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Full text of "Archiv der Pharmazie"

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DER 


PHARMACIE. 


Zeitschrift 


des 
Deutschen Apotheker-Vereins, 
unter Redaction von 
E. Schmidt und H. Beckurts, 
herausgegeben 


von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin. 


Band 230. 


BERLIN. 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 
1892. 


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DER 


PHARMACIE 


Zeitschrift | 


Deutschen Apotheker-Vereins, 
unter Redaction von 
E. Schmidt und H. Beckurts, 
herausgegeben | 


von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin. 


Band 230, Heft 1. 


BERLIN. 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 
1892. 


oder Profebson Dr. H. Beckurts in Br RER eig zu BE, 


Ausgegeben den 15. März 1892. 


EP TIMER Au a Zn | ET DE MITTE 32T 


7 f VER EN. ve Luae, 
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Fat Y Seite 
. Otto, Erklärung zu der Arbeit von W. Spring und E. Bourgeois r% 
. A. Flückiger, Bemerkungen über Kamäla und Waras 2 > 
‚Fischer, Die chemische Zusammensetzung altägyptischer \ 
Aupenschminken Wr Kun. 2 Se N Ve 9 
= 308 . Lendrich, Beitrag zur Kenntniss der Bestandteile von 
Ben. Menyanthes trifoliata und Erythraea Oentaurium . . 33 


(Mittheilungen aus dem pharmaceutischen Institut der 
Universität zu Erlangen.) 
Soldaini, Über die Alkaloide von Lupinus albus . . . . . 61 
Beckurts und W. Brüche, Über Werthbestimmungen der 
Harze und Balsame BER A ee 


Bi 


64 


Eingegangene Beiträge. 


F. A. Flückiger, Über den schwarzen Phosphor. 


Tr Th. Pabst, zur chemischen Kenntniss der Früchte von Capsicum 
Det ' annuum. 
ZEERR O. E. Senger, Uber Absinthiin. 


E. Merck, Zur Kenntniss der Nebenalcaloide der Belladonna. 
E. Merck. Terpinhydrat aus Eucalyptusöl. 
(Geschlossen den 20. Il. 1592). 


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Erklärung zu der Abhandlung von W. Spring und 
Ed. Bourgeois: Über die Einwirkung von Jod auf 
saures schwefligsaures Natron.”) 

Von Robert Otto. 

(Eingegangen 13. Januar 1891), 


Die Behauptung, dafs sich, übereinstimmend mit der Beobachtung 
von N. Sokolow und P. Malschewski und entgegen den Angaben 
von W. Spring und Ed. Bourgeois, die mir nur in einem kurzen 
Referate zur Verfügung standen, bei Einwirkung von Jodjodkalium 
auf eine schwache Lösung von primärem Natriumsulfit auch eine 
gewisse Menge von Dithionsäure bilde, ist, wie sich aus dem Titel 
der betreffenden Mitteilung ergiebt, von mir auf Grund von Ver- 
suchen aufgestellt worden, die auf meine Veranlassung von dem 
Herrn A. Holst unternommen wurden, einem Praktikanten meines 
Laboratoriums, in dessen Zuverlässigkeit ich volles Vertrauen setzen 
zu dürfen glaubte. Ich habe nun sofort nach dem Eintreffen der 
bezeichneten Abhandlung bei der Redaktion dieser Zeitschrift, 
Dank dem Entgegenkommen derselben, davon Kenntnis und so 
Veranlassung nehmen können, die Versuche zu wiederholen. Hier- 
nach bleibt mir nur übrig, meine Ansicht zurückzunehmen, mit dem 
lebhaften Bedauern, dafs ich durch ein zu weit gehendes Vertrauen 
davon Abstand nahm, den Herrn Holst in der erforderlichen 
Weise zu überwachen. Zu gleichen Resultaten führte auch die 
von Herrn Holst selbst auf meinen Wunsch vorgenommene 
Wiederholung seiner Versuche, niemals konnte derselbe nun- 
mehr auch nur die geringste Menge von Dithionsäure als Pro- 
dukt der Einwirkung von Jod auf schwache Lösungen von primärem 
‚Natriumsulfit nachweisen! 


. *) Dieses Archiv Bd. 229, S. 707. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bde. 1. Heft. 1 


2  _R. Otto, Erklärung zu der Abhandlung von Spring und Bourgeois. 


Herr Holst operirte bei seinen früheren Versuchen mit einem 
Salze, welches den Beständen des Laboratoriums entnommen wurde. 
Da es nicht ausgeschlossen war, dass in diesem Präparate Pyro- 
sulfit, Na2S205, vorkam und dafs dieses die Veranlassung zu der be- 
haupteten Bildung von Dithionsäure gab, so habe ich in bekannter 
Weise reines Pyrosulfit dargestellt, durch Einleiten von Schwetlig- 
säuregas in eine alkoholische Lösung von Natriumäthylat bis zur 
Sättigung, und in verdünnter wässriger Lösung mit Jod behandelt. 

Es verhielt sich dabei wie das primäre Natriumsulfit, wurde 
quantitativ zu Sulfat oxydirt. Hiernach muls ich zugeben, 
dafs gleichgiltig in welcher Form die schweflige Säure vorhanden 
ist — ob frei, halb oder völlig gebunden — sie, hinreichende Ver- 
dünnnung vorausgesetzt. durch Jod quantitativ im Schwefelsäure ver- 
wandelt wird. 

Den Versuchen von Bunsen habe ich, selbstverständlich. durch 
meine frühere Behauptung nicht zu nahe treten wollen. Es war 
doch nicht ausgeschlossen, dals die halbgebundene schweflige Säure 
sich anders gegen Jod verhielt, als die freie Säure. Dafs wirklich 
eine Controverse vorlag, habe ich durch den Hinweis auf die be- 
treffende Notiz in v. Richters Lehrbuch der anorganischen Chemie 
6. Aufl. (vergl. meine Abhandlung pag. 171 Anm. 4) dargethan. 


Bemerkungen über Kamäla und Waras 
von 
F. A. Flückiger. 
(Eingegangen am 13. I. 1892.) 

Die erstgenannte Droge hat, hauptsächlich von Seiten der Tier- 
arznei empfohlen, ihre Stelle im Arzneibuche des deutschen Reiches 
behalten. Die kurze Schilderung der Kamala ist nicht beanstandet 
worden, wohl aber hat sich die Kritik der Forderung des Arznei- 
buches zugewendet. dals die von 100 Teilen Kamala gelieferte 
Asche 6 Teile im höchsten Falle hetragen dürfe. 

Von Hanbury und mir ist längst (siehe Pharmacographia, 
London 1879, p. 574; auch meine Pharmakogmosie, 3. Auflage, Berlin 
1891, S. 260) festgestellt, dafs die Asche der Kamala weniger als 


F. A. Flückiger, Kamäla und Waras. 3 


3 Prozent !)beträgt. Man wird wohl allgemein annehmen dürfen, dals 
dergleichen Anhangsgebilde, Trichome, der Pflanzenwelt, von den 
Cystolithen?) abgesehen, ihre Bestimmung ohne beträchtliche Menge 
anorganischer Stoffe zu erfüllen vermögen. Dafür spricht z. B. auch 
Keller’s sorgfältige Untersuchung der Asche des Lupulins®), welche 
2,37 pC ergeben hat; ferner die Baumwolle, deren Verbrennungsrück- 
stand ungetähr 1pC beträgt. Nicht reicher an anorganischen Bestand- 
teilen sind auch die haarförmigen Blattgebilde der Farnme, z. B. 
das Pengawar Djambi?), welche allerdings nicht zu den Trichomen 
gehören. 

Es ist zuzugeben, dals die eben ausgesprochene Vermutung 
angesichts der unendlich grossen Manigfaltigkeit der Trichome, 
welche die Pflanzen tragen, einstweilen aber nur als Wahrschein- 
lichkeit hingestellt werden darf: sehr zahlreiche bezügliche Aschen- 
bestimmungen sind wünschenswert. um den Satz zu beweisen oder 
zu widerlegen. 

In Betreff der Kamala ist die erwähnte Forderung der Pharma- 
copöe neuerdings wieder von Siedler und Waage?) sehr eingehend 
beleuchtet worden. Hundert, zum Teile „beste“ Kamalasorten aus 
Deutschland, England, Nordamerika haben jenen Beobachtern aus- 
nahmslos wenigstens 5 pÜ, meist viel mehr Asche geliefert und das 
Haus Gehe & Co. (Seite 855 der Abhandlung von Siedler & Waage) 
meint, dals ein höherer Aschenbetrag auf die Art der Sammlung 
zurückzuführen sei. Damit bin ich ganz einverstanden, wenn ich 
beifügen darf: sofern der Droge durch Sorglosigkeit oder Absicht 
andere Dinge beigemischt werden. Die Beschaffenheit der Kamala 
erlaubt Zusätze von mehr als 50 pC, ohne dals das Aussehen der 
Ware verdächtig wird: aber auf das Epitheton ornans „naturell* 


1), Möglich, dafs Anderson s (Hanbury’s Science Papers, London 
1876, p 79) Befund: 3,84 pC Asche auf Verunreinigung beruht. 

2) Flückiger & Tschirch, Grundlagen der Pharmacognosie, 
Berlin 1885, 117; Vogl, Anatomischer Atlas zur Pharmakognosie, Wien 
1887, Tafel 2: Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie, I (Wien 
1889) 113, Fig. 119 und 464, Fig. 533. 

3) Pharmaceutische Zeitung, Berlin, 31. August 1889, S. 533; auch 
Jahresbericht der Pharm. von Beckurts, 1889, S. 141. 

#) Flückiger, Lehrbuch der Pharmakognosie I. Auflage, Berlin 
1867. 142. 

5) Berichte der Pharmaceutischen Gesellschaft. I (Berlin 1891) S0. 


1* 


E F. A. Flückiger. Kamäla und Waras. 


wird sie denn doch, nach näherer Prüfung, verzichten müssen. 
Dieses darf meines Erachtens nur einer Ware zukommen, welche 
der Natur ohne alle Zuthaten abgewonnen wird. 


Zu meiner erneuten Belehrung habe ich mich an Herrn Dr. 
M. Greshoff, den Chemiker des javanischen pflanzenphysiolo- 
gischen Laboratoriums im botanischen Garten (’s Lands plantentuin) 
von Buitenzorg gewendet. Dieser verdienstvolle Forscher®) macht 
sich förmlich ein Vergnügen daraus, Fachgenossen durch Besorgung 
und Zusendung von wissenschaftlichem Material aus den unerschöpt- 
lichen Schätzen Javas zu unterstützen. Im November 1891 erfreute 
mich Dr. Greshoff durch Übersendung von ausgereiften, grössten- 
teils aufgesprungenen Kapseln der Kamalapflanze, lufttrocken 207.10 
Gramm. Die Samen wogen 12.74 g; durch kräftiges Abschlagen 
der Kapselwände auf einem Siebe erhielt ich 22.66 & Kamala und 
171.70 g rückständige Kapselwände, an welchen immer noch eine 
kleine Menge Kamala zu bemerken war, deren Ablösung sich nicht 
gelohnt hätte. 

Diese Kamala bietet auch unter dem Mikroskop das gewohnte 
Aussehen dar, aber ihre Farbe ist viel lebhafter rot als z. B. an 
der seit 1868 aufbewahrten Probe, welche in meiner Pharmakognosie, 
3. Auflage 1891, S. 260, erwähnt ist. 

1.731 g& der von mir gewonnenen Kamala verloren 0.068 g, also 
3.92 pC Feuchtigkeit, als ich sie einige Tage, anfangs im Trocken- 
kasten bei ungefähr 95°, nachher noch in der Kälte über Schwefel- 
säure, verweilen liefs. Es erscheint also überflüssig, hierauf weiter 
Rücksicht zu nehmen; die nachstehenden Versuche beziehen sich auf 
die lIufttrockene Droge. 

I. 0.807 g derselben gaben mir 0.011 g Asche = 1.363 pC. 

A171. 311... 7 je ..,. OU22Sn ee — 1.488 

A ET Ba BL 1.2 —= 1.483 
Man bemerkt, dafs ansehnlichere Mengen Kamala mehr Asche liefern: 
einer meiner Schüler erhielt bei gleichem Verfahren von 2 g meiner 
Droge 1.56 pC Asche. 

Die Art:der Einäscherung ist hier in der That, wie ja übrigens 
auch bei anderen Substanzen, dnrchaus nicht gleichgiltig. Die Ver- 


6) Siehe über dessen Arbeiten: Chemiker-Zeitung, Cöthen 1891, 
Nr. 7, S. %. 


F. A. Flückiger, Kamäla und Waras. 5 


brennung kann nicht anders als in offener Schale vorgenommen 
werden. Man erhält eine blasige, sehr langsam verglimmende Kohle, 
welche sich selbst bei Anwendung des sonst so sehr förderlichen Ver- 
fahrens, das ich in der Fresenius’schen Zeitschrift für analytische 
Chemie, XXVII (1888) 637, dringend empfohlen habe, nur schwer 
weiss, richtiger grau, brennt, so dafs leicht noch Kohle eingehüllt 
bleibt. Nachteilig, aber nicht ganz leicht zu vermeiden, ist auf der 
anderen Seite die Entflammung der Masse, wodurch Verlust herbei- 
geführt werden kann. Die Verbrennung der Kamala geht sehr viel 
besser vor sich, wenn man sie zunächst in der Schale mit starkem 
Ammoniak übergiesst, nachher Alkohol beifügt und schliesslich den 
Inhalt der Platinschale langsam trocknet. Ist dieses vollständig er- 
reicht, so findet man einen guten Teil des Inhaltes der Kamala- 
drüsen in dünner, rotgelber Schicht über die Wandungen der Schale 
ausgebreitet. Die Verbrennung lässt sich nun rasch und ohne Ent- 
flammung ausführen. 1.010 Kamala, in angegebener Weise mit 
5 ccm Ammoniak (0,32 sp. G.) und 10 ccm Weingeist aufgeschlossen, 
hinterliessen 0,013 g = 1.287 pC Asche, 

Wie früher, habe ich auch jetzt diese Asche grau, nicht rot, 
gefunden. Sie reagirt auf befeuchtetem Lackmuspapier alkalisch und 
enthält eine kleine Menge Eisen. Nimmt man eine Probe dieser 
Asche mit einem Platindrahte auf, an welchen eine Sodaperle an- 
geschmolzen ist, fügt eine Spur Salpeter bei und erhitzt in der 
ÖOxydationsflamme, so erhält man eine durch Mangan grün gefärbte 
Schmelze. Dieser geringe Mangangehalt mag die graue Farbe der 
Kamalaasche bedingen, reicht aber nicht ohne weiteres zur Bildung 
von grünem Manganat hin. 

Reicher an Maugan sind die Kapseln der Kamalapflanze. 
2.9555 von Samen und Drüsen befreiter Kapseln lieferten 0.124 g 
Asche = 4.19 pC. Diese verriet von vornherein ihren Mangangehalt 
durch entschieden grüne Farbe. Da hiernach die Asche der Kamala- 
früchte allein nur unerheblich mehr beträgt als die ihrer Drüsen, so 
sieht man, dals selbst eine ungebührliche Beimischung von Bruch- 
stücken der Kapseln eine Vermehrung der Asche für die Droge, 
praktisch gesprochen, nicht zur Folge haben kann. Die Drüsen 
lassen sich übrigens nach meiner Erfahrung so sehr leicht absieben, 
dafs Kapselstücke kaum in Frage kommen und noch weniger etwaige 
Stücke der harten, glatten Samen. Es ist somit nicht ersichtlich, 


6 F. A. Flückiger, Kamäla und Waras. 


wie die Droge durch irgend eine besondere „Art der Sammlung“ 
mit einem höheren Gehalte an feuerbeständigen Stoffen ausgestattet 
werden könnte, es sei denn, dafs der Sammler zu Bolus oder sonstigem 
Fälschungsmaterial greife. 

Ich bin erstaunt, dafs es mir in einfachster Weise gelang, aus 
den Kapseln, die ich der Güte des Dr. Greshotf verdankte, 10,79 
pC Kamala zu gewinnen, gewils ein recht befriedigendes Ergebnis, 
das an Ort und Stelle wohl noch günstiger ausfallen wird und mühe- 
los zu erlangen ist. 

In dem prächtigen Buche ‚Indische Heil- und Nutzpflanzen und 
deren Kultur“ von Tschirch. Berlin 1892, S. 143 und Tafel 93, 
finden diese Meinungen volle Bestätigung von Seiten des in diesen 
Dingen am allerbesten unterrichteten Verfassers. Es wird selbst 
für tropische Faulheit. keine übermässige Anstrengung kosten, den 
im äussersten Falle 10 m hohen Baum zu erklimmen und seiner 
kleinen Früchte zu berauben oder die Zweige der strauchig ge- 
bliebenen Individuen herabzubiegen. 

Mallotus philippinensis, die Stammpflanze der Kamala, ist in 
Südasien, (sogar noch in Sind) mit Einschluss Javas dureh die 
gesamte Inselwelt, in Neu-Guinea, sowie im Norden und Osten 
Australiens einheimisch. Ohne Zweifel wird sie sich leicht kultiviren 
lassen. wozu sich vermutlich afrikanischer Boden nicht weniger 
eignen wird. als asiatischer. Kolonialbestrebungen sind heute im 
Deutschland an der Tagesordnung; wie leicht wäre es einem unter- 
nehmenden Hause, sich den regelmässigen Bedarf an wirklich 
„natureller" Kamala für alle Zeiten zu sichern! Möglich, dafs damit 
ein glänzendes Geschäft nicht gerade zu machen wäre. Nehmen 
wir noch ein wenig Kolonial-Patriotismus dazu, so wird es doch 
gehen und — in Verbindung mit anderen Kulturen — lohnende Er- 
träge liefern. | 

Es bleibt also dabei, dass reine Kamala weniger als 3 pÜ Asche 
gibt. Über die Zahl 6 des Arzneibuches lässt sich rechten. Her- 
absetzung auf 5, 4 oder 3 würde allzu streng erscheinen. Hätte 
das Arzneibuch höher gegriffen, so würde die Klage laut. es be- 
günstige die Fälschung. Ein ähnlicher Fall liegt bei Asa foetida vor, 
welche (siehe meine Pharmakognosie, S. 58) kaum 1 pC Asche gibt, 
im Handel aber freilich immer mit höherem Gehalte an anorganischer 
Stoffen vorkommt, so dafs das Arzneibuch 6 pC Asche ebenfalls 


| 


F. A. Flückiger, Kamäla und Waras. 


gutheissen muls, Von einer Abhilfe kann hier nicht wohl die 
Rede sein. 

Im Nordosten von Afrika und den gegenüber liegenden arabischen 
Gegenden findet Waras, Wars oder Wurus zu gleichen Zwecken 
Verwendung wie die Kamala in Indien. Die afrikanisch-arabische 
Droge besteht gleichfalls aus Drüsen, welche aber von den jungen 
Hülsen von Leguminosen aus der Abteilung Phaseoleae abgeklopft 
werden, nämlich von Flemingia rhodocarpa Baker (Fl. Graha- 
mijiana Wight & Arnott) und Flemingia congesta Roxburgh; die 
erstere ist von Beck unter dem Namen Eriosema erythrocarpon 
abgebildet und beschrieben in Paulitschke: Harar, Forschungsreise 
nach den Somäl- und Gallaländern Ost-Afrikas, Leipzig, Brockhaus 
1888, 246. Nach den ausführlichen Mitteilungen in Watt, Dietio- 
nary of the Economic Produets of India III (London und Oalcutta, 
1890) S. 400—403, ist Fl. congesta wohl kaum eigentlich spezifisch 
von der erstgenannten Art verschieden; beide Formen des Strauches 
sind auch in den wärmeren Ländern Indiens einheimisch, ohne dass 
die Drüsen dort gesammelt würden. 

Die ostafrikanische Droge Waras habe ich im Pharmaceutical 
Journal IX (1867) 279 unter dem freilich heute nicht mehr zutreffen- 
den Names Neue Kamala abgebildet und beschrieben: der Aufsatz 
steht, ohne die Bilder, auch im Jahresberichte der Pharmacie für 
1867, S. 152. — Nach Hooper, Pharm. Journal XVII (London 
1887) 213 ist Waras die richtige Schreibart. 

Waras und Kamala sind nicht nur verschieden gebaut, sondern 
auch chemisch ungleich, wie die einfachsten Versuche lehren: leider 
sind wir freilich in letzterer Beziehung über beide Drogen nur 
mangelhaft unterrichtet. Was wir darüber wissen, findet sich in 
meiner Pharmakognosie, 3. Auflage, S. 260, 262 angegeben. 

Seit Jahrhunderten bedienen sich die Inder der Kamala, die Araber 
und Afrikaner des Waras zu den gleichen Zwecken, wie ich in der 2. Auf- 
lage meiner Pharmakognosie, Berlin 1883, S. 237 auseinandergesetzt 
habe. Wie viel Asche die Flemingiadrüsen (Waras) eigentlich geben, 
kann ich im Augenblicke wegen Mangels an zuverlässig reinem 
Material nicht bestimmen, doch ist zu vermuten. dafs auch hier un- 
gefähr das gleiche gelte, wie für Kamala. Am eben angeführten 
Orte habe ich erwähnt, dafs mir verschiedene Proben Waras 5,6 
und 12 pÜ. Asche lieferten. Verfolgt man die altarabische Literatur 


8 F. A. Flückiger, Kamäla und Waras. 


(Pharmakognosie, 2, Aufl. 238) weiter, so stösst man auf eine Sorte 
Waras, welche als Kambil, Qinbil, Kanbil bezeichnet wird. Le- 
clere, der Herausgeber des grossen arabischen Sammelwerkes über 
Drogen von Ibn Baitar, wusste über Qinbil keine Auskunft”). 
Diese Substanz kommt auch vor in der Pharmacopoe persica des 
Barfüssermönches P. Joseph de Saint-Ange, Lutetiae Parisiorum 
1681, S. 85 und 86, als Arena ad vermes und Arenula arabica 
contra vermes. Dafs dieses Kanbil nichts anderes ist, als eine 
grobe, ganz geschäftsmässig betriebene Fälschung des Waras, habe 
ich, gestützt auf zuverlässige Erkundigungen von Dr. Glaser, in 
meiner Pharmakognosie, 3. Auflage, 262, mitgeteilt. Die Mischung 
von Waras und Bolus oder Lehm mit Gerstenmehl u. s. w, wird in 
Arabien so offenkundig betrieben, dafs sie eigentlich ebensowenig 
mehr eine Fälschung bedeutet, als bei uns der Zusatz von Cichorie 
zu Kaffee. 


Wenn also in Arabien eine der Kamala einigermassen ent- 
sprechende ‚Droge seit einem Jahrtausend regelmässig gefälscht wird, 
so darf auch grobe Fälschung der Kamala in Indien nicht allzu sehr 
befremden und muss mehr auf so geheiligten Gebrauch, als etwa 
auf besonderes Verfahren bei der Einsammlung zurückgeführt 
werden. 

Es ist mir nicht möglich, diese Erörterungen zu schliessen, 
ohne der sehr viel ausführlicheren Mitteilungen über Kamala zu ge- 
denken, welche Watt in dem schon oben $. 7 erwähnten Di- 
ctionary, Vol. V (1891) 114—124, zusammengestellt hat®). Die Droge 
wird dort sowohl in ihrer Verwendung zum Färben von Seide und 
‚Wolle, als auch in ihrer medizinischen Bedeutung eingehend ge- 
würdigt. Die gelben bis gelbroten Farbentöne, welche mit Kamala 
erzeugt werden können, zeichnen sich durch Dauerhaftigkeit aus 
und die englischen Ärzte in Indien loben die Heilwirkung des Mittels 
bei Hautkrankheiten und gegen Bandwurm eben so sehr wie die 
europäischen Praktiker. 


?) Notices et extraits des manuscrits de la Bibliotheque nationale 
et autres Bibliotheques, Tome XXVI, Paris 1883, premiere partie, 
Traite des Simples par Ibn el-Beithar, T. troisieme, p. 117. 

8) vergl. über dieses wichtige Werk meine Besprechung in der 
Pharmaceutischen Zeitung, Berlin 1891, Nr. 59 und 60. 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 9 


In Indien wird Kamäla betont; die Aussprache der mittleren 
Silbe schwankt zwischen e, i und a. Dymock schreibt in der 
Materia medica of Western India (1385) Kamäla und fügt für Ben- 
galen Kamila bei: in Dictionary of the Economic Products of India 
steht Kamela. 


Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institut 
und Laboratorium für angewandte Chemie 
der Universität Erlangen von A. Hilger. 


1. Die chemische Zusammensetzung altägyptischer 
Augenschminken. 
Von Xaver Fischer. 


In der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesell- 
schaft (V. S. 236 ff.) 1851 berichtet Dr. Hille über den Gebrauch 
und die Zusammensetzung der orientalischen Augenschminke. Er 
spricht zuvörderst von der arabischen Schminke, im Mitttelalter 
„aleohol“ und „cohol“ geheifsen, worunter zunächst der Antimonit 
zu verstehen ist, der sowohl als Kosmetikum, als auch zu Heil- 
zwecken, wie noch heute, diente. Später finden wir auch andere 
Stoffe mit diesem Namen bezeichnet. die jedoch den gleichen 
Zwecken dienten. 

Die Sitte, Augenbrauen und Augenlider zu färben, lälst sich bis 
in die ältesten Zeiten verfolgen und stellen sich uns als Hauptträger 
derselben die Semiten dar. 

Schon 3000 Jahre v. Chr. brachten dieselben — nach einer ägypti- 
schen Darstellung — solche Schminke, die die Hebräer „pukh“ nannten 
(2. Buch der Könige, 9. Kap., 30. V.) nach Aegypten, wo dieselbe 
„mestem“ oder „stim“ hiefs: dieses Wort ist identisch mit dem 
griechischen „stimmi“ oder „stibi* und dem lateinischen „stibium“ 
über welche Plinius (Hist. nat. 33. 101.) und Dioscorides (Mat. 
med. V. 99) berichten und welches nach ihrer Beschreibung unzweitel- 
haft Antimonit gewesen ist. 

Plinius unterscheidet zwei Abänderungen des „stimmi“ und be- 
zeichnet dieselben als männliches und weibliches; unter dem letzteren 
hat man allem Anscheine nach die strahligen, unter dem männlichen 
die körnigen, oft durch andere Mineralien verunreinigten Varietäten zu 
verstehen. (Zippe. p. 227.) 


10 X. Fischer. Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


In Indien hiels die Antimonschminke „soorma“ während. der 
ähnliche Name „soormee“ Bleiglanz bedeutet. (Hille.) 


Diese Uebereinstimmung in den Bezeichnungen lälst annehmen, 
dafs der Bleiglanz ähnliche Verwendung fand, wie der Antimonglanz 
und in der That beweisen dıe Analysen moderner und antiker 
Augenschminken die ausgedehnte Anwendung von Bleiglanz neben 
Schwefelantimon, .Ja, ersteres hat letzteres so verdrängt, dafs Russell 
Nat. Hist. of Aleppo) sagen konnte, „Was in Aleppo gegenwärtig zur 
Augenschminke gebraucht und am meisten gesucht wird, ist nicht 
reines oder mit Schwefel verbundenes Antimon, und war es wahr- 
scheinlich nie, sondern augenscheinlich ein Bleiglanz, das sogenannte 
„Ispahany“ (von seinem Fundorte Ispahan). Dieselbe Ansicht mulste 
man gewinnen, da in zahlreichen, analysirten Schminken von ver- 
schiedenen Ländern, alten wie modernen, nur immer Bleiglanz ge- 
funden wurde. Eine Probe aus Smyrna enthielt allerdings Antimon, 
war aber modernes Fabrikat und somit ohne besonderen Wert für 
die Beantwortung der Frage, ob die Alten wirklich dieses Mittel bezw. 
sein Sulfid gekannt haben. 

Lane (Sitten und Gebräuche der heutigen Aegypter I p. 32) 
schreibt: Das kohl ist ein Collyrium aus Rufs von Weihrauch und. 
Mandelschalen. Früher, so setzt er hinzu, soll man Antimonglanz ge- 
braucht haben. Da eine der von mir untersuchten Schminken aus der 
19. Dynastie, von also etwa 1600 v. Chr. Schwefelantimon enthielt, ist 
allerdings der Gebrauch desselben nachgewiesen, aber es scheint schon 
im Altertum eine grolsartige Fälschung betrieben worden zu sein 
(Virchow), indem unter dem Namen der Antimonschminke minder- 
wertige Bleiglanze in den Handel kamen. Uebrigens sind beide Prä- 
parate jedenfalls selten und kostbar gewesen, denn sie wurden sehr 
häufig durch andere Färbemittel ersetzt. Heute noch färben sich die 
Frauen der arabischen Bevölkerung Nordafrika’s ihre Augenbrauen 
mit der „mheudda“, einem Gemisch von ausgebranntem Zucker, Rufs 
und Oel, oder gebrannten Nufsschalen und Oel und ihre Wimpern noch 
mit dem „Kahhal“, was bei einigen Stämmen Antimonpulver ist, bei 
anderen Reilsblei. 


Wie die Araberinnen, so färben sich auch die taurischen Ta- 
tarinnen, und zwar, nach Hille, die Augenbrauen mit einer schwarzen 
Dinte, und das Weilse des Auges (!) mit fein geriebenem Kupferglas 
(welches Hille mit Kupterglanz identificirt) bläulich. Letzteres dürfte 
wohl ein Irrtum sein, da Kupferglanz, das Kupfersulfür, nicht blau 
färbt: vielleicht war es ein Kupfersilikat oder eine andere blaue 
Kupferverbindung. Den Russinnen dient zur Augenschminke der Rufs 
(oder vielmehr die Kohle) von verbrannten Haselnulskeimen. 


Sogar Männer arabischen Stammes sollen (nach Hille) sich die 
Augen mit einem schwarzen Kreise umziehen, um die Augen so gleich- 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 11 


sam mit einem Diaphragma zu versehen und gegen die brennenden 
Sonnenstrahlen in der Wüste zu schützen. 


In Turkestan benutzt man zum Färben der Augenbrauen das 
„Usma“, den Saft frischer Blätter eines Isatis-Art. Dasselbe ist 
zuerst schmutzig grün, wird aber in wenigen Augenblicken tief blau 
und mufs alle paar Tage erneuert werden. (Schuyler.) Dies ist die 
einzige Anwendung eines Pflanzenfarbstofis zum Zwecke des Augen- 
schminkens im Orient. Der Farbstoff ist jedenfalls dem Indigo ver- 
wandt. 

Eine bei weitem ausgedehntere Anwendung fanden und finden 
noch die Mineral- bezw. Metallschminken, wie die bisher ausgeführten 
Analysen ergeben haben. Nach Hille (l. ec.) wurden aulser Schwefel- 
antimon und Bleiglanz auch Bleiasche, das sogenannte Reifsblei und 
das Wasserblei benutzt. 

Bohlen (Egypt. antiq.) leitet das griechische „molybdos“ von 
„malwa“, dem Namen einer indischen Provinz ab, wodurch die An- 
nahme unterstützt wird, dafs im Altertum Bleiverbindungen aus 
Indien nach dem Westen kamen, und zwar gelangte das Blei. nach 
Dr. Thomson, teils als Bleiglätte, teils als Bleiglanz von Ava und 
anderen Teilen Indiens in den Handel. Dieser Ansicht widerspricht 
dagegen Prof. Jacobi (Bonn) in einem Briefe an Dr. A. Wiede- 
mann. 

Heute führen Engländer grofse Mengen Bleierz im Orient ein 
wahrscheinlich auch Antimon, weshalb ein Auftreten des letzteren in 
modernen Augenschminken für die Forschung nicht von Belang sein 
kann. Die Heimat der alten Ersatzmittel für Blei und Antimonsulfid, 
der Grafit und der Molybdänglanz, dürfte auch in Indien zu suchen 
sein, wo beide auf der Insel Ceylon vorkommen. 


Zippe (p. L14) nimmt auch für den Bezug des Eisens, neben Kor- 
dofan und der Sinai-Halbinsel, Indien als Quelle an und glaubt an 
eine, wenn auch nur indirekte Verbindung Aegyptens mit Indien durch 
Schiffahrt, wobei er auf die gleiche Bezugsquelle des Zinns hinweist. 
Bezüglich der Anfertigung der Augenschminken aus den genannten 
Rohmaterialien teilt Zippe mit, dafs die schwarze Schminke, welche 
Plinius (Hist. nat. 33. 102) „Kalliblepharum“ nennt, erhalten 
wurde, indem man den Antimonit (oder den Bleiglanz) mit Brodteig 
umgab und zwischen Kohlen bis zum Glühen erhitzte; eine lange an- 
haltende Erhitzung wurde dabei vermieden, weil man glaubte. dafs 
sich das Mineral in Blei verwandle. 


Aus diesem wäre zu schliefsen, dafs man von dem Vorhandensein 
eines Metalls im „stibium“ eine Erfahrung gemacht haben mochte, 
allein dafs sie nicht weiter verfolgt wurde, weil man das Metall für 
Blei hielt, (Discorides) von dem es sich doch durch mehrere Merk- 
male sehr auffallend unterscheidet. 


12 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


Wenn wir uns hierbei der Beschreibung des männlichen und 
weiblichen stibium des Plinius (Hist. nat. 33. 102) erinnern, „hor- 
ridior est mas, scabriorque et minus ponderosus, minusque 
radians et harenosior, femina contra nitet, friabilis, fissu- 
risque non globis dehiscens“, so könnte mit ersterem der na- 
türliche Spielsglanz gemeint sein, während die Beschreibung des weib- 
lichen auf metallisches Antimon palst. Dioscorides hielt allerdings 
das Metallkorn, welches übrigens beim Erhitzen sowohl des Sulfids 
als des spröden Metalls auf Kohle selbst entsteht, für Blei, ob auch 
Plinius, ist nicht benannt, Somit, sagt Zippe, ging die erste Wahr- 
nehmung des Metalles im Antimonit noch im Altertum spurlos ver- 
loren und wurde nicht die Grundlage für die wirkliche Entdeckung 
desselben, die erst in das Mittelalter fällt. 

Die Ausgrabungen bei Redkin-Lagen (Kaukasus) förderten aber 
Schmuckgeräte aus Antimon; ebenso wurden unter den ältesten 
Funden von Südbabylonien Bruchstücke eines Metallgefälses gefunden, 
welche Berthelot als reines Antimon erkannte. Demnach reicht die 
Kenntnis des metallischen Antimons bis in die graue Vorzeit und 
könnte das weibliche stibium des Plinius sehr wohl Antimonmetall 
gewesen sein, welches am Fundort der Erze durch Reduktion darge- 
stellt worden wäre. 

Vielleicht ist auch unter dem „Gewordenen des mestem“, welches 
Prof. Ebers (Pap. Ebers p. 91) als Antimonoxyd auffafst, das Metall 
zu verstehen, welches allerdings als Bestandteil einer Augensalbe 
nicht gut denkbar ist. 

Wie der Antimonit zur Darstellung des Kalliblepharum zuvor 
geröstet wurde, so wird auch das Bieierz zur Schminkebereitung 
(in Aleppo) in einer Quitte oder einem Apfel geröstet und alsdann mit 
einigen Tropfen Mandelöl auf Marmor abgerieben. Hille (p, 238) be- 
richtet auch, dals das feine, geschlämmte, schwarze Pulver entweder 
trocken oder zu einer Salbe verrieben, angewendet wurde. Das zu den 
untersuchten Schminken benutzte Bindemittel dürfte an Stelle von Oel 
und Fett auch Pflanzenschleim (Gummilösung) gewesen sein. Lepsius 
(Metalle p. 57) schreibt auch von einer Göttergestalt, die in „chesbet“ ge- 
maltist, welches flüssig gemacht wurde, mit Wasser von „Komi“ (Gummi). 

Die bis jetzt bekannten Proben von orientalischen Augenschminken 
antiken, wie modernen Ursprungs wurden teils von Prof. v. Baeyer., 
teils von Prof. Salkowsky untersucht; aufser deren Berichten (vgl 
Berl. anthr. Verh. 1888 p. 412. 576. 578; Ebers, Pap. Ebers. p, 208. 333.) 
finden sich noch manche Angaben über die Zusammensetzung solcher 
Schminken, welche nicht durch die Resultate von Analysen gestützt 
sind. Man benutzte hauptsächlich schwarze Schminken, daneben auch 
grüne, welch letztere nach Wiedemann zuweilen durch blaues „ches- 
bet“ ersetzt wurden. (chesbet war, nach Lepsins, Metalle S, 55 ff. 
gepulverter Lasurstein oder mit Kupferoxyd gefärbtes, blaues Glas). 


” 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 13 


Die grüne Schminke aus einer mehrfächerigen Büchse altägypti- 
schen Ursprungs (aus dem British-Museum) bestand nach einer Ana- 
lyse von Prof. v. Baeyer aus „Grünspan und etwas Harz“. Diese 
Schminke diente auch als Heilmittel gegen Augenkrankeiten. (s. Pap. 
Ebers p. 382 f.) Der Grünspan wurde von den Alten fast in derselben 
Weise dargestellt, wie noch heutzutage. (Zippe p. 94). Bei Statuen 
deuteten die Aegypter, augenscheinlich um eine grüne Zeichnung zu 
bewirken, die Augenlider zuweilen durch einen Bronzestreifen an. auf 
dessen allmähliche Patinierung sie rechneten. 

Prunner (Krankh. des Orients p. 468) berichtet von hölzernen 
Schminkbüchsen bei Mumien, dafs sich in ihnen neben Grünspan und 
Kupfersulfat auch Antimonschminke befinde, ohne sich dabei auf eine 
Analyse zu stützen. Statt des künstlichen Grünspans sollen auch ge- 
pulverter Malachit und Kupfergrün benutzt worden sein. Nach Lep- 
sius (Metalle p. 90) wäre auch die Anwendung grünen Feldspaths 
nicht unmöglich. Nach anderen kommt die grüne Schminke aus dem 
durch seine Edelsteine berühmten Koptos, (Wiedemann) wo Pli- 
nius (Hist. nat. 57. 35) Smaragd kennt. 


Die schwarzen Schminken haben sich als Schwetelblei erwiesen. 
Zu Achmim in Ober-Aegypten wurden bei einigen Mumien kleine 
Säckchen. mit Augenschwärze gefunden, welche Prof. v. Baeyer analy- 
sierte und als ein Gemenge von Schwefelblei mit Kohle erkannte. Da- 
neben fand derselbe Spuren von Magnesia, sowie Holz und Sand als 
Verunreinigung. „Aller Wahrscheinlichkeit nach“, schreibt Professor 
v. Baeyer, „ist das Pulver durch Glühen von Kohle mit schwefel- 
saurem Blei erhalten worden. Ich habe diese beiden Ingredienzien 
durch Glühen in ein ganz ähnliches Pulver verwandelt, welches genau 
dieselben Eigenschaften zeigte. Es fragt sich nun: Wie kamen die 
Aegypter zu schwefelsaurem Blei? Diese Substanz findet sich in der 
Natur als Bleivitriol;: ich weifs aber nicht, ob dies Mineral in Aegypten 
vorkommt. Uebrigens konnte man es auch künstlich bereitet haben. 
Blei, das sie schon kannten, giebt beim Erhitzen an der Luft Blei- 
glätte (Lithargyrum), dies löfst sich in Essig auf, und auf Zusatz von 
Alaun erhält man dann schwefelsaures Blei als Niederschlag. Die 
Beimengung von Sand und Eisen machen es aber wahrscheinlicher 
dals das Mineral Bleivitriol zur Bereitung gedient hat. Von Stibium 
fand sich keine Spur.“ 


So fand sich nun auch bei allen anderen Proben immer wieder 
Schwefelblei. Prof. Salkowsky untersuchte im Jahre 1888 eine Probe 
„kohl“ aus einer kleinen Alabastervase (21 Dyn.) altägptischer BHer- 
kunft, ebenso eine aus dem Besitze des Herrn Todeus in Lugsor, beide 
waren in der Hauptsache Schwefelblei. Eine dritte Probe aus dem 
Berliner Museum identifizierte Prof. Salkowsky als Braunstein, 
Eine moderne indische Schminke, die feiner Stiefelwichse sehr 
ähnlich war, bestand nach Salkowsky aus Kohle und ‘Fett 


14 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


und zwar war die Kohle strukturlos, also Ruls. Metalle konnten 
nicht nachgewiesen werden. Das zur Herstellung des „kohl“ in 
Marokko gebräuchliche Erz stellte sich wieder als Schwefelblei heraus. 
Ebenso ergab die Analyse des in Syrien gebräuchlichen Materials 
Bleiglanz. Drei altägyptische Proben aus dem Turiner Museum gaben 
dasselbe Resultat. 


Sämmtliche in Smyrna heute gebräuchlichen Schminksorten (3) 
wurden ebenfalls vom Prof. Salkowsky analysiert. Die erste war 
eine schwarze, harte, zum grolsen Teil verbrennliche Masse und hatte 
eine sehr komplizierte Zusammensetzung. Sie bestand der Haupt- 
sache nach aus einem Gemisch von chlorophyllihaltigen Pflanzenteilen. 
einer harzigen braunen, in Aether-Alkohol löslichen Substanz und 
Schwefelantimon“: sie enthielt aufserdem noch kleine Quantitäten von 
Kupfer, sowie Spuren von Blei und Eisen. In welcher Form diese 
Metalle vorhanden waren, schreibt Salkowsky. konnte nicht fest- 
gestellt werden, die beidon letzteren könnten Verunreinigungen dar- 
stellen, die Quantität des Kupfers ist hierfür zu grofs. Auch war die 
Natur der harzigen Substanz, sowie die der Pflanzenteile durch die 
chemische Untersuchung nicht zu eruieren. 


Die zweite Probe war ein Gemisch von Schwetelblei, Lampenruls 
und einem ziemlich konsistenten Fett, wahrscheinlich einem Gemisch 
von Fett und Wachs. Die dritte bestand aus gepulvertem Bleiglanz. 
Die erste Schminke, „Rastik“ genannt, wurde von einem Armenier 
angefertigt, welcher dafür die Zusammensetzung angiebt: „Galläpfel, 
aromatisches Salz, Alaun, Hennah, Zucker, einen Zusatz von Kupfer 
und Antimon. Letzteres wird in der Umgegend von Smyrna gefunden. 
(Virchow Verh. der Berl. Anthropol. Ges. 1889.) Eine Augenschminke 
aus Tanger bezw. der von Prof. Tattenbach als deren Hauptbestand- 
teil angegebener Stoff ist nach Salkowsky wieder Bleiglanz. Dieser 
wird in Tanger mit Weihrauch verarbeitet. 


Ein kohl aus Mekka, welches in einem wurstähnlichen Säckchen 
verpackt war, bestand auch aus gepulvertem Bleiglanz. Ein beige- 
gebener Stift, mit welchem das kranke Auge bestrichen werden soll, 
besteht nach Salkowsky aus geschmolzenem Salpeter, der grau gefärbt 
war, vermutlich von Blei, welches aber nicht nachgewiesen werden 
konnte. Da aber Bleiverbindungen mit Salpeter geschmolzen sich 
oxydieren, dürfte eine graue Färbung durch metallisches Blei oder 
Schwefelblei unwahrscheinlich sein. Vielleicht lag hier ein Stift vor, 
ähnlich dem noch heute in der Medizin gebräuchlichen, ein „Argen- 
tum nitricum cum Kalio nitrico“, welcher bekanntlich im Lichte 
leicht grau wird. Diese Uebereinstimmung mülste allerdings noch 
nachzuweisen sein. Der Stift, welcher den altägyptischen Schminken 
beigegeben ist, ist in den „Verhandlungen der Berl. Anthropol. Gesell- 
schaft“ 1888 j. 212 abgebildet: nach einer Privatmitteilung des Herrn 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 15 


Architekten Hasselbach bestehen solche Stifte aus Cedern- und 
Feigenholz, meistens aber aus dem Holze der Sycomore. 

Herrn Dr. A. Wiedemann, welcher über die „Augenschminke 
„mestem“ eine ausführliche, vorwiegend philologische Abhandlung 
(„Aegyptische Studien“ S. 25 ff.) geschrieben, verdanke ich das Material 
zu meinen Untersuchungen. Neben Herın Dr. A. Wiedemann sind 
es noch zwei andere Gelehrte, welche sich in den letzten Jahren mit 
der Ertorschung der Sitte des Augenschminkens beschäftigt haben, Prof, 
R. Virchow und Prof. Georg Ebers. Dieselben verglichen die Re- 
sultate der chemischen Analyse antiker Augenschminken und anderer 
alter Fundobjekte mit den Ergebnissen ihrer sprachlichen Forschung 
und erweiterten so unsere Kenntnisse über die Metalle der Alten. 
Ihre Arbeiten kommentieren auch die diesbezüglichen unklaren, oft 
sich widersprechenden Angaben antiker Autoren, wie Plinius (Hist. 
nat.), Dioscorides (Mat. med.,, Demokrit und Hippokrates und 
liefern dabei schätzenswerte Beiträge zur Geschichte der Chemie. 
Die thatsächliche Aufklärung über die Zusammensetzung des mestem 
hat leider nicht so erfolgreiche Schritte gemacht, wie die sprachliche 
Forschung auf diesem Gebiete, was wohl seinen Grund in der Selten- 
heit des notwendigen Untersuchungsmaterials haben dürfte: so sind 
bis jetzt kaum 13 Analysen orientalischer Schminken, antiker und mo- 
derner zusammengerechnet, bekannt und alle meist ohne ein für die 
Archäologen besonders wichtiges Resultat. Die modernen Schminken 
lassen aufserdem keine Schlüsse zu über die Heimat des Antimons 
und des Bleis der Alten. da beide Metalle heute von Deutschland in 
Aegypten eingeführt werden. (Nach einer Privatmitteilung von Prof. 
Dr. Sickenberger in Kairo.) 


Nach dieser Uebersicht über die wichtigsten Thatsachen, 
welche über die Zusammensetzung der Schminken des Orients, ins- 
besondere Aegyptens, in der Literatur bis jetzt bekannt geworden 
sind, lasse ich die Resultate meiner Untersuchungen folgen, die ich 
auf Veranlassung von Professor Dr. Hilger unternahm und in dessen 
Laboratorium ausführte, um über die von Herrn Dr. A. Wiede- 
mann in Bonn und Herrn Professor Georg Ebers in München zur 
Verfügung gestellten Schminken hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, 
auch event. Bereitung Thatsachen festzustellen, welche für die 
Kenntnis der Schminken des Altertums von Bedeutung sein 
können. 

Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem 
hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Hilger für die freundliche 
Unterstützung zu danken, die er mir in reichem Maalse zu Teil 
werden liefs. 


16 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


Herrn Professor Dr. E. Wiedemann in Erlangen, sowie Herrn 
Dr. A. Wiedemann in Bonn, welche mir in liebenswürdigster 
Weise die umfangreiche Literatur über das behandelte Thema mit 
ihren Bibliotheken zur Verfügung stellten, sei es mir gestattet, 
ebenfalls meinen besten Dank auszudrücken. 

Die zur Untersuchung benützten Schminken stammen insge- 
samt aus dem Fayüm (Aegypten), wo sie von W. M. Flinders 
Petrie bei seinen Ausgrabungen entdeckt worden sind, Die 
Trümmerstätten, in denen sie gefunden wurden, sind das heutige 
Hlahün (No. 9—10), Kahün (No. 1—8) und (No. 28—-30) und Gurob 
(No. 11---27). Dlahün liegt in der Nähe der Stelle, an welcher der 
vom Nile abgeleitete, das Fayam bewässernde Flulsarm in letzteres 
eindringt, und ist besonders dadurch bekannt geworden, dafs sich 
daselbst eine Pyramide befindet, das Grab des Königs Usertesen 
aus der XII. Dynastie. Für die Arbeiter, welche an dieser Stelle 
thätig waren, gründete der König 1 km. westlich von der Pyramide 
einen Ort, das heutige Kahün. Gurob liegt 3 km westsüdwest von 
IDlahün, hart am Rande der Wüste, es wurde von dem Könige 
Thutmosis III. aus der XVIII. Dynastie gegründet, war dann aber 
noch bis unter Ramses II. (Sesostris) aus der XVII. Dymastie 
in Blüte. zu einer Zeit, zu welcher auch Kahün wieder be- 
siedelt war. 

Von den Schminken stammen laut den Angaben Petrie's aus 
der XIH. Dymastie No. 6—7 und vielleicht 8 und 27; aus der 
XVHoNH. Dynastie No. 11—26; (der König Seti II.. aus dessen Zeit 
No. 26 datirt, gehört auch in die 19. Dyn.) Aus der XVIILI. oder 
XX. Dymastie No. 1—5, aus der XVIII. vielleicht No. 20—30 und 
endlich nach dem siebenten Jahrhundert nach Christus No. 3 
bis 10. 

Die Person, in deren Grabe No, 1—5 gefunden wurde, war 
eine Frau Namens „Maket“: die, aus deren Grabe No. 18-22 
stammt, hiefs „Nefertari“. 

Die Zeit vor Christi Geburt, in welche die gesammten Dynas- 
tieen zu setzen sind, läfst sich nur annähernd bestimmen: die XIL 
gehört vor 2500, die XVII., etwa 1750-1500, die XVIIII. 1500 
bis 1300, die XX. endlich 1300—1100. 

Die sonstigen Angaben Petrie’s auf der Liste ler Schminken 
heziehen sich auf das Material, in dem er die Proben fand, wobei 


X. Fischer, Die Zusammensetzung ältägypt. Augenschminken. 17 


Töpfe in Betracht kommen, (deren Form abgebildet ist in den Ver- 
handl. der Berl, Anthropol. Ges. 1888 p. 212) und röhrenartige 
Hülsen. Aufserdem ist einigen das Material, aus dem die Töpfe, 
bezw. die Röhren bestanden, beigefügt, als „Holz-Steatit (kiesel- 
saure Magnesia) Kalkstein, Alabaster und gebrannter Thon.“ 

No. 11—13 befanden sich in einem Topf, welcher aus vier mit- 
einander zusammenhängenden Röhren stammt, die vierte war leer. 
Zwei nachträglich durch die freundliche Vermittelung des Herrm 
Dr. A. Wiedemann aus den Sammlungen des Herm Prof. Dr.Georg 
Ebers mir überkommene Proben sind auch Funde von Petrie; 
die eine aus der XII. Dyn. von Kahün, lag in einem gelblichem 
Alabastertopf, die andere stammt aus Gurob, datirt aus der XVII. 
Dynastie und lag in einem Elfenbeintopf, der den Namen der Prin- 
zessin „Ast“ trug. 


Liste der Petrie’schen Proben. 


Dyn. 
1) 19—2 wooden pot. Mäket tomb. Kahun. 
2) Ri Steatite pot 4 & 5 
3) > (nur wenige Körnchen, in denen Blei nachweisbar 
war.) 
4) . wooden tube: 
5) E Kohl reed: 
6) 12 Limestone pot. Kahun. 
7) & Pottery pot. ® 
5) DR Alabaster pot. e 
9) 700 n.Chr. (Coptic.) reed Illahun. 
10), „ je £ wooden tube Illahun. 
© 19 From three tubes of a quadruple pot (one was empty) 
= Gurob. 


Alle folgenden aus der 19. Dyn. aus Gurob. 
14) Alabaster tube 


15) reed. 

16) Alabaster. 

17) wood. 

18) reed. Pid Netertari. 
er 2 

20) » ” ” 

21) ” » ” 

2) „ > = 

23) reed. 

24) » 


Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 1. Heft. 2 


18 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


25) reed. 
26) Seti II. pit. reeds. 
Von diversen Orten; 


27) from an older (XII) Kohl pot. 
Alabaster: Gurob. 


28) XVIII. Dyn. ? reed. Kahun. 
725) Va TE “ 
30)  » sh ale „ 

Die nachgelieferten Proben aus dem Bezitze von Prof. Ebers. 
31) XII. Dyn. (in gelblichem Alabastertopf) Kahun. 

32) XVIII. Dyn. (in einem Elfenbeintopf.) 

Die chemische Aualyse ergab, dafs die einzelnen Stücke ein 
und derselben Probe wesentliche Abweichungen in der Zusammen- 
setzung zeigten, weshalb z. B. die untersuchten Teile von No, 26, 
noch als a, b u.c, sowie zweiStücke von No.20 als 20I u, 20II unter- 
schieden werden müssen. Aus Rücksicht auf das kostbare Material 
wurden einige Stücke von 26, 23 und anderen, welche qualitativ 
gleiche Zusammensetzung hatten, nicht quantitativ bestimmt. 

Die vorliegenden altägyptischen Augenschminken sind in Menge, 
Form, Farbe und Zusammensetzung sehr verschieden. Während 
von einigen mehrere Gramm zur Verfügung standen, sind von 
andern nur Decigramm, von einzelnen noch weniger geboten, wes- 
halb auch bei letzteren die Untersuchung einige Einschränkung er- 
leiden mufste. Die in Pulverform vorhandenen Proben zeigten unter 
der Lupe, deutlicher noch unter dem Mikroskop, eine augenschein- 
lich unabsichtliche Beimengung von rundlichen Quarzkörnern und 
mehr oder weniger reichlich pflanzliche Reste. Letztere wurden 
aus verschiedenen Proben zur späteren Untersuchung ausgelesen. 

Die Pulver zeigten auch im Uebrigen keine einheitliche Be- 
schaffenheit, indem die Betrachtung bei ca. 200facher Vergröfserung, 
neben schwarzen, regulären Krystallen, amorphe, strukturlose 
Körper und in geringerem Maafse auch grüne und rote Krystall- 
splitter erkennen liefs. Auch hier möchte ich eine unbeab- 
sichtigte Beimengung, bezw. Vermengung verschiedener Schmink- 
sorten annehmen. 

Die geformten Proben sind, mit wenigen Ausnahmen, fast finger- 
dicke, gestreifte cylindrische Stücke, an einem Ende etwas eingeschnürt, 
am andern durch eine kugelige bis konische Höhlung begrenzt, wie 
wir dieselbe bei in Stangen gegossenen Salben zu sehen gewohnt 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 19 


sind. Ein, bei No. 23 besonders deutlicher, bis in das Centrum 
gehender Längsrils, giebt uns noch mehr Berechtigung zu dem 
Schlusse, dafs wir es hier mit ausgetrockneten, im Laufe der Jahr- 
tausende veränderten Salben oder Pasten zu thun haben. Auf die 
angedeutete Streifung werde ich bei Beschreibung der Pflanzen- 
reste noch zurückkommen. 

Um mich über die, aus den Angaben der Literatur vorauszu- 
setzenden Harze zu informieren. wurden Proben der verschiedensten 
Zusammensetzung je 6 Stunden im Soxhlet’schen Apparate mit 
Aether ausgezogen, und zwar in der Art, dafs eine getrocknete, ab- 
gewogene Menge als feines Pulver auf einem bei 100° getrockneten 
und gewogenen Filter in einem, unten mit kleiner Oefinung ver- 
sehenen, oben durch einen entfetteten Wattepfropfen verschlossenen 
Glascylinder gesteckt und mit diesem, mittelst eines Platindrahts, in 
den Apparat gehängt wurde. 

Nur bei drei Proben trat durch die Extraktion Gewichts- 
differenz ein, (26. a. 26. b. und 25.) und hinterliefs der Aether 
nach dem Abdestillieren kleine hellgelbe, prismatische Nadeln, deren 
Gewicht dem Gewichtsverlust der Substanz entsprach. Die Unter- 
suchung ergab aber, dals diese Krystalle aus reinem Schwefel be- 
standen: sie verbrannten ohne Rückstand zu „schwefliger Säure“. 
Eine Extraktion mit rektifiziertem Schwefelkohlenstoff bestätigte das 
Resultat. 

Es wäre damit die Abwesenheit von Harzen in den vorgelegten 
Schminken nachgewiesen. Auf Fette brauchte keine Rücksicht ge- 
nommen werden, da diese sich in der langen Zeit zweifellos zersetzt 
haben würden. Das Bindemittel zu den geformten Schminken . war 
wahrscheinlich Pflanzenschleim, worauf auch die geringen Mengen 
feiner strukturloser Kohle hinweisen, die in den untersuchten Proben 
vorkam, 

Das Vorkommen freien Schwefels liefse sich erklären aus einer 
Bereitungsweise des Ausgangsmaterials durch Schmelzen von Blei 
und Schwefel, welche beide den alten Aegyptern bekannt waren; 
dabei bildet sich Anderthalbfach- und Zweifach-Schwefelblei, welche 
bei Oxydation an der Luft Schwefel abscheiden; dies ist aber nicht 
sehr wahrscheinlich, ebenso wie eine Einwirkung des Schwefelwasser- 
stoffs der Abortgruben auf Bleivitriol, wie Dr.A.Wiedemann vermutet, 
(Verh. der Berl. Anthrop. Ges. 1890. p..48.) nicht wohl anzunehmen 

2* 


20 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


ist. Das Naheliegendste wird wohl hier das Richtigste sein, nämlich 
bei der Verwendung des Bleiglanzes, der in der That häufig 
freien Schwefel enthält (siehe Rammelsberg bei ,„PbS.“). Die 
Ergebnisse der unten folgenden Analysen unterstützen diesen 
Schlulfs. 

Eine Bereitung des Schwetelbleis durch Reduktion des seltenen 
Bleivitriols mit Kohle (Baeyer, Verh. der Berl. Anthrop. Ges. 1888. 
p. 576) hat bei den Petrie’schen Schminken jedenfalls nicht statt- 
gefunden: die unter der Lupe zu beobachtende Krystallform, die 
wechselnden Mengen von schwefelsaurem Blei neben Schwefelblei in 
geformten Proben, das Fehlen des ersteren in den pulverigen 
Proben, sprechen nicht für eine solche Reduktion: beweisend ist das 
Vorhandensein von „schwefligsaurem Blei“ in No. 20 II, welches 
leicht durch Oxydation von feuchtem Schwetelblei an der Luft ent- 
steht (Gmelin-Kraut bei ‚Blei*), nicht aber bei Reduktion des Sul- 
fats mit glühender Kohle. 

Die von Prof v. Baeyer untersuchte Probe aus der Samm- 
lung des Herrn Architekten Hasselmann, (in Kaphelberg bei 
Abbach) welche ich zum Vergleich wünschte, konnte ich leider nicht 
erhalten. 

Da die grolse Mehrzahl der von mir untersuchten Augen- 
schminken aus Schwefelblei- bezw, dessen Verwandlungsformen be- 
stand, möchte ich deren Analysen denen der übrigen voran- 
schicken. 

Um bei der Trennung des Schwetelblei von Bleisultat und des 
Bleisulfit von letzterem möglichst genaue Resultate zu erhalten, 
construierte ich mir folgenden Apparat zur quantitativen Bestimmung 
des Schwefelwasserstoffs und der schwefligen Säure auf Grund der 
oxydierenden Wirkung von Jodlösung auf dieselben: 

„Ein die gewogene Substanz enthaltender, kleiner, weit- und 
kurzhalsiger Kolben wird mit einem doppelt durchbohrten Gummi- 
stopfen geschlosen;: durch die erste Bohrung ragt das Rohr eines 
Tropftrichters, welcher mit zehnprocentiger Salzsäure gefüllt ist, fast 
bis auf den Boden, die zweite Bohrung verschliefst ein rechtwinklig 
gebogenes Gasleitungsrohr. Dieses führt zu einem gekühlten, leeren 
Absorptionsgefäls, worin sich Wasser und Säuredämpfe verdichten 
und welches vorübergehend den durch die Säure unter Erwärmen 
frei gemachten Schwefelwasserstoff aufnimmt. Letzterer gelangt 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 21 


von dort in zwei V/ıwo-Normaljodlösung enthaltende Absorptionsflaschen, 
wo er zersetzt wird. Um übergehenden Joddampf zurückzuhalten, 
schliefst sich an die beiden Jodflaschen eine solche mit Jodkalium- 
lösung an, den Schlufs bildet eine Flasche mit Bleilösung, welche einen 
Verlust von Schwetelwasserstoff anzeigt, indem sie sich schwärzt. 
Um den Schwefelwasserstoff aus der Luft abzuhalten, steht der 
Tropttrichter ebenfalls mit einer Flasche, welche Bleilösung enthält, 
in Verbindung. Alle Teile des Apparats sind luftdicht aneinander ge- 
hängt. Die den Schlufs bildende Flasche ist mit einer Wasserlutft- 
pumpe verbunden, mittelst welcher nach der Gasentwickelung ein 
langsamer Luftstrom durch die Lösungen gesogen wird. Die nicht 
reducierte Jodlösung wird mit 1/ıo Normalthiosulfat zurücktitriert und 
die Zahl der verbrauchten cc. Jodlösung mit dem Koöffieienten für 
Schwefel, „O0, 00016“ multipliziert. 

Dieses Verfahren gestattet auch eine Abkürznng der Metall- 
bestimmungen, indem man die, mit Salzsäure zersetzbaren, frischge- 
fällten Sulfide, wie oben zersetzt und die Zahl der verbrauchten 
ec. Jodlösung mit dem Koeffieienten für das betreffende Metall 
multipliziert. 

Anschlie(send Beleganalysen für diese Bestimmungsmethode: 

Bleinitrat. 
l) Angewandt: 0,1032: verbrauchtes Thiosulfat: 38,70 ce,; ange- 
wandte Jodlösung: 100 ce.; verbrauchte Jodlösung 61,30 cc. 
Diese entsprechen: 0,06314 Blei = 61,18 %o. 
2) Angewandt: 0,0565; angewandte Jodlösung: 100 cc.; verbrauchte 
Thiosulfatlösung: 66,4: verbrauchte Jodlösung: 33,60. 
Diese entsprechen: 0,0346 Blei = 61,23°/,. 
Zwei gewichtsanalytische Bestimmungen ergeben: 
61,08°/, und 61,13 %,. 

Um nachzuweisen, ob auch die Zersetzung natürlichen Schwetel- 
blei’s eine quantitative sei, wurden zwei Proben ein und desselben 
Bleiglanzes nach obiger Methode analysiert. 

Bleiglanz. 
1) Angewandt: 0,0513; angewandte Jodlösung: 100 ce.; verbrauchte 
Thiosulfatlösung: 58,1 ce.; verbrauchte Jodlösung: 41,9 cc. 
Diese entsprechen: 0,006704 S. (als H?S,) = 13,06 %/, 8. 
und 0,04315 Ph. =, 84,07%, Pb. 
2) Angewandt: 0,0635: angew. Jodl. 100 ce: verbr. Thiosulfatl. 48.25; 
verbr. Jodl. = 51,75 ce. 
Diese entsprechen: 0,00828 S. — 13,03 %8 
und 0,0533 Pb = 488930 


22 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


Zwei gewichtsanalytische Bestimmungen ergaben in demselben 
Bleiglanz: 


84,33 0/, und 84,21 %,. 


Nachdem sich damit die Anwendbarkeit der beschriebenen Be- 
stimmungsmethode ergeben, schritt ich zur Analyse der Blei- 
schminken, zuvörderst der Proben „2, 7, 10, 14, 16, 18, 22 und 24.“ 
Dieselben waren mehr oder minder durch Sand oder Pflanzenreste 
verunreinigte, natürliche Bleiglanze, ohne schwefelsaures Bleioxyd. 
Die No. 14, 16 und 24 enthielten Kohle beigemengt. Neben 
Schwefelblei enthielten alle Eisenoxyd, Spuren Kalk, Mangan und 
Quarz. 


Während alle Proben, ausgenommen 24, in geringer Menge und 
als Pulver vorlagen, zeigte 24 die oben beschriebene Stangenform, 
aber ohne Gufshöhlung. Es ist hier der gepulverte Bleiglanz 
angenscheinlich trocken in die Form geprelst worden, weshalb diese 
Probe auch nicht, wie die andern geformten, der Oxydation unter- 
legen gewesen war; schon zwischen den Fingern liefs sich das 
Stück zerdrücken. Da alle oben aufgezählten Proben nahezu gleiche 
Zusammensetzung hatten, wurden nur No. 24 und 18, von welchen 
genügeud Substanz zur Verfügung stand, quantitativ analysiert. 

Die gepulverten Proben wurden zuvor bei ca. 70° getrocknet. 


Analyse von No. 18. 
Bestimmung des PbS. aus dem HaS. 


Angewandt: 0,0615; angewandte Jodlösung: 100 ce.: verbrauchte 
Thiosulfatlösung: 52,90; verbrauchte Jodlösung: 47,10 ce. 
Diese entsprechen: 0,00755 Schwefel 
und 0,04850 Blei; 
also Schwefelblei 0,05605 = 91,13 %,- 
Bestimmung des Pb. nnd Fe203 im Filtrat. 
Gefundenes Bleisulfat — 0,0720 entsprechend 0,0491 Blei gegen 
0,0485 obiger Bestimmung. 
Gefundenes Fe203 — 0,0021 —= 3,40 %,. 
Der in Salzsäure unlösliche Rückstand, 
Quarz und Pflanzenreste, betrug 0,0032 nach dem Trocknen, 
0,0029 nach dem Glühen 


also 0,0003 0,48 ®/, Pflanzenreste 
und 0,0029 — 4.72 °/, Sand. 


| 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 23 


Demnach hatte die Schminke No. 18 die Zusammensetzung; 


Bleiglanz 91,13 
Fe203 3,40 
Sand 4,72 
Vegetabilisches 0,45 
39,13 In. 


Kalk enthielt die Probe nur in Spuren; das Eisenoxyd und einen 
Teil des Glührückstandes möchte ich als natürliche Begleiter des 


Bleiglanzes ansprechen. 


Analyse von No. 24. 
Bestimmung des PbS aus dem H»8. 


Angewandt: 0,0550; angewandte Jodlösung: 100 cc: verbrauchte 
Thiosulfatlösung: 60,60: verbrauchte Jodlösung: 39,40 cc 
diese entsprechen: 0,00630 Schwefel, 
und 0,04054 Blei 
also Schwefelblei 0,04684 —= 85,16 °/,- 
Bestimmung des Pb und F&O0s3 im Filtrat. 
Gefundenes Bleisulfat: 0,0602, entsprechend: 0,0411 Blei, gegen 
0,04054 obiger Bestimmung. 
Gefundenes Fe203 = 0,0037 — 6,1 ?/y- 
Derin Salzsäure unlösliche Rückstand, 
Kohle und Sand, betrug gtrocknet: 0,00424; geglüht: 0,00271. 


„Kohle“ also 0,00153 = 2,78%, 
„Sand“ 0,00271 = 4,93 %/, 
Demnach hatte die Augenschminke No. 24 die Zusammensetzung: 
Bleiglanz: 35,16 %%, 
Fe203 REST 
Kohle: 2,78%, 
Sand: 3,33%, 
99,64 %/,- 


Mangan und Kalk waren nur in nicht wägbaren Spuren nach- 
zuweisen. Die geringe Menge Kohle läfst annehmen, dafs sie nicht 
etwa ein Rest ist von Kohle, mit welcher Bleisulfat zu Sulfid re- 
duziert worden, sondern eine zufällige oder auch absichtliche Bei- 
mengung, was um so eher anzunehmen ist, da auch Rufs von 
Harzen u. s. w. als Schminke benutzt wurde. Der ziemlich beträcht- 
liche Eisenoxydgehalt deutet auch auf natürlichen Bleiglanz als 
Ausgangsmaterial. | 

Die nun folgenden Proben sind ebenfalls Bleiglanzschminken ge- 
wesen, aber in ihnen ist das Sulid durch Rösten und nachherige 


24 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


Oxydation der feuchten Masse an der Luft zum Teil verändert. 
Es gehören hierhin die Nummern: 

1090500207923,.25::25,728; und 50: 
sowie die Proben von Prof. Ebers (No, 31 und 32.) 

Hier finden wir freien Schwefel neben freiem Blei, Bleisultid, 
schwefligsaurem Bleioxyd und schwefelsaurem Bleioxyd; als un- 
wesentliche Bestandteile Thonerde, Eisenoxyd, Manganoxyd, Kalk, 
Chlormagnesium und Chloralkalien. In No. 5 war auch Kupferoxyd 
nachweisbar, welches jedenfalls aus einer andern Schminke zufällig 
hineingekommen ist. 

Die gepulverten Proben wurden vor der Untersuchung mit 
Schwefelkohlenstoff ausgezogen und alsdann getrocknet. 


Analyse von No. 26a. 


Bestimmung desfreienSchwetels 

Angewandt: 3,5560 gr: Filter: 0,2925: vor der Extraktion mit 
CS2 =3,8485:; nach der Extraktion mit 0S2 — 3,7873: 

Freier Schwefel — 0.0632 — 1.157: 

Von dem ausgezogenen Pulver wurden zur Bestimmung 
von PbS und SOs3 angewandt: 0,355 gr: angewandte Jodlösung: 
200,0 ce: verbrauchte Thiosulfatlösung:: 110,50: verbrauchte Jodlösung: 
89,50 ce. 


Diese entsprechen: 0,0143 S. 
und 0,0922 Pb. 
also 0,1065 PbS — 30 %,. 


In der salzsauren Lösung, welche auch, da heils filtriert, das Blei- 
sulfat enthielt, wurde das Gesammtblei und die Schwefelsäure be- 
stimmt. 

Gefundenes PbSO4 = 0,3390, entsprechend 0,2312 Gesammt- 
Blei; gefundenes BaS O4 = 0.1460, entsprechend S 03 — 0,0500 (oder 
14,10 °/, SO3). 

Diese verlangen zu PbSO04 = 0,1885 —= 53,10%), genau 0,1385 PbO 
bezw. 0,1287 Pb. 

Hierzu Pb 0,0922 vom PbS gaben 0,2209 Gesammtblei gegen 0,2312 
oben gefundenes. 

Der kleine Ueberschuls an Blei dürfte mit Rücksicht auf das Re- 
sultat anderer Analysen als metallisches Blei angenommen werden. 
Bestimmung von Fe203, AleO3 und dem unlöslichen Teil. 

Angewandt: 1,0450: Eisenoxyd und Thonerde 0,0208: Eisen 
(durch Titration mit Permanganat) Fe = 0,0028 entsprechend 0,0040 
Fe203 =0,38 /,. 

Thonerde — 0.0208 — 0,004 —= 0,0168 g — 1,60 %,. 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 25 


‚In Salzsäure Unlösliches, Sand, abgeschiedene Kieselsäure und 
Kohle: 


Nach dem Trocknen — 0,07328 
5 „ Glühen — 0,04076 —= 3, /, 
Kohle — 0,03252 = 3.12 %, 


Bestimmung der Salzsäure. 
Die Lauge aus einer Schmelze mit kohlensaurem Natron-Kali wurde 
mit Schwefelwasserstoff von den gelösten Spuren Blei befreit und dann 
mit Essigsäure neutralisiert; der HaS wurde durch Erhitzen ausge- 
trieben. Die Lösung wurde dann mit Zehntel-Normalsilberlösung unter 
Zusatz von Magnesiamilch titriert. 
Angewandt: 0,7580; verbrauchte Silberlösung: 5,12 ce; 
diese entsprechen 0,01828 Cl = 2,36 %, 
Bestimmung des Magnesium und Natriumchlorids. 
Der Glührückstand der, von Schwermetall befreiten, salzsauren 
Lösung wurde in bekannter Weise zur Bestimmung benutzt. 
Angewandt: 1,560 gr: gefundenes Mg2eP207 — 0,020 g, ent- 
sprechend Mg Cl2 =0,01718 = 1,101 /, 
Gefundenes NaCl = 0,04600 — 2,95 P/,. 
Beide Chloride zusammen entsprechen: 


MgCle 0,823 %, a 
NaCl 1,800 % J 


berechnet: 2,623 °/, 
gegen durch Titration gefundenen 2,360 °/,. 
Diese Annäherung gestattet wohl die Auffassung, dals Magnesia und 
Alkali als Chloride vorlagen, Demnach dürfte No. 26a der folgen- 
den Zusammensetzung entsprechen! 


Schwefelblei 30,00 
Schwefelsaures Bleioxyd 53,10 
Thonerde 1,60 
Eisenoxyd 0,38 
Kohle 3,12 
Sand und Si O2 3,90 
Chlormagnesium 1,10 
Chlornatrium 2,95 
Freier Schwefel 1,75 

97,90. 


Die geringen Mengen Kalk und Mangan konnten nicht be- 
stimmt werden, auch gelang es nicht durch nochmalige Wieder- 
holung der Analyse den 100%, näher zu kommen. Wahrscheinlich 
ist es, dafs die durch etwaige gleichzeitige Anwesenheit , von 
schwefligsaurem: Bleioxyd. neben Sulfid, . sich entwickelnden Säuren 


26 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


H2S und SO2 durch gegenseitige Zersetzung einen Verlust bewirken, 
sodafs statt 30%, PbS, vielleicht 32%, PbS (+ PbSOs) zu setzen 
wären. 

Das Auftreten von metallischem Blei, welches zwar hier nur in 
geringem Malse sich zeigt, bei einzelnen andern Proben aber ziem- 
lich bedeutend wird, läfst darauf schliefsen, dafs die Alten den 
Bleiglanz zuweilen geröstet haben, hierfür sprechen auch die 
schlackenartigen Stücke, welche einzelne Proben unter dem Mikro- 
skop zeigen. Hille p. 241 schreibt auch: „Das in Aleppo gewöhn- 
lich zur Schminke benutzte Bleierz wurde durch Rösten in einer 
Quitte, einem Apfel u. s. w. präpariert“. 

Das Eisenoxyd und die Thonerde stammen jedenfalls aus einem 
den Bleiglanz begleitenden Silikat, da sich bei dem Behandeln der 
Schminke mit Salzsäure Kieselsäure abscheidet. Die beiden Chloride 
könnten absichtlich als „Seesalz“ zugesetzt sein; es wurden ja auch, 
wie im Papyros Ebers häufiger erwähnt, den Augensalben ver- 
schiedene „Unterarten“ zugefügt. 

Wie schon oben erwähnt ist die Zusammensetzung der einzelnen 
Stücke selbst ein und derselben Probe zuweilen sehr verschieden, 
so enthielt z. B. ein zweiter Splitter aus No. 26 nur Spuren 
Schwefelblei, statt dessen viel schwefelsaures Bleioxyd. Diese 
Probe wurde mit No. 26b bezeichnet. 


Analyse von No. 26h. 
Bestimmung des freien Schwefels. 
Angewandt: 2,9150; Filter: 0,3110; vor der Extraktion: 3,2260; 
nach der Extraktion: 3,1872. 
Freier Schwefel: 0,0388 = 1,33 %,. 
Bestimmung des Bleis und des SOs. 
Angewandt: 0,2134; Gefundenes PbSO4 = 0,1840, entsprechend 
0,1352 PbO und 0,0487 SO3. 
Gefundenes BaS0? — 0,1376, entsprechend SO®: 0,0473, gegen 
obiges 0,0487. 
‚ Wir sind also wohl berechtigt anzunehmen, dals das gesamte 
Bleioxyd als schwefelsaures vorlag. 
PbS04 = 0,1840 — 86,22 %,. 
Bestimmung des Fe203. AleOs u. s. w. 
_ Angewandt: 1,3440; gefunden: AlOs + Fe203 = 0,0270 Fe 
(durch Tritation) = 0,00632, entsprechend Fe2 03 —= 0,0091 = 0,68%. 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 27 


Es bleiben demnach für 
Ale O3 noch 0,0179 = 1,33°%/,. 
In Salzsäure Unlösliches: Nach dem Trocknen : 0,0840 : nach dem 
Glühen : 0.0556. 
Also „Vegetabilisches“ — 0,0284 — 2,14%), 
Sand und SiO2 —= 0,0556 — 4,13°/, 


Bestimmung des MgCl2 und Alkalichlorids. 


