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Full text of "Archiv der Pharmazie"

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Den 


ARCHIV 


DER 


PHARMAUGIE 


Eine Zeitschrift 
des 


allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins, 
Abtheilung Norddeutschland, 


Herausgegeben vom Directorium unter Redaction 


von 


H,-Ludwig. 
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Bd EIER 
a2Jahrgeng. 


Im Selbstverlage des Vereins. 


In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S. 


1372. 


ARCHIV 


DER 


PHARMAUIE 


Dritte Reihe, I. Band. Zweite Reihe, CLI. Band. 
Der ganzen Folge CCI. Band. 


Unter Mitwirkung der Herren 


Arno A&, G. H. Barckhausen, A. Bayer, Heinr. Böhnke - Reich, 

R. Böttger, L. Enders, A. Faust, F. A. Flückiger, A. Geheeh, 

A. Geuther, L. Häcker, E. Hallier, B. Hirsch, €. Hirschberg, 

P. Horn, C. Jehn, R. Kemper, W. Kirchmann, A. Michaelis, 

Julius Müller, E. Mylius, Th. Petersen, E. Pfeiffer, E. Saame, 

€. Schacht, E. Scheitz, D. v. Schlechtendal, Ed. Schmidt, 
H. Schweikert, Fr. Wilh. Theile und H. Vohl 


herausgegeben vom Directorium unter Redaction 


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Im Selbstverlage des Vereins. 
In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S. 


1872. 


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MAY 22 1901 


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NEW YORK 


ARCHIV DE 


Der 3. Reihe 1. Band; 1." Heft. 


Mr 


A. Originalmittheilungen. 


l. Chemie und Pharmacie. 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 


Von Dr. Hermann Ludwig, a. Prof. in Jena. 


Es erschien mir zeitgemäss, die zerstreuten Angaben 
über diesen auch für Pharmaceuten wichtigen Gegenstand zu 
sammeln, um den Lesern des Archivs bei vorkommenden Fäl- 
len von Oeluntersuchungen die Mühe des Suchens zu erspa- 
ren oder doch zu erleichtern. Bei der folgenden Zusammen- 
stellung haben mir werthvolles Material geliefert: das Gme- 
lin-Kraut’sche Handbuch der organischen Chemie, Liebig- 
Poggendorff-Wöhler- Fehling’s Handwörterbuch d. 
Chemie, Knapp’s Lehrbuch der chem. Technologie, Wag- 
ner’s Jahresberichte der chem, Technologie, Bolley’s Handb. 
d. techn. chem. Untersuchungen, Liebig- Kopp- Will- 
Strecker’s Jahresberichte d. Chemie, die Annalen der 
Chemie und Pharmacie, die Annales de chimie et de phy- 
sique, unser Archiv der Pharmacie, das chemisch-pharm. 
Centralblatt, Fresenius’ Zeitschrift f. analyt. Chemie, 
Wittstein’s Vierteljahresschrift, die schweizerische 
Zeitschr. für Pharm., die pharmac. Zeitschr. für Russland, 
Heppe’s Woaarenkunde; ältere Angaben entnahm ich aus 
Berzelius’ Jahresberichten, 

Bei der Oelprüfung kommen in Betracht: die Farbe, 
der Geruch und Geschmack des fetten Oeles, seine 
Tropfbarkeit, das specifische Gewicht, der Erstar- 

Arch, d, Pharm, III. Reihe, I, Bds, 1. Hft, 1 


2 ' Ueber die Prüfüng fetter Oele. 


rungspunkt, das Verhalten gegen polarisirtes Licht, 
die Austroceknungsfähigkeit, die Elementarzu- 
sammensetzung, die Löslichkeit in Weingeist, die 
Wärmeentwickelung beim Mischen mit concentrirter 
Schwefelsäure, die verschiedenen Reactionen gegen Säuren 
und Alkalien und gegen Oxydationsmittel; endlich das 
Verhalten bei der Destillation. 


Dakarberder teten Oele 


Zwar ändert sich die Farbe der einzelnen Oele mit der 
Gewinnungsart, der Reinigungsmethode und dem Alter, so 
dass sie als sicheres Unterscheidungsmerkmal allein nicht 
dienen kann; ihre Berücksichtigung aber in Verbindung mit 
den übrigen erwähnten Verhältnissen ist zur Charakteristik 
nöthig. 

Farblos sind: französisches Olivenöl von Grasse; na- 
türlich weisses und durch Sonnenlicht gebleichtes Genueser 
Olivenöl; Ricinusöl (dieses auch gelblich und grünlich). 

Grün: Olivenöl von Alicante, Sevilla, Valencia; Lor- 
beeröl (Laurus nobilis); Wallnussöl (grünlich, bald hellgelb 
werdend); Hanföl (anfangs schön hellgrün, dann grünlichgelb, 
später braungelb). 

Gelblichgrün bis grünlichgelb: gewisse spani- 
sche und neapolitanische Olivenöle z. B. Calabreser Oel; fer- 
ner sicilianisches und dalmatisches Olivenöl. | 

Gelblich: spanisches Olivenöl von Sevilla; französ. 
Monosqueöl; Genueser sehr feines und Lucheser Olivenöl 
(gelblichweiss); Rieinusöl; Mandelöl; Behenöl (von Moringa 
oleifera); Haselnussöl. 

Blassgelb (hellgelb): Leindotteröl (Myagrum sati- 
vum), Kürbissamenöl, Wallnussöl (älteres); Mohnöl; Trauben- 
kernöl, Mandelöl; Sonnenblumenöl; indisches Leinöl. 

Gelb (bernsteingelb, goldgelb) bis dunkel- 
gelborange: Leinöl aus d. nördl. Frankreich (Landöl) und 
aus Bayonne (goldgelb), englisches abgelagertes Leinöl 
(schmutzig goldgelb), deutsches Leinöl (gelb bis gelbbraun);; 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 3 


Sesamöl (goldgelb); Oel des weissen Senfs (hellbernsteingelb), 
fettes Oel des schwarzen Senfs (goldgelb bis braungelb); 
Bucheckeröl; Madiaöl; Rothtannenöl. 

Braungelb bis gelbbraun: die Brassicaöle (braun- 
gelb), Kressesamen-, Föhren- und Weisstannensamenöl, älte- 
res Hanfsamenöl (desgl.); Crotonöl; Zwetschenkernöl (gelblich- 
braun), manches deutsche und das russische Leinöl (gelb- 
braun). 

Röthlichgelb: Leberthran (goldgelb, röthlichgelb bis 
dunkelbraun mit grünlichem Schein). 

Röthlichbraun: Spindelbaumöl. 

Dunkelbraunroth: Baumwollsamenöl. 

Dunkelbraun: Seehundsthran (Robbenthran). 

Beim Auflösen eines fetten Oeles in steigenden Raum- 
mengen von Aether bedarf man um so grösserer Mengen des 
letzteren, um eine farblose Lösung zu erhalten, je intensi- 
ver die Färbung des fetten Oeles selbst ist. So nimmt 
z. B. die Intensität der gelben Färbung zu in der Reihen- 
folge: Süssmandelöl, gereinigtes Rüböl, Mohnöl, Baumöl, Leinöl, 
fettes Senföl. Die intensiv gelbe Farbe des letzteren bewirkt, 
dass 10 Volume Aether durch 1 Vol. Ol. Sinap. nigr. noch 
deutlich gelb gefärbt werden, während von den übrigen Oelen, 
um gleiche Färbung des Aethergemisches zu erreichen, viel 
grössere Mengen zum Aether gemischt werden müssen. 


\ 


2) Geruch und Geschmack der fetten Oele. 


Schon Heidenreich, Apoth. zu Strassburg, und Penot 
machen (Journ. f. prakt. Chemie 1842, 26, 429 u. 436) auf 
die Wichtigkeit des Geruchs zur Erkennung der Verfäl- 
schung fetter Oele aufmerksam und empfehlen eine Erwär- 
mung des betreffenden Oels, wo dann die Gerüche des 
Fischthrans, des* Leinöls ete, deutlicher hervortreten. Die 
Geruchsprobe kann natürlich nur als ein Führer für die 
nachfolgenden Proben (spec. Ermittelung des Gewichts, Einwirk. 
d, HO,SO? ete.) dienen und diese bekräftigen. 

1* 


4 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


Mandelöl besitzt, frisch, wenig Geruch und einen rei- 
nen angenehm ölig-milden Geschmack. 

Olivenöl. Das beste besitzt einen feinen aromatischen 
Geruch und Geschmack. Die gewöhnlichen Baumölsorten zei- 
gen weniger feinen, bis unangenehmen starken, eigenthümli- 
chen Geruch und scharfen Olivengeschmack. 

Mohnöl ist fast geruchlos und von angenehm ölig süssem 
Geschmack. 

Rüböl hat emen in's Kresseartige fallenden Ge- 
ruch und Geschmack, der beim Reinigen des Oeles fast ganz 
verschwindet. Das Rübsenöl hat stärkeren Geruch, als das 
Rapsöl. Die Seife aus Rüböl behält den unangenehmen Ge- 
ruch des Oeles. 

Repsöl liefert beim Destilliren mit Wasser ein herbes 
rettigartig riechendes Destillat, auf welchem eine bren- 
nend schmeckende Oelhaut schwimmt; so auch beim 
Destilliren mit Kalilauge. (Glaser, Repert. 22, 102.) 

Fettes Senföl ist ohne starken Geruch und von mil- 
dem Geschmack. 

Leinöl besitzt durchdringend scharfen Geruch u. Geschmack. 

Das aus frischen Samen kaltgepresste Oel ist ohne unan- 
genehmen Geschmack, Unreines, schleim- und eiweisshaltiges 
Leinöl wird an der Luft schnell ranzig, nimmt dunklere Farbe, 
saure Reaction und widrigen Geruch und Geschmack an. 

Leindotteröl. ist fast geruch- und geschmacklos; 
ebenso Kürbissamenöl. 

Hanföl riecht scharf nach Hanf, schmeckt aber milde 
(Bucholz). 

Crotonöl riecht jalapenharz -ähnlich, schmeckt bren- 
nendscharf und hinterlässt im Munde und Gaumen ein kratzen- 
des Gefühl. 

Ricinusöl ist frisch geruchlos, von mildem Geschmack; 
an der Luft wird es bald ranzig und schmeckt dann anhaltend 
kratzend und scharf. 

Sesamöl ist geruchlos, schmeckt aber schwach, dem 
Hanföl ähnlich. 

Madiaöl riecht u, schmeckt eigenthümlich, nicht unangenehm, 


Ueber die Prüfung fetter Oele. } 5 


Die fetten Oele aus den Samen von Pinus 
sylvestris, P. Abies und P. Picea riechen terpenthinar- 
tig, sie schmecken milde, mit gewürzhaftem Nachgeschmack. 

Wallnussöl ist geruchlos und schmeckt milde ange- . 
nehm; Haselnussöl desgl. 

Buchnussöl ist geruchlos; den scharfen Geschmack 
(herrührend von der feinen braunen, den Samenkern einhül- 
lenden Schale) verliert es durchs Aufkochen und wird mild- 
schmeckend. 

Traubenkernöl ist fast geruchlos, von süsslich ge- 
würzhaftem Geschmack. 

Leberthran zeigt den specif. Fisch-Geruch und Ge- 
schmack. 

Unter den Thranen riecht der Seehundsthran am 
widrigsten (Davidson). 


3) Verschiedenheit in der Flüssigkeit (Fluiditaet) 
und Tropfbarkeit der fetten Oele. 


Die fetten Oele erscheinen bei gewöhnl. Temperatur 
nicht dünnflüssig wie Wasser, sondern in verschiedenem Grade 
dickflüssig. 

Als Maass dieser Dickflüssigkeit kann die Zeit 
dienen, welche gleiche Mengen von Oel bedürfen, um 
aus einer Oefinung von bekannter Weite bei gleicher Tem- 
peratur auszufliessen. 

Alsdünnflüssig gelten: die fetten Oele des weissen 
u.des schwarzen Senfs, letzteres dünnerflüssig, als Olivenöl 
und die Brassicaöle; das Mandelöl, dünnerflüssig, als Olivenöl, 
aber dickerflüssig als Mohnöl; das Mohnöl; das Sonnen- 
blumenöl (dünnerfl. als Mohnöl, dickerfl. als Hanföl); das 
Leindotteröl (dickerfl. als_Hanföl); das Hanföl; das 
Buchnussöl (ziemlich dünnflüssig); das Zwetschen- 
kernöl (dünnerfl. als die Brassicaöle, dickerfl. als Hanföl). 

Zu den dickerflüssigen Oelen zählen: Crotonöl, 
Leinöl, Spindelbaumöl, Haselnuss-, Madia- und 
Baumwollensamenöl (es ist nach A. Adriani 28 bis 
30mal weniger flüssig als Wasser). 


6 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


Das Ricinusöl ist unter allen fetten Oelen das dickst- 
flüssige; ihm zunächst stehen Olivenöl und Kürbissamenöl. 

Die Brassicaöle zählen zu den dünnerflüssigen; das Was- 
serrepsöl (von Brassica Rapa) ist das dünnflüssigste Bras- 
sicaöl. 

Schübler und Ure fanden vergleichsweise. folgende 
Werthe: 


Zeit des Dick- 
Ausflusses. flüssigkeit. 

Wasser 90 100 
Oel von Brassica campestris 162 180 
nad), er Napus 159 176 
Kai ii, 5 praecox 148 164 
ER ” Napobrassica 142 157 
SLR, ne Rapa 136 151 
Olivenöl 195 216 
Thran 450 500 


A. Vogel’s (Elaeometer) in Wagner’s Jahresbericht 
d. chem. Technologie 1863, 565). Während in einer gegebe- 
nen Zeit 100 ©.C. Wasser ausfliessen, giebt rohes Rapsöl 
nur 44 CC,, aber raffinirtes 52 CC. 


4) Ueber Tomlinson’s (nicht Tomlissons) Oelfiguren 

auf Wasser und Hallwachs’ Bemerkungen über diesel- 

ben vergl. man Wagner’s Jahresb. 1864, 490 und Fresenius’ 
Zeitschr. 1865, 252. 


5) Erstarrungspunkte einiger fetter Oele. 


Olivenöl gesteht schon bei 0°, oft schon bei 10°, indem 
daraus kleine Körner anschiessen. 

Mandelöl erstarrt nach Braconnot bei— 10 bis — 11°; 
nach Brandes langsam erst bei — 18°0.; nach Gusse- 
row bei — 10 bis 12° zur gleichförmigen Masse, die noch 
bei — 6 bis — 5°C. fest ist, allmählig aber bei — 3° und 
— 20. zerfliesst. 

Mohnöl erstarrt nach Gusserow noch nicht bei — 10 
bis — 12°C. und trübt sich dabei auch nicht; nach Bran- 
des wird es bei — 18° fest, 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 7 


Brassicaöle nach Schübler’s Beobachtungen: 

Winterrepsöl setzt bei — 1° Talg ab und gesteht 
bei — 4° völlig zur gelbweissen Butter; 

für Kohlsaatöl sind die Temp. — 4°C. und — 6°C. 
(gelbe Masse); 

für Wasserrepsöl — 4° bis — 6°C. und — 7°,5C. 
(weissgelbe Masse); 

für Soemmerrepsöl — 8°C. und — 10°C. (gelbweisse 
Masse). 

Oelrettigöl verdickt sich bei — 10°C. und erstarrt 
bei — 16°C. zur weissen Masse. 

Wallnussöl erhärtet nach Saussure bei — 27°5 
zur weissen Masse; nach Brandes gesteht er schon bei 
— 18°C. 

Haselnussöl wird bei — 15 bis — 16° sehr dick und 
bei — 19° zur gelbweissen Masse (Schübler). | 

Bucheckeröl verdickt und trübt sich bei — 15° und 
erstarrt bei — 17°,° zur gelbweissen Masse (Schübler). 

Ricinusöl gesteht nach Bouis noch nicht bei — 15°; 
nach Brandes erst bei — 18° zur durchsichtigen gelben Masse. 

Sesamöl bleibt bei + 4°C. klar, erstarrt bei — 5°C: 
zur gelbweissen, gleichförmigen Masse (Pohl). 

Erdnussöl (Arachis hypogaea) setzt bei 3°C. viel 
Talg ab, und gesteht bei — 3 bis — 4° zur weichen Masse 
(0. Henry und Payen); es erstarrt völlig bei — 7°C. 
(Gössmann). 

Leinöl erstarrt nicht bei — 15 bis — 16°C. (Gusse- 
row), noch nicht bei — 20° (Brandes); nach Schübler 
scheidet es bei — 18°C. etwas festes Fett aus. 

Leindotteröl wird bei — 15° sehr dickflüssig und 
erstarrt bei — 19°C. zu einer weissen Butter (Schübler). 

Sonnenblumenöl erstarrt bei — 16° zur weissgel- 
ben Masse (Derselbe). 

Kürbissamenöl erstarrt bei — 15° zur graugelben 
Masse (Ders.). 

Traubenkernöl bleibt bei — 6° flüssig, erstarrt bei 
— 11°C. butterartig (Holland), 


8 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


Zwetschenkernöl trübt sich bei — 6°C. durch 
weisse Flocken und gesteht bei — 8°,7 zur gelblichen Masse 
(Schübler), 

Madiaölerstarrt nach Winkler bis — 10 bis — 17°C,, 
nach Riegel erst bei — 229,5 0. 

Rohes Baumwollsamenöl erstarrt bei — !2 bis — 
3°C.; raffinirtes schon bei 0°C. bis — 2°C. (Adriani, 
in Wagner’s Jahresb. 1865, 561). 

Das fette Oel des Samen von Pinus sylvestris 
wird nach Schübler erst bei — 30°C. fest. 

Blanker Leberthran setzt nach Marder bei 
— 13°C. ein weisses Fett ab, brauner nicht. 


6) Austrocknungsfähigkeit. 


Nach Arthur Casselmann’s Versuchen trockneten 
3 bis 4 Grm. der folgenden Oele, auf Uhrgläsern im Oelbade 
auf 150° Cels. erhitzt, nach Verlauf von 

36 bis 48 Stunden: Leinöl (zu gummiähnlicher Masse); 

4 bis 5 Tagen: Mohnöl; 

noch später: Hanföl. 

Sonnenblumenöl blieb noch nach 3 Monaten gallert- 
artig klebrig. 

Die nichttrocknenden fetten Oele werden bei einer 
gleichen Behandlung nur dickflüssig, nicht fest. 


7) Speeifisches Gewicht verschiedener fetter Oele. 

Die Schübler’schen Bestimmungen (Erdmann, Journ. 
f. techn. u. ökonom. Chem. II. 380; auch Archiv d. Apoth.- 
Vereins im nördl. Deutschl. 1825, XIV, 100) sind muster- 
gilig.. O. L. Erdmann, der sich von der Wichtigkeit der 
Bestimmung des spec. Gewichts der fetten Oele für die Er- 
kennung derselben überzeugte, fand die von Schübler ermit- 
telten spec. Gew. fetter Oele genau mit den von ihm selbst 
ermittelten stimmend. (Journ. f. prakt. Chem. 1842, 26, 440.) 
a) Fette Oele, deren spec. Gewicht zwischen 0,900 und 

0,920 liegt. 

Das reine Triolein, das natürliche, hat nach Ber- 

thelot das spec, Gew, 0,914. 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 9 


Talgöl nach Lefebure und Schübler 0,9003. 
Mandelöl (Amygdalus communis): 

0,911, Brandis; warmgepresstes 0,9150, Brandes und 
Reich; kaltgepresstes 0,9215, dieselben; 0,917, Brisson; 0,9180 
bei 15°C., Lefebure und Schübler; 0,918 bei 15°C., Cloez; 
0,92 bei 12°C. (Wasser von 15°C. — 1,00), Saussure. 
Aprikosenöl 0,919 bei 15°, Clo&z. 

Olivenöl (aus dem Fruchtfieische von Olea europaea) 
Oleum Olivarum viride = 0,9135 bis 0,9175, R. Brandes und 
G. Reich. (Archiv d. Apoth.-Vereins im nördl. Deutschl. 
1827, 21, 157). Oleum Oliv. alb. et flavum 0,9250 bei 15°, CC. 
(Dieselben). 

Olivenöl = 0,913, Muschenbroek; 0,9153, Brisson; 
0,9178 bei 15°; 0,9164 bei 170,5 (Wasser bei 17,5 = 1,000), 
Pohl; 0,9170 bei 15°, Lefebure; 0,9176 bei 15°, Schübler 
0,9192 bei 12°; 0,9109 bei 25°; 0,8932 bei 50°; 0,8625 
bei 94°C. (Wasser von 15° = 1,00), Saussure. 

0,914 bei 15°C., Casselmann; 0,916 bei 15°0., Qloöz. 

Brassicaöle: 

Winterrepsöl, Winterrübsenöl, Rüböl. (Bras- 
sica Napus oleifera De.) 

0,902, Brandis; 0,915 bei 15°, Lefebure; 0,9182 bei 11°, 
Scharling; 0,9193, Brisson; 0,9128 bei 15°, Schübler;. käuf- 
liches, heissausgepresstes Oel 0,917, Schübler. Winterrübe 
0,915 bei’ 15°, Cloöz. 

Kohlsaatöl, Kohlrepsöl, huile de colza (Brassica 
campestris oleifera De.) 

0,9136 bei 15°, Schübler; 0,9143 bis 0,9152, van Kerk- 
hoff; 04915 bei 15°C,, Lefebure; Frühcolza 0,910 bei 15°, 
Sommercolza 0,911 bei 15°, Clo&z. 

Sommerrepsöl, Sommerrüböl, Sommerrüb- 
senöl (Brassica praecox DeC.) 

0,9139 bei 15°, Schübler; 0,9171, van Kerkhoff; 0,9157, 
Lefebure. 

0,9223 bei 11°, Scharling. Sommerrübe 0,916 bei 15°, Cloöz. 

Rübsamenöl, Kohlrübenöl, huile de navette 
(Brassica Napobrassica, Mill). 


10 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


0,9141 bei 15°, Schübler;- 0,9179 bei 11°, Scharling. 

Rutabagaöl 0,916 bei 15°, Oloez. 

Wasserrepsöl, Wasserrübenöl (Brassica Rapa 
oleifera annua): 

0,9167 bei 15°, Schübler; 0,9192, van Kerkhoft. 

Turnipsöl 0,917 bei 15°, Oloez. 

Oleum Raparum recenter expressum 0,9200 bis 
0,9210 bei 159,6; depuratum 0,9155 bei 15°, C. (R. 
Brandes und Reich.) 

Oel von Brassica oleracea 0,922 bei 15°, Oloez. 

Andere Öruciferenöle: 

Oel des weissen Senfsamens 0,9142 bei 15°, 
Schübler; 0,9153, von Kerkhoff; 0,921 bei 15°, Oloez. 


Schwarzsenföl 0,9170 bei 15°, Schübler. 
Thlaspiöl 0,923 bei 15°0., Cloez. 

Rettigöl (Samen von Raphanus chinens. Mill) 
0,9187 bei 15°, Schübler (Siehe auch weiter unten). — 


Bucheckeröl (Fagus sylvatica) 0,918 bei 15°, Oloöz; 
0,9207, Lefebure; 0,9225 bei 15°, Schübler; 0,923, Fabroni. 

Erdmandelöl (Arachis hypogaea), 0,9170 bei 15°, 
Lefebure, 0,918 bei 15°, Ulo&z. 

Haselnussöl, 0,919 bei 15°C. Cloez; 0,9242 bei 
15°, Schübler. 

Sesamöl (Sesamum orientale), 0,9143 bei 11°C., Lefort. 

0,9235 bei 15°, Lefebure; 0,924 bei 15°, Clo&z. 

0923 ber 1970,92 1°pei 1,402557.0,9183 pen 2 
(Wasser von 17,5 = 1,000), Pohl. 

Traubenkernöl 0,9202, Hollandt. 

Zwetschenkernöl 0,9127 bei 15°, Schübler. * 


b) Fette Oele, deren spee. Gewicht über 0,920 bis 0,935 
liegt. 


Hierher gehören noch einzelne Oruciferenöle, nemlich : 

Rettigöl (Raphanus chinensis), 0,932 bei 15°C., Olo&z. 

Kresseöl (Lepidium sativum) 0,924 bei 15° Schüb- 
ler; 0,926 bei 15°, Clo&z, 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 11 


Leindotteröl (Myagrum satiaum), 0,9234, van Kerk- 
hoff; 0,9252 bei 15°, Schübler; 0,9282 bei 15°, Lefebure; 
0,930 bei 15°, Cloez und 

Schwarzsenföl 0,933 bei 15°, Cloez; (0,9170 bei 
15°, Schübler). (Siehe auf voriger Seite.) 

Mohnöl 0,9125, Brandes und Reich; 0,922, Brandis; 
0,9238, Brisson; 0,9243 bei 15°C. kaltgeschlagenes; 0,9249 
bei 15°C., warmgeschlagenes, nach Schübler; 0,9253, Lefe- 
bure; Oeillete 0,927 bei 15°, Üloez. 


Wallnussöl, kaltgeschlagenes 0,9260 bei 15°C.; warm- 
geschlagenes 0,9268 bei 15°, Schübler; 0,9283 bei 12°; 
0,9194 bei 25°; 0,871 bei 94°C. (Wasser bei 15°C. = 
1,000), Saussure; 0,928 bei 15°C., Clo&z. 

Sonnenblumenöl (Helianthus annuus), 0,920 bei 
15°C., Casselmann; 0,925 bei 15°, Cloez; 0,9262 bei 15°, 
Schübler. 

Hanföl 0,9267, van Kerkhoff; 0,9270 bei 15°, Lefe- 
bure; 0,9276 bei 15°, Schübler; 0,928 bei 19%, Trommsdorff; 
0,930 bei 15°, Cloöz. 

Leinöl 0,9395 bei 12°C.; 0,931 bei 25°; 0,9125 bei 
50°; 0,8815 bei 94° (Wasser von 15° = 1,000), Saussure; 
0,9347 bei 15°C., Schübler; 0,9350 bei 15°, Lefebure; 0,935 
bei 15°, Cloez; 0,9310 bis 0,9316 bei 15°C., Casselmann; 
0,9337, van Kerkhoft. 

Kürbisöl (Cucurbita Pepo), 0,9231, Schübler; 0,934 
bei 15°, Cloöz. 


Madiaöl gereinigtes 0,9286, Riegel; 0,929 bei 15°, 
Cloöz; 0,935 bei 15°0,, (ungereinigtes), Riegel. 

Baumwollsamenöl rohes 0,934 bei 10°C.; 0,930 bis 
0,931 bei 12 bis 14°,4C., Adriani; raffinirtes 0,926 bei 16°C.; 
0,9306 bei 15°, Lefebure; 0,936 bei 15°, Cloöz. 


Leberthran, brauner: 0,928 bei 15°5, Marder; 
0,929 bei 17°,5 de Jongh; braunblanker 0,924, de Jongh; 
blanker 0,928 bei 15°,5, Marder; 0,923 bei 17°,5 de Jongh; 
Dorschleberthran = 0,9313 bei 11°C., Scharling, 


12 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


ec) Fette Oele, deren spec. Gewicht über 0,935 liegt. 


Spindelbaumöl (Evonymus europaeus) 0,9360 bei 
15°C. (nach dem Ricinusöl das schwerste fette Oel; Schüb- 
ler); 0,957 bei 15°C., Cloeaz. 

Crotonöl 0,942 bei 15°C, Cloez. 

Ricinusöl 0,954, Brandis; 0,9612, Brisson; 0,9748, 
Brandes und Reich; 0,9699 bei 12°C.; 0,9575 bei 25°; 
0,9081 bei 94° (Wasser von 15° — 1,000), Saussure. 

0,960 bei bei verschiedenen Sorten nicht varlirend; 
Bouis. 

0,963 bei 15°C., Clo&z. Nach Abscheidung des Talgs 
0,9369 bei 21°C., Scharking 

Die Erhöhung des specif. Gewichtes der fetten Oele 
hängt innig mit der Erhöhung ihres Sauerstoffge- 
haltes und speciell mit dem steigenden Sauerstoffgehalte 
der darin vorkommenden Oelsäuren ab, wie folgende Ueber- 
sicht zeigt. 


Elementarzusammensetzung einiger fetten Oele. 


C H R0) 
Olivenöl nach Gay - Lussac u. 

Thenard 2 013,36 9,43 Proc. 
Leinöl nach Sacc 78,117 410,96 1095 FE 
Mohnöl nach Sace 6,063 119:.19563, un IE Age 
Leberthran nach Attfield 71,44 ‚‚11,270.,,.11,2908 
Rieinusöl nach Ure 74,00,,..,10,29)% Tasche 


(Die Angaben von Lefort über die Elementarzusam- 
mensetzung von Mandelöl, Rüböl und Sesamöl (worin 
er nur 70,32 bis 70,53%, C, 10,5 bis 10,74°/, H und 18,9 
bis 19,1% O findet) sind mir wegen des hohen Sauer- 
stoff- und des niedrigen Kohlenstoffgehaltes nicht glaub- 
würdig.) 

In den sauerstoffärmern fetten Oelen ist Oelsäure 
035H°*0* und Erucasäure (**H?2O, in den sauer- 
stoffreicheren die Leinölsäure C°?H280#, die Phy- 
setölsäure (in Thranen) C32H300* und die Ricinöl- 
säure C°6H3*0$ vorhanden. 


® 
Ueber die Prüfung fetter Oele. 13 


Die sogenannte Oelwage hat (G. S. Heppe, Waaren- 
kunde) die Form eines gewöhnl. Aräometers mit sehr langer 
Scalenröhre, an welcher oben die Theilung mit O0 beginnt und 
unten mit 40 endigt. Die 0 bedeutet das spec. Gew. 0,900, 
die Zahl 40 entspricht dem spec. Gew. 0,940. Der Name 
des Oeles, der dem Grade des spec. Gew. entspricht, ist 
neben der Gradeintheilung seitwärts bezeichnet. Beim Ge- 
brauche der Oelwage muss man das Oel stets auf 15°C, 
erwärmen. Man erkennt mittelst derselben die Mischungs - 
verhältnisse zweier bekannter Oele genau. Das reine Oli- 
venöl zeigt an diesem Aräometer die Zahl 17, d. h. das spec. 
Gew. 0,917; ist nun das Olivenöl mit weniger oder’ mehr 
Mohnöl verfälscht, so schwankt die Gradzahl zwischen 17 
und 25, indem die letztere Zahl das spec. Gew. des Mohnöls 
0,925 anzeigt. Die Differenz zwischen 25 und 17 ist 8; sie 
zeigt an, ob das Olivenöl mit Mohnöl verfälscht ist, so dass 
1 Grad mehr als 17 auf !/;-Mohnöl, 2 Grad mehr auf !/, 
und 4 Grad mehr auf !/, Mohnöl deutet. — 

F. Donny’s Oeltropfenprobe s. in Wittstein’s Vier- 
teljahrsschrift 1865, XIV, 536. 


8) Fette Oele und Weingeist. 


Rieinusöl löst sich nach allen Verhältnissen in abso- 
Iutem Alkohol (Valentin Rose; Bonis). 

Mandelöl löst sich in etwa 25 Th. kalten und in 6 Th. 
heissen Weingeist (Pfaff), ebenso das Mohnöl. Olivenöl 
löst sich sehr wenig darin, 

Winterrepsöl nur wenig (Websky). 

Leinöl löst sich in 32 Th. Weingeist von 0,82 spec. 
(Gew. (Brandes). Es färbt ein gleiches Maass Weingeist von 
0,815 spec. Gew. beim Schütteln stark grüngelb (Da- 
vidson). 

Hanföl löst sich in 30 Th. kalten, in jeder Menge sie- 
denden Alkohols (Buch .olz). 

Baumwollsamenöl ist nicht merklich in Weingeist 
löslich, giebt ihm aber braunrothen Farbstoff ab 
(Adriani). 


14 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


Leberthran löst sich in 40 Th. kalten und in 22 bis 
30 Th. kochenden absoluten Alkohols (de Jongh). 


Nachweisung von Harzöl im fetten Oelen. 


Hierzu benutzt Fr. Jüngst (Wagner’s Jahresb. 1861, 
492) einen Weingeist von 0,83 spec. Gew., von welchem 
100 Th. bei 15°C. beinahe 5 Thle. leichtes Harzöl lösen 
(genauer 4,97 Theile). Man schüttelt das fragliche Oel, z. B. 
harzöl-haltiges Rüböl, mit 10 Volumen Weingeist von 0,83 
in verschlossener Flasche !/, Stunde lang tüchtig durch, filtrirt 
die milchige, weingeistige Flüssigkeit oberhalb der Oelschicht 
ab und verdunstet den Weingeist aus dem klaren Filtrate in 
einem’ Porzellanschälchen; das Harzöl hinterbleibt. 


9) Verhalten fetter Oele gegen polarisirtes 
Erich 


Loir fand, dass Rieinusöl die Polarisationsebene des 
Lichtes nach rechts dreht. H. Buignet bestätigte dies; 
er fand 

[e]r = + 3°,63 und [@]j = + 4°,62 bis 49,82. 


Auch ©. Popp beobachtete das Drehungsvermögen des 
Rieinusöls (Archiv d. Pharm. 1871, 145, 235); er fand [«]j 
— + 12%15. Dabei wiess er einen Stickstoffgehalt 
dieses Oeles nach und hält dafür, dass der letztere mit einem 
Alkaloidgehalte dieses Oeles zusammenhänge Alle 
übrigen fetten Oele, so wie die Schmalz- und Talgarten ver- 
halten sich nach Popp indifferent gegen polarisirtes Licht. 
H. Buignet hatte schon früher gezeigt, dass die fetten Oele 
der süssen und bittren Mandeln, das Behenöl, Buchnuss-, Ha- 
selnuss-, Wallnuss-, Mohn -, Oliven- und Rüböl, das Oel des 
schwarzen Senfs, der Fischthran, der weisse und hochgelbe 
Dorschleberthran kein Drehungsvermögen besitzen. Für den 
Leberthran des Hayfisches fand er [e]r = — 0,82 und 
für den des Rochen — 0,20 ii ee Zeitschr. f. analyt. 
Ch. 1862, 234). 


‚Ueber die Prüfung fetter Oele. 15 


10) Wärmeentwickelung fetter Oele beim Mischen 
mit concentrirter Schwefelsäure. 


Hierüber sind zuerst von Maumene Versuche ange- 
stellt und deren Resultate in Compt. rend. 35,572, daraus im 
chem. pharm. Centralblatt 1852, 907 veröffentlicht worden. 
Er goss in ein gewöhnliches Probirglas 50 Grm. Olivenöl, 
stellte ein Thermometer hinein und fügte nun vorsichtig 
10 ©.C. conc. Schwefelsäure von 1,842 spec. Gew. hinzu. 
Säure und Oel zeigten vor dem Mischen 25°Cels., nach dem 
Mischen stieg die Temperatur auf 6700. Diese Temperatur- 
erhöhung um 67 —25 = 42°Cels. blieb bei wiederholten 
Versuchen constant. Die Mischung war binnen 2 Minu- 
ten gemacht und die Temp. hatte nach 1 Minute ihr Ma- 
ximum erreicht. Dabei entwickelte sich keine schweflige 
Säure. 

Behenöl und Talgöl zeigten so ziemlich dieselbe 
Temperaturerhöhung wie Olivenöl. 


Rapsöl wurde in gleicher Weise mit cone, Schwefel- 
säure gemischt; Oel und Säure zeigten vor dem Mischen 
26°Cels.; nach dem Mischen stieg das Thermometer auf 
100°,5 ©. Mithin eine Temperaturerhöhung um 100,5 — 26 
— 74°5 Cels. Dabei entwich unter Aufschäumen des Ge- 
misches schweflige Säure. Auch hier blieb die Temperatur- 
erhöhung bei verschiedenen Versuchen constant; die wahre 
Erhöhung würde eigentlich 869,4 Cels. betragen, wegen des 
Wärmeverlustes in Folge der Entwickelung von schwefliger 
Säure. 

Austrocknende Oele erhitzen sich mit conc, Schwe- 
felsäure noch viel stärker und können daher hierdurch 
unterschieden werden. 


Wenn also ein Olivenoel von 25° Cels. bei obigem 
Verfahren mehr als 42° 0. Temperaturerhöhung zeigt, so ist 
es mit anderen Oelen vermischt. 

Fehling hat durch Faisst und Knauss Maumend’s 
Angaben prüfen lassen, wobei sich die Anwendbarkeit der 
Methode herausstellte. 15 Grm. fettes Oel, mit 5 Grm. conc, 


16 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


Schwefelsäure gemischt, zeigten folgende Temperaturerhöhun- 
‘gen (Differenz zwischen der ursprüngl. Temperatur und der 
nach Säurezusatz erlangten): Olivenöl 379,7; Süssmandelöl 
40°3, Rüböl 55°%0; Mohnöl 7095 Cels. 
15 Grm. Oel mit 7,5 Grm. Schwefelsäure, worin nur 90 %), 
HO,SO3 gemischt, zeigten eine Temperaturerhöhung von 
37920. bei Rüböl und von 749,0 bis 75°C. bei Leinöl. 
Beim Mischen von 5 Grm. conc. Schwefelsäure mit 
15 Grm. eines mohnölhaltigen Olivenöls wurden folgende Tem- 
peraturerhöhungen beobachtet: 
390,6 Cels. wenn 5°), Mohnöl im Olivenöl; 500,8 Cels. bei 40°, Mohnöl. 


41,2 ” ” 10 „ ” ” ” 549,0 ” „ 90 ” ” 
420,8 ” ”„ 15 „ ” ” ” 579,2 ” ” 60 ”. )) 
Aa »„ 20 „ » ” ” 60,4 ” ” 70 „ ” 
4690, )) 25 „ » E23) ” 639,6 „ „ 80 „ » 
AT,6 „ » 30» e) ” ” 660,8 ,„ » 90, » 


Beim Mischen von rübölhaltigem Leinöl mit conc. 
Schwefelsäure wurden, folgende Temperaturerhöhungen fest- 


gestellt: 

73,1 Cels. bei 5°/, Rüböl im Leinöl; 670,5 Cels bei 20°/, Rüböl im Leinöl. 
719,2 ” „ 10 „ ”„ „” ” 659,6 „ ” 25 ” ” ” ” 
690,4 EP) ” 15 ” { ” ” „ 630,7 eb) ” 30 ” „ ” ” 


(Bolley’s Handb. d. techn. chem. Unters. 3. Aufl. 
8. 355 u. 356; die Angaben in Liebig-Kopp’s Jahresb. 1853, 
689 weichen in etwas,davon ab.) 

Wittstein’s Beobachtungen siehe in dessen Viertel- 
jahrsschrift 1853, II, 416. 

Arthur Casselmann (Pharm. Zeitschr. f. Russland 
1867; Archiv d. Pharm. II, 131, 176) beobachtete beim Mi- 
schen von 50 Grm. Oel mit 10 Grm. Schwefelsäure von 
1,840 spec. Gew., beide von 14°C. Anfangstemperatur, fol- 
gende Temperaturerhöhungen: ; 
um 34°C. bei Provenceröl; (nemlich von 14° bis auf 48°0.); 

AD 8: Mandelol; 7 3(asg: zoll 9, BLLTE 
»„ 78° „ „ Mohnöl u. bei Sonnenblumenöl; (v. 14° bis 920); 
» Br, Hanfolıron 140 Pis,9520) und 

„ 118 bis 120°C, bei Leinöl (von 14° bis auf 132 bis 134°C.). 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 17 


11) Färbung der fetten Oele durch cone, Schwe- 
felsäure. 


Die Angaben von Heidenreich und Penot möge man 
im Journal für prakt. Chemie 1842, XXVI, 429—436 nach- 
lesen. 

Leberthran, Öl. jecor. aselli, wird nach Kümmell 
(Archiv d. Pharm. 1842, 32, 99) durch einige Tropfen conc. 
Schwefelsäure violett, roth, braun, endlich schwarz; 
Seehunds- und Walfischthran werden hierdurch sogleich braun 
und schwarz. Nach Marder erhitzt sich dabei der Le- 
berthran. 

Löst man nach Flückiger (Archiv d. Pharm. 1870, 
143, 127) einen Tropfen Leberthran in 19 Tropfen Schwe- 
felkohlenstoff und giebt einen Tropfen conc. Schwefelsäure 
hinzu, so nimmt die Lösung eine ganz prachtvolle vio- 
lette, sehr rasch in Braun übergehende Farbe an. — 


Ricinusöl löst sich in cone, Schwefelsäure mit gel- 
ber bis gelbbrauner Farbe und nimmt nach dem Zumi- 
schen von etwas Zucker bei gelindem Erwärmen eine 
schön purpurviolette Färbung an, welche der unter 
gleichen Verhältnissen aus Gallensäuren erzeugten gleicht 
(Neukomm, Ann. Pharm. 116, 41). 


Werden nach Flückiger (Archiv d. Pharm. 1870, 143, 
127) 3 Theile Rieinusöl in 3 Th. Schwefelkohlenstoff gelöst 
und unter Vermeidung jeder Erhitzung ganz allmählig unter 
Umschütteln mit 2 Th. conc. Schwefelsäure gemischt, so schei- 
det sich das Ricinusöl als eine weissliche bis röthliche, dick- 
liche Masse ab, unlöslich im Ü?S*, aber nach dem Auswaschen 
darin wieder löslich. — 

Leinöl wird durch kalte conc, Schwefelsäure gelb- 
braun (Gaultier de Glaubry), dunkelrothbraun 
(Heidenreich, van Kerkhoff,), purpurroth, violett 
bis schwarz, wobei Ameisensäure und schweflige Säure 
entwickelt werden (Sacc; Ann. Chem. Pharm. 51, 214). — 

Mohnöl. Mischt man nach Eugene Marchand, 


Apoth. in Fecamp (Archiv d. Pharm. 1854, 78, 333) aut 
Arch, d, Pbarm, III, Reihe. T, Bds, 1, Hft, 2 


18 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


einem Porzellanteller 4 Tropfen Mohnöl mit 2 Tropfen sehr 
conc. reiner Schwefelsäure, so färbt es sich erst schön Ci- 
tronengelb, dann rosa und helllila und nach !/, Stunde 
violettblau. — 


Rüböl färbt sich mit conc. Schwefelsäure grün (Hei- 
denreich; van Kerkhoff; Liebig - Kopp Jahresb. 1859, 
701); 

Olivenöl grünlich (nach Apoth. Roth); gelb orange 
bis kastanienbraum (nach E. Marchand); 


Sesamöl violett (Apoth. Roth, in Mühlhausen, Elsass; 
Journ. d. chim. med. 1864, 481; Wittstein’s Vierteljahrschrift 
1865, XIV, 537). 


Roth schüttelt gleiche Raumtheile des betreffenden Oeles 
und der conc. Schwefelsäure kurze Zeit durcheinander und 
giesst dann das Gemisch m Wasser. Die Klümpchen des 
durch die Schwefelsäure veränderten Oeles besitzen dann die 
so eben genannten Farben. Kleine Mengen von Sesamöl im 
Olivenöl bewirken stark braune Färbung der Klümpchen ; 
dem Rüböl beigemengtes Leinöl erzeugt röthlichgelbe 
Färbung derselben; eine Beimengung von Baumwollsa- 
menöl eme schmutzig grüne, eine solche von Oel- 
säure eine graugelbe Färbung. 


Nach Adriani färbt conc. Schwefelsäure das Baum- 
wollsamenöl purpurn, nach 24 Stunden röthlich braun. 


Orace Oalvert in Manchester schüttelt 5. Volume 
Oel mit 1 Vol. Schwefelsäure von der sogleich zu bezeichnen- 
den Stärke, lässt ruhig stehen und beobachtet dann Wiege 
Färbungen: Mit Schwefelsäure 


von 1,475 1,530 1,635 sp. Gew. 
Olivenöl srünlich grünlich blassgrün 
Sesamöl grünlich grünlich grünlich 
Leinöl grün schmutzig grün — 
Hanföl dunkelgrün intensiv grün dunkelgrün 
Nussöl bräunlich bräunlich braun 


Erdnussöl - schmutzigweiss schmutzigweiss braun 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 


19 
von 1,475 1,530 1,635 sp. Gew. 
Mohnöl schmutzigweiss schmutzigweiss schmutzigweiss 
Rapsöl weiss röthlich braun 
Rieinusöl weiss schmutzigweiss schmutzigweiss 
Schmalzöl*) schmutzigweis schmutzigweiss braun 
Ochsen- 
füssefett gelblich bräunlich braun 
sehr dunkel- 
Leberthran purpurroth purpurroch rothbraun 
Cachelot- u. sehr dunkel- 
Delphinöl röthlich roth rothbraun. 


Bei einer Schwefelsäure von 1,475 verhalten sich Leinöl 
und Hanföl am auflallendsten; noch bei einem Gemische, 
welches nur !/,, dieser Oele enthält, tritt die grüne Fär- 
bung ein. Noch eine Beimengung von Y,oo Thran erkennt 
man an der eintretenden rothen Färbung. 

Bei einer Schwefelsäure von 1,530 sp. Gew. treten nicht 
allein bei Lein- und Hanföl und bei Thranen, sondern auch 
bei Gallipoli- und Nussöl deutliche Färbungen auf, wo- 
durch sie in anderen Oelen erkannt werden können. 

Bei einer Schwefelsäure von 1,635 spec. Gew. sind die 
Fürbungen viel deutlicher hervorstechend, als bei den schwä- 
cheren Säuren; es lassen sich durch sie leicht 10 Proc. 
Rapsöl im Olivenöl entdecken; ebenso Nussöl im Oli- 
venöl, -Thran im Ochsenfüssefett; Gallipoliöl wird mit die- 
ser Schwefelsäure braun. 

Stärkere Schwefelsäure als solche von 1,635 
anzuwenden, widerräth Calvert, weil dann Verkohlung der 
Oele eintritt. (C. Calvert, Annales d. chim. et d. phys. 
1854, 3. ser. tome 42, pag. 199 — 225.). 


12) Syrupartige Phosphorsäure und fette Oele. 


C. Calvert schüttelt 5 Vol. Oel mit 1 Vol. syruparti- 
ger 3HO,PO®. Es fürben sich in Folge dessen grün: Oli- 
venöl (blassgrün), Hanföl; gelbbräunlich: Nussöl; braun: 


*) Oel aus Schweineschmalz, 


2% 


20 Ueber die Prüfung fetter Oele, 


Leinöl; roth, schnell dunkelbraun: Leberthran, Cache- 
lot- und Delphinöl. Unverändert bleiben: Erdnuss-, 
Mohn-, Raps-, Rieinus- und Sesamöl, Ochsenfüssefett und 
Schmalzöl. : 

Die bemerkenswertheste Reaction ist die rothe, schnell 
in eine schwarzbraune übergehende Färbung der 
Thrane; sie erlaubt, noch 4/,ooo Thran in jedem vegetabili- 
schen oder animalischen Oele zu entdecken, da noch bei 
dieser Verdünnung die charakteristische rothbraune  Fär- 
bung eintritt. (a. a. O.). 

Nach Adriani färbt sich Baumwollsamenöl durch starke 
Phosphorsäure nach 24 Stunden dunkelolivengrün. 


13) Einwirkung von salpetriger Salpetersäure 
auf fette Oele (Elaidinprobe und Färbungser- 
scheinungen), 


Jean Joseph Etienne Poutet, Apotheker in Mar- 
seille, veröffentlichte im Jahre 1819 ‚„Instructions pour recon- 
naitre les falsifications de Yhuile d’olive par celle des grains.“ 
Berzelius theilt im ersten Jahrgange seines Jahresberichtes 
über d. Fortschritte der physischen Wissenschaften (1822, I, 
101) die Methode von Poutet mit, durch welche ausgemit- 
telt werden kann, ob Baumöl mit Rapsöl, Rüböl, Wall- 
nussöl etc. verfälscht ist. x 

Sie besteht darin, dass man mit Beihülfe der W.ärme 
6 Th. Quecksilber in 7Y/, Th. Salpetersäure von 1,35 spec. 
Gew. auflöst und 2 Th. dieser Auflösung mit 96 Th. des zu 
prüfenden Oeles mischt. Die Mischung wird von !/, Stunde 
zu !/, Stunde umgeschüttel. Nach 6—7 Stunden wird sie 
dick wie Brei und nach 24 Stunden ist sie so erhärtet, dass 
sie Widerstand leistet, wenn man versucht, einen Stab hinein- 
zubringen. Die anderen Oele besitzen diese Eigenschaft nicht 
und wenn das Baumöl mit ihnen verfälscht ist, so gesteht es 
weit später und wird nicht fest, sondern bleibt ein weiches 
Muus, wohinein man einen Stab ohne Widerstand einbringen 
kann. Enthält das Baumöl mehr als !/; von den billigeren 


Ueber die Prüfung fetter Oele. . 21 


Samenölen, so bemerkt man oberhalb des Geronnenen theils 
eine Lage von klarem Oel, welche im Verhältnisse als 
die Verfälschung bedeutender ist, zunimmt, so dass, wenn die 
Oele zu gleichen Theilen gemischt sind, das Geronnene und 
das Flüssige beinahe gleichgrosse Räume einnehmen. Wenn 
frisches Baumöl mit thierischem Fett verfälscht ist, so 
gerinnt die Mischung schon innerhalb 5 Stunden. und ein 
grosser Theil des Baumöls kann dann abfiltrirt werden, worauf 
das, was coagulirt ist, wenn es mit Wasser gekocht, oder 
für sich erhitzt wird, nach Schmalz und Talg riecht. Die 
Versuche werden am besten bei + 20°C. angestellt. 


Olivenöl erstarrt ‚mit der salpetrig-salpeters. Quecksil- 
berlösung im Winter schon nach 2 Stunden, im Sommer 
erst nach 8 Stunden, während Mohnöl damit bis auf wenig 
Niederschlag flüssig bleibt. 


Felix Henri Boudet (Apoth. in Paris) veröffentlichte 
1832 seine Versuche „sur laction de l’acide hyponi- 
trique sur les huiles et les produits qui en resultent“ (Ueber- 
setzung in den Annalen der Chem. u. Pharm. IV, 1). Er 
ist der Entdecker der Elaidinsäure; er vervollkommnete 
die Poutet’sche Oelprobe, die seitdem als Elaidin- 
probe bekannt ist. 

Nach Boudet erstarren die nicht trocknenden fet- 
ten Oele in Berührung mit Untersalpetersäure zu Elai- 
din, die Oelsäure zu Elaidinsäure. Der Schmelzpunkt 
des Elaidins liegt nach Boudet bei 36°0., nach Meyer bei 
32°0., nach Duffy bei 28°Cels. 

Olivenöl gesteht mit !/,, Untersalpetersäure, die man, 
in ihrem 3fachen Gewichte Salpetersäure von 1,35 spec. Gew. 
gelöst, anwendet, schon nach 70 Minuten; mit /,, NO in 
78 Minuten; mit "/,, NO* in 84 M., mit Y/,oo NO? in 130M., 
mit yoo NO? erst in 7'/, Stunden; mit oo NO? gar nicht 
mehr. 

Auch andere fette Oele werden durch NO verdickt, 
nicht aber die trscknenden Oele von Lein, Hanf, 
Mohn, Buch- und Wallnüssen, 


22 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


100 Theile der folgenden Oele, bei 17°C. mit einer Lö- 
sung von 3 Th. NO? in 9 Th. Salpetersäure versetzt, 
erstarren in Minuten und färben sich: 


Olivenöl 73 blaugrün 
Haselnussöl 103 blaugrün 
Süssmandelöl 160 schmutzigweiss 
fettes Bittermandelöl 160 dunkelgrün. 
Rapsöl 2400 braungelb. 


Bringt man nach Boudet Olivenöl mit 200 Maass 
Stickoxydgas und 100 Maass Sauerstoffgas zusam- 
men, so wird das Gasgemenge völlig verschluckt, das Oel 
färbt sich grün und wird innerhalb 2 Stunden beinahe fest. 


Ebenso verhält sich nach Gottlieb auch die ODelsäure. 

Leitet man nach Meyer salpetrige Säure 5 Minuten 
lang durch Oelsäure und erkältet, so erstarrt die Flüssigkeit 
nach !/, Stunde zu einer gelben grossblättrigen Masse von 
Elaidinsäure.. 

Anton Wimmer (Böttgers polyt. Notizblatt 1852, 77; 
1862, 352) leitet das mittelst Eisenfeilspähnen und 
verdünnter Salpetersäure entwickelte Gas in etwas 
Wasser, über welchem sich das zu prüfende Oel befindet. 
Enthalten Mandelöl oder Olivenöl selbst nur kleine 
Mengen Mohnöl, so bilden diese letzteren Tröpfchen auf 
der Oberfläche, während sich jene völlig in krystall. Elaidin 
verwandeln. 

Gehe (Waarenbericht, April 1868; Archiv d. Pharm. II, 
135, 171) empfiehlt Fabrikanten, die auf unverfälschtes 
Baumöl im Interesse ihrer Fabrikate und Maschinen Werth 
legen, bei Einkäufen auf die alte Elaidinprobe, mit 
Kupferspähnen und Salpetersäure zurückzukommen, 
bei welcher ächtes, fettes, nicht trocknendes Gallipoliöl nach 
wenigen Stunden schon eine feste Beschaffenheit annimmt, - 
während andere verdächtige Oele davon nur dickflüssig wer- 
den und sich deutlich in 2 Schichten scheiden, deren obere 
schmutziggrün gefärbt ist, was auf Zusatz von trocknen- 
den Surrogatölen (Baumwollsamen- ünd Sonnenblumenöl) 
hinweist, 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 23 


Nach P. J. van Kerkhoff lässt sich untersalpetrige 
Säure haltende Salpetersäure recht gut zur Unterscheidung 
nicht trocknender von trocknenden Oelen benutzen, wenn 
man nicht vergisst, dass das Ricinusöl ebenfalls durch 
dieses Reagens fest wird (Kopp- Will’s Jahresb. f. 1859, 702); 
es entsteht dabei Ricinelaidin. 

Nach R. Reynolds bleibt ein mit Baumwollsamenöl 
gemengtes Olivenöl nach Zusatz von HgO,NO5 +NO% teigig 
und erstarrt nicht mehr. (Fresenius’ Zeitschr. 1866, 252.) 

Cyrille Cailletet’s Essai et dosage des huiles, etc. 
Paris 1859 (im Auszuge: Archiv der Pharmacie 1861, 106, 
338) giebt eine Vorschrift zur Bereitung der Quecksilber- 
lösung zur Elaidin- und Färbungsprobe, wobei er auch auf 
die eigenthüml. Färbungen des Schaumes hinweist. 
Man möge meinen Auszug dieser Arbeit am citirten Orte 
nachlesen. 

Mir gelingt die Elaidinprobe auch mit salpetrigsau- 
rem Kali (festem, nach A. Stromeyer, Fresenius’ qualitat. 
Analyse, 12. Aufl. 1866, 70 bereitet) und verdünnter 
Schwefelsäure, welche ich zu dem zerkleinerten Salze 
giesse, das sich in einem engen, hohen Glascylinder unter 
einer Schicht des zu prüfenden Oeles befindet. Die durch 
die Oelschicht dringenden Dämpfe der salpetrigen Säure brin- 
gen das Oel zum Gestehen, wenn es ein nicht trocknen- 
des war. 


14) Fette Oele und Salpetersäure. 


Cr. Calvert schüttelt 5 Vol. Oel mit 1 Vol. Salpeter- 
säure von verschiedenem spec. Gew. und beobachtet nach 
5 Minuten die entstandenen Färbungen. Diese sind bei Sal- 
petersäure 


von 1,180 1,220 1,330 

Leinöl gelb gelb grün, dann braun 
f Nussöl gelb roth dunkelroth 
Sesamöl orange roth dunkelroth 


Olivenöl grünlich grünlich blassgrün 


24 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


von 1,180 1,220 1,330 
Hanföl schmutzig grün grün ins Bräunliche grünbraun 
Mohnöl keine Aenderung gelblichroth — 


Rapsöl 
Erdnussöl keine Aenderung keine Aenderung k. Aender. 
Rieinusöl 


Leberthran keine Aenderung keine Aenderung roth 
Delphinöl rosa röthlich roth 
Walfischthran gelblich hellgelb roth 
Klauenfett gelblich gelblich blassgelb 


Schmalzöl*) keine Aenderung keine Aenderung hellbraun. 


Mit Salpetersäure von 1,180 erkennt man noch 
10 Proc. Hanföl im Leinöl an der entstehenden grünen 
Färbung; die grünliche Färbung des Olivenöls ist von der 
grünen des Hanföls deutlich zu unterscheiden. 

Mit Salpetersäure von 1,220 kann man noch 10 Proc. 
Hanföl, Sesamöl, Nussöl und Delphinöl in anderen 
Oelen entdecken. 

Mit Salpetersäure von 1,330 ist es leicht, 10 Proc. 
Sesamöl oder Nussöl im Olivenöl zu entdecken. 

Stärkere Salpetersäure als die eben genannte anzuwen- 
den, ist nicht räthlich, weil dann die Reaction zu hefüg 
wird und die unterscheidenden Farbenreactionen verschwinden. 

Nach Adriani färbt starke Salpetersäure Baumwoll- 
samenöl erst dunkelolivengrün, dann hell orangeroth. 

Hauchecorne’s iAngaben über die Färbungen fetter 
Oele durch Salpetersäure stimmen mit denen von Cr. Calvert 
nahezu überein. (Man sehe Fresenius’ Zeitschr. für analyt. 
Chem. 1864, 512.) 


15) Wasserstoffhyperoxyd und fette Oele. 


Man lese darüber Hauchecorne’s Mittheilungen in Fre- 
senius Zeitschr. f. analyt. Chem. 1863, 443, und in Wagner’s 
Jahresbericht 1863, 8. 566. 


- *) Qel aus Schweineschmalz, 


[8] 
Qt 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 


16) Salpeter-Schwefelsäure und fette Oele. 


Nach C. Calvert werden 5 Vol. Oel mit einem Gemisch 
aus 1 Vol. Wasser, 1 Vol. Salpetersäure von 1,330 spec. 
Gew. und 1 Vol. Schwefelsäure von 1,3845 spec. Gew. ge- 
schüttelt; nach 2 Minuten beobachtet man die eingetretenen 
Färbungen: bei Mohnöl blassgelb; bei Olivenöl orangegelb; 
bei Erdnussöl schwachorange; bei Ricinusöl schwach bräun- 
lichroth; Sesamöl erst grün, dann dunkelroth; Leinöl erst grün, 
dann dunkelbraun; Hanföl ebenso; bei Schweineschmalzöl und 
Öchsenfüsseöl braun; bei Gallipoliöl, Nussöl, Rapsöl, Leber- 
thran, Cachelot- und Delphinöl dunkelbraun. 

Da bei dieser Probe Erdnussöl, Mohn- und Olivenöl bei- 
nahe unverändert bleiben, so kann man Beimengungen der 
anderen sich intensiver färbenden Oele gut nachweisen. Sind 
z. B. Mohnöl oder Olivenöl mit Sesamöl vermischt, so bleibt 
die grüne Farbe des Sesamöls im Gemenge viel länger vor- 
handen, als bei der Probe des reinen Sesamöls und erst nach 
einigem Stehen geht sie in die charakteristische rothbraune 
bis braunrothe Färbung über. 


Cyrille Cailletet’s Beobachtung über die Wirkung 
der Salpeter-Schwefelsäure auf fette Oele, siehe im Archiv 
d. Pharm. 1861, 106, 338; sie stimmen gut mit den Calvert- 
schen Angaben. 

Apoth. Roth in Mühlhausen, Elsass (Wittstein’s Vier- 
teljahrsschrift 1865, 14, 537) lässt eine Schwefelsäure 
von 1,46, die mit salpetrigen Dämpfen gesättigt ist, auf 
die fetten Oele einwirken. Es färben sich: Olivenöl schwach- 
gelb; Erdnussöl braungelb; Sesamöl tiefroth, Rüböl gelblich- 
weiss; ein mit Oelsäure gemengtes Rüböl orangegelb; ein 
mit Leinöl gemengtes dunkelroth; mit Leinöl und Oelsäure 
gemengt curcumagelb; ebenso das mit Harzöl gemengte 
Rüböl; das mit Baumwollsamenöl gemengte Rüböl braungelb. 


Nach Behrens wird Sesamöl beim Zusammenbringen 
mit einem abgekühlten Gemische aus gleichen Mengen conc. 
Salpetersäure und Schwefelsäure blaugrün. Flückiger 
modifieirt diese Probe wie folgt (Archiv d. Pharm. 1870, 144, 


26 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


126). Man giesst 5 Tropfen Sesamöl auf 5 Tropfen der 
erkalteten Salpeter-Schwefelsäure, bringt durch Neigen des 
Proberöhrehens beide Flüssigkeiten in Berührung, so dass 
eine grüne Mittelzone entsteht. Durch unverzügliches Zu- 
giessen von 5 Tropfen Schwefelkohlenstoff und Umschütteln 
lässt sich jetzt eine schön grüne obere Schicht her- 
stellen, die sich langsamer entfärbt, als bei der gewöhnlichen 
Art der Prüfung. 


19) Chlorsund teite Oele 


Nach Böttger’s polytechn. Notizblatt 1850, 96 lässt 
sich eine Verfälschung des Brennöls (Rüböls) mit Fischthran 
daran erkennen, dass es durch Ohlorgas braun gefärbt wird, 
während reine Pflanzenöle dadurch nicht gefärbt werden. Die 
erste Beobachtung, dass Fischthran durch Chlor sogleich ge- 
schwärzt wird, verdanken wir Chateau. 


18) Königswasser und fette Oele. 


Nach C. Calvert wirkt eine Mischung von 1 Vol. Sal-. 
petersäure und 3 Vol. Salzsäure (gewöhnliches Königswasser) 
auf fette Oele ähnlich der reinen Salpetersäure. 


Anders wirkt ein Gemisch aus 1 Vol. Salpetersäure von 
1,330 spec. Gew. und 25 Vol. Salzsäure von 1,155 spec. Gew. 
Schüttelt man 1 Vol. dieses Gemisches mit 5 Vol. Oel, so 
beobachtet man nach 5 Minuten folgende Färbungen: 

Blassgelb erscheinen: Klauentett, Cachelot- und Del- 
phinöl. er 

Gelb: Nussöl, Sesamöl, Leberthran. 

Grünlich: Hanfl. 

Gelbgrün: Leinöl. Ungefärbt bleiben: Erdnuss -, 


Mohn-, Oliven- und Gallipoliöl; ebenso Raps- und Rici- 
nussöl. 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 27 


19) Natronlauge und fette Oele. 

Cr. Calvert’s Beobachtungen: 

A. Natronlauge von 1,340 spec. Gewicht, al- 
lein. 

Man schüttelt 5 Vol. fetten Oeles mit 1 Vol. der Natron- 
lauge und erhitzt bis zum Sieden. 

Es bleiben weiss: Erdnuss- und Ricinusöl. 

Es färben sich schmutzigweiss ins Gelbliche: 
Mohn-, Nuss-, Raps- und Sesamöl; auch Ochsenfüssefett. 

Gelblich: Olivenöl (welches zugleich fest wird). 

Gelb: Leinöl (welches dabei flüssig bleibt). 

Gelblich bis bräunlich (unter Verdickung): Hanföl. 

Weiss ins Rosenrothe: Schmalzöl. 

Röthlich: Leberthran, Cachelot- und Delphinöl. 

Die röthliche Färbung ist noch bei einem Gehalt des 
Pflanzenöls von !/;oo Ihran erkenntlich. 

(Nach Adriani wird Baumwollsamenöl durch Kali- 
lauge von 1,22 spec. Gew. erst hellgelblich, dann in den der 
Luft ausgesetzten Theilen bläulich purpurfarben.) 


B. Natronlauge von 1,340 spec. Gew. und Oele 
die mit Salpetersäure von 1,330 spec. Gew. be- 
handelt wurden. 

Man mischt 5 Vol. Oel mit 1 Vol. solcher Salpetersäure, 
dann nach 5 Minuten mit 10 Vol. solcher Natronlauge: 
a) das Oel bleibt flüssig und zeigt sich 
weiss: Olivenöl, Rapsöl; Die wässrige Flüssigkeit unter dem 
gelblich: Leinöl; Oele ist brandroth: Sesamöl; 
rosa: Mohnöl. | farblos bei Mohnöl. 
Thrane werden mit NO? roth und auf Zusatz von Na- 
tronlauge schleimig. y 
b) das Oel nimmt faserige ÖOonsistenz an und er- 
scheint weiss: Gallipoliöl, Erdnussöl, Rieinusöl, Ochsen- 
füssefett; hellbraun, Hanföl; roth: Nussöl. 
Ricinusöl, mit Mohnöl verfälscht, wird durch NO 
röthlich, giebt dann mit Natronlauge eine Mischung, die viel 
vonihrer faserigen Öonsistenz verliert. 


28 Ueber die Prüfung fette Oele, 


Rapsöl, mit Nussöl versetzt, wird durch NO? roth, 
welche Färbung auf Natronzusatz noch deutlicher wird; die 
halbverseifte Masse wird viel faseriger. 

Olivenöl, verfälscht mit 

Nussöl, giebt eine halbverseifte faserige Masse. 

Mohnöl, eine dicke Masse, die auf farbloser Flüssig- 
keit schwimmt. 

Sesamöl, dicke Masse; die Flüssigkeit unter dem 
Oele ist rothgefärbt (eine sehr empfindliche und charak- 
teristische Reaction). 

Durch diese Salpetersäure-Natron-Probe sind 
noch folgende Gemenge zu erkennen: 

Ochsenfüssefett mit Rapsöl. 

Gallipoliöl mit Mohnöl. 

Ricinusöl mit Mohnöl. 

Hanföl mit Leinöl und 

Nussöl mit Walfischthran. 

C. Natronlauge von 1,340 spec. Gew. und 
Oele, welche mit einem Gemisch von 1 Vol. Sal- 
petersäure und 25 Vol. Salzsäure, (wie oben an- 
gegeben) behandelt worden sind. Mengenverhältniss 
wie bei B. 

a) Das Oel bleibt flüssig und erscheint weiss: Olivenöl; 
rosa: Schmalzöl; dunkelrosa: Mohnöl; gelb bis orange: 
Leberthran, Cachelot- und Delphinöl; Leinöl, Sesamöl (dessen 
wässrige Flüssigkeit ebenfalls orange gefärbt ist). 

b) Das Oel wird faserig und erscheint weiss: Erd- 
nussöl; weiss ins Gelbliche: Gallipoliöl, Rapsöl; schmu- 
tzig gelb: Ochsenfüssefett; orange: Nussöl; schmutzig- 
rosa: Ricinusöl; bräunlich: Hanfol. 

Man findet mittelst dieser Probe: 
das Mohnöl im Gallipoliöl, Oliven-, Erdnuss- und Rapsöl; 
denn jedes dieser Oele nimmt die blassrosa Farbe an und 
erscheint in seiner Consistenz vermindert; 
das Nussöl im Oliven- und Gallipoliöl, im Erdnuss-, Lein- 
und Rapsöl; endlich 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 99 


das Leinöl im Hanföl, wo Verminderung der Consistenz 
bemerkbar ist. — 

Arthur Casselmann’s wichtige Beiträge zur Prü- 
fung der fetten Oele, namentlich der trocknenden, siehe im 
Archiv der Pharmacie 1867, II, 131, 176. 


20) Trocknes Kalkhydrat und fette Oele, 


Nach J. Nickles (Journ. d. pharm. et d. chim. 1866, 
III, 332; Wittstein’s Vierteljahrschrift 1867, XVI, 420) bil- 
det das pulvrigtrockne Kalkhydrat mit Aprikosenöl eine 
Emulsion, die bald salbenartig wird. Mandelöl giebt mit 
Ca0,HO keine Emulsion. 

Zur Erkennung von Aprikosenöl im Mandelöl reibt man 
1,5 Grm. Kalkhydratpulver mit 12 Grm. Oel an, erwärmt vor- 
sichtig nicht ganz bis 100°C., filtrirt warm und lässt erkalten. 
Ist Aprikosenöl vorhanden, so trübt sich das Filtrat weiss; 
fehlt es, so bleibt das Oel klar. Wie das Aprikosenöl ver- 
halten sich Hanf-, Mohn-, Erdnuss-, Nuss-, Lein- und Ri- 
einusöl. Wie das Mandelöl verhalten sich Olivenöl und Repsöl. 


21) Bolley’s Schüttelprobe mit wässrigem koh- 
lensauren Kali, 

um Olivenöl auf seine Brauchbarkeit für die Türkischroth- 

färberei zu prüfen, siehe in dessen Handbuche d. techn. chem. 

Untersuchungen 1853, 323. Gutes Olivenöl giebt dabei dicke 

Milch mit steifem Schaum. 


22) Seyfried’s Schüttelprobe mit Bleiessig. 
Mandelöl liefert dabei ein ganz weisses, Olivenöl, 
Mohnöl und Nussöl geben ein gelbliches Gemisch. 
23) Erkennung der Oruciferenöle an ihrem 
Schwefelgehalt. 


Zur Entdeckung von Rüböl, Rapsöl, Leindotteröl und 
anderen Üruciferenölen empfiehlt Mialhe*) in den Compt. 


*) Ich halte die Schreibart Mialhe für die richtige, nicht Mailhe, 
wie Einige schreiben, auch nicht Mailho wie im Gmelin - Kraut 
steht. 


30 Veber die Prüfung fetter Oele. 


rend. 1855, 40, 1218, daraus in Liebig - Kopp’s Jahresbericht 
1855, 822, im Archiv d. Pharm. II; 86, 318 und 88, 359 
folgende Probe: 


Man lässt in einer Porzellanschale 25 bis 30 Grm. des 
- fraglichen Oeles mit einer Auflösung von 2 Grm. Aetzkali in 
20 Grm. Wasser kochen, giebt nach einigen Minuten die 
Flüssigkeit auf ein benetztes Filter und prüft das Filtrat auf 
einen Gehalt an Schwefelkalium. Wird zum Kochen des Oeles 
mit der Aetzkalilauge ein silbernes Gefäss benutzt, so 
wird letzteres sogleich und auffallend geschwärzt. 


Jacob Tipp gelang diese Probe nicht (Wittstein’s 
Vierteljahrsschr. 1856, V, 123). Auch Flückiger konnte 
so im KRüböl Sohetel nicht nachweisen (Schweiz. Zeitschr. 
f. Pharm. 1856, I, 27). 


F. Schneider stellte im Laboratorium von Kühn n 
Leipzig Versuche an, Rüböl in anderen fetten Oelen nachzu- 
weisen und fand du salımabar saure Silberoxyd hierzu 
am geeignetsten. 


Ein Volum des zu prüfenden Oeles wird in 2 Vol. Aether 
gelöst, es werden dann 20 bis 30 Tropfen einer gesättigten 
alkoholischen Silbersalpeterlösung hinzugefügt und die durch 
starkes Schütteln hergestellte 'Mengung wird an einem schat- 
tigen Orte der Ruhe überlassen. Bei Anwesenheit von 
Rüböl bräunt oder schwärzt sich die untere Flüssigkeits- 
schicht, 


Fettes Senföl gab die Reaction nicht (Wag- 
ner’s Jahresbericht d. chem. Trechnol. 1862, 494). 


G. Weidinger (Waarenlexikon d. chem. Industrie u. 
Pharm. 1868, 1869; ein Auszug im Archiv d. Pharm. 1870, 
II, 142, 188) erhitzt das verdächtige Oel mit feinpräparirter, 
kohlensäurefreier reiner Bleiglätte und zwar mit 0,20 Grm. 
PbO auf 5-Grm. Oel, bis nahe zum Kochen; bei Gegenwart 
eines Cruceiferenöles (W eidinger n°nnt neben Rüböl und 
Leindotteröl auch fettes Senföl) entsteht sofort ein 
schwarzer Niederschlag von Schwefelblei unter Entwicke- 
lung eines durchdringend ekelhaften Geruchs, 


Ueber die Prüfung fetter Oele. 31 


Leinöl, welches häufig mit Cruciferenöl verfälscht vor- 
kommt, giebt im reinen Zustande beim Kochen mit- Bleioxyd 
nur einen hellbräunlichen, feinflockigen Niederschlag, der 
Geruch des gekochten Oeles ist rein firnissartig, aber nicht 
gerade unangenehm. — 

Ich habe mich überzeugt, dass bei Rüböl, selbst beim 
gereinigten Brennöl, das mit einem Stückchen selbstbe- 
reiteten weissen Emplastrum lithargyri simplex ver- 
setzt und damit erhitzt wurde, wobei sich das Pflaster löste, 
eine Schwärzung des Oeles in Folge einer Bildung von 
Schwefelblei eintrat (H. Ludwig). 


24) Verhalten einiger fetten Oele beim Erhitzen, 


Olivenöl wird beim Erhitzen auf 120°C. heller, bei 
220°C. fast farblos; nach dem Erkalten riecht und schmeckt 
es nun ranzig; es kocht unter Zersetzung bei 328 bis 394° C,, 
wird dabei syrupdick, goldgelb und setzt Sebacylsäure ab 
(Pohl). 

Winterrapsöl wird beim Erhitzen auf 200° C, grün- 
gelb, stärker riechend, zersetzt sich bei 350°C. und lässt 
Gase ühergehen, die sich theilweise zu einem sauren, dünnflüs- 
sigen, starkriechenden, gelbgrünen Oele verdichten (W ebsky). 
Vergl. oben bei ‚Besprechung des Geruchs der fetten Oele die 
Beobachtung von Glaser. 

3 Leinöl, Nussöl und Mohnöl entzünden sich, wenn 
sie bis auf 320 bis 375°C. erhitzt werden (Jonas). 

Leinöl giebt bei der Destillation, ohne zu kochen, weisse 
Dämpfe, die sich zu farblosem Oel von Brodgeruch 
verdichten, beginnt dann zu kochen, wobei die Dämpfe nicht - 
mehr sichtbar sind, bläht sich auf und lässt brenzliche braune 
Producte übergehen; in der Retorte bleibt eine gallertige, 
kautschukartige Masse (Sacc). 

Mohnöl setzt bei 200°0. unter völliger Entfärbung 
Schleimflocken ab, kommt bald ins Kochen und entwickelt 
mit stechendem Geruch Kohlenoxydgas und Kohlenwas- 
serstoffgas, denen anfangs etwas 0?O* beigemengt ist. Das 


32 Ueber die Prüfung fetter Oele. 


erste Destillat, etwa 1, des Mohnöls betragend, ist gelb, 
stark riechend, enthält viel Oelsäure, weniger Marga- 
rinsäure (sogenannte), Sebacylsäure, Acrolein, Es- 
sigsäureete. (Bussy und Le Canu). 

Ricinusöl. Destillirt man nach Bouis 25 Grm. Rici- 
nusöl unter Zusatz von 10 bis 12 Grm. Kalihydrat, das 
man in der geringsten Menge Wassers gelöst hat, so erhält 
man wenigstens 5 ©.C. ÖCaprylalkoh.o|, d. h. eine ätherisch- 
ölige Flüssigkeit von lange haftendem angenehmen Geruch, 
die auf Wasser schwimmt. Je mehr fremde fette Oele dem 
Rieinusöle beigemengt sind, um so weniger Caprylalkohol 
wird man hierbei erhalten. (Ann. chim. phys. 1855, III, 
44, 77.) 

Leberthran entwickelt nach Wagner beim Vermi- 
schen mit conc. Schwefelsäure und nachherigem Erhitzen des 
Gemenges mit überschüssigem Alkali einen Geruch nach 
Rautenöl; mit Wasser verdünnt, destillirt, erhält man ein 
hellgelbes Oel von gleichem Geruch. Wird das Gemenge 
von Leberthran und HO,SO? einige Tage aufbewahrt, dann 
mit Kalk und Wasser destillirt, so erhält man ein milchiges 
Destillat von Krauseminz-Geruch. 


25) Chromsäure oder chromsaures Kalı und ver- 
dünnte Schwefelsäure und fette Oele. 


Nach Lailler wirkt Ohromsäurelösung auf die meisten 
fetten Oele sehr energisch en und schwärzt dieselben. 
Wendet man aber eine Mischung aus 1 Th. Salpetersäure 
von 1,38 spec. Gew. und 2 Theilen Uhromsäurelösung (mit 
!/, Chromsäure- Gehalt) an und fügt zu 1 Theile dieser Mi- 
schung 4 Theile Olivenöl, so erhitzt sich dieses gar nicht, 
wird später fest und nimmt blaue Färbung an. Andere fette 
Oele zeigen diese Erscheinungen nicht. (Journ. d. pharm. et 
d. chim. 1865, I. 180; Wittstein’s Vierteljahrschrift 1866, 
XVI, 268). 

G. Arzbächer’s Beobachtungen über die Producte der 
Einwirkung von KO,20r0? + verd. Schwefelsäure auf Rici- 


Uebers, d. Alkaloide d. Papaveraceen, nach d. neuest. Vervollständig. 35 


nusöl, Mohnöl, Leinöl und Oelsäure lese man in 
Annalen d. Chem, u. Pharmacie 1850, 73, 199, im Auszuge 
auch Archiv d. Pharm. 1851, II, 65, 331 nach. 

Bei Rieinusöl erhielt er im Destillate Oenanthylsäure 
und Valeraldehyd, bei Mohnöl Capronsäure und Va- 
leraldehyd, bei Leinöl ebenfalls ein saures starkrie- 
chendes Destillat. 


26) Uebermangansaures Kali und fette Oele. 


Nach van Kerkhoff wurde eine Lösung des überman- 
gansauren Kalis von bestimmtem Gehalt durch verschiedene 
fette Oele in bedeutend verschiedenem Grade angegriffen. So 
entfärbten sich 15 C.C. einer solchen Chamäleonlösung schon 
durch 1 C.C. Leinöl, während erst 3,21 C.C. Rüböl dieselbe 
Entfärbung hervorbrachten. (Kopp-Will’s Jahresb. für 1859, 
S. 702.) 


Uebersicht der Alkaloide der Papaveraceen, nach 
den neuesten Vervollständigungen. 


A. Aus Opium (von Papaver somniferum). 


I. Morphin (Morphium), 1804 von Sertürner und 
angeblich auch von Seguin entdeckt, dessen 1804 dem 
Institute vorgelegte Abhandlung indess erst 1814 gedruckt 
erschien. Das Hauptalkaloid des Opium. Formel 
C'?7H1®NO®; krystallisirt, von alkalischer Reaction, linksroti- 
rend. Künstlich aus Morphin erzeugte Basen: 

1) Apomorphin = Ü!’H!’NO2 Von Matthiessen 

. und Wright 1871 aus Morphin mittelst HCl erhalten. 

Amorph, weiss, an der Luft grün werdend;; brechenerregend. 

2) Desoxymorphin = C!’H!’NO?. Von Wright 
1871 aus Morphin erzeugt. 

IL Narkotin, 1803 von Derosne entdeckt (dessen 


Sel d’opium), Formel nach Matthiessen und Foster 
Arch, d, Pharm, TIT, Reihe. I, Bds, 1, Hft, 3 


34 Uebers. d. Alkaloide d. Papaveraceen, nach d. neuest. Vervollständig. 


und auch nach OÖ. Hesse = C??H??NO?. Frei im Opium 
vorhanden, nicht als Salz; daher durch Benzin, nicht durch 
Wasser ausziehbar. Krystalle ohne alkal. Reaction. Salze 
beim Auflösen leicht zerfallend. 

Matthiessen und Foster zeigten 1867, dass das 
Narkotin bei kürzerer oder längerer Einwirkung: von Salz- 
säure ein oder 2 Atome Methylen verliert und so aus einem 
anfänglichen Trimethylnornarkotin (gewöhnlichem Nar- 
kotin) in ein Dimethylnornarkotin C21!H2!NO” und 
Monomethylnornarkotin C?’H!?’NO? verwandelt wird. 
Bei Einwirkung von conc. HJ auf Narkotin werden ihm 
3 Atome Methylen entzogen unter Erzeugung von Nornar- 
kotin (zusammengezogen aus Normal-Narkotin) = C19H!7NO“. 
Zu diesen drei neuen künstlichen Basen, welche als Abkömm- 
linge des Narkotins bezeichnet werden mögen, kommt noch 

4) das Kotarnin C!?H13NO®? + H?O, welches 1844 
von Wöhler erhalten wurde, als er das Narkotin mit fein 
gepulvertem PBraunstein und verdünnter Schwefelsäure er- 
hitzte. Dabei entsteht neben dem Kotarnin auch Opian- 
säure 010H1003, welche nach Anderson durch nascirenden 
Wasserstoff inMekonin C10H!'0O% verwandelt werden kann, 
dessen Anwesenheit im Opium Dublane jun. schon 1826 
nachwies. in 

Das Kotarnin bildet schwach alkalisch reagirende, farb- 
lose, leicht braunwerdende Krystalle, in Wasser löslich. 

Il. Hydrokotarnin = C!?H!5NO3, wurde 1871 von 
OÖ. Hesse in Opium entdeckt. Monokline Krystalle, bei 50° 
zu farbloser Flüssigkeit schmelzend, schon bei 100° C. flüch- 
tig (siehe Archiv d. Pharm. Mai 1872). 

IV. Kodein = 0C!3H?1NO3 + H?O, entdeckt 1832 von 
Robiquet; Anderson stellte die Formel desselben fest. 
Farblose, rhomb. Krystalle, stark alkalisch. 

In 80 Th. kalten, in 2 Th. heissen Wasser löslich. Links- 
drehend. Künstlich aus demselben erzeugte Basen: 

1) Apokodein = C!®H!?NO?2, von Matthiessen und 
Burnside 1871 vermittelt ZunCl aus Kodein erhalten. 
Amorph,, brechenerregend, 


Uebers. d. Alkaloide d. Papaveraceen, nach d. neuest. Vervollständig. 35 


2) Desoxykodein = 0!°H?!NO2 von Wright 1871 
aus dem Kodein künstl. dargestellt. 

V. Narcein = C?3H?’NO?, von Pelletier 1832 im 
Opium entdeckt; die Formel wurde von Anderson und 
später von O. Hesse ermittelt. Farblose Krystalle, sehr leicht 
löslich in siedendem Wasser. Reagirt nicht auf Pflanzenfar- 
ben. Leicht löslich in alkalischen Laugen. 

VL Thebain = C!?H21N0° + H?2O, von Thibou- 
mery 1835 in Pelletier's Fabrik entdeckt (Pelletier's Para- 
morphin). Anderson stellte die Formel fest. Farblose, 
der Benzo@säure ähnliche Krystallblätter, nicht sublimirbar, 
schmilzt bei 193°C., von stark alkalischer Reaction. 

Künstlich daraus dargestellte Basen: 

1) Thebenin = C!’H?!NO? und 

2) Thebaicin Ü1?H?!NO®, beide 1870 durch O. Hesse 
durch Einwirkung von conc. Salzsäure auf das Thebain erhal- 
ten. (Ann. Chem. Pharm. Jan. 1870, 8. 69— 75; Arch. 
Pharm. II, 142, 1.) 

VI. Pseudomorphin, 1835 von Pelletier und Thi- 
boum&ry entdeckt. 1867 von OÖ. Hesse genauer unter- 
sucht; er ermittelte die Formel desselben zu C17H!9NO%, 
Feine, seideglänzende Kryställchen Ct7H19NO* + H?O bis 
4H?0. Es ist geschmacklos, wie auch seine Verbindungen 
mit Säuren, Es reagirt nicht alkalisch und neutralisirt auch 
die Säuren nicht. (O. Hesse, Ann. Chem. Pharm. Januar 
1867, 8. 87.) Nach Magendie nicht giftig; zeigt aber 
ähnliche Farbenreactionen wie das Morphin. 

VII. Das Porphyroxin, welches seit 1837 von E. 
Merck als der rothfärbende Bestandtheil des Opium bezeich- 
net wird, ist nach OÖ. Hesse ein Gemenge mehrer Basen, 
worunter auch Mekonidin ist. Diese von O. Hesse 1870 
genauer untersuchte Basis hat die Formel 0?!H??®NO% Sie 
ist amorph, schmilzt bei 58° und wird mit Säuren, nament!l. 
mit verdünnter Schwefelsäure rasch purpurroth. (Ann. Chem. 
u. Pharm. Januar 1870, S. 47.) 

IX. Papaverin, entd. 1848 von E. Merck; Formel 
nach OÖ, Hesse C?!H?1NO* (Anderson hatte die Formel 

z% 


36 Uebers, d. Alkaloide d. Papaveräceen, nach d. neuest. Vervollständig. 


C20H?1!NO# aufgestellt). Kryst. in farblosen, zarten Prismen, 
welche geschmacklos sind und deren Lösung keine Wirkung 
auf geröthetes Lackmuspapier hat. 

Es löst sich in Essigsäure auf, ohne dieselbe zu neutra- 
lisiren. Kali und Ammoniak bewirken darin eine harzige 
Fällung, welche bald krystallinisch wird und unlöslich im 
Fällungsmittel ist. 

X. Kryptopin, 1867 von’ J. Smiles, T.u. H. Smith 
entdeckt. (Aus 80 bis 100 Centnern Opium gewannen sie 
nur 5 Unzen salzs. Kryptopin.) ©. Hesse ermittelte für 
dasselbe die Formel C?1H2?NO5,; krystallisirbar, bläut rothes 
Lackmuspapier und neutralisirt die stärksten Säuren. Seine 
Salze schmecken anfangs bitter, hintennach brennend scharf, 
an Pfefferminzöl erinnernd; sie besitzen meistens die Eigenschaft, 
sich aus ihren Lösungen anfangs gallertartig auszuscheiden. 

XI. Kodamin, 1870 von O. Hesse entdeckt; er stellte 
dafür die Formel C?CH25NO auf. Farblose Krystalle, die bei 
126°C. schmelzen; salzs. Kodamin ist amorph u. reagirt neutral. 
Zersetzt sich in der Hitze. Löst sich in conc. Salpetersäure 
mit schön dunkelgrüner Farbe; auch mit Fe?Cl®? färbt es 
sich schön dunkelgrün. (Siehe Arch. Pharm. Maiheft 1872.) 

XI. Laudanin, 1870 von O. Hesse entdeckt; For- 
mel ebenfalls O2°H?5NO%#; krystallisirt in farblosen 6seitigen 
Prismen, reagirt alkalisch (in der weingeist. Lösung), neutra- 
lisirt dem entsprechend die Säuren vollständig). Seine Salze 
schmecken ziemlich bitter. Färbt sich mit Eisenchlorid sma- 
ragdgrün und mit conc. NO® orangeroth. Schmilzt bei 166°C., 
giebt auch mit Kali- und Natronhydrat kryst. Verbindungen. 
(Siehe a. a. O.) 

XIH. Lanthopin, 1870 v. O. Hesse entdeckt; "Bor- 

mel C23H25NO*; weisses, aus mikrosk. Prismen bestehendes 
-Pulver, ohne Geschmack, verändert nicht die Farbe geröthe- 
ten Lackmuspapiers und neutralisirt nicht die Essigsäure 
(während Mekonidin, Kodamin, Laudanin und Kodein, 
damit neutrale Lösungen geben. In Weingeist kaum 
löslich, äusserst schwerlöslich in Aether und Benzin, ziem- 
lich leicht in Chloroform. 


4. Mu A 


Uebers, d. Alkaloide d, Papaveraceen, nach d. neuest. Vervollständig. 57 


XIV. Protopin, 1871 von O. Hesse entdeckt. For- 
mel C?°H!’NO5; zu Kügelchen und Warzen vereinigte, farb- 
lose, äusserst kleine Prismen, bei 202°C. schmelzend. Reagirt 
in alkohol. Lösung stark basisch, seine Salze schmecken bit- 
ter und gelatiniren nicht. (Arch. Pharm. Mai 1872.) 

XV. Laudanosin, 1871 von OÖ. Hesse entdeckt; For- 
mel C?!H?’7NO# Weisse, leichte, krystall. Flocken; schmilzt 
bei 89°C., nicht sublimirbar. Reagirt alkalisch und neutrali- 
sirt die stärksten Säuren vollständig. Seine Salze schmecken 
äusserst bitter. Färbt sich nicht mit Fe?0l? (Arch. Pharm. 
Mai 1872). — 

.[Das von O. Hesse 1871 im Opium vermuthete Deu- 
teropin bedarf noch näherer Prüfung; das von Hinter- 
berger 1851 beschriebene Opianin (= (®°H?°N?O?! 
nach alter Schreibweise) konnte von Anderson nicht wieder 
gefunden werden; auch das Metamorphin von Witt- 
stein bedarf noch der sicheren Feststellung seiner Eigen- 
thümlichkeit. ] 


B. Aus Papaver Rhoeas. 


XVL Rhoeadin, 1865 von ©. Hesse in den Samen- 
kapseln von Papaver Rhoeas entdeckt; es kommt auch in 
jedem besseren Opium vor. Weisse, fast geschmacklose 
Prismen. Durch Säuren wird es schon in der Kälte rasch 
zersetzt, wobei sich die Lösung prachtvoll purpurroth färbt 
(das Rhöadin bildet also wohl auch einen Gemengtheil des 
Merck’schen Porphyroxin’s),. Formel 0?!H?1NO® (Dioxypa- 
paverin). 

Ein Umwandlungsproduct des Rhoeadins ist das kry- 
stallisirbare alkalische Rhoeagenin C?!H?!NO®. 


C. Aus Öhelidonium, Glaucium und Sanguinaria. 


XVII. Sanguinarin (Chelerythrin); von Dana 1830 
in der Wurzel von Sanguinaria canadensis, von Polex 1838, 
von Probst 1839 in Chelidonium majus entdeckt, 


38 Ueber Chininbestimmung. 


Formel nach Schiel = C!’H!’NO* (Flückiger giebt 
C17H15NO®%). Weisse Kryställchen von brennend scharfem 
Geschmack. Salze rothgefärbt. 

XVII. Chelidonin, von Polex (1838), Probst und 
Reuling (1839) in dem Chelidonium majus entdeckt. Formel 
nach H. Will C!?’H!7N°0O3 + H?O. Farblose Krytalle von 
scharfem Geschmack. Salze sind farblos, schmecken stark 
bitter und scharf. 

(Vergleiche Flückiger’s Uebersicht der in der Natur vor- 
‘kommenden Alkaloide der Papaveraceen und einiger künstl. 
daraus dargestellten Abkömmlinge; Schweizerische Wochen- 
schrift f. Pharm. v. 29. März 1872.) i 
H. Ludwig. 


Ueber Chininbestimmung. 
Von Dr. €. Schacht, Apotheker in Berlin, 


In meinem Berichte „Ueber die Bestimmung des Alka- 
loidgehaltes der Chinarinden“ (vergl. Archiv der Pharmacie 
197. Bd. S. 97) habe ich unter IV einer Bestimmungsmethode 
Erwähnung gethan, welche P. Carles angegeben hat. Nach 
dieser Methode wird das Chinin als schwefelsaures Salz 
erhalten. Meine unter IV veröffentlichten Resultate liessen 
die Methode von P. Carles als nicht empfehlungswerth 
erscheinen. 

In einem der letzten Hefte des Journal de Pharmacie 
et de Chimie findet sich ein „Extrait du Rapport sur les 
quinquinas et les rhubarbes par une commission composee 
de M. M. Adrian Limousin, Coulier, Roucher 
et Bourgoin.“ In diesem resume heisst es nun: „Etude 
sur les quinquinas.“ „Ües procedes, comme vous le savez 
tous, sont tres-nombreux, mais aucun d’eux jusquici n’etait 
completement satisfaisant. M. P. Carles, frappe de cette 
imperfection, s’est efforc& de la faire disparaitre, et dans l’etat 


el u > u a te a ae She A A ee a BF un Be en. 


Ueber Chininbestimmung, 39 


actuel de nos connaissances on peut dire quil a reussi A 
combler cette lacune.“. Als ich diese Worte las, glaubte ich 
meinen Augen nicht trauen zu dürfen und wiederholte sofort 
meine Versuche nach dieser Methode 15 Grm. Cortex Chi- 
nae reg. subt. pulv. und 5 Grm. Calcaria usta, gelöscht mit 
25 Grm. Wasser, wurden so behandelt, wie es auf S. 497 
des IX. Bandes -von Fresenius’ Z. f. analytische Chemie (aus 
Journal de Pharm. et de Chim. 1870, Aoüt, p. 81) angegeben 
ist. Die getrocknete Masse, mit der 5—-6fachen Menge 
Chloroform erschöpft, gab einen Rückstand, bestehend aus 
Alkaloid und harzartiger Materie circa zu gleichen Theilen. 
Derselbe wurde mit verdünnter Schwefelsäure aufgenommen, 
die erhaltene Lösung filtrirt, bis auf 100°C. erhitzt und mit 
Ammoniak bis zur schwachsauren Reaction versetzt. In dem 
resume heisst es nun weiter: „toute 1a quinine cristallise 
ensuite par refroidissement ä l’etat de sulfate sous forme 
d’un gäteau solide. Ce procede est expeditif; de plus, il donne 
du premier coup un sel blanc, sensiblement pur. Les nom- 
breuses determinations comparatives faites par l’auteur de- 
monstrent enfin quil est suffisamment exact.“ Die durch 
Ammoniak erhaltene Fällung gab 0,282 Grm. Chininsulfat d. h. 
1,88°/,. In der von dem durch Ammoniak erzeugten Nieder- 
schlage abfiltrirten Flüssigkeit erhielt ich mit stark verdünn- 
tem Natron 0,188 Grm. d.h. 1,26°/, Basen, 

Nach diesem so erhaltenen Resultat muss ich bei meiner 
Ansicht, dass die von P. Carles angegebene Methode nicht 
empfehlungswerth sei, bleiben, trotz der vielen schönen W orte 
der Herrn Preisrichter. 


Berlin, Mai 1872. 


40 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben 
Lupine. 
Von Dr. Ad. Beyer.*) 


Im Verlauf meiner Arbeit über die Stoffveränderung wäh- 
rend des Keimens der Samen der gelben Lupine, und beim Auf- 
suchen von Trennungsmethoden für die einzelnen vorzugs- 
weise in Betracht kommenden organischen Verbindungen (Pro- 
teinkörper, Zucker u. s. w.) begegneten mir einige andere 
Körper mit charakteristischen Eigenschaften, die mir die quan- 
titative Bestimmung obengenannter Körper sehr erschwerten, 
und deren nähere Kenntniss mir schon aus diesem Grunde 
wünschenswerth erschien. Aber auch als Beitrag zur Fut- 
terwerthsbestimmung dieses ziemlich complieirt zusammen- 
gesetzten Samens dürfte letztere dienen, und ich habe dess- 
halb einige dieser Körper zu isoliren gesucht und gebe in 
Nachstehendem die Resultate dieser Arbeit, so weit wie sie 
bis jetzt,gediehen ist, wieder. - 


I. Die im Alkoholauszug enthaltene organische. 
Säure. 


. Zerschneidet man einen mit Wasser aufgequollenen Lu- 
pinensamen und bringt auf die Schnittfläche blaues Lackmus- 
papier, so erhält man eine stark saure Reaction. In meiner 
bereits erwähnten Abhandlung **) sprach ich die Vermuthung 
aus, dass diese saure Reaction wahrscheinlich, ausser von 
sauren Phosphaten, von Aepfelsäure herrühre, und brachte 
letztere in Beziehung zu dem in grosser Menge von mir aus 
den Keimen abgeschiedenen Asparagin. Es war mir da- 
mals nicht gelungen, das Silbersalz ganz frei von Phosphor- 
säure zu erhalten, und die Analyse desselben konnte desshalb 
nicht maassgebend sein. Bei der nunmehr bewerkstelligten 
Trennung der beiden Säuren ergab sich aber, dass die frag- 


*) Als Abdruck a. d. „Landw. Versuchs - Stationen ,““ ed. Prof. Dr. 
F. Nobbe. Bd. XIV. 1871, vom Herrn Verf. erhalten. Mit Hinweglassung 
der analytischen Belege hier mitgetheilt. H. L, 
**) Landwirthschaftliche Versuchs - Stationen Bd. IX, S. 168. 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 41 


liche Säure nicht Aepfelsäure, sondern Citronen- 
säure ist. 


Aus den Untersuchungen von Ritthausen,*) dem wir 
die Kenntniss über die Eiweisskörper der Lupine verdanken, 
über die Einwirkung von Schwefelsäure auf das Legumin, 
hat sich inzwischen ergeben, dass wahrscheinlich 'die Elemente 
zur Bildung des Asparagins in den Eiweisskörpern allein zu 
suchen sind, denn er fand, dass unter den Zersetzungspro- 
ducten Asparaginsäure auftritt. Eine Bildung von Aspa- 
ragin aus dem Legumin bei der Keimung ist daher sehr 
wahrscheinlich, 


Die Säure wurde in folgender Weise erhalten. Die wäs- 
serige Lösung des alkoholischen Lupinenextracts, aus welchem 
das noch zu beschreibende wachsartige Fett abgeschieden war, 
wurde direct mit essigsaurem Bleioxyd gefällt. Nach mehr- 
fachem Auswaschen wurde der Niederschlag mit HS zer- 
setzt. Es resultirte nach Entfernen des Schwefelbleis und 
Eindampfen eine farblose, stark saure Flüssigkeit. Barytwasser 
erzeugte in derselben einen zuerst verschwindenden, dann aber 
bleibenden krystallinischen Niederschlag. Durch fractionirte 
Fällung wurde dieses Barytsalz vollkommen frei von Phosphor- 
säure erhalten. Um dies zu erreichen, muss die Flüssigkeit 
bis zuletzt stark sauer reagiren. Die Mutterlauge enthält 
neben einem Theil nicht gefällter Citronensäure alle Phosphor- 
säure in Lösung. Das saure Barytsalz wurde vorsichtig 
zuerst mit Wasser, dann mit Alkohol gewaschen, nach dem 
Trocknen mit Schwefelsäure zersetzt und die nun gewonnene 
Säure nach der Neutralisation mit Ammoniak zur Darstellung 
des Kalk- und Silbersalzes benutzt. 


Salpetersaures Silberoxyd erzeugte in der Lösung einen 
weissen, voluminösen Niederschlag, der, getrocknet, beim Er- 
hitzen lebhaft und mit Hinterlassung einer schwammigen 
Masse verpuffte. ’ 


*) Journal für prakt. Chemie Bd, 106, 8.445, 


2 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


Bei der Analyse des bei 100°0. getrockneten Salzes 
wurden | 


gefunden im berechnet 
Durchschnitt: ‘ für eitronensaures Silberoxyd. 
Ne) 161,59 0: 67,82 
la 14,04 
ie ot 0,97 
07— 17,34 17,17 
100,00 100,00. 


Mit Chlorcaleium gab die verdünnte Lösung des Ammo- 
niaksalzes in der Kälte keine Fällung, beim Erhitzen entstand 
jedoch sofort ein fein krystallinischer Niederschlag, der sich 
in der Kälte wieder löste. 

In dem bei 100° getrockneten Salzes wurden gefunden 
31,88 bis 32,28%, CaO. 

Das bei 100° getrocknete Kalksalz der Citronensäure 
verlangt aber 32,56 Proc. Ca0. 


Das Verhalten der im alkoholischen Auszuge vorhandenen _ 


organischen Säure gegen Barytwasser und die Analyse des 


Kalk- und Silbersalzes lassen nunmehr wohl keinen Zweifel 


zu, dass dieselbe nicht Aepfelsäure, sondern Oitronensäure 
ist. Inzwischen aber ist eine Abhandlung von Ritthau- 
sen“) erschienen, worin derselbe die Nachweisung von 
Aepfelsäure und Oxalsäure in der Flüssigkeit, aus 
welcher durch Essigsäure das Conglutin gefällt ist, mittheilt. 
Die Zusammensetzung des Lupinensamens erweist sich hier- 
nach als immer complicirter. 


I. Das in Alkohol lösliche Gummi. 


Mit diesem Namen bezeichne ich diejenige Substanz, 
welcher Eichhorn **) in seiner Abhandlung über das Lupi- 


nenbitter Erwähnung thut. Hat man die wässerige Lösung 


des. alkoholischen Extractes mit essigsaurem Bleioxyd gefällt 


*) Chemisches Centralblatt 1871. 8. 3. 
**) Landwirthschaftl, Versuchs - Stationen Bd. IX, 8. 275. 


u ee a a RE u re ee a 1 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 45 


und neutralisirt die ablaufende Flüssigkeit mit Ammoniak, so 
entsteht ein eitronengelber, sich fest zu Boden setzender Nie- 
derschlag von zäher Beschaffenheit. Ich hatte denselben 
zuerst nach derselben Methode behandelt wie Eichhorn, und 
zwar ausgewaschen, mit HS zersetzt und dann, weil der Ab- 
dampfungsrückstand noch sauer reagirte, mit Kalkhydrat ver- 
setzt, abfiltrirt und das Filtrat durch Kohlensäure vom über- 
schüssigen Kalk zu befreien gesucht. Letztere Operation war 
jedoch ohne Erfolg, denn es liess der Kalk auf diese Weise 
sich nicht vollständig wieder aus der Flüssigkeit entfernen, erst 
als in einer abgemessenen Menge der Kalk bestimmt worden 
war, war es möglich, durch Zusatz einer entsprechenden Menge 
ÖOxalsäure dieselbe davon zu befreien. Der nunmehr beim 
Eindampfen resultirende Körper wurde wiederholt in Alkohol 
gelöst und enthielt zuletzt keine Mineralstoffe mehr; es zeigte 
sich jedoch, dass er nicht frei von stickstoffhaltigen Körpern 
war. Da das beim Neutralisiren der Lupinenextractlösung 
angewendete Ammoniak dem Bleiniederschlag angehangen 
haben konnte, neutralisirte ich bei späteren Darstellungen mit 
Kali und entfernte die Säure mit Bleioxydhydrat, erhielt aber 
stets stickstoffhaltige Substanz. Weitere Untersuchungen 
ergaben, dass ich es entschieden mit einem Gemisch von 
verschiedenen Körpern zu thun hatte, die sich unter der Hand 
beim Eindampfen und Wiederauflösen in Alkohol zersetzten, 
denn es hinterblieb stets von Neuem ein Rückstand bei letz- 
terer Operation. Die Substanz war allerdings gummiartig, 
aber nur bei scharfem Trocknen zerreiblich und an der Luft 
stets feucht werdend. Mit Alkalien färbte sie sich intensiv 
gelb. Jedenfalls ist der in der Lupine enthaltene Farbstoff 
mit ein Bestandtheil des Bleiniederschlages. 

Eichhorn erwähnt, dass der Körper nach der Behandlung 
mit Säuren die alkalische Kupferlösung beim Erwärmen redu- 
cire. Ich kann dies bestätigen, allein bei einem Versuch, das 
reducirte Kupferoxyd quantitativ zu bestimmen, erhielt ich 
von 0,405 Grm. vorher mit verdünnter Schwefelsäure in zuge- 
schmolzener Glasröhre 12 Stunden lang im Kochsalzbade er- 
hitzter Substanz nur 0,087 Grm, Kupferoxyd, eine Quantität, 


44 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


aus der ersichtlich ist, dass nur ein geringer Antheil des 
Gemisches aus einem Kohlehydrat bestehen kann. Ein grosser 
Theil schlägt sich, beim Zusatz von Schwefelsäure zur Auf- 
lösung desselben als eine harzartige Masse nieder, und bleibt 
auch beim Erhitzen darin unlöslich. Die Kohlen- und Was- 
serstoffbestimmungen ergaben zwar eine den Kohlehydraten 
annähernd gleiche procentische Zusammensetzung, ich unter- 
lasse es jedoch, die darauf bezüglichen Zahlen hier wie- 
der zugeben, da dieselben bei der Unreinheit der Substanz 
ohne Werth sind, und behalte mir weitere Untersuchungen 
darüber vor. 


III. Die in dem Lupinensamen enthaltenen Fette 


Beim Ausziehen der gepulverten Samen mit Aether bei 
gewöhnlicher Temperatur erhält man ein flüssiges Fett von 
zoldgelber Farbe. Zieht man den Rückstand nachträglich mit 
80 procentigem Weingeist in der Wärme aus, so erhält man 
beim Auflösen des Extractes in Wasser ein wachsartiges fes-. 
tes Fett. 

Das mit Aether gewonnene flüssige Fett ergab bei der 
Analyse 

C—= 75,6 bis 75,75 und H= 11,12 — 11,42 u. 11,53%), 

Nach längerem Stehen in der Kälte setzten sich reich- 
lich Krystalle eines festen Fettes ab. | 

Bereits Töpler*) bestimmte im Lupinenfett den Phos- 
phorgehalt. Er fand denselben zu 0,29 Proc. Es ist das im 
Vergleich zu den Samen der anderen Leguminosen sehr we- 
nig. Bei meinen Bestimmungen stellte sich für den flüssigen 
Antheil des mit kaltem Aether ausgezogenen Fettes ein noch 
geringerer Phosphorgehalt heraus, während in dem festen An- 
theil derselbe mit Töplers Zahlen nahezu übereinstimmt. 
Es scheint, als ob in dem Gemisch von Fetten, welche in 
der Lupine vorkommen, der feste Antheil der phosphor- 
reichere sei. 


*) Jahresberichte für Agrieulturchemie von Hofmann 1860—62, 8. 57, 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 45 


Die procentische Zusammensetzung des .flüssigen Lupi- 
nenfettes ist nach dem Durchschnitt meiner Analysen: 


— 75,700 
H —= 11,350 
P= 0,098 
O0 — 12,852 

100,000. 


Dieses Resultat stimmt ziemlich genau mit den von J. 
König*) neuerdings veröffentlichten Analysen überein, abge- 
sehen von dem dort nicht berücksichtigten Phosphorgehalt. 

Einen weit höheren Phosphorgehalt ergab das nach Ex- 
traction mit Aether durch Alkohol erhaltene feste Fett. 

Ich erhielt grössere Mengen davon bei der Darstellung 
des Bitterstoffes aus dem alkoholischen Extract, und benutzte 
das Material zur Feststellung der procentischen Zusammen- 
setzung. Die bei der Auflösung des Alkoholextractes in 
Wasser zurückbleibende fettige Masse wurde zur Entfernung 
des Bitterstoffes, welcher derselben hartnäckig anhing, wieder- 
holt mit HÜClhaltigem Wasser unter Zusatz des doppelten 
Volumens Aether geschüttelt. Es gelang auf diese Weise, 
den Bitterstoff zu entfernen. Die abgehobene Aetherlösung 
wurde der Destillation unterworfen, der Rückstand längere 
Zeit bei 100° erwärmt, um anhängendes Wasser zu entfernen, 
und dann nochmals in absolutem Aether gelöst. Nach wie- 
derholter Entfernung des Aethers durch Destillation resultirte 
ein schmieriges Fett von gelbbrauner Farbe jund kratzendem 
(Geschmack. 

Die durchschnittliche procentische Zusammensetzung wurde 
gefunden zu 


C = 72,68 
H = 10,84 
P= 1,56 
O — 14,92 
100,00. | 


*) Landw. Versuchs - Stationen Bd, XIII, 8. 241, 


46 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


Der entschieden hohe Phosphorgehalt des Fettes liess 
die Frage entstehen, ob demselben nicht doch, ungeachtet der 
wiederholten Behandlung mit absolutem Aether, Phosphor- 
säure mechanisch beigemischt sei, da die wässerige Lösung 
des- Extractes bedeutende Mengen von letzterer enthielt. Bei 
genauer Prüfung ergab sich jedoch, dass die Substanz weder 
an eine concentrirte Chlornatriumlösung, noch an sehr ver- 
dünnte Sodalösung, noch an Wasser, welches mit HCl ange- 
säuert war, beim Erwärmen eine Spur von Phosphorsäure 
abgab. 

Einen annähernd gleich hohen Phosphorgehalt (1,25 Proc.) 
fand Knop*) in einem Fett von Zuckererbsen mit schwar- 
zem Keime. 


IV. Der Bitterstoff. 


In ‚meiner Notiz**) habe ich in Kürze den Weg ange- 
geben, auf welchem ich in Anschluss an die Eichhorn’- 
sche Darstellungsmethode den Bitterstoff der gelben Lupine 
erhalten habe. Der leichteren Uebersicht halber will ich den- 
selben hier nochmals mittheilen. 


Die grob gepulverten Samen wurden bei gelinder Wärme 
wiederholt mit 80 procentigem Weingeist extrahirt, der Wein- 
geist abdestillirt, und das erhaltene Extract mit Wasser ge- 
löst. Es ‚hinterblieb dabei das bereits beschriebene Fett. 
Die wässerige Lösung wurde zur Entfernung der Säure und 
der übrigen in Lösung gegangenen Bestandtheile mit essig- 
saurem und basisch essigsaurem Bleioxyd gefällt, das Blei 
durch HS entfernt, und nach Entfernung des letzteren durch 
Erhitzen, das Alkaloid durch Gerbsäure gefällt. Der zuerst 
pflasterähnliche, später zerreibliche Niederschlag wurde mit 
destillirtem Wasser gewaschen, in Alkohol gelöst und mit 
frisch gefälltem Bleioxydhydrat in der Wärme zersetzt. Nach 
Entfernung der wenigen Mengen gelösten Bleies durch HS 


*) Chem. Centralblatt 1858, 8. 759. 
.**) Landw, Versuchs - Stat. Bd. X, S. 518, 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine, 47 


wurde der Alkohol durch Destillation entfernt und der Rest 
langsam verdunstet. 

Die Ausbeute war im Verhältniss zur angewandten Pflan- 
zensubstanz eine sehr geringe, und ich benutzte dann später, 
nach dem Vorgange von Siewert,*) der mit HClhaltigem 
Wasser auszieht, zur Extraction mit HCl angesäuerten Wein- 
geist, fällte auch dann nicht mehr, (da aus der Abhandlung 
von Siewert hervorgeht, dass durch Schütteln der mit Kali 
versetzten Extractlösung keine Zersetzung des Bitterstoffes 
stattfindet), mit Gerbsäure, sondern behandelte die sauren alko- 
holischen Auszüge, von welchen der Weingeist abdestillirt 
war, ebenfalls mit Kali und Aether. 

Die Ausbeute war dabei eine weit grössere. - Die Ex- 
traction mit HClhaltigem Weingeist hat den Vorzug, dass 
weit geringere Mengen anderer Bestandtheile, wie Kohlehy- 
drate, Eiweisskörper und anorganische Salze mit in Lösung 
übergehen. Ich erhielt, wie Siewert, durch Schütteln des 
mit Kali versetzten Extractes mit Aether eine goldgelbe Flüs- 
sigkeit, welche ausser dem Alkaloid noch fettes und ein we- 
nig ätherisches Oel enthielt. Der Aether wurde im Wasser- . 
bade abdestillirt und der stark alkalisch reagirende Rückstand 
mit HC] neutralisirt. Das fette und ätherische Oel scheiden 
sich hierbei ab. Schüttelt man nun dieses Gemisch mit Was- 
ser und Aether, so bleibt die Chlorverbindung des Alkaloids 
in Wasser gelöst, während der überstehende Aether das Oel 
enthält. Durch Abheben des Aethers und wiederholten Zu- 
satz erhält man zuletzt die wässerige Lösung der Chloride 
vollkommen klar. Dieselbe wird nun wieder mit Kali versetzt 
und die frei gewordene Basis mit Aether getrennt. Nach 
öfterer Wiederholung dieser Operation und Entfernung des 
Aethers hinterbleibt eine ganz schwach gelb gefärbte, syrup- 
artige Flüssigkeit von stark alkalischer Reaction, unangench- 
mem, an Coniin erinnernden, namentlich beim Erwärmen stark 
hervortretenden Geruch und brennendem, intensiv bitteren, 
zum Husten reizenden Geschmack. Beim Neutralisiren mit 


*) Landw. Versuchs -Stat. Bd. XII, 8. 306, 


48 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


HCl bilden sich weisse Nebel. Bei längerem Stehen an der 
Luft färbt sich die ursprünglich ziemlich farblose Flüssigkeit 
dunkler, offenbar in Folge einer Oxydation. Mit Weingeist ist 
dieselbe in jedem Verhältniss mischbar, eine vollkommen klare 
Flüssigkeit gebend. Schüttelt man die syrupartige Flüssig- 
keit mit Wasser, so löst sich ein Theil derselben auf, ein 
anderer sinkt in öligen Tropfen unter. Der gelöste Antheil 
ist derjenige des Basengemenges, der mit Platinchlorid ein in 
Alkohol lösliches Doppelsalz bildet. 


In meiner ersten Notiz gab ich an, dass ich nach mei- 
ner früheren Darstellungsmethode nur ein Platinsalz erhalten 
habe, 

Bei Befolgung der Methode des Auszugs mit HClhalti- 
gem Weingeist, Zersetzen des Auszugs nach Siewert mit 
Kali fund Aether und hierdurch erzielter grösserer Ausbeute 
erhielt ich zwei verschiedene Platinsalze, die das Vorhanden- 
sein zweier Alkaloide constatiren, wie bereits Siewert auch 
gefunden. Bei der Darstellung der Platinsalze selbst bin ich- 
jedoch insofern von Siewert abgewichen, als ich das Ba- 
‘ sengemisch überhaupt nicht der fractionirten Destillation 
unterworfen, sondern die alkoholische Lösung der Chloride 
direct mit einer concentrirten wässerigen Platinchlo- 
ridlösung im Ueberschuss versetzt, und durch das verschie- 
dene Verhalten der Platinsalze in Betreff ihrer Löslichkeit in 
Alkohol zu trennen gesucht habe. Die Analysen meiner Pla- 
tinsalze haben desshalb auch eine andere procentische Zusam- 
mensetzung ergeben, als die von Siewert analysirten, und 
in Folge dessen auch zu einer anderen empirischen Formel 
geführt. Ich habe aber auf diese Weise stets Salze von con- 
stanter Zusammensetzung erhalten. 


Beim Versetzen der alkoholischen Lösung der Chloride 
mit PtCl? entsteht ein zuerst hellgelber, voluminöser, sehr 
bald aber krystallinisch werdender Niederschlag, der sich 
rasch zu Boden setzt. 


Einige Platin- und Chlorbestimmungen desselben theilte 
ich bereits in meiner früheren Notiz mit, 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 49 


Die von dem ersten Niederschlag ablaufende, Chlorplatin 
noch im Ueberschuss enthaltende Flüssigkeit setzt nach 
allmähligem Verdunsten des Alkohols prachtvoll orangefar- 
bige Krystalle ab, die sich sowohl in ihren Eigenschaften, 
als auch in ihrer Zusammensetzung wesentlich von dem ersten 
Platinsalz unterscheiden. Das erstere ist in Weingeist von 
SO Proc. und in kaltem Wasser so gut wie unlöslich. In 
heissem Wasser löst es sich, fällt aber beim Erkalten in 
grösseren Krystallen wieder heraus. Je nach der Concentra- 
tion der Lösung des Chlorides fällt die Dichtigkeit des Sal- 
zes verschieden aus. Aus sehr verdünnten Lösungen wird 
es in der Form von goldgelben Blättchen gefällt, während 
es aus concentrirteren Lösungen in dichter körnig krystallini- 
schem Zustande erhalten wird. Die Zusammensetzung des 
Salzes hat sich jedoch trotz des verschiedenen Aussehens 
stets als dieselbe erwiesen. 

In Nachfolgendem beschränke ich mich, die Analysen 
“ der beiden Platinsalze, sowie einige auf eine Chlorverbindung 
bezügliche Zahlen mitzutheilen, weitere Untersuchungen mir 
vorbehaltend. Die Veröffentlichung wäre schon früher er- 
folgt, wenn nicht dringende berufliche Arbeiten mich daran 
verhindert hätten. 

Betreffs einiger analytischen Methoden bemerke ich, dass 
die Chlorbestimmungen in meiner früheren Notiz etwas zu 
hoch ausgefallen sind. Siewert fand, dass sich beim Schmel- 
zen der Platinsalze mit kohlensaurem Natron -Kali Cyanver- 
bindungen bilden, die, wie ich auch bestätigt gefunden habe, 
die Chlorbestimmungen etwas beeinträchtigen. Die nachste- 
henden Bestimmungen sind desshalb stets unter Zusatz von 
reinem chlorfreien Kalisalpeter ausgeführt worden. Bei den 
Stickstoffbestimmungen nach der Will-Varrentrapp’- 
schen Methode wurde dem bei 100° C. getrockneten Material 
stets etwas reiner Rohrzucker zugesetzt, und die erhaltenen 
Zahlen stimmen sehr gut mit den aus dem Platingehalt be- 
rechneten. e £ 

Eine Zersetzung der von mir untersuchten Platinsalze 
beim Trocknen habe ich nicht beobachten können, dieselben 

Arch, d, Pharm. IU.Reile, I. Bds, 1, Hit, 4 


50 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


waren weder zusammengesintert, noch entwickelten sie bei 
dieser Temperatur irgend welchen Geruch. 


Analysen des in Alkohol unlöslichen Platinsalzes. 


Sie ergaben: 
0 = 28,55 — 28,85 — 28,95, im Mittel 28,78%. 
H = 5,06 — 5,27 — 5,26 — 5,33 — 5,25, im Mittel 5,23%, 
N = 4,08— 3,81 —3,97, im Mittel 3,95%, 
PL 27,61 9710 2754 9736 97,51 ca 
im Mittel 27,50%,. 
Cl= 29,91 — 29,68 — 29,73 — 30,14, im Mittel 29,86%,. 
Der aus dem Durchschnittsgehalt an Platin berechnete 
Stickstoff beträgt 3,89 Proc. und der Gehalt an Chlor 
29,56 Proc. 
Aus diesen Zahlen ergiebt sich die Formel: 
C2 HEIN2O050122 PLClE: 


Berechnet: Gefunden: 
C = 28,63 28,78 ° 
H= 5,33 5,23 
NE 203,92 3.90 
O7 —AA9 4,68 
Pr-——7277706 27,50 
GI— 29,86 29,86 

100,00. 100,00. 


Die Formel des Alkaloids würde demnach: sein: 
G34H36 N2O4. 

Kein Salz der von Siewert durch fractionirte Destilla- 
tion erhaltenen Basen hat genau dieselbe Zusammensetzung 
ergeben. Annähernd ähnlich zusammengesetzt ist das Salz, 
welches genannter Forscher erhielt aus dem bei 216° sieden- 
den Basenantheil, jedoch ist der Platingehalt um 1 Proc. 
höher. Er berechnet daraus die Formel: | 

a 02 H>°N202 022770 
und fasst es auf als ein Gemisch von äquivalenten Mengen 
Coniin- und Methyleonydrinplatinchlorid. Von dem meinigen 


Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine, 51 


unterscheidet es sich durch ein Minus von 2 Aegq. Wasser. 
Ob bei der Destillation eine derartige Veränderung vorgeht, 
müssen weitere ‘Untersuchungen lehren; meine Salze sind 
aber stets von constanter Zusammensetzung gewesen, und 
dem in der Lupine vorkommenden Alkaloid dürfte wohl im 
unveränderten Zustande die von mir berechnete Formel zu- 
kommen. 

 Zersetzt man die heisse, wässerige Lösung des Salzes 
mit Kali und schüttelt mit Aether, so erhält man die Basis 
wieder. Die Mengen der auf diese Weise von mir erhalte- 
nen Basis waren mir vor der Hand aber zu gering zu einer 
Elementaranalyse. Sobald mir grössere Mengen davon zu 
Gebote stehen, wird dieselbe nachgeholt werden. 

Die aus dem Platinsalz abgeschiedene Basis giebt beim 
Neutralisiren und Fällen aus alkoholischer Lösung mit PtC1? 
einen Niederschlag von ganz demselben Platingehalt wie 
zuvor. Auch tritt die von mir schon mehrfach erwähnte 
charakteristische rothbraune Färbung mit wässeriger Jodlö- 
sung ein. Die Basis selbst stellt eine helle ölige Flüssig- 
keit dar, die in Wasser zu Boden sinkt und sich nicht 
darin löst. 


Das in Alkohol lösliche Platinsalz. 


Es wurde erhalten durch langsame Verdunstung der von 
dem unlöslichen Salz ablaufenden noch PtCl? im VUeber- 
schuss enthaltenden Flüssigkeit. Nach mehrfacher Reinigung 
durch Umkrystallisiren aus Alkohol resultirten rubinrothe, 
glänzende, leicht zerbrechliche Krystalle mit zahlreichen 
Flächen, dieselben sind in kaltem Wasser löslich, ebenso in 
heissem Alkohol. 

Die Analysen der bei 100° getrockneten Substanz 
ergaben Ü = 30,71 — 31,37%, ; H = 6,12 — 5,88 |... 

Pt = 25,29 — 25,14 — 25,10 und 24,95%, und 
Cl = 27,08 — 26,75 und 27,35 °],. 

Der aus dem durchschnittlichen Platingehalt berechnete 
Stickstoff beträgt 3,56 Procent, der Chlorgehalt hiernach 
27,05 Proc. 

4% 


52 Ueber einige Bestandtheile der Samen der gelben Lupine. 


Diese Zahlen führen zu der Formel: C2°H2+NO#0], PtC12 
und die Formel der freien Basis würde darnach sein: 


029 H2>NO#& 

Berechnet: | Gefunden: 
= 30,55 31,04 
Bl== 6,07 6,00 
Ne 3,54 3,56 
Pi 2502 25,12 
el == 26,90 27,06 
0 8,09 7,22 

100,00. 100,00. 


Lässt man die wässerige Lösung der Chloride über Ca0l 
langsam verdunsten, so erstarrt dieselbe zuletzt zu einer kry- 
stallinischen Masse. Durch Entfernen des nicht krystallisiren- 
den Antheils vermittelst Abtropfenlassen und Pressen gelang 
es mir, eine zur Chlorbestimmung und Darstellung des Pla- 
tinsalzes hinreichende Menge der Chlorverbindung zu gewin- 
nen. Dieselbe wurde durch mehrmaliges Umkrystallisiren 
aus Alkohol gereinigt und stellte dann ein vollkommen farb- 
loses, dem Chlorammonium in der Krystallform ähnliches 
Salz dar. Darin 15,91 bis 16,05°/, Chlor; (in der bei 100° 
getrockneten Substanz). 

Die Formel C2°H?*NO?C] aber verlangt — 15,72 Proc. Cl. 

Das aus dem Basengemisch auskrystallisirende Salz ist 
demnach die Chlorverbindung. derjenigen Basis, deren Platin- 
salz in Alkohol löslich ist. Versetzt man die alkoholische 
Lösung desselben mit PtÜOl?, so entsteht kein Niederschlag, 
beim Verdunsten aber erhält man die. oben beschriebenen 
orangefarbigen Krystalle. 

0,5315 Grm. der auf diese Weise dargestellten bei 100° 
getrockneten Verbindung gaben 0,1335 Grm. Pt = 25,11 Pro- 
cent Pt. 


Die von Siewert untersuchte bei 261° siedende Basis 
ergab die Formel 0?°H?!NO?, unterscheidet sich also wie- 


Ueber Tinetura Rhei aquosa. wm 


derum nur durch ein Minus von 2 Aeq. Wasser von der von 
mir aus dem Platinsalz berechneten Basis. 

Sobald mir grössere Mengen der aus der Platinverbin- 
dung dargestellten freien Basis zur Verfügung stehen, werde 
ich die Analysen der letzteren nachholen. *) 


Ueber Tinetura Rhei aquosa. 
Von H. Schweikert jun., Apotheker in Dingelstädt. 


Der im Märzheft des Archivs enthaltene Aufsatz des 
Dr. Mirus über Tinct. Rhei aq. giebt mir Veranlassung, mich 
ebenfalls über diesen Gegenstand auszusprechen. Dr. Mirus 
geht darin von der zuerst von Hofapotheker Fischer in 
Dresden empfohlenen Vorschrift aus, und rühmt die Haltbar- 
keit der nach dieser Vorschrift dargestellten Tinctur, hat aber 
„daran auszusetzen, dass die Vorschrift zu sehr von der Phar- 
macopöe abweicht und hat dann mit Hinweglassung des Bo- 
rax sich möglichst der Vorschrift der Pharmacopöe zu nähern 
gesucht. Immerhin aber weicht sie noch wesentlich von der 
Pharmacopöe ab. Einmal durch die Infusion mit heissem 
Wasser, dann aber auch durch erhöhten Alkoholgehalt. Ich 
lege nun besonderen Werth darauf, dass die Vorschrift der 
Pharmacopöe möglichst genau inne gehalten werde. Alles 
Künsteln ist entschieden zu verwerfen, wenn man ohne Künste- 
lei ein haltbares, gutes Präparat erlangt. Die Vorschrift hat 
allerdings in dieser Beziehung vor allen Uebrigen mir bekannt 
gewordenen sehr viel voraus, erreicht aber doch dieses Ziel 
nicht vollkommen. Ich habe nun schon seit Jahren bei Auf- 
bewahrung der Tinct. Rhei die sogen. Appert’sche Me- 
thode angewandt, und bin in Folge dessen mit der Vor- 


*) Der grösste Theil vorstehender Untersuchung ist während meiner 
Thätigkeit an der Versuchs- Station Regenwalde ausgeführt. 
Ad. Beyer, (Freiberg), 


2 Zusatz von Dr. R. Mirus, 


schrift der Pharmacopöe so zufrieden, dass ich ein entschie- 
dener Gegner jeder Abweichung bin. Mein Verfahren ist 
nun folgendes: Ich bereite die Tinctur genau nach Vorschrift 
der Pharmacopöe und presse die Rhabarber vermittelst der 
Presse gut aus. Die erhaltene Colatur lasse ich einen Tag lang‘ 
absetzen und filtrire dann durch gut durchlassendes, sogen. 
Filzpapier. Die filtrirte Tinetur fülle ich dann in 4 Unz.- 
Gläser, (bei geringerem Verbrauch könnte man kleinere wäh- 
len) und stelle die offenen Gläser auf eine Unterlage von 
Stroh oder Heu in ein Gefäss mit Wasser, welches ich dann 
zum Sieden erhitze. Nachdem die Gläser circa 10 Minuten 
lang im siedenden Wasser gestanden, nehme ich sie heraus, 
verkorke fest und tauche in flüssiges Flaschenpech. Ein so 
behandeltes Glas mit der Tinctur habe ich 12—14 Monate 
zurückgestellt und nach dieser Zeit nicht die geringste Ver- 
änderung an der Tinctur wahrgenommen; sie war noch so 
hell und klar, wie am ersten Tage. Auch nach Oeffnung 
eines Glases hält sich die Tinctur noch mehre Wochen lang 
völlig klar und gut. Ich kann überhaupt die Appert’sche” 
Methode bei allen dem Verderben unterworfenen pharmaceu- 
tischen Präparaten, die ein Erhitzen vertragen und bei denen 
sich diese Methode anwenden lässt, nicht genug empfehlen. 
Ich wende dieselbe seit Jahren ausser bei der Tinct. Rhei ag. 
mit dem besten Erfolge an bei Inf. Sennae cps., Acet. Rubi- 
idaei etc., ferner, namentlich im Sommer, bei allen wenig gang- 
baren, leicht gährenden Syrupen, als Syr. Amygdalar., Dia- 
codion, Mannae, Liquiritiae, Uhamomillae etc. etc. Von der 
Tinct. Rhei aquosa bereite ich beispielsweise jedesmal 4!/, 
Pfund aus %, Pfund Rhabarber auf einmal und habe nie 
über den geringsten Verlust durch Verderben zu klagen 
gehabt. . 


Zusatz von Dr. R. Mirus. 


Dass sich bei Anwendung der Appert’schen Methode be- 
züglich der Tinet. Rhei aquosa der Preuss. Pharmacopöe ein 


Pharmaceutische Notizen. 55 


Präparat erhalten lässt, welches, so lange die Gläser nicht 
angebrochen werden, unverändert sich hält, war mir schon 
längst bekannt. Ein Uebelstand bleiben — abgesehen von 
der grössern Umständlichkeit bei dem Verfahren selbst — 
die vielen kleinen Aufbewahrungsgläser und der damit im- 
merhin verbundene Verlust. Für viele Geschäfte werden 
höchstens 60-Grm.-Gläser verwendet werden können, wenn 
nicht wegen schwachen Verbrauchs dennoch die letzten Por- 
tionen der Tincetur eine Zersetzung erleiden sollen. 

Zur Ergänzung meiner im Märzheft des Archivs enthalte- 
nen Arbeit über Tinct,. Rhei aquosa bemerke ich hier noch, 
dass sowohl die Abänderung der Vorschrift dahin, dass die 
Rhabarberwurzel nur macerirt wurde, statt mit kochendem 
Wasser übergossen zu werden, ebenso wie die heisse Infusion 
der Rhabarberwurzel mit Herabsetzung des Weingeistgehaltes 
auf die (Quantität, welche nach der Pharmacopöe durch 
Ag. Cinnamomi spir. hinzugebracht wird, mir Tincturen lie- 
ferte, die sich nach einigen Wochen zersetzten. Hingegen ist 
die unterm 25. Decbr. 1871 nach der von mir im Märzheft 
beschriebenen abgeänderten Fischer’schen Methode darge- 
stellte Tinctur in einem kaum zu einem Viertel davon ange- 
füllten Glase, dessen Kork noch oft geöffnet und die Tinctur 
dabei ungeschüttelt wurde, heute nach Verlauf von 5 Mo- 
naten noch eben so unverändert, wie sie es nach Verlauf 
von 9 Wochen war. 


Pharmaceutische Notizen. 
Von Dr. L. Enders, Apotheker in Creuzburg an der Werra. 


1) Tinct. Rhei aquosa. Meine früher gegebene Vor- 
schrift zur Bereitung dieser Tinetur wollte ich erst nach dem 
Erscheinen der neuen Pharmacopöe besprechen; der Aufsatz 
des Herrn Dr. Mirus im Märzheft des Archivs über die 
Fischer’sche Tinctur veranlasst mich jedoch, schon jetzt 


56 Pharmaceutische Notizen. 


auf jene Vorschrift zurückzukommen. — Meine Methode 
scheint desshalb von Niemand geprüft worden zu sein, weil 
ich an jener Stelle von einem Extracte sprach, in der guten 
Meinung, das Extr. Rhei und die Tinct. Rhei aquosa mit ein- 
ander in Verbindung zu bringen, wie dies die hannov. 
Pharmac. v. 1861 gethan. Die Tinctur lässt sich ja aber 
auch auf demselben Wege direct darstellen. Die preuss. 
Pharmacopöe lässt 12 Th. Rhabarber mit 112 Th. Wasser 
und 3 Th. kohlensauren Kalis ausziehen, wobei man wohl 
kaum mehr als 100 Th. Tinctur erhalten kann. Mit Zugrun- 
delegung derselben Gewichtsverhältnisse werden nach meiner 
Methode diese 12 Th. Rhabarber, gleichviel ob grobes Pulver 
oder Scheiben, kalt oder im Dampfbade mehrmals mit Was- 
ser ausgezogen, ausgepresst, die vereinigten Auszüge im 
Dampfbade bis auf 24 Th. eingedampft, 24 Theile Spirit. vini 
rss. zugefügt, nach einigem Stehen die Mischung auf ein 
ausgespanntes Colatorium gebracht, das auf Letzterem ver- 
bleibende Gerinnsel mit einer Mischung von gleichen Theilen 
Wasser und Weingeist nachgewaschen, nach völligem Ablau- 
fen ausgepresst und die vereinigten weingeistigen Flüssigkei- 
ten filtrirtt. Von dem Filtrate wird der Weingeist abdestillirt 
der Rückstand im Dampfbade zur dünnen Extractconsistenz, 
gebracht, nach dem Erkalten in 80 Th. Ag. Cinnam. simpl. 
gelöst, 3 Th. Kali carbon. pur. zugesetzt und das Ganze durch 
Zusatz von Ag. Cinnam. simpl. auf 100 Th. gebracht. Die so 
erhaltene Tinetur ist fast vollständig klar‘, sie lässt sich auch 
leicht und rasch filtriren, was am Besten nach mehrtägigem 
‚Stehen geschieht. — Herr Prof. Dr. Ludwig hat zuerst darauf 
aufmerksam gemacht, dass die wirksamen Bestandtheile der 
Rhabarber vom Weingeist gelöst, die das Verderben der Tinc- 
tur bewirkenden Theile, (Eiweissstoffe, Pectin, Stärke etc.) 
gefällt werden und danach eine Bereitungsmethode angegeben, 
die von mir nur modifieirt wurde. Wenn nun mein Verfah- 
ren auch etwas umständlich erscheint, so liefert es doch ein 
tadelloses, haltbares Product und zeigt einige nicht unwesent- 
liche Vorzüge: einmal kann man die Rhabarber selbst in Pul- 
verform zur Darstellung verwenden, dann wird ihr alles in 


Pharmaceutische Notizen. 57 


Wasser Lösliche entzogen, die Tincetur kann gleichfalls in 
1 Tage fertig werden, man kann sie ferner in doppelter, 
3facher etc. Stärke darstellen, selbst das Extract vorräthig 
halten und endlich enthält diese Tinetur keine Spur von 
Weingeist; ist in einer Tinctur, wie z. B. in der Fischer’- 
schen, Weingeist enthalten, so ist sie eben, streng genommen, 
gar keine Tinctura aquosa.*) 

Zum Schluss möchte ich Herrn Dr. Mirus bitten, auch 
meine Methode einer vergleichenden Prüfung zu unterwerfen 
und im Archive darüber zu berichten. (L. Enders.) 


Ich bezweifle keinen Augenblick die Haltbarkeit der 
nach der Vorschrift des geehrt. Verf, erhaltenen Tinctur; für 
mich war es Aufgabe, mich der bestehenden Vorschrift mög- 
lichst zu nähern, dabei aber ein haltbareres Präparat zu 
erzielen. 


Dr RaM: 


2) Extracte. In meinem Aufsatze im Septemberhefte 
1871 ist eine Ungenauigkeit mit untergelaufen, welche ich 
hiermit berichtige. S. 246 Zeile 20 bis 23 oben muss es 
heissen: „der wässerige Auszug wird bis zum doppelten Ge- 
wichte der angewendeten Substanz abgedampft, dann mit sei- 
nem gleichen Gewichte Spir. vin. rectss. gemischt u. s. f.;“ so 
dass z. B. zur Bereitung von Extr. Absynth. 100 Th. Herb. 
Absynth., mehrmals heiss ausgezogen, die Auszüge zusammen 
auf 200 Th. eingedampft, mit 200 Th. Weingeist gemischt 
werden u.s. f.,, wie an erwähnter Stelle angegeben. Herb. 
Absynthii gab mir, so behandelt, 18 Proc. Extract. 


3) Decoctum Salep. Die gewöhnliche Methode, die- 
ses Decoct durch Schütteln des gepulverten Salep mit heissem 
Wasser im Arzneiglase zu bereiten, ist zeitraubend und kostet 
manches Arzneiglas. Empfehlenswerther ist folgende Methode. 
Man giebt Pulv. Salep in eine Mensur, giesst das kochende 


*) Der Verfasser übersicht hier, dass auch die Tr. Rhei aquosa der 
preuss. Pharmacopöe durch Zusatz von Aq. Cinam. spir. einen gewissen 
Weingeistgehalt erhält, Dr, R. M. 


58 Pharmaceutische Notizen, 


Wasser darüber und quirlt die Mischung mit einem eigens 
hiefür vorräthigen Quirle tüchtig durch, lässt erkalten, quirlt 
das erkaltete Decoct noch einmal und verwendet es so. 

4) Mutterkorn in der@erste. Während des nassen 
Sommers 1871 wurde mir öfter Mutterkorn zum Kaufe ange- 
boten, wobei ich einmal ein solches erhielt, an welchem theil- 
weise noch Spelzen der Gerste sichtbar waren. Auf mein 
befragen erfuhr ich nun, dass jenes Mutterkorn sämmt- 
lich aus Gerste entnommen war, in welcher es bisweilen vor- 
kommt. Vom gewöhnlichen Mutterkorn unterschied sich jenes 
in keiner Weise. *) 

5) Aufbewahrung der Blutegel. Im vorigen Früh- 
jahre machte ein College im pharmac. Central- Anzeiger darauf 
aufmerksam, dass sich die Egel wohl am Besten in Wasser 
halten müssten, in welchem Wasserpflanzen das aus dem 
Schleime der Egel sich bildende Ammoniak aufnehmen und so 
das Wasser reinigen. Ich habe damals sogleich Blutegel in 
ein Glasgefäss gebracht und in das Wasser etwas Kies nebst 
Wasserpflanzen, namentlich Wasserlinsen, Nasturtium u. s. f. 
Das Wasser wurde nur alle 14 Tage, im Winter alle 3 Wo- 
chen erneuert und die Egel hielten sich vorzüglich, so dass 
ich dieselben nicht mehr anders aufbewahre und diese Me- 
thode nur empfehlen kann. **) 


6) Siebböden aus Pergamentpapier. Anstatt des 
kostspieligen Pergamentes oder Leders kann man sich zum 
Ueberziehen der Siebböden und Siebdeckel mit Vortheil des 
billigen und mindestens ebenso haltbaren Pergamentpapiers 
bedienen, welches letztere man zu diesem Zwecke auf fol- 
gende Weise in doppelter Stärke herstellt. Aus einem Stücke 
stärksten, geglätteten Pergamentpapiers schneidet man ein 


*) Solehes Mutterkorn besitze ich durch die Freundlichkeit des Herrn 
Paulssen in Grossneuhausen schon eine Reihe von Jahren in meiner 
Sammlung. H. Ludwig. 

**) Es ist dann wohl nothwendig, dass die Aufbewahrung der Blut- 
egel nieht im Dunkeln, sondern im Hellen, im zerstreuten Tages- 
lichte geschieht. H. Ludwig. 


x Pharmaceutische Notizen. 59 


kreisrundes Stück aus, dessen Radius um 1 bis 2 Zoll grösser 
ist, als der des betr. Siebbodenreifes, taucht dieses Stück in 
Wasser und streicht es auf einem vorher gut genässten 
Tische ganz glatt, wischt von der oberen Seite des Papiers 
das überflüssige Wasser gut ab, bestreicht sie mit dicker 
Gummilösung und legt ein entsprechend grosses Stück weisses 
Schreib- oder Filtrirpapier darauf, welches wiederum mög- 
lichst glatt gestrichen wird. Dieses Papier streicht man wie- 
der ınit Gummilösung und legt darauf ein zweites, ebenso 
grosses Stück Pergamentpapier, welches wie das erste ge- 
nässt und auf der Seite, die auf das weisse Papier zu liegen 
kommt, abgetrocknet war. Das Ganze wird nun mit nassen 
Händen möglichst glatt gestrichen, wobei es nicht schadet, 
wenn einige kleine Falten bleiben, dieselben verschwinden 
später vollständig. | 

Der engere Reif des Siebbodens wird jetzt aussen mit 
dicker Leimlösung bestrichen, das vorher mit einem Tuche 
abgetrocknete doppelte Pergamentpapier aufgelegt, der innen 
mit Leim bestrichene weitere Reif darüber gezogen und an 
dem engeren mit Hülfe kleiner Streifen Weissblech befestigt; 
nach dem Trocknen bei gewöhnl. Temperatur ist der Sieb- 
boden glatt und straff, wie ein Trrommelfell; seine Haltbarkeit 
übertrifft bei Weitem die des weissen Leders. Ist der Sieb- 
"boden sehr gross, so spannt man über seine Unterseite hin- 
weg kreuzförmig einige Messingdrähte. — Wird ein solcher 
Boden einmal zerstossen, so kann man ihn in Wasser legen, 
die Papierlagen wieder trennen und das Pergamentpapier 
noch zum Tectiren gebrauchen. 


60 


II. Botanik. 


Zur Morphologie der sogenannten Wurzelzwiebeln 
bei Gagea stenopetala Rehb. 


Von Paul Horn, Apotheker in Waren. 


Unter den bei uns einheimischen Arten der Gattung 
Gagea nimmt Gagea stenopetala Rchb. in Rücksicht auf 
die sogenannten Wurzelzwiebeln eine ganz isolirte Stellung 
ein. Während bei allen anderen Arten entweder 2 von einer 
gemeinsamen blattartigen Hülle umgebene bulbi oder ein einziger 
aufrechter mit blattartiger Hülle umgebener bulbus vorhan- 
den, finden wir hier drei horizontal nebeneinander liegende 
hüllenlose, blattlose Zwiebeln. 

Koch’s Synopsis Florae Germaniae beschreibt dieses Ver- 
hältniss in der editio tertia von 1857 p. 619: „Radix compo- 
sita e bulbis 3 horizontalibus, nudis, neque tunica communi 
inclusis,“ eine Beschreibung, die in sofern die Sache wenig 
klar darstellt, als wir es hier weder mit einer Wurzel zu 
thun haben, noch mit einem wirklich ausgesprochenen bulbus, 
da zum Begriff der Zwiebel, doch wohl auch das hier ganz 
mangelnde Integument gehört. 

Garcke’s Flora von Nord- und Mitteldeutschland, wie 
auch die Beschreibung in der Flora Deutschlands von D. F. 
L. v. Schlechtendahl und Ch. E. Langethal und Dr. Ernst 
Schenk im 8. Bande huldigen dieser. Auffassung der Zwiebeln 
als Wurzeln ebenfalls. Dr. Marsson in seiner Flora von Neu 
Vorpommern und Rügen entfernt das jedenfalls falsche radıx 
aus der Beschreibung und spricht einfach von bulbi. Wenn- 
gleich auch dieser Ausdruck hier nicht ganz passt, so accep- 


2. Morphologie d. sogen. Wurzelzwiebeln b. Gagea stenopetala Rehb. 61 


tire ich denselben vorläufig. Den Sachverhalt finden wir hier 
p. 463 in nachfolgenden Worten klar dargestellt: „Zwiebeln 3, 
gesondert, länglich, ohne gemeinschaftliche Zwiebelhaut; die 
eine ältere, zweijährige Zwiebel, mit locker anliegender Zwie- 
belhaut und Wurzelfasern versehen, trägt den Stengel und 
das Wurzelblatt, die beiden anderen sind einjährig, kleiner, 
an der Basis eingeschnürt, fast gestielt, horizontal abstehend, 
ohne Wurzelfasern und Blätter; ausser den grossen Zwiebeln 
bilden sich häufig zahlreiche, sehr kleine, verkehrt - eiföürmige 
Brutzwiebeln.“ Ganz so, wie hier geschildert, verhält sich 
die Sache, nur ist es mir niemals vergönnt gewesen, die zahl- 
reichen kleinen Brutzwiebeln zu finden. 

Seit längerer Zeit nun beschäftigte mich die Frage, wie 
diese Zwiebeln morphologisch zu deuten seien und in welchem 
Verhältniss die kleineren einjährigen nicht fertilen Zwiebeln 
zu der Pflanze stehen möchten. Die richtige Deutung dieses 
Verhältnisses wurde mir vermittelt durch das abnorme Vor- 
kommen von oberirdischen seitlichen Brutknospen, bulbuli, 
welche, soviel ich weiss, noch nicht erwähnt sind, auch von 
mir befreundeten Botanikern bis dahin nicht beachtet wur- 
den. Ausdrücklich bemerke ich, dass ich nicht die von Dr. 
Marsson in seiner Flora an der citirten Stelle erwähnten 
Brutknospen in der Blattachsel des ersten Blüthenhüllblattes 
meine, die ich bei dieser Pflanze bis jetzt noch niemals gefun- 
den habe. 

Häufig erscheinen nemlich bei Gagea stenopetala Rchb. 
an dem Blüthenstandsstiel kleine nach abwärts gerichtete 
ovale, gelbe Brutknospen von 5— 6 MM. Längendurchmesser 
und 4—5 MM. Querdurchmesser. Bei jüngeren Exemplaren 
sieht man diese im Entstehen begriffenen Brutknospen als 
kleine Hervorragungen oder fadenförmige bis bindfadendicke 
Anhängsel, deren äusserstes Ende bereits anfängt zu schwel- 
len und sich gelb zu färben. Durchschneidet man eine solche 
völlig entwickelte Brutknospe der Länge nach, so hebt sich 
die gelbe Rindenschicht von dem weissgefärbten, parenchyma- 
tischen Gewebe des Knospenkörpers deutlich ab. Die Rin- 
denschicht besteht aus länglich quadratischen, mit einer cuticula 


62 Z. Morphologie d. sogen. Wurzelzwiebeln b. Gagea stenopetala Rehb, 


bedeckten Zellen, die bei den älteren Exemplaren sehr dünne, 
netzförmige Verdickungsschichten erkennen lassen. Unter 
diesen Zellen liegt eine ebenfalls der Rindenschicht angehö- 
rige Zelllage ziemlich grosser, quadratischer feinporiger Zel- 
len, deren Seitenwandungen und nach unten gerichtete Wan- 
dungen stark verdickt sind, während die Oberseite nur dünn- 
wandig, nicht verdickt ist. Hierauf folgt kleinmaschiges, 
dünnhäutiges, nicht mit Amylum erfülltes Gewebe, welches 
leicht zerreisst und die Rindenschicht dann lose aufliegend 
erscheinen lässt. Diese beiden Zellschichten, von denen die 
obere oft theilweise zerstört ist, bilden beim Auswachsen die 
auch von Marsson erwähnte Zwiebelhaut der Bulbille.. Die’ 
Parenchymzellen des weissen Knospenkörpers sind ganz mit 
Amylumkörnern verschiedener Grösse erfüllt. An der dem 
Stamm abgewendeten Seite liegt die junge Knospe eingebet- 
tet. Der Bau stimmt durchaus mit dem der zwei einjährigen 
Zwiebeln in der Erde überein. i 

Das Vorkommen dieser Körper ist nicht gerade selten, da 
man bei aufmerksamem Suchen fast an jeder zehnten Pflanze 
dieselben in den verschiedensten Entwickelungsstufen leicht 
aufzufinden vermag. 

Achtet man nun genauer auf die Stellung dieser Organe, 
so findet man bald, dass dieselben stets an der Seite des 
Stammes entstehen, an welcher das zweite der Blüthenstands- 
blätter entwickelt wird. Durch später häufig eintretende 
Drehungen des Stammes wird diese Stellung oft undeutlich, 
ist aber dennoch leicht zu ermitteln, wenn man sich nur die 
Mühe nimmt, den Verlauf des Rückennervs dieses Blattes zu 
verfolgen. Diese Stellung fand ich bei längere Zeit hindurch 
fortgesetzten Untersuchungen constant. Bisweilen findet sich 
diese Knospe an der Stelle auf dem Rücken des zweiten 
Blüthenstandsblattes, wo sich die lamina von dem Stamm 
löst, oft aber ist sie auch soweit nach unten gerückt, dass 
sie noch in der Erde liegt und einmal sah ich dieselbe 
zwischen dem Laubblatt und dem Stamm an der Stelle, wo 
.der Stamm aus der fertilen Zwiebel hervortritt, am Stamm 
sitzen. 


Z. Morphologie d. sogen. Wurzelzwiebeln b. Gagea stenopetala Rehb. 65 


Im Anfang war ich der Meinung, dass das Auftreten 
dieser Brutknospen ein anomales sei. Um so mehr über- 
raschte es mich, dass ich beim Durchsehneiden der alten Zwie- 
bel diese Bulbille stets in dieser eingeschlossen fand, wenn 
dieselbe nicht an höher gelegenen Stellen des Stammes auf- 
trat, so dass also normal stets drei einjährige Zwiebeln vor- 
handen sind und zwar meistens zwei ausserhalb und eine in 
der fertilen Zwiebel liegend. Sollte vielleicht das Vorkommen 
dieser dritten einjährigen Zwiebel in der alten fertilen den 
Anlass gegeben haben zu der oben citirten Darstellung 
Marssons? Wendet man einer der Lage der beiden stets 
ausser der fertilen Zwiebel liegenden einjährigen fast gestiel- 
ten Zwiebeln einige Aufmerksamkeit zu, so findet man die- 
selben der äusseren Seite des Laubblattgrundes und der 
gegenüberliegenden nach auswärts liegenden Stammseite ent- 
springend, so dass ich nicht anstehe, dieselben ais diesen 
Organen angehörende Bildungen zu betrachten. 

Bedenkt man die grosse Neigung der Liliaceen, Brut- 
knospen zu entwickeln und die der Gattung Gagea im Be- 
sondern, so glaube ich nicht fehlzugreifen, wenn ich diese 
sämmtlichen sogenannten Wurzelzwiebeln als Brutknospen, 
bulbilli, bezeichne und zwar die grösste, am weitesten ent- 
wickelte, meist weissgefärbte als Brutknospe des Laubblatt- 
grundes, die zweite gelbgefärbte als Brutknospe des ersten 
Blüthenstandsblattes und die dritte, meist in der alten fertilen 
Brutknospe liegende oder auch höher am Stamm auftretende 
als Brutknospe des zweiten Blüthenstandsblattes. Solche 
Brutknospenbildung ist bei den Arten der Gattung Gagea ja 
nicht selten, ich will hier nur daran erinnern, dass auch 
Marsson in seiner Flora von in der Achsel des ersten Blü- 
thenhüllblattes stehenden Zwiebeln bei Gagea stenopetala 
berichtet, ferner an das Auftreten solcher Brutknospen in 
den Achseln des ersten Blüthenstandsblattes von Gagea 
arvensis Schult., wo dieselben sogar an der Mutterpflanze 
anfangen auszuwachsen (vergleiche Flora von Deutschland von 
v. Schlechtendahl und Langethal Band 2 u. Schmidt Anleitung 
zur Kenntniss der natürlichen Familien ete.) und endlich an 


64 Z. Morphologie d. sogen. Wurzelzwiebeln b. Gagea stenopetala Rehb. 


Gagea saxatilis Koch, wo häufig an Stelle des Blüthenstandes 
nur Brutknospen erscheinen. Allerdings bleibt nun noch die 
Stellung dieser Brutknospen auf dem Rücken des Blattgrun- 
des auffällig. Indess rufen wir uns ins Gedächtniss zurück, 
das Hugo von Mohl bereits 1859 in der botanischen Zeitung 
p- 378 das Auftreten von Adventivknospen am Grunde der 
Blätter von Ornithogalum scilloides Jacq. beschrieben hat, so 
dürfte auch diese Schwierigkeit beseitigt erscheinen, zumal 
unter den Liliaceen das Auftreten solcher Brutknospen auf 
den Blättern noch beobachtet ist bei Eucomis punctata, Fri- 
tillaria imperialis, Hyacinthus orientalis, auf den Zwiebel- 
schuppen von Lilium candidum und auf der Mittellinie des 
Blattes von Hyacinthus Pouzolzi Gay (vergleiche Alex. Braun 
Abhandlungen der Berliner Academie 1859 p. 182 und die 
Aufzählung dieser Bildungen in Dr. Joh. Ant. Schmidt’s Anlei- 
tung zur Kenntniss der natürlichen Familien der Phanero- 
gamen p. 280). Wir finden hier bei Gagea stenopetala nur 
Analoges und werden diese Zwiebeln bezeichnen können als 
adventive Brutknospen der entsprechenden . Blätter. 


Bis jetzt ist es mir noch nicht gelungen, reifen Samen oder 
auch nur fast ausgereifte Fruchtkapseln der Gagea stenopetala zu 
finden und Herr Gymnasiallehrer Schenck von hier, der darauf 
hin schon in früheren Jahren eine grosse Menge verschiede- 
ner Individuen untersuchte, bestätigt mir diese Beobachtung. 
Es scheint also, als ob die ganze Vermehrung der Pflanze 
fast nur diesen Bulbillen zugewiesen sei, und daher ist denn 
auch das typische Auftreten dieser immerhin anomalen Brut- 
knospen erklärlich, 


Waren, im Anfang Mai 1872. 


PEN 


B. Monatsberiecht. 


I. Chemie, Mineralogie und Geologie. 


Ein neues Material für Potaschebereitung 


ist nach Hazard das Kaff oder die Getreidehülsen, 
welche in den amerikanischen Mühlen in colossalen Mengen 
abfallen. Durchschnittlich liefern dieselben 7,62 Proc. kohlen- 
saures Kali, d. h. beinahe 2mal so viel, als die besten Hölzer. 
(The Tharm. Journ. and Transact. Third. Ser. Part. XXI. 
Nr. XCIIHI— XCVI. April 1862. p. 864.). Ww». 


Krystallisirtes Jodblei 


erhält man nach Tommasi, indem man in eine kochende 
Lösung von 160 Thin. essigsauren Natrons in 100 Thin. Wasser 
mit einigen Tropfen Essigsäure nach und nach 8 Thle. amor- 
phes Jodblei einträgt, erhitzt, und die Flüssigkeit nach erfolg- 
ter Lösung zum Erkalten hinstell. Nach 12 Stunden schei- 
det sich das Salz krystallinisch aus und wird durch Waschen 
vom essigsauren Natron befreit. 

Da cehromsaures Bleioxyd, das zuweilen als Verfälschung 
des Jodblei’s dient, in essigsaurem Natron unlöslich ist, so 
kann man es eben dadurch entdecken. (The Pharm. Journ. and 
Transact. Third. Ser. Part. XXIL Nr. XOII— XCVI April 
1872. p. 805.). W». 


Direete Versilberung von Gusseisen auf galvanischem 
Wege. 


Nach Prof. Böttger löst man 1 Loth Höllenstein in 
16 Loth siedenden destillirten Wasser, setzt hierzu 2 Lotlı 
Cyankalium und verdünnt nach erfolgter Lösung noch mit 
48 Loth Wasser, dem man zuvor 1 Loth Kochsalz zugesetzt 
hatte. Das zu versilbernde oxydfreie Eisen muss unmittelbar 
vor dem Versilbern mit Salpetersäure von 1,2 spec. Gew. 
einige Minuten lang schwach geätzt werden. Man benutzt 


.3—5 mässig starke Elemente. (Aus der Natur, 1870). AR. 


Arch. d, Pharm. IIT, Reihe. I, Bde, 1. Hft, 5 


66 Ueb. d. Wirkung d. Wärmeete. — Ueb. d. Verbrenn. d. Kohlenstoffs ete,. 


Ueber die Wirkung der Wärme auf Lösungen was- 
serhaltiger Salze. 


Tiehborne wandte zu seinen Versuchen solche Salze 
an, bei denen die Dissociation des Wassers, das Wasserfrei- 
werden, sich durch eine Farbenänderung zu erkennen giebt, 
als z. B. Kobalt-, Kupfer-, Nickel-Salze. Lösungen dersel- 
ben, unter gewöhnlichem Druck anhaltend gekocht, zeigten 
keine Farbenänderung, wohl aber trat sie ein bei einem Sie- 
den unter erhöhtem Druck. Wenn der thermoanalytische 
. Punkt erreicht war, wurden die rothen Lösungen der Kobalt- 
salze blau, die der Kupfersalze gelblich braun u. die des Kupfer- 
chlorids wurde fast schwarz. Dabei wurde die Beobachtung _ 
gemacht, dass Verdünnung im Falle einer durch Bildung 
basischer Salze, z. B. bei Ohrom- und Eisenoxyd- Salzen, ver- 
anlassten Farbenänderung grade umgekehrt wirkt, wie bei 
einer solchen durch Trennung des Wassers, indem sie dort 
beschleunigend, hier retardirend wirkt. (Americ. Journ. of 
 Pharmacy. Fourth Ser. Vol. I. Nr. III. March 1872. 
». 128.). Wo. 


Ueber die Verbrennung des Kohlenstoffs durch 
Sauerstoffgas. 


Dubrunfaut hatte in 2 Abhandlungen (Comptes ren- 
dus des sdances de !’Academie des Sciences tom. 73, p. 1395 et 
tom. 74, p. 125) folgende 4 Sätze behauptet: 

1) Die Kohlensäure wird durch den Kohlenstoff nicht ohne 
die Mithülfe des Wasserdampfes zersetzt. 

2) Der Kohlenstoff wird durch den Sauerstoff nicht anders 
als durch Mithülfe des Wasserdampfes verbrannt. 

3) In 1 Cubicmeter Gas, für rein und trocken gehalten, 
sind noch 5 Grm. Wasser zugegen, d.h. 5 Milligrm. Wasser 
in 1 Liter Gas. 

4) Dieses Wasser existirt in diesen trocken angenomme- 
nen Gasen unter einer Form, welche die Wissenschaft unfähig 
ist zu definiren; es hat keine abzuschätzende Tension. 

Dumas, dem die Wissenschaft die so schwierigen Be- 
stimmungen der Atomgewichte des Wasserstoffs und Kohlen- 
stoffs verdankt, hat von diesen Dubrunfaut’schen Behauptungen 
vorerst: die zweite einer wissenschaftl. Prüfung unterzogen, ob 


AT A TRETE 
1% Kern ii 


h 


| 
® 


Ueber die Verbrennung des Kohlenstoffs durch Sauerstoflgas.. 67 


es wahr sei, dass der Kohlenstoff im angeblich trocknen 
Sauerstoff nur unter Mithülfe von Wasser verbrennen könne, 
Er benutzte bei dieser Prüfung Graphit, durch Schmelzung 
mit Aetzkali und Behandlung mit Chlorgas in der Glühhitze 
von fremden Beimengungen befreit, und ein Sauerstoffgas, aufs 
Sorgfältigste durch reine conc. Schwefelsäure völlig getrocknet. 
Er vermochte darin den trocknen Graphit in der Glühhitze 
völlig zu verbrennen, die erhaltene Kohlensäure war völlig 
trocken und das Verhältniss der verbrannten Kohle zu dem 
zur Verbrennung dienenden Sauerstoff war das der bekannten 
Atomgewichte. Er erklärt in Folge dessen und gestützt auf 
seine früheren Atomgewichtsbestimmungen, so wie auf diejeni- 
gen von Stas, die Dubrunfaut’schen Sätze für irrige Be- 
hauptungen. 

Bei dieser Gelegenheit erinnert Dumas an den verschie- 
denen Werth der Mittel, um Gase wasserfrei herzustellen. 

Das Chlorcalcium erklärt Dumas für ein ungenü- 
gendes und unvollkommenes Austrocknungsmittel (un desiccant 
insuffisant et imparfait). 

Geschmolzenes Aetzkali, mit Aetzkalk zusammen- 
geknetet, ist nach ihm ein poröses Austrocknungsmittel von 
grosser Wirksamkeit. 

Reine, von schwefliger Säure und salpetriger Be freie 


eoncentrirte Schwefelsäure HO,S0?, von Bimstein 


aufgenommen, liefert immer genügende Resultate (donne des 
resultats toujours satisfaisantes). 


Wasserfreie Phosphorsäure stellt das absoluteste 
Austrocknungsmittel dar, welches wir kennen. 


Schliesslich verwahrt sich Dumas gegen Ausdrücke, 
wie absolut reine Körper, absolut trockne Gase! Jeder 
Chemiker ist wohl überzeugt, dass ein absolut reiner Kör- 
per eine Mythe; er begnügt sich mit relativ reinem Kör- 
per. Für solche hält er diejenigen, deren physikalische Cha- 
raktere dem Typus conform sind und in denen die chemischen 
Reactionen nichts Fremdes anzeigen. Derjenige, welcher 
behauptet, dass ein Körper nicht rein sei, ist gehalten, es zu 
beweisen, sei es durch Charaktere, sei es durch Reactionen. 
(Annales de chimie et de physique , Janvier 1872 IV) AXV 
94 — 108.). RP} 


5% 


68 Prüfung v. Bromkalium, Darstellung v. reinem Brom u. Bromkalium. 


Prüfung von Bromkalium, Darstellung von reinem 
Brom und Bromkalium. 


Um Bromkalium auf Jodgehalt zu prüfen, kocht man 
nach Falieres dasselbe mit ein wenig Eisenchlorid, welches 
Jodkalium zersetzt, nicht aber Bromkalium, und taucht in die 
Flüssigkeit ein Streifchen Stärkekleisterpapier, das sich bei 
vorhandenem Jod bläut. Ein Gehalt an Chlorkalium ergiebt 
sich aus der verhältnissmässig grössern Menge von salpeter- 
saurem Silberoxyd, welches man zur Ausfällung des Halogens 
bedarf. Zuweilen soll salpetersaures Natron das Bromkalium 
verunreinigen. Alsdann entwickeln sich bei Zusatz mässig 
starker Schwefelsäure nicht farblose Dämpfe von Bromwas- 
serstoff, sondern röthliche von Brom und Untersalpetersäure. 


Um Bromkalium von Jod zu befreien, erhitzt man die 
Lösung desselben mit Bromwasser, wobei sich das freigewor- 
dene Jod verflüchtigt. 


Reines Brom erhält man, wenn eine Lösung von Brom- 
kalium in eine gesättigte wässrige Solution von Chlorbrom 
gegossen wird. Die Flüssigkeit trübt sich unter Ausschei- 
dung von Brom. Beim Erhitzen derselben verflüchtigt sich 
ein Ueberschuss von Chlorbrom, reines Brom setzt sich aus 
der nunmehr bloss Chlorkalium enthaltenden Flüssigkeit zu 
Boden. Wenn demnach käufliches chlorhaltiges Brom mit 
einem kleinen Ueberschuss an Bromkalium behandelt wird, so 
erhält man es frei von Chlor. 


Das zur Darstellung von Bromkalium benutzte Kali a 
meist unrein. Um ein reines Bromkalium zu erhalten, empfiehlt 
Falieres 100 Thle. gereinigtes zweifach kohlensaures Kali 
in! 500 Thle. Wasser zu lösen, dem man 80 Thle. reines Brom 
zugesetzt. Nachdem die Kohlensäureentwicklung aufgehört, fügt 
man 30 Thle. Ammoniak von (0,875 spec. Gew.), mit 90 Thle. 
Wasser verdünnt, hinzu, dampft zur Trockne ab und erhitzt 
den Rückstand, bis sich keine ammoniakalischen Dämpfe mehr 
entwickeln. Das Salz wird hierauf geschmolzen, um das 
bromsaure Kali in Bromkalium zu verwandeln, dann in Brom- 
wasser aufgelöst und zur: Krystallisation gebracht. (Te 
Pharmac. Journ. and Transaci. Third. Ser. Part. XIX. 
Nr. LXXX— LXXXII. January 1872. p. 541.). 


W». 


Se ne er nn 


Bauxit (Wocheinit) aus der Wochein in Krain. 69 
Bauxit (Wocheinit) aus der Wochein in Krain. 


Von dem Lager dieses Minerals werden jetzt schon jähr- 
lich circa 30000 Centner exportirt. Eine von Ed. Drechs- 
ler untersuchte Probe besass eine geringe Härte und bestand 
aus 2 Partieen, von denen die eine dunkelroth (J), die 
andere (II) lichtroth gefärbt erschien. Durch die Behand- 
lung mit conc. Schwefelsäure liess sich das Mineral unter 
sgewöhnl. Umständen nur langsam aufschliessen und es blieb 
bei einem Versuche nach einmaliger Behandlung mit HO, SO® 
ein 14 Proc. betragender Rückstand, der allerdings durch 
wiederholte Digestion mit HO,SO°? weiter gelöst werden 
konnte. Durch Schmelzen mit saurem schwefels. Kali oder 
durch Behandlung mit HO,SO°® im zugeschmolzenen Rohre 
konnte dieser Bauxit leicht und vollkommen aufgeschlossen 
werden. 


Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung. (Chem. 
Centralblatt, 10. April 1872, Nr. 15, S. 233): 


LE 11. 


KO 

Na0 0,79 9,78 Proc. 

LiO 

Fe203 23,55 13,49.) ; 

AL2O3 63,16 72,87 5 

io? 4,15 425 ,„ 

HO 8,34 8,50 °, 

Tio? Spur Spur 
99,99 99,89. 


Die Analyse ergab mithin ähnliche Resultate, wie die- 
jenige von Guido Schnitzer (Ühem. Centralbl. 4. Jan. 
1868, 8. 32.). 

Dieser fand nemlich 


I. in weissem Bauxit (Wocheinit) aus Feistritz in 
Krain, 


II. in gelbem Bauxit ebendaher, 
III, in rothbraunem Bauxit ebendaher, 


IV, in hellbraunem Bauxit aus Pitten bei Wiener - 
Neustadt und 


V, aus dunkelbraunem Bauxit ebendaher: 


70 5 Chinesische Porzellanerde. 


T: II. IH. IV. * 


A1203 66 HA MA 530 A 
Fe20® 2.00 ,10,8° 503° 242 Wade 
SıÖ 2 und nicht 
aufgeschlos- 2,5.7.12,0: 15,0 7,5 4,7, 
senen Thon 
HO 240...21,9° 97.1537 0008 


98,8 984 994 97,8 98,0. 
Die Fabrik von Wagemann, Seybel u. Co. in Liesing bei 
Wien verarbeitet diesen Bauxit zu verschiedenen Thonerde- 
präparaten. Man kann Alaun, Thonerdenatron, schwefels. 


Thonerde etc. daraus gewinnen, doch stört der hohe Eisen- 
gehalt sehr. 

Der Name „Bauxit“ ist diesem Minerale von Berthier 
gegeben worden, da es sich in Form rundkörnig zusammen- 
gesetzter Aggregate im krystallin. Kalkstem von Baux bei 
Arles in Frankreich findet. H. Sainte-Claire-Deville fand 
darin 55,4%, Al?O® und 44,6%, Fe?O®,. (Kopp - Will’s Jahresb. 
f. 1861. 8. 980.) 

Der Bauxit eignet sich nach Deville’s Versuchen und. 
nach denen von Merl in Salindres und Bell in Newcastle 
ganz vorzüglich zur Gewinnung von Thonerde So brachte 
die Fabrik von Bell monatlich mehr als 60 Tonnen schwefels. 
Thonerde in den Handel und aus der Thonerde, welche alka- 
lische Laugen dem Bauxit entziehen, wurde Aluminium fabri- 
eirt. (Journ. f. prakt. Chem. 1865, Bd. 95, S. 448.) 

Nach Fr. v. Hauer findet sich der Bauxit zwischen 
Trias- und Juragesteinen am linken Ufer der Wocheiner 
Save zwischen Feistritz und dem Wocheiner See. Er ist 
mergelartig grau und hat das spec. Gew. 2,55. Die Analyse 
von M. v. Lill ergab Al?03 — 64,24, SiO? —= 6,29; HO — 
2574.,, 030 — 0,855, M&0.— 0,38; Re203 — 2410 Zr0 
0,46; SO® — 0,20 und TiO? Spuren. (Will’s Jahresb. f. 1866, 
S. 923.). H..2: 


Chinesische Porzellanerde. 


Von Richthofen besuchte das berühmte King-te- 
tschin, wo die Chinesen seit fast 300 Jahren all’ ihr Por- 
zellan gefertigt haben. Er fand zu seiner Ueberraschung, 
dass das Material ein Stein von der Härte des Feld- 


ae N. Ve 


- 


Das Meteoreisen von Grönland. 1 


spaths und von grüner Farbe ist, im Aussehen dem 


_ Jaspis ähnlich und schichtenweise zwischen Thonschiefer gela- 


gert. Durch Zerstampfen wird dieser Stein in ein weisses 
Pulver umgewandelt, dessen feinste Theile wiederholt. und 
auf sinnreiche Weise abgesondert und dann in kleine Back- 
steine geformt werden. Die Chinesen unterscheiden haupt- 
sächlich zwei Arten dieses Materials. Jede wird zu King- 
te-tschin in Gestalt von Backsteinen zu Markt gebracht, beide 
geben eine weisse Erde, die Fundorte aber sind verschieden. 
Für die eine der beiden Arten stand in alten Zeiten der 
Kaoling („hoher Bergrücken“) genannte Fundort in 
grossem Ansehen und obgleich er seit Jahrhunderten seine 
Bedeutung verloren hat, bezeichnen die Chinesen immer noch 
mit dem Namen Kaoling die Porzellanerde, die früher von 
dort kam, jetzt aber an anderen Punkten gewonnen wird. 
Berzelius wandte diesen Namen auf Porzellanerde an, in 
der irrthümlichen Voraussetzung, dass die weisse Erde, die 
er durch eine frühere Gesandtschaft erhalten hatte, in diesem 
Zustande in der Natur vorkomme. Die andere Art des Ma- 
terials führt den Namen Pe-tun-tse (weisser Thon). 


(Gaea VL. 10.). Hbg. 


Das Meteoreisen von Grönland. 


Die im Sommer 1871 von Grönland zurückgekehrte wis- 
senschaftliche Expedition Schwedens hat bekanntlich eine An- 
zahl grösserer Meteoreisenblöcke von dort mit zurückgebracht, 
welche im letzten Jahre von derselben an der dortigen Küste 
gefunden worden sind. Der grösste, der über 21000 Kilogrm. 
wiegt und einen grössten Querschnitt von 42 Quadr.- Fuss 
hat, steht jetzt in der Halle der Königl. Akademie zu Stock- 
holm. Der zweitgrösste Block von über 9000 Kilogrm. wurde 
dem Museum in Kopenhagen abgelassen, weil man ihn auf 
dänischem Gebiete fand. Verschiedene der Stücke wurden 
chemisch untersucht und enthielten dieselben nahezu 5 Proc. 
Nickel und 1 bis 2 Proc. Kohlenstoff, überhaupt zeigen 
sie eine, den bekannten Meteorsteinmassen ähnliche chemische 
Zusammensetzung. Die polirte und mit Säuren geätzte Schnitt- 
fläche der grönländischen Masse zeigt die, andern derartigen 
Massen charakteristischen sogen. Widmanstättenschen 
Aetzfiguren, Am auffallendsten ist, dass diese Massen 


12 Standard - Gold. 


. lose auf.dem Boden und unmittelbar auf basaltischem Grunde 
lagern; ja sie scheinen früher vom Basalt, der wahrscheinlich 
der Miocenperiode angehört, umschlossen gewesen und ausge- 
wittert zu sein, denn man hat nicht allein ähnliche Bruchstücke 
von Eisen im Basalt gefunden, dieser enthält auch äusserst 


kleine Eisenpartikelchen, welche dieselbe chemische Zusam- 


mensetzung haben, wie die grossen Massen; noch mehr, in 
einigen von diesen hat man umgekehrt auch Bruchstücke von 
Basalt eingeschlossen gefunden. Nach der chemischen Zu- 
sammensetzung und dem mineralogischen Charakter sind 
diese Massen gediegenen Eisens ganz verschieden von 
jedemirdischen Eisen u. zugleich identisch mit Meteoreisen- 
ınassen. Aber niemals hat man solche unter den besonderen 
Umständen aufgefunden, wie diese grönländischen Eisen- 
klumpen. Professor Nordenskiöld nimmt an, sie rührten 
von einem Meteoritenschauer her, welcher sich im Nieder- 
fallen in geschmolzenem Basalt der Miocenperiode 
begrub. Eine andere, sie ebenfalls von allen übrigen 
Meteormassen unterscheidende Eigenschaft ist die, dass, 
obgleich man sie am Strande auf dem zwischen Ebbe und 
‘ Fluth steigenden Gebiete fand, sie doch seit dem Verbringen 
_ nach Stockholm rasch zu Grunde gehen, indem sie zerbröckeln 
und zu einem feinen Pulver zerfallen. Man hat versucht, sie 
durch eine schützende Decke von Firniss zu schützen, aber 
umsonst, und ist nun ernstlich der Vorschlag gemacht wor- 
den, sie in einem hinreichend grossen Bade von Alkohol auf-. 
zubewahren. (Dr. O. Buchner; Gaea, VII, 12. 733.). 
“ | Aug 


Standard - Gold 


wird in England ein Gold genannt, welches in 1000 Theilen 
916,6 reines Gold enthält. Als Beimengungen sind ausser Silber 
und Kupfer noch im sehr geringer Menge Blei, Arsen, 
Antimon und Wismuth darin enthalten. Dadurch aber 
wird das Gold spröde und selbst, wenn das mit demselben 
zu legirende Kupfer noch so sorgfältig ausgewählt wird, so 
ist doch das Gemenge, seiner Sprödigkeit wegen, nicht zu 
prägen. Eine Reinigung auf chemischem Wege ist ebenso 
zeitraubend als lästig und kostspielig. Dem Chemiker an der 
Londoner Münze, W. Chandler Roberts ist es aber 


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u nn a eh 


Gleichzeit. Destillat. d. Wassers u. gewisser in Wasser unlösl. Alkohole. 73 


gelungen, das Gold von seinen Unreinigkeiten dadurch zu 
befreien, dass er durch das in einem Tiegel schmelzende Gold 
Chlorgas leitete. 

Früher schon hatte Bowyer Miller, an der Münze 
zu Sidney beschäftigt, beobachtet, dass, wenn Chlorgas durch 
eine geschmolzene Legirung von Gold und Silber gepresst 
wird, letzteres sich in Chlorsilber verwandelt, im Gold empor- 
steigt und als geschmolzene Schicht auf demselben schwimmt. 
Bei der grossen Verwandtschaft des Goldes zum Chlor ist 
die Thatsache neu, dass geschmolzenes Gold sich mit Chlor 
nicht verbindet. 

Der Robert’sche Prozess hat eine gewisse Aehn- 
lichkeit mit dem Bessemern in der Eisen-Industrie. Wie bei 
diesem atmosphärische Luft durch das geschmolzene Eisen 
geblasen wird und in Bläschen darin aufsteigt, um eine rasche 
Oxydation des Kohlenstoffs und anderer fremder Bestand- 
theile zu bewirken, so wird bei dem Chlorprocess durch eine 
Thonröhre in das in einem Tiegel schmelzende Gold Chlor 
geleitet und reicht eine fünf Minuten lange Einwirkung des 
Chlors aus, um das Gold für die Münze vollkommen rein und 
brauchbar zu machen. 

Bei dem in der Londoner. Münze eingeführten neuen 
Chlorprocess beträgt der Verlust 0,019 Proc., bei dem ge- 
wöhnlichen Schmelzprocess 0,017 Proc. Im beiden Fällen ist 
nur der geringste Theil wieder zu gewinnen. Verursacht wird 
derselbe beim Chlorprocess entweder dadurch, dass Gold 
mechanisch mit fortgerissen wird, oder dass es mit den bei- 
gemengten flüchtigen Metallen und Chlor flüchtige Verbin- 
dungen bildet. Erwägt man aber, dass der Apparat billig 
herzustellen, dass das Gold so sehr billig gereinigt, auch das 
Chlor für die Arbeiter unschädlich gemacht werden kann, 
so wird zugestanden werden müssen, dass seit Einführung 
des Affinirens kein so grosser Fortschritt in der Münzme- 
tallurgie gemacht worden, wie durch den Chlorprocess. (Gaea 
VI. 10.). Hobg. 


Gleichzeitige Destillation des Wassers und gewisser 
in Wasser unlöslicher Alkohole. 


Pierre und Puchot haben nachstehende Beobachtun- 
gen gemacht: 

1) Wenn man ein Gemenge von Amyl- und Butyl- 
Alkohol mit Wasser der Destillation unterwirft, so bleibt 


74 Abieten. 


der Siedepunkt constant, bis nur noch eine der beiden Flüs- 
sigkeiten in der Retorte vorhanden ist. 


2) Der Siedepunkt ist stets unter dem der flüchtigsten 
Flüssigkeit. 

3) In jedem dieser Gemenge sind die relativen Mengen 
von Wasser und Alkohol constant, aber sie sind nicht die- 
selben für beide Gemenge. 


4) Wenn ein Gemenge von Wasser, Amyl- und Butyl- 
alkohol destillirt wird, so ist der Siedepunkt nicht mehr con- 
stant; er varjirt je nach dem Verhältniss der beiden Alkohole, 
bleibt aber niedriger als der des flüchtigsten unter den 
drei vorhandenen Körpern. 


5) Das Verhältniss des Wassers zu dem des mit über- 
destillirenden Gemenges der beiden Alkohole ist nicht con- 
-stant, sondern steigt mit Erhöhung des Siedepunkts des Ge- 
menges, es liegt jedoch innerhalb der Gränzen der entspre- 
chenden Proportionen, welche zuvor bei dem nur aus 2 Flüs- 
sigkeiten bestehenden Gemenge beobachtet wurden. (The 
Pharmac. Journ. and Transact. Third. Ser. Part... X VIIL 
Nr. LXXV—LXXIX. Decbr. 1871. p. 529.) W». 


Abieten 


nennt Wenzel ein flüchtiges Oel, welches in Californien aus 
dem Harze von Pinus Sabiniana Doug]. gewonnen 
wird und nur aus einem einzigen Kohlenwasserstoff besteht, 
da bei fraetionirter Destillation desselben der Siedepunkt 
sich nicht wesentlich verändert. Es ist farblos, von penetran- 
tem, an Orangenöl erinnernden Geruch, ausgezeichnet durch 
sein geringes spec. Gew. — 0,694 bei.15° und durch den 
uiedrigen Siedepunkt — 101°, wodurch es sich vom Terpen- 
'tbinöl unterscheidet, dessen spec. Gew. — 0,840 und Siede- 
punkt = 160° C. In Wasser löst es sich sehr wenig, von 
95 procentigem Weingeist erfordert es zur Lösung das fünf- 
fache Volum. Es ist sehr entzündlich und brennt mit weisser, 
nicht russender Flamme. Ungleich dem Terpenthinöl giebt 
es keine Verbindung mit Chlorwasserstoffgas und wird von 
kalter Salpetersäure kaum angegriffen, erst beim Erwärmen 
entwickelt sich ganz ruhig Stickstoffoxyd. Es absorbirt eine 
grosse Menge Chlorgas, unter Bildung von Chlorwasserstoff, 


N A SE 
J ® bug 12 


en; ee; 
Producte d. Destillation d. Erdpechs v. Pechelbronn im Elsass. 75 


und verdickt sich. Das Abieten ist ein vortreffliches Lösungs- 
mittel für fette und flüchtige Oele, nur Rieinusöl ist darin 
unlöslich, wiewohl es seinerseits zwei Drittel seines Volums 
an Abieten aufzunehmen vermag. In Folge dessen lässt sich 
ermitteln, ob Ricinusöl mit andern fetten Oelen versetzt ist. 
Canadabalsam lässt sich mit Abieten bis zu 2 Theilen mischen, 
durch eine grössere Menge wird Harz in Flocken abgeschie- 
den. Aehnlich ist es mit Perubalsam, der mit etwa einem 
Fünftel seines Volums Abieten eine klare Flüssigkeit giebt, 
auf grösseren Zusatz aber trübe wird. (Americ. Journ. of 
Pharmacy. Fourth Ser. Vol. II. Nr. III. March 1872. p. 97.). 
W». 


Producte der Destillation des Erdpechs von Pechel- 
bronn im Elsass. 


Le Bel untersuchte die flüchtigeren Theile dieser De- 
stillationsproducte. Der zwischen 30 und 40° siedende Theil 
besteht aus Amylhydrür (Amylwasserstoff) und aus 2 iso- 
meren Amylenen. Man kann dieselben leicht trennen, 

‘da sich das eine schon in der Kälte mit HCl verbindet, 
während das andere hierzu die Mitwirkung der Wärme 
erfordert. 


Das in der Kälte erzeugte Chlorhydrat C°H!°, HCI sie- 
det bei 85 bis 87°C., das entsprechende Jodhydrat bei 130°0. 
und der Alkohol’ C5H!?O bei 105°. Das sind die Eigen- 
schaften des Amylenhydrates von Würtz. 


. Das zweite Chlorhydrat siedet bei 95°; durch KJ wird 
es in das bei 145° siedende Jodhydrat verwandelt. Der 
entsprechende Alkohöl geht bei 120° ©. über. Spec. Gew. 
= 0,833 bei 15°C. Dem Siedepunkte nach zu urtheilen, 
scheint dieses Amylen mit dem Aethylallyl von Würtz 
identisch zu sein. 


‘Der zwischen 60° und 70°C. siedende Theil des Oeles 
enthält Hexylhydrür (Hexylwasserstof) und ebenfalls 
2isomere Hexylene 6°H'!? Das in der Kälte gebildete 
Cblorhydrat siedet zwischen 115 und 117°C. und das in der 

- Wärme entstehende bei 122 bis 124°%C. (Berichte d. deutsch. 
chem. Gesellsch. zu Berlin vom 25. 3.72, Nr. 5. 8. 216.). 

i Hd 


76 - Ueber die normalen Paraffine, 


Der Farbstoff des Erdpechs von Pechelbronn 
im Elsass 


wurde von Le Bel und Müntz untersucht. Derselbe, das 
Asphalten, stellt eine schwarze, bei 145° ©. schmelzende 
Masse dar, unlöslich in Alkohol und Aether, löslich in 08? 
“und Chloroform. Nicht flüchtig, durch Hitze zersetzbar. 


Ein ägyptisches Erdpech enthält eine ähnliche 
Substanz, die sich jedoch durch ihre Zusammensetzung von 
der vorigen unterscheidet. Dieselbe liefert 11°),, grössten- 
theils aus Fe?O° bestehende Asche; das Eisenoxyd kann 
der organ. Substanz durch HCl nicht entzogen werden. (A. a. 
0. 8. 221— 222.) HL. 


Ueber die normalen Paraffıne. 


Schorlemmer bezeichnet so die dem Sumpfgas homo- 
logen Kohlenwasserstoffe des amerikanischen Steinöls. Er 
hat gezeigt, dass in diesen Verbindungen die Kohlenstoffatome 
in einer einzigen Kette an einander gereiht sind und kam zu 
diesem Schlusse theilweise durch synthetische Versuche, theil- 
weise durch das Studium der Oxydationsproducte, welche 
er aus den Alkoholen jener Paraffine gewonnen hatte. 


Die beste Weise, jene Alkohole darzustellen, ist, wasser- 
freies Chlorgas in die Dämpfe der siedenden Kohlenwasser- 
stoffe zu leiten; die so erhaltene Mischung von primären und 
secundären Chloriden mit einem Gemenge von Eisessig und 
essigsaurem Kali bis auf 200° zu erhitzen; die Acetate der 
Alkoholradicale mit Aetzkali zu behandeln, und schliesslich 
die gebildeten Alkohole durch fractionirtes Destilliren von 
einander zu trennen, was übrigens nur annährend. zu errei- 
chen ist. 


I. Pentan oder normales Amylhydrid, norma- 
ler Amylwasserstoff— 0°H!?, Siedepunkt 37 bis 390C., 
findet sich in bedeutender Menge im Pennsylvania - Steinöl. 


Der primäre Pentylalkohol ist identisch mit dem 
von Lieben und Rossi aus normaler Buttersäure gewonne- 


nen Amylalkohol und giebt durch Oxydation normale 
Valeriansäure, die bei 184 bis 187°. siedet. 


Ueber dıe normalen Paraffine 17 


Der seecundäre Pentylalkohol oder das Methyl- 

Propyl-Carbinol= CHOH, Siedepunkt 120 bis 
nr liefert beim Oxydiren Methyl-Propyl-Keton = 
CH? 

Gau) © B: 
Propionsäure zerfällt. 

U. Hexan oder normales Hexylhydrid, nor- 
maler Hexylwasserstoff = C°H'%. 

1) Hexan aus Petroleum, Siedepunkt 69° bis 
70° C., liefert erstens: Methyl-Butyl-Carbinol 
1 CHOH, bei 140 'bis 142°0. siedend, dessen Oxyda- 
tionsproducte Methyl-Butyl-Keton, Essigsäure und nor- 
male Buttersäure sind; zweitens den primären Hexylal- 
kohol, Siedepunkt 150 bis 155°C., aus welchem die bei 
201 bis 204° C. siedende Capronsäure erhalten wurde. 

2) Hexan aus Mannit, erhalten durch Einwirkung 
von Salzsäure und Zink auf das aus Mannit stammende secun- 
däre Jodhexyl. Es siedet bei 71%,5 C. und sein spec. Gew. 
bei 17°C. ist = 0,6630. Da seine Abkömmlinge dieselben 
sind, wie die des aus Steinöl herrührenden, so muss die che- 
mische Constitution beider Hexane als ein und dieselbe ange- 
sehen werden. Immerhin zeigte sich eine ziemliche Differenz 
in den Baryt-Oapronaten; das von Mannit hergeleitete 
war krystallinisch, das andere amorph. 

3) Dipropyl, erhalten durch Natrium - Einwirkung auf 
primäres Jodpropyl; Siedepunkt des Dipropyls 69 bis 70°C., 
spec. Gew. — 0,6630 bei 17°C. Seine Constitution ist wohl 
eine gleiche mit den anderen beiden Hexanen. 

UL Heptan oder normales Heptylhydrid, nor- 
maler Heptylwasserstoff = U’H"®; Siedepunkt 970%,5 
bis 99°C.; findet sich ebenfalls im Petroleum und giebt einen 
seceundären Alkohol, Siedepunkt 160 bis 162° C., wel- 
cher Methyl-Pentyl-Carbinol sein muss, da durch Oxy- ' 
dation seines Ketons Essigsäure und normale Valeriansäure 
erhalten werden, 

Der primäre Heptylalkohol, Siedepunkt 170 bis 
172° C., liefert beim Oxydiren Oenanthylsäure, Siede- 
punkt 219 bis 222° C,.; welche identisch ist mit der aus 
Rieinusöl gewonnenen. 

IV. Oectan oder normales Dibutyl= U®H"%, erhal- 
ten durch Natrium - Einwirkung auf normales Jodbutyl, siedet 


das beim weiteren Oxydiren in Essigsäure und 


78 Unterscheidung v. Kreosot u. Öarbolsäure. — Ueber Aconitin. 


bei 123 bis 125° und hat ein spec. Gewicht von 0,7032 bei 
17° Cels. 


Es ist identisch mit dem Octan, erhalten aus Methyl- 
Hexyl-Carbinol und mit dem von Zincke aus dem pri- 
mären Octylalkohol dargestellten. (Berichte d. deutschen chem. 
Gesellschaft zu Berlin, Nr. 6. 8. 297—299; 8. Aprü 1872.). 

edle 


Unterscheidung von Kreosot und Carbolsäure. 


Aechtes Buchenholztheer - Kreosot ist unlöslich oder doch 
fast unlöslich in Glycerin; Carbolsäure hingegen löst sich 
. darin in allen Verhältnissen. Wenn eine grössere Menge 
von Carbolsäure dem ächten Kreosot beigemengt ist, so wird 
hierdurch auch das Kreosot in Glycerin löslich gemacht. 
(T. N. R. Morson; the COhemist and Druggist. Mai 15. 
1872.). DD. 


Ueber Aeonitih. 


Bekanntlich ist es Duquesnel gelungen, das Aconi- 
tin krystallisirtt zu erhalten. Dasselbe zeigt nach ihm fol- 
sende Charaktere: 


In Salpetersäure löst es sich ohne Färbung. In ver- 
dünnter Phosphorsäure gelöst und bis zu einem ge- 
wissen Grade abgedampft, färbt es sich violett. Aehnlich 
verhält es sich gegen Schwefelsäure. Fixe Alkalien schlagen 
es aus seinen Salzen als weisse Gallerte nieder; mit Ammo- 
niak erfolgt der Niederschlag langsamer und ist zuweilen 
krystallinisch, besonders aus warmen Lösungen. } 


Einfach und zweifach kohlensaures Natron geben einen 
- starken, weissen, aus concentrirten Lösungen zuweilen krystal- 
linischen Niederschlag, der im Uebermaass unlöslich ist und 
bei Gegenwart von Weinsäure und hinreichender Verdünnung 
nicht entsteht. Mit phosphorsaurem Natron, mit neutralem 
und basisch essigsaurem Bleioxyd, mit Gallus- und Pyrogal- 


5 Zr 


TIONEN > 


Ueber Aconitın. 79) 


lus-Säure entsteht kein Niederschlag. Pikrinsäure erzeugt 
langsam einen in Ammoniak löslichen, Gerbsäure einen weissen, 
in saurem Wasser unlöslichen Niederschlag; Gold- und Platin - 
Chlorid fällen gelblich weiss, die Niederschläge sind in Wein- 
geist löslich. Jodquecksilber-Jodkalium bringt noch bei 20000 - 
facher Verdünnung einen schmutzig weissen Niederschlag 
hervor. Jodwasser und jodhaltiges Jodkalium geben eine 
kermesbraune Fällung. Letzteres kann als Antidot dienen, 
Schwefeleyankalium fällt weiss, krystallinisch. Mit Schwefel- 
säure und Salzsäure, besonders aber mit Salpetersäure giebt 
das Aconitin krystallisirbare Salze. Das salpetersaure Sal» 
ist ziemlich schwer löslich in Wasser und kann aus der 
ätherischen Lösung des Aconitwurzelextracts erhalten wer- 
den, indem man dieselbe mit einem mit Salpetersäure befeuch- 
teten Glasstabe umrührt, wobei es sich als weisse Trübung 
ausscheidet. Mit Aconitsäure giebt das Aconitin eine nicht 
krystallinische Verbindung, welche in Chloroform löslich ist. 
Aether schlägt aus dieser Lösung das Aconitin zum Theil 
nieder. Eine alkoholische Lösung von Aconitin, mit etwas 
Jodtinetur versetzt, nimmt eine grünliche Farbe an und schei- 
det auf Zusatz von Wasser Krystalle aus; durch Aether 
klärt sich die trübe Flüssigkeit wieder. 


Der obenauf schwimmende Aether enthält jetzt unver- 
ändertes Aconitin; die darunter befindliche, wässrige Schicht 
giebt nach dem Abdampfen kleine prismatische Krystalle, die 
Jod enthalten und vielleicht das Jodid einer neuen. Base 
sind. Mit überschüssiger Jodtinetur entsteht ein brauner 
Niederschlag, wahrscheinlich ein Bijodid. 


Bei Vergleichung des nach dem französischen Codex 
bereiteten Aconitins, des deutschen von Merck, des käuflichen 
französischen und des Napellins von Hübschmann fand Du- 
quesnel, dass sie alle an Wirksamkeit seinem krystallisir- 
ten Aconitin bei weitem nachstanden. Von den gebräuchli- 
chen Präparaten des Eisenhuts zieht D. die Tinetur und das 
alkoholische Extract der Wurzel dem aus den Blättern berei- 
teten vor. 


Es ist für Aconitin charakteristisch, dass es bei klein- 
ster Dose im Munde lange anhaltendes Prickeln 
hervorbringt, noch stärker wie Veratrin. Bei 
gerichtlichen Untersuchungen kann man sich zur Auffindung 
desselben der Dialyse oder des Stas’schen Verfahrens bedienen. 
Im letztern Falle erhält man es im nicht krystallinischen 
Zustande, Man löst den alkalisch reagirenden Rückstand in 


80 Samaderin von de Vry. — Üonservirung von Fleisch. 


ein wenig verdünnter Säure und prüft die Lösung mit Jod- 
quecksilber-Jodkalium, Tannin, jodhaltigem Jodkalium "und 
verdünnter Phosphorsäure. Dabei sind physiologische Ver- 
suche nicht zu versäumen. (The Pharmac. Journal and 
Transact. Third. Ser. Part. XX. Nr. LXAXXIV— LXXXVI. 
Febr. 1872. P. 623 u. 662 f.). 

W». 


Samaderin von de Vry. 


Diesen Namen hat Rost v. Tonningen einem krystal- 
lisirbaren Bitterstoffe aus der Samaderarinde (Sama- 
dera indica Gärtn.) gegeben. de Vry gelang es nicht, 
denselben anders, als amorph zu erhalten, und zwar, indem 
er das alkoholische Extract der Rinde mit Wasser behan- 
delte, bis dies keinen bittern Geschmack mehr annahm, dann 
der wässrigen Flüssigkeit mit Holzkohle den Bitterstoff ent- 
zog und schliesslich die Kohle mit heissem Alkohol behan- 
delte, bei dessen Verdunsten das Samaderin zurückblieb. 
Es schmeckt äusserst bitter und ist vermuthlich ein Glykosid. 
(The Pharmac. Journ. and Transact. Third. Ser. Part. XX. 
Nr. LXXXIV— LXXXVI. Febr. 1872. p. 644). 


Wo. 


Conservirung von Fleisch. 


Sie geschieht nach Endemann sehr zweckmässig durch 
Austrocknen desselben und nachheriges Mahlen. Das Fleisch- 
pulver soll eine sehr kräftige Bouillon liefern, mit etwas 
Eiweiss gemischt, sich auch braten lassen und verdaulicher 
sein, als selbst frisches Fleisch. (Americ. Journ. of Pharmaey. 
' Eourth. Ser. Vol. II. Nr. III. March:1872. p. 125.). 


Wp. 


| 


+ 


N. 


81 


II. Botanik und Pharmacognosie. 


Das einheimische Opium von 1871. 


In einem Aufsatze in Nr. 51: des Wochenblatts für Land- 
und Forstwirthschaft constatirt Julius Jobst, dass trotz 
des ungünstigen Sommers die Gewinnung dieser Drogue in 
Württemberg im Vergleich zum Vorjahre einen ziemlich 
bedeutenden Umfang angenommen hat. Auf der Industrie - 
Ausstellung in Ulm, so wie bei dem landwirthschaftlichen 
Feste in Cannstadt lagen mehre von verschiedenen Producen- 
ten erzeugte Opium-Proben auf und sind ausserdem der 
Firma von Jobst aus verschiedenen Theilen des Landes 
grössere und kleinere Parthien zum Ankauf zugesandt worden. 


