniss seiner 
Untersuchungen. 

Pag. 48. Hr. Prof. Bergemann theilte die Resultate einiger 
Versuche mit, welche von ihm mit dem Russ von Steinkohlen aus 
der Ruhrgegend angestellt worden sind, um einzelne Bestandtheile 
derselben zu ermitteln. Diese Versuche bezogen sich auf die An- 
gaben, welche Hr. Med.-Rath Dr. Mohr in der letzten Sitzung ĂŒber 
seine Entdeckung der Broms in dem Steinkohlenruss gegeben hat 
und bemerkte unter Anderem, dass schon Bussy in manchen Koh- 
lensorten Brom und Jod in geringer Menge entdeckt habe, aber ein 
solches Vorkommen sei nicht allgemein und nicht als etwas Cha- 
rakteristisches zu betrachten ete. 

Pag. 49. Hr. Prof. Schulze hielt einen eingehenden Vortrag 
ĂŒber den gelben Fleck der Retina, seinen Einfluss auf normales 
Sehen und auf die Farbenblindheit etc. 

Pag. 64. Hr. Prof. Argelander berichtete ĂŒber den neuen 
Stern im Sternbilde der Krone, der sich am 12. Mai plötzlich ver- 
schiedenen Beobachtern als zweiter Grösse gezeigt hat. 

Hr. Med.-Rath Mohr berichtet ĂŒber eine Verbesserung des 
dialytischen Apparats zur Trennung von krystallinischen und leim- 


Berichtigungen. 271 


artigen Stoffen. Er bedient sich dafĂŒr eines spitzen, sternförmig 

efalt.nen Filters von Pergamentpapier, welches aufrecht in ein 
las gestellt wird. Es bietet diese Form die grösste Menge wirk- 
samer FlÀche bei kleinstem Inhalt. Schon nach 6 Stunden konnte 
er aus dem Dialysat von Opium Morphium fÀllen und aus einer 
stark mit Suce. liquirit. versetzten Arseniklösung wurde die arse- 
nige SÀure mit Schwefelwasserstoffgas gelb gefÀllt. 

Pag. 65. Hr. Prof. Landolt theilt die Resultate einiger Ver- 
suche ĂŒber das Verhalter des Alkohols und Aethers bei lĂ€ngerem 
ErwÀrmen mit. 

Pag. 66. Hr. Dr. WĂŒllner hielt einen Vortrag anschliessend 
an Prof. Landolt ĂŒber die Spannkraft der DĂ€mpfe einiger orga- 
nischen FlĂŒssigkeiten, welcher einiges Licht auf die Beobach- 
tungen Regnault’s ĂŒber die Spannung des Aetherdampfes zu 
werfen geeignet ist. Es erscheint in Uebereinstimmung mit Lan- 
dolt nicht erforderlich zu sein, eine MolecularÀnderung des Aethers 
anzunehmen, um die Beobachtung Regnault’s zu erklĂ€ren etc. 


Dr. Löhr. 


Druckfehler- Berichtigungen. 


Im 130sten Bande des 3ten Heftes des Archivs muss es heissen: 


Seite266 Kreis Crefeld: SĂŒchteln anstatt StĂŒchteln 
„ 269 „ Ruhr: Langendreer „ Langenreer 
»„ 270 „ Herford: Röttscher „ Böttscher 
„ 271 „ Minden: Schaupensteiner „ Sehanpensteiner 
an „ LĂŒneburg: Leddin „  Zeddin 
„ 276 „ Ostfriesland: BĂŒnde „ Bonda 
„ 277 _ „ Braunschweig: Lehrte „.„„Bebre 
„ 279 „ Schwerin: Schiemann »„ Schumann 
„ 279 „  DBermburg: Plötzkau „  Rötzkau 
HN, Kroner „ Körner 
“ew83' „. ‚Her sfeld: Literfeld „ Eiterfeld 
„ 285 „ Eisenach: Simon „  $imen 
„ 291 „ Königsberg: LĂ€mmerhirt „ Lammerhirt 
„ 294 „ Halberstadt: Kabisch „  Kabich 
BERDIRn. . Denstorff „ Dendorf 
dt N., Danzig: Riebensahm „  Rilbensahm 
297... .Posen:. Kosten „ Korten 
„ 299 „ Görlitz: Knobloch »„  Knoche 
„ 38 „ Schleswig: Leck ». ‚Leik 
WS > Padel n..Zogel 
“7303, x Hansen „ Hausen 
„ 818. „ .Crefeld: Kossta „  Kortka 
„ 318 „ Elberfeld: Ditgens »„  Dilgener 
„ 318 „ Bernburg: Kroner 4... Körner 
tn. ke Fol R Keil Su Keit 
2 33 Lo ae G Bockshammer »„  Borkhammer 
„ 318 „ Cassel: Melsungen „ Malchow 
„ 318 „ Hersfeld: Homberg „  Horneburg 
„ 318 „ Halberstadt: Kroppenstedt „ Creppenstedt 
al“, k Kabisch »„  Kabich 
„9319 „ Lausitz „ Kreis Lauritz 


272 


Seite 319 Kreis Arnswalde: 


n 


THESE STERNE IE IFNTII NS EST 


319 
319 
319 


n 


> 


BI EEE ZFIISTZT SEN EN E 


DIVE HE ER de 
wry pe u I> 


Berichtigungen. 
Fiebelkorn 

Berlin: Kortum 
Posen: Kosten 
Görlitz: Berghau 
Reichenbach: Kostenblut 
Schleswig: Streckenbach 

= Padel 
St. Wendel: Roth 
Ruhr: Redeker 
Ruhr: Schulze-Berge 


R Schmathe 

Rt Langendreer 
Ostfriesland: BĂŒnde 
Rostock: Bulle 
Saalfeld: Göllner 


Leipzig: Rothe 
Königsberg: Soldin 
Angerburg: Benkheim 
Breslau: David 
Altona: Conn 
Herford: Krönig 

DE EVER data ZATE, 


Hofbuchdruckerei der Gebr. JĂ€necke zu Hannover, 


anstatt Jubelkorn 


S 


EITHER II I DE 


KortiumÂź: 
Korten 
Berghan 
Kostenthal 
Strackenbach 
Badel 

Rath 

Rediker 
Schulze-Benge 
Letmathe 
Langenreer 
Bunde 

BĂŒlle 

Gollner 
Ruthe 

Seldin 
Berkheim 
Davids 

Flonn 
Kröning. 


ARCHIV 


PHARMACIE. 


Eine Zeitschrift 
des 


allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins. 


Abtheilung Hordientschlant. 


Herausgegeben 


von 


L. Bley und 3. Ludwig. 


xVis Jahrganz. 


ii. 
HANNOVER. 
Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung. 


1861. 


ARCHIV 


PHARMACIE, 


Zweite Reihe. CXXXN. Band. 
Der ganzen Folge OLXXXII. Band. 


Unter Mitwirkung der Herren 


Bender, Berlandt, Dragendorff, Erdmann, Landerer, Löhr, Petz- 
holdt, Philipp, Ramdohr, Rammelsberg, Reichardt, Schacht, Schach- 
trupp, Weinhold 


herausgegeben 


von 


L. Bley und HH. Ludwig. 


Aschoff’sches Vereinsjahr. 


HANNOVER. 
Im Verlage der Hahn’schen Hofbuchhandlung. 


1867. 


Inhaltsanzeige. 


Erstes und zweites Heft. 


I. Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und 
praktische Pharmacie. Seite 


Ueber die Anwendung des Amylalkohols zur Darstellung und 
quantitativen Bestimmung des Morphins, zur Darstellung 
des Strychnins, so wie zum Nachweise der Alkaloide bei 
gerichtlich-chemischen Analysen; von Ludwig Schach- 
Bappraus Bauenberg ..-.. Luna ee ee ET 1 

Ueber Kreosotgas; von L. Ramdohr, techn. Dirigent der 
Mineralöl- und Paraffin-Fabrik GeorghĂŒtte bei Aschersleben 53 

Ueber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers; von J. Phi- 


Analyse der Glimmer von Utö und Easton und Bemerkungen 
ĂŒber die Zusammensetzung der Kaliglimmer ĂŒberhaupt; 


weRsC-Rammelsberg in Berlin.............. Ss an 82 
Zur Methode der Aschenanalyse; von Prof. Dr. E. Reichardt 

BEBETAR ee ent ee ae ee es a EEE 88 
Beesabrod... . a areas eis ame er a a eat a are EEE 100 
Beier Derinfeetionsmitte]... -....-.: -. u. Sue ne 102 


II. Naturgeschichte und Pharmakognosie. 
Pharmakologische Notizen; von Dr. X. Landerer in Athen 104 


iteber Merrubium: "von Demselben. ...2.....2:.2s U aa 105 
Notizen ĂŒber den Maulbeerbaum:; von Demselben............ 107 
Notizen ĂŒber Höhlen in Griechenland; von Demselben........ 108 
Ueber ein eisenhaltiges Mineralwasser; von Demselben....... 109 


III. Monatsbericht. 


DĂŒnnes Eisenblech S. 110. — Gusseisen 110. — Einfluss des 
Wolframs auf Gusseisen 110. — Nutzbarınachung der Weiss- 
bleehschnitzei 111. — Methode zum Verkupfern des Guss- 
eisens 112. — Eine ungewöhnliche Entstehungsart von 
Eisenoxydoxydul 112.— Verfahren zur volumetrischen Be- 


VI 


Inhaltsanzeige. 


Seite 


stimmung des Eisens 113. — Tellur 117. — Grosse Halt- 
barkeit einer sauren Lösung der arsenigen SĂ€ure 117. — 
Verhalten des Kupfers und Silbers zu den Auflösungen 
der arsenigen, selenigen und phosphorigen SĂ€ure 118. — 
Nachweisung von Antimon durch die Löthrohrprobe 119. 
— Krystallisirtes Antimonoxyd und dessen Verbindungen 
120. — Zinkfabrikation 121.— NatĂŒrliche Verbindung von 
Zinkoxyd, Ammoniumoxyd uud Wasser 122. — Indium 122. 
— Vorkommen von Indium im sogen. Ofenrauch der Zink- 
Röstöfen auf JuliushĂŒtte bei Goslar a.H. 124. — Einfache 
Gewinnung des Thalliums 126. — Reactionen des Thal- 
liums 126. — Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds 127. — 
Fluorthallium 128. — Thalliumglas 129. — Vergiftung durch 
einen Bleigehalt von MĂŒhlsteinen 130. — Schlagloth fĂŒr 
Hartlöthungen 131. — Chemische Untersuchung einer alten 
in Hindostan gefundenen Statue des Buddha 131. — Auf- 
findung von sehr kleinen Mengen Kupfer in thierischen 
Theilen 131. — Alfenide 132. — Bereitung von sogenann- 
tem ebromsauren Kupferoxyd 132. — Bereitungsweise einer 
schönen grĂŒnen Kupferfarbe 133. — Ein ergiebiges Quecksil- 
berlager 133. — Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen 
Croup 134.— VerfĂ€lschung von Argentum nitricum fusum 135. 
— Vereinfachung des Bothe’schen Glasversilberungsverfah- 
rens 135 — PrĂŒfung von Gold- und SilbermĂŒnzen auf ihre 
Aechtheit 136. — Wassergehalt des Goldoxydhydrates 136. — 
Platinplattirte Schalen fĂŒr chemische Laboratorien 137. — 
Platinspiegel 138. — Bromverbindungen des Iridiums 138. 
—- Botany-Bay- oder Grassbaum-Gummi, Gummi acroides 
140. — Fabrikation des StĂ€rkezuckers 140. — Bildung des 
StĂ€rkezuckers und Dextrins aus der StĂ€rke 141. — Neue 
Reaction auf Traubenzucker 142. — Neues Unterscheidungs- 
mittel von Rohr- und Traubenzucker 143. — Zuckerver- 
brauch im Zollverein 143. — RĂŒbenzuckerfabrikation im 
Zollvereine in der Periode 1850—1864 146. — Neues Ver- 
fahren der Saftgewinnung aus RunkelrĂŒben 147. — Der 
eondensirte RĂŒbendampfsaft (BrĂŒdenwasser) der DĂŒnnsaft- 
apparate 148. — Fabrikation der Zuckercouleur 148. — 
Oxydationsproduct des Erythrits 149. — Trehala oder Tri- 
cala 150.— Umwandlung der inactiven WeinsĂ€ure in Trau- 
bensĂ€ure 150. — Bereitung der CitronensĂ€ure 151. — Ci- 
tronensÀure, ein Mittel zur Linderung der Schmerzen bei 
KrebsgeschwĂŒren 151. — Boreitronsaure Magnesia 152. — 
Darstellung der AepfelsÀure aus den Fruchtzapfen von 
Rhus coriaria und das verschiedene Verhalten der Gerb- 


Inhaltsanzeige. vo 

rn Seite 
sĂ€uren 153. — Geruch der kĂ€uflichen GerbsĂ€ure 154. — 
Digitalin 156. — Helleborin und Helleborein 156. — Laser- 
pitin 158. — Untersuchung der Alo& succotrina 159. — 
Verhalten der Aloe zur T'hierkohle 160. — AloetinsĂ€ure 
161. — ChrysoeyaminsĂ€ure 161.— Chloranil 162. — Unter- 
suchungen ĂŒber die Entwickelungsgeschichte des Farbstoffs 
in Pflanzenzellen 162. — Chlorophyll 164. — Farbstoffe der 
BlĂ€tter 165. — Flechtenstoffe 167. — Catechin 168. — Kino 
169. — Scoparin 169. — Ratanhin 169. — Anwendung der 
Ratanhia in der FĂ€rberei 171. — Nachweisung der Krapp- 
verfĂ€lschung 172. — Ueber eine dem Alizarin isomere Ver- 
bindung aus Naphthalin 172. — Morindon identisch mit 
Alizarin 173. — Behandlung des Opiums mit Terpenthin- 
öl 173. — Schweinemilch 174. — Mikroskopische Unter- 
suchung der Blutflecken 174. — Chemische Beschaffenheit 
der Gehirnsubstanz 175. — Pökeln des Fleisches 177. — 
Pökeln des Fleisches mit Zucker 178. — Conservirung von 
Rauchfleisch und Beseitigung bereits eingetretener FĂ€ul- 
niss desselben 178. — Werth des Fleischextracts 179. — 
Fleischextract 180. — Einwirkung von salpetriger SĂ€ure auf 
Kreatinin 180. — Vorhandensein einer dem Chinin sehr 
Ă€hnlichen fluoreseirenden Substanz in dem thierischen Ge- 
webe 131. — Pancreatin 182. — FlĂŒssiger Leim 182. — 
Xanthingehalt der Leber 182. — Xanthin im Harn 183. — 
Chloroform als Reactionsmittel auf zuckerhaltigen Harn 
184. — Verdeckung des unangenehmen Geruchs der Schwe- 
felkaliumprÀparate 184. 


IV. Literatur und Kritik ........ ee ae les 
Bihlipsraphischer Anzeiger: ..... 1... 2. um.ua ne zes 189 
—— 


Drittes Heft. 
I. Biographisches Denkmal. 
Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer........cccceeccnc. "193 


IL Physik, Chemie, Pflanzenphysiologie und 
praktische Pharmacie. 


Ueber Chloroform; von Dr. C. Schacht, Apotheker in Berlin 213 
Zur MilchprĂŒfung; von Dr. Julius Erdmann.............. 220 


ar 
.. ’ „a . 


n 


VIII Inhaltsanzeige. 


Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Institute in Dorpat. 
Mitgetheilt von Professor Dr. Dragendorff. BeitrÀge zur 


Kenntnisse des 'Cantharidinsv. ...... .2.4. 0000 00 emEeE 233 
Ueber die Verunreinigungen der Arzneimittel; von Dr. Her- 
mann Ludwig, a. Professor in dena..........20co00c0s 259 


Ueber die Mineralquellen zu Heppingen, Landskron und Apol- 
linarisbrunn im Ahrthal; von R. Bender in Coblenz..... 278 


III. Naturgeschichte und Pharmakognosie. 


Nachweisung des Mutterkorns im Roggen- und gemischten 
Weizenmeble; von L. Berlandt, Apotheker in Bukarest 282 
Zur Kenntniss der giftigen Wirkung des Rhus toxicodendron 283 


BVeslıterstur und Kritik... ......2.... 20.07 285 
Register ĂŒber Bd. 129, 130, 131 und 132 der zweiten 
Reihe des Archivs... 1... 22. Sr 289 
——HNr— 


Seite ° 


a TIER 


ARCHIV DER. PIIARNACE 


CLXXXI. Bandes erstes und zweites Hett. 


%. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- 
logie und praktische Pharmaecie. 


Veber die Anwendung des Amylalkohols 


zur Darstellung und quantitativen Bestimmung des 
Morphins, zur Darstellung des Strychnins, so wie 
zum Nachweise der Alkaloide bei gerichtlich- 
chemischen Analysen; 
von 
Ludwig Schachtrupp 
aus Lauenberg. 


Schon vor mehren Jahren wurde das Fuselöl von 
L. v. Uslar und J. Erdmann dazu angewandt, die 
Alkaloide Morphin, Narcotin, Strychnin, Nicotin und Coniin 
bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen aufzufinden. 

Die Methode erwarb sich bald die Anerkennung der 
FachmÀnner, weil sie sich bei der praktischen Anwendung 
nicht allein durch Einfachheit in der AusfĂŒhrung aus- 
zeichnet, sondern auch mit grosser Sicherheit zum ‚Ziele 
fĂŒhrt und selbst in der Hand des weniger geĂŒbten Arbeiters 
gute Resultate gibt. Die Verfasser erkannten damals 
schon, dass das Fuselöl durch die vielen VorzĂŒge, welche 
es vor dem gewöhnlichen Alkohole hat, vielleicht auch 
zur Darstellung der Alkaloide geeignet sein möchte und 
behielten es sich vor, spĂ€ter ĂŒber diesen Gegenstand 
weitere Mittheilungen zu machen. 

Im Laufe der Zeit wurden auch im hiesigen Labora- 
torium vielfache Versuche in dieser Richtung ausgefĂŒhrt; 
aber zu einem Abschlusse konnte es nicht gebracht werden, 
weil die Verfasser durch vielseitige BerufsgeschÀfte ausser 
Stande waren, sich eingehender mit diesem Gegenstande 
zu beschÀftigen. Als mich deshalb Herr Professor v. Uslar 

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1.u.2.Hft. 1 


er Air 


5 2 | 


2 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 2 


aufforderte, die Anwendung des Fuselöls zur Darstellung 
von Morphin und Strychnin einer ausfĂŒhrlichen Unter- 
suchung zu unterwerfen, ergriff ich die Gelegenheit mit 
Freuden, weil die genannten Alkaloide ein lebhaftes Inter- 
esse stets in Anspruch nehmen. 


Bei dieser Gelegenheit ist es mir BedĂŒrfniss, meinem 
nochverehrten Lehrer, Herrn Professor v. Uslar, herzlich 
zu danken fĂŒr die UnterstĂŒtzung bei der vorliegenden 
Arbeit, so wie auch fĂŒr die grosse Bereitwilligkeit, mit 
welcher er mir durch Rath und That bei alle meinen 
Arbeiten im hiesigen Laboratorium zur Seite stand. 


I, Morphin. 


Bei den grossen Fortschritten der organischen Chemie 
in den letzten Decennien ist auch die Zahl derjenigen 
Verbindungen, welche den allgemeinen Namen organische 
Basen fĂŒhren, zu einer fast unĂŒbersehbaren Menge heran- 
gewachsen. 


Dieselben lassen sich ihrer Entstehung nach in zwei 
Gruppen bringen, deren eine diejenigen Basen umfasst, 
welche kĂŒnstlich darstellbar sind und die bei weitem 
grösste Anzahl ausmachen, ‚wĂ€hrend die zweite Gruppe 
aus einer verhÀltnissmÀssig nur kleinen Reihe von Ver- 
bindungen besteht, die bislang allen Versuchen der kĂŒnst- 
lichen Darstellung Trotz boten und ausschliesslich Producte 
des Pflanzenlebens sind. Diese letzteren fĂŒhren den be- 
sonderen Namen Alkaloide. 

So grosses Interesse auch, vom theoretischen Stand- 
puncte aus betrachtet, die erste Classe von Verbindungen 
darbietet, so gering ist, mit Ausnahme des Anilins, bis 
jetzt ihr Werth fĂŒr das praktische Leben; dagegen bilden 
die Alkaloide auch in dieser Beziehung einen Gegensatz 
zu jenen Basen, dass ihre Bedeutung in der angewandten 
Medicin eine sehr wichtige und vielseitige ist, wÀhrend 
bislang ihre chemische Constitution noch so gut wie völlig 


EN 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 3 


unbekannt blieb, so mannigfaltige Forschungen auch in 
dieser Richtung unternommen werden mochten. 

Wir kennen jetzt die nahe Beziehung der kĂŒnstlichen 
Basen zu Ammoniak und Ammoniumoxyd, wir sind, gestĂŒtzt 
auf ihr chemisches Verhalten, zu der Annahme berechtigt, 
dass sie als Verbindungen betrachtet werden können, die 
sich von jenen Typen in der Weise ableiten lassen, dass 
der Wasserstoff ganz oder theilweise durch organische 
Radicale, d.h. durch Atomgruppen, die sich wie Elemente 
verhalten, vertreten werden kann; aber die BemĂŒhungen, 
diese theoretischen Anschauungen auf die Alkaloide zu ĂŒber- 
tragen, auch sie in Radicale zu zerlegen, um so eine Ein- 
sicht in ihre Constitution zu erlangen, sind fehlgeschla- 
gen. Wohl ahnen wir, dass auch ihre Zusammensetzung 
in inniger Beziehung zu den Typen Ammoniak und Ammo- 
niumoxyd steht und in neuester Zeit hat diese Betrachtung 
sogar durch das Einschieben von Radicalen in die Zusam- 
mensetzung einzelner Alkaloide, also durch sogen. sub- 
stituirte Verbindungen, eine grössere StĂŒtze erhalten; so 
lange wir indess nicht im Stande sind, sie selbst in Radicale 
zu zerlegen, ist unsere Anschauung ĂŒber ihre Zusammen- 
setzung noch eine sehr mangelhafte, und eine kĂŒnstliche 
Darstellung derselben unmöglich. 

Die Alkaloide sind, wie die organischen Basen ĂŒber- 
haupt, durch einen entschieden ausgeprÀgten basischen 
Charakter ausgezeichnet, die meisten sÀttigen die stÀrksten 
SÀuren so vollstÀndig, wie die Alkalien Kali, Natron und 
Ammoniak und bilden hÀufig sehr gut krystallisirende 
Salze. Alle Alkaloide sind stickstoffhaltig, und man ist 
zu der Annahme berechtigt, dass ihre BasicitÀt von ihrem 
Stickstoffgehalte abhÀngig ist. Eine genauere Betrachtung 
ihrer chemischen Constitution fĂŒhrt zu der merkwĂŒrdigen, 
ebenfalls unerklÀrbaren Erscheinung, dass alle Alkaloide, 
welche aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und 
Stickstoff bestehen, flĂŒchtig sind, wĂ€hrend die grössere 
Zahl derselben, die ausser jenen Elementen noch Sauer- 
stoff enthalten, zu den nicht flĂŒchtigen gehören, so dass 
es scheinen könnte, als wÀren die verschiedenen Aggregat- 

Ir 


a ar rn 6 ee 
4 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


zustÀnde durch das Vorhandensein oder Fehlen des Sauer- 
stoffs bedingt. 

Die flĂŒchtigen Alkaloide, zu denen nur Nicotin, Coniin 
und Spartiin gehören, stehen wahrscheinlich in naher 
Beziehung zu dem Typus Ammoniak, die ĂŒbrigen nicht 
flĂŒchtigen glaubt man als Ammoniumbasen auffassen zu 
mĂŒssen. 

Fast sÀmmtliche Alkaloide sind durch ihre energische 
Wirkung auf den Thierkörper im hohen Grade ausgezeich- 
net; die meisten gehören deshalb nicht allein zu den 
wichtigsten Arzneimitteln, sondern auch zu den furcht- 
barsten Giften. Die Wichtigkeit sehr vieler officineller 
Pflanzen wird durch die in denselben enthaltenen Alkaloide 
allein bedingt, ja man glaubte lange Zeit, dass die Wir- 
kung sÀmmtlicher Arzneipflanzen allein von dem Gehalte 
an jenen Basen abhĂ€ngig sein mĂŒsse, also in jedem offi- 
cinellen GewÀchse ein Alkaloid zu suchen sei. Diese 
Annahme hat lĂ€ngst aufgegeben werden mĂŒssen, der Eifer, 
mit welchem das Auftreten und die Eigenschaften dieser 
interessanten Olasse von organischen Verbindungen ver- 
folgt wurde, hatte zu einer unhaltbaren Theorie gefĂŒhrt; 
auch den ĂŒbrigen in Pflanzen erzeugten Producten, wie 
den Bitterstoffen, Harzen, Àtherischen Oelen ete., muss 
ein grosser Antheil an der medicinischen Wirksamkeit 
zugeschrieben werden. 

Unter allen den Producten, welche das Pflanzenleben 
dem Arzneischatze geschenkt hat, hat keines so grosse 
Wichtigkeit erlangt, als das Opium. Seitdem die Mediein 
dies unschÀtzbare Arzneimittel in seinem ganzen Umfange 
hat kennen lernen, ist eine völlige UmwÀlzung durch das- 
selbe namentlich in der Therapie herbeigefĂŒhrt, so dass 
Hufeland mit Recht einst sagen konnte: „Die Geschichte 
des Opiums ist die Geschichte der Mediein selbst.“ Mit 
einem des Gegenstandes wĂŒrdigen Eifer sind daher schon 
seit dem Bekanntwerden des Opiums vorzugsweise die 
Pharmaceuten bemĂŒht gewesen, unsere Kenntnisse ĂŒber 
die Gewinnung und die Bestandtheile desselben immer 
mehr zu erweitern, wobei bis auf den heutigen Tag die 


EN re N 
ER 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 5 


Literatur dieses Gegenstandes zu einem bedeutenden Um- 
fange herangewachsen ist. 

Das Opium wird aus den unreifen Samenkapseln 
des Mohnes, Papaver somniferum L., gewonnen. Man 
beschÀftigt sich mit der Bereitung desselben fast aus- 
schliesslich in den orientalischen LĂ€ndern, weil das Klima 
hier der vollstĂ€ndigen und ĂŒppigen Entwickelung der 
Mohnpflanze besonders gĂŒnstig ist. Indess sind auch in 
Europa und selbst in Deutschland Productions- Versuche 
gemacht worden, deren Resultate in so fern befriedigend 
waren, als dabei ein Opium von oft sehr guter Beschaffen- 
heit erhalten wurde, welches der besten tĂŒrkischen Waare 
gleich kam; aber die BeschĂ€ftigung ist eine so mĂŒhsame, 
und der Ertrag im VerhÀltniss zur Arbeit ein so geringer, 
dass der pecuniÀre Nachtheil die grössere Ausdehnung 
dieses Industriezweiges unmöglich machte. Hervorzu- 
heben ist hier allerdings, dass in Frankreich die Opium- 
gewinnung mit jedem Jahre grösser wird; im Jahre 1857 
betrug der nur im Departement der Somme erzielte Opium- 
werth 1 Mill. 900,000 Franes. Es bleiben trotz alle dem 
Kleinasien, Arabien, Aegypten, Persien, Ostindien und 
in neuerer Zeit auch China und Algerien die Haupt- 
bezugsquellen fĂŒr das Opium. 

Die Gewinnung desselben wird in den verschiedenen 
LĂ€ndern nach gleichen Principien ausgefĂŒhrt, indem man 
den Milchsaft der halbreifen Samenkapseln durch Ein- 
schnitte zum Ausfliessen bringt, ihn dann nach dem Ein- 
trocknen an den Mohnköpfen sammelt und zusammenkretet. 
Die Art und Weise, wie diese Arbeit der Opiumbereitung 
nach Gewohnheit und althergebrachter Sitte von den 
einzelnen Völkern vorgenommen wird, ist in den einzel- 
nen LĂ€ndern verschieden. 

In Kleinasien pflegt man im Allgemeinen so zu ver- 
fahren, dass man des Abends die halbreifen Samenkapseln 
mit eigends zu diesem Zwecke hergerichteten Instrumen- 
ten einschneidet, indess mit der Vorsicht, dass die Ein- 
schnitte die Wand der Kapseln nicht durchbrechen, damit 


6 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


der aus der verwundeten Stelle hervorquellende Milchsaft 
aussen an der Kapsel erhÀrtet, nicht aber in das Innere 
derselben fliesst und dadurch verloren geht. Am anderen 
Morgen wird der in der Form grösserer oder kleinerer 
Tropfen an den einzelnen Mohnkapseln festgetrocknete 
Saft mittelst eines Messers abgeschabt, durch Zusammen- 
kneten innig gemischt, in Kuchen geformt und getrocknet. 

Das Einsammeln geschieht nicht immer mit gleicher 
Sorgfalt, und eben so wenig wird die weitere Verarbeitung 
des Eingesammelten stets in derselben Weise, mit dem- 
selben Fleisse und der nöthigen Aufmerksamkeit bewerk- 
stelligt, sondern in den verschiedenen LĂ€ndern und Di- 
strieten Kleinasiens machen Sitten, Gewohnheiten und 
Gewinnsucht grossen Einfluss auf diesen wichtigen Industrie- 
zweig geltend. Bei dem Abschaben des mehr oder weniger 
erhÀrteten Saftes werden nicht unerhebliche Mengen von 
Epidermis der Kapseln absichtlich zwischen das Opium 
gebracht, in anderen Gegenden wird das wahre Opium 
stets auf die Weise verfÀscht, dass man nach dessen Ein- 
sammlung die Mohnpflanzen abmÀht, auspresst, auskocht 
und diese Abkochung zur Extractconsistenz eindampft, 
um das echte Product mehr oder weniger zu verfÀlschen 
und dadurch Opiumsorten von verschiedenem Werthe zu 
erzeugen. Nach Landerer’s Berichten sollen auf diese 
Weise die vielen Handelssorten des tĂŒrkischen Opiums 
entstehen. 

Nur dieses Opium kommt zu uns in den Handel und 
wird von den meisten Pharmakopöen als die officinelle 
Drogue verlangt. Man unterscheidet zwei verschiedene 
Sorten, das ÜConstantinopolitanische und Smyrnaische 
Opium, die man frĂŒher glaubte zusammenfassen zu mĂŒssen, 
in letzterer Zeit indess mit Recht pharmakognostisch ge- 
trennt hat. Das erstere bildet völlig gleichmÀssige, homo- 
gene, auf dem Bruche glĂ€nzende StĂŒcke von !/, — 21], Pfd. 
Gewicht, das letztere stellt braune, an einzelnen Stellen 
stÀrker oder schwÀcher gelb gefÀrbte, gleichsam gefleckte 


Kuchen von 11, —2 Pfd. Gewicht dar, zeigt, worauf 


A Er e . ’ E I 


IE 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 7 


Merk zuerst aufmerksam machte, samenÀhnliche ThrÀnen 
und ist stets mehr oder weniger von Epidermis und ein- 
zelnen Theilen der Mohnkapseln verunreinigt. Das Con- 
stantinopolitanische Opium wird fĂŒr das beste tĂŒrkische 
Opium gehalten, und einzelne Sorten desselben sind durch 
einen sehr hohen Procentgehalt an Morphin (15—16 Proc.) 
ausgezeichnet. Da dasselbe indess nur in geringer Menge 
und nicht regelmÀssig in den Handel kommt, also nicht 
gleichmÀssig in den Apotheken vorrÀthig sein kann, so 
darf es nicht dispensirt werden, sondern die Pharmakopöen 
verlangen das sogen. Smyrnaische Opium, welches stets 
in genĂŒgender Menge importirt wird. 

In Östindien weicht die Art der Zubereitung des 
Opiums in mancher Beziehung von der in der asiatischen 
TĂŒrkei beschriebenen ab. Wir haben in neuester Zeit die 
ausfĂŒhrlichsten Berichte, in welcher Weise die Opium- 
ernte und die weitere Verarbeitung desselben in diesem 
Lande vorgenommen wird. FĂŒr Östindien ist dieser Han- 
delszweig eine Quelle reichen Gewinnes, weil dieses Land 
die bei weitem grösste Menge dieser Drogue liefert. FĂŒr 
uns hat indess dieses ostindische Opium um so weniger 
Interesse, weil es gar nicht oder doch nur als Seltenheit 
in unsern Handel kommt, mit Ausnahme einer einzigen 
Sorte, des sogen. Patna-Opiums, an GĂŒte noch weit hinter 
der schlechtesten Smyrnaischen Waare zurĂŒcksteht, so dass 
es mehr einem getrockneten Extracte als wirklichem 
Opium Àhnlich sieht. Dagegen consumirt China fast 
sÀmmtliches hier gewonnenes Opium, wÀhrend in Ost- 
indien selbst nur «ein geringer Theil verbraucht wird. 
Dadurch dass die Chinesen, ĂŒberhaupt die morgenlĂ€ndi- 
schen Völker, dem Geist und Körper zerrĂŒttenden Genusse 
des Opiums fröhnen, ist die Cultur desselben in Ostindien 
zu einer ernormen Höhe gestiegen, hervorgerufen durch 
das immer grössere Verlangen nach diesem Berauschungs- 
und Genussmittel. So betrug beispielsweise im Jahre 1844 
die Einfuhr in China 40,000 — 50,000 Kisten zu einem 
Werthe von pr.pr. 144—180 Mill. Frances, und jĂ€hrlich 


—. Er Ta 


8 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


hat die Consumtion in einer Schrecken erregenden Weise 
zugenommen. 

Wie leicht aus diesen kurzen Betrachtungen zu ersehen 
ist, wird nur ein kleiner Theil des gesammten Opiums 
zu medicinischen Zwecken verwendet. Es geht ferner aus 
dem frĂŒher AngefĂŒhrten hervor, dass alles nach Europa 
gebrachte Opium mehr oder weniger verfÀlscht wird, 
dass diese Drogue, weil sehr oft ihr Verbrauch den Ertrag 
ĂŒbersteigt, von jeher aus Gewinnsucht die Zielscheibe 


der gröbsten BetrĂŒgereien gewesen ist. Die pharmaceu-. 


tische Literatur ist reich an Berichten ĂŒber zahlreiche 
VerfÀlschungen und tÀuschend Àhnliche in den Handel 
gebrachte Kunstproducte des Opiums. Harze aller Art, 
Thee, Gummi, Mehl, Salep, Zucker, Lakritzensaft, StÀrke, 
extrahirtes Opium u.s.w. sind in betrĂŒgerischer Absicht bei- 
gemischt oder es ist sogar aus ihnen Opium kĂŒnstlich 
fabrieirt worden. 

Bei einem so wichtigen Arzneimittel wie das Opium, 
war es deshalb dringendes BedĂŒrfniss, Mittel zu finden, 
durch welche man sich von der GĂŒte des fraglichen PrĂ€- 
parates ĂŒberzeugen konnte. Als man daher das Opium 
zum Gegenstande ausfĂŒhrlicher chemischer Untersuchungen 
machte, wurde dasselbe zu einer wahren Fundgrube der 
interessantesten Stoffe, die sich noch bis in die jĂŒngste 
Zeit vermehrt haben, und unter denen besonders eine 
Reihe Alkaloide, Morphin, Narcotin, Codein, Narcein, 
Papaverin etc. so wie die durch ihr Vorkommen und ihr 
chemisches Verhalten ausgezeichnete SĂ€ure, die Mecon- 
sÀure, gehören. Da das Opium seine Wirkung allein den 
darin vorkommenden Basen und zwar vorzugsweise dem 
Morphin verdankt, welches unter allen die wichtigste ist 
und in der grössten Menge darin auftritt, so geht daraus 
hervor, dass eine quantitative Bestimmung dieses Alkaloids 
den einzigen sicheren Massstab fĂŒr die Beurtheilung der 
GĂŒte des Opiums abgeben kann, dass der medicinische 
Werth des letzteren von dem Gehalte an Morphin ab- 
hÀngig ist. 


ur 


N #7 


a a a Er 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 9 


Das Morphin wurde im Jahre 1804 von SertĂŒrner 
entdeckt, jedoch erst im Jahre 1816 (nicht aber 1830, 
wie Einige angeben) beschrieb er seine Bereitungsweise 
und erkannte die basische Natur desselben. Wenn auch 
Derosne, Apotheker in Paris, sich schon 1803 mit Unter- 
suchungen des Opiums beschÀftigte, das Narcotin abschied 
und rein darstellte, so gelang es ihm doch nicht, das 
Morphin zu erkennen, obgleich er dasselbe mit Narcotin 
zusammen durch ein Alkali gefÀllt und die alkalische 
Reaction des Morphins durch die grĂŒne Farbe des Veil- 
chensyrups beobachtet hatte. Um so sicherer erkannte 
dagegen unser Landsmann SertĂŒrner durch seine scharf- 
sinnigen Beobachtungen nicht allein das Morphin als eine 
salzfÀhige Grundlage, die sich, wie er bestimmt aussprach, 
dem Ammoniak zunÀchst anschliesse, sondern er entdeckte 
auch die dem Opium allein eigene PflanzensÀure, die 
MeconsÀure. 


Die ĂŒbrigen im Opium enthaltenen Basen sind von 
weniger grossem Interesse, obgleich sie die Wirkung des 
Opiums theilweise bedingen und so modificiren, dass sie 
von ‚der des reinen Morphins in mancher Beziehung ab- 
weicht. 


Sehr lehrreich sind die Untersuchungen von Ber- 
nard*) hinsichtlich der Wirkungen und Giftigkeit der 
einzelnen Opiumalkaloide. Am giftigsten ist das Thebain, 
dann folgen der Reihe nach Codein, Papaverin, Narcein, 
Morphin und Narcotin. SĂ€mmtliche Opiumbasen, mit 
Ausnahme des Narceins, welchem die schlafmachende 
Wirkung des Opiums vorzugsweise zuzuschreiben ist, 
wirken krampferregend, eine Eigenschaft, die wiederum 
dem Thebain im höchsten Grade zukommt, dem sich dann 
in der Reihenfolge Papaverin, Narcotin, Codein und Morphin 
anschliessen. 

Aus dem Umstande, dass in letzter Instanz der Werth 
des Opiums von dem Procentgehalte an Morphin abhÀngt, 


*) Compt. rend. LIX. 406. 1864. 


ee 
10  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


aus der Thatsache, dass kein unverfÀlschtes Opium in 
den europĂ€ischen Handel kommt, geht zur GenĂŒge hervor, 
nur solches Opium fĂŒr den medicinischen Gebrauch in 
Apotheken zuzulassen, dessen Gehalt an Morphin durch 
quantitative Bestimmung genau festgestellt ist und der 
pharmakognostischen PrĂŒfung dieser Drogue nur einen 
untergeordneten Werth beizumessen. 

Es sind daher im Laufe der Zeit viele Vorschriften 
zur Gewichtsbestimmung des Morphins im Opium gegeben, 
von denen indess nur wenige ein allgemeines Interesse 
erregten und fĂŒr die pharmaceutische Praxis geeignet 
waren, indem ihnen entweder die nöthige analytische 
SchÀrfe fehlte, oder das vorgeschriebene Verfahren zu 
umstĂ€ndlich und zeitraubend fĂŒr eine schnelle und prĂ€cise 
AusfĂŒhrung war. 

Bevor ich zu der von mir gefundenen Methode der 
quantitativen Bestimmung des Morphins ĂŒbergehe, sei es 
mir erlaubt, einige der wichtigsten Vorschriften dieser 
Art anzufĂŒhren, um sie einer Vergleichung und PrĂŒfung 
“zu unterziehen. 

Nach dem von Merk angegebenen Verfahren operirt 
man in folgender Weise: 1 Th. zerschnittenes Opium 
wird mit 16 Th. Branntwein gekocht, filtrirt, und der 
RĂŒckstand auf gleiche Weise nochmals mit 8 Th. Brannt- 
wein eben so behandelt. Man setzt den vereinigten und 
filtrirten AuszĂŒgen Y, Th. kohlensaures Natron zu, ver- 
dampft auf dem Wasserbade zur Trockne, weicht die 
Masse mit kaltem Wasser auf, lÀsst in einem cylindrischen 
GefÀsse absitzen, decantirt, giesst etwas Wasser auf den 
RĂŒckstand, rĂŒhrt um, lĂ€sst wieder absitzen und ĂŒbergiesst 
nun den RĂŒckstand mit 1 Th. Weingeist von 0,85 spec. Gew. 
Nachdem letzterer ungefÀhr 1 Stunde eingewirkt hat, wird 
der Niederschlag auf einem Filter gesammelt, mit etwas 
Weingeist abgewaschen und getrocknet. Man bringt den 
getrockneten Niederschlag so vollstÀndig als möglich vom 
Filter, löst ihn in einem Gemische von 1 Th. destillirtem 
Essig und Wasser, filtrirt durch dasselbe Filter und wÀscht 


DE Se VE FORT 
zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 11 


mit 1 Theil desselben Gemisches von Essig und Wasser 
nach. Das Filtrat enthÀlt das Morphin als essigsaures 
Salz; es wird mit Ammoniak im geringen Ueberschuss 
versetzt, und das Ausscheiden des Morphins durch Reiben 
der GefĂ€sswĂ€nde mit einem Glasstabe unterstĂŒtzt. Das 
Morphin scheidet sich als nur wenig gefÀrbtes, schmutzig 
weisses Pulver ab, welches nach 12stĂŒndigem Stehen auf 
einem Filter gesammelt, getrocknet und gewogen wird. 


Die von Mohr*) angegebene Methode beruht auf 
der Löslichkeit des Morphins und der Unlöslichkeit des 
Narcotins in ĂŒberschĂŒssigem Kalkwasser und der FĂ€llung 
des ersteren aus der alkalischen FlĂŒssigkeit durch Salmiak. 


Das Opium wird drei Mal durch Auskochen mit 
Wasser erschöpft, die AuszĂŒge werden eingedampft und 
in eine kochende Kalkmilch gegossen, welche ungefÀhr 
!/} des angewandten Opiums an Kalkerdehydrat enthÀlt. 
Das anfangs gefÀllte Morphin wird durch den Ueberschuss 
des Kalkes wieder gelöst, wÀhrend das Narcotin ungelöst 
zurĂŒckbleibt, zugleich scheidet sich sĂ€mmtliche Mecon- _ 
sÀure als unlösliches Kalksalz ab. Man giesst die Masse, 
nachdem sie einige Minuten gekocht hat, durch ein leinenes 
Colatorium, wÀscht mit kochendem Wasser ab und presst 
aus. Die ablaufende weingelbe FlĂŒssigkeit wird so lange 
eingedampft, bis ihr Gewicht das Doppelte von dem in 
Arbeit genommenen Opium betrÀgt, und nun noch heiss 
filtrirt, weil sie sich beim Verdampfen wieder trĂŒbt. Das 
Filtrat wird rasch bis zum Kochen erhitzt und mit Ihe 
des Gewichtes des Opiums an Salmiak versetzt, wodurch 
das Morphin sich in krystallinischem Zustande ausscheidet. 
Es wird auf einem Filter gesammelt, etwas abgewaschen, 
in SalzsÀure gelöst, mit Thierkohle entfÀrbt und wieder 
mit Ammoniak gefÀllt. Das so erhaltene, schön reine 
Morphin kann nach dem Trocknen gewogen werden. 

Wir finden in der pharmaceutischen Literatur mehre 
Methoden der quantitativen Bestimmung des Morphins, 


*) Annal. der Chem. und Pharm. XXXV, 119. 


“1 TIER Pr kan.» een u 
“m ’ 


18 SL. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


welche die Trennung dieses Alkaloids vom Narcotin auf 
anderem Wege zu bewerkstelligen suchen, sich aber ver- 
schiedener Mittel zur Erreichung ihres Zweckes bedienen. 
Eine durch SÀuren (z. B. Salz- oder SchwefelsÀure) be- 
wirkte Lösung der genannten Basen mit einer Lösung 
von doppelt-kohlensaurem Kali oder Natron versetzt, 
bringt sofort einen Niederschlag von Narcotin hervor, 
wÀhrend Morphin als doppelt-kohlensaures Salz in Lösung 
bleibt. Filtrirt man den entstandenen Niederschlag rasch 
ab, so scheidet sich aus dem Filtrate nach lÀngerem 
Stehen das Morphin krystallinisch ab. Auf dieses beob- 
achtete Verhalten hin haben mehre Forscher versucht, 
Gewichtsbestimmungen des Morphins im Opium auszu- 
fĂŒhren, und man ist, sobald man jene allgemeine That- 
sache im Auge behÀlt, leicht im Stande, mehre Methoden 
unter einem gemeinsamen Gesichtspuncte zusammen zu 
fassen. 

So lÀsst z.B. Duflos den wÀsserigen Opiumauszug 
mit einer Lösung von doppelt-kohlensaurem Kali fÀllen 
und aus dem Filtrate durch Erhitzen das Morphin ab- 
scheiden. 

Statt des doppelt- kohlensauren Kalis hat Rump *) 
zuerst das Ammon. carb. der Öfficinen in Vorschlag ge- 
bracht und darauf eine Bereitungsmethode des Morphins 
begrĂŒndet, welche von der Hannoverschen Pharmakopöe 
zur PrĂŒfung des Opiums in wenig verĂ€nderter Weise vor- 
geschrieben ist. 

Nach der genannten Pharmakopöe wird 1 Th. Opium 
mit 4 Th. Spirit. vini rectificati ĂŒbergossen und so lange 
digerirt, bis das Opium völlig aufgeschlossen ist, dann 
wird filtrirt, und der RĂŒckstand mit 1 Th. desselben 
Spiritus nachgewaschen. Das Filtrat wird mit einer Lösung 
von anderthalb kohlensaurem Ammoniumoxyd so lange ver- 
setzt, als dadurch ein Niederschlag entsteht, dieser wird so 
schnell wie möglich abfiltrirt, und die ablaufende FlĂŒssig- 


*) Preis-Courant von Rump. Mai, 1854. 


A E Er ae 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 13° 


keit bei Seite gestellt. Nach mehrtÀgigem Stehen schei- 
det sich das Morphin krystallinisch ab; es wird auf einem 
Filter gesammelt, getrocknet und gewogen. 

Nach Guillermond*) werden 15 Th. Opium mit 
60 Th. Weingeist von 70 Proc. ausgezogen, der Auszug 
filtrirt, und der RĂŒckstand mit demselben Weingeist noch 
einige Male extrahirt. SĂ€mmtliche filtrirte AuszĂŒge werden 
mit Ammoniak versetzt, und nach 12stĂŒndigem Stehen 
sollen dann die weissen Prismen von Narcotin von den 
schweren, fest am Glase haftenden Krystallen von Morphin 
darch AbschlÀmmen getrennt, letztere auf einem Filter 
gesammelt und, nach dem Auswaschen von dem mit ge- 
fÀllten meconsauren Ammoniumoxyd, gewogen werden. 

Das Prineip der von J. Schacht**) angegebenen 
Methode, welche nicht nur fĂŒr Smyrnaisches Opium, son- 
dern auch fĂŒr jede andere Opiumsorte anwendbar ist, 
beruht darauf, dass eine bestimmte Menge Opiumpulver 
durch Wasser völlig extrahirt wird. Der in Wasser 
unlösliche RĂŒckstand, auf einem Filter gesammelt und 
nach dem Austrocknen gewogen, darf bei gutem Opium 
nicht mehr wie 40 Proc. betragen. Der wÀsserige Aus- 
zug wird nach dem Eindampfen mit Thierkohle entfÀrbt, 
dann abfiltrirt, mit Ammoniak in geringem Ueberschuss 
versetzt, und der Niederschlag, wenn die FlĂŒssigkeit nicht 
mehr nach Ammoniak riecht, auf einem Filter gesammelt. 
Bei gutem Opium muss der Niederschlag, welcher aus 
Morphin, Narcotin und meconsaurem Kalke besteht, min- 
destens 14 Proc. betragen. Durch Aether wird das Narcotin 
entfernt, durch Weingeist (von 0,810 sp. Gew.) das Morphin 
gelöst. Beim Verdunsten der weingeistigen Lösung wird 
das letztere rein erhalten. 

Wenn ich die vor Kurzem von Hager ***) angegebene 
Methode zur quantitativen Bestimmung des Morphins ĂŒber- 


*) Journ. pharmae. XVI, 17. Jahresber. von Liebig und Kopp. 
1849. S. 607. 
**) Archiv der Pharm. Bd. 164. 2. Heft. 
###) Pharmaceutische Centralhalle. Jahrg. V. No. 24 und 27. 


a ve 
14  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


gehe, so geschieht das nur aus dem Grunde, weil dieselbe, 
selbst in der vom Autor verbesserten Form, hÀufig un- 
genaue Resultate liefert, sehr umstĂ€ndlich und nicht fĂŒr 
jede Opiumsorte anzuwenden ist. 

Nach den von mir ausgefĂŒhrten Versuchen war das 
nach der Merk’schen Methode erhaltene Morphin allerdings 
von Farbstoffen fast völlig frei, aber das Alkaloid enthielt 
bei genauer PrĂŒfung stets geringe Beimengungen von 
Narcotin. Als ich dasselbe mit reinem Chloroform be- 
handelte und den Auszug verdunstete, blieb ein RĂŒck- 
stand, der bei der Untersuchung aus Narcotin bestand, 
und gleichfalls konnte letzteres durch Benzin dem Morphin 
entzogen werden. 

Wenn der Werth einer Bestimmungsmethode dieser 
Art allerdings vorzugsweise nach den erhaltenen Resul- 
taten beurtheilt werden muss, so ist doch, meiner Ansicht 
nach, nicht zu bestreiten, dass ein grosser Vorzug darin 
liegt, ob eine Methode viele oder wenige Operationen 
zu ihrer AusfĂŒhrung verlangt. In dieser Beziehung zeichnet 
sich die Mohr’sche Vorschrift sehr vortheilhaft vor der 
Merk’schen aus, sie liefert sehr gute Resultate bei grös- 
serer Einfachheit in der AusfĂŒhrung. 

In noch höherem Grade gebĂŒhrt dieses Lob der Rump- 
schen Methode, welche indess wieder den Nachtheil vor 
den beiden ersteren hat, dass sie, da die Abscheidung 
des Morphins ein mehrtÀgiges Stehen in Anspruch nimmt, 
nicht so rasch zum Ziele fĂŒhrt; aber gerade bei solchen 
Bestimmungen liegt fĂŒr die Praxis ein grosser Vortheil 
in der raschen Beendigung der begonnenen Arbeit. 

Wenn die Hannoversche Pharmakopöe den weingeisti- 
gen Opiumauszug mit einer Lösung von Ammon. carbon. 
_ versetzen lÀsst, so ist das nicht zweckmÀssig, ja es kann 
dadurch sogar das Resultat der Bestimmung verÀndert 
werden. Da das reine Morphin, wenn auch nur in gerin- 
ger Menge, in Wasser und noch mehr in weingeisthaltigen 
FlĂŒssigkeiten löslich ist, so muss jede unnöthige VerdĂŒn- 
nung sorgfÀltig vermieden werden; es ist im Gegentheil 


N N 
zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 15 


ein Vortheil der Methode, wenn das Alkaloid aus mög- 
lichst concentrirter Lösung gefÀllt wird. Man beob- 
achte deshalb den Handgriff, das Ammoniaksalz nicht in 
Lösung, sondern fein gerieben in Substanz und im Ueber- 
schusse dem ÖOpiumauszuge zuzufĂŒgen, unter hĂ€ufigem 
Umschwenken zur Beförderung der Lösung 10 Minuten 
lang einwirken zu lassen und nun rasch durch ein Falten- 
filter abzufiltriren. So manipulirt wird das Narcotin frei 
sein von Morphin. Es ist ferner zweckmÀssig, vor dem 
Zusatze des Ammoniaksalzes die FlĂŒssigkeit mit einigen 
Tropfen concentrirter EssigsÀure zu versetzen, damit sich 
etwas doppelt-kohlensaures Ammoniumoxyd bilden kann, 
wodurch die sofortige Ausscheidung von Morphin um so 
mehr verhindert wird. Das auf diese Weise erhaltene 
krystallinische Morphin hat eine dunkle Farbe, kann indess 
ohne weiteres zur quantitativen Bestimmung benutzt 
werden. 

Nach der von Guillermond angegebenen Methode 
in ihrer alten Gestalt, wie ich sie kurz angefĂŒhrt habe, 
dĂŒrfte wohl schwerlich noch gearbeitet werden, weil sie, 
wie ein Blick zeigt, durch die Trennung des Narcotins 
vom Morphin nur zu approximativen SchÀtzungen, nicht 
aber zu exacten Bestimmungen dienen kann. Abgesehen 
davon, dass die mechanische Trennung der beiden Alkaloide 
durch AbschlÀmmen nur unvollstÀndig geschehen kann 
und hĂ€ufig gar nicht ausfĂŒhrbar ist, leidet die Methode 
noch an den Fehlern, dass sie einerseits schon nach 
12stĂŒndigem Stehen des mit Ammoniak versetzten Aus- 
zuges das Morphin trennen lÀsst, aber in so kurzer Zeit 
noch keine vollstÀndige Abscheidung erfolgt sein kann, 
andererseits die zum Ausziehen benutzte Alkoholmenge 
das Opium nicht völlig aufschliesst. 

Von de Vry*) hat die Guillermond’sche Methode 
eine Verbesserung erfahren, die dahin geht, Morphin und 
Narcotin durch Behandeln mit einer Lösung von schwefel- 


*) Journ. de Pharm. et de Chim. XVIH, 439. 


a PT 3 ET 


16  L. Schachtrupp, ah des Amylalkohols 


saurem Kupferoxyd zu trennen. Das Morphin geht als 
schwefelsaures Salz in Lösung, indem sich basisch schwefel- 
saures Kupferoxyd ausscheidet, Narcotin (und mecon- 
saurer Kalk) bleiben ungelöst, und aus dem Filtrat wird 
das Morphin, nachdem durch Behandeln mit Schwefel- 
wasserstoff das ĂŒberschĂŒssige Kupfersalz zersetzt und 
dadurch die Farbstoffe mit dem Schwefelkupfer entfernt 
sind, mit Ammoniak wieder gefÀllt. 

Die Resultate nach diesem de Vry’schen Verfahren 
sind nicht immer gĂŒnstig, sondern in vielen FĂ€llen erhĂ€lt 
man nur eine sehr geringe Ausbeute an Morphin. 

Ich werde nun die von mir gefundene Methode in 
der Weise folgen lassen, dass ich zuerst ihren Werth 
zur quantitativen Bestimmung des Morphingehaltes im 
Opium darzulegen und zu beweisen suche, indem ich sie 
durch analytische Belege mit den beiden vorhin erwÀhn- 
ten Methoden von Merk und Rump vergleiche, sodann 
werde ich ĂŒber ihre Anwendung als Bereitungsmethode 
des Morphins spĂ€ter einige Worte beifĂŒgen. 

Im Allgemeinen grĂŒndet sich diese Methode auf die 
vollstÀndige Unlöslichkeit des Morphins in Benzin und 
die Löslichkeit desselben in Fuselöl. Ich will hier be- 
merken, dass man sich statt des reinen Benzins, dessen 
Siedepunct bei 8000. liegt, auch der rohen Handels- 
waare bedienen kann. Wird die letztere ein- oder zwei- 
mal rectifieirt, eine Arbeit, die leicht ausfĂŒhrbar ist, so 
erhÀlt man ein farbloses Product, dessen Siedepunct aller- 
dings viel höher ist, als der des reinen Benzins, welches 
indess zu dem vorliegenden Zwecke brauchbar und viel 
billiger ist. 

Die mit verschiedenen Benzinsorten angestellten Ver- 
suche zeigten, dass das Morphin sowohl in dem reinen 
wie auch in dem rohen (rectificirten) Benzin unlöslich 
ist und dienten damit zur BestÀtigung der schon von 
Rodgers angegebenen Eigenschaft dieses Alkaloids. Das 
„Nareotin dagegen löst sich leicht in Benzin, so dass ein 
Gemisch von Narcotin und Morphin sich mit grösster 


EEE RE DE 
zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 17 


Sicherheit und SchÀrfe durch Benzin trennen lÀsst. Mit 
Benutzung dieser Thatsachen lÀsst sich die quantitative 
Bestimmung des Morphins im Opium in folgender Weise 
ausfĂŒhren: 

Eine bestimmte Menge des abgewogenen Opiums 
wird in einer Porcellanschale auf dem Wasserbade mit 
einer Lösung von kohlensaurem Natron ĂŒbergossen. Das 
Opium zergeht in der alkalischen FlĂŒssigkeit sehr leicht 
und bildet, wenn die richtige Menge der Sodalösung 
angewandt ist, nach dem Zergehen eine dĂŒnne breiige 
Masse, welche dann, nachdem man sich durch Lackmus- 
papier ĂŒberzeugt hat, dass das Alkali im Ueberschuss vor- 
handen ist, bis zur vollstÀndigen Trockne gebracht wird. 
Diese Masse wird nun heiss mit Benzin behandelt, um 
das Narcotin zu entfernen. Zu diesem Zwecke bringt 
man das trockene Pulver in eine völlig trockene Koch- 
flasche, ĂŒbergiesst dasselbe mit so viel Benzin, dass es 
davon bedeckt ist, erwÀrmt. nun auf dem Wasserbade 
unter hÀufigem Bewegen eine Zeit lang und filtrirt mit 
der Vorsicht ab, dass möglichst wenig von dem festen 
Inhalte der Kochflasche mit auf das Filter kommt. Der 
RĂŒckstand wird in derselben Weise noch 2-—-3 mal mit 
erneuerten Mengen von Benzin erschöpft. Das Filter, 
durch welches die Benzinlösung filtrirt ist, wird getrock- 
net und mit sammt dem Inhalte dem RĂŒckstande zu- 
gefĂŒgt. Um denselben von den letzten Resten des anhaf- 
tenden Benzins zu befreien, schĂŒttet man ihn in eine 
Porcellanschale und lĂ€sst unter UmrĂŒhren kurze Zeit auf 
dem Wasserbade stehen, bis er völlig trocken geworden 
ist. Nun wird der RĂŒckstand zweckmĂ€ssig in derselben 
Kochflasche, welche zum Ausziehen des Benzins diente, 
mit Amylalkohol (1320 Siedepunct) ĂŒbergossen, auf freiem 
Feuer (ĂŒber der Weingeist- oder Gasflamme) unter stetem 
Bewegen bis zum Sieden erhitzt und heiss abfiltrirt. ; 

In gleicher Weise zieht man noch 2 Mal mit neuen 
Mengen von Fuselöl aus und stellt die vereinigten Aus- 
zĂŒge einige Stunden bei Seite. Ein grosser Theil des 

Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 1.u.2. Hft. 2 


BR Ann FOLIE 1 an en Br a ER a a en nad 3 2. 
s E ’ r x 


18  L,. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkoh 


r 
N aa 


fe » FE 
5 
r 

nm 


ols 
Morphins scheidet sich nach kurzer Zeit aus dieser Lösung 
in kleinen mehr oder weniger gefÀrbten Krystallen ab, 
die rund herum die GefĂ€sswĂ€nde mit einer dĂŒnnen, fest 
anhaftenden Kruste bedecken, zum Theil auch lose am 
Boden liegen. Das Fuselöl wird von den Krystallen in 
eine kleine trockene Retorte abgegossen, bis auf ungefÀhr 
I, seines ursprĂŒnglichen Volumens abdestillirt, der RĂŒck- 
stand noch heiss auf warmes mit SalzsÀure angesÀuertes 
Wasser gegossen und anhaltend damit geschĂŒttelt. Das 
sÀurehaltige Wasser entzieht dem Amylalkohol das Alka- 
loid, indem letzteres als salzsaures Salz in Lösung geht. 
Mittelst einer Pipette wird das mehr oder weniger stark 
braun gefĂ€rbte, auf der FlĂŒssigkeit schwimmende Fuselöl 
abgenommen, nochmals mit warmem, sÀurehaltigen Wasser 
ausgeschĂŒttelt, wieder abpipettirt und dann zu einer ge- 
legentlichen Reinigung durch Rectification bei Seite gestellt. 
Die aus dem Amylalkohole abgeschiedenen Krystalle 
werden in den vereinigten wÀsserigen salzsauren Lösungen 
ebenfalls gelöst, die FlĂŒssigkeit auf dem Wasserbade so 
stark eingedampft, dass ihr Gewicht doppelt so gross ist, 
als das des angewandten Opiums und filtrirt. Zu dem 
Filtrate setzt man Ammoniak im geringen Ueberschuss 
und lÀsst dasselbe, mit Fliesspapier lose bedeckt, 24 Stun- 
den stehen. 

Das Morphin scheidet sich anfangs als voluminöser 
Niederschlag ab, der aber nach einigem Stehen krystalli- 
nisch wird. Er wird auf einem Filter gesammelt, einige 
Male mit destillirtem Wasser abgewaschen, getrocknet 
und gewogen. Das so dargestellte Morphin ist noch mehr 
oder weniger gefÀrbt, kann indess als hinlÀnglich rein 
fĂŒr die quantitative Bestimmung betrachtet werden. 

Wollte man indess eine Reinigung vornehmen, so 
rathe ich, einfach so zu verfahren, dass man den getrock- 
“ neten Niederschlag in einem Becherglase mit sammt dem 
Filter mit einem Gemische von gleichen Theilen Wasser 
und destillirten Essig anrĂŒhrt, so dass das Ganze einen 
dĂŒnnen Brei bildet, und kurze Zeit unter zeitweiligem 


a er ee 
en ae FR 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 19 


UmrĂŒhren ohne jede Anwendung von WĂ€rme maceriren 
lÀsst. Es wird filtrirt, mit kaltem Wasser, dem einige 
Tropfen EssigsÀure zugesetzt sind, ausgewaschen und 
durch Ammoniak gefÀllt. Jetzt scheidet sich das Morphin 
viel reiner als gelbliches Pulver ab. 

Auf diese einfache Weise lÀsst sich das Morphin 
stets von dem grössten Theile der mitgefÀllten Farbstoffe, 
Harze etc. trennen, wenn man nur darauf achtet, jede 
ErwĂ€rmung bei der Einwirkung der verdĂŒnnten Essig- 
sÀure zu vermeiden, das noch unreine Morphin vorher 
zu trocknen und beim Nachwaschen nur immer kleine 
Mengen von FlĂŒssigkeiten nach dem vollstĂ€ndigen Ab- 
laufen der vorher aufgegossenen anzuwenden, damit aus 
der Lösung, ohne sie durch Eindampfen zu concentriren 
(denn dadurch fÀrbt sie sich stets dunkler), durch Am- 
moniak das Alkaloid gefÀllt werden kann. 

Wendet man statt der schwachen EssigsÀure eine 
stÀrkere SÀure z. B. SalzsÀure an, so geht ein grosser 
Theil der Verunreinigungen wieder in Lösung, die ab- 
laufende FlĂŒssigkeit ist noch immer stark gefĂ€rbt; wird 
der Niederschlag noch feucht angewandt, werden die Ver- 
unreinigungen gleichfalls nicht so vollstĂ€ndig zurĂŒck- 
gehalten. Es ist meiner Ansicht nach zweckmÀssig, die 
Anwendung der Kohle bei so werthvollen Substanzen, vor 
allen aber bei der AusfĂŒhrung quantitativer Bestimmungen 
so viel wie möglich zu beschrÀnken; denn die Kohle hÀlt 
stets etwas von dem Alkaloide so hartnĂ€ckig zurĂŒck, dass 
es ihr praktisch auf keine Weise wieder zu entziehen ist. 

Der Vortheil dieser so eben beschriebenen Methode 
liegt zunÀchst in der Schnelligkeit, mit welcher sich die- 
selbe ausfĂŒhren lĂ€sst, sodann in den zu erzielenden genauen 
Resultaten und schliesslich in der Leichtigkeit, mit welcher 
die dabei angewandten Extractionsmittel, Benzin und 
Fuselöl, in völliger Reinheit wieder gewonnen werden 
können. | 

Ich habe oben schon hervorgehoben, dass der Amyl- 
alkohol durch Destillation zum grössten Theile wieder 


9*# 


20  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


erhalten und dann, wie sich von selbst versteht, ohne 
weiteres zur nÀchsten Bestimmung verwandt werden kann; 
hinzufĂŒgen will ich nur noch, dass man mit Benzin in 
gleicher Weise verfÀhrt. 

Will man das in demselben gelöste Narcotin nicht 
gewinnen, so wird aus einer Retorte ĂŒber gelindem Kohlen- 
feuer das Benzin bis auf einen geringen RĂŒckstand ab- 
destillirt und letzterer weggeworfen; im anderen Falle 
giesst man ihn auf heisses mit SalzsÀure angesÀuertes 
Wasser, schĂŒttelt mehre Male tĂŒchtig durch und bringt 
das Ganze auf ein gut durchnÀsstes Filter. Es lÀuft eine 
schön rothe FlĂŒssigkeit vollkommen klar durch, wĂ€hrend 
das Benzin als schmutzig zĂ€he Masse zurĂŒckbleibt und 
erst durch das Filter geht, nachdem die wÀsserige Nar- 
cotinlösung abgelaufen ist. Man fÀllt das Narcotin durch 
Ammoniak, sammelt es auf einem Filter, wÀscht es ab 
und behandelt es nach dem Austrocknen mit siedendem 
Alkohol, aus welchem man nach dem Erkalten schöne 
Krystalle erhÀlt, die durch Abwaschen mit kaltem Alkohol 
und, wenn sie noch nicht weiss genug sein sollten, durch 
Wiederauflösen in verdĂŒnnter SalzsĂ€ure und Behandeln 
mit Thierkohle rein erhalten werden. 

Eine lange Reihe von Versuchen, das Morphin quan- 
titativ nach dieser so eben beschriebenen Methode zu be- 
stimmen, haben mir bei Vergleichung mit anderen Vor- 
schriften dieser Art, namentlich mit den Methoden’ von 
Merk und der Hannoverschen Pharmakopöe (Rump) den 
Beweis von der Brauchbarkeit und Genauigkeit derselben 
geliefert. 

Zwei Smyrnaische Opiumkuchen, welche innen von 
sehr feuchter Beschaffenheit waren, wurden in der Weise 
untersucht, dass ich von jedem StĂŒcke drei quantitative 
Analysen ausfĂŒhrte, die das folgende Resultat gaben: 


1. Analyse. 

Nach der Hann. Nach meiner 
Bemere Pharmakopöe Methode 
8,29 Proc. 4,81 Proc. 8,302 Proc, 


Nareotinhaltig. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 21 


2. Analyse. 
Nach Merk Nach der Hann. Nach meiner 
Pharmakopöe Methode 
8,01 Proc. 4,25 Proc. 7,959 Proc. 


Nareotinhaltig. 

Ich will noch anfĂŒhren, dass ein anderes StĂŒck Opium, 
sehr feucht und stark mit Lakritzen verfÀlscht, mir die 
beiden folgenden Zahlen gab: 

1. Analyse. 2. Analyse. 
5,5 Proc. 5,216 Proc. 

Aus den ersten sechs quantitativen Bestimmungen 
wird zur GenĂŒge das VerhĂ€ltniss der erhaltenen Morphium- 
mengen nach den verschiedenen Bestimmungsmethoden 
hervorgehen. Da die AusfĂŒhrung der Analysen auch bei 
dem mit Lakritzen versetzten Opium mit gleicher Leich- 
tigkeit von Statten ging, so darf daraus der Schluss ge- 
zogen werden, dass meine Methode sich bei allen Opium- 
sorten mit Vortheil anwenden lÀsst. 

Es kann nicht auffallen, dass die von der Hannover- 
schen Pharmakopöe aufgenommene Rump’sche Methode 
stets geringere Ausbeute gibt, wenn man nur berĂŒck- 
sichtigt, dass das Morphin sich aus einer alkoholischen 
Lösung, deren Gewicht das FĂŒnffache von dem angewandten 
Opium betrÀgt, abscheiden muss. 

Bevor ich die verschiedenen Methoden der quantita- 
tiven Bestimmung des Morpfins verlasse, um .einen Blick 
auf die wichtigsten Bereitungsmethoden dieses Alkaloids 
zu werfen, will ich noch anfĂŒhren, dass bei der Wichtig- 
keit dieses Gegenstandes fĂŒr die pharmaceutische Praxis, 
der Wunsch nach einem raschen und dabei doch exacten 
Verfahren sehr nahe lag. Auf keine Weise wĂŒrde diesem 
berechtigten Verlangen mehr entsprochen sein, als durch 
das Auffinden einer allen Anforderungen genĂŒgenden mass- 
analytischen Methode; denn diese haben, wenn sie ihrem 
Zwecke entsprechen, fĂŒr das praktische Leben durch die 
Schnelligkeit, mit welcher sie ausfĂŒhrbar sind, einen 
grossen Vorzug vor allen gewichtsanalytischen Bestim- 
mungen. 


ai er ER “ NT RP We ur WET A ee FL . 
g » F “ +F Da sE, En hasin a Dei ’ 23 
I d WR v b 

u ni“ a + 


22  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


In der That ist ein Verfahren dieser Art von Kieffer *) 
angegeben, und zwar grĂŒndet sich dasselbe auf die Zer- 
setzung einer alkoholischen Morphinlösung durch Ferrid- 
cyankalium und auf das ZurĂŒcktitriren des ĂŒberschĂŒssigen 
rothen Blutlaugensalzes durch Jod und unterschwefligsaures 
Natron. Aber leider ist diese Methode deshalb unbrauch- 
bar, weil sich nicht, wie der Verfasser annimmt, gleiche 
Aequivalente des Ferrideyankaliums und Morphins zer- 
setzen, obgleich andererseits die Beobachtung, dass eine 
Zersetzung beider Substanzen beim Zusammentreffen augen- 
blicklich vor sich geht, richtig ist. 


Damit wende ich mich jetzt zu einer kurzen Betrach- 
tung der Vorschriften zur Darstellung des Morphins, an 
welchen die Literatur reicher ist, als an Methoden fĂŒr die 
quantitative Bestimmung dieses Alkaloids. 

Es kann indess hier nur eine kurze Betrachtung der 
wichtigsten Vorschriften dieser Art ausgefĂŒhrt werden, 
denn viele, namentlich der Àlteren Bereitungsweisen, können 
mehr wie historisches Interesse nicht beanspruchen. Zu 
diesen letzteren wĂŒrde vorzugsweise die erste Darstellungs- 
methode des Morphins gehören, welche von dem Ent- 
decker desselben, SertĂŒrner, gegeben ist, indess ist 
hier eine Ausnahme gewiss erlaubt und bedarf wohl keiner 
Rechtfertigung. 

Nach SertĂŒrner**) sollte das trockene, zerschnit- 
tene Opium so lange mit heissem Wasser ausgezogen 
werden, als dasselbe noch gefÀrbt war. Die vereinigten 
AuszĂŒge wurden alsdann concentrirt und mit Ammoniak 
versetzt. Den erhaltenen Niederschlag, vorzugsweise aus 
Morphin und Narcotin bestehend, liess er nach dem Ab- 
waschen mit kaltem Wasser durch wiederholtes Auflösen 
in heissem Weingeist und Krystallisiren reinigen, oder 
er löste den Niederschlag in verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure, 


*) Annal. der Chem. und Pharm. Bd. 103. 
*#*) Trommsdorff’s Journal der Pharmaeie. 13.1. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 23 


fÀllte wieder durch Ammoniak, zog ihn dann mit ver- 
dĂŒnntem Ammoniak und schliesslich mit kaltem Wein- 
geist aus. 

So oft auch das Umkrystallisiren und WiederfÀllen 
vorgenommen werden mochte, so blieb doch das Mor- 
phin narcotinhaltig. SertĂŒrner liess spĂ€ter das Opium 
mit verdĂŒnnter EssigsĂ€ure ausziehen und suchte die Rei- 
nigung des Morphins durch wiederholtes Binden an SĂ€u- 
ren und FĂ€llen mittelst Ammoniak zu bewerkstelligen. 

In Ă€hnlicher Weise wie SertĂŒrner hat Seguin*) 
seinen Zweck zu erreichen gesucht, indem er ebenfalls 
das durch Wasser extrahirte Opium mit einer der stÀr- 
keren Basen, Kali, Natron oder Ammoniak fÀllte und 
das unreine Morphin durch Umkrystallisiren aus heissem 
Alkohol, so wie durch abermaliges FĂ€llen reinigte. 


Anstatt die Alkalien resp. das Ammoniak zum Ab- 
scheiden des Morphins anzuwenden, bediente sich Robi- 
quet**) der Magnesia als FĂ€llungsmittel. Nach ihm wird 
eine wÀsserige concentrirte Opiumabkochung mit Bitter- 
erde versetzt, der entstandene Niederschlag auf einem 
Filter gesammelt, gut abgewaschen und durch Krystalli- 
siren aus wasserfreiem Alkohol gereinigt. 


Diese drei Methoden stimmen im Princip völlig ĂŒber- 
ein, liefern aber ohne sehr erhebliche Verluste kein rei- 
nes Morphin, weil keine directe Trennung des Narcotins 
vorgenommen wird. Aehnliche Vorschriften sind noch 
mehre vorhanden, z.B. von Thomson, Hottot, Ani- 
chini u. s.w., die aber an dem gemeinschaftlichen Feh- 
ler leiden, dass die Trennung des Morphins vom Narco- 
tin auf dem Wege des Umkrystallisirens aus Alkohol und 
der wiederholten FĂ€llungen erreicht werden soll, was nie- 
mals ohne bedeutende Einbusse an Morphin möglich ist. 


Es ist deshalb die Methode von Robinet***) als 


*) Ebendaselbst. 2. 117. 
**) Gilbert’s Annalen. 57. 
###) Gmelin’s Handbuch. I. 8. 936. 


24  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


ein Fortschritt zu betrachten, weil derselbe durch An- 
wendung einer concentrirten Kochsalzlösung zum Extra- 
hiren des Opiums das Narcotin, welches in concentrirten 
Salzlösungen unlöslich ist, trennt. Das Opium wird mit 
der sechsfachen Menge einer Kochsalzlösung von 1,1155 
spec. Gew. einige Male ausgezogen, die vereinigten Aus- 
zĂŒge werden eingedampft und das sich ausscheidende 
salzsaure Morphin, welches sich durch Zersetzung des 
Kochsalzes mit dem meconsauren Morphin gebildet hat, 
durch Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol und FĂ€l- 
len mit Ammoniak gereinigt. 

Nach dieser Methode erhÀlt man ein reines, narcotin- 
freies PrÀparat. 

Es schliesst sich an diese Bereitungsweise des Mor- 
phins die von Wittstock *) gegebene, von der 4. Aus- 
gabe der Preussischen Pharmakopöe adoptirte Vorschrift, 
die ebenfalls Kochsalz zur Abscheidung des Narcotins 
benutzt. 

Schon bei Betrachtung der wenigen hier angefĂŒhrten 
Methoden der Morphinbereitung ergiebt sich, dass die 
einzige und grosse Schwierigkeit bei der Darstellung in 
der Trennung des Alkaloids von mitgefÀllten Farbstoffen, 
harzigen Substanzen etc., vor allem aber in der völligen 
Abscheidung des Narcotins besteht. 


Die verschiedenen Methoden geben mannigfaltige Mit- 
tel zur Erreichung dieses Zweckes an die Hand; fĂŒr die 
Praxis wird indess nur die Methode sich Geltung ver- 
schaffen können, welche mit Einfachheit in der AusfĂŒh- 
rung zugleich die Vortheile verbindet, ein reines PrÀpa- 
rat in der möglichst grössten Menge darzustellen. 

Indem ich viele Bereitungsvorschriften ĂŒbergehe, werde 
ich nur noch diejenigen hervorheben, welche den so eben 
ausgesprochenen Anforderungen genĂŒgen oder doch ein 
grösseres Interesse in Anspruch nehmen. 

Das Privcip der Duflos’schen Methode ist bereits 


*) Wittstock, Berzelius Lehrbuch. 3. 246. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 25 


- frĂŒher (bei der quantitativen Bestimmung des Morphins) 
angefĂŒhrt. 

Merk hat zwei Methoden angegeben, von denen die 
erstere mit der auf S.12 angegebenen, kleine AbÀnde- 
rungen ausgenommen, so ĂŒbereinstimmt, dass auf das 
dort Gesagte verwiesen werden kann. Nach der zweiten 
verbesserten Vorschrift von Merk *) wird 1 Th. Opium 
mit 0,38 Th. EssigsÀure und mit Wasser ausgezogen, 
dies nochmals mit halb so viel derselben FlĂŒssigkeit wie- 
derholt, das Filtrat mit Ammoniak ĂŒbersĂ€ttigt, der Nie- 
derschlag mit Wasser, dann mit Weingeist gewaschen, 
2 Mal in heissem Alkohol, dann in EssigsÀure gelöst, 
abgedampft und das essigsaure Morphin mit Wasser, 
unter ZurĂŒckbleiben von Narcotin, ausgezogen. 

WĂ€hrend also Merk das Narcotin durch Behandeln 
der gemischten Alkaloide mittelst verdĂŒnnter EssigsĂ€ure 
vom Morphin zu trennen sucht und durch Umkrystalli- 
siren aus Weingeist den letzten Rest der Verunreinigun- 
gen beseitigt, liegt, wie ich schon frĂŒher bemerkte, dem 
Duflos’schen Verfahren das Verhalten der doppelt kohlen- 
sauren Alkalien gegen Narcotin und Morphin zum Grunde. 
Ich sagte schon damals, dass Rump zuerst das Ammon. 
carbonie. in Vorschlag gebracht habe, welches gleichsam 
als Stellvertreter der fixen doppelt kohlensauren Alkalien 
betrachtet werden kann, und jetzt will ich die Rump- 
sche Methode nochmals als Bereitungsweise fĂŒr Morphin 
erwĂ€hnen. Bei der AusfĂŒhrung verfĂ€hrt man genau so, 
wie es S. 14 angegeben ist. FĂŒr die Gewichtsbestim- 
mung genĂŒgte es, das abgeschiedene, gefĂ€rbte Morphin 
ohne weitere Reinigung zu gebrauchen, indess bei der 
Bereitung des Alkaloids und seiner Salze ist die voll- 
stÀndige Entfernung der Farbstoffe ein wesentliches Er- 
forderniss. 

Rump **) sucht die Reindarstellung des rohen Mor- 
phins durch Auflösen desselben in SalzsÀure, Krystalli- 


*) @melin’s Lehrbuch der theoret. Chemie. 11. 933. 
**) Preis-Courant von Rump, Mai 1854. 


Ar Du re 


% L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


siren des salzsauren Salzes und endliches FĂ€llen auszu- 
zufĂŒhren. Man erreicht dies, nach meiner Beobachtung, 
leichter und ohne Verlust, wenn man das auf einem Fil- 
ter gesammelte Morphin mit kaltem Wasser abwÀscht, 
in einer reichlichen Menge salzsÀurehaltigem Wasser löst, 
eine Lösung von essigsaurem Bleioxyd (oder schwefel- 
saurem Kupferoxyd) hinzusetzt und so lange Schwefel- 
wasserstoffgas hindurchleitet, bis die FlĂŒssigkeit stark 
darnach riecht. Nach dem Abitiltriren des Schwefelbleies 
erwÀrmt man bis zum Verschwinden des Schwefelwasser- 
stoffgeruchs und fÀllt mit Ammoniak. 


Es ist schwer, eine fĂŒr alle FĂ€lle zweckentsprechende 
Reinigungsmethode des Morphins anzugeben; denn je 
nach Beschaffenheit des Opiums fĂŒhrt das eine oder an- 
dere Verfahren rascher zum Ziele. Am schwierigsten 
gelingt, nach meinen Erfahrungen, die Reinigung eines 
mit Lakritzen versetzten Opiums. 

Die Rump’sche Methode kann sehr empfohlen wer- 
den; sie liefert eine genĂŒgende Ausbeute, fordert wenig 
Manipulationen, was viele Methoden fĂŒr die Praxis so 
schwerfĂ€llig macht, gibt bei richtiger AusfĂŒhrung ein 
reines PrÀparat und hat als Bereitungsvorschrift weniger 
durch den Vorwurf zu leiden, dass sie 5 —TtĂ€giges Ste- 
hen zum Abscheiden des Morphins verlangt, wie solches 
bei der Gewichtsbestimmung hervorgehoben wurde. 


Ich werde jetzt noch eine Bereitungsweise des Mor- 


"phins besprechen, die unter allen bislang aufgefundenen 


Methoden mit Recht die erste Stelle einnimmt; es ist die 
Methode von Mohr. Dieselbe ist schon frĂŒher ausfĂŒhr- 
lich mitgetheilt; es soll hier nur noch bemerkt werden, 
dass bei der Darstellung im Grossen ebenso, wie dort 
beschrieben ist, verfahren wird, nur mit der Ausnahme, 
dass man das in SalzsÀure gelöste und mit Thierkohle 
entfÀrbte Morphin zur Darstellung des salzsauren Salzes 
direct zur Krystallisation abdampfen kann. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 27 


Herzog *) gibt an, dass durch die Bildung von 
kohlensaurem Kalk aus dem Aetzkalk, in welchem das 
Morphin gelöst ist, leicht ein Verlust durch Ausschei- 
dung des Alkaloids entstehen könnte und schlÀgt deshalb 
vor, das Morphin zum zweiten Male in kalter, verdĂŒnn- 
ter Aetzkalilauge zu lösen, die Lösung durch Thierkohle 
zu entfÀrben, nach dem Filtriren auszuwaschen und das 
zum Sieden erhitzte Filtrat mit Salmiaklösung zu ver- 
setzen. Es scheidet sich alsdann das Morphin in farb- 
losen, schönen Krystallen ab. 


Zum Schlusse komme ich noch einmal auf die von 
mir gefundeue Methode der quantitativen Bestimmung 
zurĂŒck, um ĂŒber ihren Werth zur Darstellung des Mor- 
phins einige Worte hinzuzufĂŒgen und die Modificationen 
anzugeben, welche man zu diesem Zwecke einschlagen 
muss. 

Es leuchtet ein, dass die Methode auch ohne jede 
VerÀnderung zur Bereitung des Morphins dienen könnte; 
aber bei der Verarbeitung grosser Opiummengen ist das 
Manipuliren mit Fuselöl eine lÀstige, unangenehme Arbeit. 
Indess eignet sich die Methode mit folgender einfacher 
AbĂ€nderung sehr gut auch fĂŒr die Darstellung des Mor- 
phins. 

Das Opium wird ebenfalls mit einer Sodalösung auf 
dem Wasserbade zur völligen Trockne gebracht und mit 
Benzin zur Entfernung des Narcotins behandelt. Das 
letztere wird, wie ich oben angegeben habe, durch De- 
stillation wieder gewonnen. Das Ausziehen des Narco- 
tins mit Benzin verursacht nicht die geringste Unannehm- 
lichkeit, ist auch bei grossen Mengen durchaus nicht 
gefÀhrlich, weil nur auf dem Wasserbade erwÀrmt wird. 
Der mit Benzin erschöpfte RĂŒckstand wird durch kurzes 
ErwÀrmen in einem flachen GefÀsse auf dem Wasser- 
bade von den anhaftenden letzten Resten des Benzins 
befreit, eine Arbeit, die zweckmÀssig unter einem Schorn- 


*) Archiv der Pharmacie. 


ur RER VORNE u, 
28  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


steine vorgenommen wird. Man ĂŒbergiesst nun den RĂŒck- 
stand mit Wasser, setzt concentrirte EssigsÀure bis zur 
sauren Reaction hinzu, lĂ€sst unter hĂ€ufigem UmrĂŒhren 
mehre Stunden an einem warmen Orte stehen, giesst 
dann das Ganze auf ein Colatorium und presst aus. Den 
PressrĂŒckstand behandelt man nochmals in gleicher Weise, 
benutzt dazu wieder dieselben GefÀsse, dasselbe Cola- 
torium, um Verluste zu vermeiden. Die vereinigten FlĂŒs- 
sigkeiten, welche, um sicher zu sein, dass alles Morphin 
gelöst ist, von ĂŒberschĂŒssiger EssigsĂ€ure sauer reagiren 
mĂŒssen, werden unter stetem UmrĂŒhren so weit einge- 
dampft, dass ihr Gewicht das Doppelte des in Arbeit 
genommenen ÖOpiums betrĂ€gt. Je weniger FlĂŒssigkeit 
von vornherein angewandt wurde, desto rascher wird 
dieses Ziel erreicht, um so mehr wird jeder störende 
Einfluss beim Eindampfen vermindert. Man versetzt nun 
die FlĂŒssigkeit mit Ammoniak in geringem Ueberschuss 
und lÀsst sie, lose bedeckt, mehre Tage stehen. Es hat 
sich alsdann das Morphin in Krystallen abgesetzt, die 
ĂŒberall an den WĂ€nden des GefĂ€sses sitzen, so dass die 
FlĂŒssigkeit nebst den ĂŒbrigen mitgefĂ€llten Stoffen fast 
vollstÀndig abgegossen werden kann, was um so ange- 
nehmer ist, als in den meisten FĂ€llen eine Filtration der- 
selben praktisch wegen der schleimigen Beschaffenheit 
unmöglich ist. Die auf einem Filter gesammelten Kry- 
stalle werden etwas abgewaschen, gut getrocknet und in 
einem Gemische von gleichen Theilen destillirtem Essig 
und Wasser in der KĂ€lte aufgenommen. Man filtrirt, 
wÀscht mit essigsÀurehaltigem Wasser einige Male nach 
und fÀllt aus dem Filtrate durch Ammoniak das Morphin. 
Dasselbe scheidet sich jetzt viel reiner als gelblich-weis- 
ses Pulver ab. Nach dem Trocknen löst man dasselbe 
unter ErwÀrmen in Fuselöl, filtrirt heiss und stellt zum 
Krystallisiren an einen kĂŒhlen Ort. Das Morphin schei- 
det sich in schönen weissen Krystallen ab, ĂŒber welchen 
eine gesÀttigte Lösung des Alkaloids in Amylalkohol steht. 
Die Krystalle können als reines Morphin aufbewahrt 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 29 


werden, wÀhrend das Fuselöl zum grössten Theile ab- 
destillirt und der RĂŒckstand durch die SĂ€ure ausgeschĂŒt- 
telt werden kann, deren Morphinsalz man darstellen will. 


Ich mache hier noch besonders auf die grossen Vor- 
zĂŒge des Amylalkohols vor dem gewöhnlichen Alkohol 
aufmerksam und empfehle ihn fĂŒr die Reinigung der 
meisten krystallisirbaren Alkaloide, vorzugsweise fĂŒr Mor- 
pbin. Das Fuselöl löst bei weitem nicht in dem Masse, 
wie der Aethylalkohol, die stets vorhandenen Verunreini- 
gungen, macht dadurch in vielen FĂ€llen den Gebrauch 
der Thierkohle ĂŒberflĂŒssig und ist speciell fĂŒr Morphin 
aus dem Grunde sehr brauchbar, weil es fĂŒr dasselbe in 
der Hitze ein bedeutend grösseres Löslichkeitsvermögen 
besitzt, wie in der KĂ€lte, so dass ein grosser Theil des 
Alkaloids beim Erkalten abgeschieden wird. 


II. Strychnin. 


Ein Alkaloid, welches von jeher die Aufmerksamkeit 
der Naturforscher in fast noch grösserem Masse als das 
Morphin auf sich gezogen hat, ist das Strychnin. Dasselbe 
findet sich wahrscheinlich in alien Strychneen, die eine in 
Östindien einheimische Pflanzenfamilie ausmachen, wird 
aber nur aus den beiden bei uns officinellen Droguen, den 
KrÀhenaugen und Ignatiusbohnen, dargestellt. Die erste- 
ren stammen von Strychnos Nux vomica L. und sind die 
reifen Samen dieser Pflanze, von denen 3—5 in der 
Frucht, einer grossen, gelbrothen Beere, enthalten sind. 
Das Aeussere der Samen ist höchst charakteristisch und 
lÀsst sie nicht leicht mit irgend einer andern Drogue 
verwechseln. Sie sind kreisrund, platt und, was sie so- 
fort erkennen lĂ€sst, auf der OberflĂ€che mit angedrĂŒckten, 
weichen Haaren bedeckt, wodurch sie ein seidenglÀnzen- 
des Ansehen bekommen. Die Ignatiusbohnen sind die 
reifen Samen von /gnatia amara L., die bis zu 20 in 
der Frucht dieses Baumes stecken, unregelmÀssig gestal- 


N DR 


30 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohole, 


tet, aussen braun und mit feinem Filze bedeckt, inn»n 


von verschiedener Farbe (weisslich bis braun), hart und 


hornartig sind. 

Es gehören diese Droguen nicht allein zu den gif- 
tigsten Arzneimitteln, sondern man kann sagen, zu den 
giftigsten Körpern des ganzen Pflanzenreichs, und zwar 
verdanken sie ihre Giftigkeit und medicinische Bedeu- 
tung dem Gehalte an Strychnin und Brucin. Diese bei- 
den organischen Basen kommen in den genannten Pflan- 
zenstoffen stets gleichzeitig, aber in verschiedener Menge 
vor. Die Ignatiusbohnen enthalten 1,2—1,5 Proc. Strych- 
nin, dagegen nur sehr wenig Brucin, wÀhrend in den 
Nuces vomicae etwas mehr Brucin wie Strychnin. vor- 
kommt und durchschnittlich von letzterem 0,4—0,5 Proc. 

Diese beiden Basen zeigen in ihrem chemischen Ver- 
halten und toxikologischen Eigenschaften, vor allen in 
der specifischen Wirkung auf das RĂŒckenmark und den 
dadurch bewirkten Tetanus, die grösste Aehnlichkeit. Als 
Medicament hat nur das Strychnin Anwendung gefunden 
und wird deshalb auch vielfach zu diesen und andern 
Zwecken dargestellt; das Brucin ist fĂŒr die Praxis von 
keiner Bedeutung, sondern kann mehr wie wissenschaft- 
liches Interesse bislang nicht in Anspruch nehmen. 

Obgleich die Literatur ĂŒber das Strychnin nicht so 
umfangreich ist, wie die des Morphins, so sind doch sehr 
viele Vorschriften ĂŒber die Darstellung desselben in den 
wissenschaftlichen Journalen gegeben worden, von denen 
ich die wichtigsten hier kurz anfĂŒhre und die von mir 
gefundene Methode zum Schlusse folgen lasse. 

Fast sÀmmtliche bislang bekannte und beliebte Be- 
reitungsmethoden des Strychnins erfordern sehr umstÀnd- 
liche, mannigfaltige und langwierige Operationen. Zu- 
nÀchst muss jeder Darstellung des Alkaloids die Zerklei- 
nerung der Strychninsamen oder Ignatiusbohnen voran- 
gehen. Die ersteren namentlich sind Àusserst hart und 
zÀhe, deshalb nur sehr schwierig und am besten auf die 
Weise zu zerkleinern, dass sie entweder einige Zeit mit 


w | 
(1 
Vo 


vu 
t Acc 


ee 
- zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 31 


Wasser gekocht und dann zerschnitten werden, ein Ver- 
fahren, was sich im Kleinen anwenden lÀsst, oder nach 
scharfem Austrocknen auf den KaffeemĂŒhlen Ă€hnlichen 
Apparaten in ein grobes Pulver verwandelt werden. Wei- 
tere Schwierigkeiten liegen in der vollstÀndigen Tren- . 
nung des Strychnins vom Brucin, die in dem vielfach 
analogen Verhalten beider Körper gegen Lösungsmittel 
ihren Grund haben, sodann in der Entfernung der hart- 
nÀckig anhaftenden Farbstoffe. Die verschiedenen Me- 
thoden suchen auf mannigfaltigen Wegen ihr Ziel zu 
erreichen und es machen sich bei der Vergleichung der- 
selben besonders zwei entgegengesetzte Richtungen gel- 
tend. Da die beiden Alkaioide in den betreffenden 
Pflanzen an SÀure (MilchsÀure?) gebunden enthalten 
sind, so pflegt man sie entweder dadurch auszuziehen, 
dass man Alkohol zur Lösung der Salze anwendet, weil 
dieser dieselben leicht und vollstÀndig aufnimmt, oder 
man behandelt die Pflanzenstoffe mit stÀrkeren SÀuren, 
welche die ursprĂŒngliche schwĂ€chere SĂ€ure abscheiden 
und mit denen die Alkaloide leicht lösliche Salze bilden. 
Pelletier und Caventou, welche 1818 das Strych- 
nin entdeckten, stellten dasselbe aus den Ignatiusbohnen 
in der Weise dar, dass sie die geraspelten Samen so 
lange mit Aether auszogen, bis derselbe kein Fett mehr 
aufnahm, dann einige Male mit Alkohol auskochten, letz- 
teren durch Destillation und Abdampfen entfernten, den 
RĂŒckstand mit Wasser aufnahmen und die Basen durch 
Kochen mit Magnesia oder durch Versetzen mit Kali- 
lauge abschieden. Dem gesammelten, abgewaschenen 
und getrockneten Niederschlage wurde durch Auskochen 
mit absolutem Alkohol das Strychnin entzogen, welches 
aus dem Filtrat auf Zusatz von wenig Wasser auskry- 
stallisirte. In Àhnlicher Weise stellen die genannten Che- 
miker das Strychnin aus den KrÀhenaugen dar, nur wurde 
hier ein EntfĂ€rben der FlĂŒssigkeit nöthig, welches von 
ihnen durch essigsaures Bleioxyd und Entfernen des Blei- 
salzes mittelst Schwefelwasserstoff ausgefĂŒhrt wurde. 


r Se RER N m Acid kam 
32 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


Die von der 6ten Ausgabe der preuss. Pharmakopöe 
adoptirte Darstellungsmethode verfolgt ebenfalls das Prin- 
cip der weingeistigen Extraction der beiden Alkaloide 
aus den Nuces vomicae. Die BrechnĂŒsse werden mit 
Weingeist von 0,90 spec. Gewicht dreimal ausgekocht. 
Von den vereinigten AuszĂŒgen wird der Weingeist ab- 
destillirt, der RĂŒckstand zur Extractconsistenz eingedampft, 
das Extract in Wasser gelöst und von dem Ungelösten 
abfiltrirt. Aus dem Filtrate fÀllt man nach dem Ein- 
dampfen durch Magnesia die Alkaloide und bringt die- 
selben durch Auskochen des getrockneten Niederschlages 
mittelst Weingeistes wieder in Lösung. Nach dem Ab- 
destilliren des letzteren scheidet sich das Strychnin zuerst 
in Krystallen aus. 

Das Duflos’sche Verfahren reiht sich im Prineip den 
beiden eben erwÀhnten Methoden an. Zum Ausziehen 
der Nuc. vomic. wird ein mit 13,5 SchwefelsÀure ange- 
sÀuerter Weingeist von 88 Proc. angewandt und die Aus- 
zĂŒge werden durch Knochenkohle entfĂ€rbt. Um die har- 
zigen Stoffe zu entfernen, lÀsst Duflos mit einer gesÀt- 
tigten Lösung von doppelt kohlensaurem Kali fÀllen und 
aus dem Filtrat durch Kalilauge die Alkaloide abschei- 
den. Das Brucin wird dem Niederschlage durch Aus- 
kochen mit Wasser entzogen, das zurĂŒckbleibende Strych- 
nin durch Umkrystallisiren aus Alkohol gereinigt. ; 

Ich ĂŒbergehe hier die minder wichtigen Methoden 
von Ferrari, Corriol, Robiquet, Henry und An- 
dern und wende mich, nachdem ich als Muster fĂŒr die 
Darstellung des Strychnins mittelst Alkohols mehre Me- 
thoden angefĂŒhrt habe, zu den Bereitungsweisen dieses 
Alkaloids, welche als Typus fĂŒr die Darstellung mit ver- 
dĂŒnnten SĂ€uren angesehen werden können. 

Um die höchst zeitraubende und mĂŒhsame Arbeit 
der Zerkleinerung der Strychninsamen rascher und leich- 
ter zu bewerkstelligen, kocht Merk dieselben mit schwe- 
felsĂ€urehaltigem Wasser 1—1N, Tage in einem kupfer- 
nen Kessel, um dann die erweichten Samen zwischen 


3 
zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 33 


steinernen Walzen zu zerquetschen. Der Brei wird noch- 
mals mit Wasser ausgekocht und gepresst. Aus den 
vereinigten FlĂŒssigkeiten werden Strychnin und Brucin 
durch Aetzkalk gefÀllt. Dem ausgepressten Niederschlage 
entzieht man durch Auskochen mittelst Weingeists von 0,85 
spec. Gew. die Alkaloide, destillirt den Weingeist ab, 
entfernt von dem erkalteten Niederschlage so viel wie 
möglich durch Decantiren die ĂŒberstehende FlĂŒssigkeit 
und wÀscht ihn so lange mit kaltem Weingeist, als der- 
selbe noch gefÀrbt ablÀuft. Um den Niederschlag von 
den letzten Resten des Farbstoffes zu befreien, wird der- 
selbe mit einer hinreichenden Menge von Weingeist und 
Thierkohle gekocht und heiss Ailtrir. Beim Erkalten 
scheidet sich ein grosser Theil des Strychnins ab, aus 
der Mutterlauge werden Strychnin und Brucin durch 
Ammoniak und Kali gefÀllt und der Niederschlag so 
lange mit Wasser ausgekocht, als noch Brucin beim 
Erkalten sich ausscheidet. Der nun bleibende RĂŒckstand 
ist noch Strychnin. 


Auf andere Weise, aber mit Zugrundelegung des- 
selben Princips, nÀmlich des Ausziehens der Alkaloide 
mit verdĂŒnnten SĂ€uren, hat Horsley *) seinen Zweck 
zu erreichen gesucht. Derselbe vermischt das KrÀhen- 
augenpulver mit der gleichen Gewichtsmenge kÀuflicher 
EssigsĂ€ure (eine solche EssigsĂ€uremenge ist ĂŒberflĂŒssig, 
der unnöthige Verbrauch schwerlich zu rechtfertigen), 
verdĂŒnnt die breiförmige Masse mit der vier- bis sechs- 
fachen Wassermenge und digerirt sie dann einige Tage. 
Nachdem die FlĂŒssigkeit auf einem Seihtuche abgelaufen 
ist, wird der RĂŒckstand durch Digeriren mit Wasser 
nochmals ausgezogen, beide werden gemischt, zum Ab- 
setzen einige Zeit bei Seite gestellt, vom Bodensatze 
abgegossen und bis zur Syrupsconsistenz eingedampft. 
Nach dem Erkalten wird der RĂŒckstand mit der gleichen 
Gewichtsmenge Wasser verdĂŒnnt, mit Ammoniak im Ueber- 


*) Canstatt’s Jahresbericht. 1856. S.127 —129. 
Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1.u. 2. Hft. 3 


34  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


schuss versetzt und einige Tage zum Abscheiden der 
Alkaloide hingestell. Man sammelt den Niederschlag 
auf einem Filter, um ihn auf dem Wasserbade zu trock- 
nen. Durch Behandeln mit verdĂŒnnter EssigsĂ€ure wer- 
den die Alkaloide von der durch Ammoniak mitgefÀllten 
harzigen Substanz gereinigt. Die so gewonnene Lösung 
der essigsauren Alkaloide wird mit chromsaurem Kali 
versetzt, wodurch sogleich reines chromsaures Strychnin 
abgeschieden wird, wÀhrend bei mÀssigem Ueberschusse 
an EssigsÀure das leichter lösliche chromsaure Brucin in 
der FlĂŒssigkeit gelöst bleibt, aus welcher es durch ein 
Alkali gefÀllt werden kann. Um aus dem chromsauren 
Salze reines Strychnin darzustellen, wird dasselbe, nach 
dem Auswaschen, mit Ammoniakliquor digerirt, das chrom- 
saure Ammoniumoxyd abfiltrirt und das reine Strychnin 
gewaschen und getrocknet. Nach dieser Methode will 
Horsley 0,88 Procent Strychnin erhalten haben, eine 
QuantitÀt, die bislang auf keine Weise erreicht werden 
konnte. 

Wenn es schon seit langer Zeit in der pharmaceu- 
tischen Praxis zur Regel geworden ist, das Strychnin 
nicht selbst zu bereiten, sondern aus Fabriken zu bezie- 
hen, so findet dieser Umstand darin seine Rechtfertigung, 
dass die bislang fĂŒr die Darstellung dieses Alkaloids ge- 
gebenen Vorschriften viel zu umstÀndlich und zeitrau- 
bend, vor allem aber zu kostspielig waren, als dass die 
in den Apotheken verbrauchten kleinen Mengen dieses 
PrÀparats sich mit Vortheil hÀtten darstellen lassen. Es 
zeigt dies z.B. leicht ein Blick auf die von der preussi- 
schen Pharmakopöe gegebene Vorschrift, nach welcher 
man — kleine unwesentliche AbĂ€nderungen vielleicht ab- 
gerechnet — stets zu arbeiten pflegte, wo noch eine 
Selbstbereitung in dem pharmaceutischen Laboratorium 
statt fand. Die von Merk angegebene, im Allgemeinen 
durch grössere Einfachheit sich auszeichnende Methode 
ist, wie leicht einzusehen, nur fĂŒr den Fabrikbetrieb 
geeignet, weil sie grössere Apparate (steinerne Walzen) 
voraussetzt. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 35 


Die von mir gefundene Methode zeichnet sich vor- 
zugsweise durch die grösste Einfachheit in der AusfĂŒh- 
rung aus, sie erfordert nur wenig Arbeit, fĂŒhrt rasch 
zum Ziele, liefert ein reines PrÀparat mit sehr geringem 
Kostenaufwande und ist auch fĂŒr die Darstellung im 
Kleinen sehr geeignet. Man operirt in folgender Weise: 
Die Nuces vomicae, von denen man — auch selbst bei 
Bereitung der kleinsten Menge Strychnin — nie unter 
1 Pfund nehmen sollte, werden entweder als grobes Pul- 
ver, welches im Handel billig zu beziehen ist (jedoch, 
was zu beachten ist, hÀufig verfÀlscht wird) angewandt, 
oder auf die Weise selbst zerkleinert, dass man sie mit 
Wasser ĂŒbergiesst, ungefĂ€hr eine halbe Stunde kochen 
lÀsst und nach dem Erkalten sogleich mit einem schar- 
fen Messer zerscheidet. Die Samen sind nun sehr weich, 
das Zerschneiden geht rasch, so dass, wenn nur 1 bis 
2 Pfund in Arbeit genommen werden, diese Methode 
leicht ausfĂŒhrbar ist. Die zerkleinerten Samen ĂŒber- 
giesst man mit Wasser, setzt verdĂŒnnte SchwefelsĂ€ure 
(1:5) bis zur sauren Reaction hinzu, vermeidet jedoch 
einen grösseren Ueberschuss derselben sorgfĂ€ltig. (FĂŒr 
den Fall, dass das Zerkleinern der Samen auf die zu- 
letzt bezeichnete Weise ausgefĂŒhrt ist, benutzt man zu- 
erst das zum Erweichen derselben angewandte Wasser.) 
Die FlĂŒssigkeit wird nun unter UmrĂŒhren zum Sieden 
erhitzt, wobei man zuweilen prĂŒft, ob sie noch sauer rea- 
girt und, wenn das nicht der Fall sein sollte, setzt man 
noch einige Tropfen SchwefelsĂ€ure zu. Hat die FlĂŒssig- 
keit 10 Minuten gekocht, lÀsst man sie noch kurze Zeit 
zum AbkĂŒhlen stehen und dann auf einem Seihetuche 
ablaufen, kocht den RĂŒckstand noch zweimal unter SĂ€ure- 
zusatz auf dieselbe Weise aus und wiederholt dann zum 
vierten Male die Abkochung, jedoch dieses Mal ohne 
HinzufĂŒgung von verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure. Die ver- 
einigten Abkochungen werden zum Absetzen 24 Stunden 
bei Seite gestellt, darauf von dem Bodensatze so voll- 
stÀndig als möglich abgegossen oder abgehebert. Die 


3+ 


36  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols $ sl 


ziemlich klare, meistens schwach gelblich oder brÀunlich 
gefĂ€rbte FlĂŒssigkeit wird nun so weit eingedampft, bis 
ihr Gewicht doppelt so gross ist, wie das der in Arbeit 
genommenen Strychninsamen, noch warm in ein cylin- 
drisches GefÀss gegossen und mit Ammoniak im geringen 
Ueberschusse versetzt. Man lÀsst nun 5 bis 7 Tage zum 
Absetzen der gefÀllten Alkaloide stehen, welche sich voll- 
stÀndig und in krystallinischer Beschaffenheit zu Boden 
setzen. Die ĂŒber dem Niederschlage stehende FlĂŒssig- 
keit abzufiltriren, ist nicht zu empfehlen, weil die Filtra- 
tion Àusserst langsam vor sich geht und auch bei der 
vollkommenen Abscheidung der Alkaloide zwecklos sein 
wĂŒrde. Deshalb giesst oder hebert man dieselbe so viel 
wie möglich von dem Niederschlage ab, bringt diesen 
auf ein Filter, lĂ€sst die noch anhĂ€ngende FlĂŒssigkeit ab- 
laufen, wĂ€scht den RĂŒckstand einige Male mit Wasser 
ab und trocknet ihn gut aus. Der Inhalt des Filters 
wird in ein möglichst kleines KochflÀschehen gebracht, 
das Filter selbst zerschnitten, dem Inhalte hinzugefĂŒgt, 
das Ganze mit einer kleinen Menge Fuselöl ĂŒbergossen 
und einige Zeit auf dem Wasserbade erwÀrmt. Die Lö- 
sung der Alkaloide in Fuselöl wird noch warm durch ein 
kleines mit Fuselöl befeuchtetes Filter in eine kleine 
Retorte filtrirt, der RĂŒckstand noch zweimal in derselben 
Weise mit dem Amylalkohol behandelt und von den ver- 
einigten AuszĂŒgen der letztere bis ungefĂ€hr zu 23 sei- 
nes ursprĂŒnglichen Volumens abdestillirt. Der RĂŒckstand 
in der Retorte stellt eine heiss gesÀttigte Lösung der 
Alkaloide in Fuselöl dar, die man sogleich in eine Schale 
giesst und bedeckt zum Auskrystallisiren bei Seite stellt. 
Die Alkaloide schiessen in schönen, weissen Krystallen 
an, werden unter Beobachtung der nöthigen Vorsichts- 
massregeln in verdĂŒnnter SalpetersĂ€ure gelöst und durch 
Krystallisation von einander getrennt. Man erhÀlt nach 
dieser Vorschrift stets viel weniger Bruein wie Strych- 
nin. Der Durchschnitt vieler Versuche gab mir 0,4816 
bis 0,57 Proc. Strychnin. Um reines Strychnin aus dem 


ERBEN E | 

= a Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 37 
salpetersauren Salze darzustellen, hat man nur nöthig, 
letzteres durch Ammoniak wieder zu zersetzen und das 
gefÀllte Alkaloid aus Aethylalkohol oder Fuselöl krystal- 
lisiren zu lassen. 

. Die Bereitung des Strychnins nach dieser Methode 
ist eine so einfache Operation, dass sie auch da ausge- 
fĂŒhrt werden kann, wo nur geringe Mengen desselben 
‚verbraucht werden. 

Eine Reinigung der gefĂ€llten Basen ist ĂŒberflĂŒssig, 
weil das Fuselöl nicht, wie der Weingeist, die mitgefÀll- 
ten Farbstoffe so wie andere organische Massen löst, son- 
dern man wird bemerken, dass der zum Ausziehen an- 
gewandte Amylalkohol eine nur schwach gelbliche Farbe 
hat, dass die aus der Lösung desselben krystallisirenden 
Alkaloide, noch mehr aber ihre salpetersauren Salze, so 
farblos und rein sind, wie sie nur nach irgend einer an- 
dern Methode erhalten werden. 

Sind die von Horsley gemachten Angaben richtig, 
so hat derselbe allerdings einen höheren Procentgehalt 
erzielt; aber man darf in dieser Beziehung nicht ĂŒber- 
sehen, wie viel umstÀndlicher, kostspieliger und zeitrau- 
bender diese Methode ist und wie in noch höherem Grade 
dieser Vorwurf die ĂŒbrigen angefĂŒhrten Bereitungswei- 
sen trifft. 

Ich habe Versuche gemacht, die Bereitung des Strych- 
nins dadurch noch mehr zu vereinfachen, dass ich mir 
einen Apparat construiren liess, in welchem die zerschnit- 
tenen, mit Ammoniakliquor durchfeuchteten und wieder 
getrockneten KrÀhenaugen direct mit Amylalkohol extra- 
hirt werden konnten. Der Apparat bestand aus zwei 
schachtelförmig in einander verschiebbaren Cylindern, von 
denen der Àussere nach unten, der innere nach oben in 
eine enge Röhre auslief. Durch das mehr oder weniger 
tiefe Einschieben der Cylinder liess sich der Apparat 
nach Belieben vergrössern oder verkleinern, je nach den 
zu den Versuchen in Arbeit genommenen Mengen Nuces 
vomicae. Das Fuselöl wurde aus einem Kolben, der 


ET 


38  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


durch eine zweischenkelig gebogene Glasröhre mit dem 
Apparate verbunden war, heiss auf die KrÀhenaugen de- 
stillirt, das unten ablaufende, Strychnin enthaltende De- 
stillat zum zweiten Male in derselben Weise bis auf einen 
kleinen RĂŒckstand abdestillirt und gewöhnlich diese Ope- 
ration zum dritten Male wiederholt, um die Nuc. vomie. 
mit ein und derselben QuantitÀt Fuselöl so vollstÀndig 
als möglich zu extrahiren. Schliesslich pflegte ich, um 
den von den Samen eingesogenen Amylalkohol zu ver- 
drÀngen, WasserdÀmpfe durch den Apparat streichen zu 
lassen, so lange noch das unten abfliessende Wasser 
Fuselöl mit sich fĂŒhrte. Der vereinigte Amylalkohol 
wurde ebenso behandelt, wie ich bei Beschreibung der 
vorhergehenden Methode auseinandergesetzt habe. 