Angewandt: 1,56: Gefundenes Mg2P207 = 0,0315; daraus berechnet 
MgCk = 0.0135 — 0,87%; Gefundenes Alkalichlorid: 0,0562 —= 3,6%, 


Der analysierten Probe käme also die Zusammensetzung zu: 


Schwetelsaures Bleioxyd 86,22 
Sand- und Kieselsänre 4,13 
Vegetabilisches 2,14 
Alkalichlorid 3,60 
Chlormagnesium 0,87 
Thonerde 1,33 
Eisenoxyd 0,68 
Freier Schwefel 1,33 
100.30 ° 


Ausserdem waren in geringer Menge nachweisbar Kalk und 
Manganoxydul. 

Sowohl bei 26a, wie bei 26 b rührt der Kalk von der weissen 
Kruste her, die den Stücken anhaftet und die als „schwefelsaurer 
Kalk“ bestimmt wurde. Von den nicht analysierten Stücken der 
Nr. 26 scheint ein charakteristisch geformtes, ungemein hartes, 
ziemlich viel metallisches Blei zu enthalten, wie die Betrachtung 
der Bruchfläche unter der Lupe zeigt. Die feste Konsistenz deutet 
auf Gummischleime als Bindemittel, da dieselbe bei Fettzusatz zu 
gleichem Zweck nicht erreicht werden kann. Bei den folgenden 
Proben wurde von der Bestimmung der unwesentlichen Bestand- 
teile Abstand genommen, da sie sich zum grossen Teil als stark 
verunreinigt erwiesen. Es wurde nur das hier allein wichtige Ver- 
hältnifs zwischen Blei und den mit demselben verbundenen Säuren 
festgestellt. 

Nr. 23. 


Eines der beiden Stücke enthielt: 
S als H2S = 3,430/0, welche 22,08 Pb verlangen, 
zu Pb S 23,81 %o 
SO3 — 10,06 %o 
entsprechend 25,9 %0 Pb, zu Pb SO4 37,81 %o. 


28 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken 


Gefundenes Gesammt-Blei = 57,50 Yo. Demnach bleiben für metalli- 
sches Blei 8,09 %o. 
Also: Pb S = 23,81 
Pb S04 — 37,81 
Reduziertes Blei = 3,09. 
Letzteres findet sich in der Schminke, wie schon oben gesagt, in- 
folge eines kurzen Röstprozesses bei der Bereitung. Wie Hille, 
so schreibt auch Zippe (Metalle p. 220), allerdings mit Rücksicht 
auf Antimon-Schminke: „Das stibium wird, um die Augenschminke 
zu erhalten, mit Brodteig umgeben und zwischen Kohlen. zum 
Glühen erhitzt.“ Diese Notitz nimmt er aus Plinius; Diosco- 
rides fügt noch hinzu, dafs bei lange anhaltendem Erhitzen ein 
„Bleikorn“ entstehe. 
Bei der Gleichmässigkeit der Verwendung darf man wohl für 
die Bleischminken dieselbe Bereitungsweise annehmen, wie für die 
Antimonschminken, die sehr selten sind und fast immer durch Blei- 


glanz ersetzt wurden. 


Nr. 29. 
Freier Schwefel 0,11 %o 
Schwefelblei 29.75 %o 
Schwefelsaures Bleioxyd 38,70 %o. 
Nr. 8. 
Schwefelblei 39,45 
Schwefelsaures Bleioxyd 43,23. 
Nr. 28 


enthält 57°/, Blei auf nur 2,70%, SOs und 2,35%, S (als H2S); der 
grosse Ueberschufs an Blei kann auch hier keine andere Erklärung 
finden, wie bei Nr. 23. Die Verwendung von „Grünbleierz“ 
(s. Papyros Ebers) dürfte hierbei ausgeschlossen sein, da dieses 
Mineral sehr selten ist. Leider gestattete die geringe Menge des 
Materials keine genaueren Untersuchungen. 

Aehnliche Verhältnisse finden sich bei den Nr. 30, 5 und 1. 

Die Probe Nr. 5 zeigte unter dem Mikroskop graue Krystall- 
chen und neben schwarzen Schlacken von Bleiglanz ein braun- 
schwarzes amorphes Pulver. Letzteres liefs sich mit kalter ver- 
dünnter Salzsäure leicht auslaugen; die Lösung wurde mit Ammoniak 
sattblau, es war das Pulver also wahrscheinlich Kupferoxyd. Die 
grauen Krystallsplitter lösten sich aber erst beim Erhitzen mit starker 
Salzsäure, letztere Lösung reagierte ebenfalls auf Kupfer; diese 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 29 


Kryställchen waren jedenfalls Malachitsplitter, da „gefärbte Gläser“, 
die ja auch im alten Ägypten bekannt waren, und natürliche Kupfer- 
silikate sich nicht so leicht zersetzen. 

Speziell das Auftreten von Kupferoxyd neben dem grünen Salz 
spricht sehr für Malachit. Augenscheinlich ist diese Beimengung 
zu einer Bleischminke eine zufällige, vielleicht stammen die frag- 
lichen Bestandteile aus grünen Schminken (s. Nr. 11 und 17.) Mehr 
Interesse als die vorigen bieten die Nr. 2011 und 9. 

Nr. 20n. 

Diese Probe enthielt schwefligsaures Bleioxyd neben schwetel- 

saurem! das SO, wurde wie oben der H2 S bestimmt. 


SO02 = 4, 22 %o entspr. 13,58 Pb 
SO = 1,05% _„, 43,89 
Berechnetes Blei 57,47 
Gefundenes Gesammtblei 59,75 
Ueberschüssiges Blei — 2,29. 


In dieser Probe ist also bereits alles PbS oxydiert, es stellt 
dieselbe gleichsam ein Zwischenglied vor zwischen den Nr. 24 und 
26u. Die Oxydation findet nur bei feuchtem Schwefelblei statt, 
die Schminke Nr. II ist also vor beendigter Oxydation trocken 
geworden. 

Nr. 9. 

Diese Schminke, welche schon dadurch aufliel. dafs sie. zwar 
den andern gleichgestaltet. nur federkiel dick war, enthielt Molyb- 
dän, wie die Analyse ergab. Aus Schmelze der Substanz mit Soda 
und Schwefel wurde das Sulfid ausgelaugt und alsdann mit Schwefel- 
säure wieder gefällt, seine salzsaure Lösung wurde mit Rhodankalium 
rot. welche Färbung sich mit Aether ausschütteln liefs, wobei die 
Farbe des Aethers aus orange an der Luft in karminroth überging. 
Wegen der geringen Mengen konnten die Molybdänsäurereaktionen, 
bis auf diejenige mit Morphium, welche auch nur undeutlich war, 
nicht gelingen. 

Eine quantitative Bestimmung ergab: 

1,22 %0 S als H2 S 
5,06 %0 SOs3 
58,10 %0 Pb 
und 6,01 %o Mo 

Das Molybdän ist hier im Verhältnifs zum Blei in zu geringer 

Menge, als dafs man an Gelbbleierz als Grundlage denken könnte; 


30 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


es dürfte vielmehr ein Schwefelmolybdän haltiger Bleiglanz verwendet 
worden sein: ob aber den Alten dieses seltene Metall bezw. sein 
Sulfid, als von Bleiglanz verschieden, bekannt war, kann hieraus 
nicht geschlossen werden, da die Begleitung durch Molybdänglanz 
eine natürliche sein kann; allerdings liesse das kleinere Kaliber 
der Schminkstange darauf schliessen, dafs hierzu mit Bewusstsein 
selteneres oder kostbareres Material verwendet worden. 

Die Proben 31 und 32 von Prof. Ebers sind wesentlich überein- 
stimmend mit 26: erstere enthält freien Schwefel. Von Antimon 
fand sich in allen bisher genannten Nummern keine Spur, so dafs 
die Behauptungen der Aegyptologen über das Vorkommen des Anti- 
mons im Alterthum auch hier, wie in den, in den letzten Jahrer., 
publizirten Analysen orientalischer, alter Schminken, keine Stütze 
fanden. Dagegen besteht Nr. 21 aus allerdings stark vermengtem, 
aber vollständig bleifreiem, dreifach ‚Schwefelantimon“. Ausser 
35 oo Gangart und beigemengtem Quarz finden sich in dieser 
Schminke als nebensächliche Bestandtheile dieselben wie in den 
Bleischminken. 

Nr21: 

Da sich der „Spiessglanz‘“ mit Salzsäure schwer zersetzt, konnte 
die Bestimmung des Sulfidschwefels als Schwefelwasserstoff nicht 
nach der bei dem Bleiglanze benutzten Methoden ausgeführt werden, 
Es wurde der Schwefel durch Schmelzen des Pulvers mit Soda und 
Salpeter zu Schwefelsäure oxydiert und letztere bestimmt. 


Angewandt: 0.0532 
Gefunden: Ba S04 — 0.0490 
Berechnet auf S = 0,00673 = 12,71 %, 
Diese entsprechen 44,34 °/, Sb2 S3 
oder 31,63 %, Sb. 
Das Antimon wurde als Sb204 bestimmt. 

Angewandt: 0,0655 
Gefunden: Sb204 0,0267 
entsprechend Sb — 0,0211 

: — 3221% 
gegen obige 31,63 %, 


Das Verhältnifs des Antimons zum Schwefel stimmt demnach 
auf die Verbindung ‚„Sb2S3“. Da diese Schminke der 19. Dynastie 
entstammt, also aus dem 15. Jahrhundert vor Christus, beweist sie 
die Richtigkeit der Behauptungen Prof. Virchow s. 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 31 


Die braunen Schminken: 
Nr. 4, 12, 13, 15 und 201 

sind mehr oder weniger mit Quarz und Pflanzentheilen verunreinigte 
stark eisenhaltige Thone, die zu wenig Interesse bieten in ihrer Zu- 
sammensetzung, als dafs eine quantitative Bestimmung nothwendig 
gewesen wäre. Die äussere Form ist bald die geriefte Stange, 
ähnlich der Bleischminken, bald eine ungeriefte cylindrische, mit 
Eindrücken eines Dikotyledonenblattes. In einzelnen Stücken be- 
gegnen wir auch wieder den grünen, winzigen Körnchen, welche in 
Nr. 1,2, 5 und anderen auffielen, hier aber wahrscheinlich Oxydations- 
produkt des in Thon vorkommenden Schwefelkieses (FeS2) sind, 
nämlich schwefelsaures Eisenoxydul, besonders da in den Proben 
kein Kupfer nachzuweisen war. Mit Ausnahme von Nr. 5, in 
welcher allein Kupfer spurenweise vorkam, möchte ich auch die 
grünen Kryställchen in den Bleiglanzproben für Ferrosulfat an- 
sprechen, das ebenfalls von Schwefelkies herstammt. Für Ferrosul- 
fat möchte ich auch die vereinzelt in Nr. 6 vorkommenden Kryställ- 
chen halten. Diese Augenschminke 6, sowie 29 und 26 c sind in 
der Hauptsache gepulverter Braunstein. Die ausgeführten Be- 
stimmungen des Mangandioxyds in diesen Proben haben für die Er- 
klärung des Verhältnisses der verschiedenen Manganoxyde in dem 
angewandten Braunstein keinen Wert, da z. B. Nr. 26c auch 
Schwefelblei enthielt, welches bekanntlich genaue Feststellung des 
Mn O2 unmöglich macht. Nr. 26c enthielt allerdings Braunstein als 
Hauptbestandteil, dann Bleiglanz, jedenfalls von 26 a herstammend, 
aus dessen Gusshöhlung die Probe herausgekratzt worden, und an 
nebensächlicheren Gemengteilen schwefelsauren Kalk und Quarz. 
Nr. 29 enthielt 20°, Mn O2, daneben andere Manganoxyde, geringe 
Mengen Schwefelblei und Eisenoxyd, sowie Thonerde und Kiesel- 
säure, war also wohl gepulverter Pyrolusit. 

Nr. 6 bestand aus Braunstein neben Kupferoxyd, welches sich 
mit Ammoniak auslaugen liefs; der Rückstand enthielt Eisenoxyd 
neben Eisenoxydul, und, da die Probe ebenfalls die mehrfach er- 
wähnten grünen Krystalle zeigte, dürften letztere auch hier Eisen- 
vitriol gewesen sein. 

Das beigemengte Kupferoxyd ist vielleicht absichtlich zugesetzt, 
um eine dunklere Färbung zu erzielen. Für die direkte Anwendung 
von Kupferoxyd spricht die Probe Nr. 27, die in Salzsäure voll- 


32 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken, 


ständig löslich ist. Das aus der Lösung mit Schwefelwasserstoff 
gefällte und als Cu2 S bestimmte Kupfer ergab, dafs vorliegende 
Schminke lediglich Kupferoxyd war. 

Angewandt: 0,1050 

Gefundenes Cu2S — 0,1042 = EuO. 

Bei vorsichtigem Zusatz von HCl konnte eime geringe Gas- 
entwickelung beobachtet werden, jedenfalls Kohlensäure. Da Kupfer- 
oxyd durch Glühen von Carbonat erhalten wird, so ist wohl kein 
Zweifel, dafs auch die alten Ägypter natürliche oder künstliche 
Kupferkarbonate auf diese Weise zur Bereitung eimer schwarzen 
Augenschminke verwendeten. Ausser zum Schminken, dienten diese 
Präparate auch zu Heilzwecken, (Pap. Ebers) was besonders für 
diese Kupferverbindungen wahrscheinlich ist, die ja noch heute dem 
Arzneischatz angehören. Einen Beweis für die Anwendung von 
Cuprihydrosilicaten (Kupferkieselsalbe Pap. Ebers) schienen die 
Proben Nr, 11 und 17 zu liefern. Sie zeigten unter dem Mikroskop 
schillernde rundliche Körnchen, welche man für Harz hätte halten 
können, daneben weisse, grüngezeichnete Krystallsplitter und grüne 
Kryställchen von wechselnder Intensität der Farbe; ein unter das 
Deckglas gebrachter Tropfen Salzzäure bewirkte aber das Auftreten 
von Gasbläschen (Kohlensäure) und nach dem Behandeln mit Am- 
moniaklösung waren die grünen Krystalle und die Zeichnungen auf 
den Krystallsplittern verschwunden, an ein Kupfersilikat war also 
nicht mehr zu denken, sondern an Malachit oder Grünspan. Dieses 
Verhalten erinnert an einzelne Stellen aus Lepsius über mafek, 
„die Farbe des mafek war grün.“ „Man unterscheidet auch ein 
„echtes‘‘ mafek.“ ‚Die verschiedenen grünen Farben von den 
Wänden der thebanischen Königsgräber zeigten unter dem Mikros- 
kop kleine grüne Glassplitter, zuweilen untermischt mit etwas weissem 
Glase.“ „Die kupferreiche Sinai-Halbinsel war das mafek-Land 
der Ägypter.“ Dieses mafek ist identisch mit der chrysocolla 
des Plinius, der auch von einer künstlichen Bereitung desselben 
berichtet, wobei er sagt, dafs im die Kupfergruben Wasser geleitet 
wurde, man dieselben aber im Sommer wieder austrocknen liefs; die 
dabei entstandenen Kupferoxydsalze wurden gepulvert, mit „Essig 
erweicht,“ getrocknet, gestossen und dann „mit Alaunschiefer und 
mit dem Kraute Jlutum getränkt.“ Wir finden also hier eine ge- 
wisse Uebereinstimmung des Endproduktes mit unseren Nr. 11 und 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 33 


17 und dem mafek. In einer Berichtigung setzt Prof. Ebers an 
Stelle von „Kieselkupfersalbe“ ein „Gemenge von Grünspan und 
Harz.“ Für Grünspan würde der Befund der obigen Proben sprechen, 
Harz war jedoch keins nachzuweisen, die rundlichen Körner waren 
Sand. Die weissen Krystallsplitter gehören einem mit Salzsäure zer- 
setzbaren Silikat an. Eine Probe wurde mit conc. Salzsäure be- 
handelt und der unlösliche Rückstand auf einem Filter gesammelt. 
Um die abgeschiedene Kieselsäure, wenn auch nur annähernd zu 
bestimmen, wurde dieselbe von dem unzersetzten Sand mit Karbonat- 
haltiger Natronlauge getrennt und aus dieser ausgefällt. 
Gefunden: 5,93 %, SiOa 
auf 12,31 %, CuO. 


Dieses Verhältnifs widerspricht ebenfalls dem Vorliegen von 
Kupfersilikat. Die weissen Splitter können auch solche von künst- 
lichem Glas sein, welches gepulvert und mit künstlichem oder natür- 
lichem Kupferkarbonat gemengt auch als Malerfarbe und Glasur 
diente; zu letzterem Zwecke ist thatsächlich ein solches Pulver be- 
nutzt worden (Lepsius). Es war hierbei auch noch an Atakamit 
zu denken, einem basischen Kupferchlorid, bezw. an den grünen 
Rost auf den in Ägypten ausgegrabenen antiken Kunstprodukten 
aus Bronze, welcher grösstenteils aus dieser Substanz besteht 
(Zippe). Derselbe Autor bemerkt auch, dafs die Alten den Grünspan 
fast auf dieselbe Weise bereiteten, wie wir heute. Für diese künst- 
liche Darstellung spricht ja auch der Gebrauch von Kupferoxyd, 
welches allerdings auch natürlich vorkommt als Melakonat (Kupfer- 
schwärze), Dieses enthält 79.85 %, Cu als CuO im reinen Zustande, 
ist aber gewöhnlich durch fremde Beimengungen unrein. Da Nr. 27 
jedoch ganz reines CuO ist und auch noch Spuren CO enthielt, ist 
es zweifellos künstlich dargestellt, wie auch die Kupferkarbonate 
aus ll und 17 vielleicht künstlich sind. Wie schon die Nr, 27 und 
6 zeigen, versuchten die Ägypter die importierten Antimonschminken 
und die ihnen von den Arabern wahrscheinlich für diese unterge- 
schobenen Bleischminken durch andere schwarze Materialien zu er- 
setzen. Ein solches Substitut ist auch die Augenschminke Nr. 19. 

Dieselbe ist ein schwarzes, stark magnetisches Pulver, teilweise 
in Salzsäure löslich mit schwarzem, kohlehaltigen Rückstand. Die 
Lösung enthält Eisen. 

Arch. d. Pharın. XXX. Bds. 1. Heft. 3 


34 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


Analyse von Nr. 19. 


Bestimmung des unlöslichen Rückstandes, der Kohle und des ge- 
sammten Eisens: 

Angewandt; 0,0845: Unlösliches nach dem Trocknen = 0,0604 — 
71,47 %/,; nach dem Glühen — 0,0504 — 59,64 %/,; Kohle 0,0100 = 11,83 %, ; 
Gefunden Fe203 — 0,0253 — 29.98 °/,, entsprechend Fe —= 20,99 %,. 

Bestimmung des metallischen, bezw. Oxydul-Eisens (durch Titration 
mit Permanganatı). 

Angewandt: 0,0415: Gefunden: Fe = 0,00331 = 7.99 %/,. Diese 
subtrahiert vom Gesammteisen 

20,99 — 7,99, bleiben 13,00 Yo Fe als Fe203. Diese erfordern 6,5 Vo 
Fe, als FeO zur Bildung von Fe304 — 26.93 °/,. Demnach sind noch 
1,49 °/, Fe als metallisches anzusehen. 


Die Augenschminke Nr. 19 entspricht also der Zusammensetzung: 


Sand etc. 59,64 
Kohle 11,83 
Fe304 26,93 
Fe 1,49 


39,89 %o. 


Da sich aus dem Pulver mit Salzsäure nur wenig Wasserstoff 
entwickelte, dasselbe aber dennoch lebhaft von dem Magneten ange- 
zogen wurde, war eher an ein magnetisches Eisenoxyduloxyd, als an 
Ferum reductum zu denken. Die Analyse bestätigt diesen Schluls, 
indem die geringe Gasentwicklung von der geringen Eisenmenge her- 
stammt, der magnetische Teil Eisenoxyduloxyd sein muls. Letzteres 
entsteht bekanntlich leicht beim Erhitzen von Eisenoxyd mit Kohle 
an der Luft neben Spuren von metallischem Eisen. Fir eine solche 
künstliche Bereitung spricht der Gehalt an Kohle. Ein Mineral, 
welches obiger Zusammensetzung entspricht, ist der Magnetit, den 
schon Plinius erwähnt; da die alten Ägypter tatsächlich Eisen be- 
sessen (Zippe p. 115) uud auch selbst erzeugt haben, ist neben der 
Möglichkeit der Anwendung des Magnetits auch die des .‚Hammer- 
schlags“, der ebenfalls obige Zusammensetzung hat, denkbar. Mit 
Rücksicht aber auf-eine gemeinsame Verwendung der Schminke als 
Cosmeticum und als Augenheilmittel und mit Berücksichtigung der 
von Prof. Ebers konstatierten Benutzung des Haematit zu Augen- 
salben, möchte ich auch hier der Ansicht zuneigen, dafs in 19 ein 
mit glühender Kohle reducierter Haematit, verunreinigt mit Sand 
und überschüssiger Kohle, vorliegt. 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 35 


Dieses Vorkommen von Metallen in altägyptischen Erzeugnissen 
drängte den Forschern die Frage der Herstellung dieser Metalle aut. 
Für Kupfer war die Beantwortung leicht; das Kupferland der Aegypter 
war die Sinai-Halbinsel, auch förderte Aegypten selbst Kupfererze, wie die 
unverkennbaren Reste von Minen und Schlackenhalden beweisen. 
Ramses der Grolse versuchte das arabische Kupferland mit Aegypten 
durch den vom roten Meere zu den Bitterseen und von hier zum 
Nile führenden Kanal zu verbinden (Zippe); ein Beweis, dals Arabien 
mit Aegypten in einem engen Handelsverkehr stand. Auch das 
Eisen bezw. dessen Erze müssen zum grolsen Teil importiert worden 
sein, da Aegypten selbst arm ist an solchen Erzen. Während sich 
so Eisen und Kupfer in nächster Nähe fanden, ist die ägyptische 
Quelle für Antimon und Blei noch nicht genügend nachgewiesen. 
Weder die Simai-Halbinsel noch Arabien besitzen diese Metalle, 
(nach einer Mitteilung von Prof. v. Sandberger) dennoch glauben 
die Aegyptologen, dafs dieselben aus nicht zu weiter Ferne nach 
Aegypten gekommen seien. In eimer altägyptischen Inschrift wird 
das Land „mend“ als die Heimat des „mestem“, also des Antimons 
und dessen Substitut, des Bleis bezeichnet, und dieses Land ist aller 
Wahrscheinlichkeit nach ein arabischer Küstenstrich, wie auch 
Brugsch Arabien als Bezugsquelle angiebt, Die Thatsache nun, 
dals alte Schriftsteller Arabien als die Heimat von Produkten an- 
sehen, welche in Wirklichkeit dort nur ihren Stapelplatz fanden, so 
Waren indischen und äthiopischen Ursprungs, läfst auch die Heimat 
des alten Bleis und Antimons in Ostindien suchen. Dort findet sich 
z. B. Antimonglanz in mächtigen Ablagerungen; riesige Mengen von 
Antimonglanz finden sich auch in fast fulslangen Krystallen in Japan. 
Wie Herodot den indischen Zimmt für ein arabisches Produkt 
hielt, so wird auch wohl der Irrtum der Aegyppter bezüglich der 
Heimat des mestem: darin zu suchen sein, dafs die Araber diese 
Erzeugnisse Indiens hauptsächlich in den abendländischen Handel 
des Altertums brachten. Richter (Westermann’s Monatshefte 1890) 
glaubt, dafs die Araber aus Nationalstolz und aus kaufmännischem 
Interesse ihre Quellen absiehtlich verheimlichten, sodafs den benach- 
barten Völkern Arabien als das alles hervorbringende Wunderland 
erscheinen mulste. Ueber die einzelnen Handelsplätze des alten 
Arabiens und die Beförderung der Waren nach Aegypten berichtet 
Richter (l. ce.) eingehend. Die Unterschiebung des Bleiglanzes für 

Dz 


36 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


Antimonglanz würde nach Obigen auch wohl den Arabern zur Last 
zu legen sein, während die Braunsteinschminken, sowie das Kupfer- 
oxyd und Eisenoxyduloxyd ägyptische Fälschung sein können. 
Zippe p. 185 läst auch das Zinn Indiens längs der Küsten von 
Arabien, durch das rote Meer nach Aegypten gelangen, wo es zur 
Fabrikation von Bronze diente: der älteste (Sanscrit-) Name für 
Zimn „Kastira“ berechtigt zu dieser Annahme. Wenn nun so ein 
Handelsverkehr zwischen Indien und Aegypten über Arabien für 
Zinn fast zweifellos ist, so ist kein Grund vorhanden, nicht auch 
dieselbe Bezugsquelle für Blei und Antimon anzunehmen. 


Untersuchung der Pflanzenreste. 


Was die bei den Augenschminken sich findenden pflanzlichen 
Beimengungen anbetrifft, so ergab schon eine oberflächliche Be- 
trachtung derselben, dals sie zum gröfsten Teil aus gelblichen 
Bruchstücken eines hohlen Stengels bestehen. Daneben fanden sich, 
jedoch nur sehr vereinzelt, noch rhizomartige, solide, und dünne, 
hautartige Stücke. 

Die mikroskopische Untersuchung der Halmreste ergab, dafs 
die betreffenden Pflanzen mono-kotyledonischen Charakter besalsen, 
da auf dem Querschnitt ein subepidermaler Sklerenchymring und 
zerstreute, geschlossene Gefälsbündel zu beobachten waren. Die ra- 
diale Anordnung von Xylem und Phloöm, sowie der sklerenchyma- 
tische, ringförmige Bastbelag (Schutzscheide) und die charakteristi- 
sche, trianguläre Stellung der drei Gefälse lassen mit Sicherheit 
darauf schliefsen, dafs die vorliegenden Reste von einer Graminee 
abstammen, Der Schlufs auf den Stengelcharakter der Reste wurde 
durch die Flächenansicht der Stücke unterstützt, da spaltöffnungs- 
reiche Streifen mit solchen abwechselten, die keine stomata be- 
salsen, dafür aber kurze, kegelförmige Haare trugen. Die Anord- 
nung der stomata war eine reifenförmige, wie sie sie bei den Mono- 
kotyledonen anzutreffen ist. 

Die hautartigen, dünnen, nur zwei bis drei Zelllagen starken 
Reste sind jedenfalls Stücke von Blattscheiden, da die Ober- und 
Unterseite verschiedene Flächenansichten zeigten. Die Epidermis- 
zellen der einen Seite besalsen nämlich im Gegensatz zu den gerad- 
wandigen der andern, stark wellig gebogene Zellwände, und eine 
gröfsere Zahl von Spaltöffnungen, welche ausschliefslich zu beiden 


X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 37 


Seiten der parallel laufenden Nerven in einer Reihe lagen. Die 
wenigen stomata der anderen Seite waren unregelmäfsiger und zer- 
streuter angeordnet. 

Die rhizomartigen Reste besalsen einen sich an die Epidermis 
anschlie(senden, mehrreihigen Sklerenchymring und einen centralen 
Getäfsbündelcylinder mit kollateral angeordneten Strangteilen und 
einer einreihigen Endodermis. Die Zellen der letzteren zeigten ein- 
seitige Verdiekung und wurde der Ring derselben von dünnwandigen 
Durchlafszellen unterbrochen. 

Eine Deutung dieser vegetabilischen Reste liegt wohl ziemlich 
klar auf der Hand, wenn wir uns an die noch heute im Handel sich 
findende Stangenform des Gummi Gutti erinnern. 

Die relativ geringe Wandstärke der Halmstücke, ihre anatomi- 
schen Merkmale, sowie das Vorhandensein von Blattscheideresten, 
lassen annehmen, dafs sie einer Grasart angehört haben. Die 
Internodien des Halmes wurden dann dicht unterhalb des Knotens 
abgeschnitten und stellten somit eine hohle, an einem Ende durch 
den Knoten verschlossene Röhre dar, in welche die halbflüssige, 
salbenartige Schminke hineingegossen wurde, um in dieser Form 
autbewahrt zu werden und in den Handel zu gelangen. Die festen, 
etwa l mm im Durchmesser haltenden Stücke rühren jedenfalls von 
einem Rhizom her, mit welchem die Röhren zur gröfseren Haltbar- 
keit umwickelt waren. 

Schliefslich ist noch zu bemerken, dafs an einzelnen Stücken 
der Schminke sich Eindrücke fanden, welche unzweifelhaft von den 
Nerven eines Dikotyledonenblattes herrühren. Diese ursprünglich 
jedenfalls mehr konsistenten Schminken-Latwergen wurden in 
Blätter eingehüllt, in ähnlicher Weise, wie wir noch zu unserer 
Zeit das Opium und zahlreiche Harze (Res. Dracon, Catechu, 
Elemi) im Handel vorfinden. 

Zum Schlusse sei es mir gestattet, die Ergebnisse der im Vor 
stehenden geschilderten Untersuchungen noch einmal kurz zusammen- 
zufassen. 

Das Material zu den Augenschminken, welches die alten 
Aegypter sehr wahrscheinlich aus Indien über Arabien bezogen, 
war in seltenen Fällen „Antimonglanz“, meistens statt dessen aber 
„Bleiglanz“ als solches, oder bereits verarbeitet. Das gepulverte 
Sulfid ist schwach geröstet worden und dann entweder so autbe- 


38 X. Fischer, Die Zusammensetzung altägypt. Augenschminken. 


wahrt oder mit einem schleimigen Bindemittel angerührt, als Salbe 
oder Paste in Halmstücke gegossen worden; das feuchte Sulfid hat 
sich alsdann bis zur eingetretenen Trockenheit der Schminke partiell 
oxydiert. 


Eine, scheinbar weniger gebräuchliche, andere Schminksubstanz 
ist der .‚Pyrolusit‘‘ (Braunstein) gewesen, der gepulvert, für sich, 
oder mit anderen Gemengteilen benutzt wurde. 

Als Ersatzmittel haben auch gedient „Kupferoxyd“, aus Kar- 
bonat durch Glühen gewonnen, dann „Eisenoxyduloxyd“ aus Eisen- 
oxyden durch Glühen mit Kohle dargestellt, und als braune 
Schminken stark „eisenoxydhaltige Thone“. 

Die grünen Schminken sind ein Gemenge eines feingepulverten 
künstlichen Glasflusses oder natürlichen Silikats mit basischem 
Kupferkarbonat bezw. Einhüllung. 

Zur Verpackung bezw. Einhüllung dienten fingerdicke Gramineen- 
stengel und auch zuweilen Dikotyledonenblätter, zur Aufbewahrung 
Getäfse aus Alabaster und aus gebranntem Thon. Von den drei 
Proben aus einem vierfächerigen Gefäfs sind zwei gleichartige 
(braune Thone); die andere gehört zur Klasse der grünen Schminken. 


2. Beitrag zur Kenntnis der Bestandteile von 


Menyanthes trifoliata und Erythraea Centaurium. 
Von Karl Lendrich. 
(Eingegangen den 20. Januar 1892.) 

Die ersten Versuche, den Bitterstoff aus Menyanthes trifoliata 
rein abzuscheiden, wurden zuerst von Trommsdorf und später von 
Brandes gemacht, ohne jedoch von Erfolg begleitet zu sein. Erst 
im Jahre 1861 gelang es Ludwig und Kromayer,! den Bitterstoff 
aus Menyanthes trifoliata zu isolieren. Sie fällten die heifs be- 
reiteten, geklärten und konzentrierten wässrigen Auszüge mit Gerb- 
säure, trockneten den gewaschenen Niederschlag mit geschlemmtem 
Bleioxyd auf dem Wasserbade ein und kochten die trockene Masse mit 
85 prozentigem Weingeist aus. Der terpentinartige Verdunstungs- 


ı Husemann, Hilger, Pflanzenstoffe 1884, Bd. II pag. 1219. 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 39 


rückstand der weingeistigen Tinktur wurde wiederholt mit Wasser 
und Äther gewaschen und seine heifs bereitete wässrige Lösung nach 
dem Erkalten wiederum mit Gerbsäure gefällt. Der pflasterartige 
Niederschlag wird aufs Neue in weingeistiger Lösung mit Bleioxyd 
zersetzt, eingetrocknet, der Rückstand mit starkem Weingeist aus- 
gekocht, die Lösung mit Tierkohle entfärbt und nach Zusatz von 
Wasser verdunstet. 

Nach einer späteren Angabe von Kromayer digeriert derselbe 
den möglichst konzentrierten wässrigen Auszug des Fieberklees bei 
60—70° mit gekörnter Knochenkohle bis zur Entbitterung, kocht 
dann die mit kaltem Wasser gut ausgewaschene Kohle mit Wein- 
geist aus und konzentriert den heifs filtrierten Auszug durch 
Destillation bis zum Extrakt. Dieses wird zunächst zur Entfernung 
eines zweiten im Fieberklee vorkommenden, aber nicht näher unter- 
suchten, kratzend schmeckenden Stoffes mit Äther behandelt und 
dann in wässriger Lösung mit Gerbsäure gefällt. Den mit Wasser 
gewaschenen Niederschlag trocknet man mit Bleiweils ein, zieht den 
Rückstand mit Weingeist aus, entfärbt den Auszug durch Knochen- 
kohle, verdunstet, fällt die wässrige Lösung nochmals mit Gerbsäure 
und verfährt in der oben angegebenen Weise weiter. So dargestellt 
bildet der Bitterstoff (Menyanthin) eine amorphe, gelbliche Masse, 
die beim Trocknen über Schwefelsäure allmählich fest wird. 

Er schmeckt stark und rein bitter und reagiert neutral. Bei 
60—65° erweichend, schmilzt der Bitterstoff bei 100—115° zu einer 
dünnen klaren Flüssigkeit, die zu einer harten, durchsichtigen Masse 
wieder erstarrt. Er löst sich schwer in kaltem, leicht in kochendem 
Wasser und Weingeist, nicht in Äther. Die kochend gesättigte 
wässrige Lösung trübt sich beim Erkalten milchig. 

Für die Zusammensetzung wurde von Ludwig und Kromayer 
zuerst die Formel C2 H3 Ou, später von Kromayer die Formel 
C3 Hs O14 aufgestellt. Beim stärkeren Erhitzen wird das Menyanthin 
zerstört; konzentrierte Schwetelsäure giebt damit eine gelbbraune, 
beim Stehen violett werdende und auf Zusatz von Wasser graue 
Flocken abscheidende Lösung. 

Beim Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure erfolgt Spaltung 
in gährungsfähigen Zucker und Menyanthol (Cs Hs O?). Kromayer 
giebt für diese Spaltung die noch unzuverlässige Gleichung: 

Ca» Hs 014 = 3 CsHs0 + C6H206 +5 H20. 


40 Karl Lendrich. Beitrag zur Kenntnis ete. 


Das Menyanthol ist ein farbloses. schwer flüchtiges, dem Bitter- 
mandelöl ähnlich riechendes, sauer reagierendes Öl, das sich beim 
Stehen an der Luft, auch beim Schmelzen mit Kali in eine krystalli- 
nische, sublimierbare Säure verwandelt. 


Nach der Dissertation von Liebelt! wird die Darstellung in 
folgender Weise vereinfacht. 

Man rührt das Extrakt der Blätter vom Fieberklee zu einer 
dickflüssigen Masse an und schüttelt längere Zeit mit Alkohol. Der 
beim späteren Stehen sich absetzende Alkoholauszug wird abgetrennt 
und die Extraktion mehrmals wiederholt. Von den Alkoholauszügen 
wird der Weingeist abdestilliert, der Rückstand mit Wasser ver- 
dünnt und mit Tierkohle behandelt, bis diese allen Bitterstoff auf- 
genommen hat. Die Tierkohle wird mit kaltem Wasser gut aus- 
gewaschen, getrocknet und mit Alkohol ausgekocht, um das 
Menyanthin in diesen überzuführen. Wiederum wird der Alkohol 
abdestilliert und aus seinem in Wasser aufgenommenen Rückstande 
das Menyanthin durch Gerbsäure gefällt. Aus dem mit Wasser 
ausgekneteten Niederschlage wird durch Behandlung mit Alkohol 
und Bleiweifs das Menyanthin frei gemacht, welches dann durch 
Wiederlösen in Alkohol und Enttfärbung mit Tierkohle, Behandlung 
mit Äther, welcher eine fremde Beimengung aufnimmt, gereinigt 
wird. 

Endlich wurde nochmals die Behandlung mit Gerbsäure etc. 
vorgenommen. So dargestellt enthielt das Menyanthin 56,22 Proz. C, 
7,04 Proz. H und 36,74 Proz. OÖ, was ziemlich genau mit den Be- 
stimmungen von Kromeyer übereinstimmt. 


Beim Kochen mit verdünnten Säuren liefert das Menyanthin 
Traubenzucker und das aldehydische Menyanthol. Es entstehen aber 
dabei bedeutende Mengen harziger Nebenprodukte und das Menyanthol 
Liebelt hat nicht die Zusammensetzung, welche Kromayer er- 
mittelte. (L. fand 72,32 Proz. C und 9,75 Proz. H.) 


Eine weitere Differenz zwischen den Resultaten beider Forscher 
liegt darin, dafs Liebelt keine krystallinische Menyanthsäure, 
sondern nur harzige Produkte durch Oxydation des Menyanthols er- 
zielen konnte. 


1 Wiggers u. Husemann., Jahresbericht 1878, pag. 119. 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 41 


Über den aus Erythraea centaurium gewonnenen Bitterstoff, 
Erythrocentaurin, findet man in Husemann-Hilgers Pflanzenstofte 
folgendes: 

Zieht man nach Mehn das wässrige Extrakt des Tausendgülden- 
krautes, Erythraea centaurium, mit Weingeist und den Ver- 
dunstungsrückstand der weingeistigen Tinktur mit Äther aus, so 
scheidet die ätherische Lösung beim freiwilligen Verdunsten Krystalle 
aus, die man durch wiederholtes Umkrystallisieren aus kochendem 
Wasser und Äther mit Beihilfe von Tierkohle rein und farblos er- 
hält. Die Ausbeute beträgt V3w0 vom Gewichte des Tausendgülden- 
krautes. 

Die an sich farblosen, geruch- und geschmacklosen, neutral 
reagierenden Krystalle schmelzen bei 136° und erstarren wieder 
krystallinisch. An der Sonne färben sie sich schnell rosa und dann 
lebhaft rot, werden aber beim Erwärmen auf 130° wieder völlig ent- 
färbt. Die Färbung tritt auch in sauerstofffreien Gasen auf. 

Von kaltem Wasser erfordert das Erythrocentaurin 1630 Teile, 
von kochendem etwa 35 Teile, von 86proz. Weingeist 48 Teile, von 
Äther 245 Teile, von Chloroform 132 Teile zur Lösung. Schwefel- 
kohlenstoft, Benzol, flüchtige und fette Öle lösen es leicht. Kon- 
zentrierte Schwefelsäure giebt damit farblose Lösung, aus der es 
durch Wasser unverändert wieder gefällt wird. Die wässrige Lösung 
wird weder durch Metallsalze, noch durch Gerbsäure gefällt. Salpeter- 
säure, Salzsäure, Chromsäure, Brom und Jod wirken nicht auf das 
Erythrocentaurin ein. Nur Chlor erzeugt beim Überleiten über die 
schmelzende Substanz ein krystallisierbares Zersetzungsprodukt, und 
übermangansaures Kali zersetzt schon in der Kälte. 


Methoden zur Isolierung der Bitterstoffe aus Menyanthes 
trifoliata und Erythraea centaurium. 


Bei der Isolierung der Bitterstoffe aus Menyanthes trifoliata 
und Erythraea centaurium wurde ein Mal das Verhalten der 
wässrigen und alkoholischen Pflanzenauszüge beim Digerieren mit 
Baryum- resp. Calciumhydroxyd, das andere Mal die Löslichkeit der 
Bitterstoffe beim Erschöpfen der grob gestofsenen Pflanzen mit Äther 
und Alkohol studiert. 

I. Verhalten der Bitterstoffe gegen Baryum- und 
Caleciumhydroxyd. Digeriert man die grob gestofsenen Kräuter 


42 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 


von Menyanthes trifoliata und Erythraea centaurium einige 
Zeit bei 50—60° C. im Wasserbade mit zweiprozentigem Baryt- 
wasser oder mit Kalkwasser, so zeigt sich, dafs der bittere Ge- 
schmack der Pflanzenpulver vollständig verschwunden ist. Es mufs 
demnach entweder eine geschmacklose Verbindung mit Baryum oder 
Caleium entstanden oder eine Zersetzung vor sich gegangen sein. 

Zur weiteren Untersuchung wurden daher die abgeprefsten und 
filtrierten Auszüge eingeengt und in der Wärme zur Fällung des 
Baryts resp. Kalks Kohlensäure eingeleitet. Die Filtrate zeigten 
keinen bitteren Geschmack, gaben aber auf Zusatz von verdünnter 
Schwefelsäure weitere Fällungen, ohne dafs der Bitterstoff regeneriert 
wurde. Ebenso verhielten sich die alkoholischen Auszüge gegen 
zweiprozentige alkoholische Barytlösung. 

Es machte sich aber bei der Behandlung mit Baryt- und Kalk- 
wasser, sowohl bei Menyanthestrifoliata als auch bei Erythraea 
centaurium ein angenehmer aromatischer Geruch bemerkbar, der, 
wie sich später herausstellte, von Spaltungsprodukten der Bitterstoffe 
herrührte. Es war also auf diesem Wege nicht möglich, eine 
Isolierung der Bitterstoffe zu erzielen. 

I. Verhalten der Bitterstoffe gegen Lösungsmittel. 
Es wurde nun das Verhalten der Bitterstoffe gegen Lösungsmittel 
studiert und dabei gefunden, dafs bei einer Extraktion der luft- 
trockenen und grob gepulverten Kräuter zuerst mit Äther und nach- 
her mit 98 prozentigem Alkohol aller Bitterstoff denselben entzogen 
war, und dafs sowohl die ätherischen wie alkoholischen Auszüge Bitter- 
stoff enthalten. Durch Destillation wurden die Auszüge zur Extrakt- 
konsistenz gebracht und wie folgt weiter verarbeitet. 


Isolierung des Bitterstoffes aus Menyanthes trifoliata. 

I. Ätherischer Auszug. Das ätherische Extrakt von 
Menyanthes trifoliata, welches neben dem Bitterstoffe die Fett- 
säureester und in Äther löslichen Farbstoffe der Pflanze enthielt, zeigte 
sich frei von Gerbstoff und enthielt nur geringe Spuren anorganischer 
Bestandteile und machte es so besonders geeignet zur Isolierung des 
Bitterstoffes. 

Zur Trennung des Bitterstoffes von den Fettsäureestern wurde 
das Extrakt so lange mit destilliertem Wasser von 50—60° ©. aus- 
gezogen, bis der Rückstand nicht mehr bitter schmeckte. Es wurde 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 43 


so eine schwach sauer reagierende, weingelbe, etwas opalisierende 
Lösung des Bitterstoffes erhalten. Das beim Ausziehen des 
ätherischen Extraktes mit Wasser Zurückbleibende wurde wie später 
folgt weiter verarbeitet. 


Zur weiteren Reinigung wurde die wässrige Bitterstofflösung 
mit feuchtem Aluminiumhydroxyd geschüttelt und so nach dem 
Filtrieren eine klare, schwach gelb gefärbte Lösung erhalten, in 
welcher durch Prüfen mit Eisenchloridlösung die Abwesenheit von 
Gerbstoff konstatiert wurde. Um den Einflufs der atmosphärischen 
Luft zu vermeiden, wurde jetzt die Bitterstoffllösung im Vacuum- 
apparat eingedampft und zuletzt mit reinem Quarzsand zur Trockne 
gebracht. Der Trockenrückstand wurde mit absolutem Alkohol er- 
schöpft, die alkoholischen Auszüge an einem kühlen Ort zum Ab- 
setzen bei Seite gestellt, dann filtriert, das Filtrat durch Destillation 
auf ein kleineres Volumen gebracht und mit einem gleichen Volumen 
Äther gemischt, wodurch den Bitterstoff noch begleitende Ver- 
unreinigungen gefällt wurden. Die Äther-Alkohollösung des Bitter- 
stoffes wurde vom Niederschlage durch Filtrieren getrennt, der 
Äther durch Destillation entfernt und die zurückbleibende alkoholische 
Lösung mit reiner Tierkohle in emem Kolben mit Rückflufskühler 
gekocht, filtriert und immer wieder mit neuen Mengen Tierkohle be- 
handelt. Auf diese Weise gelang es, eine kaum gelb gefärbte 
Lösung des Bitterstoffes zu erhalten. Der Alkohol wurde hierauf 
im Kohlensäurestrom, um auch hier die Einwirkung der Luft zu 
vermeiden, abdestilliert. Als Rückstand hinterblieb so der Bitter- 
stoft als gelbe, terpentinartige Masse von rein bitterem Geschmack, 
der, wie weiter unten folgt, geprüft und verarbeitet wurde. 


U. Alkoholischer Auszug. Um aus dem alkoholischen 
Extrakt von Menyanthes trifoliata den Bitterstoff zu isolieren, 
wurde dasselbe mit destilliertem Wasser aufgenommen und zunächst 
mit neutralem Bleiacetat gefällt. Hierdurch wird der im alkoholischen 
Auszug enthaltene Gerbstoff und auch ein grofser Teil des Chloro- 
phylifarbstoffes gefällt. Nach dem Absetzen wurde filtriert und der 
Rückstand mit destilliertem Wasser gut nachgewaschen. Das klare, 
stark bitter schmeckende, gelb gefärbte Filtrat wurde nochmals mit 
Bleiacetat geprüft, wodurch jedoch kein weiterer Niederschlag ent- 
stand. 


4 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 


Die wässrige Bitterstofflösung wurde hierauf mit Schwefelwasser- 
stoff entbleit, filtriert, der Schwefelwasserstoff durch Erwärmen ver- 
jagt und die freie Essigsäure durch Digerieren mit fein geschlemmtem 
Baryumcarbonat entfernt, Nach dem Abfiltrieren vom überschüssigen 
Baryumcarbonat wurde so eine schwach gelbe, rein bitter schmeckende 
Lösung erhalten, welche, wie vorher beschrieben, im Vacuumapparat 
zuletzt mit reinem Quarzsand zur Trockne gebracht wurde. Der 
Trockenrückstand wurde alsdann wieder mit absolutem Alkohol aus- 
gezogen, nach dem Absetzen an einem kühlen Ort filtriert. das Filtrat 
durch Destillation auf ein kleineres Volumen gebracht und mit einem 
gleichen Volumen Äther gemischt. Hierbei wurde die Lösung des 
Bitterstoffes zuerst milchig trübe, jedoch nach einiger Zeit wieder 
klar und es zeigte sich nun, dals die Gefäfswandung mit kleinen 
Krystallen besetzt war. Die ätherisch-alkoholische Lösung wurde 
abgegolsen, die Krystalle mit einer Äther-Alkoholmischung gut ab- 
gewaschen und gesammelt. 

Die Krystalle waren von rein sülsem Geschmack und bestanden 
unter dem Mikroskop betrachtet, aus monoklinen Prismen. Die 
wässrige Lösung reduzierte Fehling’sche Lösung nicht direkt, sondern 
erst nach der Inversion mit verdünnter Säure. Bei der Polarisation 
zeigte die wässrige Lösung sich rechtsdrehend, jedoch konnte bei 
der geringen Ausbeute die spezifische Drehung nicht ermittelt werden. 
Die mit der invertierten Lösung mit Phenylhydrazin dargestellte Ver- 
bindung zeigte einen Schmelzpunkt von 204° ©. 

Aus den erhaltenen Thatsachen zu schliefsen, bestehen die er- 
haltenen Krystalle aus Rohrzucker. Die vom Rohrzucker befreite 
Äther-Alkohollösung des Bitterstoffes wurde, wie vorher beim ätheri- 
schen Pflanzenextrakte, vom Äther getrennt, mit Tierkohle entfärbt 
und der Alkohol im Kohlensäurestrom abdestilliert. Der zurück- 
bleibende Bitterstoft zeigte dieselben Eigenschaften des aus dem 
Ätherextrakt gewonnenen. 


Charakterisierung des Bitterstoffes (Menyanthin). 

Der nach den ausgeführten Methoden erhaltene Bitterstoff war 
von gelber Farbe, terpentinartiger Konsistenz, neutraler Reaktion 
und rein bitterem Geschmack. 

Im Dampfstrom in einer Wasserstoffatmosphäre getrocknet, 
wurde er fest und zeigte glasigen Bruch. Er war leicht löslich in 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 45 


Alkohol und heifsem Wasser, schied sich aber aus letzterem unter 
Trübung in öligen Tröpfchen zum grofsen Teil wieder aus; schwerer 
war der Bitterstoff in kaltem Wasser und Äther löslich. 

Ganz eigentümliches Verhalten zeigte die wässrige Lösung des 
Bitterstoffs gegen Alkaloidreagentien, Mit Wismuthjodid-Jodkalium 
entstand gelbe Fällung. Mit Quecksilberjodid-Jodkalium weisse 
Fällung. Mit Phosphormolybdaensaurem Natron, gelbe Fällung. Mit 
Gerbsäure, weisse Fällung. Mit Jodlösung, gelbe Fällung. Gold- 
chlorid und Fehling’sche Lösung wurden reduziert. 

Froehdes Reagens gab mit dem reinen Bitterstoff zuerst eine 
rotbraune Lösung, die später dunkel und missfarbig wurde. 


Durch die eben erhaltenen Alkaloidreactionen veranlasst, wurde 
mit dem Bitterstoffe eine Prüfung auf Stickstoff vorgenommen, 
welcher jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. | 

Beim Versetzen der wässrigen Bitterstofflösung mit Baryt und 
Kalkwasser trat in der Wärme ein süsslich-aromatischer Geruch auf, 
ebenso beim Behandeln mit verdünnten Säuren und der bittere Ge- 
schmack war verschwunden und konnte auch nicht wieder regeneriert 
werden. Dafs auch der Bitterstoff nach längerer Zeit Zersetzung 
resp. Spaltung erfährt, zeigte eine kleine, in einem Glasröhrchen 
aufbewahrte Probe, welche dann nach 1!/2 Jahren geöffnet, den Ge- 
ruch nach Menyanthol und eine kleine Ausscheidung von Krystallen 
zeigte, die isoliert, die Reaktionen des bei der Säurespaltung aut- 
tretenden Kohlenhydrats zeigten. 

Es war somit eine Spaltung des Bitterstoffes vor sich gegangen, 
deren Produkte weiter unten behandelt werden. 

Zur weiteren Untersuchung wurde etwas Bitterstoff in einer 
Porzellanschale mit etwas Salpetersäure versetzt und auf dem Wasser- 
bade zur Trockne gebracht. Der mit Wasser aufgenommene gelbe 
Rückstand war von bitterem Geschmack, gab mit Cyankaliumlösung 
eine tiefrote Färbung und vermochte Wolle gelb zu färben. 

Ein anderer Teil der wässrigen Lösung wurde mit essigsaurem 
Natron und nachher mit Chlorcalcium versetzt, wodurch ein weisser 
in Essigsäure unlöslicher Niederschlag entstand. Aus den erhaltenen 
Reaktionen geht somit hervor, dafs durch die Oxydation des Bitter- 
stoffes mit Salpetersäure, Pikrinsäure und Oxalsäure entstanden 


waren. 


46 Kaıl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 


Ferner wurde etwas Bitterstoff mit Kalilauge im Silbertiegel 
eingedampft und der Rückstand vorsichtig zum Schmelzen erhitzt. 
Der Schmelzrückstand gab nach dem Erkalten mit verdünnter 
Schwefelsäure übergossen einen schwachen Geruch nach Buttersäure 
und nach darauffolgendem Ausschütteln mit Äther beim Verdunsten 
des letzteren einen geringen krystallinischen Rückstand, welcher auf 
Zusatz von verdünnter Eisenchloridlösung durch die eintretende 
violette Färbung als phenolartiger Körper erkannt wurde. 

Bei der, mit dem im Wasserstoffstrome getrockneten Bitterstoft 
vorgenommenen Elementaranalyse wurde gefunden: 

I. Angewandte Substanz — 0.2351 II. Angewandte Substaez = 0,3207. 

035933 4E:274320:733:24. GC: 59 2 TEE 39033 

Im Mittel C: 59,23, H: 7,41, O: 33,36. 

Die von Kromayer angegebene Formel für Menyanthin ist Co 
His O1. Versucht man aus den erhaltenen Zahlen der Elementar- 
analysen eine Formel aufzustellen, so ergiebt sich die Formel 
C33 Hs On. 

Spaltungsprodukte des Menyanthins. 


Zur Untersuchung der Spaltungsprodukte des Menyanthins, 
werde eine heissgesättigte, wässrige Lösung desselben mit verdünnter 
Schwefelsäure versetzt, im Kohlensäurestrome der Destillation unter- 
worfen und zwei Drittel überdestillirt. Es wurde so ein trübes mit 
Öltöpfehen vermischtes Destillat von angenehm süsslich, aromatischem 
Geruch, jedoch keineswegs an Benzaldehyd errinnerud, erhalten. 

Das Destillat wurde mit Äther ausgeschüttelt, der Äther zum 
grossen Teil abdestillirt und der letzte Rest durch freiwilliges Ver- 
dunsten entfernt. Der Rückstand wurde im Exsiccator über Chlorcal- 
cium vollends getrocknet und stellte so eine gelbliche, ölige, angenehm 
aromatisch rieehende Flüssigkeit dar. 

Dieselbe war von saurer Reaction, zeigte ausgesprochenen 
Aldehydcharakter, indem sie sowohl mit Fuchsinschwefligersäure die 
bekannte violette Färbung gab, als auch mit ammoniakalischer Silber- 
lösung Silberspiegel lieferte. 

Bringt man einen Tropfen des mit dem Namen Menyanthol be- 
zeichneten Spaltungsproduktes auf einen Porzellanteller und fügt 
einige Tropfen einer sehr verdünnten Eisenchloridlösung hinzu, so 
tritt beim Verreiben mit einem Glasstab die, die Phenole charakteri- 
sierende violette Farbe auf, sodafs das Menyanthol nicht nur ein 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 47 


Aldehyd sondern auch ein phenolartiger Körper zu sein scheint. Es 
gelang mir durch Vermischen einer alkoholischen Menyanthollösung 
mit einer wässrigen Lösung von salzsaurem Phenylhydrazin in essig- 
saurem Natron eine in orangeroten Blättchen krystallisierende Ver- 
bindung des Menyanthol’s mit Phenylhydrazin zu erhalten, dessen 
weitere Untersuchung später folgen wird. 

Bringt man etwas Menyanthol und Kalilauge in einem Silber- 
tiegel zusammen, verdunstet zur Trockne und erhitzt vorsichtig bis 
zum Schmelzen, so erhält man nach der Aufnahme des Rückstandes 
mit verdünnter Schwefelsäure und Ausschütteln mit Aether nach 
dem Verdunsten des letzteren, einen geringen krystallinischen Rück- 
stand, welcher mit Eisenchlorid die oben angeführte Phenolreaktion 
giebt. 


Die Elementaranalyse des Menyantholes ergab: 


I. Angewandte II. Angewandte 
Substanz = 0,1148 Substanz = 0,154 Im Mittel 
C 66,04 65,31 65,97 %o 
H 8,69 3,85 8,77 0% 
O 25,37 25,34 25,26 9%0 


Kromayer giebt für das Menyanthol die Formel CsHsO an; 
diese ist aber sehr unwahrschemlich, da sich erstens der Körper 
nicht nur als Aldehyd, sondern auch als Phenol charakterisiert, 
zweitens wurden bei der Oxydation des Menyanthols mit Kalium- 
permanganat, mit Aether und Verdunsten desselben nicht nur feine 
Nadeln, welche Kromayer als Menyanthsäure bezeichnet erhalten, 
sondern der Verdunstungsrückstand roch deutlich auch nach Butter- 
säure, sodals das Menyanthol jedenfalls noch Seitenketten enthält, 
die bei der Oxydation abgespalten werden. 

Versucht man aus den erhaltenen Elementaranalysen eine Formel 
aufzustellen, so ergiebt sich für die einfachste atomistische Ver- 
bindung C7H1nO2; in Wirklichkeit wird aber die Formel gröfser an- 
genommen werden müssen, worauf schon die Spaltungsprodukte des 
Menyanthols hinweisen. 

Der bei der Destillation der wässrigen Lösung des Menyanthins 
mit verdünnter Schwefelsäure gebliebene Rückstand wurde zunächst 
zur Entfernung eines sich abgeschiedenen harzigen Produktes mit 
Aether ausgeschüttelt, erhitzt und die freie Schwefelsäure mit fein- 
geschlemmtem kohlensauren Baryt neutralisiert, der schwefelsaure 
Baryt abfiltriert und das Filtrat mit Tierkohle entfärbt, 


48 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 


Die so erhaltene farblose wässerige Lösung reduzierte Fehling- 
sche Lösung, drehte die Polarisationsebene nach links, gab auf Zu- 
satz von salzsaurem Phenylhydrazin und essigsaurem Natron eine 
krystallinische Fällung, deren Schmelzpunkt bei 205° ©. lag und war 
mit Hefe gährungsfähig. 

Der Verdunstungsrückstand stellte eine gelbe, gummiartige, ge- 
schmacklose Mafse dar, welche auf die Weise gereinigt wurde, dals 
sie mit Methylalkohol ausgekocht, und aus eimer Lösung mit Aether 
als weilse Flocken gefällt wurde. 

Der Reduktionswert wurde nach Allihn festgestellt und ge- 
funden, dafs 1,0 Substanz = 0,657 Cu, entsprachen. 

Die specifische Drehung betrug «a» = — 37°. Bei der Oxydation 
des Körpers mit Salpetersäure konnte nur Öxalsäure erhalten 
werden. 

Kromayer bezeichnet den erhaltenen Körper als gährungs- 
fähigen Zucker und Liebelt als Traubenzucker, dafs hier aber 
kein Traubenzucker vorliegt, zeigt schon die Linksdrehung der Po- 


larisationsebene. 


Isolierung des Bitterstoffes aus Erythraea ecentaurium. 

Die Isolierung des Bitterstoffes aus Erythraea centaurium 
aus dem aetherischen und alkoholischen Extrakt geschah genau in 
derselben, mit den Extrakten von Menyanthes trifoliata ausge- 
führten Weise. Einen Unterschied zeigte jedoch hierbei das alko- 
holische Extrakt von Erythraea centaurium, 

Nachdem der Bitterstoff aus demselben wie oben ausgeführt 
isoliert und die alkoholische Lösung mit dem gleichen Volumen Aether 
gemischt wurde, entstand ein weilser, flockiger Niederschlag, der 
von der Aether-Alkohollösung getrennt und mit einer Aether- 
Alkoholmischung gut ausgewascheu wurde. 

Die erhaltene amorphe Masse war von sülsem Geschmack und 
wurde zur weiteren Remigung in heifsem Methylalkohol gelöst und 
mit Tierkohle entfärbt. Die Methylalkohollösung wurde im Exsie- 
cator über Schwefelsäure langsam verdunstet und so, neben einem 
klaren farblosen Syrup, zu Drusen zusammengewachsene Krystalle 
erhalten. Syrup und Krystalle waren von sülsem Geschmack und 
wurden auf mechanischem Wege getrennt. Zur weiteren Bestim- 
mung wurden beide im Wasserstoffstrome bei 1000 getrocknet, ge- 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 449 


trocknet, gewogen, in Wasser gelöst und die Lösungen auf 50 ebem 
bei 150 C. aufgefüllt. 

Die Lösung des krystallisierten Körpers zeigte bei der Polari- 
sation + 4021‘, nach dem Erhitzen auf 1000 C, und wieder Abkühlen 
nur noch + 2047’, zeigte also Birotation. Hieraus berechnet sich 
mit Berücksichtigung des specifischen Gewichts der Lösung und der 
angewandten Menge Substanz die specifische Drehung vor dem Er- 
hitzen «ap = + 38021‘, nach dem Erhitzen «u = + 38021’, 

Die Lösung des Syrups zeigte auf dieselbe Weise behandelt 
bei der Polarisation + 2010‘, aber keine Birotation. Die specifische 
Drehung wurde wie oben berechnet und ap = + 37037° gefunden. 

Die von beiden Körpern erhaltenen Phenylhydrazinverbindungen 
zeigten beide einen Schmelzpunkt von 2010 C. 

Der nach Allihn bestimmte Reduktionswert ergab; 

für den krystallisierten Körper 1,0 — 1,90 Cn. 
für den Syrup 1,0 = 1,885 Cu. 

Aus dem ganzen Verhalten der beiden Substanzen geht hervor, 
dafs der krystallinische Körper Dextrose mit etwas Laevulose, der 
Syrup ein Gemisch von Laevulose und Dextrose ist; was darauf be- 
ruht, dafs beide Kohlehydrate nur mechanisch getrennt werden 
"konnten. 

Die von den Kohlehydraten befreite Aether-Alkohollösung des 
Bitterstoffes wurde, wie es bei Menyanthes trifoliata beschrieben ist, 
zunächst wieder vom Aether befreit, mit Tierkohle entfärbt, worauf 
nach dem Abdestillieren des Alkohols im Kohlensäurestrom der 
Bitterstoff rein erhalten wurde. 

Charakterisierung des Bitterstoffes. (Erythrocentaurin.) 

Der nach den oben ausgeführten Methoden erhaltene Bitterstoff, 
welcher von Mehn mit dem Namen Erythrocentaurin belegt worden 
ist, stellte eine kaum gefärbte, terpentinartige Masse von rein 
bitterem Geschmack und neutraler Reaktion dar. 

Beim Trocknen des Bitterstoffes in einer Wasserstoffatmosphäre 
im Dampfstrom wurde derselbe fest und zeigte glasigen Bruch. 
Derselbe war leicht in Alkohol und heilsem Wasser löslich, schied 
sich aber beim Erkalten der wässerigen Lösung znm Teil wieder 
aus; schwerer war er in Aether und kaltem Wasser löslich. 

Ein Versuch das Erythrocentaurin krystallinisch zu erhalten 


war erfolglos. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 2. Heft. 4 


50 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 


Die wässrige Lösung des Erythrocentaurins zeigte das nämliche 
Verhalten gegen Alkaloidreagentien wie das Menyanthin. 

Mit Wismuthjodid-Jodkalium entstand gelbe Fällung. Mit Phos- 
phormolybdaensaurem Natron gelbe Fällung. Mit Gerbsäure weilse 
Fällung. Mit Jodlösung gelbe Fällung. Goldchlorid und Fehling- 
sche Lösung wurden reducirt. Froehde's Reagens gab mit dem 
reinen Bitterstoff eine rotbraune Lösung, welche später dunkel ge- 
färbt wurde. 

Bei der vorgenommenen Prüfung des Erythrocentaurins auf 
Stickstoff konnte derselbe nicht nachgewiesen werden. Bei der Be- 
handlung der wässrigen Erythrocentaurinlösung mit Barytwasser, 
Kalkwasser, sowie auch mit verdünnten Mineralsäuren trat unter 
Verschwinden des Bitterstoffes genau derselbe sülslich aromatische 
Geruch, wie ihn das Menyanthin bei derselben Behandlung gab, auf. 

Bei der Oxydation des Erythrocentaurins mit Salpetersäure, auf 
dieselbe Weise wie es beim Menyanthin beschrieben, konnte eben- 
falls Pikrinsäure und Oxalsäure nachgewiesen werden. Beim vor- 
sichtigen Schmelzen des Erythrocentaurins mit Kalihydrat im Silber- 
tigel, trat auch hier beim Versetzen der Schmelze mit verdünnter 
Schwefelsäure der Geruch nach flüchtigen Fettsäuren auf und beim 
Ausschütteln der angesäuerten Schmelze mit Aether und Verdunsten 
des letzteren konnten ebenfalls im Verdunstungsrückstand mit ver- 
dünntem Eisenchlorid Phenole nachgewiesen werden. 


I. Angewandte II. Angewandte 
Substanz = 0,541 Substanz = 0,4226 Im Mittel 
C 53,10 53,24 C 53,17 
H 7,06 7,06 H. 06 
O 39,84 39,70 O 39,77 


Versucht man aus den durch die Elementaranalysen gefundenen 
Zahlen eine Formel aufzustellen, so ergiebt sich für die einfache 
atomistische Verbindung die Formel CsH10;. 


Spaltungsprodukte des Erythrocentaurins. 


Wie schon oben- angedeutet wurde, trat bei der Behandlung des 
Erythrocentaurins in wässriger Lösung mit verdünnten Säuren süls- 
lich aromatischer Geruch auf, der beim Behandeln des Menyanthins 
mit verdünnten Säuren entstand und von dem Spaltungsprodukt des- 
selben herrührte. 

Es wurde daher eine heilsgesättigte, wässrige Lösung des Ery- 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 51 


throcentaurins mit verdünnter Schwefelsäure einer Destillation im 
Kohlensäurestrom unterworfen nnd zwei Drittel überdestilliert. Das 
Destillat war durch suspendierte Oeltröpfchen trübe. 

Durch Ausschütteln «des Destillats mit Aether wurde nach dem 
Verdunsten des letzteren eine kleine Menge einer gelben, öligen, 
sauer reagierenden Flüssigkeit erhalten, die denselben Geruch wie 
das Menyanthol hatte. 

Das erhaltene Spaltungsprodukt des Erythrocentaurins zeigte 
ebenfalls ausgesprochenen Aldehydcharakter, mdem es sowohl mit 
Fuchsinschwefligersäure die violette Färbung gab, als auch mit 
ammoniakalischer Silberlösung Silberspiegel lieferte. 

Beim Vermischen eines Tropfens des Spaltungsproduktes mit 
einer verdünnten Eisenchloridlösung, durch Verreiben auf einem 
Porzellanteller vermittelst eines Glasstabes, trat auch hier die violette, 
die Phenole charakterisierende Färbung auf. Ebenso wurde auch 
beim vorsichtigen Schmelzen des Spaltungsproduktes mit Kalihydrat 
im Silbertiegel nach der Aufnahme mit verdünnter Schwefelsäure, 
Ausschütteln der Lösung mit Äther und Verdunsten des letzteren, 
ein Rückstand erhalten, der mit Fisenchlorid ebenfalls die oben an- 
geführte Phenolreaktion gab. 

Eine Verbrennung des Spaltungsproduktes konnte nicht aus- 
geführt werden, da bei der Destillation des Erythrocentaurins mit 
verdünnter Schwefelsäure reichlich harzige Produkte entstanden, 
sodafs die Ausbeute sehr gering war. 

Der bei der Destillation gebliebene Rückstand wurde nun zur 
Entfernung der harzigen Produkte mit Äther ausgeschüttelt, die 
Schwefelsäure wie vorher mit kohlensaurem Baryt gefällt, filtriert, 
das Filtrat im Wasserbade zur Trockne gebracht. Der Rückstand 
wurde mit heilsem Methylalkohol aufgenommen und aus dieser 
Lösung auf Zusatz von Äther ein weilser flockiger Körper gefällt, 
der zu einer gummiartigen, geschmacklosen Masse zusammenballte. 

Die wässrige Lösung des erhaltenen Körpers reduzierte 
Fehling’sche Lösung und zwar betrug der Reduktionswert für 
1,0=0,624 Cu; drehte die Polarisationsebene nach rechts «a» =+ 15° 3°, 
gab mit Phenylhydrazin eine Verbindung, deren Schmelzpunkt bei 
205° ©. lag und war mit Hefe gährungstähig. Bei der Oxydation 
mit Salpetersäure konnte nur Oxalsäure erhalten werden, 

Es war somit gelungen, zwei Spaltungsprodukte des Erythro- 

4* 


52 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. F 


centaurins zu erhalten; ein mit Wasserdämpfen flüchtiges, welches 
genau die Eigenschaften des Menyanthols zeigt und vielleicht als 
Erythrocentaurol bezeichnet werden kann; ferner einen Körper, 
welcher die Reaktionen der Glykosegruppe giebt, sich aber vom 
Traubenzucker durch seine Geschmacklosigkeit unterscheidet. 


Mehn konnte keine Spaltungsprodukte erzielen; es ist überhaupt 
sehr zweifelhaft, ob der von ihm erhaltene, geschmacklose, krystalli- 
nische Körper der Bitterstoff von Erythraea centaurium war. 


Die in Menyanthes trifoliata vorkommenden Fettsäureester. 


Zur Ermittelung der m Menyanthes trifoliata vorkommenden 
Fettsäureester wird der beim Erschöpfen des ätherischen Pflanzen- 
auszuges mit heilsem destillierten Wasser zur Gewinnung des Bitter- 
stoffes bleibende Rückstand zunächst mit der dreifachen Menge einer 
Sprozentigen alkoholischen Kalilauge, deren Alkoholgehalt 70 Proz. 
beträgt, während 6 Stunden in einem Kolben mit Rückflufskühler 
auf dem Wasserbade im Sieden erhalten. Der Alkohol wird nun 
abdestilliert, der Rückstand mit heifsem destillierten Wasser auf- 
genommen und in die heilse Lösung zur Bindung des noch vor- 


handenen freien Alkalis Kohlensäure eingeleitet. 


Hat man sich überzeugt, dafs kein freies Alkali mehr vorhanden, 
so wird das ganze Produkt auf dem Wasserbade mit reinem Quarz- 
sand zur Trockne gebracht und zur Entfernung der letzten Spuren 
Feuchtigkeit in feinzerteiltem Zustande im Schwefelsäureexsiccator 
vollends ausgetrocknet. Das so erhaltene schwarzgrün sefärbte 
Produkt wurde nun weiter in einem kupfernen Extraktionsapparat 
mit wasserfreiem Äther so lange ausgezogen, bis der abfliefsende 
Äther nur noch wenig gefärbt war, was bei der sechsten Extraktion 
statt hatte. 


Diese Extraktion mit Äther hat den Zweck, die Kaliseifen von 
den Alkoholen und zum Teil auch vom Farbstoff zu trennen; erstere 
sind in wasserfreien . Äther unlöslich und bleiben daher bei der 
Extraktion zurück. 

Ätherauszug aus den Seifen. Der durch Extraktion ver- 
mittelst Äther aus dem Verseifungsprodukt gewonnene Auszug hinter- 
liefs nach dem Abdestillieren des Äthers eine rotgelb gefärbte Masse 
son PButterkonsistenz. Um aus dieser Masse event. mit über- 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 53 


gegangene Spuren von Kaliseifen zu entfernen, wurde dieselbe mit 
einem 20prozentigen Alkohol längere Zeit im Wasserbade digeriert, 
der Alkohol abgegossen und der Rückstand noch zu wiederholendlichen 
Malen auf dieselbe Weise ausgezogen. In dem Alkoholauszug waren 
nach dem Verdunsten desselben Spuren von Seifen nachzuweisen. 

Durch Versuche mit den verschiedensten Lösungsmitteln wurde 
gefunden, dafs die durch Extraktion vermittelst Äther aus den Seifen 
erhaltene rotgelbe Masse in siedendem Aceton zwar löslich war, 
jedoch beim Abkühlen auf ca. 40° C. ein sehr voluminöser Nieder- 
schlag, der durch anhaftenden Farbstoff noch stark gefärbt war, ent- 
stand. Derselbe wurde schnell von der Acetonlösung durch Filtrieren 
getrennt und durch häufiges Lösen und Abscheidenlassen aus siedendem 
Aceton, zuletzt aus Benzol und Chloroform als ein weilser, amorpher 
Körper erhalten. 

Der erhaltene Körper zeigte einen Schmelzpunkt von 79° C©. In 
allen Lösungsmitteln, wie Alkohol, Aceton, Chloroform, Schwefel- 
kohlenstoff, Äther, war er in der Wärme löslich und wurde aus 
konzentrierten Lösungen beim Erkalten derselben zum Teil wieder 
abgeschieden. Auf dem Platinblech erhitzt, entwickelte der Körper 
brenzliche Dämpfe und verbrannte mit heller Flamme, ohne Rück- 
stand zu hinterlassen. 


Bei der vorgenommenen Elementaranalyse wurde gefunde : 


I LI. Im Mittel: Cerylalkohol verlaugt: 
C 32,24 82,17 82,20 81,82 
H 11.1455 14,08 14,21 14,14 
(6) 3,41 3,15 3,59 4,04 


Aus dem gefundenen Schmelzpunkt von 79°C. und den Elementar- 
analysen geht hervor, dafs der vorliegende Körper Cerylalkohol 
CzHz0 ist. 

Aus der von Cerylalkohol befreiten Acetonlösung schied sich 
ferner beim Stehen in der Kälte ein Körper aus, der ebenfalls durch 
anhaftenden Farbstoff gelbrot gefärbt war. Durch häufiges Um- 
krystallisieren aus Aceton und später aus Benzol wurden nahezu 
farblose, fettglänzende Krystallnadeln erhalten, deren Schmelzpunkt 
bei 162° C. lag. Aus dem gefundenen hohen Schmelzpunkt der 
Krystalle konnte man schliefsen, dafs kein Alkohol der Fettsäure- 
reihe vorlag, sondern dafs der Körper der aromatischen Reihe an- 
gehören müsse. Aus naheliegenden Gründen wurde auf einen 


54 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 


cholesterinartigen Körper geschlossen und folgende Reaktionen mit 
demselben vorgenommen. 


1) Einige Krystalle wurden in ca. I cbem reiner konz. Schwefel- 
säure gelöst und eine Spur ‚Jod hinzugefügt; hierbei wurde die 
Lösung bald violett und ging dann später in blau und grün über. 

2) Einige Krystalle wurden in 2 cbem Chloroform gelöst, 2 ebem 
reine Schwefelsäure vom spez. Gew. 1,76 hinzugefügt und anhaltend 
geschüttelt. Die Schwefelsäure färbte sich anfangs gelb und nach 
längerer Einwirkung blutroö und teilte auch der überstehenden 
Chloroformschicht die Farbe mit. welche später noch in rotviolett 
überging. Erwärmt man anfangs gelinde, so treten die Reaktionen 
sofort ein. Schwefelsäure und Chloroform zeigten bei dieser Reaktion 
eine starke grüne Fluorescenz. 

3) Gielst man einige Tropfen der vorher erhaltenen Chloroform- 
lösung in eine kleine flache Porzellanschale, so geht die rotviolette 
Farbe bald in blau, dann in grün über und wird schliefslich gelblich 
mifsfarbig. 

4) Zu einer kaltgehaltenen Lösung des krystallisierten Körpers 
in Essigsäureanhydrid wurde vorsichtig eine Spur konz. Schwefel- 
säure hinzugefügt, wodurch die Lösung sofort tief blau gefärbt wird 
und später in grün und gelb übergeht. Bei dieser Reaktion genügt 
es, wenn man eine Spur konz. Schwefelsäure mit dem Glasstab 
hinzufügt; bei gröfseren Mengen tritt sonst sofort die grüne 
Färbung auf. 

5) Einige Krystalle wurden in einer Porzellanschale mit einigen 
Tropfen Salpetersäure befeuchtet und die Salpetersäure dann auf 
dem Wasserbade verjagt. Es hinterblieb dabei ein gelber Rück- 
stand, der, noch warm mit etwas Ammoniak betupft, sofort rot 
wurde. 

Aus allen diesen Reaktionen, welche der krystallisierte Körper 
in Übereinstimmung mit dem Gallencholesterin gegeben hatte, geht 
hervor, dafs derselbe auch ein Cholesterin war. 

Zur weiteren Reinigung wurde das Cholesterin noch aus heilsem 
Eisessig umkrystallisiert und daraus in weilsen, fettglänzenden Nadeln 
erhalten. Der Schmelzpunkt wurde nochmals festgestellt und der- 
selbe wiederum bei 162° ©. gefunden. 