Die Qualität des Opium war meist ausgezeichnet, von 
dunkelbrauner bis schwarzer Farbe und- feinstem Geruch, 
wenn gehörig getrocknet, muschelig ‘und glänzend im Bruch 
und von einem Morphingehalt von 13—15 Proc., welcher 
Reichthum an Alkaloid bekanntlich das einheimische Product 
weit über die besten Sorten des Orients stellt. Neben die- 
sen Parthien erhielt Derselbe aber auch von zwei Seiten ein 
angeblich inländisches Opium, welches offenbar ein wässriges 
Extract der Mohnpflanze war und nur eine Spur Alkaloid 
enthielt. 

Auf einer Reise, welche Herr Jobst im vergangenen 
Winter nach den Hauptstapelplätzen der kleinasiatischen 
Opium - Production unternommen, konnte Derselbe sich über- 
zeugen, dass die Mohnpflanze jener Gegenden im Klima kaum 
etwas vor der Württembergischen voraus hat; so ist es z. B. 
für eine günstige Opium - Ernte unerlässliche Bedingung, dass 


die Mohnfelder während einiger Monate mit Schnee bedeckt 


liegen. In der Handhabung der Opium-Gewinnung sind die 


ME förken ebenso wenig überlegen, wofür die anatolischen Opium - 


Arch, d. Pharm, III. Reihe, I. Bds, 1. Hft, 6 


82 Das einheimische Opium von 1871. 


Ritzer, wie Jobst solche auf dem landwirthschaftlichen Feste 
zu Cannstadt ausgestellt hatte, beredtes Zeugniss ablegten. 


Mit vieler Mühe gelang es demselben, sich eine gewisse 
Menge keimfähigen Mohnsamens aus denjenigen Distrikten 
Kleinasiens zu verschaffen, welche das geschätzte „Bogha- 
ditsch“-Opium liefert und sind mit diesem Samen mehre 
Anbau- Versuche in Württemberg gemacht worden. Die auf 
den Jobst’schen Versuchsfeldern erlangten Resultate sind 
folgende. 


Die orientalische Pflanze zeigte eine hellere Farbe als der 
inländische Mohn und kam mit dunkelvioletter Blume zum 
Blühen; sie trieb auffallend wenig Blätter und erreichte nur 
eine Höhe von zwei Fuss. Die Kapseln waren klein, jedoch 
wohlgefüllt Imit einem äusserst feinkörnigen, bläulichen Sa- 
men. Die niedrigere Natur der Pflanzen bewahrt dieselbe 
einigermaassen vor Beschädigungen durch den Sturm .und 
reifte der orientalische Mohn einige Wochen früher als der 
einheimische. 

Auch an Opium ergab der orientalische Mohn eher we- 
niger als die einheimische Pflanze, im Morphingehalt sind 
jedoch beide Sorten annähernd gleich, indem die Analyse des 
Verf. folgenden Morphingehalt ergab: 

für N.I. Opium aus orientalischem Mohn gewonnen 12,6 Proc. 
und | 


» » LU. einheimisches 1 
von Kodein lieferte Nr. I. 0128 
NEM 0,09%, 


während das original- türkische Opium gewöhnlich 0,25 Proc. 
dieses Alkaloids enthält. 

Nach eingegangenen Berichten macht ‚die Opium - Oultur 
in Nordamerika bedeutende Fortschritte, was bei den dor- 
tigen hohen Arbeitslöhnen, nur durch den beinahe 3 fl. pro 


Zollpfund betragenden Schutzzoll, welchen das dortige ein- 


heimische Product für sich hat, zu erklären ist. 


Vorläufig ‘wird das Product der einheimischen Opium- 


Gewinnung, welche eine Zukunft haben dürfte, nur für die 
Fabrikation des Morphins verwendbar sein, da die derzeit 
geltenden Pharmacopöen nur türkisches Opium vorschreiben. 


Bei Saarau und Bohrau in Schlesien werden Mohnpflanzen 


eultivirt, deren Opium einen Gehalt von 13 —14 Proc. Mor- 

phin ergaben, also 3—4 Proc. mehr als das orientalische. 
Die Erfahrung Sorauer’s, dass die geritzten 

Mohnkapseln eine grössere Samen-Ausbeute 


4 Fa. R Offieinelle Pflanzen in Turkestan. 83 f 


liefern, als die ungeritzten (Archiv d. Pharm. 1871, 
Juli), hat Jobst bislang nicht bestätigt gefunden. — 

In Nr. 52 des oben citirten- Wochenblatts wird ein Auf- 
satz aus dem Gewerbeblatt „über die Ausbeutung unserer 
Mohnfelder“ von Apotheker Jul. Schrader in Munderkin- 
gen, welcher, von den Veröffentlichungen der Firma Friedr. 
Jobst angeregt, Mohn zur ÖOpium-Gewinnung gebajıt 
hatte, wiedergegeben, in welchem es u. A. heisst: 

Das von mir angebaute Land hatte eine Grösse von 
32 Quadr.-Ruthen. Ich nahm mir, um den durchschnittlichen ER 
Ertrag einer Kapsel annähernd bestimmen zu können, die x 
Mühe, sämmtliche auf dem Stückchen stehende Kapseln zu 
zählen, es waren 3749, auf einer Q.-R. also 117. Der Er- 
trag des Ganzen ergab 9 Unzen und 3 Drachmen wohl = 
getrocknetes, 11 Proc. Morphin enthaltendes Opium, der der d 
einzelnen Kapsel also 1'/, Gran. hi 

“ Ein Morgen, auf dem nach Obigem 44,987 Kapseln stehen, ‘ 
gäbe demnach 112'/, Unzen, beinahe 6°/, Pfund wohlgetrock- u 
netes Opium, was ä 18 fl. einen Geldwerth von 121 fl. 30 xr. hl 
repräsentiren würde; gewiss ein schöner Verdienst, wenn. io 
man bedenkt, dass die Kosten für Arbeitslohn, Düngung ete. RAR N 
durch die Gewinnung des Samens mehr als vollständig ge- N: 
deckt werden. 

Aus 160 Stück möglichst gleich grossen nicht geritzten Kae 
Kapseln wurden 15 Unzen Samen erhalten und ein gleiches ar 
Gewicht aus 160 Stück geritzten Kapseln. Beide Portionen’ 
wurden warm gepresst, und lieferten gleiche Oelmengen, je 
nicht ganze 6 Unzen. Abg. 


Oftieinelle Pflanzen in Turkestan. 


Fedtschenko hat am oberen Serafschan Arten der 
Ferula gefunden; die Eingebornen heilen damit die Wun- 
den der gedrückten Pferde. Er fand Zittwersamen, 
der wegen seines reichen Santoningehaltes besser ist als der 

 _ nordafrikanische, Bei Samarkand fand er die Blumen- 
Esche, die in Italien wild wächst; sie wird in der Mediein ei 
- gebraucht und ihre Manna theuer bezahlt. MR. 

Krause, ein anderes Mitglied der Expedition des rus- | 
 sischen Naturforschervereins nach Turkestan, fand in den Ber- Mi 
gen von Ohokand Pistacia vera wildwachsend; sie liefert A 
#; 4 


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84  Üeber das Reifen der Weetranben 


nicht nur Pistaziennüsse, sondern auch Mastix. Dieser 
Baum ist dort ungemein häufig. Papaver somniferum 
wird von den Sarten (Tadschicks, ansässigen Bewohnern 
arischer Abstammung) in Gärten gezogen; sie verstehen aber 
die Bereitung des Opium nicht und beziehen dasselbe aus 
Kabul. Angelica Archangelica wächst in grosser Menge 
auf dem Berge Dongarak und wird vorzugsweise gegen die 
Pest gebraucht, wie der Wasserwegerich (Alisma Plan- 
tago) in Russland gegen die Wasserscheu. 

Häufig sind in Turkestan Althaea, Tausendgül- 
denkraut; es gedeihen Feigen, Ricinus, Granat- 
baum, Lavendel, Wallnüsse, Mandeln, Quitten; 
man findet Wermuth, Beifuss, Odermennig und 
Hundszahn. (Globus, Januar 1872, S. 31.). Ja 


Ueber das Reifen der Weintrauben 


macht Dr. C. Neubauer in Nr. 21 der Zeitschr. nassauischer 
Land- und Forstwirthe 1871 folgende vorläufige Mittheilung 
als weitere Resultate seiner im Jahre 1868 begonnenen Un- 
tersuchungen: 


1) Die Blätter, Ranken und jungen Triebe des Wein- 
stocks enthalten schon nicht ganz unbedeutende Mengen von 
Zucker, der sich mit Leichtigkeit abscheiden und durch 
Hefe in Gährung versetzen lässt. 


2) Blätter, Ranken und die jungen Triebe sind ganz 
ausserordentlich reich an Weinstein. Sie enthalten 
ferner nicht unerhebliche Mengen von Pektin-Körpern 
und ausserdem, an Kali gebunden, nicht unbedeutende 
Mengen von Öxalsäure, die bis jetzt noch nie im Wein- 
stock nachgewiesen wurde. 


3) Diejenigen unbekannten Stoffe des Mostes, die bei der 
Gährung des Weines das Bouquet liefern, sind nicht allein 
in der Traube enthalten, sondern finden sich auch in den 
Blättern, Ranken und jungen Trieben; durch geeignete Be- 
handlung lässt sich aus den genannten Rebentheilen ein äusserst 
fein duftendes Bouquet gewinnen. Ag. 


Be Wer 
ir £ 


Die essbar. Pilze n. ihr. Nahrungswerthe ete. — Folio llieis Cassinaeete. 85 


Die essbaren Pilze nach ihrem Nahrungswerthe, im 
Y ergleich mit dem der thierischen Nahrungsmittel 
nach Oscar Siegel. 


| it er Ss = di 
a4 |3 ‚8, ER ne 
BZ} ui 7-57 Par! ö = = Ss ei {2} 
Es enthaltn | = | 2 2243| 5 |% mE le 
100 Theile | 2 5 32 82|3 | 4 | Enz 218 
Be a | 2). 8 ee 
| ie | SEau- 
| 
Wasser 62,30 49,77 55,70|54,00 2 aan 15,81|70,83 
Stickstoffhltg. | | 
Verbindungen 16,60 14,90 14,00 17,80) 4,0 33,46|19,3019, 56119, 19 28,58] 9,59 
Kohlehydrate | — | |<.) %7 | — 52:59)48,0344,02|40,46167,65 
Asche | 4,48] 4,13) 2,57| 5,56| 0,7 | 5,41| 5,26] 6,84 7,65 8,20] 2,83 
Fett 16,60 31,30 28,10122,60| 3,6 24,26) 1,67 1,15| 1,67| 1,43| 0,72 


Hinsichtlich der Bestandtheile der Asche ist besonders her- 
vorzuheben, dass die Pilze reich sind an Kali (48 — 56 Proc.) 
und an Pho sphorsäure (20—38 Proc.), während enthal- 
ten sind: in 100 Theilen Asche von: 

Ochsenfleisch Kalbfleisch Kartoffeln Roggen Erbsen 
Kali 35,94 3440 52,47 ° 32,69 39,51 
Phosphorsäure 34,36 4813 23,88 47,35 34,50 
(Zeitschr. des Vereins Nassauischer Land- und Forstwirthe 


ISIL. Nr. 3.). 
Hbg. 


Folia Ilieis Cassinae (von Ilex Cassine L.), 


welche als Diureticum geschätzt sind, enthalten nach Henry 
M. Smith 0,122 Proc. Kaffein, 0,011 Proc. äth. Oel von 
sehr angenehmem (an Tabak und Thee erinnernden) Geruch 
und Gerbstoff, Harz, Wachs, Peetin, Gummi, Chlorophyll, 
Farbstoff, stickstoff. Substanzen ete. Der Gehalt an Kaffein 
ist dem des Mut& ziemlich gleich. (Neues Jahrb. f. Pharm. 
Mai — Juni 1872. 8. 345.). H. L. 


III, Physiologie und "Toxikologie. 


Ueber Elimination des Alkohols aus dem thierisehen 
Organismus. 


Eine Reihe von Experimenten, welche Dupre in dieser 
Beziehung anstellte, führten zu folgenden Ergebnissen: 

Es wird etwas Alkohol im Harn und im Athem elimi- 
nirt; allein die Menge dess. ist ein nur äusserst geringer 
Bruchtheil des in den Körper eingeführten W eingeists. 

Die Menge des eliminirten Alkohols wird nicht vermehrt, 
auch nicht durch eine noch so lange fortgesetzte Alkohol- 
diät, was wohl auf den vollständigen Verbrauch der täglich 
eingenommenen Weingeistmenge deutet. 

Die Eliminirung des Alkohols hört 9 bis 24 Stunden 
nach der letztgenommenen Weingeistportion auf. 


Im Verlaufe dieser Versuche fand Dupre, das m 


Harne von Personen, die schon sehr lange keinerlei wein- 
geistiges Getränk genommen hatten, eine Substanz 
existirt, die alle bekannten Reactionen des Alko- 
hols giebt, ohne dennoch Alkohol zu sein. Dass 
im Harne des Menschen und einiger Thiere eine die Jodo- 
formreaction mit Natronlauge und Jod liefernde Substanz sich 
vorfindet, hatte schon Lieben gezeigt. Es scheint zwischen 
diesem Stoffe und dem Weingeist eine Art von Beziehung 
zu herrschen. In der ersten Zeit einer eingestellten Alkohol- 
diät ist die Menge der Substanz eine sehr geringe; erst nach 
fortgesetzter Enthaltsamkeit von Weingeist erreicht die imner- 
halb einer gewissen Periode ausgeschiedene Menge ihr nor- 


males Maass. (Berichte d. deutsch. chem. Gesellsch. zu Ber- 


lin vom 25. Mürz 1872, Nr. 5. S. 226 — 227.). 
HERNE, 


Be ae Ha nn rn a ” 


en Ya‘ ae 8 Ya 
a A 


Verdauung v, Calom. — Cyansaur. Kali u. cyans. Natron. — Eutst, d. Bienenw. 87 
Verdauung von Calomel. 


Im medicinischen Wochenblatte „Lancet“ berichtet 
Herr Tuson über Verdauung von mineralischen Stoffen. Er 
fand, dass Calomel, unlöslich in 2 Procent salzsäurehalti- 
gem Wasser und unlöslich in wässriger Pepsinlösung, sich 
leicht löst in Wasser, das 2 Procent Salzsäure und etwas 
Pepsin enthält. (Berichte der deutschen chemischen Gesell- 
schaft zu Berlin, 8. April 1872. Nr. 6. $. 300.). 

HA.L. 


Cyansaures Kali und eyansaures Natron 


sind nach den Versuchen von Rabuteau und Massul 
nicht giftig; der Organismus verwandelt sie m kohlensaure 
Salze. Das cyansaure Natron kann bis zu 1 Grm. n 
die Venen eines Hundes eingespritzt werden, ohne den Tod 
herbeizuführen; der Harn wird alsdann alkalisch. Das cyan- 
saure Kali bewirkt, wie überhaupt die Kalisalze, bei so 
starker Dosis den Tod. (Berichte d. deutsch. chem. Gesell- 
schaft zu Berlin, 25. März 1872, Nr. 5. S. 214). 
H...d: 


En fan ng S ’ 


Zur Entstehung des Bienenwachses. 


Nach Hoppe-Seyler ist es durchaus unzulässig, die 


aus Futterstoffen durch Aether extrahirten Substanzen schlecht- 


weg als Fett zu bezeichnen, da dieselben aus wachsarti- 
gen Körpern (Cerotinsäure ete.),, zersetztem Chloro- 
phyll, Cholesterin, Lecithin und verhältnissmässig nur 
wenig ächtem Fett bestehen. Diese Thatsache hat für 
die Frage nach dem Ursprunge des Bienenwachses ihre Be- 
deutung. 

Da die Bestandtheile des Bienenwachses sich fertig ge- 
bildet in den Pflanzen finden, so ist (nach Hoppe-Seyler) 
kein Grund zu der Annahme, dass die Bienen in ihrem Kör- 
per Wachs erzeugen, zumal auch gar keine wachssecerniren- 
den Organe in denselben nachgewiesen seien. (ÜOhem. Oen- 
tralblatt S.726; daraus im N. Jahrb. f. Pharm. Mai u. Juni 
1872 8. 358.). HA. 


85 


C. Literatur und Kritik. 


Beiträge zur Stöchiometrie der physikalischen 
Eig enschaften der Körper. Von J. B. Osterbind, 
Conrector, Lehrer der Chemie und Physik an der Realschule 
zu Oldenburg 1871. Gerh. Stalling. 58 Seiten gr. Octav. 


Der Verfasser giebt uns im vorliegenden Schriftehen den Inhalt eines 
Vortrages, welchen derselbe in dem naturwissenschaftlichen Vereine zu 
Oldenburg gehalten hat. Wir werden in das Gebiet der theoretischen Che- 
mie geführt; namentlich sind es die von Kopp aufgestellten Sätze: 

1) dass bei analogen Verbindungen derselben Zusammensetzungs- 
differenz dieselbe Differenz der specifischen Volume, der x-fachen Zu- 
sammensetzungsdifferenz die x- fache Differenz der speeifischen Volume 
entspricht; j 

2) dass isomere Flüssigkeiten, welche demselben Typus angehören, 
bei ihren Siedepunkten gleiche specifische Volume (somit auch gleiche 
speeifische Gewichte) haben, welche dem Verfasser bei seinen Betrach- 
tungen zum Ausgangspunkte dienen. Es wird an dieselben die Frage 
geknüpft: welche Beziehungen haben zwischen der chemischen Zusammen- 
setzung und dem specifischen Gewichte chemischer Verbindungen im 
flüssigen und gasförmigen Zustande und zwischen dem speeifischen Ge- 
wichte und der speeifischen Raumerfüllung Statt? Bei der Beantwortung 
sind nur diejenigen aus C, H und OÖ bestehenden Verbindungen zu 
Grunde gelegt, welche durch Kopp genauer untersucht wurden. 

Es werden zunächst die Gründe angegeben, welche zur Definition 
„die specifischen Volumie der Körper sind die von dem Gasvolumgewichte 
derselben im festen, flüssigen oder gasförmigen Zustande erfüllten Räume, 
— im gasförmigen und flüssigen Zustande bei der Temperatur des Siede- 
punktes, im festen Zustande bei der Temperatur des Schmelzpunktes, 
wenn nicht etwa andere Temperaturen ausdrücklich bestimmt sind‘ geführt 
haben. Um die sich ergebenden Verhältnisse klarer hervortreten zu lassen, 
werden die halben Molekulargewichte als Atomgewichte bei den For- 
schungen angenommen. Die Atomgewichte werden dadurch dem Gas- 
volumgewichte gleich; sie verhalten sich, wie die specifischen Gewichte der 
Körper im gasförmigen Zustande. 

Die Grösse des specifischen Volums fiüssiger Verbindungen hängt von 
dem Maasse der beim Uebergange der gasförmigen Körper in den flüssigen 
Zustand eintretenden Verdichtung ab und so kann gefolgert werden, dass 
auch zwischen dem Maasse dieser Verdichtung und der chemischen Zu- 
sammensetzung bestimmte Beziehungen vorhanden sein müssen. Die Zahlen, 
welche diese Verdichtung ausdrücken, werden vom Verfasser Verdichtungs- 
exponenten genannt. 

Im ersten Abschnitte werden die Beziehungen zwischen dem Verdich- 
tungsexponenten, dem speeifischen Volumen und der chemischen Zu- 
sammensetzung abgehandelt und’aus vielen Beispielen gefolgert, dass man 
den Verdichtungsexponenten einer Verbindung, deren specifisches Gewicht 


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Literatur und Kritik, 89 


beim Siedepunkte unbekannt ist, aus der chemischen Zusammensetzung 
annährungsweise richtig berechnen kann. 

Das Aequivalentgewicht der Verbindung, wie das der in dieselben 
eingetretenen Bestandtheile, tritt nur als etwas rein Untergeordnetes, 
gleichsam als die Folge der in die Verbindung eingetretenen Anzahl 
der Aequivalente der verschiedenartigen Elemente auf und erscheint ohne 
allen Einfluss auf die beim Uebergange derselben aus dem gasförmigen 
in den flüssigen Zustand eintretende Verdichtung. Die Producte 
aus den Verdichtungsexponenten und den Aequivalentensummen der Ver- 
bindungen einer und derselben homologen Reihe sind gleich, oder geben 
eine eonstante Zahl. Diese Zahlen werden mit dem Namen „Siedepunkts- 
aequivalentensummen “ bezeichnet. 

Im zweiten Abschnitte werden die Beziehungen zwischen dem speci- 
fischen Gewichte, dem Verdichtungsexponenten und der chemischen Zu- 
sammensetzung besprochen. 

Die in der Schrift abgehandelten Verhältnisse weist eine Tabelle in 
17 Columnen übersichtlich nach. Die Verbindungen sind in 6 Gruppen 
eingetheilt: in der ersten finden wir Alkohole und Aether, in der zweiten 
Säuren, in der dritten zusammengesetzte Aetherarten, in der vierten Alde- 
byde, in der fünften Kohlenwasserstoffe, und die sechste bildet Wasser. 

Sicher ist es eine verdienstliche Arbeit,‘ diese Betrachtungen ange- 
stellt zu haben, doch ist der Inhalt in so gedrängter Form gegeben, dass 
ein weiteres Eingehen auf denselben nicht thunlich erscheint. 

RE: 


Handbuch der Pharmacognosie und Pharmacolo- 
gie für Aerzte, Studirende der Mediein und Pharmacie, 
Apotheker und Droguisten , bearbeitet von Prof. Dr. Ar- 
chimedes von Schwarzkopf, Lehrer der Pharmaco- 
gnosie, Nationalökonomie und Handelswissenschaften an der 
Universität Basel, correspondirendes Mitglied der naturfor- 
schenden Gesellschaft von @Graubündten, Director der 
Deutsch -Schweizerischen Handelsschule in Basel. Erster 
Theil: Arzneimittel aus dem unorganischen Naturreiche. 
Leipzig und Heidelberg, C. F. Winter’sche Verlagshand- 
lung. 1871. 8. 

(Der Separattitel des Buches ist: Die Arzneimittel 
aus dem unorganischen Naturreiche, ihre Ge- 
schichte, Fundorte, physikalischen und chemischen Eigen- 

schaften, Bereitungsarten, physiologischen Wirkungen und 


therapeutische Anwendung, von Prof. Dr. Archimedes von 


Schwarzkopf u. s. w. XII. und 552 $.) 


In einem 4 Seiten langen Vorworte giebt der Verf. zunächst Auf- 


 sechlüsse über die Grundlage seines schriftstellerischen Unternehmens, im 
 besondern des vorliegenden ersten Theils. Sein Gedankengang ist wesent- 


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90 Literatur und Kritik. 


lich folgender: Die Wissenschaft, „welche sich mit der Kenntniss der 
Eigensehaften, Wirkungen und Anwendung der Arzneimittel zu beschäfti- 
sen hat, zählt zu den mühsamsten und schwierigsten im Gebiete der 
Mediein ; — die Literatur ist nicht reich an Arbeiten über diesen Gegen- 
stand, wenigstens nicht an solchen, in denen der Pharmacognosie und 
Pharmakologie eine gleichmässige Beachtung zu Theil wird; — Pereira’s 
Werk in 2 starken Bänden (1846 in deutscher Bearbeitung von Buchheim’ 
erschienen) ist das beste; — viele neue Arzneimittel sind seidem in die 
Therapie eingeführt worden, denen in ausgezeichneter Weise (hauptsäch- 
lieh in Betreff des pharmakologischen Theils) in der im Jahre 1865 er- 
schienenen Schrift Hagen’s „Die seit 1830 in die Therapie eingeführten 
Arznmeistoffe und deren Bereitungsweisen“, so wie in Posner’s „Handbuch 
der klinischen Arzneimittellehre“ Berücksichtigung zu Theil geworden 
ist; — auch das im J. 1869 erschienene „Lehrbuch der Pharmacologie“ 
von Prof. C. von Schroff ist sehr verdienstlich,; — Posner folgt dem von 
Mitscherlich aufgestellten Systeme, welches „bis jetzt das vorzüglichste 
ist;‘“ — gleichwohl habe ich mich der von Pereira befolgten „Eintheilung 
angeschlossen und den allgemeinen Theil derselben vorzugsweise und im 
Auszuge mit zu meiner Arbeit benutzt; — sonst wurden Mohr’s Commen- . 
tar zur Preussischen Pharmacopöe, so wie die Werke von Dierbach, 8o- 
bernheim, Bouchardat, Oesterlen, Riecke nebst mehren medicinischen 
Zeitschriften zugezogen. 

Ausserdem gewährt das Vorwort auch noch einen Einblick in den 
Lebensgang des Verfs., der bei der Beurtheilung, des vorliegenden Werkes 
vollste Beachtung verdient. „Seit über 25 Jahren, sowohl als praktischer 
Kaufmann, als später auf der Universität Jena, habe ich unter der Lei- 
tung meines gelehrten Freundes, Professor Dr. M. J. Schleiden, das 
Studium der Waarenkunde neben meinen naturwissenschaftlichen und 
physiologischen Studien zu meiner Lieblingsbeschäftigung gemacht;‘ die 
Dedieation des Buchs oben belehrt uns, dass seiner Zeit der Herzog von 
Meiningen dem Schwarzkopf gestattete, „als Militär die Forstakademie 
Dreissigacker zu besuchen,“ auf welcher ich meine unterbrochene Gym- , 
nasialbildung eines Theiles ergänzen konnte und wodurch ich befähigt 
wurde, später die Universität Jena zu beziehen und hier mit Hülfe von 
Freunden und Lehrern den Grund zu einer neuen Lebensbahn zu legen.“ 

Hieraus ist wohl zu entnehmen, dass der Verf. niemals wirklich Me- 
diein studirt oder gar praktisch ausgeübt hat, und gehört ein hoher Grad 
von Selbstvertrauen dazu, dass er laut des Generaltitels ein „Handbuch 
der Pharmaeognosie und Pharmaeologie‘ veröffentlichen will. Da aber der 
vorliegende erste Theil sich in der Hauptsache als eine Arzneimittel- 
Betrachtung ankündigt, so wird man es in der Ordnung finden, wenn 
ein Arzt die Besprechung des Buches übernommen hat, 

Gehen wir vom Allgemeinsten aus und beginnen mit der Eintheilung 
oder mit dem Inhalte des Buchs. Die wort- und zahlgetreue Aufführung 
gestellt sich also: 

I. Allgemeiner Theil. Einleitung (S. 1 u. 2). Allgemeine Thera- 
pie (S 2—21). Allgemeine Therapie (8. 21 — 94). 

Zweiter Theil. SpeciellePharmakologie. I. Unorganisches 
Reieh. I. Classe. Nichtmetallische Substanzen. Diese erste und einzige 
Classe enthält 30 Ordnungen, nemlich: 1) Sauerstoff und seine Lösungen 
in Wasser (95— 97). 2) Wasserstoff und dessen Verbindungen mit Sauer- 
stoff (97—115). 8) Kohlenstoff und Kohlensäure (115 —121). 4) Bor 
und seine Verbindung mit Sauerstoff (121—123). 5) Phosphor und Phos- 
phorsäure (123—129). 6) Schwefel und seine Verbindungen mit Sauer- 
stoff, Wasserstof! und Kohlenstoff (129— 143). 7) Chlor und seine Ver- 


Literatur und Kritik, 91 


bindungen mit Wasserstoff? und Schwefel (143 —150). 8) Jod und dessen 
Verbindungen mit Sauer- und Wasserstoff, Schwefel und Chlor (150—168). 
9) Brom (169 — 171). 10) Nitrogenium und seine Verbindungen mit 
Sauer- und Wasserstoff (171 —205). 11) Verbindungen des Kalium 
(205 — 250). 12) Natrium und seine Verbindungen (250— 282). 13) Li- 
thiumverbindungen (2852 — 283). 14) Baryum und seine Verbindungen 
(283 — 286). Caleium und seine Verbindungen (286 — 302). 16) Magne- 
siumverbindungen (302 — 312). 17) Aluminiumverbindungen (312 — 323). 
18) Chromverbindungen (324 — 328). 19) Arsenverbindungen (328 — 347). 
20) Antimon und dessen Verbindungen (347—367). 21) Wismuth und 
seine Verbindungen (367 —371). 22) Zink und dessen Verbindungen 
(372 — 389). 23) Blei und seine Verbindungen (389—404). 24) Eisen 
und seine Verbindungen (404--445). 25) Kupfer und seine Verbindungen 
(445 —457). 26) Quecksilber und seine Verbindungen (457 —505). 
27) Silber und seine Verbindungen (506 —518). 28) Platina und seine 
- Verbindungen (518— 521). 29) Gold und seine Verbindungen (521 — 527). 
30) Mangan und seine Verbindungen (528— 533). — Diese Eintheilung 
spricht ohne weiteren Commentar beredt genug dafür, dass wir es mit 
einem leichtfertig oder lüderlich verbreitenden, mit einem sudelnden 
Autor zu thun haben. Zeigt sich doch auch die gleiche Lüderliehkeit in 
den Ueberschriften der 30 Ordnungen: zuerst werden die eine Verbindung 
eingehenden Elemente in namentlicher Beziehung beigefügt, dann muss 
man-sich darauf beschränken, der Verbindungen ganz im Allgemeinen zu 
gedenken; das vermag aber der kurzsichtige Autor auch nieht eonsequent 
durchzuführen, wie die Ueberschriften der 9. und 11, Ordnung zeigen. 
Durch ein getreues Inhaltsverzeichniss, wie es Büchern dieser Art beige- 
geben zu werden pflegt, würde die Blösse des Autors gar abschreckend her- 
vorgetreten sein, und hat er es wohl aus diesem Grunde vorgezogen, 
dem Buche bloss ein 19 Seiten langes Register anzuhängen. Durch auf 
den Inhalt eingehende Columnentitel hätte der Benutzung des Buchs einiger- 
massen nachgeholfen werden können; statt dessen schleppen sich durch 
25 Bogen hindurch die Columnentitel Zweiter Theil und Speeielle 
Pharmakologie, womit nur Druckerschwärze verschwendet worden ist, 
Wenden wir uns nun zu der eigentlichen Bearbeitung, so genügt 
schon die Eine Seite umfassende Einleitung, um die Ueberzeugung zu 
begründen, dass der Verf., medieinischer Bildung oder Kenntnisse baar, 
an die Bearbeitung eines schwierigen Gebiets der Mediein herangetreten 
ist, Der zweite Satz dieser Einleitung hat folgende Fassung: „Zur 
Heilung der Krankheiten bedient sich der Arzt Stoffe, welche entweder 
reine Naturkörper, in den meisten Fällen aber einer veränderten Vorbe- 
reitung unterlegen sind, welche theils in einer Abänderung ihrer Form, 
theils in einer Abänderung ihrer Zusammensetzung besteht. In chem. 
natürlichem Zustande! werden sie rohe Arzneimittel, Medicamenta 
. eruda, nach der mit ihnen vorgenommenen Veränderung aber zubereitete 
Arzneimittel, Medieamenta praeparata, genannt.“ Es liefert dieser 
Satz gleich ein Beispiel von der verschrobenen unlogischen Schreibweise 
des Verf., und er lässt es nicht in Zweifel, dass der Verf. der dick- 
leibigen Arzneimittellehre noch nicht einmal die ziemlich einfache Er- 


- kenntniss errungen hat: der Arzt benutzt zur Beseitigung von Krankheiten 


und zur Förderung der Gesundheit Heilmittel, im Besondern jene 
_Unterabtheilung der Heilmittel, die man herkömmlich als Arznei- 
mittel bezeichnet. Es ist doch reiner Unsinn, wenn auf der zweiten 
Seite des Buchs die Erklärung medieinischer Termini fortgesetzt und 


Acologie oder Jamatologie als jener Theil der Therapie bezeichnet wird, 
x welcher von den Arzneimitteln handelt, welche Arzneimittel aber 


92° Literatur und Kritik. 


doppelter Art sind: psychische und somatische. Denn unter psychischen 
Arzneimitteln versteht der Verf. nicht etwa jene Mittel, denen ein Ein- 
fluss auf die psychische Thätigkeit zukommt, sondern einfach die Aeusse- 
zungen der Psyche. Die Einleitung ist auch noch durch folgenden weisen 
Ausspruch geziert: „Die zweckmässige Verwendung der Arzneimittel ist 
die therapeutische Methode,“ 

Dieser unverdauten Einleitung reiht sich aber die weitere Ausführuns 
des Buches ziemlich ebenbürtig an. Gleich der Anfang der allgemeinen 
Therapie, noch auf der zweiten Seite, bestätist dies aufs Vollständigste. 
Die Besprechung der psychischen Mittel beginnt mit dem Satze: 
„Geistesaffeetionen haben auf die Functionen des Körpers Einfluss, sie: 
vermehren oder vermindern die Empfänglichkeit des Organismus für Krank- 
heitsursachen und bestimmen den Verlauf der Krankheiten. (Es muss 
aber zur Vermeidung von Missdeutungen gleich bemerkt werden, dass unter 
Geistesaffeetionen nicht etwa im Sinne der praktischen Aerzte Geistes- 
krankheiten gemeint sind, sondern einfach die Thätiskeitsäusserungen des 
Geistes. Rec.) Ihre Anwendung stellt die psychische Heilmethode dar. 
Die Affectionen können durch äussere und durch innere Ursachen hervor- 
gerufen werden und wir nennen sie desshalb äusserliche Affeetionen und 
innerliche Affeetionen.“ Nun kommen zur Besprechung: 1) Durch äussere 
Ursachen hervorgerufene Geistesaffeetionen, die Empfindungen (sie!). 
2) Durch innere Ursachen hervorgerufene Gemüthsaffeetion (Geist und 
Gemüth sind wohl synonym?), zu welcher Classe die Geisteserregungen 
und der intellectuelle Zustand des Geistes gehören. 

Die hierauf besprochenen somatischen Mittel, welche direet auf 
den Körper wirken, lassen sich nach des Verf. Auffassung. unter vier 
Abtheilungen bringen, wofür folgende getreu wiedergegebene Signaturen 
in Anwendung gebracht worden sind: 

1. Physikalische unwägbare Agentien: a)Licht. b) Wärme, 3) Kälte, 
4) Elektrieität. 

III, Diätetische Mittel. 
IV. Mechanische und chirurgische Mittel. 
V. Pharmaeologische oder Arzneimittel. 

Die Gedankenlosigkeit, in welcher das Material des Buches zusammen- 
gestellt worden ist, erhellt ferner recht deutlich aus der Art und Weise, 
wie die thermometrischen Data dargelegt werden. Wenn das Buch wesent- 
lich in die Hände deutscher Leser kommen sollte, dann durfte wohl er- 
wartet werden, dass von der im praktischen Leben und in der Wissen- 
schaft Deutschlands ganz ungebräuchlichen Fahrenheit’schen Scala Abstand 
genommen werde. Gleichwohl sind die Temperaturbestimmungen im 
zweiten Theile des Buches hin und wieder, im allgemeinen Theile aber 
durchgängig nach F. gemacht. Freilich Pereira, der laut Vorwort für 
die Abfassung des allgemeinen Theils maasgebend gewesen ist, hat für 
seinen Leserkreis nach F. bestimmt, und warum hätte unser Verf. Aen- 
derungen vornehmen sollen? Im speciellen Theile ist wohl vorwiegend 
nach C. bestimmt, namentlich in der Besprechung der Mineralwässer; doch 
in deren übersichtlichen Zusammenstellung (S. 111) müssen es sich die 
Thermen (Schlangenbad, Ems, Wiesbaden nicht ausgenommen) schon 
gefallen lassen, dass chem. Temperatur nach F. verzeichnet wird. Auch 
die Bestimmung nach R. verschmäht unser Verf. nicht; der Artikel Jod 
zeigt dies deutlich; woselbst freilich auch fast in dem nämlichen Satze 
nach R. und nach C. bestimmt wird. Endlich fehlt es aber auch nicht 
an Stellen (S. 14. 168. 222. 282. 389. und wohl noch anderwärts) , wo 
eine 'Temperaturzahl steht, die der geneigte Leser nach seinem Belieben 
mit F., oder C., oder R. vervollständigen kann. 


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Literatur und Kritik. 95 


Referent ist nieht im Besitze von Pereira’s Werk, befürchtet aber 
doch keinen Irrthum, wenn er annimmt, unser Verf. habe S. 51 Pereira 
abgeschrieben, ohne weiter über den Inhalt des Niedergeschriebenen nach- 
zudenken. Es wird hier einer Ordnung Desinfeetantia gedacht, näm- 
lich „Agentien, welehe den üblen Geruch verfaulender Stoffe, den Gestank 
organischer Körper und Ansteekungsstoffe verhindern oder aufheben sollen,“ 
wozu 12 namentlich aufgeführte Substanzen gerechnet werden. Wenn 
Acidum carbolieum und Kali hypermanganieum nicht mit in diesem Lichte 
stehen, so wird Pereira nach der Sachlage ein Vorwurf nicht treffen 
können, wogegen des Verf. Elaborat vom J. 1871 in einem sehr bedenk- 
lichen Lichte erscheinen muss. Die gleiche Erklärung dürfte auch wohl 
dafür zulässig sein, dass unter den in grösster Weitschweifigkeit aufge- 
zählten Applieationsorganen der Arzneimittel (S. 38 —42) der subeu- 
tanen Injection keine Erwähnung geschieht. — Aber nieht bloss mit 
Unterlassungssünden ist der allgemeine Theil behaftet, sondern wir begeg- 
nen auch zahlreichen abgeschmackten und falschen Sätzen, die unmöglich 
in dieser Fassung von Pereira aufgestellt sein können, für welche viel- 
mehr unser Verf. wird einstehen müssen. Es wird genügen, ein Paar 
Beispiele anzuführen. Einspritzungen kalten Wassers in die Vagina, bei 
Blutungen aus der Gebärmutter, sollen mittels einer Magenpumpe (?!) 
gemacht worden sein (S. 13) „Mittel, welche weder rein reizend, noch rein 
beruhigend wirken, jedoch einige Modificationen in der Natur der Be- 
schaffenheit der Lebensthätigkeit hervorbringen, werden alterirende 
(Alterantia) genannt.“ (8. 29). Die Temperamente (,‚Boerhaave nimmt 8, 
Andere 5 Temperamente an‘) sind: a) das nervöse, b) das sanguinische, 
e) das muskulöse, d) das schlaffe, e) das vollkommenste „ist das, wo 
alle Organe und Functionen das gehörige Gleichgewicht halten, und bei 
welchem wir die meiste Stärke finden.“ (8. 36). Emollientia. sind ,Mit- 
tel, welche den Tonus oder die unsichtbare Zusammenziehbarkeit der 
lebenden Gewebe vermindern, und demnach Erschlaffung und Erweichung 
verursachen.“ (S. 53.) Die mechanisch wirkenden Gegengifte sind 
einerseits Demuleentia (7 Nummern); andererseits Pulveres (S. 46). Zu 
den Pulveres gehören Carbo animalis, Carbo ligni, Farina, Sesqui - oxy- 
dum ferri (?) Magnesia (?). Sagt der Verf. hier die Wahrheit, oder soll 
man ihm trauen, wenn er S. 305 vom Magnesiahydrate angiebt, dasselbe 
liefere bei Vergiftung mit arseniger Säure eine unlösliche, nicht giftige 
Verbindung? wenn er 8. 412 das Ferrum hydricum als ein gut wirkendes 
chemisches Gegengift in allen Fällen von Vergiftung mit arseniger Säure 
bezeichnet ? 

Sehen wir nunmehr noch, ob vielleicht die Darstellung der speeciellen 
Pharmacologie den Mängeln des allgemeinen Theils das Gegengewicht 
hält! Da muss ich freilich mit der Bemerkung beginnen, dass der Verf. 
mit der im J. 1871 erschienenen deutschen Bearbeitung der Arzneimittel 
offenbar einen überwundenen Standpunkt einnimmt, wenn er der gene- 
rellen und speciellen Dosirung das Unzengewicht zu Grunde legt. Nur 
gelegentlich wird auch einmal das Grammengewicht herbeigezogen, oder 
es kommt auch wohl vor (S. 384), dass fast in dem nämlichen Satze die 
Dosis nach Granen und nach Grammen bestimmt wird, weil zuerst ein 
deutscher Autor und dann ein französischer eitirt wurde. — Es ist bereits 
erwähnt, dass der gesammte Inhalt des speciellen Theils in 30 Ordnungen 
untergebracht worden ist. In fortlaufender Reihe von Nr, 1— 261 werden 
hier die einzelnen Arzneikörper aufgeführt. Diese Zahlenreihe hätte aber 
entschieden niedriger ausfallen können, wenn der Verf. sich auf wirkliche 
Arzneimittel beschränkt hätte. Von Bioxydum Nitrogeni, von Sesqui- 
sulphas kalieus, von metallischem Arsenik, Wismuth, Zink, Kupfer, von 


! 


54 Literatur und Kritik. 


Ferro-Kali albuminatum, die in die Zahlenreihe aufgenommen sind, wird 


keinerlei arzneiliche Benutzung angeführt. Auch Calcaria _sulphuriea 
(Nr. 109) wird Niemand den Arzneimitteln zuzählen, und ist es sicher- 
lieh nur als ein grober Missgriff zu erachten, wenn der Verf. über die 
rein chirurgischen Gypsverbände sich auszulassen Gelegenheit nimmt, 
In anderer Weise zeigt sich eine Raumverschwendung darin, dass die 
nemliche Substanz wiederholt vorgeführt wird: Königswasser (Acidum 
nitro-hydrochlorieum) findet sich S. 149 als Präparat der Salzsäure, wird 
aber 8. 178 nochmals als Nr. 37 vorgeführt; Kali arsenicosum, welches 
bereits unter den Kaliumverbindungen als Nr. 76 untergebracht war, 
konnte doch vernünftiger Weise beim Arsenik nicht fehlen, und findet 
daher 8. 342 zum zweiten Male ein Plätzchen. 

Das Schema für die Besprechung der einzelnen Nummern ist nur zu 


billigen, es enthält in vollster Ausdehnung folgende Rubriken: Namen 


und chemische Formel; Geschichte; Vorkommen; Darstellung; Eigen- 
schaften; Zusammensetzung; Kennzeichen; Verunreinigungen ; physiologische 
Wirkung, und zwar bei Pflanzen, bei Thieren, beim Menschen; Anwen- 
dung; Gabe; Gegengift, Präparate. Die Rubrik ‚Zusammensetzung “ 
erscheint jedoch darunter als eine ziemlich überflüssige, da dieselbe im 
Allgemeinen nichts anders bringt, als die in Worten ausgesprochene 
chemische Formel des Mittels, die bereits dem Namen beigesetzt ist. 
Uebrigens ist oft genug ganz willkürlich die chemische Formel wegge- 
blieben und dann fehlt auch die Rubrik ‚„Zusammensetzung.‘“ Die Ru- 
brik ,, Wirkung auf die Pflanzen‘ ist sehr häufig nicht ausgefüllt, und 
im Falle der Ausfüllung erfährt man regelmässig nichts anderes, als dass 
man noch nichts darüber weiss, oder dass der fragliche Körper nach- 
theilig einwirkt oder unschädlich ist. Auch in der Rubrik ‚Wirkung 
auf Thiere,,“ wenn sie ausgefüllt ist, begegnen wir häufig genug ziemlich 
werthlosen Notizen, wie z. B. 8. 131 hinsichtlich des Schwefels. 

Den im engeren Sinne als pharmakologische zu bezeichnenden Ab- 
sehnitten lässt sich im Ganzen kein besseres Lob spenden, als der Be- 


handlung des generellen Theils. So wird für die Aufstellung von Prä- 


paraten der einzelnen Arzneikörper von einem maasgebenden Principe 
ganz und gar Abstand genommen: allerdings ist wohl die Preussische 
Pharmacopöe vorwiegend beigezogen worden, doch stehen offizinelle und 
Magistralformeln ganz bunt in gleicher Linie neben einander. Die An- 
‘gaben über Zubereitung von Präparaten sind häufig genug ganz unge- 
uügend; es möge genügen, als Musterstücke dieser Art die Herstellung 


des Hydrogenium hyperoxydatum (S. 97) und des Syrupus ferri jodati (8. br 


429) zu nennen. Die Phosphorsäure der Ph. Bor. enthält noch 8.127 
16 pCt wasserfreie Phosphorsäure, auf der folgenden Seite aber, wo die 
Gabe bestimmt wird, führt die verdünnte Phosphorsäure nur etwa 10 pCt 
Säure. Bei der Schwefelsäure wird unter der Rubrik ‚Gabe‘ angegeben : 
für den innerlichen Gebrauch wird gewöhnlich verdünnte Schwefelsäure 
oder Elixir acidum Halleri verordnet; im ganzen Buche findet sich aber 
keine Angabe darüber, was denn El. acid. Halleri eigentlich ist. 

’ Wie die Wirkung und Anwendung der Arzneikörper erläutert wird, 
mag auch noch durch ein Paar abschreckende Beispiele belegt werden. 
Die physiologische Wirkung des Stickstoffgases wird also geschildert: 
„Eingeathmet, verursacht es, indem es den Sauerstoff abhält, Erstiekung; 


in das Blut injieirt, wirkt es mechanisch“ (S. 172). Vom Aetzkali lesen 


wir 8. 208: bei Steinkrankheit und Gicht ist seine Anwendung weniger 
erfolgreich, weil durch dasselbe der Urin alkalisch gemacht wird u. s. W., 
und 16 Zeilen schlägt sich der Verf. selbst ins Gesicht durch den Aus- 


spruch: Nützlicher kann es bei Rheumatismus und Lithiasis wirken. Das 


* 


2 Literatur und Kritik ; 95 


Kali oxymanganieum unter den Kaliumverbindungen untergebracht, gilt 
dem Verf. als „ein vortreflliches Causticum“ (8. 249). Die Anwendung 
der Quecksilberpräparate wird 8. 466—470 also erörtert: a) Man giebt 
sie in kleinen Mengen als alterirende Mittel bei verschiedenen chroni- 
schen Krankheiten. b) Einige werden als Purgirmittel gebraucht, 
 e) Als Mittel, um die Plastieität des Blutes herabzusetzen. 
d) Zur Beförderung des Speichelflusses (Sie!), Bis sich diese 
Erscheinung zeigt, giebt man die Quecksilberpräparute bei: Fiebern — 


Entzündungen — syphilitischen Krankheiten — Cholera — Wassersucht 
— chemischen Krankheiten der Eingeweide — chronischen Krankheiten 
des Nervensystems. — Auf das dreiste, auch stylistisch bemerkenswerthe 


Absprechen des Verf. über die Wirkung und den Gebrauch des Salmiaks 
(S. 192), so wie auf dessen pathologische Exeursion über die Natur des 
Kropfs (S. 155), namentlich der dritten Form, wo im Gewebe der Schild- 
drüse gewisse flüssige oder feste Substanzen sich entwickelten, „welche 
„entweder in Zellen enthalten oder durch ihre Substanz filtrirt sein können,“ 
braucht nur einfach verwiesen zu werden, 
Wie der Verf. in den Geist der Mediein eingedrungen ist, das erhellt 
wohl deutlich genug aus seiner Gebrauchsweise des Wortes angreifen: 
die Electrieität greift alle Sinne an (8. 14); Mittel, welche die Schleim- 
haut der Luftwege (S. 65), die Nervencentren (S. 73), die Speicheldrüsen 
(S. 81) angreifen. Es giebt sich darin nur eine besondere Form der 
unklaren und verworrenen Ausdrucks- oder Schreibweise kund die vom 


Anfang bis zum Ende des Buchs in zahllosen Beispielen hervortritt. Im A 
den vorstehenden Citaten liegen bereits Muster vor, denen nur noch ein ER: 
Paar sich anreihen mögen. „‚‚Ueberhaupt wird Kohlensäure 'äusserlich ir, 
weniger häufig applieirt zu Douchen, Bädern u. s. w. als gelind reizendes, Kar. 
wie umgekehrt beruhigendes, schmerzstillendes oder desinfieirendes Mittel 1 
bei Geschwüren, Brand, Krebs, Hautleiden, Acne, Prurigo, chronischer Wr, 
Cystitis, bei Blepharitis, Conjunetivitis, Lähmungen, Harnincontinenz, 2 
Anblyopie u. a. (S. 121.) Ueber Chlorkalk lässt sich der Verf. also ver- MR, 
nehmen: „Ausserdem findet er äusserlich Anwendung zur Zerstörung u 
übler Gerüche bei Krebs, uleeröser, scorbutischer Stomatitis, Aphthen, Be 
Diphtheritis; er wird angewendet bei ägyptischer Augenentzündung, Trip- Bu 
per, Blennorrhöen der Harnröhre und Scheide, Augen, bei Fisteln, N. 
- Wunden, Frostbeulen, Verbrennungen, bei Prurigo, Grind, Psoriasis, Ben 
Aussatz, syphilitischen Vegetationen, um sog. miasmatische, contagiöse Baar! 
- Stoffe zu zerstören; hierher Variolapusteln, CUhanker, nach verdächtigem Bein 
Coitus, zum Waschen der Hände nach geburtshülflichen Operationen u, ur. 


dgl. an Syphilitischen; zur Zerstörung übelriechender unreiner Stoffe in 
- — Krankenzimmern u. s. w.“ (8.299.) Ueber die äusserliche Anwendung 
des Ferrum sulphurieum erystallisatum belehrt der Verf. also: ,‚, Werden 
Umschläge mit einer Auflösung dieses Salzes bei Geschwüren gemacht, 
so beschränken sie die Absonderung; mässig starke Auflösungen zu Uni- 
schlägen oder Einspritzungen benutzt man bei Blutungen oder streuet das- 
selbe als Pulver ein, auch bei Nasen- Rachenpolypen, Krebsgeschwüren 
wird es in dieser Weise benutzt.“ (S. 420.) Dem unter Nr. 121 aufge- 
führten Alaune ist schliesslich angefügt: „Liquor haemostaticus 
Pagliari: Alaun 1 Pfund, Benzoöharz 8 Unzen, mit 10 Pfund Wasser 
lange gekocht, filtrirt; als blutstillendes Geheimmittel auf den Markt 
gebraeht, macht das Blut in den Adern gerinnen, nieht aber bei Blutun- 
gen äusserlich applieirt, jedenfalls noch viel weniger als Alaun,‘“ 
(8. 319.) Darauf lässt der Verf. erst Präparate des Alauns folgen; 


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F, 
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Man mag es vielleicht als blossen Lesc- oder Druckfehler gelten AV: 
 Jassen, wenn Dr. Hancke, dessen Empfehlung des Chlorzinks jedem Arzte Br 
” oh RN 

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Aa 


96 u Anzeigen. 


und Chirurgen bekannt ist, bei Besprechung dieses Mittels wiederholt’ als 
Haucke aufgeführt wird, oder wenn 8. 460 aus Gaspard ein Gospard 
geworden ist; doch dürfte solche milde Deutung kaum für 8. 247 zulässig 
sein, wo der Name Walter’sches Bitter dem Kali pieronitrieum als 
Synonymon beigefügt ist: das Register des Buchs kennt auch nur ein 
Walter’sches Bitter. 

Aus Vorstehendem erhellt wohl zur Genüge, dass dieses Buch den 
Aerzten und Studirenden der Mediein, an welche der allgemeine "Titel 
zunächst sich wendet, nicht wohl empfohlen werden darf. 

Dr. 7. 


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Ueber Werth und Bedeutung 
des 
Sauerstoffhaltigen Terpenthinöls 


für die Therapie der 
acuten Phosphorvergiftung, 
Nach klinischen Beobachtungen u. physiologisch - chemischen Experimenten. 
Von 


Dr. Herm. Köhler, 
Physikats-Arzt u. Docenten. 


Preis 16 Sgr. 


Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses. 


ARCHIV DER PHARMACIE 


3. Reihe, 1. Band, 2. Heft. 


A. Originalmittheilungen. 


I. Chemie und Pharmacie. 


Einwirkung von Quecksilberoxyd auf Jodkalium. 
Von Dr. Carl Jehn in Geseke. 


Bei Gelegenheit der Bereitung einer Salbe aus Adeps, 
Aqua, Kal.jodat. und Hydrarg. oxydat. rubr. bemerkte 
ich, dass dieselbe farblos blieb. Angestellte Versuche 
ergaben die vollständige Löslichkeit von HgO in 
KJ-Lösung. Da ich nun bisher noch Nichts über die Ein- 
wirkung von KJ auf HgO gelesen habe, so scheint mir diese 
Wahrnehmung nicht uninteressant zu sein. Der Vorgang ist 
jedenfalls folgender. 

Durch Einwirkung von Jodkalium und Wasser auf Queck- 
silberoxyd bildet sich Aetzkali und Quecksilberjodid. Letzte- 
res verbindet sich mit überschüssigem Jodkalium zu 2 KJ, HgJ?, 
welche Verbindung in der Kalilauge gelöst bleibt. 

L HgO +2KJ + H20 = 2KHO + HgJ?; 
I. HgJ?+ 2KJ = 2(KJ,HgJ?),. 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers 
(Sedum acre L.). 


Von Ernst Mylius, Apotheker in Soldin. 


Der Mauerpfeffer, Sedum acre, ist eine der vie- 
len Pflanzen, welche ehemals als Arzneimittel in Gebrauch | 
waren, jetzt aber als solche für die Medicin keinen Werth 

Arch, d, Pharm, III, Reihe. I, Bds, 2. Heft, T 


98 Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 


mehr besitzen und daher vollständig der Vergessenheit an- 
heimgefallen sind. Man wendete das scharf und ekelerregend 
schmeckende, Brechen und Purgiren hervorrufende Kraut 
meist frisch an, oder sammelte es im Mai vor der Blüthezeit, 
trocknete es schnell (eine Operation, welche in Folge der 
bekannten Lebenskraft der Pflanze nur unter Anwendung 
künstlicher Wärme ausführbar ist) und bewahrte es in wohl 
verschlossenen Gefässen auf. Innerlich wurde es als antiscor- 
butisches, diuretisches, Brech- und Purgir- Mittel, äusserlich 
im frischen Zustande bei fauligen Geschwüren u. s. w. ange- 
wendet. Auch neuerdings hat es noch einmal Empfehlung 
und Anwendung gegen Epilepsie gefunden, wurde aber wegen 
mangelnden Erfolges bald wieder verlassen. 

Die eben berührten geschichtlichen Thatsachen waren es 
nun freilich nicht, welche mir Interesse genug für die Pflanze 
einflössten, um mich zur Vornahme einer chemischen Unter- 
suchung derselben zu veranlassen. Vielmehr reizte mich der 
Umstand, dass sowohl ältere als neuere Botaniker neben der 
scharfen Hauptart, Sedum acre, eine Varietät, Sedum 
mite, anführen, welche sich durch die dicht gedrängten Blät- 
ter der blühenden Zweige und den nicht scharfen Geschmack 
von der Hauptart unterscheiden soll. Es wäre mir nun inter- 
essant gewesen, zu erfahren, worin die Schärfe des Krautes 
ihre Ursache besitzt und zu ergründen, ob vielleicht verschie- 
dene Bodenverhältnisse zu der Verschiedenartigkeit der bei- 
den Varietäten beitrügen. Alles Suchens und Fragens unge- 
achtet habe ich nun aber, nachdem ich die Untersuchung der 
mir gerade in reichlicher Menge zu Gebote stehenden Haupt- 
art bereits ausgeführt hatte, die Varietät mite nicht zu Ge- 
sicht bekommen, auch Niemand gesprochen, welcher dieselbe 
je gesehen hätte. Ist nun auch die Möglichkeit, die beiden 
Varietäten (falls die var. mite überhaupt besteht) zu verglei- 
chen, vorläufig abgeschnitten, so werde ich mir doch erlauben, 
die Untersuchung der Hauptart, welche einige interessante 
Resultate geliefert hat, einstweilen mitzutheilen. 

Das angewendete Material wurde im April gesammelt, 
zu einer Zeit, als das Wachsthum nur wenig vorgeschritten 


\ 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acreL.). 99 


war. Um die Extraction mit Aether zu ermöglichen, wurde 
die Pflanze getrocknet und gepulvert, eine Aufgabe, welche 
durch die ausserordentliche Lebenszähigkeit des Gewächses 
ziemlich erschwert wird. Die dicken Cutikularschichten der 
Epidermis verhindern das Verdampfen der Feuchtigkeit aus 
der lebenden Pflanze so wirksam, dass es unmöglich war, 
unter Anwendung eines trocknen erwärmten Luftstromes zum 
Ziele zu gelangen. Die Pflanze vegetirte ganz munter wei- 
ter. Sie musste daher vor dem Trocknen getödtet werden. 
Dies geschah in der Weise, dass sie in einer zinnernen Blase 
einige Zeit im Dampfbade auf 100° erhitzt wurde. Das so 
getödtete Gewächs konnte, wenngleich langsam, im Trocken- 
schranke vollkommen getrocknet und später gepulvert wer- 
den. Von diesem Pulver wurden 200 Grm. in Untersuchung 
genommen. 

Um den Trockengehalt zu bestimmen, wurden 0,486 Grm. 
bei 110° getrocknet. Sie verloren 0,0305 Grm. an Gewicht, 
es entsprechen somit jene 200 Grm. 187,5 Grm. Trocken- 
substanz. i 

Das Pulver wurde nun, wie in Folgendem beschrieben 
werden wird, nach einander mit Aether, Alkohol, kaltem, 
heissen und saueren Wasser erschöpft und der Trockengehalt 


eines jeden Auszuges auf bekannte Weise bestimmt. 


ne Zr 


I. Aetherischer Auszug. 


1,177 Grm. extrahirte Substanz, bei 110° getrocknet, 
verloren 0,1565 Grm., der gesammte Rückstand betrug 
202 Grm., es waren also 12,3 Grm. — 6,62%, in den Aether 
übergegangen. 

Die in Aether löslichen Substanzen wurden durch Destil- 
lation vom Aether befreit, der Rückstand mit Wasser aus 
dem Destillationsgefässe gespült. Er bestand aus einer schmie- 
rigen, unlöslichen Masse, etwa vom specifischen Gewicht des 
Wassers und einer gelblichen, sauerreagirenden, wässrigen 
Flüssigkeit. Diese wurde filtrirt und mit Aether ausgeschüt- 
telt, Der nach dem Verdampfen des Aethers bleibende Rück- 


7* 


100 Chemische Untersuchung des Mauerpfeflers (Sedum acre L.). 


stand zeigte sich leicht löslich in Weingeist, schwierig in 
Aether, fast gar nicht in Wasser; in Ammoniak mit intensiv 
gelber Farbe löslich, mit Eisenchlorid in der Kälte eine grüne, 
beim Erhitzen in Roth übergehende Farbe liefernd. Kurz, er 
verhielt sich wie das später zu besprechende Rutin. | 


Die mit Aether behandelte Lösung wurde jetzt mit Am- 
moniak übersättigt und abermals mit Aether ausgeschüttelt. 
Beim Verdampfen hinterliess dieser Aether Spuren des eben- 
falls später im grössrer Menge auftretenden Alkaloides. 
Die wässrige Flüssigkeit! wurde jetzt neutralisirt und mit 
Bleiessig gefällt. Der gelbe Niederschlag wurde unter Alko- 
hol mit Schwefelwasserstoff zersetzt und das Filtrat verdampft. 
Der Abdampfrückstand hinterliess beim Auflösen in Wasser 
wenig Rutin, während sich im Filtrate geringe Mengen 
von Aepfelsäure und Phosphorsäure nachweisen 
liessen. 

In dem Filtrate von der Bleiessigfällung konnten nach 
Enfernung des Bleies nur noch Spuren von Kali und Kalk 
nachgewiesen werden. 


Die in Wasser unlösliche, Sornige, braune Masse wurde 
jetzt mit Weingeist digerirt und das Filtrat verdunstet. Es 
hinterblieb ein weiches, fast öliges Harz, welches sich 
leicht in Ammoniak und kohlensauren Alkalien. löste, über- 
haupt ziemlich ausgesprochene saure Eigenschaften besass 
und sich mit dem später im weingeistigen Auszuge gefunde- 
nen identisch erwies. 

Die Hauptmenge der in Weingeist unlöslichen braunen 
Masse nun war durch die erwähnte Behandlung fest gewor- 
den und hatte jetzt ein Gewicht von 8,3 Grm. Sie war 
grösstentheils in Aether löslich, durch Weingeist daraus 
fällbar. Durch Alkohol wurde sie in der Siedhitze ebenfalls 
zum grössten Theile gelöst. Das Filtrat erstarrte beim Er- 
kalten gallertartig. Die Masse verhielt sich also als Wachs. 
Am Lichte entschwand die von geringer Beimengung von 
Chlorophyll herrührende, braune Färbung und das Wachs 
zeigte sich jetzt von rein weisser Farbe. 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeflers (Sedum aere L.). 101 


II. Alkoholischer Auszug. 


Der nach der Extraction bleibende Rückstand betrug 
146 Grm.; 1,4335 Grm. verloren an Gewicht 0,785 Grm., also 
waren in den alkoholischen Auszug 47,36 Grm. = 25,2%, 
übergegangen. 

Das erhaltene Filtrat war ziemlich intensiv gelb gefärbt 
und von kratzendem Geschmacke. Es würde durch 
Destillation vom Weingeist befreit und der Rückstand, ein 
Gemenge fester Substanz und wässriger Lösung, zu filtriren 
versucht. Da dies jedoch nur unvollkommen gelang, wurde 
die ganze Menge durch Bleizucker gefällt und der Nieder- 
schlag abfiltrirt. Die so erhaltene gelbe Fällung wurde mit 
Weingeist angerührt und nach der Zersetzung mittelst Schwe- 
felwasserstoff das Filtrat verdunstet. Aus dem hinterblei- 


benden Rückstande wurden die in Wasser löslichen Substanzen 


ausgezogen und die heisse Lösung filtrirt. Das Filtrat wurde 


eingeengt und einige Tage sich selbst überlassen, nach deren 


Verlauf sich mikroskopische Krystalle ausgeschieden hatten, 
welche die später zu erörternden Eigenschaften des Rutins 
besassen. Durch mehrmaliges Abdampfen und Wiederauflösen 
vermehrte sich die Menge dieser Krystalle noch um ein Be- 
deutendes. Die letzte Mutterlauge reagirte nur wenig sauer. 
Es wurde daher auf die darin zu vermuthende geringe Menge 
von Pflanzensäuren keine weitere Rücksicht genommen, viel- 
mehr die Flüssigkeit verdünnt, mit Salzsäure versetzt und im 


Dampfbade erwärmt, bis die entstehende Ausscheidung sich 


nicht mehr vermehrte. Die abfiltrirte saure Flüssigkeit redu- 
eirte® jetzt sehr lebhaft alkalische Kupferlösung, in Folge der 
Anwesenheit von Zucker, dessen Abwesenheit vorher durch 
einen besonderen Versuch constatirt worden war. Derselbe 
rührte von der Spaltung des in der Flüssigkeit enthalten 
gewesenen Rutins her. Das andere Spaltungsproduct, das 
Quercetin, befand sich in der durch die Digestion mit 
Salzsäure bewirkten Ausscheidung und war durch Krystalli- 
sation leicht rein zu erhalten, so dass seine Identität, wie 
später zu specialisiren, mit Leichtigkeit festgestellt werden 
konnte, 


10% Chemische Untersuchung des Mauerpfeflers (Sedum acre L.). 


Die in Wasser unlöslichen Bestandtheile des alkoholischen 
Auszuges wurden jetzt mit Wasser gekocht und durch gro- 
bes Filtrirpapier laufen gelassen. Durch das Filter lief hier- 
bei das bereits im ätherischen Auszuge gefundene halb- 
flüssige saure Harz, auf dessen weitere Characterisirung 
seiner unerquicklichen Eigenschaften wegen verzichtet werden 
musste. Auf dem Filter blieb ein harzartiger Körper zurück, 
welcher, aus Weingeist umkrystallisirt, ein Glykosid erkennen 
liess, dessen eines Spaltungsproduct sich mit Leichtigkeit in’ 
Weingeist löste, während der gebildete Zucker die alkalische 
Kupferlösung stark reducirtee Vom Rutin und andern Zucker- 
quercetaten unterschied sich der Körper sofort dadurch, dass 
er weder mit Eisenchlorid eine Färbung gab, noch die cha- 
racteristische gelbe Fällung mit Bleisalzen. — Das Filtrat 
vom Bleizuckerniederschlage wurde jetzt mit Bleiessig 
gefällt, der Niederschlag in Wasser vertheilt und durch 
Schwefelwasserstoff zersetzt. Das Filtrat enthielt neben ge- 
ringen Mengen organischer Säuren nur noch Rutin, welches 
jedoch nicht als solches gewonnen wurde, sondern zur Ver- 
mehrung der Ausbeute an Quercetin mit Salzsäure BePan 
ten wurde. 

Das von der letzten Fällung stammende Filtrat wurde 
durch Schwefelwasserstoff vom Blei befreit, die klare Flüssig- 
keit mittelst Ammoniak neutralisirt und mit Gerbsäure 
ausgefällt. Der dadurch entstandene flockige Niederschlag, 
wurde mit frisch gefälltem Bleioxydhydrat zusammengerieben, 
im Wasserbade eingetrocknet und die zerriebene Masse mit 
Aether und Alkohol ausgekocht. Der nach dem Verdam- 
pfen des Filtrates bleibende, alkalisch reagirende Rück- 
stand wurde in Aether aufgenommen und mit salzsaurem 
Wasser aus diesem herausgeschüttel. Nach dem Verdunsten 
des vom Aether getrennten Wassers im Vacuum hinterblieb, 
das Salz eines Alkaloides, dessen Eigenschaften später 
bei der näheren Characterisirung der Bestandtheile angeführt 
werden sollen. 

Die Flüssigkeit, aus welcher Gerbsäure das Alkaloid 
abgeschieden hatte, wurde nach einander zur Entfernung der 


a 


2 al 


* 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 103 


überschüssig zugesetzten Gerbsäure mit Bleioxydhydrat und 
mit Schwefelwasserstoff behandelt und hierauf verdunstet. 
Zurückblieb ein süsser Syrup, welcher alkalische Kupfer- 
lösung reducirte.e Aus demselben waren auch nach sehr 
langem Stehenlassen keine Krystalle zu erhalten. Eine 
mittelst Fehling’scher Lösung ausgeführte quantitative Be- 
stimmung . des darin enthaltenen Zuckers ergab als dessen 
Gesammtmenge 24 Grm. = 12,3°/,. An mineralischen Substan- 
zen enthielt der Syrup verhältnissmässig grosse Men- 
gen an Kali, Magnesia und Kalk, welche offenbar, da 
Säuren nur in sehr geringen Spuren nachgewiesen werden 
konnten, an die beiden Glycoside und das erwähnte saure 
Weichharz gebunden gewesen waren. 


IH. Kalter wässriger Auszug, 


Derselbe wurde mittelst destillirten Wassers bei 40°C. 
bereitet. Der hinterbleibende Rückstand wog 96,9 Grm. 
2,25 Grm. hinterliessen beim Trocknen 1,811 Grm. Somit 
waren in den wässrigen Auszug übergegangen 49,9 Grm. — 
26,6%). — Die sehr trübe Flüssigkeit zu filtriren, war wegen 
der schleimigen Beschaffenheit derselben unmöglich, Sie 
wurde daher durch Absetzenlassen soviel wie möglich geklärt 
und im Dampfbade concentrir. Während des Abdampfens 
schieden sich bedeutende Mengen von phosphorsaurem 
und schwefelsaurem Kalk aus, welche möglichst ent- 
fernt wurden. Die ziemlich concentrirte Flüssigkeit wurde 
mit Essigsäure sauer gemacht und durch Alkohol gefällt. 
Der fiockige Niederschlag wurde nach mehrmaligem Lösen 
in Wasser und Fällen mittelst Alkohol rein weiss erhalten. 
Er bildete nach dem Eintrocknen eine glasige Masse von 
muschligem Bruch, welche sich dem arabischen Gummi 
vollkommen ähnlich verhielt, ausgenommen, dass ihre Lösung 
durch borsaures Natron nicht verdickt wurde. 

Die vom Gummi abfiltrirte weingeistige Flüssigkeit wurde 
durch Destillation vom Weingeist befreit und nach der Neu- 
tralisation durch essigsaures Bleioxyd gefällt, Es entstand 


% 


104 Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 


ein reichlicher, weisser Niederschlag, welcher abfiltrirt wurde. 
Ein Theil dieses Niederschlages wurde nach Wittstein’s 
Vorschlag mit Wasser gekocht, um darin vermuthetes-äpfel- 
saures Bleioxyd auszuziehen, ohne dass sich jedoch aus 
dem Filtrate etwas ausgeschieden hätte.” Auch Essigsäure 
löste nur sehr geringe Quantitäten des Niederschlages auf. 
Da später dennoch Aepfelsäure nachgewiesen werden 
konnte, so erhellt daraus, dass die Wittstein’sche Methode, 
die Aepfelsäure aufzufinden, nicht in allen Fällen von Erfolg 
ist, besonders wenn, wie in dem vorliegenden, viele Phosphor- 
säure zugegen ist. Der Niederschlag wurde nun mit Wein- 
geist angerührt, mit Schwefelwasserstoff zersetzt und das 
vom Weingeist befreite Filtrat anfänglich im Weasserbade, 
zuletzt im Vacuum über Schwefelsäure verdunstet. Da nach 
längerem Stehen keine Krystallisation beobachtet: werden 
konnte, wurde der sehr saure Syrup wieder verdünnt, mit 
Ammoniak neutralisirt, mit Salmiak und endlich mit Chlorca- 
' lium versetzt. Es entstand ein sehr reichlicher, in Essigsäure 
vollkommen löslicher Niederschlag, welcher sich gegen Mo- 
lybdänsäure und Oxalsäure als phosphorsaurer Kalk 
verhielt. Die sogleich abfiltrirte Flüssigkeit setzte weder 
nach längerer Ruhe, noch beim Kochen Krystalle ab, enthielt 
also weder Weinsäure noch Citronensäure. Nach der Con- 
centration wurde. sie mit Alkohol ausgefällt, das erhaltene 
Kalksalz unter Beihülfe von wenig Essigsäure in Wasser 
‘ gelöst und mit Bleizucker gefällt. Der so erhaltene Nieder- 
schlag wurde mit Schwefelwasserstoff zersetzt, die Lösung 
der in Freiheit gesetzten Säure noch mehrmals abwechselnd 
_ mit Bleizucker und Schwefelwasserstoff behandelt und endlich 
im Vacuum über Schwefelsäure verdunstet. Es wurden hier- 
durch äusserst leicht lösliche schwach gefärbte, warzige Kıy- 
stallisationen erhalten, deren neutralisirte Lösung ein Bleisalz 
lieferte, welches unter Wasser nicht schmolz, sich schwer in 
kochendem Wasser löste und sich aus der heiss gesättigten 
Lösung anfangs in Flocken ausschied, welche später krystal- 
linisch wurden. Eine ausgeführte Bleibestimmung ergab 
58,7%, Bleioxyd, eine zweite 58,54%,. Wittstein fand im 


RE 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 105 


äpfelsauren Bleioxyd 56,91°,, Lassaigne 57,39, Braconnot 
61,15%, PbO. Die Säure ist demnach Aepfelsäure und zwar, 
wie aus der Schwerlöslichkeit und Schwerschmelzbarkeit des 
Bleisalzes hervorgeht, die optisch unwirksame Mo- 
dification derselben. 


In der von der Bleizuckerfällung abfiltrirten Flüssigkeit 
würde durch Bleiessig nur noch ein geringer Niederschlag 
bewirkt, welcher noch etwas Gummi enthielt. Nach Entfer- 
nung des Bleis aus der Flüssigkeit liessen sich darin nur 
noch Kali, Magnesia und bedeutende Mengen von Kalk 
nachweisen, welcher letztere offenbar mit der Aepfelsäure 
verbunden gewesen war. 


IV. Heisser wässriger Auszug. 


Der nach dem Auskochen mit destillirtem Wasser blei- 
bende Rückstand betrug feucht 455 Grm.; 4,179 lieferten 
0,647 Grm. Trockensubstanz, es waren demnach 7,41 Grm. = 
3,95%), ausgezogen worden. Der Abdampfrückstand, welcher 
von diesem Auszuge erhalten wurde, bestand nur aus Gummi 


und Salzen der Erdalkalien. Stärkemehl konnte 


hier, wie auch in mehren andern für den besonderen Zweck 
seiner Nachweisung unternommenen Versuchen nicht aufge- 
funden werden. Dem ganzen Rückstande wurde übrigens 
als voraussichtlich von zu geringem Interesse keine weitere 
Aufmerksamkeit geschenkt. — 


V. Salzsaurer Auszug. 


Salzsäure zog aus dem Rückstande nur noch geringe 
Mengen phosphorsaurenKalkes und phosphorsaurer 
Magnesia aus. Derselbe war als vollständig erschöpft zu 
betrachten. Ein Auszug mit Alkali haltendem Wasser wurde 
desshalb unterlassen, in der Voraussicht, dass er keine nen- 
nenswerthen Resultate liefern werde. 


Um die Ueberzeugung zu gewinnen, ob das beobachtete 
Gummi als solches in der Pflanze enthalten sei, oder vielleicht 


106 Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 


erst durch Einwirkung der Wärme aus irgend einer andern 
Substanz entstanden sei, wurde frisches Kraut zerquetscht 
und mit absolutem Alkohol extrahir. Der Rückstand wurde 
bei 40° mit Wasser digerirt. Er quoll darin bedeutend auf, 
ohne dass sich jedoch mehr als geringe Mengen Gummi und 
der äpfelsaure Kalk nebst dem vorhandenen Eiweiss, welches 
sich beim Abdampfen ausschied, gelöst hätten. Als die Masse 
mit Wasser längere Zeit gekocht wurde, ging jedoch alles 
Gummi in Lösung, aus welcher es nach dem Abdampfen mit- 
telst Alkohol gefällt werden konnte. Es war demnach in 
der frischen Pflanze Pflanzenschleim enthalten, welcher 
erst durch längere Einwirkung des kochenden Wassers in 
Lösung ging. 


Um für die aufgefundenen besser characterisirten Stoffe 
den Vergleich zu ermöglichen, gebe ich im Folgenden die an 
ihnen beobachteten Eigenschaften an. 


I. ARutin. 


Dasselbe stellte in Aether, Wasser und kaltem Alkohol 
schwer, in heissem Alkohol leichter lösliche mikroskopische 
Nadeln und aus diesen gebildete Kugeln von gelber Farbe 
und bitterlichem Geschmacke dar. Der Schmelzpunkt lag etwa 
bei 190°— 195°, Die genauere Bestimmung desselben war 
desshalb nicht ausführbar, weil bei 190° die gepulverte Sub- 
stanz zusammenzusintern anfing und erst bei 195° vollständig 
geschmolzen war. Beim stärkeren Erhitzen im geschlossenen 
Rohr wurde ein Sublimat von Quercetin erhalten, während 
ein kohliger Rückstand blieb. Die Fehling’sche Lösung wird 
durch: das Rutin erst nach längerem Kochen reducirt, der 
durch Säuren abgespaltene Zucker dagegen giebt bereits nach 
schwacher Erwärmung eine starke Fällung von Kupferoxydul. 
Die kalte Lösung des Rutins wird durch Eisenchlorid grün, 
die heisse rothbraun gefärbt. Ammoniak färbt die Lösungen 
intensiv gelb, an der Luft nach und nach in Braun über- 
gehend. Essigsaures Bleioxyd fällt die Lösungen, zumal die 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 107 


- alkoholische mit schön citronengelber Farbe. Eine mit dem 


Körper ausgeführte Analyse lieferte folgende Werthe: 


0,2242 Grm. bei 150° getrockneter Substanz gaben, mit 
chromsaurem Bleioxyd verbrannt, 0,4320 Grm. Kohlensäure und 
0,102 Grm. Wasser. 


Die Versuchszahlen entsprechen 52,55°, Kohlenstoff und 
5,07%), Wasserstoff, während Zwenger und Dronke für 
Rutin 52,66 C und 5,00 H gefunden haben. Die Formel 
C25H?8025, welche durch Zwenger und Dronke gegeben 
wird, erfordert 52,81 C und 4,92H. — Zu bemerken ist 
noch, dass die ursprünglich bei 100° getrocknete Substanz 
bei 150° nur zwei Milligrm. an Gewicht verlor, während sie 


etwa 5 Procent verlieren sollte. Der Grund davon ist der, 


dass die Substanz aus absolutem Alkohol krystallisirt war, 
während Z. und D. ihr Rutin durch Krystallisation aus Was- 
ser als Hydrat erhalten hatten. 


II. Quercetin. 


Das aus dem Rutin und dessen Mutterlaugen gewonnene 
Quercetin bildete feine gelbe Nadeln von den Löslichkeits- 
verhältnissen und dem Aussehen des Rutins. Eisenchlorid 
färbte auch seine Lösungen in der Kälte grün, beim Kochen 
roth. Der durch Bleizucker in verdünnter Lösung bewirkte 
Niederschlag aber war von lebhaft orangerother, der in con- 
centrirter Lösung entstandene von ziegelrother Farbe. Am- 
moniak löste das Quarcetin mit gelber Farbe, welche an der 


Luft dunkler wurde. Die wässrige und alkoholische Lösung 


färbten Leinwand dauernd gelb. Eine Analyse lieferte fol- 
gende Resultate: 


0,205 Grm. mit chromsaurem Bleioxyd und Kupferoxyd 
verbrannt, gaben 0,447 Grm. Kohlensäure und 0,0682 Grm. 
Wasser, entsprechend 59,46°), © und 3,7%, H. Diese Zah- 
len stimmen genau auf Quercetin, denn Zwenger und 
Dronke fanden im Mittel 59,64%, C und 3,72%, H, Ri- 


 gaud fand im Mittel 59,25%, C und 4,13%, H. 


108 Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre iu) RI 
III. Alkaloid des Mauerpfeffers. 


Dasselbe konnte in freiem Zustande nicht krystallisirt 
erhalten werden. Es reagirt stark alkalisch auf Lackmuspa- 
pier, oxydirt sich ziemlich leicht an der Luft, ist nicht unzer- 
setzt flüchtig und hat einen äusserst ekelhaften, im 
Schlunde lang andauerndes Kratzen erregenden 
Geschmack. In Alkohol, Aether, Chloroform und Säuren 
löst es sich leicht, wenig dagegen in Wasser. Seine Salze 
sind sehr leicht in Wasser löslich, das chlorwasserstoffsaure 
und salpetersaure konnten durch Abdampfen der Lösung unter 
der Luftpumpe in Krystallen erhalten werden, welche beim 
chlorwasserstoffsauren Salz dem regulären Systeme angehör- 
ten. Gegen Reagentien verhielt sich die Lösung des chlor- 
wasserstoffsauren Salzes wie folgt: Ammoniak, Kalilauge, 
kohlensaures Kali bewirkten Niederschläge, ohne dass ein 
Ueberschuss der Reagentien lösend wirkte. Gerbsäure gab 
einen weissflockigen, Goldchlorid einen gelben, krystallinischen 
Niederschlag, jodhaltiges Jodkalium, Quecksilberjodid-Jodkalium 
und Quecksilberchlorid gaben die bekannten Alkaloidreactionen. 
Platinchlorid bildete ein nur aus concentrirter Lösung zu 
erhaltendes gelbes Doppelsalz. Üoncentrirte Säuren brachten 
keine charakteristischen Färbungen hervor. Der Stickstoff- 
gehalt der Substanz wurde einerseits durch Glühen mit Na- . 
tronkalk, anderseits durch Schmelzen mit Natrium festgestellt. 
Analysirt konnte der Körper leider nicht werden, da eine 
Darstellung im Grossen an der leichten Zersetzbarkeit dessel- 
ben scheiterte, sodass nicht die zur Reindarstellung erforder- 
lichen Quantitäten zu erhalten waren. Ueberdies ist die 
Handhabung des schleimigen, lebenszähen Rohmaterials, des 
Mauerpfeffers, eine so lästige, dass ich mich nicht entschliessen 
konnte, denselben zentnerweise zu verarbeiten. — 

Kurz zusammengestellt, sind nun die Resultate der Un- 
tersuchung folgende. Das bei 110° getrocknete Pulver des 
Mauerpfeffers enthält in 100 Theilen: 


BER % N 


Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum dere L.). 109 


Ein Alkaloid in unbestimmter Menge, 

4,42%, Wachs (rein weiss erhalten) und Chlorophyll, 

2,20 „ in Aether lösliches Weichharz (von saurer Natur), 

12,80 „ Zucker (unkrystallisirbar, direct das Kupferoxyd 
zu Oxydul reducirend), 

12,40, Rutin, saures Weichharz und äquivalente Mengen 
von Kalk, Magnesia und Kali, 

26,61 

3,95 

37,62 „ Cellulose und unlösliche Substanzen. 


100,00. 


I, Pflanzenschleim, Gummi und äpfelsauren Kalk, 


Aus den Resultaten ist nun zu schliessen, dass die dem 
Sedum acre eigenthümliche, gelbgrüne Farbe einem grossen 
Gehalt einer salzartigen Verbindung von Rutin mit einem 
Erdalkali oder mit Kali ihre Entstehung verdankt, wie 
dies aus der lebhaft goldgelben Farbe des chlorophylifreien, 
alkoholischen Auszuges hervorgeht, welcher durch Zusatz 
einer geringen Menge Säure fast entfärbt wird. Freies Ru- 
tin färbt ja die Lösungen nur äusserst schwach, erst auf Zu- 


satz von Alkali tritt die gelbe Farbe hervor. Seine sauren 


Eigenschaften sind auch so deutlich ausgesprochen, dass ihm 
anfänglich der Name Rutinsäure beigelegt worden ist. Das 
Rutin ist übrigens eines der so häufig vorkommenden Quer- 


. eetate, welche im Pflanzenleben jedenfalls eine ebenso wichtige 


Rolle spielen, wie die Gerbsäuren, und welche in älteren 
Pflanzenanalysen stets als eisengrünender Gerbstoff aufgeführt 
werden. Selbst heutigen Tages werden dieselben von den 
Botanikern bei mikrochemischen Untersuchungen als eisen- 
grünender Gerbstoff bezeichnet, falls nicht das absolute Feh- 
len der Gerbsäure anderweitig constatirt ist. Das Vorkom- 
men von eisengrünendem Gerbstoff ist wirklich gar nicht so 
sehr häufig, wie man sich durch Beobachtungen sowohl, wie 
auch beim Durchlesen der älteren, solchen aufführenden Ana- 
Iysen leicht überzeugen kann. Dass die Quercetate eine 
ähnliche physiologische Bedeutung haben können, wie die 
Gerbsäuren, bleibt dessenungeachtet unbestritten. Es ist 


. 110 Chemische Untersuchung des Mauerpfeffers (Sedum acre L.). 


dies sogar nicht unwahrscheinlich, da in Pflanzen, welehe 
keine Gerbsäure führen, mit ziemlicher Sicherheit auf das 
Vorkommen eines Quercetates gerechnet werden kann. Frei- 
lich ist anderseits nicht zu leugnen, dass auch Gerbsäuren 
und Quercetinglykoside zusammen auftreten. 


Bemerkenswerth ist auch das Fehlen des Stärkemehls 
in der untersuchten Pflanze. Trotzdem ich zu verschiedenen 
Jahreszeiten Schnitte der Pflanze mikroskopisch untersucht 
habe, konnte ich doch immer nur die kleinen Körner der 
sogenannten transitorischen Stärke auffinden, niemals aber 
zeigten sich solche Quantitäten, wie sie die Reservetheile 
der ausdauernden Pflanzen im Winter und Frühjahr vor Be- 
ginnen des Wachsthums stets enthalten. Offenbar wird hier, 
wie wahrscheinlich auch bei den andern Ürassulaceen, die bei 
den meisten andern Pflanzen der Stärke zufallende Stelle, als 
Reservestoff zu dienen, dem reichlich vorhandenen Pflan- 
zenschleime zugewiesen. 


Die drastische Wirkung des Mauerpfeffers endlich, so 
wie sein beissender Geschmack, rühren entschieden von dem 
erwähnten Alkaloide her, von welchem minimale Mengen beim 
blossen Verschlucken, ohne gerade in den Magen zu gelangen, 
ein äusserst widerwärtiges Kratzen im Schlunde und dadurch 
Brechreiz hervorrufen. Versuche an Thieren bezüglich der 
Giftigkeit anzustellen, habe ich unterlassen, da mir die expe- 
rimentelle Constatirung dieser an sich sehr wahrscheinlichen 
Thatsache nicht wichtig genug erschien, um den Grund zur 
Thierquälerei herzugeben. In der Pflanze ist das Alkaloid 
übrigens als Salz enthalten (wahrscheinlich an Aepfelsäure 
gebunden), was daraus hervorgeht, dass die Hauptmenge 
durch Aether ungelöst geblieben war und erst in den alkoho- 
lischen Auszug überging. 


Ueber einige Reactionen des Chinins und des Morphins. 111 


Ueber einige Reactionen des Chinins und des 
Morphins. 
Von F. A. Flückiger.*) 


Die Hervorrufung besonderer Färbungen liefert in vielen 
Fällen Hauptkennzeichen der Alkaloide, unter welchen manche, 
von der physiologischen Wirkung abgesehen, sonst nicht viele 
auffallende chemische Merkmale darbieten. Mit Recht ist 
daher die praktische Chemie fortwährend darauf bedacht, der- 
artige Reactionen zu ermitteln und die Bedingungen, unter 
denen sie eintreten, festzustellen. 

Eine der werthvollsten der hierher gehörigen Erschei- 
nungen ist die prachtvolle grüne Farbe, welche Chininsalze 


(oder Chinin) annehmen, wenn sie mit Chlorwasser und 


hierauf mit sehr wenig Ammoniak zusammengebracht wer- 
den. Die grüne Verbindung, Thalleiochin, wurde 1839 
von Andre in fester Form erhalten und 1861 von Köch- 
lin**) in Betreff ihrer Brauchbarkeit in der Zeugfärberei 
geprüft. Die Kenntniss derselben ist aber immer noch weit 
von einem Abschlusse entfernt. 

Wie viele Farbenreactionen der Alkaloide, so entsteht 
auch das» Thalleiochin noch in sehr verdünnten Auflösungen 
und zwar |hier erst recht in schönster rein grüner Nüance. 
Um die Grenze der Verdünnung festzustellen, bis zu welcher 
sich diese Reaction auf Chinin in der Praxis erhalten lässt, 
habe ich die nachstehenden Versuche unternommen. 

Als Ausgangspunkt diente gewöhnliches Chininsulfat von 
Jobst, welches bei mehrtägigem Verweilen im Wasserbade 
15,23%, Wasser, also nahezu die theoretische Menge (15,33) 


abgab. 5 Theile kalt gesättigter wässeriger Lösung des Sul- 


fats blieben nach Zusatz von 6 Theilen Ammoniak klar; nach- 
dem einige Tröpfchen Jodkaliumlösung beigefügt waren, fand 
ebenfalls keine Trübung statt. Auch in anderen Richtungen 


*) Als Separatabdruck aus d, Neuen Jahrb, f, Pharmacie, Aprilheft 
1872 vom Hrn. Verf. erhalten. A.T, 
”*) Dingler, Polytechn. Journ, 159, p. 66. 


112 Ueber einige Reactionen des Chinins und des Morphins. 


erwies sich das Chininsalz als rein, so dass ich in demselben 
wohl 73,55°/, Chinin annehmen und hiernach meine Lösungen, 
unter Zusatz von sehr verdünnter Schwefelsäure, anfertigen 
durfte. Die nachstehenden Angäben des Gehallen beziehen 
sich auf Chinin, nicht auf Chinin - Sulfat. 

Das Chlor wurde unmittelbar vor den Versuchen aus 
chromsaurem Kali und Salzsäure dargestellt, durch einen Brei 
aus Wasser und Kreide geführt und bis zur Sättigung in 
Wasser geleitet. Doch schien mir schliesslich diesem reinen 
Chlorwasser kein Vorzug vor schwächerem und salzsäurehalti- 
gem zuzukommen. Das Chlorwasser bewirkt !selbst in con- 
centrirten Chininlösungen keinen Niederschlag und färbt 
dieselben nicht; auf letztern Punkt ist, wie sich unten zei- 
zen wird, Gewicht zu legen. 

Aus einer Lösung, welche !,ooo Pis "soo Chinin ent- 
hält, wird durch Ammoniak kein Chinin mehr gefällt,*) und 


bei dieser Verdünnung erst nimmt die Reaction ihre Schön- ° 


heit an, indem nun kein ‚„Thalleiochin“ mehr niederfällt. 
Festes Thalleiochin zeigt oft graue oder röthliche Farbentöne. 
Bis zur Verdünnung von 1 in 4000 lässt sich die Grünfär- 
bung mit Sicherheit hervorrufen, wenn man zu der Ohininlö- 
sung, ohne zu schütteln, ungefähr */,, Volum des.Öhlorwas- 
sers giesst und nun einen Tropfen Ammoniak in die Flüssig- 
keit fallen lässt. Dann erst mischt man letztere durch leichte 
Bewegung des Glases, ohne heftiges Schütteln. So theilt 
sich allmählig die anfangs auf eine bestimmte Zone beschränkte 
prachtvoll grüne Farbe der ganzen Flüssigkeit mit. Wäh- 
rend das Thalleiochin selbst einigermaassen beständig ist, 


geht doch die in so verdünnter- el eintretende Fär- 


bung rasch vorüber. 
Die Reihenfolge der Zusätze ist von Wichtigkeit; ver- 
fährt man in der angegebenen Weise, so erhält man noch 


*) Diese Löslichkeit des Chinins ist mitbedingt durch die Gegen-| 


wart von Ammoniaksalzen, daher unter den in Frage stehenden Ver- 
hältnissen nicht genau zu bestimmen. Daraus dürfte sich erklären, 


warum salzsäurehaltiges Chlorwasser nicht weniger günstig wirkt als 


ganz reines. 


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Er 


r Ueber einige Reaetionen des Chinins und des Morphins, 113 


eine grüne Zone, wenn nur !/,,oo Chinin zugegen ist. Ich 
finde demnach, dass sich durch diese Reaction 1 Chinin in 
4000 sicher nachweisen lässt, auch wohl noch 1 in 5000. 
Aber eine leichte Veränderung des Verfahrens, über die man 
sich oft kaum Rechenschaft geben kann, bedingt bei !/,oo0 
schon leicht einen Misserfolg. Derselbe tritt z. B. leicht ein, 
wenn man Gefässe anwendet, welche schon zu dieser Reac- 
tion gedient, aber keine absolute Reinigung erfahren haben, 

Diesen Versuchen zufolge gehört, wenigstens praktisch 
gesprochen, die Thalleiochin - Reaction keineswegs zu den 
sehr empfindlichen. Nach Kerner*) zwar liesse sie sich 
bis zu Y,o000 treiben, wenn sie in 3 Decimeter langen Röh- 
ren ausgeführt wird; doch ist mir dieses nicht gelungen, 
Es versteht sich übrigens, dass meine obigen Angaben eigent- 
lich etwas über !/,ooo, resp. !/ıooo hinausgehen, indem ich 
dabei das Chlorwasser nicht in Anschlag bringe, sondern nur 
den ursprünglichen Gehalt der Auflösung. 

Durch Vogel ist gezeigt worden, dass eine rothe 
Lösung entsteht, wenn man so verfährt, wie bei der Thal- 
leiochin-Reaction, jedoch gleich anfangs oder unmittelbar 
nach dem Chlorwasser einen Tropfen gesättigter Auflösung 
gelben oder rothen Blutlaugensalzes zusetzt. Ich finde jetzt 
diese Reaction weniger empfindlich als die grüne, nemlich 
nur bis ungefähr !/,,,, reichend. 

Weit geringere Mengen Chinin lassen sich unter gün- 
stigen Umständen nachweisen durch Anwendung der Fluores- 
cenz, wie sie von Kerner und früher schon von mir vorge- 
schlagen worden ist.**) Nur ist zu beachten, dass sie saure, 
ungefärbte Flüssigkeiten voranssetz. — Die. Bitterkeit 
der Chininlösungen ist bei "/oo000 Schon vollkommen ver- 
schwunden. 

Ich habe versucht, zur Erzeugung der ‘grünen Farbe 
Brom statt des Chlors herbeizuziehen und dabei den Vortheil 


*) Zeitschrift f. analyt. Chem. IX (1870) 134, 


**) Fresenius’ Zeitschrift für. analyt. Chemie I, 373. — Kopp- 
Will’scher Jahresbericht 1862., 
Arch, d, Pharm, III, Reihe, I, Bds, 2, Hit, 8 


114 Ueber einige Reactionen des Chinins und des Morphins. 


grösserer Beständigkeit und Empfindlichkeit wahrgenommen, 
sobald es sich um verdünnte Chininlösungen handelt. In 
gelösten Chininsalzen ruft nemlich das Brom einen weissen 
Niederschlag hervor, wenn !/,,oo oder mehr Chinin zugegen 
ist und diese Trübung verhindert oder beeinträchtigt die 
Färbung. Da dieses bei dem Chlör nicht der Fall ist, so 
eignet sich letzteres besser zur Erzeugung des Chiningrüns 
in concentrirteren Lösungen. Durch Brom aber lässt 
sich die Reaction noch hervorrufen, wenn bloss Ys,o00 Chinin 
vorhanden ist. Doch sind auch bei Anwendung von Brom 
gewisse Bedingungen einzuhalten. 

Man giebt die zu prüfende Flüssigkeit in einen Reagens- 
cylinder, welcher sehr klein sein kann, aber von der Flüssig- 
keit nur zu /, gefüllt sein darf. Ueber dieselbe hält man 
‘ die ‘offene Mündung eines kleinen Gefässes mit Brom und 


lässt bloss dessen Dampf, ohne zu schütteln, herabsinken. Es 


muss von der obersten Flüssigkeitsschicht soviel Bromdampf 
aufgenommen werden, dass sie gelblich erscheint, was man 
durch sanfte Bewegung leicht so erreicht, dass über der Flüs- 
sigkeit auch noch Bromdämpfe sichtbar bleiben, während die 
unterste Flüssigkeitsschicht nicht gefärbt ist. Diese Bromi- 
rung muss sehr rasch ausgeführt werden, ein Ueberschuss 
an Brom, so gut wie ein Mangel daran, verhindert die Reac- 
tion. Nach dieser Vorbereitung lässt man an der Wand des 
. Rohres oder Kelches einen Tropfen Ammoniak herunterfliessen 
und neigt die Flüssigkeit hin und her. -So erhält man eine 
grüne, in blau übergehende Schicht von weit tieferer Färbung, 
als im Falle des Chlorwassers. Sie ist auch beständiger und 
gewinnt oft nach kurzem Stehen noch an Intensität, während 
die durch Chlor hervorgerufene nach dem ersten Augenblicke 
nicht mehr an Reinheit oder Tiefe der-Färbung zunimmt. 
Wer sich die Mühe nimmt, Chlor und Brom in dieser 
Richtung zu prüfen, wird unbedingt dem letztern den Preis 
'zuerkennen. Die Vergleichung lässt sich am einfachsten 
durchführen, ohne die Herstellung verdünnter Lösungen 
bestimmten Gehaltes vorauszusetzen, wenn man von dem 
gewöhnlichen Chininsulfat ausgeht. Schüttelt man es mit 


RETTEN N 
2 2 


Ueber einige Reaetionen des Chinins und des Morphins. 115 


einer zur Auflösung unzureichenden Menge kalten Wassers, 
so wird das Filtrat ungefähr ?/;ooo Chinin (nicht Sulfat) ent- 
halten; verdünnt man mit gleichviel Wasser, so ist diese nun 
auf annähernd Y,,00 gestellte Lösung ganz geeignet, die 
grüne Reaction in prächtigster Weise zu zeigen. Bringt 
man sie auf ungefähr Y,oo0, So wird der Unterschied zu 
Gunsten des Broms augenfällig und bei noch weiter getrie- 
bener Verdünnung bleibt die Reaction bei Anwendung von 
Chlor alsbald aus, lässt sich aber vermittelst Brom noch bei 
1,0000 hervorrufen. Man hüte sich jedoch im einen wie im 
andern Falle, das Urtheil auf einen einzigen Misserfolg zu 
gründen. Unter allen Umständen gehört die Thal- 
leiochin-Reaction zu den delicaten; bei Ueberschuss 
von Chlor oder Brom, aber auch bei.zu geringem Zusatze 
bleibt sie aus und es giebt kein Mittel, die Bedingungen 
vollkommen scharf und unfehlbar einzuhalten; Uebung macht 
auch hier den Meister. 


‚Die Vogel’sche Reaction mit Blutlaugensalz lässt sich 
eben so gut mit Brom wie mit Chlorwasser hervorrufen, doch 
ohne auffallende Steigerung ihrer Empfindlichkeit. 


Das Chinin ist nicht das einzige Alkaloid, welches durch 
Chlor in auffallender Weise angegriffen wird; schon Pelle- 2 
tier*) hat eine Reihe anderer Basen nach dieser Richtung 
geprüft und gefunden, dass namentlich das Morphin sich in 
dieser Hinsicht auszeichnet. Alle neueren Untersuchungen 
haben in höchst interessanter Weise bestätigt, dass das Mole- S 
cül des Morphins chemischen Agentien sehr leicht in ver- 

-  schiedenstey JVeise Angriffspunkte darbietet. 


Werden Morphinsalze in Lösung so behandelt wie die 
Chininsalze zur Hervorrufupg des Chiningrüns, so tritt in 
den erstern eine rothe Färbung auf, welche aber bald in 
braun übergeht. 


’ Der Zusatz von Ühlorwasser schon färbt die Morphin- Er 
lösung gelblich, während Chininlösungen ungefärbt bleiben. RB; 


*) Annalen der Pharmacie XXIX, 48 bis 58, gr 
8+ y 


1i6 Ueber einige Reactionen des Chinins und des Morphins, 


So energisch aber auch Chlor und Ammoniak vereint 
auf das Morphin einwirken, so hört doch schon bei Verdün- 
nung auf !/ıooo die Reaction beinahe auf. Eine Flüssigkeit, 
welche nur so viel Morphin enthält, wird eben noch schwach 
röthlich gefärbt, bei weiterer Verdünnung nicht mehr ver- 
ändert. 

Nimmt man statt des Chlorwassers Brom zu Hülfe, so 
erleiden die Morphinsalze keine auffallende Veränderung. 

Die durch Morphin bewirkte Abscheidung von Jod aus 
der Jodsäure hingegen ist eine empfindliche Reaction, beson- 
ders wenn man das Jod in Schwefelkohlenstoff übertreten 
lässt. Ich nehme auf einer weissen Unterlage die röthliche 
Färbung des von letzterer Flüssigkeit aufgelösten Jods noch 
tagelang wahr, wenn ich nur "/,oooo Morphin in der Auf- 
lösung habe. 

Morphin und Chinin sind an ihren Reactionen leicht 
von einander zu unterscheiden; für den Fall gleichzeitiger 
Anwesenheit beider Basen lässt sich in Betreff der Chlor- 
wasser - Reaction das folgende aus den obigen Beobachtungen 
ableiten. . 

Schon die durch Chlorwasser allein eintretende, von dem 
Chinin nicht veranlasste Färbung verräth dem sehr kun- 
digen Auge, dass nicht nur Chinin zugegen sein kann, aber 
diese so schwache gelbliche Färbung muss übersehen werden, 
wenn sich nicht hierauf ganz eigens die Aufmerksamkeit 
richtet. Nach Zusatz von Ammoniak wird das Thalleiochin 
alsbald braun werden, wenn das Morphin vorwaltet 
und überhaupt in der Flüssigkeit zu mehr als !/,ooo vorhan- 
den ist. Wenn aber das Morphin weniger betfägt, so wird 
es, wie ich gezeigt habe, durch Chlorwasser und Ammoniak 
wenig mehr verändert. Ist zugleich Chinin, gleichgültig ob 
viel oder wenig vorhanden, so wird die Grünfärbung deutlich 
hervortreten, insofern nicht unter %/,,oo Chinin in der Flüs- 
sigkeit enthalten ist. Ob. also die Ohininreaction durch die 
Gegenwart des Morphins beeinträchtigt, d.h. braun ausfalle 
oder nicht, hängt nicht sowohl ab von dem relativen 
Verhältnisse beider Alkaloide (oder ihrer Salze) als viel- 


; Ueber einige Reactionen des Chinins un! des Morphins. 117 


mehr von dem Grade der Verdünnung. Setzen wir ein 
Gemenge beider mit stark vorwaltendem Morphin voraus, so 
wird man mit Chlorwasser und Ammoniak die dunkelbraune 
Färbung erhalten müssen, sofern man zur Auflösung des Ge- 
menges nur so viel Wasser oder verdünnte Säure anwendet, 
dass z. B. schon in... 200 ....300... 500 Theilen oder 
weniger ein Theil Morphin vorhanden ist. Ganz die gleiche 
Probe der Alkaloide giebt aber die reinste grüne ÜOhinin- 
reaction, wenn die Verdünnung mit Bezug auf das Mor- 
phium 4,900 erreicht oder überschreitet, selbst wenn auf 
2000 ... 3000 ... Theile der Auflösung nur ein Theil 
Chinin kommt. Mit andern Worten: Morphinsalz, welches 
Chininsalz enthält, oder umgekehrt wird dem prüfenden 
Chemiker beliebig, je nachdem er die hier entwickelten 
Bedingungen einhält, die Reaction des einen oder des 
andern Alkaloids darbieten. 
Meine Versuche führen zu folgenden Schlüssen: 

1) Die Thalleiochin - Reaction .erreicht, wenigstens für die 
Praxis ihre Grenze bei !/;ooo PiS "sooo: 

2) Die Vogel’sche Reaction mit Blutlaugensalz ist weniger 
empfindlich. *) 

3) Für verdünnte Chininlösungen empfiehlt sich die 
Brom -Reaction mehr, indem sie noch 9000 der Base anzu- 
zeigen im Stande ist, ausserdem länger anhält. 

4) Durch Chlorwasser und Ammoniak kann /,,00 Mor- 
phin noch erkannt werden. 

5) Die Jodsäure- Reaction geht 10 mal weiter. 

6) Brom und Ammoniak leisten mit Hinsicht auf das 
Morphin Nichts. 

7) In einem Gemenge von Salzen des CUhinins und Mor- 
phins lässt sich, unter den aus meinen Versuchen abzuleiten- 
den Bedingungen, durch Chlor mit Ammoniak nach Belie- 
ben die Reaction des Chinins oder des Morphins 
hervorrufen. 


*) Nach früheren Versuchen (Zeitschr. f. analyt. Ch. I. 1861. 373) 
hatte ich geglaubt, sie reiche viel weiter. 


118 ur Ueber Kamala. Se 


Ueber Kamala. 
Von Dr. R. Kemper, Apotheker in Bissendorf bei Osnabrück. 


Vor einigen Wochen erhielt ich Kamala, welche beim 
Verbrennen 50%, Asche hinterliess; 1868 hatte ich ähnliche 
Waare, doch war es damals leicht, bessere, mit nur 8,7%, 
Asche, anzuschaffen, während jetzt die Bemühungen nicht so 
guten Erfolg hatten. Von renommirten Handlungen aus Nord - 
und Süddeutschland erbetene Proben erster Qualität zeigten 
26,5%, und 20,7%, Asche. Von London wurde geschrieben, 
dass dort augenblicklich gute Qualität nicht vorkomme und 
ein Muster beigefügt, welches aus Ostindien stamme, alt sei, 
für verfälscht gelte und kaum 1/, des Werthes einer guten 
Waare habe; durch ein Sieb, welches auf dem Quadratcenti- 
meter 900 Maschen hat, wurden die beigemengten gröberen 
Theile der Fruchtkapseln getrennt. Der gesiebte Antheil 
hatte das Ansehn der Kamala unserer Öffieinen, hinterliess 
aber 54,4%, Asche. — Anderson*) fand früher 3,84°/,, Leube 
28,85, Asche. . 

Es wurde versucht, ob unter Anwendung des Schöne’- 
schen Schlämmapparats,**) bei dem das Pi&zometer ***) 
durch ein einfach gebogenes Glasrohr ersetzt war, eine gleich- 
mässige Waare erzielt werde. Der Wasserzufluss wurde so 
regulirt, dass das erste Liter Wasser in 15, das zweite in 
10, das dritte in 5 Minuten abfloss. Wurde die durch das 
‚Wasser ımitgeführte Kamala vereinigt und getrocknet, so wur- 
den 80%, der angewandten Menge erhalten; 2°, waren in 
Lösung übergegangen. Der Rest in der Schlämmflasche ent- 
hielt, nach mikroskopischer Prüfung meistens nur wenig Ka- 
malakörnchen. DBei den Sorten mit 20,7%), und 26,5%, 
“Aschengehalt war derselbe auf 15 und 16°, erniedrigt, doch 
zeigte sich der zuerst abgeschlämmte Theil aschenreicher 


*) Wigger’s Pharmacognosie. 5. Aufl. 589. 
**) Fresenius’ Zeitschr. f. anal. Chem. VIl. S. 29, 


***) Pjezometer nannte P erkins die Vorriehtung zur Bestim- 
mung der Zusammendrückbarkeit tropfbarer Flüssigkeiten. Hl 


unfair mit 


Ueber Kamala. 119 
(16%), als der mittlere (8°%,); bei der Londoner Probe blieb 


- der Aschengehalt, bei raschem oder langsamen Schlämmen, 


37 — 38),. 

Wären die verunreinigenden Substanzen grobkörniger 
Sand oder Mineralien ähnlichen specifischen Gewichts, so 
würde sich durch Schlämmen vermuthlich Kamala guter Qua- 
lität haben gewinnen lassen; aus dem eben Mitgetheilten geht 
aber hervor, dass auch leichtere unorganische Substanzen 
(Thon) in ungleicher Menge, in der Londoner Probe am mei- 
sten, zugegen sind. 

Der beim Verkohlen im Platintiegel entstehende Geruch 
erinnert deutlich an Bibergeil; die Sorten mit 20 und 26%, 
Asche blähten sich hierbei stark auf, die mit 50 und 54°), 
nahmen fast gar nicht an Volum zu, sinterten aber zusammen. 
Nur die Asche der ersten Sorte war wenig gefärbt, die der 
drei übrigen durch Eisenoxyd mehr oder minder zimmtfarben. 
Ob es gerechtfertigt ist, den Aschengehalt von 20°), unvor- 
sichtigem Verfahren bei der Gewinnung, der höheren aber 
theilweisen Verfälschung zuzuschreiben, mag dahin gestellt 
bleiben. — Als zufällig eine Probe Kamala, mit Wasser über- 
gossen, einige Tage gestanden hatte, wurde schwache, nicht 
lange währende Gasentwicklung beobachtet; es wurde daher 
stickstoffhaltige Substanz vermuthet und die Gegenwart der- 
selben durch Schmelzen mit Natrium ete. nachgewiesen. Da 
die Reaction nur schwach war und nur unreines Material 
zu Gebote stand, so wurde auf quantitative Stickstoffbestim- 


mung verzichtet. 


Der Zweck vorstehender Zeilen ist, auf die ungleiche 
Beschaffenheit der Kamala aufmerksam zu machen. Da die 
Schlämmversuche kein günstiges Resultat lieferten, so wäre 


die Wiggers’sche Bemerkung, dass im spirituösen 
Auszuge die wirksamen Stoffe enthalten seien, - 


zu beachten, resp. zu constatiren, wenn überhaupt auf Beibe- 
haltung der Kamala als Arzneimittel Werth gelegt wird. 


* Durch Verdampfen des spirituösen Auszuges zur Trockne 
würde dann den Herrn Aerzten ein Mittel von möglichst glei- 
cher Wirksamkeit geboten werden können, 


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125 Gestrichene Pflaster. 


Gestrichene Pflaster. 
Von G. H. Barkhausen in Burgdorf. 


Solche Pflaster werden auf Recepten in zweierlei Weise 
verschrieben, entweder der Arzt verlangt einen gewissen 
Flächeninhalt, resp. eine gewisse Form eines gestrichenen 
Pflasters und überlässt dem Apotheker die Bestimmung der 
zu verwendenden Pflastermenge, oder der Arzt verschreibt 
eine gewisse Menge Pflastermasse und überlässt dem Apothe- 
ker die Grösse und Form des auszustreichenden Pflasters. 
In beiden Fällen ist es erwünscht, zu wissen, wie viel Pfla- 
stermasse man zur Bedeckung eines gewissen Flächeninhaltes 
verbraucht, um einen Anhaltepunkt beim Taxiren zu haben 
und sich nach Maass die übliche Schablone yon Papier auszu- 
schneiden, innerhalb welcher man das Pflaster auf dem ge- 
wünschten Grunde von Heftpflaster, Shirting, Leder etc. aus- 
streicht. 

Es ist von vornherein einleuchtend, dass die Pflastermenge 
sehr verschieden sein muss nach der verschiedenen Dicke, in 
welcher man aufträgt und nach dem verschiedenen spec. Ge- 
wicht der Pflaster. Ich habe gefunden, dass bei solchen 
Pflastern, die auf einer Maschine gestrichen werden, wie Heft- 
pflaster, Bleipflaster etc. auf je 80 bis 100 Dec. m. Fläche 
1 Grm. Pflaster haftet. Bei den Pflastern hingegen, die man 
mit dem Spatel oder Daumen ausstreicht, braucht man weit 
mehr. Ein auf Heftpflaster gestrichenes Empl. oxyeroc. hielt 
beispielsweise 1 Grm. auf 11 Dic.m., während dasselbe Pflaster, 
auf Leder gestrichen, dessen rauhe Seite viel Pflaster ein- 
saugt, 1 Grm. auf 8D] c. m. enthielt. Ich habe ferner bemerkt, 
dass selbst auf gleichem Grunde von Heftpflaster und gleichem 
Flächeninhalt bedeutend verschiedene Mengen von Emypl. 
canthar. hafteten. Diese Ungleichheit der, haftenden Pflaster- 
menge unter den erwähnten gleichen Umständen ist abhängig 
von der Consistenz des Pflasters und von dem grösseren oder 
geringeren Druck, den man ausübt, und kann nicht vermie- 
den werden. 

‘ Lässt sich somit über die Mn des Pflasters, welche 
zum Bestreichen eines gewissen Flächeninhaltes erforderlich 


BEAT aS" + 


A: Gestrichene Pflaster. 121 


ist, nicht eine für alle Fälle geltende Genauigkeit erzielen, so 
empfiehlt es sich, conventionell eine bestimmte Pflastermenge 
für einen bestimmten Flächeninhalt festzusetzen, wie dies bei- 
spielsweise auf Tab. V des pharmaceutischen Kalenders 
geschehen ist. Die daselbst angegebenen Pflastermengen, 
einschliesslich des Verlustes beim Schmelzen ete. stimmen 
annähernd mit meinen Erfahrungen überein, wenn sie für 
DZolle gemeint sind, bei deren Umwandlung in DT c. m. sich 
jedoch ein Irrthum eingeschlichen hat; es ist nemlich wohl 
1 Zoll annährend 2,5 c.m., aber ein T Zoll ist 25.25 = 
6,25 [Ie.m.; 2 DJ] Zolle sind 2.625 Dce.m.=125D cm, 
u. Ss. w. 

Für solche Pflaster, die mehr oder weniger messerrücken- 
dick mit dem Daumen oder Spatel aufgetragen werden, wird 


man für je 6 bs 8TJ ce. m. Fläche 1 Grm. Pflastermasse, und 


für solche Pflaster, welche mit der Maschine auf glattem 
Shirting etwa wie Heftpflaster ausgestrichen werden, wird 
man für je 50 bis 70 Dc.m. Fläche 1 Grm. Pflaster, die 
gewöhnlichen Verluste eingeschlossen, verbrauchen. Nach 
vielfachen Versuchen halte ich diese Pflastermengen für so 
zutreffend, dass man sie in den beregten Fällen in Anrech- 
nung bringen kann, ohne sich zu schaden. 

Verschreibt z. B. ein Arzt 20 Grm. Empl. oxycroe., auf 


- Leder zu streichen, so liefere ich ihm 120 DO ec. m. gestriche- 


nen Pfiasters; auf dieser Fläche werden in Wirklichkeit wohl 


nur 15 Grm. Pfläster haften, während etwa 5 Grm, Masse 


verloren gingen. Für 20 Grm. Empl. plumb. spl., welches 
dünn auf Shirting gestrichen ‘werden soll, würde ich 1200 9 


€. m. gestrichenen Pflasters liefern. Man schmilzt in solchem 


j 


von 15 bis 16 Grm. zeigt. 


Falle etwa 60 bis 80°Grm. Pflaster, giesst in die Maschine, 
und bemerkt nach dem Durchziehen des Shirting ein Minus 
von ca. 20 Grm. Pflaster, wovon 4 bis 5 Grm, theils an der 
Maschine hängen bleiben, theils anderweitig verloren gehen, 
während der durchgezogene Shirting eine Gewichtszunahme 


122 


Il. Technologie und technische 
Chemie. 


Das Maisbier. 
Von Ludwig Häcker in Ungarisch - Altenburg. *) 


Man hat das Bier den „Wein des ‚Nordens‘ genannt, 
ich möchte diese Bezeichnung vervollständigen in „Wein des 
Nordens und des heissen Südens.“ Galten doch südländische 
Völker, die Aegyter, von Alters her nach der Autorität Hero- | 
dots und anderer griechischer Schriftsteller als die Erfinder 
des Bieres — Gerstenweines — welches Getränke von König 
Osiris nahebei zwei Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung 
eingeführt worden sein soll. Die Nilüberschwemmungen las- 
sen den Weinbau nicht zu. Ein aus Getreide bereitetes 
gegohrenes Getränke wird vom Aegypter „Mutter der Nach- 
tigall,“ das ist also die Quelle der Singlust, genannt. Uebri- 
gens kannten seit den ältesten Zeiten auch die Ohinesen das 
Bier, nemlich ein aus Getreide dargestelltes gegohrenes Ge- 
tränke. Gekeimtes Getreide, und zwar Gerste, dürfte von 
den Germanen schon vor Tacitus Zeit zur Herstellung ihres 
nationalen Getränkes benützt worden sein. Die Entdecker 
Amerika’s trafen bei den Peruanern ein aus gekeimtem Mais 
bereitetes Getränk; das befolgte Malzungsverfahren war der 
Natur abgelernt, es wurde nemlich der Mais bis zum Ein- 
tritte der Keimung in die Erde eingegraben, Die Neger 


*) Als Separatabdruck aus dem „Bayrischen Bierbrauer“ 
Nr. 2 vom Jahre 1872, vom Herrn Verfasser erhalten, wolür ich Dem- 
selben freundschaftlichst danke. HD 


Das Maisbier, 125 


Afrika’'s machten schon in früheren Jahrhunderten Bier aus 
dem Samen des Holcus spicatus. Seit langer Zeit wird in 
Östindien Reis und auch Weizen, in südlicheren Theilen 
- Amerika’s wurde und wird noch ausser Mais ebenfalls Reis 
für gleichen Zweck benützt. Die Bierbereitung aus Reis 
hat sich insbesondere im letzten Jahrzehnte wieder geltend 
gemacht. 
Ausser den genannten Materialien, nemlich Gerste, Mais, 
Reis, standen seit alter Zeit für die Bierbereitung in V.er- 
wendung: Hafer, Roggen, Weizen; hiezu kommen in neuerer 
Zeit Kartoffel, beziehungsweise Kartoffelstärke und Stärkesy- 
rup, Rohrzuckersyrup. Die Aufzählung dieser bekannten Mo- 
mente aus der Geschichte unserer Industrie ist geeignet, klar 
darzulegen, dass allerwärts auf unserem Erdballe, soweit 
_ zurück die Kunde reicht von den Anfängen der Kultur, sei 
es unter kalten oder heissen Himmelsstrichen, in jedem Lande 
dasjenige Material zur Bereitung des von den Menschen so 
begehrten alkoholhaltigen und meistentheils wohl auch koh- 
lensäure- und zuckerhaltigen Getränkes genommen zu wer- 
den pflegt, welches Boden und Klima je am sichersten und 
reichlichsten gewinnen lassen. Nur in der neueren Geschichte 
unserer Industrie sind Ausnahmen von diesem natürlich sich 
ergebenden Verhältnisse zu verzeichnen, und zwar sehen wir 
diese Ausnahmen merkwürdiger Weise in.Ländern gemacht, 
welche sich durch den höchsten Bierverbrauch auszeichnen. 
So sehen wir in Bayern wie in ‚England die Bierbereitung 
_ gesetzlich nur auf Ein Material, auf die gemalzte Gerste, 
_ hingewiesen. Der natürliche Standpunkt ist verrückt durch 
- Zustände, die sich aus dem mittelalterlichen Zunftwesen heraus- 
gebildet haben, besonders durch Steuererhebungsarten, welche 
‘ der Stufe nicht mehr entsprechen, auf welche heute unsere 
Industrie sich erhoben hat. 
3 In andern Ländern, welche sich einer aufgeklärten Ge- 
-setzgebung in dieser Hinsicht erfreuen, hemmt die Macht der 
Gewohnheit noch den Fortschritt in der hier zur Besprechung 


des Maises, zur Bierbereitung. 


gebrachten Richtung, der Rohfruchtverwendung, namentlich ' 


Rt 


194 Das Maisbien 


Was also den Mais anbelangt, so wäre darzuthun, ın 
welchen Gegenden und in wie weit sich dessen Mitverwen- 
‚dung bei der Bierbereitung aufdrängt: nach dem Grundsatze, 
dass das Bier, als ein von Bewohnern aller Zonen begehrtes, 
häufig als „flüssiges Brod“ bezeichnetes Volksgetränke ver- 
nünftiger Weise aus demjenigen Rohstoffe zu bereiten ist, 
welchen die Natur am gegebenen Orte am liebsten und reich- 
lichsten spendet. Ich werde hauptsächlich die Verhältnisse 
Oesterreich - Ungarns und der Vereinigten Staaten von Nord- 
amerika ins Auge fassen, welche Länder massenhaft Mais 
produciren, mit nahe gelegter Anwendung auf andere, denen 
Getreide, in unserem Sinne speciell Gerste oder Mais, ge- 
wöhnlich aus Ungarn und anderen osteuropäischen Gegenden 
oder aus Nordamerika zugeführt wird; ich spreche also von 
Südwestdeutschland, der Schweiz, England. 

W. Hecke sagt in der Schrift „Die Landwirthschaft 
der Umgebung von Ungarisch - Altenburg :“ - 

„Erhielten kühlere Gegenden die Kartoffel als Geschenk 
der Neuen Welt, so erfreuen sich die anstossenden wärmeren 
Länder eines anderen, nicht minder werthvollen Geschenkes 
in dem Mais. Grosse Sicherheit selbst bei anhaltender 
Dürre und Hitze, hoher Körnerertrag und mannigfache Ver- 
wendung geben dieser prächtigen Pflanze eine immer zuneh- 
mende Bedeutung.“ 

Dem Mais wird dann von Hecke vindicirt: 

a) eine im Vergleiche mit anderen Körnerfrüchten geringere 
Schwankung in den Erträgen; 

b) ein grösserer Ertrag als der einer anderen Körmnerfrucht 
ist; Mais kann in der Production der Trockensubstanz die 
Kartoffel erreichen, ja — nach Erfahrungen von Ungarisch 
Altenburg — übersteigen. (Mais lässt also die Gerste auch 
in dieser Beziehung weit hinter sich.) Durch kräftige Düngung 
lässt sich der Maisertrag mehr als der Ertrag irgend einer 
andern Pflanze steigern, wie denn auf einigen Gutsparcellen 
Erträge von 60 bis 75 Metzen erreicht worden sind, also, 
das Metzengewicht nur zu 80 Pfd. angenommen, 48 bis 60 Otr. 
Mais auf 1 Joch. 


Das Maisbier, 135 


Äber noch durch weitere Vortheile empfiehlt sich — 
nach der genannten Autorität — dem Landwirthe der Mais- 
bau. ÖObschon Mais starke und wiederholte Düngungen 
bestens erträgt, nimmt er auch mit geringerem Boden vor- 
lieb, nur wählt man in diesem Fall schnellerreifende Spiel- 
arten; er kann auch ohne Anstand auf sich selbst folgen! 
beim Geviertverbande ist die Handarbeit fast entbehrlich; 
Mais hat wenig Feinde in der Thierwelt und von Schmarotzer- 
pilzen nicht viel zu leiden; durch Verdünnen, Ausgeizen, 
Abgipfeln können an Futtermaterial leicht 10 Otr. Heuwerth 
pro Joch gewonnen werden. .. 


In der Schrift „Bodenculturverhältnisse Oesterreichs “ ist 
von Dir. Fr. Schmitt für das Jahr 1864 die Production 
Oesterreich - Ungarns, wie folgt, angegeben: 


Weizen 50,161,842 n. ö. Meizen 
Roggen 54,652,82 I, 3 u 
Mais 34,026,590 „ „»  » 
Gerste 34.828.220 „ »  » 
Hafer 56,729,6410... 34,25 


Produeirt wurden also von Mais und Gerste nahezu 
gleiche Quantitäten, dagegen wird, um vornehmlich diese 
zwei hauptsächlich für die Bierbereitung in Betracht kom- 
menden Getreidearten weiter zu verfolgen, die Ausfuhr von 
Mais weit überwogen durch die Gerstenausfuhr. Nachstehende 
Tabelle von Schmitt zeigt dieses Verhältniss: 


Verkehr in Zoll-Zentinern in Oesterreich-Ungarn. 


| Weizen. | Ro 


| Einfahr Ausfuhr 


365, 
a 


364 1,004,811| 2,445,973 


/ 


[Einführ 


599,026| 4,968,351 
617,094) 4,714,2241531,767 
783,129)11,653,745|507,554 


N 
ggen. | Mais. 


Alster | Einfuhr Ausfuhr 


1,969,8501,032,825/291,553 
372,122) 423,426|425,969 
3,230,209| 495,352|397,617 


ii 
1509,462| 559,570 1.406,568|124,580|285,292 
373,194 


Gerste, 


Einfuhr| Ausfuhr 


637,701 
201,781/1,346,657 


191,926 1,632,853 
124,548 3,166,727 


Aus der Tabelle ist ferner ersichtlich, dass in der Mehr- 
zahl der Jahre die Einfuhr von Mais sich höher stellt als 


126 Das Maisbıer. 


die Ausfuhr. Als entscheidendes Moment für den Maisver- 
kehr stellt sich — nach genannter Autorität — die Maisernte 
in den zur ungarischen Krone gehörigen Ländern dar; die 
Zufuhren aus den Donaufürstenthümern, aus der Türkei und 
Russland einerseits und aus Italien anderseits decken den 
Ausfall bei ungünstigen Ernten; bei günstigen Ernten sind 
vorzüglich Italien und der Zollverein Abnehmer unseres Mai- 
ses; der grosse Weizenexport 1861 — 64 wurde durch ver- 
mehrten Import von Mais gedeckt. Die ausgeführte Gerste 
nimmt vorherrschend den Weg nach dem deutschen Zoll- 
verein, ferner in die Schweiz, in einzelnen Jahren nach Eng- 
land, um allseitig zur Bierbereitung zu dienen. — 


Um wie viel billiger nun dieses Bier in der Mehrzahl 
der Jahre in Bayern, in der Schweiz, in England, unter Mit- 
verwendung von ungarischem Mais hergestellt werden könnte, 
- diese Frage soll im Verlaufe dieser Skizze der Beantwortung 
näher gebracht werden. Zunächst möchte ich für einige 
weitere, auf den vorliegenden Gegenstand bezügliche, land- 
wirthschaftlich -statistische Bemerkungen die Aufmerksamkeit 
des Lesers in Anspruch nehmen. 


Nach dem officiellen Ausstellungsberichte der Pariser 
Weltausstellung 1867 wurden in England eingeführt im 
Jahre 1865: 


Imperial quarter (1 quarter — 37,826 Wien. Achtel), 


Weizen 20,935,000 
(Weizenmehl 3,883,000) 
Gerste 7,818,000 
Hafer 7,711,000 
Mais 7,087,000 


Der Mais stammt vorzugsweise aus den Donaufürsten- 


thümern und der Türkei, Russland und den Vereinigten 


Staaten von Nord- Amerika, die Gerste aus Dänemark, den 


Hansestädten (Transito), Preussen, Frankreich und selbst ein 
namhaftes Quantum, nemlich 2 Millionen Quarter, aus der 
Türkei, 


er: Ed 
5 Br 


Die diesbezüglichen Verhältnisse in England waren bei 
meiner Durchreise 1862 folgende: 
Englische und schottische braugerechte 


Das Maisbier, 127 


Gerste kostete pr. Quarter 34 — 40 Schilling. 
Gerste aus Odessa und den Donaulän- 
dern 400 Pfd. 26 — 30 


Amerikanischer Mais, weisser 480 Pfd. 34 — 38 
do. gelber und gemischt — weiss u. gelb 32 — 34 
Mais von Galaz, Odessa, Braila 35 — 37 

Also hatte den höchsten Preis unter diesen zymotechni- 


schen Materialien mit 40 Schilling per Quarter auch wieder 
die braugerechte Gerste. 


Der WerthderEinfuhr betrugin England 1860 1861 

Korn und Weizen Pfd. Sterl. 16,500,000 19,041,000 
Gerste ER OR 3,350,000  2,130,000 
Mais 2 3,163,000  4,879,000 


Da nun in Osteuropa der Mais bei gleichem Gewichte in 
der Regel billiger ist als braugerechte Gerste und noch mehr 
als Gerstenmalz, so liegt die Folgerung nahe, dass Südwest- 
deutschland, die Schweiz, England, welche Länder ihren Brau- 
gersten- beziehungsweise Malzbedarf vielfach aus Oesterreich - 
Ungarn beziehen, im Mais, zum Behufe theilweiser Mitver- 
wendung, sich ein billigeres Braumaterial verschaffen könn- 
ten, als sie es durch Ankauf von Gerste thun. 


Um nun die amerikanischen Verhältnisse zu berühren, so 
ist schon durch die Art der Bezeichnung, welche sich für 
den Mais in Amerika eingebürgert hat, die Wichtigkeit dieser 
 Getreideart hervorgehoben. Der Amerikaner nennt nemlich 
den Mais „Corn,“ „Indian Corn;“ „Corn“ bedeutet in der 
englischen Sprache Getreide überhaupt; in Amerika wird also 
dieser Ausdruck speciell für den Mais gebraucht, welcher 
dem amerikanischen Landwirthe Brod liefert für sein Haus, 
die Nahrung für das Arbeitsvieh, das Futter für das Mast- 
vieh. Wäre der. Amerikaner für die beiden letzteren Zwecke, 
‚sowie zum grossen Theile der europäische Landwirtli es ist, 
auf Wurzel- und Knollengewächse angewiesen, die bei dem 


id ih tn an a La de 


128 - Das Maisbier. 


unregelmässigen Klima eine unverlässliche Ernte gewähren 
-und viele Handarbeit erfordern, so könnte ein so hoher .Auf- 
schwung des Nationalreichthums, wie Amerika ihn in der 
Frist weniger Generationen aufweist, nicht gedacht werden. 
Mais bequemt sich den verschiedenen klimatischen Verhält- 
nissen der Vereinigten Staaten — von Mexiko bis an die 
Grenze von Canada — an. 

Die Ureinwohner Amerika’s haben diese „Lebensfrucht“ 
ihrer Gottheit geheiligt, und noch heut zu Tage wird der 
Mais gern von den Dichtern des Landes besungen. Der 
Werth der Maisernte übersteigt weit die Werthe der Ernten 
von Weizen, Reis, Tabak und Baumwolle zusammengenom- 
men. Eine Wahrnehmung sehr ernster Art liegt dagegen 
in der vorzugsweise durch den anhaltend fortgesetzten Mais- 
bau verursachten Bodenerschöpfung, welche in mehren 
Ackerbaustaaten der Union sich, wenngleich jährlich mehr 
Land unter den Pflug genommen wird, durch eine Abnahme 
in den Jahreserträgen kundthut. 

Mühlen, Spiritusfabriken, Stärkefabriken, Bierbrauereien 
dienen zur industriellen Verwerthung des Maises, zu seiner 
Umwandlung in Ernährungsmaterial oder in leicht transpor- 
table, der Verderbniss nicht oder wenig unterworfene Han- 
delsobjecte. Nächst Weizen ist Mais die hauptsächlichste 
Mahlfrucht nicht allein der Fabrikmühlen, sondern auch der 
mit Wasser- und Dampfkraft betriebenen Lohnmühlen, in 
welchen der Farmer seinen Bedarf mahlen lässt. Zuberei- 
tungen von Maisgries und Maismehl sind tägliche Nahrungs- 
mittel der Amerikaner. Aus einem Gemenge von Maismehl 
mit Weizen- oder Roggenmehl bereitet man Cakes, Orakers, 
insbesondere Maisbrod. ö 

Guter Prairieboden, Alluvialland, wie es in Amerika 
immer noch verhältnissmässig billig zu kaufen ist, trägt bei 
guter Bearbeitung und Reinhaltung des Feldes in fast belie- 
biger Anzahl sich folgende reiche Maisernten. In einem 
“ glücklichen Jahre können 100, Bushel vom Acre erhalten wer- 
den; also über 80 Wiener Metzen vom österreichischen Joche, 


50 Bushel vom Acre gelten als eine mässige Ernte; ausnahms- 


A A 


Das Maisbier. z 129 


weise kommen Ernten von 170— 200 Bushel vor. (1 Bushel 
— 0,572 Wien. Metzen, 1 Acre = 0,703 österr. Joch, 1 [eng- 
lisches] Handelspfund = 0,81 Wien. Pfd.) 

Die Preise sind im höchsten Grade wechselnd; im Allge- 
meinen ist der Maispreis um so niedriger, je westlicher der 
Markt ist. Während meiner Anwesenheit in Amerika 1863 
kostete z. B. in New - York 

1 Bushel = 56 Pfd. bester Mais 90 Cent. (nahebei fi. 1. 
80 Kr. ö. W.), dagegen 

1 Bushel Braumalz = 33 Pfd. 1 Doll. 75 Cent. (nahebei 
fl. 3. 50 Kr. ö. W.). 

In derselben Zeit, es war die Epoche des amerikanischen 
Bürgerkrieges, ereignete es sich aber auf mehren Stationen 
des Grossen Westens, dass Kolbenmais zum Heizen der 
Eisenbahn - Locomotiven verwendet worden ist, weil diese 
edle Frucht„dort billiger zu stehen kam als Steinkohle! Die 
Ausbeutung der Kohlenwerke war damals von der Regie- 
rung der Nordstaaten fast ausschliesslich für Kriegszwecke 
in Anspruch genommen. 

Beim Vergleiche der Maispreise mit den Braugersten- 
preisen stellt sich heraus, dass nach der Maasseinheit erstere 
in vielen Jahren auf westlichen Handelsplätzen, wo allerwärts 
die Bierfabrikation im Schwunge ist, nur zur Hälfte die letz- 
teren erreichen. Das Gebiet des Maisbaues ist eben ein 
unermessliches in Nordamerika, gegen welches das für die 
Cultur einer braugerechten Gerste geeignete weit zurück 
steht. 

Die gemachten landwirthschaftlich - statistischen Angaben 
dürften vollgiltig zum Belege des Ausspruches dienen, dass 
— zunächst aus dem Gesichtspunkte der Billigkeit bei der 
Wahl des Braumaterials — der Mais in der Mehrzahl der 
Jahre für den grösseren Theil von Europa, so wie dies für 
Amerika der Fall ist, das Suchen nach anderen Ersatzmitteln 
des Gerstenmalzes für die Bierfabrikation überflüssig macht. 
Zu diesem Vortheile des durchschnittlich geringsten Rohma- 


_terialpreises treten noch folgende Momente zu Gunsten des 


| 


Maises herzu: Von vorn herein, vom theoretischen Standpunkte, 
Arch, d, Pharm, III, Reihe. I, Bds, 2, Htt, 9 


130 . Das Maisbier. 


liegt zu Tage, dass die chemische Zusammensetzung des 
Maises mit der des Gerstenmalzes, insbesondere das Verhält- 
niss von stickstoffhaltiger Substanz zu stickstofffreier, besser 
zusammentrifft, als dies bei anderen in Vorschlag gebrachten 
Gerstenmalz -Ersatzmitteln, z. B. der ungemalzten Gerste, dem 
Reis, der Fall ist. 

In einem Hauptpunkte giebt sich dieses Verhältniss bei 
der Bierbereitung besonders deutlich zu erkennen, nemlich in 
der Quantität und Qualität der von der Hauptgährung erhal- 
tenen Hefe. Die Hefe, welche von einem Gerstenmalz - 
Maisbier stammt, verhält sich ganz genau so wie die aus 
einer Gerstenmalzwürze gewonnene. In diesem Vorzuge, 
welchen gerade der Mais als Ersatzmittel des Gerstenmalzes 
hat, ist ebenso gut eine Grundlage zu erblicken für die zu- 
künftige Ausbreitung der Maisbrauerei, als in der Thatsache, 


dass solche Biere hinsichtlich des Geschmackes,, der Farbe, . 


des Glanzes und der Haltbarkeit mit dem nur aus Gersten- 
malz hergestellten in die Schranken treten können. Die aus 
Gerstenmalz unter Zusatz eines grösseren Verhältnisses von 
Maismalz ausgeführten Gebräue haben (in Amerika) sowohl 
in Bezug auf Geschmack, als auf Haltbarkeit ein unbefriedi- 
gendes Ergebniss gehabt, und wenn auch, wie im technischen 
Laboratorium der landwirthschaftlichen Lehranstalt Ungarisch - 
Altenburg gemachte Versuche hoffen lassen, der Geschmack 
des Maismalzbieres, je nach der Bereitungsart, nicht unbe- 
dingt unangenehm sein solle, so liegt doch kein Grund vor, 
den Mais der schwierigen Malzung zu unterziehen, da die 
Verwendung von ungemalztem Maise den Aufwand für Mal- 
zungs- und Darrarbeit, also auch das Anlagekapital für die 
dem verwendeten Verhältniss von Rohfrucht entsprechenden 
Malzbereitungs - Einrichtungen, zu sparen ermöglicht und einen 
schnelleren Kapitalumsatz gestattet. 

Die grosse Haltbarkeit des Maisbieres erklärt sich aus 
dem langsamen Lebensverlaufe desselben... Gerstenmalz - 
Maisbier, welches mit Gerstenmalzbier unter ganz gleichen 


Verhältnissen gebraut ist, pflegt zum Reinwerden etwas längere 


Zeit zu brauchen, erreicht jedoch den höchsten Grad von 


en a3 


Das Maisbier, 131 


Glanzhelle, wozu sich das schöne Goldgelb der Farbe gesellt, 
und die Vollmundigkeit, die bleibende Frische bei langsamer 
Verzapfung, die erprobte Transportfähigkeit. 

Denkende und erfahrene amerikanische Brauer haben in 
Beachtung mancher der angedeuteten Verhältnisse den Mais 
längst ins Auge gefasst als ein Object der Zukunftsbrauerei; 
wiederholt wurde mir unter anderen auch die Frage gestellt, 

ob denn bei der Mitverwendung von ungemalztem Maise 
nieht Fuselöle ins Bier gelangen, eine Frage, welche ich nach 
vieljähriger Erfahrung bestimmt verneinen konnte, Der 
grosse Gehalt des Maises an (fettem) Oel, in welchem eine 
der mancherlei Ursachen vermuthet werden könnte, welche 
dem Auftreten von Fuselstoffen zu Grunde liegen, beeinflusst 
die Qualität des Bieres nicht, das Maisöl erscheint niemals 
auf der Würze im Gährbottich, wie man es auf einer sammt 
den Träbern gährenden Brennereimaische in grosser Menge 
schwimmen sieht, die Filterschicht der Träber hält es im 
Maischbottich, bezw. Läuterbottich zurück. 

Bei diesen Betrachtungen hat man sich übrigens vor 
Augen zu halten, dass die Thunlichkeit der Mitverwendung 
anderer Stoffe als des ausschliesslichen Gerstenmalzes zur 
Bierbereitung im engen Zusammenhange mit der Erhebungs- 
art der Biersteuer steht. Oesterreich- Ungarn erfreut sich 
der rationellsten, auf solidester Basis beruhenden Erhebungs- 
art der Biersteuer, welche dem Brauer in Bezug 'auf die 
Wahl des Materials, auf Manipulation und Einrichtung den 
weitest gehenden Spielraum lässt, denn was könnte Zweck- 
mässigeres und Gerechteres erdacht werden, als die Besteue- 
_ rung des Würzeextracts, des — ich möchte sagen — noch 
 greifbaren Ergebnisses aus der Beschaffenheit des verwendeten 
Materials einestheils und aus der Vollkommenheit seiner Aus- 
_ nützung, also des Brauprocesses, anderntheils.. Nach Eintritt 
der Gährung ist sofort der Werth des Bieres, also des zu 
versteuernden Objects, weit schwerer festzustellen. Leider 
konnte diese einfache und allein richtige Anschauung in vie- 
len Ländern bis jetzt nicht durchdringen; so hält sich z. B, 
die Gesetzgebung Nordamerikas an das fertige Bier, 
% g* 


Dr gN 
a N 22 3, 


133 Bay Das Maisbier. 


welches nur nach der Maasseinheit der Besteuerung 


unterworfen ist, so dass also in jenem demokratischen Lande 
des Arbeiters schwaches, oft schlechtes Getränk ebenso hoch 
belastet ist, wie das feine Tafelbier, Ale und dergleichen des 
Reichen. Einige europäische Gesetzgebungen halten noch 
fest an dem theoretisch und praktisch falschen Grundsatze 
der Steuerbemessung nach der Grösse einzelner Werkvorrich- 
tungen; andere glauben, die Menge des zur Verwendung 
kommenden Rohmaterials, der Gerste, des Gerstenmalzes als 
Basis der Steuerbemessung nehmen zu sollen. Aufgeklärte 
Gesetzgebungen lassen dabei die Mitverwendung von Roh- 
frucht oder Gerstenmalzsurrogaten überhaupt zu. Die Zugrun- 
delegung der Gerste oder des Gerstenmalzes begünstigt den 
grossen Brauer dem kleinen gegenüber auch bezüglich der 
Steuer; denn es muss doch angenommen werden, dass die 
Bierfabrik mit ihrer vollkommeneren Werkvorrichtung das 
besteuerte Braumaterial besser erschöpft, als die kleine Braue- 
rei; ferner kann die Grossbrauerei auf dem ihr offenen, viel 
grösseren Marktgebiete die beste, beim gleichen Steuerentfall 
die grösste Ausbeute liefernde Gerste kaufen, während der 
kleine Brauer hiebei auf seine Umgebung oder doch einen 
engeren Kreis angewiesen zu sein pflegt. 

In Ländern mit Malzsteuer kann die Steuerbemessung 
ganz illusorisch werden, wenn — wie dies in der That vor- 
kommt — die im Gährbottiche befindliche, aus dem versteuer- 
ten Malze legal hergestellte Würze vom Brauer ungenirt 
durch Stärkezuckerzusatz concentrirter gemacht wird! 

Nach dieser Abschweifung, welche durch die hohe Wich- 
tigkeit des Biersteuer-Modus für die Bierfabrikation im All- 
gemeinen und für die Rohfruchtmitverwendung insbesondere 
entschuldigt werden möge, komme ich wieder auf letztere, 
den eigentlichen Gegenstand dieser Abhandlung, zurück. _ 

Die Anbahnung eines Fortschrittes der Bierfabrikation 
durch die Mitverwendung von billigen und doch zweckent- 
sprechenden Ersatzmitteln des Gerstenmalzes habe ich mir 
seit 2 Jahrzehnten zur besonderen Aufgabe gemacht. Die 


Anregung zu den betreffenden Studien, welche zu Versuchen » 


A Er 
Er. * > is 
3 - - 


Das Maisbier. 133: 


und zur späteren praktischen Durchführung wissenschaftlich 
begründeter Verfahrungsarten in Brauereien beider Hemisphä- 
ren geleitet haben, ward mir in Hohenheim in den Jahren 
1848—50, wo ich als Assistent des Professors der Natur- 
wissenschaften, des Herrn Dr. v. Fleischer, durch den 
Theorie und Praxis in gediegenster Art vereinenden techno- 
logischen Lehrvortrag des Herrn Professors Siemens in die- 
ses Gebiet eingeführt wurde. 

‘ Zum Lehrer der landwirthschaftlichen Technologie an die 
höhere k. Lehranstalt zu Ungarisch - Altenburg berufen, machte 
ich im Februar 1852 im technischen Laboratorium einen Ver- 
such der Maisverwendung bei Befolgung der Infusionsmethode 
in folgender Weise: 

Gleiche Gewichtstheile Gerstenmalz und Maisschrot wur- 
den in Wasser von 50° R. eingeteigt; nach halbstündigem 
Durchweichen fand ein Aufguss von siedendem Wasser statt, 
wodurch die Temperatur der Maische auf 56° R. stieg. Nach 
der Rast wurde die erste Würze gezogen und sodann ein 
Nachguss mit Wasser von 52° R. gemacht. 

Ein späterer Versuch wurde in zweckentspechender Weise 
dahin abgeändert, dass gleiche Gewichtsmengen Maisschrot 
und Gerstenmalzschrot mit Wasser von 60° eingeteigt wur- 
den, wobei eine Maischwärme von 36° R. sich ergab. Nach 


3 einstündigem Durchweichen erfolgte ein Aufguss mit sieden- 


J 


f 


dem Wasser und es wurde eine Temperatur der Maische von 
54° R. erreicht. Nun erfolgte die Rast, wonach die Haupt- 
würze gezogen wurde. Der zweite Guss wurde mit sieden- 
dem Wasser gemacht und eine Temperatur der Masse von 
54° R. erzielt. (Selbstverständlich wurde in beiden Fällen 
die erste Würze bei einer Temperatur unter 60° R. so lange 
erhalten, bis die Nachwürze vollständig zugeflossen war, 


.damit die in jener noch vorhandene diastatische [zuckerbil- 


dende] Wirkung dem durch die zweite Würze etwa einge- 
führten unverzuckerten Stärkemehl zu gut komme.) 
Ungeachtet der Unvollkommenheit dieser Verfahrungs- 


_ weisen wurde ein klares goldgelbes Bier von angenehniem 


Geschmacke erhalten, dessen belobte Eigenschaften zur Anstel- 


134 “ Das Maisbier 


lung weiterer Versuche einluden. Die schon damals, also 
vor 2 Jahrzehnten, vorliegenden Erfahrungen in Herstellung 
von Brennereimaischen aus Mais hatten zwei Grundsätze fest- 
gestellt, welche ich nun auf die Bierbereitung übertrug: 

1) die Aufschliessung des Maises bei der Siedhitze, und 

2) daraus hervorgehend, die abgesonderte Behand- 
lung des Maisschrotes und des Gerstenmalzes bis zur 
schliesslichen rationellen Vereinigung der zwei 
Maischmassen. 

Diese Grundsätze und die gemachten Erfahrungen über- 
haupt mussten, um die Maismitverwendung in die Praxis ein- 
zuführen, auf das Wiener Decoctionsverfahren übertragen 
werden, welches auch in Ungarn für die bis dahin noch meist 
obergährige Bierfabrikation herrschend war, und welches noch 
heute, aber für die jetzt allgemeine untergährige Braumanipu- 
lation, ausschliesslich befolgt wird. 

Das Decoctionsverfahren erlaubt nun glücklicher Weise 
das versuchsweise Eingehen auf die Maismitverwendung sehr 
leicht, es sind für einen solchen Versuch nicht von vornherein 
Auslagen zur Anschaffung neuer Apparate erforderlich, 

Das Vorgehen ist folgendes: 

Das Maisschrot — und zwar möglichst feines, aus tadel- 
freiem Mais unter Vermeidung der Erhitzung beim Mahlen 
hergestelltes, — wird mit mindestens dem doppelten Gewichte 
kalten Wassers in einem im Sudlokale aufzustellenden niede- 
ren Bottiche eingeteigt und diese Masse wird den zwei Dick- 
maischen in der Pfanne unter vorsichtigem Umrühren. zuge- 
setzt, wobei auf den ersten Dickmaisch etwa zwei Drittel, 
auf den zweiten Dickmaisch das dritte Drittel auszuthei- 
len sind. i 


Obschon diese Manipulation dem Zwecke wohl entspricht, 


sollte sie nur für einen oder ein paar Versuche gelten, weil, 


der Malz- Mais- Diekmaisch leicht in der Pfanne anbrennt, 
was bekanntlich eine baldige Zerstörung des Pfannenblechs 
zur Folge hat, 


Diese Betrachtung führte zu einem weiteren Schritte, 


durch welchen das Maisbrauverfahren erst lebensfähig, d.h. 


x 


ö 


; r 
‚ 
YA 


- 


Das Maisbier. 135 


für die fabrikliche Praxis zulässig geworden ist, nemlich zur 


Aufstellung eines geschlossenen Bottichs, der mit einem ein- 
fachen, durch die Hand oder eine Dampfmaschine bewegten 
Maischrechen versehen ist und die Einströmung von Dampf 
zulässt. In diesem „besonderen Maisdämpfgefässe“ lässt 
sich also die Vorbereitung des Maises rationell und fabrikge- 
recht durchführen. 


Auf diese Grundlagen erhielt ich im Jahre 1862 in den 
Vereinigten Staaten von Nordamerika ein Privilegium für 
mein ganzes Verfahren der Mitverwendung von ungemalztem 
Mais bei der Decoctionsmethode — der bayerischen und 
österreichischen Dickmaischbrauerei sowohl, als dem Lauter- 
maischverfahren. 

Ein zweites Privilegium der Vereinigten Staaten, wel- 
ches mir im Jahre 1863 ertheilt worden ist, bezieht sich 
vorzugsweise auf das Infusionsverfahren — die Wassormaisch- 
brauerei. 

Die zahllosen Braugeschäfte in Nordamerika, welche das 
Infusionsverfahren befolgen, kann man, wie in meinen „, Ameri- 
kanischen Reiseskizzen“*) näher erörtert ist, eintheilen: 

A) in die Ale-Fabriken, Grossgeschäfte von höchst 
bedeutender Betriebsausdehnung, welche vorzugsweise von 


_ national-amerikanischen Besitzern streng nach englischem 


Vorbilde betrieben werden, 


B) in die grösseren und kleineren Wassermaisch- 
brauereien, welche eine unübersehbare Verbreitung im 
Lande haben, deren Minderzahl aber auf Dampfbetrieb ein- 
gerichtet ist; denn solche Brauereien pflegen sofort auf dem 
der Cultur neu eroberten Gebiete zu entstehen allerwärts, 
wohin die Pioniere, zumal der deutschen Arbeit, vordringen. 


Mein dies-bezügliches Privilegium nimmt nun in An- 
spruch: 


*) L. Häcker, amerikanische Reiseskizzen aus dem Gebiete der 
\ Technik, Landwirthschaft und des socialen Lebens. Braunschweig, bei 
Friedrich Vieweg und Sohn, 1867, 


BE in 0 


Ber: 


136 Das Maisbier, 


In erster Linie: den Würzegewinnungsprocess aus Ger- 

stenmalz und ungemalztem Mais, sei es, dass die Auf- 
schliessung des letzteren in dem Braukessel selber oder in 
einem anderen Gefässe geschehe; dieser Process umfasst drei 
Stadien, wie folgt: 
a) die Maismasse wird unter Zusatz von wenig Malz 
einige Zeit bei 50 bis 60° R. erhalten, damit eine vorläufige 
Aufschliessung des die Hauptmasse des Maises bildenden 
Stärkemehls und die möglichste Verflüssigung eintrete; 

b) in der so verflüssigten Masse wird durch Zugabe 
von siedendem Wasser — beziehungsweise Dampf 
-— die Aufschliessung der Maisstärke weiter geführt; 

c) schliesslich wird die auf die richtige Temperatur ge- 
stellte Maismaische mit dem grösseren Quantum des 
zur Schüttung verwendeten Malzes-nach den Re- 
geln der Braukunst zusammengebracht, um eine alles ver- 
Zuckerbare Material enthaltende tadelfreie Würze herzustellen. 

In zweiter Linie nimmt mein diesfallsiges Privilegium 
noch ganz besonders in Anspruch: die Aufschliessung 
des Maises durch siedendes Wasser zum Behufe des 
Brauprocesses. 

So umfassen also meine Vereinigte - Staaten - Patente die 
Maismitverwendung bei sämmtlichen Manipulationsarten der 
Bierbereitung, welche in Nordamerika im Schwunge sind. 

Die seither — seit 1862 —1863 — in den Vereinigten 
Staaten Anderen patentirten Verfahrungsweisen von Maisver- 


wendung bei der Bierbrauerei dürften, wie fachkundige Leser 


aus Folgendem entnehmen mögen, im Vergleiche mit den 
meinigen an Bedeutung zurückstehen. 

Zunächst hat noch im Jahre 1863 Herr Joseph Singer 
in Chicago ein Verfahren patentiren lassen, welches mit 
den in dieser Abhandlung bereits angeführten Grundsätzen 
eines rationellen Maiszusatzes im Widerspruche ist, mit der 
Forderung nemlich, dass Mais eine dem Siedpunkte nahe 
Temperatur zur Aufschliessung seines Stärkegehaltes braucht, 
welcher Temperatur er vor dem Zusammenkommen mit der 
Hauptmasse des Malzes unterzogen werden muss. 


Das Maisbier, 137 


Singer ersetzt 200 Bushel Malz durch 100 Bushel 
Malz und 100 Bushel fein gemahlenen Mais, stellt also von 
vorn hinein aus einem Bushel Mais = 56 Pfd. nur so viel 
Ausbeute in Aussicht, wie von einem Bushel Malz — 33 Pfd. 
Hierdurch ist die Mangelhaftigkeit des Verfahrens genügend 
gekennzeichnet, welches in Kürze folgendes ist: 

Malz und Maismehl werden mit Wasser von 52,4° R. 
(150° F.) eingeteigt; nach etwa einstündigem Maischen erfolgt 
eine zweistündige Rast, dann wird die erste Würze gezogen. 
Danach geschieht ein Aufguss von 68 — 70°R. (185 — 190° F.) 
heissem Wasser und ein viertelstündiges Maischen, sodann 
kommt wieder eine diesmal viel kürzere Rast; schliesslich 
wird auch die zweite Würze gezogen und mit der ersten im 
Braukessel vereinigt. Welche Temperatur letztere bis dahin 
erreicht haben darf, ist nicht gesagt. Durch das anfängliche 
Einteigen von Malz und Mais in Wasser von 52 bis 53°R. 
und das darauf folgende einstündige Maischen kann augen- 
scheinlich zu Gunsten der Hauptwürze nicht einmal die nie- 
derste Grenze der allbekannten, zwischen 48 und 60°R. lie- 
genden Zuckerbildungstemperatur erreicht werden. 

Mit Einem Worte, dieses Verfahren scheint als Endziel 
sich keineswegs die Herstellung von möglichst viel und 
tadelfreier Bierwürze aus einem gegebenen Quantum Roh- 
material gesetzt zu haben, sondern eher die Gewinnung eines 
grösstmöglichen Quantums recht nährstoffbeladener Träber. 

Im Monate März 1866 nahm Herr J. F. Bressler aus 
Milwaukee im Staate Wisconsin ein Vereinigte - Staaten - 
Patent auf Bereitung von Bier, „indem das Malz (worunter 
wohl „Gerstenmalz“ zu verstehen ist?) und der Mais durch 
Eine Manipulation vereinigt und mit einander gemaischt wer- 
den, bevor noch eine chemische Veränderung in einem der 
beiden Stoffe eingetreten ist“ (by uniting the malt and the 
maize by one manipulation and mashing the two together. 
before any chemical change has taken place in either grain). 

Die ganz unrichtige Grundlage eines solchen Verfahrens 
habe ich in Früherem zur Genüge dargelegt: nicht auf primi- 
tiver Mengung und Mischung, sondern auf der entsprechenden 


138 Das Maisbier. 


Combinirung der in Verwendung kommenden Stoffe mit Rück- 
sicht auf ihr Verhalten gegen die Einwirkung verschiedener 
Temperaturen, verschiedener Lösungsmittel u. s. f. beruhen 
Kochkunst, Arzneibereitung, zymotechnische 
Gewerke. 

Im Jahre 1866 versandten die Herren Köhler und 
Kamena in Guttenberg, Staat New Jersey, ein Circular 
an die Brauer mit der Ankündigung eines verbesserten Brau- 
verfahrens zur Herstellung von Schenkbier, Lagerbier, Ale 
und Porter, wonach durch Benützung eines gewissen Theils 
Maismehl als Ersatz für Malz ein Betrag von mindestens 
1‘, Dollar per Barrel gespart werden könne. Das patentirte 
Verfahren gestatte, so sagt das Circular, die Befolgung irgend 
einer Brau- oder Maischmethode, sei in jeder Beziehung 
zweckentsprechend und sehr leicht auszuführen; das durch 
dessen Benützung gebraute Bier erfreue sich eines wohlver- 
dienten Rufes, sei vollmundig, von pikantem, feinem und mil- 
dem Geschmacke, halte den Trieb länger und besser als rei- 
nes Malzbier und sei auch entschieden haltbarer u. s. f. 

Die Herren Köhler und Kamena geben also ihren 
Maiszusatz in der Form von Maismehl, welches in den Ver- 
einigten Staaten ein wichtiges Product der Mühlenindustrie, 
einen grossen Exportartikel, bildet. Von Meister Habich, 
dem zu früh von uns Geschiedenen, ist an mehrfachen Stellen 
seiner Schriften gerade diese Form, das Maismehl, als Brau- 
material entschieden empfohlen worden. Leichte Aufschliessung, 

sowie eine grösstmögliche Extraetausbeute, ist ein unbestrit- 
_ tener Vorzug, welcher im Verhältniss zum Feinheitsgrad des 
Maisschrots oder Mehls erreichbar wird. Ich ziehe aber unter 
geringst-möglicher Erwärmung beim Mahlen frisch herge- 
stellten feinen Maisschrot dem (im Handel vorkom- 
menden) Mehle unbedingt vor, nicht allein in Rücksicht auf 
die grössere, die Bilanz oft bestimmende Billigkeit des Schrots, 
sondern insbesondere wegen der erprobten Haltbarkeit 
des aus Maisschrot bereiteten Bieres. Erfahrungen, welche 
ich mit längere Zeit aufbewahrtem Maisschrot 
gemacht habe, berechtigen zur Annahme, dass aus dem Mais- 


Das Maisbier. 139 


mehl des Handels ein sehr haltbares Bier nicht hergestellt 
werden könne, um so weniger, als sich — nach meiner eige- 


nen Anschauung in Amerika — der Mais dort unter den 


Mühlsteinen namhaft erhitzt. In der hier ausgesprochenen 
Ueberzeugung bin ich bekräftigt worden durch den Umstand, 
dass solche amerikanische Brauer, welche Maismehl zum 
Bierbrauen mitverwendet hatten, starken Zweifel über die 
Haltbarkeit des Gerstenmalz-Maisbieres auszusprechen pfleg- 
ten. Dieselben Vorzüge, welche die Herren Köhler und 
Kamena ihrem Brauverfahren vindiciren, habe ich selber in 
einem den amerikanischen Brauern im August 1863 gesandten 
Cireular für die von mir in Amerika eingeführten Maisbrau- 
methode in Anspruch genommen. Die Rücksicht auf das in 
vielen. Stücken nahe Zusammentreffen der amerikanischen 
Verhältnisse mit denen Ungarns und seiner südlichen und 


* östlichen Nachbarländer bestimmt mich zur Reproducirung der 


dort geltend gemachten Punkte. 
Die Vorzüge der Maisbrauerei können betrachtet werden 

1) vom ökonomischen und merkantilen Ge- 
sichtspunkte: Kein Land der Welt producirt mehr Mais 
als die Vereinigten Staaten Nordamerika’s; Maisbier kann so- 
nach dort als ein nationales Getränke gelten. Guter Mais 
ist in allen Theilen des Landes leichter anzutreffen, als zum 
Brauen wohl geeignete Gerste; selbst wenn —. nach dem 
Hohlmaass — der Maispreis so hoch ist als der Gerstenpreis, 
kann Mais noch mit Vortheil verwendet werden; es ist aber 
fast in jedem Jahre der Mais viel billiger als Gerste. Bei 
gleichem Maass giebt Mais etwa ein Drittel mehr Würze- 
extract als Gerstenmalz; da nun 25 bis 40, und selbst mehr 
Procente der Schüttung in Form von Mais verwendet werden 
können, so ist die durch die Maismitverwendung erzielte 
grosse Geldsparung klar ersichtlich. 

2) Vom technischen Gesichtspunkte aus sprechen 
folgende Momente zu Gunsten der Maisbrauerei: 

a) Maisbier kann fast in jeder gut eingerichteten Brauerei 
mit den vorhandenen Werkvorräthen bereitet werden; wenn 
zum Behufe eines regelmässigen und erleichterten Betriebs 


140 Das Maisbier. 


besondere Einrichtungen getroffen werden, so sind die Aus- 
lagen dafür nur unbedeutend im Vergleiche zu den erreichten 
Vortheilen. Durch die Maismitverwendung erhöht sich, wie 
in Früherem schon betont worden ist, die Leistungsfähigkeit 
einer Brauerei in der Richtung, dass mit den bestehenden 
Malzbereitungseinrichtungen eine um etwa ein Drittel erhöhte 
Production von Bier erzielt werden kann.' 


b) Der Mais-Brauprocess ist sehr einfach, keineswegs 
zeitraubend, bei jeder Braumethode ausführbar. 


c) Das Abfliessen der Würze geht, eine gute Läuterbo- 


deneinrichtung vorausgesetzt, ohne Anstand, ohne Zusatz trä- 


ber-lockernder Mittel vor sich. 


Die Träber sind gleich viel oder mehr werth, 
als Träber von ausschliesslich aus Gerstenmalz 
zebrautem Bier. Von einem Beisatz von Chemikalien, 
irgend welcher gesundheitsschädlicher Substanzen, ist keine 
Rede. 


d) Die Gährung verläuft ohne Schwierigkeit mit dem 
gleichen Quantum Stellhefe und der gleichen Ausbeute von 
ganz guter neu gebildeter Hefe, unter denselben Temperatur - 
Verhältnissen wie die Gährung von nur aus Malz gebrauter 
Bierwürze. In dieser Hinsicht, so gut wie in jeder andern, 
ist der Mais allen anderen Ersatzmitteln des Gerstenmalzes 
vorzuziehen. Weizen, Hafer, Zuckersyrup, begründen Un- 
terschiede im Gährprocess und in Folge davon auch in 
der Qualität, im Wohlgeschmack und der Haltbarkeit des 
Bieres. 

e) Maisbier klärt sich so gut als wohlgebrautes Malzbier 
und ist von diesem im Punkte der Feinheit und des spiegeln- 
den Glanzes nicht zu unterscheiden. 

f) Maisbier ist schliesslich ausgezeichnet durch seine Halt- 
barkeit, welche sich nach langjährigen europäischen und ame- 


rikanischen Erfahrungen selbst in keineswegs vorzüglichen 


Kellern bewährt hat. 
Mögen nun die mannigfachen Gesichtspunkte, unter wel- 
chen die Fabrikation der Maisbierbereitung sich im Gange 


_ Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete, 141 


dieser Abhandlung dargestellt hat, oder welche auch nur 
angedeutet worden sind, Zeugniss ablegen für die volkswirth- 
schaftliche Wichtigkeit derselben und für ihre Bedeutung für 
die Zukunft der Bierindustrie. i 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfäl- 
schungen, und die daraus beim Gebrauch entstehen- 
den Nachtheile. 


Von Dr. Herm. Vohl in Cöln, *) 


Die weichen oder Schmier -Seifen sind Kaliseifen, welche 
man aus an Stearinsäure oder Palmitinsäure armen Samen - 
und Thierölen. bereitet. Auch die bei der Stearinfabrikation 
abfallende, mehr oder minder stearinsäurehaltige Oelsäure 
benutzt man vielfach zur Darstellung derselben. 

Die Wahl der zur Bereitung der Schmierseife zu ver- 
wendenden Fettsubstanz hängt fast lediglich vom Marktpreise 
derselben ab, obgleich auch die Jahreszeit in einer Hinsicht 
dem Fabrikanten die Wahl normirt. 

Der Fabrikant macht nemlich bei der Verwendung der 
Samenöle in Bezug auf die Jahreszeit einen Unterschied, und 
theilt die Oele in warme oder weiche und in harte 
oder kalte ein. 

Erstere, die warmen oder weichen Oele, wozu 
das Lein-, Leindotter- und Hanföl gehören, bilden eine Seife, 
welche bei Winterkälte keine oder nur wenige krystallini- 
sche, die Seife trübe machende stearin- oder palmitinsäure- 
haltige Verbindungen ausscheidet, wohingegen die kalten 
oder harten Oele diese Unart, d. h. die entgegenge- 
setzte Eigenschaft besitzen. Zu den letzteren Samen- und 
Thierölen gehören das Kohlsaat- und Rübsamenöl und der 
Thran, welche desshalb vorzüglich im Sommer ihre Verwen- 


*) Als Separatabdruck aus Dingler’s polyt. Journal. Bd. 204, H. 1 
vom Hrn. Verf, erhalten, Hi: 


143 Veber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 


dung finden. Aus demselben Grunde wird auch die Oelsäure 
der Stearinfabriken vorzugsweise im Sommer angewendet. 

Schon die Art und Weise der Darstellung der Schmier- 
seifen giebt sofort zu erkennen, dass sie anders wie die Na- 
tronseifen zusammengesetzt sind, weil bei letzteren häufig 
durch das Aussalzen, resp. Abscheiden der Unterlauge das 
Glycerin aus der Seife abgeschieden wird, welches niemals 
bei Kali- oder Schmierseifen stattfindet, wesshalb dieselben 
glycerinhaltig sind, wenn sie direct aus Pflanzen- oder 
Thierfetten dargestellt wurden. 

Selbstverständlich enthalten die aus Oelsäure dargestell- 
ten Schmierseifen kein Glycerin. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Glyceringehalt 
den Schmierseifen Eigenschaften ertheilt, welche einen gewis- 
sen Einfluss bei der Anwendung derselben, z. B. beim Wal- 
ken der Tücher ausüben und welche den aus Fettsäuren 
direct dargestellten Seifen abgehen. Die glycerinhaltigen 
Seifen sind stets schärfer und fettärmer als die Oelsäure - 
* Seifen. Aus diesem Grunde mag wohl die Ansicht vieler 


Tuchfabrikanten gerechtfertigt sein, dass die aus Pflanzen- 


und Thierfetten direct bereiteten Seifen beim Walken der 
Tücher einen minder günstigen Effect hervorbringen, als die- 
jenigen, welche aus Oelsäure bereitet wurden. 


Dieser Glyceringehalt bedingt, wie schon angegeben, den 


geringeren Fettgehalt der aus Pflanzen- und Thierfetten 
direct bereiteten Schmierseifen, den ausgesalzenen Seifen 
und Oelsäure-Seifen gegenüber. 

Der Gebrauch der Schmierseifen zu Haushaltungszwecken 
und in der Industrie ist mannigfaltig und weit verbreitet, 
daher denn auch die Darstellung derselben einen wichtigen 
Fabrikationszweig bildet. Der Verbrauch zu Haushaltungs- 
zwecken allein ist schon ein enormer, wesshalb wir denn 
auch allerorten Seifenfabriken entstehen sehen, wo nur eini- 
germaassen die Bevölkerung dicht wird. 

Was die Darstellung selbst betrifft, so hat sie sich im 
Laufe der Zeit nur wenig geändert, wenn man nicht die 
vortheilhaftere Darstellung der Laugen und die Anwendung 


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Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 143 


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fertig gebildeter Fettsäuren als wesentliche Veränderungen 
der Fabrikationsmethode ansehen will. 

Auch hat man die Fettsäure und das Kali zu surrogiren 
versucht; erstere suchte man theilweise durch Harz, letzteres 
zum Theil durch Natron zu ersetzen. 

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass man beiden Schmier- 
seifen einen Theil der Fettsäure durch Harz (Harzsäuren) 
ersetzen kann, ohne die Güte der Seife, resp. den Eiflect 
merklich zu beeinträchtigen und es kann, wenn es sich eben 
nicht um eine reine Oelseife handelt, der Harzzusatz nicht 
gerade als eine Verfälschung der Schmierseife angesehen 
werden. Das Harz, resp. die Harzsäuren surrogiren bis zu 
einer gewissen Grenze die Fettsäuren in dieser Hinsicht. 

Im Allgemeinen kann man annehmen, dass ein Zusatz 
von 10 Proc. Harz zu dem zu verseifenden Oel, welchem ein 
Harzgehalt in der Seife von circa 4 Proc. entspricht, die 
Qualität der Seife bezüglich des Effectes nicht alterirt, dass 
jedoch ein Zusatz von 15 Proc. Harz zu dem Oele das Maxi- 
mum ist‘, welches man- bei reinen Oelseifen anwendet, wohin- 
gegen bei den mit Wasserglas und Stärkemehl verfälschten 
Fabrikaten oft ein Harzzusatz von 25 Proc. gemacht wird. 

Was den Ersatz des Kalis in der Schmierseife durch 
Natron anbetrifft, so beeinträchtigt er die Güte der Seife in 
keiner Weise; derselbe ist jedoch sehr beschränkt (besonders 
im Winter), da durch die Bildung einer festen Natronseife 
das Fabrikat trübe wird, von seiner Transparenz verliert und 
sein empfehlendes Aeussere theilweise einbüsst. 

Wie schon bemerkt, wird der Effect der Seife durch 


_ einen geringen Sodazusatz nicht alterir. Ich habe viele 


Schmierseifen untersucht, welche bei einem Natrongehalt von 
1,5 bis 2 Proc. von ihrem Glanz, ihrer Transparenz und ihrem 
guten Aeusseren Nichts verloren hatten, und deren Qualität 
als „vorzüglich“ zu bezeichnen war. 

Der Zusatz von Harz oder Soda zu den Schmierseifen 
kann demnach nicht als eine Verfälschung angesehen werden, 
insofern die Güte der Seife und der durch dieselbe zu erzie- 


lende Effect nicht geschmälert wird; dagegen sind andere 


144 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete, 


Zusätze, welche den Wassergehalt erhöhen und den Fettge- 
halt beeinträchtigen, unzweifelhaft als Verfälschungen anzuse- 
hen und demnach zu verwerfen. 

Die Zusätze, welche man den Schmierseifen giebt, um 
das Gewicht der Ausbeute zu vermehren, resp. den Wasser- 
gehalt zu erhöhen, bestehen aus kieselsauren Alkalien 
(Wasserglas), Stärkemehl (Kartoffelstärkemehl oder die 


geringste Weizenstärkesorte) und Infusorienerde. Viele 


Fabrikanten begnügen sich mit dem Zusatz eines dieser 
Verfälschungsmittel, andere dagegen wenden mehre derselben 
und häufig sogar alle zugleich an. 

Durch diese Zusätze wird es dem Fabrikanten möglich, 
von 100 Pfd. Oel eine Ausbeute von 370 Pfd. und selbst 


über 400 Pfd. Seife zu erzielen, wohingegen bei einem 


reellen Verfahren nur circa 240 Pfd. guter Schmier- 
seife zu erzielen sind. 
Der Schaden, welcher dem Consumenten durch diese 


Verfälschungen erwächst, besteht nicht nur darin, dass er für 


sein gutes Geld eine schlechte Waare erhält, sondern es wird 
bei der Anwendung dieser verfälschten Seife das Gewebe 
theils mechanisch, theils chemisch angegriffen und die 
Haltbarkeit desselben beeinträchtigt; auch wirken derartige 
Schmierseifen durch ihre bedeutende Causticität nachtheilig 
auf die Farben ein, so dass in manchen Fällen dieselben voll- 
ständig zerstört werden. 

Man kann im Allgemeinen annehmen, dass die mit kie- 
selsauren Alkalien verfälschten Schmierseifen sowohl 
durch ihre Causticität als auch durch die mechani- 


sche Einwirkung der ausgeschiedenen Kiesel-. 


“ säure beim Waschen oder Walken einen schädlichen Einfluss 
auf die Gewebe ausüben, indem die ausgeschiedene Kiesel- 
säure als ein wahres Schleifmittel beim Waschen der Zeuge 
die Oberfläche der Gespinnstfaser angreift und die verletzte 
- Epithelialschicht dadurch dem Einfluss der Alkalien schneller 
unterliegt; dass dagegen die nur mit Stärkemehl verfälschten 
Schmierseifen bloss durch ihre Caustieität auf die Zeuge 
schädlich einwirken, 


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Ueber die Kali- oder Schmierssilen ihre Verfälschungen ete,. 145 


Die Pflanzenfasern, Leinen-, Hanf- und Baumwoll- 
gespinnste leiden zwar von der mechanischen Einwirkung der 
Kieselsäure, dagegen sind sie dem nachtheiligen Einfluss der 
Oaustieität weniger unterworfen, wesshalb auch die Schmier- 
seifen, welche nur mit Stärkemehl verfälscht sind, bei diesen 
Stoffen keinen erheblichen Schaden bringen. 

Wollen- und Seidenstoffe leiden jedoch in hohem Grade 
bei der Anwendung der verfälschten Seifen; bei diesen Stof- 
fen wirkt ausser der mechanischen Einwirkung auch die Cau- 


- stieität im höchsten Grade verderblich ein. 


Um den nachtheiligen Einfluss der verfälschten Schnier- 
seifen beim Waschen f’stzustellen, wurden nachfolgende Ver, 
suche angestellt. . 


Einwirkung auf Leinen-"und Baumwollstoffe. 


Die zu diesen Versuchen angewandte Schmierseife war 
eine mit Wasserglas und Stärkemehl stark verfälschte Seife. 
Sie enthielt in 100 Gewichtstheilen: 


Fettsäure 27,2300 


Kali 8,8303 
Natron 0,1146 
Kieselsäure 1,2967 (davon waren 0,2663 Gewichtsth. In- 
fusorienerde) 
Stärkemehl 15,1699 
Wasser 47,3420 
| 99,9835° 
Verlust‘ 0,0165 
100,0000. 


Zu den Versuchen wurden reine Leinen- und Baum- 
wollgewebe verwendet, welche durch kaltes und heisses Aus- 
ziehen mit Malzauszug und zuletzt mit destillirtem Wasser 
von der Schlichte und der Appretur befreit worden waren, 

Die einzelnen Stücke hatten eine Grösse von !/,, Quadrat- 
meter. Sie wurden in eine 60°C, warme Auflösung der 


Seife gebracht und nach einer Einwirkung von circa einer 


Arch. d, Pharm, TIL. Reihe, T, Bds, 2. Heft, 10 


146 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 


halben Stunde gewaschen, und im destillirtem Wasser ausge- 
waschen und dann getrocknet. 

Beim Einäschern ergaben sowohl die Leinen- wie auch 
die Baumwollgewebe einen bedeutenden Kieselerde- 
gehalt, den sie früher nicht besassen, so dass da- 
durch festgestellt wurde, dass die Fasern mit Kieselsäure 
gleichsam imprägnirt worden waren. 

Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass ein solches Ge- 
webe beim*Gebrauche einer stärkeren Abnutzung unterworfen 
sein wird, weil die zwischen den einzelnen Fasern abgela- 
gerte Kieselsäure durch ihre rauhe und harte Beschaffenheit, 
die Epithelialschicht bedeutend irritiren wird und so die Ab- 
nutzung beschleunigt. m 


Die beim Waschen und Auswaschen der Zeuge zurück- 
gebliebenen Laugen wurden mit verdünnter Essigsäure über- 
sättigt und mit einem gleichen Volumen Canadol in einem 
Scheidetrichter durchgeschüttelt. 


Die trübe wässerige Flüssigkeit, welche die ausgeeschie- 
dene Kieselerde neben Stärkemehl und die Pflanzenfasern 
enthielt, wurde in einem Becherglase zur Klärung bei Seite 
gesetzt und der mit destillirtem Wasser ausgewaschene Nie- 
derschlag unter dem Mikroskop bei circa 400 facher Ver- 
grösserung weiter untersucht. | 


Es wurden neben amorpher Kieselsäure, Stärkemehlkü- 
gelchen und Stärkemehlhüllen, bei dem Baumwollzeuge die 
charakteristischen gewundenen Baumwollfasern erkannt, welche 
auf ihrer Oberfläche eine Rauheit, an manchen Stellen 
eine vollständig unebene wollige Oberfläche zeigten, 
ein Beweis, dass durch das Reiben und Waschen die Epi- 
thelialschicht der Baumwolle durch die harte und rauhe Kie- 
selsäure angegriffen worden war, Bei der Leinwand fand 
man im Waschwasser ebenfalls unter dem Mikroskope die 
charakteristischen hohlen cylindrischen Faserbündel; 
auch diese waren auf ihrer Oberfläche mit Einschnitten 
und wolligen Fasern bedeckt, so dass auch hier eine 
mechanische Einwirkung nicht zu verkennen war, 


a 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 147 


Die Gegenprobe wurde mit denselben Zeugen und einer 
reinen Oelschmier-Seife angestellt, und auch nicht die 
geringste mechanische Einwirkung auf die Pflanzenfaser wahr- 


genommen. *) 


Einwirkung auf Wollen- und Seidenstoffe. 


Wie schon erwähnt, leiden die Wollen- und Seidenstoffe 
in einem hohen Grade, wenn sie mit kieselsäurehaltiger oder 
mit Stärkemehl versetzter Seife gewaschen werden. In erste- 
rem Falle tritt zu der caustischen Einwirkung noch die mecha- 
nische Zerstörung, welche durch das Erweichen der Epi- 
thelialschicht durch die Alkalien begünstigt wird. 

Es wurden zur Untersuchung ungefärbte und unge- 
schwefelte Zeuge von reiner Merino- Wolle ganz in derselben 
Weise wie bei der Leinwand und Baumwolle verwendet, 

Auch wurde dieselbe mit Kieselsäure und Stärkemehl 
verfälschte Seife angewendet, jedoch vorher auf einen Gehalt 
an Schwefelalkalien vorsichtig geprüft. 

Zu dem Ende wurde die fragliche Seife in ihrem 10- 
bis 12fachen Volumen warmen destillirten Wassers gelöst 


*) Ich kann es nicht unterlassen, hier darauf aufmerksam zu machen, 
dass die aus einer mit kieselerdehaltiger Seife gewaschenen Leinwand 
gezupfte Charpie einen höchst nachtheiligen Einfluss auf den Zustand der 
Wunden ausübt. In einem eonereten Falle wurde bei einem Verwundeten 
Charpie angewandt, welche aus reiner Leinwand hergestellt war. Jedes- 
mal, wenn der Verwundete in seinem Quartier sich einen Verband mit der 
im Hause verfertigten Charpie anlegte, nahm die Wunde einen höchst 
entzündlichen Charakter an, wohingegen der im Spital der Verwundeten 
gemachte Verband diese Wirkung nicht zeigte. 

Bei einer genauen chemischen Untersuchung zeigte sich nun, dass 
die Charpie in dem Quartier des Verwundeten einen bedeutenden Kiesel- 
 säuregehalt besass, welcher der Spital-Charpie fehlte; auch unter dem 
Mikroskop liessen sich bei ersterer die mechanisch zerschliffenen und 
wolligen Oberflächen der Fasern leicht erkennen‘, wohingegen bei der 
- Spital-Charpie die Faserbündel fast noch in ihrer primitiven Form vor- 

kamen. Weitere Nachforschungen ergaben, dass in dem Quartier des 
- Verwundeten die Leinwand vorher mit einer sehr kieselsäurehaltigen Seife 
gewaschen worden war, 


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10* 


148 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen etc, 


und diese Lösung mit reinem Chlornatrium im Ueberschuss 
versetzt. Die ausgeschiedene Natronseife wurde abfiltrirt und 
das Filtrat mit Nitroprussidnatrium auf einen Schwefelgehalt 
geprüft. Diese Seife ergab keine Spur eines Schwefel- 
alkaligehaltes. \ 

Bezüglich des Schwefel-, resp. Schwefelalkaligehaltes der 
Schmierseifen ist zu bemerken, dass derselbe nur ein zufälli- 
ger ist und entweder von der Potasche oder der Soda, oder 
von dem Oele herrühren kann. Letzteres ist dann der Fall, 
. wenn das Samenöl durch Extraction vermittelst Schwefelkoh- 
lenstoff dargestellt wurde. *) 

Eine directe Bestimmung der Abnutzung der Stoffe durch 
diese verfälschten Schmierseifen in Folge von Gewichtsab- 
nahme ist, wie wir bei der Baumwolle und dem Leinen gese- 
hen haben, desshalb unausführbar, weil die Zeuge Kieselsäure 
aufnehmen und in manchen Fällen dieselben nach dem 
Waschen und Trocknen (bei 100°C.) mehr wie vor dem 
Waschen wiegen. Es musste desshalb der Nachweis bei den 
Ersteren lediglich durch das Mikroskop erbracht werden. 

Bei den Wollenstoffen tritt jedoch der Umstand ein, dass 
die abgeschliffenen Theile sich zum grössten Theil in der 
caustischen Seifenlauge auflösen und man desshalb im Stande 
ist, den nachtheiligen Einfluss der Seife mit grosser Bestimmt- 
heit chemisch nachzuweisen. | 

Die Zeuge wurden vorher mit einer lauwarmen Auflösung 
von Olivenölseife behandelt und mit destillirtem Wasser voll- 

ständig ausgewaschen. 

Bezüglich des in der Wolle enthaltenen Schwefels muss 
ich noch bemerken, dass der sogenannte active Schwefel 
aus derselben nach dem Verfahren von Chevreul ent- 
fernt worden war, so dass ein Auftreten von freiem Schwe- 
fell nur durch Zerstörung der Wollsubstanz Pa 
sein. konnte. 


*) Man sehe: Vohl, über die Extraetion der Samen behufs Ge- 
winnung von Speise-, Brenn- und Schmierölen, im polytechn, Journal, 
1866, Bd, CLXXXII S. 319, 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 149 


Liefert demnach die Seifenlauge, welche zur Behandlung 
des Wollenstoffes benutzt worden ist, eine Reaction auf 
freien Schwefel, so hat die Seife unzweifelhaft eine. 
zerstörende Einwirkung auf die Wollfaser (Wollsubstanz) 
ausgeübt. Auch muss alsdann die filtrirte Lauge, zur 
Trockne abgedampft und mit Natronkalk behandelt, eine 
Reaction auf Ammoniak geben, wodurch die Auflösung, resp. 
Zerstörung der Wollfaser abermals nachgewiesen wird, indem 
das sich bildende Ammoniak nur von dem in der Wolle ent- 
haltenen Stickstoff herrühren ‚kann. 


Zum Versuch, um zu bestimmen, in welcher Weise die 
mit Kieselsäure und Stärkemehl verfälschte Schmierseife auf 
die Wollenzeuge einen schädlichen Einfluss hinsichtlich der 
Haltbarkeit derselben ausübt, wurde !/,, Quadratmeter grosses 
Stück mit einer 40 bis 45° 0. warmen Auflösung der fragli- 
chen Schmierseife circa '/, Stunde sich selbst überlassen, als- 
dann gewaschen, in destillirtem Wasser ausgespült und bei 

_ gelinder Wärme getrocknet. 


Die gebrauchte Seifenlauge wurde mit reinem Kochsalz 
übersättigt und die ausgeschiedene Natronseife durch Filtra- 
tion getrennt. 

Die eine Hälfte des Seifenlaugefiltrates wurde in einer 
Retorte bei guter Kühlung der Destillation unterworfen und 
ein Destillat erhalten, welches stark alkalisch rea- 
girte und durch den blossen Geruch schon das Ammoniak 
erkennen liess. 


Das Destillat wurde mit Chlorwasserstoflsäure neutralisirt 
und nach Zusatz von Platinchlorid im Wasserbade zur Trockne 
verdampft: Es wurde ein ziemlich bedeutender krystalli- 
nischer Rückstand von Ammoniumplatinchlorid 
erhalten, woraus die Bildung von Ammoniak aus der 
Wolle unzweifelhaft schon hervorging. Der Rück- 
stand in der Retorte wurde zur Trockne verdampft und als- 
‘ dann mit Natronkalk in der Glühhitze behandelt. Es trat 
hier abermals eine neue Portion Ammoniak auf, 
_ welche wie vorhin mit Platinchlorid nachgewiesen wurde, 


150 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete, 


Aus den Ergebnissen dieses Versuches allein geht schon evi- 
‘ dent die Zerstörung der Wollfaser durch diese Seife hervor. 
. Die andere Hälfte des Seifenlaugefiltrates wurde mit 
Nitroprussidnatrium auf freien Schwefel, resp. Schwefelalkalien 
geprüft. Es trat eine prächtig blau violette Farbe der 
Flüssigkeit ein, wodurch unzweifelhaft die Gegenwart von 
freiem Schwefel nachgewiesen wurde. Dieser freie Schwe- 
fel konnte nur von der Zersetzung und Zerstörung der Woll- 
faser herrühren. 

Eine Gegenprobe, welche mit reiner Schmierseife ange- 
stellt wurde, gab nur Spuren von Ammoniak und Schwefel. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass man den Verlust, 
welchen ein Wollenstoff durch derartig verfälschte Seifen 
erleidet, durch die Bestimmung des Stickstoffes (als Am- 
moniak) in der filtrirten Lauge ziemlich genau quantitativ 
bestimmen kann. Ich habe diese Bestimmung jedoch hier 
unterlassen, weil ich bei den Untersuchungen der Walk- 
und Auswaschseifen (Oekonomieseifen) darauf zurück- 
kommen und den quantitativen Verlust angeben werde. 

Die mit der fraglichen Seife gewaschenen Wollfasern 
zeigten nnter dem Mikroskop nachfolgendes Aeussere. 

Die einzelnen Wollfasern hatten fast alle die schup- 
penartige, tannenzapfförmige Bildung ihrer Epi- 
thelialschicht fast vollständig verloren; viele 
Cylinder waren aufgeschlitzt oder gespalten, und 
die Oberfläche netzartig zerfressen und mit dun- 
kelgelben Flecken bedeckt. 

Der gewaschene Wollenstoff hinterliess bei der Verbren- 
nung eine sehr kieselsäurehaltige Asche, welche 0,613 
Proc. betrug, wohingegen der ursprüngliche Stoff einen Aschen- 
gehalt von 0,577 Proc. zeigte. (Die Stoffe waren jedesmal 
bei 100° C. getrocknet worden.) 

Aus den Ergebnissen meiner Versuche geht demnach 
hervor, dass die Wollenstoffe durch das Waschen mit diesen 
verfälschten Seifen bedeutend leiden, insofern einerseits die 
eigentliche Wollsubstanz angegriffen und zerstört, der Rück- 
stand beim Trocknen spröde und brüchig wird, andererseits 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete, 151 


durch das Waschen (Reiben) bei Gegenwart der freien Kie- 
selsäure die aufgelockerte Epithelialschicht mechanisch zer- 
stört und somit die Haltbarkeit der Zeuge bedeutend ver- 
mindert wird. 

Es geht ferner daraus hervor, dass derartig verfälschte 
Seifen nicht zum Walken der Wollenzeuge ange- 
wandt werden dürfen. 

Ferner ist zu bemerken, dass durch Aufnahme von aus- 
geschiedener Kieselsäure, welche sich zwischen den einzelnen 
Weollfasern lagert, eine schnellere Abnutzung, also eine 
geringere Haltbarkeit bedingt wird, weil eben die harte 
und rauhe Kieselsäure die Abnutzung der einzelnen Fasern 
und Fäden beschleunigt. 

Der offenbare Schaden, welcher dem consumirenden Pu- 
blicum durch die betrügerischen Verfälschungen der Schmier- 
seifen mit Wasserglas, Stärkemehl und Infusorienerde erwächst, 
erfordert ein strenges Einschreiten gegen dieses unreelle Trei- 


‘ ben und macht es jedem Fachmanne zur Pflicht, das Publi- 


cum in dieser Hinsicht aufzuklären und zu warnen. 


Prüfung der Schmierseife. 


Da man durch blosses Ansehen den Werth der Schmier- 
seife nicht bestimmen kann und bei dem Gebrauch derselben 
der eigentliche nutzbringende Effect nur von dem Gehalt an 


fettsaurem Kali abhängig ist, so kommt es bei unver- 


fälschten Fabricaten nur darauf an, den Gehalt an eigent- 
licher Seifensubstanz, resp. die Fettsäure und das Kalı 
direct zu bestimmen und aus dem Verlust den Wasser-, 
resp. den Wasser- und Glyceringehalt zu berechnen. 

Um den Gehalt der Seife zu bestimmen, ist es desshalb 
vorab nothwendig, die Reinheit oder die Verfälschungen des 
Fabricates nachzuweisen, d. h. also dieselbe einer Vorprüfung 
(einer qualitativen Analyse) zu unterwerfen. 


Vorprüfung. 


"Die zu untersuchende Seife wird in warmem destillir- 
ten Wasser gelöst, Löst sich die Seife klar und ohne 


} 
152 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 


Rückstand auf, so ist dieses ein gutes Zeichen, denn es 
schliesst eine geflissentliche Zumischung von unlöslichen Sub- 
stanzen, Thon, Infusorienerde etc. aus; scheidet sich nach 
längerer Zeit eine geringe Menge eines blauen, schwar- 
zen oder grünlichen Niederschlages ab, so ist dieser 
nicht von einer geflissentlichen Verfälschung herrührend zu 
betrachten, sondern dem der Seife zugesetzten Färbemittel 
(Indigo, Schwärze oder Schwefeleisen) zuzuschreiben. 


Man versetzt nun die klare Lösung mit verdünnter Salz- 
säure bis zur stark sauren Reaction und beobachtet, ob die 
Neutralisation unter Aufbrausen stattfand (Kohlensäure), 
und ob das entweichende Gas einen Geruch nach faulen 
Eiern verbreitet und Bleipapier schwärzt (Schwefelwas- 
serstoff). Ist Letzteres der Fall, so muss, wie schon 
früher angegeben, ein direeter Nachweis der Schwefelalkalien 
mit Nitroprussidnatrium erbracht werden. 


Bei dieser Neutralisation scheidet sich zuweilen ein hell- 
blauer Niederschlag aus, welcher von einem Oyan-, resp. 
Ferrocyangehalt der Seife herrübrt. Wird nemlich zur 
Bereitung der Seife eine Potasche benutzt, welche aus 
Schlempekohle bereitet wurde, so enthält sie fast immer 
Cyankalium, welches in Berührung mit metallischem Eisen 
oder Schwefeleisen sich in Ferrocyankalium (Blutlaugen- 
salz) verwandelt und bei der Zersetzung der Seife mit 
einer Säure die Ausscheidung der Eisencyanverbindung. her- 
vorruft, . 


Der Gehalt an Ferrocyan bringt keinen Schaden hervor. 
Auch kann ein Ferrocyangehalt der Seife hervorgerufen wer- 
den, wenn von unwissenden Fabrikanten der zum Färben der’ 
Schmierseife anzuwendende Indigo durch Berliner- oder Mi- 
neralblau ersetzt wird. Diese beiden Verbindungen bringen 
jedoch die gewünschte Färbung nicht hervor, weil durch die 
Einwirkung des Kalis sich unter Abscheidung von braunem 
Eisenoxydhydrat, Blutlaugensalz bildet. Beim Zusatz einer 
starken Säure tritt die Rückbildung der blauen Farbe wie- 
der ein, 


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Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 153 


Nachdem die Seifenlösung mit Salzsäure zersetzt ist, 
welche Operation man vortheilhaft in einem mit Glashahn 
versehenen Glasscheidetrichter vornimmt, setzt man der Flüs- 
sigkeit Canadol zu und schüttelt das Gemisch kräftig. Nach- 
dem sich das Canadol, welches die Fettsäuren und auch 
einen Theil des Harzes gelöst enthalten kann, klar abge- 
schieden hat, lässt man vermittelst des Glashahnes die saure 
wässerige Flüssigkeit ablaufen. 


Von dieser sauren Flüssigkeit versetzt man eine mit 
Wasser verdünnte Probe in einem Proberöhrchen mit einem 
Tropfen Jodwasser oder mit einer schwachen Auflösung 
von Jod in Jodkalium. Entsteht eine dunkel veilchen- 
blaue oder violettrothe Färbung, so enthält die 
Seife unzweifelhaft Stärkekleister. 

Den Rest der sauren Zersetzungsflüssigkeit dampft man 
im Wasserbade vorsichtig zur Trockne ein, befeuchtet den 
Rückstand mit reiner starker Salzsäure und verjagt den 
Ueberschuss durch gelindes Erwärmen im Wasserbade. 


War die Seife mit Stärke verfälscht, welches ja schon 
durch Jod nachgewiesen wurde, so nimmt beim Eindampfen 
der Rückstand eine dunkelbraune Farbe an, unter Ausschei- 
dung einer humusähnlichen Substanz und unter Verbreitung 
eines eigenthümlichen faden Geruches, welcher, wenn Kar- 
toffelstärke angewandt wurde, dem bei der Traubenzucker- 
bereitung aus Kartoffelstärke sich einstellenden frappant ähn- 
lich ist. 


Man bringt den Abdampfniederschlag vermittelst destil- 
lirren Wassers auf ein Filter und süsst denselben vollstän- 
dig aus. 


Der Niederschlag wird nun getrocknet und im Platintiegel 
verbrannt. Bleibt ein weisser leichter Rückstand, so war 
Kieselsäure in der Seife vorhanden, d.h. sie war mit Was- 
serglas oder Infusorienerde, oder mit beiden zugleich ver- 
fälscht. Die Beantwortung der Frage, ob Wasserglas, Infu- 
sorienerde oder beide zugleich zur Verfälschung verwendet 


wurden, kann nur das Mikroskop geben. 


154 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 


Bei einer hinreichend starken Vergrösserung (400 facher) 
erkennt man sofort die charakteristischen Kieselpanzer, wenn 
Infusorienerde vorhanden ist, wohingegen die aus dem Was- 
serglas ausgeschiedene Kieselsäure sich formlos zeigt. 

Das von dem Niederschlag erhaltene Filtrat wird im 
Wasserbade zur Trockne eingedampft, der Rückstand (A) mit 
einer Mischung von Aether und Weingeist (gleiche Volumina) 
ausgezogen und der Auszug auf dem Wasserbade von dem 
Aether’- Weingeist befreit. 

Man nimmt nun den Rückstand mit Wasser auf, setzt 
neutrale Kupferchloridlösung und zuletzt überschüssiges Aetz- 
kalı zu. 

Hatte die Seife Stärkemehl oder Glycerin enthalten, so 
entsteht eine schön dunkellasurblaue Flüssigkeit. Man erhitzt 
in einem Kölbchen diese Flüssigkeit im Wasserbade so lange, 
als sich noch ein Niederschlag (gelb oder roth) ausscheidet 
und muss, im Falle die geklärte Flüssigkeit farblos geworden 
ist, bis zur deutlich blauen Farbe (zuweilen auch grünlichen) 
noch Kupferlösung zusetzen und abermals im Wasserbade 
erwärmen bis die Ausscheidung des Niederschlages erfolgt 
ist. Dieser gelbe oder schmutzigrothe Niederschlag besteht 
grösstentheils aus Kupferoxydul und erscheint, wenn die Seife 
Stärkemehl enthielt. 

Man versetzt nun die Flüssigkeit mit einigen Tropfen 
basisch - essigsaurem Bleioxyd; um gummiähnliche und 'fär- 
bende organische Zersetzungsproducte zu beseitigen, filtrirt 
und fällt das Filtrat mit Scehwefelkalium im Ueberschuss. 
Man filtrirt die Schwefelmetalle ab, dampft nach der Neutrali- 
‚sation mit Salzsäure das Filtrat im Wasserbade zur Trockne 
ab und extrahirt mit Aether- Weingeist. Nach dem Abdun- 
sten des Extractionsmittels bleibt das Glycerin zurück. 

Der mit A bezeichnete, mit Aether- Weingeist extrahirte 
Filtratrückstand wird im Platintiegel geglüht, der Rückstand 


mit Wasser aufgenommen und mit antimonsaurem Kali auf 


einen Gehalt an Natron geprüft. 
Die schon früher erwähnte Auflösung der Fettsäuren 
in Canadol wird nun, wenn sie klar ist, in einem hohen Glas- 


En a 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 155 


eylinder mit dem 9- bis 10fachen Volumen reinen Canadols 
gemischt. 

Tritt eine Trübung ein, so ist sicher Harz vorhanden. 
Dasselbe setzt sich nach einiger Zeit als eine klebrige bräun- 
liche Masse am Boden des Cylinders ab. 

Diese ganze Vorprüfung, wie mühsam und umständlich 
sie auch erscheint, ist es für den Chemiker nicht und sie ist 
durch die mannigfachen Verfälschungen, welchen die Schmier- 
seifen ausgesetzt sind, energisch geboten. 