Die auf diese Weise erhaltenen Resultate waren in- 
sofern unbefriedigend, weil nur eine geringe Menge Strych- 
nin erhalten wurde; aber ich glaube, dass, wenn der 
Apparat zweckentsprechend verbessert, namentlich die zu 
rasche Condensation des Fuselöls verhindert wird, dieses 
Verfahren (besonders fĂŒr den Fabrikbetrieb) noch eine 
Zukunft haben dĂŒrfte. 

Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass von 
mir auch die Anwendung des Fuselöls auf die Darstel- 
lung des Atropins und Theins ausgedehnt worden ist. 
Die Resultate, welche bei der Bereitung des Atropins 
erhalten wurden, waren nicht gĂŒnstiger, wie nach den 
bislang bekannten Vorschriften, was seinen Grund theils 
in dem schwankenden Procentgehalte der Belladonna an 
dieser Base hat, theils in der leichten, schon bei niedri- 
ger Temperatur statt findenden Zersetzung des Alkaloids. 

Dagegen kann das Thein mit Fuselöl viel leichter 
als nach andern Methoden und in ausgezeichneter Schön- 
heit erhalten werden. 

Bislang hatte ich noch nicht Zeit, die Vorschrift zur 
Bereitung dieses letzteren Alkaloids zu fixiren und ich 
behalte mir vor, in nÀchster Zeit das Resultat meiner 
weiteren Untersuchungen ĂŒber Atropin und Thein mit- 
zutheilen. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 39 


Re 


III. Methoden 
fĂŒr die Nachweisung der Alkaloide, besonders des Strychnins 
und Morphins, bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen. 


So wichtig Morphin und Strychnin nicht nur an und 
fĂŒr sich, sondern auch ihre Muttersubstanzen und die 
aus denselben bereiteten Arzneimittel fĂŒr die Mediein 
sind, so grosse Bedeutung haben die beiden Alkaloide 
und die sie enthaltenden Droguen und PrÀparate auch 
vom toxikologischen Standpuncte aus. 


Ein lebhaftes Interesse haben sie auch deshalb stets 
in Anspruch genommen, weil sie wegen ihrer grossen 
Giftigkeit, die in dem Strychnin den höchsten Grad 
erreicht, oft zu verbrecherischen Zwecken benutzt und 
deshalb öfters Gegenstand der Untersuchung fĂŒr Gerichts- 
chemiker gewesen sind. Es leuchtet ein, dass es fĂŒr die 
zuletzt erwÀhnten Zwecke von grossem Werthe war, 
Methoden aufzufinden, die den Nachweis der kleinsten 
Mengen von Morphin und Strychnin möglich machten 
d.h., einerseits Vorschriften zum Abscheiden der Alkaloide 
aus organischen Massen, als auch andererseits Reactionen 
zur sicheren Erkennung derselben anzugeben. 


Zuerst war es Stas*), welcher eine Methode zum 
Auffinden giftiger Alkaloide bei Gegenwart vegetabilischer 
oder animalischer Massen angab und auf folgende Erfah- 
rungen grĂŒndete: 1) Die sauren, weinsauren und oxal- 
sauren Salze der organischen Basen sind in Wasser und 
Weingeist löslich und werden durch Digeriren bei 70— 750 
C. ausgezogen. Uebergiesst man daher organische Massen 
(z. B. Eingeweide, Magen, Speisen etc.) mit Alkohol, dem 
WeinsÀure oder OxalsÀure zugesetzt ist, digerirt damit 
bei der angegebenen Temperatur und colirt oder filtrirt 
dann, so ist in dem Filtrate das Alkaloid enthalten. Das 


*) Jahresber. fĂŒr praktische Pharm. XXIV, 313. 


ols 

Filtrat soll bei 350 verdunstet werden, was unter der 
Glocke der Luftpumpe oder in einem Luftstrome geschieht, 
um auch die flĂŒchtigen Alkaleide zu gewinnen. 2) Die 
Alkaloide, auch die in Aether schwer löslichen, werden 
von demselben aufgenommen, wenn ihre wÀsserige Lösung 
durch kohlensaure oder fixe Alkalien gefÀllt und mit 
Aether anhaltend geschĂŒttelt wird. 3) Umgekehrt sind 
dagegen die Salze der Alkaloide in Aether unlöslich. 
SchĂŒttelt man daher die Ă€therische Lösung eines Alkaloids 
mit sÀurehaltıgem Wasser, so wird dem Aether die Base 
entzogen und in die wĂ€sserige Lösung ĂŒbergefĂŒhrt. 

Das Stas’sche Verfahren hat mit Recht in neuerer 
Zeit viele Verbesserungen erlitten. FĂŒr die Nachweisung 
des Morphins genĂŒgt es nicht, weil diese Base in Aether 
fast völlig unlöslich ist, ferner ist die Voraussetzung unter 
1) nicht unbedingt richtig, denn Brucin z.B. ist als saures 
weinsaures und oxalsaures Salz, nach Dragendorff’s 
Angaben, in Alkohol nur schwer löslich. Wollte man 
nach der Stas’schen Methode eine quantitative Bestimmung 
der Alkaloide (die indess nur selten möglich ist) 
ausfĂŒhren, so wĂŒrden keine befriedigende Resultate zu 
erwarten sein, weil, abgesehen von der Schwerlöslichkeit 
des Morphins, auch die ĂŒbrigen Alkaloide nicht leicht 
von dem Aether aufgenommen werden. 

Um dies Verfahren auch fĂŒr die Nachweisung des 
Morphins geeignet zu machen, hat Otto *) dasselbe dahin 
verbessert, dass er das Morphin durch ĂŒberschĂŒssige Natron- 
lauge ıöst, und, nach dem Verdunsten des in der FlĂŒssig- 
keit gelösten Aethers, das Alkaloid durch eine concen- 
trirte Lösung von Salmiak fÀllt. Das Morphin scheidet 
sich, wÀhrend das Ammoniak entweicht, in kleinen Kry- 
stallen aus. 

Graham und Hoffmann **) haben Thierkohle dazu 


angewandt, um Strychnin aus Lösungen abzuscheiden, 


*) Annal. der Chem. und Pharm. 100. 44. 
**) Annal. der Chem. und Pharm. 83. 39. 


ar a 


: zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins ete. 41 


indem sie die Kohle 12—-24 Stunden mit der betreffenden 
FlĂŒssigkeit unter hĂ€ufigem UmschĂŒtteln in BerĂŒhrung 
liessen, abfiltrirten, mit Wasser auswuschen und zuletzt der 
Kohle durch Auskochen mit 80 — 90procentigem Weingeist 
das Alkaloid wieder entzogen. Nachdem der Weingeist 
abdestillirt war, wurde das Strychnin mit Kalilauge gefÀllt, 
durch SchĂŒtteln mit Aether ausgezogen und meistens so 
rein erhalten, dass die Reactionen damit angestellt werden 
konnten. 


Dieses einfache Verfahren kann auch zur Auffindung 
anderer Alkaloide benutzt werden, ist indess in so fern 
nicht ohne Mangel, dass der Erfolg der Arbeit von der 
GĂŒte der Thierkohle abhĂ€ngig gemacht wird, ein Umstand, 
der um so mehr zu berĂŒcksichtigen ist, als die Kohle in 
ihren Eigenschaften je nach der Zubereitung, Aufbewah- 
rung und dem Material, aus welchem sie dargestelit 
wurde, sehr varĂŒirt. Im Allgemeinen bleibt die Graham- 
Hoffmann’sche Methode in der ZuverlĂ€ssigkeit bei weitem 
hinter den Erwartungen zurĂŒck. 


Weil das Strychnin schon so oft zu gerichtlich-chemi- 
schen Untersuchungen Veranlassung gegeben hat, sind 
mehre Methoden zur Nachweisung dieser Base gegeben 
worden, die auf der Löslichkeit des reinen Alkaloids in 
Chloroform beruhen. 


Nach Proliius*) kocht man mit Weingeist unter 
Zusatz von WeinsÀure die zu untersuchende Substanz 
aus, verdampft in gelinder WÀrme, filtrirt die saure Lösung 
durch ein angenÀsstes Filter, setzt Ammoniak im geringen 
Ueberschuss, dann 26—25 Gran Chloroform hinzu und 
schĂŒttelt. Man giesst die ĂŒber dem Chloroform stehende 
FlĂŒssigkeit ab, schĂŒttelt das Chloroform mit etwas Wasser, 
um es von anhÀngender Lauge zu befreien, setzt 3 Th. 
Weingeist hinzu und lÀsst verdunsten. 


In Àhnlicher Weise verfÀhrt Thomas **), um Morphin 


*) Chem. Centralblatt. 1857. 231. 
**) Zeitschr. fĂŒr analytische Chemie. 1. 517. 


x Zr: 


VW ENTE VOREREN 9. HAT 
42 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols Ka 


und Strychnin abzuscheiden und zu trennen. Er lÀsst 
mit essigsÀurehaltigem Wasser digerirend ausziehen, aus 
der filtrirten FlĂŒssigkeit mit Kalilauge im Ueberschuss 
Strychnin fĂ€llen und in Chloroform durch SchĂŒtteln lösen, 
wÀhrend das im Ueberschuss des Alkalis gelöste Morphin 
durch Zusatz von Salmiak gefÀllt werden kann. 

Auch von Rodgers und Girdwood*) ist ein den 
beiden zuletzt erwÀhnten Àhnliches Verfahren angegeben 
worden. 

Wir besitzen demnach in dem Stas’schen Verfahren 
eine Methode zur Nachweisung aller auch der flĂŒchtigen 
Alkaloide (Morphin ausgenommen), wĂ€hrend die ĂŒbrigen 
Vorschriften nur auf einzelne Basen RĂŒcksicht nehmen. 
In neuester Zeit ist mit Recht die Aufmerksamkeit auf 
ein neues Verfahren gelenkt worden, welches im Prineip 
mit dem von Stas angegebenen ĂŒbereinstimmt, sich indess 
in vieler Beziehung sehr vortheilhaft von diesem unter- 
scheidet und sÀmmtliche Alkaloide in das Bereich ihrer 
Untersuchung zieht. Dies ist die Methode von Erdmann 
und v. Uslar**). Was Stas mit Aether zu erreichen 
sucht, wird hier mit Amylalkohol (Siedepunct 1320) er- 
reicht. 

Die organischen Massen werden, wenn es nöthig ist, 
mit Wasser zu einem dĂŒnnen Brei angerĂŒhrt, mit Salz- 
sÀure angesÀuert und, wenn sie nicht schleimig sind, aus- 
gekocht, im anderen Falle auf dem Wasserbade 1 bis 2 
Stunden digerirt, dann auf ein mit Wasser angefeuchtetes 
Colatorium gebracht. Der RĂŒckstand wird auf gleiche 
Weise nochmals mit salzsÀurehaltigem Wasser ausgezogen, 
und die vereinigten AuszĂŒge werden anfangs auf freiem 
Feuer, zuletzt, wenn sie schleimig geworden, auf dem 
Wasserbade unter Zusatz von reinem Quarzsande und 
zuletzt unter HinzufĂŒgen von Ammoniak zur Trockne 
gebracht. Die völlig trockene, alkalisch reagirende Masse 


*) Jahresb. von Liebig und Kopp. 1857. 603. 
*#) Annal. der Chem. und Pharm. 120. $. 121—122. S. 360. 


wer: open. 
S 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morpkins ete. 43 


bringt man in eine reine, trockne Kochflasche, um sie 
unter ErwÀrmen auf dem Wasserbade wiederholt mit 
Fuselöl zu extrahiren. Das Letztere wird durch ein mit 
Amylalkohol benetztes Filter filtrirt; es enthÀlt ausser 
dem Alkaloide noch Fette und Farbstoffe gelöst. Um es 
hiervon zu befreien, schĂŒttelt man dasselbe in einem 
eylindrischen GefÀsse mit SalzsÀure- oder PhosphorsÀure- 
haltigem heissen Wasser, welches dem Fuselöl das Al- 
kaloid entzieht, wÀhrend Fett- und Farbstoffe in dem auf 
dem Wasser schwimmenden Amylalkohol gelöst bleiben. 
Man nimmt letzteren mit einer Kautschukpipette ab, 
schĂŒttelt die saure FlĂŒssigkeit wiederholt mit neuen Men- 
gen Fuselöl, bis dieselbe möglichst entfÀrbt und entfettet 
ist und den zuerst abgenommenen Amylalkohol mit einer 
neuen Menge des angesÀuerten Wassers, um ihm alles 
Alkaloid sicher zu entziehen, und vereinigt beide wÀsse- 
rige Lösungen. Diese werden nun auf dem Wasserbade 
concentrirt, mit Ammoniak im geringen Ueberschuss ver- 
setzt und wiederholt mit Fuselöl geschĂŒttelt. Die Lösung 
des Alkaloids in Fuselöl wird abpipettirt, die FlĂŒssigkeit 
noch einmal mit Amylalkohol geschĂŒttelt und letzterer 
auf dem Wasserbade verdunstet, wobei das Alkaloid in 
den meisten FĂ€llen schon in völliger Reinheit zurĂŒckbleibt. 
Sollte dasselbe indess noch gefÀrbt sein, so wird es aber- 
mals mit sÀurehaltigem Wasser aufgenommen, die Lösung 
mit Amylalkohol geschĂŒttelt und nach dem UebersĂ€ttigen 
mit Ammoniak nochmals mit Amylalkohol das Alkaloid 
aufgenommen. 

Im vorigen Jahre hat Dragendorff*) die so eben 
angefĂŒhrte Methode von Erdmann und v. Uslar einer 
genauen PrĂŒfung unterworfen und ist dabei zu Resultaten 
gekommen, die mit den von mir gesammelten Erfahrun- 
gen nicht völlig ĂŒbereinstimmen. Er gibt allerdings zu, 
dass der Amylalkohol zur Lösung der Alkaloide beson- 
ders zu empfehlen sei, glaubt indess in dem hohen Siede- 


*) Pharmac. Zeitschr. fĂŒr Russland. 


LE WE TER UIER 76 


44  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


puncte und in der Möglichkeit einer Zersetzung desselben 
in nicht flĂŒchtige Stoffe Nachtheile fĂŒr das Fuselöl zu 
finden, die das Aufsuchen eines anderen Lösungsmittels 
fĂŒr diese Zwecke wĂŒnschenswerth machten. Man soll 
ferner bei der Anwendung des Amylalkohols darauf achten, 
dass wÀhrend der Operation die umgebende AtmosphÀre 
rein sei von flĂŒchtigen, fremdartigen Stoffen. 

Dragendorff findet alsdann in dem Benzin einen 
Körper, welcher bei der Nachweisung von Strychnin und 
Brucin das Fuselöl zweckmÀssig ersetzt, und Àndert das 
Verfahren von Erdmann und v. Uslar dahin ab, dass 
fĂŒr Amylalkohol Benzin substituirt wird. 

Die Bedenken, welche Dragendorff gegen das 
Fuselöl vorbringt, sind, meiner Ansicht nach, nicht stich 
haltig. Der hohe Siedepunct könnte den Amylalkohol 
fĂŒr die Nachweisung flĂŒchtiger Alkaloide, vom theoretischen 
Standpuncte aus betrachtet, wenig geeignet machen, und 
auch Fresenius sagt in seiner qualitativen Analyse, 
dass in solchen FĂ€llen das Verfahren von Stas den Vor- 
zug verdiene; aber directe Versuche haben gezeigt, dass 
auch unter diesen UmstÀnden Resultate erhalten werden, 
die in jeder Beziehung Vertrauen verdienen. Die beiden 
hier in Betracht kommenden Alkaloide, Coniin und Nicotin, 
deren Siedepunct bei 1630 und circa 2500C. liegt, sind in 
der kleinsten Menge nachgewiesen; denn das Fuselöl 
verdampft in der gelinden WĂ€rme des Wasserbades ziem- 
lich schnell, wenn auch, wie sich von selbst versteht, 
langsamer als Benzin und Aether. Wenn Ein Tropfen 
jener Basen in einer 1 Pfd. und mehr betragenden Menge 
eines kĂŒnstlichen Speisebreies mit grösster Sicherheit nach- 
gewiesen wird, dann genĂŒgt das Verfahren auch fĂŒr alle 
FĂ€lle des praktischen Lebens, da niemals weniger wie 
diese Menge bei einer gerichtlich-chemischen Analyse 
in Betracht kommen kann. Selbst wenn man zu Àngst- 
lich sein sollte, die zuletzt erhaltene reine Lösung des 
flĂŒchtigen Alkaloids in Fuselöl mit diesem in gelinder 
WÀrme zu verdunsten, so hat man nur nöthig, mit sÀure- 


u ee FT a Ve Zi: un 4 a CE Wan „AUT ea N N re 


zur Bo. u. quantit. Bestimmung des Hopkins etc. 45 


haltigem Wasser das Alkaloid nochmals auszuziehen, die 
reine, wÀsserige Lösung desselben , direct einzudampfen 
und mit dem RĂŒckstande die nöthigen Reactionen anzu- 
stellen. Man wird aber bis zu dieser letzten Operation 
den Amylalkohol nicht gern entbehren; weil er besser 
wie Benzin, Aether und alle anderen Mittel die Lösungen 
von Fett, Extractivstoffen etc. reinigt, sich sehr leicht 
aus der damit geschĂŒttelten FlĂŒssigkeit abscheidet und 
von ihr trennen lÀsst und das reine, gefÀllte Alkaloid voll- 
stĂ€ndig aus der FlĂŒssigkeit aufnimmt. 

Es muss den gesammelten Erfahrungen des Einzelnen 
anheimgestellt werden, ob er bei flĂŒchtigen Alkaloiden 
dieser oder der Stas’schen Methode den Vorzug geben 
will; handelt es sich aber um die Nachweisung nicht 
flĂŒchtiger Alkaloide, so steht in keiner Weise der An- 
wendung dieser Methode ein Hinderniss im Wege. Wenn 
Dragendorff solche Hindernisse in einer möglicherweise 
statt findenden Zersetzung des Fuselöls findet und nament- 
lich sehr besorgt vor störenden EinflĂŒssen der umgeben- 
den AtmosphÀre ist, so muss ich dazu bemerken, dass 
solche Hindernisse hierbei nicht in Betracht kommen, 
in den meisten FĂ€llen gar nicht existiren, und eine der- 
artige Besorgniss vollstĂ€ndig unbegrĂŒndet ist. Seit vielen 
Jahren ist im hiesigen Laboratorium nach der Erdmann- 
und v. Uslar’schen Methode gearbeitet, und sie hat sich 
stets vorzĂŒglich und tadellos bewiesen. Ich selbst habe 
aus grossen Speisemassen die kleinsten Mengen der Al- 
kaloide in ausgezeichneter Reinheit erhalten, habe nie 
Zersetzungsproducte des Fuselöls bemerken können, die 
irgend welchen störenden Einfluss auf die Reactionen der 
abgeschiedenen Alkaloide gehabt hÀtten. Um nun einen 
Gegenbeweis gegen die von Dragendorff besonders 
betonten AtmosphĂ€reneinflĂŒsse beizubringen, brauche ich 
wohl nur zu bemerken, dass bei der AusfĂŒhrung der 
zahlreichen gerichtlich-chemischen Analysen hieselbst ein 
solcher Einfluss niemals hat beobachtet werden können. 
Wo so viele Praktikanten wie in dem hiesigen grossen 


- Tu a rEReR, 
46  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


und stark besuchten akademischen Laboratorium arbeiten, 
ist die Luft leider oft im höchsten Grade mit schÀdlichen 
Gasen und DĂ€mpfen erfĂŒllt; aber nie hat dieser Umstand 
eine nachtheilige Wirkung auf die Resultate der Analyse 
oder der Reactionen ausgeĂŒbt, und es ist mir in der That 
auch unklar, worin ein solcher störender Einfluss bestehen, 
und welche Verbindungen denselben ausĂŒben sollten. 

Dagegen lÀsst sich gegen die Anwendung des Benzins, 
so vorzĂŒglich seine LösungsfĂ€higkeit fĂŒr viele Alkaloide 
auch ist, vom praktischen Standpuncte aus betrachtet, 
Manches einwenden. Wird der mit SĂ€uren bereitete Aus- 
zug aus organischen Massen, welcher stets mehr oder 
weniger fÀrbende, extractartige Materien gelöst enthÀlt, 
mit Benzin geschĂŒttelt, entweder um der FlĂŒssigkeit nach 
Zusatz von Ammoniak das Alkaloid zu entziehen, oder 
um dieselbe von den gelösten organischen Massen so viel 
wie möglich zu befreien, so erhÀlt man in vielen FÀllen 
ein so zÀhes, schleimiges Magma, dass man rathlos hin- 
sichtlich der weiteren Verarbeitung dasteht. Mir ist es 
vorgekommen, dass die ganze FlĂŒssigkeit durch das Benzin 
zu einer Emulsion geworden war, die sich nach mehren 
Stunden nicht klÀren wollte. Was soll man da nun an- 
fangen? Dragendorff macht auf diesen Uebelstand 
selbst aufmerksam und rÀth, unter solchen UmstÀnden 
das Gemisch einer Temperatur von + 50 bis 600 C. aus- 
zusetzen oder, wenn diese Manipulation fehlschlagen sollte, 
die KlÀrung durch einige Tropfen Alkohol zu bewirken; 
doch fĂŒhren auch diese HĂŒlfsmittel nicht immer sicher zum 
Ziele. Einen zweiten Nachtheil hat die Anwendung des 
Benzins dadurch, dass es sich schwer von dem damit 
geschĂŒttelten Wasser trennen lĂ€sst, dass letzteres oft in 
kleinen Tröpfchen hartnÀckig gleichsam in dem Benzin 
vertheilt sitzt. Man soll in solchen FÀllen bei grösseren 
FlĂŒssigkeitsmengen zu einem Scheidetrichter, bei kleineren 
zu einer BĂŒrette seine Zuflucht nehmen und die letzten 
Wassermengen durch ein angenÀsstes Filter von dem 
Benzin trennen. 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 4% 


Bei dem Gebrauche des Fuselöls umgeht man diese 
Klippen. Tritt bei dem SchĂŒtteln einer FlĂŒssigkeit 
mit demselben nicht sofort die Trennung ein, so ge- 
nĂŒgt ein sehr kurzes ErwĂ€rmen auf dem Wasserbade, 
um die Scheidung sofort herbeizufĂŒhren, und diese 
ist dann stets so vollstÀndig, dass bei einiger Uebung 
der Amylalkohol bis auf den letzten Tropfen mit einer 
Kautschukpipette abgenommen werden kann. Es hat 
ferner viel fĂŒr sich, wenn man bei so subtilen Unter- 
suchungen, wie es die Nachweisungen der Alkaloide sind, 
mit der Benutzung vieler GefÀsse, so wie auch mit der 
Anwendung der Filtrationen so sparsam als möglich ist; 
denn in solchen FĂ€llen muss der kleinste Verlust mit 
der grössten Aengstlichkeit vermieden werden, was um 
so mehr geschieht, in je einfacherer Weise die Opera- 
tionen ausgefĂŒhrt werden. 

Ich will bei dieser Gelegenheit noch einen Gegen- 
stand zur Sprache bringen. 

Bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen fehlt es 
selten an bestimmten Anhaltspuncten hinsichtlich der zur 
Vergiftung angewandten Substanz, so dass dem Gerichts- 
chemiker in den meisten FĂ€llen Fingerzeige von Seiten 
des Gerichtes oder des Arztes gegeben werden können. 
Um so nöthiger ist dies, wenn es sich um die Auffindung 
von Alkaloiden handelt. Der Sectionsbefund hat in die- 
sen FĂ€llen eine ganz besonders grosse Wichtigkeit, weil 
er hĂ€ufig sichere SchlĂŒsse auf das vorhandene Alkaloid 
gestattet. Es wÀre jedoch auch möglich, dass dem Gerichts- 
chemiker bei einer Vergiftung mit Alkaloiden gar kein 
Anhaltspunct gegeben werden könnte; und in einem sol- 
chen Falle wĂŒrde eine Methode, die gleichzeitig den 
Nachweis aller hierher gehörender Alkaloide gestattete, 
von doppelt grossem Werthe sein. 

Die Stas’sche Methode ist nicht Ă€nwendbar, weil 
Morphin dadurch ĂŒbersehen und jede mögliche quantita- 
tive Bestimmung problematisch wĂŒrde; die Methode von 
Graham und Hoffmann dĂŒrfte noch nicht die Probe 


» 


i 
48  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


fĂŒr eine solche Erweiterung in ihrer Anwendung bestan- 
den haben; dagegen wĂŒrde man nach dem Erdmann- 
Uslar’schen Verfahren bei genauem Arbeiten nie Gefahr 
laufen, irgend ein Alkaloid zu ĂŒbersehen, wĂ€hrend in 
einem solchen Falle das Benzin allein nicht zum Ziele 
fĂŒhrt, weil Morphin von demselben gleichfalls nicht gelöst 
wird. 

Es ist von Dragendorff die grössere Löslichkeit 
des Strychnins in Benzin bewiesen und hervorgehoben. 
100 Th. Benzin lösen 0,607 Th. Strychnin, eben so viel 
Fuselöl löst 0,55 Th. desselben. Jedenfalls liegt darin 
kein Vorwurf; denn die Abweichung in der Löslichkeit 
ist sehr gering und kann nicht in Betracht kommen. Der 
Amylalkohol besitzt durchschnittlich eine so grosse Lö- 
sungsfĂ€higkeit fĂŒr Alkaloide, dass dadurch sein Werth 
fĂŒr gerichtlich-chemische Untersuchungen noch besonders 
erhöht wird. Nach den von M. Kubly*) ĂŒber die Alka- 
loide des Opiums bei forensisch-chemischen Untersuchun- 
gen mitgetheilten Beobachtungen, ist dem Benzin, wenn 
es sich um die Isolirung von Narcotin, Papaverin und 
Thebain handelt, der Vorzug vor dem Fuselöl zu geben, 
weil letzteres die genannten Körper in geringerem Grade 
löst; dagegen wird der Amylalkohol zu dem Nachweise 
von Morphin wiederum empfohlen, und zugleich sein grös- 
seres Löslichkeitsvermögen fĂŒr Codein hervorgehoben. 

Bei einer Vergiftung mit Opium ist der Beweis, dass 
das Verbrechen mit dieser Substanz ausgefĂŒhrt ist, meiner 
Ansicht nach dadurch am schlagendsten gefĂŒhrt, wenn 
neben Morphin und Narcotin das Vorhandensein der Mecon- 
sÀure nachgewiesen ist. Sollte man Substanz genug haben, 
um bei solchen Analysen auch die Gegenwart der ĂŒbrigen 
im Opium enthaltenen Basen zu beweisen, so wĂŒrde, 
nach M. Kubly, das Erdmann -Uslar’sche Verfahren 


dahin abzuÀndern sein, dass die von organischen Materien 


- und Farbstoffen befreite wÀsserige Lösung der Alkaloide 


*) Phbarmaceutische Zeitschrift fĂŒr Russland. 


ba ll dis HERREN RT. 


zur Darstellung u: quantit. Bestimmung des Morphins ete. 49 


auf Zusatz von Ammoniak zuerst mit Benzin und dann 
mit Fuselöl behandelt wĂŒrde. Das erstere enthĂ€lt dann 
Narcotin, Papaverin, Thebain und Codein gelöst, in dem 
letzteren ist das Morphin enthalten. Behandelt man nach 
Entfernung des Benzins den RĂŒckstand mit Fuselöl in 
der KÀlte, so wird das Codein gelöst. Von den drei 
rĂŒckstĂ€ndigen Basen Narcotin, Papaverin und Thebain 
wird ersteres durch Behandeln mit essigsÀurehaltigem 
Wasser getrennt, in welchem Narcotin unlöslich ist, The- 
bain und Papaverin können durch Versetzen einer schwe- 
felsÀurehaltigen Lösung mit Jodwismuth-Jodkalium ge- 
trennt werden, durch welches Thebain gefÀllt und Papa- 
verin gelöst bleibt. Kubly gibt alsdann fĂŒr die zuletzt 
genannten Alkaloide die Specialreactionen an. Ich lasse 
mich hier auf diese weiteren Details nicht ein, sondern 
erlaube mir, aus der nĂŒchternen Praxis noch einige Be- 
merkungen einschalten zu dĂŒrfen. 

Es ist die interessante und schöne Arbeit von Kubly 
allerdings in so fern von grossem Werthe, als der Ver- 
fasser ĂŒber die Trennungen und beweisenden Reactionen 
der Alkaloide Papaverin, Thebain und Narcein Licht ver- 
breitet; aber schwerlich glaube ich, dass bei der prak- 
tischen AusfĂŒhrung der ĂŒber Opiumvergiftung angestellten 
Analysen der betreffende Gerichtschemiker in allen FĂ€llen 
Material genug hat, um die Trennung dieser im Opium 
nur in geringer Menge vorkommenden Basen ausfĂŒhren 
und ihr Vorhandensein sicher bestÀtigen zu können. Wenn 
man in einer grösseren Menge Speisebrei 5 Gran Opium 
hat, so ist man zufrieden, Morphin, Narcotin und Mecon- 
sÀure mit Sicherheit nachgewiesen zu haben, und hat 
man diese Verbindungen gefunden, so sinkt damit der 
etwaige Nachweis der ĂŒbrigen Körper im Opium zu 
einem Beweise von nur secundÀrem Werthe herab. Es 
ist ein grosser Unterschied, ob man die reinen Basen 
mit kĂŒnstlichem Speisebrei mischt, um sie aus demselben 
wieder abzuscheiden, oder ob man einige Grane Opium 
zu solchen Versuchen n'mmt, oder ob gar Leichentheile 

Arch.d. Pharm. CLXXXTII. Bds. 1.u.2.Hft. 4 


SERIEN ATS Or 


50 L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


zu prĂŒfen sind, die vielleicht nicht mehr wie einige Grane 
noch unzersetzten Opiums enthalten. 

Sollte ich eine Untersuchung auf Opium machen 
mĂŒssen, so wĂŒrde ich, gestĂŒtzt auf die Lehren der Wissen- 
schaft, das Vorhandensein des Opiums vor dem Gerichte 
angeben, wenn ich den bestimmten Nachweis der oben 
angefĂŒhrten Verbindungen beizubringen im Stande wĂ€re, 
auch wenn es mir nicht möglich sein sollte, Narcein, 
Thebain, Codein und Papaverin aufzufinden. 

Hinsichtlich der bestĂ€tigenden Reactionen fĂŒr Morphin 
legt Kubly viel Werth auf die von Husemann ange- 
gebene Reaction, die durch Erhitzen des Morphins auf 
100—1500 und nach dem Erkalten durch HinzufĂŒgen 
von SalpetersĂ€ure ausgefĂŒhrt wird. Es, tritt anfangs car- 
moisin- oder blauviolette FÀrbung ein, welche allmÀlig 
durch Blutroth in Dunkelorange ĂŒbergeht. So empfindlich 
diese Reaction auch ist, so lege ich doch das grösste 
Gewicht auf das Verhalten der Eisenoxydsalze gegen 
Morphin und wĂŒrde nie das Vorhandensein desselben fĂŒr 
bewiesen halten, wenn diese Reaction nicht in völliger 
Deutlichkeit auftreten sollte. 

Wenn Kubly anfĂŒhrt, dass sie nur bei einem ho- 
hen Grade von Reinheit und nur in concentrirter Lösung 
des Morphins erfolge, so muss ich das erstere zugeben, 
das zweite indess nach meinen Beobachtungen bezweifeln. 
Auch eine verdĂŒnnte Lösung von Morphin gibt die be- 
wusste Reaction sehr schön und deutlich, wenn man einen 
Tropfen einer möglichst neutralen Lösung von Eisenchlorid 
in die FlĂŒssigkeit fallen lĂ€sst. Viel schöner beobachtet man 
im Allgemeinen diese so wie alle Reactionen der Alkaloide 
in einem sauberen, recht weissen PorcellanschÀlchen, als 
auf UhrglÀschen. 

Eben so vortheilhaft wie die Erdmann- Uslarache 
Methode bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen ĂŒber- 
haupt, als auch speciell bei dem Auffinden des Morphins 
ist, so sichere Resultate liefert sie bei dem Nachweise 
des Strychnins. Ein einfacher Versuch, den ich hier noch 


zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 51 


anfĂŒhren will, bestĂ€tigt dies wiederum. Man nehme un- 
gefÀhr den dritten oder vierten Theil eines einzigen 
Strychninsamens, durchfeuchte denselben mit Ammoniak- 
liquor und lasse ihn an der Luft oder in gelinder WĂ€rme 
austrocknen. Bringt man das kleine StĂŒck in ein Pro- 
bierröhrchen, giesst etwas Fuselöl darauf und erhitzt ĂŒber 
der Gasflamme einige Augenblicke, so geben schon wenige 
Tropfen des verdunsteten Amylalkohols mit SchwefelsÀure 
und saurem chromsauren Kali die prachtvolle Reaction 
auf Strychnin. 

Letheby will gefunden haben, dass FerrideyankaliĂŒm 
und das von Otto empfohlene zweifach chromsaure Kali 
weniger sicher zur Erkennung des Strychnins seien, als 
Braunstein, Bleihyperoxyd und der galvanische Strom. 
Ich habe nie irgend welchen erheblichen Unterschied 
zwischen dem Braunstein, Bleihyperoxyd und dem Chrom- 
sÀure-Salze bemerkt; wo das letztere kein Strychnin 
anzeigt, ist auch kein Strychnin vorhanden. 

Was diese letzteren Reactionen (mit den Hyperoxyden 
von Mangan und Blei, so wie mit saurem chromsauren 
Kali und Ferrideyankalium) anbetrifft, so verdient her- 
vorgehoben zu werden, dass nach Dragendorff’s Beob- 
achtungen auch das Curarin völlig gleiche Reactionen gibt. 
Es bleiben alsdann fĂŒr Strychnin noch die durch Kalium- 
Quecksilberjodid, GerbsÀure, Platinchlorid, Goldchlorid 
und Chlorwasser charakteristischen FĂ€llungen als Erken- 
nungsmittel ĂŒbrig, welche, wenn sie gleichzeitig mit den 
oben bemerkten Reactionen auftreten, die Gegenwart des 
Strychnins und Abwesenheit des Curarins beweisen. Ka- 
lium-Quecksilberjodid gibt in einer von Alkohol, Essig- 
sÀure und Ammoniak freien Lösung des schwefelsauren 
Strychnins einen amorphen gelben, GerbsÀure und Chlor- 
wasser bewirken einen weissen, Platinchlorid und Gold- 
chlorid einen grauen Niederschlag. Da das Curarin aus 
wĂ€sseriger Lösung nicht in Benzin ĂŒbergeht, so kann es 
dadurch leicht vom Strychnin getrennt werden, welches 
sich leicht in Benzin löst. 


4* 


52  L. Schachtrupp, Anwendung des Amylalkohols 


Es kann mir schwerlich ein Vorwurf darĂŒber gemacht 
werden, dass ich viele der frĂŒher empfohlenen und in 
jĂŒngster Zeit noch aufgefundenen Methoden zur Abschei- 
dung der Alkaloide fĂŒr gerichtlich-chemische Analysen 
unberĂŒcksichtigt gelassen habe; denn bei dem grossen 
Umfange der Literatur ĂŒber diesen Gegenstand wĂŒrde 
selbst eine kurze Uebersicht und Beschreibung aller in 
dieses Gebiet schlagenden Arbeiten eine besondere und 
umfangreiche Arbeit fĂŒr sich ausmachen und mich weit 
ĂŒber die Grenzen des mir gestellten Themas hinausfĂŒhren. 

Ich will nur hervorheben, dass die von Sonnen- 
schein angegebene Methode, welche der Stas’schen an 
ZuverlÀssigkeit völlig gleich zu stellen ist und auf der 
FÀllung der Alkaloide durch PhosphormolybdÀnsÀure be- 
ruht, nach dem Bekanntwerden des Erdmann-Uslar’schen 
Verfahrens von dem Autor selbst aufgegeben ist, indem 
er die VorzĂŒge des letzteren bereitwillig und offen an- 
erkannte. 

Zum Schlusse mag es mir erlaubt sein, noch einen 
Punct in Bezug auf den Nachweis der Alkaloide hervor- 
zuheben. Cloetta hat vor einiger Zeit eine Arbeit ĂŒber 
das Auffinden des Strychnins in organischen Massen publi- 
eirt, welche von C. Neubauer in Fresenius’ Zeitschrift 
fĂŒr analytische Chemie mitgetheilt ist. Ohne mich auf 
die Beschreibung der von Cloetta angewandten Methode 
und der sonstigen hierauf bezĂŒglichen Bemerkungen ein- 
zulassen, will ich nur die von demselben gefundene That- 
sache hervorheben, dass Morphin und Strychnin, in den 
lebenden thierischen Organismus gebracht, einer gÀnzlichen 
Zersetzung zu unterliegen scheinen, indem Cloetta in 
keinem Theile des Thierkörpers die genannten Alkaloide 
aufzufinden im Stande war. 

Im Widerspruch mit diesen Angaben stehen die 
Untersuchungen des Pharmaceuten Masing in Dorpat *), 
welcher Strychnin in mehren FÀllen im Blute, in betrÀcht- 


*) Pharmae. Zeitschr. fĂŒr Russland. 


VE I 
zur Darstellung u. quantit. Bestimmung des Morphins etc. 53 


licher Menge in der Leber, in geringerer Menge in den 
Nieren, der Milz und PancreasdrĂŒse, im Duodenum und 
der oberen HĂ€lfte des DĂŒnndarmes, so wie auch stellen- 
weise im Harne nachgewiesen hat, wÀhrend er das Gift 
im Herzen, in der Lunge, der unteren HĂ€lfte des DĂŒnndar- 
mes, den Faeces, dem Gehirne, den vom Blute entleerten 
grösseren GefÀssen nicht aufzufinden im Stande war. 

An diese Angaben schliesst sich ein von mir beob- 
achteter und untersuchter Fall an. Eine Katze hatte im 
Verlaufe von 24 Stunden 15 Gran Morphin bekommen; das 
Gift schien keine Wirkung auf sie auszuĂŒben. Sie wurde 4 
bis 5 Stunden nach der letzten Darreichung des Giftes ge- 
tödtet. Der Magen war fast leer. Es wurden Herz, Lun- 
gen, Magen, GedÀrme mit Faeces und der Harn, welcher 
die Harnblase fast ganz anfĂŒllte, untersucht, zum Theil 
nach der Sonnenschein’schen, zum Theil nach der Erd- 
mann-Uslar’schen Methode. Trotz des genauesten Arbeitens 
konnte in keinem der angefĂŒhrten Körpertheile auch nur 
eine Spur Morphin nachgewiesen werden. 


9 


Ueber Kreosotgas; 
von 
L. Ramdohr, 


techn. Dirigent der Mineralöl- und Paraffın- Fabrik GeorghĂŒtte bei 
Aschersleben. 


1. 

Bei der Verarbeitung des Braunkohlentheers auf 
Mineralöle (Photogen, Solaröl) und Paraffın werden die 
in den Rohproducten enthaltenen und in denselben lös- 
lichen, der CarbolsÀure-Reihe angehörigen Stoffe 
(welche in der Technik aus naheliegenden und bekannten 
GrĂŒnden ĂŒberall kurzweg als Kreosot bezeichnet werden, 
und fĂŒr welche in nachstehenden Zeilen der 
KĂŒrze halber ebenfalls nur dieser Ausdruck 
benutzt werden wird) durch concentrirte Aetznatron- 
lauge ausgeschieden. Das Kreosot-Natron ist in den 
Mineralölen etc. unlöslich und scheidet sich nach erfogter 


54 L. Ramdohr, 


Mischung der Rohöle mit der Natronlauge am Boden des 
MischgefÀsses als eine tiefschwarze, schwere, in der WÀrme 
ziemlich leichtflĂŒssige Schicht ab, von welcher das kreosot- 
freie Oel zur weiteren Behandlung mit SchwefelsÀure 
u.s.w. abgehoben wird. 

Die Ausgabe fĂŒr Aetznatron reprĂ€sentirt in allen den- 
jenigen Fabriken, welche Braunkohlentheer verarbeiten, 
eine ganz respectable Zahl; man rechnet im grossen Durch- 
schnitt auf 1 Ctr. Theer fĂŒr 10 Sgr. bis 131], Sgr. Aetz- 
natron. Nimmt man an, dass in der Provinz Sachsen im 
Jahre 1865 etwa 450,000 Otr. Braunkohlentheer auf Mineral- 
öle und Paraffin verarbeitet worden sind und rechnet 
man auf 1 Ctr. Theer nur das Minimum von 10 Sgr. 
fĂŒr Aetznatron, so belĂ€uft sich die Ausgabe fĂŒr diesen 
Artikel schon auf 150,000 Tblr. Trotzdem hat man bis- 
her wenig GlĂŒck mit einer Verwerthung des Kreosot- 
natron gehabt, welche auch nur etwas; ĂŒber die HĂ€lfte 
der Kosten fĂŒr das Alkali gedeckt hĂ€tte. 

Einige der grösseren Fabriken verwenden noch jetzt 
das Kreosotnatron zum ImprÀgniren der zum Ausbau der 
SchÀchte und Strecken benutzten Hölzer oder verkaufen 
es zu gleichem Zwecke fĂŒr den Preis von 1 bis höchstens 
11, Thlr. pro Centner. Wenn man nun in 100 Pfd. Kreosot- 
natron etwa 50 Pfd. Kreosot und 20 Pfd. kÀufliches Aetz- 
natron in Form von 50 Pfd. Lauge, den Werth von 
1 Ctr. Kreosot aber zu 25 Sgr. annimmt, so werden die 
in 100 Pfd. Kreosotnatron enthaltenen 20 Pfd. Aetznatron 
im gĂŒnstigten Falle zu 15 Sgr., 100 Pfd. des Natrons 
mithin zu 21), Thlr. verwerthet, was etwa 30 Proc. vom 
Selbstkostenpreise ausmacht. Diese Benutzung des Kreosot- 
natrons ist, namentlich mit RĂŒcksicht darauf, dass das 
Kreosot fĂŒr sich allein nicht stets gut zu verwerthen ist, 
immerhin noch vortbeilhafter, als die hier und da ĂŒbliche 
Trennung des Kreosots aus seiner Verbindung mit dem 
Natron unter Bildung von Glaubersalz. Zu diesem Behufe 
wird nÀmlich das Kreosotnatron mit der zur Reinigung 
der Rohöle benutzten SchwefelsÀure gemischt; dabei schei- 
det sich obenauf das rohe Kreosot als tiefschwarze FlĂŒs- 


ĂŒber Kreosotgas. 55 


sigkeit aus, wÀhrend das Glaubersalz sich in wÀsseriger 
Lösung im unteren Theile des GefÀsses vorfindet. Die 
zo gewonnene rohe CarbolsĂ€ure wird hĂ€ufig auch fĂŒr sich 
allein zum ImprÀgniren der Grubenhölzer verwendet. 
Dies Verfahren dĂŒrfte, wie schon erwĂ€hnt, fast ĂŒberall 
zu verwerfen sein; jedenfalls ist es nur in dem gewiss 
Ă€usserst seltenen Falle gerechtfertigt, wo die gebrauchte 
SchwefelsÀure als werthloses, dagegen Kreosot und Glauber- 
salz als gut bezahlte Producte zu betrachten sind. Hierbei 
mag nicht unerwÀhnt bleiben, dass der Mineralöl-Fabrikant 
es fast immer in der Hand hat, seine bereits gebrauchte 
SchwefelsÀure zu verhÀltnissmÀssig gutem Preise zu ver- 
werthen. Diese SĂ€ure eignet sich nĂ€mlich ganz vorzĂŒg- 
lich zum Aufschliessen der Knochenmehle oder des Bein- 
schwarzes behufs Darstellung des sogenannten sauren 
phosphorsauren Kalkes; sie lĂ€sst sich in diesem Falle — 
vorausgesetzt, dass man die Fabrikation dieses DĂŒnge- 
mittels selbst betreibt — mit mindestens 1!/, Thlr. pro 
Centner verwerthen, andern Falls ist sie an nahegelegene 
DĂŒngerfabriken mit 20 bis 15 Sgr. abzusetzen. 

FĂŒr vortheilhafter habe ich die folgende Verarbeitungs- 
weise gehalten, welche ich seit etwa sechs Jahren auf 
der Mineralöl- und Paraffinfabrik GeorghĂŒtte bei Aschers- 
leben angewandt habe. Das Kreosotnatron wird in einem 
den bei hĂŒttenmĂ€nnischen Processen gebrĂ€uchlichen Flamm- 
öfen nicht unĂ€hnlichen Ofen zur EntzĂŒndung gebracht. 
Die Sohle (den Heerd) dieses Ofens bildet eine starke 
gusseiserne Pfanne von circa 8 Fuss LĂ€nge, 4 Fuss Breite 
und 9 Zoll Tiefe. Die RĂ€nder dieser Pfanne sind durch 
Chamotte- Uebermauerung gegen die directe Einwirkung 
der Flamme geschĂŒtzt. Die EntzĂŒndung des Kreosots 
erfolgt durch die von einem 2!/, Quadratfuss grossen 
Roste herkommende, durch Verbrennung von erdiger Braun- 
kohle erzeugte, ĂŒber die in der Pfanne befindliche FlĂŒssig- 
keit hinwegstreichende Flamme sehr leicht und an der 
ganzen FlÀche. Die Verbrennungsproducte werden unter 
der auf einem 10 Zoll starken Chamottegewölbe ruhenden 
Pfanne zurĂŒck und sodann seitwĂ€rts einem etwa 50 Fuss 


56 L. Ramdohr, 


hohen, 2 Fuss im Lichten weiten Schornsteine zugefĂŒhrt. 
WĂ€hrend an der einen schmalen Seite des ÖOfens sich 
der Rost fĂŒr die Feuerung befindet, ist an der entgegen- 
gesetzten Seite eine Arbeitsöffnung zum DurchkrĂŒcken 
des brennenden Pfannen-Inhalts, ausserdem aber an einer 
der Breitseiten eine zweite Oeffnung zum Entleeren der 
Pfanne angebracht. SelbstverstÀndlich sind beide Arbeits- 
öffaungen durch ThĂŒren verschliessbar. Der Gang des 
Betriebes ist nun einfach folgender. Das in dem Kreosot- 
natron enthaltene Wasser verdampft, das Kreosot verbrennt 
unter Ausscheidung eines kohlenstoffreichen porösen Coks, 
welcher mit dem unverbrennlichen, resp. nicht flĂŒchtigen 
Natron gemengt, in der Pfanne als glĂŒhende Masse zurĂŒck- 
bleibt, welche durch die zweite Arbeitsöffnung ausgezogen 
und behufs der AbkĂŒhlung in geeignete eiserne GefĂ€sse 
geworfen wird. Ein grosser Theil der durch Verbrennung 
des Kreosots erzeugten KohlensÀure geht selbstverstÀnd- 
lich an das Natron. 

Mittelst einer solchen Pfanne lassen sich in 10 Arbeits- 
stunden bequem 20 bis 25 Centner Kreosotnatron auf- 
arbeiten und es resultiren daraus 30 bis 33 Proc. natron- 
haltiger Cok, kurzweg als „Natroncok“ bezeichnet. 

Nehmen wir in 100 Pfd. Kreosotnatron 20 Pfd. kÀufli- 
ches Aetznatronhydrat (caust. Soda) an, so betrÀgt nach 
Abrechnung der vom Natron aufgenommenen KohlensÀure 
die QuantitÀt des aus dem Kreosot ausgeschiedenen Kohlen- 
stoffs etwa 10 Pfd., also eirca 20 Proc. von dem Gewichte 
der in jenen 100 Pfd. Kreosotnatron enthaltenen Kreosots 
selbst. Ausserdem entweicht noch ein Theil unverbrannten 
Kohlenstoffs aus dem Schornstein. 

Es ist einleuchtend, dass der in der Pfanne zurĂŒck- 
bleibende Cok das gesammte, zur Ausscheidung des Kreo- 
sots aus den Mineralölen etc. benutzt gewesene Aetznatron 
in der Form von kohlensaurem Natron enthalten muss; 
eben so einleuchtend ist es, dass das kohlensaure Natron 
ein viel leichter zu verwendender und werthvollerer Stoff 
ist, als das bei Zersetzung des Kreosotnatrons mittelst 
SchwefelsĂ€ure erhaltene Glaubersalz — mit einem Worte, 


BRD 


ĂŒber Kreosotgas. 57 


dass diese Art der Nutzbarmachung des Kreosotnatrons 
gewinnbringender sein wird, als die beiden zuvor mit- 
getheilten Verwerthungsmethoden. Die Arbeitslöhne sind 
nicht bedeutend und eine etwas erhebliche Abnutzung 
findet nur bei der gusseisernen Pfanne statt. 

Die Natroncoks wurden anfÀnglich an eine chemische 
Fabrik verkauft, welche jedenfalls das Natron daraus 
wiedergewonnen haben wird; spÀterhin habe ich sie selbst 
auf Aetznatronlauge zur sofortigen directen Wiederver- 
wendung in der Mineralöl-Fabrikation verarbeitet. 

Trotz der unleugbaren VorzĂŒge dieser Methode zur 
Verwerthung des Kreosotnatrons genĂŒgte mir dieselbe 
nicht, wenn ich daran dachte, dass das Kreosot gÀnzlich 
verloren ginge, höchstens als Brennmaterial etwas nĂŒtzend, 
und so kam ich schon vor einigen Jahren auf den Gedanken, 
dass das Kreosot auch auf Leuchtgas zu ver- 
arbeiten sein mĂŒsste. Mehrfache, diese Vermuthung 
befestigende Betrachtungen veranlassten mich schon vor 
etwa zwei Jahren, von einem Freunde Vergasungsversuche 
mit dem carbolsauren Natron vornehmen zu lassen; obwohl 
diese Versuche nur als ganz primitive zu bezeichnen 
waren, insofern die eigenthĂŒmliche Consistenz des zu unter- 
suchenden Körpers und die hauptsÀchlich beabsichtigte 
Darstellung eines möglichst reinen kohlensauren Natrons 
als Retorten- RĂŒckstand ganz besondere, zu einem vor- 
lÀufigen Versuche nicht gut herstellbare Vorrichtungen 
erforderlich gemacht haben wĂŒrde, so zeigte sich doch 
schon damals, dass meine Voraussetzungen an sich richtig 
waren: das Gas wurde mir als ein vorzĂŒglich hell leuch- 
tendes und mit Leichtigkeit zu entwickelndes bezeichnet. 
Messungen hinsichtlich der Leuchtkraft und der QuantitÀt 
fanden bei diesen flĂŒchtigen Versuchen nicht statt; es 
hÀtte dies damals auch wenig Werth gehabt, insofern 
zur Verdickung der Masse SÀgespÀne angewandt werden 
mussten und diese auf QualitÀt und QuantitÀt des Gases 
nicht ohne Einfluss gewesen sein mochten. SpĂ€terhin — 
es war gegen Ende des Jahres 1865 — wurde ein zweiter, 
aber auch nur roher, Versuch in der Weise ausgefĂŒhrt, 


58 L. Ramdohr, 


dass in der Holzgas- Anstalt zu Sondershausen das Kreosot- 
natron, nicht gemengt mit SÀgespÀnen oder dergl., mittelst 
Schaufeln auf das bereits ausgegaste Holz geworfen wurde. 
Auch hier resultirte ein sehr schön leuchtendes Gas in 
erheblicher Menge. Specielle Messungen konnten leider 
auch hier nicht vorgenommen werden. Indess war doch 
die Möglichkeit einer vortheilhaften Vergasung der Car- 
bolsÀure zur Evidenz nachgewiesen, und es handelte sich, 
bevor zur praktischen Nutzbarmachung der Idee geschritten 
wurde, nur noch um Feststellung der QualitÀt und Quan- 
titÀt des erzeugten Leuchtgases. Zu einem derartigen 
letzten Versuche hatten die mir befreundeten Besitzer 
eines technischen Etablissements die GĂŒte, die Hand zu 
bieten. Dieselben erzeugen zur Beleuchtung ihrer Fabrik 
in einer Chamotteretorte Steinkohlengas. Der GasbehÀlter 
war möglichst leer gemacht und die ReinigungskÀsten 
mit frischem Kalk beschickt worden. Eine mehrtÀgige 
Vergasung von dem aus der Mineralöl- und Paraffinfabrik 
GeorghĂŒtte stammenden Kreosotnatron ergab nun im 
Wesentlichen folgendes Resultat: 

1) 100 Pfd. Kreosotnatron ergaben circa 550 Cubikfuss 
Leuchtgas. (Wenn in 100 Pfd. des Kreosotnatrons 
50 Pfd. Kreosot enthalten sind, so betrÀgt dies auf 
100 Pfd. der letzteren eine Ausbeute von 1100 
Cubikfuss Gas.) 

2) Das Kreosotgas, aus einem gewöhnlichen Stein- 
kohlengas- Schnittbrenner, welcher pro Stunde 5 
Cubikfuss Gas verbraucht, gebrannt, zeigte eine 
LichtstÀrke von 38 Wachskerzen (6 auf ein Pfund 
bei 10 Zoll LĂ€nge). 

3) Desgl. aus einem 4 Cubikfuss Schnittbrenner von 
28 Wachskerzen. 

4) Desgl. aus einem 3 Cubikfuss Schnittbrenner von 
19 Wachskerzen. 

5) Trotzdem ein Theil der erzeugten KohlensÀure an 
das in der Retorte zurĂŒckbleibende Natron gegangen 
war, so fanden sich im Gase doch noch erhebliche 
QuantitÀten freier KohlensÀure vor. 


, 
‘ 


ĂŒber Kreosotgas. 59 


6) Die Chamotte-Retorte hatte nur bei der ersten 
Beschickung mit Kreosotnatron Gas durchgelassen; 
spÀter war sie dicht geblieben. 

Obwohl die vorstehenden Zahlenangaben auf absolute 
Genauigkeit Anspruch nicht machen dĂŒrfen (es wĂŒrde 
dazu eine lÀngere Experimentirzeit gehören), so erschien 
doch auf Grund der erfolgten Beobachtungen die Verwend- 
barkeit des Kreosotnatrons zu Leuchtgas vollkommen ge- 
sichert, und zwar um so mehr, als das eigentlich wich- 
tigere Product — nĂ€mlich die mit kohlensaurem Natron 
imprĂ€gnirten Coks — in der bequemsten Weise nebenbei 
gewonnen werden. Es wurde deshalb die Einrichtung 
einer Kreosotgas- Anstalt fĂŒr die GeorghĂŒtte beschlossen 
und es dĂŒrfte deren Benutzung im October dieses Jahres 
erfolgen. 

Bei der Bestimmung ĂŒber die Einrichtung der Retorten- 
öfen schwebten mir ursprĂŒnglich folgende Ideen vor: 

1) Man hÀtte jeden Ofen mit zwei Retorten (A- und 
B-Retorte), welche durch ein etwa fĂŒnfzölliges Rohr unter 
einander hĂ€tten verbunden werden mĂŒssen, versehen kön- 
nen. In Retorte A wĂŒrde eine einfache Verdampfung 
des Wassers und des Kreosots, in der mit CoksstĂŒcken 
u.s. w. gefĂŒllten Retorte B die Vergasung der aus A 
herĂŒbertretenden KreosotdĂ€mpfe statt zu finden haben. 
Voraussichtlich hÀtte man beide Retorten durch ein einziges 
Feuer heizen können, welches zuerst die Retorte B und 
dann erst die Verdampfungs-Retorte A hĂ€tte berĂŒhren 
mĂŒssen. 

Jedenfalls hÀtte indess die Leuchtgas- Fabrikation 
bei Anwendung dieses Systems einige Schwierigkeiten 
insofern mit sich gebracht, als es nicht gerade leicht sein 
möchte, die RostflÀche, die passende Grösse und das ge- 
eignete Material der beiden Retorten ohne vorhergegangene 
lĂ€ngere Versuche, so zu sagen lediglich nach dem GefĂŒhl, 
zu bestimmen. Bei der nicht immer gleichmÀssig guten 
Beschaffenheit des Heizmaterials, namentlich wenn dasselbe 
Braunkohle ist, wĂŒrde der Betrieb eines solchen Doppel- 
ofens sogar grosse Schwierigkeiten haben, wenn man 


60 L. Ramdohr, 


bedenkt, dass Retorte A eben nur eine solche Temperatur 
erhalten darf, wie sie zur Verdampfung des Kreosots 
erforderlich ist, wÀhrend Retorte B unter allen UmstÀnden 
die nöthige Vergasungstemperatur erhalten muss. Ausser- 
dem wĂŒrde, da fĂŒr jeden Fall ein Reserveofen hĂ€tte vor- 
handen sein mĂŒssen, die Ofenanlage gerade nicht billig 
geworden sein. Mit RĂŒcksicht auf alle diese mit Be- 
stimmtheit vorauszusehenden MĂ€ngel wurde von der An- 
lage eines solchen Doppel-Retortensystems abgesehen, 
trotzdem dasselbe im Princip jedenfalls richtig ist. 


2) Eine andere Art der Verarbeitung des Kreosot- 
natrons wĂŒrde darin bestehen, dass man diesen Körper 
mit SÀgespÀnen, gebrauchter Lohe, Braunkohlencok, oder 
Ă€hnlichen Stoffen zu einem steifen Brei gemengt, schaufel- 
weise in eine ganz gewöhnliche Gasretorte eintrÀgt und 
zur Vergasung bringt. Der Uebelstand indess, dass einer- 
seits es nicht unbedeutende QuantitÀt irgend eines der 
erstgenannten Körper erforderlich und deren Beschaffung 
noch mit besonderen Kosten verknĂŒpft sein wĂŒrde, wĂ€hrend 
andererseits dadurch das Volumen der natronhaltigen 
Coks nicht nur wesentlich vergrössert, sondern die letzteren 
noch mit einen unnĂŒtzen, fĂŒr ihre Verarbeitung auf Natron- 
lauge jedenfalls nachtheiligen Ballast beladen werden 
wĂŒrden, liess mich auch von dieser Art der Vergasung 
des Kreosotnatrons absehen. 


3) Aus Ă€hnlichen GrĂŒnden musste davon abgesehen 
werden, die Vergasung des Kreosots in einer Retorte aus- 
zufĂŒhren, welche Ă€hnlich den bei der Harzgasfabrikation 
angewandten mit Coks oder ZiegelstĂŒcken etc. gefĂŒllt 
ist; der natronhaltige Cok wĂŒrde massenhaft mit fremd- 
artigen Körpern, welche von ihm incrustirt sein wĂŒrden, 
vermengt sein und vielleicht hÀtte fast Stunde um Stunde 
eine Entleerung des Retorter-Inhalts statt finden mĂŒssen. 


In BerĂŒcksichtigung dieser und Ă€hnlicher UmstĂ€nde 
wird eine einfache Retorte angewendet und derselben 
das geschmolzene Kreosotnatron in einem continuirlichen 
Strahle zugefĂŒhrt werden. Dass dies so ganz ohne Weiteres 


ĂŒber Kreosotgas. 61 


nicht geht, sondern dass gewisse Vorkehrungen erforderlich 
sind, welehe durch die eigenthĂŒmliche Beschaffenheit des 
Rohmaterials, so wie durch die beabsichtigte Darstellung 
des spÀter in besonderer Weise zu verarbeitenden Natron- 
cok bedingt werden, liegt auf der Hand. Seiner Zeit 
werde ich nicht unterlassen, auf die in dieser Beziehung 
gemachten Beobachtungen und gesammelten Erfahrungen 
zurĂŒckzukommen. 

Schliesslich weise ich nur noch darauf hin, wie es 
wissenschaftlich interessant sein wird, einerseits die flĂŒssi- 
gen Nebenproducte bei dieser Gasbereitungsweise kennen 
zu lernen, andererseits aber auch festzustellen, wie weit 
die Gegenwart des Aetznatrons durch seine prÀdisponirende 
Verwandtschaft zu der aus dem Kreosot in der GlĂŒhhitze 
sich bildenden KohlensÀure die VollstÀndigkeit der Zer- 
setzung zu Leuchtgas bedingt. Dies wird aus einem — 
demnĂ€chst auszufĂŒhrenden — Versuche erhellen, bei wel- 
chem das aus der Verbindung mit dem Natron abgeschie- 
dene Kreosot fĂŒr sich allein. der nĂ€mlichen GlĂŒhhitze aus- 
gesetzt wird. 

Die Resultate dieses Parallelversuches hinsichtlich 
des Gasquantums, der Leuchtkraft des Gases und der 
Art der Nebenproducte hoffe ich demnÀchst mittheilen zu 
könhen. 


17 
Im Anschluss an die 1866 bereits gemachten Mitthei- 
lungen gebe ich im Folgenden einige Notizen ĂŒber die 
bei meiner Kreosotgas- Anstalt erlangten Betriebsresultate, 
nachdem ich zuvor in einfachen Umrissen die vorhandenen 
Betriebs-Einrichtungen beschrieben haben werde. 


A. Betriebs - Einrichtungen. 

1) Retortenhaus. Es sind zwei Oefen mit je 
einer Retorte von 6 Fuss rheinl. LĂ€nge und 15 Zoll Durch- 
messer vorhanden, von denen einer fĂŒr den Betrieb, der 
andere als Reserve dient. In die auf den Oefen liegende, 
zur HĂ€lfte mit Wasser etc. gefĂŒllte Vorlage von 12 Zoll 


62 L. Ramdohr, 


Durchmesser und 6 Fuss LĂ€nge mĂŒnden die 5 Zoll weiten 
Steigrohre mit einem Eintauchen von 1N, Zoll ein. Zur 
Speisung der Retorten mit dem zu verarbeitenden Kreosot- 
natron findet sich auf jedem Ofen ein zum Theil in das 
Mauerwerk versenktes Bassin, welches im Stande ist, 
circa 15 Ctr. Kreosotnatron aufzunehmen. Die Grösse 
dieser Bassins habe ich so gewÀhlt, dass jeder Zoll Höhe 
der FlĂŒssigkeitssĂ€ule einem Gewichte von 50 Pfd. entspricht, 
so dass die der Retorte zufliessende GewichtsquantitÀt 
stets mit Leichtigkeit durch Messung festgestellt werden 
kann. Um nun selbst geringe Mengen des Rohmaterials 
mit hinreichender Genauigkeit messen zu können, habe 
ich mir folgende sehr einfache Vorrichtung construirt. 
Von einem im Kreosotnatron-Bassin befindlichen Schwim- 
mer fĂŒhrt eine Schnur ĂŒber eine an der Balkenlage 
befestigte Rolle in annÀhernd horizontaler Richtung nach 
einer Rolle von 1 Zoll Durchmesser, an deren Achse 
und fast mit derselben verbunden eine zweite Rolle von 
4 Zoll Durchmesser sich befindet, auf welcher letzteren 
gleichfalls, aber in entgegengesetzter Richtung ziehend, 
eine Schnur aufgewickelt ist, an deren Ende ein Zeiger- 
gewicht hÀngt. Beide Rollen laufen in einem kleinen 
Gestelle, welches an dem oberen Ende eines 12 Fuss 
langen, 3 Zoll breiten, in vertikaler Stellung an der nÀchsten 
Wand befestigten Scalenbrettes angebracht ist. Bei dem 
Steigen oder Sinken des Schwimmers im Kreosotnatron- 
Bassin durchlÀuft das Zeigergewicht vor der Scala (und 
zwar im entgegengesetzten Sinne) eine vierfach grössere 
LÀnge, resp. Höhe, als der Schwimmer selbst. Dem ent- 
sprechend zeigt die Rintheilung der Scala die im 
VerhÀltniss der Rollenperipherier wie 4:1 vergrösser- 
ten Zolle mit ihren Unterabtheilungen an. Sonach ist 
ein vergrösserter Zoll (selbstverstÀndlich nur bei genauer 
AusfĂŒhrung der Rollen, auf deren Umfange durch ein- 
geschnittenes Schraubengewinde die Aufwickelungslinie 
der Schnur vorgeschrieben ist) 4 Zoll rheinl. lang, mithin 
gross genug, um selbst I, Zoll Niveauunterschied im 


EN Ä | 
ĂŒber Kreosotgas. 63 


Kreosot-Bassin — einem Gewichte von 31/, Pfd. Kreosot- 
natron entsprechend — mit grosser Leichtigkeit ablesen 
zu können; ja bei einiger Uebung lÀsst sich sogar eine 
Abnahme des Vorraths im Bassin um 1 Pfd. ziemlich 
genau an der vergrösserten Scala ablesen und man könnte 
erforderlichen Falls durch weitere Vergrösserung des 
Durchmessers der zweiten Rolle die Genauigkeit der 
Gewichtsmessungen noch steigern. 

Die Heizung des ÖOfens erfolgt durch die bei der 
Mineralöl- und Paraffinfabrikation als Nebenproduct ge- 
wonnenen Theercoks — kohlenstoffreiche, in den Theer- 
blasen verbleibende RĂŒckstĂ€nde — welche die Steinkohlen- 
coks im Heizeffect um ein nicht Unbedeutendes ĂŒbertreffen. 

Im Retortenhause ist ferner ein Brett mit 5 Manometern 
angebracht: No. 1 communicirt mit den beiden Steig- 
röhren und mit dem die Vorlage mit dem Condensator 
verbindenden 4 Zoll weiten Rohre. Durch eingeschaitete 
HĂ€hne kann die Communication mit dem einen oder dem 
andern dieser Theile hergestellt werden. No. 2 giebt 
den Druck unmittelbar hinter dem Condensator, Nr. 3 
den Druck hinter der Waschmaschine, No. 4 den Druck 
hinter dem Kalkreiniger, No. 5 den Druck in den Fort- 
leitungsröhren, also hinter dem Druckregulirungs-Ventil, an. 

Ausserdem enthÀlt das Retortenhaus noch eine aus 
dem zwischen Wechselhahn und GasbehÀlter liegenden 
Rohre gespeiste, fortwÀhrend brennende Experimentir- 
flamme, deren Wichtigkeit gerade bei der Kreosotgas- 
Fabrikation sehr in die Augen springt. 

2) Der Reinigungsraum. Derselbe enthÀlt zu- 
nÀchst an Stelle des Scrubbers einen Röhren -Condensator 
mit Ă€usserer WasserkĂŒhlung, wie ich ihn aus der Mineralöl- 
fabrik zufÀllig disponibel hatte. Dieser Condensator ver- 
braucht bei circa 60 Quadratfuss KĂŒhlflĂ€che stĂŒndlich 
eirca 12 Cubikfuss KĂŒhlwasser. 

Von dem Üondensator aus gelangt das Gas in die 
Waschmaschine, ein wĂŒrfelförmiges GefĂ€ss mit eingelegtem 
Siebboden, welcher etwa 41, Zoll tief unter dem Wasser- 


64 L. Ramdohr, 


niveau liegt. Die sonstige Einrichtung der Waschmaschine 
darf als bekannt vorausgesetzt werden. 

Sodann gelangt das Gas in den Wechselhahn, welcher 
gestattet, dasselbe entweder dem einen der beiden Reini- 
gungskĂ€sten oder aber direct dem GasbehĂ€lter zuzufĂŒhren. 
Da aus dem ungereinigten Gase vorzugsweise nur Kohlen- 
sĂ€ure zu entfernen ist, so wird zur FĂŒllung der Reinigungs- 
kÀsten nur zu Staub gelöschter Kalk angewandt. Die 
Kalkreiniger, von einer frĂŒher auf Holzgas arbeitenden 
Anstalt angekauft, sind excel. Tasse im Lichten 5 Fuss 
7 Zoll lang und 2 Fuss 3!/, Zoll breit, nach unten sich 
verjĂŒngend und in der Mitte durch eine Scheidewand in 
zwei gleich grosse RĂ€ume getheilt, von denen der eine 
den auf- der andere den absteigenden Gasstrom durch- 
lÀsst. In jeder Abtheilung des Reinigers liegen drei aus 
Holz rostartig construirte Horden von je 27,5 X 33 Zoll; 
"97,5 x 32 Zoll; 26,25 X 31,5 Zoll — resp. 6,3; 6,1; 5,75 
Quadratfuss FlÀche (incl. Rahmen) und 55; 53,3 und 51,6 
Quadratzoll freiem Durchgange zwischen den StÀben. 
Die gesammte HordenflÀche in einem jeden Kalkreiniger 
betrĂ€gt also 361/;, Quadratfuss rheinl. Zur FĂŒllung eines 
Reinigers sind erforderlich 100 Pfd. gebrannter Kalk — 
150 Pfd. Staubkalk; mithin kommen auf 1 Quadratfuss 
HordenflÀche durchschnittlich 4,13 Pfd. Staubkalk zu liegen. 

3) Der GasbehÀlter weicht in seiner Construction 
nicht von den ĂŒblichen derartigen Vorrichtungen ab. Das 
aus Mauersteinen und Cement aufgefĂŒhrte Bassin ist 12 Fuss 
6 Zoll tief bei 16 Fuss lichtem Durchmesser. An der 
dem Reinigungsraume am nÀchsten liegenden Stelle seines 
Umfanges befindet sich der Schacht fĂŒr die Wassertöpfe 
des Eingangs- und Ausgangsrohres. Die GasbehÀlterglocke 
hat 2000 Cubikfuss nutzbaren Inhalt; sie ist 12 Fuss 
hoch bei 15 Fuss Durchmesser und aus !,, Zoll starkem 
Eisenblech hergestellt worden. Durch vier an dem oberen 
und vier an dem unteren, unter Wasser bleibenden Ende 
angebrachte Rollen wird die GeradfĂŒhrung der Glocke 
bewirkt. An einem der FĂŒhrungsböcke befindet sich 


BIETE, 
Sn“ 


EV ee: 


a 3 
2 > 


ĂŒber Kreosotgas. 65 


eine auf 10 zu 10 Cubikfuss rheinl. eingetheilte Scala 
befestigt, fĂŒr welche der Zeiger an der Oberkante der 
Glocke fest angebracht worden ist. 

Der von der GasbehĂ€lterglocke ausgeĂŒbte Druck be- 
trÀgt genau 4 Zoll rheinl. 

4) Sonstige Einrichtungen. Das von dem Gas- 
behÀlter abgehende Ableitungsrohr ist in den Reinigungs- 
raum zurĂŒckgefĂŒhrt und hier mit einem gewöhnlichen 
Kegelventil verbunden worden, an welches die Erdrohr- 
leitung sich anschliesst. Hierbei mag zuletzt bemerkt 
sein, dass der grössere Theil der circa 70 Ruthen langen 
Erdleitung aus gut getheerten schmiedeeisernen Röhren 
hergestallt worden und bis jetzt vorzĂŒglich dicht geblie- 
ben ist. 

Eine Gasuhr ist nicht vorhanden, da nur fĂŒr den 
eigenen Bedarf gearbeitet wird und das producirte Gas- 
quantum mit genĂŒgender Genauigkeit an der neben dem 
GasbehÀlter befindlichen Scala abgelesen werden kann. 
Eben so hielt ich einen Druckregulator fĂŒr ĂŒberflĂŒssig, 
da, wenn erst sĂ€mmtliche Flammen angezĂŒndet sind und 
der Druck am Ventil danach regulirt ist, erhebliche 
Schwankungen im Druck nicht weiter erfolgen können, 
insofern die Flammenzahl wÀhrend der Nacht wenigen 
oder gar keinen VerÀnderungen unterliegt. 


B. Betriebs- Resultate. 


Die Heizung des Ofens erfolgt, wie bereits bemerkt, 
durch Theercoks, von denen auf jeden Centner des ver- 
gasten Kreosotnatrons 90— 100 Pfd. verbraucht werden. 
Der Verkaufspreis fĂŒr diese Coks schwankt auf den ver- 
schiedenen Paraffinfabriken zwischen 71, —10 Sgr. pro 
Centner; die GeorghĂŒtte erzielte in frĂŒheren Jahren — 
bevor die hiesige Stadt-Gasanstalt mit ihren Gascoks con- 
eurrirend auftrat — sogar einen Preis von 121,—15 Sgr. 
pro Centner. Sollte die eigene Production an Theercok 
nicht ausreichen oder der letztere zeitweise zu höherem 
Preise sich verwerthen lassen, so werde ich nicht anstehen, 


Arch.d. Pharm. CLXXXTII. Bds. 1. u.2. Hft. 5 


a uandernn a 


66 L. Ramdohr, 


den billigeren Steinkohlengascok als Heizmaterial fĂŒr die 
Gasretorte anzukaufen. 

Die Heizung des Ofens lÀsst sich jedenfalls auch mit 
gewöhnlichen Braunkohlen durchfĂŒhren und vorzugsweise 
nur der Umstand, dass ich den nach dem Schornstein 
fĂŒhrenden Fuchs unter höchst ungĂŒnstigen VerhĂ€ltnissen 
anlegen musste, welche eine Reinigung desselben von 
Flugasche Àusserst schwierig und namentlich zeitraubend 
machen wĂŒrde, hat mich von der Anwendung einer Braun- 
kohlen- Feuerung zurĂŒckgehalten. 

Eine jede Oharge verarbeitet 150 Pfd. Kreosotnatron 
in einem Zeitraum von 4—4l/, Stunden. Auf Entleeren 
der Retorte und Àhnliche Nebenarbeiten werden 10 Minuten 
gerechnet, so dass tÀglich im Durchschnitt 5 Chargen 
gemacht werden, welche sich indess, wenn es auf forcirte 
Production ankommt, auch auf sechs wĂŒrden bringen lassen. 
UrsprĂŒnglich war ein continuirlicher Zufluss des Kreosot- 
natrons beabsichtigt; aus mehrfachen GrĂŒnden bin ich indess 
dahin gelangt, es fĂŒr vortheilhafter zu halten, die FlĂŒssig- 
keit in einzelnen Rationen der Retorte zuzufĂŒhren. Anfangs 
arbeiten in Folge der lebhaften Entwickelung von Wasser- 
dÀmpfen bei etwas heruntergekommener Temperatur der 
Retorte sÀmmtliche Manometer, namentlich das mit dem 
Steigrohr direct communicirende, sehr unruhig und bei 
diesem letzteren habe ich schon einen Druck von 9—11 
Zoll beobachtet. Sehr bald beruhigt sich Alles und das 
zuletzt erwÀhnte Manometer bleibt auf etwa 7 Zoll Druck 
ruhig stehen. 

Der normale Druck an den ĂŒbrigen Manometern 
betrĂ€gt fĂŒr No. 2 — 5lj, Zoll; No. 3 —= 5 Zoll; No. 4 
— 44, Zoll. 

Die Beendigung des Vergasungsprocesses wird an 
der Experimentirflamme erkannt, welche in diesem Falle 
einen blauen Kern zeigt und an den Kanten roth umflort 
erscheint (Kohlenoxyd, Sumpfgas?). Bei frischer Be- 
schickung findet das Schwanken der Manometer 1—4 etwa 
3—5 Minuten lang statt, nach deren Verlauf die normale 


ĂŒber Kreosotgas. 67 


Gasbildung, unter gleichzeitiger Entbindung von Wasser- 
dÀmpfen, ausserordentlich rapide statt findet. Bei der 
Vergasung von Steinkohlen vergehen bekanntlich vom 
Augenblicke der frischen Beschickung bis zur normalen 
Gasbildung in der Regel 25—30 Minuten: ein Zeichen, 
um wie viel leichter die Vergasung des Kreosots erfolgt, 
trotzdem bei jeder FĂŒllung von 150 Pfd. Kreosotnatron 
nebenbei circa 30 Pfd. Wasser verdampft werden mĂŒssen. 

Die Frage, ob eine theilweise Zersetzung des 
Wassers statt finde, muss ich fĂŒr jetzt noch unbeant- 
wortet lassen; jedenfalls scheint mir diese Zersetzung, 
wenn sie ĂŒberhaupt erfolgt, nicht sehr bedeutend zu sein. 

Die Menge der flĂŒssigen Nebenproducte festzustellen, 
ist aus Mangel an Zeit mir bis jetzt nicht möglich gewesen. 
Dieselben bestehen aus Wasser und fast unzersetzt ĂŒber- 
destillirtem Kreosot. Die QuantitÀt des letzteren ist 
eine ĂŒberaus geringe und kaum in Rechnung zu bringende. 
Das aus der Vorlage abfliessende Wasser ist milchig trĂŒbe, 
reagirt weder merklich sauer, noch alkalisch und besitzt 
ein spec. Gew. von 1,0025 — 1,003 bei 140 R. — Seine 
Bestandtheile festzustellen, ist bis jetzt noch nicht gelun- 
gen; mehrfache Reagentien geben zwar zum Theil sehr 
voluminöse NiederschlÀge, dieselben sind aber nicht deut- 
lich genug charakterisirt, um auf irgend einen bestimmten 
Bestandtheil (Schwefel, Ammoniak etc.) schliessen zu kön- 
nen. Es wird vielmehr eine specielle Untersuchung der 
NiederschlĂ€ge statt finden mĂŒssen. (Sollte vielleicht irgend 
eine bis jetzt unbekannte organische Verbindung 
in dem Wasser gelöst sein?) 

Der Thatsache, dass vorzugsweise nur Wasser, theerige 
u.s. w. Producte dagegen so gut wie gar nicht, ĂŒberdestil- 
liren, dĂŒrfte die Annehmlichkeit zuzuschreiben sein, dass 
die von dem Retortenkopfe ausgehenden Steigrohre sich 
nie verstopfen, also einer Reinigung auch nie bedĂŒrfen. 
Eben so wird eine Verstopfung in dem Fortleitungs-Rohr- 
system durch Naphtalin oder Àhnliche Körper niemals zu 
befĂŒrchten sein. 


5* 


68 L. Ramdohr, 


Der RĂŒckstand in der Retorte ist ein lockerer, ver- 
hÀltnissmÀssig sehr leichter, reichlich mit dem an das 
Kreosot gebunden gewesenen Natron imprÀgnirter Cok, 
welcher in seiner schwammigen, aufgeblÀhten Form die 
Retorte etwa zu zwei Drittel anfĂŒllt. Das Mittel aus 
einer Reihe von WĂ€gungen ergiebt 45 Pfd. Natroncok 
aus 150 Pfd. Kreosotnatron. SelbstverstÀndlich ist der 
grössere Theil der KohlensÀure, deren Entstehung nicht 
zu vermeiden ist, an das Natron gebunden; ein nicht ge- 
ringer Theil des Natrons ist jedoch als Aetznatron vor- 
handen. Es ist dies eigentlich etwas AuffÀlliges und nur 
dadurch zu erklĂ€ren, dass ursprĂŒnglich fast sĂ€mmt- 
liches Natron in der Form, in welcher es im Kreosot- 
natron enthalten war, also als Aetznatron, frei wird und 
nur an den Àusseren, mit der KohlensÀure in directe Be- 
rĂŒhrung tretenden Theilen mit dieser SĂ€ure bis in eine 
gewisse Tiefe in Verbindung tritt, wÀhrend ein innerer 
Kern durch diese HĂŒlle von kohlensaurem Natron vor 
weiterer BerĂŒhrung mit der KohlensĂ€ure geschĂŒtzt wird. 
Es wird das Interessante an dieser Thatsache durch die 
Beobachtung erhöht, dass Alles in Allem noch circa 
1,6 Proc. KohlensÀure aus dem Kreosot weniger erzeugt 
werden, als zur Bildung von einfach kohlensaurem Natron 
aus dem vorhandenen Natron erforderlich sind. In den 
Coks finden sich nÀmlich circa 32 Proc. NaO vor, welche 
circa 23 Proc. CO? zur Bildung von NaO, CO? erfordern. 
Die gesammte KohlensÀure ist aber weiter unten auf 
6,42 Proc. vom Gewichte des Kreosotnatrons, mithin auf 
circa 21,4 Proc. vom Gewichte der Coks berechnet worden, 
so dass, wenn sÀmmtliches NaO in NaO, 00? umgewandelt 
werden sollte, noch circa 23 minus 21,4 — 1,6 Proc. 
CO? dazu fehlen wĂŒrden. 

Mehrfache Untersuchungen des Natroncoks ergaben 
an löslichen Bestandtheilen ĂŒberhaupt 56—60 Proc.; diese 
bestehen aus: 

37— 38 Proc. kohlensaurem Natron (NaO, CO2) entspr. 
21—22 Proc. NaO. 


ĂŒber Kreosotgas. 69 


13 —14 Proc. Aetznatron (NaO, HO), entspr. 10 bis 
11 Proc. NaO. 

6— 8 Proc. fremde Salze (Na0,SO3; NaCl etec.), 
welche aus der kÀuflichen caustischen Soda in das Aetz- 
natron mit ĂŒbergegangen sind. 

An NaO sind ĂŒberhaupt vorhanden 31—33 Proec., 
an 00? — 15— 16 Proc. 

Der sofort nach dem Umschalten aus dem Reinigungs- 
kasten entnommene Kalk zeigte im Durchschnitt einen 
durch den Gewichtsverlust bei Behandlung mit SalzsÀure 
(im Geissler’schen Apparat) ermittelten KohlensĂ€uregehalt 
von 29,8 Proc., von welchen bei der vorzĂŒglichen Be- 
schaffenheit des angewandten gebrannten Kalks 27 —28 
Procent auf Rechnung der aus dem Kreosot erzeugten 
KohlensÀure gesetzt werden mögen, wÀhrend die Differenz 
von circa 2—3 Proc. auf Rechnung der im gebrannten 
Kalk etwa noch vorhanden gewesenen KohlensÀure, so wie 
der in der Reinigungsmasse enthaltenen Spuren von Schwe- 
felwasserstoff und sonstigen Gasen gebracht werden mag. 
Jene 29,8 — rund 30 Proc. KohlensĂ€ure bedeuten so 
viel als circa 45 Pfd. in dem angewandten Staubkalk, 
dessen ursprĂŒngliches Gewicht von 150 Pfd. eben durch 
Aufnahme der KohlensÀure auf durchschnittlich 195 Pfd. 
— ganz in Uebereinstimmung mit dem durch die Analyse 
gefundenen Procentsatze — sich erhöht hat. Da wir nun 
nur 27—28 Proc. —= circa 40 Pfd. auf Rechnung der 
aus dem Kreosot erzeugten KohlensÀure gesetzt haben 
und zur Erzeugung dieser QuantitÀt circa 2250 Pfd. 
Kreosotnatron haben vergast werden mĂŒssen, so machen 
diese 40 Pfd. KohlensĂ€ure — 1,77 Proc. des angewandten 
Kreosotnatrons aus. 

Die in dem Cok enthaltene KohlensÀure betrÀgt, wie 
oben angegeben, circa 15,5 Proc. vom Gewichte des Coks — 
15,5.30 
100 
so dass die aus letzterem ĂŒberhaupt erzeugte KohlensĂ€ure 
auf 1,77 — 4,65 — 6,42 Proc. veranschlagt werden darf, 


— 4,65 Proc. vom Gewichte des Kreosotnatrons, 


70 L. Ramdohr, 


6,12.100 

30 
Coks in letzterer an Natron gebunden sein könnten. 

Die Verwerthung der aus der Retorte gezogenen 
Coks ist nach Vorstehendem eine eben so leichte und 
einfache, als lohnende Arbeit. Die Coks werden möglichst 
erschöpfend ausgelaugt, die Lauge durch Absetzenlassen 
geklÀrt und sodann entweder gÀnzlich auf Aetzmatron 
allein oder auf kohlensaures Natron und auf das als 
solches bereits vorhandene Aetznatron verarbeitet. Der 
Werth dieser Coks dĂŒrfte hiernach mit 2 Thlr. pro Centner 
immerhin sehr mÀssig veranschlagt sein. 

Die Gasausbeute ist eine erhebliche, wenn auch 
nicht so hohe, als auf Grund der im Octoberhefte des 
Journ. fĂŒr Chem. und Pharm. beschriebenen, ganz rohen 
und auf Genauigkeit Anspruch nicht machenden Vorver- 
suche angenommen werden durfte. In der That liefern 
im fabrikmÀssigen Betriebe 100 Pfd. Kreosot- 
natron — 450 bis 460 Cubikfuss preuss. gereinig- 
tes Leuchtgas von sehr grosser LichtstÀrke. Die Flamme 
dieses Gases ist selbst im Tageslichte fast weiss zu nennen. 
Als Durchschnitt aus einer langen Reihe von Versuchen 
kann ich Folgendes hinstellen: 

1) Ein kleiner Schnittbrenner bei 2 Cubikfuss preuss. 

Verbrauch — 6 Wachskerzen; 

2) ein grösserer Schnittbrenner bei 3 Cubikfuss Ver- 

brauch — 11,2 Wachskerzen; 

3) ein Zweiloch -Brenner bei 5 Cubikfuss stĂŒndlichem 

Verbrauch —= 23,5 Wachskerzen. 

Die Wachskerzen sind aus ganz reinem Wachs in 
solcher Grösse hergestellt, dass bei 10 Zoll rheinl. LÀnge 
davon 6 StĂŒck auf ı Pfd. Zollgewicht gehen. SĂ€mmt- 
liche Beobachtungen sind zu den verschiedensten Zeiten 
(namentlich auch bei fast gÀnzlich ausgenutzter, bei halb 
ausgenutzter und bei ganz frischer Reinigungsmasse) und 
stets bei 5 Linien Druck unmittelbar hinter dem Druck- 
regulirungsventil, entsprechend 4!/), Linien Druck in der 


welche als — 21,4 Proc. vom Gewichte der 


ĂŒber Kreosotgas. 71 


Photometerkammer, welche circa 300 Fuss von der Anstalt 
entfernt liegt, angestellt worden. 

Sonach betrÀgt die Leuchtkraft des Kreosot- 
gases etwa das Doppelte von derjenigen, welche 
bei Contracten gewöhnlich fĂŒr das Steinkohlen- 
gas beansprucht wird. 

Uebrigens lÀsst sich durch Erhöhung der Vergasungs- 
temperatur zwar nicht die QuantitÀt, wohl aber die QualitÀt 
des Kreosotgases nicht unerheblich steigern. 

In Folge dieser grossen Leuchtkraft konnten die ein- 
zelnen Theile des gesammten Rohrsystems in verhÀltniss- 
mĂ€ssig kleineren Dimensionen ausgefĂŒhrt werden, als dies 
bei Steinkohlengas erforderlich gewesen sein wĂŒrde. Na- 
mentlich tritt dies bei der Grösse der Brenner sehr deut- 
lich hervor. Von den ĂŒberhaupt vorhandenen 104 StĂŒck 
Brennern sind 89 Schnittbrenner der kleinsten Sorte, 
welche pro Stunde eirca 2!/, Cubikfuss verbrauchen; 
4 StĂŒck sind Schnittbrenner mit circa 31/, Cubikfuss 
Consum und 8 StĂŒck Zweilochbrenner (Hof-Laternen), 
welche durch die betreffenden RegulirhÀhne auf circa 51/, 
Cubikfuss gebracht worden sind; ausserdem sind noch 
3 Argandbrenner vorhanden. 

Hier dĂŒrfte der geeignete Platz sein, anzugeben, dass 
das Gas die ganze Nacht hindurch niemals mit mehr als 
höchstens 5 Linien Druck in das Rohrsystem ge- 
lassen wird; Regel ist, dass nur 4 Linien gegeben werden. 

Was nun — um zunĂ€chst die Mittheilungen ĂŒber die 
erlangten Betriebsresultate zu beschliessen — die Reini- 
gung des Gases anlangt, so erfolgt dieselbe, so weit sie 
auf chemischen Einwirkungen beruht, lediglich durch zu 
Pulver gelöschten Kalk. Weiter vorn ist bereits angedeutet 
worden, dass zur FĂŒllung eines Reinigungskastens 150 
Pfund Staubkalk, welche aus 100 Pfd. gebranntem Kalk 
dargestellt wurden, erforderlich sind und dass im Durch- 
schnitt auf 1 Quadratfuss HordenflĂ€che — 4,13 Pfd.-Staub- 
kalk liegen. Nach Verlauf von reichlich drei Tagen ist 
der Kalk mit KohlensÀure gesÀttigt, sein Gewicht ist von 


12 L. Ramdohr, Kyle 
150 auf 195 Pfd., mithin um 30 Proc. gestiegen, was mit 
dem durch die Analyse nachgewiesenen KohlensÀuregehalt 
(29,82 Proc.) genau ĂŒbereinstimmt. 


Jede FĂŒllung eines Kastens reinigt durchschnittlich 
das Gas von 15 Chargen & 150 Pfd. Kreosotnatron, mit- 
hin wurden zu je 1 Charge — 10 Pfd., und auf 100 Pfd. 
Kreosotnatron — 62/3 Pfd. Staubkalk verbraucht. Jene 
15 Chargen produeiren rund 10,000 Oubikfuss gereinigtes 
Gas; mithin erfordern 1000 Cubikfuss — 15 Pfd. Staub- 
kalk zur Reinigung. Bei einer Jahresproduction von 
ı Million Cubikfuss sind demnach erforderlich — 15,000 
Pfund Staubkalk = 10,000 Pfd. — 125 Scheffel a 80 Pfd. 
gebrannter Kalk. 


Zum Schluss noch einige Worte ĂŒber die Leistungs- 
fÀhigkeit, die Anlagekosten und die RentabilitÀt der auf 
der GeorghĂŒtte vorhandenen Anlage. 


Die durchschnittliche LeistungsfÀhigkeit betrÀgt bei 
Benutzung einer Retorte (von den vorn angegebenen ge- 
ringen Dimensionen) tÀglich 5 Chargen & 150 Pfd. Kreosot- 
natron — 3375 bis 3400 Cubikfuss Gas; mithin bei 350 
Arbeitstagen — 1,181,250 bis 1,190,000 Cubikfuss Gas, 
wofĂŒr in runder Summe nur 1 Million Cubikfuss ange- 
nommen werden mögen. Zu deren Erzeugung sind in 
runder Summe erforderlich —= 2300 Ctr. Kreosotnatron, 
welche 690 COtr. Natroncok liefern. 


Die Anlagekosten werden Alles in Allem (incl. eines 
Reserveofens mit Retorte) auf circa 2500 bis 2700 Thlr. 
sich belaufen. 

Die RentabilitÀt der Anlage stellt sich im Vergleich 
zu einigen anderen Methoden der bisherigen Verwerthung 
des Kreosotnatrons als sehr gĂŒnstig heraus. Ich lasse 
die betreffenden Berechnungen hier folgen und bemerke 
nur im Voraus, dass ich ĂŒberall Zinsen der Anlage mit 
5 Proc. Amortisation (Abschreibungen) aber nicht mit in 
Rechnung gestellt habe. Den folgenden drei Berech- 
nungen ist ĂŒberall die gleiche QuantitĂ€t von zu verarbei- 


ĂŒber Kreosotgas. 73 


tendem Kreosotnatron (2300 Center jÀhrlich) zu Grunde 

gelegt worden. 

I. Verarbeitung des Kreosotnatrons auf Glaubersalz und 
rohes Kreosot. 

Die Kosten einer hierzu erforderlichen Anlage habe 
ich, und zwar gewiss sehr niedrig, auf 800 Thlr. ange- 
nommen. Sodann bin ich von der Voraussetzung ausge- 
gangen, dass die Zerlegung des Kreosotnatrons durch die 
bei der Reinigung der Rohöle angewandte SchwefelsÀure 
erfolgt, da die letztere auf allen Paraffinfabriken in ge- 
nĂŒgender Menge vorhanden ist und es ohnehin kaum 
Jemand in den Sinn kommen dĂŒrfte, fĂŒr diesen Zweck 
etwa frische SchwefelsÀure zu verwenden. Nach meinen 
Beobachtungen kann man voraussetzen, dass 100 Th. 
Kreosotnatron zur Zersetzung 50 Th. gebrauchter 
SchwefelsÀure erfordern und circa 75 Th. des wasserhal- 
tigen Glaubersalzes nebst 70 Th. rohen Kreosots geben. 
In das letztere sind, wie man schon aus der erheblichen 
QuantitÀt schliessen wird, sÀmmtliche durch die Schwefel- 
sÀure aus den Rohölen ausgeschieden gewesenen harzigen 
u.s.w. Substanzen mit ĂŒbergegangen. 

Einnahme. 

2300 Ctr. Kreosotnatron ergeben: 

1725 Otr. rohes Glaubersalz a Otr. 7], sgr... 431,8 7 sgr 69) 


1615 „ „ KreosotaCtr.höchstens 15sgr 805, -—, —, 
in Summa 1236 ,$ 7sgr 65) 
Ausgabe. 
1150 Ctr. gebrauchte Schwefel- 
Bauge,allOisgt 2... 0.2.22... „8 383. 10. —. 


Löhne, 1 Mann 360 Tage a 15s r „ 180. —. —. 
Zinsen der Anlage von 800 ‚$ 


BEambrocz en, ».40.—.—. 
Brennmaterial zum Eindampfen 
demkaupen..\. nnlise. ic „ 220. —. —. 


Reparaturen an denPfannenete. „ 50. -—. —. 
Diverses und zur Abrundung „ 12.27. 6. 


SUMmMA, 0... Va 886 ,B 7 sgr 69 
bleibt Gewinn... 350 .B -sgr -% 


u 5 


74 L. Ramdohr, 


an 20 5 Me Ba UNE SR ER 


Sonach verwerthet sich 1 Ütr. Kreosotnatron auf 


ee = —ıP 4sgr 6,89. 
II. Verarbeitung des Kreosotnatrons im Flammofen durch 
Verbrennung des Kreosots behufs Gewinnung natron- 
haltiger Coks. 
Es ist dies das mehrere Jahre lang auf der Georg- 
hĂŒtte angewandte oben beschriebene Verfahren. 


Einnahme. 
2300 Ctr. Kreosotnatron geben 690 Otr. 


Matroncok a Tuner. NER 862, 15 sr — 9) 
S. p- 8. 
Ausgabe. 
Lohn fĂŒr 1 Arbeiter auf circa 
#30, Tagen 1a sgr.... 22.7: BB 65.—.—. 
1 neue Pfanne nebst Ein- 
INAUBFUTIE ne nee tahe nenn „80. 
Zinsen der Anlage von 200 „¼ 
RS ALDEN A. en le „ .10.—. —. 
Verbrauchte Feuerkohlen..... „ 20.—. —. 


Diverses und zur Abrundung. „ 7.15. —. 
Summa Ausgabe 182.,B 15s — 
bleibt Gewinn 680 B —sgr — 

Demnach verwerthet sich 1 Otr. Kreosotnatron auf 
= — Sp 10,55, 

Wenn vorstehend die produeirten Natroncoks mit 
11, Â»ĂŸ pro Ctr. in Ansatz gebracht worden sind und dies 
im Vergleich zu dem Preise der bei der Kreosot-Ver- 
gasung gewonnenen Coks zu niedrig erscheinen möchte, 
so bemerke ich zur ErlÀuterung dieser Differenz, dass 
obiger Ansatz von 11, „8 noch etwas höher als der inner- 
halb eines Zeitraumes von etwa 5 Jahren thatsÀchlich 
erzielte Durchschnittspreis ist, wÀhrend andererseits ein 


. ĂŒber Kreosotgas. 75 


Preis von 2,8 fĂŒr die Gasnatroncoks ais ein verhĂ€ltniss- 
mÀssig sehr geringer erscheinen muss, in so fern letztere 
ausser einfach kohlensaurem Natron noch circa 13 Proc. 
Aetznatronhydrat enthalten, wÀhrend die Flammofencoks 
Aetznatron gar nicht, dagegen eine bedeutend grössere 
QuantitÀt KohlensÀure enthielten, als zum Vorhandensein 
von Na0, CO? erforderlich war, so dass die Verarbeitung 
der Àlteren Coks schon aus diesem Grunde weit weniger 
lohnend war. 


III. Verarbeitung des Kreosotnatrons auf Leuchtgas und 
Natroncok. 

100 Pfd. Kreosotnatron geben: 

30 Pfd. Cok mit 37—38 Proc. NaO, CO? und 13— 14 
Proc. NaO,HO; 
450—460 Cubikfuss rheinl. Leuchtgas. 

In 350 Arbeitstagen wurden in runder Summe ver- 
arbeitet 2300 Otr. Kreosotnatron; diese ergeben: 
1,000,000 Cubikfuss Leuchtgas; 

690 Otr. Natroncoks. 

Unter BerĂŒcksichtigung der bedeutenden LichtstĂ€rke 
der Kreosotgasflamme, welche sich zu der des guten 
Steinkohlengases wie 2:1 verhÀlt, erscheint es angemessen, 
den Werth von 1000 rheinl. Cubikfuss Kreosotgas — 
4 ,‚$ zu setzen, oder mit anderen Worten einen Stein- 
kohlengaspreis von 

2.8 — sp — & fĂŒr 1000 Cubikfuss rheinl. 
oder 1:$ 25sgr — & fĂŒr 1000 Cubikfuss engl. 


der Werthbestimmung fĂŒr Kreosotgas zu Grunde zu legen. 


Eben so ist der fĂŒr die Natroncoks angenommene 
Preis von 2,$ thatsĂ€chlich ein ĂŒberaus geringer. 


Einnahme. 
FĂŒr 1,000,000 Cubikf. Gas a 1000 Cubikf. 4.$ 4000. ,B -sgr —& 
„ 690 Ctr. Natroncok & Otr. 2.B........ 1380, -, -, 


Summa... 5380,98 sg -—J 


h an L IN . ! 
76 L. Ramdohr, | | 


\ 


| Ausgabe. 
Löhne, 2 Mann auf je 360 Tage 
BILD: BUREITB SUSE LEIRRENT IRNTNTET, 360. —. —. 
Zinsen der Anlage von 2600 ‚B 
ERTEH Me a 0 I RS NE NN 130. —. —. 
Zur Heizung der Retorte, 2300 Ctr. 
aka Bir: LO VBgr EC ER 766. 20. —. 
51/, Wispel gebrannter Kalk 6,8 31.15. —. 
Ersatz an Retorten, Chambottestei- 
nen, Maurerarbeitslöhnen, Di- 
verses und zur AbnkĂ€une‘ . 211.25. —. 


Summa Ausgabe 1500 ,9 — sr — 0) 
bleibt Gewinn 3880 ,P —sgr —& 


Sonach verwerthet sich 1 Ütr. Kreosotnatron auf 


3880 
SITE 8 — 1,B 20 sgr 7,3 gr. 


Bei dieser Gelegenheit möge es mir gestattet sein, 
eine Stelle des oben mitgetheilten Aufsatzes ĂŒber Kreo- 
sotgas, so weit dieselbe zu MissverstÀndnissen Veranlas- 
sung geben könnte, hier specieller zu erörtern. 


Ziemlich am Anfange des fraglichen Artikels ist 
gesagt worden, dass einige der grösseren (Paraffin-) Fa- 
briken noch jetzt das Kreosotnatron zum ImprÀgniren der 
zum Ausbau der SchÀchte und Strecken benutzten Hölzer 
verwenden, oder es zu gleichem Zwecke fĂŒr einer Preis 
von 1 bis 1!/, Thlr. verkaufen. Hiernach könnte es 
scheinen, als ob ein grosser Theil des ĂŒberhaupt pro- 
ducirten Kreosotnatrons zu diesem ziemlich hohen Preise 
verkĂ€uflich und somit kaum das BedĂŒrfniss zu einer 
möglichst hohen anderweiten Verwerthung dieses Kör- 
pers vorhanden gewesen sei. Diese Auffassung hat aber 
nicht in meinem Sinne gelegen, obgleich ich nicht Anstand 
nehme zu bekennen, dass ich selbst durch die Fassung 
jener Worte Veranlassung gegeben habe, um aus jenen 


ĂŒber Kreosotgas. 77 


Zeilen etwas Derartiges herauslesen zu können. — Die 
zum ImprÀgniren der Grubenhölzer verwandte Quan- 
titÀt ist in der That eine im VerhÀltniss zur gesammten 
Production verschwindend kleine; ausserdem ist jener 
Preis in so fern ein imaginÀrer, als die betreffenden 
Paraffinfabriken denselben nur ihren eigenen Kohlen- 
gruben, also sich selbst, in jener Höhe angerechnet, aus- 
wÀrtige KÀufer dazu aber so gut wie gar nicht gehabt 
haben. Auch ist inzwischen in Folge eines bedeutenden, 
durch das Kreosotiren der Grubenhölzer verursachten 
Grubenbrandes in der NÀhe von Zeitz Seitens der königl. 
preuss. Bergbehörde die Benutzung von Kreosot und Àhn- 
lichen feuergefÀhrlichen Stoffen zum Conserviren der 
Grubenhölzer untersagt worden, so dass diese Art der 
Verwendung ĂŒberhaupt aufgehört hat. Ferner möchte die 
Kreosotirung der Grubenhölzer von zweifelhaftem Nutzen 
sein, da das Kreosotnatron in jedem VerhÀltniss im Wasser 
löslich ist und durch die Grubenfeuchtigkeit sehr bald 
aus den Hölzern wieder entfernt werden dĂŒrfte. Die Aus- 
fĂŒhrung der Kreosotirung ist ferner mit erheblichen Kosten 
verbunden, da, wenn sie einigermassen hinreichend werden 
soll, dieselben Maschinen und Apparate erforderlich sind, 
wie bei dem ImprÀgniren von Eisenbahnschwellen, Tele- 
graphenstangen etc. mit Kupfervitriollösung und dergl. 
Das von Dr. H. Vohl (Dingl. Journ. Bd. 144. 8. 449) 
empfohlene Verfahren, die Hölzer nach dem TrÀnken 
mit Kreosotnatron noch in gleicher Weise mit verdĂŒnnter 
Eisenvitriollösung zu imprÀgniren, wodurch das Kreosot 
frei werden und mit der Holzfasersubstanz sich verbinden 
soll, wÀhrend das erzeugte Glaubersalz in Folge der zu- 
tretenden Feuchtigkeit nach und nach entfernt wird, ver- 
doppelt nicht nur die Kosten der ImprÀgnirung, sondern 


scheint auch in der Praxis keinen Eingang gefunden zu 
haben. 


78 J. Philipp, 


Ueber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers ; 


von 


J. Philipp”). 


Durch Rhodankalium entsteht in einer Lösung von 
salpersaurem Quecksilberoxyd ein weisser Niederschlag, 
der in einem Uebermass beider Salze auflöslich und 
Quecksilberrhodanid ist. 


Hg C2 N2 82 
gefunden 
2. b. 
He 2007==263,29 63,24 62,47 
2C 24 7,60 
2 N 28 8,86 
28 64 20,25 19,68 20,03 
316 100. 


Es ist dies das in neuerer Zeit als „Pharaoschlange“ 
allgemeiner bekannt gewordene Salz, dessen Verhalten 
in der Hitze schon lÀngst durch Wöhler bekannt war. 
Am Licht erleidet es eine partielle Zersetzung und scheint 
dann etwas QuecksilberrhodanĂŒr zu enthalten. Aus kochen- 
dem Wasser krystallisirt es in perlmutterglÀnzenden BlÀtt- 
chen, ebenso, wenn man Quecksilberoxyd mit Rhodan- 
wasserstoffsÀure kocht. 


Kaliumquecksilberrhodanid entsteht, wenn man 
salpetersaures Quecksilberoxyd so lange zu Rhodankalium 
fĂŒgt, bis sich der anfangs entstehende weisse Niederschlag 
in eine gelbliche, krystallinische Masse verwandelt, das 
Ganze erwÀrmt und die entstandene Auflösung erkalten 
lÀsst. Man erhÀlt es auch direct durch Auflösen von 
Quecksilberrhodanid in Rhodankalium. 


*) Aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaf- 
ten in Berlin als Separatabdruck von Hrn. Prof. Dr. Ram- 
melsberg ĂŒbergeben. 


nö 


u? m ya “ F u 
48 Neal Se ER 5 


ĂŒber die Rhodanverbindungen des Quecksilbers. 79 


KHg (CN S)3 
gefunden 
a. b. 
a 39 AA, 9,33 
Hg = 200 48,43 48,96 48,81 
Re 7,36 8,72 
3N = 242 10,17 
er. 2,96 23,24 22,49 22,66 
415 100. 


Dieses Doppelsalz ist in warmem Wasser ziemlich 
leicht löslich; von grösseren Mengen kalten Wassers wird 
es zersetzt, indem ein Theil Quecksilberrhodanid sich 
abscheidet. In der Hitze hinterlÀsst es Rhodankalium 
und Schwefelkalium. 

Quecksilbereyanid-Rhodankalium erhÀlt man 
direct, wobei concentrirte Auflösungen zu einem Brei 
feiner Krystalle gestehen. 


K (CNS), Hg (CN)? + 2 H2O 


gefunden 
a. b. 

K — 39 — 10,13 10,28 

Hg =—=:200 51,95 52,40 
3C 36 9,35 
3N 42 10,91 

S 32 8,31 8,99 8,98 
2H20 36 9,35 


385 100. 

Es lÀsst sich aus Wasser umkrystallisiren *). 

Quecksilberjodid-Rhodankalium. Ersteres löst 
sich leicht in letzterem auf; die gesÀttigte Auflösung giebt 
mit Wasser einen gelben Niederschlag von Quecksilber- 
jodid, der beim Stehen, SchĂŒtteln oder Erhitzen roth 
wird; in der FlĂŒssigkeit bleibt wenig Quecksilber auf- 
gelöst. Die gesÀttigte Lösung giebt beim Verdunsten ein 
gelblich gefÀrbtes Doppelsalz, welches an der Luft zerfliesst. 


*) Dieses und einige Àhnliche Doppelsalze hat schon Böckmann 
beschrieben. 


80 J. Philipp, 


2 K(CNS), HgJ? 4 2 H2O 
; gefunden 
2 Kies Te 11,10 
H 200 29,24 
2 fin 254 Eier Pa 
2.0 24 3,52 
2 N 28 4,09 
28 64 9,36 9,22 
2 H2O 36 5,26 
684 100. 


EnthÀlt die Auflösung des Quecksilberjodids einen 
Ueberschuss von Rhodankalium, so wird sie von Wasser 
nicht gefÀllt. 

Verhalten von Quecksilberbromid und -Chlorid 
zu Rhodankalium. Aus der gemeinsamen Lösung 
beider Salze krystallisirt Bromkalium oder Chlorkalium, 
spÀter das Doppelsalz von Quecksilberrhodanid und Rhodan- 
kalium. Aus concentirten Lösungen von Quecksilber- 
chlorid und Rhodankalium scheidet sich sogar unter TrĂŒ- 
bung allmÀlig Quecksilberrhodanid ab. Umgekehrt ent- 
steht aber auch Quecksilberchlorid, wenn Quecksilber- 
rhodanid auf Chlorkalium wirkt. 

Aus diesen Untersuchungen folgt, dass die Oxysalze 
des Quecksilbers sich mit Rhodankalium umsetzen, das 
Cyanid und Jodid aber sich direct mit letzterem verbin- 
den, wÀhrend das Chlorid und Bromid gleichsam den 
Uebergang bilden. Das Quecksilberfluorid verhÀlt 
sich analog den Oxysalzen, nicht bloss wegen seines Ver- 
haltens zu Wasser, sondern auch zu Rhodankalium. 


Als basisches Quecksilberrhodanid beschrieb Claus 
den gelben Niederschlag, welchen Ammoniak in Kalium- 
quecksilberrhodanid hervorbringt. Der Körper detonirt 
beim Erhitzen. Seinem Verhalten und den Zahlen der 
Analysen zufolge ist er ein Analogon bekannter Chlor- 
und Jodverbindungen, nÀmlich 

Mercurammoniumoxyrhodanid. 


2 > Wi ne Ten 


en e De re ER ee " a 
ĂŒber die Ahodaneer digen de Eee ibers. 81 


H2 ; 
N jj,  ONS, HgO. 


gefunden 
2. b. €: d. 

2 Hg = 400 = 81,64 82,74 80,99 
Sa. = 7.2 0,41 

© 12 2,45 
2>N 28 5,71 6,86 6,44 

S 32 6,53 6,94 6,86) ..,,’7,1.0. 226,80 

Ö 16 3,26 

490 100. 


Am Licht wird die Verbindung in kurzer Zeit grau. 
Durck Jodkalium verwandelt sie sich in die von Ram- 
melsberg beschriebene braune Jodverbindung. Auch 
durch ErwÀrmen von Quecksilberrhodanid in Ammoniak 
entsteht ein gelber in der Hitze sich Àhnlich verhaltender 
Körper. E%: 

QuecksilberrhodanĂŒr. Hermes hat in einer 
kĂŒrzlich publicirten Arbeit behauptet, dass diese Verbin- 
dung, Ă€hnlich dem CyanĂŒr, nicht existire. Dies ist jedoch 
ein Irrtthum, um so mehr, als das Salz schon von Claus 
untersucht worden ist. Allein die Neigung des Queck- 
silberrhodanids, mit Rhodankalium sich zu verbinden, ist 
die Ursache, dass sich jenes neben metallischem Queck- 
silber ausscheidet, wenn man salpetersaures Quecksilber- 
oxydul anwendet. Man muss letzteres in verdĂŒnnter 
saurer Lösung, jedoch in grossem Ueberschuss nehmen. 
Das RhodanĂŒr ist weiss, in Wasser unlöslich, wird von 
Alkalien geschwÀrzt, von kochender ChlorwasserstoftsÀure 
gleich wie von Rhodankalium unter Abscheidung von 
Quecksilber aufgelöst, und verhÀlt sich in der Hitze 
Ă€hnlich dem Rhodanid, ohne jedoch in gleichem Masse 
aufzuschwellen. 


Hg? (CNS)? 
gefunden 
a. b. 
2>-E5.— 400:—:71;52 76,24 77,13 
2C = 24 4,66 
9. N 898 9,42 
et 12,40 12,15 12,39 
516 100. 