Zur vollständigen Beseitigung von etwa vorhandenem Krystall- 
wasser wurde das lufttrockene Cholesterin im Luftbad bei 1000 ©. bis 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 55 


zum konstanten Gewicht getrocknet und 6,16 Proz. Krystallwasser ge- 
funden. Bei der vorgenommenen Elementaranalyse des krystallwasser- 
freien Cholesterins wurde gefunden: 


j I]; 
C 80,98 30,81 
131 11,68 11,58 
OÖ 1,34 1,61 


Die bestehenden Formeln für Cholesterin verlangen für die 
Formel: 


1. CssH4O II. C3H40 
© 33,87 33,08 
H 11,82 73 


Versucht man aus den bei der Elementaranalyse des oben be- 
schriebenen Cholesterins erhaltenen Zahlen eine Formel aufzustellen, 
so stöfst man auf die interessante Thatsache, dafs Kohlenstoff und 
Wasserstoff annähernd in demselben Verhältnis zu einander stehen 
wie in den beiden von Beilstein angeführten Cholesterinformeln. 
Versucht man nun aus den gefundenen Zahlen eine Formel zu bilden 
und setzt O = 1, so findet man 04H20. 

Zieht man den hohen Schmelzpunkt in Betracht, so geht daraus 
hervor, dals die aufgestellte Formel nicht die eigentliche sein kann; 
vielmehr liegt hier die Vermutung nahe, dafs das gefundene Cho- 
lesterin ein zweiwertiger Alkohol ist, dem vielleicht die Formel 
CasH4s02 zukommt. 

Bezieht man auf diese Formel das gefundene Krystallwasser, 
so erhält man 11/2H2» O; sodafs dem Cholesterin vielleicht die Formel 
Ca3sH4s02 + 1/2 Ha O zukommt. 


Isolierung des roten Farbstoffes aus dem Aetherauszug 

der Seifen. 

Zur Isolierung des roten Farbstoffes aus dem Atherauszug der Seifen 
wurden die bei der Gewinnung des Cerylalkohols und Cholesterins 
zurückbleibenden, rotgelb gefärbten Acetonlösungen der Destillation 
unterworfen und der Rückstand mit heifsem Methylalkohol behandelt. 
Es zeigt sich dabei, dafs der Farbstoff darin nicht löslich war und 
als extraktartige Masse sich am Boden des Gefäfses abschied. Der 
Farbstoff wurde nun zu wiederholten Malen mit heilsem Methyl- 
alkohol ausgewaschen, dann mit Benzol aufgenommen und letzteres 
im Wasserbade verjagt. 

Der so erhaltene Farbstoff war eine zähflüssige Masse von rot- 
gelber Farbe, leicht löslich in Aceton, Äther, Chloroform, Benzol 


56 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 


und Schwefelkohlenstoff: schwer löslich in Alkohol, unlöslich in 
Methylalkohol. 


Spectralanalytische Untersuchung des Farbstoffes. 
Die spectralanalytischen Untersuchungen wurden im physi- 
kalischen Institut zu Erlangen unter Leitung des Herrn Prof. Dr. 
E. Wiedemann ausgeführt. 


Zu den Untersuchungen diente ein Kirchhoff-Bunsen’scher 
Spectralapparat. Die Skala des Apparates enthält 180 Teilstriche 
und wurden dieselben nach genauer Justierung mit der Natriumlinie 
auf 50 eingestellt und blieb so diese Einstellung für alle Unter- 
suchungen. Zur Beleuchtung diente Gaslicht. Die Kurve der Wellen- 
längen wurde nach charakteristischen Linienspectren gezeichnet, 
indem die Rowland’schen Wellenlängen zu Grunde gelegt wurden. 


Zur spectralanalytischen Untersuchung des Farbstoffes wurden 
Lösungen desselben in Aceton, Äther, Chloroform, Benzol und 
Schwefelkohlenstoff hergestellt, und zwar ein Teil des Farbstoffes 
in 100 cbem des Lösungsmittels. Die Dicke der zu durchstrahlenden 
Schicht betrug stets 12 mm. 


Bei der Untersuchung zeigten sämtliche Lösungen einen Ab- 
sorptionsstreifen im Rot, sowie totale Absorptionsstreifen im Rot 
und Grün. Mit der Zunahme der Dispersion des Lösungsmittels 
rückte der Absorptionsstreifen im Rot immer mehr nach der Seite 
der längeren Wellenlängen und bestätigte so das Kund sche Ge- 
setz. Folgende Tabelle giebt nach der Dispersion der Lösungsmittel 
geordnet Beginn und totale Absorption im Rot und Grün, sowie die 
Breite des Absorptionsstreifen im Rot und dessen Mitte an. Die 
Wellenlängen sind in #« angegeben. 


Absorpt. im Rot. |Absorptionsstr. i. Rot. Absorpt. im Grün. 

Lösung Wellenl. in zz. | Wellenlängen in » «. | Wellen]. in «x. 
Total Beginn | von bis |Mitte| Beginn Total 
Aceton ...| 765 — 667 647 695 | 636] 53 
Äther.... 705 — 675 642 — 629 | 66 | 525 — 513 
Chloroform. 710..— 4673 650 — 630 640 547-17—' 534 
Benzol ... 730. 705 660 — 628 644 545 505 

Schwefel- 


kohlenstoff 745 — 698 660 — 630 645 560 — 547,5 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 57 


Zur weiteren Untersuchung des Farbstoffes wurde derselbe mit 
einer 20prozentigen alkoholischen Kalilauge, deren Alkoholgehalt 
90 Proz. betrug, in einem Kolben während S Tage am Rückflufs- 
kühler im Wasserbade erhitzt. 

Der Alkohol wurde dann verjagt, der Rückstand mit destilliertem 
Wasser aufgenommen, erhitzt und Kohlensäure zur Bindung des freien 
Alkalis eingeleitet. Der Farbstoff wurde durch die Aufnahme mit 
Wasser ausgeschieden und mehrmals mit heilsem Wasser aus- 
gewaschen. Die konzentrierten Waschwässer gaben beim Versetzen 
mit überschüssiger verdünnter Salzsäure kleine Mengen Fettsäuren. 

Der abgeschiedene Farbstoff wurde darauf im Wasserbade vom 
anhaftenden Wasser befreit und mit Aceton aufgenommen. Aus 
dieser Lösung schied sich nach längerem Stehen Cholesterin ab und 
wurde als solches nachgewiesen. 

Es war also durch Behandlung mit starker Kalilauge gelungen, 
aus dem Farbstoff sowohl Fettsäuren, als auch Üholesterin abzu- 
spalten. 

Nach dem Verdunsten des Acetons hinterblieb wieder ein rot- 
gelber Farbstoff von Extraktconsistenz. 

Es wurde eine nochmalige, spectralanalytische Untersuchung des 
Farbstoffes unter genau denselben Bedingungen wie vorher ange- 
stellt, nur dafs dies Mal zur Beleuchtung Sonnenlicht diente. Hier- 
bei wurde gefunden, dafs der Absorptionsstreifen, sowie auch die 
Absorption im Rot in allen Lösungen verschwunden war und sich 
nur noch eine totale Absorption im Grün zeigte. 

Die folgende Tabelle wie vorher aufgestellt giebt den Beginn 
der totalen Absorption im Grün an. 


Lösung Totale Absorption im Grün. 
Wellenlängen in «. «. 
Aceton 512 
Aether 508 
Chloroform 527 
Benzol 525 
Schwefelkohlenstoff 545 


Die bei der spectralanalytischen Untersuchung des Farbstoftes 
gefundenen Absorptionsstreifen fallen nicht mit dem des Chlorophylis 
(A 655-685) zusammen, sodals eine Anwesenheit von Chlorophyllfarb- 
stoff nicht angenommen werden kann. Das Verschwinden des Ab- 
sorptionsstreifens im Rot bei der weiteren Verseifung des Farb- 


58 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 


stoffes und die dabei abgespaltenen Fettsäuren und Cholesterin, 
lassen zu der Vermutung kommen, dafs der Farbstoft in naher Be- 
ziehung zu den Fettsäureestern des Cholesterins steht und als Caro- 
tin betrachtet werden darf. 


Die Bestandteile der aus Menyanthes hergestellten Seifen. 


Zur Bestimmung der Fettsäuren in Menyanthes trifoliata, 
wurden die mit der Extraktion mit Aether zurückbleibenden Kali- 
seifen mit heilsem Wasser aufgenommen, filtriert und zur Prüfung 
auf flüchtige Fettsäuren wie folgt behandelt. Zur Prüfung auf 
flüchtige Fettsäuren wurde die oben erhaltene Kaliseifenlösung in 
einem Kolben mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt unk direkt einer 
Destillation mit gespannten Wasserdämpfen unterworfen, Das er- 
haltene Destillat war vonsaurer Reaktion ‚aulserdem waren Spuren einer 
festen Fettsäure mit übergegangen, welche durch Filtration entfernt 
wurden. 


Das die leicht flüchtigen Fettsäuren enthaltende Destillat wurde 
nun zur Bindung und Untersuchung derselben mit kohlensaurem 
Natron neutralisiert und im Wasserbade zur Trockne gebracht. Es 
hinterblieb ein weilser, trockner Rückstand, der wie folgt näher ge- 
prüft wurde. 


1) Ein Teil des Salzes wurde im wenig Wasser gelöst und ein- 
mal mit ammonikalischer Silberlösung, das andere Mal mit Queck- 
silberchlorid lösung versetzt, und gelang es beide Male die 
Reduktionserscheinungen, welche die Ameisensäure charakterisiert, 
zu erhalten. 


2) Ein anderer Teil des Salzes wurde in einem Glasröhrchen 
mit etwas arseniger Säure erhitzt, wobei deutlich der charakte- 
ristische Geruch nach Kakodyloxyd auftrat, der die Gegenwart von 
Essigsäure anzeigte. 

3) Ein dritter Teil des Salzes wurde in einem Reagensglas mit 
Alkohol uud verdünnter Schwefelsäure erhitzt, wobei neben Essigäther 
reichliche Mengen von Buttersäureäthyläther auftraten, wodurch die 
Anwesenheit von Buttersäure auch konstatiert war. 

Es ist somit durch vorstehende Versuche die Anwesenheit von 
Ameisensäure, Essigsäure und Buttersäure in Menyanthes trifo- 
liata nachgewiesen. 


Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis ete. 59 


Die nach der Dampfdestillation im Kolben zurückbleibenden 
Fettsäuren wurden nach dem Erstarren durch Filtrieren getrennt, 
das Filtrat mit kohlensaurem Baryt neutralisiert, vom schwefel- 
sauren Baryt befreit und auf dem Wasserbade bis fast zur Trockne 
gebracht. Der Rückstand wurde mit einem Gemisch von 1 Volumen 
Aether und 2 Volumen Alkohol ausgeschüttelt, filtriert und ver- 
dunstet. Im Verdunstungsrückstand konnte weder durch saures 
schwefelsaures Kali noch mit Kupfersulfat und Kalilauge eine 
Glycerinreaktion erhalten werden. 

Es war somit erwiesen, das in Menyanthes trifoliata keine 
Glycerinfettsäureester vorkommen. 

Zur Prüfung zunächst auf die Säuren der Oelsäurereihe, 
wurden die oben bei der Prüfung auf Glycerin erhaltenen Fett- 
säuren nochmals mit wässriger Kalilauge verseift und die erhaltene 
Seifenlösung mit essigsaurem Blei gefällt. 

Die so erhaltenen durch Chlorophyll stark getärbten Bleisalze 
der Fettsäuren, wurden wiederholt mit heilsem Wasser gut ausge- 
waschen, bis im Waschwasser kein essigsaures Blei mehr nachzu- 
weisen war. Die Bleisalze wurden gut getrocknet, zum feinen 
Pulver zerrieben und im Soxhlet’schen Extraktionsapparat mit 
wasserfreiem Aether ausgezogen. Der hierbei erhaltene stark grün 
gefärbte Aetherauszug wurde zur Zerlegung event, vorhandenen oel- 
sauren Bleis mit verdünnter Schwefelsäure geschüttelt, wobei keine 
Fällung von Bieisulfat entstand. Beim Verdunsten des Aethers 
wurde eine geringe Menge eines schwarzgrün gefärbten Extraktes, 
welches aus Chlorophyll und kleinen Mengen unverseifter Ester 
bestand, erhalten. Die Abwesenheit der Oelsäure war somit er- 
wiesen. 

Zum Nachweis der festen Fettsäuren wurden die extrahierten 
Bleisalze mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt, durch Auswaschen 
von Schwefelsäure befreit. und getrocknet. 

Die getrockneten Fettsäuren wurden, um sie von anhaftendem 
Farbstoff zu befreien, in Alkohol gelöst und zu wiederholten Malen 
mit Tierkohle in der Wärme behandelt. Auf diese Weise wurde 
eine gelbe Lösung der Fettsäuren erzielt. Der Alkohol wurde ab- 
destilliert, die zurückbleibenden Fettsäuren getrocknet und zur 
weiteren Reinigung aus einer schwerschmelzbaren Retorte bei 
300 mm Vacuum der Destillation unterworfen. 


60 Karl Lendrich, Beitrag zur Kenntnis etc. 


Durch die Schwierigkeit der Reinigung der Fettsäuren waren 
die Verluste so grols, dals mit der geringen Ausbeute direkt frak- 
tionierte Fällungen mit essigsaurem Baryum vorgenommen werden 
mulsten. Es wurden so drei Fällungen erhalten. 

I. Fällung, gefunden Ba — 21,55 el 

II. Fällung, gefunden Ba = 21,34 °/, } 
III. Fällung, gefunden Ba = 21,23 °/, 
Palmitinsäure verlangt 21,16 °/, Ba. 


Im Mittel 
—21,37 %/,"Ba: 


Es ist somit erwiesen, dafs die gefundene Säure Palmitinsäure war. 
Die geringen Fällungen, welche noch mit Barinmacetat erhalten 
wurden, zeigten an, dafs jedenfalls noch Säuren mit niederem 
Kohlenstoffgehalt in Menyanthes trifoliata enthalten sind, die aber 
wegen der geringen Ausbeute nicht bestimmt werden konnten. 

Fassen wir die aus dieser Arbeit sich ergebenden Thatsachen 
kurz zusammen, so ergiebt sich Folgendes: 

1) Es ist in der Arbeit eine Methode zur Isolierung der Bitter- 
stoffe aus Menyanthes trifoliata und Erythraea centaurium 
gegeben, welche sich von den bisher bekannten durch gröfsere Ein- 
fachheit in den Operationen auszeichnet; zugleich aber auch die 
oxydierenden Einwirkungen der athmosphärischen Luft, sowie der 
in Anwendung kommenden Agentien möglichst vermeidet, was bei 
der Isolierung nnd Reindarstellung der Bitterstoffe von grolser Be- 
deutung ist. 

2) Durch die Untersuchung der Bitterstoffe von Menyanthes 
trifoliata und Erythraea centaurium, sowie ihrer Spaltungs- 
produkte, ist erwiesen, dafs dieselben einheitliche Verbindungen von 
glycosidischer Natur sind. 

3) Aus den Spaltungsprodukten der beiden Bitterstoffe, welche 
in ihren Reaktionen völlige Uebereinstimmung zeigen, geht hervor, 
dafs dieselben in sehr naher Beziehung zu einander stehen müssen. 

4) Die in Menyanthes trifoliata enthaltenen Fettsäuren 
treten als Cholesterin- und Cerylester in der Pflanze auf. 

5) Der aus Menyanthes trifoliata erhaltene rotgelbe Farb- 
stoff scheint in naher Beziehung zu den Fettsäureestern des Choles- 
terins zu stehen und mit dem in Daucus Carota und vielen an- 
deren Pflanzen vorkommenden Farbstoff, dem sog. Carotin, identisch 
zu sein. 


A. Soldaini, Ueber die Alkaloide von Lupinus albus. 61 


Veber die Alkaloide von Lupinus albus. 
Vorläufige Mitteilung, 
Von Arturo Soldaini. 
(Eingegangen den 26. Januar 1892.) 

Seit mehr als einem Jahre beschäftige ich mich im Laboratorium 
des Herrn Professors A. Piutti in Neapel mit den Alkaloiden des 
Lupinus albus. Eine kürzlich erschienene Mitteilung von Siebert“) 
über das Lupanin des Samen von Lupinus angustifolius veranlasst 
mich, kurz über die von mir erhaltenen Resultate zu berichten. 

Wenn man das konzentrierte wässerige Extrakt von Lupinus 
albus mit Aetzkalk versetzt und diese Masse darauf unter Rückfluls 
mit Benzin auszieht, so ergeben sich aus diesem Auszuge mit Hilfe 
geeigneter Behandlungsweisen zwei Alkaloide von der nämlichen 
elementaren Zusammensetzung, von denen das eine fest ist und bei 
990 schmelzende Prismen bildet, während das zweite flüssig ist und 
eine ölige Konsistenz besitzt. 


I. Bei 99° schmelzendes Alkoloid. 
Das feste Alkoloid wurde von Herrn Professor E. Scacchi 
krystallographisch untersucht, welcher mir freundlichst folgendes 
mittteilte: 


„Kristallsystem; monoklin. 
2b: — 1,7983:1:1,6710 


8 = SB. 
Beobachtete Formen: 
A C d p 
(100) (001) (161) (111) 
ob oP Po —P 


Beobachtete Kombinationen: 
CA dp = (001) (100) (101) (111). 


Winkel berechnet gemessen 

Mittelwerte N. Grenzwerte. 
A:C = 100:001 * 83014: 4 8300783044‘ 
A:d = 109:101 50045. 50003‘ 2 50039’—50047° 
C:d’ = 001:101 46%01° 45058 4 45036°-—46030' 
C:p = 001:111 = 59042. 4 59020‘60002° 
A:p = 100:111 ® 61034. 4 61009 61044‘ 
d:p = 101:111 92047° 92059 4 92040 — 93040 
p:p = 111:1ll 82001° 82040" 1 = 


*) Archiv der Pharmacie 229 (1891) 531. 


62 A. Soldaini, Ueber die Alkaloide Lvon upinus albus. 


Die Krystalle sink farblos, halbdurchsichtig, schwach glas- 
glänzend; sie bilden kurze Prismen nach der Axe b. Die Flächen 
A und d geben Spiegelbilder, welche einigermafsen für die gonio- 
metrischen Messungen geeignet sind, die anderen © und p liefern 
schwache und unbestimmte Reflexe. Wegen der geringen Anzahl 
der geprüften Krystalle und wegen der mangelhaften Schärfe ihrer 
Flächen sind die berechneten Werte für die Elemente und für die 
Winkel nur als annähernde zu betrachten. Die beistehende Figur 
giebt die Kristallform des Alkoloides wieder.“ 


BR 
Hlr- pr x 
aX 


Ga 


E 


A' 


Die Elementaranalyse des Alkoloides, welches mehrmals aus 
Petroleumaether unkristallisiert worden war, lieferte die folgenden 
Resultate: 


I. 0,2054 gr gaben 0,1816 gr. H2O und 0,5453 gr 002 
II. 0,2610 gr = 0,2322 gr. „ „. 0,6352 1875 

III. 0,1650 gr „ 16,0 ceN bei 21,50C. 
und 760,6 Mm Barometerstand, also 14,84 cc bei O0%C. und 
760 Mm Druck, entsprechend 0,01874 gr Stickstoff. 

IV. 0,1664 gr gaben 17,3 ce N bei 220 C. und 731 Mm Barometer- 
stand = 15:4 cc N bei OP und 760 Mm Druck, also 0,01945 gr 
Stickstoff. 

V. 0,1945 gr lieferten 20 ceN bei 25,70C. und 736,6 Mm. Baro- 
meterstand = 17,71 ce N bei O0 und 760 Mm Druck, also 
0,022367 gr Stickstoff. 


Gefunden Berechnet für 
1. ine TISSIV. ZEV: C15H24N20 
BENABI Ta — en — 72,58 
H oe 9Iı8: -— — — 9,67 
N _ -— 11,36 11,69 11,49 11,29. 


Die Formel C1;Hz4N20, welche am besten den Analysenresultaten 
entspricht, wurde durch die Analyse einiger Salze, sowie durch die 
Bestimmung der Molekulargröfse nach der Methode von Raoult be- 
stätigt. Letztere hat für wässerige Lösungen folgende Resultate er- 
geben: 


A. Soldaini. Ueber die Alkaloide von Lupinus albus. 63 


Concentration Depression Depressionscoeffieient Molekulare 
in °C. Depression für 
Cı5H24N2O 
1. 0,8248 0,065 0,0788 19,54 
II. 2,4928 0,195 0,0782 19,39 
Ill. 2,4928 0,190 0,07662 18,90 
IV. 2,5000 0,195 0,07800 19,34 
Molekulargewicht gefunden berechnet f. C15H24N20 
I} 4,- Al. FILE. IV. 
241 243 248 243 248. 


Die analysirten Salze waren die folgenden: 
Das Chlorhydrat; C15H&N20 HC1.2H20, vom Schmelzpunkt 1350: 
das Jodhydrat: Cı5H24N20 HJ, welches bei 185° schmilzt; 
das Chloraurat: Ci5HzNe0.HCl. Aut; 
das Chloroplatinat: (C5H2N20. HClj2. Pt Cls; 
das Sulfocyanat: C15H24N20. HSCN. H20, vom Schmelzpunkt 1240; 
das Jodmethylat des Alkaloides: C1H&#N20. CH3J, welches bei 
2330 schmilzt; 
die Bromverbindung: Cı15HaıN2O. Br3, vom Schmelzpunkt 124—1250; 
Ferner wurden Untersuchungen über die Constitution des Alka- 
loides angestellt. 


Il. Flüssiges Alkaloid. 

Das flüssige Alkaloid entspricht ebenfalls der Formel C15H24N2O. 
Es scheint nach seinen physikalischen Eigenschaften und bezüglich 
der Derivate identisch zu sein mit dem Lupanin’ welches Hagen*) 
zuerst aus dem Samen von Lupinus angustifolius isoliert hat, 
und welches Siebert in letzter Zeit eingehender studierte. Der 
chemische und krystallographische Vergleich der Salze, welche es 
bildet, mit denjenigen des festen Alkoloides ist noch nicht beendet, 
und kann ich daher noch nicht sagen, ob die beiden Alkaloide, 
welche ich erhalten habe, mit einander identisch sind oder ob das 
eine aus dem andern entstanden ist. Unter allen Umständen möchte 
ich mir aber durch diese Mitteilung vorbehalten, meine Unter- 
suchung fortzusetzen, speciell diejenigen über die Constitution des 
Alkaloides vom Schmelzpunkt 99°, von dessen Vorkommen in dem 
Samen von Lupinus angustifolius Siebert nicht spricht, 

(Napoli, Institututo Chimica Farmaceutica 2 Tossicologica. Ja- 
nuar 1892.) 


*) Annalen der Chemie 230 (1885) 367. 


64 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc, 


Mitteilungen aus dem Laboratorium für synthetische 
und pharmaceutische Chemie der Herzogl. techn. 
Hochschule in Braunschweig. 


Von H. Beckurts. 


Experimentelle Untersuchungen über die Wert- 
bestimmung der Harze und Balsame. 
Von H. Beckurts und W. Brüche. 


Die Prüfung der Harze und Balsame war bis vor kurzem auf 
die Beurteilung ihres äusseren Ansehens, des Geruchs und des Ge- 
schmacks, auf Bestimmung des specifischen Gewichts, der Härte, 
des Schmelzpunkts und wenige andere spezielle Verfahren be- 
schränkt. Wohl mit der Erste, welcher in der Erkenntnis der Un- 
zulänglichkeit dieser Kriterien sich eingehender mit der Unter- 
suchung der Harze und Balsame beschäftigte, war E. Hirchsohn*), 
dessen Arbeiten sich hauptsächlich auf die Löslichkeit der Harze in 
Flüssigkeiten, wie Aether, Alkohol, Chloroform, Petroläther und auf 
das Verhalten dieser Harzlösungen zu Reagentien, wie Bleiacetat, 
Ferrichlorid, Ammoniak, Natriumkarbonat, Essigsäure und Jodlösung 
beziehen. M. v. Schmidt und F. Erban**) ferner Mills***) und 
zu fast gleicher Zeit A. Kremel****) wandten die in neuerer 
Zeit von Köttsdorfer und v. Hübl zur Untersuchung der Fette 


*) Beiträge zur Chemie der wichtigeren Harze, Gummiharze und 
Balsame. Dissertation Dorpat 1877; Pharm. Jahresb. 1877, 36. 


*#*) Sitzungsb. d. Mathem--Naturw. Klasse der Kaiserl. Akad. der 
Wissenschaften, Wien 1886, 94, II, 917. 


***) Journ. of the Society of Chemic. Industrie 5, 221. 
#3#%) Notizen zur Prüfung der Arzneimittel 1889, 28. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. #5 


gebräuchlichen Methoden auf Balsame, Gummiharze und Harze an 
und fanden, dafs viele derselben sich durch konstante Säure-, Ver- 
seifungs- und Jodzahlen charakterisieren. Die von den genannten 
Forschern, zu denen sich in neuerer Zeit noch E. Dieterich}) ge- 
sellt hat, erhaltenen Werte zeigen aber, wie aus den Literatur-An- 
gaben hervorgeht, unter einandar noch erhebliche Abweichungen, 
sodals an ihre Verwertung bei Normierung der an die Harzdrogen 
zu stellenden Anforderungen noch nicht gedacht werden kann. Dazu 
sind noch ınöglichst umfassende Untersuchungen mit notorisch reinem 
Material verschiedener Provenienz erforderlich. In den nachfolgend 
beschriebenen Untersuchungen sind neben der Bestimmung der 
Säure-, Ester-, Verseifungs- und Jodzahl die von dem Arznei- 
buche vorgeschriebenen, sowie andere Prüfungsmethoden her- 
vorragenderer Bedeutung berücksichtigt worden. Wo im Lanie 
der Arbeit Zahlen angeführt werden, sind dies stets Mittelwerte 
zweier oder mehrerer nahezu übereinstimmender Untersuchungen. 
Die Untersuchungsobjekte entstammen zum grölsten Teil der 
pharmakognostischen Sammlung, sowie hervorragenden Drogen- 
häusern, zum kleineren Teile Apotheken. Die Provenienz der letzte- 
ren entstammenden Harzdrogen ist in der Arbeit stets als unbekannt 
bezeichnet. 


I. Balsame. 


Balsamum Copaivae. 


Verfälschungen des Copaivabalsams mit anderen Balsamen, mit 
Harzen und fetten Oelen kommen häufig vor, sind aber schwierig 
mit Sicherheit nachweisbar. Zu den von der Pharm. Germ. Ed. I 
übernommenen Prüfungsvorschriften auf Terpenthin, fette Oele und 
Gurjunbalsam hat das neue deutsche Arzneibuch noch die Prüfung auf 
Esterverbindungen als einen der Jetztzeit entsprechenden Prüfungs- 
modus aufgenommen. 

Aus der umstehenden Tabelle sind die unter Anwendung der 
vom deutschen Arzneibuche vorgeschriebenen Prüfungsmethoden bei 
der Untersuchung von sechs Balsamen unbekannter und 11 Balsamen 
bekannter Provenienz erhaltenen Resultate zusammengestellt. 


+) Helfenb. Annalen 1888, 1889, 1890. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 2. Heft. 5) 


66 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 


Spezif. Verhalten der | Wasserprobe Er 


„| Bezeichnung ffen- i 
5 Gew. | beit des | OS2lösung zu | Beschaffenh.der |trierung 
=) der ® er- F verbr. 
= , bei dnmpfunge, Salpetersäure u. oberen Ti vemV/aN- 
m} ss ” i} > yes -i > 
zZ en 15 a Schwefelsäure Schicht |Schicht a 
1} unbekannt. | 0,985 [normal. normal. blank. | trübe. | 19,60 
2 desgl. 1,00 | desgl. desgl. desgl. | desgl. | 19,90 
3 desgl. 0,990 | desgl. desgl. desgl. | desgl. | 19,90 
4 desgl. 0,995 | desgl. desgl. desgl. | desgl. | 19,90 
B) desgl. 0,970] desgl. desgl. desgl. | desgl. | 19,60 
6 desgl. 0,968 | desgl. desgl. desgl. | desgl. | 19,90 
7| Maracaibo | 0,991] desgl. desgl. desgl. | desgl. | 19,60- 
direkt imp. 
8} Angostura | 1,022] desgl. desg]. blank, | desgl. | 19,90 
direkt imp. Schaum- 
ring. 
9 Bahia 0,962 | desgl. lanfangs rötlich,| blank. | desgl. | 19,90 
direkt imp. dann schwach 
violett. 
10 desgl. 1,031 | desgl. rötlich mit trübe, | desgl. | 18,80 
violettem starker 
Schimmer. [Schaum. 
1l| Maracaibo | 0,995| desgl. Janfangs rötlich,| blank. | desgl. | 19,90 
via New-York. dann violett. 
12] Carthagena | 0,988] desgl. normal. desgl. | desgl. | 19,90 
direkt imp. 
13] Maranham | 0,956 | desgl. desgl. blank, | desgl. | 19,90 
London. starker 
Schaum. | ° 
14 Para 0,984 | desgl. desgl. blank. | desgl. | 19,90 
direkt imp. 
151] Maracaibo. | 0,973] desgl. desgl. desgl. | desgl. | 18,50 
16 Para. 0,949 | desgl. |schwach violett.| desgl. | desgl. | 19,70 
17| Ostindicum. | 0,955 | desgl. [dunkel violett.| starke | desgl. | 19,90 
Trübung 
Bemerkenswert ist das bislang noch niemals beobachtete hohe 
specifische Gewicht — nämlich 1,031 — des direkt importierten 


Bahia-Balsams (No. 10), der aber ebenso wie der Angosturabalsam 
(No. 8) mit dem spec. Gew. 1,022 und der Maracaibobalsam (No. 11) 
auf Grund des sonstigen chemischen Verhaltens beanstandet werden 
muls, während sich gegen die Balsame No. 2 mit dem spec. Gew. 
1,00, No. 5 mit dem spec. Gew, 0,995 und No. 7 mit dem spec. 
Gewicht 0,991 nichts Stichhaltiges einwenden läfst. Die Balsame 
(No. 13, 16, 17) mit niederem specifischem Gewicht, als das Arznei- 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersnchungen etc. 67 


buch angiebt, kommen wegen sonstiger Unzuverlässigkeit nicht in 
Betracht. Da nun von den vorkommenden Verfälschungsmitteln 
durehschnittlich 


Terpentinöl ein spec. Gew- 0,855 — 0,865 
Gurjunbalsam Rn “ 0,955 —0,975 
Rieinusöl RUN, N 0,950- -0,9T0 
Kolophonium Er: “ 1,070— 1,100 
Sassafrasöl Aakaaer Y 1,070-—-1,090 
Fette Oele “ 0,910—0,930 


besitzen, so wird man ev. Verfälschung mit Sassafrasöl, Terpentin- 
öl, Colophonium und fetten Oelen im den weitaus meisten Fällen aus 
dem spec. Gew. ersehen können, wohingegen Verfälschungen mit 
Gurjunbalsam und Ricinusöl bei nur geringer Geschicklichkeit des 
Fälschers durch eine günstige Kombination der Verhältnisse wohl 
schwerlich aus dem spec. Gew. dürften erkannt werden können. 


Hinsichtlich der Verdampfungsmethode ergaben die Versuche, 
dafs 10%, Ricinusöl enthaltender, sonst normaler Copaivabalsam 
einen schmierigen, bei Berührung mit dem Finger backenden 
Harzrückstand ergab. 


Die vom Arzneibuche wiederum rezipierte Flückiger'sche Me- 
thode zur Erkennung ev. vorhandenen Gurjunbalsams (Ver- 
halten der Lösung in Schwefelkohlenstoff zu Salpetersäure und 
Schwefelsäure) ergab einen Hinweis auf obige. Verfälschung bei 
Balsam: 


No. 9 Bahia, direkter Import 
No. 10 Bahia, direkter Import 
No. 11 Maracaibo, via New-York 
No. 16 Para. 


Bei keinem dieser Balsame konnte aber aus dem Verhalten 
zu Petroläther auf Gurjunbalsam geschlossen werden. Die 
Lösungen von je 1 Teil derselben in 5 T. Petroläther setzten nach 
einiger Zeit nur wenige lockere Flocken ab, während bei Gegenwart 
von nur 5%o Gurjunbalsam eine starke Trübung unter schliesslicher 
Bildung eines dicken, voluminösen Niederschlages hätte entstehen 
müssen. Bedenkt man nun, dafs ein nur 5%0oGurjunbalsam enthaltender 
Kopaivabalsam durch sein Verhalten zu Petroleumäther und durch 
die Flückiger’sche Reaktion als mit Gurjunbalsam verfälscht erkannt 
wird, und dafs die Balsame 9, 10 und 11 bei der Flückiger’schen 
Reaktion zuerst eine rötliche, dann schwachviolette Färbung 


5+ 


68 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


zeigten und dabei gegen Petroläther sich normal verhielten, so 
muss man mit Hager diese Prüfung als unzuverlässig bezeichnen, 
da es Kopaivabalsame giebt, welche eine ähnliche Reaktion geben, 
die sich nur insofern von der des Gurjunbalsams unterscheidet, als der 
violetten Färbung eine rotbraune vorausgeht. Nur eine sofort ein- 
tretende rein violette Färbung bei Ausführung der Flückiger- 
schen Reaktion gestattet also den Schluls auf die Gegenwart von 
Gurjunbalsam. 

Bei Ausführung der sogenannten Wasserprobe des AÄrznei- 
buches wurde bei Balsam No. 10, Bahia, direkter Import eine 
Färbung der Balsamschicht und Schaumbildung, bei No. 8, Angos- 
tura, direkter Jmport Schaumbildung und bei Balsam No. 13, 
Maranham, via London eine anhaltende Schaumbildung beobachtet. 
Während das Arzneibuch nichts von emem sich bildenden Schaum 
sagt, sondern nur das Blanksein sowohl der Balsamschicht, als 
auch der wässerigen Schicht verlangt, mufs nach neueren Er- 
fahrungen auch das Auftreten von Schaum als ein Hinweis auf eine 
eventuell vorliegende Verfälschung gelten, denn die Balsame No. 8, 
10 und 13 sind auf Grund des Ausfalls anderer Prüfungen ent- 
schieden zu beanstanden. Dagegen bedarf die Forderung einer 
blanken Balsamschicht, wie einer blanken wässerigen Schicht, wohl 
dahin einer Richtigstellung, dafs nur eine obere blanke Balsam- 
schicht verlangt wird, denn wie anderen Autoren, z.B. Hager und 
Will, ist es auch uns nicht gelungen, bei notorisch reinen Balsamen 
eine blanke wässerige Schicht zu erhalten. Diese Trübung der 
wässerigen Schicht ist auch ganz natürlich, wenn man den Gehalt 
des Balsams an ätherischem Oel berücksichtigt. 

Die Ergebnisse der ausgeführten Bestimmungen von Säure-, 
Ester-, Verseifungs- u. Jodzahlen sind in der nachstehenden Tabelle 
zusammengestellt. Zur Orientierung sei nochmals bemerkt, dafs die 
Säurezahl die Menge Aetzkali in Milligrammen ausdrückt, welche ein 
Gramm Balsam oder Harz in alkoholischer Lösung zur Sättigung ge- 
braucht: dieVerseifungszahl die in Milligrammen ausgedrückte Menge 
Aetzkali, welche von einem Gramm Harz beim Kochen mit über- 
schüssiger alkoholischer Kalilauge gebunden wird, darstellt und die 
Differenz zwischen beiden Zahlen die Esterzahl ist, d. i. diejenige 
in Milligrammen ausgedrückte Menge Aetzkali, welche zur Verseifung 
der Esterverbindungen erforderlich ist. Die Jodzahl endlich ist die in 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 69 


Prozenten angegebene Menge Jod, welche das Harz aufzunehmen 
vermag. 

Zur Bestimmung der Säurezahl wird 1 g des Balsams oder 
gepulverten Harzes in 95procentigem Alkohol gelöst, die Lösung mit 
Phenolphtalein versetzt und mit Halb-Normal-Kalilauge bis zur 
Rötung titriert. Bei solchen Harzen, welche nur zum Teil in Alkohol 
löslich sind, ist ein Abfiltrieren des ungelösten Rückstandes nicht 
erforderlich, da es gleichgiltig ist, ob man das Filtrat oder die 
Lösung samt dem Rückstand titriert. Lagen Harze vor, welche 
durch Sand oder Holzstücke verunreinigt waren, oder sonst fremde 
Einschlüsse enthielten, so wurde bei den in Alkohol vollkommen lös- 
lichen Harzen die alkoholische Lösung durch ein zuvor gewogenes 
Filter filtriert, der auf diesem bleibende Rückstand mit Alkohol 
nachgewaschen, bei 100° getrocknet und sein Gewicht von dem des 
in Arbeit genommenen Harzes abgezogen. 

In Alkohol nicht oder nur unvollkommen lösliche Harze dieser 
Art wurden unter Zusatz von Aether, oder mittelst Terpentinöl in 
Lösung übergeführt, die Lösung abfiltriert und mit dem Rückstande 
wie beschrieben, verfahren. 


Zur Bestimmung der Verseifungszahl wird die Lösung von 
l g des zu untersuchenden Balsams oder Harzes in Alkohol mit 
25 cem V2Norm. alkoholischer Kalilauge 15 Minuten am Rückflufs- 
kühler gekocht und der Alkaliüberschuss mit V/2Normalsäure zurück- 
titriert. Zur Ermittelung der Jodzahl löst man 1 g des Balsams 
oder Harzes in 50 ccm Alkohol in einer Schüttelflasche, versetzt 
mit 25 ccm oder soviel der Hübl’schen Jodlösung, bis das Gemisch 
nach längerem Stehen rotbraun bleibt und titriert den Jodüberschuss 
nach 24 Stunden nach vorherigem Zusatz von 1Oprocentiger Jod- 
kaliumlösung mit YıNorm.-Natriumthiosulfatlösung zurück. 


70 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 


Verseifungs- 
zahl 


No. Provenienz Säurezahl Esterzahl Jodzahl 


1 unbekannt. 78 5 83,7 157,6 
> desgl. 90,7 10 100,7 153 
3 desgl. 87,6 0 37,6 148,3 
4 desgl. 98,1 0 98,1 149,1 
5 desgl. 93,8 5 98,8 140,8 
6 desgl. 99,9 ) 99,9 145,4 
7 Maracaibo 95,8 5 100,8 145,1 
direkt imp. 
8 Angostura 99,6 ) 99,6 114 
direkt imp. 
9 Bahia 18 0 13 208 
direkt imp. 
10 Bahia 97,9 192 1107 1112 
direkt imp. 
11 Maracaibo 98 0 98 140 
via New-York. 
12 Carthagena 88,9 0 38,9 143,2 
direkt imp. 
13 Maranham 71,5 0 es 166,7 
London. 
14 Para 87,5 0 87,5 148,1 
direkt imp. 
15 Maracaibo 79,3 19,7 99 —ı 
16 Para 38.1 2,9 41,0 IB 
17 Ostindicum- 8,7 0 8,7 151.0 


Das deutsche Arzneibuch verlangt die gänzliche Abwesenheit 
oder die Anwesenheit nur sehr geringer Mengen von Ester- 
verbindungen, ausgehend von der Thatsache, dals der Copaiva- 
balsam wohl freie Säuren, aber keine Ester enthält, und dement- 
sprechend bei einer ganzen Reihe von Balsamen solche gar nicht 
oder doch nur im geringer Menge konstatiert werden konnten, 
während der Gurjunbalsam erhebliche Mengen von Estern neben 
Säure enthält. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, wurden von uns 
bei einzelnen Balsamen Esterzahlen in der Höhe von 5— 19 be- 
obachtet. Entsprechen diese Balsame den Anforderungen des Arznei- 
buches? Zur Beantwortung dieser Frage schliessen wir bei unseren 


1) Ging leider verloren. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 71 


Betrachtungen die Balsame No. 9, 10, 13 und 16 von der weiteren 
Erörterung aus, da gegen diese auf Grund anderer Prüfungsmoden 
Einwendungen zu machen sind, und diese deshalb bei der Beur- 
teilung unverfälschter Balsame nicht in Betracht gezogen werden 
konnten. 

Von den übrigbleibenden Balsamen enthalten nur No. 1, 5, 7 
und 15 Esterverbindungen, die Esterzahl beträgt bei den drei ersten 
5, bei dem letzten Balsam 19,7. Mit dem Arzneibuch gesprochen, 
wurden zur Rücktitrierung der Zwecks Zersetzung von Ester- 
verbindungen zugesetzten 20 cem YaNormalkalilauge nach dem 


Kochen verbraucht bei: 


No. 1 cm 19,60 1/4 Normal-Salzsäure 
No. 5 19,60 5 = > 
Noren : 19,60 5 > 4 
No- 15 18,50 5 5 % 


Ohne Bedenken erachten wir die Balsame 1, 5 und 7 noch für 
zulässig, zumal alle anderen Prüfungsmethoden normale Beschaffen- 
heit derselben anzeigen. Ueber den Balsam No. 15 mit der Esterzahl 
19,7 lässt sich auf Grund der bislang vorliegenden Erfahrungen Be- 
stimmtes nicht sagen. Das sonst normale Verhalten auch dieses 
Balsams lässt die Annahme einer Vertälschung schwer autkommen, 
sondern vermuten, dafs die relativ hohe Esterzahl auf eine von an- 
deren Balsamen abweichende natürliche Zusammensetzung, zurück- 
zuführen sei. Die Erfahrung, dafs es echte unverfälschte Balsame 
mit und ohne Esterverbindungen giebt, zwingt unbedingt zur Nor- 
mierung der höchst zulässigen Esterzahl. 

Ausser der Bestimmung der Esterzahl sind auch Säure- 
und Verseifungszahl für die Beurteilung des Copaivabalsams von 
Bedeutung. Die Bestimmung der Säurezahl giebt uns Anhaltepunkte 
zur Unterscheidung der einzelnen Handelssorten, da dieselbe bei 
dem Parabalsam erheblich kleiner, als wie bei dem Maracaibobalsam 
ist, und gestattet nicht nur eine stattgehabte Verfälschung, sondern auch 
in vielen Fällen die Art der Fälschung festzustellen. Kolophonium 
und Terpentin besitzen eine weit höhere Säurezahl, Fette Oele, die 
durch Kalilauge verseift werden, erhöhen die Ester- und Ver- 
seifungszahlen, Gurjunbalsam, ebenso Mineralöle, welche gegen 
Kalilauge indifferent sind, geben sich durch eine starke Erniedrigung 
der Säure- und Verseifungszahlen zu erkennen. Das einzige nicht 


72 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 


durch die Verseifungszahl zu erkennende Verfälschungsmaterial ist 
venetianischer Terpenthin, welcher innerhalb der für Copaivabalsam 
giltigen Grenzen liegende Säure- und Verseifungszahlen besitzt. 

Nach den von uns gesammelten Erfahrungen muls ein Balsam 
von normaler Beschaffenheit zwischen 75 und 100 liegende Säure- 
zahlen geben, womit auch die Beobachtungen anderer Forscher 
übereinstimmen, während die Esterzahl nicht höher als 10 (vielleicht 
auch 20?) sein darf. 

Die nachstehende Tabelle enthält Säure-, Ester- und Ver- 
seifungszahlen des Copaivabalsams und einiger gebräuch- 
licher Fälschungsmittel, wie solche von verschiedenen Autoren 
bisher ermittelt wurden. 


| 
| 
I 


Schmitt & Beckurts, 


Kremel Dieterich Mills R 
Namen der | Erban Brüche 
Tom) 1: 4 ı 17 ’ ı 
Droge aD Eee] REN NER C= a  . |. 
>“ =eläsl02 231221321321 2 Hm oe I2=l3=\32l82l3=2l35 
aa" "a" a" |S [5 eine aa" e "aa" |2® 
| 
3 n 157- 157 — = „1173-| T7— | 179- 
0) = 
Colophonium ...f 146) 21 | 167) 1753| 0 176 0 o 179) 8 | 187] gel 12 | 193 
7 T76.— s1— 
h . venet. . . 91729 _ Mi = Eee | BEE Burn 
Tereb. venet 69 98] 70 0 78 0 101)? 6 101 
Bals. Copaiv. ost. Exg n i 
4 u N BE 16,5 10,5 Se ia 
s. Gujun. .. 20 0 7,4 11,2 18,6 Bed RO 
Balsam. Copaiv. 
: = 38— 40—- 
== Bun —— — ee! m — Ben — 1 
Paraser.tee 29,61 0 52—53 0 87 2 87 
er Me |). | fra, lan | | 0] Se ee 
j che 76 94,3.|°°° 100,8 98 19,7) 112 


Höchst befriedigende Resultate wurden von uns bei Beurteilung 
des Balsams auf Grund der Jodzahl erhalten. Die Aufnahmefähig- 
keit für Jod wurde nach der bekannten Methode für fette Oele be- 
stimmt, indem circa 0,5 g Balsam in 10 cem Chloroform gelöst, die 
Lösung mit 25 ccm Jodlösung versetzt wurde, worauf nach 24 Stun- 
den mit Natriumthiosulfatlösung das überschüssige Jod zurücktitriert 
ward. 

Die Balsame No. 8, 9, 10 und 13 wichen, wie die Zahlen der vor- 
letzten Tabelle (S. 70) lehren, hinsichtlich der Jodzahlen erheblich von 
den noch restierenden Balsamen ab, sie zeigen der Reihe nach die 
folgenden Jodzahlen: 114, 208, 111, 166. Waren diese Balsame 
bereits auf Grund anderer Prüfungen als unnormal erkannt, so 
brachte jetzt die Bestimmung der Jodzahl einen neuen Beweis für 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 73 


die Richtigkeit der aus anderweitigsen Prüfungen gezogenen Schluls- 
folgerungen. 

Die Jodzahlen der übrigen Balsame bewegen sich innerhalb der 
verhältnismässig engen Grenze 140—160, so dafs man recht wohl 
die Forderung des Nichtüberschreitens dieser Grenzen bei einem 
normalen Copaivabalsam stellen kann. Da beispielsweise Terebinth. 
venet. die Jodzahlen 143 (Schmidt und Erban), 135 (Beckurts, 
Brüche), Kolophonium 115,7 (S. & E.) 118 (B. & Br.) besitzen, so 
sind Verfälschungen mit diesen durch die Jodzahlen recht wohl 
nachzuweisen. 

Bestätigen sich diese Angaben an weiterem Untersuchungs- 
material verschiedener Handelssorten, so dürfte die Bestimmung der 
Jodzahl bei Prüfung des Copaivabalsams in Zukunft eine wichtige 
Rolle zu spielen berufen sein. 

Die Resultate der vorstehend geschilderten Untersuchungen des 
Copaivabalsams lassen sich dahin zusammenfassen, dals man zur 
Begutachtung der Echtheit und Unverfälschtheit des Copaivabalsams 
genügenden Aufschluls erhalten wird, wenn die Bestimmung des spec. 
Gewichtes, die Verdampfungsprobe, das Verhalten der Lösung des 
Balsams in Schwefelkohlenstoff zu Salpetersäure und Schwefelsäure, 
die Bestimmung der Säure-, Ester- und Verseifungszahl, sowie der 
Jodzahl bei der Prüfung Berücksichtigung finden. 


Balsamum Peruvianum. 


Das deutsche Arzneibuch hat das im allgemeinen über Peru- 
balsam Gesagte unverändert aus der Pharm. Germ. II hinüberge- 
nommen. Dasselbe ist geschehen mit der Behandlung des Balsams 
mit wechselnden Mengen Schwefelkohlenstoff als Prüfung auf Ben- 
zol und Gurjunbalsam, ebenso mit der Prüfung durch Ammoniak, 
nur dafs hierbei die Zeitangabe „24 Stunden“ weggefallen ist. Die 
Petroleumbenzinprobe ist insofern modifiziert aufgenommen worden, 
als das Arzneibuch den Verdampfungsrückstand des ganzen Fil- 
trats, nicht, wie die Pharm. Germ. II vorschrieb, 30 Tropfen des 
Dekantates mit Salpetersäure versetzen läfst. Fast unverändert ist 
die Schwefelsäureprobe aus der Pharm. Germ. II hinübergenommen, 
während die Kalkprobe (zum Nachweis fetter Oele und saurer 
Harze) wohl als Ersatz für die fortgefallene Destillation des Bal- 
sams mit Wasser neu hinzugekommen ist. 


74 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 


Die Resultate, die ich bei der Untersuchung von 6 Balsamen 
unbekannter und von 9 Balsamen bekannter Provenienz nach Vor- 


schrift des deutschen Arzneibuches erhielt, sind aus nachstehender 
Tabelle ersichtlich. 
Spez. n 5 Ver- Ver- 
= Löslich Ver- al üfung 
© E IeWw. En 5 a „ Van halten | halten | Salpeter- gi 
Ei Provenienz . Jin Spiritus halten zu x nach 
= bei an zu 08? N zu Kalk- zu säureprobe Demi 
zZ 15° hydrat | H?S0% 
unbekannt. 1,138] normal. normal. | normal. normal. | normal. fgrün, dann] normal. 
rot. 
desgl. 1,1405 desgl. desgl. desgl. krüm- j desgl. |grün, dann| desgl. 
lich, schmutzig 
nicht braun. 
hart. 
desgl. 1,144] desgl. desgl. desgl. desgl. | desgl. [blau, grün,| desgl. 
dann rot. 
desgl. 1,141} desgl. desgl. desgl. desg!. | desgl. | blänlich, desgl. 
dann 
schmutzig 
braun. 
desgl. 1,142] desgl. desgl. desgl. desgl. | desgl. | normal. normal, 
Harz 
schwimmt 
auf dem 
Chloro- 
form. 
desgl. 1,140) desgl. desgl desgl desgl. I desgl. desgl. schwach 
violett. 
direkt 1,143] desgl. desgl. desgl. normal. | desgl. desgl. normal. 
April 1890. 
direkt 1,139] desgl. desgl. desgl. krüm- | desgl. | intensiv violett. 
September 1890. lich, blau. 
nicht 
hart. 
direkt 1,143] schwache | desgl desgl. normal. | desgl. | blaugrün. | normal. 
August 1890. Opalescenz 
aus 2. Hand |1,140| normal, desgl. desgl. hart. desgl. | blaugrün. desgl. 
zweifelhaft. 
desg]. 1,138] schwache | desgl nach hart. desgl]. blau. desgl. 
Opalescenz 15 Minuten 
konstanter 
Schaumring 
via Havre. 1,141$| desgl. desgl. normal. | normal. | desgl. | blaugrün. | schwarz- 
braun. 
via Bremen. [1,118] desgl. desgl. Schaum ferhärtet| desgl. | schmutzig rot, 
noch nach unter bläulich. | Copaiva- 
30 Minuten.| Copaiva- geruch. 
geruch. 
Pharmakopoe- | 1,139] normal. desgl]. normal. | normal. | desgl. | blaugrün. | normal. 
Ware. 
direkt. 1,142] desgl. desgl. desgl. krüm- | desgl. | schwach violett. 
lich, blaugrün. 
nicht 


hart. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 75 


Balsamum Peruvianum No. 5 Er mit 10 Proz. 


Pe Ver- Ver- 
Eier Löslichkeit| Ver- Verhalten Er w Prüfung 
ew. halten halten Salpeter- 
Name . Jin Spiritusf halten zu nach 
bei 11 zu 088 NHS zu Kalk- zu säureprobe De 
150 ef hr a ee RN ENT H?S0* 

0]. Rieini .... [1,123] normal. normal. | normal. normal. Harz intensiv normal 

weich. grün. 

Styrax dep. ... [1,140] desgl. desg]. desg]. krüm- | normal. intensiv violett- 
lich, blau, in rötlich. 
nicht rotbraun 
hart. über- 

gehend. 
I 
Bals. Copaiv. ... | 1,125] desgl. desgl. nach hart. desgl. blau. fleisch- 
30 Minuten farben. 
noch konst. 
Schaum. l 
Bals. tolut. ..... | 1,147] desgl. dunkel. | normal. normal. desgl. grünblau. | normal. 
Tereb. venet.... | 1,125f desgl. normal. nach desgl. Jelastisch, | intensiv fleisch- 
30 Minuten aber blau. farben. 
noch kon- brüchig. 
stanter 
Schaum. 


Es entsprechen, wie aus dieser Tabelle ersichtlich, nur die Bal- 
same No. 5, 6 und 7 den Anforderungen des Deutschen Arznei- 
buches, während die übrigen 12 Balsame von der Verwendung in 
Apotheken auszuschliessen wären. Es ist kaum anzunehmen, dafs 
dies Verhältnis der Wirklichkeit entspricht. Schliefst man zunächst 
die Balsame No. 10, 11 und 13, gegen die auf Grund anderer 
Prüfungsmethoden Einwendungen zu machen sind, von weiterer Be- 
trachtung aus, so muls es auffällig erscheinen, dafs alle anderen 
Balsame, auch die unzweifelhaft echten, die modifizierte Salpeter- 
säureprobe des Arzneibuches nicht aushalten. Zieht man sodann 
weiterhin in Betracht, dafs die Resultate anderer, im weiteren Ver- 
laufe dieser Abhandlung angeführten Untersuchungen den Beweis 
für die Unverfälschtheit der Balsame ergaben. so dürfte die Schlufs- 
folgerung gestattet sein, dafs auch die modifizierte Salpetersäureprobe 
des Arzneibuches für die Praxis zu scharf ist.“) Kommen auch im 
Handel Balsame vor, die diese Reaktion aushalten, und wurde auch 
von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen, dafs die modifizierte 
Salpetersäureprobe von echtem Balsam ausgehalten wird, so ist da- 
mit noch lange nicht der Beweis erbracht, dafs ein Balsam, der be- 
züglich dieser Prüfung in Stich läfst, nicht echt ist. Ja, es scheint 
sogar eine Eigenart einer grolsen Anzahl der seit den letzten Jahren 


*) Vergl. auch Handelsb. von Gehe & Co. 1891, April, 10. 


76 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


im Handel befindlichen Balsame zu sein, einen Petroleumbenzinaus- 
zug zu geben, dessen Verdampfungsrückstand, mit Salpetersäure be- 
feuchtet, sich bläulich bis blaugrün färbt — allerdings in bedeutend 
geringerem Malse, wie die verfälschten Balsame. 

Im übrigen ist es nach unseren Beobachtungen einerlei, ob man 
den Verdunstungsrückstand des nach einigen Minuten Stehenlassens 
abgegossenen Dekantates oder des Filtrats mit Salpetersäure ver- 
setzt. ‘Eine Abschwächung der Methode ist nur in dem Fortbleiben 
des Erwärmens zu erblicken, während im Verdunsten des ganzen 
Filtrats (gegenüber 30 Tropfen des Dekantates) anderseits wieder 
eine Verschärfung zu beobachten ist. So lange nun der positive 
Beweis, dals alle die Salpetersäurereaktion nicht aushaltenden Bal- 
same getälscht sind, nicht erbracht ist, sollte man unseres Erachtens 
von diesem Prüfungsverfahren ganz absehen, wenngleich selbst kleine 
Mengen von Styrax, Terpentin, Kolophonium und Üopaivabalsam 
sich durch dasselbe nachweisen lassen. 

Die spezifischen Gewichte der Balsame bewegten sich mit 
Ausnahme desjenigen von No. 13 in den vorgeschriebenen Grenzen. 
Gemische von Perubalsam mit je 10 Proz. Styrax und Tolubalsam, 
Ricimusöl, Copaivabalsam und venetianischem Terpenthin zeigten, bis 
auf das mit Styrax und Tolubalsam hergestellte Gemisch eine starke 
Erniedrigung des spezif. Gewichts, so dals man aus letzterem unter 
Umständen auf eine event. Verfälschung mit Ricinusöl, Copaiva- 
balsam und Terpenthin, sofern dieselben in einer Menge von 5—10%o 
vorhanden sind, schliessen kann. 

Das Verhalten der Balsame und Balsammischungen zu 
einem gleichen Volum 90prozentigen Alkohols ergab keine 
Anhaltspunkte, da sowohl die reinen Balsame, wie die Mischungen 
sämmtlich blanke, einige schwach opalisierende Lösungen gaben. 

Ebensowenig zeigte das Verhalten zu Schwefelkohlenstoft 
etwas besonders Beachtenswertes, nur dafs das mit 10% Tolubalsam 
hergestelite Balsamgemisch einen Schwefelkohlenstoffauszug gab, der 
dunkler gefärbt war, als alle anderen Auszüge. 

Das Resultat der Schwefelsäureprobe war bei allen Bal- 
samen ein normales; das Balsamgemisch mit Ricinusöl ergab ein 
weiches, das mit venetianischem Terpenthin ein elastisches, aber 
brüchiges Harz. Nicht unerwähnt soll bleiben, dafs ev. zur Er- 
kennung einer vorliegenden Verfälschung die Färbung und Be- 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 77 


schaffenheit des über die Mischung von Balsam und Schwefelsäure 
gegossenen kalten Wassers nach dem Umrühren Verwendung finden 
kann. So lieferte z. B. der mit venetianischem Terpenthin ver- 
schnittene Balsam annähernd dasselbe Waschwasser, wie der Balsam 
No. 11, der in mancher Hinsicht eine Vertälschung mit Terpenthin 
als wahrschemlich erscheinen liefs. Ebenso stimmte das Wasch- 
wasser des Copaiva- und Perubalsamsgemisches mit dem von Balsam 
No. 13 überein, dessen Gehalt an Copaivabalsam definitiv erwiesen 
war. 

Die Ammoniakschüttelprobe wurde in einem 10 mm weiten 
Reagierrohre unter Anwendung von 100 kräftigen Schüttelschlägen 
ausgeführt. Nur bei Balsam No. 13 wurde ein starker, nach 30 Mi- 
nuten noch konstanter Schaum und bei No. 11 ein starker, nach 
fünfzehn Minuten bis zum konstanten Schaumring zurückgehender 
Schaum erhalten. Dafs die Weite des Reagierrohres und die 
Anwendung der Kraft beim Schütteln auf das Resultat einen grofsen 
Einflufs haben, ist natürlich. Ratsam wäre es, diese beiden Punkte 
und die Zeitdauer, während welcher die Beobachtung eines ev. ent- 
stehenden Schaumes geschehen muls, zu normieren, um individuellen 
Ansichten in dieser Beziehung aus dem Wege zu gehen. 

In Anschlufs an diese von dem Deutschen Arzneibuch angegebenen 
Prüfungen unterwarf ich sämtliche Balsame und Balsamgemische 
auch der Denner’schen Prüfungsmethode.!) In der Praxis 
dürfte derselben nur dann eine Bedeutung zukommen, wenn 
es darauf ankommt, einen als verfälscht erkannten Balsam auf einen 
ev. Gehalt an Benzoe, bz. Styrax zu untersuchen. Jedoch konnten 
wir nach der Denner’schen Methode nicht solche zufriedenstellende 
Resultate erhalten, als man wohlberechtigter Weise auf Grund des 
sehr umständlichen und verhältnismäfsig langwierigen Verfahrens 
erwarten kann.) So wurde zum B. bei dem mit 10% Styrax 
versetzten Balsam keine ausgesprochene violette, sondern nur eine 
schwach violette, ins rötliche übergehende Färbung des Chloroforms 
erhalten. Andererseits resultierte bei Balsam 6, 8 und 15 eine 
schwache violette bis violette Chloroformlösung, und zwar stimmten 

1) Pharm. Centralhalle 1887. 

2) E. Dieterich gelang der Nachweis von 5%o Benzoe, nicht 
aber der von 5%o Styrax im Perubalsam. Auch wurde bei dem 5% 


Benzoe enthaltenden Perubalsam eine rote, aber nicht violette bis 
blaue Färbung erhalten. (Helf Annal. 1888,46.) 


78 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 


diese 3 Balsame eigentümlicherweise in Bezug auf ihr Verhalten zu 
Kalkhydrat überein; sie gaben nach dem Erkalten ein Kalkgemisch, 
das krümlich, aber weich und nach dem Wortlaut des Arzneibuches 
nicht zu beanstanden war. Ebenso hielten diese 3 Balsame 
sämtliche an sie gestellte Forderungen, No. 6 sogar die Salpeter- 
säurereaktion aus. 

Die bei Bestimmung der Säure-, Ester- und Verseifungs- 
zahl, sowie der Jodzahl erhaltenen, recht günstigen Resultate sind 
in nachstehender Tabelle zusammengestellt. 


No. Provenienz Säurezahl Esterzahl ee Jodzahl 
1 unbekannt 42,4 206,8 249,2 40,0 
2 desg]. 61,6 198,0 259,6 41,56 
3 desgl. 55,8 185.4 241,2 40,26 
4 desg]. 49,8 199 248,8 — 
5 desgl. 58,4 194,4 252,8 41,6 
6 desgl. 39,6 194,7 254,3 38,59 
7 direkt ll 202,8 253,9 39,93 

April 1890. 
8 direkt 55,6 191,8 247,4 38,01 
September 1890. 
9 direkt 33, 197,8 251,3 39,67 
August 18%. 

10 aus 2. Hand 65,5 174,8 240,3 41,59 

zweifelhaft. 

Mit desgl. 58,7 187,3 245,9 50,15 

12 via Hävre. 59,7 196,7 256,4 38,53 

13 via Bremen. 63,2 155 218,2 56,30 

14 | Pharmakopoe- 56,9 176,1 233 40,63 

Ware. 
19 | direkt. 62,1 186,4 248,5 41,16 


Balsamum Peruvianum No. 5, gemischt mit 10 Proz. 


Verseifungs- 


von I Säurezahl | Esterzahl an Jodzahl 
Oleum Riem. .. 58,3 160 213,3 48,1 
Siyraxı dep. . .'. . 59,4 169 224,4 53 
Bla BopBiv. . . 58,2 17.743 235,1 59,8 
Bals about. 08, 12,7 173,2 245,9 50,5 


Mereb. venet.. . . : 48,5 180 228,5 56,6 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 79 


Während die Bestimmung der Hübl’schen Jodzahl bei der 
Prüfung der Perubalsame noch keine Verwendung gefunden, ist der 
von Kremel empfohlene, auf der Bestimmung der Säure-, Ester- 
und Verseifungszahlen basierende Prüfungsmodus schon zu öfterem 
Anlafs zu Untersuchungen und diesbezüglichen Veröffentlichungen 
gewesen. Die Resultate, welche die verschiedenen Autoren 
hiermit erhielten, sind aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich. 


Säurezahl Esterzahl Verseifungszahl 
Kremel . . N: 40,4—49,4 181,1— 199,2 230,2 — 240,0 
mesrich .. . . . . 50,4—58,8 196,0— 201,6 246,9 254,8 
SEE 5 SEN 17,7— 36,7 212,7— 258,8 240,5— 283,0 
ee 42,461,8 1854—206,8 | 241.2259,6 
Brüche | 


Beim Vergleiche dieser Zahlen findet man, dafs die von Gehe 
und Dieterich gefundenen Zahlen gut mit den von uns gefundenen 
übereinstimmen, sofern man nur die Verseifungszahlen in Betracht 
zieht: wogegen zwischen den Säure- und Esterzahlen so grolfse 
Differenzen bestehen, dafs man wohl schwerlich von einer Über- 
einstimmung sprechen kann. Die Zukunft mufls lehren, ob diese 
grofsen Differenzen in einer verschiedenen Zusammensetzung der 
einzelnen Balsame oder aber in einer verschiedenen Ausführung der 
Methode selbst zu suchen sind. Bei der Feststellung der obigen 
Zahlen wandten wir zur Titration einmal eine ca. 10% spirituöse, 
mit 5 T. Wasser versetzte Balsamlösung, das andere mal eine nach 
dem Vorgange von Dieterich etwa lOprozentige spirituöse Lösung 
an, beide mal unter Anwendung von Phenoephtalein als Indikator. 
Bezüglich der Verseifungszahlen wurden unter Benutzung der Rest- 
methode ziemlich übereinstimmende Resultate erhalten. Nicht so 
günstig war das Verhältnis zwischen Säure- und Verseifungszahlen. 
Die Abweichungen waren sehr erhebliche. Auf Grund zahlreicher 
Versuche gelangten wir zu dem Resultate, dafs bei der Titration der 
lprozentigen spirituösen Lösung vor der lOprozentigen mit Wasser 
verdünnten Lösung ganz entschieden der Vorzug zu geben ist, 
sofern es darauf ankommt, genaue Bestimmungen der Ester- und 
Säurezahlen auszuführen. Die im Perubalsam enthaltenen Farb- 
stoffe verhindern, mit Wasser in Berührung, einen exakten Farben- 


80 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


umschlag des Phenolphtaleins. Es tritt zunächst eine bräunliche, 
dann braunrote und eine bei gröfserem Phenolphtaleinzusatz und 
Überschufs von Ätzkali deutlich erkennbare Rotfärbung aut, eine 
reine Rosafärbung konnte niemals beobachtet werden. Diese den 
Eintritt der Endreaktion verdunkelnden Zwischenfärbungen wurden 
bei Anwendung einer lprozentigen spirituösen Lösung vermieden. 


Aus den Versuchen von Gehe und von uns geht weiter hervor, 
dafs die Verseifungszahl 240 als niedrigst zulässige Grenze eines 
echten Perubalsams anzusehen ist.  Betreffs der höchst zulässigen 
Grenze lässt sich aus den Untersuchungen nur ersehen, dafs dieselbe 
über 300 nicht hinausgeht. Im Übrigen bedarf es hierbei gar 
keiner Norm, denn sämtliche in Betracht kommende Verfälschungs- 
mittel besitzen, wie aus nachstehender Zusammenstellung ersichtlich 
ist, bei weitem niedere Verseifungszahlen, als der Perubalsam selbst. 


So haben Verseifungszahlen nach: 


Name SB Kremel [Dieterich | Williams nn: ums 
Erban Brüche 

Colophonium . . 167 157—173 [| 157—176 179 179—193 
IBENZDEL.M maria. 164,6 156-196 175 148 190 
Styrax dep. . . .[191,0--205, X 13% 200 — 195 
Terebinth. venet. .| 96,4—-102, 70 78,4 — 3 
Olekvemiw..... — —_ 150 
Bals. Copaiv. Mat. 73—16 86 _ 75—100 
Bals. Copaiv. Para 29,6 99 — 41—87 
Gurjunbalsam . . 5,8—20 |16,8--18,6 — 8,7 
bals: Tolutan..'.. 154159 186 — 180 
Tereb. commun. . 124-128 108 — 110 


Zu gleicher Zeit geht aus dieser Tabelle hervor, dals eine jede 
zufällige oder in betrügerischer Absicht geschehene Untermischung 
eines der aufgeführten Mittel die Verseifungzahl des Perubalsams 
verschiedenartig stark herabdrücken würde. Eine Bestätigung dieser 
Annahme ergaben die Verseifungszahlen der oben erwähnten Balsam- 
gemische. So zeigte der mit Oleum Ricini versetzte Balsam die 
Verseifungszahl 213,3, der mit Styrax 224,4, derjenige mit 
Copaivabalsam 177,5, der mit Tolubalsam 245,9 und endlich 
der mit Terebinth. venet 228,5. 


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Zeitschrift 


Deutschen Apotheker-Vereins, 


unter Redaction von 


E. Schmidt und H. Beckurts, 


herausgegeben 


von.dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin, 


Band 230, Heft 2. 


BERLIN. 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 
1892. 


ö eaige für das Archiv sind an die Herren Pr. ofessor Dr. E. Schmidt in Marburg (# essen) Y Da ' 
% ader Erofesser Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden. : 


| GE Ausgegeben den 12. April 1892. 


ER AN RA TE NERTL Dem: w 
INA NER f} TR WET q 


H. Beckurts und W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen PR 
über die Wertbestimmungen der Harze und Balsame ... 8 
(Mitteilungen aus dem Laboratorium für synthetische 
und pharmaceutische Chemie der Herzogl. technischen u 
Hochschule in Braunschweig.) 
O. E. Senger, Über Absinthiin, den Bitterstoff der Wermut- 
pflanze (Artemisia absinthium) . . 94 
Th. Pabst, Zur chemischen Kenntnis der Früchte. von  Ohpsiodii 3 
annuum . . 108: 
(Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Instirute und 
Laboratorium für angewandte Chemie der Universität 
Erlangen. Von A. Hileer.) 
E. Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna . 134 
(Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen Laboratorium 
der chemischen Fabrik von E. Merck in Darmstadt.) 
K. Seubert, Über die Gehaltsbestimmung des Ferrum pulveratum, 
Ferrum reductum und Ferrum carbonicum saccharatum 
nach dem Arzneibuch für das Deutsche Reich . . . . „ 12 


BA Flückiger, ‚Schwarzer Phosphor : .. ... 7... 5. gs 


Eingegangene Beiträge. 
. Kubel, Über Basisch-Magnesiumacetat. 
. A. Flückiger, Asche der Kamala. 
. Kiliani, Über Digitalinum verum. 
. Kiliani, Über die Darstellung des Digitogenins. 


(Geschlossen den 4. April 1892.) 


ur 


= Anzeigen. == 


Diese Zeitschrift erscheint, in der Regel monatlich einmal, 
in einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen. 
Ladenpreis für den Jahrgang MH 12.—. 


Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die 
Archiv-Redaction 
Herrn Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder 
Herrn Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, 


alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und 
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an das 


Central-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, 


Berlin SW. 12, Zimmer-Stralse No. 3/4, 
einzusenden. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 81 


Zieht man in Betracht, dafs ein Balsam mit der Verseifungs- 
zahl 252,8 zur Darstellung der Balsamgemische verwandt wurde, 
so ist ersichtlich, dafs namentlich unter Zuhilfenahme anderer Prü- 
fungsmethoden entschieden werden kann, ob ein verfälschter 
Balsam vorliegt. Die mit 10%o Tolubalsam versetzte Balsamprobe 
erbringt andererseits aber den Beweis, dafs die Feststellung der 
Verseifungszahl allein nicht zur Erkennung eines echten, unver- 
fälschten Balsams genügt, sofern man 240 als niedrigst zulässige 
Grenze gelten lälst. 

Weit günstiger für die Beurteilung der Perubalsame gestaltet 
sich die Feststellung der Jodzahl, worauf noch von keiner Seite 
hingewiesen ist. Die Jodzahlen allein genügen unter Umständen 
schon, eine Verfälschung erkennen zu lassen. Die Ausführung der 
Bestimmung der Jodzahlen ist dieselbe wie bei fetten Ölen. In 
Arbeit genommen werden 0,3—0,5 g Balsam. Die Einwirkung der 
Jodlösung auf die Balsamlösung in Chloroform wird auf 24 Stunden 
ausgedehnt, nach welcher Zeit die Jodzahl constant ist. Bei der 
Titration des überschüssigen Jods mit Natriumthiosulfat is in so- 
fern Vorsicht geboten, als durch die im Perubalsam enthaltenen 
Farbstoffe die Erkennung der Endreaktion erschwert wird. Nach 
einigen Versuchen erhält man die erforderliche Übung, um die End- 
reaktion scharf erkennen zu können. 

Ein Blick auf die von uns erhaltenen Resultate zeigt, dafs bei 
sämtlichen Balsamen, mit Ausnahme von 12 und 13, welche auf 
Grund von dieser Prüfungsmethode schon zu beanstanden waren, die 
Jodzahl sich innerhalb verhältnismäfsig enger Grenzen 38.01 bis 
41,59 bewegen. Wenn nun berücksichtigt wird, dafs nach v. 
Schmitt und Erban*) 


Kolophonium die Jodzahl IT 

Benzoe 8 H 56,0 

Storax 4 ® 143,6 

Tereb. venet „ 3 143,6 

ferner 
Oleum Ricini „ r 84,4 
Maracaib. Copaivabalsam „ “ 160,0 
Para Copaivabals. „ x 155,0 
Gurjunbalsam „ = 150,0 
Tolubalsam = 3 165,0 
Se 


Arch. d. Plarm. XXX. Bäs. 2. Heft. 


{or} 


82 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


also bei weitem höhere Jodzahlen besitzen, und dafs demnach jeder 
mit einem der genannten Mittel verfälschten Balsame eine höhere 
Jodzahl als ein normaler unverfälschter Balsam aufweisen muls, so 
würden die mit dem oben erwähnten Balsamgemischen von uns an- 
gestellten Versuche und die dabei erhaltenen Resultate nur einen 
Beweis davon geben, dafs die Bestimmung der Jodzahl beim Peru- 
balsam nicht nur einen Hinweis auf ev. Vertälschungen, sondern 
einen direkten Beweis von dem Vorhandensein oder der Abwesen- 
heit eines solchen ergeben. 

Es bleibt abzuwarten, wie sich andere Handelssorten gegen- 
über den von mir gemachten Angaben bezüglich der Jodzahlen 
stellen. Bestätigen sich unsere Erfahrungen, dann dürfte ein 
nicht unwesentlicher Fortschritt auf diesem Gebiete zu ver- 
zeichnen sein. 

Auf Grund der in dem vorstehenden beschriebenen Unter- 
suchungen kann man aus der Bestimmung der Verseifungs- und 
Jodzahl, so wie des spec. Gewichts, aus dem Verhalten zum 
Ammoniak und zu Kalkhydrat einen genügend sicheren Schluls ziehen, 
ob ein unverfälschter echter oder ein betrügerischen Manipulationen 
unterworfener Balsam vorliegt. Copaivabalsam und venetianischer 
Terpentin, Tolubalsam und Benzoe werden die Säurezahl erhöhen, 
Gurjunbalsam und Ricinusöl werden dieselbe erniedrigen. Die Jod- 
zahl wird durch Kolophonium, Benzoe, Styrax, venet. Terpentin, 
Rieinusöl, Copaivabalsam, Gurjun- und Tolubalsam erhöht 


werden. 
Balsamum Tolutanum. 


Eine Prüfung des Tolubalsams auf Verfälschungen schreibt das 
deutsche Arzneibuch nicht vor; die vorgeschriebenen Prüfungen des 
Verhaltens von Tolubalsam zu Wasser und zu Wasser und Aetzkalk 
sind Identitätsreaktionen zum Nachweis freier Säuren- und Ester- 
verbindungen. Von Verfälschungsmitteln ist hislang nur Kolophonium 
beobachtet worden. Die unseres Wissens zuerst von Schmidt an- 
gebene Methode gestattet noch nach unseren Versuchen den Nach- 
weis von 5 Proz. Kolophonium im Tolubalsam, besitzt also hin- 
reichende Empfindlichkeit. Zur Ausführung der Prüfung lässt man 
- 0,5 g Balsam mit 25 ccm Schwefelkohlenstoff unter bisweiligem Um- 
schütteln 30 Minuten stehen, filtriert und verdunstet das Filtrat in 
der Porzellanschale. Kolophonium giebt sich im Verdunstungsrück- 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 83 


stande schon durch den Geruch zu erkennen, sowie durch die grüne 
Färbung, wenn man in die Lösung des Rückstandes einige Tropfen 
Schwefelsäure einfliefsen lässt. Bei Prüfung von 5 Tolubalsamen 
unbekannter Provenienz und einer Mischung von Tolubalsam mit 
10 Prozent Kolophonium wurden die nachstehenden Resultate er- 
halten. 


Verhalten d 1 
= aus% Asche Verdampfungs- 3) ') rs 
® Gew. | . rückstandes |Säure-IEster-| . Jod- 
Handelssorte : in |der Schwefel- seifungs- 
bei kohlenstof- | zahl | zahl zahl 
> 150 Proz. lösung zu Eis- zahl 
A = essig u. H?SO*? 
1} ohne nähere | 1,091| 0,30 | normal. 125 60 185 158 
Bezeichnung. 
2 desgl. 1,10 1,20 desgl. 115 63 178 168 
3 desgl. 1,101| 0,40 desgl. 130 | 58 188 165 
4 desgl. 1,098 | 0,90 desgl. 1067 1 140 170 
b) desgl 1,092 | 0,25 desgl. 135 | 55 190 153 
1} No.1m.10Proz.| 1,097 | 0,32 grüne 138 I 53 191 153 
6] Colpohonium. Färbung. 