Quantitative Bestimmung des Wassers bei den 
Schmierseifen. 


Die directe Bestimmung des Wassers der Kaliseifen bie- 
tet insofern Schwierigkeiten, als sie bei einer geringen Tem- 
peraturerhöhung flüssig werden und die Oberfläche sich mit 
einer Haut überzieht, welche den übrigen Theil der Seife vor 
dem Eintrocknen schützt. Steigert man die Temperatur, so 
tritt häufig ein Schäumen und Blasenwerfen ein, welches einen 
Verlust an Substanz zur Folge hat, wodurch die Wasserbe- 
stimmung. zu hoch ausfällt. Ferner tritt bei einem Ueber- 
schuss von caustischem Kali der Uebelstand ein, dass Koh- 
lensäure aus der Atmosphäre aufgenommen wird, was eine 
unrichtige Bestimmung veranlasst und den‘ Wassergehalt zu 
gering finden lässt. Auch muss das Abwägen unter Vor- 
sichtsmaasregeln geschehen, die eine Wasseranziehung aus der 
Luft vermeiden lassen. 

Bei meinen vielen Wasserbestimmungen bei den Ka- 
liseifen hat sich nachfolgende Methode am besten bewährt: 
Man wägt eine Quantität Seife (6 Grm.) zwischen zwei Uhr- 
gläsern ab, deren Ränder abgeschliffen sind und luftdicht auf- 
einander passen. Durch eme Messingklemme werden sie fest 
auf einander gehalten. Nach dem Abwiegen bringt man das 
untere Uhrglas, welches die Seife enthält, in ein Luftbad, 
welches anfangs auf 100° 0. erwärmt ist. Dieses Luftbad 
ist mit einem Aspirator versehen, welcher einen continuirli- 
chen Strom trockener und kohlensäurefreier Luft durch das 


156 Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 


Luftbad saugt. Man steigert allmählig die Temperatur bis 
auf 120°C. und lässt die Seife so lange dieser hohen Tem- 
peratur ausgesetzt, bis das Gewicht constant bleibt. Der 
Gewichtsverlust entspricht dem Wassergehalt der Seife. _ 


Eine directe Wasserbestimmung ist bei allen verfälsch- 
ten Seifen nothwendig; bei reinen Schmierseifen genügt die 
indirecte Bestimmung durch den Verlust. 


Quantitative Bestimmung der Fettsäuren. 


Um den Fettsäuregehalt einer Seife zu bestimmen, wird 
eine abgewogene Menge (circa 10 bis 12 Grm.) derselben in 
warmem destillirten Wasser aufgelöst, diese Lösung mit ver- 
dünnter reiner Salzsäure bis zur stark sauren Reaction ver- 
setzt und diese Mischung, nachdem sie bis auf ‚circa 20°C. 
abgekühlt ist, mit Canadol versetzt (circa das gleiche Gewicht 
der Seife). Nach einer vorsichtigen Mischung wird vermit- 
telst eines gläsernen, mit Hahn versehenen Scheidetrichters 
die Canadolschicht von der sauren Flüssigkeit getrennt und 
letztere noch 2- bis 3mal mit neuen Portionen reinen Cana- 


dols ausgewaschen. Die vereinigten Canadolauszüge giebt 


man in eine tarirte Porzellanschale oder in ein tarirtes Becher- 
glas und lässt das Canadol bei gelinder Wärme (circa 30° C.) 
verdunsten. Zuletzt bringt man die Schale oder das Becher- 
glas in ein auf 100°C. erwärmtes Luft- oder Wasserbad und. 
wiegt die zurückgebliebene Fettsäure ab. 


Diese Methode ist derjenigen, vermittelst Zusatz von Wachs 
den Fettsäuregehalt zu bestimmen, bei weitem vorzuziehen. 
Sie giebt sehr übereinstimmende und. befriedigende Re- 
sultate. 


Soll auch das Harz bestimmt werden, so löst man die 
erhaltene Fettsäure in Canadol und setzt dieser Lösung so 
lange reines Canadol zu, bis keine Trübung mehr entsteht. 
Der Ruhe überlassen (in fest verschlossenen Gefässen), schei- 
det sich das Harz am Boden des Gefässes als eine klebrige 
Masse ab. ‘Man giesst die klare Canadollösung ab und 


a 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 157 


bestimmt, wie vorhin angegeben, die in derselben enthaltene 
Fettsäure. Die Gewichtsdifferenz giebt den Harzgehalt an. 


Quantitative Bestimmung der Kieselsäure: 


Da die Kieselsäure in der Seife in zwei verschiedenen 
Formen vorkommen kann, so ist ihre Bestimmung eine 
zweifache. 

Man bestimmt zuerst die in der Seife enthaltene un- 
lösliche Kieselsäure. 

Zu dem Ende wird eine gewogene Menge, circa 10 Grm., 
in warmem destillirten Wasser gelöst und die Lösung filtrirt. 
Der auf dem Filter zurückgebliebene Niederschlag wird zuerst 
mit Wasser, hernach mit verdünnter Salzsäure und zuletzt 
wieder mit Wasser gewaschen, getrocknet und im Platintie- 
gel geglüht. Das Gewicht des unverbrennlichen Rückstandes 
giebt nach Abzug der Filterasche die Menge der unlöslichen 
Kieselsäure an. 

Die lösliche Kieselsäure bestimmt man in dem eben 
erhaltenen Filtrat, welchem man auch die sauren Waschwäs- 
ser zugiebt. Man übersättigt Alles mit Salzsäure und dampft 
im Wasserbade zur Trockne ab, befeuchtet den Rückstand 
mit starker reiner Salzsäure, verjagt den Ueberschuss der 
Salzsäure abermals im Wasserbade und bringt den Rückstand 
mit destillirtem Wasser auf ein Filter. Nach dem vollstän- 
digen Auswaschen wird der Niederschlag getrocknet und im 
Platintiegel geglüht. Das Gewicht des Rückstandes giebt 
nach Abzug der Filterasche die Menge der löslichen Kiesel- 
säure an. 


Quantitative Bestimmung der Alkalien und 
Säuren. 


Zu dieser Bestimmung wird das Filtrat benutzt, welches 
bei der Bestimmung der löslichen Kieselsäure erhalten wurde. 
Man verdampft dasselbe in einer Platinschale im Wasserbade 
zur Trockne und glüht zur Zerstörung der organischen Sub- 
stanz so lange, bis der Rückstand vollständig weiss ist, 


158 Üeber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 


Derselbe wird nun in destillirtem Wasser gelöst, wenn nöthig 


‘ Siltrirt, und die Lösung in einem Platintiegel zur Trockne 


abgedampft und geglüht. Das Gewicht giebt uns die Menge 
der in der Seife enthaltenen Alkalien als Chloralkalien an. 
(Selbstverständlich musste, wenn Schwefelsäure vorhanden 
war, diese vorher durch Zusatz von Chlorbaryum auf die 
bekannte Weise beseitigt werden.) 


Man versetzt nun die Chloralkalien mit einer Lösung 
von Platinchlorid im Ueberschuss, dampft im Wasserbade zur _ 
Trockne ein, und bringt den Niederschlag mit starkem Wein- 
geit auf ein bei 100°C, getrocknetes und gewogenes Filter. 
Aus dem Gewichte des bei 100°C. getrockneten Nieder- 
schlages ergiebt sich die Menge des in der Seife enthaltenen 
Kalis. Zieht man die dem Kali entsprechende Menge Chlor- 
kalium von der Summe der gefundenen Chloralkalimetalle ab, 
so erhält man das in der Seife enthaltene Natron in der Form 
von Chlornatrium, aus welchem sich leicht der Natrongehalt 
berechnen lässt. — Sollen die Alkalien in der Weise bestimmt 
werden, dass man angiebt, wie viel derselben mit den Fett- 
säuren verbunden sind oder sich als ätzende oder kohlensaure 
Alkalien in der Seife befinden, so muss man einen anderen 
Weg einschlagen, welchen ich bei den Walk- und Auswasch- 
seifen ausführlich beschreiben werde. | 


Quantitative Bestimmung des Stärkemehles. 


So leicht der qualitative Nachweis des Stärkemehles in 
der Seife ist, so schwierig ist die quantitative Bestimmung 
desselben, wenn dieselbe direct geschehen soll. Sie geschieht 
desshalb fast immer durch den Verlust in Gemeinschaft mit 
dem Glycerin. 

In den Fällen, wo eine directe Bestimmung des Stärke- 
mehles gefordert wird, löst man eine abgewogene Menge 
Seife, eirca 10 Grm. in 200 — 300 Kubikcentimeter destillirten 
Wasser und versetzt diese Lösung mit verdünnter Schwefel- 
säure bis zur schwach sauren Reaction. Unter beständigem 
Ersatz des verdunstenden Wassers wird nun die Flüssigkeit 


Ueber die Kalı- oder Schmierseifen, ihre Verfälschüngen ete. 159 


in schwachem Sieden erhalten, bis der ganze Stärkemehlge- 
halt in Zucker verwandelt ist und man mit Jodwasser keine 
Reaction auf Stärkemehl mehr erhält. Die Flüssigkeit wird 
dann mit Kreide oder kohlensaurem Baryt neutralisirt, filtrirt 
und der Zucker durch Gährung oder nach der Fehling’- 
schen Methode mit alkalischer Kupferlösung bestimmt. 

Um das Glycerin direct zu bestimmen, löst man eine 
gewogene Menge Seife in destilliriem Wasser, setzt essigsau- 
res Bleioxyd im Ueberschuss hinzu, und kocht. Man filtrirt 
und leitet durch das Filtrat so lange Schwefelwasserstoff, bis 
alles Blei gefällt ist, filtrirt das ausgeschiedene Schwefelblei 
ab, verdampft das Filtrat im Wasserbade zur Syrupconsistenz 
und zieht den Rückstand mit absolutem Alkohol oder’ Aether- 
weingeist aus. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels in 
einer tarirten Schale bleibt das Glycerin zurück und kann 
dem Gewichte nach bestimmt worden. Diese Methode kann 
auch zum qualitativen Nachweis benutzt werden. 


Um annähernd festzustellen, welchen Umfang die betrü- 
gerischen Seifenverfälschungen hier und in der Umgegend 
erreicht haben, wurden 39 Proben verschiedener Schmiersei- 
fen, welche in den Städten Aachen, Bonn, Üoblenz, Cöln, 
Deutz, Duisburg, Elberfeld (Barmen), Eschweiler, Mannheim 
(Ludwigshafen), Neuwied, Stolberg und Worms fabrieirt wer- 
den, einer genauen chemischen Untersuchung unterworfen. 

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, auf 100 Gewichts- 
theile der verschiedenen Schmierseifenproben berechnet, sind 
in nachfolgender Tabelle angegeben. 


ifen, ihre Verfälschungen ete. 


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11 


Arch, d, Pharm, TIT, Reihe, T. Bds, 2, TIft, 


163% Ueber die Kalı- oder Schmierseifen, ihre Verfälsehungen etc. 


Die genaue chemische Analyse ergab demnach, dass unter 
diesen 39 verschiedenen Schmierseifenproben sich nur 8 be- 
fanden, welche rein und unverfälscht waren, wohingegen 31 
sich als mehr oder minder schlecht und verfälscht erga- 


‘ ben, demnach nicht auf den Namen einer reellen Waue An- 


Anlich machen konnten. 

Von den untersuchten Seifen waren also nur 20,512 Proe. 
als eine gute Waare, dagegen 79,488 Proc. als schlechte, mehr 
oder minder verfälschte zu bezeichnen. 

Von den 79,488 Proc. schlechter Waare waren ver- 
fälscht mit: | 


Wasserglas 12,820 Proc. 
Kartoffelmehl 5,128 „ 
dessgl. und Wasserglas 56,410 „, 
dessgl. u. Wasserglas nebst Infu- 
sorienerde 5,1280 
79,486 


Ganz tadelfreie, vorzügliche Fabricate sind: 
Nr. 1 PB. N. I Aachen 
Nr N. I SoN® 
Nenn )esch. E°.-; 
Ne Sch. El, 
Nr. 12 W. C. Cöln. 


Diesen fast gleich stehend sind die Fabricate: 
Nr 323. BuNachen; 
Nr. 22 Rsbeh. I. Elberfeld (Barmen), und 
Nr. 29 Hh. I. Neuwied. 


Von den anderen Seifen, welche sämmtlich als ver- 
 fälschte Waare anzusehen sind, sind als sehr schlechte 
Fabrieate zu bezeichnen: 


Nr 7 bonn, 
Nessie, 

Nr. 9 Schfr. I. Coblenaz. 
Nr. 10 desgl. I. 


2? 


Re 


Ueber die Kali- oder Schmierseifen, ihre Verfälschungen ete. 163 


'. 13 
PrIG 
’. 18 
rl) 
| 
82 
83 
Nr. 


37 


Gebr. R. Cöln. 

W. & Comp. I. Cöln. 
A. V. H. DO. Deutz. 
C. B. I. Duisburg. 
dessgl. III.  , 

Schrt. I. Neuwied. 
dessgl: II. °-;,, 

M. & W. I. Stolberg. 


Die Nummern 38 A. B. I Ludwigshafen (Palmölwasser- 
glasseife) und Nr. 39 C. v. B. Worms (Weasserglasseife), 
sind Fabricate, welche den Namen Seife nicht einmal verdie- 
nen und gegen deren Einführung das Publicum energisch 


protestiren müsste. 


Cöln, im Februar 1872. | 


11® 


164 


B. Monatsbericht. 


I. Chemie. 


Ueber Nachweisung und Bestimmung organischer 
Stoffe im Wasser. 


Für die Bestimmung eines Wassers zu Genusszwecken 
bleibt die Nachweisung der organischen Verbindungen in dem- 
selben von der grössten Wichtigkeit und .weder die Fest- 
stellung des Salpetersäuregehalts, noch die des Ammoniaks 
können als allein maassgebende Factoren in dieser Richtung 
erkannt werden. Die mikroskopische Nachweisung von 
Schwärmsporen, Monaden, Vibrionen u. s. w. kann nicht als 
hinreichender Grund zur Beurtheilung eines dieselben ent- 
haltenden Wassers betraehtet werden und die Bestimmung 
des Abdampfrückstandes und des Glühverlustes bietet ebenso 
unsichere Werthe in dieser Richtung. Es steht somit der 
chemischen Untersuchung in der Auffindung sicherer Metho- 
den zur Constatirung in Wasser gelöster, organischer Stoffe 
noch ein weites Forschungsgebiet offen. 

Das übermangansaure Kali bildet ein werthvolles 
Reagenz zur Nachweisung organischer Stoffe überhaupt, aber 
es gestattet in seiner Anwendung und den dadurch bedingten 
Erscheinungen nur ganz allgemeine Schlussfolgerungen auf 
die Qualität des zu untersuchenden Wassers. 

Um die Art und Menge der im Wasser gelösten .orga- 
nischen Verbindungen kennen zu lernen, empfiehlt Prof. 
Fleck die Behandlung des zu untersuchenden Wassers mit 
einer alkalischen Silberoxydlösung, welche sich 
besonders eignet, organische Verbindung von bestimmter Qua- 
ität zu erkennen und deren Menge annähernd zu bestimmen. 
Während nemlich die alkalische Chamäleonlösung durch fast 
alle organische Verbindungen zerstört wird, findet die Re- 
duction einer alkalischen Silberlösung nur beiAnwesenheib 


a 


„ 
De 


Ueber Nachweisung u. Bestimmung organischer Stoffe im Wasser, 165 


an sich leicht zerstörbarer, leicht gährungs- oder 
fäulnissfähiger organ. Stoffe statt. Reducirend wir- 
ken zum Theil schon unter dem Siedepunkte des Wassers: 


_ Gallenfarbstoffe, animal- und vegetabilische Farbstoffe, Taurin, 


Harnsäure, Gerbsäure, gelöste Proteinstoffe, Traubenzucker, 
während die Fettsäuren und deren Salze, Milchsäure und 
Bernsteinsäure, die in Wasser und Alkalien unlöslichen Al- 
kaloide auch bei längerm Kochen das Silberoxyd nicht redu- 


ciren. Zur Darstellung einer alkalischen titrirten Silberlösung 


empfiehlt Prof. Fleck nachstehendes Verhältniss: 


0,1 Atom salpetersaures Silberoxyd = 17 Grm. 
0,4 ,  unterschwefligsaures Natron = 50 ‚, 
1,2 ,„ Natronhydrat ZA 


werden auf ein Liter in Lösung gebracht. Die concentrirte 
Silberlösung wird in das Gemisch der Natronlauge von be- 
kanntem Gehalt und des unterschwefligsauren Natron geschüt- 
tet und, nachdem man das Volum der Flüssigkeit auf ein 
Liter gebracht, eine Viertelstunde lang in einem bedeck- 
ten Kolben gekocht. Durch diese Operation werden die orga- 
nischen Stoffe der Lösung selbst zerstört, eine der letztern 
entsprechende Menge Silber wird ausgeschieden und die 
abgekühlte und geklärte Lösung von dem abgeschiedenen 
Silber abgegossen und in geschwärzten Glasgelässen auf- 
bewahrt. 

Der Kilhorgehalt der Flüssigkeit kann sowohl durch 
Kochen mit einer Traubenzuckerlösung, sowie auch durch 
Jodkaliumlösung normirt werden. Zum Zwecke der Nach- 
weisung von organischen Substanzen im Wasser giesst man 
zu 100 0.C. des letztern 10 C.C. der erstern aus einer Giess- 
bürette. Die Anwesenheit löslicher Sulfide bedingt die sofor- 
tige Abscheidung von Schwefelsilber; Eisenoxydul- oder Zinn- 
oxydulsalze scheiden metall. Silber ab. Das Klarbleiben der 
Flüssigkeit in der Kälte spricht tür deren Abwesenheit. Er- 
wärmt man nun, so beginnt neben der Abscheidung weisser 
Kalk und Talkerde - Niederschläge bei 70° C. die Trübung 
der Lösung, herrührend von leicht zerstörbaren organischen 
Stoffen; man setzt das Erwärmen bis zum Kochen des Was- 
sers fort und hört nach etwa 10 Minuten damit auf, sobald 
sich das Silber in Flocken abscheidet. 


Zur Feststellung gewisser Wirkungswerthe des Reagenzes 


behandelte Fleck gewogene Mengen reiner organischer Ver- 


bindungen mit alkalischer Silberlösung und vermittelte fol- 
gende Reductionsverhältnisse; 


166 Ueber Nachweisung u. Bestimmung organischer Stoffe im Wasser. 


1 Grm. Traubenzucker scheidet ab 0,900 Grm. Silber 

LE... Harnsäure Sr BENELDED. > x 

1 „  Gallussäure 5 Mr BL2. B 

Hieraus berechnete sich das V-erhältniss: 

2 Atome Traubenzucker zu 3 Atomen Silber 

1 Atom Harnsäure Pe ” 

1 ,„ Gallussäure BURN, s 

Diese Verschiedenheit in der Wirkungsweise organischer 

Stoffe schliesst indess die Möglichkeit einer Schlussfolgerung 
auf den Grad der Reinheit eines Wassers darum nicht aus, 
weil immer aus der Quantität des abgeschiedenen Silbers auf 
die Anwesenheit leicht oxydirbarer organischer Körper ge- 
schlossen werden kann; und dass auch die flüchtigen organi- 
schen Verbindungen reducirend auf alkalische Silberlösung 
wirken, beweist die Thatsache, dass durch 1 Liter destillirtes 
Wasser, wie solches im Dampfapparate aus dem Wasser der 
Weiseritz erzielt wird, 50 Mgrm. Silber redueirt abgeschieden 
wurden. Letzterer Umstand liess es von Interesse erscheinen, 
über die Quantität der bei der Destillation eines Wassers 
sich verflüchtigenden organischen Verbindungen ein Urtheil 
zu erlangen. Zu dem Zwecke wurde das Wasser der Elbe 
und der Weiseritz sowohl für sich, als auch in destillirtem 
Zustande mit alkalischer Silberlösung behandelt und hierbei 
folgende Gewichte reducirten Silbers erhalten: 


Ein Liter redueirt für sich destillirt. 
Vord. Stadt Dresden geschöpft. Wass.=0,120Gr. 0,025. Gr. Silb. 
Hinter d. Stadt „, 7 a 0,2349, 002 


Diese Zahlenwerthe gestatten einen Einblick in die Ver- 
änderungen der Flusswasser unter verschiedenen Einflüssen 
und beweisen zunächst, dass die einem Flusswasser zugeführ- 
ten organischen Abfälle einer Stadt erst durch längere Be- 
rührung mit dem Wasser und der Atmosphäre flüchtige Form 
annehmen. Gleichzeitig geht hieraus hervor, dass der Glüh- 
verlust eines durch Abdampfen erhaltenen Wasserrückstandes 
den ganzen Gehalt organischer Verbindungen nicht repräsen- 
tirt,. sowie durch dessen Ermittelung ein Rückschluss auf den 
Nutzwerth des Wassers um so weniger zu ziehen ist, als die 
organischen Verbindungen sich der weiteren Untersuchung 
zum Theil durch Verdampfung entziehen. 

Hiervon folgende Beispiele: 

1 Liter Wasser lieferte‘ Glühverlust. Redueirt. Silber. 
von ein. Brunnen in Dresden 0,392 Grm. 0,293 Grm. 
,‚ d.botan.Gart.inDresd, 0,164 0,014 „ 


” ” 


Ueber Nachweisung u. Bestimmung organischer Stoffe im Wasser. 167 


Gleichzeitig war durch das Nessler’sche Reagenz in 
dem erstern Wasser eine starke, rothe Färbung eingetreten 
und dadurch die Anwesenheit bedeutender Ammoniakver- 
bindungen constatirt worden, während das Wasser des 
letztern Brunnens durch dasselbe Reagenz kaum gelb er- 
schien. — Als ferner Resultat stellte sich heraus, dass der 
Ammoniakgehalt eines Wassers seiner Reductionswirkung auf 
alkalische Silberlösung fast proportional ist, sodass diese Me- 
thode und die Ammoniakbestimmung vorläufig die besten 
Reactionen zur Werthbestimmung eines Wassers abgeben. 
Dass organische Substanzen, welche leicht reducirend auf die 
alkalische Silberlösung wirken, leicht zersetzbar sein müssen, 
geht aus dem Obigen hervor und darin liegt der Werth des 
Reagenzes für die Beurtheilung der Genussfähigkeit eines 
Wassers. 

Das Verhalten des Traubenzuckers, der Harnsäure und 
Gallussäure beweisen, wie die am leichtesten spaltbare Gal- 
lussäure dem Silber die meisten Angriffspunkte bietet und 
die grössten Mengen Silber abscheidet. Somit gestattet die 
Menge des in einem untersuchten Wasser abgeschiedenen 
Silbers zwar kein sicheres Urtheil über die Zusammensetzung 
und Quantität der organ. Substanzen im Wasser überhaupt, 
wohl aber einen Schluss auf leicht zersetzbare, organ. Mate- 
rien, wahrscheinlich von vorwaltend contagiösem Charakter. 
Weder frischer verdünnter Amylunkleister, noch eine Lösung 
von Gelatine in Wasser wirken wesentlich redueirend auf 
Silberlösung; überlässt man diese Substanzen sich selbst, so 
tritt schon nach wenigen Tagen eine schnell vorschreitende 
Reduction der alkal. Silberlösung ein. Milchsäure und deren 
Salze reduciren die Silberlösung nicht, fügt man aber Milch- 
säure zu Amylumkleister, überlässt das Gemenge 24 Stunden 
sich selbst, so wird durch wenige Tropfen der milchsauren 
Flüssigkeit eine Reduction erzeugt. Aus 100 Grm. frischen 
Harn werden nach Zusatz von alkal. Silberlösung 0,701 Grm. 
Silber abgeschieden; von demselben Harn, 8 Tage sich selbst 
überlassen, redueiren 100 Grm. 1,316 Silber. Flüssigkeiten, 
welche organische Stoffe gelöst enthalten und schnell in Fäul- 
niss übergehen, können somit nach dem reducirenden Einfluss 
auf alkal. Silberlösung beurtheilt werden. Zur Bestimmung 
des Silbergehaltes des Reagenzes, wie des reducirten Silbers 
in den untersuchten Flüssigkeiten verwendet H. Fleck ein 
Titrirverfahren mittelst Jodkaliumlösung, deren Gehalt vorher, 
durch Ausfällung des Jods als Jodsilber bestimmt war, und. 
welche so concentrirt gewählt wird, dass 1 Liter nicht mehr 


168 Ueber Nachweisung u. Bestimmung organischer Stoffe im Wasser, 


als 16,620 Grm. Jodkalium gelöst enthält und somit nicht 
mehr als 10,300 Grm. Silber anzeigt. Um mit dieser Jod- 
kaliumlösung den Silbergehalt der alkal. Flüssigkeit zu bestim- 
men, misst man 10 C.C. der letztern in ein Becherglas, ver- 
dünnt mit der 3—4fachen Menge destill. Wassers und lässt 
dann aus der Bürette die Jodkaliumlösung zufliessen. Gleich- 
zeitig hält man eine Mischung gleicher Volumina einer Lö- 
sung von doppeltchromsaurem Kali, reiner Salzsäure und 
Amylumkleister bereit und beobachtet nun, wenn die Nieder- 
schläge von Jodsilber schwächer auftreten, ob und wann durch 
einen Tropfen derChromsäurelösung auf einer Porzellan- 
schaale ein Tropfen der Jodsilberflüssigkeit aus dem Becher- 
glase schwach gebläut wird. Diese Reaktion ist so empfind- 
lich, dass Fleck mit grossem Vortheil das Verfahren zur 
Titrirung des Chlorgehalts von Brunnenwasser angewandt 
hat. Lässt man nemlich das Uhromsäurereagenz mit einem 
Tropfen der Jodsilberflüssigkeit zusammenfliessen, so bildet 
sich sofort ein blauer Rand, sobald ein Ueberschuss von 
Jodkalium erreicht ist. Eine Zersetzung des gleichzeitig mit 
übergeführten Jodsilbers tritt erst nach langer Berührung 
beider Tropfen ein. Für die zu obigen Versuchen verwandte 
Jodkaliumlösung war ein Gehalt festgestellt, nach welchem 
durch 100 C.C. des letztern 0,970 Grm. Silber angezeigt 
wurden. Von dieser Lösung wurden zur Zersetzung von 
10 C.C. alkal. Silberlösung 11,1 C.C. gebraucht, also in der 
Silberlösung: 

u —= 0,1067 Silber auf 10 C.C., 1,067 Grm. auf 


100 C.C. festgestellt. 


Zur Untersuchung der Veränderungen eines Quellwas- 
sers, welches zur Speisung eines Teiches in der Nähe von 


Dresden diente, wurde sowohl das Quellwasser, wie das 


Teichwasser mittelst Silberlösung titrirt, um einen Schluss 
auf den Gehalt fäulnissfähiger, organischer Substanzen zu 
erlangen. 


Zu diesem Zwecke wurde von jedem dieser Wässer 
100 C.C. in Bechergläser gemessen, zu jedem 10 (0.C. alkal. 
Silberlösung zugefügt und darauf jedes 10 Minuten gekocht. 
Nach dem Erkalten der getrübten Flüssigkeiten wurde jedes 
mit Jodkalium titrirt. Hierbei mussten zu dem Quellwasser 
10,8 0.C,, zu dem Teichwasser 11,03 C©.C. Jodkaliumlösung 
bis zum Eintritt der Jodreaction unter dem Einflusse der 
Chromsänre gefügt werden. Es waren demnach durch das 


ne 


Ben: 


Ueber den Salzgehalt des todten Meeres (Bahr Lut). 169 


10,8 x 1,067 : 

Quellwasser: 11,1 - FE — 0,0032 Grm. Silber, 
Ey 03 >2 1 ‚067 R 

durch das Teichwasser: 11,1 — 100 -—=0,0007 Grm. 


Silber reducirt worden. 

Das Verhältniss der Fäulniss oder der gährungfähigen 
Substanz in dem Quellwasser zu dem des Teichwassers ist 
somit durch die Silbermenge 32: 7 ausgedrückt und nachge- 
wiesen, wie durch die Vegetation in den Teichen der Gehalt 
an organischen Substauzen im Wasser vermindert, das Was- 
ser selbst also wesentlich verbessert wird. (Journal f. prac- 
tische Chemie. Bd. 4. 1871.). RB. Bender, 


Ueber den Salzgehalt des todten Meeres (Bahr Lut). 


Der seit alter Zeit bereits bekannte bedeutende Salz- 
gehalt, den das Wasser des todten Meeres aufweist, und die 
noch heute erprobte relativ hohe Tragfähigkeit des conden- 
sirten Salzwassers dieses Sees lässt in Folge seiner grossen 
Dichtigkeit = 1,162 an der Oberfläche, während die des 
Meerwassers nur 1,027 ist, weder Menschen noch Vieh 
völlig untersinken. Weitere Eigenthümlichkeiten dieses Was- 


sers sind dessen ausserordentliche, schwer aus dem Munde 


wieder zu tilgende Bitterkeit und eine besondere Fettigkeit, 
die man an der durch die Salzfluth gezogenen Hand sehr 
deutlich wahrnimmt; badet man aber in dem See, so be- 
hält man, selbst nach sehr sorgfältigem Abreiben des 
Körpers, auf der ganzen Oberfläche Jesselben ein unange- 


nehmes Jucken und Stechen, das sich meist erst in Folge 


eines Bades in den kühleren und reineren Jordanfluthen 
legt; längere und öftere Berührungen mit dem Wasser 
erzeugen selbst auf der Haut Eiterblüthen, die sich während 
der ganzen Zeit halten, welche man auf dem See verbringt. 
Am bekanntesten endlich ist die todtbringende Einwirkung 
auf alles organische Leben, das dem Bahr Lut den Namen 
des todten Meeres zugezogen hat. 


Auf höher organisirte Thiere, selbst auf solche, die an 


stark salzhaltiges Wasser gewöhnt sind, wirkt die Salzsoole 


des todten Meeres unbedingt schnell tödtend ein. Während 


an den Zuflüssen des todten Meeres noch Fische in‘ nicht 


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170 Ueber den Salzgehalt des todten Meeres (Bahr Lut). 


unbedeutender Menge vorkommen und an den Ufern, so wie 
über der Salzfluth thierisches Leben herrscht, tödtet dieselbe, 
soweit sie vordringt, sofort alle höher organisirten Geschöpfe, 
die mit ihr in Berührung kommen. Den griechischen Christen 
von Kerek, die fast ganz auf Fleischspeisen angewiesen sind, 
wird durch den Mangel an Fischen im todten Meere 
das strenge Halten ihrer Fasten unmöglich gemacht; denn 
selbst die eifrigen Bemühungen, des zur Lösung der schwe- 
ren Gewissenstrage hingeeilten Bischofs von Jerusalem konn- 
ten dem lebenfeindlichen See keine Speise abgewinnen. 

Der Grund dieser todtbringenden Wirkung ist zum Theil 
dessen bis zu 28 Proc. steigendem Salzgehalt, zum Theil dem 
Bromgehalt des Wassers zugeschrieben worden. O. Schnei- 
der weist aber nach, dass man an einem Zuflusse des todten 
Meeres und bis zu einer Stelle, wo das Wasser eine Dich- 
tigkeit von 1,115 zeigte, noch kleine Fische gesehen hat, und 
ist der Meinung, dass wohl der Hauptantheil an dem leben- 
vernichtenden Einwirken dem Chlormagnesium zugerech- 
net werden müsse, 

Die chemische Zusammensetzung des Seewassers wech- 
selt nach den Jahreszeiten, je nachdem dasselbe durch Regen - 
oder Schneewasser oder durch mehr oder weniger reichliche 
Zuflüsse süssen Wassers verdünnt‘ wird. Terreil hat das 
Seewasser analysirt, die Dichtigkeit desselben schwankte an 
der Oberfläche zwischen 1,021 und 1,164 und wuchs bis zu 
1,256 bei 300 Meter Tiefe. In quantitativ bestimmbaren 
Mengen zeigte sich Chlor, Brom, Magnesium, Natrium, Cal- 
cium und Kalium, während von Ammoniak, Aluminium, Eisen, 
. Kieselerde, Schwefel- und Kohlensäure, so wie von organi- 
schen, bituminös riechenden Stoffen nur Spuren nachweisbar 
waren; auch die Ersteren traten nach Lage, wie Tiefe des 
Schöpfortes in sehr abweichenden quantitativen Verhältnissen 
zu einander auf, so ergab sich z. B. mit zunehmender Tiefe 
ein bedeutendes Anwachsen des Bromgehaltes, der sich 
von 0,167 pro Mille auf 0,709 pro Mille bei 300 Meter Tiefe 
steigerte, — ein ausserordentlich hoher Bromgehalt, der 
von Wichtigkeit für die Bromgewinnung werden kann. Jod 
scheint im todten Meere gänzlich zu fehlen, ebenso der 
Phosphor, dessen Abwesenheit, wie Lartet betont, mit dafür 
sprechen würde, dass der See nie Thiere enthielt; auch konnte 
Terreil Sn Rubidium und Lithium dench den Spek- 
tral- Apparat nicht nachweisen; endlich hat Malaguti in 
den Verdampfungsrückständen vergeblich nach Silber gesucht 
und damit einen neuen Beweis für die Unabhängigkeit des 


Heizkraft u. Schwere d. Steinkohlen, — Die tiefste Kohlengrube, 171 


Bahr Lut von den benachbarten Meeren gefunden, da im 
deren Wasser Silber nachweisbar ist, 

Auf Grund der Ergebnisse der chemischen Analyse und 
einer Reihe von geologischen und geognostischen Beweisen 
ergiebt sich, dass der Salzgehalt des Bahr Lut den an und 
in seinem Becken in früherer Zeit in grösserer Menge vor- 
handen gewesenen, zu einem kleinen Theile noch heute exi- 
stirenden Mineralquellen zugeschrieben werden muss. (Dr. 
Oscar Schneider, Gaca VI. 12. S. 714 f.). 

Hog. 


Heizkraft und ‚Schwere der Steinkohlen. 


Die. Werftverwaltung in Danzig hat vergleichende Ver- 
suche über die Heizkraft und Schwere der Kohlen veranstal- 
tet. In ersterer Beziehung haben die Wales- und die west- 
phalischen Kohlen den Vorzug vor den übrigen erhalten, von 
den Wales-Kohlen sind 8 Sorten untersucht worden, die 
beste derselben lieferte das Resultat, dass ein Pfund Kohlen 
etwas über 8 Pfund Wasser verdampft hat. Von den west- 
phälischen Kohlen wurden neun Sorten einer Untersuchung 
unterworfen. Ein Pfund der Herne - Bochumkohle verdampfte 
fast 8 Pfund Wasser, so dass die Heizkraft zwischen beiden 
Kohlen kaum als verschieden zu bezeichnen ist, die übrigen 
westphälischen Kohlen stehen sich mit den übrigen Wales - 
Kohlen ungefähr gleich. Was die Schwere anbetrifft, so ver- 
dient die westphälische Kohle wegen ihrer allgemeinen Leich- 
tigkeit den Vorzug. Von der besten Wales- Kohle wiegt der 
Kubikfuss 54'/, Pfund (engl.) von der besten westphälischen 
(Herne-Bochum) Kohle nur 344/, Pfd. (engl) — Von den 
übrigen Kohlensorten besitzen durchschnittlich die schlesischen 
die grösste Heizkraft, demnächst kommen die sächsischen und 
die New -Castle- Kohlen. (Aus der Natur. 1870.). R. 


Die tiefste Kohlengrube, 
die überhaupt bekannt ist, ist die von Rose Bridge bei Wi- 
gan; die Tiefe beträgt 810 Yards (730 Meter oder 2326 Fuss). 
(Aus der Natur. 1870.). R. 


172 Kohlens.-Gehalt d. Luft. — Freie Schwefelsäure ete. — Kohlenwasserst. ete, 


Kohlensäure-Gehalt der Luft in Schulzimmern. 


Prof. Schwarzenbach in Bern hat die Luft in ver- 
schiedenen Schulzimmern untersucht und gefunden, dass 13 
Versuche in Knaben- und. Mädchenschulzimmern verschiede- 
ner Klassen bei 2?/, bis 9%/, Kubikmeter Rauminhalt pro 
Kind je nach einer Unterrichtsstunde Resultate zwischen 18,5 
und 35,2 Volumen Kohlensäure auf 10,000 Volumen Luft- 
inhalt gaben. Es war also der Kohlensäuregehalt bis auf 
das Sechsfache desjenigen der freien Luft angewachsen. 
Besonders stark war der Kohlensäuregehalt der Luft nach 
einer Gesangstunde. (Aus der Natur. 1870.). R. 


Freie Schwefelsäure im Essig zu entdecken. 


Hierzu dampft man nach King eine Unze Essig im 
Wasserbade bis zum dünnen Extract ab, reibt letzteres nach 
dem Erkalten mit einer halben Unze starken Weingeist 
zusammen, filtrirt nach einigen Stunden, mischt das Filtrat 
mit einer halben Unze Wasser und verdampft den Weingeist. 
Darnach wird nochmals filtrirt und das Filtrat nach Zusatz 
von einigen Tropfen Salzsäure mit Chlorbaryum geprüft. 
(Amer. Journ. of Pharm. Fourth. Ser. Aprü 1872. Vol. Il. 
Nr. IV.. p. 159.). Wr. 

- Dies ist Chevallier’s Methode. (Vergl. Lehrb. d. 
Pharm. v. Marquart 2. Aufl. bearbeitet 1866 von H. Lud- 
wig u. E. Hallier; 3. Bd. S. 159.). NERNEBR 


Umwandlung der aromatischen Kohlenwasserstoffe 
in Phenole; nach Ad. Wurtz. 


Man weiss, mit welcher Leichtigkeit das Benzin, das 
Toluen und das Naphtalin auf rauchende Schwefelsäure 
reagiren, um gepaarte Sulfosäuren zu bilden. 

Diese entstehen im Allgemeinen durch die Einwirkung 
eines Molekuls Schwefelsäure auf ein Molekul des Kohlen- 
wasserstoffs unter Abscheidung eines Molekuls Wasser. 

So entstehen die phenylschweflige Säure, toluyl- 
schweflige Säure und naphtylschweflige Säure. 
Auch Säuren kennt man, die aus der Reaction von 2 Mole- 
kulen Schwefelsäure auf ein Molekul Kohlenwasserstoff her- 
vorgehen, so z.B. die Disulfonaphtalsäure oder die 


Umwandlung der aromatischen Kohlenwasserstoffe in Phenole. 173 


naphtyldischweflige Säure, entdeckt 1837 von Ber- 
zelius und von Laurent studirt. Alle diese Säuren ent- 
stehen durch Reduction der Schwefelsäure und sind 
in Wirklichkeit gebildet durch Substitution einer oder mehrer 
Reste SO®H für ein oder mehre Atome Wasserstoff. 

I. C®H°(Benzin) + SO?H?= C*H° GeE) phenylschwef- 
lige Säure. + H®0 

I. 22(8502H 2) — 2 120 


+ C!°H® or (napthyldischweflige Säure). 


Die betreffenden Säuren sind offenbar analog der äthyl- 
schwefligen Säure, welche Löwig und Weidmann 1857 
erhielten, indem sie das Mercaptan oxydirten und deren zahl- 
reiche Verwandte in den letzten Jahren entdeckt und unter 
dem Namen der „Sulfonsäuren“ beschrieben worden sind. 

Nun weiss man, dass sich die äthylschweflige Säure 
unter dem Einflusse des schmelzenden Aetzkalis spaltet unter 
Bildung eines schwefligs. Alkalis und Alkohols. 

Wurtz vermuthete desshalb, dass auch die phenyl- 
schweflige Säure und ihre Verwandten durch Einfluss des 
schmelzenden Aetzkalis eine Spaltung in schwefligs. Salz und 
Phenol erleiden würden, entsprechend der Gleichung 

CSH5S03K + KHO = 0$H>OH + SO°K? 
phenylschweflig- Phenol schwefligsau- 
saures Kali res Kalı. 

‘Der Versuch hat seine Voraussicht bestätigt; sobald man 
die gepaarte Sulfosäure der aromatischen Kohlenwasserstofle 
mit einem Ueberschusse von Aetzkali im Silbertiegel schmilzt, 


so verwändelt man sie im Phenole und in schwefligsaures 
Alkalı. 


I. Umwandlung des Benzins in Phenol. 


Man bereitet sich aus Benzin auf bekannte Weise phe- 
nyischweflige Säure. Das Kalisalz derselben wird mit sei- 
nem doppelten Gewicht Aetzkali, oder besser eines Gemenges 
aus Aetzkali und Aetznatron gemischt und das Ganze im 
Oelbade bei einer Temperatur zwischen 250 bis 300°. er- 
halten. Man muss beständig umrühren, um Schwärzung des 
Gemisches zu verhüten. Nach dem Erkalten löst man die 
Masse in Wasser und übersättigt die Flüssigkeit mit Salz- 
säure, 

Das Phenol begiebt sich als dunkelbraune Schicht an die 
Öbertläche; eine gewisse Menge desselben bleibt in der Flüs- 


u . 


174 -Umwandiung der aromatischen Kohlenwasserstofle ‘in Phenole, 


sigkeit gelöst. Man kann die obere Schicht abheben und der 
Destillation unterwerfen; aber es ist vorzuziehen, das Ganze 
mit Aether auszuschütteln, die abgehobene ätherische Lösung 
zu fltriren und zu destilliren. Das hinterbleibende unreine 
Phenol wird durch fractionirte Destillation gereinigt. So 
wurde reines Phenol als eine sehr schmelzbar völlig farblose. 
krystallinische Masse erhalten, von 186°C. Siedepunkt, deren 
Analyse Zahlen lieferte, die genau mit der Formel C°H®O 
stimmen (gefunden C— 176,89 H— 6,53; berechnet O— 176,59, 
H = 6,38). 


U. Umwandlung des Toluens in Kresole. 


Das zu den Versuchen dienende Toluen war aus einem 
käufi. Producte aus Steinkohlentheer durch fraetionirte Destil- 
lation gewonnen worden und zeigte 110°C. Siedepunkt. Es 
wurde in toluylschweflige Säure übergeführt und das Kalisalz 
derselben durch Schmelzen mit einem Ueberschuss von Aetz- 
kali zersetzt. Die Reaction geschieht nach der Gleichung: 


Te (toluylschweiligsaures Kali) + KHO = S0°K 


(schwefligs. Kali) + C°H? ! ne resol). 


Die Reaction ist jedoch nicht ganz so einfach, wie diese 
- Gleichung besagt. Das erzeugte Kresol ist kein homogenes 
Product. Bei niedriger Temperatur wird es zum Theil fest. 
Es bildet in der That ein Gemenge von 2 isomeren Kreso- 
len, einem festen und einem flüssigen und dieser Um- 
stand ist eine Folge der gleichzeitigen Bildung zweier gepaar- 
ter Sulfosäuren bei Einwirkung der Schwefelsäure auf das 
Toluen. Diese beiden isomeren Säuren sind von Engel- 
hardt und Latschinoff (Zeitschr. f. Chem. n. R. VI, 321) 
und Anna Wolkow (ebend. V, 615) isolirt und beschrieben 
worden. Sie liefern bei Einwirkung des Aetzkalis 2 isomere 
Kresole. 


Ein Theil der gebildeten Kresole unterliegt der oxydi- 
renden Wirkung des Kalihydrats: bei der hohen Temperatur, 
in welcher die Reaction stattfindet, verwandelt sich die Gruppe 
CH? der Kresole in Carboxyl CO.OH und in Folge dieser 
Oxydation bildet sich aus dem einen Kresol Salieylsäure 
und aus dem andern Paraoxybenzoesäure; 


Umwandlung der aromatischen Kohlenwasserstofe in Phenole, 1%5 


.CH> 
Aus C$H? | (Kresol) wird CCH? kom un (Salicylsäure u. 


Paraoxybenzoesäure). 


300 Grm. Toluen, von 110 bis 11095 C. Siedepunkt 
wurden in kleinen Portionen zu 500 Grm. eines Gemenges 
aus gleichen Theilen gewöhnlicher Schwefelsäure und rau- 
chender Schwefelsäure gefügt und gut gemischt. Die Ver- 
bindung tritt bei gewöhnlicher Temperatur ein und die erhal- 
tene toluylschweflige Säure ist fest. Man löst sie in Wasser, 
neutralisirtt mit Ba0,CO? und verwandelt das Barytsalz in 
das Kalisalz. So wurden 635 Grm. toluylschwefligsaur. Kalı 
erhalten. Dieses wurde durch ein Gemenge aus 60 Th. 
KHO mit 40 Th. NaHO zersetzt, indem man es, in klei- 
nen Portionen mit der doppelten Gewichtsmenge des Kalina- 
trons versetzt, im Silbertiegel schmolz. 


Die Pehelze wurde in Wasser gelöst und mit Salzsäure 
angesäuert, welche das rohe Kresol abschied. Man schüttelte 
das Product mit einer wässrigen Lösung von kohlens. Ammo- 
niak, welche ihm die gebildete Salicyl- und Paraoxybenzo&- 
säure entzog. 


Bei Destillation des Unlöslichen stieg das Thermometer 
rasch auf 190°, bei welcher Temp. 200 Grm. Product über- 
‚gingen; das jenseits 198°C. Destillirende wurde gesondert 
aufgefangen. Diese Portion wurde bei einigen Graden unter 
Null stehen gelassen und füllte sich mit kleinen farblosen 
Krystallen. Diese wurden in der Kälte zwischen Papier 
gedrückt und die feste, völlig farblose Masse der Wirkung 
einer sehr starken Presse ausgesetzt, dann, mit Aether be- 
netzt, aufs Neue gepresst. So gereinigt, erschien sie schnce- 
weiss und schmolz bei 34°%,5 Cels. Durch abermalige Be- 
handlung mit Aether und neue Pressung erhob sich ihr 
Schmelzpunkt nicht mehr. Diese Substanz ist die feste Modi- 

 fieation des Kresols; sie siedet unter einem Druck von 758M.M. 
bei 201°5 bis 202° Cels. (wenn das Thermometer in den 
- Dampf eintaucht). Im zerstreuten Lichte hält sie sich lange | 
farblos. Die Analysen führten zur Formel C7H$O 
Die flüssige Modifieation des Kresols durch- 
 tränkte das Papier, in welchem dies feste Kresol ausgepresst 
wurde. Proben mit dem Siedepunkt 190—195 u. 195—198 °C. 
; lieferten Zahlen, welche ebenfalls zu der Formel 07H$O 
führten. — 
Durch Zersetzung der oben erhaltenen ammoniakal. Lö- 
sung der Salieyl- und Paraoxybenzoösäure erhielt 


176 Umwandlung der aromatischen Kohlenwasserstoffe in Phenole. 


Wurtz gegen 10 Grm. dieser Säuren. Da die Paraoxyben- 
zoesäure in concentrischen Gruppen, die Salicylsäure aber in 
sehr feinen lockern Nadeln sich ausgeschieden hatte, so liessen 
sich beide Säuren schon mechanisch von einander trennen. 
Die Paraoxybenzoesäure entstand hier durch Oxydation des 
festen Kresols und die Salicylsäure aus dem flüssigen 
Kresol. (Anna Wolkow erhielt 11 Grm. Paraoxybenzoe- 
säure durch Zersetzung von 550 Grm. paratoluylschwefligsau- 
ren Kali.) 


II. Umwandlung des Xylens in Xylenol, 


Xyl&n, zwischen 138 bis 140° C. überdestillirend, wurde 
mit dem doppelten Gewicht gewöhnlicher conc. Schwefelsäure 
geschüttelt, worin es sich völlig löste, besonders als schliess- 
lich die Mischung im Wasserbade erwärmt wurde. Die erkal- 
tete Flüssigkeit wurde mit Wasser verdünnt, mit kohlens. 
Baryt gesättigt und der gebildete xylenylschwefligs. Baryt 
durch kohlens. Kali zerlegt. Das durch Eindampfen des Fil- 
trates erhaltene Kalisalz wurde getrocknet und mit der dop- 
pelten Menge Aetzkali im Silbertiegel geschmolzen, 


Die erkaltete Schmelze, in Wasser gelöst, mit HCl über- 
sättigt schied X yl&nol aus, welches mit Aether aufgenom- 
men wurde. Die Lösung, nach Verdunstung des Aethers, 
hinterliess ein flüssiges Product mit dem charakteristischen 
Geruch der Phenole und bei 210°C. destillirend. Die so 
erhaltene farblose Flüssigkeit, während der sehr kalten Tage 
des Winters 1867 — 1868 stehen gelassen, erstarrte zu einer 
krystallin. Masse. Die Krystalle wurden bei niederer Tempe- 
ratur zwischen Lagen von Fliesspapier gepresst, um sie von 
dem flüssig gebliebenen Theile zu trennen. Die feste Masse 
wurde in Aether gelöst und die Lösung der freien Verdun- 
stung überlassen. Man erhielt so Krystalle, welche von den 
anhängenden Mutterlaugen durch Pressen befreit wurden. 
Die letzte Reinigung der weissen Masse geschah durch De- 
“ stillation: so erhielt man das feste Xylenol. 


Die mit den Mutterlaugen durchtränkten Papiere wurden: 
mit Wasser destillirt und so im Destillate eine in Wasser. 
beinahe unlösliche Flüssigkeit erhalten, die, entwässert und 
durch Destillation gereinigt, das flüssige Xylenol dar 
stellte. E 
Festes Xylenol C$H10O scheidet sich aus der äther. 
Lösung in völlig farblosen, glänzenden Blättchen aus, welche 


EEE EEE TER 


Umwandiung der aromatischen Kohlenwaässerstoffe in Phenole. 177 


zusammengedrückt Perlmutterglanz zeigen. Sie schmelzen 
bei 75° und die Flüssigkeit siedet bei 213%,5 (Kugel und 
Röhre des Thermometers im Dampfe des Xylenols). Beim 
Erkalten des geschmolzenen Xylenols erstarrt dasselbe zu 
einer weissen, krystallinischen Masse. Dabei zeigt es eine 
beträchtliche Zusammenziehung, welche für die Temperatur- 
differenz zwischen 81 und 69 Grad sich auf !/,, des Volu- 
mens erhebt. Erhitzt man das Xylenol in einem geräumigen 
Gefässe bei einer über seinem Schmelzpunkte liegenden Tem- 
peratur, so giebt es reichliche Dämpfe, die sich im obe- 
ren Theile des Gefässes als zarte, sehr glänzende Krystalle 
anlegen. 


Das feste Xylenol löst sich reichlich in Alkohol und 
Aether, besitzt einen eigenthümlichen, anhaftenden, an den des 
Phenols erinnernden Geruch. Geschmolzen, besitzt es bei 
81°C. ein spec. Gewicht = 0,9709. 


Flüssiges Xylenol = C®H!°0 ist ein farbloses, stark 
lichtbrechendes Oel, von bezeichnendem Phenolgeruch; sein 
spec. Gew. — 1,036 bei 0°C. und 0,9700 bei 81°C. Sein 
Ausdehnungscoöfficient zwischen diesen Temperaturgrenzen 
ist —= 0,000868. Sein Siedepunkt liegt bei 211°,5 CO. bei 
einem Druck von 759,7”” (Kugel und Röhre des Thermom. 
im Dampfe). Löslich in allen Verhältnissen in Alkohol und 
Aether. In kleiner Menge in Wasser löslich; es kann auch 
Spuren von Wasser aufnehmen. 


Die obigen Formeln des festen und flüssigen Xylenols 
sind durch wiederholte, gutstimmende Elementaranalysen fest- 
gestellt worden. 


Das Xylen des Steinkohlentheers besteht zum grösseren 
Theile aus Metaxyl&n (= Isoxylön). Die daraus erzeugten 
Xylenole müssen desshalb hauptsächlich aus Metaxy- 
lenolen gebildet sein, deren Formeln 


CH®I CH®I CH®1 
== 0%H°7 CH3 III C°H3° CH® III . "CH? ou 8 IT 
OH OH IV OH V 


während zwei Orthoxyl@nole angenommen werden, deren 
Formeln 


j#: I“ CH®1 
—= 0°? CH? II und 0°H®4 CH® TI und ein Paraxylenol 
OH III OH IV 


Arch. d. Pharm, III, Reihe. T, Rda. 2, Hit, ‚12 


178 Verfälschung v, amerik. Pfefferminzöl. — Reaction auf Narcein. 


CHS1I a 
dessen Formel C®H® 1cie IV geschrieben wird, gemäss den 
OH V 


Ansichten Kekul&’s über die verschiedene Stellung, der die 
6 Wasserstoflatome des Benzolkerns ersetzenden Radicale in 
den isomeren Abkömmlingen des Benzols. 

Die hier mitgetheilten Thatsachen beweisen, dass bei 
Behandlung der aromatischen Kohlenwasserstoffe mit Schwe- 
felsänre und Zersetzung der dabei gebildeten gepaarten Sul- 
fosäuren durch schmelzendes Aetzkali Phenole erhalten 


werden. Diese Methode bietet eine allgemeine Anwendbarkeit 


und ist seit 1867 der Gegenstand zahlreicher Arbeiten gewe- 
sen. Auch die Industrie hat sich derselben bemächtigt, denn 
eine der Phasen der merkwürdigen Umwandlung des 
Anthracens in Alizarin beruht auf der Anwendung der 
Schwefelsäure. Gräbe und Liebermann erhielten zuerst 
Alizarin durch Behandlung von Anthrachinon mit Brom 
und Zersetzung des Dibromanthrachinons mit Aetzkali. Heute 
ersetzt man das Brom durch Schwefelsäure ‚und schmilzt die 
gewonnene „Disulfonverbindung des Anthracens“ 
mit Aetzkali, um Alizarin zu erhalten. (Annales d. chim. et 


d. phys. Jamvier 1872 [IV], XXV, 1068—121). A4H.L. 


Verfälsehung von amerikanischem Pfefferminzöl 


mit Rieinusöl und Alkohol ist nach Shuttleworth bis zu 
25 Proc. und darüber vorgekommen. Das fette Oel ver- 
räth sich durch einen bleibenden Fleck auf Löschpapier und 
bleibt bei der Rectification zurück, der Alkoholgehalt ergiebt 
sich beim Schütteln des Oels mit Wasser durch Volumver- 
minderung desselben. (Americ. Journ. of Pharm. Vol. XLIV. 
Nr. IV. Fourth. Ser. Aprü 1872. p. 171.). WW». 


Reaction auf Narcein. 


Festes Narcein färbt sich mit Jod blau, ähnlich wie Stär- | 


kemehl. Ein Uebermaass von Jod bringt jedoch eine braune 


Färbung zuwege und das Blau tritt erst wieder hervor, wenn, 


EEE. WW 
v \ 


| 
j 
| 


Chiniein und Cinchonicin. 179 


das überschüssige Jod durch Ammoniak weggenommen wird. 
Hinwiederum tritt bei einem Ueberschuss an Ammoniak die 
Reaction nicht ein. Eine Narceinlösung giebt mit Jodzink- 
kalium einen krystallinischen Niederschlag; fügt man aber 
dem Jodsalze ein wenig Jodlösung hinzu und schüttelt mit 
Aether zur Entfernung des überschüssigen Jods, so bekommt 
man selbst bei sehr geringen Mengen Jod eine klare, blaue 
Flüssigkeit. (The Pharm. Journ. and Transact. Third. Ser. 
Part. XXU. Nr. XOIU—XCVIl Aprü 1872. p. 850.). 


Wo. 


Chiniein und Cinchoniein. 


Howard beschrieb unlängst ein neues Alkaloid aus 
der Chinarinde, welches von den bisher bekannten Chinaalka- 
loiden abweichende Eigenschaften besass. Er hat sich jetzt 
durch Darstellung von Salzen überzeugt, dass jene neue Ba- 
sis identisch ist mit Pasteur’s Chiniein, das dieser Chemiker 
durch Erhitzen von saurer Chininlösung in zugeschmolzenen 
Röhren darstellte. Nach Howard erhält man dieselbe Base 
bei gleichem Verfahren auch aus dem Chinidin, wie auch 
Cinchonin und Cinchonidin beide nur ein und dasselbe Pro- 
duet, das Cinchonicin, liefern. 

Die Frage, ob das aus Chinarinden gewonnene unkrystal- 
lisirbare Alkaloid Chinicin sei, bleibt einstweilen unbeant- 
wortet. Krystallinische Salze selbst aus dem möglichst gerei- 
nigten Alkaloid darzustellen, ist bis jetzt nicht gelungen. 
Das sogenannte Ühinoidin giebt nach monatelangem Ste- 
hen keine krystallisirten Salze, wie es doch wahrscheinlich 
thun würde, wenn es Chinicin enthielte. (T7’re Pharm. Journ. 
andTransact. Third. Ser. Part. XXL Nr. LXXX VIUT—ACD. 
March 1872. ». 765.). Wr. 


12% 


\ 


180 


Ill. Botanik. 


Die Ursachen der Färbungen im Pflanzenreich. 


Die Färbungen der Pflanzentheile sind bis in’s Unendliche 
mannigfaltig;; nichtsdestoweniger sind die Mittel, welche die 
Natur zur Hervorbringung der Farben verwendet ‚ sehr ein- 
fache. Jedes Auge mit ausgeprägtem Farbensinn kennt die 
Unzahl von grünen Farbentönen, welche über Wiese, Wald 
und Auen ausgegossen sind, und doch ist es immer nur Ein 
und dieselbe Substanz, das Blattgrün oder Chlorophyll, welche 
diese Mannigfaltigkeit hervorruft. Die Decke jener Zellwände; 
welche die Chlorophyll-Körner umschliessen, und luftführende 
Zellen, welche die chlorophyllhaltigen Gewebe überdecken, 
nuanciren das stets gleiche Grün des Chlorophylis in so man- 
nigfaltiger Weise. Aber auch die meisten Blüthen- und 
Fruchtfarbstoffe und selbst die Stoffe, welche Färbungen der 
Laubblätter hervorrufen, lassen sich nur auf wenig chemische 
Verbindungen zurückführen, deren Zahl in gar keinem Ver- 
hältnisse zu jenem Farbenreichthum steht, den uns selbst 
die ärmlichste Vegetation bei genauer Betrachtung erken- 
nen lässt. 

Die Pflanzenfarbstoffe treten meist im Innern der Zellen 
auf, entweder, wie bei der Rose und dem Veilchen, im auf- 
gelösten Zustande, oder, wie in allen grünen Blättern, in 
Form gefärbter Körnchen. Beinahe alle rothen, violetten und 
blauen Pflanzentheile sind durch farbige Flüssigkeiten, die 
meisten gelben Organe durch gelbe Körnchen gefärbt. Weit- 
aus seltener ist die Zellenwand der Sitz der Pflanzenfarbe. 
Dieser Fall wurde an En: namentlich an Farbhölzern 
beobachtet. 

Frank zeigte, dass selbst farblose Zellmembranen ganz 
charakteristische Färbungen von Pfianzentheilen hervorzurufen 


Ye or 


EEE EEE WETTER 


Die Ursachen der Färbungen im Pflanzenreich. 181 


vermögen. Seine Untersuchungen beziehen sich auf die 
Samen von Päonien, welche im frischen Zustande eine tief- 
stahlblaue Färbung haben, ferner, auf die anfänglich hochro- 
then, später tintenblau gefärbten Beeren einer Schneeball-Art. 


Die an der Oberfläche der Päonierisamen oder der reifen 
Schneeballbeeren gelegenen Zellen sind lufthaltig und besitzen 
farblose Wände; die unter diesen Oberhautzellen liegenden 
Elementar-Organe sind durch Farbstoffe intensiv roth gefärbt. 
Woher kommt nun die tiefblaue Farbe dieser Samen und 
Beeren? Diese Frage wird durch folgende Thatsache beant- 
wortet: Wenn man einen Schnitt parallel zur Oberfläche die- 
ser Organe führt, der so dünn ist, dass er bloss aus dem 
farblosen Gewebsantheil besteht, dann erscheint er, im Mi- 
kroskope gesehen, bei Anwendung des durchfallenden Lichtes 
farblos, im auffallenden Lichte hingegen blau. Die Wände 
dieser Oberhautzellen fluoresciren also mit blauem Lichte. 


Das Wesen der Fluorescenz besteht darin, den Charakter 
einer einfachen Farbe, oder, allgemeiner ausgedrückt, eines 
Lichtantheils in gesetzmässiger Weise umzugestalten. Jeder- 
mann kennt das Farbenspectrum des weissen Lichtes und weiss, 
dass die eine Grenze eines Farbenbildes violett, die andere 
roth ist. Die physikalische Untersuchung hat gezeigt, dass 
die violetten und rothen Farben bloss die sichtbaren und nicht 
die factischen Grenzen des Lichtspectrum sind, und dass 
der chemische Antheil des weissen Lichtes, der die photo- 
graphirende Kraft des Lichtes bedingt, ausserhalb des violet- 
ten, der wärmende Antheil des weissen Lichtes hingegen 
ausserhalb der rothen Grenzen des Spectrum liegt. 

Das menschliche Auge erkennt diese Antheile nicht; aber 
durch ein überaus feines Thermometer lässt sich der wär- 
mende, durch photographisches Papier lässt sich der chemische 
Theil des Spectrum constatiren. Beide Mittel haben gelehrt, 
dass zum Theil auch dem gefärbten Lichte chemische und 
wärmende Kraft innewohnt, und zwar liegt erstere vornehm- 
lich im violetten, letztere im rothen Lichte. — Fluorescirende 
Substanzen haben nun die Fähigkeit, die einzelnen Theile des 
Lichtes, welche im Speetrum auseinandergelegt sind, in der 
Richtung nach dem wärmenden Theile des Spectrum umzu- 
ändern, z.B. Grün in Roth, Blau in Gelb, ja selbst die 
unsichtbaren chemischen Strahlen des Lichtes in Violett, Blau 
u. 8. w. umzuwandeln. Die unsichtbaren chemischen Strahlen 
des Lichtes, welche auf die farblosen Zellwände der Päonien- 


samen oder der Schneeballbeeren auffallen, werden beim Durch- 


182 Untersuchungen über das Reifen der Weintrauben. 


gange durch die Zellwand in blaue Strahlen umgesetzt und 
bringen, durch Reflexion dem Auge wieder zugänglich ge- 
macht, den Eindruck hervor, als wären sie von einem blau 
gefärbten Gegenstand gekommen. 


Da die Zellwände beinahe sämmtlicher Planseneerete 
aus einem und demselben Stoffe bestehen, so lag die Frage 
nahe, nachzusehen, ob die Zellwand selbst oder eine in die- 
selbe eingelagerte Substanz das Fluorescenz - Phänomen bei 
den genannten Samen und Früchten herbeiführ. Durch 
Aether und Alkohol verliert das erwähnte Gewebe die Fähig- 
keit, zu fluoresciren, ebenso durch Kalilauge; die beiden ersten 
Flüssigkeiten lösen den in die Zellwand eingelagerten fluoresei- 
renden Stoff auf, Kalilauge zerstört denselben. (Aus der 
Natur. 1870.). 


Untersuchungen über, das Reifen der Weintrauben. 


Die im Jahre 1868 erbauten und von C. Neubauer 
untersuchten Trauben waren Oesterreicher- und Riesling- 
Trauben. Es wurde das Gewicht der Trauben, der einzelnen 
Beeren und das Verhältniss der letzteren zu dem des Kam- 
mes bestimmt, ebenso das specifische Gewicht der Beeren und 
hieraus konnte das durchschnittliche Volumen der einzelnen 
Beeren bestimmt werden. Auch die Zerlegung der Beeren 
in Pulpa und Kerne war mit Leichtigkeit in allen Stadien der 
_ Reife ausführbar. Die entkernten Beeren wurden zerrieben, 
der so gewonnene Brei mit Wasser angerührt, eine längere 
Zeit stehen gelassen, durch gewogene Leinenfilter filtrirt und 
der Rückstand so lange mit Wasser nachgewaschen, bis 
keine saure Reaction mehr bemerkbar. Der unlösliche Rück- 
stand wurde bei 100° getrocknet, und dessen Gewicht, addirt 
zu dem Gewichte der gleichfalls bei 100° getrockneten Kerne, 
ergab durch Differenzrechnung das Gewicht des Saftes. 5 

In der so gewonnenen Flüssigkeit wurden bestimmt 
der Trockengehalt bei 100°, die Aschenbestandtheile, der 
Zucker, der Gehalt an freier Säure, der Stickstoff; der Rest 
an nicht näher bestimmten organischen Substanzen wurde 
durch Differenz gefunden. Der unlösliche Rückstand wurde 
einer ähnlichen Untersuchung unterzogen; es wurden hier 
Asche, Stickstoff und Cellulose bestimmt. Von den Aschen- 
bestandtheilen wurden Kali und Phosphorsäure besonders 


Untersuchungen über das Reifen der Weintrauben. 183 


bestimmt. Die Probenahme der Trauben geschah in einem 
Zeitraume von 3 Monaten (vom 17. Juli bis 13. October, resp. 
27. Juli bis 22. October) 11, resp. 10 mal. 

Die aus diesen Untersuchungen erhaltenen Resultate sind 
nach dem Verf. im Wesentlichen die folgenden. Es fällt zu- 
nächst der rapid schnell steigende Zuckergehalt auf. Die 
unreifen Trauben enthalten kein Amylum, hier kann also die 
Quelle des Zuckers nicht gesucht werden. Der Gehalt an 
nicht näher zu bestimmenden organischen Bestandtheilen ist 
zu allen Zeiten der Entwickelung so gering, dass auch diese 
für die Frage der Zuckerbildung ausgeschlossen werden müs- 
sen. Es bliebe sonach nur noch die Cellulose übrig; denn 
dass die allerdings mit der Reife abnehmende freie Säure, sei 
dieselbe Aepfelsäure oder Weinsäure, in Zucker übergehe, ist 
aus chemischen Gründen höchst unwahrscheinlich. 

Was aber die Üellulose betrifft, so widersteht sie ja 
bekanntlich den stärksten organischen Säuren, und ausserdem 
ist ihre Abnahme während des Reifens zu gering, um auch 
nur annähernd das Material für die Zuckerbildung liefern zu 
können. Die einzige Möglichkeit wäre, dass die Lebensthä- 
tigkeit der Rebe zuerst Üellulose bilde und diese dann, in 
dem Maasse als sie entsteht, in Zucker überführe. Allein 
dem widerspricht die grosse Widerstandsfähigkeit der Üellu- 
lose selbst; viel wahrscheinlicher ist es nach des Verf. Ansicht, 
zumal da wir den Zucker ja nur in den Trauben und in kei- 
nem anderen Theile der Reben finden, dass die Beeren ein 
bis zu einem gewissen Grade selbständiges Leben haben 
und die grossen Zuckermengen, die wir allmählig entstehen 
sahen, ein Lebensproduct der entwickelten Beerenzellen sind. 

Hiermit steht auch die erwiesene Thatsache, dass die 
Traube nicht nachreift, in schönster Uebereinstimmung; der 
Zucker wird sonach, wie Verf. meint, durch einen eigenen 
Chemismus in der Beere selbst gebildet, und stört man die 
Ernährung der Zelle durch Knicken der Stengel ete., so hört 
die Lebensthätigkeit derselben. bald auf. 

Mit zunehmender Reife nimmt die freie Säure in den 
Trauben allmählig ab; es geht mit dieser Abnahme eine ste- 
tige Zunahme der Mineralbestandtheile Hand in Hand. Verf. 
glaubt annehmen zu dürfen, dass die Zuführung von Mineral- 
bestandtheilen, namentlich von Kali, die zuerst vorhandenen 
sauren Salze in neutrale verwandelt, wodurch der Zusam- 
menhang zwischen der Zunahme der Mineralbestandtheile 
einerseits und der Abnahme der freien Säure andererseits 
erklärt wäre, Die stetige Zunahme an Mineralbestandtheilen 


184 Untersuchungen über das Reifen der Weintrauben. 


dürfte, nach des Verf. Ansicht, für die Frage der Mineral- 
düngung in den Weinbergen von Bedeutung werden, welche 
Düngung im Allgemeinen bisher nur wenig zur Anwendung 
gelangte. 

Weitere Versuche, welche bis zur Entwickelung der so- 
genannten Edelfäule fortgesetzt wurden, hatten den Zweck, 
die Zeit festzustellen, wann die Ernte der Trauben am ren- 
tabelsten, d. h. wann die Trauben den höchsten absoluten 
Zuckergehalt zeigen. Durch diese Versuche wurde der Aus- 
spruch eines erfahrenen Weinproducenten, Fuckel in Oester- 
reich, wissenschaftlich bestätigt. Derselbe sagt u. A.: „Der 
geeignetste Zeitpunkt der Rieslinglese ist, wenn die Beeren 
vollfaul sind. Wartet man mit der Ernte bis zur Rosinen- 
bildung, so werden wohl stärkere und dickere, doch bouquet- 
ärmere Weine erzielt. Die Grenze der Zuckerbildung fällt 
mit dem Welkwerden der Stöcke und Faulen der Beeren 
zusammen. Von da an nimmt der absolute Zuckergehalt also 
ab, bewirkt durch die fortschreitende Fäulniss selbst und 
durch die zahllosen Schimmelpilze, die auf den Beeren wuchern 
und meist auf Kosten des Zuckers vegetiren.“ 

Zur Begründung dieser Ansicht führt Verf. einige Zahlen 
an, welche bei den von ihm angestellten Versuchreihen ge- 
wonnen wurden. Bei der Riesling- Traube nahm von Ende 
September, dem Zeitpunkt ihrer höchsten Entwickelung, das 
Gewicht der Beeren von 1,7 auf 1,02 Grm. stetig ab und 
. war am 5. November, wo bereits Rosinenbildung eingetreten 
war, sogar bis auf 0,625 Grm. gesunken. Der Wassergehalt 
sank in dem einen Falle für je 1000 Beeren von 1275 auf 
756 Grm. Der Zuckergehalt zeigte eine relative Zunahme, 


doch fand in Wirklichkeit eine Abnahme statt, denn 1000 Stück 


Beeren zeigten am 12. Oct. im gesunden grünen Zustande 
einen Gehalt von 292 Grm. Zucker, in den edelfaulen, aber noch 
gefüllten desselben Datum fanden sich 234,6 Grm., während 
geschimmelte und geschrumpfte Auslesebeeren am 23. October 
nur noch einen Gehalt von 153,1 Grm. zeigten. Es hat also 
in einem Zeitraume von nur 11 Tagen ein Verlust von 34,7 
Proc. des gesammten Zuckergehaltes, also von über "/, statt- 
gefunden. Eine solche Abnahme aber zeigt nicht nur der 
Zucker, sondern sämmtliche Bestandtheile. Die Säure sank 
von 11,5 bis zu 2,5 Grm. in 1000 Beeren, die Albuminate 
verringerten sich von 3,1 bis 2,7 Grm., die Mineralbestand- 
theile von 7,5 bis 5,6 Grm. Die Summe aller löslichen Stoffe 
nahm ab von 282 bis 185,5 Grm. Verf. glaubt sich zu der 


Annahme gedrängt, dass dieser Verlust herbeigeführt wird 


ei ee Se ee 


Veber d. Vorkommen v. Seorodosma foetidum im turkestan. Gebiete. 185 


durch die Zersetzung, welche die Traube wie jeder Organismus 
zeigt, der den Culminationspunkt seiner Entwiekelung über- 
schritten; die Mitwirkung der Schimmelpilze wird dabei als 
von bedeutendem Einflusse anzusehen sein. (Aus d. Natur. 


1870.). 


Ueber das Vorkommen von Seorodosma foetidum im 


turkestanischen Gebiete. 


Ein kleiner Theil der sogenannten Hunrgersteppe liegt 
zwischen dem 40— 41 Breiten- und dem 374, —381/, Län- 
gengrade, südwestlich von Tuschkent zwischen dem Sir- 
Darja und dem Gebirge Kura-tau und erstreckt sich nach 
Nordwesten, fast bis zum Aralsee. Diese, im Süden und 
Westen vom Gebirge, im Osten vom Flusse umgrenzte 
Strecke zeichnet sich durch einen sehr festen, kalk- und 
salzhaltigen Boden aus, der erst weiter nach dem Aralsee hin 
sandig wird. Ohngefähr 15 — 25 Werst, sowohl vom Flusse, 
wie auch vom Gebirge entfernt, findet man nach Leutner’s 
Angabe eine 21, —3 Fuss hohe Pflanze mit mächtigem 
Stengel, welche sich durch ihren Habitus, schon aus der 
Ferne, als Umbellifere kennzeichnet. Je weiter man zum 
Mittelpunkt der Steppe kommt, desto häufiger wird diese 
Pflanze, bis ohngefähr zur Poststation an dem Brunnen Musar- 
abat, wo sie die ganze Ebene, so weit das Auge reicht, 
bedeckt. Es ist Scorodosma foetidum Bunge. 


Wenn im Frühjahr der Boden von den Winternieder- 
schlägen noch feucht ist, entwickelt sich der oberirdische 
Theil von Scorodosma foetidum, erreicht in schr 
kurzer Zeit seine volle Höhe und blüht gewöhnlich zu 
Anfang Mai, wo sie dann die ganze Gegend mit ihrem wi- 
derlichen Duft erfüllt. Nachdem später durch die ungeheure 
Sonnenhitze der Boden ausgetrocknet ist, vertrocknet auch 
allmählig die Pflanze, der Geruch derselben verschwindet und 
nur der Stengel mit den Samen bleibt bis zum Herbst stehen, 
wo derselbe vom Winde gleich oberhalb der Wurzel abge- 
brochen wird und beim Weiterwehen die Samen ausstreut. 


So viel bekannt ist, wird der Stinkasant von den hie- 
sigen Eingebornen nicht gesammelt, da es zu wenig lohnend 


und wegen des Wassermangels mit grossen Mühen und Ent- 


behrfingen verknüpft ist. Am Fusse des Gebirges, wo das 


186 Nutzen der Fische als Nahrungsmittel, 


Wasser häufiger ist, bestehen zwar Ansiedelungen, sogar 


Städtchen, doch hier kommt die Pflanze nie vor, sondern nur 
in den trockensten, wasserärmsten Stellen, wo fast Nichts 
mehr gedeiht. (Pharmaceut. Zeitschrift für Russl. X. 738., 
Jahrb. für Pharmacie. Bd. XXXVI. Heft 4.). 


CO. Schulze. 


III. Zoologie und Physiologie. 


Nutzen der Fische als Nahrungsmittel. . 


Fische sind nach Agassiz ein Nahrungsmittel, das 
unsern Organismus, besonders nach geistigen Anstrengungen, 
erfrischt. Kein anderes ersetzt so vollständig die Verluste, 
welche das Gehirn durch die geistige Arbeit erleidet. Man 
weiss, dass das Fleisch der Fische eine grosse Menge Phos- 
phor enthält, ein Element, das für die Gesundheit und Ent- 
wicklung des Gehirns durchaus nothwendig ist. Allerdings 
kann der Genuss von Fischen einen Idioten nicht in einen 
Gelehrten verwandeln, aber dennoch kann derselbe für die 
Verrichtungen des Gehirns sehr nützlich sein. (Aus der 


Natur. 1870.). 
R. 


ge 


187 


C. Literatur und Kritik. 


Handbuchderangewandten, pharmaceutisch- und 
technisch-chemischen Analyse, als Anleitung 
zur Prüfung chemischer Arzneimittel und zur 
Visitation der Apotheken, wie als Wegweiser 
zur Untersuchung und Beurtheilung von der 
Pharmacie, den Künsten, den Gewerben und der 
Landwirthschaft angehörenden chemischen Prä- 
paraten und Fabrikaten. Unter Berücksichti- 
gung der älteren und neuen Pharmakopöen 
Deutschlands, Oesterreichs, der Schweiz, Eng- 
lands, Frankreichs und Russlands, wie der Er- 
gebnisse der neuesten Forschungen im Gebiete 
der technischen Chemie, in vierter Auflage neu 
bearbeitet von Adolf Duflos, Dr. der Mediecin 
und der Philosophie, Königlichem Geheimen 
Regierungsratheund Professor. Miterläutern- 
den Abbildungen, nach R. Brodengeyer’s Zeich- 
nungen in Holzschnitt ausgeführt. Ein Ergän- 
zungs-Band zu den verschiedenen Ausgaben 
von des Verfassers Werk: Chemisches Apothe- 
kerbuch. Ferdinand Hirt, Königliche Universitäts - 
und Verlags- Buchhandlung. Breslau, 1871. XXIV u, 4328. 


Bei Besprechung eines Werkes von Duflos, eines so hochverdien- 
ten Schriftstellers und Lehrers, braucht wohl kaum hervorgehoben zu 
werden, dass uns eine gründliche und gediegene Arbeit geboten wird, 
Das vorliegende Handbuch wird gleichzeitig als Anleitung zur Prüfung 
chemischer Arzneimittel und zur Visitation der Apotheken (4. Auflage) 
und als Ergänzungsband zum chemischen Apothekerbuche bezeichnet. 
Dieser doppelte Zweck bedingt eine ausführlichere Darstellungsweise, als 
nöthig gewesen wäre, wenn eine Trennung in zwei Werke stattgefunden 
hätte; ich würde es vorgezogen haben, wenn die „Anleitung,“ die doch 
für Geübtere und mit chemischen Prüfungen Bekannte geschrieben, in 
der knapperen Form der früheren Ausgaben erschienen und nur für den 
Ergänzungsband die namentlich für jüngere Fachgenossen wünschens- 
werthe Ausführlichkeit gewählt wäre. Vielleicht würde es sich empfoh- 
len haben, eine kurze Abhandlung über Maassanalyse, so weit sie für 
das Werk in Betracht kommt, vorauszuschicken, um dadurch manche 
Abkürzungen im Texte zu ermöglichen, Mehre Prüfungsmethoden, z. B. 
die auf Arsen, finden sich 8. 38, 47, 103 wiederholt ausführlich beschrie- 
ben, während ein Verweisen auf das Vorhergehende, wie es $8. 136 und 
140 geschehen, wohl genügt haben würde, 

Nach einem Vorworte, welches uns die bei Abfassung des Werkes 
leitenden Grundsätze darlegt, einer Uebersicht der im Texte vorkommen- 
den Abbildungen und der des Inhalts werden uns die abgehandelten Ge- 
genstände in alphabetischer Reihenfolge vorgeführt; ein Anhang bringt 
die im Handel vorkommenden Düngstoffe und die wichtigeren Reagentien, 


188 Literatur und Kritik, 


Wo es irgend nöthig ist, werden zweckmässig construirte Apparate in 
hübschen Holzschnitten beigefügt. Es ist leicht, mit voller Ueberzeugung 
über den Inhalt viel Gutes zu sagen, doch will ich mieh darauf beschrän- 


ken, hervorzuheben, dass auch die neuesten Erfahrungen überall berück- 


siehtigt sind. Sehr angenehm sind oft die Notizen, auf welche Weise die 
Verunreinigungen in die Präparate gelangen und wie dieselben zu ent- 
fernen sind. 

Bei Acid. benzoie. finden wir die Prüfung des Benzocharzes auf 
Zimmtsäure angegeben, bei Acid. sulfurie. Brauns Prüfung auf ‘Salpeter- 
säure (schwefelsaures Anilin.. Alumina sulfurica wird auf freie Säure 
durch dreibasisch phosphorsaure Magnesia geprüft. Ammon. carb. pyro- 
oleos., unmittelbar durch Sublimation gewonnen, soll zuweilen mit Cyan- 
ammonium verunreinigt sein, und scheint mir diese Angabe um so mehr 
beachtenswerth, als auch ich mehrfach Gelegenheit hatte, in rohen, für 
Fabriken künstlicher Düngemittel bestimmten Ammoniaksalzen Cyange- 
halt zu beobachten. Aq. amygd. am. cone.; hat man das Präparat nicht 
selbst bereitet, so wird Prüfung auf Chlorgehalt empfohlen. Auf Am- 
moniakgehalt in Aq. destill. prüft man mit dem Nessler’schen Reagens. 
Argent. nitrie. eryst. ist nur dann frei von überschüssiger Säure, wenn 
es in gelinder Wärme geschmolzen und dann nochmals krystallisiren ge- 
lassen wird; die Lösung röthet dann nicht Lackmus. Bei Argentum und 
Aurum sind die Verfahrungsweisen angegeben, um echte Versilberung 
und Vergoldung zu erkennen, Zur Untersuchung des Kalksteins wird 
die Methode von Schwarz, Lösen in Salpetersäure (Wägen des Un- 
lösliehen), Verdampfen des Filtrats mit überschüssiger Schwefelsäure, 
Auswaschen mit gesättigter Gypslösung (Wägen als wasserfreier, schwe- 
felsaurer Kalk), Verdampfen des Filtrats und Wägen des Rückstandes 
‘empfohlen. Wird vom letzteren das Gewicht des in der verbrauchten 
Gypslösung enthaltenen schwefelsauren Kalkes abgezogen, so findet man 
etwa vorhandene Magnesia und Alkalien als schwefelsaure Salze. Chi- 
ninum; die differirenden Angaben über die Löslichkeit des Chinins in 
Aether werden auf den amorphen oder krystallinischen Zustand zurück- 
geführt. Chinoideum; Verf. betrachtet als wesentlichen Bestandtheil 
desselben 8 Chinin. Kali bitartarieum; Mirus’ Angabe über Bleigehalt 
ist berücksichtigt und ein Verfahren, diese Verunreinigung zu entdecken, 
ausführlich beschrieben. Petroleum; in einem Anhange sind die Thheere 
und deren Gemengtheile abgehandelt; beim Anthracen wird bemerkt, 
dass Gräbe und Liebermann die künstliche Darstellung von Aliza- 
rin gelungen ist. Santonin; die Rieckher’sche Methode zur Prü- 
fung der Zeltehen auf ihren Gehalt (Ausziehen mit Chloroform) wird 
empfohlen. 

Bei Beschreibung der Reagentien und ihrer Darstellung finden wir 
ebenfalls noch mehre Untersuchungsmethoden aufgeführt, von denen hier 
das Oudemann’sche Verfahren zur Eisenbestimmung, sowie die von 
Bettendorf empfohlene Verwendung des Zinnchlorürs zur Prüfung auf 
Arsen (bei Salzsäure, Schwefelsäure, metall. Antimon, Brechweinstein, 
Magist. bismuth., Eisenoxyd und arsenikalischen Kupferfarben) und die 
Analyse des Braunsteins durch Behandeln mit schwefeligsäurehaltiger 
Chlorbariumlösung Erwähnung finden mag. 'Auch die Bedeutung des 
Guajaepapiers beie.Prüfungen auf Chlor, Blausäure und Ammoniak wird 
besprochen. 

Da es bei einem so umfangreichen Werke erklärlich ist, dass der 


eine dieses, der andere jenes gern anders dargestellt gesehen hätte, so Su 


will auch ich mir erlauben, in dieser Beziehung auf einige Punkte auf- 
merksam zu machen, Einige der Untersuchungsmethoden gehören zu den 


L 
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D 


Literätur und Kritik. 189 


exacten, ‘andere nicht; der Besitz von Platingeräthschaften wird voraus- 
gesetzt, nicht aber, wie es scheint, der einer Wage für analytische 
Zwecke; weil sonst manchmal die zu untersuchenden Mengen zu hoch 
gegriffen wären und nur unnöthige Arbeit verursachen würden (Knochen- 
mehl). Die Gewichtsangaben finden nach Grammen statt, deren Betrag 
häufig noch in Deci-Centigrammen oder Cubikcentimeter wiederholt ist; 
dieses ist da, wo es sich um Vergleich mit folgenden Zahlenangaben 
handelt, ganz wünschenswerth, sonst aber wohl überflüssig. Auch einige 
Ungleichmässigkeiten in der Bearbeitung sind mir aufgefallen; bei den 
Eigenschaften von Chlorverbindungen und schwefelsauren Salzen ist an- 
gegeben, dass ihre Lösungen durch Höllenstein und Chlorbarium gefällt 
werden, während diese Angabe bei Salzsäure und Schwefelsäure fehlt. 
Bei Acid. chromie. ist nur bemerkt, dass auf Zusatz einiger redueirender 
Substanzen die Flüssigkeit eine grüne Farbe annimmt, während 8, 125, 
126, 127 erklärt ist, dass diese Färbung durch Entstehen von Chromoxyd 
bewirkt wird. Die Bereitungsweisen des schwefelsauren Stärkekleisters, 
der Magnesiamixtur sind beschrieben; bei Ammon. molybdaenie. finden 
wir nur, dass es phosphorsäurehaltig vorkomme, ohne den von Frese- 
nius vorgeschlagenen Weg, sich ein phosphorsäurefreies Reagens (Lö- 
sung in Salpetersäure) herzustellen, zu erwähnen, Da häufig Titrirungen 
empfohlen werden, so wäre diese Methode auch wohl bei den quantita- 
tiven Ammonbestimmungen, namentlich bei den Analysen von Guano und 
anderen Düngemitteln anzuführen gewesen. 

Alumina acetic. solut., Prüfung auf Eisengehalt ist nicht angegeben. 
Bismuth. oxydat. subnitrie.; die Gegenwart der Salpetersäure hätte auch 
noch durch die Reaction mit Eisenoxydulsalz nachgewiesen werden kön- 
nen. Chloroform; Färbung beim Vermischen mit concentrirter Schwefel- 
säure wird einem Gehalte an „Fuselalkohol‘“ zugeschrieben. Mit dieser 
Bezeichnung ist wohl gemeint, dass fuselhaltiger Weingeist bei der Be- 
reitung verwendet wurde, und ist dabei zu beachten, dass „Fuselalkohol“ 
nicht als solcher im Chloroform enthalten, weil seine Bestandtheile — 
mindestens Amylalkohol — bei der Destillation mit Chlorkalk chlorhal- 
tige Producte liefern. — Guignet’sches Grün ist nach Phipson (Mus- 
pratt-Stohmann) nicht Chromoxydhydrat, sondern basisch borsaures 
Chromoxyd. Coniün; es ist freilich darauf aufmerksam gemacht, dass 
wasserlialtiges Coniin sich beim Erwärmen trübt, doch hätte vielleicht 
angegeben werden können, dass dasselbe bei starker Kälte ein gleiches 
Volum Wasser löst. Cuprum oxydat.; da auch Bereitung durch Fällung 
berücksichtigt, so hätte auf hinreichendes Auswaschen geprüft werden 
können. Ferrum; die Prüfung auf Arsen nach Wöhler, Lösen in ver- 
dünnter Schwefelsäure, Behandeln des schwarzen, ausgewaschenen Rück- 
standes mit Schwefelammon und Ausfällen des Schwefelarsens, ist ein- 
facher, als die angegebene Methode. Ferr. hydrogen. reduet. ist, wenn 
richtig bereitet, nicht schwarz, sondern hellgrau; schwierig ist es, ein 


Product zu erzielen, welches beim Lösen ein geruchloses (von Schwefel -, 


und Kohlenwasserstoff freies) Gag entwickelt. Kali hydrie. pur.; die Be- 
reitung durch Schmelzen von Salpeter mit Kupfer fehlt. Natr, bicarbonie.; 
Prüfung mit Snblimat ist nicht angegeben, Spiritus vini; mancher 
unreine Alkohol färbt sich gelb beim Vermischen mit einem gleichen 
Volum Salmiakgeist. Stibiokali tartarie.; die sehr empfehlenswerthe und 
leicht ausführbare Methode von Stromeyer zur Prüfung auf Arsen ist 
nicht aufgeführt. Künstliche Düngemittel; zur Bestimmung des Ammons 
würde ich das Verfahren von Schlösing, Austreiben durch Kalkmilch 
obne Anwendung von Wärme, mit Benutzung titrirter Lösungen von 
Säure und Alkali vorziehen, Zur Aschebestimmung genügt bei Knochen- 


190 Literatur und Kritik. 


mehl 1—2 Grm.; die gewichtsanalytische Ermittlung der Phosphorsäure 


wird auf dem vorgeschlagenen Wege schwerlich genau, einestheils, weil 
der durch Ammoniak entstehende Niederschlag nieht immer die gleiche 
Zusammensetzung (dreibasisch phosphors. Kalk) haben dürfte, andern- 
theils, weil der Eisengehalt mit in den Niederschlag übergeht, dann aber 
auch, weil sich beim Auswaschen des Niederschlages aus 5 Grm. Kno- 
chenmehl nothwendig wieder kohlensaurer Kalk bildet. Jedenfalls würde 
ich die etwas umständlichere Methode, wie sie bei Untersuchung der Su- 
perphosphate angegeben, auch hier empfehlen. — Zur Stickstoffbestim- 
mung dureh Glühen mit Natronkalk genügt 1 Grm. Knochenmehl, doch 
wäre auch hier das Auffangen des Ammoniaks in einer Säure von be- 
stimmte Gehalt und Zurücktitriren einfacher, als die beschriebenen 
Verfahren. Liegen stickstofhaltige Superphosphate vor, deren Stickstoff 
zum Theil von Ammoniaksalzen, zum Theil von Beimengung gedämpften 
Knochenmehls herrühren soll, so kann die erstere Art nach dem 
Schlösing’schen Verfahren ermittelt werden, doch ist auch Glühen 
mit Natronkalk erforderlich, um den Gesammtgehalt an Stickstoff zu 
erfahren, resp. zu entscheiden, ob wirklich gedämpftes Knochenmehl mit 
verwendet wurde. Hat man häufiger den Gehalt an löslicher und unlös- 
licher Phosphorsäure zu bestimmen, so ist es zeitersparend, wenn man 
die unlösliche Phosphorsäure nicht direct bestimmt, sondern eine zweite 
Probe des Superphosphats mit hinreichender Säure behandelt und den 
Gesammtgehalt der Phosphorsäure ermittelt. 

In neuester Zeit hat man auch dem Wunsche der Düngerfabrikanten, 
die ursprünglich löslich gewesene aber beim Lagern wieder unlöslich 
gewordene Phosphorsäure, die s. g. „zurückgegangene“ zu bestimmen, 
entsprochen; nach dem Erscheinen des Duflos’schen Werkes sind 
hierüber (Fresenius’ Zeitschr. f. anal. Chem. X. 149) Versuche veröffent- 
licht und ist das Ausziehen mit neutralem citronensauren Ammoniak am 
zweckmässigsten gefunden worden. — Das beschriebene maassanalytische Ver- 


fahren mit Uran ist leicht ausführbar u. liefert gute Resultate. ER. Kemper. 


Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der 
preussischen Rheinprovinz und Westphalens. 
Herausgegeben von Dr. 0.J. Andrä, Sekretair des Vereins. 
28. Jahrgang, 3. Folge. 8. Jahrgang. Erste Hälfte 1871. 
Bonn in Commission bei Max Cohen u. Sohn: 1871. 


Correspondenzblattl Seite 1—7. Enthält die Veränderungen 
im Mitgliederverzeichnisse, wonach am 1. Januar 1871 die Zahl der Mit- 
glieder 1552 betrug. 

S. 8—14; folgt ein „kurzes Lebensbild“ des leider für den 
Verein und für die Rheinlande zu frühe hingegangenen Dr. Ph. Wirt- 
gen, theilweise nach eigenen Aufzeichnungen des Verstorbenen von Dr. 
Dronke in Coblenz. 

Am 7. September starb an einem Herzschlage zu Coblenz Dr. Ph. 


Wirtgen, der auch im Auslande bekannte unermüdliche Botaniker und 


Naturforscher des Rheinlandes. 
Machten ihn seine anerkannten botanischen Kenntnisse schon zu 
einer nicht unbedeutenden Persönlichkeit in wissenschaftlichen Kreisen, 


so sind seine Erfolge noch viel mehr anzuerkennen, wenn man den durch 


so viele Hindernisse erschwerten Gang seiner Bildung berücksichtigt. 


Am 4. December 1806 in Neuwied von nicht bemittelten Eltern 
geboren, zeigte er schon als Knabe einen entschiedenen Hang zur Natur, 


u ee a 


Literatur und Kritik. 191 


besonders der ihn umgebenden Blumenwelt. Der lebhafte Geist des Kaa- 
ben wurde in der Elementarschule nicht hinlänglich beschäftigt; beson- 
ders dadurch, dass er den Unterricht in der Naturkunde vermisste, 
suchte Wirtgen sich denselben auf jede Weise zu verschaffen. Ein ange- 
hender Apotheker nahm sich seiner an und unterrichtete ihn in der Bo- 
tanik. Durch die Vermittlung des Herrn Kirchenrath Mees in Neuwied 
gelang es, den 14jährigen Wirtgen aus der ihm unangenehmen Lage (da 
der Vater ihn zu seinem Handwerke bestimmt hatte) zu befreien und ihm 
eine Hülfslehrerstelle zu verschaffen; diesen Mann verehrte Wirtgen bis 
zu seinem Ende als Wohlthäter und Freund. 

Nach 3 Jahren unermüdlichen Fleisses bestand Wirtgen das Schul- 
lehrer- Examen und wurde 1824 als Elementarlehrer in Remagen mit 
80 Thaler Gehalt angestellt. Hier war es, wo Wirtgen mit den Professoren 
Nees von Esenbeck und Goldfuss in Bonn persönlich bekannt wurde; durch 
den Umgang und die Einwirkung dieser, wie durch die Benutzung des 
botanischen Gartens zu Bonn wurde der Vorliebe für die Scientia ama- 
bilis immer mehr Raum gegeben und durch unermüdliches Forschen in 
der Flora von Remagen wurde Wirtgen immer mehr vertraut mit den 
Pflanzen seiner Umgebung, wie mit der Pflanzenkunde. 

Ende 1824 übernahm Wirtgen die Lehrerstelle in Winningen in dem 
reich von der Natur bedachten unteren Moselthale und, vielfach angeregt 
durch die Fülle der verschiedensten Arten und Formen der reizenden Flora, 
versenkte er sich immer tiefer in das Studium der Botanik, 

In Winningen fand Wirtgen bei Allen eine liebevolle Aufnahme und 
namentlich bei seinem treuen Freunde, dem Dr. Arnoldi; hier gründete 
Wirtgen seinen eigenen Herd durch die Verbindung mit Catharina Hof- 
bauer aus Winningen, welche ihm mit treuer Liebe bis zum Ende seines 
regen Lebens zur Seite stand, ihn treu pflegte und die Kinder zu tüchti- 
gen Menschen erzog. 1834 wurde Wirtgen als Lehrer an die evangeli- 
sche Elementarschule nach Coblenz berufen und dort 1835 an der neu 
errichteten evangelischen Stadtschule angestellt. Von hier aus begann er 
jede freie Zeit, jede freie Stunde zu Exeursionen in der Umgegend 
zu benutzen und durch Fleiss und wissenschaftliche Thätigkeit wurde er 
nicht allein in den Rheinlanden, sondern auch ausserhalb derselben bekannt. 
1833 bot der damalige Minister von Altenstein seine Hülfe an, mit dem 
Bemerken, dass ein solches Streben noch mehr leisten würde für die 
Wissenschaft, wenn die äusseren Umstände nicht hemmend einwirkten. 
Hatte sich Wirtgen bei seinen Forschungen hauptsächlich das Ziel ge- 
setzt, den Pflanzenreichthum selbst kennen zu lernen, so erhielt sein 
Streben durch den Verkehr mit wissenschaftlichen Autoritäten und aus- 
gebreitete Correspondenz, dann persönliche Besprechungen, eine andere 
Richtung. In der Ueberzeugung, dass es ein bedeutendes wissenschaftliches 
Verdienst sein würde, die wissenschaftlichen Beziehungen eines Landes 
in jeder Beziehung klar zu stellen und dass pflanzengeographische Fragen 
mit Sicherheit nur nach genauer Bodenkenntniss erforscht werden könnten, 
begann Wirtgen mit sehr glücklichem Erfolge, gleichzeitig mit der 
Pflanzenkunde die geologische Wissenschaft zu studiren und führte dieses 
bei den musterhaften botanisch - geologischen Untersuchungen, unter an- 
dern besonders in der Eifel, im Hochwald, Westerwald etc, aus. 

1834 bildete sich hauptsächlich durch Wirtgens Vermittlung der bota- 
nische Verein am Mittel- und Nieder-Rheine; am 1. Mai auf der Prohl 
mit noch 24 Gesinnungsgenossen unter der Direction des Professor Friedr. 
Nees von Esenbeck wurde die erste Versammlung abgehalten. Wirtgen 
war die Seele dieses kräftig aufblühenden Vereins, um so mehr da Prof. Nees 


von Esenbeck kränklich war und sich der Sache nicht ganz widmen konnte, 


193 Interatur und Kritik, 


* 1841 auf der Generalversammlung in Poppelsdorf. wurde auf Antrag 
des Dr. Cl. Marquart in Bonn die Erweiterung des botanischen Vereins 
zu einem naturhistorischen Verein der preussischen Rheinlande beschlos- 
sen, dem sich dann später die Provinz Westphalen anschloss. 

Diesem vergrösserten Vereine stand unser Wirtgen mit erfolgreicher 
Thätigkeit bis an sein Ende als botanischer Director vor. 

Wirtgen lernte durch den Verein im Lauf der Zeit unseren Hoch- 
seehrten Präsidenten den wirkl. Geh.-Rath Excel. von Dechen, Al. von 
Humboldt, L. von Buch, Professor Al. Braun ete. kennen und war mit 
denselben theils im schriftlichen und theils im mündlichen Verkehr. 

Die Anerkennung für das, was unser Wirtgen mit unermüdlichem 
Fleisse für unsere Gegend und darüber hinaus gewirkt hat, konnte nicht 
ausbleiben; eine grosse.Zahl von wissenschaftlichen Vereinen des In- und 
Auslandes mit der Academ. ‚Caes. Leopoldina-Carolina, nahmen ihn zu 
ihrem Mitgliede auf. „Die Universität Bonn ernannte ihn 1853 zum Doetor 
phil, „honoris causa“ ete. 

Wohlwollenden Freunden gelang es, ihm die Mittel zu einem 2 maligen 
Besuche der Alpen und Norditaliens zu ermöglichen 1844, 1851 und der 
Besuch des 'Schwarzwaldes, so wie der internationalen Gartenbau - Aus- 
stellung in Hamburg, war ihm durch die huldvolle Gnade Ihrer Majestät 
der Kaiserin Königin Augusta vergönnt. 

Wenn man die Verhandlungen unseres Vereins sowohl des botani- 
schen wie des naturhistorischen Vereins für die Rheinlande und später 
noch von Westphalen, vom Anfange der Entstehung an durchgeht, so muss 
man über die Thätigkeit, Ausdauer und das Wissen erstaunen, wie ein 
Mann mit so bescheidenen Anfängen und geringen Mitteln, nach und nach 
aus eigener Kraft und Studium vollbringen konnte, was unser Wirtgen 
vollbracht hat. — Dann schrieb er mehre wichtige botanische Werke, 
welche nicht allein in den Rheinlanden, sondern auch im Auslande bekannt 
wurden. Er hielt wissenschaftliche und landwirthschaftliche Vorträge im 
Winzervereine und in dem von ihm gegründeten naturwissenschaftlichen 
Vereine in Coblenz, welche sich alle einer allgemeinen Theilnahme zu 
erfreuen hatten. 

Trotz der grossen, angegebenen Thätigkeit musste Wirtgen, dessen 
freie Zeit sehr kurz gemessen war, 26 Stunden Unterricht in der Schule 
ertheilen und ausserdem noch Privatunterricht geben, um sein kärgliches 
Einkommen von 300—400 '[hlr. für seine Familie von zehn Mitgliedern 
zu ermöglichen — um noch Zeit zu finden für andere wissenschaftliche 
und lehrreiche Zwecke, 

Nicht allein unser naturhistorischer Verein der Rheinlande, sondern 
auch die Wissenschaft, wie seine vielen Bekannten und Freunde hat durch 
den Tod unseres von "Allen geachteten Dr. Wirtgen einen Verlust getrof- 
fen, der nicht leicht zu ersetzen ist! Manche meiner Collegen werden 
sich des anspruchslosen, gemüthlichen, lehrreichen und mittheilsamen 
Mannes mit Wohlwollen erinnern, an dem auch ich einen schr lieben 
Freund verloren habe! Ruhe seiner Asche! 


Druckfehler-Berichtigung. 


Zur Morphologie der sog. Wurzelzwiebeln ete. 
Pag. 63 Zeile 11 von oben ist einer zu streichen. 
Pag. 64 Zeile 22 von oben lies Struck anstatt Schenck. 


Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses» 


ARCHIV DER PHARMACIE 


3. Reihe, 1. Band, 3. Heft. 


mn 


A. Originalmittheilungen. 
Il. Chemie und Pharmacie. 


Ueber Pflanzenwachs. 
Von Dr. H. Ludwig, a. Prof. in Jena. 


Mulder (Versuch einer allgemeinen physiolog. Chemie, 
I, 267 u. 276) giebt über das Vorkommen von Wachs in den 
Pflanzen werthvolle, allgemeine Andeutungen, die ich als Ein- 
leitung hier mittheile: 

„In sehr vielen Pflanzentheilen, namentlich in den 
Hüllen mancher Früchte findet sich eine fette Substanz, 
welche auch durch gewisse Thiere aus Zucker bereitet wird; 
diese ist das Wachs. 

Man findet verschiedene Arten von Wachs auf der 
Aussenseite mancher Pflanzentheile. Dahin gehört das 
blaue Wachs der Trauben und Pflaumen und .das- 
jenige, welches man aus den Aepfelschalen in ziemlichen 
Quantitäten erhält; es ist auch ein Bestandtheil des Gemenges, 
welches man rohes Chlorophyll nennt. Ferner enthält 
Stroh eine krystallisirbare Wachsart und eine andere hat 
Avequin beschrieben, die er auf der äusseren Fläche des 
Zuckerrohres reichlich verbreitet fand. Er hat die interessante 
Thatsache mitgetheilt, dass die Arten von Zuckerrohr, 


welche viel Zucker geben, wenig von dem Wachs 


enthalten, und umgekehrt dass die, welche viel 
Wachs liefern, nicht schr zuckerhaltig sind, 


2} 


Arch, d, Pharm, TIT, Reihe. I, Bds, 3, Heft. 1) 


194 Ueber Pflanzenwachs, 


Daraus folgt, dass in der Pflanze entweder das Wachs zur 
Zuckerbildung oder der Zucker zur Wachsbildung 
verbraucht wird. Das letztere scheint am wahrschein- 
lichsten zu sein und als allgemeine Regel bei dem chem. 
Stoffwechsel sowohl im Pflanzen- als im Thierreiche zu gel- 
ten. Gundelach (Naturgeschichte der Bienen, Cassel 1842) 
hat positiv nachgewiesen, dass die Bienen wirklich Wachs 
aus Zucker bereiten. Er fütterte sie mit einer Auflösung 
von Kandiszucker in Wasser und sah sie demungeachtet 
Wachs hervorbringen. Er beobachtete ferner, dass die Bie- 
nen zur Production von 1 Pfunde Wachs 20 Pfunde Honig 
bedürfen. Zuckerrohr und Bienen können also beide den 
Zucker in Wachs d. i. in Fett umwandeln. 

Zieht man grüne Blätter mit Aether aus, so erhält man 
eine grüne Lösung. Wird der Aether verdampft und der 
Rückstand mit heissem Alkohol behandelt, so scheidet sich 
beim Erkalten eine ziemliche Menge einer weissen fettigen 
Materie, nemlich Wachs, aus, während der grüne Farbstoff 
gelöst bleibt. 

Aehnliche Gemenge von wachsartigem Fett und Farb- 


stoffen findet man namentlich in der äusseren Haut der N 


Früchte, besonders der gefärbten; das Wachs aus Aepfeln 
erscheint grau, das aus Vogelbeeren orangeroth gefärbt. 
Letzteres wird durch Behandlung mit Säuren und Alkalien 
beinahe weiss. Auch bei Untersuchung von Rinden, Wurzeln, 
überhaupt der meisten Pflanzentheille erhält, man wachsar- 
tige Stoffe; die Olasse derselben ist wahrschein- 
lich ebenso gross, als die der Harze, aber leiuo? 
noch wenig bekannt. Aehnliche Wachsarten, wie aus 
der Wurzelrinde des Apfelbaums und den Vogel- 
beeren, erhält man aus den Schalen der Aepfel, Trau- 
ben, Kalabassen (Cucurbita lagenaria), des spanischen 
Pfeffers, der Gurken, Apfelsinen und Citronen, 
Die meergrüne Farbe, color glaueus, entsteht 


durch eine dünne Schicht Wachs, womit die grünen Blätter 


überzogen sind. Taucht man die Blätter von Echium 
fastuosum und von Sedum dasyphyllum einige Augen- 


I; 


Ueber Pflanzenwachs, 195 


blicke in Aether oder Alkohol, so.werden sie grün, indem sie 
die dünne Wachsschicht verlieren, welche ihre Oberfläche 
bedeckt. (Der Thau färbt das Gras aus demselben Grunde 
meergrün, während die kleinsten Thautröpfchen selbst unsicht- 
bar sind.) 

Die Menge des Wachses auf Blättern ist oft bedeu- 
tend, z. B. bei Ceroxylon; es findet sich auf Trauben, Bir- 
nen und andern Früchten, besonders bei Myrica ceri- 
fera; in grösster Menge fand jch (Mulder) es auf der 
äussersten Oberfläche der Bracteen von Musa paradi- 
siaca. Auf den Blättern vieler Arten von Encephalar- 
tos, Familie der Cycadeen, liegt nach Miquel eine dicke 
Wachsschicht.“ 

Zur Vergleichung der Arten des Pflanzenwachses mit 
dem Wachs der Bienen lasse ich eine Zusammenstellung 
der Bestandtheile des letzteren und einige Notizen über 
das chinesische Wachs, das Bienenbrod und über den Wachs- 
gehalt der Rohseide der Betrachtung der Pflanzenwachse 
vorausgehen. 


Bestandtheile des gemeinen gelben Bienen- 


wachses, 
Die hauptsächlichsten Bestandtheile sind: 
1) Cerotinsäure von Brodie — (C5#H540%, acide 


sinesigque Lewy; Cerin der älteren Analytiker. 
Körnige Krystalle, die bei 80° (Lewy), 81° (Brodie), 81 bis 
82°C. (Maskelyne) schmelzen, beim Erkalten kryst. erstar- 
ren, Lackmus röthen, unverändert sich destilliren lassen. 
Proc. Zusammensetzung von Brodie gefunden C — 79,13, 
H = 13,20, O = 7,67°),. Die Formel verlangt € = 79,02, 
H = 13,17 und O = 7,81%,. Löst sich in Weingeist 
und Aether. 

Das Bienenwachs enthält davon viel (nach John), 90%), 
(nach Bucholz und Brandes), 70%, (nach Boudet und 
 Boissenot), 22%, (nach Brodie), 10 %%, (nach Hess). Die 
 Cerotinsäure fehlte ganz in einem Wachs wilder Bienen von 
Wiltshire und im Bienenwachs von Ceylon, 


4 
| 
- 
z 


13* 


196 Üeber Pflanzenwächs. 
2) Myricin = (92H9204 — (0604610, 03243103 — 


palmitinsaurer Melissyläther. Besonders reichlich im 
Wachs von Oeylon (Brodie). John fand wenig Myriein im 
Bienenwachs, Bucholz und Brandes 8 Proc; Boudet 
und Boissenot 30°,, Hess 90%. 

'Federförmige Krystalle von 72° Schmelzpunkt, zu sehr 
krystallinischer Masse erstarrend. Es löst sich sehr wenig 
im Weingeist, ziemlich leicht in reinem Aether (Brodie). 

Das durch. Verseifung aus Myriein abgeschiedene Me- 
lissin, der Melissylalkohol oder Myricylalkohol 
— (6046202 bildet eine kryst. seideglänzende Masse, die 


bei 85° schmilzt und beim Erkalten zur kryst. fasrigen Masse 


gesteht. *) ’ 

‚3), Cerolein von Lewy. Das Bienenwachs verdankt 
seine Klebrigkeit dieser ölartigen Substanz, ‘die sich, leicht 
in. Weingeist löst, nach dem Auskrystallisiren der ‚Cerotin- 
säure, in der Mutlerlanes bleibt (Brodie) und durch ab; 
dampfen gewonnen wird. 

Schmilzt bei 28%,5C. Enthält © = 78,74°,, H = 12,51%, 


O — 8,75%,. Es ist in eine Säure und in eine nicht verseif- 


. bare Substanz zerlegbar (Lewy). 
4) Eine der Margarinsäure ähnliche Säure; in kleiner 
Menge. \ 
'5) Ein gewürzhaft riechendes und schmeckendes 
Prineip, welches beim Destilliren des rohen Wachses mit Was- 
ser übergeht (Bizio). Beim Bleichen wird dieses riechende 
und schmeckende Princip zerstört, ebenso 
6) der Farbstoff, welcher gelb und harzig ist. (Gmelin- 
Kraut org. Chem. IV. 2129.) In einem Wachs aus Cuba, 
welches eine schmutzig gelblich braune, ins Leberbraune über- 
gehende Farbe besass, fand R. Brandes 9 ‚22°/, dieses bal- 
samharzigen Farbstoffes, er löste sich in Alkohol, war 
glänzend dunkelbraun, von dem eigenthümlich angenehmen 


‘ *) Myricin enthält gefunden C— 81,54%,, H= 13,38%, 0 — 
5,08°%% (Brodie). 


| 


Ueber Pflanzenwachs. 197 


Geruche des Bienenwachses; ausserdem 76,85 /, Cerin, 10,430), 
Myriein und 3,5%, Wasser. (Ann.d. Pharm. 1834, X, 239.) 
Natürliches schwarzes Wachs von Caracas, 
LaGuayra und der InselMargarita. Der Honig von wil- 
den Bienen ist fast schwarz, klar und wirkt, roh genossen, sehr 
berauschend. Abgekocht, wird er sehr schön weiss' und 
wohlschmeckend. Das Wachs hingegen ist und bleibt 
schwarz und selbst künstlich gebleicht, behält es seinen 
pechartigen Charakter; es dient daher nur, zur gewöhnl. Fa- 
brikation und wird fast ausschliessl. von den Schubmachern 
verbraucht, (Das Ausland, Nr. 47, 25. Nov. 1865.) 


Zusammensetzung des wasserhaltigen Bienen- 
brodes. 

W. v. Schneider (Ann. Chem. Pharm. 1872, H. 5 u. 

6, 8. 253) fand in dem von Bienen (aus der Pfalz und aus 

der Prov. Brandenburg) zusammengetragenen u. in die Wachs- 


"waben eingestampften Blüthenstaube (Pollen), der eine 


gelbbraune, klebrige, süsslich schmeckende Masse bildete, 
8,98 Proc. Fett, Fettsäuren, Cerotinsäure, Myri- 
ein, Oelsäure und Farbstoff, 
25,12 „ Zucker, 
17,81 „ Eiweiss, 
7,42 „, Peetinstoffe, 
7,56 °„ Pollenhäute, 
3,08 „ Asche (KO, Ca0, Fe?03, 10: Si0*enthalon) u. 
29,89: „ Wasser. 


Die mittle anlengelzuf des Bienenwachses 
wird von Herrn W. v. Schneider zuÜ®© — 81,38, H = 13,28 
und O = 5,34%), angenommen, 


Chinesisches Wachs. 


Öhinesisches Insektenwachs, Chung-pih-lah, 
Pela. Vegetabil. Walrath. Secret von Cocceus Pe-la 
Westwood auf d. Zweigen vonFraxinuschinensisRox- 


198 | “ Veber ee N 


burgh, welcher Baum zu dem Zwecke der Wachsgewinnung 
angebaut wird. (D. Hanbury, Beiträge zur Mater. med. Chi- 
na’s, übersetzt von Theodor W.C. Martius, 1863, 8. 70, 
wo ein Zweig des Wachsbaums mit dem Wachse bedeckt, ein 
fructifieirender Zweig und das Wachsinsekt abgebildet sind.) 

Lewy beschreibt es als krystallinisch glänzend weiss, 
im Aeusseren dem Walrath ähnlich, von weit höherem 
Schmelzpunkt als Bienenwachs; “es schmilzt nemlich das chi- 
nesische Wachs nach Lewy bei 82°,5 Cels. (Journ. f. nn 
Chem. 1845; 36,71.) 

Ure giebt ebenfalls an, dass das Pela den Glanz und 
die Textur des Walraths zeige. 

Brodie beschreibt. es ganz genau und sagt: es ist wie 
Walrath weiss, in grossen Massen sehr krystallinisch, dabei 
weit härter, brüchiger, krystallinisch fasriger als Cetaceum. 
Dieses eigenthüml. krystallin. Ansehen ist für das chinesische 
Insektenwachs ganz bezeichnend.. Der Schmelzpunkt des 
käuflichen Pela ist nach Brodie 181°4 Fahr., der des voll- 
kommen reinen = 179°,6 F —= 82° Cels. Es löst sich nur 
wenig in Alkohol und Aether, dagegen sehr leicht in Steinöl 
und kann aus letzterem krystallisirt erhalten werden. Bro- 
die fand in 100 Th. des reinen Pela 
0 —82,235, H—=13,575, O — 4,190°,, wofür 'er die Formel 
6108710804 — 052H°50,052H330? aufstellt. Trotz seiner 
Unverseifbarkeit auf nassem Wege lässt sich dieses Wachs 
durch Zusammenschmelzen mit Kalihydrat in Cerotin 
C52H5602 und Cerotinsäure O5*H°*O0* zerlegen, wobei 
2 Aeq. Wasser aufgenommen werden. Das Pela ist mithin 
cerotinsaures Oerotyloxyd. 

Der Cerotylalkohol oder das Oerotin ist wachsartig 
und schmilzt bei 79°C. Die Cerotinsäure schmilzt bei 

78° bis 79° C.*) «und findet sich auch im gemeinen Bienen- 

wachse schon fertig gebildet. 

Bei einer Temp. von 60° Fahrenh. ist das Pela leicht 
pulverisirbar. Es ist geruch- und geschmacklos. In China 


*) Vergl. oben 8. 195. 


Ueber Pflanzenwachs. 199 


wird es. seit d. 13. Jahrh. bei der Lichterfabrikation verwen- 
det, auch als äusserliches und innerliches Heilmittel. (A. 
Buchners neues Repertorium 1854, III, 289 — 304.) 

Das rohe Wachs umgiebt die Zweige mit einer etwa 
1 Linie dicken, weissen, weichen Hülle; es wird durch Kochen 
mit Wasser geschmolzen 'und so von den Pflanzentheilen ge- 
trennt. Nach Duffy schmilzt es bei 81° O. und erstarrt bei 
80°,5 C. (Handwörterb. d. Chem. 1864. IX, 312.) 

Anhang. In der Rohseide fand Roard ein bei 75 bis 
80° schmelzendes Wachs, "/;go bis Ygoo der Seide betragend. 


Pflanzenwachs. 
I. Wachs aus Gramineen. 

a) Zuckerrohrwachs, ÜCerosin (Cerosie nach 
Aveguin). Man erhält es aus der abgerissenen Rinde des 
Zuckerrohrs, vorzügl. von der violetten Art. ‘Es stellt sich in 
Form eines weissen Staubes dar, welcher die Rinde bedeckt. 
Man erhält es entweder durch Abschaben oder aus dem beim 
Erhitzen des Saftes zum Sieden sich abscheidenden Schaume 
durch Extrahiren mit heissem Weingeist. Nach Avequin 
liefert 1 Hectare des violetten Rohrs ungefähr 100 Kilogrm. 
‚ Wachs. Im reinen Zustande ist es weiss, schmilzt bei 82°C., 
ist in kaltem Weingeist. unlöslich, in siedendem leichtlösl., 
in siedendem Aether schwerlösl., in kaltem Aether ganz 
unlösl. Hart und leicht zu pulvern. Spec. Gew. 0,961 
bei 10°C. 

B. Lewy’s Analysen des Üerosins führten ihn zu der 
Formel 0?°H*®02. (Journ. f. prakt. Chem. 1845, 36,76; 
Handw. d. Chem. II, 117 und Suppl. - Bd. $. 749.) 

b) Wachs aus Wiesengras, von Mulder darge- 
stellt, erschien weiss und enthielt © — 79,3%/,, H = 13,3°/,, 
OÖ = 7,4°/, (Gmelins Handb.). | 

ec) Wachs aus grünen Gerstenstengeln erscheint 
grün, aus trocknen Stengeln gelb (Einhof; alte Beobachtung). 

d) Wachs aus Roggenstärke durch Salpeter- 
säure erhalten U = 72,38 %/,, H = 12,14 /,, O0 = 14,48 9), 
(Hess). 


200. Ueber Pflanzenwachs, 


1. Wachs aus Balmen. 
Palmenwachs, Palmwachs. 


a) Wachs von Ceroxylon 'andicola Humb. 


Nach Boussingault (Ann. de chim. et d. phys. 59, 19) 
kann dasselbe durch Alkohol in em eigenthümliches 
Harz (dem Elemiharze gleichzusammengesetzt —= 0?°H160, 
von gelber Farbe, auch löslich in Aether, viel löslicher in 
warmem als in kalten Weingeist) und in Wachs zerlegt 
werden, welches mit dem Bienen wachse |gleiche‘ Eigen- 
schaften und Zusammensetzung besitzt. Auch eine Spur einer 
sehr bitteren Substanz (unerträglich bitteren), welche 
eine vegetäbilische Salzbase zu sein scheint, ist im 
Palmwachs vorhanden (Berzelius’ Jahresb. f. 1836, XV, 223.). 

Ceroxylon andicola ist eine in den Tropengegenden 
Amerikas (sehr häufig in Neu-Granada) einheimische 
Palme. Der ganze, 2 Fuss dicke und 50 Fuss hohe Stamm, 


. B . . 55 % 
derselben ist mit einer Schicht Wachs überzogen, welches man 


durch Abkratzen gewinnt und mit heissem Wasser reinigt. 
Ohne darin zu schmelzen, sammelt es sich in weichem Zustande 
an der Oberfläche. Man formt daraus Kugeln, welche an der 
Luft getrocknet und zur Verminderung der Sprödigkeit ge- 
wöhnlich mit etwas Talg versetzt werden. So kommt es 
unter dem Namen Palmwachs in den Handel. Das nicht mit 
Talg versetzte Palmwachs ist dunkelgelb, etwas durchschei-, 
nend, von muschligem Bruch. Wird beim Reiben stark elec- 
trisch, schmilzt bei einer dem Siedepunkte des Wassers eiwas 
übersteigenden Temperatur und verbrennt mit! stark russen- 
der Flamme. Aus der heissen alkoholischen Lösung scheidet‘ 
sich das Wachs als Gallerte ab, während das Harz gelöst 
bleibt. Das Harz ist von Bonastre Ceroxylin genannt 
worden und enthält nach Boussingault © = 83,1 — 83,7 %,, 
H = 11,5%, und 5,4 bis 4,8%, 0. 

Das vom Harze befreite Wachs schmilzt bei 
72°0., ist in geschmolzenem Zustande wenig gefärbt, dem 


Bienenwachse sehr ähnlich, welchem es auch in der Zusam- 


ee 


Ueber Pflanzenwachs,. 201 


mensetzung gleich kommt. Die Analysen von Boussingault 
und Lewy gaben für Palmwachs 


Boussingault. Lewy. Bienenwachs. 
0.5818: 2...81,64:0%30:23 0 81,8 
H 12,5 13,3 13,30 H 12,8 
RE: 5.1..05.97 0 154 
100,0 100,0 100,00 100,0 


(Handwörterbuch d. r. u. angew. Chemie. 6. Bd. S. 38; 1854. 
Journ. £. pract. Chemie 1845, Bd. 36, S. 73 (wo als Schmelz- 
punkt nur 70°0. angegeben ist). (Annales d. chim. et d. 
physique. 1845, [IIl], XIII, 447.) 

b) Wachs der Carnaübapalme. 

Die im nördlichen Brasilien einheimische Carnaübapalme 
Corypha cerifera Arruda, zeigt auf ihren Blättern eine 
dünne Wachsschicht, welche beim Trocknen sich ablöst. Die- 
ses Wachs ist spröde, leicht zu pulvern und schmilzt bei + 
83%5 C. Im kochendem ‚Aether und Weingeist löst es sich 
auf und schlägt sich beim Erkalten als krystallinische Masse 
nieder. Lewy fand seine Zusammensetzung 

I. - IT; 
0 "80,36, 80,29 
H.. 13,07 13,09 
OÖ. , 6,57 6,64 
100,00 ° 100,00. 
(Handwörterbuch d. r. u. angew. Chemie 1854, 6. Bd. 8. 39; 
Annales d. chim. et d. phys. 1845, [III], XIII, 449.) 

Nach B&rard schmilzt es bei 84° C.; Alkohol zieht aus 
ihm, wie aus dem Bienenwachse Gerotinsäure. Das in 
Alkohol Unlösliche giebt beim Verseifen einen Wachsalko- 
hol, der bei 880 0, schmilzt und eine Talgsäure, die. bei 
75°C. schmilzt, (Vergl. Archiv d. Pharm. 1868, 134, 259; 
1870, 142, 84.) 


Die Carnaübapalme führt auch die Namen Copernicia 


cerifera Martius, Arrudaria cerifera de Macedo; sie 


wächst in der Provinz Ccarä, Brasilien. 


202 Ueber Pflanzenwachs. 


c) Wachs von Ceroxylon Klopstockia Martius. 
Diese Palme liefert nach Klotzsch ächtes Pflanzenwachs. (Pharm. 
Centralblatt 1852, 135.) 

d) Wachs von Chamaerops humilis. 

Nach Teschemacher werden jährlich in den Verein. 
Staaten von N. Amerika 3 Millionen Palmblätter, zur Fabri- 
kation der Strohhüte, von Cuba und anderen westind. Inseln 
eingeführt. Sie kommen grösstentheils von der Palme Cha- 
maerops humilis. Getrocknet, erscheinen sie mit einem weissen 
Pulver bedeckt, unter welchem ein glänzender Firniss die 
ganze Oberfläche des Blattes bedeckt. Beide Substanzen sind 
vegetabilisches Wachs. Von einem dieser Blätter erhielt 
Teschemacher durch Abschaben mit dem Daumen 90 Gran 
weisses Wachs und dann durch Auskochen mit Alkohol 
noch 300 Gran grau gefärbtes. Bei der Fabrikation fallen 
beide abund werden weggeworfen, wodurch jährlich 100000 Pfd. 
‘dieses Wachses verloren gehen. Durch siedenden Alkohol 
wird dieses Wachs in sogen. Cerin und Myricin getrennt: 
das weisse Palmwachs enthält entwa 80 Proc. sog. Myriein 
und 20°, sog. Cerin, während das durch Auskochen erhaltene 
hauptsächlich sog. Cerin enthält. (Ann. Ch. u. Pharm., 1846 
“60, 270.) 

e) Andaquies-Wachs. (Anhang zu Palmenwachs.) 

Goudot berichtet über dasselbe: „Man erhält dieses 
Wachs unter dem Namen cera de los Andaquies durch 
"Tauschhandel mit den freien Indianern, welche das weite, von 
dem Orinoco und Amazonenstrom durchschnittene Gebiet im 
Westen der Cordilleras von Neu-Granada bewohnen. Ich 
sah dieses Wachs in den Ebenen vom Ober-Orinoco und dem 
oberen Gebiet des Magdalenenflusses, wo es unter obigem 
Namen bekannt ist und unser Bienenwachs ersetzt, in dem 
man es zur Bereitung der Wachskerzen, die beim Gottes- 
dienst gebraucht werden, verwendet. Vorzügl. sind es die 
Indianer des kleinen Stammes Tarnas, welche an den 
Ufern des Rio-Caqueta wohnen, welche dieses Wachs sam- 
meln. Es ist nach Aussage der Leute das Product eines 
kleinen Insektes Aveja (so Nennen die Spanier überhaupt 


A ee un 


Ueber Pflanzenwachs. 203 


die honigtragenden Insekten), welches auf einem und demsel- 
ben Baume eine Menge kleiner Stöcke anlegt, die nicht mehr 
als 100 bis 250 Grm. gelben Wachses liefern.“*) Nach B. 
Lewy schmilzt das gereinigte Andaquieswachs bei 77°C. 
und zeigt bei 0° das spec. Gewicht —= 0,917. , Dieses Wachs 
zerlegte Lewy in 3 Substanzen, nemlich in 50°, (etwa) Pal- 
menwachs, 45°, Cerosin (gleich dem aus Zuckerrohr- 
wachs) und 5°/, ölartige Substanz. 

Die Analysen stimmen gut mit einander, ebenso die 
Schmelzpunkte. Hier liegt also der Fall vor, dass die Bienen, 
von denen dieses Wachs herrührt, jenes Gemenge von Pal- 
menwachs und Zuckerrohrwachs wahrscheinlicher 
sammeln, als dass sie ein solches Gemenge secerniren. 
(B. Lewy, Journ, f. pract. Chem. 36,83. Annales d. chim. 
et d. phys. III. 1845. tom. XIII, pag. 460.) 


IL Wachs aus Balanophora-Arten (Balanopho- 
ren-Wachs). 


In dem (pilzartigen) Holzkörper dieser parasitischen Pflan- 
zen aus Java findet sich Wachs so reichlich, dass derselbe 
dem grössten Theile nach daraus besteht. Diese zwischen 
Wachs und Harz stehende Substanz ist mit grösster Leichtig- 
keit und in allen ‚Verhältnissen im Aether löslich, dagegen 
nur sehr wenig in Alkohol. Letztere Lösung. röthet Lackmus 
nicht, wird durch Wasser weiss gefällt, die Trübung ver- 
schwindet durch Ammoniak nicht; stundenlang mit conc. Ka- 
lilauge gekocht, wird es nicht verändert, ist mithin nicht 
saurer Natur. Mit Wasser destillirt, giebt es eine Spur 
äth. Oeles,. 


*) Die Biene, welche dieses Wachs produeirt oder sammelt, gehört 
dem Genus Melipora an. (Handw. d. Chem. Suppl.-Bd. 1850, S. 749). 
Nicht Melipora, sondern Mellipona heisst diese Gattung, welche zu 
der Familie der Bienen, Apiariae, gehört (R. Kner, Lehrb. d. Zoologie 
1855, 8.306); Carl Voigt schreibt Melipona. (Zoolog. Briefe Bd. I, 
8, 702.) 


904 Ueber Pflanzenwachs. 


Angezündet, verbrennt es unter Verbreitung eines ange- 
nehmen Geruchs und Hinterlassung leichtverbrennlicher Kohle. 
Mit Wasser anhaltend gekocht, wird die vorher etwas klebrige 
Substanz spröder und in der Kälte leicht zerreiblich. 
Schmilzt zwischen. 90 und 100° C. Conc. Schwefelsäure löst 


sie mit prächtig dunkel braunrother Farbe. Die Analysen. 


stimmen mit der empirischen Formel C!1?H!°0. Gefunden 
79,69 — 79,46 C., 11,20— 11,25%, H und 9,11 bis 9,25%, 0. 
(Theodor. Poleck, Ann. Ch. Pharm. 1848, S. 174—180.) 


Die Balanophoren (mit pilzartigen Formen) haben 
Wachs, nieht auf der Oberfläche der Gewebe, sondern wie 
Amylon im Zellsafte schwimmend. 


Balanophora elongata, auf Java, in 7500 bis 
- 10,000 Fuss Meereshöhe, Prut oder Bundjing genannt, 
auf den Wurzeln der Baumheide, Agapetes vulgaris, 
wachsend; Balanophora maxima, auf den Wurzeln der 
Albizzia montana schmarotzend. Die erstere (B. elon- 
gata) wird zerstampft und das klebrige Wachs an Bambus- 
stäbchen gestrichen, die dann als Weachskerzen verkauft 
werden. 

Langsdorffia hypogaea in Neugranada, Sipo ge- 
nannt, ist ungemein reich an Wachs; ihre getrockneten Sten- 
gel dienen unmittelbar als Kerzen (Siejas). Im Toli- 
magebirge, wo auch Ceroxylon andicola, die Wachspalme 
wächst, heisst sie Belacha. (Karl Müller, die Wachs- 

pflanzen; Natur, 1869, Nr. 27.) 


IV. Wachs aus Liliaceen. 


Dem unverletzten Pollen von Lilium croceum ent- 
zieht Aether ein gelbes, am Lichte verbleichendes Wachs, 
welches nicht in Krystallen, sondern nur amorph zu erhalten 
ist und durch Kali schwierig verseift wird. Es enthält nach 
Fremy und Cloez C = 79,59%, H = 123,04 %,, 0 = 
8,37 %,. (Gmelins’ Handbuch; und Handwörterbuch d. Chem. 
VI, 167.) \ 


EEE 


Ueber Pfianzenwachs, ‘ 205 
V. Wachs aus ÜOoniferen. 


a) Die Nadeln und die Rinde von Pinus syl- 
vestris enthalten nach Kawalier eine eigenthümliche 
Wachssäure, die Ceropinsäure 0$?H 601°: mikrosk. weisse, 
zerreibliche Krystalle, die bei 100° schmelzen und beim Erkal- 
ten wie Bienenwachs erstarren u. aus O=175,55, H= 11,32, 
und OÖ = 13,13 °/, bestehen. 

b) Die Borke von Pinus sylvestris enthält ein Wachs, 
für welches Kawalier die Formel C3?H3? 0%? aufstellt, darin 
2775.07, H. = 12,60, 0 = 12,33%), 

c) Die grünen Theile von Thuja oceidentalis 
(Cupressineae) gaben Kawalier ein Wachs, worin 0=174,91, 
H = 12,44, O = 12,65. Beim Verseifen wurde daraus ein 
Wachs — C58H°?®0* und eine kryst. Säure = C°3H5®0"1 
erhalten. 

Ein Thujawachs anderer Darstellung hatte iim = 
80,75°/, geliefert. 

d) Wachholderbeerwachs ist nach Trommsdorff 
grau, spröde, zerreiblich, schmilzt unter Verbreitung, von 
Wachsgeruch in siedendem Wasser. Nach Steer ist es m 
remem Zustande weiss, schmelzbar und zerspringt nach dem 
Erkalten und Erstarren in durchscheinend glänzende, harte, 
eckige Stücke. 


VI. Wachs aus Salicineen (Amentaceen). 


a) Wachs aus Schwarzpappelknospen (Pelle- 
rin, Journ. pharm. 8,432.). 

b) Wachs aus Propolis (aus Stopfwachs, Vor- 
wachs). Die Bienen sammeln von den harzigen Blatt-' 
knospen der Pappeln (Birken, auch der Rosskastanien 
u.s. w.) das rohe Stopfwachs, womit sie die Spalten ihrer 
Körbe verkleben. Vauquelin fand darin.57°/, Harz, 14 Proc. 
Wachs, 29°), Säure und Verunreinigungen. 

Pellerin schied durch kochenden Weingeist und Abküh- 
len des Auszugs das reine Stopfwachs, Propolin ab, welches 


306 Ueber Pflanzenwachs. 


bei 57 bis 58° schmilzt. und Honiggeruch dabei entwickelt. 
— Im Weingeist bleibt ein sehr klebendes Harz, eisen- 
bläuende Gerbsäure und etwas ätherisches Oel gelöst. 
Unter den unlösl. Beimengungen finden sich Pollenkörner. 
(Fr. Hankel und H. Ludwig) Cadet fand darin auch 
Gallussäure und Benzoäsäure. 


VI. Wachs aus Braunkohlen. 


An der Bildung der Braunkohlen haben sich unter anderen 
Pflanzen-Familien die der Coniferen, Palmen, Amen- 
taceen, Najadeen betheiligt, aber auch Juglandeen, 
Cupuliferen, Betulineen, Laurineen, Papiliona- 
ceen u. a. 

Brückner fand in der Braunkohle von Gerstewitz fol- 
gende wachsartige Substanzen: 1) Geomyricin 0°®H680%; 
es bildet haarfeine Prismen, schmilzt zwischen 80° und 83°C. 
und erstarrt wieder zu einem sehr spröden gelblichen Wachs. 
Brennt mit heller Flamme. Dem Carnaubawachs gleichend. 

2) Geocerinsäure = (0°°H?°O* — HO,0°H5503, 
erscheint als weisse, blättrige, amorphe Masse, schmilzt bei 
82° und erstarrt zu einem glänzenden, sehr spröden, leicht 
pulverisirbaren Wachs. 

3) Geocerain = (°°H°®0%, isomer der Geocerinsäure; 
eine indifferente weisse, blättrige, amorphe Masse; schmilzt bei 
80°C. und erstarrt zu einem harten, aber nicht sehr spröden, 
eher milden Wachs. 


VIII. Wachs aus Oupuliferen. 


Korkwachs, Korkcerin, Phellylalkohol nach 
Siewert — C34 H 2802, bildet weisse, mikroskop. Krystalle, 
schmilzt erst über 100°C. (Zeitschr. f. d. ges. Nat.- Wiss, 
1867, XXX, 129.) 


IX. Wachs aus Platanaceen. 


Aus der Rinde von Platanus acerifolia schieden 
Stähelin und Hofstetter eine zwischen Wachs und Harz 


Ueber Pflanzenwachs. 507 


stehende Substanz ab, welche als gelbweisses, amorphes Pul- 
ver erschien, bei etwa 180° C. schmolz und mit russender 
Flamme und gewürzhaftem Geruch verbrannte Darin 
C = 79,64, H = 11,01, 0 = 9,35%: 


X. Wachs aus Myricaceen. 


(Myricawachs). 


Die Myricaceen (Gagelsträucher) sind wachsliefernde 
Gewächse, unter denen besonders Myrica cerifera, der 
virginische Wachsbaum, Wax-Myrtle, Candle - berry - 
myrtle hervorzuheben ist. Er wächst von Ohio und Pensyl- 
vanien durch Virginien, Carolina und Louisiana bis nach 
Mexico, trägt erbsengrosse, kuglige Früchte, an deren Hüll- 
blättern das Wachs als weisse Substanz erscheint, in welcher 
die Früchte eingebettet liegen. Schon 1773 brachte man das 
Myrtelwachs in Kuchenform nach England. (Karl Mül- 
ler, die Natur, 1869, 7. Juli, Nr. 27.) 

Nach Boussingault und B.Lewy erhält man dieses 
Wachs, indem man die Beeren der verschiedenen Myricaarten, 
darunter die der Myrica cerifera mit Wasser kochen lässt. 
Sie "liefern bis 25 Proc. Wachs und ein einziger Strauch kann 
jährlich 12 bis 15 Kilogrm. Früchte tragen. 

Das rohe Wachs ist grün und brüchig. Nach Chevreul 
ist es verseifbar und liefert dabei Glycerin, Stearin-, 
Margarin- und Oelsäure. B. Lewy untersuchte ein 
von H. Goudot erhaltenes Myricawachs, welches er durch 
Behandlung mit siedendem Wasser und kaltem Alkohol rei- 
nigte. Nun erschien es grünlichgelb, schmolz bei 470,5 
Cels. (Chevreul hatte 49° C. gefunden) und die Analyse 
lieferte © = 74,23 /,, H = 12,07 %,, O = 13,70%. (Anna- 
les d. chim. et d. phys. 1845, [III], XIII, 448.) 

Nach Karl Müller (a. a. O.) liefern auch Myrica 
carolinensis und M, pensylvanica Wachs, doch weni- 
ger beträchtliche Mengen; ferner Myrica caracasana im 
aequatorialen Südamerika. Nach Hermann Karsten sam- 
melt man in Neugranada von ihren Früchten alljährlich mehr 


308 Ueber Pfianzenwächs, 


als tausend Centner Wachs, welches dort zur Beleuchtung 


dient. „Aehnlich, wie am Stamme der Palmen, ändert sich 
an den Früchten der Myrica die Hüllhaut und die Mem- 


bran der Oberhautzellen im Verlaufe ihrer Entwicke- 


lung in Wachs um.“ (Karsten.) 


Afrikanische Myricaceen. Myrica brevifolia, 
M. Kraussiana, Bwrmanni, quereifolia, laciniata, 
cordifolia und serrata Lamark (M. banksiaefolia 
Willd.) am Cap der guten Hoffnung und Myrica aethio- 
pieca in Abessinien liefern Wachsbeeren mit grünlichem 
Wachs (K. Müller). 

"Nach P. L. Simmonds wird Myrica cordifolia in 
den Colonieen am Cap am meisten zur Cultur empfohlen, 
weil sie hinsichtl. ihres Wachsthums die geeignetste Art ist 
und die grössten Beeren trägt. (Chem. pharm, Centralblatt 
1854, 5. 2836— 288.) Bei der Londoner Industrieausstellung 
1851 wurde eine Preismedaille für ein Quantum solchen 
Wachses ausgetheilt, das vom Vorgebirge der guten Holiue 
eingesandt war (Simmonds). 

Unser einheimischer Gagel, Myrica Gale, enthält auch 
Wachs in seinen Fruchthüllen; er entwickelt einen balsa- 
mischen Geruch, kräftiger als der der Pappeln und Birken 
(K. Müller). | 

‚„Myrica cordifolia (Waxberry der, Engländer) 
wächst in der Cap-Colonie wild, auf sandigen Dünen entlang 
der Tafelbai; blüht im November und ‘trägt im März und 
April kleine, dunkle Beeren, aus denen man durch Auskochen 


mit Wasser das Wachs sondert. 109 Liter ‚reifer Samen 


geben 9 bis 10 Pfund Wachs. (Seherzer, Reise. der No- 
vara; Handwörterb. d. Chem. 1864, 9. Bd. 8. 311.) ı) 


x, Wachs aus Urticeen. 


Lermer erhielt „palmitinsaures Myricyloxyd“ 
aus Hopfen; nähere Angaben über dasselbe macht er nicht, 
(Wittsteins’ Vierteljahrsschr. XII, 506.) 


\ 
Ueber PilanzenWachs. 505 


XH. Wachs aus Syeoideen (Artocarpeen). 
a) Wachs aus Sumatra (Getah Laho&). 


Nach Blume liefert Ficus cerifera dieses vegetabi- 
lische Wachs. Es schmilzt bei 45 bis 50° zu Syrup, der 
erst bei 75° ganz flüssig ist. 

b) Wachs im Upas Anthiar, dem Pfeilgift der Daya- 
ken, Batakker und Alifuren auf Borneo, Sumatra, Celebes 
und d. Molukken; von Anthiaris Toxikaria,. Mulder 
fand 7 Proc. Myriein (Anthiarwachs) — 0?°H!130? im Upas 
Anthiar, neben 3,6°/, des giftigen Anthiarin 0?2®H2?°019--4H0O. 

c) Wachs aus der Milch des Kuhbaums. (Ga- 
lactodendron utile Humb., Brosimum Galactodendron Don.) 
Nach Boussingault und Berzelius ist das Wachs des 
Kuhbaums dem Bienenwachs ungemein ähnlich. 

Nach Heintz bildet es aus mikrosk. Nadeln zusammen- 
gesetzte Kügelchen von neutraler Reaction; es schmilzt bei 
65°C.; aus der proc. Zusammensetzung Ü = 78,82, H = 12,39 
und O0 — 8,79 berechnet Heintz die Formel C70H®60$6, Die- 
ses Wachs wird hier von Harzen begleitet. 

d) Eine Pflanzenmilch von Marmato in Colum- 
bien enthält nach Heintz ein gleiches Wachs wie die 
Milch des Kuhbaums. Galactodendron utile ist ein der 
Küstencordillere von Caracas eigenthümlicher Baum. 


XII. Wachs aus Myristiceen. 


a) Ocubawachs. 


Nach Adolf Brogniart stammt dieses Wachs von einer 
der drei folgenden Myristica- Arten: Myristica Öcoba 
Humb, et Bonpl.; Myristica officinalis Martius; My- 
ristica sebifera Swarz (Virola sebifera Aublet),*) Sträuchern, 


*) Nicht Viola, wie im Journ. f, pract. Chemie. Bd. 36, 8. 75 
steht und wie Herr v. Fehling in Handwörterb, d, Chemie, Bd, V, 
8.627 hat drucken lassen, 

Arch, d, Pharm, III. Reihe, I, Bds. 9. Hft, 14 


910 . - Ueber Pflanzeinwachs. 


die in der Provinz Para sehr verbreitet sind und die auch n 


französ. Guyana vorkommen. 

Nach Sigaud*) wachsen sie in morastigem Erdreich. 
Die Frucht hat die Grösse und die Form einer Flintenkugel; ihr 
Kern ist bedeckt von einer dicken karmoisinrothen Haut, welche 
das Wasser ausgezeichnet purpurroth färbt. Um das Wachs 
zu gewinnen, stösst man die Kerne, zerreibt sie zu Brei und 
* kocht diesen einige Zeit mit Wasser; das Wachs begiebt sich 

an die Oberfläche. DR 

16 Kilogrm. Samen geben 3 Kilogrm. Wachs, welches 
im Lande selbst zur Fabrikation von Kerzen angewendet 


wird. 


Nach B. Lewy besitzt das Ocubawachs eine gelblich 
weisse Farbe, ist löslich in siedendem Alkohol und beginnt 
bei 36°,5 ©. zu schmelzen. 

Die Analyse ergab: 

I: I. 
C 73,90. . 74,09 
H; 11.40 5 414.30 
0:14,70 2. 14,61 


100,00 - 100,00. 


(Annales d. chim. et d. phys. 1845. II. Serie, t. XII, 


p. 449 — 450.). 
b) Bicuhybawachs. 
Adolf Brogniart betrachtet dieses Wachs als von 
Myristica Bicuhyba Schott abstammend. B. Lewy, der 
es untersuchte, konnte nicht erfahren‘, wie man es gewinnt, 
meint jedoch, dass solches auf ähnliche Weise wie beim Ocu- 
bawachse geschehe. 
Herr Sigaud hatte die betreffende Probe an die Aca- 
demie des Sciences nach Paris gesendet. Das Wachs besitzt 


gelblich - weisse Farbe und schmilzt bei 35° Cels.; es löst sich = 


in siedendem Alkohol. 


*) Nicht Ligaud, wie H. v. Fehling a. a. O. hat drucken lassen. 


Veber Pflanzenwachs. 311 


Zwei Analysen ergaben die Zusammensetzung: 
I. 11. 
C= 7437 74,39 
H=31110 11,13 
0 = 14,53 14,48 


100,00 100,00. 
Bios d. chim. et d. phys. 1845. [UI], XIII, 450.) 
e) Myristica sebifera in Guiana liefert Früchte, die 
beim Auskochen Kerzentalg geben. (K. Müller,a.a. O.) 


XIV, Wachs aus Aristolochien. 


Nach Wittstein ist das Wachs aus der Wurzel von 
Aristolochia antihysterica dem Korkwachs ähnlich. 


XV. Wachs aus Oleaceen. 


a) Wachs aus den Blättern der Syringe enthält nach 
Muldee C=19,9, H= 13,3 und 0 = 6,8°),. 

b) Chinesisches Wachs, Secret des Coccus Pe-la aus 
den Zweigen von Fraxinus chinensis (siehe oben). 


XVL Wachs aus Compositen. 


John fand solches in der Alantwurzel. 


XVOI. Wachs aus Oucurbitaceen. 


Die Früchte der Cucurbita cerifera Fischer, Be- 
nincasa cerifera Savi, in Östindien,- so wie der Benin- 
casa eylindrica Hortulanor. (Kürbisfrucht, Peponium) wer- 
den 1!/, bis 2!/, Fuss lang. Beide sind in der Jugend sehr 
haarig und im Alter mit einem sehr dicken, weissen Reife 
bedeckt, der sich nach dem Abnehmen, wie bei anderen mit 
Reif bedeckten Früchten wieder erzeugt. Gärtner Schauer 
im bot. Garten zu Breslau sammelte diesen Reif von beiden 
Arten und übergab denselben Nees v. Esenbeck und 
Clamor Marquart zur Untersuchung. Diese fanden darin 


® a Hauptbestandtheil ein eigenthümliches vegetabi- 


14* A 


3 Er x N ern Dee 


212 Teer Pflanzenwachs. 


lisches Wachs, zu 66 Proc., welches erst bei 100 bis 
120° Reaumur schmilzt (während gewöhnl. Wachs der Bienen 
bei 62°C. schmilzt). Es löst sichin heissem 85proc. Weingeist 
und fällt daraus in zarten Schuppen von rein weisser Farbe 
beim Erkalten nieder. Am Lichte brennt es mit heller 
Flamme, löst sich in kaltem und warmen Aether, reichlich 
und vollständig in siedendem Weingeist von 90 Proc. Aetz- 
kalilauge wirkt auch beim Kochen darauf nicht zersetzend. 
ÜUonc. Schwefelsäure färbt sich damit schmutzig braungelb, 
ohne dass die Substanz sich löst (das Wachs aus Brasi- 
lien von Coryphera cerifera bleibt dabei völlig weiss 
und färbt auch die Schwefelsäure nicht; das Wachs aus 
Lacea in granis verhält sich ebenso, erst nach 18 Stunden 
wird die Schwefelsäure etwas röthlich, wohl in Folge eines 
geringen Rückhaltes von Lackroth. Das japanische 
Wachs von Rhus succedanea verhält sich gegen HO,SO® 
ganz genau so wie weisses Bienenwachs: beide werden auf 
der Oberfläche braunröthlich, “aber selbst nach 18 Stunden 
zeigt sich die Schwefelsäure noch ungefärbt). 


Ausser diesem Wachs enthält dies rohe Benincasawachs 
noch 29 Proc. eines Harzgemenges, das sich durch Blei- 
zucker 1) in ein dem Elaterin verwandtes krystallisir- 
bares, gegen Metallsalze nur schwach reagirendes und 2) in 
ein pulvriges gegen Metallsalze stark reagirendes Harz. 
trennen lässt, die beide aber nur einen schwach bitteren Ge- 
schmack besitzen. Endlich enthält das rohe Wachs noch 5 Proc. 
extractive Substanzen. (Buchners’ Repertorium f. d. Pharm. 
FIL], Bd. I, 8. 313 —321. 1835.) 


XVII. Wachs aus Rosaceen (und Potentilleen). 


Meissner schied aus der Tormentillwurzel Pflan- 
zenwachs aus, von strohgelber Farbe, beim Schmelzen 
' einen wachsartigen Geruch verbreitend, (Berlin. I ahrbuch, 

29. Jahrg. II, 67. 1827.) 


RE 
un 


Ueber Pflauzenwachs. 215 


XIX, Wachs, Talg und Firniss aus Anacardia: 
ceen (Cassuvieen). 


a) Japanisches Wachs. 


Aus den Früchten des Rhus succedaneaLl. (Japan. 
Singapore eingeführt. Es findet sich in runden Kuchen von 
4 bis 4!/, Zoll im Durchmesser etwa 1 Zoll Dicke, an einer 
Seite flach, an der anderen abgerundet, als wenn solche in 
kleine Schalen gegossen worden wären. Die Kuchen sind 
mit einem weissen Pulver schwach bestäubt und zeigen hie 
und da glänzende krystall. Spuren. Sie zeigen einen etwas 
ranzigen Geruch und schmelzen nach Hanbury bei 125°,6 bis 
131° F. (52 bis 55° Cels.). Seit die japan. Häfen dem engl. 
Handel zugänglich wurden, vermehrte sich die Einfuhr dieses 
Wachses und wir empfangen es jetzt auch in grossen vier- 
eckigen Blöcken von circa 133 Pfunden. (Martius, in Buch- 
ners n. Repert. 1860, IX, 74.) | 

Meyer und namentl. B. Sthamer zeigten, dass das 
japanische Wachs ein wahrer Talg, nemlich palmitinsau- 
res Glyceryloxyd sei. Sthamer fand die Consistenz 
des japanischen Wachses etwas brüchiger als die des ge- 
bleichten Bienenwachses; es fühlt sich fettiger an als dieses 
und hat einen eigenthümlichen talgartigen Geruch. Zwischen 
den Fingern wird es zähe und biegsam und lässt sich beim 
Kauen in ein grobes Pulver zertheilen. 

Es schmilzt bei 42°C. und erstarrt bei 40°C. In heissem 
absoluten Alkohol löst es sich vollkommen, die Auflösung 
erstarrt beim Erkalten zu einer Gallerte; von kaltem Alkohol 
wird es fast gar nicht angegriffen. Leicht lösl. in erwärmtem 
Aether, aus dem es sich beim Erkalten in Flocken grössten- 


 theils wieder abscheidet. (Ann. Chem. Pharm. 1842, 43, 335.) 


Nach Oppermann schmilzt das japan. Wachs bei 
480,8 —50°0. Es scheinen mehre Sorten desselben im 
Handel vorzukommen. Die von Oppermann geprüften Sor- 
ten waren, die eine aus Amerika, die andere aus Ostin- 
dien eingeführt worden (a. a, O, S, 336). 


214 Ueber Pflanzenwachs, 


b) Rhus javanicum. Seine Samen liefern ebenfalls 
Talg. (C. Müller.) 

c) Rhus verniciferumDe(. (Rhus Vernix Thbrg.), 
der japanische Firnissbaum, aus dessen Milchsafte, der 
sich an der Luft schwärzt, obwohl er als wasserheller Saft 
ausfliesst, die Japanesen ihren vortzefflichen, nie 
springenden Firniss bereiten, indem sie ihn mit Oel, 
Tinte, Zinnober ete. vermischen. (Urus oder Oruschi der 
enaneseh, ) 


Der Baum ist in Nepal, Nordehien und Japan (Gebirge. 


von Josino und auf Nipon) heimisch. Um den Saft zu ern- 
ten (von 6 bis 7jährigen bis 20jährigen Pflanzen vom Juni 
bis Septbr., jährlich 1 Pfund pro Pflanze), macht man an der 
Westseite der Pflanze halbkreisförmige Einschnitte in ver- 
schiedener Höhe und lässt den giftigen, die Haut stark 
ätzenden Saft durch Röhrchen austräufeln, die ihn vor der 
Berührung mit der Luft schützen, filtrirt ihn durch ein äusserst 
feines, spinnewebartiges Papier und mischt ihn mit dem hun- 
dertsten Theile eines Oeles „Toi,“ aus den Früchten der 
Paulownia imperialis (Bignonia tomentosa). 

Durch Auspressen der beerenartigen, erbsengrossen 
Früchte des Rhus Vernix erhält man Talg, zu Kerzen 
tauglich. (C. Müller.) 


d) Wachs aus den Blättern von Rhus Coriaria 
gleicht nach Batka dem japanischen Wachs, zeigt aber 


Veilchengeruch. 


XX. Wachs und Talg aus Euphorbiaceen. 
® 
a) Chinesischer Pflanzentalg, Stillingiatalg. 


Aus den Samenkernen von Stillingia sebifera Mar- 
'tius, eines zu den Euphorbiaceen gehörenden Baumes, 
der in den Thälern von Ohusan häufig wächst. Nach von 
Borck ist dieser Pflanzentalg weiss oder gelblich, geruch- 
und geschmacklos, fühlt sich wenig fettig, eher trocken an, 


hat ein spec. Gew. von nur 0,818 bei 12° C.(?); schmilzt bei 
37°C., fängt bei 30°C. an zu erstarren, ist aber erst bei 


3 
} 


T- er 


Aal. rue ee 


£- 


22°C. wieder vollkommen hart. Maskelyne fand, dass er 
bei 32°C. zu erstarren anfängt, bei 26°C. aber hart wird; 
der frische, nach dem Schmelzen langsam erkaltete Talg 
schmilzt bei neuem Erhitzen erst bei 44° Cels. 

Nach Maskelyne besteht dieser Pfianzentalg aus Pal- 
mitin, dem etwas Olein beigemengt ist. (Handw. d. Chem. 
1861, VIII, 312.) 

Die Chinesen benutzen diesen Pflanzentalg zu Kerzen, 
denen sie eine Hülle von zusammengeschmelzten Insekten- 
wachs und Pflanzentalg geben und die sie durch Grünspahn 
oder durch Anchusa tinctoria färben (a. a. O. VI, 165). 

Stillingia sebifera Mcehx. (Croton sebiferum 
L.), der chinesische Talgbaum, ursprünglich in den 
südl. Provinzen Chinas, besonders auf der Insel Tschusan und 
dem gegenüberliegenden Festlande häufig wachsend, ist ın 
den südl. Vereinigten Staaten (Carolina) und auf Cuba einhei- 
misch gemacht worden; er hat seinen Verbreitungskreis neuer- 
dings über das ganze nordwestliche Indien, das Pentschab 


‘ und die Insel Mauritius ausgedehnt. Berthold Seemann 


bemerkte 1852, dass einzelne Kerzenfabrikanten Londons jähr- 
lich ebensoviel für den Kerzenstoff dieser Pflanze ‚ausgeben, 
als manches der deutschen Königreiche Einkünfte habe. Die 


$fächrigen Früchte besitzen 3 erbsengrosse, schwarze Samen, 


die von einem walrathartigen Feite eingehüllt sind. Man 
gewinnt dasselbe durch Zerstossen und Auskochen der Früchte, 
setzt der Masse Oel oder Wachs zu und_ verarbeitet sie zu 
Kerzen. In China nennt man den Talg shu-lah oder schu- 
kau (Baumfett), Die Samen enthalten äusserdem noch 


ein fettes Oel, durch Auspressen zu gewinnen. (C. Müller, 


die Wachspflanzen; Natur, 1869, Nr. 27.) 

b) Aleurites laccifera Willd. (Croton laceife- 
rum L.), giebt den hochgeschätzten ceylanischen Lack- 
firniss (Cappathya), der zwar ein Erzeugniss der Lack- 


schildlaus, doch seine Grundbestandtheile zunächst im Safte 


des Baumes hat und somit zu den Verwandten des Pflanzen- 


wächses gehört, Burmann sagt in seinem Thesaurus 
 ceylanicus: „ich habe einen sehr schönen Lack in 


Ueber Pflanzenwachs. ya 


516 Ueber Pflanzenwachs. 


den Zweigwinkeln der Blattbasis gesammelt,“ 
ohne einer thierischen Einwirkung zu gedenken. (C. Müller, 
die Wachspflanzen). Aus Schellak schied Büchner 3°/, Wachs, 
dem japanischen ähnlich. 

ec) Aleurites triloba, der Tiaily der Tahitier, 
der Camisi der Malaien, aus der Gruppe der Cro- 
toneen. 

Die beiden Forster, welche den Baum zuerst auf den 
Gesellschaftsinseln fanden, gaben ihm obigen Namen, 
wegen der eigenthümlichen „mehlartigen“ Bestäubung, 
die sich auf verschiedenen Theilen desselben höchst bemerk- 
bar macht; also „Mehlbaum.“ Dieser mehlartige Ueberzug 
ist nichts als Wachs und bildet sich vorzüglich in den 
grossen 2fächrigen Beeren so massenhaft, dass schon die 
Früchte brennen. Die Insulaner ziehen sie auf Schnüre und 
gebrauchen sie als Naturkerzen. Sonst zerstampft man sie 
auch und gewinnt das Wachs durch Auskochen. 

d) Aleurites Ambinux (ÜCroton moluccanum L.) bringt 
eine ähnliche Substanz hervor. (C. Müller, a. a O.) 


- XXL Wachs aus Umbelliferen. 


Das Wachs aus Angelikawurzel bildet weisse 
Flocken oder Warzen, ist ohne Geruch und Geschmack, etwas 
weicher als Bienenwachs und leicht schmelzbar (Buchner). 


XXI. Wachs aus Pomaceen. 


a u. b) Nach Mulder besitzen Wachs aus der Wurzel- 
rinde des Aepfelbaums (I) und Wachs aus den 
Vogelbeeren (von Sorbus Aucuparia; II) gleiche Zusammen- 
setzung, haben beide viel äussere Aehnlichkeit mit Bienen- 
wachs, aber eine durchaus verschiedene proc. Zusammensetzung: 

berechnet gefunden 


TREE Seen 
6 ar 6916: 6887 a 
H32— 8,94 8,91 8,85 9,22 9,32 


N 21,92 21,39 21,91 21,04 


100,00 100,00 100,00 100,00 100,00. 
(Mulder, phys. Chem. I, 261, 276.) | 


: 


| 


= 


Ueber Pflauzenwachs. ale 


ec) Wachs ausgelbgewordenen Birnenblättern. 
(Pyrus communis) erscheint als milchweisse kreideähn- 
liche Masse, die bei 73°C. schmilzt und beim Erstarren 
trübe wird. (Berzelius.) 

d) Der weisse Reif, welcher die Früchte über- 
zieht, ist nach Berthemot ein Harz, das bei der unrei- 
fen Frucht firnissartig, bei der reifen Frucht aber fest 
erscheint; gereinigt, ein amorphes weisses Pulver, ohne Ge- 
ruch und Geschmack, schmilzt etwa bei 250°,' ohne vorher 
zu erweichen und wird bei 300°C. verkohlt. Durch conc. 
Kalilauge nicht zu verseifen. 

Baudrimont fand den Schmelzpunkt des „Wachses 
der Früchte“ bei 200°C, Es hat dasselbe sonach Aehn- 
lichkeit mit Betulin. 


XXIII. Wachs aus Ampelideen. 


Das Wachs aus den Weinblättern gleicht nach Mul- 
der dem aus der Syringe. (Öleaceen, Lilaceen s. S. 211.) 


XXIV. Wachs aus Öruciferen. 


Das Wachs aus Kohlblättern gesteht nach Che- 
vreul bei 75 bis 73°C. zur. weichen, bei 65° ©. erhärtenden 
Masse. 


XXV. Wachs aus Papaveraceen. 


Die Kapseln des blausamigen Mohns enthalten 


nach Winkler ein dem Cerain und ein dem Myriein ähnli- 


ches Wachs. 


XXVI Wachs aus Erythroxyleen. 


Aus den Blättern vonErythroxylon Coca Lamark 


ist von Niemann ein Wachs abgeschieden worden, welches 
rein eine lockere, weisse, körnige Masse darstellt, mager anzu- 
fühlen, brüchig, beim Reiben stark electrisch werdend. Es 
schmilzt bei 70°C. Enthält © = 80,2, H = 13,4 u. O = 6,4, 
womit die Formel C##H 60% gut übereinstimmt, 


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DIR Ueber Pflanzenwachs. 
XXVO. Talg und Firniss aus Dipterocarpeen. 


Vateria indica L. Elaeocarpus copalliferus 
Retz. (Pineybaum.) In Ostindien (Malabar) einheimischer 
hoher Baum. Die Frucht ist eine dreiklappige, einsamige 
Kapsel; durch Auskochen der Samen erhält man einen talg- 
artigen Stoff, der zu Kerzen benutzt wird. Dieser Baum 
schwitzt in Menge ein dem Copal ähnliches Harz aus, das, 
erhärtet, eine dunkele Bernstein- Farbe annimmt. Im flüssigen 
Zustande dient es im südl. Indien als Firniss (Pineyvar- 
nish). In den engl. Materialhandl. kommt das Harz als 
Anime vor. (Geiger’s Handb. d. Pharm., Pharm. Botanik. 
2, Aufl. IT. Hälfte, 1865.) 


XXVI Wochsaus Pflanzen der Falklandsinseln 
und Patagoniens. 


In dem stürmischen Klima der Falklandsinseln 
überziehen sich die meisten Pflanzen mit einem harzigen 
Ueberzuge, wie mit Firniss. Im Hochlande von Patago- 
nien unter 380,50‘ bis 430,15 südl. Breite, wo nach Heusser 
und Claraz alles den Typus eines trocknen Klimas zeigt, 
entwickeln verschiedene Sträucher (von unbekannter Abkunft) 
harz- und wachsartige Stoffe Die Mata negra 
enthält ein Harz, das beim Verbrennen des Strauches einen 
höchst unangenehmen Geruch entwickelt, der sich den bei die- 
sem Feuer gekochten oder gebratenen Speisen mittheilt. Die 
Mata encensis verbreitet dagegen einen weihrauchartigen 
Geruch. 

Das Eleui der Indianer hat eine so wachsreiche 
Rinde, dass sie sich als Hülle abstreifen lässt. Die India- 
ner zünden die Zweige an, lassen das Wachs in eine Schüs- 
sel mit Wasser tröpfeln und kauen es schliesslich aus. (C. 
Müller, die Wachspflanzen.) 


Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons. 219 


Anhang zu Pflanzenwachs. 


Pseudostearoptene von Klotzsch. 


Es gehören hierher der Alyxia-Kampher aus Alyxia 
aromatica Reinw., der Geraniumkampher aus Pelargo- 
nium odoratissimum Aiton, das Cumarin (Tonkakampher) 
aus Tonkabohnen, Melilotus officinalis L. und dem Ruchgras, 
Anthoxanthum odoratum, endlich der Aurikel- oder Pri- 
melkampher aus Primula Auricula L. auf der Aussenseite 
der Aurikel als mehlartige, trockne Substanz erscheinend; 
löslich in Weingeist, daraus krystallisirend; von schnittlauch - 
und fenchelartigem Geschmack und Geruch. (Bericht d. Acad. 
d. Wiss. zu Berlin 1851, S. 751 — 752. Daraus im Chem. 
pharm. Centralblatt 1852, 8. 135 — 136.) 

Diese Stoffe unterscheiden sich durch ihre Flüchtigkeit 
vom Harz und Wachs und durch ihre ziemliche Löslichkeit 
in Wasser von den Camphoren. 

Auch auf der Unterfläche der Wedel von Ceropteris 
(Link), einer Untergattung von Gymnogramme (Desy.), 
befindet sich ein mehlartiger Ueberzug, der kein Wachs ist, 


sondern ein solches Pseudostearopten. Dieses kryst. aus Al-- 


kohol in Nadeln und vierseitigen Prismen mit schrägen Spitzen. 
(Klotzsch.) 


Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthra- 
chinons. 


Von Rud. Böttger und Theodor Petersen.*) 


1. Alpha- Dinitroanthrachinon, C'*H®(NO2%)2 O2, 


Das Anthrachinon widersteht den Oxydationsmitteln 


' äusserst energisch; so ist es bis jetzt nicht gelungen, durch 
7 *) Als Separatabdruck aus d. Ann, Chem. Pharmacie, November 1871, 
160, 145-160 von den Hrn. Verf. erhalten und hier etwas gekürzt 
| (mit Hinweglassung der analytischen Belege, die man in d, eitirten An- 
nalen findet) aufgenommen. - Br. 


220 Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons. 


Behandlung desselben mit sehr concentrirter Salpetersäure 
ein nitrirtes Derivat zu erhalten, was bei der grossen Sta- 


bilität dieses Körpers, welche die Graebe-Liebermann’- 


sche Auffassung so deutlich macht, ganz erklärlich erscheint. 
Dahingegen kennt man schon seit einiger Zeit ein Dinitroan- 
thrachinon, welches beim Behandeln von Anthracen mit Sal- 
petersäure neben Anthrachinon entsteht. Anderson hatte 


es zuerst unrein unter Händen, Fritzsche im reinen Zu- - 


stande und bezeichnete dasselbe wegen seiner Eigenschaft, mit 
vielen Kohlenwässerstoffen charakteristische, häufig in schönen 
"violetten Tafeln zu erhaltende Verbindungen einzugehen, 
als „Reactif“ („Reagens auf Kohlenwasserstoffe.“) 
Ein anderes dinitrirtes Anthrachinon entsteht leicht, 
wenn Anthrachinon mit concentrirter Salpeterschwefelsäure 
oder die beim Erwärmen des Anthrachinons mit concentrirter 
Schwefelsäure erhaltene Anthrachinondisulfosäure mit Salpeter- 
säure behandelt wird. Es wiederholt sich hier die neuerdings 
mehrfach beobachtete Reaction, dass die Schwefelsäuregruppe 
durch Salpetersäure eliminirt und durch NO? ersetzt wird. 
Auch diesen Körper hat Fritzsche (Journal f. pract. 


Chem. 106, 287) schon beobachtet, ohne ihn indessen näher 


untersucht zu haben; der Eine von uns (Jahresbericht des 


‚physikalischen Vereins zu Frankfurt aM. 1868 — 69, 78; und 


Journal für practische Chemie 110, 130. Hier wurde dessen 
Zusammensetzung zuerst angegeben) beschäftigte sich später 
mit demselben, und neuerdings führen ihn Graebe und Lie- 
bermann (Berichte d. deutsch. chem. Gesellsch. 1870, III, 
905) als Isodinitroanthrachinon auf. Analysen sind bis jetzt 
nicht bekannt geworden, die unsrigen führen zu der Formel 
014 H6N206 = C14H6(NO2)2 02. 

Der Theorie nach sind nicht weniger als 16 
isomere Dinitroanthrachinone möglich. Der vor- 


liegende Körper lieferte öfter mehre von uns untersuchte N 
Abkömmlinge desselben leichter und mit schmelzendem 


Aetzkali Alizarin. Wir nennen ihn Alpha-Dinitro- 


anthrachinon und bezeichnen die disubstituirten Anthrachinone 


in der Alizarinstellung ebenfalls mit Alpha wie der Eine 


*r 


Üeber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinöns. 321 


von uns bereits in den Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1871, IV, 
303 zu thun Gelegenheit nahm. 

Zur Darstellung unserer Verbindung wird reines Anthra- 
chinon in einem Uebermaass von englischer Schwefelsäure und 
concentrirter Salpetersäure (1,50) — wir wandten gleiche 


‘ Maasstheile beider Säuren und von diesem Gemenge beiläufig 


16 Theile auf 1 Theil Anthrachinon an — unter Erwärmen 
aufgelöst. Die Verbindung bildet sich leicht; zur vollständi- 
gen Ueberführung mag eine Zeit lang bis zum Aufkochen 
erwärmt werden. 

Die braungelbe Flüssigkeit wird in eine grössere Menge 
Wasser geschüttet, wobei der Nitrokörper in hellgelben 
Flocken sich ausscheidet, ohne Beimischung von Anthrachinon, 
wenn mit gehöriger Aufmerksamkeit verfahren wurde. 

Das Alpha-Dinitroanthrachinon ist beinahe unlös- 
lich in Wasser, kaum löslich in Aether, sehr schwer löslich in 
Weingeist und Benzol, etwas mehr in Chloroform und aus letzte- 
ren Lösungsmitteln in kleinen körnigen, blassgelben, mikrosko- 
pischen Kryställchen zu erhalten. Die gefällten Flocken 
stellen nach dem Trocknen ein leichtes, blassgelbes Pulver 
dar, welches einigermaassen lichtempfänglich ist. Beim Er- 
hitzen bräunt sich die Verbindung, backt bei etwa 252° 
zusammen und sublimirt in höherer Temperatur in kleinen, 
gelben bis bräunlichen, gewöhnlich etwas matten nadelförmi- 
gen Krystallen, wobei aber ein beträchtlicher Theil unter Ver- 
kohlung zersetzt wird; bei raschem Erhitzen in der Flamme 
brennt sie unter Abscheidung von nicht übermässig viel Kohle 
zemlich ruhig ab. 

Sowohl die aus Lösungsmitteln als auch die durch Subli- 
mation erhaltenen grösseren Krystalle erscheinen unter dem 
Mikroskop als monokline Prismen mit domatischen Endflächen, 
häufig etwas umgebogen, auch sägeförmig an einander gereiht, 
kreuzförmig oder zu schwalbenschwanzförmigen Zwillingen 
verwachsen. 

Dieses dinitrirte Anthrachinon verändert sich nicht 


mit concentrirter Aetzkalilösung; beim Schmelzen mit Aetzkali 


wird aber unter theilweiser Verkohlung eine braune, nicht 


= Veber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons, 


näher untersuchte huminartige Substanz, und daneben gewöhnlich. 


eine kleine Menge Alizarin gebildet. Dabei entwickelt 
sich nicht allzu viel Ammoniak, sowie ein Gas, welches einen 
glimmenden Spahn zu lebhafterem Erglühen veranlasst. 


2. Alpha- Diamidoanthrachinon, C!*H°(H?N)?O?. 


Dass der soeben besprochene Nitrokörper mit Zink 
und Salzsäure eine rothe Lösung liefert, führt bereits 
Fritzsche (Journ. f. pract. Chem. 106, 288) an. Die Re- 
duction der beiden Nitrogruppen des Alpha -Dinitroanthrachi- 
nons zu Amidogruppen geht in der That mit Hülfe geeig- 
neter Reductionsmittel leicht von Statten. Man kann sich zu 
dem Ende des Zinns und der Salzsäure bedienen, besser einer 
alkalischen Auflösung von Zinnoxydul (erhalten durch Ein- 
tragen von fein pulverisirtem Zinnchlorür unter starkem Um- 
rühren in ziemlich concentrirte Aetzkali- oder Aetznatron- 
flüssigkeit bis zur eintretenden stärkeren Fällung von Zinn- 
oxydulhydratund darauffolgende Filtration), oder aber vermittelst 
einer wässerigen Auflösung von krystallisirtem Natriumsulf- 
hydrat, dem wir in vielen ähnlichen Fällen den Vorzug vor 
dem Schwefelammonium gaben. 


Uebergiesst man das Alpha - Dinitroanthrachinon in einer 


Porcellanschale mit einer hinreichenden Menge von Zinnoxy- 
dulkali- oder Natriumsulfhydratlösung und erwärmt bis zum 
Sieden, so wird zuerst eine tief smaragdgrüne, dann blaugrüne 
Flüssigkeit erzeugt, aus welcher sich bald lebhaft zinnober- 
rothe Flocken ausscheiden. Man unterhält das Sieden noch 
eine Zeit lang, lässt erkalten, filtrirt und süsst mit kaltem 


Wasser aus. Die voluminösen Flocken nehmen bei dem Aus- 
süssen allmählig Pulvergestalt an und schrumpfen beim Trock- 


nen zu einer mehr blättrigen Masse noch stärker zusammen. 
Dieser Körper ist Alpha - Diamidoanthrachinon. 


Dasselbe ist leicht und ohne starke Verkohlung subli- 


mirbar. Nachdem es nemlich zu einer dunkelkirschrothen, 


nach dem Erkalten einen grünlichen Oberflächenreflex zeigen- 


Pr 


A 
BEN. 


Veber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinonis. 225 


den Flüssigkeit geschmolzen, sublimiren prachtvoll granatrothe, 
feine, oft federartig vereinigte flache Nadeln mit grünlichem 
Flächenschein, welche sich unter dem Mikroskop als lange, 
rechtwinkelige, wahrscheinlich rhombische Krystalle (die bei- 
den verticalen Pinakoide mit der Endfläche) darstellen. Sie 
schmelzen bei etwa 236°, sublimiren aber schon unterhalb 
dieser Temperatur. 


Bei der Analyse wurden Werthe gefunden, welche zu 

der nachstehenden Formel führten: 
G1#H10N?20O2 en C1#H8(H2N)2O2. 

Das Alpha-Diamidoanthrachinon löst sich sehr wenig in 
Wasser, nicht allzu reichlich in Weingeist, Holzgeist, Aether, 
Aldehyd, Aceton, etwas mehr in Essigäther, ziemlich reichlich 
in Chloroform sowie auch in Glycerin und Benzol, weniger in 
Schwefelkohlenstoff. Seine Lösungen besitzen eine hyacinth - 
bis himbeerrothe Farbe. Aus den ätherischen Lösungsmitteln 
kann es in kleinen Krystallen erhalten werden. Concentrirte 
Schwefelsäure löst unser Diamid mit braungelber Farbe, beim 
Verdünnen mit Wasser scheidet es sich wieder unverändert 
in rothen Flocken aus. Conc. HCl und NO sind nicht so 
gute Lösungsmittel. Verdünnte Schwefelsäure, Salzsäure 
und Salpetersäure lösen davon nur wenig; aus diesen Lösungen 
fällt die Verbindung allmählig wieder pulverig heraus. Dieses 
Amid zeigt überhaupt nur einen schwach basischen Charakter. 


Versucht man, dasselbe in vollkommen trockenem Zu- 
stande in einer Porcellanschale durch Reiben fein zu pulvern, 
so erweist sich jedes Stäubchen davon so stark electrisch 
und den Innenwänden der Schale anhaftend, dass man nicht 
im Stande ist, es ohne Verlust daraus wieder zu entfernen. 
(Auch andere Körper der Anthracengruppe werden beim Rei- 
ben stark electrisch, z. B. das Anthrachinon.) 


Beim Verschmelzen des Alpha-Diamidoan- 
thrachinons mit ätzendem Alkali werden be- 
trächtliche Mengen von Alizarin erzeugt, 


394 Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons, 


3. Verhalten des Alpha-Diamidoanthrachinons gegen sagen ige 
Säure. 


In mehrfacher Hinsicht musste es von nkassse erschei- 
nen, unser Diamidoanthrachinon zu äzotiren, namentlich dess- 
halb, weil in der Anthracenreihe noch kein Azoderivat bekannt 
ist, ferner weil Azoverbindungen von Diamiden überhaupt 
noch wenig untersucht sind, besonders aber auch desswegen, 
weil vermuthet werden durfte, dass ein azotirter Ab- 
kömmling eines disubstituirten Anthrachinons 
in der Alizarinstellung leicht und reichlich Ali- 
zarin zu liefern im Stande sein würde. 


In saurer, wässeriger Lösung erschien die Azotirung des 
Amides wegen seiner geringen Auflöslichkeit in verdünnten 
Säuren unthunlich, auch eine concentrirte saure Lösung 
führte nicht zum Ziele. Wir benutzten desshalb zunächst den 
Alkohol. 


Leitet man in die alkoholische Auflösung des Alpha - 
Diamidoanthrachinons einen Strom salpetriger Säure, so 
geht die hyacinthrothe Farbe der Flüssigkeit unter Abschei- 
dung einzelner brauner Flocken bald in eine violette über und 
bei längerem Einleiten färbt sich die Flüssigkeit bräunlich- 
gelb; auf Wasserzusatz fallen dann hellgelbe Flocken, die 
nichts anderes sind als regenerirtes Anthrachinon, Antheile 
des Diamids enthaltend, wenn die salpetrige Säure nicht 
lange genug eingeleitet worden war, dann. auch röthlichgelb 
mit Wasser fallend. Eine ansehnliche Menge des hellgelben, 
flockigen Niederschlages wurde der Sublimation unterworfen 
und die erhaltenen hellgelben Nadeln sowohl ihren äusseren 
Eigenschaften gemäss, als auch durch die Analyse als An- 
thrachinon befunden. 0% 

Ein ‘besseres Resultat erzielte man beim Einleiten der 
salpetrigen Säure in die Auflösung des ‚Alpha- Diamidoanthra- 
chinons in Aether, welches Lösungsmittel jedoch keine 
grossen Mengen des Amids aufzunehmen im Stande ist. In 
kürzester Zeit scheidet sich bei dieser Operation eine dem 
| angewendeten Amid entsprechende Menge eines zarten bräun- 


Te 


Es 


Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons. 235 


“ lichvioletten Pulvers aus, welches mit Aether gewaschen und 


rasch an der Luft, eventuell noch im Wasserstoff- oder Koh- 
lensäurestrom getrocknet, der Analyse unterworfen wurde. 

Die gefundenen Werthe passen gut auf die Formel 

622721720%, 

Das analysirte Product war merkwürdigerweise nicht nur 
in Weingeist, sondern schon in kaltem Wasser mit pracht- 
voll rothvioletter Farbe ziemlich leicht auflöslich, dasjenige 
von einer anderen Darstellung bei etwas längerer Einwirkung 
der salpetrigen Säure jedoch nicht mehr ganz in Wasser 
löslich. 

Auch durch Einleiten von salpetriger Säure in die Auf- 
lösung des Alpha-Diamidoanthrachinons in Essigäther wird 
dieser azotirte Abkömmling ausgeschieden; das erhaltene 
Product war ebenfalls ziemlich vollständig in kaltem Wasser 
auflöslich. 

Reichlicher wie von den beiden vorgenannten Lösungs- 
mitteln wird das Alpha- Diamidoanthrachinon von Chloroform 
aufgenommen. Aus dieser Auflösung schied salpetrige Säure 
einen braunen Niederschlag ab, welcher in Wasser (sich 
schon damit unter schwacher Gasentwickelung langsam ver- 
ändernd) fast ganz unlöslich, in Weingeist zum Theil mit 
hellbrauner Farbe löslich war und bei der Analyse Zahlen 
ergab, welche am Besten auf C!4H°N®0® zu beziehen sind. 

Wird die wässerige (oder alkoholische) schön violette 
Auflösung des ‘ersten Azokörpers gekocht oder nur eine Zeit 
lang in der Kälte stehen gelassen, so fällt unter Entfärbung 
neben einem nicht näher untersuchten braunen Zersetzungs- 
product regenerirtes Diamid in rothen Flocken aus ohne merk- 
liche Stickstoffentwickelung; Kali färbt die violette Lösung 
sofort röthlichbraun und bald scheiden sich röthlichbraune 
Flocken aus, welche ebenfalls Diamid enthalten. Beim Ueber- 
giessen mit Aetzkali erfolgt Braunfärbung und mässige Gas- 
entwickelung, letztere ist bei dem aus Chloroform erhaltenen 
Producte von der Zusammensetzung C!#H°N°O® weit hefti- 


ger, dasselbe entwickelt auch beim Stehen an der Luft oder 
Arch, d, Pharm, III, Roiho. T, Bds, 2. If, 15 


296 Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons. 


im geschlossenen Gefässe fortwährend salpetrige Dämpfe, wess- 
halb selbst die mit frisch bereitetem Material ausgeführte 
Analyse offenbar den unserer Formel entsprechenden Stick- 
stoff nicht ganz liefern konnte. Beide Azokörper, namentlich 
der zweite, sind ziemlich leicht veränderlich, bilden sich auch 
leicht nebeneinander, woraus sich die etwas abweichenden 
Zahlen der Analysen von verschiedenen Darstellungen wohl 
erklären. 

Der am reinsten aus Aether erhaltene Körper C1*H3N 0% 
ist offenbar ein nur theilweise azotirtes Amid und wird unter 
Berücksichtigung der leichten Rückbildung in den Mutter- 
körper schon durch Wasser wohl am Besten als Alpha -Di- 
nitrosoamidoanthrachinon 

NO 
C14H 6 | NiH );o 2 
aufgefasst, *) kann auch als a Dioximidoamidoanthrachinon 
cal N[g ">):03 
oder als Alpha - Tetraazoanthrachinonhydrat 
C12H°(N?. OH)?O? betrachtet werden. Beim Erwärmen 
(68° beobachtet) zerlegt sich der Körper plötzlich unter 
schwacher Verpuffung und reichlicher Ausscheidung von volu- 
minöser Kohle. 


Der zweite, aus Chloroform fast rein erhaltene, beim 


Erwärmen noch etwas heftiger explodirende, bei längerer 
Einwirkung der salpetrigen Säure auch neben dem ersten 
gebildete Abkömmling .C1?H°N$0° ist stärker azotirt und 
wird in Uebereinstimmung mit der beobachteten Abgabe von 
salpetrigen Dämpfen als Alpha-Tetraazoanthrachinon- 
nitrit C1#H°(N?.NO2)?0? formulirt werden dürfen. Die 
Bildung der beiden Azoderivate des Alpha - Diamidoanthra- 
chinons lässt sich dann durch folgende Du aus- 
drücken: 

C12H°(H?N)?0? + 2NHO? — C!*H®(N?. OH)?0? + 2H?O 
CH sCEI2N)20 2 + ANHO? — CH (N? . NO2)202 4 4420. 


») one N ); 4 2H20 — OU HS(H2N)? -- 2NHO®, 


2 = _ Üeber einige Stickstofiverbindungen des Anthrachinons. 237 


Der Stickstoff dieser Azokörper ist fester gehalten wie 
bei ähnlichen Verbindungen des Benzols und Phenols; denn 
beide liefern nicht mit Wasser und wässerigen Alkalien, wohl 
aber mit schmelzendem Aetzkali oder einer sehr concentrir- 
ten Lösung des letzteren unter starkem Aufschäumen ver- 
hältnissmässig reichlich das entsprechende Dihydroxylat, d. i. 
Alizarin. Beim Kochen mit Weingeist und Salpetersäure 
entsteht neben anderen Zersetzungsproducten mehr oder we- 
niger Anthrachinon. 


Beim Einleiten eines kräftigen Stromes salpetriger Säure 
in die Auflösung unseres Diamids in Essigäther fand einmal 
die Ausscheidung eines braunen harzigen stickstoffreichen 

‘ Körpers statt, welcher schon beim Reiben unter Ausscheidung 
von viel voluminöser Kohle heftig explodirte. Bei der Ver- 


brennung, welche indessen auch bei grosser Vertheilung der 


Substanz etwas stürmisch erfolgte, wurden Zahlen erhalten, 
welche auf Alpha-Tetraazoanthrachinonnitrat 
C!4H®(N?.NO3)?O? nicht unpassend erscheinen. 


4, Verhalten des Alpha- Dinitroanthrachinons gegen concen- 
trirte Schwefelsäure. 


Bei Einwirkung von concentrirter Schwefelsäure auf unser 
Dinitroanthrachinon in der Wärme entsteht ein eigenthümli- 
cher violetter Farbstoff in reichlicher Menge. Zu dem Ende 
wird das Alpha-Dinitroanthrachinon in einem Uebermaass 
(16 bis 18 Th.) englischer Schwefelsäure unter Erwärmen 
aufgelöst. Bei ungefähr 200° beginnt eine micht zu starke 
Entwickelung von schwefliger Säure, dabei wird die anfangs 
- gelbbraune Flüssigkeit tief braunroth. Die Reaction wird nun 
etwas heftiger, man entfernt daher eine Zeit lang die Wär- 
 mequelle, erwärmt dann aber langsam weiter, bis die Flüssig- 
keit zur Ruhe gekommen ist, und die Bob atunr Säure sich 
j zu entwickeln aufgehört hat, 


Man lässt die Masse sich etwas abkühlen und schüttet 

‚sie dann in kaltes Wasser, wäscht die ausgefallenen dunkel- 

braunrothen Flocken sehr gut mit Wasser aus, löst in ver- 
15* 


228 Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons. 


dünnter Kalilauge (oder Ammon), fällt die tief blauviolette 
Flüssigkeit wieder mit Schwefelsäure, oder Salzsäure, wieder- 
holt diese Operation noch ein oder zwei Mal, nimmt zuletzt 
in Weingeist auf und lässt die weingeistige Auflösung ver- 
dunsten. Hierbei scheidet sich der Farbstoff in dunkelviolet- 
ten körnigen Aggregaten, oder in violettbraunen, metallisch 
glänzenden Krusten ab. Bei diesem Reinigungsverfahren 
bleibt eine gewisse Menge schwarzer Materie und auch etwas 
in verdünnten Alkalien schwer löslichen Farbstoffes, der in 


concentrirtem Alkali sich mit noch mehr blauer Farbe löst, 


zurück. 

Derselbe Farbstoff kann, wenn auch nicht so leicht rein, 
aus Anthrachinon direct erhalten werden, wenn man dasselbe 
mit einem Uebermaass von englischer Schwefelsäure (16 bis 
‘18 Th.) und wenig Salpetersäure (1 Th.) in der Wärme 
behandelt; eine Reaction, welche H. Gutzkow im Labora- 
torium des Einen von uns schon vor längerer Zeit beobach- 
tete, deren neuerdings auch Graebe und Liebermann 
Erwähnung thaten. 

Dieser eigenthümliche Körper ist ein wenig mit pfirsich- 
blüthrother Farbe in Wasser, leicht in Alkohol, Aether, 
Essigäther, Chloroform, Glycerin, schwerer in Benzol mit 
prachtvoll rothvioletter Farbe auflöslich; er scheidet sich aus 
diesen Auflösungen beim langsamen Verdunsten krystallinisch 
körnig violettroth, beim schnelleren Verdampfen, namentlich 
aus Weingeist, in violettbraunen, wie gewisse Goldkäfer metal- 
lisch glänzenden Krusten ab. Concentrirte Essigsäure löst 
ihn mit schön fuchsinrother, concentrirte Schwefelsäure mit 
tief hyacinthrother, Alkalien, auch Ammoniak (weniger leb- 
haft), mit violettblauer Farbe. Er färbt Baumwolle auch ohne 
Beize violett. Bei der Behandlung mit Zink und Schwefel- 
säure oder anderen Reductionsmitteln tritt allmählig Roth - 
oder Braunfärbung ein. 

Beim Erhitzen schmilzt der Körper zu einer violettrothen 
Flüssigkeit, darauf verbreiten sich rothviolette, eigenthümlich 


riechende indigoartige Dämpfe, aber nur ein kleiner Theil 


sublimirt violettroth krystallinisch, das Meiste verkohlt bei 


En ED 
wer, 


NEL ORTE TE IN 


1 


Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons. 229 


‘ der Sublimation. Mit schmelzendem Alkali oder schon mit 
concentrirter Alkalilösung entwickelt sich unter Aufblähen 
reichlich Ammoniak; die Masse bleibt lange violettblau, scheint 
aber kein Alizarin zu enthalten. *) 

Das zur Analyse verwendete Material verschiedener 
Darstellungen wurde bis zum constanten Gewichte zwischen 
100 und 120° getrocknet. 

Die dabei erhaltenen Zahlen passen gut auf die Formel 
HAHEN?O* 

Der Eine von uns, welcher mit dem Studium dieses 
Anthracenabkömmlings noch beschäftigt ist, hat inzwischen 
(Berichte d. deutsch. chem. Ges. 1871, IV, 301) aus gewis- 
sen Zersetzungsproducten desselben den Schluss gezogen, 
dass seine Constitution am Wahrscheinlichsten die eines 


Diimidodihydroxylanthrachinons oder eines Diimi-. 


doalizarins ist. 


Auf gewisse Bemerkungen Ü. Liebermann’s (a. a. 0. 
230) bezüglich unserer ersten Publication über vorbeschrie- 
bene Verbindungen sind wir absichtlich nicht näher einge- 
gangen, verfehlen jedoch nicht, ausdrücklich zu bestätigen, 
dass die betreffenden disubstituirten Anthrachinone in der 
Kalischmelze leicht Alizarin . liefern. Analysen solchen, 
- natürlich gehörig gereinigten Alizarins haben wir mehrfach 
ö ausgeführt; zwei von einem Präparat aus dem ersten Azo- 
| körper mögen hier einen Platz finden. 


1. Angewandt 0,2796 Grm. (gefällt, bei 110 bis 120° 
ausgetröcknet) : CO? 0,7220; H?O 0,0890. 

2. Angewandt 0,2230 Grm.. (sublimirt) : 002 0,5734; 
H?0 0,0701. 


*) Dahingegen hat der Eine von uns aus einem vermittelst salpe- 
triger Säure erhaltenen Zersetzungsproduet dieses violetten Farbkörpers 
Alizarin gewonnen. 8. Ber. d. deut. chem. Ges, 1871, IV, 301. 


230 Ueber einige Stickstoffverbindungen des Anthrachinons, 


; Gefunden 
Berechnet Er ; 3° 
C14 168 70,00 70,42 70,13 
H® 8 3,38 2 3,49 
04 64 26.00, _ —— — 


240 100,00. 

Wir haben auch das Absorptionsspectrum unseres Aliza- 
rins mit demjenigen anderer künstlichen Alizarine (von Mei- 
ster, Lucius und Brüning in Höchst und von Gessert 
in Elberfeld) und des natürlichen verglichen und die genaueste 
Uebereinstimmung gefunden. 

Das von einem Spiegel reflectirte Sonnenlicht wurde bei 
dem Versuch durch eine Cylinderlinse auf den Spalt des 
Spectroscops concentrirt, nachdem es, der Vorschrift von 
Stokes entsprechend, eine sehr verdünnte Auflösung von 
Alizarin in kalischem Alhohol passirt hatte. Da wir die Zeich- 
nung von Perkin (Ann. chem. Pharm. 158, 319) nicht ganz 
genügend finden, so lassen wir des allgemeineren Interesses 
wegen das von uns beobachtete Absorptionsspectrum in gra- 
phischer Darstellung folgen. 

Ara BC D Eb E G 


Nur im Roth, beiläufig von Linie A bis C, findet keine 
Absorption statt, die Lichtintensität von A bis © ist daher 
subjectiv stärker geworden, am grössten ist sie zwischen B 
und ©. Die in unserem Sonnenspectrum kaum zu erkennende 
Linie A erscheint im Absorptionsspectrum des Alizarins sehr 
kräftig. Den neueren Beobachtungen von Kundt und Chri- 
stiansen bei Fuchsin, übermangans. Kali u. a. gemäss glau- 
ben wir die Ansicht Kundt’s auch hier vertreten zu sollen, 
indem wir annehmen, dass die Wellenlängen der nicht absor- 
birten rothen Lichtstrahlen, durch die in der Nähe stattfin- 
dende Absorption beeinflusst, verkürzt werden und die Linie 
A desshalb viel deutlicher für das Auge hervortritt. Das 


Pillen aus Eisenoxydul. 231 


& Absorptionsband hinter D ist etwa !/, breiter, aber nicht ganz 
so dunkel wie das bei Ü. Auch wir beobachteten vor E ein 
schwaches Absorptionsband, vor F endlich eine sehr schwache, 
e in der allgemeinen Dunkelheit sich verlierende Schattirung. 


Frankfurt a/M., October 1871. 


- Pillen aus Eisenoxydul. 
Von W. Kirchmann, Apoth. in Garding. 


- Vor etwa 10 Jahren combinirte ich auf Wunsch eines 

mir befreundeten Arztes eine chemisch-rationelle Vorschrift 
° zu Eisenpillen. Diese Pillen haben sich seit der Zeit eine 
grosse ‚Beliebtheit, dort wo sie bekannt, erworben, dass ich 
es für nützlich halte, die Vorschrift weiteren Kreisen bekannt 
zu machen. 
| 1 Aequivalent krystallisirtes schwefelsaures Eisenoxydul 
Fe0,8$03 + 7HO 13 Gr. 
’ 1 Aequivalent Magnesiumoxyd. (Magnesia usta) 20 Gr. 
E mit. Glycerin von officineller Concentration zur Pillenmasse 
angestossen. 

Die Vorschrift wurde damals practisch vereinfacht und 

_ lautete in Granen. 


2 
, 


Re. Ferri sulfurie. oxydul. 120 Gran, 
Magnes. ust. 20 Gran, 
Glycerini 15 Tropfen. 
M. £. pilul. 60 


Dieses Quantum bleibt auch beim gegenwärtigen Gewicht 
_ recht practisch., Die Pillen lassen sich ausserordentlich gut 
- verzuckern. 

4 In Wasser gelegt, lösen sich die Pillen alsbald auf und 
interlassen einen Brei von Eisenoxydul. Da schwefels. Eisen- 
oxydul und Bittersalz dieselbe. Menge Krystallwasser erfor- 


dern, geben diese Pillen, ohne irgend einen Zusatz, eine schöne 


959 Vcb. Feuervergoldung. — Versuche mit Tinetura Boleti purpurei, 


Das Glycerin verhütet das Austrocknen des Bittersalzes 
und die fein krystallinische Bittersalzmasse uinschliesst das 
Eisenoxydul so fest, dass eine weitere Oxydation selbst bei 
jahrelanger Aufbewahrung nicht eintritt. — Für die Patien- 
ten sollen diese Pillen sehr wohlthätig sein und Obstructio- 
nen verhüten. 


Ueber Feuervergoldung. 


Von Demselben., 


Ein vorzügliches Mittel zur Vereinfachung der Feuer- 
vergoldung auf Eisen und zum Bemalen des Eisens mit Gold- 
zeichnungen fand sich im Natrium-Amalgam. Durch 
einfaches Reiben mit Natrium- Amalgam wird die Oberfläche 
des Eisens, so wie ähnlicher Metalle, selbst wenn sie oxydirt 
‚ sofort verquiekt. Goldchlorid in concentrirter Lösung 
wird auf die amalgamirte Fläche rasch aufgetragen und das 
Quecksilber vor der Lampe oder auf dem Heerde verjagt. 
Es giebt so eine sehr polirbare ebenmässige Vergoldung. 

Mit Silber- und Platinsalz erhält man entsprechende 
Resultate. 


ist 


Versuche mit Tinetura Boleti purpurei. 
Von Dr. Heinr. Böhnke-Reich. *) 


‘Es standen etwa 6 Unzen alkoholische Tinct. Bolet, purpur. 
zur Verfügung. Die Tinctur war gelbbraun und reagirte sehr 
schwach sauer. 

Der Alkohol wurde zur Hälfte abdestillirt; das Destillat 
war neutral, der stark saure Rückstand mit fadem, wider- 
wärtigem Geschmacke wurde im Wasserbade zur Syrupcon- 
sistenz eingedampft. Eine Probe davon mit Kalilauge gekocht 
entwickelte nach Zusatz von Salzsäure Schwefelwasserstoff; 


*) Die hier beschriebenen Versuche wurden in meinem chem, pharm. 
Laboratorium angestellt; die betreffende Tinetur verdankte ich der Güte 
des Hrn. Apoth. Dr. Gonnermaun in Neustadt bei Coburg. 

Ent H. Ludwig. 


Versuche mit Tinctura Boleti purpurei. 255 


der grössere Theil wurde mit kohlensaurem Natron versetzt 


und mit Aether geschüttelt. 