Arch.d. Pharm. CLXXXTI. Bds. 1.u.2. Hft. 6 


82 ©. Rammelsberg, 


Bei der Darstellung dieses Salzes scheint sich anfangs 
stets Quecksilberrhodanid und metallisches Quecksilber 
zu bilden. Ist die FlĂŒssigkeit hinreichend sauer, so wird 
der graue oder schwarze Niederschlag durch lÀngeres 
Stehen weiss, was darauf beruht, dass Quecksilberrhodanid 
und salpetersaures Quecksilberoxydul sich in unlösliches 
RhodanĂŒr und salpetersaures Quecksilberoxyd umsetzen: 


He (CNS)? + Hg2N206 — Hg2(CNS)? + HgN206, 


Analyse der Glimmer von Utö und Easton und 
Bemerkungen ĂŒber die Zusammensetzung der 
Kaliglimmer ĂŒberhaupt; 


von 


C. Rammelsberg in Berlin *). 


Keine der grossen und wichtigen Mineralgruppen 
bietet in krystallographischer, optischer und chemischer 
Hinsicht so viel EigenthĂŒmliches und zum Theil UnerklĂ€r- 
bares, wie die Glimmer. Ihre Structur und ihre meist 
wenig messbaren Krystalle liessen sie lange fĂŒr sechs- 
gliedrig halten; eine gut krystallisirte AbÀnderung (vom 
Vesuv) wurde als zwei- und eingliedrig erkannt, spÀter 
fĂŒr zweigliedrig-partialflĂ€chig erklĂ€rt, bis sich zeigte, dass 
ihre Form geometrisch in aller Strenge eben so wohl 
sechsgliedrig, als zweigliedrig oder zwei- und eingliedrig 
gelten könne. 

Uebrigens ist neuerlich die angebliche zweigliedrige 
PartialflÀchigkeit durch vollstÀndigere Beobachtungen wi- 
derlegt (Hessenberg). 

In optischer Beziehung unterschied man lange ein- 
und zweiaxige Glimmer. Allein man nimmt jetzt gewöhn- 
lich an, dass die anscheinend einaxigen solche sind, deren 
beide Axen einen sehr kleinen Winkel machen, da man 


*) Als Abdruck aus der Zeitschrift der deutschen geologischen 
Gesellschaft, Jahrg. 1866, vom Herrn Verfasser ĂŒbergeben. 


Analyse der Glimmer von Utö und Easton et. 83 


gefunden hat, dass optisch zweiaxige BlÀttchen, in einer 
um 900 sekreuzten Stellung auf einander gelegt, so dass 
die Ebenen ihrer optischen Axen sich gleicher Art schnei- 
den, die Erscheinungen optisch einaxiger Krystalle zeigen. 

Aber nicht allein ist der Winkel der optischen Axen 
bei den Glimmern ein Àusserst verÀnderlicher, von 00 
bis 770 gehend, obwohl die Mittellinie immer senkrecht 
zur SpaltungsflÀche steht und negativ ist, sondern die 
Ebene der optischen Axen ist bei manchen Glimmern 
senkrecht gegen diejenige anderer. Die Untersuchungen 
lassen erkennen, dass solche verschiedene Glimmer, ver- 
schieden in der Grösse des Winkels und in der Lage 
der Ebene der optischen Axen, an einem Fundorte vor- 
kommen (Warwick). 

UnwillkĂŒrlich erinnern diese VerhĂ€ltnisse der Glimmer 
an die von Scacchi zur Sprache gebrachten FĂ€lle von 
Polysymmetrie. Das zweigliedrige, optisch zweiaxige 
schwefelsaure Kali ist geometrisch gleich dem schwefel- 
sauren Kalinatron, welches sechsgliedrig und optisch ein- 
axig ist. Wenn dies beweist, dass die kĂŒnstlichen Ab- 
theilungen, welche wir den Symmetriegesetzen der Kry- 
stalle anpassen — unsere Krystallsysteme —, dem Reich- 
thume der Erscheinungen nicht GenĂŒge leisten, so mĂŒssen 
die Glimmer besonders zu einem weiteren Studium an- 
regen, und es wÀre wohl denkbar, dass es unter ihnen 
auch wahre optisch einaxige gÀbe. 

Die chemische Unterscheidung der Glimmer erfolgt 
vorlÀufig am besten nach der Natur der sogenannten 
starken Basen, welche die Analyse aus ihnen darstellt. 
Denn finden wir auch manche derselben in allen Glimmern 
wieder, so tritt doch eine in der Regel bei einer ganzen 
Abtheilung als herrschend hervor. 

Alkaliglimmer nenne ich daher solche, welche 
durch ein Alkali charakterisirt sind. Unter ihnen sind 
die wichtigsten die Kaliglimmer von heller Farbe, 
46-—50 Proc. KieselsĂ€ure und im Mittel 10 Proc. Kali 
gebend, neben ihm nur wenig Magnesia und höchstens 


6* 


84 ©. Rammelsberg, 


8 Proc. Eisenoxyd. Viele scheinen nur Spuren von Natron, 
einige bis 5 Proc. desselben zu enthalten. Fluor ist wohl, 
wenn auch nur in kleiner Menge, doch wahrscheinlich in 
allen enthalten und vom Wasser, glaube ich, gilt das- 
selbe. Der Winkel ihrer optischen Axen ist gross. 

Die Natronglimmer (Paragonit), feinschuppige, 
helle Glimmer, sind bis jetzt wenig bekannt. Ausser 
Natron, dem stets Kali beigesellt ist, sind kaum andere 
starke Basen darin enthalten. 

Die Lithionglimmer, optisch den Kaliglimmern 
gleich, enthalten neben vorherrschendem Kali auch Lithion 
und Natron und sind durch ihren hohen Fluorgehalt und 
ihre Schmelzbarkeit ausgezeichnet. Theils eisenfrei (Lepi- 
dolith), theils eisenhaltig, entbehren sie aller anderen 
starken Basen fast ganz. 

Vor Kurzem habe ich zwei Kaliglimmer untersucht, 
den goldgelben von Utö, den H. Rose vor 50 Jahren 
in Berzelius’ Laboratorium analysirte bei Gelegenheit 
der Arbeit, welche ihn zur Entdeckung des Fluors in 
* den Glimmern fĂŒhrte. Ich wĂŒnschte zu wissen, in wie 
weit die Fortschritte der Mineralanalyse bei einer Wieder- 
holung Aenderungen des frĂŒheren Resultats bewirken kön- 
nen, was insbesondere fĂŒr Fluor, Wasser und die Alkalien 
in Frage kommt. 

Der zweite ist hellbrĂ€unlicher, in dĂŒnnen BlĂ€ttchen 
farbloser Glimmer, der, von Orthoklas und Quarz begleitet, 
in grossen sechsseitigen Prismen zu Easton in Pensyl- 
vanien vorkommt. 

Das Volumengewicht des Glimmers von Utö ist — 
2,836, das von Easton — 2,904, und das Resultat der 
Analysen, wobei ich H. Rose’s beifĂŒge, ist: 


Utö Easton 
H. Rose 
NNaSBer tr 0; 2,30 2,50 3,36 
ET RER 0,96 1,32 1,05 
KieselsÀure........... 47,50 45,75 46,74 


Aihpmerdesi.. 2... 37,20 35,48 35,10 


Analyse der Glimmer von Utö und Easton et. 85 


Bisenoxyd.i.......... 3,20 1,86 4,00 
Eisenoxydul.......... _- — 1,53 
Manganoxydul......... | 0,90 0,52 — 

I u EIREN TE er \ — 0,42 0,80 
NE 9,60 10,36 9,63 
2 — 1,58 Spur 


101,66 _ 99,79 102,21. 


Der Glimmer von Utö enthÀlt so wenig Eisen, dass 
eine besondere PrĂŒfung auf die Oxyde desselben nicht 
nöthig ist. Was zunÀchst den Glimmer von Utö betrifft, 
so stimmen H. Rose’s und meine Analyse in dem Ver- 
hĂ€ltnisse der KieselsĂ€ure und Thonerde sehr genau ĂŒberein. 
Es ist nÀmlich 

2.2817 — 2: 2,18 At; bei. H.Rose, 
—11+:72,20 At. bei mir. 

Auch wenn das sÀmmtliche Eisen als Eisenoxyd vor- 
ausgesetzt und sein Aequivalent dem Al2 hinzugerechnet 
wird, bleibt das VerhÀltniss ziemlich unverÀndert, trotz- 
dem H. Rose fast doppelt so viel Eisen (2,24 Proc.) fand 
als ich (1,3 Proc.); es wird nÀmlich: 

(ABFFe2)::81-—=#1:52,072H >B: 
==: 2)13cRe, 

Anders aber gestaltet sich das VerhÀltniss des Kaliums 
zu jenen beiden Elementen. Denn jenes ist bei H. Rose 
— 7,97, bei mir aber, mit Zurechnung des NatriumĂ€qui- 
valentes, — 10,60, d.h. ich habe mal so viel gefunden 
als H. Rose. Auch wird diese Differenz nicht ausgegli- 
chen durch die kleinen Mengen Mangan und Magnesium, 
welche bei mir — 1,39, bei H. Rose nur — 0,9 sind. 
Daher kommt es, dass das AtomenverhÀltniss K (Na, Mg, 
Mn) : Al? oder Sı in beiden au nicht unerheblich 
differirt. Es ist wars 

I: Al2 (Fe) — .1.1,70:K :;Si = 1785 
Ze — 1: 2,5 Re. 

Wird das Eisen als Oxydul berechnet oder, richtiger 

gesagt, als zweiwerthig dem Mangan und Magnesium 


BE C. Rammelsberg, 


zugetheilt, so ist nach seiner Verwandlung im das Kalium- 
Ă€quivalent: 
K(Re) : Al? = 1: 1,18: i.K.(Ee) : Si = SB 
= — 15. o,RR, 
In der frĂŒheren Art in SauerstoffverhĂ€ltnissen aus- 
gedrĂŒckt, wĂŒrden diese Berechnungen geben: Sauerstoff von 


(H. Rose) (Rammelsberg) 
ROSR2O3 E15 9,6 1: 51.2000 
R203 : SIO2 = 1: 1,38 1%, 1,48 
RO':78102)=1:113,2 17:0 
%0:R203.:,5102 —;L; 41,25 1 5} 
also: 
RO : R203: SiO2— ee 1:7: Br 
Oder, wenn das Eisen lediglich als Oxydul berechnet wird: 
(H. Rose) (Rammelsberg) 
h0 27A203 = 0120777 11: 59 
A203) 281025: == 1,2: 4,45 19,43 
RO: SrO? ! = 41:10 1 : 8,65 
R0.A203%.8102 ==.1):::1,87 1::21928 
also: 
: 10 8,65 
RO .: A203: SiO2 — 1:7: oe 1: 


Bei diesen Berechnungen ist aber auf das Wasser 
keine RĂŒcksicht genommen. H. Rose hatte bereits das 
Wasser als chemisch gebundenes bezeichnet, und ich habe 
mich ĂŒberzeugt, dass die Glimmer, nachdem sie bei einer 
dem GlĂŒhen nahen Temperatur erhalten worden, in starker 
Hitze oft eine bedeutende Menge Wasser liefern, welches 
von Fluorkiesel oder vielmehr KieselsÀure und Kiesel- 
fluorwasserstoffsÀure begleitet ist. Bei dem Glimmer von 
Utö betrug dieser Verlust 4,3 Proc. *). Rechnet man die 


*) Die Angaben Àlterer Analysen lassen sich schwer corrigiren. 
H.Rose fand im Glimmer von Utö 0,53 Proc. FlusssÀure und 
2,63 Wasser. Diese Zahlen wÀren in 0,96 und 2,3 zu ver- 
wandeln. 


N, ie m 


of} ) 
Analyse der Glimmer von Utö und Easton ete. 87 


dem gefundenen Fluorgehalte entsprechende Menge Fluor- 
kiesel ab, so bleiben 2,3 Proc. Wasser. 

Den neueren Ansichten zufolge ist der Wasserstoff 
des Wassers ein Vertreter des gleich ihm einwerthigen 
Kaliums; er muss folglich bei der Berechnung diesem 
zugefĂŒgt werden. Thut man dies bei den beiden von mir 
untersuchten Glimmern, so werden die AtomverhÀltnisse 
viel einfacher wie sonst. 

AtomverhÀltnisse von 

H Re SAFE H,K :Al?: Si 
Bra ,0,79:*).: 0,86: 1:2. 2,13,—11,65 5 
Beslone- 150.8): .:.0,8.,.:152.2, 10 =, 1,8572 0000 

Mit einer kleinen Correction fĂŒr die am schwersten 
genau bestimmbaren Elemente H und K sind also nicht 
allein beide Glimmer gleich, sondern auch höchst einfach 
‚zusammengesetzt, denn das AtomverhĂ€ltniss 2:1:2 giebt, 


wenn H=K, 
H 


Ku OS, entsprechend 2 H4Sı 0. 
Sı?) 

Mit der Analyse der Glimmer von Aschaffenburg und 
von Gossen beschĂ€ftigt, hoffe ich spĂ€ter ĂŒber die chemische 
Constitution der Kaliglimmer mehr sagen zu können, will 
aber schon jetzt bemerken, dass die Glimmer von Utö 
und Easton mit der Mehrzahl aller anderen 1 Atom Al? 
(Fe?) gegen 2 Atome Si, eine Minderzahl 1 : 3 Atome 
enthalten, und dass in jener ersten Abtheilung auf 1 Atom 
Al? (Fe?) stets 2 Atome der einwerthigen Elemente, K und 
H, kommen. 

Verwandelt man in der eben entwickelten Formel 
die 2 Atome einwerthiger Elemente (K und H) in ihr 
Aequivalent, d. h. in 1 Atom eines zweiwerthigen, z. B. 
Magnesium, so erhÀlt man MgAl?Si?08. Beide Formeln 
drĂŒcken dieZusammensetzung von Singulosilikaten aus. 


*) Diese Zahlen sind in der Wirklichkeit sicher grösser, weil der 
geglĂŒhte Glimmer nicht alles Fluor verloren hat. 


88 E. Reichardt, 


Nun habe ich lÀngst zu zeigen gesucht *), dass die 
Magnesiaglimmer Singulosilikate sind. Die vorhergehen- 
den Betrachtungen lehren, dass auch die untersuchten 
und noch viele andere (vielleicht alle) Kaliglimmer Singulo- 
silikate sind. Es ist meines Wissens dies der erste auf 
factischen Grundlagen ruhende Schritt, die Analogie der 
Zusammensetzung fĂŒr beide Glimmerarten zu erweisen. 


—— 


Zur Methode der Aschenanalyse; 
von 
Prof. Dr. E. Reichardt, 


in Jena **). 


Die Ermittelung der anorganischen Bestandtheile in 
pflanzlichen oder thierischen Substanzen ist schon seit 
lange der vielfachsten Erörterungen theilhaftig geworden. 
Die Wichtigkeit dieser Stoffe fĂŒr den pflanzlichen oder 
thierischen Organismus, fĂŒr die Erhaltung des Lebens, 
wie fĂŒr den Aufbau der einzelnen Theile ist sicher nicht 
zu unterschĂ€tzen, wie es frĂŒher lange Zeit geschehen war. 
Die kleinsten Mengen einzelner Aschenbestandtheile treten 
so constant auf, dass dadurch schon allein ihre Unentbehr- 
lichkeit genĂŒgend erwiesen wird. Dies die Veranlassung 
einer besonderen Besprechung der AusfĂŒhrung der Aschen- 
analysen, um gleichzeitig mit Vereinfachung die möglichste 
Genauigkeit der Methode zu bieten. 

Die Darstellung einer Asche durch Verbrennung der 
verbrennbaren Theile bietet um so mehr Schwierigkeiten, 
je mehr von phosphorsauren Salzen oder von Kieselerde, 
auch Thonerde, in den organischen Substanzen vorhanden 
ist und besonders auch, je mehr stickstoffhaltige organische 
Verbindungen zugegen sind. Mannigfache VorschlÀge 


*) Handbuch der Mineral-Chemie, S. 669. 
**) Als Separatabdruck aus der Jenaischen Zeitschrift fĂŒr Mediein 
und Naturwiss. IV. Bd. 1867 von Hrn. Verfasser erhalten. 
D. Red. 


zur Methode der Aschenanalyse. 89 


einer geeigneteren Verbrennungsweise fĂŒr solche Substan- 
zen sind gegeben worden, vorzĂŒglich Empfehlungen von 
ZusÀtzen, welche die Verbrennung erleichtern sollen, z.B. 
von Gyps, essigsaurem Kalk, Sand, Eisenoxyd etec., allein 
alle diese ZusÀtze erschweren nicht unbedeutend das ganze 
Verfahren. 

Unter den grösseren Arbeiten, welche auf die Analyse 
der Aschen eingehen, sind diejenigen von H. Rose *), 
H. Wackenroder **), Knop ***) und Staffel) hervor- 
zuheben, obgleich noch viele andere namhafte Autoren, 
wie Erdmann, Mitscherlich, Fresenius u. s. w. 
sich gleichfalls damit beschÀftigt haben. Auch ich habe 
schon frĂŒher eine derartige ausfĂŒhrliche Arbeit (Arch. d. 
Pharm. Bd.73. p. 257) veröffentlicht und mag sich diese 
Abhandlung der ersteren anreihen. 

Als Aufgabe bei der Gewinnung von Asche ist natĂŒr- 
lich die möglichst vollstÀndige Erhaltung der vorhandenen 
anorganischen Bestandtheile auszusprechen, jedoch ist 
schon diese ganze Unterscheidung eine vollstÀndig will- 
kĂŒrliche, eigentlich nur durch unsere, bis jetzt als pas- 
send erachtete Scheidung und Methode der Analyse her- 
vorgerufen. Die Pflanze, als Ganzes betrachtet, besteht 
eben aus den sie zusammensetzenden Theilen, welche 
sich, so weit wirkliche Verbindungen unter einander ent- 
standen sind, alle in sogenannter organischer Vereinigung 
befinden. 

Durch den GlĂŒh- und Verbrennungsprocess treten 
so gewaltige Aenderungen in der frĂŒheren Mischung ein, 
dass kein anderer Zusammenhang mit den rĂŒckbleibenden 
Aschen vorliegt, als dass es frĂŒhere Bestandtheile der 
Pflanzen waren, deren Anordnung in der Pflanze, Ver- 
einigung mit anderen Stoffen, durch ganz andere, physio- 
logisch-chemische Versuche erst ermittelt werden kann. 


*) Poggendorff’s Annual. Bd. 70. p. 449. 

=>) Arch. der. Pharm. Bd. 53. p. 1. u. Bd.57, p.. 7. 
*##) Journ. fĂŒr prakt. Chemie. Bd. 38. S. 16. 

7) Arch. der Pharm. Bd. 64. p. 1 u. p. 129. 


er 
be ERS = TER RS 


a a 0 es 


ET RE 


a a Ne ST a 


90 E. Reichardt, 


Handelt es sich daher um weitergehende Gesichts- 
puncte, so sind diese jedenfalls nicht allein durch die 
Darstellung und Untersuchung der Aschen zu erledigen, 
sondern verlangen völlig entsprechende, weitergreifende 
Untersuchungen, auch namentlich bezĂŒglich der zu wĂ€h- 
lenden Methoden. 

Die sorgfÀltigste Darstellung und Analyse einer Asche 
kann z. B. nicht die Frage des Gesammtgehaltes der 
Pflanze oder des thierischen Bestandtheiles an Schwefel 
oder Phosphor erledigen, wenn nicht eben speciell fĂŒr 
diese hervorgehobene Frage der Lauf der ganzen Unter- 
suchung geÀndert wird. 

Wie in anderen Zweigen der analytischen Chemie 
lĂ€ngst ĂŒblich, sind auch hier fĂŒr solche specielle Fragen 
besondere Untersuchungsweisen einzufĂŒhren und dienen 
dazu irn reichlichsten Masse die bekannten und so genau 
durchdachten Methoden, welche besonders bei der Analyse 
organischer Körper Anwendung finden. Dass hierbei 
gleichzeitig die Resultate der Aschenanalysen mit in Ver- 
gleich gezogen werden und wichtige AufschlĂŒsse zu geben 
im Stande sind, braucht nur erwÀhnt zu werden. 

Diese angedeuteten Aenderungen in dem analytischen 
Gange liegen darin begrĂŒndet, dass bei dem Verbrennungs- 
processe mannigfache Verluste unvermeidlich sind, ĂŒber- 
haupt nur diejenigen Bestandtheile hinterbleiben, welche 
unter den gegebenen VerhÀltnissen feuerbestÀndig sind 
oder derartige Verbindungen erzeugen. Wollte man diese 
bei jeder Veraschung unvermeidlichen UebelstÀnde sÀmmt- 
lich beseitigen, so wĂŒrde wohl eine sehr lĂ€stige Steigerung 
der Arbeit bei der Darstellung eintreten, als durch Zu- 
sÀtze die Hebung des einen Uebels leicht mit der Ein- 
fĂŒhrung eines anderen verbunden sein. 

Ein gleiches Verlangen, besondere, nur dem einen 
Zweck dienende Untersuchungen anzustellen, muss fĂŒr 
diejenigen anorganischen Bestandtheile in Anspruch ge- 
nommen werden, welche sich in sehr kleiner Menge oder 
nur in einzelnen FĂ€llen vorfinden. Eine Ausdehnung der 


ee ae IA 


zur Methode der Aschenanalyse. - 9 


gewöhnlichen Analyse auf diese Theile wĂŒrde nur erschwe- 
rend wirken fĂŒr die Untersuchung, wie fĂŒr die Genauig- 
keit der Resultate. Diese Scheidung ist ĂŒbrigens auch 
lĂ€ngst ĂŒblich. 

Die Darstellung der Asche durch Verbrennung ist 
jedoch von derartigen Verlusten begleitet, dass von einer 
direeteh Verbrennung der Pflanzen oder thierischer Sub- 
stanzen unter lebhaftem Luftzutritt ĂŒberhaupt Abstand 
genommen werden muss, sobald die Untersuchung auf 
die nothwendige ExactitÀt Anspruch machen soll. Die 
Chloride der Alkalien werden leicht mit verflĂŒchtigt und 
fĂŒhren so doppelte, nicht immer geringe Verluste herbei. 

Die zahlreichen Versuche, welche ich fĂŒr diese Zwecke 
ausfĂŒhren liess, erwiesen den Verlust an Chloriden selbst 
dann, wenn die leicht verbrennlichsten Pflanzentheile 
gewÀhlt und nur ein ganz langsamer, regelmÀssiger Luft- 
oder Sauerstofigasstrom angewendet wurde. Man kann 
sich davon sehr leicht ĂŒberzeugen, wenn man in einer 
Glasröhre, nach Art der Elementaranalyse, die verkohlte 
Substanz durch einen Sauerstoffstrom zu verbrennen sucht, 
legt man bei den Verbrennungsproducten ein mit ange- 
sÀuerter Silberlösung versehenes GefÀss vor, so dass die 
Gase durchstreichen mĂŒssen, so tritt auch bei vorsichtigster 
Leitung des Experimentes dennoch bald die Reaction 
von Chlor hervor. Bei schwer und langsam verbrennenden 
Substanzen ist dieser Verlust um so betrÀchtlicher. 

Rose, Wackenroder, Staffel und Andere haben 
daher mit Recht eine vorhergehende Verkohlung der Sub- 
stanz vorgeschrieben, dann ein Auslaugen der Kohle und 
hierauf erst die Verbrennung der letzteren. Rose unter- 
schied sogar noch verschiedene Grade des Widerstandes, 
welchen Kohlen bei der UeberfĂŒhrung der damit verbun- 
denen löslichen Substanzen den Lösungsmitteln leisten. 
Die AuszĂŒge von der Kohle wie Asche mussten besonders 
untersucht werden, und so entstand allmÀlig eine Com- 
bination von Erfahrungen und Ansichten, welche die 
Untersuchung der Aschen mindestens zu einer sehr lang- 


RR. 1a ya 


92 E. Reichardt, 


weiligen oder langwierigen mÀchten, ohne gerade die 
Genauigkeit zu verstÀrken. 

Das Ziel der Bestimmung der sogenannten anorga- 
nischen Stoffe kann nur darin liegen, dieselbe ohne Ver- 
lust zu erhalten und muss sich demnach vor Allem auf 
die Sorgfalt bei der Isolirung dieser Theile richten. Die 
weitere Analyse ist durchaus nicht complicirter, als die 
gewöhnlichen Untersuchungen von Gemischen ĂŒberhaupt, 
und betrifft eigentlich nur die Bestimmung von Kali, 
Natron, Kalk, Talkerde, Eisenoxyd, Thonerde, Mangan- 
oxydoxydul und von KohlensÀure, Chlor, SchwefelsÀure 
und PhosphorsÀure, Stoffe, welche zu den hÀufigsten in 
den gewöhnlichen Gemengen gehören. 

So interessant eine weitere Untersuchung des Ver- 
haltens der Kohle oder so gewonnener Kohlen hinsichtlich 
der darin enthaltenen Stoffe sein kann, so hat diese Art 
der Auffassung mit der eigentlichen Aschenanalyse nichts 
zu thun und ist ganz fĂŒr sich zu verwerthen, kann eben 
so wohl auf der Verschiedenheit der Pflanze, wie den 
leicht wechselnden Graden der Verkohlung beruhen. 

Dem Gehalte an KohlensÀure wurde gleichfalls in 
mehrfacher Beziehung eine besondere Bedeutung zugelegt, 
einmal, um sĂ€mmtliche Bestandtheile der Asche ĂŒberhaupt 
zu bestimmen und eine Controle zu erleichtern, sodann 
aber auch als ReprÀsentant der durch keine anderen 
SĂ€uren gebundenen Basen, welche vorher vielleicht mit 
PflanzensÀuren gesÀttigt waren. Liebig wollte sogar 
ein gewisses VerhÀltniss zwischen der QuantitÀt der orga- 
nischen und anorganischen Basen in einer Pflanze erken- 
nen. Bei ruhiger Ueberlegung lassen sich auf jeder Seite 
gewichtige FinwÀnde erheben. 

Zuerst ist die Menge der KohlensÀure in den Aschen 
sehr abhÀngig von der Darstellung derselben bei höherer 
oder niederer Gluth, lebhaftem oder minder lebhaftem 
Luftzutritt und von den EigenthĂŒmlichkeiten der verbren- 
nenden Substanz selbst und der Kohle derselben. Des- 
halb ist vorgeschlagen, die Asche vor der Ermittelung 


zur Methode der Aschenanalyse. 93 
der KohlensÀure nochmals mit kohlensaurem Ammoniak 
zu glĂŒhen, aber auch dann erhĂ€lt man natĂŒrlich bei Talk- 
erde nur das Oxyd. Unter allen UmstÀnden muss die 
Bestimmung der KohlensÀure als ein besonderer, mit ge- 
wissen Vorsichtsmassregeln begleiteter Versuch bezeich- 
net und den angeregten Einwendungen Rechnung getra- 
gen werden. 

Genau entsprechend dieser Behandlung der Kohlen 
und Aschen wurde von Rose, auch Wackenroder, 
eine Theilung der Lösungen empfohlen; es wurden fĂŒr 
sich die wĂ€sserigen AuszĂŒge der Kohle, der Asche, die 
sauren Lösungen untersucht und aus einer Analyse drei 
bis vier verschiedene, die Arbeit vermehrende. Diese 
mehrfachen Analysen hatten mit geringen Ausnahmen 
immer ganz dieselben Bestandtheile zu ermitteln und 
können demnach fĂŒglich vereint werden. Wird man ein- 
wenden, dass durch diese Theilung in wÀsserigen Aus- 
zug und saure Lösung ein Einblick in die vorhandenen 
Salze geboten wĂŒrde, so ist dagegen zu wiederholen, dass 
diese Salze, wie sie die Asche wirklich enthÀlt, keinerlei 
Bedeutung haben können fĂŒr den Versuch der Uebertragung 
auf die frĂŒhere Pflanze. Die Nachweisung der einzelnen 
Bestandtheile ist das Wichtigste und die Berechnung auf 
Salze nur als nothwendige Controle der Analyse anzu- 
sehen, wobei uns thatsĂ€chlich gleichgĂŒltig ist, ob die 
SchwefelsÀure an Kalk, Kali oder Natron gebunden wird. 
Oder liegen vielleicht wichtige Anzeigen, durch die Menge 
eines Stoffes gegeben, vor, so gehört die Verfolgung der- 
selben wiederum zu den sogenannten besonderen Analysen, 
wobei oft auf die ursprĂŒnglichen Substanzen zurĂŒckgegan- 
gen werden muss. 

Möge diese Besprechung dazu dienen, den Beweis 
zu liefern, dass es sich bei der Bestimmung der anorga- 
nischen Bestandtheile weniger um die Bereitung einer 
guten Asche handelt, als um die Erhaltung und Gewin- 
nung aller dieser Stoffe ohne Verlust, die Scheidung der- 
selben kann dann. unmittelbar aus einer Lösung und in 


94 E. Reichardt, 


einer Reihenfolge vorgenommen werden. Der nachfolgende 
Gang der Analyse basirt sich demgemÀss auf diese An- 
schauung und richtet sich in erster Linie auf die sorg- 
fÀltige Gewinnung der Stoffe. 


I. Bestimmung des Aschengehalts und der KohlensÀure. 


1—10 Grm. der Substanz, je nach dem ungefĂ€hr 
bekannten Aschengehalte, werden möglichst vorsichtig 
verbrannt, bis zur Gewinnung der reinen Asche; nach 
dem Erkalten befeuchtet man den RĂŒckstand mit einer 
concentrirten Lösung von kohlensaurem Ammoniak, trock- 
net und glĂŒht nochmals schwach. Die WĂ€gung ergiebt 
die Aschenmenge. 

KohlensÀure. Die so gewonnene Asche kann un- 
mittelbar zur Bestimmung der KohlensÀure durch Aus- 
treiben u. s. w. benutzt werden. 

Mit der Ermittelung des Aschengehaltes verbindet 
man vorher die Bestimmung des Wassergehaltes durch 
Trocknen. Bei dieser Veraschung treten stets Verluste, 
namentlich an Chloriden, ein. 


II. Bestimmung der anorganischen Bestandtheile. 


Je nach dem bekannten Aschengehalte nimmt man 
so viel Substanz, dass darin 1—2 Grm. Asche enthalten 
sind und glĂŒht diese in einem locker bedeckten Tiegel 
bei angehender RothglĂŒhhitze bis zur Verkohlung, d.h. 
bis keine brennbaren Gase mehr entweichen. StÀrkere 
Erhitzung ist nicht nothwendig und könnte nachtheilig 
werden. 

Die Kohle wird zerrieben und drei bis vier Mal mit 
Wasser ausgekocht, wobei man die Kohle in dem GefÀsse 
möglichst zurĂŒckhĂ€lt und die Filtrate vereint, sodann fĂŒgt 
man zu der Kohle wiederum Wasser und etwas Salpeter- 
sÀure bis zum deutlichen Vorwalten der SÀure, erwÀrmt 
nur ein paar Minuten und filtrirt die nunmehr saure 
Lösung zu der ersten wÀsserigen, welche, wie sogleich 
anzugeben, vorher mit Silberlösung versetzt worden war. 


x 


zur Methode der Aschenanalyse. 95 


Die Kohle giebt man mit auf das Filter, wÀscht gut aus, 
trocknet und verascht. 

Die Asche wird sodann abermals mit Wasser zwei 
bis drei Mal ausgekocht, um etwa noch vorhandene Alkali- 
salze, besonders Chloride, in Lösung zu bringen, sodann 
mit ziemlich starker SalpetersÀure erwÀrmt und sÀmmt- 
liche Filtrate dem ersten zugegeben. Die in Salpeter- 
sÀure unlöslichen Theile der Asche werden nach unten 
folgender Angabe noch mit ChlorwasserstoffsÀure behandelt. 

Schwefel und Chlor. Die wĂ€sserigen AuszĂŒge 
der Kohle und Asche werden sogleich mit salpetersaurem 
Silberoxyd versetzt im Uebermass, gewöhnlich deutet 
dies die dunkle FĂ€rbung des mitfallenden Silberoxydes 
und kohlensauren Silberoxydes an. Zu dieser FlĂŒssigkeit 
giebt man sodann die salpetersauren Lösungen von Kohle 
und Asche und sĂ€uert, wenn nicht schon an und fĂŒr sich 
erlangt, mit SalpetersÀure an. 

a) Der sich abscheidende Niederschlag kann aus 
AgS und AgCl bestehen, ersteres aus den bei dem GlĂŒ- 
hen der Kohle vielleicht entstandenen Sulfiden herrĂŒhrend; 
er wird auf gewogenem Filter gesammelt und das Filtrat 
nach 5 weiter behandelt. AgCl und AgS werden aber 
noch frisch auf dem Filter mit etwas verdĂŒnntem Aetz- 
ammoniak ĂŒbergossen, bis sich nichts mehr löst und die - 
durchlaufende FlĂŒssigkeit nicht mehr durch SalpetersĂ€ure 
getrĂŒbt wird. Auf dem Filter hinterbleibt Ag, welches 
nach dem Trocknen bei 10000. gewogen und auf SO3 
berechnet wird. Das Filtrat von AgS sÀuert man mit 
SalpetersÀure an und sammelt das sich abscheidende 
AsgCl nur bei sehr kleinen Mengen auf gewogenem Filter, 
sonst wie gewöhnlich. 

b) Der oben bei der Behandlung der Asche mit Sal- 
petersĂ€ure hinterbliebene RĂŒckstand enthĂ€lt namentlich 
noch Eisen, auch KieselsÀure, und wird sofort mit concen- 
trirter ChlorwasserstoffsĂ€ure erwĂ€rmt, dann verdĂŒnnt, noch- 
mals erwÀrmt, hierauf filtrirt und das Filtrat unmittelbar 
zu dem von der ersten Scheidung des AgS und AgÜl 


er 


96 E. Reichardt, 


erhaltenen gegeben, um hier zugleich das im Uebermass 
zugefĂŒgte Silberoxyd zu entfernen; man wĂ€scht nach und 
fĂŒgt, wenn nöthig, noch so viel SalzsĂ€ure zu, dass sĂ€mmt- 
liches Silberoxyd entfernt wird. Das andere vom abge- 
schiedenen AgCl erhaltene Filtrat wird zur Scheidung 
der KieselsÀure im Dampfbade zum Trocknen verdunstet. 


RĂŒckstand. Sollte bei der letzten Behandlung der 
Asche mit SalzsĂ€ure noch ein RĂŒckstand bleiben, welcher 
nicht verbrennlich ist, demnach aus Sandkörnchen besteht, 
so muss derselbe nochmals auf KieselsÀure gemÀss den 
Silicaten geprĂŒft werden. 

KieselsĂ€ure. Der RĂŒckstand der zur staubigen 
Trockne verdunsteten FlĂŒssigkeit wird mit SalzsĂ€ure 
ĂŒbergossen, 1/,—!/, Stunde der Ruhe ĂŒberlassen, dann 
mit Wasser verdĂŒnnt, wenig erwĂ€rmt und filtrirt; auf 
dem Filter. hinterbleibt KieselsÀure, welche nach dem 
GlĂŒhen gewogen wird. 

Das Filtrat von der KieselsÀure theilt man in zwei 
Theile und benutzt den einen zur Bestimmung der Schwefel- 
sÀure und Alkalien, den anderen zur Bestimmung der 
ĂŒbrigen Bestandtheile. 


A. SchwefelsÀure und Alkalien. 


In dem bestimmten Theile wird durch BaCl die 
SchwefelsÀure gefÀllt und ermittelt, das Filtrat vom schwe- 
felsauren Baryt aber zur Trockne verdunstet. 


Der TrockenrĂŒckstand wird mit Barytwasser im star- 
ken Uebermass versetzt, erwÀrmt und filtrirt mit Ver- 
meidung jedes Wassers. Das Filtrat darf von Barytwasser 
nicht mehr getrĂŒbt werden, der RĂŒckstand wird mit 
Barytwasser mehrmals gewaschen. Das Filtrat versetzt 
man mit kohlensaurem Ammoniak bis kein Niederschlag 
mehr entsteht, erwÀrmt, filtrirt abermals und verdunstet 
das nunmehrige Filtrat wieder zur Trockne. Der Trocken- 
rĂŒckstand wird mit wenig SalzsĂ€ure angesĂ€uert in einen 
Platintiegel gebracht, wieder verdunstet und schwach 


ni r x { I 


zur Methode der Aschenanalyse. Im 


geglĂŒht. Es hinterbleiben die Chloride von Kalium und 
Natrium, welche, wenn nöthig, durch Platinchlorid geschie- 
den werden und spectralanalytisch auf Rubidium und 
CĂ€sium untersucht. 


B. Eisenoxyd, T'honerde etc. 

Der zweite Theil der salzsauren Lösung wird stark 
mit Wasser verdĂŒnnt zum Sieden erhitzt, mit Natron 
neutralisirt, bis ein Niederschlag erscheint, welcher sofort 
in wenigen Tropfen SalzsÀure wieder gelöst wird, man 
entfernt die kochende FlĂŒssigkeit vom Feuer und fĂŒgt 
sogleich einige Krystalle von essigsaurem Natron zu — 
entsprechend der im Uebermass zugefĂŒgten SalzsĂ€ure — 
rĂŒhrt dabei fortwĂ€hrend um, wodurch Eisenoxyd und 
Thonerde, wenn PhosphorsÀure vorhanden, als phosphor- 
saure Salze gefÀllt und noch heiss sogleich abfıiltrirt 
werden. Das Filtrat behandelt man augenblicklich nach 
b weiter, den Niederschlag nach a. 


a) Fe?O3 und Al?O3.. Ist der Niederschlag gelblich- 
weiss, so hat man bei den Aschen die phosphorsauren 
Verbindungen, welche den. Formeln Fe? 03, PO5 und 
A203, PO5 entsprechen; man löst sofort in wenig Salz- 
sÀure wieder auf und kocht mit einem Ueberschuss von 
Natronlauge, wodurch Fe?O3 geschieden, noch heiss ab- 
filtrirt und mit heissem Wasser sehr gut gewaschen wird. 
Das Filtrat sÀuert man mit SalzsÀure wieder an und fÀllt 


durch kohlensaures Ammoniak die Thonerde als Al?O3,PO3. 


100 Theile dieser phosphorsauren Thonerde bestehen 
aus 41,843 Th. Thonerde und 58,157 Th. PhosphorsÀure. 
100 Th. des abgeschiedenen Eisenoxydes entsprechen 
89,110 Th. PhosphorsÀure. 


Gewöhnlich sind nur Spuren von Thonerde vorhanden 
und wĂŒrde bei Erden oder sonstigen Gemischen das Eisen- 
oxyd vorwalten, durch die Farbe leicht kennbar, so muss 
dann in dem Thonerde haltenden alkalischen Filtrate die 
‚PhosphorsĂ€ure bestimmt werden. 


Arch.d. Pharm. CLXXXT. Bds. 1.u.2. Hft. 7 


98 E. Reichardt, 


Ueber diese Scheidung bei sehr phosphorhaltigen 
Gemischen siehe ĂŒbrigens den Nachtrag. 


b) MnO. Das essigsaure Filtrat von der ersten Schei- 
dung des Fe?O3 und der Al?O3 wird abermals zum Kochen 
erhitzt und vom Feuer entfernt, sofort etwas unterchlorig- 
saures Natron *) zugefĂŒgt. Ist Mangan zugegen, so ent- 
steht eine bleibende TrĂŒbung; man fĂŒgt dann mehr unter- 
chlorigsaures Natron zu unter stetem UmrĂŒhren und prĂŒft 
nach wenigen Secunden, ob die FlĂŒssigkeit noch sauer 
reagire — sonst muss noch etwas EssigsĂ€ure zugefĂŒgt 
werden — und sehr bald die EntfĂ€rbung des Reagens- 
papieres eintrete, wodurch das Uebermass des unter- 
chlorigsauren Natrons angezeigt wird und der Beweis ge- 
geben, dass sÀmmtliches Mangan als Hyperoxyd gefÀllt ist. 


Man filtrirt, wÀscht den Niederschlag gut aus und 
glĂŒht; es hinterbleibt Mn3 O4. 

CaO. Das Filtrat vom Mangan wird sofort noch 
warm mit oxalsaurem Ammoniak im Uebermass versetzt, 
nach mehren Stunden Ruhe der oxalsaure Kalk geschie- 
den und wie gewöhnlich bestimmt. 

MsO und PO5. Das Filtrat vom Kalk theilt man 
in zwei Theile: 

MgO. In dem einen Theile fÀllt man durch phos- 
phorsaures Natron und Ammoniak die Talkerde. 

PO35. Zu dem zweiten Theile giebt man eine klare 
Mischung von Chlormagnium, Chlorammonium und Am- 
moniak und fÀllt so die PhosphorsÀure. 

Es versteht sich von selbst, dass die wiederholte 
Theilung bei der Berechnung gehörig berĂŒcksichtigt werde. 


Wie schon oben angedeutet, richtet sich bei dieser 
Methode der Aschenanalyse die grösste Aufmerksamkeit 


*) Das unterchlorigsaure Natron bereite ich durch Behandlung 
von Chlorkalk mit wÀsserigem kohlensauren Natron im schwa- 
chen Uebermass, d. h. das Filtrat darf durch kohlensaures 
Natron nicht mehr gefÀllt werden. 


zur Methode der Aschenanalyse. 99 


auf die Gewinnung der anorganischen Bestandtheile der 
Pflanzen- oder Thiersubstanzen, weshalb in dieser Hin- 
sicht Verkohlung und allmÀlige Behandlung der Kohle 
wie Asche mit Wasser und SĂ€uren vorgeschrieben ist. 
Indem jedoch die Kohle nicht nur mit Wasser, sondern 
auch verdĂŒnnter SalpetersĂ€ure behandelt wird, lösen sich 
stets die meisten Stoffe schon hier auf und wird dadurch 
die Verbrennung, namentlich bei schwerer verbrennbaren, 
viel phosphorsaure Salze oder KieselsÀure haltenden, Kohlen 
sehr erleichtert. 

Mit concentrirter SalpetersĂ€ure oder ĂŒberhaupt einem 
zu starken Uebermass darf man chlorhaltige Substanzen 
nicht lÀngere Zeit erwÀrmen, da sonst stets Verluste an 
ChlorwasserstoffsÀure eintreten. 

Man erhÀlt zwar durch das wiederholte Auslaugen 
und Behandeln der Kohle wie Asche eine ziemlich be- 
deutende Menge FlĂŒssigkeit, allein schon nach der ersten 
Scheidung des Chlors wird dieselbe zur Bestimmung der 
KieselsÀure eingedichtet und so dieser Uebelstand voll- 
stÀndig beseitigt. 

Soll eine vorhandene Asche direct der Untersuchung 
unterworfen werden, so nimmt man circa 1—2 Grm. der- 
selben und behandelt dieselbe nur mit Wasser und Salpeter- 
sĂ€ure u. s. w., lĂ€sst demnach das ĂŒber die Auslaugung der 
Kohle gegebene weg. Sollte hierbei AgS erhalten werden, 
so rĂŒhrt der Schwefel von S?O2 her, welche sich bei 
lÀngerem Liegen der Asche aus den vorhandenen Schwefel- 
 alkalien gebildet hat. Das erhaltene AgS muss demnach 
2503 entsprechen, da man es regelmÀssig auf diese SÀure 
berechnet, welche doch schliesslich der Ursprung war. 
Fast regelmÀssig finden sich nur Spuren von Sulfiden 
ĂŒberhaupt. 

Bei der Untersuchung einer an phosphorsauren Sal- 
zen reichen Asche, des Fleisches, der Knochen, auch 
einiger FrĂŒchte, ist es sehr geeignet, bei der FĂ€llung von 
Eisenoxyd und Thonerde durch essigsaures Natron gleich- 
zeitig etwas EssigsĂ€ure noch zuzufĂŒgen, um so die etwaige 


NE 


100 Blutendes Brod. 


Abscheidung von phosphorsaurem Kalk zu verhindern. 
Der Fehler wird ĂŒbrigens sofort bei der folgenden Be- 
handlung des phosphorsauren Eisenoxydes und der phos- 
phorsauren 'Thonerde mit Natron erkannt, wobei dann 
das Eisenoxyd nicht rothbraun hervortritt, sondern noch 
vermengt mit phosphorsaurem Kalk. Nochmaliges Lösen 
in SalzsÀure und FÀllen durch essigsaures Natron hebt 
diesen Fehler sehr leicht auf. In einem solchen Falle ist 
es ĂŒberhaupt geeignet, vor dem Zusatze von essigsaurem 
Natron eine grössere Menge der Lösung von Chlornatrium 
zuzufĂŒgen, wodurch die Abscheidung von phosphorsaurem 
Kalk leicht völlig gehindert werden kann. 


Blutendes Brod. 


Im Jahre 1819 machte dieses PhÀnomen zu Legnaro 
bei Padua eine grosse Aufregung unter dem Volke; es 
gelang damals aber einer Untersuchungs-Commission, vor- 
zugsweise dem spÀteren Medicivalrathe Dr. Sette in 
Venedig, diese Erscheinung als einen Vegetationsprocess 
zu erkennen, welchen er als eine neue Pilzart (Zooga- 
lactina imetropha) erklÀrte. 1848 zeigte jedoch Ehren- 
berg, dass die Erscheinung eine thierische, belebte sei, 
deren kleinstes Wesen er Monas prodigiosa nannte. Das 
diesjÀhrige Auftreten hat mir, berichtet Dr. v. Erdmann, 
Gelegenheit gegeben, den chemischen Charakter des PhÀ- 
nomens und den Zusammenhang zu entdecken, welcher 
zwischen dem Roth- und Blauwerden der Speisen be- 
steht. Letztere hÀufiger auf Milch sich zeigende Far- 
benbildung ist 1841 von Fuchs und 1852 von Haube- 
ner untersucht worden. Die Resultate meiner Unter- 
suchungen, sagt Dr. v. Erdmann, sind folgende: Der 
rothe und blaue Farbestoff der Speisen wird durch Ver- 
mittelung von Vibrionen erzeugt. Das Material, aus wel- 
chem sich beide Farbenstoffe entwickeln, bilden die stick- 
stoffhaltige Substanz sehr verschiedener Speisen, wie z.B. 


Blutendes Brod. 101 


aller Arten gekochten und gebratenen Fleisches, Roggen- 
und Weizenbrod, Eiweiss, Reis, Kartoffeln u.s.w. Durch 
die chemischen Reactionen unterscheiden sich die gebil- 
deten F'arbenstoffe von allen bisher bekannten, mit Aus- 
nahme der sogenannten Änilinfarben. Diesen sind sie in 
Bezug auf Schönheit der Lösungen, tingirende Kraft und 
durch ihr chemisches Verhalten so Àhnlich, dass sich der 
Farbestoff blauer Speisen durch keine Reaction von dem 
Anilinblau unterscheidet, welches man nach den Unter- 
suchungen des Professors A. W. Hoffmann als Tri- 
phenylrosanilin betrachten muss, wÀhrend die Farbe ro- 
ther Speisen alle Eigenschaften des Rosanilins zeigt und 
nur in seinem Verhalten zu concentrirter SalzsÀure ab- 
weicht, welche ihn nicht verschwinden lÀsst. Das Roth- 
und Blauwerden der Speisen ist mithin ein FĂ€ulniss- 
stadium der Proteinstoffe, in welchem eine durch Vibrio- 
nen vermittelte natĂŒrliche Bildung derjenigen Farbestoffe 
statt findet, welche durch ihre Schönheit und Abstam- 
mung als unzweifelhafte Kinder der Wissenschaft in der 
Neuzeit so grosses Interesse erregt haben. Die gebilde- 
ten Farbestoffe sind nach der Meinung des Dr. v. Erd- 
mann Producte der Vibrionen in dem Sinne, wie Kohl- 
sÀure, Glycerin, BernsteinsÀure, Alkohol, Producte der 
Hefe in gĂ€hrenden FlĂŒssigkeiten. Die bei der Bildung 
des rothen und blauen Pigments thÀtigen Wesen schei- 
nen ein und dieselben zu sein, wenigstens hat derselbe 
nicht ein einziges Unterschiedsmerkmal aufzufinden ver- 
mocht. Vielmehr glaubt er, dass sie zu derselben Gat- 
tung wie jene Vibrionen gehören, welche Pasteur als 
das Ferment der ButtersÀuregÀhrung bezeichnet und die 
man bei der Zersetzung vieler Substanzen organischen 
Ursprungs findet. Je nach dem Substrate und den ein- 
wirkenden Agentien mögen die Producte dieser Vibrio- 
nen andere werden, auch letztere selbst in einer Weise 
entwickeln, welche auf die zu bildenden Producte bestim- 
mend einwirkt. Dies sind die Resultate und die Vor- 
stellungen, zu denen mich meine bisherigen Untersuchun- 


102 Ueber Desinfectionsmittel. 


gen gefĂŒhrt haben und die ich durch fortgesetzte Ver- 
suche zu prĂŒfen beabsichtige. (Berlin. akadem. Monats- 
bericht, 1866. — Ausland, 19. Mai 1867.) Dr. Löhr. 


Ueber Desinfectionsmittel. 
(Vortrag des Dr. Marquart in Bonn.) 


Ueber die in neuerer Zeit von allen Seiten empfoh- 
lenen Desinfectionsmittel glaubt Dr. Marquart um so mehr 
zu einer Kritik berufen zu sein, als nicht Jeder im Stande 
sei, den Werth derselben zu prĂŒfen und die Industrie leider 
das Auftreten der Cholera zur pecuniÀren Ausbeutung des 
Publicums zu benutzen scheine. Namentlich erwÀhnte 
derselbe der langen Listen von Desinfectionsmitteln, welche 
von Berlin aus verbreitet wĂŒrden. Dr. Marquart glaubt 
diese Mittel in solche eintheilen zu können, welche nur 
die Gase der Aborte zu absorbiren im Stande wÀren, 
wie Eisenvitriol, EisenchlorĂŒr und ManganchlorĂŒr. Die 
Wirkung dieser chemischen Producte sei unzweifelhaft, 
da die aus den Excrementen sich entwickelnden Gase 
gebunden und dem Geruchssinn entzogen wĂŒrden. Die 
Frage, ob diese Oxydulsalze auch im Stande seien, die 
GĂ€hrung oder Zersetzung der frischen Exceremente zu 
verhindern, hĂ€lt Dr. Marquart fĂŒr eine offene, welche, 
theoretisch betrachtet, verneint werden mĂŒsse. Die zweite 
Olasse von Desinfectionsmitteln wurde als oxydirende be- 
zeichnet. Hierher gehören Eisenoxydsalze, ĂŒbermangan- 
saures Kali oder Natron, Chlor u. s. w. 

Nach der Ansicht des Vortragenden liesse sich an 
der Wirksamkeit dieser Mittel kaum zweifeln, er bedaure 
aber, dass man eine Lösung eines Oxydsalzes, wel- 
ches kaum nennenswerthe Spuren von Uebermangan- 
sĂ€ure enthalte, unter dem fingirten Namen „prĂ€parirtes 
ChamĂ€leon“ zu Preisen in den Handel bringe, welche 
den reellen Werth um das Zwei- bis Dreifache ĂŒberstei- 
gen. Die wirksamsten Desinfectionsmittel werden immer- 


Ueber Desinfectionsmittel. 103 


hin die ĂŒbermangansauren Salze bilden, wobei diesen 
aber der allgemeinen Anwendung ihr hoher Preis ent- 
gegenstehe. Das Pfund krystallisirtes ĂŒbermangansaures 
Kali komme zu 5 Thlr. im Handel vor und die Berliner 
Industrie verkaufe eine FlĂŒssigkeit unter dem Namen 
â€žĂŒbermangansaures Natron“ zum Preise von 10 Thlr. pro 
100 Pfund. Dieser scheinbar billige Preis sei aber ein 
unmÀssig hoher, da nach der Untersuchung von Dr. Mar- 
gaart nur 1 Procent ĂŒbermangansaures Salz darin vor- 
handen sei und demnach das Pfund desselben mit 10 Thlr. 
bezahlt werden mĂŒsse. Eine dritte Abtheilung der Des- 
infeetionsmittel umfasse die antiseptischen oder fÀulniss- 
widrigen, wie CarbolsÀure, carbolsauren Kalk, Holzessig 
u. 8. w. 

Der Vortragende glaubte, dass wenn wirklich nur 
die in Zersetzung begriffenen und nicht die frischen Ex- 
eremente die TrÀger des Ansteckungsstoffes der Cholera 
seien, eben diese antiseptischen Mittel eine besondere 
BerĂŒcksichtigung zu verdienen schienen; es stĂ€nde aber 
der Anwendung der ÜarbolsĂ€ure in WohnhĂ€usern der 
durchdringende unangenehme Geruch derselben entgegen, 
dieser unangenehme Geruch sei aber weniger dem Holz- 
essig eigen. 

Ueber die Frage, welches Mittel demnach vom wis- 
senschaftlichen Standpuncte aus zu.empfehlen sei, ent- 
spann sich eine Debatte, an welcher sich auch Professor 
Landolt betheiligte, welche damit endete, dass eine 
Anwendung von Zinksalzen, welche bekanntlich auf orga- 
nische Körper und namentlich stickstoffhaltige, specifisch 
einwirken, in Verbindung mit Eisenoxydulsalzen oder 
einer Auflösung von ZinkeisenchlorĂŒr empfohlen zu wer- 
den verdiene. (Verhandl. des naturhistor. Vereins fĂŒr Rhein- 
land u. Westphalen. Il. Abth. 1866. Sitzungsbericht pag. 75.) 

Dr. Löhr. 


104 


HI. Naturgeschichte und Pharma- 
kognosie. 


Pharmakologische Notizen; 


von 


Dr. X: Landerer ın Athen. 


Des Gebrauches der Meerzwiebeln in Griechenland 
und im ÖOriente gegen verschiedene Leiden der Brust- 
organe, gegen Phthysis habe ich schon manchmal er- 
wÀhnt. Diese Pflanze, deren Wurzel oder Zwiebel 
man Hundszwiebel nennt, findet sich ĂŒberall, nicht 
allein am Meeresstrande, weshalb sie Scylla muritima 
genannt wird, sondern auch weit im Innern sehr hÀufig 
auf HĂŒgeln und Vorbergen. In Griechenland gelangt die 
Wurzel zu einer bedeutenden Grösse und eine grosse 
Meerzwiebel kann ein Gewicht von 6 bis 8 Unzen errei- 
chen. Einer meiner frĂŒheren SchĂŒler, der sich im Klo- 
ster zu Jerusalem als Apotheker befindet und den ich 
um Mittheilungen ĂŒber die daselbst im Gebrauche sich 
findenden Volksheilmittel ersuchte, theilte mir mit, dass 
diese Meerzwiebelpflanze dort in solcher Menge vorkomme, 
dass man ganze Schiffsladungen davon nach Europa sen- 
den könne. Unter diesen Meerzwiebeln, welche die Ara- 
ber ebenfalls Skylla nennen, finden sich Zwiebeln von 
der Grösse eines Kinderkopfes und einer Schwere von 
1 bis 1’), Okka, d.i. 2!/, bis 3 Pfund, weshalb man ge- 
nöthigt sei, Gruben zu graben, um sie aus der Erde her- 
auszunehmen. Auch die Araber und TĂŒrken betrachten 
diese Zwiebel als ein Heilmittel gegen Lungenleiden, ja 
gegen Lungensucht, wenn sie auch schon im sehr vor- 
gerĂŒckten Stadium sei. Zu diesem Zwecke wird die 


Landerer, ĂŒber Marrubium. 105 


Zwiebel, nachdem sie von den Wurzelfasern und Schup- 
pen gereinigt ist, mit Wasser sehr fleissig gewaschen, bis 
sie keinen bittern Geschmack mehr besitzt, sodann ge- 
kocht und die Pulpa durch ein Sieb getrieben, um einen 
Peltes, d.h. eine Conserve-Pulpa, zu erzielen, denen man 
sodann ÄAyssopum zusetzt. Diese Latwerge, Mantsun ge- 
nannt, ist im ganzen heiligen Lande gegen die Phthysis 
und andere Leiden der Lunge im allgemeinen Gebrauch 
und durch dieselbe werden Wunderkuren erzielt, so 
dass Leute, die von allen Aerzten aufgegeben waren und 
sich im letzten Stadium der Phthysis befanden, durch den 
lÀngeren Gebrauch dieser Skylla-Mantsun cum Hyssopo 
geheilt wurden. Aus alten Schriftstellern ist zu ersehen, 
dass schon Pythagoras und Epimenides ihren Gebrauch 
als Arzneimittel kannten. 

Dem Ayssopus offiein., einer Pflanze, die in Griechen- 
land nicht bekannt ist, schreiben die Araber ebenfalls 
grosse HeilkrÀfte zu und bei allen von ErkÀltung her- 
rĂŒhrenden Krankheiten nehmen die Leute ihre Zuflucht 
zu dieser Pflanze. Die Araber nennen dieselbe Ayschop 
auch Assof, welcher Name aus dem Arabischen stammt; 
Esob bedeutet ein heiliges Kraut, mithin ist der Gebrauch 
dieser Pflanze leicht erklÀrlich. 


a A — 


Ueber Marrubium; 


von 


x Demselben. 


In die Kategorie der Pflanzen, die nach der Meinung 
des Volkes und auch der noch aus alten Zeiten stam- 
menden Chirurgen und empirischen Aerzte ausgezeich- 
nete HeilkrÀfte besitzen und gegen eine Menge von 
Krankheiten mit gutem Erfolge angewandt werden, ge- 
hört Marrubium vulgare. In den meisten Theilen des 
Landes, im nördlichen Attika, findet sich M. ereticum, 
auf den Feldern der feuchteren Niederungen M. vulgare 


106 Landerer, 


und auf trocknen Ebenen und HĂŒgeln von Östgriechen- 
land bis zu einer Höhe von 2000 Fuss Marrubium pseu- 
dodietamus, falscher Diptam. Theophrast und Dioscori- 
des nannten diese Pflanze Prasion und schon in den 
Ă€ltesten Zeiten war Prasion eine bedeutende Heilpflanze. 
Der Name Marrubium soll nach Wittstein aus dem 
hebrÀischen Mar, bitter, und Rob, viel, stammen, mithin 
eine viel bitter schmeckende Pflanze bedeuten. Linne& 
leitet den Namen, jedoch irrig, von Maria und Urbs, 
Sumpfstadt, einer Stadt im ehemaligen Latium am See 
Fucinus, wo die Pflanze hÀufig: vorkommen soll, ab. 

In Betreff der HeilkrÀfte dieser Pflanze ergiebt sich 
aus den alten Schriftstellern, dass dieselbe gegen Krank- 
heiten der Lungen im Rufe stand und dass die Salben- 
bereiter (Umguentarii) sich ihrer bedienten. Das Volk 
nennt die Pflanze Hundskraut, Skylochorton, von Chorton, 
Kraut, und S%ylos, Hund, weil die Hunde, wenn sie sich 
krank fĂŒhlen, dieselbe aufsuchen und fressen. Dieses 
Prasion wird im ganzen Oriente innerlich und Àusserlich 
angewandt. Besonders sind es die beiden im ganzen 
Öriente so gefĂŒrchteten Krankheiten, die Sceropheln, Choi- 
rades genannt, die man fĂŒr ansteckend hĂ€lt, und die 
Phymatosis, Tuberculose (voöua, Tuberculum), Lungensucht, 
gegen welche man die Pflanze anwendet. Gegen Scro- 
pheln wird sie in Form von Kataplasmen gebraucht, die 
sich das Volk jedoch auf andere Weise bereitet. Die 
frischen Pflanzen werden zwischen zwei Steinen zerquetscht 
und die Masse in statu quo auf die GeschwĂŒlste gelegt. 
Um dieselbe noch wirksamer zu machen, wird etwas 
Raky, d.ı. schlechter Branntwein, darauf gespritzt und 
man fĂ€hrt mit der Anwendung fort, bis die GeschwĂŒlste 
sich zertheilen oder in Suppuration ĂŒbergehen, die man 
jedoch nicht mit Lanzetten oder andern schneidenden 
Instrumenten öffnen darf, sondern mittelst einer goldenen 
Nadel oder einer FischgrÀte ete.. Gegen die Tubereu- 
lose wird unser Skylochorton in Form von Mantsuns, 
Electuarien, nur in sehr starken, krÀftigen, concentrirten 


ĂŒber den Maulbeerb:ıum. 107 


Abkochungen gegeben. Jedenfalls ist Marrubium eine 
sehr krÀftige Heilpflanze und der Aufmerksamkeit der 


Aerzte nicht unwerth. 
a 


Notizen ĂŒber den Maulbeerbaum ; 


von 


Demselben. 


Die Wichtigkeit des Maulbeerbaums durch seine 
BlĂ€tter fĂŒr die Seidenzucht ist allgemein bekannt. Der 
Peloponnes erhielt von dem Namen des Baumes Morea 
den Namen Morea. Die Hellenen nannten den Baum 
Sykaminos. Betreffs der Anwendung in der Medicin ist 
bekannt der Syrupus Mororum, der im ÖOriente dieselbe 
Rolle spielt wie bei uns Syr. Rubi /daei, den man hier 
gar nicht kennt, indem der Strauch sich nicht findet und 
auch cultivirt nicht gedeiht. Die ARemanentia ex Syrup. 
werden im ÖOriente zur Destillation eines Wassers ver- 
wendet, welches die Leute Moroneron nennen und das als 
ein grosses Heilmittel bei Kinderkrankheiten gilt. Aus 
den Schriften des Galenus (in libro de alimentis facult. 
Cap. 11.) ist zu ersehen, dass derselbe schon des Maul- 
beerbaumes erwÀhnt und Archigenes empfiehlt gegen 
Zahnschmerz den milchigen Saft des Maulbeerbaumes. 
Alle diese Anwendungen aus den Àltesten hellenischen 
Zeiten haben sich auf die heutigen Griechen vererbt. 
Bei Zahnschmerzen nimmt das Landvolk seine Zuflucht 
zu dem Safte der MaulbeerblÀtter, jedoch nicht der Mo- 
rus albus oder nigra, sondern zu der VarietÀt mit grossen, 
schwarzen, sehr saftigen FrĂŒchten, aus denen der Syrup. 
Mororum bereitet wird. Diese saftigen FrĂŒchte sind so 
fÀrbend, dass man es bereut, diese so gut schmeckenden 
kĂŒhlenden FrĂŒchte gegessen zu haben, indem HĂ€nde und 
Lippen so stark gefÀrbt werden, dass man den Farbestoff 
nicht mit den gewöhnlichen Waschmitteln entfernen kann. 
Die Reinigung der schwarzroth tingirten Organe geschieht 
im Öriente mit den BlĂ€ttern desselben Baumes. Man 


108 Landerer, 


zerquetscht einige BlÀtter und reibt mit dem Safte die 
gefÀrbten Organe, welche im Augenblick dadurch gerei- 
nigt werden. 

Das Holz des Mauibeerbaumes ist ein gutes FĂ€rbe- 
mittel, um wollene und baumwollene Stoffe damit gelb 
zu fÀrben und die Rinde von den Zweigen ist in vielen 
FĂ€llen auch ein Medicament gegen den Bandwurm. 


m  —— 


Notizen ĂŒber Höhlen in Griechenland ; 


von 


Demselben. 


In Griechenland finden sich wunderschöne Höhlen, 
die zu den grossartigsten Europas zu zÀhlen sind und 
sich durch die Zierde ihrer Stalaktiten, die oft 5 bis 10 
Ellen lang von der Decke herabhÀngen, auszeichnen. 
Eine solche wunderschöne Höhle ist auf Antiparos, einer 
kleinen Insel des griechischen Archipels, und Hunderte 
von Fremden besuchen diese nur von Hirten und einigen 
armen Familien bewohnte Insel dieser Höhle wegen. Um 
diese Stalaktiten zu erhalten, werden dieselben von den 
Hirten, die den Fremden zu Wegweisern dienen, ver- 
brecherischer Weise abgeschossen und bilden fĂŒr diese 
‚gewissenlosen Menschen einen Handelsartikel, indem sie 
nach Smyrna, Konstantinopel und Alexandrien versendet 
und auf den Bazars als Stalaktiten von Antiparos ver- 
kauft werden. In kurzer Zeit ‚wird diese prachtvolle 
Höhle aller ihrer Zierden beraubt sein. 

Eine zweite schöne Höhle befindet sich auf der Insel 
Thermia, welche man Katafıki nennt, von dem Worte 
Katafıgion, d. i. Zufluchtsort, indem die Leute zu der 
Zeit, als die Inseln des griechischen Archipels von See- 
rÀubern beherrscht waren, ihre werthvollen Sachen darin 
zu verbergen im Stande waren. Die Phantasie des Men- 
schen bildete aus den Stalaktiten Ambosse mit dem 
Schmiede, Sessel, VorhÀnge, Giebel etc. Diese Höhle 
ist in der That wunderschön und gut erhalten, indem sie 


ĂŒber ein eisenhaltiges Mineralwasser. 109 


in der NĂ€he der Stadt Thermia liegt und unter Aufsicht 
steht, um diese NaturschÀtze zu bewahren. 

Eine dritte Höhle ist die am Fusse des Parnass ge- 
legene Korykische Höhle, voll von Stalaktiten, eine vierte 
auf der Insel Makronison. Durch einen Zufall fand sich 
auf der Insel Tinos in der NĂ€he des Dorfes Exomenia 
eine der schönsten Höhlen vielleicht ganz Europas. In 
diesen Gegenden wird nÀmlich Marmor gebrochen und 
indem man sich mit dem Sprengen desselben beschÀf- 
tigte, entstand mit einem Male eine Oeffnung, durch 
welche die Leute durchkriechen konnten. Sie befanden 
sich in einer mit den schönsten Stalaktiten verzierten 
Höhle, und es ist eine Pracht, diese im unverÀnderten 
Zustande zu sehen und die Natur darin zu bewundern. 


——— 


Ueber ein eisenhaltiges Mineralwasser ; 
von 
Demselben. 


Auf der Insel Thermia, auch Kythnos genannt, fin- 
det sich eine ausgezeichnete Stahlquelle, welche Kakkabo 
genannt wird und eine WĂ€rme von 420R. zeigt. Diese 
Quelle zeigt von ihrem Ursprunge bis wo sie sich in das 
Meer ergiesst, ihren Eisengehalt durch den Absatz des 
Eisenoxyds an allen Steinen und GegenstÀnden, die man 
in das Rinnsal des Wassers legt, deutlich an. Verliert 
jedoch die Quelle ihre WĂ€rme, so ist mit einem Male 
auch das Eisen verschwunden und das Eisenoxydul wird 
als Eisenoxyd abgesetzt, so dass das Wasser in ein sali- 
nisches umgewandelt ist und der Patient statt eines stahl- 
haltigen ein salinisches Wasser gebraucht. Dass diese 
Erscheinung auf dem Verluste von KohlensÀure beruht, 
worin sich das Eisenoxydul aufgelöst findet, welches sich 
im nÀmlichen Augenblicke in Eisenoxyduloxyd umwan- 
delt, ist hinreichend bekannt. Wozu nĂŒtzen jedoch solche 
Stahlquellen, solche Chalybothermen? diese wichtige Frage 
drÀngt sich mir auf, denn es handelt sich um das Wohl 
von Tausenden von Patienten, die nach Kythnos gehen, 
um auf den Rath der Aerzte die Stahlquelle des Kak- 
kabo zu gebrauchen, jedoch in Folge der angegebenen 
Erscheinung in Wirklichkeit eine salinische benutzen 
und mithin eine andere Wirkung sehen, wie voraus- 
gesetzt und erwartet wurde. 


I — 


Fr. Eur Jan 


110 


HEE. MWonatsbericht. 


DĂŒnnes Eisenblech. 


Seiner Zeit erregte ein von Pittsburg abgesandter 
Brief grosses Aufsehen, der auf dĂŒnnes Eisenblech ge- 
schrieben war. Dieses Blech war so dĂŒnn, dass man 
1000 BlÀtter brauchte, um 1 Zoll Dicke zu erhalten. Seit 
jener Zeit sind in England Bleche von noch viel grösserer 
DĂŒnne erzeugt worden: 

1. Auf den Marshfield-Eisenwerken ein Blatt von 
110 Quadratzoll OberflÀche, 89 Grains schwer. 

2. Daselbst ein eben so grosses Blatt nur 23)/, Gr. 
schwer, 2950 Blatt auf 1 Zoll. 

3. Pontardawe walzte ein Blech, von dem man 
3799 StĂŒck zu einem Zoll Dieke brauchte. 

4. Endlich gelang es dem WerkfĂŒhrer von Hallam & 
Comp. ein Eisenblatt zu erzeugen, von dem man zu 1 Zoll 
4800 StĂŒck braucht. (Berggeist.) B. 


Gusseisen. 


Gemische von altem und neuem Gusseisen in einem 
zur Hervorbringung grosser WiderstandsfÀhigkeit geeig- 
neten VerhÀltnisse erlangen eine noch höhere Festigkeit 
durch HinzufĂŒgen einer geringen Menge, bis 2 Proe., 
Wolfram, durch grössere Mengen Wolfram wird das Eisen 
nur hÀrter; die so erlangten. Vortheile gehen durch Um- 
schmelzen des Eisens nicht wieder verloren. Das deutsche 
Wolframerz vom Zinnwalde (wolframsaures Eisenoxydul- 
Manganoxydul [FeO, MnO] WO3) wirkt krÀftiger als das 
französische, welches durch Rösten zunÀchst von Schwefel 
und Arsen gereinigt werden muss. Es genĂŒgt dann, das 
Erzpulver mit dem Eisen zu mengen, da die Reduction 
durch den Kohlenstoff des letzteren erfolgt. (Annal. de 
Chim. et de Phys.) Dr. Reich. 


Einfluss des Wolframs auf Gusseisen. 
Einige schrieben die grössere Festigkeit, welche in 
frĂŒheren Versuchen das mit Wolfram geschmolzene Roh- 


a 
Nutzbarmachung der Weissblechschnitzel. 111 


eisen erhielt, auf Rechnung einer grösseren Reinigung, 
welche der Wolfram durch Entfernung von Schwefel und 
Phosphor bewerkstelligt haben sollte. Le Guen (Compt. 
rend. T. 59.) ist auf Grund nachstehend beschriebener 
Versuche der Ansicht, dass der Wolfram an und fĂŒr sich 
eine grössere ZĂ€higkeit des Eisens herbeifĂŒhre und aller- 
dings vorzugsweise die grösste, wenn das mit ihm ge- 
schmolzene Roheisen an sich unrein war. 

Die Versuche wurden mit Holzkohleneisen angestellt 
von vortrefflicher QualitÀt aus der Giesserei von Nevers 
und Ruellee Man schmolz 1!/,, 2 bis 21/, Proc. Wolfram 
ein und goss aus etwa 80 Kilogrm. Cylinder unter ganz 
gleichen Bedingungen des Versuchs. In allen FĂ€llen 
erhielt man ein GussstĂŒck, welches in den Sprengproben 
eine viel grössere WiderstandsfÀhigkeit besass, als das 
beste Kanoneneisen. In der Vermuthung, dass der Wolfram 
vielleicht in der partiellen Kohlenentziehung seine Kraft 
habe, stellte man ein bis an die Grenze des Vortheilhaften 
gehendes weisses, halbirtes Eisen dar; aber dieses besass 
nie die WiederstandsfÀhigkeit des mit Wolfram geschmol- 
zenen. Dass in dem letzteren das Wolframmetall anwesend 
sei, haben directe Analysen gezeigt. Die ZĂ€higkeit wuchs 
in dem Gusseisen von Raveau um }, und in dem von 


Ruelle um !/,. (Journ. fĂŒr prakt. Chemie. Bd. 95.5.) B. 


Nutzbarmachung der Weissblechschnitzel. 


Die in den KlempnerwerkstÀtten, Knopffabriken und 
bei andern Gewerben abfallenden Weissblechschnitzel 
wurden bis jetzt als werthlos betrachtet, da die bisher 
vorgeschlagenen Methoden zur Nutzbarmachung derselben 
theils in. der Praxis grosse Schwierigkeiten boten, theils 
jede RentabilitĂ€t in Frage stellten. Es ist nun kĂŒrzlich 
J. Fuchs die Auffindung eines praktischen Verfahrens 
gelungen, welches allen billigen AnsprĂŒchen genĂŒgen 
dĂŒrfte. Das betreffende Verfahren grĂŒndet sich auf die 
Eigenschaft des metallischen Eisens, bei Gegenwart von 
Zinn mit SalzsÀure behandelt nicht eher angegriffen zu 
werden, als bis alles Zinn aufgelöst ist, so wie als End- 
resultat auf die Verwerthung des durch Zink aus der 
Lösung niedergeschlagenen Zinnes und des zurĂŒckblei- 
benden Schwarzblechs. Die zur Lösung zu verwen- 
dende rohe SalzsÀure ist vorher, unter Zusatz von circa 
6 Proc. SalpetersÀure, mit dem gleichen Quantum Wasser 
zu mischen. Mehrfach angestellte Versuche haben im 


112 Umgewöhnliche Entstehungsart von Eisenoxydoxydul. 


Durchschnitt einen Gewinn von 1!/, Thlr. pro Oentner 
WeissblechabfĂ€lle ergeben. (Dl. fĂŒr Hdl. und Gew. 1866.) 
B. 


Methode zum Verkupfern des Gusseisens. 


Dem von Weil beschriebenen Verfahren zum Ver- 
kupfern gusseiserner GegenstÀnde stellt Payen das Zeug- 
niss unbedingter Brauchbarkeit aus. Zur PrĂŒfung dessel- 
ben wurden in einem aus Steinzeug bestehenden GefÀsse 
750 Grm. Seignettesalz in 4 Liter Wasser gelöst und 
400 Grm. kÀufliches Aetznatron zusetzt. Hiermit ver- 
mischte man eine Lösung von 175 Grm. Kupfervitriol 
in 1 Liter Wasser und erhielt so ein alkalisches Kupfer- 
bad, welches 200 am Beaume&’schen ArĂ€ometer zeigte. 
Die zu verkupfernden GegenstÀnde wurden folgender- 
massen prÀparirt. Filtrirtes Seinewasser wurde mit eben 
so viel SchwefelsĂ€ure versetzt, dass die FlĂŒssigkeit 20 B. 
zeigte. Die GegenstÀnde wurden dann 10 Minuten bis 
!/, Stunde darin liegen gelassen, hierauf in eine schwache 
Aetznatronlauge (von 10 B.) gelegt, am anderen Tage 
aus letzterer entfernt, mit einer KratzbĂŒrste aus Eisen- 
draht gebĂŒrstet, mit dĂŒnnem Zinkdrahte umwickelt und 
mittelst desselben im alkalischen Kupferbade aufgehÀngt. 
Nach 1, 2 und besser nach 3tÀgiger Eintauchung waren 
die GegenstĂ€nde schön verkupfert. Mit Wasser abgespĂŒlt 
und mit einer KratzbĂŒrste aus Messingdraht sehr stark 
gebĂŒrstet, löste sich auch nicht das geringste Kupfer- 
plĂ€ttchen ab. (Bull. de la soc. de V’encour. — Chem. Centrbl. 
1866. 32.) B. 


Eine ungewöhnliche Entstehungsart von Eisen- 
oxydoxydul. 


Beim Reinigen eines zur Wasserheizung dienenden 
Systems schmiedeeiserner Röhren, resp. beim Ab- 
lassen des in diesen Röhren circulirenden Wassers wurde 
eine nicht unbetrÀchtliche Menge ziemlich dicker, stein- 
artiger schwarzer Krusten vorgefunden, die sich von den 
inneren Wandungen jener Röhren abgelöst hatten. Eine 
damit angestellte Analyse ergab als Resultat, dass diese 
Krusten lediglich aus Eisenoxydoxydul bestanden; sie 
wurden nÀmlich von einem Stahlmagnet krÀftig angezogen 
und zeigten sich hierauf sehr polarisch. Von SalzsÀure 
wurden sie in der WĂ€rme mit Leichtigkeit ohne Wasser- 


Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens. 113 


stoifgasentwickelung gelöst (Beweis von der Abwesenheit 
metallischen Eisens); die Lösung reagirte sowohl auf 
Ferrideyankalium, wie auf Rhodankalium. Ueber die 
rÀthselhafte Entstehung dieser intermediÀren Oxydations- 
stufe des Eisens in luftfreien, fortwÀhrend mit einem und 
demselben Quantum Wasser völlig angefĂŒllten Eisenröhren, 
wird man sicherlich dann erst entscheiden können, wenn 
fragliche Röhren einer speciellen PrĂŒfung unterworfen, wenn 
sie dem directen Feuer ausgesetzt worden sind. Jedenfalls 
mahnt eine solche Corrosion schmiedeeiserner, zu Wasser- 
heizungen dienenden Röhren, in welchen das circulivende 
Wasser nicht selten eine ausserordentlich hohe Temperatur 
annimmt, folglich einen gewaltigen Druck auf die WĂ€nde 
dieser Röhren ausĂŒbt, zu grösster Vorsicht. (Böttger’s 
polyt. Notizbl. 1866. 12.) 


Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens, 
von Clemens Winkler. 


In neuerer Zeit ist man vielfach bemĂŒht gewesen, 
ein Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens 
aufzufinden, welches sich auf die UeberfĂŒhrung von Eisen- 
oxyd in Eisenoxydul grĂŒndet, also auf dem entgegen- 
gesetzten Principe beruhen wĂŒrde, wie die frĂŒheren Me- 
thoden zur Bestimmung dieses Metalles, welche die Gegen- 
wart desselben im Zustande des Oxyduls voraussetzen. 
Die bis jetzt zur Erreichung dieses Zweckes in Anwen- 
dung gekommenen Reductionsmittel sind ZinnchlorĂŒr und 
Jodkalium. Die Anwendungsweisen derselben lassen aber 
manches noch zu wĂŒnschen ĂŒbrig und trotz der torzĂŒg- 
lichen Resultate, welche sie geben, haben sie sich schwierig 
Eingang in technische Laboratorien verschafft. 

Ein dem ZinnchlorĂŒr analog wirkendes, aber weit 
krĂ€ftigeres Reductionsmittel fĂŒr Eisenoxydsalze ist nach 
Clemens Winkler das KupferchlorĂŒr. WĂ€hrend 
ZinnchlorĂŒr die Reduction des Eisenchlorids in der KĂ€lte 


nur theilweise hervorzurufen im Stande ist, bewerkstelligt 


KupferchlorĂŒr dieselbe sofort in den niedrigsten Tem- 
peraturen und bei jeder VerdĂŒnnung mit theoretischer 
Genauigkeit. Es ist deshalb fĂŒr die Volumetrie des Eisens 
ganz geeignet. 

Zur AusfĂŒhrung der in Rede stehenden Titrirmethode 
ist nun nach Clemens Winkler Folgendes nöthig. 

1. Eine Auflösung von KupferchlorĂŒr. Man 
stellt sich durch Auflösen von Kupferblech in Salpeter- 


Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds, 1.u.2. Hft. 8 


| 


an AO r nn, |... Sg 
114 Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Bisens. 


sÀure eine Kupferoxydlösung dar, dampft ab, und nimmt 
den RĂŒckstand in salzsĂ€urehaltigem Wasser auf. Diese 
Auflösung bringt man in einen Kolben, fĂŒgt ein dem 
Gewicht des trocknen KupferchlorĂŒrs ungefĂ€hr gleiches 
Quantum Kochsalz zu, um bei der nachherigen Reduction 
die Ausscheidung festen KupferchlorĂŒrs zu vermeiden, 
stellt einige Streifen Kupferblech in den Kolben und erhitzt 
sodann zum Kochen, so lange bis der Inhalt des Kolbens 
fast farblos geworden ist und somit alles Kupferchlorid 
sich in ChlorĂŒr verwandelt hat. Hierauf wird der Kolben 
verkorkt, erkalten gelassen und die erhaltene FlĂŒssigkeit 
mit salzsĂ€urehaltigem Wasser so weit verdĂŒnnt, dass ein 
Cubikcentimeter desselben ungefÀhr 6 Mgrm. Eisen ent- 
spricht. 

Um den also dargestellten Titer ohne Zersetzung zum 
ferneren Gebrauch aufzubewahren, fĂŒllt man ihn in eine 
Flasche mit dicht schliessendem Stöpsel und stellt in diese 
eine, vom Boden bis beinahe zum Halse derselben reichende 
Spirale von starkem Kupferdraht zum Schutze des Kupfer- 
chlorĂŒrs vor erheblicher Oxydation. Eine solche frisch 
bereitete KupferchlorĂŒrlösung reducirte z. B. pro Cubik- 
centimeter 6 Mgrm. Eisen von Oxyd zu Oxydul; jetzt, 
nach 4 Monaten ist ihre ReductionsfÀhigkeit, geringe 
Schwankungen von 0,1 bis 0,2 Mgrm. Fe ausgenommen, 
noch immer dieselbe, obgleich die Flasche unausgesetzt 
im Gebrauche gewesen und sehr oft geöffnet worden ist. 
Zum ceurrenten Gebrauche empfiehlt der Verfasser jedoch 
eine kleinere Flasche mit der aus der grossen Flasche 
entnommenen TiterflĂŒssigkeit zu benutzen, welche, wenn 
sie theilweise geleert ist, damit wieder gefĂŒllt wird. Durch 
Einwirkung der Luft und der SalzsÀure auf die Kupfer- 
spirale wird natĂŒrlich der Titer eher reicher an Kupfer- 
chlorĂŒr als Ă€rmer, doch lĂ€sst er sich dann durch ZufĂŒgung 
von wenig Wasser leicht auf den alten Wirkungsgrad 
zurĂŒckfĂŒhren. Mit gutem Erfolge anwendbar ist auch 
ohne Zweifel fĂŒr diesen Fall das Verfahren von Frese- 
nius, welches dieser bei Aufbewahrung von ZinnchlorĂŒr- 
lösung in Anwendung brachte und welches in einer Ab- 
sperrung der oxydablen FlĂŒssigkeit durch alkalisches 
“ pyrogallussaures Kali besteht. Die als Titer benutzte 
KupferchlorĂŒrlösung darf selbst redend nicht von Tag zu 
Tag in der BĂŒrette stehen bleiben. Am zweckmĂ€ssigsten 
und richtigsten wird es fĂŒr alle FĂ€lle sein, den Wirkungs- 
werth des Titers zeitweilig zu bestimmen. Man hÀlt 


sich deshalb 


Nah are) BEL Haba ı en ER 


Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens. 115 


2) Eine Eisenchloridlösung von bekanntem 
Gehalte vorrÀthig, welche man nach Fresenius durch 
Auflösen von 10,03 Grm. Clavierdraht, entsprechend 10,00 
Grm. reinem Eisen in SalzsÀure und chlorsaurem Kali 
und VerdĂŒnnen auf 1 Liter darstellt. Zu jeder Titer- 
bestimmung misst man 10 CC. dieser Normallösung ab, 
welche 100 Mgrm. Eisen entsprechen. 

3) Um die Beendigung der Reduction mit SchÀrfe 
beobachten zu können, bedient«man sich einer Auflösung 
von Schwefeleyankalium in Wasser, von welcher man 
der zu untersuchenden FlĂŒssigkeit wenige Tropfen zufĂŒgt 
und ihr dadurch die bekannte blutrothe Farbe ertheilt. 
Winkler verwendet gewöhnlich zu dem der Aufgabe 
entsprechenden Zwecke eine zehnprocentige Schwefel- 
eyankaliumlösung, die Gegenwart von zu viel Schwefel- 
cyankalium lÀsst die Erscheinungen undeutlicher hervor- 
treten. 

Bei der AusfĂŒhrung der volumetrischen Eisenbestim- 
mung mittelst KupferchlorĂŒr selbst sind nur wenige Re- 
geln zu beobachten. ZunÀchst ist es anzurathen, die zu 
titrirende Eisenlösung gehörig angesÀuert und in stark 
verdĂŒnntem Zustande unter die BĂŒrette zu bringen. Eine 
Lösung, welche 100 — 200 Milligrm. Eisen enthĂ€lt, ver- 
dĂŒnne man auf 500 und mehr Cubikcentimeter. Es ist 
dies zwar zum Gelingen der Operation nicht unbedingt 
nöthig, aber die Erscheinungen verlaufen weit klarer und 
deutlicher, als bei Anwendung concentrirter FlĂŒssigkeiten. 
Beim Zusetzen der Schwefeleyankaliumlösung muss eben- 
falls eine gewisse Vorsicht beöbachtet werden. Es ist 
vollkommen hinreichend, wenn man 4—5 Tropfen der 
obengenannten Schwefeleyankaliumlösung zur Eisenlösung 
setzt; beim Zutröpfeln des KupferchlorĂŒrs erfolgt dann 
das Verbleichen der rothen Farbe mit seltener SchÀrfe 
und erst, wenn alles Eisen zu Oxydul geworden ist, be- 
wirkt die nĂ€chste Tropfung eine bleibende, sanfte TrĂŒ- 
bung. 

Es lag im Interesse der Wissenschaft, die durch 
KupferchlorĂŒr zu Oxydul reducirte Eisenlösung mittelst 
Zusatz titrirten ChamĂ€leons wieder in Oxyd ĂŒberzufĂŒh- 
ren, um auf diese Weise eine Controlanalyse zu erhalten. 
Dieses ist jedoch nicht ausfĂŒhrbar, da die vorhandene 
RhodanwasserstoffsĂ€ure durch das ĂŒbermangansaure Kali 
in Cyanwasserstoff und SchwefelsĂ€ure ĂŒbergefĂŒhrt und 
dadurch ein bedeutender Mehrverbrauch an ChamÀleon 
veranlasst wird. Ebenso wirkt die in der FlĂŒssigkeit 


g* 


Tri En nr. 


116 Verfahren zur volumetrischen Bestimmung des Eisens. 


anwesende erhebliche Menge ChlorwasserstoffsÀure zer- 
setzend auf das ĂŒbermangansaure Kali, weshalb man 
nicht minder falsche Resultate erhÀlt, wenn man der 
Eisenchloridlösung, statt Schwefeleyankalium, Jodkalium 
zusetzt, um die nach erfolgter Reduction auftretende Aus- 
scheidung von KupferjodĂŒr als Indicator zu benutzen. 
Beim ZurĂŒcktitriren mittelst ChamĂ€leon macht sich dann 
ein deutlicher Chlorgeruch bemerkbar und man erhÀlt 
viel zu hohe Gehalte. 

Die Gegenwart gefÀrbter Metallverbindungen, z. B. 
der Salze des Kobalts, Nickels, Kupfers u. s. w., hindert 
durchaus nicht die sichtbare Wahrnehmung der End- 
erscheinung, wenn die FlĂŒssigkeit hinreichend verdĂŒnnt 
ist. Eben so wenig stört die Anwesenheit von Arsen- 
sĂ€ure, da diese nicht durch KupferchlorĂŒr redueirt wird. 
Hieraus ist ersichtlich, dass diese Methode fĂŒr den HĂŒt- 
tenmann von Wichtigkeit ist, um auf die vorgeschrie- 
bene Weise in kurzer Zeit den Eisengehalt eines Steines, 
einer Speise oder eines andern Productes schnell und 
richtig zu erfahren. 


Belege. 


1) Je 10 C.C. einer Eisenchloridlösung, entsprechend 
0,098 Grm. Fe, wurden mit viel concentrirter Kobalt- 
oder NickelchlorĂŒrlösung versetzt und dadurch stark ge- 
fÀrbt. Dieselben Versuche wurden unter Anwendung von 
viel ArsensÀure gemacht. 


1 C.C. KupferchlorĂŒr entsprach 6,0 Milligrm. Fe. 


Angewendet Verbraucht Gefunden Differenz 

(Grm. Grm. 
a) 0,098 Fe viel CoÜl — 16,3 0.C. 0,0978 Fe 0,0002 
b) 0,098 „ „ Nill — 16,4 „ 0,0984 „ 0,0004 


ec) 0,098 „ „ CoClu. As05— 16,3 „ 0,0978 „ 0,0002 
d) 0,098 „ „ NiClu. As05 — 16,3 „ 0,0978 „ 0,0002 
2) 1 Grm. kobalt- und nickelhaltige Speise wurde 
gelöst, die Lösung verdĂŒnnt und titrirt. 
1 C.C. KupferchlorĂŒr entsprach 5,9 Mgrm. Fe. Es 
wurden verbraucht: 
a) 15,6 G.C.\ NEON “ 
N Te 9,204 Proc. Fe. 
Die Bestimmung durch Gewichtsanalyse ergab —= 
9,210 Proc. Fe. 
Diese Ergebnisse geben zu ihrer Verwendung nicht 
allein in der Technik, sondern auch bei wissenschaft- 


AD en 
Haltbarkeit einer sauren Lösung der arsenigen SÀure. 117 


lichen Untersuchungen, die beste Hoffnung. (Journ. fĂŒr 
prakt. Chemie. Bd. 95. 7.) B. 


Tellar 


findet sich in SĂŒdamerika im Staate Bolivia auf dem 
Berge Illampu, 15,000 Fuss ĂŒber dem Meere, zu 5 Proc. 
in einem Wismutherze. Dieses wird bergmÀnnisch ge- 
wonnen, so dass auch das Tellur, ein bis jetzt höchst 
seltenes Metall, jetzt allgemeiner zugÀnglich werden wird. 
(Phrios. Mag.) 

In geringer Menge finden sich Tellurerze zu Offen- 
banya, Salathna, Nagyag in SiebenbĂŒrgen, zu Schemnitz 
in Ungarn, auf der Sawodinsky-Grube am Altai, zu Spott- 
sylvanıa in Virginien vor. Aber auf der Stanislaus-Grube 
in Californien sind diese Erze so massenhaft, dass ein 
eigener Schmelzprocess darauf betrieben werden kann. 
Nach dem Berichte von Mathewson finden sich etwa 
24 Stunden von St. Franzisco in dem Calaveras-Gebiete, 
zwischen dem Stanislaus River und dem Albany Hill, 
auf 3 Meilen LĂ€nge und 1 Meile Breite, eine grosse An- 
zahl ErzgÀnge und Lager in metamorphosirtem Schiefer. 
Dieser ist von mÀchtigen Serpentinmassen durchsetzt, 
welche fast alle die Mineralien enthalten, welche am 
Fusse des Nevada Range vorkommen. Die wichtigste 
Erzablagerung wird durch die Stanislaus-Mine abgebaut, 
wo die Erze der Hauptsache nach aus Tellurgold und 
Tellursilber bestehen, begleitet von goldreichem Schwe- 
felkies und Spuren von Bleiglanz und” Kupferkies. Nach 
Stetefeldt enthÀlt das Erz der Grube hauptsÀchlich 
Sylvanit oder Schrifttellur, bestehend aus 59,6 Tellur, 
25,5. Gold, 13,9 Silber, ferner geringe Mengen Tellurblei 
neben gediegen Gold. Bei dem grossen Werth der Erze 
und der GefÀhrlichkeit der TellurdÀmpfe hat man hier. 
mit grossen Schwierigkeiten zu kÀmpfen. Das Amalga- 
mationsverfahren kann man nicht anwenden, weil das 
Gold meistentheils durch Tellur vererzt ist und der Ge- 
halt an Tellurblei störend wirkt. Dr. Reich. 


Grosse Haltbarkeit einer sauren Lösung der arseni- 
nigen SĂ€ure. 


Eine im Jahre 1857 von Wittstein bereitete salz- 
saure Lösung der arsenigen SÀure (1 Liter), welche in 
einer mit Korkstöpsel verschlossenen Flasche aufbewahrt 


N RR. Pa 


118 Verhalten des Kupfers u. Silbers zu SÀure-Auflösungen. 


wurde, zur PrĂŒfung des Chlorkalks auf seine Bleichkraft 
nach Gay-Lussac, erwies sich nach der PrĂŒfung im 
September 1865, also nach einer Dauer von 8 Jahren, 
noch unverÀndert in seinem Gehalte an arseniger SÀure. 


Die PrĂŒfung geschah auf folgende Weise. Der dritte 
Theil des Restes der Lösung wurde mit schwefelsaurer 
Magnesia und Salmiak versetzt, mit Ammoniak ĂŒbersĂ€t- 
tigt und mit einem Glasstabe fleissig umgerĂŒhrt, es trat 
aber selbst binnen mehren Stunden nicht die mindeste 
TrĂŒbung ein. Am folgenden Morgen hatten sich zwar 
einige leichte Flocken abgesetzt; diese waren aber keine 
arsensaure Ammoniak-Magnesia, sondern Magnesiahydrat, 
denn sie lösten sich in Salmiaklösung vollstÀndig auf. 

Die salzsaure Lösung der arsenigen SÀure gehört 
mithin zu denjenigen Titrir-FlĂŒssigkeiten, welche ihre 
ursprĂŒngliche Beschaffenheit auf lange Zeit, vielleicht auf 


immer beibehalten — eine fĂŒr die Massanalyse nicht un- 
wichtige Thatsache. (Wittst. Vierteljahrsschr. Bd. 15. 1.) 
EBENEN NER B. 


Ueber das Verhalten des Kupfers und Silbers zu den 
Auflösungen der arsenigen, selenigen und phos- 
phorigen SĂ€ure. 

Reinsch hat frĂŒher schon nachgewiesen, dass das 
metallische Kupfer fĂŒr die schweflige SĂ€ure das em- 
pfindlichste Reagens ist und dass die SchwÀrzung des 
Kupfers, welche man öfters wahrnimmt, wenn dasselbe 
mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure oder SalzsĂ€ure gekocht 
wird, hÀufig von einem geringen Gehalt an schwefliger 
SĂ€ure herrĂŒhrt. Diese Reaction könnte leicht zur Ver- 
muthung Veranlassung geben, als ob jene SĂ€uren mit 
Arsenik verunreinigt seien; allein das Verhalten des durch 
schweflige SĂ€ure mit Schwefelkupfer ĂŒberzogenen Kupfers 
beim GlĂŒhen in einer Glasröhre ist so bestimmt und 
sicher, dass eine Verwechselung des durch arsenige SĂ€ure 
und schweflige SĂ€ure entstandenen Beschlages ganz un- 
möglich ist; erstere verflĂŒchtigt sich nĂ€mlich beim Er- 
hitzen des Probedrahts in einer Glasröhre vollstÀndig als 
arsenige SĂ€ure und legt sich an die WĂ€nde derselben in 
Form eines krystallinischen Pulvers, wÀhrend das Kupfer 
glÀnzend hell metallisch erscheint; der durch schweflige 
SĂ€ure hervorgebrachte Beschlag dagegen bleibt unver- 
Ă€ndert und fest auf dem Kupfer sitzen. 

Reinsch hat gleichfalls frĂŒher gezeigt, dass sich 


U Y 2 WĂŒ 5 5 7 N EA A TE MR 7 SEN .\ > Ip." 
De erekeung von Antimon durch die Löthrohrprobe. 119 


das Kupfer gegen eine mit SalzsÀure angesÀuerte Lösung 
von antimoniger SĂ€ure ganz so wie gegen die arse- 
nige SÀure verhÀlt. Da aber jetzt auch zuweilen Salz- 
sÀure und SchwefelsÀure mit seleniger SÀure verun- 
unreinigt vorkommen, so wurde auch das Verhalten des 
Kupfers gegen letztere geprĂŒft. 

Kocht man einen blanken Kupferdraht in verdĂŒnn- 
ter SalzsÀure und setzt hierauf einen Tropfen seleniger 
SĂ€ure hinzu, so wird das Kupfer sogleich schwarz be- 
schlagen; lĂ€sst man die FlĂŒssigkeit einige Zeit ĂŒber dem 
Kupfer stehen, so fÀrbt sie sich hellroth von ausgeschie- 
denem Selen. Bringt man hierauf den mit Selenkupfer 
beschlagenen Kupferdraht aus der FlĂŒssigkeit, so blĂ€ttert 
sich der Beschlag leicht ab; erhitzt man dann den Draht 
in einer Glasröhre, so erhÀlt man einen metallisch glÀn- 
zenden schwarzen Beschlag von Selenkupfer und das 
Kupfer erscheint nach dem GlĂŒhen dunkelbleigrau. Ganz 
so verhÀlt sich ein Silberdraht. Gegen schweflige SÀure 
verhÀlt sich der Silberdraht genau wie der Kupferdraht 
und ist ein eben so empfindliches Reagens wie letzterer 
auf schweflige SĂ€ure. 

Bringt man in verdĂŒnnte SalzsĂ€ure ein StĂŒck Kupfer- 
draht und Silberdraht, erhitzt zum Kochen und setzt nun 
einen Tropfen gelöster verdĂŒnnter arseniger SĂ€ure zu, so 
beschlÀgt sich das Kupfer sogleich mit Arsenik, wÀhrend 
das Silber glÀnzend hell erscheint; erst nach lÀngerem 
Kochen der FlĂŒssigkeit wird das Silber mit einzelnen 
graulichen Arsenikflecken bedeckt. Dieses Verhalten ist 
sehr geeignet, um arsenige SĂ€ure und schweflige SĂ€ure 
in einer FlĂŒssigkeit nachzuweisen. 

Gegen Antimon verhÀlt sich das Silber in einer mit 
SalzsÀure angesÀuerten Lösung wie gegen Arsenik. 


(N. Jahrb. fĂŒr Pharm. Bd. 25.) B. 


Nachweisung von Antimon durch die Löthrohrprobe. 

Nach E. J. Schapmann wird die Probe in einem 
beiderseitig offenen Glasrohre geglĂŒht, die Stelle, an wel- 
cher sich das weisse Sublimat angesetzt hat, mit der 
Feile abgeschnitten und in einem ProbirglÀschen in wÀs- 
seriger WeinsÀurelösung vorsichtig erhitzt, wodurch sich 
wenigstens ein Theil des Sublimats löst. Dann schmilzt 
man eine geringe Menge zweifach-schwefelsauren Kalis 
mit etwas Borax gemengt auf Holzkohle in der Reduc- 
tionsflamme, löst die Hepar von der Kohle, bringt die- 


120 Krystallisirtes Antimonoxyd und dessen Verbindungen. 


selbe in ein PorcellanschÀlchen und benetzt sie mit eini- 
gen Tropfen der weinsauren Lösung des Sublimats. Die 
Entstehung eines orangefarbenen Niederschlages ist ein 
Beweis fĂŒr Antimon. Arsen wĂŒrde sich ebenso verhal- 
ten, doch ist der Niederschlag durch seine hellgelbe Farbe 
sofort vom Antimonniederschlage zu erkennen. (Polyt. 
Journ. Bd. 179.) 


Ueber das krystallisirte Antimonoxyd und dessen 
Verbindungen. 


Verbrennt man nach Terreil metallisches Antimon 
oder röstet man Schwefelantimon, so entsteht Antimon- 
oxyd nur in prismatischer Krystallform. OctaÀdrisches 
Oxyd entsteht nur bei vorsichtiger Sublimation des Anti- 
monoxyds in nicht oxydirenden Gasen. Behandelt man 
prismatisches Antimonoxyd mit Schwefelammonium, so 
fÀrbt es sich schnell rothbraun und löst sich langsam auf. 
Dagegen bleiben die octa@ödrischen Krystalle in demsel- 
ben Reagens vollkommen weiss und glÀnzend, sobald 
man sie nicht vorher zu einem feinen Pulver zerrieben 
hat. Das prismatische Oxyd löst sich auch viel leichter 
in SÀuren und Alkalien, als das octaödrische. Die Dich- 
tigkeit des ersteren bei 150 ist 3,72, die des zweiten 5,11. 
Damit stimmt die Dichtigkeit der natĂŒrlichen Oxyde 
ĂŒberein, indem A. Terreil durch Versuche sich ĂŒber- 
zeugte, dass dem natĂŒrlichen prismatischen Oxyd (aus 
Algier) die Dichte 3,70 und dem natĂŒrlichen octaedri- 
schen Oxyd (ebenfalls aus Algier) die Dichte 5,0 zu- 
kommt. Die krystallinischen NiederschlÀge, die sich aus 
alkalischen Lösungen des Antimonoxyds bilden, sind Ver- 
bindungen des letzteren mit Alkali. Terreil untersuchte 
ein neutrales Salz: NaO, SbO3, 6 HO und ein saures NaO, 
38Sb03-+2HO. Beide Salze erschienen in kleinen oc- 
taöÀdrischen Krystallen, die Polarisationserscheinungen zei- 
gen. Das neutrale Salz wird durch Schwefelammonium 
nicht verÀndert, wÀhrend letzteres das saure Salz augen- 
blicklich zersetzt und vollkommen auflöst. Die Lösung 
des neutralen Salzes wird durch Silberoxyd weiss gefÀllt, 
welches in verdĂŒnnter SalpetersĂ€ure löslich ist. Die 
Lösung des neutralen Salzes wird durch Schwefelwasser- 
stoff gelb gefÀrbt, aber nicht gefÀllt, wenn man sie vor- 
her nicht sauer gemacht hat. Eisenoxydsalze werden 
durch die Lösung dieses Salzes gelblich-weiss gefÀllt, 
essigsaures Bleioxyd weiss, schwefelsaures Kupferoxyd 


% 
\ Zinkfabrikation. 121 


blÀulich-weiss. Alle diese NiederschlÀge sind in Salpe- 
tersĂ€ure löslich. (Compt. rend. T.62. — Bull. de la Soc. 
chim. — Chem. Centrbl. 1866. 17.) B. 


Die Zinkfabrikation 


ist in steter Zunahme begriffen und es werden die Rheinpro- 
vinz so wie Westphalen in nicht zu ferner Zeit Schlesien in 
dieser Hinsicht erreicht haben. Die bedeutendste Production 
hat die Actiengesellschaft fĂŒr Zinkfabrikation in Stollberg 
beiAachen und in Westphalen, so wie die aus belgischen 
ActionÀren gebildete Gesellschaft Altenberg zu Moresnet 
bei Eupen, die jĂŒngst bei Gelegenheit der Besprechung 
des sogen. neutralen Gebiets in öffentlichen BlÀttern ge- 
nannt worden ist. Auf der ZinkkĂŒtte zu Moresnet wur- 
den 1864 aus 605,503 Ctr. rohen Erzen 428,919 Ctr. 
rohes Galmei dargestellt und dann aus 82,405 Citr., die 
an Ort und Stelle verhĂŒttet wurden, 33,754 Ctr. Roh- 
zink gewonnen. Die Gesellschaft hat Gruben in der 
Gegend von Bensberg erworben, die in den letzten Jah- 
ren stark ausgebeutet wurden. Im Jahre 1861 wurden 
im Kreise MĂŒhlheim 50,244 Ctr. Bleierze und 260,298 Ctr. 
Zinkerze gewonnen. Im Jahre 1864 ist die Production 
gestiegen. Es wurden in den rechtsrheinischen Kreisen 
des Oberbergamtsbezirks Bonn auf 30 Gruben mit einer 
Gesammtbelegschaft von 2236 Arbeitern 710,867 Cir. 
Blende im Werthe von 361,546 Thlr. gewonnen gegen 
632,002 Otr. im Werthe von 264,374 Thlr. im Jahre 1863. 
An dieser Production participiren vorzugsweise die Re- 
viere Deutz mit 367,179 Ctr. oder 51,3 Proc., Unkel mit 
58,489 Ctr. oder 8,2 Proc. Bensberg gehört zum Revier 
Deutz und kommt die Mehrzahl der Blendebeförderung 
auf die Gruben der Altenberger Gesellschaft, obgleich 
auch die Gesellschaft Saturn in Cöln in der NÀhe von 
Bensberg und Owerad einige Gruben hat. Die bedeu- 
tendste Blendebeförderung des Reviers Deutz hatten die 
Gruben BlĂŒcher mit 125,656 Ctr., LĂŒderich mit 85,711 Ctr., 
Berzelius mit 44,600 Otr., Apfel mit 43,060 Otr., Leopold 
v. Buch mit 17,307 Ctr., Washington mit 17,300 Otr., 
Castor und Pollux mit 11,901 Otr., Weiss mit 11,816 Ctr. 
Der Durchschnittswerth des Centners Blende stieg von 
14 Sgr. 10,44 Pf. im Vorjahre auf 19 Sgr. 11 Pf. in 
1864. (bl. fĂŒr Hdl. u. Gewbe. 1866.) B. 


122 Ueber das Indium. 


Ueber eine natĂŒrliche Verbindung von Tinkoxyd, 
Ammoniumoxyd und Wasser. 


Beim AuswÀssern einer Abtrittsgrube bemerkten die 
Arbeiter auf einem Ziegelsteine des GemÀuers viele glÀn- 
zende Spitzen. Der Ziegelstein hatte, da er gÀnzlich mit 
Schwefeleisen imprÀgnirt war, ein schwarzes Ansehen. 
Eine seiner FlÀchen war gelblich-weiss, mit grossen Kry- 
stallen bedeckt, welche gerade rhombische Prismen bil- 
deten. Beim Erhitzen entwickelten sie Wasser und Am- 
moniak und hinterliessen Zinkoxyd. 


Die Analyse ergab nach Malaguti: berechnet 


Zinkoxyd..... 48,000 = 2 ZnO 47,87 
Ammoniak.... 12,55 = H?N 12,62 
Wasser... 3945 —= 6HO 30,51 

100,00 100,00. 


Die Formei dieser Verbindung, welche Malaguti 
trotz mancherlei Versuchen kĂŒnstlich darzustellen nicht 
im Stande war, wĂŒrde demnach 

2 ZmO, H3N, 6 HO 
sein. (Compt. rend. T.62. — Chem. Centrbl. 1866. 87.) 
B. 


Ueber das Indium 


hat Schrötter der Wiener Akademie folgende Mit- 
theilungen gemacht. Die Lage der beiden charakteristi- 
schen Linien des Indiums wurde durch unmittelbare Ver- 
gleichung des Indium - Spectrums mit dem der Sonne 
bestimmt. Jenes wurde auf die bekannte Art mittelst 
der RĂŒhmkorff’schen Inductionsspirale und eingeschalteter 
Leidener Flaschen erzeugt. Es stellte sich heraus, dass 
die prÀchtige blaue Indiumlinie mit keiner dunkeln Linie 
des Sonnenspectrums zusammenfÀllt, dass somit nach 
Kirchhoff’s scharfsinniger Deduction in der Sonnen- 
atmosphÀre kein Indium enthalten ist. Diese blaue Linie 
entspricht nach der Kirchhoff’schen Bezeichnung genau 
der Zahl 2523. Die zweite violette Indiumlinie liegt 
zwischen G und H, also in dem Theile des Spectrums, 
der von Kirchhoff gemessen wurde; sie fÀllt mit einer 
starken Frauenhofer’schen Linie zusammen, die auch auf 
der Photographie des Sonnenspectruns von Ruther- 
furd sehr scharf ausgedrĂŒckt ist. Um die Lage dieser 
Linie nÀher zu bestimmen, wurden, nachdem die drei 
60grĂ€digen Prismen des Apparates fĂŒr die Linie G (2854,8) 


Ueber das Indium. 123.8 


in die Minimalstellung gebracht waren, mittelst der Mikro- 


meterschraube die Distanzen der drei bekannten Linien 


(2670), (2574) gemessen. Hieraus ergab sich der Werth 
einer Umdrehung der Mikrometerschraube in Millimetern. 
Wurde nun in gleicher Weise von G bis zur violetten 
Indiumlinie und bis zu den Linien H und H! strecken- 
weise gemessen und immer wieder die Minimumstellung 
der Prismen eingehalten, so ergab sich, dass nach der 
Kirchhof’schen Scala der violetten Indiumlinie nahezu 
die Zahl 3265,8, der Linie H die Zahl 3582 und der 
Linie H! die Zahl 3677 entspricht. Nahe dasselbe Ver- 
hÀltniss in den Distanzen stellt sich auch heraus, wenn 
man die Lage der genannten Linien in der Rutherfurd- 
schen Photographie des Sonnenspectrums misst. 

Ausser den beiden angefĂŒhrten Linien waren im Spec- 
trum des Indiums noch eine Anzahl anderer Linien sicht- 
bar, die jedoch theils den Gasen der AtmosphÀre, theils 
dem Eisen und dem Zink angehören, von denen, wie es 
scheint, noch Spuren in dem verwendeten Indium ent- 
halten waren, worĂŒber spĂ€tere Versuche Aufschluss brin- 
gen werden. 

Obwohl die neueste Bestimmung des Indium-Aegui- 
valents von ©. Winkler ziemlich genau sein dĂŒrfte, so 
hielt es Schötter doch fĂŒr nöthig, auch noch auf einem 
andern Wege die Grösse desselben zu bestimmen. Er 
wÀhlte hierzu das Schwefelindium. Nach seiner Ansicht 
zeigt das Indium die grösste Aehnlichkeit in allen seinen 
Beziehungen mit dem Cadmium, neben welchem es, 
seinem elektrischen Verhalten nach, als elektronegativ zu 
stehen kommt. Das Schwefelindium besitzt zur Bestim- 
mung des Aequivalentes die sehr gĂŒnstige Eigenschaft, 
sich durch Chlorwasserstoff schon bei gewöhnlicher Tem- 
peratur unter Abscheidung von Schwefelwasserstofl voll- 
stÀndig in Indiumchlorid zu verwandeln. Dieses kann, 
obgleich höchst hygroskopisch, unter Beobachtung gewis- 
ser Bedingungen doch genau gewogen werden und ĂŒber- 
dies lÀsst sich der Schwefelgehalt zur Controle genau 
bestimmen, indem man das entweichende Schwefelwasser- 
stoffgas durch eine Eisenoxydlösung leitet und die da- 
durch gebildete Menge des Eisenoxyduls durch Titriren 
bestimmt. Das Schwefelindium wird, gegen die bisheri- 
gen Angaben, aus jeder gehörig verdĂŒnnten und 
nur wenig freie SĂ€ure enthaltenden Indium- 
lösung durch Schwefelwasserstoff gefÀllt und 
seine Farbe ist von der des Schwefeleadmiums 


Ar EI A Se al a re +2 


‘ 


a ER oe 


N 
% 
vn 


124 Indium im Ofenrauch der Zink-Röstöfen zu JuliushĂŒtte. 


nicht zu unterscheiden. Die Angaben ĂŒber die 
numerischen Bestimmungen sind noch nicht zum Ab- 
schlusse gelangt. (Ber. d. Wien. Akad. — Journ. fĂŒr prakt. 
Chemie. Bd. 95. 7.) B. 