Darnach muls die Verwendbarkeit der Bestimmung der Säure-, 
Ester- und Verseifungszahlen, sowie der Jodzahlen bei der Prüfung 
des Tolabalsams auf Kolophonium auf solche Balsame beschränkt 
bleiben, welche mehr als 20 Proz. des letzteren enthalten. In diesen 
lässt sich aber der Gehalt an Kolophonium bequemer und ein- 
facher durch die Schmidt’sche Reaktion nachweisen. Das Ver- 
halten eines Tolubalsams bei dieser Reaktion, ferner spec. Gewicht 
und Aschenbestimmung müssen daher zur Zeit als die einzigen 
Hilfsmittel zur Erkennung eines reinen Balsams angesehen werden, 


Terebinthina larieina. 


Bei Untersuchung von sieben verschiedenen Handelssorten auf 
specifisches Gewicht, Säure-, Ester-, Verseifungs- und Jod- 
zabl wurden die in nachstehender Tabelle niedergelegten Resultate 
erhalten. In wie weit diese bei der Wertbestimmung von Peru- 
balsam und Copaivabalsam, als deren Verfälschungsmittel der 


1) Kremel fand die Säurezahl 100—127, die Esterzahl 26,7—58,7, 
die Verseifungszahl 154—160. 
6* 


84 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


venetianische Terpentin beobachtet ist, von Wichtigkeit sind, ist 
schon in dem Vorstehenden erörtert worden. 


No. Pe 7 — Säurezahl!) | Esterzahl Y ne Jodzahl 
1 1,091 85 = 85 143,6 
2 1,121 76 5 81 141,0 
3 1,160 8 = 81 149,0 
4 1,100 94 3 97 138,0 
5 1,180 101 _ 101 146 
6 1,190 95 _ 98 137 
7 1,060 93 6 | 99 145 

Styrax. 


Es gelangten zur Untersuchung sechs sogenannte rohe Styrax- 
sorten, welche noch keiner reinigenden Manipulation unterworfen 
gewesen waren. Dieselben gaben die folgenden Daten: 


Spez. | Löslichkeit im Ver 
No.[Gewicht/gleichen VolumjSäurezahl[Esterzahl ] 8°] Jodzahl 


3 en zah 
ı | 1116 61 80 113 193 49 
> 121 12 91 120 211 54 
3 | 1113 62 68 112 180 60 
a 1.113 66 69 153 222 51 
5 | 1,120 71 75 130 205 55 
6 1,118 64 93 al 208 50 


Es schwankt sonach das spec. Gew. zwischen 1,113 und 1,121 
und nimmt mit der Höhe des spec. Gewichts die Löslichkeit in 
Weingeist zu. 

Es scheint sonach, dafs die Höhe des spec. Gewichts durch 
einen höheren Gehalt an Wasser bedingt wird; es ist dies ein Um- 
stand, welcher durchaus erklärlich erscheint, wenn man bedenkt, 
dafs das im Styrax enthaltene Wasser stets grölsere oder geringere 
Mengen anorganische Salze gelöst enthält. Der Prozentgehalt der in Wein- 
geist löslichen Anteile stimmt recht gut, ebenso wie die gefundenen 


1) Kremel fand die Säure- und Verseifungszahl zu 68—70,3. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 85 


Säure-, Ester- und Verseifungszahlen mit den von Dieterich*) ge- 
fundenen Werten überein. Nach Dieterich schwankt der Gehalt an 
in Weingeist löslichen Anteilen zwischen 56 und 75 Proz., die 
Säurezahl zwischen 59 und 87 Proz., die Esterzahl zwischen 
83—163 und die Verseifungszahl zwischeu 174—198**), 

Durch Bestimmung der Ester-, Verseifungs- und Jodzahl ist es 
möglich, Verfälschungen des Styrax mit Coniferenharz nachzuweisen, 
weil letzteres keine oder doch nur minimale Estermengen besitzt, 
und weit grölsere Mengen Jod aufzunehmen vermag. Eine genaue 
Kenntnis der Säure- und Esterzahlen ist auch deshalb von Wichtig- 
keit, weil durch dieselben die Verfälschung des Perubalsams mit 
Styrax zu erkennen ist. Allerdings mufs zugestanden werden, dals 
der Nachweis einer solchen Verfälschung durch geschickte Ope- 
rationen des Fälschers unter Benutzung von Perubalsam und Styrax 
mit möglichst hohen Verseifungszahlen unmöglich gemacht werden 
kann, jedoch dürften solche glücklichen Kombinationen ebenso 
selten sein, als es Perubalsam mit zum Ausgleich der Differenz ge- 
nügend hohen Verseifungszahlen ist. 


II. Hartharze. 
Benzoe. 

Unter den im europäischen Handel vorkommenden Benzoesorten 
st die Siam-Benzoe die geschätzteste, welche auch allein vom deut- 
schen Arzneibuche zum pharmaceutischen Gebrauche zugelassen ist. 
Während zur Beurteilung der Güte der Benzoe das Arzneibuch nur 
ein gutes Aussehen, Löslichkeit m fünf Teilen Weingeist und einige 
Identitätsreaktionen verlangt, wird man in der Praxis, um sich vor 
minderwertigen Harzen zu schützen, noch weitere Prüfungen aus- 
führen müssen. Als solche sind die Bestimmung des spezifischen 
Gewichts, der in Spiritus unlöslichen Teile, welche zum gröfsten 
Teile von Pflanzentrimmern herrühren, der Asche und nicht zum 
Geringsten der Verseifungs- nnd Jodzahlen neben dem Nachweis ev. 
vorhandener Zimmtsäure zu bezeichnen, 

Die von uns bei Ausführung dieser Prüfungen mit 11 ver- 
schiedenen Benzoesorten erhaltenen Resultate sind in nachfolgender 


Tabelle zusammengestellt. Zur Bestimmung der Säure-, Ester- und 


=) Helfenb. Annalen 1888, 44, 1889. 18. 
#*) In einem Falle betrug sie 249,4. 


86 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


Verseifungszahlen wurde das Harz im Extraktionsapparate mit Wein- 
geist ausgezogen, die alkoholische Lösung zur Trockne verdampft, 
hierauf wieder in Weingeist gelöst, und diese Lösung zur Bestim- 
mung der genannten Zahlen verwendet. 


" Spez.|Aschen-| In [Nachweis Ver- 

E Handels- |Gew. N Ds 1 von |Säure-IEster-| sei- [Jod- 
E sorte bei teile in Aıtails Zimmt- | zahl | zahl [fungs-|zahl 

zZ 15° | Proz. lin Proz.| säure!) zahl 
1 Siam 1,15 077 3,0 0 119 52 172 I 69 
2} desgl. 11531, 047 5,0 0) 148 60 208 | 68 
31 desgl. 1,161} 0,05 4,0 0) 147 56 203 | 90 
4 desgl. 1,169| 0,27 2,1 0 167 39 206 | 65 
5 desgl]. 4.17.10 701204. 33 0 154 57 211 | 68 
65 Sumatra |1,151| 0,38 7,0 |vorhanden| 120 65 185,187 
7j desgl. 1,1401 0,6 6,5 desgl]. 97 63 160 | 58 
St desgl. 1,154 0,15 6,0 0 132 56 188 | 55 
9 desgl. 1,139} 0,56 80 Ivorhanden! 123 48 171 ] 60 

10| desgl. [1,120] 0,25 7,0 desgl]. 118 | 52 170 | 55 

i1lPalambangj 1,131| 2,38 9,0 desgl. 97 1 168 | — 


In sämmtlichen Siam-Benzoesorten konnte Zimmtsäure nicht nach- 
gewiesen werden, wohl aber in allen anderen Benzoesorten mit Aus- 
nahme der mit No. 8 bezeichnete Sumatra - Benzoe, so dafs 
auch durch unsere Untersuchungen bestätigt wird, dafs das Fehlen 
der Zimmtsäure charakteristisch für die Siambenzoe ist. In den 
weitaus meisten Fällen ist hierdurch ein Mittel an die Hand ge- 
geben, z. B. bei der Untersuchnng gepulverter Benzoe schnell nach- 
zuweisen, ob ein Siamharz zur Bereitung des Pulvers verwendet 
wurde, wenn gleich, wie die Untersuchung der Sumatrabenzoe (No. 8 
der Tabelle) beweist, das Fehlen der Zimmtsäure kein unbedingt 
sicherer Beweis für das Vorhandensein von Siambenzoe ist. 

Für die Wertbestimmung der Benzoe ist aufserdem der Gehalt 
des Harzes an in Alkohol unlöslichen Bestandteilen von Wichtig- 
keit. In dieser Beziehnng zeichnen sich die von uns untersuchten 
Siamharze vorteilhaft von den anderen aus: die Siamharze besalsen 


1) Zum Nachweis der Zimmtsäure wurde eine Messerspitze des ge- 
pulverten Harzes mit etwas Soda und Wasser erhitzt, filtriert und das 
Filtrat mit Kaliumpermanganat erwärmt. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 87 


einen in Prozenten ausgedrückten Minimalgehalt an in Alkohol un- 
löslichen Bestandteilen von 2,1 — Sumatra 6,0 — und einen Maximal- 
gehalt an denselben von 5,0 — Sumatra 9. Von geringer Bedeutung 
zur Unterscheidung der Siam- von der Sumatrabenzoe ist die Be- 
stimmung des Aschengehaltes, während aber die Verseifungs- und 
Jodzahlen gute Gesichtspunkte für eine Unterscheidung der beiden 
Benzoesorten liefern. 

Die von uns mit fünf Siam-Benzoesorten erhaltenen Säure-, 
Ester- und Verseifungszahlen zeigen gute Uebereinstimmung mit den 
vonn Kremel“) erhaltenen Werten, weichen aber ab von den 
Zahlen, welche Dieterich*), sowie Schmitt u. Erban*) erhielten, 
während die mit Siambenzoe erhaltenen Werte auch mit den von 
Dieterich gewonnenen Zahlen übereinstimmen. 


Siambenzoe. 
Schmidt & , F Beckurts, 
Be Kremel Dieterich Brüche 
Saurezahll .?. 2... 135 141 140 147 
Verseifungszahl. . . 164 196 175 200 
Bisterzahl . . +... 29 55 35 53 
Todzahl . ..°., ... 57 2 — 68 
Sumatrabenzoe. 
| Kremel Dieterich | Beckurts, Brüche 
Sanrezahle Y7cH® le El. Ir: 96 112 114 
Verseifungszahl. . . . . 60 51,4 59 
Bisterzanie ee are 156,9 163,4 173 
Jodzahleer ee, = = 5 


Es bedarf daher wohl noch der Ausführung zahlreicher Bestim- 
mungen, unter Benutzung möglichst vieler Handelssorten, um die na- 
türlichen Grenzen, innerhalb welcher diese Werte hei Benzoe 
schwanken, genau zu normiren. 

Kolophonium. 

Zur Prüfung des Kolophoniums genügt in der Regel sein 

änfseres Aussehen. Man zerbröckelt ein grofses Stück und be- 


Sul%e, 


88 H. Beckurts u. W. Brüche, Experrmentelle Untersuchungen ete. 


trachtet die Bruchstücke. Sind dieselben klar, hell gefärbt, zer- 
reiblich, so ist damit die Güte des Kolophoniums erwiesen. Als die 
beste und beim Einkaufe im Preise am höchsten stehende Sorte gilt 
das Kolophonium album und nächst diesem das Kolophonium 
flavum, während Colophonium rubrum und Colophonium 
fuscum minderwertige Sorten darstellen. Da das Colophonium ein 
beliebtes Verschnitt- oder besser Verfälschungsmittel einer ganzen 
Reihe von Balsamen und Harzen, welche höher im Preise als dieses 
stehen, ist, haben wir auch von den acht uns zur Verfügung stehenden 
Handelssorten auch die Säure-, Ester-, Verseifungs- und Jodzahlen be- 
stimmt, dagegen, weil sämtliche acht Sorten in Weingeist, Essigsäure 
und Natronlauge löslich waren, von einer Aschenbestimmung ab- 


gesehen. 
Handels- Per Verseifungs- 
No. Gewicht | Säurezahl | Esterzahl Jodzahl 
sorte u zahl 
bei 15 

1 rubrum 1,08 183 0 133 120 
2 desgl. 1,068 173 12 185 118 
3 desgl. 1,072 179 0) 179 114 
4 desgl. 1,071 186 7 193 121 
5 album 1,068 180 0 180 119 
6 rubrum 1,070 180 12 192 115 
7 Havum 1.067 185 0 185 109 
8 fuscum 1,081 181 0) 181 113 


E. Dieterich!) fand die Säurezahl von 151—176, Kremel 169 
bis 173, Schmitt und Erban!) nur zu 146, die Verseifungszahl zu 
168; nach unseren Untersuchungen beträgt die Verseifungszahl 180 
und steigt bisweilen auf 200. Die Mitteilung, dals die freie Säure 
in den gereinigten Mustern zunehme?), konnten wir ebenso wie 
Dieterich?) nicht bestätigen. Die Jodzahl liegt nach unseren Unter- 
suchungen zwischenl t0- 120; Schmitt und Erban (. c.) fanden die- 
selbe zu 114—116. 


- 


).1..c. 
2) Pharm. Centralh. 1839, 153. 
3) Heefenb. Annalen 1889, 18. 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 89 


Resina Jalapae. 

Die häufig beobachteten Verfälschungen des Jalapenharzes sind 
auf den hohen Preis desselben zurückzuführen. Als Verfälschungs- 
mittel sind bisher beobachtet worden: Aloe, Guajakharz, Myrrhe, 
Tolubalsam, Schellack, mineralische Substanzen, das Harz aus den 
Jalapenstengeln etc. 

Vom deutschen Arzneibuche wird verlangt, dafs das nach der 
angegebenen Vorschrift dargestellte Jalapenharz in Weingeist leicht 
und in Schwefelkohlenstoff unlöslich ist, dafs es ferner mit 5 Teilen 
Ätzammon in einem verschlossenen Gefälse erwärmt, eine Lösung 
gebe, die beim Erkalten nicht gallertartig (Colophonium) erstarrt und 
beim Eindampfen einen bis auf geringe Harzmengen in Wasser lös- 
lichen Rückstand hinterläfst. Beim Übersättigen der ammoniakalischen 
Lösung mit verdünnter Essigsäure soll nun eine schwache Trübung 
eintreten. Das spezifische Gewicht des Harzes wird von Hager zu 
1,146— 1,150 angegeben. Mit den vom deutschen Arzneibuche an- 
gegebenen Methoden dürfte die Reinheit des Jalapenharzes nicht in 
allen Fällen zu konstatieren sein. Es wurden deshalb die uns vor- 
liegenden sieben Handelssorten auch nach dem von Hager angegebenen 
Verfahren, welches auf der Bestimmung der Löslichkeit in weingeist- 
freiem Chloroform, des Verhaltens des mittelst Chloroform extrahierten 
Harzes zu kalter und kochender Natriumcarbonatlösung beruht, ge- 
prüft, und aufserdem noch die Säure-, Ester- und Verseifungszahlen 
derselben bestimmt. 


Saar Verhalten | Verhalten Löslich Die mit dem | Die mit dem a 
P®Z. [u NHs und] der ver- Fin alkonoı.fin CHCR unlös-jin CHCP unlös-I_| — |> 
= |Sew.| des Ver- | ammonia- E lichen Anteile | liehen Anteile |s| 3 | 
= | hei |dampfungs-| kalischen ne en geschüttelte gekochte [©] S [== 
3 150 frückstandes| Lösung zu | zu 08° 1°; See Natroncarbo- | Natroncarbo- I] 4 158 
zZ zu H’0 | Essigsäure * I natlösung war | natlösung war [a] = > 
151.143] normal schwache Pe 3,5 farblos sehr schwach |15j 110] 125 
Trübung = e gelblich 
2] 1,147] nur teil- desgl. FE 6,3 desgl. farblos 13] 121] 134 
weise in =S 
NH3 löslich 3» 
3] 1,150| desgl. normal 23 5,0 desgl. gelblich J[isi 111] 129 
al 1,151] desgl. desgl. En 4,1 desgl. desgl. 1271 109] 136 
5] 1,149] desgl. Trübung 22 5,0 desgl. desgl. 11$ 118] 129 
6] 1,149| desgl. normal Pc 3,9 desgl. farblos 20| 113] 133 
7]1,146| desgl. desgl. = 4,3 desgl. desgl. 14] 126] 140 


Die Untersuchungsresultate beweisen durch die mehr oder 
weniger starke Gelbfärbung des Schwefelkohlenstoffs, dafs das Ver- 


90 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen etc. 


halten des Jalapenharzes zu diesem kein indifferentes ist. In Atz- 
ammon waren die Harze meist nur unvollkommen löslich. Gegen- 
über den Hager’schen Prüfungsmethoden zeigten sämtliche Harze 
ein normales Verhalten. Es soll nämlich der in weingeistfreiem 
Chloroform lösliche Anteil höchstens 6 Proz. betragen, und der sowohl 
mit kalter, wie mit heifser Natriumcarbonatlösung aus dem in Chloro- 
form unlöslichen Anteilen bereitete Auszug ungefärbt oder doch fast 
ungefärbt bleiben; gelbe, gelbgrüne oder violette Färbung würde 
Aloe, Schellack, Guajakharz, Gummigutti, Kolophon, Koloquintenharz 
anzeigen. 

Sehr charakteristisch sind die übereinstimmend mit Kremel ge- 
fundenen Säure-, Ester- und Verseifungszahlen für das Jalapenharz, 
so dafs man durch Ermittelung dieser wohl die meisten fremden 
Harze wird erkennen können. Im Verein mit der Bestimmung des 
spezifischen Gewichts und der Löslichkeit in Alkohol dürfte daher 
die Bestimmung der obigen Zahlen zur Wertbestimmung des Jalapen- 
harzes hinreichende Anhaltspunkte gewähren. 


II. Gummiharze. 


Zur Bestimmung der Säure-, Ester- und Verseifungszahlen wurde 
je 1g der Gummiharze mit Glaspulver gemischt und in einem kon- 
tinuirlich wirkenden Extraktionsapparate mit Weingeist ausgezogen, 
die alkoholische Harzlösung zur Trockne verdampft, bei 100° ge- 
trocknet und gewogen, so gleichzeitig der Harzgehalt bestimmt und 
dann in 50 ccm Weingeist wieder gelöst. Je 25 ccm, entsprechend 
0,5 & Gummiharz, wurden zur Bestimmung von Säure-, Ester- und 
Verseifungszahl benutzt. Von der Bestimmung der Jodzahl wurde 
bei den Gummiharzen wegen besonderer sich dabei ergebender 
Schwierigkeiten abgesehen. Wir werden darauf bei Gelegenheit 
zurückkommen. 

Asa foetida. 

Nach dem Arzneibuche soll zum pharmaceutischen Gebrauche 
zulässige Asa foetida über 50 Proz. an siedendem Alkohol abgeben 
und nicht über 6 Proz. Asche beim Einäschern hinterlassen. Während 
eine Verfälschung der Asa foetida in granis schon äufserlich leicht 
za erkennen ist und deshalb auch wohl kaum vorkommt, sind bei 
Asa foetida in massis häufig Verfälschungen beobachtet worden. 
Die mit oder ohne Absicht wuntergemischten Beschwerungsmittel 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 91 


anorganischer Natur sind durch Ermittelung des beim Einäschern 
hinterbleibenden Rückstandes leicht zu erkennen, dagegen dürfte 
eine Verfälschung mit Terpentin durch die von dem Arzneibuche 
geforderten Prüfungen, ebenso wie durch den Geruch, selbst nicht 
bei mäfsigem Erwärmen des Abdampfrückstandes vom alkoholischen 
Harzauszuge nicht nachweisbar sein. Die bei Untersuchung fünf 
verschiedener Handelssorten erhaltenen Resultate sind in nach- 
stehender Tabelle zusammengestellt. 


Handel Spez. [Asche w Brass Ver- 
No. Be | Sew.l in eingeist Is; urezahl seifungs-[Esterzahl 
sorte bei löslich 
150 |-Proz. | in Proz. zahl 
1 in massis | 1,73 12 36 40 181 141 
2 depurat. 1,29 3,1 45 29 209 180 
3 desgl. [1,280] 2,9 50 31 224 183 
4 in massis | 1,293 5,0 58 43 205 162 
> in granis | 1,316 5,8 44 27 206 179 


Danach schwanken die in Weingeist löslichen Anteile zwischen 
36 und 58 Proz. und wird der Forderung des Arzneibuches, wonach 
die Droge an siedendem Alkohol über die Hälfte ihres Gewichts an 
löslichen Bestandteilen abgeben soll, nur in einem Falle genügt. Die 
Gegenwart von Terpentin wird man mit Sicherheit stets aus den 
bei Bestimmung der Säurezahl erhaltenen Werten, welche überein- 
stimmend mit Kremel von uns ermittelt wurden, erkennen können. 


Euphorbium. 

Drei vorliegende Muster ohne nähere Bezeichnung gaben bei 
Bestimmung des Aschengehaltes, der Säure-, Ester- und Verseifungs- 
zahl die folgenden Werte, welche bei der geringen Zahl der zur 
Untersuchung gelangten Handelssorten zur Aufstellung von Normen 
unserer Ansicht nach noch nicht genügen. 


2 Verseifungs- Aschenbestand- 
No. Säurezahl Esterzahl hl Lilo as Proz 
1 18 63 8 2 
2 25 68 83 1,8 


3 21 49 70 13 


92 H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Untersuchungen ete. 


Galbanum. 

Aulfser zwei Identitätsprüfungen führt das Arzneibuch auch bei 
Galbanum keine Reinheitsprüfungen an und beschränkt sich nur auf 
die Angabe, dafs beigemengte Pflanzenreste zu beseitigen sind. Von 
den uns vorliegenden Galbanum-Handelssorten wurde das spezifische 
Gewicht, der Aschengehalt, die in Weingeist löslichen Anteile, Säure-, 
Ester- und Verseifungszahl bestimmt. 


Handels- cher. [Asche W a is Ni 

No. ran eingeist Is; urezahllEsterzahl seifungs- 

sorte bei löslich 

150 | Proz. | in Proz. zahl 
1 depurat. 1110| 4 63 22 82 110 
2 desgl. 1,130] 8,7 56 19 91 110 
3 desgl. 1,109] 4,1 58 40 69 109 
+ desgl. 1,133] 8,4 54 19 63 82 
5 in granis 1,1211 #9 60 25 90 115 


Der Gehalt an Asche zeigte einen direkten Zusammenhang mit 
dem spezifischen Gewichte, so dals Galbanum mit dem höchsten 
spezifischen Gewichte auch den höchsten Aschengehalt aufwies. Die 
Säure-, Ester- und Verseifungszahlen sind für Galbanum so charak- 
teristisch, dafs man aus diesen nicht nur eine eventuell vorliegende 
Verfälschung, sondern in vielen Fällen auch das betreffende Ver- 
fälschungsmittel zu erkennen vermag. 

| Gutti. 

Gutti kommt mit Reismehl, Sand und Rindenpulver verfälscht vor, 
welche bei der Behandlung mit Ammoniak ungelöst bleiben und im 
Rückstande leicht zu erkennen sind. Die Untersuchung von vier 
verschiedenen Handelssorten auf Aschengehalt, Verhalten zu Ätz- 
ammon, Säure-, Ester- und Verseifungszahl ergab die folgenden 
Resultate: 


Asche in Verhalten “ Verseifungs- 
No. Pre zu NH3 Säurezahl Esterzahl zaht 5 
1 0,49 vollk. löslich 79 61 140 
2 0,63 sehr geringer sl 50 131 
Rückstand 
3 0,58 vollk. löslich 69 43 112 


4 0,71 desgl. 71 44 115 


H. Beckurts u. W. Brüche, Experimentelle Unterschuungen etc. 93 


Ammoniacum. 

Von Vertälschungen kommen minderwertige harzige Körper, 
mineralische Bestandteile und Stärke in Betracht, und zwar diese 
vorwiegend bei Ammoniacum in massis, weniger bei Ammoniacum 
in granis. Vertälschungen mit Galbanum, welche in der Litteratur 
beschrieben und von dem Arzeibuche berücksichtigt werden, dürfte 
bei dem höheren Preise desselben ausgeschlossen sein. Das von 
dem Arzneibuche geforderte Verhalten zu Salzsäure, das Verhalten 
zu Weingeist, die Bestimmung des spezifischen Gewichts und des 
Aschengehaltes werden in der Regel neben guter äulserer Beschafien- 
heit des Harzes zu dessen Wertschätzung genügen. Aufserdem 
wurde von den zur Untersuchung gelangenden sechs Handelssorten 
noch Säure-, Ester- und Verseifungszahl bestimmt. 


- T 

3 Handels- Re Bach? Weingeist Keee Säure-[Ester- Me: ] 
E sorte bei - löslich I zahl | zahl nee 
z 150 | Proz. | in Proz. |Palzsäure zahl 

1} depurat. | 1,214} 4,47 59 normal 69 37 106 

2| desgl. | 1,198] 3,20 63 desgl. | 5 | 2 97 

3] desgl. 1,190 | 0,79 68 desgl. s0 19 99 

4| desgl. 1,200 1 3,97 61 desgl. 76 38 114 
fin granis | 1,200 | 3,84 56 desgl. 10 5) 105 

6 dep. Diet. | 1,197 | 0,90 62 desgl. 64 46 110 


Die Ergebnisse der in dem Vorstehenden geschilderten Unter- 
suchungen lassen sich im wesentlichen dahin zusammenfassen, dals, 
zum Teil in Übereinstimmung mit den Arbeiten anderer Autoren, 
für eine Anzahl gebräuchlicher Harzdrogen die Bestimmung der 
Säure-, Ester-, Verseifungs- und Jodzahlen nicht nur für die Be- 
urteilung der Reinheit der Drogen wertvolle Anhaltepunkte abgiebt, 
sondern die erhaltenen Zahlen auch in vielen Fällen bestimmte Hin- 
weise auf die Art einer stattgehabten Verfälschung gestatten, wenn 
auch für manche Drogen dieser Kategorie Normativzahlen noch nicht 
aufgestellt werden konnten. Es liegt in der Natur der Sache, dafs 
solche nur auf Grund exakter Untersuchungen an möglichst zahl- 
reichen Drogen verschiedener Provenienz gewonnen werden können. 
Jedenfalls erscheint die Verwertung der Bestimmung der Ester-, 
Säure-, Verseifungs- und Jodzahl zur Wertbestimmung der Balsame, 
Harze und Gummiharze eine aussichtsreiche zu werden. 


94 O. Senger, Über Absinthiin. 


Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institute 
und Laboratorium für angewandte Chemie der 


Universität Erlangen. 
Von A. Hilger. 


3) Über Absinthiin, den Bitterstoff der Wermut- 
pflanze (Artemisia absinthium). 


Von Oscar Senger. 
(Eingegangen den 20. Januar 1892.) 

Die bekannte Wermut- oder Absinthpflanze, Artemisia ab- 
sinthium (L), welche zur Familie der Compositae gehört, die in 
fast ganz Europa, namentlich in Gebirgsgegenden wild wachsend, 
sowie auch angebaut in Gärten vorkommt, ist in allen ihren weichen 
Teilen von stark bitterem Geschmack. In frühester Zeit bereits als 
Gesundheit bringend geschätzt, wird berichtet, dafs das dwivduor 
schon durch die Ärzte Hippokrates und Dioskorides als Arznei- 
mittel in Anwendung kam. Zur Zeit sind die Blätter und Blüthen, 
resp. pharmaceutische Präparate davon, in den meisten Ländern 
Europas offieineli und sowohl intern, vornehmlich als Stomachicum, 
wie extern zu F'omentationen, CUlysmen etc. in therapeutischem Ge- 
brauch. 

Die Pflanze enthält zwei spezifische Bestandteile, ein ätherisches 
Öl von grüner Farbe, dem nach neueren Untersuchungen, die bei 
dem in Frankreich üblichen Absinthgenufs häufig auftretenden 
toxischen Wirkungen zugeschrieben werden, und welches in chemi- 
scher Beziehung im allgemeinen gleich anderen sogenannten Terpenen 
als hydriertes Benzol-Kohlenwasserstoffderivat zu betrachten ist; 
ferner einen Bitterstoff, Absinthiin genannt, das tonische Prinzip im 
therapeutischen Sinne, von bisher nicht genau festgestelltem chemi- 
schem Charakter. 

Auf Veranlassung des Herrn Hofrat Professor Dr. A. Hilger 
unternahm ich es, die chemische Natur dieses Bitterstoffes aufzu- 
klären, über seine Reindarstellung, Eigenschaften und Beziehungen 
zu arbeiten, insbesondere eine möglichst einfache zweckentsprechende 
Methode zu ermitteln, nach welcher der Bitterstoff so rein zu er- 
halten wäre, wie derselbe den natürlichen Bestandteil der Pflanze 
bildet. 


O. Senger, Über Absinthiin. 95 


Es haben sich früher mit der Abscheidung und Charakteristik 
des Absinthiins beschäftigt: Leonardi, Caventou, Mein, Righini, 
Luck und Kromayer. 

Leonardi!) behandelte wässeriges Wermutextract mit Alkohol von 
360 B. bis dieser sich nicht mehr färbte, zog den Alkohol ab, ver- 
mischte das Übriggebliebene mit Wasser, wodurch sich ein harziger 
Niederschlag absonderte, welcher mit warmem Wasser ausgewaschen 
wurde, bis dieses geschmacklos ablief. 

Die wässerige Lösung versetzte er so lange mit saurer schwefel- 
saurer Alaunerde bis der entstehende Niederschlag sich gelb färbte. 
Das Filtrat zur Trockene verdampft und der Rückstand mit Alkohol 
aufgenommen, lieferte beim Verdunsten desselben ein sehr bitteres, 
hygroskopisches, in Wasser und Alkohol lösliches Extrakt. Durch die 
mannigfaltigsten Versuche gelang es ihm nicht hieraus weder ein 
Alkaloid zu erhalten, noch den Bitterstoff völlig zu isolieren. 

Caventou?) fand, dals ein wässeriger Wermutauszug durch essig- 
saures Blei unter Bildung eines starken Niederschlages gänzlich ent- 
färbt wurde und das Filtrat die Bitterkeit behielt; auch dafs der Blei- 
niederschlag mit Schwefelwasserstoff zerlegt ein nichtbitteres Produkt 
abschied. Das durch Schwefelwasserstoff ‚vom Bleiüberschufs befreite 
Filtrat wurde eingedampft und der Rückstand mit Äther-Alkohol aus- 
gezogen; er erhielt hieraus eine braune, brüchige und sehr bittere Sub- 
stanz, welche er für das bittere Prinzip hielt. 

Mein?) konzentrierte die durch viermaliges Ausziehen eines Quan- 
tums Wermutkrautes erhaltenen wässerigen Auszüge im Wasserbade 
zur Extractdicke, zog mit Weingeist aus, vermischte den Auszug mit 
Wasser, trennte das ausgeschiedene Harz, dampfte das Filtrat ein, löste 
wieder in Alkohol, vermischte die Lösung mit Äther, verdunstete und 
nahm den Rückstand mit wenig Wasser auf, wobei das Absinthiin 
hinterblieb. Zur weiteren Reinigung löste er dasselbe in der vierfachen 
Menge Weingeist, versetzte mit Wasser, trennte das gefällte Harz und 
wiederholte diese Operation bis die vom Alkohol befreite Flüssigkeit 
mit Eisenchlorid sich nicht mehr grün färbte, sondern nur bräunlich 
gelb. Das so erhaltene Absinthiin war von brauner Farbe und spröder 
harziger Beschaffenheit. Gegen Lakmus reagierte es sauer. Mein 
machte ferner Versuche das Absinthiin krystallisiert zu erhalten. Zu 
dem Zweck löste er dasselbe in Weingeist von 80 Proz., gols die Lösung 
in Weingeist von 30 Proz., filtrierte nach 24 Stunden vom entstandenen 
Niederschlage ab, fällte das Filtrat mit Bleiessig, fügte Wasser hinzu, 
dampfte auf dem Wasserbade ein bis zur Entfernung des Weingeistes, 
filtrierte nach dem Erkalten, befreite das Filtrat durch Schwefelwasser- 
stoff vom Blei und liefs bei 50° R. langsam verdunsten. Er erhielt 

1) Brandes Archiv, Bd. 28, p. 211. 


2) Brandes Archiv, Bd. 29, p. 167. 
3) Annal. Chem. Pharm. 8, p. 61. 


96 O. Senger, Über Absinthiin. 


eine sehr geringe Menge undeutlich erkennbarer Krystalle. Mein nahm 
ferner wahr, dals eine Lösung des Absinthiins durch Galläpfelaufguls 
gefällt wird. 

Righini*) dampfte den wässerigen Auszug des Wermutkrautes 
mit Kohle ein und entzog dieser den Bitterstoff durch Auskochen mit 
Weingeist; mit dem dann schliefslich erhaltenen Absinthiin untersuchte 
derselbe auch die Wirkung auf den tierischen Organismus, wobei er zu 
dem Resultat gelangte, dafs diesem Bitterstoff keineswegs toxische 
Eigenschaften zukämen, derselbe vielmehr als ein tonisches Amarum 
anzusehen wäre. 

Luck° zog das Wermutkraut mit 80 Proz. Weingeist aus, konzen- 
trierte bis zur Syrupkonsistenz, brachte den Rückstand in eine ver- 
schliefsbare Flasche und schüttelte stark mit Äther. Nach der Ab- 
scheidung des gelbbraun gefärbten Äthers wurde das Ausschütteln so 
oft wiederholt, bis der verwendete Äther nicht mehr bitter schmeckte 
Nach Abdestillieren des Äthers erhielt er ein schwarzbraunes sauer 
reagierendes Harz neben Bitterstof. Durch behandeln mit Wasser, 
versetzt mit einigen Tropfen flüfsigen Ammoniaks, entfernte er das 
dunkle Harz vom zurückbleibenden Absinthiin: er beobachtete dabei, 
dafs ein Ammoniaküberschufs auch das Absinthiin löste und daher zu 
vermeiden war. Das mit Ammoniak behandelte Absinthiin wurde nun 
mit verdünnter Salzsäure digeriert, mit Wasser gewaschen, in Wein- 
geist gelöst und so lange Bleiacetatlösı ng hinzugesetzt, als noch eine 
Trübung erfolgte, worauf vom Niederschlag abfiltriert, das Filtrat durch 
Schwefelwasserstoff vom Bleiüberschufs befreit wurde. Durch Ver- 
dunstenlassen der filtrierten weingeistigen Lösung hinterblieb das 
Absinthiin in gelben harzigen Tropfen von saurer Reaktion. Er 
trocknete im luftleeren Raume über Schwefelsäure und stellte nach 
den Resultaten seiner Elementaranalyse für das Absinthiin die Formel 
Cı Hıw04 + HO auf 

Kromayer®) unternahm zur Isolierung des Absinthiins die folgen- 
den drei Versuche: 

a) 5 Pfund Wermutkraut wurden zweimal mit heifsem Wasser 
ausgezogen, die vereinigten Auszüge auf dem Wasserbade 
konzentriert und mit frisch geglühter Tierkohle behandelt 
Nach gehörigem Auswaschen der Kohle mit kaltem Wasser 
wurde mit Alkohol ausgekocht. Der braun gefärbte und 
höchst bitter schmeckende Alkohol-Auszug hinterliefs nach 
Abdestillieren des Weingeistes eine braune balsamharzige 
Masse von intensiv bitterem Geschmack. Diese wurde dann 
mit kaltem Wasser gewaschen, in Weingeist gelöst, bis zur 

, beginnenden Trübung mit Wasser gemischt und mit basischem 


4) Journ. chim.-med. Vol. 19, p. 383. 
5) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. 78, p. 87. 


6) Archiv d. Pharm. II R. 108, p. 129. 


O. Senger, Über Absinthiin. 97 


Bleiacetat gefällt. Das vom überschüssigen Blei durch Schwefel- 
wasserstoff befreite Filtrat schied beim Verdunsten bräunlich- 
gelbe balsamartige Tropfen aus, die später zu einer undeut- 
lich krystallinischen Masse erstarrten. Diese unterwarf Kro- 
mayer einer weiteren Reinigung, indem er mit Alkohol löste, 
bis zur beginnenden Trübung Wasser und darnach reine Gerb- 
säurelösung (Tanninlösung) zusetzte. Der entstandene Nieder- 
schlag von gerbsaurem Absinthiin wurde wiederholt mit 
kaltem Wasser und kaltem schwachen Weingeist gewaschen, 
darauf in starkem Weingeist gelöst, die Lösung mit reinem 
geschlämmten Bleioxyd vermischt und nach Zusatz von etwas 
Wasser im Wasserbade eingedunstet. Der trockne Rückstand 
mit Weingeist ausgekocht, ergab ein farbloses Filtrat, welches 
frei von Blei und Gerbsäure war; dieses der Verdunstung 
überlassen, lieferte das Absinthiin als gelbliche, getrocknet 
pulverige Masse. 


b) Ein gleiches Quantum trocknen Wermutkrautes, wie beim 
ersten Versuch wurde mit heilsem Wasser ausgezogen, der 
etwas konzentrierte Auszug sofort mit einem ebenfalls konzen- 
trierten Gealläpfelaufguls gefällt, der reichlich entstandene 
Niederschlag auf Leinen gesammelt, mit Wasser gewaschen, 
noch feucht mit fein geschlämmtem Bleioxyd gemengt und 
im Wasserbade eingetrocknet. Durch Auskochen der nun 
trocknen Masse mit Alkohol, erhielt er aus diesem eine braune 
Substanz, welche er wiederum in Alkohol löste und mit Tier- 
kohle behandelte. Aus der heils filtrierten Lösung erhielt er 
nach Entfernung des Alkohols das Absinthiin wie früher als 
bräunlich ölige Tropfen, welche sich beim Trocknen in eine 
körnig krystallinische spröde Masse verwandelten. Zu Pulver 
zerrieben und in Äther gelöst, erhielt er aus der filtrierten 
ätherischen Lösung ein schwach gelb gefärbtes Präparat, 
welches zu weilsem Pulver zerrieben werden konnte und das 
Kromayer als reines Absinthiin betrachtet. 


c) Beim dritten Versuch wurden 8 Pfund frisches Wermutkraut 
zerquetscht, der ausgeprelste Saft mit wenig Weingeist ver- 
setzt und auf dem Wasserbade erwärmt: eine hierdurch sich 
abscheidende Substanz entfernt und die klare braun gefärbte 
Flüssigkeit mit Galläpfelaufguls gefällt. Der noch feuchte 
mit Wasser gewaschene Niederschlag sodann mit feinge- 
schlämmtem Bleioxyd auf dem Wasserbade eingetrocknet, 
zerrieben, mit Alkohol ausgekocht, von der filtrierten Ab- 
kochung der Alkohol abdestilliert und der syrupartige Rück- 
stand mit Wasser verdünnt. Diese Flüssigkeit wurde mit 
basischem Bleiacetat gefällt, vom entstandenen gelbgrünen 
Niederschlag abfiltriert und das gelblich gefärbte Filtrat durch 

Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 2. Heft. 7 


98 O. Senger. Über Absinthiin. 


Schwefelwasserstoff vom Blei befreit. Die heils vom Schwefel- 
blei abfiltrierte Flüssigkeit war farblos und schied beim Ver- 
dunsten öliges Absinthiin aus, welches später erstarrte und 
mit dem aus trocknem Kraut hergestellten in seinen Eigen- 
schaften übereinstimmte. Kromayer berechnet nach seinen 
bei der Elementaranalyse erhaltenen Resultaten für das Ab- 
sinthiin die Formel Ca» Has Os + HO. 

Er untersuchte ferner das von ihm hergestellte gerbsaure 
Absinthiin. 

Die Eigenschaften und das chemische Verhalten des reinen 
Absinthiins beschreibt Kromayer ausführlich und sei davon 
nur das Folgende als besonders charakteristisch erwähnt: 

Das Absinthiin bleibt beim Verdunsten aus ätherischer 
Lösung als durchsichtige, beinahe farblose Masse zurück, 
welche nach dem Austrocknen sich zu einem farblosen, luft- 
beständigen Pulver zerreiben lälst: es ist absolut neutral und 
schmeckt intensiv bitter. In kaltem Wasser beinahe unlös- 
lich, wird es von heilsem in geringer Menge gelöst: Alkohol 
und Äther lösen es leicht. Zwischen 120 und 1250 schmilzt 
das Absinthiin: mit Natronkalk geglüht entwickelt es kein 
Ammoniak. Durch Einwirkung verdünnter Schwefelsäure 
scheidet es ein braunes Harz ab, während die Flüssigkeit 
alkalische Kupferoxydlösung nicht reduziert, Zucker also nicht 
gebildet wird. Von Metallsalzen wird es nicht gefällt: am- 
moniakalische Silbernitratlösung wird reduziert; Kromayer 
glaubt hiernach, dals das Absinthiin ein aldehydartiger Körper, 
jedoch kein Glycosid sei. 


Wie man aus den früheren Arbeiten ersieht, ist der Bitterstoff 
in Wasser sowohl, wie auch in Alkohol und Äther löslich; die an- 
geführten Methoden verwenden als Ausgangsmaterial ausschliefslich 
wässerige und alkohelische Extrakte, wogegen ein ätherisches Extrakt 
bisher zur Gewinnung des Absinthiins nicht benutzt worden ist. Ich 
betrachtete es daher zunächst als meine Aufgabe, den Bitterstoff 
sowohl aus wässerigem, als auch aus alkoholischem und schliefslich 
aus ätherischem Extrakte zu isolieren, um aus einer vergleichenden 
Prüfung der Resultate die beste Darstellungsmethode zu erzielen. 

Die Ausführung der von mir befolgten Methoden zur Isolierung 


des Absinthiins war folgende: 


I. Der wässerige Auszug. 
300 g des fein zerschnittenen Wermutkrautes wurden zunächst mit 
kaltem Wasser maceriert, dann mehrere Male mit Wasser infundiert, 
abgeprefst und die vereinigten Auszüge nach dem Absetzenlassen 


Den 7 


O. Senger, Über Absinthiin. 99) 


eoliert; darauf mit gereinigtem groben Sand auf dem Wasserbade 
zur Trockne gebracht und die Masse in einem Apparat nach Art des 
Soxhlet’schen mit heilsem Äther extrahiert. Von der dunkel ge- 
färbten ätherischen Lösung hinterblieb nach dem Entfernen des 
Äthers eine braune, harzartige Masse von stark bitterem Geschmack. 

Dieses Absinthiin, welches durch die vorhergegangene Prozedur 
des Eintrocknens jedenfalls durch Oxydation stark gelitten haben 
mulste, was durch die folgenden Versuche Bestätigung fand, wurde 
als zur weiteren Reinigung für nicht geeignet gehalten und deshalh 
zu anderen Versuchen geschritten. 


I. Der alkoholische Auszug. 

l kg fein zerschnittenes Wermutkraut wurde zweimal mit der 
nöticen Menge Alkohol ausgekocht, nach dem Auspressen filtriert, 
die vom reichlich gelösten Chlorophyll dunkelgrün gefärbten Filtrate 
vereinigt und durch Abdestillieren des Alkohols konzentriert. 

Zur Entfernung der aufserdem in Lösung befindlichen Harz- 
Fett-Gerbstoffe wurde dieses Extrakt in verschiedenen Teilen nach 


folgenden Versuchen verarbeitet: 


a) Ein Teil davon wurde mit gereinigter frisch geglühter Tier- 
kohle auf dem Wasserbade zur Trockne gebracht, sodann 
im Soxhlet-Apparat mit Äther extrahiert. Die fast farb- 
lose ätherische Lösung hinterliels nach dem Verdunsten des 
Äthers eine dicke, zähe Substanz von farblosem Aussehen 
und verhältnismälsig wenig bitterem Geschmack; es war 
augenscheinlich durch das vorhergegangene Eintrocknen, 
wobei der in Lösung befindliche Bitterstoff längere Zeit in 
Verbindung mit Kohle in der Wärme oxydierenden Ein- 
flüssen ausgesetzt gewesen, eine weitgehende Zersetzung 
eingetreten. Ein besseres Resultat ergaben die nächsten 
Versuche. 

'b) Eine andere Portion des konzentrierten alkoholischen Ex- 
traktes wurde während 2 Stunden auf dem Wasserbade mit 
feingeschläimmtem Bleioxyd unter Zusatz von grobkörnigem, 
ausgewaschenem Sand digeriert; hierdurch war jedoch nur 
eine sehr unvollkommene Fällung resp. Reinigung erziel 
worden, weshalb abfiltriert und die Reinigung mit alkoholi- 
scher Bleiacetatlösung gewählt wurde. Nachdem das Filtrat 


7’ 


100 O. Senger, Über Absinthiin. 


durch Schwefelwasserstoff vom überschüssigen Blei befreit 
und auf ein geringes Volumen konzentriert war, hinterblieb 
aus der mit Äther aufgenommenen und filtrierten Lösung 
ein wenig braun gefärbtes, harzartiges Absinthiin von stark 
bitterem Geschmack. 

c) Zu sehr guten Resultaten führte die Fällung mit basischem 
Bleiacetat oder besser noch mit frisch gefälltem Bleihydroxyd 
in dem heilsen konzentrierten alkoholischen Auszuge. Das 
überschüssige Blei wurde wie früher mit Schwefelwasser- 
stoff entfernt und das dann konzentrierte, eben noch flüssige 
Filtrat mit Äther aufgenommen. Nach dem vorsichtigen 
Verdunsten dieser nur sehr wenig gefärbten ätherischen 
Lösung hinterblieb das Absinthiin als gelbe, glasige Masse 
von intensiver Bitterkeit; dasselbe wurde im Exsiccator 
über Schwefelsäure in einer Kohlensäure-Atmosphäre auf- 
bewahrt, um zu Vorproben bezüglich seines chemischen 
Verhaltens und zu Vergleichen bezüglich seiner Identität 
mit dem aus ätherischem Extrakt gewonnenen Absinthiin 
zur Verwendung zu kommen. 

Ill. Der ätherische Auszug. 

In eimem gröfseren Extraktionsapparat wurden etwa 4 kg fein 
geschnittenes Wermutkraut mit der nötigen Menge siedenden Äthers 
bis zur vollständigen Entbitterung extrahiert; die gesammelten Aus- 
züge durch Abdestillieren bis zur dünnen Syrupconsistenz konzentriert 
und von den nach einiger Zeit sich abscheidenden fett- und harz- 
artigen Körpern die darüberstehende klare Lösung durch Decantieren 
getrennt. Aus diesem also hergestellten ätherischen Extrakt war es 
möglich, den Bitterstoff auf eine Weise zu gewinnen, welche den- 
selben vor der Einwirkung von Regentien insofern bewahrte, als nur 
ganz wenige und zwar völlig indifferente Stoffe die Abscheidung 
vermittelten. Zu dem Zweck wurde die immerhin nicht unbedeutende 
Löslichkeit des Wermutbitters in kaltem Wasser benutzt. Diese 
mulste um so grölser ausfallen, je feiner verteilt dieser Stoff mit 
dem Lösungsmittel in Berührung kam, in diesem Falle in ätherischer 
Lösung. Hierzu diente ein gröfserer geräumiger Scheidetrichter, in 
welchem ein Quantum des Extraktes mit der grölstmöglichen Menge 
Wasser tüchtig durchgeschüttelt und dieses mit immer neuen Mengen 
Wasser so oft wiederholt wurde, bis der grölste Teil des Bitter- 


O. Senger, Über Absinthiin. 101 


stoffes entzogen war. Die vereinigten wässerigen Ausschüttelungen 
wurden mit etwas frisch gefälltem, gut ausgewaschenem Aluminium- 
hydroxyd vermischt und sofort filtriert. Nach Entfernung des mit- 
gelösten Äthers muls das wasserklare Filltrat als eine rein wässerige 
Lösung von Absinthiin betrachtet werden; von vollkommen neutraler 
Beschaffenheit entstand weder mit Eisenchlorid noch mit neutralem 
oder basischem Bleiacetat eine Trübung; ebensowenig reagirte Silber- 
nitrat: hieraus geht zugleich hervor, dafs das Absinthiin selbst gegen 
Metallsalze nicht reaktionsfähig ist. Die Gewinnung aus der 
wässerigen Lösung konnte auf drei verschiedenen Wegen erzielt 
werden; entweder direkt im Vakuum-Apparat, oder durch Sättigen 
eines Quantums reiner gekörnter Tierkohle mit der Lösung und 
nachherigem Entziehen des absorbierten Bitterstoffes aus der Kohle 
mittelst Alkohol. oder durch Wiederausschütteln der wässerigen 
Lösung mit Äther, was insofern geeignet erschien, als die Lösung 
bereits mit Äther gesättigt war und dieser immer wieder durch Ab- 
destillieren zurückerhalten werden konnte. 

Es ist einleuchtend, dafs nach der letzteren Art unbedingt ein 
vollkommen reines Absinthiin zu erhalten ist, da hiernach dasselbe 
nur mit den beiden ganz indifferenten Stoffen Äther und Wasser 
kurze Zeit in Berührung kommt, abgesehen von der geringen Menge 
indifferenten Aluminiumhydroxyds, dessen Anwendung jedoch nicht 
unumgänglich notwendig ist, da ein blolses Filtrieren der wässerigen 
Ausschüttelung bei nötiger Sorgfalt im Arbeiten event. allein genügt. 

Zur Entscheidung der Frage, welche der drei Arten der Ab- 
scheidung die zweckmälsigste wäre und die besten Resultate liefere, 
wurde eine grölsere Menge ätherisches Extrakt in Arbeit genommen. 
Die Herstellung eines solchen aus ca. 20 kg Wermutkraut neuester 
Ernte war von der Firma E. Merck in Darmstadt freundlichst aus- 
geführt worden. 

Die Ausschüttelung wurde in mehreren geräumigen Scheide- 
trichtern nach und nach unternommen und sobald etwa 10 bis 
15 Liter gesammelt waren, hieraus das Absinthiin abgeschieden. 
Die direkte Gewinnung aus dem Vakuum-Apparat erwies sich in 
der Folge als nicht sehr geeignet zur Ausscheidung eines 
farblosen, nicht oxidierten Bitterstoffes, da hierbei die längere 
Einwirkung der, wenn auch verdünnten Luft in Verbindung 
mit der Wärme ungünstig wirkte. Ebenso erwies es sich durch 


102 O. Senger, Über Absinthiin. 


verschiedentlich angestellte Versuche, dals die Methode der 
Absorbierung durch gekörnte Tierkohle und darauffolgender Ent- 
ziehung des Bitterstoffes mittelst heilsen Alkohols, beim Absinthiin 
wenigstens, nicht zu empfehlen ist, da auf diese Weise niemals 
gleichmäfsige Produkte erzielt werden konnten. Die verhältnis- 
mälsig grofsen Volumina wässeriger Lösung machten diese Methode 
sehr unbequem; deshalb wurde u. a. der Versuch gemacht, ein 
grölseres Quantum grobkörniger Tierkohle, welche durch Auskochen 
mit Salzsäure, Auswaschen und Glühen zu diesem Zweck noch be- 
sonders gereinigt wurde, durch wiederholtes Kochen mit immer 
neuen Mengen wässeriger Ausschüttelung vollständig mit dem 
Bitterstoff zu sättigen; nachdem die nichts mehr aufnehmende Kohle 
dann schnell zwischen Fliefspapier getrocknet und darauf mit ab- 
solutem Alkohol ausgekocht wurde, hinterblieb jedoch im der Regel 
ein vom eigentlichen Absinthiin ganz verschiedenes Präparat, nämlich 
eine farblose, dicke und zähe Masse von nicht sehr intensiver Bitter- 
keit, ähnlich wie solche bereits früher bei dem Versuch der Ge- 
winnung aus dem mit Kohle eingetrockneten alkoholischen Extrakt 
erhalten wurde. Sonach blieb, um ein tadelloses Präparat zu er- 
halten, nur die Methode übrig, der wässerigen Lösung durch Wieder- 
ausschütteln mit Äther das Absinthiin zu entziehen, und wurde daher 
die ganze Menge des vorhandenen Extraktes demgemäls verarbeitet. 

Das auf diese Weise hergestellte Absinthiin, über Schwefelsäure 
in einer Kohlensäureatmospähre getrocknet, ist eine glasige, spröde, 
amorphe Substanz, von schwach gelblichem Aussehen; nach dem 
Austrocknen ist es dem oxydierenden Einfluls der atmosphärischen 
Luft weniger zugänglich; zerrieben bildet es ein weifses Pulver von 
geringem spezifischem Gewicht, welches bei 65° ©. zu einer dunkel- 
‚gelben Masse schmilzt; beim Erhitzen auf dem Platinblech verbrennt 
es schliefslich unter Ausstofsen aromatischer Dämpfe vollständig. In 
siedendem Wasser ist das Absinthiin weniger löslich als in kaltem, 
indem es sich in ersterem zu einem unlöslichen dunkelbraunen Körper 
zusammenballt. 

Das Absinthiin ist stickstofffrei und nicht krystallisationsfähig, 
wie die unter den verschiedensten Bedingungen ausgeführten Ver- 
suche bewiesen. 

Die Reagentien zum Nachweis der Alkaloide waren bei den 
wässerigen Lösungen des Absinthiins ohne jede Wirkung. 


O. Senger, Über Absinthiin. 103 


Die Elementaranalyse, von dem über Schwefelsäure getrockneten 


Präparat unternommen, gab folgende prozentische Zusammensetzung: 


E: Jüf Mittel 
C 67.83 67,85 67,84 
H 7,82 1,854 7,83 
(6) 24,35 24,31 24,33 


Aus diesen Daten leitet sich die empirische Formel C15H2»04 ab. 

Fügt man zur wässerigen Lösung des Absinthins eme verdünnte 
Mineralsäure, z. B. verdünnte Schwefelsäure, so tritt sofort eine 
Trübung der zuvor klaren Flüssigkeit em; dieselbe nimmt beim Er- 
hitzen zu, es findet eine flockige Ausscheidung bei gleichzeitigem 
Auftreten eines schwachen, fruchtätherartigen Geruches statt. Die 
filtrierte Flüssigkeit erwies sich stark reduzierend gegen ammonia- 
kalische Silberlösung, basische Wismutnitratlösung, alkalische Kupfer- 
oxydlösung, resp. Fehling’sche Lösung. 

Um zu entscheiden, welche Produkte das Absinthiin bei der 
Einwirkung von Mineralsäuren liefere, wurde dasselbe in wässeriger 
Lösung mit 4 Proz. Schwefelsäure zugleich im Kohlensäure- und 
Wasserdampfstrom erhitzt, teils um eine mögliche Oxydation des 
Spaltungskörpers zu verhüten, teils um die entstehenden flüchtigen 
Produkte zu gewinnen. 


Nachdem im ganzen etwa 30 g des Bitterstoffes auf die an- 
gedeutete Weise behandelt waren, wurde der aus der wässerigen 
Lösung abgeschiedene feste Körper von dunkelbrauner Farbe auf 
Thontellern getrocknet und vorläufig zurückgestellt, dagegen der in 
die Vorlage mit den Wasserdämpfen übergegangene flüchtige Be- 
standteil durch Ausschütteln mit Äther aus dem Destillate aufgenommen. 

Zur näheren Charakterisierung des in der Lösung vorhandenen 
reduzierenden Körpers, jedenfalls einem Gliede der Traubenzucker- 
gruppe, wurde folgendermalsen verfahren. Die kurze Zeit mit einer 
geringen Menge gereinigter, frisch geglühter Tierkohle in der Wärme 
behandelte Flüssigkeit, wurde auf dem Wasserbade auf ein sehr 
geringes Volumen eingedampft, mit absolutem Alkohol (auch mit 
Methylalkohol) ausgekocht und heils filtriert. Auf Zusatz von Äther 
schied sich aus dem Filtrate reichlich em sehr zartes, weilses Pulver 
ab, welches weder aus absolutem Alkohol, noch aus Methylalkohol 
krystallinisch erhalten werden konnte. 


104 O. Senger, Über Absinthiin. 


Der auf diese Weise gewonnene weilse Körper zeigte aus- 
gesprochene Reaktionen der Zuckergruppe, die Reduktion des 
basischen salpetersauren Wismutes, sowie der Fehling’schen Lösung, 
eine intensiv braune Färbung beim Erhitzen, der alkoholischen 
Gährung in wässeriger Lösung mittelst Prefshefe. 

Beim Vermischen der etwa einprozentigen Lösung mit 2 Teilen 
Phenylhydrazin, 2 Teilen 50prozentiger Essigsäure und ca. 20 Teilen 
Wasser trat sogleich eine gelbe flockige Trübung ein, welche sich 
durch Erwärmen auf dem Wasserbade stark verdichtete und schliefs- 
lich einen braunen, kompakten Körper bildete. 

Die nähere Bestimmung dieses Osazons durch Krystallisation 
aus Alkohol gelang erst nach vielen mühevollen Versuchen, da es 
nicht gleich gelang, einen konstanten Schmelzpunkt zu erhalten, bis 
derselbe zuletzt bei 206° gefunden wurde. 

Nach diesem Verhalten mufs das in Wasser lösliche Spaltungs- 
produkt des Absinthiins als Traubenzucker angesehen werden. 

Das bei der Zersetzung mit den Wasserdämpfen über gegangene 
flüchtige Produkt erwies sich bei der Untersuchung als ein ätherisches 
Öl von grofser Flüchtigkeit; dasselbe war im ganzen in so geringer 
Menge erhalten worden, dafs weitere Ergebnisse damit nicht erzielt 
werden konnten. 

Der dritte bei der Spaltung abgeschiedene feste Körper zeigte 
im allgemeinen einen harzartigen Charakter, war in Alkohol leicht 
löslich, ebenso in sehr verdünnten Alkalien und konnte mit ver- 
dünnten Mineralsäuren hieraus wieder abgeschieden werden. Diese 
Eigenschaften wurden zu seiner Reinigung benutzt und derselbe 
schliefslich aus alkoholischer Lösung durch Eingielsen in viel Wasser 
wieder abgeschieden. Die Versuche, den Körper aus irgend einem 
Lösungsmittel krystallisiert zu erhalten, hatten keinen Erfolg. Die 
Elementaranalyse ergab folgende prozentische Zusammensetzung des 
bei 100° getrockneten Körpers: 


1.- LI. Mittel 
C 66,79 66,32 66,31 
H 7,32 1,31 1,31 
16) 25,89 25.87 25,88 


Diese Daten führen zu der empirischen Formel 021 H%#08,. 
Um weiteren Aufschlufs über den Charakter dieses Körpers zu 
erhalten wurde ein Quantum von etwa 20 g zwei Stunden lang mit 


O. Senger, Über Absinthiin. 105 


der nötigen Menge Acetylchlorid am Rückflufskühler erhitzt; es 
fand eine vollständige Lösung statt. Durch Eingielsen in Wasser 
wurde eine goldbraune, feste, leicht zerreibliche Masse ausgeschieden 
und durch Auswaschen, Reinigen mit Alkohol und Trocknen bei 100° 
in reinem Zustande erhalten; vom Ausgangskörper unterschied sie 
sich durch sehr viel geringere Löslichkeit in Alkohol, die Lösung 
war stark dunkel gefärbt und aus derselben trotz mehrerer Versuche 
kein krystallisierter Körper zu erhalten, ebensowenig aus einer 
Lösung des Körpers in Eisessig. Um die Überzeugung zu haben, 
dafs die Acetylgruppe (C2H30) als solche in den Körper überge- 
gegangen war, wurde eine Probe mit etwas Arsentrioxyd und Natrium- 
carbonat erhitzt; es entwichen dabei die charakteristisch unangenehm 
riechenden Dämpfe von Kakodyloxyd. Die Bestimmung der acety- 
lierten Hydroxylgruppen geschah durch Verseifen mit Kalilauge und 
Titrieren; da jedoch die Lösung zu dunkel getärbt war, um ein 
direktes Titrieren zu gestatten und selbst die Tüpfelprobe nicht gut 
anzuwenden war, wurde in folgender Weise verfahren: 

Es wurden zwei Bestimmungen ausgeführt, zu jeder lg der 
Verbindung genommen, mit verdünnter Kalilauge verseift, von den 
hierbei abgeschiedenen Massen abfiltriert, das erhaltene Filtrat in 
einem Fraktionskälbchen mit vorgelegtem kleinen Kühler mittelst 
überschüssiger Phosphorsäure destilliert und das übergegangene 
Destillat in 10 cbem. vorgelegter Normalkalilauge aufgefangen. 

Es wurden beim Zurücktitrieren mit Normalsalzsäure verbraucht: 

bei a 2 ie ne Normal-HOl. 
Mittel = 7,6 cbem. 

Demnach sind 2,4cbem. Normalkali durch Essigsäure gebunden; 
diese entsprechen 0,103 g C2H30 = 10,3 Proz. Acetylrest. 

Stellt nach den Resultaten der Elementaranalyse für den Körper 
die Formel C,,H,;0;, und für die Acetylverbindung die Formel 
C,, H5,0, O(C;,H,O) auf, so findet man, dafs der berechnete Gehalt 
an (C,H,0—) = 10,3 Proz. genau mit dem oben gefundenen über- 
einstimmt. 

In welcher Form der übrige Teil des Sauerstoffs in dem frag- 
lichen Körper vorhanden ist, entzog sich vorläufig der Untersuchung; 
dem ganzen chemischen Verhalten nach kann jedoch der Körper als 
Oxysäure betrachtet werden. 


106 O. Senger, Über Absinthiin. 


Die Einwirkung von Alkalihydroxyden, sowie Oxedations- und 
Reduktionsmitteln auf den in Wasser wnlöslichen Spaltungskörper 
des Absinthiins führte zu folgenden Resultaten: 

Die in einer Silberschale vorgenommene Kalischmelze wurde mit 
verdünnter Schwefelsäure bis zur sauren Reaktion behandelt und mit 
Äther ausgeschüttelt; die nach dem Verdunsten des Äthers mit Wasser 
aufgenommene Masse gab mit Eisenchlorid eine intensive Phenol- 
reaktion von violettblauer Färbung. Zur näheren Charakterisierung 
dieses Körpers wurde die oben erhaltene ätherische Lösung mit 
einer geringen Menge gereinigter, frisch geglühter Tierkohle kurze 
Zeit bis zur Entfärbung geschüttelt; es hinterblieb beim Verdunsten 
ein gegen die atmosphärische Luft sehr empfindlicher Körper, welcher 
sich sehr bald dunkelbraun färbte; die Bildung kleiner, farbloser 
Krystalle war deutlich zu bemerken. Auf Grund der zuerst er- 
haltenen Reaktion wurde auf Phloroglucin geschlossen und die fol- 
gende Probe gemacht: 0,1 Teile Vanillin, 10 Teile Alkohol, 10 Teile 
Wasser, 60 Teile konzentrierter Salzsäure mit dem Körper in 
wässeriger Lösung zusammengebracht, färbte dieselbe sofort hellrot, 
wonach die Anwesenheit von Phloroglucin anzunehmen ist. Phenol, 
Brenzkatechin, Resorein, .Hydrochinon, Pyrogallol, Gallussäure, 
Digallussäure, Saliein, Cumarin, Äsenuletin, Phloridzin geben diese 
Reaktion mit Vanillin nicht. !) 

Die trockne Destillation (Reduktion) des Körpers mit Zinkstaub 
lieferte ein fluorescirendes Öl und ein mit schwach leuchtender, gelb- 
licher Flamme brennendes Gas (Methan). 

Die Einwirkung von Kaliumdichronat und Schwefelsäure wurde 
in der Weise vorgenommen, dals in einer Retorte mit vorgelegtem 
Kühler 5 g des mit 10 & Kaliumdichromat fein zerriebenen Körpers, 
mit 50 g Wasser und allmählig mit 20 & konzentrierter Schwefelsäure 
aus einem Tropftrichter versetzt wurden. Das hierbei erhaltene 
Destillat reagierte stark sauer und liefs durch seinen eigentümlichen 
Geruch auf flüchtige Fettsäuren schliefsen. Zur Bestimmung, bezw. 
Trennung derselben, wurde mit Natriumcarbonat neutralisiert und auf 
dem Wasserbade eingedampft. Ein Teil des so erhaltenen Salzes 
auf Essigsäure geprüft, liefs dieselbe durch die Kakodylprobe, sowie 
durch die Eisenchloridprobe erkennen: der Nachweis von Ameisen- 


1) Zeitschrift f. analyt. Chem. 1887, XXI, 260. 


O. Senger, Über Absinthiin, 107 


säure geschah durch die reduzierenden Eigenschaften gegen salpeter- 
saures Silber: die Bestimmung der noch vorhandenen Fettsäuren 
durch fractionierte Krystallisation. 

Die Natronsalze wurden zu letzterem Zwecke in kleinem Frak- 
tionierkölbehen mit überschüssiger Phosphorsäure zerlegt, die frei- 
gewordenen Säuren vorsichtig überdestilliert und in einer Vorlage, 
die mit frisch gefälltem Baryumcarbonat beschickt war, aufgefangen, 
Nach der Trennung vom unzersetzten Carbonat wurde das Filtrat 
vorsichtig konzentriert und der Krystallisation überlassen; die zuerst 
gebildeten Krystalle von der Mutterlauge getrennt, zwischen Fliels- 
papier getrocknet, und das Barytsalz der betreffenden Säure durch 
Überführung in das Sulfat bestimmt; 0,282 g lieferten 0,242 & 
Baryumsulfat entsprechend 0,133 g Ba oder 47,1 Proz., welche Zahl 
ziemlich genau mit dem Prozentgehalt an Ba des propionsauren 
Baryts, nämlich 48,4 Proz. übereinstimmt; demnach ist die fragliche 
Säure als Propionsäure anzusehen. 

Bei der schliesslich unternommenen Oxydation des Körpers mit 
konzentrierter Salpetersäure entstanden in ausgiebigster Menge Oxal- 
säure und Pikrinsäure. 


Die Hauptresultate dieser Arbeit lassen sich in folgenden Schluss- 
tolgerungen zusammenfassen: 

l. Die Darstellung des reinen Absinthiins gelingt am besten aus 
ätherischem Auszuge durch Auschüttelung desselben mit Wasser 
die wässerige Lösung ist nötigenfalls mit Hilfe einer geringen Menge 
irisch gefällten Alumimiumhydrates, womit dieselbe kurze Zeit be- 
handelt wird, zu reinigen: durch Wiederausschütteln der wässerigen 
Lösung mit Äther, Abdestillieren desselben und Trocknen über 
Schwefelsäure wird ein ziemlich beständiges Präparat gewonnen. 
Auch läfst sich die wässerige Ausschüttelung direkt im Vacuum 
eindampfen. 

2. Das Absinthiin ist ein amorpher, zerrieben nur ganz schwach 
gelblich gefärbter Stoff von sehr intensiv bitterem Geschmack: es 
schmilzt bei 65° C., besitzt die empirische Zusammensetzung C,; Hs, 0, 
und ist in Wasser, Alkohol und Äther löslich. 

3. Das Absinthiin ist ein Glycosid, da es bei Zersetzung durch 
verdünnte Säuren, (selbst schon beim Kochen mit Wasser) in Dex- 
trose, in einen flüchtigen Bestandteil (ein ätherisches Öl? ) und in 


108 0. Senger, Über Absinthiin. 


einen festen, harzartigen Spaltungskörper zerfällt, welcher der aro- 
matischen Reihe angehört und sich chemisch wie eine Oxysäure ver- 
hält. Demselben darf die empirische Formel (2! H% 06 gegeben 
werden. 

4. Bei der Einwikung von Alkalien auf den Spaltungskörper 
entsteht Phloroglucin. 

5. Bei der Oxydation mit Kaliumdichronat und Schwefelsäure 
bilden sich flüchtige Fettsäuren und zwar vorwiegend Ameisensäure, 
Essigsäure und Propionsäure. Bei der Oxydation mit konzentrierter 
Salpetersäure entstehen Oxalsäure und Pikrinsäure. 


4) Zur chemischen Kenntnis der Früchte 


von Capsicum annuum. 
Von Theodor Pabst. 


Das Fehlen einer zuverlässigen Charakteristik des scharfen Stoffes 
in den Früchten von Capsicum annuum als chemisches Individuum, 
gab Veranlassung zu den folgenden Untersuchungen, welche beab- 
sichtigten, eine kritische Behandlung der vorhandenen experimentellen 
Arbeiten über diesen Gegenstand herbeizuführen. 

Über die Existenz eines Alkaloides in den Früchten von Capsi- 
cum annuum finden sich folgende Angaben in der Literatur: 

Felletar!) kochte die Früchte von Capsicum annuum mit 
schwetelsäurehaltigem Wasser aus und unterwarf diesen Auszug, nach 
dem er denselben mit Kalilauge übersättigt hatte, der Destillation. 
Das alkalisch reagierende Destillat dampfte er nach der Neutralisation 
mit verdünnter Schwefelsäure ein und zog den Rückstand mit Spiritus 
aus. Den Spiritus verdunstete er dann, nahm mit etwas Wasser auf 
und destillierte diese Flüssigkeit, nachdem er zuvor Kalilauge im Über- 
schusse zugesetzt hatte. Er erhielt auf diese Weise ein Destillat von 
starkem, coniinähnlichem Geruche. Bei dem Ausschütteln desselben 
mit ather verunglückte es ihm. 

Dragendorff?2) giebt folgendes Verfahren zur Isolierung eines 
Alcaloides an, nach welchem er Krystalle desselben erhalten hat. 
30 Gramm Capsicumpulver kochte er mit schwefelsäurehaltigem Wasser 
aus. Die saure Lösung behandelte er nacheinander mit Benzin, Petrol- 
äther und Chloroform. Er konstatierte dann, dafs diese Lösungsmittel 
der wässrigen Flüssigkeit nur ein Weichharz aber kein Alkaloid ent- 


!) Wittstein, Vierteljahresschrift XVII, pag. 360. 
®) Dragendorff. „Ermittelung von Giften.“ 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 109 


zogen. Aus der mit Kalilauge übersättigten wässrigen Flüssigkeit aber 
nahm Petroläther ein nach Coniin riechendes Alcaloid auf, welches aus 
der Petrolätherlösung, die mit etwas Salzsäure angesäuert war, nach 
dem Verdunsten des Petroläthers in kleinen Krystallen von ihm erhalten 
werden konnte. Die wässrige Lösung dieser Krystalle gab Fällungen 
mit Phosphormolybdänsäure, Kaliumwismutjodid, Kaliumquecksilber- 
jodid, Iodjodkalium und Goldchlorid. Dagegen aber wurde das Alka- 
loid aus seinen verdünnten Lösungen durch Platinchlorid und Gerb- 
säure nicht gefällt. Als einziges Unterscheidungsmerkmal dieses Alka- 
loids von Coniin und Nicotin giebt Draggendorff schliefslich die Ver- 
schiedenheit der einzelnen charakteristischen Krystallformen an. 

Zulelzt hat sich Thresh?°) mit der Darstellung eines Alkaloids 
aus den Früchten von Capsicum fastigiatum beschäftigt. Er berichtet 
darüber Folgendes: 

100 Gramm von den Samen befreiter Früchte wurden in einem 
Percolator mit Benzin vollständig erschöpft. Das Benzin wurde ab- 
destilliert und der Rückstand in Äther gelöst. Diese ätherische Lösung 
wurde wiederholt mit verdünnter Schwefelsäure ausgeschüttelt. Die 
vereinigten sauren Flüssigkeiten gaben Niederschläge mit Jodlösung 
und Phosphormolybdänsäure aber keine Fällung mit Alkalien. Ein 
Teil des wässrigen schwefelsäurehaltigen Auszuges wurde mit Baryum- 
carbonat neutralisiert, filtriert und eingedampft. Es schied auch eine 
beträchtliche Menge eines roten fettigen Körpers ab, der entfernt 
wurde. Die auf ein kleines Volum gebrachte schwetelsäurehaltige 
Flüssigkeit wurde nun mit Kalilauge übersättigt und mit Äther aus- 
geschüttelt, welcher nach dem Verdunsten einen braunen, öligen, etwas 
nach Coniin riechenden Rückstand hinterlie[s. Zum Teil in verdünnter 
Säure gelöst, bewirkte er Fällungen mit Jodlösung, Kaliumcadmium- 
jodid, Nesslerschem Reagenz und Metawolframsäure. Der Geschmack 
des auf diese Weise erhaltenen Produktes war sehr haftend, ekel- 
erregend, aber nicht scharf. Thresh hat später nochmals dieselben 
Versuche mit einem Kilogramm Früchten angestellt, worüber er die 
folgenden kurzen Bemerkungen macht, nämlich dals er der Meinung 
ist, dafs das coniinähnliche Alkaloid nur in sehr geringen Mengen in 
den Früchten von Capsicum zu existieren scheint, dals er ein salzsaures 
Salz von cubischer und tetraedischer Krystallform, und ein schwefel- 
saures Salz von prismatischer Krystallform erhalten habe. Er drückt 
dann die Hoffnung aus, dafs er bei Anwendung grölserer Mengen des 
Materials in den Stand gesetzt werde, weitere Untersuchungen mit 
diesem Alkaloide anzustellen. Merkwürdigerweise aber hat Tresh es 
unterlassen, obwohl er später wiederholt Gelegenheit hatte, grössere 
Mengen eines Extraktes von Capsium fastigiatum auf den scharfen 
Körper zu verarbeiten, seinen von ihm selbst erwähnten Absichten 
in Bezug auf dieses Alkaloid gerecht zu werden. 


3) Pharm. Journal and Transactions No. 309 pag. 941. 


110 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


Die ersten Arbeiten über den scharfen Stoff in den Früchten 
von Capsium annuum rühren von Braconnot und Buchheim her. 

Braconnot nannte das Produkt, welches er durch Aus- 
ziehen eines alkoholischen Extraktes mit Äther gewonnen hatte, 
Capsiein. 

Buchheim beschreibt eine flüssige braunrote Substanz, die in 
Ather, Chloroform, Alkohol und Petroläther löslich ist, als den 
scharfen Körper des spanischen Pfetfers und nennt denselben 
Capsicol. 

In letzter Zeit haben sich Thresh!) und A. Meyer?) mit der 
Darstellung des reinen scharfen Körpers beschäftigt. 

Thresh verfuhr zunächst folgendermalsen: Gepulverte und von 
Samen befreite Früchte erschöpfte er mit Äther. Von den Auszügen 
destillierte er den Äther ab, den Rückstand, welchen er dabei erhielt 
löste er in alkoholischer Kalilauge, verdünnte mit Wasser, und fällt. 
mit Baryumchlorid. Den Niederschlag, welchen er (dabei) erhielt, wusch 
er mit Wasser aus und trocknete ihn dann. Nach dem Behandeln des- 
selben mit Äther hinterliefs letzterer eine rote, ölige Flüssigkeit, die 
er durch Wiederholung desselben Verfahrens reinigte. Eine fernere 
Reinigung bewirkte Thresh durch Auflösen des erhaltenen Produktes 
in Mandelöl und durch Ausschütteln dieses Gemisches mit Alkohol 
Letzterer nimmt den scharfen Stoff vollkommen daraus auf und hinter- 
lälst denselben nach dem Verdunsten wiederum als braunroten, fettigen 
Rückstand von der Konsistenz einer Harzsalbe. Diese Substanz lös 
sich in verdünnter Kalilauge vollkommen klar auf, und giebt mit ver- 
dünntem Ammoniak eine 'milchige Flüssigkeit, in welcher Tresh Kry- 
stalle des reinen Capsaicins vorfand. Thresh giebt ferner an, dals 
das Capsaicin durch Auflösen des aus der Mandelölmischung erhal- 
tenen Produktes in verdünnter Kalilauge und Fällen mit überschüssiger 
Ammoniumchloridlösung ebenfalls in Krystallen erhalten werden kann: 
Er benutzt dieses Verfahren zur weiteren Reinigung des Üapsaieins 
Endlich gewinnt Thresh reine Capsaicinkrystalle durch Dialyse aus 
der konzentrierten Tinktur. 