1) Der abgehobene Aether bildete mit Salzsäure 
geschüttelt zwei Schichten, die getrennt wurden. 

a) Die untere Schicht entwickelte nach Verjagung des 
Aethers und Zusatz von Aetznatron einen Geruch ähnlich 
dem des Mutterkorndestillates.. Geröthetes Lackmuspapier 
wurde in dem Dampfe blau. Die auf einen kleinen Rest ein- 
gedampfte Flüssigkeit gab mit Platinchlorid keine Fällung, 
es war also kein Ammoniak vorhanden: vielleicht ist 
ein aldehydartiger Stoff Ursache der Giftigkeit 
des Schwammes. Diese Ansicht wurde dadurch bestätigt, 
dass das Platinchlorid nach kurzer Zeit zu Platinschwarz 
geworden war. 

b) Von der obern Schicht wurde der Aether abdestil- 
lirt. Der eingedampfte Rückstand entwickelte mit Aetznatron 
den oben erwähnten Geruch, so dass also derselbe riechende 
Stoff in Aether und auch in Salzsäure gelöst war. 

Die platinhaltige Flüssigkeit wurde bis auf einen kleinen 
Rest eingedampft, dieser mit etwas Aether abgespült und 
einige Tropfen Alkohol hinzugefügt. Da keine Krystallbil- 
dung zu bemerken war, so wurde der Aether verjagt, der. 
Rückstand mit Natron behandelt und mit Aether ausgezogen. 
Der nach dem Verdampfen bleibende Rückstand entwickelte 
mit Natron behandelt keinen auffallenden Geruch, verbrannte 
auf dem Platinbleche schnell mit Flamme unter Verbreitung. 
eines ranzigen Geruchs; im Glasröhrchen erhitzt stiess er 
ranzig riechende Dämpfe aus. Beim Austrocknen im Wasser- 
bade schmolz er, erstarrte dann wie Fett, hatte einen anfangs 
milden, dann adhärten Geschmack. 

2) Der sodahaltige Rückstand wurde mit Wasser 
unter Zusatz von lssigsäure verdünnt, mit essigsaurem 
Bleioxyd gefällt, der Niederschlag durch Schwefelwasserstoff 
zersetzt. Das saure Filtrat wurde durch Krystallisation vom 
essigsauern Natron befreit und hinterliess einen sehr hygrosko- 
pischen Rückstand, der, in verdünntem Alkohol gelöst, Leu- 


_ ein hinterliess. 


* 
234 Fermentoleum aus Sauerteig (von Roggenmehl). 


Fermentoleum aus Sauerteig (von Roggenmehl). 


Von Demselben. 


2 Pfund frischer Sauerteig wurden mit Wasser zu einem 
dünnen Brei angerührt und aus dem Wasserbade destillirt. 


a) Das Destillat 


war sauer, wurde mit reinem kohlensaurem Natron bis zu 
schwach alkalischer Reaction versetzt, wodurch es milchig 
wurde, dann destillitt. Das Destillat wog 7°/, Unzen mit 
dem spec. Gew. 0,998. Hiervon wurde !/, etwa abdestil- 
hirt, das Destillat zeigte das spec. Gew. 0,993, der Rück- 
stand 1,002. Das zweite Destillat wiederum der Destillation 
unterworfen gab ein Product, dessen spec. Gew. = 0,973 
betrug = 22"/, Vol. Proc. Alkohol. Der Rückstand hatte 
spec. Gew. — 1,004. 

Dieser mit kohlensaurem Natron versetzte Rückstand 
wurde mit Aether geschüttelt, dieser abgehoben, theilweise 
abdestillirt, der Rest verdunstet. Es hinterblieb ein gelbes 

Fermentoleum von angenehmen ananasartigen 
_ Geruche, das mit Salpetersäure behandelt sich bräunte und 
keine Reaction auf Schwefel gab. 

Aus dem Rückstande wurde essigsaures Natron 
dargestellt. 


b) Der feste Destillationsrückstand des Sauer- 
N teiges 


wurde mit Wasser ausgezogen, der Auszug zur Syrupscon- 
sistenz eingedampft, mit Aether geschüttelt und so Fett nebst 
etwas Milchsäure erhalten. Auch Zucker wurde con- 
statirt. *) 


*) Diese Versuche würden vor längerer Zeit in meinem chem, pharma, 
Laboratorium angestellt. H. Ludwig. 


u 1 ar ee 3 er m... 


iO 
> 
(br! 


II. Botanik und Pharmacognosie. 


Die Koloquinthe als Nährpflanze. 
Von F. A. Flückiger. 


Citrullus Colocynthis Arnott ist eine einjährige am 
Boden kriechende oder etwas klimmende Gurke mit einer 
kugeligen, 6 bis 8 oder 10 Centimeter im Durchmesser 
erreichenden Frucht. Dieselbe ist bemerkenswerth durch ihr 
trockenes schwammiges und äusserst bitteres Fruchtgewebe, 
welches schon seit dem Alterthum zu allen Zeiten als Purgans 
oder Drasticum benutzt worden ist. Als Träger der Wirkung 
ist ein eigenthümlicher Stoff, das Colocynthin, erkannt wor- 


welcher aber in reinem Zustande äusserst heftig wirkt.) Die 
Kenntniss des Colocynthins in chemischer Hinsicht ist freilich 
noch höchst unvollständig. 

Von ihrer Wirkung abgesehen ist die Koloanihs oder 
Bittergurke ihrer weiten Verbreitung wegen merkwürdig. Sie 
bewohnt das ganze ungeheure Gebiet der nordafricanischen 

"Wüste, überschreitet das rothe Meer, tritt in Arabien **) auf, 
_ findet sich wieder jenseits des persischen Busens bis zum 
Caspimeer und geht bis Indien. Hier ist sie gemein, sowohl 


 sandigen Coromandelküste. 7) Ausserhalb des heissen afri- 


$ 


*) Sogar tödtlich : Wigger’s -Husemann’scher Jahresbericht 1868. 549. 
**) Palgrave, Arabie centrale. 'Trad, par Jouveaux I (1866) 225. 
***) Irvine, General and medical topography of Ajmeer. Caleutta 
1841. 209. 

+) Roxburgh, Flora indica III, 720, 


_ den, wovon die Frucht sehr wenig zu enthalten scheint,’ 


im Nordwesten, z. B. in Adschmir***), als auch auf der 


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See Die Kologqninthe als Nährpflanze., 


canisch -asiatischen Wüstengebietes, welches als die eigent- 


liche Heimat dieser zierlichen Gurke zu betrachten ist, ge- 
deiht sie auch in Syrien bis Aleppo und überschreitet diese 
Breite, indem sie unter 36°40° noch am spanischen Cap 
de Gata*) vorkommt. In gleicher Breite ungefähr wird die 
Bittergurke, Ilıxoayyovoie, auch von der griechischen. Insel 
Melos beherbergt, wo sie nach v. Heldreich’s**) Urtheil 
wild wächst. Wir dürfen daher wohl dasselbe von der Insel 
Cypern vermuthen, wo die Pflanze bei Jeri unweit Nicosia 
schon seit dem Mittelalter ***) zur Ausfuhr der Frucht angebaut 
wird. Immerhin mögen die Araber auch die Verbreitung der 
Bittergurke {wie so mancher anderer Nutzpflanzen gefördert 
haben. Schon im 3. Jahrhundert nach Uhr. finden wir sie in 
der nabathäischen (mesopotamischen) Landwirthschaftf) und 
zur Zeit der arabischen Herrschaft in Spanien. Gegen Ende 
des 10, bis in das 12. Jahrhundert nennen die arabischen 
Schriftsteller über spanische Landwirthschaft die Koloquinthe 
als Culturpflanze.ff)i 

In Europa aber gedeiht sie nur noch in den genannten 
südlichsten Strichen, so dass „Üoloquentidae,“ deren Anbau 
Karl der Grosse im Jahre 812 in Deutschland verord- 
nete,j}f) nicht wohl die Bittergurke, sondern viel eher etwa 
Momordica Elaterium bedeutet, | 

Südwärts dagegen findet sich unsere Pflanze wieder auf 
den Cap Verdischen Inseln (Grisebach) und selbst, nach 
Miquel, auf den Sundainseln. | 


*) Grisebach. 

**) Nutzpflanzen Griechenlands. Athen 1862. 50. 
- .***) Mas Latrie, Histoire de l’ile de Chypre, III (1861) 498 
führt als Producte Cyperns am Ende des XV. Jahrhunderts neben Sesam, 
Hanf, Zucker, Oliven, Storax, Johannisbrod, auch „Coloquintida“ auf. 

t) Meyer, Geschichte der Botanik III (1856) 69. 

tr) So in Harib’s Calender bei Dureau de la Malle, Climato- 


logie comparee de I’Italie et de l’Andalousie anciennes et mod. Paris. 


1849 p. 81 und in Ibn-al-Awam, Libre d’agriculture, traduit p. Clement - 
Mullet IL (1866) 226. | 
trtr) Pertz, Monumenta Germaniae hist. III (1835) 181. 


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Die Koloquinthe als Nährpflanze. 237 


Die grosse südafricanische Wüste Kalahari besitzt eben- 
falls eine Bittergurke, welche aber nicht mit derjenigen der 
Sahara identisch, wenn auch mit ihr sehr nahe verwandt ist. 
Jene südliche Art ist nemlich eine bitterfrüchtige Form der 
Wassermelone, Citrullus vulgaris Schrader, welche auch 
als eigene Species, Citrullus amarus oder Citrullus 
caffer Schrader, aufgefasst worden ist.*) So sehr auch die 
essbare süsse Wassermelone und die bittere in ihrem Ge- 
schmacke verschieden sind, so vollkommen gleich sind ihre 
Stammpflanzen, ein Verhältniss, das ja auch bei dem Mandel- 


'baume, so wie in Betreff der Wurzelbildung bei Manihot 


utilissima wieder vorkommt. 

Ob in der griechischen Bezeichnung der Bittergurke: 
Kolokynthe, oder eben so häufig Kolokynte, schon eine An- 
spielung auf ibr massenhaftes Vorkommen liegt oder nicht, 
mag dahin gestellt bleiben.”*) Es wäre allerdings berech- 


tigt, indem viele aufmerksame Reisende sie als eine in sehr 


grosser Zahl auftretende Bewohnerin jener sonst so trostlos 
pflanzenleeren Gebiete hervorheben. So Bruce, Burckhardt, 
Vogel, Schweinfurth und wie sie alle heissen die For- 
scher, welche sich für die Wissenschaft im heissen Wüsten- 
sande abgemüht haben. Lassen wir in ihrer aller Namen 
den Meister der Pflanzengeographie, Grisebach, sprechen. ***) 

„Die Häufigkeit einer am Boden kriechenden Cucurbi- 
tacee, der Koloquinthe, Citrullus Colocynthis, ihre weite, wahr- 
scheinlich durch Vögel geförderte Verbreitung ist ein ausge- 


zeichnetes Beispiel von der Herrschaft des Lebens auch in 


der Wüste, wie mit so wenig Feuchtigkeit und während einer 


*) Pappe. Florae capensis medicae prodr. 1857 p.14. — Har- 
vey und Sonder Flora capensis II (1862) 494. — Grisebach, Ve- 
getation der Erde II (1872) 578. 

**) Hehn, Kulturpflanzen und Hausthiere ete. 220 leitet das Wort 
von Kolossos ab, womit zunächst, der riesigen Grösse wegen, die Kür- 
bisse, unter Hinzufügung der häufigen Endsilbe vyr oder vv bezeichnet 
werden, 


###) Die Vegetation der Erde II (1872) 97, 


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238 Die Koloquinthe als Nährpflanze. 


so kurzen Zeit des Wachsthums doch eine saflige*) Frucht 
von der Grösse einer Orange gebildet und mit eigenthümli- 
chen Stoffen ausgestattet wird.“ 

Begreiflich dass Menschen und Thiere sich bemüht haben, 
dieser Bewohnerin der Wüste abzugewinnen, was sie nur 
irgend bieten kann. Das Fruchtmark wird in Adschmir ohne 
Nachtheil von Büffeln gefressen**) und nach E. Vogel’s 
Wahrnehmung dient es in der Sahara auch den Straussen 
zur Nahrung.***) Hierdurch wird ohne Zweifel die weitere 
Verbreitung der Koloquinthe nach allen denjenigen Punkten 
des unwirthlichen Gebietes kräftig gefördert, wo sich nur 
irgend die Bedingungen zum Gedeihen dieser genügsamen 
. Pflanze verwirklichen, welche erwünschte Abwechslung in 
die Einförmigkeit der Wüste bringt. 

Daran freilich ist nicht zu denken, dass ihr rare ninde 
auch dem menschlichen Ka bedneee zu gute kommen 
könne; es ist auffallend genug, dass dieses trotz der ener- 
gischen Wirkung des Colocynthins obigen Andeutungen zu- 
folge bei Thieren der Fall ist. Die Bitterkeit haftet aber in 
geringerem Grade den Samen an und diesen Umstand hat 
sich der Instinct der Stämme zu Nutze gemacht, welche jene 
weiten Räume durchstreifen und. begreiflicherweise mit höchster 
Begier nach vegetabilischer Kost spähen, an welcher es ihnen 
sicherlich oft genug gebricht. 

In Pereira’s Elements of Materia medicay) finde ich 
schon die Angabe, dass die Samen der Bittergurke nach Capt. 
Lyon in Nordafrica ein wichtiges Nahrungsmittel bilden. 


Einem neuern berühmten Sahara-Forscher, Duveyrier,f7) 


zufolge ist dieses, und zwar schon seit dem Alterthum der 
Fall bei den Tebus oder Tibbus, den Troglodyten der Alten. 


*) Saftreich ist die Koloquinte auch in frischem Zustande nicht eigent- 


lich, so viel ich weiss. 
**), Irvinmel,. ce. 
***) Petermann’s Mittheilungen 1855. M7. 
+) Vol. II. part. 2. (1857) 212. 
tt) Les Touaregs du Nord. Paris 1864, 171, 


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Die Koloquinthe als Nährpflanze. 33) 


Dieser Wüstenstamm bereitet die Samen der Bittergurke 
durch Rösten und Kochen zu einer Nahrung, welche Duvey- 
rier nicht eben verwerflich fand. 

Einen Hauptsitz der Tibbus hat Nachtigal 13870 im 
Lande Tibesti besucht und in ausführlicher Schilderung*) 
kennen gelehrt, nemlich das wilde Gebirgsland Tu, welches 
sich in 17° und 18° östl. Länge von Greenwich über unge- 
fähr 5 Breitengrade (18° bis 22° nördl. Br.) erstreckt und 
sich in seinen Hochgipfeln bis 7000 Fuss über das Meer 
erhebt. In den Anfängen zahlreicher Flussthäler dieser Land- 
schaft hat eine etwas kräftigere Vegetation den Tibbus da 
und dort dauernde Wohnsitze ermöglicht, von denen aus 
sie nomadisirend auf die Weideplätze der Kameele und zur 
Ernte der Koloquinthenkerne ziehen. Von den Nahrungsver- 
hältnissen dieser Tibbu-Resade (Felsen-Tibbus) entwirft, 
Nachtigal, nach den Erfahrungen seines dortigen ge- 
zwungenen Aufenthaltes, ein äusserst düsteres Bild.**) In 
den westlichen Thälern wenigstens stützt ‘sich ihre kümmer- 
liche Existenz fast ganz auf die Milch ihrer Ziegenheerden, 
wozu nur wenige erbärmliche Producte der Pflanzenwelt 
kommen. Darunter steht obenan der Same der Koloquinthe, 
Aber genannt. Die Noth zwingt die Felsen-Tibbus zu sehr 
sorgfältiger Behandlung dieser Samen. Zunächst werden sie 
in starken Säcken getreten, um die letzten Reste des bittern 
Fruchtmarkes abzulösen. Hierbei müssen die harten Samen 
ohne Zweifel unverletzt bleiben und werden hernach durch 
Worfeln rein erhalten. Weniger klar ist der Zweck der 
folgenden Behandlung ersichtlich, welche nach dem genannten 
Reisenden darin besteht, dass die, Samen mit Asche (von 
Kameelmist) gemengt auf glatter Steingrundlage mit einem 
abgerundeten Steine bearbeitet werden. Vermuthlich begün- 


'stigt die Asche den Angriff der harten, sonst beinahe 


schlüpferigen Samenschale, welcher freilich erst durch Befeuch- 


*) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V (1870) 216, 


289 und folg. 


-..)]. ec. p. 233, 


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340 Die Koloquinthe als Nährpflanze. 


tung recht zu erreichen wäre, wovon aber nicht die Rede 


ist. Diese Behandlung zertrümmert. und beseitigt die Schale 
und damit auch, wie sich weiterhin ergeben wird, schon die 
Hauptmenge des Bitterstoffes. Nochmaliges Worfeln liefert 
nun die Samenkerne ziemlich rein in die Hände der fleissigen 
Arbeiter. Die Beseitigung der Samenschale wird vermuthlich 
von andern Stämmen durch Röstung erreicht, wie die erwähnte 
Angabe Duveyrier’s schliessen lässt. | 

Die Kerne werden endlich, Nachtigal’s Darstellung 
zufolge, aufgekocht, wobei die Tibbu- Resade dem Wasser 
frisches Laub des Ethelbusches beigeben. 


Die letzte Spur der Bitterkeit entziehen sie den Kernen 


durch kaltes Wasser, worin sich, wie wir wissen, das Colo- 
eynthin allerdings auflöst. Die entbitterten Kerne trocknen 
die Tibbus schliesslich an der Sonne und geniessen sie zer- 
rieben und mit gleichfalls getrockneten und gepulverten Dat- 
teln als angenehmes, besonders auf Reisen sehr bequemes 
Nahrungsmittel. 
Die Zweckmässigkeit des letztern Zusatzes leuchtet ein, 
da durch die Auswässerung der Koloquinthensamen ihr ohne- 
hin geringer Zuckergehalt wahrscheinlich fast ganz wegge- 
führt wird; notliwendig müssen sie dabei ausserdem auch an 


Fett einbüssen. Das ganze Verfahren der Tibbus läuft also, 


wie man sieht, auf Ooncentration des Stickstoffgehaltes der 
Samen und auf Beseitigung des Öolocynthins hinaus und man 
wird zugeben müssen, dass sie sich dazu der zweckmässig- 
sten Mittel bedienen, welche ihnen in ihren dürftigen Ver- 
hältnissen irgend zugänglich sind. Eine so rationelle Ver- 
werthung‘der bescheidenen Gabe der Natur, wie sie in diesen 
Damen vorliegt, ist in der That bemerkenswerth, 

Ich habe mich um so mehr zu näherer Untersuchung 
derselben aufgefordert gefühlt, als sie bei der pharmaceuti- 
schen Verwendung der Kologuinthen, wie mir jetzt scheinen 
will, ohne zureichenden Grund beseitigt zu werden pflegen. 

Die Frucht der Kologuinthe zeigt quer durch- 


schnitten sechs Fächer, deren jedes einen, das Fruchtmark in. 
verticaler Richtung durchsetzenden, Samenträger darbietet, 


Die Koloquinthe als Nährpflanze, 241 


Letztere tragen an kurzen, weissen Nabelsträngen eine 
Menge Samen; ihre Zahl in der ganzen Frucht erreicht 200 
bis 300, fällt also bei dem massenhaften Auftreten der Pflanze 
sehr in das Gewicht. 


Die. Samen sind bis 7 Millimeter lang, 5" breit und 
2”= dick, entweder flach oder etwas gewölbt, die Ränder 
abgerundet und glatt. Das eine Ende des Samens läuft in 
eine kurze sanfte Spitze aus, das andere ist breit gerundet, 
so dass der Umriss des auf der Seitenfläche liegenden Samens 
eiförmig erscheint. Das Durchschnittsgewicht eines Samens - 
beträgt 45 Milligrm. > 

Die Oberfläche der Samen schwankt zwischen braungel- 
ber und graubrauner beinahe etwas in grün übergehender 
Färburg; in einer und derselben Frucht trifft man aber auch 
weisse Samen, welche in ihrer Ausbildung gehemmt oder 
noch nicht zur Reife gelangt waren, wenigstens ist der Keim 
in den weissen Samen gewöhnlich verkümmert. Die Samen- 
schale ist glänzend und glatt; erst die Loupe zeigt, ihre 
etwas körnige Beschaffenheit. Der Nabel bildet eine kurze, 
helle dicht unterhalb der Spitze am Rande des Samens ein- 
gelassene Linie; etwas länger und mehr vertieft sind zwei 
ungefähr 1 Millimeter lange Furchen f, welche auf jeder Sei- 
tenfläche des Samens gegen die Spitze hin laufen, 


- Arch. d, Pharm, If, Reihe I, Bds, 3. Hoft, 16 


—. 
Art 


a2. Die Koloquinthe als Nährpflanze. 


Kologuinthensamen. 


A, durch die Loupe gesehen: 


1) Hälfte der Samenschale, die Breitseite darbietend. — 
f Furchen mit ungefärbtem Parenchym gefüllt, Nabel. 

2) Längsschnitt durch den Samen parallel zu Fig. 1. — 
r Würzelchen, %& Cotyledon, £ Samenschale. 

3) Längsschnitt senkrecht auf Fig. 1. 

4) Querschnitt durch einen Samen. 


B Querschnitt durch die Samenschale, ungefähr 200 mal 
vergrössert 
a Cuticula, 
b Epidermis, | 
c d.g Steinzellen-Gewebe (Selerenchym), dessen innerste 
Schicht g aus einer einzigen zusammenschliessenden Reihe 
cubischer Zellen besteht. 


Durch Druck oder weit besser durch Kochen mit Was- 
ser lässt sich die sehr harte Samenschale längs des Randes 
von der Spitze an sprengen, jedoch nur bis gegen das breite 
Ende hin, wo der Zusammenhang der Schale fester ist. Der 
weiche, weisse Kern füllt die letztere ganz aus und besteht 
aus zwei nicht gut trennbaren Cotyledonen k, k, welche flach 
auf einander liegen und das wenig ausgebildete Würzelchen » 
nach der Samenspitze hin nur wenig vortreten lassen. Das 
Samenhäntchen, welches die Kerne umschliesst, haftet ziemlich 


zu 


>,% 


Die Koloquinthe als Nährpflanze. 243 


fest an der Schale. Da letztere ungefähr !/, Millimeter dick 
ist, so beträgt ihr Gewicht durchschnittlich doppelt so viel, 
wie das der Samenkerne. 

Sorgfältig von den letzten Resten des so äusserst bit- 
tern Fruchtmarkes befreite Samen schmecken immer noch 
stark bitter. Diese Bitterkeit kommt in weit höherem Grade 
den Schalen als den Kernen zu; ein einzelner Kern schmeckt 
nur milde ölig, aber mehrere zusammen gekostet, lassen einen 
deutlichen bittern Geschmack erkennen. 

— Legt man die Samen in kaltes Wasser, so werden 
sie in geringem Grade schlüpferig ohne dass eine auffallende 
Quellung stattfindet. Das abgegossene Wasser enthält den- 
noch eine ziemlich ansehnliche Menge Schleim, welcher durch 
neutrales essigsaures Blei, nicht “vollständig durch Alkohol, 
gar-nicht durch Eisenchlorid oder Borax gefällt wird. Auch 
der Bitterstoff geht hierbei in Lösung über und kann durch 
Gerbstofflösung niedergeschlagen werden. Es ist daher eigent- 
lich sehr fraglich, ob die Pharmacopöen gut daran thun, 
die Samen von der pharmaceutischen Verwendung auszu- 
schliessen. Mit Rücksicht auf ihren unleugbaren Bitter- 
stoffgehalt würde ich diese Vorschrift nicht ferner unter- 
stützen. 

Der wässerige Auszug der Samen wird durch Eisen- 
chlorid nur ganz unerheblich gefärbt, durch Jod nicht ver- 
ändert und reagirt schwach sauer. Da in demselben durch 
Kaliumjodhydrargyrat keine Trübung hervorgerufen wird, so 
ist anzunehmen, dass der Geschmack nicht durch ein Alkaloid 
mitbedingt wird. 

Unter dem Mikroskop findet man die Samenschale von 
einer glashellen etwa 10 Mikromillimeter dicken Cutieula a 
bedeckt, welche ziemlich fest haftet. Die Epidermis b besteht 
aus einer Reihe radial gestellter Zellen, deren äussere Wände 
stark verdickt sind und hauptsächlich den in Wasser löslichen 
Schleim abgeben, ohne jedoch die Erscheinung des Aufquel- 
lens in dem Maasse darzubieten wie so viele andere Samen. 
Die nicht sehr weite Höhlung der Epidermiszellen enthält 
einen braunen körnigen Inhalt, welcher durch weingeistiges 
16* | 


D44 Die Koloquinthe als Nährpfianze. 


Eisenchlorid schwärzlich gefärbt wird. » Die Dicke der Epi- 
dermis erreicht kaum 50 Mikromillimeter, das übrige Gewebe 
der Schale ist ganz aus zierlich geschichteten Steinzellen 
cd g gebaut. Diejenigen Schichten dieses Sclerenchyms, 
welche dicht unter der Epidermis liegen (c), so wie diejenigen 
unter der Innenfläche der Schale bei c‘, sind klein im Ver- 
hältnisse zu den grossen unregelmässigen Steinzellen, welche 
die Mittelschicht der Samenschale zusammensetzen, Da- 
gegen zeichnen sich die Steinzellen, welche die ganze 
innere Wandung der Samenschale auskleiden, durch ihre 
ansehnliche Grösse und würfelige Gestalt sehr aus. Sie 
sind dicht gedrängt zu einer schon. dem unbewaffineten 
Auge erkennbaren dunklern einzelligen Schicht 9 zusammen- 
gefügt. Am Scheitel des Samens ist das sonst sehr feste 
Steinzellengewebe etwas lockerer; in den 4 schon erwähnten 
Furchen findet man sehr weite Zellen ohne festen Inhalt, 
deren ungefärbte derbe knorpelige Wände in kochendem 
Wasser nicht auffallend verändert werden. Ich sehe daher 
keine besondere Aufforderung dazu, dieses Gewebe als Schleim- 
zellen zu bezeichnen, unter welchem Namen Berg*) das- 
selbe aufführt. Jod färbt die Steinzellen, nicht die Cuti- 
cula, gelb. 

| Die Cotyledonen endlich zeigen in ihrem dünnwandigen 
Pärenchym keine auffallenden Verhältnisse; der Zellinhalt 
besteht aus kleinen runden Körnchen, welche im polarisirten 
Lichte nicht krystalloidische Structur darbieten. Aus Oar- 
minlösung nehmen diese Körnchen den Farbstoff auf und wer- 
den durch Jod in Jodkaliumlösung gelbbraun, durch salpeter- 
saures Quecksilberoxydul roth und durch alkalisches Kupfer- 
tartrat violett gefärbt, wonach sie für Proteinstoffe zu halten 
sind. Einige Reihen des Gewebes der innern Fläche der 
Cotyledonen sind aus senkrecht zu dieser Berührungsfläche 
verlängerten ansehnlichern Zellen gebaut; die oberflächliche 
Schicht dagegen besteht aus. weit kleinern Zellen, welche als 
knorpelige derbe fest zusammenhängende Haut den ganzen 


*) Darstellung u. Beschreibung der offleinellen Gewächse. Heft 25. Taf, d, 


E-> 


Die Koloquinthe als Nährpflanze, 245 


Keim umschliessen. Diese innere Samenhaut . namentlich 
erweist sich durch die starken Färbungen, welche ihr jene 
eben genannten Reagentien ertheilen, als reich an Eiweiss. 
Aber selbst die sclerenchymatischen Schichten der Samen- 
schale, wenigstens die innern, scheinen in den Zellwänden 
noch etwas Eiweiss zu enthalten, denn sie werden durch 
Jod gelb und durch salpetersaures Quecksilberoxydul ‘nach 
einiger Zeit roth gefärbt. 

Feine Schnitte aus den Cotyledonen der Koloquinthen- 
samen zeigen unter concentrirtem Glycerin grosse Oeltropfen; 
durch Zusatz von Wasser oder von Kalilauge wird ein weit 
reichlicherer Austritt von Oel herbeigeführt. 

Zucker liess sich auf mikrochemischem Wege nicht nach- 
weisen; doch enthält der Same eine geringe Menge dessel- 
ben. Wird nemlich das wässerige Decoct durch neutrales 
essigsaures Blei vom Schleime befreit und das concentrirte 
Filtrat nach dem Erkalten mit alkalischem Kupfertartrat ver- 
setzt, so scheidet sich nach kurzer Zeit etwas Kupferoxydul- 
hydrat aus. Der Zucker krystallisirt nicht. 

Für den Nahrungswerth der Samen kommen daher 
das fette Oel und der Proteingehalt in Betracht, wenn von 
dem Zucker abgesehen wird. Zur Bestimmung des erstern 
habe ich 8,029 Grm. bei 100° getrockneter Samen gewählt, 
welche in ungefähr gleicher Menge aus braunen, gelblich- 
grauen und weissen gemischt, der durchschnittlicken Be- 
schaffenheit der ohne Auslese aus den Früchten zu gewin- 
nenden Samen entsprechen mochten. Die in Arbeit genom- 
menen Samen zerquetschte ich mit gröblichem Quarzpulver, 
bis keine unzerrissenen Theilchen mehr wahrgenommen wur- 
den und brachte das Gemenge in eine spitz ausgezogene 
Glasröhre, worin es 20 bis 30 Male von heissen Aether- 
dämpfen durchdrungen wurde. In dem Kölbchen blieben nach 
dem Verjagen des Aethers 1,2925 Oel = 16,94 pC. zurück. 


Dieses Oel zeigt eine höchst unbedeutende gelbliche Färbung, 


ist sehr dickflüssig, ohne jedoch “in der Winterkälte zu erstar- 
ren und schmeckt nicht bitter, sondern milde. In Berührung 


mit Untersalpetersäure wird es nicht fest, wonach es den 


F) 
.. 


246 Die Koloquinthe als Nährpflanze. 


troeknenden Oelen beizuzählen ist. Doch verdickt es sich 
in dünner Schicht an der Luft nur langsam. 


Das Eiweiss ist wie so häufig in zwei Formen vor- 
handen. Ein geringer Theil desselben geht nemlich in kaltes 
Wasser über und trübt dasselbe, doch nur sehr schwach, 
beim Kochen oder nach Zusatz von Essigsäure oder Phenol, 
die Hauptmenge aber wird von den unter dem Mikroskop 
sichtbaren in Wasser nicht löslichen Körnchen gebildet. 
2,7875 Grm. im Woasserbade getrockneter Samen von glei- 
cher Art, wie die zur Oelbestimmung genommenen, werden mit 
Quarzpulver zerrieben und mit Natronkalk verbrannt. Die 
Ammoniakdämpfe werden von Salzsäure absorbirt, der Salmiak 
bei 80° bis 90°, zuletzt bei gewöhnlicher Temperatur über 
Schwefelsäure zur Trockne gebracht und durch Umkrystalli- 
siren weiss erhalten. Er lieferte 0,271 geschmolzenes Chlor- 
silber, woraus sich 0,1004 Chlorammonium ergaben.*) Diese 
Zahl entspricht 0,0265 Stickstoff; der Same hatte also 0,950 
pC. Stickstoff geliefert, welche mit 6,25 multiplieirt (da in 
dem Eiweisse ungefähr 16 pC. Stickstoff vorkommen), einen 
Eiweissgehalt von 5,93 pC. ergeben. Während das Mikro- 
skop im Gewebe der Cotyledonen dicht gedrängte Eiweiss- 
' körner erkennen lässt, ist der durch die Analyse ermittelte 
Procentsatz gering; der Widerspruch erklärt sich daraus, dass 
ja auf die Samenkerne nur ein Drittel des Gesammtge- 
wichtes der Samen fällt. 


Dem entsprechend würde sich der Proteingehalt der 
Kerne allein verdreifachen. Was von Eiweiss in den Zell- 
wänden des Sclerenchyms g d steckt, darf nicht hoch ange- 
schlagen werden; die Schalen geben bei der trockenen De- 
stillation natürlich saure Dämpfe. El 

‘Den Gehalt der Samen an unorganischen Stoffen 
habe ich in verschiedenen Versuchen von 2,48 bis 2,7 pÜ. 
schwankend gefunden. Damit contrastirt der hohe Aschen- 
gehalt des lockeren Fruchtmarkes, nemlich 11 pC., wie ich 


*) Direct gewogen zeigte der Salmiak 0,119 Gewicht, 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 247 


schon früher hervorgehoben habe.*) — In der Asche der 
Samen konnte ich, wenigstens vermittelst, der Sodaperle in 
der Oxydationsflamme, kein Mangan finden, 

Lufttrockene Samen verlieren bei 100° durchschnittlich 
7,17 pC. Wasser. 

Wie sich von vornherein erwarten liess, enthalten die 
Koloquinthensamen die gewöhnlichen Nährstoffe und zwar, wenn 
die Samen unverändert in Betracht gezogen werden, nur in 
geringer Menge. Fassen wir aber die von den Wüstenbe- 
wohnern zubereiteten Kerne allein ins Auge, so ist eine mit 
ungefähr 48 pC. fetten Oeles und 18 pC. Eiweiss ausgestat- 
tete Substanz, welche in reichlicher Menge ohne alle Pflege 
geerntet werden kann, in jenen von der Natur vernachlässig- 
ten Landstrichen nicht gering anzuschlagen und wir müssen 
dem Instinete der genannten Völkerschaften alle Anerkennung 
zollen, dass sie auf dieses Nahrungsmittel verfallen sind. 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 
Von Adelbert Geheeb, Apoth. in Geisa. **) 


„Wem’s die Alpen einmal angethan,“ sagt Dr. Lorentz 
in einer früheren Nummer (1868) der „Flora,“ „den lassen 
sie nicht wieder los, und wenn der Herbst kommt, die Zeit 
des Wanderns, dann kehrt das Heimweh in die Brust ein 
und zieht uns unwiderstehlich zum Hochgebirge.“ — Und die 
Rhön, sie ist dem Moossammler eine Art Alpenwelt! Wo 
Dieranum Mühlenbeckii Früchte treibt und Lepto- 
trichum glaucescens seine blaugrünen Räschen ausbrei- 
tet, — wo das prächtige Mulgedium alpinum blüht und 
im Grase auf Iuftiger Höhe Lycopiodium alpinum grünt, — 

*) Lehrbuch der Pharmakognosie 596. 

**, Als Separatabdruck aus der „Flora“ vom Herrn Verf, erhalten. 


Man vergleiche die früheren Artikel Desselben in Archiy II, 145, 
59 und 146, 89 und 170, H. 1. 
2 * 


248 , Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


wo fruchtender Anomodon apiculatus undHylocomium 
Oakesii das Gestein schmücken und im schwammigen Moore 
Mnium cinclidioides schimmert, — wahrlich, da vergisst 
der Sammler, dass er sich kaum 850 Meter über dem Meere, 
dass er sich im Rhöngebirge befindet! Das seltsame Gebirge, 
mit seinen ernsten, kahlen Hochtriften und seinen wildroman- 
tischen Felsenkegeln, mit seinen dunkelen Wäldern und aus- 
gedehnten Hochmooren, — es ist mir eine liebe Heimath 
geworden, die mich immer von Neuem fesselt; und immer 
neue Schätze bringt sie dem suchenden Blicke entgegen. Sel- 
ten mag wohl ein Moossammler in deutschen Gebirgen vom 
Glücke mehr begünstigt worden sein, als Schreiber dieser 
Zeilen, als er im vorigen Jahre auf 120 grösseren und klei- 
neren Excursionen das Rhöngebirge durchstreifte! Noch stan- 
den auf dem Arzberge Leucojum und die blaue Scilla 
bifolia in voller Blüthe, als schon zahlreiche Wanderungen 
in Geisa’s moosreichen Bergen Büchse und Mappe gefüllt hat- 
ten; und eine Reihe der herrlichsten Touren in die nördliche 
und östliche Vorder-Röhn waren bis in den Sommer hinein, 
stets vom Glücke begleitet, fortgesetzt worden. Wie schon 
in früheren Jahren, so wurde auch diesmal die hohe Rhön 
mit dem Studium der Moore in Angriff genommen, zu einer 
Zeit, wo die Heuernte, das schönste Volksfest der Rhöner, 
im Beginne ist, wo unzählige weisse Zelte und fröhliches 
Treiben die Landschaft der Hochwiesen beleben. — Das Mas- 
sengebirge des Kreuzbergs, das Abtsröder Gebirge, 
diese „Grasalpe“ der Rhön, das mächtige Dammersfeld 
mit der „waldgebirgigen Rhön,“ waren Wochen lang die 
Wohnstätte des Sammlers, wo manches zierliche Hypnum 
und Bryum ihn beglückte; während die Felspartien der „kup- 
penreichen“ Rhön die Schaar der Grimmien um 3 neue 
Repräsentanten bereicherten. Weiter ging’s, hinab in die 
lieblichen Thäler der südlichen Vorberge, in das reben- 
geschmückte Saalthal. Wie anders hier die Vegetation! 
Der „schwarze“ Basalt, mit seinen Andreaeen und Grim- 
mien, hat dem Kalke die Herrschaft abgetreten, welcher hie 


und da mit Sandstein wechselt, — wie mit einem Schlage ist 
’ 


ee 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 249 


der Pflanzenteppich ein anderer, ein bunterer geworden. An 
Moosen wohl arm, bergen die sanften Kalkhügel des Saal- 
thals der interessantesten Phanerogamen eine grosse Zahl. 
Peucedanum alsaticum, Adonis vernalis, Lino- 
syris vulgaris, Senecio tenuifolius, Crepis foetida, 
Linum tenuifolium, Salvia verticillata, Cirsium 
eriophorum, Reseda lutea, Polyenemum majus, 
Dietamnus albus, Calamintha officinalis, Vibur- 
num Lantana, Lactuca perennis, Erysimum odo- 
ratum, Allium sphaerocephalum, Libanotis mon- 
tana, Anthericum ramosum, u. s. w. — das sind dem 
Rhönwanderer gar erfreuliche Erscheinungen, die ihn die 
kärgliche Moosernte wohl verschmerzen lassen. Doch wurde 
ich bei Gemünden — am äussersten Ende der südlichen 
Vorder-Rhön — durch Rhynchostegium Teesdalii 
und Barbula vinealis wieder reichlich entschädigt und die 
Wanderung durch den lieblichen Sinngrund aufwärts bis 
Brückenau glich einem grossen Spaziergange durch blühende 
Gärten von Salvia pratensis, Sarothamnus scopa- 
rius, Armeria vulgaris, Teucrium Scorodonia, 
Geranium pratense, Artemisia campestris, Sedum 


-reflexum, Malva Alcea, u. s. w. Nochmals wurde die 


„waldgebirgige“ Rhön in Angriff und im Herzen derselben, 
im freundlichen Gersfeld, Quartier genommen, um schliess- 
lich, über Fulda von Neuem die „kuppenreiche “ Rhön durch- 
ziehend, an der hochromantischen Milseburg, diesem „Tit- 
lis“ des Rhöngebirges (wie sie ein begeisterter Naturforscher 
treffend bezeichnet hat!), abermals Halt zu machen und zwei 
ınoosreiche Tage auf diesem einzigen Felsenkönig zuzubringen. 
Und am 13. November, nachdem die Berge der höheren 
Rhön längst ihr Winterkleid angelegt hatten, während ihre 
Vorberge noch im grünen Moosschmuck standen, gab die 
letzte Wanderung nach Zella, — in die Heimath des Cin- 


elidotus fontinaloides — noch reiche Ausbeute. — 


Sehen wir nun, woraus die Blumenlese von 1871 besteht, 
welche die Zahl der Rhönlaubmoose auf 347 Species erho 


ben hat. Vorerst aber suche ich mich einer Lieblingspflicht 


280 Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


zu entledigen, indem ich den Herren J. Juratzka in Wien 
und R. Ruthe in Bärwalde meinen allerwärmsten Dank 
noch Öffentlich ausspreche für die unermüdliche Bereitwilligkeit, 
mit welcher diese bewährten Meister der Bryologie meine kri- 
tischen Moose ebenso rasch als umsichtig zu prüfen die Güte 
gehabt haben. — 


1. Sporledera palustris Br. et Sch. Für diese 
Art sind als neue Standorte zu bezeichnen: der Haderwald 
am Dammersfeld (zahlreich an einem Wiesengräbchen nord- 
westlich vom Jagdhäuschen) und der W adberg bei Langen- 
biber (auf feuchtem Sandboden) — (A. G.). 

2. Weisia viridula Brid., var. densifolia Schpr. 
sammelte ich reichlich in Trachytfelsspalten des Poppen- 
häuser Steins. Von den gewöhnlichen Formen dieses 
gewöhnlichen Mooses ist diese Varietät schon habituell sehr ° 
verschieden: der Stengel höher, die Räschen sehr compaet 
und bedeutend grösser. — 

3. Weisia fugax Hdw. Spärlich auf Trachytfelsen 
der Eube, während am alten Standorte, auf der Milseburg, 
auch diesmal zahlreiche schöne Räschen zu sehen waren. — 

4. Weisia denticulata Brid. Dieses reizende Pflänz- 
chen, welches in Deutschland sich auf wenig Punkte beschränkt, 
findet sich ziemlich häufig auf humöser Erde in den Fels- 
spalten der Milseburg, seltener am Bubenbader Stein. 
(A. G. 12. u. 13. Sept. 71.) An der Milseburg findet man 
öfters die beiden Weisien, denticulata und fugax, 
neben einander; beide sind habituell zum Verwechseln ähn- 
lich, sobald aber (wie im Herbste) die Kapseln entdeckelt 
sind, lässt sich erstere an den bleibenden, langen, rothen 
Peristomzähnen durch die Loupe sofort erkennen, während 
die leicht abfallenden Zähne der W. fugax fast immer feh- 
len oder nur in Fragmenten vorhanden sind. — 

5. Weisia crispula Hdw. In schönen Exemplaren 
häufig auf der Spitze des Stürnbergs bei Wüstensachsen, 
an Basaltfelsen; seltener im Basaltgeröll des Schwaben- 
himmelbergs (A. G.). — | 


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Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. | 251 


6. Dieranum Mühlenbeckii Br. et. Sch. fructi- 
fieirt reichlich auf dem Schwabenhimmelberg, an 
trockenen, grasigen Stellen, circa 900 Meter über d. Meere; 
die sterile Pflanze sammelte ich noch an folgenden Orten: am 
Bauersberg, auf dem Plateau des Todtemannsbergs 
und an dessen Abhang gegen den „Goldbrunnen,“ und auf 
dem Brandenstein in den schwarzen Bergen. So viel mir 
bekannt, sind dies die ersten Früchte in Deutschland; ich 
besitze solche nur aus den Alpen Oesterreichs und der 
Schweiz. Das Zellnetz dieses schönen Mooses ist seltsamer 
Weise in den Büchern so kurz abgehandelt,, dass ich nich® 
umhin kann, auf seine Eigenthümlichkeiten hier aufmerksam 
zu machen; selbst Milde, der bekanntlich auf das Zellge- 
webe aller Moosblätter ein grosses Gewicht legte, sagt von 
diesem in seiner Bryologia Silesiaca (pag. 71) nur: 
„Blattzellen der Spitze länglich, am Grunde sämmtlich. gelb- 
braun, locker.“ Dieselben sind allerdings an der Blattbasis 
locker, langgestreckt, rectangulär, zart und bleichgelb, an den 
Blattflügeln quadratisch, sehr gross, gelbbraun; gleich über 
der Basis aber werden die Zellen kürzer und von da bis 
fast zur äussersten Spitze ist das ganze Blatt aus 
sehr verschiedenartig gestalteten Zellen zusammen- 
gesetzt. Diese sind verhältnissmässig klein, meist rundlich- 
quadratisch, aber vermengt mit zahlreichen bald drei- 
eckigen, bald rectangulären, mehr oder weniger langen 
Zellen, so dass das Blatt ein höchst ungleichmässiges 
Zellgewebe darstellt, welches lebhaft an das von Campylo- 
pus flexuosus erimnert; erst an der alleräussersten 
Spitze finden sich wieder einige wenige längliche Zellen, 
— gleich daneben wieder quadratische und dreieckige, — 
Kein anderes Dieranum zeigt ein solches unregelmässiges 
Zellgewebe! — | 


7. Dieranum spurium Hdw. c. fruct! wurde ;von 
Herrm Lehrer J. Röll (1871) in ‚sandigen Hohlwegen bei 
Lengsfeld gesammelt; die sterile Pflanze fand ich in einem 
Kiefernwäldehen zwischen Dirlos und Kohlgrund. — 


252 Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


8 Campylopus turfaceus Br. et Sch. fruetifi- 
eirt reichlich auf sandigem Wealdboden zwischen Dirlos | 
und Kohlgrund und am Langenberg (A. G.) — 

9. Fissidens Bloxami Wils. Als neuer Standort 
ist für diese Art zu notiren die „schleider Tanne“ bei 
Geisa, wo sie auf feuchter thonigsandiger Erde nicht sel- 
ten ist. — 

10. Fissidens ineurvus Schwg. gehört im Rhön- 

gebirge noch immer zu den Seltenheiten! Ich fand das fruc- 
tificirende Moos nur einmal auf einem: feuchten Acker bei 
Kirchhasel, während die sterile Pflanze bei Fulda von 
Herrn Dannenberg gesammelt wurde. — 
11. Fissidens pusillus Wils., ohne Zweifel eine 
ausgezeichnete Art, ist jetzt eine gewöhnliche Erscheinung in 
der. Rhön’, die, schattige Steine aller Art bewohnend, in 
keiner Localflora derselben zu fehlen scheint. — 

12. Seligeria recurvata Hdw. In zahlreichen‘ 
schönen Exemplaren auf thonigem Sandstein in der „Schlei- 
der Tanne“ nächst Geisa (A. G. 1871). — 

13. Brachyodus trichodes W.et M. Neue Stand- 
orte: Poppenhausen und Neu-Glashütte, in Sand- 
steinspalten (A. G.). — 

14. Pottia Heimii Fürnr. sammelte ich, obwohl spär- 
lich, auch an der Saline Hausen nächst Kissingen. — 

15. Trichostomum tophaceum Brid. An einem Wie- 
sengräbchen (mit stark kalkhaltigem Wasser) unterhalb Berm- 
bach bei Geisa, mit einigen Früchten, von mir aufgefunden. — 

16. Triehostomum crispulum Bruch. Steril, zwi- 
schen den fructifieirenden Räschen von Trichost. palli- 
disetum auf dem grossen Lindenberg bei Ostheim, 
in Kalkfelsritzen (A. @. 1870). — 

17. Barbula insidiosa Jur. et Mde. Diese neue, 
ausgezeichnete Art, in Milde’s Bryologia pag. 120 ausführ- 
lich beschrieben, findet sich auf feuchten Sandsteinen in der 
waldigen Schlucht des Sinnwaldes am Fusse des Kreuz- 
bergs, weit Räufiger aber, in prachtvollen Rasen, auf Sand- 
steinen am „Stecheller Wasser“ oberhalb Rengersfeld 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 253 


nächst Gersfeld (A. G.). — Die Standorte dieser Art mehren 
sich in Deutschland, welche durch ihre grosse Aehnlichkeit mit 
der verwandten B. fallax leicht übersehen werden kann. — 

18. Barbularecurvifolia Schpr. Zuerst bei Berm- 
bach unweit Geisa an einem Wiesengräbchen zwischen 
Webera carnea und Trichostomum tophaceum er- 
kannt, fand ich das Moos noch auf feuchten Kalksteinen im 
Walde bei Ober-Eschenbach nächst Hammelburg. — 
Steril. — 

19. Barbula vinealis Brid. Diese Art hat ein ähn- 
liches Schicksal, wie B. insidiosa: sie wird, da sie fast 
immer steril vorkommt, gar leicht für Didymodon rubel- 
lus gehalten und bleibt unbeachtet!* Ich lernte sie im Simn- 
grunde kennen an den Sandsteinen einer alten Mauer bei 
Rieneck, sammelte sie dann auf Sandsteinen bei Römers- 
hag und auf gleicher Unterlage ganz kürzlich (5. März 72) 


an zwei Stellen bei Motzlar unweit Geisa. — Früchte - - 


fehlen noch, welche Herr Lehrer Röll auf der Wartburg 
‚bei Eisenach zu finden so glücklich war. — 

20. Barbula inclinata Schwgr. sammelte ich, als 
neu für die Rhön, auf dürrem Kalkboden und Kalksteinen 
eines Kiefernwäldchens bei Hammelburg, steril. Lange 
Zeit betrachtete ich das Moos als ein kalkfliehendes, 
indem ich es in, der Schweiz im Sande der Flussufer zu 
sammeln gewohnt war; erst die von Herrn Röll aus Jena’s 
Kalkbergen erhaltenen Exemplare klärten den Irrthum auf! 
Mithin mag das Moos oft genug mit der ihm sehr ähnlichen 
B. tortuosa verwechselt worden sein und wird sicher auch 
in der Rhön noch an manchen Orten zu Tage kommen; allein 
wie so viele Kalkmoose, dürfte auch dieses hier schwerlich 
zur Fructification gelangen. — 

21. Barbula intermedia Wils., var. rupestris 

‚ Milde. In ausgezeichnet schönen Rasen, mit Früchten, auf 
Kalkblöcken der Ruine Trimberg a. Saale (A. G.). — 

22. Grimmia contorta Wahlb. fructificirt nicht 
selten im Phonolithgeröll der Milseburg, circa 800 Meter, 


d zwar stets auf der Unterseite oder in den gänzlich vom 


254 Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


Lichte abgeschlossenen Höhlungen der Felsblöcke (A. G. 12. 
u. 13. Sept. 71). — Nimmt man sich Zeit und Mühe, eine 
Anzahl Steinblöcke umzuwälzen, so kann man die kleine, 
kurzgestielte Fruchtkapsel mit dem schön orangerothen Deckel- 
chen öfters gewahren, — man findet an solchen Stellen aber 
auch die grössten und am schönsten grünen Rasen, deren 
ich z. B. über 500 in verhältnissmässig kurzer Zeit einge- 
sammelt habe. Ob an dieser äusserst selten fructifici- 
renden Art in Deutschland noch anderwärts Früchte beobach- 
tet worden sind, ist mir nicht bekannt; ich besitze deren nur 
aus Tyrol, Steiermark und Nieder - Oesterreich, durch die Güte 
der Herren J. Breidler und Juratzka. — 

23. Grimmia Schultzii Brid.. Ein neuer Bürger 
der Rhönflora! In einem einzigen grossen, leider sterilen 
Rasen fand ich dieses Moos am Nordabhang der Milse- 
burg, auf Phonolith., — 

24. Grimmia. Mühlenbeckii Schpr. Zwei neue 
Standorte für diese seltene Art sind der Schwabenhim- 
mel- und der Kreuzberg, wo sie auf Basaltblöcken, jedes- 
mal bei fast 900 Meter Höhe, zu finden ist (A. G.). — 

25. Grimmia trichophylla Grev. Die fruetifi- 
cirende Pflanze fand ich bis jetzt nur bei Unter-Breiz- 
bach im Ulsterthal, auf Buntsandstein; steril wurde das 
Moos von Dannenberg bei Giesel, von mir auf Phonolith 
der Milseburg, auf dem Rossberg bei Ried und bei 
Poppenhausen auf Sandsteinfelsen gesammelt. 

26. Grimmia Hartmanii Schpr., var. propaguli- 
fera Milde wird immer häufiger im Gebiete; ich kenne sie 
nun vom Kreuzberge, Kesselrain, Schwabenhim- 
melberg, von der Dalherder und Platzer Kuppe. — 

27. Grimmia montana Br. et Sch. Der. 2. Stand- 
ort für dieses Moos ist der Bubenbader Stein; hier 
schmückt es in hohen, prachtvollen Polstern die schroften 
Phonolithwände, wenngleich ‚es am alten Fundorte, an der 
Milseburg, besonders deren südlichen Seite, weit häufiger ist. 

28. Racomitrium patens Dicks. c. fructib. sam- 
melte ich auf dem Kreuzberge, in einer Höhe von circa 


a 
f; 


ae 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 255 


920 Met. über d. Meere, anf Basaltblöcken des sogenannten 
„Beilsteins;“ steril brachte ich es noch mit von der Milse- 
burg, dem Heidelstein und dem Stürnberge bei Wü- 
stensachsen. — 

29. Racomitrium protensum Al. Br. In sterilem 
Zustande auf Phonolith des Bubenbader Steins am 
13. Sept. 71 als new für die Rhön von mir aufgefunden. 
An der nahen Milseburg, wo das nahe verwandte R. aci- 
culare häufig ist und in verschiedenen Formen auftritt, 
scheint R. protensum zu fehlen, obgleich hier die. Loca- 
lität für sein Gedeihen geeigneter scheint, als am Bubenba- 
der Stein. — 

30. Racomitrium Sudeticum Fk. Neue Fund- 
orte für diese Art sind der Heidelstein und die Milse- 
burg (A. 6.) — 

31. Racomitrium fascieulare Schrad. Mit der 
Entdeckung auch dieser Art im Rhöngebirge sind nun die 
deutschen Arten dieser Gattung hier vollständig! Ich 
fand das Moos zuerst (12. Sept. 71) in wenigen, aber schön 
fruchtenden Exemplaren an einer schwer zugänglichen Phono- 
lithwand hoch oben an der nördlichen Kuppe der Milse- 
burg, später jedoch (17. Oct. 71) in grosser Menge, ‚ganze 
Nester, im Gerölle derselben Seite, einige Hundert Schritte 
unterhalb der Kuppe. Früchte indessen nicht allzuhäufig! 

32. Racomitrium microcarpum Hdw. Ein zwei- 
ter Fundort für dieses Moos ist der Heidelstein, wg es 
im Basaltgeröll, mit R. Sudeticum innig verwachsen, von 
mir gesammelt wurde. 

Das in der Rhön vorkommende R. microcarpum ist 
habituell verschieden. von den Formen aus anderen Floren; 
die Räschen sind niedriger, der Fruchtstiel kürzer, die Kap- 
sel kleiner; doch ist das characteristische Zellnetz nicht zu 
verkennen. — 

33. Racomitrium canescens Hdw., var. epilo- 
sum H. Müller. Diese, wie es scheint, nur aus Westfalen 
bekannte Varietät sammelte ich in sterilem Zustande auf 


einem Sandsteinblock bei Rengersfeld (1. Sept. 71). — 


556 . Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


34. Zygodon rupestris Schpr. An den steilen, 
verwitterten Basaltfelswänden des Riedbergs oberhalb 
Reussendorf zuerst von mir aufgefunden (1. Sept. 71), fand 
ich {dieses Moos auch an anderen Orten wieder: am klei- 
nen Auersberg auf Basalt, auf Phonolith an der Milse- 
burg und Hübelkuppe und auf der Eube an trachyti- 
schem Gestein. — Die hiesigen Exemplare stimmen sowohl 
. mit der Diagnose in Milde’s Bryologie (pag. 164), als auch 
mit meinen nordischen Exemplaren überein, — allein es ist 
mir noch sehr zweifelhaft, ob diese Art wirklich verschieden 
ist von Z. viridissimus. — Die Rasen des vorliegenden 
Mooses sind viel dunkler gefärbt, als bei letzterem, fast 
schwarzgrün, am Grunde braun und mit Wurzelfilz stark 
verwebt; die, Blätter stärker gedreht, die Blattspitze länger, 
— allein gerade das letztere Merkmal scheint mir nicht stich- 
haltig zu sein. — Von dem auf Eichen bei Brückenau bereits 
1869 von mir beobachteten Z. viridissimus ist das Moos 
indessen schon auf den ersten Blick weit verschieden. — 

35. Ulota erispula Bruch. Selten, an Buchen, bis- 
her nur am Giebelrain, und bei Geisa am Rocken- 
stuhl (A. G.). — 

36. Orthotrichum patens Bruch. Bei Poppen- 
hausen, selten an einer Linde mit OÖ. pallens und stra- 
mineum (A.G.). — 

37. Schistostega osmundacea W.et M. Für die- 
ses schöne Moos sind 3 Standorte mehr zu notiren: Gers- 
feld, in Sandsteinspalten, an mehreren Stellen vor der Stadt 
und selbst in derselben! in den dunklen Spalten des Ba- 
saltfelsen „Pilster“ bei Kothen und auf Sandstein am 
schattigen Ufer der „schmalen Sinn “ pei Neu-Glashütte 
a. 6). — 

38. Bryum bimum Schreb. Dieses Moos ist selte- 
ner, als man in der Regel annimmt; seine grosse Aehnlich- 
keit mit B. pseudotriquetrum giebt oft zu Verwechse- 
lungen Anlass. Erst im vorigen Sommer lernte ich einen 
sicheren Standort kennen: auf sandigem, etwas feuchten Wald- 
‘ boden am Saume des Haderwaldes oberhalb Rommers. — 


Bere. > 
+ * 


=! 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 25 


39. Bryum Mildeanum Jur. Zwei neue Standorte 
für diese Seltenheit: Römershag, auf einem Sandstein-. 
block am Wege gegen Volkers, und in grossen Rasen, zahl- 
reich auf Basalt des Steinküppels bei Alt-Glashütte 
(A. G.). — 

40. Bryum atropurpureum W.et M. Auf Sand- 
boden bei Hüttenroda unweit Vacha (A. G.); bei Fulda 
(Dannenberg). 


41. Bryum alpinumL. Auf Trachytfelsen des Pop- 
penhäuser Steins, steril; 2. Fundort im Gebiete! (A.G.). 


42. Bryum caespiticium L. var. imbricatum 
Schpr. (Bryum Kuntzii Hppe.). Steril auf einem Kalk- 
steinblock am Ulsterufer oberhalb Geisa (A. G.). — 


43. Bryum Funckii Schwgr. Es haben sich die 
Standorte für diese Art um zwei neue vermehrt: auf Kalk- 
boden im Walde zwischen Deicheroda und Bermbach, 
und in schönen kräftigen Rasen am „Sattelrain“ nächst 
Geisa, unter Kiefern auf thonigem Sandstein (A. G.), — 
Früchte fehlen noch! — 


44. Bryum capillare L., var. Ferchelii Br. et 
Sch. Dieses subalpine Moos fand ich auf humösen Ba- 
saltblöcken am Plateau des Schwabenhimmelbergs, 
nahe am Signal, circa 930 Meter hoch; steril (2. Aug. 71). 

45. Bryum Duvalii Voit. In ausgezeichnet schönen 
und, weil in Massen vorhanden, sehr reinen Rasen auf quel- 
ligen Wiesen des Dammersfelds; zwischen dem Keller- 
stein und Todtemannsberg; steril (A. G.). — 

46. Mnium serratum Schrad. c. fruct. sammelte ich 
auf sandigem Waldboden der „Schleider Tanne“ bei Geisa. 

47. Mnium spinosum Voit. Als 2. Standort für 
diese Art lernte ich den Schwarzwald oberhalb Wüsten- 
sachsen kennen, wo sie Basaltblöcke in sterilen Rasen 
überzieht. — 
48. Mnium subglobosum Br. Eur. Nach Milde’s 
ryologia (pag. 224) wurde diese seltene Art an der südli- 
ıen Grenze des Gebietes bei Kissingen von Dr. Buse 
Arch, d, Pharın. III. Reihe, T, Bds, 3. Hft, 17 


;- 


258 "Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


- aufgefunden; mir ist es nicht gelungen, den Standort ausfindig 
‘zu machen.  — | 

49. Bartramia Halleriana Hdw.‘ Als neue Fund- 
orte sind für diese Art zu nennen: die Trachytfelsen des 
Weiherbergs u SL) und der Nordabhang der 
Milseburg (A.G). — 

50. Philonotis capillaris Lindbg. Diese mir noch 
nicht ganz klar gewordene Art lernte ich auf der letzten 


Rhönreise wieder an anderen Localitäten kennen: auf Trachyt 


der Dalherder Kuppe, bei Bocklet auf Sandboden und 
an der Milseburg, in feuchten Phonolithspalten, an mehre- 
ren Stellen. Hat oft eine gewisse Aehnlichkeit mit den 
jugendlichen Formen der Webera albicans, von der sie 
sich durch die austretende Rippe sogleich unterschei- 
den lässt. — 

Aus Westfalen erhielt ich das fragliche Moos neuer- 
dings aus der Umgebung von Handorf nächst Münster, 
durch Herrn Pfarrer Wienkamp. — 

51. Pogonatum alpinum L. Die Standorte für 
diese Art haben sich jetzt so gemehrt, dass sie für die Rhön- 
flora nicht mehr als Seltenheit gelten kann. Ich kenne sie 
nun, ausser vom Teufelsstein, von der Dalherder Kuppe, 
wo sie an vielen Stellen wächst, von der Nordseite der Mil- 
seburg (hier die kräftigsten Rasen!), von den Silberhö- 
fen am grossen Auersberg, von dem Heidelstein 
und von Alt-Glashütte. Da das Moos hier nicht immer 

fructifieirt, so wird es leicht übersehen, resp. verwechselt mit 
Formen ‚des Polytrichum formosum. Die meisten 
Früchte sammelte ich noch auf der Dalherder Kuppe. 


52. Fontinalis gracilis Lindb. Eine neue schöne 
Erscheinung im Rhöngebirge! In unsäglicher Menge, oft mit 


der verwandten F. antipyretica vermischt, im. Bächlein i 


„Sengenbach“ am südwestlichen Fusse des Schwaben- 
himmelbergs, circa 800 Meter hoch, und sogar mit 
Früchten, deren ich gegen ein Dutzend sammelte. (2. u, 


30. Aug. A) — 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 259 


53. Neckera Roeseana C. Müll. (?) Ueber dieses 
kritische Moos habe ich bereits in der Flora 1871 Nr. 29 
eine Notiz veröffentlicht, in welcher ich das Vorkommen der 
Neckera Menziesii im Rhöngebirge („Otterstein am 
Dammersfeld “) meldete. Nun hat sich aber durch die gütigen 
Untersuchungen der Herren Dr. Carl Müller in Halle und 
J. Juratzka in Wien herausgestellt, dass 

1) besagtes Moos von der nordamerikanischen 
Neckera Menziesii Hook wesentlich verschieden ist, 
und 

2) das von Röse und Laurer als N. Menziesii auf- 
gefundene und in den Büchern beschriebene Moos mit dem 
meinigen übereinstimmt. — 

Demnach kommt die ächte N. Menziesii Hook. in 
Deutschland gar nicht vor. Herr Dr. ©. Mülier betrachtet 
genanntes Moos als eine neue Art, die er vorläufig N. 

 Roeseana nennt, während Herr Juratzka geneigt ist, das 
Moos für identisch zu halten mit seiner N. turgida (von 
der griechischen Insel Cefalonia). Ein positives Urtheil 
zu fällen, ist den beiden Forschern, so lange nicht. besseres 
Material vorliegt, nicht gut möglich; denn die Rasen vom 
Dammersfeld sind steril und überdies noch unvollständig ent- 
wickelt. — Hoffentlich glückt es mir im kommenden Som- 
mer, das Moos in besserem Zustande aufzufinden, damit das 
Räthsel gelöst werde. — 

54. Leskea nervosa Schwgr. fructificirt auch 
auf Kalksteinen, und zwar am Fusse des Kreuzbergs 
bei Haselbach und bei Kaltennordheim (A. G. 1871). — 

55. Anomodon apiculatus Br. et Sch. bewohnt nun 
ziemlich alle Kuppen der basaltischen Rhön, deren ich 71 
bis jetzt notirt habe; fehlt aber seltsamer Weise auf 6 Ba- 
saltbergen, welche etwas trockener sind. — 

| 56. Pseudoleskea atrovirens Dicks. Der Ver- 
" breitungskreis dieses Mooses ist bedeutend erweitert worden; 
_ ich sammelte es an folgenden neuen Punkten: auf der 
_ grossen Wasserkuppe, dem Rabenstein, dem Ried- 


2; iM 


260 Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge, 


berg, dem Ressberg bei Gersfeld, dem Schwaben- 


himmelberg, dem Weiherberg; letzterer Standort, eirca. 


750 Meter, dürfte im Gebiete der niedrigste sein. — 


57. Heterocladium dimorphum Brid. wurde auch 
bei Lengsfeld und Weilar, in sandigen Hohlwegen, von 
Herrn Lehrer Röll (1871) steril aufgefunden. — Früchte 
waren auch im vorigen Jahre am alten Standort, bei Pferds- 
dorf, öfters anzutreffen. — 


58. Heterocladium heteropterum Bruch. var. 
fallax Milde Auf feuchten Sandsteinen des „grossen 
Pilsterkopfs“ bei Römershag und auf Basalt am Kel- 
lerstein bei Oberbach (A. G. 1870 u. 71). Im Deutsch- 
land noch wenig beobachtet. Aeusserlich erinnert diese Form 
an Amblystegium confervoides! — | 


59. Pterogonium gracile Dil. Ein zweiter 
Standort für dieses schöne Moos sind die Trachytfelsen des 
Poppenhäuser Steins (A. G. 31. Aug. 71). — 


60. Lescuraea striata Schwgr. Endlich auch diese 
längst herbeigewünschte Art im Rhöngebirge! Ich fand sie 
(2. Sept. 71) an Buchenwurzeln des Dammersfelds, fast 


900 Meter hoch, in wenigen sterilen Räschen, mit Brachy- 


thecium reflexum. — 


| 61. Isothecium myurum Brid. var. robustum 
Schpr. sammelte ich in schönen Fruchtexemplaren auf Basalt- 
blöcken des Kreuzbergs. — 


62. Ptychodium plicatum Schleich. Am Kreuz- 
berge lernte ich für diese Art einen 2. Standort kennen: 
am Abhange oberhalb Haselbach, nahe dem Marienbild am 
Wege nach Wildflecken, in prachtvollen Rasen, zahlreich; 
selten auf feuchten Kalksteinen bei Kippelbach, gegen den 
Mittelberg. — Bei der Untersuchung dieser Art habe ich 
mich von Neuem überzeugt, dass die Blätter keineswegs, 
wie in der Synopsis steht, „integerrima“ sind; immer ist 
die Blattspitze, besonders der Astblätter, deutlich ge- 
zähnt! — 


r 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 261 


63. Brachythecium laetum Brid. Für diese Art 
ist ein 6. Fundort in der Rhön zu notiren: der Sodenberg 


“bei Hammelburg, wo ich sie mit weiblichen Blüthen 


auf Kalksteinen unter Buchen auffand. Weibliche Blüthen 
sind auch an den Exemplaren vom Rockenstuhl nicht selten; 
dagegen fehlen Früchte noch immer. — : 

64. Brachythecium Starckii Brid. Als 2. Stand- 
ort für dieses Moos lernte ich den Schwabenhimmel- 
berg kennen; dort findet es sich auf Baumwurzeln und Ba- 
saltblöcken im Buchenwalde des nördlichen Abhangs, der 


durch sein Mulgedium alpinum noch überdies inter- 


essant geworden ist. — 

65. Brachythecium Geheebii Milde fand ich auch 
auf einem Kalksteinblock, — im Buchenwald des „grossen 
Beutelsteins,“ zum ersten Male auf solcher Unter- 
lage! Seine systematische Stellung hat dieses Moos nicht 
neben Br. laetum, sondern neben rivulare, da es zwei- 
häusigen Blüthenstand und rauhen Fruchtstiel hat, — 

66. Eurhynchium strigosum Hffm., in ausge- 
zeichneter Fruchtexemplaren, sammelte ich auf sandigem 
Waldboden beim Dörfchen Roth a. Saale — 

67. Rhynchostegium tenellum Dicks. ist auch 


im Gemäuer der Ruine Sodenberg nächst Hammelburg. — 


j 


4) 


68. Rhynchostegium Teesdalii Sm. Auf Sand- 
steinen in einem Bächlein unweit Schönau bei Gemün- 


den, — an der äussersten Grenze der südlichen Vor- 
der-Rhön, — mit Früchten von mir gesammelt n®: Aug. 
71). — 


69.  etöeium rotundifolium Scop. Als 
neuer Fundort für diese Art ist Schwarzenfels zu notiren, 
wo sie in einer Hecke, auf Ziegelscherben und Basaltsteinen 
wächst (A. G.). — 

70. Plagiothecium latebricola Wils. Einen 
neuen und eigenthümlichen Standort lernte ich für dieses 


_ seltene Moos auf der hohen Kammer kennen: an einer 


j % 


steilen Sandsteinwand auf dem von Polytrich. formo- 


aus, 


262 Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 


sum, Plagiothece. denticulatum und Mnium hor- 
num erzeugten Humus! (28. Aug. 71). — 

71. Plagiothecium denticulatum L. var. her- 
eynicum Juratzka.. Hohe Kammer, in der Aushöhlung 
eines Sandsteinfelsens, den 28. Aug. 71 von mir aufgefun- 
den, mit bedeckelten und entleerten Kapseln. — Eine sehr 
ausgezeichnete Varietät, die gleichsam ein Diminutivum des 
Plag. denticulatum darstellt, durch die stets auf- 
rechte Kapsel aber sofort auffällt. Wie mir Herr Juratzka 
gütigst mittheilt, ist ihm dasselbe Moos aus dem Harze von 
Schliephacke, als Plagiothecium hereynicum 
Schliephke, vor längerer Zeit zugeschiekt worden. — Die 
‘Wimpern sind bei diesem Moose sehr hinfällig, so dass es, 
wenn sie übersehen werden, mit Plag. laetum, dem es 
äusserlich gleicht, verwechselt werden kann. — 

72. Plagiothecium Schimperi J. et M. var. na- 
num Jur. (Plagiothecium nanum Juratzka). In feuch- 
ten Felsspalten der Milseburg, selten, mit Heterocla- 
dium heteropterum (A. G.). — 

73. Amblystegium radicale P. B. Neue Stand- 
orte; das „Borscher Hölzchen“ bei Geisa, in schönen 
Exemplaren auf feuchten Kalksteinen, und der Rocken- 
stuhl, auf Steinen unter Buchen (A. G.). — 

74. Amblystegium Kochii Br. Eur. Im Dorfe 
Oechsen bei Dermbach an einem sandsteinernen Brun- 
nenbehälter zuerst beobachtet, sammelte ich das Moos auf 
alten Erlenstämmen oberhalb Motzlar und an Weiden bei 

Schleid nächst Geisa. — 


75. Hypnum en ala ‚Gümb. var. purpu- 


rascens Milde Umgebung des schwarzen Moors, mit 
männlichen Blüthen; die weibliche Pflanze zahlreich 
auf quelligen Wiesen am Abhang des Schwabenhimmel- 
bergs (A. G.), — | 


76. Hypnum resupinatum Wils. Steril auf Tra- 


chytfelsen des Poppenhäuser Steins (A. G@.). — Die 
Pflanze stimmt mit der Diagnose (Milde’s DBryologia, 
pag. 362) überein und ist von Herrn Juratzka aner- 


Weitere bryologische Notizen aus dem Rhöngebirge. 263 


kannt worden; ob jedoch das Moos wirklich eine gute Art 
oder doch nur Form von H. cupressiforme ist, steht 
dahin. — 

77. Hypnum arcuatum Lindb. Bei zahlreichen Un- 
tersuchungen dieser hier sehr verbreiteten Art bin ich zu der 
Ueberzeugung gelangt, dass die Blattspitze fast immer stär- 
ker oder schwächer gezäh nt ist; auch die Länge derselben 
ist sehr variabel. — 

78. Hylocomium umbratum Ehrh. lernte ich auch 
vom Sandstein kennen: auf dem Schluppberg oberhalb 
Motten und am „Langen Stein“ bei Römershag. — 

79. Hylocomium Oakesii Sul. Das Vorkommen 
dieses für die Rhönflora höchst wichtigen Mooses auf dem 
Kreuzberge (Beilstein und Unterweissenbrunner Hoch- 
wald, zwischen 900 und 925 Met.) habe ich bereits in einer 
der letzteren Nummern der Flora von 1871 angezeigt. Ich 
füge noch hinzu, dass, nach freundlicher Mittheilung des 
Herrn G. Limpricht in Breslau, das Moos in Schlesien 
auch im Isergebirge und in der Grafschaft Glatz bei 
circa 930 Met. Höhe, gesammelt worden ist. — 

80. Sphagnum molluscum Bruch. sammelte ich 
auch in der Fuldaer Gegend zwischen Dirlos und Kohl- 
grund — auf feuchtem sandigem Waldboden, mit Lyco- 
podium inundatum und. fructifiirendem Sphagnum 
rigidum. — 

Schliesslich noch eine Bitte an die moossammelnden 
geehrten Leser dieser Zeitschrift! Nachdem ich dieses Jahr 
nochmals das Rhöngebirge, in seiner ganzen Ausdehnung, 
durchsucht haben werde, gedenke ich, wenn bedeutende 
Funde nicht mehr zu Tage kommen sollten, mit dem Jahre 
1873 die „Moosflora des Rhöngebirges “ auszuarbeiten. Ich 
richte daher an alle die verehrten Herren Bryologen, welche 
etwa Moose in oder an der Rhön gesammelt oder beobach- 
tet haben, die ergebene Bitte, mir etwaige Beobachtungen 
gütigst mitzutheilen, um sie in meiner Arbeit gewissenhaft 


 verwerthen zu können. Es würden mir ganz besonders 


erwünscht sein Mittheilungen über Localfloren der Grenz- 


A  Aleber die Winterlärbune der Blätker. 


städte, namentlich von Wasungen, Meiningen, Neu- 
stadt a. Saale, Kissingen und Hammelburg! — 
Mein an Moosdoubletten nicht nur der Rhön, sondern auch 
der ganzen europäischen Flora. reiches Herbar stelle ich 
etwaigen Wünschen bereitwilligst dafür zur Verfügung. — 


Geisa, Sachsen- Weimar, im März 1872. 


"Ueber die Winterfärbung der Blätter. 


Sie wird nach Kraus durch 3 Vorgänge bedingt: 

1) Braune Färbung durch eine eigenthümliche Modi- 
fication des blaugrünen Chlorophylibestandtheils; so bei 
Coniferen und bei Buxus: 

2) Rothfärbung durch das Auftreten eines in Gerb- 
stoffballen eingelagerten, in Wasser löslichen rothen 
Farbstoffs (Anthokyan?); so bei zahlreichen einheimischen 
und eingeführten Pflanzen. 

3) Nüancenänderung des Chlorophyllgrüns durch 
Umlagerung und Ballung der Chlorophyllkörner 
(so bei allen Pflanzen). Es ist wohl zweifellos, dass die ver- 
_ änderte, in Klumpen geordnete Lagerung der sonst die Wand 
regelmässig bedeckenden Chlorophylikörner eine feine Aen- 
derung des Farbentones der Blätter und anderer grüner 
Organe zu Stande bringt. 

Dass die Ohlorophyllkörner ganz allgemein 
im Winter ihre Stellung verlassen und in Klum- 
pen zusammen gelagert sich ins Zell-Innere zu- 
rückziehen, ist eine vom Verfasser aufgefundene neue 
Thatsache. (Aus d. Sitz.- Ber. d. phys. medic. Soc. zu Erlan- 
gen, in Botan. Zeit. Nr. 32 vom 9. Aug. 1872.). 
Hunde 


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OX 


B. Monatsbericht. 
1. Chemie. 


Ueber den Nachweis von Chlor, Brom und Jod in 
organischen Substanzen nach F. Beilstein. 


. Man kommt bei org. chem. Untersuchungen oft in den 
Fall, eine Substanz auf Cl, Br oder Jod prüfen zu müssen. 
Das gewöhnliche Verfahren — Glühen mit Kalk — ist 
nicht nur umständlich und zeitraubend, sondern verlangt auch 
häufig besondere Vorsicht: Körper wie Monochlorbenzol 
oder Monochlortoluol sind nicht leicht durch Kalk zu 
zersetzen. 

Dieser Umstand hat schon vor längerer Zeit E. Erlen- 
meyer (Ztschr. f. Chem. u. Pharm. 1864, 638; Fresenius, 


Ztschr. f. analyt. Chemie 4, 138) veranlasst, ein einfacheres 
Verfahren in Vorschlag zu bringen, nach welchem man die 


organ. Substanz in einer zum Glühen erhitzten Pro- 
beröhre zersetzt. Das freie Jod, resp. HOl, HBr und HJ 
erkennt man dann durch Silberlösung. Auf diese Weise ge- 
lingt es in der That leicht, sich in vielen Fällen von der 
(Gegenwart der Halogene zu überzeugen. 

F. Beilstein macht nun auf ein Verfahren aufmerksam, 
das, ohne im Prineip neu zu sein, unter Anwendung ver- 
schwindend kleiner Mengen von Substanz, ohne weitere Vor- 
bereitung in wenig Secunden die Halogene in beliebigen 
organischen Substanzen nachzuweisen gestattet. Dasselbe 
gründet sich auf die bekannte Berzelius’sche Reaction des 
Nachweises von Ol, Br, J in Mineralsubstanzen vermit- 
telst Kupferoxyd und Phosphorsalz. Für organische Sub- 
stanzen ist aber das Phosphorsalz ein störender Zusatz. 

Man bringt nach Beilstein in das Oehr eines PJatin- 
drahts etwas pulvriges Kupferoxyd, das nach kurzem 


Durchglühen fest am Oehr haftet. Nun taucht man dieses 


R To. 


266 "Studien über den Bothwein: 


Oehr in die mässig geöffnete Flamme eines Gasbrenners, 
nahe am unteren und inneren Rande der Flamme. Zunächst 
verbrennt der Kohlenstoff und es tritt ein Leuchten der 
Flamme, gleich darauf aber die characteristische Grün-, resp. 
Blaufärbung derselben ein. 

Bei der ausserordentlichen Empfindlichkeit der een 
genügen die geringsten Mengen von Substanz, um mit Sicher- 
heit Cl, Br oder J darin nachzuweisen und an der kürzeren 
oder längeren Dauer der Flammenfärbung hat man einen 
ungefähren Maassstab für die Menge der vorhandenen Ha- 
logene. 

Die Reaction gelingt bei allen organischen Substanzen, 
bei leicht- oder schwerflüchtigen, beim Chlortoluol so gut wie 
bei Jodmethyl oder Chloroform. 

Vor jedem Versuch hat man nur nöthig sich von der 
Reinheit des angewandten Kupferoxyds zu überzeugen. Ist 
dasselbe nemlich mehrfach benutzt: worden, so bilden sich 


schwerflüchtige Oxychloride und das Kupferoxyd giebt. 


alsdann beim blossen Befeuchten mit Wasser jedesmal eine 
Flammenfärbung. Man befeuchtet in demselben Fall dasselbe 
mit Weingeist und glüht es erst in der leuchtenden und 
dann in der Oxydationsflamme durch. (Berichte d. Deutschen 


chem. Gesellschaft zu Berlin, 22. Juli 1872, Nr. 13, 8. 620.). 
| Hs 


Studien über den Rothwein von C. Neubauer. 


(Agrieultur - chemische Versuchsstation zu, Wiesbaden.) 


Mikroskopische Untersuchung der Rothweine. 


Der grösste Theil der einer chemischen Untersuchung 


unterworfenen Rothweine wurde auch mikroskopisch geprüft. 


Kein einziger der untersuchten Weine war frei von Pilz-. 


keimen, der eine enthielt grössere Mengen, der andere 
geringere. Bei sehr vielen Weinen zeigten sich noch Hefe- 
zellen, theils einzeln, theils in Gruppen zusammenliegen. 


Viele dieser Hefezellen waren stark körnig, trübe andere in . 


lebhafter Sprossung begriffen. In anderen Weinen wieder 
wurden grössere oder geringere Mengen äusserst kleiner 
‚Zellen gefunden, die mit dem Essigpilz (Mycoderma 
aceti) übereinstimmten. 


Studien über den Rothwein. Br | 
Ganz besonders war dieses der Fall bei dem Ahrwein 
Nr. 5, welcher im trüben Zustande zur Untersuchung einge- 
schickt “war und bei der chemischen Untersuchung schon die 
grösste Menge Essigsäure zeigte. Eine Probe dieses Wei- 
nes wurde in einem Kölbchen mit Capillarverschluss der Ein- 
wirkung der Luft ausgesetzt, eine lebhafte Vermehrung der 
Mycoderma aceti trat sehr bald ein und nach kurzer 
Zeit war der Wein in Essig übergegangen; die chemische 
Prüfung zeigte schliesslich 9,4%, Essigsäurehydrat. Keiner 
der untersuchten Weine war bitter, keiner zeigte das Fer- 
ment der bittern Weine. 


Zersetzung einer Lösung von reinem Weinstein 
durch Pilzvegetationen. 


Von den uns bekannten Bestandtheilen des Weines ist 
es zunächst der Weinstein, welcher in wässeriger Lösung 
ganz ausserordentlich leicht durch Pilzvegetationen zerstört 
wird. Lässt man eine bei gewöhnlicher Temperatur gesät- 
tigte, klar filtrirte wässrige Lösung von chemisch reinem 
Weinstein auch nur wenige Tage stehen, so trübt sie sich 
und das Mikroskop zeigt eine Unmasse kleiner runder und 
ovaler Zellen, die nach kürzerer oder längerer Zeit einen 
weissen Bodensatz bilden. Gleichzeitig oder bald darauf ent- 
wickeln sich in der Flüssigkeit grosse Mengen von Pilzmy- 
celien, die oft nach längerem Stehen eine bedeutende Grösse 
erreichen. Die chemische Untersuchung zeigt deutlich, dass _ 
mit der Entwickelung dieser Gebilde der Weinsteingehalt 
der Lösung nach und nach abnimmt und zuletzt ganz ver- 
schwindet. | 

Auch in den Rothweinen kann eine derartige Zersetzung 
des Weinsteins eintreten. Der Ahrwein Nr. 8 wurde am 
6. Mai in einem Kölbchen mit einigen Schimmelsporen ver- 
setzt und darauf unter Öapillarverschluss der Ruhe überlas- 
sen. Der Gehalt an Weinsäure war ursprünglich 0,216°),, 
am 14. Mai hatte sich die Oberfläche des Weines mit einer 
Pilzdecke überzogen und der Weinsteingehalt war auf 0,169%, 
gesunken, ja betrug am 26. Mai nur noch 0,128°%,. Die Ge- 
sammtsäure dieses Weins hatte dem entsprechend von 0,534°/, 
bis auf 0,454°/), abgenommen. 

Aus zahlreichen darüber angestellten Versuchen geht 
L also ganz unzweifelhaft hervor, dass wir in dem Weinstein 

 (saurem weinsaurem Kali) einen Bestandtheil aller Weine ha- 
ben, welcher durch Pilzvegetationen ausserordentlich zur Zer- 


368 Studien über den Rothweın. 


setzung geneigt ist und in kohlensaures Kali übergeht. Es 
muss durch weitere Untersuchungen festgestellt werden, in 
wie weit sich der Weinstein bei’ den verschiedenen Wein- 
krankheiten betheiligt; dass er hierbei eine nicht unerhebliche 
Rolle spielt, scheint mir nach dem Obigen über jeden Zwei- 
fell. Der Ahrwein Nr. 5, welcher mir in trübem Zustande 
zukam und in welchem der Essigpilz (Mycoderma 
&ceti) sich massenhaft entwickelte, zeigte bei der Analyse 
schon die grösste Menge Essigsäure, allein der Weinstein- 
gehalt war mehr wie die Hälfte geringer als in allen ande- 
ren Ahrweinen. Im Durchschnitt enthielten die Ahrweine 
0,190%, Weinstein und 0,074°/, Essigsäure, Nr. 5 aber hatte 
0,101%, Essigsäure und nur 0,078%, Weinstein. Jeden- 
falls aber ist es nicht der Weinstein, welcher 
das Bitterwerden der Rothweine bedingt, denn 
diese Krankheit scheint doch bei weissen Weinen nicht vor- 
zukommen. Die Ursache hiervon muss also in einem ande- 
ren Bestandtheile der Rothweine, vielleicht dem Farb- oder 
Gerbstoff gesucht werden. 


Dr Bitterwerden der Rothweine. 


Das Bitterwerden ist eine den Rothweinen eigenthümliche 
Krankheit, welche namentlich in Frankreich bei den besseren 
Weinen ziemlich häufig vorkommt und grossen Schaden ver- 
ursacht. 

Am Rhein bei dem Assmannshäuser und Ingelheimer 
tritt diese unleidliche Krankheit seltener auf, ebenso bei den 
Öesterreicher Rothweinen, dagegen wird an der Ahr häufiger 
darüber geklagt. — Ueber die erste Ursache des Bitterwer- 
dens ist wenig Sicheres bekannt, ebenso über die chemischen 
Veränderungen, welche der Wein dabei erleidet. 

Die mikroskopische Prüfung zeigte in den bittergeworde- 
nen Weinen neben einzelnen, theils allein, theils in kleinen 
Gruppen zusammenliegenden, hier und da im Sprossen begrif- 
fenen Hefezellen, das characteristisch geformte Ferment 
der bitteren Weine in grosser Menge. Einzelne Kry- 
stalle von Weinstein und geringe Mengen amorpher roth 
gefärbter Massen begleiteten die organisirten Gebilde. In der 
Ruhe lieferten die Weine einen ziemlich bedeutenden Boden- 
satz von röthlich brauner Farbe und der darüber stehende 
Wein hatte von seiner ursprünglich schön rothen Nuance viel 
verloren und einen schmutzig grauen Farbenton angenommen. 


hr 


Studien über den Rothwein, 369 


Meine Versuche haben gezeigt, dass bei den bitter 
gewordenen Weinen eine Abnahme im Farb- und 
Gerbstoffgehalt zu constatiren ist und dass dieser 
Krankheit, durch Erwärmen des Weins auf 60°C. vollständig 
vorgebeugt werden kann. 


Pasteur’s Methode, denRothwein zu conserviren. 


Unzweifelhaft werden durch den Gerbstoff, welcher bei 
der Bereitung der Rothweine aus den Kernen etc. aufge- 
nommen wird, die überschüssigen Eiweisskörper ganz oder 
zum grössten Theil niedergeschlagen, woher es kommen 
mag, dass selbst sehr junge Rothweine das Erwärmen- auf 
60°C. vertragen, ohne sich im geringsten zu trüben, was 
bei weissen Weinen durchaus nicht in dem Maasse der Fall ist. 

Die gefüllten Flaschen wurden’mit guten Stopfen fest 
verschlossen und diese mit Pergamentpapier überbunden. So 
vorbereitet übergab ich die Weine auf Stroh liegend, einem 
Wasserbade und erwärmte etwa !/, Stunde auf 60— 65°C. 
Zwei dieser erwärmten Proben wurden von jeder‘Sorte dem 
Winzer-Casino zu Ahrweiler am 17. Juli zur Prüfung retour 
geschickt, eine behielt ich für mich und legte sie mit einer 
nicht erwärmten Probe desselben Weines in den Keller. 

Die erste vergleichende Prüfung der erwärmten Weine 
mit den nicht erwärmten, frisch aus den Originalfässern, wurde 
von den versammelten Casinomitgliedern am 12. August vor- 
genommen, Diesmal wurde mit Einstimmigkeit erkannt; 


„Dass die erhitzt gewesenen Weine gegenüber den frisch 
aus den Originalfässern entnommenen Proben, und zwar 
alle ohne Ausnahme an Geruch, Geschmack und Reife 
bedeutend edler geworden sind.“ 
Das allgemeine Urtheil der Versammlung lautete ein- 
stimmig: 
„Es wird und muss anerkannt werden, dass die erwärmt 
gewesenen Weine im Allgemeinen den Character sehr gut 
entwickelter, abgelagerter vollständig gesunder Weine 
zeigten, während die nicht erwärmten Proben sich schon 
theils dem Krankwerden näherten.“ 
In Folge dieser äusserst günstigen, meine eignen Er- 
wartungen übertreffenden Resultate, hat sich in Ahrweiler 
sogleich eine Genossenschaft zum Ankauf eines tränsportablen 


 Erwärmungsapparates von Terrel des Chönes 
gebildet. Der Apparat ist in Ahrweiler augenblicklich schon 


” 
Ass 


2370 udıen über den Rothwein. 


in voller Thätigkeit und die Winzer drängen sich zur Auf- 
nahme in die junge Genossenschaft. Ich habe seitdem mehre 
französische, deutsche und österreichische Rothweine erwärmt, 
und soweit meine Zunge ausreicht, muss ich mich dem Aus- 
spruch der Herren von der Ahr in allen Punkten anschliessen. 
Man wird keinen Wein finden, weissen oder rothen, in wel- 
chem das Mikroskop nicht Hefezellen und andere Keimge- 
bilde zeigt, kein Zweifel, bei günstiger Gelegenheit gelangen 
diese zur Weiterentwickelung und werden den Wein in der 
einen oder anderen Weise schädigen. Ein kurzes Erwärmen 
auf 60°C. tödtet alle diese Keime und die erwärmt gewese- 
nen Weine zeigen eine höchst auffällige Haltbarkeit, ohne 
dass sie, wenigstens die Rothweine, durch diese Operation 
an Güte verloren hätten. Ueber die weissen Weine, nament- 
lich hohe Bouquetweine, habe ich, was das Erwärmen betrifft, 
noch zu wenig eigne Erfahrung und bemerke nur, dass Herr 
Dr. Buhl in Deidesheim feinste Bouquetweine mit besserm 
Erfolg seit Jahren erwärmt und dadurch in den Stand gesetzt 
ist, hochwerthige Producte sehr früh in den Handel zu brin- 
gen. Seine feinen 65er Auslese- Weine haben im vorigen 
Sommer die Reise nach Egypten, sowie das dortige Klima 
monatelang sehr gut vertragen und bei den Suezfeierlichkei- 
ten die gebührende Anerkennung in reichem Maasse gefunden. 


Schliesslich sei noch bemerkt, dass sich unsere deutschen 
Rothweine in der Farbe’ weder mit den französischen noch 
mit den österreichischen vergleichen können. Fast alle der 
‚ Analyse unterworfenen französischen Weine und ebenso die 
meisten österreichischen waren durch eine wahrhaft über- 
raschend schöne Farbe ausgezeichnet, was bei sämmtlichen‘ 
Deutschen, keine ausgenommen, in dem Maasse lange nicht 
der Fall ist. Der Grund davon liegt sicherlich darin, dass 
man bei uns die Trauben häufig oder meistens zu lange 
hängen lässt, so dass durch eingetretene Fäulniss der Farb- 
stoff mehr oder weniger zerstört oder wenigstens verändert 
wird. Einer unserer grössten Weinhändler Deutschlands 
äusserte sich über unsere Rothweine wie folgt: „In Frank- 
reich nimmt man nur gesunde Trauben, hier ist man so sehr 
‚an die hohe Qualität, welche durch das Faulen der meisten 
Trauben erzeugt wird, gewöhnt, dass man auch die Qualität 
der Rothweine durch Ueberreife zu erhöhen sucht. Alkohol- 
gehalt mögen sie dadurch bekommen, aber sie erhalten auch 
den fauligen Geschmack, der jahrelang nicht wegzubringen 
‚ist, und dann sind die Weine alt Wenn deutsche Roth- 


Uhrysamminsäure, il 


weine richtig geerntet werden, haben sie vielleicht etwas 
Originelles, wodurch sie sich vor Burgunder auszeichnen.“ 


Versuche in dieser Richtung werden vielleicht interes- 
sante und practisch wichtige Resultate liefern. 


Im Gerbestoffgehalt stehen die französichen Weine de- 


‘nen der Ahr ziemlich gleich, beim Assmannshäuser kommen 


nur im Jahre 1868 ähnlich hohe Zahlen vor, während die 
übrigen Jahrgänge ebenso wie die Ingelheimer den österreichi- 
schen Rothweinen, die durch eine prachtvolle Farbe und mil- 
den zarten Geschmack gleichzeitig ausgezeichnet sind, im 
Gerbstoffgehalte sich nähern. (Zeüschr. d. Vereins Nassaw- 
scher Landwirthe 1871 Nr. 4.). Hbg. 


Chrysamminsäure 


lässt sich nach Tilden mit Vortheil aus dem krystallinischen 


Antheil der Barbadoes - Aloe (Barb - Aloin) bereiten. Man 


wählt eine braune, nicht dunkle Alo&@, löst dieselbe in 7 bis 
8 Thin. kochendem Wasser unter Zusatz von einigen Tropfen 
Salzsäure und dampft die nach 24 Stunden von dem harzigen 
Absatz getrennte Flüssigkeit zum Syrup ein, der nach 2 Ta- 
gen zu einer körnig krystallinischen Masse erstarrt. Nach- 
dem dieselbe durch Pressen von der Mutterlauge befreit wor- 
den, wird sie getrocknet, gepulvert und in kleinen Portionen 
in das sechsfache Gewicht kalter rauchender Salpetersäure 
eingetragen. Nach einer halben Stunde fügt man das halbe 
Volum Wasser hinzu und kocht, bis die Flüssigkeit zu 
stossen beginnt. Jetzt wird mehr Wasser hinzugethan und 
nach dem Erkalten der gebildete .krystallinische Absatz von 
Aloe- und Chrysamminsäure abfiltrirt. (In der Flüssigkeit 
bleiben Oxalsäure und Pikrinsäure.) Das Gemisch jener. bei- 
den Säuren kocht man 8—10 Stunden mit soviel Salpeter- 
säure, dass es davon bedeckt ist, fügt Wasser hinzu und 
wäscht den krystallinischen Bodensatz so lange auf einem 
Filter, bis das Waschwasser roth zu werden anfängt. Es 
wird nun eine Stunde lang mit einer Lösung von essigsau- 
rem Kali in 50 Thin. Wasser gekocht. Die dadurch gewon- 
nene Lösung setzt beim Erkalten reichlich grünglänzende 


- Krystalle von chrysamminsaurem Kali ab, die, in einer grossen 
Menge heissem Wasser gelöst und stark mit Essigsäure 


a2 Ueber künstliches Conun. 


angesäuert, beim Erkalten die Chrysamminsäure in dünnen 
Farnkraut ähnlichen Blättchen, gemischt mit einzelnen rothen 
Krystallen absetzt. Letztere lösen sich beim gelinden Er- 
wärmen wieder auf und lassen die Chrysamminsäure rein 
zurück. 

Chrysamminsaures Bleioxyd C!*H?Pb (NO2)*0* + 4H?O 
erhält man in schönen glänzenden, blassrothen, stark polari- 
sirten Krystallen beim Abkühlen einer siedenden Lösung von 
chrysamminsaurem Kali, welche mit einem schwachen Ueber- 
schuss von essigsaurem Blei und etwas Essigsäure ver- 
setzt ist. 

Chrysamminsaurer Baryt, aus heissen Lösungen von 
chrysamminsaurem Kali und Chlorbaryum mit etwas Essig- 
säure. Braune, glänzende Krystalle. (The Pharm. Journ. and, 
Transact. Third. Ser. Part. XXI. Nr. XCII— XOV1. April 
1872. p. 845.). Wy. 


Ueber künstliches Coniin. 


Im vorigen Jahre hatte Hugo Schiff mitgetheilt, dass 
ihm die Synthese des Coniins aus dem Einwirkungsproduct 
von Ammoniak auf Butylaldehyd gelungen sei. Die so ge- 
wonnene Base zeigte alle Eigenschaften des Coniins. Jetzt 


findet Schiff bei näherer Untersuchung, dass die künstliche 


Base keine Wirkung auf das polarisirte Licht äussert und 
‘sich durch ihr Verhalten gegen Oenenthol und Jodäthyl als 
tertiäre Base zu erkennen giebt, also nur dem Coniin isomer 
ist. Er bringt daher den Namen „Paraconiin“ in Vor- 
schlag. (Berichte d. deutschen chem. Ges. z. Berlin. 12. Febr. 
1872. , Heft 2. S. 42.) 


II. Botanik und Pharmacognosie. 


Ueber den Condurango 


sind von H. G. Reichenbach f. werthvolle botanische Mit- 
theilungen gemacht worden. Als R. neulich in Kew war 
brachte M. Patin Herrn Professor Oliver ein höchst übel 
beschaffenes Exemplar einer Condurangopflanze, welche die- 
ser untersuchte und für eine Marsdenia erklärte Es 
stammte von dem neuerdings vielgenannten Sammler Herrn 
Benedict Rözl aus Jungferteinitz in Böhmen. 

Dieser verehrte R. sein eigenes gutes Exemplar und 
sendete ihm Notizen in Bezug auf diese so merkwürdige 
Pflanze. NR. nahm sich sofort vor, über dieselbe zu schrei- 
ben, that es aber doch erst, nachdem Prof. Oliver ihm, als 
dem Besitzer des besseren Materials dieselbe gänzlich über- 
lassen. Reichenbach übernimmt hierbei natürlich nur die 
Verantwortlichkeit für die Beschreibung. Die anderen 
Mittheilungen hat Herr Rözl zu vertreten, den R. als einen 
höchst zuverlässigen Mann schätzen gelernt hat. 

Reichenbach’s Exemplar ist ein etwa 2 Dm. hohes 
Stengelstück,. Der Stengel hat die Dicke eines starken 


Taubenkiels, ist rundlich, dieht mit graugrünen, kurzen, - 


spitzen, gekrümmten Gliederhaaren bekleidet. 

Die Blätter sind mit halbzölligen, halbstielrunden, oben 
rinnigen, eben so bekleideten Stielen versehen; ihre Platte 
von breit gerundetem Grunde elliptisch spitz oder auch zuge- 
epitzt. Getrocknet erscheinen sie auf der Oberfläche dunkel- 

 braun-grau und mit vielen ganz kleinen gekrümmten Här- 
chen zerstreut besetzt. Auf der Unterseite, wo Haupt- und 
_  Nebennerven ganz bedeutend hervorragen, erscheint das Blatt 
gelbgrau, ganz dicht mit graugrünen, kleinen, kurzen, ge- 
krümmten Härchen bedeckt, welche gefelderte Gruppen 
von den Adern durchzogen bilden. 
| Die Blüthenstände erscheinen paarig oder einzeln, 
Alle Axentheile und der Kelch sind wiederum mit denselben 
- Arch, d. Pharm, IIf, Reihe, I, Bds, 8, Heft, 18 


974 Ueber den Condurango. 


Haaren bekleidet. Die Kelchabschnitte sind länglich, 
stumpfgespitzt, gewimpert. Die Blume ist glockig trichter- 
förmig, von starker Substanz, die Zipfel oben stumpfgespitzt 
und in der Regel ganz ungleich, auf der einen Seite mit 
einem ausspringenden Lappen. Auf der Innenseite conver- 
giren von unten bis unter die Spitze zwei starke Haarleisten. 

Der Mittelbandfortsatz des Staubgefässes ist gestutzt 
abgerundet, stark entwickelt, der Fadentheil oben und über 


dem Grunde mit ausspringenden Ecken. Die Pollinien. 
keulig, stumpf, aufrecht auf einem ganz eigenthümlichen Fort- 


satz, der mit einem zweischenkligen, in der Mitte nach oben 
mit spatelföormigem. Griff, nach unten mit Spitzchen versehe- 
nen Anker verglichen werden kann. 

Die Nebenkrone besteht aus länglichen, straff anlie- 
genden Zapfen. 

Reichenbach hat eine ganze Anzahl Arten Mars- 
denia untersucht, um sich mit der Gattung zu befreunden. 
Bei mehren versprach er sich nach der äusseren Aehnlichkeit 
" auch innere Uebereinstimmung, so bei Marsdenia fusca 
Wright; aber vergebens. Sie, wie fast alle Arten, die ihm 
vorlagen, haben ganz verschiedene Nebenkronenbildung. Man 
kann bei unserer Art die Nebenkronenzapfen gar leicht über- 
sehen. Die grösste Uebereinstimmung im Bau der Säule, 
besonders der Nebenkrone fand R. bei der japanesischen 
Marsdenia tomentosa Morr und Desec. 

Die getrockneten bräunlichen Blüthen unserer Pflanze 
. erinnern an die: der Gymnema sylvestre R. Br und @. 
humile Desc., aber sie sind viel zahlreicher.» Ein Blüthen- 
stand mag deren sechzig haben. 

Herr Rözl vergleicht sie mit den Blüthen eines Wink 
burnum. Sie sind nicht rein weiss. — 

Die Diagnose ist die folgende: 

Marsdenia Condurango Rchb. f.: ramis cano velu- 
tinis, foliorum petiolis abbreviatis velutinis, lamimis rotundato 
oblongis acutis acuminatisve, subtus J. flavogriseo velutinis, 
superne minute sparsim pilosulis, inflorescentiis geminis seu 
solitariis, axibus velutinis, calieis partitionibus oblongo-ligula- 
tis ciliatis dorso velutinis, intus lineis duabus appreso pilosis, 
corolla infundibulari campanulata, laciniis altero latere lobato 
semihastatis, coronulae processubus ligulatis appresis. 

Eine weitere Frage ist die, wie sich dieser Condurango 
zu Sefor Triana’s Gonolobus Condurango verhält. 
(Vergl. Compt. rend. XXIV, 879. Pharm. Journ. and Trans. 
1872, 18, eo Dass Reichenbach’s Bilänzer kein Gonolo- 


Ueber den Condurango. 275 


bus, das ist bei der aufrechten Stellung der Pollinien, über 
deren Natur kein Zweifel, selbstverständlich. R. glaubt nicht, 
dass diese beiden Asclepiadeen identisch sind, schon we- 
gen der „folia sinu lato cuspidata,‘ deren Herr Triana 
gedenkt. 

Herr Rözl traf den Condurango an der Westseite 
der Cordilleren unweit Huancabamba an. 

Dass es der ächte, vielbesprochene ist, hat ihm Apo- 
theker Fuentes in Guayaquil bestätigt, der die Pflanze 
wesentlich in Ruf gebracht hat. Etwa 2 Meter lang ist der 
wirkliche Stamm, dessen Rinde gesammelt wird und der bis 
armsdick wird. Die Pflanze selbst nimmt eine jener unaus- 
sprechlichen Stellungen ein, wie sie nur in den Tropen vor- 
kommen; sie arbeitet sich quer durch die andern hindurch: 
sie steigt nicht, sie kriecht nicht, sie windet sich nicht. 

Sie heisst Bejugo de perro, die Hundsschling- 
pflanze, und wurde im Aufguss zum Tödten der Hunde 
angewendet. 

Die Legende ihrer Einführung in den Medicinalschatz 
ist nicht angenehm. Nahe bei Loxa lebte ein Ehepaar. Der 
Hausherr war durch und durch syphilitisch. Die arme Frau 
hatte ihr Letztes aufgeopfert, um durch Aerzte ihren unge- 
treuen Gemahl herstellen zu lassen. Nach aller Medication 
wurde der Kranke immer elender. Da beschloss sie, ihm 
mindestens ein sanftes Ende zu verschaffen, indem sie ihm 
einen Thee von Bejugo Abends vorsetzte. Wie erstaunte 
sie, als sie am nächsten Morgen anstatt eines Todten ihren 
Gemahl gebessert sah, behaglich sich streckend, nach mehr 
solchem Wunderthee fragend. Er wurde glücklich herge- 
stellt und der Condurango als Panacee gegen Syphilis 
adoptitt. Nun probirte man das Mittel gegen „Krebs,“ 
besonders in New- York bei einer sehr hochstehenden Dame, 
welche zwar von ihren Leiden hergestellt ward, bei der aber 
der Krebs durchaus nicht wissenschaftl. festgestellt sein soll. 
Diese Bedenken scheinen noch nicht gelöst, so sehr auch die 
Oondurangohändler ihr Mittel anpreisen. 

Asclepiadeen werden jetzt an vielen Orten unter 

- diesem Namen gesammelt — in Costa Rica, Honduras, 
Guatemala, St. Martha, Loxa. Nach N.-York allein 
- sollen 20,000 Kilogrm. geworfen worden sein, von denen die 
ersten zu 80 Dollars in Gold bezahlt wurden. In Payta 
sah Herr Rözl mehre tausend Ballen verschiedenster 
_ Condurango und jeder Händler pries seine Waare als die 
_ ächte, Um die Confusion zu erhöhen, ist in Santa Fe de 


19” 


376 Noch einmal Condurango. 


Bogota versichert worden, die allbekannte Composita, Mi- 
kania Guaco, das Mittel gegen Schlangenbiss, wäre iden- 
tisch mit dem Condurango.*) In neuester Zeit wird der 
Condurango von Huancabamba als Cundurango 
blanco bezeichnet. (Botanische Zeitung, 26. Juli 1872, Nr.30, 
551—554.). Hl. 


Noch einmal Condurango. 


Gehe und Co. in Dresden haben anzubieten: 


1) Condurango von Venezuela, welche nichts ande- 
res als die seit längerer Zeit als Heilmittel bekannte Mica- 
nia Guaco ist, von welcher Stipites concisae als die 
erste Condurango- Species erschien, neben welcher dann auch 
Folia Micaniae Guaco auftauchten. 


Hieran schlossen sich 

2 u. 3) zwei Species von Condurango von Ecuador, 
als Lignum cum Üortice, welches mit der Rinde noch 
überzogene Holz der Stämmcehen und Aeste im Ganzen und 
geschnittenen Zustande geliefert wurde und vielleicht die 
minder gehaltreiche Species ist; dann 

4) das Condurango Mataperro, aus kurzen ge- 
rollten Rinden bestehend, welche natural viele Unreinig- 
keiten mit sich führten, meist erst, gründlicher Reinigung 
bedarf und gleichfalls ganz und geschnitten gegeben 
werden. 

Ausser von verschiedenen Plätzen Südamerikas erhielt 
Gehe u. Co. auch von New-York Üondurangorinden zum 
Verkaufe. (Droguenbericht v. Gehe u. Oo. in Dresden. April 
1872. 


Herr Apotheker G. Vulpius in Boxberg hat im Neuen 
Jahrb. der Pharmacie April-, Mai- und Juniheft 1872 „Che- 
misches über Condurango veröffentlicht. 

Zur Analyse benutzte er eine Rinde, welche meist von 
Chili aus über Hamburg eingeführt wird und von der man 
vermuthet, dass sie von einer Asclepiadee stamme. Das 


*) Handelsgärtner, welche der Sehnsucht nach Medicinalpflanzen 
Rechnung tragen, verkaufen anstatt Mikania Guako eine angebliche 
Mikania, die sich vielleicht einmal als M. apiifolia D. C. erweisen dürfte, 


ho! 


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un u ah a ee ; ‘ 
Einfluss des Leuchtgases auf die Baumvegetation. 277 


Material erhielt Herr Vulpius vom Hause Bassermann und 
Henschel in Manheim. Die lufttrockne Rinde gab einge- 
äschert 12°, Asche, vorzugsweise aus Kali- und Kalksalzen 
bestehend. Aus den Untersuchungen auf organ. Stoffe er- 
giebt sich, dass, wenn überhaupt der Condurangorinde 
eine ernstliche medicamentöse Wirkung zukommt, (worüber 
ungeachtet verschiedener absprechender Urtheile die Akten 
von ärztlicher Seite noch nicht ganz geschlossen sein 
mögen), solche wohl auf den nicht unbeträchtlichen Gehalt an 
2 verschiedenen eigenthümlichen Harzen zurück- 
zuführen sein dürfte. Weder der vorhandenen eisengrü- 
nenden Gerbsäure, noch dem harzartigen, in Alko- 
hol löslichen Bitterstoffe, noch dem durch Alkalien dun- 
kelgelb werdenden Chromogen möchte ihrer Natur und 
Menge nach irgend eine medic. Bedeutung zukommen. 

In erster Reihe würde also eine mit starkem Wein- 
geist herzustellende Tinctur, oder an ein spirituöses 
Extraet für die arzneiliche Anwendung der Condurangorinde 
zu denken sein. 2. 


III. "Toxikoleie. 


Einfluss des Leuchtgases auf die Baumvegetation. 


In dem botanischen Garten zu Berlin sind im Sommer 
1870 vorläufige Versuche angestellt worden, um den Einfluss 
des Leuchtgases auf die Baumvegetation zu ermitteln, über 
welche Herr Kny in der (resellschaft naturforschender Freunde 
Bericht erstattete. Es wurde mit zwei zwanzigjährigen Lin- 
den und einem ebenso alten Ahorn experimentirt und bei 
der einen Linde und dem Ahorn der Versuch nach 6 Monaten 
Dauer (7. Juli 1870 bis 7. Jan. 1871) abgebrochen, bei der zwei- 
ten Linde sollte derselbe weitere 6 Monate bis 1. Juli 1871 
_ dauern. Den auf 2,65 Meter zusammenstehenden Bäumchen, 
_ eine Linde und ein Ahorn, wurden täglich resp. 380 Kf. und 
418,5 Kf. Gas, der isolirt 7,75 Meter abseits stehenden Linde, 
"mit welcher der Versuch fortgesetzt wurde, 52,5 Kf. Gas 
‚täglich zugeführt. 


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278 Einfluss des Leuchtgases auf die Baumvegetation. 


Die schädliche Wirkung des Gases trat zuerst an einem 
in der Nähe des Ahorns stehenden Exemplare von Euvo- 
nymus europaeus hervor. Unmittelbar darauf (1. Septbr.) 
begannen die Blätter des Ahorns selbst gelb zu werden. Die 
fingerdicken Lindenwurzeln hatten eine eigenthümliche blaue 
Färbung angenommen, welche von der Mitte derselben nach 
der Peripherie fortschritt, woraus ersichtlich, dass das Leucht- 
gas nicht an der Wurzelrinde, sondern am Wurzelende einge- 
drungen war. 

An den beiden Linden trat das Welken und Vergilben 
der Blätter am 30. Sptbr. sehr deutlich hervor. Am 30. Oct. 
hatte die stärker bespülte, am 19. Octbr. auch die andere alle 
Blätter verloren, während die meisten anderen Linden des 
Gartens zu dieser Zeit noch vollkommen grün waren. 


Ahorn, Euvonymus und Ulme haben im Frühjahr 1871 
kein Lebenszeichen mehr erkennen lassen, ibr Holz ist 
dürr und der Cambiumring vertrocknet; beim Ahorn bricht an 
allen Theilen des Stammes Pilzbildung hervor. Die Linden 
haben zwar frische, aber kleinere Blätter getrieben, das Cam- 


bium ist aber vertrocknet und die der Gasleitung zugekehrte ' 


Seite derselben zeigt als Zeichen tödtlicher Erkrankung eben- 
falls Pilzbildung. 

Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass ausser der all- 
gemeinen Schädlichkeit des von HS zgereinigten Leuchtga- 
ses verschiedene Arten von Bäumen und Sträuchern für den 
schädlichen Einfluss desselben sehr verschiedene Grade der 
Empfindlichkeit zeigen. (Botan. Ztg. 1871. Nr. 50. u. 51. 
Naturforscher). ‚Abo. 


279 


C. Literatur und Kritik. 


Seite 15—21. Nekrolog von Wilhelm von Haidinger, 
nach einer Schrift „von Franz Ritter von Hauer.“ Zur Erinnerung an 
W. v. Haidinger, Separatabdruck. 1871, XXIV. Band aus dem Jahrbuch 
der k. k. geologischen Reichsanstalt zu Wien. 

Haidinger wurde am 5. Febr. 1795 in Wien geboren, Sohn des 
Bergraths und Referenten im Münz- und Bergwesen bei der k. k. Hof- 
kammer zu Wien, Karl Haidinger, welcher 1797 starb. 

Wilhelm K. Haidinger widmete sich im 18. Lebensjahr ernst- I: 
lich wissenschaftlichen Studien; er ging nach Graz und folgte hier vor- z 
zugsweise den Vorträgen des damals in grossem Rufe stehenden Mine- BE 
ralogen Friedr. Mohs, dessen Lieblingsschüler und Hülfsarbeiter er bald ee 
ward; als Mohs 1817 nach Freiburg berufen wurde, folgte ihm Hai- a. 
dinger dorthin. 1822 machte Haidinger mit dem Grafen August, a 
s. Breunch ein Reise durch Frankreich, England und lebte seit dem 


Herbst 1822 bei dem Bankier Thomas Allan. Er begleitete dessen nn 
Sohn Robert 1825 und 1826 auf einer Reise durch Norwegen, Schweden, A: 
Dänemark, einen grossen Theil von Deutschland, Norditalien und Frank- 
reich. In diese Zeit von 1822 bis 27, fällt auch seine englische Bearbei- Be, 


tung von Mohs Grundriss der Mineralogy, welche 1825 in Edinburg 
unter dem Titel „‚ Treatise of Mineralogie“ in 3 Bänden erschien mit noch 
40 anderen Abhandlungen. N 

Erst nach Mohs Tod 1840 trat Haidinger in die. öffentliche Wirk- 
samkeit, wobei die Mineralogie der Ausgangspunkt war, und von diesem 
schuf er sich immer weitere und weitere Kreise seiner Thätigkeit in ver- 
wandter wissenschaftlicher Riehtung. Er übernahm nun die Leitung der 
von dem Fürsten Lobkowitz gegründeten Mineraliensammlung der k. k. 
Hofkammer für Münz- und Bergbauwesen, 1849 wurde durch Allerhöchste 
Entschliessung des Kaisers Franz Joseph die grossartige geologische 
Reichsanstalt zu Wien geschaffen, und von dieser Zeit ab leitete Hai- 
dinger als Director dieselbe bis 1866. 

Die Anerkennung für sein wissenschaftliches Wirken wurde ihm von 
seinem Kaiser und auswärtigen Potentaten, wie auch von Letztern seine 
Erhebung in den Ritterstand. 

Am 22. März 1871 wurde Haidinger, auf der, von ihm bewohnten 
Villa zu Dornbach bei Wien zur Erde bestattet. Das Andenken des 
edelen, wohlwollenden und kenntnissreichen Mannes, dem die Wissenschaft 
so Tüchtiges zu danken hat, wird nicht erlöschen bei seinen zahlreichen 
Freunden und Fachgenossen in seinem Vaterlande, wie im entfernten 
Auslande! 

Seite 22. Ueber Erdbeben und Erdbebenselbtmesser. Nur 
ein Vorschlag von Ludwig Erkmann, 

Trotz der sinnreichesten Theorien, sagt der Verfasser, über die Er- 
scheinungen der Erdbeben, ist doch keine ausreichend, um alle Erschei- 

mungen genügend zu erklären, und mag auch in Wirklichkeit die Ursache 
der Erdbeben nicht immer dieselbe sein, Nachdem Erkmann die ver- 


380 Literatur und Kritik, ; 


schiedenen theoretischen Ansiehten über die Erdbeben angedeutet hat und 
wir nun annehmen wollen die Erdbeben entständen durch die Anziehung 
des Mondes auf das flüssige Element sei richtig, so wird die Oberfläche 
der Erde sich periodisch heben und senken, jedoch so unbedeutend, dass 
die Bewegungen nicht gefühlt werden und nur Abnormitäten, wie sie im 
Luftmeere als Sturm auftreten, werden dnrch ein heftigeres Schwanken der 
Erdoberfläche als Erdbeben fühlbar. Um nun diese nieht fühlbaren Erd- 
 beben sichtbar zu machen, bedarf es eines empfindlichen Apparates, der nicht 
nur ein schwaches Erdbeben anzeigt, sondern auch die Dauer und Richtung 
und Geschwindigkeit selbst registrirt und so, wenn sich die obige Theorie 
nicht bewahrheitet, doch in so fern nützlich ist, als ein solcher Apparat 
die fühlbaren Erdbeben notirt. 

Auf die Ausführung und Anwendung dieses Apparats geht nun sein 
Vorschlag hervor, wenn die Aufstellung dieser‘ Apparate, in Hinsicht 
der Kosten, mit den voraussichtlichen, wissenschaftlichen Resultaten in 
Einklang stehen würden. 

Die Idee der Ausführung der selbstregistrirenden Erdbebenmesser ist 
nun folgende: Man denke sich einen Brunnen von circa 70’ Tiefe, der zum 
Herabsteigen bequem eingerichtet ist und vor Erschütterungen durch vor- 
überfahrende Wagen vollständig geschützt sein muss. In diesen Brunnen 
hängt man an einem dünnen Metalldraht von circa 60° Länge einen Messing- 
kegel circa 2 Pfd. schwer, der unten eine feine Platinspitze trägt. 
„Die Platinspitze des Pendels hängt bei völliger Ruhe im Mittelpunkte eines 
Platinringes von ungefähr 1/, Linie Durchmesser. 

Eine Batterie von 6 Maidinger’schen Elementen ist oben in einem 
Häuschen über dem Brunnen aufgestellt und ein Pol derselben mit dem 
unteren Platinring verbunden. In den elektrischen Strom eingeschlossen 
ist ein Elektromagnet, der, sobald sich der Strom durch die geringste 
Schwingung schliesst, einen Anker anzieht und einen Hebel mit Stift 
gegen einen Papierstreifen drückt. Der Papierstreifen läuft in einer Stunde, 
durch das Urwerk eines Regulators getrieben, ungefähr 2 Zoll weiter und 
hält überhaupt mit dem Gange des Regulators vollständig gleichen Schritt, 
so dass man auf dem Papierstreifen, der mit Zahlen versehen ist, dem N 
Stift des Hebels gegenüber genau Stunde und Minute ablesen kann. A 

Stellt man derartige Apparate in Entfernungen von 5—6 Stunden 

. auf und richtet die Uhren (am besten elektrische) genau, dass sie zusammen f 
stimmen, so würde man im Falle eines Erdbebens dasselbe genau auf allen 
Papierstreifen nach Stunden und Minuten verzeichnet finden, an welchen \ 
das Erdbeben eingetreten ist, die Heftigkeit, die Geschwindigkeit der 
Fortpflanzung und die Richtung erkennen können etc. 

Seite 1—71. Verhandlungen. Beiträge zur Kenntniss der 
Bryozoen des Essener Grünsands von Spiridion Simöno- 
witsch aus Tiflis. Mit 4 lithographirten Tafeln. 

In der Einleitung bemerkt der Verfasser, dass er die Entstehung dieser 
Abhandlung der Gefälliskeit des Herrn Dr. Clem. Sehlüter, der seinen 
-wissenschaftlichen Kräften vertrauend, ihm seine Bryozoen - Sammlung zur 
Bearbeitung übergab. Nicht minder ist er seinem hochgeschätzten Lehrer 
Herrn Dr. Andrä verpflichtet, dass er ihm nicht nur die Poppelsdorfer 
Sammlung der Goldfuss’schen Originalexemplare zugänglich machte, son- i 
dern auch seine Studien in Bonn leitete. Herrn Prof. Troschel dankt 
er für die Unterstützung und den Rath und seinen Freunden Assistent N 
Bertkan und Cand. math. Hilt, für ihre Beihülfe an den Zeichnungen nd 
der Revision des Manuseripts. 

Die Bryozoen des Essener Grünsandes waren schon früher Gegenstand 
der Untersuchung von Goldfuss und Römer, die eine Menge Arten 


sie Zn m 


De ee a er 


Er Literatur und Kritik. 281 


entdeckten, aber doch nur ein Drittel der wirklich daselbst vor- 
kommenden. 

Alle von dem Verfasser hier behandelten Formen aus dem Essener 
Grünsande befinden sich, wenn nicht anders bemerkt, in der Sammlung 
von Dr. C. Schlüter. 

Die folgende Abhandlung bildet nur den ersten Theil der Arbeit, von 
welcher der zweite Theil nachgeliefert werden soll. 

Seite 4—6. Chronologische Aufzählung der benutzten Literatur. 

Seite 24. Die Bryozoen sind verhältnissmässig noch nicht sehr lange 
bekannt, bei Linn6 treten sie erst in der 8. Auflage seines Natursystems 
auf. Bei Lamark bilden sie einen Theil der 3. Polypenklasse, von Cuvier 
wurden sie ebenfalls zu den Polypen gezogen. Erst nach der Unter- 
suchung Milne Edwards, Thomson’s, Ehrenberg’s, welche einen 
vollständigen Darmcanal, einen vom Munde getrennten After nachwiesen, 
‚die eine Abtrennung von (den Polypen nöthig machten, wurden sie als 
selbständige Klasse in der Nähe der Tunicaten untergebracht u. s. w. 

Die Bryozoen sind Meeres-, Süsswasser- und Brackwasser - Bewohner 
und die Mehrzahl gehört dem Meere an. Die Süsswasserbewohner sitzen 
auf Blättern, Steinen, leeren Gehäusen und anderen Gegenständen fest, man 
findet sie in Gebirgsseen der Schweiz und der Pyrenäen bis zu einer Höhe 
von 6500° und halten sich in einer Tiefe von 2—5‘ unterhalb der Ober- 
fläche auf, 

Die Anheftungsgegenstäinde der meerbewohnenden Bryozoen sind 
ebenfalls verlassene Conchylien, Seetange, Steine ete. 

Die fossilen Reste der Bryozoen sind schon aus den ältesten Forma- 
tionen bekannt. Reich daran ist in den paläolithischen Schichten besonders 
der obersilurische Kalk von England. In einzelnen devonischen und ge- 
wissen Steinkohlenschichten, im Jura, der ganzen Kreideformation Deutsch- 
lands, Belgiens, Frankreichs, Englands finden sich Ueberreste von”ihnen 
und durch gewisse Tertiärschichten von Europa reichen sie bis in die 
Gegenwart hinein. 

Seite 71—120. Uebersicht der Gattungen und Arten der Familie 
der Pleetiscoiden. 

Von Prof. Dr. Foerster in Aachen. 

Seite 124— 144. Verzeichniss der phanerogamischen und krypto- 
gamischen Gefässpflanzen der Flora von Cleve von F. G. Herren- 
kohl in Cleve. (Veröffentlicht wird in diesem Bande nur ein Theil der- 
selben, indem in der 2. Abtheilung, der andere später nachgeliefert wer- 
den soll.) 

In der Einleitung bespricht der Verf. das Florengebiet, es umfasst 
nicht allein das Territorium, welches als Alluvium und Diluvium zwischen 
Maas und Rhein, so weit sich ihr früherer Zusammenfluss annehmen 
lässt, gebildet hat, sondern zieht sich um eine wesentliche Strecke über 
die jenseitigen Ufer derselben hinaus; indem hier in pflanzengeographi- 
scher Hinsicht derselbe Character vorwaltet wie im Binnenlande. So findet 
man am jenseitigen Ufer der Maas einen ausgedehnten, fast durch Nord- 
brabant von Nord nach Süd hinziehenden Moorast ‚‚die Peel,‘“ welcher 
ganz den Character der Binnentorfmoore hat; ebenso stimmen die Sand- 
ablagerungen bei Venray sehr mit diesen Binnenniederschlägen in botani- 
scher Beziehung überein, Anderseits bietet das jenseitige Ufer des Rheins 
in seinen Sümpfen, wie das Schwarzwasser bei Wesel, die Sümpfe bei 
Dinslaken und Hiesfeld ete. wie auch die verschiedenen Erhöhungen, 
welche sich am Ufer hinziehen, wiederum vielfache Uebereinstimmung. 

Vom Binnenlande sind zu beachten die Sandniederschläge an der 
Maas mit vielen Sümpfen, welche sich am Ufer von Gennep bis Venlo 


wer u u ee ee re A 


282 i Literatur und Kritik. 


hinziehend eine Ebene bilden, die die Niers durchfliesset und mehrere 
Torfmoore hat, wie die Koning Ven ete. 

Der eigentliche Höhenzug erstreckt. sich von Hüls bei Crefeld bis 
Nymegen, Arnheim etc. 

Die systematische Zusammenstellung ist nach Koch’s Synopsis ge- 
ordnet. Gattungen, Arten, Varietäten, Abarten sind mit ausreichenden 
Fundorten versehen, welche bei den überall wachsenden fehlen oder Cleve 
bedeutet. 

Aus der ganzen Uebersicht lässt sich ein vollständiges Bild der Um- 
gebungen von Cleve aufrollen, welches der Verfasser durch wissenschaft- 
liche und sonstige Bemerkungen stellenweise geklärt hat. 


Es kann hier nicht in Absicht liegen die Flora vom Cleve kritisch 
durch zu nehmen, sondern nur einige Bemerkungen zu machen, da sie 
auch nur bis zu den Papilionaceen vorliegt. 

Bei Adonis fehlt die ganze Gattung, ebenso bei Helleborus. 

Bei Arabis scheint keine Art vorzukommen, obschon Turritis glabra - 
L. dort wächst. Die Familie Cistineen Dun. ist nicht vertreten, ebenso 
fehlen die Elatineen. 

‘ Crodium moschatum hat der Verf. nicht auffinden können und die 
Pflanze scheint als nicht ursprünglich wild wieder verschwunden zu sein. 
Ulex europaeus kommt in der Hochgegend bei Cleve bekanntlich an san- 
' digen Stellen oft in grosser Menge vor, dem Verf. scheint dieser Strauch 
dort nur acelimatisirt; da aber dieser Strauch nach Lejeune Comp. Flor. 
Belg. auf sandigen, dürren Orten nicht selten ist und in der Synop, flor. 
gallica in steril. ad vias frequens angegeben wird, so könnte man es dort 
mit einer wilden Pflanze zu thun haben, besonders auch desswegen, weil 
der Strauch selbst bei dem strengsten Winter nicht ganz zerstört wird. 

Neu sind für die Flora: Batrachium hololeucum Lloyd in Torfgräben 
im Koningsveen, Schwarzwasser bei Wesel etc. 

Diplotaxis viminea DC. soll 1862 bei Nymegen gefunden und wieder 
verschwunden sein.— Es scheint mir aber eine Verwechselung mit Diplotaxis 
muralis DC. in kleinen Exemplaren vorgelegen zu haben, weil diese im 
Limburgischen nach der Flor. Belg. wächst, aber nicht Diplotaxis 
‚viminea DC. 

Barbarea strieta Andr, ist für die Gegend neu, ebenso Arenaria 
leptoclados Juss. Crepin flora de Belgique. Auf dürren Ackern der Hoch- 
gegend, dann Geranium pyrenaicum 1867 bei Salmworth neu, ebenso 
Trifolium hybridum L. bei Salmworth an der Eisenbahn ete. etc. 

UI. Sitzungsbericht der niederrheinischen Gesellschaft für 
‘ Natür- und Heilkunde. 

Seite 4. Allgemeine Sitzung vom 9. Januar 1871. 

Prof. R. Greeff berichtet, in Anschluss an seine früheren Mittheilungen 
über Protozoen, (Sitzung 1. November 1870) über dieselben Organismen. 


1. Ueber die Aetinophryen Sonnenthierchen des süssen Wassers 
als echte Radiolarien zur Familie der Alantometriden gehörig. 

Der Vortragende ‘erläutert zunächst die Eigenthümlichkeit des Radio- 
larien- Typus im Allgemeinen (Skelettheile, Centralkapsel und gelbe Zellen, 
so wie die Form- und Lebens-Erscheinungen des Sarcode-Körpers, be- 
sonders der sogenannten Pseudopodien oder Scheinfüsschen) und knüpft 
hieran die Erwähnung der von ihm bereits früher bezüglich ihrer Radıo- 
larien- Verwandtschaft beschriebenen Rbizopoden des süssen Wassers. 
(M. Schltz. Archiv f. mikrose. Anat. 3 B. $. 465, dann Verh. allgem. 
Sitz. 7. Juni 1869 etc.) 

Seite 7. 2. Ueber die Fortpflanzung der Actinophryen. 


PN A 


Literatur und Kritik. 985 


Actinophrys Eichhornii vermehrt sich nach den Beobachtungen des 
Vortragenden zunächst auf ungeschlechtlichem Wege, durch Theilung und 
zwar in den meisten Fällen durch einfache Abschnürung in einer durch 
den Mittelpunkt gehenden Ebene in zwei ungefähr gleiche Hälften, zuweilen 
auch sind die durch Theilung erzeugten Sprösslinge von ungleicher Grösse. 

Seite 9. Gustav Bischof machte, unter mikroskopischer Erläu- 
terung, Mittheilungen über von ihm angestellte Versuche in Betreff des 
von Heisch angegebenen Verfahrens, die Qualität eines Wassers durch 
Zusatz von reinem Zucker und demnächstiger mikroskopischer Unter- 
suchung zu bestimmen, 

Nach einer in dem Mechanies Magazine vom 25. November 1870 
enthaltenen Mittheilung sollen nemlich in ‚einem Wasser, das äusserst 
geringe Mengen Unreinigkeiten enthält, durch Zusatz von Zucker in 
24— 48 Stunden gewisse Zellenbildungen entstehen, die sich in reinem 
Wasser nicht zeigen. 

Um diese Angabe zu prüfen, setzte der Redner Spuren verschiedener 
Unreinigkeiten, die namentlich in grösseren Städten in den Brurnen ent- 
halten sind z. B. 0,00016°/, Urin und in ähnlichem Verhältnisse fauliges 
Spülwasser zu reinem destillirten Wasser. 

In diesen Pröben waren nach mehrtägigem Stehen mit 0,1%, Zucker 
unter dem Mikroskop madenartige Organismen erkennbar, die nach dem 
Vortragenden wahrscheinlich zu den Bacterien gehören. In reinem mit 
Zucker versetzten destillirten Wasser sowie in andern zur Controle an- 
gesetzten Proben konnten dieselben Organismen noch nicht aufgefunden 
werden. Weitere Beobachtungen müssen noch vorbehalten bleiben. 

Seite 10. Dr. Weiss zeigte ein Exemplar einer sogenannten Pinnu- 
laria aus dem Kohlenrothliegenden bei Kira a. d. Nahe vor, welches er 
von Herrn Forstmeister Tischbein erhalten hat. Der Vortragende macht 
dabei auf die Seltenheit des Vorkommens soleher Abdrücke, wie auch 
auf die ausserordentliche Aehnlichkeit des vorliegenden Exemplars mit 
Algen Beachtung verdient, aufmerksam. i 

Prof. vom Rath legte eine Stufe mit Eisenkieskrystallen von 
Chichiliane, Dep. de l’Isere vor, welche ihm von Herrn Oberpostdirector 
Hundtmann zur Bestimmung der Flächenkombination anvertraut war 
und erklärte dieselbe. 

Seite 11—13. Chemische Section. Sitzung vom 14. Januar 1870. 

Professor Kekul@ theilt einige weitere Erfahrungen über den 
sogenannten Verlauf der Spiritus- Fabrikation mit. Dass der bei der 
Bereitung von Alkohol aus Runkelrüben- Melasse aufgesammelte Vorlauf 
Aldehyd enthält ist bekannt. 

Der Vortragende erhielt vor einiger Zeit ein Schreiben von J. Wein- 
zierl, Chemiker der Pomm. Prov.- Zuckerfabrik Stettin 1870. Herr 
Weinzierl theilt mit, dass er sich mit der Untersuchung des Vorlaufs 
beschäftigt und die Beobachtung gemacht habe, dass bei der Rectification 
des flüchtigen, wesentlich aus Aldelhyd bestehenden Antheils, das bei 
50° — 70° übergehende Product bei ungefähr — 8° weisse Krystallnadeln 
absetze. 

Die Untersuchung hat ergeben, dass die Krystallnadeln, wie Wein- 


 zierl schon vermuthet hatte, Metaldehyd sind. Bei erneuten Recti- 


fieationen wurde eine Erhitzung des Destillates nicht weiter fortgesetzt. 
Aus den Antheilen, die Weinzierl bei 40°— 60° aufsammelte, wurde eine 
Menge von Paraldehyd gewomnen ete. etc. 

Nach diesen Beobachtungen, sagt der Vortragende, ‚kann mit ziem- 
lieher Sicherheit geschlossen werden, dass in dem sogenannten Vorlauf 
neben Aldehyd irgend eine flüchtige Substanz enthalten ist, welche in 


8A R Literatur und Kritik, 


ganz ähnlicher Weise wie Salzsäure oder Kohlenoxychlorid u, s. w. auf 
Aldehyd modifieirend einwirkt ete. 


Allgemeine Sitzung, vom 6. Februar 1871. 


Geh. M. Rath M. Schulze zeiste den Schädel eines alten männ- 
lichen Chimpanse, welchen derselbe kürzlich für das anatomische Museum 
in Bonn erwarb, die nach den Ermittelungen des Prof. Bischof in 
München zu den grössten Seltenheiten der Museen gehören. 


Dann legte der Redner einen kürzlich angekauften Orang - Utang- 
Schädel vor und hielt über diesen Schädel einen wissenschaftlich interes- 
santen Vortrag. 


Der Vortragende sprach nun über Poterion Neptuni (Neptunsbecher) 
und legte ein Exemplar dieses grossen Schwammes, vor, er hat die Form 
eines grossen Pokales und fasst ungefähr 40 Quart Wasser. Dieser 
Schwamm kommt von Singapore an der Südspitze von Malakka, er ist 
vielfach in holländischen, selten in anderen Museen zu finden und eine 
genaue Untersuchung, Abbildung und Photographien verdanken wir P. 
Harting in Utrecht. 


Dieser ungeheuere Schwamm gehört zu den Kieselschwämmen und be- 
sitzt ein sehr engmaschiges Hornfasergerüst, das wesentlich die eigen- 
thümliche Consistenz desselben bedingt, welche die eines weichen Holzes 
ist. Das Relief des Bechers erinnert an dasjenige gewisser becherförmiger 
Fossilarschwämme und Korallerstöcke. 


Chemische Section. Sitzung vom 11. Februar. 


Seite 16. Prof. vom Rath sprach über die chemische Zusammen- 
setzung des Feldspaths von Bolton Mass. Ver. St., so wie über die der 
Oliso-Klasse in zollgrossen Stücken, wahrscheinlich Einschlüssen, in der 
Lava von Mayen und Niedermendis vorkommend. 


Physikalische Section. Sitzung vom 13. Februar, 


Seite 16. Prof. vom Rath sprach über eine genauere Untersuchung 
und Bestimmung eines Zwillingskrystalls von Zinkoxyd, welcher ihm vom 
Professor Kekale zu diesem Zwecke übergeben wurde ete. 

Dann leste der Redner das Werk von H. Gerlach „die Pennimschen 
Alpen‘ aus der Druckschrift der schweizerischen Naturforschenden Gesell- 
schaft vor, und machte Mittheilungen über eine’ihm von H. Gerlach zur 
näheren Untersuchung übergebenen Sammlung von Gesteinen aus der Oentral- 
masse der Dentblanche. 

Seite 18. Dr. Weiss zeigte Pflanzenversteinerungen in einem Kalk- 
steine aus Oberschlesien, welche Herr Geh.-Rath Professor Römer in 
Breslau ihm zur Ansicht gütigst zugesendet hatte. Nach genauer Unter- 
suchung dieser Petrefacten verbreitet sich Dr. Weiss in einem eingehend 
wissenschaftlichen Vortrage über die Vorkommnisse der Pflanzenreste und 
kommt zu der Ansicht, dass die Annahme, die betreffenden Schichten 
‚ könnten zum Zechstein oder bunten Sandstein gehören, hierdurch aus- 
geschlossen wird. 


Seite 19. Prof. Hanstein zeigte einige Kartoffeln vor, welche 
ein Jahr lang in einem dunkeln Raume vegetirt hatten; dieselben waren 
im Winter mit etwas Wasser in einem Glase verschlossen ins Dunkele 
gestellt und spricht über den beobachteten Verlauf. 


Chemische Section. Sitzung vom 25. Februar. 


Seite 23. Gustav Bischof erläuterte in einem ausführlichen Vor- 
trage, das Prineip des von ihm construirten Metallometers zur Bestimmung 
der Qualität der dehnbaren Metalle und Legirungen. 


Literatur und Kritik. 385 


Allgemeine Sitzung vom 6. März 1871, 


Seite 27. Dr. Pfitzer legte seine erschienene Abhandlung „, Unter- 
suchung über Bau und Entwickelung der ERIEBESeR (Diatomaceen) “ 
vor, und besprach deren Inhalt. 


Diese Abhandlung bildet das 2. Heft von Hanstein’s botanischen Ab- 
handlungen aus dem Gebiet der Morphologie und Physiologie, Bonn 1871. 


Dr. Marquart zeigte ein grosses, schönes Exemplar rother China- 
rinde und erörterte das Vorkommen und den Werth der verschiedenen 
Sorten der Chinarinde. 


Seite 28. Zuntz berichtet über eine Untersuchung der Ursachen 
der constanten Eigenwärme bei den warmblütigen Thieren, welche er ge- 
meinschaftlich mit Dr. Röhrig aus Creuznach im Bonner physiologischen 
Laboratorium angestellt hat. Der Vortragende knüpft an die Entdeckung 
Liebermeister’s und Gildemeister’s, dass die Kohlensäureproduction bei 
Abkühlung des Körpers zunehme. Es gelang diese Thatsache zu bestä- 
tigen und noch dahin zu erweitern, dass auch der Sauerstoffverbrauch 
analogen Schwankungen je nach der Temperatur des umgebenden Mediums 
unterliegt. 

Als den Ort, wo die vermehrten Oxydationsprocesse stattfinden, 
erwiesen sich vorwiegend die Muskeln, durch deren Innervation der ver- 
mehrte Stoffumsatz bewirkt wird. Die Innervation braucht nicht einen 
solchen Grad Pr erreichen, um sichtbare Zusammenziehungen der Muskeln 
zu bewirken. Nur bei Einwirkung von starker Kälte thut” sie dies in der 
Form des eehanes (resp. Schüttelfrostes). 


Professor Troschel legte zwei Exemplare eines Fisches der Wels- 
familie vor, die vom Cap York in Australien stammen. Günther hat die 
Art als Copidoglanis brevidorsalis beschrieben und Steindachner hat sie 
seiner Gattung Neosilurus als N. brevidorsalis zugezählt. Die beiden 
Exemplare stimmen in allen Beziehungen überein, so dass in der speci- 
fischen Indentität nicht gezweifelt werden kann und erläuterte dieselbe in 
einem Vortrage, 

Gustav Bischof sprach über die Resultate seiner fortgesetzten 
Untersuchungen, betreffend die Prüfung der im Wasser gelösten organi- 
schen Substanzen zu sanitätlichen Zwecken. 


Physikalische Section. 20. März 1871. 


| Seite 33. Dr. Weiss übergiebt einige Resultate paläontologischer 
und geologischer Untersuchungen aus dem Gebirge auf der Südseite des 
rheinischen Devons, 
Der Vortragende theilt eine Uebersicht der bis jetzt bestimmten Arten 
der fossilen Flora und Fauna des Muschelkalkes und der ihm nächst- 
| gelegenen Schiehten an der Mosel, Saar und Sauer mit und verweist, wie 
sehon früher, auf die merkwürdige Erscheinung, wie in diesem Gebiete 
gleichsam ein Verbuntsandstein des Muschelkalkes, zunächst der untern, 
Platz gereift. Es folgt dann eine tabellarische Uebersicht. 


Seite 37. Dr. Schlüter sprach über das Verhältniss des Ammo- 
nites Guadalupae Roemer zum Ammonites Arbignyanus Gein. und Ammo- 
nites bidorsatus A. Röm. und erläuterte dasselbe an zahlreichen Exem- 
plaren, welche alle vom Salzberge bei Quedlinburg stammen, 


Allgemeine Sitzung vom 1. Mai 1871. 


Seite 42. Dr. von Lasaulx zeigte ein von Th. Dickert ange- 
fertigtes geologisches Relief des Mont Dore vor, wozu demselben die 
Karte der Anvergne von H. Leloq als Grundlage diente, während der 


286 Änzeigeni. 


Vortragende durch mündliche Mittheilungen die Arbeit unterstützte. Das 
Relief umfasst einen Flächenraum von über 900 f[]Kilometer oder 
16 []Meilen. Die centrale Erhebung des Mont Dore im Puy de Sancy 
bildet die höchste Höhe, nach Norden erstreckt sich das Relief bis zum Puy 
de Laschamps, nach Osten bis zu den alluvialen Ablagerungen im Thale 
des Allier in der Nähe von Champeix, nach Süden bis zur Grenze des 
Mont Dore durch die ihn vom Cantal trennende Granitzone südlich von 
Godivelle und Mazoires, nach Westen hin begrenzt das Aufhören der 
basaltischen Gesteine gegen den Granit das Gebiet. 


Seite 46. Dr. Finkelburg theilte seine Beobachtungen über Lager- 
Epidemien während des jüngsten Feldzuges, speciell über das Auftreten 
der Dysentrie und des Typhus unter der Belagerungs-Armee vor Metz mit. 


\ Dr. Löhr. 


Herbarium normale 


. plantarum offieinalium et mercatoriarum. 


Normalsammlung 


der 


Arznei- und Handelspflanzen 
in getrockneten Exemplaren, 


enthaltend eine Auswahl von Gewächsen des In- und Auslandes, welche 
zum Arzneigebrauche dienen, oder zum technischen oder ökonomischen 
Behufe in den Handel gebracht werden, sowie von solchen, welche 
leicht damit verwechselt werden. Unter Mitwirkung mehrerer Botani- 
ker und Pharmacognosten herausgegeben von Dr. R. F.Hohenacker., 
Fünfte Lieferung, aus 132 Arten bestehend. Kirchheim u. T. beim 
Herausgeber. 1872. 


Der thätige Herausgeber dieser Sammlung hat eine neue 5. Tiefermne 
edirt, welche sich den früheren rühmlieh bekannten nicht nur ebenbürtig 
anschliesst , sondern dieselben selbst übertrifft, dadurch dass sie eine be- 
sonders grosse Zahl von exotischen Nutzpflanzen enthält, welche selten 
und schwer bei uns zu haben sind. Die Exemplare, welche Ref. gesehen 
hat, sind vorzüglich; wie in den früheren Lieferungen ist dem blühenden 
Exemplar womöglich eine Probe des angewandten Theils ‚beigegeben. 
Zur nähern Bezeichnung des Inhalts, Preises u. s. w. seien hier die bezüg- 
lichen Stellen aus des. Herausgebers Prospeetus mitgetheilt. 


„Die Einrichtung ist dieselbe, wie die der früher ausgegebenen Liefe- 
rungen und ihr Preis beträgt bei frankirter Einsendung an den Heraus- 
geber fl, 28 rh, — Thlr. 16 pr. Ct. — Fres. 60: —= L. 2. 7.0. St. 

Diese Lieferung enthält unter Andern folgende Arten: Hymenaea 
Courbaril L. (einer der Copal liefernden Bäume), Tamarindus indica L, 


Anzeigen, - 287 


var. oecidentalis, Haematoxylon Campechianum L. (Mutterpflanze des 
Campecheholzes), Dipteryx odorata W. (davon die Tonkabohne), Andira 
inermis (Mutterpflanze der Cortex Geoffroyae jamaicensis), Mucuna pruriens 
DC. (davon Setae Stizolobii), Soja hispida Moench, Genista canariensis 
L., Quillaja saponaria Mol. (Mutterpflanze der auch technisch verwende- 
ten Seifenbaumrinde, Cortex Quillajae), Caryophyllus aromatieus L. (Ge- 
würznelkenbaum), Myreia coriacea DC. Imrayana (zur Verfälschung des 
Piment), Guajacum offieinale L., Simaruba amara Aubl. (Mutterpflanze 
der Simarubarinde), Quassia amara L. (davon das Lignum Quassiae 
surinamensis), Bursera gummifera L. (davon das westindische Elemi? 
das Carannaharz?), Croton flocculosus Geisel. (die Rinde als Cortex 
Cascarillae im Handel!), Croton niveus Jacqu. (davon Cortex Copalche 
(Quina blanca), Janipha Manihot Kth. (Mutterpflanze des brasilischen 
Arrowroot), Jatropha multifida L. (davon die grossen Purgiernüsse), Sa- 
pium aucuparium Jacqu. (einer der Kautschukbäume), Hippomane Man- 
einella L. und Hura crepitans L. (beide gegen Aussatz empfohlen), Ce- 


drela odorata L. und Swietenia Mahagony L. (beide liefern beliebtes ' 


Meubelholz), Citrus vulgaris Risso Bergamia, und C. v. R. Bigaradia, 
Calysaceion ovalifolium Chois. (liefert ein Gummi Guttae), Corchorus oli- 
torius L. (eine der Yute liefernden Pflanzen), Gossypium hispidum lana 
alba Todaro, Abelmoschus moschatus Moench (davon die Bisamkörner), 
Opuntia coceinellifera Mill. und O. tomentosa S. Dyck. (beide Nährpflan- 
zen der Cochenille), Myristica moschata L. (Muscatnussbaum), M. fatua 
Houtt. (davon die langen faden Muskatnüsse), Cissampelos Pareira L. 
(Mutterpflanze der Radix Pareirae bravae?), Opopanax Chironium Koch. 
(Mutterpflanze des Opopanax), Ipomaea Purga Wender. (davon Radix Ja- 
lappae), Spigelia Authelmia L. (das Kraut ein .Wurmmittel), Gentiana 
Burseri Lapeyr. (Enzian der Pyrenaeen), Hemidesmus indieus R. Br. 
(ostindische Sassaparille), Jasminum Sambac L. (in China zum Parfumi- 
ren des Thee), Exostemma floribundum R. Sch. (Cortex Chinae Stae Lu- 
eiae), Chiococca parvifolia Wullschl. Griseb. (davon auch Radix Caincae), 
Scolymus hispanicus L. (Blüthen in Spanien zur Verfälschung des Safran), 
Aristolochia tomentosa Sims. (es wird auch von dieser Art Radix Serpen- 
tariae gesammelt), Cinnamomum zeylanicum Bl. n Cassia N. ab E., Coc- 
eoloba uvifera L. (Mutterpflanze des Kino occidentale), Mühlenbeckia com- 


plexa Meisn. (australische Sassaparille), Ceeropia palmata W. (Kautschuk- 


baum), Artocarpus ineisa L. (Brotfruchtbaum), Dorstenia Contrayerva L., 
Myrica cerifera L. (davon vegetabilisches Wachs), verschiedene Coniferen 
u. A. Pinus Pumilio Haenke, P. Strobus L., Maranta arundinacea L. 
(davon die meiste Arrowroot des Handels), Costus glabratus $w. (Mutter- 
pflanze des Costus arabieus), Alstroemeria Ligtu L, (in Chile zur Gewin- 
nung von Arrowroot), Crocus odorus Bivy. (in Sieilien wird Safran davon 


gesammelt), Saccharum violaceum Tuss. (wird in Westindien hauptsäch- 


lich zur Gewinnung von Rum angebaut) u. s. w, 

Von mehreren zum Theil sehr werthvollen Arten habe ich nicht die 
erforderliche Anzahl von Exemplaren erhalten, um sie in die Haupt- 
sammlung aufnehmen zu können. Es können aber von solchen Samm- 
lungen von 20 bis 100 Arten zu dem Preise von fl. 4. 12— 21. 0 rh., 
Thlr. 2. 12—12. 0 pr. Ct., Fres. 9. — 45, L. 0, 7.0, — 1. 15. 0,-$t, 
abgegeben werden.“ ’ 


A. de Bary, 


#2] 


“ 


288 Änzeigen, 
Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle: 


Hertzberg, Dr. Ed., Ueber hernia thoraciea Festschrift des Vereins 
für practische Mediein zur fünfzigjährigen Jubelfeier der Vereinigung 
der Königlichen Universitäten Halle- Wittenberg am 21. Juni 1867. 
Zweiter durchgesehener Abdruck. Mit zwei lithographischen Tafeln. 
1869. 10 Bog. 4. Geh. 1 Thlr. 


Neumann, C, (jetzt Prof. in Leipzig), Die magnetische Drehung 
der Polarisationsebene des Lichtes. Versuch einer mathematischen 
Theorie. 1863. 51/, Bog. gr. 8. 20 Sgr. 


— — Theorie der Eleetrieität und Wärmevertheilung in einem 
Ringe. 1864, 4 Bogen. gr. 8. Geh. 15 Sgr. 
Schmoller, Prof. Dr. Gustav, Zur Geschichte der deutschen Klein- 


gewerbe im XIX. Jahrhundert, Statistische und nationalökonomische 
Untersuchungen. 1870. 45 Bog. 8. geh. 2 Thlr. 


Die Rinderpest. 
Im Auftrage des Herzogl. Anhaltischen Staatsministeriums 
verfasst von 


Dr. Fr. Roloff, 
Prof. in Halle. 


1871. 3 Bogen. gr. 8. geh. 5 Sgr. 


Meyn, Dr. L., Der Asphalt und seine Bedeutung für den 
Strassenbau grosser Städte. 1872. 6 Bog. 8. geh. 12 Sgr, 


Unter der Presse befindet sich: 


Commentar zur Pharmacopoea (ermanica. 


2 Bearbeitet von 
Dr. Friedrich Mohr, 


Medicinalrath und Professor der Chemie und Pharmacie an der Univer- 
sität zu Bonn. ' 


Braunschweig, im August 1872. 


Friedrich Vieweg und Sohn, 


Halle, Buchdruckerei des Waisenhaüses. 


Su SEE 
Pi ? 


ARCHIV DER PHARMACIE, 


3. Reihe, 1. Band, 4. Heft. 


a yr 


A. Originalmittheilungen. 
I. Chemie und Pharmacie. 


Ueber die Verwendung von Kaliseife zur Bereitung 
des Seifenspiritus und flüssigen Opodeldoes. 


Von G. H. Barekhausen in Burgdorf bei Celle. 


Es wird wohl jedem Fachgenossen bekannt sein, dass 
Seifenspiritus und flüssiger Opodeldoc, namentlich in der kal- 
ten Jahreszeit gelatiniren oder trübe werden durch Ausschei- 
dung von weissen Seifenkörnchen. Man erwärmt oder filtrirt 
in solchen Fällen den Vorrath, und wenn man nach einigen 
Wochen wieder einfassen will, so findet man dieselbe Er- 
scheinung; man erwärmt oder filtrirt wieder u. s. f. 


Abgesehen davon, dass diese häufigen Erwärmungen 
oder Filtrationen Verluste an Zeit und Stoff verursachen, 
werden auch diese Präparate unrichtig. Diese Uebelstände 
haben ihren Grund darin, dass man zur Bereitung dieser 
Präparate Seifen verwendet, welche mit Natron und wohl 
noch obendrein mit einem festen Fett bereitet sind. 


i 
1 


Dies veranlasste mich schon im verflossenen Winter, zur 
Bereitung dieser Präparate Kaliseife in Gebrauch zu ziehen. 
Anfangs glaubte ich, dass die Schmierseife des Handels gerade 
_ hier am rechten Platze sein uud einen nützlichen Zweck 
erfüllen würde, den ich, beiläufig bemerkt, in ihrer Verwen- 
dung im Haushalt und in der Technik nicht einsehen kann, 
_ wenn ich nur erwäge, dass man mit 47 Th. des theuren 
Arch, d. Pharm, III, Reihe, I, Bds, 4, Heft, 19 


DL» RN 


390 Ueber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seifenspiritus ete. 


Aetzkali nicht mehr Fett verseifen kam. als mit 31 Th. des 


billigen Aetznatron, und ihre übrigen Eigenschaften, wie 


weiche Beschaffenheit, Gehalt an Glycerin und überschüssi- 
gem Alkalı sich auch bei der Natronseife mit Leichtigkeit 
herstellen lassen. Was nun ihre Verwendung zu Seifenspiri- 
tus und flüssigem Opodeldoc betrifft, die mich mehr angeht, 
als die letzterwähnte, so hatte mir ein vorläufiger Versuch 
meine Voraussetzung soweit bestätigt, dass sich ein mit 
Schmierseife bereiteter Seifenspiritus selbst bei niedriger Temp. 
von O bis + 5°C. klar hält ohne zu gelatiniren. Die Schmier- 
- seife kommt aber in so wechselnder Beschaffenheit ım Han- 
‚del vor, dass ich ihre Einführung in den Arzneischatz selbst 
nicht zur Bereitung dieser äusserlichen Arzneimittel befür- 
 worten möchte, denn abgesehen von dem oft sehr unange- 
nehmen Geruch und der wechselnden Farbe enthält sie nicht 
selten noch andere erhebliche Verunreinigungen. Schon im 
Jahre 1868 theilt Roussin Bd. 136 S. 150 dieser Zeitschrift 
eine Verfälschung der Schmierseife mit, nach ihm enthielt alle 
schwarze Seife aus der Umgegend. von Paris 20 bis 25% 
Stärke. Diese Verfälschung kommt auch in Deutschland vor, 
ich behielt von einer hier am Platze gekauften Schmierseife 
beim Auflösen in Alkohol 17%, Stärke als Kleister im Filter 
zurück. 

Somit bleibt kein anderer Ausweg, als sich die Kaliseife 
für pharmaceutische Zwecke selbst zu bereiten. Die erste 


Frage, die mir hierbei entgegentrat, war, wieviel wasser- 


freies reines Kali ist erforderlich, um 100 Th. Oel, ich wählte 
in diesem Falle Provenceröl, zu verseifen? Die Angaben, 
welche mir hierüber zur Verfügung sind und einen Schluss 
zulassen, insofern sie das Oel verseifen lassen, ohne auszu- 
salzen, sind die Vorschrift der letzten Hannov. Pharmac. für 
Sapo medicatus und eine Mittheilung in diesem Archiv von 
A. Vogel. Derselbe theilt daselbst Bd. 126, $. 151 mit, dass 
er durch Vermischen und schwaches Erwärmen von 20 Grm. 
kohlensäurefreier Kalilauge von genau 1,33 sp. Gew., 40 Grm. 
Provenceröl, 120 Grm. Alkohol von 0,841 sp. Gew. und 120c.c. 
Wasser in einem geräumigen Kolben sogleich eine ganz klare 


er RER EEE 


e Ueber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seifenspiritus ete. 201 
Lösung erhalten habe. Ich habe danach operirt und gefun- 
den, dass man sehr lange, sogar bis zur vollständigen Ent- 
fernung des Alkohols erwärmen kann, ohne eine Lösung des 
Oels zu erzielen; ein fortgesetztes Erhitzen lief darauf hinaus, 
in der gewöhnlichen Weise einen Seifenleim darstellen zu 
wollen, und zwar mit einer zur Verseifung des Oeles nicht 
genügenden Menge Kalilauge. Nach seiner Angabe waren 
nur 13,75 Th. KO in der Gestalt von 50 Th. Kalilauge von 
1,33 sp. Gew. erforderlich, um 10 Th. Oel zu verseifen. Die 
frühere Hannov. Pharmac. lässt zur Bereitung der medicini- 
schen Seife das Aetznatron aus 3 Th. Natr. carb. dep. berei- 
ten und verseift damit 3 Th. Provenceröl. Nimmt man an, 
dass das kohlensaure Natron chem, rein ist, und alles Aetz- 
natron daraus gewonnen wird, so ergiebt das angewandte 
kohlensaure Natron zur Verseifung von 100 Th. Provenceröl 
21,67 Th. NaO, wovon allerdings wohl einige Verlustprocente 
in Abrechnung zu bringen sind. 21,67 Th. NaO sind äquiva- 
lent 32,85 Th. KO. 

In der Voraussetzung, dass die richtige Menge KO zur 
Verseifung von 100 Th. Provenceröl zwischen diesen beiden 
Extremen liege, stellte ich eine Reihe von Versuchen an mit 
einer verdünnten Kalilauge, welche durch Kalkwasser nicht 
mehr gefällt wurde und nach dem Filtriren durch kohlensau- 
res Kali auch keine Trübung mehr zeigte. Diese Kalilauge 
-titrirte ich mit /,, Normalsalzsäure, 1. c.c. = 0,00365 Grm. 
HC1.*) 


Da u Dr 


e *) Anfangs hatte ich mir eine Normalsäure aus der offieinellen reinen 
‚Säure dargestellt, diese zeigte nach der Mohr’schen Waage bei 15°C. ein 
sp. Gew. von 1,124 und enthielt demnach 25°, HCl. 146 Grm. dieser 
Säure mit dest. Wasser zu 1 Liter verdünnt, enthalten demnach 36,5 Grm. 
_ HOI (das ist das Aeg. des Chlorwasserstoffs in Grammen ausgedrückt) 
oder 1 e.c. — 0,0365 Grm. HCl. Angenommen, dass das sp. Gew. genau 
250%, HCl anzeigt, so ist doch das Abwägen von 146 Grm. auf einer 
gewöhnlichen Waage nicht genau genug, und es ist nöthig, die Normal- 
säure auf Silbernitrat einzustellen. Ich that dies auch, und fand, dass 
1 Grm. AgONO® genau 6 e.c. Normalsäure zur Ausfällung des Ag erfor- 


RBELE; „ga 
ee 70 TAT UNE 


Y 


— 5,88, Ich hätte also statt Ge.c, 
19* 


; IE FAINTEN 


292 Ueber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seifenspiritus eta.. '. 


Bei der erwähnten Versuchsreihe gebrauchte ich zur Versei- 
fung des Provenceröls von der verdünnten Kalilauge zunächst 
eine 28%, KO entsprechende Menge und ging dann in grossen 
Sprüngen zu 24 und 22°), abwärts. Die erhaltenen Seifen- 
leime waren spinnend und durchsichtig, gaben aber mit 
Wasser keine klare Lösung. Die Trübung konnte nicht her- 
rühren von unverseiftem Oel, denn alle drei Proben gaben 
deutliche Reaction mit HgÜl-Lösung, wie dies W. Stein 
Bd. 148, 8. 69 dieses Archivs als Prüfung auf freies Alkali 
empfohlen hat. Diese Erscheinung führte mich auf den Ge- 
danken, dass diese Trübung von Kalk herrühre und dass 
Kalilauge selbst in verdünntem Zustande nicht durch KOCO? 
von ÜaO befreit werden könne Ein Versuch mit reinem 
Kali bestätigte meine Vermuthung. Ich machte mir eine 
klare Lösung von Kali hydr. sic. in Alkohol, verdampfte 
letzteren im Dampfbade und löste das zurückbleibende reine 


nur 5,88 c.c. verbraucht, wenn die Säure stark genug gewesen wäre, sie 
enthielt hiernach also in 1000 e.c. nicht 36,5 Grm., sondern nur 35,77 Grm. 
HCl. Die Säure war also um 2°), zu schwach und zeiste desshalb 2°, 
Alkali zu viel an. Hierbei ist mir bemerklich geworden, dass eine etwa 
vorkommende Ablesung von 0,08 c.c. an einer in !/, e.c. getheilten Bü- 
vette, wie ich solche bisher gebrauchte, und wie sie noch häufig benutzt 
wird, unmöglich wäre. Nun betragen aber 0,08 e.c. bei einem Totalver- 
brauch von 6c.c. eine Differenz von 11/),°%),. Um die gerühmte Ge- 
nauigkeit der Titrirmethode nicht zweifelhaft zu machen, scheint es mir 
gerathener, */,, Normalflüssigkeiten zu gebrauchen, und nur Büretten 
anzuwenden, die in Y/,, e.c. getheilt, und bei einem Durchmesser von etwa 
1 e.m. und einem Totalinhalt von 30 bis 35 ce.c. nicht länger als 50 c.m. 
sind, damit man nicht nöthig hat, daran hinauf zu klettern, um das Auge 
mit dem Niveau der Flüssigkeit in eine Horizontale zu bringen. Grosser ' 
Durchmesser und bedeutende Länge der Büretten sind Umstände, welche 

die Beobachtung erschweren. Wendet man Büretten von geringem Durch- 

messer und !/;, Normalflüssigkeiten an, und verbraucht man demnach zu 

einer Analyse eine grössere Anzahl ce.c., so ist es um so mehr nöthig, | 
vor Ablesung etwa 1 Min. zu warten, damit die an den Wandungen der H 
Bürette haftende Flüssigkeit herabfliesse. Die in dieser Arbeit angeführ- 
ten Analysen habe ich mit einer in Y,, e.e. getheilten Bürette und Y/,, Nor- 
malsalzsäure ausgeführt, indem ich 102 e.e. der vermeintlichen Normal- 
säure mit destillirtem Wasser zu 1 Liter mischte, 


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De IX 5 


Veber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seifenspiritus ete, 298 


Kali in dest. Wasser. Diese Lösung lässt sich in verschie- 
denen Concentrationsgraden mit emigen Tropfen Kalkwasser 
mischen, ohne sich zu trüben, und ein nachheriger Zusatz von 
KOCO?-Lösung fällt den CaO gar nicht oder nicht vollstän- 
dig aus, versetzt man jetzt aber mit einer klaren Seifenlö- 
sung, so entsteht sofort ein Niederschlag von Kalkseife. Eine 
alkoholische Lösung von Kalihydrat wird durch Seifenlösung 
nicht gefällt, ist also kalkfrei. 

Ich stellte mir jetzt zum Zweck der Seifenbereitung 
eine grössere Menge alkoholischer Kalilösung dar, und be- 
stimmte ihren Gehalt an KO mit Y,, Normalsalzsäure. 
Pelouze erwähnt in einer längeren Abhandlung über Ver- 
seifung der Oele, Journ. f. prakt. Chem. Bd. 65., dass die- 
selbe viel leichter von statten geht, wenn man eine innigere 
Mischung des Oels mit dem Alkali bewerkstelligt, und benutzt 
u. A. hierzu auch alkoholische Kali- und Natronlösungen. 
Der Verseifungsprocess vollzieht sich bei Anwendung der 
reinen Alkalien in alkoholischer Lösung in der That schnell, 
und wenn Pelouze sehr richtig bemerkt, dass diese Methode 
mit Nutzen bei akad. Vorlesungen angewendet werden könnte, 
und wenn man schon längst Alkohol zur Darstellung der 
transparenten Seifen für die Toilette anwendet, so dürfte sich 
ein derartiger Kostenaufwand mindestens ebenso sehr empfeh- 
len, wenn es sich um die Darstellung von Seifen für Heil- 
zwecke handelt. Ich lasse hier eine Reihe von Versuchen 
folgen, welche über die Methode einigen Aufschluss geben. 

Eine alkoholische Lösung von Kali oder Natron mischt 
sich bei 100° C, fast in allen Verhältnissen mit fetten Oelen 
und Fetten zu einer klaren Flüssigkeit, die je nach der Na- 
tur des Alkalis und des Fettes und der Menge des ange- 
wandten Alkohols beim Erkalten flüssig bleibt oder erstarrt. 

Erhitzt man Provenceröl mit je 15, 16, 16,5, 17, 18, 


18,5 und 19,5%, KO in alkoholischer Lösung auf 100° C., so 


erhält man klare Lösungen, welche alle mit HgCl-Lösung 
einen röthlichgelben oder rothen Niederschlag von HgO geben, 


also freies Alkali enthalten. Dieselben lassen sich zwar mit 
' einer grossen Menge Wasser klar mischen, versetzt man jetzt 


294 Ueber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seitenspiritus ete. 


aber mit wenig Alkohol, so trüben sich alle Lösungen mehr 
oder weniger, die mit 15 und 16°, KO scheiden sogar nach 
längerem Stehen deutlich Oel ab, obgleich sie zu gleicher 
Zeit ungebundenes Kali enthalten. Die alkalische Reaction 
verschwindet auch nicht, wenn man die alkoholischen Lösun- 
gen auf 125%, des angewandten Oels verdampft, man erhält 
in diesem Falle Substanzen von dem Aussehen und der Con- 
sistenz der Wachssalbe, welche sich mit Hg Ül-Lösung gelb 
bis roth färben. 

Digerirt man die alkoholischen Lösungen stundenlang 
bei 65 bis 75°C. unter Ersetzung des verdunsteten Alkohols, 
so findet man, dass das Oel je nach der Menge des ange- 
wandten, resp. verdunsteten Alkohols 15, 16 und 16,5%, KO 
chemisch bindet. Die alkalische Reaction der Proben mit 
17 und 18°, KO verschwand selbst nicht nach achtstündiger 
Digestion. Beim Verdampfen der so behandelten alkoholischen 
Lösungen auf 125°), des angewandten Oels erhält man eben- 
falls Substanzen von dem Aussehen und der Consistenz der 
Wachssalbe, setzt man diese Seifen tagelang der Luft aus, 
so ziehen sie Wasser an und bilden an ihrer Oberfläche eine 
durchsichtige schlüpfrige Gallerte. Hierbei beobachtete ich, 
dass sich die alkalische Reaction in demselben Grade ver- 
minderte. Ich versetzte hierauf die Probe der mit 18%, KO 
bereiteten Seife mit wenig Wasser, mischte durch anhalten- 
des Rühren innig, und erhielt einen Seifenleim, der kein freies 
Alkali mehr enthielt. Was ich durch achtstündige 
Digestion mit Alkohol nicht erreichen konnte, 
erreichte ich in wenigen Minuten durch Mischen 
mit Wasser bei gewöhnlicher Temperatur. 

Verdampft man dieselben alkoholischen Kali - Provencer- 
öllösungen mit einer grossen Menge Wassers auf 300%, des 
angewandten Oeles, so erstarrt die Flüssigkeit vom Boden 
des Gefässes aus gallertartig und bildet beim Erkalten einen 
weniger oder mehr spinnenden Seifenleim. Hatte man viel 
Alkohol zur Lösung des Kalis verwendet, so zeigt der mit 
18,5%), KO bereitete Seifenleim noch freies Alkali. Unter 
ähnlichen Umständen erhielt ich selbst mit 17°, KO einen 


ee, 
R Ueber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d, Seifenspiritus ete. 295 


Seifenleim, der noch freies Alkali enthielt. Bei anhaltender 
Digestion mit Wasser verschwindet die alkalische Reaction in 
beiden Fällen; wendet man aber 19,5°/, KO an, so verschwin- 
det die alkalische Reaction selbst nicht nach langer Digestion 
mit Wasser. Bei derselben Behandlung, d.h. bei Digestion 

‘ mit Wasser und vollständiger Entfernung des Alkohols fand 
ich, dass Rüböl 16,5%, KO vollständig bindet, bei Anwen- 
dung von 17,5%, KO bleibt freies Alkali. in dem Seifenleim 
selbst nach langer Digestion mit Wasser. 

Da die Fettsäure des Oeles bei Gegenwart von Alkohol 
weniger KO bindet, als bei Gegenwart von Wasser, so com- 
binirte ich weiter, dass der Alkohol auch eine fertige neutrale 
mit Wasser bereitete Seife zersetzen würde, und dies ist in 
der That der Fall. Ich löste 1 Th. mittelst Wasser mit 
18,5%, KO bereiteter Seife, welche an sich schon wasserhal- 
tig ist, absichtlich zunächst in 1 Th. Wasser, um der Seife 
das zu ihrem Bestehen vermuthlich nöthige Wasser zu. bie- 
ten. Die Seife in Substanz sowenig wie wässrige Lösung 
derselben gaben eine Reaction auf freies Kali, mischte ich 
aber die wässrige Lösung noch mit 1 Th. Alkohol, und prüfte 
dann mit HgCl-Lösung, so entstand allmälig eine röthlich- 
gelbe Trübung von HgO. Eine Lösung derselben Seife in 
conc. Alkohol gab mit HgÜUl-Lösung sofort einen rothen 
Niederschlag. 

Ich konnte nun nicht unterlassen, von meinem Thema 
etwas abzuschweifen, um zu erfahren, wie sich Natronseifen 
in alkoholischer Lösung verhalten. Ich löste stearinsaures 
Natron in 20 Th. Alkohol bei 70°C., und versetzte mit 
HgUl-Lösung bei einer Temp., bei welcher die Lösung 
noch eben flüssig war; es zeigte sich selbst in dieser ver- 
dünnten Lösung sofort ein rother Niederschlag, während die 
Stearinseife in Substanz sowenig wie in conc. wässriger Lö- 
sung eine Reaction auf freies Alkali zeigte. 

Die vorherigen Versuche deuten darauf hin, dass der 
Alkohol die Zersetzung der Seife in freies Alkali und saures 

_fettsaures Alkali durch Wasserentziehung bewirkt. Ein Ge- 
z genversuch, bei welchem ich die Entfernung des Wassers 


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296 Ueber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d, Seifenspiritus ete, / 


ihre Austrocknen bewirkte, macht dies noch wahrscheinli- 


cher. Ich trocknete eine mit 18,5%, KO mittelst Wasser 
bereitete Provencerölseife bei 100° C. auf etwa 140°, des 
angewandten Oeles ein, und fand, dass dieselbe freies Alkali 
enthielt. 

Die Thatsachen und Schlüsse, welche ich aus meinen 
Beobachtungen ziehe, und welche ich der Beachtung, Prüfung 
und weiteren Verfolgung empfehle, sind: 

‚ 1) Kali- und Natronlauge können durch kohlensaures 
Alkali nicht von dem darin gelösten Kalk befreit werden, 
dies geschieht in allen Concentrationsgraden vollständiger 
durch Seifenlösung. Daher enthalten alle Seifen, welche mit 
einer Aetzlauge bereitet sind, deren Kalkgehalt nur durch 
kohlensaures Alkali ausgefällt war, Kalk. Die Lösung einer 
solchen Seife kann wohl klar erscheinen, wenn sie sich dem 
Concentrationsgrade eines Seifenleimes nähert, verdünnt man 
aber mit Wasser, so trübt sich die Lösung von sich aus- 
scheidender Kalkseife. 

2) Wenn man käufliches trocknes Aetzkali mit Alkohol 
auszieht, erhält man reines Kali in Lösung. Eine solche Lö- 
sung lässt sich bei 100° C. fast in allen Verhältnissen mit 
Provenceröl klar mischen; diese Lösungen sind aber keine 
vollständig chemischen Verbindungen, in ein und derselben 
Lösung lässt sich freies Alkali neben unverseiftem Oel und 
der gebildeten Oelseife nachweisen. 

3) Die Sättigungscapaeität der Fettsäuren für KO und 


NaO bei Gegenwart von Alkohol ist geringer, als bei Ge- 


senwart von Wasser, und es kann daher von einer Sätti- 
gungscapacität bei Gegenwart von Alkohol nur dann die 
Rede sein, wenn man absoluten Alkohol als Lösungsmittel 
anwendet. Bei {Anwendung von 90°, Alkohol varirt die- 
selbe merklich nach der Menge des zugesetzten, resp. bei 
mässiger Wärme mit der Seife verdunsteten Alkohols. (Sehr 
deutlich lässt sich dies nachweisen, wenn man 90°, Alkohol 
bei 30 bis 35° C. mit der Seife digerirt, in diesem Falle bin- 
det die Seife das Wasser aus dem Alkohol, während der 
Alkohol vorwiegend verdunstet). | 


Be © 
—  Veber d. Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seifenspiritus ete. 297 


er 


4) Um die Sättigungscapacität der Fettsäure für KO und 
NaO bei Gegenwart von Wasser, welche grösser ist, als die 
bei Gegenwart von Alkohol, zu erfahren, ist es umgekehrt 
nöthig, den Alkohol zu entfernen. Die in 100 Th. Proven- 
ceröl enthaltene Fettsäure bindet bei Gegenwart von Wasser 
18,5 Th. KO und die in 100 Th. Rüböl enthaltene Fettsäure 
unter denselben Umständen 16,5 Th. KO.*) Bei Gegenwart 
von Alkohol binden diese Fettsäuren 2 bis,3 Th. KO weniger. 
Bei Darstellung der wässrigen Seifen hat der Alkohol den 
Zweck, ein reines Alkali darzustellen, und durch innige Be- 
rührung zwischen Fettsäure und Alkali den Verseifungspro- 
cess zu beschleunigen. 


5) Die mit Wasser bereiteten Seifen werden durch Alko- 
hol in der Weise zersetzt, dass ein Theil des Alkalis frei 
wird und ein saures fettsaures Alkali entsteht. Der Grad 
dieser Zersetzung richtet sich nach der Stärke des Alkohols. 
Wir haben also im Seifenspiritus, sowie flüssigen und festen 
ÖOpodeldoc freies Alkali neben saurem fettsauren Alkali, in 
Lösung, welch letzteres eine der unvermeidlichen Ursachen 
der Trübung und Abscheidung von Sternchen im festen Opo- 
deldoc sein kann. 

6) Achnlich, wie durch Alkohol, wird auch die mittelst 

Wasser mit 18,5 °/, KO bereitete Provencerölseife durch anhal- 
| tendes Trocknen bei 100° C. zersetzt. 

7) Die Sättigungscapacität der Fettsäuren. für Kali und 
Natron lässt sich mit Hülfe titrirter Lösungen der reinen 
Alkalien und Prüfung mit HgCl-Lösung genau verfolgen 
und bietet vielleicht eine brauchbare Prüfungsmethode auf 
Verfälschung fetter Oele. 


*) Anmerkung. 18,5°%/, KO für Provenceröl und 16,5%/, KO für 
Rüböl, sind nicht das Maximum, welches diese Oele binden, dasselbe mag 
sich vielleicht um 0,5°/, KO höher herausstellen ; ich sehe aber keinen. Grund 

_ ein, das Maximum oder gar einen Ueberschuss von Alkali, wie bei der 
käuflichen Schmierseife der Fall ist, anzuwenden, da man mit den ange- 
 gebenen Mengen KO vollkommen transparente, in Wasser und Alkohol 


298 Ueber d, Verwendung v. Kaliseife z. Bereitung d. Seifenspiritus ete, 


Um aus den angeführten Thatsachen für die pharmacen- 
tische Praxis zunächst zur Bereitung von Seifenspiritus und 
füssigem Opodeldoc Nutzen zu ziehen, könnte man etwa, wie 
folgt verfahren. Um ganz sicher zu sein, dass man eine 
Seife erhält, deren Lösung in Alkohol selbst bei bedeutender 


Winterkälte nicht gelatinirt, wählt man Rüböl zur Versei- 


fung. Man löst Kal. hydr. sicc. in möglichst ‘wenig: Alkohol, 
lässt absetzen und erwärmt im Dampfbade eine 16,5 Th. KO 
entsprechende Menge der Lösung mit 100 Th. Rüböl, bis letz- 
teres gelöst ist. Durch fernere Digestion mit Wasser bis 
zur gänzlichen Entfernung des Alkohols und bis zum Ver- 
schwinden der alkalischen Reaction vollzieht sich die voll- 
ständige Verseifung. Eine passende ÜÖoncentration scheint 
mir hat die Seife und in Consistenz der käuflichen Schmier- 
seife ähnlich wird dieselbe, wenn man sie auf 300°, des 
angewandten Küböls eindampft, in dem Falle enthält dieselbe 
in 100 Th. die Fettsäure aus 33,3 Th. Oel, und da sich der 
Werth einer Seife nach der Menge der darin enthaltenen ver- 
seiften Fettsäure abschätzt, so würden 2 Th. derselben annä- 
hernd gleichwerthig sein 1 Th. spanischer Seife, welche jetzt 
zur Bereitung von Seifenspiritus und flüssigem Opodeldoc 
dient. 

Auf diese Weise bleibt die bisherige Art der Bereitung 
von Seifenspiritus und flüssigen Opodeldoc insofern unange- 
tastet, als sich wieder eine nicht unerhebliche Menge freien 
Alkalis in diesen Präparaten befindet; erfüllt letzteres aber 
keinen medieinischen Zweck und findet die mit Wasser berei- 
tete Kaliseife in Substanz keine andere Verwendung, als zur 
' Lösung in Alkohol, so. lässt sich die Bereitung von Seifen- 


spiritus und flüssigem Opodeldoc dahin modifieiren, dass man 


100 Th. Rüböl mit 15 Th. KO in alkoholischer Lösung zu- 
nächst bei 100°C. mischt; die vollständige Bindung der 
Fettsäure vollzieht sich nach Zusatz der vorgeschriebenen 
Menge Alkohols in etwa derselben Zeit und bei derselben 
Temp., welche man jetzt gebraucht, um spanische Seife zu 
lösen. Bei Bereitung des Seifenspiritus empfiehlt es sich, 


das Wasser nach zuvor geschehener Lösung des Oeles zuzu- 


Rs 


Die. Antiseptica. 299 


setzen, da dasselbe die vollständige Verseifung befördert und. 
das Verdampfen des Alkohols vermindert. 100 Th. Rüböl 
entsprechen, wie oben angenommen, 300 Th. Kaliseife in Sub- 
stanz oder 150 Th. spanischer Seife. Diese Methode der 
Darstellung von Seifenspiritus und flüssigem Opodeldoc ist 
insofern der Anwendung von Kaliseife in Substanz vorzuzie- 
hen, als man nicht nöthig hat, den Alkohol zu verjagen, um 
denselben nachträglich wieder zuzusetzen. Bei Anwendung 
von 15 Th. KO auf 100 Th. Oel hat man dennoch ein wenig 
freien Alkalis in der alkoholischen Lösung, doch möchte ich 
nicht rathen, erheblich weniger KO anzuwenden, da man 
sonst Gefahr läuft, unverseiftes Oel in Lösung zu behalten, 
welches sich in der Kälte durch eine Trübung zu erken- 
nen giebt. 


Diejenigen Fachgenossen, welche an maassgebender Stelle 
die Einführung der Kaliseife zur Bereitung von Seifenspiritus 
und flüssigem Opodeldoc in die nächste Ausgabe der deut- 
schen Pharmacopo& befürworten können, mögen meine Anga- 
ben prüfen und vielleicht verbessern. 


Burgdorf im Juli 1872. 


Die Antiseptiea. 
Von Dr. Heinrich Böhnke-Reich. 


Antiseptica oder fäulnisswidrige Mittel sind solche, deren 
man sich bedient, um organische Stoffe vor Fäulniss zu 
schützen. Ihr Zweck ist, Fäulniss entweder aufzuheben und 
zu unterbrechen oder gar nicht eintreten zu lassen. Ihre 
Zahl und die Art ihrer Anwendung ist eine so grosse und 
vielfältige, dass hier nur der wichtigsten Erwähnung gesche- 
hen soll, wobei wir Desinfection und Desinfectionsmittel nicht 
speciell behandeln. 


Es ist eine Erfahrungssache, dass besonders Feuchtigkeit . 
verbunden mit Wärme, namentlich Temperaturen von 12 bis 


300 Die Antiseptica. 


50° C., für organische Stoffe vorzugsweise Fäulniss erregende 
Agentien sind. Wärme allein, welche den Substanzen das 
Wasser entzieht, dient zum Üonserviren derselben, worauf 
Appert’s Conservirungsmethode beruht, die sich auch auf 
Wein anwenden lässt, wodurch dieser zugleich verbessert wird. 
(S. Arch. d. Pharm. 1868. Bd. 134. 8. 142£) Vollkommen 
trockne organische Substanzen halten sich bei Abschluss der 
atmosphärischen Luft oft sehr lange ohne Zersetzung. In 
. tropischen Gegenden, auch in Arabien, hat man diese Erfah- 
rung zum ÜÖonserviren von Leichen angewandt. Man dörrt 
dieselben im heissen Sande, der fast immer eine Temperatur 
von 50— 70°C. haben soll. Nach dieser Manipulation sollen 
sie dann sehr lange aufbewahrt werden können, ohne wieder 
Feuchtigkeit anzuziehen, wenn man sie möglichst dicht ein- 
schliesst. Auch die alten Bewohner von Peru haben sich 
der trocknen, mit Salztheilen beladenen Luft ihrer Berghöhen 
bedient, um die Leichen ihrer Vorfahren der Vergänglichkeit 
zu entreissen. So entdeckte in der Wüste von Atacama Dr. 
Reid, einer der letzten Durchforscher Peru’s, einen solchen 
Gottesacker. Männer, Weiber, Kinder, 600 an der Zahl, 
waren in Halbkreisen niedergesetzt, alle wohl erhalten. Seit 
Jahrhunderten sitzen diese Zeugen einer vergangenen Zeit 
da, jeder neben sieh einen Krug Mais und ein Kochgefäss. 


Wie einerseits Abhalten der Feuchtigkeit und hohe Tem- 
peratur organische Körper vor der Fäulniss schützt, so ande- 


rerseits auch hohe Kältegrade. Man fand z.B. die Leiche 


des Fürsten Mentschikow, den Peter der Grosse nach Sibirien 
verbannt hatte, 92 Jahre nach seinem Tode nebst der Klei- 
dung noch völlig erhalten. Man hat ferner in Sibirien vor- 
weltliche Mammutthiere (Elephas primigenius) eingefroren 
gefunden, deren Weichtheile völlig erhalten, ja sogar noch 
seniessbar waren. Von diesen Thieren sind Theile der Be- 
haarung z. B. in dem mineralogischen und geologischen Museum 
zu Jena vorhanden. Die Kälte hatte hier Jahrtausende hin- 
durch die Verwesung verhindert. 

Das Auftreten der Fäulniss geschieht jedoch in so ver- 
schiedener Weise, dass wir uns nicht allein durch geeignete 


REITER 


Die Antiseptica. 301 


Temperaturen gegen sie schützen können. Schon in den 
ältesten Zeiten stellte man sich die Aufgabe, andere Mittel 
zu finden, und mit welchem Erfolge lehrt uns die Geschichte 
der alten Aegypter und ihre noch erhaltenen Mumien. Die 
Aegypter hielten aus religiöser Schwärmerei ihre Verstorbe- 
nen in anderer Weise hoch und werth als die neuere christ- 
liche Zeit. Es wird ja angenommen und ist bewiesen, dass 
die Pyramiden, diese imponirenden Denkmäler altägyptischer 
Baukunst, aufgeführt wurden, um die Mumien von Königen 
oder sonst hochgestellten Personen aufzubewahren. Im Jahre 
1798 haben Franzosen den innersten Theil einer solchen 
Pyramide erreicht und Sarkophage darin gefunden. An den 
Mumien fand man durch Analyse kohlensaures und schwefel- 
saures Natron ausgewittert, doch in so geringer Menge, dass 
man diese allein nicht als die betreffenden Antiseptica betrach- 
ten kann. Eher lassen die wohlriechenden Harze und Asphalt 
in den Leibeshöhlungen darauf schliessen, dass sie die Haupt- 
wirkung geäussert haben. Es deutet darauf auch die Ablei- 
tung des Wortes Mumie vom arabischen mum d.h. Wachs. 
Herodot (II,86) und ©. Plinius Secundus haben uns darü- 
ber Mittheilungen gemacht. Letzterer sagt lib. XVI cap. 21. 
Pix liquida in Europa e teda coquitur. Lignum ejus coneisum 
furnis undique igni extra circumdato fervet. Primus sudor 
aquae modo fluit canali: hoc in Syria cedrium vocatur, 
eui tanta vis est, ut in Aegypto corpora hominum defuncto- 
rum eo perfusa serventur. Ferner lib. XXIV cap. 11. ÜOedri 
succus..... defuncta corpora incorrupta aevis servat. Hieraus 
ist der Schluss zu ziehen, dass man sich einer Art Holzsäure 
bediente, deren antiseptische Kraft ja bekannt ist. 
_ 

Berzelius schlägt als eine sehr wirksame Art der 
Einbalsamirung vor, die Pulsadern mit Holzsäure zu injiciren 
und den ganzen übrigen Körper mit einer Arsenik- oder 


Quecksilberchloridlösung zu imprägniren. Indessen sind glück- 


licherweise heut zu Tage derartige Künsteleien ziemlich über- 
flüssig, und man übergiebt die Leiche vertrauensvoll dem 
 Schoosse der Mutter Erde, 


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302 | Die Antiseptiea. 


Mit der Herstellung der Mumien sind wir erst durch die 
Untersuchungen Czermak’s genauer bekannt geworden. Das 
‘ Einbalsamiren der Leichen begannen die alten Aegypter 
damit, dass von der Nase aus mittels eines Hakens das Ge- 
hirn aus der Kopfhöhle entfernt wurde. Dann wurden durch 
einen Schnitt an der linken Seite des Unterleibes auch die 
Eingeweide, mit Ausnahme des Herzens und der Nieren, ent- 
fernt, gereinigt und wieder eingebracht. Hierauf nahm man 
erst die eigentliche Einbalsamirung vor. Der den Einschnitt 
Ausführende — Paraschistes genannt — wurde wegen 
der Verletzung der geliebten Person mit Steinwürfen ver- 
folgt. Die Entfernung der Eingeweide und die Einbalsami- 
rung besorgten die nicht eigentlich zu den Priestern gehören- 
den, doch sehr geachteten Tachireuten. Nachdem die 
Leiche 70 Tage lang in kohlensauerm Natron gelegen, wurde 
sie mit Myrrha, Cassia und andern Gewürzen belegt und 
schliesslich von den Kolchiten vollständig mit Leinwand 
umwickelt. (Vgl. Gannal „Histoire des embaumements. Paris 
1841). Gegenwärtig wendet man zur Conservirung der Lei- 
chen und ihrer Weichtheile, wenn erforderlich, solche Stoffe 
an, welche das namentlich im Fleisch und Blut befindliche 
Eiweiss zum Gerinnen bringen. Kreosot, Holzessig (Plinius), 
Sublimat, Arsenik u. dgl. (Berzelius.). Die Anwendung von 
Harzen und Balsamen ist insofern nützlich, als sie die Zer- 
stöorung durch Luft und Ungeziefer hindert; zu diesem Zwecke 
dient Terpentinöl und Aehnliches. Will man zu anatomischem 
Zwecke die Leiche conserviren, so muss man anders verfah- 
ren, als wenn man sie vielleicht eine Zeit lang ausstellen 
oder sie transportiren will. Zu ersterem Zwecke überzieht man 
die Leichentheile mit Firniss oder Guttapercha-- Auflösung, auch 
behandelt man sie mit Weingeist, Gannal schlug vor, eine 
Auflösung von schwefelsaurer oder salzsaurer Thonerde in 
die Blutgefässe zu spritzen; Sucquet spritzte mit noch bes- 
serm Erfolg eine Auflösung von Chlorzink, Andere Auflösun- 
gen von Chromsäure, schwefligsauerm Natron oder Zinnchlorid 
in die Adern. Um anatomische Präparate zu conserviren, 
hat Brunetti, Professor zu Padua folgendes Verfahren ange- 


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Die Antiseptiea. 303 


geben: Zuerst werden die Blutgefässe mit Wasser, dann mit 
Alkohol und Aether und schliesslich mit Tanninlösung ausge- 
spritzt, das so behandelte Präparat aber noch einem beson- 
dern Austrocknungsverfahren unterworfen. 

Einer Auflösung von arseniger Säure bedient man sich 
auch zur Conservirung von Thierkörpern für zoologische Ua- 
binete. Die arsenige Säure wird hierzu gewöhnlich in Form 
von Seife in ziemlich beträchtlicher Menge angewandt. Es 
ist also die Warnungstafel: „Die Gegenstände sind nicht zu 
berühren“ sehr motivirt. Sublimat und Arsenik zerstören 
die ersten sich bildenden Fäulnissproducte oder lassen sie 
gar nicht entstehen. Die mumificirende Wirkung des Arseniks 
ist auch oft in Fällen beobachtet worden, wo mit Arsenik ver- 
giftete Personen zum Zweck der chemischen Untersuchung oft 


nach Jahren erst wieder ausgegraben wurden. Man fand die 


Leichen mumienartig vertrocknet, die Bauchdecken zähe wie 
gegerbtes Leder. 

Will man Thierbälge, die im feuchten Zustande sehr 
leicht faulen, beim Trocknen aber zu hart werden, zu einem 
guten Leder verarbeiten, so bedient man sich des Gerbstofis, 
des Alauns oder fettiger Substanzen. In Form einer Loh- 
brühe wird der Gerbstoff den Häuten imprägnirt und bildet 
mit ihnen Leder. Der Alaun wird in Verbindung mit Koch- 


salz zur Weissgerberei angewandt; es soll das hierbei sich bil- 


dende Chloraluminium wirken, welches mit Leim keine Fäl- 
lung giebt. Bei der Verfertigung des sog. Waschleders geht 
die thierische Haut keine chemische Verbindung ein. Es 
werden die Häute wie bei der Fabrication der andern Leder- 
arten vorerst sehr gut gereinigt und enthaart, zum Aufschwel- 
len gebracht, dann wiederholt mit Fischthran gewalkt und, 
nachdem sie möglichst damit durchtränkt, durch Pottaschen- 
lösung von dem überschüssigen Thran befreit, Bei der Ver- 
fertigung der Juchten wird nach den Vorbereitungs - Manipu- 
lationen erst schwach gegerbt, dann die Fleischseite mit brenz- 
lichem Birkenöl eingerieben, woher der bekannte Juchtenge- 
ruch stammt, über dessen Angenehmheit sich noch streiten 
lässt, Auch der Saffian wird durch Gerben dargestellt, nicht 


304 Die Antiseptica, 


’ 


aber das Pergament, bei dessen Darstellung die Haut gar 
keine chemische Veränderung erleidet. Es werden zur Be- 
reitung desselben die Häute auf der Fleischseite mit Kreide 
eingerieben, mit Bimsstein geglättet und getrocknet. Das 
Pergamentpapier zu Schreibtafeln, jedoch ist ein starkes Pa- 
pier, welches mit Bleiweiss und Leinölfirniss bestrichen und 
‚glatt polirt ist. Das in neuerer Zeit vielfach mit Vortheil 
statt der thierischen Blase verwendete Pergamentpapier ist 
Fliesspapier, das durch Eintauchen in verdünnte Schwefelsäure 
und Waschen in Ammoniak seine Pergament ähnliche Be- 
schaffenheit erhält, sonst aber keine chemische Veränderung 
erleidet. 

Unter den Metalloxydverbindungen finden ferner als 
Antiseptica noch das schwefelsaure und holzessigsaure Eisen- 
oxyd Anwendung. Letzteres spielt in der Neuzeit eine bedeu- 
tende Rolle zur Conservirung der Bauhölzer (das Imprägniren). 
Es wirkt in der Art, dass es sich zwischen die Poren des 
Holzes lagert und so die Einwirkung der feuchten atmosphä- 
rischen Luft hindert. Um Baupfähle zu schützen, verkohlt 
man häufig einen Theil der Aussenfläche am untern Ende, 
sodass die Kohlenlage den schützenden Ueberzug bildet, wie 
wir überhaupt an der Kohle ein vorzügliches Antisepticum 
haben. Es werden z. B. Fässer, in welchen Wasser für lange 
Seefahrten aufbewahrt werden soll, inwendig stark verkohlt, 
um das Wasser vor Fäulniss zu schützen. Völlig faules 
‚Wasser, anhaltend mit Kohlenpulver geschüttelt, kann dadurch 
wieder erträglich schmackhaft gemacht werden. Sehr prak- 
tisch sind auch für Haushaltungen die neuerlich viel empfoh- 
lenen Kohlenflter.. Packt man Fleischwaaren oder andre 
Nahrungsmittel in Kohlenpulver, so können sie lange geniess- 
bar erhalten werden. Man hat zu diesem Zwecke namentlich 
für geräucherte Fleischwaaren auch gesiebte Asche empfohlen, 
die wohl nur dadurch wirkt, dass sie einen guten Luft- 
abschluss ermöglicht. Von dem Vermögen der Kohle, Gase 
und Farbstoffe aufzunehmen, weiss man, dass es durch ihre 
Porosität bedingt ist. Ihre Anwendung als Antisepticum mag 
aber doch wohl auf chemischen Vorgängen beruhen, da der 


Die Antiseptica. BE ;\ı\: 


nicht poröse Graphit unter Umständen auch als Antisepticum 
benutzt werden kann. 

Stärker als Kohle in Bezug auf chemische Kraft wirkt 
Chlor. Es dient hauptsächlich als Desinfeetionsmittel und ist 
als solches das bei weitem geeignetste, welches wir neben 
der Carbolsäure und ihren Verbindungen bis jetzt kennen. 
Wir schulden desshalb Guyton de Morveau, der das 
Chlor als Desinfectionsmittel einführte, grossen Dank. In 
überfüllten Läzarethen, in von Epidemieen heimgesuchten 
Wohnungen der Armen, wo also kein Raum lange unbenutzt 
bleiben kann, macht Chlor, gewöhnlich von Chlorkalk exha- 
lirt, die einstweilen verlassenen Räume ohne Gefahr für die 
Gesundheit wieder benutzbar. 

Der chemische Vorgang bei der Wirkung des Chlor ist 
der, dass das Chlor den organischen Stoffen Wasserstoff ent- 
zieht und sich dafür substituirt. 

Um modrige faule Luft zu entfernen, bedient man sich 
namentlich in Kellerräumen kleiner Mengen Schiesspulvers, 


‘das man abbrennt. Bei der Explosion des Pulvers bildet 


sich Schwefelkalium, Stickstoff und Kohlensäure und wird 


hierbei den organischen Verbindungen wol ebenfalls Wasser- 


stoff entzogen. Um lange verschlossene, nicht benutzte Kel- 
lerräume ohne Gefahr betreten zu können, genügt das Aus- 
giessen von Kalkmilch in dieselben, welche die Kohlensäure 
und andre nicht athembare Gase in sich aufnimmt. — Zur 
Reinigung der Luft in Krankenzimmern hat man mit Er- 
folg zerschnittene Zwiebeln angewandt, die man ab und zu 
erneuert. 