Ueber das Vorkommen von Indium im sogen. Öfen- 
rauch der Zink-Röstöfen auf JuliushĂŒtte bei oslar a. H. 


Böttger erhielt vom HĂŒttenmeister Siegemann, 
Betriebsdirector der Herzogl. Braunschweigschen Julius- 
hĂŒtte unweit Goslar am Harz, vor Kurzem eine nicht 
unbedeutende (circa 200 Pfund betragende) QuantitÀt von 
dem in den Schornsteinen dortiger Zink-Röstöfen sich 
ansammelnden Ofenrauch, einem ĂŒberaus leichten, grau- 
schwarzen Flugstaube, in welchem nach einer vorlÀufig 
damit vorgenommenen chemischen Behandlung, spectral- 
analytisch deutliche Spuren von Indium erkannt werden 
konnten. Ausserdem liessen sich nicht unerhebliche Quan- 
titÀten schwefligsaurer Verbindungen, desgl. Verbindun- 
gen von Kupfer, Eisen, Zink, Cadmium, arseniger SĂ€ure 
und Thallium darin nachweisen. 

Um nun das Indium daraus auf eine möglichst 
wohlfeile Weise zu gewinnen, schlug Böttger die ver- 
schiedensten Wege ein und fand in der OxalsÀure 
ein Mittel, das vorgesteckte Ziel glĂŒcklich zu errei- 
chen. 6—8 Pfund ÖOfenrauch werden mit gewöhnlicher 
roher SalzsÀure in reichlicher Menge in einer gerÀumi- 
gen Porcellanschale ĂŒberschĂŒttet und circa Y/, Stunde 
lang unter UmrĂŒhren damit gekocht, der ganze Inhalt 
der Schale sodann auf ein grosses Leinwandfilter gebracht 
und die durchlaufende FlĂŒssigkeit, nach lĂ€ngerem ruhi- 
gem Stehen, nochmals durch Leinwand filtrirt, um sie 
möglichst klar zu erhalten. In diese stark saure FlĂŒs- 
sigkeit wirft man nun eine Anzahl gewöhnliche, möglichst 
dicke Zinkblechtafeln, rĂŒhrt von Zeit zu Zeit um 
und lÀsst so die Einwirkung des Zinks bei mittlerer 
Temperatur eirca 6 Stunden andauern. Nach Ablauf 
dieser Zeit hat die Wasserstoffgasentwickelung aufgehört, 
alle durch das Zink fÀllbaren Metalle haben sich in Ge- 
stalt eines sammetschwarzen Pulvers theils auf dem Bo- 
den der Porcellanschale, theils den Zinkblechtafeln fest 


 anhaftend, aus der FlĂŒssigkeit abgeschieden. Jetzt ent- 


fernt man durch Decantiren die ĂŒber dem Zink stehende 
FlĂŒssigkeit, sammelt das sammetschwarze, zarte Metall- 
pulver auf einem doppelten Papierfilter und sĂŒsst es hier 


m im Ofenraue' der Zink-Röstöfen zu JuliushĂŒtte. 125 


so lange mit siedendem Wasser aus, bis die ablau- 
fende FlĂŒssigkeit durch Schwefelammonium 
nicht im Mindesten mehr auf Eisen reagirt. 
Hierauf kocht man das schwarze, aus Kupfer, Arsen, 
Cadmium, Thallium und Indium bestehende Metallpulver 
mit einer concentrirten Lösung gewöhnlicher kÀuflicher 
OxalsĂ€ure, verdĂŒnnt die heisse FlĂŒssigkeit mit einer 
reichlichen Menge destillirten Wassers und filtrirt. Die 
ablaufende, aus cadmium- und thalliumhaltigem 
oxalsauren Indiumoxyd bestehende FlĂŒssigkeit ver- 
setzt man mit einem Ueberschuss von Aetzammoniak- 
flĂŒssigkeit; der dadurch entstehende schleimige, grau- 
weisse Niederschlag von Indiumoxydhydrat wird 
einige Mal mit AmmoniakflĂŒssigkeit ausgekocht und dann 
mit heissem Wasser so lange ausgesĂŒsst, bis derselbe 
keine Spur der Thalliumlinie im Spectralapparate mehr 
zu erkennen giebt; dann erweist er sich zugleich als 
cadmiumfrei und lÀsst in diesem Zustande die intensiv 
blaue Indiumlinie sehr brillant hervortreten. 

Sollten indess wider Erwarten dem Indiumoxyd- 
hydrate noch Spuren von Eisenoxyd anhaften, dann ist 
es nöthig, solche nach dem von ©. Winkler angegebe- 
nen Verfahren daraus zu entfernen, indem man das be- 
treffende Hydrat in SalzsÀure löst, die Lösung in der 
Siedhitze so lange mit schwefligsaurem Natron be- 
handelt, bis alles Eisenoxyd in Öxydul ĂŒbergefĂŒhrt ist 
und dann die erkaltete Lösung mit frisch gefÀlltem koh- 
lensaurem Baryt, unter gleichzeitigem” Einleiten von 
KohlensĂ€ure einige Minuten lang umrĂŒhrt. Da der 
kohlensaure Baryt das Indiumoxyd aus seiner - Lösung 
vollkommen niederschlÀgt, so besteht -schliesslich der ab- 


fo} 

filtrirte, mit kaltem Wasser gehörig ausgesĂŒsste Nieder- 
schlag nur aus kohlensaurem Indiumoxyd und ĂŒberschĂŒs- 
sigem kohlensauren Baryt. Wird derselbe hierauf mit 
verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure einige Zeit lang digerirt und 
die von dem sich bildenden schwefelsauren Baryt abĂŒl- 
trirte Lösung des schwefelsauren Indiumoxyds mit Am- 
moniak versetzt, so gewinnt man ein chemisch reines 
Indiumoxydhydrat, aus welchem sich nach dem von 
Reich und Richter in Freiberg befolgten Verfahren das 
reine Metall mit Leichtigkeit darstellen lÀsst. 

Die Nachweisung von Indium, des bisher nur in 
Freiberger Zinkerzen vorgefundenen und daraus gewon- 
nenen Metalles, in dem erwĂ€hnten, völlig werthlosen HĂŒt- 
tenproducte dĂŒrfte vielleicht den einen oder andern Che- 


{ \ v " ) im we Ai Tr 


Le 


126 Gewinnung des Thalliums. — Reactionen des Thalliums. 


miker veranlassen, noch weitere Versuche mit Àhnlichen 
AbfÀllen anderer auf Verarbeitung von Zinkerzen ange- 
wiesener Fabriken anzustellen. Die Ausbeute des mehr- 
genannten Ofenrauches an Indiumoxyd ist eine nicht 
ganz unerhebliche, indem sich dieselbe im Durchschnitt 
recht gut auf U, Proc. anschlagen lÀsst. (Polyt. Notizbl. 
1866. 12.) B. 


Einfache Gewinnung des Thalliums. 


Auf dem grossen Zinkvitriolwerke zur JuliushĂŒtte bei 
Goslar am Unterharz versiedet man eine aus Rammels- 
berger Kiesen gewonnene Lauge, die so reich an Thal- 
hium ist (in 100 Th. Lauge 0,050 Chlorthallium), dass man 
dieses Metall mit Leichtigkeit pfundweise daraus darstel- 
len kann. R.Bunsen empfiehlt hierzu folgende Methode. 


Man senkt Zinkbleche in die kalte Lauge ein und 
schlÀgt auf diese Weise das Kupfer, Kadmium und Thal- 
lium als Metallpulver nieder, wÀscht dann dasselbe mit 
Wasser aus und digerirt es hierauf mit Wasser, dem 
man von Zeit zu Zeit etwas SchwefelsÀure zusetzt. Thal- 
lium und Kadmium. lösen sich leicht unter Wasserstoff- 
entwickelung auf, das Kupfer bleibt zurĂŒck. Aus der 
schwefelsauren Lösung fÀllt man schliesslich mittelst Jod- 
kaliums chemisch reines Jodthallium, das sich leicht durch 
Decantation auswaschen lÀsst. 1 Cubikmeter Lauge giebt 
0,6 Kilogrm. Thallium. (Ann. d. Chem. u. Pharm. OXXXID. 
108 — 111.) @. 


Scott hat im Sande der Alunbai auf der Insel Wight 
viel Thallium gefunden, so dass dieses Metall wohl bald 
billiger werden wird. (Ann. de Chim. et de Phys.) 

Dr. Reich. 


Reactionen des Thalliums. 


Ueber das Verhalten der Thalliumoxyde, des Thal- 
liumoxyds TIO und des Thalliumtrioxyds TIO3, zu den 
verschiedenen Reagentien liegen specielle Angaben von 
M. Hebberling vor, von denen wir hier nur folgende 
Reaction mittheilen wollen, welche zur Erkennung klei- 
ner Mengen eines Thalliumoxydsalzes die geeigneteste ist. 

JodwasserstoffsÀure und lösliche Jodmetalle erzeugen 
in selbst sehr verdĂŒnnten Lösungen der Thalliumoxydul- 


salze einen Niederschlag von ThalliumjodĂŒr, T1J; dasselbe 


Ueber die Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds. 127 


hat im Augenblick der FĂ€llung eine orangegelbe Farbe, 
die aber schon nach wenigen Minuten oder sogleich beim 
Kochen rein gelb wird. Auch aus einer heiss gesÀttig- 
ten Lösung scheidet es sich beim Erkalten orangegelb 
ab, um bald in die gelbe Modification ĂŒberzugehen. Das 
Jodthallium löst sich bei 160 —170 in 11676 Th., bei 
1000 in 804 Th. Wasser; 98procentiger Weingeist löst 
noch kleinere Mengen auf. Die Reaction ist so scharf, 
dass eine neutrale Lösung, welche in 1 ©.C. nur 0,0000105 
schwefelsaures Thalliumoxydul enthÀlt, mit Jodkalium 
noch eine sichtbare FÀllung giebt. Ist die Lösung sauer, 
so tritt nur gelbe FĂ€rbung ein; bei alkalischer Reaction 
erfolgt weder eine FĂ€llung noch eine FĂ€rbung. Schwe- 
felwasserstoff erzeugt bei dieser VerdĂŒnnung keine sicht- 
bare Reaction. Obwohl das Thalliumplatinchlorid bei 
mittlerer Temperatur etwas schwerer löslich ist als das 
ThalliamjodĂŒr, so ist doch wegen der blassgelben Farbe 
des Platinniederschlages die Reaction mit Jodkalium em- 
pfindlicher und zur Erkennung kleiner Mengen eines 
Thalliumoxydsalzes vorzuziehen. Kin Ueberschuss von 
Jodkalium erhöht die Löslichkeit des ThalliumjodĂŒrs in 
Wasser nicht, ein grosser Ueberschuss von Jodkalium 
scheint sogar die Löslichkeit eher zu verringern. (Ann. 
der Chem. u. Pharm. OXXXIV. 11-— 23.) { 


Ueber die Salze des sogen. Thalliumhyperoxyds. 


Die Verbindungen des Thalliumoxyds (TlO) mit SĂ€u- 
ren sind schon grossentheils genauer untersucht worden, 
wÀhrend von den Verbindungen des Thalliumhyperoxyds 
nur wenig bekannt ist. Einige dieser Salze hat A. Stre- 
cker genauer beschrieben. 

Thalliumhyperoxyd —= TIO3, wurde dargestellt 
durch Zusatz von unterchlorigsaurem Natron zu einer 
Lösung von ThalliumchlorĂŒr in kohlensaurem Natron. Es 
ist ein brauner Niederschlag. 

Schwefelsaures Salz, farblose, dĂŒnne BlĂ€ttchen, 
lufttrocken — T103, 3503 7 HO, bei 2200 getrocknet 
— TIO3, 3S03 +. HO. 

Schwefelsaures Natron-Doppelsalz — Na0, 
SO3 -+- TIO3, 3503. Farblose Krystallnadeln. 

Schwefelsaures Kali-Doppelsalz — 2(KO,SO3) 
+ T103, 2 SO3. Farblose Krystalle, welche durch Wasser 
oberflĂ€chlich braun werden, in verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure 
schwer löslich. 


Tor 


a Fr 


= 
ET 


128 Fluorthallium. 


OÖxalsaures Ammoniak-Doppelsalz = H?NO, 
C203 + TIO3, 3C?03 +6HO. Schwerer weisser Nieder- 
schlag, in kaltem Wasser ganz unlöslich, beim Kochen 
mit Wasser unter KohlensÀureentwickelung sich auflösend. 
Beim Erhitzen des Salzes in der Glasröhre wird das Me- 
tall reducirt. 

Salpetersaures Salz — TlO3, 3NO5 + 6HO. 
Farblose, gut ausgebildete Krystalle, die durch Wasser 
unter Abscheidung von braunem Thalliumoxyd sogleich 
zerlegt werden. 

Das weinsaure Salz wird durch Kochen einer Lö- 
sung von WeinsÀure mit Thalliumhyperoxyd erhalten. 
Es ist krystallinisch. 

Das chromsaure Salz besteht aus einem gelben 
Niederschlage, der sich mit Wasser zersetzt. Mit Fer- 
rocyankalium giebt das salpetersaure Salz einen zei- 
siggrĂŒnen, mit Ferrideyankalium einen gelben Nie- 
derschlag, beide in verdĂŒnnter SalpetersĂ€ure unlöslich. 

Phosphorsaures Natron giebt in der schwefel- 
sauren Lösung einen schleimigen Niederschlag, der sich 
beim Abkochen der FlĂŒssigkeit etwas gelb fĂ€rbt. 

Da sich hieraus ergiebt, dass die Verbindung T1O3, 
ganz wie TIO, eine entschiedene Salzbasis ist, so 
ist der Verf. selbst der Ansicht, dass man jenes soge- 
nannte Thalliumhyperoxyd besser Thalliumoxyd und 
das zeitherige Thalliumoxyd besser Thalliumoxydul 
nennen mĂŒsse. Was die Stellung des Thalliums in der 
Reihe der ĂŒbrigen Metalle betrifft, so stimmt es in sei- 
nen Verbindungen mit Sauerstoff, so wie mit den Halo- 
genen zwar mit dem Golde ĂŒberein, indessen zeigen 
andererseits die bekannten Analogien mit dem Blei und 
mit den Alkalimetallen, so wie auch wiederum die 
Abweichungen von allen andern Metallen, dass das Thal- 
lium in keine der jetzt angenommenen Familien der Me- 
talle eingereiht werden kann. (Ann. der Chem. u. Pharm. 


CXXXV. 207—217.) G. 


Das Fluorthallium 


wird nach Max Buchner erhalten durch Auflösen 
von kohlensaurem Thalliumoxydul in wÀsseriger Fluor- 
wasserstoffsÀure bis zur schwach sauren Reaction und 
Abdampfen der Lösung in einer Platinschale bis zur 
Trockne. Die Verbindung zeigt eine weisse Farbe und 
“ liefert, in Wasser gelöst und der freiwilligen Verdunstung 


ee a tr at a MIT) 1 N 
ee . RS Mr =\ DE a 
Er x $ 


Ueber Thalliumglas. 129 


ĂŒberlassen, zahlreiche Krystalle, die von der Mutterlauge 
getrennt und im Exsiccator getrocknet, folgende Eigen- 
schaften zeigen: 

Die Krystalle sind farblos, von starkem Glasglanze, 
bilden Combinationen des Octaöders mit dem Hexaöder 
und sind in Wasser leicht löslich (1 Theil löst sich in 
1%, Th. Wasser von 150C.). In Alkohol ist das Fluor- 
thallium nur schwer löslich. Die wÀsserige Lösung rea- 
girt alkalisch. Beim Erhitzen schmilzt das Fluor- 
thallium und verflĂŒchtigt sich mit Hinterlassung einer 
farblosen krystallinischen Substanz. Das Sonnenlicht 
fÀrbt es allmÀlig violett. Die Analyse ergab die Zusam- 
mensetzung — TIF. 

Gefunden. Berechnet. 
F 856 8,53 
TI 91,42 91,47 


99,98 100,00. 


TIF 223. 


Fluorthallium mit ĂŒberschĂŒssiger FluorwasserstoffsĂ€ure 


versetzt, hinterlĂ€sst beim Verdunsten ĂŒber SchwefelsĂ€ure . 


Krystalle von Fluorwasserstoff-Fluorthallium, die aus Com- 
binationen des Octaöders mit dem Hexaöder bestehen. 
Sie sind stark glÀnzend, luftbestÀndig, lösen sich in gleichem 
Gewicht Wasser und zerfallen ĂŒber 1000C. erhitzt in 
HF und TIF. Ihre Zusammensetzung entspricht nach 
den analytischen Resultaten der Formel TIF,HF. (Journ. 
fĂŒr prakt. Chemie. Bd. 96. Heft7. pag. 404—405.) C. Bl. 


Veber Thalliumglas. 
Da die von Lamy dargestellten Thalliumalkoholate 
sich durch bedeutendes Brechungs- und Dispersions- 
vermögen auszeichnen, so hat Lamy jetzt versucht, im 


gewöhnlichen Glase das Kali oder das Bleioxyd durch 


Thalliumoxyd zu ersetzen, um auf diese Weise ein Glas 
mit grösserem Brechungsvermögen zu erhalten. Es ist 
dies vollstÀndig gelungen. Bei dem ersten Versuche wurde 
aus 300 Th. Sand, 400 Th. reinem kohlensauren Thallion 
und 100 Th. kohlensaurem Kali ein leicht schmelzbares 
und leicht affinirbares Glas erhalten, aber die erkaltete 
Masse war nicht homogen. Die oberen Schichten im Tiegel 
waren weniger gelb, specifisch leichter und weniger reich 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds.1.u.2. Hft. . 9 


> ‚ a 2 a A 7 
E “, } 


130 Vergiftung durch einen Bleigehalt von MĂŒhlsteinen. 


an Thallion, als die unteren. Eine zweite Probe wurde 
aus 300 Th. Sand, 200 Th. Mennige und 335 Th. kohlen- 
saurem Thallion bereitet. Das Gemenge schmolz leichter 
und liess sich leichter affiniren, als das vorige, das Glas 
war homogen und besass eine angenehme gelbe Farbe. 
Das spec. Gew. 4,235 und der Brechungsindex 1,71 (fĂŒr 
den gelben Strahl) waren grösser, als bei allen bekannten 
Glassorten. Durch VerÀnderung der Thalliummenge er- 
hielt Lamy Glasarten, deren spec. Gew. 4,235 und 5,625 
und deren Brechungsindex zwischen 1,71 und 1,965 
schwankte. Aus diesen Versuchen schliesst Lamy 1) dass 
das Thallion das Kali besser, als Bleioxyd im Glase er- 
setzen kann; 2) dass das Thallion dem Glase eine gelbe 
Farbe ertheile; und dass 3) sich diese Eigenschaften un- 
zweifelhaft bei Darstellung gewisser optischer GlÀser und 
kĂŒnstlicher Edelsteine vortheilhaft verwerthen lassen wer- 
den. (Aus Bull. soc. chim. — Ztschr. fĂŒr Chemie. 1866.) B. 


Vergiftung durch einen Bleigehalt von MĂŒhlsteinen. 


Maunoury und Salmon berichten ĂŒber eine Ver- 
giftung von 300 bis 350 Personen, welche in mehren 
Dörfern der Umgegend von Chartres statt fand und 
woran 15 bis 20 dieser Personen starben. Diese Ver- 
giftung war durch den Genuss bleihaltigen Brod- 
mehls herbeigefĂŒhrt worden, welches alle erkrankten 
Familien aus ein und derselben MĂŒhle bezogen hatten. 
Die Untersuchung dieser MĂŒhle liess auch bald die Ursache 
der Krankheit erkennen. An den mahlenden FlÀchen der 
MĂŒhlsteine befinden sich nĂ€mlich je nach ihrer QualitĂ€t 
mehr oder weniger zahlreiche, grössere und kleinere, gru- 
bige Vertiefungen, welche von dem MĂŒller ausgefĂŒllt wer- 
den. In diesem Falle hatte der MĂŒller, welcher die MĂŒhle 
erst kurz vorher ĂŒbernommen, zur AusfĂŒllung metalli- 
sches Blei benutzt, welches durch die Bewegung der 
Steine abgerieben wurde und sich dem Mehl beimengte. 
Die chemische Untersuchung des Brods und Mehls ergab 
die Gegenwart von Blei theils in metallischem Zustande, 
theils als kohlensaures und essigsaures Salz und 
zwar fanden sich ungefÀhr 5 Milligrm. Blei in je 500 Grm. 
Mehl. Nach Beseitigung des Bleies in der MĂŒhle erlosch 
die Krankheit. (Der praktische Arzt.) B. 


Yo ER 


Auffindung von Kupfer in thierischen Theilen. 131 


Schlagloth fĂŒr Hartlöthungen. 


Ein vortreffliches Schlagioth fĂŒr Hartlöthungen 
erhÀlt man nach Kletzinsky, wenn man 4 Th.£Zinn 
und 6 Th. Wismuth zusammenschmilzt, in den heissen 
Metallfluss rasch 18 Th. Zink eintrÀgt und nach erfolgtem 
Zusammenschmelzen 72 Th. Kupfer zusetz. Nach dem 
Klarschmelzen wird die Masse unter öfterem UmrĂŒhren 
mit einem Stahldrahte durch Eingiessen in Wasser gra- 
aulirt. (Bl. fĂŒr Handel und Gewerbe. 1866.) B. 


Chemische Untersuchung einer alten in Hindostan 
gefundenen Statue des Buddha. 

Eine frisch blossgelegte FlÀche dieser Statue, deren 
Alter sich auf circa 3500 Jahre schÀtzen lÀsst, zeigte eine 
dunkle Kupferfarbe; das spec. Gew. war — 8,29. Die 
Analyse ergab: 


Kupjer 00. 91,502 
Bisen.... =... .2037, 7,591 
Silber? a: 7.063 0,021 
Re 0,005 
Nickel Se aelsre u elWelts { S uren 
Mangan ......... (srbares 
Arsen: RE 0,079 
Schwefel........ 0,510 
Unauflösliches.. 0,292 

100,00. 

(Chem. News, No. 266. — Chem. Centrbl.) B. 


Ueber die Auffindung von sehr kleinen Mengen 
Kupfer in thierischen Theilen. 


Nach den von W. Lossen ausgefĂŒhrten vergleichen- 
den Versuchen in Folge der Arbeit von Ulex (Archiv 
der Pharmacie. Bd. 125. 8. 72—79), nach welcher Kupfer 
im Thierreiche ĂŒberall vorhanden sein sollte, lassen die 
Angaben von Ulex als unrichtig oder mindestens als zwei- 
felhaft erscheinen. 

Nach Lossen’s Ansicht ist Ulex dadurch zu diesem 


falschen Schlusse geiangt, dass derselbe sich eines mes- 


singenen Bunsenschen Brenners und eines Gestelles 
von Messing zu seinen Versuchen bediente, wodurch, wie 
Lossen durch seine Versuche sich ĂŒberzeugt hat, Kupfer 


9* 


a ti 1 an 


132  Bereitung von sogenanntem chromsauren Kupferoxyd. 


‚ von den Apparaten in die Asche gelangt sei. Lossen 
fand stets Kupfer, wenn er sich der Apparate von Messing 
bediente, bei Anwendung eines glÀsernen Löthrohrs 
und eines glÀsernen Brenners aber konnte kein 
Kupfer aufgefunden werden. 

Aus Lossen’s Versuchen geht deshalb deutlich her- 
vor, dass bei Untersuchungen auf Kupfer in organischen 
Substanzen kupferne oder Kupfer enthaltende Apparate 
vermieden werden mĂŒssen. Ulex hat dies nicht gethan 
und es sind daher seine Versuche ĂŒber den Kupfergehalt 
thierischer Substanzen völlig unbrauchbar. (Journ. fĂŒr 


prakt. Chemie. Bd. 96.) B. 
Alfenide 
besteht aus 59 Th. Cu, 30 Th. Zn und 10 Th. Ni 
mit Spuren von Eisen. (B.K. u. Gwbl.) HT 


Ueber die Bereitung von sogenanntem chromsauren 
Kupferoxyd 


giebt J. Stinde eine Methode, welche das billigste 
und einfachste Arbeiten zulÀsst. In einer grossen Stein- 
gut- oder Porcellanschale löse man unter Anwendung von 
WĂ€rme 1 Th. doppelt chromsaures Kali in 20 Th. Wasser 
und gebe, wenn dasselbe gelöst ist, 2 Th. gepulverten 
Kupfervitriol hinzu. Man trÀgt Sorge, dass die Lösung 
des doppelt chromsauren Kalis nicht zu sehr abkĂŒhle, 
sondern erhalte sie wÀhrend des Kupfervitriolzusatzes 
nahezu im Sieden, das verdampfte Wasser wird durch 
heisses ersetzt. Nach erfolgter Lösung des Kupfervitriols 
wird die FlĂŒssigkeit mit einer concentrirten und vorher 
erwÀrmten Lösung von gewöhnlicher Soda versetzt. (1 Ge- 
wichtstheil Soda, 2 Th. siedendes Wasser). Die Soda- 
lösung wird in kleinen Portionen zu der zu fÀllenden 
FlĂŒssigkeit gesetzt. Es entsteht sogleich bei dem Ein- 
giessen der Sodalösung ein brauner Niederschlag, der 
Anfangs wieder gelöst wird, spÀter jedoch constant bleibt. 
“ Wenn auf Zusatz der Sodalösung kein Aufbrausen mehr 
erfolgt, ist die FĂ€llung beendet. Die Schale bleibt nun 
kurze Zeit ruhig stehen, bis sich das chromsaure Kupfer- 
oxyd abgesetzt hat. Die ĂŒberstehende FlĂŒssigkeit wird 
mit einem kleinen Glasheber so weit wie möglich ab- 
genommen und der Niederschlag mit kochendem Wasser 
aufgerĂŒhrt. Man wĂ€scht mit siedendem Wasser behufs 


Ein ergiebiges Quecksilberlager. 133 


der Entfernung des durch Wechselzersetzung entstandenen 
schwefelsauren Kalis. Nach dreimaligem heissen Aus- 
waschen wird das heisse Wasser mit kaltem vertauscht. 
Man wĂ€scht den Niederschlag 5—6mal aus, worauf der- 
selbe genĂŒgend rein ist, trocknet ihn durch gelindes Ein- 
dampfen zu einem dĂŒnnen Brei und versetzt diesen mit 
AmmponiakflĂŒssigkeit von 0,91 spec. Gewicht. 

Der Niederschlag von chromsaurem Kupferoxyd löst 
sich mit grosser Leichtigkeit in der AmmoniakflĂŒssigkeit 
und man thut gut, nur sehr kleine Mengen des letzteren 


auf einmal hinzuzufĂŒgen, da nur sehr wenig zur Lösung | 


erforderlich ist und ein Ueberschuss an Ammoniak ver- 
mieden werden muss. Die resultirende, schön dunkel- 
grĂŒne Lösung von chromsaurem Kupferoxyd- Ammoniak 
wird rasch durch Flanell filtrirt, auf 250 B. gebracht und 
in gut zu verkorkende Flaschen gefĂŒllt. (Hamburg. Ge- 
werbeblatt. 1866.) B. 


Bereitungsweise einer schönen grĂŒnen Kupferfarbe, 


Vermischt man, nach W. Casselmann, eine siedend 
heisse Lösung von Kupfervitriol mit einer sie- 
dend heissen Lösung von essigsaurem Kali oder 
mit einer solchen von essigsaurem Natron, so entsteht ein 
basisches Kupferoxydsalz in reichlicher Menge; dasselbe 
ist in Wasser völlig unlöslich, anfangs von flockigem An- 
sehen, in kurzer Zeit indess eine fast körnige Beschaffen- 
heit annehmend und dann sich leicht absetzend. Es ist 
von hellgrĂŒner Farbe und zeigt, wenn es getrocknet und 
verrieben ist, ein solches Feuer, dass es nach dem Schwein- 
furter GrĂŒn entschieden die schönste der unlöslichen Kupfer- 
verbindungen bildet, weshalb dasselbe gewiss als Farbe 
technische Verwendung finden wird. (Zischr. fĂŒr analyt. 
Chemie.) { 


Ein ergiebiges Quecksilberlager 
ist in Neu-Rhonard bei Olpe in Westphalen, Regie- 


rungsbezirk Arnsberg, entdeckt worden. Es ist dort ein 


seit dem Mittelalter berĂŒhmtes Kupferbergwerk, in welchem 
bei Bearbeitung eines Stollens auf Eisenstein das Queck- 
silbererz auftrat. In der Gegend finden sich reichliche 
Schwefelkiese; die jĂŒngere Grauwacke wird von eigen- 
thĂŒmlichen Porphyren durchbrochen, die theils als Quarz- 
porphyr theils als Feldspathporphyr zu Tage treten; bei 


won a ne ee Be re TERN ER 
134 Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen Croup. 


dem Quecksilberbergwerke Almaden in Spanien ist die 
gleiche Formation. Das Erz liegt 250 Fuss tief unter 
der Spitze eines Berges, der Boden ist auffallend scharlach- 
roth gefÀrbt und wird seit langer Zeit von den umwoh- 
nenden Leuten als Anstrichfarbe benutzt. Der HĂŒtten- 
ofen ist nach pfÀlzischer Construction erbaut. Am 31. Januar 
1865 wurden in Cöln die ersten 5000 Pfd. des bei Olpe 
gewonnenen Quecksilbers verkauft. Dr. Reich. 


Grosse Gaben von Argentum nitricum gegen Croup. 


Bei einem 4jÀhrigen, fast moribunden Kinde, bei 
dem mehre Aerzte nur noch die Tracheotomie als das 
einzige Rettungsmittel vorgeschlagen hatten, kam Schö- 
vers auf den Gedanken, ob nicht vorher die innere An- 
wendung grosser Dosen des Höllensteins durch seine die 
Exsudation beschrÀnkende Wirkung am Platze wÀre. Zum 
Schutze des Magens liess man dem Kinde vorher und 
gleichzeitig mit der Arznei einige Löffel Salzwasser nehmen. 
Die Arznei wurde in der StÀrke von 1 Grm. Argent. 
nitric. auf 60 Grm. Ag. destill. verordnet, von der man 
das erste Mal 1}, Esslöffel voll und !/, Stunde darauf 
eben so viel gab; von da ab einen Kaffeelöffel voll alle 
10 Minuten. Einige Stunden spÀter war das Befinden der 
kleinen Patientin sehr geÀndert, sie schlief gut und wenn 
auch die Respiration noch sehr erschwert und croupös 
war, so war doch ruhige Lagerung vorhanden und der Puls 
von 140 auf110 gesunken. Von nun ab liess Schövers nur 
stĂŒndlich 10 Tropfen der Silberlösung reichen, dazwischen 
etwas Salzwasser trinken und das Krankenzimmer mit 
warmen Wasserdampf durchfeuchten. Nach zwei Tagen 
war der Zustand sehr befriedigend; zweimal war schwar- 
zer Stuhlgang mit weisslichen Flocken vermischt, erfolgt, 
ohne Leibschmerzen. Die Dyspno@ war fast ganz ge- 
schwunden, nur Lippen, Mund und Zunge waren mit einer 
weisslichen Membran bedeckt; aber das Verschlucken 
von FlĂŒssigkeiten war ganz schmerzlos.. Nun wurde der 
Höllenstein ausgesetzt und nur das Salzwasser beibehalten. 
Das Kind bekam seinen Appetit bald wieder, die Mem- 
bran schÀlte sich bald los und innerhalb acht Tagen war 
totale Genesung eingetreten. (Oesterr. Ztschr. fĂŒr prakt. 
Heilkunde.) } 


= 3 = 


Bothe’sches Glasversilberungsverfahren. 135 


VerfÀlschung von Argentum nitricum fusum, 


Ein von einem französischen Handelshause bezogener 
Höllenstein erregte durch sein dem Porcellanbisguit Àhn- 
liches Aussehen, so wie durch eine erstaunliche HĂ€rte, 
die Aufmerksamkeit AndreÀ’s. Dieser Höllenstein war 
sehr weiss, zeigte keine Risse, weder der LĂ€nge noch der 
Quere nach und war von mattem Ansehen. 


Da eine directe Bestimmung des Salpeters im ge- 
gebenen Falle weitlÀufiger und weniger genau als eine 
indirecte und der Silbergehalt beim Höllenstein immer 
den Hauptfactor bildet, so wurde aus einer 1 Grm. hal- 
tenden Lösung das Silber mittelst eines reinen Kupfer- 
 streifens gefÀllt, der Niederschlag auf einem Tarafilter 
gesammelt, ausgewaschen und getrocknet. Es ergaben 
sich dabei 57,20 Proc. Silber statt 63,53 Proc. 


57,20 Th. Silber liefern aber nur 
90,03 Th. Höllenstein, 
derselbe war also verfÀlscht mit 
9,37 Th. Salpeter 


100. 


Es enthielt also obiger Höllenstein nahezu 10 Proc. 
Salpeter. (Schweiz. Wochenschr. der Pharm. 1866. 19.) 
B. 


Ueber eine Vereinfachung des Bothe’schen Glas- 
versilberungsverfahrens. 


Nach der von Böttcher ermittelten, etwas verein- 
fachten Weise, lĂ€sst sich das Bothe’sche neue Versilberungs- 
verfahren des Glases folgendermaassen ausfĂŒhren: Die 
ReductionsflĂŒssigkeit erhĂ€lt man dadurch, dass man 
1 Drachme salpetersaures Silberoxyd (Höllenstein) 
in eirca 1 Unze destillirten Wassers löst und diese Lösung 
in eine ins heftigste Sieden gebrachte Auflösung von wein- 
saurem Kali-Natron, sog. Seignettesalz (48 Gran 
dieses Salzes und 48 Unzen destillirten Wassers) nach 
und nach einschĂŒttet, das Ganze circa 5 bis 10 Minuten 
im Sieden erhÀlt, dann erkalten lÀsst und durch weisses 


Filtrirpapier fĂŒtrirt. Als VersilberungsflĂŒssigkeit dient _ 


salpetersaures Silberoxyd-Ammoniak, in welcher 
das Ammoniak nicht vorwalten darf. Man erhÀlt dieselbe 
durch Auflösen von 1 Drachme Höllenstein in eirca 1 Unze 
destillirten Wassers, welchem man so lange Aetzammoniak- 


N at a 


ÂŁ IT, 
IA as An ul 


he 7, HF 


wer 


136 Wassergehalt des Goldoxydhydrates. 


flĂŒssigkeit hinzufĂŒgt, bis die hierdurch entstehende TrĂŒ- 
bung eben wieder verschwindet, setzt alsdann 12 Un- 
zen destillirten Wassers hinzu und filtrirt. Will man 
nun ein Plan- oder Hohlglas versilbern, so vermischt 
man von dieser VersilberungsflĂŒssigkeit und der erwĂ€hn- 
ten ReductionsflĂŒssigkeit gleiche Raumtheile, ĂŒberschĂŒttet 
oder fĂŒllt in eirca !/, Zoll dicker Schicht mit diesem klaren 
ungefÀrbten Gemisch die GlÀser, und schon nach Verlauf 
von 10 Minuten sind die GlÀser mit einer spiegelglÀnzen- 
den, festhaftenden Schicht Silbers bekleidet. Wiederholt 
man diesen Prozess nur einmal, so erlangt die Silber- 
schicht eine solche Dicke, dass sie völlig undurchsichtig 
erscheint und nun die RĂŒckseite derselben zum Schutz 
mit einem aus in Benzol gelöstem Asphalt bestehenden 
Firniss ĂŒberzogen werden kann. (Jahr.-Ber. des phys. 
Ver. zu Frankfurt a. M.) B. 


PrĂŒfung von Gold- und SilbermĂŒnzen auf ihre 
Aechtheit. 


Durch Reiben des befeuchteten Metalls mit Höllen- 
stein wird, wenn jenes ein unedles ist, hierbei ein 
schwarzer Ueberzug auf demselben erzeugt. (Jllustr. 
‚Gewerbeztg.) H. Ludwig. 


Ueber den Wassergehalt des Goldoxydhydrates. 


Dass das Goldoxyd ein Hydrat bildet, ist zwar bekannt, 
aber ĂŒber die QuantitĂ€t des damit verbundenen Wassers 
existirte bisher nirgends eine Angabe, weshalb sich 
Wittstein veranlasst sah, diese LĂŒcke auszufĂŒllen. 
Am besten erwies sich die Darstellung des Goldoxydhy- 


drates durch Versetzen einer verdĂŒnnten Lösung des, 


Goldes in Königswasser mit gebrannter Magnesia im Ueber: 
schuss, ,— Ns stĂŒndiges gelindes ErwĂ€rmen, Sammeln 
des Niederschlages auf einem Filter, Auswaschen bis zur 
Entfernung der letzten Spur Chlor, Vertheilen des Nieder- 
schlags in Wasser, Behandeln mit reiner verdĂŒnnter Sal- 
petersÀure, um die beigemengte Magnesia aufzulösen, 
Sammeln des Niederschlags auf einem Filter, Auswaschen 
und Trocknen bei gewöhnlicher Temperatur. 

Aus der goldsauren Magnesia, welche noch in der 
FlĂŒssigkeit enthalten ist, kann man das Gold leicht wieder 
gewinnen, wenn man die von dem, mit der ĂŒberschĂŒssig 
zugesetzten Magnesia vermengten Goldoxydhydrate, abfil- 


% 


DI N de ne Shane ie a AR NEE A 
RL a Srgr De { ’ vÂź « ‘ = “> t x 


mr 


Platinplattirte Schalen fĂŒr chemische Laboratorien. 137 


trirte FlĂŒssigkeit, incl. der WaschwĂ€sser, mit SalzsĂ€ure 
ansÀuert und dann mit Eisenvitriollösung versetzt. 


Das auf die angegebene Weise bereitete Goldoxyd- 
hydrat ist ein hell kastanienbraunes Pulver, das sich in 
SalzsÀure mit der grössten Leichtigkeit löst. Bei 1000 C. 
verliert es, aber sehr langsam, sein Wasser und nimmt 
dabei eine schwarzbraune Farbe an. Dieser Wasseraustritt 
erfolgt ganz ruhig und nur, wenn das entwÀsserte Oxyd 
stÀrker erhitzt wird, gerÀth es rasch unter Entbindung 
von Sauerstoff in eine schwache Bewegung und hinterlÀsst 
dann ein zimmtbraunes Pulver von Metall, ganz Àhnlich 
demjenigen, welches man durch FÀllen der Goldlösung 
mit Eisenvitriol bekommt. 

Zur Analyse wurden von Goldoxydhydrat, welches 
mehrere Stunden unter der Luftpumpe gelegen hatte, 
8 Gr. so lange einer Temperatur von 1000 C. ausgesetzt, 
bis kein Gewichtsverlust mehr statt fand. Es hinterblieben 


7,1120 Gr. Diese 7,1120 Gr. lieferten durch stÀrkeres 


Erhitzen 6,3467 Gr. Metall. 
Gefunden Aequivalente Berechnet 


Gold..... 79,334 1 79,420 
Sauerstoff 9,566 3 9,677 
Wasser.. 11,100 = 10,903 
100,000, 5) 100,000. 

Die Formel des Goldoxydhydrates ist also AuO3 +4 


3HO. (Wittst. Vierteljahrschr. Bd. 15. 1.) B. 


Platinplattirte Schalen fĂŒr chemische Laboratorien. 


In der Mai-Versammlung 1865 des Vereins fĂŒr Ge- 
werbfleiss in Preussen legte Stahlschmidt eine in der 
Fabrik von Sy und Wagener gefertigte Kupferschale 
vor, welche im Innern mit Platin plattirt war und die 
er von den Genannten zu dem Zwecke erhalten hatte, 
um festzustellen, wie weit diese Fabrikate zu chemischen 
und technischen Operationen tauglich seien. Durch kost- 
_ spielige Versuche ist es nÀmlich nunmehr Sy und Wage- 
ner gelungen, platinplattirte Schalen darzustellen, welche 
sich durch vorzĂŒgliche Arbeit, durch Billigkeit und be- 
sonders durch ihre Brauchbarkeit auszeichnen. Der Preis 
derselben betrÀgt etwa !/, von dem der massiven Platin- 
schalen und kann noch geringer gestellt werden, wenn 
die Platinschicht dĂŒnner gearbeitet wird. Wenngleich 
es bis jetzt nur gelungen ist, einfache Schalen fĂŒr chemische 


FU HR ee? 


Pe ee A 


ala ET En ah u A are? 


. 
 EORSEEN RER SUR EN 


| 


ne Li me 


EN „A ie ' r 
2% 


Be a a 2 I 
SR A 


138  Platinspiegel. — Bromverbindungen des Iridiums. 


Laboratorien anzufertigen, so unterliegt es wohl keinem 
Zweifel, dass auch grössere GegenstÀnde, wie Abdampf- 
kessel fĂŒr SchwefelsĂ€urefabriken, sich in nicht langer Zeit 
werden darstellen lassen. In den gefertigten Schalen 
können die verschiedensten SÀuren in jeder beliebigen 
StÀrke Wochen lang aufbewahrt werden, ohne dass eine 
Spur Kupfer aufgelöst wird. Man kann ferner die SÀuren 
sowohl im Wasserbade, wie auch ĂŒber freiem Feuer in 
denselben erhitzen, ja selbst concentrirte SchwefelsÀure 
darin abdampfen, ohne dass besonders in letzterem Falle 
durch die hohe Temperatur das Platin sich ablöst oder 
das Kupfer von den SĂ€uren angegriffen wird. (Verh. d. 
Ver. zur Beförd. des Gewerbfleisses in Preussen.) B. 


Platinspiegel, 

Im Fache der Spiegelfabrikation ist eine neue Er- 
scheinung aufgetaucht. Ausser der Silberspiegelfabrik 
haben Creswell und Tavernier bereits eine Fabrik 
von sehr dauerhaften und wohlfeilen Platinspiegeln in 
Gang gebracht. Die spiegelnde MetallflÀche liegt bei dem 
neuen Artikel eben so wie bei dem Porcellan frei auf 
dem Glase, durch Einbrennen mit demselben untrennbar 
verbunden und bedarf keiner schĂŒtzenden Glastafel. Das 
Einbrennen ist eine ganz leichte Arbeit: mit Lavendelöl 
zusammengeriebenes Chlorplatin wird mit einem Pinsel 
auf die Glastafel getragen und dieselbe nach dem Ein- 
trocknen in einer Muffel gebrannt; hiermit ist der Spiegel 
fertig. Zu diesen Spiegeln können alle fehlerhaften Glas- 
tafeln benutzt werden, wenn sie sich nur auf der einen 
Seite schleifen und poliren lassen. Die DĂŒnne der Platin- 
schicht bringt es ĂŒbrigens mit sich, dass solche Platten, 
obwohl sie beim Daraufsehen einen guten Spiegel abgeben, 
doch gegen dasLicht gehalten transparent sind und man 
- durch sie hindurch Alles sehen kann, ohne selbst gesehen 
zu werden. (Polyt. Notizbl. 1866. 15.) B. 


Bromverbindungen des Iridiums. 


Durch €. Birnbaum sind folgende Verbindungen 
des Broms mit dem Iridium bekannt geworden: 

IridiumsesquibromĂŒr — Ir?Br3 +4 8agq, schei- 
det sich in hellolivengrĂŒnen sechsseitigen Krystallen aus, 
wenn man blaues Iridiumoxydhydrat mit Bromwasser- 
stoffsÀure behandelt. Es ist leicht löslich in Wasser, 


De a aETT e ne > Rn 


Bronwerbindungen des Iridiums. 139 


unlöslich in Alkohol und Aether. Auf Zusatz von Sal- 
petersĂ€ure wird die grĂŒne Lösung des Salzes sofort blau 
unter Bildung von Bromid. 

WasserstoffiridiumsesgquibromĂŒr — Ir2Br}3, 
3HBr 4 6aqg, schiesst in stahlblauen Nadeln an, wenn 
die vorige Verbindung aus der Lösung von Iridiumoxyd 
in BromwasserstoffsÀure herauskrystallisirt ist. Die blauen 
Krystalle sind im durchfallenden Lichte braunroth, lösen 
sich mit grosser Leichtigkeit in Wasser, Alkohol und 
Aether und zerfliessen an der Luft rasch zu einer brau- 
nen FlĂŒssigkeit, die auf Zusatz von SalpetersĂ€ure die 
blaue Farbe des Bromids annimmt. Die wÀsserige Lösung 
reagirt stark sauer. 

Kaliumiridiumbromid = KBır, IrBr?, bekommt 
man durch Einwirkung von Bromkalium auf Iridiumchlorid. 
Undurchsichtige, stark glÀnzende, schwarzblaue regel- 
mÀssige Octaöder, die sich in Wasser mit prÀchtig blauer 
Farbe lösen. 

Natriumiridiumbromid, NaBr, IrBr? + xHO, 
bei Zusammengiessen der Lösungen von Iridiumchlorid 
und Bromnatrium entstehend, bildet eine blaue zerfliess- 
liche Masse. 

Ammoniumiridiumbromid, H?NBr, IrBr?, erhÀlt 
man leicht durch Eintragen von Iridiumsalmiak in eine 
erwÀrmte concentrirte Lösung von Bromnatrium. Es sind 
schwarzblaue Octaeder. 

KaliumiridiumsesquibromĂŒr, 3KBr, IrÂźBr3 + 
6 HO, krystallisirt in langen, olivengrĂŒnen, lebhaft glĂ€n- 
zenden Nadein, verwittert an der Luft und wird dabei 
undurchsichtig und hellgrĂŒn. 

NatriumiridiumsesquibromĂŒr, 3NaBr, Ir? Br3 

24 HO, aus dunkelgrĂŒnbraunen, in einander geschich- 
teten RhomboÀdern bestehend, verhÀlt sich dem Kalium- 
salze sehr Àhnlich. 

AmmoniumiridiumsesquibromĂŒr, 3H#NBr, 
Ir2BrÂź 4 HO, wurde als krystallinischer Niederschlag 
erhalten und zeigte dasselbe Verhalten, wie die beiden 
vorhergehenden Verbindungen. (Annal. der Chem. u. Pharm. 
CXXXIL. 161— 176.) 


140 Fabrikation des StÀrkezuckers. 


Botany - Bay- oder Grassbaum - Gummi, 
Gummi acroides. 


Unter dem Namen Gummi acroides fĂŒhren schon seit 
einiger Zeit die Droguisten eine Substanz, welche in klei- 
nen StĂŒcken oder als grobes Pulver vorkommt, dunkel- 
gelb, dem Gummigutt Àhnlich, von etwas adstringiren- 
deın und aromatischen Beigeschmack. Beim Erhitzen 
schmilzt es und entzĂŒndet sich unter Verbreitung des 
Geruchs nach Tolubalsam. Zur Darstellung von Pikrin- 
salpetersÀure ist es sehr geeignet. Dieses Gummi wird 
von mehren in Australien einheimischen BĂ€umen, Xan- 
thorrhoea hastilis, X. australis und X. arborea gewonnen 
und neuerdings als vortreffliches Material zur Bereitung 
von Leuchtgas benutzt. Aus der inneren Portion der 
Wurzeln jener BĂ€ume wird durch Pressen und Destil- 
liren ein guter Branntwein gewonnen, bei der Destil- 
lation hinterbleibt ein zuckeriger RĂŒckstand. (Pharm. 
Journ. and Transact. Aug. 1866. II. Ser. Vol. VILL. No.2. 
pag. 78.) Wp. 


Fabrikation des StÀrkezuckers. 


Man kocht nach A. Manbre das Gemenge aus ver- 
dĂŒnnter SchwefelsĂ€ure und StĂ€rkemehl bei hohem Druck 
und einer Temperatur von 1600 C. (6 AtmosphÀren). Die 
dazu nöthigen Kessel haben die Form eines Hochdruck- 
kessels, sind aus starkem Eisenblech und inwendig mit 
Blei gefĂŒttert. Im Kessel liegt ein durchlöchertes Dampf- 
leitungsrohr aus Blei. Ferner ist der Kessel mit einem 
Dampfabzugsrohre, mit Sicherheitsventilen, ProbehÀhnen, 
Thermometer u.s. w. versehen. Man verdĂŒnnt zu dem 
Ende 56 Pfd. SchwefelsÀure von 660B. mit 5600 Pfd. 
Wasser, erhitzt im Kessel auf 1000C. und verdĂŒnnt gleich- 
zeitig in einem HolzgefÀsse abermals 56 Pfd. Schwefel- 
sÀure mit 5000 Pfd. Wasser, welche man mittelst Dampf 
auf eine Temperatur von 300C. bringt. Letztere FlĂŒs- 
sigkeit wird mit 2240 Pfd. StÀrkemehl gemischt und un- 
ter fortwĂ€hrendem UmrĂŒhren auf 380C. erhitzt. Man 
giesst diese Mischung nach und nach in die kochende 
verdĂŒnnte SchwefelsĂ€ure im Kessel und lĂ€sst wĂ€hrend 
dessen durch ausströmenden Dampf die Temperatur bis 
1000 C. steigen. Hierauf schliesst man den Kessel, bis 
die Temperatur 1600C. geworden ist und öffnet dann 
den Abzugshahn fĂŒr den Dampf, damit Druck und Tem- 


/ 


ea nr Ver 


EI 


Bildung des StÀrkezuckers u. Dextrins aus der StÀrke. 141 


peratur eine Zeit lang constant bleiben. Man kocht so 
lange, bis herausgenommene Proben kein StÀrkemehl in 
der FlĂŒssigkeit mehr anzeigen, was meistens nach 2 bis 
4 Stunden der Fall ist. Darauf zieht man das Ganze in 
ein hölzernes GefĂ€ss, rĂŒhrt 168 Pfd. gereinigten kohlen- 
sauren Kalk, der mit 100 Pfd. Wasser angerĂŒhrt ist, 
hinzu, lÀsst absetzen, filtrirt durch Spitzbeutel, dampft 
auf 200B. ein, klÀrt mit Blut und Kohle, filtrirt wieder 
u.s.w., und erhÀlt so vollkommen reinen StÀrkezucker, 
der frei von bitterem und empyreumatischen Geschmack 
ist. (Ob auch frei von Blei?) (Mechan. Magaz. — Chem. 
Centralbl.) B. 


Ueber die Bildung des StÀrkezuckers und Dextrins 
aus der StÀrke. 


Musculus stellte die Behauptung auf, dass bei der 
Umwandlung des StÀrkemehls durch Malz nur circa 13 
des StĂ€rkemehls in Traubenzucker ĂŒberginge, wĂ€hrend 
der Rest in Dextrin verwandelt werde. Die Diastase 
des Malzes sollte auf das gebildete Dextrin ohne alle 
Wirkung sein. Payen hat nun durch Experimente Fol- 
gendes nachgewiesen. In der That ist bei der Umwand- 
lung des StÀrkemehls durch Malz eine Dextrinbildung 
nicht zu vermeiden. Der gebildete StÀrkezucker wider- 
setzt sich immer mehr der weiteren Umwandlung des 
Dextrins in StÀrkezucker. Je nach dem Verfahren, der 
Temperatur u.s. w. kann man indessen durch Malz ĂŒber 
52 Proc. des StÀrkemehls in Zucker verwandeln, bei 
grösserer VerdĂŒnnung mehr, als in concentrirten Lösungen. 
Wird nun aber dieser StÀrkezucker durch Zusatz von 
Hefe und GĂ€hrung zerstört, so wandelt sich das rĂŒck- 
stÀndige nicht gÀhrungsfÀhige Dextrin durch die Wirkung 
der noch vorhandenen Diastase ebenfalls in StÀrkezucker um. 
Auf diese Weise kann der ganze Antheil Alkohol gewon- 
nen werden, den der StÀrkemehlgehalt der Materialien 
theoretisch voraussetzen lÀsst. Man sieht hieraus, weshalb 
die Spritfabrikanten ihre Maische nicht durch Kochen 
bereiten, dagegen die Bierbrauer das Diek- und Lauter- 
maischkochen eingefĂŒhrt haben. Im ersteren Falle soll 
die Diastase des Malzes bis zuletzt wirken, beim Bier 
dagegen zerstört werden, damit neben dem Alkohol auch 
unzersetztes Dextrin im Biere bleibe. (Dresi. Gewbl.) 


., 


142 Neue Reaction auf Traubenzucker. 


Neue Reaction auf Traubenzucker. 


ErwÀrmt man nach C. D. Braun Traubenzucker- 
lösung mit Kali oder Natronlauge, mit Baryt oder Kalk- 
wasser, oder auch mit einer Lösung von kohlensaurem 
Natron, so erhÀlt man in sehr concentrirten Lösungen 
eine eitronengelb gefĂ€rbte FlĂŒssigkeit, die ihre Farbe beim 
Eintropfen von PikrinsÀurelösung und bei erneuertem 
Erhitzen bis zum Kochen in Tiefblutroth verwandelt. 
Natron- oder Kalilauge wirkt von den genannten basischen 
Agentien am krÀftigsten. 


Aus diesem Verhalten der PikrinsÀure ergiebt sich. 
eine sehr brauchbare Reaction zur Nachweisung der Gly- 
kose. Die PikrinsÀurelösung bereitet man hierzu am 
besten von der StÀrke, dass auf 1 Th. SÀure 250 Th. 
Wasser kommen. Man verfĂ€hrt bei der PrĂŒfung zweck- 
mÀssig in der Weise, dass man in die mit etwas Natron- 
lauge versetzte, auf 90°C, erhitzte Traubenzuckerlösung 
ein paar Tropfen PikrinsÀurelösung giebt und dann zum 
Kochen erhitzt. War die Traubenzuckerlösung nur eini- 
germassen concentrirt, so erhÀlt man jetzt eine intensiv 
blutroth gefĂ€rbte FlĂŒssigkeit, wĂ€hrend die Farbe in ver- 
dĂŒnnten Traubenzuckerlösungen tiefroth erscheint. Da 
Rohrzucker dieses Verhalten durchaus nicht zeigt, so 
giebt dieses Reagens ein einfaches Mittel, um Trauben- 
zucker in RĂŒbenzucker u. dergl. zu erkennen. Auch fĂŒr 
den praktischen Arzt wird die neue Reaction von Wich- 
tigkeit sein, um in gegebenen FĂ€llen zu entscheiden, ob 
ein fraglicher Harn zuckerhaltig sei oder nicht. Braun 
hatte verschiedene Male Gelegenheit, den Harn von an 
Diabetes mellitus Leidenden zu prĂŒfen und erhielt unter 
Anwendung der PikrinsÀure eine sehr stark roth gefÀrbte 
FlĂŒssigkeit. Fruchtzucker und Milchzucker zeigen, wie 
Traubenzucker, die schöne Reaction, nicht aber Rohr- 
zucker und Manmnit. (Zischr. fĂŒr analyt. Chemie. Jahrg. 4.) 

B. 


Zuckerverbrauch im Zollverein. 143 


Ueber ein neues Unterscheidungsmittel von Rehr- 
und Traubenzucker. 


Zweifach Chlorkohlenstoff verhÀlt sich gegen Rohr- 
zucker und Traubenzucker verschieden. Rohrzucker, mit 
dem Reagens einige Zeit lang in einer verschlossenen 
Glasröhre bis nahe an 1000 erhitzt, verÀndert sein An- 
sehen allmÀlig, bedeckt sich mit braunen Flecken und 
nimmt zuletzt eine mehr oder weniger dunkle Farbe an. 
Bei lÀngerer Einwirkung erhÀlt die Masse ein theerarti- 
ges schwarzes Ansehen. Traubenzucker dagegen behÀlt 
bei gleicher Behandlung seine Farbe und wird selbst bei 
lÀngerer Einwirkung nicht braun. J. Nickles ist der 
Ansicht, dass dieser Unterschied in der Einwirkung des 
Chlorkohlenstoffs von der Bildung einer kleinen Menge 
ChlorwasserstoffsĂ€ure herrĂŒhrt, welche, wie Boullay 
gezeigt hat, den Rohrzucker leicht schwÀrzt. Diese FÀr- 
bung tritt aber nicht ein, wenn man dem Rohrzucker im 
Glasrohre etwas Magnesia zusetzt. (Compt. rend. T.62. 
— Chem. Centrbl. 1866. 33.) 5 


Zuckerverbrauch- im Zollverein, 


Um zu ermitteln, wie hoch sich die Zuckerconsumtion 
belaufen hat, ist von der Production an RĂŒbenrohzucker 
und von der Einfuhr auslÀndischen Zuckers die Ausfuhr 
in Abzug gebracht. Die Bevölkerung ist mit den Zahlen, 
welche den Abrechnungen des Zollvereins zu Grunde gelegt 
worden sind, angegeben. Da der Nachweis, wie viel 
RĂŒbenrohzucker im Zollverein gewonnen worden ist, erst 
vom Jahre 1840—18541 mit einiger Sicherheit zu fĂŒhren 
gewesen, so sind auch erst von diesem Jahre ab die Ergeb- 
nisse berechnet worden. Nachrichtlich ist jedoch zu ver- 
merken, dass Dieterici die Consumtion an Colonial- 
zucker fĂŒr 1836 auf 4,178 Pfd., fĂŒr 1837 auf 3,37 Pfd., 
fĂŒr 1838 auf 4,45 Pfd. und fĂŒr 1839 auf 4,61 Pfd. pro 
Kopf angegeben hat. Wenngleich in diesen Jahren be- 
reits Production und Consumtion von RĂŒbenzucker statt 
gefunden, so sind doch die Resultate derselben verhÀlt- 
nissmÀssig noch zu unbedeutend gewesen, um auf den 
vorstehend berechneten Verbrauch einen nennenswerthen 
Einfluss ausĂŒben zu können. Vom Jahre 1840 ab berech- 
net sich der Zuckerconsum im Zollverein folgender- 
massen. 


Be "had 1 5 en 


Zuckerverbrauch im Zollverein. 


144 


68'6 6Eggrre FLg’g9gL erg'esg‘e 9TO'FCZ 16% TEE'E gseg01g° FE F98T 
00.01 E88’8gP € Spa'sst gad'LagE 185:4537 L6E6T'E vLso2gFE | €98T 
89°6 6BEBEE € 709,99 866. FOR E gsp‘195 0F4'1E6'8 SOEOLITE | @98L 
E82 619,992 TT2/IP 088'899°7 66'381 | ane'ced'z sgeTrcee | 198T 
LE 786 998'7 oI8'T9 IrL'scH'e 227°08 | 38.8787 SFT ITG‘EE 0981 
69‘8 68,816. % 2E8‘69 621'886°% FBL ES GH619LZ BIESPE'EE | 6C8L 
ST/OL LLE LEEE 08979 LIT’ 29€ 8L0'60G rer'EE6 7 27909P'EE BEST 
ci 086 824 2h8 651 80° °909°% sI0 arE 013 818% H0EEGLSE LEST 
ge'8 (2 2 Scy‘g9T T0P'C06% cogTOL 960'F08% FrElgl'se 9c81 
69, 1270042 6LLSST 0788794 99L°TI6 FSTıPLT T9T 698° gası 
69°% IEP GEHT FST 92T 0898202 E6E/6PL LER 6151 ELT'GTG GE | FCBL 
10'9 GE TegT ZIELT 1028003 aggrr IGE TEST 26236708 gcsI 
er‘, ehr gel’ Feo'CzL I6H ICE'Z 069°808 908 LFF°T £90'008°6% GC8L 
849 geggrcg“T SCH 6PL 80T:200°7 T89°182 LER IC 890.008°68 IG8T 
zE‘y ehr zss‘T gco‘LgT 267 680°7 FrY'Eco'T gag'cse 8900086 OG8L 
609 08'882 T 199'96L 176 I86°T SIGELZT | 828'89) 829.097°6G 6F8T 
<19 LE EOS“T O6T EHI 29C‘9p6T 182'982°T i82'699 792.0 68 SF8T 
c1'9 266 @I8‘I 60% IL L6T’T36T Ir eIr I GSLITG 18219165 ıF8I 
gG'g GTEgLGT 208°09L EEIIEL TI 220 TIET 06T°QLE 76180488 FL 
gF7 LSE 99T T 38) 09 FEIT IS TIHT 99'806 99766785 Gp8L 
028 EBE'CEFT LaL Hr OGTOFGT 009°GFE°T 032° F6L 9E1'86F'85 FrSI 
13°9 OTS’OFFL 076 8E og Hr 298 19% 1 E8F LIE 666'809°28 erst 
68 rer 22a l 968.68 OLLTIZL 826 LET I 281821 geg 81418 ehsl 
Hr 070208 1 a LBP°TTaT 116.266 ILT'IES ILL 2a | TABL 
695 698836 I sIrer L88'998 I 006 Fs0'L L8F 17% 100'8F0'98 OF8T 
"PJd 19 99 9) 9) 199 ‘a7doy 

:zdoyy oıd zunsuog) :opuejsnyY wop ae :Jaynfogurd :U9UU0M9S :Sunaoy gep 
yaneıg uoyasıpuejur |ydsu.aynysnyoLp Ist 19yonZ puıs 19y9nzyol -[oaog 

-I9 A Osjy usp ıny usgqrorg |qe 4493 uoaraıy A9y9SIpug[snYy -uagny uvy 18 


Zucekerverbrauch im Zollverein. 145 


Nach dieser Uebersicht ist die Consumtion von Zucker 
im Zunehmen gewesen und seit dem Jahre 1840 von 
4,69 Pfd. auf 9,89 Pfd. pro Kopf im Jahre 1864, mithin 
im VerhÀltniss von 100 : 210 gestiegen. Wenn sich in 
einzelnen Jahren eine augenblickliche Abnahme des Ver- 
brauchs bemerklich gemacht hat, wie z. B. 1853, 1854, 
1859, so hat solche ihren Grund hauptsÀchlich darin, dass 
die RunkelrĂŒbenernten nicht befriedigend ausgefallen waren 
und selbstredend weniger Rohzucker gewonnen wurde. 
In Folge hiervon gingen die Preise des Zuckers in die 
Höhe und der Consum beschrÀnkte sich. Im Grossen 
und Ganzen ist aber die nachgewiesene Verbrauchszunahme 
eine sehr bedeutende und hauptsÀchlich dadurch herbei- 
gefĂŒhrt, dass der Consum des Zuckers wegen der Preis- 
ermĂ€ssigung, welche die Concurrenz des RĂŒbenzuckers 
herbeifĂŒhrte, ein allgemeinerer geworden ist, als dies frĂŒher 
der Fall war, wo wegen der hohen Preise des Indischen 
Zuckers der Genuss desselben fast nur den wohlhabendern 
Classen der Bevölkerung erlaubt war. WÀhrend im Jahre 
1836 der Centner inlĂ€ndischer Raifinade noch 28 — 30 
Thaler kostete, ist der Preis gegenwĂ€rtig auf 16—18 Thir. 
gesunken. 

Uebrigens ist aber anzunehmen, dass sich der Zucker- 
verbrauch noch etwas höher, als berechnet worden, gestellt 
hat, da die Production von RĂŒbenzucker jedenfalls niedri- 
ger, als sie inWirklichkeit gewesen, berechnet wurde. Ueber- 
dies bestehen aber auch im Zollverein noch StÀrkezucker- 
fabriken, die sich mit der Zubereitung von festem Zucker 
aus KartoffelstÀrke beschÀftigen und deren Fabrikate eben- 
falls in den Oonsum ĂŒbergegangen sind. Es entzieht sich 
indess der Berechnung, in wie weit diese Fabrikate auf 
den Kopfverbrauch von Einfluss gewesen sein mögen, da 
die Fabrikation dieser Art von Zucker einer Versteuerung 
nicht unterworfen ist und die Betriebsresultate der be- 
treffenden Anstalten nicht bekannt geworden sind. Solche 
StÀrkezuckerfabriken bestehen in Preussen und dem Gross- 
herzogthum Hessen; die Nachfrage nach ihren Fabrikaten 
soll im Zunehmen gewesen sein, weil das in Frankreich 
schon seit lÀngerer Zeit und in grosser Ausdehnung an- 
gewendete Verfahren der Verbesserung des Weins durch 
Zusatz von StÀrkezucker in neuerer Zeit auch in der 
Rheingegend Verbreitung gefunden hat. (Bl. fĂŒr Handel 
und Gewerbe. 1866. 16.) B. 


Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 1.u.2.Hft. 10 


rT > Tr u er - 3 TR I, ad N 2, EN Fa 
. - u ; 
PP Br‘ 7 > 2 


146 RĂŒbenzuckerfabrikation im Zollvereine von 1850— 1864. 


Die RĂŒbenzuckerfabrikation im Zollvereine in der 
Periode 1850 — 1864. 


Welche Ausdehnung die RĂŒbenzuckerfabrikation im 
Zollvereine erlangt hat, mögen folgende Zahlen beweisen. 


Unter den Zollvereins-Staaten haben folgende RĂŒben- 
zuckerfabriken und hatten dieselben beispielsweise im 
Jahre 185%/.. und zehn Jahre spÀter nachstehende Massen 
von rohen RĂŒben verarbeitet: 


1859/55 1863/54 

Tr I —Trr— Z 
Vereins- Zahl der Verwendete Zahlder Verwendete 

staaten. activen RĂŒben. activen RĂŒben. 
Fabriken. Zolleentner. Fabriken. Zollcentner. 
Preussen.... 192 16,400,628 221 34,187,291 
Bayern...... 6 247,126 6 422,444 
Sachsen..... 4 131,968 1 80,070 
Hannover... — — 1 142,455 
WĂŒrtemberg 5 603,256 6 1,247,287 
Baden... 2 988,825 1 1,144,472 
Kurhessen... 3 59,137 1 17,360 
ThĂŒringen... 2 122,966 2 245,510 
Braunschweig 8 634,496 14 2,424,631 


Es haben also 185%,. sÀmmtliche Zuckerfabriken im 
Zollvereine 19,188,402, im Jahre 1863/,, aber 39,911,520 
Zolleentner RĂŒben verarbeitet, oder durchschnittlich je 
eine Fabrik im ersten Jahre 86,434, im letzten Jahre 
dagegen 157,792 Ctr. Im Jahre 1863 zÀhlte man in 
Oesterreich 139 RĂŒbenzuckerfabriken, die 20,856,600 Otr. 
RĂŒben verarbeiteten. FĂŒr das Jahr 1863/,, ergiebt sich 
der durchschnittliche Verbrauch einer Fabrik in Preussen 
auf 154,694 Ctr., in Bayern auf 70,407, in WĂŒrtemberg 
auf 207,881, in ThĂŒringen auf 122,755 und in Braun- 
schweig auf 173,188 Ctr. RĂŒben. Die grösste Zucker- 
fabrik des Zollvereins ist jene zu WaghÀusel in Baden, 
welche in den letzteren Jahren nicht unter 1 Million Oentner 
RĂŒben verarbeitete. In den letzten 14 Jahren 1850/,, 
wurden im Zollvereine zusammen 379,440,811 Ctr. RĂŒben 
verarbeitet, und waren jÀhrlich im Durchschnitt 236 Fabri- 
ken thÀtig. In den einzelnen Jahren betrug die Zahl 
der arbeitenden Fabriken und war deren Verbrauch fol- 
gender: 


u 


Neues Verfahren der Saftgewinnung aus RunkelrĂŒben. 147 


Betriebs- Zahl der Verarbeitete RĂŒben 
jahre. activen Fabriken. Zolleentner. 
1850). | 184 14,724,308 
1851/,0 234 18,289,901 
1852,23 238 21,717,096 
1853, 227 18,469,889 
1854),, 222 19,188,402 
1855/,, 216 21,839,798 
1856/,7 233 27,551,207 
1857/,. 249 28,915,133 
1858, DIN 36,668,577 
18590 256 34,399,317 
1860/,, 247 29,354,031 
1861/,, 247 31,692,594 
1862/63 247 36,719,258 
1863/64 253 39,911,520 


Durchschnittlich wurden demnach in obiger Zeitperiode 
jĂ€hrlich 27,102,915 Ctr. RĂŒben fĂŒr die Zuckerfabrikation 
verwendet. Man rechnet, dass 111), Ctr. RĂŒben einen 
Centner Rohzucker oder 82 Pfd. (7,13 Proc.) Raffınade 
geben. Somit wĂŒrden im letzten Jahre 2,845,865 Zoll- 
centner Raffinade im Zollvereine erzeugt worden sein, 
die nach dem Fabrikpreise einen Werth von 85,377,000 Fl. 
darstellen. (In Oesterreich betrug die Production an 
RĂŒbenzucker etwa 1,487,166 Zollcentner.) Der gegen- 
wÀrtige Bedarf an Zucker im Zollvereine wird durch die 
inlÀndische Fabrikation gedeckt. (Dingl. polyt. Journ. 
Bd. 176.) B. 


Neues Verfahren der Saftgewinnung aus RunkelrĂŒben; 
von R, de Massy. 


Der von der RĂŒbe kommende RĂŒbenbrei wird mit 
7 Proc. Kalk gemischt auf 50 — 60° erhitzt, dann in ein 
geschlossenes konisches GefÀss, und hierauf in den eigent- 
lichen Saftgewinnungsapparat gebracht. Dieser besteht 
aus einem eisernen, vertical stehenden, durchlöcherten 
Blecheylinder und einem inneren, etwas engeren Öylinder, 
ebenfalls aus Blech. Um letzteren befindet sich ein 
Kautschukfutter, die inneren WÀnde des Àusseren Oylinders 
sind mit Leinwand gefĂŒttert. In den Hohlraum zwischen 
beiden wird der Brei mittelst Dampfdruck getrieben, der 
Saft dringt durch die Leinwand. Zuletzt lÀsst man hydro- 
statischen Druck zwischen dem inneren Cylinder und dem 
Kautschukfutter wirken, und drĂŒckt so den Brei vollkommen 


10% 


148 Die Fabrikation der Zuckercouleur. 


aus. Der trockene RĂŒckstand betrĂ€gt nur 11 Proc. vom 
Gewichte der RĂŒben. (Polytechn. Journ. Bd. 180. 8.396. 
1866.) ER: B. 


Der condensirte RĂŒbendampfsaft (BrĂŒdenwasser) der 
DĂŒnnsaftapparate 


enthÀlt nach einer Analyse von Stammer in 10,000 
Theilen: 
0,14 — 0,16 Th. organische Substanzen, 
0,05 — 0,02 Th. unorganische Substanzen, 
0,59 — 1,837 Th. Ammoniak. 


Die Polarisation des auf !/ygn eingedampften Wassers 
war O0; die Reaction deutlich sauer, wahrscheinlich von 
FettsĂ€ure; hieraus dĂŒrfte der Schluss zu ziehen sein, dass 
der Anwendung dieses vollkommen zuckerfreien Wassers 
nach dem AbkĂŒhlen und allenfalls unter Zusatz von sehr 
geringen Mengen Kalk oder gewöhnlichem Wasser, irgend 
welche Bedenken nicht entgegenstehen, und dass diese 
Anwendung die Melassebildung erheblich vermindern 
werde. (Dingl. polyt. Journ. Bd. 177.) B. 


Die Fabrikation der Zuckercouleur 


ist bis jetzt immer noch als Geheimniss angesehen wor- 
den, welches nun von Assmuss aufgeschlossen worden 
ist. Das Wesentliche derselben besteht darin, dass man 
Zucker unter Zusatz von Soda, Aetznatron, Pottasche 
oder Aetzkali, oder, wie bei der Darstellung der Essig- 
couleur, von kohlensaurem Ammoniak in einem metallenen 
GefĂ€ss ĂŒber freiem Feuer so lange kocht, bis sich der 
Zucker in eine dunkelbraune, fast schwarze, aufgeblÀhte 
Masse verwandelt hat, worauf eine bestimmte Menge kochen- 
den Wassers allmÀlig zugegeben wird. Der Alkalizusatz 
bezweckt die Farbe krÀftiger, d.h. intersiver dunkler zu 
machen, aber auch die kleine Menge HumussÀure, die 
sich beim Kochen bildet, in Auflösung zu erhalten und 
so eine TrĂŒbung der Couleur zu verhindern. Beim Kochen 
kann das Feuer anfangs, damit der Zucker schneller 
schmilzt, ziemlich stark sein und so lange verstÀrkt gehal- 
ten werden, als der Zucker noch eine helle oder fuchsrothe 
Farbe zeigt; sobald er stechende graue DĂ€mpfe zeigt, muss 
das Feuer gemÀssigt und die Masse im Kessel bestÀndig 
umgerĂŒhrt werden. Beim Kochen der Essigceouleur wird 


Ein Oxydationsproduct des Erythrits. 149 


die Masse sehr bald dunkel, ohne dass jedoch die Farbe 
das baldige Fertigwerden anzeigt. Man hat sich nach 
der Entwickelung des stechenden, grauen Dampfes zu 
richten; wenn dieser in ansehnlichen Wolken aufsteigt, 
mÀssigt man sofort das Feuer. Ist die Farbe fertig 
gekocht, so giesst man Wasser in sehr dĂŒnnem Strahl 
hinzu unter fortwĂ€hrendem UmrĂŒhren. So viel Zucker 
man nimmt, so viel Couleur erhÀlt man. Das Geheimniss 
der Couleurfabrikanten besteht in der Anwendung des 
Traubenzuckers anstatt der Raffinade, Melis etc. 

Rumcouleur. Zur Bereitung derselben bringt 
man 1 Pfd. krystallisirtes kohlensaures Natron oder 3), Pfd. 
Aetznatron in den Kessel, ĂŒbergiesst mit der doppelten 
Menge Wasser, macht unter dem Kessel Feuer an und 
giebt, nach Auflösung des Salzes, wobei das verdampfende 
Wasser nach und nach zu ersetzen ist, 30 Pfd. Trauben- 
zucker oder 321, Pfd. Traubenzuckersyrup zu. Nach 
dem Fertigkochen giesst man 71/, bis 10 Pfd. weichen 
heissen Wassers in feinem Strahl zu. 

Essigcouleur. Zur Bereitung derselben bringt 
man 30 Pfund Traubenzucker oder 32V, Pfund Syrup 
in den Kessel, macht darunter Feuer, setzt 1!], Pfd. in 
der gleichen Menge Wasser- gelöstes kohlensaures Am- 
moniak hinzu und nach dem Fertigkochen noch 7!|, bis 
10 Pfd. Wasser. (Polyt. Notizbl. 1866. 14.) B. 


Ueber ein Oxydationsproduet des Erythrits. 


Die Einwirkung des Sauerstoffs unter Vermittelung 
von Platinschwarz auf eine wÀsserige Lösung von Erythrit 
ist eine sehr heftige. Man löst am besten nach E. Sell 
30 Grm. Erythrit in 250—300 Grm. Wasser und bringt 
die Lösung in ein PorcellangefĂ€ss, das 15— 20 Grm. 
Platinschwarz vermischt mit Bimstein enthĂ€lt. RĂŒhrt man 
hÀufig um und ersetzt das verdampfende Wasser, so be- 
merkt man nach einiger Zeit, dass die Lösung stark 
sauer geworden ist. Man filtrirt nun, dampft das Filtrat 
auf die HÀlfte des Volumens ein und giebt eine Lösung 
von basisch essigsaurem Bleioxyd, aber ja nicht im Ueber- 
schusse zu. Der hierdurch entstehende weisslich- gelbe 
Niederschlag wird ausgewaschen, durch Schwefelwasser- 
stoff zersetzt, die filtrirte Lösung abermals mit essigsaurem 
Bleioxyd gefÀllt und dann wie das erste Mal verfahren. 
Man setzt diese Operation fort, bis der Bleiniederschlag 
ganz- weiss erscheint. Die Lösung, die aus diesem letzten 


150 Umwandlung der inactiven WeinsÀure in TraubensÀure. 


Niederschlage durch Schwefelwasserstoff resultirt, ist An- 
fangs farblos, brÀunt sich aber allmÀlig beim Eindampfen. 
Man setzt sie daher schliesslich unter die Luftpumpe, 
wobei man eine Masse langer Krystallnadeln erhÀlt, ver- 
mischt mit einem dicken Syrup. Der Luft ausgesetzt 
verschwinden diese Krystalle bald wieder. 

Die Analyse dieser SĂ€ure hat Sell keine genĂŒgenden 
Resultate ergeben. Die Analyse des Bleisalzes fĂŒhrte zu 
der Formel C!#H!3Pb5022, die vielleicht als basisches 
Salz 2(C8SH6Pb2O10) — PbO,HO zu schreiben wĂ€re. 
Die Formel der SĂ€ure wĂŒrde dann sein 4 HO, C3H+#06 
und ihre Entstehung aus dem Erythrit: C8H604, 4 HO 
+ 40 = 2H0 + 4H0O, C5H?0$6. OxalsÀure scheint 
sich bei dieser Reaction nicht zu bilden. Die Salze der 
neuen SÀure sind beinahe alle sehr löslich. (Compt. rend. 


T.61. — Chem. Centrbl.) 


Trehala oder Tricala. 


Unter diesem Namen ist im Orient eine mannaÀhn- 
liche Substanz in Gebrauch, welche das GehÀuse eines 
kleinen Insects, Larinus subrugosus Cart. bildet und durch 
den Stich desselben auf einer Syrischen Art Echinops 
entsteht. Eine Àhnliche Substanz kommt in Indien unter 
dem Namen Schukhur-ool- Aschur oder Schukhur Preghal 
vor und zwar auf Calotropis gigantea. Sie wird gleich- 
falls durch ein Insect, Guttigal der Eingebornen, Larinus 
ursus Fabr. gebildet, dem sie als GehÀuse dient. (Pharma. 
Journ. and Transact. Juli 1866. 2.Ser. Vol. VIII. No. 1. 
». 26.) Wp. 


Ueber die Umwandlung der inactiven WeinsÀure in 


TraubensÀure. 

Destillirt man nach Dessaignes trocken inactive 
WeinsÀure bei 2000, bis ungefÀhr I}, der SÀure sich zu 
flĂŒchtigen Producten zersetzt hat, so erhĂ€lt man im RĂŒck- 
stande nach langer Zeit einige Krystalle, die nichts weiter 
als unverÀnderte inactive WeinsÀure sind. Man sÀttigt 
den Syrup, aus dem diese Krystalle erhalten worden sind, 
zur HĂ€lfte mit Ammoniak, und gewinnt durch mehrfaches 
Umkrystallisiren zwei Doppelsalze. Das eine, wenig lös- 
liche, bildet ungefÀhr 1], der Masse und enthÀlt Trauben- 
sÀure, das andere löslichere besteht aus inactiv doppelwein- 
saurem Ammoniak. (Bull. de la Soc. chim. — Chem. Centrbl.) 


CitronensÀure. 151 


Bereitung der CitronensÀure. 


Der nach England importirte concentrirte Citronensaft, 
weicher zur Bereitung der CitronsÀure dient, enthÀlt nach 
Fr. Row viel Schleim, Farbstoff und andere Unreinigkeiten, 
welche in den citronsauren Kalk und daraus in die Citron- 
sĂ€ure ĂŒbergehn, so dass diese eines wiederholten Umkry- 
stallisirens bedarf. Durch VerdĂŒnnung des concentrirten 
Saftes in dem Maasse, dass er etwa die Concentration 
des frisch gepressten hat, sollen sich die Unreinigkeiten 
grossentheils in Flocken abscheiden lassen. 

Bei der Zersetzung des citronsauren Kalks ist ein 
Ueberschuss von SchwefelsÀure nöthig, diese hÀuft sich 
aber in der Mutterlauge der CitronsÀure nach und nach 
so an, dass dadurch die noch vorhandene CitronsÀure 
gefÀhrdet wird. Man hilft dem Uebelstande dadurch ab, 
dass man die Mutterlauge durch eine Schicht frischen 
eitronsauren Kalks filtriren lÀsst. (Pharmae. Journ. and 
Transact. 1I. Ser. Vol. VII. No. 9. March 1866. p. 466.) 

Wp. 


CitronensÀure, ein Mittel zur Linderung der Schmerzen 
bei KrebsgeschwĂŒren. 


Ein im Spitale S. Maria della Scala befindlicher 
mit Zungenkrebs behafteter Greis wurde von Luigi 
Brandini behandelte. Er war von den heftigsten 
Schmerzen gepeinigt; kein Mittel war im Stande, sie 
zu beschwichtigen. Da er ein besonderes GelĂŒste nach 
sauren Dingen hatte, so bat er um eine Citrone. Der 
Saft dieser Frucht schien ihm sehr grosse Linderung 
zu verschaffen, weshalb er die nÀchsten Tage wieder 
darnach verlangte, in Folge dessen die schmerzlindernde 
Wirkung jeden Tag in ĂŒberraschender Weise wiederkehrte. 
Dieser heilsame Erfolg veranlasste L. Brandini, Ver- 
suche mit CitronensÀure anzustellen. Er liess 4Grm. 
krystallisirte CitronensÀure in 350 Grm. Wasser auf 
lösen und diese Lösung als Gurgelwasser gebrauchen. 
Die Schmerzen liessen hierauf vollstÀndig nach, stellten 
sich aber nach einiger Zeit wieder ein, um auf die wie- 
derholte Anwendung der erwÀhnten Solution neuerdings 
sich zu beschwichtigen. Seit einem Monate sind nicht 
nur die Schmerzen durch das besagte Mittel beseitigt, 
sondern auch die Anschwellung der Zunge ist betrÀcht- 
lich vermindert. 


152 Boreitronensaure Magnesia. 


Ein weiterer Versuch mit demselben Mittel wurde 
bei einer 73 Jahre alten Kranken gemacht, welche mit 
einem offenen Krebse der rechten BrustdrĂŒse behaftet 
war. Die Schmerzen waren hier so heftig und anhaltend, 
dass die Kranke nicht einmal kurze Zeit Ruhe finden 
‘ konnte. Es wurde nun Charpie, welche mit der oben 
angefĂŒhrten Lösung getrĂ€nkt war, auf das GeschwĂŒr ge- 
legt und der Erfolg war ein augenblicklicher, die Schmer- 
zen liessen nach und so oft sie wiederkehrten, (alle 6—7 
Stunden) reichte die Erneuerung des Verbandes hin, sie 
zu beschwichtigen. 


Die gleiche Lösung von CitronensÀure hatte dieselbe 
Wirkung bei einem 19 Jahre alten Kranken, welcher 
am Zungenkrebs litt. — Diese Thatsachen werden von 
mehren italienischen Àrztlichen AutoritÀten beglaubigt. 
(Lit. Beil. zum Aerztl. Intelligenzbl. — Hager's Centralh.) 

B. 


Borcitronensaure Magnesia 


wird von Dr. Becker in MĂŒhlhausen als Mittel 
gegen Nierensteine und Harngries empfohlen. Nachdem 
er durch v. Helmont’s Beschreibung auf die Entdeckung 
geleitet war, dass der Ludus, das Geheimmittel des Para- 
celsus gegen den Stein, der Boracit sei, liess er sich 
Boracitsalmiak bereiten, den er 25 Jahre lang in allen 
FĂ€llen von Nierenstein und Harngries mit Erfolg angewen- 
det hat. Das Mittel wird jedoch wegen des scharfen Ge- 
schmackes von Salmiak den Kranken leicht lÀstig. In 
Folge dessen liess er von den in Stassfurt in reichlicher 
Menge vorkommenden Boracit ein PrÀparat anfertigen, 
worin der Salmiak durch CitronensÀure ersetzt wurde. 
Dieses hat einen mild sÀuerlichen Geschmack, schmeckt, 
mit Zucker gemischt, wie Limonadepulver und lÀsst sich 
sehr gut nehmen. Zwei FĂ€lle, in welchen eine sehr hef- 
tige Nierenkolik eingetreten war, heilten ĂŒberraschend 
schnell mit Abgang von Steinchen nach dem Gebrauch 
dieses Mittels. In dem einen Falle wurden tÀglich drei 
Mal eine Messerspitze voll, im anderen zweistĂŒndlich die- 
selbe Dosis gegeben. (Allgem. med. Üentr.-Ztg. — Med. 
Neuigk. 1866.) B. 


ED U en 


AepfelsÀure aus den Fruchtzapfen von Rchus coriaria etc. 153 


Darstellung der AepfelsÀure aus den Fruchtzapfen von 
Rhus coriaria und das verschiedene Verhalten 
der GerbsÀuren. 


H. Reinsch stand eine grosse Menge von den 
FrĂŒchten des Gerbersumachs zu Gebote und er machte 
einen Versuch, die AepfelsÀure daraus darzustellen. Zu 
diesem Behufe wurden die FrĂŒchte zerrieben, mit kal- 
tem Wasser ĂŒbergossen und vier Tage lang unter öfte- 
rem UmrĂŒhren damit digerirt. Die sehr saure, ange- 
nehm weinartig riechende FlĂŒssigkeit wurde abgegos- 
sen, der RĂŒckstand ausgepresst, einige Tage der Ruhe 
ĂŒberlassen und dann ein Theil davon mit Bleizucker- 
lösung gefÀllt. Aus der vom Bleiniederschlage getrennten 
FlĂŒssigkeit krystallisirte nach einigen Tagen eine grosse 
Menge schneeweisser, halbzolllanger Nadeln von Àpfel- 
saurem Bleioxyd heraus; mit dieser FlĂŒssigkeit wurde 
nun der Bleiniederschlag wiederholt aufgekocht, wobei 
stets fast schneeweisses Àpfelsaures Bleioxyd erhalten wurde, 
welches auf die bekannte Weise zu AepfelsÀure verarbei- 
tet wurde. Reinsch ist daher der Ansicht, dass die 
FrĂŒchte des Gerbersumachs, da sie verhĂ€ltnissmĂ€ssig die 
grösste Menge AepfelsÀure und eine weit geringere Menge 
von anderen Bestandtheilen enthalten, sich ganz besonders 
zur Darstellung dieser SĂ€ure eignen. Bei Darstellung 
der AepfelsÀure, namentlich aus den FruchtsÀften der 
Vogelbeeren und Berberisbeeren, gelang es Reinsch 
niemals, ein so reines Bleisalz, als aus dem Gerbersumach 
zu erhalten. 

Ein anderer Theil der sauren FlĂŒssigkeit von den 
FrĂŒchten des Gerbersumachs wurde bei Kochhitze mit 
Kreide gesÀttigt, trotzdem diese aber im grossen Ueber- 
schusse angewendet wurde, konnte die FlĂŒssigkeit nicht 
neutral erhalten werden, sondern reagirte fortwÀhrend 
sauer; dieses rĂŒhrt daher, dass die Kreide von der Gerb- 
sÀure nicht zersetzt wird. Es bietet dieses Verhalten ein 
bequemes Mittel dar, um die GerbsÀure von der Aepfel- 
sĂ€ure zu trennen. Man verdampft nĂ€mlich die FlĂŒssig- 
keit bis zur Krystallhaut und ĂŒberlĂ€sst sie dann der Ruhe, 
wobei der weisse Àpfelsaure Kalk auskrystallisirt, wÀhrend 
die Mutterlauge die GerbsĂ€ure enthĂ€lt; diese schĂŒttelt 
man mit starkem Alkohol, worin sie sich auflöst. Die 
dadurch gewonnene GerbsÀure ist ganz rein und eisen- 
blÀuend. 


In ganz Àhnlicher Weise behandelte Reinsch den 


154 ‚Geruch der kĂ€uflichen GerbsĂ€ure. 


Saft aus Berberisbeeren, nur mit dem Unterschiede, dass 
derselbe erst vergÀhren gelassen und von der grossen Menge 
ausgeschiedener Unterhefe getrennt wurde. Dabei gelang 
es weder aus dem Safte unmittelbar krystallisirtes Àpfel- 
saures Bleioxyd, noch durch Behandlung mit Kreide 
krystallisirten Àpfelsauren Kalk zu erhalten; die GerbsÀure 
ist eisengrĂŒnend, aber nicht so rein als aus den FrĂŒchten 
des Sumachs. Hierbei beobachtete Reinsch ein noch 
unbekanntes Verhalten der beiden GerbsÀuren, wodurch 
es auch möglich wird, diese, wenn sie in ein und der- 
selben Pflanze enthalten sein sollten, von einander zu 
scheiden. Bringt man nĂ€mlich zu einer sehr verdĂŒnnten 
Lösung von eisenblÀuender GerbsÀure einige Tropfen 
Eisenchlorid bis zur SchwarzfÀrbung, setzt hierauf einige 
Tropfen Ammoniakliquor zu, bis die FlĂŒssigkeit rothbraun 
geworden ist, und zuletzt, bis zur UebersÀttigung des 
Ammoniaks so viel EssigsÀure, so setzt sich nach wenigen 
Stunden das gerbsaure Eisenoxyd vollstÀndig ab. Das- 
selbe kann leicht von der FlĂŒssigkeit abfiltrirt und die 
GerbsÀure auch quantitativ bestimmt werden. VerfÀhrt 
man in ganz Ă€hnlicher Weise mit eisengrĂŒnenden Gerb- 
stoff, so bleibt die FlĂŒssigkeit nach Zusatz der EssigsĂ€ure 
grĂŒn und vollkommen klar. Sind hingegen beide Gerb- 
stoffe in einer FlĂŒssigkeit enthalten und man behandelt 
sie auf oben angegebene Weise, so setzt sich das blaue 
gerbsaure Eisenoxyd als Niederschlag ab, nur etwas lang- 
samer, wĂ€hrend das grĂŒne gerbsaure Eisenoxyd in der FlĂŒs- 
sigkeit gelöst bleibt. FĂŒr qualitative Pflanzenuntersuchun- 
gen scheint dieses Verhalten der beiden GerbsÀuren von 
nicht geringem Werthe zu sein. (N. Jahrb. fĂŒr Pharm. 
Bd. 25. 2.) B. 


Ueber den Geruch der kÀuflichen GerbsÀure 


theilt William Procter (in den Proceedings of the 
American Pharmaceutical Association, Philadelphia 1864, 
pag. 255— 256) Folgendes mit. 


Da reine GerbsÀure eine geruchlose Substanz ist, so 
fragt es sich, ob die GallÀpfel eine riechende Substanz 
enthalten, die in die kĂ€ufliche GerbsĂ€ure ĂŒbergeht, oder 
ob der Geruch der letzteren von Unreinigkeiten des zu 
ihrer Darstellung benutzten Aethers herrĂŒhrt? 


Nach Dr. Wood (U. S. Disp.) sind die GallÀpfel 
geruchlos. 


Geruch der kÀuflichen GerbsÀure. 155 


Pereirasagt: GallÀpfel haben keinen Geruch (Zlements, 
pag. 323. Vol. Il. Am. Edit). Christison sagt auch: 
GallÀpfel sind ohne Geruch. | 

Dessen ungeachtet geben die zwei letzteren AutoritÀten 
an, dass Àtherisches Oel zu den Bestandtheilen der 
GallÀpfel gehöre. 

Meine eigene Untersuchung der GallÀpfel ergiebt, 
dass sie in ganzem und trocknen Zustande nur einen 
schwachen Geruch zeigen, wĂ€hrend sie in einer BĂŒchse 
oder Kasten aufbewahrt werden; wenn sie hingegen ge- 
stossen oder gepulvert werden, so verbreiten sie einen 
bezeichnenden obgleich nicht sehr hervortretenden Geruch. 

Wenn nun gewöhnlicher alkoholhaltiger Aether mit 
gepulverten GallĂ€pfeln in BerĂŒhrung kommt, muss er 
dieses Geruchsprinecip nebst der GerbsÀure und einen 
grĂŒnen oder braunen Farbstoff denselben entziehen und 
hinterlÀsst dieses Gemenge beim Abdampfen nebst ge- 
wissen Verunreinigungen, welche dem Aether anhingen. 

Um diese Ansicht durch einen Versuch zu bekrÀftigen, 
verschaffte ich mir von Hr. Dr. Squibb reinen Aether, 
welcher bei freier Verdunstung nichts Riechendes hinter- 
liess. Derselbe wurde mit der erforderlichen Menge von 
Alkohol und Wasser gemischt und zum Ausziehen von 
gepulverten GallÀpfeln benutzt. Der Àtherisch alkoholische 
Auszug wurde in einer Schale bei gelinder WĂ€rme ver- 
dunstet, bis der Aether verflĂŒchtigt war. Der trockene, 
spröde RĂŒckstand wurde zu Pulver zerrieben. Er besass 
eine grĂŒnliche Farbe und einen entschiedenen Geruch 
nach zerriebenen GallÀpfeln, aber keinen Geruch nach 
unreinem- Aether. 

Ein Theil dieser GerbsÀure wurde mit Benzin dige- 
rirend ausgezogen, in welcher FlĂŒssigkeit die GerbsĂ€ure 
unlöslich ist und von dem Auszuge in einer Glasschale 
das Benzin verdunstet; es hinterblieb ein geringer RĂŒck- 
stand, welcher den charakteristischen Geruch der Gall- 
Ă€pfel (the well marked odor of nutgalls) besass. 

Die hieraus zu ziehende Folgerung ist, dass der 
Geruch der kÀuflichen GerbsÀure vornehmlich von dem 
Geruchsprincip der GallĂ€pfel selbst herrĂŒhrt, welcher von 
den Farbstoffen der GallÀpfel begleitet wird, zuweilen wohl 
auch von den riechenden Verunreinigungen des Aethers. 
In Anbetracht der Unlöslichkeit der GerbsÀure in Benzin, 
können durch letzteres der GerbsÀure die genannten Riech- 
und Farbstoffe entzogen werden. H. Ludwig. 


156 Helleborin und Helleborein. 


Digitalin. 

Man konnte dieses höchst giftige Alkaloid aus Digt- 
talis purpurea bisher bei gerichtlich-chemischen Unter- 
suchungen nicht mit Sicherheit nachweisen. (Man erin- 
nere sich der Schwierigkeiten, die in dieser Beziehung 
im Processe la Pommerais zu ĂŒberwinden waren.) Gran- 
deau hat einfache und sichere Reactionen auf Digitalin 
gefunden. Man scheidet es zunÀchst durch Dialyse ab, 
was noch gelingt, wenn in 100 CC. FlĂŒssigkeit nur 
0,10 Grm. desselben enthalten ist. Reines Digitalin fÀrbt 
sich mit concentrirter SchwefelsÀure braun, wird nach 
einiger Zeit weinroth und auf Zusatz von Wasser augen- 
blicklich schmutziggrĂŒn. Beim Eindampfen einer ver- 
dĂŒnnten Digitalinlösung tritt mit SchwefelsĂ€ure eine je 
nach der Menge des Digitalins mehr oder weniger dunkle, 
braunrothe FĂ€rbung ein, bei sehr geringen Mengen z.B. 
0,0005 Grm. eine rosa FÀrbung. BromdÀmpfe fÀrben mit 
SchwefelsÀure befeuchtetes Digitalin je nach der vorhan- 
denen Menge vom dunkelsten Violett bis zum Malven- 
violett. Diese FĂ€rbung ist bei noch weniger als 0,0005 
Gramm sichtbar. 

Im Handel kommt nach Lefort lösliches (von Merk 
in Darmstadt) und unlösliches (französisches) Digitalin vor. 
Ersteres fÀrbt sich mit SalzsÀure weniger und langsamer 
grĂŒn als letzteres. Chlorwasserstoff fĂ€rbt das unlösliche Digi- 
talin dunkelgrĂŒn, das lösliche dunkelbraun und entwickelt 
besonders aus letzterem den charakteristischen Digitalin- 
geruch. Das unlösliche erscheint unter dem Mikroskop 
als ein Gemenge von wenigstens zwei Substanzen. Die 
grĂŒne FĂ€rbung wird durch einen flĂŒchtigen Stoff hervor- 
gebracht, der beiden Digitalinsorten anhÀngt und ihnen 
den specifischen Geruch ertheilt, ĂŒbrigens können beide 
Sorten durch Dialyse getrennt werden. (Comptes rendus.) 

Dr. Reich. 


Helleborin und Helleborein. 


Als die wirksamen Bestandtheile in Helleborus niger L. 
urd Helleborus viridis L. bezeichnen A. Husemann und 
W. Marm& zwei Glykoside, die von ihnen Helleborin 
und Helleborein genannt werden. 

Das Helleborein kommt viel reichlicher in der schwar- 
zen als in der grĂŒnen Nieswurz vor, ĂŒbertrifft aber auch 
in letzterer an Menge betrÀchtlich das Helleborin. Zu 
seiner Darstellung wird die wÀsserige Abkochung der 


Helleborin und Helleborein. 157 


zerkleinerten Wurzeln mit Bleiessig gefÀllt, das Filtrat 
durch schwefelsaures Natron vom ĂŒberschĂŒssigen Blei 
befreit, durch Eindampfen stark concentrirt und dann so 
lange mit GerbsÀure versetzt, als noch ein Niederschlag 
entsteht. Dieser, stark ausgepresst, wird mit Weingeist 
und geschlÀmmter BleiglÀtte angerieben; auf dem Wasser- 
bade ausgetrocknet, mit Weingeist ausgekocht und aus 
der weingeistigen Lösung wird dann durch Aether das 
Helleborein gefÀllt. Es krystallisirt in durchsichtigen, 
erbsengrossen, aus mikroksopischen Nadeln zusammen- 
gesetzten Warzen, die an der Luft rasch kreideweiss 
werden und ein gelblich- weisses, sehr hygroskopisches 
Pulver geben, besitzt einen sĂŒsslichen Geschmack, 
löst sich leicht in Wasser, gar nicht in Aether und ist 
nach der Formel C5?H44030 zusammengesetzt. Von con- 
eentrirter SchwefelsÀure wird es mit braunrother, allmÀlig 
ins Violette ĂŒbergehender Farbe gelöst. 

Kocht man Helleborein mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure 
oder SalzsÀure, so scheidet sich rasch ein schön dunkel- 
veilchenblauer Niederschlag aus, der nach dem Trocknen 
ein graugrĂŒnes, amorphes Pulver bildet. Dieses Spaltungs- 
product ist das Helleboretin, isi geruch- und geschmack- 
los, löst sich weder in Wasser, noch in Aether, aber gut 
und mit violetter Farbe in Weingeist. Seine Zusammen- 
setzung ist C23H2006; die Spaltungsgleichung 

652 H44 030 — 0235 920 06 .- 2C22H!2O12, 

Um das Helleborin zu gewinnen, kocht man die 
zerkleinerten Wurzeln wiederholt mit Weingeist aus, engt 
die AuszĂŒge durch Destillation auf ein kleines Volumen 
ein und schĂŒttelt den RĂŒckstand wiederholt mit betrĂ€cht- 
lichen QuantitÀten kochenden Wassers, in welchem das 
Helleborin bei Gegenwart von Helleborein löslich ist. 
Nach starkem Concentriren und Erkaltenlassen scheidet 
sich dann das Helleborin aus und wird durch Umkrystalli- 
siren aus Weingeist gereinigt. Es bildet glÀnzend weisse, 
concentrisch gruppirte Nadeln, ist, im trockenen Zustande 
auf die Zunge gebracht, fast geschmacklos, aber seine 
weingeistige Lösung schmeckt ausserordentlich scharf 
und verursacht an den Lippen ein viele Stunden anhal- 
tendes Brennen. Es ist in kaltem Wasser unlöslich und 
löst sich nur wenig in Aether und fetten Oelen, aber gut 
in kochendem Weingeist und in Chloroform. Seine Zusam- 
mensetzung wird durch die Formel C7?H42012 ausgedrĂŒckt. 
Concentrirte SchwefelsÀure fÀrbt es prachtvoll hochroth; die 
Reaction ist ungleich intensiver und empfindlicher, als die 


158 Laserpitin. 


bekannte Salicinreaction. Wasser scheidet aus dieser 


Lösung einen harzartigen Körper, 

das Helleboresin, ab, welcher neben Zucker aus 
dem Helleborin entstanden ist. Am besten gelingt die 
Spaltung mit syrupartiger Chlorzinklösung. Das Helle- 
boresin von der Formel C60H3808 stellt nach dem Trock- 
nen ein grauweisses, geschmackloses Pulver dar, welches 


sich nicht in Wasser, nur wenig in Aether, aber gut in 


kochendem Weingeist löst. 

Die physiologischen Wirkungen dieser Stoffe sind 
folgende: Von Helleborein genĂŒgten 300 Milligr. in den 
Magen einer ausgewachsenen Katze gebracht zur tödtlichen 
Vergiftung, bei subcutaner Application war eine kleinere 
Dose ausreichend. Das Helleboretin ĂŒbt keine sichtlicheWir- 
kung auf den thierischen Organismus aus. Das Helleborin 
ist ein starkes Narcoticum, noch energischer als das Helle- 


borein. (Annal. d. Chem. u. Pharm. CXKXXV.55—65.) @. 


er 

Das Laserpitin ist ein von A. Feldmann in der 
Wurzel von Laserpitium latifolium L. aufgefundener Bitter- 
stoff, den ınan daraus durch Ausziehen mit Weingeist 
von 80 Proc. darstellen kann. Die reine Substanz kry- 
stallisirt leicht in vollkommen farblosen rhombischen Pris- 
men, ist geruch- und geschmacklos, in kaltem und kochen- 
dem Wasser unlöslich, leicht löslich in Alkohol, Aether, 
Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Terpenthinöl, Benzin und 
fetten Oelen. Die alkoholische Lösung reagirt neutral 
und schmeckt bitter; die Substanz schmilzt bei 1140 
zu farblosen, ölartigen Tropfen und erstarrt wieder zu 
einer amorphen Masse, die spÀter wieder krystallinisch 
wird. Ueber seinen Schmelzpunct erhitzt, verflĂŒchtigt 
sich das Laserpitin und sublimirt unzersetzt in öligen 
Tropfen; es ist unlöslich in Kali-, Natron- und Ammoniak- 
flĂŒssigkeit, in concentrirter SalzsĂ€ure, SalpetersĂ€ure und 
EssigsÀure; durch concentrirte SchwefelsÀure wird es mit 
kirschrother Farbe gelöst. 

Beim Erhitzen mit Kalihydrat zerfÀllt das Laserpitin 
in AngelikasÀure C10H5O? und einen alkoholartigen Kör- 
per, vom Verfasser Laserol = U23H2?03, genannt. 

Das Laserpitin besitzt die Formel C48H36014 und 
die Zersetzung in AngelikasÀure und Laserol erklÀrt sich 
nach der Gleichung: 


648436014 1. 2HO — C28H208 + 2(CiVHSO9) 


Untersuchung der Aloe succotrina. 159 


Das Laserpitin besitzt demnach denselben Kohlen- 
stoffgehalt wie Athamantin, Peucedanin und das diesem 
identische Imperatorin, wie es denn ĂŒberhaupt in seinen 
allgemeinen Eigenschaften mit diesen Stoffen ĂŒberein- 
stimmt. Bemerkenswerth ist, dass diese Substanzen sÀmmt- 
lich von botanisch nahestehenden Pflanzen aus einer natĂŒr- 
lichen Familie abstammen. (Annal. der Chem. und Pharm. 
CAXXV. 236 — 247.) G. 


Untersuchung der Aloö succotrina. 


Rochleder theilt in Folgendem die bis jetzt gewon- 
nenen Resultate in KĂŒrze mit, welche ©. Czumpelik 
aus seiner Untersuchung der Alo& succotrina gezogen hat. 

Hiernach muss die Alo& succotrin« als ein Gemenge 
von Substanzen angesehen werden, die in dem Safte der 
AloeblÀtter enthalten sind, mit einer nicht geringen Quan- 
titĂ€t von Stoffen, die durch Zersetzung der ursprĂŒnglichen 
Bestandtheile entstanden sind, abgesehen von Sand, Holz- 
stĂŒcken und anderen Unreinigkeiten, die bald in grösserer, 
bald geringerer Menge zugegen sind. Zu den eigentlichen 
Bestandtheilen der Alo& gehört ein krystallisirbarer Stoff, 
der in allen seinen Eigenschaften von dem Aloin verschie- 
den ist. Er lÀsst sich aus erwÀrmtem, wÀsserigen Wein- 
geiste umkrystallisiren und auf diese Weise rein erhalten. 
Seine Natur zu erforschen muss jedoch weiteren Versuchen 
vorbehalten bleiben. Das Aloin ist ein zweiter Bestand- 
theil der Alo&, welcher bis jetzt aus der Alo& suecotrina 
vergeblich darzustellen versucht wurde. Die Menge des 
Aloins ist nicht unbedeutend und betrÀgt circa 1 Loth auf 
11/, Pfd. Aloe Czumpelik hat es in allen im Handel vor- 
kommenden Sorten von Alo& succotrina aufgefunden. Er hat 
auch das Bromaloin von Stenhouse daraus dargestellt, so 
dass an der IdentitÀt dieses Aloins mit dem aus Barbados- 
Alo& kein Zweifel ist. Durch Behandlung einer weingeistigen 
Aloin-Lösung mit SalzsÀure wird das Aloin zerlegt und giebt 
dabei ein gelbes krystallisirtesSpaltungsproduct, welches mit 
Alkalien dieselbe Reaction zeigt, wie die ChrysophansÀure. 
Ein dritter Bestandtheil der Alo& ist ein schön gelbes, beim 
Betropfen mit SalzsÀure sich blutroth fÀrbendes Harz. 
Dieses wird durch Behandlung mit Alkalien in wÀsseriger 
Lösung bei erhöhter Temperatur zerlegt und giebt dabei, 
neben anderen, den farblosen in zolllangen Nadeln kry- 
stallisirten Stoff, den man erhÀlt, wenn Alo& direct mit 
-Aetznatronlösung gekocht, die FlĂŒssigkeit mit Schwefel- 


160 Verhalten der Alo& zur Thierkohle. 


sÀure gesÀttigt und mit Aether ausgezogen wird. Der 
vierte Bestandtheil endlich ist ein Gerbstoff, eine ad- 
stringirend schmeckende, Eisenoxydsalze schwÀrzende Sub- 
stanz, die nur in geringer Menge vorhanden ist und offenbar 
in Folge der leichten VerÀnderlichkeit zum grössten Theile 
im zersetzten Zustande sich unter den Stoffen befindet, 
welche die Aloöbestandtheile begleiten. Diese Substan- 
zen bleiben ungelöst zurĂŒck, wenn die Alo@ mit wenig 
mehr als der gleichen Gewichtsmenge von wasserfreiem 
Alkohol im gepulverten Zustande behandelt wird. Sie 
sind schwarz von Farbe und unmöglich als solche in dem 
Safte der AloeblÀtter fertig gebildet vorhanden. 

Hieran schliesst Rochleder noch eine Bemerkung, 
welche das Aloin betrifft. Stenhouse hat fĂŒr dieses 
purgirende Princip, das Smith in der Barbados - Alo& 
entdeckte, die Formel C34 H18 014 aufgestellt. Dieser 
Zusammensetzung nach ist das Aloin nicht unwahrschein- 
lich ein Glykosid, das sich nach der Gleichung C34 413014 
 4H0 = C*H1006 + ClH12 012 spalten wĂŒrde. 
Dieses C??H1!006, welches Rochleder Aloötin nennen 
wĂŒrde, wĂ€re homolog mit der ChrysophansĂ€ure, dem pur- 
girenden Stoffe der Rhabarber und das dritte Glied der 
Reihe, die mit dem Purpurin des Krapps beginnt: 


C18 16 06 — Purpurin, 
C20 H3 06 — ChrysophansĂ€ure, 
C22 11006 — Aloetin. 


FĂŒr diese Vermuthung sprechen die Eigenschaften des 
von Czumpelik gefundenen Spaltungsproductes der Chry- 
sophansÀure. (Sitz.-Der. der k. k. Gesellsch. der Wissensch. 
— (Chem. Centrbl. 1866. 2.) B. 


Verhalten der Alo& zur Thierkohle. 


Bei Gelegenheit der Untersuchung des Daubitz’schen 
KrÀuterliqueurs hat Jacobsen gefunden, dass die Alo& 
vollstĂ€ndig durch Thierkohle zurĂŒckgehalten wird, wenn man 
die FlĂŒssigkeit einige Zeit unter öfterem UmrĂŒhren bei 
Seite gestellt hat. Das Filtrat ist farblos und schmeckt 
nicht mehr nach Alo&. Auf diese Weise lÀsst sich auch sehr 
gut der Zucker in dem genannten Liqueure nachweisen. 
Beispielsweise hat Jacobsen 3 Drachmen AloÀtinctur und 
1 Drehm. Zucker in 1Drchm. Wasser gelöst, zusammengegos- 
sen, reine Thierkohle hinzugesetzt und wie oben behandelt. 
Das Filtrat war farblos, schmeckte nicht mehr nach Alo& und 


N RE 
AloetinsĂ€ure. — ChrysocyaminsĂ€ure. 161 


gab nach dem Abdampfen auf dem Wasserbade genau die 
Drachme Zucker als weisses, sĂŒsses Pulver. (Böttger’s 
polyt. Notizbl.) B. 


Die AloötinsÀure, 


ein Oxydationsproduct der Alo@ mittelst Salpeter- 
sÀure, hat nach C. Finckh folgende Eigenschaften: 


Sie besteht aus einem sattgelben amorphen Pulver, 
welches bei 1200 unter Abgabe von 1 Aeg. HÖ sich 
brÀunt, wenn sie aus der Lösung des Barytsalzes in der 
KĂ€lte durch verdĂŒnnte SalpetersĂ€ure abgeschieden wird. 
War die Lösung des Barytsalzes heiss, so erscheint sie 
als braune, amorphe Masse. In kaltem Wasser ist sie 
wenig löslich, mehr in kochendem mit purpurrother Farbe, 
welche auf Zusatz von SĂ€uren in Gelb ĂŒbergeht und beim 
Neutralisiren mit Basen wieder roth wird. In Weingeist 
löst sie sich leicht mit rother Farbe; auf Platinblech erhitzt 
verpufit sie. Ihr Geschmack ist stark bitter und kratzend. 
Ihre Zusammensetzung wird durch die Formel C14AH2N2O10 
ausgedrĂŒckt, die sich von der Formel der ChrysaminsĂ€ure, 
CI H2N2O!2, einem anderen Oxydationsproduct der Alo& 
mittelst SalpetersĂ€ure, nur durch ein Minus von 2 OÖ unter- 
scheidet. Durch Kochen mit concentrirter SalpetersÀure 
wird die AloötinsĂ€ure auch in ChrysaminsĂ€ure ĂŒbergefĂŒhrt. 