Später hat Thresh nochmals 7 Pfund Capsiumpulver angewandt, 
um daraus Capsaiein darzustellen. Der Gang der Darstellung ist im 
wesentlichen derselbe, nur wendet er statt des Mandelöls Petroleum 
an. Aufserdem giebt er ein weiteres Verfahren an, um das Capsaiciu 
im „Zustande gröfster Reinheit“ zu erhalten, indem er nämlich das 
aus der Petroleummischung durch Alkohol erhaltene Produkt in Kali- 
lauge löst und vermittelst Kohlensäure eine Abscheidung des Capsaieins 
in Krystallen bewirkt. 


1) Pharm. Journal and Transactions No. 315 p. 21, 326, p. 259. No. 
337 p. 473, No. 376. p. 186. 
*) Pharmaceut. Zeitung 1889, p. 130. 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 111 


Zuletzt hat Thresh 31/2 Pfund alkoholisches Extrakt, welches aus 
30 Pfund Cayenne-Pfeffer erhalten wurde auf Capsaicin verarbeitet. Er 
behandelte in diesem Falle die ganze Menge des Extraktes mit Benzin 
und erhielt aus diesem Benzinauszuge 2/2 Pfund Rückstand. welchen 
er in warmem Petroleum löste. Hieraus schied sich eine feste Fett- 
säure ab, die er nach mehrmaligem Umkrystallisieren durch Bestim- 
mung des Schmelzpunktes als Palmitinsäure charakterisierte. Die. 
Petroleumlösung befreite er von der ausgeschiedenen Fettsäure und 
behandelte sie nach dem oben angegebenen Verfahren mit Alkohol. 
Aus dem Produkte, welches aus der alkoholischen Lösung resultierte, 
erhielt er durch Lösen in Kalilauge und Behandeln dieser Lösung mit 
Kohlensäure 3—4 Drachmen Capsaicin. Von diesem letzteren Produkte 
sagt Thresh wörtlich: „Das so erhaltene Capsaicin behielt hartnäckig 
eine Spur von Färbung zurück. Indessen durch Umkrystallisieren aus 
Äther erhielt ich eine Drachme, von der ich glaube, dals es ganz rein 
war.“ Es folgen dann die Resultate einer Elementaranalyse. 

Als charakteristische Eigenschaften des Capsaieins giebt Thresh 
folgende an: Capsaicin sublimiert bei 2120 F. bezüglich 240° F. Mit dieser 
kann dasselbe unverändert destilliert werden. Halogene Substitutions- 
produkte sind von ihm nicht erhalten worden. Oxydationsmittel greifen 
dasselbe heftig an, und bewirken das vollständige Verschwinden des 
scharfen Geschmackes. Capsaiein löst sich leicht in Alkohol, Äther, 
Amylalkohol, Essigäther, Benzin. Terpentinöl und Schwefelkohlenstoft 
lösen es langsamer. In Petroleum ist es sehr schwer löslich. Ein 
wenig fettes Öl begünstigt indessen die Löslichkeit in Petroleum 
ungemein. 

A. Meyer!) hat zur Darstellung des Capsaicins den von Thresh 
vorgezeichneten Weg eingeschlagen, mit dem Unterschiede indessen, 
dafs er nicht die ganzen Früchte in Anwendung zog, sondern nur die 
Placenten, worin nach ihm der scharfe Körper allein seinen Sitz hat. 
Meyer wandte zum Ausschütteln des Mandelölgemisches 70 Proz. Alkohol 
an und zum Lösen des daraus erhaltenen Produktes eine Kalilauge von 
1.44 sp. Gewichte. Er erhielt eine Ausbeute von 0.8349 aus 5 kg 
Früchten, und aus der mit Kohlensäure gesättigten Kalilauge durch 
Ausziehen mit heilsem Benzin nochmals 0.21 g. Eine nähere Charak- 
teristik des von ihm erhaltenen Körpers giebt Meyer nicht. 


I. Das Alkaloid der Früchte von Capsicum annuum. 

Von dem Gesichtspunkte ausgehend, dafs flüchtige Alkaloide 
unter Umständen durch Destillation der Droge mit Alkalien und 
Wasser direkt erhalten werden können, wurde zunächst nach dieser 
Richtung hin der erste Versuch unternommen, indem 50 g fein 
gepulverte Capsicumfrüchte mit 7,5 & Kalihydrat und 250 g Wasser 


1) Pharmaceut. Zeitung 1389, p. 130 


112 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


aus einer Retorte der Destillation unterworfen wurden, und zwar 
wurde die Destillation so lange fortgesetzt, bis fast alles Wasser aus 
der Retorte überdestilliert war. Der Rückstand in der Retorte 
reagierte nach der Destillation noch alkalisch. Die bei der Destil- 
lation auftretenden Dämpfe wurden in Wasser geleitet, welches 
mit Spuren von Salzsäure ausgesäuert war, welches auch nach 
vollendeter Destillation noch sauer reagierte. Nach dem Ein- 
dampfen dieses Destillates auf ein kleines Volum wurden mit den 
gebräuchlichsten Alkaloidreagentien Reaktionen auf die Anwesenheit 
eines Alkaloides vorgenommen. Es zeigte sich, dals nur Gerbsäure 
und Kaliumwismutjodid eine geringe Trübung in der erhaltenen 
Flüssigkeit hervorriefen, während mit Jodjodkalium, Phosphormolyb- 
dänsäure, Quecksilberjodidjodkalium, Goldchlorid und Platinchlorid 
Reaktionen nicht erhalten werden konnten. Auch aus der mit etwas 
Kalilauge schwach übersättigten Flüssigkeit nahm damit geschüttelter 
Äther nichts auf, was auf die Anwesenheit eines Alkaloids hätte 
schlielsen lassen. Da dieser Weg der Isolierung so wenig Anhalts- 
punkte gab, mulste derselbe als für diesen Fall ungeeignet verlassen 
werden. Unter den vielen Wegen, die zur Isolierung von Alka- 
loiden benutzt werden, wurden zunächst die folgenden beiden 
eingeschlagen: 

100 & fein pulverisierte Capsicum-Früchte wurden mit 1 kg einer 
0.5 proz. wässrigen Weinsäurelösung mehrere Stunden auf dem 
Dampfbade digeriert. Die Sonderung der wässrigen Flüssigkeit von 
dem Pulver bereitete aber wegen ihrer schleimigen Beschaffenheit 
und des stark aufgequollenen Pulvers ganz besondere Schwierigkeiten. 
Es wurde nur eine geringe Menge Flüssigkeit gewonnen, die später 
mit einer grölseren, auf dieselbe Weise aus 100 g klein geschnittenen 
Früchten erhaltenen Ausbeute vereinigt wurde. Beide Produkte 
wurden auf dem Dampfbade auf ein kleines Volum eingedampft und 
mit einem gleichen Volum Alkohol vermischt, um die Pectin- und 
Eiweilsstoffe zu entfernen. Nach der Filtration wurde der Alkohol 
durch Abdampfen entfernt, und die Flüssigkeit dann nochmals ge- 
klärt. Sie wurde dann mit einem geringen Überschusse von Mag- 
nesiumoxyd versetzt und zu zwei Drittteilen aus einer Retorte mit 
der Vorsicht abdestilliert, dafs die auftretenden Dämpfe in mit Salz- 
säure sauer gehaltenes Wasser geleitet wurden. Das Destillat, 
welches durch vorsichtiges Verdampfen auf ein kleines Volum 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 113 


gebracht war, reagierte mit keinem der häufiger angewandten Alka- 
loidreagentien. Der in der Retorte verbliebene Rückstand wurde 
mit einem Tropfen Kalilauge versetzt und wiederholt mit Äther aus- 
geschüttelt, welcher allerdings nach dem Verdunsten einen ganz 
geringen Rückstand hinterliefs. Etwas salzsäurehaltiges Wasser löste 
ihn sofort auf, indessen gab auch diese Lösung keine wesentlichen 
Anhaltspunkte für die Anwesenheit eines nicht flüchtigen Alka- 
loids, da nur Phosphormolybdänsäure, Kaliumwismutjodid, Queck- 
silberjodidjodkalium ganz unwesentliche Trübungen hervoriefen, 
während Jodjodkalium, Gerbsäurelösung, Goldchlorid und Platin- 
chlorid eine Reaktion nicht erkennen liefsen. 

Es wäre nun denkbar gewesen, dals ein etwa anwesendes Alka- 
loid, dadurch, dafs dasselbe in den vorhandenen fetten Farbstoffen 
oder Harzen eingeschlossen war, der lösenden Einwirkung der 
wässrigen Weinsäurelösung entgegen sein könnte. In Erwägung 
dieses Umstandes wurden daher abermals 100 gr in Arbeit ge- 
nommen. In diesem Falle wurde das Pulver in einem Koiben mit 
Rückflufs-Kühler der Einwirkung von 500 gr 90%, Alkohol, in 
welchem 2,5 gr Weinsäuse gelöst war, mehrere Stunden unter- 
worfen. Dies Verfahren wurde nochmals mit derselben Menge 
Alkohol und nur 1 gr Weinsäure wiederholt. Die vereinigten Auszüge 
setzten in der Kälte eine beträchliche Menge eines dunkelroten 
Körpers ab, von dem sie durch Filtration getrennt wurden. Der 
Alkohol wurde zum gröfsten Teile durch Destillation, die letzten 
Reste durch Zufügen von Wasser auf dem Damptbade entfernt. 
Nach dem Erkalten hatte sich wiederum auf dieser wässrigen sauren 
Lösung eine Ölschicht abgeschieden, die ebenfalls entfernt wurde. 
Durch wiederholte Filtration vollständig geklärt, wurde die Flüssig- 
keit, wie bei dem vorigen Verfahren, nach dem Übersättigen mit 
Magnesiumoxyd der Destillation unter den oben erwähnten Vor- 
sichtsmalsregeln unterworfen. Allein auch dieses Destillations- 
produkt lieferte wenig Anhaltspunkte für die Anwesenheit eines 
flüchtigen Alkaloides. Die Existenz eines solchen erschien schon 
jetzt fraglich, da einerseits bei den angestellten Alkaloidreaktionen 
kaum nennenswerte Trübungen mit Kaliumwismutjodid, Quecksilber- 
Jodidjodkalium, Phosphormolybdänsäure und Jodlösung auftraten, 
während Gerbsäure, Goldchlorid und Platinchlorid damit in keiner 
Weise reagierte, anderseits Äther und Petroläther, welche mit dem 


Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 2. Heft. 7 


114 Th. Pabst. Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


alkalisch gemachten Destillate geschüttelt waren, überhaupt keine 
Rückstände hinterliefsen. Bei diesem Versuche wurde auch inso- 
fern auf die Anwesenheit eines nicht flüchtigen Alkaloides Rück- 
sicht genommen, als der nicht überdestillierte Teil der Mutterlauge 
sowohl in alkalischem, als auch im sauren Zustande einer Aus- 
schüttelung mit Äther und Petroläther unterworfen wurde. Das 
Ausschüttelungsprodukt aus der alkalischen Flüssigkeit war äulserst 
gering: mit etwas salzsäurehaltigem Wasser aufgenommen, gab es 
nur geringe Trübungen mit Kaliumwismutjodid, Jodjodkalium und 
Phosphormolybdänsäure, aber nicht mit Gerbsäure, Quecksilber- 
jodidjodkalium, Gold- und Platinchlorid. Der mit der sauren 
Flüssigkeit geschüttelte Äther und Petroläther hinterliefs überhaupt 
keinen sichtbaren Rückstand, ebenso gab die saure Flüssigkeit 
selbst mit den erwähnten Reagentien nur negative Resultate. 

Da die zur Isolierung des Alkaloides bis jetzt eingeschlagenen 
Wege wenig befriedigende Resultate gegeben hatten, wurde schliels- 
lich noch ein anderes Verfahren in Betracht gezogen, welches sich 
bei der Isolierung von Alkaloiden aus viel Fett enthaltenden Drogen 
besonders bewährt hatte. Danach wurde zunächst eine kleinere 
Quantität gepulverter Früchte mit Äther vollständig erschöpft und 
der Ätherauszug dann wiederholt mit salzsäurehaltigem Wasser 
ausgeschüttelt. Die hierbei erhaltenen wässrigen Flüssigkeiten 
wurden vereinigt und nach dem Klären auf dem Dampfbade au 
ein kleines Volum eingedampft. Dieses Produkt gab deutliche 
Fällungen mit Phosphormolybdänsäure, Kaliumwismutjodid, Queck- 
silberjodidjodkalium. Jodjodkalium und Gerbsäurelösung, indessen 
nicht mit Gold- und nicht mit Platinchloridd. Um nun zu ent- 
scheiden, ob diese Reaktionen thatsächlich von einem flüchtigen 
Alkaloide herrührten, wurde die Mutterlauge wie bei den vorauf- 
gegangenen Versuchen mit einem Überschusse von Magnesiumoxyd 
destilliert. Das Destillationsprodukt, welches, was hier besonders 
erwähnt werden mag, nicht im mindesten scharf schmeckte, wurde 
nach dem Eindampfen mit den früher angewendeten Alkaloidrea- 
gentien untersucht. Es zeigte sich jetzt die überraschende That- 
sache, dafs Phosphormolybdänsäure, Kaliumwismutjodid, Gerbsäure, 
Jodjodkalium, Quecksilberjodidjodkalium, Goldchlorid deutliche 
Fällungen verursachten, und zwar trat mit Quecksilberjodidjodkalium 
nach einigen Minuten eine deutliche Krystallbildung auf, während 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 115 


mit Platinchlorid auch in diesem Falle keine Reaktion eintrat. Leider 
war bei diesem Versuche in Folge der geringen in Anwendung ge- 
zogenen Quantität Droge, — so wenig Ausbeute erzielt, dals eine 
Ausschüttelung mit Äther aussichtslos war. Die bei der Destillation in 
der Retorte gebliebene geringe Menge Mutterlauge wurde in diesem 
Falle nochmals mit Äther ausgeschüttelt, welcher nach dem Ver- 
dunsten einen Rückstand hinterliels, der mit etwas salzsäurehaltigem 
Wasser aufgenommen dieselben Reaktionen wie das Destillations- 
produkt gab, nur mit dem Unterschiede, dafs jetzt die Krystall- 
bildung mit Quecksilberjodidjodkalium nicht eintrat. Hiernach 
mulste es erscheinen, als ob dieser Weg der Isolierung der geeig- 
neteste war. Wenn jedoch in Betracht gezogen wurde, dals hierbei 
grolse Wassermengen zur Ausschüttelung nötig waren, die durch 
Abdampfen wieder entfernt werden mulsten, und dafs schliefslich 
eine ziemlich concentrierte Salzsäure auf das etwa vorhandene 
Alkaloid und die übrigen mit in der Ausschüttelungsflüssigkeit be- 
findlichen Substanzen zersetzend einwirken konnte, so war wohl zu 
bedenken, ob es nicht vorzuziehen sei, zur Ausschüttelung eine 
organische Säure anzuwenden. Man hatte zu diesem Bedenken um 
so mehr Berechtigung, da bei allen voraufgegangenen Versuchen, 
die mit weinsauren Flüssigkeiten ausgeführt werden, derartige 
Reaktionen, wie die bei dem letzten Versuche erzielten, nicht er- 
halten worden waren. Infolge dessen wurde der letzte Versuch 
mit einer 1°, Oxalsäurelösung wiederholt. Es zeigte sich nun in 
der That, dafs in diesem Falle die Reaktionen bei weitem nicht in 
dem Mafse auftraten, wie nach dem vorigen Versuch erwartet 
werden konnte. Um dem Vorwurfe zu entgehen, dafs Oxalsäure 
nicht im Stande gewesen sei, die die Alkaloidreaktionen bedingenden 
Substanzen aus dem Ätherextrakte aufzunehmen, wurde das bereits 
mit der Oxalsäurelösung behandelte Ätherextrakt nochmals mit 
salzsäurehaltigem Wasser wiederholt ausgeschüttelt. Allein es 
zeigte sich, dals diese jetzt erhaltenen Auszüge sich dem, bei dem 
vorigen Versuche erhaltenen Produkte, durchaus nicht ebenbürtig 
erwiesen. Es trat in diesem Falle nur eine Trübung mit Wismut- 
jodid und Gerbsäure ein, während alle übrigen Alkaloidreagentien 
nur ein negatives Resultat gaben. 

Nach diesen Versuchen mulste darauf verzichtet werden, das 
Alkaloid selbst oder in Form eines Salzes rein darzustellen, weil 


7*F 


116 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


die Ausbeuten zu geringe waren, und eben nur gestatteten, Reak- 
tionen vorzunehmen, die auch je nach ihrem Auftreten oder Aus- 
bleiben, und nach der Intensität, mit welcher sie auftraten, bis 
jetzt als einzige Richtschnur dienten. 

Nachdem nach diesen Versuchen, wenn überhaupt ein Alkaloid 
zugegen war, nur das letzte Verfahren sich als erfolgreich erwiesen 
hatte, so sollte bei der Darstellung im gröfseren Mafsstabe hier- 
nach verfahren werden. Es fragte sich nur, ob eine Mineralsäure 
oder eine organische Säure anzuwenden sei. Erfahrungsgemäls 
leisten nun Oxalsäure und Weinsäure bei der Überführung eines 
Alkaloides aus einer ätherischen in eine wässrige Lösung fast das- 
selbe. Die Anwendung dieser organischen Säuren vermindert aber 
zugleich die Möglichkeit, dafs bei weiterer Behandlung der Laugen 
eine weitergehende Zersetzung, der darin vorhandenen Substanzen 
eintritt, eine Erfahrung, welche bereits durch die Resultate 
der früheren Versuche eine gewisse Bestätigung erfahren hatte. 

Es wurden demgemäls 720 gr eines ätherischen Extraktes, 
welches zu vor wieder in Äther gelöst wurde, wiederholt mit einer 
genügenden Menge einer 0,5 Proz. Oxalsäurelösung behandelt. Die 
Auszüge wurden nach völliger Klärung in einem Vacuumapparat 
bis auf ein kleines Volum eingedampft. Bei dieser Behandlung 
hatte sich bereits eine beträchtliche Menge eines fast schwarzen 
Harzes abgeschieden, welches sich merkwürdigerweise, weder 
durch reines, noch durch salzsäurehaltiges Wasser wieder in Lösung 
bringen liefs. Die Mutterlauge liefs sich durch einfache Filtration 
sehr gut klären, war aber ziemlich dunkel gefärbt und schmeckte 
sehr scharf. Da sich bei den früheren Versuchen bereits heraus- 
gestellt hatte, dafs aus saurer wässriger Lösung keine Substanzen 
in Äther übergingen, welche Alkaloidreaktionen gaben, so wurde 
die saure Flüssigkeit, um sie zu reinigen, zunächst so lange mit 
Äther behandelt, als dieser noch etwas daraus aufnahm. Nach frei- 
williger Verdunstung hinterliefsen diese Ätherauszüge einen gelb- 
braunen, scharf schmeckenden Rückstand, welchem salzsäurehaltiges 
Wasser nichts zu entziehen vermochte, was auf die Anwesenheit 
eines Alkaloides hätte schliefsen lassen. Nachdem unter den an- 
gegebenen Vorsichtsmalsregeln: Extraktion der ätherischen Lösung 
mit einer organischen Säure, Eindampfen dieser Lauge bei mög- 
liehst niederer Temperatur im Vacuum und Ausschütteln derselben 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 117 


mit Äther ein möglichst unverändertes, nicht mehr scharf schmecken- 
des Produkt erhalten zu sein schien, wurde dasselbe mit den, bei 
obigen Versuchen angewendeten Reagentien geprüft. Es zeigte sich 
hierbei auffallenderweise eine wesentliche Verschiedenheit in den 
Reaktionen, indem die Fällungen mit Jodlösung und Quecksilber- 
jodidjodkalium vollständig ausblieben. Goldchlorid bewirkte, wie 
bei einzelnen der früheren Versuche, eine Fällung, die aber bedeu- 
tend rascher dureh Reduktion dunkler wurde. Ebenso ging die 
weilse Farbe der Fällung mit Phosphormolybdänsäure sehr. bald 
in Blau über. Auffallend erschien ferner die im Verhältnis zur 
Conzentration, in welcher das Alkaloid vorhanden sein mulste, ge- 
ringe Fällung, die durch Gerbsäure und Kaliumwismutjodid hervor- 
gerufen wurde. Platinchlorid reagierte ebensowenig jetzt, wie 
früher mit der Lauge, auch dann nicht, wenn etwas absoluter Al- 
kohol zu Hülfe genommen wurde. 

Dieses abweichende Verhalten mahnte zu besonderer Vorsicht. 
Es wurde daher nicht mit Kalilauge übersättigt, sondern mit Na- 
trinmbicarbonat neutralisiert und nur ein geringer Überschufs davon 
zugesetzt. Eine Trübung oder Fällung war hierdurch nicht ein- 
getreten, wohl aber nahm Äther, der nın mit der Flüssigkeit ge- 
schüttelt wurde, eine violette Fluorescenz an und hinterliefs nach 
dem Verdunsten desselben einen ganz geringen Rückstand, der 
einen coniinähnlichen Geruch verbreitete. Die Ätherausschüttelungen 
wurden mehrfach wiederholt, bis die Lösung erschöpft war, aus 
welcher alsdann auch weder Petroläther noch Chloroform etwas auf- 
zunehmen im Stande war. Es erübrigte noch, die restierende Lösung 
mit einer stärkeren Basis, also mit etwas Kalklauge zu versetzen 
und sie nacheinander mit Äther, Petroläther und Chloroform aus- 
zuschütteln. Indessen blieben diese Versuche, eine grölsere Aus- 
beute zu erzielen, oder noch eine andere Base zu isolieren, ohne 
Erfolg. Die restierende Lösung selbst hatte durch diese Behand- 
lung die Fähigkeit, die oben erwähnten Reaktionen zu geben, voll- 
ständig eingebülst. 

Die ätherische nach Coniin riechende Lösung wurde hierauf 
einmal mit reinem Wasser ausgeschüttelt, um etwa aufgenommenes 
Alkali zu entfernen. Bei freiwilliger Verdunstung hinterliefs ein 
Teil dieses Äthers einen harzigen mit dem erwähnten Geruche be- 
hafteten Rückstand, der leider auf keine Weise in krystallinischer 


118 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


Form erhalten werden konnte. Um vielleicht ein krystallinisches 
Salz zu erhalten. wurde die ätherische Lösung mit entwässertem 
Kupfersulfat geschüttelt, und nach der Filtration mit einer geringen 
Menge trocknen Chlorwasserstoffgases angesäuert. Die hierdurch 
entstandene geringe Trübung war im Verlaufe einer Nacht ver- 
schwunden; es hatten sich an die Wandungen des Cylinders einige 
Tröpfchen angesetzt, die in Äther unlöslich schienen. Wasser nahm 
dieselben sofort auf und bildete damit eine farblose Lösung. Liels 
man einen Teil dieser wässrigen Lösung bei gelinder Wäme oder über 
entwässertem Chlorkaleium verdunsten, so färbte sie sich bald gelb 
und hinterliefs einen braunen Rückstand. Auch in einer Kohlen- 
säureatmosphäre gestalteten sich die Resultate nicht besser. Immer- 
hin schien es von Interesse zu sein, wenigstens die Molekulargröfse 
dieses Produktes annähernd zu erfahren. Da aber ein schwer lös- 
liches Platindoppelsalz nicht erhalten werden konnte, andererseits 
mit Goldchlorid eine baldige Reduktion eintrat, so blieb nur der 
Weg, die gebundene Salzsäure zu bestimmen, übrig, Zu diesem 
Zwecke wurde der Rest der Flüssigkeit in einem Liebig’schen 
Trockenapparate im Wasserstoffstrome bei 40—50 °C verdunstet und 
nachdem das Gewicht des gelblichen Rückstandes constant geworden 
war, darin die Salzsäure bestimmt. 

Die Analyse ergab folgendes Resultat: 0,0150 des Salzes gab 
0,0230 Ag Cl, welches einem Prozentgehalte von 38,66 Proz. Cl. ent- 
spricht. Das Verhältnis zwischen Säure und Basis würde sich wie 
36,5:57.91 ergeben. Die Molekulargröfse der Basis würde danach 
ungefähr die Zahl 58 erreichen. Die Berechnung dieser Gröfsen 
ging jedoch von der Voraussetzung aus, dals die Base einsäurig, und 
dafs die Salzbildung ohne Austritt von Wasser erfolgt sei. 


H. Der scharfe Stoff der Früchte von Capsicum annuum, 
das sogenannte Capsaicin. 


In seiner Charakteristik des von Thresh krystallisiert erhaltenen 
Capsaieins finden wir unter anderem angegeben, dafs dasselbe mit 
Wasserdämpfen flüchtig sei. Es lag daher nichts näher, als auf 
dieses Verhalten des Capsaieins die einfachste Darstellungsweise zu 
gründen. Es wurde infolge dessen versucht, direkt aus gepulverten 
Früchten durch Destillation mit gespannten Wasserdämpfen, das so- 
genannte Capsaicin zu isolieren. Allein es zeigte sich, dafs auch 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 119 


nach anhaltender Destillation kein Produkt überging, welches auch 
nur im geringsten Malse einen scharfen Geschmack wahrnehmen 
liefs. Es war zunächst nicht abzusehen, aus welchem Grunde sich 
das Capsaicin, welches doch als solches in den Früchten von Oapsi- 
cum annuum vorkommen soll, anders verhielt, als Thresh von 
dem reinen krystallinischen angegeben hatte. Es bleibt indessen 
Thatsache, dafs das sogenannte Capsaicin auf diese einfache Weise 
aus den Früchten nicht ohne Weiteres gewonnen werden kann. 

Die Versuche, welche bei der Isolierung eines Alkaloides aus- 
geführt wurden, hatten schon zur Genüge gezeigt, dals auch eine 
verdünnte Säure nicht imstande sei, eine vollständige Extraction der 
Früchte an dem scharfen Körper zu bewerkstelligen, was, wenn das 
sogenannte Capsaicin einen basischen Charakter hat, immerhin mög- 
lich gewesen wäre. Der Einwirkung stark alkalischer, wässeriger 
Flüssigkeiten sollte dasselbe wegen ihres energischen Eingreifens von 
vornherein nicht ausgesetzt werden. Es kam hinzu, dafs bei der 
lsolierung des scharfen Stoffes auch die Begleiter desselben eine 
besondere Berücksichtigung finden sollten, weswegen darauf Bedacht 
zu nehmen war, eine möglichst vollständige Extraktion der Früchte 
zu erzielen. Nach wiederholten Versuchen mit den verschiedensten, 
in der organischen Chemie gebräuchlichen Losungsmitteln, erwies 
sich Äther als bestes und einfachstes Extraktionsmittel. Äther lieferte 
die gröfste Ausbeute an Extrakt, und durch denselben war es mög- 
lich, die Früchte in kurzer Zeit ihres scharfen Geschmackes voll- 
ständig zu berauben. Die Bestrebungen, durch geeignete Lösungs- 
mittel eine Trennung dieses Extraktes zu erzielen, blieben zunächst 
ohne Erfolg, da sich dasselbe in allen Lösungsmitteln, aulser in 
90 Proz. Alkohol vollständig klar löste. Dieses Verhalten des ätheri- 
schen Extraktes 90 Proz. Alkohol gegenüber wurde, da bei einem 
Versuche der alkoholische Auszug ebenfalls einen öligen, augenschein- 
lich noch aus den verschiedensten Stoffen bestehenden Rückstand 
zurückliefs, vorerst unberücksichtigt gelassen. 

Das Verhalten des scharfen Stoffes gegen verdünnte Säuren war 
insofern bekannt, als dafs dieselben nur geringe Spuren davon auf- 
nahmen, die mehr in den Flüssigkeiten suspendiert als gelöst schienen. 
Es war auch in der That nicht möglich, ein Ätherextrakt damit 
an seinem scharfen Geschmack zu erschöpfen. Es mufste daher zu- 
nächst das Verhalten des Ätherextraktes gegen Alkalien in das Be- 


120 Th. Pabst. Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


reich der Betrachtungen gezogen werden, wobei Ammoniak zunächst 
nicht mit berücksichtigt werden sollte. Das Ätherextrakt löste sich 
in konzentrierter Natron- und Kalilauge vollständig klar auf und 
blieb auch bei starker Verdünnung fast gänzlich klar, Ebenso ver- 
hielt es sich alkoholischer Kali- und Natronlauge gegenüber. In 
beiden Fällen war ein Verschwinden oder ein schwächeres Auftreten 
des scharfen Geschmackes nicht zu bemerken. Selbst eine wieder- 
holte Behandlung mit alkoholischer Kalilauge, die so ausgeführt 
wurde, dafs der auf dem Dampfbade verdunstete Alkohol jeweilig 
wieder ersetzt wurde, schien ohne Einwirkung auf den scharfen Ge- 
schmack zu bleiben. Es resultierte wenigstens bei dieser Behandlung 
ein äulserst scharf schmeckendes Produkt, das in Wasser noch immer 
klar löslich war. Um hieraus das freie Ätzkali zu eliminieren wurde 
die erhaltene Seife in Wasser gelöst und mit Kohlensäure mehrere 
Stunden behandelt. Hierdurch war die vorher klare Lösung voll- 
ständig trübe geworden; ohne indessen auf diese Ausscheidung Rück- 
sicht zu nehmen, wurde sie mit reinem Quarzsand vollständig ausge- 
trocknet. Der Rückstand wurde mit Äther extrahiert, welches beim 
Verdunsten einen dunkelroten, öligen, sehr scharf schmeckenden 
Rückstand hinterliefs, der in allen Lösungsmitteln löslich war. Bei 
wiederholten Versuchen, die Seife mit andern Lösungsmitteln zu be- 
handeln, zeigte es sich, dals Äther das beste Extraktionsmittel war. 
Aceton und Chloroform nahmen einen Teil der Seifen mit auf, während 
Petroläther und Schwefelkohlenstoff sich nicht so wirksam erwiesen. 
Da nun zunächst die fixen Ätzalkalien eine tiefer gehende Veränderung 
des scharfen Stoffes nicht zu bewirken schienen, wurden Seifen des 
Ätherextraktes mit dem überschüssig zugesetzten Alkali, d. h. ohne 
vor dem Troknen Kohlensäure einzuleiten, eingetrocknet und bei 
verschiedenen Versuchen mit verschiedenen Mitteln extrahiert. In 
diesem Falle war es nicht möglich, der Seife mit irgend einem 
Lösungsmittel den scharfen Körper vollständig zu entziehen. Äther 
kinterliefs zwar einen dunkelroten Rückstand, der aber bei weitem 
nicht den ausgeprägten scharfen Geschmack hatte, wie dann, wenn 
vor dem Eintrocknen der Seife Kohlensäure eingeleitet wurde. Aus 
absolutem Äther umkrystallisiert, lieferte dieser Rückstand dunkelrote, 
wohl ausgeprägte Krystalle, die zwar etwas scharf schmeckten, aber 
nicht den scharfen Körper selbst darzustellen schienen. Es darf 
hier nicht unerwähnt bleiben, dafs bei der Verseifung das Äther- 


Th. Pabst. Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 121 


extrakt, wie es durch Extraktion der Früchte erhalten war, direkt 
verwendet wurde, und dafs diese hier auftretenden krystallinischen 
Abscheidungen, wie später unter „Farbstoff“ gezeigt werden soll, 
teils diesem als Zersetzungsprodukt, teils einem andern cholesterin- 
artigen Körper zu entstammen scheinen. Dieser letzte Versuch wurde 
unternommen in der Erwägung des Umstandes, dafs vielleicht die 
Kohlensäure imstande sei, aus der Seifenlösung Stoffe säureähnlichen 
Charakters abzuscheiden, welche bei der Extraktion der Seifen mit 
Äther den scharfen Körper verunreinigten. Es zeigte sich aber durch 
diesen Versuch, dals es gerade der scharfe Stoff selbst zu sein 
schien, welcher aus der Seifenlösung durch Kohlensäure abgeschie- 
den wurde. 

Da aber wohl angenommen werden mufste, dafs die bei der Ver- 
seifung angewandte alkoholische Kalilauge, wenn auch nicht auf den 
scharfen Körper selbst, so doch auf gewisse andere Körper in dem 
ätherischen Extrakte eine zersetzende Wirkung ausüben mulste, und 
da durch diese Verseifung keineswegs Produkte erhalten wurden, die 
einen einheitlichen Körper darzustellen schienen, so mufste nunmehr 
das Verhalten des ätherischen Extraktes 90 Proz. Alkohol gegenüber 
bei der Isolierung in Anwendung gezogen werden. Noch besser als 
90 Proz. Alkohol war Methylalkohol. Es gelang nämlich hiermit das 
ätherische Extrakt von seinem scharfen Stoffe durch wiederholtes Aus- 
schütteln vollkommen zu befreien, während eine dunkelrote, bei auf- 
fallendem Lichte schwarze, harzige Masse zurückblieb. Die Lösung 
in Methylalkohol war indessen keineswegs farblos, sondern ebenfalls 
tief dunkelrot gefärbt; sie hinterliefs nach der Destillation des Me- 
thylalkohols ein dunkles, in dünnen Schichten rot durchscheinendes 
Öl, das den scharfen Geschmack im ausgeprägtesten Malse besals. 
Dieses aus dem Methylalkohol erhaltene Produkt enthielt augen- 
scheinlich den scharfen Körper in einem konzentrierterem Zustande 
als das anfängliche Ätherextrakt. Thresh führt bei seiner Charakte- 
ristik des sogenannten Capsaicins unter anderem an, dafs dasselbe bei 
212 bezüglich 240° F. zu sublimiren begänne. Auf Grund dieser An- 
gabe mulste es möglich sein, unter vermindertem Drucke, dasselbe 
bei viel niedriger liegender Temperatur zur Sublimation zu bringen, 
vorausgesetzt, das Capsaicin in dem Zustande in den Früchten vor- 
kommt, in welchem Thresh es erhalten hat. Der Versuch, der mit 
ungefähr 20 g des aus Methylalkohol erhaltenen Produktes aus einer 


122 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


kleinen in einem Ölbade befindlichen Retorte unter vermindertem 
Drucke vorgenommen wurde, zeigte zwar, dals in der That bei 
1609 C. eine ölige Flüssigkeit destillierte, die schon im Retortenhalse 
rest zu werden begann. Nachdem die Destillation 12 Stunden unter 
den angeführten Bedingungen unterhalten war, wurde dieselbe unter- 
brochen. Es befand sich in dem Retortenhalse ungefähr ein Gramm 
Substanz, die in Äther gelöst zur Kıystallisation beiseite gestellt 
wurde. Der Rückstand in der Retorte wurde einer näheren Unter- 
suchung unterzogen, nachdem festgestellt war, dals eine höhere 
Temperatur, ohne eine Zersetzung befürchten zu müssen, nicht ange- 
wandt werden durfte. Die Untersuchung des Rückstandes ergab, dafs der- 
selbe den scharfen Köper noch in grofser Menge enthielt. Das Destilla- 
tionsprodukt aber, welches allerdings etwas scharf schmeckte, schien 
zum grölsten Teile aus Fettsäuren zu bestehen, die bei der Destillation 
ein wenig des scharfen Körpers mit übergerissen zu haben schienen. 

Da dieser Sublimationsversuch keineswegs ein günstiges Resultat 
lieferte, aber das aus dem Methylalkoholauszuge erhaltene Pro- 
dukt sicher kein einheitlicher Körper war, ferner dasselbe in allen 
Lösungsmitteln gleich löslich war, und endlich auch Krystallisations- 
versuche aus den verschiedensten Flüssigkeiten und unter Anwen- 
dung starker Kältegrade nicht zum Ziele führten, mufsten nochmals 
die Versuche auf dem Wege der Verseifung weitergeführt werden. 
Allein die Resultate, die unter Berücksichtigung der Dauer der Ver- 
seifung, wie der im Verhältnisse zu dem Extrakte angewendeten 
Menge des Ätzkalis erhalten wurden, waren von denjenigen durch 
nichts unterschieden, die bei der Verseifung des ursprünglichen 
Ätherextraktes auftraten. Die Thatsache indessen, dafs bei dem 
Sublimationsversuche feste Fettsäuren überdestillierten, gab zu be- 
denken, ob dieselben nicht im freien Zustande in dem Methylalkohol- 
auszuge enthalten waren. War dies der Fall, so mulste derselbe 
mit Baryt und Bleisalzen reagieren. Die Vermutung fand sich be- 
stätigt, und zwar war das Ergebnis um so günstiger, als sich kon- 
statieren liefs, dals die Abscheidung des Bleisalzes in der Kälte fast 
quantitativ erfolgte, und ohne dem scharfen Körper irgendwie in 
Mitleidenschaft zu ziehen. Für die Anwesenheit von freien Fett- 
säuren sprachen auch die Ergebnisse, die bei den Verseifungsver- 
suchen des aus Methylalkohol erhaltenen Produktes mit Baryum- 
hydroxyd und Magnesiumoxyd erhalten waren. 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 123 


Die bei diesen Versuchen erhaltenen, von dem scharfen Körper 
befreiten Seifen wurden gelegentlich ebenfalls einer orientierenden 
Untersuchung unterzogen. Nachdem die Frage, ob flüchtige Fettsäuren 
darin enthalten seien, verneint werden mulste, vielmehr die An- 
wesenheit nicht flüchtiger Fettsäuren konstatiert war, blieb noch die 
Frage offen, ob nicht Glieder der Ölsäurereihe in dem Gemische vor- 
handen seien. Die Untersuchung stützte sich auf die Fähigkeit der 
Glieder der Ölsäurereihe, in Äther lösliche Bleisalze zu bilden. Das 
Resultat, welches dabei erhalten wurde, mülste diese Frage bejahen. 

Auf Grund dieser orientierenden Versuche wurden nunmehr 
750 g ätherisches Capsicumextrakt in Arbeit genommen. Der voll- 
kommenen Beseitigung des Äthers folgte unmittelbar die wiederholte 
Extraktion des ätherischen Extraktes mit Methylalkohol bei gewöhn- 
licher Temperatur. Die erste Extraktionsflüssigkeit war tief dunkelrot 
gefärbt, die zweite, dritte und vierte hatte eine immermehr abnehmende 
Farbenintensität. Der fünfte Auszug schmeckte noch etwas brennend, 
war aber am wenigsten gefärbt. Der Rückstand, welcher, wie später 
dargethan wird, fast nur den reinen Farbstoff repräsentierte, schmeckte 
nur noch im geringen Grade brennend. Die Menge desselben betrug 
ungefähr 50—60 Proc. des ganzen Extraktes. Dieses Verhalten des 
Methylalkohols dem ätherischen Extrakte gegenüber, nämlich, dafs 
der erste Auszug so ungemein gefärbt war, während die folgenden 
immermehr an Farbenintensität abnahmen, schien darauf hinzu- 
deuten, da entweder ein anderer für sich rot gefärbter Körper von 
dem Methylalkohole aufgenommen wurde, oder dafs die Löslichkeit 
des Farbstoffes durch die Anwesenheit des scharfen Körpers, der 
Fettsäuren oder noch unbekannter Stoffe eine besondere Unter- 
stützung erfuhr. 

Von den vereinigten Auszügen wurde die grölste Menge des 
Methylalkohols durch Destillation entfernt. Aus der konzentrierten 
Lösung wurden nnter Eiskühlung vermittelst einer Lösung von essig- 
saurem Blei in Methylalkohol die freien Fettsäuren vollständig aus- 
gefällt. Es wurde zur Fällung der Fettsäuren um deswillen ein 
Bleisalz gewählt, weil sich aus den orientierenden Vorversuchen er- 
geben hatte, dafs Olsäure in dem Extrakte zugegen war, und weil 
bei einer etwaigen Untersuchung der Fettsäuren die Bleisalze eine 
Trennung der Ölsäure von den übrigen Fettsäuren direkt ermög- 
lichten. Die Bleisalze der Fettsäuren wurden von der Mutterlauge 


124 Ph. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


durch Filtration getrennt und mit kaltem Methylalkohol ausgewaschen. 
Die Mutterlauge selbst war aber durch überschüssig zugesetztes 
Bleiacetat stark verunreinigt, weiches sich leicht durch eine wässerige 
Lösung von Ammonsulfat vollständig entfernen liefs. Es wurde dabei 
so viel Wasser angewandt, dafs der Methylalkohol vollständig davon 
aufgenommen wurde, während der scharfe Stoff mit seinen Begleitern 
sich unlöslich abschied. Aus diesem Gemisch mufste Äther alles, 
was sich. auf das angewandte ätherische Extrakt bezog, aufnehmen. 
Auch der grölste Teil der aus dem Bleiacetate stammenden Essig- 
säure war in dem Äther enthalten. Um letztere, welche bei den 
folgenden Untersuchungen immerhin störend wirken konnte, zu ent- 
feınen, wurde der Äther wiederum abdestilliert und der Rückstand 
mit destilliertem Wasser einige Male ausgeschüttelt. Das auf diese 
Weise erhaltene Produkt zeigte ein durch Ausscheidung eines festen 
Körpers bewirktes körniges Ansehen. Besondere Versuche zeigten, 
dafs sich derselbe durch Aceton leicht trennen liefs. Eine geringe 
Menge davon nahm das rote Öl mit Leichtigkeit auf, während der 
feste Körper selbst ungelöst blieb. Eine vollständige Abscheidung 
konnnte indessen erst dadurch erreicht werden, dafs das Gemisch 
einige Tage der Winterkälte ausgesetzt wurde. Der ausgeschiedene 
Körper wurde durch Filtration getrennt und mit wenig Aceton ab- 
gewaschen. Die Acetonlösung hinterlie[s nun einen Rückstand, der 
in Äther, Chloroform, Äthylalkohol, Methylalkohol, Eisessig, Benzol, 
Schwefelkohlenstoff und kalter wässriger Kalilauge leicht löslich war. 
Die Lösung in Kalilauge war klar und vertrug jegliche Verdünnung mit 
Wasser ohne Veränderung. Kalter Petroläther indessen löste diesen 
Körper nur teilweise. Der Versuch, auf dieses Verhalten eine weitere 
Trennung zu gründen. mulste, weil kein befriedigendes Resultat er- 
halten werden konnte, aufgegeben werden. 

Die Löslichkeit in allen bekannteren Lösungsmitteln, sowie die 
Schwerlöslichkeit in Petroläther liefs eine weitere Trennung auf 
diese einfache Weise nicht zu. Das säureähnliche Verhalten indessen 
den fixen Alkalien gegenüber legte den Gedanken nahe, dals, wenn 
der Körper ein Gemisch sei, es möglich wäre, ähnlich wie bei den 
festen Fettsäuren durch fraktionierte Fällung einer mit Kalilauge be- 
wirkten wässerigen Lösung mittelst Baryumacetats eine weitere 
Trennung herbeizuführen. Allein die bei diesem mit einer kleineren 
Menge ausgeführten Versuche erhaltenen verschiedenen Fraktionen 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 125 


gaben nach dem Zerlegen mit verdünnter Schwefelsäure einander in 
chemischer und physikalischer Hinsicht völlig gleiche Flüssigkeiten, 
die sich auch von der zur Fällung benutzten in keiner Weise unter- 
schieden. 

Freie feste Fettsäuren konnten nicht mehr zugegen sein, da eine 
konzentrierte alkoholische Lösung weder mit Baryum — noch mit 
Bleiacetat reagierte. Die Anwesenheit freier flüchtiger Fettsäuren 
war ebenfals ausgeschlossen, wie aus einem Destillationsversuche 
hervorging. Aber auch Ester flüchtiger und fester Fettsäuren waren 
in dem Körper nicht enthalten, da einerseits nach der Verseifung 
keine der erwähnten Säuren, andererseits weder Glycerin noch andere 
höhere Alkohole nachzuweisen waren. Da es aber trotzdem noch 
geboten schien, diese Substanz nicht als einheitlichen Körper zu be- 
trachten, und da es denkbar war, dals die freien Fettsäuren und der 
inzwischen zur Abscheidung gelangte feste Körper bei dem ersten 
Sublimationsversuche störend in den Weg getreten seien, wurde zu 
einem erneuten Sublimationsversuche eine grölsere Menge des vor- 
handenen Körpers verwandt. Der Versuch wurde wieder aus einer 
in einem Ölbade befindlichen Retorte mit Vorlage unter stark 
vermindertem Drucke vorgenommen. Nachdem der Inhalt des 
Ölbades 6 Stunden auf einer Temperatur von 150 —1600 C. gehalten 
worden war, befanden sich in der Vorlage ungefähr 2g einer 
wässerigen und einer öligen Flüssigkeit, wovon keine von beiden 
einen scharfen Geschmack besafs. Als die Destillation nachliefs, wurde 
die Hitze auf 240—260° CO. gesteigert, bei welcher Temperatur aber- 
mals eine ölige, durchaus nicht scharf schmeckende Flüssigkeit 
destillierte. Bei 270—290° gingen schwere empyreumatisch riechende 
Dämpfe über, der Rückstand in der Retorte blähte sich auf und 
fing an zu verkohlen, weshalb die Destillation unterbrochen wurde. 
Der Retorteninhalt war sehr beträchtlich, jedoch gänzlich verändert. 
Seinen scharfen Geschmack hatte er vollständig verloren. 

Die Methoden der Isolierung des sogenannten Capsaieins, welche 
Thresh und A. Meyer benutzten, in Anwendung zu ziehen, war 
bis jetzt vermieden worden, weil beide eine äulserst geringe Aus- 
beute erzielt hatten. Da es aber nicht unmöglich schien, dafs nach 
Beseitigung des Farbstoffes, der freien Fettsäuren und eines bis jetzt 
unbekannten festen Körpers auf demselben Wege eine bessere Aus- 
beute zu erzielen sei, so sollte jetzt das Verfahren beider Autoren 


126 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


eine besondere Berücksichtigung erfahren. Es wurde daher eine 
kleinere Menge des scharfen Körpers in verdünnter Kalilauge gelöst 
und in diese Lösung Kohlensäure eingeleitet. Anfänglich blieb die 
Flüssigkeit vollständig klar, nach erfolgter Sättigung aber war sie 
vollständig trübe geworden. Eine Filtration war nicht zulässig, sie 
wurde zum Absetzenlassen beiseite gestellt. Am andern Tage war 
die Flüssigkeit vollständig klar geworden und auf ihrer Oberfläche 
befand sich ein dickes, rotes Öl, welches keine Spur von Krystalli- 
sationsvermögen zeigte. Dieser Weg, das sogenannte Capsaiein in 
Krystallen zu gewinnen, war nicht genau derselbe, welchen Thresh 
und Meyer einschlugen, da bei der vorherigen Reinigung ein schein- 
bar wesentliches Moment aulser Acht gelassen war: nämlich das 
Lösen des roten Öles in Mandelöl und die Extraktion der Mischung 
mit Alkohol. Die Ansicht also, dafs ein verhältnismäfsig ebeno reiner 
Körper, wie ihn Thresh und Meyer aus dem Mandelölgemisch und 
Alkohol erhalten hatten, in Anwendung gezogen sei, schien durch 
dieses negative Resultat widerlegt. Es drängte sich daher die Über- 
zeugung auf, dafs die Reinigung durch Mandelöl und Alkohol nicht 
zu umgehen sei. Thresh giebt kein genaues Mengenverhältnis an, 
mit welchem er arbeitete. Meyer aber berichtet, dafs er 20% 
Ätherextrakt in 40 g Mandelöl gelöst habe, und dafs er dieses Ge- 
misch mit 70 Proz. Alkohol extrahiert habe. Bei einem erneuten 
Versuche wurde das von Meyer angegebene Mengenverhältnis und 
der Prozentgehalt des Alkohols genau beobachtet. Zuerst machte 
sich die Thatsache bemerkbar, dafs die in dem Mandelöl gelöste 
Substanz diesem durch 70 Proz. Alkohol fast vollständig wieder ent- 
zogen werden konnte. Alsdann konnte nur konstatiert werden, dass 
auch in diesem Falle die in Kalilauge gelöste Substanz aus derselben 
durch Kohlensäure fast vollständig als rote, amorphe, flüssige Masse 
wieder abgeschieden werden konnte. Selbst eine mehrmalige Wieder- 
holung dieses Verfahrens und ein monatelanges Stehenlassen brachte 
kein besseres Ergebnis. Auch aus Alkohol und Äther schied sich 
das auf diese Weise erhaltene Produkt in keiner Weise krystallinisch 
ab. Die Vermutung, dafs beide Autoren die Kohlensäure nicht bis 
zur vollkommenen Sättigung der Kalilauge eingeleitet hatten, lag 
nahe. Ein Versuch, der nach dieser Richtung hin ausgeführt wurde, 
lieferte leider kein besseres Resultat. Es erübrigte noch den von 
Thresh eingeschlagenen Weg, nämlich mit Hülfe von Ammonium- 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 127 


chlorid aus einer alkalischen Lösung das sogenannte Capsaiecin 
krystallinisch zu erhalten, in Anwendung zu bringen. Die Hoffnungen, 
welche sich hieran knüpften, aber fanden ebenso wenig ihre Er- 
füllung wie bei dem vorigen von Thresh und Meyer zugleich an- 
gewendeten Verfahren. 

Da nun auf keinem der oben beschriebenen Wege der scharfe 
Stoff anders als ein roter, amorpher, halbflüssiger Körper erhalten 
werden konnte, da weder durch Aluminiumhydroxyd, noch durch 
Bleihydroxyd in alkoholischer Lösung, auch nicht durch Tierkohle, 
aulser unter grolsem Verluste eine Entfärbung möglich war, da 
ferner die Frage, ob Stickstoff darin enthalten sei, verneint werden 
mulste, so schien es interessant, zu erfahren, in welchem Verhältnisse 
die übrigen Elemente darin vorkamen. Die Analyse des aus Kali- 
lauge durch Kohlensäure erhaltenen bei 60 "im Wasserstoffstroma 
getrockneten Körpers lieferte folgende Zahlen: 

1) 0,1330 Substanz lieferten 0,1310 H20O und 0.3552 CO», 
2) 0,1868 Substanz lieferten 0,1310 H20 und 0,3653 COa2. 


1 iuE 
also in Proz.: H 10.94. 10.70. 
© 72.84. 72.92. 


Auf das säureähnliche Verhalten, d. h. auf die Analyse einiger 
Salze eine annähernde Bestimmung der Molekulargröfse gründen zu 
können, schien nicht unmöglich, wenn man von der Voraussetzung 
ausging, dafs der Körper einheitlicher Natur sei. Es wurde daher 
der Versuch gemacht, die Baryt-, Blei- und Kupferverbindungen, 
welche durch Fällen einer wässrigen fast neutralen Lösung des 
Körpers in Kalilauge mit Blei-, Baryum- und Kupfer-Acetat dar- 
gestellt wurden, zu analysieren. Erwähnt mufs jedoch werden, dals 
die trocknen wohi ausgewaschenen Verbindungen vor der Analyse 
durch Lösen in Äther und Filtration dieser Lösung gereinigt wurden. 
Das Blei, das Kupfer und der Baryt wurden in diesen Verbindun- 
gen nach dem Verfahren, wie es bei der Analyse der testen Fett- 
säuren angewendet wird, bestimmt. Die Untersuchung hatte folgen- 
des Ergebnis: 

Barytsalz: 0,4876 Substanz gab. 0,1336 Ba 504. 
Bleisalz: 0,7724 Substanz gab. 0,2530 Pb 304. 

Berechnet man nun aus dieser prozentischen Zusammensetzung 

der Baryt- und Bleiverbindung die Molekulargrösse einer einba- 


128 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


sischen Säure, so ergiebt sich für das Barytsalz die Zahl 357 und 
für das Bleisalz die Zahl 359. 

Die Analyse der Kupferverbindung ergab ein von diesen Zahlen 
erheblich abweichendes Resultat. Ebenso können die Zahlen 357 
und 359 leider mit den Gröfsen, die durch die Elementaranalyse 
derselben Säure erhalten wurden, nicht in Einklang gebracht 
werden, so dafs die Aufstellung einer Formel bisher unmöglich scheint. 


IH. Die freien Fettsäuren der Frucht. 

Schon bei der Darstellung des scharfen Körpers wurde der An- 
wesenheit freier Fettsäuren in den Früchten von Capsicum 
annuum Erwähnung gethan. Sie schienen mit dem scharfen 
Körper innig gemengt zu sein; es war aus diesem Grunde schon 
interessant zu erfahren, was für Säuren als Begleiter des scharfen 
Stoffes in dem aus dem methylalkoholischem Auszuge mittelst Blei- 
acetat bewirkten Niederschlage enthalten seien. Bei der Unter- 
suchung desselben brauchten die flüchtigen Fettsäuren keine Berück- 
sichtigung zu erfahren, weil die Vorversuche bereits die Abwesenheit 
derselben bewiesen hatten. Dagegen war durch dieselben aber 
wahrscheinlich gemacht, dafs Ölsäure in dem Niederschlage enthalten 
sei. Um dieselbe von den übrigen Fettsäuren zu trennen, wurde der 
Bleiniederschlag wiederholt mit Äther in der Wärme extrahiert. Aus 
dieser ätherischen Lösung wurde die freie Ölsäure durch Salzsäure 
abgeschieden; nachdem sie noch durch Auflösen in Kalilauge, 
Aussalzen mit Chlornatrium und Zerlegen der Seife mit verdünnter 
Schwefelsäure gereinigt war, wurde dieselbe in ihr Barytsalz über. 
geführt. In einem Theile derselben wurde der. Baryt bestimmt; die 
Analyse gab folgendes Resultat: 

0.02760 angewandte Substanz gab 0,0915 Ba SO4. 

Auf ölsaures Baryum berechnet sich 


der Gehalt an Baryum auf . .. ...... „2 A9opprae: 
gefunden . . . \ 2. SALGMEDIEIERNE 


Aus einem andern Teile de Bir ktenlzeh wurde die freie Säure 
abgeschieden, welche durch wenig salpetrige Säure in die feste 
Blaidinsäure übergeführt werden konnte. 

Durch die Löslichkeit des Bleisalzes in Äther, durch die Ana- 
Iyse des Barytsalzes und durch die Überführbarkeit in die feste 
isomere Elaidinsäure schien diese Säure hinlänglich charakterisiert, 
um mit der Ölsäure indentifiziert werden zu können. 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 129 


Die Bleisalze der übrigen Fettsäuren wurden mit verdünnter 
Schwefelsäure zerlegt. Das auf diese Weise erhaltene Produkt 
war ziemlich unrein. Die Säure mufste durch Überführen in ihr 
Kalisalz, Aussalzen mit Chlornatrium und Zerlegen der Seifen mit 
verdünnter Schwefelsäure erst wiederholt gereinigt werden. Ihre 
alkoholische Lösung wurde mit Tierkohle entfärbt. Sie hinterliefs 
beim Verdunsten eine krystallinische Masse, welche bei 45° ©. schmolz. 
Eine kleine Menge davon in das Barytsalz übergeführt, gab bei der 
Bestimmung des Baryums in dem Salze folgenden Wert: 


Baryumsalz: 0,2246 gaben 0,0786 Ba SO4, in Proz.: 20,61 Proz. 


Nach dieser orientierenden Analyse konnte eine Säure von 16, 
17 oder 18 Kohlenstoffatomen vorliegen; allein ihr niedriger Schmelz- 
punkt war mit keiner in Einklang zu bringen. Obwohl der Versuch 
durch fraktionierte Krystallisation aus Alkohol, eine Trennung ver- 
schiedener Säuren herbeizuführen, mifslungen war, weil keine kon- 
stanten Schmelzpunkte erhalten werden konnten, so deutete dennoch 
das Milsverhältnifs, welches zwischen dem Schmelzpunkte und dem 
Gehalte des Barytsalzes an Baryum obwaltete, darauf hin, dafs hier 
noch ein Gemisch vorlag. Es wurde daher zur weiteren Trennung 
der Säuren das Verfahren der fraktionierten Fällung mit Baryum- 
acetat eingeschlagen. Die alkoholische Lösung wurde mit Ammoniak 
neutralisiert und daraus fünf Fraktionen abgeschieden. 


I. Fraktion. 
Analyse des Barytsalzes: 
a) 0,3942 Salz gab 0,1316 BaSO4 
b) 0,4701 Salz gab 0,1546 BaS0.. 
19,62 Proz. Ba. 19,33 Proz. Ba. 
Der Schmelzpunkt dieser Säure lag bei 69° CO, 


IH. Fraktion, 


Analyse des Barytsalzes: 
0.0980 Salz gab 0,0321 BaSO4 Proz.: 20,27 Ba. 
Der Schmelzpunkt lag bei 55° C. 


III. Fraktion. 
Analyse des Barytsalzes: 
0,4038 Salz gab 0,1452 BaSO4, Proz: 21,11 Ba. 
Der Schmelzpunkt lag bei 62° C. 


IV. Fraktion. 
Der Schmelzpunkt lag bei 61,50 C. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds., 2. Heft. 9 


130 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


V. Fraktion. 


Analyse des Barytsalzes: 
0.2266 Salz gab 0,0810 Ba SO4, Proz.: 21,01 Ba. 
Der Schmelzpunkt lag bei 62,50 ©. 


Für Stearinsäure berechnet sich der Prozentgehalt an Ba. auf 
19,48, für Palmitinsäure auf 21,17. 

Wenn wir hiernach den Prozentgehalt der verschiedenen Frak- 
tionen an Baryum mit dem für Stearinsäure und Palmitinsäure be- 
rechneten vergleichen und diesen mit der für die freien Säuren 
gefundenen Schmelzpunkten in Beziehung bringen, so ergiebt sich: 
dafs die erste Fraktion das Barytsalz der Stearinsäure darstellt. Die 
zweite Fraktion ist augenscheinlich ein Gemisch der Baryumsalze 
der Stearinsäure und der aus den folgenden Fraktionen sich ergeben- 
den Säure. Die dritte, vierte und fünfte Fraktion repräsentieren 
das Barytsalz der Palmitinsäure.. Von der vierten Fraktion wurde 
nur der Schmelzpunkt bestimmt. 

Wie ebenfalls bei der Darstellung des scharfen Stoffes bereits 
erwähnt wurde, hatte sich aus der methylalkoholischen Lösung der- 
selben, nach Beseitigung der freien Fettsäuren ein fester, krystal- 
linischer Körper abgeschieden, dessen vollkommene Trennung von 
dem scharfen Körper erst durch Aceton gelang. Die Reinigung 
dieses Körpers wurde leicht durch wiederholtes Umkrystallisieren 
desselben aus siedendem Eisessig erreicht. Er stellte so eine wachs- 
ähnliche, perlmutterglänzende, schneeweilse Masse dar. 


Die Analyse desselben hatte folgendes Resultat: 


0,1202 Substanz gaben er nn ü 


also 57 12.10 Proz. 

Dieser Körper löste sich in konzentrierter Schwefelsäure mit 
roter Farbe auf; Chloroform, welches mit der Lösung geschüttelt 
wurde, nahm dieselbe Farbe an. Bei auffallendem Lichte zeigte 
sowohl die Schwefelsäure, wie das Chloroform schön grüne Fluor- 
escenz. Wurde das Chloroform in eine Porzellanschale gegossen, 
so trat zunächst eine blaue Färbung auf, welche dann in eine grüne 
und schliefslich in eine grüngelbe überging. Die Reaktion ist charak- 
teristisch für Cholesterin. Allein das abweichende Resultat der 
Elementaranalyse und der bei weitem höher liegende Schmelzpunkt, 
welcher bei dem vorliegenden Körper bei 270° C. gefunden wurde, 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Cups. ann. 131 


und welcher für Cholesterin sich hei 145° C. angegeben findet, ge- 
statten nicht, ihn ohne weiteres mit Cholesterin zu identifizieren. Die 
charakteristische Reaction erlaubt aber die Annahme, dafs in dem- 
selben ein Ester des Cholesterins vielleicht vorliegen dürfte. Eine 
eingehende Untersuchung dieses Körpers hat bis jetzt auch wegen 
der geringen Ausbeute noch nicht stattfinden können. 


IV. Der Farbstoff der Frucht. 

Auch dieser Farbstoff ist gelegentlich der Beschreibung der 
Darstellung des scharfen Körpers bereits erwähnt worden. Er ist 
in Methyl und Äthylalkohol fast unlöslich, und bildet daher den 
Hauptbestandteil des Rückstandes, der bei der Extraktion des 
ätherischen Extraktes durch Methylalkohol resultierte. Immerhin ist 
aber auch der scharfe Körper stets rot gefärbt, und da es in der 
vorliegenden Arbeit nicht gelungen ist, den scharfen Körper voll- 
ständig farblos zu erhalten, so schien es interessant zu erfahren, ob 
der innige Begleiter des scharfen Körpers, der die rote Farbe des- 
selben bedingt, mit dem übrigen in den Früchten vorkommenden 
Farbstoffe identisch sei: eine Thatsache, die aus dem völlig gleichen, 
weiter unten angegebenen optischen Verhalten geschlossen werden 
darf. Zu gleicher Zeit mulste aber auch die Frage interessant er- 
scheinen, ob dieser Farbstoff sich in chemischer und physikalischer 
Beziehung andern in Blüten und Früchten vorkommenden roten 
Farbstoffen, speziell dem Carotin, anreihte. 


Aut Grund bereits von anderer Seite voraufgegangener Arbeiten, 
sollte daher auch der Farbstoff der Früchte von Capsicum 
annuum eine chemische und eine damit verbundene optische 
Untersuchung erfahren. Die chemische Untersuchung stützt sich 
auf die Erkennung der bei der Verseifung auftretenden Produkte; 
die optische Untersuchung auf die vor und nach der Verseifung auf- 
tretenden Lagen der Absorptionsstreifen und Absorptionsbänder im 
Spektrum. 


Die Verseifung des Farbstoffes geschah mit 20 prozentiger alko- 
holischer Kalilauge. Aus der trocknen Seife liels sich ein Teil des roten 
Farbstoffes nnd ein schön krystallisierender Alkohol, der sich durch 
die Reaktion mit konzentrierter Schwefelsäure und Chloroform als 
ein Cholesterin zu erkennen gab, abscheiden. Desgleichen wurde 
durch Zerlegen der Seifen mit verdünnter Schwefelsäure das Vor 

g9*# 


132 Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d. Früchte v. Caps. ann. 


handensein von Fettsäuren nachgewiesen. Eine nähere Charakteristik 
des Alkohols sowohl, als eine Trennung der Fettsäuren ist bis jetzt 
nicht ausgeführt worden. 

Die optische Untersuchung des Farbstoffes fand mit einer 
einprozentigen ätherischen Lösung statt. Die ätherischen Lösungen 
des scharfen Körpers und des nach der Verseifung auftretenden 
Farbstoffes konnten wegen der Anwesenheit anderer Substanzen 
nicht gewichtsprozentisch hergestellt werden. Um aber einen an- 
nähernd gleichen Wert zu bekommen, wurden beide Lösungen auf 
gleiche Farbenintensität mit der zuerst erwähnten einprozentigen 
Lösung angestellt. Der Farbstoff zeigte ein Absorptionsband und 
einen Absorptionsstreifen. Das erstere dehnte sich über das ganze 
Violett und Blau aus und ragte bis ins Grün hinein, so dals sämt- 
liche Strahlen des Spektrums bis zu 4 580 u!) absorbiert waren, 
Der Absorptionsstreifen befindet sich im Rot, und die Mitte desselben 
befindet sich bei 4 652 au. 

Ein ganz gleiches Verhalten zeigte der scharfe Körper. Sein 
Absorptionsstreifen liegt ebenfalls bei 4 652 ««, sein Absorptionsband 
ragt aber vor bis 4 570 au. 

Anders verhält sich der Farbstoff, wie er nach der Verseifung 
erhalten wurde. Der Absorptionsstreifen im Rot tritt nicht mehr 
auf, während das Absorptionsband desselben ebenfalls bis #580 «u 
reicht. 

Die gleiche Lage des Absorptionsstreifens bei 4 652 #« für den 
Farbstoff sowohl, wie für den scharfen Stoff gestatten die Annahme, 
dafs der innige Begleiter des scharfen Stoffes, welcher dessen rote 
Farbe bedingt, mit dem übrigen in den Früchten vorkommenden 
Farbstoffe indentificiert werden darf. Wenngleich die Lage des Ab- 
sorptionsstreifens des vorliegenden Farbstoffes nun um ein geringes 
von dem abweicht, welchen andere rote Farbstoffe von Blüten und 
Früchten, die unter dem Namen Carotin zusammengefalst werden, 
gaben, so erlaubt diese Thatsache doch nicht, ihn mit diesem Carotin 
als vollständig identisch zu bezeichnen. Indessen sprechen die bei 
der Verseifung auftretenden Produkte und das Verschwinden des Ab- 
sorptionsstreifens nach der Verseifung einerseits für eine nahe Ver- 
wandtschaft mit dem Carotin; andererseits findet dadurch die Be- 


1) Nach Angstroem. 


Th. Pabst, Zur chem. Kenntnis d, Früchte v. Caps. ann. 133 


hauptung, dafs die Farbstoffe der Blüten und Früchte Cholesterinester 
der Fettsäuren seien, eine neue Stütze. 


Das Auftreten eines höheren Alkoholes bei der Verseifung des 
Farbstoffes ist soeben erwähnt worden. Ob dieser allein mit den 
ebenfalls bei der Verseifung auftretenden Säuren in dem Farbstoffe 
enthalten ist, oder ob noch andere niedrigere Alkohole, speziell das 
Glycerin in demselben vorkommen, mulste von besonderem Interesse 
sein. Deshalb wurden die bei der Verseifung des Farbstoffes und 
bei der Abscheidung der Fettsäuren sich ergebenden wässrigen 
Mutterlaugen speziell auf Glycerin nach bekannten Methoden unter- 
sucht. Es traten indessen trotz einer wiederholten Reinigung durch 
eine Äther- Alkoholmischung noch immer so unreine Produkte auf, 
welche einen unzweifelhaften Nachweis des Glycerins ungemein er- 
schwerten, dafs schliefslich eine Reinigung durch Destillation unter 
vermindertem Drucke aus einem Luftbade vorgenommen werden 
mulste. Das Destillationsprodukt, welches allerdings nur aus einigen 
Tropfen bestand, gab aber nunmehr sowohl durch die Kupfer- als 
auch durch die Acroleinreaction unzweifelhaften Aufschlufs über die An- 
wesenheit des Glycerins. Es muls indessen besonders darauf hinge- 
wiesen werden, dafs die Menge des Glycerins im Verhältnisse zu der 
in Arbeit genommenen Menge des zu untersuchenden Körpers eine 
äufserst geringe war. Aus den im Obigen niedergelegten Resultaten 
dürfte als besonders beachtenswert hervorgehoben werden: 


1. Alkaloid. Der alkaloidartige Körper, welcher bei der 
Untersuchung der Früchte von Capsicum annuum in Spuren aut- 
tritt, ist nicht als normaler Bestandteil der Früchte zu betrachten, 
sondern ist ein Zersetzungsprodukt, welches mehr oder weniger beim 
Lagern der Früchte oder auch während der Einwirkung der ver- 
schiedenen chemischen Agentien entsteht. 


2. Der scharfschmeckende Stoff, das sogenannte „Capsaicin“ 
charakterisiert sich in seinem Verhalten gegen Alkalien, alkalische 
Erden und gegen Salze anderer Metalle als eine amorphe Säure, 
(Harzsäure) welche mit einem roten Farbstoffe innig gemischt ist. 
Wenngleich eine Beseitigung dieses Farbstoffes weder durch Tier- 
kohle noch durch andere Hülfsmittel erreicht werden konnte, so mufs 
doch vorerst unentschieden bleiben, ob die Moleceln der Säure in 
einem chemischen Zusammenhange mit demselben stehen, oder ob 


134  E. Merck, Zur Kenntnils d. Nebenalkaloide d. Belladonna. 


die rote Farbe nur einer gelegentlichen Beimengung des in grolser 
Menge in den Früchten vorhandenen Farbstoffes zuzuschreiben ist. 

3. Die Frucht enthält mit dem scharfen Stoffe innig gemengt 
freie Fettsäuren, die als Oelsaure, Stearinsäure und Palimtinsäure 
charakterisiert wurden. 

4. Farbstoff. Obschon der rote Farbstoff mit der als Carotin 
bezeichneten Verbindung nicht vollständig identifiziert werden konnte, 
so sprach doch das Resultat, welches bei der Verseifung desselben 
erzielt wurde, für die bereits früher aufgestellte Behauptung, dafs 
die Farbstoffe der Blüten und Früchte als Cholesterinester der Fett- 
säuren, anzusprechen sind. 


Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen Labora- 
torium der chemischen Fabrik von E. Merck in 
Darmstadt. 

(Eingegangen den 1. 2. 1892.) 

l. Zur Kenntniss der Nebenalkaloide der Belladonna. 
Erste Mitteilung. 

Soweit bis jetzt bekannt ist, sind in dem Rohbelladonnin (der 
Mutterlauge, welche bei der Atropindarstellung kein krystallisier- 
bares Alkaloid mehr liefert) Atropamin, Belladonnin und Hyosecin, 
ferner deren Zersetzungsprodukte Tropin und Pseudotropin, sowie 
Tropasäure und deren Derivate, Atropa- und Isatropasäure nach- 
gewiesen. 

Aus den einschlägigen Arbeiten geht hervor, dafs zuerst Lübe- 
kind!) als Belladonnin ein aus Atropa belladonna gewonnenes, aber 
unreines und nicht näher charakterisiertes Alkaloid bezeichnete, 
während Hübschmann?) mit diesem Namen die im Rohatropin ent- 
haltene, gelbe, harzige, die Krystallisation erschwerende Substanz 
belegte. Kraut?) versteht unter Belladonnin ein bisweilen im käuf- 
lichen Atropin vorkommendes Alkaloid, welches durch Einwirkung 
von siedendem Barytwasser nicht oder doch viel weniger leicht als 
Atropin gespalten wird; auf Grund des Analysenmaterials kommt er 
zu der Formel C,s Hs, NO, und später zu C,, Hz, NO,. Buchheim?) 

1) Lübekind, Arch. Pharm. 18, p. 75. 

2) Hübschmann, Schweiz. Zeitschr. Pharm. 1858, p. 128. 


3) Kraut, Ann. Chem. Pharm. 148, p. 236; Ber. XIII, p. 165. 
4) Arch. f. experim. Pathol. 1876, p. 472. 


E. Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna. 135 


welcher zuerst grölsere Mengen dieses Alkaloids in den Händen 
hatte, beschreibt dasselbe als ein harzartiges, gelbes Pulver, das 
beim Kochen mit alkoholischem Kali, aber nicht bei Anwendung von 
Barytwasser in Tropin und Belladonninsäure zerfällt; das saure 
Spaltungsprodukt soll weder mit der Tropa- noch Atropasäure 
identisch sein. 

Später haben Ladenburg und Roth!) aus einem Rohbelladonnin, 
das ihnen von der Firma Gehe & Co. zur Verfügung gestellt war, 
nach dem Kochen mit Alkalien eine bei etwa 242° siedende Base 
isoliert, die dem Pseudotropin zwar ähnlich ist, aber nicht damit 
identisch sein soll. Da das Platinsalz (vergl. weiter unten) dieser 
Base die Zusammensetzung eines Oxytropins hatte und als saure 
Spaltungsprodukte nur Tropasäure und deren Derivate Atropa- und 
Isatropasäure erhalten waren, so nehmen die genannten Forscher 
in den Abfalllaugen ein Oxyatropin als präexistirend an. Merling,?) 
welcher bald darauf seine Untersuchungen über dieses Alkaloid (das- 
selbe war ebenfalls aus einem Rohbelladonnin der Firma Gehe & Co. 
isoliert) veröffentlichte, beschreibt dasselbe als einen gelblichen, in 
der Kälte harten und spröden, bei Wasserbadtemperatur sich ver- 
flüssigenden Firniss, welcher in Äther und Chloroform leicht, in 
kaltem, sowie in heissem Wasser sehr schwer löslich ist; die Base 
selbst soll die Zusammensetzung C,, Hs; NO, haben und bei anhal- 
tendem Kochen mit Barytwasser in Tropin und Isatropasäure (neben 
anderen amorphen Säuren) zerfallen. 

Gleichzeitig hat Merling aus dem bezeichneten Rohbelladonnin 
eine Base isoliert, welche mit der von Ladenburg und Roth auf- 
gefundenen identisch ist, von Tropin und Pseudotropin aber ver- 
schieden sein soll. 

Später hat Dürkopf?) aus einem Rohbelladonnin nach Entfernung 
der aus Hyoscyamin etc. bestehenden Verunreinigungen mit Hülfe 
des Goldsalzes beträchtliche Mengen Hyosecin (15 bis 20 °/,) isoliert; 
auf Grund dieser Thatsache hält Dürkopf den Nachweis für erbracht, 
dafs die Base, welche Ladenburg und Roth in den Händen gehabt 
haben, Pseudotropin gewesen sei. Auch dieses Rohbelladonnin 
stammte, wie mir Herr Dr. Dürkopf auf eine Anfrage mitteilt, aus 


1) Ladenburg. und Roth, Ber. XVII, pag. 152. 
2) Merling, Ber. XVIL, p. 381. 
3) Dürkopf, Ber. XXI, p. 3183. 


136  E. Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna. 


der Fabrik von Gehe & Co. Schon damals hat Dr. Dürkopf eine 
aus meiner Fabrik stammende Abfalllauge auf Hyosein hin 
untersucht, aber darin dieses Alkaloid nicht nachweisen 
können. 

Demnach mulste man annehmen, dals in dem sog. Rohbella- 
donnin von Gehe & Co. Abfalllaugen verschiedener Abstammung 
vereinigt waren. Neuerdings gelang es Hesse!), sowohl aus einem 
von ihm selbst dargestellten Rohatropin, als auch aus den dabei 
verbleibenden Mutterlaugen ein Alkaloid zu isolieren, welches 
sich vorteilhaft durch krystallisationsfählige Salze von der 
bisher aus dem Rohbelladonnin gewonnenen Base auszeich- 
nete. Hesse konnte nachweisen, dafs sich dieses als Atropamin be- 
zeichnete Alkaloid beim Kochen mit Barytwasser, Salzsäure oder 
verdünnter Schwefelsäure in eine andere Modifikation überführen 
lässt und zwar soll diese mit der von Merling erhaltenen Base 
C;, Hs; NO, identisch sein: Bei der Spaltung des Atropamins bezw. 
dessen Modifikation, des Belladonnins, erhielt Hesse neben einem 
Säuregemenge (darunter auch Atropasäure) nicht wie Merling Tropin, 
sondern Pseudotropin. In Anbetracht der grofsen Mengen von 
Atropinlaugen, die mir zur Verfügung stehen, erschien es der Mühe 
wert, meinerseits selbständige Versuche auf diesem Gebiete zu 
machen und die erhaltenen Resultate in meinen Berichten 
zu veröffentlichen. 