Die Wirkung der ätherischen Oele_als Antiseptica grün- 
det sich auf das Vermögen derselben, Sauerstoff aufzunehmen. 
— Das Kreosot, das seinen Namen ‚„Fleischerhalter‘ mit Recht 
führt, wirkt als kräftiges Antisepticum, es dient zur Schnell- 
räucherung und wirkt wahrscheinlich durch seine Eigenschaft, 
das Eiweiss zum Gerinnen zu bringen. Man empfiehlt zur 


Aufbewahrung des rohen Fleisches, dasselbe in Wasser zu 
legen, welches die löslichen Theile des Kaminrusses enthält, 


in Russlake. Das Fleisch verliert hierbei weder an Grösse, 
Arch, d. Pharm, III, Reihe, I. Bds, 4, Hit, ; 20 


306 Die Antisepticä, 


noch an Gewicht und erhält sich mehre Monate wohl- 
schmeckend, nur muss man dafür sorgen, dass das Wasser 
das Fleisch völlig bedeckt, welches man auch vorher mit 
Russ bestreuen kann. Eine Wirkung des Kreosot’s; eben 
darauf beruht die ÜOonservirung der Bauhölzer durch Holz- 
essig, die Anwendung des Holzessig gegen Hausschwamm. 
Gegen den mit Recht so gefürchteten Hausschwamm hat man 
ein dem Anscheine nach curioses Mittel angegeben, das sich 
aber bewährt hat. Das völlig zubereitete Bauholz wird mit 
einer Mischung aus gleichen Theilen roher Sauerkrautbrühe 
und Heringslake so oft bestrichen, bis es völlig durch- 
tränkt ist. 

Auch der Alkohol dient als Antisepticum besonders in 
zoologischen und anatomischen Museen; bisweilen werden 
anatomische Präparate jedoch auch in der Art aufbewahrt, 
dass man sie mit Lack z. B. Copallack überzieht und so den 
Zutritt der Luft hindert. Der Alkohol wirkt auch durch 
Wasserentziehung. 

Die Wirkung von Kochsalz und Salpeter, welche zur 
Fleischeonservirung (Pökeln) eine allbekannte Anwendung 
finden, liegt darin, dass sie die Fasern und Gefässe des 
Fleisches contrahiren und so den Luftzutritt hindern. Zum 
Einmachen der Gemüse bedient man sich bald eines Zusatzes 
von Salz, bald einer Beigabe von Zucker, der unter Umstän- 
den auch ein gutes Antisepticum ist, 

Ferner wird der Kalk vielfach zum Conserviren benutzt, 
namentlich in Haushaltungen in der Form von Kalkwasser 
zum Aufbewahren der Eier, die in demselben durch Luft- 
abschluss sehr lange frisch erhalten werden können. 

Die Antiseptica haben also hauptsächlich den Zweck: die 
Feuchtigkeit zu entfernen und die atmosphärische Luft d. h. 
den Sauerstoff abzuhalten, und in welcher Weise sie ihre 
Aufgabe erfüllen, hoffen wir im Vorstehenden kurz dargelegt 
zu haben. 


Notizen. 307 


Notizen. 


Von Julius Müller, Apoth. in Breslau. 


a) Sichtbarmachung von Steuerstempeln auf 
gefärbtem Kattun. 


Ein grosses Kattun-Geschäft in Breslau hatte einen 
erheblichen Posten Kattun zum Färben nach Oesterreich ge- 
sandt; an der Grenze versteuert, wurde jedes Stück mit einem 
Stempel versehen. Kommen diese durch den Stempel gekenn- 
zeichneten Waaren zurück, so unterliegen sie selbstverständ- 
lich keiner preussischen Steuer. — Die Stempel waren nun 
bei jedem Stück durch das Ueberfärben völlig unsichtbar 
geworden, die preussische Steuer- Behörde behandelte in Folge 
dessen die Kattune als von Oesterreich exportirte und bean- 
spruchte Steuer. Es wurde an mich die Frage gestellt, ob 
es nicht möglich sei, die Stempel wieder sichtbar zu machen, 
um auf diese Weise die Behörde von der falschen Forderung 
zu überzeugen. — Es gelang mir dies in der That Uurch 
wiederholtes Behandeln der Ecken, in welche der Stempel 
gewöhnlich aufgedrückt wird, mit sehr verdünnter Kali- 
lauge vollständig. Die Farbe des Kattuns wurde dadurch 
gelöst und weggewaschen, die schwarze Stempelfarbe trat 
deutlich hervor, so dass die Behörde von der Richtigkeit des 
Stempels überzeugt, das Geschäft vor einer doppelten Steuer 
bewahrt wurde. — 


b) Entfernung von Stempeln vom Papier. 


Aus einem grossen Maschinen - Commissions - Geschäft 
erhielt ich einen mit blauem Fabrikstempel versehenen, die Zeich- 
nung der patentirten Maschine enthaltenden Preiscourant mit 
dem Ersuchen, den Stempel zu entfernen, da sonst natürlich 
die Maschine nicht von ihnen, sondern direct aus der Ma- 
schinen - Fabrik gekauft würde. — Auch, dies gelang mir, 
und zwar durch sehr behutsames Behandeln des Stempels 
mit Aether. Da die Stempelfarbe jedenfalls Anilinblau 

20 * 


308 Notizen. 
war, so verschwand dieselbe vollständig, ohne dass die Zeich- 
nung irgend wie beschädigt wurde. — 


c) Unterscheidung des &emahlenen reinen Kaf- 
fees von Kaffeesurrogaten. 


“ Von der Steuer erhielt ich unter der Bezeichnung „Kaf- 
fee-Surrogat“ ein braunes dem gemahlenen Kaffee sehr 
‘ähnliches und auch darnach riechendes grobes Pulver. Die 
Behörde vermuthete eine Defraudation d. h. sie glaubte, es mit 
reinem gemahlenen Kaffee zu thun zu haben. — War 
es ein dem Kaffee so ähnlich sehendes Surrogat, so enthielt 
es: jedenfalls geröstetes Korn oder dergleichen, also 
sicher Stärke, die dem reinen Kaffee fehlt. Ich erinnerte 
mich, dass Kalilauge Stärke unverändert löst, schüttelte in 
Folge dessen etwas von dem Pulver mit verdünnter Kali- 
lauge, filtrirte ab, verdünnte die Flüssigkeit mit viel Wasser 
und setzte Jodlösung zu; sofort trat die schöne blaue Reac- 
tion ein; es lag also in der That nicht reiner Be 
Kaffee, schitlern ein wirkliches Surrogat vor. — 


d) Harnsteine aus Cystin. 


Zur Untersuchung erhielt ich hanfkorn- bis erbsen- 
grosse, scharf warzige Harnsteinchen. Dieselben erwie- 
sen sich als aus reinem Oystin bestehend; ich erhielt bei 
der quantitativen Bestimmung des Schwefels, 25,30%, Schwe- 
fel; die Formel 06H?NS?0O* verlangt 26,45°,. — Ebenso 
scharf und noch schöner als die von Liebig angegebene 
Reaction „Kochen mit einer alkalischen Bleilösung “ ist jeden- 
falls die: die Harnsteine vermittelst geringer Menge. Kali- 
lauge aufzulösen, die erkaltete Lösung mit Wasser zu ver- 
dünnen und dann etwas Nitroprussidkalium - Lösung zuzusetzen ; 
die violette Färbung tritt schön ein. 

' Bei mikroskopischer Untersuchung des betreffenden 
Harns fand ich die ausgebildeten sechsseitigen Oy- 
stin-Tafeln, — 


EEE TEE er ET BEN = 


ur tn 


u 


2 DE ae 


Decoetum Salep. 309 
c) Die bekannten Grimault’schen Guarana Pulver. 


Das Dutzend 1 Thaler enthalten pro dosi 2 Grm. Gua- 


ranaı. — Des hohen Preises wegen bezog ich von Friedrich 
Jobst in Stuttgart Guarana und dispensire jetzt 2 Grm. des 
feinsten Pulvers — immer noch mit genügendem Gewinn — 


zu 1 Silbergroschen. Die Wirkung ist eine ebenso vorzüg- 
liche und gegen Migraene nicht hoch genug zu veranschla- 
gende, wie die der Grimault’schen Pulver. Jedenfalls liegt 
die auffallende Wirkung dieses ja schon längst bekannten 
Mittels in der grossen ohne jede unangenehme Nebenwirkung 
anzuwendenden Dosis. — 


Decoetum Salep. 


Von C. Hirschberg in Sondershausen. 


Im Juliheft 1872 des Archivs giebt Herr Apotheker 
Enders eine Methode zur Bereitung des genannten Decocts, 
zu welcher folgende Modification am Platze sein dürfte. 

Das -Salep- Pulver wird in einem Mörser mit kaltem, 
hierauf mit möglichst vielem ‘kochenden Wasser angerieben, 
das Ganze erkalten gelassen, das erkaltete Wasser abgegos- 
sen und die zurückbleibende gallertartig aufgequollene Masse 
mit soviel kaltem Wasser versetzt, dass das vorgeschriebene 
Gewicht erreicht wird. Durch dies Verfahren wird dem 
Decoct der fade Geschmack entzogen, welcher demselben sonst 
anhaftet und man erhält einen Schleim, in welchem bei An- 
wendung von recht feinem aus ausgesuchter Waare. herge- 
stelltem Pulver verhältnissmässig wenig nicht aufgequollene 
Theile sichtbar sind, 

Hbg. 


310 


II. Botanik, Pflanzenphysiologie und 
Pharmacognosie. 


Ueber die Trüffel. 
Briefliche Mittheilung mit Erlaubniss zur Veröffentlichung 


von Dr. von Schleehtendal, Markscheider in Zwickau. 


In dem von Ihnen redigirten „Archiv der Pharmacie “ 
Band 194 p. 190 und folgende findet sich ein Referat aus: 
„Ueber Land und Meer“ Jan. 1870 mit der Ueberschrift: 
„Die Trüffel.“ Den Artikel selbst habe ich nicht gele- 
sen, doch ersieht man schon aus dem Referat, dass der Ver- 
fasser desselben kein Fachmann, ja nicht einmal ein genauer 
Beobachter ist. Anmaassend ist es, dass dieser den Beobach- 
tungen der Gelehrten, die neueren Forschungen (?) gegenüber 
stellt. — Daran, dass die Trüffel ein Pilz sei, ist nichts zu 
ändern; wer je eine Trüffel, und sei sie noch so alt, unter- 
sucht hat, muss dieselbe für ein selbstständiges Pflanzengebilde 
erkennen. Eine Gallbildung ist es nie! — Nun aber finden 
sich an den Faserwurzeln der Eichen Gallen, welche zum 
Theil in ihrer Jugend, zum Theil aber auch zur Zeit ihrer 
Reife den Trüffelm gleichen und wohl von einem Unkundigen 
für Trüffeln angesehen werden könnten, diese aber rühren 
nicht von Fliegen, sondern von Wespen her. Die eine die- 
ser Gallen ist nur in der Jugend weich und beherbergt in 
ihrem Innern zahlreiche Larven, im: Alter wird sie hart und 
holzig, sie wird von einer Gallwespe Aphilothrix radieis Fbr. 

erzeugt; die andre Galle, welche entweder einzeln oder zu 


3 ; 
ne an 


- wielen gehänft sich findei, wird von einer ungeflügelten Gall- 
_  wespe der Bierhiza aptera hervorgebracht. Die letztere Galle 
= enihalt je eine Larve. Sollte nun auch vielleicht noch eine 
driite Galle an Eichwurzeln vorkommen und sollte diese auch 
durch eine Fliege entstehen, so wäre doch die Art und Weise 
= wie die Fliege (nach dem Bericht) die Galle hervorbringt, so 
- durchaus von der Art und Weise der übrigen Gallfliegen 
; abweichend, dass es immerhin merkwürdig blieb, wenn von 

diesem aussergewöhnlichen Vorgange noch Nichte in den 
E ze entomolozischen Werken erwähnt wor- 


Ben. „Mit ihrem Rüssel sticht sie in die Würzel- 
Be vet 3. de Winde ihre Eier“ ete. Die bis jeizt 
bekannten Galifliegen bedienen sich hierzu nur ihrer Lege- 
röhre. Ferner heisst es: „Die von der Fliege gelegten 
Eier bleiben in demselben Zustande, bis die Trüffel zu reifen 
begimt.“ Wäre das Insect eine Fliege, so würden nicht die 
_ Eier das Wachsthum der Galle bewirken, sondern dieselben 
würden erst anfangen zu enistehen, wenn die Larven den 
Eiern entschlüpft sind. Nur die Eier der Gallwespen haben 
die Eigenthümliehkeit, dass sie als solche wachsen und nicht 
eher sich zur Larve ausbilden, als bis der Gallapfel seine voll- 
- kommene Grösse erlangt hai. Die Verwandlung der Larve 
_ zum vollkommenen Insect, sowie die Beschreibung dieses 
selbst ist zu ungenau und unklar, als dass sich darüber etwas 
sagen liesse. Wunderbar sind die Fragen und deren Beant- 
_ wortungen, wunderbarer aber die künstliche Züchtung der Fliege 


- junge Larve leben soll, wenn sich überhaupt das Ei zur Larve 
entwickelt, was nicht gut denkbar ist. Einmal der umhüllen- 
den Wohnung entnommen, all seinen Lebensbedingungen ent- 
risse Be er Ficen 
entwickeln. 

ee a a ri 


ed ge Adiie are 


_ aus dem Ei in Brütekästen! Ich begreife nicht wovon die 


ron einer Fliege bewohnt werde, nur das beruht auf Irrthum, a 


812 Ueb. die Ernährung v. Wiesengräsern in Fluss- u, Brunnenwasser. 


stehen. In fast allen Pilzen leben Fliegenlarven, wesshalb 
nicht auch in den Trüffeln? 


Falsch ist übrigens die Angabe, dass alle Versuche die 


Trüffel zu eultiviren misslungen seien; Professor Krompholz 
in Prag, giebt in seinem vorzüglichen Werk über die Pilze 
an, dass die Trüffel mit Erfolg cultivirt worden sei. Aller- 
dings kann man einen Pilz, der auf Baumwurzeln schmarotzt, 
nicht wie einen auf faulenden Stoffen wachsenden, im Mist- 
beet erziehen. 


Ich hielt es für angemessen gegen diesen Artikel einzu- 
schreiten, weil er in Ihr geschätztes und weitverbreitetes 
Blatt Eingang gefunden und leider! bereits als Citat ver- 
wandt worden ist. 

Mit dem Leben der Galleninsecten bin ich zu vertraut, 
als dass es mir nicht ein Leichtes wäre den ganzen Artikel 
zu widerlegen. Es ist traurig, wenn es dem Ungelehrten, 
der wahrscheinlich mehr sich denkt als beobachtet, erlaubt 
ist, ungerügt den Erfolgen der Wissenschaft auf diese Weise 
Hohn zu sprechen. 


Ueber die Ernährung von Wiesengräsern in Fluss- 
und Brunnenwasser. 
Von Dr. Alb. Beyer. 


Zu den ıin den letzten Jahren mit besonderer Vorliebe 
in Fachzeitschriften behandelten Gegenständen gehört unstrei- 
tig die Frage über die Bedeutung des älteren Kunstwiesen- 
baues gegenüber einigen anderen neuerdings in Anwendung 
gebrachten Methoden. Wenn die Ansichten hierin selbst 
nach längerem Streite immer noch ziemlich aus einander 
gehen, so dürfte die Ursache davon hauptsächlich darin zu 
suchen sein, dass wir leider bis jetzt die experimentelle Be- 
antwortung einiger wichtigen dabei in Betracht kommenden 
- Fragen entbehren. Erst wenn diese Lücken vollständig aus- 


\ 
Br E77 E 
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er; 


UVeb. die Ernährung v, Wiesengräsern in Fluss- u, Brunnenwasser, 318 


gefüllt sind, wird eine objective Beurtheilung möglich sein. 
Es war daher mit Recht freudig zu begrüssen, wenn Herr 
Oekonomierath Vincent, als Hauptvertreter des älteren 
Wiesenbaues, durchdrungen von der Nothwendigkeit derarti- 
ger Fundamentalversuche, Anregung zu solchen an der Sta- 
tion Regenwalde gab. 

Bevor aber Fragen von mehr praktischer Bedeutung in 
Angriff genommen werden, z. B. ob und in welcher Richtung 
ein Rieselwasser an seinen nährenden Bestandtheilen Einbusse 
erleidet, wenn es mehrmals über neue zu berieselnde Flächen 
fliesst; ob beim langsamen Hindurchsickern des Wassers 
durch den Boden oder beim Ueberrieseln Absorption von vor- 
her gelösten Pflanzennährstoffen stattfindet, oder ob umgekehrt 
Bodenbestandtheile gelöst werden, und welche; ehe ferner 
Versuche angestellt werden über Anwendung verschiedener 
Quantitäten Wassers bei gleicher Qualität u. s. w., wäre vor 
Allem die Frage zu erledigen : ; 

„Sind die im Rieselwasser gelösten Pflanzennährstoffe 

schon allein befähigt zur Ernährung der Gräser, oder sind 
darin suspendirte Stoffe nöthig, und muss der Boden ab- 
sorbirende Kraft besitzen, in welchem die aus dem Was- 
ser sich ernährenden Gräser wachsen?“ 


In ähnlicher Weise war die Frage durch Herrn Oeko- 
nomierath Vincent formulirt, die Veranlassung zu nachste- 


hendem Versuche gab. 


Ausführung des Versuchs. 


Drei Zinkkästen, 6 Zoll im Quadrat und 9 Zoll hoch, an 
deren vorderer Seite eine dicht über dem Boden ausgehende 
communicirende Röhre von circa */, Zoll Durchmesser ange- 
bracht war, und durch welche vermittelst verschiedener ver- 
schliessbarer Oeffnungen der Wasserstand regulirt werden 
konnte, wurden mit ganz reinem, mit concentrirter Salzsäure 
ausgekochtem und vollständig rein ausgewaschenem Quarz- 


sand, wie ihn Hellriegel zu seinen Vegetationsversuchen 


benutzt, in der Weise gefüllt, dass die am Boden angebrachte 


314 Üeb. dıe Ernährung v. Wiesengräsern in Fluss- u. Brunnenwasser. 


mit der communicirenden Röhre in Verbindung stehende Oeft- 
nung zuerst mit ein wenig Badeschwamm verstopft und der 
Boden hierauf mit groben Quarzstücken bedeckt wurde. Auf 
diese gröberen Stücke folgten Schichten immer feiner wer- 
denden Quarzes, und auf diese der Sand. An der hinteren 
Seite der Kästen war die Wand in der Breite von eirca 
1!/, Zoll nach Aussen gebogen, eine schiefe Ebene darstel- 
lend, auf welche das Wasser gleichmässig durch eine quer 
auf die Seitenwände befestigte, mit feinen Löchern versehene 
Rinne vertheilt werden und dann auf die Oberfläche des San- 
des abfliessen konnte. Der Zufluss des Wassers geschah 
ebenfalls aus Zinkkästen von 6 Zoll Höhe, 9 Zoll Länge und 
7 Zoll Breite. Dieselben waren an der Wand des Gewächs- 
hauses über den Vegetationsgefässen angebracht und ermög- 
lichten vermittelst kleiner Messinghähne, die durch Gummi 
mit in Spitzen ausgezogenen Glasröhren verbunden waren, 
unterstützt durch obenerwähnte Rinnen, eine ziemlich gleich- 
mässige Vertheilung des anzuwendenden Wassers auf eine 
bestimmte Zeit. 

Zwei dieser Kästen (I und II) enthielten nur Quarzsand, 
der dritte jedoch ausserdem noch einen Zusatz von 80 Grm. 
eines künstlich dargestellten Kalkerdesilicats, 50 Grm. Eisen- 
oxydhydrat und 40 Grm. Thonerdehydrat. Nach Beschickung 
der Gefässe wurde der Sand mit destillirtem Wasser ange- 
teuchtet, und in jedes Gefäss 0,3 Grm. eines Grassamenge- 


misches, bestehend aus Alopecurus pratensis, Festuca praten- 


sis, Phleum, Dactylis glomerata, Anthoxanthum odoratum und 
Holcus lanatus gesäel. Nachdem in allen drei Kästen die 
Pflanzen aufgegangen waren, wurde mit dem Rieseln begon- 
nen, und zwar erhielt Gefäss I Wasser der Rega, welches, 
schon an und für sich klar, noch drei bis !vier Wochen im 
verschlossenen Glasballon gestanden hatte und keine Spur 
suspendirter Stoffe mehr enthielt, Gefäss II dasselbe Rega- 
wasser ohne vorher gestanden zu haben, Gefäss III wie 1. 
Verlauf des Versuchs. 

Derselbe begann am 15. April 1867. In dem darauf 

folgenden Sommer kamen die Gräser trotz der sorgfältigsten 


FRONT. 


yon 


Veb, die Ernährung v. Wiesengräsern in Fluss- u, Brunnenwässer. 315 


Behandlung nicht sehr über die bei der Keimung erlangte 
Grösse hinaus, so dass von einer Ernte im Herbste nicht die 
Rede sein konnte.*e Während des Winters standen die Kä- 
sten in einem Zimmer, dessen durchschnittliche Temperatur 
4°R. betrug, möglichst vor Licht geschützt. 

Am 2. März 1863 wurde wieder mit Rieseln begonnen. 
In Kasten III waren die Pflanzen fast vollständig verkümmert. 
Die ungünstige Beschaffenheit des künstlichen Silicats mag 
die Ursache davon gewesen sein. Der Versuch mit diesem 
Kasten musste aufgegeben werden. Zwischen Gefäss I und 
II war auch nicht der mindeste Unterschied zu bemerken, es 
wurde daher Gefäss II vom Frühjahr 1868 an mit reinem 
Brunnenwasser, und zwar mit dem Wasser aus dem Brunnen 
der Versuchsstation berieselt. Die Pflanzen entwickelten sich 
im zweiten Sommer zwar immer noch dürftig, fingen jedoch 
gegen Ende desselben an sich zu bestocken, so dass im Sep- 
tember geerntet werden konnte von: 


I: II. 
Trockensubstanz 3,42 Grm, 3,08 Grm. 
mit Asche 0,45 „ DAY, 


Zur Blüthe waren die Pflanzen noch nicht gelangt, hat- 
ten aber ein dunkelgrünes, gesundes Aussehen. 

Im Winter 1868—1869 standen die Pflanzen wieder in 
demselben oben erwähnten Raume, und im März 1869 wurde 


_ wieder mit Rieseln angefangen. Mitte Mai fingen in beiden 


(Gefässen die Pflanzen von Holcus lanatus an zu blühen, die 
anderen Gräser entwickelten sich von da ab ebenfalls zuse- 
hends. Am 27. Juni wurde das Gras geschnitten. Im Ge- 
fäss I, wo fast ausschliesslich Holcus lanatus zur Entwicke- 
lung gekommen war, waren die Pflanzen verblüht und gereift, 
während in Gefäss II der grösste Theil der Pflanzen noch 
vollkommen grün war. 
Es wurde geerntet: 

ir II. 
Trockensubstanz —= 8,236 Grm. 11,696 Grm. 
mit Asche == 0,55Li.,, 0,896 ,„ 


316 Ueb. die Ernährung v, Wiesengräsern in Fluss- u. Brunnenwasser. 


Den 6. September und 27. October wurde geerntet: 


I, II, 
Trockensubstanz = 4,100 Grm. - 6,653 Grm. 
mit Asche 05 


Am 27. October wurde der Sand aus Gefäss I heraus-. 


genommen.  Derselbe bildete mit den feinen Faserwurzeln 
der Gräser, die das ganze Gefäss durchsetzt hatten, eine 
zusammenhängende Masse, und die. Wurzeln stellten nach 
Eintfernung des Sandes einen dichten Filz dar. - 

Nur bis 11), Zoll unter der Oberfläche war der Sand 
durch wenig Humusmaterie, entstanden aus den abgestorbe- 
nen Blattresten der Gräser und einer geringen Moosvegeta- 
tion (Jungermannia), bräunlich gefärbt. Die übrige Sand- 
masse war noch so hblendend weiss, wie beim Beginn des 
dreijährigen Versuchs. Das Befreien der Wurzeln vom 
Sande konnte mit Leichtigkeit und ohne Verlust ‘geschehen. 


Es ergaben: 
Die Wurzelstöcke Die Wurzeln selbst 
4,311 Grm. 7,12 Grm. Trockensubstanz. 


mit 0,208 ,„ Asche. 

Rechnet man nun den Gesammtertrag aus Gefäss I zu- 
sammen, so ergiebt sich im Ganzen von 0,30 Grm. Saatgut 
für die oberirdischen Organe 20,067 Grm. Trockensuhstanz, 


wobei natürlich noch zu berücksichtigen ist, dass wohl nur 


höchstens der zehnte Theil der Samen zur Entwickelung 
gekommen ist. Zu.bemerken ist noch, dass während der 


ganzen Versuchsdauer die Pflanzen durchschnittlich einen 


Tag um den anderen berieselt worden waren, und zwar stets 
nur dann, wenn die Pflanzen vom directen Sonnenlicht nicht 
getroffen wurden. 2 

Die verwendeten ‘Wasser hatten pro Liter folgenden Ge- 
halt an Pflanzennährstoffen in Grammen: 


1. Regawasser.*) 2. Brunnenwasser.**) 
Kali = 0,0061 0,0177. 
Natron = 0,0263 0,0373 


*) Analyse von B. Lucanus. 
**) Analyse vom Verfasser. 


Veb. die Ernährung v. Wiesengräsern in Fluss- u. Brunnenwasser. 317 


Kalk — 0,0783 0,1206 
Magnesia — (0,0086 0,0130 
Eisenoxyd — 0,0007 — 

Schwefelsäure — 0,0145 0,0687 
Phosphorsäure = 0,0011 0,0014 
Chlor — 0,0446 0,0234 
Salpetersäure = 0,0015 0,0233 

Anhang. 


Ein vorläufiger Versuch darüber, inwieweit ein an und 
für sich ziemlich ertragsunfähiger Boden bei blosser Benetzung 
mit reinem Wasser Gräser zu ernähren vermöge, hatte nur 
im ersten Sommer und in der ersten Hälfte des zweiten 
Sommers ein sehr günstiges Resultat ergeben, im Spätsom- 
mer waren jedoch die Gräser vollständig zurückgeblieben. 

Es schien mir der Mühe werth, den Versuch zu wieder- 
holen. Das Resultat ist, wie man sehen wird, dasselbe 
gewesen. 

Ein Glashafen von 6 Liter Rauminhalt, am Boden mit 
einer ÖOeffnung versehen, welche durch ein Stück Bade- 
schwamm verstopft war, wurde mit einem ganz sterilen Dilu- 
vialsand, der vorher erst seiner wenigen feinerdigen Bestand- 
theile durch sorgfältiges Abschlemmen beraubt worden war, 

_ und auf welchem in gewöhnlichem Zustande kaum Aira 
canescens wuchs, gefüllt und dasselbe Grasgemisch wie in 
dem beschriebenen Versuch gesäet. 

Während der Versuchsdauer wurde das Gefäss mit de- 

stillirtem Wasser nur feucht gehalten. Der Versuch begann 
am 1. April 1868. Die Samen keimten sehr gut, und die 
Pflanzen wuchsen sehr kräftig empor. Es konnte am 3. August 
schon 3,335 Grm. Trockensubstanz entnommen werden. Die 
Pflanzen überwinterten in demselben Local wie oben. Am 
1. März 1869 wurden sie wieder befeuchtet, und am 26. Juni 
konnte geerntet werden 6,206 Grm. Trockensubstanz, 
Von da ab war die Weiterentwickelung eine höchst 
“ dürftige, so dass während der übrigen Zeit des Sommers nur 
noch 0,85 Grm. Trockensubstanz geerntet werden konnten, 


. 


318 VÜeb. die Ernährung v. Wiesengräsern in Fluss- u. Brunnenwasser. 


Versuchsergebnisse. 


In. Nachstehendem gebe ich in der Kürze die aus den 
eben beschriebenen Versuchen hervorgehenden Resultate wieder. 
1) Die von Vincent vertretene Ansicht, dass Gräser in 
einem nur gelöste Pflanzenstoffe enthaltenden Brunnen- oder 
auch Flusswasser zur vollständigen Entwickelung gelangen 
können, ist richtig. Einjährige Gräser, wie z. B. Hafer, schei- 
nen ein an Nährstoffen reicheres Wasser zu beanspruchen, 
denn die früheren Versuche ergaben in Brunnenwasser vor- 
trefflich ausgebildete Pflanzen, während dieselben in Regawas- 
ser nur kümmerlich entwickelt waren. 

2) Die vollständige Ausbildung der oberirdischen Organe 
erfolgt erst dann, wenn sich ein reichliches Wurzelsystem 
gebildet hat. Die erste Periode der Ernährung der Gräser 
aus solch verdünnten Lösungen der Nährstoffe ist also vor- 
zugsweise der Wurzelbildung gewidmet. Erst dann vermag 


die nun vorhandene grosse Wurzeloberfiäche den oberirdi-. 


schen Organen genügende Mengen von Pflanzennährstoffen 
zuzuführen. 

3) Die Versuche bestätigen die Erfahrung, dass die Qua- 
lität des Wassers eines Theils auf den Ertrag, anderen Theils 
auf die Entwickelung einzelner Gräser bei gleichem Saatgut- 
gemisch von ganz besonderem Einfluss ist; denn im Rega- 
wasser hatte sich vorzugsweise Holcus lanatus entwickelt, im 
Brunnenwasser dagegen nur ganz vereinzelt. In letzterem 
war der Ertrag ein höherer. 


4) Der als Anhang mitgetheilte Versuch ergiebt, dass 


ein scheinbar ganz unfruchtbarer Boden bei gehöriger Be- 
feuchtung Gräser zu ernähren vermag, aber nur auf kurze 
Zeit. Sind die wenigen disponibeln Nährstoffe verbraucht, so 
hört die Vegetation auf, wenn das Wasser selbst keine Nähr- 
stoffe enthält. 


319 


B. Monatsbericht. 
I. Physik, Geologie und Chemie. 


Die geologischen Verhältnisse von Minnesota. 


Geht man von Milwaukee aus, so bleibt im Süden das 
Steinkohlenfeld von Illinois liegen, welches, wenn auch nicht 
so gross wie das Apalachische Kohlenfeld von Pennsylvanien 
und Virginien, doch ein Areal, so gross wie ganz England 
einnimmt. Dann weiter südlich von La Ürosse liegen die 
reichen Kupfer-, Eisen- und Blei-Distrikte von Illinois und 
Jowa. Die Stadt Galena in Illinois exportirt allein jährlich 
51,800 Pfd. Blei, während die Gesammt-Blei-Production in 
den Vereinigten Staaten 116 Millionen Pfund beträgt. Der 
Weg führt dann durch die Sand- und Kalkstein-Region des 
Missisippi nach St. Paul, von hier aus in die Fichten - Region 
des nördlichen Minnesota, und hier beginnt die Trappstein - 
Region, die das südliche Ufer des Obern See bildet, und 
neuen unerschöpflichen Reichthum an gediegenem Kupfer und 
Eisen und auch an Silber in sich birgt. Kupfer liegt hier 
so rein und blank in der Erde, wie der Kupfergroschen aus 
der Münze kommt, in Massen von 2000 — 8000 Pfund. Die 
in Ontenagon angelegte Kupfermine brachte im ersten Jahre 
2 Millionen Pfund; die sämmtlichen Minen von Michigan brin- 
gen jährlich 8 Millionen Pfund Kupfer. Den Trappstein, das 
sichere Kennzeichen des Kupfers, kann man bis zum Poke- 
gama und Cross Lake hin verfolgen. Amethyste, Achat und 
Karneol finden sich an den Ufern der Seen massenhaft. 
Trotz des grossen Metallreichthums, den die Vereinigten 
Staaten besitzen, liegt der Bergbau noch sehr darnieder. Es 
fehlt an tüchtigen Bergleuten. Der Amerikaner will nicht 


_ unter der Erde arbeiten. (Der Ansiedler im Westen.) 


390 Erdlicht. — Künstl. Darstell. v. Kochsalz. —D.Best. d. Zuekerausbeuteete. 
Erdlicht. 


; In der „Gaea“ VIIT 3. 1872. S. 189 ist der Artikel 
über das Erdlicht aus Halle 14. Novbr. 1871 abgedruckt. 
Der Redacteur der Gaea Klein begleitet denselben mit fol- 
sender Bemerkung. „Solche tellurische Lichtentwickelungen 
habe ich selbst häufig wahrgenommen, sie sind wahrschein- 
lich innig verwandt mit den schwachen Lichtprocessen, welche 
besonders im Frühling und Herbste, in der Gegend des 
magnetischen Nordens sich zu entwickeln pflegen.“ 


Künstliche Darstellung von Kochsalz. 


Während der -Blokade von Metz war der Preis des Spei- 
sesalzes in der Stadt nach und nach von 90 Cent. das Kilo im 
Monate October auf 15—16 Frances gestiegen, trotzdem dass 
man das Vieh- und Düngesalz, das in ansehnlicher Menge 
sich in den Magazinen der Stadt vorfand, durch Auflösen und 
Filtriren der Auflösung in Speisesalz überführte.. Als ein 
Factum einzig in seiner Art ist anzuführen, dass grosse Men- 
gen von Salz durch Neutralisation von Soda mit Salzsäure 
(man gab die Lösung mit einem Gehalt von 400 Grm. per 
Liter ab), und durch Fällen von Chlorbarium mit schwefel- 
saurem Natron erhalten wurde. Auf letztere Art wurden von 
Courte vom 7. October 1870 an wöchentlich 2400 Liter Salz- 
wasser mit einem Gehalt von 300 Grm. per Liter dargestellt. 


(R. Wagner Jahresber. 1871 S. 294.). 5 Abg. 


Die Bestimmung der Zuckerausbeute aus Rohzucker. 


Diese von dem Verein der Rübenzucker - Fabrikanten als 
Preisfrage gestellte Aufgabe ist von Dr. C. Scheibler n 
Berlin auf die eleganteste Weise gelöst worden. Der zu 
untersuchende Rohzucker wird nach einander mit absolutem 
Alkohol, dann mit Zuckerlösungen in Alkohol von 96,92 und 
86 Proc., deren letzte einen Zusatz von Essigsäure enthält, 
ausgewaschen,, worauf dieselben Flüssigkeiten noch einmal in 


Die wirksamen Bestandtheile des Kaffees. 321 


umgekehrter Reihenfolge über den Zucker laufen. Dadurch 
wird sämmtliche Melasse entfernt, und es bleibt nur krystal- 
lisirter Zucker mit Spuren schwefelsaurer Salze zurück, so 
dass das Polarisationsinstrument nun mehr die absolute Menge 
des vorhandenen krystallisirten Zuckers angiebt. Eine grosse 
Reihe von Controlversuchen haben die Vorzüglichkeit der 
Methode bestätigt und hat der Erfinder derselben den ausge- 
setzten Preis von 1000 Thlr. erhalten. (Annalen d. Land- 
wirthschaft). Hbg. 


Die wirksamen Bestandtheile des Kaffees. 


Zur Gewinnung des Coffeins benutzte Herr Aubert eine 
neue Methode, nemlich die Behandlung mit Chloroform, welche, 
wie eine Zusammenstellung aller bisher ausgeführten Analy- 
sen zeigt, eine grössere Ausbeute zu geben scheint. Es wur- 
den in den rohen Bohnen 0,709 bis 0,849 Proc. Coffein 
gefunden. ” 

„Für die Kaffeetrinker ist es jedenfalls von grösserem 
Interesse, zu wissen, wieviel Coffein sie in ihrem Getränk 
zu sich nehmen, als zu erfahren, wieviel Coffein in den rohen 
Bohnen enthalten ist..... Es ist zunächst die Frage, ob 
und wieviel Coffein durch das Rösten der Kaffeebohnen ver- 
loren geht, dann wieviel Coffein aus den gerösteten und 
gemahlenen Kaffeebohnen mittelst des Aufgusses von heissem 
Wasser ausgezogen wird, endlich wieviel Coffein in dem 
sogenannten Kaffeegrunde zurückbleibt.“ 

Aubert röstete drei Portionen Java-Kaffee so stark, 
dass sie eine hellbraune Farbe bekamen. Während des Rö- 
stens wurde der entweichende Dampf aufgefangen; in dem- 
selben aber kein Coffein gefunden. Von der dritten Portion 
wurde dann die Hälfte noch weiter geröstet, und zwar so 

| stark, dass die Bohnen fast schwarz wurden, stark aufquollen 
und fettig glänzten. Bei diesem zweiten Rösten entwich 
Coffein, das sich deutlich nachweisbar in feinen Krystallen 
absetzte. Die vier Portionen gerösteten Kaffees wurden ge- 
mahlen, und aus denselben nach der gewöhnlichen Methode 
Aufgüsse bereitet. Diese Aufgüsse und die zurückbleibenden 
 Bodensätze wurden dann auf ihren Gehalt an Coffein unter- 
sucht und ergaben Folgendes: 
“Arch, d,Pbarın, II, Reibe. I, Bds, 4. Hft, 21 


323 Die wirksamen Bestandtheile des Kaffees. 


Fast alles in den gemahlenen Käffeebohnen enthaltene 


Coffein geht in das Kaffeefiltrat über, es bleibt kaum !/, da- 
von im Grunde zurück. 

Bei übermässig starkem Brennen der Kaffeebohnen geht 
doch nur wenig Coffein verloren, —*nur 0,144 Pro., auf rohe 
Bohnen berechnet — auf den gebrannten Kaffee bezogen, 
enthält der dunkel geröstete 0,927, der schwach gebrannte 
hingegen 0,987 Proc. Es findet sich aber, dass das Coffein 
aus den stark gebrannten Bohnen vollständiger ausgezogen 
wird, als aus den schwach gebrannten, so dass das Filtrat 
aus den stark gerösteten Bohnen bei gleichen Gewichten des 
verwandten en sogar ein wenig reicher an Üof- 
fein ist. 

„Es kann also dem Geschmacke eines Jeden ohne grossen 
Schaden überlassen bleiben, ob er seine Üaffeebohnen stark 
oder schwach rösten, und ob er seinen Kaffee als Filtrat 
bereiten oder eine Abkochung machen will.“ 

Die anderen aus den Caffeebohnen ausziehbaren Substan- 
zen wurden gleichfalls bestimmt. Hierbei stellte sich heraus, 
dass auch diese zum grössten Theile durch das einfache 
Filtriren extrahirt werden und nur wenig im Grunde zurück- 
bleibt. In stark gerösteten Bohnen ist die Gesammtmenge 
der extrahirbaren Substanzen genau so gross wie in schwach 
gerösteten; doch wird aus den ersteren durch Filtriren mehr 
Extract gewonnen als aus letzteren. 

Nach derselben Methode hat Aubert Thesaufensse und 
Theeabkochungen auf Ooffein untersucht. Er benutzte Pecco - 
Thee und befolgte bei der Darstellung der Getränke die im 


Leben üblichen Methoden ihrer Bereitung. Ein sehr inter- 


essantes Resultat ergab sich, als man nach den gewonnenen 


Bestimmungen den Gehalt an Coffein berechnete, welcher in 


einer Tasse „guten“ Kaffees (aus 1 Loth aufgegossen) und 
in einer. Tasse „guten“ Thees aus 5 bis 6 Grm. Theeblättern 


bereitet) enthalten ist. - Beide Getränke ergaben in einer 


Tasse die genau 1. Menge von 0,1 bis 0,12 Grm. 
Coffein. 

Aus den physiologischen Wirkungen des Coffeins auf 
Säugethiere und Frösche sei hier hervorgehoben, dass es ın 
entsprechend grossen Dosen eine erhöhte Reflexerregbarkeit 
und Starrkrämpfe erzeugt. Es schliesst sich in dieser Bezie- 
hung dem Strychnin an, und wirkt wie dieses direct auf das 
Rückenmark, durch dessen Reizung die Erscheinungen veran- 


lasst werden. Eine weitere Aehnlichkeit des.Coffeins mit dem 


- Aue 


as 


Veränderung der Chinabasen in den Chinarinden ete. 323 


'Stryehnin besteht darin, dass die mit diesen Substanzen ver- 


gifteten Thiere in gleicher Weise die Erscheinungen nicht 
zeigen, wenn man bei ihnen künstliche Athmung unterhält. 
Setzt man dies einige Zeit fort, so kommt das Gift beim Auf- 
hören der künstlichen Respiration gar nicht mehr zur Wir- 
kung, es ist entweder ausgeschieden, oder im Körper zersetzt. 
Beim Coffein genügen 5 Minuten künstlicher Respiration, um 
selbst grosse Dosen des Giftes unschädlich zu machen. Die 
wichtigste Wirkung des Üoffeins erstreckt sich auf das Herz, 
das von entsprechend grossen Dosen zum Stillstand gebracht 
wird, und so den momentanen Tod zur Folge hat; in kleine- 
ren Portionen den Thieren gegeben, vermehrt es die Zahl 
der Pulsschläge sehr bedeutend, während der Blutdruck in 
den Gefässen sinkt; die Arbeit des Herzens ist also trotz 
grosser Frequenz von geringem Nutzeffect. 


Sind nun die Wirkungen des Kaffeefiltrates durch den 
Gehalt desselben an Coffein bedingt? Die Frage lässt sich 
jetzt noch nicht positiv entscheiden. Nach vorläufigen Ver- 
suchen ist es sehr zu bezweifeln, dass das Coffein der wirk- 
samste Bestandtheil sei. Auch cofleinfreie Aufgüsse von 
Kaffeebohnen bringen heftige Erscheinungen an Tbhieren her- 
vor, die von den Wirkungen des Üoffeins sehr verschieden 
sind. Eine vergleichende Untersuchung dieser Wirkungen 
wird Aubert anstellen, und dabei besonders den bedeuten- 
den Gehalt des Kaflees an den heftig wirkenden Kalisalzen - 
im Auge behalten. „Durch die bisherigen Untersuchungen 
ist die „belebende“ Wirkung, welcher der Kaffee seine Po- 
pularität verdankt, nicht erklärt.“ (Archiv für d. gesammte 
Physiologie. Bd. V., Heft 12. Naturforscher). 

HAbg. 


Veränderung der Chinabasen in den Chinarinden 
durch mechanische und physikalische Einflüsse. 


Hierüber hat Carles einige Versuche mit der China 
regia angestellt, welche ihm bei der Analyse 3,125 Proc. 
reines, ungefärbtes und krystallisirbares Chinin geliefert 
hatten. 

1) Die zum feinsten Pulver gebrachte, unter Ausschluss 
von Licht und Feuchtigkeit aufbewahrte China lieferte 3,01 


bis 3,05 etwas gelb gefärbtes schwefelsaures Chinin, 


21* 


334 Zur Unterscheidung von Trauben- und Obstwein. 


2) War das Pulver dagegen während eines ganzen Mo- 
nats (August) in einem verschlossenen Glase den Sonnen- 
strahlen ausgesetzt gewesen, so lieferte das nun bräunlich 
gewordene Pulver nur noch 2,56 bis 2,63 Proc. eines gelb- 
lichen und schwierig krystallisirbaren schwefelsauren Chinins. 

3) Aehnlich verhielt sich ein in einem nur mit Papier 
überbundenen Glase, demnach im Verkehr mit feuchter 
Luft einen Monat lang an einem dunkeln Orte aufbewahrtes 
Chinapulver; eine Analyse desselben wurde nicht gemacht da 
Carles der Meinung war, dass das Pulver bei dieser Auf- 
bewahrung eine ähnliche Veränderung und Verschlechterung 
erfahren haben werde, wie durch die Insolation. 

In dem Extract aus der China glaubt Carles eine durch 
die Mitwirkung der Wärme sich noch viel weiter erstreckende 
Veränderung und Verschlechterung des krystallisirbaren, schwe- 
felsaures Salz liefernden Chinins annehmen zu müssen. ( Wig- 
 gers und Husemann Jahresbericht 1871. 8. 75.). 

Abg. 


Zur Unterscheidung von Trauben- und Obstwein. 


Durch zahlreiche Versuche fand F. F. Mayer, dass im 
Birnenmost die Phosphorsäure als 2CuO,PO° enthalten ist, 
und Magnesia fehlt; im Traubenwein hingegen ist die PO> 
an Magnesia gebunden. — Nach seiner Methode giebt man 
in eimen Probecylinder 9 Thle. Wein und 1 Theil Ammoniak, 
schüttelt um und lässt 12 Stunden lang ruhig stehen, nach. 
Abgiessen der Flüssigkeit lassen sich die Krystalle an ‚den 
Wandungen leicht bemerken. 

Im Aepfel- und Birnenweine lässt sich CuO ebenfalls 
durch oxalsaures Ammoniak fällen; bei Traubenwein bringt 
oxalsaures Ammoniak zwar auch einen Niederschlag hervor, 
jedoch in geringerer Menge und in der abfiltrirten Flüssigkeit 
entsteht durch H®N aufs Neue ein bedeutender Niederschlag, 
was bei Obstwein kaum zu bemerken ist. 

1 Liter Birnmost enthält 0,369 POS an OuO gebunden 
32, Wein ” 0,366, an Me07 73 
1 ,„ Malaga 5 0,640 „, 
(Zeitschr. d. allg. östr. Apoth.-Ver. Nr. 26.). 
0. Schulze. 


4 


325 


II. Physiologie und "Toxikologie. 


Ueber gesundheitsgefährliche Exhalationen der 
Pflanzen‘ 


hielt Professor Karsten aus Wien in der Sitzung der 
„deutschen Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege“ am 

16. März d. J. einen auf seine neuesten Untersuchungen ge- 
stützten Vortrag, in welchem derselbe zuförderst auf die grosse 
Wichtigkeit aufmerksam machte, die Natur der Contagien 
und Miasmen festzustellen und diejenigen Eigenschaften zu 
erkennen, welche sie von einander trennen. Contagium be- 
stehe, wenn Krankheitserreger von Körper zu Körper wirken, 
während es sich bei Miasmen um luftförmige Stoffe handle. 
Durch die Untersuchungen der Neuzeit ist es nach dem Vor- 
tragenden festgestellt, dass die Krankheitserreger, welche 

* das Contagium erzeugen, kleinste, zellige Organismen sind, 
- hefenartige vermehrungsfähige Körper, während bei Miasmen 
_ etwas Aehnliches nicht existirt. Die Kenntniss der Natur und 
‘  Entwickelung dieser zelligen Körperchen ist nun practisch 
schon um deswillen von hervorragender Bedeutung, weil 
darauf die Auswahl der destruirenden Mittel beruhe. In die- 

- sem Sinne wurden durch Pettenkofer den Üontagien gegen- 
über Säuren in Vorschlag gebracht. Nach den Untersuchun- 
gen des Vortragenden würden wenigstens verdünnte Säuren 
; nicht genügen. Derselbe weist dagegen darauf hin, dass diese 
krankheitserregenden, zelligen Körper auch durch Alkalien, 
und zwar leichter, zerstört würden, und nennt besonders 
 Kalkwasser. Auch was die Miasmen betrifft, muss hervorge- 
_ hoben werden, dass die Kenntniss ihrer Natur die erste und 
 nothwendigste Bedingung für diejenigen Maassregeln bleibt, 
_ welche zu ihrer Zerstörung getroffen werden sollen. Schon 


326 Ueber gesundheitsgefährliche Exhalationen der Pflanzen. 


längst hat man bei gewissen Pflanzen beobachtet, dass ein 
längerer Aufenthalt in ihrer Nähe, resp. in der Wirkungs- 
sphäre ihrer Exhalationen krankmachend, ja todbringend 
wirkt. Es steht dies z. B. bei dem Manzanillobaum, bei ver- 
schiedenen Antiaris- und Rhus-Arten fest. Der Vortragende 
beobachtete nun selbst, dass diese Ausdünstungen nicht 
schädlich sind, wenn die Luft feucht, dass dagegen 
die giftigen Wirkungen sehr energisch und schnell eintreten, 
wenn die Luft trockner ist, als die feuchte Haut 
des in der Nähe dieser Pflanzen weilenden Men- 
schen, wie er auf seinen Reisen bezüglich des Man- 
zanillobaums selbst erfuhr. Es trat ihm die Vermuthung 
schon damals nahe," dass gassförmige, ammoniakalische, von 
wässriger. Flüssigkeit absorbirt werdende Verbindungen in 
diesen giftbringenden Exhalationen die vornehmste Rolle spiel- 
ten. Eine Reihe von Versuchen bestätigten ihm diese Ver- 
muthung, indem er in der That feststellen konnte, dass die 
meisten Pflanzen auch ein stickstoffhaltiges Gas in die At- 
mosphäre aushauchen, in dem höchst wahrscheinlich ammo- 
niakalische Verbindungen enthalten sind, ähnlich den von 
Erdmann und Wittstein schon längst bei Chenopodium 
vulvarum und Crataegus beobachteten Trimethylamin, welche 
ebenso wie die Alkaloide in den Pflanzen bei der Umsetzung 
der Eiweissstoffe (welche die Membranen der jungen Zellen 
bilden) erzeugt werden. Der Vortragende weist darauf hin, 
dass ja practisch schon lange der schädliche Einfluss von 
Blumen, ja Pflanzen überhaupt, in Schlafzimmern anerkannt 
werde, so wie darauf, dass Pilze, keimende Samen u. s. w. 
stiekstoffhaltige Verbindungen entwickeln. Man kann daher, 
ohne allzu hypothetisch zu werden, annehmen, dass sich z. B. 
durch das Steigen des Grundwassers in Sumpfgegenden 
u.s. w. die Miasmen aus den hefenartigen, von Algen und 
_ anderen Sumpfpflanzen abstammenden Zellvegetationen ent- 
wiekeln, welche als sogenannte einzellige Algen von den Bo- 
tanikern beschrieben sind und so die Ursachen mancher ende- 
mischen oder epidemischen Krankheiten werden. 

Nicht aber gesunde Pflanzen sind es, denen eine derartige 
Einwirkung durch solche Exhalationen in hervorragender 
Weise zuzuschreiben ist, sondern vor allen kranke. Der 
Vortragende weist in dieser Beziehung auf die Pilze bei der 
Kartoffelkrankheit hin, bei der schon der Geruch im höchsten 
Grade characteristisch ist und bei welcher wahrscheinlich 
ammoniakalische Stickstoff- Verbindungen ausgehaucht werden. 
Der Vortragende hebt überhaupt ganz besonders hervor, von 


er, # 
2a 
E 


Untersuch, üb, d. schädl. Einwirk. d. Hütten - u. Steinkohlenrauch, ete, 397 


welcher Bedeutung es sei, die Exhalation kranker Pfianzen 
ins Auge zu fassen, bei denen eben die Beobachtung lehre, 
dass ihre Exhalationen wesentlich von denen gesunder diffe- 
riren. So gering die Zahl seiner Beobachtungen auch noch 
sei, sie genüge doch, die wichtige Thatsache festzustellen, dass 
in der That gasförmige, meist basische Stickstoflverbindungen 
durch Pflanzen erzeugt und exhalirt würden. Ein Analogon 
sei ja auch die Erzeugung von Anilinverbindungen durch 
Bakterien und Vibrionen, von alkoholischen Verbindungen 
durch die Bierhefe et. Als Gegenmittel betrachtet der Vor- 
tragende in der That die Säuren und hat z.B. die Salzsäure 
benutzt, um die Miasmen zu fixiren und das Vorkommen 
dieser Verbindungen nachweisen zu können. Er beobachtete 
z.B., wenn er absterbende Pflanzen in Beziehung hierauf 
untersuchte, dass sich eine grosse Menge Salmiak bildete und 
sich durch Binden der Salzsäure durch Aetzkalk nachweisen 
liess. Zur practischen Nutzanwendung deutet der Vortragende 
darauf hin, dass man sich bei miasmatischen Krankheiten 
vielleicht durch mit Phosphorsäure getränkte Respiratoren 
schützen könne, wie ja auch die Essigsäure schon längst 
nach dieser Richtung hin als zweckentsprechend angewandt 
worden sei. (Berl. Klin. Wochenschr. 1872. Nr. 16.). 
Hobg. 


Untersuchungen über die schädliche Einwirkung des 
Hütten- und Steinkohlenrauches auf das Pflanzen- 
wachsthum von Professor Adolph Stöckhardt. 


Im Verfolg der im Maiheft 1872 des Archivs im Aus- 
zuge gegebenen Untersuchungen constatirt Verf. zuförderst, 
dass der Holzrauch nur dann, wenn derselbe in hoher 
Temperatur anhaltend d. h. unabgekühlt, mit den Pflanzen 
in Berührung kommt, vermöge jener Temperatur ausdörrend 
wirke. Wenn dagegen der Rauch aus den Üoaksöfen oder 
der mit Steinkohlen betriebenen Ziegelöfen in geringerer Höhe 
über der Feuerung in die Luft tritt, so macht sich bald eine 
Wachsthumsstörung der nahen Vegetabilien bemerkbar, zuerst 
an den Bäumen durch Welkwerden der Blätter, später auch 


‚an den Feldfrüchten, deren Blüthen obne Samenansatz blei- 
‚ben, während die Blätter rostfleckig werden. Verfasser führt 


328 Untersuch. üb, d. schädl. Einwirk. d. Hütten- u, Steinkohlenrauch. ete, 


zwei Beispiele an, wo durch den Rauch von mit Steinkohlen 


gespeisten Ziegelöfen die gräulichsten Verwüstungen in der 
Vegetation der Umgegend bis zu 60—-80 Schritt Entfernung 
angerichtet worden sind, und macht darauf aufmerksam, dass 
auch der Rauch von Torf und Braunkohlen, wenn diese 
Brennmaterialien stark schwefelkieshaltig sind, ähnliche schäd- 
liche Wirkungen hervorbriagen können. 


Nach der von Stein ausgeführten chemisch - technischen 
Untersuchung der Steinkohlen Sachsens steigt in Maximum 
der Gehalt 


an an schädlichem 
Schwefel Schwefel be- 
überhaupt: sonders: 
Proe. Proe, 
bei den Kohlen des Plauen’schen 
Grundes bis zu 7 3 
»  „ Zwickauer Kohlen bis zu 6 3 
» » Niederwürschnitzer Koh- 
len bis zu 2,7 2,9. 


Im Allgemeinen hat sich ergeben, dass der Gesammt- 
gehalt an Schwefel in den Zwickauer Kohlen geringer ist, 


En 


als in den Plauen’schen. Dagegen hängt es mit dem Aschen- 


gehalt zusammen, dass die Menge des schädlichen Schwefels 
im den letzteren meist geringer ist, als in den Zwickauer 
Kohlen, Enthält nemlich eine Kohle kohlensaure Erden unter 
ihren Aschenbestandtheilen, so wird sie bei gleichem Gehalte 
an Schwefel, resp. Schwefelkies, weniger schwefelige Säure 
bei der Verbrennung entwickeln, da ein grösserer Theil erste- 
rer in der Asche zurückbleibt. 


In der Näbe von Tharand befindet sich eine Papierfa- 
brik, welche 14 Dampfkessel mit 550 Pferdekräften im Gange 
hat und täglich gegen 800 Scheffel Steinkohlen verbraucht. 
Die benutzte Kohle (Possendorfer) enthielt nach der in Tha- 
rand vorgenommenen Untersuchung 2,14 Proc. an schädlichem 
Schwefel, welche 4,28 Proc. schwefeliger Säure entsprechen; 
es würden sonach mit dem Rauche in 24 Stunden 5800 Pfd. 
und jährlich über 20,000 Ctn. schweflige Säure in die Luft 
gelangen können. Das Etablissement hat zwei grosse Tür- 
kischrothgarn- Fabriken zu Nachbarn, welche gleichfalls be- 
trächtliche Menge von Steinkohlenrauch entwickeln. Diese 
drei Fabrikanlangen liegen am Fusse eines ziemlich steil 
abfallenden Berghanges, der theils mit Waldbäumen (Tannen, 
Fichten und Laubho!lz im Gemisch), theils mit Pflaumen- und 


da ba Ma ne 


Untersuch. üb. d, schädl. Einwirk. d. Hütten- u. Steinkohlenrauch. ete, 329 


Kirschbäumen besetzt -und von der nächsten Rauchquelle 
höchstens 200 Fuss entfernt ist. Die zuerst erkrankten Tan- 
nen sind nach und nach sämmtlich ganz abgestorben, ihnen 
folgten die Fichten, deren Vernichtung ebenfalls in nächster 
Zeit vollendet sein wird. Das Laubholz ist intact geblieben; 
die an der exponirten Seite ganz schwarz gefärbten Pflau- 
menbäume starben zuerst ab, Aepfel und Birnen schienen 
weniger zu leiden; die Kirschen hatten gar nicht gelitten. 
Dagegen waren Eichen, Weissbuchen und Birken, welche in 
einer Nebenschlucht wuchsen, erheblich beschädigt. 


Die im Jahre 1866 unternommene Untersuchung von be- 
schädigtem Material ergab die Abwesenheit von Blei und 
Arsen. - Weiter wurde analytisch ermittelt, dass im Vergleich 
mit dem normalen Zustande der Schwefelsäuregehalt der 
betreffenden Pflanzentheile durch die Einwirkung des Stein- 
kohlenrauchs sich erhöht habe 


in der Rinde und den Zweigen des 


Pflaumenbaums von 100 auf 193 
in den Zweigspitzen der Tanne =. 100.05,250 
» » 2) „ Fichte „ 100 „ 182 
» » Nadeln der Fichte „. 10hEFa1l 


In Tharand selbst hat der Lokomotivenrauch, seit 
die Koaksfeuerung durch Steinkohlenfeuerung ersetzt worden, 
in der nahen Umgebung des Bahnhofs und an mehreren engen 
Thalstellen eine gleiche Vernichtung der Nadelhölzer zur 
Folge gehabt. 


Zu weiterer Vergleichung wurden auch noch Zweige und 
Nadeln von spontan abgestorbenen Bäumen aus 
verschiedenen Forstorten Sachsens, zu welchen weder Stein- 
kohlenrauch noch Hüttenrauch dringen konnte, eingeholt und 
untersucht. Aus den Analysen, bei welchen die Abwesenheit 
von Blei und Arsen constatirt wurde, berechnen sich folgende 
Mittelwerthe: 


Es verhält sich der Schwefelsäuregehalt 
der gesunden Fichtennadeln zu dem der durch 
Rauch getödteten wie 100 : 233 
spontan abgestorbenen zu dem der durch 
Rauch getödteten wie 100 : 230 
gesunden Fichtenzweigspitzen zu dem der 
durch Rauch getödteten wie 100 : 165 
spontan abgestorbenen zu dem durch Rauch 
getödteten wie 100 ; 300 


330 Modelle von Blutkörperchen des Menschen u. verschiedener Thiere. 


der gesunden Tannennadeln zu dem der durch 


Rauch getödteten wie 100 : 185 
„ spontan abgestorbenen zu dem der durch 
Rauch getödteten wie 100 : 287 


Die in der Umgebung von Zwickau gemachten Wahr- 
nehmungen in Betreff der schädlichen Wirkungsweite 
des dasigen Steinkohlenrauches sprechen dafür, dass eine Ent- 
fernung von 2000 Fuss selbst die empfindlichste Vegetation 
gegen die Wirkung gewaltiger Rauchmassen schützt. 

Ueber die grössere oder geringere Empfindlichkeit 
der Bäume und Sträucher gegen den Steinkohlenrauch wird 
vom Verfasser folgende Stufenleiter aufgestellt. Nadelhölzer 
sind im Allgemeinen weit empfindlicher als Laubhölzer; am 
ersten leiden von den Nadelhölzern Tanne und Fichte, dann 
Kiefer und Lärche. Von Laubhölzern sind Weissdorn, Weiss- 
buche, Birke und Obstbäume am empfindlichsten,.ihnen folgen 
Haselnuss, Rosskastanie, Eiche, Rothbuche, Esche, Linde und 
Ahorn; am widerstandsfähigsten erweisen sich Pappel, Erle 
und Eberesche. (Der chemische Ackersmann. Nr. 2. 1872. 
8214473): 

Hbg. 


Modelle von Blutkörperchen des Menschen und ver- 
schiedener Thiere. 


‚ Professor Welcker in Halle hat solche in 5000 mali- 
ger Vergrösserung aus Gyps dargestellt und sind dieselben 
ausserordentlich brauchbar, um eine deutliche Vorstellung von 


der Gestalt, dem Volumen und der Grösse der Oberfläche 


der Blutkörperchen zu geben. Dieselben variiren bekanntlich 
bei verschiedenen Thieren sehr. Die Sammlung enthält Mo- 
delle von Moschus javanicus (die kleinsten bekannten Blut- 
körperchen), Ziege, Lama, Myoxus glis, Mensch, Buchfink, 
Eidechse, Frosch, Proteus anguineus und Schleihe. Das Vo- 


lumen der Blutkörperchen der Ziege ist etwa !/, dessen 


der menschlichen, und nur !,,, dessen der Blutkörperchen 


von Proteus anguineus, der grössten bekannten. Die vom 


Moschusthier sind wieder nur etwa !/, so gross, als die 
der Ziege. Die Grössenverhältnisse der Blutkörperchen im 


Allgemeinen anlangend, ist hervorzuheben, dass ein ge- 


wisses Volum von Blutkörperchensubstanz bei den kalt- 


ee NE 


Die Entstehung des Harnstofis im Thierkörper, 381 


blütigen Amphibien in eine mässige Zahl grosser, und darum 
eine kleine Gesammtoberfläche repräsentirender Körperchen 
zerfällt, während dasselbe Volum von Blutkörperchensubstanz 
bei warmblütigen Thieren in eine grosse Zahl kleiner und 
darum eine weit grössere Gesammtoberfläche bietender Blut- 
körperchen getheilt ist. Die Oberfläche des menschlichen 
Blutkörperchens verhält sich zu der von Proteus wie 3444 : 
128, welche Zahlen nach Welcker zugleich die Oberfläche 
in Millionstel eines Quadrat-Millimeters ausdrücken. Neben 
der Oberfläche kommt die Zahl der Blutkörperchen in gege- 
bener Blutmenge in Betracht. Danach enthält ein Cm. Blut 
von Menschen Blutkörperchen von 640 Cm. Oberfläche die- 
selbe Quantität von Salamander oder Proteus - Blutkörperchen 
von nur 125 —130 Qu.- MM. Oberfläche. 

Das gesammte Körperblut des Menschen,. zu 4400 Um. 
gerechnet, hat eine Blutkörperchenoberfläche von 2816 Quadrat - 
Meter, d.i. eine Fläche von 80 Schritt ins Gevierte. (Berl. 
Klinische Wochenschr. S. 133.). H. 


Die Entstehung des Harnstoffs im Thierkörper 
von Prof. 0. Sehultzen, Dorpat. 


Bereits im Jahre 1869 theilte Herr O. Schultzen 
gemeinschaftlich mit M. Nencki in den Berichten der che- 
mischen Gesellschaft Versuche mit, welche auf Erklärung des 
bei der Bildung des Harnstoffes im Thierkörper thätigen Vor- 
ganges abzielten. Bisher hatte man sich an die Annahme 
gewöhnt, dass der Harnstoff ein directes Oxydationsproduct 
der Eiweisskörper sei und dass aller Stickstoff derselben als 
Harnstoff ausgeschieden werde und B&öchamp hat sogar 
durch Oxydation von Eiweiss mittelst Kaliumpermengenat 
geglaubt, Harnstoff erhalten zu haben, eine Behauptung, welche 
später mehrfach widerlegt worden ist. Aus dem Umstande 
jedoch, dass als directe Spaltungsproducte der Eiweisskörper 
Ammoniak und Amidosäuren (Glycocoll, Leucin, Tyrosin) ent- 
stehen, glaubten Schultzen und Nencki schliessen zu dürfen, 
dass auch im Organismus ähnliche Spaltungen stattfinden und 
dass diese Amidosäuren die Zwischenstufe zur Bildung des 
Harnstoffes darstellen. Findet sich ja doch im Eiter, wo ein 
. Zerfall von Eiweisskörpern ohne nachweisbare Oxydation statt- 


932 Die Entstehung des Harnstoffs im Thierkörger. 


findet, viel Leuein und Tyrosin, aber kein Harnstoff. Ebenso’ 
enthält der Harn bei Phosphorvergiftung, wo die Oxydation 
fast vollständig gehemmt ist, reichliche Mengen von Leuein 
und Tyrosin bei Abwesenheit von Harnstoft. 


Um nun die Richtigkeit vorstehender Betrachtungsweise 
experimental sicher zu stellen, hatten O. Schultzen und M. 
Nencki Hunden, welche durch gleichmässige Ernährung auf 
regelmässige Harnstoffabscheidung gebracht worden waren, 
Glyeocoll (Amidoessigsäure) gereicht und in der That eine 
dem eingegebenen Glycocoll entsprechende Vermehrung des 
Harnstoffes beobachtet. In ähnlicher Weise verhielt sich Leu- 
ein (Amidocapronsäure). — ö 

Um nun den gegen die aufgestellte Ansicht, dass der 
Harnstoff direct aus den Amidosäuren gebildet werde, mög- 
lichen Einwand, dass die eingegebenen Amidosäuren ähn- 
lich gewissen fiebererregenden Mitteln einfach die Harn- 
stoffabsonderung aus dem Blute vermehren, zu entkräften, 
musste der Weg eingeschlagen werden, durch Darreichung 
von substituirten Amidosäuren substituirte Harnstoffe zu erzeu- 
gen. Ein mit aus Monochloressigsäure und Anilin dargestell- 
tem Phenylylyeocoll angestellter Versuch hatte jedoch nicht 
zum Ziele geführt, da der Giftigkeit dieses Körpers die Ver- 
suchsthiere stets zum Opfer gefallen waren. 


In der neuesten Abhandlung hat Herr O. Schultzen den 
erwähnten Einwand gegen seine Theorie beseitigt und diesel- 
ben durch neue Versuche glänzend bewiesen. 


Einen gut genährten Hund fütterte er neben der gewöhn- 
lichen Nahrung mit soviel Sarkosin, dass dessen Stickstoff 
dem Stickstoff des unter normalen Verhältnissen entleerten 
Harnes entspricht und fand nun im Harne statt des Harn- 
stoffes eine Reihe anderer Körper, welche durch ihre Zusam- 
mensetzung ein helles Licht auf die Entstehung des Harn- 
stoffes unter normalen Bedingungen werfen. 


Behufs Darstellung der beiden in vorwaltender Menge 
auftretenden Substanzen verfährt Schultzen in folgender Weise: 

Der innerhalb der nächsten 2 Stunden nach der Fütterung 
mit Sarkosin entleerte Harn wird mit Bleiessig vollkommen 
ausgefällt, das Filtrat mit Silberoxyd behufs Entfernung des 
Chlors geschüttelt und das Filtrat vom Chlorsilber mit Schwe- 
felwasserstoff behandelt. Das Filtrat von den Schwefelmetal- 
len wird bei 100° zum Syrup verdunstet, mit verdünnter 
Schwefelsäure übersättigt und sehr oft mit viel Aether aus- 
geschüttelt. Die ätherischen Auszüge hinterlassen beim Ab- 


Die Entstehung des Harnstofis im Thierkörper., 539 


destilliren des Aethers einen farblosen Syrup, dessen wässrige 
Lösung mit kohlensaurem Baryt neutralisirt wird. Das Fil- 
trat wird verdunstet und aus dem syrupdicken Rückstand 
mittelst Alkohol ein schneeweisses Barytsalz gefällt, während 
in den Alkohol eine prachtvoll in Tafeln krystallisirende Sub- 
stanz von der Zusammensetzung C*HSN?O3 übergeht. Wird 
dieser Körper mit heiss gesättigter Barytlösung im zuge- 
schmolzenen Rohre auf höhere Temperatur erhitzt, so zerfällt 
er in Kohlensäure, Ammoniak und Sarkosin nach folgender 
Gleichung: 
C?HSN?03 + H?2O = NH? + CO? + C®H’NO?. 

Aus dieser Zersetzung ergiebt sich zweifellos die Con- 

stitution des Körpers folgender Formel gemäss: 
3 
ER 

d. h. Harnstoff, in welchem 2H durch CH? und C?2H30?2 er- 
setzt sind, oder Sarkosin, an dessen N statt des H der ein- 
werthige Carbaminsäurerest getreten ist. Legt man die 
letztere Anschauung zu Grunde, so ergiebt sich leicht, dass 
das Sarkosin auf seinem Wege durch den Organismus die 
Elemente der Carbaminsäure vorgefunden hat, mit welchen, 
unter Austritt von Wasser, der obige zusammengesetzte 
Harnstoff gebildet wurde. Trifft statt des Sarkosins Ammo- 
niak auf die Carbaminsäure, so wird, ebenfalls unter Austritt 
von Wasser, der gewöhnliche Harnstoff gebildet. 


Das erwähnte Barytsalz, welches bei Gelegenheit der 
Darstellung jenes zusammengesetzten Harnstofles gewonnen 
wird, zeigt nun folgende Zusammensetzung: 

(C®H’N?S04)?Ba + 2(H?O). 

Beim Erhitzen mit überschüssiger Barytlösung spaltet es 
sich in Ammoniak, Sarkosin und schwefelsauren Baryt. Die 
Constitution der Sätre ist demnach folgende: 

HEN (80° njoHE 
(80°) — .— (GsH302 
d. h. Sulphaminsäurerest, an welchen in ähnlicher Weise wie 
oben der Sarkosinrest angelagert ist. Unter normalen Ver- 
hältnissen würde die sich im Organismus aus den Eiweiss- 
- körpern bildende Sulphaminsäure in Ammoniak und Schwefel- 
_ säure zerfallen sein, welch ersteres an die gleichzeitig gebildete 
 Varbaminsäure getreten wäre und mit dieser Harnstoff gebil- 
det hätte, Interessant ist, dass durch Auffindung dieser 


334 Conservirung der Kuhlymphe, — Analyse der Milch ete. 


Säure einiges Licht auf die Art der Bindung des Schwefels 
in den Eiweisskörpern geworfen wird. 

Der schwefelsäurehaltige Rückstand, aus welchem durch 
Aether die beiden beschriebenen Körper gewonnen worden 
waren, enthält noch mehre wohl characterisirte Substanzen, 
deren weitere Untersuchung der Verfasser sich vorbehalten . 
hat. In gleicher Weise reservirt er sich die Synthese des 
oben beschriebenen Harnstoffes, welche er durch Zusammen- 
bringen von Cyansäureäther und Sarkosin zu verwirklichen 
hofft. — 

Durch grössere Gaben von Sarkosin verschwindet bei 
Hühnern, welche, wie alle Vögel, die Hauptmenge des in der 
Nahrung enthaltenen Stickstoffes als Harnsäure ausscheiden, 
die letztere gänzlich und es bilden sich an ihrer Statt eine 
Reihe leicht löslicher Producte, mit deren Untersuchung einer 
der Schüler des Verfassers beschäftigt ist. Hierdurch scheint 
ein Weg gegeben, auf welchem der Arzt gegen diejenigen 
Krankheiten vorzugehen hat, deren nächste Ursache die Aus- 
scheidung erheblicher Mengen von Harnsäure ist, z. B. Harn- 
stein und Gicht. (Berichte der deutschen chem. Gesellsch. zu 
Berlin 1872, S. 578.). ©. Mylius. 


. 


Conservirung der Kuhlymphe. 


Dr. Ferrer in Havannah conservirt die von der Kuh 
abgeschnittenen Kuhpocken dadurch, dass er sie ein- 
gypst. Die Impfungen mittelst dieser eingegypsten Kuh- 
pocken, selbst wenn diese lange aufbewahrt waren, sind nach 
Ferrer’s Angaben vollständig gelungen. Proben sind der 
Königl. Impfungsanstalt in Berlin zugegangen und sollen zu 
Versuchen benutzt werden. (Berl. Klin. Wochenschr. 1872. 
Nr, 16.). Hbg. 


Analyse der Milch von rinderpestkranken Kühen 
von M. Husson. 


Es wurden 3 Sorten Mileh analysirt, die gesunde ist mit 
A, die von den der Krankheit verdächtigen Kühen ent- 


Ueber d. nachtheilige Einwirkung d. Leuchtgases auf Menschen ete. 335 


> 


nommene, mit B und die wenige, von entschieden kranken 
Kühen erhaltene, mit C© bezeichnet. 

Die Proben B und C hatten eine mehr oder weniger 
gelbröthliche Farbe; der Geschmack der Milch C war unange- 
nehm; eine Katze, welche davon 50 Grm. trank, zeigte kei- 
nerlei Unwohlsein. 


In 1000 Grm. wurden gefunden: 


Mittlerer Gehalt 

A. B. C. normaler Milch 
Butterfett 16,96 14,93 12,60 30 
Milchzucker 33,90 31,40 16,45 50 
Käsestoff — 50,25 — 34 
Eiweiss — 20,60 _— 6 
Salze — 18,50 — 7 


Aus seinen Beobachtungen zieht der Verf. u. A. folgende 
Schlüsse: 

Milch sowohl wie Fleisch können die Krankheit nicht 
auf den Menschen übertragen oder auf Thiere, welche nicht 
zur Familie der Wiederkäuer gehören. 

Nichts desto weniger darf selbst in der ersten Periode 
der Krankheit, wann der Milchertrag noch normal ist, die 
Milch nicht zur Nahrung für kleine Kinder verwandt wer- 
den, weil ihre Bestandtheile auch dann bereits Veränderungen 
erfahren haben. 

Mit dem Fortschreiten der Krankheit verringern sich die 
stickstofffreien Bestandtheile der Milch, während die stickstoff- 
haltigen zunehmen, welche bald mit Schleim oder Eiter ge- 
mischt erscheinen. (Compt. rend. LXXILU. 1871. S. 1339.) 

Hbg. 


Ueber die nachtheilige Einwirkung des Leuchtgases 
auf Menschen, Thiere und Pflanzen. 


Hüber stellt hinsichtlich der Gasbeleuchtung folgende 
Fragen auf: 


1) Welchen Einfluss kann die Bereitusg und Ansamm- 


lung des Gases auf die dabei betheiligten Arbeiter ausüben? 


Die Fabrikation ist unschädlich bei guter Leitung und 
richtigem Betriebe, 


836 Ueber d. nachtheilige Einwirkung d. Leuchtgases auf Menschen ete. 


2) Welchen Einfluss übt die Fabrication auf die der Gas- 
fabrik benachbarten Bewohner? 

Die Frage beantwortet sich aus 1). Die Nähe der Fabrik 
kann lästig, aber nicht schädlich sein. 

3) Sind diese Einflüsse von der Art, dass sie die Für- 
sorge der Staatsgewalt besonders in Anspruch nehmen? 

Die bestehenden Sanitätsmaassregeln für die Fabriken 
sind hinreichend. 

Die Feuer- und Explosionsgefahr ist nicht grösser, als 
bei andern Feuerwerkstätten. Es kann zwar bei mangelhafter 
Ventilation die Möglichkeit der Bildung eines explodirenden 
Luftgemenges im Gasometerhause nicht in Abrede gestellt 
werden, jedoch muss das Zusammentreffen des hierzu erfor- 
derlichen Volumenverhältnisses der constituirenden Gase als 
äusserste Seltenheit angenommen werden. 

4) Lässt sich eine nachtheilige Einwirkung der Gasfabri- 
kation auf die umgebende Vegetation annehmen’? 

Die Pflanze wird. durch die Nähe einer Gasfabrik in 
ihren chemisch-vitalen Prozessen nicht beirrt. Auch die Aus- 
dünstungen des Theers und ammoniakalischen Wassers wir- 
ken nicht schädlich. Entweichendes Leuchtgas steigt in Folge 
seines spec. Gew. (0,50—.0,90) in die Höhe. 

5) Wie verhält sich das Gaslicht in seiner Einwirkung 
auf die menschliche Gesundheit? 

Nur das Ausströmen des unverbrauchten Gases in ge- 
schlossene oder schlecht ventilirte Räume ist schädlich, kann 
leicht verhütet, und, wenn es geschehn, leicht unschädlich 
gemacht werden. 

Gärtner machte Beobachtungen über Vergiftung mit 
Leuchtgas durch schadhafte Gasröhren. Die Symptome wa- 
ren: Eingenommenheit des Kopfes, Uebelkeit, Erbrechen, 
Durchfall von dünnen, reiswasserähnlichen, mit weissen Flocken 
vermischten Massen, Schwindel, Ohrensausen, Bewusstlosig- _ 
keit, rothes Gesicht, verengte Pupille ohne Reaction gegen 
das Licht, Trismus. Nach Venaesection nach einigen Stunden - 
Besserung, nach einigen Tagen volle Genesung. 

Ein Hund wurde steif und betäubt in die frische Luft 
gebracht, wo er sich bald erholte. 

Aehnliche Beobachtungen liegen von Devergil, Pau- 
lin, Moreau und Sedillot vor. 

Nach Tourdes wirkt reines Leuchtgas eingeathmet. 
unmittelbar tödtlich. — 1 Leuchtgas, 8 atmosphärische Luft, 


Giftige Eigenschaften von Helenium tenuifolium. 337 


tödtete in 5 Minuten einen Hahn, in 12 Min. einen Hund. 


Bei 1:50 traten Convulsionen, hoher Grad von Schwäche 


und Tod ein. — Nur CO wirkt deletär, CH nicht. (Bei der 
von Seitz in München beobachteten Vergiftung durch Holz- 
leuchtgas war CH Hauptbestandtheil.) 

Cordier (Journ. de Chem. med.) führt an, dass kupferne 
Rauchfänge über Gaslampen nachtheilig sind. Bei schlechtem 
CH (HShaltig) bildet sich CuO,SO3, weisses, mehlartiges 
Pulver, das sich im Zimmer verbreite und Unwohlsein und 
Magenschmerzen verursacht. Man nehme Glas oder Por- 
zellan. (Gewerbevereinsblatt der Provinz Preussen.) 


R. 


Giftige Eigenschaften von Helenium tenuifolium. 


Helenium autumnale L. gilt als bitteres Mittel, für ein 
Febrifugum und wird inAmerika auch als Niesmittel angewandt. 
Wirklich giftige Eigenschaften besitzt hingegen Helenium 
tenuifolium Not., welches in Louisiana, Arkansas, Missisippi, 
auch in Neu-Mexico, Texas und Sonora wächst. Nach Gal- 
loway bekommen Pferde und Maulthiere, wenn sie vom 
Kraute genossen haben, Zucken der Augen und des Kopfes, 
dann der übrigen Körpermuskeln, das später in allgemeine 
Convulsionen übergeht, so dass die Thiere zu Boden stürzen, 
Oel und Fett sollen das beste Gegenmittel sein. Die Con- 


_  vulsionen sind durch Intervalle geschieden, während deren 


das Thier frisst. Die Spitze der Blume der Pflanze scheint 
das giftige Princip besonders anzusammeln. Von Schafen 
wird die junge Pflanze ohne Schaden gefressen, hingegen 
kann das getrocknete Kraut auf Kühe noch giftig wirken. Auch 
bei Menschen, welche Mehl verbraucht hatten, das mit der 
Pflanze in Berührung gekommen, sind Intoxicationen beobach- 
tet worden, deren Erscheinungen in Delirien, Muskelkrämpfen 
und Verlust des Bewusstseins waren. 

Von andern Heleniumarten scheint dergl. nicht bekannt 
zu sein, (Amer. Journ. Pharm. July 1872. p. 308, Jahrb. 
d. Pharm. Bd. XXXVII. Heft 2. p. 102.). 

©. Schulze. 


rn 
1007 


Arch, d, Pharm, TIT, Reihe, T, Bd, 4. Hoft, 


11l. Botanik und Pharmacognosie. 


Thee-, Opium- und die Cultur der Cinchonapflanzun- 
‘gen in Ostindien. 


Die erste Sendung indischen Thees kam 1862 nach 
England. Damals erzeugte Indien nur erst etwa 2 Millionen 
Pfund; seitdem hat der Anbau sich so sehr gesteigert, dass 
in den Häfen Bengalens 1870 schon etwa 11 Mill. Pfund in 
den auswärtigen Verkehr gelangten. 

Zur beträchtlichen Ausdehnung des Mohns zur Opium- 
bereitung hat die englisch-ostindische Regierung neuer- 
dings Vorkehrung getroffen. Sie verkauft derzeit für 
etwa 55 Millionen Thaler Opium allein nach China; 
das edle Geschäft soll aber noch schwunghafter betrieben 
werden. \ 

Die Cinchonapflanzungen im Sikkim- Himalaya wer- 
den wahrscheinlich aufgelassen werden, da sie gegenüber 
jenen in den Nilgherris in Südindien nur schlechte Resultate 
geben. Ein vierjähriges Chinabaumstämmchen in den Nilgher- 
ris von der Art der Cinchona succirubra übertrifft im Durchschnitt 
ein Exemplar derselben Art in Sikkim um 3 Fuss 10 Zoll 
an Höhe und 7 Zoll an Stammumfang, das ergiebt für diese 
gegenüber den ersteren einen dreimal grösseren Ertrag an 
heilkräftiger China. (Globus.) 

Hbg. 


Eine Charaeterisirung der gewöhnlichen Alleebäume 


vom MHandelsgärtner Daniel Hooibrenk wird durch 
R. Schiffner veröffentlicht. Indem ich hier auf den be- 
treffenden Aufsatz in der Zeitschrift d. allg. österreich. Apo- 
thekervereins vom 10. Aug. 1872, Nr. 23 verweise, theile ich 
hier nur die Liste derselben mit: 


Eine Characterisirung der gewöhnlichen Aleebäume, 339 


1) Aesculus Hippocastanum (Kastanienbaum, Ross- 


kastanie. 


2) Castanea vesca (edle oder echte, essbare Kastanie). 
3) Acer Pseudo-Platanus (der Bergahorn). 

4) Platanus occidentalis (abendländische Platane). 
5) Robinia Pseudo-Acacia (Akazienbaum)*). 

5) R. bessonia (mit prachtvoller Blattbildung). 

6) R. Decaisneana. 

7) R. pyramidalis. 

8) Gleditschia triacanthos. 

9) Ailanthus glandulosa (der japan. Götterbaum). 
10) Tilia grandifolia (der gemeine Lindenbaum). 

11) Tilia alba (weisse holländische Linde). 

12) Die amerikanische grossblättrige Linde. 

13) Populus canadensis (amerikan. Pappel). 

14) Populus pyramidalis (italienische Pappel: die 


schlechteste für die Stadtkulturen). 


15) Populus balsamea. 

r Populus alba (holländ. Weisspappe!). 

17) Populus macrophylla. 

18) Juglans regia (Welschnuss - Baum). 

19) Juglans nigra (amerikan, Nussbaum). 

20) Liriodendron tulipifera (amer. Tulpenbaum). 


21) Magnolia acuminata (aus Amerika). 


22) Salisburia adianthifolia (Japan). 

23) Gymnocladus canadensis. 

2 Fraxinus excelsior (gew. Esche). 

25) Fagus sylvatica (Rothbuche). 

26) Fagus americana. 

27) Quercus americana rubra (rothe a. Eiche). 
Be, Sophora japonica. 


29) Ulmus campestris (die gem. Ulme). 


*) Eine der werthvollsten Varietäten ist Robinia macrophylla 


mit breiten Blättern, völlig stachellos und von aussergewöhnlich raschem 
Wachsthum. 


22: 


340 
IV. Techn. Chemie und Technologie. 


Ueber die Stärke der Wirkung des Pulvers und der 


explosiven Substanzen überhaupt 

hat Berthelot in den Annal. de chim. (4) XXIII ip. 223 
bis 270 eine Arbeit veröffentlicht, in welcher die Stärke der 
Wirkung von Jagdpulver, Kriegspulver, Pulver mit Natron- 
salpeter, Sprengpulver, Pulver mit chlorsaurem Kali, Chlor- 
stickstoff, Nitroglycerin, Schiessbaumwolle und von pikrinsau- 
rem Kali rein und in Mischung mit Salpeter resp. mit chlor- 
saurem Kali behandelt wird. 

Folgende Tabelle giebt eine Zusammenstellung der 
numerischen Resultate dieser Abhandlung: 


Natur Wärmemenge | Volumen der 
der explosiven | von 1 Kilog.; | gebildet. Gase. en As 
Substanz. Calorien. Cubie.-Meter. Dale) au 
Jagdpulver | 644000 0,216 139000 
Kriegspulver 622500 0,225 140000 
Sprengpulver 380000 0,355 135000 
Sprengpulv. mit 
übersichtiger 
Kohle 429000 0,510 219000 
Pulver mit Na- 
tronsalpeter 769000 :: 0,252 | 194000 
Pulver m. chlor- 
saurem Kali. 972000 0,318 309000 
Chlorstickstoff 316000 0,370 117000 
Nitroglycerin 1282000 0,710 910000 
Schiessbaum- N; 
wolle 700000 0,801 560000 
Schiessbaum- - 
- wolle gem. m. 
Salpeter 1018000 0,484 492000 
Schiessbaum- 
wolle mit 
chlors. Kali | 1446000 0,484 700000 


Pikrins. Kali 
gem.m.chlors. 


Kali 872000 0,585 | .. 510000 
Pikr. Kali gem. 

mit Salpeter 957000 0,337 323000 
Pikr. Kali gem. 


m, chlors. Kali | 1405000 0,337 474000 


B-; 


Das Hollefreund’sche Maischverfahren beim Brennereiprocess. 341 


In einer anderen Arbeit (Monit. scientif. 1871 p. 90) giebt 
Berthelot für die Grösse des Effektes des Knallgases fol- 
gende Werthe an. H? + O2; 1 Kilo = 328000 Calorien an 
Gasen — 1,86 Cub.- Meter Initial und 1,24 Meter Endvolu- 
men; der Druck im Momente deriVerbrennung beträgt 20 At- 
mosphären. (R. Wagner Jahresber. über d. Leistungen der 
chem. Technologie f. d. Jahr 1871. S. 312 f.). Hbg. 


Das Hollefreund’seche Maischverfahren beim Brenne- 
reiprocess von Professor Max Märcker. 


Der bei diesem Verfahren zur Anwendung kommende 
Apparat besteht aus einem dampfkesselartigen cylindrischen 
Behälter aus starkem Kesselblech, in welchem die Kar- 
toffeln oder andere Materialien zunächst einem sehr starken 
Dampfdruck ausgesetzt werden, um sodann in dem geschlos- 
senen Kessel durch ein Rührwerk zerkleinert und in Brei 
verwandelt zu werden. Die durch gespannte Dämpfe auf 
circa 130°C. erhitzte Masse wird hierauf durch Evacuiren 
mittelst Condensator und Luftpumpe auf die richtige Maisch- 
temperatur (60°C.) gebracht und endlich das mit Wasser 
angerührte Malzschrot in den lufwwerdünnten Raum des Maisch- 
kessels gezogen. Nach Beendigung des Verzuckerungspro- 
cesses wird die verzuckerte Maische durch Dampf aus dem 
Maischkessel auf das Kühlschiff gedrückt, um von diesem 
Stadium des Brennereiprocesses an (ebenso wie nach dem 
alten Verfahren, behandelt zu werden. 


Professor Märcker hat dies Verfahren nach seinen 
Zwischen- und Endproducten einer Untersuchung unterzogen, 
welche folgende aus analytischen Belegen hergeleitete Resul- 
tate ergab. 


1) Bei der beim Hollefreund’schen Verfahren angewandten 
Dämpfung bei einer Temperatur von 130° C, geht in der in 
| den Kartoffeln enthaltenen Stärke keine derartige wesentliche 
- Veränderung vor, dass eine Zerstörung derselben und eine 
_ Umwandelung in nicht zuckerartige Stoffe geschieht; die 
Dämpfung trägt vielmehr dazu bei, nicht unbedeutende Mengen 
von unlöslicher Stärke in lösliche Form, resp. in Dextrin um- 
_  zuwandeln. 


ae 
R 
>.» 


342 Das Hollefreund’sche Maischverfahren beim Brennereiprocess, 


2) Bei dem Versuche wurden eingemischt: 


2500 Kilo Kartoffeln & 20,75 Proc, Stärke = 518,75 Kg. Stärke, 
175 „ Grünmalz a 40 z 5 = 70.00 E 


Summa 588,75 Kg. Stärke. 


Es blieben unaufgeschlossen in 2650 Liter der resulti- 
renden Maische: 


Stärke. 

Unaufgeschlossene Sue 0,91 Proc. d. insgesammt ange- 
wandten Stärke. 

Unaufgeschlossene Stärke, 1,03 Proc. der Kartoffelstärke. 

Die Aufschliessung der Stärke ist nach diesen Zahlen 
allerdings als eine ganz vorzügliche und der theoretischen 
Ausbeute nahezu gleichkommende zu bezeichnen 
und es kann keinem Zweifel unterliegen, dass in dieser Be- 
ziehung das vorliegende Verfahren dem älteren Verfahren 
überlegen ist. In Folge dieser vollkommneren Aufschliessung 
kann die mögliche Materialersparniss 5, vielleicht auch bis zu 
10 Pr. betragen, dass aber bei einem Materialersparniss von 25 Pr. 
wie dieselbe von den Erbauern dieser Apparate behauptet wird, 
nicht allein durch bessere Lösung der Stärke bewirkt sein 
kann, sondern dass, wenn dieselbe wirklich eintritt, 
unbekannte Verhältnisse mitwirken müssen. 


3) Zahlreiche, von dem Verfasser in Maischen und reinen 


: 2650 Liter Maische & 2,0222 Grm. Stärke = 5,36 Kg. 


Stärkelösungen ausgeführte Bestimmungen über das Verhält- 


niss von Zucker zum Dextrin haben das Resultat ergeben, 
dass in der Maische auf 10 Theile Zucker mit der grössten 
Annäherung 9 Theile Dextrin enthalten waren, ein Verhält- 
niss wie es einer Verbindung von 1 Aeg. Dextrin mit 1 Aeg. 
Zucker entspricht. 


Aucker C2412017, ; Aequivalentgewicht — = 180, 
Dextrin C12H10010, — 0 
Zee Dein 1039} 


Dieses Verhältniss von Zucker und Dextrin bildet sich 
so constant bei allen Temperaturen unter 70°C. und wurde 
weder durch Verdünnung noch auch durch Menge und Be- 
schaffenheit des Malzes alterirt, so dass Verf. keinen Anstand 
nimmt auszusprechen, dass die Bildung von 1 Aeq. 
Dextrin neben 1 Aegq. Zucker die Aeusserung der 
normalen Einwirkung von Diastase auf Stärke- 
mehl sei und dass jede normale Maische auf 10 Theile 
Zucker 9 Theile Dextrin enthalten müsse, 


Das Hollefreund’sche Maischverfahren beim Brennereiprocess. 343 


Die nach dem Hollefreund’schen Verfahren gewonnene 
Maische zeigte sehr annähernd dies Verhältniss, denn in 
21,30 Proe. löslicher Trockensubstanz derselben waren 9,54 Proc. 
Zucker und 8,58 Proc. Dextrin enthalten und 

9,54 : 8,58 — 10: 8,99. 


Der Hollefreund’sche Maischprocess hat demnach die nor- 
male Wirkung des Malzes nicht beeinträchtigt und die Er- 
gebnisse der Untersuchung der vergohrnen Maische sprechen 
dafür, dass die Gährung in dieser Maische in einer durchaus 
normalen und befriedigenden Weise verlaufen ist. In der 
vergohrnen Maische verhielt sich der Zucker zum Dextrin 
wie 1: 4,3; directe Versuche ergaben ein Verhältniss von 
33.2. 

4) Endlich ist noch darauf hinzuweisen, dass 
der Alkohol-Ertrag von 9,2 Vol. Proc. dem theo- 
retischen Ertrage so nahe kommt wie Verf. das- 
selbe niemals zu beobachten Gelegenheit gehabt 
hat.. Folgende Rechnung lässt dies ersehen. 


2500 Kg. Kartoffeln enthielten 518,75 Kg. Stärke, 
175 „ Grünmalz 70:00: e 
588,75 Kg. Stärke. 
Dazu kamen in der Hefe an 
Darrmalz, Grünmalzu.Roggen 45,7 n 
Summa eingemaischt 634,45 Kg. Stärke. 


Nach Otto (landw. Gewerbe II. S. 465) giebt 1 Kg. 
Stärke eine theoretische Ausbeute von 55 Quartprocent — 
63 Literprocent Alkohol. 

Also beträgt die theoretische Ausbeute 

634,45 x 63 = 39967 Literprocent. 
Die wirklich erhaltene Ausbeute aber 
3980 x 92 = 36616 Literprocent. 
Die wirklich ‘gebildete Alkoholmenge beträgt daher: 
91,6 Proc. der theoretischen. 


Es übertrifft hiernach die Alkoholausbeute nach Holle- 
freund’schem Verfahren diejenige nach dem alten Verfahren 
um ein sehr Bedeutendes, denn jeder mit dem Brennereifach 
Vertraute weiss, dass nach dem alten Verfahren eine Alko- 
 holausbeute von 70 bis 72 Proc. der theoretischen, für eine 
durchaus normale, eine solche von 80 Proc. aber bisher für 
eine sehr gute galt, 


344 Ueb.d. Anwendung d. Schwefelwasserstoffreaction b. Untersuchung. ete, 


Nach allen -in vorstehendem erörterten Verhältnissen, 
sagt der Verfasser, wird das Hollefreund’sche Verfahren, wenn 
sich die Resultate der vorstehenden Versuche bestätigen, als 
der wesentlichste Fortschritt anzusprechen sein, 
welchen die Brennereitechnik seit langer Zeit 
gemacht hat. (Zeitschr. des landw. Oentralvereins d. Prov. 
Sachsen etc. 1872. Nr. 6 u. 7. S. 160 f.). 

Hbg. 


Nachtrag zu 1. (Chemie etc.) 


Spontane Explosion von Kali chlorieum mit 
Phosphor. 


- Bestäubt man ein Stückchen Phosphor gleichmässig mit 
feingepulvertem chlorsauren Kali und begiesst es dann mit einer 
Lösung von Phosphor in Schwefelkohlenstofl, so erfolgt, nach 
Moigno’s Angabe, sobald der Schwefelkohlenstoff verdampft 
ist, eine sehr heftige Explosion. Wegen der sehr grossen 
Gefahr darf der Versuch nur mit sehr kleinen Mengen aus- 
geführt werden. (Chem. News 25. 82., Zeitschr. d. allg. östr. 
Apoth.-Vereins. Nr. 24. p. 548.). 

©. Schulze. 


Ueber die Anwendung der Schwefelwasserstoffreaetion 
bei Untersuchungen auf trockenem Wege. 


Setzt man nach J. Landauer die gepulverten Metall- 
verbindungen, mit pepulvertem unterschwefligsauren Natron 
gemischt, auf einer Boraxperle der innern Löthrohrflamme 
aus, so treten die Schwefelwasserstoffreactionen deutlich her- 
vor. — Um bei leichtflüssigen Substanzen, wie z. B. Queck- 
silber- und Arsenverbindungen, Irrtümer zu vermeiden, empfiehlt 


Ueber die Nitroverbindungen der Fettreihe. 345 


Derselbe das Gemisch in einer Probierröhre zu erhitzen und 
das Krystallwasser des unterschwefligsauren Natrons erst zu 
entfernen. Folgende Tabelle zeigt, dass nur bei wenigen 
Metallverbindungen noch eine besondere Nachweisung nöthig ist. 


Verhalten zu Borax auf Platindraht, 


Verhalten zu In der kalten Perle. 
Metalloxyde. Na28203. a 
Oxydationsfeuer) Redactionsfeuer. 

“ Antimonoxyd | roth farblos grau bis farblos 
Arsenige Säure | gelb 0 0 
Bleioxyd schwarz farblos grau bis farblos 
Chromoxyd | grün gelblich grün smaragdgrün 

(C:[HO]) 
Eisenoxyd schwarz |gelb bouteillengrün 
Goldoxyd schwarz |wirdohnesich| aufzulösen reducirt 
Kadmiumoxyd |gelb farblos grau bis farblos 
Kobaltoxydul schwarz |blau blau 
Kupferoxydul schwarz |blau braunroth (trübe) 
Manganoxyd hellgrün | violett farblos 

(Mn0,0S) 
Molybdänsäure | braun farblos braun 
Nickeloxydul schwarz |rothbraun grau bis farblos 
Platinoxyd schwarz |wirdohnesich aufzulösen redueirt 
Quecksilberoxyd | schwarz IE 0 
Silberoxyd schwarz farblos grau bis farblos 
Uranoxyd schwarz gelb bouteillengrün 
Wismuthoxyd |schwarz [farblos grau bis farblos 
Zinkoxyd weiss farblos grau bis farblos 
Zinnoxyd braun farblos farblos. 


Bericht der chem. Gesellsch. zu Berlin 1872. S. 406. Zeitschr. 
d. allg. östr, Apoth.- Vereins. Nr. 24. p. 542.) 
0. Schulze. 


Ueber die Nitroverbindungen der Fettreihe. 


Bekanntlich erhält man durch Behandlung aromatischer 
Kohlenwasserstoffe mit rauchender Salpetersäure Nitrokörper, 
welche, mit Wasserstoff im Entstehungsmomente zusammen- 
treffend, zu Aminen reducirt werden. So z. B, liefert Nitro- 


#; 
7 
E 


” 


546 Ueber die Nitroverbindungen der Fettreihe. 


benzol Anilin. Verbindungen von ähnlichem Verhalten waren 
- bisher in der Fettreihe unbekannt, denn die gleich zusammen 
gesetzten salpetrigsauren Aether liefern bei der Reduction 
keine Amine, sondern Ammoniak und den bezüglichen Alko- 
hol. Vor Kurzem ist es nun Victor Meyer und O. Stü- 
ber gelungen, die Isomeren der Salpetrigsäureäther dadurch 
zu erhalten, dass sie das Jodid eines Alkoholradicals auf sal- 
petrigsaures Silberoxyd einwirken liessen. 


Die so dargestellten Nitrokohlenwasserstoffe unterschei- 
den sich in ihrer Constitution von den analogen Verbindungen 
der aromatischen Reihe dadurch wesentlich, dass sie ein 
Wasserstoffatom und die Nitrogruppe gleichzeitig an ein Koh- 
lenstoffatom gebunden enthalten, und dadurch den Character 
schwacher Säuren annehmen, während bei den aromatischen 
‘ Nitrokörpern an dem die Nitrogruppe bindenden Kohlenstoff- 
atom kein Wasserstoffatom lagert. Die Letztern sind daher 
sämmtlich neutrale Körper. 


Von den in Rede stehenden Verbindungen sind bisher 
das Nitromethan, Nitroäthan und Nitropentan dargestellt 
worden. 


Das Nitroäthan= Ü?H°NO? ist von den dreien am voll- 
ständigsten untersucht. Es stellt eine farblose, in Wasser unlös- 
liche, in Alkohol, Aether, Benzol lösliche Flüssigkeit vom Siedep. 
111°—113° und dem spec. Gew. 1,0582 bei + 13° dar. 
Seine Bildung erfolgt mit Leichtigkeit aus Jodäthyl.und sal- 
petrigsaurem Silberoxyd bereits bei gewöhnlicher Temperatur. 
Mit ihm zugleich bildet sich stets etwas von dem isomeren 
salpetrigsauren Aethyläther, welcher in Folge seines niedern 
Siedepunktes + 16° leicht davon zu trennen ist. Behandelt 
man Nitroäthan in einem Kolben mit Eisenfeile und Essig- 
säure, so wird es so heftig redueirt, dass man um Ueber- 
kochen zu vermeiden, den Kolben sorgfältig kühlen muss. 
Durch Destillation der Flüssigkeit mit Alkali und Auffangen 
des freiwerdenden Gases in Salzsäure erhält man sodann rei- 
nes salzsaures Aethylamin. 


Sehr ähnlich dem Nitroäthan ist das Nitromethan*) 
‘Dasselbe siedet bei + 99°, während der isomere Aether 
bereits bei — 12° gasförmig ist. Das Nitromethan bildet sich 
übrigens ganz rein, ohne dass salpetrigsaurer Methyläther 
als Nebenproduct erhalten wird. 


*) Die Natriumverbindung desselben = CH2NaNO2, 


Verwandlung des Terpenthinöls in Cymol. 347 


Nitropentan= CÖH!!NO? verhält sich in sofern ab- 
weichend, als es keine sauren Eigenschaften zeigt. (Berichte 
d. deutsch. chem. Ges. z. Berlin. 27. Mai 1872. Heft 9. 
S. 399. 24. Juni 1872, Heft 11. S. 514. E. M. 


Verwandlung: des Terpenthinöls in Cymol. 


Oppenheim hat durch Einwirkung von 2 Atomen Brom 
auf Terpin C10H!°(OH)? unter Wasserabspaltung ein Ad- 
ditionsproduct des Terpenthinöls: C1°H1° Br? erhalten, welches 
ihm, mit Anilin einige Zeit auf den Siedepunkt des Letztern 
erhitzt unter Abspaltung von 2HCl einen Kohlenwasserstoff 
lieferte, dessen Siedepunkt 175,5°— 178,5° und Analyse kei- 
nen Zweifel liess, dass derselbe Cymol C!°H!* war. Um 
dies noch sicherer festzustellen und namentlich eine Verwech- 
selang mit Terpenthinöl auszuschliessen, welches in der Zu- 
sammensetzung nur um 2H differirt, wurde die Cymolsulfo- 
säure und der cymolsulfosaure Baryt dargestellt. 


Auch mit Umgehung der Darstellung des Terpins lässt 
sich aus dem Terpentinöl Cymol gewinnen, wenn man durch 
Einwirkung von 2Br auf stark abgekühltes Terpenthinöl, des- 
sen Additionsproduct O10H1!®Br? darstellt und dieses in der 
angegebenen Weise mit Anilin behandelt. Auch das Citro- 
nenöl liefert, derselben Behandlung unterworfen, Cymol von 
gleichen Eigenschaften. 


Durch diese Reaction ist der Beweis geliefert, dass 
sowohl Terpenthinöl als Citronenöl Cymolwasserstoffe sind und 
es bleibt, um ihre Zusammensetzung genau zu kennen, nur 
die Lösung der Frage übrig, welches der möglichen isomeren 
Cymole in ihnen enthalten ist. 


Die Bildung der Terephtalsäure aus Terpenthinöl schliesst 
die Annahme eines Butyleymols aus. Vielmehr muss dasselbe 
zwei Seitenketten enthalten, also Methylpropylbenzol, Methyl- 
isopropyleymol, oder Diäthylbenzol sein. Da nun das Oymol 
des Ol. Cumini mit dem. aus Terpenthinöl dargestellten glei- 
chen Siedepunkt und mit dem Terpenthinöl die Bildung von 
Terephtalsäure durch Oxydationsmittel gemein hat, so ist die 
Identität beider Cymole wahrscheinlich, das Terpenthineymol 


348 Das Cymol aus Terpenthinöl, und aus Citronenöl. 


also als Methylpropylbenzol aufzufassen, mit wahrscheinlicher 


Stellung der Seitenketten 1:4. (Berichte d. deutschen chem. 
Ges. 2. Berlin. 26. Febr. 1872. Heft 3. S. 94.,. 
E. M. 


Das Cymol aus Terpenthinöl und aus Citronenöl. 


Zur Erforschung der nähern Bestandtheile des aus Ter- 
penthinöl dargestellten Cymols oxydirte Oppenheim dasselbe 
mittelst sauren chromsauren Kalis und Schwefelsäure, destil- 
lirte unangegriffenen Kohlenwasserstoff ab und behandelte das 
in der Flüssigkeit unlösliche Oxydationsproduct mehrmals 
abwechselnd mit Ammoniak und Salzsäure. Nach dem Aus- 
kochen mit Alkohol zeigte sich dasselbe flüchtig, ohne vorher 
zu schmelzen und gab die analytischen Werthe der Terephtal- 


säure 0° H* oe Ein gleiches Resultat lieferte die 


Oxydation des Oymols aus Citronenöl. 


Aus der von der rohen Terephtalsäure abgegossenen 
Flüssigkeit wurde durch die Destillation ein saures Wasser 
erhalten, welches, mit kohlensaurem Natron neutralisirt und 
zur Trockne verdampft, durch die Kakodylreaction Essigsäure 
erkennen liess. 


Man kann aus diesem Verhalten des untersuchten Cy- 
mols den Schluss ziehen, dass die in ihm enthaltenen Seiten- 
ketten Propyl und Methyl sind, da Isopropyl keine Essigsäure 
geliefert haben würde. Es ist jedoch nicht zu verschweigen, 
dass diese Folgerung durch den Umstand an Sicherheit ein- 
büsst, dass bei weitem nicht die theoretische Ausbeute an 
Terephtalsäure erhalten und ein Theil des Benzols weiter oxydirt 
wurde, wodurch möglicherweise die Bildung der Essigsäure 
veranlasst wurde. ER 

Jedenfalls steht soviel fest, dass beide ätherische Oele 


dasselbe Cymol enthalten und ihre Isomerie nur durch die 


verschiedene Lagerung der beiden Wasserstoffatome bedingt 
ist. (Berichte d. deutschen chem. Ges. z. Berlin. 22. Jul 
1872. Heft 13. 8. 628.). E. M. 


® 
ds 
. 


ie) 


‘ Veber die Verwendbarkeit des Chloroforms etc. 34 


ru 


Künstliche Campherbildung. 


In einigen Fällen hatte Oppenheim das durch das 
ÖOxydationsgemisch nicht angegriffene Cymol abdestillirt und 
aufs neue oxydirt. Gelang letzteres vollständig, so wurde 
beim Abdestilliren im Kühlrohr ein Sublimat beobachtet, wel- 
ches alle Eigenschaften und die Zusammensetzung des Uam- 
phers zeigte, ausgenommen, dass der Schmelzpunkt bei 162° 
statt bei 175° lag. Sowohl das Cymol des Terpenthinöls, als 
dasjenige des Citronenöls lieferte dies Product. 


Berthelot hat zwar bereits im Jahre 1858 aus Campher 
C:° H!% unter Einfluss von Platinmohr und 1867 durch Oxy- 
dation des Terpenthinöls mittelst übermangansauren Kalis 
geringe Mengen eines campherähnlichen Körpers erhalten, 
dies ist jedoch der erste Fall, dass Campher in zur Analyse 
hinreichender Menge künstlich erhalten worden ist, 


Aus Terpenthinöl in der oben angegebenen Weise den 
Campher zu erhalten, gelang nicht. Ebensowenig war es 
möglich, das Brom des Terpenbromids C!°H!#Br? mittelst 
Silberoxyds durch Sauerstoff zu ersetzen. (Berichte d. deut- 
schen chem. Ges. z. Berlin. 22. Juli 1872. Heft 13. S. 631.). 

E. M. 


Ueber die Verwendbarkeit des Chloroforms als Lö- 
sungs - und Trennungsmittel für starkwirkende alka- 
loidische Pflanzenstoffe. 


J. Nowak hat Versuche angestellt, welche zeigten, dass 
einer alkalisch gemachten Lösung schon in der Kälte durch 
Chloroform rasch und vollkommen entzogen werden: 


Strychnin, Chinin, Chinidin, Cinchonin, Coffein, Theobro- 
min, Emetin, Atropin, Hyoscyamin, Aconitin, Veratrin, Physo- 
stigmin, Narkotin, Kodein, Thebain, Nieotin und Coniin. Et- 
was lansamer wieder Brucin, COolchiein und Papaverin, erst 
in der Wärme Sabadilin und in geringer Menge Narcein 
aus alkalischer Lösung aufgenommen. Pikrotoxin geht weit 
leichter aus saurer als alkalischer Lösung in Chloroform über, 
Morphin und Solanin hingegen werden weder aus alkalischer - 


350 Derivate des Kodeins. | 


noch aus saurer Lösung von Chloroform aufgenommen. Durch 
weitere Versuche wurde dargethan, dass alle jene Substan- 
zen, welche aus wässrig-alkalischer Lösung vom Chloroform 
aufgenommen werden, demselben durch mehrmaliges Schüt- 
teln mit saurem Wasser wieder entzogen werden können, 
während fettige und sonstige Beimengungen vom Chloroform 
zurückgehalten werden. 


Durch Aufsuchen von giftigen Pflanzenstoffen in dazu gewähl- 
ten Leichentheilen wurde auf Grund dieser Versuche ein syste- 
matischer Gang zur Auffindung derselben aufgestellt. Die 
erhaltenen Resultate befriedigten, besonders des hohen Grades 
von Reinheit wegen, welche die aus Chloroform erhaltenen 
Substanzen zeigten, so dass mit denselben sofort die Iden- 
titätsreactionen vorgenommen werden konnten. (Sitzungsber. 
d. Wiener Acad.; Jahrb. f. Pharm. Bd. XXXVLI. Heft 2. 
p. 100.). 0. Schulze. 


Derivate des Kodeins. 


Durch die Einwirkung von 48 procentiger !Bromwasser- 


stoffsäure auf Kodein bei 100° entsteht nach Wright zu- 
nächst eine Base, welche die Elemente des Kodeins enthält, 
worin jedoch OH durch Br. ersetzt ist. — Bei weiterer Ein- 
wirkung bilden sich zwei andere, wovon die eine 1 At. O 
weniger enthält als Kodein, die andere aber die Zusammen- 
setzung von 4 zusammengelegten Molecülen Kodein enthält, 
in deren einem jedoch H durch Br ersetzt ist. 


Kodein — 02 22.002 
Bromkodein — ‚0159 20BrNO? 
Desoxykodein == C!1°H?1NO? 


Bromtetrakodein — 0C'?H8>BrN*0!?. 


Letztere Base ist in Aether fast unlöslich und kann 
dadurch von den beiden andern, die darin leicht löslich sind, 
getrennt werden. 


Pr 


Die weitere Einwirkung der Bromwasserstoflsäure auf 


die genannten Körper veranlasst die Substitution von H für 
CH, wodurch folgende Körper entstehen: 


Hi 
: 
| # 
£ 
bo 
4 


Derivate des Kodeins. 351 


Desoxymorphin EIOFBFNBEN 
‘Brom - Dikodein-Dimorphin — C’°H'’BrN?012 
Bromtetramorphin —A ME EBEN 02 


Durch die Behandlung mit concentrirter Chlorwasserstoff- 
säure verwandeln sich die Bromtetrabasen in die entsprechen- 
den Chlortetraverbindungen. 


Wird Kodein mit 55 procentiger Jodwasserstofisäure und 
einer hinreichenden Menge Phosphor behandelt, so scheidet 
sich Jodmethyl aus und eine Reihe von Körpern entsteht, 
die sich äusserlich sehr ähnlich sind, amorph, spröde oder ' 
theerig. Bei 100°—110°— 115° bis 130° werden folgende 
drei Verbindungen erzeugt: 


BESFTER IN O5, AH. 


I bei 100° — 
EI bei:110 — 1152 -—=..66EH#J2N201%AHT. 
III bei 130° —1:,66°H32J2N20%4H7: 


Beim Kochen mit Wasser geben diese Körper die Ele- 
mente von Jodwasserstoff ab und verlieren Wasser oder neh- 
men davon auf in folgender Weise: 

IV aus Nr. II —NCRSHEFI NO) ZEN 
BransENr-T us 107,7, GE3HSIN DRAN 
VI aus Nr, III — CREHEINO LI AT 

Eine ähnliche Reaction scheint stattzufinden durch Fäl- 
lung der Solutionen I, I, III mit kohlensaurem Natron, Auf 
diese Weise lassen sich die freien Basen ger Verbindungen 
IV und V aus I darstellen. . 

Wann man schliesslich die Verbindungen IV, V, VI mit 
Jodwasserstoff behandelt, so werden die Elemente von HJ 
und HO aufgenommen in nachstehender Weise: 

MH aus: IV und V = 0%H!17 7502022 AH) 
VII aus VI ° — (68Y80JN01,4HJ 
während bei der Behandlung von I mit Jodwasserstoff und 


Phosphor die folgende Verbindung (die Elemente von HJ und 


HO mehr als III enthaltend) entsteht: 
IX = C°8H103 J3N4016 4HJ. 
(The Pharmac. Journal and Transact. Third, Ser. Part. XIV. 
Nr. LVIH—LXI August 1871.) 
Wy. 


39 Zersetzungsproducte des Kodeins durch Jodwasserstoffsäure. 


Zersetzungsproducte des Kodeins durch Jodwasser- 
'stoffsäure. 


Nachdem Wright die zwischen conc. Chlor- u. Brom-Was- 
serstoffsäure und Kodein stattfindenden Reactionen erforscht, hat 
er nun auch die Wirkung der Jodwasserstoffsäure auf dieses 
Alkaloid untersucht. Die beiden ersteren Säuren geben be- 
kanntlich, mit Kodein erhitzt, Methyl-Chlorid und Bromid, 
Jodwasserstoff giebt aber nur dann Methyljodid, wenn die 
Reaction durch Phosphor unterstützt wird, der mit dem sich 


abscheidenden Jod immer wieder Jodwasserstoff neben phospho- 


riger und Phosphor-Säure erzeugt. Uebrigens ist die Ein- 
wirkung von HJ eine ganz ähnliche wie die von HCl und 
HBr, indem sich drei neue Basen erzeugen. 


Die erste dieser neuen Verbindungen erhält man, wenn 
man 10 Thle. Kodein mit 30 Thln. 55 procentiger Jodwasser- 
stoffsäure und 1 Thl. Phosphor drei Stunden lang im Wasser- 
bade erhitzt, die syrupdicke Flüssigkeit nach dem Aufhören 
der Methyljodidentwicklung noch heiss durch Asbest filtrirt, 
um etwa vorhandenen amorphen Phosphor abzusondern, und 
das nach dem Erkalten theerartig zähe, farblose Filtrat durch 
Zusatz von ein wenig kaltem Wasser in eine spröde, harte 
Masse verwandelt, welche, in Stückchen zerbrochen, durch 
Waschen mit kaltem Wasser von anhängenden Säuren des 
Phosphors befreit und endlich zwischen Filtrirpapier bei 100° 
getrocknet wir. Man kann auch das syrupdicke Filtrat mit 
kohlensaurem Natron fällen, den Niederschlag mit Aether auf- 
nehmen und diese Lösung mit Jodwasserstoffsäure schütteln. 


Die Entstehung dieser Verbindung erklärt sich aus der 
Gleichung: 

- 4(C1°H2!N0O°? + HJ)= 14HJ = 4CH3J +J°+ 

Jodwasserstoffs. Kodein. Methyljodid. 

068 H86J2N*O!1? + 4HJ. 
Neuer Körper. 

Lässt man bei der Reaction der Jodwasserstoffsäure und 
des Phosphors auf Kodein die Temperatur sich auf 115° 
steigern, so hat das Algen sich ganz ähnlich verhaltende 
Product die Formel: 

C5°H82J2N*01° + AHJ. 

Es ist aus dem vorigen durch Austritt von 2 Molekülen 

Wasser entstanden nach der Gleichung: 


083H86J2N2012-4HJ = 2H?0+C0°°H®? J2N*010- 447, 


Nennen Mes 


Zersetzungsproduete des Kodeins durch Jodwasserstoffsäure. 353 


Wird endlich die Temperatur bei der Reaction auf 130° 
gesteigert, indem man die Flüssigkeit sich concentriren lässt, 
so entsteht ein Körper, der 4 Moleküle OÖ weniger enthält, als 
der vorangehende. 

C63H°2J?N?01°+12HJ=J°+4H?0 +C#3H8? J?N20°-+4HJ. 

Die beiden ersten Verbindungen werden durch wieder- 
holte Behandlung mit grossen Mengen heissen Wasser zer- 
setzt, indem HJ austritt. Das Zersetzungsproduct scheidet 
sich beim Abkühlen der Solution in weissen Flocken ab. 
Ge>H86J2N:0:2? LAHJ —=2HJ + 2H?0O +.6535H3’N*Q10 

+ 4HJ 
C55H82J2N*010 + 4HJ = 2HJ + C6°HS'N?0!1° + AHJ. 

Beide Verbindungen liefern demnach dasselbe Product; 
durch ein Paar Tropfen Sodalösung lässt sich der Austritt 
von HJ beschleunigen. Uebrigens scheint auch eine Zwischen- 
stufe zwischen dem Endproduct und der ursprünglichen Ver- 
bindung zu existiren, nach der Formel C6®H®5 JN*0O!° + HJ. 
Sie entsteht in dem Falle, dass die Behandlung mit heissem 
Wasser nicht oft genug wiederholt wurde. 

Sowohl das Endproduct wie die Zwischenstufe zeigen 
unter dem Mikrokop eine der Hefe ähnliche Structur 
aus an einander gereihten Kügelchen. Gegen gewisse 
Reagentien verhalten sich alle bisher beschriebenen |Kör- 
per sehr ähnlich: mit Eisenchlorid geben die Solutionen 
derselben keine Färbung, mit salpetersaurem Silberoxyd findet 
unter Gelbfärbung eine Reduction statt; Salpetersäure färbt 
intensiv gelb; Schwefelsäure mit zweifach chromsaurem Kali 
scheidet Jod aus, kohlensaures Natron bildet einen weissen, 
im Ueberschuss wenig löslichen Niederschlag, der an der Luft 
bald dunkelbraun wird, Ammoniak verhält sich ähnlich, Kali- 
hydrat im Uebermaass löst den Niederschlag völlig wieder 
auf. Diese Reactionen weichen von denen der Chlor- und 
Brom - Wasserstoff- Derivate des Kodeins mehrfach ab. 

Die dritte der oben beschriebenen Verbindungen verhält 
sich bei Behandlung mit heissem Wasser insofern anders, als 
das Zersetzungsproduct sich nicht in Flocken, sondern in klei- 
nen, lange suspendirt bleibenden Kugeln ausscheidet. Es 
scheint unter Mitwirkung von Wasser nach folgender Glei- 
chung zu entstehen: 

C6°®H®2 J2N40° + 4HJ + AH?O = 2HJ + 068H33 N+019 
+4HJ. 

Präcipirt man eine kaum warme wässrige Solution der 
Verbindung 0%®H®° J2N?012 + AHJ mit kohlensaurem Na- 

Arch, 4 Pharm, III, Reiho, I, Bds. 4, Hof, 23 


; 
E. ö 


354 Zersetzungsproducte des Kodeins durch Jodwasserstofisäure. 


tron, so ist der Niederschlag ein Gemisch von drei Basen, 
von denen zwei jodhaltig, die dritte aber jodfrei ist. Die 
erste ist die freie Basis der obigen Verbindung‘, leicht löslich 
in Aether und daher aus dem Niederschlage mit Aether leicht 
auszuziehen. beim Abdampfen der Aetherlösung bekommt 
man sie als theerartigen Rückstand. Durch Schütteln der 
Aetherlösung mit Jodwasserstoffsäure wird die ursprüngliche 
Verbindung wieder hergestellt. 

Nachdem die leichtlösliche Base aus dem Niederschlage 
ausgezogen worden, erhält man mit mehr Aether eine Lösung 
der zweiten Base, die sich beim Verdunsten des Aethers in 
Flocken ausscheidet. Formel C68H81JNt0!°. Sie ist aus 
der ursprünglichen Verbindung in der Weise entstanden 
058486 J2N20O!1? + AHJ — 2H?0 + HJ + C®5H81JN+019 

+ 4HJ. 

Also, eine gleiche Reaction wie die durch Wasser be- 
wirkte. Lässt man auf den Rückstand von der vorhergehen- 
den Behandlung des Niederschlags mit Aether schliesslich 
nochmals sehr grosse Quantitäten Aether portionsweise ein- 
wirken und verdunstet die Lösung, so haben die zurückblei- 
benden Flocken die Zusammensetzung einer Mischung aus 
1 Molekül C68H®!J N*O1!° und 2 Molekülen O6SH3' N 01°, 

Der durch Fällung der Verbindung C°®H®?J2N*010--AHJ 
mit kohlensaurem Natron erhaltene Niederschlag enthält nur 
sehr wenig in Aether Lösliches, woraus sich ergiebt, dass 


die Base 0°8SH®?J®?N°O1° nur im geringen Maasse gebil- _ 


‘ det ist. 

Bei Fällung endlich der dritten Verbindung C6SH 82J2N *O 6 
+ 4HJ mit Soda scheint eine ähnliche Reaction einzutreten. 
Vom Niederschlage löst sich nur sehr wenig in Aether. 

Da aus den zuerst beschriebenen drei Verbindungen 
durch Wirkung des Wassers die Elemente von HJ verbunden 
mit den Kohlenstoffradicalen der Basen, eliminirt werden, so 
liess sich vermuthen, dass bei Behandlung dieser Wasserzer- 
setzungsproducte mit concentrirter Jodwasserstoffsäure jener 
HJ wieder assimilirt werden würde. In der That findet 
eine solche Reaction statt, aber sie beschränkt sich nicht auf 
Wiederherstellung der ursprünglichen Verbindung, sondern 
es addirt sich noch ein Aequivalent HJ mehr und überdiess incor- 
poriren sich mehre Aequivalente Wasser. (The Pharmae. 
Journ. and Transact. Third. Ser. Part. XVII. Nr. LXXV 
bis LXXIX. Deobr. 1871. p. 485 u. 508 .). 

Ww». 


! 


EN 


V. Meteorologie und Mineralogie. 


Ueber Salzhagel am St. Gotthard. 


Am St. Gotthard ging am 20. August 1870 ein star- 
kes Hagelwetter nieder; Eis war nicht darunter, sondern 
die Hagelsteine bestanden aus harten Stücken von salzigem 
Geschmack. Professor A. Kenngott an der Universität, 
Zürich hat von diesen Steinen erhalten, von denen der grösste 
0,75 g wog. Dieselben sind Kochsalz, wie es in Nordafrika 
als sogenanntes Steppensalz vorkommt. Es sind hexaedrische 
Krystalle von weisser Farbe oder Fragmente solcher. Fremde 
Mineraltheile waren nicht zu beobachten, welches auch bei 
einem Producte nicht zu erwarten stand, welches ursprüng- 
lich als ein lockerer Ueberzug den Boden bedeckt hatte und 
so leicht durch einen starken Sturm fortgehoben und fortge- 
führt werden konnte. 


Professor Eversmann in Kasan hat früher einmal 
wirkliche Hagelkörner beobachtet, in deren jedem ein Schwe- 
felkies- Krystall eingeschlossen war. Diese Erscheinung ist 
merkwürdig genug. Die kleinen Schwefelkieskrystalle, wahr- 
scheinlich aus irgend einem Gestein ausgewittert, können nur 
durch einen Sturm von der Oberfläche weggeführt worden 
sein und sind so in eine hagelbildende Wolke gerathen, wo 
sie in das Hageleis eingehüllt wurden. (Gaea VII, 8.). 


Hbg. 


’ 99% 
1 TER 


656 Die nutzbaren Mineralien der argentinischen Republik. 


Die nutzbaren Mineralien der argentinischen 
Republik. 


Auf der zu Ende 1871 stattgefundenen argentinischen 
Industrieausstellung waren die verschiedenen Mineralvorkomm- 
nisse dortiger Gegend zur Ansicht ausgelegt; über diese Mi- 
neralien berichtete Prof. Dr. Alfred Stelzner zu Cordoba 
in der Nr. 1, Jahrg. 31 der Berg- und Hüttenmännischen Zei- 
tung. Bergdirector Klemm theilt daraus folgendes- mit: 

Auf dieser Ausstellung waren die Mineralien der Repn- 
blik fast vollständig vertreten, besonders die Golderze in 
schönen Exemplaren, als Berggold und Waschgold, 
ebenso ausserordentlich schöne Proben von Silberer- 
zen, hauptsächlich gediegen Silber und zum Theil in 
grossen Massen; von anderen metallischen Mineralien waren 
besonders die Kupfererze sehr reich vertreten. So gesegnet 
wie die argentinische Conföderation mit metallischen Schätzen 
ist, so ist doch durch verschiedene Zufälle der Bergbau ausser- 
ordentlich niedergebracht:. Die reichsten Gänge finden sich 
meist in Höhen von 3500 bis 4500 Meter, in welchen das 
Arbeiten bedeutend beschwerlich ist und in welchen de 
Moussy nur einen Barometerstand von 460 MM. fand. 


Ein weiterer erschwerender Umstand für den Bergbe- 
trieb daselbst ist der Mangel an Communicationsmitteln, so 
dass, um die Erze an die Küste zu schaffen, die Transport- 
kosten oft den inneren Werth der Mineralien übersteigen; 
anderntheils können aus demselben Grunde keine Maschinen 
und dergl. an die Gruben hingeschafft werden. 

Die Ausbeutung der Erze geschieht jetzt noch auf die 
alte landesübliche roheste Weise, denn die Indolenz der Ge- 
birgsbewohner begnügt sich schon mit einem halbwegs ge- 
ringen Tagelohn. Das Silber aus den Silbererzen wird ver- 
mittelst der sogenannten amerikanischen Amalgamirmethode 
gewonnen und beschreibt Dr. Stelzner den Betrieb des 
dortigen Bergbaues folgendermassen: 

„Der Pinquinero, nachdem er seine Satteltaschen mit 
den für einige Tage nöthigen Lebensmitteln versehen hat, 
besteigt sein Maulthier und reitet ins Gebirge hinauf. Nach 
kurzem Suchen hat er ein reiches Gangausstreichen gefunden, 
das nun bearbeitet wird, so lange als der Mundvorrath reicht. 
Endlich reitet der Mann, die Satteltaschen mit Erzen gefüllt, 
wieder zu seiner miserabeln Lehmhütte hinab, um mit Hülfe 
der Kinder seine „metalitos“ nach alter Indianerweise 


u 


Die nutzbaren Mineralien der argentinischen Republik. 357 


zwischen zwei Steinen zu zermalmen. Das Pulver mengt 
er dann mit Salz und calcinirt es in thönernen Gefässen 
über einem gelinden Feuer so lange, bis er glaubt, dass es 
amalgamationsfähig geworden ist. Nun wird das Erzmehl im 
Hofe über einige Steine ausgebreitet, Wasser und Kupfer- 
vitriol zugeseizt, bis eine teigige Masse entstanden ist; 
diese wird nun zunächst für sich allein, später unter Zusatz 
von Quecksilber mit den Füssen durchgetreten, 
bis sie „beneficirt“ ist; dann wird sie in Schüsseln oder 
eisernen Töpfen gewaschen, wobei sich das Amalgam- und die 
noch freien Quecksilbertheilchen vereinigen. Durch Ausdrücken 
in einem Tuche erhält man jetzt das Amalgam für sich und 
glüht dieses nun wieder in einem im Hofe angezündeten 
Feuer aus; das Silber bleibt nun rein zurück. *) 

An Kupfererzen ist die Republik ganz ausserordentl. 
reich; die Bleierze sind ebenfalls in bedeutenden Quantitä- 
ten vorhanden, aber sind nicht abbauwürdig aus den bereits 
erwähnten Gründen, trotzdem sie sehr reich an Silber sind 
(0,3 bis 0,5 Proc. Ag.) 

Der Grubenbetrieb, so weit er vorkommt. ist gleichfalls 
sehr primitiv; grössere Stollnanlagen sind zur Zeit noch Sel- 
tenheiten, ebenso wie Wasserhaltungsmaschinen; in der Regel 
wird das vorhandene Wasser mittelst Ledersäcken aus den 
Gruben ausgeschöpft. Als ausserordentl. wichtig für das 
Land betont Dr. Stelzner das Vorkommen reicher Koh- 
lenlager, ferner erwähnt er eines ausserordentl. schönen 
weissen Marmors und endlich, was von grosser Bedeutung 
ist, den Reichthum der Pampas an Salinen und Thonla- 
gern. (Sitz.-Ber. d. naturw. Gesellsch. „Isis“ in Dresden. 
Jan. Febr. März 1872.). HA.L 


*) Der Vorgang lässt sich durch folgende Gleichungen ausdrücken: 
I. NaCl + Cu0,S03 — Na0, SO3 + CuCl. 
I. 2CuCl + AgS = AgCl + Cu?2Cl + 8. 
II. 2NaCl-+-AgCl-H Cu?Cl-+ xHO —=NaCl,AgCl + NaCl,Cu2Cl + xHO. 
IV. NaCl,Cu2C] + AgS = NaCl, AgCl + Cu28. 
V. NaCl, AgCl + 3Hg — Hg?Cl + NaCl + AgHg. 
VI, AgHg = Ag + Hg. H. L. 


308 


C. Literatur und Kritik. 


Verzeichniss 


der, von der Pharmacopoea Germanica, den letzten Ausgaben 
der Pharmacopoea Borussica (und des Schacht’schen 
Appendix) gegenüber eingeführten Aenderungen und Neue- 
rungen von B. Hirsch, Apotheker zu Grünberg i/Schl. 


Acetum; um etwa Y, stärker; 100 Th. Ph. Germ. —= 117, 2 Th. Ph. 
Bor. VI und VII. 
Acetum aromaticum; wesentlich verändert: 
Ph. Bor. VIu. VII: Auszug aromatischer Ph. Germ.: Lösung äthe- 
Pflanzentheile durch Essig. rischer Oele in aromati- 
schen Tincturen, Essigsäure 
und Wasser. 
Acetum Colchiei; neu; gegen die Schacht’sche Vorschrift wesentlich ver- 


ändert: 
Schacht: Bulb. Colch. rec. 1 Ph, Germ.: Sem. Colchiei cont. 1 
Acet. erud. 10 Spiritus 1 
Acet. purum 9 
Acetum Digitalis; schwächer: 
Ph. Bor. VI: Fel. Digitalis 1 Ph. Germ.: Fol. Digitalis 1 
Acet. ecrud. 8 Spiritus 1 


Acet. purum 9 
-Acetum purum; stärker; 100 Th. Ph, Germ. — 122,42 Th. Ph. Bor. VI. 
20 Th. bedürfen zur Sättigung nicht 1 Th., sondern 1,06 Th. was- 
serfreies kohlensaures Natron. 
Acetum Rubi Idaei; wesentlich verändert: 
Ph. Bor. VIL: Suceus Rubi Idaei sine 


saccharo 1  Ph.Germ.: Syrup. Rubild. 1 
Acet. erud. 3 Acet. purum 2 
Acetum Seillae; Ph. Bor. VI u. VII: 
Bulb. Seillae 1 Ph. Germ.: Bulb. Seillae 1 
Acet. erud. 10 Spiritus 1 


i Acet. pırum 9 
Aecidum aceticum aromaticum; Gehalt an ätherischen Oelen wesentlich 
verstärkt: $ 
Ph. Bor. VI: Olea aetherea 28 Ph. Germ. Olea aetherea 28 

Acid. aceticum 72 Acid. aceticum 25 

Acidum aceticum dilutum; stärker; 100 Th. Ph. Germ. = 102 Th. Ph. 

Bor. VI = 103, 5 Th. Ph. Bor. VII. Spec. Gew. bei 15°C. nicht 
1,040, sondern 1,042 — 1,0422, 


h 
] 


RR 
u 


de 
, 


.. Literatur und Kritik. 359 


Acidum benzoieum erystallisatum gestrichen, sublimatum allein 
beibehalten. 

Aeidum borieum; neu. 

Aeidum carbolicum crudum; neu. 

Aeidum carbolicum erystallisatum; neu. 

Aeidum chloro- nitrosum ; neu. 

Aeidum chromicum , neu. 

Jeidum eitrieum ; neu. 

Aeidum hydrochlorieum dilutum; neu. Mischung gleicher Theile von 
Acidum hydrochlor, pur. und Aqua destillata. Spec. Gew. bei 
15°C. nicht 1,060, sondern 1,061. 

Aecidum lactieum; neu. 


Acidum nitricum, stärker; 100 Th. Ph. Germ. — 102,15 Th. Ph. 
Bor. VII. 

Acidum nitricum crudum; schwächer; 100 Th. Ph. Germ. = 95 Th. 
Ph. Bor. VII. 

Aeidum nitrieum dilutum ; neu. Mischung von gleichen Theilen Acidum 
nitricum purum und Aqua destillata. 


Acidum phosphorieumz; schwächer; 100 Th. Ph. Germ, = 90,561 Th. 
Ph. Bor. VI und VII. 
Aeidum sulfurieum fumans; neu. 
Acidum valerianicum; neu. 
Aeconitinum ; neu. 
Aether Petrolei; neu. 
Aethylenum chloratum; neu. 


Alumen; Ph. Germ. gestattet nur Kalialaun, wie die Ph. Bor. VL 


während die Ph. Bor. VII auch Ammoniakalaun oder Gemische von 
Kali- und Ammoniak - Alaun zuliess. 

Alumina hydrata, neu. Die Vorschrift schreibt nicht die genügende 
Menge von Alkali zur Fällung vor, 

Ammonium phosphoricum ; neu, 

Amylum Matanrae ; neu. 
” Tritiei; neu. 

Antidotum Arseniei; Ph. Bor. VII: 
Liq.Ferri sesquichlor 30 Ph.Germ.Ligq. Ferri sulfur. oxydat. 60 


Aqua communis 263 Ag. communis 240 
| Magnes. usta 7 Magnes. usta 7 
| 300. 307. 


Der Ueberschuss an Magnesia berechnet sich auf 2,2 Th. nach Ph. 
Bor. VII, und auf 1,8 Th. nach Ph. Germ. 
Aquae destillatae; dürfen kein ungelöstes, d.h. in Tropfenform abge- 
schiedenes ätherisches Oel enthalten. 
Aqua Amygdalarum amararum; schwächer ; 100 Th. Ph. Germ, — 
72 Th. Ph. Bor. VI und VII, 


t Aqua Amygdalarım amararum diluta; an Stelle des früheren Aqua 


r Cerasorum oder Aqua Cerasorum amygdalata, aber schwächer als 
dieses; 100 Th. Ph. Germ, — 86,4 Th. Ph, Bor. VII, 

| Aqua Chamomillae concentrata; neu. Spiritushaltig, dient zur Her- 

E stellung der einfachen Aq. Chamomillae; dasselbe gilt von Aqua 

Er Melissae concentrata, Aqua Salviae concentrata, Aqua Sambuci 

5 concentrata und Aqua Tiliae concentrata. 


Aqna chlorata, ohngefähr wie früher; Gehalt an Chlor nach Ph. Germ, 
nahe an 0,4°,, Minimalgehalt nach Ph. Bor, VII 0,366°), 


360° en 


Aqua Cinnamomi spirituosa; stärker? schon das Destillat, der Ph. Bor. 
VII enthält ungelöstes Oel. 
Ph. Bor. VII Cort. Cinnamom. 1 Ph. Germ, Cort. Cinnamom. 1 


Spiritus dilut, 2 Spirit. dilut, 1 
Agua commun. q. 8. Aqua commun. 10 
destillent partes 9 destillent partes 5 


Aqua Florum Aurantii; stärker. 
Ph. Bor. VIu. VII Ag. Flor. Aurant. venal.1 Ph. Germ. Aq.Fl.Aurant. venal. 1 
Ag. destillata 2 Ag. destillata it 


Aqua foetida antihysteriea; unterscheidet sich von dem Präparat der 
Ph. Bor. VI durch einen bedeutend geringeren Gehalt an Castoreum, 
etwa 1 Th. statt 8 Th., und an Spiritus, etwa 5 Th. statt 7 'Th.: 

Aqua Kreosoti; stärker; 100 Th. Ph. Germ. 133 Th. Ph. Bor. VI 
und VII. 

Aqua Laurocerasi; neu, im Blausäuregehalt der Ag. Amygd. amar. 
Ph. Germ. gleich. 

Aqua Menthae piperitae ; schwächer ? 
1 Th. Fol. Menth. pip. gaben nach der Ph. Bor. VI u. VII. 
7 Th., nach der Ph, Germ. 10 Th. Destillat. 

Aqua Menthae piperitae spirituosa; stärker? 

Ph.Bor. VIu. VLI. Fol. Menth. pip. 1 Ph. Germ. Fol. Menth. pip. 1 


Spirit. dilut. 1,5 Spirit. dilut, 1 
Ag. commun. q.s. Ag. commun. 10 
destillent partes 6 destillent partes 5. 


Aqua Opiü; stärker; 1 Th. Opium giebt nach Ph. Bor, VI 6 Th., nach 
Ph. Germ. 5 Th. Destillat, 

Aqua Petroselini; schwächer; 1 Th. Fruet. Petroselini gab nach Ph. 
Bor. V 12 Th., nach Ph. Germ. 20 Th. Destillat. 

Aqua phagedaenica; stärker; 1 Th. Quecksilbersublimat auf 320 Th. 
Kalkwasser nach Ph. Bor. VI, auf nur 300 Th. Kalkwasser nach 
der Ph, Germ. 

Aqua phagedaenica nigra; stärker; 1 Th. Calomel auf 64 Th. Kalkwas- 
ser nach Schacht, auf 60 Th. Kalkwasser nach Ph. Germ. 

Aqua Picis; stärker: Auszug aus 1 Th. Pix liquida mit 1% Th. Ag. 
communris nach Schacht, mit 10 Th. Ag. dest. fervid. nach Ph, 
Germ. 

Aqua Plumbi; schwächer; Mischung von 1 Th. Bleiessig mit 48 Th, 
Ag. destillat. nach Ph. Bor. VI u. VII, mit a Th. Aq. destillat. 
nach Ph. Germ. 

Aqua Plumbi Goulardi; stärker. 

Ph, Bor. VI. Lig. Plumbisubacet. 1 Ph. Germ. Lig. Plumbi suebaet. 1 


Spirit. dilut. 4 Spirit, dilut, 4 
Ag. communis 48 Aq. communis 45 
53. 50. 


Aqua Rubi Idaei; schwächer; 100 Th. frisch gepresster Himbeerkuchen 
geben nach Ph. Bor. VII 1351/, Th., nach Ph. Germ. 200 Th. 
Destillat. 

Aqua Rubi Idaei concentrata; schwächer; von den frisch gepressten 
Himbeerkuchen lässt Ph. Bor. VII 4,, Ph. Germ. !/, Destillat 
abziehen. 

Aqua Tiliae, nach Schacht aus frischen, nach Ph. Germ. aus getrockne- 
ten Blüthen, 

Agua Valerianae, neu, 


We. 


Sr 
“ur 


Literatur und Kritik. 361 


Aqua vulneraria spirituosa; enthält in 100 Th. nach Ph. Bor. V 


und Schacht etwa 25 Th., nach Ph. Germ. etwa 50 Th. Spiritus 
dilutus, 

"Atropinum; neu. 

Auro-Natrium chloratum; stärker. Auf 100 'Th. wasserfreies Gold- 
ehlorid schreibt Ph. Bor. VII 1081, Th., Ph. Germ. nur 100 Th. 
Kochsalz vor; doch erreicht auch bei letzterer wegen eines Rück- 
haltes an Wasser und Säure der Gehalt an Goldehlorid nicht ganz 
die vorgeschriebenen 50°/,. 


Balsamum Tolutanum; neu. 

Baryum chloratum; neu. 

Benzinum; neu. 

Dismuthum valerianieum ; neu. Soll nach Befeuchtung mit Salpetersäure 
beim Glühen an der Luft 79°, Wismuthoxyd hinterlassen, enthält 
aber davon nur 75,9 — 76,7%/,. 

Bromum ; neu. 


Cadmium sulfuricum ; neu. 
Calearia carbonica praecipitata,; neu. 


Calearia chlorata; stärker. Ph. Bor, VI verlangte vom Chlorkalk einen 


Gehalt von wenigstens 20°/,, Ph. Bor. VII von wenigstens 10°/,, Ph. 
Germ, von wenigstens 25°/, an wirksamem Chlor. 
Calearia phosphorica, neu. 
Calcaria sulfurica usta, neu. 
Carbo animalis; neu. Aus Kalbfleisch mit etwa !/, kleinen Knochen 
dargestellt; enthält ohngefähr 60°/, phosphorsauren Kalk, 


Carbo pulveratus; aus frisch geglühten Kohlen von leichtem Holz zu 
bereiten. 
Carboneum sulfuratum ; neu. 


Ceratum Cetacei; weicher. 


Ph. Bor. VI u. VII: Cer. alb. 2 Ph. Germ. Cer. alb. 2 
Cetaceum 2 Cetaceum {2 

- Ol. Amygdal. 2 Ol. Amygdal. 3 

6 3% 


Ceratum Cetacei rubrum; neu; der Schacht’schen Vorschrift im Wesent- 
liehen entsprechend. 

Cetaceum saccharatum ; neu. ÜCetaceum 1, Saccharum 3. 

Charta nitrata,; neu. 


Charta resinosaz; nach Ph. Bor. VI u. VII dünn mit Schiffspech, nach 


Ph. Germ. mit einer Mischung von 6 Schiffspech, 6 Terpenthin, 
4 Wachs, 10 Colophonium überzogenes Papier. 

Chininum ; neu. 

Chininum bisulfurieum; neu. 

Chininum ferro- eitrieum ; neu. 

Chininum tannicum ; neu. 

Chininum valerianicum ; neu. 


. Chloralum hydratum erystallisatum ; neu. 


Cinchoninum; neu. 

Codeinum, neu. 

Collodium cantharidatum; neu. 
Collodium elasticum; neu. 
Coniinum; neu. 

Cortex Chinae ruber; neu. 


362 Literatur und Kritik. 


Cortex Pructus Juglandis ; neu. 
Cuprum oxydatum; neu. 


Decocta. Auf 10 Th. eines gewöhnlichen Decocts wird 1 Th, auf 
10 Th. eines Decoctum eoncentratum werden 1%, Th., auf 
10 Th, eines Deeoetum concentratissimum werden 2 Th. 
Substanz verwendet. 


Decoctum Sarsaparillae compositum, als solches verschrieben, ist ohne, 
als Decoctum Zittmanni verschrieben, mit Zusatz von Calomel und 
Zinnober zu bereiten. 

Deztrinum; neu. 


Elaeosaechara; schwächer; nach Ph. Bor. VII 1 Th. Oel auf 30 Th. 
Zueker; nach Ph. Germ. 1 Tropfen Oel auf 2 Grm. Zucker, dem Ge- 
wichte nach 1 auf 40 —50 entsprechend. 

Electuarium e Senna; 
nach Ph. Bor. VII Fol. Sennae 9 nach Ph.Germ. Fol. Sennae 10 


Fruet. Coriandr. 1 Fruct.Coriandr. 1 
Syrup. simpl. 48 -  Syrup. simpl. 50 
Pulp.Tamarind. 16 Pulp. Tamarind. 15 

Ta, 76. 


Bleetuarium Theriaca; neu; von der Schacht’schen Vorschrift nicht we- 
sentlich verschieden. Soll nach der Ph. Germ. in 100 Th. (genauer 
in 97 Th.) 1 Th. Opium enthalten. 

Elizir amarum; neu; übereinstimmend mit der Ph. Bor. V und Schacht. 
Elixir Aurantii compositum; unwesentlich verändert, zur Extraction 
sind 50 Th. Wein statt der bisherigen 48 Th. zu verwenden. 
Elixir e Succo Liquiritiae; übereinstimmend mit Ph. Bor. V und 
Schacht, jedoch nicht wie diese irrthümlich (angeben, klar und 
ohne Bodensatz, sondern trübe und vor der Dispensation umzu- 

schütteln. 

Emplastrum ad Fontieulos; neu. 


Emplastrum adhaesivum; nach der Ph. Bor. VII ein bis zur Verflüch- 
tigung aller Feuchtigkeit geschmolzenes Gemisch von 4 Th. Empl. 
Plumbi simpl. und 1 Th. Resin. Burgund., nach der Ph. Germ. ein 
aus 18 Th. Oelsäure und 10 Th. Bleiglätte bereitetes, und hiernach 
mit 3 Th. Colophonium und 1 Th. Sebum zusammengeschmolzenes 


Pflaster. 
Emplastrum adhaesivum Bdinburgense, neu; Pflaster aus 18 Th. Oel- 
säure, 10 Th. Bleiglätte und 3 Th. Schiffspech. \ 


Emplastrum adhaesivum Anglicum; nicht mehr mit Gelatine und 
Zucker, sondern mit Hausenblase und Glycerin zu bereiten. 
Emplastrum aromaticum; neu; übereinstimmend mit der Schacht’schen 


Vorschrift. 
Emplastrum Belladonnae; neu; abweichend von der Schacht’schen 
Vorschrift 
nach Schacht nach der Ph. Germ. 

Cera flava 2 4 
Colophon. 1 —_ 
Terebinthina — 1 
01. Olivar. 1 1 
Fol, Belladonn. 2 2 

6 % 


WE 


TUT u > % ” y 


_ Literatur und Kritik. 363 


 Emy Cantharidum perpetuum; wesentlich verändert und 
© schwächer als bisher. 


nach d. Ph. Bor, VIu, VII nach d, Ph. Germ, 


U Colophon. — 50 > 
< Cera far. _ 50 
> Terebinth. 54 37 - 
‚ Resin. Pini — 25 er 
) Sebum „a 2 20 % 
\ Mastix 54 = % 
| Cantharid. sbtlss. pulv. 18 18 e 
Euphorb. sbtlss. pulv. 9 6 Be: 
135 206. 4 


Emplastrum Cerussae; wesentlich verändert 
nach d. Ph. Bor. VIu. VI nach d. Ph. Germ. 


Ol. Olivarum 22,5 22,5 

Lithargyr. 5 9 

Cerussa 35 16,2 
62,5 47,7 


Emplastrum Conii; neu; wie Emplastrum Belladonnae. 

Emplastrum Conii ammoniacatum; neu. Mischung von Empl. Conii mit 
einem aus Ammoniakgummi und Meerzwiebelessig bereiteten stei- 
fen Brei. 

Emplastrum foetidum ; wesentlich verändert 
nach d. Ph. Bor. VIu.Schacht nachd. Ph.Germ. 


+ Emplastr. Plumbi simpl. 1 = 
fi Terebinth. 1 4 
j Cera flava — 4 

MH Resin. Pini 2 4 4 

Asa foetid. 4 6 

Ammoniacum 12 2 


18 20. 


Emplastrum fuscum; enthält nach der Ph. Bor. VI und Schacht Cam- 
pher, nach der Ph. Germ. nicht. 

2 Emplastrum fuscum camphoratum; mit dem Empl. fuscum der Ph. 

Ä f Bor. VI und Schacht’s fast genau übereinstimmend. 

—  Emplastrum Galbani erocatumz; 63 Th. Pflastermasse enthalten nach 
- der Ph. Bor. VI u. VII 4 Th. Terpenthin und 3 Th. Safran, nach 

R der Ph. Germ. 6 Th. Terpenthin und 1 Th. Safran. 

24 rn Hyoseyami; neu; wie Empl. Belladonnae, 

compositum; das dazu gehörige Empl. Litharg. 
ger hat eine von der früheren abweichende Zusammensetzung. 

Emplastrum Lithargyri molle ; neu, 

 Emplastrum Lithargyri simplex 3; wurde bisher aus 9 Th. Olivar. und 

5 Th. Lithargyr., nach der Ph. Germ. wird es aus gleichen Thei- 

len Ol. Olivar., Adeps.und Lithargyr. bereitet. 

lastrum Melilotiz; neu; wie Empl. Belladonnae. 

Emplastrum Mezerei eantharidatumz in dem ätherischen Auszug von 

"Canthariden und Seidelbast werden statt der früheren 5 Th. Mastix 

ji aufgelöst 4 Tb, Sandarak, 2 Thl. Elemi und 2 Th, Colophonium. 


364 Literatur und Kritik. 


Emplastrum Minii rubrum; neu; verschieden von der Schacht’schen 


Vorschrift 2 
nach Schacht nach der Ph. Germ. 

Cera fAava 100 100 
Sebum 100 100 
Terebinth. laricin. 25 — 
Minium 100 100 
Ol. Olivar. Prov. — 100 
Camphora = 3 

325 403. 


Emplastrum opiatum; wesentlich verändert, der Opiumgehalt auf weni 
ger als die Hälfte redueirt 
nach der Ph. Bor. VI nach der Ph, Germ. 


Elemi 2 8 
Terebinthina 12 15 
Cera fava — 5 
Mastix 8 - 
Olibanum 8 8 
Benzo& 4 4 
Opium 4 2 
Camphora 2 — 
Bals, Peruvian. — 1 
20) 43. 


Emplastrum oxyeroceum ; wesentlich verändert, Safrangehalt auf weni- 
ger als die Hälfte redueirt 
nach der Ph. Bor. VI. nach der Ph. Germ. 

Cera fava 
Colophon. 
Resin. Pini 
Ammoniacum 
Galbanum 
Terebinthina 
Mastix 
Myrrha 
Olibanum 
Crocus 


NS ee] lerifer) 
HMHDDDuDDwoann 


30 32. 


Emplastrum Pieis irritans; neu, nicht zu verwechseln„mit dem Schacht’- 
schen Emplastrum Picis liquidae, welches eine abweichende Zusam- 
mensetzung hat, und kein Euphorbium enthält. 

Emplastrum saponatum; enthält nach der Ph. Germ. einen kleinen 
Zusatz von Campher. Das die Hauptmasse der Mischung bildende 
Empl. Litharg. simpl. hat die oben erwähnte Abänderung erfahren. 


Emulsiones, zu 10 Th. kolirter Samen-Emulsion ist 1 Th. Samen, zu ! 
10 Th. Oel-Emulsion 1 Th. Oel und 4, Th. Gummi zu verwenden, 
wenn nicht eine anders lautende ärztliche Vorschrift vorliegt. Ist 
kein besonderes Oel verordnet, so wird zu den Oel-Emulsionen 
Mandelöl genommen. ' 

Emulsio Amygdalarum composita ; neu. h B 

Extraeta. Die Vorschriften zur Bereitung der Extracte haben mannich- 
fache Abänderungen erlitten. Als Extractionsmittel werden benutzt: vi 
Wasser, destillirtes Wasser, Spiritus von verschiedenen Stärkegraden, 


va 


Teer 


Literatur und Kritik, 365 


Aether, Aether und Spiritus. Die Extraetion findet statt durch Ma- 
ceration bei 10— 20°C., durch Digestion bei 35 —40°C,, durch 
heisses Wasser ohne genauere Temperaturangabe, durch kochen- 
des Wasser, durch Kochen der Substanz mit Wasser. 
Die ätherischen und die spirituösen Auszüge sollen im Dampfbade 
verdampft werden, dessen Temperatur bei den ersteren 50°C., bei 
den letzteren 100° C. nicht übersteigen soll. Ueber die Art der Ver- 
dampfung der wässrigen Auszüge und die dabei zulässige Tempera- 
turgrenze fehlt eine deutliche Bestimmung. Wie früher werden 
dünne, dieke und trockne Extracte unterschieden. Die trocknen nar- 
kotischen Extracte werden unter Zusatz von Dextrin dargestellt. 
Von Kupfer und Zinn müssen die Extracte frei sein. 

Extraetum Absinthii, bisher ein wässriges, jetzt ein spirituöses Extraect. 

Extractum Calami, neu. 

Extractum Carnis Liebig; neu. 

Extraetum Chamomillae, wie Extract Absinthü. 

Extraetum Chinae fuscae, desgl., früher trocknes Pulver, jetzt von 
dieker Extract - Consistenz. 

Extraetum Chinae frigide paratum, nicht mehr ein dünnes, sondern 
ein dickes Extract, 

Extraetum Cinae, ist nicht mehr mit reinem Aether, sondern mit Aether 
und Spiritus zu gleichen Theilen herzustellen. 

Extraetum Coloeynthidis eompositum; wesentlich verschieden von 
der Schacht’schen Vorschrift / 


nach Schacht nach der Ph. Germ. 
Extraet. Colocynthid. 3 3 
Aloös 6 10 
Resin. Scammon, (vgl. dieses) 6 8 
Extract. Rhei (vgl. dieses) 3 5 
18 26. 

Extractum Colombo; mit etwas schwächerem Spiritus als früher zu 


bereiten. 
Extraetum Cubebarum, wie Extract. Cinae, 

Extractum Fabae Calabaricae; neu, 

Extractum Helenii; mit etwas schwächerem Spiritus als früher zu 
bereiten, 

Extractum Ligni Campechiani; neu; wird durch Auskochen des Holzes 
mit Wasser dargestellt. 

Extraetum Liquiritiae Radieis; Auszug mit kaltem, nicht, wie Schacht 
angab, mit kochendem Wasser. 

Extractum Malti; neu. 

Ezxtractum Malti ferratum; neu. 

1.27,“ ram Millefolii; früher ein wässriges, jetzt ein spirituöses 
xtract. 

Extractum Quassiae; durch Auskochen der Quassia mit Wasser zu 
bereiten. 

Extraetum Rhei; bisher ein wässriges, trocknes, jetzt ein spirituöses, 
diekes Extract, 

Extraetum Rhei compositum; unterscheidet sich von der früheren Zu- 
PER RDE durch die Veränderung, welche das Extract. Rhei erfah- 
ren hat, 

Eztractum Sabinae; neu. Nach Schacht aus den ungetrockneten , nach 


der Ph. Germ. aus den getrockneten Sadebaumspitzen in abwei- 
chender Weise bereitet. 


566 Literatur und Kritik, 


Extraetum Seillae; bisher ein wässriges, trocknes, jetzt ein spirituöses, 
dickes Extract. 
Extractum Senegae, wie Extractum Colombo, 


Extractum Taraxaci, nach der Ph. Bor. VII aus der frisch gesammel- 
ten, ungetrockneten, nach der Ph. Germ. aus der getrockneten, gan- 
zen Pflanze zu bereiten. 


Extraetum Valerianae, bisher ein kalt bereitetes, wässriges, dünnes 
Extract, nach der Ph. Germ. ein durch Digestion darzustellendes, 
spirituöses, dickes Extract. 


Faba Calabarica; neu. 


Ferrum carbonieum saceharatumz; neu; 100 Th, enthalten 20 Th., 
nach der Schacht’schen Vorschrift 32,26 Th. kohlensaures Eisen- 
oxydul. 
Ferrum chloratum; neu. 
Ferrum eitriecum oxydatum; neu. 
Ferrum citricum ammoniatum; neu. 


Ferrum jodatum; darf nicht vorräthig gehalten werden, sondern ist. bei 
Bedarf jedesmal frisch zu bereiten. Auf 10 Th. darzustellendes Jod- 
eisen sollen 8 Th. Jod verwendet werden; dieselben geben aber in 
Wirklichkeit nicht 10, sondern nur 9,763 Th. Jodeisen. 


Ferrum oxydatum fuseum, nicht übereinstimmend mit dem gleichna- 
migen Präparat der Ph. Bor. VI, wohl aber mit dem Ferrum hy- 
dricum der Ph. Bor. VII. Es ist versäumt worden, den normalen 
Wassergehalt ‘des Präparates vorzuschreiben ; derselbe muss zum 
allermindesten 2 At. betragen; je mehr er sich 3 Atomen nähert, 
desto leichter löslich und assimilirbar, also desto wirksamer ist das 
Präparat. 

Ferrum oxzydatum saccharatum solubile,; neu. 

EFerrum pyrophosphorieum cum Ammonio eitrico, neu. 

Ferrum reductum; neu; öfter grau als schwarz; die schwarze Farbe 
rührt von Eisenoxydulgehalt her, kann auch von Kohlengehalt 
stammen. 

Ferrum sesquichloratum; neu. Die angeführte Formel muss nach der 
Schreibweise der sog. modernen Chemie nicht Fe2Cl® -- 6 H20, 
sondern Fe?C1® + 12H?O lauten. Wer es für nothwendig erach- 
tete, den Anschauungen der modernen Chemie in einer Pharmaco- 
pöe Ausdruck zu geben, hätte wenigstens so vertraut damit sein 
sollen, dass er die ihr entlehnten 5 oder 6 Formeln fehlerfrei zu 
schreiben vermochte. 

Ferrum sulfurieum oxydatum ammoniatum ; neu. 

Ferrum sulfuricum purum; neben dem krystallisirten Salz ist auch das 
durch Fällung der concentrirten Lösung mit Alkohol gewonnene 
Pulver aufgenommen. 

Ferrum sulfuricum siecum; neu; entspricht der Formel Fe0,803,HO, 

Flores Malvoe vulgaris; neu. 

Flores. Primulae; neu. 

Flores Tiliae, werden wieder mit den Bracteen gesammelt. 

Folia Laurocerasi; neu. 

Folie Malvae ; neu. 


Fructus Cardamomi minores; der Ankauf der enthülsten Samen ist 


unzulässig. 
Fructus Ceratoniae; neu, 


E en 


Ba nr 1 


0022 FE 


me 


j 
“ 


z De 29 Be _ Ei a. 
ee ; Literatur und Kritik. 367 


Fruetus Lauri; neu. 

Fructus Myrtilli; neu. 

Fumigatio Chlori; neu. 

Galbanum; die Ph. Bor. VII gab dem Galbanum in massis den Vor- 
zug vor dem Galbanum in lacrimis s. in granis; die Ph. Germ. 
beschreibt beide Sorten, ohne die eine vor der anderen zu 
empfehlen. 

Gelatina Carrageen; neu. 

Gelatina Lichenis Islandiei; neu. 

Gelatina Lichenis Islandiei saccharata sicca ; neu. 

Gemmae Populi ; neu. 

Glycerinum; spec. Gew. 1,23 — 1,25, nach der Ph. Bor. VII 1,23. 

Gutta Percha depurata; neu. 

Herba Cannabis Indicae; neu. 

Herba Galeopsidis ; neu. 

Herba Linariae; neu, 

Herba Majoranae; neu. 

Herba Spilanthis ; neu. 

Herba Violae trieoloris; die Ph. Germ. giebt dem Kraute mit bläuli- 
chen Blumen den Vorzug, gestattet aber nicht die Anwendung 
der in Gärten angebauten Pflanze. 

Hirudines; Grösse oder Gewicht der vorräthig zu haltenden Blutegel- 
sorten ist nicht festgesetzt. \ 

Hydrargyrum chloratum mite vapore paratum; neu. Es ist durch- 
aus unstatthaft, aber von der Ph. Germ. nicht ausdrücklich hervor- 
gehoben, dieses Präparat an Stelle des sublimirten und präparirten 
Calomels, oder umgekehrt, zu dispensiren, 

Hydrargyrum depuratum; die Reinigung soll durch Digestion mit einer 
verhältnissmässig grossen Menge verdünnter Salpetersäure, und 
nachkeriges Auswaschen erfolgen. Die letzte anhängende Feuch- 


tigkeit soll durch Erwärmen im Dampfbade beseitigt werden, wo- 


durch unnöthiger Weise die Gesundheit benachtheiligt wird, 

Hydrargyrum jodatum flavum, dasselbe Präparat, welches von der Ph. 
Bor. VI mit dem gleichen, von der Ph. Bor. VII mit dem Namen 
Hydrargyrum jodatum bezeichnet wird; ist bei richtiger Beschaf- 
fenheit weit mehr grün als gelb, würde also richtiger mit Hy- 
drargyrum jodatum viride bezeichnet werden. Das rein gelbe 
Jodquecksilber ist eine in Alkohol gleichfalls unlösliche Verbin- 
dung von Quecksilberjodür und Quecksilberjodid. 


Hydrargyrum oxydatum via humida paratumz; neu. Darf nur auf 
ausdrückliche Verordnung dispensirt, und dem auf trocknem Wege 
gewonnenen nicht substituirt werden. 


Infusa. Zu 10 Th. Kolatur werden, wenn nichts anderes vorgeschrieben 
ist und die Substanz nicht zu den stark wirkenden gehört, bei einem 
gewöhnlichen Infusum 1 Th., bei einem Infusum concentratum 
1%/, Th., bei einem Infusum coneentratissimum 2 Th. Substanz ver- 
wendet. Dieselben werden in einem geeigneten Gefäss mit kochen- 
dem Wasser übergossen, 5 Minuten lang in’s Dampfbad, dann zum 
Erkalten beiseit gestellt, und hiernach unter Auspressen kolirt. 

Infusum Sennae compositum,. Die Ph. Germ. lässt es zweifelhaft, ob 

die mit heissen Wasser übergossenen und damit 5 Minuten lang 

in’s Dampfbad gestellten Sennesblätter bis zum Erkalten (oder 
nach der Ph. Bor. VII '/, Stunde lang) stehen bleiben, oder so- 
gleich heiss gepresst werden sollen, 


368 Literatur und Kritik. 


Jodoformium; neu. 

Kali aceticum; die wässrige Lösung soll durch” salpetersaures Silber- 
oxyd nicht zu stark getrübt werden. Dies ist nur dann möglich, 
wenn man die Lösung soweit verdünnt, dass sich kein essigsaures 
Silberoxyd, welches etwa 100 Th, Wasser zu seiner Lösung be- 
darf, ausscheiden kann, oder wenn man dessen Abscheidung durch 
Zusatz von Salpetersäure verhindert. 

Kali carbonicum erudum; soll in 100 Th. mindestens 65 Th. kohlen- 
saures Kali, höchstens 18 Th. Wasser enthalten, und die Spiritus- 
flamme nicht gelb färben, 


Kali earbonieum depuratum; soll in 100 Th. etwa 80 Th, kohlen- 
saures Kali und 15 — 18 Th. Wasser, das vollständig entwässerte 
Salz dagegen soll in 100 Th. mindestens 92 Th. kohlensaures Kali 
enthalten. Es ist schwer zu begreifen, warum ein so hoher Wasser- 
gehalt des Präparates geradezu durch das imperatorische „Conti- 
neat“ vorgeschrieben wird, da man in der Praxis ohne Mühe ein 
Salz mit nur 1— 2°/, Wassergehalt darstellen kann, die Herstellung 
eines Salzes mit 15 —18°/, Wassergehalt aber erst ein besonderes 
Studium erfordert. Wenn überhaupt ein so hoher Wassergehalt 
zulässig ist, so konnte er nur als die äusserste erlaubte 
Grenze, nicht aber als integrirender Bestandtheil be- 
zeiehnet werden. Aus einem Salz mit 80°, kohlensaurem Kali und 
15 —18°, Wasser, also 5—2 Th. fremden, feuerbeständigen Substan- 
zen erhält man durch Entwässerung einen Rückstand, der in 100 Th. 
nicht 92, sondern 94 — 97,5 Th. kohlensaures Kali enthält. 

Kali carbonicum purum; hier fehlt jede Angabe über den vorschrifts- 
mässigen Salz- und etwaigen Wassergehalt; und nur indireet kann 
man aus den Vorschriften zu Lig. Kali arsenicosi und Lig. Kali 
carbon. folgern, dass auch unter „Kali carbonicum purum“ ein 
wasserfreies Salz nicht zu verstehen ist. 

Kali hypermanganicum erystallısatum; neu. 

Kali nitrieum; die verdünnte wässrige Lösung darf durch Chlorbaryum 
nicht getrübt werden. 

Kali tartaricum. Pharm. Bor. VII schrieb zur Neutralisation von 
6 Th. Kali biearbonicum statt 11,28 Th. nur 9 Th. Tartarus vor; 
Ph. Germ. giebt keine Vorschrift. Sie verlangt aber die Aufbe- 
wahrung in gut verschlossenen Gefässen, warum? 

Kalium bromatum; neu. 

Kamala; neu. 

Kino; neu. 

Kreosotum; die Anwendung des Buchenholztheerkreosots ist 
von der Ph. Germ. ausdrücklich vorgeschrieben. 

Laetuearium; neu. Statthaft ist nur das aus dem Milchsaft der Lactuca 
virosa Linn, dargestellte Lactucarium Germanicum. 

Laminaria, neu. 2: 

Lichen en ab amaritie liberatus; neu. 

Lignum Campechianum ; neu. 


Linimentum ammoniaco -camphoratum; neu; verschieden von der 
Schacht’schen Vorschrift 


nach Schacht nach der er Germ. 


Camphora 31, 
Ol, Oliv. Prov. 762); 2 
Lig.“ Ammon. caust. 20 20 


100 100, 


Literatur und Kritik. 369 


Linimentum saponato - ammoniatum;, neu; von der bisherigen Schacht’- 
schen Vorschrift nur unwesentlich verschieden. 


Linimentum saponato - camphoratum; an Stelle von 24 Th. Sapo 
medicatus pulveratus treten 16 Th. Sapo domesticus pulveratus und 
8 Th. Sapo oleaceus s. Hispanicus pulveratus. 
Linimentum saponato - camphoratum liquidum; neu, 


Liquor Ammonii acetiei. Zur Neutralisation von 10 Th. Salmiakgeist 
gehören 11,76 Th. verdünnte Essigsäure von dem gesetzlichen Pro- 
centgehalt, oder 12,35 Th. von dem gesetzlichen spec. Gew.; bei 
dem vorschriftsmässigen Gehalt von 15°/, essigsaurem Ammoniak 
erhält man 30, genauer 30,2 Th. Flüssigkeit von 1,0335 spec. Gew. 
bei 15°C. Die Ph. Germ. schreibt statt der erforderlichen 11,76 
resp. 12,355 Th. nur 9 Th. Säure ‚„vel quantum ad neutralisationem 
requiritur‘ und statt 1,0335 ein spec. Gew. von 1,028 —1,032 vor. 
Zur Erreichung eines spec. Gew. von 1,032 muss man die Flüssig- 
keit auf nahezu 32, zur Erreichung eines spec. Gew. #on 1,028 auf 
nahezu 36 Th. verdünnen, und hiermit den Procentgehalt auf 14,39, 
bezüglich 12,7 herabsetzen. Es ist schwer einzusehen, wie eine 
so einfache Vorschrift der Schauplatz so vieler Unrichtigkeiten wer- 


den kann. 
Liquor Ammonii anisatus; Anisölgehalt vermehrt, Ammoniakgehalt 
vermindert 
nach d.Ph. Bor. Vlu. VIL nach. d. Ph. Germ. 
Ol. Anisi 1 1 
Spiritus 32 24 
Lig. Ammon. caust. 8 5 


41 30. 

Liquor Ferri acetici. Der aus 10 Th. Lig. Ferri sulfur. oxydat. durch 
überschüssiges Ammoniak erzeugte und ausgewaschene Niederschlag 
von Eisenoxydhydrat soll von dem anhängenden Wasser durch 
Pressen soweit befreit werden, bis sein Gewicht noch 5 Th. beträgt; 
diese sollen in 6 Th. verdünnter Essigsäure gelöst, und der Lösung 
noch so viel Wasser zugesetzt werden, dass ihr Gesammtgewicht 
10 Th. beträgt. Es ist zu constatiren, dass zur Lösung des gefäll- 
ten Eisenoxyds die vorgeschriebenen 6 Th. Säure nahezu (genauer 
5,71 Th.) erforderlich sind, aber auch nichts davon ungelöst lassen, 
und auch sonst kein Gewichtsverlust stattfindet. Die Unrichtigkeit 
der Vorschrift liegt also in der Gewichtsangabe des abgepressten 
Eisenoxyds; dasselbe muss durch Pressen auf höchstens 4, nach 
der Ph. Bor. VI und VII auf 3,2 Gewichtstheile redueirt werden. 
Sonst ist das Präparat mit dem der Ph. Bor. VI und VII ziemlich 

| genau in Uebereinstimmung. 

| Liquor Ferri chlorati. Die Vorschrift der Ph. Bor. VI ist zweck- 

g mässiger, als die der Ph. Germ. und der Ph. Bor. VII, welche 

A letztere ohnehin einen augenfälligen Rechnungsfehler enthielt. Der 

E Gehalt der Flüssigkeit ist gegen die Ph. Bor. VII unverändert. 

n Liquor Ferri sesquichlorati; spec. Gew. 1,480 — 1,484, richtiger 1,472. 

_ Liquor Ferri sulfuriei oxydati; muss in einem Quantum von minde- 
stens 500 g. jederzeit für die etwa erforderliche Darstellung des 
Antidotum Arsenici vorräthig gehalten werden, 

Liquor Hydrargyri nitriei oxydulatiz; darf nicht mehr vorräthig ge- 

' halten, sondern nur unmittelbar zum Verbrauch angefertigt werden, 


Arch, d, Pbarm, III,Reihe, I, Bde, 4. Hft, 24 


FR 


370 Literatur und Kritik. 

Liquor Kali acetiei; die Vorschrift ist aus der Ph. Bor. VII entiehnt, 
ohne Rücksicht darauf, dass die Essigsäure der Ph. Germ. stär- 
ker ist, als die der Ph. Bor. VI. 100 Th. Acid. acetic. dilut, Ph. Germ. 
von dem vorschriftsmässigen Procentgehalt erfordern zur Neutralisation 
nicht 48, sondern 50 Th. Kali bicarbonieum oder 34,5 Th. wasser- 
freies Kali carbonicum. 

Liquor Natri carbolici; neu. 

Liquor Natri ehlorati; neu. 1000 Th. sollen mindestens 5 Th. wirk- 
sames Chlor enthalten, während sie der Vorschrift zufolge minde- 
stens 25 Th. und mehr davon enthalten müssen. 

Lithium carbonicum; neu. 


Magnesia carbonica; bei der Prüfung der sauren Lösung durch kohlen- 
saures Ammoniak ist nicht betont, dass letzteres im Ueberschuss zu- 
gesetzt werden muss. 

Magnesia citrica effervescens, neu. 


Magnesia laetiea; neu. Soll beim Glühen einen Rückstand von Magne- 
sia hinterlassen, dessen Gewicht die Hälfte des angewandten Salzes 
beträgt; da aber 128 Th. krystallisirte milchsaure Magnesia nur 
20 Th. reine Magnesia enthalten, so können aus 100 Th, dieses 
Salzes nicht 50, sondern nur 15,625 Th. Magnesia erhalten werden. 


Magnesia sulfuriea sieeca; neu; enthält noch etwa 3,58 At. Wasser. 
Dieses Präparat ist zu dispensiren, wenn gepulverte schwefelsaure 
Magnesia verordnet wird. 


Magnesia usta. Zu der etwa erforderlichen Darstellung des Antidotum 
Arseniei müssen mindestens 150 g. gebrannte Magnesia jederzeit 
vorräthig sein. 


Manganum hyperoxydatum ; an mindestens 60°/, reines Manganhy- 
peroxyd enthalten. 
Mel; der Amerikanische Honig ist nicht mehr ausdrücklich von der 
"Anwendung ausgeschlossen. 
Mel depuratum. Der Zusatz von Kohlenpulver ist weggefallen; wie 
früher ist auch jetzt versäumt worden, das Umrühren der Flüssig- 
keit während des Abdampfens anzuordnen. 


Mel rosatum. Das Infusum von 1 Th. Rosenblättern wurde früher colirt 
und mit 12 Th. Honig versetzt eingedampft; die Ph. Germ. lässt 
das Infusum filtriren und mit 10 Th. Honig versetzt eindampfen. 

Minium; es fehlt das „caute servetur.“ 


Mixtura gummosa; neu. 

Mixtura sulfuriea acida. Das für die Richtigkeit der Zusammensetzung 
übrigens nichts beweisende spec. Gew. ist wiederum, wie früher, 
um 4— 6 Tausendstel zu hoch angegeben. 

Morphinum acetieum; löst sich auch ohne Zusatz von Säure in Was- 
ser, wenn das Salz nicht Essigsäure verloren hat. 


Morphinum sulfuwrieum; neu. 
Moschus. Der sog. Moschus ex vesieis ist nicht wie früher von der 
Anwendung ausgeschlossen. 


Mueilago Cydoniae; 1 Th. Quittenkerne, 50 Rosenwasser nach der 
Ph, Germ., 60 Rosenwasser nach Schacht, 64 Rosenwasser nach 
der Ph. Bor. VI. 


Mueilago Gummi Arabiei; bisher Lösung von 1 Gummi in 3, nach 
der Ph. Germ. in nur 2 Th. Wasser; spec. Gew, früher 1,09. — 
1,098, jetzt 1 ‚182 — 1, 136, 


a VA 


3 Literatur und Kritik. 371 


Natrium chloratum purum;, neu. 

Natrum biearbonicum; darf höchstens 3°), einfach kohlensaures Salz 
enthalten. 

Natrum earbonicum siceumz; enthält nach der Vorschrift noch ziem- 
lieh genau 2 At. Wasser. Soll dispensirt werden, wenn gepulvertes 
kohlensaures Natron verordnet wird. 

Natrum pyrophosphorieum ; neu, 
Natrum pyrophosphoricum ferratum; neu. Die Vorschrift enthält einen 
Ueberschuss von pyrophosphorsaurem Natron. 

Natrum santonieum; neu; das aus der wässrigen Lösung krystallisirte 
Salz mit 8 At. Wassergehalt. ; 

Natrum subsulfurosum; neu. 1 Th. des Salzes soll mit 1 Th. Jod 
und 2 Th. Wasser eine vollständige und farblose Lösung geben ; eine 
unerfüllbare Forderung, da zur Ueberführung von 1 At. oder 127 Th. 
Jod in eine farblose Lösung 2 At. oder 248 Th. kryst. unterschwef- 
ligsaures Natron erforderlich sind. 


Natrum sulfurieum siecum; enthält nach der Vorschrift ziemlich genau 


noch 1 At. Wasser. Soll dispensirt werden, wenn gepulvertes 
schwefelsaures Natron verordnet wird. 


Oleum Aurantü Cortieis; neu. 
Öleum eamphoratum, neu. Lösung von 1 Th. Campher in 9, nach 
Schacht in 8 Th. Provenceröl. 
ÖOleum Chamomillae infusumz neu; auf 1 Th. zuvor mit Spiritus ange- 
feuchteter Kamillen 10 Th., nach Schacht nur 8 Th. Provenceröl. 
Oleum Cinnamomi Zeylanici , neu, 
Oleum Cocois; neu. 
Oleum Hyoseyami infusum ; neu; wie Oleum Chamomillae infusum. 
Oleum Juniperi empyreuwmaticum; neu. 
Oleum Lini sulfuratumz neu; 1 Th. Schwefel auf 6 Th., nach Schacht 
nur auf A Th. Leinöl. 
Oleum Majoranae ; neu. 
 Öleum Sinapis; soll in 50 Th. Wasser löslich sein. Diese Angabe 
3 bezieht sich wahrscheinlich auf älteres Oel; selbst destillirtes, frisches 


Oel bedurfte zur Lösung von 100 — 150 Th. Wasser; nach Hager 
sind von 120— 280 Th. Wasser zur Lösung erforderlich. 
F Oleum Terebinthinae sulfuwratum ; neu. 
E Ozymel Colchiei; neu. 
_ — Oxymel simplex; wird nicht mehr durch Verdampfung von 2 Th. gerei- 
nigtem Honig und 1 Th. Essig auf 2 Th. Rückstand, sondern durch 
Mischung von 40 Th. gereinigtem Honig mit 1 Th. verdünnter Es- 
sigsäure dargestellt. 


Pasta Guarana; neu, ; 

Pasta Liquiritiae. Die Gummi - und Zuckerlösung soll im Dampfbade, 
also unterhalb ihres Kochpunktes, und ohne Umrühren bis zur 
richtigen Consistenz verdampft werden. Dies ist nur dann ausführ- 
bar, wenn man die auf der Oberfläche sich bildende und nach der 
Beseitigung sich sogleich erneuernde Haut in sehr kurzen Zeitpau- 
sen immer auf’s Neue entfernt; am besten durch eine rotirende 


gelindes Kochen der Flüssigkeit. 


Pilulae aloötieae ferrataez; sollen künftig niebt mehr 12, sondern nur 
-  moch 10 eg. pro Stück wiegen, 


24 * 


Rübrvorrichtung. Die Ph. Bor. VI beseitigte diese Haut dureh‘ 


N 


r% 


312 Literatur und Kritik. 


Pilulae Ferri earboniei; neu; im Wesentlichen übereinstimmend mit 
den Schacht’schen Pilulis ferratis Valleti, nur etwas_kleiner. Sie sol- 
len pro Stück 5 cg. die Schacht’schen. pro Stück 6 eg. kohlen- 
saures Eisenoxydul enthalten, enthalten aber in Wirklichkeit und 
bei Vermeidung jeglichen Verlustes nur 4,75, bezüglich 5,714 eg. 
davon. 

Pilulae Jalapae; das Gewicht ist von 12 auf 10 cg. pro Stück herab- 
gesetzt. 


Pilulae odontalgieae; wesentlich verändert: 


nach der Ph. Bor. VI u. Schacht ‚nach der Ph. Germ. 


Opium g. 5 g. 5 
Extr. Belladonn, 5 — 
„  Hyosceyam. 5 — 
Rad. Belladonn. = 5 
„  Pyrethri 15 5 
Ger. flav. = 7 
Ol. Amygdal. — 2 
„ Cajeput. —_ gutt. 15 
„ Caryophyll. A) gutt. 15 
37,5 etwa 25. 

fiant pilul. pond. cg. 6 pond. cg. 5. 


Plumbum jodatum ; neu. 

Plumbum tannieum pultiforme; zur Darstellung ist nur etwa halb so 
viel Bleiessig als früher zu verwenden. 

Potio Riveri; neu. Eine kohlensäurehaltige, etwas alkalische Saturation 
aus Citronensäure und Natron. Ist immer zu verabfolgen, wenn 
eine Saturation ohne specielle Angabe der sauren und basischen 
Substanz verordnet wird. 

Pulvis a@&rophorus. In den früheren Mischungen waltete das Natron 
vor, während die jetzige einen sehr kleinen Säureüberschuss ergiebt. 


nachd. Ph. Bor. VI nachd.Ph.Bor. VII nachd. Ph, Germ. 


Natr. biearbonie. 20 20 20 
Acid, tartarie. 15 16 18 
Sacchar. 35 36 38 

70 72 76. 


Pulvis aerophorus Anglieus (Soda -powder); neu. 
Pulvis aromatieusz verändert. 


nach der nach der nach der 

Ph. Bor. V Ph. Bor. VI u. Schacht Ph. Germ. 
Cort, Cinnam. Cass. 10 10 10 
Fruct. Cardamom. min. 5 5 6 
Rhizom. Zingib. 2,5 2,5 4 
Piper, alb. 25 = = 
20 17,5 4 020, 


Pulwis arsenicalis Cosmi; neu. 
Pulvis gummosus; verändert. 
nach der Ph, Bor. VI u. Schacht 


Gummi Arab. 
Rad. Liguirit, 
Sacchar, 


nach der Ph, Germ. 


3 3 
1 2 
2 1 


6 6, 


ö 
Es 
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h: 
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“N 


Sue 


Literatur und Kritik. 373 


Pulvis ad Limanadam; neu. 


Pulvis temperansz; neu; wesentlich verschieden von dem gleichnamigen 
Pulver der Ph. milit. 


nach der Ph. milit. nach der Ph. Germ. 
Kali vitrieum 5 1 
„ Sulfuricum 5 — 
Tartarus _— 3 
Saccharum 6 
10 10. 


Radix Asari; neu. 
Radix Carlinae; neu. 
Radix Imperatoriae; neu. 
Radix Saponariae; neu. 
Radix Scammoniae; neu. 
Resina Draconis ; neu. 


Resina Jalapae; soll aus der grob gepulverten Jalape unmittelbar durch 
Spiritus ausgezogen werden, ohne dass dieselbe zuvor durch Wasser 
ausgelaugt wird. 


Resina Seammoniae; neu. Wird wie das Jalapenharz aus der Wurzel 
von Convolvulus Scammonia bereitet. Ist an Stelle des Scammonium 
Halepense getreten, von dem es sich aber wesentlich durch den Man- 
gel aller in Wasser löslichen Bestandtheile unterscheidet. 

Rhizoma Carieis; neu. 
Rhizoma Chinae; neu. 
Rhizoma Curcumae; neu. 
Rhizoma Imperatoriae ; neu. 
Rhizoma Tormentillae; neu. 


Rotulae Menthae piperitae; der Zusatz von Essigäther ist endlich 
weggefallen. 
Sandaraca; neu. 


Santoninum ; soll sich in mit Wasser verdünnten Säuren beinahe „‚paene “ 
lösen; ein ganz unzutreffender Ausdruck, der durch „vix“ „kaum“ 
zu ersetzen ist, da das Santonin bei gewöhnlicher Temperatur von 
Wasser und verdünnten Säuren 4—5000 Th. zur Lösung bedarf. 


Sapo medieatus; aus reinem Provenceröl, ohne Zusatz von Fett zu be- 
reiten. Das Product ist also, wenigstens für sich allein, zur Berei- 
tung des Opodeldoks nicht mehr verwendbar. 


Saturationes. Beim Mangel einer genaueren Bestimmung ist als Satu- 
ration Potio Riveri zu dispensiren; bei Verordnung einer anderen 
Säure oder Basis ist die Saturation in derselben Weise wie Potio 
Riveri anzufertigen. 


Sebum; kann vom Rind oder vom Schaaf entnommen werden. 

Semen Foeni Graeci; neu. 

Semen Hyoscyami; neu. 
Serum Laetis. Der Zusatz der coagulirenden Stoffe ist gegen früher 
erheblich vermehrt, und zwar bei der mit Labessenz zu bereitenden 
Molke auf das 1!/, fache, bei der Weinsteinmolke (Serum Lactis aci- 
dum) und der Alaunmolke fast auf das 3fache, bei der Tamarinden- 
molke anf etwa das doppelte. Zu letzterer ist ganz unbegreiflicher 
Weise das rohe, mit unwirksamen Samen und Gefässbündeln mas- 
senhaft und ungleichmässig durchsetzte, nicht das davon befreite und 
gereinigte Tamarindenmus vorgeschrieben. 


374 Literatur und Kritik. 3 


Species aromaticaez verändert 


nach der nach der nach der 

Ph. Bor. V Ph. Bor. VI u. VII Ph. Germ. 
Fol. Menth, pip. — _ 2 
i Be cvisp: — 4 — 
„  Rosmarini 2 == 2 
„ Melissae — 4 — 
Herb. Serpylli 2 — 2 
„»  Majoranae 2 == 2 
nn Anal 2 == = 
Flor. Lavandul. 2 2 2 
Caryophyll. 1 1 1 

Cubeb. — — um 

11 SEEN 12. 


Species emollientes; neu; von den Species ad Cataplasma der Ph. Bor. 
V und Schacht’s durch den Gehalt an Kamillen verschieden. 

Species ad Gargarisma, neu; übereinstimmend mit der Ph. Bor. V und 
Schacht. 

Species pectorales cum Fructibus, neu. 

Spiritus aethereus; das spec. Gew. ist für die Richtigkeit der Zusam- 
mensetzung keinesweges beweisend; weit sicherer ist die Abschei- 
dung des Aethers durch eine Salzlösung. 

Spiritus Aetheris chlorati; im Wesentlichen übereinstimmend mit der 
Vorschrift von Schacht, aber verschieden von derjenigen der Ph. 
Bor. VI. 


Spiritus Aetheris nitrosiz; Destillat aus 4 Th. Spiritus und 1 Th. 


Acid. nitrie. von 1,185, früher aus 8 Th. Spiritus und 1 Th. Acid. 
nitrie. fumans. 


Spiritus Angelicae compositus; unerheblich verändert. 
Spiritus camphoratus; Camphergehalt vermehrt 


nach der Ph. Bor. VII nach der Ph. Germ. 
il 


Camphora 1 

Spiritus 9 7 

Ag. destillat. 3 2 
13 10. 


Spiritus dilutus. Die richtigen Mischungsverhältnisse der Ph. Bor. VII, 

’ 5 Spiritus, 2 Wasser, sind durch die unrichtigen der Ph, Germ,, 

7 Spiritus, 3 Wasser, verdrängt, und man erhält nach letzteren eine 

um durchschnittlich 0,003 zu schwere Flüssigkeit. Die Angaben der 

Ph. Germ. über den Gehalt des. Spiritus stimmen mit ihren eigenen 
Tabellen nicht überein. 


Spiritus Formicarum. Die angegebene Prüfungsmethode ist werthlos, 
oder vielmehr geradezu schädlich, weil ihr Resultat durch die Tem- 
peratur, über welche eine Angabe fehlt, sehr wesentlich beeinflusst 
wird. Dass der Ameisenspiritus durch destillirtes Wasser getrübt 
werden muss, ist nicht angegeben. 
Spiritus Melissae compositus; neu. h 
Spiritus Menthae erispae Anglicus; neu; Lösung von 1 Th. ätherischem 

Oel in 9 Th. Spiritus. \ A 
Spiritus Menthae piperitae Anglieus; neu; desgl. ® 
Spiritus Rosmarini; neu; überein hroiond mit Schacht, 

Spiritus saponatus; enthält auf gleichviel Seife mehr Wasser und ML. 5 
Alkohol als früher, = 


Literatur und Kritik. - 31 


[eb 3 


nach der Ph. Bor. VII nach der Ph, Germ. . 


Er Sapo oleaceus 1 5 
Spiritus 21), 3 

a; Ag. destillat. 6, #23 
\ „ Rosae 1 2 
i 5 6. 


Spiritus Serpylli; neu; übereinstimmend mit Schacht. 
Spiritus Sinapis: verstärkte Lösung von 1 Th. Senföl in 50, früher in 
60 Th. Spiritus. 
Stryehninum; neu. 
Styraz liquidus ; neu. 
Sueeus Sambuci inspissatus; nach der Ph. Bor. VI und VII in zinner- 
nen Geräthen darzustellen und — demzufolge — von violettbrau- 
ner, nach der Ph. Germ, von rothbrauner Farbe. 


Sulfur depuratum; wird mit verdünntem Ammoniak 3 Tage lang dige- 
rirt, dann erst mit Wasser vollkommen ausgewaschen. 
Sulfur jodatum; neu. 
Sulfur sublimatum; soll nach der Ph. Bor. VII mit Selen und Arsen 
gar nieht, nach der Ph. Germ. nicht zu sehr verunreinigt sein. nf 
Syrupus Althaeae; die Eibischwurzel soll vor der Maceration abge- 
waschen werden. 


Syrupus Amygdalarum ; der Wasserzusatz ist ohne alle Noth von 91/, Ha 
auf 12 Th. erhöht, so dass man statt 11 Th. fast 14 Th. Kolatur Y 
erhält. ne} 

Syrupus Aurantii Cortieis; statt der bisherigen 13 Th. Wein sind 14 
vorgeschrieben, während jene bereits mehr als die nöthige Menge ca 
Filtrat lieferten. 

Syrupus Aurantii Florum; die zu verwendende Aq. Flor. Aurant. ist 
stärker als früher. 


5 Syrupus Balsami Peruviani; unwesentlich verändert. 2 
Syrupus Cerasi; die auch für die übrigen Fruchtsäfte gültige Vor- x 
R schrift ist, soweit sie die Gährung der Früchte behandelt, ganz unge- x 
nügend, ebenso wie bisher. Br 
Syrupus Chamomillae; neu; enthält auf die gleiche Menge 1'/, mal so B- 
1 viel Kamillen, als die Schacht’sche Vorschrift. Fe 
_ Syrupus Croei; es ist vergessen worden, die Filtration des weinigen Bee 
- Auszuges anzuordnen. A : 
Syrupus Ferri jodati; neu. Soll in 100 Theilen 5 (genauer 4,882), BE; 

f nach Schacht 24,41 (genauer 23'/,) Th. Eisenjodür enthalten. 3a 
Syrupus Ferri oxydati solubilis; neu. Be 
Syrupus Foeniculi; neu, 1 Be 

. Syrupus gummosus; neu. Aral 
Syrupus Ipecacuanhaez; schwächer. Früher berechnete sich 1 Th. Ipe- Be 
cacuanha auf 75, jetzt auf 100 Th. Saft. Br 

Syrupus Mannae; neu. n .; 
Syrupus Menthae erispaez; neu; der Wasserzusatz ist zu gross. Zu ß 7 

der gleichen Menge Saft wird doppelt so viel Krauseminze verwen- Bi 

Er det, wie nach Schacht. eh 
_ Syrupus Menthae piperitae; wie der vorige. ä Be; 


 Syrupus opiatusz; neu. Lösung von 1 Th. Extract. Opii in ein wenig 
Wein und 1000 Th, Syr. simplex, nach Schacht von 6 Th. Extract. 
Opii in 100 Th. Vinum Xerense und 2900 Th. Syr. Liquiritiae, der 
Extraetgehalt des letzteren also doppelt so hoch, 


876 Literatur und Kritik. 


Syrupus Papaveris; unwesentlich verändert. 
Syrupus Rhei; Wasserzusatz zu gross. 


Syrupus Rhoeadosz neu; die frischen, ungetrockneten Blüthen sollen 


mit Wasser macerirt, und dann ohne zu pressen ausgepresst werden 
„ exprime sine expressione.“ 
Syrupus Sarsaparillae compositus; neu. Aus der ursprünglichen Vor- 
schrift sind die Flor. Borraginis weggelassen. 
Syrupus Sennae cum Manna; die Vorschrift ist mehrfach, aber im Gan- 
zen: unerheblich abgeändert. 

Tartarus boraxatus; die Ph. Bor, VI schreibt auf 1 Th. Borax 3 Th. 

"Weinstein, 

die Ph. Bor. VII schreibt auf 1 Th. Borax 2 Th, 
Weinstein, 

die Ph. Germ. schreibt auf 1 Th. Borax 21, Th, 
Weinstein vor, 

Tartarus depuratus. Beschreibung und Prüfungsmethode lassen darüber 
im Zweifel, ob und wie viel weinsteinsauren Kalk das Präparat ent- 
halten darf. ; 

Tartarus ferratus. Wurde nach der Ph. Bor. VI und VII aus 1 Th. 
Eisenfeile und A Th. Tartar. erudus dargestellt; die Ph. Germ. 
schreibt auf 1 Th. Eisenfeile 5 Th. Tartarus depuratus venalis vor, 
ohne aber anzugeben, was sie unter letzterer Bezeichnung versteht. 

Tartarus stibiatus; die Wittstock’sche Arsenikprobe ist durch eine andere, 
minder subjective ersetzt. 


Tineturae. Die Tineturen sollen theils durch Maceration d.h. bei 
15 — 20° C., theils durch Digestion, d.h. bei 35 —40°C. darge- 
stellt werden. Die früheren Verhältnisse der Substanz zum Extrae- 
tionsmittel betrugen bei den einfachen Tineturen 5:24, 1:5, 1:6, 
1:8, 1:9 und 1:12; jetzt sind nur die Verhältnisse 1:5 und 
1:10 aufgenommen, und ist demzufolge bei fast jeder Tinetur eine 
Veränderung eingetreten. 


In ihrer Zusammensetzung sind unverändert ge- 
blieben: 


Tinct. Ferri acet. aeth. 


“> „  ehlorat. aeth. 
„»  Formiearum. 
Se adodı. 


» Opü benzoica, 
„»  Opü croeata. 

„»  Opii simplex. 
»» Pini composita. 
» Ratanhae. 


Erheblich, und zum Theil sehr wesentlich verändert 
sind dagegen: 


Tinct. Aloös comp. (Elixir ad long. vit.) 
» Cannab. Indic, 
„  Cantharidum, früher 1:6, jetzt 1:10. 
„»  Chinae comp. 
„» Chinoidini; Chinoidingehalt früher Y/,, jetzt Y/yo. 
„ Ferri ehlorati; Salzgehalt früher !/;, jetzt !4.. 
» »  pomata, enthält nach der Ph. Bor, VI %/,, nach der Ph, 
Bor. VII !;, nach der Ph, Germ. Y/,, Extract, 


Br 


4 


Literatur und Kritik. 317 


Tinet. Guajaci ammoniat. 


„ Rhei aq., Rhabarbergehalt um etwa !/,, verringert. 
„  Seillae kalina. 


Ganz neu sind: 


Tinet. Jodi decolorata, 
»„»  Spilanthis; 
ausserdem sind noch gegen 20 Tineturen aufgenommen, welche 
früher bereits hier und da gebräuchlich, aber nicht offiei- 
nell waren. 
Die Tineturen sollen nach dem Pressen und Absetzen bei einer 
nahezu 15° C. betragenden Temperatur filtrirt und aufbewahrt werden. 
Trochisei Magnesiae ustae; neu. 
Trochisei Morphini acetiei,; neu. 
Troehisei Natri bicarboniei;, neu. 
Trochisei Santonini;, neu. 
Turiones Pini; neu. 


Unguenta. Eine grosse Anzahl Salben, die früher bereits gebräuchlich, 
aber nicht offieinell waren, hat Aufnahme gefunden. 


Als ganz neu können gelten: 


Ungt. arsenicale Hellmundi. 
„ diachylon Hebrae. 
»  Hydrargyri rubrum, aus 1 Hydrarg. oxydat., und 9 Adeps. 
„ narecotico-bals. Hellmundi. h 
„  ophthalmie. comp. 
„» Terebinthinae. 
„ „ comp. 


Erhebliche, zum Theil sehr wesentliche Abänderun- 
gen haben erfahren: 


Ungt. cereum, welches gleich den meisten andern Salben nicht mehr 
mit weisser, sondern mit gelbem Wachs hergestellt wird. 

Ungt. Hydrarg. rubr., früher aus 1 Th. Hydrarg. oxydat. und 49 Th. 
Adeps bereitet, (jetzt durch „ Ungt. ophthalmicum “ ersetzt) jetzt aus 
1 Th. Hydrarg. oxydat. und 9 Th. Adeps bestehend, also 5mal stär- 
ker als bisher. 


Ungt. Kalii jodati; soll einen Zusatz von 1/, °/), Natr. subsulfuros. 
erhalten. 


Ungt. Mezerei; enthielt bisher !/,, jetzt nur !/,, Extraect, 


Ung. ophthalmieum; tritt an Stelle des früheren Ungt. Hydrarg. 
oxydat. rubr., und besteht aus 1 Hydrarg. oxydat,, 19 Cera flava 
und 30 Ol. Amygdalar, 

Ungt. Plumbi; wie Ungt. cereum. 


Ungt. Plumbi tanniei; wird mit Ungt. Glycerini statt mit Adeps be- 
reitet, und enthält mindestens 5 mal so viel gerbsaures Bleioxyd, als 
die bisherige Schacht’sche Vorschrift. 