Die AloetinsÀure ist eine ziemlich starke SÀure und 
treibt die KohlensÀure aus ihren Salzen aus; mit den 
Alkalien und Erdalkalien bildet sie in Wasser mit Purpur- 
farbe lösliche Salze; schwer- und zum Theil unlöslich 
sind die Verbindungen mit den Oxyden schwerer Metalle. 
(Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 236— 240.) @. 


ChrysoeyaminsÀure. 


Diese neue SĂ€ure erhielt C. Finckh beim Eintra- 
gen von ChrysaminsÀure in eine erwÀrmte Lösung von 
Cyankalium. In reinem Zustande liess sich die SĂ€ure 
nicht darstellen, aus der Analyse ihrer Salze aber ergab 
sich fĂŒr dieselbe die Formel C18H3N3012, Die Verbin- 
dungen der COhrysocyaminsÀure mit Natron, Kali und 
Ammoniak sind leicht löslich und krystallisirbar, die 
meisten ĂŒbrigen Metallsalze sind dunkelroth gefĂ€rbte kry- 
stallinische NiederschlÀge, welche zum Theil in reinem 
Wasser etwas löslich, meist jedoch vollkommen unlöslich 


Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds.1.u.2.Hft. 11 


162 Entwickelungsgeschichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen. 


sind. Beim Erhitzen verpuffen sÀmmtliche Salze wie 
Schiesspulver. {Eine geringe Menge des Kalisalzes in 
Wasser geworfen löst sich mit intensiver dunkelviolett- 
rother Farbe auf. (Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 
229 — 236.) G. 


Chloranil. 


Behandelt man eine alkoholische Lösung von Capalo& 
mit Chlor, so trennt sich die FlĂŒssigkeit in zwei Schich- 
ten, wovon die obere Producte der Einwirkung von Chlor 
auf Alkohol enthÀlt, wÀhrend die untere aus einem orange- 
gelben halbflĂŒssigen Harze besteht, welches sich in kaltem 
Weingeist mit rothbrauner Farbe löst, unter Abscheidung 
von gelblich-weissen KrystallblÀttchen. Diese Krystalle 
sind nach der Untersuchung von C©. Finckh Chloranil 
— (1201404 (Annal. der Chem. und Pharm. CXXXIV. 
241— 242.) 6. 


Untersuchungen ĂŒber die Entwickelungsgeschichte des 
Farbstofls in Pflanzenzellen 


hat Adolf Weiss (Prof. der Botanik an der Univer- 
sitÀt Lemberg) veröffentlicht. Er stellte dieselben mit 
den Beeren von Lycium barbarum L., Solanum Dulcamara 
L., Solanum capicastrum Lk., Solanum laciniatum Ait., 
Solanum pseudocapsicum L., den Zellen des gelben Ueber- 
zugs, der die Samen von Evonymus europaeus L. beklei- 
det, den Beeren von Capsicum baccatum, Asparagus ver- 
tzcillatus L. an, welche sÀmmtlich einen nicht gelöst 
auftretenden gelbrothen Farbstoff enthalten und fasst 
die Resultate seiner mitgetheilten und durch schöne colo- 
rirte Abbildungen erlÀuterten Beobachtungen in folgende 
allgemeinere SĂ€tze zusammen: 

1. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt in einer und 
derselben Zelle fast immer auf zwei oder mehre von 
einander verschiedene Weisen. 

2. Sie geschieht nicht in der Weise, dass etwa die 
Chlorophyllkörner zuerst verschwinden und durch 
Neubildung sich auf einer neuen Unterlage neuer Farb- 
stoff erzeugt, sondern indem die Unterlage des frĂŒheren 
Chlorophylikorns (wohl meist Amylum) bleibt und nur 
das grĂŒne Pigment, welches sich unter Einwirkung des 
Lichtes darauf abgelagert hatte, succesive durch alle Ab- 
stufungen von Gelb hindurch in den schliesslich rothgelben 
Farbstoff verwandelt. 


Dh, N A 
+ er Ri 


' Entwickelungsgeschichte des Farbstoffs in Pflanzenzellen. 163 


3. Die Ursache dieser Farbenwandlung muss in einer 
durch die VorgÀnge des Reifens der Beere verÀnderten 
DiffusionsthÀtigkeit der Zellen gesucht werden, ob- 
gleich sich derzeit ĂŒber die zu Grunde liegenden chemi- 
schen VerhÀltnisse nichts angeben lÀsst. 

4. Neben dieser bei weitem hÀufigsten Bildungsart 
kommt gewöhnlich eine zweite von ihr gÀnzlich verschie- 
dene vor, durch welche im Innern von BlÀschen der 
Farbstoff direct aus dem Protoplasma oder richtiger aus 
der stickstoffhaltigen Materie im Innern derselben ent- 
steht. 

5. Die fertigen Farbstoffgebilde erhalten spÀter an 
ihren Enden meist farblose SchleimfÀden, welche zwei 
oder mehre derselben verbinden und möglicherweise 
das Product einer Umwandlung sein können, welche die 
Unterlage (Amylum) des Farbstoffs bei und nach der 
Reife erfÀhrt. 

6. Schliesslich zerfallen die Farbstoffgebilde, indem 
ihr Pigment allmÀlig immer blÀsser und blÀsser wird, in 
ihre einzelne Theile (Unterlage und Pigment). 

Weiss bedient sich in seiner Abhandlung des Aus- 
druckes BlĂ€schen zur Bezeichnung eigenthĂŒmlicher Ge- 
bilde im Innern von Pflanzenzellen und er spricht sich 
ĂŒber dieselben dahin aus: 

Es ist sicher, dass im Innern von Zellen eine Art 
von Elementarorganen, BlÀschen, vorkommen, die aus 
einer Membran und einem von ihr scharf getrennten 
flĂŒssigen Inhalte bestehen, in oder aus welchem sich im 
Verlaufe ihres Lebens Amylum, Chlorophyll und 
Farbstoffe bilden können, die demnach wie die Zellen 
selbst eine fortschreitende Entwickelung zeigen. Ihr Unter- 
schied von dem, was wir Zelle nennen, dĂŒrfte kaum 
darin bestehen, dass sie ohne Einwirkung eines Cytoblasten 
sich individualisiren, jedenfalls aber, dass wir an ihnen 
vor der Hand keine CellulosehĂŒlle nachweisen kön- 
nen, ja dass sie dieselbe höchst wahrscheinlich durchaus 
nicht besitzen. Generisch sind sie von unseren Zellen 
sicher nicht verschieden. Was den Cytoblasten be- 
trifft, so wird ihm ebenfalls sicher die Zellennatur zu- 
gesprochen werden mĂŒssen. (Sitzungsber. der k.k. Akad. 
der Wissensch. Math.-naturw. Cl. 50. Bd. I. Heft. I. Abth. 
8.6 — 35.) H. Ludwig. 


14% 


SE NE RER RA 
164 Ueber das Chlorophyll. | 


Ueber das Chlorophyll. 


Durch frĂŒhere Untersuchungen hat E. Fremy ge- 
zeigt, dass man das Chlorophyll durch Einwirkung von 
SalzsÀure und Aether in einen gelben Körper Phylloxanthin 
und in einen blauen Phyllocyanin spalten kann. Ganz 
Àhnlich wie SalzsÀure wirken auch andere SÀuren, selbst 
schwache, wie sich im weiteren Verlaufe seiner Unter- 
suchungen ergeben hat. Eine Reindarstellung der Spal- 
tungsproducte war aber auf diesem Wege nicht zu ermög- 
lichen. 

Fremy studirte darauf die Einwirkung der verschie- 
denen Basen auf das Chlorophyll und stellte Folgendes fest. 

Die Basen scheinen auf das Chlorophyll in dreifach 
verschiedener Weise zu wirken. 

1) Die Hydrate gewisser Erdbasen, wie die Magnesia 
und namentlich Thonerdehydrat mit einer alkoholischen 
Lösung von rohem Chlorophyll geschĂŒttelt, geben Lacke, 
indem sie sich mit der grĂŒnen Substanz verbinden, und 
lassen im Alkohol eine gelbe Substanz und namentlich 
auch Fett gelöst. 

2) Alkoholisches Kali und Natron verhalten sich zum 
Chlorophyll in der Siedhitze wie die SĂ€uren, verseifen 
aber gleichzeitig die Fettkörper, welche dasselbe verun- 
reinigen. Auf diese Weise erhĂ€lt man eine grĂŒne FlĂŒssig- 
keit, in welcher man leicht die Gegenwart der beiden 
Spaltungsproducte nachweisen, diese Substanzen aber nur 
schwierig rein darstellen kann. 

3) Die alkalischen Erden, wie Kalk, namentlich Baryt, 
verhalten sich am eigenthĂŒmlichsten gegen das Chloro- 
phyll. Kocht man durch Thonerde „ereinigtes Chloro- 
phyll eine Zeit lang mit Barythydrat, so schlÀgt sich das 
Phyloxanthin, gleichzeitig mit einem unlöslichen Baryt- 
salze nieder. Letzteres enthÀlt einen zweiten Körper, 
den Fremy vorlÀufig PhyllocyaninsÀure nennt. Das 
Chlorophyll verhÀlt sich hiernach wie Fett, das neutrale 
Phylloxanthin entspricht dem Glycerin und die Phyllo- 
cyaninsĂ€ure wĂŒrde als eine blaugrĂŒn gefĂ€rbte FettsĂ€ure 
anzuseheu sein. 

Nach Vollendung der Spaltung wird die Masse mit 
Alkohol behandelt; in diesem löst sich das Phylloxanthin 
und scheidet sich aus der Lösung nach seinem Verdun- 
sten wieder ab. Aus dem phyllocyaninsauren Baryt er- 
hÀlt man durch Zersetzung mit SchwefelsÀure die Phyllo- 
cyaninsÀure. Das Phylloxanthin ist neutral, unlöslich in 
Wasser, löslich in Alkohol und Aether, krystallisirt bald 


ee 
Ef 


Die Farbstoffe der BlÀtter. 165 


in gelben BlÀttchen, bald in röthlichen Prismen, welche 
in ihrem Ansehen Aehnlichkeit mit zweifach chromsaurem 
Kali haben. | 

Die PhyllocyaninsÀure ist unlöslich in Wasser, lös- 
lich in Alkohol und Aether, und erhÀlt in diesen letzteren 
FlĂŒssigkeiten eine olivengrĂŒne im reflectirten Licht braun- 
rothe oder violette FĂ€rbung. Alle ihre Salze sind braun 
oder grĂŒn; nur die Salze der Alkalien sind in Wasser 
löslich. Die SÀure löst sich in SchwefelsÀure oder Salz- 
sĂ€ure je nach der Concentration mit grĂŒner, röthlicher, 
violetter oder schön blauer Farbe, durch einen Ueber- 
schuss von Wasser wird die PhyllocyansÀure wieder aus- 
geschieden. Die Existenz einer aus dem Chlorophyll ab- 
zuscheidenden SĂ€ure, welche durch die Einwirkung ge- 
wisser Agentien grĂŒne, violette und blaue FĂ€rbung annimmt, 
gilt Fremy als das beachtenswertheste Factum, welches 
diese Untersuchung zur Kenntniss gebracht hat. (Compt. 
rend. T.61. — Chem. Centrbl.) B. 


Ueber die Farbstoffe der BlÀtter. 


Sowohl die BlĂŒthen als auch andere schnell sich ent- 
wickelnde Pflanzenorgane enthalten nach Chatin und 
Filhol eine Substanz (A), die sehr begierig Sauerstoff 
aufnimmt, sich unter dessen Einfluss verÀndert und die 
BlÀtter im Herbst braun fÀrbt. 

Das Chlorophyll wird durch die Wirkung des Lichtes 
und der Luft gelblich-braun und wird dann durch Salz- 
sĂ€ure nicht wieder grĂŒn. Die gleichzeitige Einwirkung 
des Lichtes und der Luft auf das Chlorophyll wird, wie 
schon Fremy gezeigt hat, durch die Gegenwart von 
Basen begĂŒnstigt, durch SĂ€uren dagegen erschwert; mehre 
derselben (MineralsÀuren) verÀndern es bekanntlich gÀnzlich. 

Es ist bekannt, dass Payen aus der Cuticula der 
BlÀtter mehre fettartige Substanzen ausgezogen hat. Cha- 
tin und Filhol haben gefunden, dass die OberflÀche 
der jungen BlÀtter (eben so der BlumenblÀtter) mit einer 
schĂŒtzenden fettartigen Materie ĂŒberzogen ist, welche 
sich vermindert, je nÀher die Periode des Gelbwerdens 
oder des FÀrbens der BlÀtter hervortritt. 

Als Chatin und Filhol grĂŒne BlĂ€tter durch Ein- 
tauchen in reinen oder noch besser in ammoniakalischen 
Aether von der oberflÀchlichen Fettschicht befreiten und 
dann der Luft ausetzten, nahmen sie ziemlich rasch die 
Farbe abgestorbener BlĂ€tter an. Das Ammoniak begĂŒn- 


166 Die Farbstoffe der BlÀtter. 


stigt eben so wie die anderen Alkalien die Umwandlung 
der Substanz A, welche der zersetzenden Wirkung der 
physikalisch-chemischen Agentien nicht widerstehen kann, 
einmal weil sie nicht genĂŒgend durch die fettartige Firniss- 
schicht geschĂŒtzt ist, dann aber ohne Zweifel auch, weil 
das Leben der Zellen durch den Aether alterirt wird. 
Der Sauerstoff der Luft wird dabei zu KohlensÀure. Die 
BlĂŒthen erleiden dieselben VerĂ€nderungen. 

Die meisten weissgestreiften BlÀtter fÀrben sich nach 
der Einwirkung des ammoniakalischen Aethers braun, 
nur sehr selten bleiben welche weiss (Acer Negundo) in 
Folge der ausnahmsweisen Abwesenheit der Substanz A. 
Die BlÀtter mehrer Pflanzen (Malus etc.) fÀrben sich 
gegen das Ende des Sommers gelb, dann roth, aber 
niemals zuerst roth und dann gelb. Die gelb gewordenen 
BlÀtter werden nach Behandlung mit ammoniakalischem 
Aether und nachherigem Auslegen an die Luft roth, indem 
sie Sauerstoff absorbiren. Schwefelige SĂ€ure und andere 
desoxydirende Mittel fÀrben die roth gewordenen BlÀtter 
wieder gelb. 

Die gelben BlÀtter, welche spÀter die rothe FÀrbung 
annehmen, scheinen demnach in dem ersten Grade der 
Oxydation der rothen BlÀtter zu stehen. Bei einigen 
Pflanzen, wie den AprikosenbÀumen (Armeniaca), den 
Pappeln (Populus) werden die BlĂ€tter ĂŒbrigens nur gelb, 
niemals roth; die Oxydation schreitet also bei diesen 
nicht so weit fort. Eben so verhÀlt es sich mit den gelben 
FrĂŒchten von Rubus Idaeus, Prunus, Ribes etc., gegen- 
ĂŒber den rothen FrĂŒchten, welche andere VarietĂ€ten der- 
selben Species hervorbringen. Das Cyanin in den BlÀt- 
tern von Pelargonium zonale und anderer Pflanzen fÀrbt 
manche BlÀtter roth; eine andere Substanz, welche sich 
durch ihre NichtfÀrbung im zerstreuten Lichte auszeichnet, 
fÀrbt die BerberisblÀtter roth. Aether entzieht den Nuss- 
blÀttern (Juglans) eine farblose Substanz, welche unter 
den EinflĂŒssen des Ammoniaks und der Luft eine schön 
violette Farbe annimmt. Diese Substanz wird wÀhrend 
der herbstlichen FÀrbung zerstört; sie findet sich noch 
nicht in den BlĂ€ttern des FrĂŒhlings. 

In den BlÀttern und im Allgemeinen in allen kraut- 
artigen Theilen findet sich Quercitrin. Mit demselben 
kommt hÀufig Tannin, bisweilen GallussÀure vor, die beide 
mit den Eisensalzen eine FĂ€rbung geben. Neben dem 
Quercitrin oder auch bei dessen Abwesenheit findet man 
ferner das Quercetin und das Melin (Bolley, Stein). 


ER N 


Ueber einige Flechtenstoffe. 167 


Diese Substanzen kommen in verschiedener Menge vor, 
das Quercetin ist die verbreiteste, das Tannin kommt 
viel weniger vor, die GallussÀure ist selten. (Compt. rend. 
T.57. — Journ. fĂŒr prakt. Chrmie. Bd. 59. 6.) B. 


Ueber einige Flechtenstofle. 


Zur Untersuchung verwendete H. Lamparter zwei 
verschiedene Sorten von Koccella fuciformis, der sonst 
zur Bereitung von Orseille dienenden Valparaisoflechte. 

Das aus der einen Flechte nach dem frĂŒher von 
Stenhouse angegebenen Verfahren dargestellte Chromo- 
gen hatte, obgleich in seinen Àusseren Eigenschaften und 
sonstigem Verhalten dem gewöhnlichen aus diesen Flech- 
tenarten erhaltenen Erythrin ganz Àhnlich, doch eine 
andere, von dem gewöhnlichen Erythrin um C?H? sich 
unterscheidende Zusammensetzung C??H2?020 4 2HO. 
Dieser Körper, als Beta-Erythrin zu bezeichnen, schmilzt 
schon bei 115— 1160 unter heftiger Entwickelung von 
KohlensÀure, wÀhrend das gewöhnliche Erythrin bei 1370 
schmilzt und erst ĂŒber 200° erhitzt KohlensĂ€ure entwickelt. 
Wird das Beta-Erythrin lÀngere Zeit mit starkem Wein- 
geist gekocht, so entsteht neben OrsellinsÀureÀther 
ein neuer Körper, der wiederum in seiner chemischen 
Zusammensetzung von dem sonst bei dieser Behandlung 
erhaltenen Pikroörythrin verschieden ist und Beta- 
Pikroörythrin zu nennen ist. Dasselbe löst sich sehr 
leicht in Wasser und Alkohol, nur ganz wenig in Aether, 
hat eine schwach saure Reaction und giebt mit Chlorkalk 
eine rothe FĂ€rbung. Es hat die Formel C26H16 012, 
Das Beta-Pikroörythrin lÀsst sich durch Kochen mit Baryt- 
wasser, Àhnlich wie das gewöhnliche Pikroörythrin, in 
zwei weitere Körper spalten, wovon der eine wie Orein 
in Aether löslich, der andere darin unlöslich ist. Diese 
sind das Betaorcin, C16H1004, und das Erythro- 
glyein, C8H!008. Das Betaorein ist leicht löslich in 
Wasser, Weingeist und Aether und verhÀlt sich gegen 
SalpetersÀure, gegen chromsaures Kali und SchwefelsÀure 
und gegen Brom ganz wie gewöhnliches Orcin. Mit Eisen- 
chiorid giebt es einen fast schwarzen Niederschlag, der 
beim Vermischen mit Wasser violett erscheint, wÀhrend 
gewöhnliches Orein mit Fe2Cl3 einen dunkelrothen Nieder- 
schlag hervorbringt. 3 

Die andere Flechtensorte wurde auf dieselbe Weise 
behandelt, wie die erstere; das erhaltene Chromogen ver- 


PRT ek 1 IR TERFATT 
MEN PR 


a r} 
168 Catechin. 


hielt sich aber wie gewöhnliches Erythrin, fĂŒr wel- 
ches der Verfasser die Strecker’sche Formel 04022020 
annimmt. Das aus dem Erythrin gewonnene und durch 
Destillation gereinigte Orcin, C14 H804, schmilzt in wasser- 
freien Zustande bei 86°, siedet zwischen 286 — 2900 und 
schiesst aus wÀsseriger Lösung in schönen regelmÀssigen 
Krystallen an. Mit Brom geht das Orcin zwei Verbin- 
dungen ein: Monobromorcin, C!4H7BrO4, entsteht, 
wenn man zu einer wĂ€sserigen Lösung von Örcin so 
lange Bromwasser zusetzt, als noch kein oder ein gerin- 
ger Niederschlag entsteht und dann die FlĂŒssigkeit zur 
Krystallisation eindampft. Es krystallisirt wasserfrei, 
schmilzt bei 1350 und fÀngt schon unter 1000 an zu sub- 
limiren. Tribromorcin, C!14H5Br304, erhÀlt man, 
wenn man zu einer concentrirten, wÀsserigen Lösung von 
Orein so lange Brom zusetzt, als noch eine Einwirkung 
statt findet. 


Das Erythroglycin (der Erythromannit) bildet 
sich neben Orcin beim Kochen von Erythrin mit Basen, 
nicht aber, wie Stenhouse behauptet, beim Kochen 
von OrsellinsÀureÀther mit Alkalien. Durch rauchende 
SalpetersÀure wird das Erythroglycin in eine neue SÀure 
ĂŒbergefĂŒhrt, die ErythroglycinsĂ€ure, C8SH3010, die 
nicht krystallisirbar ist und zu dem Erythroglyein in 
demselben VerhÀltnisse steht, wie die GlycerinsÀure zum 
Glycerin. (Ann. der Chem. u Pharm. CXXXIV. 243— 262.) 

| @. 


Ueber das Catechin. 


Behufs der Darstellung des Catechins behandelte 
P. SchĂŒtzenberger gelbes Bombay-Catechu mit kaltem 
Wasser, um die CatechugerbsÀure zu entfernen, löste so- 
dann den RĂŒckstand in siedendem Wasser, worauf sich 
beim Erkalten aus der filtrirten FlĂŒssigkeit gelbes Cate- 
chin abschied. Reines Catechin erhÀlt man in Nadeln, 
wenn man das unreine Catechin in Wasser löst, mit Blei- 
zuckerlösung fÀllt, den Niederschlag durch Schwefelwasser- 
stoff zerlegt und wie gewöhnlich verfÀhrt. Es schmilzt 
bei 2170. SchĂŒtzenberger studirte die Derivate des- 
selben, da die einfache Analyse des bei 1400 getrockneten 
. Catechins kein brauchbares Resultat ergab. Er gelangte 
hierbei zu Derivaten, welche Kraut und van Delden 
in ihrer Arbeit ĂŒber das Catechin nicht erwĂ€hnt haben, 
aus deren Zusammensetzung aber ebenfalls keine bestimmte 


Kino. — Scoparin. — Katanhin. 169 


Formel fĂŒr das Catechin ableitbar ist. (Bull. de la soc. 
chim. — Journ. fĂŒr prakt. Chem. Bd. 96. p. 266.— 268.) 
C. Bl. 


Kino. 


Da man in dieser Drogue Catechin gefunden hat, so 
musste man mit Wahrscheimlichkeit bei der Behandlung 
mit Kali auch Phloroglycin daraus erhalten. 

Dies ist in der That der Fall. Hlasiwetz erklÀrt, 
unter allen bisher bekannten, Phloroglycin liefernden 
Materien das Kino als das wohlfeilste Material. Er fand, 
dass 100 Grm. Kino 92 Grm. Phloroglycin gaben. (Nach 
frĂŒheren Angaben nur 12 Proc.) (Annal. der Chem. und 
Pharm. UOXXXV. 122.) @. 


Ueber das Scoparin. 


Der krystallisirte Farbstoff von Spartium scoparium, 
mit dem uns zuerst Stenhouse bekannt machte, gehört 
in die Quercetingruppe. H. Hlasiwetz hat eine Probe der 
Substanz (4 Grm.) in derselben Weise mit Kali behandelt, 
wie es beim Quercitrin geschah und als Resultat der Zer- 
setzung ProtocatechusÀure und Phloroglycin er- 
halten, wie von diesem auch. Der Bildung dieser Ver- 
bindungen scheint die Entstehung eines Mittelgliedes nach 
Art der QuercetinsÀure vorauszugehen. 

Die empirische Formel von Stenhouse zu Grunde 
gelegt, wÀre das Endresultat des Vorgangs vielleicht: 

C4242202 1 100 — C1?H606 + 
Scoparin Phloroglyein 
2 C14H608 + C20?-- 4HO 
ProtocatechusÀure. 


(Sitz.-Ber. der Wien. Akad. Bd.5ö5. 1866.) B. 


Ueber das Ratanhin. 


Der von Wittstein aus dem amerikanischen Ratan- 
hia-Extracte dargestellte und von ihm fĂŒr Tyrosin gehal- 
tene farblose krystallinische Körper ist nach den Unter- 
suchungen von Emil Ruge nicht Tyrosin, sondern ein 
neuer Körper, das Ratanhin. Dasselbe wird erhalten, wenn 
man die Auflösung des Extractes mit Bleiessig fÀllt, das 
Filtrat mittelst Schwefelwasserstoff vom Blei befreit und 
bis auf ein kleines Volumen verdunstet. Nach zwölf- 
stĂŒndigem Stehen wird der entstandene Krystallbrei ge- 


EEE NE TE 7 


EIERN Ge 


ee 
a 


ve Ar 2\ ET a, a Frhr 4 = Ba 7 A 7 N u  ETT “ 
170 Ratanhin, 


presst und gewaschen, dann in Ammoniak und etwas 
kohlensaurem Ammoniak gelöst und nach dem Abfiltriren 
des ausgeschiedenen kohlensauren Kalks die Lösung der 
freiwilligen Verdunstung ĂŒberlassen. Die entstehenden 
KrystallbĂŒschel des Ratanhins sind denen des Tyrosins 
tÀuschend Àhnlich. Man reinigt dieselben, indem man 
sie von der Mutterlauge durch Pressen und Waschen 
befreit, in heissem Wasser löst, etwas Bleiessig hinzu- 
fĂŒgt, filtrirt und mit dem durch Schwefelwasserstoff ge- 
fÀllten Schwefelblei kocht, bis der Geruch nach Schwe- 
felwasserstoff verschwunden ist, endlich siedendheiss fil- 
trirt und zur Krystallisation hinstellt. Man erhÀlt nach 
einiger Zeit das Ratanhin in prÀchtigen Drusen, deren 
Krystallnadeln sich leicht verfiizen. Die grösste Aus- 
beute, welche Ruge erhielt, betrug 1,25 Proc. Die Ra- 
tanhiawurzel enthielt kein Ratanhin. Dasselbe ist also 
wahrscheinlich ein erst im Extract entstandenes Zersetzungs- 
product. Die Analyse fĂŒhrte zu der Formel: C20H13NO6, 

Es unterscheidet sich das Ratanhin vom Tyrosin nur 
durch ein Mehr von O?H?. 

In seinem Verhalten gegen salpetersaures Quecksil- 
beroxyd unterscheidet sich das Ratanhin vom Tyrosin 
wesentlich. Eine bei 150 gesÀttigte Ratanhinlösung giebt 
nach mehrtÀgigem Stehen nach dem Versetzen mit eini- 
gen Tropfen der Lösung des Quecksilbersalzes beim Er- 
hitzen eine hĂŒbsch rosenrothe FĂ€rbung ohne TrĂŒbung. 
Eine TrĂŒbung tritt erst im geringen Grade bei lĂ€ngerem 
Kochen ein, der nach dem Erkalten entstandene Boden- 
satz löst sich aber beim Wiedererhitzen und scheidet 
‘ sich beim Erkalten nicht stĂ€rker ab. Neu hinzugefĂŒgte 
Quecksilbersalzlösung bringt braunrothe Flocken darin 
hervor. 

Ratanhin mit wenig Wasser angerieben, giebt, wenn 
man unter UmschĂŒtteln so viel verdĂŒnnte SalpetersĂ€ure 
hinzufĂŒgt, dass die Mischung noch dĂŒnnbreiförmig bleibt, 
beim ErwÀrmen eine Lösung, die beim Kochen aus einer 
rosenrothen in eine rubinrothe und endlich durchs Vio- 
lette in eine tief indigblaue FĂ€rbung ĂŒbergeht. Die ver- 
dĂŒnnte Lösung zeigt im durchfallenden Lichte nach die- 
ser Manipulation eine blaue oder violette, im auffallenden 
Lichte eine undurchsichtige blutrothe Farbe. Ein Zusatz 
von concentrirter SchwefelsÀure oder SalzsÀure und schwa- 
ches ErwÀrmen steigert die IntensitÀt der blauen Farbe, 
beim stÀrkeren Erhitzen tritt aber der Farbenton durch 
die oben genannten NĂŒancen wieder ins Rothe zurĂŒck. 


np TR a 5 ae A da N 
Er Se N 


N 


Anwendung der Ratanhia in der FĂ€rberi. 171 


Das Ratanhin unterscheidet sich durch diese Àus- 
serst empfindliche Reaction sehr charakteristisch vom 
Tyrosin. 

Ruge hat folgende Verbindungen des Ratanhins dar- 
gestellt und nÀher untersucht: 

1. Barytverbindung — C?0H!1Ba?NO¼. 

2. Salzsaures Ratanhin — C2HVB3NO$6, HC. 

3. RatanhinschwefelsÀure = HO,C20H12NO5, S?06 

(einbasische) 

und zweibasische — 2 HO, C20H1?NO3, S?O¼. 

(Journ. fĂŒr prakt. Chem. Bd. 96. pag. 106—115.) C. B. 


Die Anwendung der Ratanhia in der FĂ€rberei. 


Neuere Versuche von Jul. Roth haben nach dem 
Bulletin industriel de Mulhouse nachgewiesen, dass die 
Ratanhia auch als Farbstoff verwandt werden kann; 
sie giebt ohne Beizen ziemlich solide Farben, fÀrbt Wolle 
und Baumwolle und ertheilt der Seide sehr schöne 
und glĂ€nzende NĂŒancen, die man gewöhnlich mit einem 
Gemisch von Orseille und Krapp darstellt; die dunklen 
Farben auf Wolle kann man- nur mit Beizen herstellen. 
Sehr verschiedene FÀrbungen erhÀlt man namentlich, wenn 
man die ursprĂŒnglichen NĂŒancen mit verschiedenen Sal- 
zen oder Beizen behandelt, wie mit doppelt-chromsaurem 
Kali, salpetersaurem Kupferoxyd-Ammoniak, Zinnchlorid 
u.a.m. Da aber die meisten Metallsalze den Farbstoff 
aus seinen Lösungen fÀllen, so darf man sie nicht beim 
FĂ€rben in Anwendung bringen. 

Alle Versuche wurden von Roth 'mit Ratanhiawur- 
zeln und im luftleeren Raume dargestellten Ratanhia-Ex- 
tract ausgefĂŒhrt; die nach andern Methoden dargestellten 
Extracte liefern dasselbe Resultat, sind aber weniger rein 
und enthalten viel unlösliche Bestandtheile. Die Rinde 
liefert 1, ihres Gewichtes Extract und die Wurzel Io, 
doch erhÀlt man im Handel die Wurzel stets mit der 
Rinde bedeckt. FĂŒr die FĂ€rberei kann man eine leichte 
Abkochung, besser aber einen Aufguss mit Wasser von 
300R. verwenden. Das Ratanhia-Extract löst sich lang- 
sam und nur zum Theil in kaltem Wasser, wÀhrend er 
in kochendem Wasser und Alkohol vollstÀndig löslich ist. 
MineralsÀuren fÀllen die Lösungen, WeinsÀure, Citronen- 
und EssigsĂ€ure dagegen trĂŒben dieselben nicht. (Deutsche 
Industr.-Zeitung.) B. 


ae 


a 


ur, 
N 
II 
5 
! 
' R 
Ü 
‘ 
2 


TE Een Bun rn 1.0 00, a nd 
172 Dem Alizarin isomere Verbindung aus Naphthalin. 


Nachweisung der KrappverfÀlschung. 


Nach zahlreichen Versuchen, ein sicheres Mittel zu 
finden, VerfÀlschungen des Krapps nachzuweisen, empfeh- 
len Pimont, MĂŒller und Bennet folgendes Verfahren: 
5 Grm. des zu untersuchenden Krapps werden mit 65 Grm. 
destillirten Wassers von 500 und mit 35 Grm. Alkohol be- 
handelt; dasselbe geschieht gleichzeitig mit reinem Krapp. 
Nach einer Viertelstunde filtrirt man und taucht in das 
Filtrat Streifen von Filtrirpapier, die man nachher trock- 
nen lÀsst. Behandelt man diese Streifen mit verschie- 
denen Reagentien, so entstehen FĂ€rbungen, die je nach 
den VerfÀlschungen, welche der Krapp erlitten hat, ver- 
schieden sind. Man kann auf diese Weise alle fremden 
Farbstoffe nachweisen. 

Alle bis jetzt vorgekommenen VerfÀlschungen lassen 
sich durch folgende 5 Reactionen erkennen: 


1) Essigsaures Kupferoxyd, erhalten durch 10 Grm. 
schwefelsaures Kupferoxyd, 10 Grm. essigsaures 
Bleioxyd, 100 Grm. Wasser; 

2) Chlorzinn ; 

3) 1Oprocent. Lösung von salpetersaurem Silberoxyd; 

4) & £ „  Eisenvitriol; 

5) e x „ krystallisirter Soda. 

Man bringt diese Reagentien auf die Papierstreifen 
mittelst einer Art Pinsel von feinem Leinen und lÀsst 
dann die Streifen, am besten gegen Luft geschĂŒtzt, trock- 
nen. Zur Vergleichung stellt man sich Normalscalen dar, 
indem man reinen Krapp mit je 10 Proc. der verschie- 
denen VerfÀlschungsmittel versetzt und diese Mischung 
wie angegeben behandelt; eine Beschreibung der NĂŒan- 
cen, welche die verschiedenen ZusÀtze geben, theilen die 
Verf. nicht mit. (Deutsche Industr.-Ztg.) 


Ueber eine dem Alizarin isomere Verbindung aus 
Naphthalin. 


Die von Wolff und Strecker ausgesprochene Ver- 
muthung, aus Naphthalin kĂŒnstlich Alizarin bereiten zu 
können, hat sich nicht bestÀtigt, indem es Martius und 
Gries zwar gelang, aus dem Naphthalin eine Verbin- 
dung von der Zusammensetzung des Alizarins darzustel- 
len, die aber nur isomer und nicht identisch mit diesem 
Farbstoff ist. Diese neue Verbindung wurde als End- 
product einer Reihe von Umsetzungen des Dinitronaph- 


Sr, N Me hi 
* Morindon. — 2 Behandlung des Opiums mit Terpenthinöl. 173 


tylalkohols erhaiten. Sie krystallisirt in gelben Nadeln 
oder BlÀttchen, welche sich sehr schwer in Wasser, leich- 
ter in Alkohol, sehr leicht in Aether lösen. Sie ist wie 
Alizarin sublimirbar. In ihrer ammoniakalischen Lösung 
entsteht durch Chlorbaryum keine FĂ€llung, wodurch sie 
sich sofort vom Alizarin aufs Bestimmteste unterscheidet. 
Mit Thonerde gebeizte Baumwolle wird von der neuen 
Verbindung nicht, Wolle und Seide dagegen gelb gefÀrbt. 
Sie zeigt einen wohl ausgeprÀgten SÀurecharakter und 
bildet mit Basen zum Theil schön krystallisirbare Salze. 
(Annal. der Chem. u. Pharm. CXXXIV. 375—379.) @. 


Morindoen identisch mit Alızarin. 


Th. Anderson erhielt im Jahre 1849 aus der Wur- 
zel von Morinda citrifolia, der Al-Wurzel der Hindus, 
welche auf Madras als FĂ€rbematerial benutzt wird, einen 
blassgelben, krystallinischen Körper, welchen er Morindin 
nannte. Durch trockne Destillation schied er daraus ein 
röthlich-gelbes Sublimat, welches er als Morindon bezeich- 
nete, ab. Rochleder erklÀrte spÀter das Morindin als 
identisch mit der aus dem Krapp zu erhaltenden Rube- 
rythrinsÀure und das Morindon als identisch mit deren 
Spaltungsproduct, dem Alizarin. Stenhouse hat nun 
(Journ. of the Chem. Soc. Il. 335) die Versuche Ander- 
son’s wiederholt und die IdentitĂ€t des Morindons mi, 
dem Alizarin nachgewiesen. Beim Kochen der gepulver- 
ten Morinda-Wurzel mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure wird 
das darin enthaltene Morindin in Alizarin umgewandelt 
und lÀsst sich aus diesem Material Letzteres weit leich- 
ter chemisch rein erhalten, als aus der Krappwurzel. 
(Der Apotheker.) 


Ueber die Behandlung d des Opiums mit Terpenthinöl, 


ErwÀrmt man, nach Gobley, Opium mit Terpen- 
thinöl und verdunstet die erhaltene Lösung, so erhÀlt 
man voluminöse Krystalle von Narcotin. Durch diese 
Thatsache wird zugleich Pelletier’s Ansicht bestĂ€tigt, 
dass das Narcotin frei im Opium enthalten ist. (Der 
Apotheker.) B. 


174  Mikroskopische Untersuchung der Blutflecken. 


Schweinemilch. 


Th. v. Gohren untersuchte Milch von einer Sau, 
welche, 5 Jahre alt, 9 Ferkel im Gesammtgewichte von 
221), Pfund geworfen hatte. Die Milch 1., wÀhrend des 
Geburtsactes entnommen, war dick und zÀhe, mit Colo- 
strumkĂŒgelchen, die Milch 2. wurde 6 Tage, die Milch 3. 
19 Tage nach der Geburt gewonnen. Der Geschmack 
der Milch war nicht auffallend, die beiden letzten Pro- 
ben zeigten stark alkalische Reaction. Spec. Gew. von 


2. war 1,0384, von 3. — 1,0298. Es enthielten: 
100 Th. Milch. 100 Th. Trockensubstanz. 
ie er are Te 
12 2: a 1; 2. 8: 
. Wasser 2222... 70,131 80,432 89,260 


Trockensubstanz 29,869 19.568 10,740 
Organ. Substanz 29,019 18,855 9,873 
Proteinkörper ... 15,562 12,889 5,681 52,133 65,872 52,894 


ei... .: 9,529 3,138 2,821 31,973 16,063 26.256 
Milchzucker..... 3,838 2,796 1,589 12,748 14,390 14,795 
2 A 0,850 0,713 0,867 2,845 4,250 8,079. 


Besonders auffallend ist der hohe Gehalt an Protein- 
körpern; im Verlaufe des SÀugens wird die Milch abso- 
lut Àrmer an Trockensubstanz, diese aber wird reicher 
an Zucker, Asche und dem Anschein nach auch an Pro- 
teinkörpern, aber Àrmer an Fett. Das Schweinecolostrum 
ist im Vergleich zum Colostrum anderer Thiere sehr reich 
an Trockensubstanz (Colostrum der Kuh 16— 24, das 
der Eselin und der Frau 17 Proc. Trockensubstanz) und 
wird nur von dem der Ziege mit 35,9 Proc. ĂŒbertroffen. 
Aus dem Gewichte der Ferkel ergab sich, dass die Sau 
in 24 Stunden 23/, Pfund Milch lieferte. Dabei kommen 
auf 1000 Grm. des Körpergewichts 12,2 Grm. Milch, 
wÀhrend die Kuh auf dasselbe Gewicht 10,4, die Frau 
22 Grm. Milch liefert. Dr. Reich. 


Mikroskopische Untersuchung der Blutflecken. 


Roussin wendet zu diesem Zweck eine FlĂŒssigkeit 
von folgender Zusammensetzung an: Glycerin 3 Gewichts- 
theile, reine concentrirte SchwefelsÀure 1 Theil, destillir- 
tes Wasser in solcher Menge, dass die FlĂŒssigkeit die 
Dichtigkeit von 1,028 bei 150R. hat. Man lÀsst einen 
Tropfen dieser FlĂŒssigkeit auf eine Glasplatte fallen, auf 
welche man ein StĂŒckchen des blutbefleckten Zeuges 
gebracht hat und wartet nun etwa 3 Stunden. Die FlĂŒs- 
sigkeit bringt man mehrmals auf den Objectivtisch unter 


Chemische Beschaffenheit der Gehirnsubstanz. 175 


das Mikroskop. EnthĂ€lt die FlĂŒssigkeit rothe Blutzellen, 
so sind sie leicht zu erkennen und zu messen. Nach 
Roussin betrÀgt ihr Durchmesser beim Mann und Weib 
!/194— "og Millimeter, wĂ€hrend er bei den meisten SĂ€uge- 
thieren geringer ist; so beim Hunde !/j39 M.M., beim 
Hasen 45 M.M., beim Schweine !/gg M.M., beim Och- 
sen Yıgs M.M., beim Pferde Yıgı M.M., beim Lamm 
Y/ogg M.M. Diese Unterschiede sind indessen wenig be- 
trĂ€chtlich und wenn man mögliche Irrungen berĂŒcksich- 
tigt, muss man zugeben, dass wenn selbst der Experte 
in gerichtlichen FĂ€llen die fraglichen Blutflecken als aus 
Blutzellen von genau Yjag M.M. Durchmesser bestehend 
nachgewiesen hÀtte, immer noch ein Zweifel erlaubt ist, 
ob es wirklich menschliche Blutkörperchen seien. HÀtte 
jedoch das Mikroskop gezeigt, dass der verdÀchtige Flecken 
Blutzellen von elliptischer Form mit einem Kern im In- 
nern enthÀlt, wie sie sich im Blut der Vögel, der Fische 
u. s. w. finden, so könnte der Experte mit Gewissheit 
behaupten, dass der Flecken von menschlichem Blute 
nicht herrĂŒhre. (Courr. med. — N. Jahrb. fĂŒr Pharmae. 
Bd. 24. 2 u. 3.) B. 


Ueber die chemische Beschaffenheit der 6ehirn- 
substanz. 


Die Untersuchungen von Oscar Liebreich ĂŒber 
diesen Gegenstand haben zu dem Resultate gefĂŒhrt, dass 
alle diejenigen Körper, die man als Cerebrin, Cerebrin- 
sÀure, Lecithin u.s. w. und als phosphorhaltige Fette be- 
zeichnete, primĂ€r im Gehirn nicht existiren. DafĂŒr hat er 
die Existenz einer bisher unbekannten Substanz nach- 
gewiesen, die er Protagon nennt und dieselbe auf 
folgende Weise darstellt. 


Das durch Perjection von Wasser von dem gröss- 
ten Theile des Blutes befreite Gehirn wird zerrieben und 
mit einem Gemenge von Wasser und Aether geschĂŒttelt. 
Der Aether zieht Cholesterin aus, wÀhrend die im Was- 
ser leicht löslichen Bestandtheile in das Wasser ĂŒbergehen. 
Nach mehrmaliger Wiederholung dieser Procedur wird 
das rĂŒckstĂ€ndige Gehirn mit Weingeist von 85 Proc. bei 
450 im Wasserbade behandelt und durch ein Wasser- 
badfilter filtrirt. Diese Lösung bringt man wieder auf 
eine Temperatur von 00; es scheidet sich dann ein reich- 
licher flockiger Niederschlag ab, der auf einem Filter 
gesammelt und mit kaltem Aether so lange gewaschen 


: N N EEE ER 


176 Chemische Beschaffenheit der Gehirnsubstane. 5; 


wird, bis sich im Filtrat kein Cholesterin mehr nachwei- 
sen lĂ€sst. Die unter der Luftpumpe ĂŒber SchwefelsĂ€ure 
getrocknete Masse wird mit wenig Wasser befeuchtet 
und in Spiritus bei 4500. gelöst. LÀsst man diese Lö- 
sung nach nochmaliger Filtration in einem relativ gros- 
sen Wasserbade allmÀlig auf die mittlere Tagestempe- 
ratur abkĂŒhlen, so findet sich die FlĂŒssigkeit durchsetzt 
von gleichartigen mikroskopischen Krystallen, die je nach 
der Menge des angewandten Spiritus ein verschiedenes 
Ansehen haben. Aus nicht zu concentrirten und nicht 
zu verdĂŒnnten Lösungen sieht man radiĂ€r gestellte feine 
Nadeln herauskrystallisiren; in der zu concentrirten Lö- 
sung sind die Nadeln gebogen und unregelmÀssig, in 
verdĂŒnnten erscheinen sie als morgensternartige Krystalle. 
Man kann diese Krystalle abfiltriren und zur Reinigung 
beliebig oft umkrystallisiren. 

Das Protagon hat die complicirte Zusammensetzung 
C232H241N204P und stellt, aus Alkohol krystallisirt 
und unter der Luftpumpe getrocknet, ein leichtes, flocki- 
ges Pulver dar. Die aus verdĂŒnntem Weingeist krystalli- 
sirte Masse nimmt, bevor sie ganz wasserfrei ist, ein 
wachsartiges Ansehen an; in kaltem Aether und kaltem 
- Alkohol ist die Substanz schwer löslich, in warmem Alko- 
hol und Aether leichter. Das Protagon löst sich in ab- 
solutem Alkohol in höherer Temperatur als 550C. nicht 
ohne Zersetzung auf und man sieht dann in der FlĂŒssig- 
keit ölige Tropfen, die auf eine eingreifende Zersetzung 
hindeuten und diese Lösung, so langsam man sie auch 
erkalten lĂ€sst, zeigt neben den ursprĂŒnglichen Krystal- 
len KĂŒgelchen. Behandelt man das Protagon mit Was- 
ser, so quillt es ungemein stark auf und stellt eine 
undurchsichtige kleisterartige Masse dar. VerdĂŒnnt man 
mit mehr Wasser, so erhÀlt man eine zwar klare, aber 
doch opalisirende Lösung. Mit concentrirten Lösungen 
der Salze, wie Chlorcaleium, Chlornatrium u. s. w. gekocht 
coagulirt es. Schon unter 1009 zersetzt es sich, schmilzt 
bei stÀrkerem Erhitzen unter BrÀunung und hinterlÀsst 
eine schwer zu verbrennende Kohle. 

Kocht man das Protagon 24 Stunden hindurch mit con- 
centrirtem Barytwasser, so zersetzt es sich in Glycerinphos- 
phorsÀure und in eine bisher noch unbekannte Base, welche 
der Verfasser Neurin nennt. Letztere wird auf folgende 
Weise isolirt. Die durch KohlensĂ€ure von dem ĂŒber- 
schĂŒssigen Baryt befreite Lösung wird mit Bleiessig ge- 
fÀllt, der Bleiniederschlag durch Schwefelwasserstoff zer- 


Pökeln des Fleisches. 177 


setzt, das Filtrat nach dem zur Entfernung der Essig- 
sÀure nöthigen Zusatze von OxalsÀure zur Trockne ge- 
bracht und die OxalsÀure durch Digeriren mit kohlen- 
saurem Baryt aus dem in Wasser gelösten RĂŒckstande 
fortgeschafft. Das Filtrat stellt eine stark alkalisch rea- 
girende FlĂŒssigkeit dar, die unter genauer Neutralisation 
mit Chlorwasserstoff bis zur Syrupsconsistenz eingedampft 
und dann mit Platinchlorid versetzt wird. Der hieraus 
durch Uebergiessen mit absolutem Alkohol erhaltene gelbe 
Niederschlag besteht aus Neurinplatinchlorid, CIOH I4NPtCI3. 

Mit dem kohlensauren Baryt, der zur Entfernung der 
OxalsÀure zugesetzt wurde, bleibt ein anderer Theil der 
Zersetzungsproducte des Protagons, an Baryt gebunden, 
zurĂŒck. Dieses sind fette SĂ€uren. Die Analysen zeig- 
ten, dass es StearinsÀure war, verunreinigt durch eine 
andere, nicht nÀher erkannte SÀure. 

Der Verf. spricht schliesslich die Meinung aus, dass 
das Protagon wahrscheinlich ein im Organismus weit 
verbreiteter Körper sei. Ueberall, wo von frĂŒheren Auto- 
ren GlycerinphosphorsÀure, OleophosphorsÀure, 
Cerebrin u.s.w. gefunden wurden, scheint das Prota- 
gon im Spiele zu sein. Auch die von Virchow beob- 
achtete mikroskopische Formenbildung (sogen. Myelinfor- 
men) dĂŒrfte sich auf die Zersetzung des Protagons zurĂŒck- 
fĂŒhren lassen. Mit Wasser befeuchtet, giebt nĂ€mlich das 
reine Protagon fĂŒr sich schon eine Andeutung von Mye- 
linformen; die in Wasser unlöslichen Zersetzungsproducte 
bilden ölige, stark lichtbrechende Tropfen, die sich scharf 
abgrenzen und deren Quellungsvermögen durch das auf- 
genommene Protagon zu den wunderbarsten Figuren Ver- 
anlassung giebt. Beneke’s Behauptung, dass das Mye- 
lin als eine gallensaure Verbindung aufzufassen sei, ist 
demnach nicht richtig. (Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXXIV. 
29 — 45.) G. 


Beim Pökeln des Fleisches 


gehen viele nahrhafte Bestandtheile desselben in die 
Salzlauge ĂŒber und sind dann in der Regel verloren, 
weil diese FlĂŒssigkeit wegen ihres hohen Gehaltes an 
Salz ungeniessbar ist. Nach einem frĂŒheren Vorschlage 
sollte man die Lauge eimndampfen und die grösste Menge 
des Salzes herauskrystallisiren lassen; viel besser erreicht 
man nach A. Whitelau die Abscheidung des Salzes 
durch Dialyse. Man bringt die Lauge in poröse Thon- 


Arch. d.Pharm. CLXXXIL. Bds. 1. u. 2. Hft. 13 


178 Conservirung von Ruuchfleich ete. 


gefÀsse oder in beliebige GefÀsse mit einem Boden aus 
Pergamentpapier oder thierischer Blase und hÀngt diese 
GefÀsse in Bottiche, deren Wasser mehrmals erneuert 
wird. Nur die krystallisationsfÀhigen Salze treten durch 
diese poröse Scheidewand, wÀhrend alle schleimigen, ei- 
weissartigen Substanzen zurĂŒckbleiben. Nach wenigen 
Tagen ist die Pökellauge salzfrei und kann auf Suppen- 
tafeln, Fleischbiscuits oder Eiweiss verarbeitet werden. 
Bringt man mit der Lauge zugleich das Fleisch in die 
porösen GefÀsse, so wird dies ebenfalls von Salz befreit, 
verliert aber nichts von Nahrungswerth, sondern wird 
vielmehr durch das Wiederaufquellen der Fasern leich- 
ter verdaulich. Dr. Reich. 


Pökeln des Fleisches mit Zucker. 


Das polytechnische Centralblatt empfiehlt zu obigem 
Zwecke folgende Vorschrift der allgemeinen Beachtung. 


Man bestreicht das Fleisch zuerst mit etwas Salpe- 
ter und streut dann 1/, Zoll hoch Zuckerpulver darauf; 
nach 5 Tagen reibt man das Fleisch mit Zucker ab und 
streut darauf etwas von einer Mischung aus 1 Th. Sal- 
peter, 3Th. Zucker und 1 Th. Salz, nach 7 Tagen reibt 
man das Fleisch wieder ab, streut dasselbe Gemisch wie 
zuletzt und nach weiteren 7 Tagen giebt man guten in- 
dischen Syrup auf das Fleisch, so viel es aufnimmt. Auf 
15 Pfd. Fleisch reichen 1 Pfd. Zucker, U, Pfd. Salz und 
4 Loth Salpeter aus. Leichtere Verdaulichkeit und fei- 
nerer Geschmack, besonders des Fettes, werden als Vor- 
zĂŒge dieses Verfahrens gerĂŒhmt. (Oesterreich. Ztschr. des 
Apoth.-Vereins. 1866.) B. 


Ueber Conservirung von Rauchfleisch und Beseitigung 
bereits eingetretener TĂ€ulniss desselben. 


A. Eckstein in Wien von einem Freunde aufge- 
‚fordert, ihm Mittel und RathschlĂ€ge an die Hand zu 
geben, um mehre von ihm zur heissesten Sommer- 
zeit von der serbischen Grenze aus nach Oberöster- 
reich versandte FÀsser mit Schinken, welche sÀmmt- 
lich verdorben schienen, indem bei Oeffnung der FĂ€s- 
ser ein unausstehlicher fauliger Geruch sich verbreitete, 
wieder in geniessbaren Zustand herzustellen, verfolgte 
hierzu folgende Procedur. Er liess die Schinken aus- 
packen, jedes StĂŒck einzeln in frischem Wasser gut 


a 
; 


Werth des Fleischextracts. E179 


abwaschen, in rohen Holzessig eintauchen, darauf die- 
selben in einen hölzernen Bottich mit Zwischenlagen 
von HolzstĂŒckchen einschichten und so viel Holzessig 
aufgiessen, bis die obere Schicht ungefÀhr 1 Zoll hoch 
von der FlĂŒssigkeit ĂŒberragt war; so wurden mehre 
Bottiche gefĂŒllt und gut zugedeckt. Nach 8 Tagen wur- 
den die Schinken aus dem Bottiche herausgenommen, 
jedes StĂŒck einzeln wieder mit frischem Wasser abge- 
waschen und an der Luft im Schatten getrocknet. Der 
Erfolg war ein ĂŒberaus gĂŒnstiger, das Fleisch hatte sein 
angenehmes Aroma wieder und war beim Anschnitt ganz 
rosenroth und sehr saftig. 

Zur VerhĂŒtung Ă€hnlicher CalamitĂ€ten schlĂ€gt Eck- 
stein den damit handeltreibenden. Personen vor, im heis- 
sen Sommer das zur Versendung bestimmte Rauchfleisch 
in Pergamentpapir, welches 1 Stunde lang in heissem 
Holzessig eingelegt worden, einzuwickeln und dann erst 
zu verpacken. (Stamm’s ilustr. Zeitschr.) B. 


Ueber den Werth des Fleischextraets. 


J. v. Liebig legt in einem Schreiben an den Her- 
ausgeber der Londoner medicinischen Zeitschrift „The 
Lancet“ seine Ansichten ĂŒber den Werth des Fleisch- 
extracts als Nahrungsmittel dar und stellt in KĂŒrze die 
Ergebnisse seiner Untersuchungen des Fleisches, so weit 
sie das Fleischextract betreffen, zusammen. Das Fleisch 
enthÀlt zweierlei Gruppen von Stoffen. Die erste Gruppe 
wird von den sogen. Eiweisskörpern und den leimgeben- 
den Geweben gebildet und von diesen haben Fibrin und 
Albumin einen höheren NÀhrwerth, jedoch nur in Ver- 
bindung mit Kreatin, Kreatinin, Sarkin, welche ausschliess- 
lich im Fleische vorkommen, begleitet von organischen, 
nicht krystallisirbaren Stoffen und von Salzen (phosphor- 
saurem Kali und Chlorkalium). Diese Bestandtheile der 
zweiten Gruppe heissen „Extractivstoffe des Fleisches“ ; 
ihnen verdankt die FleischbrĂŒhe ihren Geschmack und 
ihre Wirksamkeit. Das Fleischextract ist nun in der 
That nichts Anderes, als feste FleischbrĂŒhe, d.h. Fleich- 
brĂŒhe, deren Wasser durch Abdampfen entfernt wurde. 

Ausser den genannten Stoffen fĂŒhrt das Fleisch Fett 
mit sich. In dem Fleischextracte ist nun aber weder 
Fibrin noch Albumin, eben so wenig Leim und Fett ent- 
halten. Die dem Fleischextracte fehlenden Eiweisskör- 
per können ersetzt werden durch Eiweisskörper von iden- 


12% 


180 Einwirkung von sılpetriger SÀure auf Kreatinin. 


tischer Zusammensetzung aus dem Pflanzenreiche, deren 
Preis um Vieles niedriger ist. FĂŒr die Extractivstoffe 
des Fleisches aber giebt es keinen Ersatz. Entzieht man 
sie dem Fleische und verbindet sie mit Eiweisskörpern 
vegetabilischen Ursprungs, so erhÀlt man den vollen NÀhr- 
werth des Fleisches. Diesen Extractivstoffen verdankt 
also das Fleischextract seinen Werth als Nahrungsmittel 
fĂŒr die Bevölkerung Europas, vorausgesetzt, dass es in 
grossen Mengen und mit geringen Kosten in LĂ€ndern 
erzeugt wird, in denen das Fleisch keinen Werth hat. 
(Buchn. n. Repert. Bd. 15. 1866.) B. 


Das Fleischextraet 


von Gibert in Fray-Bentos enthÀlt nach Fuchs: Was- 

ser 10, Asche 15,5 Proc.; davon PhosphorsÀure 2,76 und 

Stickstoff 9,507 Proc. (Buchn.n. Repert. Bd. 14. 10.) 
Dr. Reich. 


. Einwirkung von salpetriger SĂ€ure auf Kreatinin. 


Bei Behandlung von Kreatinin mit salpetriger SĂ€ure 
erhielt M. MĂ€rker zwei isomere Basen von der Formel 
CSH8N?O4, die in ihren Eigenschaften wesentlich ver- 
schieden sind. Base a bildet ein blendend weisses, rauh 
anzufĂŒhlendes Pulver, das unter dem Mikroskop als ein 
Conglomerat feiner Nadeln erscheint und löst sich in kal- 
tem Wasser sehr schwer, in heissem leichter, in Wein- 
geist noch weniger als in kaltem Wasser und in Aether 
gar nicht. Base ß krystallisirt aus der wĂ€sserigen Lösung 
in schwach gelb gefÀrbten kugelförmigen Warzen, die in 
nicht zu starkem Weingeist leicht, in Aether aber nicht 
löslich sind. Die in Wasser unlösliche Base z schmilzt 
unter heftiger Reaction und bedeutender Gasentwicke- 
lung bei 2100 momentan zu einer farblosen FlĂŒssigkeit, 
die beim Erkalten sofort erstarrt und sich durch Salz- 
sÀure leicht in zwei Theile trennen lÀsst, in einen lös- 
lichen mit basischen Eigenschaften von der Formel 
ClaH12N!004 und einen unlöslichen amorphen braunen 
‚Körper. Die isomere Base 3 zeigt diese Eigenschaften 
nicht. Zum Kreatin stehen beide Basen in sehr ein- 
facher Beziehung, indem sie 1 At. H weniger und 1 At. 
N mehr als dasselbe enthalten. (Ann. der Chem. u. Pharm. 
CXXXIL. 305 — 316.) G, 


ChininÀhnliche Substanz im thierischen Gewebe. 181 


Ueber das Vorhandensein einer dem Chinin sehr Àhn- 
lichen fluoreseirenden Substanz in dem thierischen 
Gewebe; von Bence Jones. 


Bei Thieren, welchen man Chinin eingegeben, lÀsst 
sich dasselbe schon nach wenigen Minuten in allen Orga- 
nen des Körpers nachweisen und zwar in der Art, dass 
man die einzelnen Theile mit verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure 
wiederholt auskocht, filtrir, mit Aetznatron neutralisirt 
und die FlĂŒssigkeit mehrmals mit einem gleichen Volum 
Aether schĂŒttelt. Der nach dem Verdunsten des Aethers 
bleibende RĂŒckstand wird wieder in verdĂŒnnter Schwe- 
felsÀure aufgenommen und die Menge des Chinins in der 
Lösung durch Vergleichung ihrer Fluorescenz mit einer 
Chininlösung von bestimmtem Gehalt ermittelt. Bei derarti- 
gen Versuchen mit Meerschweinchen erhielt Jones, als er 
zur Vergleichung auch die Organe eines Thieres in der- 
selben Weise behandelte, das kein Chinin erhalten hatte, 
ganz Àhnliche Resultate, wie bei einem andern, dem er 
davon gegeben. Er bekam aus der Linse, aus der Leber, 
den Nieren, dem Herzen u.s.w. durch Behandlung mit 
verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure FlĂŒssigkeiten, die sich hinsicht- 
lich ihrer Fluorescenz nur insofern von Chininlösungen 
unterschieden, dass das Licht der fraglichen Substanz 
etwas mehr grĂŒnlich war als das des Chinins und dass 
ihre Wirkung auf das Spectrum etwas frĂŒher eintrat, 
aber an derselben Stelle zu Ende ging, wie bei diesem. 
Alle Reactionen, die den Alkaloiden eigenthĂŒmlich sind, 
mit jodhaltigem Jodkalium, mit Jodquecksilber-Jodkalium, 
mit PhosphormolybdÀnsÀure, Platinchlorid und Goldchlorid 
traten auch mit dieser Substanz ein, so dass an dem Vor- 
handensein eines Alkaloids nicht mehr zu zweifeln war. 
Jones nennt dasselbe animalisches Chinoidin. Er 
hat die Menge dieses Alkaloids in verschiedenen Theilen 
beim Menschen und Meerschweinchen durch Vergleichung 
mit Chininlösungen von bestimmtem Gehalte ermittelt. 

Wahrscheinlich ist das animalische Chinoidin ein 
Zersetzungsproduct des Albumins und in steter Bildung 
aus diesem in nachfolgender Oxydation begriffen. Bei 
dem Gebrauch von Chinin, welches sich, wie die Ver- 
suche beweisen, schon nach kurzer Zeit durch den gan- 
zen Organismus verbreitet und nach lÀngerem Zeitraum 
wieder verschwindet, trÀgt sich vielleicht die Oxydation 
auf dieses ĂŒber und darauf mag die Heilwirkung dessel- 
ben beruhen. (Pharmae. Journ. and Transact. Jul. 1866. 
Il. Ser. Vol. VII. No. 1. pag. 32.) Wp. 


182 Pancreatin. — FlĂŒssiger Leim. 


Panereatin. 

Unter diesem Namen wird von englischen Aerzten 
die PancreasflĂŒssigkeit von jĂŒngst geschlachteten Thie- 
ren, mit verschiedenen fetten Oelen zur Emulsion ver- 
arbeitet, bei Auszehrung empfohlen. (Pharm. Journ. and 
Transact. II. Ser. Vol. VII. No. 8. Febr. 1866. p. 405.) 

7, 


Wp. 


FlĂŒssiger Leim. 


Nach dem „Gewerbeblatte fĂŒr das Grossh. Hessen“ 
erhĂ€lt man einen vorzĂŒglichen flĂŒssigen Leim, indem 
man 3 Theile französischen Leim in Wasser aufweicht, 
danach das ĂŒbrig bleibende Wasser von dem gequolle- 
nen Leime abgiesst und denselben mit 1 Theil zugesetz- 
tem Wasser schmilzt. Der flĂŒssigen Masse fĂŒgt man 
dann noch unter UmrĂŒhren !, Theil gereinigten Holz- 
essig zu und lĂ€sst sie erkalten. (Bl. fĂŒr Hand. u. Gwbe. 
1866. 7.) 2: 


Weisser flĂŒssiger Leim. 


FlĂŒssigen Leim, welcher ganz vorzĂŒglich zum Lei- 
men aller nur denkbaren GegenstÀnde, selbst von Por- 
cellan, Glas, Perlmutter, angewendet werden kann, stellt 
L.Krafft, da der mit Essig oder SalpetersÀure erzeugte 
weniger tauglich sei, auf folgende Weise dar: 3 Theile 
Leim, in StĂŒcke zerschnitten, werden mit 8 Theilen Was- 
ser ĂŒbergossen und einige Stunden stehen gelassen, so- 
dann !/, Theil SalzsÀure und 3/, Theile Zinkvitriol zu- 
gesetzt und 10— 12 Stunden lang einer Temperatur von 
650 — 700 R. ausgesetzt. Der Leim gelatinirt dann nicht 
mehr, wird durch Absetzenlassen, wenn nöthig, weiter 
gereinigt und ist zu allen Zwecken vorzĂŒglich gut ver- 
wendbar. (Polyt. Notizbl. 1866. No. 17.) 


Ueber den Xanthingehalt der Leber. 


Von A. Almen, Professor in Upsala, wurden behufs 
der Darstellung des Xanthins 5 Kilogrm. gehackte und 
nit Glaspulver fein zerriebene Ochsenleber mit dem glei- 
chen Gewicht Weingeist zu einem dĂŒnnen Brei ange- 
rĂŒhrt und einige Zeit auf dem Wasserbade gelinde er- 
wĂ€rmt. Darauf wurde die FlĂŒssigkeit abgepresst und 
der RĂŒglestand noch einmal mit Wasser von etwa 800 
extrabirt. Von den vereinigten FlĂŒssigkeiten, die durch 

N) 


Xanthin im Harn. 183 


Destillation vom Weingeist befreit waren, wurde nach 
dem Coliren ein Niederschlag mittelst Bleizucker her- 
gestellt. Derselbe hatte eine so schleimige Natur, dass 
er nicht abfiltrirt werden konnte; beim ErwÀrmen ging 
er in eine zÀhe, fest am Boden haftende Masse zusam- 
men. Er enthielt weder Xanthin noch Hypoxanthin. 
Die darĂŒber stehende, klar abgegossene FlĂŒssigkeit setzte 
beim Erhitzen auf etwa 50°C. und allmÀliges Concen- 
triren eine von Xanthin freie, dunkle, huminartige Sub- 
stanz ab. Das Filtrat wurde mit Bleiessig bis zur stark 
alkalischen Reaction versetzt, der reichliche Niederschlag 
nach 22stĂŒndigem Stehen auf einem Filtrum gesammelt 
und gewaschen. WaschflĂŒssigkeit und Filtrat wurden 
sodann mit so viel essigsaurem Quecksilberoxyd ver- 
mischt, dass noch eine schwach alkalische Reaction in 
der FlĂŒssigkeit vorhanden blieb. Nach zwölfstĂŒndigem 
Stehen wurde der Niederschlag auf einem Filtrum ge- 
waschen. Indem nunmehr erhaltenen Filtrat konnte kein 
Xanthin oder Hypoxanthin mehr nachgewiesen werden. 
Der Blei- und Quecksilberniederschlag wurden jeder fĂŒr 
sich in Wasser suspendirt, durch Schwefelwasserstoff zer- 
setzt, die SchwefelmetallniederschlÀge abfiltrirt und noch- 
mals getrennt mit Wasser ausgekocht und von Neuem 
abfiltrirt.. Aus beiden Filtraten schied sich beim Ein- 
dampfen das Xanthin in Krusten ab. Aus dem Blei- 
niederschlage wurden auf diese Weise 0,598 Grm., aus 
dem Quecksilberniederschlage 0,403 Grm. Xanthin erhal- 
ten. Aus 26 Kilogrm. Ochsenleber konnte Alm&n nach 
diesem Verfahren 6,24 Grm. Xanthin darstellen, dessen 
Gewicht nach dem vollkommenen Reinigen — 6,0 Grm. 
betrug. (Journ. fĂŒr prakt. Chem. Bd. 96. pag. 98 — 105.) 
ARNEIES €. Bl. 


Xanthin im Harn, 


E. DĂŒrr hat im Harne, der von ihm und Andern 
nach Benutzung der SchwefelbÀder zu Limmer bei Han- 
nover gelassen worden, wiederholt Xanthin gefunden; in 
einem Falle auch in dem Harne eines Kranken, der mit 
einer starken Schwefelsalbe behandelt worden war. 

Die Methode zur Auffindung des Xanthins im Harne 
ist folgende: Man fÀllt den Harn mit Barytlösung aus, 
neutralisirt das Filtrat genau und tröpfelt Sublimatlösung 
zu. Entsteht sogleich ein weisser flockiger Niederschlag, 
so zeigt dies die Anwesenheit von Xanthin an. Nur 
muss man sich beim Neutralisiren vor einem Ueberschuss 


N a 


184 Chloroform als Reactionsmittel auf zuckerhalt. Harn. 


von SĂ€ure hĂŒten, da der weisse Niederschlag schoen in 
ziemlich verdĂŒnnten SĂ€uren löslich ist. Der Zusatz von 
Sublimatlösung ohne vorgÀngige AusfÀllung mit Baryt- 
wasser kann ĂŒber die Gegenwart von Xanthin nicht ent- 
scheiden, da auch die HarnsÀure einen Àhnlichen Nieder- 
schlag mit Sublimat bildet. In fast jedem normalen 
Harn erfolgt nach lÀngerem Stehen durch Sublimatzusatz 
eine weissliche TrĂŒbung und ein geringer Niederschlag. 
(Ann. der Chem. u. Pharm. CXXXIV. 45 —52.) G. 


Ueber Chloroform als Reactionsmittel auf zucker- 
haltigen Harn. 


A.Cailliau versetzte 30 Grm. eines zuckerhaltigen 
Harns mit 15 Grm. Chloroform und schĂŒttelte das Ge- 
misch heftig. Nach einiger Zeit wurde die FlĂŒssigkeit 
milchig und trennte sich in zwei Schichten. Die obere 
war klar und beinahe farblos, die untere weiss, dicklich 
und gelatinös. Nach einiger Zeit wurde die obere Schicht 
abgehoben und in einer Porcellanschale sich selbst ĂŒber- 
lassen. Nach Verdunstung der FlĂŒssigkeit wurde der 
Inhalt der Schale syrupartig und nach einigen Tagen hat- 
ten sich an den WÀnden kleine warzenförmige Krystalle 
abgesetzt, die, wie bestimmt erkannt wurde, aus Zucker 
bestanden und welcher in reinerem Zustande erschien, als 
der auf andere Weise erhaltene. (Journ. de chim. med.) 

B. 


Verdeckung des unangenehmen Geruchs der Schwefel- 
kaliumprÀparate. 


Ein amerikanischer Arzt, Dr. Ruschenberger, em- 
pfiehlt zu diesem Zweck einen geringen Zusatz von Ol. 
Anisi. Schon 1 Drachme des Aniswassers genĂŒge, um 
den Geruch einer Lösung von 10 Gr. des Sulfurets in 
1 Unze Wasser vollstÀndig zu verdecken. In noch viel 
höherem Grade zeigte das reine Ol. Anisi diese Wirkung. 
Auch Schwefelkaliumsalben verlieren, mit etwas Ol. Anist 
vermischt, fast ganz ihren unangenehmen Geruch. Vee 
bestÀtigt die Richtigkeit dieser Beobachtung. (2ull. de 
Therapie.) B. 


a 
ne 
r 


EV. Literatur und Kritik. 


Anleitung zur Darstellung und PrĂŒfung chemischer und 
pbarmaceutischer PrÀparate. Ein auf eigene Erfah- 
rungen gegrĂŒndetes, insbesondere den Apothekern 
gewidmetes praktisches HĂŒlfsbuch von Dr. G. C. 
Wittstein. Vierte vermehrte und verbesserte Auf- 
lage. MĂŒnchen 1867, Verlag von Jul. Grubert. 


Dieses zuerst im Jahre 1844 erschienene Werk hat sich einer gĂŒn- 
stigen Aufnahme mit Recht zu erfreuen gehabt, so dass im Jahre 
1850 die zweite, 1856 die dritte und 1867 die vierte Auflage erschei- 
nen konnte. Die Anordnung ist wesentlich dieselbe geblieben. Auf 
der ersten Seite sind die Mischungsgewichte oder Aequivalente 
der einfachen Körper, welche bei den Berechnungen zu Grunde 
gelegt sind, abgedruckt. Die Anordnung ist alphabetisch. 

Die Vorschriften zu Acetonum, Acidum acetieum concentratum, 
Acid. acet. erystallisatum, A. arsenicicum, A. benzoicum und Acid. 
boracieum sind wesentlich die der frĂŒheren Ausgabe. Neu hinzu- 
gekommen ist Acidum butyrieum; die Vorschrift ist wie anfangs 
bei Acidum Jlacticum, d.h. SĂ€ttigung saurer Molken, welchen auf 
100 'Th.s5 Tb. Milchzucker zugesetzt sind, mit krystallisirtem koh- 
lensauren Natron alle 1—2 Tage so lange, bis sich nach 4— 5tĂ€gi- 
gem Steben keine saure Reaction mehr zeigt, Zusetzen von Schwe- 
felsÀure ohne Ueberschuss, Abdunsten auf 20 Theile und Destilla- 
tion unter Zersetzung mittelst concentrirter SchwefelsÀure. 

Aeidum carbazotieum, KohlenstickstoffsĂ€ure, wie in frĂŒherer 
Auflage. Ebenso Acid. chromicum; Acid. formieicum hat einige 


AbÀnderung erlitten. Acid. hydrochlorieum hat jetzt Stelle vor A. 


hydroceyanicum und hydrofluoricum gefunden, welche beide Arti- 
kel unverÀndert geblieben sind, ebenso A. hydrojodieum und A. 
hydrothionicum. Acid. laeticum, A. meconicum, A. molybdaenicum 
hat einige AbÀnderung erlitten, A.nitricum keine. Acid. oxalicum 
ist mit ZusÀtzen vermehrt. Acid. phosphorieum und phosphorieum 
anhydricum wie frĂŒher. Acid. silieico-hydrofluoricum ist abgeĂ€n- 
dert. Acid. stibicum wie frĂŒher, ebenso A. suceinicum, A. sulphu- 
ricum purum, A. sulphurosum, A. superchloricum, A. tannicum, 
A. tanningenicum, A. tantalicum, A. tartaricum, A. titanicum. Es 
findet sich eine zweite Methode der Darstellung angegeben. Acid. 
uricum durch Zusatz vermehrt. Acid. valerianicum wie frĂŒher. 
Ebenso Acid. wolframicum. 

Aconitinum ist neu eingeschaltet. Die Bereitung soll aus der 
Wurzel von Aconitum Napellus geschehen. Aether purus wie frĂŒ- 
her. Aether purus alcoholatus, Aether (purus) alcoholato ferratus, 
Aeth. phosphoratus wie frĂŒher. Aeth. aceticus wie frĂŒher. Ebenso 
Aether muriaticus, Aether muriaticus aleoholatus, Aether nitrosus, 
Aether nitrosus alcoholatus. — Aldehydum, Alkarsinum. Alcohol 


186 Literatur. 


purum unverÀndert. Aluminium oxydatum etwas verÀndert. Alu- 
minium oxydatum sulphuricum wie frĂŒher. 

Ammoniacum caustieum aquosum, einige VerÀnderung ist er- 
sichtlich. Ammonium chloratum depuratum mit AbÀnderung. Am- 
monium chloratum ferratuın wie frĂŒher, ebenso A. jodatum ohne 
VerĂ€nderung, A. oxydatum acetieum liquidum wie frĂŒher, A. oxy- 
datum carbonicum wie frĂŒher, A. oxydatum nitrieum wie frĂŒher, 
ebenso A. oxydatum phosphoricum. Ammonium oxydatum suceini- 
cum, A. oxydatum sulphurieum, A. sulphuratum liquidum, Amyg- 
dalinum, Amylum jodatum sÀmmtlich ohne wesentliche VerÀnde- 
rung. Ebenso ist es bei den Vorschriften zu Anthrakokali simplex 
und Anthrokokali sulphuratum. Argentum purum. Argentum oxy- 
datum purum ist neu eingeschaltet. Argentum oxydatum aceticum 
wie frĂŒher, ebenso Arg. oxydat. nitrieum, Arg. oxydat. sulphuricum, 
Asparaginum. 

Neu eingeschaltet ist Atherospermium, der wirksame Bestand- 
theil der Rinde des Atherosperma moschatum. Atropinum eben- 
falls neu aufgenommen. Aurum purum. A.sesquichloratum war frĂŒ- 
her aufgefĂŒhrt, die gegenwĂ€rtige Auflage enthĂ€lt: Aurum sesqui- 
chlorat. natronat. Neu aufgenommen: Aurnm jodatum, Aur. oxy- 
datum hydraticum. — Baryum chloratum unverĂ€ndert und die an- 
dern Barytsalze. — Berberinum murjaticum, wie frĂŒher. Ebenso 
Beryllium oxydatum. Bismuthum oxydat. nitrie. basieum, Bism. 
valerianieum. Neu eingeschaltet: Bromum chloratum. Bruceinum 
gegen frĂŒher etwas verĂ€ndert. 

Cadmium oxydat. carbonicum, C.oxydat. sulphurie. und €. sul- 
phuratum die alten Vorschriften. 

Caleium chloratum, Cale. oxydatum acetieum, Cale. oxydatum 
earbonieum, Calc. oxydat. sulphuric. und andere Kalksalze wie in 
der frĂŒheren Auflage. Neu aufgenommen ist Cale. oxydat. phos- 


phoricum. 
Cantharidum, Vorschrift wie frĂŒher. — Carbonicum sulphura- 
tum unverĂ€ndert. Cerium oxydatum unverĂ€ndert. — Chininum 


purum mit bemerkenswerthen ZusÀtzen versehen, worin die An- 
gabe der meisten LehrbĂŒcher, dass das Chinin in 60 Th. Aether, 
so wie die Angabe von Hesse, dass es in gleichen Theilen Aether 
löslich sei, als nicht richtig bezeichnet wird. Neu hinzugekommen 
ist: Chinin. aceticum, Ch. eitrieum, Ch. ferro-eitricum. Chin. mu- 
riatieum die frĂŒhere Angabe. Chin. sulphurieum, die PrĂŒfung ent- 
hĂ€lt AbĂ€nderungen. Chin. tannieum. Chin. valerianieum, die frĂŒ- 
here Methode. Chlorum aquosum wie in frĂŒherer Ausgabe. Chro- 
mium oxydat. unverÀndert. Ebenso Cobaltum oxydat. phosphoric. 
aluminatum. Eingeschaltet ist: Coffeinum. Zur Bereitung wird 
grĂŒner und schwarzer Thee empfohlen, der 1,8 bis 2 Procent Aus- 
beute geben soll. 


Collodium. Bis auf einen kleinen Zusatz die frĂŒhere Vor- 


schrift. Neu eingeschaltet ist Corydalinum. Soll aus der Wurzel 
dargestellt werden. 

Cuprum bichloratum. €. biehlorat. ammoniatum liquidum. C. 
bieyanatum. C. oxydatum. C. oxydat. aceticum. Ü. oxydat. car- 
bonieum basieum. C. oxydat. nitrieum. _C. oxydat. sulphurieum. 
C. oxydat. sulphurie. ammoniatum. C. oxydulatum wie frĂŒher. 

Digitalinum wie frĂŒher. Dulcamarinum. 

Ergotinum offieinale, frĂŒhere Vorschrift. 

Ferrum bromatum, F. chloratum, F.sesquichloratum, F. eyanat. 
et sesquicyanatum, F. jodatum, F. oxydat. hydraticum, F. oxydat. 


FR ı 


ÂŁ Literatur. : 187 
rubrum, F. oxydat. acetie. liquidum, F. oxydat. eitrie. ammoniatum, 
dieselben Vorschriften; neu eingeschaltet ist F. oxydat. eitricum, 
F. oxydat. phosphoricum, F. oxydat. sulphuricum, F. oxydat. vale- 
rianicum, F, oxydulat. nigrum, F. oxydulat. carbonie. et saccharat., 
F. oxydulat. lactieum. Eingeschaltet ist: F. oxydulat. oxydat. arse- 
nicum. F. oxydulat. oxydat. phosphoricum. F. oxydulat. sulphuri- 
eum. F. sulphuratum. SÀmmtliche EisenprÀparate sind bis auf 
geringe ZusÀtze unverÀndert aufgerommen. die als neu eingeschal- 
teten in praktischer Weise zu bereiten gelehrt. 

Formylum chloratum, F. jodatum die bewÀhrten Vorschriften. 

Hydrargyrum purum, H. bromatum und bibromatum, H. chlo- 
ratum und bichloratum, H. bichlorat. ammoniatum, H. eyanatum, 
H. jodatum und bijodatum, H. oxydat. rubrum, H.oxydat. phospho- 
rieum, H. oxydat. sulphuricum, H. oxydulat. purum, H. oxydulat. 
aceticum, H. oxydulat. nitricum, H. oxydulat. phosphoricum, H. sul- 
phuratum nigrum, H. sulphurat. rubrum. — Inulinum. — Jodum 
bromatum, J. chloratum. — Kalium eyanatum, K. cyanat. fusum, 
K. eyanat. ferrat. rubrum, K. cyanat. sulpburatum, K. fluoratum, 
K. fluorat. silieatum, K. jodatum. Das letztere PrÀparat hat bei 
der PrĂŒfung einen Zusatz erhalten. Kalium oxydat. hydraticum, 
K.oxydat. aceticum. Eingeschaltet ist: Kalium oxydat. arsenieicum, 
K. oxydat. earbonieum, K. oxydat. bicarbonieum, K. oxydat. chlo- 
ricum, K. oxydat. chromieum neutrale, K. oxydat. nitrie. depurat., 
K. oxydat. oxalieum neutrale, K. oxydat. silieie. solubile, K. oxydat. 
stibieum acidum et neutrale, K. oxydat. sulphurieum, K. oxydat. 
sulphuric. acidum, K. oxydat. superchloriceum, K. oxydat. tartarie. 
acidum et neutrale et ammoniatum et boraxatum et ferratum et 
natronatum et stibiatum, K. sulphuratum. Fast sÀmmtliche Kali- 
salze sind unverÀndert beibehalten. Neu aufgenommen: Kussinum. 
Lacca e rad. Rubiae tinetorum wie frĂŒher. Lithium chloratum et 
earbonieum. Magnesium oxydatum purum. M. oxydatum eitriecum 
ist neu aufgenommen, ebenso M. oxydatum lactiecum. — Manganum 
ehloratum, M. oxydulat. carbonicum. Neu aufgenommen: Mangan. 
oxydulat. lacticum. — Morphinum purum et acetic. et muriaticum. 
— Natrium. Die Natronsalze sind meist kurz abgehandelt. Neu 
aufgenommen ist Natrium jodatum, N.nitro-cyanatum ferratum und 


N. oxydat. pyrophosphoric. ferratum liquidum. — Oxyacanthinum. 
— Palladium chloratum. — Pierotoxinum. — Piperinum. -—- Plati- 
num bichloratum et nigrum et oxydatum. — Plumbum chloratum, 


P. jodatum, P. oxydatum. P. oxydat. acetic. basicum, P. oxydat. 
nitricum, P. oxydat. oleiricum et palmitinicum s. Emplastrum Ce- 
russae et Lythargyri simplex, P. superoxydat. bruneum, P. oxydat. 
tannieum. — Resina Jalapae. — Salieinum. — Santoninum. — Stan- 
num chloratum liquidum, St. bichloratum, St. oxydatum, St. oxy- 
dulatum, St. bisulphuratum. — Stibium purum, Stib. chlorat. liqui- 
dum, Stib. oxydatum, Stib. sulphurat. aurantiacum, die Àltesten Vor- 
schriften, Stib. sulphurat. rubeum mit AbĂ€nderungen. — Strontium 
chloratum, Str. oxydat. purum, Str. oxydat. earbonieum. — Strych- 
ninum purum et nitrieum. — Sulphur jodatum, Sulph. praeeipitatum. 
— Theobrominum. — Uranium oxydatum. — Ureum purum et ni- 
trieum. — Veratrinum. — Yttrium oxydatum. — Zincum purum, 
Z. ehloratum, Z. ceyanat. ferratum, Z. oxydatum, Z. oxydat. aceti- 
cum, Z. oxydat. sulphuricum, Z. valerianicum. — Zirconium oxy- 
datum. meist die alten bewÀhrten Vorschriften. 

Der Herr Verfasser dieses praktischen Handbuches hat durch 
mancherlei vorstehend angezeigte ZusÀtze und Einschaltungen von 


188 Literatur. 


neuen PrÀparaten die Brauchbarkeit seines Werkes noch vermehrt 
und die neue Auflage wird wie die frĂŒhere sich wieder neuen Bei- 
fall erwerben und seine NĂŒtzlichkeit bewĂ€hren. 

Dr. L. F. Bley. 


Die Chinarinden der pharmakognostischen Sammlung zu 
Berlin. Mit 10 Tafeln Abbildungen. Von Dr. Otto 
Berg, Professor an der UniversitÀt Berlin. Berlin, 
1865. Verlag von Rudolph GĂ€rtner. 


Bei dem allgemeinen Interesse, welches in neuester Zeit das 
Studium der Chinarinden gefunden hat, schien es dem Verfasser 
nicht unzweckmÀssig, die in seinen Atlanten gegebene gedrÀngte 
Bearbeitung mehr zu erweitern und fĂŒr die praktische Unter- 
suchung umzuarbeiten. Das Material lieferte besonders die reiche 
Chinarindensammlung des pharmakognostischen Museums an der 
UniversitÀt, die im Handel vorkommenden Rinden und die von 
dem Hrn. Prof. Phöbus mitgetheilten anatomischen PrÀparate der 
Chinarinden von Delondre und Bouchardat. So heisst es in 
der Vorrede zu gedachtem Werke, welches 3 Tafeln mehr enthÀlt 
als der Atlas. SÀmmtliche PrÀparate sind in 65facher Vergrösse- 
rung gezeichnet. 


Der pharmakognostischen Sammlung der Berliner UniversitÀt 
lag die vom Prof. Dr. Theodor Martius in Erlangen gemachte 
Sammlung zu Grunde, war aber leider sehr ungĂŒnstig aufgestellt 
und erst durch die sorgfĂ€ltigen BemĂŒhungen des Prof. Geh. Medi- 
einalraths Dr. C. G. Mitscherlich neu geordnet und vermehrt 
worden. 


Die Droguen und chemischen PrÀparate befinden sich theils in 
4 Wandspinden, theils in 14 aufrecht freistehenden SchrÀnken. 
Bei dieser neuen Anordnung wurden aus Martius’ Sammlung nur 
die unechten Rinden beibehalten, die verschiedenen gebrÀuchlichen 
Handelsrinden in charakteristischen und schönen Exemplaren von 
der Handlung Lampe, Kaufmann & Comp. bezogen und die- 
ser Sammlung die Sammlung aus dem Nachlasse des Conservators 
Klotsch zugefĂŒgt. Diese letztere besteht aus einer sehr gut erhal- 
tenen Originalsammlung der Chinarinden von Pavon, einer sehr 
reichen Collection kÀuflicher Chinarinden von Howard mit eini- 
gen von Weddell gesammelten Rinden und ferner Rinden aus den 
Sammlungen von Pöppig, Warszewicz und Moritz Karsten. 
Auch eine von Zimmer in Frankfurt a.M. erhaltene Sammlung 
von Rinden, deren Alkaloidgehalt bestimmt ist, ist vorhanden. 


Ueber das, was von Ă€lteren Pharmakognosten fĂŒr die Kennt- 
niss der Chinarinden geschehen ist, spricht der Verf. sich sehr 
ungĂŒnstig aus. Eine bessere Belehrung datirt der Verf. von der 
ErgrĂŒndung des anatomischen Baues der Droguen an. Die frĂŒhere 
Eintheilung der Rinden in graue oder braune, in gelbe und rothe 
verwirft Berg. 


$. 8. giebt ei.e Anweisung zur Darstellung mikroskopischer 
Objecte. $. 9. beschÀftigt sich mit der Histologie der Chinarinden. 
$.10. bespricht insonderheit die botanische Systematik. Weddel’s 
"Bestreben des Zusammenziehens in seiner Monographie wird geta- 
delt, doch wird eine Aufstellung der Arten nach Weddel’s An- 
ordnung gegeben. Zu den darin enthaltenen echten Cinchonen 


Literatur. 7. 08 


fĂŒgt Berg noch die als Pavon’sche in Howard’s Quinologie be- 
schriebenen Arten. 

Im $. 11. wird Phöbus’ Arbeit ĂŒber die Delondre - Bouchar- 
dat’schen Chinarinden als vortrefflich bezeichnet und auf dieselbe 
nÀher eingegangen. $. 12. handelt von den Chinarinden Delon- 
dre’s und Bouchardat’s, von welchen die Berliner Sammlung 
keine Probe besitzt, welche aber durch Phöbus’ Anfertigung ana- 
tomischer PrĂ€parate derselben gemeinnĂŒtzlich gemacht sind. 

$. 13. zÀhlt sodann auf: I. Echte Chinarinden von der Gat- 
tung Cinchona abstammend, wovon 38 Abiheilungen gemacht sind. 

$. 14. umfasst: II. Unechte Chinarinden von Arten aus der 
Tribus der Cinchonaceen, mit Ausnahme der Gattung Cinchona, 
abstammend und giebt noch eine Tabelle zur mikroskopischen Be- 
stimmung der bedeckten echten Chinarinde. Sodann folgt ein Re- 
gister. Die beigegebenen 10 Tafeln anatomischer mikroskopischer 
Abbildungen enthalten: 

I. Cortex Cinchonae Calisayae. 

II. 1. Cortex Cinchon. serobieulatae, 2. und 3. Cort. Cinchon. 

laneifoliae. 

II. 1. Cortex Cinchon. lancifol. (Fortsetzung), 2. Cort. Cinchon. 

macrocalyeis, 3. Cort. Cinchon. cordifoliae. 

IV. 1. Cortex Cinchon. Uritusingae, 2. Cort. Cinchon. hetero- 

phyllae, 3. Cort. Cinehon. ruber suberosus. 

V.1. Cort. Cinch. Condamineae, 2. Cort. Cinch. amygdalifol., 

3. Cort. Cinchon. micranthae. 
VI. 1. Cort. Cinchon. nitidae, 2. Cort. Cinehon. Chahuarguerae, 
3. Cort. Cinchon. micranthae. 
VI. Cort. Chinae ruber durus, 1. Cort. Cinch. purpureae, 2. Cort. 
Cinch. Pulton, 3. Cort. Cinchon. luteae. 
VII. 1. Cort. Cinchon. Pelletieranae, 2. Cort. Cinchon. umbellu- 
liferae, 3. Cort. Cinchon. ovatae. 

IX. 1. Cort. Cinehon. microphyllae, 2. Cort. Cinchon. lucumae- 

foliae, 3. Cort. Cinchon. Pelletiereanae. 

X. Cort. Ladenbergiae magnifoliae, 2. Cort. Naucleae Cin- 

chonae. 

Das vorliegende Werk beweist dieselbe Sorgfalt und Umsicht, 
dasselbe Bestreben, der wissenschaftlichen Pharmacie zu nĂŒtzen, 
welche alle literarischen Unternehmungen des zu frĂŒh verstorbenen 
Berg auszeichnet. Es wird ein Denkmal sein, seinen Namen der 
Nachwelt zu erhalten. Dr. L. F. Bley. 


Bibliographischer Anzeiger fĂŒr Pharmaceuten. 
1867. No. II. 


Actorum, novorum, academiae Caesareae Leopoldino - Carolinae 
germanicae naturae curiosorum. Tom. XXX]. Ets. t.: Ver- 
handlungen der kais. Leopoldin.-Carolin. deutschen Akademie 


der Naturforscher. 32. Bd. 2. Abth. Mit 35 Taf. 4. Dres- 


den. Jena, Fr. Frommann. n. 12 ,ÂŁ. 

Annales musei botaniei Lugduno-Batavi. Edit. Dir. Prof. F. A. G. 
Miquel. Tom. III. Fasc.1 et2. gr. Fol. Amstelodami. Leip- 
zig, F. Fleischer. In Mappe. 1. 21 ngr. ’ 


ER A Tr 


PIIEIRER NY 


190 Bibliographischer Anzeiger. 


Archiv fĂŒr Anthropologie. Zeitschrift fĂŒr Naturgeschichte u. Ur- 
geschichte des Menschen. Red. v. A. Ecker u. L. Lindenschmidt. 
3. Heft. Mit eingedr. Holzst. gr. 4. (1. Bd. $. 285— 403.) 
Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 11, „$. 

Arznei-Taxe fĂŒr das Königreich Bayern. 8. (58 S.) MĂŒnchen, 
Grubert. n. 14 ngr. 

Asmus, Dr. Ed., die trockne Destillation des Holzes und Verarbei- 
tung der durch dieselbe erhaltenen Rohproducte auf feinere, 
wie auf EssigsÀure, Terpenthinöl ete. Mit 22 Holzschn. gr.8. 
Berlin, Springer’s Verl. n. 1!/, $. 

Becker, Chr. Aug., das Aceton (Acetonol), der geheime Wein- 
geist der Adepten, Spiritus vini Lulliani s. philosophici. 2te 
Ausg. gr. 8. MĂŒhlhausen. Heinrichshofen. n. 1/3 „£. 

Beiche, W.Ed., der kleine Botaniker. 8. (267 S.) Langensalze, 
Verlagscomptoir. 18 ngr. 

Bronn, Prof. Dr. H. G., die Classen und Ordnungen des Thier- 
reiches. 5. Bd. GliederfĂŒssler. Von A. GerstĂ€cker. 3, Lief. 
Lex.-8. Miteingedr. Holzschn. Leipzig, C. F. Winter. n. 1 ,ÂŁ. 


Correspondenzblatt des geologisch-mineralogischen Vereins in 
Regensburg. Red. v. Dr. Herrick-SchÀffer. 21. Jahrg. 1867. 
gr. 8. Regensburg, Manz in Commiss. n.n. 11/3 .ÂŁ. 


Deutschlands Flora oder Abbild. u. Beschreibung der daselbst 
wildwachs. Pflanzen. 7. Aufl. 52—62.Lief. hoch 4. Leipzig, 
Baensch. An. 1/2 .$. 

Ebbinghaus, Dr. Jul., die Pilze und SchwÀmme Deutschlands. 
2. Aufl. Mit 32 illum. Kpftaf. 1. Lief. 4. Leipzig, Baensch. 
Y, 

Re elopsdie, allgemeine, der Physik. Herausg. v. G. Karsten. 
i9. Lief. 8. Leipzig, Voss. n. 22, ». 

FlĂŒckiger, Dr. F. A., EehibabhÂź der "Pharmakognosie des Pflan- 
zenreiches. 4. Lief. gr. 8. Berlin, GĂ€rtner. & n. 2/3 „$. 


Fuchs, Just., Breslau’s Trinkwasser. Chemische Untersuchung des 
Brunnenwassers. gr.8. (228.) Breslau, Morgenstern in Comm. 
3 nar. 

ke, Aug., Flora von Nord- und Mitteldeutschland. 8. Aufl. 
8. Berlin, Wiegand & Hempel. n. 1 

Goullon, Geh. Med.-Rath Dr. 1% Beschreibung der in der homöo- 
pathischen Pharmakopöe aufgenommenen Pflanzen. 34—37. Lief. 
4. Leipzig, Baensch. & !/z $. 

Graham-Otto’s ausfĂŒhrl. Lehrbuch der Chemie. Mit in den Text 
gedr. Holzst. 2.Bd. Anorgan. Chemie v. Fr. Jul. Otto. 4. Aufl. 
1. Abth. 11— 13. Lief. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. 
& Lief. n. 1/3 $. 

Handatlas sÀmmtlicher medie. pharmac. GewÀchse od. Abbild. u. 
Beschreibung der offiein. Pflanzen. 4. Aufl. 2-5. Lief. gr. 8. 
Mit 32 col. Kpftf. Jena, Mauke. an. Yz $. 


Hildebrand, Frdr., die Geschlechter-Vertheilung bei den Pflan- 
zen und das Gesetz der vermiedenen u. unvortheilhaften steti- 
gen Selbstbefruchtung. Mit 62 eingedr. Holzschn. gr.8. Leip- 
zig, Engelmann. 27!/g ngr. 

Hofmann, Prof. A. W., Einleitung in die moderne Chemie. 3te 
Auflage. gr. 8. Mit eingedr. Holzschn. Braunschweig, Vie- 
weg & Sohn. n. 11, 

Husemann, Privatdoe. Dr. Th. und Dr. A. Husemann, Hand- 
- buch der Toxikologie. gr. 8. Berlin, G. Reimer. Allz >: 


Bibliographischer Anzeiger. 191 


Jacobsen, Dr. Emil, chemisch-technisches Repertorium. Ueber- 
sichtliche Mittheilungen der neuesten Erfindungen, Fortschritte 
und Verbesserungen auf dem Gebiete der techn. u. industr. 
Fame n 1866. 2. Halbjahr. gr. 8. Berlin, GĂ€rt- 
ner 2 . 

JĂ€ger, Dr.G., die Wunder der unsichtbaren Welt, enthĂŒllt durch 
das Mikroskop. Mit eingedr. Holzschn. 5—11. Lief. Lex.-8. 
(S. 201—536.) Berlin, Hempel. Ă€n. !/y $. 

JahrbĂŒcher fĂŒr wissenschaftl. Botanik. Bec. v. Dr. N. Prings- 
heim. 5. Bd. 3. u. 4. Heft. Mit 29 lith. Taf. Lex.-8. Leip- 
zig, Engelmann. n. 5 ;$. 

Jahresbericht ĂŒber die Fortschritte der Pharmakognosie, Phar- 
macie u. Toxikologie. Herausg. v. Bee u. Th. Husemann. 
8. (487 8.) Göttingen, Vandenhoeck & x Ruprecht’s Verlag. n. 
2 PB 12 ngr. 

Jahresberichte der Gesellschaft fĂŒr Natur- und Heilkunde in 
Dresden. 1865 — 1866. gr. 8. (140 8.) Dresden, am Ende. 
n. I . 

Kuntze, Otto, Reform deutscher Brombeeren. BeitrÀge zur Kennt- 
niss der Eigenschaften, der Arten u. Bastarde des Genus Ru- 
bus. 8. (128 S.) Leipzig, Engelmann. n. 1!/3 $. 

KĂŒtzing, Prof. Dr. Frdr. Traug., Tabulae phycologicae od. Abbild. 
der Tange. 17.Bd. gr.Âź. (50 Steintaf. mit 16 S. Text.) Nord- 
hausen, Förstemann. In Mappe & Lief. 1 .$; col. 2 £. 

Laban, F. C., Garteuflora fĂŒr Norddeutschland. gr. 8. (314 S.) 
Hamburg, "0. Meissner. 1 "PB 6 near. 

Leopoldina. Amtl. Organ der kais. Leopold.- Carolin. deutschen 
Akademie der Naturforscher. Herausg. v. C.G. Carus. 6. Hft. 
15 Nrn. gr. 4. Jena, Fr. Frommann. n.1 ,$. 

Löwe, W., die Handelspflanzen, Wurzel-, Knollen-, KĂŒchengewĂ€chse 
u. essbaren SchwÀmme. Mit 18 col. Kpftaf. 2. Aufl. 1. Lief. 
4. Leipzig, Baensch. 1; $. 

Miquel, F. A. G., Prolusio florae japonieae. Fasc. V. Fol. Leip- 
zig, Fr. Fleischer. n. 1.f 21.ngr. 

Mulder, G. J., die Chemie der a etbeknenden Oele, ihre Berei- 
tung u. ihre technische Anwendung in KĂŒnsten u. Gewerben. 
Bearb. v. J. MĂŒller. gr. 8. Berlin, Springer’s Verl. n. 12/3 $. 

MĂŒller, Dr. Ferd., das grosse illustr. KrĂ€uterbuch. 2. Aufl. Mit 
300 eingedr. Holzschn. 5. Heft. Lex.-8. Ulm, Ebner. & 1; ÂŁ. 

Muspratt’s theoret., prakt. u. analyt. Chemie in Anwendung auf 
KĂŒnste u. Gewerbe. Bearb. von Dr. F. Stohmann. Mit 1500 
in den Text eingedr. Holzschn. 2. Aufl. 3. Bd. 12— 14. Lief. 
gr. 4. Braunschweig, Schwetschke u. Sohn. & n. 12 ngr. 

Otto, F. J., Anleitung zur Ausmittelung der Gifte u. zur Erken- 
nung der Blutflecken bei gerichtl.-chemischen Untersuchungen. 
3. Aufl. gr. 8. Braunschweig, Vieweg & Sohn. n. 2/3 »$. 

Rammelsberg, C. F., Leitfaden fĂŒr die qualitative chemische 
Analyse. 5. Aufl. gr. 8. Berlin, LĂŒderitz’s Verl. n. 23 8. 

Regnault-Strecker’s kurzes Lehrbuch der Chemie. 2. Bd. 
1. Lief. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. %3 ÂŁ. 

Reichenbach, Dr. Frhr. v., die odische Lohe und einige Bewe- 
gungserscheinungen als neu entdeckte Formen des odischen 
Prineips in der Natur. 8. Wien, BraumĂŒller. n. 26 ngr. 

Retorte, die. Zeitung fĂŒr prakt. Pharmacie. Herausg. Hensel. 
1. Jahrg. 1867. 104 Nrn. (l/a Bog.) gr. 4. Berlin, Conrad. 
l/ajÀhrl. 121/, ngr. 


\ 4 + Ai Ya 
au a UP Wr et a Fre 


# e 


A 


3. P- 4 R 
Pr Ua ee 


a. APN 


IE, l RE, 
EN LER RARENTED IRTR 


N 
an 


W f < ÂŁ 
m ac won En Eur 
»2 RER, 


(7 + . 3 “ 
ee N 


$ 


RER T. r ee ii N u ai ar ar N 


192 Bibliographischer Anzeiger. 


Rochleder, Dr. Frdr., ĂŒber Quereitrin. Lex.-8. (3 8.) Wien, 
Gerold’s Sohn. 11l/y ngr. 

Russow, Edm., BeitrÀge zur Kenntniss der Torfmoose. Mit 5 Taf. 
gr. 8. (84 8.) Dorpat, GlÀser. n. 2% »$. 

Schlickum, O., der junge Chemiker. GrĂŒndliche EinfĂŒhrung in 
2 Studium der Chemie. 3. Aufl. 16. Neuwied, Heuser. n. 

Schwarz, Dr. Ed., chemische Analyse des Mineralwassers in Möd- 
ling bei Wien. Lex.-8. Wien, Gerolds Sohn. 2 ngr. 

Stein, Prof. Dr. Fr, der Organismus der Infusionsthiere, nach 
eigenen Forschungen bearb. 2. Abth. Mit 16 Kupftaf. Fol. 
Leipzig, Engelmann. n. 22 :$. 

Ule, Dr. O., ausgewÀhlte naturwissenschaftl. Schriften. 4. Bdehn. 
Skizzen aus dem Gebiete der organ. Chemie. 1. u. 2. Heft. 
8. (160 5.) Halle, Schwetschke. & Heft 6 ngr. 

Verhandlungen der k.k. zoologisch - botanischen Gesellschaft in 
Wien. Jahrg. 1866. 16. Bd. Mit 21 lith. Taf. 8. Leipzig, 
Brockhaus. n. 6?/3 $. 

Vogt, Carl, Lehrbuch der Geologie u. Petrefaetenkunde. 3. Aufl. 
1. Bd. 2. u. 3. Lief. gr. 8. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. 


an. 138. 

wilbrand Inl. u. Ferd. Wilbrand, Leitfaden fĂŒr die ersten 
Uebungen im chemischen Laboratorium. 16. (36 S.) Neu- 
wied, Heuser. n. 1/6 »$- 

"Wochenschrift, schweizerische, fĂŒr Pharmacie. Herausg. von 
A. Gruner. Jahrg. 1867. 52 Nrn. Lex.-8. Schaffhausen, Brodt- 
mann. 1. 21 ngr. 

Zeitschrift fĂŒr analyt. Chemie. Herausg. v. C. Remigius Frese- 
nius. 6. Jahrg. 1867. 4 Hefte. gr. 8. Wiesbaden, Kreidel. 
3.2. 

— fĂŒr He gesammten Naturwissenschaften. Red. von C. Giebel u. 
M. Siewert. 27 — 30. Bd. 1867. gr. 8. Berlin, Wiegand. 


52 f 
3 N 


Hofbuchdruckerei der Gebr. JĂ€necke zu Hannover. 


ARCHIV DER. PHARIACHE, 


CLXXXI. Bandes drittes Heft. 


2. Biographisches Denkmal. 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 


Es war am 28. April 1866, Nachmittags, als sich in 
Dresden ohne das bei dergleichen Gelegenheiten sonst 
ĂŒbliche GeprĂ€nge nach dem Eliaskirchhofe ein Trauerzug 
bewegte: man geleitete die Leiche des am 26. April 
Morgens im halbvollendeten 74sten Lebensjahre verstor- 
benen Apothekers Dr. med. Friedrich Meurer zu ihrer 
letzten RuhestĂ€tte. „Lasst mich so einfach wie möglich 
begraben!“ hatte der Verstorbene ausdrĂŒcklich gewĂŒnscht 
und diesem Wunsche gemÀss war eben so einfach, wie 
sein Leben gewesen, auch sein BegrÀbniss.. Eine Anzahl 
von Denen, die den Lebenden geliebt und geehrt hatten, 
erwiesen dem Todten die letzte Ehre und begleiteten ihn 
zum Grabe. So ruhst Du denn, mein lieber Freund, im 
kĂŒhlen Schooss der Erde, nach welchem Du, in den beiden 
letzten Jahren durch Krankheit gebeugt, so manches Mal 
verlangt hattest: Du ruhest hier aus von einem langen 
thÀtigen Leben. Dein Geist hat sich, erlöst von den 
irdischen Fesseln, aufgeschwungen zu jenen lichten RĂ€u- 
men, in denen wir uns, mit dieser festen Hoffnung bist 
Du von uns geschieden, dereinst wiederfinden werden. 

Friedrich Meurer ist den 18. October 1792 ge- 
boren und der Àlteste Sohn des als Königl. sÀchsischer 
Justizamtmann in Voigtsberg am 7. Juni 1836 verstorbe- 
nen Gottlob Friedrich Meurer, der damals, zur Zeit 
der Geburt seines Sohnes, in Pretzsch als Amtsactuarius 
lebte. Der Vater war ein Ehrenmann im vollsten Sinne des 

Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bas. 3. Hft. 13 


a . . E_ . ey; Er EEE VRR ey 
194 J. Petzholdt, | 


Wortes, welchen der Sohn mit unwandelbarer Liebe ver- 
ehrte und dem er nachzueifern durch sein ganzes Leben 
bemĂŒht war. Und Die, welche Meurer nĂ€her gestan- 
den haben, wissen es, mit welchem Erfolge! Jene Worte, 
welche der Diakonus Scherkel nach dem Tode des Va- 
ters sprach: „Ist irgend Einer als Mensch, BĂŒrger und 
Christ das geworden, was er werden konnte, sollte und 
wollte, gewiss, so war es dieser im Herrn einst Lebende 
und nun in ihm selig Entschlafene!“ hĂ€tten auch am Grabe 
des Sohnes wiederholt werden können. Meurer der Sohn 
war gleich seinem Vater durch und durch ein Ehrenmann: er 
war fromm, gegen alle seine Mitmenschen mild und wohlwol- 
lend, und wo er irgend Noth zu lindern sah, wohlthÀtig 
bis zu den Àussersten Grenzen seiner Mittel; er war 
ĂŒberall treu und zuverlĂ€ssig und ein eben so unerschĂŒt- 
terlicher Freund von Recht und Wahrheit, wie entschie- 
dener Feind von Ungerechtigkeit und LĂŒge bis an sein 
Lebensende. 

Meurer’s Leben hat sich ziemlich seltsam gestaltet. 
Denn der Beruf, dem Meurer anfangs unfreiwillig und 
ohne Neigung, nur durch die VerhÀltnisse gezwungen, 
sich gewidmet hatte, ist schliesslich seine mit aller gei- 
stigen Kraft und Liebe gepflegte Lebensaufgabe gewor- 
den und bis zum Tode geblieben, wÀhrend das Fach, 
welches er spÀter aus freiem Willen und eigener Neigung 
sich erwÀhlte, bald wieder in Folge zwingender VerhÀlt- 
nisse von ihm aufgegeben werden musste. Meurer 
hatte nÀmlich anfangs wohl Lust und Neigung zu aka- 
demischen Studien gehabt, war aber, da der Vater bei 
einem nur höchst mÀssigen Diensteinkommen gleichwohl 
fĂŒr eine ziemlich starke Familie zu sorgen hatte und 
deshalb die zum akademischen Studium des Àltesten Soh- 
nes erforderlichen Geldmittel nicht aufzuwenden vermochte, 
in Folge dessen gezwungen gewesen, in eine Apotheke 
als Lehrling einzutreten. SpÀter war es ihm, wenn schon 
unter drĂŒckenden VerhĂ€ltnissen, doch möglich geworden, 
die UniversitÀt zu beziehen und sich dem Studium der 


Mediein zu widmen, er war auch als Doctor promotus ein 
paar Jahre praktisch thÀtig gewesen, hatte sich aber 
dann durch GesundheitsrĂŒcksichten genöthigt gesehen, 
die Ă€rztliche Praxis wieder aufzugeben und dafĂŒr dem 
pharmaceutischen Berufe sich wieder zuzuwenden. Und 
hierin muss man fast einen Fingerzeig der Vorsehung 
erkennen, von welcher Meurer auf das Gebiet der phar- 
maceutischen Wissenschaft zurĂŒckverwiesen worden ist, 
auf dem er mit einer gewissen GenialitÀt anerkannt Gros- 
ses, ja so VorzĂŒgliches geleistet hat, wie er aller mög- 
lichen Berechnung nach auf dem Gebiete der Medicin 
wohl nimmer geleistet haben wĂŒrde. 

Nachdem Meurer unter den Augen seiner braven 
Eltern und in lauterer Gottesfurcht bis zum vierzehnten 
Jahre eine sorgfÀltige Erziehung und, so gut eben die 
Mittel dazu in dem kleinen StÀdtchen Pretzsch geboten 
gewesen waren, den erforderlichen Schulunterricht erhal- 
ten hatte, verliess er 1806 das Vaterhaus, um in Leip- 
zig als Lehrling in die Salomonis-Apotheke einzutreten. 
Dort blieb er in angestrengter ThÀtigkeit bis zur Been- 
digung seiner Lehrzeit zu Ostern 1811, in welchem Jahre 
sein Vater von Pretzsch nach Wermsdorf als Justizamt- 
mann versetzt wurde. Es handelte sich jetzt fĂŒr Meu- 
rer darum, sein weiteres Fortkommen in der Welt zu 
suchen. Da sich jedoch fĂŒr den Augenblick keine pas- 
sende Gelegenheit dazu bot, so liess sich der Lehrherr 
Meurer’s, Wilde, gern bereit finden, den seitherigen 
Lehrling, den er als einen strebsamen und tĂŒchtigen jun- 
gen Mann kennen und achten gelernt hatte, auch ferner 
noch in seiner Apotheke als GehĂŒlfen zu behalten. Diese 
Stellung dauerte bis Michaelis, wo Meurer Leipzig ver- 
liess und in die Officin des hochverdienten Apothekers 
Dörfurth zu Wittenberg als GehĂŒlfe eintrat. Dort war 
indessen der Aufenthalt ein nur ziemlich kurzer; denn 
schon im April 1812 erhielt Meurer einen ihm erwĂŒnsch- 
ten Anlass, sich nach Dresden zu wenden und in die 
Marien-Apotheke — den Schauplatz seines spĂ€teren lĂ€n- 

13* 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 195° 


Nr DER 


ER IRRE RS SER: R N 
ET EN TEEN En PER IENDERT A AIEURSHE EBEN 


au 
Fa 


rn el 


196 J. Petzholdt, 


geren und ausgezeichneten Wirkens — als GehĂŒlfe ein- 
zutreten. Hier war es, wo ihn der nach der Schlacht 
bei Leipzig von Seiten des interimistischen russischen 
Gouvernements des Königreichs Sachsen erlassene Auf- 
ruf zur Errichtung des „Banners der freiwilligen Sach- 
sen“ traf. Hatte nun Meurer schon als Lehrling in sich 
die patriotische Regung gefĂŒhlt, gegen die UnterdrĂŒcker 
seines deutschen Vaterlandes, die Franzosen, mit in den 
Kampf zu ziehen und damals fast nur mit Gewalt davon 
zurĂŒckgehalten werden können, dieser seiner Regung zu 
folgen, so war es ganz natĂŒrlich, dass in ihm der Auf- 
ruf zum Banner den freudigsten Anklang fand. Er ver- 
liess im December 1813 seine Stellung in der Marien- 
Apotheke und trat zu dem Banner. 