Bei der Atropindarstellung wurde als sekundäres Produkt das 
Auftreten einer Base bemerkt, welche sich besonders durch die 
grosse Krystallisationsfähigkeit ihrer Salze auszeichnete und die sich, 
um es gleich vorweg zu sagen, mit dem Apoatropin identisch 
erwies. | 

Die eingehende Untersuchung dieses Alkaloids hat Thatsachen 
ergeben, die sich zum Teil nicht mit den bisher über die Neben- 
alkaloide von Atropa belladonna bekannt gewordene Resultaten 
vereinigen lassen. | 

Geschichtliches. Durch Behandlung von Atropin mit Salpeter- 
säure erhielt Pesci2) eine Base, welche sich durch einen Minder- 


1) Hesse, Apotheker-Zeitung 1890, Nr. 30, Ann. Chem. Pharm. 261. 
pag. 37 u. briefliche Mitteilung. 

2) Pesci, Gazz. chim. 11, p. 547; 12, pag. 287. Beilstein, 2. Aufl. 
III. p. 481. 


E. Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna. 137 


gehalt von 1 Mol. Wasser von dem Ausgangsmaterial unterschied. 
Dieselbe Base, wenn auch nicht in reinem Zustande, wurde von 
Ladenbur g!) synthetisch durch wiederholtes Abdampfen von atropa- 
saurem Tropin mit verdünnter Salzsäure erhalten und Atropa- 
tropein genannt. 

Die wenigen Angaben, welche sich in der Literatur über dieses 
Alkaloid finden, liefsen eine eingehendere Untersuchung wünschens- 
wert erscheinen, 

Das Apoatropin scheidet sich aus Äther in schönen, wohl 
ausgebildeten Krystallen ab, welche in Äther und Alkohol sehr leicht, 
in Wasser sehr schwer löslich sind. Schmelzpunkt 60—62°. 


I. 0,1580 g lieferten 0,4365 g Kohlensäure und 0,1133 g Wasser 
IH. 0,1265 g = 0,3490 g . „ 0,0920 g “ 
Berechnet für: Gefunden: 
C,, H;, NO; T. Ei. 
G=7521 13,34 75,24. 0/, 
H= 7,7 8,00 3,060), 


Das Chlorhydrat lässt sich aus seiner wässrigen Löfung 
durch Chlornatrium aussalzen; cs bildet weilse, glänzende, wasser- 
freie Blättehen, die bei 237—2390 schmelzen und in kaltem Wasser 
mälsig schwer löslich sind. 

I. 0,1666 g lieferten 0,4031 g Kohlensäure und 0,1150 g Wasser 


I. 0,1417 g > 0,3444 g . „ 0,0970 g = 
III. 0,3515 g gaben 0,1688 g Chlorsilber. 
Berechnet für: Gefunden: 
C,, Hs, NO, HC1 E u. III. 
C = 66,34 65,99 66,280), 
H= 7,15 7,66 7,609), 
Cl= 11,54 11,870%, 


Das Bromhydrat bildet lange, hei 230° schmelzende 
Nadeln, welche sich in weilse, glänzende Blättchen um- 
lagern und in kaltem Wasser nur schwer lösen. Eine etwa 3,7 pro- 
zentige Lösung bewirkte keine Ablenkung der Polarisationsebene. 


0,3344 g gaben 0,1814 g Bromsilber 


Berechnet für: Gefunden: 
C,; H5, NO,.H Br. 
Br = 22,78 23,08 09/5 


Das Jodhydrat scheidet sich auf Zusatz von Jodkalium zu 
der wässrigen Lösung des Chlorhydrats in kleinen, weilsen Nadeln. 


1) Ladenburg. Ann. Chem. Pharm. 217, p. 102. 


138  E. Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna. 


ab. Durch Umkrystallisieren aus heifsem Wasser erhält man gut 
ausgebildete Krystalle. 

Das Goldsalz bildet lange, feine, gelbe Nadeln, welche 
in kaltem Wasser sehr schwer löslich sind und bei 110 — 111° 
schmelzen. 

I. 0,1280 g lieferten 0,1565 g Kohlensäure und 0,0420 g Wasser 


I. 0,1377 g = 0,1667 g y „ 0,0480 g 2 
III. 0,1065 g = 0,1299 g 2 „ 0,0367 g 2 
VI. 0,1973 g hinterlie/sen 0,0627 g Gold. 
. Berechnet für: Gefunden: 
C,, Hy, NO,. HC1 Au Cl, Tr IE IH. IV. 
C = 33.38 33,34 33,01 33,260, 
H= 3,60 3,64 3,87 3,820), 
Au = 32,17 31,780), 


Das Platinsalz bildet gelblichweilse, glänzende, wasserfreie 
Schüppchen, die in kaltem Wasser so gut wie unlöslich sind und bei 
212— 214° unter Zersetzung schmelzen. 

0,1496 g hinterlielsen 0,0303 g Platin. 


Berechnet für: Gefunden: 
(C;; Hz, NO, HCl), Pt C1, 
Pt = 20,41 20,250), 


Das Quecksilbersalz bildet in Wasser mälsig lösliche, 
atlasglänzende Blättchen, welche bei etwa 115° sintern und sich bei 
höherer Tempereratur allmählich zersetzen. 

0.3783 g lieferten 0,1534 g Schwefelquecksilber. 


Berechnet für: Gefunden: 
C,, H,, NO,. HCl. Hg Cl, 
Hg = 34,66 34,940, 


Das Zinndoppelsalz scheidet sich auf Zusatz von Zinnchlorür 
zu der Lösung des Chlorhydrats in weissen, atlasglänzenden Blätt- 
chen ab, welche in heissem Wasser leicht löslich sind. 

Das Chromat scheidet sich auf Zusatz von Kaliumbichromat 
zu der wässerigen Lösung des Chlorhydrats in goldgelben, glänzen- 
den Blättchen ab, welche in Wasser ziemlich schwer löslich sind. 

Das Pikrat scheidet sich zunächst in amorphen Flocken ab, 
welche sich rasch in Krystalle umwandeln; es bildet gelbe, verfilzte, 
in kaltem Wasser nur schwer lösliche Nadeln vom Schmelz- 
punkt 166—168°. 


E, Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna. 


Wenn man die Eigenschaften der Apoatropinsalze mit den 
entsprechenden Verbindungen des Atropamins vergleicht, so muls 
man zu der Ueberzeugung kommen, dafs beide Körper iden- 
tisch sind. 

Schmelzpunkte des: 
Atropaminchlorhydrat 236 ® 
= bromhydrat 2300 
2 Goldsalz 1120 
Schmelzpunkte des: 
Apoatropinchlorhydrat 237 — 239 
bromhydrat 2300 
= Goldsalz 110—1110 


Der einzige, ermittelte Unterschied beruht in dem Umstand, 
dals es Hesse nicht gelungen ist, das Atropamin krystallinisch 
zu erhalten. 


Zersetzung des Apoatropins. 
Weitere Aufschlüsse über diese Alkaloide mufste die 
Untersuchung der Spaltungsprodukte des Apoatropins geben. 


Es wurde zunächst versucht, diese Base durch Einwirkung 
von Kalilauge bei Wasserbadtemperatur zu zersetzen; es zeigte sich 
jedoch, dafs das Apoatropin so gut wie gar nicht angegriffen wurde. 
Glatt und vollständig erfolgt die Spaltung, wenn man alkoholische 
Kalilauge anwendet. Aus dem Reaktionsprodukte wurde nach dem 
Verjagen des Alkohols die Spaltungsbase durch Chloroform und nach 
dem Ansäuern die Spaltungssäure durch Äther ausgezogen. 


Die Chloroformlösung wurde mittelst Kaliumkarbonat getrocknet 
und nach dem Abtreiben des Lösungsmittels der Rückstand des- 
tilliert. Dieser siedete von Anfang bis zu Ende bei 227—229° und _ 
erstarrte im Kühlrohr zu einer weissen Krystallmasse. 


Das Platinsalz scheidet sich aus Wasser in wohlaus- 
gebildeten Krystallen ab, welche nach vorgehender Schwärzung bei 
201° schmelzen; denselben Schmelzpunkt hatte unter den gleichen 
Bedingungen Tropinplatin. 

Das Goldsalz bildet gelbe, federförmig vereinigte Krystalle, 
welche den Schmelzpunkt des Tropingolds (206°) zeigen. 


I. 0,1181 g lieferten 0,0853 g Kohlensäure und 0,0409 g Wasser. 
II, 0,1916 g hinterliefsen nach dem Glühen 0,0785 g Gold. 


140 EB. Merck, Zur Kenntnis der Nebenalkaloide der Belladonna. 


Berechnet für: Gefundee: 
C,H, NO.HC1.AuCl, T. 188 
C = 19,96 19,70%), 
kEl=: 93% 3,84 0, 
Au = 40,88 40,97 0), 


Der Siedepunkt der Base, sowie die Eigensnhaften des Gold- 
und Platinsalzes sprechen zweifellos dafür, dafs in der Spaltungs- 
base Tropin vorliegt. 

Hier wäre zunächst ein Hauptunterschied zwischen dem Atro- 
pamin und dem Apoatropin zu constatieren. Hesse hatte bekanntlich 
die Base, welche er durch Zersetzung seines Alkaloids mittelst 
Barytwasser oder Salzsäure erhielt, für Pseudotropin angesprochen 
und zwar auf Grund der Schmelzpunkte des Platin- und Goldsalzes. 
Nach Hesse's Beschreibung krystallisiert das Platinsal zder Spaltungs- 
base wasserfrei und schmilzt bei 186°; das Goldsalz bildet kleine, 
glänzende, konzentrisch gruppierte Blättchen, welche unter Zerset- 
zung bei 195—198° schmelzen. 

Ich kann nun den indirekten Beweis bringen, dals die Hesse’sche 
Spaltungsbase sicher nicht mit dem Pseudotropin identisch ist. 

Um die aus dem Apoatropin erhaltene Spaltungsbase direkt mit 
dem Pseudotropin vergleichen zu können, wurde solches durch 
Spaltung von Hyoscin dargestellt. Die Base siedete glatt bei 241— 243 
(uncorr.), während Ladenburg 240—242° angiebt. 

Das Platinsalz schmilzt nach vorhergehender Schwärzung bei 
211—213° unter Zersetzung und enthält Krystallwasser. 

I. 0,4020 g verloren nach 6 stündigem Trocknen bei 102 bis 1060 0,0100 
g Wasser. 


II. 0,5918 g verloren nach 6 stündigem Trocknen bei 102—1060 0,0140 g 
und nach abermaligem 6stündigem Erhitzen bei 118 bis 120° noch 
0,0005, im ganzen also 0,0145 g Wasser. 


Berechnet für: Gefunden: 
(C3H,;„NO . HC], PtCl, + 2,0 ik II. 
für 1 H,O = 2,47 Proz. 2,48 2,45 Proz. 


Die Platinbestimmungen, welche von dem so getrockneten Salz 
gemacht wurden, ergaben einen zu niedrigen Platingehalt. 


I. 0,1898 g hinterlielsen nach dem Glühen 0,0515 g Platin. 


II. 0,1368 g L n > n 0,0372 g 5 
Berechnet für: Gefunden: 
(C,H,; NO. HC], PtC, + H,O 15 IT. 


Pt = 27.41 27,13 27,18 Proz. 


E. Merck, Zur Keantnis der Nebenalkaloide der Belladonna:. 141 


Ein Versuch, das Salz bei noch höherer Temperatur (150°) zu 
trocknen, mulste als mifslungen bezeichnet werden, da scheinbar 
Zersetzung eintrat. 

Diese Hartnäckigkeit des Pseudotropinplatins, sein Krystall- 
wasser festzuhalten, erklärt auch, warum Ladenburg und Roth sowie 
auch Merling den Platingehalt des Pseudotropinplatins aus Roh- 
belladonnin zu niedrig gefunden und deshalb die wahre Natur 
dieser Base nicht erkannt haben. — 

Nach Liebermann!) soll neuerdings das Pseudotropinplatin 
4 Mol. Krystallwasser enthalten. 


Untersuchung der Spaltungssäure. 


Die Säure, welche in ätherischer Lösung mittelst Chlorcaleium 
getrocknet wurde, hinterblieb beim Verdunsten des Lösungsmittels 
als weilse, krystallinische Masse. Dieselbe wurde in wässerigem 
Alkohol gelöst und schied sich daraus in weilsen, glänzenden Blätt- 
chen vom Schmelzpunkt 105—106° ab. Die Säure mulste nach allen 
ihren Eigenschaften als Atropasäure angesprochen werden. 

0,1775 g lieferten 0,4742 g Kohlensäure und 0,0922 g Wasser. 


Berechnet für: Gefunden: 
C;H,0, 

C = 72,97 12,89 Proz. 

Er. Bil) 5,16 Proz. 


Durch die vorstehende Untersuchung wird der Nachweis er- 
bracht, dafs das Atropamin mit dem Apoatropin identisch ist und 
dafs die in dem Rohbelladonnin der Firma Gehe & Co. vorkommende 
Base vom Siedepunkt 242° nichts anderes ist als Pseudotropin. 

In welcher Beziehung aber das Apoatropin zu dem Belladonnin 
im engeren Sinne steht, das läfst sich heute noch nicht entscheiden; 
ich behalte mir vor, in einer späteren Abhandlung auf diese Frage 
zurückzukommen. 


1) Liebermann, Ber. 24, pag. 2336. 


42 K.Seubert. Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum ete. 


Uber die Gehaltsbestimmung des Ferrum pulve- 

ratum, Ferrum reduetum und Ferrum carboni- 

cum saccharatum nach dem Arzneibuch für das 
Deutsche Reich. 


Von Prof. Dr. Karl Seubert in Tübingen. 


(Eingegangen den 2. III. 1892.) 


Die Pharmacopoea Germanica, Editio altera, von 1882 
hatte für sieben offizinelle Eisenpräparate eine malsanalytische Ge- 
haltsbestimmung vorgeschrieben und zwar für das metallische Eisen 
in den Formen des Ferrum pulveratum und Ferrum reductum, 
sowie für krystallisirtes und entwässertes Ferrosulfat mittelst der 
Chamäleonmethode, für zwei Ferriverbindungen und Ferrum car- 
bonicum saccharatum aber auf jodometrischem Wege. Das 
Arzneibuch für das Deutsche Reich, die dritte Ausgabe der 
Deutschen Pharmakopöe, führt nur noch sechs Eisenpräparate auf, 
welche mafsanalytisch auf ihren Eisengehalt zu prüfen sind und zwar 
nunmehr ausschliefslich jodometrisch. Es sind dies die schon in der 
früheren Ausgabe enthaltenen Ferriverbindungen Ferrum oxy- 
datum saccharatum und Liquor Ferri acetici, zu denen sich 
neu Ferrum citricum oxydatum hinzugesellt, ferner Ferrum 
pulveratum, Ferrum reductum und von Ferrosalzen Ferrum 
carbonicum saccharatum, während die Gehaltsbestimmung von 
Ferrum sulfuricum und Ferrum sulfuricum siccum in Weg- 
fall gekommen ist. Die wesentlichste Änderung haben die Vor- 
schriften zur Prüfung der beiden Formen des metallischen Eisens 
erfahren, insofern hier von der Chamäleonmethode zur jodometrischen 
übergegangen wurde. Als eine grosse Verbesserung ist es zu be- 
zeichnen, dafs von der lästigen Zerstörung der organischen Substanz 
im Ferrum carbonicum saccharatum und Ferrum oxydatum 
saccharatum durch Glühen Abstand genommen wurde, und nun- 
mehr beide, wie auch das neu hinzugekommene Ferrum eitricum, 
unmittelbar in Säuren gelöst werden. Dadurch fällt auch das Auf- 
nehmen des Glührückstandes in Salzsäure und die Oxydation dieser 
Lösung mit Kaliumchlorat fort, eine Operation, welche namentlich 
auch bezüglich der völligen Austreibung des freien Chlors ein ge- 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pnlveratum ete. 143 


schicktes und sorgfältiges Arbeiten verlangte, Die Oxydation des in 
der Lösung von Ferrum carbonicum saccharatum enthaltenen Ferro- 
salzes geschieht nach der neuen Vorschrift mit Kaliumpermanganat, 
ebenso jene der Lösungen von Ferrum pulveratum und Ferrum re- 
ductum. Von weiteren Abänderungen der betreffenden Vorschriften 
ist zu erwähnen, dafs hinsichtlich der Concentration der Lösungen 
bestimmtere Angaben gemacht sind, und dals die Digestion von 
„einer Stunde in gelinder Wärme“ durch eine solche von „einer 
halben Stunde bei einer 40° nicht übersteigenden Wärme“ ersetzt ist. 

Bei Ausführung der Gehaltsbestimmung im Ferrum pulve- 
ratum, Ferrum reductum und Ferrum carbonicum saccha- 
ratum nach dem Arzneibuch für das Deutsche Reich wurden nun 
im hiesigen Laboratorium wiederholt sehr ungenaue Resultate er- 
halten, obschon streng nach der gegebenen Vorschrift verfahren 
wurde. Die gleiche Wahrnehmung ist wohl auch anderwärts schon 
gemacht worden: ich möchte mir aber gestatten, im Nachfolgenden 
über eine Anzahl von Versuchen kurz zu berichten, in denen ich 
diesen Gegenstand näher verfolgt habe. 


l. Ferrum pulveratum. 

Die Resultate der Titrierung fielen hier stets um mehrere (bis 
zu 8 und 9) Prozente zu niedrig aus. 

Nach Vorschrift des Arzneibuchs soll 1 g gepulvertes Eisen in 
etwa 25 cc verdünnter Schwefelsäure gelöst und diese Lösung auf 
100 cc verdünnt werden. 10cc der letzteren, entsprechend 0,1g der 
Eisenprobe, sind nun zunächst behufs Überführung des Ferrosulfates 
in Ferrisalz mit Kaliumpermanganatlösung bis zur schwachen bleiben- 
den Rötung zu versetzen. Nach dem Arzneibuch*) ist hierunter eine 
Kaliumpermanganatlösung (S. 346) zu verstehen, welche durch Auf- 
lösen von 1 Teil Kaliumpermanganat in 1000 Teilen Wasser zu be- 
reiten ist. Der Wirkungswert derselben berechnet sich aus der 


Proportion : 
BE Mn0,2 Wer 122 xe= 1,113, 
315,34 559 
welche aus der bekannten Reaktionsgleichung 
10 Fe SO, + 2 KMnO, + SH, SO, = 
abgeleitet ist. g 


*) Vgl. Vorrede S. X, Zifter 4 


144 K.Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum etc, 


1 Liter der officinellen Kaliumpermanganatlösung entspricht mit- 
hin 1,773 g Eisen, oder 1 cc = 0,001773 g. 
Zur Oxydation von 0,1 g chemisch reinem Eisen wären mithin 


erforderlich Sam —= 56,41 cc der officinellen Chamäleonlösung, für 
ein Präparat von 98 Proz. Eisengehalt aber nn = 55,28 cc. 


Das Gesammtvolum der Lösung steigt hierdurch mindestens auf 
10 + 55,3 = 65,3 ce. 

Nach freiwillig eingetretener oder durch Zusatz einiger Tropfen 
Weingeist bewirkter Entfärbung soll sodann mit 1g Kaliumjodid 
versetzt und eine halbe Stunde bei einer 40° nicht übersteigenden 
Wärme im geschlossenen Gefälse stehen gelassen werden. 

Wurde nun nach Ablauf dieser Zeit das ausgeschiedene Jod mit 
!/ou-Natriumthiosulfatlösung titriert, so blieb der Verbrauch der 
letzteren stets hinter dem zu erwartenden zurück und nach ganz 
kurzer Zeit trat wieder Bläuung der als Indicator zugesetzten Jod- 
zinkstärkelösung ein, um auf Zusatz von Natriumthiosulfatlösung zu 
verschwinden und bald darauf wieder zu erscheinen. Dieses Spiel 
wiederholte sich mehrmals und deutete darauf hin, dafs bei der an- 
gegebenen Verdünnung und Zusatz von nur 1 g Jodkalium die Re- 
aktion zu langsam verläuft, um schon nach einer halben Stunde ihr 
Ende erreicht zu haben. Die unten anzuführenden Versuche be- 
weisen, dafs dies in der That der Fall ist. 

Mustert man die Vorschriften des Arzneibuchs zur jodometrischen 
Prüfung der Eisenpräparate hinsichtlich des Verhältnisses zwischen 
dem Volum der Lösung und ihrem Gehalt an Jodkalium, so zeigt 
sich, dafs dasselbe ein ziemlich stark wechselndes ist. Wir finden 
nämlich vorgeschrieben bei 

Liquor Ferri acetici: 2cc des Präparats, Ice Salzsäure, 
20cc Wasser, 1 g Kaliumjodid, also 1 g des letzteren in 23 cc oder 
4,35 in 100 cc. 

Ferrum citricum oxydatum: 0,5 g Präparat in 2cc Salz- 
säure und l5ce Wasser gelöst, 1 g Kaliumjodid, also 1: 17ce oder 
5,9 in 100ce. 

Ferrum oxydatum saccharatum: 1g Präparat, 5cc Salz 
säure, 20ce Wasser, 0,5 g Kaliumjodid, d. h. 0,5 in 25cc oder 2,0 
in 100cc. 

Ferrum pulveratum: 1l0ce Lösung, etwa 54cc Kaliumper- 
manganatlösung, 1 g Kaliumjodid, also 1: 64cc oder 1,56 : 100cc. 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum ete. 145 


Ferrum reductum: 10ce Filtrat, 10cc verdünnte Schwefel- 
säure, etwa 50cc Kaliumpermanganatlösung, 1 g Kaliumjodid, also 
1:70 oder 1,43 : 100ce. 


Ferrum carbonicum saccharatum: 1 g Präparat gelöst in 
10ce verdünnter Schwefelsäure, etwa 60cc Kaliumpermanganatlösung, 
lg Kaliumjodid, also auch 1:70 oder 1,43: 100cc. 


Die betreffenden Concentrationen sind also: 4,35 —- 5,9 — 2,0 
1,56 — 1,43 — 1,43 Jodkalium auf je 100ce Lösung. Die Natur 
und Menge der Säure ist hierbei jedenfalls auch von Einflufs und 
zwar wird die Salzsäure stärker beschleunigend wirken als die 
Schwefelsäure. Thatsache ist, dafs die nach den erstgenannten drei 
Vorschriften erhaltenen Resultate ganz befriedigend, die nach den 
drei letzten gewonnenen aber sehr ungenügend ausfallen. 


Zur Prüfung der verschiedenen Vorschriften wurden Lösungen 
von entsprechendem Eisengehalt dargestellt und unter genauer Ein- 
haltung der angegebenen Versuchsbedingungen titriert. 


Als Eisenlösung diente eine Auflösung von Eisenchlorid von 
nahezu 1 Proz. Gehalt an Eisen; derselbe wurde durch Fällung mit 
Ammoniak und Wägung als Eisenoxyd gewichtsanalytisch genau 
ermittelt. 


I. 10cc*) lieferten 0,1454 g Fe, O,, entspr. 0,10180 g Fe; 
NR LOce 2 0,1455 8 F0,, „ 0,10187 g Fe. 


Die Lösung enthielt somit im Kubikcentimeter 0,0101 g Eisen 
als Eisenoxydsalz. 


Für Ferrum eitricum oxydatum, Ferrum oxydatum sac- 
charatum und Liquor Ferri acetici ergab sich, dafs nach der 
Vorschrift des Arzneibuchs das vorhandene Eisen mit genügender 
Genauigkeit gefunden wird; eine Vermehrung des Jodkaliums mit 
gleichzeitiger Herabminderung der Temperatur hatte das gleiche Er- 
gebnis. Von den in dieser Richtung unternommenen Versuchen sei 
hier nur als Beispiel eine Reihe angeführt, welche in Spalte I genau 
die Bedingungen aufweist, wie sie für die Titrierung von Ferrum 
citricum oxydatum vorgeschrieben sind; in II und III sind einige 
Abänderungen vorgenommen worden. 


*) Alle Abmessungen der Eisenlösungen geschahen mittelst einer 
zuverlässigen Bürette. 


Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 2, Ileft, 10 


146 K.Seubert, Über.d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum ete. 


| it | II | III 
Eisenehloridlösung]. .. I. urn ana | 10 10 10 cc 
ARE ee N 5 5 5 ce 
Salzsaure re N DM a 2 2 2 cc 
Kaltumjodid Y..H ne lg 28 38 
Zeitdauer der Einwirkung . . , . .. 30’ 30’ 30% 
Temperatur. Wa Mr a 2, 27 ae‘ 150 150 
1/oön-Natriumthiosulfatlösung . . . . . 18,20 18,15 18,20 cc 
Bisen gefunden . .. . .:.- :: 3: 22... »40,10192..120:10164 0,10192 
Biisensvorhanden a 2 ann. 020 27 EOS 0,1018 0,1018 


Die Menge des gefundenen Eisens entspricht in allen drei 
Fällen sehr nahe der vorhandenen; der Verbrauch an Natriumthio- 
sulfatlösung berechnet sich aus letzterer zu 0,1018: 0,0056 = 18,18ce, 
die Differenzen zwischen dieser Zahl und den abgelesenen Volumen 
fallen innerhalb der unvermeidlichen Fehlergrenzen. Ein gleich be- 
friedigendes Resultat wurde bei entsprechender Prüfung der Vor- 
schriften zur Untersuchung von Ferrum oxydatum saccharatum 
und Liquor Ferri acetici erhalten. 


Als nächstliegende Ursache für die ungenügende Genauigkeit 
der anderen Versuchsergebnisse kam, wie gesagt, die stärkere Ver- 
dünnung der betreffenden Lösungen in erster Linie in Betracht. *) 
Es wurden deshalb einige Versuche angestellt, um zu entscheiden, 
ob unter den Versüchsbedingungen die Geschwindigkeit der Reaktion 
durch Verdünnungen, wie sie hier in Frage kommen, schon melsbar 
beeinflufst wird. Dieselben fielen in bejahendem Sinne aus; wie die 
nachstehende kleine Tabelle zeigt, war nach Ablauf der ersten halben 
Stunde bei keiner der Proben die Umsetzung ganz vollendet, der 
Verbrauch an !/,, n-Natriumthiosulfatlösung hatte sich aber bei 30ce 
Gesammtvolum bis auf 0,28cc dem berechneten genähert, bei 70cc 
Volum bis auf 0,48cc, bei 120ce nur bis auf 1,08ce. Eine nach 
12 Stunden wiederholte Prüfung ergab die gleichmäfsige Vollendung 
der Reaktion in allen drei Proben. 


*) Vgl. C. Mohr, Liebig’s Annalen 105, S, 53. 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum etc. 147 


I 188 | III 
| 

Eisenchloridlösung . . . . . 2... 10 10° |" 106 
Mordannte Salzsäure . . . . . ." | 10 10 | 10 ce 
Eee Ale 10 50 | 100ce 
Bakemiodid . . . . ENTE TEN. 1,0 1,0 1,0g 
Zeitdauer der Fin wirkihg > AR Sea 30’ 30 RN 
en oe": 150 150 | 150 
!/onm-Natriumthiosulfatlösung.. . . . - 179 | 177 | 17,1ce 
Nach 12 Stunden weitere . . . . ..|1 03 0,5 l,1ce 
Gesammtverbrauch. . . 2.2.2.2. 183--—|- 18,2 18,2 cc 
Sn Emm IE El Aa Ma ee BE ya base 5 BR EHE EHE ERST: 


In einer weiteren Nahe: wurde nun bei gleichbleibendem 
Volum die Menge des Jodkaliums, sowie die der Säure varüirt, Ver- 
suchstemperatur und Zeitdauer der Einwirkung aber gleichmälsig ge- 
halten. Die Ergebnisse sind nachstehend zusammengestellt: 


Keen m|mıv|m 


Eisenchloridlösung. . . . .| 10 | -10 10 10 | 10 | 10 ce 
Verdünnte Schwefelsäure . . | 2,5 5,0 10 20 |. 10 | 20 cc 
Wasser re u | Aa 40 35 13 35_ | 25.ce 
Kaliumjodid : 1 1 2 2 3 38 
Zeitdauer der Einwirkung . . | sur’ 30771.,30°.1307:| 30,5 17204 
Temperatur . . . .| 140 | 140 | 140 | 140 | 140 | 140 
aan | 15,0 |15,55 | 17,9 | 18,0 | 18,2 |18,25ee 
Berechnet . 2... .. 1818| 18,18 | 18,18 18,18 | 18,18 |18,186c 


Diferenn ... 2... .|-318|- 2,831 0,28] Dal 0,02pl.0,07e 
| . | 


Es zeigte sich also nur bei Anwendung von 3 g Jodkalium aut 
55ce Lösung die Reaktion nach einer halben Stunde vollendet, bei 
2 g hatte sie sich ihrem Ende immerhin schon stark genähert, bei 
1 g aber war sie ganz erheblich zurückgeblieben. Deutlich erkennbar 
ist namentlich im letzteren Falle der beschleunigende Einflufs der freien 
Säure; es ist dies hier deshalb hervorzuheben, weil nach der Vor« 

10* 


148 K.Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum etc. 


schrift des Arzneibuchs die zu titrierende Eisenlösung sogarnoch weniger 
als 2,5cc freier Säure auf 10cc enthält, da 1 g Eisen unter Zufügen 
von etwa 25cc verdünnter Schwefelsäure auf 100cc Lösung zu bringen 
und hiervon 1 Occohne weiteren Zusatz von Säure zu titrieren sind. 

Es wurde ferner eine Anzahl von Versuchen ausgeführt, in 
welchen bei gleicher Menge von Jodkalium die Menge der Eisen- 
lösung, der Säure, sowie in einem Versuche auch das Gesammtvolum 
der Lösung und die Versuchsdauer abgeändert wurde. Die Er- 
gebnisse waren die folgenden: 


10 | 10 | 10ce 


Eisenchloridlösung. . . , -!' 10|1|85 

Verdünnte Schwefelsäure . | 5 | 5 | RT | 5 2,5cc 
EA ge De bi Te E82 85 14,5cec 
Gesammtvolum . . . . . .| 60 | 60 | 60 | 60 | 100 | Dee 
ee Se 3 | 3g 
Zeitdauer der Einwirkung . . | 30° | 30° | 30° | 60’ | 30” | 30° 
Temperatur - 22.2.2...) 150 | 150 | 150 | 150 | 150 | 150 
1/,„n-Natriumthiosulfatlösung. | 18,2 | 14,42 | 9,25 | 18,15 | 17,85 |18,05ee 
Berechneter Verbrauch . . . | 18,18 | 14,54 | 9,09 | 18,18 | 18,18 |18,18ce 
ee + 0,02 — 0,1214 0,16. — 0,03 — 0,33] os 


l ’ 


Auch hier macht sich in den Versuchen II und V die stärkere 
Verdünnung, in VI die geringe Menge freier Säure durch eine Ver- 


| 


| | 
Babamjodid . . ...- -.. u] 1 | 2 38 
BEINE re 5 | 5) Ice 
were _ 9 Ka an 20 ce 
Temperatur eiwa 4: . . . .- . -| 10 | 150 159 
Zeitdauer der Einwirkung . . . . . .| 30° | 30’ 30’ 
1/,„n-Natriumthiosulfatlösung . 0,15 | 0,23 0,32 ce 
Weitere Einwirkung 45h 48h 45h 


Gesammtverbrauch an 


1/,„n-Natriumthiosulfatlösung . 


—— 
x 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum ete. 149 


zögerung der Umsetzung bemerkbar; der Mehrverbrauch von 0,16ce 
in Versuch III ist wohl durch eine freiwillige Oxydation der Lösung 
zu erklären, die infolge nicht ganz dichten Schlusses des Stopfens 
statthatte. Dals Jodwasserstofflösungen von der Concentration der 
hier in Frage kommenden in der That schon merklich zur Oxydation 
an der Luft neigen, zeigen die direct angestellten Versuche, in welchen 
die betreffenden Lösungen in offenen Erlenmeyer’schen Bechern an 
der Luft stehen blieben. (Tabelle siehe vorstehend.) 

Die Mengen des nach Verlauf einer halben Stunde frei gewor- 
denen Jodes sind nicht unerheblich; sie verhalten sich für einen Zu- 
satz von Jodkalium im Verhältnifs 1:2: 3 annähernd wie 1:1,5:2; 
nach Ablauf von weiteren 48 Stunden aber zeigten sie gleichfalls das 
Verhältnifs 1:2:3. 

In verschlossenen Flaschen ist nun freilich die Oxydation eine 
weit geringere, aber, wie mir in dieser Richtung angestellte Ver- 
suche zeigten, immerhin noch nachweisbar; namentlich aber neigen 
die bei der Titrierung von Eisensalzen mit Jodkalium entstandenen 
Lösungen von Ferrosalzen sehr stark zur Wiederoxydation, wie schou 
die nach erfolgter Entfärbung durch Thiosulfat stets nach einiger 
Zeit wieder eintretende Bläuung derselben zeig. Es macht sich 
dieser Fehler um so stärker geltend, je gröfser die Concentration 
der Lösung, je länger die Versuchsdauer und je höher die Temperatur 
während derselben ist, was durch die Versuche bestätigt wird. 


I | II | III | IV V vI 
Lösung v. Ferrum pulver. 10 10 10 10 10 | 10cc 
Verdünnt. Schwefelsäure — — 5 10 10 10 ce 
Kaliumpermanganatlös. 3,7 56,5 56,2 54,5 54,38 !54,6ce 
Kalumjodid.;' ...-... +; - 1 3 3 1 3 3g 
Zeitdauer d. Einwirkung | 30’ 30’ 30’ 30.” 30’ 30’ 
Temperatur . . . . „135-400 140 170 [33—40 0133— 40 0133 —40 
1/,na-Natriumthiosulfat . 16,0 17.55 17,6 15,8 17,4 \17,35 ce 
Eisen gefunden. . . . !0,08960| 0,09828| 0,09856 0,08848| 0,09744| 0,09716 
Eisen vorhanden . . . '0,09837| 0,09837) 0,09837| 0,09651| 0,09651| 0,09651 


Differenz in Proz. . . . |— 8,77 | — 0,09 | + 0,19 | — 8,03 | + 0,93 | + 0,65 
| | 
Aus der Zahl der mit verschiedenen Präparaten von Eisenpulver 


ausgeführten Versuche gebe ich vorstehende wieder, welche genügen 


150  K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum ete. 


werden, die Unzulänglichkeit des Verfahrens des Arzneibuchs dar- 
zuthun und zu zeigen, dals eine Vermehrung des Jodkaliumgehaltes 
der Lösung dem Übelstande abhilft. 


Der Gehalt des zu den Versuchen I bis III dienenden Eisen- 
pulvers war gewichtsanalytisch zu 98,37 Proz. gefunden worden: 


 10cc der Lösung, enthaltend 0,1 g des Präparats, lieferten 
0,1405 g Fe, O,, entsprechend 0,09837 g oder 98,37 Proz. Eisen. 


Das zu den Versuchen IV bis VI verwendete Eisenpulver wurde 
nur malsanalytisch auf seinen Eisengehalt geprüft und zwar mittelst 
einer Chamäleonlösung von annähernd der gleichen Concentration wie 
die offizinelle.. Der genaue Titer derselben wurde auf Normalsalz 
eingestellt und ergab 1cc = 0.001736 g Eisen. 


10ce der Lösung erforderten in zwei übereinstimmenden Ver- 
suchen je 55,5ce Kaliumpermanganat und enthielten somit 55,5 > 
0,001736 = 0,096515 g oder 96,51 Proz. Eisen. 


Nach dem Verfahren des Arzneibuchs waren also in Präparat I 
89,60 statt 98,37 Proz., in II 88,48 statt 96,51 Proz. Eisen gefunden 
worden, mithin 8,77, bezw. 8,03 Proz. zu wenig. Die etwas zu 
hohen Resultate in V und VI erklären sich aus der höheren Ver- 
suchstemperatur, sowie aus dem Umstande, dafs die Gehaltsbe- 
stimmung mittelst Kaliumpermanganat leicht ein wenig zu niedrig 
ausfällt. 

Hinsichtlich der bei den jodometrischen Eisenbestimmungen ein- 
zuhaltenden Temperatur läfst die Vorschrift des Arzneibuchs an Be- 
stimmtheit zu wünschen übrig, indem sie die Digestion „bei einer 
40° nicht übersteigenden Wärme“ ausführen läfst. Streng genommen 
ist also eine untere Grenze nicht normiert und so könnte beispiels- 
weise die gewöhnliche Mitteltemperatur darunter verstanden werden; 
gemeint ist allerdings wohl eine nahe bei 40° liegende Temperatur. 
Die annähernd genaue Einhaltung derselben hat für die pharma- 
zeutische Praxis immerhin einige Unbequemlichkeit; entweder mufs 
als Bad ein sehr grosses Wasserquantum von 40° zur Anwendung 
kommen, dessen Temperatur während der Versuchsdauer von einer 
halben Stunde nicht erheblich sinkt, oder die Temperatur wird durch 
Heizung des Wasserbades auf dieser Höhe erhalten, in welchem 
Falle eine stete Überwachung nöthig wird. Weit bequemer ist aber 
die Digestion bei gewöhnlicher Temperatur, wie sie auch von 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum ete. 151 


E. Schmidt und Partheil*) empfohlen wird; bei einstündiger Ver- 
suchsdauer und Zusatz von 3 g Jodkalium ist die Umsetzung hier 
eine vollständige, während die Gefahr einer Wiederoxydation des 
Eisenjodürs eine geringere ist als bei erhöhter Temperatur. 


Zum Abschlufs dieser Versuche wurde noch eine Versuchsreihe 
durchgeführt, in welcher der Einflufs der Menge des Jodkaliums, der 
freien Säure, der Zeitdauer und Temperatur der Einwirkung klar 
hervortritt; die jodometrischen Resultate wurden durch die Gewichts- 
analyse kontroliert und mit jenen der Chamäleonmethode verglichen. 


I. Gewichtsanalyse. 10cce der Lösung von 1g Ferrum 
pulveratum auf 100cc lieferten 0,1417 g Fe, O,, entsprechend 0,09921 g 
oder 99,21 Proz. Eisen. 


I. Mittelst Kaliumpermanganat. Der Titer der ange- 
wandten Chamäleonlösung (1: 1000) wurde sowohl gegen Normalsalz 
als auch jodometrisch festgestellt: 


1,0406 g Normalsalz mit 0,14866 g Eisen brauchten 84,7 cc Chamäleon- 
lösung, woraus sich als Titer berechnet 1cc = 0,001755 g Eisen. 


50cc der gleichen Chamäleonlösung wurden in angesäuerte Jod- 
kaliumlösung eingetragen; das ausgeschiedene Jod brauchte in zwei 
übereinstimmenden Versuchen zu seiner Bindung 15,71cc !/,, n-Natrium- 
thiosulfatlösung**), entsprechend 15,71 x 0,00559 g = 0,08779 g Eisen, 
woraus sich der Titer berechnet zu 0,08779 : 50 = 0,001756 g Eisen, also 
fast identisch mit dem aus dem Normalsalz abgeleiteten. 


8,0cc der Eisenlösung erforderten zur Oxydation 45,1cce Kalium- 
permanganatlösung, entsprechend 45,1 x 0,001756 = 0,079196 g oder 
98,99 Proz. Eisen. 


10,0cc der gleichen Lösung verbrauchten 56,5 cc Kaliumpermanganat- 
lösung, entsprechend 56,5 x< 0,001756 = 0,099 214 g oder 99,21 Proz. Eisen. 


Die Resultate der jodometrischen Bestimmung sind in nachstehen- 
der Tabelle zusammengestellt. 


*) Apotheker-Zeitung 1890, S. 55. 

* *) Die Thiosulfatlösung wurde mit reinem, im Vacuum sublimierten 
Jod verglichen und die ertorderliche kleine Umrechnuns an dem ab- 
gelesenen Volum angebracht; die in dieser Versuchsreihe gebrauchten 
Atomgewichte sind die genauen und auf H = 1 bezogenen. 


K. Seubert, Über‘d. Gehaltsbest. d. Ferrum pulveratum etc. 


152 


I II CT IV V vI vu 
| 

Lösung von Ferrum pulveratum 10 10 10 10 10 10 10. cc 
Verdünnte Schwefelsäure . , = 10 — 10 — 10 10ce 
Kaliumpermanganatlösung 56,6 56,6 56,6 56,6 56,6 56,6 56,6 cc 
Kalumodidez ee. © 1,0 1,0 3,0 3.0 3,0 3,0 3.08 
Zeitdauer der Einwirkung 30' 30’ 30°’ 307’ ih Ih ih 
Temperatur 400 | 409 400 400 150 150 150 
1/0 n-Natriumthiosulfatlösung 16,45 | 16,7 17,6 17,85 17,6 17,75 17,8cc 
Eisen gefunden . 0,09196 0,09335 0,09835 0,09974 0,09835 0,09918 | 0,09946 
Eisen vorhanden 0,09921 | 0,09921 0,09921 | 0,09921 | 0,09921 0,09921 | 0,09921 
Differenz — 0,00725 | _.0.00586 | —- 0,0088 | -- 0,00053 | — 0,00086 | — 0,00003 | + 0,00025 
Abweichung in Prozenten . 729 | —_ 5.80 — (),86 + 0,53 — (),86 — 0,03 + 0,25 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest, d. Ferrum pulveratum ete. 153 


Die günstigsten, hinsichtlich ihrer Genauigkeit völlig befriedigen- 
den Versuche sind VI und VII, in welchen 3 g Jodkalium bei An- 
wesenheit von freier Säure in einstündiger Versuchsdauer bei ge- 
wöhnlicher Temperatur einwirkten. In IV läfst die erhöhte Tempe- 
ratur das Resultat zu hoch ausfallen, in I, III und V zeigt sich 
gegenüber den Versuchen II, IV, VI und VII ein Zurückbleiben der 
Reaktion infolge von Mangel an freier Säure. Ganz ungenügend 
sind auch hier wieder die Versuche I und II mit nur 1 g Kaliumjodid. 

Es braucht hier wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden, 
dals durch eine Verminderung des Volums der Lösung, wie sie durch 
Anwendung einer konzentrirteren Kaliumpermanganatlösung zur Oxy- 
dation des Eisens erzielt würde, sich der gleiche Erfolg erreichen 
liefse, wie durch eine Vermehrung des Jodkaliums*) Die Kalium- 
permanganatlösung 1:1000 des Arzneibuchs ist überhaupt für viele 
Zwecke unbequem stark verdünnt, insofern sie entweder die Anwen- 
dung sehr kleiner Eisenmengen oder ein mehrmaliges Nachfüllen der 
Bürette notwendig macht. 

2. Ferrum reduetum. 

Zur Titrierung des im Ferrum reductum in metallischem Zu- 
stande enthaltenen Eisens soll das letztere zunächst durch Digestion 
mit Quecksilberchlorid in Lösung gebracht und, nach erfolgter Oxy- 
dation durch Kaliumpermanganat, jodometrisch bestimmt werden. 
Da diese Titrierung in annähernd gleicher Concentration und unter 
Verwendung der gleichen Menge Jodkalium ausgeführt werden soll, 
wie bei Ferrum pulveratum, so war zu erwarten, dafs sie auch unter 
der gleichen Fehlerquelle leide wie jene, was in der That auch, wie 
weiter unten gezeigt werden wird, zutrifft. 

Zunächst aber sei hier auf einen Fehler näher eingegangen, der 
sich in die betreffende Vorschrift des Arzneibuchs eingeschlichen 
hat und dieselbe bei genauer Befolgung des Wortlauts bekannter- 
malsen ganz unbrauchbar macht. 

Es heilst nämlich daselbst (S. 122): „lg (Ferrum reductum) 
werde mit 50cc Quecksilberchloridlösung während einer Stunde im 
Wasserbade unter häufigem Umschwenken erwärmt“ u. s. w. Unter 
„Quecksilberchloridlösung“ ist aber hier offenbar die in der Reagentien- 


*) E. Schmidt und Partheil verwenden eine fünffach stärkere 
Chamäleonlösung neben 2g Jodkalium und einem Zusatz an freier 
Salzsäure. (Apoth.-Ztg. 1890, S. 55.) 


154 K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum reductum. 


tabelle des Arzneibuchs auf S. 348 aufgeführte zu verstehen), welche 
1 Teil Quecksilberchlorid in 19 Teilen Wasser gelöst enthält. Das 
spezifische Gewicht derselben bei 15° beträgt 1,045, 50ce entsprechen 
also 52,25 g und enthalten 2,613 g Quecksilberchlorid. Die zwischen 
metallischem Eisen und Quecksilberchlorid verlaufende Reaktion wird 
meist dahin gedeutet, dafs sich hierbei Quecksilberchlorür bildet und 
Eisenchlorür in Lösung geht, entsprechend der Umsetzungsgleichung: 2) 
I. Fe+2HgCl,= FeCl,+ Hg, C].. 
56 1x271 

Hiernach wären zur Lösung von 1 g metallischem Eisen erforder- 

lich, nach der Proportion 

DO DHD Here OIGBR 
9,681 g Quecksilberchlorid; das Arzneibuch lässt statt deren nur 
2,613 g oder 27,0 Proz. dieser Menge zusetzen, es könnten also nie 
mehr als 27 Proz. Eisen in dem Präparate gefunden werden, voraus- 
gesetzt, dafs die Reaktion in der That nach vorstehender Gleichung 
verläuft. 

Eine zweite Möglichkeit aber ist, dafs die Reduktion des Queck- 
silberchlorids bis zur Bildung von metallischem Quecksilber vor 
schreitet, entsprechend der Gleichung: 

I. Fe+ HgCl, = Fe Cl; + Hg. 
56 271 

In diesem Falle ist natürlich zur Lösung von lg Eisen nur 
halb so viel Quecksilberchlorid erforderlich als nach Gleichung I, 
also 4,84 g, von welcher Menge die 2,613 g der Vorschrift des Arznei- 
buchs 54,0 Proz. betragen. Es können also bei genauer Einhaltung 
der Vorschrift höchstens 54 Proz. metallisches Eisen selbst in einem 
völlig reinen Präparate gefunden werden. Der Versuch ergab für 
den Verlauf der Reaktion im Sinne der Gleichung II eine vollständige 
Bestätigung. | 

1 g reduziertes Eisen wurde mit genau 50cc einer sehr sorg- 
fältig bereiteten Quecksilberchloridlösung von der Stärke der offizi- 
nellen eine Stunde auf dem Wasserbade digeriert und die Lösung 
nach dem Erkalten auf 100cc gebracht. 10cc des mit Salzsäure an- 
gesäuerten Filtrates zeigten sich beim Einleiten von Schwefelwasser- 
stoff völlig frei von Quecksilber; nach Vertreibung des Gases und 


1) Vergl. Vorrede S. X, Ziffer 4. 
2) Vergl. E. Schmidt, Lehrb. d. Pharm. Chem. I. S. 720; Hager, 
Fischer und Hartwich, Kommentar z. Arzneib. I, S, 654. 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum reductum. 155 


Oxydation des Eisenchlorürs wurde mit Ammoniak gefällt und als 
Eisenoxyd gewogen. 


10ce der Lösung, entsprechend 0,1 g des Präparates, lieferten 
so 0,0770 g Eisenoxyd, entsprechend 0,05391 g oder 53,91 Proz. 
metallischem Eisen in dem Präparate, während, wie weiter unten 
gezeigt wird, der wirkliche Gehalt daran 94,80 Proz. betrug. Die 
gefundene Menge von 53,91 stimmt mit der aus Gleichung II be- 
rechneten von 54,0 Proz. 


Ein anderes Präparat wurde in entsprechender Weise behandelt, 
jedoch war hier auf Abwägen des Quecksilberchlorids und Messen 
seiner Lösung keine besondere Sorgfalt verwendet worden, sodals 
dieselbe etwas zu reichlich zugefügt war. 


10ce des Filtrates ergaben, wie oben behandelt, 0,0830 & Eisen- 
oxyd, entsprechend 0,05811 g oder 58,11 Proz. Eisen, während der 
wirkliche Gehalt 96,13 Proz. betrug. 


Das bei Abfassung des Artikels Ferrum reductum des Arznei- 
buchs hinsichtlich der Menge des zuzufügenden Quecksilberchlorids 
vorgekommene Versehen ist dadurch erklärlich, dafs man die Vor- 
schrift der Pharm. Germ. Ed. II zur Grundlage nahm. Dort waren 
allerdings auch nur 50ce Quecksilberchloridlösung von gleicher Con- 
centration vorgeschrieben, aber auf nur 0,3 g Ferrum reductum und 
für diese völlig ausreichend, wenigstens unter Zugrundlegung von 
Gleichung II, während nach I höchstens 89,97 Proz. Eisen in Lösung 
gehen konnten. 


Es wurde nun je 1g der obigen Eisenpräparate mit 50cc Wasser 
übergossen und je 5g grob gepulvertes Quecksilberchlorid zuge- 
fügt, also ein geringer Überschuss über die theoretisch erforderliche 
Menge von 4,84 g. Die Einwirkung begann unter lebhafter Wärme- 
entwickelung und nach ganz kurzer Zeit liefs sich erkennen, dafs in 
der That eine Reduktion zu metallischem Quecksilber stattfand, denn 
dasselbe vereinigte sich zum gröfsten Teile beim Umschwenken zu 
einem grolsen Tropfen. Nach einstündigem Erwärmen wurde auf 
100ce gebracht und filtriert. Das Filtrat enthielt noch Quecksilber- 
chlorid, ein Beweis dafür, dafs keine nennenswerte Bildung von 
Quecksilberchlorür stattgefunden hatte, da in diesem Falle kein 
Quecksilber mehr in der Lösung vorhanden sein konnte. 


156 K. Seubert, Über d. Gehaltsbest, d. Ferrum reductum. 


Nach Entfernung des gelösten Quecksilbers durch Schwefel- 
wasserstoff wurde auch hier das Eisen als Hydroxyd gefällt und als 
Oxyd gewogen. Es ergab sich nunmehr: 


Präparat I. 10cc lieferten 0,1354 g Fe, O,, entsprechend 0,0943 g 
oder 94,80 Proz. Eisen, statt der früher gefundenen 53,91. 


Präparat II. 10cc lieferten 0,1373 g Fe, O,, entsprechend 0,09613g 
oder 96,13 Proz. Eisen. 


In zwei weiteren Versuchen wurde das Eisen in dieser Lösung 
auch massanalytisch bestimmt und zwar nach der Chamäleonmethode 
mittelst einer Kaliumpermanganatlösung von der Konzentration der 
offizinellen (1: 1000). Der Titer derselben war durch Einstellung 
auf Normalsalz gleich 0,001739 gefunden worden, gegenüber dem 
theoretischen von 0,001773. 


10ce der Eisenlöung verbrauchten 55,2 ce Kaliumpermanganat- 
lösung, entsprechend 55,2 X 0,01739 = 0,09599 g oder 95,99 Proz. 
Eisen. 7ce der gleichen Lösung verbrauchten 38,6cc Kaliumperman- 
ganatlösung, entsprechend 38,6 + 0,001739 = 0,67125 g oder 95,89 
Proz. Eisen. 


Statt 58,11 Proz., wie früher gefunden, enthielt also das Prä- 
parat 96 Proz. Eisen in metallischem Zustande. 

Es wurde nun ein Teil der mit 5 g Quecksilberchlorid erhal- 
tenen Lösung des Präparates I jodometrich geprüft. 


I 
I 


I | II 

Lösung von Ferr. reduct. . . 10 10 cc 
Verdünnte Schwefelsäure . . . 10 10 ce 
Kaliumpermanganatlösung . . 53,9 54 CC 
Kalummjodıd 22. .Nesesnn: 1 38 
Zeitdauer der Einwirkung . . 30 30‘ 
Temperatur | 35-400 | 35400 
1/,, na-Natriumthiosulfatlösung 15,6 cc | 17,08 cc 
Eisen geiunden. . ... “u..- | 0,08736 | 0,09565g 

„ vorhanden 0.09480 ‚0,09480 g 
Differenz in Prozenten . TE | + 0,85 


K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum carbonicum ete. 157 


Mit nur 1 g Jodkalium wurden demnach nur 87,36 Proz. statt 
94,80, mithin 7,44 Proz. zu wenig, mit 3 g Jodkalium 95,65, also 
0,85 Proz. zuviel gefunden, letzteres wohl eine Folge der erhöhten 
Versuchstemperatur. 


3) Ferrum earbonicum saccharatum. 


Nach Vorschrift des Arzneibuchs wurde 1 g des Präparats „in 
10 ce verdünnter Schwefelsäure in der Wärme gelöst, nach dem 
Erkalten mit Kaliumpermanganatlösung bis zur vorübergehend blei- 
benden Rötung und darauf mit 1 g Kaliumjodid versetzt.“ Zur 
Oxydation des in 1 g Ferrum carbonicum saccharatum von 
10 Proz. Eisengehalt enthaltenen Eisens sind theoretisch enforderlich 
0,1: 0,001773 = 56,4 cc der Chamäleonlösung des Arzneibuchs; in 
Wirklichkeit wird man wohl stets ungefähr 60 cc derselben zusetzen, 
bis die „vorübergehend bleibende“ Rötung erreicht ist, d.h. bis die 
Farbe des Kaliumpermanganats nur noch langsam verschwindet. 
Das Gesamtvolum der Lösung steigt hierdurch auf etwa 10 + 60 
= 70ce, d.h. eine Verdünnung, bei welcher, wie schon oben gezeigt, 
1 g Jodkalium zur Vollendung der Umsetzung in der Zeit von einer 
halben Stunde und bei etwa 40° Wärme nicht mehr ausreicht. Nach- 
stehender Versuch bestätigt dies auch für den gegebenen Fall. In 
einem käuflich bezogenen Präparate wurde zunächst durch Glühen 
im Tiegel, Befeuchten des Rückstandes mit Salpetersäure und aber- 
maliges Glühen das Eisen gewichtsanalytisch bestimmt. 


0,3655 g des Präparats lieferten 0,0455 g Eisenoxyd, entsprechend 
0,03186 g oder 8,69 Prozent Eisen. 


Je 1 g des Präparats wurde ferner in 10 ce verdünnter Schwefel- 
säure gelöst, mit 60 cc der offizinellen Kaliumpermanganatlösung ver- 
setzt und sodann die eine Probe mit 1 g Kaliumjodid eine halbe 
Stunde bei etwa 40°, die andere mit 3 g Kaliumjodid eine Stunde 
bei gewöhnlicher Temperatur digeriert. 


158 K. Seubert, Über d. Gehaltsbest. d. Ferrum carbonicum etc. 


Das Ergebnis war das nachstehende: 


Ferrum carbon. sacchar. . . . 1,0 108 
Verdünnte Schwefelsäure . ° . 10 10 cc 
Kaliumpermanganatlösung . . 60 60 cc 
Kalıumjodid: „u „a. = Fesrr 1 38 
Zeitdauer der Einwirkung . . 30‘ Ih 
Temperatur ,- »...... =2% ee: 2.21 35400 150 
1/,, a-Natriumthiosulfatlösung . 14,45 | 15,50 cc 
Eisen (in g) gefunden . . . . | 0,08092 | 0,08680 

In ERDZ) E24 2 ee 8,09 8,68 

A 22 vorhanden ser 8,69 8,69 


Das Resultat des zweiten Versuches weicht von dem Ergebnis 
der Gewichtsanalyse nur um 0,01 Proz. ab, während in Versuch I 
nach der Vorschrift des Arzneibuchs 0,6 Proz. zu wenig gefunden wurden. 

Das Ergebnis der vorstehenden Untersuchung läfst sich dahin 
zusammenfassen, dafs die Vorschriften des Arzneibuchs zur jodometri- 
schen Gehaltsbestimmung von Ferrum pulveratum, Ferrum 
reductum und Ferrum carbonicum saccharatum unbrauchbar 
sind, ganz abgesehen von dem bei Ferrum reductum unterlaufenen 
Versehen. Brauchbare Resultate werden erhalten, wenn statt 1 g 
Kaliumjodid durchweg 3 g zugefügt werden; bei Ferrum pulve- 
ratum ist aufserdem noch die Zugabe von 10 ce verdünnter Schwefel- 
säure zu der abgemessenen Probe von 10 cc der Lösung zu em- 
pfehlen. Statt halbstündiger Erhitzung auf nahezu 40° erscheint 
eine einstündige Digestion bei gewöhnlicher Temperatur zweck- 
mälfsig. Auf 1 g Ferrum reductum sind mindestens 5 g Queck- 
silberchlorid anzuwenden. 

Schliefslich drängt sich die Frage auf, ob es nicht einfacher 
wäre, für Ferrum pulveratum und Ferrum reductum wieder 
zur Chamäleonmethode zurückzukehren, da hier doch zunächst Oxy- 
dulsalzlösungen erhalten werden, die in jedem Falle mit Kalium- 
permanganatlösung austitriert werden müssen. Zudem ist die Titer- 
stellung der Chamäleonlösung mittelst Normalsalz eine sehr einfache 
und rasch ausführbare und für die hier vorliegenden praktischer 


Zwecke genügend genau. 


159 F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 


Schwarzer Phosphor. 
Von 
F. A. Flückiger. 
(Eingegangen den 1. 2. 1892.) 


Die früheste bezügliche Beobachtung, welche zu meiner Kenntnis 
gelangt ist, findet sich in dem für jene Zeit bemerkenswerten Buche 
C. W. Boeckmann’s, marggräflich badischen Lieutenant’s: Ver- 
suche über das Verhalten des Phosphorus in verschiedenen Gasarten, 
Erlangen, 1800, Seite 297. Das Kapitel VII., Versuche über das 
Verhalten des Phosphors im Ammoniakgas, enthält die Wahrnehmung, 
dafs sich bei der Einwirkung des Ammoniaks auf den Phosphor im 
Sonnenscheine ein gelbes bis bräunlich schwarzes Pulver bilde. Der 
Verfasser hat dieses nicht weiter untersucht. 

L. J. Thenard!) gab an, dafs geschmolzener, auf mehr als 50° 
erhitzter Phosphor bei rascher Abkühlung schwarz werde; durch er- 
neute Schmelzung und langsame Abkühlung erhalte man wieder 
farblosen Phosphor. Diese Versuche, behauptete Thenard, könnten 
nahezu beliebig oft wiederholt werden, Angaben, welche jedoch von 
keiner Seite Bestätigung gefunden haben. 

Thenard hielt auch dafür, dafs Kohlenstoff im Phosphor vor- 
handen sei und ihm rote Farbe verleihe; möglich, dafs dieser Be- 
obachter, schon die sogenannte amorphe Modifikation des Phosphors 
vor sich hatte. 

H. A. Vogel,2) der sich damals in Paris authielt, prüfte eben- 
falls die Frage, ob der Phosphor Kohlenstoff enthalte und bewies, 
dafs dieses nicht der Fall ist; es giebt ja überhaupt keine Ver- 
bindung jener beiden Elemente. — Vogel leitete unter an- 
derem Ammoniakgas über geschmolzenen Phosphor, welcher sich 
hierbei dunkel färbte: „Phosphor in einer Glocke voll Ammoniakgas 
„in das Sonnenlicht gestellt, wird schwarz, und der Phosphor ver- 
„mag, indem er sich mit dem Ammoniak verbindet, das Gas voll- 
„ständig zu verschlucken.“ 


1) Annales de chimie 81 (Paris 1812) 109 und 85 (1813) 326, auch in 
Gmelin, Handbuch der anorganischen Chemie, .6. Auflage, herausge- 
geben von K. Kraut. I (Heidelberg 1872) 103; ferner nz Dic- 
tionnaire de Chimie IV (Paris 1874) 954. 

2) Annales de chimie 85 (1813) 225; Gilbert’s Annalen der Physik 
45 (Leipzig 1813) 73 und 48 (1814) 375; Auszug in Gmelin’s Hand- 
buch der anorgan. Chemie, 6. Auflage, herausgegeben von Kraut I, 526. 


F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 160 


Vogel untersuchte ferner die „Wirkung der Sonne auf Phos- 
phor, der in Ammoniakgas verschlossen ist“ und bemerkte, dafs die 
Schwärzung namentlich dann bald eintrat, wenn er den Phosphor in 
geschmolzenem Zustande dem Ammoniak darbot. Das schwarze 
Pulver hielt sich unter Ammoniakflüssigkeit unverändert, an der Luft 
wurde es bald gelblich, erhitzt brannte es mit schwacher Flamme. 
Bei Luftabschluls geglüht wurde das Pulver, zunächst ohne Schmel- 
zung, rot. In noch höherer Temperatur trat doch Schmelzung ein; 
Phosphor sublimirte und Ammoniak ging in die Vorlage über. Auch 
beim Übergiefsen mit Ätzlauge beobachtete Vogel Ammoniakent- 
wickelung. In Salpetersäure löste sich das Pulver, indem sich Phos- 
phorsäure bildete. 

R. Wild3) beobachtete bei der Aufbewahrung von gewöhn- 
lichem Phosphor unter Wasser, dafs sich einzelne Stücke vollkommen 
schwärzten, während andere sich „stockfleckig“ zeigten. Die sammet- 
schwarzen Teile liefsen sich abbürsten und waren nach einigen 
Tagen in ein weilslich graues Pulver übergegangen. Die schwarze 
Substanz erwies sich als eine Verbindung von 35,8 Teilen Phosphor 
mit 64,2 Teilen Eisen, also der Formel Fe P entsprechend, Andere 
Beobachter?) haben das Phosphoreisen nicht schwarz, sondern 
nur grau oder bläulich grau erhalten. 1863 habe ich’) gewöhnlichen 
Phosphor mit Ammoniak im geschlossenen Glase erhitzt und dabei 
die Bildung eines sehwarzen Wandbeleges bemerkt, den ich für 
Phosphoroxydammoniak erklärte, aber nicht weiter untersuchte. 

Blondlot®) behauptete, dafs es ihm gelungen sei, Phosphor 
in der von Thenard angegebenen Art in die schwarze Modifikation 
überzuführen und diese wieder farblos zu erhalten. In einem zweiten 
Aufsatze?) untersuchte Blondlot das Verhalten des Phosphors 
zu Ammoniak, weil Vogel hierauf die zuerst von Thenard be- 


obachtete Schwärzung des Phosphors zurückführe. 
(Fortsetzung in Heft 3.) 


3) Archiv der Pharmacie 129 (1854) 262. 

4, Gmelin, Anorg. Chemie 6. Auflage, III (1875) 323. 

5) Wittstein, Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie XII 
(München 1863) 332 und daraus im Jahresberichte der Chemie1863, 173. 

6) Journal de Pharmacie et de Chimie I (1865) 407, Comptes rendus 
de l’Academie des Sciences 60, 830; Jahresbericht der Chemie 1865, 134. 

”) Journal de Pharm. IX (1869) 9; Archiv der Pharmacie 190 
(1869) 107. 


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Zeitsehrift 


des 


Deutschen Apotheker-Vereins, 


unter Redaction von 


E. Schmidt und H. Beckurts, 
herausgegeben 


von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin, 


Band 230, Heft 3. 


BERLIN. E 

fe ! 

Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. ‚@ | 
1892. @) 


> u für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) 
- oder Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden. 


"Ausgegeben den 10. Mai 1892. 


INHALT. 


Seite 
F’A. Flückiger, Schwarzer Phosphor . .„...... . Sams 
E. Merck, Terpinhydrat aus Eucalyptusöl . . . . Be.) 
(Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen ao 
der chemischen Fabrik von E. Merck in Darmstadt.) 
W. Kubel, Über die Einwirkung von Magnesiumacetat auf 
Magnesiumoxyd und Bleioxyd . ERSE 
H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins . . . .. 18 
(Mitteilungen aus dem Laboratorium für synthetische 
und pharmaceutische Chemie der Herzogl. technischen 
Hochschule in Braunschweig.) 
Ernst Schmidt, Über Scopolamin . . ....... 2 
Johannes Weber, Über das ätherische Oel der Blätter von 
Cinnamomum ceylanicum . . 232 


Mitteilungen aus dem en En hamikohee Inst 
der Universität Marburg. 


Eingegangene Beiträge. 


H. Wedemeyer, Uber bleisaures Calcium und seine Verwendung zur 
Aschenanalyse. 


W. Kwasnik, Über das ätherische Oel von Lindera sericea. 


(Geschlossen den 30. April 1892.) 


— Anzeigen. —— 


Diese Zeitschrift erscheint, in der Regel monatlich einmal, 
in einem jährlichen Umfange von 40 bis50 Bogen. 
Ladenpreis für den Jahrgang M 12.—. 


Alle Beiträge für das „Archiv‘ sind an die 2 
Archiv-Redaction 
Herrn Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) oder 
Herrn Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, 
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und 
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an das 
Central-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, 
Berlin SW. 12, Zimmer-Stralse No. 3/4, 
einzusenden. 


F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 161 


Von meiner Untersuchung hatte Blondlot, wie es scheint, 
keine Kenntnis; er gelangte gleich mir zu dem Schlusse, dafs ein 
schwarzes Pulver auftritt, wenn man Ammoniak auf «ewöhnlichen 
Phosphor einwirken lälst, während der rote Phosphor bei gleicher 
Behandlung unverändert bleibt. An dem schwarzen Phosphor nahm 
Blondlot im wesentlichen Eigenschaften der roten Form wahr: 
an der Luft wird der schwarze Phosphor gelb, indem er Ammoniak 
verliert. Aufs neue mit Ammoniak befeuchtet, schwärzt sich das 
zelbe Pulver, nach Blondlot, wieder. 

Durch einen kurzen Bericht von P, Schützenberger im 
Wurtz’schen Dictionnaire de Chimie, I (1869) 216, auf meine An- 
gaben aufmerksam geworden, wandte sich auch A. Commailles) 
der Frage zu und bestätigte meine Beobachtungen im wesentlichen, 
untersuchte jedoch nicht sowohl das feste, schwarze Produkt, als 
vielmehr die bei Einwirkung des Ammoniaks auf Phosphor ent- 
stehenden Gase, hauptsächlich Phosphorwasserstoff. 

In einem späteren Aufsatze®) erklärt Blondlot, es sei un- 
richtig, dafs sich der gewöhnliche Phosphor durch Schmelzung und 
rasche oder langsame Abkühlung oder Destillation in die schwarze 
Modifikation überführen lasse, wie er und Thenard angegeben 
hatten. Doch gelang es Blondlot, eime allerdings nur höchst 
geringe Menge gewöhnlichen Phosphors umzuwandeln, als er ihn m 
Berührung mit Quecksilber oder irgend einer, von ihm nicht ge- 
nannten Quecksilberverbindung (preparation mercurielle quelconque) 
stundenlang erwärmte. Ein Centigramm bewirkte die teilweise Um- 
wandlung von 50 & Phosphor, also eine, wie man sich damals aus- 
zudrücken liebte, katalytische Erscheinung. Blondlot glaubte 
auch wahrzunehmen, dafs der Sonnenschein die Schwärzung des 
Phosphors begünstige. Doch handelte es sich immer nur um eine 
geringe Menge des schwarzen Phosphors, welcher in die tarblose 
Hauptmasse gleichsam eingestreut erschien; die letztere lies sich 
mit Schwefelkohlenstoff wegnehmen. 100 & Phosphor lieferten kaum 
1 Centigramm der angeblichen schwarzen Modifikation. — Man sieht, 
dafs eigentlich gar keine Rede von emer Umwandlung des Phosphors 


5) Journ. de Ph. IX (1869) 326; Archiv der Pharm. 196 (1871) 90: 
Jahresbericht der Chemie 1869. 22. 

9) Journ. de Pharm. XI (1870) 447; Jahresbericht der Chemie 1870, 
278: Comptes rendus (1870) 856. 

Arch. d. Pharm. XXX. Bds., 3. Heft. il 


162 F. A, Flückiger, Schwarzer Phosphor. 


ist; bei Wiederholung des Versuches habe ich mich .von irgend 
einem bezüglichen Einflusse des Quecksilbers nicht zu überzeugen 
vermocht. 

Die Frage nach dem schwarzen Phosphor wurde durch Ritter in 
Nancy auf die richtige Bahn geführt, indem er!") zeigte, dals Arsen 
im Spiele ist. Nach seiner Vorschrift soll man schwarzen Phosphor 
erhalten, wenn man das ungefärbte Element geschmolzen unter 
Lösungen von arseniger Säure, Arsensäure oder arsenhaltiger 
„phosphatischer*“ Säure verweilen läfst, was ich nicht bestätigen 
kann. 

Auch Blondlot!!) gelang es nicht, auf diese Weise schwar- 
zen Phosphor darzustellen; er hielt daran fest, dafs dazu die Mit- 
wirkung des Quecksilbers erforderlich sei und glaubte auch, in jedem 
Falle Quecksilber in schwarzem Phosphor gefunden zu haben. 
Dieser Meinung haben sich unter anderen auch Roscoe und 
Schorlemmer in ihrem trefflichken Lehrbuche der Chemie, I 
(1877) 394, angeschlossen. Sie dehnen die schwärzende Wirkung 
des Quecksilbers auch auf „sonstige Metalle“ aus, welche sich mit 
dem Phosphor zu schwarzen Phosphiden vereinigen. Vom Kupfer 
z. B. sind ja allerdings die schwarzen Verbindungen Cu®P? und 
Cu?P? ziemlich gut bekannt!2) und Phosphor, den man in konzen- 
trierter Kupfersulfatlösung aufbewahrt, liefert ebenfalls eine schwarze 


Substanz. 


Aber nicht schwarze Verbindungen des Phosphors stehen in 
Frage, sondern eine schwarze Modifikation dieses Elementes. 


Paul Thenard®) endlich schrieb die Schwärzung des Phos- 
phors dem Gehalte an amorphem Phosphor zu. 


10), Journ. de Pharm. XIX (1874) 279; Jahresb. der Ch, 1874, 224; 
Comptes rendus 78 (1874) 192; Archiv der Pharmaie 206 (1375) #7; 
Bulletin de la Societ&e chimique de Paris XXI (1874) 151. 

11) Journ. de Ph. ER (1874) 12. Jahresb. der Ch. 1374, 225; Comptes 
rendus 78, 1131. 

12) Gmelin's Handbuch der anorganischen Chemie, 6. Auflage, 
herausgegeben von Kraut, Bd. II, bearbeitet von Jörgensen, 
(Heidelberg 1875) 612. — Diese Phosphide erscheinen aber unter Um- 
ständen auch silberweils bis kupferrot. 

13) Comptes rendus 78 (1874) 1131; Jahresbericht 1874, 225. 


F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 163 


Von dem schwarzen Phosphor, den Reichardti#) in Händen 
hatte, giebt dieser Beobachter lediglich an, dafs Arsen darin nicht 
vorhanden gewesen sei; in gewöhnlichem, nicht gefärbten, Phosphor 
fand Reichardt hingegen 3,51 Proz. Arsen. 


Aufs neue berichtete Paul Thenard über schwarzen Phos- 
phor, den er durch Schmelzung einer grölseren Menge Phosphor 
entstehen sah, doch bot nur eine einzelne Stange unter vielen 
die Erscheinung dar®’). 


Maumene!) beobachtete schwarzen Phosphor als er die Destil- 
lation von farblosem Phosphor in Wasserstoff ausführte. Da dieses 
aus Zink und Schwefelsäure entwickelt wurde, so liegt die Ver- 
mutung nahe, dafs Arsen mit ins Spiel gekommen sei. Man begreift 
dann, dafs die schwarze Substanz sich nicht zeigte, als die Destil- 
lation in Kohlendioxyd vorgenommen wurde; arsenhaltiger Phosphor 
konnte in diesem Falle leicht unverändert übergehen. 


Den gewöhnlichen Phosphor kann man vollständig in die rote 
Form verwandeln, aber aus dem Wirrsale der in den vorstehen- 
den Zeilen angeführten Wahrnehmungen, deren Einzelheiten und 
Deutung heute kaum noch von Interesse sind, läfst sich nur ent- 
nehmen, dafs niemand eine Umwandlung des farblosen Phosphors in 
eine schwarze Modifikation durchgeführt hat. In meiner bezüglichen 
Notiz habe ich zwar nicht von schwarzem Phosphor gesprochen, aber 
doch aus gewöhnlichem Phosphor eine schwarze Substanz erhalten 
und darin Phosphoroxydammoniak vermutet. 


Ich fühle mich daher verpflichtet, nochmals auf diese Frage 


zurückzukommen. 


14) Archiv der Pharm. 209 (1876) 442. 

15) Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 1332, 2617, aus 
Comptes rendus 95, 409; Jahresbericht der Chemie 13832, 244. 

16), Comptes rendus 95 (1882) 653: „La production du phosphore 
noir a lieu, presque toujours, pour les premieres gouttes de 
phosphore qui distillent dans un courant d’hydrogene: les gouttes 
suivantes restent incolorees et font disparaitre la coloration des pre- 
mieres en les liquefiant et se m&lant avec elles. L’acide carbonique 
ne donna pas lieu au möme phenomene.* — Kurz angeführt in Dic- 
tionnaire de Chimie par Wurtz, Supplement II (18834—1886) 1254, 
aus Comptes rendus 95, 653; Berichte der Deutschen chemischen 


Gesellschaft 1832, 2733. 
11* 


164 F. A, Flückiger, Schwarzer Phosphor. 


Es versteht sich, dafs bei Gegenwart von Wasser durch Ein- 
wirkung von Phosphor auf Ammoniak Phosphorwasserstoff entstehen 
muls, dessen Menge abhängig sein wird von den näheren Umständen 
jener Einwirkung. Meine wenigen früheren Versuche waren im zu- 
geschmolzenen Rohre ausgeführt worden, wobei Explosionen nicht 
leicht zu vermeiden sind. Der Angriff erfolgt aber kräftig genug, 
wenn man lose verschlossene Kolben mit Phosphor und Ammoniak 
vorsichtig im Wasserbade erwärmt oder unter Neilsigem Schütteln 
dem Sonnenscheine aussetzt. Man wird aulser den verschiedenen Ver- 
bindungen des Phosphor mit Wasserstoff auch Ammoniaksalze der 
Säuren des Phosphors, sowie die Bildung jenes Phosphoroxydam- 
moniaks zu gewärtigen haben, von dem oben S. 95 die Rede war, 
sofern wenigstens eine solche Verbindung wirklich existiert. 

Sie ist von La Verrier!”) untersucht worden, aber seine 
Angaben lassen, wie mir scheint, eine andere Deutung zu und sind 
erneuter Prüfung bedürftig. Man mag ferner bei der gedachten 
Reaktion auch an die Bildung von Wasserstoffhyperoxyd und Nitrit 
denken, so wie an die Umwandlung des Phosphors in die rote Modi- 
fikation. 

Es kam mir aber für jetzt darauf an, den als schwarzen Phos- 
phor bezeichneten Körper kennen zu lernen. Erwärmt man gepul- 
verten Phosphor mit Ammoniak von ungefähr 0,92 spez. Gew. unter 
Heilsigem Umschütteln, so wird das Pulver allmählich schwärzlich 
und riecht nach Phosphorwasserstoff. An der Luft sieht es mehr 
braunrot aus, zeigt nach dem Trocknen an der Luft keine ersicht- 
liche Veränderung und giebt beim Erhitzen leuchtende Ringe aus. 
Die Farbe des Pulvers mag mit bedingt sein durch die Gegenwart 
von rotem Phosphor, gelbem Phosphorwasserstoff (P*H? —?) und 
Arsen. Behandelt man das Pulver aufs neue mit Ammoniak, so 
wird es immer dunkler, zuletzt nahezu schwarz, indem es sich ver- 
mindert. Die davon abgegossene Flüssigkeit wird hauptsächlich Am- 
moniaksalze der sauerstoffärmeren Säuren des Phosphors enthalten; 
sie giebt mit Silbernitrat einen rein weilsen, amorphen Niederschlag, 


17) Annales de Chimie et de Physique 65 (1837) 265; Jahresbericht 
von Berzelius XVII (1839) 107, 108; Gmelin's in Anmerkung 1 
erwähntes Handbuch I. 109, 108, 526. — Unbegreiflich ist Le Ver- 
rier’s Angabe, dals das schwarze Phosphoroxydammoniak durch 
Zugabe von Säuren wieder zu gelbem Oxyd werde. 