Ungt. rosatum; nach der Ph. Bor, VI u. VII aus 50 Adeps, 12'/, Cera 
alba, 121/, Aq. Rosae; 
nach der Ph. Germ. aus 50 Adeps, 10 Cera alba, 5 Aq. Rosae zu 
bereiten, 


878 Droguen - Bericht, 


Ungst. sulfuratum comp.; nach Ph. Bor. V aus 1 Zine. sulfur. erud. 
anhydr., 1 Sulfur. dep., 4 Adeps, nach Ph, Germ. aus 1 Zine. sulfur. 
pur. pulv., 1 Sulf. dep., 8 Adeps darzustellen, 

Ungt. Terebinthinae; wesentlich verschieden von der Vorschrift der 
Ph. Bor. V. : 

Ungt. Terebinthinae comp.: desgl. 


Vanilla saecharata; enthielt nach früherem Gebrauch gewöhnlich Y, 
jetzt nur 1/,, Vanille. 
Vinum. Es ist Vinum generosum album, Vinum generosum he und 
ı Vinum Xerense zu führen; genauere Merkmale über die Beschaf- 
fenheit dieser Sorten fehlen. 
Vinum aromaticum;, neu. 
Vinum Chinae; neu. 
Vinum Colehiei; erheblich schwächer; früheres Verhältniss 5 : 24, jetzi- 
ges 1:10. 
Yinum Ipeeacuanhae; neu; gegen das früher gebräuchliche Präparat in 
derselben Weise wie Nu Colchiei schwächer. 
Vimum Pepsini; neu. 
Vinum stibiatum; Lösung von 1 Th. Tartar. stibiat. in 250 Th. Vinum 


Xerense, 
nach der Ph. Bor. VII von 1 Th. Tartar. stibiat. in 240 Th. Vinum 
Gallie. alb. 
Zineum ferro- cyanatum; neu; enthält nach der Vorschrift etwas Ka- 
liumeiseneyanür. 


Zineum lactieum; neu. 

Zineum oxydatum ; die vorgeschriebene Prüfungsmethode schliesst einen 
Rückhalt an basisch-schwefelsaurem Zinkoxyd nieht mit Sicher- 
heit -aus. 

Zinceum sulfocarbolicum; neu. 

Zineum valerianieum; 100 Th. sollen nahezu 30, nach der Ph. Bor. 

- VII mindestens 25 Th. Zinkoxyd enthalten. Es ist also das Salz 


von der Zusammensetzung ZnO,Va zu verwenden. 


D. Aus dem Droguen- Bericht 


von Rump und Lehners. 


Hannover, August 1872. 


Wir liessen unsere neu revidirte Liste um einen Monat später 
erscheinen, um die veränderten Präparate nach der neuen Pharmacopoea 
Germanica theils mit aufzunehmen, theils aber auch, um die Einsamm- 
lung der Vegetabilien in etwas abzuwarten und dadurch die Preisansätze 


genauer normiren zu können. Zu der neu erschienenen Pharmacopoea Br 


Germanica möchten wir uns nachfolgende Bemerkungen erlauben. 
Zuvörderst finden wir eine Atomgewichtstabelle nach der neuen An- 


nahme O0 —= 16, dann die Bemerkung, dass die Quantitäten der Flüssig- “ 


keiten stets durch das Gewicht bestimmt werden sollen, die Mensuren 
sind daher nur als ungefähres Maass beizubehalten. 


Acetum. Die Stärke soll durch wasserfreies kohlensaures Natron E 
bestimmt werden, 20 Theile Essig ulm einen Theil Natr. carbonic. 


sättigen, 


Droguen - Bericht. 379 


Acetum aromaticum. Die Vorschrift ist vollständig abgeändert. 

Acetum colchici soll aus dem Samen bereitet werden. 

Acetum rubii idaei extempore zu bereiten aus 1 Theile Syrup und 
2 Theilen reinem Essig. 


Acid. aceticum wie Acid. acetic. dilut. sollen sich gegen über- 


mangansaures Kali indifferent verhalten. Das specifische Gewicht des- 


letzteren ist wieder auf 1,040 normirt. 
Acid. benzoicum soll durch Sublimation aus Benzoö bereitet sein. 


Acid. carbolicum erud. und eryst. sind neu aufgenommen, ebenso 


Acid. chloro-nitrosum, chromicum und citricum. 

Acid. hydrochloric. erudum ist mit Zinnchlorür auf Arsen zu prü- 
fen. Diese Probe ist überhaupt nur bei concentrirter Salzsäure anwend- 
bar und kann man damit in 10,0 Salzsäure 1/,, Milligrm. Arsen nach- 
weisen. 

Acid. hydrochloricum purum. Der Name Acid. hydrochloratum ist 
in Acid. hydrochlorieum abgeändert. Die dabei vorgeschriebene Probe 
auf Arsen und schweflige Säure ist so compendiös wie scharf. Wir haben 
sie mehr als 50 mal wiederholt, um zu einem bestimmten Urtheil zu kom- 
men und etwaige Täuschungen zu vermeiden. Da die Gegenwart von 
schwefliger Säure die Reaction auf Arsen dabei aufhebt, so ist es besser, 
von vornherein zwei Proben zugleich anzustellen, die eine mit Bleipapier 
auf etwas frei werdendes Schwefelwasserstofigas, die andere mit Silberpa- 
pier auf Arsen. Eine leichte Färbung des Silberpapiers trat so häufig 
auch da auf, wo kein Arsen zugegen und schweflige Säure auch ausge- 
schlossen war, dass darauf kein Verdiet abgegeben werden kann. Mit 
hinübergerissene Chlorwasserstoffdämpfe bilden Chlorsilber, das nun 'ein- 
mal so leicht empfindlich ist, dass es sofort röthlich anläuft, auch möchte 
das reinste Zink eine Spur Schwefelzink zuweilen enthalten. Ist Arsen 
zugegen, so tritt eine wirkliche Schwärzung ein, was auch mit dem 
Wortlaut der Pharmacopöe übereinstimmt. Zur Probe der Schärfe der 
Reaetion füge man zu 500 g. (1 Pfund) Wasser einen Tropfen (44—3 g.) 
Fowlersche Lösung, der ca. !/, Milligrm. arseniger Säure entspricht und 
verdünne damit die Salzsäure zu gleichen Theilen, dass also in 1000 
Grm. 1/, Milligrm. arseniger Säure enthalten ist, so entsteht schon eine 
völlige Schwärzung des Papiers. Verdünnt man noch, so dass auf 
1000 Grm. !/, Milligrm. Arsen kommt, so tritt noch eine starke Bräu- 
nung auf. — Wir haben vergebens versucht, uns von dieser Verdünnung 
einen Begriff zu machen. Nimmt man an, man habe 5 g. der so ver- 


dünnten Säure in Probe genommen, so hat man damit g. 0,000000625 


oder in Worten 1/,gnu mg., also weniger als ein anderthalb Tau- 
sendstel mg. Arsen nachgewiesen. Es ist nicht uninteressant, auf 
diese Weise vorkommenden Fals einen Maassstab zu haben, wie wir bei 
dem Wismuth sehen werden. 


Wir bedienen uns zur Untersuchung einer Silberlösung 1 : 100 als 
vollkommen genügend und weisses Filtrirpapier, legen darüber ein zwei- 
tes reines Stück von demselben Papier, bedecken es dann mit einer Kappe 
von Schreibpapier und schlagen einen Faden um das Ganze. Ein wenig 
Baumwolle verhindert das Ueberspritzen. Zum Beweise, dass alles Arsen- 
wasserstoffgas gewirkt hat, ist die äussere Seite des Silberpapiers nicht 
angegriffen. 

Acid. nitricum soll ein speeifisches Gewicht von 1,185 haben oder 
30°, NHO? enthalten. Neu ist die Probe mit Chloroform, 

Acid. phosphoricum. Soll jetzt ein spee. Gewicht von 1,120 haben 


was einem Gehalt von 20°, PH®0* gleich komme, Ein ‘Gehalt von 


in 


380 Droguen - Bericht, 


einer Spur Schwefelsäure wird nachgesehen, auf Arsen wird mit Schwe- 
felwasserstof? geprüft. Statt Acid. phosphoric. glaciale, wenn sie zu 
Pillen verordnet ist, soll die flüssige Säure auf den fünften Theil abge- 
dampft werden, was wohl am besten jedesmal extempore so geschähe, 
dass man das fünffache der flüssigen Säure nimmt und abdampft. 

Acid. succiniecum wird beschrieben als gelbliche Krystalle in zu- 
sammenhängenden Krusten mit Bernsteingeruch , wovon früher abstrahirt 
wurde. 


Acid. tannicum. Die Bereitungsweise ist nicht aufgenommen, die 
Beschreibung weicht indess wenig von früher ab. 

Acid. valerianicum, Aconitin sowie Aerugo sind neu aufgenommen. 

Aether aceticus. Hier ist das frühere Dilemma stehen geblieben. 
Ein spec. Gewicht von 0,900 schliesst die zweite Forderung, dass er an 
ein gleiches Volumen Wasser nur den 10ten Theil abgeben darf, aus, ein 
solcher giebt den 9ten Theil ab, da er noch alkoholhaltig ist. Reinster 
Eissigäther hat ein spec. Gewicht von 0,906. 


Aether Petrolei und Aethylenum chloratum sind neu aufgenommen, 

Alumen. Der Ammoniak - Alaun ist ausgeschlossen. 

Alumina hydrata neu aufgenommen. 

Amylum marantae und tritic, Diesem wieder neu aufgenommenen 
Artikel ist eine umfassende Beschreibung gewidmet. 

Antidotum arseniei aus Lig. ferri sulfur. oxyd. und Magnesia 

der Hannoverschen Pharmacopoe ist hier aufgenommen. 

Aqua amygdalar. amar. ist dahin abgeändert, dass von 12 Theilen 
Mandeln nur 10 Theile oder so viel abdestillirt werden sollen, das in 
1000 Theilen 1 Theil Blausäure nachgewiesen wird. Der Unterschied 
gegen früher ist bedeutend, es wurden von den Mandeln gleiche Theile 
Wasser abgezogen und der Gehalt sollte 1: 720 Theilen Wasser sein, 
was allerdings Niemand so leicht fertig brachte. Eine Maceration ist so 
wenig vorgeschrieben, wie die Art der Destillation. 


Aqua chlorata. Ueber die Bereitung ist nichts gesagt, die Prüfung 
gesehieht mittelst Ferrum sulfurieum. 

Aqua lauro 'cerasi soll in der Stärke der Aqua amygdalar. amar. 
gleich kommen, zu 10 Th. Wasser sind 12 Th. Blätter vorgeschrieben 
und nur 1 Th. Spiritus. Man sieht nieht recht ein, warum nicht 2 Theile, 
wie bei dem Bittermandelwasser. 


Aqua rubii idaei conc. soll die 10fache Stärke des einfachen Him- 
beerwassers haben und den 5ten Theil Spiritus enthalten. Ausserdem 
giebt es ein Ag. chamomillae conc. Aqua melissae conc. Ag. salviae 
conc. Ag. sambuci conc. Ag. tiliae conc., die in demselben Verhält- 
nisse zu dem einfachen Wasser stehen. 

Auro - Natrium chloratum ist dahin abgeändert, dass auf 100 Th. 
Chlornatrium 65 Th. Gold kommen, statt früher 60, was 50°), AuCl3 
entsprechen soll. 


Bismuthum subnitricum praecipitatum soll auf ähnliche Weise, wie 
die Chlorwasserstoffsäure auf Arsen geprüft werden. Wir haben uns 
auch mit dieser Probe eingehend beschäftigt und empfehlen nachstehende 
Aenderungen als Verbesserungen. Nachdem alle Salpetersäure ausgetrie- 
ben und die vorgeschriebene Verdünnung vorgenommen, füge man noch 
ebenso viel Schwefelsäure zu, oder besser, man füge vor und nach so 
viel reine Salzsäure zu, dass alles bis auf einen kleinen Rest gelöst ist. 
Statt einer Proberöhre nehme man ein kleines Kölbehen oder Kochgläs- 
chen. Die Gasentwickelung beginnt auf Zusatz von Zink erst, nachdem 
alles Wismuth metallisch gefällt ist; dieses schlägt sich so voluminös 


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Droguen- Bericht. 381 


nieder, dass es in der Proberöhre von den nachfolgenden Gasblasen in 
die Höhe gehoben wird und so ausser Berührung mit der Flüssigkeit 
geräth. Ohne den Säurezusatz hat man eine breiige Masse, worauf das 
Zink nur träge einwirkt. Wenn es uns nun auch nicht möglich ist, ein 
Wismuthpräparat anzuschaffen, das auf diese Weise kein Arsen nach- 
weisen lässt, so kann man sich doch dabei beruhigen, wenn man erwägt, 
dass der Gehalt auf nicht mehr als ein Milligramm im Pfunde abzu- 
schätzen ist. Sollte es überhaupt nöthig sein, eine grössere Rein- 
heit zu erlangen? Hätte man sich nicht an der Zinnprobe genügen - 
können? 


Calcaria chlorata. Dieselbe soll doch jetzt wenigstens 25%, wirk- 
sames Chlor enthalten. 

Calcaria phosphorica, die wieder zu Ehren gekommen, soll durch 
Wechselzersetzung von Cale. chlorat. mit Natr. phosphoric: dargestellt werden. 

Cantharides. Hierbei ist angegeben, dass sie in den Monaten Juni 
und Juli gesammelt werden können. Wann und wo sie nicht da sind, 
können sie allerdings nicht gesammelt werden, zweckmässiger wäre 
eine Bemerkung, dass man seinen Vorrath im Herbst erneuern und 
vor Milben hüten soll, was am besten durch einen Anflug von Aether 
geschieht. 


Chinin. sulphuricum. Die Probe mit Aether genügt jetzt nieht mehr, 
sie ist durch die Kerner’sche ersetzt, die sich auf die Löslichkeit der 
verschiedenen Chinaalkaloide in Ammoniakflüssigkeit gründet und wovon 
das Chinin das leicht löslichste ist. Diese Probe erfordert insofern Vor- 
sicht, als die Behandlung des fraglichen Chinins mit Wasser nicht bei 
über 15° Celsius angestellt werden darf, eher darunter. 

Chininum bisulfuricum, ferr. eitratum, hydrochloricum, tannicum 
und valerianicum sind neu aufgenommen, 


Chioroformium. Man ist wieder auf das frühere speeifische Gewicht 
von 1,496 — 1,492 zurückgekommen, was in sanitätspolizeilicher Hinsicht 
sehr zu beklagen ist. Dieses hohe speeifische Gewicht streift so sehr an 
die Grenze des reinen Chloroforms, dass die schützende Wirkung des 
Alkohols kaum in Betracht kommt. Ausserdem ist nicht angegeben, wie 
ein reines Chloroform von 1,500 spec. Gewicht auf das richtige spec. Ge- 
wicht gebracht werden soll. Da es ausgemacht ist, dass ein alkoholhal- 
tiges Chloroform weniger der Zersetzung ausgesetzt und der Zusatz von 
1/, Procent für den Gebrauch erfahrungsmässig indifferent ist, das speci- 
fische Gewicht dadurch aber schon auf 1,488 heruntergedrückt wird, so 
wäre es angezeigt gewesen, demselben einen grösseren Spielraum zu las- 
sen. Nicht immer wird das Chloroform gleich nach der Dispensation 
zur Anwendung gezogen, sondern der Arzt führt in der Regel in seiner 
Reiseapotheke einigen Vorrath mit sich, es muss also für dessen Dauer- 
haftigkeit möglichst gesorgt werden. Nach J. A. Kappers Groningen, in 
dessen „Onderzoekingen over Oxydatie“ beruht die schützende Wirkung 
des Alkohols in seiner Eigenschaft als Wasser entziehendes Mittel, bei 
der Dispensation für sich sind daher nur vollkommen trockne Gläser an- 

| zuwenden, 

; Codein und Coniin sind neu aufgenommen. 

- Cort. radicis granatorum. Der Name ist beibehalten, wenn auch 
- für gewöhnlich im Handel nur Astrinde zu haben ist, 


Dextrinum. Es ist eine Vorschrift mitgetheilt, wonach es mittelst 
Oxalsäure hergestellt werden soll. 

Elemi. Völlig unpractisch bleibt es, dass man nicht das weiche s. g. 
 Manilla Elemiharz aufgenommen. Dies ist stets leicht und rein im Han- 


382 Droguen - Bericht, 


del zu haben, während die vorgeschriebene Sorte von Yukatan aus dem 
Handel verschwunden ist. — 

Elixirea und Emplastra sind verschieden neu reeipirt, ebenso Emul- 
sio amygd. compos. { 

Extractum absynthii wird mit Weingeist hergestellt, wie auch Extr. 
chamomiliae, chinae, millefolii, rhei, squillae und valerianae. 

Extractum belladonnae wird jetzt mit dem Unterschiede bereitet, 
dass der wässerige Auszug von 20 Th. Kraut auf 2 Th. statt auf A Th. 
reducirt und dann mit 2 Th. statt A Th. Weingeist behandelt wird, also 
mit wesentlicher Ersparung von Alkohol. Es soll sich fast klar in Was- 
ser lösen und ist die Vorschrift das Muster für die übrigen Extracte aus 
narkotischen Kräutern. Bei den trocknen narkotischen Extraeten ist das 
Dextrin beibehalten. 

Extractum colocynthid. compos. ist wieder zu Ehren aufgenommen. 

Fabae calabar., Farina hordei ppt., Fel tauri insp., Ferrum eitric. 
und eitrie. ammoniat., Ferr. jodatum, Ferrum oxydat. sacch. solub., 
Ferr. phosphoric., Ferrum pyro-phosphoric. c. ammon. eitric., Ferrum 
und Ferrum sesquichloratum sind neu aufgenommen. 

Folia sennae. Nur Alexandriner oder Tripolitaner Sennesblätter 
sind zu nehmen erlaubt, sogenannte Fol. sennae parva dürfen niemals 
in Gebrauch gezogen werden, da sie häufig verfälscht vorkommen sollen. 
Es wird dem Droguisten wohl nichts anders übrig bleiben, als den Bruch, 
der wenigstens 50 Proc. der gereinigten Alexandriner Blätter beträgt, 
nicht wie früher zu entfernen, sondern das Absieben den Herren Apothe- 
kern selbst zu überlassen, wo dann Nichts dabei zu erinnern sein möchte. 

Ferr. puiverat. Statt der früher klar hingeworfenen Bemerkung: 
ne sit cuprum inquinatum ist jetzt eine direete Prüfungsmethode ange- 
geben. Die Spur Kupfer, die jedes Eisen enthält, bleibt dabei im schwar- 
zen Rückstande und stört nicht mehr. 

Ferr. reductum. Die Beschreibung: pulvis subtilissimus niger 
passt nicht, wie ein uns vorliegendes ausgezeichnetes Präparat beweist. 
Die Farbe ist vielmehr grau. Als schwarzes Pulver kam es uns stets 
sehr schwefel- und oxydhaltig vor. ; RR 

Glycerinum. Hierbei hätte erfahrungsmässig eine geringfügige Trü- 
bung mit oxalsaurem Ammoniak nachgesehen, dagegen die Prüfung auf 
Chlorverbindung angegeben werden müssen. 

Bei den Kalisalzen ist eine kleine Trübung mit salpetersaurem Sil- 
ber nachgesehen. — Die Collectivbezeichnung Liquor ist zweckmässiger 
Weise wieder eingeführt. 

Lythargyrum. Dex Praxis ist Rechnung getragen und ein kleiner 
Gehalt an metallischem Blei nachgesehen, ebenso bei Magnesia carbonica 
eine Spur Eisen. x 

Mel. Der Amerikanische ist wieder erlaubt. 

Moschus. Bei der Beschreibung dieser Drogue ist nach alter Weise 
wieder ein Uebriges und doch zu wenig gethan, namentlich ist des koh- 
lensauren Ammoniakgehalts eines guten Moschus keiner Erwähnung ge- 
schehen. Die Beschreibung der Beutel ist höchst mangelhaft und da aus 
dieser Niehts zu ersehen, auch überflüssig , jedoch ist das Verbot wegge- 
fallen, denselben auch exvesieirt zu beziehen. 

Natrum subsulfurosum. In der Prüfung mit Jod ist ein Druck- 
fehler vorgekommen, 2 Theile unterschwefligsaures Natron lösen ein Theil 


Jod zu einer farblosen Flüssigkeit auf, nicht gleiche Theile, 2 Molecüle : 


Natr. subsulfuros — 248 setzen sich mit 1 At. Jod — 127 zu 1 Molee. 


Jodnatrium und 1 Molecüle tetrathionsaurem Natron um. Nebenbei ge- Ri: 


sagt eine der interessantesten Reactionen. 


Droguen - Bericht. 383 


Die vorgeschriebene Prüfung auf möglichen Gehalt an Schwefelsäure, 
der Theorie nach scheinbar richtig, ist völlig unpractisch. Der einmal 
entstandene Niederschlag von unterschwefligsaurem Baryt ist so schwer 
wieder löslich, dass er zu groben Täuschungen Veranlassung giebt. Man 
kann denselben nur durch Kochen wieder auflösen und die Probe geht 
desshalb leicht für Schwetelsäurereaction durch. 

Man nehme statt dessen eine so verdünnte Lösung von dem unter- 
schwefligsauren Natron, dass sich nur eine etwaige Reaction auf Schwe- 
felsäure bemerkbar machen kann. Oder man setze nur ein oder zwei 
Tropfen Barytlösung zu einer concentrirten Auflösung von dem Natron- 
salze. Letzteres ist indess nicht so zweckmässig, weil das unterschwef- 
ligsaure Natron die Reaction auf Schwefelsäure schwächt. Die Probe mit 
Jod nehme man vor allen Dingen in der Kälte vor, in der Wärme ent- 
steht häufig eine Zersetzung, wie überhaupt eine neutrale Lösung in der 
Praxis nicht immer hervorgeht. 

Ol. menthae piperitae. Es fehlt die Jodprobe. Die ätherischen 
Oele sind überhaupt sehr stiefmütterlich behandelt. 

0l. ovorum fehlt trotz seines noch häufigen Gebrauches. 

Sapo medicatus soll wieder allein mit Oleum olivarum angefertigt 
werden. In Gefolge dessen ist wieder beim Opodeldoc Sapo domesticus 
und S. venetus vorgeschrieben. 

Tartarus depuratus. Es ist sowohl die alte Form vulgo Cryst. tar- 
tari, als das Deutsche Fabrikat in Pulverform aufgenommen; die vorge- 
schriebene Prüfungsmethode schliesst aber Metalle und Kalk aus, was 
bekanntlich bei den Krystallen durchaus nicht zutrifft, da sie stets metall- 
und kalkhaltig sind. 

Tartarus stibiatus. Die Prüfung mit Zinnchlorür auf Arsenik ist 
vorgeschrieben, die Behandlung der salzsauren Lösung mit Schwefelwas- 
serstoff ist empfindlicher. 

Die Opium-Tinceturen werden wieder auf das speeifische Gewicht 
geprüft, trotzdem damit Nichts über deren Güte bewiesen wird. 

Tinetura Jodi decolorata. Die noch warme braungefärbte Lösung 
von gleichen Theilen Natr. subsulfuros. Wasser und Jod entfärbt sich 
auf Zusatz der vorgeschriebenen Menge spirituösen Salmiakgeistes unter 
merklicher Wärmeentwicklung und Bildung von Jodammonium fast mo- 
mentan, wonach man die nöthige Menge Alkohol zusetzt, 

Unguentum kalii jodati. Es ist ein geringer Zusatz von Natr. sub- 
sulphuros. vorgeschrieben. 

Zincum sulfo-carbolicum ist neu aufgenommen. 

Ueber die Reagentien ist zu bemerken: 

Baryta nitrica ist als Reagens dem Chlorbaryum vorzuziehen. Er- 
hält man ein negatives Resultat, so kann man sofort mit Arg. nitr, wei- 
ter proben. 

Kali hypermanganic. Die vorgeschriebene Verdünnung von 1 : 10,000 
ist unpractisch, da sie den Titer- nicht lange hält. 

Unter den angefügten Tabellen ist eine Zusammenstellung der spee. 
Gewichte interessant. Zu bedauern ist, dass die frühere Aufstellung bei 
verschiedenen Temperaturen in Wegfall gekommen ist, die wirklich prae- 
tischen Werth hatte. Wo Spielraum bei den spec. Gewichten gelassen 
ist, sind es in der Regel 4 Zahlen in der dritten Decimale, gleichviel ob 
die Flüssigkeit eine specifisch leichte oder sehr schwere ist. Bei einer 
specifisch leichten Flüssigkeit fällt aber eine kleine Differenz weit schwe- 
rer ins Gewicht, zum Beispiel fällt Chloroform durch Zusatz eines halben 
Procentes Alkohol von 1,496 auf 1,488, also um 8 in der dritten Deci- 
male, Lig. ferri sesquichlor. fällt auf Zusatz von 1g. Wasser auf 100 g. 


n 


len se - Anzeigen. 


Liquor von 1,484 auf 1,477 oder um 7 in der dritten Deeimale; Aether 
aceticus giebt, bei der erlaubten Schwankung von 4 Zahlen schon Yo 
mehr an ein gleiches Volumen Wasser ab; Lig. ferri acetiei giebt aber 
auf Zusatz von 2,5 g. Wasser auf 100 g. Liquor nur eine Differenz von 
den erlaubten 4 Zahlen. Es folgt daraus, dass der Spielraum um so 
kleiner gehalten sein muss, je leichter eine Flüssigkeit ist. Bei Glycerin 
schwankt das Gewicht ausnahmsweise von 1,230 bis 1,250, also um 20 in 
der 3ten Decimale, man sieht nicht ab wesshalb ? 

Schliesslich wollen wir indess nicht verfehlen, auf die grossen Vor- 
züge der neuen Pharmacopoea hinzuweisen in Bezug auf die Reichhaltig- 
keit und präeise Beschreibung gegen früher, wo beispielsweise Morphium 
aceticum fehlte, und dann vergleiche man die Beschreibung der Magnesia 
carbonica von früher gegen die jetzige. 


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Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses. 


ARCHIV DER PHARMACIE, 


3. Reihe, 1. Band, 5. Heft. 


munmmnnanann 


A. Originalmittheilungen. 
Il. Chemie und Pharmacie. 


Ueber den Werth der aus plastischer Kohle verfer- 
tisten Wasser - Filter. 
Von Julius Müller, Apotheker in Breslau. 


(Vorgetragen in der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur 
m 3. October 1872.) 


In meiner vorjährigen kleinen Arbeit über Veränderungen 

des Trinkwassers*) versprach ich, weitere Mittheilungen zu ; 
machen über Versuche, die angestellt wurden, um synthe- 
tisch zu beweisen, ob und welchen Einfluss die im Trink- 
wasser enthaltenen Substanzen auf die Entwickelung der aus 


der Luft in das Wasser gelangenden Sporen hätten. Ich : 
bin darin noch zu keinem entscheidenden Resultate gekom- & 
men, erlaube mir aber, heute die Ausführung der damals mir € 
ebenfalls vorgenommenen Prüfung auf den Werth der Koh- F 
len -Filter mitzutheilen: % 

Ich hatte damals durch angestellte Versuche nachgewie- = 


sen, dass die Entwickelung von Organismen im Trinkwasser 
beim längern Stehen theils den schon im Wasser enthaltenen, 
theils den in der Luft sich befindenden, im Wasser zum Kei- 
men kommenden Sporen zuzuschreiben sei, dass letztere, wie 
schon längst bekannt, durch Baumwolle abgehalten und die 
schon im Wasser befindlichen beim längeren Kochen völlig 


$ 
*) Archiv der Pharmacie, Januarheft 1872, ä 
> 
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3 Arch, d. Pharm, III, Reibe, I, Bda. 5. Heft. 25 g 
u 

2 ö 2 


386 Ueb. d. Werth d. aus plastischer Kohle verfertisten Wasser - Filter. 


‚getödtet würden, so dass im vorher luftleer gemachten Kol- 
ben hereingebrachtes gekochtes und dann schnell mit Baum- 
wolle lose bedecktes Wasser sich halte, ohne auch nach läng- 
ster Zeit irgend welche Bildung von Organismen zu zeigen. 
Werden nun wirklich, wie ja behauptet wird, die Sporen 
beim Filtriren durch die aus plastischer Kohle verfertigten 
Wasser-Filter zurückgehalten, so muss solches filtrirtes Was- 
ser sich verhalten, wie gekochtes, d. h. in einen Kolben ge- 
bracht, so dass beim Einfüllen atmosphärische Luft nicht 
zukommen kann, darf solches Wasser nach schnellem Schliessen 
des Kolben mit vorher sorgfältig gereinigter Baumwolle auch 
bei langem Stehen keinerlei Organismen entwickeln. — Lei- 
der hat sich dies durch die angestellten Versuche nicht bestä- 
tigt. — Es wurde zu denselben ein noch nicht benutztes 
Wasser-Filter einer der renommirtesten Fabriken plastischer 
Kohle benutzt. Das gewählte Wasser war ein mittelmässi- 
zes Trinkwasser Breslaus, das durch seinen Gehalt an Sal- 
petersäure (100000 Theile enthielten 13,33) und Ammo- 
niak (100000 Theile = 2,91) die Entwickelung von Sporen 


begünstigt. — Am 10. August stellte ich folgende Ver-- 


suche an: 

Nicht gekochtes und nicht filtrirtes Wasser liess ich in 
einen vorher mit Wasserdampf gefüllten, dann erkalteten, 
also luftleeren Kolben einsteigen, füllte den Hals des Kolbens 
sofort lose mit durch Aether sorgfältig gereinigter Baumwolle 
und setzte das Wasser den Sonnenstrahlen aus. Schon am 
16. desselben Monats war nach der, immer vorher ein- 
tretenden Trübung der Boden des Kolbens mit einer grünen 
Protococeus-Art bedeckt. Es waren also in dem nicht filtrir- 
ten angewandten Wasser Sporen, die sich beim Stehen an 
der Sonne bald entwickelten. — 

Den zweiten vorher sorgfältig gereinigten Versuchskolben 
füllte ich zur Austreibung der atmosphärischen Luft mit Koh- 
lensäure und verschloss ihn dann mit einem zweimal durch- 
bohrten Kork; in die eine Oeffnung desselben hatte ich eine 
an beiden Seiten offene Glasröhre, deren Oeffnung der Aus- 


flussgeschwindigkeit des Kohlen -Filters entsprach, gesteckt, E 


. 5. ya 


Ä 


Ueb. d. Werth d. aus plastischer Kohle verfertigten Wasser - Filter. 387 


in die andere passte ich die Ausflussröhre des vorher in das 
betreffende Wasser eingetauchten und in Gang gesetzten Fil- 
ters. Auf diese Weise hielt ich die atmosphärische Luft ab, 
denn in dem Maass, als das filtrirte Wasser in den Kolben 
floss, strömte Kohlensäure aus der anderen Röhre aus, ver- 
hinderte also dadurch — namentlich da die Kohlensäure !/, mal 
schwerer als die atmosphärische Luft ist, das Eindringen der- 
selben. Nachdem der Kolben auf diese Weise mit dem filtrirten 
Wasser gefüllt war, verschloss ich den Hals ebenfalls lose 
mit der gereinigten Baumwolle und setzte ihn neben dem 
ersten der Sonne aus. Schon am 17. desselben Monats war 
der Boden auch dieses Kolbens mit derselben grünen Proto- 
ceoceus-Art bedeckt. — 

Um endlich auch hier den Einwand, als könnten die 
Sporen doch durch die Baumwolle gedrungen sein und sich 
im Wasser entwickelt haben, zu beseitigen, füllte ich einen 
dritten vorher luftleer gemachten Kolben mit eine halbe 
Stunde lang gekochtem Wasser, verschloss ihn lose mit 
Baumwolle und stellte ihn wie den ersten und zweiten Kol- 
ben der Sonne aus. Dies Wasser, in welchem die Spo- 
ren wirklich getödtet, also beseitigt sind, zeigt, wie sich die 
(Gesellschaft überzeugt hat, nicht die geringste Bildung irgend 
eines organisirten Körpers. — 

Aus diesen Versuchen geht wohl unzweideutig hervor, 
dass die in dem betreffenden Wasser vorhandenen Sporen 
unbehindert durch das Kohlen - Filter durchwandern. — 

Liess sich hiernach wohl von vornherein annehmen, dass 


die soviel besprochenen und eine so grosse Rolle spielen 


sollenden Bacterien ebenfalls durch die Kohlen -Filter gehen 
würden, so eitirte ich doch den directen Beweis dafür: Ich 
vermischte destillirtes Wasser mit sogenannter Pasteur’scher 
Flüssigkeit, die voller Bacterien war und liess nun dieses 
Wasser durch das vorher sorgfältigst gereinigte, schwach 
geglühte Kohlen-Filter gehen. Leider zeigte sich unterm 
Mikroskop jeder Tropfen mit Bacterien reich versehen, anschei- 
nend in derselben Menge, wie in der nicht filtrirten Flüssig- 
keit, — In einen vorher sorgfältig gereinigten, mit Kohlen- 
25 * 


= 


« 


388 Ueber ein neues Phosphoroxyehlorid, das Pyrophosphorsäurechlorid. 


säure angefüllten und mit Baumwolle lose verstopften Kolben 
gebracht, vermehrten sich in dem filtrirten Wasser die mit 
durchgegangenen Bacterien bald so, dass die anfänglich nur 
opalisirende Flüssigkeit bald völlig trüb, ja undurchsichtig 
wurde. — 

Der Werth der Kohlen-Filter beruht demnach nur in 
dem Zurückhalten grober mechanischer Verunreinigungen wie 
Sand, Lehm ete. und bei noch nicht langem Gebrauch wohl 
auch in dem namentlich der frisch geglühten Kohle zukom- 
menden Eigenschaft, etwa vorhandenen faulen Geruch zu 
entfernen; nimmermehr aber können, wie vielfach behauptet 
wird, vermittelst der plastischen Kohlen -Filter contagiöse 
Stoffe aus dem Wasser entfernt werden. 


Breslau, den 10. October 1872. 


Ueber ein neues Phosphoroxychlorid, das Pyrophos- 
phorsäurechlorid. 
Von A. Geuther und A. Michaelis.*) 


Von den Chloriden der drei Phosphorsäuren hat man 
bisher nur das der gewöhnlichen Phosphorsäure, das Phos- 
phoroxychlorid: POC1? gekannt, unbekannt ist das Chlorid 
der Metaphosphorsäure: PO2Cl und war das Chlorid der Py- 
rophosphorsäure: P?O°?Cl® Es ist uns gelungen, eine Ver- 
bindung von der letzteren Zusammensetzung darzustellen, die 
wir als Pyrophosphorsäurechlorid bezeichnen wollen. Dasselbe 


entsteht bei der Einwirkung von Salpetrig-Salpetersäure- 


anhydrid (N?O*) oder Salpetrigsäureanhydrid (N?O°) auf 
Phosphorchlorür. 

Um es darzustellen, verfährt man am besten auf die 
Weise, dass man die Dämpfe von Salpetrig - Salpetersäurean- 


*) Vom Hrn. Prof. Geuther als Separatabdruck aus der Jenaischen 
Zeitschrift erhalten, H, L, 


Ueber ein neues Phosphoroxychlorid, das Pyrophosphorsäurechlorid. 389 


hydrid (sog. Untersalpetersäure), welche man sich vorher 
durch Erhitzen von Bleinitrat flüssig dargestellt hat, langsam 
zu stark abgekühltem überschüssigen Phosphorchlorür treten 
lässt in der Art, dass man das Kölbchen, worin das flüssige 
Anhydrid sich befindet, in Wasser von 30° setzt, während 
der Cylinder mit dem Phosphorchlorür durch eine Kälte- 
mischung von Eis und Kochsalz umgeben ist. Der letztere 
ist durch einen doppelt durchbohrten Kork verschlossen, wel- 
cher das über dem Chlorür endigende Zuleitungsrohr und ein 
Ableitungsrohr trägt. Auf 20 g. Untersalpetersäure wendet 
man 100 g. Phosphorchlorür an. Die Einwirkung findet sofort 
statt, es entwickeln sich Gase, von denen ein Theil zu einer 
rothen Flüssigkeit condensirt werden kann, die sich bei ge- 
wöhnlicher Temperatur wieder in orangegelben Dampf ver- 
wandelt und mit wenig Wasser in Salzsäure und Salpetrig- 
säure zersetzt wird, also NOC] ist, während ein anderer Theil 
nicht condensirbar ist und aus Stickstoff mit etwas Stickoxyd 
besteht. Das Phosphorchlorür wird roth gefärbt, indem ein 
Theil des Salpetrigsäurechlorids bei ihm verbleibt, während 
sich gleichzeitig Phosphorsäureanhydrid ausscheidet. Nach- 
dem alle Untersalpetersäure zudestillirt worden ist, wird der 
Cylinder aus der Kältemischung genommen und mit lauwar- 
mem Wasser umgeben, um das Salpetrigsäurechlorid abzu- 
destilliren. Darauf wird sein Inhalt in ein Destillationsgefäss 
gebracht und rectificirt. Zuerst destillirt viel unverändertes 
Phosphorchlorür, darauf zwischen 105° und 110° eine gleich- 
falls beträchtliche Menge von POC1?, während zuletzt der 
Siedepunkt rasch bis auf 200° steigt, von wo an bis 230° 
die neue Verbindung übergeht. Es ist zu empfehlen, sich 
erst durch wiederholte Darstellungen eine grössere Menge 
derselben zu bereiten, ehe man zu ihrer weiteren Reinigung 
durch Rectification schreitet. Aus 350 g. Phosphorchlorür 
wurden durch so oft wiederholte Einwirkungen von Unter- 
salpetersäure, bis kein Phosphorchlorür mehr unverändert 
vorhanden war, erhalten: 232 g. gewöhnliches Phosphoroxy- 
chlorid und nur 40 g. des höher siedenden Productes, d.h. 
nur 11,4°/, der angewandten Phosphorchlorürmenge, 


td 
Pan. 


2 er: 


5 


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ade nr 


Ep 
re 


390 Ueber ein neues Phosphoroxychlorid, das Pyrophosphorsäurechlorid. 5 


Man kann, wie oben erwähnt, auch an Stelle des Sal- 
petrig-Salpetersäureanhydrids die durch Chlorcaleium getrock- 
neten Dämpfe des Salpetrigsäureanhydrids anwenden, wie 
man sie mit Kohlensäure gemischt bei der Einwirkung von 


Salpetersäure auf Stärke erhält‘ Man wendet am besten auf” 


100 g. Phosphorchlorür 30 g. Stärke und 180 g. Salpeter- 
säure an, rectificirt dann das Product und leitet zu dem unter 
100° Siedenden die dem angegebenen Verhältniss entspre- 
chende Menge neuer Dämpfe von Salpetrigsäureanhydrid. 
Wir erhielten auf diese Weise aus 200 g. Phosphorchlorür 
20 g. des höher siedenden Productes, also nur 10°, und rela- 
tiv mehr Phosphorsäureanhydrid. Da die Einwirkung hierbei 
nicht so lebhaft ist, offenbar weil das Salpetrigsäureanhydrid 


mit Kohlensäure verdünnt ist, so braucht man nur mit kal- - 


tem Wasser zu kühlen. 

Das auf eine dieser Weisen dargestellte Product destil- 
lirt zwischen 210 und 215° über, es hat die Zusammensetzung: 
P?O3Cl*, wie die folgende Analyse zeigt, und kann also als 


das Chlorid der Pyrophosphorsäure angesehen werden. Die 


Analyse desselben wurde so ausgeführt, dass eine im Röhr- 
chen abgewogene Menge in einem Cylinder mit Wasser zer- 
setzt wurde Es wurde darauf das Chlor in der mit Salpe- 
tersäure angesäuerten Flüssigkeit durch Silbernitrat gefällt 
und nach Entfernung des überflüssigen Silbers mittelst Salz- 
säure nach dem Einkochen des Filtrats die Phosphorsäure 
als Ammonium - Magnesium - Phosphat niedergeschlagen. 

0,4882 g. Substanz lieferten so 1,1128 g. AgCl?, ent- 
sprechend 56,4%, Chlor und 0,4372 P?2O’Mg?, a 
25,0%, Phosphor. 


ber. gef. 

PER 92460 25,0 

03 = 19,05 — 

U — a 
100,00. 


Das Pyrophosphorsäurechlorid ist eine farblose Flüssig- 
keit, deren Siedepunkt bei etwa 215° liegt, welche sich aber 


er a un ] 
a 3 = & 

3 ei n 

BI: 


_Veber ein neues Phosphoroxychlorid, das Pyrophosphorsäurechlorid. 391 


nicht völlig unzersetzt destilliren lässt, indem ein Theil dabei 
stets in gewöhnliches Phosphoroxychlorid und Phosphorsäure- 
anhydrid zerfällt nach der Gleichung: 
3P203Cl? = 4POCI3 + P?0O°. 

Die Dämpfe desselben rauchen an der Luft wie die von 
Schwefelsäureanhydrid und verkohlen den Kork. Sein spez. 
Gewicht ist 1,58 bei + 7°. Unter den Umständen, unter 
welchen gewöhnliches Phosphoroxychlorid krystallisirt,*) bleibt 
es flüssig. Mit Wasser zersetzt es sich sofort unter Wärme- 
entwickelung und ohne vorher darin, wie das gewöhnliche 
Phosphoroxychlorid, tropfenförmig unterzusinken. 

Die Zersetzungsproducte sind Salzsäure und gewöhn- 
liche Phosphorsäure. Letztere kann in reichlicher Menge 
sofort nach der Zersetzung, auch wenn dabei jede Erwär- 
mung durch Abkühlung und langsamen Zusatz des Chlorids 


. zu einer grösseren Menge von Wasser vermieden worden ist, 


durch Silbernitrat und Magnesiumlösung nachgewiesen werden. 
Die rationelle Formel dieses Phosphoroxychlorids ist: 
v (6) v 
Po? 1 Pocıa-o_bonı® 
01? 
d. h. die zwei monovalenten Gruppen POCI? werden durch 
ein Mischungsgewicht Sauerstoff zusammengehalten. Dies 
beweisen die Producte, welche entstehen, wenn an Stelle des 
einen Mgt. Sauerstoff, welches diesen Zusammenhang herstellt, 
indem es von beiden Phosphormischungsgewichten je eine 
Werthigkeit beschäftigt, monovalente Elemente oder Gruppen 
treten, wie es bei der Einwirkung auf dasselbe von Phos- 
phorpentachlorid, Phosphorpentabromid und Alkohol geschieht. 
1) Wird ein Mgt. P?O3Cl* mit 1MgtPC]’ in ein Rohr 
eingeschlossen, so scheint in der Kälte keine Einwirkung 
statt zu finden, wenn aber im Wasserbade erhitzt wird, so 
tritt allmählig ‚Verflüssigung der ganzen Masse ein und nun 


ist der Röhreninhalt zu reinem gewöhnlichen Phosphoroxy- 


chlorid geworden nach der Gleichung: 


 *) Siehe weiter unten, 


ER 
Er 


392 Ueber ein neues Phosphoroxychlorid, das Pyrophosphorsäureehlorid. 


P20°Cl* + PC]? = 2POCl? + POC®, 

2) Wird 1 Mgt. P203C1: (11 g.) mit 1 Mgt PBr5 (18,8 g.) 
in ein Rohr eingeschlossen und im Wasserbade so lange 
erhitzt, bis sich beim Erkalten keine gelben Krystalle von 
Phosphorpentabromid mehr ausscheiden und alles flüssig bleibt, 


7 


so beginnt bei stärkerem Abkühlen die Bildung von Phos- - 


phoroxybromidkrystallen. Die davon abgegossene rothe Flüs- 
sigkeit wurde wiederholt fractionirt, um das noch gelöste 
Phosphoroxybromid zu entfernen. Ausser diesem und einer 
kleinen Menge von gewöhnlichem Phosphoroxychlorid, welches 
wohl als ein Product der Wärmewirkung auf das Phosphor- 
säurechlorid anzusehen ist, konnte ein zwischen 135 und 137° 
siedendes farbloses Product erhalten werden, das nichts ande- 
res als Phosphoroxybromchlorid POBrÜl? war, wie seine Eigen- 
schaften und die damit angestellte Analyse zeigen. 

Es ergaben nemlich: 

0,6371 g. desselben 0,362 g. P?O’Mg*, entspr. 15,9 Proc. 
Phosphor und 1,5607 g. AgOl? + AgBr?. Davon verloren 
1,0345 g. beim Glühen in Chlorgas 0,0933 g., woraus sich 
für die ganze Menge 37,5 °, Chlor und 39,7), Brom be- 
rechnen. 


ber. gef. 
P=156 159 
On 


Br =404 39,7 
CE =359 377 


100,0. 


Die Abweichung der gefundenen von den berechneten 
Mengen rührt offenbar von einer geringen Verunreinigung 
der Verbindung durch Phosphoroxychlorid her, welches sich 
bei nicht sehr grossen Mengen nur sehr schwer ganz voll- 
ständig entfernen lässt. Darauf deuten auch. das etwas 
geringere spec. Gewicht unseres Productes, welches zu 2,01 


bei + 9° gefunden wurde, während das des reinen Productes 
bei 0° — 2,06 ist, hin, sowie der etwas geringere Schmelz- 


punkt. Derselbe wurd zu -- 10° gefunden, während der von 


* 


EEE NER EEETELTESERTE TEE FOREN 


& 


35 


= TE 


Ueber ein neues Phosphoroxychlorid, das Pyrophosphorsäureehlorid. 395 


reinem auf andere Weise bereitetem Phosphoroxybromchlorid 
von uns zu + 11° bestimmt wurde. ®) 

Die Einwirkung des Phosphorpentabromids auf das Py- 
rophosphorsäurechlorid verläuft also analog der des Phosphor- 
pentachlorids nach der Gleichung: 

P203Cl4 + PBrö — 2POBrOl? + POBrS. 

3) Die Einwirkung des Alkohols auf das Chlorid wurde 
so vor sich gehen gelassen, dass zu 2 Mgtn. absol. Alkohols, 
der sich in einer mit umgekehrtem Kühler verbundenen und 
mit Eiswasser gekühlten Retorte befand, vermittelst eines 
Hahntrichters 1 Mgt. P?O°0l* tropfenweise fliessen gelassen 
wurde Die Einwirkung ist nicht heftig, die Tropfen des 
Chlorids verschwinden in Alkohol sofort ohne Zischen, wie 
solches bei der Anwendung von gewöhnlichem Phosphoroxy- 
chlorid bemerkt wird. Nach beendigter Reaction wurde die 
absorbirte Salzsäure durch Einleiten von Kohlensäuregas ent- 
fernt und dann die dicke Flüssigkeit im Kohlensäurestrome 
destillirt. Es ging unter starkem Schäumen eine farblose 
Flüssigkeit über, während ein durchsichtiger "schwach gelbli- 
cher dicker Rückstand blieb. Die Erstere abermals destillirt 
ging im langsamen Kohlensäurestrome bei 167° über, besass 
also den Siedepunkt des Aethylphosphorsäurechlorids PO. 
OC?H®.C1? und war auch an seinen übrigen Eigenschaften 
als dieser Körper zu erkennen; der Letztere war in Wasser 
löslich, reagirte sauer und gab mit Bleicarbonat neutralisirt 
ein in Wasser lösliches Bleisalz von den Eigenschaften des 
äthylphosphorsauren Bleis. 

-Darmach findet die Zersetzung des Pyrophosphorsäure- 
chlorids durch Alkohol in einer Weise statt, welche durch 
folgende 2 Phasen ausgedrückt werden kann: 

2P?0°Cl* + 40?H®0O —=4PO .0C2H5.Cl?+ 20H? 
20H? + PO. 0C2H°.C1l?—=PO.0C°H5, (OH)? + 2CIH. 

Wenn diese drei angeführten Reactionen also die obige 
für das Pyrophosphorsäurechlorid aufgestellte Constitutions- 


E 


*) Siehe weiter unten. 


a ET TEN ee MAP CH 


BEE N re 


LEE AB 


wur 
Ihe) 


Er 


re 


Or ar 


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Tan 
AT EZ a eh 


394 Ueber ein neues Phosphorosychlorid, das Pyrophosphorsäurechlorid. 


formel bestätigen, indem sie zeigen, dass, sobald an die Stelle 

des den Zusammenhang herstellenden einen Mischungsge- 
 wichts Sauerstoff zwei monovalente Elemente oder Gruppen 
treten, ein Zerfallen der Verbindung in Abkömmlinge der 
gewöhnlichen Phosphorsäure vor sich geht, wie es jene For- 
mel verlangt, so ist immerhin bemerkenswerth, dass dies 
auch bei der Einwirkung von Wasser zu geschehen scheint. 
Denn es ist oben angeführt worden, dass auch, wenn viel 
kalt gehaltenes Wasser angewandt und das Oxychlorid lang- 
sam eingegossen wird, sofort grosse Mengen von gewöhnli- 
cher Phosphorsäure nachgewiesen werden können, ja vielleicht 
gar keine Pyrophosphorsäure durch Umsetzung gebildet wird. 
Man muss, um dies zu erklären, annehmen, dass die leichte 


Veränderlichkeit der Pyrophosphorsäure in wässriger Lösung _ 


es bedingt, wenn man nicht dieser letzteren Säure über- 
haupt eine andere Constitution zuerkennen will, als sie die 
Formel: 
50, O 
"0 PoH 
OH OH 
10) 
ausdrückt. Eine solche andere, weniger symmetrische Con- 
stitution dieser Säure wird durch die Formel: 


— P0(0H)2-0_PO(OR)? 


OÖ (0) 
‚ol? ou 
OH na NOAL 
OH = omDoDpo.oH 
OH 


wiedergegeben. Darnach ist die Pyrophosphorsäure nicht der 
Abkömmling einer Trihydroxy-Phosphorsäure, sondern der 
einer Perhydroxyphosphorsäure, in welcher 2 Mgte. Hydro- 


xylwasserstoff durch die divalente Gruppe PO.OH ersetzt 


sind oder mit andern Worten es sind nicht in ihr 2 gleiche 
monovalente Gruppen durch 1 Mgt. Sauerstoff verknüpft, 
sondern 2 verschiedene divalente Gruppen durch 2 Mgte. 
Sauerstoff zusammengehalten. Das Chlorid einer solchen 
Säure müsste natürlich auch eine andere Constitution als das 


BEE ee Et Laer an m. aa 


ze 
7ER LEEREN Der 


Ueb. d. Krystallisationsfähigkeit d. gewöhnl, Phosphoroxychlorids etc, 395 


von uns dargestellte haben. Vorläufig liegen noch nicht 
genügende Anhaltspunkte vor, um diese Frage entscheiden 
zu können. 

Die Darstellung eines dem Pyrophosphorsäurechlorid ent- 
sprechenden Bromids durch Einwirkung von N?O* oder N?O? 
auf PBr® gelang nicht: es entstanden nur gewöhnliches Phos- 
phoroxybromid und Phosphorsäureanhydrid. 


Ueber die Krystallisationsfähigkeit des gewöhnlichen 
Phesphoroxychlorids und des Phosphoroxybromchlo- 
rids. *) 


Von Denselben. 


Einige Versuche, das Pyrophosphorsäurechlorid auf noch 
andere Weise darzustellen, als es im Vorhergehenden mitge- 
theilt worden ist, haben, wenngleich sie nicht das gewünschte 
Resultat ergaben, doch einige neue Eigenschaften des Phos- 
phoroxychlorids kennen gelehrt. 


Das Pyrophosphorsäurechlorid konnte auch entstehen aus 


| Phosphorsuperchlorid und Phosphorsäureanhydrid nach der 


"7 
ar 


+ 


Gleichung: 
3P?0° + 4PCI5 = 5P?03C1“. 

Wir haben diese beiden Körper in dem geforderten Ver- 
hältniss in Röhren eingeschlossen auf einander einwirken las- 
sen, bei gelinder Wärme sowohl, als bei Winterkälte aber 
nur gewöhnliches Phosphoroxychlorid neben übrig gebliebe- 
nem Phosphorsäureanhydrid erhalten. Bei Winterkälte ver- 
läuft die Einwirkung sehr langsam und ist erst nach Verlauf 
mehrer Tage beendigt. Als darnach das Rohr einer Kälte 
von 12 —15° weiter ausgesetzt blieb, hatten sich in demsel- 
ben grosse farblose Krystallblätter gebildet, die wenig unter 


*) Von Hrn. Prof. Dr. Geuther als Separatabdruck aus d. Jenai- 


- schen Zeitschr, erhalten. H, L. 


396 Ueb. d. Krystallisationsfähigkeit d. gewöhnl. Phosphoroxychlorids ete. 


0° schmolzen und beim längeren Liegen in niederer Tempe- 
ratur wieder erschienen, ja in welche schliesslich die ganze 
Flüssigkeit sich verwandelte. Diese Krystalle sind, wie die 
Untersuchung ergab, eben nichts anderes, als gewöhnliches 
Phosphoroxychlorid. Bei einem andern Versuch wurden 
solche Krystalle gleichfalls beobachtet. Als wir nemlich Sal- 
-petrigsäureanhydrid auf stark abgekühltes Phosphoroxychlorid 
einwirken liessen, um zu sehen, ob sich die Gleichung: 
2POCI® + N?03 —= P?0301? + 2NOCI 

verwirklichen lasse, fand keine oder nur sehr geringe Ein- 
wirkung statt, aber das Phosphoroxychlorid war noch ehe die 
rothen Dämpfe dazu traten vollständig in eine weisse Krystall- 
masse verwandelt, 


Directe Versuche ergaben dann Folgendes: 
Kühlt man reines Phosphoroxychlorid einige Zeit auf — 


10° ab, so bleibt es noch flüssig, meist auch noch, wenn .es 


umgeschüttelt wird, berührt oder reibt man aber mittelst 
eines spitzen Glasstabes innerhalb der Flüssigkeit die Gefäss- 
wand, so erstarrt es sofort krystallinischh Die langen, farb- 
losen, blättrigen oder säulenförmigen Krystalle schmelzen erst 


bei—1,5° wieder. Sie sind unter dieser Temperatur sehr‘ 


beständig und können längere Zeit auf Eis liegen, ohne sich 
zu zersetzen, ja selbst mit der — 10° kalten Kochsalzlösung 
der Kältemischung zusammen, verschwinden sie erst nach 
längerer Zeit. Ein kleiner Krystall davon vermag eine auf 
— 2° abgekühlte grössere Menge flüssigen Oxychlorids leicht 
völlig zum Erstarren zu bringen, 
Nach diesen Erfahrungen über das Phosphoroxychlorid 
war es sehr wahrscheinlich, dass auch das Phosphoroxybrom- 
chlorid POBrCl?, welche bis jetzt auch nur im flüssigen Zu- 


'stande bekannt war, krystallisiren würde, da ja auch das 
Phosphoroxybromid aus erst bei + 46° schmelzenden Krystal- 


len besteht. Der Versuch hat dies bestätigt. Die beim Ab- 
kühlen der Verbindung unter 0° erhaltenen grossen, farb- 
losen, blättrigen Krystalle wurden erst bei + 11° wieder 
füssig. 


Ueber die Zersetzung des Phosphorchlorürs durch Wasser, 397 


Es sieht so aus, als ob das gewöhnliche Phosphoroxy- 
chlorid, das Phosphoroxybromchlorid und das Phosphoroxybro- 
mid isomorph wären. 


Ueber die Zersetzung des Phosphorchlorürs durch 
Wasser. 


Von Prof. A. Geuther in Jena.*) 


Vor einiger Zeit hat Kraut**) angegeben, dass, wenn 
man frisch destillirtes und vom überschüssigen Phosphor freies 
Chlorür in siedendes Wasser tropfen lässt, jeder Tropfen aus- 
ser lebhaftem Zischen ‚„Feuererscheinung, sowie eine dicke 
Abscheidung von amorphem Phosphor hervorbringe“, bei An- 
wendung von mässig warmen Wassers lasse sich die ‚Feuer- 
erscheinung vermeiden und doch eine erhebliche Ausscheidung 
von Phosphor bei Temperaturen erhalten, bei welchen die 
phosphorige Säure sich noch nicht zersetzt.“ 


i Beim Lesen dieser Mittheilung ist es vielleicht manchem, 
welcher schon öfters Phosphorchlorür mit Wasser zersetzt 
hat, so gegangen, wie mir, dass er sich nicht erinnern konnte, 
eine Abscheidung von Phosphor dabei bemerkt zu haben. 
Ich habe mich dadurch aufgefordert gefühlt, die angegebenen 
Versuche Kraut's zu wiederholen. Dabei wurde zweierlei 
Phosphorchlorür verwandt, erstens solches, welches ursprüng- 


- lich etwas Phosphorchlorid enthielt und welches durch fünf- 


malige vorsichtige Rectification, wobei immer ein beträcht- 
licher Rückstand gelassen und nur das zwischen 75 und 76° 
(uncorr.) Destillirende gesammelt wurde, gereinigt worden 
war und zweitens solches, in welchem vorher überschüssiger 


_ Phosphor gelöst wurde und das darauf einmal auf dem Was- 


; 


3 


*) Als Separatabdruck vom Herrn Verf. aus der Jenaischen Zeit- 
schrift erhalten, H. L, 


**) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 158. S. 333, 


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398 Ueber die Zersetzung des Phosphorchlorürs durch Wasser. 


serbale rectificirt worden war in der Art, dass das heisse 
Wasser nur mit dem Boden der Kochflasche in Berührung 
kam. Dabei war ein Rückstand von Phosphor und Phosphor- 
chlorür geblieben und auch nur das zwischen 75 und 76° 
Uebergegangene gesammelt worden. Beide Arten von Phos- 
phorchlorür verhielten sich bei den mit ihnen vorgenommenen 
folgenden Versuchen ganz gleich. 

Als von diesem Phosphorchlorür zu Wasser von gewöhn- 
licher Zimmertemperatur, welches in einem weiten Proberöhr- 
chen sich befand, gegossen und unter Umschütteln zersetzt 
wurde, fand eine Ausscheidung von Phosphor nicht statt, Als 
darauf das Wasser im Proberöhrchen bis auf 60° erwärmt 
worden war und gleich verfahren wurde, konnte ebensowenig 
eine Abscheidung von Phosphor bemerkt werden; dasselbe war 
der Fall als Wasser von 80 ° und nahe zum Kochen erhitztes 
Wasser verwandt wurde. Die Versuche wurden mit demselben 
Resultat wiederholt. Dabei wurde einmal bei Anwendung von 
Wasser, welches im Proberöhrchen kurz vorher gekocht hatte, 
aber nicht mehr kochte, eine Feuererscheinung beobachtet, die- 
selbe ging aber nicht vom Wasser im Röhrchen, sondern von 
der Oeffnung des Proberöhrchens aus, von da wo die Dämpfe 
mit der Luft in Berührung kamen und noch ein Stück im das 
Röhrchen hinein. Die Feuererscheinung selbst hatte den Oha- 
rakter eines starken Phosphorescirens d. h. das Ansehen einer 
verdünnten fahlen, wenig glänzenden gewöhnlichen Phosphor- 
flamme. Auch dabei wurde kein Phosphor abgeschieden. Ich 
schloss daraus, dass die beobachtete Feuererscheinung an die 
Gegenwart von Luft, resp. Sauerstoff bei der Zersetzung 


gebunden sei und habe daraufhin folgende 3 Versuche unter- 


nommen, welche dies durchaus bestätigen. 
1. Versuch: Ein weites Proberöhrchen wird in der Art 


inwendig feucht gemacht und mit einem Tröpfchen Wasser 
versehen, dass man dasselbe mit einer grösseren Menge von 


Wasser völlig benetzt und letzteres dann ausfliessen lässt, 
darauf wird er bis zur Hälfte in stark siedendes Wasser 
‘gestellt, 15— 20 Minuten, je nach der Dicke des Glases, aus 
welchem das Proberöhrchen besteht, gewartet und nun eine 


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Ueber die Zersetzung des Phosphorchlorürs durch Wasser. 399 


Menge von 8—10 Tropfen Phosphorchlorür auf einmal zuge- 
gossen. Nicht sofort, aber ganz kurze Zeit darnach tritt die 
oben beschriebene Feuererscheinung auf, welche, da sie sehr 
wenig glänzend ist, natürlich bei geringer Zimmerhelle am 
besten zu sehen ist. Die Sache geht dabei offenbar so zu: 
das Phosphorchlorür wird im Röhrchen zum Theil dampfförmig, 
dieser Dampf zersetzt sich mit Wasserdampf in Chlorwasser- 
stoff und phosphorige Säure und diese letztere im fein ver- 
theilten und wahrscheinlich beträchtlich heissem Zustand ver- 
brennt durch den Sauerstoff der im Röhrchen gegenwärtigen 
Luft zu Phosphorsäure. In manchen Fällen, aber durchaus 
nicht immer, bemerkt man nach Vollendung der Reaction eine 
sehr geringe Menge fein zertheilten rothen Phosphors. Der- 
selbe verdankt seine Entstehung jedenfalls einer bei der Ver- 
brennung des grössten Theils der phosphorigen Säure durch 
den Sauerstoff entstehenden höhern Temperatur, welche, bei 
nicht überschüssigem Sauerstoff, eine geringe Menge der 
phosphorigen Säure nach bekannter Art in Phosphorsäure und 
Phosphorwasserstoff, resp. in die Zersetzungsproducte des Letz- 
teren in der Hitze, Wasserstoff und Phosphor, zerfallen macht. 
Der Inhalt des Röhrchens enthält eine ziemliche Menge 
gewöhnlicher Phosphorsäure und stets beträchtlich mehr als 
das angewandte Phosphorchlorür liefern kann, wenn es mit 
kaltem Wasser zersetzt worden ist. Jedes an der Luft destil- 
lirte Phosphorchlorür nemlich kann in Folge eines geringen 
Gehaltes an Phosphoroxychlorid *) diese erzeugen. 


2. Versuch. Bringt man in einem Kochfläschehen Was- 
ser zum lebhaften Sieden und wartet so lange mit dem Zusatz 
von Phosphorchlorür, bis alle Luft durch den Wasserdampf 
daraus verdrängt ist und letzterer beständig lebhaft daraus 
entströmt, so tritt natürlich explosionsartige Zersetzung des 
zugetropften Phosphorchlorürs, aber weder eine Feuererschei- 
nung noch eine Abscheidung von Phosphor ein. Dies bestätigt 
die im Vorhergehenden gegebene Erklärung. 


*) Vergl. Jena’er Zeitschrift. Bd, VI, p, 95. 


400 Ueber die Zersetzung des Phosphorchlorürs durch Wasser. 


3. Versuch. Wird in einem mittelgrossen offenen 
Becherglas nicht zuviel Wasser zum Sieden erhitzt, wobei 
eine beständige Mischung von Wasserdampf und Luft von 
selbst vor sich geht, und darauf Phosphorchlorür in Mengen 
von 12—20 Tropfen zugezogen, so tritt die Feuererschei- 
nung in der ganzen Breite des Becherglases und darüber 
hinaus als grosse Flamme auf, ohne dass auch hier Phosphor- 
abscheidung erfolgte. 


Diese Versuche zeigen also, dass reines Phosphor- 
chlorür durch warmes oder siedendes Wasser ohne Phosphor- 
abscheidung in phosphorige Säure und Ühlorwasserstoff zer- 
setzt wird und dass die Angaben Kraut’s, es finde dabei 
eine „erhebliche “ oder dicke Abscheidung von amorphem Phos- 
phor “ statt, nicht richtig sind. | 


Kraut sagt weiter: „Eine Abscheidung von Phosphor in 
rothgelben Tropfen erfolgt ferner, wenn man Phosphorchlorür 
mit wenig Wasser, oder was offenbar gleichbedeutend ist, 
mit etwas phosphoriger Säure destillirt. Dabei .bleibt ein 


Rückstand, welcher nach dem Austreiben alles Phosphorchlo- 


rürs durch trockene Kohlensäure in Wasser gelöst, das Ver- 
halten der Orthophosphorsäure zeigt. Seine wässrige oder 
essigsaure Lösung fällt Eiweisslösung nicht.“ 


Ich habe den Versuch wiederholt, indem ich das mit 
wenig Wasser versetzte Phosphorchlorür aus dem Wasser- 
bade destillirtt und kann die Abscheidung von fein zertheil- 
tem rothgelben amorphen Phosphor bestätigen, welcher nach 
dem Auflösen des Rückstandes abfiltrirt und getrocknet wer- 
den kann. Der Ausdruck „rothgelbe Tropfen“ kann die Vor- 
stellung erzeugen, als wäre der abgeschiedene Phosphor zum 
Theil wenigstens gewöhnlicher Phosphor, weil der amorphe 
bekanntlich nicht schmilzt, das ist aber nicht der Fall. Der 
nach dem Verjagen alles Phosphorchlorürs durch trockne Koh- 
iensäure im Wasserbade verbleibende Rückstand besteht, wenn 


man die Destillation auch im Wasserbade vorgenommen hat, 


hauptsächlich aus phosphoriger Säure und nur verhältniss- 
mässig wenig davon ist gewohnliche Phosphorsäure. Die 


401 


2 Tädlere lässt sich in der Lösung mittels Magnesiumsalz 
_ leicht entdecken und die erstere durch Reduction’von Hydrar- 
gyrichlorid, von ammoniakalischer Argentinitratlösung oder 
von schwefeliger Säure leicht unmittelbar oder nach dem, 
Ausfällen der Phosphorsäure als in grosser Menge vorhanden 
nachweisen. Wird dagegen Phosphorchlorür auf phosphorige 
Säure längere Zeit im der Hitze einwirken gelassen in der 
Art, dass man das Kölbchen mit einem umgekehrten Kühler 
verbindet, so findet nach und nach eine grössere Abscheidung 
von pulvrigem rothen Phosphor statt und zwar vorzüglich 
dann, wenn man das Wasserbad mit einem Sandbad ver- 
‚tauscht, also den Boden des Gefässes auf dem die phosphorige 
Säure unmittelbar auflagert und dadurch auch diese heisser 
werden lassen kann, als es im Wasserbade möglich ist. Nach 

4 dreistündiger Einwirkung von 12 g. Phosphorchlorür auf die 

; mittelst 3 g. Chlorür und 1,2 g. Wasser erzeugte phospho- 

rige Säure, während welcher das Phosphorchlorür beständig 

| kochte, entwich viel Chlorwasserstoff und wurden 0,14.g. 

 rother Phosphor abgeschieden. Das übrig gebliebene Phos- 

 phorchlorür wurde nach dem Abgiessen für sich rectifieirt; 

- es erwies sich seiner ganzen Menge nach als rein und frei 

F von Phosphoroxychlorid, welches möglicherweise nach der 

_ Gleichung: 

4PC1? + P(OH)?=3POCl + 3CHH + 2P 


4 hätte entständen sein können. Der in Wasser lösliche Theil 
= des Rückstandes bestand jetzt fast ganz aus gewöhnlicher 
Phosphorsäure. 


Die von Kraut für diese Zersetzung aufgestellte Gleichung: 
4 P(OH)® + PCI® = 3PO4H® + 3CIH + 2P 

’ "welche jedenfalls richtig ist, lässt sich in die beiden bekann- 

- ten Gleichungen zerlegen: 


4+P(OM)’=3PO4H® + PH3 
PH? + PO’ =3C1H + 2P 


Die phosphorige Säure, welche nach einem Versuehe} zu 


Bam. a . 4. Pharm. Til, Reihe, r Rd, 5. Hit, 26 


402 Ueber Phtalsäurederivate. 


erst gegen 250 °*) anfängt unter Phosphorwasserstoff- Ent- 
wicklung zersetzt zu werden, erleidet also in der That lang- 
same Zersetzung durch Phosphorchlorür schon beim Siedepunkt 
desselben. 


Ueber Phtalsäurederivate. 


Von Aug. Faust.**) 


Die Arbeiten über Nitro- und Bromphtalsäure habe ich 
in der Absicht unternommen, Phtalsäure in isomere Oxyphtal- 
säuren überzuführen, in derselben Weise, wie Hübner Ben- 
zoesäure in isomere Oxybenzoesäuren übergeführt hat. 

Ich beabsichtigte Nitrophtalsäure mit Zinn und Salzsäure 
zu Amidophtalsäure zu reduciren, diese in Diazophtalsäure 
überzuführen und dann an Stelle der Diazogruppe die Hy- 
droxylgruppe zu setzen. Entsprechend wollte ich dann Brom- 
phtalsäure behandeln; ich hoffte beim Nitriren der Bromphtal- 
säure die Nitrogruppe an eine andere Stelle zu bringen, und 
nach dem Reduciren der Nitrogruppe und dem Herausnehmen 
des Broms diese vielleicht isomere Amidophtalsäure in eine 
dann isomere Oxyphtalsäure zu verwandeln. 

Das abnorme Verhalten der Nitrophtalsäure gegen Re- 
ductionsmittel hat die Ausführung dieses Planes verhindert. 
Anstatt sich in Berührung mit Reductionsmitteln in. Ami- 
dophtalsäure zu verwandeln, ging die Nitrophtalsäure hier- 
bei, unter Abspaltung von Kohlensäure, in Amidobenzoe- 
säure über. Ausserdem würde obigem Plane noch die äusserst 
schwierige Bildung der Bromphtalsäure hindernd entgegenge- 
treten sein. 


*) Es ist dies dieselbe Temperatur, bei welcher sich nach Rammels- 
berg (Pogg. Annal. Bd.-132, p. 493 u. 498) das saure Kaliumsalz und 
ein saures Baryumsalz der phosphorigen Säure das sog. anderthalbfach- 
saure Salz, auch unter Phosphorwasserstoff-Entwicklung, zersetzen. 

**) Als Separatabdruck aus d. Annal. d. Ch. u. Pharm. vom Hrn. 
Verfasser erhalten, hier im Auszug mit Hinweglassung der analyt. Belege 
wiedergegeben, 


e 
3 


AS R =) 4 u x 
= f Ueber Phtalsäurederivate. } 403 
Br” 1. Nitrophtalsäure. 


Die Nitrophtalsäure wurde erhalten durch Digestion von 
Phtalsäure mit einem Gemische gleicher Theile rother Salpe- 
tersäure und Schwefelsäure. Nach 24 Stunden verdünnt man 
mit Wasser, wodurch der grösste Theil der Nitrophtalsäure 
ausgeschieden wird. Den Rest kann man dem verdünnten 
Säuregemisch durch Schütteln mit Aether entziehen, doch ist 
dies nicht mehr lohnend. 

Nitrophtalsäure, C°H>NO2(COHO)?, krystallisiit © 0 
aus Aether in blassgeilben Prismen, die bei 208 bis 210° e 
schmelzen, unter Bildung von Anhydrid. Die Säure ist leicht 
löslich in Wasser und Aether. 


Berechnet für UC°H? (NO 2) 05 Gefunden 
C 45,49 45,49 
H Rs 2,68. f 


Kaliumsalz, CSH®?(NO®)O:2K? + H?O. — Durch Fäl- 
len seiner wässerigen Lösung mit Alkohol wird. es in gelbli- 
chen Nadeln mit 1 Mol. Krystallwasser erhalten. Aus heissem 

90 procentigen Alkohol krystallisirt es wasserfrei. - Leicht 
- löslich in Wasser, aber luftbeständig. 


Berechnet Gefunden 
L K 27,23 26,7 26,92 
H20 5,9 5,03 
{ Saures Kaliumsalz, CSH*(NON)O®K + H20. — Re 
- Das saure Kaliumsalz fällt beim Vermischen einer concentrir- ° 
_ ten Lösung des neutralen Kaliumsalzes mit reiner Nitro- 
-  phtalsäure in weissen, verhältnissmässig schwer löslichen Na- 
dein nieder. 
Berechnet Gefunden 
K 15,69 15,3 
H?O 6,74 7,52 


7 Ammoniumsalz, C®H°(NOMO4(NH®)?, entsteht in 
grossen orthorhombischen Prismen beim Vermischen einer 
# Lösung von reiner Säure in starkem Salmiakgeist mit abso- 
u Iutem Alkohol bis zur Trübung. Es ist leicht löslich in Was- 
ser und daraus schwer zu krystallisiren. 
26 * 


404 Ueber Phtalsäurederivate, 


Berechnet Gefunden 
[6 39,18 89,28 
H 4,49 4,77 


Saures Ammoniumsalz, O°H“NO2)O4NH* -+ 2H2O. 
— Scheidet sich beim Vermischen der alkoholischen Lösung 
des neutralen Ammoniumsalzes mit reiner Nitrophtalsäure in 
feinen, gelblichweissen Nadeln aus. Ist weit schwerer löslich 
in Wasser, als das neutrale Ammoniumsalz. 


Berechnet Gefunden 
Cs 43,11 42,29 
9538 38:92 3,61 
2H20 13,64 14,34 


Baryumsalz, C°H3(NO®)O*Ba + xH?O. — Das 
Baryumsalz krystallisirt aus seiner übersättigten wässerigen 
Lösung in gelblichen glänzenden Blättern, die in Wasser 
schwer löslich sind. Den Krystallwassergehalt habe ich 
schwankend gefunden. Gef. Ba —= 39,64; berechnet 39,59. 

Zinksalz, C3H®(NO2)O:2Zn + 11, H2O. — Wurde 
erhalten durch Kochen einer wässerigen Lösung der reinen 
Säure mit Zinkoxyd. Es ist ein gelbes, bei Vergrösserung 
krystallinisches Pulver. 


Berechnet Gefunden 
Zn 23,18 23,88 
11, H20 8,94 9,6, 


Bleisalz, C®H3(NO2)O*Pb + 14, H?O. — Das Blei- 
salz ist durch Fällen einer wässerigen Lösung des Ammo- 
niumsalzes mit Bleizucker dargestellt. Es ist ein weisser, 
schwer löslicher Niederschlag. 


Berechnet Gefunden 
Pb 49,76 49,94 
1): H?O 6,09 6,15: Ja 


Silbersalz, C3H°(NON)O*Ag?, ist ein weisses, schwer 


 lösliches Pulver. 


Gef. Ag 50,87 %/,; berechnet 50,95 %/,. 
Aethyläther, C®H’(NOP)O4(C2H5)2. — Bildet sich 
leicht beim Einleiten von Salzsäuregas in eine Lösung von 


A EREFO 
> Ueber Phtalsäurederivate. 405 


‘  Nitrophtalsäure in absolutem Alkohol unter öfterem Erwär- 
men. Er ist ein schwach gelbes geruchloses Oel, das über 
300° unter starker Zersetzung siedet. 


Berechnet Gefunden 
C 53,9 53,49 
H 4,87 5,24. 


Saurer Aethyläther, CSH2(NO?)0#,C?H5. — Ent- 
steht wie der neutrale Aethyläther, nur darf die Lösung der 
Nitrophtalsäure in absolutem Alkohol beim Einleiten des Salz- 
säuregases nicht erwärmt werden. Beim Verdunsten des 
Alkohols bleibt der saure Aethyläther als allmählig krystalli- 
nisch erstarrendes Oel zurück. Dieser Aether reagirt sauer 
und treibt aus kohlensauren Salzen die Kohlensäure aus. 
Beim Kochen seiner wässerigen Lösung mit kohlensaurem 
Baryt erhält man ein Baryumsalz, welches aus Wasser in 
sternförmig gruppirten milchweissen, leicht löslichen Säulen 
krystallisirt. 


Berechnet Gefunden 
| Ü 50,63 50,97 
A H 3,17 4,20. 


. Diese Nitrophtalsäure scheint dieselbe zu sein, welche 
Laurent durch anhaltendes Kochen von Naphtalin mit Sal- 
petersäure erhalten hat. 

Das in der Zeitschrift für Chemie (Neue Folge V, 109) 
erwähnte rothe amorphe Baryumsalz, welches neben dem 
gelben nitrophtalsauren Baryt mitunter auftritt, hat sich als 
_ das Baryumsalz eines gechlorten Naphtochinons erwiesen. 


ru aaa 


Amidobenzoösäure aus Nitrophtalsäure. 


Redueirt man Nitrophtalsäure in der bekannten Weise 
mit Zinn und Salzsäure, so erhält man anstatt der erwarte- 
ten Amidophtalsäure nur Amidobenzoösäure: 
-  C6H>NO2(COHO)?2 + 3H? — C$H+(NH2?)COHO + CO? 
-+ 2H?0. 
Diese Amidobenzoösäure besitzt alle Eigenschaften der 


gewöhnlichen Amidobenzoösäure; sie hat den süssen 
ER 


406 Ueber Phtalsäurederivate. 


Geschmack und krystallisirt aus heissem Wasser in kleinen, 
oft haufenweise gruppirten, schwach gelblichen Nadeln. Zwi- 
schen Uhrgläsern sublimirt sie im farblosen Nadeln, die bei 
173 bis 175° unter Bräunung schmelzen. 


Berechnet für C’H’NH?O? Gefunden 
© 61,31 61,07 61,35 
H Sa 5,57 5,1. 


Salzsaure Amidobenzoäösäure O’H’(NH2)O2HC!. 
— Bildet meist feine kurze, mitunter aber auch grosse, 
schwach gefärbte Prismen. | 


Berechnet für C’H’NH?O 2 HC] Gefunden 
GC 1841 48,71 
H 4,6 4,84 
Cl 20,46 20,18. 


Zinndoppelsalz, [C’H>(NH2)O? HOT Sn 
Scheidet sich beim Erkalten der ursprünglichen concentrirten 
Lösung von Amidobenzoesäure und Zinnchlorür in derben 
gelblichen Krusten ab. 

Sn, igel. — 21,9%, ziber, 22,01% 

Ferner wurden noch dargestellt und analysirt: die schwe- 
felsaure Amidobenzoösäure [C’H5(NH?)O0?]?SO*H? + H?O; 
das Baryumsalz [C”H?(NH2)O?]?Ba+ 4H?0O; und das Kupfer- 
salz [C’H*NH2)O?]?Cu. 

Ich beschränke mich darauf, die Angaben Hübner’s 
und Petermann’s Ann. Üh. Pharm. 147, 260 darüber zu 
bestätigen. 


2. BDromphtalsäure. 


Brom tritt nur schwierig ın Phtalsäure ein; selbst nach 
24stündigem Erhitzen von reiner Phtalsäure mit überschüssi- 


sem Brom — im Verhältniss von 4:5 — und Wasser in 


zugeschmolzenen Röhren auf 180 bis 200° war noch ein 
grosser Theil der Phtalsäure unverändert geblieben. Der 
Röhreninhalt wurde zur Trockne gebracht, durch Umkrystal- 
lisiren aus Wasser, wohkei die Bromphtalsäure in der Mutter- 


lauge bleibt, von‘ der Phtalsäure möglichst befreit, dann m 


Ueber Phtalsäurederivate. 407 


das Kaliumsalz verwandelt, und dieses durch wiederholtes 
Umkrystallisiren aus heissem 90 procentigem Alkohol gereinigt. 
Aus der wässerigen Lösung des Kaliumsalzes wurde die 
Bromphtalsäure mit Schwefelsäure abgeschieden und durch 
Aether ausgeschüttelt. 

Die Bromphtalsäure, C$H?Br(COHO)?, hat grosse 
Neigung aus ihrer Lösung, wenn sie noch nicht rein ist, als 
allmählig erhärtendes Oel sich abzuscheiden. Sie stellt ein 
weisses Pulver dar, das leicht löslich ist in Wasser, Alkohol 
und Aether. Ueber den Schmelzpunkt will ich keine Anga- 
ben machen, da es mir unmöglich war, ein absolut reines 
Präparat zu erlangen. 


Berechnet für C3H?BrO? Gefunden 
C 39,18 40,13 
H 2,04 
Bu 73265 nit. 


Kaliumsalz, C3H3BrO?K? + 2H?O. — Kıystalli- 
sirt.aus heissem Alkohol in langen weissen glänzenden Na- 
deln. Zerfliesst an der Luft. 


Berechnet Gefunden 
K? 24,39 24,05 
2H20O 10,01 9,76. 


Folgende Salze sind aus dem Kaliumsalz durch doppelte 
Zersetzung mit einem Salze der betreffenden Base dargestellt. 

Baryumsalz, C®H3BrO*Ba + 2H?0O. — Weisses, 
bei Vergrösserung krystallinisches Pulver. Schwer löslich in 
Wasser. 


Berechnet Gefunden 
Ba 36,05 35,75 
2H?O 8,65 8,48. 


Das Bleisalz ist ein krystallinisches, in Wasser fast 
‚unlösliches Pulver. Es löst sich in Wasser beim Kochen 
desselben mit viel Essigsäure; aus der erkaltenden Lösung 
scheidet sich ein Krystallpulver aus. Enthält kein Krystall- 
wasser, 


” 
's5 
- 
7 « 
>= 


408 -  Veber Phtalsänrederiväte, ; 


Kupfersalz, CSH3BrO4Cu. — Hellblaues, in Was- 
ser schwer lösliches Pulver. 
Gefunden 20,53%, , berechnet 20,69%, Cu. 
Silbersalz, C®H®?BrO2Ag?. — Weisser käsiger Nie- 
derschlag; schwer löslich in Wasser. 
Gefunden 47,27 pO., berechnet 47,06 pÜC. Ag. 
Der Aethyläther bildet ein schwach gelbes Oel und 
entsteht in derselben Weise, wie der Nitrophtalsäure - Aethyl- 
äther. 


[2 } 


3. ‚Dichlorphtalsäure. 


Die Dichlorphtalsäure, C6H?C1?(COHO)?, bildet sich leicht 
beim Kochen von Dichlornaphtalintetrachlorid, O10HEC12, C14, 
mit gewöhnlicher Salpetersäure. Durch wiederholtes Um- 
krystallisiren aus Wasser wird sie geremigt. Sie ist’ leicht 
löslich in Aether, Alkohol und heissem Wasser. Aus .der 
heiss gesättigten wässerigen Lösung scheidet sich die Säure 
träge, oft erst nach 1 bis 2 Tagen, in schwach gelblichen, 
derben, ineinander gewachsenen Prismen aus. Sie schmilzt 
bei 183 bis 185°, und verwandelt sich beim mehrmaligen 
Sublimiren vollständig in Anhydrid. Dieses Anhydrid sieht 
aus wie Benzo&säure und schmilzt bei 187°, 


Berechnet für CSH201203 Gefunden 

C 44 44,63 
H 0,92 1,34 E 
02° 3021 29,80— 30,29%. | 
Baryumsalz, CSH2C1?O:Ba + H?0. — Scheidet 
sich beim Vermischen einer ammoniakalischen Lösung von 
Dichlorphtalsäure mit Chlorbaryum in Prismen aus. Schwer 
löslich in Wasser. a : 
Berechnet Gefunden Be: 
Ba 37,03 36,9 : 

.H20 4,64 4,58. N 


Caleiumsalz, C®H2C1?204Ca + 4H2O. — Scheidet 3: 
sich ebenfalls beim Vermischen einer ammoniakalischen Lösung 


RER Ueber Naphtalinderivate. $ | 409 


Br feinen Säure mit Chlorealeium nach einiger Zeit in gelb- 
lichen, in Wasser schwer löslichen Prismen aus. B 


Berechnet Gefunden a : 
Ca 14,65 14,5 WS 
4H?O 20,87 21,34. 


Ueber Naphtalinderivate. 


Von A. Faust und E. Saame.*) 


he, Die Chlorsubstitutionsproducte des Naphtalins sind, ausser 
von Laurent, nur vereinzelt dargestellt und untersucht 
g worden, und die Angaben Laurent’s sind theils ungenau, 
\ theils geradezu unrichtig, besonders in Bezug auf die zahl- 

reichen Modificationen, die er beschreibt. Die nachstehende 
Arbeit ist grösstentheils eine Revision der bekannten Arbei- 
_ ten von Laurent, 


In reines geschmolzenes Naphtalin wurde trockenes Chlor- 
gas in raschem Strome so lange geleitet, bis die Masse nach 
dem Erkalten eine butterartige Beschaffenheit angenommen 
hatte, darauf mit Ligroin gemischt, filtrirt, der krystallinischo 
Rückstand auf dem Filter mit Ligroin nachgewaschen, durch 
er: öfteres Umkrystallisiren aus Chloroform gereinigt und als 
_ Naphtalintetrachlorid erkannt. Von dem Filtrate de- 
stillirten wir das Ligroin ab, erhitzten den flüssigen Rück- 
stand mit alkoholischer Kalilauge, fällten dann mit Wasser 
aus und fractionirten das abgeschiedene und getrocknete Oel bis 
j zu festen Siedepunkten. Wir erhielten so einMononaphtalin 
_ und zwei isomere Dichlornaphtaline. — Die beidem 
 Fraetioniren auf keine festen Siedepunkte gekommenen De- 
stillate wurden von Neuem mit Chlor behandelt, bis sie theil- 


_*) Von dem Hrn. Dr. A. Faust als Separatabdruck aus Annal. 0, 
m. u, Pharm. CLX. Bd. 1. Hft, augesendot und unter Weglassung der 
ahlen Bngalggik | H.L. 


410 Ueber Naphtalinderivate. 


weise erstarrten, darauf mit Ligroin gemischt, auf ein Filter 
gebracht, der krystallinische Rückstand mit Ligroin ausge- 
waschen und aus Chloroform krystallisirt; er erwies sich als 
Diehlornaphtalintetrachlorid. Aus dem Filtrate wurde 
nach dem Abdestilliren des Ligroins Heptachlordinaph- 
talin gewonnen. — Bei einem anderen Versuche setzten wir 
das Einleiten von Chlor unter gelindem Erwärmen so lange 
fort, bis die gechlorten Naphtaline nach dem Erkalten ein 
schwer flüssiges Oel bildeten und mischten dieses mit Ligroin. 
Nach einigen Tagen schieden sich harte Krystalle von Mo- 
nochlornaphtalintetrachlorid aus. — Ein anderer 
Theil dieses dicken Oeles wurde unter starkem Erwärmen so 
lange mit Chlor behandelt, bis dieses unabsorbirt hindurch- 
ging. Hierbei entstand ein sehr dickflüssiges Oel, welches 
sich nach dem Vermischen mit Ligroin in kurzer Zeit in lange 
gelbe Nadeln von Enneachlordinaphtalin verwandelte. 
Dieses Enneachlordinaphtalin ist das Endproduet der Ein- 
wirkung von Chlor auf erhitzte gechlorte Naphtaline; selbst 
bei Gegenwart von Jod wollte es uns nicht gelingen, mehr 
Chlor einzuführen. 

Wir werden zunächst die Additionsproducte und dann 
die Substitutionsproducte des Naphtälins beschreiben. 


A. Additionsproducte. 


Naphtalintetrachlorid, C1°H8,C1, erhält man aus 
Chloroform in grossen Rhomboödern. Schmilzt bei 182° und 
zersetzt sich beim Kochen mit alkoholischer Kalilauge in 
Alpha-Dichlornaphtalin. 


Berechnet Gefunden 
G10 120 44,44 44,45 
HS$ 8 2,96 2,89 
C# 142 52,59 52,76 
270. ; 


Monochlornaphtalintetrachlorid, C1H’O,C7 


— Krystallisirt aus Chloroform in klinorhombischen Prismen, 
deren brachydiagonale Säulenkanten abgestumpft und deren 


Veber Naphtalinderivate, 411 


Endflächen sehr stark geneigt sind. Schmilzt bei 128 bis 
130°. Zersetzt sich beim Kochen mit alkoholischer Kalilauge 
_ in Trichlornaphtalin. 


Berechnet Gefunden 
ci 120 39,74 39,34 
| H? 7 2,27 2,52 E 
01592,7197,5 58,33 58,52 = 
304,5. 2 


Diehlornaphtalintetrachlorid, C1°H$C12, Clt. — 
Krystallisirt aus Chloroform in vierseitigen klinorhombischen 
Prismen, die bei 172° schmelzen. Alkoholische Kalilauge 
verwandelt’ es in Tetrachlornaphtalin. Beim Kochen 
mit Salpetersäure zersetzt es sich ziemlich leicht in Dichlor- 
phtalsäure. 


Berechnet Gefunden 
610 120 35,84 35,45 
H6 6 1:77 1,94 
C1® 213 62,83 62,68 
339. 


Es ist gewiss eine eigenthümliche Erscheinung, dass zu 
diesen drei Körpern stets vier Atome Chlor gelagert sind. 

Diese Additionsproducte sind sämmtlich fast geruchlos; 
sie lösen sich sehr schwer in Alkohol, etwas leichter in Li- 
groin und Aether, verhältnissmässig am Leichtesten lösen sie 
sich in Chloroform und krystallisiren daraus in ausgezeichne- 
ten grossen, farblosen, glasglänzenden und spröden Krystal- 
len. Die alkoholische Lösung dieser Additionsproducte schei- 
det, mit Salpetersäure und Silbersalpeter versetzt, beim Kochen 
Chlorsilber aus. 


B. Substitutionsproducte. 


; Monochlornaphtalin, C!°H’?Cl, ist ein farbloses, 

ziemlich dünnflüssiges, stark lichtbrechendes Oel, welches bei 
250 bis 252° siedet. Es riecht stark naphtalinartig und bleibt 
‚am Licht unverändert. 


412 Ueber Naphtalinderivate. 


Berechnet Gefunden 
G10 129 73,84 74,06 
H? 7 4,31 4,52 
c1 35,5 21,85 21,87 
162,5. 


Monochlordinitronaphtalin, C!PH5(NO2)2Cl. — 
Entsteht beim Eintragen von Monochlornaphtalin in rothe 
Salpetersäure. Es bildet hellgelbe weiche Nadeln, die in der 
Hand zusammenballen und bei 104 bis 106° schmelzen. 


Berechnet Gefunden 
C10 120 47,52 47,33 
ieh 5 1,98 2,21 
Cl 35,5 14,06 14,32 
(NO2)?2 92 n > 
252,5. 


Dichlornaphtalin erhielten wir in zwei isomeren Formen. 
Alpha-Dichlornaphtalin, C!1°H$C]?®. — ZEntsteht bei 
der Zersetzung. des Naphtalintetrachlorids mit alkoholischer 
Kalilauge. Siedet bei 280 bis 282° und erstarrt nach dem 
Erkalten in einiger Zeit zu einer krystallinischen Masse, die 
bei 35 bis 36° schmilzt. Von den vielen Modificationen, die 
Laurent auf diese Weise erhalten haben will, konnten 
wir keine erkennen. Obgleich wir dieses Alpha-Dichlor- 
naphtalin in drei Fractionen krystallisiren liessen, schmolzen 
alle drei Fractionen übereinstimmend. Beim Nitriren mit 
rother Salpetersäure verwandelt es sich, wie sein Isomeres, 
in ein gelbes weiches, schwer zu krystallisirendes Nitropro- 
duet. Wir versuchten desshalb, die beiden isomeren Dichlor- 
naphtaline durch Einführen von Brom zu charakterisiren. 


Berechnet Gefunden 
g10 120 60,91 60,59 
H® 6 3,04 3,22 
Cl? 71 36,05 36,63 
197. 


ie: 


Ba 3 ae 1 Er a er 

Ueber Naphtalinderivate. > 413 ir 
Be 2 
- — Alpha-Tetrachlortribromdinaphtalin, E 
€20H°Cl*Br®. — Zu einem Atom geschmolzenem Alpha - 23 


- Dichlornaphtalin wurden vier Atome Brom geträufelt, die 
rothe Lösung unter Erwärmen 24 Stunden stehen gelassen, 
- darauf mit alkoholischer Kalilauge erhitzt, mit Wasser aus- 
gefällt, und das abgeschiedene Product wiederholt aus Aether- 
F alkohol krystallisirt. So erhalten bildet es weisse weiche > 


und lange Nadeln, die bei 74 bis 76° schmelzen. — Wir = 
* haben anfangs gezögert, diesem Körper obige eigenthümliehe e 


- Formel beizulegen, allein wiederholte Analysen und noch drei 
analoge Verbindungen nahmen uns allen Zweifel. Vielleicht 
ist dieser Körper eine Verbindung von C!?H3Cli?Br + 
C!°H*C1?Br2. — Vom Dinaphtyl scheinen sich diese Körper 
nicht abzuleiten, da bei sorgfältig ausgeführten Verbrennungen 
der Wasserstoff für Dinaphtylderivate stets zu hoch gefun- 
den wurde. 


ee ee 


Berechnet Gefunden S 
2 c29 240 38,04 38,09 3 
F H® 9 1,4 1,74 nu 
cl 142 22,50 . 
Br> 240 ed a a nr ae Br 
631. 


- Beta-Dichlornaphtalin, C!®HsCI® — Der Theil 
der ‚ursprünglich gechlorten Naphtaline, der zwischen 280 
und 285° siedet, ist ein Gemisch von «- und #- Dikierg 
 talin, und erstarrt nach längerem Stehen theilweise krystalli- 
nisch. Werden diese Krystalle durch Pressen zwischen Fliess- 
papier von dem anhängenden «& Dichlornaphtalin — welches 
im unreinen Zustande ein Oel ist — befreit und öfter aus 
| kohol krystallisirt, so erhält man das & Diehlornaphta- 
‚lin rein. Es bildet spröde, glänzende, farblose Prismen, die 
i 281 bis 283°, also bei derselben Temperatur, wie sein 
‚ sieden und bei 68° schmolzen. Hermann erhielt 

har Ch. Pharm. 151, 63) bei der Einwirkung von g: 

ıloriger Säure auf Naphtalin ein Dichlornaphtalin, w- 
‚der Beschreibung. und. Een dem RR 


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RL Br Zr > SrE 
Bra u 
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414 Ueber Naphtalinderivate. 


nach mit diesem identisch sein wird. Die Nitrosubstitutions- 
producte dieses # Dichlornaphtalins sind ebenfalls schwer zu 
reinigen. 


Berechnet Gefunden 
610 120 60,91 60,84 _ 
H.® 6 3,04 2,88 
012 71 36,04 36,06 
197. 


Beta-Tetrachlortribromdinaphtalin, C?°H?Cl!Br®. 
— Wurde auf dieselbe Weise wie sein Isomeres erhalten 
und ist im Aeusseren von ihm nicht zu unterscheiden. Sein 
Schmelzpunkt liegt aber bei 71 bis 73%. Fittig (Ann. Ch. 
Pharm. 151, 268) hat bereits darauf aufmerksam gemacht, dass 
die physikalischen Eigenschaften isomerer, analog constituirter 
aromatischer Kohlenwasserstoffe durch Substitution von Brom 
einander sehr ähnlich werden. - 


Gef. 60,8%, Cl + Br; berechnet 60,549),. 


Trichlornaphtalin, C1°H5C]®, wurde durch Kochen 
von Monochlornaphtalintetraehlorid mit alkoholischer Kalilauge 
erhalten, Krystallisirt aus Aetheralkohol in spröden Prismen, 
die bei 81° schmelzen. Sein Nitroproduct ist eine gelbe 
weiche krystallinische Masse. 


Berechnet Gefunden 
619 120 51,84 HIT 
H> 5 2,16 2,4 
C13 106,5 46,00 45,99 
23149. 


Heptachlordinaphtalin, C2°H?’CI”. — Krystalli- 
sirt aus Aetheralkohol in sehr langen, gelblichen, wachswei- 
chen Nadeln, die bei 106° schmelzen. Durch längeres Kochen 
mit alkoholischer Kalilauge werden sie farblos und krystal- 
lisiren dann aus Aetheralkohol in derben sechsseitigen Säu- 
len, deren Schmelzpunkt auf 100 bis 102° heruntergegangen, 
deren Zusammensetzung aber unverändert geblieben ist, 


Ueber Naphtalinderivate. 415 
Berechnet Gefunden 
02% 240 48,24 47,76 48,45 — 
H? 9 1,81 2,03 2,06 — 
Cl? 248,5 49,95 50,44 49,45 49,56 
497,5. 


Heptachlordinitrodinaphtalin, C?°H’(NO®)2 CI”. 
— Wird durch Eintragen des Vorhergehenden in rothe Sal- 
petersäure erhalten. Krystallisirt aus Aetheralkohol in gelb- 
lichen weichen Nadeln, die bei 104 bis 106° schmelzen. 


Berechnet Gefunden 
020 240 40,85 40,74 
H" 7 1,19 1,35 
(NO 92 — — 
ci? 2485 42,25 42,79 
587,5. 


Tetrachlornaphtalin, C!°H?C1*. — Entsteht beim 
Kochen des Dichlornaphtalintetrachlorids mit alkoholischer 
Kalilauge. Kıystallisirt aus Ligroin und Aether in weichen 
weissen Nadeln, die bei 130° schmelzen. Sein Nitroproduct 
bildet gelbe krystallinische Warzen. 


Berechnet Gefunden 
c10 120 45,11 45,03 
Hi 4 1,5 2,09 
14 142 53,38 53,75. 


Enneachlordinaphtalin, C2°H?O1?®. — Dieser Kör- 
per wurde in der vorläufigen Mittheilung dieser Arbeit (Zeit- 
schrift für Chemie N. F, V, 707), veranlasst durch eine 
unrichtige Chlorbestimmung, als Beta -Tetrachlornaphtalin 
beschrieben. 

Das Enneachlordinaphtalin ist, wie oben erwähnt, das 
Endproduct der Einwirkung von Chlor auf erhitzte Chlor- 
naphtaline. Ursprünglich erhält man es in gelben langen 
Nadeln, die aber durch vieles Umkrystallisiren aus Alkohol 
in weissen weichen Nadeln erhalten werden und dann bei 
156 bis 158° schmelzen. — Das Nitroproduct ist eine gelbe 
weiche Masse, 


416 ‘Erörterungen zur Pharmacopoea helvetica. 
Berechnet Gefunden 
029 240 42,36 41,5 ° 41,9 
1EEL 7 1,23 1,4 1,21 
C1? 319,5 56,4 56,1 56,02 
566,5. 


Die Chlorsubstitutionsproducte des Naphtalins lösen sich 
sämmtlich leicht in Aether, Ligroin und Chloroform, schwerer 
in Alkohol; sie besitzen einen naphtalinartigen Geruch, der 
im umgekehrten Verhältnisse zu ihrem Chlorgehalte steht 
und beim Tetrachlornaphtalin fast verschwunden ist. Ihre 
Nitroproducte sind meistens gelbe, schwer zu reinigende Mas- 
sen, die sich beim Erwärmen mit Sodalösung theilweise in 
einen braunrothen Farbstoff (vielleicht in Oxynaphtaline?) 
zersetzen; ähnlich wirkt Ammoniaklösung. 


Erörterungen zur Pharmacopoea helvetica. 
Von F. A, Flückiger. 


1. Kamala. Lupulin. Lycopodium*). 


Die neue Pharmacopöe hat sich mit dem gegenwärtigen 
Stande der chemischen Industrie in Uebereinstimmung gesetzt, 
indem sie anerkennt, dass die Mehrzahl der chemischen Prä- 
parate von jener in so guter Beschaffenheit und zu so billi- 
gen Preisen geliefert werden, wie es von dem pharmaceuti- 
schen Kleinbetriebe niemals erwartet werden ‚kann. Dieser 
Standpunkt bringt es mit sich, dass die Pharmacopöe dagegen 
der Prüfung der Präparate und der übrigen Heilstoffe grössere 
Sorgfalt widmet. 

Unter den Hülfsmitteln, welche sie zu diesem Zwecke 
benutzt, behauptet nothwendig die chemische Analyse den 


*) Als Separatabdruck aus der schweizerischen Wochenschrift für 
Pharmaeie. Nr, 35 den 30. August 1872, vom Herrn Verfasser erhalten, 
HZ, 


Erörterungen zur Pharmaeopoea helvetica. 417 


ersten Rang, obwohl die betreffenden Operationen, welche die 
Pharmacopöe vorschreibt, weder über das Maass der aller- 
einfachsten chemischen Handgriffe hinausgehen noch allzuviel 
chemische Ueberlegung fordern. In zwei Fällen, welche aller- 
dings etwas grössere Ansprüche voraussetzen, beobachtet die 
Pharmacopöe Stillschweigen, nemlich bei Cortex Chinae und 
bei Opium, deren Procentgehalt wohl festgestellt ist, aber 
ohne dass die Mittel, welche zu dessen Bestimmung führen, 
beschrieben wären. Ueber die Zweckmässigkeit dieses Ver- 
fahrens kann man freilich verschiedener Ansicht sein; manche 
Pharmacopöen geben auch sogleich die zur quantitativen Be- 
stimmung des Chinins und des Morphins einzuschlagenden 
Methoden genau an, so die englische und die österreichische. 


Neben der chemischen Analyse verwerthet die neue 
Pharmacopoea helvetica ferner das Mikroskop bei der Prüfung 
der Arzneistoffe. Auch diesem jetzt so allgemein verbreiteten 
und billig zu erlangenden Instrumente werden hier nur die 
allereinfachsten Leistungen zugemuthet. Balsamum tolutanum, 
Benzo&e, Calcium -carbonicum, Chininum, Morphinum, Opium 
crudum werden als mikrokrystallinisch beschrieben, in Pix 
liquida und in Stibium sulfuratum rubeum die Gegenwart 
mikroskopischer Krystalle verlangt. Umgekehrt will die 
Pharmacopo& die Abwesenheit krystallinischer Beschaffenheit _ 
durch das Mikroskop nachgewiesen haben bei Acidum tanni- 
cum, Cerussa, Colophonium, Sulfur praeeipitatum, Veratrinum, 
Zincum oxydatum. Alo&, Amylum, Resina Guaiaci, Styrax 
liquidus hätten auch noch in das Bereich desselben Instru- 
mentes gezogen werden dürfen. Jene Einführung des Mi- 
kroskops in die Pharmacopöe trägt allerdings einen etwas 
didaktischen Charakter, welchen unser Apothekerbuch sonst 
geflissentlich vermeidet. In den erwähnten Beispielen tritt 
ohne unbedingt zwingende Nothwendigkeit das Streben zu 
Tage, den Gebrauch des Mikroskops zu empfehlen. In ein 
Paar andern Fällen hingegen muss letzterer als unerlässlich 
erachtet werden. So bei Kamala, Lycopodium und bei Lu- 
pulin, 

Arch, d, Pharm, IIT, Reihe, T, Bds, 5, Hft, 27 


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418 Erörterungen zur Pharmacopoea helvetica. 


Die lakonische Charakteristik des Lycopodium z. B. 
fordert durchaus den Blick durch das Mikroskop und dies mit 
vollem Rechte. Unsere Pharmacopöe lässt das Lycopodium 
einerseits mit Schwefelkohlenstof, eine zweite Probe ander- 
seits mit Terpenthinöl schütteln. Nach meiner Erfahrung 
beträgt das specifische Gewicht des Lycopodium 1,062 bei 
16,3°C. Es muss also auf Schwefelkohlenstoff (1,272 spec. 
Gew.) schwimmen, während etwa beigemengte Stärke, deren 
spec. Gew. 1,5 — 1,6 beträgt, und noch leichter anorganische 
Beimischungen durch den Schwefelkohlenstoff gleichsam abge- 
siebt werden und zu Boden sinken. Fremde Körper, welche 
beträchtlich leichter als Lycopodium sind, würden sich dage- 
gen aus dem Terpenthinöl erheben. Wird nun noch vermit- 
telst des Mikroskops die eigenthümliche Form der Droge geprüft, 
so hat man in einfachster Weise alle erforderlichen Kriterien an 
der Hand. Pharmacopoea germanica giebt eine ausführliche Schil- 
derung des Lycopodium, ohne dadurch mehr zu erreichen, als 
was in der kurzen Phrase der Pharmacopoea helvetica liegt. 
Höchstens würde das von ersterer vorgeschriebene Schütteln mit 
Wasser unmittelbar auf die Entdeckung des Schwefels führen. 

Bei Lycopodium können unorganische Beimengungen, wie 
Gyps, Sand, sofort durch (rectificirten) Schwefelkohlenstoff 
erkannt werden; letzterer ist nicht im Stande, dem Lycopo- 
dium seine 20 oder mehr Procente Oel*) zu entziehen, so 
lange die Zellwand: unversehrt bleibt, beim Verdunsten würde 
also der Schwefelkohlenstoff beigemengten Schwefel, sofern 
er der löslichen Form angehört, hinterlassen. 

Kamala und Lupulin hingegen würden ihre löslichen 
Bestandtheile sofort an Schwefelkohlenstoff, Chloroform, Wein- 
‚geist oder Aether abtreten, so dass bei diesen Drogen directe 
Wägung der unvermeidlichen anorganischen Beimengungen 
vorzuziehen ist. Zu diesem Zwecke schreibt die Pharmacopöe, 
neben der mikroskopischen Prüfung, die Einäscherung vor. 
Vielleicht ist es nicht ganz unnöthig, hier zu erwähnen, dass 


*) So reich an Oel ist das Lycopodium im Widerspruche mit allen 
pbarmacognostischen Lehr- und Handbüchern! 


Erörterungen zur Pharmacopoea helvetica. 419 


die vollständige Verbrennung durchaus nicht etwa eine sehr 
hohe Temperatur erheischt, sondern eine länger andauernde 
mässige Gluth. Nachdem die Verkohlung in offener Platin- 
schale so weit getrieben ist, dass die Entwickelung sichtbarer 
Dämpfe aufhört, lässt man erkalten, befeuchtet die Kohle mit 
destillirtem Wasser und trocknet die Schale im Wasserbade. 
Hierdurch werden lösliche Salze aus der Kohle nach andern 
Stellen der Schale geführt und bei erneuertem Glühen tritt 
nun die Luft um so leichter in die durch das Auswaschen 
aufgelockerte Kohle ein. Wird diese Behandlung mehrmals 
wiederholt, so gelingt es leicht, wenn auch nicht rasch, eine 
weisse Asche zu erhalten, welche höchstens etwas Kohlen- 
säure eingebüsst haben kann, die man ihr in bekannter Weise 
ersetzt, bevor man zur Wägung schreitet. 

Bei Kamala schreibt Pharmacopoea germanica vor, sie 
solle frei von Asche sein, Pharmacopoea helvetica will nur 
6 pC. Aschenbestandtheile dulden. Letztere Zahl wird frei- 
lich gegenwärtig von der Handelswaare immer weit über- 
schritten, aber unverfälschte Kamala liefert durchaus nicht 
mehr als 1 bis 2 pC. Rückstand bei der Verbrennung. Die 
Pharm, helv. übt also immerhin noch eine ziemliche Toleranz 
und wenn andere pharmaceutische Gesetzbücher sich anschlös- 
sen, so würde es wohl bald erreicht werden, dass der Han- 
del uns endlich in der That reine Waare verschaffte. Inzwi- 
schen ist es gerathener, eine Kamala mit 20, 30, ja 50 bis 
60 pC. Aschenbestandtheilen als zweifellos gefälscht zurück- 
zuweisen, oder aber, eine so geringe Sorte, vorausgesetzt 
dass sie sich im Uebrigen unter dem Mikroskop als Kamala 
erweist, mit Weingeist auszuziehen und ihr Harz (nicht Bal- 
sam, wie Pharm. germ. aussagt) zu verwenden. 

Wenn ich annehme, dass dem Handel in Betreff der 
Reinheit derartiger Producte fortschrittliche Bestrebungen 
wohl zugemuthet werden dürfen, so lässt sich das Beispiel 
des Lupulins anführen. Die Pharmacopoea germanica verlangt 
von diesen Drüschen: „ne sint arena inquinatae.“ Pharma- 
copoea helvetica greift auch hier ‚zur Einäscherung, leider aber 


stammt die Forderung, dass der  Verbrennungsrückstand 


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430 | Ueber die einzelnen Bestandtheile der süssen Mandeln. 


40 Proeente nicht übersteigen dürfe, noch aus einer, jetzt wie 
es scheint, überwundenen Zeit. Lupulin, welches ich unlängst 
aus Stuttgart erhalten und das sich durch Farbe, Geruch und 
mikroskopische Musterung schon als ganz vorzüglich erwiesen 
hatte, gab mir nur 7,3 pC. Asche, wenn ich lufttrockenes, 
oder 7,7 pC., wenn ich im Wasserbade getrocknetes Lupulin 
in Untersuchung zog, indem beim Trocknen 2,1 pC. Verlust 
entstand. Allein diese mir unerwartet geringe Aschenmenge 
wird noch weiter herabgedrückt, weil von den 7,7 Procenten 
durch Salzsäure 2,7 (auch auf 100 Lupulin berechnet) aufge- 
löst werden. Der aus Kieselsäure oder Quarzsand bestehende 
Antheil von 5 pÜ. der verbrannten Hopfendrüsen ist vermuth- 
lich grösstentheils nicht als Aschenbestandtheil, sondern als 
mechanische kaum zu vermeidende Einmengung zu betrach- 
ten. So gering also stellt sich die Asche dieser Droge heraus. 
Mit Aether erhielt ich aus derselben, nachdem sie über 
Schwefelsäure getrocknet war, 76,82 pÜC. eines äussert aroma- 
tischen Extractes von recht specifischem Hopfengeruche; durch 
6tägiges Austrocknen desselben im Wasserbade gingen 3 pÜ. 
verloren, welche auf Rechnung des ätherischen Oeles und 
einer geringen Menge flüchtiger Fettsäuren zu setzen sind. 
‚Die Charakteristik des Lupulins in Pharm. helvetica ist 
also in Betreff der Aschenbestimmung so zu berichtigen, dass 
statt 40 Proc, nur 10 Proc. Asche als zulässig erklärt wer- 
den. Zur Ergänzung der Prüfung empfiehlt sich ferner die 
Wägung des Aether-Extractes, dessen Aroma dann auch 


den richtigsten Anhaltspunkt zur ul der Hopfen- 


drüsen bildet. 


Ueber die einzelnen Bestandtheile der süssen 
Mandeln. 
Mitgetheilt von Dr. H. Ludwig in Jena. 
Die folgenden Versuche sind im meinem chem. -pharm. 
Laboratorium schon im Jahre 1865 von meinem damaligen 
Zuhörer Herrn E. Scheitz aus Weimar angestellt worden, 


Ueber die einzelnen Bestandtheile der süssen Mandeln, 421 


um zu ermitteln, ob in den süssen Mandeln ein Analogon des 
Amygadalins sich auffinden lasse. In dieser Beziehung führten 
sie zu einem negativen Resultate. Die Angaben Almen’s 
über einen geringen Amygdalingehalt der süssen Mandeln 
veranlassen mich zur Veröffentlichung dieser qualitativen 
Prüfungen. 

1 Pfund (500 g.) -süsser Mandeln wurden durch zweima- 
lige Pressung vom fetten Oel befreit; der wieder gestossne 
Kuchen 2mal mit kaltem starken Weingeist ausgezogen, das 
drittemal aber damit ausgekocht; die drei alkoholischen, 
gelbgrün gefärbten, Auszüge wurden filtrirt, der grösste 
Theil des Weingeist abdestillirt und das Uebrige zur Ex- 
tractdicke abgedampft. 

Aus dem alkoholischen Extract wurde mit warmem Was- 
ser das darin Lösliche aufgenommen, und nach dem Erkalten 
das grüne Harz von der braungelben Lösung abfiltrirt, 
dieselbe besass eine schwachsaure Reaction. 

Das wässrige Filtrat wurde mit Bleizuckerlösung ver- 
setzt, der abfiltrirte Niederschlag mit Wasser angerührt und 
durch Einleiten. von HS zersetzt; das gebildete PbS abfiltrirt 
und die gelbe Flüssigkeit zur Extractdicke eingedampft, das 
Extract mit Aether aufgenommen und das darin Lösliche ein- 
gedampft. Es hinterbleiben feine Krystalle einer Säure, die 
mit wenig Fe?Ül? eine grüne Mischung gaben. (Also eine 
eisengrünende Gerbsäure.) 

Das wässrige Extract, aus dem das in Aether Lösliche 
entfernt war, wurde mit Kalkwasser versetzt, der Niederschlag 
abfiltrirt, derselbe hatte eine rothe Farbe, ähnlich dem Chi- 
naroth, wurde aber durch Fe?Cl? nicht verändert; die 
Flüssigkeit wurde zur Syrupsconsistenz eingedunstet, um 
Krystalle zu erzielen, die aber selbst nach längerm Stehen 
nicht entstanden. — Die über dem Bleizuckerniederschlage 
stehende Flüssigkeit, wurde ebenfalls mit HS behandelt, um 
das  überschüssige Bleioxyd zu entfernen, das PbS durch 
Filtration getrennt, die Flüssigkeit eingedampft, das Zurück- 
bleibende in Alkohol gelöst, und zur Lösung Aether 
gesetzt, es schied sich Zucker ab, der sowohl durch seinen 


422 Ueber die einzelnen Bestandtheile A süssen Mandeln. 


süssen Geschmack als auch durch die, in hohem Grade aus- 
gezeichnete Fähigkeit CuO zu redueiren, erkannt wu 
(Also eine Glykose.) 

Die alkoholisch -ätherische Lösung wurde eingedampft, 
der Rückstand nochmals in Aether gelöst, und dieser ver- 
dunstet. Wurde der Rückstand mit HCl gekocht und. dann 
Na0,HO zugesetzt, so zeigte sich ein schwacher Ge- 
ruch nach Bittermandelöl, und die Flüssigkeit redu- 
_ eirte Cu20? zu Cu?O?; was auf die Anwesenheit geringer 
Mengen von Amygdalin deutet.*®) 

Der Niederschlag von PbS wurde mit Alkohol ausgezo- 
gen und die alkoholische Lösung eingedampft, es hinterblieb 
ein gelber Rückstand von kratzend bitterem Ge- 
‚schmack; derselbe nahm, mit SO® (verd.) gekocht und dann 
mit Na0OHO versetzt, eine schöne kirschrothe Farbe an, 
die auch mit Aetznatron allein entstand, ohne dass vorher 
mit SO3 gekocht war; bei Zusatz von mehr Na0,HO ver- 
wandelte sich die rothe Färbung in eine schmutzigbraune; die 
Flüssigkeit reducirte CuO in hohem Grade. (Also ein chro- 
mogenes Glykosid.) 

_ Dieselben Erscheinungen zeigte auch die zuerst erhaltene 
grüne harzartige in Wasser unlösliche Substanz; 
dieselbe wurde in Aether gelöst und eingedampft, da aber 
noch bedeutende Mengen fetten Oels; dabei waren, wurde der 
Rückstand mit schwachem Weingeist behandelt, und das Oel 
durch Filtriren getrennt. Die Lösung wurde eingedampft, 
wieder durch Erwärmen im Wasserbade gelöst und. die 
. wässrige Lösung, direct mit NaOHO versetzt, sie zeigte sofort 
dieselbe schöne kirscehrothe Färbung; nach dem Ko- 
_ chen mit verdünnter SO°® und Zusatz von NaO, HO? Eee 
sich, dass auch CuO stark reducirt wurde. 


Es ist mithin wohl anzunehmen, dass ein nn. 
nes Glykosid sich in den süssen Mandeln findet, vielleicht 


*) Auch neue Versuche Almen’s haben die Anwesenheit solcher 
. kleinen Mengen von Amygdalin in den süssen Mandeln dargethan. 


Br 
f 


Untersuchung von Honig auf riechende u. färbende Bestandtheile. 423 


ähnlich der Ruberythrinsäure, Bleiessig wird dadurch aber 
nicht roth gefällt. 


Die süssen Mandeln enthalten sonach neben fettem Oel, 


Eiweissstoffen, Emulsin und Cellulose auch eineGly- 
kose, ferner ein chromogenes Glykosid (gelb, mit 
alkalischer Lauge sich kirschroth färbend); kleine Mengen 
vonAmygdalin undeisengrünender Gerbsäure. Der 
Sitz der letzteren ist sicher in der Mandelschale. 


Untersuchung von Honig auf riechende und färbende 
Bestandtheile. 


Mitgetheilt von Demselben. 


Die nachfolgenden Versuche wurden ebenfalls von Herrn 


E. Scheitz aus Weimar im Jahre 1865 in meinem Labo- 


ratorium angestellt. 

Vier Unzen schöner, weisser Honig von neutraler Reaction 
wurden mit einem gleichen Volumen kalten Alkohol gemischt, 
und der in Alkohol unlösliche Krümelzucker durch Filtration 
von der Lösung getrennt; diese wurde behufs der Abschei- 
dung von Syrupzucker mit Aether vermischt, wobei sich 
ersterer, als- dicke syrupartige Flüssigkeit zu Boden setzte; 
die obenstehende klare Flüssigkeit wurde abgegossen und 
mit Kalkwasser vermischt. Hierbei schied sich ein grosser 
Theil des Aethers auf dem Kalkwasser ab, wurde vor- 
sichtig abgehoben und verdunstet; es hinterblieb eine gelb- 
liche, wachsartige, stark nach Honig riechende 
Substanz, welche mit HO,SO° eine röthliche Färbung 
annahm. Die wässrige mit Kalkwasser versetzte Flüssigkeit 
wurde zur Syrupdicke eingedunstet, und so ca. 3—4 Wochen 
stehen gelassen, um den möglicherweise vorhandenen milch- 
sauren Kalk in Krystallen zu erhalten. 

Als sich nach jener Zeit nichts Krystallinisches zeigte, 
wurde der Syrup mit Ag. verdünnt und etwas verdünnte 


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424 f Ueber den Farbstof’ der Rohseide. 


HO,S0° zugesetzt, um den Kalk als Ca0SO3 zu fällen; die 
Flüssigkeit sodann mit Aether geschüttelt und dieser abgeho- 
‚ben und verdunstet; es hinterblieb eine gelbliche Flüs- 
sigkeit von stark saurem Geruch, ähnlich der 
Essigsäure, mit Fe?Cl® gab sie eine grünliche Fäl- 
lung. (Eisengrüne Gerbsäure.) Die Flüssigkeit wurde 
mit etwas Wasser aufgenommen und abdestillirt; das Destil- 
lat in 2 Theile getheilt, der eine Theil gab mit Fe?C1? gar 
keine Reaction (also weder Essigsäure noch Ameisensäure), 
der andre, mit AgO,NO> gekocht, reducirte das AgO wenig; 
das Destillat hatte übrigens starken Honiggeruch und 
saure Reaction. Der Rückstand in der Retorte wurde 
durch Fe?Cl® dun kelgrün und auf Zusatz. von NaO, C*H?0? 
oder H?N braun gefärbt. (Eisengrünende Gerbsäure.) 

Da der Honig ursprüng,. neutral reagirte und im Laufe 
der Untersuchung sich freie Säuren herausstellten, so liegt die 
Vermuthung nahe, dass in demselben sich auch leicht säuernde 
Aldehyde befinden. 


Ueber den Farbstoff der Rohseide. 


(Aus einer brieflichen Mittheilung des 
Dr. Emil Pfeiffer an Dr. H. Ludwig.) 


In einem Cours des Prof. Chevreul in Paris (die 
Chemie, angewandt auf die Färberei), dem ich bei . 
meinem Dortsein beiwohnte, wurde ich darauf aufmerksam, 
dass man bis dahin noch nicht die Säuren zur Degommage 
der Rohseide angewandt hatte; ich machte desshalb einige 
Versuche darüber, die zwar leidlich befriedigend ausfielen, 
‘mir aber doch die grossen Schwierigkeiten für eine Anwen- 
dung in der Praxis zeigten. — Dabei machte ich, anschliessend 
an die kleine Arbeit über diesen Stoff unter Ihnen, die inter- 
essante Beobachtung , dass der gelbe Farbstoff weiter Nichts 
als eim mehr, oder weniger verändertes, seines Blaus 


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5 5 Chenische und technische Notizen. 425 
beraubtes Chlorophyll ist, und aus den vorkommenden 
grünlichen Cocons oder der grünlichen Rohseide, die-ich ver- 
wandte, konnte ich unverändertes Chlorophyll, spalt- 
bar in Blau und Gelb durch salzsäurehaltigen Aether, aus- 
ziehen. 


Chemische und technische Notizen. 


Von, Dr. Arno Ae& in Zwickau. 


1) Im Augusthefte des Archivs ist eine Notiz, dass die 
tiefste Kohlengrube die von Rose Bridge bei Wigan und 
2326‘ tief sei. Wir können hier mit noch tieferen aufwarten, 
Im hiesigen Brückenberg- Schachte ist bis vor kurzem bei 
einer Tiefe von 2856‘ gearbeitet worden; diese Stelle ist jetzt 
allerdings versetzt, doch wird daselbst später wieder gearbei- 
tet werden. Augenblicklich beträgt der tiefste Ort, an dem 


_ gearbeitet wird, immer noch 2500’. 


2) Im hiesigen Kohlenreviere sind die Wege etc. zuwei- 
len theilweise weiss überzogen. Man sagte mir, es seien 
dies Auswitterungen von Salpeter. Weil ich es nicht glaubte, 
so untersuchte ich sie und fand, dass sie aus Magnesia und 
Kalk in Verbindung mit Schwefelsäure und Chlor, als Salze 
betrachtet mithin aus Gyps, Bittersalz und salzs. 
Salzen der genannten Erden bestehen. 

Ebenso waren auch vor einiger Zeit die schwefelkies- 


reichen Halden des Brückenberg - Schachtes in Brand gerathen.- 


Dabei fand eine eigenthümliche Zersetzung und Sublimation 
statt. Man fand da noch grosse Strecken mit einer oft 
fingerdicken Kruste eines weissen oder gelben Salzes bedeckt. 
Ersteres war fast reines Chlorammonium, letzteres desgleichen, 
nur von sublimirtem Schwefel gelb gefärbt. 


Zwickau, den 4. Septbr. 1872, 


426 


Il. Botanik und Pharmacognosie. 


Zur Entwicklungsgeschichte der Blüthe von Elodea 
Canadensis Casp. 


Von Paul Horn. 
(Mit einer Tafel.) 


Die Blüthe von Elodea Canadensis Casp. ist zuerst ein- 
gehender in der Arbeit Oasparys über die Hydrilleen in den 
Pringsheimschen Jahrbüchern, wie auch in einem Aufsatz der 
botanischen Zeitung besprochen worden und haben meine im 
Aprilheft dieses Archivs mitgetheilten Untersuchungen über 
denselben Gegenstand nur Casparys Resultate bestätigt. So- 


viel mir bekannt, ist die Entwicklung der Blüthe bis jetzt 


noch nicht genauer untersucht worden. Ich begann dieselbe 


- bereits im vorigen Jahre zu studiren, um vielleicht die 


Ursache der Verschiebung ihres Mutterblattes festzustellen, 
doch erst in diesem Jahre gelangten meine Arbeiten zu einem 
vorläufigen Abschluss und erlaube ich mir zur Vervollstän- 
digung jener ersten Arbeit über Elodea, im “Nachstehenden 
die Resultate derselben mitzutheilen, zumal diese einiges Neue 
_ ergeben. haben. Ä 
Die weibliche Blüthe der Elodea ist sitzend, durch- 
aus trimer gebaut. Das sie tragende Mutterblatt ist.in der 
Art an den nächstunteren Wirtel hinabgedrängt, ‚dass der 
blüthentragende Wirtel scheinbar zweiblättrig erscheint, wäh- 
‚rend. der nächstuntere . Wirtel scheinbar viergliederig. wird. 
Dies Stellungsverhältniss der Blätter muss natürlich um so 
mehr auffallen, als bei den Zweigen eine Verschiebung des 


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Zur Entwieklungsgeschichte der Blüthe v. Elodea Oanadensis. Casp. 427 


Mutterblattes nicht beobachtet wird. Die Blüthe wird am 
Grunde von einer zweizähnigen Blüthenscheide umschlossen und 
zwar der Fruchtknoten ziemlich eng, während sie nach der 
Spitze zu eine urmenartige Erweiterung bildet. Meine im 
vorigen Jahre angestellten Messungen derselben ergaben als 
grösste Länge 15mm. In diesem Jahre fand ich eine solche 
26mm lang. Am Grunde dieser Blüthenscheide zwi- 
schen Innenfläche und Fruchtknoten fand ich rechts und links 
von den beiden, den Zähnen entsprechenden Fibrovasalsträn- 
gen, je zwei stipulae intrafoliaceae, die sich nicht 
von denen der Laubblätter unterscheiden, nur sah ich sie 
einige Mal mit einander verschmolzen, jedoch auch in diesem 
Fall waren zwei deutlich getrennte Spitzen vorhanden. Durch 
diese vier stipulae wird es meiner Ansicht nach aufs Bestimm- 
teste erwiesen, dass die Blüthenscheide zwei Vorblättern ent- 
spricht. Bis jetzt war diese Thatsache übersehen und ist 
demgemäss der Blüthengrundriss wie in Fig. 11. zu vervoll- 
ständigen. Die fadenförmige, fast solid erscheinende Blüthen- 
röhre zeigt einen Durchmesser von circa 0,5 mm, und nach 
meinen letzten Messungen eine Länge bis zu 266 mm. Ich 
mass zwei besonders lange Blüthen und fand bei der einen 
die Blüthenscheide 26 mm., die Blüthenröhre 154 mm., bei der 
andern die Scheide 25 mm. und die Blüthenröhre 266 mm. 


lang. Wie hieraus erhellt, ist also das relative Längenverhält- 


niss von Blüthenröhre und Blüthenscheide nicht immer das- 
selbe. Am Ende der Blüthenröhre sehen wir drei grünlich 
bis röthlichbraun gefärbte länglich ovale, kelchartige tepala, 
die aufrecht stehen und an der Spitze kapuzenförmig ein- 
gezogen sind. Es folgen, alternirend mit diesen, drei weiss 
bis röthlich weiss gefärbte, ovale, blumenblattartige tepala. 
Meistentheils alternirt mit diesen ein Staminodienwirtel, beste- 
hend aus kleinen, weissen, länglich lanzettlichen, fadenför- 
migen Körperchen, die wie die äusseren tepala aufgerichtet 
stehen. Nun müsste bei regelrechtem monocotylen Bau ein 
zweiter Staminodienwirtel folgen, oder aber der in Wirklich- 
keit folgende Carpellarwirtel müsste vor den kelchartigen 
tepalis stehen, Derselbe alternirt aber mit dem Staminodien- 


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428 Zur Entwicklungsgeschichte der Blüthe v. Hlodea Canadensis. Ösap. 


wirtel und steht in Folge dessen vor den blumenblattartigen 


tepalis. Die drei einfachen bis zweispaltigen, mit rothen 


Papillen reichlich bedeckten Narben sind nach abwärts über 
die vor ihnen stehenden blumenblattartigen tepala geneigt, 
so dass diese nach unten hm umgebogen erscheinen. Der 
Fruchtknoten ist im Längsschnitt fast gleichschenklig dreieckig, 
im Querschnitt fast gleichseitig dreieckig und zeigt in den 
Ecken drei mit Papillen bedeckte Placenten, deren jede in 
den meisten Fällen ein orthotropes zweihäutiges ovulum trägt. 
Mitunter findet man auch nur zwei Narben und in einem sol- 
chen Fall beobachtete ich vier ovula. 

Die Blüthe entsteht unmittelbar an der wachsenden 
Stammspitzee Die Stammspitze mit der jungen seitlichen 
Blüthenanlage gewährt fast den Anblick, als ob eine dicho- 
tomische Theilung derselben stattfände, nur überragt der die 
Blüthe bildende Theil die eigentliche stumpf erscheinende 
Stammspitze und lässt sich bald deutlich als seitlich erkennen. 
Die Anlage der ersten Laubblätter sieht man wenig 
tiefer und zwar ist am Grunde des die Blüthe dar- 
stellenden Vegetationskegels das Mutterblatt 
noch nicht sichtbar. Jüngere Zustände als die unter 
Figur 1 dargestellten vermochte ich leider nicht aufzufinden. 
Die erste Anlage der Blüthe dürfte, meiner Meinung nach, 
kaum von der Anlage einer echten Dichotomie zu unterschei- 
den sein. Anders verhalten sich die entstehenden blatttragen- 
den Aeste. Diese sah ich stets nur in der Achsel 
bereits angelegter Blätter, als kleine kuglige Wülste 
entstehen, die sich nach und nach verlängerten. (Fig. 15 und 
18 stellen dieselben von vorne gesehen dar, Fig. 16 die seit- 
liche Ansicht und Fig. 17 eine solche Zweiganlage von oben.) 


Hierin nun dürfte auch der Grund der bereits angegebenen 


auffälligen Veränderung des Stellungsverhältnisses der Blätter 
im blüthentragenden Wirtel liegen. Während nämlich die 


Blüthe ihr Mutterblatt an den nächstunteren Wirtel hindrängt, 


ist dies bei den späterhin viel massenhafteren Zweigen .durch- 
aus nicht der Fall. Die an der wachsenden Stammspitze ent- 
stehende verhältnissmässig sehr grosse Blüthenanlage drückt 


Zur Entwicklungsgeschichte der Blüthe v. Elodea Canadensis. Casp. 429 


auf das später entstehende Mutterblatt, während die beiden 
anderen Blätter des blüthentragenden Wirtels sich frei und 
ungehindert an ihrer ordnungsmässigen Stelle zu entfalten 
vermögen. Da die verhältnissmässig kleinen Zweiganlagen 
in der Achsel bereits schon vollständig angelegter Blätter 
entstehen, so wird hierbei natürlich das bereits vorhandene 
Stellungsverhältniss nicht geändert werden können. 

Am Grunde des entstandenen Blüthenkegels wird nun, 
während die Stammspitze denselben im Wachsthum überholt, 
ziemlich zugleich mit der Anlage des Tragblattes ein ring- 
förmiger Wulst erkennbar, die erste Anlage der Blüthen- 
scheide. Dieselbe ist zuerst überall von gleicher Höhe (Fig 2). 
Anders gestaltet sich die Sache bei den Zweiganlagen. Hier 
entsteht nicht ein gemeinsamer ringförmiger Wulst, sondern 
rechts vom Vorblatt eine Blattanlage, die die linke Seite frei- 
lässt. -Bald nach dem Erscheinen dieser ersten erscheint 
etwas später und etwas höher auch auf der linken Seite die 
Anlage eines zweiten Blattes, welches theilweise von den 
Rändern .des ersten bedeckt wird (Fig. 19 und 20). Dies 
sind die beiden Vorblätter der Zweige. Es haben hiernach 
die Zweige nur scheinbar zwei in Wahrheit aber nur ein 
Vorblatt, während bei der Blüthe der Entwicklungsgeschichte 
nach zwei Vorblätter vorhanden sind. Ein wesentlicher Unter- 
schied in der Entwicklung von Blüthenspross und Laubspross. 

An dem, den Vegetationskegel der Blüthe umgebenden 
Wulst erkennt man bald eine seichte Einkerbung an der dem 
Stamm und dem Mutterblatt zugewendeten Seite und erhebt 


sich dieser Wulst jetzt höher, während sich der obere Theil _ 


des Vegetationskegels knopflörmig gestaltet und sich an der 
oberen Fläche verbreitert, auch bald die Anlagen der drei kelch- 
ähnlichen tepala erkennen lässt (Fig. 3 und 4). Solange 
überragte der eigentliche Blüthenkegel die Vorblätter, jetzt 
erheben sich diese durch intercalares Wachsthum aber schnel- 
ler bis Vorblätter und Blüthe fast dieselbe Länge erreicht 
haben (Fig. 5a). In diesem Stadium finden wir bereits die 
Blüthenröhre deutlich von den Blättern der Blüthe abgesetzt, 


in Form eines Kopfes. Die tepala des ersten Kreises sind 


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430 Zur Entwicklungsgeschichte der Blüthe v. Elodea Canadensis Casp. 


zusammengebogen (Fig. 5b) und bedecken die bereits ebenfalls 
angelegten tepala des zweiten Kreises, wie auch die Stami- 
nodien und Narben. Die Blüthe wird nun von den Vorblät- 
tern im Wachsthum überholt, so dass dieselbe nur halb so 
lang erscheint als die Vorblätter, (Fig. 6 und 7a) während 
dessen sehen wir den Grund der Blüthe ebenfalls kugelig 
anschwellen, die ersten äusserlich wahrnehmbaren Spuren des 
Ovarium. Bei Blüthen dieses Entwicklungsstadium finden 
wir auch die stipulae der Vorblätter fast entwickelt. (Fig 6 
und 7c.) Genau vermochte ich den Augenblick ihres ersten 
Auftretens nicht festzustellen. Es strecken sich nun, während 
die Sonderung der Blüthenröhre, des Fruchtknotens und der 
Blüthenkrone immer deutlicher wird, die Blüthenröhre und die 


Vorblätter ziemlich gleichmässig und vollzieht sich auch die 


Sonderung der einzelnen Gewebspartien (Fig. 7a). Entfernt 
man von einer Blüthe dieses Entwicklungsstadium die Vor- 
blätter und setzt die ganze Blüthe, nachdem sie mit Kali- 
lauge behandelt ist, einem gelinden Druck aus, so erkennt 
man in der nun durchsichtigen Gewebsmasse sehr deutlich 
fünf ringförmige bis spiralige Gefässe, von denen 
zwei bis an die Ansatzstelle der Vorblätter 
reichen, drei aber durch die Wandungen des 
Fruchtknotens hindurch in den die Mitte der 
Blüthenröhre einnehmenden Griffel eintreten 
und bis in die Narben hinaufreichen (Fig. 7c). $o- 
viel ich weiss, sind bis jetzt nur die in der wachsenden Stamm- 
spitze vorkommenden Gefässe bekannt, ‘das Vorkommen der- 
selben in der Blüthe ist aber neu. Ein gelungener Längs- 
schnitt von Blüthen dieses Stadium zeigt die verschiedenen 
Gewebspartien vollständig gesondert, namentlich auch deut- 
lich das Verhältniss des Griffels und der Wandungen des 
eigentlichen Fruchtknotens und der die tepala tragenden Blü- 
. thenröhre, wie auch die erste Anlage der ovula. (Fig. 7b). 
Das die Placenta durchlaufende Gefäss giebt am Grunde 
einen Seitenzweig ab, der in den sehr kurzen 
funiculus des ovulum eintritt und hier am Grunde des 
eigentlichen ovulum verschwindet (Fig. 12 und 13b), 


Zur Entwicklungsgeschichte der Blüthe v. Elodea Canadensis. Casp. 431 


- Die weitere Entwickelung beruht nun in der Volumzu- 


‘ nahme der einzelnen Organe und in Streckungen verschie- 


denen Grades durch intercalares Wachsthum. - Namentlich 
fängt jetzt die Blüthenröhre an die Blüthenscheide bedeutend 
zu überholen (Fig. 8 und 9), bis die Blüthe endlich die Ober- 


fläche des Wassers erreicht und sich entfaltet, um, bei uns 


freilich vergebens, des befruchtenden Pollens zu harren. 


Durchschneidet man eine vollständig entwickelte Blüthe 
in dem unteren Drittel des Fruchtknotens, so sieht man die 
Wandung aus drei Reihen Zellen zusammengesetzt, von denen 
die zwei äusseren Reihen der Blüthenröhre angehören, wäh- 
rend die dritte die Wandung des Fruchtknotens bildet. Je 
weiter nach der Spitze des Fruchtknotens zu man Schnitte 
nimmt, desto mehr sieht man diese beiden Schichten sich son- 
dern. Sie werden. nur durch einzelne Gewebsbrücken in 
Zusammenhang erhalten. Zwischen diesen beiden Schichten 
liegen drei Fibrovasalstränge. Die innere Schicht bildet am 
Grunde dieser die Placenten kennzeichnenden Gewebspartie, 
die schon vorhin erwähnten einzelligen Papillen, welche aber 
nicht bis in die Spitze des Fruchtknotens reichen, sondern 
oberhalb der Ursprungsstelle der ovula aufhören (Fig. 13a 
und 12). Ein Querschnitt der Blüthenröhre zeigt in der 


Mitte einen Fibrovasalstrang mit drei schmalen sternförmigen 


Aussackungen, die den drei Narben entsprechen (Fig. 13). 
Die beiden äusseren Zelllagen, der Blüthenröhre angehörig, 
umschliessen drei ziemlich weite Kanäle, welche durch die 
drei den Narben entsprechenden Fibrovasalstränge gebildet 


werden. In den drei mit rothen Papillen reichlich  bedeckten : 


Narben gelang es mir einige Mal bei Behandlung mit Kali- 
lauge ein enggewundenes Spiralgefäss nachzuweisen. Die 
tepala des äusseren Wirtels tragen an der kapuzenförmig 
eingezogenen Spitze kleine einzellige Sägezähne und bestehen 
aus zwei Zelllagen. Die blumenblattartigen tepala bestehen 
ebenfalls aus zwei‘ Zelllagen, deren Zellen mit Luft erfüllt 
sind. Die anatomische Structur der Blüthenscheide habe ich 
bereits früher geschildert (Aprilheft pag. 63). 


432 Zur Entwicklungsgeschichte der Blüthe v. Elodea Canadensis. Casp. 


Um die Entwicklung der Blüthe zu verfolgen, thut man 
gut, bei Beginn der Blüthezeit blühende Exemplare zu ver- 
wenden, weil man bei diesen sicher geht, wenigstens drei bis. 
vier verschiedene Entwicklungsstadien zu finden. Von dem 
blüthentragenden Wirtel ausgehend, schneidet, man successive 
nach der Stammspitze vorschreitend, die einzelnen Blattwirtel 
ab. Das Freilegen der Stammspitze muss behutsam unter 
dem Präparirmikroskop geschehen, da die meistens sehr 
schleimreiche und weiche Stammspitze leicht verletzt wird. 


Erklärung der Figuren. *) 

pv. = Stammspitze. 

fl. = Blüthenanlage. 

mb.= Mutterblatt. 

V. = Blüthenscheide und Vorblätter. 

Z. = Zweiganlage. st. stipulae intrafoliaceae der Blü- 
thenscheide. 

Fig. 1.2. 3—4. Entstehung des Blüthenkegels der Blü- 
thenscheide, des Tragblattes und des ersten Blattwirtels der 
Blüthe. Zeiss O/1 2c. Blüthenanlage von oben. 

Fig.5a. Blüthe bei der bei p. ein Blatt des zweiten 
Blüthenwirtels durchschimmert. | 

Fig. 5b. Dieselbe von oben. Zeiss A/1 und (/1. 

Fig. 6. Obere Linse von A Ocular. 1. Weiteres Ent- 
wicklungsstadium bei st stipulae intrafoliaceae der Vorblätter 
der Blüthe. 

Fig. 7a. Blüthe, an der bereits die Sonderung der Ge- 
webe sichtbar ist A/1.' 

Fig. 7b. Längsschnitt einer Blüthe desgelber Entwick- 
lungsstadium A/1. 

Fig. 7e. Blüthe mit Kalilauge behandelt, um die Gefässe 
sichtbar zu machen A/1. 

Fig. 8.9.10. Weitere Entwicklungsstadien bis zur Blüthe. 

Fig. 11. Blüthengrundriss mit den nn der Blüthen- 
vorblätter. 


*) Siehe beiliegende Lithographie, 


- - 

Die Frankfurter Liste. 433 
Fig. 12. Längsschnitt des Fruchtknotens einer fast 
entwickelten Blüthe mit dem in den funiculus eintre- 
tenden Gefäss, 

Fig. 13b. Das Gefäss mit D/3 gezeichnet. 

Fig. 13a. Querschnitt des Fruchtknotens in seinem Um- 
riss: An der linken Seite hat sich die dem Fruchtknoten 
angehörige Zelllage von den beiden der Blüthenröhre ange- 
hörigen Zelllagen getrennt A/1. . 

Fig. 14. Querschnitt der Blüthenröhre. Die schraffirte 

dreieckige Figur in der Mitte der Fibrovasalstrang A/1. 

Fig. 15. 16. 17. 18.19. Entwicklungsstadien der Zweig- 
anlagen (/1. 

Waren, den 7. Septbr. 1872. 


Die Frankfurter Liste; 


Beitrag zur mittelalterlichen Geschichte der Pharmacie, bei Gelegen- 
heit des Erscheinens der Pharmacopoea Germanica, 


von F. A. Flückiger. 


Das Jahr 1872 hat im Gefolge der grossen weltge- 
schichtlichen Ereignisse auch einen Abschluss des deutschen 
Pharmacopöenwesens herbeigeführt. Pharmacopoea Germanica 
beseitigt ohne Widerspruch von irgend einer Seite die bishe- 
rigen Apothekerbücher der verschiedenen Länder; dieser 
Fortschritt zur Einheit aus der Zersplitterung ist so natur- 
gemäss, dass ein Blick rückwärts gerechtfertigt, ja beinahe 
nöthig ist, um die ganze Bedeutung der Entwickelung, deren 
Zeugen wir sind, zur Anschauung zu bringen. Man darf 
wohl eagen, dass sich in der Deutschen Reichspharmacopöe 
die heutige Pharmacie und die einschlagenden medicinischen 
Bedürfnisse der Gegenwart getreulich abspiegeln. Es ist 
daher von Interesse, diesem Buche ein Schriftstück früherer 


Jahrhunderte entgegen zu halten, welches ebenfalls ein Abbild 
Arch, d, Pharın. III, Reihe. I. Bda. 5. Hft, 28 


u 
434 Die Frankfurter Be 


seiner Zeit war; der Unterschied , der sich aus der Verglei- 


chung ergibt, stellt sicherlich ein merkwürdiges Stück Cul- 


turgeschichte dar. 

Im Archiv der Deutschen Kaiserstadt liegt im I. Bande 
der Medicinalacten zwischen Folia 13 und 14 ein Verzeich- 
niss von 327 Drogen, welche vermuthlich in den Apotheken 
Frankfurts im fünfzehnten Jahrhundert gehalten wurden. 
Herrn Archiv - Secretär Dr. Fr. Roth verdanke ich eine sehr 
sorgfältige Abschrift dieser schwer zu lesenden Frankfur- 
ter Liste, so wie eine Anzahl linguistisch -kritischer Bemer- 
kungen, welche ich jedoch bis auf einige wenige hier weglasse, 
da sie meist für speciell pharmaceutische Leser von unter- 
geordneter Bedeutung sind. Herr Stadtarchivar Dr. Kriegk 
hatte die Güte, mir am 7. Septbr. 1868 mitzutheilen, dass 
diese Liste kein Datum trage, aber nach dem Character der 
Schrift ganz bestimmt der Zeit von 1450 angehöre. — Wenn 
ich annehme, dass diese Frankfurter Liste gesetzliche Bedeu- 
tung gehabt habe, so muss ich freilich die Beweisführung 
dafür den Historikern überlassen. Die Ueberschrift und die 
Anordnung der Liste sprechen aber wohl für jene Auffassung. 
Obwohl die darin herrschende Logik nicht tadellos ist, zeich- 
net sich doch die Frankfurter Liste durch Uebersichtlichkeit 
vor manchen andern ähnlichen Verzeichnissen aus. Im We- 
sen jener Zeit ist es begründet, dass sie nicht eigentlich ein 
deutsches oder gar ein locales Gepräge zeigt; die Liste ruht 
wie die gesammte Pharmacie und Medicin bis in das Zeitalter 
der grossen Erfindungen und Entdeckungen hauptsächlich auf 
den Satzungen der medicinischen Schule von Salerno. 
Aber ein Vergleich mit dem von den Salernitanern gebrauch- 
ten Arzneischatze zeigt doch, dass die Frankfurter Liste das 
Product einer besondern Auswahl war. 

Ich kenne aus Deutschland kein ähnliches Document von 
gleicher Vollständigkeit aus derselben oder aus früherer Zeit, 
so dass mir die Veröffentlichung dieser Frankfurter Liste im 
Interesse der Geschichte der deutschen Pharmacie zu liegen 
scheint. Wohl mögen die archivalischen Schätze der alten 
deutschen Reichsstädte noch ähnliche vielleicht ältere und 


ur: 2 


‚Die Frankfurter Liste, 435 


wichtigere Documente bergen; wenn die nachfolgende Arbeit 
den Anstoss zur Mittheilung noch werthvollerer Beiträge von 
anderer Seite geben sollte, so werde ich mich für meine 
Mühe belohnt finden. 

Zunächst lasse ich die Frankfurter Liste vollständig fol- 
gen; der Bequemlichkeit wegen habe ich die Artikel mit Num- 
mern versehen, welche im Originale nicht vorhanden sind. 
Die Schreibweise des letztern ist genau beibehalten. Da und 
dort hat das Manuscript, wie der kundige Abschreiber, Herr 
Dr. Roth, mir berichtet, Correcturen. von zweiter Hand erfah- 
ren, welche ich hier nicht wiedergebe. Für unsere Zwecke 
kann es gleichgültig sein, ob in dieser Weise Labdanon in 
Labdanun oder aloues (Nr. 287) in aloes verbessert wor- 
den ist u. s. w. 

Unter B gebe ich Erläuterungen zu denjenigen Artikeln, 
welche nicht ohne weiteres jedem Fachmanne verständlich 
sind, oder welche sonst zu besondern Erörterungen aufforder- 
ten. Die nicht erklärten Ausdrücke werden keine Schwierig- 
keit bieten, wenn man sich über die oft entstellte Schreibweise 
hinwegsetzt. 

In © sind die Titel einer Anzahl Werke zusammenge- 
stellt, welche ich zu meiner Arbeit benutzt habe. Darf diese 
einigen Werth beansprüchen, so ist dies hauptsächlich der 
reichen Erfahrung und nicht minder reichen Bibliothek mei- 
nes Freundes Dr. Hanbury zu danken, welche mir zur 
Seite standen. In gleicher Weise bin ich Herrn Bibliothekar 
Prof. Heyd in Stuttgart verpflichtet. 

Der Frankfurter Liste reihe ich unter D Verordnungen 
über das Apothekenwesen in Heidelberg aus nicht viel 
späterer Zeit an, welche zwar nicht mit ersterem Documente 
zusammenhängen. Es lässt sich von vornherein erwarten, 
dass ein Medicamenten - Verzeichniss aus der Mitte des 


-- XV. Jahrhunderts, wie das unter A vorliegende, in Deutsch- 


re “ 


land den Geist der Salernitaner Schule athmen musste. Die 


Heidelberger Ordnung bestätigt dies ausdrücklich und 


nennt noch einen Hauptvertreter der arabischen Mediein, auf 
welche die gelehrte Corporation von Salerno sich a auch 
28* 


436 Die Frankfurter Liste. 


besonders stützte. Aber auch in anderer Hinsicht bildet der 
Anhang D eine Ergänzung zu der Frankfurter Liste. Diese 
führt uns, wenn meine Voraussetzungen richtig sind, den 
Drogenvorrath einer mittelalterlichen Apotheke Frankfurts 
vor Augen, während die Heidelberger Ordnung einen Ein- 
blick in die Stellung der damaligen Apotheker gewährt, welche 
vermuthlich in Frankfurt in ähnlicher Art geregelt war.*) 
Aus andern Städten deutscher Zunge kennen wir zahlreiche 
ähnliche Gesetzesbestimmungen, deren Vergleichung hier zu 
weit führen würde Die Heidelberger Ordnung zeichnet sich 
so sehr durch Klarheit und verhältnissmässige Zweckmässig 
keit aus, dass ihr Wiederabdruck aus einer weniger verbrei- 
teten Schrift mir gerechtfertigt erschien. 


A, Die Medicamenten - Liste, 


Ista sunt nomina medicinarum simplicium siue materialium 
que ad appothecam reguirvntur. In genere et in specie. 


Et primo De Lapidibus. 13. Brillus uel Cristallus. 
1. Margarite. 14. Magnes. 
2. Saffırij. 15. Lapis Lasuli. 
3. Jacincti.. 16. Lapis ärmenicus. 
4. Rubinjj. | 17. Lapis Lincis. 
5. Granati. 18. Lapis pungi. 
6. Sardini. - \ 19. Lapis Judaicus. 
7, Smaragdi. 20. Lapis agapis. 
8. Amatistes. 21. Bolus armenicus uel 
9. Jaspis. Terra Sigillata. 
10. Ematites. 
11. Corallus albus. 
12. Corallus Rubeus. 
*) Vergl. Kriegk, Deutsches Bürgerthum im Mittelalter. Frank- 
furt 1868, 69. * ” 


Ki 


24. 
. Olibanum. 

. Galbanum. 

. Armoniacum. 
. Bedellium. 
29. 
. Gommiedre. 

. Gommi elempnij. 
. Mirra. 

. Euforbium. 

. Opupenack. 

. Asaza fetida. 

. Labdanvn. 


Die Frankfurter Liste. 457 


item De Gummis. 


. Primo: Storax calimita. 


Storax Rubea. 
Tymeania. 


Seraphinum. 


Item De Laxatis.*) 


. Scamonia. 

. Rebarbarum. 
. Turbit. 

. Agaricus. 

. Coloquintida. 
. Sene. 

. Polipodium. 

. Manna granata, 
. Cassia fistola. 
. Tammarindi. 
. Jugibe. 

. Sebesten. 

. Vue pasce. 


En. 7 


37: 
38. 
39. 


40, 
41. 


42. 
43. 


Sarcoculla. 
Dragagantum. 
Gummi arabicum. 


Verrix. 
Kakabre uel Carabe. 


Colofonia. 
Mastix. 


. mirabilani Citrini. 
. Mirabilani bellericıi. 
. mirabilani Nigri uel ce- 


buli. 


. mirabilani Emblici. 
. Mirabilani Indi. 

. Tynus. 

. Epitinus. 

. Spica Nardı. 

. Spica Romana. 

. Spica sceltica. 

. Alues epaticum. 

. alues cicatrinum. 

. alues cabalinum. 


*) Die’Handschrift hat über dem Worte einen Querstrich als Zeichen 
der Abkürzung; das Wort ist zu lesen Laxamentis. 


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r 
mt 


> “ “ 
n$ URN 
IE ER RE EREETENE 
a re BE ER 


438 


83. 


‚86. 


. Die Frankfurter Liste. 


Item De fructibus. 


. Dattulı. 

. Pinee. 

. Pistacie. 

. Heus. 

. Amigdule amare. 
. Amigdule dulces. 
. Anacardı. 

. Nuces Indici. 

. Nuces cipressi. 

. Galli Romani. 

. Pomum eitri conseruatum. 


Item De Radicihus. 


. Radices apij. 
. Radices acori. 


Radices alcanne. 


. Radices affodilli. 

. Radices bistorte. 
Radices Brance vrsine. 
. Radices Brionie. 

. Radices ciclaminis. 

. Costus duleis. 

. Costus amarus. 


*) So in der Handschrift. 


et 


91. Liquericia. 
92. Diptanus. *) 
R 
93. Radices enuli campanı. 
94, e Ellebori albi 
nigri. 
1.90, h\ Ebuli. . 
96. »  Philopendule. 
97T. n Genciane. 
98. > Gariophiolata. 
u % Ermodaetili. 


100. Radices fenicuh. 


101. ».. ‚Petrosilini. 

102. „3. JLeos. 

103. „» Raffani maioris. 

104. „= Nsnntat 

105. 3. yraaeje 

106. „ Serpentarie ma- 
1oris. 

ANÜre » Tormentille. 
108. »  Dironiei Romani. 


109 »  Paucedani. 
110. Radix Malue. 

111. Radix Bis Malue. 
112. Radix piritri. 

113. Radix pionie. 

114. Radix Rubie maioris. 
115. Radices Saceriones. 
116. Yrongi. 
la „  Brusei. 
118. „ Speragi. 
lg: „ saxifragı. 
120. . , Dcordien: 


item de floribus. 


121. flores Rosarum. 

122. Vigulasl.*) Violarum. 
123. Burragines. 

124. Buglussi. 

125. Nenofaris. 

126. Mellelotı. 

127. Sambucı. 

128. majorane. 

129. Marini roris. 

130. Cammomille. 


Ad Zu 


Die Frankfurter Liste. 439 


. Lauendole. 

. Sticados arabici. 

. Sticados eitrini. 

. Tamarisci. 

. Orni. 

. mali granati uel balaustie. 
- Sqwinanti. 


Item de semenibus. 


. Agnicasti. 
. apı]. 

. anisi. 

. acitose. 

. anetij. 

. atriplicis. 
. ameos. 

. amomi. 

. Birbarl. 

. Brusci. 

. speragi. 

. cuscute. 

. Cieute. 

. Cacupucie. 
. Coconidion. 
. Cucorbite. 
. Citrulli. 

. melonum. 
. Cucumeris. 
. Colianderi. 
. Dauci. 

. Endiuie. 

. Scariole. 

. Lactuce. 

. Purtulace, 
‚ Semen fraxeini, 
‚ fenieuli. 


165. 
166. 
167. 
168. 
169. 
170. 
ara la 
172. 
173. 
174. 
175. 
176. 
17% 
178. 
179. 
180. 
sa 
182. 
183. 
154. 
185. 
186. 
187. 
188. 
189. 
190. 
191. 
192. 


193. 
194. 
195. 
196. 
197, 
198. 


fenugreci. 

Semen Gjjt. 

Melij Solis, 
Gallitriei. 

Semen genesti. 
Lupinorum. 
Baccarum lauri. 
Leuistici. 
Lentisci. 
Basilliconis. 

Mirti. 

Mirtillorum. 
Sumac. 

Nasturci). 

Nigille. 

Maiorane. 

Pionie. 

Papaueris albi et nigri, 
Petrosilini macidonici. 
Saxciffragi. 

Sillj. 

Sillieis montani. 
Rute. 

Antere. 

Raffani. 
Sacoragie. 
Titimall. 
aristologia longa et ro- 
tunda. 

Vrtici. 

maratri. 

Semen malue. 
Semen Bis malue. 
Jusqwiami. 
Pentafilon. 


Die Frankfurter Liste. 


. Acacia. 

. propoleos uel on.*) 

.. Ypognistidos. 

. Licium. 

. Electerium. 

. Succus Liqworicie. 

. Sagwis draconis 

. Sagwis Hirtij preparatus. 
. opium tebaicum. 


Nuus**) Herbarum que ad appo- 


208 
209 


210. 
211. 


212 


213. 
214. 
215. 


216 


217. 
218. 


219 


220. 
221. 
222. 
223. 


schri 


thecam requiritur B. 
Infnitus Sz de ssbg. 
ssbg.***) juxta nomina 
clymatum Habentur ista 
maiora. 

. Absintium. 

. Artimesia. 

Apium. 

Adiantos. 

. Abrotanum. 

Azarabaccara. 

Acitosa. 

Agrimonia. 

. Alla. 

Amantilla. 

Acus muscata. 

. Bracteos. 

Cuscuta. 

Calamintum. 

Centauria. 

Capillus vener!. 


*) Dem Abschnitte Acacia bis opium fehlt im Manuseript eine Ueber- 


ft. 


224. 
225. 
226. 
227. 
228. 
229. 
290. 
231. 
232. 
239. 
234. 
239. 
236. 
2937. 
238. 
239. 
240. 
241. 
242. 
243. 
244. 
245. 
246. 
247. 
248. 
249. 
250. 
251. 
252. 
253. 
254. 
255. 


**) Dr. Roth vermuthet numerus. 
**%) Nicht zu deuten. 


Cammedrios. 
Creta marina. 
Coriandrum. 
Celidonia. 
Burrago. . 
Buglussa. 
Enduuia. 
Lactuca. 
Portulaca. 
Consolidia maior. 
rl media. 
: minor. 
Calendula. 
Centauria maior, 
bF minor. 
Daucus. 
fumus terre. 
Scabiosa. 
Seicoria. 
Epatica maior. 
5 minor. 
Ebulus. 
Politrieum. 
Scolopendria. 
Caprifolium. 
Eufrasia. 
Eupatorium. 
Valeriana. 
Betonica. 
Primula veris. 
Verbena. 
Nepita. 


256. Balsomita. 270. Ipericon i. erba perforata. 
257. Menta. 271. HErba Ruberti. 
258. Mentastirum. 272. Edra Terrestris. 
259. Colamentum. 273. Isuppus. 
260. Oryganum. 274. Prassium. 
261. Polium montanum. 275. Ligwa auis. 
262. Poleigium. 276. Ligwa pascerina. 
263. Serpillum. 277. Lentiscus. 
264. Saluia. 278. Laureola. 
265. Lauendula. 279. Melissa. 
266. Senecio. 280. Plantago maior et minor. 
267. Gallitricum. 281. Solacrum. 
268. Gamandrea. 282. Paritaria. 
269. Summicates Lupuli. 283. Sqwilla marina. 
Item De aromaticis specialibus. 
284. Nuscus. 292. Ciprus longus. 
285. Ambra. 293. Ciprus Rotundus. 
286. Chanphora. 294. Piper albi. 
287. Lignum aloes. 295. Piper longi. 
288. Sandoli albi. 296. Piprus Nigri. 
289. Sandoli rubei. 297. flores einomonjj. 
290. Sandoli Citrini. 298. folia gariofhli. 
291. Mummia. 299. folium Lauri. 
300. Spodium. 
301. Rasura eburis. 
Item quiad *) aromatica. 
302. Cinomonium. — 314. Curcuma. 
303. Cineiber. 315. ossa de corde cerui. 
304. Galiofoli. 
305. Nuces muscati. 
306. Galanga. 
307. Cubebe. _ 
308. Maces. 
309. Cardimomi. 
310. Zedoar. 
311. Calmus aromaticus. 
{ 312. Xilobalsamus. 


Die Frankfurter Liste. 441 


. Cassia lignia. 


*) Dr. Roth liest communia. 


Be ae a er eh 


N 


449 Die Frankfurter Liste. 


316. Cortices Tamarissi. 323. Cortices Esule maiores. 
81% © mandragore. 324. 55 mali granati. 
318. ER capparis. 324. 5 Citri. 

319. a fraxini. » psidij. 

320. er geneste. 326. en psidie. 

321. Br dammarissi. 327. = Baucij. 

322. > Esule minores. 


B. Erläuterungen 


zu der vorstehenden Liste. 

Die Nummern links am Rande beziehen sich auf die Liste; nur dieje- 
nigen Artikel der letztern sind hier berücksichtigt, welche irgend einer 
Erläuterung bedürftig erschienen. Die kleinen Zahlen im Texte gehören 
zu den unter © angehängten Literaturnachweisen. 

1) Die aus der pharmaceutischen Praxis längst verschwun- 
denen Perlen (Margaritae) kamen im Alterthum*) und Mittel- 
alter hauptsächlich aus dem persischen Meerbusen und den cey- 
lonischen Gewässern nach dem Abendlande; zum offieinellen Ge- 
brauche dienten natürlich nur die weniger werthvollen kleinern. 
In der Mitte des XII. Jahrhunderts beschrieb der arabische 
Geograph Edrisi ausführlich die Perlenfischerei auf der In- 
sel Awal oder Bahrein im persischen Busen !®) und Bar- 
bosa,?) der Reisegefährte Magellans, welcher zu Anfang des 
XVL Jahrhunderts Indien besuchte, gedachte ihrer ebenfalls. 

Noch jetzt ist die Insel Bahrein ein Hauptplatz der 
_ Perlenfischerei, welche 2000 bis 3000 kleine Fahrzeuge fort- 
während beschäftigt. ?%) — Pharmacopoea Helvetica von 
1771 **) erklärte den Nutzen der Perlen für unverhältniss- 
mässig gering im Vergleiche zu ihrem Preise. 

2) Blaue oder dunkelrothe durchscheinende Varietäten 
des Corunds (Thonerde). — Das unter !*) hiernach erwähnte 
St. Gallische Manuscript aus dem IX. Jahrhundert handelt 
weitläufig von den medicinischen Tugenden dieses Edelsteins. 


*) Vrgl. Meyer, Geschichte der Botanik II, 167. 


Be Fu 


Die Frankfurter Liste. 445 


3) Eigentlich Zirkon; vermuthlich kam unter dem 
Namen Hyacinth öfter nur roth gefärbter Quarz vor. — 
Unter dem Namen Confectio Hyacinthidis war noch bis in 
unser Jahrhundert eine Latwerge von wunderlicher Zusam- 
mensetzung 5!) offieinell, unter deren Bestandtheilen auch der 
Hyacinth nicht fehlte. 

j 4) Durchsichtige lebhaft rothe Varietät des Corunds, 

6) Carneol. Lapis sardius, sardinus auch Sardonyx 
genannt, vermuthlich mit Bezug auf Sardes, die berühmte 
Hauptstadt des antiken Lydiens. — Der Stein ist ein inniges 
nur auf chemischem Wege (vermittelst Aetzkali) trennbares 
Gemenge von amorpher und krystallisirter Kieselsäure. 

7) Durchsichtige grünliche Varietät des Berylls. Wie 
wohl bei allen diesen in der mittelalterlichen Pharmacie ver- 
wendeten Mineralen liefen ohne Zweifel mancherlei verschie- 
dene Substanzen auch unter dem Namen Smaragd mit unter. 
So bemerkt Pharm. Helv. von 1771, Fol. 171 zu Smaragd: 
„Ex India orientali et occidentali affertur, quorum ille prae- 
stantior est, durior, grata viriditate splendens; sed et in va- 
riis Helvetiae montibus reperitur species pallide virens, quae 
Smaragdus montanus spurius dici potest.‘“ 

Die meisten Lapides dieser Frankfurter Liste kommen 
noch in der eben genannten Pharmacopöe vor. Smaragd, 
Sapphir, Hyacinth und Granat bildeten die „Fragmenta lapi- 
dum quinque pretiosorum“ der alten Pharmacopöen. 

Barbosa?) erörterte zu Anfang des XVI. Jahrhunderts 
ausführlich die Handelsverhältnisse der officinellen und ande- 
rer Edelsteine Indiens. Rubine kamen aus Pegu und Ceilon, 
Sapphire und Hyacinthe aus Ceilon, Smaragde (Smeraldi) aus 
Babilonia, das ist Bagdad. Schon das Alterthum hatte diese 
Steine aus Indien erhalten. 

8) Amethyst. 

14) Magneteisenstein. 

15) Blaue Phosphate des Aluminiums und Magnesiums, 
welche in grösster Schönheit in Persien vorkommen und im 
Zauber des Orients während des ganzen Mittelalters in hohem 
Anschen standen. Das Wort Lasur selbst scheint der per- 


A444 Die Frankfurter Liste. 


sischen Sprache anzugehören. Die aus diesem Steine berei- 
tete blaue Farbe hiess ihrer fernen Herkunft wegen Ultra- 
marin. 27) 

16) Unter Lapis armenicus wurde ein Gemenge aus 
erdiger Kupferlasur (basisches Kupfercarbonat) und kohlen- 
 saurem Kalk oder auch durch Kupferlasur gefärbter Quarz, 
zuweilen begleitet von Kupferkies, verstanden. 

Kam dieses Mineral fein zerrieben mit Säuren in Berüh- 
rung, so musste es kupferhaltige Arzneien liefern! 


-17) Den Namen Lapis lyneis führten die Belemniten; 
sie finden sich heute noch in den Preislisten und Vorräthen 
deutscher Drogenhändler. 


18) Vermuthlich Lapis pumicis, Bimstein, oder La- 
pis spongiae, die Kalkconcretionen im Badeschwamm. 

. 19) Lapis judaicus hiessen die Stacheln der in man- 
chen geologischen Formationen so häufigen Echiniten (Seeigel), 
welche im Mittelalter aus Palästina geholt wurden! Noch 
Pomet°!) gibt an, sie kommen aus Palästina! 

20) Nach einer Stelle im Arbolayre!) muss ich anneh- 
men, dass auch dieser Stein wie Nr. 17 und 19 der Palae- 
ontologie entlehnt sei. Dort heisst es nämlich p. 132,b.: 


„Lapis agapis. Cest la pierre agape que on appelle la 


pierre inday que Elle @ semblable a ung genitaire de coq et 
& roye par dehors. Et par dedens alle & ferme et clere 
comme voire. Elle est prineipalment contre empechement 
de orine.“ Pierre inday steht wohl für pierre judaique, wo- 
nach Agapes vielleicht auch eine Art Echiniten -Stacheln 
war. — Lapis agapis war übrigens schon in der medieinischen 
Schule von Salerno gebräuchlich und wird in ihren Schriften 
neben Lapis lyneis genannt. 


21) Durch Eisenoxyd in manigfach wechselnden Ver- 
hältnissen gefärbte Aluminiumsilicate, welche in den 
verschiedensten Lagerstätten vorkommen. 

22) Storax calamita war das in Blätter oder Schilf- 
rohr eingeschlagene Harz von Styrax officinalis L, also 
nicht unser heutiger Storax. 


ae eu 


Die Frankfurter Liste. 445 


23) Was unter Storax rubea zu verstehen ist, lehrt 
Valerius Cordus:!?) „...styracis rubeae, id est calamitae 
rubeae. Hic enim non est accipiendus cortex ille fuscus et 
aridus quem vocant Thymiama, perperam autem Styracem 
rubeam: sed guttae styracis calamitae purissimae, quibus ruf- 
fus est color.“ Hiernach war Styrax rubea dasselbe wohl- 
riechende Harz wie Styrax calamita, aber in losen Körnern 
vermuthlich von höchster Reinheit. 

24) Thymiama hiess nach dem eben angeführten Satze 
aus Cordus, womit auch alle frühern Nachrichten stimmen, 
die Rinde des Storaxbaumes. Im Alterthum war dies Sty- 
rax offieinalis L, in neuerer Zeit Liquidambar orien- 
talis Miller, wie Hanbury schon 1857 nachgewiesen hat. *) 
„Wahrscheinlich war es die ausgepresste oder ausgekochte 
Rinde, welche unter dem Namen Thymiama in den Handel 
kam und immer noch harzreich genug war, um ein beliebtes 
Rauchwerk abzugeben. Zu diesem Zwecke ohne Zweifel ver- 
schenkten im frühesten Mittelalter die Kirchenfürsten Thy- 
miama unl Storax. Bonifatius, der berühmte Apostel der 
Deutschen, schickte um das Jahr 745 „timiama“ dem Könige 
Aethelbald von Mercia in England und Bonifatius selbst 
erhielt dergleichen im Jahre 751 aus Rom von dem Vicedo- 
minus Benedictus. ?) 

Aus einer Stelle in den Schriften des St. Hieronymus 
vom Jahre 393 3°) möchte wohl hervorgehen, dass unter „Thy- 
miamata diversa“ auch in allgemeinerem Sinne wohlriechende zur 
Toilette brauchbare Substanzen verstanden wurden. In diesem 
Sinne kam Thymiama schon im höchsten Alterthume vor: 
Ebers, Aegypten und die Bücher Mose’s I (Leipzig 1868) 292. 

28) Bdellium. Harz oder Gummiharz indischer Bal- 
samodendron-Arten. 


29) Seraphinum oder Sagapenum, das Gummiharz 
einer uns nicht bekannten orientalischen Umbellifere. Sera- 
pion nannte die Stammpflanze ‚„similis galbano in figura 
sua.“ — Gomma Serapina, ohne Zweifel eben dieses Saga- 


*) Buchner’s Repertor, für Pharm, XII. (1863) 241, 


AAG Die Frankfurter Liste, 


penum, finde ich in Barbosa’s Preisliste von Calicut vom 
Jahre 1511, abgedruckt in Ramusio,?) Fol. 323. — In 
Kraus, Kritisch-etymologisch medicinisches Lexicon, Göt- 
tingen 1844, ist eine wenig einleuchtende Ableitung des 
Wortes Sagapenum, aus dem Persischen zu finden. — Pharm. 
Wirtenbergica von 1741 giebt serapinum a Synonym von 
Sagapenum. 

30) Gummi Hederae. Das jetzt ganz verschollene 
Gummiharz von Hedera Helix L, dessen chemische Zu- 
sammensetzung nicht ermittelt ist. 

31) Elempni oder Elemni, nicht Elemi, wurde im Mit- 
'telalter geschrieben. Das so bezeichnete Harz kam aus Nord- 
ostafrica und zwar, nach der Vermuthung meines Freundes 
Hanbury, von Boswellia Frereana Birdw. Dieser 
Baum, beschrieben und abgebildet von Birdwood in Trans- 
actions of the Linnean Society XXVII (1870) 111— 148 
steht den Boswellia-Arten sehr nahe, welche Weihrauch lie- 
fern, aber sein Product ist nicht ein Gummiharz, sondern ein 
nur von ätherischem Oele begleitetes Harz, das in Südarabien 
unter dem Namen Luban Mati bekannt ist. Dieses wäre 
somit das Elemi oder Elemni des Mittelalters und wohl auch 
schon des Alterthums.. Im Arbolayre!) wurde es für das 
Gummi. eines Limonenbaumes oder Lorbeerbaumes (loree) 
erklärt und vor Fälschungen desselben gewarnt. In späterer 
Zeit wurde der Name Elemi auf ähnliche Producte Brasiliens 
und Südamericas übertragen, dann auch auf das terpenthin- 
artige Secret von Canarium-Arten der Philippinen. Merk- 
würdigerweise gehören die Bäume, welche das moderne Elemi 
liefern alle in die Familie der Burseraceen, wie Boswellia. 

34) Opopanax, Gummiharz der südeuropäischen Dol- 
denpflanze Opopanax eiTrorum Koch, chemisch nicht 
. genügend erforscht. 

36) Ladanum, das Harz des auf den griechischen In- 


seln wachsenden Cistus ereticus L und anderer Cistus-  - 


Arten, welches jetzt kaum mehr im Handel vorkommt. 
In botanischer Hinsicht haben zuletzt darüber berichtet 
Unger und Kotschy, Die Insel Uypern, 1865. 393. — 


Die Frankfurter Liste. 447 


Statt Ladanum trifft man in der mittelalterlichen Literatur 
häufig die Ausdrücke Laudanum, Labdanum und Lapdanum. 


37) Sarcocolla. Muthmasslich das ganz aus dem Han- 
del verschwundene, in chemischer Hinsicht nicht genauer 
untersuchte Exsudat des wenig bekannten äthiopischen Strau- 
ches Penaea Sarcocolla L. Zu vergl. Polak, Persien. 
Land und Leute. II. (1865) 285. 

40) Vernix ist vielleicht arabischen Ursprunges; es be- 
deutet nichts anderes als unser heutiges Sandarakharz, in 
welchem Sinne das Wort sich z. B. bei Serapion °®) und bei 
den Salernitanern *°) findet. Ein höchst merkwürdiges Buch 
aus dem XI. Jahrhundert, „De diversis artibus“ 62) führt 
weitere Belegstellen aus arabischen Schriften an und erläutert 
umständlich die Darstellung eines Firnisses aus 1 Theil die- 
ses Harzes und 2 Th. Leinöl. Es geht daraus hervor, dass 
das Wort Firniss geradezu von diesem Harze abgeleitet 
ist; letzteres hiess nämlich auch fornis, fernix und seine 
Auflösung in Leinöl werde als liquida fernix oder vernix 
bezeichnet. Theophilus schildert das Sandarakharz sehr 
bezeichnend: „.....habet speciem lucidissimi thuris, sed 
cum frangitur, fulgorem clariorem reddit.“ 


‚Merkwürdigerweise findet sich auch der Name Glassa 
für Sandarak. 


Die technische Verwendung des Sandaraks wird vom 
„Arbolayre“ pg. 53,b in naiver Weise hervorgehoben: !) 


„Bernix. cest la gomme dune arbre qui croit oultre mer. 
de celle arbre decoult une gommosite . qui par la chaleur du 
soleil seiche et endureist....... on lapelle vernix.... Et 
a vertu de conioindre et de conglutiner . de esclargier et de 
conseruer. La quelle chose peut apparoir car les pointres le 
mett@t sur leurs aultres coleurs. affin quelles reliussent et 
quelles se gardent mieulx.... “ In medieinischer Hinsicht 
aber diene Sandarak „contre flux de sanc du nez.“ 


In Betreff der Abstammung des Sandaraks mag auf die 


pharmacognostischen Lehrbücher und Handbücher verwiesen 
werden, 


448 : Die Frankfurter Liste. 


Was Konrad von Megenberg im XIV. Jahrhundert 
unter dem Namen Vernix beschrieb, scheint ganz verschieden 
zu sein; vielleicht liegt ein Missverständniss von seiner Seite 
zu Grunde. 

41) Bernstein. 

42) Wohl kaum unser heutiges Colophonium, Plateari iusiß) 
wenigstens schreibt vor, es müsse schwarz sein. 

46) Wurzel des ostindischen Strauches Ipomoea Tur- 
pethum R. Brown. Ihre Kenntniss ging von den Arabern 
an die medicinische Schule von Salerno über; Constantinus 
Africanus z. B. erwähnt zu Ende des XI. Jahrhunderts, zuerst 
im Abendlande Turlith. — Siehe auch Meyer, Geschichte 
der Botanik III (1856) 483. 

51) Hanbury hat (Buchner’s Repertor. f. Pharm. XIX. 
98) 1869 den Nachweis geliefert, dass in Calabrien nicht vor 
.. der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts Manna gesammelt 
" wurde. Die Manna granata, welche in unserer Liste hier 
aufgeführt ist, muss daher wohl eine orientalische Sorte ge- 
wesen sein. Unter den von Ludwig, Archiv der Pharm. 
193 (1870) p. 32, aufgezählten und beschriebenen Mannasor- 
ten des Orients würde etwa die Alhagi-Manna als körnig, 
granata, bezeichnet werden können und sie tritt in der That 
reichlich genug auf, um einen Handelsgegenstand abzugeben. 

52) Cassia fistula, die Hülse des gleichnamigen, 
schon in Aegypten wachsenden orientalischen Baumes, der 
bis Indien und Centralafrika verbreitet ist. 

55) Sebesten, die den Pflaumen ähnlichen Früchte 
der Cordia Myxa L, eines von Aegypten bis Ostindien 
verbreiteten Baumes, aus der den Labiaten verwandten Fa- 
milie der Cordiaceen. Die Früchte sind jetzt nicht mehr. im 
Handel zu treffen, doch in Turkestan und Indien noch offiemell. 

56) Getrocknete Weinbeeren, welche wohl schon seit 
dem Alterthum Handelsartikel waren. 

- 57) Die unter dem Namen Myrobalanı bekannten 
Früchte sind wohl geeignet, den Wechsel der Zeiten zu ver- 
anschaulichen. Während des ganzen Mittelalters und bis in 
unser Jahrhundert gehörten sie, wie es scheint, zu den 


Bu; 


Die Frankfurter Liste. 449 


unentbehrlichsten Drogen, während sie heutzutage höchstens 
noch in geringer Menge als Gerbematerial in Europa eingeführt 
werden.*) Des billigen Preises wegen eignen sie sich dazu sehr 
wohl, obwohl ihr Gerbsäuregehalt geringer ist als der der Gallen 
und nicht die Hälfte ihres Gewichtes erreicht. Hennig fand 
45 pC.: Wiggers- Husemann’scher Jahresbericht 1869. 113. 
Myrobalani Emblici sind die Fruchtschalen einer ostin- 
dischen strauchigen Euphorbiacee, Phyllanthus EmblicaL; 
die 4 andern Sorten stammen von Terminalia- Arten, 
grossen Bäumen aus der ebenfalls indischen Familie der 
Combretaceen. Terminalia citrina Roxb. liefert die My- 


robalani citrini, T. Bellerica Roxb. die M, Bellericae, T. 


Chebula Retzius die M. Chebulae; der Name weist auf Cabul, 
bis wohin dieser Baum sich -westwärts verbreitet. Diese drei 
Myrobalanensorten sind die reifen Früchte, während unter 
dem Namen der schwarzen oder indischen Myrobalanen die 
unreifen Früchtchen vorzüglich der Chebula bekannt waren. 

Die von den Terminalien gelieferten Myrobalanen hiessen 
auch mit einem arabischen Ausdrucke Helileth; derselbe 
findet sich da und dort in mittelalterlichen. Zolltafeln. 

Zur Zeit von Ulusius, gegen Ende des XVI. Jahrhun- 
derts wurden, wie er in Gargia d’Orta’s Aromatum Historia. 
Lib. I. Cap. 27, berichtet, in Antwerpen die Emblica - Früchte 
in grösster Menge eingeführt, die der Chebula am seltensten. 

Im XIV. Jahrhundert kommen Myrobalanen, vermuthlich 
die letztgenannten, vor als Tribut, wovon die persische Pro- 
vinz Korassan 3000 Pfund an den Staatsschatz des Chalifen 
El Mamoun nach Bagdad zu liefern hatte. #0) 

Pharmacopoeia of India (p. 88) empfiehlt die frigehen 
Chebula-Myrobalanen als ein sehr mildes zuverlässiges La- 
xans. — Im Mittelalter kamen Myrobalanen auch eingemacht 
nach Europa. So treffen wir miraboloni conditi 1471 
unter denjenigen Drogen, welche die Wurzelkrämer zu Hei- 
delberg ®*) nach pfalzgräflicher Verordnung nicht feil bieten 
durften und im Zolltarife des Venetianers Bartholomeo di 


, *) Anders ira Öriente, wo sie z, B. auch in Turkestan noch viel gebraucht  _ 


werden. — Vrgl. Dragendorff, in Buchner’s N, Repert,f. Ph. XXI(1872) 526, 
Arch. d, Pharm. III. Reihe, I. Bds. 5. Hft. 29 


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450 Die Frankfurter Liste. 


Pasi von 1521 werden genannt: „Mirabalani conditi e 
secchi e di ogni sorte. “ 

63) In der Liste Alphita 1%) der Salernitaner Schule 
wird diese Droge folgendermaassen erklärt: „Epithymum 
appellamus fila quaedam quae nascuntur super thymum et 
super alias herbas et fructiches sed eo magis utimur qui super 
thymum oritur.“ Also Cuscuta Epithymum Smith, die 
schon im Alterthum als Purgans galt. Auffallenderweise folgt 
(unter Nr. 220) auch noch Cuscuta, wahrscheinlich die auf 
inländischen Pflanzen schmarotzende Art im Gegensatze zu 
der auf Thymus vulgaris vorkommenden höher geschätzten. 
In den französischen Zolltafeln des XVI. Jahrhunderts, bei 
Fontanon !3) findet sich noch Epithim. 

64) Spica Nardi, auch Radix Nardi genannt, ist der 
Wurzelstock der schönen Valerianee Nardostachys Jata- 
mansi DC, welche im Himalaya wächst. Er ist von abge- 
storbenen Blattresten ganz umhüllt und erhält dadurch ein 
sehr eigenthümliches Aussehen. Diese seit den ältesten Zei- 
ten der indischen Medicin hochberühmte Droge erscheint noch 
jetzt gelegentlich auf dem Londoner Markt; sie entspricht 
völlig der Abbildung, welche Nees in Band III, Taf. 58 der 
Düsseldorfer Sammlung nach Royle’s Illustr. of the Himalayan 
mountains Tab. 54 gegeben hat. Das Aroma der Spiea Nardi 
erinnert an Patchouli und Baldrian. 

. 65) Im „Herbarius“ wird Romis spica als Synonym 
von Spica celtica gegeben; ich muss dahin gestellt lassen, ob 
unter ersterem Namen doch vielleicht eine besondere en 
riana verstanden war. 

66) Wurzelstock der Valeriana celtica L, welche 
in den südöstlichen Alpen wächst und schon im Alterthum, 
auch wohl Saliunca genannt, hochgeschätzt war. Der Wur- 
zelstock wurde merkwürdigerweise schon damals, wie noch 
jetzt vom Orient begehrt, während die indische Narde wie 
unter Nr. 64 erwähnt, den umgekehrten Weg einschlug. 

68) Alo& socotorina. | 

69) Alo& eaballina war keineswegs, wie man oft 
annimmt, nur eine verunreinigte Alo&-Sorte, sondern derjenige 


Die Frankfurter Liste. 451 


Antheil des Aloesaftes, welcher sich bei dem Einkochen in 
den Kesseln absetzte.e Was sich klar, von der Oberfläche 
abschöpfen liess, lieferte die reinste socotorinische Aloe, wäh- 
rend die darauf folgenden Schichten die Alo& hepatica gaben. 
So wenigstens berichtet die von Henschel??) aufgefundene 
Salernitaner Handschrift aus dem Ende des XII. Jahrhunderts 
in Uebereinstimmung mit Platearius und fügt bei: „Aloes 
caballinum nigrum fetidum bonum.“ Nach der Angabe der 
Salernitaner kamen Aloepflanzen damals auch in Apulien vor. 

76) Die Früchte des ostindischen Semecarpus Ana- 
cardium L, welche noch jetzt in Europa nicht ganz aus der 
abergläubischen Volksmediein verschwunden sind. 

77) C. Ph. von Martius hielt Nuces indicae für 
Muskatnüsse. Diesem Gewürze nemlich hat er in Fasciculus 
11—12 seiner grossen Flora Brasiliensis fol. 133 einen 
Excurs: „De nucis moschatae et macidis historia litteraria 
adversaria“ gewidmet.*) Martius hält dafür, dass A&tios 
aus Amida in Mesopotamien schon in der Mitte des VI. Jahr- 
hunderts die Muskatnuss gekannt habe. Die betreffende 
Stelle in: Aötii mediei Graeci contractae ex veteribus medici- 
nae tetrabiblos...... Basileae, Frobenius 1542 **) fol. 928 
enthält in cap. XXII die Vorschrift zu einem Rauchwerke, 
Suffumigium moschatum, wozu auch Nuces indicas tres 
genommen werden sollen. Diese Nüsse für Muskatnüsse 
zu halten, liegt freilich nahe, aber aus zahlreichen Stellen der 
geographischen und botanischen Literatur des Mittelalters 
geht hervor, dass unter Nux indica sehr oft nichts anderes 
als Öocosnuss verstanden worden ist. Ich beschränke mich 
in dieser Hinsicht auf folgende drei Stellen. Erstens be- 
schreibt schon im VI. Jahrhundert Kosmas Indikopleu- 
stes den Baum, welcher die grossen indischen Nüsse lie- 
fere, unverkennbar als Cocospalme.***) Die indische Nuss 


*) Deutsch in Buchner’s Repertorium f. Pharmacie IX (1860) 529 
bis 538. 
**) Diese von Meyer, Geschichte der Botanik II. 377 nicht erwähnte 
Ausgabe besitzt die Berner Bibliothek, 
**«*) Nachzulesen bei Meyer, Geschichte der Botanik II (1855) 388, 
29 * 
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453 Die Frankfurter Liste, 


selbst wird zweitens ganz eben so genau beschrieben von 
Ibn-Batuta, dem berühmten arabischen Reisenden des 
zweiten Drittels des XIV. Jahrhunderts.*) Drittens endlich 
äussert der Bologneser Lodovico Barthema, welcher 
1504 bis 1506 Indien besuchte, geradezu: „Noci d’India che 
si chiamano Cochos“ und beschreibt sie ‘ebenfalls deutlich. 
— Die Stelle, an welcher in der Frankfurter Liste Nux 
indica untergebracht ist, spricht auch zu Gunsten der Ansicht, 
dass Cocosnuss gemeint sei. 

Aber nicht selten wurde doch unter Nux indica etwas 
anderes als Cocosnuss verstanden. So setzt die Liste „Al- 
phita“ in der Oollectio Salernitana. 1) Nux vomica gleich 
Nux indica, während französische Zolitabellen aus dem Jahre 
154218) Noix. d’Inde und Noix vomique als unzweifelhaft 
verschiedene Dinge aufführen. Bei Nux vomica wird man 
übrigens kaum an den heute so genannten Strychnossamen 
denken dürfen. Wenigstens passt dazu nicht die Aeusserung 
des berühmten Arztes der Salernitaner Schule, Platea- 
rius,5°) welcher bei Nux vomica angibt, nur die innern 
Theile, nicht die Rinde, würden gebraucht und dienten zum 
Brechen wie zum Purgiren. Der Londoner Drogist Jo. Jac. 
Berlu verglich?) 1724 Nux indica mit Muscatnuss, fügte 
jedoch bei, erstere färbe den Speichel roth, was allenfalls auf 
Arecanuss passen konnte. — Im Arbolayre!) werden Nux 
muscata, Nux indica und Nux vomica als offenbar verschie- 
dene Dinge aus einander gehalten wie bei Platearius. | 

78) Samen von Cupressus sempervirens L. 

79) Galläpfel aus Morea, nicht aus der Gegend von Rom. 

80) Eingemachte Citronen waren wohl schon lange zum 
Küchengebrauche bekannt, 

84) Die schleimigen Knollen des südeuropäischen Aspho- 
delus ramosus L, und A. albus Willd, welche sehr reich 
an Schleim (Dextrin?) und Zucker sind, daher als Klebemittel 
und auch zur Weingeistgewinnung verwerthet werden kön- 
nen, 20) da sie stellenweise die Berge der Mittelmeerländer 
massenhaft schmücken. So traf ich z. B. Asphodelus albus 


_ *) Meyer, 1. c. III, 315. 


Die Fränkfurter Liste. 455 


im September in Menge blühend auf Anacapri im Golf von 
Neapel als willkommene Zierde der öden Kalkfelsen. — Mit 
dem Beisatze golden wurde im deutschen Mittelalter die 
Bezeichnung Affodill auf Lilium Martagon übertragen. 
Die Ausläufer des Wurzelstockes einer den obigen Pflanzen 
nahe verwandten Art, Asphodelus Kotschyi Strilack, 
welche im Hauran und Antilibanon wächst”), haben vorüber- 
gehend vor einigen Jahren unter dem Namen Radix Cornio- 
lae oder Rad. Nourtoak einiges Aufsehen gemacht. €”) 

86) Branca ursina, unser heutiges Heracleum 
Sphondylium L. | | 

89) Costus war im Alterthum so wie durch das ganze Bi: 
Mittelalter hindurch ein sehr hochberühmtes Gewürz. Schon 
im III. oder IV. Jahrhundert vor Chr. wurde Kostos von 


Theophrast genannt. Von dem ausserordentlichen Anse- iR 
hen, in welchem damals diese Wurzel stand, gibt uns eine 2 
Schenkung an den Apollotempel in Milet, im Jahre 243 vor Yu 
Christus, einen Begriff. Die von Seleucus Il. Kallinikus, “ 
König von Syrien und seinem Bruder Antiochus Hierax Be 
dargebrachten Gaben enthielten ausser goldenen und silbernen. 79 
Gefässen auch 10 Talente Olibanum (Aıßavwrov), 1 Talent 0 
Myrrha (ouvovn), 2 Pfund Kasia, 2 Pfund Kinnamomon, 2 Pfund a 


Kostos.®) — Dioscorides unterschied arabischen ‚und 
indischen Kostos, unsere Liste Costus amarus und Costus 
duleis; wahrscheinlich waren diese Unterschiede in Wirklich- 
keit nicht begründet. 

Auch im Abendlande war diese Wurzel schon sehr früh 
oekannt. So finden wir sie z.B. in einem Diplom Chilpe- 
richs II. vom Jahre 716 für das Kloster Oorbie bei Amiens. *?) 
— Im Jahr 745 sandten der Römische Diacon Gemmulus 
und 748 der Archidiacon Theophilacias aus Rom an Bo-. 
nifatius, den Apostel der Deutschen, Geschenke bestehend 
aus Zimmt, Costus, Pfeffer und Weihrauch, und zwar nur 
4 Unzen von jedem der beiden erstern Gewürze.) Wem 
so hochstehende Würdenträger geschenkweise so geringe 


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*) Auch in Turkestan sind Asphodelus-Knollen unter dem Namen 
Scharatsch nach Dragen dorff wohl bekannt. 


454 Die Frankfurter Liste. 


“ Quantitäten derselben in das ferne Deutschland schickten, so 
mussten diese Drogen werthvoll genug erscheinen.. In der- 
selben Gesellschaft von Zimmt und Pfeffer wird ‘Costus ferner 
in einem St. Gallischen Küchenrecepte aus dem IX. Jahrhun- 
dert, getroffen. !*) 

Auch in Indien und China spielte Costus von jeher 
eine grosse Rolle und wurde auch geraucht; jetzt dient die 
Droge dort zum Räuchern in Tempeln, als Schutzmittel für 
Kleider gegen Insectenfrass oder auch als Zahnwehmittel. 
In Indien und Kaschmir heisst sie Koot, in China Puchuk 
oder Putchuk; unter dem Namen Puchopoco findet sich die 
Wurzel schon im Sommario2) fol. 372 als Einfuhrartikel 
in Hinterindien zu Anfang des XVI, Jahrhunderts. Thun- 
berg®°) traf Costus als Gegenstand des holländischen Han- 
dels nach Japan und Milburn?”) sowohl als in neuester 
Zeit wieder Porter Smith?) und die amtlichen Ausweise 
über den englisch-chinesischen Handel ®*) nennen Putchuk 
. fortwährend als Einfuhrartikel nach China. 

Die Pflanze, welche die Kostwurzel liefert, wächst in den 
Alpen von Kaschmir in Höhen von 10000 bis 13000 Fuss, 
besonders im obern Flussgebiete des Dschilam und Tschinab. 8°) 


Sie gehört zur Familie der Compositen und ist von Decaisne | 
als Aplotaxis Lappa, von De Candolle als Aplotaxis 


auriculata, von Falconer als Aucklandia Costus be- 
schrieben worden. Der letztere jedoch führte (1840) erst den 
Beweis, dass die Wurzel dieser Pflanze die hochberühmte 
Radix Costi ist. In den genannten Bergländern des obern 
Pendschab scheint die Pflanze zum Theil angebaut zu wer- 
den,54) und nach Stewart °0) ein einträgliches Monopol der 
Fürsten von Kaschmir zu bilden. 

Alles deutet darauf, dass diese Gegenden die kostbare 
Wurzel schon im höchsten Alterthum geliefert haben. Für das 
Abendland gelangte sie stromabwärts an die See und zunächst 


nach der Südostküste Arabiens, daher die Bezeichnung Costus 


arabicus, wie ja umgekehrt z. B. der arabische Weihrauch, 
welcher nach Indien verschifft wird, den Namen indischer 
Weihrauch annahm. Es ist bemerkenswerth, wie die Radix 


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Die Frankfurter Liste, 455 


Costi, nachdem sie bei uns längst verschollen, doch von den 
Örientalen immer noch hoch geschätzt ist. 

Die mir vorliegenden unzweifelhaft echten Stücke der 
Kostwurzel stimmen mit der Abbildung in Guibourt’s 
Histoire naturelle des drogues simples III (1869) 33 voll- 
kommen überein; sie erinnern in Betreff ihres Aussehens und 
ihres Geschmackes an Radix Enulae, in Hinsicht des Geru- 
ches an Kamille. Die Kostwurzel ist aber von derber holzi- 
ger Beschaffenheit; ihr Geschmack scharf aromatisch, in 
manchen Stücken etwas kratzend, dabei deutlich bitter, im 
ganzen kann ich ihn durchaus nicht etwa angenehmer finden 
als den der Radix Enulae. In mikroskopischer Hinsicht bietet 
Aucklandia denselben Bau dar wie die aromatischen Compo- 
sitenwurzeln im allgemeinen. Die Rinde, besonders der Wur- 
zeläste enthält grosse Balsamgänge, welche weniger zahlreich 
in den Markstrahlen vorkommen. Das Parenchym zeigt Inu- 
lin in formlosen Splittern, wie andere Wurzeln derselben 
Familie; Krystalle habe ich nicht bemerkt. Von einer che- 
mischen Untersuchung der Aucklandia dürfte man sich, im 
Hinblicke auf Radix Enulae, wahrscheinlich nicht uninter- 
essante Resultate versprechen. Die Kostwurzel ist jedoch in 
Europa nicht mehr zu finden oder höchstens in Sammlungen. 
Schon im vorigen Jahrhundert klagte Pomet,°?) dass Costus 
amarus und noch mehr Üostus dulcis selten geworden sei. 
Der letztere Name war ja sogar übertragen worden auf die 


westindische, keineswegs etwa süss schmeckende Rinde der a 
Canella alba Murray, welche gleichzeitig auch er 
irrigerweise für Wintersrinde (Drimys Winteri Forster) ge- 
halten wurde. Pharm. Helv. von 1771 z. B.**) beschränkte B: 
den Namen Costus amarus oder Costus arabicus auf die : 


Aucklandia- Wurzel, welche sie aber dann irrigerweise „ex a 
utraque India“ ableitete. | En 

92) Von Dietamnus Fraxinella L. ER .; 

93) „Inula, quae graece dieitur Helenium,“ wie 
Marcellus Empiricus in der ersten Hälfte des V. Jahr- 
hunderts unserer Zeitrechnung überliefert,32) war schon von 
den hippokratischen Aerzten gebraucht und hat sich durch 


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456 Die Frankfurter Liste. 


das ganze Mittelalter in hohem Ansehen erhalten. Diosco- 
rides, Plinius, Columella und andere römische Schrift- 
steller über Botanik und «Landwirthschaft besprachen die Oul-- 
tur dieser Pflanze. Möglich, dass das Beiwort „campana, “ 
welches unsere Handschrift der Enula ertheilt, im Zusammen- 
hange steht mit der Landschaft Campania um Neapel, der 
heutigen mit Recht gepriesenen Campagna felice; jene Bezeich- 
nung findet sich bereits in der alten Literatur, z. B. bei Ve- 
getius und hat sich im englischen Ausdrucke „Elecampane“ 
erhalten. An den deutschen Namen Alant erinnert die 
Bemerkung Isidors, des Bischofs von Sevilla zwischen 596 
und 636: „Inula quam Alam rustici vocant,“®3) ohne dass 
ich dafür eine Erklärung zu geben wüsste. 