Obschon Meurer, von der damals so Vielen ge- 
meinsamen heiligsten Begeisterung ergriffen, nur mit dem 
ernsten Vorsatze zu den Waffen geeilt war, nicht eher 
zu ruhen, als bis er sein deutsches Vaterland von den 
verhassten UnterdrĂŒckern befreit sĂ€he, so trat doch bald 
ein Umstand ein, der seinen Entschluss, mit dem Ban- 
ner ins Feld zu ziehen, wieder wankend machen musste. 
Es war nÀmlich damals gerade ein Freund seiner Fami- 
lie, der Apotheker in Pretsch, kinderlos gestorben und 
hatte seine Wittwe in ziemlich drĂŒckenden VerhĂ€ltnissen 
und dazu noch die Apotheke ohne alles Personal hinter- 
lassen. An Meurer erging der Ruf, der Wittwe in 
ihrer BedrÀngniss beizustehen und die verwaiste Apo- 
theke ganz zu ĂŒbernehmen. Die Bedingungen, unter 
denen ihm die Uebernahme angeboten wurde, waren dem 
Anscheine nach Ă€usserst gĂŒnstige und vortheilhafte und 
liessen ihn hoffen, dass er sich durch die Annahme des 
Anerbietens eine gesicherte Existenz fĂŒr sein ganzes Le- 
ben wĂŒrde schaffen können. Zudem durfte er auch er- 
warten, dnrch die Uebernahme der Apotheke die Noth, in 
der sich die Wittwe des Freundes seiner Familie befand, 
wesentlich zu lindern. Unter solchen UmstÀnden trat an 
Meurer die ernste Frage heran, ob er seiner patrioti- 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 197 


schen Regung, die ihn zu dem Banner gerufen hatte, 
oder dem Rufe nach Pretzsch folgen solle. Der nĂŒch- 
terne Verstand rieth ihm zu dem Letzteren. Mit wahr- 
haft schwerem Herzen entsagte Meurer seinem militai- 
rischen Entschlusse und ging Anfang 1814 nach Pretzsch, 
nachdem er fĂŒr sich einen Stellvertreter im Banner ge- 
funden und nur mit Schwierigkeit und unter nicht ganz 
unerheblichen Opfern seine militairische Entlassung er- 
langt hatte. In Pretzsch fand er nun die Noth zwar 
gross, sonst aber nicht alles so, wie es ihm geschildert 
worden war: insbesondere war unter den Bedingungen, 
die man ihm im Falle der gÀnzlichen Uebernahme der 
Apotheke stellen wollte, eine, durch deren Annahme er 
sich lebenslĂ€nglich gebunden haben wĂŒrde und auf welche 
er daher einzugehen sich weigerte. Dies wurde ent- 
scheidend dafĂŒr, dass der Entschluss, die Apotheke ganz 
zu ĂŒbernehmen, aufgegeben werden musste. Meurer 
ĂŒbernahm zwar die Verwaltung der Officin und arbei- 
tete mit rastloser ThĂ€tigkeit und mit sichtbarem GlĂŒcke 
an der Hebung des GeschĂ€ftes — aber als im darauf 
folgenden Jahre die Kunde kam, dass Napoleon von Elba 
in Frankreich gelandet sei und in Folge dessen neue 
militairische RĂŒstungen von deutscher Seite veranstaltet 
wurden, gab Meurer seine Stellung in der Apotheke 
auf und trat, da inzwischen Pretzsch unter preussische 
Herrschaft gekommen war, in die preussische Landwehr 
ein. Als Lieutenant zog er unter dem Commando des 
Hauptmanns v. Eberhardt, seines spÀteren langjÀhri- 
gen Freundes, ins Feld. Es scheint indessen Meurer 
von dem Schicksale nicht bestimmt gewesen zu sein, 
dass er seine Waffen mit denen des verhassten Feindes 
messen sollte. Das Corps, dem Meurer angehörte, war 
kaum am Rheine angekommen, als die Nachricht von 
der Einnahme von Paris durch die VerbĂŒndeten und 
gleichzeitig mit dieser der Befehl zum Halt und zum 
RĂŒckmarsch des Corps eintraf. Meurer marschirte mit 
zurĂŒck, wurde bei seiner Nachhausekunft einstweilen be- 


Mae a Ai BE nn 1 he A: 2 a ent. 


198 J. Petzholdt, 


urlaubt und erhielt nach vollstÀndig gesichertem Frieden 
seine ehrenvolle Entlassung vom Militairverbande. 

Meurer wurde nach seiner RĂŒckkehr aus dem Felde 
nun wieder Apotheker. Nachdem er zunÀchst in der Apo- 
theke zu Calau in der Niederlausitz ein Unterkommen 
gefunden hatte, ĂŒbernahm er dann im December 1816 
die Verwaltung der Apotheke zum „weissen Adler“ in 
Friedrichstadt-Dresden, deren Besitzer C. Fr. Gruner 
kurze Zeit zuvor mit Hinterlassung von einer Wittwe 
und vier unmĂŒndigen Söhnen gestorben war. WieMeu- 
rer bis an sein Lebensende die Gewohnheit hatte, alles, 
was er unternahm, mit einem wahrhaft seltenen und aus- 
dauernden Eifer und einer fast peinlichen Gewissenhaf- 
tigkeit anzugreifen und zu verfolgen, so unterzog er sich 
der ihm durch die Verwaltung der FriedrichstÀdter Apo- 
theke auferlegten Verpflichtungen in einer so vorzĂŒglichen 
Weise, dass ihm ob seines damaligen redlichen Eifers 
und seiner Treue die Gruner’schen Erben noch jetzt 
ein dankbares Andenken bewahren. Die Verwaltung 
der Apotheke endigte zu Michaelis 1817, wo dieselbe 
dem Apotheker Ostfalk in Pacht gegeben wurde. 

Jetzt trat Meurer’s Leben scheinbar an einen sehr 
wichtigen Wendepunct, wo in ihm die Pharmacie einen 
ihrer tĂŒchtigsten Pfleger fĂŒr die Zukunft fast verloren 
hÀtte. Schon von Jugend auf hatte Meurer nÀmlich in 
sich den Drang nach höherer wissenschaftlicher Bildung 
gefĂŒhlt, war aber damals wegen der beschrĂ€nkten Mittel, 
ĂŒber welche sein Vater zu verfĂŒgen hatte, davon abge- 
halten gewesen, sich den akademischen Studien zu wid- 
men. Die Neigung dazu war inzwischen geblieben, und 
trat jetzt gerade in verstÀrktem Maasse wieder hervor. 
Meurer fasste daher den Entschluss, dieser seiner Nei- 
gung doch noch zu folgen, und Medicin zu studiren. 


Der Vater gab dem Entschlusse des Sohnes seine Bei- 


stimmung, obschon mit nur schwerem Herzen; denn 
wenn er auch damals eben aus Wermsdorf in die etwas 
eintrÀglichere Stelle eines Justizamtmannes von Voigts- 


str De won Til u a Fra 2 
En an - ah MEN 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 199 


berg versetzt worden war, so reichte das neue Dienst- 
einkommen gleichwohl noch keineswegs dazu aus, dass 
er dem Sohne mehr als eine nur geringe BeihĂŒlfe zu 
den Kosten auf der UniversitÀt hÀtte gewÀhren können, 
Meurer hatte sich aber bei seiner Entschliessung auf 
eine sehr wesentliche BeihĂŒlfe von Seiten seines Vaters 
auch gar nicht besondere Rechnung gemacht: er war 
gegen die Seinen viel zu rĂŒcksichtsvoll, als dass er dar- 
an gedacht hĂ€tte, auf eine reichliche GeldhĂŒlfe von Sei- 
ten seines Vaters, zum Nachtheile der gesammten ĂŒbrigen 
Familie, Anspruch zu machen. Die Beschaffung der zum 
UniversitÀtsstudium erforderlichen Geldmittel machte Meu- 
rer ĂŒberdies bei weitem geringere Sorge, als der Umstand, 
dass ihm die zu diesem Studium unentbehrliche wissenschaft- 
liche Vorbildung, namentlich in den Sprachen, mangelte 
Durch eisernen Fleiss brachte er es jedoch in kurzer Zeit 
dahin, dass er bereits 1818 auf der UniversitÀt Leipzig 
inseribirt werden konnte, und hoffen durfte, seine dor- 
tigen Studien auch mit gĂŒnstigem Erfolge betreiben zu 
können. 

Wenn schon Meurer das GlĂŒck gehabt hat, in Leip- 
zig so mancher UnterstĂŒtzung — insbesondere von der Fa- 
milieMangelsdorf, deren er auch nie in seinem ganzen 
Leben vergessen hat mit Liebe zu gedenken — theilhaftig 
zu werden, so verdankt er doch den eigenen Entbehrungen 
und Anstrengungen, an die er allerdings schon von frĂŒ- 
her Zeit an sich hatte gewöhnen mĂŒssen, gewiss das 
Meiste, dass sein Aufenthalt auf der UniversitÀt ein un- 
gestörter und ungefÀhrdeter blieb. Mit mÀnnlichem 
Ernst und einem seinen Lehrern sehr bald bemerkbaren 
rĂŒhmlichen Eifer verfolgte er seine medicinischen Studien, 
so dass er 1822 das Baccalaureats-Examen mit Auszeich- 
nung bestehen konnte. Unter den Professoren waren es 
namentlich drei MÀnner, die Meurer mit wahrhaft vÀ- 
terlicher Zuneigung und Theilnahme unterstĂŒtzten, und 
welche daher auch fĂŒr diesen stets und bis zu seinem 
letzten Athemzuge der Gegenstand der aufrichtigsten 


200 J. Petzholdt, 


und dankbarstenV erehrung geblieben sind: es waren dies die 
Professoren Ernst Heinrich Weber, F.A.B. Puchelt 
und Fr. Ph. Ritterich, bei welchem Letzteren Meurer 
fast vier Jahre lang als Famulus fungirt hat. Eine kurz 
nach dem Baccalaureats- Examen eingetretene schwere 
Krankheit, ein HalsĂŒbel, welches Meurer fast dem 
Tode nahe brachte, und an dessen Folgen er noch sein 
ganzes Leben hindurch zu leiden gehabt hat, war Ur- 
sache davon, dass er seine akademischen Studien nicht 
so bald zum völligen Abschlusse bringen konnte, als er 
gewĂŒnscht hĂ€tte. Erst im Januar 1826 war Meurer im 
Stande sich dem Examen rigorosum zu unterziehen, er 
bestand dasselbe ĂŒberall mit den ersten Censuren und 
wurde im darauf folgenden Monate, nach Vertheidigung 
seiner Dissertation „de vitandis in praescribendo Mercurio 
sublimato corrosivo vitiis,“* als „Dignissimus“ zum Doctor 
der Medicin und Chirurgie promovirt. Hiermit wÀre denn 
endlich das Ziel erreicht gewesen, nach welchem Meu- 
rer mit aller Anstrengung gestrebt hatte. 

Allein — der Wechsel, dem Meurer’s Leben seit- 
her unterworfen gewesen, war noch nicht zu Ende. 
Jenes Halsleiden, welches Meurer nahe an den Rand 
des Grabes gebracht, hatte als traurige Folge eine merk- 
bare Behinderung der Sprachorgane hinterlassen und 
dieser Umstand gab Veranlassung dazu, dass Meurer, 
der sich nach seiner Promotion der medicinischen Praxis 
gewidmet hatte, im Verkehr mit seinen Kranken sehr 
wesentlich sich gestört sah. So zufriedenstellend die 
Resultate seines Ă€rztlichen Wirkens auch sein mochten — 
gediegene Kenntnisse, praktische Uebung, die er sich 
schon vor seiner Promotion als Assistenzarzt des Professors 
Dr. Ritterich angeeignet hatte und ein warmes Mit- 
gefĂŒhl fĂŒr die Leiden seiner Kranken machten ihn zu 
einem tĂŒchtigen und treu sorgsamen Arzte — so kam er 
gleichwohl mehr und mehr zur Ueberzeugung, dass jene 
Störung im Verkehre mit den Kranken seine Àrztliche 
Wirksamkeit in hohem Grade beeintrĂ€chtigen mĂŒsse. 


sa Be dr ar ba PA? 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 201 


Und in Betracht dessen fasste er, wenn schon mit recht 
schwerem Herzen, doch endlich den Entschluss, die Àrzt- 
liche Praxis, die ihm ohnehin bei einer ihm eigenthĂŒm- 
lichen grossen Weichheit des GefĂŒhles in einzelnen FĂ€llen 
beschwerlich zu werden drohte, ganz wieder aufzugeben 
und zur Pharmacie zurĂŒckzukehren. Dem zufolge verliess 
er Leipzig, und wendete sich nach Dresden, wo er zu 
Ostern 1830 die Verwaltung der seinem seitherigen 
Studiengenossen, Freunde und spÀteren Schwager Dr. Ch. 
F.Sartorius eigenthĂŒmlich zugehörigen Marien-Apotheke 
ĂŒbernahm *). 


Hier in Dresden war es nun, wo Meurer endlich 
im 38sten Jahre seines Lebens eine bleibende StÀtte 
und zugleich den Schauplatz eines langjÀhrigen ausge- 
zeichneten pharmaceutischen Wirkens finden sollte. Na- 
tĂŒrlich galt ihm zunĂ€chst die Verwaltung der Marien- 
Apotheke, die er ĂŒber achtzehn Jahre lang bis zu Johannis 
1848 gefĂŒhrt hat, als der hauptsĂ€chliche Gegenstand 
seiner ThÀtigkeit. NÀchstdem waren es die Apotheken- 
VerhĂ€ltnisse der Stadt ĂŒberhaupt, in deren Interesse 
Meurer seine Kenntnisse und seine Arbeitskraft zu ver- 
werthen wusste. Hierbei ist er jedoch noch nicht stehen 
geblieben, sondern hat noch weit ĂŒber die Grenzen der 
Stadt und seines sÀchsischen Vaterlandes hinaus einen 
Wirkungskreis fĂŒr seine unermĂŒdliche Strebsamkeit sich 
gesucht und gefunden. In den Annalen der Pharmacie 
wird man dessen wohl eingedenk bleiben. 


Zur Zeit, wo Meurer die Verwaltung der Marien- 


Apotheke ĂŒbernahm, waren die VerhĂ€ltnisse derselben 


nichts weniger als glĂ€nzend, oder ĂŒberhaupt nur annĂ€- 
hernd zufriedenstellende. Seiner Energie und unermĂŒd- 
lichen ThÀtigkeit gelang es indessen, die Apotheke bald 
wieder zu erneuerter BlĂŒthe und namentlich durch seinen 


*) Das Folgende grösstentheils nach den mir gĂŒtigst von den 
Herren Apothekern Eder und Vogel in Dresden ĂŒbergebe- 
nen Mittheilungen. 


Br ah ie ee 


Bo Aal 2 u 3% 90 ni 


202 J. Petzholdt, 


Ruf, den er als wissenschaftlich hervorragender Apothe- 
ker genoss, zu einem Höhepuncte des Ansehens zu bringen, 
auf welchem sie vorher kaum jemals gewesen war. Die Apo- 
theke ward unter Meurer’s ausgezeichneterVerwaltung eine 
vorzĂŒgliche und gern gesuchte BildungsstĂ€tte vieler theo- 
retisch sowohl als praktisch gut unterrichteter und tĂŒch- 
tiger Berufsgenossen, die, in alle Welt und bis in weite 
Ferne zerstreut, in Amt und WĂŒrden, noch lebhaft der 
fĂŒr sie so segensreichen Zeit, in der sie unter Meurer's 
Obhut gestanden haben, mit dankbarem Sinn sich erin- 
nern. Als Meurer, um sich, im 56sten Lebensjahre 
und im GefĂŒhle eines Nachlassens der körperlichen KrĂ€fte, 
von der praktischen ThĂ€tigkeit zurĂŒckzuziehen und fer- 
ner meist ausschliesslich wissenschaftlichen Arbeiten zu 
pflegen, die Verwaltung der Apotheke seinem Schwager 
wieder ĂŒbergab, durfte dieser sich wohl mit einigem 
Rechte sagen: „Eine Halde hatte ich ihm ĂŒberliefert, 
und habe dafĂŒr eine Erzgrube von ihm zurĂŒckempfan- 
gen“. 

Was nun Meurer’s ThĂ€tigkeit in Bezug auf die 
Dresdener ApothekenverhĂ€ltnisse ĂŒberhaupt betrifft, so 
hat er sich um diese, wie ĂŒberall willig anerkannt ist, 
hauptsÀchlich durch Anregung collegialischen Zusammen- 
wirkens unter den Principalen, so wie durch Förderung 
wissenschaftlicher TĂŒchtigkeit unter den GehĂŒlfen und 
Lehrlingen unbestreitbar grosse Verdienste erworben. 
Nicht lange nach seiner Niederlassung in Dresden gab 
er die Anregung dazu, dass unter den Dresdener Apothe- 
kern die Einrichtung monatlicher ZusammenkĂŒnfte zum 
Behufe collegialischer Besprechungen getroffen wurde. 
Bei diesen ZusammenkĂŒnften fĂŒhrte Meurer eine lange 
Reihe von Jahren hindurch den Vorsitz und that dies, 
nach dem ausdrĂŒcklichen Zeugnisse seiner Collegen, mit 
einer solchen Umsicht, Unpartheilichkeit und einem sol- 
chen Tacte, dass dadurch nicht nur das gute gegenseitige 
Einvernehmen und das erfolgreiche einmĂŒthige Zusam- 
menwirken der Dresdener Apotheker in allen wichtigeren 


ar Bde 


) En N TE SE a a Se a a 2 9 
N ER A Se Be en {2 cal E Er Br FO Er 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 203 


Angelegenheiten herbeigefĂŒhrt, befördert und erhalten 


wurde, sondern in Folge dessen auch die Collegen in 
wirklich aufrichtiger und dankbarer Zuneigung und 
Hochachtung ihrem Vorsitzenden, der ihnen so gern 
und willig aus dem reichen Schatze seines Wissens und 
seiner Erfahrungen spendete und allen mit vorzĂŒglichem 
Beispiele Àchter CollegialitÀt voranging, tief sich verpflich- 
tet fĂŒhlten. Der unter Meurer’s Leitung 1856 reorga- 
nisirte Verein der Dresdener Apotheker erfreute sich 
auch dessen krĂ€ftiger FĂŒhrung bis 1864, wo Meurer in 
Folge öfters wiederkehrenden und andauernden körper- 
lichen Leidens sich abgehalten sah, den Vereinsversamm- 
lungen ferner beizuwohnen. Der Verein ernannte ihn 
bei Niederlegung des Vorsitzes, in dankbarer Änerken- 
nung der vielfachenV erdienste seines seitherigen Vorstandes, 
zum Ehrensenior — eine Ehre, die Meurer freilich nicht 
lange geniessen sollte, da ihn.der Tod schon zwei Jahre 
darauf von seinem Posten abrief. War bei allen diesen 
Bestrebungen Meurer’s ThĂ€tigkeit zunĂ€chst und meist 
ausschliesslich auf die Förderung der Interessen der Prin- 
eipale selbst gerichtet gewesen, so hat er doch auch auf der 
andern Seite keineswegs unterlassen, zur Förderung der 
Interessen Derer, die dereinst auch einmal Principal zu 
werden wĂŒnschen, der GehĂŒlfen und Lehrlinge, nach 
allen seinen KrÀften zu wirken. Das freundschaftliche 
VerhÀltniss, in dem er zum verstorbenen Stadtbezirks- 
arzt Dr. Siebenhaar stand, kam ihm in recht glĂŒck- 
licher Weise dabei zu statten, dass es ihm möglich wurde, 
eine zweckmÀssigere und den Anforderungen der Wissen- 
schaft entsprechendere Gestaltung der PrĂŒfungen, denen 
sich in Dresden sowohl die Lehrlinge nach Beendigung 
ihrer Lehrzeit, als auch die aus dem Auslande neu her- 
beigekommenen und in Apotheken der Stadt eingetrete- 
nen GehĂŒlfen zu unterziehen haben, bei der Behörde an- 
zuregen und in AusfĂŒhrung zu bringen. Aus lauter Liebe 
zur guten Sache und in der uneigennĂŒtzigsten, opferfreu- 
digsten Weise ĂŒbernahm er selbst bei diesen unter dem 


2 in En A 


; 
f 


ee. 


204 J. Petzholdt, 


Vorsitze des Stadtbezirksarztes abgehaltenen PrĂŒfungen 
den auf Chemie bezĂŒglichen Theil, wĂ€hrend die ĂŒbrigen 
PrĂŒfungsgegenstĂ€nde einem der andern dresdener Apo- 
theker ĂŒberlassen blieben. Ununterbrochen und selbst 
noch auf dem Krankenlager hat Meurer bis in die letz- 
ten Wochen seines Lebens an den PrĂŒfungen Theil ge- 
nommen. Aber wenn von Meurer die wissenschaft- 
lichere Gestaltung der PrĂŒfungen der ausgelernten Lehr- 
linge in Anregung gebracht worden war, so hatte er da- 
bei auch das nicht aus dem Auge gelassen, dafĂŒr Sorge 
zu tragen, dass die Lehrlinge wÀhrend ihrer Lehrzeit 
eine den wissenschaftlichen AnsprĂŒchen der PrĂŒfungen 
angemessene Vorbildung sich aneignen könnten, Im Hin- 
blicke darauf hatte Meurer gleich nach Beginn seiner 
ThĂ€tigkeit in Dresden durch eigenes Beispiel den grĂŒnd- 
lichen Unterricht der Lehrlinge in den Apotheken der 
Stadt angeregt und ĂŒbernahm nach Abgabe der Verwal- 
tung der Marien-Apotheke, auf Wunsch seiner Collegen, 
den vorbereitenden chemischen Unterricht der Lehrlinge 
der meisten Dresdener Apotheken. In diesem Unter- 
richte, welchen er mit einer Hingebung und Gewissen- 
haftigkeit, mit einem Eifer und einer Treue, mit einem 
Ernst und dabei mit einer Freundlichkeit und Nachsicht 
bei Schwachen selbst bis in die letzten Tage seines Le- 
bens ertheilte, die ihm bei seinen vielen SchĂŒlern ein 
liebevolles und dankbares Andenken gesichert haben, fand 
er seine LieblingsbeschÀftigung, die ihm in den meist 
glĂŒcklichen Erfolgen seiner LehrerthĂ€tigkeit die reinste 
Freude und die schönste Belohnung gewÀhrte. Der Eifer 
fĂŒr seine LehrerthĂ€tigkeit war bei Meurer so gross, 
dass er noch zwei Tage vor seinem Tode, trotzdem dass 
ihn bereits die körperlichen Schmerzen auf das Kranken- 
lager hingestreckt hielten, gleichwohl von seinem Lager 
aus den Unterricht fortsetzte und sogar noch auf den 
Morgen, an welchem er starb, ein paar Lehrstunden an- 
beraumt hatte. 

Obschon man nach alledem wohl eigentlich hÀtte 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 205 


glauben sollen, dass dadurch Meurer’s ThĂ€tigkeit völlig 
erschöpft worden wÀre, so war dies doch keineswegs der 
Fall: seine ThÀtigkeit hatte in den engeren Grenzen der 
Marien-Apotheke und der Stadt noch nicht den vollen 
befriedigenden Abschluss gefunden, nein, Meurer richtete 
seine Aufmerksamkeit noch auf ein weiteres Gebiet hinaus. 
Im Interesse der Hebung der pharmaceutischen VerhÀltnisse 
in Sachsen ĂŒberhaupt bemĂŒhte er sich, den norddeutschen 
Apotheker-Verein auch auf Sachsen mit zu ĂŒberpflanzen. 
Seine BemĂŒhungen waren mit dem glĂŒcklichsten Erfolge 
gekrönt: der Anschluss der sÀchsischen Apotheker an den 
norddeutschen Verein kam 1840 zu Stande und es war 
hauptsĂ€chlich Meurer’s Werk, die in Folge dessen er- 
forderlichen Einrichtungen zu treffen, so wie seiner Obhut 
auch die Oberleitung des Vicedirectoriums Sachsen von 
der Zeit des Anschlusses an bis 1851, wo Meurer die 
DirectorialgeschÀfte und spÀter auch die damit verbunden 
gewesene Cassenverwaltung aus GesundheitsrĂŒcksichten 
niederlegte, zur allgemeinen Zufriedenheit ĂŒbergeben war. 
Die grossen Verdienste, welche sich Meurer in seinem 
Directorial-Amte —- anfangs als Vicedirector, spĂ€ter als 
Director und zuletzt als Ehrendirector — erwarb, fanden 
allseitige Anerkennung und diese Anerkennung ihren wĂŒr- 
digen Ausdruck in einer Stiftung, welche bei Gelegenheit 
des funfzigjĂ€hrigen pharmaceutischen JubilĂ€ums Meurer’s 
1856, von den Mitgliedern des norddeutschen Apotheker- 
Vereins zum Zwecke der Aufstellung von Preisfragen fĂŒr 
Lehrlinge ins Leben gerufen und mit Meurer’s Namen 
benannt worden ist. Meurer hat diese Stiftung bis zu 
seinem Tode selbst verwaltet. Ausser der Meurer- Stiftung 
widmete ihm der norddeutsche Apotheker-Verein „bei der 
Feier des Jubeltages funfzigjÀhrigen treuen Wirkens in 
inniger Anerkennung und Dankbarkeit“ auch noch einen 
silbernen Pokal. 

Fragt man nach dieser Betrachtung des gesammten 
pharmaceutischen Wirkens Meurer’s in den engeren so- 
wohl als den weiteren Grenzen, was denn wohl das haupt- 


BT, 


fi a Arad ne “ 
Re FR ET ER Ed a Mer ri 


Ehe 


Ä 
a 


ige 


I 


Drau 
a 


206 J. Petzholdt, 


sÀchliche und gemeinsame Ziel desselben gewesen sei, 
so ist die Antwort darauf nicht schwer. Das Heil der 
Pharmacie und das Wohl des Apothekerstandes waren 
das Ziel, worauf Meurer sein ganzes Wirken und Stre- 
ben gerichtet hielt, welches er aber, nach seiner wohlbe- 
grĂŒndeten Ueberzeugung und wie er in einer 1845 ver- 
fassten „Denkschrift ĂŒber den Standpunct der Pharmacie* 
ausfĂŒhrlich dargethan hat, nur dadurch zu erreichen fĂŒr 
möglich hielt, dass durch eine gediegene wissenschaftliche 
Bildung der Apotheker und durch eine vorzugsweise wis- 
senschaftliche, die WĂŒrde des Standes nicht beeintrĂ€chti- 
gende Behandlung der ausĂŒbenden Mediein dem drohen- 
den Verfalle derselben entgegengearbeitet wĂŒrde. Meurer 
sah zu seiner grossen BetrĂŒbniss, dass dieser einzig halt- 
bare Grund und Boden mehr und mehr von den Apothe- 
kern verlassen und dafĂŒr der mercantile materielle Weg 
des möglichst bald und möglichst viel Erwerbens einge- 
schlagen werde: er missbilligte dieses Verfahren, und 
klagte bitter ĂŒber das Fortschreiten auf solch unheilvol- 
lem und unwĂŒrdigen Wege, der nur zu dem traurigsten 
Verfalle der deutschen Pharmacie schliesslich fĂŒhren mĂŒsse. 
Er schĂ€tzte sich deshalb auch glĂŒcklich, nach Abgabe der 
Verwaltung der Marien- Apotheke, nicht mehr ausĂŒbender 
Apotheker sein zu mĂŒssen und konnte selbst ĂŒber die 
lange von allen Apothekern ersehnte und von Meurer 
insbesondere in offener und stiller Wirksamkeit angestrebte 
und endlich auch erlangte Vertretung der Pharmacie nie- 
mals zu rechter Freudigkeit kommen, weil er die Basis 
fĂŒr das wĂŒrdige Bestehen und das glĂŒckliche AufblĂŒhen 
nicht in der Art und Weise dieser Vertretung gewahrt 
zu finden glaubte. Wenn nun auch eine solche trĂŒbe 
Anschauung nicht in jeder Beziehung von allen sÀch- 
sischen Apothekern getheilt worden ist, so sind diese doch 
in der grossen Hochachtung vor Meurer’s Streben und 
Wirken, so wie in der Ueberzeugung, dass Meurer den 
vorzĂŒglichsten Meistern der deutschen Pharmacie beizu- 
zÀhlen sei, alle einig geblieben. 


nen. ME an A a RE a a ET Te 


Von der Zeit, wo Meurer von der Verwaltung der 
Marien-Apotheke zurĂŒcktrat, beschĂ€ftigten ihn, ausser seinen 
Lehrstunden, fast ausschliesslich wissenschaftliche Arbei- 
ten, denen er schon als ausĂŒbender Apotheker einen gros- 
sen Theil seiner Mussestunden gewidmet hatte. Eine 
grosse Reihe werthvoller Abhandlungen, AufsÀtze, Mit- 
theilungen und Recensionen aus den FĂ€chern der Chemie 
und Pharmacie haben das Archiv der Pharmacie, das 
pharmaceutisch-chemische Centralblatt und andere fach- 
wissenschaftliche Journale von Meurer’s Hand aufzuwei- 
sen. Ueberdies ist den wissenschaftlichen Arbeiten Meu- 
rer’s noch das beizuzĂ€hlen, was er in Dresden als Ge- 


richtschemiker, so wie als Mitglied des medicinischen 


Zwölfervereins und der naturwissenschaftlichen Gesell- 
schaft in reichem Maasse geleistet hat. Die Stelle eines 
Gerichtschemikers, welche Meurer bereits als ausĂŒben- 
den Apotheker ĂŒbertragen worden war, legte derselbe 
1858 freiwillig nieder, bei welcher Gelegenheit das könig- 
liche Bezirksgericht nicht unterlassen konnte, „der treuen 
und sorgfĂ€ltigen ErfĂŒllung der Meurer dabei obgelege- 
nen Verpflichtungen anerkennend zu gedenken“. Der 
Zwölferverein, den Meurer 1833 selbst mit gestiftet 
hatte, zÀhlte ihn bis zu allerletzt zu seinen Mitgliedern, 
so wie auch die naturwissenschaftliche Gesellschaft, die 
Meurer ebenfalls mit zu ihren Stiftern 1843 zu rechnen 
hat, seiner Theilnahme als Mitglied bis Michaelis 1865 
sich erfreute. 

Was schliesslich Meurer’s hĂ€usliche VerhĂ€ltnisse 
betrifft, so ist noch zu erwĂ€hnen ĂŒbrig, dass er sich 
1831 mit Emilie Elisabeth, der zweiten Tochter des 
königl. sÀchsischen Landaccis-Obereinnehmers Chr. Fr. 
GĂŒnther in Leipzig, verheirathete: das EhebĂŒndniss 
wurde am 9. Juni in der Kirche zu Pöllwitz geschlossen. 
Die Ehe war eine glĂŒckliche, blieb aber kinderlos. Gleich- 
wohl sollten Meurer, der Zeit seines Lebens ein gros- 
ser Kinderfreund gewesen, die Vaterfreuden nicht ganz 
versagt sein; denn einer der BrĂŒder seiner Frau, welcher 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 207 


Mari a es 


Fa HT TREE NT DAMEN REN ERROR RICHT 


Pu a 


u J ie hr, ET. 2 r# 
208 J. Petzholdt, 


nach Nordamerika auswanderte, hinterliess ihm seine bei- 
den noch in frĂŒhester Jugend stehenden Söhne zur Erzie- 
hung. Mit der ihm in allen VerhĂ€ltnissen eigenthĂŒmlichen 
Gewissenhaftigkeit hat sich Meurer dieser Erziehung 
angenommen, wie die beiden Pflegesöhne, von denen der 
eine 1848 seinem Vater nach Nordamerika gefolgt ist 
und der andere, Medicinalrath Dr. R. B. GĂŒnther, als 
Medicinal-Beisitzer der Kreisdirection in Zwickau lebt, mit 
kindlicher Dankbarkeit bezeugen. 

Meurer erlag einer mit UrÀmie endenden Blasen- 
lÀhmung. Auf dringendes Anrathen des Arztes hatte er 
1365 in den BĂ€dern von Teplitz Linderung seiner schmerz- 
haften Leiden gesucht und war auch mit der grössten 
Befriedigung ĂŒber den ĂŒberraschend glĂŒcklichen Erfolg 
der Cur von dort wieder zurĂŒckgekehrt; aber die Lei- 
den kehrten heftiger wieder und endeten erst mit seinem 
Tode, knapp vor der Zeit, wo er ein zweites Mal nach 
Teplitz zu gehen entschlossen war. 

J. Petzholdt in Dresden. 


Nachtrag von Dr. L. F. Bley. 


In dem vorstehenden Nekrologe unseres verewigten 
Freundes und Collegen Dr. Fr. Meurer hat sein lang- 
jÀhriger Freund, Herr Hofrath Petzholdt in Dresden, 
den Charakter und die Wirksamkeit zu einem Lebens- 
bilde so treffend zusammengefasst, dass mir nur wenige 
Zeilen ĂŒbrig bleiben, um Meurer’s Wirken fĂŒr unsern 
Verein und die Pharmacie in ein noch helleres Licht zu 
stellen, als es von dem hochgeehrten Biographen gesche- 
hen konnte, dem dieser Theil der ThĂ€tigkeit Meurer’s 
ferner lag. Durch die Gunst des Schicksals war es mir 
vergönnt, die Bekanntschaft Meurer’s bald darauf zu 
machen, als er Mitglied des Apotheker-Vereins geworden 
war und zwsr durch des damaligen Oberdirectors Hof- 
raths Dr. Brandes Vermittelung zu Braunschweig im 
Hause meines Freundes, des Dr. ©. Herzog, bei Gele- 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 209 


zenheit der Reise zu der General-Versammlung des Ver- 
eins. Je auflallender die ganze Àussere Erscheinung 
Meurer’s war, desto mehr wurde die Aufmerksamkeit 
rege durch das lebendige Interesse, welches er an den 
Tag legte fĂŒr Alles, was Kunst und Wissenschaft betraf, 
insbesondere so weit diese die Pharmacie und den Apo- 
theker-Verein berĂŒhrten. Wo es sich handelte um die 
Erweiterung des Vereins, die Hebung seiner Bestrebun- 
gen in sittlicher wie wissenschaftlicher Beziehung, also 
um seine Ehre und WĂŒrde, wie um seine nĂŒtzliche Wirk- 
samkeit, war Meurer mit seinem Rathe, seiner Mitwir- 
kung bei der Hand. Er unterzog sich gern schwierigen 
und selbst unangenehmen Arbeiten, wenn er das Gute 
fördern konnte. So wendete er gleich nach seinem Ein- 
tritt seine BemĂŒhung auf die Ausbreitung des Vereins 
ĂŒber das ganze Königreich Sachsen, welche auch mit 
sichtbarem Erfolge gekrönt wurde: denn vielleicht neun 
Zehntheile der sÀchsischen Apotheker wurden Mitglieder. 
Er half die Kreise herstellen, die Leiter derselben, Kreis- 
directoren, berufen, diese Kreise zu einem Bezirke, da- 
mals Vicedirectorium, zusammenzufassen, dessen Leitung 
er, dem Wunsche des Directoriums wie der Mitglieder 
gemĂ€ss, gern ĂŒbernahm und mit musterhafter Treue und 
Emsigkeit verwaltete, so lange seine körperlichen KrÀfte 
ihm die AusfĂŒhrung gestatteten. Er regte in seinem 
Bezirke die Kreisversammlungen an, gab Veranlassung 
zu Besprechung praktisch nĂŒtzlicher Themata, zur Bele- 
bung des Eifers fĂŒr die UnterstĂŒtzungs-Anstalten, wie fĂŒr 
die Betheiligung an dem wissenschaftlichen Organe des 
Vereins, dem Archiv der Pharmacie, in welchem er eine 
Reihe von interessanten und förderlichen Arbeiten nie- 
dergelegt hat. Wir gedenken insbesondere der folgen- 
den: Ueber einen verbesserten Dampfapparat fĂŒr die 
pharmaceutischen Laboratorien. — Eine Reihe von Unter- 
suchungen zur Ermittelung des Arsens in gerichtlichen 


FĂ€llen, wie in einzelnen Arzneimitteln. — Ueber den 
Kupfergehalt des Oremor Tartari, den er in verschiede- 
Arch. d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hit. 14 


Aıle- a EL ae 


as 


7 Spur 2 Den — ZU Be ee 7 Pen E 
> en - 


a 


210 J. Petzholdt, 


den Sorten nachwies. — Ueber die Darstellung des ge- 
brannten Bleipflasters und des Hufelandischen prÀparirten 
Gerstenmehles.. — Ueber den Erfinder der Phosphorlat- 
werge. — Nachweisung der VerfĂ€lschung des Carmins. — 
Das Georginenpapier als Reagens.. — Darstellung des 
arsenfreien Magisterium Bismuthi und die Nachweisung 
von Arsengehalt in diesem PrĂ€parate. — Versuche ĂŒber 
die bei Anwendung des Marshschen Apparates gemachte 
Bemerkung, dass auch Wismuth, Schwefelarsen und Schwe- 
felantimon in Wasserstoff löslich seien und durch Ver- 
brennen desselben wieder abgeschieden werden können 
und Berichtigung der vorhandenen Angaben. — Ueber 
die sogenannten Extracta pneumatica. — Ueber eine Reihe 
von chemischen Untersuchungen medicinisch-polizeilicher 
Natur. — Vorschrift zu einer Beize fĂŒr Fussböden. — 
Ueber den Gehalt an Arsenik in der Harzer Schwefel- 
sĂ€ure. — PrĂŒfung der Frage: wie weit chemische Ver- 
unreinigung der Medicamente, Nahrungsmittel und tech- 
nischer PrĂ€parate nachzusehen sei? — Ein Beitrag zur 
Lehre von den narkotischen Mitteln. — Ueber Bleiglasur. 
— Ueber das Vorkommen des Schwefels auf dem Rado- 
bojer Werke in Croatien. — Eine Reihe chemisch-phar- 
maceutischer Notizen. — Ueber die Anwendung des Sil- 
bers statt Quecksilber-Amalgam-Beleg bei Anfertigung von 
Spiegeln. — Notiz und Warnung fĂŒr ApothekergehĂŒlfen. 
— Ueber Arsen-Antidote. — Ueber die vortheilhafte Dar- 
stellung des reinen Jodarsens als constanter Verbindung. 
— Die Apotheker-Gremien in Böhmen, nebst Bemerkun- 


gen ĂŒber die österreichischen Medicinalgesetze. — Mit- 
theilungen aus der pharmaceutischen Praxis. — Ueber 
die Entstehung des Castoreums. — Die Darstellung des 
Chloroforms. — Die Anwendung arsenhaltiger Farben in 
Wohnzimmern. — Kritik eines Aufsatzes des Mersebur- 
ger Ă€rztlichen Vereins. — Ueber das Collodium. — Gut- 


achten ĂŒber den ihm vom königl. sĂ€chsischen Ministe- 
riiım des Innern vorgelegten anderweitigen Entwurf zu 
einer Apothekerordnung. — Zur Kenntniss des Apothe- 


Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 211 


kenwesens in Ungarn. — Ueber das Selbstdispensiren 
der Aerzte. — Kurze biographische Skizze des Profes- 
sors Dierbach in Heidelberg. — Welche Verpflichtung 
hat der Staat zu erfĂŒllen, damit die Apotheken und ihre 
Vorsteher das sind und leisten, was sie als solche sein 
und leisten sollen? — Widerlegung einer Beurtheilung 
der pharmaceutischen Reform- Angelegenheiten von dem 
Ă€rztlichen Standpuncte. — Gute und schlimme Zeichen 
fĂŒr die angestrebte Reform der pharmaceutischen Ange- 
legenheiten. — Die Uebergriffe des handeltreibenden 
Publicums in das Recht des Apothekers, den Alleinhandel 
mit Medicamenten im Detail betreffend. — Bericht ĂŒber 
die Verbesserung der Lage der Apotheker in Ungarn. 

Eine grosse Anzahl von Recensionen und Kritiken 
naturwissenschaftlicher, medicinischer und pharmaceuti- 
scher Natur giebt ZeĂŒgniss von des Verfassers Interesse 
und scharfem Urtheil, welches sich auf eine gediegene 
Kenntniss der wissenschaftlichen Zweige grĂŒndete, welche 
bei der PrĂŒfung maassgebend waren. Ueberall aus seinen 
vielfachen Arbeiten leuchtete die Bestrebung, der Phar- 
macie zu nĂŒtzen, deutlich hervor. In einer Denkschrift 
ĂŒber den Zustand und die VerhĂ€ltnisse der Pharmacie 
in Deutschland, welche er mit mir gemeinschaftlich her- 
ausgab, sprach er sich in kurzer, bĂŒndiger Weise, aber 
dennoch erschöpfend darĂŒber aus, was von Seiten der 
Regierungen geschehen mĂŒsse, um das Institut der Apo- 
theken auf die beste Weise zu regeln zum Nutzen des 
Publicums. 

Bei der letzten General-Versammlung, welche Meu- 
rer besuchte, der in Coburg, ward er als Mitglied in 
die Commission gewÀhlt, welcher die Ausarbeitung einer 
Pharmacopoea Germaniae ĂŒbertragen wurde. Er nahm 
den Antrag an, trat jedoch spĂ€ter zurĂŒck, da er mit Dr. 
Geiseler, mir und einigen andern Collegen der Ansicht 
war, dass zur vollgĂŒltigen An- und Aufnahme einer all- 
gemeinen deutschen Pharmakopöe die Zuziehung von 
Aerzten nothwendig sei, weil diese vorzĂŒglich zu bestim- 

14* 


er TEUER 


NE 


na 5 ua? PR Ka Ze vr 
wi - IE, Bahn ar UT FETTE, 


i erde ar a) 
212 J. Petzholdt, Nekrolog des Dr. Friedrich Meurer. 


men hÀtten, welche Mittel aufgenommen werden sollten. 
Diese Ansicht gewann indess nicht die MajoritÀt im Aus- 
schusse, weshalb Dr. Meurer auf die Mitherausgabe ver- 
zichtete. 

Bis an sein Ende hat der Verewigte dem Apotheker- 
Vereine seine KrÀfte gewidmet und stand deshalb im 
lebhaften schriftlichen Verkehr mit dem Oberdirector und 
einigen der Directoren, zu welchen seine Cassenverwal- 
tung ihn besonders anwies. So habe ich mit ihm vier- 
undzwanzig Jahre lang in GeschÀftsverbindung gestanden, 
seine Hingebung und Treue an den Dienst der Phar- 
macie mit lebhaftem Dank erkannt und seine Mitwirkung 
und UnterstĂŒtzung hat mich oftmals hinweggeholfen ĂŒber 
die Schwierigkeiten bei den zuweilen auftauchenden For- 
derungen und Bestrebungen der dem jÀhen Fortschritte 
huldigenden Collegen, wÀhrend wir den wahren Nutzen 
nur in einer behutsamen, auf wissenschaftlicher Grund- 
lage sich stĂŒtzenden Regelung finden konnten, deren Rich- 
tigkeit sich in Zahlen nachweisen lĂ€sst. Meurer’s Tod 
hat den Verein eines seiner gediegensten Mitglieder und 
strebsamsten Freunde beraubt. 

Sein Andenken wird aber bestehen bei allen Denen, 
welche sein Wirken verstanden, und im dankbaren Ge- 
dÀchtnisse erhalten bleiben. Möge es dem Vereine nie 
an MĂ€nnern fehlen, welche wie Meurer als Muster und 
Vorbilder vorleuchten! 


28. Physik, Chemie, Pflanzenphysio- 
logie und praktische Pharmaeie. 


Veber Chloroform; 


von 


Dr.C. Schacht, 
Apotheker in Berlin. 


Der in No. 40. des VIII. Jahrganges der pharma- 
ceutischen Centralhalle stehende Aufsatz ĂŒber die Nicht- 
zersetzbarkeit des Chloroforms durch Sonnenlicht, ver- 
anlasst mich, die Resultate meiner Untersuchungen ĂŒber 
denselben Gegenstand mitzutheilen. Die Anregung zu 
den folgenden Versuchen gab mir die LectĂŒre des dies- 
jÀhrigen MÀrzheftes des Archivs der Pharmacie, wo auf 
Seite 255 — 257 ein kurzes Referat erstens ĂŒber einen 
Todesfall durch Chloroform und zweitens ĂŒber eine Ab- 
handlung von Dr. Bartscher ĂŒber schlechte Chloro- 
form-Narkosen gegeben wird. 

Am 4. Mai d.J. begann ich meine Beobachtungen, 
indem ich 

1) ein weisses Glas mit Glasstöpsel bis auf eine kleine 

Luftblase mit 65 Grm. Chloroform fĂŒllte; 
2) ein weisses Glas mit Glasstöpsel halbvoll mit 50 
Gramm, und 
3) ein schwarzes Glas mit Glasstöpsel halbvoll mit 
50 Grm., 
und diese drei Flaschen neben einander dem directen 
Sonnenlichte aussetzte. 

Das angewandte Chloroform hatte bei 180,50. ein 
spec. Gewicht von 1,4960, war indifferent gegen concen- 
trirte reine SchwefelsÀure, frei von Alkohol und zeigte 


214 C. Schacht, 


einen constanten Siedepunct von 6700. Silbernitratlösung 
gab mit dem destillirten Wasser, welches mit diesem 
Chloroform geschĂŒttelt war, nicht die geringste Reaction 
auf ChlorwasserstoffsĂ€ure. Die PrĂŒfung des Chloroforms 
mit reiner concentrirter SchwefelsĂ€ure halte ich fĂŒr ĂŒber- 
flĂŒssig, da absolut reines Chloroform mit dieser SĂ€ure 
geschĂŒttelt, letztere mit der Zeit stets fĂ€rbt. Zeigt das 
Chloroform den constanten Siedepunct von 670C. und 
giebt das mit demselben geschĂŒttelte Wasser nicht die 
geringste Reaction mit Silbernitratlösung, so ist das Chlo- 
roform rein. 

Am 9. Mai d.J. wurde der Inhalt sÀmmtlicher Fla- 
schen untersucht. Das in den weissen Flaschen befind- 
liche Chloroform roch schon deutlich nach Chlorkohlen- 
oxydgas und exhalirte Chlorwasserstoffgas. Destillirtes 
chlorfreies Wasser mit diesem Chloroform geschĂŒttelt, 
gab natĂŒrlich eine starke Reaction mit Silbernitratlösung. 
Freies Chlor konnte mit frisch bereitetem Jodkalium- 
StÀrkekleisterpapier nicht nachgewiesen werden. Es 
geht hier eine theilweise Zersetzung des Chloroforms vor 
nach der Formel: CHCI3 + O = COCL - HCl 
und zwar entstehen wenigstens in den ersten Stadien 
der Zersetzung nur diese beiden gasigen Producte. Un- 
terwirft man dieses durch Sonnenlicht theilweise zersetzte 
Chloroform in einem mit Wurtz’scher Röhre und einge- 
senktem Thermometer versehenen Kolben der Destillation, 
so geht dasselbe bis zum letzten Tropfen bei 670. ĂŒber 
und man erhÀlt dabei ein Destillat, welches wieder stark . 
nach Chlorkohlenoxydgas riecht und Chlorwasserstoff ent- 
hÀlt. Das in dem schwarzen Glase dem directen Sonnen- 
lichte ausgesetzte Chloroform war unverÀndert geblieben. 

Zerstreutes Tageslicht wirkt auf Chloroform wie di- 
rectes Sonnenlicht, wenn auch erst nach lÀngerer Zeit. 
Jedes kÀufliche Chloroform enthÀlt Spuren von Feuchtigkeit. 
Letztere könnten möglicher Weise zur schnelleren Zer- 
setzung des Chloroforms durch directes Sonnenlicht und 
auch durch zerstreutes Tageslicht beitragen; doch wird 


ĂŒber Chloroform. 215 


reines Chloroform, welches, um auch die letzte Spur von 
Wasser zu entfernen, acht Tage mit Natrium behandelt 
und dann ĂŒber Natrium rectificirt wurde, ganz in dersel- 
ben Weise zersetzt, wie das kÀufliche. Wie ich schon 
oben gesagt habe, entstehen in den ersten Stadien 
der Zersetzung des Chloroforms nur Chlorkohlenoxyd- 
gas und Ühlorwasserstoffgas; erst bei lĂ€ngerer Ein- 
wirkung des Lichtes tritt freies Chlor auf, möglicher 
Weise nach der Gleichung 4 (CHCL) = C?H?C]1? + 
CC13 + 2Cl. Die Angabe in dem Berichte des Dr. 
Martius (No. 30. der Berliner klinischen Wochenschrift, 
auch Jahresbericht, neue Folge, I. Jahrg. 1866. S. 419) 
dass das untersuchte Chloroform nach Chlorkohlenstoff 
und Chlorkohlenoxydgas roch, aber weder Chlorwasser- 
stoff, noch Chlor enthielt, kann ich nicht fĂŒr richtig hal- 
ten. Auch in No. 33. derselben Wochenschrift (auch 
MĂ€rzheft des Archivs, 1867, S. 256; Jahresbericht I. 1867, 
S.420) steht ein Bericht ĂŒber Beobachtungen, welche Dr. 
Bartscher ĂŒber die Zersetzbarkeit des Chloroforms ge- 
macht hat. Der Autor giebt an, dass er in dem verÀn- 
derten Chloroform SalzsÀure, Alkohol und Aethylenchlo- 
rid gefunden habe. 

Den Nachweis von Aethylenchlorid im Chloroform 
durch eine geistige Kalilösung, wie ihn die Pharmacopoea 
Germaniae angiebt, halte ich fĂŒr keinen sicheren, da 
auch reines Chloroform mit dem constanten Siedepunct 
von 6700, bei gewöhnlicher Temperatur eine Gasent- 
wickelung gab. Chloroform, welches Aethylenchlorid ent- 
hÀlt, zeigt nicht den constanten Siedepunct von 670C.; 
der Autor hÀtte das verÀnderte Chloroform der fractio- 
nirten Destillation unterwerfen und dann den Theil des 
Destillats, welcher bei circa 800 C. ĂŒberging, nĂ€her un- 
tersuchen sollen. Mir ist es bis jetzt nicht gelungen, 
in einem vor der Zersetzung durch Licht normalen, 
dann durch letzteres theilweise zersetzten Chloroform 
Alkohol oder Aethylenchlorid nachzuweisen. Auch mit 
nach der Vorschrift der Pharmacopoea Germaniae dar- 


u . RA CAR TR 


216 C. Schacht, 


gestellten Chloroform habe ich dieselben Versuche an- 
gestellt und dieselben Resultate erhalten. Rohes, von 
Herrn Collegen Marggraff dargestelltes Chloroform 
wurde so lange mit Sodalösung und destillirtem Wasser 
gewaschen, bis das Waschwasser völlig neutral war, dann 
mit trocknem Chlorcaleium mehre Tage behandelt und 
schliesslich abdestillirt. Das so erhaltene Chloroform 
hatte bei 19,50C. ein spec. Gew. von 1,4940, zeigte den 
eonstanten Siedepunct von 670C. und war vollstÀndig in- 
different gegen Silbernitratlösung. 

50 Grm. dieses Chloroforms in einer zum dritten 
Theil gefĂŒllten weissen Flasche mit Glasstöpsel 24 Stun- 
den dem Sonnenlichte ausgesetzt, zeigten sich theilweise 
zersetzt. Chlorkohlenoxydgas, Chlorwasserstoff und Spu- 
ren von Chlor wurden nachgewiesen. Gerade dieses aus 
reinem Alkohol dargestellte Chloroform zeigte nach kĂŒr- 
zerer Zeit deutliche Zeichen seiner Zersetzung, als das 
kÀufliche Chloroform, welches ich bisher zu allen meinen 
Versuchen verwandt hatte. Das Resultat dieses letzten 
Versuches widerspricht der Angabe StĂ€deler’s (Jahres- 
bericht I. 1867, Seite 328), dass sich gutes und regel- 
recht aus Weingeist bereitetes Chloroform durch Licht 
nicht zersetze. Ebenso kann ich der Angabe StÀde- 
ler’s, dass durch Destillation eines theilweise verĂ€nder- 
ten Chloroforms ĂŒber Kali ein normales, haltbares Chlo- 
roform nicht wiedererhalten werden könnte, nicht bei- 
stimmen. Stark durch Licht zersetztes Chloroform, wel- 
ches Monate lang in der Sonne hing, wurde 24 Stunden 
mit trocknem Kalihydrat behandelt, oft mit demselben 
geschĂŒttelt und dann abdestillirt. Das Destillat hielt sich 
in einer schwarzen Flasche dauernd gut, in einer weis- 
sen Flasche dem Lichte ausgesetzt, zeigte es bald den 
Beginn der oft genannten Zersetzung. Die Ansicht, dass 
ein richtig hergestelltes reines Chloroform gegen Sonnen- 
licht und Tageslicht geschĂŒtzt, sich nicht zersetze, theile 
ich vollstÀndig mit dem Herrn Referenten (Seite 329 des 
Jahresberichts I. 1867) und die von demselben aufgewor- 


BR ĂŒber Chloroform. 217 


fene Frage, „aus welchen Materialien ein so leicht zer- 
setzbares Chloroform hergestellt werde, ob dasselbe wah- 
res Chloroform sei, oder ob es nur fremde Beimischungen 
seien, auf deren Kosten nur allein unter allen UmstÀnden 
‚die erwĂ€hnten ZersetzungsphĂ€nomene statt finden“, kann 
ich nur dahin beantworten, dass reines, normales Chlo- 
roform mit 6700. Siedepunct sich stets zersetzen wird, 
sobald Licht unter Luftzutritt auf dasselbe wirken 
kann, Im luftleeren Raume wird reines Chloroform 
weder durch directes Sonnenlicht, noch durch zerstreutes 
Tageslicht zersetzt. Die Resultate, welche sich aus die- 
sen Beobachtungen ĂŒber die Zersetzbarkeit des Chloro- 
forms ergaben, liessen mir die Ministerial-VerfĂŒgung vom 
9. Juli d.J. als durchaus zutreffend erscheinen. 


Zu einer Wiederholung und weiteren Ausdehnung 
oben beschriebener Versuche veranlasste mich der in 
No. 40. d. Jahrg. der pharmaceutischen Centralhalle be- 
findliche Aufsatz, in welchem Hager zu beweisen sucht, 
dass Chloroform durch Sonnenlicht nicht zersetzt werde. 
Schon in No. 47. und 49. des VII. Jahrganges desselben 
Blattes hat sich Hager ĂŒber denselben Gegenstand aus- 
gesprochen. In No. 47. theilt Hager mit, dass sich ein 
Chloroform, welches beim Einkauf von guter Beschaffen- 
heit war und bei 179,5 C. ein spec. Gewicht von 1,4960 
hatte, nach Verlauf eines Vierteljahres sich unter Ent- 
wickelung von Chlorwasserstoffsas zersetzt zeigte. Dass 
trotz Zusatz von Magnesia das Destillat den erstickenden 
Geruch behielt, ist sehr erklÀrlich, da auch das vorhan- 
dene Chlorkohlenoxydgas mit in die Vorlage ĂŒberging. 
HĂ€tte Hager das zersetzte Chloroform einer fractionir- 
ten Destillation unterworfen, so wÀre sicherlich der ganze 
Inhalt des DestillationsgefĂ€sses bei 6700. ĂŒbergegangen. 
Weiter macht Hager inNo.49. die Mittheilung von einer in 
Petersburg beobachteten freiwilligen Zersetzung eines Chlo- 
roforms; destill. Wasser mit diesem Chloroform geschĂŒttelt, 
gab eine wenn auch sehr geringe Reaction mit Silbernitrat- 


I 4 


Er ne 


SIE tan a al EFT, 2 m Da u Ben a SER Ze FE EEE a 


218 C. Schacht, 


lösung. Diese Reaction allein zeigt, dass das be- 
treffende Chloroform in Zersetzung begriffen war. Die 
Annahme Hager’'s, dass die Gegenwart von höheren 
Chlorsubstitutionsproducten die hauptsÀchlichste Ursache 
der freiwilligen Zersetzung des Chloroforms sei, kann ich 
nach den Resultaten, die mir alle meine Versuche ge- 
geben haben, nicht als richtig anerkennen. Ebenso we- 
nig seine Behauptung, dass ein hohes spec. Gewicht des 
Chloroforms auf diese Gegenwart schliessen liesse. Der 
constante Siedepunct von 670C. ist allein hier maass- 
gebend. Das von Hager citirte AethylenchlorĂŒr hat bei 
1600. ein spec. Gew. von 1,3250 und den Siedepunct von 
850C. Die Verbindung C?HA1C1? hat bei 40,3 das spec. 
Gew. 1,189, die Verbindung C?H?C12 bei 00C. das spec. 
Gew. 1,250. Was nun schliesslich den in No. 40. des 
VIII. Jahrganges der pharmaceutischen Centralhalle be- 
findlichen Aufsatz anbetrifft, so ĂŒberraschte mich der In- 
halt desselben so, dass ich meine Versuche sofort wieder 
aufnahm. 

Das Chloroform, welches ich zu den folgenden Ver- 
suchen anwandte, hatte bei 160,5 C. ein spec. Gew. von 
1,4970, bei 150C. 1,501, bei 00°C. 1,5220, zeigte einen 
constanten Siedepunct von 670C., war frei von Alkohol 
und vollstÀndig indifferent gegen Silbernitratlösung, Am 
11. October 1867 fĂŒllte ich eine circa 1 Fuss lange Ver- 
brennungsröhre, welche an einem Ende in eine lange 
Spitze ausgezogen war, bis zur HĂ€lfte mit diesem Chlo- 
roform, schmolz die Spitze zu und setzte diese mit Chlo- 
roform und Luft gefĂŒllte Röhre dem Sonnenlichte aus. 
Am 18. October öffnete ich die Röhre, das Chloroform 
roch nach Chlorkohlenoxydgas und gab eine schöne Re- 
action auf Chlorwasserstof. Am 11. October fĂŒllte ich 
eine zweite Röhre von derselben LÀnge, ebenso vorge- 
richtet und mit demselben Quantum desselben Chloro- 
forms beschickt, kochte die Röhre aus, schmolz die Spitze 
wÀhrend des Ausströmens des Chloroformdampfes schnell 
zu und setzte diese nur Chloroform enthaltende Röhre 


Bis; a hi; Duo 


ĂŒber Chloroform. ETALI 


dicht neben der ersten dem Sonnenlichte aus. Am 18ten 
October öffnete ich auch diese zweite Röhre; das Chlo- 
roform roch nicht nach COCI2, gab aber mit Silber- 


nitratlösung eine Àusserst geringe Reaction auf Chlor- 


wasserstof. Diese Röhre war meiner Meinung nach 
noch nicht vollstÀndig ausgekocht worden. Am 19. Octo- 
ber wiederholte ich diesen Versuch mit einer dritten 
Röhre, die wieder mit demselben Quantum desselben 
Chloroforms beschickt war und kochte dieselbe anhaltend 
aus. Am 24. October öffnete ich diese Röhre, das Chlo- 
roforın war unverÀndert. 

Diese Versuche beweisen, dass absolut reines Chlo- 
roform durch Licht bei Luftzutritt zersetzt wird, d.h. 
unter UmstÀnden, wie sie sich in der Praxis finden. Rei- 
nes Chloroform von 1,496 spec. Gew. bei 150C. und 
6709 0. Siedepunct, welches in einer nur zum dritten Theil 
gefĂŒllten schwarzen Flasche vom 4. Mai bis 10. October 
1867 ununterbrochen dem Lichte und der Sonnenhitze 
ausgesetzt war, hatte sich dagegen vollstÀndig unverÀn- 
dert erhalten. Bei Abschluss des Lichtes zersetzt sich 
reines Chloroform absolut nicht. Hat sich nach Ha- 
ger ein möglichst ausgebessertes Chloroform auch bei 
Abschluss des Lichtes zersetzt, so beweist dieser Ver- 
such gar nichts. Das angewandte Chloroform war schon 
in der Zersetzung begriffen, als der Versuch begann. 
Dass ferner Hager hauptsÀchlich Gewicht legt auf das 
spec. Gewicht, kann ich nicht fĂŒr richtig halten; der 
constante Siedepunct ist maassgebend. Was nun die ver- 
schiedenen Handelssorten betrifft, welche derselbe Autor 
nach einer brieflichen Mittheilung hier in Berlin von den 
Herren Schering, Riedel und TeichgrÀber entnom- 
men hat, so möchte ich doch darauf hinweisen, dass nach 
Ausspruch dieser Herren jetzt alles hier consumirte Chlo- 
roform aus zwei sÀchsischen Fabriken bezogen wird. 

Die von mir wiederholt angestellten Versuche zeigen, 
dass die Ministerial-VerfĂŒgung vom 9. Juli d. J. ihre volle 
Berechtigung in sich trÀgt. Schliesslich will ich hier 


Da DE N DR Pa lt Ds al nr en Bar a a a di Be ta a 
220 C. Schacht, ĂŒber Chloroförms 


noch anfĂŒhren, dass im ersten Octoberhefte des Dingler- 
schen Journals ein kurzes Referat iiber Untersuchungen 
gegeben ist, welche J. M. Maisch â€žĂŒber das Verhalten 
des Chloroforms gegen das Licht“ ausgefĂŒhrt hat. Das 
angewandte Chloroform hatte ein spec. Gew. von 1,492 
bei 210C., war absolut frei von SÀure und fÀrbte Schwe- 
felsÀure nicht. Das Resultat dieser Untersuchungen war 
folgendes: 

1) Reines Chloroform von spec. Gew. 1,492 muss bei 
seiner Aufbewahrung vor dem Zutritte von Licht gÀnzlich 
geschĂŒtzt sein. 

2) Um Chloroform bei Lichtzutritt aufbewahren zu 
können, ohne dass es sich zersetzt, muss sein spec. Gew. 
verringert werden, was am besten durch Zusatz von etwa 
2 Drachm. 95proc. Alkohol zu 1 Pfd. Chloroform von 1,4970 
spec. Gew. geschieht. Chloroform durch Alkoholzusatz 
auf das spec. Gew. 1,475 gebracht, soll sich selbst bei 
Gegenwart von Wasser durch directes Sonnenlicht nicht 
zersetzen. 


——— 


Zur MilchprĂŒfung;; 


von 
Dr. Julius Erdmann. 


Âź 

Die UnzuverlÀssigkeit des bisher in Hannover und 
mehren andern StÀdten Deutschlands hauptsÀchlich zur 
Voruntersuchung der Milch angewandten Instrumentes, 
des Galactometers, hat mir Veranlassung gegeben, eine 
Reihe von Milchuntersuchungen vorzunehmen, welche 
vorzugsweise bezweckten, die Brauchbarkeit eines ande- 
ren Instruments, des Galactoskops von Vogel, nament- 
lich zur Voruntersuchung der Milch *) festzustellen, 
und wird es, glaube ich, fĂŒr meine Fachgenossen von Inter- 
esse sein, die Resultate dieser PrĂŒfungen, so wie die ander- 


*) Zur endgĂŒltigen Untersuchung fĂŒr die Behörden gewĂ€hrt 
5 g 
jedenfalls die Bestimmung sÀmmtlicher festen Bestandtheile 
grössere Sicherheit. 


| 
\ 
| 
j 


J. Erdmann, zur MilchprĂŒfung. 221 


weitig bei dieser Gelegenheit gesammelten Erfahrungen 
in einem kurzen Berichte niedergelegt zu sehen. Das 
Vogel’sche Instrument ist zwar schon von verschiedenen 
Seiten geprĂŒft, aber von den betreffenden Autoren von 
andern Gesichtspuncten aus kritisirt worden. 

I. Versuche mit Normalmileh. 

Zu den optischen Proben wurden 100 Cubikcentime- 
ter Wasser so lange mit Milch versetzt, bis eine 5 Milli- 
meter dicke Schicht des Gemisches die Conturen eines 
vom Galactoskop 12 Zoll entfernten Lichtkegels (Flamme 
einer Stearinkerze) nicht mehr erkennen liess. Daher 
geben die in nachstehender Tabelle unter der Rubrik 
„Galactoskop“ verzeichneten Zahlen die Cubikcentimeter 
an, welche an Milch verbraucht sind, um die erwÀhnte 
Menge Wasser undurchsichtig zu machen. 

Zur Controle dieser Galactoskop- PrĂŒfungen wurden 
die festen Bestandtheile der Milch durch Eindampfen 
derselben im Wasserbade durch WĂ€gung des RĂŒckstan- 
des, analytisch festgestellt. 

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, liess ich es 
mir angelegen sein, die Milch von einer Reihe verschie- 
dener KĂŒhe unter ungleichen FutterverhĂ€ltnissen zu prĂŒ- 
fen und habe ich alle UmstÀnde in Betracht gezogen, 
die in irgend einer Weise auf die Beschaffenheit der 
Milch influiren können. Dabei schien es mir namentlich 
von Wichtigkeit zu sein, die Minimalsumme der festen 
Bestandtheile der Milch zu bestimmen, welche bei zum 
Theil nahrungsarmem Stallfutter, also unter ungĂŒnstigen 
VerhÀltnissen, darin enthalten sein kann. Aus der Man- 
nigfaltigkeit der VerhÀltnisse ergiebt sich klar die Noth- 
wendigkeit einer lÀngeren Versuchsreihe. Man wird dar- 


nach mit um so grösserer Sicherheit in RĂŒcksicht auf 


die Menge der festen Bestandtheile eine scharfe Grenze 
feststellen können, ĂŒber welche hinaus die Milch als 
verfÀlscht anzusehen ist. 

In Betreff der Reihenfolge der Versuche habe ich 
in der Tabelle zuerst die Morgenmilch, dann die Mittags- 
milch und schliesslich die Abendmilch aufgefĂŒhrt. 


De Te; 


A te te nie in a DZ 


at 


ee" ee 


r 


ET EEE? CE 


alkensd 


222 J. Erdmann, 
>| Race Alter Wieoft| Verf 
23 der f die sene. 
E| der Futter der Kuh. Kuh 
= % Kuh. ge- nach 
| Kuh kalbt,| Kalb 
| Jahre. 
1| Hiesige. 9 |KĂŒchenwĂ€sche, Heu, HĂ€cker-| 7 Mal 5lyM 
ling, KĂŒchenabfall. 
2 do 8 |HĂ€ckerling, Heu und. Kartof-| 6 9 
felnabfal). 
3 do 6—7 Heu, Klee, Stroh und Brannt-|5 3 
weinwÀsche. 
4 do. 9 |RunkelrĂŒben, HĂ€ckerling, Kleie.) 6 7 
| 5] ? 7—8 FruchthĂŒlsen von der StĂ€rke- B) 
| fabrik, RunkelrĂŒben, Heu 
und HĂ€cksel. 
| 6 ? 5 | Desgleichen. 2 ni 
7 Oldenburger. 7 | Heu, Stroh, Seie u. RunkelrĂŒben.) 5 3 
ö Hiesige. 11 |Heu, Haferstroh, Branntwein-| 8 12 
wÀsche, Oelkuchen. 
9 Ostfriesische. 7 \RunkelrĂŒben, HĂ€ckerling, Kleie.| 5 2 
10 Oldenburger. 7 |Heu, Stroh, RunkelrĂŒben, Seie. |5 4 
11) Östfriesische. ? |Schrot, Oelkuchen, Heu, Hafer-) 6 ) 
| stroh u. BranntweinwÀsche. 
12 Hiesige 11 |StrohhÀckerling, Runkeln, Schrot,| 8 8 
| Malzkeime. 
‚13 Ostfriesische 6 | RunkelrĂŒben, HĂ€ckerling, Kleie.| 4 4 
‚14 do. 7 | Desgleichen. 5 8.3 
|15 Haiderace. 7 | BranntweinwÀsche, Seie, HÀcker-| 5 101, , 
| | ling, Heu. 
A Hiesige. 12 |Stroh. , 
Au )d0} 67 | Heu, Klee, Stroh und Brannt-5 „ |3 , 
| weinwÀsche. 
‚18 Oldenburger. 1) EL N a Seie und Runkel-' 6 0 
| rĂŒben, 
|19| Hiesige. 8 |HĂ€ckerling, Heu, Kartofen]b 0: 
| | abfall. 
20 Oldenburger. 7 ‚Seie, Heu, Stroh u. RunkelrĂŒben.' 5 3% 
21 g2 7—8|FruchthĂŒlsen von der StĂ€rke- ee A 
fabrik, RunkelrĂŒben, Heu 
| | und HĂ€cksel. 
22 ? 5 | Desgleichen. 2 3 
23, Hiesige. 9 | RunkelrĂŒben, HĂ€ckerling, Kleie.| 6 ve 
= Oldenburger. 7 |Heu, PRch: Seie und Runkel- 5 Ih 
rĂŒben. 
25 Hiesige. 7 |Heu, StrohhÀckerling, Runkel-|5 1017, 
rĂŒben. 
26| Östfriesische. 21], | Seie, Wir Heu und Runkel- 1 in , 
rĂŒben. 
27| Hiesige. 4 |Hafer, Roggenschrot, Heu, Run-|1 9:5 


keln und StrohbÀckerling. 


zur MilchprĂŒfung. 


ut a N) 
E 

si 

» 


| Feste | 
' Bestand- | 
., | theile | Galacto- ; 
kzeit.| jer Milch RE Bemerkungen. i 
: in 100 N 
' Theilen. 3 
i | 
| | 
gens | 13,50 | 3,5 C.C. vi 
h 
R | 25 ; 
a MErEBE. | 6,3 „ 
ji 11.84 |46 „ i 
5 11,44 | 6,0 „ | Die Kuh wird zum Ziehen benutzt. 
5 | 19246 |35 , | Desgleichen. i. 
Ă€ 1243 |46 „ | 
4 11,67 | 44 „ 
" 1146 |45 „ | Die Kuh giebt sehr viel Milch. 
H 11.55 |63 „ 
z 144, = 
EB a, 
a | SC nr Es 
we 3933 1138|, ; 
> | 11.815.148 -, 
5 1127 !40 „ | Die Kuh ist sehr mager und giebt nur 
| )/, Quartier Milch. 
ttags 1320 ‚40 „ | Morgenmilch dieser Kuh siehe No.3. h 
i | 12,50 140 „| 
” 12,50 | 43 4 | 
5 11,32 |46 „ | Die Morgenmilch dieser Kuh siehe No. 7. | 
¼ 12,70 |3,7 „ | Die Kuh wird zum Ziehen benutzt; Morgen- 
| milch dieser Kuh siehe No.5. e 
e 12,23 |23,9 „ | Desgl.; Morgenmilch dieser Kuh siehe No. 6. $ 
& 1333 | 23,7 „ | Morgenmilch dieser Kuh siehe No. 4. l 
” 11,10 155 „ | n b) n 2) ” 7. h 
| N 
» 13,05 | 44 „| : 
e 13:005713,8: , 
A 1,8 149 , | 


224 


» 
Yo 
Ex 


Laufende 


38 
‚39 
‚40 
41 


| 
42. 


Weserrace. 
do. 
do. 
Hiesige. 


Weserrace. 


5, Hicsige. 
InıNdo. 


7 HollÀndische. - 


Hiesige. 


do. 
do. 
do. 


Östfriesische. 


do 


| Butjadinger 


Race. 


Östfriesische. 


‚ Weserrace. 
‚ Hiesige. 
' Östfriesische. 


do 


‚ Hiesige. 


'GemĂŒseabfall, Heu und Malz- 
Heu, 


| Seie, WĂ€sche, HĂ€cksel, Heu. 
Heu und BranntweinwÀsche. 


J. Erdmann, 


Futter der Kuh. 


keime. 
StrohhÀckerling, Schrot, 
RunkelrĂŒben und KĂŒchen- 
wÀsche. 


Heu, Stroh, RunkelrĂŒben, Seie. 

Seie, BranntweinwÀsche, HÀck- 
sel, RunkelrĂŒben. 

Heu, Stroh und Branntwein- 
wÀsche. 

Desgleichen. 

RunkelrĂŒben, Weizenkaff und) 


Heu. 

RunkelrĂŒben, Roggenschrot, Oel- 
kuchen. 

Heu, Stroh, KĂŒchenwĂ€sche, etwas 
gekochten Roggen. 

Desgleichen. 

Desgleichen. 

Heu, Klee, Stroh und Brannt- 
weinwÀsche. 

Heu, WĂ€sche, Futtermehl und 
Runkeln. 

Heu, Stroh und RunkelrĂŒben. 

HĂ€ckerling, Heu, Bohnenschrot. 

Heu, HĂ€ckerling und Rleie. 

BranntweinwÀsche und Heu. 


Seie, Oelkuchen, Roggenschrot, 
Heu und Stroh. 

Desgleichen. 

Heu und Stroh. 

Heu, Stroh und KĂŒchenwĂ€sche. 

Desgleichen. 

Heu, Stroh, RunkelrĂŒben und 
Schrot. 


Wieoft| VerfloÂź 
die | 


| 


5Mal Di Mo 

8 „ |7Woch 
3 „ ,6 Mona 
In 

5 „.4Woch 
7 „ 5 Mona 
25, OR | 
4 „ 2 Woche 
6 „ 4 Monatt 
ar ae 
RE 

7 n n n 

BE n 
De 5 

8 „ |3 Woche: 
3 „ |9 Monate 
7 „6 Woche: 
2 „ |9 Monate 
4 - 

8 „ 14 Woche 
5 „3 Monate 
2» 6 _ nm 

4 „ 5 Wochei 
3 „ |6 Monate 
2 n n 


felkzeit. | ger Milch 


S 


43333 


zur MilchprĂŒfung. 225 


Feste 
Bestand- 
theile 


Galacto- 


Bemerkungen. 
in 100 | Rep. 
| Theilen. | 
13,35 | 4,0 C.C 
12,07 |48 „ 
Pass |68°, 
laeE 135... 
1127 |52 „ | Die Kuh giebt sehr viel dĂŒnne Milch. 
A535 
12,66 |38 „ 
12.491 4,6.,, 
1449 |38 , 
1126 |47 „ 
212 44 „| 
| 
135132 , 
13.80 30 „ 
12,85 | 49 „ | Morgen- und Mittagsmilch dieser Kuh siehe 
| No.3. und No. 17. 
| 12,98 |50 „ 
1320 |s8 „| 
12,14 |52 „ 
1330-1312, 
134 |39 , 
11.10..5;6., 
12,12 |50 „ 
235 |45 » 
212 149 „ 
14,755 |30 „ | Die Kuh gab nur 2 Quartier Milch. 
12,05 |50 „ 


| 
| 
| 
| 


Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 15 


226 .J. Erdmann, 


Betrachten wir das Ergebniss der 52 Versuche, so 
variiren die festen Bestandtheile von 11,10 Procent bis 
14,75 Procent, jedoch sind diese Verschiedenheiten nicht 
so gross, als sie auf den ersten Blick sich darstellen, 
wenn man die Versuche classificirt. Von 11,10— 11,25 
Proc. sind bei 52 Versuchen nur zwei FĂ€lle vorgekom- 
men, dagegen von 11,25 — 13,80 Proc. 48, wĂ€hrend ĂŒber 
13,80 Proc. ebenfalls nur zwei FĂ€lle vorkamen. 

Hieraus leuchtet ein, dass die Grenzen der festen 
Bestandtheile der Normal-Milch regelmÀssig 11,25 und 
13,80 Proc. sind, mithin nur eine Schwankung von ungefÀhr 
21}, Proc. zulassen. Mit RĂŒcksicht auf die vorhin er- 
wÀhnten beiden, allerdings sehr vereinzelt dastehenden 
FĂ€lle von 11,10 Proc. kann ich jedoch erst dann eine 
Milch als verfÀlscht ansehen, wenn die Untersuchung 
nur 11 Proc. feste Bestandtheile oder darunter angiebt. 
Als Hauptargument fĂŒr die Annahme von 11,00 Proc. 
spricht namentlich der Versuch No. 16. Die Milch war 
von einer alten, sehr magern Kuh, die nur mit Stroh 
gefĂŒttert wurde, entnommen und dennoch enthielt sie 
11,27 Proc. feste Bestandtheile. 

Haben wir nun eine Milch, die nur 11 Proc. feste 
Bestandtheile oder darunter enthÀlt, also eine mit Wasser 
verfÀlschte, so berechnet sich die Menge des fÀlschlich 
beigemischten Wassers nach der aus den 52 Versuchen 
hervorgehenden Mittelzahl, da man hierbei die selten vor- 
kommenden Minimal- und Maximal-Summen offenbar 
nicht zu Grunde legen darf. 

Es wurden im Mittel sÀmmtlicher Versuche 12,44 
Proc. feste Bestandtheile gefunden und kann man in run- 
der Zahl 12 Proc. feste Bestandtheile fĂŒr die Berechnung 
des Wassergehaltes als Norm annehmen. Die Galactoskop- 
PrĂŒfungen schwanken von 2,7—6,3 C.C. FĂŒr diese Va- 
riationen gilt dasselbe, was vorher von den festen Be- 
standtheilen gesagt ist, nÀmlich dass regelmÀssig nur 
3,0 bis 5,5 C.C. Milch verbraucht werden, jedoch dar- 
ĂŒber und darunter innerhalb der Grenzen 2,7 und 6,3 
C.C. vereinzelte FĂ€lle vorkommen. 


zur MichprĂŒfung: 227 


Vergleichen wir nun die optischen Proben mit den 
gewichtsanalytischen, so sieht man auf den ersten Blick, 
dass zwischen jenen und diesen keine mathematischen 
Relationen festzustellen sind, wenngleich im Allgemeinen 
die nach der Bestimmung der festen Bestandtheile schlecht 
sich erweisende Milch auch durch die optische Probe 
mit dem Galactoskop als solche erkannt wurde. Es war 
vorauszusehen, dass ein Instrument, welches nur auf den 
Fettgehalt der Milch begrĂŒndet ist, also nur einen, 
wenngleich einen der vorzĂŒglichsten der festen Bestand- 
theile beurtheilen lÀsst, nicht genau mit der gewichts- 
analytischen PrĂŒfung stimmen kann, welche auf eine Be- 
rĂŒcksichtigung der sĂ€mmtlichen Bestandtheile basirt. Zum 
Beispiele ist bei No. 4 und 7 der Fettgehalt: vollstÀndig 
gleich, es wurden 4,6 C.C. Milch zur optischen Probe 
verwandt, dagegen differiren die festen Bestandtheile; 
denn No. 4 hat 11,84 Proc. und No.7 = 12,43 Proc. 
Ferner sind bei No. 16 und 32 die Summen der festen 
Bestandtheile gleich, in beiden FĂ€llen wurden genau 
11,27 Proc. gefunden. Die Galactoskop-PrĂŒfung ergab 
bei 'No.. 32 —= 5,2 C.C. und bei No. 16 = 4,0:0.63 
also war der Rahmgehalt verschieden. 

Es fragt sich nun, ob bei dieser allerdings nicht 
bedeutenden Inconvenienz das Galactoskop seine Aufgabe 
als praktisches Voruntersuchungs-Instrument noch erfĂŒllen 
kann. Ich werde diese Frage unten bei den Versuchen 
aus der Praxis erörtern. 

Ein Umstand, der schon frĂŒher von andern Chemikern 
beobachtet worden, ist mir auch aufgefallen, nÀmlich, 
dass die zuerst aus dem Euter fliessende Milch fettÀrmer 
ist, als die spÀter ausfliessende.e Durch die Versuche 
No. 38, 39 und 40 wurde dieses experimental bestÀtigt. 
Die zuerst aufgefangene Milch (No. 38) ergab 4,4 C.C. 
nach dem Galactoskop, wÀhrend die mittlere Milch (No. 39), 
wie aus den optischen Daten zu ersehen ist, mehr Fett 
enthielt und die zuletzt ausfliessende (No. 40) mit der 
mittleren fast gleichen Buttergehalt hatte. Auch habe 


15 * 


L > 
NT a 


228 J. Erdmann, 


ich bestÀtigt gefunden, was andere Beobachter angeben, 
dass im Allgemeinen die Morgenmilch schlechter ist, als 
die Mittagsmilch und die letztere nicht so gut als die 
Abendmilch. Aus den Analysen der Morgenmilch be- 
rechnen sich im Mittel 12,03 Proc. feste Bestandtheile, 
aus denen der Mittagsmilch 12,60 Proc. und die Abend- 
milch ergab im Mittel 12,70 Proc. 

Der Umstand, dass die Morgenmilch schlechter zu 
sein pflegt, als die Mittagsmilch und Abendmilch, so wie 
ferner, dass frischmelkende KĂŒhe im Allgemeinen 
dĂŒnnere Milch liefern, als altmilchende ist noch nicht 
hinreichend erklÀrt. Ich glaube jedoch, dass jene Er- 
scheinung darin ihren Grund hat, dass in den gedachten 
FÀllen grössere Mengen Milch secernirt werden, als 
sonst, dass also die Milch um so geringerer QualitÀt ist, 
je grössere QuantitÀten Milch die Kuh giebt. 

II. Versuche aus der Praxis. 

Nachdem die Arbeiten mit Normalmilch beendet 
waren, schien es mir ein Haupterforderniss, zu der 
Praxis ĂŒberzugehen, da hier ganz andere VerhĂ€ltnisse 
in den Vordergrund treten. Die im Handel vorkom- 
ınende Milch ist meistens nicht von einer Kuh, es ist 
ein Gemisch von verschiedenen Milchsorten und ist die- 
selbe den mannigfaltigsten Behandlungen ausgesetzt. 
Theils wird die Milch mehr oder weniger abgerahmt, 
theils mit Wasser verdĂŒnnt und hĂ€ufig geschieht sogar 
Beides. Wird mit der gemischten Normalmilch des 
Handels nichts vorgenommen, so ist leicht einzusehen, 
dass diese von mehren KĂŒhen stammende Milch in 
Hinsicht ihres Procentgehaltes an festen Bestandtheilen 
dem oben fĂŒr sĂ€mmtliche Versuche angegebenen mitt- 
‘leren Procentgehalt sich nĂ€hert; denn man kann nach 
allen Erfahrungen nicht annehmen, dass eine ganze Reihe 
von KĂŒhen nur sehr schlechte oder nur sehr gute Milch 
gebe. 

Zu den Versuchen benutzte ich die Milch, wie sie 
den Consumenten feilgeboten wurde. Die Resultate der 
Analysen ordnete ich in zwei Tabellen; die eine bezieht 


zur MilchprĂŒfung. 229 


sich auf die Milch, welche als unverfÀlscht befunden 
wurde, die andere enthÀlt die Untersuchungen der ver- 
fÀlschten Milch. Beide Tabellen sind von grosser Wich- 
tigkeit. Die Tabelle der guten Milch wird zeigen, wie 
das Einschreiten der betreffenden Behörde auf die Be- 
schaffenheit der Handelsmilch eingewirkt hat. Die Ta- 
belle der schlechten Milch ist einerseits ein PrĂŒfstein 
fĂŒr das Galactoskop, andererseits verbreitet sie Licht 
ĂŒber die Art und Weise der MilchfĂ€lschung. 


| Schlechte Milch. Gute Milch. 
= | | Abnormer I :s; 
Se See Be 
E | theile | Galacto- een 2 theile Galacto- 
2 | der Milch | skop. | Bestand- = der Milch skop. 
= | ın 7 ın 
13 100 Theilen. berechnet, | = |100 Theilen. 
2,2935 1140.0.0;| :-.23,67 1) 24 FI 
er 92|70., 19,00 2| 11.25 | 550% 
1210,00. 210 -, 16,67 3.) 1150 00 
Fer 1093 1100, 1,95:1] 4) Tests 
ee ae ee Er RR 16,25 5 12,853 |49 „ 
96152.1090.2 6,5, 9,17 6:1. ET ae 
22.1090.) 62.55, 9,17 7 11,9%, 3a 
Br 31082, 16,0...) 9,84 8.1.1850 Se 
2210.00,.1.70.-, 16,67 9 11.35. | 552% 
a 51,00 | 1 11,93, 485 
211,00 665% re 1460 |25 „ 
12 9,50 81%, E22 90,84 12 11,25 64 „ 
13 #1:005:1.176.7:5%, 834 [13 1210 149% 
14 10,90 .|63 „ 917 114 13,00... 4305 
15 DEZE TAN 17,5 [15 11,11 1 SA 
16 1055.) 79 , 14,59 | 16 11.80” Da 
17 1025 |65 „ 14,59 117 1180 |43 5 
18 1035 I74 „ 13,75 [18 1320 |38 „ 
19 10,96 !58 „ 867 [19 1225 |45 „ 
20 £1.00..:1-6.05- , 834 | 2%0 1202 |48 „ 
21 10,60: 159 ,° 11067. Kol 11,23 2 EB8 
22 9092 158 „ 17,34 | 22 12:10 "9298 
23 30,697 5.1,5,9°52, 12 ,10,982 0/6228 1210 |58 „ 
24 11,49 5935 
25 1254 |58 „ 


230 J. Erdmann, 


Kritisiren wir zunÀchst die Resultate der Tabelle 
ĂŒber schlechte Milch, so zeigt Versuch No. 1. eine Milch, 
die abgerahmt und mit Wasser verdĂŒnnt ist. No. 2. 
eine Milch, die mit Wasser verdĂŒnnt ist. No. 3. eine 
Milch, die sehr stark abgerahmt ist, ohne Wasserzusatz. 
No. 10 eine Milch, die sehr mit Wasser verdĂŒnnt ist, 
ohne abgerahmt zu sein. Die ĂŒbrigen Milchsorten sind 
sÀmmtlich mit Wasser vermischt, oder schwach abge- 
rahmt. Die Frage, ob die FĂ€lschung durch Wasserzusatz 
oder durch Abrahmen, oder durch Beides zusammen 
entstanden, lÀsst sich mit einiger Wahrscheinlichkeit 
nur in den ganz eclatanten FĂ€llen beantworten, in den 
anderen meistens vorkommenden FĂ€llen aber ist weder 
durch die optische noch durch die gewichtsanalytische 
PrĂŒfung auch nur annĂ€hernd sicher jene Frage zu ent- 
scheiden. Soll die Möglichkeit der Annahme, dass die 
Milch lediglich abgerahmt sei, gÀnzlich ausgeschlossen 
werden, so muss die Norm der festen Bestandtheile so 
sehr heruntergesetzt werden, dass die Milchcontrole voll- 
stÀndig ihre Bedeutung verliert. Nach meiner Ansicht 
dĂŒrfte aber jener Frage eine Wichtigkeit ĂŒberall nicht 
beizumessen sein; denn in jedem dieser FĂ€lle sind mit 
der Milch, wie sie die Natur liefert, durch positive Hand- 
lungen VerÀnderungen zum Nachtheile des Publicums 
vorgenommen, sei es nun durch directe Entziehung der 
festen Bestandtheile, sei es durch Verminderung dersel- 
ben in Folge Wasserzusatzes.. Der Zusatz von Wasser 
benachtheiligt das Publicum doch offenbar nur insofern, 
als dadurch die festen Bestandtheile der Milch verringert 
und in Folge dessen die Nahrungskraft der letzteren ver- 
mindert wird. 

Ganz und gar dasselbe aber findet Statt bei einer 
directen Entziehung der nahrungskrÀftigen Bestand- 
theile durch Abrahmen. 

Wenn daher das StrafwĂŒrdige bei der Versetzung 
der Milch mit Wasser darin liegt, dass der Nahrungs- 
gehalt und Werth zum Schaden der Consumenten 


zur MilchprĂŒfung. ER 231 


verringert wird, so folgt daraus mit nothwendiger Conse- 
quenz die Strafbarkeit des Abrahmens der Milch. Das 
Eine steht und fÀllt mit dem Anderen. Sehen sich die 
VerkÀufer genöthigt, oder ist es ihr Wille, den Consu- 
menten abgerahmte Milch feilzubieten, so mĂŒssen sie 
dieselbe als solche bezeichnen und billiger verkaufen. 


Die Tabelle ĂŒber die gute Milch giebt einen schla- 
genden Beweis, dass das Einschreiten der Behörde den 
Milcheonsumenten gute Dienste geleistet hat. Unter 43 
Milchsorten waren 25 Sorten unverfÀlscht und ist unter 
diesen unverfÀlschten Milchsorten zum grössten Theil 
sehr gute Milch und nur ein kleiner Theil derselben 
steht der fĂŒr die schlechte Milch angenommenen Grenze 
(11,00) nahe. 


Erörtern wir nun im Folgenden die Frage, ob die 
optische MilchprĂŒfung der praktischen Voruntersuchung 
die gewĂŒnschten und nöthigen Dienste leisten kann. 


Aus der Tabelle der Normalmilch haben wir erse- 
hen, dass die optischen PrĂŒfungen von 3,7—6,3 CC. 
differiren und finden, dass sich fast dasselbe Resultat 
bei der guten Milch in der Praxis herausstellt. Die 
Variationen sind hier, abgesehen von einer Ausnahme 
{No. 6), von 23,5 — 6,4 0.C. 

Betrachten wir nun die optischen Proben der schlech- 
ten Milch, so ergiebt sich das sehr befriedigende Resul- 
tat, dass keine Milchsorte unter 5,8 ©.C. zur optischen 
PrĂŒfung verbrauchte; denn wenn bei Untersuchungen 
der schlechten Milch weniger Cubikcentimeter hinrei- 
chend gewesen wÀren, um den Lichtkegel verschwinden 
zu machen, so wĂŒrden diese PrĂŒfungen mit den opti- 
schen Proben der Normalmilch in eine derartige 
Collision gerathen, dass das Galactoskop völlig unbrauch- 
bar wÀre. Eine kleine Collision zwischen Normal- 
und abnormer Milch ist natĂŒrlich bei der eben erklĂ€rten 
Einseitigkeit des Instrumentes nicht zu vermeiden, jedoch 
bieten die leichte Handhabung und schnelle AusfĂŒhrung 


N N \ - ER R ne + Bet 
Wu Re ne dr ee ann Bar A na De rl ae AN iz ON 
EEE TEE N ERNST ZU NR. LA I RR RR a 


232 J. Erdmann, zur MilchprĂŒfung. 


der optischen PrĂŒfung so grosse Vortheile dar, dass jener 
Uebelstand dagegen verschwindet. 

Wollen wir nun das Galactoskop so scharf einstel- 
len, dass unserer Ueberzeugung nach so leicht kein 
MilchfÀlscher nach der angenommenen Norm der festen 
Bestandtheile ungestraft bleibt, so ist es klar, dass ei- 
nige Sorten Milch, wie aus den Resultaten der Tabelle 
hervorgeht, durch das optische Instrument fĂŒr schlecht 
befunden werden, die nach der Gewichtsanalyse noch 
gut sind. Jedenfalls ist es besser, dass Analysen verge- 
bens gemacht werden, als dass man bei der Galactoskop- 
PrĂŒfung eine Grenze annimmt, die einen Theil der fĂ€l- 
schenden MilchverkÀufer ungestraft lÀsst. 

Nach reiflicher Ueberlegung, mich stĂŒtzend auf die 
Ergebnisse der Tabellen, halte ich es fĂŒr das Beste, 
anzunehmen, dass die Milch bei der Voruntersuchung 
dann als verfÀlscht anzusehen ist, wenn 100 0.C. Wasser 
mit 5,5 C.C. Milch versetzt werden und die Conturen 
des Lichtkegels noch zu sehen sind. Wird hierbei genau 
beobachtet, so wird eine FĂ€lschung der Milch schwerlich 
unentdeckt bleiben und bliebe nur die MĂŒhe einiger 
vergeblichen Analysen, die man im Interesse des Publi- 
cums gern ausfĂŒhren kann, wenn eben dadurch das an- 
gestrebte Ziel erreicht wird, dass ein so wichtiges Nah- 
rungsmittel, wie die Milch, dem Publicum unverfÀlscht 
verkauft wird. 

Hannover, im Juli 1867. 


a KR IET we 3 x - er ze 


I 


Dragendorff, BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 233 


Untersuchungen aus dem pharmaceutischen Institute 
in Dorpat. 
Mitgetheilt von 
Professor Dr. Dragendorff*). 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 


Durch bereits frĂŒher mitgetheilte Untersuchungen war 
ich zu der Annahme veranlasst worden, dass das Can- 
tharidin mit Basen Salze zu liefern im Stande sei. Einige 
Versuche, die ich etwa vor anderthalb Jahren unternahm, 
um fĂŒr diese Annahme weitere StĂŒtzpuncte zu erlangen, 
stellten die bezeichnete Annahme ausser Zweifel. Es 
gelang mir zunÀchst ein Natronsalz darzustellen, in dem 
das VerhÀltniss zwischen Cantharidin (Atomgewicht 98) 
und Basis (Atomgewicht 62) wie 2:1 war, welches dem- 
nach als neutrales Salz gelten konnte; und es gelang mir 
ferner, darĂŒber Gewissheit zu‘ erlangen, dass durch lĂ€n- 
geres Zusammenwirken von Üantharidin, Magnesia und 
Wasser in zugeschmolzenen Glasröhren ebenfalls ein Mag- 
nesiumsalz entstehe, in dem ein gleiches VerhÀltniss zwi- 
schen Cantharidin und Basis beobachtet wurde. In beiden 
Salzen fand sich ausserdem Wasser, welches selbst bei 
lÀngerem Erhitzen auf 1100 C. nicht fortgeschafft werden 
konnte. In Folge dieser Erfahrungen veranlasste ich Herrn 
Magister E. Masing, sich etwas eingehender mit der Dar- 
stellung und Untersuchung der Salze des Cantharidins zu 
beschÀftigen. Ich theile die Resultate der von Herrn 
Masing bereitwillig ĂŒbernommenen Arbeit mit, nachdem 
derselbe sie ausfĂŒhrlicher in seiner Magisterdissertation **) 
beschrieben und vertheidigt hat. 

Ausser den schon genannten Salzen war es möglich, 
Verbindungen aus Cantharidin mit dem Kalium, Lithium, 


*) Vom Hrn. Verfasser als Separatabdruck (aus der Pharmae. Zeit- 
schrift fĂŒr Russland, 1867, 3. Heft) mitgetheilt. D. Red. 

**) „Die Verbindungen des Cantharidins mit anorganischen Basen.“ 
Dorpat 1866. 


(par ya aD 


BE an 2, 
234 Dragendorf, 


Ammonium, Calcium, Strontium, Baryum, Zink, Cadmium, 
Beryllium, Aluminium, Nickel, Kobalt, Kupfer, Blei, 
Quecksilber, Silber, Palladium, Zinn und Wismuth her- 
zustellen. Viele derselben sind krystallinisch; einzelne 
gestatteten Messungen, die unter Leitung von Professor 
Grewingk angestellt wurden. Die Salze des Kalium, 
Natrium, Lithium, Ammonium, Magnesium und Zink sind 
in Wasser leichter löslich, die ĂŒbrigen sehr schwer lös- 
lich; die im Wasser löslichen Salze wirken blasenziehend, 
namentlich, wenn sie in solcher wÀsserigen Solution appli- 
eirt werden. Die in Wasser löslichen Salze reagiren alka- 
lisch. In den meisten dieser Salze fand sich das Atom- 
verhÀltniss zwischen Cantharidin und Basis wie 2:1, in 
allen war auch nachweisbar, dass Wasser gebunden wor- 
den. SĂ€mmtlich konnten sie durch Salz- oder Salpeter- 
sÀure wieder zerlegt werden, indem allmÀlig alles Can- 
tharidin wieder als solches abgeschieden wurde. Der 
Wassergehalt, den man fĂŒr die einzelnen Salze berechnen 
kann, betrÀgt in vielen FÀllen mehr als 1 Molecul H?2O2*) 
in einzelnen FÀllen ist er bedeutend höher, in wenigen nie- 
driger. Bei einigen Verbindungen, von denen mehrmals 
neue Proben der Analyse unterworfen wurden, fanden sich 
Differenzen im Wassergehalte, trotzdem allemal die be- 
treffenden Proben bei 1100C. getrocknet waren. Wenn 
man annehmen möchte, dass jedenfalls in den meisten 
Salzen sogenanntes Hydratwasser vorhanden, so muss 
man doch zugestehen, dass hier ein Fall vorhanden, in- 
dem die Frage: was Hydrat-, was Krystallwasser, schwer 
zu entscheiden ist. Die Untersuchung war ausserdem 
dadurch erschwert, dass ich bei dem sehr hohen Preise, 
zu dem das Cantharidin bezogen werden kann, nur geringe 
Mengen desselben diesen Untersuchungen opfern konnte, 
und deshalb auch zur Darstellung und Analyse der ein- 
zelnen Verbindungen, wenn auch das bei den Analysen ab- 


»)H=1 
0=8 
C=6 


Il 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 235 


seschiedene Cantharidin immer wieder aufs Neue in Ar- 
beit genommen wurde, nur kleine Mengen des Materials 
verwendet werden konnten. Letzteres mag auch zur Er- 
klĂ€rung dafĂŒr dienen, wenn vorlĂ€ufig nur von einzelnen 
der dargestellten Verbindungen Elementaranalysen ange- 
stellt worden. FĂŒr einzelne der Verbindungen des Can- 
tharidins muss ich mir eine spÀter eventuelle Berichti- 
gung der gefundenen Zahlenresultate vorbehalten. Es 
kommt mir zunÀchst nur darauf an, den Beweis zu liefern, 
dass das Cantharidin gut charakterisirte Salze zu geben 
im Stande ist und dieser Beweis ist, glaube ich, ge- 
lungen. 


Die Entstehung der Salze des Cantharidins hatte ich 
mir a priori so vorgestellt, dass das Cantharidin — 
C!0H60% unter Aufnahme von 1 Mol. Wasser — H?2O? zu 
einem SÀurehydrat, dem ich den Namen CantharidinsÀure 
zugedacht habe, werde,. welches dann durch Austausch 
von H gegen Metalle und Radicale Salze bilde. Auch 
diesen Augenblick habe ich keine Ursache, diese Mei- 
nung zu Àndern. Wenn ich weiter die meisten Salze 
so zusammengesetzt dachte, dass sie auf den Typus 


H 
c104602 | 04 
M 

oder auf dessen Multipla zurĂŒckgefĂŒhrt werden können, 
so ist es zwar nicht durchgehends gelungen, diese An- 
nahme als unumstösslich festzustellen, aber dieselbe scheint 
mir auch durchaus noch nicht widerlegt zu sein. Ich 
hoffe in nicht zu langer Zeit ĂŒber so viel Material ver- 
fĂŒgen zu können, um durch Untersuchung der Ester der 
vermeintlichen CantharidinsÀure diese Frage ihrem Ab- 
schluss nĂ€her zu fĂŒhren. 


WĂ€re die von mir aufgestellte Hypothese richtig, so 
mĂŒsste man das Cantharidin selbst als ein dem Lactid 
analoges Anhydrid auffassen, die CantharidinsÀure als eine 
den LactilsÀuren analoge Substanz, deren nÀchste einato- 


Dr 
ZB aa 


+ 


te ea tar 


DER 


. 


. . 
wmıht r aa 


N rk 


236 Dragendorff, 


mig einbasische Verwandte in der AngelicasÀure gesucht 
werden könnte. Möglich, dass es gelingen könnte, zu 
einer Methode der kĂŒnstlichen Darstellung des Canthari- 
dins zu gelangen, bei der die letztgenannte SĂ€ure den Aus- 
gangspunct bildet. Vielleicht auch, dass es dann gelingen 
dĂŒrfte, als wirksamen Bestandtheil des CUrotonöles einen 
dem Cantharidin oder der vermeintlichen CantharidinsÀure 
nahe verwandten, vielleicht dem einen oder der anderen 
homologen Stoff zu erkennen. 


Obiger Hypothese entgegen steht in gewissem Grade 
die gemachte Erfahrung, dass die salzartigen Verbin- 
dungen mit stÀrkeren SÀuren behandelt, nicht, wie man 
nach der Analogie der MilchsĂ€ure erwarten dĂŒrfte, Can- 
tharidinsÀure, sondern Cantharidin als Zersetzungsproduet 
liefern. Allerdings entsteht mitunter bei Zerlegung einer 
solchen salzartigen Verbindung nicht sogleich ein Nieder- 
schlag, sondern es bedarf einer mehrstĂŒndigen Digestion 
bei etwa 40—500 um die Abscheidung zu vollenden. 
Immerhin hat aber, selbst vorausgesetzt, dass die Annah- 
me, es werde hier zunÀchst lösliche CantharidinsÀure ab- 
geschieden, die allmÀlig zu Wasser und Anhydrid zerfalle, 
die SÀure eine weit geringere BestÀndigkeit als die Milch- 
sÀure. Das Verhalten der hypothetischen Cantharidin- 
sĂ€ure wĂŒrde demjenigen der KohlensĂ€ure analog sein. 
Dass in der That das Endproduct der Einwirkung von 
SĂ€uren Cantharidin(anhydrid) ist, wurde durch einen be- 
sonderen Versuch bestÀtigt. Das Kaliumsalz wurde mit 
SalzsĂ€ure zersetzt, der Niederschlag nach 24 stĂŒndiger Dige- 
stion abfiltrirt, unter der Glocke der Luftpumpe getrocknet, 
bis er das constante Gewicht 0,2375 Gr. besass. Er ver- 
lor nach lÀngerer Einwirkung einer Temperatur von 90°C. 
0,0009 Gr., beim ErwÀrmen auf 1000 nahm sein Gewicht 
um 0,0016 Gr. ab, bei 1100 — 0,0022 Gr., bei 1200 — 
0,0013 Gr., bei 1300— blieb es unverĂ€ndert. Es hatte 
der Niederschlag im Ganzen 0,0060 Gr., — 2,54 
d. h. etwa einfĂŒnftel Mol. Wasser abgegeben. Die spĂ€ter 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 237 


angestellte Elementaranalyse*) des bei 1300 getrockneten 
Niederschlages gab 0,5140 Gr. KohlensÀure, 0,1384 Gr. 
Wasser d. h. 


f i a I. 
. ‚ or Auklay 
TORROSÂź| Be 


C = 0,14018 Gr. oder 60,5529 Proc. 4 

Be n01538 , Bar a 

OO — 0,0759 „ „ 32,805 „ A 
Regnault, so wie Lavini und Sobrero, von denen 7 
Analysen des Cantharidins mitgetheilt worden sind, fanden 2 
Regnault Lavini u. Sobrero = 

C 61,22 — 60,36 61,17 er 

BR 6,19. —- 6,22 6,30 ; 

O 32,66 — 33,42 32,53. B- 

Auch die Krystallform des abgeschiedenen Cantharidins - 3 
stimmt mit der aus spanischen Fliegen durch Lösungsmit- k 
tel ausgezogenen, dagegen variiren die beiden Substanzen “R 


insofern etwas, als sich das aus salzartigen Verbindungen 
abgeschiedene Cantharidin leichter in verdĂŒnnter Kali- 
und Natronlauge löst, als das aus den spanischen Fliegen 
direct gewonnene und dass das Erstere bereits bei nie- 
derer Temperatur (fast genau 1300C.) sich zu verflĂŒch- 
tigen beginnt. Jedenfalls lassen sich indessen diese letz- 
teren Differenzen auf verschiedene DichtigkeitszustÀnde 
zurĂŒckfĂŒhren. 


Beschreibung der einzelnen Salze. 


Das Kaliumsalz wurde dargestellt durch lÀngeres 
Erhitzen von 1 Gr. Canthardin mit 0,5735 Gr. reinem 
Kalihydrat und 80 C.C. Wasser im Dampfbade. Es dau- 
erte mehre Stunden, bis das Cantharidin völlig gelöst 
war; das in dieser Zeit verdunstete Wasser wurde von 
Jeit zu Zeit ersetzt. Ein zweiter Versuch, bei dem die 
Menge des Kalihydrates vermehrt und der Ueberschuss 
desselben aus dem trocknen SalzrĂŒckstande durch Aus- 
waschen mit starkem Alkohol entfernt wurde, gab kein 
so befriedigendes Resultat, da sich leicht etwas kohlen- 


*) Diese und alle folgenden Elementaranalysen wurden mit chrou- 
saurem Bleioxyd ausgefĂŒhrt. 


238 Dragendorff, 


saures Kali bildet, welches durch Alkohol schwierig und 
nur mit Verlust fortgeschafft werden kann (das neu ent- 
standene Kaliumsalz ist selbst in Alkohol etwas löslich). 
Aus diesem Grunde wurde in Zukunft stets die hier vor- 
liegende Verbindung durch Lösen von Cantharidin in der 
gerade ausreichenden Menge Kalihydrat und Wasser dar- 
gestellt. 

Die wÀsserige Lösung hinterlÀsst beim Verdunsten im 
Wasserbade das Kaliumsalz als weissen strahlig krystal- 
linischen, etwas perlmutterglĂ€nzenden SalzrĂŒckstand, bei 
dem eine genaue Bestimmung der Krystallformen nicht 
thunlich war. Das Salz ist nicht hygroskopisch; 100 
Theile Wasser von 15—200 nehmen davon 4,13 Theile 
auf, 100 Theile siedenden Wassers — 8,87 Theile, 100 
Theile Alkohol von 0,820 spec. Gew. lösen bei 15 —200 0. 
0,03 Theile, ebensoviel siedender Alkohol von derselben 
StÀrke 0,92 Theile. Aether, Chloroform lösen nur sehr 
geringe Mengen. Reaction der Lösung alkalisch. 0,00034 
Gr. des Salzes in der hundertfachen Menge Wasser ge- 
löst, mittelst eines LeinwandlÀppchens von 1 Quad.-CUm. 
auf die Haut gelegt, wirkte sehr stark blasenziehend; 
0,00017 Gr. in 200facher VerdĂŒnnung wirkten auf gleich 
grosser FlÀche etwa gewöhnlichem Spanischfliegenpflaster 
gleich; 0,00011 Gr. in 300facher VerdĂŒnnung auf eine 
gleich grosse FlÀche applicirt, zog noch kleine Blasen; 
0,00008 Gr. in 400facher VerdĂŒnnung bewirkte unter Ă€hn- 
lichen UmstÀnden starke Hautröthung und kleine Papeln, 
doch keine eigentlichen Blasen; 0,00006 Gr. in 500facher 
VerdĂŒnnung schwache Hautröthung. Ich glaube, dass 
man von diesem Salze hie und da Gebrauch machen 
könnte, wo man an Stellen, an denen ein Spanischfliegen- 
pflaster schlecht zu befestigen ist, eine Blase oder Haut- 
röthung hervorrufen will, oder wenn man einmal eine 
genau bekannte QuantitÀt Cantharidins wirken lassen 
wollte *). 


*) Da frĂŒhere Untersuchungen (vergl. meinen zweiten Aufsatz) - 


DT Pl a 7 ” a Pi 4 - 
er EN © 2 fi 


ER 3 ‘ 1 ar 


' BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 239 


Analyse I. 0,5 Gr. der Kaliamverbindung mit Salz- 
sÀure zersetzt, gaben Cantharidin 0,3085 Gr. (61,70 
Procent); Chlorkalium 0,2505 Gr., also Kali 0,1583 
(31,66 Procent); Wasser 0,0332 Gr. (6,64 Procent). 


K 
ridin; 30,61 Proc. Kali; 5,84 Proc. Wasser. 
Analyse Il. 0,4 Gr. gaben Cantharidin 0,2398 Gr. 
(59,95 Proe.); Kaliumplatinchlorid 0,6114 Gr. — Kali 
0,1179 Gr. (29,47 Proc.), Wasser 0,0423 Gr. (10,58 
Procent). 


H 
Die Formel C10H60?2 jo: verlangt 63,55 Procent Cantha- 


H 
Die Formel C10H602 jo1-10 verlangt 60,05 Procent 
K 


Cantharidin, 28,92 Proc. Kali, 11,03 Proc. Wasser. 
Analyse Il. 0,5680 Gr. gaben Cantharidin 0,3500 Gr. 
(61,61 Proe.) Kaliumplatinchlorid 0,8972 Gr. — 0,1731 
Gr. Kali (30,49 Proc.) 0,0449 Gr. Wasser (7,90 Proe.). 
Die Annahme von der Existenz eines basischen Salzes 
ist zwar dadurch nicht völlig widerlegt, dass, wie oben 


die Kaliumverbindung als geneigt zur Diffusion erwiesen hatten, 
so wurde der Versuch gemacht, mit HĂŒlfe derselben das Can- 
tharidin aus den spanischen Fliegen abzuscheiden. Gepulverte 
spanische Fliegen (5 Pfd.) wurden mit (20 Pfd.) Wasser und 
(34 Drachmen) Kalihydrat eine Stunde lang gekocht, die brei- 
förmige Masse auf mehren grossen Dialysatoren vertheilt, bei 
300 C. 6 Tage lang der Diaiyse unterworfen in der Weise, dass 
die Ă€ussere FlĂŒssigkeit alle 12 Stunden durch reines Wasser 
ersetzt wurde. Die so gewonnenen Diffusate wurden auf !/ıp 
Volum eingedampft, mit Chlorcaleium versetzt, so lang dasselbe 
einen Niederschlag gab, letzterer (unreines cantharidinsaures 
Caleium) nach einiger Zeit abfiltrirt, mit SchwefelsÀure und 
Aether unter hĂ€ufigem SchĂŒtteln macerirt und die Ă€therische 
Lösung des Cantharidins verdunstet. Das Filtrat vom Caleium- 
niederschlage wurde weiter eingedampft und ebenfalls mit Schwe- 
felsÀure und Aether behandelt. Die verschiedenen Aetherlösungen 
verdunstet, hinterliessen in Summa nur 0,3006 Gr. Cantbaridin, 
d. h. eine Menge, die viel zu gering, um diesen Weg fĂŒr die 
praktische Gewinnung des Körpers geeignet erscheinen zu lassen. 


a FE nhni, 24 na Ra 


240 Dragendorf, 


gesagt, beim Eindampfen von Cantharidin mit ĂŒberschĂŒs- 
siger Kalilauge ein RĂŒckstand erlangt wird, den Alkohol 
inKalihydrat und das neutrale Kaliumsalz zerlegt, jeden- 
falls aber ist kein Grund vorhanden zu der Vermuthung, 
dass besondere Neigung bestehe, eine basische Kalium- 
verbindung zu bilden. 