F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 165 


welcher bald in braun und schwarz übergeht. Aus salpetersaurem 
Quecksilber (NO3®Hg) wird das Metall ausgefällt, aus Quecksilber- 
chloridlösung wird durch jene Flüssigkeit Calomel, bisweilen auch 
Quecksilber abgeschieden; in Baryumchlorid oder Caleiumchlorid ent- 
stehen weisse, in Essigsäure lösliche Niederschläge, wogegen der in 
Bleizuckerlösung hervorgerufene Niederschlag sich in Essigsäure 
nicht auflöst. Ammoniakalisches Magnesiumsulfat (Magnesiamixtur) 
wird durch jene Lösung der Ammoniaksalze nicht getrübt. Dieses 
Verhalten spricht dafür, dafs hauptsächlich Phosphorigsäuresalz, 
Phosphit, vorliege. Die fragliche Flüssigkeit lieferte bei vorsichtigem 
Eindampfen unter gelegentlichem Zusatze von Ammoniak ein Salz 
von saurer Reaktion, welches im Glasrohre erhitzt unter Schmelzung 
Ammoniak, dann Phosphorwasserstoff ausgab, der sich zum Teil ent- 
zündete. Der saure Rückstand im Glasrohre lieferte, mit Ammoniak 
neutralisiert, eine Flüssigkeit, welche immer noch in Silbernitrat 
Reduktion herbeiführte. Einige der Krystalle waren vortrefflich 
ausgebildet; Herr Dr. Liweh hatte (im Dezember 1884) die Güte, 
sie zu untersuchen und mir darüber mitzuteilen, was folgt: 


System: rhombisch: 
ab : c@’—0,5306 >121,5200. 
Beobachtete Formen: 
ce= oP(m):p= Pin); a—= »Po(m). 

Die ursprünglich wasserklaren, aber sehr leicht verwit- 
ternden und zerflie[lslichen Krystalle haben einen tafel- 
förmigen Habitus durch Vorwalten der Basis ce = oP(mı) und zeigen 
aulser dieser letzteren Fläche stets die Pyramide p = P (im). Das 
Makropinakoid a — »P»(1) ist selten ausgebildet und dann stets 
sehr uneben. 

Eine vollkommene Spaltbarkeit wurde parallel a = © P » (m) 
beobachtet. 

Es wurde gemessen: 
[11.2 119 — 145910: 
1 211° 2309162 


Die Krystalle sind optisch positiv. Die Ebene der optischen Axen 
ist parallel dem Brachypinakoid, und die erste Mittellinie oder Bissectrix 
fällt zusammen mit der krystallographischen Hauptaxe c. 

Eine Platte parallel c = oP (wı) ergab für den spitzen Axenwinkel 
in Oel 

2 Ho = 8201’ Na-Linie, 
7809’ Li-Linie, 
85017’ Th-Linie. 


I 


166 F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 


Eine Platte parallel a—= » P« (100) ergab für den stumpfen Axen- 
winkel in Oel 


2 He = 106041’ Na-Linie, 
—= 109047’ Li-Linie, 
—= 103059’ Th-Linie. 

Da der mittlere Brechungsexponent des Oels 3 = 1,469 bekannt 
war, so liefs sich der mittlere Brechungsexponent der Substanz 8 = 
1,5224 für Na-Linie berechnen. 

Eine Übereinstimmung etwa mit dem Salze von Amat!®) oder 
mit den in Gmelin’s Handbuche!?) angeführten Phosphiten des 
Ammoniaks erscheint hiernach ausgeschlossen. 

Meine Krystalle zeigten die oben erwähnten Reaktionen, aber 
es gelang später nicht wieder, jene rein genug zu erhalten, um be- 
stimmt nachzuweisen, dafs sie ein Phosphit sind. Ihre geringe Be- 
ständigkeit war hinderlich und nicht gut ausgebildete Krystalle 
waren vermutlich ein Gemisch. 

Wie schon angedeutet, muls die Reaktion zwischen Phosphor 
und Ammoniak ohne Zweifel je nach dem Wechsel der dabei ein- 
gehaltenen Bedingungen recht verschiedenartig verlaufen; sicherlich 
würde sich ein erschöpfendes Studium dieser Frage sehr wohl 
lohnen. 

Es war nicht zu verkennen, dals um so rascher aus dem farb- 
losen Phosphor das schwarze Pulver erhalten wurde, je kräftiger 
das Ammoniak einwirkte. Diese Behandlung vollkommen zu Ende 
zu führen, war die nächst liegende Aufgabe. Indem ich die am- 
moniakhaltige Flüssigkeit abgols und immer wieder durch Ammoniak 
von ungefähr 0,92 sp. Gew. ersetzte, gelang es, allerdings recht 
langsam, so weit zu kommen, dals der Geruch der Phosphorwasser- 
stoffes ausblieb, dafs das Pulver sich luftbeständig erwies und sich 
nicht mehr entzündete oder überhaupt veränderte, wenn man 
es trocknen liefs. Dieses Pulver nun ist nichts anderes als — 
Arsen. 

Alles in allem zusammengefalst, scheint mir, dafs es einen 
schwarzen Phosphor nicht giebt, sondern dals der farblose Phosphor, 
in freilich nicht auffälliger Weise, Arsen gelöst enthält, sofern 


18) Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 1837, Referate, 
S. 774; aus Comptes rendus 105. 809. 
19) Gmelin — Kraut], 527. 


F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 167 


nämlich bei einer fabrikmälsigen Darstellung arsenhaltige Schwefel- 
säure verwendet wird. Indem man mit Hülfe von Ammoniak den 
Phosphor in Form von Phosphorwasserstoff und von Säuren des 
Phosphors wegnimmt, legt man das Arsen blos. Wie schon ange- 
deutet, kann hierbei auch die rote Modifikation des Phosphors auf- 
treten und anfangs ein rötliches oder braunes Produkt bedingen, 
bevor die reine, mehr schwarze Farbe des freien zerteilten Arsens 
zur Geltung gelangt. Hierauf sind manche Wahrnehmungen früherer 
Forscher zurückzuführen. Arsen ist von höchst geringer Wirkung 
auf das Ammoniak; schüttelt man es im geschlossenen Rohre mit 
wässerigem Ammoniak, so erhält man nur Spuren von Arsenat, aber 
in der Flüssigkeit, welche bei der Behandlung des Phosphors mit 
Ammoniak erhalten wird, konnte ich Ammoniumarsenat nicht 
nachweisen. 

Ist das Arsen in Form einer Verbindung in dem Phosphor ent- 
halten, so wäre anzunehmen, dafs sie durch das Ammoniak zersetzt 
werde. Janowsky?) hat mit trockenem Arsenwasserstoff und 
Phosphortrichlorid in der Kälte eine solche Verbindung erhalten: 

PC13 + AsH? = 3 HCl + AsP. 

Das Phosphorarsen ist ein hell-rotbraunes, nach dem Trocknen dunk- 
leres, glanzloses Pulver, welches, nach Janowsky, in der That 
durch Alkalien, namentlich durch Ammoniak zersetzt wird, indem 
Phosphorwasserstoff, Arsenwasserstoff, phosphorige Säure, arsenige 
Säure entstehen, auch wohl Arsen in elementarer Form abge- 
schieden wird. 

In meinen Versuchen habe ich die Bildung von arseniger Säure 
oder Arsensäure nicht beobachtet, daher vielleicht mit einigem 
Rechte anzunehmen ist, dafs das Arsen bei der Fabrikation des 
Phosphors von dessen Dampie aufgelöst werde. Diese Annahme 
wird unterstützt durch die Thatsache, dafs es nicht gelingt, Phos- 
phor und Arsen direkt zu vereinigen, wie nicht nur ich, sondern 
auch Janowsky gefunden. Als eine wirkliche Verbindung ist 
das vor langer Zeit von Landgrebe?!) und von Pelletier2l) 


20) Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 1873, 216 — 
und daraus im Jahresberichte 1873, 230. 

2) Gmelin, Handbuch der anorganischen Chemie, 5. Auflage 
(Heidelberg 1853) 684, aus Schweigger’s Journal für praktische 
Chemie 60 (1830) 184; auch im Jahresberichte von Berzelius 
XI (1832) 97. 


163 F. A. Flückiger, Schwarzer Phosphor. 


angegebene Phosphorarsen sicherlich nicht anzuerkennen. Unter den 
bei der Phosphorfabrikation obwaltenden Umständen werden die 
beiden Elemente gleichzeitig aus Verbindnngen abgeschieden und 
hierbei mag wohl der Phosphordampf im Stande sein, Arsendampt 
aufzunehmen, so dafs der feste Phosphor, Dank der vollkommenen 
Zerteilung, gleichsam Auflösung, des Arsens weder in seiner Durch- 
sichtigkeit, noch in der Farblosigkeit beeinträchtigt, wird, auch 
vollständig oder nahezu vollständig in Schwefelkohlenstoff löslich, so 
wie unverändert destillirbar ist. 

Haben die oben angeführten Beobachter, wie es vielleicht 
scheinen mag, leichter den vermeintlichen schwarzen Phosphor zu 
gewinnen vermocht, so ist es denkbar, dafs der Phosphor damals 
reicher an Arsen war, wenn zu dessen Fabrikation eine stärker 
arsenhaltige Schwefelsäure gedient hatte, Doch ist ja in früheren 
Zeiten die Säure aus sicilianischem Schwefel dargestellt worden 
welcher wenig oder kein Arsen zu enthalten pflegt. 

Wird arsenhaltiger Phosphor bei Luftzutritt mit Ammoniak be- 
handelt, so unterliegt das Arsen nicht der Oxidation, sondern bleibt 
in freiem Zustande zurück: es wird hingegen auch in Arsensäure 
(oder arsenige Säure?) übergeführt, wenn man Salpetersäure an- 
wendet. Diese lässt sich so beschränken, dafs nicht sowohl Phos- 
phorsäure, als vielmehr phosphorige Säure entsteht. Bei genügender 
Concentration der sauren Flüssigkeit eignet sich die letztere Säure 
den Sauerstoff der Arsensäure an und das Arsen scheidet sich beim 
Eindampfen als schwarzes Pulver ab, wie in dem Falle des Ammo- 
niaks. Mit Salpetersäure kann man auf diese Art das Arsen auch 
aus dem roten Phosphor bloslegen, nicht aber mit Ammoniak, welchen 
diese Modifikation widersteht. 


E. Merck, Terpinhydrat aus Eucalyptusöl. 169 


Mitteilungen aus dem wissenschaftlichen Labora- 
torium der chemischen Fabrik von E. Merck in 
Darmstadt. 


11. Terpinhydrat aus Eucalyptusöl. 
(Eingegangen d. 1. II. 1892.) 

Die Darstellung von Terpinhydrat geschieht bekanntlich in der 
Weise, dals man Terpentinöl längere Zeit mit Salpetersäure und 
Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur stehen läfst und die sich aus- 
scheidenden Krystalle aus Alkohol umkrystallisiert. 

Es dürfte aber nicht bekannt sein, dals dasselbe Terpinhydrat 
unter ähnlichen Bedingungen auch aus dem Eucalyptusöl (sowohl aus 
Ol. Eucalypt. globuli als auch aus Ol. Eucalypt. australe des Han- 
dels) entsteht. Ich habe im dieser Richtung verschiedene Proben 
von Eucalyptusöl untersucht, welche weiter unten näher beschrieben 
werden. 

Das Terpinhydrat aus Eucalyptusöl krystallisiert aus wässerigem 
Alkohol in grossen, prachtvoll ausgebildeten, glasglänzenden Kry- 
stallen, welche wie das Terpinhydrat aus Terpentinöl nach vorher- 
gehendem Sintern bei 115—116° schmelzen. 

Eine 13,6 proz. alkoholische Lösung bewirkte im Decimeterrohr 
keine Ablenkung der Polarisationsebene. Die Elementaranalyse be- 
stätigte auch, dafs eine Verbindung von der Zusammensetzung des 
Terpinhydrats vorlag. 

0,1744 g lieferten 0,4023 gr. Kohlensäure und 0,1863 g Wasser. 


Berechnet für: Gefunden: 
CoHa 0: + BO 

C= 63,15 62,91 Proz. 

H = 11,58 11,87 Proz. 


Das von mir erhaltene Terpinhydrat verwandelte sich ferner 
durch rauchende Jodwasserstoffsäure in eine krystallinische Masse, 
die durch Umkrystallisieren aus leicht siedendem Petroleumäther 
gereinigt wird und dann gut ausgebildete, farblose Prismen vom 
Schmelzpunkt 77° darstellt. Dieses Terpinhydrat aus Eucalyptusöl 
zeigt vollkommen das von Wallach (Ann. 230, p. 249,) beschriebene 
Verhalten. 

Das vorstehend Gesagte gilt sowohl für das aus Ol. Eucalypt. 
globuli als auch für das aus Ol. Eucalypt. australe erhaltene 
Terpinhydrat. 


170 E. Merck, Ferpinhydrat aus Eucalyptusöl. 


Es wäre jetzt die Frage zu beantworten, welchen Bestand- 
teilen des Eucalyptusöles das Terpinhydrat seine Entstehung 
verdankt ? 

Das Ol. Eucalypt. globuli!) besteht der Hauptsache nach aus 
Cineol (Eucalyptol?) und Rechtspinen, das Ol. Eucalypt. australe®), 
das aus Eucalyptus amygdalina gewonnen ist, aus Phellandren und 
wenig Cineol. Nach Pfaff und Oppenheim (siehe unten) enthält das 
Ol. Eucalypti australe des Handels Eucalypten. 

Die Entstehung des Terpinhydrats aus dem Ol. Eucalypt. globuli 
läfst sich leicht durch den Pinengehalt dieses Öles erklären, denn 
nach Wallach) geht dieses Terpen durch Behandlung mit verdünnter 
Salpetersäure in Terpin bezw. Terpinhydrat über. 

Schwerer läfst sich die Entstehung des Terpinhydrats aus Ol. 
Eucalypt. australe erklären. 

Pfaff und Oppenheim) haben aus diesem Öl ein Terpen C,9Hys, 
das Eucalypten, isoliert. Diese Chemiker betonen ausdrücklich, dafs 
es ihnen nicht gelungen sei, dieses Terpen in Terpinhydrat über- 
zuführen. 

Dafs sich nun das Cineol (Eucalyptol), welches, wie bereits 
erwähnt, im Eucalyptusöl enthalten ist, bei unseren Versuchen an 
der Bildung von Terpinhydrat beteiligt hat, scheint ausgeschlossen 
zu sein, denn ein Versuch, den ich mit vollständig reinem Cineol 
(Euealyptol) ausgeführt habe, zeigte unter denselben Umständen 
(14tägiges Stehen), unter denen das Eucalyptusöl erhebliche Mengen von 
Terpinhydratkrystallen absonderte, keine Abscheidung von Krystallen?). 

1) Jahn’s Ber. XVII, pag. 2943: Wallach und Gildemeister, Ann. 
Chem. Pharm. 246, pag. 283. 

2), Über die Mengen des Cineols, welches in dem Oleum Eucalypti 
globuli vorkommt, finden sich bislang noch keine genaue Angaben; 
ein Gehalt von 70 Proz., welcher mir früher von verschiedenen Händlern 
angegeben wurde, scheint nach meinen vorläufigen Versuchen erheblich 
zu hoch gegriffen zu sein. 

3) Pfaff und Oppenheim, Ber. VII, pag, 626: Wallach und Gilde- 
meister, Ann. Chem. Pharm. 246, pag. 278. 2 

4) Ann Chem. Pharm. 227, pag. 284; vergl. Ber. XXIV., pag. 1542, 

5) Pfaff und Oppenheim, Ber. VII, n Be Wallach und Gilde- 
ıneister, Ann. Chem. u. Pharm. 246, pag. 

6) Erst nach sehr langem (circa ns Stehen konnte auch bei 


reinem Eucalyptol eine Abscheidung von wenig Terpinhydrat beob- 
achtet werden. 


E. Merck, Terpinhydrat aus Eucalyptusöl. 171 


Leider konnten Pfaffund Oppenheim (l. c.) über die Spezies der 
Familie Eucalyptus, aus welcher das von ihnen untersuchte austra- 
lische Eucalyptusöl gewonnen war, keine genaue Mitteilung machen. 
Auch mir war es nicht möglich, sicher festzustellen, welcher Spezies 
das jetzige Ol. Eucalypti australe entstammt!); ich habe daher, um 
bei meinen Untersuchungen in Bezug auf die Handelsware zu einem 
besseren Resultate zu gelangen, nicht nur das Öl einer einzigen Be- 
zugsquelle, sondern das ausdrücklich als „Ol. Eucalypti australe“ 
bezeichnete Öl von drei als zuverlässig bekannten Firmen untersucht. 

Diese drei Öle zeigten übereinstimmend bei der Behandlung 
mit Salpetersäure und Alkohol die Abscheidung von Terpinhydrat- 
krystallen, welche, nachdem die Mischung von dem betr. Eucalyptusöl 
mit Salpetersäure und Alkohol in flache Schalen gegossen war, nach 
mehrtägigem Stehen eintrat. Unter teilweiser Verharzung und Ver- 
dunstung des Eucalyptusöls bildeten sich aut diese Weise schon 
nach 8 bis 14 Tage langem Stehen des Öls mit der Säure ca. 20 bis 
30 g reine Terpinhydratkrystalleaus 1 Kilo derbetreffenden Eucalyptusöle. 

Bemerken will ich noch, dafs die von mir zur Herstellung von 
Terpinhydrat verwendeten Proben von Eucalyptusöl folgendes Ver- 
halten zeigten. 

Sämtliche Proben hatten eine blafsgelbe Farbe und waren dünn- 
flüssig. Das Ol. Eucalypti globuli war rechtsdrehend (- 2°). Von den 
drei Proben Ol. Eucalypti australe waren zwei rechtsdrehend (beide 
+2,70) die dritte dagegen linksdrehend (—4.9°). Das Ol. Euca- 
lypti globuli zeigte ein spez. Gew. von 0,925 bei 15° ©. Das spez. 
Gewicht der drei Proben Ol. Eucalypti australe betrug 0,912, 0,916 
und 0,917 bei 15° C. 

Die untersuchte Probe von Ol. Eucalypti globuli und die drei 
Proben von Ol. Eucalypti australe zeigten fast dasselbe Verhalten 
bei der Siedepunktbestimmung. 

Bei der Destillation von 50 g des Öles aus gewöhnlichen Frak- 
tionskolben gingen wenige Tropfen bei ca. 100° C. über, dann stieg 
das Thermometer ziemlich rasch auf 168 Grad C., während dessen 
ca. 8 Proz. überdestillierten und von 168° C. bis 180°C. destillierten 
ca. 70 Proz. der Gesamtflüssigkeit; der Rest destillierte der Haupt- 
sache .nach zwischen 180° und 200° C. 


1!) Aus diesem Grunde werde ich vorläufig in meiner Liste von 
einer Garantie in Bezug auf die Stammpflanze absehen. 


172 E. Merck, Terpinhydrat aus Eucalyptusöl. 


Als zur Abscheidung des vorhandenen Eucalyptols Salzsäuregas 
in das Ol. Eucalypti globuli eingeleitet wurde, erstarrte dasselbe bald 
zu einer krystallinischen Masse. Die drei Proben Ol. Eucalypti australe 
zeigten in dieser Richtung ein ähnliches Verhalten, nur war die Ab- 
scheidung der Krystalle weniger stark, indessen war sie doch noch 
sehr erheblich und man konnte die charakteristische, schön krystal- 
lisierte Salzsäureverbindung in reichlicher Menge beobachten. 

Bekanntlich haben nun Wallach und Gildemeister (Liebig’s An- 
nalen 246, S. 279) aus dem Ol. Eucalypti amygdalinae durch Salz- 
säure kein Cineol ausscheiden können. 

Da man es aber in dem Ol. Eucalypti australe des Handels mit 
einem Öle zu thun hat, welches nicht ausschließslich aus Eucalyptus 
amygdalina, sondern wahrscheinlich aus verschiedenen Spezies ge- 
wonnen wird, so erklärt sich das von mir constatierte abweichende 
Verhalten der Handelsware. 

Ich bin zur Zeit damit beschäftigt, die Quantitäten des Cineols, 
welche in den oben beschriebenen Proben von Ol. Eucalypti australe 
enthalten sind, festzustellen und werde gleichzeitig eine genaue Prü- 
fung auf Phellandren vornehmen. Die Resultate dieser Untersuchung 
werde ich in Bälde mitteilen. 

Was das zu meinen Untersuchungen verwendete Ol. Eucalypti glo- 
buli betrifft, so sei noch erwähnt, dafs ich bei diesem Öle mit Sicher- 
heit für seine Abstammung aus Eucalyptus globulus garantieren kann. 

Hier will ich zum Schlufs noch die Resultate anführen, welche 
P. M. Squire (The Chemist and Druggist 1890, 37, 380, aus Rep. 
d. Chem. Ztg. 1890. S. 295) früher bei einer Untersuchung von 
Handelssorten des Eucalyptusöles erhalten hat: 


Handelssorte des Öles. acbes + Drehung. ei 
a 0,912 + 120 Keine Reaktion. 
b 0,909 +, 120  Desgl. 
Eee 0,374 —, 389 Starke Reaktion. 
ed 0889 — 240 Desgl. 
äle 0897 -— 300 Desgl. 
A 0,393 — 31° Desgl. 
Big 0.377 — 1200 Sehr starke Reaktion. 
S|h 0,874 2111004 Desgi. 
es) i 0,909 — 50 Keine Reaktion. | 
— | Californisches 0,909 ri) Desgl. 
= Schimmel 0,915 E70 Desgl. 
Merck 0,904 + 119 Desg]. 
Gehe 0,921 + 40 Desgi. 


Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat ete., 173 


Die Drehung wurde im Zeiss’schen Polarimeter festgestellt. Die 
Phellandrenreaktion hat Squire in der Weise ausgeführt, dafs er 
das zu untersuchende Öl im Doppelten seines Gewichtes Eisessig 
löste, und eine gesättigte Lösung von Natriumnitrit hinzufügte. Aus 
seinen Untersuchungen schliefst Squire, dafs a und b wahrschein- 
lich Globulusöle seien, welche unter falscher Marke in den Handel 
gebracht wurden; c, d, e, f seien normale Amygdalinaöle, ebenso 
g und h; von i glaubt Squire, dafs es das Öl gemischter Blätter sei. 
Im Anschluls daran will ich noch bemerken, dafs ich zwei aus 
Australien stammende Öle des Handels, bezeichnet „Oil oleosa und 
oil of eucalyptus amygdalina“, auf ihr Drehungsvermögen untersucht 
habe; beide Öle drehten nach links und zwar das Öl von Eucalyptus 
oleosa um 7.19 (zeigt nur schwache Phellandreureaction) das Öl von 
Eucalyptus amygdalina um — 70° (mit sehr starker Phellandren- 


reaction). 


Uber die Einwirkung von Magnesiumacetat auf 
Magnesiumoxyd und Bleioxyd 

von Apotheker Dr. Kubel. 
h Eingegangen 2. III. 9. 

Wie schon früher von mir nachgewiesen ist, besitzt eine Lösung 
von Magnesiumacetat in hohem Malse die Eigenschaft, das Mag - 
nesiumoxyd beim Erwärmen zu hydratisieren, wobei ein Teil 
des Hydrats in Lösung geht. Je nach der Menge der zugesetzten 
Magnesia usta zu der Acetatlösung entsteht ein dünnerer oder 
dickerer Brei. Ein dünner Brei aus chlorfreier Essigsäure und 
Magnesiumoxyd dargestellt, wie schon früher mitgeteilt, findet bei 
der Chlor- und Cyanbestimmung Verwendung. Ein dickerer Brei 
aus 1 Kilo einer 20 prozentigen Acetatlösung (spec. Gew. 1,0762) 
und 40 gr gehrannter Magnesia hergestellt, kommt als Sinodor in 
den Handel zur Tilgung des Achselhöhlenschweilsgeruches und des 
Fufsschweifsgeruches.. Auch stark riechender Käse in Papier ge- 
wickelt, welches mit Sinodor bestrichen ist, verliert den üblen Ge- 
ruch, nur ein Geruch nach Ammoniak macht sich bemerkbar. 
Nimmt man auf 1 Kilo obiger Acetatlösung 60 gr Magnesia, und 
wird der Brei durch gepulvertes Magnesiumcarbonat sehr stark ver- 
dickt, auch mit Pfeffermünzöl aromatisiert, so erhält man die sehr 


174 Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat etc. 


wirksame und beliebte Sinodorzahnpasta, die reinigend und sehr 
stark desodorierend wirkt und vor den Seife enthaltenden Zahnpasten 
den Vorzug hat, auf die Zahnsubstanz selbst ohne jeglichen nach- 
teiligen Einflufs zu sein. Ein dünner Brei aus unreineren Substanzen 
hergestellt, so mit der billigen Magnesia en päte von Leopoldshall 
dient zum Desodorieren von Bedürfnissanstalten, die Wände werden 
einfach damit besprengt. In hiesiger Baugewerkschule ist das 
Präparat vielfach mit gutem Erfolg benutzt. Von Interesse schien 
es, die Löslichkeit des Hydrats in der Acetatlösung zu bestimmen. 
Ich benutzte zuerst eine 10 prozentige Acetatlösung. 

300 gr derselben wurden mit 2 und 3 gr Magnesia usta etwa 
15 Minuten gekocht, nach dem Erkalten und Zusatz des verdampften 
Wassers vom Ungelösten abfiltriert. Zum Vergleiche benutzte ich 
die reine Acetatlösung, sowie destilliertes Wasser mit 2 Prozent 
Magnesia usta ebenso lange gekocht. Als Indikator diente eine 
Phenolphtaleinlösung. 

100 ccm der Acetatlösung färbten sich rot, zur Fntfärbung war 
1 Tropfen normaler Salzsäure nötig, 100 ccm Wasser mit Magnesia 
gekocht gebrauchten 2 Tropfen, 100 cem der mit Magnesia ge- 
kochten Acetatlösung 4 Tropfen Säure. Bei Anwendung einer 
20 prozentigen Acetatlösung gebrauchten 100 ccm. der reinen Lösung 
1 Tropfen Säure, 100 cem. der mit Magnesia gekochten Lösung 
9 Tropfen Säure zur Entfärbung. 

Durch Einleiten der Kohlensäure in die rot gefärbten Lösun- 
gen trat rasch Entfärbung ein, ohne dafs ein Niederschlag entstand. 

Lackmus als Indikator verwandt, gab keine sicheren Resultate, 
ich gebrauchte etwas mehr Salzsäure, doch war der Punkt der Neu- 
tralität nicht deutlich zu erkennen, ebensowenig liels sich Rosol- 
säure als Indikator benutzen. 

Jedenfalls ist bewielsen, dafs eine deutlich nachweisbare Menge 
der Magnesia durch Kochen mit der Acetatlösung in die Flüssigkeit 
übergeht, die Menge jedoch sehr gering ist. 

Ob der beim Kochen entstehende Brei nur Magnesiahydrat 
ist oder ein basisches Acetat, konnte noch nicht entschieden werden, 
jedoch ist aus nachstehenden Versuchen zu schliefsen, dafs ein 
unlösliches basisches Acetat sich bildet. Würde nur Hydrat ent- 
“ stehen, so miülste das spec. Gewicht der Flüssigkeit zunehmen, 
selbstverständlich nach genauem Ersatze des beim Kochen ver- 


Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat etc. 175 


dampften Wassers, durch Entziehung des Hydratwassers, und zu- 
gleich Aufnahme, wenn auch geringer Mengen des Hydrats. Bildet 
sich aber ein unlösliches basisches Hydrat, so verliert die Lösung 
feste Substanz, ein Teil des Acetats geht in den Niederschlag, das 
spec. Gewicht muls sich verringern, vorausgesetzt, dals die obigen 
Gründe der Vergrölserung nicht überwiegen. Das spec. Gewicht 
der benutzten Acetatlösung war 1,0452, das spec. Gewicht der mit 
2 Proz. Magnesia usta gekochten, verdünnten und filtrierten Flüssig- 
keit 1,0445, minus- Differenz 0,0007, das spec. Gewicht der mit 4 Proz. 
Magnesia usta behandelten Flüssigkeit 1,0439, minus-Differenz 0,0013. 
Wie auf Magnesia, so wirkt die Magnesium-Acetatlösung auch aut 
Bleioxyd sehr rasch hydratisierend, wobei sich eine beträchtliche 
Menge desselben löst. eine stark alkalisch reagierende Flüssigkeit 
entsteht. Vielleicht geht das Bleioxyd auch sofort als solches in 
Lösung. Zahlreiche Versuche wurden angestellt, um die zweck- 
mälsigste Konzentration der Acetatlösuns festzustellen, zu ermitteln, 
welche Mengen von Bleioxyd in Lösung zu bringen sind, und schlieis- 
lich in welcher Verbindung dasselbe in der Lösung vorhanden ist. 

Eine zehnprozentige Lösung, deren spec. Gewicht 1,0377 ist, 
oder eine im Gehalte nur wenig davon abweichende hat die besten 
Resultate ergeben, sie wirkt beim Erhitzen rasch hydratisierend und 
lösend auf das Bleioxyd, wobei sich jedoch nicht vermeiden lälst, dals 
ein Teil des letzteren beim Erkalten sich wieder ausscheidet im 
einer später beschriebenen Verbindung, wenn wesentlich mehr wie 
6 Teile Bleioxyd auf 100 Teile Acetatlösung genommen werden. 
Bei konzentrierteren Lösungen und mehr Bleioxyd findet schon in 
der Hitze eine bedeutende Abscheidung statt, die Masse erstarrt oft 
butterartig, und erst auf Zusatz von Wasser findet Lösung statt. 

Die Mengen des gelösten Bleioxyds sind verschieden nach der 
Dauer des Erhitzens, der Menge des zugesetzten Bleioxyds und 
auch der Konzentration der Acetatlösung, ein genaues Lösungs- 
verhältnis habe ich noch nicht fesstellen können. 


Bei nachfolgenden Versuchen wurde durch Zusatz der nötigen 
Menge Wasser nach dem Kochen das ursprüngliche Gewicht der 
Mischung wieder hergestellt, dann erst filtriert. 

I. 400 g einer Acetatlösung von 1.0370 spez. Gew. mit 60 g Blei- 


oxyd erhitzt, geben eine Lösung von 1,0815 spez. Gew., die 5.39 Proz. 
Bleioxyd enthielt. 7,38+4g der Lösung gaben 0,577 g Bleisulfat — 0,424 


176 Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat ete. 


Oxyd = 5,39 Proz. der Differenz im spez. Gew. von 0,0445 entspricht 
ein Bleioxydgehalt von 5,39, also der Differenz von 0,001 = 0,121 g Oxyd. 

II. 500 g einer Acetatlösung von 1,0367 spez. Gew. gaben mit 508 
Bleioxyd längere Zeit gekocht eine Lösung von 1,0955 spez. Gew. 8,145 g 
gaben 0,712 Bleisulfat = 6,43 Proz. Oxyd, Differenz der spez. Gewichte 
0,0588, also 0,001 = 0,109 g Bleioxyd, 

III. Eine Acetatlösung von 1,0413 spez. Gew. mit 10 Proz. Bleioxyd 
erhitzt, gab eine Lösung von 1,1065 spez. Gew., der Oxydgehalt betrug 
6,96, 9,323 g derselben gaben 0,883 g Bleisulfat. 

Die Differenz der spez. Gewichte ist 0,0652 oder 0,001 ent- 
sprechen 0,107 g Bleioxyd. Meistens bildete sich beim längeren 
Stehen der erhaltenen Lösungen in der Kälte die schon erwähnte 
Ausscheidung, die in grösserer Menge erhalten wurde bei Anwendung 
grösserer Mengen Bleioxyd und längerem Kochen. So gaben 800 & 
einer Acetatlösung von 1,0347 spez. Gew. mit 100 g Bleioxyd längere 
Zeit gekocht, durch Zusatz von Wasser wieder auf das ursprüugliehe 
Gewicht gebracht, heils filtriert, eine solche Lösung. Eine kleine 
Probe derselben rasch abgekühlt, wobei eine geringe Trübung nicht 
zu umgehen war, hatte ein spez. Gewicht von 1,1148, Differenz 0,0801, 
die Lösung enthielt daher mindestens 8 Proz. Bleioxyd, eine Acetat- 
lösung von 1,0492 spez. Gew. gab eine Lösung von 1,1478 spez. Gew.. 
Differenz 0,0986, entsprechend nahezu 10 Proz. Oxyd. Aus beiden 
heifs filtrierten Lösungen setzten sich grolse Mengen der später zu 
besprechenden Verbindung ab. Wird Kohlensäure in die so erhal- 
tenen Bleilösungen geleitet, so fällt fast alles Blei als basisch kohlen- 
saures Blei (Bleiweils) wieder von gänzlich amorpher Beschaffenheit, 
rein weilser Farbe und bedeutender Deckkraft. Die abfiltrierte 
Magnesiumacetatlösung ist nun wieder geeignet, neue Mengen Blei- 
oxyd zu lösen u. s. w. Dieses neue Vertahren der Bleiweilsfabri- 
kation hat mehrfache Vorzüge vor dem Verfahren mit Hülfe von 
Bleiacetat voraus, es ist daher patentiert und in der Patentschrifi 
genau beschrieben. Um die letzten Spuren des Bleies aus der 
Lösung durch Kohlensäure zu entfernen, muls das Einleiten längere 
Zeit fortgesetzt werden, wobei jedoch leicht krystallisiertes Blei- 
karbonat niederfällt. 


Die schon mehrfach erwähnte Ausscheidung zeigte sich unter 
dem Mikroskope als ein Haufwerk zarter Nadeln. Anfangs hielt ich 
dieselbe für Bleioxydhydrat, spätere Versuche ergaben jedoch, dafs die 
Verbindung !/, saures Bleiacetat oder 3 fach basisches Acetat (C5H,O,)z 


=] 


Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat etc. 17 


Pb,;0,, gleich ist mit der von Payen und Löwe auf anderem Wege 
erhaltenen Verbindung. 

Nach Payen erhält man dieselbe durch Erhitzen von Bleiacetat 
mit kohlensäurefreiem Bleioxyd in dem nötigen Verhältnisse oder 
bei längerer Digestion einer Acetatlösung mit überschüssigem Blei- 
oxyd, sie kann dann aus dieser Lösung durch Abdampfen im Vacuum 
oder durch Ausfällen mit Alkohol erhalten werden. In seidenglän- 
zenden nadelförmigen Prismen gleich der von mir erhaltenen Ver- 
bindung hat Payen dieselbe erhalten durch Vermischen von 100 
Volumen einer bei 30° ©. gesättigten Bleizuckerlösung mit 100 Vo- 
lumen siedenden Wassers und einer Lösung von 20 Volumen kohlen- 
säurefreiem Ammoniak und 80 Volumen Wasser. Auch läfst sich 
die Verbindung erhalten durch Eingiefsen einer konzentrierten heilsen 
Lösung von Bleiacetat in wenig Ammoniak. 

Löwe erhielt die Verbindung ebenfalls durch Digestion von 
6 Teilen neutralen Bleiacetats mit 14 Teilen Bleioxyd, auch durch 
vorsichtigen Zusatz von Kalihydrat zu der Lösung des neutralen 
Salzes und durch Vermischen des neutralen Salzes mit überschüssiger 
Ammoniakflüssigkeit, in seidenglänzenden Nadeln durch Eingiefsen 
einer Mischung von 100 Volumen einer kalt gesättigten Bleiacetat- 
lösung mit 100 Volumen Wasser in 40 bis 50 Volumen Ammoniak- 
Hüssigkeit und Erwärmen im Wasserbade, geschützt vor Luftzutritt. 

Durch Übersättigen einer Bleiacetatlösung, ebenso eines Blei- 
essigs mit Ammoniakflüssigkeit und Erhitzen gelang es mir später 
leicht, die Verbindung abzuscheiden. Mit Hilfe von Magnesiumacetat 
wurde die Verbindung von mir aus dem oben beschriebenen konzen- 
trierten Bleilösungen erhalten, dieselben wurden siedendheifs in 
ganz damit zu füllende Kolben filtriert und diese gut ver- 
schlossen, zum Erkalten hingestellt. Sehr bald begann die Aus- 
scheidung. Nach mehrtägigem Stehen sammelte ich die Krystalle 
rasch auf Filtrierpapier in einem Cylinder, der geschlossen werden 
konnte und versehen war mit einem Zuflufsrohre für die Aussüls- 
Hüssigkeit und einem Zuleitungsrohre für die Luft, die durch Über- 
leiten über Kalistückchen und Kalk von Kohlensäure befreit war. 
Das Auswaschen mit Wasser gelang nicht, es löste sich die Ver- 
bindung in zu grofser Menge auf, ich benutzte daher später fortan 
Spiritus, mdem das Magnesiumacetat leicht löslich ist. Um das Ver- 


fahren abzukürzen, sammelte ich den Krystallbrei auf einem Filter, 
Arch. d. Pharm. XXX. Bis. 3. Heft. 12 


178 Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat etc. 


wusch mit etwas Spiritus aus und prelste nun zwischen mehreren 
Lagen Filtrirpapier, zuletzt unter einer starken Presse, verteilte den 
Prefskuchen, der das Aussehen einer seideglänzenden weilsen Pappe 
hatte, in Spiritus, und prefste dann nochmals, schliefslich wurde der 
Rückstand in oben beschriebenem Cylinder mit Spiritus ausge- 
waschen, bis das Magnesiasalz entfernt war, dann durch Überleiten 
von trockener kohlensäurefreier Luft, zuletzt bei gelinder Wärme 
getrocknet. Die so erhaltene Verbindung verlor beim ferneren Er- 
hitzen bis 130° C., nur unbedeutend an Gewicht, dann bis 150° C. 
erhitzt, zeigte sich kein Gewichtsverlust,. sodals dieselbe als wasser- 
frei anzusehen ist. Zur Prüfung diente mir die bei 1300 ©. ge- 
trocknete Substanz. Beim Erhitzen derselben im Glasröhrchen ent- 
wickelten sich brenzliche, nach Aceton riechende Dämpfe, wobei 
die rückständige Masse sich dunkel tärbte (Bleisuboxyd?), zuletzt 
blieben fast reine Bleikörner zurück. Meine erste Annahme, die 
Verbindung könne Bleioxydhydrat sein, war dadurch hinfällig, auch 
schon durch den Nachweis, dafs die Verbindung beim Erhitzen bis 
130 und 150° C. keinen Gewichtsverlust erlitt, während das Blei- 
oxydhydrat schon bei 130° C. Wasser verliert, den ganzen Wasser- 
gehalt bei 145°C. Auf Kohle erhitzt gab die Verbindung leicht ein 
reines Metallkorn. Um den Gehalt an Oxyd zu bestimmen, glühte 
ich die Verbindung schwach im Porzellantiegel nach dem Befeuchten 
mit Salpetersäure, wobei jedoch Verpuffung eintrat. Nach anderen 
fruchtlosen Versuchen löste ich 2 g in möglichst wenig Salpetersäure, 
fällte das Blei durch Schwefelsäure und sammelte das Sulfat unter 
den nötigen Vorsichtsmalsregeln auf einem gewogenen Filter. Der 
erste Versuch ergab 2,346 g Sulfat, entsprechend 1,726 & Oxyd = 
86,30 Proz., der zweite 2,341'g Sulfat, entsprechend 1,723 = 86,15 Proz. 
Oxyd. Das !/; saure Bleiacetat nach der Formel (C, H, O3); Pb, O, 
verlangt 56,5 Proz. Bleioxyd.. Um die Menge des ungesättigten 
Oxydes in der Verbindung festzustellen, löste ich 2 in überschüssiger 
normaler Salpetersäure und titrierte den Überschufs derselben durch 
normale Kalilauge zurück unter Anwendung von Lackmus als Indi- 
kator. Es waren zur Sättigung 10,2ccm der Säure nötig, ent- 
sprechend 1,137 Bleioxyd, oder 56,8 Proz., statt 57,66, gleich ?/, von 
86,5, wie die Formel verlangt. 

Das Titrieren der basischen Bleiacetatlösungen mit Salpetersäure 
giebt mit Lackmus als Indikator genaue Resultate nicht, doch sind 


Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat etc. 179 


die Resultate noch brauchbar bei der Prüfung des Bleiessigs, wie 
ich später zeigen werde. Phenolphtalein ist ganz unbrauchbar, auch 
nach Zersetzung der Bleilösung durch überschüssiges Natriumsulfat. 

Es stand nach diesen Prüfungen fest, dals die durch Kochen 
von Magnesiumacetatlösung mit Bleioxyd entstehende Bleiverbindung 
!/, saures Acetat ist, das Bleioxyd als solches in Lösung geht. Aus 
der konzentrierten heilsen Lösung scheidet sich die Verbindung beim 
Erkalten zum Teil aus. Durch Verdampfen der Lösung scheidet 
sich noch eine grofse Menge der Verbindung ab, schliefslich erstarrt 
die Masse butterartig. Die, unter dem Mikroskope als aus zarten 
Nadeln bestehende Masse hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem 
krystallisierten salieylsauren Natron in Farbe, Form und Glanz. Dafs 
der auch dann noch in der Lösung bleibende kleine Bleioxydrest in 
dieser Verbindung darin ist, lälst sich leicht durch die charakteristische 
Silberreaktion nachweisen. 

Es zeigt sich hier die interessante Thatsache, dafs das Magnesium- 
acetat ähnlich dem Bleiacetat auf Bleioxyd wirkt, dasselbe löst, bei 
letzterem entstehen nach verschiedenen Chemikern verschiedene 
basische Acetate, bauptsächlich soll ?/, saures Salz entstehen, aber 
auch !/, saures, letztere Annahme scheint mir jedoch nicht richtig, 
wenigstens nicht bei Herstellung des Bleiessigs nach der Vorschrift 
der Pharmakopöe; bei der Einwirkung von Magnesiumacetat auf 
Bleioxyd entsteht dagegen immer nur !/; saures Salz, mag viel oder 
wenig Bleioxyd angewandt werden, und es ist anzunehmen, dals eine 


solche Lösung häufigere Verwendung finden wird, wenn man die 


Hauptwirkung vom Oxyd erwartet, öfters den gewöhnlichen Bleiessig 
ersetzen wird in Fällen, wo die im letzteren vorhandene grolse 
Menge des neutralen Acetats als unnützer Ballast anzusehen ist. . 
In der mir zu Gebote stehenden Literatur konnte ich charakteristi- 
sche Reaktionen dieser Bleiverbindung nicht finden, nur soll dieselbe, 


‚mit Ammoniak behandelt, Krystalle von Bleioxyd und Bleioxyd- 


hydrat geben. 

Nach meinen Versuchen läfst sich diese Bleiverbindung in der 
Lösung derselben, ich will kurz sagen, in dem Magnesiumbleiessig 
sehr leicht nachweisen, und dadurch dieser Bleiessig von dem ge- 
wöhnlichen unterscheiden. Beide Flüssigkeiten reagieren alkalisch, 


‚durch Lackmus zu ermitteln, der Magnesiumbleiessig färbt sich aber 


auch durch Phenolphtaleinlösung stark rot, der gewöhnliche nicht, 
12+ 


180 Kubel, Über d. Einwirk. v. Magnesiumacetat etc. 


ebenso ist das Verhalten der Lösungen nach Zusatz von überschüssi- 


gem Natriumsulfat. 


Die Hauptverschiedenheit liegt jedoch in dem Verhalten der 
beiden Lösungen zu Silber- nnd Jodkaliumlösung. 


Während gewöhnlicher Bleiessig durch Silberlösung weils gefällt 
wird, entsteht in dem Magnesiumbleiessig eine gelbe Fällung, je 
nach der Menge der Silberlösung heller oder dunkler. Der Nieder- 
schlag ist anfangs flockig, fast eigelb, später wird er dichter und 
dunkler, fast dem Goldschwefel ähnlich, Jodkalium dagegen fällt ge- 
wöhnlichen Bleiessig gelb, den Magnesiumbleiessig weils, der Nieder- 
schlag wird erst nach längerem Stehen gelb. Einige andere Unter- 
schiede sollen noch angegeben werden, I bedeute gewöhnlichen, II 
Magnesiumbleiessig. 

I giebt in gehöriger Verdünnung mit Karbolsäurelösung eme 
milchige Flüssigkeit, II eine flockige Ausscheidung, mit chromsaurem 
Kalium geben beide gelbe Niederschläge, der durch I erzeugte 
nimmt beim Erhitzen eine feurigere Farbe an, Chrysarobin, in Spiritus 
gelöst, wird durch II rot gefärbt und giebt gelbrote Fällung, I giebt 
einen schmutzig gelben Niederschlag. Bei Zusatz von Chlorwasser 
zu II löst sich der anfangs entstehende Niederschlag leicht wieder 
auf, nach längerem Stehen fällt reines Bleisuperoxyd nieder, hei I 
verläuft die Reaktion nicht so glatt. Zur Bleisuperoxyddarstellung 
wird sich vielleicht zweckmäßsig die feste Verbindung eignen, wie 
man sie durch Abdampfen der Lösung und Abpressen der Aus- 
scheidung erhält. 

Von Interesse ist noch die leichte Löslichkeit der festen Ver- 
bindung in Leinöl und Mohnöl, wodurch dieselben in rasch trock- 
nende Firnisse verwandelt werden. Zu diesen Versuchen wurde 
ebenfalls die durch Abpressen der beim Eindampfen sich bildenden 
Ausscheidung erhaltene feste Verbindung nach dem Trocknen be- 
benutzt. Den Preisrückstand zerrieb ich nach dem Durchfeuchten 
mit etwas Spiritus mit einer geringen Menge Öl fügte das andere 
Öl hinzu, auf’ 4g der trocknen Verbindung 100 g Öl, und erhitzte 
dann bis zur Lösung. Beim Erkalten trübte sich die Lösung, zeigte 
nach dem Absetzen des Schlammes eine hellere Farbe und gab in 
dünner Schicht auf Glas gestrichen einen nach 24 stündigem Stehen, 
trocknen Überzug. 


Kubel. Über d. Einwirk, v. Magnesiumacetat etec. 151 


Noch einige Mitteilnngen will ich hinzufügen über die versuchte 
Wertbestimmung der beiden Bleiessige. Da das spez. Gewicht allein 
nicht malsgebend, so bestimmte ich die Alkalität durch Übersättigen 
mit norm. Salpetersäure und Zurücktitrieren mit Kalilauge, wie oben 
beschrieben. 25 g des gewöhnl.-Bleiessigs mit 25 ce Salpetersäure 
gebrauchten 10,5 cc Kalilauge zum Zurücktitrieren, 25—10,5 = 14,5 cc 
Säure entsprechen 1,617 g Bleioxyd = 6,47 Proz.. Bei einem weite- 
ren Versuche waren 14,6 cc zur Sättigung nötig, entsprechend 6,51 
Proz. Bleioxyd. Der gewöhnliche Bleiessig wird hergestellt aus 3 
Teilen Bleiacetat, 1 Bleioxyd und 10 Wasser, 100 Teile desselben 
sollen also, wenn das Oxyd rein und alles gelöst ist, 7,1 Proz. basi- 
sches Oxyd enthalten. Da sich jedoch selten alles löst, das Oxyd 
meist auch nicht vollständig rein ist, so wird die durch Titrieren 
gefundene Menge dem wirklichen Gehalte sehr nahe kommen, jeden- 
falls läfst sich ein Bleiessig, dem durch grölseren Zusatz von Acetat 
ein höheres spez. Gewicht gegeben ist, durch Titrieren leicht er- 
mitteln. 

Die Behauptung, dafs der Bleiessig eine Lösung des !/; sauren 
Acetats mit mehr oder weniger !/; saurem Salze sei, scheint nach 
den vorgeschriebenen Acetat- und Oxydmengen nicht wahrscheinlich. 
Sollte nur !/, saures Acetat sich bilden, so mülsten auf 3 Acetat 
mindestens 3,6 Teile Oxyd genommen werden, statt 1 Teil, zur Bil- 
dung von !/; saurem Salze wären immerhin nötig 1,77 Teile Oxyd 
auf 3 Acetat. Da !/, saures Salz auch durch Silber nicht nachweis- 
bar, so wird der gewöhnliche Bleiessig neben überschüssigem neu- 
tralen Acetat (1,3 Teile von den vorgeschriebenen 3 Teilen) nur 
l/, saures Acetat enthalten. Der Magnesiumbleiessig enthielt, wenn 
derselbe einige Zeit gestanden hatte und von dem ausgeschiedenen 
l/, sauren Salze abfiltriert war, durchschnittlich nahezu 4 Prozent 
basisches Oxyd. Ein solcher wird auch für die Praxis am besten 
zu verwerten sein. Derselbe ist rasch hergestellt und giebt ein vor- 
züglich wirkendes Bleiwasser, 4 Teile auf 96 Teile Wasser. Zur 
Herstellung eines solchen Bleiessigs verfährt man in Ermangelung 
von festem Magnesiumacetat folgendermalsen. 

137 g Acid. acet. dilut. werden etwas verdünnt, mit möglichst 
chlorfreiem Magnesiumkarbonat gesättigt, dann soviel Wasser zuge- 
setzt, dafs das Gewicht 1 Kilo beträgt. Nach dem Filtrieren wird 
das spez. Gewicht bestimmt, dasselbe wird nahezu 1,0377 sein, die 


182 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


Lösung etwa 10 Proz. Magnesiumacetat enthalten. Diese wird mit 
7 Prozent Bleioxyd wenigstens eine Stunde lang im Wasserbade di- 
geriert oder kürzere Zeit gekocht, durch Zusatz von Wasser das ur- 
sprüngliche Gewicht hergestellt, nach 24stündigem Stehen filtriert 
und das spez. Gewicht bestimmt. Der Differenz von 0,001 entspricht 
nahezu 1 Proz. Bleioxyd, ist die Differenz grölser wie 0,004, so wird 
entsprechend verdünnt. 


Mitteilungen aus dem Laboratorium für synthetische 
und pharmaceutische Chemie der Herzogl. techn. 
Hochschule zu Braunschweig 


von H. Beckurts. 


Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


von H. Beckurts. 
A. Historischer Teil. 


Die Thatsache, dafs die Anemonen und manche Ranunkeln in 
trischem Zustande brennendscharf schmecken und reizend wirken, 
ist schon lange bekannt, ebenso die darauf beruhende arzneiliche 
Verwendung dieser Pflanzen. Zahlreiche Litteraturangaben geben 
davon Zeugnis. Nur einige der wichtigsten sollen hier Platz finden. 

Bereits Plinius!) erwähnt, dals die zerstossene Wurzel einer rot- 
blühenden Anemonenart einem Tiere aufgelegt vermöge ihrer 
beilsenden Eigenschaften Geschwüre erzeugt, daher sie auch zur Rei- 
nigung der Geschwüre angewandt wird. Von der Küchenschell 
oder dem Hacketkraut schreibt Otho Brunfels?): 

„Secantur folia ejus non sine acore quodam, ita ut oculos quem- 
admodum allium, aut cepe feriant. Illaque per alembicum destillata, 
aquam vulneribus mundificandis, curandisque utilissimam prestant, 
quae & putridam carnem erodant.“ 

Daselbst3) finden sich auch bei Besprechung der Ranunculusarten 
eingehende Angaben aus römischen und griechischen Schriftstellern 
über eine in Sardinien wachsende Pflanze — Sardaea —, die so scharf 


}) Die Naturgeschichte des Cajus Plinius secundus. Übersetzt von 
G. ©. Wittstein XXI. Buch, 94. 

2) Herbarum vivae icones. Stralsburg 1530 I. S. 218. 

3) ibidem S, 150. 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 183 


ist, dals sie beim Kauen den Mund wie zum Lachen auseinanderzerrt, 
woher man den Namen „sardonisches Lachen“ ableitet, Die Er- 
innerung an diese Pflanze bewahrt noch unser Ranunculus 
sardous Crtz.!) 

In Leonhard Fuchs?) findet man über die Wirkung der gepul- 
verten Wurzel der Anemone nemorosa folgende Angaben: 1) ex 
Dioscoride: „Radix sicca tritaque sternutamenta naribus admota ciet. 
Dentium dolores adhibita lenit, eostamen conterit“ und 2) ex Plinio: 
„Radix in dolore commanducata diutius, rumpit dentes. Eadem sicca 
coneisa, sternutamentum facit.“ Der Saft der scharfen Knollen von 
Ranunculus ficaria, welche nach der Blütezeit ihre Schärfe ver- 
lieren sollen, ist als Mittel gegen Feigwarzen lange bekannt. Auch 
L. Fuchs?) erwähnt die Wirkung durch Citation der folgenden Stelle 
aus Dioskorides: „Ex radieibus expressus succus ad purgationem capitis 
addito melle naribus utiliter instillatur.“ 

H. Bock) schreibt von Ranunculus sceleratus: „Der kleine 
Hahnenfufs und schalkhafftig Ranunculus hat mich oft machen lachen. 
das mir die Augen überliefen“ und „Kraut und Wurzel brennen auf 
der Haut, wie Euphorbium“: über Ranunculus ficaria „er 
brennt beinahe auff der Zunge, wie Hahnenfufls“ und über Pulsatilla 
nach Schilderung des scharfen Geschmacks: „Es möchte der zweite 
Sardonia sein, denn auch der Geschmack dervon, so dafs Kraut zer- 
stossen ist, die Augen übertreibt: die gedörrte Wurtzel gepulvert und 
in die Nase empfangen, macht nielsen.“ 

In D. Jacobi Theodori Tabernaemontani Kräuter- 
buch) ist ebenfalls der ätzenden Wirkung des frischen Krautes der 
Küchenschelle und seiner medicinischen Verwendung Erwähnung ge- 
than, desgl. an anderer Stelle®) die folgende Angabe über die Anwen- 
dung der Ranunkeln: „Die Landstreicher und Bättler / so aus Faulheit 
des Bättlens gewohnet / etzen ihnen die Schenkel mit diesem Kraut 
auf / womit sie die Leute betriegen / damit sie als vor bresthaffte 
Leute gehalten / desto mehr Gelt samlen mögen“. 

Zu Anfang dieses Jahrhunderts waren in den meisten Pharma- 
kopoen Extr. Anemonis pratensis s. Pulstatillae aquosum 
teils aus frischem, teils aus trocknem Kraut bereitet, und Aqua Ane- 
mones offfeinell. Allerdings scheinen diese Präparate, welche sich 
auch jetzt noch in einigen Pharmakopoen finden, eine nur untergeord- 
nete Stelle”) im Arzneischatz eingenommen zu haben, wohl wegen ihrer 


1) Homer erwähnt das sardonische Lachen in folgendem Verse 

ulıönve de Tvum vasdaveov ualha rotov. (Odyss. 20, 302.) 
- 2) De Historia Stirpium ete. Basel 1542. S. 163. 

3) ibidem S. 866. 

4) Kräuterbuch 1556. 

> een von Bauhin, Basel 1752 S. 82. 

6) 116 

7), Vergl. Über Extr. Pulsatillae von C. Rabenhorst. (Archiv 
der Pharmacie 1842, 77, 93.) 


154 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins, 


unzuverlässigen Wirkung infolge der leichten Zersetzbarkeit, welche 
der scharfe Bestandteil ‚dieser Pflanzen beim Trocknen derselben und 
jedenfalls auch im Extracte nach kurzer Zeit erfährt. In neuester Zeit 
hat man sich deshalb der Anwendung des Anemonins zugewandt, in 
welchem man den wirksamen Bestandteil der Anemonen vermutete. 
Die ersten Angaben über diesen wirksamen Bestandteil selbst 


finden sich vor von Friedr. Hermbstädt!). Er erwähnt, dals 
mehrere Anemonen oder vielleicht alle einen eigenen Stoff, das 
Anemoneum, enthalten. Derselbe soll flüchtig sein und die Wir- 
kung der Anemonen bedingen, Krystalle von brennenden Geschmack 
bilden, in Alkohol löslich sein und sich mit Säuren und Alkalien 
verbinden. 


Nach den Untersuchungen vonHeyer? und Schwarz?) setzen 
sich aus dem bei Destillation des zerstolsenen KrautesvonAnemone 
pratensis NL. mit Wasserdämpfen erhaltenen Destillate nach 
Wochen oder Monate langem Stehen Krystalle und ein weilses 
amorphes Pulver ab, wobei das Destillat seine Schärfe verliert. Die 
beiden Körper wurden als Anemonin und als Anemonsäure 
bezeichnet. Schon Heyer vermuthet, dafs beide Körper in der 
Pflanze nicht praeexistieren, sondern aus einem nicht isolierten 
scharfen Stoffe, einem flüchtigen Öle entstanden sind. Dasselbe 
vermuthet OÖ. L. Erdmann), welcher aus der durch Destillation 
von Ranunculus sceleratus erhaltenen wässerigen Flüssig- 
keit mittelst Äther den scharfen Stoff in Form eines gelben, sehr 
unbeständigen Öls erhalten haben will, welches sich leicht in Ane- 
monin und in Anemonsäure spaltet. Drobraschinsky?°) 
schüttelte das über Anemone pratensis L abdestillierte Wasser mit 
Chloroform und erhielt aus dem Verdunstungsrückstand des Chloro- 
forms durch Behandlung mit heilsem Weingeist den Anemonin ge- 
nannten krystallinischen Körper. 

Rabenhorst®), ebenfalls Jul. Müller”) erhielten das Ane- 
monin krystallinisch aus dem über dem Kraut von Anemone 


1) Allgem. Toxikologie oder Giftkunde. Nach dem Französischen 
des Herın M. P, Orfila mit Zusätzen und Anmerkungen von Dr. 
Sigism. Friedr. Hermbstädt. Berlin 1818 S. 57. 

2) Crell’s Chem. Journ. 2. p. 102; Crell's N. Entd. 4, 42. 

3) Mag. Pharm 10. 193; 19, 168. 

4) Journ. f. pract. Chemie 75, 209. 

5) Journ. f Pharmac. (4) 1. 329. 

6) Arch. d. Pharmac. 1845, 77, 93; 

7) Arch. d. Pharm. 1850, 115, 1. 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 155 


pulsatilla abdestillierten Wasser. Weitere, ebenfalls unvoll- 
ständige Untersuchungen mit unter einander abweichenden Resul- 
taten verdanken wir Löwig und Weidmannt) sowie 
Fehling?). 


B. Experimenteller Teil. 

Die von mir zunächst ausgeführten Versuche bezweckten die- 
Auswahl eines möglichst vorteilhaften Materials zur Gewinnung des 
die Schärfe der Anemonen und Ranunkeln bedingenden Körpers bez- 
des Anemonins. Meine Untersuchungen bezogen sich deshalb zu- 
nächst auf die 

Verbreitung des Anemonins 
in bei uns einheimischen Ranunculaceen. Ein nur einigermalsen 
vollständiges Bild über das Vorkommen dieses sehr verbreiteten 
Körpers geben dieselben aber nicht. 


Das in der Umgebung von Braunschweig gesammelte Kraut von 
Anemone nemorosa L,Anemone pulsatilla L. und 
Anemone pratensis L. wurde im frischen Zustande gut zer- 
kleinert, mit Wasser aufgeweicht, zu Portionen von etwa je 5 Pfund 
mit Wasserdämpfen destilliert, so lange das Destillat noch einen 
scharfen Geschmack zeigte. Dieser war, als das Destillat 4—5 Liter 
betrug, in den später übergehenden Anteilen verschwunden. Aus 
den drei Pflanzen werden farblose klare, namentlich bei A, pra- 
tensis undA.pulsatilla sehr scharf und brennend schmeckende 
sowie eigenthümlich reizend riechende Destillate von neutraler Re- 
aktion erhalten, welche durch Ausschütteln mit Chloroform und 
durch Verdunsten desselben scharf riechende, gelb gefärbte, kry- 
stallinische Rückstände (s. später) ergaben, aus denen durch Aus- 
ziehen mit Weingeist leicht Anemonin vom Schmelzpunkte 152° 
erhalten wurde. 

Das blühende Kraut von Ranunculus reptans L. zeigt 
beim Zerreiben kaum Geruch und schmeckt beim Kauen nicht wahr- 
nehmbar scharf. Dennoch besitzt es entgegen den Angaben von 
Matuschka und Schrank Schärfe. Das aus dem zerkleinerten 
frischen Kraute durch Destillation mit Wasserdämpfen in eben be- 


1) Pogg. Annal. 46. 45. 
2) Annal. d. Chem. und Pharm. 1841. 38, 278. 


186 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


schriebener Weise erhaltene Destillat besafs, wenn auch in viel 
geringerem Grade Geruch und Geschmack des aus den Anemonen 
erhaltenen Destillats. Durch Ausschütteln mit Chloroform gelang es 
leicht, ebenfalls den scharfen Stoff zu isolieren, welcher bei der 
Behandlung mit Weingeist Anemonin lieferte. 


In reichlicherer Menge, als in Ranunculus reptans, auch wohl in 
grölserer Menge, als in den Anemonen ist das Anemonin in dem so- 
genannten scharfen Hahnenfufs, Ranunculus acer L,enthalten. 
Aus 41/, Pfund des scharf schmeckenden, zerkleinerten Krautes 
wurde durch Destillation mit Wasserdämpfen fünf Liter eines Des- 
tillates erhalten, welchem Chloroform 11,5 gr jenes scharf und reizend 
riechenden krystallinischen Körpers entzog, aus dem durch Behand- 
lung mit Alkohol Anemonin abgespalten werden konnte. 


Ranunculus sceleratus ist schon von V.L. Erd- 
mann!) untersucht worden. Derselbe erhielt durch Destillation 
des frisch ausgepressten Saftes desselben ein scharf schmeckendes, 
wiedrig riechendes Destillat, dem er durch Äther ein gelbes Öl ent- 
ziehen konnte, welches sich an der Luft in Anemonin und Anemon- 
säure spaltete. A. Basiner?), gewann durch Ausschütteln des 
wässerigen Destillats vom frischen Kraut des Ranunculus scele- 
ratus L. mit Äther oder Benzol das scharfe Prinzip als hellgelbes Öl, 
das er Ranunkelöl nennt, mit welchem er einige physiologische 
Versuche anstellte, auf Grund derselben er namentlich die blasen- 
ziehenden Eigenschaften konstatieren konnte. Meine Versuche er- 
gaben die Identität des aus Ranunculus sceleratus isolierbaren 
als Ranunkelöl bezeichneten Körpers mit dem scharfen leicht Ane- 
monin abspaltenden Körper der Anemonen. 


Desgleichen ergab die Untersuchung des aus den Blättern von 
Clematis angustifolia und Clematis integrifolia erhaltenen 
Destillates die Identität des scharfen Prinzips dieser mit dem der 
Anemonen°. 


1) Journ. f. prakt. Chem. 75, 209. 

2) Inauguraldissertation Dorpat 1881. 

3) Schon Braconnot erhielt bei der Destillation verschiedener 
Species der Gattung Clematis ein Destillat, aus welchem sich 
Schuppen eines scharf riechenden Körpers absetzen, der 
den Namen Clematiskampher erhielt. (Pogg. Annal. 
2, 415, 3, 288.) 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 187 


Hinsichtlich des Vorkommens von Anemonin in den Blättern 
und Knollen von Aconitum napellus L. sind die Angaben von 
Schoonbrodt von Wichtigkeit, nach denen die frischen Blätter von 
Aconitum napellus eine Tinktur geben und diese bei der Destillation 
einen Alkohol, der brennend schmeckt, auf salpetersaures Silber, 
Platinchlorid und Goldchlorid reduzierend wirkt, während aus den 
getrockneten Blättern eine Tinktur erhalten wurde, welche bei der 
Destillation einen geruchlosen und geschmacklosen, auf Silbernitrat. 
Platinchlorid und Goldchlorid nicht reduzierend wirkenden Alkohol 
ergab, sowie die Angaben, dafs frische Akonitknollen Rettiggeruch 
besitzen, der beim Trocknen verschwindet, sowie dals über den 
Knollen abdestilliertes Wasser narkotisch riechen soll. Meine Ver- 
suche haben die Anwesenheit von Anemonin wahrscheinlich gemacht, 
den bestimmten Beweis für die Gegenwart desselben aber noch nicht 
erbracht. 

Darstellung des Anemonins. 

Nachdem die vorstehend geschilderten Versuche ergeben hatten, 
dals namentlich das Kraut von Anemone pulsatilla und Anemone 
pratensis, sowie von Ranunculus acer besonders reich an Anemonin 
waren, wurden diese zur Herstellung gröfserer Mengen desselben 
verwandt. Die Kräuter wurden im frischen Zustande gut zerkleinert, 
mit Wasser aufgeweicht und in Portionen von je 5 Pfund im 
Wasserdampfstrome destilliert, so lange die Destillate noch einen 
scharf brennenden Geschmack zeigten. Die zu Anfang übergehenden, 
besonders scharf schmeckenden Destillate wurden getrennt aufge- 
fangen, die später überdestillierenden schwächeren Anteile zum Ein- 
weichen neuer Mengen Rohmaterial verwandt. Die klaren und tarb- 
losen eigentümlich reizend riechenden und brennend scharf schmecken- 
den Destillate wurden wiederholt in kleineren Portionen mit Chloro- 
form ausgeschüttelt. Auf je 4 Liter Destillat wurden im ganzen je 
500 g Chloroform verwandt. Die Chloroformlösung wurde von der 
wässerigen Flüssigkeit mittelst Scheidetrichter getrennt, filtriert, und 
durch Abdestillieren aus dem Wasserbade konzentriert. Der von 
der gröfseren Menge Chloroform befreite stark gelb gefärbte Destil- 
lationsrückstand wurde in eine Krystallisationsschale gespült, auf 
dem Wasserbade bis zum Eintreten eimes die Augen zu Thränen 
reizenden Geruches weiter eingedunstet und dann unter einen Exsic- 
cator über Schwefelsäure gestellt. Die Lösung zeigt grolse Neigung 


sl H. Beckurts. Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


zur Krystallisation. Die sich in kurzer Zeit auscheidenden Krystalle 
bestanden aus zwei Körpern, welche als Anemonin und Anemonen- 
campher bezeichnet werden sollen. Aus Anemonin bestehen die 
sich zuerst auscheidenden, in Chloroform schwer löslichen Krystalle, 
welche nach dem Abfiltrieren und Abspülen mit Chloroform geruchlos 
waren und bei 150—152° schmelzen. Der in den Mutterlaugen ver- 


bleibende Körper ist der 


Anemonencampher. 


Die Mutterlauge vom Anemonin erstarrte zu einer aus sehr harten 
glänzenden rhombischen Prismen bestehenden Krystallmasse. Diese 
— der Anemonencampher — schmilzt nicht, sondern sintert, wie es 
scheint unter Entwickelung von Wasser bei 150° etwas zusammen, 
entwickelt bei höherer Temperatur stechend riechende Dämpfe, färbt 
sich dabei gelb und verkohlt über 300°. Der Anemonencampher be- 
sitzt einen scharfen, die Augen zu Thränen reizenden und die Schleim- 
häute der Nase und Respirationsorgane im hohen Grade angreifenden 
Geruch. Auf die Haut gebracht, ruft er bald Rötung hervor und 
ein Gefühl, welches demjenigen gleicht, welches man nach Ver- 
brennungen empfindet. Bei längerer Einwirkung werden Blasen ge- 
bildet, welche Brandblasen gleichen uud nur langsam heilen. Die 
Lösung in Chloroform reagiert neutral. Bei Versuchen, den Anemonen- 
campher durch Abpressen und Umkrystallisieren zu reinigen, zerfiel 
derselbe in dasin Chloroform- und Spiritus lösliche Anemonin und in 
die in Chloroform unlösliche Anemonsäure (Isoanemonsäure.) Diese 
Zersetzung erfolgt spontan. Ob dieselbe durch Einwirkung des 
Sauerstoffs der Luft oder durch Abspaltung von Wasser erfolgt, 
konnte bislang nicht festgestellt werden. 

Dieselbe Zersetzung, wenn auch erst allmählig, erfährt der 
Anemonencampher in wässeriger Lösung; das über den Kräutern 
abdestillierte Wasser trübt sich nach einiger Zeit unter Abscheidung 
beider Körper und reagiert dann sauer. Desgleichen nimmt auch 
die Lösung in Chloroform in erheblich kürzerer Zeit saure Reaktion unter 
Abscheidung amorpher Flocken von Anemonsäure (Isoanemonsäure) an, 

Infolge einer solchen Zersetzung des Anemonencamphers verlieren 
die Anemonen und Ranunkeln auch ihre Schärfe beim Trocknen. 
Damit steht im Einklange die Angabe von Schoonbrodt, welcher 
gelegentlich seiner Arbeit über den Einflufs des Trocknens auf die 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 189 


wirksamen Bestandteile der Vegetabilien schon anerkannte, dals in 
den aus dem getrockneten Kraute von Anemone pulsatilla darge- 
stellten Präparaten (Tinktur, Spiritus, Extrakt) sich die scharfen Be- 
standteile, welche in den aus frischem Kraute dargestellten Präparaten 
enthalten sind, nicht mehr vorfinden. Auch beobachtete ich, dafs die 
Menge des Anemonencamphers im Destillate alsdann geringer war, 
wenn von dem Einsammeln der Pflanzen bis zu ihrer Verarbeitung sechs 
bis acht Tage verstrichen waren, so dafs die Annahme, die Zersetzung 
des Anemonencamphers gehe in der Pflanze nach dem Absterben 
derselben rasch vor sich, wohl berechtigt ist. Mit dieser leichten 
Zersetzbarkeit des Anemonencamphers steht auch eine Beobachtung 
von A. Basiner (l. ec.) in Einklang, nach welcher bei Prüfung des 
wirksamen Bestandteils der Anemone, dieser in warmem Mandelöl 
mit Charpie auf der Brust befestigt, teils Blasenbildung, teils Haut- 
röte, teils keinen Effekt hervorbrachte, ohne einen Grund für diese 
inconstante Wirkung angeben zu können. Diese wird ohne Zweifel 
darin zu suchen sein, dals die Versuche teils mit Anemonencampher, 
teils mit Anemonin ausgeführt wurden. Es mag endlich noch be- 
merkt werden. dals ich nicht immer aus der durch Ausschütteln der 
wässerigen Destillate erhaltenen Chloroformlösung Krystalle des 
Anemonencamphers erhielt; häufig hinterliefs das Chloroform ein 
gelbes Öl mit dem geschilderten scharfen Geruche und den blasen- 
ziehenden Eigenschaften, welches aber nur allmählig und zwar zu 
einer geruchlosen, weilsen, harten hornartigen Masse erstarrte, aus 
welcher durch Behandlung mit Alkohol Anemonin- und Anemonsäure 
erhalten werden konnte. 


Anemonin: C10 H3 O%. 

Die aus dem Anemonencampher durch Ausziehen mit Alkohol 
erhaltenen Krystalle von Anemonin wurden durch wiederholtes 
Umkrystallisieren aus Alkohol gereinigt. In den letzten Mutterlaugen 
blieben bei den verschiedenen Darstellungen wechselnde Mengen 
brauner syrupöser, nicht krystallisierender Körper, welche 
saure Reaktion besafsen und Natriumcarbonat unter Aufbrausen 
zerlesten. Nach Löwig und Weidmann!) sell das Ane- 
monin in weilsen Blättchen, nach Fehling?) in Nadeln kry- 


1) Pogg. Annal 46, p. 45. 
2) Annal. der Chem. u. Pharm. 1841. 38. 278. 


190 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


stallisieren. Ich erhielt dasselbe in weilsen, stark glänzenden, 
meist tafelförmigen, rhombischen Krystallen. Dieselben sind bis 
lang noch nicht eingehend untersucht, jedoch liefsen sich leicht 
die folgenden Formen erkennen, wenn man die am meisten ausge- 
bildete Fläche der grösseren Krystalle als basisches Pinakoid be- 
trachtet: 1. dieses, 2. an Stelle desselben bei anderen Krystallen ein 
sehr flaches Makrodoma, 3. eine Pyramide, 4. ein zweites Makrodoma, 
welches die vertikale Axe in grölserer Entfernnng schneidet, als das 
schon unter 2 erwähnte. An manchen Krystallen wurde 5. ein ver- 
tikales Prisma, 6. das Makropinakoid beobachtet. Durch stärkeres 
Hervortreten des steileren Makrodomas und des Makropinakoides 
erschienen einzelne, namentlich kleineren Krystalle säulenförmig.!) 


Das Anemonin ist in reinem Zustande farblos, geruchlos und 
geschmacklos, von neutraler Reaktion und schmilzt, entgegen den 
Angaben von Fehling,?) nach denen es nicht schmelzen soll, bei 
152°. Im geschmolzenen Zustande schmeckt es stark brennend und 
bewirkt Taubheit der Zunge. Es ist wenig löslich in kaltem Wasser 
und Weingeist, leichter in den heifsen Flüssigkeiten, ebenso in Chloro- 
form, fetten Ölen, nicht in Äther. In wässerigen Alkalien löst 
Anemonin sich leicht mit gelber Farbe, indem es zugleich die 
alkalische Reaktion derselben aufhebt. Beim Kochen mit Wasser 
verflüchtigt es sich entgegen den Angaben von Erdmann,?) denen 
zu Folge es nicht flüchtig sein soll; in Folge dessen schmecken die 
Wasserdämpfe brennend und reizen die Augen zu Thränen, die Nase 
zum Niesen. Beim Erhitzen auf dem Platinblech schmilzt zunächst 
das Anemonin und zersetzt sich dann unter Austossung von zu 
Thränen reizenden Dämpten, die zurückbleibende Kohle ist leicht 
verbrennlich. Goldchloridlösung, Platinchloridlösung, Silbernitrat- 
lösung, sowie Fehling’sche Lösung werden durch die wässerige Lösung 
des Anemonins kräftig reduziert, welche sich durch Zusatz einiger 
Tropfen Kali- oder Natronlauge tief gelb färbt. Durch Essigsäure- 
chlorid und Benzoylchlorid wird das Anemonin nicht angegriffen. 


1) Nach Frankenheim'’s Bestimmung sind die Krystalle rhombisch: 
näheres siehe Archiv d. Pharm. 1850, 113, 3. 

2) Ann. Chem. u. Pharm. 38, 278. 

3) ne: 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 191 


Zusammensetzung. 

Die mit Anemonin verschiedenster Herkunft ausgeführten Ele- 
mentaranalysen haben zu Zahlen geführt, deren einfachster Ausdruck 
die Formel C5H?O? für das Anemonin ergiebt. 

0,24 g gaben mit Kupferoxyd verbrannt 0,543 g CO? und 0,1035 g H2O 
entsprechend 61,7 Proz. Kohlenstoff und 4,8 Proz. Wasserstoff. 

0,251 g gaben mit Kupferoxyd verbrannt 0,5685 g CO? und 0,0970 g H?O 
entsprechend 61,8 Proz. Kohlenstoff und 4,3 Proz. Wasserstoft. 

0,3 g gaben mit Kupferoxyd verbrannt 0,685 g CO? und 0,116 g H?O 
entsprechend 62,1 Proz. Kohlenstoff und 4,3 Proz. Wasserstoft. 

0,2148 g gaben 0,4915 g CO2 und 0,0796 g H?O 

entsprechend 62,33 Proz. Kohlenstoff und 4,1 Proz. Wasserstoff. 


Gefunden: 
I TI EI IV 
C= 61,7 Proz. 61,8 Proz. 62,1 Proz. 62,3 Proz. 
IE Se 43 „ A315 Anja: 
& ea ER 33:6, 30 


Diese Zahlen weichen erheblich ab von den von Lö wigund Weid- 
mann!) erhaltenen und stimmen ziemlich gut überein mit denjenigen, 
welche Fehling?) erhielt. 