96) Von der in Deutschland einheimischen Spiraea 
Filipendula L. ; 

98) Von Geum urbanum L. | 

99) Knollen von Colchicum variegatum L und 
vielleicht noch andern Arten; sie kamen früher aus dem Orient 
zu uns und sind noch jetzt in den Bazars von Östindien wie 


in Turkestan zu treffen. — Da sie bei uns längst verschollen 
sind, so möge es genügen, auf Planchon’s Monographie #8) 
zu verweisen. — Die Eigenschaften des Knollens dürften wohl 


mit denen unseres einheimischen Colchiecum autumnale über- 
einkommen und würden nähere chemische Prüfung verdienen. 

103) Vermuthlich von Cochlearia Armoracia L. 

105) Entweder, wie Meyer (Geschichte d. Bot. IV. 157) 
annimmt, von Arum Arisarum L, einer in Südeuropa und 
Nordafrica einheimischen Art, oder auch von Arum macu-. 
latum L. Bei Jarus steht im „Arbolayre“ die Abbildung 
des letztern. 

106) Im „Herbarius“ 23) findet sich unter Serpentaria, 
Noteriwurz, unverkennbar die Abbildung von Polygonum 
Bistorta L. Sonst hiess dessen Wurzel auch wohl Colum- 
baria, Columbina oder Colmaria und es ist auffallend, dass 
unsere Liste unter Nr. 85 schon Radix Bistortae nennt. 

108) Von Doronicum Pardalianches L. 

109) Peucedanum officinale L. 


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Die Frankfurter Liste, 457 


111) Radix Althaeae von Althaea officinalis L; 
richtiger Bismalvae. 

113) Radix Paeoniae. 

114) Wohl nichts anderes als die gewöhnliche Krapp- 
wurzel von Rubia tinetorum L, im Gegensätze zu Ga- 
lium Aparine L, welches Rubea minor hiess. 

115) Saceriones ohne Zweifel (Radix) Satyrionis, die 
Knollen von Platanthera bifolia Rich. 

116) Soll heissen Iringii; die Wurzel des Eryngium 
campestre L, wie die Abbildung im „Herbarius“2°) 
deutlich zeigt. Die Pflanze heisst daselbst Juringus, Krus- 
distel. 

117) Von Ruscus aculeatus L. 

118) Von Asparagus officinalis L. 

119) Von Saxifraga granulataLl. 

120) Teucrium Scordium?? 

124) Von Anchusa officinalis E. 

125) Von Nymphaea alba L. 

129) Rosmarin. 

130) Das Wort Chamomilla stammt zwar aus dem 
Alterthum, ob darunter aber gerade unsere Matricaria Cha- 
momilla verstanden worden war, bleibt sehr fraglich. Im 
Mittelalter, z. B.e im XIII. Jahrhundert von Albert dem 
Grossen, wurde die Bezeichnung unzweifelhaft auf mehrere 
Compositen angewendet; er erwähnt einer weissen, gelben 
und purpurnen Kamille. — In den ältern deutschen Arznei- 
büchern finde ich Chamomilla nicht; erst Tragus €°) bildete 
Matricaria Chamomilla und Anthemis nobilis ab. 

132) Die Blüthenstände von Lavandula StoechasL. 
Diese schöne wohlriechende Labiate ist durch das Mittelmeer- 
gebiet bis Portugal und Teneriffa verbreitet und hat im Alter- 
thum den Hyerischen Inseln bei Toulon den Namen Insulae 
Stoechades gegeben. Die Pflanze war bei den Alten schon im 
Gebrauch; weshalb sie im Mittelalter den Zunamen arabica 
erhielt, ist mir nicht klar und ich finde keinen Beweis für 
Martiny's Angabe (in der Encyelopaedie der med. pharm. 
Rohwaarenkunde I. 655) dass die Venetianer Lavandula 


458 Die Frankfurter Liste. 


Stoechas aus Arabien bezogen hätten. Nach F. de -Gingins- 
Lasarraz, Histoire naturelle des Lavandes, Geneve 1826, _ 
p. 33. 128 scheint sie gar nicht in Arabien zu wachsen. 


133) Heliehrysum arenarium DC. (Gnaphalium 
arenarium L.) In Deutschland, besonders am Rhein einhei- 
misch. Die hübschen Blüthenköpfchen empfahlen sich nur 
durch ihr schönes Aussehen und die grosse Haltbarkeit, da 
ihnen jedes Aroma abgeht. 


134) Mir unbekannt. Unter den Rinden kommt noch 
Cortex Tamarisci vor (Note 321); dass auch Flores Tama- 
risci hier genannt werden, beruht vielleicht auf einem Ver- 
sehen bei der Abfassung des Verzeichnisses ? 


137) Andropogon laniger Desf. (Cymbopogon Iwa- 
rancusa Schult. Andropogon Schoenanthus L., zum Theil.) 
Dieses zierliche aromatische Gras, auch Kameel-Heu genannt, 
wächst bei Kandahar €) und vermuthlich auch im nordwest- 
lichsten Theile der vorderindischen Halbinsel. Sein Geruch 
erinnert an Citronen und Terpenthin. Diese Droge scheinen 
Theophrast und Dioscorides: unter dem Namen Schoi- 
nos bereits gekannt zu haben; sie wurde im Alterthum oft 
aus Arabien abgeleitet, wohin sie aus Indien zunächst gebracht 
wurde, aber dort nicht einheimisch ist. Noch einige andere 
Andropogon-Arten mehr enthalten ätherische Oele, welche z. B. 
in Ostindien in grösserer Menge dargestellt und zu Einreibungen 
verwendet werden. So das Lemongrass-Oel oder Verbena- 
Oel und Citronelle- Oel der Pharmacopoeia of India. Dahin 
gehört ferner auch das Rusia-Oel, welches zur Verfälschung 
des Rosenöles von Kisanlik dient. *) 

Unter den Pharmacopöen der Gegenwart ist wohl die 
französische von 1866 die einzige, welche Herba Schoenanthi 
noch (als Bestandtheil des Theriaks!) beibehalten hat. Dazu 
als würdiges Seitenstück auch Terra sigillata. Doch ist es 
meines Wissens selbst in Paris nicht möglich, sich Herba 
Schoenanthi wirklich zu verschaffen. 


*) Flückiger, Lehrbuch der Pharmacognosie 96. 


Die Frankfurter Liste, 459 


138) Vitex Agnus castus L. aus der Familie der 
Verbenaceen, in der südeuropäischen Flora gleichsam die nor- 
dischen Weiden vertretend, ist ein hübscher schon von der 
antiken Welt sehr wohl beachteter und benutzter Strauch. 
Die sehr aromatischen Samen sind noch gar nicht chemisch 
untersucht. 

141) Von Rumex Acetosal. 

143) Atriplex hortensis L. 

144) Früchtchen von Ammi majus L, einer Um- 
bellifere der Mittelmeerländer. 

145) Früchte der südeuropäischen Umbellifere Sison 
Amomum L; sie bildeten mit denen von Ammi majus, 
Apium graveolens L und von Daucus CarotaL die 
Semina quatuor calida minora. — Wahrscheinlich ist auch 
das Amomum, welches S. Hieronymus ?®) im Jahre 393 als 
Parfümerieartikel nannte, auf diese Früchte zu beziehen. 

146) Berberis vulgaris L? 

147) Ruscus aculeatusL. 

148) Asparagus officinalis L. 

149) Cuscuta europaea L. — Vergl. auch Bemer- 
kungen zu Nr. 63 oben. 

150) Conium maculatum L. 

151) Semen Cataputiae von Riecinus communis L. 

152) Semen Coceognidii von Daphne Mezereum L. 

153) Die Samen des Kürbisses (Cueurbita Pepo L), 
der Wassermelone (Cucumis Citrullus Schrader), der 
Melone (Cucumis Melo L) und der Gurke (Cucumis 
sativus L) bildeten die Semina quatuor frigida majora der 
alten Mediein. Als entsprechende Tetralogie standen gegen- 
über die Semina quatuor frigida minora, nemlich Semen (i- 
chori, Sem. Endiviae oder Scariolae, 8. Lactucae und 8. 
Portulacae. 

157) Coriander. 

166) Der- Name Git findet sich bei Plinius für den 
Schwarzkümmel, Nigella sativa L ®) und wurde in glei- 
cher Bedeutung im Capitulare Karls des Gr. vom Jahre 
812 gebraucht.*°) Im spätern Mittelalter aber findet sich der 


: # 


469 Die Frankfurter Liste. 


Name wegen der Äehnlichkeit der Samen auf Agrostemma 
Githago L übertragen. In letzterem Sinne steht vermuth- 
lich Gith und Githerut auch schon in den Libris physieis 
der heiligen Hildegard aus der zweiten Hälfte des XII. Jahr- 

-hunderts. 3?) Im der vorliegenden Liste ist wohl Git ebenso 
aufzufassen, da Semen Nigellae nachher noch eigens aufge- 
führt ist. 

167) Von Lithospermum officinale L. 

168) Von Salvia Sclarea L in Südeuropa. 

169) Genista tinctoria L. 

170) Lupinus albus L. 

173) Pistacia Lentiscus L? 

174) Von Ocimum basilicum L. 

175) Myrtus communis L, 

177) Von Rhus coriaria L, deren Blätter und Früchte 
schon im Alterthum zum Gerben dienten, während die Samen 
„wie Salz“ auf Speisen gestreut wurden, wie Dioscorides 
und Plinius anführen. 

183) Früchtehen der Umbellifere Athamanta mace- 
donica Sprengel (Bubon macedonicum L); sie hiessen auch 
Semen Apii petraei, Die Stammpflanze ist auf der Balkan- 
halbinsel und in Nordafriea einheimisch, 


185) Früchtchen des Seseli tortuosum L, einer 
Umbellifere Südeuropas und des Orients; die aromatischen 
Früchte hiessen auch Semen Seseleos massiliensis. Apicius 
Cölius (Mitte des III. Jahrh. unserer Zeitrechnung) bezeich- 
nete sie in seiner Schrift „De opsoniis“ als Sil gallicum. °°) 


186) Soll heissen Sileris montani, Früchte des besonders 
in den Alpen einheimischen Laserpitium Siler L. (Siler 
montanum Crantz). Sie sind im französischen Theile der 
Schweizeralpen jetzt noch unter dem Namen Sermontain in 
der Veterinärmediein bekannt. Surmontaigne ist zum Jahre 
1304 genannt unter den in Brügge gehandelten Gewürzen. 6°) 
Auch in England muss die Einfuhr dieser Früchte bedeutend 
gewesen sein, da im Jahre 1305 „Ciromontanum“ auf 
London bridge zollpflichtig war.°”) Im Herbarius 22), steht 9 


# 


Die Frankfurter Liste. 461 


bei Siler montanum, wil(d) kommel, eine unkenntliche Abbil- 
dung dieser Umbellifere. 


183) Dass hierunter die Früchtehen der Rosen zu ver- 
stehen seien, deutet schon die Stelle an, welche „Antere“ 
hier unter dem Buchstaben R gefunden. In Alphita, jener 
Drogenliste der Salernitanerschule,!!) steht ausdrücklich: 
„Anthera semen Rosae..“ Und in Diefenbach'!?) noch 
genauer: „Antera, das gele semelin in den rosen.“ 


189) Von Raphanus sativus L. 

190) Vielleicht Semen Scopariae von Sarothamnus 
vulgaris Wimmer (Spartium scoparium L), oder Semen 
Saturegiae von Satureja hortensis L? 


191) Von Euphorbia Lathyris L. 


194) Fructus Foeniculi; in der altgriechischen Sprache, 
wie noch jetzt, heisst der Fenchel Märathron. 

196) Von Althaea officinalis L, 

198) Von Potentilla reptans L. 

199) Die Hülsen der in Aegypten einheimischen Acacia- 
Arten, vorzüglich der A. arabica Willd- und A. nilotica 
DeÜ sind sehr gerbstoffreich. Sie wurden vor der Reife aus- 
gepresst, der Saft zur Trockne eingedampft und in Blasen in 
den Handel gebracht. Diese adstringirende saure Masse ist 


wohl der in vorliegender Liste gemeinte Succus Acaciae, 


der schon von Dioscorides erwähnt wurde, jetzt aber längst 
nicht mehr im Handel vorkommt.. Schon im frühern Mittel- 
alter bereitete man in Europa aus den Beeren von Prunus 
spinosa L einen ähnlichen Saft und gebrauchte ihn statt 
des ägyptischen. Der Name Flores Acaciae hat sich daher 
auch bis auf unsere Tage für die Blüthen des letzteren 
Strauches erhalten. 


200) Propolis, das aromatische Stopfwachs oder Vor- 
wachs der Bienen, war schon im Alterthum von medicinischer 
Seite beachtet. Es war noch offieinell in der Pharmacopoea 


 Wirtenbergica von 1741, welche es fol, 125 folgendermassen 
eharacterisirte: 


462 Die Frankfurter Liste. 


„Propolis est crassa illa cerosa materia, qua apes favos 
agglutinant, rimas et latera alveorum obducunt, atque domi- 
eilium non solum firmant, sed et externi aeris accessum im- 
pediunt.“ 

Dieses höchst eigenthümliche Product der Bienen dürfte 
wohl in chemischer Hinsicht genauer Untersuchung werth 
sein; die wenigen darüber vorhandenen Angaben !?) sind 
ungenügend und veraltet. 

201) Nach der „Alphita“ in der Collectio Salernitana 1?) 
wäre Ypocistidis: „fungus qui nascitur ad pedem rosae 
caninae.“ Dieses Gewächs ist aber kein Pilz, sondern eine 
fleischige auf den Wurzeln südeuropäischer Cistus- Arten 
schmarozende einjährige Pflanze, Cytinus Hypoeistis L, 
welche vor der Blüthezeit wohl einem Pilze nicht unähnlich 
aussieht. Ihr Saft war schon im Alterthum als gerbaio 
haltiges Mittel gebräuchlich. 

202) Unter dem Namen Lycium kam im Alterthum 
und während des Mittelalters ein jetzt längst verschollenes, 
daher chemisch nicht untersuchtes‘ Extract in den Handel. 
Es wurde aus dem Holze von Berberis asiatica DO, B. 
aristata DC. und B. Lycium Royle gewonnen, welche 
sämmtlich in den vorderindischen Gebirgen einheimisch sind. 
Die Wurzelrinde aller drei Arten ist in die Pharmacopoeia of 
India (1868) aufgenommen worden; sie enthält Berberin. In 
den Bazars von Indien findet man jetzt noch unter dem Na- 
men Rusot das Extract, das früher Lycium hiess. *°) 


203) Elaterium, der freiwillig entstehende getrocknete 


Absatz des Saftes von Ecballium officinarum Rich. 
(Momordica Elaterium L.) Im Alterthum beliebtes Drasti- 
cum ist dieses Präparat heute fast nur noch in England 
gebräuchlich.*) Es besteht zum geringern Theil aus dem kry- 
stallinischen Elaterin. 

211) Blätter von Asplenium Adiantum nigrum L 
oder A. Ruta muraria L, 


*) Köhler verdanken wir eine ausführliche Monographie desselben ; 
vergl. Wiggers-Husemann’seher Jahresbericht 1869. 110 und 540, 
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Die Frankfurter Liste. 465 


213) Asarum europaeum L. Die Pflanze hiess bei 
den Griechen Asaron und auch Bakkar; durch Verschmelzung 
beider Wörter entstand der hier vorliegende Name. ?®) 

216) Alam? Enula? Vergl. Bemerkungen zu Nr. 93. 

217) Valeriana dioica L, so wenigstens deute ich 
den sonst nicht häufig vorkommenden Namen Amantilla 
nach der Abbildung und Erläuterung von Tragus.) Hie- 
ronymus Brunschwyg°) führte Martinella und Amantilla 
unter den Synonymen des Baldrians (Denmarck) an; der 
Name Amantilla findet sich auch schon in der Collectio Saler- 
nitana, drei Jahrhunderte früher. 

218) Von Erodium moschatum Aiton (Geranium 
moschatum L), der Mittelmeerflora angehörig, in Deutsch- 
land in Gärten gezogen. Es wurde auch Reumatica ge- 
nannt. 

219) In der.merkwürdigen Drogenliste ‚, Alphita,“* welche 
Renzi in der Collectio Salernitana III. 271 veröffentlicht 
hat, finde ich: „Bracteos, savina idem. ..“ Hiernach wäre 
wohl Herba Sabinae gemeint, welche die Glossarien ‘in der 
That unter Brateos nennen. Bei Dioscorides hiess Juni- 
perus Sabina Bo«$v, wovon Brateos offenbar abgeleitet ist. 

220) Siehe Bemerkungen zu Nr. 63. 

224) Teucrium Chamaedrys L. 

225) Herba Crithmi marini, von Cachrys maritima 
Sprgl. (Crithmum maritimum L), einer Umbellifere der Mittel- 
meerküsten. 

227) Chelidonium majus L. 

229) Von Anchusa officinalis L. 

233) Consolida major ist Symphytum officinale T. 

234) Consolida media, unsere Ajuga reptans L und 
wohl auch Ajuga pyramidalis L. 

235) Consolida minor ist Bellis perennis L, oder 
auch Prunella vulgaris L. 

237) Centaurea major hiess die Öentaurda Centau- 
rium L, eine italienische Composite. 


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464 Die Frankfurter Liste. 


240) Fumaria officinalis L. 

243) Wahrscheinlich Anemone hepatica L oder 
Asperula odorata ll. 

244) Marchantia polymorpha L? 

246) Das Laubmoos Polytrichum commune L. 


256) Von dem südeuropäischen Tanacetum Balsa- _ 


mita L. Diese sehr aromatische Composite hiess sonst im 
Mittelalter auch Costus hortorum, im Gegensatze zu Üostus 
amarus und Costus dulcis (Nr. 89 oben). So ist nament- 
‚lich auch Costus im Capitulare Karl’s des Grossen 4°) zu 
deuten. Die Pflanze hiess auch Sisimbrium und Triuncum, 
deutsch weisse Minze. 

258) Mentha rotundifolia L oder auch M. sil- 
vestris L; nach einigen Glossarien vielleicht Nepeta Oa- 
taria L. 

259) Von der einheimischen Labiate Calamintha 
offieinalis Mönch. 

261) Von Teucrium Polium L in Südeuropa. 

267) Von der südeuropäischen Salvia Sclarea L. 

268) Teucrium Chamaedrys L. 

269) Strobili Humuli Lupuli. 

271) Geranium Robertiänum L. 

272) Glechoma hederaceum L. 

273) Hyssopus officinalis L. 

274) Marrubium vulgare L. Isidor von Sevilla, 
zu Anfang des VII. Jahrhunderts, sagt: Marrubium quod 
Graeci Prasium vocant. (Meyer, Gesch. d. Bot. II. 395; 
auch in Migne’s Patrologia?®) vol. 82.) 

| (Schluss im nächsten Heft.) 


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B. Monatsbericht. 


I. Chemie. 5 

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Prüfung des Chinins auf einen etwaigen Mor- io 
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Man bereitet sich nach F. Br.*) (Schweiz. Wochenschr. 
f. Pharm. 13. Aug. 1872, Nr. 33, 8. 249 — 250) eine Lösung 
von 0,1 g. rothen Blutlaugensalz in 15 g. Wasser; 
andrerseits mischt man 12 gtt. of. Eisenchloridlö- 
sung mit 50 g. Wasser. Etwa 15 Tropfen der letzteren 
und 3 Tropfen der ersteren Flüssigkeit bilden das Reagenz, 
eine bräunliche Flüssigkeit, die durch beginnende Zer- 
setzung nach !/, stündigem Stehen grünlich wird, mithin 
immer nur in frischer Mischung anzuwenden ist. 


Fügt man zu dieser Mischung einen Tropfen einer mög- 
lichst neutralen Lösung von reinem salzs. Chinin in 
100 Th. Wasser, so verändert sie kaum ihre Farbe; enthielt 
aber die Lösung neben /,,o Chin. hydrochl. auch nur !/,g00 
_ Morphinsalz, so tritt sofort deutl. Bläuung ein; fügt man 
aber einige Tropfen einer salzs. Morphinlösung (1: 100) zum 
Reagenz, so tritt sofortige Fällung von Berlinerblau ein. 


Macht man daher von dem zu untersuchenden Chinin, 
hydrochl. eine Lösung (1 : 100) und erhält mit einigen 
Tropfen desselben keine dunkle Färbung des Reagenzes, so 
ist man sicher, kein Morphin darin zu haben. 

Giebt die Chininlösung einen blauen Niederschlag, so 
kann dieser von Morphin, aber auch von jeder ande- 

ren desoxydirenden Substanz herrühren und eine 


.*) F. Brunner? en 
Arch. d, Pharm, III, Reihe, I, Bds, 6, Heft, 30 


466 Anwendung des Ozons zur Beseitigung des Fuselgeschmacks ete. 


weitere Untersuchung ist erforderlich, um sich hierüber Ge- 
wissheit zu verschaffen. — 

Die desoxydirende Wirkung des Morphins auf rothes 
Blutlaugensalz wurde schon vor Jahren von Kieffer zu einer 
Methode verwendet, das Morphin durch Titrirung zu bestim- 
men. Wie man sieht, lässt sie sich trefflich zur ersten Füh- 
lung benutzen, ob man ein reines oder ein unreines Chinin- 


salz vor sich habe. 
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Anwendung des Ozons zur Beseitigung des Fusel- 
seschmacks im Branntwein und zur Herstellung von 
Essig. 


Nach einer Mittheilung von Widemann (Comptes ren- 
dus 75, 538) hat derselbe i. J. 1869 zu Boston eine Brannt- 
weinbrennerei eingerichtet und zuerst den Özonsauerstoft 
angewendet, um dem aus Gerste oder Mais dargestellten 
Branntwein den Fuselgeschmack zu nehmen. Der Erfolg 
war ein überraschender; nach 20 Minuten der Einwirkung 
des Ozons auf den Branntwein war der Fuselgeschmack und 
Geruch verschwunden und der Branntwein so gut, als hätte 
er 10 Jahre gelagert. 

Seit dem 20. Juli 1870 wird in der Brennerei im Grossen 
mit Ozon gearbeitet und werden wöchentlich 48,000 &t. 
Branntwein auf diese Weise behandelt. 

Als Widemann den Maisbranntwein mit we Ver- 
dünnte und alsdann Ozon einwirken liess, verwandelte sich 
derselbe in fast gleich kurzer Zeit vollständig in Essig. Der 
beste Erfolg wurde erzielt, wenn Branntwein in der Stärke, 
wie er in den Vereinigten Staaten verkauft zu werden pflegt, 


mit dem Siebenfachen seines Gewichtes Wasser verdünnt 


wurde. Am 20. April 1871 hatte die Fabrik zu White Plains 
angefangen, auf diese Weise Essig im Grossen herzustellen; 
sie erzeugt täglich 480 Quart Essig, der sofort zum Em- 
machen von Pickels verwendet wird, (Annalen der Land- 


wirthschaft. XII. Nr. 78. S. 667.). 
Abo. 


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II. Pharmacognosie. 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel 


hat Dragendorff sehr interessante Mittheilungen gemacht, 
denen wir das Folgende entnehmen. 


Im 9. Jahrgange der pharmaceut. Zeitschrift £. Russland 
(1.Febr. 1870, Nr. 3, pag. 65) befindet sich eine von Herrn Mag. 
pharm. R. Palm *) veröffentlichte Abhandlung, betitelt: „Be- 
schreibung verschiedener pharmacognostischer 
Gegenstände, die immittleren Asien vorkommen“ 
Wir finden in derselben eine grössere Anzahl von Heilmitteln 
erwähnt, welche in Turkestan theils als Volksarznei gebraucht, 
theils von den muhamedanischen Aerzten verordnet werden. Ein 
besonderer Abschnitt der erwähnten Arbeit behandelt „pharma- 
cognostische Gegenstände, die in der europäischen Materia medica 
nicht bekannt sind.“ Als im Frühjahr 1871 mein Freund und 
College Petzholdt dem Rufe des Herrn General-Gouver- 
neurs, General Kaufmann, folgte, und eine Untersuchungs- 
reise des turkestanischen Gebietes antrat, übernahm er es, 
für mich die im letzteren Abschnitte erwähnten Droguen, die 
in mehr als einer Beziehung meine Neugierde gereizt hatten, 
anzukaufen. Petzholdt ist es gelungen, die grössere Menge 
der von mir gewünschten Gegenstände — bis auf die Farbe- 
waaren sämmtlich in Samarkand — aufzutreiben, die denn 
auch wohl erhalten im Herbste vorigen Jahres hier anlangten. 
Da er unter Beihülfe eines dort’ hoch angesehenen muha- 
medanischen (persischen) Arztes, Domlamochammedu, seine 
Auswahl treffen konnte, bin ich ziemlich sicher, das Richtige 
erhalten zu haben. Dadurch, dass Petzholdt ihn veranlasste, 


*) R. Palm in Taschkent. Vergl. dessen Abhandlung und Natnenliste 


5 kurkosten. Drogen im Archiv d. Pharm, 


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468 Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 


für mich ein kurzes Excerpt aus seinem Arzneibuche anzu- 
fertigen, in welchem Notizen über Vaterland und Wirkungs- 
weise der gekauften Droguen a waren, gewann 
die Sendung für mich doppelten Werth. 


Es wurde mir nicht nur die Bestimmung einzelner Stoffe 
erleichtert, sondern auch ein Einblick in den Stand der dor- 
tigen Medicin verschafft, für den ich sehr dankbar bin. Ich 
bin keinen Augenblick darüber in Zweifel, dass die dor- 
tigen Aerzte noch heute unter dem Einflusse der 
alten Araber stehen, ja dass ihre Arzneibücher aus den 
Schriften Ebn Sina’s, Ehn Baithar’s oder anderer. ärzt- 
licher Zeitgenossen zusammengestellt sein müssen. Die Ueber- 
einstimmung zwischen den Angaben meines Berichterstatters 
und den Schriften des Avicenna, Serapion und Ebn 
Baithar ist oft so in die Augen springend, dass ich mich 
bemühen werde, auch über andere Heilmittel Notizen von dort 
zu erlangen, wozu die für den Herbst dieses Jahres projectirte 

‚zweite Petzhold’sche Reise hoffentlich Gelegenheit bie- 
ten wird. 


Von den erhaltenen Droguen, über welche ich in Fol- 
gendem berichten will, habe ich die Mehrzahl bestimmen kön- 
nen. In einigen Fällen, wo mein Wissen nicht ausreichte, 
verdanke ich Collegen Bunge und Willkomm Aufschluss 
Ersterem bin ich auch für ein Verzeichniss von Heilmitteln 
verpflichtet, welche im Jahre 1840 Lehmann bei seiner 
Reise nach Persien dort im Gebrauche fand. Bunge hat 
seiner Zeit Proben dieser Medicamente untersucht, über die- 
selben aber Nichts veröffentlicht. 


In der folgenden Zusammenstellung habe ich mit einer 
Ausnahme die von Palm gewählte Reihenfolge beibehalten. 
Wenn Palm die aufgezählten Gegenstände für „in der 
europäischen Materia medica nicht bekannt“ aus- 


gegeben hat, so kann ich ihm darin nicht durchaus beistim- 


men. Schon beim Durchlesen seiner oft sehr mangelhaften 
Beschreibungen glaubte ich den einen und andern erkennen 


zu können. Das gilt z. B. gleich von der ersten Drogue, ‚die 


' Palm bespricht. 
1) Baladur. 


Es ist zu verwundern, dass Palm diese Früchte nicht 
kannte. Sie sind unter dem Namen der orientalischen 
Anacardien oder Elephantenläuse auch bei uns in 
Europa früher häufiger, jetzt noch mitunter angewandt und 


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Veber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 469 


es ist bekannt, dass sie von dem in Östindien einheimischen 
SemecarpusAnacardiumL. eingesammelt werden. Auch 
meine turkestanischen Notizen lassen sie in Indien angebaut 
werden. Ebn Baithar liess sie, gestützt auf die Autorität 
des Ishak Ben Amram aus China kommen, aber auch am 
Aetna cultivirtt werden. Meine. Notizen sprechen von der 
Harn treibenden Wirkung und ihnen zufolge wird das Mittel 
benutzt bei schlechtem Gedächtniss, Lähmungen der Füsse 
und Hände, Kopfschütteln (Tik) und Sehnenkrämpfen. Auch 
Avicenna wendet sie bei Gedächtnissschwäche, Warzen, 
Vitiligo alba, Alopecia und Paralyse an. IKkhazes empfiehlt 
sie bei Paralyse, Hemiplegie und Ohnmachten, Averroös bei 
Epilepsie, Apoplexie und Gredächtnissschwäche, Serapion 
gleichfalls bei Gedächtnissschwäche, Wahnsinn, Nervenab- 
spannung und Gleiches gilt von einer grössern Anzahl alter 
Autoren, welche sich z. B. bei Ebn Baithar citirt finden. 
Als Quelle für alle diese Behauptungen darf man wohl Galen 
herbeiziehen. Er spricht ausdrücklich von einer Anwendung 
bei Gedächtnissschwäche, kennt aber auch die Fähigkeiten 
der Anacardien, äusserlich applicirt, Blasen zu ziehen. 
Diese letztere scheint bei unserm Medicament früher bekannt 


gewesen zu sein als bei den Canthariden. Mein Bericht- 


erstatter lässt zu innerlichem Gebrauche von der Frucht ein 
Stück in der Grösse eines 20 Kopekenstückes pulvern und 


‚jeden dritten Tag !/, des Pnlvers einnehmen. Bei den mei- 


sten alten arabischen Autoren werden die Elephantenläuse 
Balladur bei Ebn Baithar Baladsir genannt. Unter 
dem Namen Baladur wurden sie zur Zeit Forskal’s ägyptisch - 
arabischer Reise auch in den von ihm berührten Ländern 
benutzt, Gleiches geschieht nach Goebel noch jetzt in Süd- 
ost-Russland bei den hier lebenden tartarischen Völkerschaf- 
ten und nach Lehmann in Persien. Dieser nennt sie als 
Ingrediens eines Zugpflasters und Gichtmittels, welches letz- 
teres als aus 1 Theil gepulverter Anacardien, 1 Theil Sesamöl 
und 4 Theilen Honig besteht. Den Namen Baladur bezeich- 
net, wie wir im Ebn Baithar lesen, Ebn Elhozar als 
indisch. Es bedeute etwas Harzähnliches. Im Susrutas 
finde ich die Frucht unter dem Namen B’hallataka erwähnt, 
bei den Kalmücken heisst sie Lagang. 


2) Tscharim Dorö. (Schorum Dorü, Palm.) 


Es handelt sich hier jedenfalls um jodhaltige Algen, 
aber die mir überbrachte Probe enthält nur ein Bruchstück 
eines Exemplars, auf welehes die Beschreibung Palms passt. 


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470 Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel, 


Dieses letztere dürfte eine Laminariaart sein. Daneben 
fanden sich noch Exemplare sehr wahrscheinlich der Phyco- 
seris crispa Krg. angehörend, auch Chordaria Filum 
Agh. ist vertreten, während die Hauptmasse von ulven- 
artigen Algen gebildet wurde. Der Bericht des persischen 
Arztes giebt als Bezugsort dieser Algen Kaschgar an, „wo 
sie sich in von den Bergen herabrinnenden Salzquellen finde, “ 
während Palm sie aus Indien eingeführt werden lässt. Es 
scheint mir wahrscheinlich, dass uns hier theilweise Meeres- 
algen vorliegen, welche von China aus bezogen worden. 
Damit will ich aber nicht gesagt haben, dass nicht ein Theil, 
vielleicht die ulvenartige Form im Salzquellen gewachsen. 
Die Hauptsache ist hier natürlich der Jod- und Schleim- 
gehalt. Ich glaubte anfangs in dieser Drogue ein Mittel 
vor mir zu sehen, welches den alten Arabern unbekannt 
gewesen und erst später durch chinesischen Einfluss in die 
Materia medica aufgenommen worden sei. In der That ist ja 
die Vorliebe der Chinesen für schleimige Medicamente bekannt 
und wir finden bei Tatarinow allein mindestens 3 Namen, 
welche in China officinelle Algen bedeuten (Khay-day-Lami- 
naria saccharina; Khay-tsasür, ein Gemenge von 
Sargassumarten; Kun-bi, wahrscheinlich Laminaria 
scissa). Aber ich habe mich später doch überzeugt, dass 
schon bei Ebn Baithar — eine Alge unter dem Namen der 
Dharia vorkommt, und dass eben dort die Worte Dehar 
el-nahr eine Wasserpflanze, wie man meint, Potamoge- 
ton natans bedeuten. Auch die Lehrmeister der Araber, 
Dioskorides und Galen, bedienten sich schon einzelner 
'Tange gegen Kropf und Scorbut. Meinem Berichterstatter 
zufolge wirkt das Tscharim Dorö gegen Kropf, 
wenn man es Morgens nüchtern und Abends unter die Zunge 
lest und später wieder ausspeit“ Ebn Baithar erwähnt 
nur der Anwendung in Form von Bädern gegen Glieder- 
schmerzen, Hautjucken ete.; auch lässt er die Dünste, welche 

von der getrockneten Pflanze abgegeben werden, gegen 
Schnupfen einathmen. 


3) Ispaghul (Spugul, Palm). 


Sind die Samen der Plantago Ispaghula Roxb. 
Bekanntlich steht dieser Same in Form und Eigenschaft dem 
der Plantago Cynops L. und P. Psyllium L. nahe, 
welche er heutzutage bei manchen Völkerschaften vertritt. 
So erwähnt Lehmann der Anwendung des Decoctes bei den 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 471 


Persern als kühlendes Getränk; nach Goebel wird der 
Same unter dem Namen Geinorag bei den Tartaren 
gebraucht. Die turkestanischen Händler beziehen die Drogue 
aus den Hissar’schen Bergen hinter Kabul und die 
Aerzte verordnen sie dort in Form des wässrigen Aufgusses 
gegen Diarrhoe, äusserlich in Form von Compressen gegen 
Hitze im Kopf ete. Bei Ebn Baithar werden die verschie- 
denen Theile und ausdrücklich auch die Samen der Plan- 
tago major L. und P. Lagopus Sibth. unter dem Namen 
Lisan el hamal (d. i. Lämmerzunge wegen der Blattform) 
nach dem Vorbilde der alten griechischen Aerzte innerlich 
gegen Diarrhöe und Ruhr und äusserlich als kühlendes und 
abstringirendes Mittel verwerthete. Rhhazes bedient sich 
ihrer auch innerlich bei Geschwüren in den Eingeweiden. 
Der Name Lisan el hamal scheint bei den alten Arabern 
mitunter auch für Pl. Psyllium und P. Oynops im Ge- 
brauch zu sein. Die allerdings meistens mit den Namen 
Bezer Khatthuna und As fiusch belegt-und ähnlich wie 
die erst bezeichneten benutzt werden. Plantago major ist 
nach Forskal noch jetzt in Arabien unter der alten Benen- 
nung offieinell. In China wird nach Tartarinow ein Plan- 
tagosame unter dem Namen Üze-cyantsy verwendet. 


4) Akel Kara. 


Das mit dieser Bezeichnung Ueberbrachte ist die W ur- 
zel eines Anacyclus, die sich von dem sogenannten 
römischen Pyrethrum nur unbedeutend unterscheidet. Sie 
ist etwas grösser, fleischiger, als man sonst die genannte 
Drogue im Handel findet, auch hat sie reichlichere, grössere 
Balsambehälter in der etwas helleren Rinde als diese. Der 
Geschmack stimmt mit dem unsrer käuflichen Waare; wenn 
er noch schärfer ist, so erklärt sich das aus dem reichlichen 
Vorkommen des harzigen Bestandtheiles in den Balsambehäl- 
tern. Ich glaube, dass es sich nur um unter sehr günstigen 
Bedingungen gewachsene Wurzeln des Anacyclus Pyre- 
{hrum De C, handelt. Jedenfalls ist die gewöhnliche Be- 
zeichnung für letztere Wurzel auch bei Avicenna, Ebn 
Baithar, Serapion, Averroös u. s. w. Aakhir 
Kharhha, neben welcher seltener noch die Namen Akar- 
buchan, Akarkuhan, Karkahan, Karkuhan und 
Halik el schal vorkommen. Wenn Palm von einer Ab- 
stammung der Drogue’aus China spricht, und dieselbe als 
so kosibar bezeichnet, dass sie mit Silber aufgewogen werde, 


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472 Ueber einig in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. iR 


so stimmt das nicht mit den mir vorliegenden Berichten. 


Letztere besagen, dass die Mutterpflanze überall am Fusse 
der Gebirge vorkomme. Forskal fand das Pyrethrum unter 


dem Namen Ud el kesch auch in Arabien im Gebrauch. In. 


Turkestan verwendet man unsre Drogue gegen Impotenz, bei 
Nachtschweissen, Magenbeschwerden überhaupt als stärkend. 
Der antiscorbutischen Wirkung gedenkt Palm ausdrücklich. 
Um ihretwillen war das Pyrethrum schon bei den Griechen 
(Galen) und nach ihnen bei den Arabern, so bei Averro&s, 


=> 


Serapion, nach Letzterem auch bei Epilepsie, Starrkrampf 


und Impotenz benutzt. 


5) Tuchmak 


sind die Blüthen der Sophora japonica L., welche, so 
weit ich erfahren kann, nur in der Technik zum Gelbfärben 
Verwendung finden. Sie kommen aus China, wo sie nach 
Tatarinow Chuay-choa und Chuay-su heissen und wer- 
den von älteren Schriftstellern nicht erwähnt. 

Petzholdt erstand diese Drogue in Taschkent. 


6) Schiresch. (Scharatsch, Palm.) 


Diese Drogue habe ich ungepulvert zur Verfügung gehabt, 
während Palm nur das Pulver gesehn hat. Es sind Wur- 
zelknollen, denen des Asphodelus ramosus L., jener schon 
in der älteren griechischen Medicin und Mythologie berühm- 


ten Pflanze, die auch den arabischen Aerzten bekannt war, 


ähnlich. Avicenna und Rhazes benutzten sie gegen Kahl- 
köpfigkeit. Ein mit Hefe bereitetes Pflaster aus ihrem Pulver 
wird gegen Hodenentzündungen empfohlen. Innerlich dient 
sie nach demselben Autor gegen Icterus und als Harn- und 
Monatsfluss beförderndes Mittel. Serapion, der sie in der 
 Brunfels’schen Ausgabe unter Berufung auf Dioscorides 
und Galen „Cheunce, radix ejus est axeras, est biruach 
ete.“, nennt, lobt sie auch als Mittel gegen den Biss giftiger 
Thiere. Von diesen Namen ist Biruach aus Barwak oder 
Burak corrumpirt, unter welcher letztere Benennung nach 


 Forskal in Egypten der Asphodelus fistulosus L 


vorkommt. Ebn Baithar unterscheidet Barwak von 
Bareck. Letzteres bezeichne eine dem gewöhnlichen Aspho- 
delus nahestehende Art. Auch die unter dem Namen Ischras 
gebräuchliche Pflanze habe mit ihr einige Aehnlichkeit, Von 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel, 473 


dieser erwähnt er ausdrücklich des technischen Nutzens, den 
sie Schuhmachern und Buchbindern als Klebmittel gewähre. 
Auch meine Notizen, sowie Palm und Fedschenko sprechen 
von der Anwendung der gepulverten Scharatsch zu glei- 
chem Zweck. Was den Namen Schiresch angeht, so 
möchte ich ihn mit Siradsch elkhuthrub zusammenbringen, 
von welcher Pflanze (man hat sie bisher nicht gedeutet, muss 
sie aber dem Asphodelus nahe stellen) Ebn Baithar sehr 
viel Abergläubisches zu sagen weiss. Schoresch bedeutet 
eine Wurzel. Mein Berichterstatter empfiehlt die Drogue 
in Form von Pflastern gegen Geschwüre, Er lässt sie in den 
Bergen von Samarkand wild wachsen. 


7) Sapistan (Safistan, Palm) 


erwiess sich als Frucht der ÜCordia Myxa L., die auch in 
Europa unter dem Namen der Sebesten Anwendung 
gefunden hat. Schon in der nabathaeschen Landwirthschaft ist 
diese Frucht unter dem Namen Sabasten, oder Sebesten 
oder Sibisten erwähnt. Unter derselben Bezeichnung fin- 
den wir sie bei Mesue, Rhazes, Serapion, Ebn Bai- 
thar und wiederum als noch gebräuchliches arabisches Medi- 
eament bei Forskal. Goebel hat unter den südrussischen 
Heilmitteln dieselbe Frucht als Sabassan und ausserdem 
noch vielleicht mit ihr identisch, auch vielleicht von Cordia 
latifolia Roxb, abstammend, ein Supustan. In Susrutas 
heisst die Sebestenfrucht Selu. Man benutzt sie heutzutage 
wie in alter Zeit gegen Husten, Heiserkeit, überhaupt Lun- 
genkrankheiten, ferner als harntreibend und wurmwidrig. 
Meine Quelle giebt als Fundstätte die andere Seite des Amu 
Daria an. 


8) Den Tokak-Pilz Palm’s 


habe ich nicht erhalten. Sollte er nicht den Polyporus hirsutus 
gesehen haben? Statt seiner wurde mir ein morchelartiger 
Pilz Goschua mitgebracht, der aber nur beim Schwarzfärben 


gebraucht werden soll. Ich finde in ihm keinen färbenden. 


Bestandtheil. Vielleicht, dass man nur den reichlich vorhan- 
denen Schleim als Verdickungsmittel gebraucht. Im Ebn 
Baithar kommt ein „Aschuach“ genannter Pilz vor, für 
den Sondheimer Muscusarboreus setzt, daneben Gaw- 


schanat (F. Cyathus olla?), die in der Wirkung mit dem 


Asphodelus nahe übereinstimmen sollen. 


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474 „Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 


9 u. 10) Sufa und Churfa. 


Die als Sufa vorgeführte Drogue hat Palm wahrschein- _ 
lich verwechselt. Mir sind diese sehr hübschen schiesspulver- 
ähnlichen Samen unter dem Namen Ohurfa überbracht wor- 
den, während ich als Sufa (Zufa) die nicht ganz entwickelten 
Blüthenspitzen einer Labiate erhalten habe. Ich glaube um 
so mehr annehmen zu dürfen, dass meine Proben den rich- 
ügen Namen führen, als schon bei den alten Arabern, z. B. 
bei Ebn Alawwam eine mit der Bezeichnung Zufa versehene 
Pflanze vorkommt, in welcher Sprengel, Meyer u. A. schon 
längst eine Labiatenspecies erwartet haben. 


: 9) Churfa. 


Diese kleine Samen sind nierenförmig, durch gleichmäs- 
sig über der Oberfläche vertheilte rundliche Wärzchen zierlich 
gemustert. Sie stimmen durchaus mit dem Samen der Por- 
tulaca oleracea überein. Von dieser Pflanze lesen wir 
bei den alten Arabern (Rhazes, Averroäs, Serapion) 
dass ihre Blätter benutzt werden, Ebn Baithar gedenkt aber 
auch ausdrücklich des Nutzens, welchen ihr Same gewährt. 
Wurde dieser doch auch später noch als einer der „semina 
quatuor frigida minora“ verwendet. Der kühlenden Wirkung 
erwähnt Ebn Baithar. Jetzt wird der Same in Form eines 
Aufgusses innerlich bei Gelenkkrankheiten und Rheumatismen 
benutzt. Portulaca oleracea soll in den Ebenen (Gär- 
ten) um Samarkand, nicht im Gebirge vorkommen. Der alte 
Name der Portulaca oleracea, unter dem sie bei Ebn Alaw-' 
wam, Serapion, Ebn Baithar u. A. vorkommt, ist 
Bagladt allainat (Avicenna B. alhamkha). Ausserdem 
ündet sich bei Ebn Baithar noch Chirkat, Kaff gair 
modhaf, Ridschlat, Farfah und Farfahin, theils für 
die ganze Pflanze, theils für die Samen im Gebrauch. Bei 
den Chinesen heisst die Pflanze nach Tatarinow „Ma-czi- 
sian und Ma-szen-cay.“ 


10) Sufa. 


Die als Sufa gesandte Drogue soll aus den Gebirgen 
in der Umgegend Mecca’s importirt werden. College Bunge 
erklärt sie für Theile einer bisher nicht beschriebenen Nepeta- 
art; Zufa (Avicenna Zufa tabits) der alten Araber ent- 
spricht dem Hyssopus des Dioscorides, der nicht mit unserm 
Hyssopus offieinalis L. übereinstimmt. Nach dem Vorgange 
Sprengels erklärt man meistens die Zufa elmelk des 
Ebn Baithar als Origanum aegyptiacum ohne gerade 


‚ Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel, ‚475 
besonders gewichtige Stützpunkte für diese Ansicht beizu- 
bringen. Ob wir von der turkestanischen Drogue eine 
neue Erklärung ableiten dürfen, will ich vorläufig unentschie- 
den lassen. Nach meiner Quelle wird die Sufa in Form von 
Abkochungen angewendet, innerlich gegen den Biss giftiger 
Thiere, gegen Geschwüre „da wo der Bart wächst,“ äusser- 
lich gegen Blutstockungen. Rhazes empfiehlt sie, wenn 
wirklich sein „Badsarudsch“ der Zufa entspricht, nament- 
lich äusserlich mit Wein und Essig als Stypticum, zu Augen- 
wässern, gegen Insectenstiche und innerlich gegen Bluthusten. 

Nach Ebn Baithar soll das Kraut, d.h. Zufa el melk 
auf den Gebirgen !bei Jerusalem wachsen. Vielleicht wirkt 
bei ihm noch der Einfluss jüdischer und syrisch - christlicher 
Lehrmeister nach, die das Kraut aus ihrer heiligen Stadt 
bezogen, Jetzt hat sich das geändert, jetzt lässt der Mu- 
hamedaner sie sich aus seiner heiligen Stadt zuführen. 


11) Tatum. (Tatim, Palm.) 


Die mir als Tatum überbrachte Drogue entspricht den 
Früchten der Rhus coriaria L., welche nach Göbel unter 
dem Namen Sumak von den Kalmücken, nach Forskal 
auch in Arabien gebraucht werden. Auch die alten Araber 
Ebn Alawwam, Rhazes, Avicenna, Ebn Baithar 
und A. erwähnen der Pflanze unter den Bezeichnungen Su- 
mak, Sommag, Sumakili und bei Ebn Baithar kommen 
auch die Namen Tumtum und Thimthim vor, die viel- 
‚leicht mit dem oben erwähnten Tatum zusammenhängen. 
Wenn man bei einzelnen der alten Autoren in Zweifel bleibt, 
ob sie die Blätter oder Früchte der Sumachpflanze im Auge 
haben, so ist doch bei andern gewiss, dass sie die Früchte 
bei ihren Angaben meinen, die schon Galen als besonders 
nützlich bezeichnete. Die Alten heben die magenstärkende, 
abstringirende, stopfende Wirkung hervor, gedenken aber 
auch der äusserlichen Anwendung ihrer Dedocte als Umschläge 
gegen Panaritien, eiternde Geschwüre, Ohrenfluss, so wie bei 
Menstrual- und Hämorrhoidalblutungen. Mein persischer Be- 
richterstatter bezeichnet sie als schr sauer „wie Citronenwasser.“ 
Er wendet sie als Gurgelwasser bei Halsentzündungen an. 

Nach Göbel wird ihr Deeoct in Südrussland auch zum 


Ausspülen des Mundes bei krankem Zahnfleisch verwendet. 


Als Heimat wird mir die Gegend südlich von Hissar in La- 
hore „wo Zuckerrohr wächst“ angegeben. (Dragendorff, 


in der Pharm. Zeitschr, f. Russland 1872, Nr. 14.). (Schluss 


im nächsten Hefte.) Eh bo 


‚476 


III. Zoologie. 


Ueber Blutegel - Aufbewahrung 
macht Herr Apoth. Nachtmann in Tannwald gegen Dr. 


L. Enders Prioritätsrechte gelten. -(Vergl. Enders Notiz im 


Arch. d. Pharm. Juli 1872, 8. 58.) 


Er sagt: Ich halte den Gegenstand für wichtig genug, 
um mir die Prioritätsrechte zu wahren und erlaube mir daher, 


zu erwähnen, dass die k, Akad. d. Wiss. in Wien schon vor 
Jahren, und zwar in dem LIII. Bde. ihrer Sitzungsberichte 
einen längeren Artikel über „Nachtmann’s Blutegel- 
..sumpfim Zimmer“ aufgenommen hat, wovon im „Pharm. 


Anzeiger‘ eine Erwähnung gemacht wurde, in Folge dessen 


mir aus allen Gauen Deutschlands die anerkennendsten Zu- 


schriften zugekommen sind. 

‘Hr. Dr. Enders führt aber die Collegen irre, wenn er 
in einem beliebigen Glasgefässe „etwas Kies mit Wasser- 
linsen und Nasturtium“ für genügend erachtet. 

In „etwas Kies“ allein kann aber gar keine Wasser- 
pflanze gedeihen, selbst die Wasserlinse wird da bald einge- 
hen. Auf das Gedeihen der Wasserpflanzen hat man aber 
seine ganze Aufmerksamkeit zu richten; denn, wenn diese 
fortkommen, so gedeihen auch die Egel. Zum guten Gedei- 


hen lebender Pflanzen wird, ausser Wasser auch Licht 
und frische Luft (und die nöthige Menge von Aschen- 


bestandtheilen, H. Ludwig) unbedingt erfordert. 

Die Egel müssen sich aber auch leicht enthäuten kön- 
nen, und das vermögen sie nur in feuchter Erde, weil sie 
sonst die sogenannte Knotenkra nkheit bekommen und 
haufenweise zu Grunde gehen. 


Ueber Blutegel - Auf bewahrung. 477 


Das Gefäss, ob nun von Glas, Holz oder Eisen, muss 
daher so construirt sein, dass sich in demselben Sumpf- 
wasser, und über dem Wasser hervorragende 


Erde, mit Sumpfpflanzen besetzt befinden. 


Die Infusorien des Sumpfwassers nähren die Egel, in 
der feuchten Erde enthäuten sie sich, und setzen darin zahl- 
reiche Cocons ab; die Sumpfpflanzen aber verzehren das 
durch Zersetzung der Schleimhäute entstandene Ammoniak. 


Mein „Blutegelsumpf im Zimmer,“ welcher bei 
den letzten Ausstellungen im Paris und in Altona mit 
Medaillen ausgezeichnet wurde, besitzt: diese Bedingungen in 
vollkommener Weise, und wird bei der nächstjährigen 
Ausstellung in Wien in verbesserter Form erscheinen. 


Hr. Dr. Enders spricht auch von einer Pflege der 
Blutegel im Winter, Im Winter brauchen aber die Egel 
gar keine Pflege, weil sie sich am Boden des Gefässes in 
die feuchte Erde verkriechen, sich nicht häuten und daher 
auch keiner lebenden Pflanzen bedürfen. (Pharmaceut. Post, 
Wien, 1. Sept. 1872. Nr. 17, 8. 306 — 307.). 

B.IB,; 


Der Puma . 


oder amerikanische Löwe ist in den Wäldern am Ama- 
zonas kein häufiges Thier, Der Pelz hat eine gelbbraune 
Farbe, die der eines in diesen. Wäldern. heimischen Hirsches 
gleicht. Deshalb wird der Puma von den Indianern Sassu- 
avana, der falsche Hirsch, genannt. Aus diesem 
Namen machte der alte Zoolog Markgraf Ougua cuarane, 
und daraus wieder ist die Bezeichnung Uuguar entstanden, 
die aus französischen Werken in die meisten Naturgeschichten 
übergegangen ist. (Westermann’s illustrirte Monatshefte) R. 


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478 


C. Literatur und Kritik. 


Untersuchungen. Ein Handbuch der Untersuchung, Prüfung 
und Werthbestimmung aller Handelswaaren, Natur- und 
Kunsterzeugnisse, Gifte, Lebensmittel, Geheimmittel ete. von 
Dr. Hermann Hager. Mit zahlreichen Holzschnitten. I 
incl. VI Lieferung Breslau. Ernst Günther’s Verlag 1870. 


Der Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, ein Handbuch zu liefern, | 
welches chemische und physikalische Untersuchungen, Prüfungen auf 
Güte, Verfälschung und Werthbestimmung der Chemikalien, Arznei- 
waaren, Farbewaaren, Geheimmittel, Gifte, Genuss- und Lebensmittel 
so wie aller Waaren, wie sie in dem gesammten Gewerbewesen und der 
Hauswirthschaft Verwendung finden, der Gespinnste ete. zum Gegenstand 
hat. Ohne alles zusammenzutragen, was in dieser Beziehung erforscht 

‚ist, will er nur solche Untersuchungsmethoden beachten, welche bei 
genügender Sicherheit dem Bedürfniss des praktischen Lebens entsprechen 
oder von ihm als besonders brauchbar befunden sind und die keine allzu 
vollständige Ausrüstung des Laboratorium erfordern. 


In einem besonderen Abschnitte wird zunächst ein kurzer, leicht 
fasslicher Abriss des chemisch - analytischen Ganges vorausgeschiekt und 
dadurch verhütet, dass sonst manche Angaben öfter wiederholt werden 
müssten. Auch die Maassanalyse wird hier abgehandelt, die Darstellung 
der Normallösungen beschrieben und das Verfahren an einigen Beispielen 
erläutert; zweckmässiger Weise werden Normallösungen nach den Aequi- 
valentverhältnissen empfohlen, Den Schluss dieses Abschnittes bildet die 
Beschreibung des Verfahrens der Dialyse und der Darstellung einiger | 
Reagentien. 

Dem angegebenen Gange der chemischen Analyse folgend, werden zu- 
erst die Metalle der Alkalien und ihre Verbindungen, dann die der alka- 
lischen Erden, ferner die Erden, darauf die durch Schwefelammon als 
Schwefelverbindungen abscheidbaren, endlich die aus saurer Lösung durch 
Schwefelwasserstoff fällbaren und zwar zunächst die in Schwefelammon 
unlöslichen, zuletzt die in Schwefelammon löslichen Körper abgehandelt. 
Es entspricht vollständig der Bestimmung des Werkes, wenn auch 
Cäsium, Rubidium, die seltneren Erden, Indium, Thallium und die Platin- 
metalle Berücksichtigung gefunden haben. Die Bearbeitung ist eine 

 gleichmässige, exacte, vollständige und die neuesten Erfahrungen 
stets berücksichtigende, Wiederholungen sind möglichst vermieden. Um 
ein Bild von der Art und Weise der Bearbeitung zu geben, möge der 
erste Artikel speeieller vorgeführt werden. Nach einer kurzen Beschrei- 
bung der Eigenschaften des Kalium folgt das Verhalten des Kaliumoxyds 
segen Reagentien, Erkennung desselben, quantitative Bestimmnngen, 
Trennung von Rubidium, Cäsium, Natron, Lithion, den alkalischen Erden 
und der Magnesia. Rohes Chlorkalium und Werthbestimmung desselben, 
Aetzkali, Potasche, ihre Verunreinigungen, Verfälschungen , Prüfungs- 


be Fr ln ae ae a um U LU Dance 


Literatur und Kritik. 479 


methoden, gereinigtes und reines kohlensaures Kali und Prüfung, Kali- 
biearbonat, Aschen und deren Untersuchung, Stassfurter Salze, Kali- 
dünger, die verschiedenen Salze mit unorganischen und einigen orga- 
nischen Säuren, Boraxweinstein, Ammonweinstein, Wasserglas, Jodkalium, 
Bromkalium, Cyankalium, Kalischwefelleber. 

Auf mögliche Vergiftungen und deren Nachweisung ist stets Rück- 
sicht genommen und neben solehen Prüfungsmethoden, welche genau die 
Güte der Präparate oder Waaren erkennen lassen, haben manchmal auch 
einfschere, dureh Nichtchemiker ausführbare Platz gefunden. 

Von dem ferneren Inhalte möge Folgendes hervorgehoben werden: 
Natronbiearbonat soll in bester Handelswaare höchstens 2°, Monocar- 
bonat enthalten; die Lösung desselben wird durch eine zweiprocentige 
Sublimatlösung in der Kälte nicht getrübt, doch wird der Prüfung mit 
Calomel, als der schärferen, der Vorzug gegeben. — Bei der Prü- 
fung auf Ammon wird das Bohlig’sche Verfahren als empfindlicher, 
als das Nessler’sche empfohlen. Wir finden beim Ammon die Mayer’sche 
Tabelle über das Verhalten der medicinischen flüchtigen Basen gegen 
die wichtigsten Reagentien eingeschaltet. — Die freie Säure in schwefel- 
saurer Thonerde erkennt man an der Entfärbung des Ultramarins. — Zur 
Prüfung der Widerstandsfähigkeit von Dachschiefer gegen die Einwirkung 
der Atmosphärilien wird, nach Fresenius, Aufhängen von Stückehen der- 
selben in einer Flasche, an deren Boden sich eine gesättigte Lösung von 
schwefliger Säure befindet, vorgeschlagen ; dieses Verfahren wird vielleicht 
auch für einige andere Gesteinsarten anwendbar sein. — Dem Artikel 
„Arsenige Säure“ und der Nachweisung des Arsens in Vergiftungsfällen 
sind mehr als 30 Seiten gewidmet; die Darlegung ist eine vollständige, 
die beschriebenen Apparate werden durch hübsche Abbildungen veran- 
schaulicht. Das Bettendorf’sche Verfahren ist auch hier beschrieben, doch 
wird bei den einzelnen Präparaten, welche zweckmässig auf diese Weise 
geprüft werden, genau angegeben, wie man sich im betreffenden Falle zu 
verhalten hat. — Beim Braunstein ist darauf aufmerksam gemacht, dass 
man denjenigen, welche man dem chlorsauren Kali behufs Sauerstoff- oder 
Kalibypermanganatgewinnung zusetzt, vorher auf Kohle und Schwefel prü- 


fen möge, um Unglücksfälle zu verhüten. — Die Benutzung von Zink- 
gefässen kann für die Gesundheit nachtheilige Folgen haben. — Bildung 


von Sublimat in Mischungen von Calomel auch mit organischen Substan- 
zen ist öfter beobachtet; so sollen sich in einer trocknen Mischung von 
Calomel mit Zucker schon nach zweiwöchentlicher Aufbewahrung Spuren 
von Chlorid nachweisen lassen. — Ausser den bereits erwähnten Abbil- 
dungen sind noch manche andere recht lehrreich u. a. diejenigen, welche 
zeigen, wie sich präparirte Austernschalen und Schlämmkreide, ferner die 
auf verschiedene Weise bereiteten Sorten von Calomel und von Bismuth, 
subnitrie. unter dem Mikroskope darstellen. 

Nur wenige Punkte sind es, bei denen man anderer Ansicht, als der 
Verfasser sein könnte; der erste betrifft die Zusammensetzung der Kali- 
schwefelleber, die aus dreifach Schwefelkalium und schwefelsaurem Kali 
bestehen soll, Man kann sich leicht überzeugen, dass auch unterschwef- 
ligsaures Salz in derselben zugegen ist, wenn man die Schwefelleber mit 
überschüssigem Bleiweiss und etwas Wasser zusammenreibt und das Fil- 
trat, welches durch Nitroprussidnatrium nieht verändert werden darf, prüft, 
Das mit Essigsäure neutralisirte Filtrat entfärbt rasch Jodlösung, wird 
auf Zusatz verdünnter Schwefelsäure sofort opalisirend und bald von aus- 
geschiedenem Schwefel undurehsiehtig; Silberlösung giebt anfangs Chlor- 
silber, auf weiteren Zusatz, namentlich beim Erwürmen, schwarzen Nie- 


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480 Anzeige. 


derschlag. — Bei Analyse des Gypses ziehe ich Zersetzung durch eine 
Lösung von anderthalbfach kohlensaurem Ammoniak in der Kälte dem 
Kochen mit einer Lösung von kohlens. Natron vor. — Arsen entweicht 
beim Lösen des Eisens in verdünnter Schwefelsäure nur zum Theil; ein 
anderer Theil findet sich in dem unlöslichen schwarzen Rückstande. — 
Neben der Bettendorf’schen Methode hätte bei Prüfung des Brechwein- 
steins auf Arsen die Stromeyersche erwähnt zu werden verdient. — Bei 
der Mergelprüfung vermisst man die Angabe, dass auch Talkerde, die 
als Carbonat bis 10%, und mehr in dolomitischen Keupermergeln vor- 
kommt, zu bestimmen ist. — Eine annährende Ermittelung des Stick- 
stoffgehalts im Knochenmehl scheint, nach der Entwicklung, welche der 
Handel mit künstlichen Düngemitteln genommen, weder im Interesse der 
Käufer noch der Fabrikanten wünschenswerth und dürften wohl stets die 
angegebenen ausführlicheren Methoden vorzuziehen sein. Beim Glühen des 
Knochenmehls nit Natronkalk erscheint der Zusatz von wenig Wasser um 
so weniger empfehlenswerth, als man vor jeder Analyse den Natronkalk 
vollständig auszutrocknen pflest. — Die vorgeführten Werthberechnungen 
bei Knochenmehl und Hyperphosphät gewähren allerdings einen Ueberblick 
über diese Verhältnisse, doch sind die Zahlen wohl nicht mehr zutreffend; 
auch ist zu berücksichtigen, dass in Hyperphosphaten die unlösliche Phos- 
phorsäure nur dann in Berechnung zu ziehen ist, wenn sie entweder s. g. 
„zurückgegangene‘ ist oder wenn sie von Knochenmehl, nicht aber, wenn 

sie von Knochenkohle oder mineralischen Phosphaten stammt. 


Das Werk ist als zuverlässiger Führer und Rathgeber bei Unter- 
suchungen bestens zu empfehlen. SB IIE 


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Im Verlage der €. @. Lüderitz’schen Verlagsbuchhandlung Carl 
Habel in Berlin, 33 Wilhelmstrasse ist soeben erschienen: 


Grundriss der Chemie 
gemäss 
den neueren Ansichten. 
Von C. F. Rammelsberg, 


Dr. und Prof. an der Universität und der Gewerbeacademie zu Berlin. 


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ARCHIV DER PHARMACIE 


3. Reihe, 1. Band, 6. Heft. 


mr In 


A. Originalmittheilungen. 


I. Chemie und Pharmacie. 


Arsenhaltige Flusssäure. 


Von Dr. Carl Jehn in Geseke. 


Da man bei Analysen von Silicaten, in denen neben 
Fe?O® auch FeO zu bestimmen ist, zum Aufschliessen der- 
selben häufig HFI verwendet, so halte ich die Bemerkung 
nicht für überflüssig, dass die käufliche Flusssäure gewöhn- 
lich arsenige Säure enthält. Bei der nachherigen Titrirung 
des Eisenoxyduls mit Chamäleonlösung wirkt diese auch auf 
die As?O3 (resp. H?AsO?), sie in As?O° (resp. H?AsO%) 
überführend, wobei natürlich der Gehalt an FeO — berech- 
net nach der verbrauchten ©. ©. Chamäleonlösung — zu hoch 
gefunden wird. Bei Ausführung einer derartigen Analyse 
ist es demnach unerlässlich, sich zunächst zu vergewissern, 
ob die betreffende HFI arsenhaltig ist oder nicht. Ist erste- 
res, wie fast stets, der Fall, so ist vor dem Gebrauche der- 
selben die arsenige Säure mit Kaliumpermanganat in Arsen 
sänre zu verwandeln. 


Arch. d. Pharm, TIT, Reihe, T, Bds, 6, Hft, 81 


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489 Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Äschen etc. 


Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen 
von verschiedenen Theilen des Kaffebaums (Brasi- 
liens) zu denen der Kaffekohnen. 


Von Dr. Hermann Ludwig, a. Prof. in Jena. 


In einem Schreiben des Herrn Apotheker Knorr in 
Sommerfeld vom 26, April 1864 theilte mir derselbe mit, 
dass Herr Apotheker Dr. Peckoldt zu Cantagallo in Brasi- 
lien (ist jetzt k. br. Hofapotheker in Rio de Janeiro) an einem 
grösseren Werke über brasilianische Heil- und 
Nutzpflanzen arbeite, wobei es ihm erwünscht wäre, die. 
Aschen von verschiedenen Pflanzen und Pflanzentheilen in 
ihren Hauptbestandtheilen quantitativ analysirt zu haben; er 
fragte dabei an, ob ich solche Untersuchungen ausführen 
wollte. Die Resultate der Untersuchung würden dem genann- 
ten Werke unter Nennung des Autors einverleibt werden. 


Auf diese Offerte eingehend, habe ich im Laufe der 
Jahre 1864, 1865, 1866 und 1867, unterstützt von meinen 
damaligen Assistenten und Institutsmitgliedern, eine Reihe 
von Aschen, die mir Hr. Dr. Peckoldt selbst bereitet und 
. wohlsignirt hierher gesendet hatte, untersucht und die Zu- 
sammenstellung der Resultate dieser Analysen nach einander 
im Januar 1866 (die Aschen gelangten am 8. Nov. 1864 an 
mich) und Februar 1867 Hrn. Peckoldt abgeschickt. Darü- 
ber sind nun 5 Jahre vergangen, ohne dass ich ein Blatt von 
dem betreffenden Werke zu Gesicht bekommen hätte. Wenn 
ich mir desshalb erlaube, die Resultate meiner und meiner 
Gehülfen Analysen über Kaffeaschen hier zu veröffentlichen, 
so soll dies nur eine Aufforderung für Herrn Collegen 
Peckoldt sein, nicht länger mit der Veröffentlichung seiner 
Mittheilungen zu zögern, damit nicht unsere Untersuchun- 
gen in der raschlebenden Jetztzeit durch neuere überflügelt 
werden: 


Die analysirten Aschen sind: 


I. Asche der Wurzel eines fruchttragenden jungen 
Kaffebaums. 


3 Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete, 483 


II. Asche der Wurzel eines alten Kaffebaums. 

III. Asche der Kaffeblätter. 

IV. Asche vom Fruchtfleische (der Pulpa) der 
Kaffefrüchte. 

V. Asche der Pergamenthaut der Kaffebohnen. 

VI Asche des auf Gneisboden cultivirten Kaffes 
(Bohnenasche). 

VII Asche von Kaffebohnen, von auf Kalkboden 
gewachsenen Bäumen. 


Nr. I wurde analysirt von Herrn A. Geheeb aus Geisa 
und Hrn. G. Lorenz aus Altenburg; eine PO°bestimmung 
wurde auch von meinem damal. Assistenten Dr. Busse aus- 
geführt. 

Nr. II wurde analysirt von Herrn E, Stapff aus Kal- 
tennordheim. 

Nr. III von Herrn R, Busch aus Mosbach und ’'E. 
Scheitz aus Weimar. 

Nr. IV von meinem damaligen Assistenten, Herrn Karl 
Weinhold aus Freiberg. 
ö Nr. V, VI und VII sind von mir selbst analysirt worden. 
Der befolgte Gang bei der Analyse war der von H. Wacken- 
roder im Archiv d. Pharmacie (II, 53, 1) veröffentlichte. 


Ueber die Mengen der einzelnen Aschen aus einer be- 
stimmten Menge Kaffe, Kaffeblättern ete. hat mir Hr. Dr. 
Peckoldt Nichts mitgetheilt. Es bleibt also zur Verglei- 
chung nur die Quantität der Bestandtheile in Aschenprocenten 
übrig. Nehmen wir vor allen Anderen 


1) die Phosphorsäure. Ihre Menge-ist in den Wur- 
zeln eines jungen aber schon fruchttragenden Kaffebaums 
1,570 bis 3,00°,, in den Kaffeblättern auf ‚das Doppelte 
erhöht (6,228), sie ist annähernd 10°, in der Asche des 
Fruchtfleisches (9,987), und in der Asche der Wurzel eines 
alten Kaffebaums (11,300); ferner 10,540 bis 18,645°, in 
den Kaffebohnen und 16,702°%, PO® in der Asche der Per- 
 gamenthaut der Kaffebohnen, 


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Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Rechen etc. 


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- Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 485 


Man sieht, die Menge der PO? steigt von der Wurzel 
des. jungen Kaffebaumes bis zur Frucht und ihren einzelnen 
Theilen. Aber eine wichtige Thatsache ist das Wachsen 
des Phosphorsäuregehaltes in den Wurzeln älterer 
Bäume. Diese Phosphorsäure geht den späteren Vegetatio- 
nen, den Blättern und Früchten jedenfalls verloren. 

2) Das Kali. Seine Menge ist am geringsten in der 
Asche von Wurzeln alter Bäume (gegen 4°,). Es ist 
dann fast gleich in der Wurzelasche jüngerer Bäume (16,241) 
in der Blätterasche (14,949), der Fruchtfleisch - Asche (15,56) 
der Asche der Pergamenthaut (15,870) und der Asche sol- 
cher Kaffebohnen, die auf Gneisboden gewonnen wurden 
(14,131°/, KO). Mit einer ungemeinen Steigerung tritt uns 
aber die Asche der auf Kalkboden erwachsenen Kaffeboh- 
nen entgegen (45,325%, KO). Der Einfluss des Bodens auf 
den Kaligehalt der Pflanze zeigt sich hier aufs deutlichste. 

3) Das Natron (oder wenn man lieber will das Chlor- 
natrium) tritt bei allen unseren Analysen nur in kleineren, die 
Mengen des Kalis nur in einem Falle überschreitenden Quan- 
titäten auf: zu 1,126°, in der Blätterasche, Spuren im 
Fruchtfleische, 2,176°, in der Wurzelasche junger Bäume; 
aber zu 5 bis 61/,°, in der Wurzelasche alter Bäume, 
zu 5,096 in Asche der Pergamenthaut, 5,845 und 5,851), 
in den Kaffebohnen. 

Dieses stimmt nicht mit der Behauptung von Graham 
und seiner Mitarbeiter (J. Stenhouse und D. Campbell 
Chem. Soc. Qu. J. IX, 33. Daraus in Liebig- Kopp’s Jahres- 
bericht 1856, S. 813), dass in den Kaffesorten von Ceylon, 
Java, Costarica, Jamaica, Mocca und Neilgherry 
die lösliche Kieselerde und das Natron gänzlich 
fehlen. Sie glauben, dass man hierdurch Kaffe von Ci- 
chorie unterscheiden könne, da letztere 2 bis 15%, 
Natron und 2,6 bie 12,75°, SiO® enthalten. 

Eine Analyse vom Kaffe (die Abstammung des letzteren 
ist nicht angegeben), welche Dr. E. Levi auf Liebig’s 
Veranlassung anstellte und in dessen Annalen d. Ch. u. Pharm. 
Juniheft 1844, S. 425 veröffentlichte, giebt den Procentgehalt 


As - Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 


dieser Kaffeasche an NaO zu 12,20%, an, also doppelt so 
hoch als wir denselben fanden; ferner 2,95%, SiO2. 

' Des Vergleichs halber ine ich diese Levy’sche a 
hierher. Der Kaffe lieferte 3,190%, Asche. 

In 100 Theilen dieser Asche wurden gefunden: 
KO ..7.Na0" 630°. 'M&0: -Fe203.. 8102: -POWE0HZ 
A211. 1230 358. 901 055 2,95. 1100 oy 
Cl S0O3® Summe 
1,01 Spuren 97,92. 

Auch die ebenerwähnten trefflichen Analysen von Gra- 
ham und Genossen verdienen hier eine Stelle: 

°IL. Asche aus Kaffe von Ceylon; der Kaffe von ge- 
pflanzten Bäumen. 

II. Asche ebendaher, von wilden Bäumen. 


EI 5 von Javakafte. 

ven „ OCostariea-Kafte; 

V: S „ Jamaica-Kaffe; 

A Re ». Mokka; 

VIER » Kaffe aus den Neilsherry. 


100 Th. Asche enthielten: 
a8 2% 3. 4. 58 6. 7. 
RO 55,10 52,72. 54,00: 53,20. 53,72 51,52, Sneaı 
aa 410258, A411 461. .616..587. Dose 
Me 8312 346 890 8,66: 837 .887%, 840, 
De0: 0,45 098. 0,73 .0,63; 044 044 061, 
202 10,36 11,60 11,05. 10,80 11,13. 10,15. Loss 
D02 3.62. AAS 349 : 8,82 3,10...506 Samen 
CO? 1747 16,93 - 18,13 16,34 16,54 .16,98 14,92% 
cl 1.11 0,45 °.0,96 7 15,00..°.0.72 059 0008 


100,63 100,20 99,97 99,06 100,18 99,68 100,04. 

Vergleicht man diese jedenfalls höchst exactem Analy- 
sen mit den meinigen, so nähert sich nur der Kaligehalt von 
meinem auf Kalkboden erwachsenen Kaffe diesen hohen Zah- 
len: die Asche desselben enthält nemlich 45,325 KO und 
5,851°/), NaO. Berechnet man nun aus dem NaO die aequiv- 
Menge Kali, so hat man 8,89 KO, welche dem wirklich 


EEE EEE TE NENNE 


Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 487 


gefundenen hinzuaddirt 54,215°%, KO ergiebt, was dann mit 
den Graham’schen Zahlen stimmt. 


4) Die Kieselerde oder Kieselsäure. Ich möchte 
Graham und Genossen beistimmen, dass die völlig rei- 
nen Kaffebohnen keine Kieselerde enthalten; aber sowie 
sie gewöhnlich erhalten werden, hängt ihnen etwas Erde in 
den Spalten der Bohnen an, die sich dann in der Asche der- 
selben häuft.- So erklärte ich die kleinen Mengen von lösl. 
Kieselerde, die ich in den Kaffebohnen gefunden (0,370 
bis 1,654), als Beweis lagen mir ja die 5,820°, Glimmer und 
Quarzsand vor. 


Nach dem Gesagten wird man den Journalen und Bü- 
chern keinen Glauben schenken dürfen, wenn sie eine Aschen- 
analyse (der feinsten westindischen Kaffebohnen) von Thorn- 
ton J. Herapath beibringen (aus der Chem. Gazette 
1848, 159, die mir nicht zu Gebote steht) und den Lesern 
sagt, diese Asche enthalte 42,022°/, SiO?, ja nach Abzug der 
00? 45,551%, SiO? (Diese falschen Angaben finden sich im 
Pharm. Centralblatt vom 28. Juni 1848, Nr. 29, 8. 461; fer- 
ner in den Handbüchern der Pharmacognosie von Berg und 
von Wiggers.) Liebig-Kopp’s Jahresb. f. 1847 — 1848 
führt die Herapath’sche Analyse mit 0,44%, SiO? auf, was 
besser klappt. Wir finden aber da einen Gehalt von 40,75 
PO, während das Üentralblatt nur 19,801 PO° in der 00? 
freigedachten Asche angiebtt. Da sämmtliche Graham’schen 
Analysen 10 bis 12%, PO? in der kohlensäurehaltigen Asche 
haben, so ist wohl die Zahl 19,801%, PO von Herapath die 
richtige, zumal ich in der einen Kaffeasche 18,645°, in der 
anderen 10,540°/, PO fand. 


Dass die Kieselerde aber ein wesentlicher Be- 
standtheil der übrigen Theile der Kaffefrucht, der Blätter 
und Wurzeln des Kaffebaums bildet, ergiebt sich deutlich aus 
der anfänglichen Zunahme derselben von der Wurzel durch 
die Blätter, bis zum /Fruchtfleische, ihre Abnahme in der 
Pergamenthaut und ihr plötzliches Verschwinden in den 
Kaffebohnen, j | 


485 Ucber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 


Kieselerde in der Asche: KEN 
der Wurzeln alter Bäume 1.95825 S108 


3 e junger Bäume 6,159 , 
„ Blätter d. K. Baumes 9,600 , 
des Fruchtfleisches 15,162 „ 
der Pergamenthaut 9,2523, 
der Kaffebohnen 0,370 ,, 


5) Die Thonerde. Hier ist kritisch zu verfahren. 
Wir finden folgende Steigerung: | 


Thonerde in der Asche: 
der Wurzel alter Bäume 1,585°/, Al?O3 


2) ” Junger ” 7,849 ” $2) 
„ Blätter e: OR, 
des Fruchtfleisches ° Spuren 
der Pergamenthaut AOI 
des auf Gneisboden 
erwachsenen Kaffes 2181... 
des auf Kalkboden 
erwachsenen Kaffes Spuren. 


Mir will es scheinen, als ob die Thonerde, mit 
Phosphorsäure verbunden, in die Pflanzen über- 
ginge. Der grosse Gehalt der Asche der Wurzel junger 
Bäume könnte von Kritikern auf anhängende Erde gescho- 
ben werden, aber bei den Blättern muss solcher Einwurf 
schweigen. 

6) Der Kalk. Die Menge desselben ist in den Wur- 
zelaschen des Kaffebaums am beträchtlichsten (27,042°/, 
in den jungen, 38,045 in den alten Wurzeln), sie beträgt in 


der Blattasche und derjenigen der Pergamenthaut noch über 


20%, (nemlich 20,821 bei 21,90); das Fruchtfleisch enthält 
davon noch die bedeutende Menge von 16,828°), , "während 
in den Kaffebohnen der Kalkgehalt auf 8,645 bis 4,889), 
CaO herabsinkt, wobei gerade die auf Kalkboden erwachse- 
nen Bohnen den geringsten Kalkgehalt zeigen. Die Gra- 
ham'schen Analysen ergaben einen zwischen 4,1 bis 6,16%, 


E 


Teber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 489 


schwankenden Kalkgehalt der Kaäffebohnen; die Levy’sche 
Analyse sogar nur 3,58°/, CaO. 

Jedenfalls ist der geringe Kalkgehalt der Kaffe- 
bohnen bei etwaigen Verfälschungen eine nicht zu unter- 
schätzende Thatsache. 

7) Die Magnesia. . Sie verhält sich ähnlich dem Kali, 
indem ihre Menge von der Wurzel bis in die Samen zu- 
nimmt, obgleich nicht in einem so bedeutenden Maasse als 
beim Kali. 

Asche der jungen Wurzel 4,155°%, MgO. 
> „ alten 5 2.300e es 
HU Baker I 7.9600: 
„ des Fruchtfleisches 3.029, eu, 

„der Pergamenthaut EEE RT 
ER „ auf Gneisboden 

erwachsenen Kaffebohnen 8,144 „ , 
„» der auf Kalkboden 
erwachsenen Kaffebohnen 8,007 „ 

Die Magnesia begleitet die Phosphorsäure bis 
in die Früchte und Samen in ziemlichen Mengen. Graham 
fand 8,2 — 8,87%), MgO in den Kaffebohnen, Levy 9,01 Proc. 
Interessant ist der gleichmässige MgOgehalt der auf 
Gneiss- und der auf Kalkboden erwachsenen Kaffebohnen. 

8) Das Eisenoxyd ist ein durchaus beachtenswerther 
Bestandtheil aller Theile des Kaffebaumes. 

Die Asche der jungen Wurzeln 3,390°/, Fe?O3, die der 
älteren 5,032°/,, der Blätter 3,577 Proc.; der Peru 
7,117°/,, des Fruchtfleisches 11,380, der auf Gneisboden er- 
wachsenen Kaffebohnen, sogar 16,539, Fe?O3,. Bei den auf 
Kalkboden erwachsenen Kaffebohnen enthält deren Asche nur 
1,962°/,, also nahezu 2°, Fe?03. Diese Menge ist immer 
noch bedeutender als die von Graham gefundenen Procente 
0,44 bis 0,98%, Fe?03 und Levy’s 0,55%, Fe?02 Das 
Eisenoxyd ist also ein vom Boden abhängiger, in 
seinen Mengen höchst schwankender Bestand- 
theilder Kaffebohnenaschen. 


490 Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 


9) Der Mangangehalt der Asche der Kaffebaumtheile 
ist gewöhnlich nur als ein spurenweise auftretender zu con- 
statiren. Die früheren Analytiker haben ihn über- 
sehen. In den Aschen der Wurzel des jungen Kaflebaums 
wurden 0,441°, Mn?O* und in der Blätterasche 0,400°%, 
dess. Oxyds gefunden; in der Asche der Kaffebohnen, wie 
gesagt, nur deutliche Spuren. ; 


10) Die Kohlensäure. Sie fehlt in keiner Asche der 
verschiedenen Theile des Kaffebaums. Ihre Menge ist in den 
Wurzelaschen am bedeutendsten (25,162 bis 27,546), be- 
trägt in den Aschen der Blätter, des Fruchtfleisches und der 
auf Kalkboden erwachsenen Kaffebohnen 20 bis 21 Proc. 
(nemlich 21,026, 20,128 und 21,242%,). In der Asche der 
Pergamenthaut sinkt sie auf 13,284°, und in derjenigen, der 
auf Gneisboden erwachsenen Kaffebohnen auf 8,338 Proc. 
Hier treten PO® und SO3 an ihre Stelle. 


Levy fand in der Asche der Kaffebohnen 15,27%, CO2, 
Graham und Genossen fanden 14,92 bis 18,13%, CO? in 
derselben. 


11) Die Schwefelsäure ist fast in allen Theilen des 
 Kaffebaums in den Aschen derselben nur in geringer Menge 
vorhanden, selbst in den Kaffebohnen, die auf Kalkboden 
erwachsen sind. (Asche alter Wurzeln 1,382, junger 2,258, 
Blätter und Fruchtfleisch in runder Zahl 4%,, der Pergament- 
haut nahezu-2°,, der genannten Kaffebohnen 1,640°/, SO2.) 
Um so auffälliger erscheint der Gehalt von 15,278, SO® in 
der Asche der auf Gneis erwachsenen Kaffebohnen. Levy 
fand nur Spuren von SO3, Graham und Genossen 3,09 bis 
5,26%, 80°. 

12) Das Chlor ist durchaus nur in geringen Mengen in 
allen Aschen der verschiedenen Theile des Kaffebaums; es 
beträgt nur Spuren in dem auf Gneisboden erwachsenen 
Kaffebohnen, aber beinahe 1%, (0,981°/,) in den auf Kalk- 
boden erwachsenen. Am meisten Chlor ist in den Aschen 
der jungen Wurzeln (1,049), des Fruchtfleisches (1,339) und 
‘der Blätter (1, 564) in denen es wohl als KCl und NaCl 


Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete. 491 


vorkommt. Auch Levy fand 1,01%, Chlor in den Kaffeboh- 
nen, Graham und Genossen 0,26 bis 1,11%, Cl. 


13) Die Auffindung von Jod in der Asche des Frucht- 
fleisches der brasilianischen Kaffefrüchte (0,882°, Jod, ent- 
sprechend 1,153°, KJ), so unverhoftt sie uns war (Hr. 
Weinhold und mir), hat nichts Auffälliges, wenn man 
bedenkt, dass die illyrische Pottasche bei Prüfung von grösse- 
ren Mengen (500 bis 1000 g.) die kräftigsten Jodreactionen 
zeigt, falls man alle kryst. Salze daraus entfernt und mit den 
letzten Mutterlaugen die Jodprüfungen anstellt. Ich wüsste 
nicht, dass bis jetzt irgend Jemand in den Aschen von be- 
stimmten Bäumen und ihren Theilen das Jod nachgewiesen 
hätte. Herr Dr. Peckoldt hat mir versprochen, an Ort 


und Stelle zu untersuchen, ob dieser Jodgehalt ein vorüber-' 


gehender oder ein constanter sei. — 


Nach dem Vorliegenden gehört der Kaffebaum zu denje- 
nigen Pflanzen, welche den Boden am meisten erschöpfen, 
indem durch ihn Mengen vom POS und KO sowohl durch 


die jährlichen Erndten als auch durch den alternden- 


Baum entzogen werden (Asche der Wurzel des jungen 
Baums höchstens 3/°/, PO°, Asche der Wurzel des alten 


Baums 11,30°/, PO®), die nach der dortgebräuchlichen Kultur‘ 


nicht oder nicht vollkommen ersetzt werden, wodurch zuletzt 
die Bäume unfruchtbar werden. J. J. Tschudi (in seinen 
Reisen durch Südamerika 2. Bd., Auszug davon im Ausland 
11. Dec. 1866) sagt, dass der Kaffe, wenn die Ge- 
sträuche altern und nicht mehr tragen wollen, einen 
vollständig erschöpften Boden hinterlasse. 


Ebenso ergehe es den Brasilianern mit dem Zucker- 
rohr; weil in neuerer Zeit ihre Zuckerfelder nicht mehr den 
gewohnten Ertrag liefern wollen, so meinten die guten Leute, 
das Zuckerrohr sei entartet und die brasilianische Regie- 
rung, die nicht klüger sei, als ihre Unterthanen, hätte beab- 
sichtigt, eine Expedition nach Mauritius zu senden, um von 
dort „gesundes“ Zuckerschilf zu holen. 


u Eee 


492 Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der Aschen ete, 


Die Ursache . der „Entartung“ liege aber auf flacher 
Hand, da der Ackerbau in Brasilien eine „reine Raub- 
wirthschaft“ sei. 

An diese Aschenanalysen reiht sich passend die Ana- 
lyse einer Erde (Salzerde) aus dem brasiliani- 
schen Urwalde. Sie kam mir am 8. Nov. 1864 zu Hän- 
den, aufgenommen, in eine Büchse von verzinntem Eisenblech 
eingeschlossen und gesendet durch Hrn. Dr. Th. Peckoldt 
in Oantagall.. Die Analyse, ausgeführt durch meinen dama- 
ligen Assistenten Herrn Karl Weinhold aus Freiberg, 
K. Sachsen, -ergab in 100 Th. der bei 100° C. getrockneten 
Erde noch 

12,200 Gew.- Th. Wasser, ferner 
28,951 , „ durch HCl aufschliessbare Bestandtheile 
dazu durch Wasser auflösl. NaCl 
[ 9,140 Gew.-Th. NaCl 
| 15850... „ 002 
1913 „. Na® 
| 0.0882 5 „ 0a0 
j 9312 „ „» MgO 
| 9008 „ NO 
1994 2 216208 
Bes & „ A1203; Spuren von PO; 
| US N, „» "SiO? lösl. in wässr. Alkal. 


. (28,951. 
59,141 Gew.-Theile erst nach dem Schmelzen mit Na0,C0O? 
durch Salzsäure aufschliessbare Theile. 
Das NaO wurde in der mit HF aufge- 
schlossenen Erde nachgewiesen. 
( 0,196 Gew.- Th. NaO 
| 0184 „ „ a0 
3 2,381-%, "ule>0> 
ER NEO) 
In A SUR 
(59,141. 


100,292. 


Ueber das Verhältniss der Bestandtheile der .Äschen ete. , 495 


Auf Salze berechnet, soweit es eben angeht, enthalten 
100 Gew.- Theile der vorliegenden brasilianischen Urwalderde. 
Chlornatrium 0,140 Gew.-Th. 


Kohlensaure Salze 0,8317 „  ,„ davon sind 


0,148 Gew.-Th. Ca0,C002 

0,655 ',„. " „Mr0,002 

0,014: „. „.Mn®d,CO: 
| 0,817. 


Kohlensäure und Glüh- 

verlust, vorhandener 

org. Substanz entspr. 1,436 Gew.-Th. 
Eisenoxydreiches Thon- 

erde-Natron-Silicat, m. 

Spuren von PO?; auf- 

schliessbar durch HCl 26,558 Gew.-Th. darin 


4,224 Gew.-Th. Fe?O3 
10,663 „ ,„ AI2O3 
9,758 „ „ ?8io: 
LH3F,, NEO 
26,558. 

In HCl unlöslich. Thon 

und Sand 59,141 Gew.-Th.; darin wurden nach dem 


Aufschliessen gefunden 
0,196 Gew.-Th. NaO 


QASA ed 
A381. 7, Bor 
24,076 „ ,„ A1l203 
32,304 „ „ $io: 
59,141. 

Wasser in der vorher 

bei 100°0. getrock- 

neten Erde 12,200 Gew. - Th. 


100,292. \ 
In dieser Erde fehlt gerade das oder ist nur spuren- 
weise vorhanden, was der Kaffebaum hauptsächlich braucht, 


494 , Veber die Bestandtheile des Samens der gelben Lupine 


nemlich Kali und Phosphorsäure. Damit soll natürlich 
weiteren Analysen brasilianischer Erden nicht vorgegriffen 
werden. ; 
Diese Urwalderde ist von gelblichfleischrother Farbe, 
zwischen den Fingern zu Staub zerreiblich und dabei talkig 
anzufühlen.e Auf dem Bruch der zusammengeballten Stücken 
zeigten sich öfters rostfarbige und bräunlichgrüne Partieen 
eingesprengt, auch waren hier und da feine Kanäle bemerk- 
lich. Schon mit blossem Auge erkannte man durch die ganze 
Erde zerstreut zahlreiche feine glimmerartige Blättchen. 

Durch das Mikroskop erschienen diese meist als unregel- 
mässige Bruchstücke. Diatomeen konnten nicht ent- 
deckt werden. An Wasser gab die Erde nur ein wenig 
Chlornatrium ab, aber kein salpetersaures Salz. Mit Natron- 
lauge ausgekocht, gab sie nur ein schwachgelbliches Filtrat, 
das mit HCl angesäuert nach einigem Stehen einige bräun- 
liche Huminsäureflöckchen abschied. 


Ueber die Bestandtheile des Samens der gelben 
Lupine. 


Von Demselben. 


Durch die Untersuchungen von M. Siewert (Zeitschrift 
für d. gesammt. Natur- Wissensch. Jahrg. 1869, 8. 426) hat 
sich ergeben, dass diese zur Viehfütterung dienenden Samen 
ein Gemenge bitterer Stoffe enthalten, aus denen sich Ab- 
- kömmlinge des Coniins und Conydrins, namentlich des 
Dimethyleonydrins (eine krystallisirbare Basis O10%H?!NO 
— (3H15(CH3)2NO, bei 261°C. siedend) und ein Gemenge 
von Basen, die bei 306— 310 0. sieden, abscheiden lassen. 
Ob kleine Mengen von Ooniin und Methylconiin ursprüngl. 
"vorhanden sind, bleibt ungewiss. 

Ad. Beyer (Archiv d. Pharm. Juli 1872, III. 1,40), im 
Anschluss an die Eichhorn’sche Darstellung des Lupinen- 
bitterstoffs (eines Gemenges) schied zwei Alkaloide aus diesem 


{ 
2 
2 
E: 
: 
| 


Ueber die Bestandtheile des Samens der gelben Lupine. 495 


Gemenge und zwar ein solches von der Formel C17H36N?O? 
und ein zweites = C!'H®?’NO%. 

Jedenfalls sind durch diesen Alkaloidgehalt, namentlich 
durch die Beziehungen dieser Basen zum Coniin, die ge- 
nannten Samen auch der Aufmerksamkeit des Pharmaceuten 
werth geworden. 

2) Der Proteinstoff des Samens von Lupinus 
luteus ist vom Prof. Ritthausen genau untersucht wor- 
den. (Journal f. pract. Chemie, 1868, 103, 79—83.) Er 
hat viel Aehnlichkeit mit dem Gliadin oder Pflanzen- 
leim, giebt mit verdünnter Schwefelsäure gekocht Gluta- 
minsäure (krystallisirbar = C5H?’NO# (5 bis 6°, der ange- 
wandten Substanz) und Asparagensäure—= Ü?H'NO%, 
die sich in Aepfelsäure verwandeln lässt. (Journ. f. 
pract. Chemie. Bd. 106, S. 446.) Ritthausen nennt den 
Lupinen-Proteinstoff Conglutin. 


Die von A. Beyer beim Keimen der Samen der gelben 


Lupine beobachtete Bildung von Asparagin (Archiv der 
Pharm. 1867, II, 131, 201— 213) leitete derselbe aus dem 
bei der Keimung verloren gegangenen Eiweissstoff her. Die 
Ritthausen’schen Versuche erheben diese Ansicht zur Ge- 
wissheit. 

3) Enthalten die reifen Samen der gelben Lu- 
pine Stärkemehl? Nach Fourcroy und Vauquelin 
enthält das Mehl der Lupinen (nicht angegeben, welcher) 


weder Stärkemehl noch Zucker. (L. @Gmelin’s Handb. 


d. theoret. Chemie. III. Aufl. II. Bd. II. Abth. S. 1264.) 
Diesen Angaben entgegen behauptete Poggiale, in den 
Lupinensamen (welchen?) 26,2%, Stärkemehl und Dextrin 
gefunden zu haben. (Liebig - Kopp’s Jahresber. f. 1856, $. 809.) 
Ich habe schon im Jahre 1862 gefunden und auch veröffent- 


licht (Polytechnische Centralhalle, Leipzig 1862, Abtheilung 
für chemische Technologie, über das Vorkommen 


von Stärkemehl Nr. 19. S. 75), dass die Lupinensamen 
keine Spur von Stärkemehl enthalten. 

Mein früherer Assistent Herr K. W einhold bestätigte 
in meinem Laboratorium (seine Notizen sind schon vom Febr, 


496 Ueber die Bestandtheile des Samens der gelben Lupine. 


1865) diese interessante Thatsache.*) Er fand weder Stärke- 
mehl noch Inulin in den genannten Samen. 

Nach A. Beyer ist im ruhenden Lupinensamen 
kein Stärkemehl zu finden, tritt aber beim Keimen 
sehr bald nach Streckung des Keims in ganz bedeutender 
Menge auf. | : 

4) Welche Stoffe ersetzen in den Lupinen das 
Amylum? Nach A. Beyer ist ein Gummi vorhanden, 
welches er aber noch nicht in einem der Analyse würdigen 
reinen Zustande erhalten konnte. | 

5) Fettes Oel. Mein Assistent Weinhold erhielt aus 
den geschälten, getrockneten und gepulverten Lupinensamen 
durch Ausziehen mittelst Aether 4,35%, eines orangegelben, 
nicht bitter, aber kratzend schmeckenden, sehr cönsistenten 
fetten Oeles. 

A. Beyer fand die Menge des fetten Oeles in den bei 
100° getrockneten nicht entschälten Samen zu 4,832 %. 

Er beobachtete zugleich den Phosphorgehalt dieses 
Oeles und unterwarf es der Elementaranalyse. (Arch. Ph. 
1872. Juliheft, S. 45.) 

Prof. Dr. M. Siewert (über die Bestandtheile des Lu- 
‘ pinenkrautes, in der Zeitschr. für d. ges. Nat.- Wiss. 1870, 
Märzheft, II. 25 199) findet in den reifen Samen der gel- 
ben Lupine 11,45°/, Cellulose, 39,13%, Proteinstoffe, 

32,73%, stickstofffreie Nährstoffe, 0,60%, Alka- 
loide, 4,06%, Fett, 3,58%, Asche und 9,45°%, Wasser. 

6) Säuren: Aepfelsäure und Oxalsäure (Ritthau- 

sen); Citronensäure. (A. Beyer.) 

7) Ist Zucker in den Lupinensamen? 

Diese Frage ist noch nicht erledigt. Weinhold fand, 
dass der kaltbereitete wässrige Auszug der Samen nach dem 
Eindampfen ein bitter und herbe schmeckendes 


*) Man denke nur an die mit Stärkemehl vollgepfropften Bohnen 
und andere Hülsenfrüchte, die daran eben sehr reich sind. 


Ueber die Bestandtheile des Samens der gelben Lupine, 497 


grünlichbraunes Extract lieferte, das in wässriger Lösung, 
namentlich nach vorheriger Erwärmung mit Salzsäure die 
Trommer’sche Probe liefert. Hier wird das vorhandene Gummi 
den Zucker geliefert haben. Auch A. Beyer und M. Sie- 
wert sprechen sich nicht klar über diesen etwaigen Bestand- 
theil aus. Wegen herben Geschmacks irgend eine Gerbsäure, 

8) Verhältniss von Schalen und entschälten 
Samen (Kernen). 100 Stück. lufttrockne Lupinensamen 
-wiegen nach K. Weinhold 15 g. Nach dem Einquellen in 
Wasser, dem Schälen und Trocknen der getrennten Theile 
wogen die Kerne 8,7 g.— 58 Proc. 
die Schalen 3,0:,,=82075, 

In kaltem Wasser lösliche Theile und 
h kopisches Wasser | ee 
ygroskopisc 
15,0 100. 

9) Aschenbestandtheile. Die unveränderten Lupi- 
nensamen, erst verkohlt, dann mit Wasser, sodann mit Salz- 
säure ausgezogen, die hinterbleibende Kohle zuletzt einge- 
äschert und der Rückstand so wie die Auszüge analysirt. 


100 Th. der lufitrockenen Samen lieferten so 0,905 be- 
stimmte Aschenbestandtheile, nemlich: 
KO CaO MgO Fe203,PO> PO Ssi0? 
0,307 0,063 0,211 0,036 0,246 0,0429), 
Auf 100 Theile Asche berechnet, erhält man: 
KO a0 MgO Fe20,PO> PO> SiO2 
33,93 6,95 23,34 3,96 27,19 _4,639%,. 
Dazu Spuren von Mangan und etwas SO°, die nicht 
quantitativ bestimmt wurde. 
Vergleichende Zusammenstellung der Analyse von Lu- 
pinensamenaschen, 
a) A. Beyer. (Arch. Ph. 1867, II. 131, 209.) 
b) M. Siewert. (Zeitschr. für ges. Nat.-Wiss. März 
1870, 8. 203.) 


c) K, Weinhold. (Manuseript v. Febr, 1865.) 
Arch, d, Pharm, II. Reihe, 1.Bds, 6, Hit, 32 


498 Untersuchungen über Pikrotoxin. 


2. b. > c. 
KO 28,127 27,49 33,93%0- 
NaO Spuren 2,75 — ,„ 
CaO 8,631 6,46 6,95 „ 
MsO 11330 1727. 2334 
Fe203 2,047 0,11 2 
Fe20%3P05 _ — — 3,96 „ 
Mn°O% — —  , Spuren 
PO5 42,569 3755 27,19, 
Si? 0,559 1,08 4,63 „ 
SO3 3,023 6,64 nicht bestimmt 
cl 0,418 0,80 3 $ 
Co? — 0,007, 100.000 8 


96,704 100,10 

. Hier ist bei c (bei Jena gebauten Lupinen) sehr deutlich 

der Einfluss der magnesiareichen Gesteine und Erdschich- 

ten erkennbar, die den Pflanzen Magnesia in übergenügender 

Menge liefern können. | 

Die Zusammenstellung A. Beyer’s über die Bestandtheile 

der ungekeimten und gekeimten Lupinensamen wolle man im 

Arch. d. Pharm. 1867 II. 131, 8. 209 nachlesen. Die Mi- 

neralstoffe giebt A. Beyer zu 3,384°,, Siewert zu 3,58%, 
der Samen an. 


Untersuchungen über Pikrotoxin. 
Von Dr. Heinrich Böhnke-Reich. 


Im Laboratorium des chemisch-pharmaceutischen Institu- 
tes zu Jena,*) dann im chemischen Laboratorium zu Göttin- 
gen wurden die nachfolgenden Versuche mit Pikrotoxin ange- 
stellt, das bis jetzt in der Reihe der organischen Verbindungen 


*) Hr. Dr. H. Böhnke-Reich begann diese Untersuchungen als 
mein Assistent im Jahre 1860; seine in meinen Acten liegende Nieder- 
schrift der unvollendet gebliebenen Arbeit trägt von mir das Datum v. 
30. März 1861. Anf seinen Wunsch hin geschieht jetzt noch die Ver- 
öffentlichung, H.L, 


Untersuchungen über Pikrotoxin. 499 


eine schwankende und unbestimmte Stellung einnimmt. Wie 
sehr von einander abweichende Ansichten über diesen Körper 
existiren, kann man aus der Zusammenstellung in Gmelin’s 
organischer Chemie 1862. Bd. IV. S. 426 ersehen. 


Das mir von einer namhaften chemischen Fabrik gelie- 
ferte Pikrotoxin schied beim Lösen in heissem Wasser eine 
Fetthaut ab, so dass ich genöthigt war, die ganze Menge des 
Stoffes durch Auflösen in heissem Wasser und Filtriren von 
diesem Fette zu befreien. Dieses gab in Alkohol gelöst eine 
saure Lösung, die zur Krystallisation befördert wurde. Das 
Fett krystallisirte in Schüppchen, die genau bei 69°C. ihren 
Schmelzpunkt hatten. Es war Stearinsäure, deren Menge 
aus 15 g. 1,88 g., also 12,5%, (!) betrug. 


Diese Säure darf nur als Verunreinigung angesehen wer- 
den, (nicht als Verfälschung). Sie findet sich nach Franeis 
in den Kokkelskörnern; er nannte sie Stearophan- 
säure, bis Heinz bewies, dass sie nur Stearinsäure sei. 


Aus der wässrigen, neutralen Lösung des so gerei- 
nigten Pikrotoxins wurden. vier Krystallisationen erhalten: 
die erste — rein weisse, sternförmig gruppirte Nadeln — 
wurde zu weitern Versuchen benutzt, die drei letzten waren 
weniger weiss und minder deutlich krystallisirt. Alle redu- 
cirten auf Zusatz von Kalilauge das Kupferoxyd zu Oxydul, 
und das salpetersaure Silberoxyd zu metallischem Silber. — 
Nur das zuletzt krystallisirte Pikrotoxin enthielt eine geringe 
Menge Stickstoff. 


Pikrotoxin mit Kalilauge gekocht gab eine braune 
Färbung ohne Trübung; mit Gerbsäure trat keine Reaction 
ein, auch nicht nach Zusatz von wenig Salzsäure; mit Eisen- 
chlorid entstand eine braune Färbung ohne Reduction; mit 
Jodwasser trat keine Reaction ein. 


0,286 g. dieses Pikrotoxins gaben bei der Verbrennung 


HO — 0,178 
CO: — 0,638, 


500 Untersuchungen über Pikrotoxin. 


gefunden berechnet (nach C1°H 604.) 
C — 608391 61,224 
MI ale 6,122 
O0 — 32,2456 32,654 
100,0000 100,000. 

Diese Zahlen entsprechen der Formel C5H302 oder 
C10H®O% oder C2°H!?O®. Die erste Formel nimmt Opper- 
mann (Mag. Pharm. 35. 237. — Pogg. 23. 446) an, die 
zweite Gerhardt (Traite de Chim. org. 4. 227); Pelletier 
und Couerbe haben 61?H’?O°. Der dritten haben Kraut- 
Gmelin den Vorzug gegeben: 


berechnet . gefunden 
Couerbe u. 
Oppermann Regnault Francis Pelletier Reich. 


620-120 61,22 6021 59,52 60,26 59,77 60,84 
Ha22 19 0612. 586 586 5,70) 6000 
08 — 64 32,66 33,93 34,62 84,04 84,23 32,24 
196 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00. 
Die verdoppelte Couerbe- Pelletier'sche Formel 01?H ?0° 
— 0?*H1?01° wird von Barth angenommen, sie verlangt 


berechnet 

024 — 144 60,50 
Ba 4 5,88 
Orr —Z80 33,62 
238 100,00. 


was mit den gefundenen Zahlen besser übereinstimmt als 
die Zahlen für 0?°H!?O8*) 


Pikrotoxin mit verdünnter Schwefelsäure. 


Weil die Fähigkeit, Kupferoxyd zu reduciren, den Kör- 
pern zukommt, welche Zucker enthalten, so wurde ein Ver- 
‘ such gemacht, durch Behandeln mit verdünnter Schwefelsäure 
das Pikrotoxin zu spalten. Es wurde 1 g. desselben mit 
dieser Säure längere Zeit bei 100°. digerirt. 

a) Die abgegossene Flüssigkeit reducirte das Kupfer- 
oxyd und gab mit Kalilauge gekocht die charakteristische 


#&) .HlReieh findet fast 1°/, mehr Wasserstoff als alle seine Vor- 
gänger. Sein Pikrotoxin war also nicht gehörig trocken. NER STD, 


Untersuchungen über Pikrotoxin. 501 


braune Färbung des Aldehydharzes. Die säurehaltige Flüs- 
sigkeit wurde darauf mit Kalkmilch bis zu ganz schwach 
saurer Reaction versetzt, filtrirt und eingedampft; der Rück- 
stand, wiederholt mit Aetherweingeist extrahirt, gab 
eine starke Säure mit bitterm Geschmack an 
denselben ab. Eine Zuckerbildung konnte nicht 
beobachtet werden. 

b) Der in Aether-Weingeist unlöslichke Rückstand 
reducirte ebenfalls Kupferoxyd..e. Es wurde mit ihm die 
Zuekerprobe nach Böttcher angestellt. Das basisch salpe- 
tersaure Wismuthoxyd mit etwas Kalilauge wurde zu schwar- 
zem Wismuthoxydul und metallischem Wismuth reducirt; also 
Reaction des Krümelzuckers. Mit einem andern Theile 
des durch verdünnte Schwefelsäure veränderten Pikrotoxins 
wurde eine Gährung eingeleitet, deren Resultat jedoch zwei- 
felhaft blieb, 


Pikrotoxin mit doppeltschwefligsauerem Natron 
und mit Ammoniakgas. 


Pikrotoxin mit doppeltschwefligsauerem Natron 
in der Wärme behandelt gab ein weisses krystallinisches Salz, 
dessen erste Krystallisation auf dem Platinbleche völlig flüch- 
tig war; die zweite Krystallisation hinterliess einen Rück- 
stand. Beide reducirten Kupferoxyd und salpetersaures Sil- 
beroxyd ohne Caramel- oder Aldehydgeruch. 

Da hieraus kein Resultat zu gewinnen war, so wurde 
das Gemenge mit Aetherweingeist ausgezogen, um den Bit- 


- terstoff wieder zu gewinnen. In die ätherisch - alkoholische 


Lösung wurde Ammoniakgas geleitet, wobei sich am Bo- 
den des Cylinders eine schwere gelbbraune Flüssigkeit absetzte, 
die Kupferoxyd nicht reducirte, auf Platinblech beim Erhitzen 
sich schwärzte und völlig flüchtig war. Beim Verdampfen 
eines Theiles der Flüssigkeit blieben schwachgelbe Krystall- 
nädelchen zurück, die sauer reagirten, Kupferoxyd nicht redu- 
eirten, jedoch beim Erwärmen mit Kalilauge kein Ammoniak 
hergaben, während die erste Flüssigkeit unter gleichen Um- 
ständen eine reichliche Menge Ammoniak gab, 


502 Untersuchungen über Pikrotoxin. 


Es existirt demnach wohl eine lockere Verbindung 
des Pikrotoxins mit Ammoniak, die aber schon bei 
geringer Wärme ihr Ammoniak wieder verliert. 


Pikrotoxin mit Bleihyperoxyd. 


Zu diesem und den folgenden Versuchen hatte ich den 
Bitterstoff in grösserer Menge selbst dargestellt. 


Um das Pikrotoxin höher zu oxydiren wurde es in Was- 
ser gelöst, mit Bleihyperoxyd bei 100°. digerirt und nach 
48stündiger Einwirkung filtrirt. Das Filtrat reducirte 
nicht mehr das Kupferoxyd. Es wurde eingeengt, 
durch Schwefelwasserstoffgas zersetzt und filtrirt. Das Filtrat 
reagirte stark sauer, wurde der Verdunstung überlassen 
und gab eine harzartige gelbbraune Masse ohne 
Spur von Krystallisation, wie überhaupt, mit Ausnahme 
der oben erwähnten lockern Verbindung mit Ammoniak, bei 
allen weiter anzuführenden Versuchen niemals Krystall- 
bildung zu beobachten war. Die harzartige Masse war in 
kaltem Wasser sehr leicht löslich, schwerer löslich in Alkohol 
und Aether, gäb eine stark saure, sehr bitter 
schmeckende Lösung, die salpetersaures Silberoxyd beim 
Kochen reducirte, Kupferoxyd nicht mehr veränderte, mit Ba- 
ryt, Eisenchlorid, Schwefelsäure keine Reactionen zeigte. 
Beim Kochen mit Jodwasser wurde die vorher bräunliche 
Flüssigkeit farblos. 


Die erhaltene hygroskopische Säure wurde der Elemen- 
taranalyse unterworfen. 


0,336 g. Substanz gaben 


HQ .— 0213 
0027—0.632. 
gefunden - berechnet (nach C1°H 806.) 
C = 51.7046 51,725 
H= 7,0444 6,896 
0412510 41,379 


100,0000 100,000, 


Untersuchungen über Pikrotoxin. 503 


Demnach wäre die Formel der Pikrotoxinsäure—= 
02380%, 

Eine zweite zur Controle angestellte Analyse ergab: 

0,271 g. Substanz gab: | 


HO = 0,176 
G9227—70,514 
gefunden berechnet 
C = 51,841 51,725 
H= 7216 San — (104808, 
040,943 41,379 
100,000 100,000. 
Die Formel des reinen Pikrotoxins — C!1°H®04, die der 
Säure = C!1°H®0®, diese entsteht dem zu Folge nach der 


Gleichung: 

0:07°02 7,20 = C!7708 

Pikrotoxin. Pikrotoxinsäure, 
mithin nicht durch eine Oxydation, sondern durch eine 
Wasseraufnahme. Was wird dabei aus dem Sauerstoff 
‚des PbO?? 

Es wurde ein Barytsalz dargestellt, das langsam ein- 
gedunstet eine hellgelbe Masse bildete, die zerrieben ein 
weisses Pulver gab. Es wurde darin der Baryt sowohl als 
kohlensaurer, wie als schwefelsaurer Baryt durch Fällung 
bestimmt. 

Die Bestimmung des Ba0,C0? ergab 15,4°/, BaO. 


„ „ 2) Ba0,50° „ 15,7 PL  }) 
Hieraus berechnet sich die Formel: 
Ba0, 04°H 27019, 
berechnet 
Ba0O = 765 15,4%, 
64% = 240,0 
HH? — | 419 84,6 „ 
019 152,0 
495,5 100,0. 


Hiernach wäre die Bildung der Pikrotoxinsäure: 


46:0 H°04 + 4HO = 640 #280 2°, 


1010, Untersuchungen über Pikrotoxin, 


Nachdem ich eine wässrige Lösung der Pikrotoxinsäure - 
fast ein halbes Jahr unter der Luftipumpe der Verdunstung 
überlassen hatte, erhielt ich einzelne Krystalle, die aber nichts 
anders als BaCl waren, wovon die Säuren noch Spuren 
zurückgehalten hatten.) 


Wurde reines Pikrotoxin lange andauernd mit Blei- 
hyperoxyd bei 100° C. behandelt, so hinterblieb nach der 
Fortschaffung des Bleies und nach dem Eindampfen eine nur 
schwachsaure, nicht bittere harzige Masse. Die 
seringe Menge des Productes liess keine Elementaranalyse 
zu. Kupferoxyd blieb hierdurch ebenfalls unverändert. 


‚Pikrotoxin mit starker Kalilauge. 


Analog der Bildung der Cumarsäure = C13H®0$ aus 
Cumarın — 013H60* vermittelst starker Kalilauge wurde 
das Pikrotoxin mit einer Lauge aus 1 Th. Aetzkali und: 
3 Th. Wasser gekocht. Die Flüssigkeit wurde genau mit 
verdünnter Schwefelsäure neutralisirt, ohne dass ich hierbei 
die Fällung eines braunen Pulvers wahrnehmen konnte, 
was Pelletier und Gouerbe beobachteten. Die Flüssig- 
keit blieb völlig klar, erst bei weiterem Eindampfen 
schieden sich bräunliche Flocken ab, und es hinterblieb eine 
an den Wänden der Abdampfschale sich hinaufziehende Salz- 
masse. Diese wurde mit Alkohol ausgezogen und gab eine 
orangefarbene Lösung von verändertem Pikrotoxin, die einge- 
dampft einen braunen, jedoch noch alkalihaltigen, amor- 
phen Rückstand hinterliess. Zur Elimination des Kalis 
wurde derselbe mit Alkohol ausgezogen, Schwefelsäure zuge- 
setzt, die freie Säure durch kohlensaures Bleioxyd neutralisirt, 
das Blei durch Schwefelwasserstoffgas entfernt, filtrirt und 
eingedampft. Es hinterblieb eine saure, bittere, harz- 
artige Masse wie nach der Behandlung mit Bleihyper- 
'oxyd. 


*) Was ich bestätigen kann. HA. L. 


Untersuchungen über Pikrotoxin. 505 
Pikrotoxin mit Kupferoxyd-Kali. 


Reiner Kupfervitriol in wässriger Lösung wurde in der 
Kälte mit Kalilauge gefällt, der Niederschlag gut ausgewaschen, 
mit Kalilauge vermischt und mit dieser Mischung Pikrotoxin 
gekocht. Es entwickelte sich hierbei ein eigenthümlicher 
aromatischer Geruch. Die Flüssigkeit wurde einge- 
dampft und der Rückstand mit Alkohol ausgezogen. 

a) Der in Alkohol unlösliche Rückstand wurde 
in Wasser gelöst, mit Chlorcalecium gefällt, der Niederschlag 
in Wasser vertheilt, etwas Schwefelsäure zugesetzt und mit 
Alkohol geschüttelt. In dem Alkohol wurde Oxalsäure 
nachgewiesen: es entstand durch salpetersaures Silberoxyd 
ein Niederschlag, löslich in Salpetersäure und Ammoniak; 
durch Kalkwasser ein Niederschlag, unlöslich in Ammoniak 
und Essigsäure, leicht löslich in Salpetersäure. 

b) Die alkoholische Lösung hinterliess beim Ein- 
dampfen einen braunen Rückstand, der auf dem Platinbleche 
geglüht einen deutlichen Bernsteingeruch verbreitete und eine 
schwer verbrennliche Kohle mit alkalischem Rückstande gab. 
Beim Glühen im Röhrchen setzte sich ein Oel ab, das auf Zusatz 
von einem Tropfen Eisenchlorid nicht roth wurde, also keine 
Phenylverbindung war. 


Zur Entfernung des noch anhängenden Kalis und zur 
Darstellung eines Kupfersalzes wurde der Rückstand in Alko- 
hol gelöst, mit einer concentrirten Kupfervitriollösung ver- 
mischt, eingedampft und mit Alkohol ausgezogen. Die dun- 
kelgrüne Lösung wurde eingedampft und hinterliess einen 
kupferhaltigen, amorphen Rückstand. Ebenso 
gaben Zink- und Kalksalze keine Krystalle, so dass es den 
Anschein hat, als wenn die Pikrotoxinsalze nur amorph 
darstellbar seien. 


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900 Untersuchungen über Pikrotoxin. 
Zusätze von H. Ludwig. 


Aus der Bildung von Oxalsäure neben der amorphen 
„Pikrotoxinsäure“ bei Einwirkung von Kupferoxydhy- 
drat und Kalilauge auf Pikrotoxin ergiebt sich, dass hier kein 
einfacher Oxydationsprocess verläuft, sondern dass 
nach Abspaltung des die Oxalsäure liefernden Kohlenstoffs 
ein kohlenstoffärmeres Product (wo nicht ein Gemenge 
solcher) als sogenannte amorphe Pikrotoxinsäure vorliegt. Sol- 
ches gilt sicher auch von der Einwirkung des PbO? auf 
Pikrotoxin. 


Es ist nicht unwahrscheinlich, dass bei der Behandlung 
des Pikrotoxins mit Alkalien und Cu20?2, so wie mit PbO? 
zwei Processe neben einander verlaufen: 1) eine einfache 
Wasseraufnahme durch das Pikrotoxin, wobei es in einen 
sauren Körper übergeht; 2) die Oxydation einer andern 
Menge des Pikrotoxins, wobei Oxalsäure auftritt. 


L. Barth’s Untersuchungen über das Pikrotoxin 
(aus den Wiener Acad. Berichten in H. Will’s Jahresbe- 
richt f. 1863 im Auszuge, 8. 586—588) haben ergeben, 
dass die Formel des Pikrotoxins CO2*H!*01° sein dürfte. 
Den höchsten Kohlenstoffgehalt fand er zu Ü = 60,2 Proc. 
Mit verdünnter Schwefelsäure einige Stunden gekocht, ent- 
steht eine schwache Säure, deren Barytsalz C?*H1?Ba01$% 
und die in freier Form die Formel 0?*H?°01$ besitzt. (Es 
hat also 1 Atom Pikrotoxin 6 Atome HO bei dieser Behand- 
lung aufgenommen und ist zur Säure geworden.) . 

Bei 30stündigem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure 
erhielt Barth eine Barytverbindung = 0?*H!’Ba0!* Die 
daraus abgeschiedene Substanz reagirt schwach sauer, löst 
sich leicht in Wasser und Weingeist und trocknet zu einer 
hellgelben gummiartigen Masse ein, welche bei 100°C. 
getrocknet der Formel C?*H1601?2 entspricht. Sie ist mit- 
hin aus Pikrotoxin durch die Gleichung entstanden: 


(622H14010 u 2HO == G24H16012, 


Untersuchungen über Pikrotoxin. 507 


Barth stellte ausserdem durch Einwirkung von Brom . 


auf Pikrotoxin krystallisirbares Dibrompikrotoxin 
Be PBr?01° dar. 

Aus der Auflösung des Pikrotoxins in Salpeterschwefel- 
säure fällt nach Barth auf Zusatz von Wasser kystalln 
Nitropikrotoxin C2H!’(NOMY)O!, 

Das Pikrotoxin verhält sich danach wie ein zuckerarti- 
ger Körper: es reducirt Kupferoxyd zu Cu?O. Zur Reduction 
des letztern ist aber 5mal so viel Pikrotoxin nöthig, als 
von Traubenzucker. — Es dreht nach L. Pfaundler in 
alkoholischer Lösung die Polarisationsebene nach links. 
Specifisches Rotationsvermögen für eine Säule von -1 M.M. 
Länge = 0,3827. 


II. Pharmaceutische Waarenkunde. 


Die Frankfurter Liste; 


' Beitrag zur mittelalterlichen Geschichte der Pharmacie, bei Gelegen- 
heit des Erscheinens der Pharmacopoea Germanica, 


von F. A. Flückiger. 
(Schluss.) 


275) Von Meyer, Geschichte der Botanik IV. 157 als 
Polygonum aviculare L gedeutet, welches Kraut noch 
heute in der spanischen Pharmacopöe als Centumnodia eine 
Stelle hat. In der „Alphita“ der Collectio Salernitana !1) 
jedoch wird erläutert: „ Lingua avis herba est quaedam et 
quandogue aceipitur lingua avis pro semine Fraxini.“ 
Letztere Bedeutung allein findet sich bei Manlius de 
- Bosco, Luminaria majus medicis ac aromatorüs ... . utilis- 
simus. Lugduni 1528 fol. VIII: „Lingua avis id est semen 
fraxini et non est lingua passerina.“ 

. 276) Lingua passerina nach Langkavel??) dasselbe 
wie Lingua avis. (?) 
. 277) Von Pistacia Lentiscus L? 

278) Daphne Laureola L. 

281) Diefenbach!?) erklärt Solatrum oder Sen 
solaticum oder solanum: nachtschaden. Und in der That 
spricht alles dafür, dass man im Mittelalter mehre Solana- 
ceen unter jenem Namen verstand. So finde ich in der Col- 
lectio Salernitana: u) „Morella, solatrum, uva lupina, strignum 
idem; hujus duae sunt species. Dicitur esse solatrum mor- 
tale (var. morella) cujus flos est niger et fructus ruber et 
aliud est solatrum nematicum vel montanum.“ Es ist wohl 
nicht allzu gewagt, dieses Solanum mortale als Atropa Bel- 


Die Frankfurter. Liste. 509 


ladonna zu deuten, obwohl eine Abbildung im Herbarius 2°) 
nicht recht dazu stimmt. Eine Abbildung aus der gleichen 
Zeit im „Arbolayre“?) zeigt unter Solatrum eine hängende 
Traube mit 6 oder 7 Beeren, also wohl Solanum nigrum 
und zieht als Solatrum rusticum noch Physalis Alkekengi L 
(oder Physalis somnifera L?) hierher. Allein Brunschwyg‘) 
giebt bestimmt an, dass Solatrum mortale deutsch „Dol- 
wurz“ heisse. Höchst wahrscheinlich ist das bei Saladinus 
vorkommende Solatrum furiale oder Solatrum majus ebenfalls 


unsere Atropa Belladonna. Saladinus ®) giebt ausserdem das 


merkwürdige Synonym Radix fabae inversae; häufig begegnet 
man auch dem Namen Strychnum oder Strigium in dem- 
selben Sinne. 

Es wird wohl unentschieden bleiben müssen, was die 
Frankfurter Liste unter Solatrum verstanden hat, da sie das 
Wort ohne Beisatz giebt. Vielleicht eher Solanum nigrum, 
da z.B. Platearius fol. 149°) erwähnt: „Solatrum . 
detur succus in potu.“ Dieses Kraut wird sonst im Mittel- 
alter unter dem Namen Morella aufgeführt; dass nun gerade 
letzteres Wort in der Frankfurter Liste fehlt, ist vielleicht eben 
dadurch zu erklären, dass sie Solanum nigrum als Solatrum 
aufgenommen hatte. — 

Der jetzt für Atropa so allgemein gebräuchliche Name 


Belladonna stammt, wie Matthiolus 3°) anführt, aus Vene- 


dig, Seine Abbildung zeigt unsere Atropa Belladonna. — 
Unter Solatrum somniferum war Mandragora verstanden, 
welche hiernach unter Nr. 317 folgt. 

Im „Herbarium Oth. Brunfelsi, Tom. II (Argentorati 
1539 apud Joann. Schottium) fol. 33 finde ich eine unver- 
kennbare Abbildung von Solanum nigrum unter den Namen 
Solatrum, Solanum, Strychnos, Maurella, Uva lupina. 

283) Hier ist wohl an die rothe Meerzwiebel zu denken; 
wenigstens wird in der Collectio Salernitana empfohlen: 
„Bulbus squilliticus, id est rufus.. ‚“ 

284) Nuscus ist hier natürlich Moschus (muscus) zu 
lesen. Ueber die Geschichte dieser Substanz hat Heusinger 
eine gelehrte Gratulationsschrift verfasst, ?*) worin er zum 


510 Die Frankfurter Liste. 


Schlusse kam, dass der Moschus wohl im -Alterthum schon 
bekannt gewesen sein mochte, aber mit Sicherheit nicht vor 
dem VI. Jahrhundert unserer Zeitrechnung nachweisbar sei. 
Hiermit stimmte auch eine von mir veröffentlichte Unter- 
suchung !®) überein. Jetzt aber finde ich Moschus schon im 
Jahre 393 von St. Hieronymus ?®) genannt. Der Heilige ver- 
wirft den Gebrauch der Wohlgerüche als weibisch: „Odoris 
autem suavitas, et diversa thymiamata,*) et amomum**) 
„et eyphi,***) oenanthe,}) muscus et peregrini muris pelli- 
cula quod dissolutis et amatoribus conveniat, nemo nisi disso- 
lutus negat.“ — Ob auch peregrina muris pellicula Moschus- 
beutel bedeutet? — Die Stelle, welche Muscus in der Frank- 
furter Liste einnimmt, spricht dafür, dass man dabei nicht 
etwa an ein Moos zu denken habe, sondern dass entschieden 
Moschus zu verstehen sei. 

285) Auch die Ambra hat die Mediein den Arabern zu 
verdanken; die mit denselben verkehrenden griechischen Schrift- 
steller des frühesten Mittelalters, wie Aötios in VI. Jahrhun- 
dert, erwähnen sie zuerst. Zibeth, Moschus, Ambra wurden 
neben andern Drogen als bemerkenswerthe Stapelartikel 
Öalicuts hervorgehoben von einem Reisegefährten Vasco de 
Gama’s, 1497. 5°) 

286) Aus meinem Aufsatze: „Zur Geschichte des Cam- 
phers “17) ergiebt sich die Wahrscheinlichkeit, dass der um diese 
Zeit in Europa gebrauchte Camphor nicht der jetzige, sondern 
das Product von Dryobalanops Camphora Üolebr. war. 

287) Das Holz eines grossen hinterindischen Baumes, 
Aquilaria Agallocha Roxb., Familie der Aquilarieen., 
Dieses Alo&holz spielte hauptsächlich als Räucherungsmittel 


*) Siehe Note zu Nr. 24. 

**) Note zu- 145. 

***) Kyphi oder cyphi, ein uralt ägyptisches, schon Dioscorides 
bekanntes Eleetuarium aus Wein, Honig, Rosinen, Curcuma, Myrrha, 
Aspalathum, Seseli, Schinos, Kardamomen, Kalmus ete, — Doch gab es 
ungefähr 10 verschiedene Arten Kyphi; vergl. Ebers, pg. 290 des unter 
Note 24 genannten Buches. : 

+) Oenanthe pimpinelloides L, eine südeuropäische Dolde?? 

“ 3 


Die Frankfurter Liste. 51i 


im Alterthum und durch das ganze Mittelalter hindurch eine 
ausserordentliche Rolle und wird sehr häufig unter den kost- 
barsten Gewürzen angeführt. Die Alo& der Bibel ist nament- 
lich auf dieses Holz zu beziehen. 

Es verdankte seinen Werth einem wohlriechenden Harze 
oder Balsam, der sich wie es scheint nicht regelmässig, son- 
dern nur unter besondern Bedingungen bildet, wenigstens 
nicht ganz gewöhnlich in so grosser Menge auftritt, wie es 
für die angedeuteten Zwecke verlangt wird, Aus dem euro- 
päischen Handel ist das Aloeholz längst verschwunden, findet 
sich aber fortwährend in den orientalischen Bazars und dient 
namentlich in China noch zu Rauchwerk. Das Harz beträgt 
oft mehr als 40 pC., so dass z. B. Pharm. Helvetica 1771 **) 
in Betreff dieses Holzes wohl angeben durfte: „igne cerae 
instar liquescens.“ 

Die Literatur über dieses merkwürdige Holz ist um- 
fangreich; das wichtigste daraus findet sich von Hanbury 
zusammengestellt in seinen „Notes on chinese materia medica “ 
in Pharm. Journ. and Transact. Nov. and Decbr. 1861. — 
Auch Ritter, Asien IV (Buch II. Bd. 3) 293. 883. 933. 
1097 beleuchtet das Aloöholz mit gewohnter Gründlichkeit. 

Das Alo@holz ist bräunlich bis graugelblich, nicht roth, 
der Länge nach leicht spaltbar, aber quer schwer zu schnei- 
den. Auf dem Längsschnitte treten die sehr zahlreichen Ge- 
fässe in ziemlich geradem Verlaufe entgegen, auf dem Quer- 
schnitte zeigen sich ihre nicht sehr weiten Oeffnungen in 
concentrischen Kreisen, eingebettet in Holzprosenchym (soge- 
nanntes Libriform) und durchschnitten von sehr feinen ein- 
reihigen bis vierreihigen Markstrahlen. In geschlossener 
Glasröhre erhitzte Stückchen des Holzes lassen so reichliche 
Harzmengen austreten, dass allerdings das Holz zu schmel- 
zen scheint. Den hierbei auftretenden Geruch kann ich 
durchaus nicht besonders angenehm finden; möglich zwar, 
dass meine Proben etwas sehr alt sind. Zieht man aber das 
Harz mit Weingeist aus, so entwickelt es nach der Ver- 
dampfung des Weingeistes beim Erwärmen angenehm benzo&- 
artig riechende Dämpfe, 


512 Die Frankfurter Liste, 


Das Harz ist vorzüglich in den Gefässen und den Mark- 
strahlen enthalten, aber auch in den Libriformfasern des Holz- 
prosenchyms. Aus mir nicht bekannten Gründen fallen oft 
einzelne Theile des Holzes einer sonderbaren Aufiockerung 
anheim. Diese, wie es scheint harzfreien Stellen werden be- 
seitigt, so dass manche Stücke des in den Handel gebrachten 
Holzes, wie man es noch in Sammlungen findet, ein eigen- 
thümlich zernagtes Aussehen darbieten. Die Rinde des Aloc- 
holzes habe ich nie gesehen. 


292) Die etwas aromatischen Wurzelstöcke von Cype- 
rus longus L und C. rotundus, ersterer im mittlern und 
südlichen Europa, letzterer in Indien einheimisch. 

298) Von Caryophyllus aromatius L.. — Die 
Blätter dieses Baumes sind ebenfalls aromatisch, obwohl nur 
in geringerem Grade und bildeten im Mittelalter einen Han- 
delsartikel, der jetzt nicht mehr vorkommt. 


Im Zolltarif von St. Jean-d’Acre in Palästina, zwischen 
1173 und 1187 werden „Feilles de giroffle“ neben 
Nelkenstielen genannt. *) Die letztern findet man weit häufi- 
ger in der betreffenden mittelalterlichen Literatur. Die fran- 
zösischen Zolltabellen des X VI. Jahrhunderts (bei Fontanon 1?) 
jedoch führen noch Folia Garyophylli auf. 

300) Es ist nicht möglich festzustellen, was Spodium im 
Mittelalter war. In der Medicamentenliste „Alphita“ der 
Salernitanischen Schule !!) findet sich darüber die nachstehende 
merkwürdige Erklärung: „Spodium dicunt quodam esse ebur 
combustum, quidam radicem cujusdem cannae combustam, 
quod nullum est; sed spodium est fuligo quaedam, quae inve- 
nitur in domis ubi funduntur metalla, quae postquam cecide- 
zit, dieitur spodium, cohaerens vero recte dicitur ponfoligos 
salis. — Nos tamen utimur pro eo ebore combusto vel 
quod melius est cinere loto, qui invenitur super fornaces 
argentariorum ; lavatur autem ut ferrugo.“ 

Dieses Spodium muss also wohl als Zinkoxyd oder Blei- 
-oxyd gedeutet werden! Damit stimmen schon die Angaben 
von Plinius, Hist. nat. lib. 34 cap. 33. 34 und 52. Andere 


Die Frankfurter Liste. 513 


Erläuterungen aber bezeichnen entschieden Elfenbeinasche als 
Spodium. So Herbarius:??) „Spodium est os elephantis 
habens medullam et comburitur et ossa dentium non combu- 
runtur unde illud spodium eligendum est subpallidum est 
nimis leue habens tamen quasdam partes subnigras non mul- 
tum tamen efficaciem ..... . confert in dissinteria.“ 

Ferner liefen mancherlei Verwechslungen und Verfäl- 
schungen mit unter, wie z.B. aus Saladinus°®) hervor- 
geht: „Spodium quod secundum aliquos et praecipue secun- 
dum Circa instans °°) est ebur sive os elephantis combustum, 
loco cuius mali apothecarii sophisticantes artem 
utuntur osse arietis combusto. Avicenna vero dieit quod ve- 
rum spodium sit ex radicibus cannarum »ustarum.“ Platea- 
rius, auf dessen Werk Circa instans°°) Saladinus sich 
beruft, erwähnt ausserdem, dass auch gebrannter Marmor dem 
Spodium untergeschoben werde. 

Die Rohre, deren Asche von Avicenna und andern er- 
wähnt wird, waren Bambuhalme, welche vermuthlich eine an 
Kieselerde sehr reiche Asche geben. Bambusa besitzt aber 
auch das Vermögen, in den Knoten der Halme reine Kiesel- 
erde, Tabaschir genannt,°°) auszuscheiden. Auch diese 
Substanz mag dann mit Spodium verwechselt worden sein. 
Edrisi*) warnt vor Verfälschung des Tabaschirs mit Spo- 
dium, welches letztere er für Bambuasche erklärt. 

301) Geschabtes Elfenbein und die vorhergehenden Num- 
mern 291 und 300 in der Liste unter den Aromatis spe- 
cialibus aufgeführt zu sehen, ist befremdend genug! Ebenso 
die Stelle, an welcher Nr. 315 aufgezählt wird. 

304) Caryophylli. ! 

311) Acorus Calamus L ist durch ganz Mittelasien 
verbreitet und wächst auch in Indien, von wo der Wurzel- 
stock, Calamus aromaticus, im Alterthum und Mittel- 
alter nach Europa gebracht wurde. Nach dem europäischen 
Westen gelangte die Pflanze zu Ende des XVI. Jahrhunderts 
durch die Vermittelung des ausgezeichneten Botanikers Clu- 


*) Im Auszuge bei Meyer, Geschichte der Botanik III, 296, 
Arch. 4. Pharın, IIT. Beibe, I, Bds, 6. II£t, 33 


514 Die Frankfurter Liste. 


sius. Diesem war die Pflanze 1574 vom Apollonia-See bei 
Brussa in Kleinasien durch die österreichische Gesandtschaft 
in Konstantinopel zugesandt worden. Clusius eultivirte sie 
im Wiener Garten und gab sie an andere ab. Anderseits 
aber mag sich Acorus auch von Litauen her nach Mittel- 
europa verbreitet haben, ?) da er in den polnischen und süd- 
russischen Sümpfen auch einheimisch ist. 

In den deutschen Apotheken wurde der indische Calmus 


nach Murray’s Zeugniss erst gegen Ende des vorigen 


Jahrhunderts von der inländischen Droge verdrängt; noch 
1790 erklärte derselbe den indischen für aromatischer. ®°) 
Calmuswurzel ist auch in Indien selbst seit den ältesten 
Zeiten ein geschätztes Arzneimittel und wird dort jetzt noch 
in den Bazars gehalten; ich habe mich überzeugt, dass sie 
in der That mit der unserigen übereinstimmt. Ebenso hat 
Dragendorff neulich (in Buchner’s Repertorium für Pharm. 
XXI. 535) den Calmus-Wurzelstock in einer Sammlung tur- 
kestanischer Arzneistoffe gefunden. Damit ist jedoch nicht 
gesagt, dass nicht früher auch andere südasiatische Acorus - 
Arten die Droge zum Theil geliefert haben mögen, wie sich 
nach Angaben von Clusius!°) vielleicht annehmen lässt. 
Ferner war auch früher unter dem Namen Calamus der 
Wurzelstock wohlriechender Andropogon-Arten verstanden 
worden. Noch Pomett) I (1735) 99 unterscheidet Acore 
vrai, wozu er Acorus Calamus abbildet und Calamus 
verus. Die Figur zu letzterer Droge stellt ein Bün- 
delchen von faserigen Nebenwurzeln dar, ungefähr wie 
man noch heute bei den Parfumeurs in Paris die Vetiveria - 
Wurzel trifft, welche eben einer jener aromatischen Gramineen 
angehört. Doch bietet Pomet’s Abbildung der Calamus- 
Pflanze nicht die Möglichkeit einer Feststellung derselben. 
312) Ohne Zweifel soll hier Xylobalsamum stehen 
und nicht Xilobathamus, nemlich Holz des Balsamstrauches, 
Balsamodendron Opobalsamum Kunth (Syn. B. gilea- 
dense autorum), welcher selbst dem neuesten Bearbeiter 
der Africanischen Flora, Oliver *!) trotz den reichen Hülfs- 
mitteln von Kew nur unvollständig bekannt geworden ist, so 


2,2 2,55 


Die Frankfurter Liste. 515 


dass er ihn nicht von B. Ehrenbergianum Berg trennen 
zu sollen glaubt. Dieser Baum oder Strauch gehört Arabien 
und den obern Nilländern an. Ausserordentlich gefeiert war 
während des Mittelalters ein wie es scheint umfangreicher 
Bestand dieses Balsambaumes bei Matarea unweit Cairo. In 
der mittelalterlichen Reiseliteratur finden sich mehre ein- 
lässliche Schilderungen dieses berühmten Balsamgartens, 
z.B. die des Felix Faber aus Ulm aus der Zeit zwischen 
1480 und 1484.5) Der Harzsaft des Baumes stand seit 
dem Alterthum als Balsamum gileadense, Balsamum judaicum 
oder Meccabalsam in Europa und im Orient in hohem Anse- 
hen, ist aber heute nicht. mehr echt im Handel zu treffen. 
Wir sind daher in chemischer Hinsicht über diesen kostbaren 
Balsam nicht unterrichtet. Einem wahrscheinlich nur geringen 
Gehalte an demselben verdankt auch das Holz sein Aroma 
und ebenso kamen auch die kleinen Früchte unter dem Na- 
men Carpobalsamum in den Handel. Beide sind nun 
längst verschollen. — Die Augsburgische Pharmacopöe von 
1734 gestattete schon- das gewiss bereits selten gewordene 
Balsamholz durch Lignum Alo&s (Nr. 287) zu ersetzen und 
in London erklärte Berlu?) 1724 Lignum Xylobalsamum 
für Lignum lentiscinum. Das sehr beschränkte Vorkommen 
des Baumes musste nach der gänzlichen Vernachlässigung 
des Balsamgartens von Matarea die Beschaffung des Xylo- 
balsamum unmöglich machen. 

315) Diese sonderbare Droge wird von Pharmacopoeia 
Augustana renovata 1734 fol. 13 erläutert wie folgt: „Os e 
corde cervi, arteriarum in cordis basi concursus quibusdam 
vocatur et a venatoribus a Crucis figura Os crucis diei mere- 
tat. Ilud in cervo juniore ........ cartilagineum tan- 
tum est, in annoso, tandem in osseum quid degenerans....... 
fol. 24 erlaubt diese Pharmacopoeia Cornu cervi crudum statt 
des Os e corde cervi zu geben. — Schon Platearius #°) 
fol. 245, führte „Os de corde cervi... in sinistra parte 
cordis, in qua quadam concavitas est“ auf. Der den Anato- 
men wohl bekannte Herzknochen kommt bei den Wieder- 
käuern regelmässig vor, nicht nur beim Hirsch. 


55% 


516 Die Frankfurter Liste. 


316) Von Myricariagermanica Desv. — Vergl 321. 
' 317) Von Mandragora vernalis Bertoloni, M. offi- 
cinarum L und M. microcarpa Bert. drei der Atropa 
nahe verwandten Solanaceen Südeuropas. Die Wurzelrinde, 
die Blätter und Extracte derselben spielten im Alterthum 
eine Rolle, welche sich mit derjenigen des Opium verglei- 
chen lässt. Zugleich wendete sich der Aberglaube den mäch- 
tigen Wurzeln dieser stark giftigen Pflanzen mit Vorliebe zu, 
wie noch heute in Griechenland. ?!) Im deutschen Mittel- 
alter waren sie gleichfalls unter dem Namen Alraun ein 
Lieblingsgegenstand phantastisch abergläubischen Treibens. 

Kaum wird man fehlen, wenn man in diesen Pflanzen 
ein scharf giftiges Alkaloid vermuthet und es ist sehr zu 
bedauern, dass sich noch kein Chemiker mit der gewiss 
äusserst dankenswerthen Aufgabe befasst hat, hierüber Ge- 
wissheit zu erlangen. Die Wurzeln sind so umfangreich, 
dass die Beschaffung ausreichenden Materials nicht schwierig 
sein könnte. 

318) Von Capparis spinosa L, auch wohl von C. 
rupestris Sibth. und C. sicula Duh., drei südeuropäischen 
Sträuchern. 

320) Von Genista tinctoria L. 

321) Wohl aus Versehen nach Cortex Tamarisei (316) 
nochmals genannt. — Nach manchen Glossarien wäre unter 
Tamarix Taxus baccata L zu verstehen. (?) 

322) Euphorbia Cyparissias L. 

323) Von der stattlichen weniger verbreiteten E. pa- 
fastrie L. | 

‚326) Cortex Psidii ist die Stammrinde des Granat- 
baumes; der Verfasser der Liste hat sie hier wohl aus 
Versehen zweimal genannt. 

327) In Cortex Baucij vermuthe ich einen Schreib- 
fehler; vielleicht ist Cort. Brusci oder Cortex Buxi gemeint. 
Baucia bedeutet nach den Glossarien Pastinaca sativa, wovon 
aber doch schwerlich die Rinde abgezogen werden konnte. 


Die Frankfurter Liste. | 517 


GC, Literarische Nachweise 


über die zur Erläuterung der Frankfurter Liste berathenen 
Quellenschriften. 


) Arbolayre, contenät la qualitey et virtus . proprie- 
tey des herbes, arbres, gommes et semences extrait de plus 
eurs tratiers de medicine. comment davicenne. de rasis. de 
constätin. de ysaac. et plateaire, selon le commun vsage bien 
correct. — Pariser Bibliothek; ohne Druckort und Datum, 
wahrscheinlich ungefähr vom Jahr 1485. 

2) Libro di Odoardo Barbosa Portoghese, fol. 325” 
und Sommario di tutti li regni, citta e populi orientali fol. 
360, beide in Ramusio, Delle navigationi et viaggi. Ve- 
netia 1554. — Eine 1867 von der Hakluyt Society in Lon- 
don veranstaltete Ausgabe von Barbosa bietet für unsere 
Zwecke durchaus keine Vorzüge. 

%) Jo. Jac. Berlu, merchant in drugs. The treasury 
of drugs unlock’d.. London 1724. 

. %) Beugnot, Assises de Jerusalem, recueil des ouvra- 
ges de jurisprudence composes pendant le XIII. siecle dans 
les royaumes de Jerusalem et de Chypre II. (Paris 1843) 173. 

5) In der Bibliothek des literar. Vereins zu Stutt- 
gart. IV. (1849) 13 bis 18. 

6) Hieronymus Brunschwyg, Das Destillier Buoch, 
das Buch der rechten Kunst zu destilliren. Strassburg 1515. 

”) Camerarius, Hortus medicus et philosophicus. 
Francofurti 1588. 5. 

#) Chishull. Antiquitates asiaticae. London 1728. 71. 

°) Clusius. Rariorum aliquot stirpjum per Hispanias 
observat. hist. Antverp. 1576. 520; in desselben Rarior. 
plantar. hist. Antverp. 1601. fol. 230 Abbildung der ganzen 
Pflanze. 

10) Clusius, in seiner Ausgabe von Gargia d’Orta’s 
Aromat. et simplicium hist, Antverp. 1593. pg. 125. 

11) Collectio Salernitana; ossia documenti inediti 

. alla scuola medica salernitana, raccolti da Henschel, 
Daremberg, 8. de Benzi, Napoli 1852 — 1859, 5 Vol. 8, 


518 Die Frankfurter Liste, 


2) Valerius Cordus, Dispensatorium pharmacorum 
omnium 1592. fol. 54. 

13) Diefenbach, Novum Glossarium latino-germanic. 
med. et infim. latinitat. Frankfurt 1867. 

1) Dümmler, St. Gallische Denkmale aus der Karo- 
lingischen Zeit. Mittheilungen der antiquar. Gesellschaft in 
Zürich. Band XII. Heft 6. (1859). pag. V. 

15) Geographie d’Edrisi, trad. par Jaubert I. (1836) 
373; daraus auch in E. de la Primaudaye, Hist. du commerce 
de la Mer Noire 1848. pag. 144. 

16) Flückiger. Zur Geschichte des Moschus, Schweize- 
rische Wochenschrift für Pharmacie 1867. Nr. 6 und 7. — 
Abgedruckt in Buchner’s Repertor. für Pharm. XVI. 171. 

ı7) Flückiger. Zur Geschichte des Camphers. Schweize- 
rische Wochenschrift für Pharmacie 1867. 301; abgedruckt 
in Buchner’s N. Repertorium für Pharm. XVII. (1868). 28. 

18) Fontanon. Edicts et ordonnances des roys de 
France Il. (1585). 347. 

19) Gmelin. Organ. Chemie IV. 2136. 

20) v. Heldreich, Nutzpflanzen Griechenlands. Athen 
1862. 8. 

21) Idem 36. 

22) Henschel in Janus, Zeitschrift für Geschichte und 
Literatur der Medicin 1. (1846). 68. 

23) Herbarius. Moguntie impressus. Anno 1484. 4. 
(Pariser Bibliothek.) 

2*) Heusinger. Meletemata de antiquitatibus castorei 
et moschi. Marburg 1852. 31 Seiten in 4. 

25) Jaffe. Bibliotheca rerum Germanieun III. (Be- 
rolini 1866). 178. 231. 

26) Näheres über die Perlenfischerei im persischen Busen 
bei Klöden, Erdkunde III. (1869). 326. 

2”) Kopp, Geschichte der Chemie IV (1847) 67 be- 
spricht in Kürze die Geschichte des Lasursteines, führt aber, 
wie gewöhnlich, seine Quellen nicht an. 


ER 


Die Frankfurter Liste, 519 


28) Fernere Nachweise bei Langkavel, Botanik der 
späteren Griechen. Berlin 1866. 

29) Ebenda pag. 89. 

30) P. A. Matthioli, Commentarii in 6 libros Dioscori- 
dis. Venet. 1558. fol. 533. 

>D) Konrad von Megenberg. Das Buch der Natur. 
Herausgegeben von Pfeiffer. Stuttgart 1861. 

32) Bei Meyer, Geschichte der Botanik. II. (1855) 310. 

33) Ebenda 394. 

34) Ebenda. III. 529 und IV. 154, 

35) Ebenda. II. 248. 

36) Migne. Patrologiae cursus completus. Vol. XXI. 
(Paris 1845.) 5. Saneti Eusebi Hieronymi Stridonensis 
presbyteri opera omnia. pag. 297, adversus Jovinianum. 

37) Milburn, Öriental commerce. II. (London 1813.) 
463. 482 und I. 290. | 

32) Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrhei- 
nes. II. (Karlsruhe 1851.) 278. 

39) Murray. Apparatus medicaminum. V. (Gotting. 
1794) 40. 

40) Notices et extraits de la biblioth. sa etc. XIX. 
1862. (Ibn Khaldoun.) 


#1) Oliver, Flora of tropical Africa. I. (1868.) 326. 

#2) Recueil des historiens des Gaules et de la France. IV. 
(1741.) 693; hier steht zwar cortus. Das Diplom auch in 
Pardessus, Diplomata II (1849) 308. 

43) Pertz, Monumenta Germaniae hist. III. 186. und 
daraus auch in Meyer, Gesch. der Botanik. III. 405. 

44) Pharmacopoea Helvetica.... Seitu et consensu 
grat. collegii medici Basileensis digesta. Praefatus est Alber- 
tus de Haller. Basileae 1771. Fol. 

#5) Pharmacopoeia of India. Lond. 1868. 127. 

46) Ibid. 246. 

#7) Ph. of India 13. 436. — Vergl. auch Baillon, 
Histoire des plantes. Monographie des Menispermacdes et 
Berberidacees. (1871.) pag. 67. 


529 : Die Frankfurter Liste. 


19) J. E.Planchon, Des Hermodactes au point de vue 
botanique et pharmaceutique. Annales des sciences naturelles. 
Botanique. IV (1855) 132 bis 175, mit 1 Taf. 


49) Platearius, De simpliei medicina (Circa instans). 
Lugdun. 1525. fol. 129. 134. 

50) Ibid. fol. 244. 250. 

51) Pomet, Hist. des drogues. II. (Paris 1735). 371 
giebt sie ausführlich. 

a)elbidt 1. 1A. 

52) Ramusio, Navigationi et viaggi. Venetia 1554. 131”. 

54) Reports on trade at the Treaty ports in China 
for the year 1868, published by order of the inspector general 
of eustoms. Shanghai 1869. pag. 51. 

55) Ritter, Westasien. IX. 233. 

56) Compendium aromatoriorum Saladini principis Ta- 
renti dignissimi medici diligenter correctum et emendatum. 
Impressum in almo studio Bononiensi 1488. (Ohne Pagini- 
rung; das Buch wurde um 1450 verfasst.) 


5”) Toll on London bridge, in Liber nigrum Scacca- 
rii, ed. by Hearne. |. (1771.) 478. 

58) Serapionis.. de simplieibus medieinis...., Aver- 
rois..., Rasis..., herausgegeben von O. Brunfels, Argen- 
torati 1531. fol. 66. cap. LVII. De vernice. 

59) Fred. Porter Smith, contributions towards the ma- 
teria medica and natural history of China. Shanghai 1871. 
pag. 29. | 

60%) Stewart, (conservator of forests, Punjab) Punjab 
plants. Lahore 1869. pag. 121. Aucklandia Costus. — 
Pag. 252. Andropogon laniger. 

en) Ibid. pag. 252. 

62) Theophili, qui et Rugerus, presbyteri et monachi, 
libri III de diversis artibus seu diversarum artium schedula. 
Opera et studio R. Hendrie. London 1847. pag. 25 — 27. 
65 — 67. 72. 

63) Thunberg. Voyage au Japon, traduit par Langlös 
et Lamarck, II. (1796.) 9. 


Die Frankfurter Liste, Hal 


6) Tragus, De Stirpium. ... Argentorati 1552. 
pag. 63. 

65) Ibid. fol. 148. 149. 

66) Warnkönig, Histoire de la Flandre. IV. (Bru- 
xelles 1851.) 449. 

67) Wiggers-Husemann’scher Jahresbericht der Pharm. 
1865. 67. — Auch Wittstein’s Vierteljahresschrift für 
prakt. Pharm. XV (1866) 373... 

68) Wiggers-Husemann’scher Jahresb. 1871 pag. 100. 
Auszug aus meinem Aufsatze über Nigella in Pharm. Journ. 
and Transact. II. (1871.) 161. 


D. Apothekerordnung zu Heidelberg 1471, 


auf pfalzgräflichen Befehl Herzog Fridrichs durch 3 Hofärzte 
verfasst. 


(Abgedruckt aus F. J. Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Ober- 
rheins II. Karlsruhe 1851. pag. 276.) 


1. Item quod apotecarius personaliter suam apotecam 
respiciat et praecipue circa compositionem medieinarum com- 
positarum. 

2. Item quod omnia materialia in apoteca requisita pro- 
curat et emat non solum bona sed optima. 

3. Item quod nullum simplex in pulverem redigat, prius- 
quam medicinam compositam inde facere velit. 

4. Item quod unumquodque simplex et eciam composi- 
tum conservat per se in speciali pixide vel scatula aut alias 
secundum exigenciam medicine. 

5. Item specialem habeat respectum ad medicinas cum 
muüsco*) aut campfora confectas, quod illas separatim ponat 
ab aliis medieinis, et quando aliquam medicinam vult dispen- 


*) Moschus, — Vgl. Note zu Nr. 284 der Frankfurter Liste, oben 
pag. 509, 


599 . Die Frankfurter Liste, 


sare, ubi ingreditur muscus aut camfora, quod tune aliquam 
partem illius medieing confieciat absque musco et ita conservat 
per se. 


6. Item quod ponat dyagridium”*) loco seamonie in 
omnibus medicinis, ubi ingreditur scamonea. 


7. Item quod aquas destillatas lento igne distillet et 
non extreme succum per alembicum extrahat, ‘ut aqua rema- 
neat clara et bene saporosa. 


8. Item quod omnes herbas virides et radices ac semina 
debito tempore colligat et secundum informacionem medico- 
rum herbas et radices exsiccet et conservet. 


9. Item quod faciat parvam quantitatem medieinarum 
compositarum una vice. 


10. Item quod omnia medicamenta composita dispensa- 
bit secundum antidotarium Nicolai,**) et que in Nicolao 
non continentur, dispensabit secundum antidotarium A vi- 
cenne***) velArnoldi de Villa nova,f) quorum os 
medici sibi ministrabunt. 


11. Item quod nullam medieinam laxativem simplicem 
nec compositam alicu vendat vel det nisi de consilio medici, 
propter pestileneiales pillulas aut pulveres pestilenciales aut 
pillulas alefanginas7) sene aut cassiam fistulam. 


*) Diagrydium oder Diakrydium war eine Sorte Scammonium, 

**) Nicolaus Praepositus, einer der hervorragendsten Vertre- 
ter der medieinischen Schule von Salerno, verfasste ein Antidotarium im 
Anfange des XII. Jahrhunderts. 

***) Ibn Sina oder Avicenna aus Bokhara, einer der ausgezeich- 
netsten Gelehrten der Araber, schrieb zu Anfang des XI. Jahrhunderts. 

*) Arnoldus de Villanova, geb. 1235, gest. 1312, stellte eben- 
falls ein Antidotarium und einen Commentar zu dem „Regimen sanitatis, “ 
einem Hauptwerke der Schule von Salerno zusammen. 

tt) Pilulae alephanginae waren noch 1632 in der Pharmacopoeia 
Londinensis vorgeschrieben und bestanden aus Cinnamom., Caryophyll., 
Cardamom., Nue. mosch., Maeis, Calam. ar., Carpobalsam. s. Sem. Ange- 
licae, Schoenanth., Lign. Aloös, Lign. Sandal. eitr., Flor. Ros. rubr., 
Absinthium, 


. Die Frankfurter Liste. 595 


12. Item quod nullam medicinam faciat compositam nisi 
presente aliquo medicorum. 

Item quod pauperibus, quibus medici propter Deum ser- 
viunt, dabit medicinas pro dimidio precio infra signato, si 
saltim gratis propter deum illas dare non velit. 

Item electuaria confortativa sine musco, ambra aut gem- 
mis uncia pro 12 denar. 

Item electuaria confortativa cum musco, ambra et gem- 
ınis uncia pro 24 denar. 

Item elecetuaria sive opiata laxativa uncia pro 24 denar. 

Item cassia fistula extracta similiter uncia pro 24 denar. 

Item tiriaca et alia opiata communia unc. pro 8 den. 

Item metridatum unc. 16 denar. 


Item omnia emplastra, ungenta, olea et liniamenta unc. 
pro 8 denar. 


Item olea costinni, *) terbintine, benedicti, petrolii, man- 
dragore uncia 16 denar. 


Item oxiracroceum . et unguentum citrinum uncia pro 
24 denar. 


Item sirupi de melle uncia pro 8 denar. 

Item sirupi de zuccaro **) uncia pro 8 denar. 

Item conserve omnes uncia pro 8 denar. 

Item conserve anthos lavendule uncia pro 12 denar. 
Item libra una aquarum destillatarum pro 16 denar. 


Item libra una aquarum rosarum, wmaiorane, eufrasie, 
anthos, florum lavendule et similium pro 32 denar. 


. Item unum clistire commune pro 8 albis, 


Item scutum pro stomacho coopertum suidone ex lap- 
dano etc. factum, 12 albis. 


*) Vermuthlich ein Oleum coctum bereitet mit „Costus hortorum, “ 
siche Note zu Nr. 256 der Frankfurter Liste. 

**) In der Frankfurter Liste fehlt der Zucker auffallender Weise, 
war also wohl zu jener Zeit noch nicht ganz gewöhnlicher Handelsartikel 
geworden ? 


594  Dieeankfinlerätrte 


Item sacculi de herbis, quantitatis medii folii papiri 6 albis, 
et proporcionaliter minores pro minori pretio, sed si aliqua 
preter herbas aut semina communia ingrediantur, ut galanga, 
gariofoli etc., pretiosa illa solvantur ultra taxam saceulorum.- 


Item 3j pillularum acuatarım et non acuatarum pro 
8 denar. 


Den Schluss dieser Apothekerordnung bildet 
folgende Verfügung: 


Die Worczkremer und worezler zu Heidelberg dürfen 
folgende stücke nicht feil bieten, welche ausschliesslich die 
Apotheker zu halten befugt sind. 


Reubarbarum. Manna, himelörot. cassia fistula. turbit. 
agaricus. exula, wolffsmilch. coconidium, zivelfaft. titimallus, 
groff wolffsmild. elleborus albus, wiff nieczwurz. elleborus niger, 
warez niejfwurz oder criftwurz. sene, fenetbletter, aloes. polipo- 
dium, engeljueg. ebolus, attich. sambucus, holder. arsenicum. 
opium. euforbium. cantarides. es ustum. electuarium de succo 
rosarum.*) dyasinicon. dyacassia fistula. dyaturbit. dyasene. 
dyacardamj. electuarium indum. electuarium de psillio. mira- 
bolani conditi. colloquintida. 


Das Medicamentenverzeichniss von Frankfurt und die 
Heidelberger Ordnung gewähren einen Einblick in das We- 
sen der mittelalterlichen Pharmacie, das vermuthlich in Deutsch- 
land nicht sehr eigenartig war, indem hier wie in den übri- 
gen Ländern christlicher Cultur die Lehren der merkwürdigen 
Schule von Salerno die Medicin und Pharmacie beherrschten. 
Der in der Liste A vorgeschriebene Arzneischatz findet sich 
fast ganz in der Alphita, in den Schriften von Platearius 
und Nicolaus Praepositus wieder und ist ja auch bei 
den Salernitanern grossentheils Erbstück aus dem classischen 


*) Dieses wie die folgenden 7 Präparate waren Latwergen nach Ma- 
gistralformeln, 


Die Frankfurter Liste. 525 


Alterthum einerseits und Tradition der arabischen Wissen- 
schaft anderseits. In diesen Grenzen blieben die mediecini- 
schen Wissenschaften, besonders die Materia medica, bis zum 
Ausgange des Mittelalters in starrer Nachbeterei befangen. 
Es bedurfte des gewaltigen Anstosses, welcher nach den 
Endeckungen Gutenberg’s, Colon’s, Vasco de Gama’s, Magel- 
lan’s und infolge der Neuerungen der Reformatoren und der 
Wiederhersteller der humanistischen Bildung die Geister neu 
befruchtete, um auch auf unserem Gebiete endlich den Fort- 
schritt anzubahnen. Die Entdeckung Americas brachte neue 
wirksame, wenn auch zunächst überschätzte Arzneimittel nach 
Europa, deren Wirkungen sich nicht mehr aus dem „Regi- 
men sanitatis“ der Salernitaner, noch aus Avicenna oder Hip- 
pocrates und Galen herauslesen liessen. Man wurde endlich 
zum Gebrauche der eigenen Kräfte gezwungen, als die Neue 
Welt ihre Schätze zu spenden begann, nachdem man Jahr- 
hunderte lang auf die altbekannten Producte Asiens beschränkt 
gewesen war. Versuche wurden nothwendig, um den Werth 
neuer Drogen festzustellen, wirkliche Beobachtungen mussten 
gemacht werden, welche zu Vergleichungen führten und diese 
neuen Ergebnisse forderten die Kritik heraus. Die Losung 
zu allgemeinerer unbefangener Sichtung des Arzneischatzes 
war jetzt erst gegeben. Es lag jedoch in der Natur der 
Sache, dass diese Bestrebungen sich zunächst hauptsächlich 
derjenigen Classe von Arzneistoffen zuwendeten, welche der 
damaligen Chemie die besten Angriffspunkte darbot. Der 
bedeutendste Vertreter dieser Richtung des iatrochemischen 
Zeitalters, Paracelsus, übte seinen Scharfsinn demgemäss 
vorzugsweise an Salzen meist anorganischer Natur. Die ve- 
getabilischen Heilmittel konnten nur allmählig in den Bereich 
kritischer Prüfung gezogen werden. Denn ihre Geheim- 
nisse zu ergründen, setzte eine viel weiter fortgeschrittene 
naturwissenschaftliche Erkenntniss voraus, die nur wieder 
durch die geistige Arbeit von Jahrhunderten erlangt werden 
konnte. 

Daher zeigten die Medicamentenverzeichnisse selbst nach 
dem Abschlusse des Mittelalters in den vegetabilischen Stof- 


526 Einige pract. Winke im Betreff schlechter Handverkaufs- Artikel. 


fen nur allmählige Aenderungen bis zu einer so umsichtigen 
Auswahl, wie wir sie heutigen Tages in der Pharmacopoea 
Germanica und andern neuern Werken gleicher Art treffen. 
Es liegt nicht in der Aufgabe dieser Zeilen, eine eingehendere 
Vergleichung zwischen denselben und der Frankfurter Liste 
anzustellen; an der Hand der modernen pharmacognosti- 
schen Literatur wird jeder Fachgenosse sich zu weitern anre- 
genden Betrachtungen in dieser Richtung befähigt finden. 


Einige practische Winke im Betreff schlechter Hand- 
verkaufs - Artikel. 


Von Eduard Schmidt, Apoth. in Weida. 


Schwämme, Citronen, Feigen und Blutegel bilden, neben 
manchem anderen der Verderbniss leicht zugänglichen Artikel, 
ein Vierblatt, welches dem Apotheker kein Angenehmes ist. 

Schwämme enthalten in der Regel viel Sand; sie wer- 
den von Jahr zu Jahr leichter, gleichwohl aber im Ankauf 
immer theuerer und selten wird der Kaufende mit demjeni- 
sen Preise zuirieden sein, welchen der Apotheker als Ver- 
käufer verlangt und verlangen muss, schliesslich ‚stellt es sich 
so heraus, dass der Artikel ohne Nutzen abgegeben wird und 
es gehen mindestens die Zinsen des Anlage -ÜOapitals ver- 
loren. 

Citronen sind, Gott leb, nicht mehr ein Monopol für 
den Apotheker und nur in kleinen Orten und Marktflecken, 
in welchen neben der einzigen daselbst befindlichen Offiein 
gleichzeitig Materialhandel mit getrieben wird , verlangt man 
Citronen in der Apotheke vorräthig. Vor allen Dingen heisst 
es hier: wenig Lager und nur soviel der zu berechnende 
Bedarf erheischt. Die Citronen werden bekanntlich noch nicht 
ganz reif abgenommen und reifen während des Transports in 
der Kiste. Sind die Früchte jedoch in derselben einmal zur 
Reife gelangt, so thut man wohl, solche aus der Papier- 
Umhüllung herauszuwickeln und auf eine Hürde von Holz- 


Einige pract. Winke im Betreff schlechter Handverkaufs - Artikel. 527 


“ leisten oder auf eine solche von geflochtenen Birkenästen und 
Zweigen schichtenweise und zwar so zu legen, dass keine 
Frucht die andere berührt. Auf diese Weise wird eine jede 
Citrone von hinreichender Luft umgeben; sie fault weniger 
leicht, und sollte sich mit der Zeit bei dem einen oder dem 
anderen Exemplar ein Fleck zeigen, so dürfte diese zuerst 
fortzuschaffen sein. Lässt man nun in das Gewölbe oder in 
den sonst passenden Raum zur Aufbewahrung hinreichende 
frische Luft den Tag über einströmen oder noch besser: kann 
man auch während der Nacht Ventile öffnen, mittelst welcher 
eine fortwährende Luftströmung gestattet ist, so dürfte ein 
Verlust nur dann möglich sein, wenn a ein dem Verbrauch 
und Absatz gegenüber unverhältnissmässig grosser Vor- 
rath vorhanden ist und b wenn das öftere Nachsehen unter- 
lassen wird. Eine gleiche Aufmerksamkeit erfordert auch 
der Artikel Nr. 3 nemlich die Feigen. Auch diese bringe 
man durch Aufhängen (Freihängen) oder durch Auflegen 
auf das oben erwähnte Geflecht von birkenem Reisig auf La- 


“ ger und bürste selbige mittelst einer reinen, trocknen Sieb- 


bürste öfters ab, damit sich weder Milben, noch später 
Würmer (?) bilden können. Aufbewahrung von Feigen in 
einem Kasten, oder in einer Büchse ist nicht rathsam, weil 
sich durch Abschluss der Luft die angeführten Uebelstände 
bilden. . 


Einen ungleich wichtigeren Verkaufs - Artikel bilden Nr.4 
die Blutegel. 


Wie viel ist über Hirudines bereits geschrieben wor- 
den und ich würde den Leser nur durch Wiederholungen 
langweilen, wollte ich alle diejenigen Versuche nochmals 
erwähnen, welche unternommen worden sind, um Blutegel zu 
halten und so den Verkäufer vor Verlust zu schützen, 


Nicht Aufbewahrung im Wasser kann ich empfehlen, 
. denn der Blutegel gehört in das Geschlecht der Würmer; 
er befindet sich also im Wasser nicht wohl, auch Zusatz von 
Steinen oder Moos möchte ich nicht anrathen, weil hier 
eine Verderbniss, trotz öfterem Nachsehen, mehr oder weni- 


598 Einige pract. Winke ım Betreff schlechter Fandverkaus nu 


ger unausbleiblich ist und Verlust an Egeln bringt, sondern 


ganz einfach eine Mischung von Lehm und Erde, in welcher 
man die Egel aus der Handlung G. F. Stölter und Co. in 
Hildesheim bezieht. Schon seit Jahren bediene ich mich die- 
ser Bezugsquelle, indem ich aus derselben einen grossen 
Mittelschlag mit 3 Thlr. pro Hundert beziehe. Wie bereits 
erwähnt, bekomme ich die Egel mit einer Erd- und Lehm - 
Mischung umgeben und zwar in einem verschlossenen Blech- 
kübel, welcher oben auf: dem Deckel kleine Luftlöcher 
besitzt. 

Um nun einerseits beim Bedarf von ein oder zwei Stück 
den mit 100 oder 200 Stück Egeln angefüllten Blechkübel 
nicht alle Male öffnen und so die Thiere fortwährend stören 
zu müssen, was selbige nicht lieben, habe ich mir eine cylin- 
drisch geformte Büchse von gewöhnlichem, mittelstarken 
Eisenblech anfertigen lassen. Mit übergreifendem, nicht zu 
eng schliessenden Deckel und ebenso Boden, aber beide ohne 
Falz, kann ich oben und unten öffnen, in dem oberen Deckel 
sind genügende Luftlöcher angebracht, während solche der 
Boden nicht nöthig hat. Die Büchse wird selbstverständ- 
lich so gestellt, dass sich der durchlöcherte Deckel oben 
befindet. 

Sobald nun Egel im Blechkübel ankommen, werden, wenn 
der Vorrath in der kleinen Büchse erschöpft ist, 25 Stück 
hineingezählt und auf diese Weise kann ich stets nachkom- 
men, ob ich das verschriebene Quantum Egel auch wirklich 
erhalten habe, andererseits aber wird mir sogleich eine Oon- 
trole der durch Sterben abgehenden Stücke, denn sobald Egel 
in der Offiein gebraucht werden, öffne ich, nach umgekehrter 
Büchse, den Boden, um mittelst eines Hornspatels oder 


Löffels die in der Regel zusammengeballten Stücke wegneh- 


men und zur Dispensation herauszählen zu können, während 
sich etwaige kranke Egel oder gar Leichen oben nach dem 


durchbohrten Deckel zu befinden. Abzählen, den Boden 


schliessen und nachdem dies geschehen, den oberen Deckel 
öffnen, um sich von dem Gesundheitszustand der übrigen In- 
sassen zu überzeugen, ist das Werk weniger Minuten. Ich 


EEE WESER 


sinen a diese Auer als eine 
in ieder‘ Hinsicht practische empfehlen. Als Ort der Auf- 
_ bewahrung benutzte ich den Kellerraum, der Winter wie 
Sommer eine Temperatur von ca. + 8 bis 9 R. besitzt. 


Ein Zusatz von Wasser auf die Erd-Mischung ist nicht 
nöhig, da sich solche von selbst feucht erhält und ausserdem 
beim Einsenden des Kübels zur Bezugsquelle nach Hildesheim 
vollständig geleert wird, um durch eine frische Meoag 
ergänzt zu werden. 


530 


B. Monatsbericht. 


I. Chemie Mineralogie und Geologie. 


Ueber die Wasserstoffgasflamme von Barnett. 


Die Wasserstofflamme ist nicht blau, wie gewöhnlich 
angegeben wird, sondern schwach röthlichbraun, wenn das Gas 
zuvor durch Kalilauge und eine Sublimatlösung geleitet und 
so gereinigt ist. Im Tageslichte ist die Flamme nicht sicht- 
bar, sondern nur im Dunkeln. Die Verbrennung muss in 
einem ruhigen, staubfreien Raume vor sich gehen. 

Bringt man gewisse feste Körper, wie Marmor, Kreide, 
Granit oder Gyps mit der Flamme in Berührung, so tritt ein 
Phosphoresciren ein. Sandpapier erzeugt eine lebhaft grüne 
Färbung derselben. 

Die blaue Farbe der Wasserstoffflamme, wie sie gewöhnlich 
wahrgenommen wird, wenn man letztere auf eine weisse Mar- 


morplatte leitet, rührt nach dem Verfasser von Schwefel her, 


von dem hierzu eine unendliche kleine Spur ausreicht. _Auf 
einer vollkommen reinen Platte zeigt sich nichts von Blau, 


ist eine solche aber nur ganz kurze Zeit mit der schwefelhal- 


tigen Luft von Fabrikstädten in Contact gewesen, oder mit 
Händen berührt, womit man z. B. vulkanisirtes Kautschuk 


angefasst, so ist die Wirkung sofort sichtbar. Gewisse schwe- 


felsaure Salze, z. B. Alaun, schwefelsaures Ammoniak, im glei- 
chen verspritzte Schwefelsäure färben gleichfalls die Flamme 
des damit in Berührung gewesenen Gases blau. 

Phosphor färbt die Wasserstoffflamme grün, Zinn und 
dessen Legirungen scharlachroth oder bei gleichzeitiger Ge- 
genwart von Schwefel purpurroth. Sind Phosphor, Schwefel 
und Zinn, alle drei zugegen, so nimmt man den Schwefel 
wahr an einem blauen Kern, den Phosphor an einem grünen 
Gürtel, das Zinn an der purpurrothen Basis der Flamme. 


nu 


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ee Zr er 


Ueber d. wasserfreie Salpetersäure u. ein neues Salpetersäurehydrat. 531 


Die durch feste Körper hervorgebrachte Färbung der 
Wasserstofflamme durchdringt nicht die ganze Flamme, son- 
dern hält sich an der Oberfläche, sie zeigt sich auch nicht 
da, wo vollkommene Verbrennung des Gases stattfindet, wie 
z.B. an der Spitze der Flamme. Anders ist es mit der 
Färbung, die Gase in der Wasserstofflamme hervorbringen. 
So färbt eine Spur Chlorwasserstoff dieselbe durch und durch 
röthlich braun, Ammoniak gelb, Kohlensäure lila. (The Pharm. 
Journ. and Transact. Third. Ser. Part. XXIV. Nr. CI— 
CV. June 1872. p. 992.). Wr. 


= 


Ueber die wasserfreie Salpetersäure und ein neues 
Salpetersäurehydrat von Prof. Weber. 


Weber bespricht die früheren Versuche der Chemi- 
ker, der Salpetersäure durch wasserentziehende Mittel, wie 
wasserfreie Schwefelsäure und Phosphorsäure, Wasser zu ent- 
ziehen. Die Versuche sind nicht geglückt, weil die frei 
werdende Salpetersäure sich sofort zersetzte und hat dies zu 
der Ansicht Veranlassung gegeben, dass sich der Salpetersäure 
auf diese Weise überhaupt nicht Wasser entziehen lasse und 
das Anhydrid eine anders constituirte Verbindung sei. Deville 
gelang es, aus den bei der Einwirkung von trockenem Chlor- 
gase auf salpetersaures Silberoxyd entstehenden Dämpfen durch 
Abkühlen Krystalle von wasserfreier Salpetersäure zu erhal- 
ten. Die Apparate zur Gewinnung der wasserfreien Salpe- 
tersäure nach diesem Verfahren sind jedoch äusserst complieirt 
und die Versuche Deville's von keinem Chemiker wiederholt 
worden. Weber hatte zunächst die Einwirkung der wasser- 
freien Schwefelsäure auf concentrirte Salpetersäure untersucht 
und hierbei Krystalle einer Verbindung von wasserfreier 
Salpetersäure, wasserfreier Schwefelsäure und dem ersten 
'Hydrat der Schwefelsäure erhalten. Das Studium der Ein- 
wirkung wasserfreier Phosphorsäure auf concentrirte Salpeter- 
säure ergab das Resultat, dass letzterer in der That in der 
Kälte das Wasser entzogen wird: Unterwirft man das Ge- 
misch der Phosphorsäure und Salpetersäure der Destillation 
in gläsernen Retorten bei möglichst gelinder Hitze, so erhält 
‚man als Destillationsproducte zwei Flüssigkeiten, von denen 


die obere aus in einer Kältemischung krystallisirender was- * 


34* 


DIDI Die Grotte von Monsummano, 


serfreier Salpetersäure besteht, die untere hydratische Ver- 
bindungen der Salpetersäure enthält. In Bezug auf die Eigen- 
schaften der wasserfreien Salpetersäure bemerkt Weber, dass 
dieselbe keine Wirkung auf die Mehrzabl der Metalle, ausser 
auf Kalium, Natrium und Zink ausübt, dagegen äusserst ener- 
gisch viele organische Stoffe, z. B. Naphtalin,. angreift. Bei 
der leichten Darstellungsweise der wasserfreien Salpetersäure 
ist es wahrscheinlich, dass sich vermittelst derselben man- 
cherlei Nitroverbindungen werden bequem herstellen lassen 
und einige Zweige der Tecknik aus ihr Nutzen ziehen wer- 
den. Die wasserfreie Salpetersäure löst sich in wasserhaltiger 
‘Salpetersäure und es entsteht auf diese Weise ein neues 
Hydrat der Salpetersäure, welches in der Kälte krystallisir- 
bar ist, von der Zusammensetzung HO,2NO°. Das specifische 
Gewicht dieser Verbindung ist grösser (1,642) als das der 
übrigen bekannten Hydrate der Salpetersäure. 


Die Grotte von Monsummano 


liegt nach Dr. Wolff in Lippspringe auf der Südseite und am 
Fusse des Berges Albano, in dem fruchtbaren und landschaftlich 
schönen Thale von Nievole. Dieselbe ist bereits gegenwärtig ein 
viel besuchter Curort, wird es aber mit der Zeit in noch viel höhe- 
rem@Grade werden. Durch einen Corridor des Curhauses, welches 
‚vor die Oeffnung der Höhle gebaut ist, führt eine Treppe 
hinunter zu derselben. Der erste Eindruck der Höhle ist 
ein wunderbarer, denn die ganze Höhle in einer Ausdehnung 
von 300 M. ist mit Wasserdämpfen erfüllt, die den in der- 
selben befindlichen Wasserbassins entströmen und sieht man, 
da die Beleuchtung des Kaum’s durch Kerzen bewirkt wird, 
durch den Wasserdampf hindurch nur die nächste Umgebung 
deutlich, und bleibt über die Entfernung der Decke die Aus- 
dehnung der Gänge oft in Unklarem. Ueberall hängen bizarre 
. Tropfsteinbildungen herab. Die Luft hat nach den ver- 
schiedenen Theilen der Grotte eine Temperatur von 27 bis 
3500. Sie ist gut athembar. Es findet jedenfalls eine Ven- 
‚ tilation statt, wahrscheinlich von dem nach rechts gelegenen 
Theile der Grotte, weil hier die Temperatur der Luft ab- 
nimmt, und muss dieselbe. auch daraus gefolgert werden, dass 
die üblen Gerüche, welche durch die Ausdünstungen einer 


[2 } 


Die Grotte von Monsummano, 533 


grossen Anzahl Badender entstehen, immer wieder sehr rasch 
verschwinden. Doch findet kein merkbarer Zug statt und 
die Flammen der Kerzen brennen senkrecht. Die Unter- 
suchung von 1000 C.C. M. Luft ergaben nach Truchetti: 


Kohlensäure 36,5 
Atmosphärische Luft 
O0. 198,9 
N. 756,5 
955,4 
Ueberschüssiger 
Stickstoff 8,1 
1000,0. 


Es frappirt der bedeutende Kohlensäuregehalt, doch genirt 
derselbe die in der Grotte Verweilenden durchaus nicht, ob- 
gleich einzelne Personen sich bis zu 5 Stunden in derselben 
aufgehalten haben. 


Die grössten Wasseransammlungen der Grotte sind „der 
Eissee“ so genannt von den weissen Stalaktiten, welche an 
dieser Stelle die Grotte auskleiden, mit einer Temperatur von 
25°C. und der „grosse See“ einem Wasserbecken von 8 Me- 
ter Breite und 20 Meter Länge. -Er ist oft von unergründ- 
licher Tiefe, die Temperatur von 34°C; hier ist die Luft auf 
den Wassergehalt untersucht worden; es sind bei 33,75 ©. 
und einem barometrischen Druck von 753 M.M. in 1000 CC. M. 
Luft 4 0. M. in Dampf aufgelöstes Wasser enthalten. Aus 
diesem Theil der Grotte, dem Sudätorio (Schwitzstation), ge- 
langt man zu dem 70 Meter entfernten „Endsee“ und dem 
Ende der Höhle. Hier erreicht die Temperatur der Luft, so 
wie des in einem Bassin von 11 Meter Durchmesser enthal- 
tenden Wassers den höchsten Grad, 35°C. 


Das Wasser der Seen enthält nach Truchetti in 1000 
Theilen 1,8040 feste Bestandtheile; davon sind: 


Kohlensaurer Kalk 0,5340 
Schwefelsaurer Kalk 0,4898 
Schwefelsaures Natron 0,0332 
Schwefelsaure MABAGER, 0,4092 
Chlornatrium 0,2378 
Kieselsäure, Thonerde, Eisen etc. 0,1000 


1,8040. 


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584 Untersuchung eines HShaltigen Kalksteins aus Algerien. 


Von den im Wasser enthaltenen Gasen sind in 201,15 CC.M. 
nach Truchetti 


Kohlensäure | 84,75 CC. M. 

Atmosphärische Luft 113,402, 

Freier Stickstoff 23,00 
201,15 CO.M. 


Das Gestein der Grotte besteht zum grössten Theile aus 
kohlensaurem Kalk und ist dieselbe nichts weiter als ein 
grosses natürliches Dampfbad und unterscheidet sich die Be- 
handlungsweise in nichts von dem Bekannten. Auch General 
Garibaldi heilte u. A. dort einen Rheumatismus des Fuss- 
gelenks und führte eine alte Wunde von Aspromonte zur 
Vernarbung. (Berl. Klinische Wochenschr. 1872. Nr. 24. 
8. 294.). Hbog. 


Untersuchung eines HShaltigen Kalksteins aus 
Algerien. 


Gelegentlich seiner Reise in Algerien fand Petzholdt, 
Professor in Dorpat, einen solchen Marmor oder Kalkstein 
in der Nähe des Fort Napoleon. Durch die helle, weithin 
sichtbare Farbe des Steinbruchs erregt derselbe schon Auf- 
merksamkeit. Man hat es hier mit einer ungeheuren grob - 
krystallinischen Kalksteinmasse zu thun, welche in dem aus 
Granit, Gneiss, Glimmerschiefer und Thonschiefer in steil auf- 
gerichteter Schichtenstellung bestehenden Gebirge eingeschlos- 
sen ist, ohne dass es jedoch wegen mangelnder Entblössungen 
möglich wäre, die Lagerungsverhältnisse auch nur annähernd 
kennen zu lernen. Die Klüfte des Kalksteines sind überall 
-mit einer starken Lage von Sinter überzogen, während das 
Gestein selbst äusserst grob krystallinisch, eine weisse ins 
Blaugraue ziehende Farbe zeigt, und theils schon mit blossem 
Auge, theils unter der Loupe betrachtet, Beimengungen von 
Quarzkrystallen, Glimmer, Schwefelkies und Magneteisen deut- 
lich erkennen lässt. Das Merkwürdigste aber ist der starke 
Geruch nach Schwefelwasserstoff, welcher sich beim Zerschla- 
gen eines jeden solchen Gesteinsstückes, selbst schon beim 
blossen Ritzen mit der Messerspitze, entwickelt. Es ist nicht 
der sogenannte „bituminöse“ Geruch, es ist der Geruch 
nach reinem Schwefelwasserstoff, und zwar so stark, dass 


Neue Darstellungsmeth. d. Kalium. — Jodkalium geg. Silberfärbung ete. 539 


sich derselbe bei Bearbeitung eines solchen Marmorblockes 
schon in der Entfernung von einigen Schritten bemerkbar 
macht. 

Die Analyse (von Korsakow ausgeführt) von 1,9945 g. 
des Gesteins ergab: 


In Salzsäure unlöslich 0,0895 g. 4,51%, 
Thonerde und Eisenoxyd 0,0325 ‚, 1,64 „ 
Kohlensauren Kalk 1.83% 923,706,5, 
Kohlensaure Magnesia 0,0199 „ 1:00; 


Schwefelwasserstoff (in einer beson- 
dern grössern Gesteinsmasse be- 
stimmt) 0,0017 „ 0,09 „ 
Hygroskopisches Wasser 0,0022 „ 
1,9857 „ 100,00. 
(Petzholdt, Frankreich und Algerien. Leipzig bei Hermann 
Fries.). R. 


Neue Darstellungsmethode des Kalium nach 
Dolbeae. 
Sie besteht darin, dass man Schwefelkalium mit 
Eisenfeile in einem geeigneten Apparate zum Rothglühen 


erhitzt. (The Pharmacist. Vol. V. Nr. 5. May 1872. 
p- 104.). Wp. 


Jodkalium gegen Silberfärbung der Haut. 


Bekanntlich nimmt die Haut bei denen, welche eine Zeit 


lang salpetersaures Silberoxyd genommen haben, eine eigen-. 


thümliche fahle Farbe an. Nach Yandell wird dieselbe 

durch den innerlichen Gebrauch von Jodkalium wieder ent- 

fernt. (The Pharmacist. Vol. V. June 1872. Nr. 6. p. 132.). 
WW». 


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536 Endeck. v. Bromkal. ete.— React, a. Carbolsäure. — Verf. d, Pfefferminz öls, 


Entdeckung von Bronkalium im Jodkalium nach 
Melokebecke. 


Man setzt zu 10 OC. einer gesättigten Lösung von Brom- 
kalium in Wasser zehn Tropfen Wasser und dann in kleinen 
Portionen unter jeweiligem Schütteln 1 g. des gröblich gepul- 
verten zu prüfenden Jodkalium. Ist selbiges nicht frei von 
Bromkalium, so bleibt letzteres ungelöst. (Amerie. Journ. of 
Pharmacy. Fourth. Sec. Vol. II. Nr. VI. June 1872. ». 249.). 


W». 


Eine neue Reaction auf Carbolsäure. 


Zu den schon bekannten Reagentien: 

1) Fichtenholz mit Salzsäure benetzt, 

2) Eisenchlorid, 3) Chlorkalk und Ammoniak 
(Lex, Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. zu Berlin 1870, 
S. 457) und 4) Bromwasser (erzeugt in Phenollösungen 
gelblichweisen, flockigen Niederschlag von Tribrompheno!. 
Landolt, ebend. 1871, 770), fügt P. ©. Plugge ein neues 
hinzu, nemlich das salpeters. Quecksilberoxydul, des- 
sen Lösung Spuren von salpetriger Säure enthält. 

Kocht man eine verdünnte Lösung von Carbolsäure mit 
diesem Reagens, so redueirt sich metallisches Quecksilber, und 
die überstehende Flüssigkeit nimmt eine intensiv rothe 
Färbung an; dabei verbreitet die Flüssigkeit den Geruch der 
salicyligen Säure. (Fresenius Zeitschr. f. analyt. Chemie 1872, 
II, 173— 174.). TERN EL 


Verfälschung des Pfefferminzöls. 


Nach Shuttleworth wird amerikanisches Pfefferminzöl 
mit Ricinusöl und Alkohol verfälscht in den Handel gebracht. 
Das fette Oel bleibt bei der Rectification mit Wasser im 
Rückstandee Die Menge des. Alkohols ergiebt sich durch 
Subtraction des Gewichts des Destillats und des möglichst 
von Wasser befreiten Destillationsrückstandes von dem 


Ueber Aloin. — Ueber Aloe, 537 


Gewicht des der Operation unterworfenen Oels. Auf diese 
- Weise zeigte sich ein verfälschtes Oel zusammengesetzt aus 


Pfefferminzöl 32,71 


Ricinusöl 38,18 
Alkohol 29,11. 
(The Pharmacist. Vol. V. Nr. 5. May 1872. ». 105.). 


W». 


Ueber Aloin von Tilden. 


Das Aloin der Sokotrina- und Barbadoes-Alo& 
scheint identisch zu sein, da beide gleich krystallisiren, sich 
gegen oxydirende Substanzen gleich verhalten und mit Salpe- 
tersäure Chrysamminsäure geben. Das Nataloin aus der Natal - 
Alo& hingegen unterscheidet sich von jenem durch seine ge- 


ringere Löslichkeit in Wasser und Alkohol, durch die Kry- 


stallform, sowie, dass es mit Salpetersäure statt der ie: 
minsäure Pikrinsäure liefert. 

Es ist dem Verfasser bis jetzt nicht gelungen, mit dem 
Nataloin Chlor-, Brom- oder Nitro-Derivate zu erhalten. 


Acetylchlorid erwärmt sich damit unter Entwicklung von HCl. 
Der firnissartige Rückstand, in einer Mischung von Alkohol . 


und Aether gelöst, setzt bald mikroskopische Octaäder ab, 
deren Formel = C?5H22(C2H30)60!11, Es sind demnach in 
diesem Körper 6H, durch Acetyl substituirt. 


Nach Hlasiwetz bildet sich durch Schmelzen der Soko- 


trin- Alo& mit Aetzkali Para - Oxybenzo&säure und & Orgin. Er- 
stere entsteht bei gleicher Behandlung auch aus der Natal- 
Aloe, aber « Orgin entsteht nicht, sondern wahrscheinlich 
® Orgin. (The Pharm. Journ. and Transact. Third. Ser. 
Part. XXIIL. Nr. XCVII—C. May 1872. p. 951.). 

W». 


Ueber Alo@ von Demselben. 


Man kann als Hauptbestandtheile der Alo& annehmen: 
1) einen krystallinischen Körper, 2) eine amorphe- harz- 


artige Substanz. Dazu kommen als zufällige Bestandtheile 


Gummi, Eiweiss und Salze, 


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538 - - Ueber Aloe. 


Der krystallinische Körper :ist nicht bei allen Aloesorten 
identisch. Barbado&s-, Socotrina- und Cap-Alo& liefern einen 
und denselben Stoff, Aloin oder Barb-Aloin nach Tilden, 
Natal- und wahrscheinlich auch Zanzebar -Alo& liefern das 
von Flückiger entdeckte Nataloin. 


Das Barbaloin hat die Zusammensetzung 0°2H3° 01% H2O, 
Das Wasser entweicht in der Wärme des Wasserbades. Es 
löst sich verhältnissmässig leicht in Alkohol und schiesst 
daraus in gelben Prismen an; mit Salpetersäure färbt es sich 
vorübergehend roth, mit Bromwasser im Ueberschuss liefert 
es einen braunen Niederschlag von Brom-Aloin; bei längerer 
Digestion mit Salpetersäure erhält man daraus viel Chrysam- 
minsäure.. Durch Behandlung mit Chlor in Gegenwart von 
Salzsäure bildet sich ein Chlorderivat, dessen Formel 

—202 HIE1E 012 720! 

Die eigentliche chemische Constitution des Aloins ist 
noch nicht festgestellt. Wahrscheinlich ist es ein complexes 
Phenol, da es sich mit Eisenchlorid dunkel olivengrün färbt 
. und mit Schwefelsäure eine Sulphosäure giebt, deren Baryt- 
- salz löslich, wenn auch nicht krystallisirbar ist. Es deuten 
darauf auch die Chlor-, Brom- und Nitro- Derivate des Aloins 
hin. In der rohen Alo& ist das Barbaloin theils wasserfrei, 
theils durch Oxydation verändert vorhanden. 

Das Nataloin hat die Formel C?>H?®0!!. Das Acetyl- 
Derivat desselben C2°H??(C?H30)°O!:!. Das Nataloin kry- 
‚stallisirt in rectangulären Tafeln, löst sich ziemlich schwer 
in Alkohol, färbt sich mit Salpetersäure im der Kälte dauernd 
blutroth und liefert bei Digestion mit derselben nicht Chry- 
samminsäure, sondern Pikrin- und Oxalsäure. 

"Dass die Alo& ein Gliykosid sei, hat sich dem Verfasser 
nicht bestätigt. 

Bei Behandlung der Alo& mit kaltem: Wasser bleibt be- 
kanntlich ein unlöslicher Rückstand, das sogenannte Aloe- 
harz. Dieses lässt sich durch wiederholte Behandlung mit 
kochendem Wasser in einen löslichen und unlöslichen Antheil 
scheiden. Wird die Lösung im. Wasserbadtrichter filtrirt 
und nach Ansäuerung mit etwas Salzsäure zum Erkalten hin- 
gestellt, so scheidet sich das Gelöste wieder aus. Man löst 
den Niederschlag in Weingeist, filtrirt und verdampft zur 
Trockne. 

Nach Tilden ist dieser lösliche Antheil A des Aloehar- 
zes ein Condensationsproduct des krystallinischen Princips, 
durch Wasserabgabe entstanden. Die Analyse bestätigt dies. 


Monobromeamphor 539 


Die Zusammensetzung dieses Körpers ist nemlich — C68H 00°, 
d.h. 2 Molecüle Aloin minus 1 Mol, Wasser. 
2(032H36 014) — H20 = 0°5SHO??, 

Eine Auflösung desselben in Weingeist giebt mit Brom- 

wasser einen Niederschlag von der Zusammensetzung 
Gs5H58 Br12 027. 

Wurde die Substanz mit Wasser im zugeschmolzenen 
Rohr bis 300° F. stundenlang erhitzt, so fand eine theilweise 
Lösung statt. Die von dem Ungelösten abfiltrirte und abge- 
dampfte Flüssigkeit gab ein syrupsdickes Liquidum, das nicht 
krystallisiren wollte, mit Bromwasser aber einen gelben Nie- 
derschlag hervorbrachte, der sich aus Alkohol beim Verdun- 
sten in krystallinischen Gruppen abschied. Durch Kochen mit 
verdünnter Salzsäure im Vacuo löste sich der Körper A noch 
reichlicher als in Wasser und blieb auch nach dem Erkalten 
gelöst. Die Lösung schmeckte stark bitter und gab mit 
Bromwasser einen Niederschlag. Mit Salpetersäure gekocht, 
giebt A viel Chrysamminsäure, nebst Pikrin-, Oxal- und 
Kohlensäure, dieselben Producte wie das Barbaloin. 

Es gelang nicht, krystallisirtes Barbaloin durch wasser- 
entziehende Körper, wie Chlorzink oder concentrirte Salzsäure 
in Alo&harz zu verwandeln, die Wirkung ging darüber hinaus, 
Der in heissem Wasser unlösliche Antheil des Alo&harzes ist 
vielleicht aus dem krystallisirbaren Aloin durch gleichzeitige 
Condensation und Oxydation entstanden. Man nehme .an, 
dass 2 Molecüle Barbaloin 1 Moleceül Wasser und durch Oxy- 
dation 4 At. Wasserstoff verlören 2 (C?*H3°0!%) — H?0— H%, 


so würde ein Körper von der Zusammensetzung C68H 66027 


bleiben. Die Analyse von B gab Resultate, die sich mit die- 
ser Formel allenfalls vereinigen liessen. (The Pharme. Journ. 
and Transact. Third. Ser. Part. XXVIL Nr. CXV bis 
CXVI. Septbr. 1872. pP. 234 f.). Wp. 


Monohromecampher von Maisch. 


Es giebt zwei Bromverbindungen des Camphors; das 
Dibromid, von Laurent entdeckt, verwandelt sich, in zuge- 
schmolzenen Röhren bis 100° erhitzt, nach Schwarz in das 
Monobromid, Letzteres wird neuerdings als Arzneimittel an- 
gewendet, Man bereitet es nach Maisch folgendermassen, 


580 Monobromeamphor. 


Eine Retorte von 1 Quart Inhalt wird mit aufgerichtetem 
Halse aufgestellt. Den Hals verbindet man mit einem 2 Fuss 
‚langen Glasrohre, das am Ende abwärts gebogen und durch 
Kautschuk mit emem andern Rohre verbunden ist, das durch 
den Korkstöpsel einer 8 Unzen. haltenden Glasflasche geht 
und dicht unter dem Stöpsel endigt. Durch denselben Kork 
geht ein zweimal. rechtwinklig gebogenes Glasrohr, das mit 
dem einen Ende fast bis auf den Boden der Flasche taucht, 
mit dem andern aber in eine zweite Flasche reicht, die 8 Un- 
zen Wasser und ein Alkali zur Absorption von Bromwasser- 
stoff enthält. Die Retorte beschickt man mit 13 Unzen 'm 
Stücken zerbrochenem Camphor, so zwar, dass der Hals der- 
selben ganz damit gefüllt, der Rest aber in die Retorte selbst 
hineingethan wird. Mittelst eines Trichterrohrs giesst man 
nun 12 Unzen Brom in 4—-5 Portionen, mit grössern anfan- 
gend, auf den Oamphor, spült den Trichter mit !/;, Unze Al- 
kohol nach und erwärmt ganz gelinde, wenn die Reaction 
nicht von selbst eintritt, was gewöhnlich der Fall ist, Das 
sich zum Theil verflüchtigende Brom wirkt auf den im Retor- 
tenhalse befindlichen Camphor und fliesst als ölige Flüssigkeit 
in die Retorte zurück, während Bromwasserstoffgas in die 
Vorlegefiasche entweicht und dort absorbirt wird. Die Tem- 
peratur steigt inzwischen auf 60—70° Jetzt steckt man 
durch den Tubulus der Retorte ein Thermometer und erhitzt 
allmählig bis auf 120% Im Retortenhalse bilden sich gold- 
gelbeNadeln, welche wieder schmelzen und zurückfliessen, Brom- 
wasserstoff entwickelt sich in regelmässigem Strome. Ist das 
Thermometer bis auf 132° gestiegen, so lässt die Gasent- 
wicklung nach unter gleichzeitiger Entfärbung der dunkel- 
braunen Flüssigkeit. Man lässt bis auf 50—55° abkühlen, 
-löst den Retorteninhalt in 12 Unzen Petroleumbenzin und 
giesst die Solution in ein etwas warmes Wasser und ein 
Stückchen Marmor enthaltendes Becherglas. Beim Abkühlen 
beginnt die Krystallisation des bromirten Camphors, die man 
durch öfteres Umrühren stört. Am andern Tage giesst man 
das flüssig Gebliebene ab und lässt die Krystalle auf einem 
Trichter abtropfen. Sie werden so lange mit Petroleumäther 
gewaschen, bis sie im Sonnenlichte ihre Farbe nicht merklich 
mehr ändern. Zur völligen Reindarstellung werden sie aus 
Alkohol oder Benzin umkrystallisirt. Die Mutterlauge wird. 
von der wässrigen Flüssigkeit, welche Bromcalcium enthält, 
getrennt und bis auf die Hälfte verdunstet, wonach mehr 
Krystalle anschiessen. Die letzte Mutterlauge erhitzt man in 
einer Retorte bis 260°, wo sich Bromwasserstoff. entwickelt. 