Ebenso konnte die Existenz eines sauren Kalium- 
salzes nicht dargethan werden. 0,3 Gr. des neutralen Salzes 
wurden in 10 C.C. Wasser gelöst, die Lösung mit 0,2 Gr. 
- Cantharidin in eine Glasröhre eingeschmolzen, das Ge- 
misch 3 Tage hindurch bei 1000 erwÀrmt. Das Cantha- 
ridin war völlig ungelöst geblieben, abfiltrirt betrug sein 
Gewicht 0,1973 Gr. Das Filtrat hinterliess beim Verdun- 
sten wieder 0,3 Gr. RĂŒckstand. 

Das Natriumsalz wurde analog der Kaliumverbin- 
dung dargestellt. Es war der letzteren Àhnlich, undeut- 
lich krystallinisch, nicht hygroskopisch. 100 Theile Was- 
ser von 15—200C. nahmen 4,01 Theile, ebensoviel sie- 
dend heisses Wasser 6,92 Theile des Salzes auf. In Al- 
kohol ist es schwer, in Aether und Chloroform nicht löslich. 
Reaction alkalisch. Ein Quantum des Salzes wurde unter 
der Glocke der Luftpumpe ausgetrocknet, bis sein Ge- 
wicht constant 0,3645 Gr. blieb. Dasselbe Quantum ver- 
lor spÀter auf 1000 erwÀrmt 0,0037 Gr., bei 1100 weitere 
0,0026 Gr., in Summa 0,0063. Es muss demnach angenom- 
men werden, dass die geringe Menge abgegebener Feuch- 
tigkeit nur mechanisch anhÀngend gewesen. 


Analyse. 0,2785 Gr. gaben mit SalzsÀure zersetzt 0,1790 
Gramm Cantharidin (64,27 Proc.); 0,1279 Gr. Chlor- 
natrium — 0,0681 Gr. Natron (24,45 Proe.); 0,0314 Gr. 
Wasser (11,27 Proc.). 

m: 
Die Formel C10H60? | O%4.-+-HO verlangt 66,66 Procent 
Na 
Cantharidin; 21,09 Natron; 12,24 Proc. Wasser. 

Das Lithiumsalz wurde den beiden vorigen analog 

dargestellt, glich ihnen auch an Ansehen. 100 Theile 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 241 


Wasser von 15—209 lösen davon 3,8 Theile, ebensoviel 

siedendes Wasser 5,96 Theile. Die Reaction ist alka- 

lisch. 

Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,3280 Cantharidin (82,00 
Procent); 0,1490 Chlorlithium == 0,0526 Gr. Lithion 
(13,15 Proc.); Wasser 0,0194 Gr. (4,85 Proc.). 


Analyse II. 0,4 Gr. gaben 0,3270 Gr. Cantharidin (81,75 


Procent), 0,1445 Gr. Chlorlithium = 0,0510 Gr. Lithion 
(12,75 Proc.); 0,022 Wasser (5,5 Proec.). 
H 


Die Formel C10H602 }O4 verlangt 80,31 Proc. Cantha- 
Li 


ridin; 12,31 Proc. Lithion; 7,38 Proc. Wasser. 


Das Ammoniumsalz ist Àusserst unbestÀndig, das- 
selbe lÀsst sich in wÀsseriger Lösung darstellen durch 
Zersetzung Àquivalenter Mengen von der Baryumverbin- 
gung und Ammoniumsulfat oder durch Lösen von Can- 
tharidin in ĂŒberschĂŒssiger AmmoniaktlĂŒssigkeit bei einer 
Temperatur nicht ĂŒber 40—500C. So wie ein Theil des 
Cantharidins gelöst ist, muss man die Schale mit der 
FlĂŒssigkeit unter die Glocke der Luftpumpe bringen und 
hier so lange verweilen lassen, bis alles freie Ammoniak 
abgedunstet ist. Man filtrirt von ĂŒberschĂŒssigem Canthari- 
din ab und erhĂ€lt eine alkalisch reagirende FlĂŒssigkeit, 
die bei der Einwirkung von SalzsÀure einen Niederschlag 
von Cantharidin giebt, indem zugleich Chlorammonium 
entsteht. Das relative VerhÀltniss zwischen Cantharidin 
und Ammoniumoxyd wurde wie 0,1100 :0,0379 (0,3254 
Ammoniumplatinchlorid) gefunden. Der Rechnung nach 
mĂŒssten, wenn die Verbindung auf !, Mol. Ammonium- 
oxyd ein Mol. Cantharidin enthielte, aus 0,1479 Theilen 
der wasserfreien Verbindung 0,1169 Theile Cantharidin 
und 0,0310 Ammoniumoxyd erhalten werden, was befrie- 
digend mit dem Resultat der Analyse stimmt. 

Wird die wÀsserige Lösung des auf die eine oder die 
andere Weise dargestellten Ammoniumsalzes eine Zeit 
lang im Wasserbade auf 1000 erwÀrmt, so wird, selbst 

Arch.d. Pharm. CLXXXIl. Bds. 3. Hft. 16 


REN 


= 


De 2 x‘ 
le ni tt ud En rn 


» 


BE a a a 


nz . u a a w “WR ti DER ui, ke a AT 
N RE REEL 
y-} i 


242 Dragendorff, 


2 


wenn kein freies Ammoniak vorhanden, das Ammonium- 
salz zersetzt. Die so behandelt gewesene FlĂŒssigkeit 
giebt dann mit SalzsÀure auch nach tagelangem Stehen 
keinen Niederschlag von Cantharidin mehr, wird sie mit 
SalzsÀure und Platinchlorid zur Trockne verdunstet, so 
bleibt ein RĂŒckstand, aus welchem Alkohol alles zuge- 
setzte Platinchlorid fortnimmt, indem zugleich eine weisse 
krystallinische, in Alkohol ziemlich schwierig, aber auch 
in Wasser etwas lösliche Masse hmterbleibt. Die- 
selbe krystallinische Substanz hinterbleibt auch, wenn 
man ohne weiteren Zusatz. eine Lösung von Cantharidin 
in AmmoniakflĂŒssigkeit im Wasserbade zur Trockne ver- 
dunstet. Diese Erfahrungen stehen mit den Angaben 
Thierry’s sowohl als Procter’s im Widerspruch, 
Der Erstere erklĂ€rt Cantharidin fĂŒr unlöslich in Ammo- 
niak, der Letztere giebt zwar die Löslichkeit zu, bekaup- 
tet aber, dass die Lösung beim Verdunsten unverÀnder- 
tes Cantharidin abscheide. Vom Cantharidin ist der 
RĂŒckstand schon durch seine Löslichkeit in Wasser ver- 
schieden, ausserdem ist er stickstoffhaltig. 


Analyse. 0,25 Gr. dieser Substanz mit Natronkalk ge- 
glĂŒht gaben 0,2495 Gr. Ammoniumplatinchlorid — 
0,01563 Gr. Stickstoff — 6,25 Proc. 


0,25 Gr. ebenso behandelt gaben 0,2528 Gr. Ammonium- 
platinchlorid — 0,01584 Gr. Stickstoff = 6,33 Proc. 


0,25 Gr. mit chromsaurem Bleioxyd und vorgelegtem Kupfer 
verbrannt gaben 0,5325 Gr. KohlensÀure und 0,1310 
Grm. Wasser. 


0,25 Gr. ebenso behandelt 0,5350 Gr. KohlensÀure und 
0,1674 Gr. Wasser. 


0,25 Gr. ebenso behandelt 0,5207 Gr. KohlensÀure und 
0,1649 Gr. Wasser *) d. h. 


*) Das zu den einzelnen Verbrennungen benutzte Quantum stammt 
von verschiedenen Darstellungen her. 


BeitrĂ€ge zur Kenntniss des ee! u | “ 


1)0==0,1452 Gr. od. 58,08%). 2)C —0,1459 Gr. 0d.58,36%,. 

B=8,0146:,-1,.,5,84, °H —=0,0186 2243, 
0—0,0743 „ „29,80, O0 —0,0698 „ „27,91, 
900157. „: ,.,6,28, N —0,0157,.,. 698% 

3) C = 0,1420 Gr. oder 56,809, 

BB aa 

O— 0,0740 5. 29,60, 

N—00157 „ „ 638, 


Die Formel 11 | N, die sich im Uebrigen vorlÀufig 


C10H602 ei 
C10H602 
a 

nicht weiter motiviren Ba verlangt 

C 56,34 9, 

H 7045, 

O 30,05 „ 

N.346,52.85 

Die hier vorliegende Verbindung krystallisirt beim 

Erkalten ihrer siedend heiss bereiteten wÀsserigen Lösung 
in langen seideglÀnzenden Krystallnadeln.. 100 Theile 
Wasser von 15—200 C. lösen davon 1,83 Theile; 100 
Theile siedendes Wasser 3,45 Theile; 100 Theile Alko- 
hol *) von 15— 200 C. lösen 1,31 Theile—; 100 Theile 
siedenden Alkohols 1,87 Theile. In Aether und Chloroform 
ist diese Substanz Ă€usserst schwer lösslich, beim SchĂŒt- 
teln einer wĂ€sserigen Lösung mit diesen FlĂŒssigkeiten, 
wandert die Verbindung nicht in die letztere ĂŒber. Die 4 
Verbindung scheint geneigt zu sein mit Wasser ĂŒbersĂ€t- 
tigte Lösungen zu bilden. Sie reagirt sauer, wirkt stark 
blasenziehend. Mit Chlorbaryum, Silbernitrat, Kupfersul_ 
fat und Bleinitrat liefert sie NiederschlÀge, welche stick- | 
stofffrei sind und deren Krystallform derjenigen der 


*) Hier und bei den spÀter zu besprechenden Proben von dersel- 
ben StÀrke wie derselbe zur Löslichkeitsbestimmung des Kalium- 
salzes benutzt wurde. 

16* 


244 Dragendorff, 


Verbindungen der hypothetischen CantharidinsÀure mit 
den betreffenden Basen gleichkommt. Schon oben ist 
darauf hingewiesen, dass die vorliegende Verbindung auf 
Zusatz von SalzsÀure kein Cantharidin abscheidet *). 
Auch wenn die mit SalzsÀure versetzte Lösung mit Chlo- 
roform geschĂŒttelt wird, entzieht letzteres kein Canthari- 
din. Kocht man eine heiss bereitete concentrirte Auflösung 
derselben in Wasser mit concentrirter SalzsÀure etwa eine 
halbe Stunde lang, so bleibt dieselbe immer noch klar. 


*) Ich habe gehofft, dieses Verhalten gegen Ammoniak benutzen 
zu können, um eine neue Methode der Darstellung des Can- 
tharidins zu gewinnen, bin aber auch hier leider bisher zu kei- 
nem gĂŒnstigen Resultate gekommen. Um Anderen die MĂŒhe 
zu ersparen, in dieser Richtung Versuche anzustellen, will ich 
die von mir gemachten Experimente kurz anfĂŒhren. 

1) Gröblich gepulverte Canthariden wurden mit der gleichen 
Menge officineller AmmoniakflĂŒssigkeit und so viel Wasser, 
dass ein dĂŒnner Brei entstand, aufgekocht, dann im Wasser- 
bade ausgetrocknet, der RĂŒckstand mit Wasser ausgekocht, die 
(ĂŒbrigens sehr schleimige) Abkochung colirt, das Unlösliche 
noch einmal mit Wasser ausgezogen. Die wĂ€sserigen AuszĂŒge 
wurden mit SalzsĂ€ure ĂŒbersĂ€uert, der Niederschlag, in dem ich 
Fett u. dergl., doch kein Cantharidin vermuthete, abÀltrirt, das 
Filtrat mit Kali im Ueberschuss versetzt und zur Trockne verdun- 
stet, die hinterbliebene Salzmasse (in der ich die Kaliumverbin- 
dung der CantharidinsÀure vermuthete) wieder in Wasser gelöst, 
mit SalzsĂ€ure ĂŒbersĂ€ttigt, filtrirt, mit Aether das Cantharidin aus- 
geschĂŒttelt. Es wurde ziemlich reines Cantharidin erhalten, doch 
nur !/4 der Menge, die in den Canthariden wirklich vorhanden ist. 

2) Gröblich gepulverte Canthariden wurden miteinem Gemisch 
von 1 Vol. offieineller AmmoniakflĂŒssigkeit und Alkohol von 90 Pre. 
ausgezogen, der Auszug durch Destillation von Weingeist be- 
freit, die wĂ€sserige FlĂŒssigkeit zur Trockne gebracht. Der geblie- 
bene RĂŒckstand wurde in Wasser gelöst mit SalzsĂ€ure ĂŒbersĂ€ttigt, 
filtrirt, mit dem Filtrat wie oben verfahren. Ausbeute sehr gering. 

3) Es wurde wie in 1) verfahren, aber der wÀsserige Auszug, der 
mit Ammoniakliquor eingetrockneten Canthariden, mit Schwefel- 
sĂ€ure ĂŒbersĂ€ttigt, filtrirt und das Filtrat mit salpetrigsaurem Kali 
auf etwa 500 C. erwĂ€rmt. Nach 48stĂŒndigem Stehen in der 
KĂ€lte wurde filtrirt, der Niederschlag getrocknet, gepulvert, mit 
Aether ausgezogen. Auch das Filtrat wurde mit Aether aus- 
geschĂŒttelt. Die Ausbeute an Cantharidin war sehr gering. Dr. 


‚v- %. Be" „Mg Ba Ri ” 


“ 


BeitrÀge zur Kenniniss des Cantharidins. 245 


Erst nach mehrwöchentlichem Stehen scheidet endlich ein 
solches Gemisch eine geringe Menge des vorhandenen 
Cantharidins unlöslich ab und dann giebt Platinchlorid im 
Filtrate einen Niederschlag von Ammoniumplatinchlorid. 
Kocht man die heissgesÀttigte Lösung der vorliegenden 
Substanz unter Zusatz von Aectzkali, so entweichen am- 
moniakaliche DĂ€mpfe und nach einigem Kochen, wenn die 
Ammoniakentwicklung nachgelassen, giebt SalzsÀure einen 
Niederschlag von Cantharidin. Wird etwas der fraglichen 
Substanz mit Barytwasser in eine Glasröhre eingeschmol- 
zen, das Gemisch im Wasserbade erhitzt, so entsteht ein 
weisser Niederschlag, der stickstofffrei ist und wahrschein- 
lich nur das Baryumsalz der hypothetischen Cantharidin- 
sÀure enthÀlt. Wird in eine wÀsserige Lösung der fraglichen 
Substanz salpetrige SĂ€ure eingeleitet, so scheidet die FlĂŒs- 
sigkeit schon nach einigen Stunden Cantharidin ab. Die 
vorliegende Verbindung durch lÀngeres Erhitzen auf 1100 
Cels. völlig stickstofffrei zu machen, gelang nicht. Da- 
gegen beginnt die Verbindung bei wenig höherer Tempe- 
ratur sich als solche zu verflĂŒchtigen. 

Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass eine amidartige 
Verbindung vorliege. Leider haben wir bisher keine wei- 
teren Erfahrungen ĂŒber dieselbe sammeln können und es 
muss spĂ€teren Untersuchungen ĂŒberlassen bleiben, die 
Constitution dieser Substanz aufzuklÀren. Auf die: Ent- 
scheidung der Frage, ob sie die einzige amidische Sub- 
stanz ist, die das Cantharidin bei Einwirkung des Am- 
moniaks liefern kann, konnte vorlÀufig ebenfalls noch 
nicht eingegangen werden. 

In praktischer Beziehung ist die amidartige Verbindung 
insofern beachtenswerth, als sie einmal in einem Object 
einer gerichtlich chemischen Untersuchung aus vorher 
vorhanden gewesenem Cantharidin entstehen und dieses 
der Beobachtung entziehen könnte. Ich habe schon in 
meinem vorigen Aufsatze darauf hingewiesen und will 
hier nachdrĂŒcklichst hervorheben, dass falls man fĂŒrch- 
ten mĂŒsste, die amidische Verbindung sei in einem 


a a de 
ei ae” 


246 Dragendorff, 


Untersuchungsobjecte vorhanden, man durchaus die Ex- 
tractionsmethode mit Kalihydrat anwenden mĂŒsse. 


Die Baryumverbindung konnte leicht durch FĂ€l- 
lung der Kaliumverbindung mit Jodbaryum dargestellt 
werden. Sie ist weiss, krystallinisch, im Wasser, Wein- 
geist, Aether fast unlöslich; es war nicht möglich so 
deutlich ausgebildete Krystallindividuen zu erzielen, dass 
eine Messung mit Erfolg ausgefĂŒhrt werden konnte. 


Analyse I. 0,4Gr. gaben 0,2010 Gr. Cantharidin (50,25 
Procent); 0,2549 Gr. Baryumsulfat — 0,1674 Gr. Baryt 
(41,85 Proc.) und 0,0316 Wasser (7,90 Proc.). 

Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,2000 Gr. Cantharidin 
(50,00 Proc.); 0,1604 Gr. Baryumsulfat — 0,1681 Gr. 
Baryt (42,02 Proc.); 0,031 Gr. (7,98 Proc.). 


6) 


. 


Die Formel (C10H60?)? 03 + HO*) verlangt 52,10 Pro- 
Ba? 


cent Cantharidin; 40,72 Proc. Baryt; 7,18 Proc. Wasser. 


Die Strontiumverbindung wurde in Àhnlicher 
Weise, wie die Baryumverbindung durch Doppelzer- 
setzung aus Strontiumchlorid und der Kaliumverbindung 
gewonnen. Sie gleicht in ihrem Aeussern und den Lös- 
lichkeitsverhÀltnissen der Baryumverbindung. 


Analyse I. 0,25 Gr. gaben Cantharidin 0,1390 Gr. (55,60 
Procent); Strontian (durch GlĂŒhen des Carbonates dar- 
gestellt) 0,0650 Gr. (26,00 Proc.); Wasser 0,0460 Gr. 
(18,40 Proc.). 

Analyse II. 0,22 Gr. gaben Cantharidin 0,1196 Gr. 
(54,36 Proc.); Strontian 0,0794 Gr. (36,09 Proc.); 
Wasser 0,0210 Gr. (9,55 Proc.). 

Diese wenig mit einander stimmenden Resultate bedĂŒr- 
fen weiterer Controle. 
H? 
Die Formel a jo mon hÀtte verlangt 59,99 
r 


*) Ba? — 137,18. 
**) $2 — 87,68. 


Procent Cantharidin; 31,74 Proc. Strontian und 8,27 
Procent Wasser. 

Die Caleiumverbindung wurde durch Doppelzer- 
setzung aus Calciumchlorid und der Kaliumverbindung 
gewonnen, Form und LöslichkeitsverhÀltnisse wie beim 
Baryumsalze. 


Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,2670 Gr. Cantharidin 
(66,75 Proc.); Kalk (durch GlĂŒhen des Oxalates dar- 
gestellt) 0,0829 Gr. (20,725 Proc.); Wasser 0,0509 Gr, 
(12,525 Proc.). 

Analyse ll. 0,5790 Gr. gaben 0,3786 Gr. Cantharidin 
(65,39 Proe.); 0,1224 Gr. Kalk (21,14 Proc.); 0,0780 
Grm. Wasser (13,47 Proc.). 

H2 


Die Formel (C!0H602)2 | 08 + H?O?2*) verlangt 68,05 
Ca? 


Procent Cantharidin; 19,45 Proc. Kalk; 12,50 Proe. 
Wasser. 
Elementaranalysen mit chromsaurem Bleioxyd 
angestellt (Salz bei 1100 getrocknet). 


0,25 Gr. gaben 0,4075 Gr. KohlensÀure u. 0,1403 Gr. Wasser 


20: 058240; $ »"0:1150°.,, 0008 
020 „5: 0,8308, A 0,1100) 70 
d. h. 


1) C=0,1111 Gr. od. 44,440, 2) C= 0,8840 Gr. od. 44,20%, 
I 20,01% „- „ ::6,24, H =0,0127. 2 5 
= SABT.N MO „ 34,46 „ 
Ca= SIEU. 221 DL 9). 3 14,95 

3) C=0,0902 Gr. oder 45,100, 
Hr=0/0422 7,29% 46,10% 


= 2". 383;85% 

Ca— 14,98, 

Formel H? verlangt C 44,440), 
(C10H602)2 | O8 19% 
Dazr). O 35,55 , 

Ca 14,82 „ 


*) 022 — 40. 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 247 


248 Dragendorff, 


Das Plus von Wasserstoff, welches die Analysen er- 
gaben, ĂŒbersteigt dasjenige Maass, welches man als Beob- 
achtungsfehler gelten lassen könnte, indessen ist hier zu 
berĂŒcksichtigen, dass die Analysen nur mit sehr geringen 
Mengen ausgefĂŒhrt werden konnten, bei denen allerdings 
schon ein sehr kleines Quantum hygroskopischer Feuchtig- 
keit, die von chromsaurem Bleioxyd wÀhrend des Mischens 
angezogen worden, bedeutende Differenzen verursachen 
kann. 

Wurde das vorher bei 1100 getrocknete Calciumsalz 
in einem Glasrohre erhitzt, so begann zwischen 1400 und 
1500 eine partielle Zersetzung, die sich durch einen ge- 
ringen krystallinischen Anflug (unzersetztes Cantharidin) 
an den kÀlteren Theilen des Rohres kenntlich machte. 
Selbst als die Hitze auf 2100 gesteigert wurde, war kein 
irgend wie riechendes Zersetzungsproduct entstanden und 
ebensowenig fÀrbte sich das Calciumsalz dunkler. Auch 
bei 3000 war kein weiteres Anzeichen eingetretener Zer- 
setzung bemerkbar. 

Eine andere Probe dieses Calciumsalzes mit ĂŒber- 
schĂŒssigem Natronkalk erhitzt, begann erst zwischen 2000 
und 210% Entwickelung gasförmiger Zersetzungsproducte, 
deren Geruch demjenigen des Acetons nicht unÀhnlich war. 

Eine dritte Probe wurde mit ameisensaurem Kalk 
erhitzt, die flĂŒchtigen Zersetzungsproducte in wasserfreien, 
mit Ammoniak gesÀttigtem Aether geleitet. Aus der Àthe- 
rischen FlĂŒssigkeit, die anfangs milchig getrĂŒbt worden, 
schieden sich allmÀlig farblose Krystalle ab, deren wÀsse- 
rige Lösung ammoniakalische Silbersolution schon in der 
KĂ€lte reducirte, deren geringe Menge aber keine weitere 
Untersuchung zuliess. Wenn ich glaube, dass hier ein 
aldehydisches Zersetzungsproduct vorliegt, so bin ich doch 
weit davon entfernt zu behaupten, dass dieses das der 
CantharidinsĂ€ure zukommende Aldehyd sein mĂŒsse. (Durch 
Einwirkung von Jodwasserstoff in zugeschmolzenen Glas- 
röhren bei 1000 wird Cantharidin durchaus nicht verÀn- 
dert. Ebensowenig entsteht durch Einwirkung von Na- 


Te hi sel ee a ar le ar EEE De ke An SEETTZNE 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 249 


triumamalgam auf das Natronsalz ein Zersetzungsproduct. 
Auch ĂŒbermangansaures Kali in alkalischer Lösung ver- 
Ă€ndert das Kaliumsalz der vermeintlichen Cantharidin- 
sÀure nicht.) 


Wurde die Calciumverbindung auf dem Platinblech 
erhitzt, so entwickelte sich ein Geruch, der am ersten mit 
demjenigen verglichen werden kann, welcher unter Àhn- 
lichen UmstÀnden aus weinsaurem Kalk frei wird. 


Die Magnesiumverbindung wurde durch mehr- 
stĂŒndiges Erhitzen eines Gemenges von 1 Gr. Cantharidin, 
0,25 Gr. reiner gebrannter Magnesia und 30 C.C. Wasser in 
zugeschmolzener Glaskugel bei 1000 erhalten. Schon bei 
oberflÀchlicher Betrachtung bemerkt man nach einiger 
Zeit, dass eine VerÀnderung statt gefunden, der grössere 
Theil der voluminösen Magnesia ist verschwunden und 
an ihre Stelle sind krystallinische Massen, meist klum- 
penförmig zusammengeballt, getreten. Ein Theil der ent- 
standenen Magnesiumverbindung findet sich im Wasser 
gelöst, der Rest des Salzes wird durch Behandlung mit 
frischem Wasser ebenfalls in Lösung gebracht *); die un- 
zersetzt gebliebene Magnesia wird abfiltrirt. Die wÀsserige 
Lösung der Magnesiumverbindung hinterlÀsst beim Ver- 
dunsten lange farblose nadel- und spiessförmige Krystalle. 
1,4700 Gr. derselben, nachdem sie zuvor unter der Glocke 
der Luftpumpe ausgetrocknet waren, gaben bei 900 nichts 
ab, bei 1000 0,0014 Gr., bei 1100 noch weitere 0,0006 Gr.; 
im Ganzen nur 0,002 Gr. Das Salz ist in kaltem Wasser 
und Alkohol leichter löslich als in den siedenden FlĂŒssig- 
keiten. Auch dieses Salz ist in Aether und Chloroform 
unlöslich zu nennen. 100 Theile Wasser von 150 bis 200 
lösen 1,54 Theile, 100 Theile siedend heisses Wasser 1,16; 
100 Theile kalter Alkohol von 150 bis 200 lösen 0,24 Theile, 
100 Theile siedend heisser Alkohol 0,02 Theile. Die 
wÀsserige Lösung dieser Verbindung reagirt alkalisch, 


*) Hiernach sind meine frĂŒheren Angaben, die sich auf vorlĂ€ufige 
Versuche Blum’s beziehen, zu berichtigen. 


Se 


x a ee IK DI 


n 
an 


i:F: ee 
Eu NEE DET RER PER ar 


% 
-Z 


Pa A re ee 


er 
a et 4 


Ye 


250 Dragendorff, 


sie wirkt blasenziehend. Schon frĂŒher wurde beobachtet, 
dass die Magnesiumverbindung, wenn sie mit Oel erhitzt 
worden, eine blasenziehende Mischung giebt. Die Mag- 
nesiumverbindung ist luftbestÀndig, sie wird durch Kohlen- 
sÀure nicht zersetzt, ertrÀgt das Umkystallisiren. Alkali- 
carbonate fÀllen aus der Lösung Magnesiumcarbonat, 

Kupfervitriol giebt neben Magnesiumsulfat einen grĂŒn- 

lichen krystallinischen Niederschlag der entsprechenden 

Kupferverbindung des Cantharidins. 

Analyse I. 0, Gr. gaben 0,3360 Gr. Cantharidin 
(67,20 Proc.); 0,2096 Gr. Pyrophosphat des Magne- 
siums — 0,0755 Gr. Magnesia (15,10 Proe.); 0,0885 Gr. 
Wasser (17,70 Proe.). 

Analyse II. 0,3820 Gr. gaben 0,2550 Gr. Cantharidin 
(66,76 Proc.); 0,0580 Gr. Magnesia (15,18 Proc.); 
0,0690 Gr. Wasser (18,06 Proc.). 

H2 

Die Formel re 08 + 2H?O? *) verlangt 67,59 
8 

Procent Cantharidin; 13,79 Procent Magnesia; 18,62 
Procent Wasser. 

Die Zinkverbindung wurde analog der Magnesium- 
verbindung erhalten. Sie gleicht der letzteren im Ansehen, 
auch die LöslichkeitsverhÀltnisse sind denjenigen der Mag- 
nesiumverbindung analog, 100 Theile Wasser von 15 bis 
200 lösen 0,41 Theile, 100 Theile siedend heisses Wasser 
0,24 Theile; 100 Theile Alkohol von 15 — 200 lösen 0,12 
Theile, 100 Theile siedend heisser Alkohol 0,04 Theile. 
Analyse I. 0,4 Gr. gaben 0,2393 Gr. Cantharidin 

(59,82 Proe.); 0,1128 Gr. Zinksulfuret — 0,0942 Gr. 
Zinkoxyd (23,55 Proc.); 0,0665 Gr. Wasser (16,63 
Procent). 

Analyse II. 0,2485 Gr. gaben 0,1494 Gr. Cantharidin 
(60,12 Proc.); 0,0702 Gr. Zinksulfuret —= 0,0586 Gr. 
Zinkoxyd (23,58 Proc.); 0,0405 Gr. Wasser (16,30 
Procent). 


*) Mg? = 24. 


5 RER g ji rg I AR 


_ 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 251 


H? 
Die Formel (C10H50O?)?08+-2H?20?*) verlangt 61,06 
Zn? 


Procent Öantharidin; 22,12 Procent Zinkoxyd; 16,82 
Procent Wasser. 


Die Cadmiumverbindung ist Àusserst schwer 
löslich im Wasser, es gelang deshalb nur unvollstÀndig 
die Verbindung auf analoge Weise wie bei den vorigen 
Salzen darzustellen. Eine Einwirkung des Oxydhydrates 
auf Oantharidin bei Gegenwart von Wasser ist allerdings 
nachweisbar, weit besser gelangt man zum Ziel, wenn 
man die vorliegende Verbindung durch PrÀcipitation einer 
Lösung des Kaliumsalzes mit Jodcadmium bereitet. Der 
krystallinische Niederschlag bot keine Gelegenheit zu Mes- 
sungen dar. Die Analysen, die mit diesem Niederschlage 
angestellt wurden, kann ich. vorlÀufig nur mit Reserve 
mittheilen, sie ergaben: 


Analyse I. 0,3 Gr. lieferten 0,1130 Gr. Cantharidin 
(37,66 Proc.); 0,1553 Gr. Cadmiumsulfuret = 0,1382 Gr. 
Cadmiumoxyd (46,07 Proc.); 0,0488 Gr. Wasser (16,27 
Procent). 


Analyse II. 0,3 Gr. lieferten 0,1140 Gr. Cantharidin 
(38,00 Proc. ); 0,1530 Gr. Cadmiumsulfuret —= 0,1360 Gr. 
Cadmiumoxyd (45,33 Proc.); 0,0500 Gr. Wasser (16,67 
Procent). 


Die Formel eg }0r+am2o2 **) wĂŒrde verlangen 
37,40 Proc. Cantharidin; 48,86 Proc. Cadmiumoxyd; 
13,74 Proe. Wasser. Sollte sich diese Zusammensetzung 
weiter bestÀtigen lassen, so wÀre sie um so inter- 
essanter, als sie fĂŒr ein Salz sprechen wĂŒrde, bei dem 
aller Wasserstoff der hypothetischen CantharidinsÀure 
durch Metalle ersetzt worden. In dem Zinnsalz der 


*) Zn? = 65. 
**) Cd? — 112. 


a 


A ae tz a IT a Ye # 


bar > ig 2 
EN ER EEE 


a TALBIETVER Aa Zar 
252 Dragendorf,, 


MilchsĂ€ure wĂŒrde man ein Analogon dieser Verbindung 
erblicken können. 

Die Berylliumverbindung in grösseren Mengen 
in derselben Weise wie die Magnesiumverbindung darzu- 
stellen, gelang nicht. Es wurden nur geringe Mengen 
des Salzes so erhalten. Auch hier trÀgt die geringe Lös- 
lichkeit des zu erwartenden Productes die Schuld, fĂŒr 
die Darstellung dĂŒrfte der Weg der FĂ€llung eines leicht 
löslichen Berylliumsalzes mit der Kaliumverbindung zu 
empfehlen sein. Die geringe Menge des Salzes, die wir 
nach der erstbezeichneten Methode erzielt haben, war farb- 
los, krystallinisch; 100 Theile Wasser lösen davon etwa 
0,06 Theile. 


Die Aluminiumverbindung wurde durch Doppel- 
zersetzung aus Alaun und der Kaliumverbindung bereitet- 
Anfangs entstand hier nur geringe TrĂŒbung, allmĂ€lig aber 
ein krystallinischer Niederschlag, dessen Formen deutlich 
ausgeprÀgt waren. Man erkannte sechsseitige rhombische 
Tafeln, deutlich entwickelt OP,» P, » Px. Der Win- 
kel zwischen » P und © P » — 116°, woraus sich die 
rhombische SĂ€ule mit 520 und 1160 berechnet. (Ein 
Krystall fand sich beigemengt, welches als Rechteck 
erkannt wurde, mit einer abgebrochenen Ecke, an der 
die Messung 1350 ergab, was auf tetragonale Formen 
schliessen liesse.) Die eine Analyse, zu der das Material 
ausreichte, lieferte ein Resultat, welches hier nicht ver- 
werthet werden kann. 


Eine Chromverbindung konnte in analoger Weise 
wie die des Aluminiums nicht erzielt werden. Tröpfelte 
man eine Lösung der Kaliumverbindung in eine kalt ge- 
sÀttigte Lösung von Chromalaun, so entstand an der Ein- 
fallstelle eine gelbe FĂ€rbung und TrĂŒbung, die beim 
UmschĂŒtteln wieder schwanden. Nach 24 Stunden hatte 
sich ein Sediment aus farblosen Krystallen und grĂŒnen 
Körnchen gebildet. Erstere waren reines Cantharidin, 
letztere enthielten kein Cantharidin. Es wÀre möglich, 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 253 


dass eine in Wasser lösliche Doppelverbindung des can- 
tharidinsauren Chrom (oxydes?) mit einem der Bestand- 
theile des Chromalauns existirt. 

Eine Eisenverbindung konnte weder durch PrÀ- 
ceipitation aus einem Oxyd- noch aus einem Oxydulsalze 
gewonnen werden. In beiden FĂ€llen (Eisenalaun und 
Eisenvitriol) fiel nur Oxydhydrat. Ein Àhnliches Resul- 
tat lieferte ein Versuch mit dem Sulfat des Mangan- 
(oxyduls). 

Die Kobaltrerbindung konnte dagegen durch 
PrÀcipitation einer Lösung des Sulfates mit der Kalium- 
verbindung gewonnen werden*). Es entstand ein blass- 
rosafarbener Niederschlag, der unter dem Mikroskop Grup- 
pen spiessiger und strahliger Krystalle zeigt. In Wasser 
ist die Verbindung sehr schwer löslich. 


Analyse I. 0,1250 Gr. gaben 0,0690 Gr. Cantharidin 
(55,20 Proc.); 0,0356 Gr. Oxydul (29,20 Proc.); 0,0195 
Grm. Wasser (15,60 Proe.). 

Analyse Il. 0,25 Gr. gaben 0,1572 Gr. Cantharidin 
(62,88 Procent); 0,0622 Gr. Oxydul (24,88 Procent); 
Wasser 0,0306 Gr. (12,24 Proc.). 

H2 
Die Formel el 05 -+ H?2O?2**), mit der nament- 
02 
lich die letzte Analyse ĂŒbereinstimmt, verlangt 63,89 
Procent Cantharidin; 24,36 Proc. Kobaltoxydul; 11,74 
Procent Wasser. 


Die Nickelverbindung wurde analog der vorigen 
gewonnen. Sie ist blassgrĂŒn, krystallinisch, in der Form 
der Verbindung des Kobalts Àhnelnd, doch finden sich 
untermischt auch tafelförmige Krystalle, die denen des 
Kupfersalzes gleichen. Die Verbindung ist sehr schwer 
löslich in Wasser. 


*) Diese Verbindung sowohl, als das zur Darstellung des entsprechen- 
den Nickelsalzes benutzte Sulfat, als die entsprechenden Eisen- 
und Manganverbindungen waren durch mehrmaliges Lösen im 
Wasser und PrÀcipitation mit Alkohol von etwa anhÀngender 
freier SĂ€ure befreit. 


**) 002 — 58,74. 


= 
2 


> 


es 


a rn a BE SF 


ee 


ei 


x 
». 


a SEE a ae ee ee Nr Se FE eg a en ne ne 


BE a ee 


“ 
iX 


a7, 


254 Dragendorff, | 


Analyse I. 0,1400 Gr. gaben 0,0820 Gr. Cantharidin 
(58,57 Proe.); 0,0220 Gr. Oxydul (15,71 Proe.); 0,0360 
Gr. Wasser (25,71 Proc.). 

Analyse Il. 0,25 Gr. gaben 0,1436 Gr. Cantharidin 
(57,44 Procent); 0,0621 Gr. Oxydul (24,84 Procent); 
‚0,0443 Gr. ee (17,72 Proc.). 


Die Formel son 08 + 2H?0O2*), mit der die 
Ni? 


zweite Analyse einigermassen stimmt, verlangt 60,36 Pre. 
Cantharidin; 23,00 Pre. Nickeloxydul; 16,63 Pre. Wasser. 
Woher die bedeutende Abweichung der ersten Analyse 
stammt, kann ich nicht erklÀren. AuffÀllig ist, dass die 
Menge des gefundenen Oxyduls so gross ist, als nach der 
zweiten Analyse zu urtheilen dieWassermenge sein mĂŒsste 
und umgekehrt die Menge des gefundenen Wassers so 
hoch als in der zweiten Analyse das Kobaltoxydul ge- 
funden worden. Dass hier ein Beobachtungsfehler vor- 

liege, ist wohl wahrscheinlich. | 
Die Kupferverbindung entsteht auf analoge Weise 
beim Mischen einer Lösung des Kaliumsalzes) mit Kupfer- 
vitriolsolution. Die FlĂŒssigkeit wird sogleich trĂŒbe, all- 
mÀlig wird der Niederschlag reichlicher, körnig- krystal- 
linisch. Bei mikroskopischer Untersuchung fanden sich 
tafel- und blÀttchenförmige Krystalle, deren Formen an 
diejenigen der HarnsÀure erinnerten. Die spÀter ausge- 
schiedenen Krystalle waren schÀrfer ausgeprÀgt. Sie er- 
wiesen sich als rhombische SÀulen mit basischer EndflÀche, 
durch Vorherrschen der letztern tafelförmig (vergl. Fig. )). 
Fig. L_ Beobachtet wurden OP, & P, & P & und 


© P ©, gemessen der Winkel zwischen 


2 oo P und & P» — 1430, zwischen © P 
ey und Ps — 1270, woraus sich die rhom- 
5 B) 

D bische SĂ€ule mit 74 und 1060 berechnet. 
19.2) _ 


Die Krystalle sind matt grĂŒn - blau. 100 
Theile Wasser von 15 bis 200 lösen 0,05 
E).NZ — 58,738. 


+) Die grössere Menge der untersuchten Verbindung wurde statt 
aus dieser aus der Magnesiumverbindung dargestellt. 


ee ee a LS BR as Bes Dre ED a Re 
BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 255 


Theile, 100 Theile siedenden Wassers 0,25 Theile dieses 
Kupfersalzes. 


Analyse. 0,5 der Verbindung gaben 0,2940 Gr. Can- 
tharidin (58,80 Proc.); 0,1690 Gr. Kupfersulfuret — 
0,1407 Gr. Kupferoxyd (28,14 Proc.) 0,0653 Gr. Wasser 
(13,06 Proc.). 

H? 
Die Formel a 08 -- 11, H202*) wĂŒrde ver- 
u2 
langen 61,17 Proc. Cantharidin; 24,79 Proc. Kupferoxyd; 
14,04 Proc. Wasser. 


Mischt man eine Lösung von Kupferacetat mit einer 
Lösung des Kaliumsalzes, so entsteht, auch wenn die 
Lösungen völlig gesÀttigt waren, kein Niederschlag. Nach 
dem Eindampfen der Lösung schieden sich dunkelgrĂŒne 
Krystalle ab, zwischen denen eingelagert amorphe blaue 
Körnchen waren. Ein Auslesen der letzteren war nicht 
durchzufĂŒhren. Wurde das FlĂŒssigkeitsgemisch mit Salz- 
sÀure versetzt, so schieden sich keine Krystalle von Can- 
tharidin aus; auch als die FlĂŒssigkeit mit Aether ge- 
schĂŒttelt wurde, gab sie an diesen nur geringe QuantitĂ€ten 
von Cantharidin ab. Es scheint hier eine Doppelverbin- 
dung entstanden zu sein, deren eingehendes Studium um 
so interessanter werden könnte, als hier möglicher Weise 
Bedingungen vorliegen, unter denen die vermeintliche 
CantharidinsĂ€ure grössere BestĂ€ndigkeit, als sie fĂŒr ge- 
wöhnlich hat, zeigt. 


Die Bleiverbindung fÀllt als farbloser krystal- 
linischer Niederschlag beim Mischen einer Lösung von 
Bleinitrat mit dem Kaliumsalze. Die Krystalle gehören 
dem monoklinisehen Systeme an, man findet vorzugsweise 
sechsseitige Tafeln mit vorherrschendem Klinopinakoid 
— (»P»). Vergl. umstehend Fig. II. Der Winkel zwi- 
schen © P x» und — P © wurde — 1340, zwischen © P 


*) Cu? — 63,44. 


" 
H 
i 
4 


he) I Zu 


rs 


a ee ER 1 7 


Er ee 


Bra. N ua AR 
256 Dragendorff, 


und +P x = 1110 der Winkel zwi- 
schen — Px und + Px» = 1150 be- 
stimmt. 


Analyse Il. 0,4 Gr. gaben 0,1550 Gr. 
Cantharidin (38,75 Proc.); 0,2583 Gr. 
Bleisulfat — 0,1902 Gr. Bleioxyd (47,55 
Procent) und 0,0548 Gr. Wasser (13,70 
Procent). 


Analyse Il. 0,4 Gr. gaben 0,1520 Gr. Cantharidin 


(38,00 Proc.); 0,2600 Gr. Bleisulfat = 0,1914 Gr. 
Bleioxyd (47,85 Proc.); 0,0566 Gr. Wasser (14,15 Proc.). 
H? 


Die Formel (C1!0H602)?2 08 3H?0?*) verlangt 39,93 
Pb? 


Procent Cantharidin; 45,41 Proc. Bleioxyd; 14,66 Proc. 
Wasser. 

Eine basische Bleiverbindung wurde durch Dop- 
pelzersetzung aus ?/3basischem Bleiacetat gewonnen; auch 
sie ist krystallinisch und sehr schwer löslich. 

Analyse. 0,3 Gr. gaben 0,0460 Gr. Cantharidin (15,33 
Procent); 0,2660 Gr. Bleisulfat — 0,1958 Gr. Bleioxyd 
(65,27 Proc.); Wasser 0,0582 Gr. (19,40 Proc.). 


Eine Quecksilberverbindung kann durch FĂ€l- 
lung einer Quecksilberchloridlösung mit dem Kaliumsalze 
gewonnen werden. Sie ist farblos, schwer löslich, be- 
steht aus bĂŒschel- und sternförmig gruppirten Krystall- 
nadeln, von denen einige rhombische Zuspitzung erken- 
nen liessen. 

Versetzt man eine möglichst neutrale Lösung von 
Quecksilberoxydulnitrat mit einer Lösung des Kalium- 
salzes, so fÀllt ebenfalls ein farblos krystallinischer Nie- 
derschlag, der bald grau wird. 

Die Silberverbindung wurde durch PrÀcipitation 
aus Silbernitrat gewonnen. Sie ist farblos, der anfangs 


*) Pb? — 206,913. 


BeitrÀge zur Kenntniss des Cantharidins. 257 


voluminöse Niederschlag wird spÀter undeutlich krystal- 
linisch. Die Verbindung ist ziemlich bestÀndig. Auf die 
eine bisher angestellte Analyse, der zufolge sie nicht neu- 
tral, sondern sauer sein wĂŒrde, kant ich kein Gewicht 
legen. (0,5 Gr. gaben 0,2815 Gr. Cantharidin; 0,2315 Gr. 
Chlorsilber = 0,1871 Gr. Oxyd; 0,0314 Gr. Wasser.) 
Die Palladiumverbindung muss als ein recht 
charakteristisches Salz der vermeintlichen Cantharidin- 
sÀure bezeichnet werden, welches neben den NiederschlÀ- 
gen, welche durch Kobalt-, Nickel-, Kupfer- und Bleisalze 
in Lösungen der cantharidinsauren Salze hervorgebracht 
werden, fĂŒr die Analyse Beachtung verdient. Versetzt 
man eine Lösung der Kaliumverbindung mit möglichst 
neutraler Lösung von PalladiumchlorĂŒr, so bemerkt man 
sofort eine TrĂŒbung, nach etwa 24 Stunden findet man 


ein Àusserst reichliches Netzwerk hellgelber Krystallna- 


deln abgeschieden. Unter dem Mikroskop erkennt man 

in dem Gewirr langer haarförmiger Krystalle einzelne 

tafelförmige Krystallindividuen, die als rhombische Tafeln 
gedeutet werden mĂŒssen. Besonders entwickelt sind OP, 

&P und »Px. Der Winkel zwischen »P und »P x 

ist — 1300, woraus die rhombische SĂ€ule mit 800 und 

1000 folgt. 

Analyse. 0,1150 Gr. liefern 0,0430 Gr. Cantharidıa 
(37,39 Proe.); 0,0310 Gr. Palladium — 0,0357 Pal- 
ladiumoxydul (31,04 Proc.) und 0,0363 Gr. Wasser 
(31,57 Proc.). 

Die Menge des Cantharidins ist etwas zu klein ge- 
funden fĂŒr 
H? 
die Formel (C}0H60?)2 jo + 6H?02*), welche 44,10 
Pd? 


Procent Cantharidin 28,35 Proc. Palladiumoxydul und 
27,55 Proc. Wasser verlangt. 
Die Zinnverbindung wurde durch FĂ€llung einer 


*) Pd2 = 106,4. 
Arch.d. Pharm. CLXXXI. Bds. 3. Hft. 17 


Aa a Ge" 


258 Dragendorff, BeitrÀge zur Kenntniss da ee 


Lösung der Kaliumverbindung mit ZinnchlorĂŒr dargestellt. 
Man muss hierbei einen Ueberschuss des letzteren ver- 
meiden, weil der sofort entstehende Niederschlag der Zinn- 
verbindung durch ‘einen Ueberschuss von ZinnchlorĂŒr 
wieder gelöst wird. Letzteres wĂŒrde die Existenz einer 
löslichen Doppelverbindung von ZinnchlorĂŒr mit dem can- 
tharidinsauren Zinnoxydoxydul wahrscheinlich machen. Die 
Zinnverbindung der CantharidinsÀure fÀllt anfangs als 
sehr voluminöser Niederschlag, der sich allmÀlig in perlmut- 
terglÀnzende Tafeln umwandelt. Letztere gestatten keine 
Bestimmung der Krystallform. 


Analyse. 0,24 Gr. gaben 0,1210 Gr. Cantharidin (50,41 
Procent); 0,0915 Gr. Zinnoxyd — 0,0808 Gr. Zinnoxy- 
dul (33,67 Proc.); 0,0382 Gr. Wasser (15,92 Proc.). 

H2 
Die Formel (C10 H60?)2 | 08 + 5HO0*) verlangt 50,13 
Sn? 


Procent Cantharidin, 33,75 Proc. Zinnoxydul und 15,12 
Procent Wasser. 

Eine Wismutbverbindung wurde in geringer Menge 
erhalten, als Cantharidin mit Wismuthoxydhydrat und Was- 
ser im zugeschmolzenen Glasrohr 3 Tage lang bei 1000 erhitzt 
worden. Das ungebundene Cantharidin wurde spÀter durch 
Chloroform vollstÀndig fortgenommen. Unter dem Mikro- 
skop erwies sich die aus der Glasröhre entleerte Masse 
als ein Gemenge amorphen Hydrates und des Wismuth- 
salzes, das in achtseitigen rhombischen Tafeln mit OP, 
&P, ŸP» und »Px vertreten war. Die stark mit 
einander differirenden Messungen wĂŒrden annĂ€hernd auf 
die rhombische SĂ€ule von 60 und 1200 schliessen lassen. 
Die Behandlung mit SalzsÀure und Chloroform lieferten 


das gebunden gewesene Cantharidin. 


DESn2=='116: 


v so 


Bar 
x .* 


ih dans ĂŒber die er einigungen der Arzneimittel. 259 


- 
. 


Ueber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 
Ein Vortrag, 


gehalten in der Versammlung der Apotheker des Grossherzogthums 
Sachsen- Weimar-Eisenach in Apolda am 10. September 1867 
von 
Dr. Hermann Ludwig, 
a. Professor in Jena. 


Meine Stellung als Revisor der Apotheken im Gross- 
herzogthume Sachsen- Weimar-Eisenach und im FĂŒrsten- 
thume Reuss Àlterer Linie hat mir eine Reihe von 
Jahren hindurch (im Weimarschen seit 13 Jahren und 
im Reussischen seit 6 Jahren) Gelegenheit gegeben, die 
verschiedensten in den Apotheken vorrÀthigen Mittel auf 
ihre GĂŒte und Reinheit zu prĂŒfen und dabei manchmal 
zum Leidwesen des Apothekers ebensowohl als zu dem 
meinigen die verschiedensten Verunreinigungen zu ent- 
decken. Mit diesen neckischen Kobolden geht es aber 
wie mit anderen Gespenstern: sie verschwinden, sobald 
man ihnen scharf mit der Leuchte der Wissenschaft zu 
Leibe geht. Lassen Sie uns einige dieser Unholde etwas 
nÀher betrachten. 


Nehmen wir vor allem das Arsen in seinen ver- 
schiedenen Gestalten und Verbindungen, namentlich als 
arsenige SĂ€ure, ArsensĂ€ure und Schwefelarsen. FĂŒr 
dieses giftige Metall (oder wenn man lieber will Metalloid) 
ist dieSchwefelsÀure die Hauptquelle, mittelst welcher 
dasselbe in die pharmaceutisch-chemischen PrÀparate ge- 
langt. In die SchwefelsÀure selbst wird das Arsen in 
Folge einer Anwendung des aus arsenhaltigen Schwefel- 
kiesen gewonnenen Schwefels, oder dieser Kiese selbst 
zur SchwefelsĂ€urebereitung gefĂŒhrt. 


Ohne mich hier auf die Reinigung der Schwefel- 
sÀure von Arsen nÀher einzulassen, so interessant dieses 
Capitel auch wÀre, gebe ich hier nur an, dass bei der 
PrĂŒfung dieser und anderer SĂ€uren, namentlich der Phos- 

17% 


h TOR a ER A N ET Le En HERR 
’ RT y T > et HR n" 


260 H. Ludwig, 


phorsÀure und ihrer Salze mittelst Schwefelwasser- 
stoffgas auf Arsengehalt es von Wichtigkeit ist, die 
Wirkung des HS lÀngere Zeit dauern zu lassen, um die 
nur langsam reducirbare ArsensÀure ebenfalls in Schwe- 
felarsen ĂŒberzufĂŒhren und letzteres als gelben Nieder- 
schlag zu erhalten. Dass die SĂ€uren, die man mit HS 
behandelt, gehörig verdĂŒnnt sein mĂŒssen, ist selbstver- 
stÀndlich, auch eine gelinde ErwÀrmung derselben wÀh- 
rend des Einleitens des Gases sehr zweckmÀssig. 


Durch Anwendung einer arsenhaltigen SchwefelsÀure 
bei Destillation von SalzsÀure gelangt das Arsen in diese 
SÀure. Da jetzt die EssigsÀure aus Holzessig durch 
Einwirkung von SalzsÀure auf holzessigsauren Kalk ge- 
wonnen wird, so ist eine Verunreinigung der EssigsÀure 
mit Arsenik keine Seltenheit; nach Chevallier und 
Dechamp d’Avallon enthĂ€lt der kĂ€ufliche Holz- 
essig hÀufig Arsenik, weil zu seiner Destillation arseni- 
kalische SchwefelsÀure benutzt wurde. (Marquart- Lud- 
wig, Lehrb. d. Pharm. III. Bd. 8. 159.) 


FĂŒr SalpetersĂ€ure ist die Arsenverunreinigung 
nicht zu fĂŒrchten, weil bei ihrer Destillation etwa vor- 
handenes Arsen als ArsensÀure hinterbleiben wird. 


Aus den Schwefelblumen und dem Stangen- 
schwefel, so wie aus dem Sulfur praecipitatum lÀsst 
sich das etwas vorhandene Arsensulfid durch Amoniak- 
flĂŒssigkeit ausziehen. (Pharm. Germaniae, 1865. 8. 271 
lÀsst Sulf. depuratum aus kÀuflichem Sulf. sublimatum 
durch Behandlung mit Salmiakgeist-haltigem Wasser rei- 
nigen.) 

Hier sei eines Falles ErwÀhnung gethan, wo bei 
Uebernahme einer Apotheke der neue Besitzer einen 
unsignirtenKasten mit arsenhaltigem Schwefel 
unter dem obsoleten GerĂŒmpel vorfand.. Man denke 
sich nun die Sache weiter aus, dass die dem Stangen- 
schwefel Àhnliche Masse unter den Schwefel gerathen sei, 
der etwa zur Bereitung von Fassbrand-Schwefel 


ĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. a 


diente, und die Weinvergiftung mit Arsenik wÀre fertig 
. gewesen *). 

Eine interessante Verwechselung fand ich einmal 
vor, wo die Holz-BĂŒchse signirt Auripigmentum, 
das in der Farbe zwar Àhnliche aber bedeutend dichtere 
Casseler-Gelb — Bleioxyd-Chlorblei enthielt. (Blei- 
erz von Mendip—=PbCl + 2PbO hat 7,077 spec. Gew, 
Auripigment nur 3,48.) \ 

Man muss sich wohl hĂŒten, die Anwesenheit von. 
Arsen im Auripigment und Realgar durch eine VorprĂŒ- 


fung auf der Kohle vor dem Löthrohr, durch einen % 


etwaigen Knoblauchgeruch entdecken zu wollen, dieser 
tritt hier gar nicht ein, sondern wird durch den Geruch 
der schwefligen SÀure völlig verdeckt. (In den toxikolo- 
gischen Briefen von Emil Winkler, Memoranda der 
gerichtlichen PrĂŒfung auf Gifte, Weimar, Landes -Indu- 
strie-Comptoir 1852, heisst es. gleich Anfangs $. 1. Erster 


Brief. Ermittelung von Arsenikvergiftung. Das beste‘ AR 
Reagens auf Arsenik bietet der trockne Weg dar. Arse- 
nikverbindungen jeder Art liefern, auf Kohle vor dm 


Löthrohre behandelt, einen weissen Dampf von eigen- 
thĂŒmlich arsenikalischem, gewöhnlich als „knoblauchartig“ 
bezeichnetem Geruche). 

Ueber die verschiedenen Methoden in Antimon- 
verbindungen die Gegenwart des Arsens nachzuwei- 
sen, will ich mich hier nicht verbreiten und nur erwÀhnen, 
dass die Meyer’sche Methode des Schmelzens mit 
salpetersaurem Natron und kohlensaurem Na- 
tron am besten zum Ziele fĂŒht. 


Dass bei Brechweinstein der Geruch des aus der er ö 
Verkohlung desselben hervorgegangenen Antimonmetalles 


beim GlĂŒhen im Oxydationsfeuer eine höchst empfind- 
liche Probe ist, weiss Jeder von uns. 


*) Herr Adelbert Geheeb fand in einer Probe jenes arseni- 


kalischen Schwefels 80,2 Proc. Schwefel und 19,8 Proe. Arsen, R 


also auf 1 Aeq. As 19 Aegq. S. (Juli 1865.) 


en nv... aa 
Bits 


262 H. Ludwig, 


Ein Gegenstand grosser Sorge ist die Placirung 
des Arsenikschrankes in den Apotheken! Bald 
finde ich denselben in kĂŒhlen Gewölben, bald in der 
ersten Etage in der Materialkammer, bald auf dem Haus- 
boden. Oft ist das KĂ€mmerchen, worin er verwahrt wird, 
so dunkel, dass man nichts erkennen kann. Ja ich habe 
es zweimal erlebt, dass der Arsenikkasten neben 
Kaffee, Zucker und Cichorien stand; einmal wur- 
den auch um denselben herum KrÀuter getrocknet. So 
gut als Canthariden in die Flores Sambuci gelangten, weil 
auf demselben KrÀuterboden beide neben einander getrock- 
net wurden, eben so leicht konnte verstÀubter Arsenik 
unter die Kamillen gerathen. Auch auf dem Schranke 
fĂŒr die Papierbeutel und Convoluten sah ich diesen ge- 
fĂ€hrliehen Kasten fĂŒr Arsenik aufgestellt. Er gehört 
allein fĂŒr sich, nichts ĂŒber sich, nichts unter sich und 
nichts unmittelbar neben sich. Will man Arsenik mit 
anderen Venenis in einem Schranke aufbewahren, so 
gehört er zu unterst. 

Zu den durch solche unpassende Aufstellung des Ärse- 
niks veranlassten Verunreinigungen mit diesem Gifte gehört 
folgender Fall, der von Piron im Bulletin de la Societe 
de Pharmacie de Bruswelles, 2me Annee, No. 10. pag. 150 
mitgetheilt und in der Sitzung dieser Gesellschaft am 
13. October 1858 zur Sprache kam. 

Bei Untersuchung eines verdÀchtigen Reisbreis (du 
riz au lait) fand Piron zuerst Arsenik in demselben; 
spÀter bemerkte er jedoch, dass dieser Arsenik von dem 
bei der Analyse benutzten doppelt-kohlensauren Na- 
tron herstammte. Eine Commission, bestehend aus den 
Herren J. Laneau, J. B. Francqui und J. B. De- 
paire unterwarf in Folge dessen 12 Sorten Natron bi- 
carbonicum Àlterer und neuerer Fabrikation der Unter- 
suchung. Keine dieser Sorten enthielt Arsenik. Herr 
Depaire hatte ausserdem schon von 1848 bis 1858 bei 
gerichtlichen Untersuchungen Gelegenheit, die Reinheit 
von 17 Proben doppelt-kohlensauren Natrons zu consta- 


DE 


Ne. 2 BEE Se Be Pe Te RT a a ee 7 
N > T GE e7 “ 2 
33 


ĂŒber Ri: Verunreinigungen der Arzneimittel. 263 


tiren. Bei der quantitativen Bestimmung ergaben sich 
30000 arseniger SĂ€ure (—=0,03 Proc. AsO3) in dem von 
Piron vorgelegten doppelkohlensauren Natron. Die Com- 
mission erklĂ€rte diese Verunreinigung fĂŒr eine zufĂ€llige, 
vielleicht durch Sorglosigkeit oder NachlÀssigkeit eines 
Droguisten bewirkt. 

Der Phosphor und die PhosphorsÀure sind 
auch gegenwÀrtig noch der Verunreinigung mit Arsen 
und ArsensÀure sehr unterworfen. Im Betreff des Phos- 
phors ist mir ein von Wöhler (in den Annalen der 
Chem. und Pharm. 10. Heft, 1864) berichteter Fall beson- 
ders bemerkenswerth. Es wurden die Leichen zweier 
MĂ€nner ausgegraben, um der chemischen Untersuchung 
auf Arsenik unterworfen zu werden. Die grösste Menge 
des Arseniks fand sich in der zweiten Leiche, obgleich 
diese bereits sieben Jahre begraben lag. 

Von Wichtigkeit war bei dem nur geringen Arsenik- 
gehalte in der Leiche des einen Mannes, der erst sechs 
Wochen vorher nach lÀngerer Krankheit gestorben war, 
der Umstand, dass dieser Mann lÀngere Zeit vor seinem 
Tode Oleum phosphoratum in Form einer Emulsion als 
Arznei innerlich genommen und auf-diese Weise im Gan- 
zen 16 Gramm Phosphor innerlich verbraucht hatte. Als 
nun der Phosphorvorrath in der Apotheke, von welchem 
jene Arznei bereitet worden war, untersucht wurde, 
zeigte es sich, dass er !/, Proc. Arsenik enthielt (=0,080 
Gramm Arsenik in obigen 16 Grm. Phosphor.) 

Hinsichtlich der PhosphorsÀure und ihrer jewei- 
ligen Verunreinigung mit Arsenik ist mir folgender Fall 
erwÀhnenswerth. Er betraf eine Portion Acidum phospho- 
rieum depuratum (Acidum phosphoricum ex ossibus), welche 
mit HS einen dicken gelben Niederschlag lieferte. Der 
Herr Apotheker behauptete, es mĂŒsse solche Verunreini- 
gung darin bleiben und trage zur Wirksamkeit bei. 
Weder in der Pharmacopoea borussica edit. V. (1829), 
S. 128, noch im Schacht’schen Nachtrage von 1847 sei 
von einer Reinigung durch Schwefelwasserstoff die Rede. 


En 


A ae ah rare ie Ze 


ar Ri & 
par L) 
* 


ng 
BR 


264 H. Ludwig, A Er 


Da dieser Fall aber in die Zeit der Geltung der Pharm. 
bor. ed.V1. (1846) fiel, diese aber von ihrem Acidum sulfu- 
ricum crudum verlangte, dass es arsenfrei sein sollte 
(rejieiatur acidum, quod arsenio inquinatum est), so musste 
eine PhosphorsÀure aus Knochenasche und roher Schwe- 
felsÀure bereitet auch arsenfrei sein. 

Hinsichtlich der anderen Verunreinigungen der Phos- 
phorsÀure (PO3, SO3, NO3, H3N, SiO2, Al203, Fe?O3, 
CaO, NaO etc.) erwÀhne ich nur eine mir erst in diesem 
Sommer vorgekommene. Anstatt des specifischen Ge- 
wichts — 1,130, zeigte diese SĂ€ure das spec. Gewicht 
— 1,515; sie wurde durch Zusatz von salpetersaurem 
Silberoxyd (in reinem Wasser gelösten) unmittelbar gelb 
gefÀllt und gab mit Kalilauge starken Ammoniakgeruch; 
mit AmmoniakflĂŒssigkeit alkalisch gemacht, trĂŒbte sie 
sich nicht. Sie enthielt also saures phosphorsaures Am- 
moniak und mochte ein zerflossenes Acidum phosphoricum 
glaciale sein. 

Kali arsenicosum solutum (= Solutio arsenicalis, 
Solutio Fowleri) der Pharm. bor. edit. VII. ist mir schon 
einige Male durch Algenflocken getrĂŒbt vorgekommen, zwei 
Mal sogar entwickelte sie deutlich Arsenwasserstoflgas- 
geruch. Diese leichte Verderblichkeit ist einfach eine 
Folge des Hinweglassens des Spiritus angelicae compo- 
situs aus der Mischung. 

Im Speisezimmer des Gasthofes zum L. in N. fand 
ich die WĂ€nde desselben frisch mit Schweinfurter GrĂŒn 
angestrichen und bemerkte jedesmal beim Hineintreten 
den Arsenwasserstoffgeruch (einen Àhnlichen Geruch beob- 
achtete man beim Oeffnen von MineralienschrÀnken). 
An einem mit Arsenik stark vergifteten und verschim- 
melten Brode habe ich, so wie die damaligen Mitglieder 


- meines Institutes, jenen knoblauchartigen ekelhaften Ge- 


ruch sehr deutlich wahrgenommen. 

Der Unfug, welcher mit SchweinfurtergrĂŒn -Papier 
getrieben wird, ist arg: Gehe & Comp. schicken jede 
ihrer Preislisten in einem solchen arsenikgrĂŒnen Um- 


ĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 265 


schlage; aus einer sÀchsischen Apotheke schickte man mir 
Magen -Morsellen in einem mit solchem GiftgrĂŒn bekleb- 
ten KĂ€stchen etc. 

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit dem Antimon 
zu, so haben wir an der HartnÀckigkeit, mit welcher 
sich dasselbe den GefÀssen, in denen man AntimonprÀ- 
parate bereitete, anhÀngt, einen Grund der Verunreinigung 
anderer PrÀparate. HÀufig sind auch Namenverwechse- 
lungen der Grund solcher Verunreinigungen, oder auch 
wohl nur einfaches Vergreifen. Folgende FĂ€lle sind mir 
erinnerlich: Im StandgefĂ€sse der Ofticin fĂŒr Zincum 
oxydatum fand ich Stibium oxydatum album (Antimonium 
diaphoret. ablutum d. Ph. bor. ed. V.); bei nÀherer Nach- 
forschung ergab sich, dass auf der Materialkammer die 
GefĂ€sse fĂŒr Stibium oxyd. album. und Zine. oxyd. alb. 
neben einander standen, dass also beim Einfassen die 
Verwechselung statt gefunden hatte. 

Bei einer Revision fand ich in einer Apotheke Zin- 
cum metallicum (ein StĂŒck) neben mehren StĂŒcken Sti- 
bium in dem Kasten signirt Stibium metallicum. 

Den Tartarus boraxatus fand ich stark antimonhaltig 
in einer Apotheke 1863; die Ursache der Verunreinigung 
konnte nicht ermittelt werden. 

Im Jahre 1862 hatte ich in Gemeinschaft mit Herrn 
Dr. Mirus hier die chemische Untersuchung von Brause- 
pulver-Ingredienzien und von Erbrocherem zu fĂŒhren, 
in der Untersuchungssache wider den Apotheker D. in 
S., wodurch den Genuss von citronensÀurehaltigem 
Brausepulver aus dessen Apotheke der Gastwirth R. und 
der Ladendiener R. plötzlich erkrankt waren. Natrum 
bicarbonicum und. Himbeersaft waren rein, aber die 
CitronensÀure war brechweinsteinhaltig; am 
meisten des letzteren fand ich im Grunde des glÀsernen 


AufbewahrungsgefĂ€sses. Das letztere musste sonach frĂŒher er 


als AufbewahrungsgefĂ€ss fĂŒr Tartarus emeticus gedient 
haben, war gar nicht ausgeputzt und sogleich zur Aufbe- 
wahrung der CitronensÀure verwendet worden. Wem 


FERNER 
266 H. Ludwig, 


diese Unsauberkeit zur Last zu legen, war nicht zu er- 
mitteln. 

Im Jahre 1864 erhielt ich durch einen GehĂŒlfen des 
Herrn H. in G. eine Probe Kali chlorieum, welches anti- 
monhaltig war und nach der Angabe jenes GehĂŒlfen aus 
einer königl. sÀchsischen Apotheke stammte*). 

Zinn fand ich in einem Sulfur praeeipitatum (1858), 
letzteres PrÀparat war im Zinnkessel des Dampfapparats 
bereitet worden. 

Einen Zinngehalt der FExtractabsÀtze beobachtete 
Herr Apotheker A. Geheeb. 

Eine Verwechselung des Wismuths mit Antimon, 
eine Unlöslichkeit des Magisterium Bismuthi in SalpetersÀure 
ĂŒnde ich im Protokoll der Revision einer Apotheke (1852). 

Hinsichtlich des Quecksilbers will ich erwÀhner, 
dass es mir mehre Male vorgekommen ist, dass grössere 
QuantitÀten reiner SÀuren, wie SalzsÀure oder Schwefel- 
sÀure in mit Glasstöpseln versehenen Flaschen zugeschickt 
wurden, die mit weissem Leder verbunden waren, aus 
denen sich metallisches Quecksilber herausdrĂŒcken liess, 
solches Leder war sicher von Lederbeuteln genonimen 
worden, in denen Quecksilber gewesen war. 

Dass mir auch schon SchweizerkÀse (Emmenthaler) 
mit QuecksilberkĂŒgelchen vorgekommen ist, werden sich 
die Leser des Archivs erinnern; es musste durch Zer- 
brechen eines Thermometers in die KĂ€semasse gelangt 
sein. (Siehe Archiv d. Pharm. Pd.123. S. 168, 1865.) 

Quecksilberhaltige Glas-RĂŒhrstĂ€be aus alten Ther- 
mometerröhren habe ich neuerdings abermals erhalten. 
Verunreinigungen derArzneimittel durch Blei 
gehören jetzt zu den gewöhnlichen Vorkommnissen. Einige 
Beispiele: 

In einer Apotheke waren die BlasengerÀthschaften 
zur Bereitung der destillirten WĂ€sser sehr mangelhaft, 
namentlich das KĂŒhlrohr, welches von bleireichem Zinn 

*) Sulfur aurat. antimonii durch Einwirkung des Lichtes auf 


einer Seite des Glases weiss geworden in Folge einer Oxydation, 
ist mir ebenfalls vorgekommen. 


ĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 267 


gefertigt war; in Folge dessen waren bleihaltig geworden 
Aqua destillata, chamomillae, foeniculi, menth. pip., cerasor. 
amygdal., rubi idaei. Ferner die mit bleihaltigem destillir- 
tem Wasser bereitete Aqua chlorata, Lig. Kali acetiei 
und Mueilago gummi arabiei. Spiritus formicarum war 
so bleireich, dass aus 6 Unzen desselben durch FĂ€l- 
lung mit verdĂŒnnter SO3, GlĂŒhen des Niederschlages 
mit NaO, CO? auf Kohle, BleikĂŒgelchen erhalten werden 
konnten. (Sept. 1863.) 

In einer anderen Apotheke war zwar das Damıpf- 
apparatgerĂ€th von Zinn, aber. auf dem Ableitungsrohr fĂŒr | 
den das destillirte Wasser liefernden Dampf des Dampf- 
kessels befand sich ein Hahn mit Bleiloth eingesetzt 
und in Folge dessen war das destillirte Wasser bleihal- 
tig geworden, wÀhrend die aus der Destillirblase mit- 
telst des gut zinnernen KĂŒhlrohres bereiteten WĂ€sser 
bleifrei waren. (1860.) 

Zwei WÀsser, welche als kÀufliche in bleigelötheten 
Blechflaschen (von verzinntem Fisenblech) verschickt 
werden, sind mir schon bleihaltig vorgekommen: 1) Ag. 
naphae (mehre Male); 2) Ag. laurocerasi (schon 2 Mal). 

Hr. Apotheker Dr. Weppen in Markoldendorf fand in 
Ol. Terebinth. als Bodensatz ameisensaures Bleioxyd; das 
Loth der Blechflaschen liefert dazu das Blei, das Terpen- 
thinöl die AmeisensÀure. 

Lig. ammonĂŒ caustic. bleihaltig, von D. und B. in 
Erfurt. Acidum phosphoric. bleihaltig. Acetum concentra- 
tum bleihaltend, ebenso Kali acetic. und Lig. ammon. acetic. 

WeinsÀure, Tartarus crudus und Tart. depuratus, 
Kali tartaricum und namentlich Tart. boraxatus und andere 
WeinsÀure-PrÀparate, ferner CitronensÀure sind 
hÀufig bleihaltig; oft sind es nur Spuren, welche beim 
Neutralisiren der mit HSwasser versetzten Lösungen mit 
Ammoniak an den gelbbrÀunlichen FÀrbungen erkannt 
werden können, die beim vorsichtigen AnsÀuern mit Wein- 
sÀure nicht wieder verschwinden. 

Jetzt soll manche kÀufliche WeinsÀure unmit- 


A 9. 
268 H. Ludwig, 


telbar ansitzende Bleitheilchen enthalten; die Kry- 
stallisation solcher WeinsÀure hatte also wohl im Blei- 
gefÀssen statt gefunden. 

Aus dem Gehalte der rohen SchwefelsÀure an schwe- 
felsaurem Bleioxyd erklÀrt sich ein Gehalt der Mag- 
nesia sulfurica an Blei. Direct wird durch HS ein sol- 
cher Gehalt nicht nachgewiesen; man muss hier alkalisch 
machen, dann mit verdĂŒnnter HCl schwach ansĂ€uern. 

Porcellanschilder fĂŒr SĂ€uren (SalpetersĂ€ure, SalzsĂ€ure, 
SchwefelsÀure, nicht bloss der rohen, sondern auch der 
reinen SÀuren) fand ich mit BleidrÀhten an die HÀlse 
der Aufbewahrungsflasche gehÀngt; Signaturen auf Fla- 
schen mit Bleiweiss- oder Mennigefarbe ĂŒberstri- 
chen; ja sogar Signaturen auf SchweinfurtergrĂŒn- 
Papier geschrieben und den ReagentienglĂ€sern fĂŒr HCl, 
NO5, H3N, SO3 vorgeklebt: ganz gedankenlose Lieb- 
habereien bei so ernsten Dingen. 

Cochenille, welche in Wasser suspendirt fĂŒr Keuch- 
husten der Kinder gegeben werden sollte, fand ich mit 
metallischem Blei verunreinigt (Durlach 1840 — 1841). 

Magnesia usta in einem bleiglasirten Topfe im Zie- 
gelofen geglĂŒht, zeigte natĂŒrlich einen Bleigehalt, viel 
Eisen und löste sich nur langsam in verdĂŒnnten SĂ€uren. 

Misxtura sulfurica acida zeigte einen weissen Boden- 
satz von schwefelsaurem Bleioxyd, weil aus Weingeist mit 
roher concentrirter SchwefelsÀure bereitet. 

Acetum concentratum enthielt Blei, in Folge dessen 
auch Kali aceticum und Lig. ammonii acetiei. Das Acet. 
conc. war wohl aus Bleizucker gefertigt worden. 

In Folge einer Aufbewahrung von Bleiweiss (Cerussa) 
und Zythargyrum in SchubkĂ€sten, die unmittelbar ĂŒber 
narkotischen KrÀutern sich befanden, war Bleiweiss in 
Herba hyoscyami gelangt oder in ein anderes narkotisches 
Kraut. 

Ammoniacum carbonieum bleihaltig. Mennigehal- 
tiges Opium. 

Bei Revision des Bodens eines KrÀuterhÀndlers (1859) 


en ET Ei 7 x E 


â€šĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 269 


hing in einem Fasse, welches frĂŒher als Bleiweissfass 
gedient hatte, noch Bleiweiss an den WĂ€nden und in 
dem Fasse lag Semen ConĂŒ. 

Bei Benutzung Ă€lterer SchubkĂ€sten und HolzbĂŒchsen 
solite kĂŒnftig grössere Sorgfalt auf vorhergehende Reini- 
gung derselben verwendet werden, als bisher, damit nicht 
giftige Farben, wie Bleiweiss, oder sonstige Farben, 
wie Berlinerblau, Englischroth u. dergl. in den 
GefÀssen bleiben, welche nun zur Aufbewahrung von 
Quittenkernen, Mohnsamen, Pflastern etc. bestimmt sind. 

Hier will ich auch noch der Unsitte gedenken, die 
Weinflaschen mit Bleischroten auszuscheuern. Mir 
selbst ist es vorgekommen, dass ich, ungeachtet ich solche 
Art der Reinigung meinen Dienstboten untersagt, in einer 
mit Wein gefĂŒllten Flasche, die ich selbst aus dem Kel- 
ler geholt und dessen Inhalt ich bei einem Feste zu 
geniessen gedachte, im unteren verengten Theile der 
Flasche ĂŒber ein Dutzend Bleischroten sitzen sah. Bei 
Untersuchung des darĂŒber befindlichen Weines zeigte der- 
selbe einen starken Bleigehalt. Ueber den Bleigehalt 
der Schnupftabacke will ich schweigen, ebenso ĂŒber 
denjenigen der Oblaten; am widerwÀrtigsten ist ein 
solcher bei den Visitenkarten der mit HS beschÀftigten 
Uhemiker. 

Kupfer. In Jena wurde im Jahre 1556 eine neue 
sehr zweckmÀssige Polizeiordnung entworfen und durch 
den Druck bekannt gemacht. Wie grosse Aufmerksam- 
keit man schon in jenen Zeiten auf die Gesundheits- und 
Medieinalpolizei gewendet, ersieht man auch daraus, dass 
bereits im Jahre 1570 bei gehaltener Visitation den Apo- 
thekern verboten worden, kĂŒpferne und messingerne 
GefÀsse in der Offiein zu dulden. (Joh. Ernst Basilius 
Wiedeburg, Beschreibung der Stadt Jena, 1785, 2. Theil, 
S. 465.) 

Wer von Ihnen kennt nicht die Probe der Extracte, 
Mellagines, Roob, Succi, Syrupe, Oxymel, Mel depuratum 
u.s. w. auf Kupfergehalt mittelst eines blanken Eisen- 


W 
NEN 


X 


in A 
a eh En 


Re ur tr 


TREE 


2 
E 
; 
r 
2: 


u 


270 H. Ludwig, 


spatels, den man in die angesÀuerte wÀsserige Lösung 
der genannten PrÀparate steckt! 
Der kÀufliche Succeus liquiritiae enthÀlt oft auffallend 


grosse Mengen von SpÀnen metallischen Kupfers. So 


erhielt ich von Herrn Apotheker Fiedler in Neumark 
solches Kupfer, von welchem er 16, Gran aus 3 Pfun- 
den pond. civ. Suec. liquiritiae mechanisch ausgeschieden 
hatte. 

Durch Stossen im Messingmörser wurde der Salmiak 
kupfer- und zinkhaltig, durch Zerreiben im Messing- 
mörser die WeinsÀure Cu- und zinkhaltig. 

Lig. ferri chlorati fand ich kupferhaltig (1863). 

Acid. aceticum kupferhaltig (1859); Acetum concen- 
tratum desgleichen (1858); auch Lig. ammon. acet. kupfer- 
haltig (1858). 

Der Kupferoxydgehalt der BleiglÀtte macht den 
Bleiessig blau. 

Vom Herrn G.H. Sch. in J. wurden mir sogen. ver- 
goldete Pillen gezeigt, die er in einer königl. sÀchsischen 
Apotheke hatte bereiten lassen (zwischen 1847 und 1854) 
und welche statt mit echtem Gold mit Flittergold (geschla- 
genem Messing, unechtem Blattgold) ĂŒberzogen waren, 
das seinen Glanz verloren und grĂŒn geworden war. 

Dass ich gar oft den Rath ertheilen musste, die Ver- 
zinnung kupferner Kessel erneuern zu lassen, brauche 
ich wohl kaum zu erwÀhnen. 

Zuweilen sah ich auch FlĂŒssigkeiten durch graues 
Löschpapier filtriren, von welchem wir wissen, dass 
es neben andern Unreinigkeiten namentlich viel Kupfer 
enthÀlt und bei Benutzung alter Tapeten auch Arsenik. 

Herr Apotheker Geheeb in Geisa untersuchte wÀh- 


. rend seiner Anwesenheit in Jena als Mitglied meines In- 


stituts eine verdĂ€chtig grĂŒn aussehende eingemachte saure 
Gurke von 4l/, Unzen Gewicht vom Seiler R. in Jena 
(Juni 1865) und erhielt daraus durch Behandlung mit 
reiner SalzsÀure, chlorsaurem Kali, HS etc. eine ziem- 


liche Menge reducirtes metallisches Kupfer. So viel ich 


! 


} 


a a A Te ee FE En ee en u FE Eh U en tu 
we, A en a er De 


ĂŒber Ei Ver unreinigungen der An emikiel: 271: 


Sn herrscht hier und da die Unsitte, KupfermĂŒnzen 
in gewisse GemĂŒse, z. B. die Bohnen, zu legen, damit 
sie schön grĂŒn erscheinen. Auch ins Brod wird von 
gewissenlosen BĂ€ckern Kupfervitriol gebacken (z. B. in 
Belgien nach den Angaben von Kuhlmann). 

Zink. Weder in der KĂŒche, noch zum Aufbewah- 
ren oder Messen von Nahrungsmitteln oder Arzneimitteln 
dĂŒrfen ZinkgefĂ€sse verwendet werden, da das Zink sich 
in sauren und alkalischen FlĂŒssigkeiten leicht auflöst und 
seine Salze in hohem Grade brechenerregend wirken. 
Orfila berichtet folgenden Fall: Ein Kaufmann in Gray 
brauchte im Keller ein ZinkgefÀss, welches etwa 40 Pfd. 
fasste. Eines Tages liess er mehre Stunden lang Wein 
darin stehen und trank ihn dann mit seiner Familie zur 
Mahlzeit. Kurz nachher traten bei den Gliedern der 
Familie heftige Kolik und Erbrechen ein, welche durch 
schleimige Mittel beseitigt wĂŒrden. Der Wein enthielt 
ein Zinksalz. (Journ. de chim. med. 1838. 8.265. — Orfila, 
Toxikologie ĂŒbers. v. Krupp. Bd.2. 8.30.) 

Bei einer Apothekenrevision fand ich Wollblumen 
in einer Zinkblechflasche aufbewahrt, welche innerdurch 
Oxydation ganz weiss erschien. Auch die narkotischen 
KrĂ€uter Ab. ConĂŒ, Hyoscyami und Belladonnae fand ich in 
derselben Apotheke (1858) unpassend in Zinkblechflaschen 
aufbewahrt. 

Apotheker Dr. Geiseler berichtet ĂŒber Ermittelung 
des Zinkgehaltes einer in einem ZinkgefÀsse sauer ge- 
wordenen Milch. (Arch. der Pharm. 2. R. Bbd. 33. 8. 164. 
1843.) | 

Ueber zinkoxydhaltige Kautschuksauger ver- 
öffentlichte ich schon in der Weimarer Zeitung vom 
19. MĂ€rz 1861 Folgendes: 4 

„Die Zeitungen berichten jetzt ĂŒber das Vorkommen 
zinkoxydhaltiger Kautschuksauger und verbreiten sich 
ĂŒber die nachtheiligen Wirkungen, welche dieselben auf 
die Gesundheit der Kinder ausĂŒben sollen, denen sie zur 
Aufnahme flĂŒssiger Nahrung dienen. Ohne mich auf die 


st 


ken 


ae 


& 
, 


272 H. Ludwig, 


Wirkung derselben weiter einzulassen, will ich hier mit- 
theilen, dass in Jena solche Sauger im Handel vorkom- 
men und dass ich auch von aussen her dergleichen zur 
Untersuchung benutzt habe. 

WarzenhĂŒtchen, angeblich aus Berlin von Robert und 
Reimann, zeigten ein Gewicht von 11 Grm. und hinter- 
liessen beim EinÀschern auf dem Platinblech 47 Procent 
Zinkoxyd. Frische Sauger, von unbekannter Abstam- 
mung, durch F. L. in Greussen bezogen, hinterliessen 
beim EinÀschern 43 bis 44 Procent Zinkoxyd. Sau- 
ger derselben Sorte, aber von einem nur ljÀhrigen Kna- 
ben seit mehren Monaten benutzt, gaben aus dem dem 
MilchflÀschehen aufsitzenden Theile 38 Proc. Zinkoxyd, 
wĂ€hrend das MundstĂŒck desselben Saugers nur 33 Proe. 
Zinkoxyd lieferte. Das Gewicht solcher Sauger betrÀgt 
gegen 7 Grm. Es leidet sonach keinen Zweifel, dass 
durch lÀngere Benutzung solcher Sauger Zinkoxyd her- 
ausgeknetet wird und sich der Nahrung des SĂ€uglings 
beimengt. Kocht man die Masse derartiger WarzenhĂŒt- 
chen und Sauger mit SalpetersÀure, so löst sich nur 
ein Theil des Zinkoxyds auf (beispielsweise von solchen, 
welche 44 Proc. Zinkoxyd enthielten, nur 18 Proc.); das 
Uebrige bleibt in dem harzartigen Oxydationsproduct 
hartnĂ€ckig zurĂŒck und tritt erst beim EinĂ€schern dessel- 
ben hervor. Es ist deshalb zur raschen PrĂŒfung solcher 
Sauger am sichersten, eine Probe davon auf einem sil- 
bernen Löffel zu verbrennen. Ist Zinkoxyd zugegen, so 
hinterbleibt dasselbe nach der Verbrennung als ein in 
der Hitze citrongelbes, beim Erkalten weisses schmelz- 
bares Pulver.‘ 

In den BlÀttern von der Saale, vom 13. August 1861, 
theilte ich aus der Bunzlauer Pharm. Zeitung vom 31. Juli 
1861 S. 144 die Beobachtungen des Apothekers LĂŒb- 
beke aus Duisburg ĂŒber Zinkoxyd- und Bleiweiss-hal- 
tige Kautschuksauger mit. Bei eimer Sorte enthielten 
100 Theile Kautschuksauger 50 Theile eines Gemenges 
aus Zinkoxyd und Kreide, bei einer andern Sorte 38, 


ĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 273 


bei einer dritten Sorte 35 Theile Zinkoxyd und bei 
einer vierten 18 Theile reines kohlensaures Blei- 
oxyd und 28 Theile Kreide und Schwerspath. Die 
aus reinem Kautschuk bestehenden MundstĂŒcke sind 
stets mit einer Nath oder mit zwei sichtbaren NĂ€then ver- 
sehen, zeigen durchschnitten eine glatte, braune, stets 
glĂ€nzende SchnittflĂ€che, sind dĂŒnn, sehr dehnbar und 
elastisch, gegen das Licht gehalten braun durchscheinend 
und wiegen 1, höchstens 3/, Loth. 


Die verfÀlschten zeigen nirgends eine Nath, beim 
Durchschnitt eine matte, graue oder weissgraue 
SchnittflĂ€che, auf welcher kleine weisse PĂŒnctchen 
sich unterscheiden lassen. Sie sind dicker, weniger dehn- 
bar, kaum elastisch, vollkommen undurchsichtig und wie- 
gen nie unter N, Loth, hÀufig 3/, Loth, so dass sie schon 
hiernach leicht von den echten unterschieden werden 
können. 


Smalteblau und Ultramarin. Um Papieren 
einen blÀulichen Schein zu geben und ihre schmutzige 
gelblich-weisse Farbe zu verdecken, pflegt man densel- 
ben irgend welche blaue Farbe zuzusetzen, so unter 
andern Ultramarin und Smalte. Erstere ist unschÀd- 
lich, letztere aber enthÀlt Kobaltoxydul und hÀufig etwas 
Arsen. Bei Filtrirpapier ist es also sehr wichtig, dass das- 
selbe smaltefrei sei. In einer hellblauen Smalte fanden sich 
0,35 Proc. AsO3, nÀmlich in 1 Unze 0,112 Grm. AsO3 (1865). 
Beim EinÀschern solcher Papiere bleiben diese beiden blauen 
Farben unverĂ€ndert zurĂŒck. Vor einigen Jahren fand 
man in gewissem Hutzucker des Handels Ultramarin. 


OÖ. L. Erdmann in seinem Grundriss der allge- 
meinen Waarenkunde (1852, Seite 91) sagt von der 
Smalte, dass sie von SÀuren nicht verÀndert werde. Ich 
habe jedoch beobachtet, dass SĂ€uren ihr Kobaltoxydul 
entziehen und dass mit SalzsÀure destillirt, diese letztere 
arsenikhaltig ĂŒbergeht. 

Eisen ist ein lÀstiger Gast in manchen PrÀparaten 


Arch.d. Pharm. CLXXXII, Bds. 3. Hit. 18 


274 H. Ludwig, 


und schleicht sich in Folge der Anwendung eiserner 
GerÀthschaften, eisenhaltigen Papiers, der Anwendung des 
im Eisenmörser zerstossenen Glases etc. in die PrÀpa- 
rate ein. 

So wird das Zincum chloratum, dessen Lösung durch 
gröblich zerstossenes Glas filtrirt werden soll, in Folge 
eines Eisengehaltes des Glases ganz gelb. 

WiderwÀrtig ist die Anwesenheit des Eisenoxyds in 
der Magnesia usta und dem Zinkoxyd, so wie dessen 
PrÀparaten, in dem Aetzkali, im Alaun, im Sal- 
miak, dem er gelbe Streifen ertheilt (falls diese nicht 
von brenzlichen Producten, Theer etc. herrĂŒhren). 

Mangangehalt fĂ€rbt die Pottasche grĂŒn; dass auch 
Kupfer in derselben vorkommen kann, ist bekannt. 

Kieselerdegehalt des Aetzkali, kohlensauren Kali, 
der Magnesia und kohlensauren Magnesia, des Zinkoxyds, 
der BleiglÀtte wird nicht selten beobachtet. Hier mag 
eine Stelle eines Briefes meines frĂŒheren Zuhörers, des 
Herrn Dr. E. Pfeiffer (vom 20. Juli 1864) ihren Platz 
finden: „Wie Sie wissen, brachte ich den Sommer ver- 
gangenen Jahres als Pharmaceut im Elsass zu. Mein 
Principal wĂŒnschte, dass ich die eingehenden Waaren 
untersuchte. Wenn ich ihm dann aber Verunreinigungen 
nachwies, wollte er es nicht Wort haben, weil er, sich auf 
das Cachet des Fabrikanten verlassend, dieselben selbst 
nie untersuchte; obgleich ich ihm oft genug die Beweise 
ad oculos demonstrirte, wenn ich ihm z.B. die BleistĂŒck- 
chen aus der WeinsĂ€ure, die ZinkstĂŒckchen aus dem 
Zinkoxyd, die KupferstĂŒckchen aus den Extracten aus- 
las, wenn ich ihm sagte, dass das Extr. Taraxaci zur 
HĂ€lfte RunkelrĂŒbenmelasse, oder dass das Extr. Graminis 
ein Gemisch mit Suecus Liquiritiae gefertigt sei; oder 
als Beide (mein Principal und der GehĂŒlfe) in Verzweif- 
lung waren, dass ihr Bleipflaster nicht weiss werden 
wollte, ich ihnen zeigte, dass ihre GlÀtte 30 Proc. Zie- 
gelmehl enthielt u. s. w.“ 

Das Capitel ĂŒber Glas- und PorcellangefĂ€sse 


EEE EB On Tre ge 
K a RZ I { 


ver ERENT 


ĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 275 


ĂŒbergehe ich und will nur daran erinnern, wie unange- 
nehm es werden kann, wenn diese GefÀsse doppelte 
Sehilder, Àltere nicht mehr geltende und neuere gel- 
tende, enthalten; wie nöthig es ist, sich zu vergewissern, 
ob man bleihaltiges oder bleifreies Glas anwendet; 
die sorgfÀltige Trennung des gebrauchten vom ungebrauch- 
ten Glase; die rechtzeitige Benutzung gesch wÀrzter 
GlÀser zur Aufbewahrung von Chlorwasser, Chloroform, 
Santonin und Chinium sulfuricum, welches im Lichte 
gelb wird, wie mir Herr Apotheker MĂŒller in Fraureuth 
im August d.J. mittheilte und selbst zeigte, ass bestes 
Zimmer’sches PrĂ€parat im Sonnenlichte gelb geworden war. 
Schwefelsaurer Baryt (Schwerspath) im Bleiweiss 
ist dann nicht zu statuiren, wenn solches Bleiweiss zur 
Salbe oder zum Pflaster verwendet wird. Löst man solche 
PrĂ€parate in verdĂŒnnter heisser SalpetersĂ€ure, so bleibt 
der Schwerspath ungelöst am Boden liegen und das ölige 
Fett schwimmt ĂŒber der Bleioxydlösung. 
Schwefelsaurer Kalk (Gyps) fand sich (1857) zu 
50 Proc. in einem Sulfur praecipitatum! Wahrscheinlich 
hatte der Laborant verdĂŒnnte SchwefelsĂ€ure statt Salz- 
sÀure zur FÀllung des Schwefelcaleciums angewendet. 
Kalkhaltiger Weinstein und WeinsteinprÀparate. 
Kohlensaurer Kalk (Conchae praeparatae) statt 
phosphorsaurem Kalk (Cornu cervi ustum album prae- 
paratum) ist mir vorgekommen. 

- Kalisalpeter in kleinen Mengen im Argentum ni- 
trieum fand mein Freund Dr. Mirus und ĂŒberzeugte ich 
mich selbst von dessen Vorkommen. Da die Lieferanten 
des PrÀparates betheuerten, dass sie solchen Kalisalpeter 
nicht absichtlich hereingebracht, so bleibt nur ĂŒbrig an- 
zunehmen, dass derselbe in Folge Anwendung kalihaltiger 
roher SalpetersÀure zum Lösen des Silbers in den Höl- 
lenstein gelangte. 

Kohlensaures Kali (doppelt-kohlensaures Kalı) 
im Jodkalium ist mir ein paar Mal vorgekommen, ja so- 
gar stark alkalisches Kal. jodat. (1856). 
18% 


td 


ah 
Gar De The 


DR 


GER FE % 
VS ET 


N ER 


Mae ne 


ir 


RN EA a2 ea aa EEE RE a en TE N 


a > a5 Kuna, 7 AN 
De ir, a 5 


276 H. Ludwig, 


Reichliches Chlorkalium im Kalisalpeter, reich- 
liches Chlornatrium im Natr. nitricum. Stark alka- 
lische, Quecksilberchlorid röthende PrÀparate von sogen. 
Kali bicarbonicum und Natrum bicarbonicum; auflÀlliger 
Weise war das billige pulverförmige Salz kohlensÀure- 
reicher, als die theureren krystallinischen Krusten. Natrum 
nitricum von alkalischer Reaction. Eine Verwechselung 
des Natrum carbonicum siccum mit Natrum sulfuricum 
siccum fand ich 1856. 

Kali aceticum schön schuppig krystallinisch und weiss 
und dennoch reich an phosphorsaurem Kali und 
Chorkalium; ebenso der daraus bereitete Lig. Kali 
acetici. 

Carbo spongiae frei von Jodmetall, in Folge zu star- 
ken GlĂŒhens. 

Schwefel- und Kohlegehalt des Ferr. pulverat. 
und Ferr. hydrogenio reductum. 

Ag. destillata, menth. pip., chamomillae gelblich, trĂŒbe, 
wegen Unsauberkeit des Verstreichens der Fugen zwi- 
schen Helmschnabel und KĂŒhlrohr. 

Ag.sambuci essigsauer. Dass auch frische destillirte 
WĂ€sser etwas EssigsĂ€ure enthalten können, so die ĂŒber 
römischen und gemeinen KamillenblĂŒthen, Majoran, Car- 
damomen, Fenchel- und Wurmsamen abdestillirten WĂ€s- 
ser, zeigten Hautz und Wunder schon 1855. Es wÀre 
zu prĂŒfen, ob manche frische destillirte WĂ€sser, nament- 
lich Ag. sambuei, vielleicht Aldehyd enthalten. 

Lig. ammonii caustici gelblich in Folge eines RĂŒck- 
haltes von brenzlichem Thieröl oder Steinkohlentheeröl. 

Acetum concentratum gelblich, in Folge eines RĂŒck- 
halts von brenzlichem Holztheeröl. 

Lig. ammonĂŒ acetici brĂ€unlich-gelb, weil aus brenz- 
lichem Salmiakgeist und brenzlichem Acet. concentratum 
bereitet (1863). 

Lig. ammonit succinici stark alkalisch, weil anfÀng- 
lich reich an doppeltem kohlensaurem Ammoniak in Folge 
einer Neutralisation bei gewöhnlicher Temperatur. 


a 2 EZ 
2,0 


ĂŒber die Verunreinigungen der Arzneimittel. 277 


Aether zu reich an Weingeist, z. B. mit einem 
spec. Gew. — 0,765 bei 200C. anstatt 0,730. 

Aether aceticus desgl., z. B. mit einem spec. Gew. 
— 0,862 anstatt 0,900. 

Chloroform reich an Weingeist; z.B. spec. Gew. 
—= 1,38 anstatt 1,49. (Alle drei im August 1867.) 

Ag. amygdalar. amarum und Ag. laurocerasi zu arm 
an BlausÀure wegen Aufbewahrung in allzu grossen, nicht 
angefĂŒllten GefĂ€ssen. 

Mel despumatum gerbsĂ€urehaltig, weil nach Mohr’s 
Methode gereinigt (1860; 1850). 

Mel americanum mit Bienenleichen (1863). 

GekĂŒnstelten Syrupus Violarum. 

Chinium sulfuricum chinidinhaltig (1867), nach Ker- 
ner’s Methode geprĂŒft. 

Fette Oele und Salben ranzig. 

Salben und Pflaster nicht genau gemischt, oder 
letztere schmutzig und streifig. 

KrÀuterpflaster angeschimmelt. 

Extracte zu dĂŒnnflĂŒssig oder angeschimmelt. 

Wurzel- und KrÀuterpulver nicht fein genug 
oder zusammengeballt oder ausgebleicht. 

Geschnittene Wurzeln, KrÀuter und Species nicht 
von Pulver frei. 

Aromatische Species nicht gehörig verschlossen 
aufbewahrt. 

Aetherische Oele verharzt und in der Farbe 
verÀndert. 

Lycopodium amylumhaltig; Sem. anisi reich an Erd- 
klĂŒmpchen (zuweilen soll Sem. conit demselben beigemengt 
gewesen sein). ad. angelicae, Rad. levistici, Rad. tara- 
xacÂź etc. wurmstichig, Flor. verbasci braun geworden, Se- 
cale cornutum schimmlig oder wurmstichig, in Bacc. myr- 
tillorum die Maden, auf Caricae die Milben, Canthariden 
zerfressen u. s. w. 


28: RL Fu ÂŁ 4 
NEE TOR ine; N UES 0e 2,00 aa hr ln ne Ba a 


av wwrerNerT ei 
MB!) Br Bine 


278 R. Bender, 


Veber die Mineralquellen zu Heppingen, Landskron 
und Apollinarisbrunn im Ahrthal; 


von 
R. Bender in Coblenz. 


Unter den vielen Mineralquellen des vulkanischen Eifel- 
gebirges, welche sÀmmtlich mit Ausnahme von Bertrich 
und Neuenahr kalte sogenannte SĂ€uerlinge sind, verdienen 
erwÀhnt zu werden die Mineralquellen zu Heppingen, 
Landskron und Apollinarisbrunn. 

Das Ahrthal, welches eine Meile unterhalb dem Brohl- 
thale in das Rheinthal ausmĂŒndet und dessen Endpunct 
der bekannte Basaltberg Landskrone bildet, wird durch- 
flossen von der Ahr. Dieser Fluss entspringt auf der 
hohen Eifel und mĂŒndet, nachdem er etwa 8 Meilen eines 
meist von schroffen FelsenwÀnden eingenommenen Gebir- 
ges durchströmt, bei Sinzig in den Rhein. Ahr- und 
Brohlthal sind in Bezug auf die Gebirgsformation ver- 
schieden, wÀhrend im ersteren Grauwacke, Thonschiefer 
und stellenweise Basalt abwechseln, ist in letzterem vor- 
zugsweise Trachyttuff oder Tuffstein vertreten. Beide 
ThÀler haben als vulkanische Producte KohlensÀure-Exha- 
lationen und damit in Verbindung stehende Mineralquellen 
mit einander gemein. 

Die Mineralquellen des Ahrthales finden sich 1 bis 1Y, 
Meilen von der MĂŒndung der Ahr entfernt und liegen 
am Fusse der 811 Fuss hohen Landskrone. Zwei von 
diesen Mineralquellen, die SĂ€uerlinge Landskron und Hep- 
pingen, bieten schon seit Jahren den Bewohnern des Mit- 
telrheins ein erfrischendes GetrÀnk. Der Apollinarisbrunn 
dagegen ist erst vor 14 Jahren ans Tageslicht getreten. 

Die Bestandtheile, sowie der KohlensÀuregehalt der 
beiden Àlteren Mineralquellen sind hÀufigem Wechsel unter- 
worfen gewesen. Veranlassung gaben verschiedene Um- 
stÀnde, besonders der sehr verÀnderliche Lauf und die 
 Ueberschwemmungen der Ahr, deren Wasser sich zum 


e Miveralauellen : zu en en etc. 279 


Nachtheile des Mineralwassers mit dem der Quellen ver- 
mischte. So trat mitunter gÀnzliche Versumpfung ein, 
welcher zeitweise durch neue Fassung der Quellen vor- 
gebeugt wurde. 

&. Bischof fĂŒhrte im Jahre 1828 zuerst eine Ana- 
Iyse des Heppinger Mineralwassers aus und fand der- 
selbe in 10,000 Theilen an fixen Bestandtheilen: 


Kohlensaures Natron........ 9,02 
Eblarnatniums; aan. es. 5,02 
Schwefelsaures Natron....... 3,18 
Kohlensaure Magnesia....... 2,93 
Kohlensauren Kalk.......... 2,63 
Eisenoxyd und Thonerde.... 0,13 
Kıegelsaure Van deli 0,50 
Summe der Bestandtheile 23,41 

Fuervon Aosliche : ................ 17,22 
ĂŒnlösliche... .......- A 6,19. 


Derselbe Chemiker analysirte 1832 das in unmittel- 
barer NĂ€he befindliche Landskron - Mineralwasser und 
fand in 10,000 Theilen an fixen Bestandtheilen: 


Kohlensaures Natron........ 8,15 
Ehlamatrınn Hy Saar 4,08 
Schwefelsaures Natron....... 2,41 
Kohlensaure Magnesia....... 3,57 
Kohlensauren Kalk.......... 2,43 
Eisenoxyd und Thonerde.... 0,10 
Kissekatte a Rear 0,04 
Summe der Bestandtheile 20,78 

Eietyon. losliche - - ..... ........ a sur 14,64 
Bnlosliche „wet 6,14. 


Beide Mineralquellen wurden im Jahre 1854 vonG.und 
C. Bischof wiederholt untersucht, dabei jedoch nur die 
Summe der Bestandtheile, so wie die der löslichen und un- 
löslichen ermittelt. In 10,000 Theilen des Heppinger 
Mineralwassers ergaben 


280 R. Bender, 


lösliche Bestandtheile,.... 6,56 
unlösliche...2.22..1 2008 2,43 


Summe der Bestandtheile... 8,99 
In 10,000 Theilen Landskron Mineralwassers waren 
vorhanden: 
lösliche Bestandtheile..... 12,99 
unlösliche. a HE 3,09 


Summe der Bestandtheile... 16,08 

Der Apollinarisbrunn im Ahrthale wurde auf eigen- 
thĂŒmliche Weise aufgefunden und sollte bald die beiden 
Ă€lteren MineralwĂ€sser ĂŒberflĂŒgeln. 

Im Herbste 1851 wurde der Besitzer eines zwischen 
Heppingen und Ahrweiler gelegenen Weinberges aufmerk- 
sam, dass an einer Stelle die Weinstöcke kĂŒmmerlich 
vegetirten und abstarben, wĂ€hrend sie ringsumher ĂŒppig 
wuchsen. Dieser Umstand fĂŒhrte zur Entdeckung einer 
starken KohlensÀure-Entwickelung aus der Tiefe an jener 
Stellee Der Grundbesitzer liess, um dieses der Vege- 
tation so schÀdliche Gas abzuleiten, einen Schacht abteu- 
fen, der mit einem Stollen communicirte. Dieses brachte 
ihn auf die Vermuthung, dass hier eine Mineralquelle 
vorhanden sein möchte. Verschiedene Bohrversuche lies- 
sen dann 1852 in einer Tiefe von 49 Fuss die Quellen 
des Appollinarisbrunnen auffinden, welche dort unter star- 
kem Getöse den Felsen in einzelnen Adern mit einer 
Temperatur von 15—170R. entquollen. Dieselben wur- 
den sehr sorgfĂ€ltig gefasst und noch eine eigenthĂŒmliche 
Vorrichtung getroffen, um das Wasser mit seinem gan- 
zen KohlensÀuregehalt aus der Tiefe zu erhalten. Der 
tief gelegene Ursprung und die schĂŒtzenden Vorrichtun- 
gen bewirkten denn auch, dass die Quellen von dem 
Einflusse der Tagewasser unberĂŒhrt blieben und daher 
stets eine gleiche Zusammensetzung und constanten Con- 
centrationsgrad behielten. 

Die Apollinarisquelle besitzt eine Temperatur von 
15,60R. und enthÀlt nach Dr. C..Bischof in 10,000 
Theilen: 


Mineralquellen zu Heppingen, Landskron, etc. 281 


Kohlensaures Natron......... 12,57 
Chlomatrum 2.8 22.0 4,66 
Schwefelsaures Natron....... 3,00 
Phosphorsaures Natron....... Is 
Babsalze.. „22.0 4 29.0 Be 
Kohlensaure Magnesia....... 4,42 
Kohlensaurer Kalk.......... 0,59 
Eisenoxyd und Thonerde.... 0,20 
KieselsÀure.. ........... N }:) 
Summe der Bestandtheile 25,52 
chen a ee 20,23 
Balkhecherm u al RR 
Freie u. halbgebundene KohlensÀure 27,76 
Spec. Gewicht des Wassers....... 1,00356. 


Eine spectralanalytische PrĂŒfung des abgedampften 
und bei 1200R. getrockneten RĂŒckstandes des Apollinaris- 
Mineralwassers zeigte im Steinheil’schen Spectralapparate 
die Linien: 


N sehr intensiv und lang 
1 ER NE schwach aber deutlich 
aß sehr stark und lang 
DE intensiv. 


Es enthielt demnach dieses Mineralwasser noch Li- 
thium, welches in dem Thermalwasser des in geringer 
Entfernung befindlichen Bades Neuenahr von Dr. F. Mohr 
ebenfalls nachgewiesen und quantitativ bestimmt wurde. 

Die Entwickelung des kohlensauren Gases aus dem 
Quellenbassin in unzĂ€hligen BlĂ€schen macht einen ĂŒber- 
raschenden Eindruck. Es ist das Wasser vollstÀndig mit 
KohlensĂ€ure gesĂ€ttigt und ergab die PrĂŒfung des aus- 
strömenden Gases eine fast reine KohlensÀure, welche 
noch nicht 1 Proc. fremder Gase enthielt. Diese wird 


wie bei dem Heilbrunner Wasser benutzt, vor der FĂŒl- 


lung in die KrĂŒge oder Flaschen geleitet zu werden. 

Der Apollonarisbrunnen wird meist als LuxusgetrÀnk 
versandt, vielfach aber auch als Shi in Anwendung 
gebracht. 


—— 


2 ng 
an a re 


ne a 


NE, 


x 


7 
x 
B. 


282 


III. Naturgeschichte und Pharma- 
kognosie. 


Nachweisung des Mutterkorns im Roggen- und 
gemischten Weizenmehle; 


von 


E: Berlandt; 
Apotheker in Bukarest. 


Es ist bekannt, dass im Brodmehl Mutterkorn oft in 
grossen QuantitÀten vorkommt und dass in Folge des 
Genusses eines aus solchem Mehl gebackenen Brodes 
die gefÀhrlichsten Krankheitserscheinungen auftreten. Die 
FĂ€lle sind demnach nicht so selten, wo an den Chemiker 
die Anforderung gestellt wird, Mutterkorn in einer ge- 
gebenen Substanz nachzuweisen. 

Die mir bisher bekannten Methoden scheinen mir 
aber nicht mit der gehörigen PrÀcision die Gegenwart 
des Mutterkorns nachzuweisen, da diese nur auf physi- 
kalische Beobachtungen gegrĂŒndet sind, wie z. B. die 
Behandlung des Mutterkorns mit Kali causticum, wobei 
sich der Geruch des Propylamins entwickelt. Diese und 
Ă€hnliche Kennzeichen sind meiner Meinung nach bei ge- 
richtlich-chemischen Untersuchungen nicht hinreichend, 
und so fĂŒhlte ich mich bewogen, Versuche anzustellen, 
um ein sicheres Reagens auf Mutterkorn zu ermitteln. 

Es ist bekannte Thatsache, dass Mutterkorn mit Kali 
causticum behandelt, Propylamin entwickelt. Mein Plan 
ging nun dahin, Propylamin auf chemischem Wege sicher 
nachzuweisen und glaube denselben realisirt zu haben, 
gestĂŒtzt auf folgendes Raisonnement: das Propylamin 
mĂŒsse sich unter dem Einflusse der GlĂŒhhitze 


en 


L. Berlandt, Mitterkorn im a u. Wosemichle 83 


NER 


in Sumpfgas und BlausÀure spalten, denn C6H9N 
— 2C?H? 4 C?NH. Um zu diesem Ziele zu gelan- 
gen, gehe ich folgendermassen vor: 

Ich mische 10 Centigrm. gepulvertes Mutterkorn und 
99 Centigrm. Weizenmehl, setze diese Mischung mit einer 
Auflösung von 1 Th. Kali causticum und 6 Th. destill. 
Wasser zu einem dĂŒnnen Brei an und gebe diesen in 
einen Kolben von 3 Unzen Inhalt. Der Kolben ist mit 
einer rechtwinkligen Röhre verbunden, an welcher ein 
Chlorealeiumrohr befestigt ist, von welchem eine 5 Milli- 
meter weite Glasröhre auslÀuft, die ich mit dem Liebig- 
schen Kugelapparat verbinde. Die Glasröhre lege ich 
in einen Verbrennungsofen von Eisenblech. Nachdem so 
der Apparat zusammengestellt ist, wird die Röhre indem 
Verbrennungsofen mit Holzkohle bis zur RothglĂŒhhitzee 
gebracht, das Kölbcehen im Wasserbade durch eine halbe 
Stunde erhitzt, wÀhrend der.mit destillirttem Wasser ge- 
fĂŒllte Kugelapparat durch Eiswasser gleichzeitig abge- 
kĂŒhlt wird. Nach Beendigung der Operation versetzte 
ich die FlĂŒssigkeit aus dem Kugelapparate mit Schwefel- 
ammonium, dampfe im Wasserbade zur Trockne ein nnd 
filtrire den in wenig Wasser gelösten RĂŒckstand. 