\ 


Entdeckung und Bestimmung von Paraffin in Stearinkerzen. 541 


Es bleibt eine schwarze Masse, die in Benzin gelöst wird. 
Die Solution schüttelt man mit warmem Wasser und Marmor 
und lässt krystallisiren. Die Krystalle werden durch Waschen 
mit Benzin und Umkrystallisiren gereinigt. Zuletzt bleibt 
eine ölige Flüssigkeit, die für eine spätere Operation aufbe 
wahrt bleibt. 

Monobromcamphor krystallisirt aus Alkohol in dünnen, 
farblosen Nadeln, aus Benzin mitunter in langen, harten, 
durchsichtigen Prismen. Er ist in Wasser unlöslich, leicht 
löslich in Aether und Alkohol, luftbeständig, im directen 
Sonnenlichte unveränderlich.. Mit Wasser gekocht, verflüch- 
tigt er sich langsam, im Halse der Retorte wieder krystalli- 
sirend. Der Geruch ist camphorartig, der Geschmack gleich- 
falls, zugleich an Terpenthin erinnernd. Er schmilzt bei 67° 
und siedet unter theilweiser Zersetzung bei 274°. Mit Brom- 
und Chlorwasserstoff giebt er ölige Verbindungen, die sich 
nach dem Erwärmen langsam in Krystalle verwandeln. Mit 
salpetersaurem Silber, in Salpetersäure gelöst gekocht, wird 
er unter Bildung von Bromsilber zersetzt. Formel— (20H 5BrO2. 
(Americ. Journ. of Pharmacy. Vol. XLIV. Nr. VIII. Fourth. 
Ser. Aug. 1872. Vol. I. Nr. VIII p. 337 f.). Wr. 


Entdeckung und Bestimmung von Paraffin in Stea- 
rinkerzen von Hoock. 


5,0 der zu untersuchenden Kerze werden mit warmer, 
nicht zu starker Kalilauge behandelt; dadurch bildet sich eine 
Stearinsäure -Seife, das Paraffin bleibt intact. In die Seifen- 
lösung giebt man eine Kochsalzsolution, wodurch sich eine 
Natronseife erzeugt, die, indem sie sich abscheidet, das Paraffın 
einhüllt. Man wäscht dieselbe auf einem Filter mit kaltem 
Wasser oder Weingeist, welche zuerst das anhängende Koch- 
salz, dann aber die Seife selbst lösen und das Paraffin zu- 
rücklassen. Letzteres wird in Aether gelöst und nach dem 
Verdunsten desselben gewogen. (Americ. Journ. of Pharmae. 
Vol. XLIV. Nr. VIII Fourth. Ser, Aug. 1872. Vol. 1. 
Nr. VII. p. 373.). Wp. 


542 


II. Botanische Pharmacognosie. 


Ueber Opium und asiatischen Mohn von Julius Jobst. 


Nachdem wegen karger Ernte das kleinasiatische Opium 


weiter im Preise gestiegen, konnte bestes trocknes und unver- 
fälschtes einheimisches Opium von einem Morphingehalt von 
13—15°/, bis zu 22 fl. pr. Pfund & 500 g.. bezahlt werden. | 

Das von dem Verf. mit importirtem asiatischen Mohn 
bestellte Versuchsfeld hat 960 Ffund besten ölreichen Da- 
mens pro Morgen gegeben. 

Der aus original-asiatischem Mohn hier gewonnene Sa- 
men wurde am 9. April 1872 eingesäet und anfangs August 
geerntet; die Pflanze stand sehr üppig, wiewohl niedrig und 
mit wenig Blatttrieben, dagegen waren die Capseln um ein Beden- 
tendes grösser geworden als im vergangenen Jahre. Der aut 
demselben Felde, zu derselben Zeit und unter denselben Be- 
dingungen angebaute einheimische weisse Mohn reifte 2 bis 
3 Wochen später und schlug im Samenertrag um ein volles 
Drittheil gegen den asiatischen zurück, 

Noch alledem geht die Erfahrung des Verf. dahin, dass 
in Bezug auf Opiumausbeute der asiatische Mohn keine Vor- 
theile gegen die einheimische Pflanze aufweist, dagegen in 
wärmerem Boden neben sonstigen Vorzügen einen ungleich 
bedeutenderen Samenertrag liefert. (Wochenbl. für 
Land- und Forstwirthschaft 1872. Nr. 36. 8. 212.) 

Hbg. 


EEE ET TERN 


u ne "8 w 


. Die Harzgewinnung aus Pinus maritima in Frankreich (Capbreton). 543 


Die Harzgewinnung aus Pinus maritima in Frankreich 
(Capbreton). 


Es giebt zwei Methoden der Harzgewinnung (Resi- 
nage); eine ältere und eine neue. Die letztere hat die 
erstere fast überall verdrängt. Nach der älteren Methode 
wird am untersten Stammende des Baumes und zwar in dem 
breiter werdenden Wurzelstock mittelst des Beiles ein klei- 
nes Reservoir (Crot) eingehauen, zur Aufnahme des Harzes 
bestimmt, welches aus dem in der Richtung der Längenaxe 
des Baumstammes angefertigten Einschnitt -(Quarre oder 
Carre) nach und nach hervorquellend (Gemmage) herab- 
fliesst. Findet man, dass der erste Einschnitt keine weitere 
Harzausbeute zulässt, so macht man einen zweiten, mit dem Be 
ersten parallel verlaufenden Einschnitt, später einen drit- 
ten u.s. w., und benutzt nicht selten zum Aufnehmen des 
aus diesen neuen Einschnitten quellenden Harzes immer wie- 
der das alte zuerst angefertigte Reservoir. Es ist in solchem 
Falle nöthig, mehr oder weniger lange quer um den Stamm 
herumführende Zuleitungskanäle herzustellen, was dadurch : 
bewirkt wird, dass man dieselben geradezu in das Holz des [Re 
Baumes einhaut; auch müssen die Seitenwände des Reser-r 
voirs erhöht werden, ‘was mit Hülfe von Moos und Rinden- Bi 
stückchen geschieht. Hauptsächlich hat zu dem Brauche, S1% 
ein altes Reservoir so lange wie möglich zu benutzen, die ei 
Erfahrung geführt, dass ein neu angefertigtes Reservoir sich 
erst vollständig verharzt haben muss, ehe der „Harzer“ 
(Resinier) auf einen Ertrag rechnen kann. Dagegen be- 
steht die neuere von M. Hugues erfundene Methode im 
Wesentlichen darin, dass an Stelle des unbeweglichen, am 
Fusse des Stammes eingehauenen Recipienten (Orot) ein 
solcher tritt, welcher beweglich ist, so dass man ihn an 
jedem beliebigen Punkte des Stammes mit Leichtigkeit an- 
hängen und eben so leicht hinwegnehmen kann. Dieser aus 30 
gebranntem Thon gefertigte Reeipient (Godet) hat die Form 
eines kleinen Blumentopfes,*) von welchem er sich jedoch 
dadurch unterscheidet, dass er inwendig gut glasirt ist und 
kein Loch am Boden besitzt; dafür hat er aber zwei kleine 
einander gegenüberstehende Löcher nahe seinem oberen Rande, 
Das eine dieser Löcher dient, um den Topf (Godet) mittelst 


i *) Ein solcher Topf hat 14 Oentimeter obern Durchmesser, 18 Cen- 
timeter Höhe und fasst knapp 1 Läter, 


544 Die Harzgewinnung aus Pinus maritima in Frankreich (Capbreton). 


eines eisernen kopflosen Nagels am Baumstamme autzuhän- 
gen, während das zweite die Bestimmung hat, etwa sich 
ansammelndes überflüssiges Regenwasser ablaufen zu lassen, 
noch ehe der Topf (oder Recipient) ganz damit angefüllt ist, 
Um das dem Baume entquellende Harz mit Sicherheit in die- 
sen Recipienten hineinzuleiten, dient ein 3 Centimeter breiter 
und 15 Üentimeter langer Zinkblechstreifen. Derselbe ist 
schwach gebogen und besitzt an einer seiner langen Seiten 
5 hervorragende spitze Zähne, vermittelst weleher er sich mit 
Leichtigkeit am Baume selbst befestigen lässt. Er bildet als- 
dann eine Art von breiter Rinne oder. Schnauze, welche das 
dem Baume. entquellende Harz auffängt und in den unmittel- 
bar darunter hängenden Godet ohne jeglichen Verlust ab- 
tropfen lässt. Bisweilen kommt zu diesem Topfe noch ein 
ebenfalls aus gebranntem hon gefertigter halbmondförmiger 
Deckel, der das Einfallen von Baumrinde u. s. w. in den Topf 
verhüten soll. 

Die neue Methode hat vor der ältern viele Vorzüge: es 
kann kein Harz durch Einsickern in den Boden am Fusse 
des Baumes verloren gehen; die während des langen Weges 
und der langen Zeit nothwendig eintretende Verflüchtigung 
des Terpenthinöls ist verhindert, so dass die neue Methode 
reichlicheres und besseres Rohmaterial liefert. H. Samanos 
auf Oapbreton zeigt durch eine Berechnung die Be Ren- 
tabilität der neuen Methode. 

1000 Bäume liefern, nach alter Methode behandelt, 6 Bar- 
riques*) Harz von geringer Qualität, im durchschnittlichen 
Werthe von 65 Fres. per Barrique, also in Summa 390 Fres, ; 
mit der Methode von Hugues gewinnt man 8 Barriques viel 
besseres Harz, im durchschnittlichen Werthe von 75 Fres. 
Barrique, also in Summa 600 Fres., also ein Plus von 210 Fres. 
zu Gunsten der neuen Methode. Allerdings erfordert dieselbe 
die Anschaffung und den Transport der erwähnten Töpfe und 
Zinkbleche, was Samanos auf 120 Fres. veranschlagt. Es 
macht sich demnach die Einrichtung nicht nur im ersten Jahre 
schon bezahlt, sondern ergiebt noch einen Ueberschuss. Der 
oben berechnete Mehrgewinn erreicht in den folgenden Jahren 
fast seine volle Höhe, da die jährliche Abnutzung des Ge- 
räths auf kaum 5 Fres. veranschlagt werden darf. 


 *) 1 Barrique (der 4. Theil eines tonneau) ist ein Maass, das 228 Li- 
ter fassen kann. Es ist ein hauptsächlich in Bordeaux für die Zwecke 
des Weinhandels gebräuchliches Maas, 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 545 


Die zur Gewinnung des Harzes benutzten Seekieferwal- 
dungen werden in Frankreich Pignadas genannt, von ihrer 
Grösse kann man sich eine Vorstellung machen, wenn wir 
erwähnen, dass z.B. eine H. Samados gehörige Pignada 
mit 200,000 beweglichen Recipienten nach Hugues betrieben 
wird. Die Benutzung der Pinus maritima beginnt im Allge- 
meinen, wenn sie 20—25 Jahr alt ist und einen Stamm- 
durchmesser von c. 40 Centimeter erreicht hat. 


Obgleich die weitern Producte, wie Terpenthinöl und 
Colophonium, nicht mit besonderer Sorgfalt bereitet werden, 
finden sie doch einen guten Markt. 


Aus Frankreich wurden exportirt: 


im Jahre 1860 im Jahre 1867 
Terpenthinöl 1,907,686 Kilogr. 6,414,366 Kilogr. 
Colophonium u. Theer 690,163 ° „ 25,699,3856. 27% 


und zwar haben sich den französischen Harzproducten Märkte 
eröffnet, welche früher denselben ganz verschlossen waren. 
So wurde nach England im Jahre 1860 Nichts ausgeführt, im 
Jahre 1867 dagegen betrug die Ausfuhr dorthin 14,000,000 
Kilogr.; nach Belgien wurden im Jahre 1860 ausgeführt 
170,000 Kilogr., im Jahre 1867 aber 7,400,000 Kilogr.; nach 
Deutschland im Jahre 1860 Nichts, im Jahre 1867 dagegen 


über 6,000,000 Kilogr. (A. Petzholdt, Frankreich u. Algerien. - 


Leipzig bei Hermann Fries). R. 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel 


(Bericht über dieselben von Prof. Dragendorff. Schluss). 


12) Halilei Sie 


sind schwarze Myrobalanen, das heisst unreife Früchte ver- 
schiedener Terminalia-Arten und namentlich der T. Che- 
bula Retz.. Sie werden bei Ayicenna, Rhazes, Ebn 
Baithar, Averroäs, Serapion meistens zusammen, mit 
den übrigen Myrobalanen als Halilidsch, bei ersterem 
auch als Balilidsch benannt, doch bezeichnet letzterer 
Name häufiger die Früchte der Terminalia bellirica 
BRoxb. und Melia Azedarach L,. Wenn die alten Schrift- 


Arch, 4 Pharm. III, Reihe, I, Bds, 6, Heft, 35 


546 Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 


steller ihre Wirkungsweise im Allgemeinen mit derjeni- 
gen der Myrobalanen übereinstimmend fanden, so legen sie 
doch schon auf kleine Unterschiede Gewicht. „Sed "dieitur 
quod sunt magis proprü in purgando choliam adustam et 
propterea ponuntur in passionibus capitis, quae veniunt ex 
stomacho et ideo quando propinantur longo beneficiant sen- 
sus et clarificant cogitationem et tardant caniciem“ sagt 
Averro&s, während Rhazes meint, „stomachum praepa- 
rando corroborant, haemorrhoidisque, conferunt.“ Auch wach- 
ten sie mit besonderer Sorgfalt darüber, dass die unrei- 
fen Früchte im rechten Entwickelungsstadium eingesammelt 
wurden. 


Avicenna bewahrt uns 5 Namen, welche die verschie- 
denen Stufen der Ausbildung, auf welche man reflectirte, 
andeuten. Er nennt die Früchte Halilidsh Zira, wenn 
sie die Grösse der Uuminumfrüchte hatten. H. Jawi hiessen 
sie, wenn zur Ausdehnung eines Gerstenkornes (Zira [Susru- 
tas Zira] heisst Cuminum, Jawi [Susrutas Yava] Gerste) vor- 
geschritten, H. Zengi, wenn halbzoll lang, H. Chini wenn 
fast und H. Kabuli, wenn ganz eingesammelt. Ueber die 
jetzige Anwendung sagt unser Gewährsmann, der sie aus 
Kabul bezieht, dass sie bei verdorbenem, verdickten Blute, 
bei Halluncinationen dienlich seien. Er lässt sie im Gewicht 
einer Tille (Goldstück von etwa 4 Rub. Werth) gepulvert, 
gereicht werden. 

Von der abführenden Wirkung spricht Göbel in seinem 
Bericht über tartarische Heilmittel. Er nennt sie „Chalila.“ 
Jetzt heisst sie bei den Kalmücken in der Gegend von Sa- 
repta Charara. Auch Forskal hat die schwarze Myro- 
balane unter seinen neuarabischen Medicamenten als Hali- 
ledj hindi schari. 


13) Halilei Sart. 


In meiner Sendung sind die fast reifen Früchte 
der Terminalia Chebula Retz, als Halilei Sart 
bezeichnet. Wenn Palm in Zweifel bleibt, ob das Früchte oder 
Wurzelknollen sind, so ist das etwas stark. Er hätte nur 
ein Exemplar zu zerschlagen brauchen, um den für die My- 
robalani Chebulae characteristischen Samen zu finden. 
Ich habe schon erst von ihnen gesprochen und füge hier noch 
hinzu, dass die Früchte auch im Susrutas, wo sie Pat’hya 
heissen, erwähnt werden. Unter Lehmanns persischen 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 547 


Droguen findet sich diese als Balila, als Kabila Kabuli 
und Kalila Ssia, unter den arabischen Medikamenten 
Forskal’s als Haliledj Kebuli. In der Umgegend von 
Sarepta nennen die Kalmücken sie jetzt Arara. Höchst 
wahrscheinlich stimmt sie mit der Arura der Thibetaner, 
welche Rehmann in semer „Beschreibung einer Thi- 
betanischen Handapotheke“ erwähnt. Mein Bericht- 
erstatter erwähnt ausdrücklich auch bei dieser Drogue Kabul 
als Bezugsquelle. Er lässt ihr Pulver auf nüchternen Magen 
nehmen, wenn „vornehme Herren essen, und Erbrechen be- 
kommen.“ 

Ich lasse hier die beiden andern Myrobalanen, die sich 
gleichfalls in meiner Sammlung befinden, folgen. Die erste 
derselben, die von der Terminalia bellirica Roxb, 
abstammt, nennt man in Turkestan Ballilja. 


14) Ballilja (Ballilaei Palm). 


Dass die alten Araber sie meistens Balilidsch nennen, 


ist schon erwähnt. Göbel erwähnt sie als Balila unter 
den tartarischen Heilmitteln, Lehmann unter den persischen 
mit gleichen Namen, die Kalmücken in der Sarepta’schen Gegend 
nennen sie Barara(ob darunter nicht Barura gemeint ist, welche 
nach Rehmann’s Beschreibung nicht mit der Myrob. belli- 
rica übereinstimmen kann). Forskal führt sie unter den neu- 
arabischen Heilmitteln ohne Beifügung des Namens an. Im 
Susrutas heissen die Myrobalanen Kävya. In Turkestan 
verordnet man sie gegen Appetitlosigkeit und Hallucinatio- 
nen. „Wenn Jemand streitsüchtig ist, so giebt man ihm da- 
von zu trinken.“ Avicenna, Serapion, Ebn Baithar 
empfehlen das Mittel gegen Gedächtnissschwäche, Melancholie, 
Kolik - Hämorrhoidal- Magen- und Mastdarmleiden, Geschwüre 
am After u.s.w. Rhazes findet sie mit der M. emblica 
übereinstimmend. Als Heimat wird mir auch für diese Frucht 
Kabul gemeldet. Uebrigens ist bei Serapion und Ebn 
Baithar das Balilidsch wiederum als synonym mit Am- 
ladsch behandelt, welcher Name für gewöhlich der Frucht 
der Emblica offiecinarum Gaertner. angehört. Diese 
finde ich in meiner Sendung als: 


15) Omilja. 


Forskal nennt sie bei den neuarabischen Heilmitteln 
Amleg; Göbel hat sie unter den bei Tartaren gebrauchten 


35* 


7 


HAB. Ueber einige in Turkestan &ebräuchliche Heilmittel. 


Stoffen als Amela, daneben noch eine Amelama moga- 
scher, die vielleicht von einer nahverwandten, vielleicht auch 
von derselben Mutterpflanze abstammen. Lehmann nennt 
sin Boran und erwähnt sie als persisches Wurmmittel im 
Susrutas sind sie Üheramela, in Hindostan nach Scher- 
zer Amlika bei den Malayen Malaka oder Nellek ge- 
nannt. Als Heimat giebt mein Berichterstatter Ostindien an. 
Er verwerthet sie bei Lungen- und Augenentzündung, Augen- 
schwäche, „wenn Jemand des Abends nicht gut sehen kann,“ 
während Rhazes sie als magenstärkend, haarwuchsbefördernd, 
an andrer Stelle gegen Leberleiden mit verminderter Gallen- 
absonderung empfiehlt. 


16) Die gelben Myrobalanen 


scheinen in Turkestan nicht vorzukommen. Avicenna hat 
sie unter der Bezeichnung Halieledj asfar (asfar heisst 
gelb) und unter gleichem Namen figuriren sie auch in Fors- 
kal’s Series Medicaminum der Araber. Wahrscheinlich 
stimmen sie mit der unter Rehmann’s botanischen Droguen 
befindlichen Tangu-aru. Eine andre Myrobalane hat er 
als Tangobaru. 


17) Kisil Jusuruk 


ist der Same der Gratiola officinalis L., der nach Leh- 
mann im Usbekischen gleichfalls Kisil Dschouguruk, im 
Persischen Tochomid shaval und Jachschur heisst. 
Lehmann giebt auch für den in Persien gebrauchten als 
Bezugsquelle Samarkand an, worin er mit meinem Gewährs- 
manne übereinstimmt. Letzterer empfiehlt ihn, mit heissem 
Wasser gereicht, gegen Uebelkeiten und Erbrechen, auch als 
Abführmittel. Es wird vermuthet, dass die Chaschchasch 
zabdi des Ebn Baithar der Gratiola officinalis ent- 
spreche, was mir nach der Beschreibung des Dioscorides, 
welche er reproducirt, ganz unzulässig erscheint. Man kann 
nicht nachweisen, dass die Gratiola den alten Arabern bekannt 
gewesen sei. Dasselbe gilt von der als 


18) Machmili Petschon 


aufgeführten Frucht. Sie ist sicherlich von einer Helicte- 
ris, wahrscheinlich Helieteris Isora L. abstammend, welche 
nach Lehmann auch in Persien gegen Leibschneiden der 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 549 


Kinder empfohlen wird. Der dort gebräuchliche Name ist in 
Lehmanns’ Verzeichniss nicht angegeben. Auch in Indien 
wird sie gegen Kolik benutzt. In Turkestan braucht man 
sie, zerstossen und mit Wasser ausgekocht, innerlich gegen 
Durchfall und Gelenkkrankheiten. Sie soll „hinter dem Amu 
Daria auf den Bergen“ wachsen. 


19) Buschgunsch 


sind die auch in Europa schon.längst gekannten buchari- 
schen Galläpfel, die von der Pistacia vera abstammen. 
Walz hat sie vor Jahren einmal analysirt und 32°, Gerb- 
säure in ihnen nachgewiesen. Einer eben publicirten Mitthei- 
lung Palm’s zufolge, enthalten sie sogar 43°, Tannin. 


20) Dcehause Bavo 


ist, wie sie mir vorliegt, sicher kein Bohnen- und auch kein 
Mimosensame, sondern eher der innere Theil einer 
Palmenfrucht von sehr beträchtlichen Dimensionen. 
Mein Exemplar ist an der Unterfläche stumpf dreieckig 
und hat dort einen Durchmesser von resp. 9 Ctm. und 
8 Ctm.; es ist conisch, seine Höhe beträgt 9,5 Ctm. Es ist 
zum Theil mit einer braunen, reichlich vertieft geaderten 
Hülle versehen und besitzt ein weisses, leichtes, öliges Fleisch. 
Beim Zersägen fand ich einen grossen Hohlraum, in welchem 
früher eine Palmmilch sich befunden haben wird. Die Wan- 
dungen waren gleichmässig fast 1 Ctm. dick, der Geruch 
ranzig, dem längere Zeit aufbewahrten Cocossamen ähnlich. 
Als Bezugsort der Drogue, welche bei Verdauungsbeschwer- 
den, gegen Schweisse, Vollblütigkeit, Mund- und Augen- 
krämpfe sich wirksam erweisen soll, wird mir Indien berichtet. 
Dschawz (Gjauz) bedeutet im Arabischen Nuss, Frucht; 
Dschauz essara ist bei Forskal die Frucht der Cypresse, 
die Dchawz elkai des Serapion und Ebn Baithar u. A. 
unsere Muskatnuss, 


21) Sirauwandi Mudacharadsch (Sirauwant, 
Palm) 


ist eine Knolle, die aus den Gebirgen Chorassans geholt 
werden soll, Ich habe nur rundliche, oben und unten etwas 
abgeplattete Stücke mit Resten von Wurzeln, resp. Stengeln 


550 Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 


an der vertieften Scheibenmitte.e Wenn Susrutas die Knol- 
len der Sauseviera ceylanica Mad’hurasa nemnt, so 
haben diese mit unserer Drogue nichts zu thun. Eher könnte 
sie, vorausgesetzt, dass die äussere Schale entfernt werde, 
von einer Crocus- oder Gladiolusart (ÜCrocus edulis 
Bois. dient in Syrien als Nahrungsmittel; ebenso Gladiolus 
edulis Busch am Cap) oder von einem Arum oder einer 
Pinellia stammen. 


In einer Anmerkung Ludwig’s zu dem letzten von Palm 
publicirten Namensverzeichniss bucharischer Droguen finde 
ich gleichfalls auf Pinellia tubifera Tenore hingedeu- 
tet. Ich habe auch an die Knollen einer Eulophiaart gedacht, 
die man bei Kaschmir anstatt des Salep sammelt, so wie an 
Aponogeton monostachys L., welche von Ostindiern und Chi- 
nesen als diätisches Mittel gerühmt wird. Leider kann ich 
keine Vergleiche anstellen. Mein Perser empfiehlt die Drogue 
gegen Lungenkrankheiten und Ohnmachten. Ihr Pulver soll 
man in den Mund legen und Wasser nachtrinken. Auch hier 
ist es mir wahrscheinlich, dass man diese Drogue dem Zitra- 
waud der alten arabischen Aerzte untergeschoben hat. Letz- 
teres bedeutet bei Serapion, Ebn Baithar u. A. die 
Aristolochia, von welcher man schon eine longa und rotunda 
unterscheidet. 


Bei Ebn Baithar, demzufolge gerade Zirawaut beson- 
ders für die rotunda gebraucht wird, hat die Aristolochia 
auch noch den Namen Moskamar, Moskamarau. Schon 
Dioscorides empfiehlt die runde Aristolochia bei Asthma, Ohn- 
machten etc. $ 


22) Saurin Dschan 


sind Hermodactili, welche Planchon von Colchicum 
variegatum L. ableitetee Unter der persischen Ausbeute 
Lehmann’s kommen sie als Sibrin Dehan, unter den neu- 
arabischen Heilmitteln Forskal’s als Surendjen vor und 
in der Aufzählung indischer Droguen, welche sich im Nach- 
lasse Pereiras fand, ist gleichfalls die Zwiebelknolle eines 
Colehicum als Sarendjem zu finden. Bei Avicenna, Se- 
rapion, Ebn Baithar lesen wir gleichfalls Tsurengjan, bei 
letzterem noch Akbat, Asabia Hermes, Labat elberi- 
jat, Hafi elmuhr, die von Sondheim gewiss mit Un- 
recht als Colehicum autumnale gedeutet werden. Mein 
Gewährsmann lässt sie aus Indien, Palm aus Samarkand 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 901 


und aus Buchara, Lehmann aus Aegypten kommen. Er- 
'sterer schreibt ihnen krampfstillende Wirkungen zu, und 
empfiehlt sie äusserlich bei Contusionen. Rhazes und 
Serapion verwenden sie auf die Autorität des Dioscorides 
und Galen hin bei Gelenkschmerzen, Podagra, als abführend; 
auch Ebn Baithar citirt eine Menge von Autoren, welche 
diese Wirkungen behaupten, 


23) Habbu Nil 


ist der Same der Pharbitis Nil Roxb., welche letztere mein 
Berichterstatter als eine überall in Samarkand vorkommende 
Schlingpflanze schildert. Der Same wurde im Jahre 1867 im 
Jahrbuche. für ger. Med. B. 133 pag. 160 unter dem Namen 
Haladana als Abführmittel empfohlen, während ihn mein 
Gewährsmann mit Zucker verrieben, als Wurmmittel und gegen 
Aussatz benutzen lässt. Nach Lehmann wird übrigens 
noch jetzt in Persien die purgirende Wirkung dess. anerkannt. 
Auch der bei den _Tartaren gebräuchliche Same, den Göbel 
unter dem Namen Nilafar beschreibt, kommt von einer 
nahverwandten, oder derselben Mutterpflanze. Göbel meinte, 
dass er vielleicht von Impomoea repens abgeleitet wer- 
den könne. Ich finde keinen Unterschied zwischen den Gö- 
bel’schen Originalexemplaren und der mir vorliegenden von 
Pharbitis Nil. Im Catalog med. sinensium Tatarinow’s 
kommt der Same dieser Pflanze als Baytschon und Uzey- 
ezon vor. Der abführenden Wirkung des „Habeli.e. nil et 
est granum indicum“ (Serapion), auch des durch sie erzeugten 
Brechreizes_ gedenkt Serapion und Rhazes (Hab. ennil). 
Ersterer beschreibt die Pflanze nach Isaak Ebn Amram sehr 
gut, so dass kaum ein Zweifel daran bleibt, dass-er unsre 
Pharbitis meinte. Nicht selten verwechselt man bei Deutung 
der arabischen Autoren unser Habb ennil mit dem Samen 
der Indigofera anil et tinctoria L., welchen Serapion und 
Avicenna Nil nennen und gegen Lepra, so wie als Wurm- 
mittel gebrauchen. Das passirt z. B. Sontheimer in der Be- 
arbeitung des Ebn Baithar und auch Pfaff scheint ihm 
darin in seiner Zusammenstellung arabischer Heilmittel zu 
folgen. Schon Conr. Gessner (ich entnehme dies Meyer’s 
Gesch. der Botanik) berichtigt im Hortus Germaniae diesen 
Irrthum. Nil als Same von Indigoferaarten wird nach Fors- 
kal in der neuarabischen Mediein gebraucht, nach Lehmann 
auch in Persien unter der Bezeichnung Usla, 


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552 Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 


Die Namen Nil, Nili, Nilini sind persischen Ursprungs, . 
und kommen schon im Susrutas vor. (Pharmaceut. Zeit- 
sehrift für Russland, XI. Jahrg. Nr. 14, S. 420 — 4535; 
St. Petersburg d. 15. Juli 1872.). 

Eine spätere Nummer dieser Zeitschrift ist mir noch nicht 
zugekommen. Ich finde aber in Buchner’s Neuem Repertor. 
für Pharmacie 1872. Heft 9, S. 513 — 548 einen vollständigen 
. Seperatabdruck der Dragendorff’schen Abhandlung. Aus’ die- 
sem habe ich die folgenden gekürzten Notizen entnommen. 
Die geschichtl. und medic. Bemerkungen, so wie das Gram- 

matikalische möge man in dem leicht Au ne Buchner’schen 
Repert. nachlesen. 


24) Chilba dona (Hulba, Palm) 


sind die Samen einer Trigonella, von denen der bei uns 
gebräulichen Tr. foenum graecum L. nur dadurch unter- 
schieden dass sie etwas grösser und heller und mit minder 
glänzender, wie bestäubter Oberfläche erscheinen. Im Gehalt 
an aromat. Bestandtheilen findet sich kein Unterschied. Viel- 
leicht, dass diese Abänderungen durch klimat. Einflüsse 
' bedingt sind; indessen ist bekannt, dass auch Tr. monspe- 
liaca L, Tr. elatior Sibth. u. a. ähnlich dem Foenum grae- 
cum benutzt werden, 


25) Tuchmi reihan (Tumreihan, Palm). 


Ist eine Labiatenfrucht, nach Bunge fast zweifellos von 
Ocymum Basilicum L. 


26) Igir. 


Ist von unserem Kalmus nur durch reicheres Aroma 
und dunkler röthliche Farbe unterschieden. Es sind eben im 
Orient gewachsene Exemplare des Rhizoms, deren grösse- 
ren. Reichthum an äth. Oel man schon früher kannte. 

Der Kalmus heisst bei den im Saratow’schen Gouverne- 
ment lebenden Kalmücken Schüdück. 


27) Assaurun. 


Serapion, Ebn Baithar u.A, beschreiben das von 
ihnen besprochene Asarun, wobei kein Zweifel bleibt, dass 


Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 05 


sie unser Asarum europaeum meinen. Das turkesta- 
nische Medicament aber hat mit letzterer Pflanze nichts 
gemein. Es sind Rhizome einer Valerianee, die im Ge 
ruch und Geschmack mit unserem ‚Baldrian übereinstim- 
men. Wahrscheinlich stammt die Drogue von Valeriana 
tuberosa L, Als ihre Heimath wird Chiwa genannt. 


28) Tuchmi Kosni 


sind die gelbbraunen Achenien einer Composite, welche 
in Samarkand wild und in Gärten wachsen soll. 

Beigemengte Blüthentheile lassen Bunge auf eine Ver- 
noniacee schliessen. Da die Achenen unbehaart und der 
Pappus silberweiss, so könnte man an Vernonia chinen- 
sis Less. denken, deren Früchte in Südasien gegen veralte- 
ten Husten ete. angewendet werden. Auch Vernonia 
squärrosa Less, V. cinerea Less, V. Rhedick 
Kost., V. anthelmintica W. sind als Volksmittel im Gebrauch. 


29) Kusti talch (Costitarch, Palm) 


ist die zerschnittene Wurzel von Bryonia dioica L. welche 
nach Palm’s wohl richtigen Angabe in der Buchara 
gesammelt wird. In China heisst die Bryonia nach Tata- 
rinow Chua fyn. 


30) Sipori (Spora, Palm) 


ist der Same einer Palme, wahrscheinlich einer Arecaart. 
Sie sind flacher, minder conisch als die der Areca Catechu 
L., mit einer tiefer und schwarz geaderten, minder glünzen- 
den dunkelrothbraunen Oberfläche versehen. 

Supeari ist auch bei den Mohamedanern Hindostans 
im Gebrauch. 


31) Katschul 


sind die Central- und Lateralknollen der Curcuma Ze- 
doaria Roxb. Sie sollen aus Meschedin Indien kommen. 

Die Zedoaria heisst bei den Arabern Gjedwar (Avi- 
cenna), Dschadwar und Zadawar (Ibn Baithar); daraus 
ist unser Zittwer entstanden, 


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904 Ueber einige in Turkestan gebräuchliche Heilmittel. 
32) Kanapscha 


ist nicht, wie Palm meint, die Frucht von Cannabis sativa, 
sondern die viel kleinere einer Salviaart, nach Bunge 
der Salvia Sclarea L; ein schleimgebendes Mittel, 


33) Gulli Chairu 


ist die Blüthe einer in Samarkand wildwachsenden Malvacee, 
wohl der Althaea ficifolia Cav., welche im Orient Althaea 
rosea Cav. u. A. offieinalis L. ersetzt. 


34) Sirauvandi Tavil 


ist die sog. weisse oder männliche Mandragora, die Wur- 
zel der Atropa Mandragora L. Das Epitheton Tail bedeu- 
tet „lang.“ Aus Ohorassan. 


35) Bechi Badian 


kann kaum etwas anderes sein als die Wurzelrinde einer, 
der Althaea officinalis -L. sehr nahe stehenden Mal- 
vacee. Der Holzkörper ist sorgfältig entfernt, die Rinde 
sehr reich an Amylum, Schleim und oxals. Kalk. 


36) Kaboba Dahauvo. 


Die aus China stammende Frucht des Xanthoxylon 
piperitum DCl., die auch in China und Japan allgemein 
gebraucht wird. (Chinesisch: Chuatsiao, japan. Sanseo.) 

Der Name Kaboba ist übrigens das alte Kababat = 
Oubeba, also Kaboba tschini-chinesische Oubebe. 


37) Apchal 


ist die Frucht eines Juniperus oder einer nahe verwandten 
Pflanze, auf der Oberfläche hellbraun, Fruchtfleisch grün, harz- 
glänzend, die Früchte zeigen 3 bis 7 Linien Durchmesser; 
die Zahl ihrer Nüsschen ist meist 6, mitunter kommen 3 
und 2 vor. 


38) Opium. 


Soll besonders aus Persien eingeführt werden, hat 
auch die bekannte Stangenform des in Persien fabrieirten 


Veber einige in Turkestau gebräuchliche Heilmittel. 505 


Präparates. Nur eine Probe bestand aus tief schwarzen 
unregelmässigen Stücken. Alle Sorten sind alkaloidreicher 
als das zu uns kommende persische Opium. Palm fand in 
solchem Stangenopium 12 bis 14°, Morphin; unter Dragen- 
dorff’s Leitung untersuchte Stud. pharm. Würthner beide 
obengenannten Sorten: 
A. Stangenopium. 
1) die Stange von ca. 14 CM. Länge zu 50 Kop. 
2) Stangenopium zu 60 Kop. 


?: 2. 
Wasser 13,93% 12,81). 
Unlösliches 22,40 „ 20,40 „ 
Morphingehalt der Trockensub- 
stanz Url 5 8,00 „ 


B. Schwarzes Stückenopium (vielleicht Palm’s 

Opium aus Samarkand entsprechend). 

15,45%, Wasser, 12,6%), Unlösliches und 8,1°/, Morphin 
in der Trockensubstanz. | 

Sämmtliche Opiumproben sind in Chodchent einge- 
kauft. Die bisher in Europa untersuchten Proben von per- 
sischem Opium hatten durchschnittlich nur 3°, Morphin ge- 
liefert. 

Dragendorff selbst hat ein solches analysirt, wel- 
ches vor einigen Jahren im Kaukasus angekauft wor- 
den war. 


39) Rhabarber. 


Die in Turkestan benutzte Rhabarber ist sehr schlecht. 
Sie wird dort wahrscheinlich von Rheum leukorrhi- 
zum Pall. gewonnen. Die Stücken sind theils geschält, theils 
ungeschält, sehr leicht, im Innern sehr locker, arm an oxals. 
Kalk, wenig bitter, sehr schleimig und arm an Oathartin- 
säure. 

Schliesslich macht Dragendorff noch einmal darauf 
aufmerksam, wie sehr die Aerzte in Furkestan noch heute 
unter dem Einflusse der alten Araber stehen. 

Ein eingehendes Studium der turkestanischen Materia 
medica, jetzt wo eben das Land zugänglich geworden ist, 
wird uns sicherlich noch Licht über manchen dunkeln Punkt 
in den Werken der alten Araber geben. (Dragendorff, Dor- 
pat den 5. April 1872.). HE, 


Re EM 


596 


III. Practische Pharmacıie. 


Jodmangansyrup 

wird nach Ureuse bereitet aus: 
Jod 1 Unze 
Eisenfeile 360 Gran, 
Braunstein 2 Unzen, 
Warmem Wasser 6 Unzen, 
Schwefligsaurem Natron 2—3 Gran, 
Gekörntem Zucker 9 Unzen, 


Aus dem Jod, . Eisen und Wasser stellt man zunächst 
Eisenjodür dar, erhitzt die Lösung und fügt nach und nach 
den Braunstein hinzu, bis alles Eisen. ausgeschieden ist und 
die Flüssigkeit von etwas fein zertheiltem Jod nur noch schwach 
braun gefärbt erscheint. Die völlige Entfärbung geschieht 
dann durch tropfenweisen Zusatz des in etwas Wasser ge- 
lösten schwefligsauren Natrons. Der Eisenniederschlag wird 
gut gewaschen, das Filtrat auf 5 Unzen abgedampft und 
darin der Zucker aufgelöst. (The Pharmacist. Vol. V. Nr. 5 
May 1872. ». 108.). W». 


Kaffeeräucherkerzen 


werden nach Ulose geformt aus: 
frisch gebranntem und ‚gemahlenen Kaffee 4 Thle. 


gepulvertem chlorsauren Ralı 2. 
Traganth | Ag 
Zuckersyrup 34 

Sie sollen desinficirend wirken. (The Pharmacist. Vol. V. 


Nr.6. June 1872. p. 133.). | W». 


Eine empfehlenswerthe anästhetische Mischung 


besteht aus 1 Thl. Alkohol, 2 Thln. Chloroform, 3 Thln. Aether. 
Sie soll sehr rasch wirken, das Stadium der Aufregung da- 
bei sehr kurz sein, zuweilen gar nicht auftreten und keiner- 
lei unangenehme Nachwirkung darauf erfolgen. (The Phar- 
mBeist. Vol. Ve; Aug. 15872. Nr... np. 186), W». 


Bereit. d. Jodtinetur. — Dugong -Oel. — Gelatina Olei jecoris aselli. 557 


 Bereitung der Jodtinetur nach Rother. 


Der Verfasser bemerkte, dass die Löslichkeit des Jods 
in Alkohol selbst durch sehr kleine Mengen von Jodkalium 
oder Bromkalium bedeutend erhöht wird. . Da jedoch. beide 
Salze sich mitauflösen, so lässt sich davon für die Bereitung 
von Jodtinetur keine Anwendung machen. Anders ist es mit 
Chlorkalium, welches an sich in Alkohol wenig löslich, doch 
wie jene Salze die Löslichkeit des Jods befördert, so dass 
z.B. 40 Gran desselben hinreichend sind, um die Lösung von 
1 Unze Jod in 4 Fluidunzen starkem Alkohol zu bewirken. 
Rother empfiehlt darnach zur Bereitung der Jodtinctur fol- 
gende Methode: 


1 Unze Jod wird mit Y, Unze Chlorkalium zusammen- 
gerieben, dann fügt man portionsweise 14 Fluidunzen Alko- 
hol hinzu, giesst nach jedem Zusatz von dem ungelöst blei- 
benden Salze ab, lässt noch ein wenig absetzen und giesst 
zwei Unzen Wasser hinzu. (The Pharmacist. Vol. V. Aug. 
1872. Nr. 8. p. 169.). 


W». 


Dugong - Oel. 


Dieses Oel wird in der Australischen Colonie Queens- 
land von einem kräuterfressenden walfischartigen Thiere 
gewonnen und wie Leberthran gegen Lungenleiden, Auszeh- 
rung und andere Uebel, wie es heisst, mit Erfolg angewen- 
det. Auch das Fleisch wird genossen; es soll ganz ähnlich 
schmecken wie Schinken. (Amerie Journ. of Pharmaey. 
Vol. XLIV. Nr. VII Fourth. Ser. Aug. 1872. Vol. IE 
‚Nr. VIIL p. 370.). Wp. 


Gelatina Olei jecoris aselli. 


Im ärztlichen Vereine zu Stockholm legte Sandahl 
eine Probe von Gelatina Olei jecoris aselli vor. Das Präpa- 
rat ist von E. Queru „practical chemist“ in New - York 
bereitet. Es besteht aus Ol. jecoris aselli 85 "Theile, Ichthyo- 


558 Gelatina Olei jecoris asellı. 


colla 3 Theile, Saccharum album 8 Th. und Wasser 4 Theile. 
Es bildet eine halbdurchscheinende Gelee von etwas gelbgrü- 
ner Farbe, starkem Geruch, aber weniger starkem Geschmack 
nach Leberthran. Die Vortheile, wodurch diese Gelee sich vor 
sewöhnlichem Leberthran auszeichnen soll, sind folgende: 

1. Leberthran kann in Pillenform genommen werden, wo- 
durch der ekelhafte fette Geschmack des Oels ganz vermieden 
wird. 
2. Dieses Oel in fester Form bleibt hinreichend lange im 
Magen, um assimilirt zu werden, wogegen Leberthran in 
gewöhnlicher Form zum grössten Theile unwirksam oder auch 
abführend wirke. 

3. Es ist nunmehr erkannt, dass die Oele, um assimilirt 
zu werden, zu Emulsionen gemacht werden müssen, entweder 
im Magen oder im Dünndarm, und dass in dem Falle, wo 
Leberthran indieirt ist, die genannten Organe selten im Stand 
sind, das Oel zu emulgiren. Dies erklärt es, wesshalb eine 
relativ so bedeutende Menge des flüssigen Oels mit den Ex- 
erementen abgeht, ohne irgendwie Nutzen geschafft zu haben. 
Das Präparat ist nun eine Mischung von Oel, Zucker und 
Gelatine, welche mit der Flüssigkeit des Magens eine Emul- 
sion bildet, die unter allen Verhältnissen absorbirt und assi- 
milirt werden kann. Ein Esslöffel voll Hüssiges Oel geht, 
nach Bernard’s Theorie, sogleich in den Dünndarm über 
und kann nicht mit einer hinreichenden Menge Pankreassaft 
in Berührung kommen, um während der Saponifieirung eine 


Emulsion zu bilden. Leberthrangelee wird dagegen nach und 


nach im Magen gelöst und kommt nur allmählig ins Duode- 
num, wo eine hinreichende Menge Pankreassaft Gelegenheit 
giebt, auf das Oel einzuwirken, um dessen ee vor- 
zubereiten. Wenn diese Theorie richtig ist, so muss man 


zugeben, dass die in Frage stehende Leberthrangelee gewöhn- 


lichem Leberthran vorzuziehen ist. Diese Gelee soll niemals 
abführend wirken, wie gewöhnlicher Leberthran oftmals thut 
und wird angegeben, dass auch Phtisiker mit dem schwäch- 
sten Magen, die gewöhnlichen Leberthran nicht vertragen, die 
Gelee toleriren. 

Die Dosis ist ein Theelöffel voll (und wird für eben so 
wirksam gehalten wie ein Esslöffel voll flüssiger Leberthran) 
in einem kleinen Weinglase Zuckerwasser, 3 mal im Tage 
eine halbe Stunde nach der Mahlzeit. (Svenska Lükoresällsk. 


Förhandl. p. 181. 1872; H-nn im neuen Jahrb. für Pharm. Oct. 


1972. 8.229). H. L. 


EEE EEE, 


559 


C. Literatur und Kritik. 


Erklärung. *) 


(Erstes und letztes Wort.) 


Die Nummer 42 der Pharmaceutischen Centralhalle für Deutschland 
v. 17. Octbr. d. J. eröffnet ein anonymer Aufsatz: „‚bleifreier Weinstein 
und arsenfreie Antimonpräparate im Grossherzogthum Sachsen - Weimar- 
Eisenach,“ welcher ebensowohl durch die unwahre und unklare Darstel- 
lung des Sachverhaltes, als durch den mehr als unanständigen Ton sich 
selber richtet und daher eine ernste Entgegnung weder braucht noch ver- 
dient; dem Leser gegenüber erscheint jedoch eine Zurechtweisung, welche 
hier folgen soll, nothwendig. 


Die Apotheken des Grossherzogthums Sachsen - Weimar werden alle 
3 bis 5 Jahr einer sehr gründlichen Revision unterworfen. Als Revisor 
fungirt hierbei nach Wackenroders Tode der Professor Ludwig in Jena, 
eine anerkannte Autorität in der Chemie und Pharmacie und ein Mann, 
der als Gelehrter sowohl, als seines Characters wegen so hoch steht, dass 
ihn vulgäre Schmähungen nicht zu erreichen vermögen. Der Befund einer 
jeden solchen Revision wird in das musterhafte Wackenroder’sche Proto- 
collnetz eingetragen und dieses, nachdem es von dem betreffenden Apo- 
theker genehmigt und mitunterzeichnet worden, nebst dem Be- 
richt an das Staatsministerium eingesandt. 


Die Abstellung geringfügiger Mängel wir dem Apotheker ohne Wei- 
teres selbst überlassen; grössere. Unstatten werden ihm specifieirt zur 
Abstellung übermacht; nur bei wesentlichen und umfänglichern Ordnungs- 
widrigkeiten, namentlich bei schlechter Beschaffenheit der Droguen und 
pharmaceutischen Präparate wird, je nach dem Schlussbericht 
des Revisors, eine Nachrevision, jedoch”erst nach so geraumer Zeit vor- 
genommen, dass der hiervon alsbald in Kenntniss gesetzte Apotheker den 
gestellten Anforderungen bequem Genüge leisten kann. Diese Nachrevi- 
sion nimmt in der Regel der der Grossh. Medieinaleommission als ordent- 
liches Mitglied zugehörige Medicinal- Assessor, ein ausgezeichneter prae- 
tischer Apotheker vor. Die chemischen Prüfungen der pharmaceutischen 


*) Die Aufnahme dieser Erklärung in seine Centralhalle wurde von 
Herrn Dr. Hormann Hager verweigert, H,l% 


560 Literatur und Kritik. 


Präparate werden, wie überall herkömmlich ist, mit verhältnissmässig 
sehr kleinen Quantitäten (also nicht, wie der Kritiker anführt, mit hun- 
dert Gramm) derselben, auch nur mittelst der gewöhnlichen Reagentien 
der Pharmaeopöe ausgeführt und das Resultat sofort, also ohne lan- 
ges Hinstellen der Gegenstände zur Entdeckung von Nachtrübungen, 
protocollirt. 


In den letzten Jahren kamen bei diesen Revisionen wiederholt Ver- 
unreinigungen der weinsauren Salze, nicht bloss des Weinsteins, 
mit Blei, später auch des Brechweinsteins mit Arsen vor, und zwar, wie 
aus obiger Darstellung des Prüfungsverfahrens hervorgeht, nicht immer 
als Minimalspuren oder „Hahnemann’sche Verdünnungen,,“ sondern in 
sehr deutlich erkennbaren Mengen. Da es nun den Kranken und ihren 
Aerzten unmöglich gleichgiltisg sein kann, wenn sie in den oft lange fort- 
gebrauchten weinsauren Salzen, besonders dem als Hausmittel so vielfach 
angewendeten cremor tartari Blei, und in dem in acuten Krankheiten 
so häufig verwendeten Br echweinstein Arsen, zwei so hoch gefährliche 
Gifte, in den Kauf bekommen: so erschien ein ausdrückliches Ver- 

bot gerade dieser beiden Verunreinigungen dringend noth- 
; wendig und, wie sich bei einer Nachrevision ausgewiesen hat, auch die 
Strafandrohung keineswegs überflüssig. Wenn in den Fabriken, aus 
denen der Apotheker seine Präparate beziehen darf und bezieht, solche 
Verunreinigungen unvermeidlich sind, wie der Kritiker qu., ohne 
uns dabei etwas Neues zu sagen, sehr emphatisch hervorhebt, so ist 
der Apotheker gerade desshalb gesetzlich d.h. durch die 
Pharmacopöe selbst verpflichtet, diese Präparate zu 
prüfen und vollständig rein für den Arzeneigebrauch her- 
zustellen. 


Dass dieses möglich sei, wird sicherlich von Niemand in Abrede 
gestellt; ob es umständlich ist, oder -ob es bei manchen Gegenständen 
_ einige Kosten verursacht (hinene illae lacrymae?), kann dem Gesetz ge- 
genüber gar nicht in Frage kommen. Bei dem gedachten . speciellen 
Verbot ist, wie man sieht, nirgends über die Vorschrift der Pharmacopöe 
hinausgegangen worden; denn unentdeekbare Mengen eines Stofles 
sind für ein gesetzliches Verbot nieht vorhanden, wie sich der Kri- 
tiker leicht selbst sagen konnte. Könnte und wollte der Apotheker die 
Arzeneikörper nicht einmal siftfrei herstellen, oder sich wohl gar der 
strengen Öontrole des Staats als einem Onus entziehen, wie der Kritiker 
in seiner übeln Laune durchblicken lässt, so würde er sich bald auf der- 
selben Stufe mit dem Droguenkrämer befinden, aber auch den Schutz sei- 
nes Privilesiums in Frage stellen. Das Eine kann nicht füglich ohne 
das Andere bestehen. Am wenigsten aber hat die persönliche Verletzt- 
heit über eine solche Controle das Recht, sich als „national “ gegenüber 
dem angeblichen „Particularismus“ einer lediglich ihre Schuldigkeit 
thuenden Behörde darzustellen. 


Ebenso hätte endlich der Kritiker die Beiziehung der Bleiglasur der 
.Kochtöpfe, der Bleihröhren zur Wasserleitung und des Arsens in man- 
chem Trinkwasser als unzutreffend und also unlogisch weglassen sollen, 
da sie zu den Apotheken und der in denselben erforderlichen Reinheit 
der Aumeiprap nie: nicht in der entferntesten Beziehung stehen. 


Wir können am Schluss dieser uns aufgedrungenen Erläuterung die 
Frage nicht unterdrücken, ob der Kritiker unseres Verbots sich vorher 
genügend von dem Sachverhalt unterrichtet hatte, oder nicht, da in dem 
letzteren Falle seine Auslassungen .nur als oberflächliches, nicht weiter 


» 
Literatur und-Kritik, Soil 


beachtenswerthes Gerede, im erstern dagegen als eine wissent- 
lich falsche Darstellung zu gelten hätten. 


Weimar. D. Goullon, 
; Geh. Medieinalrath. 


Dr. Lender Das atmosphärische Ozon, nach Messungen in 
Marienbad, Kissingen, Mentone, Meran und Wiesbaden. 

Separatabdruck aus Göschen’s Deutscher Klinik Nr.19, 
1872 Druck von Georg Reimer in Berlin. 84 8. in Oct. 
mit einer Figuren- Tafel. — Auch Schröder’sche Buch- 
handlung, Berlin unter den Linden, 41. 

Indem ich die Leser unseres Archivs auf diese Schrift auf- 
merksam mache, welche über zahlreiche Ozonmessungen an 
den genanten Orten berichtet, die in Marienbad und Carlsbad 
von den Herren Wernigh aus Berlin, Barsdorf und 
Friedrich ausLiegnitz und Lender Sohn; in Mentone (Frank- 


reich) von Max Schulze, Grafen von Bernstorf 


und Dr. Stiege, in Meran und Wiesbaden vom Stadt- 
gerichtsrath Schulze angestellt sind und wegen der Tabel- 
len auf das Schriftchen selbst verweise, kann ich mir 
nicht versagen, die in demselben mitgetheilte Geschichte 
des Ozonwassers (auf $S. 43 —58) hier zum Wiederabdruck 
zu bringen. 


Ein Beweis, wie das atmosphärische Ozon die Anerkennung als Arz- 
neikörper noch nicht gefunden hat, sind die im Jahre 1871 erschienenen 
zahlreichen Arbeiten über klimatische Curorte, von denen nur drei über 
Özonmessungen berichten, Pohl theilt nach dreijährigen Beobachtungen 
mit, dass Aussee in Steiermark Ozon Maximum im März 6,4, und Mini- 
mum im December 4,3 gehabt habe. — Gillebert d’Hercourt (Des stations 
hivernales des Alpes maritimes in Gaz. des Höp. 1870) fand seit sechs 
Jahren die Luft zu Monaco sehr ozonreich; Tachini’s Ozonmessungen 
— zu Palermo angestellt — sind im Monatsblatt der Deutschen Klinik 
für medieinische Statistik mitgetheilt. — Dass das atmosphärische Ozon 
auf eine andere Art, als durch Verbindung mit oxydabeln Körpern, seinen 
Untergang findet, ist wnwahrscheinlich; nach Andrews wird dasselbe 
erst durch eine Hitze von 260° Cels. zerstört, so dass es wohl möglich 
ist, dass das aus der Höhe eines Ortes herabfallende Ozon, soweit es 
nicht durch electrische Vorgänge, durch unter dem Einflusse der Sonnen- 
strahlen erfolgende Verdunstung der Nebel und Wolken in dem Dunst- 


kreise eines Ortes selbst entstanden ist, aus weiter Ferne — von Wäl- 
dern des Festlandes oder vom Meere produeirt — durch Winde zuge- 
tragen sein kann, — Da unter den bis jetzt bekannten drei Ozonquellen 


der Natur: Verdunstung, Verbrennung, Eleetrieität — die Verdunstung 
sicher am meisten Ozon produeirt, so wird zur Desinfieirung der Zimmer- 
luft nicht allein das atmosphärische Ozon durch Scharrat’s Porenven- 
tilation herbeizuholen, sondern auch die Salzwasserverdunstung zu ver- 


Arch, d, Pharm, III, Reiho, I, Bda, 6, Hft, 36 


562 Literatur ‚und Kritik. 


wender sein. — Blattgewächse in den Wohnungen sind bei Tage, weniger 
in der Nacht zu empfehlen, weil die nächtliche Ausscheidung der Kohlen- 
säure durch die Pflanzen in Betracht zu ziehen ist. — 

Die Sauerstofftherapie hat in Amerika auch insofern Fortschritte 
gemacht, als man auch dort mit, grossen Gaben zu arbeiten beginnt. 
„Jerome Smith erwähnt einen Fall von Masern mit Lungenhyperaemie, 
wo das Gas lebensrettend gewirkt haben soll, sodann mehre mit Asphy- 
xie verbundene Vergiftungen und einen Fall von morbus Brishtii einer 
Puerpera, die unter der Sauerstoffbehandlung günstig verliefen. Unter 
den Vergiftungen ist ein Fall von Intoxication mit Chloralhydrat, wo . 
die bestehende Cyanose ausschliesslich durch Oxygen beseitigt wurde, und 
ein Vergiftungsfall mit Squibbs Choleramixtur (Chloroform mit Opium), 
‚wo. der Sauerstoff auf die Respiration den günstigsten Effect hatte. — 
Peaslee theilt den Fall einer Herzkranken mit, welche einen plötzlichen 
Anfall von Lungenoedem bekam und nur durch fortdauernde Anwendung 
von Sauerstoff, von welchem in 10 Tagen 1000 Gallonen consumirt wur- 
den, am Leben erhalten werden konnte. Janvrin rühmt die Inhalationen 
bei Phthisis, Uterinaffeetionen mit Anaemie u. s. w. In England hat 
Guteridge in verschiedenen Krankheiten Sauerstoff mit Erfolg versucht, 
den er als ein Stimulans, welchem keine Depression folge, und dessen 
Wirkungen dauernder und rapider, als die gewöhnlicher Tonica, seien, 
bezeichnet; eine Neuralgie bei allgemeiner Schwäche, eine Anurie nach 
Scharlach beseitigte er rasch durch Sauerstoff, ebenso nächtlichen Reiz- 
husten und Dyspnoe durch venöse Congestion der Lungen bedingt. — Auch 
bei nicht ulcerirendem Seirrh und im ersten Stadium von Gebärmutterkrebs 
sah er Nützliches von der Inhalation.“ — Professor Th. Husemann 
macht im ersten Bande des von Rud. Virchow und Aug. Hirsch für 
das Jahr 1871 herausgegebenen Jahresberichtes die vorstehenden Mitthei- 
lungen und sind die bezüglichen. Quellen derselben in dem Abschnitt: 
Pharmacologie uud Toxicologie des Jahresberichtes nachzusehen. Die 
Sauerstofltherapie hört jedoch auf, nur Bedeutung für grosse Orte zu 
haben, sie hat die allgemeinste Bedeutung, wenn sie in der entlegensten 
Hütte leicht ausführbar ist und diese Bedeutung hat sie durch 
das haltbare Ozonwasser gewonnen. — Das Ozonwasser ist noch 
nicht als ein Präparat anerkannt, welches seinen Namen mit Fug und 
Recht trägt. „Dass man mit einem, salpetrige Säure oder Untersalpeter- 
säure enthaltenden, irrthümlich für Ozonwasser gehaltenen Fluidum die- 
jenigen Heilwirkungen soll erzielen können, deren Dr. Lender Erwäh- 
nung thut, erscheint mir, sagt Professor Böttger zu Frankfurt am 
Main in einem ärztlichen Pamphlet, offen gestanden, räthselhaft. Die 
ganze Ozonwassergeschichte beruht sicherlich auf ganz falschen Praemis- 
sen. Ich entsinne mich nicht, dass mein verstorbener Freund Schoen- 
bein bei Angabe der Eigenschaften des Ozons jemals von einem Wasser 
gesprochen ‘habe, welches eine Ozonreaction gegeben. Ozon wäre 
sicherlich auch schon im Gewitterregen entdeekt und nachgewiesen 
worden, wenn Wasser überhaupt ein Absorptionsmittel für Ozon abgäbe, 
aber meines Wissens hat man bis jetzt nur salpetrigsaures und salpeter- 
saures Ammoniak und hin und wieder auch Wasserstofihyperoxyd darin 
nachweisen können.“ Das schwächer oxydirende Wasserstofihyperoxyd 
‚muss leichter nachweisbar sein. Um so reicher das Regenwasser an 0Xy- 
dabeln Stoffen ist, um so weniger ist Aussicht vorhanden, Ozon in dem- 
selben nachzuweisen. — Die Analyse des Professor Dr. R. Böttger zu 
‘Frankfurt am Main, nach welcher das Ozonwasser, mit welchem ich gear- 
beitet habe und arbeite, für nur salpetrige Säure oder Untersalpetersäure 
haltiges Wasser erklärt wird, trotzdem weder mit Eisenvitriol, 


; Literatur und Kritik. 563 


noch mit übermangansaurem Kali von ihmuntersucht wor- 
den ist, ist in Büchner’s Neues Repertorium 4872, 21. Band, 3. Hett, 
Seite 181 übergegangen. Um die Fahne des Professor Boettger schaar- 
ten sich daher eine Reihe Chemiker. Herr Professor Dr. A. W. Hof- 
mann schlug deshalb zur Entscheidung des Streites die Herren Profes- 
soren Dr. L. Carius in Marburg, Professor von Babo im Freiburg im 
Breisgau und Professor Soret in Genf vor. Das Carius’sche Gut- 
achten vom 11. März ist mitgetheilt worden. Zwei jüngere Leute, welche 
niemals in der Ozoniabrik von Krebs und Kroll, nur in der Apotheke 
des Herrn Krebs beschäftigt gewesen waren, begannen unter Reelamen 
Özonwasser zu versenden. Es war eine vergleichende Analyse der Wäs- 
ser der beiden Firmen nothwendig, weil fort und fort Anfragen mir zu- 
Singen über den Unterschied der im Handel unter demselben Namen 
befindlichen Präparate, — 


Es schreibt mir Herr Dr. Hermann Ludwig, a. Professor der 


Chemie zu Jena am 27. März: „Ich fand gestern das wohlumschnürte 
Kistehen vor und fand darin unversehrt drei Flaschen — diekwandige 
Glasflaschen mit guten Glasstöpseln verschlossen und wohlverpicht, sig- 
nirt: Ozonwasser von Krebs Kroll u. Co., Berlin. (Vor dem Gebraueli 
wohl umzuschütteln). Beim Oefnen der einen Flasche drang mir ein unge- 
mein kräftiger Ozongeruch entgegen. Das Wasser selbst war klar und 
farblos. Gab mit Jodkaliumlösung intensiv gelbe Färbung, dureh friseh 
bereiteten dünnen Stärkekleister wurde die gelbe Mischung aufs intensiv- 
ste gebläut. — Guajaetinktur, auf weisses Filtrirpapier getröpfelt, dieses 
mit Wasser übergossen und dazu Ozonwasser gemischt, wurde schön 
gebläut und auch die anfangs weissmilchige Flüssigkeit nahm blaue Fär- 
bung an. — Scehwefelsaures Eisenoxydul, in mit verdünnter Schwefelsäure 
angesäuertem Wasser gelöst, mit Ozonwasser gemischt, gab durchaus 
keine Färbung. (Eine Gegenprobe mit 1 Tropfen KO, NO? liefert inten- 
sive bräunliceh gelbe Färbung). Schwefelwasserstoff, mit Ozonwasser 
gemischt, keine Trübung. — Uhromsaures Kali (saures), verdünnte Schwe- 
felsäure oder Salzsäure, Ozonwasser und Aether, mit einander geschüttelt, 
gaben keine blaugefärbte, sondern nur eine farblose Aetherschicht. — 
Chlorbaryum keine Trübung mit dem Ozonwasser. — Salpetersaures Sil- 
beroxyd deutliches Opalisiren, durch Ammoniak verschwindend und durch 
Salpetersäure wieder erscheinend, aber nicht stärker als zuvor. — Indigo- 
lösung (schwefelsaure) wurde vom Özonwasser rasch gebleicht. — Heute 
Mittwoch, den 27. März, Nachmittag 3°/, Uhr, öffnete ich die zweite 
Flasche Ozonwasser, die in kaltem Zimmer, vor Licht geschützt auf- 
bewahrt worden war und stellte sänımtliche, eben beschriebene Proben 
auch mit dem Inhalte dieser zweiten Flasche an; dabei constatirte ich 
dieselben positiven und negativen Reactionen, wie gestern. Als die letzte 
Probe Ozonwasser aus der Flasche ausgeleert war, zeigte die Luft in die- 
ser Flasche noch einen deutlichen Ozongeruch. Ich muss in Folge dieser 
Proben bezeugen, dass das Ozonwasser von Krebs Kroll u. Co, in Ber- 
lin ein ungemein gesättigtes Ozonwasser darstellt, welches keine 
salpetrige Säure und kein Wasserstoffhyperoxyd enthält und frei von frem- 
den Beimischungen ist.“ Am 30. März theilte mir Herr Professor Lud- 
wig noch Folgendes mit: „Die dritte und letzte Flasche Ozonwasser hatte 
im kühlen Zimmer vor Sonnenlicht geschützt bis heute Mittag 12° Uhr 
gestanden. Beim Oefinen erkannte ich noch denselben kräftigen Ozon- 
geruch, welchen ich beim Oeffnen der beiden ersten Flaschen wahrgenom- 
men hatte, Auch die Renetion gegen Jodkalium und Stärkekleister war 
die nämliche ungemein kräftige, wie früher, 1) Vebermangansaures Kali 
in wässriger verdünntester Lösung, rosenroth von Farbe, wurde mit ver- 


36 % 


564 Literatur und Kritik. 


dünnter Schwefelsäure angesäuert und mit Ozonwasser gemischt ; es blieb 
die rosenrothe Färbung selbst nach mehren Minuten unverändert, (ein 
Gegenversuch mit salpetrigsaurem Kali brachte die Farbe im Nu zum 
Verschwinden). 2) Bleiessig (basisch essigsaures Bleioxyd) gab mit dem 
Ozonwasser anfangs keine Veränderung, nach einigen Minuten hatte sich 
ein Opalisiren und flimmernde weisse Trübung eingestellt, nach 1/, Stunde 
erschien die Trübung gelblich. Wäre salpetrige Säure zugegen, so hätte 
bei Reaction 1 doch irgend eine Färbung sich zeigen müssen. Es ist mit 
diesen Versuchen constatirt, dass das Ozonwasser von Krebs Kroll u. Co. 
ein haltbares ist, wenigstens vom 25. März an, dem Tage der Absen- 
dung bis heute 30. März, Es ist kein Grund vorhanden, weshalb dieses 
wohlaufbewahrte Wasser (Glasflasche mit Glasstöpsel) sich nicht auch 
länger halten sollte. Vergleiche ich dieses Krebs-Kroll’sche Ozonwasser 
mit dem Grell- Radlauer’schen gleichnamigen Präparat, so bin ich erstaunt. 
über den höchst bedeutenden Unterschied beider Wässer in ihrem Gehalte 
an Ozon; bei dem Grell-Radlauer’schen Präparate nur schwache Bläu- 
ungen mit Jodkalium - Stärkekleister, bei dem Krebs -Kroll’schen Präpa- 
rate die intensivste Bläuung mit diesen Reagentien, Dabei muss ich her- 
vorheben, dass die Grell- Radlauer’schen Flaschen nur mit Korkstöpseln 
verstopft waren und deshalb keine Garantie der Haltbarkeit des Wassers 
boten, während das schöne Krebs-Kroll’sche Ozonwasser in mit Glas- 
stöpseln verstopften Glasflaschen an mich gelangte.“ 

Andere gewissenhafte Analytiker zu Köln und Berlin wollen nach 
Mittheilung des Herrn Geheimrath Eulenberg, dem selbst wir werth- 
volle chemische Arbeiten verdanken, in dem Ozonwasser trotz der früheren 
Gutachten nur Wasserstoffhyperoxyd gefunden haben, und auch die Ber- 
liner Polytechnische Gesellschaft vom 2. Mai d. J. vermochte noch nicht 
die Thatsache anzuerkennen, dass im Ozonwasser die Absorption des Ozons 
vom Wasser bewiesen worden sei. Mit der Anerkennung des Ozonwassers 
war allerdings gleichzeitig die Anerkennung ausgesprochen, dass es 
gelungen sei, den Arzneikörper der freien Luft unserer will- 
kürliehen Verwendung völlig unterworfen zu haben und 
dass es eine Forderung der öffentlichen Gesundheitspflege sei, 
die mit dem künstlichen Ozon am Krankenbette für eine Theorie seiner 
Wirkung in erschöpfender Weise bereits von mir mitgetheilten Erfolge 
klinisch zu bestätigen und zu erweitern. — Der chemische Streit ist jedoch, 
wie ich von den höchsten Vertretern der reinen Chemie höre, völlig bei- 
gelegt, seitı Herr Professor L. Carius im diesjährigen Junihefte der 
„Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft zu Berlin,“ welche von 
Herrn Professor Wichelhaus durch die Dümmler’sche Verlagsbuch- 
handlung zu Berlin herausgegeben werden, unter dem Titel: „Ueber 
Absorption von Ozon im Wasser“ sein motivirtes Gutachten 
abgegeben und das Gas des Ozonwassers gemessen und gewogen hat. 
Das Gutachten lautet wörtlich: „Aus dem“ chemischen Institut der Univer- 
sität Marburg, 15. Juni 1872: 

_ Die Frage, ob Ozon von reinem Wasser in nachweisbarer Menge 
gelöst oder, besser gesagt, absorbirt werde, scheint als bisher ganz 
unentschieden betrachtet werden zu müssen, da von vielen Chemikern 
mehr oder weniger bestimmt behauptet ist, dis Ozon sei „unlöslich“ in 
Wasser. Dass das Ozon von Wasser absorbirt werde, ist besonders von 
Soret*) angedeutet; ich habe nie daran gezweifelt, dass dieses in mess- 
barem Verhältniss geschehe, und zwar, weil bisher von keinem Gase 


*) Compt. rend. 56, 390, 


Literatur und Kritik. 565 


bekannt geworden ist, dass es (bei sorgfältiger Prüfung) nicht in mess- 
barer Menge vom Wasser absorbirt würde. 

Leitet man ozonhaltiges Sauerstoffgas bei niederer Temperatur in 
reines Wasser in einem nicht zu weitmündigen Gefässe, so nimmt das 
Wasser allmählig den charakterischen Geruch des Ozous an und giebt alle 
die gewöhnlichen analytischen Reaktionen des Ozons. Indessen nur, wenn 
das Gas nicht gar zu arm an Ozon war, lässt sich diese Beobachtung 
machen; mir war z. Th. die Thatsache schon seit Jahren bekannt, indem 
ich bei der Darstellung grösserer Mengen ozonhaltigen Sauerstofis nach 
der Methode von Soret für die Zwecke der Vorlesung oft Gelegenheit 
hatte, sie zu beobachten. Für den vorliegenden Zweck handelte es sich 
vor Allem darum, nachzuweisen, dass das von Wasser Aufgenommene 
wirklich Ozon sei, und dass nicht Wasserstoffhyperoxyd oder salpetrige 
Säure die Veranlassung der auf Ozon deutenden Reaktionen sei. 


Zur Darstellung des Ozons bediente ich mich der vortrefflichen 
Methode von Soret*), durch Electrolyse abgekühlter verdünnter Schwe- 
felsäure unter Anwendung von Platiriridium -Dräthen als Eleetroden. 
Ueber den Gehalt des erhaltenen Sauerstoffs an Ozon werde ich unten noch 
einige Bestimmungen geben. Die Darstellung des Ozonwassers, die Ab- 
sorption von Ozon (und Sauerstoff) in reinem Wasser, geschah für diesen 
Zweck so völlig in der unten für den Zweck der quantitativen Bestim- 
mungen beschriebenen Weise, dass ich hier Nichts weiter darüber anzu- 
führen brauche, als dass auch hier das absorbirende Wasser die Tempe- 
ratur 4 0,5 bis 3° besass, das Einleiten etwa 2 Stundeu lang fortgesetzt, 
und durch Einsetzen des Glasstöpsels unter Verdrängung zugleich von 
etwas Wasser für sichere Entfernung alles nieht absorbirten Ozons gesorgt 
wurde. — Die Prüfung dieses Ozonwassers gab nun folgende Resultate: 

1) Die Flüssigkeit zeigte stark und unverkennbar rein den so charak- 
teristischen Geruch nach Ozon. 

2) Auf Zusatz von Jodkaliumlösung zu dem Wasser färbte es sich 
von freiem Jod direct deutlich braungelb, und der weitere Zusatz von 
Stärkelösung brachte eine so intensive Bläuung hervor, dass nach einiger 
Zeit ein starker blauer Absatz entstand. — Wurde ferner das Ozonwasser 
umgekehrt zu der Jodkalium-Stärke-Lösung gesetzt, so konnte die erst 
entstandene Bläuung durch weiteren Zusatz von Ozonwasser leicht wieder 
vollkommen zum Verschwinden gebracht werden; ebenso wurde eine wäs- 
serige Lösung von Jod leicht durch das Ozonwasser entfärbt, indem in 
beiden Fällen das Ozon eine Oxydation des Jodes zu Jodsäure bewirkte. — 

Setzt man zu dem Ozonwasser in geschlossenem Gefässe etwas Thal- 
liumoxydullösung, so entsteht nach einiger Zeit (bei concentrirtem Wasser 
schon nach !/, Stunde, bei verdünntem langsamer) die Abscheidung von 
braunem flockigen Thalliamoxyd, dessen Natur auch noch durch Sammeln 
und weitere Prüfung sicher gestellt wurde. — 

Das Ozonwasser entfärbt in energischer Weise Indigo und Lacmus 
und färbt Guajactinktur tief blau. 

3) Lässt man Ozonwässer an der Luft stehen, so verliert es sehr 
bald seinen Geruch und die intensive Wirkung auf die genannten Reagen- 
tien, so dass besonders beim Durchleiten von Luft oder gelinden Erwär- 
men bald alles Ozon verschwunden ist. — Zur Prüfung der aus dem 
Wasser entweichenden Gase wurde aus ganz gefüllten Cylindern etwas 
Wasser entleert, und dieselben dann geschlossen. In dem auf diese Weise 
im Cylinder entstandenen Gemenge von Luft mit dem Gase aus der Flüs- 


*) Compt. rend, 56, 390, 


566 ö Literatur und Kritik. 


sigkeit konnten alle Reaetionen angestellt werden, welehe gewöhnlich zur 
Nachweisung des Ozons benutzt werden. So wurde Jodkaliumstärke - 
Papier sogleich und intensiv gebläut, Manganoxydul- und Blei- Papier 
unter Bildung der Hyperoxyde bald gebräunt, und bei Thalliumoxydul- 
Papier trat nach ı, bis 2 Stunden in den mehrfachen Versuchen stets 
deutliche, meist starke Bräunung unter Bildung von Thalliumoxyd ein 

Bringt man in eine mit möglichst concentrirtem Ozonwasser ganz 
gefüllte Flasche Blattsilber und sorgt dafür, dass das Silber vollständig 
von Wasser bedeckt ist, so kann man eine solche Flasche lange stehen 
lassen, ohne dass das Silber verändert wird, oder das Ozon verschwindet. 
Wenn dagegen in dem Gefässe ein kleiner freier Raum war, in welchem 
das Blattsilber an der Wand haftete, so gelang es mir bei 2 Versuchen, 
eine wenn auch nicht bedeutende so doch deutlich wahrnehmbare Schwär- 
zung des Silbers, also Bildung von Silberhyperoxyd, zu erhalten. Im 
einen Falle war das Ozonwasser, wie oben genannt, selbst dargestelltes, 
im andern das käufliiche, wovon ich unten zu sprechen habe; in le 

Fällen stellte sich die Schwärzung erst nach einigen Tagen ein. In zwei 
andern Versuchen mit selbst dargestelltem Özonwasser selang die Bildung 
von Silberhyperoxyd nicht. 

-Das im Vorhergehenden beschriebene Verhalten der durch Einleiten 
von ozonhaltigem Sauerstoff in reines Wasser erhaltenen Flüssigkeit beweist 
völlig sicher, dass dieselbe Ozon in nicht sehr geringer Menge absorbirt 
enthält. Der Geruch der Flüssigkeit, die direete Abscheidung von Jod 
aus Jodkalium und die Oxydation des Jodes zu Jodsäure, die Bildung von 
Thalliumoxyd aus Thalliumoxydul dürfen wohl als vollkommen entschei- 
dend in dieser Frage angesehen werden, ganz abgesehen von der Bildung 
von Silberhyperoxyd, die nur in besonders Sünstigen Fällen zu gelingen 
scheint. — Es war nun aber noch der direete Nachweis zu liefern, dass in 
einer solchen Absorption von Ozon in Wasser nicht auch Wasserstoffhyper- 
oxyd und salpetrige Säure vorhanden seien, obgleich die Anwesenheit bei- 
der sehr unwahrscheinlich war, da eine Bildung von Wasserstofihyperoxyd 
hier kaum anzunehmen, und eine solche von salpetriger Säure nur aus 
einem Gehalt des Wassers vor der Absorption an Ammoniak stammen 
könnte, die salpetrige Säure aber durch das ja reichlick vorhandene Ozon 
in Salpetersäure übergeführt sein würde. 

Blaues, sehr empfindliches Lacmuspapier wurde von frisch bereitetem 
Ozonwasser in etwa 1/, Stunde entfärbt. Dabei zeigte sich gegen Ende 
stets ein Farbenton, der einer undeutlichen Röthung durch Säure 
wenigstens verglichen werden kann, Ich liess daher sorgfältig bereitetes 
Özonwasser, in offenem Cylinder sorgfältig vor Staub und Ammoniakgas 
geschützt, stehen, bis dasselbe nach einigen Tagen nicht mehr auf Jod- 
kaliumstärkelösung einwirkte, und prüfte nun die Reaction dieses Was- 
sers auf Lacmuspapier; dasselbe veränderte die Farbe von sehr empfind- 
lichem blauen Lacmuspapier durchaus nicht.*) 

Um die Prüfung auf Wasserstoffhyperoxyd anzustellen, wurde das 
Einleiten des ozonhaltigen Sauerstoffs länger als für die andern Versuche, 
einmal sogar 12 Stunden, fortgesetzt. Dieses stark mit Ozon beladene 
Product wurde durch Schütteln mit reinem Aether und kleinen Mengen 
sauren chromsauren Kalium geprüft, aber bei mehrfachen Versuchen ohne 
die geringste Bläuung des Aethers wahrnehmen zu können. Ferner 
erwärmte ich diese Flüssigkeit im offnen Becherglase auf 30 bis 40°, bis 


*) Auch salpetrigsaures Ammonium war nicht vorhanden, da Jod- 
kaliumstärke auch nach Zusatz von Salzsäure nicht gebläut wurde, 


Literatur und Kritik. 567 
nach !/, bis 1 Stunde eine Probe die Jodkaliumstärkelösung nieht mehr 
bläute, und prüfte nun mit letzterer unter Zusatz von etwas Eisenvitriol- 
lösung. Auch auf diesem Wege konnte keine Spur von Wasserstoffhyper- 
oxyd aufgefunden werden. 

Durch diese letztgenannten Versuche ist, glaube ich, sicher entschie- 
den, dass die hier benutzte Ozonlösung allein Ozon (und Sauerstoff), 
aber keine nachweisbaren Mengen Wasserstoffhyperoxyd oder salpetrige 
Säure enthielt. Ferner kann man wohl sagen, dass auch auf beliebig 
anderem Wege dargestelltes ozonhaltiges Sauerstoffgas, wenn es rein ist, 
mit Wasser eine Absorption erzeugt, die frei von den genannten beiden 
Körpern sein muss. 

Bei einem Versuch zur Bestimmung der Absorptionsgrösse 
des Ozons handelt es sich um ein Gemenge zweier Gase, so dass 
die Methode, ein gemessenes Volumen des Gases mit einem gemessenen 
des Wassers in Berührung zu "bringen, und aus den Beobachtungen auf 
dem von Bunsen*) angegebenen Wege die Absorptionsgrösse des Ozons 
zu berechnen, hier leider kaum in Frage kommen kann. Ich habe daher 
versucht, die Zweite einzuschlagen, wonach ein möglichst (unendlich) 
srosses Volumen des Gasgemisches durch die Flüssigkeit geleitet wird, 
und weiter das absorbirte Ozon auf chemischem Wege bestimmt. Leider 
mangeln aber auch für diese Methode die für exacte Resultate erforder- 
lichen Bedingungen. Nach allen bekannten Methoden kann man das Ozon 
nur mit schr viel Sauerstoff gemengt darstellen; dadurch wird aber, selbst 
wenn der Absorptionscoefficient des Ozons für den mittleren Druck relativ 
gross wäre, die unter dem. partiaren Drucke des Ozongases davon 
absorbirte Menge sehr klein. Man ist daher genöthigt, grosse Volumina 
Wasser zur Absorption anzuwenden, damit die Bestimmung der Ozon- 
menge hinreichend genau ausfällt, und demgemäss natürlich auch grosse 
Volumina azonhaltigen Sauerstoffs durch erstere hindurchzuleiten. Keine 
der bekannten Methoden zur Darstellung liefert auch nur annähernd ein 
hinreichend constant zusammengesetztes Gemisch von Ozon und Sauerstofl 
auf einige Zeitdauer. Es scheint daher mit den bekannten Mitteln un- 
möglich zu sein, exacte Bestimmungen des Absorptionscoefficienten des 
Ozons anzustellen. In diesem Sinne sind denn auch die unten mit- 
getheilten Versuchsresultate aufzufassen; sie sollen nicht zur Ableitung 
des Absorptionseoeffieienten dienen, sondern nur einen Anhalt für die 
Beurtbeilung der Quantität von Ozon, die unter den gegebenen Umständen 
vom Wasser absorbirt wird, geben. 

Die Darstellung des ozonisirten Sauerstoffs geschah, wie oben erwähnt, 
nach der Methode von Soret. Der positive .Poldraht befand sich in 


einer etwa 0",20 bis zur beginnenden Verengerung in der verdünnten. 


Schwefelsäure eingetauchten und also damit gefüllten Glocke von 0m,02 
Durchmesser, wodurch es möglich wurde, das Gas in höhere Flüssigkeits- 
schichten einströmen zu lassen. An diese Glasglocke war das Gasleitungs- 
rohr angelöthet, dasselbe ist M-förmig und der mittlere Theil passend zu 
Kugeln aufgeblasen, die mit etwas Wasser gefüllt, zur völligen Befreiung 


des Gasgemenges von der überspritzenden Flüssigkeit dienten. Ausser den 


beiden Poldrähten war in dem als Zersetzungszelle dienenden Glaseylinder 
noch ein Thermometer eingefügt. Bei allen Versuchen war die Zersetzungs- 
zelle in Eis eingezetzt, und die Temperatur im Innern schwankte von 
-+- 0,5 bis 3°. Der Özongehalt des so erhaltenen Gases ist nicht constant, 
wie schon Soret fand; die folgenden beiden Bestimmungen sind fost- 
gestellt, indem das Gas in einem ganz in das in einer geräumigen Glas- 


- 


*) Gasometrische Methoden. 8. 136 u. f, 


568 Literatur und Kritik. 


wanne befindliche, destillirte Wasser eingetauchten Cylinder aufgefangen 
wurde, in welchen eine mit Jodkaliumlösung gefüllte zugeschmolzene 
Glaskugel eingelegt war. Nach Beendigung der Füllung wurde der Glas- 
stöpsel des Cylinders unter Wasser unter möglichster Vermeidung einer 
Aenderung von Druck und Temperatur eingeschoben, durch starkes 
Sehütteln die Jodkaliumkugel zerschellt, und das Ozon absorbirt, worauf 
der Inhalt des Cylinders der Titrirung nach der Methode von Bunsen 
unterworfen wurde. Ich erhielt folgende Resultate: 


Vol. bei 
| 0°u.0,76 


Ban Wasser- 
: druck 


® 
“ 00. 


Vers. 1 ( 


| m 
19,0 0,7385 | 0,120 | 64,12 


| | | 
Vers. 2 | 715 [19,0| 0,7382.) 0,124 | 64,30 
I | N | 


| | 
| 0,00104 | 1 69,4 62,9 


| 0,00104 | ı [66,9 | 58,1 

Daraus ergiebt sich: 
Vers. 1. 0,929 Vol. P. S Ozon (0,). 
Vers, 2. 1,2112. -%°- 


Die Absorptionsversuche stellte ich so an, dass das Gas in einen 
mit Wasserstoff ganz gefüllten Cylinder eingeleitet wurde, auf dessen obern 
Rand eine aufgeschlitfene Glasplatte gelegt war, um so den Zutzitt der 
Luft zu verhindern; die Temperatur wurde bei allen Versuchen bei + 2 
bis 4° erhalten und der Gasstrom 2 bis 3 Stunden lang so unterhalten, 
dass mindestens auf jede Secunde eine starke Blase kam. Nach Beendigung 
des Versuches wurde der Glasstöpsel auf den noch im Eise stehenden 
Cylinder gesetzt, und so unter Verdrängen des Ueberschusses ein genaues 
Maass der Flüssigkeit gewonnen, der Stöpsel darauf wieder vorsichtig 
‘gehoben, sofort mit Jodkaliumlösung übergossen und diese in den Cylinder 
fliessen gelassen, auf den Rand desselben die Glasplatte aufgelegt und 
nach vollständiger Mischung der Jodkaliumlösung mit der Absorptions- 
Nüssigkeit, die Titrirung des freien Jodes nach Bunsen ausgeführt. 


Folgende sind so erhaltene Resultate: 


Me a ee °C, Barom, 


a Pan RE Te nen ON rs om TEEN se Eee 


Vers. 1 73,5 Cbe.0,00104 1 | 49,6] 45,5| 0,00081 | 41—2,5 | 0,7365 


Vers. 273,5 -| — | 155,0 51,6| 0,00067 | + 0,5—2,0 | 0,7390 
| | 


Vers. 3 73,5 -|. —. | 1 |81,9|78,8|0,00061 | + 13,2 | 0,7426 


1000 Cbe. Wasser haben daher in diesen drei Versuchen unter den 
angegebenen Umständen neben Sauerstoff absorbirt: 

Vers. 1 0,0109 Grm. Ozon — 5,11 Cbe. bei 0° uns 0m,76, 

- 2 0,0091 - -—=424 - - - - - 
- 23.0,00383 5° - Si 386 - SANS - 

Aus diesem Befunde geht hervor, dass die Absorptionsgrösse des 
ÖOzons eine recht erhebliche sein muss, da der partiare Druck, unter dem 
es absorbirt wurde, ja ein so sehr kleiner war. Die Differenzen der drei 
Resultate sind wenigstens nicht grösser, als aus dem Mangel der Vor- 
bedingungen für exacte Resultate erwartet werden musste. 


Literatur und Kritik. 569 


Ich schliesse diese Mittheilung mit einer kurzen Angabe über das 
käufliche sog. Ozonwasser, und zwar das aus der Fabrik der HH. 
Krebs, Kroll & Co. zu Berlin, dessen Prüfung ich auf Verwendung 
des praet, Arztes Hrn. Dr. Lender übernahm. 


Dieses Ozonwasser zeigte bei der qualitativen Prüfung vollständig 
dasselbe Verhalten, wie ich im Eingange für das von mir dargestellte 
beschrieb, und wurde also als eine Absorption von Ozon (und Sauerstoff) 
ohne nachweisbare Mengen von salpetriger, Salpeter - Säure oder Wasser- 
stoffhyperoxyd erkannt. 

Die quantitative Bestimmung gab mit zwei Proben verschiedener 
Sendungen folgende Resultate: 


a a t Gef. Ozon 


319,0 Cbe. | 0,00104 0,00305 


325,0 - 2 0,00283 
1600 Cbe. dieses käuflichen Ozonwassers enthielten daher: 
Vers. 1... 0,00955 Grm, Ozon = 4,45 Cbe. bei 0% und Om, 76, 

BR 0:00871 , = +. av erd,0B. ir 2 een 2 


So weit Herr Professor Carius. — 


Dieses Ozonwasser, welches also fast Y, Prozent Ozongas enthält, 
(das Aachener Wasser enthält auf 100 Volumentheile 0,3 Schwefelwasser- 
stoffgas), wird bis jetzt nur äusserlich verwandt; das zum Trinken und 
zum Inhaliren in Verwendung kommende Ozonwasser enthält Y/, Procent 
Ozongas. — Herr Professor Liebreieh, welcher in der Berliner medi- 
einischen Gesellschaft die Wirkungen des Ozons auf den Menschen denen 
des Chlors gleichstellte, demonstrirte in derselben Gesellschaft auf Grund 
der atomistischen Constitution des Ozons, dass dasselbe inhalirt nicht 
als solches in das Blut eintreten könne. — Dem am 25. Juli d. J. mir 
gemachten Einwande eines Chemikers, er könne sich die Aufnahme des 
Özongases vom Blute von den Lungen aus wohl denken, nicht aber seine 
Aufnahme in den Kreislauf von den Wandungen selbst des leeren Magens 
aus, liess sich Folgendes erwidern: abgesehen davon, dass die Erschei- 
nungen am Krankenbette zwingen zu der Annahme, dass Ozongas als 
solches von dem möglichst leeren Darmrohr aufgenommen wird, geht der 
oxydirende Effect des Ozonwassers auf selbst leicht oxydabele Körper 
bei Weitem weniger rasch vor sich, als»man a priori geneigt ist, anzu- 
nehmen. — Die volle Wirkung des Ozonwassers auf ein Sehönbein ’sches 
Reagenspapier tritt, wie Herr Prof. Carius bestätigt, erst nach Zusatz 


einer Spur Säure und erst nach etwa zwölf Stunden ein und nun erwäge' 


man, wie ungemein rasch Wasser von den Wandungen des lebendigen 
Magendarmrohres absorbirt wird und dass auch das Gesetz der Diffusion 
der Gase in Betracht kommt. 


570 Literatur ünd Kritik: 


Prof. Büchner’s plästische Pilze, herausgegeben von‘ 
A. v. Lösecke und F. A. Bösemann. Hildburg- 
hausen. 

Dieses nützliche Unternehmen reiht sich den früheren Arbeiten der 
Herren Verfasser in würdiger Weise an. Die neue Ausgabe ist frischer, 
naturgetreuer und vollständiger ausgestattet als die frühere. Auch zeist 
sie eine grössere Mannigfaltigkeit der systematisch unterschiedenen For- 
men und wird dadurch auch für den botanischen Unterrieht werthyoller. 
Die 3. Lieferung enthält z. B. folgende Pilze: 

1. Polyporus confluens Fr. , Semmelpilz. Dieser Pilz wird meist als 
essbar betrachtet und z. B. in Jena in grosser Menge zu Markt gebracht. 
Er muss aber mit grosser Vorsicht genossen werden, da er abführende 
Wirkung besitzt. 

2. Lycoperdon bovista L. Ein Exemplar von mässiger Grösse, noch 
geschlossen und nur in diesem Zustand essbar, eine vortreffliehe, nahr- 
hafte Speise darbietend. 


3. Lycoperdon caelatum Bull. Ebenfalls geschlossen. 
Peziza aurantia Red. Das Colorit vielleicht etwas zu lebhaft. 
Clavaria flava Pers. Gelber Ziegenbart. ; 


Tuber eibarium Sibth. Trüffel. 

Tuber albidum,. Weisse Trüffel. 
9. Helvella eseulenta Pers. Lorchel. 
10. Morchella esceulenta Fr. Morchel. 


11. Morchella coniea Pers, Spitzmorchel. Ein grosses und ein klei- 
neres Exemplar. 


12. Cantharellus eibarius Fr. Das Gelbschwämnchen. Wie die 
Vorige, 
13. Hyduum imbrieatum L. Hirschschwamm. 


> 
4 
5 
6. Clavaria botrytis Pers, Traubenpilz. 
7 
8 


14. Hyduum repandum L. 

Bei der grossen Wichtigkeit der Pilze als menschliches Nahrungs- 
mittel und bei der Häufigkeit von Vergiftungen durch ‚schädliche Pilze 
sollte die obige Sammlung eigentlich in keiner Haushaltung , namentlich 
aber in keiner Apotheke fehlen. H. 


G. A. Pritzel. Thesaurus literaturae botanicae 
omnium gentium inde a rerum botanicarum initiis ad 
nostra usque tempora, quindecim millia operum recensens. 
Editio nova reformata. Fasc. I—IV. Lips. 1872. 


Es ist erfreulich, wie dieses vortreffliehe und unentbehrliche Werk 
mit verhältnissmässig raschen Schritten seinem Ende zueilt. Sehr nütz- 
lich würde es sein, wenn neben diesem naeh den Autorennamen alphabe- 
tisch geordneten Werk auch ein solches herausgegeben würde, welches 
die Literatur in einer sachlich geordneten Reihenfolge so z.B. nach den 
Familien des natürlichen Systems zur Darstellung hrächte. Eine solche 
Aufgabe wäre freilich eine sehr schwierige, ein Jahrzehnt angestrengtester 
Thätigkeit mindestens erfordernde, aber auch so dankbar, dass die ganze 


Literatur und Kritik. 571 


botanische Welt diesem Unternehmen ihre Unterstützung würde angedei- 
hen lassen. Es würde ein solehes Werk den Werth von Pritzels The- 
saurus noch beträchtlich erhöhen und beide Werke für Jeden, der sich 
mit Botanik beschäftigt, ein wahrer untentbehrlicher Thesaurus werden, 


J. B. Henkel. Die Elemente der Pharmacie, heraus- 
gegeben unter Mitwirkung von G. Jäger und W. Städel. 
Zweiter Theil. Atlgemeine und medicinisch - pharmaceuti- 
sche Botanik. Bearbeitet von Dr. J. B. Henkel. Leipzig 
1873. 486 Seiten. 8, 


Dieses gut ausgestattete Buch, welches seltsamerweise um die Mitte 
des Jahres 1872 schon mit der Jahreszahl 1873 erschien, hilft in sofern 
in der That einem Bedürfniss ab, als es an einigermaassen völlständigen 
botanischen Büchern für Pharmaceuten, namentlich solehen, die so zweck- 
mässig mit zahlreichen Holzschnitten versehen sind, noch keineswegs einen 
grossen Ueberfluss giebt. 


Die Abbildungen sind grösstentheils Copieen nach Schleiden, Schacht 
und anderen Botanikern. In der Darstellung der allgemeinen Botanik 
läuft hie und da ein irrthura unter. So hat der Verf. die Lehre von 
den Plasmabewegungen offenbar missverstanden, denn er spricht (Seite 8) 
von Zellsaftströmung in den Haaren der Filamente von Tradescantia. 
Ein sehr gewöhnlicher Lapsus des Nachdenkens, welcher bei mehren der 
ersten Botaniker der neueren Schulen auftritt, wird auch vom Verf. nach- 
geschrieben, indem er sagt: „Die primitive Form der Zelle ist die mehr 
oder weniger kugelige oder ellipsoidische.‘ 

Einzelne schematische Därstellungen sind sehr unschön, s. z.B. der 
schematische Durchschnitt einer Blüthenknospe in Figur 122, Die Mor- 
phologie geht zu wenig von allgemeinen Gesichtspunkten aus. So z. B. 
hätte die Lehre vom Blüthenstand unbedingt auf die Lehre von der Blatt- 
stellung gegründet worden müssen; sie steht aber ganz abgerissen für sich 
da. Das ist ein grosser Fehler, da man ganz besonders den Anfänger zur 
Einsieht des Zusammenhanges der Erscheinungen führen muss, wenn er 
nicht durch die Masse des wissenschaftlichen Materials erdrückt werden 


soll. Ueberhaupt ist bei Darstellung der Blüthenstände den neueren An- 


sichten keine Rechnung getragen. 

Die Sprache ist nicht immer correct. Auf Seite 110 wird die Esche: 
Fraxinus excelsus genannt; ein doppelter Fehler, weil er zugleich einen 
grammatikalischen Schnitzer enthält. 

Wenn wir aber auch Einzelnes rügen müssen; — im Ganzen ist das 
Buch fleissig und zweckmässig ausgearbeitet und wir können es dem an- 
gehenden Pharmaceuten mit gutem Gewissen als Handbuch empfehlen, 
So lange es kein für den Anfänger brauchbares selbstständiges botanisches 
Handbuch giebt, wird eine solche Ausarbeitung, wie sie hier vorliegt, im- 
merhin eine wesentliche Lücke ausfüllen. 

IE FA 
Dr. Wilhelm Ulrich. Internationales Wörter- 
buch der Pflanzennamenin lateinischer, deut- 
scher, englischer und französischer Sprache, 
Zum Gebrauche für Botaniker, insbesondere für Handels- 


572 en Anzeigen. 


gärtner, Landwirthe, Forstbeflissene und Pharmaceuten. 
Leipzig 1872. 341 Seiten. 8. | 


Dieses kleine Werk liegt nun vollendet vor uns und wir können im 
Ganzen nur das bei Erscheinen des ersten Heftes ausgesprochene Urtheil 
‘“ wiederholen. Das Buch wird für practische Fachmänner, namentlich für 
Gärtner, auch für solehe Pharmaceuten, die in England und Frankreich 
beständige Verbindungen unterhalten oder sich in jenen Ländern ansie- 
deln, ein ganz brauchbares Handbuch sein, wenn es auch auf Vollstän- 
digkeit keineswegs Anspruch erheben kann, H. 


Anzeigen. 


Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig. 
(Zu beziehen durch jede Buchhandlung.) 


&raham - Otto’s ausführliches Lehrbuch der Chemie. Vierte 
umgearbeitete Auflage. Zweiter Band in drei Abtheilungen. Anor- 
ganische Chemie von Dr. Jul. Otto. Nach dem Tode des Ver- 
fassers vollendet von Dr. Robert Otto, Mit zahlreichen in den 
Text eingedruckten Holzstichen nnd einer farbigen Stahlstichtafel. 

E78. zen. = 
Vollständig in 40 Lieferungen. Preis 20 Thlr, 


YVehrbuch 
der Pharmakoenosie des Pilanzenreiches. 


Nakire eschiehte 


en ches en Ärzneistoffe vegetabilischen Ursprunges 
von Dr. F. A. Flückiger, 


Docent an der Uuiversität in Bern. 
Preis 4 Thlr. 


Das für das Studium der Pharmakognosie und Botanik wichtige 
Werk hat sofort bei seinem Erscheinen die glänzendsten Beurtheilungen 
in den Fachzeitschriften gefunden. Der Verleger kann sich nicht versa- 
gen, ‘den Schluss der eingehenden Recension des Herrn Professor Witt- 
stein in der Pharmaceut. Vierteljahrsschrift (XVI. 4) hier mitzutheilen, 
welcher lautet: „Unser Referat nähert sich seinem Schlusse; es zollt den 
Leistungen des Verf. auf dem Gebiete der Pharmakognosie die vollste 
Anerkennung und glaubt sich keiner Uebertreibung schuldig zu machen, 


wenn es das ganze Werk als eine der schönsten Zierden der neueren _ 


deutschen wissenschaftlichen Literatur bezeichnet.“ 


Balle, Buchdruckerei des Waisenhauses. 


EN 


573 


Register 


über die Bände 149 und 150 


der zweiten Reihe und Band I 


der dritten Reihe des Archivs der Pharmacie. 


Jahrgang 1372. 


(Die erste Zahl zeigt den Band, die zweite die Seite an.) 


I. Sachregister. 


A. 


Abieten v. Wenzel 1, 74. 
Abkürzungen zur Bezeichnung 
der neuen Maasse und Gewichte 
n. franz. System. v. Fr. Vieweg 
und Sobn 149, 61. 
Acasia Catechu, Bereitungsweise 
d. Catechu aus demselb. v. J, L&on 
Subeiran 150, 87. 
Aconitin v. Duquesnel. 1, 78. 
Anästhetische Mischung, eine 
empfehlenswerthe 1, 557. 


Aethyl mercaptan, Beobaehtung 
einer kryst. Verbindung dess. m. 
Wasser v. H. Müller 150, 147. 

Aetzalkalien, Einwirkung schmel- 
zender auf Braunkohlev.L.Schin- 
nereru. F.Morawski 150, 247. 

Alcaloide der Papaveraceen, 
Uebersicht n. d. neuesten Vervoll- 
ständigungen von H. Ludwig 

1, 33. 

Alkohol, absoluter, dessen ‚Dar- 

stellung von E. Erlenmeyer 
149, 135, 

Alkohol, Elimination dess. aus d. 

thierischen Organismus v. Dupre 
1, 86. 


Arch, d. Pharm, III Reihe. I. Bda, 6. 


‚Alkohole, gewisse in Wasser unlösl. 
| und gleichzeitige Destillation des 
| Wassers v. Pierre und Puchot 
| 1,.78 
Alizarin, künstliches von Perkin 
50, 78. 

Alkali-Acte, englische von 1863, 
v. E. Biltz 149, 179. 
Alleebäume, Characterisirung der 
gewöhnl. von Daniel Hooi- 
brenk 1.0.3938: 
AllylalkoKol, Ueberführung des- 


selben in Propylalkohol von B. 
Tollens 149, 266. 
Alo&, von Tilden 1,2599 


Alo&, krystallinische, farbige und 
bittere Bestandtheile derselben v. 
F, A. Flückiger 129,117 

Aloin, von Tilden 1,08% 

Aloinabkömmlinge, von W. A. 


Tilden 150, 245. 
Alordinsäure, v. P. Weselsky 
150, 246. 


Ameisensäure, deren Umwande- 
lung in Aethylalkohol, von Ed. 
Linnemann, Ad. Lieben und 

I Rossi 149, 134. 

\Ammobroma Sonorae, eine als 


| Nahrungsgegenstand wicht. Schma- 


Heft, 37 


574 

von Graf Solms 

: 149, 79. 

Amylalkohol, normaler und nor- 
male Capronsäure, v. Ad. Lie- 
ben u, A. Rossi 149, 273. 

Andromeda Leschenaultii, d. 


äth. Oel derselb., v. Braughton| 
149, 279. 


Anfangsgründe der Chemie (Ele- 
menta Chemiae) eine d. Aufklärung 
bedürftige Stelle in denselb., von 
Herm. Boerhave, v. C. Ph. Falck 

150, 38, 

Anthrachinon, einige Stickstoff- 
verbindungen desselb., von Rud. 
Böttger u. Theodor Peter- 
sen = 15.219, 

Antimon, als Grund der Durch- 
löcherung und des Auslaufens der 
Schmelztiegel ein. Glashütte Nord - 
Frankreichs, von Emil Pfeiffer 

149, 25. 


— metall. Gewinnung desselben, 
nach R. F. Smith, von H. Lud- 
wig 149, 56. 

Antiseptica, v. Heinr. Böhnke- 

Reich 17299: 

Apparat, zur Darstellung v. Ozon 
v. Houzeau 150, 238. | 

Apomorphin, von Schering 
(chem. Fabr. a. Actien) 149, 122. 

Aqua ehlorata, von Otto Fa- 
eilides 150, 151.| 

 Arbutin in fol. Uv. ursi, v. Jung-| 


rotzerpflanze 


mann 149, 73. 
Argentine, ein Versilberungs- 
mittel, Vergiftung damit, von 


G. Martius und A. Buchner 

2 150, 173. 
Atropin, von Gehe 150, 267. 
Ausschwitzung, eine süsse auf) 
der obern Fläche der Blätter einer 
grossbl. Linde, von Boussin-| 
gault 150, 250. 


B. 
| 
Babingtonit, v. Herbornseelbach | 


in Nassau, von Carl Jehn! 
149, 193, 

Bacterien, v. Ferdinand Cohn 
Sn 149, 166. 
Bäume, Greisenschmuck derselben 
150, 82. 


Sachregister. S 


Balsam. peruv., Prüfung desselben 
auf seine Reinheit 149, 84, 
Baryt, chlorsaurer, von Wie- 
demann 149, 66. 
Bauxit (Wocheinit), aus d. Wochein 
in Krain, von E, Drechsler 
1069. 

Belladonnin,v. Gehe 150, 267, 
Benzoösäuregehalt des Gas- 
wassers, v. H. Reinsch 150, 72. 
Benzo&, Beschreibung u. Prüfung 
der im Handel vorkommenden. 
Preisfrage für Lehrlinge, von H. 
Ludwig 150, 205, 
Berberis vulgar., ehem. Unter-. 
suchung d. Beeren v. BE. Lenssen 
150, 167. 

Beschreibung einig. pharmaeogn. 
Gegenstände Mittelasiens (Unters. 
a. d. chem. Labor. der Universit. 
Greifswald in Pommern), von R, 
Palm 149, 226. 
Bienenwachs, z. Entstehung dess., 
v. Hoppe-Seyler 1, 87. 
Blätter, über die :Winterfärbung 
derselb., v. Kraus 1, 264. 
Blei, antimonhaltiges, von E. 
Pfeiffer 149, 24. 
Bleipflaster, Bereitung desselben, 
von F. Kostka 149, 119, 
Blutegel-Aufbewahrung, von 
Nachtmann 1, 476. 
Blutegel, Aufbewahrung derselb. 
v. Levin Enders 1, 58. 
Blutkörperchen, Modelle ders. 
v. Menschen u. verschied, Thieren, 
v. Welker 1, 330. 
Boletus cyanescens, Chromogen 
desselben v.H. Ludwig 149, 107. 
Boletus purpur., Versuche mit 
 d. Tinet. dess,, von Heinrich 
Böhnke-Reich 1,239 
Borsäure als Conservirungsmittel 
für Milch u. Bier v. A. Hirsch- 
berg 150, 45. 
Braunkohlen, die Einwirkung 
schmelzender Aetzalkalien a. dies., 
v. L. Schinnerer und F. Mo- 
rawski 150, 247, 
Brom, Chlor und Jod, über den 
Nachweis derselb. i. organ. Sub- 
stanzen, v. F. Beilstein 1, 265. 
Brom, Erstarrungspunkt des was- 
serfreien, von Heinrich Baum- j 
hauer 149,.36,7 


Saehre 


Brom, Reindarstellung desselben u. 
des Bromkaliums, sowie Prüfung 
d. letzteren, v. Falieres 1, 68. 
Bromkalium, Entdeckung desselb, 
in Jodkalium, von Melcke- 
becke 147536. 
Bromkalium, Prüfung und Dar- 
stellung des reinen Broms und 
Bromkal.,, v. Falieres 1, 68.| 
Bromwasser, ein Reagens auf| 
Phenol, Anilin, Toluidin und Al- 
kaloide. v. H. Landolt 149, 67, 
Bromwasserstoff, Einwirkung 
desselben auf Kodein 149, 71.| 
Bryologische Notizen a. d. Rhön- 
gebirge, v. A, Geheeb 1, 247. 


Busma, Enthaarungsmittel, von 
Bühligen 150, 166. 
>3uthylalkohol, normaler und 


seine Abkömmlinge von Lieben 
und Rossi 149, 138. 
Buttersäure verschiedenen Ur-| 
sprungs, von Ü. Grünzweig 
149, 154, 


b75 


ziater, 


Gementstein, chemische Zusam- 
mensetzung, von E, Reichardt 


149, 199. 
Centigrammenstücke, Grösse 
derselben, von F. Schrage 
149, 22. 

Charta nitrata, v. A. Hirsch- 
berg 149, 23. 


Chemie, Anfangsgründe derselben 
(Element. Chemiae) von Hermann 
Boerhave, eine der Aufklärung 
bedürftige Stelle in denselb., von 
C. Ph. Falk 150, 38. 

China alba von Payta, von F. 
A. Flückiger 149, 240. 

China cuprea, v. F.A,Flücki- 
ger 149, 244, 

China cuprea, Gehalt derselb. a. 


Chinaalkaloiden, von OÖ. Hesse 
150, 252. 

China- Alkaloide, von Gehe 
150, 267. 


|Chinaalkaloide, Trennung und 
Bestimmung der verschiedenen, v. 


C. 


Caesiumgehalt 
ralwasser, von Yorke 150, 242. 
Calomel, über d. Verdauung dess., 


von Tuson 4,187. 
Calomelpulver, Sublimatbildung 
in demselben, von @. Vulpius 
149, 178. 
Uampherbildung, künstliche, v. 
Oppenheim 1, 349. 
CGampherpulver, von Rother 
149, 83. 

Campherpulver, von Laud 
150, 244. 


Capronsäure, normale und nor- 
maler Amylalkohol, 'v. Ad. Lie- 
ben und A. Rossi 149, 273, 

Garbolsäure, von Otto Faei- 
lides 150, 149. 

Carbolsäure u. Kreosot, Unter- 
scheidung, v. Morson 1,078: 

Garbolsäure, neue Reaction auf 
dieselbe, von P. C. Plugge 

1, 536, 

Castoreum bavaricum, von A. 
Geheeb 149,57. 

Catechu, Bereitungsweise aus Aca- 
cia Oatechu, v. J. Leon Sou- 
beiran 150, 87, 


gewisser Mine- | 


de/Vry 150, 253. 
Chinabasen, Veränderung derselb 
ind. Chinarinden dureh mechanische 
und physikalische Einflüsse, von 
Carles 12,32% 
|Chinacultur, v. Gehe 150, 267. 
Chinamin, ein neues Chinaalka- 
loid, von- Hesse 150, 203. 
Chiniein und Cinchonicin, von 


| 
I 


Howard 1, 479: 
Chininbestimmung, von. C. 
Schacht 1, 38. 
|Chininprüfung, v. E. Heintz 
149, 220. 


Chinin, Prüfung dess. auf einen 
etwaigen Morphingehalt, v. F. Br, 
(Brunner?) 1,.465. 

Chinin und Morphin, einige 
Reaetionen desselb., von F. A. 
Flückiger 31571145 

Chlor, Brom und Jod, über d. 
Nachweis derselb. in organ. Sub- 
stanzen, v. F. Beilstein 1, 265, 

Chlor, Darstellung desselben im 
Grossen, von Deacon 150, 238. 

Chloral, Umwandlung desselben in 
Aldehyd durch umgekehrte Substi- 
tution, v. J. Personne 149, 265. 

Chloralhydrat, Bemerkungen üb. 
dasselb., von Robert Fair- 
thorne 150, 71; 


I 


377 


576 00 Baehregister. 


Chlorbenzoyl, ein neues Reagens| 
auf Weingeist, von Berthelot| 


Chlorimetrie mittelst schwefel- 
sauren Eisenoxydulammoniaks, von 
E. Biltz 149, 97. 

Chloroform, englisches von E. 
Schering (chem. Fabr. a. Act.)| 

149, 126. 

Chloroform, über die Verwend-| 
barkeit dess. als Lösungs- und 
Trennungsmittel f. stark wirkende 


150, 169.| des 


Cureuma, Entdeckung derselben 
als Verfälschung d. Rhabarber u. 
gelben Senfs, von Maisch 
149, 82. 

Cymol aus Terpenthinöl und Ci- 


tronenöl, v. Oppenheim 1, 348. 


D. 


Decoct. Salep,. von Levin En- 
ders 159.0, 
— v. C. Hirschberg 1, 309. 


alkaloidische Pflanzenstoffe, von J. | Droguenbericht, Notizen über 


Nowak 1, 349. 
Chromogen des DBoletus cyane- 
scens und anderer auf frischem 


Bruche blau werdende Pilze, von. 


H. Ludwig 149, 107. 
Chromo-Glykosid im Wachtel- 
waizen, von H. Ludwig und H. 
Müller 149, 6. 
Chromotypie, von J. Schnauss 


149, 37. 
Chrysamminsäure, v. Tilden 
1,0271: 
Cinehonapflanzungen, Thee- 
und Opiumeultur in Ostindien 
1, 338. 
Cinchonaspecies, Notiz über 


eine neue, d. Prov. Ocannain Neu - 
Granada, v. J. Eliot Howard 
150, 179. 

Cinchoniecin u. Chinicin, von 
Howard deret79. 
Classification der äther. Oele, 
v. Gladstone 150, 248.| 
Gollodiumwolle, ausgefällte, von 
E. Schering (chem. Fabr. auf 
Act.) 149, 123. 


 Compositenfrüchte, Verbrei- 
 tungsmittel derselb., v. F, Hil- 
debrand 149, 175. 
Condurango,v.G.H. Reichen- 
bach _ AS 

— v. Gehe u. Comp. 1, 276. 
Coniin, künstliches, v. H. Schiff, 
i 1, 272. 

— Synthese desselben, v. H. Schiff 
u 149, 155. 
Conservirung v. Ol. Aurant. u. 
O1. Citri, von Fruh 149, 83.| 
'GCrotonchloralhydrat, von E. 


Chinaeultur, China-Alkaloide, Atro- 
pin, Belladonnin, Hyoscyamin, fos- 
siles Kautschuk, Gutta Balata, 
Scammonium und Zincum sulfo- 
| earbol., von Gehe 150, 267. 
‚Droguen-Liste, Frankfurter, aus 
| d. 15. Jahrh., v. F. A. Flücki- 

ger 1, 433 u. 508. 
Druckfehlerverbesserung zu 

einer Notiz ü. d. trock. narkot. 


Extr., _ von W. Stromeyer 
150, Al, 
Dugong-Oel 5a 


E. 


Ecebolin u. Ergotin, Darstellung 
derselb., von Wenzel 150, 256. 
Eichenmanna v. Kurdistan, von 
F. A. Flückiger 150, 159. 
Eisenoxydul, Pillen aus demselb., 
v. W. Kirchmann 1, 231. 
Eisenquelle zu Pausa, von Otto 
Facilides 150, 154. 
— zu d., v. H. Ludwig 150, 157. 


serpest), m. 2 Taf., von Paul 
Horn 150, 51. 
Elodea canadensis., zur Ent- 
wickelungsgeschichte der Blüthe, 


1, 426. 
Empl. adhaes. extens., v. Otto 
Facilides 150, 150. 


"150, 153. 
Enthaarungsmitt. Busma (Rhus- 
ma), von Bühlingen 150, 166. 
Erdlicht 


Schering (chem. Fabr. a. Act.) 
149, 121, 


Müntz 1, 76, 


Elodea canadensis (sogen. Was- _ 


ders. m. Abbild., v. Paul Horn‘ 


Emplastr, fuseum, v.H. Pähler & 


1,.320.2% 
|Erdpech v. Pechelbronn, Farb- 
stoff desselb., von Le Bel und 


Be 
ang ar 


Ko 


Br dpech, v. Pechelbronn, Producte 
der Destillation desselb,, von Le 
Bel 1.#25: 
Ergotin u. Ecbolin, Darstellung 
‚derselb., v. Wenzel 150, 256. 
Eucalyptus-Kino, von Julius 
Wiesner 149, 76. 

wr Euxenit v. Hitteröe, von Carl 
Jehn 150, 1. 
Extracte, von Levin Enders 


— trockene narkotische, v. W. Stro- 


“ar meyer 149, 225. 
A — trockene narkotische, Druckfehler- 
D verbesserung 150, 41. 
(8 

fi F. 

74 

i 


Feldspath, d. Zersetzung desselb. 


I unter dem Einflusse von Salzlö- 


sungen und einiger anderer Agen- 
tien, von Alb. Beyer 150, 193. 
Felsenteppich, lichenologischer, 
von Paul Kummer 149 7177. 
Ferment, zuckerumsetzendes, gly- 
Pr kosebildendes der Bierhefe, von 
Hoppe-Seyler 150, 78. 
Fermentoleum, aus Sauerteig (v. 
Roggenmehl), von Heinrich 
Böhnke-Reich 1, 234. 


en Baillot 149, 278. 
Feuerver&oldung, v. W.Kirch- 


die Einwirk. einer Luft, 


- Russ enth., 


rungsmittel , von 


Flammenschutzmittel, v. Pa- 
. tera 150, 236. 
Flechtenspiritus (Moosspiritus) 
150, 243. 

Fleisch, Conservirung desselb., v. 
Endemann 1, 80. 
Flor2, die miocene Spitzbergens, 
von 0. Heer 150, 174, 


 Sachregister 


1, 57. 
7 —- über, von E. Heintz 149, 219.| 


Flusssäure, arsenhaltige, v. Carl 
Jehn ‚1, 481. 
Frankfurter Droguen-Liste, 
aus d. 15. Jahrh., von F. A. 
Flückiger 1, 433 u. 508. 
Frauenmilch, z. Analyse derselb., 
von Schakoffsky 150, 258. 


17 


Gagea stenopetala, zur Mor- 
phologie der sogenannten Wurzel- 
zwiebeln bei derselb,, von Paul 
Horn 1, 60. 


|Gase im Meteoreisen eingeschloss, 
‘ von Salet 150, 242. 
‚Gaswasser, Benzoösäuregehalt 


| desselb,, v. H. Reinsch 150, 72. 
'Geheimmittel, Zusammensetzung 
zweier pharmaceut. (Crouppflaster 
u. Pommade Galopeau geg. Hüh- 
neraugen), von Emil Pfeiffer 

150, 165. 


Gewichte und Maasse, neue, 


System, von Fr. Vieweg un 


Fette, Reinigung derselben, von 


g mann 15232. 
Fichten, junge, Versuche über 
welche 
- schwefl. Säure, Arsendämpfe, fein- 
zertheilt. Bleioxyd u. fein zertheilt. 
v. A. Stöckhardt 
150, 170. 

Fische, Nutzen derselb. als Nah- 
Agassiz 
1, 186. 


E ‚Flores Cinae levant., d. Stamm- 
 pflanze derselb., von Willkomm| 
| 150, 261. 


Sohn 149, 61. 
Geologie des Mont-Cenis, von 
- Elie de Beaumont 1505, va 
Geraniumöl, indisches, v. Osca 
Jacobson 
Glasgefässe, Springen derselbe 
zu verhüten, von Simpsd 
149, 84 
Glasstöpsel, Einlassen ders. 
Paraffin oder ähnliche Fettst 


Glaubersalzfelsen, 
licher, von Nöschel 
Goldpurpur, Cassius’scher, ı 
Cl. H. Allen 150, 2 
Gräser- Wiesen, Ernähr. derselb. ) 


in Fluss- u. Brunnenwasser, vo 
Alb. Bayer a 170 
Greisenschmuck der Bä 


150, 

Grotte, von Monsummano, von 

Wolff 4, 582,7 

Guano, aufgeschl., über die Ein- 

richtung u. d. Betrieb der Fab 
d. Herrn Ohlendorf u. Comp. 

Hamburg, von A. Hirschber; 

| 150, 47, 


DEE 


Guarana Pulver, die bekannten 
-, Grimault’schen, v. Julius Mül- 


ler 1,. 309. 
Gummilösung, Schimmelbildung 
auf derselb., von A. Hirsch- 
berg 150, 44, 
Gummi-Nüsse, indische, von 
Maisch 149, 82.) 
Gusseisen, directe Versilberung 


 dess. auf galvan. Wege, von Prof. 
Böttger 156551 
Gutta Balata, v. Gehe 150, 267. 


H. 


Haertebestimmung des Wassers 
150, 235. 

Haferbrod, Vergiftungs- Erschei- | 
nungen in Folge des Genusses u.| 
deren Ursache, von O. Becker 
149, 128. 

Handverkaufsartikel, schlechte, 
praetisch. Winke über dieselben 
(Schwämme, Citronen, Feigen und 
Blutegel), von Eduard Schmidt 

1, 526. 

Harnsteine aus Cystin, von Ju- 
lius Müller 1, 308, 
Harnstoff, Entstehung desselb. im 
 Thierkörper, von O. Schultzen 
1, 331. 
Harzgewinnung, aus Pinus ma- 
. ritima in Frankreich (Capbreton), 
v. A. Petzoldt 1, 543. 
Heilmittel, einige in Turkestan 
gebräuchliche, von Dragendorff 

1, 467 u. 545. 

Helenium tenuifolium, giftige 
Eigenschaften desselb. 19,837. 
Honig, Untersuchung desselb. auf 
riechende u. färbende Bestandtheile, 


. Sachregister. 


von H. Ludwig und E. Scheitz 
a 1, 493. 
 Hütten- u. Steinkohlenrauch, 
Unters. über die schädl. Einwirk. 
dess. a. d. Pflanzenwachsthum, v. 
Adolf Stöckhardt 1, 387. 
Hyoseyamin, v. Gehe 150, 267. 


J. 


Kaffein i. d. Blät- 
von Henry M. 
1, 85. 


Ilex Gassine, 
tern derselben , 
"Smith 


Jodblei, krystallisirtes von Te 
masi 1, 65. 
Jod, Chlor und Brom, über den 
Nachweis derselb. in organ. Sub- 
stanzen, von F. Beilstein 
1, 265. 

Jodkalium gegen Silberfärbung 
der Haut, von Yandell 1, 535. 
Jodmangansyrup, von Üreuse 


1,0536. 

Jodtinctur, Bereitung derselben, 

von Rother 1,195 
K. 

Kaffee, die wirksamen Bestand- 

theile desselben, von Aubert 


1, 321. 

— Unterscheidung des reinen ge- 
mahlenen v. Kaffeesurrogaten, von 
Julius Müller 1, 308. 
Kaffeebaum, über das Verhältniss 
der Bestandtheile der Asche von 


verschied, Theilen dess, zu denen 
der Kaffeebohnen, von H. Lud- 
wig 1, 482, 
Kaffeeräucherkerzen, v. Close 
In, 

Kaffein in d. Blättern von Ilex 


Cassine von Henry M. Smith 
15,83% 


Kali chloriecum, spontane Ex- 
plosion dess. m. Phosphor, von 
Moigno 1, 344. 


— eyansaures u. cyansaures Natron, 


von Rabuteau und Massul 
LT 
— oder Schmierseifen, ihre Ver- 


fäischungen und d. daraus b. Ge- 
brauche entstehend.. Nachtheile 
von Hermann Vohl 1, 141. 


Kaliseife, Verwendung derselb. z. 
Bereitung d. Seifenspiritus und 
flüssigen Opodeldoks, von G. H. 
Barekhausen 1, 239. 

Kalium, neue Darstellungsmethode 
desselb., von Dalbeae 1, 535. 

Kalkstein, : Untersuchung eines 
HShaltigen aus Algerien, von 
Petzholdt: tr, 534. 

Kamala, von R. Kemper 1, 118. 

Kattune, Sichtbarmaehung von 
Steuerstempeln auf denselben, von 
Julius Müller 1, 307. 


tschuk, Tonileh 
150, 267. 
Fe En caliptus, von Julius 
Wiesner 149, 76. 
‘ Kinotinktur 149, 83. 
Kochsalz, Darstellung dess. 1, 320. 
Kobalt u. Nickel, eine interessante 
Reaction auf dieselb., von Carl 
Jehn 149, 198. 
Kodein, Derivate dess., v. Wright 
1, 350. 
— Zersetzungsproducte dess. durch 
Jodwasserstofisäure, von Wrist 
rt 1, 352. 
Kohle, plastische, Einwirkung 
derselb. auf gewöhnliches ER 
von J. Müller ‚885. 
Kohlengrube, die tiefste Fi 171. 
Kohlengruben, die tiefsten, von 
Arno A& 1, 425. 
Kohlenoxydgas, Zwischenvor- 
gänge b. d. Entwickelung desselb. 
aus Ferrocyankalium d. conc. SO?, 
von Carl Jehn 150, 148. 
Kohlensäuregehalt d. Luft in 
* Schulzimmern, von Schwarzen- 
bach 1.202. 
Kohlenstoff, Verbrennung desselb. 
durch Sauerstoffgas, von Dumas 
1, 66. 
Kohlenwasserstoffe, Umwand- 
lung der aromatischen in Phenole, 
von Ad. Wurtz 14237231 
Koloquinthe, als Nährpflanze, Y-| 
F. A. Flückiger 1, 235. 
Kreosot u. Carbolsäure, Unter- 
scheidung, von Morson 1, 78.| 
 Kuhlymphe, Conservirung derselb., 
von Ferrer 1, 334. 


#, 


L. 


hieberthrangelde, v. E. Queru 
1,558. 

" euchtgas, Einfluss dess. auf, d. 
.  Baumvegetation, v. Kuy 1, 277. 
— üb. die nachtheilige Einwirkung 
dess. auf Menschen, Thiere und 
£- Pflanzen, von Hüber 1,333} 
 Liehenologischer Felsentep- 
x  pieh, v. Paul Kummer 149, 171. 
. Bene! sche Suppe, v. B. Hirsch 


Sa 3 finde; roanbläkieige,“ eine süsse 
Ra a a Vai ‚  Honig- 


von Gehe| 


149, 214. | 


thau) auf der obern Fläche der 
Blätter derselb., v. Baussingault 
150, 250. 
von Wood 
149, 176. 
Liste, Frankfurter, v. F.A.Flücki- 
ger 1, Aaan 
Luft, Versuche über die Einwirk. 
mit schwefl. Säure, Arsendämpfe, 
feinzerth. Bleioxyd und feinzerth. 
Russ’ enthaltende, auf j. Fichten, 
von A. Stöckhardt 150, 170. 
Lupine, gelbe, Bestandtheile des 


Liquor Bismuthi, 


Samens derselb., von H. Lud- 
wig 1, 494, 
Lupinensamen, einige Bestand- Be, 
theile des gelben, von Ad. Beyer 
7, #0. r Be 
. & x 


M. 


Maass u. Gewicht, n. franz. Sy- 
stem. Abkürz. zu denselb., v. Fr. 
Vieweg u. Sohn 149, 61. 

Magnes. hydrico-carboniea und 
M. usta, Eisengehalt derselben, - 
von F. Schrage 149, Een, 

Maikäfer, Melolonthin in denselb., > 
v. Ph. Schreiner 


process, das Hollefreund’sche, ‚von 
Max Märker ie ‚341 Br 


Mandeln, süsse, Bestandtheile 
selben, von H. Ludwig und - E. 
Scheitz 

Marmorkitt und künstliche Bte 
Ransome’s, von A. Hirschbeı 

150, 

Material, neues zur Pottaschebe 
reitung, von Hazard 1, 

Mauerpfeffer, chem. Untersuchuı i 
dess., von Ernst eh , Ä Er 


Ph. Schreiner 100,73 


Mennige, Fabrikation derselben, v. 
Merecier 149, 13: 
Metazinnsäure, von Cl. H. Al- 
len 150, 242. 
Meteoreisen von Grönland, von 
O0. Buehner re 
— eingeschlossene Gase in Bea 
von Balst SS 24 2 


ee 


a 


. Mileh, nein derselb. v. rinder- 
pestkranken Kühen, v. M. Hus- 


son SE 33A. 
Milehprobe, durch den Ammo- 
niakprocess, von Wancklyn 
i 149, 161. 
Milcehzucker als Bestandtheil 
eines Pfianzensaftes, von Bou-| 
chardat 150, 251. 
Mineralien, die nutzbaren der 


argentin. Republik, von Alfred) 


Stelzner 1,356. 
Mineralwässer, Caesiumgehalt | 
gewisser, von Yorke 150, 242. 


Minnesota, 
hältnisse 1, 319, 
Mischung, eine empfehlenswer the 
anästhetische 1553. 
Mittel, raupenvertilgende 150; 50. 
Mohn, asiatischer und Opium, von 
Bl Jobst il, Du 
Moleeular-Rotation als Mit- 
tel zur Bestimmung der Alkaloide 
in den Chinarinden, v. de Vr 


ae) 149, 69 
'Monobromcampher, v. Maisch) 
| 1, 539. 
Monsummano-Grotte, v. Wolff 
157932: 


Mont-GCenis, 
Elie de ent 150, 69. 

- Morphin, Bestimmung desselb. im 
- Opium, von Miller 150, 253. 
—  eyanwasserstoffsaures, v. Maisch 
149, 71. 

end Chinin, einige Reactionen 
desselben, von F. A. Flückiger 

! SFT. 
Moschus, Eigenschaften u. Kenn- 
_ zeichen eines guten, ächten ton- 
quinensischen, von Ch. Rump 

3 ; 149, 252. 
 Mutterkorn in d. Gerste, v. Le- 
vin Enders 1,9983 


Mycoderma aceti und Scehnell- 


von C. Sommer 
149, 46. 


essigfabrikat, 


N. 


Naphthalinderivate, v A. Faust‘ 


u. E. Saame 
Narcein, Reaction 


1, 409. 
auf dasselbe 


1,178. | 


die geologischen Ver- | 


Geologie dess., von| 


Sachregisken. 


| 


| 


| 


| 


! 


|Nickel u. Kobalt, 


N arları. Pikrinsäure unter den 
Oxydationsprodueten desselb., von 
W. A. Tilden 150, BAR. 

Natron, cyansaures u. cyansaures 
Kali, von Rabuteau u. Massul 

1, 87. 

eine interes- 
sante Reaction auf dieselb., von 
Carl.Jehn 149, 198. 
een Ammon., schwe- 
felsaures, v. RE. Schering (chem, 
Fabr. a. u 149, 124. 

Nitrobenzol, Erkennung desselb. 
im Bittermandelöl, von Bourgoin 

150, 244. 

Nitroverbindungen d. Fettreihe, 
von Victor Meyer und O0. Stü- 
ber 1, 345. 

Nutzhölzer Palästina’s, v. Os- 
kar Schneider 150, 177. 


08° 


Obst- u. Traubenwein, zur Un- 


terscheidung desselb., von F. F. 
Mayer 1, 324. 
Oel, ätherisches, von Andromeda 
Lieschenaultii, von Braughton 
| 149, 279. 
Oel-Dugong 1,0980, 
Oele, ätherische, eek 


derselb,, n. Gladstone 150, 248. 
— fette, Eigenschaften, Preis u. 

Nachweisung einiger im. Pflanzen- 

reich häufiger vorkommenden, von 


G. Glassner 149, 201. 
— fette, Prüfung derselben. v. H. 
Ludwig a 
Oleum Citri u. Aurantii, Con 
servirung derselben, von Fruh. 
x 149, 83. 
Olivenöl, Wirkung des Sonnen- 
lichtes auf dasselb., von Luigi 
Moschini 150, 73. 
Opium u. asiatischer Mohn, von 
. Julius Jobst 1,0942, 


— einheimisches von 1871, von Ju- 
lius Jobst 1, 81. 
— Bestimmung des Morphins in 
demselb., v. Miller 150,253. - 
— Prüfung desselben auf Morphin 
149, 160. 


‚Opiumbasen, Beitrag zur Kennt- 


von ©. Hesse 


niss derselben, [ 
150, 7. 102, 


EEE ERENT, 


RR? 
24 


Opiumextractund Opiumunter-| Pflanzenw achsthum, Untersuch. 


Orlean, 
von F. Schrage 


echrertr 


Ozon, Apparat zur Darstellung des- | 


238. Pharmacopo£a helvetica, Erör- 


selben, von Houzeau 150, 
— techn. Anwend. dess. z. Beseiti- 
gung d. Fuselgeschmacks im 


Branntwein und z. Herstellung v. 
Essig, von Widemann 1, 466. 


P- 


Papaveraceen, Uebersicht der 
Alealoide derselb. 
Vervollständigungen, v. 


wig 


H. 
1, 33. 


Papier, Entfernung von Stempeln | 
auf demselb., von Julius Müller 


1, 307. 


Paraffin, Entdeckung u. Bestim-| 


mung dess.in Stearinkerzen 1, 541. 
Paraffine, d. normalen, v. Schor- 
lemmer 15446: 


Pausa, von H. Ludwig 150, 157. Pikrotoxin, Untersuchungen über 


Pentachlororgin und Pentachlor- 


resorcin, v. Stenhouse 150, 245. | 
desselben — Untersuchung über dasselbe, von 


Petroleum, Prüfung 


150, 244. 


— Wirkung des Sonnenlichtes auf, 


dasselb., 


liche Exhalationen derselb., von 
Karsten 1,325. 
— offieinelle in Turkestan, v. Fedt- 
schenko 
Pflanzenreich, Ursache d. Fär- 
bungen in demselb., von Frank 


“ 1, 180. 
e” ‚Pflanzensaft, Milchzucker als Be- 
E ' standtheil desselb., von Bouchär- 
dat 150, 251.| 
Pflanzenwachs, v. H. Ludwig 
* 1,193: 
= Pflaster, gestrichene, von G. H. 
2 4 Barkhausen 15'120: 
—  —_ Pflästerchen-Croup, von Emil 
- Pfeiffer 
Pfefferminzöl, chinesisches, v. 
D Flückiger 149, :279.| 
A Pfefferminzöl, Verfälschung des- | 
Pi selben, v. Shuttleworth 1, 536. 
ee Verfälschung d. amerikanischen 
”. m. Alkohol u. Rieinusöl, v. Shutt- 
3 leworth 1, 178. | 
5 Arch. d, Pharm, III. Reihe, I. Bds, 
Pr 


n. d. neuesten 
Lud-| 


terungen zu derselben, von F. A. ; 
Flückiger 1, 416. 
\Phoeaena eommunis, Untersu- 


suehung, v. E. Heintz 150, 36. 
mit Gummi verfälschtes, | 


149, 22. 


v. Grotowsky 149, 75. Pillen aus Eisenoxydul, 
Pflanzen, über gesundheitsgefähr- | 


1088.\ 


150, 165.| Preisfr age, 


6, Heft. 


über die schädliche Einwirk. d. 

Hütten- u. Steinkohlenrauchs auf 

dasselb., v. Adolf Stöckhardt 
IH 28: 


chung der Fleischflüssigkeit, von 
Oskar Jacobson 149, 162. 
Phosphorchlorür, über die Zer- 
setzung desselb., von Geuther 
1, 397. 
Phosphoroxycehlorid u. Phos- 
phoroxybromchlorid, üb. d. 
Krystallisationsfähigkeit dess., von 
A. Geuther und A. Michaelis - 

1, 395. 

Phtalsäure-Derivate, v. Aug, 

Faust 1, 402. 
Pikrinsäure unter den Oxyda- 
tionsprodueten des Nataloins, von 
W. A. Tilden 150, 244, 


dasselbe, v. Heinrich Böhnke- 
Reieh 1, 498.538 


Heinr. Böhnke-Reich: Zu 


sätze, v. H. Ludwig 1, 506. 
von‘. We 
Kirchmann 1,5231 


Pilze, essbare nach ihr. Nahrungs- 
wertheete., v. Oscar Siegel 1,85. 
Pinus maritima, Harzgewinnung T. 
v. demselb. in Frankreich (Cap- 23 
breton), v. A. Petzholdt 1, 543. 
Polygonum Hydropiper, das 
wirksame Prineip desselb., v. Ba-r 
demaker 149, 280. 
Pomade Galopeau gegen "Hüh- 
neraugen, von Emil Pfeiffer 
150, 165. 
Porzellanerde, ehinesische‘, von 
v. Richthofen 1 2005 
Potaschebereitung, neues Mate- 7 
rial dazu, von Hazard 1,65. 
Beantwortungen "ders. 
f. d. Lehrlinge für 1870— 1871: 
Beschreibung und Prüfung der im 
Handel vorkommenden Benzo& ete., 
von H. Ludwig 150, 205. 
Propylalkohol, normaler, Syn- 
these desselb. mitt. Aethylalkohols, 
v. Lieben u. Rossi ' 149, 136. 


38 


| 


| 


582 


Protoplasma-Leben, Wirkung 
der Wärme auf dasselbe, v. Crace| 
Calvert 

Pulver, 
desselb. u. d. explosiven Substan- 
zen überhaupt, von Berthelot 

1, 340. 

Puma TE RTT: 

Pyrocatechin, dess. Vorkommen 
im Kino, von F. A. Flückiger 

149, 127. 

Pyrophosphorsäurechlorid, 
ein neues Phosphoroxychlorid, von 
A. Geuther und A. Michaelis 

1, 388. 


0. 


Quecekenwurzel, Bestandtheile der- 
selben, von H. Ludwig und H. 
Müller 150, 132. 

Quecksilber, Beobachtung üb. d. 
Oxydation desselb., v. W. Kirch- 
mann 150, 203. 

Quecksilberoxyd, Einwirkung 
dess. auf Jodkalium, von Carl 
Jehn 19T. 


R. 


Radix Galangae min., Notiz üb. 
d. Mutterpfl. n. H. Fletscher Hance, 
v. H. Ludwig 150, 68. 
Radix Graminis, Bestandtheil 
derselb., v. H. Ludwig und H. 
Müller 150, 132. 
Rainfarnsäure (Tanacetsäure), von 
Trosini Merletta 150, 250. 
Raupenvertilgende Mittel 


150, 50.| 


Reaction, eine interessante (auf 
Kobalt und Nickel), von Carl 
Jehn 149, 198. 

"Rheum, Tinet. aquos. desselben, 
v. R. Mirus 149, 222. 
— v. Levin Enders 15033: 


— y. Schweikert jun. und R. 
Mirus ERS: 
Rhöngebirge, weitere bryolog. 


Notizen aus dems., von Adelbert 


Geheeb 1, 247. 
Reinigung von Fetten, v, Bail- 

lot 149, 278. 
Roggenmehl, 


selben, v. C. Sommer 149, 1. 


Sachregister. = 


| 


| 


Rohseide, üb. E Farbstoff Del 
v. Ent Pfeiffer 13 194. 


149, 166. ‚Rothwein, Studien üb, denselben, 
üb. d. Stärke d. Wirkung | 
‚Rohzucker, 


v. C. Neubauer “ 1, 266. 
die Bestimmung: der 
Zuckerausbeute aus demselb., v. €. 
Scheibler 15 320: 
— Wirkung des Lichtes a. denselb., 
v. Raoult 150.878 
Rubidium, Vorkommen dess. in 
d. Runkelrüben, v. Emil Pfeif- 
fer 150, 97. 


S. 


Salz, das natürliche des Harnes, 
eine d. Aufklärung bedürftige Stelle 
in d. Anfangsgründen der Chemie 
(Elementa Chemiae), von Herm. 
Boerhave, v. C. Ph. Falk 150, 38. 

Salze, Auswitterung derselben in 
Kohlenrevieren,v. Arno A& 1,425. 

— wasserhaltige, Wirkung d. Wärme 


auf die Lösungen derselb., von 
Tichborne 1, 66. 
Salzgehalt des todten Meeres, 
von Oscar Schneider 1, 169. 


Salzhagel am St. Gotthard, von 
A. Kenngott 1, 355. 
Salpetersäure, üb. d. wasserfreie 
und ein neues Salpetersäurehydrat, 


von Weber ins 
— Entdeckung derselb. in Wasser, 
v. Blunt 149, 130. 
Samaderin, von de Vry 1, 80. 
Säulentarirwagen, Abnutzung 


derselb., v. F. Schrage 149, 22. 


Säure, eine neue des Stickstoffs, 
untersalpetrige Säure, v. Edward 
Divers 150, 239. 

Scamonium, v. Gehe 150, 267, 


Schimmelbildung, auf Gummi- 
lösungen, von A. Hirsehberg 
150, 4A. 

Schmelztiegel, Grund der Dureh- 
löcherung derselben, von Emil 
Pfeiffer 149, 25. 
Schnellessigfabrikation und 
Mycoderma aceti, v.C.Som- 
mer ‚149, 46. 
Schwefelecadmium, v. E. Sche- 
ring (chem. Fabr. auf Act.) 
149, 124, 


Untersuchung des-|Sehwefelsäure, freie im Essig z. 


entdecken, v. King 1, 172, 


Sachregister. 583 
Schwefelwasserstoffgas, von/Sublimatbildung in Calomel- 
_ Galletly 149, 265.| pulvern, von G. Vulpius 
— arsenhaltiges, v. Jacob Myers| 149, 178. 

149, 130.Sumbulpflanze, von Kaufmann 
— Zersetzungstemperatur desselben, | 150, 176. 
von Jacob Myers 149, 130.| Suppe, Liebig’sche, v. B. Hirsch 
Schwefelwasserstoffr eaction,| 149, 214. 
ü. d. Anwend. derselb. V Untersuch. | 
auf trocken. Wege, von J. Lan- T. 


dauer 
Scorodosma foetidum, Vor- 
kommen derselb. im turkest. Ge- 
biete, von Leutner 1, 185 
Seifen, Kali- oder Schmier-, 
ihre Verfälschungen u. 


b. Gebrauche entstehend. Nach- 
theille, von Hermann Vohl! 
1, 141.| 


Sel Boergrave, belgische Spe- 
eialität, von Emil Pfeiffer 
149, 26. 

Sennesblätter, d. wirksame Prin- | 
eip derselben., v. Bourgoin u.| 


Bouchot 149, 177.| 
Siebböden aus Pergamentpapier, 
‚von Levin Enders 1, 58. 


Silbersalpeter, krystallisirt., dess. 
Verwendung zu photogr. Bädern, 
v. E. Schering (chem. Fabr. a. 
Act.) 149, 125. 


1, 344.| 


die daraus 


Thee, ehines., über die Bereitung 
u. d. Eigenschaften der verschied. 
Arten dess., v. E. Porter Smith 

150, 84. 

— verfälschter 149, 178. 

—, Opium u. d. Cultur d. Cincho- 
napflanzungen in Ostindien 1, 338. 

Theer, gezuckerter, von Roussin 

149, 177. 

‚Terpenthinöl, Verwandlung dess. 
in Cymol, v. Oppenheim 1, 347. 

Tinetur. Boleti purp,, Versuche 
m. derselb., v. Heinr. Böhnke- 


Reich 1,72924 
|— Rhei aquos., von R. Mirus 
149, 222, 

— v. Levin Enders ROHR 


— Rhei aq., Zusatz v. R. Mirus, 


Sonnenlicht, Wirkung desselben 
auf Petroleum, von Grotowsky| 


149, 75.| 
— Wirkung desselb. auf Olivenöl, | 
v. Luigi Moschini 150, 73. 


Spitzbergen’s miocene Flora, von 
©. Heer 150, 174. | 
Stäbchen, haltbare aus Zinkchlorid | 


149, 176. 
Standardgold, von Chandler 
Roberts 170.22 


Stanniol aus französischer Werk- 
stätte, von E. Pfeiffer 149, 22. 


Steine, künstliche u. Marmorkitt 
Ransome’s, von A. Hirschberg 
150, 42, 


Steinkohlen, Heizkraft u. Schwere 
derselben 47/177 


— u. Hüttenrauch, Untessuch. ü. 
d, schädlich. Einwirk. desselb. auf 


d. Pflanzenwachsthum, v. Adolf 
Stöckhardt 11827, 
Storax, von Otto Faeilides 


150, 150, 


v. H, Schweikert jun. 1, 53. 
Tinte, von Otto Faecilides 
150, 15T- 
Trauben- und Obstwein, zur 
Unterscheidung derselb., v. F. F. 
Mayer 1, 324. 
Trinkwasser, Veränderungen des- 
selben, von Julius Müller 
149, 27. 
Trüffel, von v. Schlechtendal- 
1, 310. 
V 


Valeriansäure, normale, von Ad. 
Lieben u. A. Rossi 149, 267. 
Vanillsäure, v. Carles 150, 249. 
Verbreitungsmittel der Compo- 
sitenfrüchte, von F. Hildebrand 
149, 175. 

Vergiftung mit Argentine, einem 
Versilberungsmittel, v. G. Mar- 


tius u. A. Buchner 150, 173. 
Versilberung von Glas, von R. 
Siemens 150, 233. 


38* 


W. j 


Wachtelweizen, Chromoglykosid 
desselb,v.H. Ludwigu.H. Mül- 
ler 149, 6. 

Wärme, Wirkung derselb. auf d. 
Lösungen wasserhaltiger Salze, v. 
Tiehborne 1, 66. 

Wasser, gleichzeitige Destillation 
desselb. u. gewisser in Wass. unlösl. 
Alkohole, v. Pierre u. Puehot 

1, 73. 

— Härtebestimmung dess., 150, 235. 

— Nachweisung und Bestimmung 
organ. Stoffe in demselb., von H. 
Fleck 1, 164. 


Wasserpest, sogenannte (Elodea 


eanadensis), m. 2 Taf., v. Paul 
Horn 150, 51. 
Wasserstoffzasflamme, von 
Barnet 1, 330. 


Watte, jodirte, v. Mehu 149, 176. 
Weine, Untersuchung deutscher u. 
ausländischer, von G. Glässner 
149, 117. 
zur Unter- 
von P. E, 
1, 324.| 


— Trauben- u. Obst-, 
scheidung derselben, 
Mayer 


Literatur und Kritik. 


Weintrauben, das Reifen derselb. 
v. C. Neubauer 1, 84. 182: 
Wiesengräser, üb. d. Ernährung 
derselb. in Fluss- und Brunnen- 
wasser, v. Alb. Bayer 1, 312. 
Wirkung des Lichtes auf Rohr- 
zucker, v. Raoult 150, 73. 
— der Wärme auf das Protoplasma - 


Leben, von Craee Calveıt 
149, 171. 
2. € 
Xylol, v. E. Schering (chem. 
Fabr,. a. Actien) 149, 120. 
Z. 
Zinceum sulfo-carboliecum, von 
Gehe 150, 267. 
Zinkehloridstäbe, haltbare, 
149, 176. 


Zuekerausbeute, Bestimmung der- 
selben aus Rohzucker, von C. 
Scheibler 1, 320. 

Zwisehenvorgänge, bei d. Entw. 
v. Kohlenoxydgas a. Ferrocyanka- 
lum d. cone. SO3, von Carl 
Jehn 150, 148. 


I.. Literatur und Kritik. 


Andrä, Dr. €, J.ete., Verhandlun- 
gen d. naturhistorischen Vereins‘ 
d. preuss. Rheinprovinz u. West- 
phalens, angez. von Dr. Löhr] 

1, 190. 278.| 

Anzeigen 149, 283. 150, 95. 150, | 
231. 1, 96. 288. 384. 480. 572. | 

Brotherus, V. F., Sammlungen, | 
angez. v. Adelb. Geheeb 1493, 96.| 

Büchner, Prof., plastische Pilze, | 
herausgeg. v. A. v. Lösecke u. F.| 
A. Bösemann. Hildburghausen, | 
angez. v. E. Hallier 1, 570. 

Droguen-Bericht, v. Bump und| 
Lehner’s 1, 379.! 

Druckfehler 149, 283. 

Duflos, Adolf, Dr. d. Mediein etc. 
Handbuch d angew., pharmaceut.- 
und technisch-chem. Analyse, als 
Anleit. z. Prüf. chem. Arzeneim. | 
u, z, Visitat. d. Apoth., wie als 


Wegweiser z. Untersuch. u. Beurth. 
von d. Pharm., d. Künsten, d. 
Gewerb. und d. Landwirthsehaft 
angehörend.. chem. Präpar. und 
Fabrik. eie. Ferd. Hirt, Königl. 
Univers. u. Verl.-Buchhandl. Bres- 
lau, 1871. XXIV. u 4328. Krit. 
v. R. Kemper 1, 187. 
Erdmann-König, Grundr.d.allgem. 
Waarenkunde Zum Gebrauch für 
Handels- u. Gewerbeschulen, sowie 
z. Selbstunterrichte, entw. v. Dr. 
Otto Linn Erdmann, weil. ord. 
Prof. d. Chem. a, d. Univ. Leipz. 
7. völl. umgearb. Aufl. v. Dr. Crist. 
Rud. König., angez. v. H. Lud- 


wig 150, 181. 

Goullon, Dr. Geh. Medieinalrath, 
Erklärung. (Erstes und letztes 
Wort) 


1, 558, 


tr. At 


Hager, Dr. Hermann, Untersu- 
ehungen. Ein Handbuch der Un- 
‚tersuchung, Prüfung und Werth- 
bestimmung aller Handelswaaren, 
Natur- u Kunsterzeugnisse, Gifte, 
Lebensmittel, Geheimmittel ete. 
Mit zahlr. Holzschnitten. 1 inel 
VL Liefr. Breslau, Ernst Gün- 
ther’s Verl. 1870. Kritik v. B. 
Kemper 1, 478. 

Henkel, J. B., die Elemente der 
Pharmacie, berausgeg. unter Mit- 
wirkung v. G. Jäger und W. Stä- 
del, 2. Theil Allgem. u. medie.- 
pharmae. Botanik. Bearb. v. Dr. 
J.B. Henkel Leipz. 1873. 486 S. 
8., angez. v. E. Hallier 1,571. 

Herbarium normale plantarum ofü- 
einalium et mereatorium. Nor- 
malsammlung d. Arznei- u. Han- 
delspflanzen i. getrockneten Exem- 
‚ plaren, enth. eine Auswahl von 
Gewächsen d. In- u Ausland. ete., 
angez. von A. de Bary 1, 286. 


_ Literstur und Kritik, 


'A. v. Lösecke und F. A. Böse- 
mann, Deutschlands verbreitetste 
Pilze oder Anleitung zur Bestim- 
mung d. wichtigsten Pilze Deuisch- 

lands und der angrenzenden Län- 

der; zugleich ale Commentar der 
fortgesetzten Prof. Büchner’schen 

Pilznachbildung. 1. Bäch. Die 

Hautpilze, angez. v. E. Hallier 

149, 188. 
— Kryptogamen-Herbarium. 

1. Liefer.: Filiees, Lyeopodiaceae, 

Equisetaeeae. — Phaneroga- 

men-Herbarium. 1. 

Gramineae. 2. Liefer. Cyperaceae, 

Juneaceae. Hildburghausen. Selbst- 

verlag, angez. v. Hallier 149, 188. 

Meitzen, Dr., Erwiderung über 
Euchlorin 149, 93. 

R. Mirus u H. Ludwig, Zusatz- 

bemerkung zur Erwiderung über 
Euchlorin 

Osterbind, J. B., Beiträge zur 

Stöchiometrie der physikalischen 


Hirsch, B., Apotheker zu Grünberg Eigenschaften der Körper. Olden- 
i/Schl., Verzeichniss der, von der burg 1871. Gerh. Stalling. 58 8. 
Pharmac. Germanica, der letzten gr. Oet. Krit. von R. Kemper 
Ausg. d. Pharmac. Borussie. (und 1, 88. 


d. Schacht’schen Appendix) gegen- 
über eingeführt. Aenderungen und 
Neuerungen 1, 358. 
Hofmann, Aug. Wilh., die orga- 


nische Chemie und d. Heilmittel-' 


lehre. Rede z. Feier d, Stiftungs- 
d. med.-chir.Fried.- Wilh. - 


Instit, u. d. med.-ehir. Acad. f. das: 


Milit., am 2. Aug. 1871 gehalt. Berl. 
1871, angez.v.H. Ludwig 149,183. 
Jahrbuch für Balneologie, Hydro- 
logie und Klimatologie. Herausg. 
von Dr. Heinr. Kisch., angez., v. 
Dr. Kemper 
Kolb, Dr. C., 
neimittellehre. 2. vermehrte und 
verb. Aufl. Brusch. 1872. Schmal. 
Oet. Verl. v. Frieär. Wreden 3808. 


Krit. v. Dr. Theile 150, 271.| schen Handverkaufs-Taxe f. Apo- Ri 
Lender, Dr., das atmosphärische| theker. (2. Aufl. 1869). Angez.v 
Ozon, nach Messungen in Marien- Dr. RB. Mirus 149, 262. 7 


bad, Kissingen, Mentone, Meran 


150, 191. 
Grundriss der Arz-| 


Otto, Dr. Fr. Jul, weil. Medie. 
rath u. Prof. d. Chem. in Brnsehw. 
Anleitung zur Ausmittelung der 
Gifte u. z. Erkennung d. Blut- 
4. Aufl. verb. ete. v. Dr. Bobert 

Otto, angez. 

150, 189. 


Payen’s, A. Handbuch d. techn. 


« Chemie. I. Bi. 2. Liefr., bearb. 


v. C. Engler. Angezeigt vnH 
150, 274 
— Handb. d. techn. Chemie. I.Bd. 
1. u. 2. Liefr., bearb. v. F. Stoh- 
mann. Angez. von H. Ludwig 
277: 


Ludwig 


| 150, 
|Preisveränderungen pro 1812 


Fr 


Liefer. 


fleeke bei gerichtl. ehem. Untere. 


149, 95. ° 


von H. Ludwig 


 "Gratis-Beigabe zur Hartmann’ 


'Pritzel, G. A., Thesaurus literatu- > 


“u 
.% 
SE , 
z 


und Wiesbaden. Dr. v. Reimer in | 
Berlin 1872, angez. v. H. Lud- 


wig 1, 561.| ad nostra usque tempora, quinde- 
Liebe, J. Paul, ä über, eim millia opera recensens. Edi- 
iebig’s ittel 149, 191.) | 


tio nova reformata. Fascieulus 1, 


» 


ER 


# 


58 


ar 


Bee 1-10 ei ia, 
F. A. Brockhaus 1872. 4. 808, 
‚angez. v. E. Hallier 149, 282. 


Pritzel, G. A., Thesaurus Kteratır. 


botan. omnium gentium ete. Fasc. 
IT—IV, Lips. 1872, angez. v. 
E. Hallier FINDE 


Pfeiffer, L., Synonyma botanica 
locupletissima Generum, Seetionum 
vel Subgenerum ad finem anni 
1853 promulgatorum. Vollstän- 
dige Synonymik - der bis zum 
‚Ende des Jahres 1858 publieirten 
botanischen Gattungen, Untergat- 
tungen und Abtheilungen. Zu- 
gleich systematische Uebersicht d. 

ganzen Gewächsreiches, mit den 
neueren Bereicherungen u. Berich- 

 tigungen n. - Endlicher’s Schema 
zusammengestellt. Cassel 1870. 
Theodor Fischer. 8. 672 8. angez. 
v. E. Hallier 149, 281, 

‚Qua rizius, C. G., künstliche Dar- 

stellung aller sangbar. mussirend. 


Getränke, sowohl der Schaum - 
Weine, wie auch der Mineralwäs- 
ser ete. 3. Aufl., bearb.: von N. 

- Gräger. Kritik von R. Mirus 
149, 85. 

Riehter, Dr. Herm. Eberhard, 


Prof. d. Medic. a. D., Abgeordn. 
-d. Dresdn. ärztl. Kreisv. z. d. K. 
S. Landesmedic. Colleg. Das Ge- 
heimmittelwesen, nebst -Vorschlä- 


» 


III. Autorenregister. 
A. B. 
A&, Arno 5 die tiefste Kohlengrube |Baillot, Reinigung von Fetten 
1, 425. 149, 278. 
—— eng von Salzen in|Barkhausen, G. H., gestrichene 
Kohlenrevieren 1, 425.| Püaster 15:120.77 


Agassiz, Nutzen der Fische als 


Nahrungsmittel 1, 186. 
Allen, C 1. #.;;2.die Metazinnsäure 
Et 150, 242. 
— — . (assius scher Goldpurpur 
150, 243. 
Aubert, die wirksamen, Bestand- 


. Aufovenregister. 


gen z. dess. Unterdrückung. 4 


= 


v. Schwarzkopf, 


Aerzte. 
d. unorgan. Naturreiche. Leipz. 
u. Heidelberg, C. F, Winter’sche 


Verlagbh. 1871. 8. Krit. v. Dr. 
Theile 1.89. 
Ulrich, Dr. Wilhelm, Interna- 


tionales Wörterbuch der Pflanzen- 


englischer u. französicher Sprache. 
Zum Gebr. für Botaniker, insbes. 
für Handelsgärtner, Landwirthe, 
Forstbeflissene und Pharmaceuten. 
(Mit deutschem, franz. und engl. 


Pflanzennamen in lateinisch. ete. 
Sprache ete. 1872. Kritik von E. 
Hallier 1, 572. 
Weddell, H. A., Uebersicht der 
Cinchonen. Deutsch bearbeitet v. 
Dr. F. A. Flückiger, Prof. a. 
d. Universit.. Bera. Schaffhausen 
und Berlin 1871. 5. 43 8., angez. 
v. E. Hallier 149, 189. 
Wiederabdruck eines Circulars, 
v. E. Merk in Darmstadt 150, 281. 


— — üb. .d. Verwendung von Kali- 
seife zur Bereitung des Seifenspi- 
ritus u. flüssig. Opodeldocs 1, 289. 

Barnett, über die Wasserstoffgas- 
flamme 5 154350; 

de Bary, A., Anz. v. Herbarium 
normale plantarum offieinalium et 


'theile des Kaffee’s 1, 321, 


mercatorinm, Normalsammlung d, 


Lpz. 
Verl. v. Otto Wiegand 1872. . 8 
7 Bog., angez. von H. Ludwig 
150, 89. 
Archimedes 
Prof. ’ete., Handbuch der Pharma- 
cognosie und Pharmacologie für 


I. Theil: Arzneimittel a.- 


namen in lateinischer, deutscher, . 


Titel). Leipz. 1871, angez. von 
E. Hallier 149, 191. 
— — International. Wörterb. der 


wur: 


Autorenregister; 587 


Arznei- u. Handelspfl. i. getr. 
Exempl. ete. 1, 286. 
Baumhauer, Heinrich, Erstar- 
rungspunkt des wasserfreien Broms 
149, 36. 

Bayer, Alb., die Ernährung von 
Wiesengräsern in Fluss- u. Brun- 
nenwasser 1, 312. 


— — die Zersetzung des Feldspa-| 
thes unter dem Einflusse von Salz- 


lösungen und anderer 
Agentien 150, 193. 
de Beaumont, Elie, Geologie d. 
Mont - Cenis 150, 69. 
Becker, ©., Vergiftungs-Erschei- 
nungen in Folge des Genusses von 
Haferbrodu.deren Ursache 149, 128. 
Beilstein, F., über d. Nachweis v, 
Chlor, Brom und Jod i. organ. 
Substanzen 
Le Bel, Producte der Destillation 
des Erdpechs von Pechelbronn 


einiger 


1, 75.| 


1,-265.| 


|Bouehot u. Bourgoin, das wirk- 


| same Prineip der Sennesblätter 


149, 177. 


‚Bourgoin, Erkennung von Nitro- 
|  benzol im Bittermandelöl 150, 244. 
|\— und Bouchot, das wirksame 
| Prineip der Sennesblätter 149, 177. 
ıBoussingault, eine süsse Aus- 
schwitzung (Miellie, Honigthau) 
a. d. ob. Fläche der Blätter einer 
grossblättrigen Linde 150, 250. 
Br. (Brunner?) F., Prüfung des 
|  Chinins auf einen etwaigen Mor- 

phingehalt 1, 465. 
‚Braughton, das äther. Oel von 

Andromeda Leschenaultii 149, 279. 


Buchner, ©., das Meteoreisen v. 


Grönland Ic 
— A. u. Martius, G., Vergiftung 
m. Argentine, einem Versilberungs- 


| mittel 150, 173. 
‚Bühlingen, Enthaarungsmittel 
Busma (Rhusma!) 150, 166, 


— — u. Müntz, der Farbstoff des! 


Erdpechs v. Pechelbronn 1, 76. 
Berthelot, Chlorbenzoil, ein neues 
Reagens auf Weingeist 150, 169. 


— über die Stärke der Wirkung d.| 


Pulvers u. d. explosiven Substan- 
zen überhaupt 1, 340. 


Beyer, Ad., ü. einige Bestandtheile 


des gelben Lupinensamens, 1, 40. 
Biltz, E., Weiteres zur Chlorime- 
trie mittelst schwefelsauren Eisen- 


oxydulammoniaks 149, 97. 
— — die englische Alkali- Acte v. 
1863 149, 179. 


Blunt, Entdeckung von Salpeter- 
säure im Wasser 149, 130. 
Böhnke-Reich, Heinrich, die 
Antiseptica 1,.299. 
— — Fermentoleum aus Sauerteig 
(v. Roggenmehl) 1, 234. 
— — Versuche mit Tinet. Boleti 
purpur. 1, 232. 
— — Untersuchungen über d.Pikro- 
toxin 1, 498. 
Böttger, Prof., dirette Versilbe- 
rung v. Gusseisen auf galvanisch. 
Wege 1, 65. 
— Rud. und Petersen, Theodor, 
einige Stickstoffverbindungen des 
Anthrachinons 1, 219; 
Bouchardat, Milchzucker als Be- 
standtheil e. Pflanzensaftes 150, 251. 


Ö. 


Crace, Wirkung der 
Wärme auf das Protoplasma - Le- 
| ben 149, 171, 
\Carles, Veränderungen der China- 
basen i. d. Chinarinden d. mecha- 
nische u. physikalische Einflüsse 


|Calvert, 


1, 323. 
— Vanillsäure 150, 249, 
Chandler, Roberts, Standard- 

gold 1,72. 


Close, Kaffeeräucherkerzen 1, 556. 
Cohn, Ferdinand, über Bacterien 


149, 166. 
Creuse, Jodmangansyrup 1, 556, 


D. 


Deacon, Darstellung von Chlor im 
Grossen 150, 238, 
Divers, Edward, über eine neue 
Säure des Stickstoffs, die untersal- 
petrige Säure 150, 239. 
Dolbeac, neue Darstellungsmethode 
d. Kalium 1,. 535. 
Dragendorff, über einige in Tur- 
kestan gebräuchliche Heilmittel 
1, 467. u, 545. 

Drechsler, E., Bauxit (Wocheinit) 
aus d,. Wochein in Krain 1, 69, 


„19 . “ 
=‘ = ar ne, 
DENE TR ER A ET LE 


I. 
| 2 ie 


{ B 
TUN 


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Li 


re 


nz 


588 
Dumas, Verbrennung des. Koblen- 
stoffs durch Sauerstoffgas 1, 66. 
Dupre, Elimination des Alko- 
hols aus d. thierischen Organismus 
1,86. 
Düuguesnel, üb. Aconitin ib, eh 
E. | 
Endemann, Conservirung v, Fleisch 
1, 80.) 
Enders, Levin, Aufbewahrung d. 
Blutegel 1,58. 
— — ü. Deeoct. Salep Ieran: 
 — — ü, Extracte rd 
— — ü. Mutterkorn i.. d. Gerste 
1.998. 
— — ü. Siebboden aus Pergament- 
papier 1059: 
— — ü. Tinct. Rhei ag. 1, 53.) 


Erlenmeyer, E., Darstellung von 


absolutem Alkohol 149, 135. 
F. 

Facilides, Otto, Aqua chlorata 

150, 151. 

— — Carbolsäure 150, 149. 


- — — Empl]. adhaes. extens. 150,150. 
— — d.Eisenquellez. Pausa150,154. 
-—- — Storax 150, 150. 
er Mintel 150, 151. 
Fairthorne, Robert, Bemerkung. 
üb. Chloralhydrat 150, 71.| 
Falck, C. Ph., eine der Aufklärung | 
bedürftige Stelle in den Anfangs- 
gründen der Chemie (Elementa 
Chemiae) von Hermann Boerhave, 
über d. natürliche Salz d. Harns 
150, 38. 

Falieres, Prüfung von Bromka- 
lium, Darstellung von reinem Brom | 

. und Bromkalium 1, 68. 
Faust, Aug., über Phtalsäurederi- 
‚vate : 1, 402. 
— u.Saame, E., über Naphthalin- 


derivate 1, 409. 
‘Fedtschenko, offieinelle Pflanzen 
in Turkestan 1, 83. 


Ferrer, Conservirung d. Kuhlymphe 
1, 334, 
wlec k, H., Nachweisung u. Bestim- 


mung organischer Stoffe im Was- 
ser 1, 164. 
Flückiger, F. A.,ü. ein. Reactionen 
d, Chinins u. d. Morphins 3,241.) 


‚Autorenregister. 


Flückiger, F. A., die krystallini- 
schen, bittern u. farbigen Bestand- 
theile der Aloe 

— — China alba v. Payta 149, "240. 

— — China euprea 149, 244. 

— — Notiz über die Fichenmanna, 
von Kurdistan “150, 159. 

— — die Koloquinthe als Nähr- 
pflanze 1, 235. 

— — chines. Pfefferminzöl 149, 279. 


|— — die Frankfurter Droguen-Liste 


aus d. 15. Jahrh. 1, 433 u. 508. 
— — Erörterungen zur Pharmaco- 
po&a helvetica 1, 416. 
— — Vorkommen von Pyrocatechin 
im Kino 149 12T 
Frank, die Ursachen der Färbung 
im Pflanzenreich 1, 180. 
Fruh, Conservirung v. Ol. Aurant. 
u. Ol. Citri 149, 83. 
&. 

Galletly, _Schwefelwasserstoffgas 
149, 265. 

Gehe, Droguenbericht, Notizen üb. 
China-Cultur, China- Alkaloide, 
Atropin, Belladonnin, Hyoseyamin, 
fossiles Kautschuk, Gutta- Balata 
Scammonium u. Zincum sulfo - car- 


bolie. 150, 267. 
— u. Comp., noch einmal Condu- 
rango 1, 272. 
Geheeb, Adelbert,. Castoreum 
bavaricum 149, 57. 
— — weitere “bryolog, Notizen a. d. 
Rhöngebirge 1, 247. 


— — Anz. üb. die Sammlungen, v. 
V. F. Brotherus 149, 96. 
Geuther, üb. d. Phosphorchlorür 
"139€ 

-- — u. Michaelis, A., ein neues 
Phosphoroxychlorid, das Pyro- 
phosphorsäurechlorid 1, 388. 
— — — die Krystallisationsfähig- 
keit d. gewöhnlichen Phosphor- 
oxychlorids u. .des Phosphoroxy- 


bromchlorids 1, 395. , 
Gladstone, Qlassifieation d. äther. 
Oele 150, 248. 


Glässner, G., Untersuchung deut- 
 scheru. ausländisch. Weine 149, 117. 


— — Eigenschaften, Prüfung und. 


Nachweis. ein. häufig. vorkommend. 
fett. Oele d, Pflanzenreichs 149, 201, 


ERBE, 


von Glasstöpseln in Paraffin oder) — — über Chininprüfung 149, 220. 
ähnliche Fettstoffe 149, 221.|— — Opiumextract u. ÖOpiumunter- 
Goullon, Erklärung. (Erstes und| suchung 150, 36. 
letztes Wort) 1, 559.|Heer, O., die miocene Flora Spitz- 
Grotowsky, Wirkung des Sonnen- bergens 150, 174. 


lichtes auf Petroleum 149, 75. 
Grünzweig, C., Buttersäure ver- 
schiedenen Ursprungs 149, 154. 


H. 


Häcker, Ludwig, das Maisbier 
15,122. 
Hallier, E., Anz. v. L. Pfeiffer, 
Synonym. bot. locupletiss. Gen., 
Sect. v. Subgen. ad fin. anni 1858 
promulgat. Vollständige Synony- 
mik d. b. z. End. d. Jahr. 1858 
publie. bot. Gatt., Untergatt. und 
Abth. Zugleich syst. Uebers. d. 
ganz. Gewächsreiches m. d, neuer. 
Bereicher. u. Berücksicht. n. Endl. 
Schem. 149, 281. 
— — Anz. v. G. A. Pritzel, The- 
saurus literat. botan. omn. gent. 
ind. a rerum botan. initiis ad 
nost. usqu. temp. 149, 282. 
— — Anz. v. @.A. Pritzel, Thesaur. 


literat. botan. omn. ‘gent. Fasec. 
II—IV. Lips. 1872 1, 572. 
— — Anz. v. A. v. Lösecke u. FE. 


A. Bösemann, Deutschlands ver- 
breitetste Pilze etc. 149, 188. 
Or —n .Anz. v. A. v. Lösecke u. F. 
; - A. Bösemann. 1) Kryptogamen - 
Herbarium. 1. Liefer. Fil., Lycopod. 


und Equiset. 2) Phanerogamen - 
5: Herbar. 1. Lief. Gramin, 2. Lief. 
 . Cyperac. u. Juncae. 149, 188, 
0. — Anz. v. Prof. Büchner’s "plast. 
2". Pilzen 1,570, 
0 Anz. v. J. B. Henkel’s Ele- 
> mente der Pharmac. 1,574, 


 —— — Anz. v. Dr. Wilhelm Ulrich’s 


2 j Internationales Wörterbuch der 
Er: Pflanzennamen in lat. ete. Sprache 
Er 149, 191. 
0. dasselbe 1872, 1, 572. 
3  —— — Anz. v. H. A. Weddell. Ueber- 
Fin sicht der Cinchoneen. Deutsch 
EL bearbeitet von Dr. F. A. Flücki- 
Wu: 5 ger 149, 189. 
E.: Hazard, ein neues Material für 

_ - Potaschebereitung 1, 65. 


nis, G., über das Einlassen Meintz, E., üb. Extraete 149, 219. 


Arch. d, Pharm, III, Reibe. I, Bds, 6. Heft. 


Hesse, O., Beitrag zur Kenntniss 
der Opiumbasen 150, 7. u. 102. 
— — Chinamin, ein neues China- 


alkaloid 150, 203, BA 
— — Gehalt der China cuprea an Ü 
Chinaalkaloiden 150, 252. 


Hildebrand, F., die Verbreitungs- 
mitteld. Compositenfrüchte 149,175, 
Hirsch, B., üb. Liebig’sche Suppe BR: 
19, a1 
— — Verzeichn. der, von d. Pharm, 
German., der letzt, Ausg. d. Pharm. 
Boruss. (u. d. Schacht’sch. Append.) . 
gegenüber eingeführt. Aenderungen 


u. Neuerungen. 1, 358. 
Hirschberg, A., über Charta ni- 

trata 1495 230005 
— — die Borsäure als Conservi- 


rungsmittel für Milch und Bier 
150742 

— -— üb. d. Einrichtung u. d. Be- 
trieb der Fabrik f. aufgeschloss. 
Guano d. Herren Ohlendorf und 
Comp. i. Hamburg 150, 47. 
— — über Ransome’s künstliche 
Steine u. Marmorkitt 150, 42. 
— — gegen Schimmelbildung auf 
Gummilösungen 150, 4a 
— C., Decoct. Salep. 1, 309. 
Ho A Entdeckung u. Bestimmung Er 
v. Paraffin in Stearinkerzen 1, 541. 
Hooibrenk, Daniel, Characterio. 
sirung der gewöhnl. Alleebäume 
8 


Hoppe-Seyler, 
des Bienenwachses 

— — das zuckerumsetzende, glyko- 
sebildende Ferment der Bierhefe 


d. Blüthe von Elodea canadensis, 
mit Abbild. 1, 436... 09% 
— — Morphologie der sogenannte Re 
Wurzelzwiebeln, bei Gagea ste- 2 
nopetala Rechb. 1, Br ne 


39 


uk 


Autorenregister. 


Houzeau, Apparat zur Darstellung]Kemper, R., Kritik von Oster- 


590 
von Ozon 150, 238. 
Howard, Chiniein und Cinehonicin 
3, 109. 


— J. Eliot, Notiz über eine neue 
Cinchona species a, d. Prov. 
Ocanna in Neu-Granada 150, 179. 

Hüber, üb. d. nachtheilige Einwir- 
kung d. Leuchtgases auf Menschen, 

. Thiere u. Pflanzen 16 1335: 

Husson, M., Analyse der Milch v. 
rinderpestkranken Kühen 1, 334. 


J. 


Jacobson, Oskar, üb. d. ind. Ge- 
ranıumöl 150, 74. 
— — Untersuchung der ‘ Fleisch- 
füssigkeit von Phocaena communis 
149, 162. 

Jehn, Carl, über d. Babingtonit v. 
Herbornseelbach in Nassau 149, 193. 
— — arsenhalt. Flusssäure 1, 481. 
— — über den Euxenit von Hit- 
tero& 150, 1. 
— — Einwirkung von Quecksilber- 
oxyd auf Jodkalium a 
— — eine interessante Reaction (a. 
Kobalt u. Nickel) 149, 198. 
— — Zwischenvorgänge b. d. Ent- 
wickelung von Kohlenoxydgas aus 
Ferrocyankalium d. cone. 80° 
150, 148. 

Jobst, Julius, das einheimische 
Opium von 1871 1, 81. 
— — Opium u. asiatischer Mohn 


1, 542. 
Jungmann, Arbutin in fol. Uy. 
ursi 149, 73. 


K. 


Karsten, üb. gesundheitsgefährliche 
Exhalationen der Pflanzen 1, 325. 
Kaufmann, die Sumbulpflanze 
- 150, 176. 
Kemper, R., Kritik v.Duflo’s Handb. 
d. angewandt. pharmaceutiseh- u. 
 techn.-chem. Analyse 1, 187. 
.— — ü. Kamala 19 18: 
 — — Anz. d. Jahrb. für Balneolog., 
Hydrolog. und Klimatologie, von 
Dr. Heinr. Kisch 150, 191. 
— — Krit. v. Dr. Herm. Hager’s 
Untersuchungen 1, 478, 


bind’s Beiträge zur Stöchiom. d. 
physik. Eigensch. d. Körp. 1, 88. 
Kenngott, A., Salzhagel a. St. 
Gotthard 1, 355. 
King, freie Schwefelsäure im Essig 
zu entdecken 1, 172. 
Kirchmann, W., eine Beobachtung 
über die Oxydation d. Quecksilbers 
150, 203. 

— — u. Feuervergoldung 1, 232. 
— — Pillen a. Eisenoxydul 1, 231. 
Kny, Einfluss d. Leuchtgases auf d. 
Baumvegetation 1, 277. 
Kostka, F,, Bereitung von Blei- 


pflaster 149, 119. 
Kraus, üb. d. Winterfärbung der 
Blätter 1, 264. 


Kummer, Paul, Lichenologischer 
Felsenteppich 149, 171. 


L. 


Landauer, J., üb. die Anwendung 
d, Schwefelwasserstoffreaetion bei 
Unters. auf trocken. Wege ‘1, 344. 

Landolt, H., Bromwasser ein Rea- 
gens auf Phenol, Anilin, Toluidin 
und Alkaloide 149, 67. 

Laud, Campherpulver 150, 244. 

Lenssen, F., chem. Unters. der 
Beeren v. Berberis vulg. 150, 167. 

Leutner, Vorkomm. v. Scorodosma 
foetidum i. turkest, Gebiete 1, 185. 

Liebe, J. Paul, Erklärung über 
Liebig’s Nahrungsmittel 149, 191. 

Lieben, Ad., Linnemann, Ed. 
u. Rossi, Umwandelung v. Amei- 
sensäure in Methylalkohol 149, 134. 

— — u. Rossi, Synthese d. normal. 
Propylalk. mitt. Aethylalk.149,136. 

— — üb. normalen Amylalkohol u. 
normale Capronsäure 149, 273. 

— — üb. den normalen Butylalko- 


hol u. seine Abkömmlinge 149,138. 


Lieben, Ad., u. Rossi, A., über 
"normale Valeriansäure 149, 267. 
Linnemann, Ed., Lieben Ad, 
u. Rossi, Umwandelung v. Amei- 
sensäure in Methylalkohol 149, 134, 
Löhr, Anz. v. Verhandl. d. natur- 
historischen Vereins d. Rheinprov. 
u, Westphalens 1, 190 u. 279. 
Ludwig, H., Bericht üb, die Be- 
antwortungen der Preisfrage f, die 


_ Be- 
Ei Bo, u. er d. im En 
‚del vorkommenden Sorten Benzot- 
‚harz, nebst genauer quantitativer 
Bestimmung d. darin vorkommen- 
den Benzo&säure und Zimmtsäure 
& 150, 205. 
Ludwig, H., Chromogen des Bo- 

letus cyanescens und anderer auf 

frischem Bruche blau werdenden 


en | 


Pilze 149, 107, 
; — — über ein Chromo - Glykosid i. 
Wachtelwaizen 149, 6. 


— —— Erstarrungspunkt des wasser- 
freien Broms, nach Baumhauer 
149, 36. 
— — Anz. v. Das Geheimmittel- 
wesen, nebst Vorschlägen zu dess. 
Unterdrückung, von Dr, Herm. 
Eberh. Richter 150, 89. 


— — Gewinnung metall. Antimons, 
nach R. F. Smith 149, 56. 
— — Anz. v. Aug. Wilh. Hofmann, 
die organische Chemie u. d. Heil- 
mittellehre; Rede etc. 149, 183. 
_— — Untersuchung von Honig auf 
riechende und färbende Bestand* 
theile 1, 423. 
— — über das Verhältniss der Be- 
standtheile_ d. Aschen von ver- 
schiedenen Theilen des (brasil.) 
Kaffeebaums zu denen der Kaffee- 
bohnen 1, 482. 


— — Anz. v. Erdmann König, 
Grundriss der allgemein. Waaren- 
kunde 150, 181. 
— — üb. die Bestandtheile d. Sa- 
mens d. gelben Lupine 1, 494. 
— — Anz. v. Dr. Lender’s Schrift 
„das atmosph. Ozon“ 1, 561. 

— — üb. d. Prüfung fett. Oele 1,1. 
 — — Anz. v. Dr. Fr. Jul. Otto 
r Ausmittelung der Gifte 150, 189. 
— — Anz. v. A. Payen’s Handb. 
d. techn. Chem. II. Bd. 1 und 
2. Liefr. bearbeit. von F. Stoh- 
mann 150, 277. 
— — Dasselbe. 2. Liefr. 
: 150, 274. 
— — noch einmal Pausa 150, 157. 
 — — Pflanzenwachs ;, 193. 


I. Bd. 


x  — — Notiz über die Mutterpfl. von 
2 Rad. Galang, min., n. H, Flet- 
0 seher Hance, 


150, 68. 


Ind wi £, M, Ubesncht a. Alcaloide 
‚der Papaveraceen, n. d. neuesten 
Vervollständigungen 15.38. 

— — Zusätze zur Abhandlung "über 
Pikrotoxin von Böhnke-Reich 

1, 506. 

— — u. Mirus, R., Zusatzbemer- 
kung zur Erwiderung üb. Euchlo- 
rin 149, 95. 

-— 92 Müller, H.die Bestand£ ; 
theile der Queckenwurzel (Rad. 
Gramin.) . 150, 132. 

— — u. Scheitz, E., über die 
Bestandtheile der süssen Mandeln 

1, 420. 


M. 


Maisch, eyanwasserstoffsaures Mor- 
phin 149, 71. 
— — Entdeckung von Curcuma als 
Verfälschung der Rhabarber und 
gelben Senfs 149, 82. 
— — indische Gummi-Nüsse 149, 82. 
— — Monobromcampher 1, 539. 
Märker, Max, das Hollefreund’- 
sche Maischverfahren beim Brenn. 
reiprocess 1,3 
Martius, G. und Buchner, fi 
Vergiftung m. Argentine, 
Versilberungsmittel 150, 1 
Massul und Rabuteau, eyansau 
Kali u. eyansaures Natron 1, 
Mayer, F.F., 
v. Trauben - u. Obstwein 1, 
Mchu, jodirte Watte 
Meitzen, Erwiderung über" Euchlo- 
rin 149, 93. 
Melckebecke, Entdeckung von. 
Bromkalium in Jodkalium 1, 5 
Merecier, G., die Fahrikation 


Mennige 149, 13% 
Merk, E., Wiederabdruck eiı 

Cireulares 190% 81 
Merletta, Frosini, Bene Da 

säure (Tanacetsäure) 150, 250 Ey 


Meyer, Vietor und Stüber, 0, 


über d. Nitroverbindungen d. Fett x 
reihe 15 348 
Michaelis, A., u. Geuther, 


ein neues Phösphoroxychlorid , 
Pyrophosphorsäurechlorid 1, 388 
a die Krystallisationsfähigkeit d 
gewöhnl. Phosphoroxychlorids u. d. 
Phosphoroxybromchlorids 1, 395 


Pr 


nz 


Miller, Bestimmung des Morphins 
im Opium 150, 253, 
Mirus, R., Krit. v. C. G. Quarizius, 
künstliche Darstellung mussir. Ge- 


tränke 149, 85. 
— — Anz, von Preisveränderungen 
pr. 1872. Gvatis - Beigabe zur 


Hartm.-Handvkf. Taxe f. Apoth. 
(2. Aufl. 1869) 149, 282. 
— — ü. Tr: Rhei -aquos. 149, 222. 


®‘ 53. 

-ı  . Büdwie, Ho. Zusatzbe- 
merkung zur Erwiderung über 
Euchlorin 149, 95. 


Moigno, spontane Explosion von 
Kali chlorie. m. Phosphor 1, 344. 
Morawski, T., u. Schinnerer, 
L., Einwirkung schmelzender Actz- 
 alkalien auf Braunkohlen 150, 247. 
Morson, Unterscheidung v. Kreosot 
u. Carbolsäure I KS- 
Moschini, Louigi, Wirkung des 
Sonnenlichtes auf Olivenöl 150, 73. 
Müller, H,, Beobachtung einer 
krystallisirten Verbindung von 
Aethylmercaptan mit Wasser 
150, 147. 
über ein Chromo-Glykosid 
im Weachtelwaizen 149, 6. 
— — und Ludwig, H., die Be- 
- standtheille der Queckenwurzel 
(Rad. Graminis) 150,192. 
— Julius, Sichtbarmachung von 
Steuerstempeln auf gefärbtem Kat- 
tun 1. 307. 
— — Entfernung von Stempeln v. 
Papier 1.'307. 
über die Einwirkung plasti- 
scher Kohle 
Wasser 


nn 


1, 385. 


— _— die bekannten Grimault’schen |. 


'Guarana Pulver 1, 309. 
. — — Harnsteine aus Cystin 1, 308, 


_ — — Veränderungen des T Trinkwas- 
‚Sers 149, 27. 
— — Unterscheidung des gemahle- 


nen reinen Kaffees von Kaffeesur- | 


rogaten 1, 308. 
Müntz u. Le Bel, der Farbstoff 
des Erdpechs von Pechelbronn 
116. 

Myers, Jacob, arsenhalt. Schwe- 
felwasserstoffgas 149, 130. 


— — die Zersetzungstemperatur d. 
Schwefelwasserstofigases 149, 130, 


“ Autorenregister, 


auf gewöhnliches |‘ 


A, 


Untersu- 
1,707, 


Mylius, Ernst, chem. 
. ehung d. Mauerpfeffers 


N. 


über Blutegel- Auf- 
bewahrung 1, 476. 
Neu bauen CH über d. Reifen der 
Wenkauben 1, 84. u. 182. 
— — Studien über den Rothwein 
1, 266. 

ein natürlicher Glauber- 
149, 65. 


Nachtmann, 


Nöschel, 
salzfelsen 
Nowak, J., die Verwendbarkeit d. 
Chloroforms als Lösungs- und 
Trennungsmittel für starkwirkende 
alkaloidische Pflanzenstofte 1, 349. 


0. 


Oppenheim, Verwandlung des 


Terpenthinöls in Cymol 1, 347. 
— — künstliche Campherbildung 
1, 349, 


— — d. Cymol aus Terpenthinöl u. 
aus Citronenöl 1, 348. 


P. 


fuscum 
150, 153. 
Palm, R., Beschreibung einiger 
pharmacognostischer Gegenstände 
Mittelasiens. (Unters. a. d. chem. 
Lab. d. Univ. Greifswald in Pom- 
mern) 149, 226. 
Patera, Flammenschutzmittel 
150, 236. 
Perkin, über künstliches Alizarin 
150, 78. 
Personne, J., Umwandlung des 
Chlorals in Aldehyd durch umge- 
kehrte Substitution 149, 265. 
Petersen, Theodor und Bött-. 
ger, Rud., einige Stickstoffver- 
bindungen d. Anthrachinons 1, 219. 
Petzholdt, A., die Harzgewinnung 
aus Pinus maritima in Frankreich 
(Capbreton) 1, 543. 


Pähler, E., Emplast. 


.— — Untersuchung eines HS halti- 


gen Kalksteins aus Algerien 
1, 534. 
Pfeiffer, Emil, antimonhaltiges 
Blei (Plomb, antimonie) 149, 24. 


ru Ba ee > a 
Pfeiffer, Emil, Antimon als Grund | Rossi, A., und Lieben, Ad, über 
der Durchlöcherung und des Aus- normalen Amylalkohol und nor- 


Am? 


laufens der Schmelztiegel einer| male Capronsäure 149, 273. 
Glashütte Nordfrankreichs 149, 25. — — über d. normalen Buthylalko- 
_ _ üb. d. Farbstoff d. Rohseide| hol und seine Abkömmlinge 
1, 424. 149, 138. 


— — und Lieben, Synthese des 


Ben, t eier phar- 
Sam ee normalen Propylalkohols mittelst 


maceutischer Geheimmittel (Croup- A 
pflästerchen und ee Galop. Aethylalkohols 149, 156. 
geg. Hühneraugen) 150.165. |. 226% über normale Valerian- % 

— _— das Vorkommen v. Rubidium | Saure 149, 267. 
in d. Runkelrüben 150, 97.17 Ed., Linnemann u. Ad. Lie- 


: ben, Umwandelung der Ameisen- 
— — Sel Boergrave, belgische Spe- | säure in Aethylalkohol 149, 134. 


ee > Rother, Bereitung der Jodtinetur 
— — Stanniol aus französischer 1 
Ü 5 Bunte Pichet- dl re — (amphorpulver 149, 83. 
Pierre und Puchot, gleichzeitige | __ prüfung d. Opiums auf Morphin 
Destillation d. Wassers u. gewis- “; 
in W unlösl. Alkohole 149,1 60a 
Be ragt SE 1. 73 Roussin, gezuckerter Theer 
BR 129-1. 
Plugge, P. C., neue Reaction auf|Rump, Chr., über d. Eigenschaf- 


Carbolsäure 1, 536.| ten und Kennzeichen eines guten, 
Porter Smith E., über die Berei-! ächten tonquinens. Moschus > 
tung und d. Eigenschaften der 149, 252. 
verschied. Arten des chin. Thee’s| _ _ und Lehner’s Droguenbe- 
150, 84.| richt 1, 379. 

Puchot und Pierre, gleichzeitige au 
Destillation d. Wassers u. gewiss. 
in Wasser unlösl. Alkohole 1, 73. 


Saame, E., und Faust, 


0. Naphthalinderivate 
Salet, Gase im Meteoreisen einge- 
eru, E., Leberthrangel6e 1, 557.| schlossen ....150, 242. 
Queru, E., Leberthrangelde 1, 557. | 2 nacht, C., üb. Chininbestimmung. 


A 1, 3000 
R. Me 2% 


Rabuteau und Massul, cyansau- 

res Kali und eyansaures Natron 

1, 87. 

Rademaker, d. wirksame Prineip 
von Polygonum Hydropiper 

149, 280. 

Raoult, Wirkung des Lichtes auf 

Rohrzucker 150, 73. 


_ Reichardt, E., chemische Zusam- 


Scheitz, E., Ludwig, H., üb 
die Bestandtheile der süssen Mau- 
deln 1, 220375 

— -—— Untersuchung von Honig auf 
riechende u. färbende Bestandtheile 

11, A2aOee 

Schering, E., (chem. Fabr. a. Act) 

Ausgefällte Collodiumwolle f 


N 
% 4 ap 
#, ehr 


mensetzung eines Üementsteines 149, 1 
149, 199. — — Apomorphin 149, 122. 
Reichenbach, H. G., über d. Con-|— — Crotonchloralhydrat 149, 12 Be 
durango 1, 273.|— — Englisches Chloroform 
 Reinsch, H., Benzoösäuregehalt d. 149, 126... 
h Gaswassers 150, 72.|— — Schwefeleadmium 149, 124. # 


— — Schwefelsaures Nickeloxydul. 


y. Riehthofen, chinesische Por- 
Ammoniak ...149, 124, 


zellanerde 1, 70., 


 Schultzen, O,., 


594 


Schering, E, Verwendung des 
krystall. Silbersalpeters für pho- 
tographische Bäder 149, 125. 


— — (chemische Fabrik auf Actien) 
Xylol 149, 120. 
Schiff, H., über künstliches Co- 
niin 1, 272. 
— — die Synthese des Coniins 
149, 155. 


Schinnerer, L. und Morawski, 
T., üb. die Einwirkung schmel- 
zender Aetzalkalien auf Braun- 
kohlen 150, 247. 

v. Schlechtendal, die Trüffel 

1, 310. 

Schmidt, Eduard, pract. Winke 
über schlechte Handverkaufsartikel. 
(Schwämme, Citronen, Feigen und 
Blutegel) 1, 526. 

Schnauss, J., Chromotypie 

149, 37 

Schneider, Oscar, die Nutzhöl- 
zer Palästina’s 150, 177. 

— — üb, den Salzgehalt d. todten 
Meeres 1,169. 

Schorlemmer, die normalen Pa- 
raffine 1276: 

Schrage, F., Eisengehalt von 
Magnes. hydrico -carbonica u. M. 


usta 149, 22. 
— — Abnutzung von Säulentarir- 
wagen 149, 22. 
— — die Grösse der Centigrammen- 
stücke 149, 22. 
— — mit Gummi verfälschten Or- 
' lean 149, 22. 


Schreiner, Ph., das Melolonthin 
in den Maikäfern 149, 73, 
Schukoffsky, A., zur Analyse der 
Frauenmilch 150, 258. 
die Entstehung 
des Harnstoffes im Thierkörper 
1331: 


Schwarzenbach, Kohlensäurege- 
halt der Luft in. Schulzimmern 

1, 172. 

Schweikert, H. jun., üb. Tinct. 
Rhei aquosa m. Zusatz von Dr. R. 
Mirus 1, 53. 
Shuttleworth, Verfälschung von 
amerikanischem Pfefferminzöl mit 
Alkohol u. Rieinusöl 1, 178. 
— — Verfälschung des Pfefferminz- 
‚öls : 1, 536. 


 Autorenregister. ne 


Siegel, Oscar, die essbaren Pilze 
nach ihrem Nahrungswerthe etc, 


1, 85. 
Siemens, R., die Versilberung: von 
Glas 150, 233. 


Simpson, das Springen v. Glas- 
gefässen zu verhüten _ 149, 84, 
Smith, Henry M., Kaffein in den 
Blättern von Ilex Cassine 

. 1, 85. 

Solms, Graf, Ammobroma Sono- 
rae, eine als Nahrungsgegenstand 
wichtige Schmarotzerpfl. 
Sommer, C., Untersuchung von 
Roggenmehl, auf fremde Bei- 
mengungen 149, 1, 
— — Schnellessigfabrikation und 
Mycoderma aceti 149, 46. 
Soubeiran, J.L&on, Bereitungs- 
weise des Catechu aus Acacia Ca- 
techu 150, 87. 


Stelzner, Alfred, die nutzbaren 
Mineralien d. argentinischen Re- 
publik 1, 356. 

Stenhouse, Pentachlororein und 
Pentachlorresorein 150, 245, 

Stöckhardt, A., Versuche über 
Einwirkung einer Luft, welehe 
schwefl. Säure, Arsendämpfe, fein- 
zertheiltes Bleioxyd u. feinzerth. 
Russ enth., auf junge Fichten 

150, 170. 

— — Untersuch. über die schäd- 
liche Einwirk. .des Hütten- und 
Steinkohlenrauches auf d. Pfanzen- 


wachsthum 1, 327. 
Stromeyer, W., die trockenen 
narkotischen Extracte 149, 225. 


— —- Druckfehlerverbesserung zu 
einer Notiz ü. trock. nark. Extr. 
150, 41. 

Stüber, O. und Meyer, Victor, 
die Nitroverbindungen der Fett- 
reihe 1, 345. 


T. 


Theile, Dr., Krit. v. Archimedes 
v. Schwarzkopfs Handbuch der 
Pharmacognosie und Pharmacolo- 
gie 1, 89. 

— — Kırit. v. Dr. C. Kolb, Grund- 
riss der Arzneimittellehre 

150, 271, 


149, 79. 


DRAN Y 


ne, die 
" Wärme auf Lösungen wasserhalti- 


ser Salze 1, 66. 

= Ti den, über Alo& 1, "537. 

— Aloin 1. 537. 

— üb. Aloinabkömmlinge 150, 245. 
— Chrysamminsäure 1,271: 


— W. A., Pikrinsäure unter den 
Oxydationsproducten des Nataloins 

5 150, 244. 
rt Tollens, B, die Ueberführung des 
Allylalkohols in Propylalkohol 
149, 266, 
Jodblei 
1, 65. 
Tuson, Verdauung v. Calomel 1, 87. 


V. 


Vieweg, Fr. und Sohn, die Ab- 
kürzungen zur. Bezeichnung der 
neuen Maasse und Gewichte nach 
franz. System 149, 61. 

Vohl, Hermann, die Kali- oder 
- Schmierseifen, ihre Verfälschungen 
u. d. daraus b. Gebrauche entsteh. 
Nachtheile 1, 141, 

de Vry, Trennung u. Bestimmung 
der verschiedenen Chinaalkaloide 


Tomasi, krystallisirtes 


e 150, 253. 
— — die Molecular-Rotation als 
Br Mittel zur Bestimmung der Alka- 
Fe loide in den Chinarinden 149, 69. 

 — — Samaderin 1, 80. 
 — Vulpius, G., Sublimatbildung in 
 Calomelpulvern 149, 178. 

Bu W. 
25% Wancklyn, Milchprobe durch den 
— Ammoniakprocess 149, 161. 


». 
+ 
wi 


Wirkung der | 


sserfreie Sana“? ET 
tersäure® und ein neues Salpeter- a 
säurehydrat east. N 

Weleker, Modelle von Blutkörper- FR 
chen d. Menschen und verschied. 
Thiere 15-3305 


Wenzel, Abieten - 1, 74. 
— Darstellung v. Ecbolin und Er- 
gotin 150, 256. 
Weselsky, P., über Aloreinsäure 
150, 246. 
chlorsaurer Baryt 
149, 66. 
— — techn. Anwendung des Ozons 
zur Beseitigung d. Fuselgeschmack 
im Branntwein und z. Herstellun 
von Essig 
Wiesner, 
Kino 
Willkomm, die Stammpflanze. der 
Fl. Cinae levant. 150, 261. je: 
Wolff, die Grotte von Monsum- Dr 
mano 
Wood, Liquor Bismuthi 
Wright, Derivate des 


Widemann, 


Julius, 


— -- Einwirkung von Bromwa 
stoff auf Kodein nn 

— — Zersetzungsproducted. Kodei 
durch Jodwasserstoffsäure +13 

Wurtz, Ad., Umwandlung d. 
matischen Kohlenwasserstoffe 
Phenole RT 


Y. 


Yandell, Jodkalium gegen . Silt 
färbung der Haut ce 

Yorke, "Caesiumgehalt Ben 
neralwässer 


Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses. 


New York Botanical Garden Libra 


INLAND 


85 00304 8251 


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