Einige Tropfen dieses Filtrats mit etwas destillirtem 
Wasser gemischt, geben auf Zusatz eines Tropfens ver- 
dĂŒnnter Eisenchloridlösung eine blutrothe FĂ€rbung, das 
unzweifelhafte Zeichen der Bildung von BlausÀure durch 
obiges Verfahren. 


ar y junt g: N N 
RED NER WESER N PARSE AR RN f 
A DR EEE ER ah an a ee ya 


re) 
Pa aa 


———— 


Zur Kenntniss der giftigen Wirkung des 
Rhus toxicodendron. 


Angeregt durch einen Aufsatz des Herrn Apotheker : = 
Stickel in Kaltennordheim im Junihefte des Archivs 
1867, erlaube ich mir meinen Herren Collegen zur Be- 
achtung Folgendes ĂŒber die Wirkung des Rhus tomicoo- 
dendron mitzutheilen. 


m u A u ER. „ 


-. 


284 Zur giftigen Wirkung des Rhus toxicodendron. 


Ich baute genannte Pflanze in meinem Garten und 
habe dieselbe mehre Jahre bindurch selbst, aber stets 
zur Mittagszeit geschnitten. Im Juli 1865 schnitt ich, 
da es am Tage ungewöhnlich heiss war, dasselbe am 
Abend nach Sonnenuntergang, an beiden HĂ€nden behand- 
schuht. Schon am folgenden Tage waren die Hand- 
gelenke, das der rechten Hand besonders, mit Blasen 
bedeckt, die sehr juckten, sich am zweiten Tage in grau- 
penÀhnliche Pusteln verwandelten, welche darauf in Eite- 
rung ĂŒbergingen. Ich hatte Alles nieht sonderlich geach- 
tet, als aber am fĂŒnften Tage Röthe, Blasen und Ge- 
schwulst sich ĂŒber Arme, Beine, Hals, Gesicht der Art 
verbreiteten, dass das eine Auge festgeschlossen war, 
wurde ich auf Anrathen des Arztes förmlich mit Eis be- 
legt und nahm innerlich Natr. nitricum, wo dann endlich 
am zehnten Tage Geschwulst und Röthe allgemach ver- 
schwanden, aber ein fast unertrÀgliches Jucken, welches 
nur durch Liniment. Caleis in etwas gelindert wurde, hielt 
noch lÀngere Zeit an. 

Dies Exanthem hatte indess auf das Allgemeinbefin- 
den keinen nachtheiligen Einfluss; es schmeckte Essen, 
Trinken, so wie die Cigarre, aber das Jucken und Bren- 
nen war eine Höllenpein. 

Mögen also Alle, welche Khus toxicodendron. schnei- 
den, sich mein Erlebniss zur Warnung dienen lassen und 
dasselbe stets zur Mittagszeit, nie aber nach Sonnen- 
untergang vornehmen, wo die AusdĂŒnstung desselben am 
stÀrksten sein soll. 


285 


IV. Literatur und Kritik. 


Das Mikroskop in seiner Bedeutung fĂŒr die Erweiterung 
der Naturerkenntniss, fĂŒr die Entwickelung der phy- 
sikalischen, beschreibenden und physiologischen Wis- 
senschaften, wie auch fĂŒr einige Zweige des bĂŒrger- 
lichen Lebens ete., von Paul Reinsch. NĂŒrnberg, 
Verlag von J. A. Stein’s Buchhandlung. 1867. 


Ueber den Zweck dieses 242 Octavseiten und 6 Figurentafeln 
umfassenden Werkes spricht sich der Verf. in der Vorrede folgen- 
dermassen aus: „Der Verf. wĂŒnscht dem gebildeten Liebhaber der 
Naturgeschichte, der sich an den erhabenen, an ewige Gesetze ge- 
ketteten Lebenserscheinungen auch im kleinsten Raume erfreut, dem 
sich gern ein eigenes Urtheil verschaffenden Antheilnehmer an den 
principiellen Fragen und KĂ€mpfen der Gegenwart, dem der prakti- 
schen Nutzen von der Wissenschaft verlangt, fĂŒr welche zunĂ€chst 
dieses Schriftchen zusammengesteHt wurde, in der Hoffnung, allen 
Dreien zu genĂŒgen, in kurzer ĂŒbersichtlicher Form eine Darstellung 
der Bedeutung und der Einrichtung eines Instrumentes gegeben zu 
haben, welches schon in so kurzer Zeit tief in das Leben eingegrif- 
fen, in der Wissenschaft reformirend einen Umschwung veranlasst 
und die schĂ€rfere Wahrnehmung wie auch die BeweisfĂŒhrung ewi- 
ger geoffenbarter Gesetze im Kreise des organischen Lebens, dem 
Zweifler und Spötter gegenĂŒber, aufinductivem Wege ermöglicht hat.“ 
Sonach soll das Werk also kein Lehr- oder Handbuch fĂŒr Mikro- 
skopirende sein, wie man dem Titel nach leicht vermuthet, sondern 
es soll vielmehr nur zum erbaulichen und beiehrenden Studium die- 
nen. Die einzelnen Abschnitte sind daher mehr skizzenhaft gehal- 
ten .und oft ist vom eigentlichen Gegenstande sehr weit abgewichen. 
Was ĂŒber die Entstehung, Einrichtung und den Gebrauch des Mikro- 
skops gesagt ist (Inhalt des I. Abschn.), kann wohl Niemandem als 
Leitfaden fĂŒr mikroskopische Untersuchungen dienen; ebensowenig 


giebt der zweite Theil eine genĂŒgende Uebersicht ĂŒber die vielsei- 


tige Anwendbarkeit des Mikroskops. Nur im 3. Abschnitte geht der 
Verf. etwas grĂŒndlicher auf die wichtigen Forschungsresultate ein, 


welche durch das Mikroskop zur Erweiterung der Botanik gemacht Sa 3 


worden sind und es wird damit die HĂ€lfte des Buches ausgefĂŒllt. 
Ob es dem Herrn Verf. wirklich geglĂŒckt ist, das oben mit seinen 
eigenen Worten angedeutete Ziel erreicht zu haben, ist allerdings 
schr zweifelhaft. Schon jener Satz aus der Vorrede giebt eine kleine 
Probe von dem im ganzen Werke herrschenden Styl; dabei ist jener 
Satz aber gerade einer der besseren und es könnten, wenn es nicht 
zu ermĂŒdend wĂ€re, weit merkwĂŒrdigere Beispiele von langathmigem, 
schwerfÀlligen Periodenbau aus dem Buche eitirt werden. (Pag.1 
bis 2 bieten einen Satz von 37 Zeilen, worin siebenmal „Methode“, 
fĂŒnfmal „Wissenschaft“ ete. vorkommt; bemerkenswerth ist auch Pag. 
24 von „Ausser“ anete.) Abgesehen von der durch solche Construc- 
tionen oft herbeigefĂŒhrten Unklarheit, kommen zuweilen auch sinn- 


2 
re 2 Ben a Fk ri ne 


A Zr ER u EL 


! u 
4 Abe, 


Farce 


a 


PiR>e 


f 


286 Literatur. 


entstellende Fehler in der Ausdrucksweise — hin und wieder auch 
kleine IrrthĂŒmer vor. Zu den Verstössen erster Art gehört z.B. 
die Bemerkung (Pag. 4), dass das Mikroskop „zur Kenntniss der mo- 
leeularen Zusammensetzung der anorganischen Körper* Anwendung 
gefunden habe (jedenfalls haben da dem Verf. die feinkörnigen oder 
feinkrystallinischen Mineral-Aggregate vorgeschwebt). Aehnlich ver- 
hĂ€lt es sich auch mit folgendem Satze (Pag. 24): „Dass das Mikro- 
skop auch der PrĂŒfung aller ĂŒbrigen Nahrungsmittel und GetrĂ€nke, 
z.B. des Brunnenwassers hinsichtlich der etwa in demselben befind- 
lichen contagiösen Thier- und Pflanzenstoffe und mineralischen Ver- 
unreinigungen, fĂ€hig ist. kann ich hier nur noch vorĂŒberhehend nicht 
unerwĂ€hnt lassen“. — Nach einer Angabe (Pag. 21) mĂŒsste man mei- 
nen, der Botryocephalus latus habe stets gerade 10,000 Glieder. (Bei 
dem Citate der Abbildung eines Entozoeneies ist wohl die Nummer 
verdruckt.) — „Pharmakognosie und Droguenwaarenkunde“ ist ein 
Pleonasmus. — Von den Stellen, an welchen dem Hrn. Verf. kleine 
IrrthĂŒmer unterlaufen sind, sollen nur einige hier kurz angedeutet 
werden. Nach einer sehr undeutlichen ErklÀrung eines Amylum- 
kernes heisst es (Pag. 16), dasselbe bestehe aus „Granulosesubstanz*, 
zwischen deren Schichten die „eigentliche Amylumsubstanz“ einge- 
lagert sei, welche man durch Speichel ausziehen könne. Nach NÀ- 
geli’s Vorgange bezeichnet man aber umgekehrt gerade den Theil, 
den der Speichel angreift, resp. in Lösung versetzt, mit „Granulose* 
und den andern als Amylocellulose. Ferner sagt Herr Reinsch, 
es löse sich Amylum bei der Kleisterbildung und erwÀhnt bei der 
Einwirkung von verdĂŒnnter SchwefelsĂ€ure nur die Bildung von Zucker 
und nicht die vorausgehende Entstehung von Dextrin. — Die durch- 
schnittliche Grösse eines StĂ€rkekorns der Kartoffel wird hier — 0,038 
— 0,019 M.M. und eines solchen von Maranta arundinacea = 0,046 — 
0,0338 M.M. angegeben. Es ist hingegen aber bekannte Thatsache, dass 
die KartoffelstÀrke grössere Körner zeigt, als das Arrow-root; Schlei- 
den giebt das GrössenverhÀltniss =5:3 an und damit stimmen auch 
die Messungen von Payen ĂŒberein, wonach die KartoffelstĂ€rkekörner 
einen Durchmesser von 0,185 M.M., die von M. arundin. dagegen 
nur bis zu 0,140 M.M. erreichen. Unrichtig ist auch die Angabe, 
dass bei jenen beiden StÀrkesorten der Kern central angeordnet sei; 
er ist bei der Kartoffel sogar sehr deutlich excentrisch. — Nach des 
Verf. Meinung (Pag. 23) kann man Fett durch EssigsÀure auflösen. 
— Pag.33 wird der Augit mit zu den Gemenggesteinen, wie Basalt 
u.s. w., gezĂ€hlt. — Die Vacuolen, welche sich namentlich in den 
Zellen saftiger Beeren hÀufig beobachten lassen, sind nicht, wie der 
Verf. (Pag. 55) meint, mit Luft, sondern mit einem durchsichtigeren 
Plasma erfĂŒllt. — Zellkerne finden sich nicht ausschliesslich in den 
noch der Theilung unterworfenen Zellen (Pag. 58), sondern hÀufig 
z.B. in Haaren und bei den Monocotyledonen (namentlich Orchi- 
deen) auch in andern ausgewachsenen Zellen. — Hinsichtlich der 
in der Anmerkung 69 (Pag. 208) angefĂŒhrten Funde von fossilen 
Menschenresten scheinen dem Verf. die neueren Forschungen ent- 
gangen zu sein, nach denen weder auf dem Neander-SchÀdel, als einem 
Höhlenfund, grosser Werth zu legen ist, noch auf die einst so be- 
wunderten Menschenknochen aus der Gegend von Köstritz, die, nach 
Prof. Liebe’s genauen Untersuchungen, als aus einem alten Be- 
grÀbnissplatze verschwemmt sich ergeben haben. Dagegen hÀtten 
wohl die in der Gegend von Abbeville in der Kreide aufgefundenen 


 Menschenkiefer und die bei Schussenried vorkommenden, von Men- 


schen bearbeiteten Knochen vorgeschichtlicher Thiere eine ErwÀh- 


nung verdient. 


Lerahlr 3 287 


Ueber die Lamarck’sche Transformationstheorie ereifert sich der 


Verf. sehr und bemĂŒht sich, dieselbe so absurd als möglich hinzu- 
stellen, Auf Darwin’s Werk blickt Herr Reinsch vollends mit 


GeringschĂ€tzung herab, da dieser janur jene „pomphafte HypotheseÂź 


„aufgewĂ€rmt“ haben soll und durch Taubenzucht zu beweisen suche. 
Schliesslich lĂ€sst er Lamarck „an den noch nicht trausformirten 
Urangverstand seiner SchĂŒler und Nachtreter appelliren“ und spricht 
den Wunsch aus, dass sich seine AnhĂ€nger rĂŒckwĂ€rts (also zu Affen) 
transformiren möchten! Dr. Weinhold. 


Leitfaden fĂŒr die ersten Uebungen im chemischen Labo- 
ratorium. Zum Gebrauch an höheren Mittelschulen 
zusammengestelit von Dr. Julius Wilbrand und 
Dr. Ferdinand Wilbrand. Neuwied und Leipzig, 
J. H. Heuser’s Verlag. 1867. 

Lassen wir uns vor Allem nicht durch die Titelvignette ab- 
schrecken, welche hoffentlich kein Beispiel eines Marsh’schen Appa- 
rates darstellen soll! 

Die Verfasser des vorliegenden Werkchens (36 kl. Oetavseiten) 
beabsichtigen, dem SchĂŒler ein Verzeichniss chemischer Experi- 
mente in die Hand zu geben, deren AusfĂŒhrung ihn (vornehmlich 


als praktisches Repetitorium fĂŒr den genossenen theoretischen Unter- 


richt) ein Lehrjahr hindurch allwöchentlich 2 Stunden beschÀftigen 
soll. Zuerst werden die wichtigsten Manipulationen zur Zusam- 
menstellung einfacher Apparate vorgeschrieben, dann Krystallisa- 
tionsversuche, Anfertigung von Krystallmodellen, so wie Bestim- 


mungen des spec. Gewichts und hierauf folgen dann unter 51 Num- ER; 


mern die chemischen Experimente, nach den Elementen und deren 
wichtigsten Verbindungen geordnet. Nur in wenigen FĂ€llen geben 


die Verf. auch Anleitung zur AusfĂŒhrung eines Versuchs, im All- 


gemeinen ĂŒberlassen sie diese so wie die ErlĂ€uterung des Vorgangs 
durch Formeln etc. der ThÀtigkeit des Lehrers. Es ist daher die 
Hauptaufgabe des BĂŒchleins, in einer passenden Auswahl die Ex- 
perimente zu suchen, welche so getroffen sein sollte, dass dem 


SchĂŒler die charakteristischen Eigenschaften der bekanntesten Che- 


mikalien, so wie die wichtigsten chemischen VorgÀnge und Mani- 
pulationen bei Anstellung der vorgeschriebenen Versuche möglichst 
vollstĂ€ndig bekannt werden mĂŒssen. Diesem ist leider von den 
Verf. nicht ĂŒberall Rechnung getragen worden. Es sei in dieser 
Beziehung hier nur Folgendes angedeutet: Bei der salpetrigen 


SĂ€ure ist nur deren Entstehung durch Verbrennung des Ammoniaks 


erwÀhnt, wÀhrend doch gerade ihre Erzeugung bei der Einwirkung 3 
von SalpetersÀure auf StÀrke (namentlich auch wegen der dabei 


mit zu gewinnenden OxalsÀure) ein instructives Experiment darbie- 
tet. — Unter No.28. „BorsĂ€ure* ist nur die FlammenfĂ€rbung an- 


gegeben, wĂ€hrend von den sonstigen EigenthĂŒmlichkeiten dieser 
SĂ€ure doch wenigstens die gewiss wichtigere Reaction auf Cureuma 
hĂ€tte mit angegeben werden sollen. — Beim Zinn (No. 45.) sind 


Zinnoxyd und Zinnchlorid, so wie die sehr bemerkenswerthen redu- 


eirenden Eigenschaften des ZinnchlorĂŒrs durch kein Experiment 


veranschaulicht. — Die Löslichkeit der Oxyde vom Blei und Zink 
in Kali- und Natronlauge — besonders in der analytischen Chemie 


von Wichtigkeit — ist ganz ĂŒbergangen worden. Auch beim An- 
timon ist das ChlorĂŒr und das Algarottpulver unberĂŒcksichtigt ge- 


ER 4 “ te I bu > re ar N a ki tl EL: 


288 er Literatur. 


blieben. — Dass das Gold fehlt und vom Platin nur dessen sauer- 
stoffĂŒbertragende Eigenschaft hervorgehoben ist, kann der Kost- 
spieligkeit der Versuche wegen nicht zum Vorwurf gemacht werden. 
— Recht wohl hĂ€tten fĂŒr manches lehrreichere Experiment aber die 
chemische Harmonika, die Collodium-Luftballons ete. wegfallen 
können. 

Die Correetheit der Ausdrucksweise lÀsst mehrfach auch zu 
wĂŒnschen ĂŒbrig. Unpassend ist es z.B. einem AnfĂŒnger zu sagen, 
Wasserstoff werde aus Zink und SchwefelsÀure, Schwefelwasserstoff 
aus Schwefeleisen und SchwefelsÀure etc. dargestellt; das Wasser, 
welches hier eine Hauptrolle mit spielt, darf dabei nie unerwÀhnt 
bleiben. Ferner ist zu bemerken (zu 8.27), dass durch Ammoniak 
aus Eisenchloridlösung nicht „rothes Eisenoxyd“, sondern rothbrau- 
nes Oxydhydrat gefÀllt wird und dass das gefÀllte phosphorsaure 
Eisenoxyd, dessen Formel ĂŒbrigens Fe?03, PO5-- 4aq ist, nicht 
gelblich-roth erscheint (S.20).— Um vor dem Lötlhirohre auf Kohle 
aus Brechweinstein eine Antimonkugel zu gewinnen, bedarf es nicht 
der BeihĂŒlfe von Soda, durch deren Anwendung dem AnfĂ€nger 
nur der chemische Vorgang verdunkelt wird. — Unter Kupferwasser 
versteht man gewöhnlich Eisenvitriol und nicht eine Auflösung von 
schwefelsaurem Kupferoxyd. 

Inı Irmtbum sind die HH.. Verf, wenn sie meinen, dass beim 
Verbrennen eines Lichtes unter einer gesperrten Glocke immer ca. 
l/;, des Luftvolums verschwinde. Die durch die Verbrennung er- 
zeugte KohlensÀure nimmt bekanntlich so annÀhernd genau densel- 
den Raum ein, wie der verbrauchte Sauerstoff, dass eine Volum- 
verminderung aus diesem Grunde kaum bemerklich wird. Das 
Emporsteigen der SperrflĂŒssigkeit, welches die Verf. offenbar zu 
jener Angabe verleitet hat, rĂŒhrt davon her, dass man mit der 
Glocke ein durch WĂ€rme ausgedehntes Luftquantum einschliesst, 
nach dessen AbkĂŒhlung natĂŒrlich eine Verminderung des Volums 
eintritt. — Endlich beruht die Angabe, dass man aus 5 Grm. Koch- 
salz durch Braunstein und SchwefelsÀure 1500 C.C. Chlorgas erhal- 
ten könne, wohl auf einem Rechenfehler, denn 5 Grm. Kochsalz 
geben nur 3,03 Grm. Chlor = 944 C.C. 

Ob diesem Werkchen in seiner jetzigen Gestalt eine mehrfache 
Verwendung als Lehrmittel bevorsteht, ist sehr zu bezweifeln, da 
ja ein jeder Lehrer der Chemie schon von selbst nach eigenem Ur- 
theil eine Ă€hnliche Auswahl unter den Experimenten treffen wird — 
und in der Hand des SchĂŒlers kann ein solckes Verzeichniss ohne 
tĂŒchtige Anleitung kaum von erheblichem Nutzen sein. 


Dr. Weinhold. 


x Hofbuchdruckerei der Gebr. JĂ€nscke zu Hannover, 


239 


Register ĂŒber Band 129, 130, 131 und 132 der 
zweiten Reihe des Archivs der Pharmacie. 
Jahrgang 1867. 


(Die erste Zahl zeigt den Band, die zweite die Seite an.) 


I. Sachregister. 


A. 


Abfuhr des DĂŒngers 129, 290. 
Absorptionsvermögen der 
. Ackererde 129, 108. 
Aceton, Derivate dess. 130, 165. 
Acidum thebolacticum 131,106. 
Ackererde, Absorptionsver- 

mögen ders. 129, 108. 
Acorin, Glycosid im Kalmus 


131, 214. 

AepfelsÀure aus Rhus coria- 
ria 132, 153. 
Aether 129, 37. 
Aetherische Oele, Ausbeute 
131, 1.07; 

Aethylen - di - butyiencar- 
bonsÀure 130,972. 


Aethyl-Phenyl 131,2121. 
Agaricus albus 129, 109. 
Ahrthal, Mineralquellen zu 
Apollinarisbrunnen, Heppingen 
u. Landskron 132, 278. 
Alaun, ein normaler Bestand- 
iheil des Weins? 131, 241. 
Albumin, VerhÀltniss zum Ca- 
sein 131, 150. 
AlbuminfÀulniss 129, 265. 
Alfenide 132, 132. 
Alizarin, eine demselben iso- 
mere Verbindung aus Naphtha- 
lin 132, 172. 
— mit Morindon identisch 132, 
173. 

Alkaloide, durch Amylalkohol 
abscheidbar 132, 39. 


Alkohol, Verhalten dess. im 

Thierorganismus 129, 165. 
Alkohole, tertiÀre 130, 145. 
AllophansÀure-Aether 130, 


156. 

Allylamin 131, 105. 
Allylen 130, 165. 
Alo&, ihr Verhalten zu Thier- 
kohle 132, 160. 
— succotrina 132, 159. 
AloÀötinsÀure 132, 161. 
Alpenpflanzen, Anordnung 
ders. in den GĂ€rten 131, 53. 
AmeisensÀure 129, 61. 


Amidodiphenylimid 131, 124. 
Ammoniak, Einwirkung der 
glĂŒhenden Kohle auf dass. 131, 


186. 
— fĂ€ulnisswidrige Eigenschaften 
dess. 129, 267. 


Ammoniakgehalt der atmo- 


sphÀrischen Luft 130, 108. 
Ammoniaksalze, dĂŒngende 
129, 277. 


Amylalkohol, zur Darstellung 
u. quantitativen Bestimmung 
des Morphins, zur Darstellung 
des Strychnins, so wie zum 
Nachweise der Alkaloide bei 
gerichtlich-chemischen Analy- 
sen 132, 1. 

Amylum liefert KrĂŒmelzucker 
u. Dextrin 132, 141. 

AndelsbucherEisenwasser 

130, 115. 


Anilinfarben 131, 265. 


Arch.d. Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 19 


BREE: 
re 


a "Me 3 


ae 


u 


De 


Euer 


a [> 


ERSTER 


oe, 


vr DIET N er N. anlır: 


290 Sachregister. 


Anisölzum Verdecken des ĂŒblen 
Geruchs der Schwefelkalium- 
PrÀparate 132, 184. 

Antidot des Antimons, Arseniks 
u. der BlausÀure 130, 143. 

— der BlausĂ€ure 130, 144. 

Antimon, Nachweisung dess. 
durch die Löthrohrprobe 132, 


119. 

Antimonoxyd, kryst. u. dessen 
Verbindungen 132, 120. 
Apollinarisbrunn im Ahr- 
thal 132, 278. 


Apotheker, ihr VerhÀltniss zu 
den Volksheilmitteln 130, 80. 
Apparat zur Entwickelung von 
Chlorgas von H. SĂ€nger 129, 45. 
Arabin u. dess. Verhalten ge- 


gen Eiweisstoffe 129, 139. 
Argentacetyl 130, 131. 
Argentum nitricum gegen 

Croup 132, 134. 


— — mit Kalinitricum verfĂ€lscht 
132, 135. 

Arsenige SĂ€ure, grosse Halt- 
barkeit ders. in saurer Lösung 
132, 117. 

— ihr Verhalten gegen Kupfer 
u. Silber 13%, 118. 
Arsenik, Gegenmittel 130, 143. 
Arzneimittel, ĂŒber deren Ver- 


unreinigungen 132, 259. 
Asa foetida 131, 255. 
Aschenanalyse, Methode ders. 

132, 88. 

Aschoff, A. L. Biographie 
129, 5. 

— E. F. Biographie 129, 1. 
Athmen der BlĂŒthen 129, 109. 
Austernseuche 129, 169. 
Azobenzid 131, 136. 
AzodracylsÀure 13151181. 

B. 

BadeschwÀmme, Gewinnung 
ders. 129, 168. 


BaldriansÀure 130, 61. 
Baryt, schwefelsaurer 131, 235. 
Baumwollensamenöl 131. 


111. 
Beleuchtungswesen 129, 95. 
Benzhydrol 131, 134. 


Benzo&@Ă€ther u. Brom 131, 132. 
Benzoinderivate 131, 133. 
Benzophenon 131, 134. 


s 


Sa, 
Benzoyl 131, 130. 
Benzpinakon 131, 135. 
Betaerythrin 132,5, 167% 
Betaorcin 132, 167. 


Bewaldung der Gebirge Sn 


Biographienvon A.L. Aschoff 
u. E. F. Aschoff 129, 1. 5. 
BlÀtter, Farbstoffe ders. 132, 


165. 

BlausÀure, Gegenmittel 130, 
143. 

BlausÀuregehalt der Xime- 
nia americana L. 131, 222. 
Bleikolik 129, 54. 
Bleivergiftung durch MĂŒhl- 
steine 132, 130. 
Blitzableiter 129, 99. 
Blut, Eisengehalt 131, 152. 
Blutanalyse 129, 140. 
Blutendes Brod 132, 100 
Blutflecken 129, 141. 
— mikroskopische Untersuchung 
derselben 132, 174. 


BlĂŒthen, Athmen ders. 129, 109. 
Borax in Californien 131, 90. 
Boreitronensaure Magnesia 

132, 152. 
BorsÀureÀther 130, 154. 
Botanybay-Gummi 132, 140. 
Botanischer Garten in Bres- 


lau 129,77 
Branntwein zu entfuseln 130, 
152. 


Brasilianische Industrieaus- 


stellung 129, 46, 245. 
BregenzerMineralbrunnen 
130, 119. 

Brennstoffe, rauchverzehren- 
de 131, 84. 
Breslauer botan. Garten 129, 
71. 

Brod, blutendes 132, 100. 


Brohlthal, Mineralquellen 131, 
169.. 

Brom im Steinkohlenruss 131, 
270. 

BromerucasÀure 1310142: 
Bromsalze, Darstellung ders. 
131, 216. 

Brunnen, artesische 130, 111. 
Brunnenwasser von Pompeji 
130, 117. 
Kupfer 
132, 131. 
Butter, gelbe Farbe dess. 131, 49. 


Buddha-Statue von 


Sachregister. 


291 


©. Chlorophyll 132, 164. 

 Caffein, Einwirkung nasciren- ne nn He 
den Wasserstoffs auf a Chlorwasserstoff 130, 121. 
Cam her.Lö dess in Was Ch rom in Eisen u. Stahl nach- 
Ben A UnE 131. 119 zuweisen 131, 244. 


CĂ€mentfabrikation 131, 94. 
Canalisirung 129, 290. 
Cantharidin 152,238. 
' CaproylbydrĂŒr, aus amerika-, 

nischem Steinöl 131, 145. 
Capryl-Alkohol 131, 109. 
Capsafran 129, 120. 
CarbolsÀure, von Steinkohlen- 

theeröl zu unterscheiden 131, 


122 

Cardamomenbau in Coorg 
129, 117 

CarminsÀure, ein Glykosid 
131, 33. 


Carnallit von Maman in Per- 


sien 131, 239. 
Carotin 129, 30. 
Catechin 132, I68. 
Cerigo, Höhle auf der Insel 

129, 258. 
Chinarinden 130, 91. 


— AnatomischesĂŒberdies.130,229. 
Chinin, Cinchonin, Einwir- 
kung nascirenden Wasserstof- 
fes auf dies. 131, 54. 
Chininartige Substanz in den 
thierischen Geweben 132, 181. 


Chinoidin, animalisches 132, 
181. 

Chladnit 131, 96. 
Chloranil 132, 162. 
Chlorbaryum alsMittel gegen 
Bildung von Kesselstein 131, 
236 

Chlorbenzo&sÀuren, isomere 
131, 130. 


ChlordracylsÀure 131, 131. 


Chlorgas, Apparat zur Ent- 
wiekelung dess. von H. SĂ€n- 
ger 129, 45. 

Chlorkohlenstoff 131, 73. 

Chlorkupferlampe 129, 287, 

288. 

Chloroform 132, 213. 


— Todesfall durch dass. 129, 255. 
— zur Nachweisung des Zuckers 
im Harn 132, 184. 
Chloroform-Narkose, schlechte 
129, 256. 


LIND —— — — (——— 77 


Chromaventuringlas 131, 93. 
Chromsaures Kupferoxyd 132, 
132. 
ChrysoeyaminsÀure 132, 161. 
Cinae flores 131,228 
CitronensÀure bei Krebsge- 
schwĂŒren zur Linderung der 


Schmerzen 132. 15ER: 
CitronensÀure zu bereiten 
132, 151. 

Citrus decumana, aether. Oel 
der BlĂŒthen 131, 119. 
Cloakeninhalt, Transport 
dess. 129, 289. 
Collodiumwolle 131, 258. 
Condensatorstein 129, 243. 
Copaivabalsam 131, 254. 
Copal 131, 254. 
Coronilla varia, flĂŒchtige 


SchÀrfe ders. 131, 121. 
Cosmus-Pomade aus indischem 


Pflanzenfette 129, 167. 
Cubeben 129, 123. 
— afrikanische 129,120. 
Cubebin 129, 128. 
Cuprosacetyl 130, 130. 


Cymol 
verschieden von dem sog. Cy- 
mol aus Campher 131, 139. 

Cypresse von Tule 

Cystin 


D. 


am RömischkĂŒmmelöl 


129, 114. 
129, 160. 


Dampfkessel-Explosionen 


129, 103. 


DehydracetsÀure 
Deryas 

Desinfeetion 129, 264. 
Desinfectionsmittel 132, 102. 


129, 210. 


Desinficirende Mittel von 


Mae Dougall 129, 291. 
Dextrin, dessen Verhalten ge- 

gen Eiweissstoffe 129, 134. 
— und KrĂŒmelzucker aus Amy- 

lum 132, 
Digitalin 132, 156. 


Diffusion von Gasen 129, 101. 
Divalerylen - di- butylen- 
cearbonsÀure 


19 


129, 131. 


TAN 


130, 68. 


292 


Divalerylen-di-valerian- 


sÀure 130, 68. 
— -Aether 130, 71. 
Druckfehlerberichtigungen 

181, 271; 
DĂŒngerfabrikation 129, 290. 
E. 

Eau de Java anticholerique 
129, 282. 

Eier, Conservirung ders. durch 
Wasserglas 129, 134. 


Eisen, Scheidung von Mangan 
129, 234. 

— volumetrische Bestimmung 
dess. 132, 113. 
Eisenblech, dĂŒnnes 132, 110. 
Eisenchlorid als desinfieiren- 
des Mittel 129, 2722. 
Eisengehalt des Blutes 131, 
152. 

Eisenoxydoxydul, eine unge- 
wöhnliche Entstehungsart dess. 
132, 112. 
Eisenoxydsaccharat, |lösli- 
ches, in Zuckerkapseln 131, 28. 
Eisentinctur, essigsaure, von 
Rademacher 131,5217° 
Eisenvitriol als Desinfections- 
mittel 129, 270. 
Eiweisskörper, ihr Verhalten 
gegen Arabin und Dextrin 
129, 134. 

Elixir de St. Hubert pour les 
chasseurs 129, 282. 
Emser Felsenquelle 130, 112. 
Englands Kohlenreichthum u. 
dessen Dauer 131, 79. 
Entfuselung des Branntweins 


130, 152. 

Erasin, ein Ersatzmittel fĂŒr 
Benzin 131.121: 
Erde, Entfernung ders. von der 
Sonne 129, 92. 
— Bevölkerung ders. 129, 87. 
Erden, essbare, in Persien 
131, 28. 

Erigeron canadensis, Àther. 
Oel 131, 121. 


Erythrit, Oxydationsproduct 


aus dems. 132, 149. 
Erythroglyein 132, 168. 
Essentia Calydor 129, 167. 


Essig auf eine VerfÀlschung 


Sachregister. 


durch SchwefelsĂ€ure zu prĂŒ- 
fen 130, 164. 
Essig zur Desinfection 129, 287. 
EssigsÀure 129, 193. 
— Einwirkung auf Cellulose, 
StÀrke, Zucker, Manmnit,' Gly- 
koside und Farbstoffe 131, 260. 
Essigsaure Eisentinetur von 
Rademacher 131, 217. 
Euphorbia caracasana Boiss., 


giftig 131, 223. 
Evansit 131, 241. 
Exceremente 129, 260. 
— Desinfection ders. 129, 292. 


Extractum Carnis, angeblicher 
Kochsalzgehalt dess. 129, 21. 


F. 


Faeces 129, 260. 
Farbstoff, Entwickelung dess. 
in Pflanzenzellen 132, 162. 
— der BlĂ€tter 132, 165. 
FĂ€rbung desGlases durch Kohle 
und Schwefel 131, 93. 


FĂ€ulniss 129, 264. 
— des Wassers 129, 283. 
FeldspÀthe 131, 92. 


Fermente der FĂ€ulniss 129, 267. 


Fette, RothfÀrben derselben 
131, 114. 
FibrinfÀulniss 129, 265. 


Fikia 129, 259. 
Filtration, Beschleunigung der- 
selben 130, 101. 
Fische, Metamorphose derselben 
131, 149. 

— Tödten ders. 131, 149. 
Flechtenstoffe 132, 167. 
Fleisch 129, 147. 
— Pökeln desselben mit Zucker 
129, 146. 

— zu pökeln 132, 177. 
Fleischextraet 129, 141. — 
132, 179. 180. 

— Analyse dess. 129, 25. 
— angeblicher Kochsalzgehalt 
dess. 129, 21. 
— vom Apotheker Rauch 130, 
212. 

Fleischzwieback von Gail- 
Bordes 129, 145. 
Flora von Gibraltar 129, 116. 
Fluorthallium 132, 128. 


FrankenhÀuser Höhle 129, 91. 
Franzosenkraut 139, 116. 


| Sachregister. 293 


Fuchsin, Wirkung Àtherischer 
Oele auf dasselbe 131, 118. 
Fucus crispus, enthÀlt Go&- 


min 131, 262. 
&. 

Galinsogea parviflora 129, 

116. 

GallÀpfel 129, 120. 


Gallenfarbstoffe 129, 149. 
Galvanoplastik 131, 267. 
Gasanalyse 130, 221. 
Gasbrenner von KĂŒp 129, 97. 
Gasdiffusion 129, 102. 
Gase, welche durch Erhitzen 
aus trocknen Körpern entfernt 
werden können 15071. 
Gasentwickelungs-Apparat 
130, 222. 


Geheimmittel 129, 8. 
GehirnfÀulniss 129, 266. 
Gehirnsubstanz 132,..179. 


Gehörgang, Mittel bei acutem 
Katarrh dess. 129, 164. 
General-Rechnung des Apo- 
theker-Vereins in Norddeutsch- 
land 130, 265. 
Gerberlohe, gebrauchte, zur 
VerhĂŒtung der FĂ€ulniss der 


Exeremente 129, 282. 
GerbsÀuren 132, 153. 
GerbsÀure, Geruch der kÀuf- 

lichen 132, 154. 


— zur Desinfection des Trink- 
wassers 129, 236. 
Geruchsprinecip der kÀuflichen 
GerbsÀure 132, 154. 
GerĂŒche der Pflanzen 131, 115. 
Gewichte, specifische 130, 219. 
Gibraltar, Flora von 129, 116. 
Glas, ‘Einfluss der Kohle und 
des Schwefels auf die FĂ€rbung 
desselben 131, 93. 
Glasversilberung nach Bothe 
132, 135. 

Glimmer von Utö und Easton 
132, 82. 

Glonoin-Explosion 131, 101. 
Glycerin, Reinigung desselben 


130, 166. 

Glyceerinleim 130, 167. 
Glycerinseife 131, 99. 
Glykogen der Leber 129, 151. 
GlykolursÀure 129, 159. 
Go&min in Fucus erispus 131, 
262. 


Gold- und SilbermĂŒnzen auf 
ihre Aechtheit zu prĂŒfen 132, 


136. 

Goldoxydhydrat, Wasserge- 
halt dess. 132, 136. 
Graphit 130, 254. 
Grasbaumgummi 132, 140. 
GrĂŒn von Guignet 131, 243. 


Guachamaca, eine Giftpflanze 


aus den Llanos von Venezuela 
151, 224. 
Guignet’sches GrĂŒn 131, 243. 


Gummi acroides 132, 140. 
— Kermanisches 131, 261. 
Gusseisen 132, 110. 


— mit Wolframgehalt 132, 110. 
— zu verkupfern 


H. 
Haare, Mittel gegen das Aus- 


fallen ders. 131, 221% 
HarngÀhrung 129, 154. 157. 
Harnzucker - Bestimmung 


- 129, 152. 
Hartlöthungen, Schlagloth fĂŒr 
132, 131. 


Hecht, ein grosser 131, 150. 
Hefe-FĂ€ulniss 129, 266. 
Heilbrunnen im Brohlthal 

131, 169. 


Helleborin und Helleborein 
132, 156. 


‚Heppinger Mineralquelle im 


Ahrthale 132, 278. 
Höhle bei Frankenhausen 129, 
91. 

Höhlen in Griechenland 132, 
108. 


Holz zu eonserviren 131, 257. 
Holzgeist im Weingeist nach- 

zuweisen 130,4192 
Holzkohlenpulver zur Des- 


infeetion 129, 278. 279. 
Hopfrebener Schwefelwasser 
130, 115. 


Hornhaut- Verdunkelun- 
gen durch Acidum lacticum 
geheilt 129, 163. 

Hydrazoanilin 131, 122. 

HydrazodracylsÀure 131, 


131.. 
Hydrazosaliceylige SĂ€ure 131, 
136. 
Hydrocarotin 129, 130. 
Hydrophan fĂŒr Gasdiffusion 


benutzbar 129, 102 


p* 


132, 11004 


a En 
Te RE, 


een FU a SE 


Se ENTE 
en 


. Wie % 


 E 
Zn 


a 


he 


I a rernle aa EL Ta an Zn ar RR a ns 
RR ie > 
294 
1. 
Indium 1324122; 


- — findet sich im Ofenrauch der 


Zinkröstöfen auf JuliushĂŒtte 
bei Goslar am Harz 132, 124. 
InsektenschÀden, Mittel da- 
gegen 129, 170. 
Jodkalium als Medicament u. 


als Reagens 130, 122. 
Iridiumbromide 132, 138. 
K. 
KÀsefÀulniss 129, 264. 


Kaffeebohnen, Erhaltung des 
Aromas ders. 131:.0120: 


 KaffeegerbsÀure, ein Glyko- 


sid 131, 54. 
Kainit von Leopoldshall 131, 
240. 

Kali, kohlensaures krystallisir- 
tes 131, 98. 
Kali, schwefelsaures, UeberfĂŒh- 
rung dess. in kohlensaures Kali 
131, 98. 

Kaliglimmer 132, 82. 
Kalilauge, Darstellung reiner 
131, 97. 

KaliumeiseneyanĂŒr mitKRali- 
und Natronsalpeter verbunden 
130, 144. 

Kalk als Desinfectionsmittel 
129. 277. 

— kohlensaurer, Löslichkeit dess. 
in Wasser 1317235. 
— und Holzkoblenpulver als 
Desinfeetionsmittel 129, 278. 
— zur Elementaranalyse 131, 
236. 

Kalksuperphospbat 130, 253. 
Kalmus, Acorin, ein Glykosid 


dess. 131, 214. 
KautschuksaughĂŒtchen 131, 
256. 


Kesselstein, Chlorbaryum als 
Mittel gegen die Bildung dess. 
131, 236. 

KieselsÀure, chemische Con- 
stitution ders. 131, 91. 


Kino 132, 169. 
Klebleinewand 129, 162. 
Knochenhöhle von Balve 
- 131, 269. 

Knochenkohle, Wiederbele- 
bung ders. 131, 86. 


Sachregister. 


Kochsalz, VerflĂŒchtigung und 
Zerlegung dess. durch Stein- 
kohlen 129, 231. 

Kochsalzgehalt des Fleisch- 
extracts 129,.21: 

Kohle, Einwirkung der glĂŒhen- 
den auf Ammoniak 131, 86. 

Kohlenoxyd, Erkennung der 
Vergiftung damit 131, 88. 

— Zerfallen dess. in der GlĂŒh- 


hitze 131, 87. 
Kohlenreichthum Englands 
131, 79. 


KohlensÀure-Exhalationen 
in der Umgebung des Laacher 
Sees 131,762: 

Kohlenstoff, Dichtigkeit dess. 
inseinen Verbindungen 131,73. 

KohlenstoffsÀuren, einbasi- 
sche 129, 193. 

Kohlenwasserstoffe a. Stein- 
kohlentheeröl 131, 248. 

— Erkennung derselben in Gas- 
gemengen 131, 249. 

— feste, des Steinkohlentheer- 
öles 131, 251. 

— neue 131, 147. 

Kolanuss 129, 129. 

Kopaivabalsam 131, 254. 

Kos, Heilquellen der Insel 129, 

257. 

KrappverfÀlschung nachzu- 
weisen 132, 172. 

Kreatinin, Einwirkung von sal- 

petriger SĂ€ure auf dasselbe 
132, 180. 

KrebsgeschwĂŒre, zur Linde- 
rung der Schmerzen ders. dient 
CitronensÀure 132, 151. 


Kreosot 131, 9. 
— als Desinfectionsmittel 129, 

281. 
Kreosotgas 132, 53. 
Kreosot-Natron 129, 282. 


KrĂŒmelzucker u. Dextrin aus 
Amylum 132, 141. 
Krystalle, mikroskopische, im 
polarisirten Lichte 130, 217. 
Kupfer, Auffindung sehr klei- 
ner Mengen dess. im Tbier- 
reiche 132, 131. 
— Verhalten dess. zu Lösungen 
der arsenigen, selenigen und 
phosphorigen SĂ€ure 132, 118. 
Kupferfarbe , schön grĂŒne 132, 
133. 


Pr 


Kupferoxyd,chromsaures 132, 
132 


Kupferne Statue des Buddha 
132, 131. 


L. 


Laachersee und KohlensÀure- 
Exhalationen in seiner Umge- 
bung 131, 62. 

Lachse in der Sarine 129, 171. 

Laetimid 131, 107. 

Laetoprotein 129, 139. 

Laminaria digitata 129, 113. 

Landskroner Mineralquelle 

132, 278. 

132, 158. 

132, 182. 


Laserpitin 
Leber enthÀlt Xanthin 


Leberthran 131, 50. 
Leim, flĂŒssiger 132, 182. 
— fĂŒr Etiqueiten 129, 149. 
— weisser flĂŒssiger 132, 182. 
Leinölfirniss 131, 114. 
LeinölsÀure 1519113: 


I 

Lemnos, Heilquellen 131, 70. 
Leuchtgas von Schwefelkohlen- 
stoff zu befreien 130, 164. 
Leueinimid 131, 109. 
Lithionreiche Mineralquellen 
130, 117. 

Lorbeeröl, Àtherisches 131,118. 
Luft, atmosphÀrische, ihr Am- 
moniakgehalt 130, 108. 
— Verbesserung derselb. durch 
Wasserverdampfung 129, 286. 
Luft-Untersuchungen 


Luft-Verunreinigung 
| 291. 
Lupine, Keimung der gelben 

131, 201. 


Mi. 


Magnesia, boreitronsaure 132, 
152. 

— salzsaure u. schwefelsaure zur 
Desinfection 129, 276. 
— zur CĂ€mentbereitung 131, 96. 
Magnesiumlicht 129, 98. 
MailÀnder Zahntinetur 129,167. 
Malzextract 129, 168. 
Mandelöl, Entdeckung einer 
VerfÀlschung dess. 131,110.111. 
Mangan, Scheidung vom Eisen 
129. 234. 

Mangansaures Kali 129,283. 


ER 
Sachregister. 


Marmor, kĂŒnstlicher 131, 96. 
Marrubium 132, 105. 
Maulbeerbaum 132, 107. 
Meerestiefe 130, 119. 
Meerwasser, Gefrieren dess. 

130, 120. 
Meerzwiebel 129, 116. 
Meggener Schwefelkieslager 

130, 128. 


Mehl, Mutterkorngehalt desselb. 
nachzuweisen 132, 282. 
Menschengeschlecht, Stati- 
stik dess. 129, 88. 
Menschheit, vorgeschichtliche 
Zeit ders. 129, 86. 
Menschliches Geschlecht, Ur- 
sprung dess. 129, 86. 
Merliton 131, 50. 
MethyldiacetsÀure 129, 199. 
Methylen-di-Methylencarbon- 
sÀure 129, 199. 
Methylen-di - methylencarbon- 
saures Aethylen 129, 203. 
Methylen-di- methylensaures 
Methyien 129, 205. 
Mikroskopische Beobachtung 
von PrÀparaten nach NÀgeli 
130, 110. 
Milchanalyse 129, 138. 
MilchprĂŒfung 132, 120. 
MilchsÀure zur Heilung der 
Verdunkelungen der Hornhaut 
129, 163. 
Mineralquelleam Königsstuhle 
bei Rhense 129, 213. 
Mineralquellen zu Apollina- 
risbrunn, Heppingen u. Lands- 
kron im Ahrtbale 132, 278. 
— zu Tönnistein und Heilbrun- 


nen im Brohlthale 131, 169. 
Mineralwasser, eisenhaltiges 
132, 109. 

Mineralwasser - Analysen 
130, 114. 
Monochloraceton 130, 164. 


Mononatriumglykolat auf 
essigsauren GlykolÀther einwir- 
kend 130, 201. 

Morindon, identisch mit Ali- 
zarin 

Morphin, 
durch Amylalkohol 

MĂŒhlsteine, bleihaltige, als 
Ursache einer Vergiftung von 
350 Personen 132, 130. 


132,17. 0008 
Abscheidung dess.. 
132, 24° 


296 


MĂŒnzen von Gold oder Silber 
auf ihre Aechtheit zu prĂŒfen 


132, 136. 
Musa sapientum, schnelles 
Wachsthum ders. 131, 219. 


Musculin-PrÀparate 129,148. 
Mutterkorn 129, 110. 
— im Roggenmehle u. gemisch- 
. ten Weizenmehle nachzuwei- 

sen 132, 282. 


N. 

Naphtalin liefert eine dem Ali- 
zarin Àhnliche Substanz 132,172. 
Naphtalin- Verbindungen 
131, 250. 

Nardo& 129, 114. 
Narkotin frei im Opium und 
dems. durch Terpenthinöl ent- 
ziehbar 132, 173. 
Narthecium ossifragum 130, 
Natronhydrat, kÀufliches, ent- 
hÀlt zuweilen Vanadin 131, 244. 
Natronlauge, Darstellung rei- 
ner 131, 97. 
Nematoden in RĂŒben 129, 169. 
Nickel-Kobalterz von Dob- 
schau 131, 33: 
Nitrobenzo@sÀure - Aether 


und Brom 131.0132. 
Nitroglycerin 131, 100. 
— SchĂ€dliehkeit dess. 131, 103. 


— Schiffsexplosion durch dass. 
131, 101. 

— Vorsichtsmassregeln bei Be- 
nutzung dess. 131, 102. 
Nitroverbindungen 130, 136. 


Âź. 
Obstmark vortheilhaft zu nu- 
tzen 130, 156. 
Obstwein- und Obstessigberei- 


tung 130, 159. 
Oele, Àtherische, Ausbeute 13i, 

117. 
— fette, EntfĂ€rbung derselben 


130, 226. 
— — PrĂŒfung ders. 131, 176. 
— RothfĂ€rben ders. 131, 114. 


Oel, VerÀnderung des Oeles mit 

der Zeit 131, 185. 
Oenanthyl-Alkoho] 131, 109. 
Opium 


 Sachregister. 


wi; 


Opium, Einwirkung von Ter- 
penthinöl auf dass. 132, 173. 
— Entgegnung Henkel’s auf 
Finkh’s Mittheilungen 130, 261. 
Opium-MilchsÀure 131, 106. 
OrangenblĂŒth- und Orangen- 
blÀtter- Wasser 131, 119. 
OxalsÀure-Aether, Wirkung 
dess. auf den Harnstoff 129, 158. 
OxalsÀure-AethylÀther 130, 
155. 

Ozon, Einwirkung desselb. auf 
Brom- und Jodsilber 129, 107. 


P. 


Pankreatin 132, 182. 
Papier, wasserdichtes 131, 148. 
Pastinaca sativa 130, 224. 
Pergamentpapier, farbiges u. 

geleimtes 131, 257. 
Petroleum americanum 131, 


139. 

Petroleumbeleuchtung 131, 
147. 

Petroleumquellen in Italien 
131, 147. 
PetroleumverfÀlschung 131, 
247. 


PflanzengerĂŒche, Classifica- 
tion ders. 131, 115. 
Pharmakologische Notizen 


132, 104. 
Phenol, Constitution desselben 
1315214: 

— als Desinfeetionsmittel 129, 
281. 

Phenyl-Aethyl 131, 121. 


Phenylin des Provisors A. Lie- 
ven 129, 272, 292. 
PhenylsÀure vom Steinkoh- 
lentheeröl zu unterscheiden 
131511222 


— krystallisirte 130, 77. 
Phosphor, Entdeckung dess. in 
VergiftungsfÀllen 130, 129. 


PhosphordÀmpfe, gegen ihre 
schÀdlichen Wirkungen Ter- 
penthinöldÀmpfe vorgeschlagen 

130, 253. 

Phosphorige SĂ€ure, ihr Ver- 
halten gegen Kupfer und Sil- 
ber 132, 118. 

Phosphorit aus Spanien 130, 

2 D 


129, 59. | Phosphormagnesium 131,238. 


Sachregister. 297 

PikrinsÀure, physiologische | Redrutter Lithionquelle 130, 
und therapeutische Wirkungen 117. 
derselben 131, 123. | Regen wasser 130, 111. 


Pillenmasse mit Pulvis Cube- 


barum 129, 58. 
Pilze, Elementarorgane dersel- 
ben 129, 68. 
Plantago 131, 268. 
Platinplatirung fĂŒr Schalen 
132, 137. 

Platinspiegel 132, 138. 


PökelflĂŒssigkeit, Gewinnung 
der nahrhaften Theile ders. 
durch Dialyse 129, 146. 


Pökeln des Fleisches 132, 177. 


178. 
Pompejanisches Brunnenwas- 
ser 130, 117. 


Portland-CĂ€ment, englisches 


Probirverfahren fĂŒr denselben 

131, 95. 

Protagon 132, 175. 

Pyrochroit 131, 245. 
Âź: 

Quecksilberlager, ergiebiges 

132, 133. 


Quecksilberoxyd durch FĂ€l- 
lung bereitet, Anwendung des- 
selben in der Augenheilkunde 

129, 163. 

QuecksilberrhodanĂŒr und 

Quecksilberrhodanid 132, 78. 


Rademacher's essigsaure Eisen- 
tinetur 131, 217. 
Radiecale, eine neue Classe zu- 
sammengesetzter metallhaltiger 
130, 130. 


Ragzalquelle 130, 116. 
Rapskuchen u. entöltes Raps- 
mehl 131, 199. 


Ratanhia, ihre Anwendung in 
der FĂ€rberei 132, 171. 


— Savanilla- 129, 118. 
Ratanhin 132, 169. 
Rauchfleisch 129, 144. 
— zu conserviren 132, 178. 


Raupen auf dem Schnee 
1. 

Rechenschaftshahn (robinet 
compteur) 130, 158. 


Reuther's Eisenwasser 130, 115. 
Rhenser Mineralquelle 129, 213. 
Rhodanverbindungen des 
Quecksilbers 132, 78. 
Rhone, unterirdischer See der- 
selben 130, 119. 
Rhus coriaria zur Gewinnung 
von AepfelsÀure 132, 153. 
— Toxicodendron 132, 283. 


Rohrzucker von Traubenzucker 
zu unterscheiden 132, 143. 
Rossbad bei Krummbach 130, 
116. 

Rothe FĂ€rbung mancher natĂŒr- 
lichen Salze verursacht durch 
Organismen 131, 239. 
RothÂŁĂ€rben der Fette u. Oele 
131, i14. 

Rothenbrunnen im Walser- 
thale 130, 114. 
Rothes Meer, Analyse des Was- 
sers dess. 130, 118. 
Rothwein, kĂŒnstlich gefĂ€rbten 
von natĂŒrlichem zu unterschei- 
den 130, 158. 
Rothweine zu prĂŒfen 130, 158. 
RĂŒbendampfsaft, condensir- 
ter 132, 148. 
RĂŒben-Nematoden 129, 169. 
RĂŒbenzucker-Fabrikation 
im Zollverein 132, 146. 
RunkelrĂŒben, Saftgewinnung 
daraus 


S. 


Saftgewinnung aus Runkel- 
rĂŒben 132, 147. 
Salpeterkrystalle, grosse 
131, 229. 


SalpetersÀure, rauchende 130, 


109. 
SalpetersÀuregehalt dereng- 
lischen SchwefelsÀure 130, 109. 


SalzsÀure, arsenhaltige des 


Handels 130, 121. 
Santorin, Erdbeben auf dieser 
Insel 129, 88. 
Sauerstoffgas, Darstellung 


130, 104. 105. 
— durch Pflanzen ausgehaucht 
130, 107, 


132, 147. 


er re 


ag 


TE 


ee 
ET ER ER 


B- Ka ee 


« 


En 


w 


“ 


> % 
ra 


er 


Fr Fe 
BERRRILUTF 


av ' ET NT RE RRD DUB LT EN ARE, 
. wi t TE EN Te 


298 


Sachregister. 


Sauerstoffgas, Explosion bei | Silber, Verhalten dess. zu Lö- 


Darstellung dess. 130, 104. 
SaughĂŒtchen von Kautschuk 
131, 256. 
Savanilla-Ratanhia 129, 118, 


119. 
 Schellacklösung 131, 255. 
Schiessbaumwolle, 2 neue 


Arten 131, 253. 
- Schiesspulver aus HolzsÀge- 
spÀnen 131, 258. 
Schlagloth fĂŒr Hartlöthungen 
132, 131. 
Schlempekohle-Fabrikation 
131, 85. 
Steinsalzlager 
131, 230. 
Schönheitsmilch 129, 166. 
Schönheitsmittel, genuesi- 
sches, fĂŒr Damen "9, 58. 
Schukhur-ool-Aschur 132, 
150. 

Schukhur Preghal 132, 150. 
Schweinemilch, Analyse 131, 
152. — 132, 174. 

Schwefel fÀrbt die Wasserstoff- 
gasflamme blau 130, 125. 
Schwefelbestimmung in or- 
ganischen Substanzen 130, 103. 


Schwefelkalium-PrÀparate, 
Verdeckung ihres unangeneh- 


Schönebecker 


men Geruchs durch Anisöl 
| 132, 184. 
SchwefelsÀure 130, 128. 


SchwefelsÀurebildung 130, 
248. 
Schweflige SĂ€ure, ihr Ver- 

halten gegen Kupfer 132, 118. 
— — zur Desinfection 129, 286. 
Schwefelkohlenstoffdunst, 

SchÀdlichkeit dess. - 131, 89. 
Scoparin 132, 169. 
Seewasser, Einwirkung dess. 

auf gewisse Metalle und Legi- 

rungen 130,120. 
Selenige SĂ€ure, ihr Verhalten 
gegen Kupfer u. Silber 132, 118. 
 Seidenraupen 131, 36. 
Seidenraupenkrankheiten 


131, 41. 

Selen 130, 129. 
Senföl, Ă€therisches, PrĂŒfung 
dess, 131, 104. 
Siegellacke 129, 57. 


sungen der arsenigen, seleni- 
gen und phosphorigen SĂ€ure 
132, 118. 

Silber- und GoldmĂŒnzen auf 
ihre Aechtheit zu prĂŒfen 132, 
136. 

Silbersalpeter, ein Mittel, um 
Silber- u. GoldmĂŒnzen auf ihre 
Aechtheit zu prĂŒfen 132, 136. 
Silicononylhydrat 130, 151. 
Smirgel 131, 240. 
Soda, PrĂŒfung der caleinirten 


131, 52. 

Sodafabrikation 131,231: 
Sodaprocess von Leblane 131, 
233. 

Sonnenblumenöl 131, 112. 


Spectralanalyse 129, 95. 
Sprengöl, Wirkungen desselb. 
131, 100. 

StÀrke, Bildung von Glykose 
u. Dextrin aus ders. 132, 141, 
StÀrkezucker- Fabrikation 
132, 140. 

Stassfurthit 131, 98. 
Statue des Buddha von Kupfer 
132, 131. 

in Turkestan 
131, 75. 
Steinkohlentheer als Desin- 
fectionsmittel 129, 281. 
Steinkohlentheeröl als des- 
infieirendes Mittel 129, 281. 
— Kohlenwasserstoffe dess. 131, 


Steinkohlen 


248. 251. 
Steinkohlenverbrauch 131, 
7. 

Steinsalzlager bei Schöne- 
beck 131, 230. 


Sternschnuppenfall im No- 
vember 1866 131, 66. 
Stickoxydul, in Ammoniak u. 
SalpetersĂ€ure ĂŒberfĂŒhrbar 130, 


108. 
Stickoxydulgas als Anaesthe- 
ticum 130, 110. 


Straussenzucht am Cap 131, 


150. 

Strychnin, durch Amylalkohol 
abscheidbar 132, 29. 
SuceinaminsÀure 131, 108, 
SulfĂŒre 130, 126. 
Syrup. Rub. Idaei 129, 162. 


EEE RE EL 
Er ua Ba Nahe 2 EB ER Mh Re 
Sachregister.. a er - \0 
T. Vanadingehalt des kÀuflichen 
Aetznatrons 131, 244. 
Tabakssaft 130, 79. 2 2 DEE 
Tannin, Geruchsprineip des Ver 5 = EL eh 
kÀuflichen 132.154, Sean 


Telegraphen-Apparat 129, 
101 


Telegrapbie, der Erfinder der 
elektrischen 130, 260. 
Tellur 132: 
Terpenthinöl auf Opium ein- 
wirkend, entzieht demselben 
Narcotin 1823-108. 
TerpenthinöldÀmpfe gegen 
die schÀdliche Wirkung von 
PhosphordÀmpfen 130, 253. 
TetrĂ€thylammoniumjodĂŒr, 
Einwirkung dess. auf Natrium- 
alkoholat 130, 209. 
Thallium, Vorkommen 132, 126. 
Thalliumfluorid 132, 128. 
Thalliumgewinnung 132, 126. 
Thalliumglas 132, 129. 
Thalliumoxydsalze 132, 127. 
Tinetura Ferri acetici Rade- 
macheri ham 217: 
Tinten 129, 5b. 
TitansÀure 131.249. 
Tönnissteiner Mineralquelle 
131, 160. 

Traubenzucker, neue Reac- 


tion auf dens. 132, 142. 
— vom Rohrzucker zu unter- 
scheiden 132, 143. 
Trehala oder Tricala 132, 150. 
TriĂ€thylamin 130, 56. — 
jan173. 

TriearballylsÀure 131, 105. 
Trichinen 129, 166. 


TrithionsÀure, Bildung aus 

schwefligsaurem Kali 130, 251. 
Tsa-tsin 129, 131. 
Turpithwurzel 129, 122. 


Tyrosin-Derivate 130, 44. 
U. 
Uebermangansaures Kali 

131, 246. 

Uebersaxener Eisenquelle 130, 
114. 

Uhrmacheröl 131,115. 


Urinoirs der Pariser Omnibus 
129, 277. 


V. 


ValeriansÀure 130, 61. 


— in Folge Beschneidens erkrank- 
129, 164. 
Gusseisens _ 
132, 112. 
Versilberung von Glas nach 
Bothe 132, 135. 
Verunreinigungen der Arz- 
neimittel 132, 259. 
Volksheilmittel 130, 227. 
— VerhĂ€ltniss der Apotheker zu 
denselben 130, 80. 


ter Weinstöcke 
Verkupfern 'des 


ww. 


Wachholderbeeren als Sur- 
rogat ‚fĂŒr Copaivabalsam und 
Cubeben 129,.129. 

Wachs, Nachweisung von Ver- 
fÀlschungen dess. 129, 161. 

Wasser, FĂ€ulniss dess. 120, 283. 

Wasseranalysen 130, 114. 

Wasserglas 131, 93. 

zur Üonservirung der Eier 

129, 134. 

Wasserreinigung 129, 233. 

Wein, enthÀlt derselbe normal 
Alaun? 131, 241. 

Weingeist mit Wasser 130, 153. 

WeinsÀure, Bleigehalt der 


kÀuflichen 131, 198. 
— inactive, in TraubensĂ€ure 
ĂŒberfĂŒhrbar 132, 150. 
— ĂŒber die BasieitĂ€t derselben 
121, 186. 


Weinstein gegen Zuckerharn- 


ruhr 131, 263. 
Weinstock 129, 115. 164. 
Weintreber gehörig auszu- 

nutzen 130, 156. 


Weissblechschnitzel, Nutz- 
barmachung ders. 132, E11. 


WeizenmehlfÀulniss 129,266. 


Wittstock’s Biographie 130, 193. 
Wolfram, dessen Einfluss auf 
das Gusseisen 132, 110. 


Wolframsaures Natron zur 


Trennung von Calcium und 
Magnesium 131, 232. 
Wuthkrankheit, Mittelgegen 
dieselbe 


SUR TEE 


129, 165. Ar 


300 
x“. 
Xanthingehalt der Leber 132, 
182. 
— des Harns 132, 183. 


Xanthoxylum Ochroxylum, gel- 
ber Farbstoff dess. 131, 222. 


Ximenia americana, Blau- 
sÀure darin 131,222: 
Xylol 131, 137. 
2. 

Zahntinetur, MailÀnder 129, 
167. 

Zibeth 130, 246. 
Zinkfabrikation 132, 121. 


Sachegister. 


Zinkoxydammoniak 132, 122, 

Zucker benimmt stinkend ge- 
wordenen thierischen Substan- 
zen ihren ĂŒblen Geruch 129, 


282. 

— Unterschied von Rohr- und 
Traubenzucker 132, 143. 
— zum Fleischpökeln 129, 146. 
— 132, 178. 

Zuckercouleur, Fabrikation 


ders. 132, 148. 
Zuckerkapseln mit löslichem 
Eisenoxydsaccharat 131, 28. 
Zuckerverbrauch im Zollver- 
ein 132, 143. 


Il. Literatur und Kritik. 


Rtlicher Bericht ĂŒber die4ĂŒste | 


Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Aerzte. Hanno- 
ver 1866. Angezeigt von E. 
Hallier 131, 156. 
AndrÀ, Verhandlungen des na- 
turhistor. Vereins der preuss. 
Rheinlande und Westphalens 
1866. Angezeigt von Dr. Löhr 
131, 268. 

Berg, Otto, Die Chinarinden 
der pharmakognost. Sammlung 
zu Berlin. 1865. Angezeigt v. 
L. F. Bley 132, 188. 
Bibliographischer Anzeiger fĂŒr 


Pharmaceuten; von E. 1867. 
No. 1. 130, 189. 
— — — ko.ll 131, .165: 
— — — ko. II 132, 189. 


Buff, H. L., Ein Blick auf die 
Geschichte der Chemie. Erlan- 
gen 1866. Angezeigt von Dr. 
R. Kemper 129, 181. 

— Grundlehren der theoretischen 
Chemie. Erlangen 1866. An- 
gezeigt von Dr. R. Kemper 

129, 72. 

Duflos, Adolf, Die PrĂŒfung 
chemischer Arzneimittel. Bres- 
lau 1866. Angezeigt von Carl 
Bley 129, 295. 

Eulenberg, Lehre von den 
schÀdlichen u. giftigen Gasen. 
Angezeigt von Dr. Schlienkamp 

129, 189. 

FlĂŒckiger, F. A., Lehrbuch der 


Pharmakognosie des Pflanzen- 
reichs. Berlin 1867. Angezeigt 
von Hallier 130, 256. 
Hager, Manuale pharmacenuti- 


cum; edit. III. Lesnae 1866. 
Angezeigt von Dr. H. Ludwig 
| 130, 168. 


Desselben Werkes Vol.II. Lesnae 
1866. Angezeigt von H. Lud- 
wig 130, 175. 
Muspratt, theoret., prakt. und 
|  analyt. Chemie. 2. Aufl. 2. Bd. 
Angezeigt von L. F. Bley 131, 
246. 

Pharmacopde frangaise. Paris 
1866. Angezeigt von Dr. Th. 
Wimmel 130, 178. 
Pharmacopoea helvetica, 1865. 
| Angezeigt von Th. Husemann 
129, 183. 

Rammelsberg, Leitfaden fĂŒr 
die qualitative chemische Ana- 
lyse. 5. Aufl. Berlin 1867. An- 
gezeigt von L.F. Bley 130, 259. 
Reinsch, Paul, Das Mikroskop. 
NĂŒrnberg bei J. A. Stein. 1867. 
Kritik von Dr. Weinhold 132, 
285. 

MoritzSeubert, Lehrbuch der 
gesammten Pflanzenkunde. 4te 
Auflage. Angezeigt v. Hallier 
129, 295. 

ı Schur, J. F., Enumeratio plan- 
tarum Transsilvaniae. Vindo- 
' bonae 1866. Angezeigt von Dr. 
IM. J. Löhr 131, 156. 


N 


Autorenregister. 


J.J. v. Tschudi, Reisen durch 
SĂŒdamerika. 2. Bd. Angezeigt 
von Dr. Löhr 130, 187. 


Wilbrand, Dr. J. u. F. Leit- 
faden fĂŒr die ersten Uebungen 
im chemischen Laboratorium. 
Neuwied u. Leipzig, Heuser’s 
Verlag. 1867. Kritik von Dr. 
Weinhold 132, 287. 


H. Will, Jahresbericht ĂŒber die 
Fortschritte der Chemie etc. 


de RE Ran Ra NE a a Typ RE DR NN 
3” N EB an h) en 
: \ ENT, 6 


N 
301 


Angezeigt von Dr. Geiseler 1. 
129, 191. 

Wittstein, @. C., Anleitung 
zur Darstellung und PrĂŒfung 
chemischer und pharmaceuti- 
scher PrÀparate. 4. Aufl. 1867. 
Angezeigt von L. F. Bley 132, 
185. 

G.C. Wittstein, Taschenbuch 


der Geheimmittellehre. Nörd- 
lingen 1867. Angez. von 7%. 
Husemann 13150162 


II. Autorenregister. 


A. 

Agassiz, Metamorphose der Fi- 
sche 131, 149. 
Almen, A., Xanthingehalt der 
Leber 132, 182. 
Andreae, VerfÀlschung des 
Argent. nitrie. mit Kali nitrie. 
132, 135. 

Ansell, G. F., Diffusion von 
Gasen 129, 102. 


Archer, ĂŒber GallĂ€pfel, Cap- 
safran und afrik. Cubeben 129, 


120. 

Artus, ĂŒber Rauchfleisch 129, 
- 144. 

— Erkennung von Ă€chtem Roth- 
wein 130, 158. 
Assmuss, Fabrikation der Zu- 
ekercouleur 132, 148. 
Atfield, ĂŒber die Kolanuss 129, 
12: 


Barral, Bouchardatu. Bous- 
singault, ĂŒber die dĂŒngende 
Wirkung der Ammoniaksalze 

129, 277. 

Barreswill, ĂŒber Chlorwasser 

130, 120. 

Barrett, W.F., ĂŒber die Blau- 
fÀrbung der Wasserstoffgas- 
flamme durch Schwefel 130,125. 

Bartscher, ĂŒber schlechte Chlo- 
roform - Narkose 129, 256. 

Baudot, E., Verhalten des Al- 
kohols im Thierorganismus 129, 

160. 

Baumgarten, A., Vanadinge- 
halt des Aetznatrons des Han- 
dels 131, 244. 


Beane, Wiederbelebung der 
Knochenkohle 131, 86. 
Becchi, E., BorsÀureÀther 130, 
154. 
Becker, boreitronensaure Mag- 
nesia 132, 152. 
Begemann, K., ĂŒber Narthe- 
cium ossifragum 130, 242. 
Beilstein, F., Xylol 131, 137. 
—_ u. F. Schlu: n, isomere Chlor- 
benzoesÀuren 131, 130. 
Bender, Laacher See 131, 62. 
— Mineralquellen zu Heppingen, 
Landskron und Appollinaris- 
brunn im Ahrthale 132, 278. 
— Mineralquellen zu Tönnisstein 
und Heilbrunnen im Brohl- 
thale 131, 169. 
Bennet, MĂŒller u. Pimont, 
Nachweisung einer Krappver- 
fÀlschung 132, 172. 
Bergemann, Vorkommen von 
Brom im Steinkohlenruss 131, 


270. 
Berlandt, EntfÀrbung fetter 
Oele 130, 226. 


— Nachweisung des Mutterkorns 
im Roggen- und gemischten 
Weizenmehle 132, 282. 

Bernatzik, ĂŒber Cubeben 129, 

123. 

— ĂŒber Cubebin 129, 128. 

Berthelot, Mittel zur Erken- 
nung von Kohlenwasserstoffen 
in Gasgemengen 131, 249. 

— neue metallhaltige Radicale 

130, 130. 

Betoldi empfiehlt Weinstein als 
ein Mittel gegen Zuckerharn- 
ruhr 131, 263. 


a MERAN SEHE IR 
302 


Beyer, A., Keimung der gelben 
Lupine 131, 201. 
Beyer, G., Derivate des Tyro- 
sins 130, 44. 
Bilfinger, O., AzodracylsÀure 
ausHydrazodracylsÀure131,131. 
Birnbaum, Bromverbindungen 
des Iridiums 132, 138. 
Björklund, 6. A., Mittheilun- 
gen ĂŒber Flores Cinae 131, 227. 
Black nnd Bell wenden Terpen- 
thinöldÀmpfe gegen die nach- 
theilige Wirkung der Phosphor- 
dĂ€mpfe in ZĂŒndhölzchen - Fa- 
briken an 130, 253. 
Blas. Àth. Oel der Lorbeeren 
151, 118. 

Bley, Biographien von A. L. 
Aschoff und E. F. Aschoff 129, 

1, >. 

— Nachtrag zu dem Nekrolog 
des Dr. Friedrich Meurer 132, 
208. 

Blondeau, Ch., zweineue Arten 
von Schiessbaumwolle 131, 259. 
— Goemin 131, 262. 
Bloxam, Ch.L., qualitative Ana- 
lyse von in Wasser und SĂ€uren 
unlöslichen Substanzen 130,102. 
Blumtritt, E., ĂŒber die Gase, 
welehe durch Erhitzen aus 
trocknen Körpern entfernt wer- 
den können 130, 1: 
Blunt, Th. P., Phosphormagne- 


sium 131, 238. 
Bobierre, Regenwasser - Ana- 
lyse 130, 111. 
Bodenstab, Fr. bleihaltige 
WeinsÀure 131, 198. 


Bopps Versuche ĂŒber die FĂ€ul- 
niss des KĂ€ses, Albumins und 
Fibrins 129, 264, 265. 

Borsche und Fittig ĂŒber Äce- 
ton und Allylen 130, 165. 

Bothe’s Verfahren, Glas zu ver- 


silbern 132,135! 
Böttger ĂŒber Darstellung von 
Sauerstoffgas 130, 105. 
— Glas zu versilbern 132, 135. 
— Selen 130, 129. 
-— Vorkommen von Indium 132, 
124. 


Boue, Ami, Ursprung d. mensch- 
lichen Geschlechts 129, 86. 
Boussingault, Chlormagne- 
sium zur Conservirung des Am- 


moniaks und der PhosphorsÀure 


im Harn 129, 276. 
Brandes, R., ĂŒber einbasische 
KohlenstoffsÀure, namentlich 
ĂŒber EssigsĂ€ure 129, 103. 
Brandini, Luigi, Anwendung 
von CitronensÀure zur Linde- 
rung der Schmerzen bei Krebs- 
geschwĂŒren 132, 151. 
Braun, ĂŒber Nardo@ 129, 114. 
— neue Reaction auf Trauben- 
zucker 132, 142. 
Briegel, G., Benzoyl 131, 130. 
— hydrazosalieylige SĂ€ure 131, 


136. 
Brodie ĂŒber den Graphit 130, 
254. 
Buchner, Max, Fluorthallium 


132, 128. 

Buisson, Mittel gegen die Wuth- 
krankheit 129, 165. 
Bunsen, R.. einfache Gewin- 
nung des Thalliums 132, 126. 
Busse, A., Apparat zur Ent- 
wickelung von Chlorgas 129, 45. 
Bussy, Vorkommen von Brom 
und Jod in manchen Kohlen- 


sorten 131, 270. 
Buttlerow, A.,tertiÀre Alkohole 
130, 145. 

©. 
Cabanes, ĂŒber Desinfection 129, 
281. 
Cahours, Athmen der BlĂŒthen 
129, 109. 


Cahours und Pelouze ĂŒber 
das amerikanische Steinöl 131, 
139. 

Caillou, Chloroform zur Erken- 
nung des Zuckers im Harn 
132, 184. 

Calloud, Desinfection des Men- 
schenkoths 129, 276. 
Calvert, Crace, Einwirkung des 
Seewassers auf Metalle 130, 120. 
Carlevaris, Magnesiumlicht 
126, 98. 

Carnochan, Stickoxydulgas als 
Anaestheticum 130, 110. 
Casselmann, Bereitung einer 
schön grĂŒnen Kupferfarbe 132, 
133. 

— PrĂŒfung fetter Oele 131, 176. 
Chapmann, T. Capryl- und 
Oenanthyl- Alkohol 131, 109. 


ur: & er 
Ä 2” Beh Du N % > N aan . un K 
5 ÄAutorenregister. 303 79 
Chatin und Filhol, Farbstoff | Dragendorff,;Cantharidin 132, ei 
der BlÀtter 132, 165. 233. SR 
Chevallier, ist Alaun ein nor- | Dullo, WachsverfÀlschung 129, 
maler Bestandtheil des Weins? 161. 


131, 241. 

Chevreul., ĂŒber das Jodkalium 
130, 123. 

Christomanos, Erdbeben auf 
Santorin 129, 88. 
Clemens, Chlorkupferlampe 129, 
287 


Clo&z, Sauerstoffgas aus Pflan- 
zen 130, 107. 
Cohn, ĂŒber Laminaria digitata 
129, 113. 

Comaille, Analyse der 
Mileh 129, 138, 139. 
Contal, Wachholderbeeren ein 


A., 


Surrogat fĂŒr Copaivabalsam 
129, 129. 

Corne und Demeaux, ĂŒber 
Desinfection 129, 281. 


Crafts und Friedel, ĂŒber Si- 
lieium - Alkohole 130, 150. 
Creswell u. Tavernier, Pla- 
tinspiegel 132, 138. 
Crookes, W., Unterscheidung 
der CarbolsÀure (PhenylsÀure) 
vom Steinkohlentheeröll31.122. 
Cruse, Löslichkeit des kohlen- 
sauren Kalksin Wasser 131,236. 
Czumpelik, fiĂŒchtige SchĂ€rfe 
von Coronilla varia 131, 121. 


». 


Dales’ Desinfeetionsmittel fĂŒr 
Cloaken 129, 274. 
Daniell, Kolanuss 129, 129, 
Dawson,Collodiumwolle131,258. 
Demeaux, Desinfection 129,281. 
Dessaignes, Umwandlung der 
inactiven WeinsÀure in Trau- 
bensÀure 
Deumelandt,@., Xylol 131,137. 
Deville, H.St.Cl., Dissociation 
des Kohlenoxyds 131,877 
Deville, H.St.Cl., kĂŒnstlicher 
Marmor und CĂ€ment mit Mag- 
nesia bereitet 131, 96. 
Dietrich, Eugen, ĂŒber das Ver- 
hÀltniss der Apotheker zu den 
Volksheilmitteln 130, 80. 
Dietzenbacher, ĂŒber rauchen- 
de SalpetersÀure 130, 109. 
Dougall, Mac, desinfieirendes 
Mittel 129, 291, 281. 


132, 150. | 


Duprez, Blitzableiter 129, 99. 
DĂŒrr, Xanthin in Harn 132, 183. 


E. 

Eckstein, A., Conservirung von 
Rauchfleisch und Beseitigung 
bereits eingetretener FĂ€ulniss 
desselben 132, 128. 008 

Erb, W., physiologische u. the- 
rapeutische Wirkungen der Pi- 
krinsÀure 131, 123. 

Erdmann, J., Derivatedes Bben- 
zoins 131,138 

— Jul., zurMilchprĂŒfung 132,220. 

Ernst, G. A., Amylumkörner in 
den Zellen des Stengels strauch- 
artiger Urticeen 131: 220.3 

— BlausĂ€ure in den FrĂŒchten von 
Ximenia americana 131, 222. 


— botanische Notizen aus Cara- 


cas 131, 219295 
— gelber Farbstoff von Xantho- 
xylum Ochroxylum DC. 131,222. 
— giftige Eigenschaften von Eu- 

phorbia caracasana Boiss. 131, 
223. i 

— Guachamaca, eine Giftpflanze 
aus den Llanos von Venezuela 
131, 224. © 

— Gummi von Acacia Ouyrare- 
ma DC. 131, 221. 
— iĂŒpver die Pulpa in den FrĂŒch- 
ten der Randia-Arten 131, 221. 
— Scheiligkeit des Wachsthums 
von MusasapientumL. 131,219. 


FE. 5 

Facilides, Otto, Verfahrenzur 

Aenderung beliebiger speeif. 
Gewichte in normale 130, 219 

Faust, August, Acorin, ein Gly- 

kosid im Kalmus 131, 214. 

— Darstellung von Bromsalzen 
131, 216. 

— Rademacheıs essigsaure Eisen- 


tinetur 131, 217. 
Feldmann, A., Laserpitin 132, 


158. 
Filhol, Farbstoffe der BlÀtter 
133, .165 

Finckh,C., AloetinsÀure 132,161. 
— Chloranil 132,162. 7 


— ChrysoeyaminsĂ€ure 132, 161. = 


a Da EEE a ae 


304 


Finckh, C., ĂŒber Opium 129, 59. 
Fittig, R., Aethyl-Phenyl 131, 
121. 

— Verschiedenheit des Cymols 
aus RömischkĂŒmmelöl von dem 
sog. Cymolaus Campher 131,139. 
Fittig u. Borsche ĂŒber Aceton 
und Allylen 130, 165. 
Fleitmann’s Methode Sauer- 
stoffgas darzustellen 130, 104. 
FlĂŒckiger, F.A., Anatomie der 
Chinarinden 130, 229. 
Forbes, Evansit 132,241. 
— Zusammensetzung des Phos- 
phorits aus Spanien 130, 253. 
Forchhammer ĂŒber mangan- 
saures Kali 129, 283. 
Fort, Klebleinewand 129, 162. 
Frankland u. A.W.Hofmann, 
Eiseuchlorid zur Desinfection 
129, 272. 

Fremy, E., Chlorophyll 132, 164. 
Fresenius, Analyse der Emser 
Felsenquelle 130, 112. 
Freycinet, de, Desinfections- 
mittel 129, 291. 
Friedel und Crafts, Silicium- 
haltige Alkohole 130, 150. 
Frisch, Kuno, BasieitÀt derWein- 


sÀure 131, 186. 
— ĂŒber das Kreosot 130, 9. 


— Nickelkobalterz von Dobschau 
131, 53. 

— PrĂŒfung ealeinirter Soda131,52. 
Fritzsche, J., feste Kohien- 
wasserstoffe des Steinkohlen- 
theeröls 131, 251: 
Fryer, Luftanalysen 130, 107. 
Fuchs, Analyse des Fleisch- 
extracts von Gibert aus Fray- 
Bentos 132, 180. 
— Nutzbarmachung der Weiss- 
blechschnitzel 132,111. 


G. 
Gail-Bordes, Fleischzwieback 
129, 145. 
Geuther, A.,ĂŒber Aether 129, 37. 
— Einwirkung von salpetrigsau- 
rem Kali auf salzsaures Tri- 


Ă€thylamin 130, 56. 
Gibert’s Fleischextract v. Fray- 
Bentos 132, 180. 


Glaser, C., Verbindungen des 
'Naphtalins mit Brom 131, 250. 
Gobley, Wasser der Orangen- 


a 2 2 1 ah 


Autorenregister. 


blĂ€tter und OrangenblĂŒthen 
131, 119. 

Gobley, Wirkung des Terpen- 
thinöls auf Opium 132, 173. 
Göbel, Carnallit von Maınan in 
Persien und Ursache der rothen 
FĂ€rbung mancher natĂŒrlichen 
Salze in einem Gehalt an Or- 


ganismen 131, 239. 
Gohren, Th.von, Schweinemilch 
132, 174. 


Göppert, Anordnung derAlpen- 
pflanzen in den GĂ€rten 131, 55. 
— ĂŒber den Breslauer botani- 
schen Garten 129, 77. 
Gore, ĂŒber Chlorwasserstoff 130, 
121. 

Gorup-Besanez, von, ĂŒber die 
Excremente 129, 260. 
Götze, ĂŒber einen Leviathan - 
W einstock 129, 115. 
GrĂ€ger, ĂŒbermangansaures Kali 
131, 246. 

— Darstellung reiner Aetzlaugen 
131, 97. 

Grandeau, Digitalin 131, 156. 
Greiner, Elias, ĂŒber Ameisen- 
sÀure u. BaldriansÀure 130, 61. 
Greville-Williams, C., Koh- 
lenwasseıstoffeaus Steinkohlen- 
theeröl 131, 248. 
Grote, R., ĂŒber Cystin 129, 160. 
— Mittel Wasser zu reinigen 129, 
285. 

Grouven’s Desinfeetion stĂ€dti- 
scher KanÀle 129, 279. 
GrĂŒneberg, CĂ€mentfabrikation 
131, 94. 

Guignet's GrĂŒn 131, 243. 
GĂŒnsberg, R., Verhalten von 
Arabin und Dextrin gegen Ei- 
weisskörper 129, 134. 
Gurniak, P., ĂŒber Kreosot- 
Natron 129, 282. 
GĂŒterbock, Darmentleerungen 
von Cholerakranken 129, 263. 


H. 
Haarhaus, A., Hydrazoanilin 
131, 122. 
Hager, ĂŒber Desinfection 129, 
268, 286. 
Hallier, Elementarorgane der 
Pilze 129, 68. 


Hanbury,ĂŒber Ratanhin129,118. 
Hantz, Rechenschaftshahn 130, 
158. 


Hautefeuille, TitansÀure 131, 
245. 
Heeren, Darstellung von flĂŒs- 
siger Glycerinseife 131, 99. 
Heiden, Ed., Absorptionsver- 


mögen der Ackererde 129, 108. ' 


Heintz, W., ĂŒber die Einwir- 
kung von salpetrigsaurem Kali 
aufsalzsaures TriÀthylamin 131, 


173. 
Heintzmann ĂŒber Deryas 131, 
131. 


Helwig, ĂŒberBlutflecken129,141. 
Henkel, ĂŒber Asa foetida 131, 
255. 

— ĂŒber Capsafran, Cubeben 
GallÀpfel 129, 
— ĂŒber Opium 130, 261. 
Herapath, W., Phosphornach- 


weisung 130. 129. 
Hirschberg, ĂŒber die Chlor- 
kupferlampe 129,288. 


— ĂŒber Leberthran 131, 50. 
— ĂŒber Rapskuchen und entöltes 
Rapsmehl 131, 200. 
Hirzel. RothfÀrben der Fette 
und Oele 131, 114. 
Hirzel, Scharfrichterei- Producte 
129, 290. 

Hlasiwetz, CarminsÀure ein 
Glykosid 131, 53. 
— Einwirkung des OxalsĂ€ure- 
Ă€thersaufden Harnstoff 129,158. 
— KaffeegerbsĂ€ure ein Glykosid 


131, 54. 
— Kino 132, 169. 
— Scoparin 132, 169, 


Hoffmann, H., ĂŒber die GĂ€h- 
rung 129, 267. 
Hofmann, A. W., ĂŒber Des- 
infectionsmittel 129, 272. 275. 
— ĂŒber den Graphit 130, 254. 
— Löslichkeit des Kohlenkalks 
im Wasser 131, 236. 
Hoppe-Seyler, Erkennung der 
Vergiftung mitKohlenoxyd 131, 


88. 

Houzeau, arsenhaltige Salz- 
sÀure 130, 121. 
Howard, J.E., ĂŒberChinarinden 
130, 91. 

HĂŒter, Todesfa!] durch Chloro- 
form 129, 255. 
Hughes, Telegraphen -Apparat 
129, 101. 


Husemann, Aug., chemische 


Arch. d.Pharm. CLXXXII. Bds. 3. Hft. 


Autorenregister. 


305 


Natur des Carotins und Hydro- 
earotins 129, 30. 
Husemann, Aug.u.W.Marme, 
ĂŒber Helleborin und Hellebo- 
rein 132, 156. 
1. 3. 
Igelström, L. J., Pyrochroit 
131, 245. 
Jackson, Smirgel 131, 240. 
Jacobsen, Verhalten der Alo& 
zur Thierkohle 132, 160. 
— zur Desinfection der Exere- 
mente 
— und Hager, ĂŒber Desinfection 
129, 269. 282. 
Jennet, KlÀrung des Wassers 
129, 285. 
Jevons, ĂŒber die Kohlenfrage 
131, 79. 
Jones, Bence, Anwendung der 
Spectralanalyse 129, 95. 
— ĂŒber das Vorhandensein einer 
dem Chinin Àhnlichen Auo- 
rescirenden Substanz in dem 
thierischen Gewebe 132, 181. 
Jones, G., Kalksuperphosphat 
130, 253. 
Josch, Eduard Ritter von, Ge- 
rĂŒche von Pflanzen 131, 115. 


RK. 
Kanig, Anwendungvon Acidum 
lacticum zur Heilung der Ver- 
dunkelungen der Hornhaut 129, 


163. 

Karmrodt, C., Analyse des 
Fleischextraets 129, 25. 
Karsten, ĂŒber Chinarinden 130, 


91. 
Kletzinsky, Entfuselung des 
Branntweins 130, 152. 
— Schlagloth fĂŒr Hartlöthungen 
132, 11312 
Knaffl, L., weisser flĂŒssiger 
Leim 132, 182. 
Kofler. L., Analysen von Mi- 
neralwÀssern aus dem Bregen- 
zer Walde 130, 114. 
Kohler, A. 131, 109. 
Kolb, J., ĂŒber den Leblane’schen 
Sodaprocess 131, 233. 
Kopp, E. Theorie der Sodafa- 
brikation 131231 8 
Koppe, UeberfĂŒhrung von schwe- 
felsaurem Kali in kohlensaures 
Kali 131, 98.92 


20 


129, 292.20 


306 
Krause, W., die sogen. Geheim- 
mittel 129, 8. 
KĂŒhn, Jul, ĂŒber Mutterkorn 
129, 110. 
KĂŒp’s Gasbrenner 129, 97. 

L. 

Lamparter, Flechtenstoffe 132, 
167. 
Lamy, Thalliumglas 132, 129. 


Landerer, X., ĂŒber Bleikolik 


129, 54. 

— eisenhaltiges Mineralwasser 
132, 109. 

— ĂŒber Fikia 129, 259. 


— Heilquellen der Insel Kos 129, ° 


257. 

— Heilquellen auf der Insel 
Lemnos 131, 70. 
— Höhle auf der Insel Cerigo 
129, 258. 

— Höhlen in Griechenland 132, 
108. 


— Mittel gegen das Ausfallen der 
Haare 131, 21: 
— pharmakologische Notizen 132, 
104. 105. 107. 

— ĂŒber Tabakssaft 130, 79. 
— VerĂ€nderung des Oeles mit 


der Zeit 131, 185. 
— Volksheilmittel 130, 227. 
— ĂŒber den Zibeth 130, 246. 


Lea, C., OxalsÀure - AethylÀther 
130, 155. 

— Ozon, Wirkung desselben auf 
Brom- u. Jodsilber 129, 107. 
Lefort, J.u. Robinet, Analyse 
des Wassers des rothen Meeres 
130, 118. 

Le Guen, Einfluss des Wol- 
frams auf Gusseisen 132, 111. 
Lenz, Leopold, Seidenraupen- 
Analysen 131, 36. 
Letheby, TerpenthinöldÀmpfe 
gegen die schÀdliche Wirkung 
der PhosphordÀmpfe 130, 253. 


‘ Levoir, ĂŒber Desinfection 129, 


275. 

Liebig, J.v., angeblicher Koch- 
salzgehalt des Extractum carnis 
americanum 129, 21. 
— Erhaltung des Aromas der 
gerösteten Kaffeebohnen 131, 
120. 

— ĂŒber Fleischextract 129, 141. 
— Fleischextract 132, 179. 


Autorenregister. 


Liebig, J.v., ĂŒberSeidenraupen- 
Krarkheiten 131, 41. 
Liebreich, Oscar, Protagon im 
Gehirn 132, 175. 
Lieven’s Phenylin 129, 272. 


‚ Linnemann, E., Benzophenon 


131, 134. 
— Monochloraceton 130, 164. 
Lintner, Analyse derSchweine- 

milch 131, 152. 
Löhr, blutendes Brod 132, 100. 
— Desinfeetionsmittel 132, 102. 
— ĂŒber den Erfinder der elektri- 

schen Telegraphie 130, 260. 
Losse, Mittel gegen Insekten- 


schÀden 129, 170. 
Lossen, Kupfer im Thierreiche 
132, 131. 


Ludwig, H., Notizen ĂŒber die 
FĂ€ulniss, so wie ĂŒber Desin- 
feetion der Luft, des Wassers 
und der Exeremente 129, 260. 

— Essig zur Desinfection 129, 287. 

— gebrauchte feuchte Gerberlohe 
zur VerhĂŒtung des Faulens der 
Exeremente 129, 282. 

— ĂŒbermangansaures Natron zer- 
stört den Geruch faulen Harns 

129, 269. 

— an Herrn Prof. Julius Otto in 
Braunschweig 129,294. 130. 264. 

— ĂŒber die Verunreinigung der 
Arzneimittel 132, (259. 


MM. 
Malaguti, Zinkoxydammoniak 
132, 122. 
Maly, R.L., Gallenfarbstoff 129, 
149. 


Manbre, A., Fabrikation des 
StÀrkezuckers 132, 140. 
Mangon, Verwendung der Ex- 
cremente 129, 290. 
Maunoury undSalmon, ĂŒber 


Bleivergiftung, durch MĂŒhl- 
steine 132, 130. 
Marcel, ĂŒber gesalzenes Fleisch 
129, 147. 


MĂ€rker, M., Einwirkung von 
salpetriger SĂ€ure auf Kreatinin 
132, 180. 

Markoe, H., Lösung des Cam- 
phers in Wasser 131, 120. 
Marme&, W. u. A. Husemann 
ĂŒber Helleborin u. Helleborein 
132, 156. 


Autorenregister. 


Marquart, Desinfectionsmittel 
132, 102. 

Marquis, ĂŒber Agaricus albus 
129, 109. 

Martius, Todesfall durch Chlo- 
roform 129, 255. 
— nnd P. Griess, ĂŒber Amido- 
diphenylimid 131, 124. 
Massy, R. de, Saftgewinnung 
aus RunkelrĂŒben 132, 147. 
Mathewson, Vorkommen von 
Tellur 132,117: 
Maumene&, Dichtigkeit des Koh- 
lenstoffs in seinen Verbindun- 
gen 131, 73. 
— ĂŒber FĂ€ulniss des Wassers 
129, 283. 

Mendelejeff, Verbindung des 
Weingeists mit Wasser 130,153. 
Mettenheimer, die SaughĂŒt- 
chen von Kautschuck, eine 
Quelle chronischer Aphthen- 
bildung bei Kindern 131, 256. 
Meurer, Friedrich Dr., Nekro- 
log 132, 193. 
Meyer und Möbius, Gefrieren 
des Meerwassers 130, 120. 
Miller, J. Th., Holzgeist im 
Weingeist aufzufinden 130, 152. 
— W. A, lithionreiche Mineral- 
quelle zu Redrutte in Corn- 
wallis 130, 117. 
Millon, E. Analyse der Milch 
129, 138. 139. 

— ĂŒber Chlorwasser 130, 120. 
Mills, E. S., ĂŒber Nitroverbin- 
dungen 130, 136. 
Mohr, Bestimmung des Magnet- 
eisens in Basalten, Melaphyren 
131, 276. 

— dialytischer Apparat 131, 270. 
— Vorkommen von Brom im 
Steinkohlenruss 131, 270. 
Mohs,R.,Einwirkung von einfach 
essigsaurem GlykolÀther auf 
Mononatriumglykolat 130, 201. 
— Einwirkung von Natriumalko- 
holat auf TetrÀthylammonium- 
jodĂŒr 130, 209. 
Molin, ein Schutzmittel fĂŒr Be- 
waldung der Gebirge 131, 72. 
Monnier, Bestimmung der or- 
ganischen Substanzen in den 
WĂ€ssern 129, 289. 
Moormann, Àtherisches Oel von 
Erigeron canadensis 131, 121. 


ne ie a 


Ws 


Moride, ĂŒber Desinfeetion 129, 
280. 
Morin, A.,Luftverbesserung 129, 
286. 


Mosselmann's animalischer 
Kalk 129, 277. 
Mulder, Analyse der Mineral- 
quelle am Königsstuhle bei 
Rhense 129, 213. 
— VerflĂŒchtigung des Kochsalzes 
in der Hitze und Zerlegung 
desselben durch Steinkohlen 
129, 231. 

MĂŒller, A.. Ammoniakgehalt 
der atmosphÀrischen Luft 130, 
108. 

— Desinfectionssystem 129, 278. 
281. 

— ĂŒber die FĂ€ulniss der Hefe 
129, 266. 

— Baron, ĂŒber die Cypresse von 
Tule 129, 114. 
MĂŒller, Pimont u. Bennet, 
Nachweisung einer Krappver- 

“ fĂ€lschung 132,112, 
Musculus, Bildung von Zucker 


und Dextrin aus StÀrkemehl 


132, 141. 


N 


NĂ€geli, ĂŒber die ungleiche Ver- 


theilung gelöster Stoffe in dem 
Wassertropfen eines mikrosko- 
pischen PrÀparates 130, 110. 
Naumann, Brom auf Benzo&- 
sÀureÀther u. Nitrobenzo&sÀure- 
Ă€ther wirkend 
Nickles, Lösung des schwefel- 
sauren Baryts in SchwefelsÀure 


Ei; 


307: 


131,132 09 


nr 


SE = 
RENNEN EN 


a 
2 a 


Re rise 


131, 235. 


— VerfĂ€lschung des Mandelöls 
mit Aprikosenkernöl und Ent- 
deckung dieser VerfÀlschung 

131, 110. 

Nobel, Vorsichtsmassregeln bei 

Benutzung des Nitroglycerins 


131, 10 90% 


Oeser, C., Allylamin 131, 105. 


Otto, Prof. Jul., ĂŒber H. ud 


wigs Antheil an der Entdeckung 


der PentathionsÀure 129, 294. 
— 130, 263. 


— R., BromerucasĂ€ure 131, 112, 


308 


P. 


Pagenstecher und SĂ€misch, 
ĂŒber Quecksilberoxyd 129, 163. 
Pasteur, ĂŒber Fermente 129, 
267. 

— HarngĂ€hrung 129, 157. 
PĂ€tsch, A., Wasserglas 131, 93. 
Payen, Jodkalium als Medica- 
ment u. als Reagens 130, 122. 
Kohle zur Desinfection 129, 
229: 

— Methode von Weil zum Ver- 
kupfern des Gusseisens 132, 112. 
— Umwandlung des StĂ€rkemehls 
in Zucker u. Dextrin 132,141. 
— Poinsont und Wood, An- 
wendung des Eisenvitriols zur 
Conservirung der stickstoffhal- 
tigen Harnbestandtheile 129, 
270. 


Peckolt, brasilianische Indu- 
strie Ausstellung von 1861 129, 
46. 245. 

Peligot, Bildung von Schwefel- 
sÀure 130, 248. 
Pelouze, ĂŒber Chrom-Aventu- 
ringlas 131, 93. 


— Eisengehalt des Blutes 131, 
152. 
— ĂŒber die FĂ€rbung des Glases 
durch Kohle und Schwefel 
131, 93. 
— ĂŒber SulfĂŒre 130, 126. 
— u. Cahours, ĂŒber das ame- 
rikanische Petroleum 131, 139. 
Persoz, Umwandlung des Stick- 
oxydulgases in Ammoniak und 
SalpetersÀure 130, 108. 
Pettenkofer, Maxv., ĂŒber den 
Eisenvitriol zur Desinfection 
bei Cholera 129, 270. 
Petzholdt, J., Nekrolog des Dr. 
Friedrich Meurer 132, 193. 
Phillipp, A. Unterscheidung 
Àchter von unÀchten Rothwei- 
nen mittelst Eisenchlorid 130, 
158. 
Philipp, J., Rhodanverbindun- 
gen des Quecksilbers 132, 78. 
Piecard, J., Filtration 130,101. 
Pierre, Isidor, ĂŒber Desinfec- 
tion der Exeremente mit Eisen- 
vitriol 129, 270. 
Pimont, MĂŒller u. Bennet, 


Autorenregister, 


Nachweisung einer Krappver- 
fÀlschung 132, 172. 
Pohlmann’sche Geheimmittel 
129, 166. 

Pokrowsky, Kohlenoxydvergif- 
tung 131, 89. 
Pontardawe, dĂŒnnes Eisen- 
blech 132, 110. 
Preu, S., Lactimid 131, 107. 


Procter, William, Geruchsprin- 
eip der kÀuflichen GerbsÀure 
132, 154. 

C.,  Glyeerinleim 

130, 167. 
Puschkarow’sche FlĂŒssigkeit 
zur Desinfeetion 129, 272. 282. 


Ramdohr, C., ĂŒber Kreosotgas 
132, 53. 

Rammelsberg, L., Analyse 
der Glimmer von Utö u. Easton 
und Bemerkungen ĂŒber die 
Zusammensetzung der Kali- 
glimmer ĂŒberhaupt 132, 82. 
Rawlinson, ĂŒber Kohlensiebe 
zur Luftreinigung 129, 280. 
Reichardt, E., Analyse eines 
Condensatorsteines 129, 243. 
— Gasentwicklungs Apparat 130, 
222. 


Puscher, 


— zur Gasanalyse 130, 221. 
— zur Methode der Aschenana- 
Iyse 132, 88. 
— Scheidung des Mangans vom 
Eisen 129, 234. 
Reincke, W., Apparat zum 
Aufstreuen des Desinfections- 
pulvers 129, 278. 
Reinsch, H., Darstellung der 
AepfelsÀure aus den Frucht- 
zapfen von Rhus coriaria und 
das verschiedene Verhalten der 
GerbsÀuren 132,2198) 
— Verhalten des Kupfers und 
Silbers zu den Lösungen der 
AsO3, SeO? u. PO3 132, 118. 
Reusch, Benutzung des Hydro- 
phans fĂŒr Gasdiffusion 129, 
102. 

Reveil’s Musculin - PrĂ€parate 
129, 148. 

Reynold’s Nachweisung von 
Holzgeist im Weingeist 130,152. 
Rheineck, ĂŒber GlykolursĂ€ure 
129, 159. 


Autorenregister. 


Richardson, fÀulnisswidrige 
Eigenschaften des Ammoniaks 
129, 267. 

Roberts Dale, ĂŒber Doppel- 
salze aus KaliumeisenceyanĂŒr 
und Salpeter 130, 144. 
Robin, E., VerhĂŒtung der 
FĂ€ulniss. 129, 281. 
Robinet und Lefort, Analyse 
des Wassers aus dem rothen 


Meere 130, 118. 
Rochleder, ĂŒber Alo& succo- 
trina 132, 159. 
Rolleston, ĂŒber Desinfection 
129, 271. 287. 

Roth, Jul, Anwendung der 
Ratanhia in der FĂ€rberei 
132, 171. 

Römer, F., Flora von Gibraltar 
129, 116. 

Roussin, Copaivabalsam 131, 
254. 


— mikroskopische Untersuchung 
der Blutflecken 132, 174. 
Ruge, E., Ratanhin 132, 169. 
Runge, CarbolsÀure zur Desin- 
fecetion 129, 281. 
Ruschenberger, Anisöl ver- 
deckt den unangenehmen Ge- 
ruch der Schwefelkalium- PrÀ- 
parate 132, 184. 


S, 


SĂ€misch und Pagenstecher, 
ĂŒber Quecksilberoxyd 129, 163. 
SĂ€nger, H., Apparat zur Ent- 
wickelung von Chlorgas 129, 45. 


St. Pierre, C., TrithionsÀure- 
bildung 130, 251. 
Salmon und Maunoury, 


Vergiftung von 350 Personen 
durch Bleigehalt von MĂŒhlstei- 
nen 132, 130. 
Saytzeff, A.. AllophansÀure- 
Aether 130, 156. 
Schacht, C., ĂŒber Chloroform 
132, 213. 

Schachtrupp, Ludwig, Amyl- 
alkohol zur Abscheidung des 
Morphins und Strychnins 132, 1. 
Schaffhausen, die Knochen- 
höhle von Balve 131, 269. 
Schapmann, J.E., Nachweisung 
von Antimon durch die Löth- 


rohrprobe 132, 119. 


309 


Schdannow’scheDesinfections- 
flĂŒssigkeit 129,,.272.7282. 
Scheerer empfiehlt schwefels. 
Eisenoxyd zur Wasserreinigung 
129, 284, 285. 

— Th., chem. Constitution der 
KieselsÀure 131, 9%. 
Scheurer-Kestner, ĂŒber Gui- 
gnets GrĂŒn 131, 243. 
Schiff, BorsÀureÀther 130, 154. 
Schlun, F. und F. Beilstein, 
isomere Chlorbenzo&sÀuren 131, 
130. 

Schmidt,ĂŒber Tsa-tsin, 129, 132. 
— C., Zucker als fĂ€ulnisswidri- 
ges Mittel 129, 282. 
— R., Abfuhr und Verwerthung 
der DĂŒngstoffe 129, 290. 
Schmitt, ĂŒber Chlorwasser 130, 
120. 

Schönbein, ĂŒber HarngĂ€brung 
129, 154. 

Schorlemmer, C., neue Koh- 
lenwasserstoffe 131, 147. 
Schövers, grosse Gaben von 
Argent. nitrie. gegen Croup. 
132, 134. 


Schrage, F., mikroskop. Kry- 


talle.- im polarisirten Lichte 
130, 217. 
Schroff, ĂŒber Meerzwiebeln 


129, 116. 

Schrötter, Indium 132,122. 
Schuchardt, B., SehÀdlichkeit 
des Nitroglycerins 131, 103. 
Schulz, Hugo, Fabrikation von 


Schlempekohle 131, 85. 
Schulze, C. F., krystallisirte 
PhenylsÀure 130, 77. 
Schultze, Schiesspulver aus 
HolzsÀgespÀnen 131, 258. 
SchĂŒr’s  Desinfeetionspulver 


129, 268. 278. 282. 
SchĂŒtzenberger, Einwirkung 
von EssigsÀure auf Cellulose, 
StÀrke, Zucker, Mannit, Gly- 
koside, Farbstoffe 131, 260. 
— P., ĂŒber das Catechin 132, 168. 
Schwarz, Beseitigung des ĂŒblen 
Geruches bei der DĂŒngerfabri- 


kation 129, 290. 
Schwarzenbach, VerhÀltniss 
des Albumins zum Üasein 
131, 150. 

Scott, Vorkommen des Thal- 
liums 132,126. 


r 
4 
4 


5 
2 
{ 
Ä 
” 
“2 
a 
Es 
N 
x 


r 


310 


Sell, E., Oxydationsproduet aus 
Erythrit 132, 149. 
Sestini, Fausto, Bereitung von 
reinem Kalk 131, 236. 
Siemens, Fleischzwieback 129, 


145. 

Simpson, Chlorkohlenstoff 
131, 73. 

— M., TriearballylsĂ€ure 131, 
105. 


Siret’s Desinfectionspulver 129, 
272. 

Smith, J.L., Analyse des Chlad- 
nit 131, 97, 
— T. u. H, Acidum thebo-lac- 
ticum (Opium-MilchsÀure) 131, 
106. 

— Antidot gegen BlausĂ€ure, Ar- 
senik u. Antimon 130, 143. 144. 


Sommer, E., Steinkohlenver- 
brauch 131, 75. 
Sonstadt, E. wolframsaures 


Natron zur Trennung des Kalks 
von der Talkerde 131, 237. 
Sprott, ĂŒber Gewinnung der 
BadeschwÀmme 129, 168. 
StÀdeler, kıystallisirtes kohlen- 
saures Kali 131, 98. 
Stahlschmidt, platinplattirte 
Schalen fĂŒr Laboratorien 132, 
137. 

Stammer, Analyse des BrĂŒden- 
wassers, des condensirten RĂŒ- 
dampfsafts 132, 148. 
Stein’s u. Steinmetz’ Holz- 
kohlen-Kalkdeekel 129, 279. 
Steinbeck, A. Stassfurthit 
131, 98. 

Stenhouse, ĂŒber Luftreinigung 
durch Holzkohlen - Luftfilter 
129, 250. 

Stickel, Carl, ĂŒber Pastinaca 
sativa 130, 224. 
Stinde, J. Bereitung von soge- 
nanntem chromsauren Kupfer- 
‚oxyd 132/132. 
— Darstellung grosser Salpeter- 
krystalle 131, 229. 
Storer, Löslichkeit des Cam- 
phers in Wasser 131, 120. 
Strecker, die Salze des sogen. 
Thalliumhyperoxyds 132, 127. 
Sullivan, FĂ€ulniss des Weizen- 
mehls 129, 266. 
SĂŒssenguth, Otto, LeinölsĂ€ure 
131, 113. 


Autorenregister. 


Ku , 0 0 Va Br,‘ 
FETT Or ER NUR \ 
EN 


f 


Sussex, Transport des Cloaken- 
inhalts 129, 289. 
Sy und Wagner, platinplattirte 
Schalen fĂŒr Laboratorien 132, 
137. 


T. 


Tavernier u. Creswell, Pla- 
tinspiegel 132, 138. 
Terreil, krystall. Antimonoxyd 
u. dessen Verbindungen 132, 
120. 

— A. Spuren von Chrom im 
Eisen und Stahl nachzuweisen 


131, 244. 
Teuchert, R., SuceinaminsÀure 

131, 108. 
Thiel, Desinfeetion 129, 290. 


Thompson, Mittel, Leuchtgas 
von Schwefelkohlenstoff zu be- 
freien 130, 164. 

Tieghem, van, HarngÀhrung 

129, 157. 

Triquet’s Mittel gegen acuten 


Katarrh des Àusseren Gehör- 
gangs 129, 164. 
Tscherinoff, M., Glykogen- 


gehalt der Leber 129, 151. 
— Harnzuckerbestimmung 129, 
152. 

Tschermak, FeldspÀthe 131, 92. 


U. 


Ulex’ Angaben ĂŒber das Vor- 
kommen von Kupfer im Thier- 
reiche, von Lossen zurĂŒck- 
gewiesen 132, 131. 


V. 


Virchow, ĂŒber Trichinen 129, 
166. 
Vogel,A., ĂŒber Entdeckung der 
SalpetersÀure in der englischen 
SchwefelsÀure 130, 109. 
Vogl, A., ĂŒber die Turpithwur- 
129, 122. 

Oel der BlĂŒ- 
decumana 
131, 119. 


ze 
Vry, de, Àther. 
then von Citrus 


w, 
Wagener u. Sy, platinplattirte 


Schalen fĂŒr Laboratorien 132, 
137. 


 Leichengeruches durch 
Be auane: Kali 129, 269.. 
 — UeberfĂŒhrung von schwefel- 
 saurem Kali in kohlensaures 
2. Kalı 131, 98. 
- Wallis, Collodiumwolle 131, 259. 


Âź 'Warhaneck, W. F., Beleuch- | 


tungswesen 129, 95. 


Warren, C.M., Schwefelbestim- | 


mung in organ. Substanzen 


R 130, 103. 
_ Weber, V., Wittstock’s Biogra- 
_Phie 130, 193. 


% ET uheld; C., ĂŒber die Con- 
stitution des Phenols 131, 1. 
Weiss, Ad., Entwickelung von 
Farbstoff in Pflanzenzellen 

\ 132, 162. 
Weltzien, Einwirkung der glĂŒ- 
henden Kohle auf Ammoniak 

131, 86. 

Welwitsch, Copal 131, 254. 
Werigo, A., Azobenzid 131, 136. 
Whitelaw, Pökeln des Flei- 
sches 182,177. 

— A., PökelflĂŒssigkeit, Gewin- 
nung der nahrhaften Bestand- 


Bofbuchdruckerei der Gebr. 


., ĂŒber "Enkfernung: 


| 


| 


fornien vu 
WickstĂ€dt’s DĂŒnger 
Winkler, Clemens, Verfa 
zur volumetrischen Bestimm 
des Eisens i 
Wittstein, G. C., ĂŒber Fleisch: 
extract 130, 212. 
— Goldoxydhydrat 132, 
— grosse Haltbarkeit einer 
ren Lösung der arsenigen S 


131, 


Wood, Kermanischess Gum 


zZ. 
Zawarykin, Th. 


Zeise, H., Ausbeute an Àther 
Oelen 
— Wirkung Ă€ther. Oele auf Fuch. 


sin 
Zinken, Kainit 


JĂ€necke zu Hannover, 


ED, 
Pa Eu ee 
1 { 


ne Eye 
BON, EREN 0 


— 


af‘ cH, ok 


Ra) 1 AIRES 


„.. 


na in) it a 


I bri 
HH sh fer 
LTM BONN ER A 
zii: "old rn 


br a 
lol ur 


2a 


ET E05 


Made in Italy 


cs6E8 rOEOO SSHS 


um 


eual] uspien, jestuejog M4oA MeN 


1