Nachdem durch die Analyse das einfachste atomistische Ver- 
hältnis ermittelt war, in welchem Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer- 
stoff mit einander im Anemonin verbunden ist, bestand meine Auf- 
gabe zunächst darin, die Molekulargröfse desselben festzustellen. 
Dieselbe wurde mit Erfolg durch die Methode der Bestimmung der 
Gefrierpunktserniedrigung gelöst. Da das Anemonin in Eisessig nur 
schwer löslich ist, diente als Lösungsmittel Karbolsäure. Zur Be- 
stimmung der Gefrierpunktserniedrigung diente der von E. Beck- 
mann angegebene einfache Apparat. 


!) Löwig und Weidmann fanden: 
C = 55,6 Proz. 54,80 Proz. 55.05. Proz: 
a TER Si03 
und gaben dementsprechend dem Anemonin die Formel 09 H6 0%. 
2) Fehling fand: 
C = 62,82 
Bea 
und gab dem Anemonin die Formel O5H?0?. 
Berechnet für die Formel: 
C5 H4 O2. 
ne 
62,5 Proz. 
42 


a ” 


ERS 


Ha 
si 


192 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


Bestimmung des Molekulargewichts. 
Lösungsmittel: Phenol vom Schmelzpunkt 40,1". 
Molekularerniedrigung für 10085 = 70°. 


Lös S Be-  g Sub- | Gefun- 
SSUDSS- Substanz |obachtete, stanz denes 
mittel | Er- | auf 100 | Mole- 

5 nie- "Lösungs-, kular- 
5 drigung | mittel | gewicht 
Präparat I 
10,06 | 0,178 BB | ars; | 0,196 
Präparat Il 
10:06, 17 02107 97 7 078 | 23,09 186 
Präparat Ill 
20,90 0,1067 0,190 0,51 185 
20,90 0,2777 0,475 | 1533 196 
Präparat IV 
24,73 0,1475 0,212 0,60 198 | 
24.73 0,2907 0,427 1,18 193 | 
24,73 0,4265 0,637 1,72 189 | 


Das gefundene Molekulargewicht entspricht der Molekularformel 
C}oHs0,, deren Molekulargewicht 192 beträgt, während die bisher 
von Fehling und von mir angenommene Molekularformel C15H120®% 
das Molekulargewicht 288 besitzt. Mit der auf diesem Wege gefun- 
denen Molekulargröfse harmoniert auch das Verhalten des Anemonins 
gegen Säuren, Alkalien und Bleioxyd. 


Anemonsäure: C!HWO>. 

Aus den bei der Reinigung des Rohanemonins erhaltenen rot- 
braunen Sirupen von saurer Reaktion wurden durch Erwärmen auf 
dem Wasserbade Spuren noch vorhandenen Anemonins verjagt. 
Nach längerem Verweilen im Exsiccator über Schwefelsäure schieden 
sich braunrote harte Krystalle m geringer Menge aus, welche ab- 
geprefst und durch Umkrystallisieren aus Wasser unter Zusatz von 
Thierkohle gereinigt wurden. Es gelang eine kleine Menge weilser, 
derber und harter Nadeln zu erhalten. Dieselben schmolzen bei 
210°, besalsen saure Reaktion, neutralisierten Basen, mit diesen farh- 
lose Salze gebend. Die mit dem Namen An emonsäure belegte Säure 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 193 


ist identisch mit der durch Kochen des Anemonins mit Bleioxyd ent- 
stehenden Säure, deren Bildung durch die Gleichung: 
C20H8s0: + MO = CWHWO>5 

ausgedrückt wird. Leider reichte das nur in geringer Menge ge- 
wonnene Material zur weiteren Untersuchung nicht aus. Erwähnt 
sei nur, dafs die aus der Mutterlauge des Anemonins gewonnene 
Anemonsäure Fehling’sche Lösung und Silberlösung reduzierte, und 
ihre wässerige Lösung auf Zusatz von Nitroprussidnatrium und Natron- 
lauge eine prachtvoll rote Färbun& annahm, die auf Zusatz über- 


schüssiger Essigsäure in Violettrot umschlug. (s. S. 203). 


Anemoninsäure: 010 H!? 06, 

Die sirupöse Mutterlauge der Anemonsäure erstarrte im Ex- 
siccator über Schwefelsäure schliesslich zu einer braunroten, spröden 
völig amorphen Masse, die zerrieben em bräunlich-weisfes Pulver 
darstellte. Dasselbe ist in Wasser sehr leicht mit saurer Reaction 
löslich. Diese als Anemoninsäure bezeichnete Säure ist identisch 
mit der durch Kochen des Anemonins mit Salzsäure und Schwetel- 
säure, Kalilauge und Barytwasser entstehenden Säure (s. S. 195). Sie 
giebt völlig amorphe Alkali-, Baryum- und Bleisalze, reduziert 
kräftig alkalische Kuptersultatlösung, Silberlösung und verbindet sich 
mit Phenylhydrazin zu einer amorphen Verbindung. Aut Zusatz von 
Nitroprussidnatrium (s. S. 203) und Natronlauge nimmt die wässrige 
Lösung der Säure eine tief gelbrote Färbung an, welche nach dem 
Ansäuren durch Essigsäure violettrot wird und dann bald verblafst. 
Die aus dem Bleisalz durch Schwefelwasserstoff abgeschiedene Säure 
schmolz bei 116— 1179 C. 


lsoanemonsäure: (01 H! O5) 

Mit dem Namen „Isoanemonsäure* habe ich die zuerst von 
Schwarz erwähnte und mit dem Namen Anemonsäure bezeichnete 
Säure belegt, welche sich als im Weingeist unlösliche amorphe Flocken 
bei der Isolierung des Anemonins ausscheidet. Diese wurden zur 
vollständigen Entfernung des Anemonins wiederholt mit Weingeist 
und Wasser ausgekocht. So wird die Säure als weilses, gelbliches 
oder grauweilses Pulver erhalten. Dieses ist geruchlos, geschmack- 
los und völlig amorph; in Wasser, Weingeist und Äther unlöslich. 


Feuchtes Lackmuspapier wird durch die Säure gerötet, welche mit 
Arch. d. Pharm. XXX. Bde. III Hit. 13 


194 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


den Alkalien und Erdalkalien gefärbte Salze lietert. Die Zusammen- 
setzung der Säure entspricht nicht der Formel C,; H,,; O,. sondern 
C! 9105, ist also isomer mit der Anemonsäure. 
Analyse. 

1) 0,2505 g gaben bei der Verbrennung mit Kupteroxyd 0,532 g 002? — 
57,9 Dies C. und 0.1065 g HO = 4,7 Proz. H. 
0,2365 g gaben bei der Verbrennung mit Kupteroxyd 0.4945 g CO? — 
57,0 Proz. C. und 0,0905 g H?O = 4,25 Proz. H. 
0, 


2) 


3) 0,278 g gaben bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,58775 g CO? —= 
57,6 Proz. C und 0,1085 g PO = 4,3 Proz. H. 
4) 0, 21 9 g gaben bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,462 g CO? — 


> Proz. C und 0,087 g H0 = 4,41 Proz- H. 
5) € ‚155 g gaben hei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,329 g 00? — 
0,0896 C = 57,7 Proz. C und 0,06 H?O = #5 Proz. H. 


Berechnet für Gefunden 
Ci Hi O5 % II. TI. IV. V. 
C = 57,2%, 319%... 370%: 316%. 372 Vor 
et He Ama. - AS, 7 
0O=381 „ — — — — = 


Einwirkung von Bleioxyd auf Anemonin. 
(Anemonsäure.) 

Eine Verbindung des Anemonins mit Bleioxyd entsteht nach 
Fehlingt) durch Kochen beider Körper mit Wasser. Beim Erkalten 
der filtrierten Lösung krystallisiertt die Verbindung neben etwas 
freiem Anemonin aus. Die Zusammensetzung derselben entspricht 
nach Fehling der Formel C5H"FPbO’ woraus Fehling die Mole- 
kularformel C5H!?0$ für das Anemonin ableitete. 

3 g Anemonin wurden in Wasser gelöst, zu der heilsen Lösung 
mit Wasser angeriebenes Bleioxyd im Überschuls gefügt und die 
Mischung so lange über freiem Feuer am Rücktluiskühler gekocht, 
als die entweichenden Dämpfe noch den scharfen Geruch des Ane- 
monins zeigten, wozu längere Zeit erforderlich war. Darauf wurde 
filtriert, das überschüssige Bleioxyd noch wiederholt mit Wasser 
ausgekocht, und die vereinigten Filtrate auf dem Wasserbade einge- 
engt. Das sich ausscheidende Bleisalz wurde gesammelt und bei ge- 
wöhnlicher Temperatur getrocknet. 


1) Annalen der Chemie u. Pharmacie 38 (1541), 275 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 195 


Es bildet weilse, leichte, mattglänzende verfilzte Nadeln, welche in 
kaltem Wasser schwer, ziemlich leicht in heilsem Wasser, nicht in 
Alkohol löslich sind. 

Zusammensetzung, 

0,1415 g verloren bei 1200 kein Wasser und lieferten 0,1038 g PbSO4 
entsprechend 0,07378 = 52,1 Proz. Pb, 

0,244 g gaben 0,256 g CO? entsprechend 23,7 Proz. C und 0,046 & 
H2O entsprechend 2,1 Proz. H. 

Berechnet für 


C10H3Pb 05 Gefunden 
C=238,9%, 23.6300 
H= 19- 2:1 


Die aus dem Bleisalze durch Zersetzen desselben mit Schwetel- 
wasserstofl, Eindampfen des Filtrats vom Schwetelblei und Um- 
krystallisieren des Rückstandes aus Wasser oder durch Ausschütteln 
der mit Schwefelsäure zersetzten Lösung des Bleisalzes mit Äther 
erhaltene freie Säure krystallisiert aus Wasser in derben, weilsen 
und sehr harten, bei 210° schmelzenden Nadeln, welche die S. 192 
geschilderten Eigenschaften besitzen. Darnach bildet sich beim 
Kochen des Änemonins mit Bleioxyd und Wasser nach der Glei- 
chung: 

C1H80* + PbO = CI!PH3Pb O0? 

das Bleisalz einer Säure C!H!005, welche ich als Anemonsäure 
bezeichne. Die Bildung dieses Bleisalzes bestätigt die auf anderem 
Wege schon ermittelte Molekulartormel C1!°H30* für das Anemonin. 
Das von Fehling analysierte bleiärmere (42,5 °/,) Salz ist unzweitel- 
haft durch freics Anemonin verunreinigt gewesen. Dies ist bei un- 
zureichend langem Kochen des Anemonins mit dem Bleioxyd, wie 
ich auch Gelegenheit hatte, wiederholt zu beobachten, stets der Fall. 
Dagegen haben Löwig und Weidmann (l. c.) schon ein aus 
Anemonin und Bleioxyd dargestelltes Bleisalz untersucht, dessen Zu- 
sammensetzung bezüglich des Gehaltes an Bleioxyd mit dem von mir 
untersuchten übereinstimmt. Löwig und Weidmann fanden 
53,79 Proz. PbO, während die Formel C!’H3Ph0? 53.7 Proz. PbO 
verlangt. : 


Einwirkung von Salzsäure auf Anemonin. 
(Anemoninsäure.) 
Kocht man gepulvertes Anemonin mit 20 proz. Salzsäure, so löst 


sich dasselbe zunächst mit schwach rosaroter, später tief kirschroter 
13* 


196 H. Beckurts, Beitrage zur Kenntnis des Anemonins. 


und zuletzt gelbroter Farbe zu einer stark fiuoreszierenden Flüssig- 
keit auf. Damptt man diese zur Trockne und erwärmt den Rück- 
stand auf dem Wasserbade bis zur Verjagung der Salzsäure, so 
bleibt eine spröde, amorphe Masse zurück. welche sich nur unvoll- 
ständig wieder in Wasser löst, eme braunrote, in Wasser weich- 
werdende harzige Masse zurücklassend. Die mit Wasser verdünnte 
gelbrote salzsaure Lösung färbt sich aut Zusatz überschüssiger Na- 
tronlauge, Ammoniak oder Barytwasser tief gelb; Zusatz von Mineral- 
säure entfärbt diese Lösungen. Die nach Verjagung der Salz- 
säure zurückbleibende. in kaltem Wasser leicht lösliche Säure giebt 
durch Neutralisation mit Ätznatron oder Barythydrat amorphe in 
Wasser leicht lösliche Salze. Die Lösungen dieser Salze geben mit 
salpetersaurem Silber einen weilsen, amorphen, in Wasser schwer- 
löslichen, mit Bleiacetat einen gelblich weilsen, in Wasser unlöslichen 
Niederschlag. 

Zur Darstellung des Natriumsalzes wurde die wässerige Säure- 
lösung mit reinem Ätznatron vorsichtig neutralisiert und die gelb- 
vot- getärbte Salzlösung, welche keine Neigung zur Kıystallisation 
besals, zur Trockne verdampft. Das Natriumsalz hinterblieb als 
braunrotes, sprödes, amorphes und sehr hygroskopisches Pulver, 
dessen wässerige Lösung Fehling'sche Lösung und Silbernitratlösung 
in der Wärme stark reduzierte. 

0,2065 g des bei 1000 getrockneten Salzes gaben U,1U2g Na’S0t = 
0,03401 entsprechend 16,4%, Na. 

Die Formel C!H1Na?06 verlangt 16.5 %, Na. 

Zur Darstellung des Silbersalzes wurde die wässerige 
Lösung des Natriumsalzes mit einer Lösung von Silbernitrat gefällt, 
der volnminöse weisse Niederschlag mit Hilfe der Saugpumpe schnell 
auf emem Filter sorgfältig ausgewaschen und rasch im Dunkeln ge- 
trocknet. Trotz dieser Vorsichtsmafsregeln bildete das trockene 
Silbersalz ein braun getärbtes Pulver. 

0.342 x des bei 100% getrockneten Salzes hinterliessen beim Glühen 
0,165 g Ag = 48.2 Proz. 

Die Formel C10 HW Ag2 06 verlangt 48,7 Proz. 

Da auch beim Kochen mit verdünnter, lOprozentiger Salzsäure 
die erhaltene gelbrote, Huorescierende Lösung des Anemonins beim 
Eindampfen zur Entfernung der überschüssigen Salzsäure die gröfste 
Menge des Anemonins in harzige, in Wasser unlösliche Verbindungen 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenutnis des Anemonins. 197 


übergeführt wird, andere Wege zur Beseitigung der Salzsäure sich 


aber als nicht gangbar erwiesen, so wurde zunächst das 


Verhalten des Anemonins gegen verdünnte Schwefelsäure 
studiert. Anemonin löst sich in erwärmter verdünnter Schwefelsäure 
zunächst ohne Färbung auf. Die Lösung färbte sich beim Eintragen 
grölserer Mengen gelblich grün, erhielt starke Fluorescenz und nahm 
auf Zusatz von Natronlauge oder Barytwasser bis zur alkalischen 
Reaction eine tiefzeisiggelbe Färbung an. 

Die durch Kochen von 4 g Anemonin mit 20 prozentiger Schwefel- 
säure am Riückflufskühler erhaltene gelbgrüne Lösung wurde nach 
dem Erkalten zur Entfernung der Schwefelsäure mit Barytwasser 
übersättigt, und die prachtvoll zeisiggelb-gefärbte Lösung von dem 
Baryumsulfat abfiltriert, das Filtrat zur Entfernung des überschüssigen 
Ätzbaryts mit Kohlensäure gesättigt, zur Zerstörung des gebildeten 
sauren kohlensauren Baryums autgekocht, filtriert und auf dem 
Wasserbade eingedunstet. Es hinterblieb als Rückstand ein Baryum- 
salz. welches nach dem Zerreiben ein gelbliches, völlig amorphes 
Pulver darstellte, welches in kaltem Wasser leicht mit gelber Farbe 
löslich ist. 

0,4015 g des bei 1000 getrockneten Baryumsalzes lieferten 0.2615 g BaS0* 
entsprechend 33,3 Proz. Ba. 

Die Formel C1% H10 06 Ba verlangt 35 Proz. Ba. 

Die wässerige Lösung des Baryumsalzes reduzierte kräftig 
Fehling'sche Lösung, ebenso Silbernitratlösung beim Erwärmen. 
Bleiacetatlösung gab einen gelblich weilsen, salzsaures Phenylhydrazin 
einen gelbbraunen Niederschlag. 

Zur Darstellung des Silbersalzes wurde die konzentrierte 
wässerige Lösung dcs Baryumsalzes mit Silbernitratlösung gefällt, 
der entstehende voluminöse und gelatinöse, amorphe Niederschlag 
gesammelt, unter Benutzung der Saugpumpe so lange mit Wasser 
gewaschen, bis das Waschwasser keine Reaction auf Baryum mehr 
gab und dann unter Abschlufs des Lichtes bei gewöhnlicher Tem- 
peratur getrocknet. Da das Auswaschen des gelatinösen Niederschlags 
nur langsam von statten ging, so war nicht zu vermeiden, dals der- 
selbe zum Teil in Lösung ging und Zersetzung unter Bräunung erfuhr. 

Das trockene Silbersalz bildete ein amorphes grauweilses Pulver. 
0,168 g hinterlielsen beim Glühen 0,081 g entsprechend 48,3 Proz. Ag. 

Die Formel C!% H10 06 Ag? verlangt 48,7 Proz. 


198 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


Zur Darstellung des Bleisalzes wurde die wässerige Lösung 
des Baryumsalzes mit Bleiacetatlösung versetzt und der entstehende 
gelblich weifse, amorphe Niederschlag gesammelt und ausgewaschen, 
Nach dem Trocknen bildete das Bleisalz ein gelblich gefärbtes, 
amorphes, in Wasser unlösliches Pulver. 


0,371 g gaben 0,263 g PbSO% entsprechend 48,2 Proz. Pb. 
Die Formel C10 H10 PbO6 verlangt 47,9 Proz. Pb. 


Verhalten des Anemonins gegen Natron- und Kalilauge. 


Erwärmt man Anemonin mit Kali- oder Natronlauge, so löst es 
sich in diesen, indem es die alkalische Reaktion derselben aufhebt, 
mit tief gelbroter Farbe auf. Zusatz von Mineralsäuren bis zur 
sauren Reaktion entfärbt diese Lösungen. Fein gepulvertes Ane- 
monin wurde in Wasser verteilt und unter allmäligem Zusatz von 
so viel reiner, aus metallischem Kalium oder Natrium hergestellter 
Alkalilauge gekocht, dafs die tief gelbrot gefärbte Lösung neutral 
reagierte, dann wurde vom ungelösten Anemonin abfiltriert und ein- 
gedampft. Die so erhaltenen Kalium- und Natriumsalze bilden 
vollkommen amorphe, gelbrote bis braunrote, nach dem Trocknen 
über Schwefelsäure spröde Massen. Dieselben sind sehr hygroskopisch, 
zerflielsen schon nach kurzem Verweilen an der Luft zu braunroten, 
oder gelbroten Flüssigkeiten. Die sgelbroten Lösungen reduzieren 
Fehling’sche Lösung und Silbemitratlösung in der Wärme, geben 
mit Bleiacetatlösung einen gelblich weilsen, mit salzsaurem Phenyl- 
hydrazin einen gelbbraunen Niederschlag. 

0,341 g verloren bei 110% 0,036 = 10,6%, H2O und gaben 
.0,1530 g Na? SO* = 14,6 %/, Na. 

0.2180 g verloren bei 140° 0,0235 — 10,8°/, H2O 

0,308 g getrocknetes Salz gaben 0,153 g Na? SO? = 0,04956 entsp. 
16,2 %, Na. 

0,1945 g bei 1409 getrocknetes Salz gaben 0.3035 g 00? = 
42,20%/, C und 0,0698 g H20 = 3,9%), H. 

Die Formel C!® HW Na2068 + 2 H2O verlangt 11,3%, H2O und 
14,9 %/, Na. 


Berechnet für Geiunden 
C10 910 Na2 O6 

C=-425 42,2 
H= 35 3.9 


Na = 16,5 16,2 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 199 


Darnach verläuft der Prozeis der Einwirkung von Natronlauge 
auf Anemonin nach der Gleichung; 

C1 H3 0% + 2 Na OH = C!% H1 Na2 08%, 

Dafs wirklich 1 Molekül Anemonin 2 Moleküle Natriumhydroxyd 
‘aufnimmt, um in das Natriumsalz einer der Formel C!0 H!2 06 ent- 
sprechend zusammengesetzten Säure überzugehen, ist zum Überflufs 
noch durch die folgenden Versuche bewiesen. 

I) 0,2595 g Anemonin wurden in 5 cem Normal-Natronlauge in 

der Wärme gelöst und der Überschuls an Natronlauge mit 
1/.'n Normal-Salzsäure zurücktitriert. Es wurden hierzu 22 cem 
verbraucht, mithin hatte das Anemonin 2,5 cem Normal- 
Natronlauge gebunden. 

ID 0,5105 g Anemonin wurden in 10 ccm Normal-Natronlauge in 
der Wärme gelöst und zum Rücktitrieren des Überschusses an 
Natronlauge 45,2 ccm Y/,, Normal-Salzsäure gebraucht; mithin 
hatte das Anemonin 5.68 cem Normal-Natronlauge gebunden. 

III) 0,248 g Anemonin wurden in 5 ccm Normal-Natronlauge gelöst 
und zum Rücktitrieren des Überschusses 23 cem !/,, Normal- 
Salzsäure verbraucht, mithin hatte das Anemonin 2,7 ccm 
Normal-Natronlauge gebunden. 


Theoretisch wären erforderlich gewesen bei I) 2,7 cem: bei II 
5,3 cem: bei III) 2,6 ccm Normal-Natronlauge. 


Verhalten des Anemonins gegen Barytwasser. 


Das Verhalten des Anemonins gegen Barytwasser studierten 
zuerst Löwig und Weidmann (l. ec.). Als Reaktionsprodukt fanden 
sie das Baryumsalz einer Säure, welche sie Anemoninsäure be- 
nannten. Dieselbe unterscheidet sich nach den genannten Forschern 
von dem Anemonin durch ein Mehr von zwei Molekülen Wasser, 
ihre Zusammensetzung ist C’H!0®, während das Anemonin nach 
Löwig eine der Formel C’H$0* entsprechende Zusammensetzung 
besitzt. Kocht man gepulvertes Anemonin mit Barytwasser, so löst 
es sich mit tief gelbroter Farbe auf. Bei Anwendung eines Über- 
schusses von Barytwasser entstehen gleichzeitig rotgelbe Flocken, 
welche wohl aus einem basischen Salze bestehen, da sie sich in einer 
wässerigen Anemoninlösung wieder mit gelber Farbe lösen. Die 
schwach alkalisch reagierende Lösung des Baryumsalzes wurde mit 
Kohlensäure vom überschüssigen Ätzbaryt befreit, filtriert und die 
Kohlensäure durch Erwärmen verjagt. Die fiuorescierende tief gelb 
gefärbte Flüssigkeit gab mit Bleiacetat einen gelben flockigen, mit 


200 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


Kupferacetat einen grünlichen, mit Silbernitrat in der Kälte einen 
gelblich weilsen, voluminösen in der Hitze sich unter Abscheidung 
von metallischem Silber zersetzenden Niederschlag. Phenylhydrazin 
veranlalste gelbbraune Fällung, Fehling’sche Lösung wurde nach 
Ausfällen des Baryums mit Natriumcarbonat reduziert. 

Aus einem Teil dieser Lösung wurde durch Eindampfen das 
Baryumsalz als gelbbraune, amorphe, in Wasser mit orangegelber 
Farbe leicht lösliche spröde Masse erhalten. 

0,332 g des bei 1050 getrockneten Salzes lieferten 0.215 BaSO% ent- 


sprechend 0.1264 = 58 Proz. Ba. 
Die Formel C!’H1WBa06 verlangt 38 Proz. Ba. 


Das durch Fällen eines anderen Teilsder Lösung mit Bleiacetat erhal- 
tene Bleisalz bildete ein gelblich weilses in Wasser unlösliches Pulver. 
0,511 g des Salzes lieferten 0,263 PbSO? entsprechend 48,2 Proz. Pb. 

Berechnet für die Formel C!PH10Pb 06 : 47,9 Proz. Pb. 

Ein dritter Teil der Baryumsalzlösung wurde mit Silbernitrat- 
lösung gefällt und der weilse, sehr voluminöse und gelatinöse Nieder- 
schlag mit Benutzung der Saugpumpe auf einer perforierten Porzellan- 
platte gesammelt und mit Wasser bis zum Verschwinden der Re- 
aktion auf Baryum ausgewaschen und im Dunkeln bei gewöhnlicher 
Temperatur getrocknet. Infolge der gelatinösen Beschaffenheit des 
Niederschlages ging das Auswaschen nur langsam von statten, so- 
dafs schon hierbei, mehr noch beim Trocknen Zersetzung des Silber- 
salzes, äufßserlich kennbar durch Braunfärbuug, nicht zu umgehen 
war. Das Salz enthielt deshalb auch einen höheren Silbergehalt, als 
die Formel beansprucht. 

0,341 g hinterliefsen beim Glühen 0,175 g Ag — 51,9 Proz. Ag. 

Die Formel C!OH1A2,206 verlangt 48,7 Proz. 

Die aus dem Baryumsalze durch genaue Ausfällung mit Schwefel- 
säure und Eindunsten des Filtrats vom Baryumsulfat gewonnene 
freie Säure, die Anemoninsäure, büdet eine spröde, braune, sehr 
hygroskopische Masse ohne krystallinisches Ansehen. Als solche 
wurde die Säure auch. aus dem wiederholt beschriebenen Bleisalze 
durch Zerlegen mit Schwefelwasserstoff und Eindampfen des 
Filtrats erhalten. Es hinterblieb ein brauner Sirup, der im Exsiecator 
über Schwefelsäure zu einer braunen spröden Masse erstarrte, die 
zerrieben ein lichtbraunes, amorphes, bei 116 —117° ©. schmelzendes 
Pulver darstellt. 


H. Beckurts,. Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 201 


Aus dem Verhalten des Anemonins beim Kochen mit Säuren, 
verdünnten Alkalien und Ätzalkalien folgt, dafs dieses unter Auf- 
nahme von 2 Mol. Wasser in eine zweibasische Säure, die Anemonin- 
säure, verwandelt wird, welche sich von der beim Kochen des 
Anemonins mit Bleioxyd und Wasser entstehenden Anemonsäure 
durch em Minus von I Mol. Wasser unterscheidet. 

Nachdem nachgewiesen, dafs 3 von den im Molekül des Ane- 

N 
wonins vorhandenen Sauerstoffatomen in Form der Gruppe (9 =.) 
anwesend sind, liels ich es zunächst meine Aufgabe sein, den 
Charakter des vierten Sauerstoffatoms festzustellen. Ich habe an 
anderer Stelle schon erwähnt, dafs Acetylchlorid und Benzoylchlorid 
auf Anemonin ohne Einwirkung sind. Da aber durch die event. 
auftretende Salzsäure eine Regeneration von Anemonin stattfinden 
konnte, so wurde zur Entscheidung der Frage nach der Gegenwart 
einer Hydroxylgruppe noch die 


Einwirkung von Essigsäureanhydrid auf Anemonin 
studiert. Die Versuche lehrten, dals hierbei die Bildung einer dem 
Anemonin isomeren Verbindung stattfindet, welche ich 


Isoanemonin 


nennen will. Zur Darstellung desselben wurden 3 g Anemonin mit 
10 g Essigsäureanhydrid im Rohr während drei Stunden auf 100° 
erhitzt. Beim Öffnen der Röhre war kein Druck vorhanden. Der 
Inhalt der Röhre bestand aus unverändertem Acetanhydrid und 
einem amorphen, gelblich weilsen pulverigen Körper. Derselbe 
wurde gesammelt, mit Wasser bis zur Zersetzung des Essigsäure- 
anhydrids gekocht, mit frischen Mengen Wasser gewaschen und ge- 
trocknet. 

Das Isoanemonin stellt ein gelblich weilses Pulver dar, welches 
in Wasser, Alkohol, Chloroform und anderen gebräuchlichen Lösungs- 
mitteln unlöslich ist. Beim Kochen mit Kali- und Natronlauge färbt 
es sich, dabei etwas aufquellend, braunrot, beim Erhitzen mit Salz- 
säure bleibt es unverändert; erhitzt, färbt es sich dunkel, verkohlt, 
ohne zu schmelzen und verbrennt nach dem Entweichen stechend 
riechender Dämpfe mit leuchtender Flamme. Silberlösung und 
Fehling’sche Lösung werden beim Kochen reduziert. 


202 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


Zusammensetzung. 
I. 0,2010 g gaben bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,4558 g CO? 
= 62,1 Proz. C und 0,0840 g H2O = 4,63 Proz. H. 
Il. 0,186 g gaben bei der Verbrennung mit Kupferoxyd 0,421 g 002 
—= 62 Proz. und 0,0884 g H2O = 4,6 Proz. H. 
Berechnet für 


610 HS O4 Gefunden 
T: 11. 
CC = 62,4 Proz. 62,1 Proz. 62,0 Proz. 
Hreiilgnnl: 463 261% 


Die kräftig reduzierende Wirkung des Anemonins auf Fehling’sche 
Lösung und Silberlösung machte die Gegenwart einer Aldehyd- oder 
Ketongruppe wahrscheinlich. Durch das Verhalten des Anemonins 
gegen Phenylhydrazin, Hydroxylamin, Nitroprussidnatrium, Ammoniak 
und saures schwefligsaures Natrium ist die Anwesenheit einer solchen 
im Anemonin bestimmt nachgewiesen. 

Einwirkung von Phenylhydrazin auf Anemonin. 

Anemonin vereinigt sich als Säureanhydrid und Keton (bezw. 
Aldehyd) mit zwei Molekülen Phenylhydrazin zu einer Verbindung 
der Formel: 

CH.N.NH. C6H5 


co 
5 —>N.NH. C6H5 
607 
Zur Darstellung derselben wurden 3 g gepulvertes Anemonin 
mit überschüssigem Phenylhydrazin kurze Zeit im Kölbchen er- 
wärmt, das Produkt mit salzsäurehaltigem Wasser zur Entfernung 


des Phenylhydrazins ausgekocht, und der in diesem unlösliche Anteil 


C10 H802 N4C12H12 oder C7’H? 


in Spiritus gelöst. Beim Verdunsten der spirituösen Lösung hinter- 
blieb die Phenylhydrazinverbindung als vollkommen amorphe, braun- 
gelbe, spröde Masse. Dieselbe ist in kaltem Alkohol leicht mit tief- 
gelber Farbe, nicht in Wasser löslich. 

Zusammensetzung. 

1) 0,129 g gaben beim Verbrennen mit Kupferoxyd und vorgelegter 
Kupterspirale bei 230 und 757 mm 17,7 ccm = 0,01984 g — 15,3 Proz. 
Stickstoff. 

2) 0,2175 gaben beim Verbrennen mit Kupferoxyd und vorgelegter 
Kupferspirale bei 230 und ‘60 mm 28 cem = 0,0315088 g — 
14,5 Proz. Stickstoff. 

3) 0,1562 g gaben beim Verbrennen mit Kupferoxyd und vorgelegter 
Kupferspirale bei 16% und 756 mm 21,5 cem = 0,024865 g — 
15,8 Proz. Stickstoff. 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 203 


Berechnet tür 


C10 Hs O2? N4 C!2 H12 Gefunden 
L IT, II. 
N = 15.1 Proz. 15,3 Proz. 14,5 Proz. 15,8 Proz. 


Einwirkung von Hydroxylamin auf Anemonin. 

Das Anemonin vereinigt sich unter Austritt von Wasser mit 
einem MolekülHydroxylamin zu einem Oxim von der Zusammen- 
setzung C1° H® 0° (N. OH), dem Anemonoxim. Zur Darstellung des- 
selben wurden 1 Molekül Anemonin, die berechnete Menge salzsaures 
Hydroxylamin, sowie die berechnete Menge Natriumcarbonat und 
10 Teile Alkohol mehrere Stunden auf 110° im zugeschmolzenen Rohr 
erhitzt. Der schwach gelb gefärbte Röhreninhalt wird auf dem 
Wasserbade zur Trockne verdampft, der Rückstand in Wasser gelöst 
und mit Äther ausgeschüttet. Beim Verdunsten der ätherischen 
Lösung hinterbleibt das Oxim in gelblich weilsen Nadeln, welche 
Aurch Umkrystallisieren aus Wasser rein erhalten werden. Eine 
nähere Untersuchung derselben steht noch aus. 


Einwirkung von Anemonin auf saures 
schwefligsaures Natrium. 

Trägt man gepulvertes Anemonin in eine gesättigte wässerige 
Lösung von saurem Natriumsulfit ein, dann lösen sich beträchtliche 
Mengen desselben bei nur gelindem Erwärmen auf. Die entstehende 
Verbindung von Anemoninschwefligsaurem Natrium ist so- 
wohl in Wasser, wie in Weingeist leicht löslich. Auf Zusatz von 
absolutem Alkohol fällt aus der, wie beschrieben, bereiteten wässerigen 
Lösung zunächst nur saures Natriumsulfit, in den Mutterlaugen ver- 
bleibt das Anemoninschwefligsaure Natrium. Die Isolierung desselben 
in reinem Zustande ist nicht gelungen. 


Verhalten des Anemonins gegen Nitroprussidnatrium. 

Die Verwendung des Nitroprussidnatrinms als Reagens auf Alde- 
dyde und Ketone ist erst kürzlich von Bela von Bittö*) eingehend 
studiert worden. Darnach tritt in Lösungen von Aldehyden und 
Ketonen, sobald gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, auf Zusatz 
einer Lösung von Nitroprussidnatrium und darauffolgendem von 
Alkali eine Färbung ein. Diese verschwindet auf Zusatz organischer 
Säuren allmählig, ohne dafs vorher ein Farbenumschlag stattfindet, 


*) Annal. der Chemie 267, 372, 
I 


204 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins, 


sofern Aldehyde vorliegen; bei Ketonen dagegen findet ein Farben- 
umschlag stets statt, bevor die Farbe allmählig verblatst. 

Fügt man zu der wässerigen oder verdünnt - weingeistigen 
Lösung des Anemonins 1 ccm einer 0,5 prozentigen Nitroprussid- 
natıiumlösung und macht darauf mit Natronlauge alkalisch. so tritt 
eine kirschrote Färbung ein, welche nach längerem Stehen vergilbt, 
auf Zusatz von Essigsäure aber sofort in ein prachtvolles Violettrot 
umschlägt, das nach längerem Stehen ebenfalls verschwindet. 

Danach zeigt das Anemonin den Charakter eines Ketons; ebenso 
wie Anemonin verhalten sich die Lösungen der Anemoninsäure und 
Anemonsäure (s. S. 193.) 


Einwirkung von alkoholischem Ammoniak auf Anemonin. 


Kocht man Anemonin mit spirituösem Ammoniak, dann krystalli- 
siert beim Erkalten unverändertes Anemonin aus; erhitzt man aber 
Anemonin mit einer gesättigten alkoholischen Ammoniaklösung im 
Überschufs in Röhren anf 100° während drei Stunden und verdunstet 
die erhaltene schwachgelb gefärbte Lösung, so hinterbleibt ein gelb 
gefärbtes mikrokrystallinisches Pulver: dieses ist im Wasser und 
Weingeist leicht löslich, entwickelt beim Erwärmen mit Natronlauge 
Ammoniak und schmilzt bei 68—69° zu einer rotbraunen Flüssigkeit. 
Es stellt nicht, wie erwartet wurde, eine Imidverbindung dar, sondern 
eine Amidverbindung der Formel C! H35 N3 03 oder 
NH? 

“OH 

c’H3 £ —. CONH? 

" CONH? 
1) 0,1350 gaben mit Kupferoxyd und vorgelegter Kupferspirale ver- 
brannt 22,5 ccm N bei 240 und 764 mm = 0,025365 g = 18,8 Vo N. 
2) 0,1565 g gaben mit Kupferoxyd und vorgelegter Kupferspirale ver- 
brannt 25 cem N bei 210 und 764 mm = 0,02997 g = 19,14%, N. 
3) 0,112 g gaben mit Kupferoxyd verbrannt 0,220 & Kohlensäure = 

53,6 %/, C und 0,069 H20 = 68%, H 


BZ 


Berechnet für Gefunden 
SIEBTE I. IT. II. 
C = 53,3 Prozent — — 53.5 
H= 6, Gi _ — 6.3 
OERD13 e Br B- 
N = 187 & 18,5 19.1 _ 


H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 205 


Einwirkung von Brom auf Anemonin. 

Hanriot!) hat durch Einwirkung von Brom auf eine Lösung 
von Anemonin in Chloroform ein Anemonintetrabromid erhalten, 
dessen Zusammensetzung die Formel C15 H!? Br! 06 ausdrücken 
sollte. Beim Eintragen von Brom in eine Lösung von Anemonin in 
Chloroform ist zunächst keine Einwirkung des Broms zu bemerken. 
Läfst man die Mischung aber nur kurze Zeit in einer verschlossenen 
Flasche bei mälsiger Temperatur (20—30°) stehen. so verschwindet 
bald, ohne dafs Entwickelung von Bromwasserstoff stattfindet, die 
Farbe des Broms. Aus der farblos gewordenen Lösung erhält man 
neben unverändertem Anemonin ein nur schwierig krystallisierendes 
Bromderivat. Läfst man aber eine Lösung von i Molekül (2,0) 
Anemonin in Chlorotorm mit 2 Molekülen (3.20) Brom in einer ver- 
schlossenen Flasche in mälsiger \Wärme stehen, bis die Farbe des 
Broms nahezu verschwunden ist, so erhält man beim Verdunsten des 
Chloroforms ein weilses, krystallinisches, stark bromhaltiges Pulver. 
Dasselbe ist schwer in Chloroform und Benzin, leichter in Spiritus 
löslich. Es beginnt sich bei 180° zu zersetzen und schmilzt bei 
205° C. zu einer braunen Flüssigkeit. Seine Zusammensetzung ent- 
spricht der eines Anemonintetrabromids, C! H® Br? O%. 

0,232 gaben mit chlorfreier Salpetersäure und Silbernitrat auf 
1809 erhitzt 0,340 Ag Br entsprechend 62,3 °,, Br. 

Die Formel C10 H8 Brt O% verlangt 62.5 °,, Br. 

Durch Behandlung mit Zink und verdünnter Schwefelsäure ent- 
steht ein Hydroanemonin, das bei gegen 30° schmilzt, aber nocht 
nicht näher untersucht wurde, ebenso wie die bei Einwirkung von 
Natriumamalgam in saurer Lösung und von Salzsäure in 
Abwesenheit von Wasser entstehenden Produkte. 


Die Ergebnisse der im Vorstehenden geschilderten Un- 
tersuchungen lassen sich kurz in dem Folgenden zusammenfassen: 
1. Der scharfe brennende Geschmack und die reizende Wir- 
kung der Anemonen und vieler Ranunkeln im frischen Zu- 

stande sind auf den Gehalt n Anemonenkampfer, 

einen Körper von bisher unbekannter Zusammensetzung, 
zurückzuführen. Derselbe zersetzt sich bald nach der 
Isolierung unter nicht näher bekannten Bedingungen, dsgl. 


1, Journ. de Pharm. et de Chim. 1887, T. XVI, 36 u. 103. 


206 H. Beckurts, Beiträge zur Kenntnis des Anemonins. 


beim Trocknen der Pffansen m Anemonin und Iso- 
anemonsäure. Daneben kommen in den genannten 
Pflanzen praeexistierend oder als secundäre Zersetzungs- 
produkte Anemonin, sowie zwei Säuren Anemon- 
säureundAnemoninsäure vor. 

2. Das Anemonin besitzt entgegen früheren Angaben die 
Molekularformel C1°H80!. Nach seinem chemischen Ver- 
halten ist das Anemonin als das Anhydrid einer zwei- 
basischen Säure anzusehen, aufserdem enthält es eine 
Aldehyd- oder Ketongruppe, aber keine Hydroxyl- und 
Oxalkylgruppe. 

3. Beim Erhitzen mit Essigsäureanhydrid geht das Anemonin 
in eine isomere Verbindung, das Isoanemonin über. 

4. Das Anemonin ist eine ungesättigte Verbindung, welche 
sich direkt ohne Abspaltung von Bromwasserstoff mit vier 
Atomen Brom vereinigt. 

5. Die in den Anemonen und Ranunkeln in geringer Menge 
vorkommenden Säure, de Anemonsäure, entsteht 
auch beim Kochen einer wässerigen Lösung von Anemonin 
mit Bleioxyd.. Sie ist nach der Formel CO, Hin 0; zu- 
sammengesetzt, ist zweibasisch und enthält eine Aldehyd- 
gruppe bezw. Ketongruppe. 


o 


Die in den Anemonen und Ranunkeln in geringer Menge 
vorkommende Anemoninsäure, CW’H120$ entsteht auch beim 
Erwärmen von Anemonin mit Säuren (verdünnter Salzsäure 
und Schwefelsäure) oder Basen (Kalilauge, Barytwasser). Sie 
ist zweibasisch und wahrscheinlich entsprechend der Formel 

00H)? 

C’H3<— COOH 

COOH 

zusammengesetzt. 

7. Die als Spaltungsprodukte des Anemonenkampfers erwähnte 
amorphe Isoanemonsänre besitzt die gleiche Zu- 
sammensetzung, wie die Anemonsäure, von der sie sich 
vielleicht unterscheidet, wie das Isoanemonin vom Anemonin. 

Die Untersuchungen werden fortgesetzt. 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 207 


Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen 
Institut der Universität Marburg. 


40. Ueber Scopolamin 
(Hyoscın) 
von Ernst Schmidt. 


(Erste Mitteilung.) 


Die Untersuchungen, welche ich gemeinschaftlich mit Herrn 
C. Siebert über die Bestandteile der Wurzel von Scopoha atro- 
poides ausführte?), lehrten, dafs die mydriatische Wirkung dieser 
Droge im wesentlichen auf das Vorkommen von Hyoscyamin in der- 
selben zurückzuführen ist. In meiner damaligen Mitteilung über 
diese Versuche (dieses Archiv 1890, 142) erwähnte ich bereits, dals 
Herı €. J. Bender die grofse Freundlichkeit gehabt hätte, mir 
einen 1,5 cm langen, 1 cm breiten und fast 1 cm dicken, prächtig 
‘ ausgebildeten Krystall von Hyoscinhydrobromid, sowie gut aus- 
gebildete Krystalle von Hyoscin selbst zu übermitteln, welche von 
ihm bei der Verarbeitung von 100 kg Scopolia atropoides gewonnen 
waren. Es sei mir gestattet, Herrn Bender für diese Liberalität 
auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

Bei einer näheren Untersuchung dieses krystallisierten Hyoscins 
und Hyoscinhydrobromids, welche schon insofern ein gewisses Interesso 
in Anspruch nahm, als das Hyosein im krystallisierten Zustande bis- 
her überhaupt nicht bekannt war, hat sich jedoch herausgestellt, dals 
in diesen Präparaten nicht das von Ladenburg?) als „Hyosecin* 
bezeichnete Alkaloid, sondern vielmehr eine andere, in ihrer Zusammen- 
setzung von den bisher bekannten Mydriatieis abweichende Base 
vorlag. 
Die im Anschluis an diese Versuche ausgeführte Prüfung von 
Hyoscinpräparaten des Handels ergab dann weiter, wie aus den nach- 
stehenden Untersuchungen hervorgeht, das bemerkenswerte Resultat, 
dafs auch diese im wesentlichen nur aus den Salzen der Base 


1) Apotheker-Zeitung 1590. S. 186 und 1891, S. 522. 

2) Dieses Archiv 1390, S. 142. 

3) Annalen der Chemie 206, 299 und Ber. d. Deutschen chem. Ges. 
14, 1370. 


2u8 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


cC17 H21 NO und nicht, wie bisher angenommen wurde, aus denen 
eines Isomeren des Atropins und Hyoscyamins: C!7 H23 NO? bestehen. 


Anch die Base, welche seiner Zeit Ladenburg (l. e.) als 
„Hyosein“ neben Hyoscyamin und Atropin aus dem Hyoscyamus- 
samen isolierte, ist der Hauptimenge nach jedentalls kein Isomeres 
letzterer Alkaloide, sondern ist vielmehr mit der im Nachstehenden 
beschriebenen Base C17 H?! NO# zu identifizieren. 


Unter diesen Verhältnissen lag der Gedanke nahe. die Bezeich- 
nung „Hyoscin“ auf die Base der ‚Formel C!’H?!NO* zu über- 
tragen, umsomehr als die Hyoscinsalze des Handels jetzt der Haupt- 
menge nach nur aus den Salzen letzteren Alkaloids bestehen. Ich 
habe jedoch von einer derartigen Namensübertragung vorläufig Ab- 
stand genommen, da man einesteils bisher gewöhnt ist, unter der 
Bezeichnung „Hyoscin“ ein Isomeres des Atropins und Hyoscyamin= 
zu verstehen, andernteils die Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen 
ist, dals sich doch noch ein derartiges Isomeres in der Hyoscyamus- 
pflanze oder in einer anderen Solanacee vorfindet (vgl. unten), welches 
dann berechtigter Weise mit dem bisherigen Namen „Hyosein“ zu 
belegen sein würde. i 


In Erwägung dieser Gründe und unter Berücksichtigung des 
Umstandes, dals in der älteren Litteratur bereits noch ein weiterer 
Körper!) mit dem Namen „Hyoscin* bezeichnet wird, habe ich, um 
 Verwechselungen nach Möglichkeit zu vermeiden, das bisher für 
Hyosein gehaltene Alkaloid der Formel C!’ H?!NO#, welchem ich zu- 
nächst in der Wurzel von Scopolia atropoides begegnete, mit dem: 
Namen „Scopolamin“ belegt. Es mag jedoch gleich an dieser 
Stelle erwähnt werden, dafs das Vorkommen des Scopolamins nicht 
auf die Wurzel von Scopolia atropoides beschränkt ist, vielmehr 
tindet sich dasselbe, wie aus nachstehendem hervorgeht, in beträchr- 
licher Menge auch in dem Hyoscyamussamen und in gewissen 
Duboisiablättern, sowie in sehr geringen Quantitäten in dem Stech- 
aptelsamen, in den Belladonnawurzeln und vielleicht noch in anderen. 
ınydriatisch wirkenden Pflanzen. 


ı, Als „Hyoscin“ bezeichneten ursprünglich Reichardt und Höhn 
(Annalen der Chemie 157, 107) das als Spaltungsprodukt des Hyo«=- 
eyamins resultierende Tropin. 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 209 


I. Seopolamin aus der Wurzel 
von Scopolia atropoides. 


Freie Base: C1’H21ıNO* + H?O. 


Das von Herrn ©. J. Bender als Hyoscin bezeichnete, aus der 
Wurzel von Scopolia atropoides isolierte Alkaloid bildete luftbestän- 
dige, durchsichtige. ziemlich ansehnliche (erbsengrolse) Kıystall- 
{ragmente, welche sich als wenig löslich m Wasser, als leicht löslich 
dagegen in Alkohol, Äther, Chloroform und verdünnten Säuren er- 
wiesen. Die alkoholische Lösung zeigte alkalische Reaktion. In 
seinem Gesamtverhalten stellte sich das vorliegende Alkaloid durch- 
aus dem Atropin und Hyoscyamin zur Seite, so dals sich in den 
üblichen Identitätsreaktionen kein Unterschied bemerkbar machte. 

Im lufttrockenen Zustande schmolzen die Krystalle bei 59° C. 
zu eimem farblosen Liquidum, welches auch nach längerer Aufbe- 
wahrung nicht wieder krystallinisch erstarrte. Wurden die Krystalle 
über Schwefelsäure aufbewahrt, so verwandelten sie sich allmählich, 
unter Gewichtsverlust, in eine farblose, amorphe, vollständig durch- 
sichtige, fast glasartige Masse, die bisher nicht wieder zur Krystalli- 
sation gebracht werden konnte. 

Die Analyse der Base ergab folgende Daten: 

1. 0,210 g verloren beim Trocknen über Schwefelsäure und all- 

mählich bei 100° 0,012 g an Gewicht. | 

2. 0,222 g verloren unter den gleichen Bedingungen 0,0122 g. 


Gefunden Berechnet tür 
1. 2 CW H21 NO + H2O 
MO 5,71 5,50 5,60 


. 0,2235 g der lufttrockenen Base lieferten 0,521 g CO? u. 0,1483 g H?O 
0:2228 g lieferten 0,521 g CO? und 0,146 g H?O 
0,227 g e 0,530 g CO2 und 0,148 g H?O 
. 0,30 g lieferten nach dem Verfahren von Will-Varrentrapp 
0,017 g NH3 
Gefunden Berechnet für 

r 2. BF 4. C1 H21 NO: + H?O 
C. 63,57 63,76 63,50 — 63,52 
H..9 7,37 1,28 7,15 — 1,16 
N. 4,59 4,36 


Diese Daten führen zu der Formel CH?! NO! + H20. Wollte 
man auf Grund dieser Werte das analysierte Alkaloid als ein Iso- 
Arch. d. Pharm. XXX. Eds. 3. Heft. 14 


210 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


meres des Atropins und Hyoscyamins ansprechen, so würde dem- 
selben, um die gefundenen Daten mit den berechneten einigermalsen 
in Einklang zu bringen, die Formel C!1?H®# NO? + 2H?O zuzuerteilen 
sein. Indessen würde hierbei, abgesehen von der wenig wahrschein- 
lichen, in diesem Falle erforderlichen Annahme, dafs von jenen 2 Mol. 
Krystallwasser bei 100° nur 1 Mol. (= 5,54 Proz. Verlust) abgegeben 
wird, nur eine geringe Übereinstimmung zwischen Theorie und Ver- 
such zu konstatieren sein. da die Formel C7H#3 NO3+ 2H?O fol- 
gende Werte verlangt: 

62,77 
31 


zEHo 


8, 
A 


‚DU 
Scopolamingoldchlorid: CH?! NO?. HCl + AuO). 


Zur weiteren Kennzeichnung der vorliegenden Base habe ich 
zunächst das Golddoppelsalz derselben dargestellt. Letzteres krystalli- 
siert aus heifsem, salzsäurehaltigem Wasser in glänzenden, häufig 
bis 2 cm langen, ziemlich breiten Nadeln, die an den Rändern eine 
charakteristische kamm- oder sägeförmige Gestalt und meist eine 
deutliche Streifung zeigen. In kaltem Wasser ist dieses, durch be- 
sondere Krystallisationsfähigkeit ausgezeichnete Salz nur sehr wenig 
löslich. Beim Erkalten der heils gesättigten wässerigen Lösung ist 
eine Trübung derselben, wie sie z. B. beim Erkalten der Lösung des 
Atropingoldchlorids eintritt, nicht zu beobachten. Der Schmelzpunkt 
dieses Golddoppelsalzes wurde bei 212—214° C. (uncorr.) ermittelt; 
Hyoseingoldchlorid schmilzt nach Ladenburg (l. e.) bei 198° ©. 
Im Momente des Schmelzens erfolgt ein starkes Aufschäumen der 
Masse. Das Scopolamingoldchlorid enthält kein Krystallwasser. Die 
Analysen dieses Doppelsalzes ergaben folgende Werte: 


1. 0,3052 g des Salzes lieferten 0,0932 g Au 


2. 02891 g „ N b 0,0855 8 „ 

3. 0,5016 & r 5 0,092 g „ 

2: W280 ” 0,332 g CO? und 0,0921 53 H?O 

5, 10,290 ua) ss L R 035822, „ 006g , 

6.012 0, & Rn 0,496 g „ - (BB 

Gefunden Berechnet für 

I: 2. 3. 4. 5. 6. C77 H2! NO HCl -+ Au CP 
©. — — — 33.74 -31.80/731,55 31,76 
ee =— = 3.60 3.56 3,60 3,42 


Au. 30,53 530,46 530,56 — —_ = 30,57 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 211 


ÖObige Daten bestätigen die Formel ©!” H?! NO%; eın Golddoppel- 
salz der Formel C1?’H#3NO3.HC1+ AuCP? verlangt: 


32,48 
Hs 33 
Au: 31.23 


Scopolaminhydrobromid: CH?! NO*.H Br -+3H?°0. 

Der mir von Herrn C. J. Bender als „Hyoscinhydrobromid“ 
übermittelte grofse Krystall (s. S. 207) stimmte in der Form, soweit sich 
dies ohne direkte krystallographische Messungen entscheiden liefs, 
mit den Angaben überein, welche von Ladenburg und Fock 
(Ber. d. chem. Ges. 14, 1872) über das Hyoscinhydrobromid vor- 
liegen. Auch in den Löslichkeitsverhältnissen, in dem Verhalten 
beim Trocknen, sowie in dem Wasser- und Bromgehalte konnten 
keine wesentlichen Abweichungen von den Angaben, welche Laden- 
burg über das Hyoscinhydrobromid macht, konstatiert werden. 


Die Analyse dieses Salzes lieferte folgende Daten: 
1. 0,243 g verloren über Schwefelsäure 0,030 an Gewicht. 
2. 0,313 g = " 5 0,0382 „ N 
Bei dem darauf folgenden Trocknen bei 100° ©. trat kein weiterer 
Gewichtsverlust ein. 


Gefunden: Berechnet für: 
1. 2. CW H21 NO%.H Br + 3 H20 
H20. 12,34 12.20 12,32: 


0,218 g der bei 100% getrockzeten Substanz ergaben 0,1056 g Ag Br. 
entsprechend 21,11 Proz. Br. 

Die Formel C!” H?! NO?. HBr verlangt 20,854 Proz. Br. 

Ladenburg erteilt dem lufttrocknen Hyoscinhydrobromid die 
Formel C!? H?® NO?. H Br + 31), H?O, der bei 100°C. getrockneten 
Verbindung die Formel C!7 H® NO?.H Br + 1, H?O. Hierfür be- 
rechnen sich: 


Gefunden: (Ladenburg) Schmidt 
H>20. 12,47 12,27 12,34 12,20 
BrH 22.11 20,5+ 21,11 _ 


Das aus dem Bender schen Hydrobromid, nach Umsetzung 
mit Chlorsilber, dargestellte Golddoppelsalz stimmte in der Form, 
in den Löslichkeitsverhältnissen, in dem Schmelzpunkte und in der 
Zusammensetzung vollständig mit dem im Vorstehenden beschrie- 
benen Scopolamingoldchlorid überein. 

14* 


212 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


Die Analyse desselben ergab folgende Werte: 


1. 0,3016 g lieferten 0,092 g Au. 
2. 0,2914 g u; 0.340 g CO2 und 0,0936 g H2O. 


Gefunden: Berechnet für: 
1° 2. Ci H21 NO% , HC1 + AuCl 
C. u 31,82 31,76 
H. — 3,31 3,42 
Au. 30,50 = 30,57 


In dem analysierten Krystalle lag somit nicht das Hydrobromid 
des Hyoscins, sondern das Hydrobromid der im Vorstehenden be- 
schriebenen Scopoliabase, des Scopoiamins. vor. 


Gelegentlich der Untersuchungen, die ich trüher über die Be- 
standteile der Wurzel von Scopolia atropoides austührte!). ge- 
lang es mir aus den ersten Anteilen der Fällungen, welche durch 
Goldehlorid in der salzsauren Lösung der betreffenden Alkaloide re- 
sultierten, durch wiederholte Umkrystallisation eine sehr geringe 
Menge eines Golddoppelsalzes zu isolieren, welches in seinen Eigen- 
schatten mit dem ühereinstimmte, welches Ladenburg (l. e.) 
als Hyoseingoldchlorid beschreibt. Dasselbe bildete schöne gelbe, 
199° ©. unter 


mälsig glänzende, kleine Nadeln. welche bei 198 


starkem Aufschäumen schmolzen. 


Entsprechend dem damaligen Standpunkte unserer Kenntnisse 
der mydriatisch wirkenden Alkaloide glaubte ich die betreffende 
Base, ‚welche mir nur in sehr geringer Menge vorlag, als „Hyoscin“ 
ansprechen zu sollen. Nachdem sich jedoch das von Herm C. J, 
Bender aus derselben Droge in gröfserer Menge isolierte „Hyosein* 
nur als Scopolamin erwiesen hat, glaube ich annehmen zu müssen, 
dafs auch das damals von mir analysierte Goldaoppelsalz im Wesent- 
lichennur aus Scopolamingoldchlorid bestand, umsomehrals die ermittel- 
ten analytischen Werte in der Mitte stehen zwischen denen, welche 
die Formeln des Scopolamin- und Hyoseingoldchlorids erfordern: 


Gefunden: E Berechnet für: 
C7 H21 NO#. HC] + AuCPB C1H3NO3.HC1+ Au Cl 
©. 3245 31.76 32,48 
187 3,53 3,42 3,82 
Au- 30,94 30,57 31.24 


!) Dieses Archiv 1890, 436. 


E. Schmidt, Über Scopolamin: 213 


Ob das Gleiche auch bei dem Golddoppelsalze der Fall ist, 
welches ich in Gemeinschaft mit Herrn H. Henschske!) in ebenso 
geringer Menge aus der Wurzel von Scopolia japonica isolierte, muls 
ich zunächst dahin gestellt sein lassen, obschon die damals ermittel- 
ten Daten nicht auf Scopolamin-, sondern auf Hyoseingoldchlorid 
hinweisen. Es wurden gefunden: 

C. 32,42 
H. . "3,52 
Au. 31,27 


Il. Scopolamin aus käuflichem Hyoscinhydrobromid. 

Nach den vorstehenden Beobachtungen mulste es von Interesss 
erscheinen, auch das käufliche Hyoseinhydrobromid, welches zum Teil 
aus Scopoliawurzel, zum Teil aus Hyoscyamussamen dargestellt wird, 
einer Prüfung zu unterwerfen. Das zu diesem Zwecke von 
E. Merck in Darmstadt bezogene Ayoscınum hydrobromicum bildete 
ansehnliche, bis 1 cm lange, durchsichtige Krystallfragmente, an 
denen jedoch eine bestimmte Krystallform nicht zu beobachten war. 
Dieses Präparat wurde zunächst direkt, ohne weitere Umkrystalli- 
sation, der Analyse unterworfen. Hierbei ergab sich folgendes: 

1. 0,248 g verloren über Schwefelsäure 0,0305 g an Gewicht. 


un 2AL, Ei & I r 0,0306 g „ 2 
Gefunden: Berechnet für: 
t. 2 C17 H21 NO4 + 3 H2O 
H20. 12,29 12,23 12.32 


1. 0,2238 g des zunächst über Schwefelsäure, dann bei 100° CO, ge- 
trockneten (hierbei war eine weitere Gewichtsabnahme nicht zu 
konstatieren) Salzes lieferten 0,110 Ag Br. 

2. 0,210 g lieferten 0,104 g Ag Br. 

3. 0.2323 g des getrockneten Salzes ergaben 0,450 g CO2 und 
0,124 g H2O. 


Gefunden: Berechnet tür: 
L: 2; 3, Ci H2!NO4.HBr CYH3®3NO3.H Br -+ 1,H?20 
Ba IR 5232 53,12 53,32 
H. — — 588 5,13 6,59 
Br. 20,91 21,02 — 20,34 a | 


Ladenburg fand in dem bei 100° C. getrockneten Hyoscinhydro- 
bromid: 


GC... 53,27 
H,. 617 
Br. 20,34 


1) Dieses Archiv 1835, 199. 


214 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


Das aus diesem Hydrobromid, nach Umsetzung mit Chlorsilber, 
direkt dargestellte Golddoppelsalz, war nach zweimaligem Umkry- 
stallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser, weder in dem Äufseren, 
noch in den Löslichkeitsverhaltnissen, noch in der Art der Aus- 
scheidung von dem des Scopolamins zu unterscheiden. 


Dasselbe resultierte ebenfalls in den im Vorstehenden beschrie- 
benen, bis 2 cm langen, glänzenden, charakteristischen Nadeln. Der 
Schmelzpunkt derselben lag etwas niedriger als der des Scopolamin- 
goldchlorids: bei 210—212° C. (unter Aufschäumen). Die Analyse 
ergab folgende Werte: 


1. 0,2068 g des Salzes lieferten 0,063 g Au. 
2. 02882 5 „ er za 0,0888 „ 
SED j> e 0.365 CO? und 0,011 g H2O 
Gefunden: Berechnet für: 
}. 2. 3. C1? H21 NO#.HC1 + Au CP 
GC — = 4432.03 31.76 
Hoya — 3,46 3.42 
Au. 3046 3053. — 530,57 


Aus den Mutterlaugen dieses, in kaltem Wasser sehr schwer 
löslichen Golddoppelsalzes resultierten zunächst slänzende, mehr 
blättrig ausgebildete, bei 204° C. unter Aufschäumen schmelzende 
Krystalle. deren Zusammensetzung sich der des Hyoscyamingold- 
chlorids nähert. Es wurden gefunden: 


Berechnet für: 
C1 H3NO3. HCl -+ Au CB 


C. 32,53 32,48 
H.: 3,33 3,82 
Au. 30,98 31,23 


Aus den Mutterlaugen- letzterer Verbindung konnten endlich noch 
kleine Mengen von wenig glänzenden, geiben Nadeln gewonnen 
werden. welche in dem Schmelzpunkte: 198—200° C. und im dem 
Goldgehalte: 32,2 Proz. mit den Doppelsalzen übereinstimmten, die 
ich früher aus Scopolia japonica und aus Scopolia atropoides isolierte 
und nach dem Vorgange von Ladenburg als Hyoseingoldchlorid 
ansprach (vgl. S. 212 u. 213). 

Da die Menge dieser Golddoppelsalze jedoch bei Anwendung 
von 10 g käuflichen Hyoseinhydrobromids nur eine so geringe war, 
dafs sich eine vollständige Reinigung derselben durch wiederholte 
"Umkrystallisation nicht realisieren liefs, so vermag ich zunächst nicht 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 215 


zu entscheiden, ob in jenen Präparaten nur unreines Scopolamingold- 
chlorid oder wirkliches Hyoscingoldchlorid vorlag. 

Aus den vorstehenden Versuchen geht jedenfalls hervor, dafs 
das Präparat, welches mir als Ayoscinum hydrobromicum vorlag, 
kein ganz einheitliches Salz war. Im Wesentlichen setzte sich 
dasselbe jedoch nur ausdem Hydrobromid des Scopolamins 
und nicht aus dem Hydrobromid des Hyoscins-Laden- 
burg zusammen. 

Als Ausgangsmaterial für die weiteren Versuche dienten nur 
tadellos ausgebildete Krystalle, welche ohne erhebliche Schwie- 
rigkeit durch einfaches Umkrystallisieren des käuflichen Zyos- 
cınum hydrobromicum in beträchtlicher Gröfse gewonnen wer- 
den konnten. Vermöge seiner ausgezeichneten Krystallisationsfähig- 
keit scheidet sich das Scopolaminhydrobromid, besonders beim frei- 
willigen Verdunsten seiner wässerigen Lösung, direkt in wasser- 
hellen, prächtigen, gestreckten Tafeln aus, welche bisweilen eine 
Länge von 2—3 em, eine Breite von 1—2 cm und eine Dicke von 
0,5 cm erreichten. Diese Krystalle entsprachen, namentlich wenn 
sie in allseitig ausgebildeten Einzelindividuen gezüchtet waren, in 
ihrem Habitus durchaus der Abbildung, welche Ladenburg von 
dem Hyoscinhydrobromid giebt. Auch bezüglich des sonstigen Ver- 
haltens stimmen meine Beobachtungen mit denen dieses Forschers 
überein. 

Herr Professor Dr. O. Lüdecke m Halle a/S. hatte die Liebens- 
würdigkeit einen Teil dieser Krystalle einer krystallographischen 
Untersuchung zu wmnterziehen und auch hierdurch die Überein- 
stimmung der Krystallform derselben mit der des Hyocinhydro- 
bromids, welches seiner Zeit von A. Fock krystallographisch geprüft 
wurde, zu konstatieren. Ich werde über die bezüglichen Messungen 
etc. später eingehend berichten. 

Wie bereits in Vorstehendem erörtert wurde, enthält das aus 
Wasser krystallisierte Scopolaminhydrobromid 3 Mol. Krystallwasser, 
welche vollständig bei der Aufbewahrung über Schwefelsäure abge- 
geben werden. Beim darauffolgenden Trocknen bei 100° findet da- 
her kein Gewichtsverlust mehr statt. Auch bei längerer Auf- 
bewahrung, namentlich in trockner Luft, verlieren die glashellen 


Krystalle, in Folge einer oberflächlichen Verwitterung. ihre Durch- 
sichtigkeit. 


216 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


Krystallisiertt man das Scopolaminhydrobromid aus heilsem, 
starkem Alkohol um, so resultieren kleinere Krystalle, die wie nach- 
stehende Daten zeigen, einen geringeren Gehalt an Krystallwasser 
besitzen. Die Analyse letzterer Krystalle ergab folgende Daten: 

1. 0,2625 g verloren 0,0203 g an Gewicht, 

2 Od E | u. , 
3.0314g 0.0212 g 
A 


” 


” 


0,277 8 * 0,0182 58 „ 2 
Gefunden: 
IR 2. ar 4. 
H2O 1,73 1,32 6,63 6,57 


Die zu diesen Bestimmungen verwendeten Präparate rühren von 
zwei verschiedenen Krystallisationen her. 


Die Analyse des aus Wasser krystallisierten Scopolaminhydro- 
bromids lieferte dagegen folgende Zahlen: 
I. 0,3088 g verloren 0,0378 g an Gewicht, 


2. 0,2379 8 5 0,023538 „ „ 
3. 0,2722 8 N 0.053685 „ 2 
Gefunden: Berechnet für: 
T 2. 32 CrH21NO: + 53 H2O 
H20 12,24 12,11 12,34 12,32 
1. 0,2594 g des getrockneten Salzes lieferten 0,1401 g AgBr. 
2.0240g „ f 2 8 0,1168 „ 
3. 0,2281 g & 1: £ 0,1140 05% 
4. 0.2498 „ h e , 0,4812 8 002 
und 0,1378 H2O. 
5.020915 „ { P £ 0,4086 & (O2 
und 0,1145 H20. 
6.026565, a & n 05145 g O2 
und 0,1398 H2O. 
rue: 5 a a ” nach Will- 
Varrentrapp 0.001699 NH? 
8. 0,3246 & lieferten 0.013396 & NH3. 
Gefunden: Berechnet für: 
1. 2, = 4. 5. 6. 1. Ss. CH21NO%.HBr. 
©. — — 52,10, 532, 52,32 — — 53,12 
ER = — 6,11 6.085 5,31 — _ 9.10 
Bri 20,62: 20,85 21,11 — E= _— — = 20.34 
N. — E= _ — — — 3,67 3,40 3,64 


Herr Dr. A. Partheil hatte die Güte die specifische Drehung 
des Scopolaminhydrobromids im Laurent’schen Halbschattenapparat 
für eine wässerige Lösung vom speecif. Gew. 1.02107 (Wasser von 
40° = |) zu bestimmen. 


—] 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 21 


Die spezifische Drehung des wasserfreien Scopolaminhydrobromids 
wurde unter Anwendung einer Lösung desselben von 2,5020 g in 
35.6514 Wasser von 15,8 C., ermittelt als: 

[fo = — 25° 431 

Da die Angaben über die physiologische Wirkung der Hyosein- 
präparate des Handels teilweise von einander abweichen, habe ich 
Herrn Professor Dr. R. Kobert in Dorpat, der sich schon früher 
eingehend, in (remeinschaft mit Herrn Sohrt. hiermit beschättigte, 
gebeten, das reine Scopolaminhydrobromid einer erneuten Prüfung 
zu unterziehen. Die Resultate dieser Untersuchung. für deren Über- 
mittelung ich nicht verfehle, Herrn Professor Kobert auch an dieser 
Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen, finden sich im 
Nachstehenden zusammengestellt: 

Das Scopolamin besitzt alle die Eigenschaften, welche 
Hyoscin und Atropin gemeinsam haben, d. h. es erweitert die 
Pupille, lähmt die Speichelsekretion, Schweilssekretion, die 
motorischen Darmganglien ete. Zwischen Hyoseyamin und 
Atropin giebt es keine pharmakologischen Unterschiede. Da, 
wo Atropm und Hyoscin sich unterscheiden, weicht es vom 
Atropin unzweifelhaft ab: 

l. So macht Atropin bei Fröschen schon in sehr kleiner 
Dosis sogenannten späten Tetanus: Hyoscin und Scopolamin 
bringen dies Symptom selbst bei ungeheuren Dosen nicht 
hervor. 

2. Die Pulsfrequenz wird bei Menschen schon durch kleine 
Atropindosen rasch gesteigert durch Vaguslähmung: Hyosein 
und Scopolamin machen bei Anwendung der Maximaldose 
(0,5 mg) dies meist nicht. 

3. Atropin wirkt auf das Menschenhirn in der Maximaldose 
(1 mg) gar nicht: in gröfseren Dosen aber macht es aufgeregte 
Delirien. ja maniakalische Anfälle; Hyoscin und Scopolamin 
machen schon bei 0.5 mg bei aufgeregten Geisteskranken 
(Maniakalischen) entschieden keine Steigerung der Aufregung, 
sondern wirken meist im umgekehrten Sinne. 

Somit kann ich als Pharmakolog nach Versuchen an Frosch, 
Katze, Hund, Kaninchen und an kranken Menschen mein Gut- 
achten nur dahin abgeben, dafs Scopolamin und Hyosein in der 
Wirkung keine prinzipiellen Unterschiede zeigen. Die Aus- 


218 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


scheidung erfolgt bei allen 3 Substanzen (auch bei Atropin) 
durch den Harn in einer physiologisch wirksamen Form, die 
offenbar unverändertes Alkaloid ist. Tiere vertragen Dosen von 
20 mg Hyosein und Scopolamin besser als solche von Atropin, 
schlafen aber nicht etwa ein. Für gesunde Tiere und Menschen 
sind Hyosein und Scopolamin eben keine Schlafmittel. 

Das Scopolamin habe ich mit Herrn stud. W. Ramm auch 
an Tieren mit treigelegtem Gehirn untersucht und gefunden, 
dals es — wie zu vermuten war — die elektrische Erregbarkeit 
desselben enorm herabsetzt, während Atropin dieselbe sehr 
steigert. Ein ebenso geprüttes käufliches Hyoseinpräparat wirkte 
sehr ähnlich, nur nicht ganz so stark wie das Scopolamin. 


Freie Base: CW7H21NO%. 

Zur weiteren Identifizierung der in dem käuflichen voseimum 
hvdrobromucum im wesentlichen enthaltenen Base mit dem Scopolamin- 
schien es in erster Linie angezeigt zu sein, dieselbe im ireien Zu- 
stande zu isolieren und mit dem Bender schen Scopolamin zu ver- 
gleichen. Das reine Hydrobromid wurde zu diesem Zwecke in 
Wasser gelöst, die Lösung mit Kaliumcarbonat übersättigt und die 
ausgeschiedene klebrige Masse, welche sich nicht unbeträchtlich in 
Wasser löste, mit Äther ausgeschüttelt. Nach dem Verdunsten des 
Lösungsmittels resultierte ein tarbloses, syrupartiges Liquidum, 
welches durchaus keine Neigung zur Kırystallisation zeigte. Die 
Eigenschaften dieser freien Base erfuhren auch keine Veränderung, 
als dieselbe wiederholt in reinem Äther gelöst und die bezügliche 
Lösung freiwillig verdunstet wurde. Auch das Einstreuen einer 
klemen Menge des krystallisierten Scopolamins. (Bender) änderte 
an dem Verhalten des Alkaloids nichts. Ebenso resultatlos blieben 
bisher auch die Versuche, diese Base aus Lösungsmitteln der ver- 
schiedensten Art, unter Berücksichtigung der an dem Bender schen 
Scopolaminkrystallen gemachten Beobachtungen, mit und ohne Zusatz 
von kırystallisiertem Scopolamin, in krystallisierte Form überzuführen. 

Dafs jedoch m dieser farblosen, amorphen Masse thatsächlich 
eime Base der Formel CH#NO* vorlag, lehrten die bei der Analyse 
derselben erhaltenen Zahlen. Zu letzterem Zwecke wurde die Base 
im Schiffehen zunächst über Ätzkalk, dann unter ganz allmäliger 
Steigerung der Temperatur bei 1000 ©. his zum konstanten Gewichte 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 219 
getrocknet. Unter diesen Bedingungen trat keine Veränderung der 
Farbe und der sonstigen Beschaffenheit ein. 


Die Analyse selbst lieferte folgende Daten: 
1. 0,2485 g Substanz ergaben 0,6091 g CO? und 0,1534 g H2O 


2. 0,3197 g N Ri 0,7495 „ „iu W2OLL g ır., 
Gefunden Berechnet für 
1: 2. C17 H21 NO% 
C 66,85 66,96 67,32 
H 7,08 6,98 6,95 


Scopolaminhydrochlorid: CWH?1NO®. HCl + 2H2O. 


Das Scopolaminhydrochlorid bildet farblose, durchsichtige, pris- 
matische Krystalle, welche sich leicht in Wasser und auch in Alko- 
hol, namentlich in der Wärme, lösen. 


Die Analyse desselben ergab folgende Zahlen: 
1. 0,2612 g des Salzes verloren bei 1000 C. 0,0222 g an Gewicht 


2 0,3755 5 % 14 4 - 0,0360 „ R 
Gefunden Berechnet für 
l. 2 C1 H21 NO%. HCl + 2H20 
H20 3,50 9.58 9,58 


1. 0,2394 & des bei 100% C. getrockneten Salzes lieferten 0,1014 g& AgCl 
2. 0,3395 g lieferten 0.0355 g Cl 
3. 0,2033 g = 0,4466 g CO2 und 0,1209 g H2O 
4. Q,1714g e 0,72 5002 , 
Gefunden Berechnet für 
1: = > 4. Cı?H21 NO. HCl 

cl 10.47 10,45 — _ 10,31 

© —= — 59,91 59,85 60,08 

H — — 6,60 6,66 6,48 


Seopolaminhydrojodid: CYH?1NO®. HJ. 

Das Scopolaminhydrojodid scheidet sich aus Wasser in kom- 
pakten, prismatischen Krystallen aus, die mäfsig leicht in Wasser, 
schwerer in Alkohol löslich sind. Das aus Alkohol umkrystallisierte 
Salz scheint wasserfrei zu sein, wenigstens verloren 0,2313 g bei 
1009 C. nur 0.0018 g = 0,78 Proz. au Gewicht. 

Die Analyse des bei 100° C. getrockneten Salzes ergab folgende 
Werte: 

- 0,2295 g lieferten 0,1252 g Ag). 

Gefunden Berechnet für 
C7 H21 NO®.H) 
J 29,48 29,46 


220 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


Ladenburg (l. c.) ermittelte für Hyoseinhydrojodid: 
Berechnet für 
C1 H21 NO4. HJ 


C 47,66 47,55 41,18 41.33 
H 3,43 9,41 5,27 5,11 
J 23,86 — 29,00 29,46 


Scopolaminsulfat: (C!7 H?! NO%)? H?SO* 
Das mir vorliegende als „Ayoscinum sulfuricum“ \bezeichnete 
Handelspräparat bildete ein weilses, krystallinisches. aus feinen Nadeln 
bestehendes, in Wasser leicht lösliches Pulver. Dasselbe verlor bei 


100° ©. nur wenig an Gewicht. 
0,2747 g des bei 100° getrockneten Salzes lieferten 0,0917 g. 


Ba SO# 
Gefunden Berechnet für 
(17 H21 NO%)? H2 SOt 
503 11,46 11,34 


Scopolamingoldehlorid: C!? H2! NO*. HCl + Au OP. 

Das aus dem reinen Scopolaminhydrobromid (aus Fdyoscınum 
hydrobromicum), nach Umsetzung mit Chlorsilber, dargestellte Gold- 
doppelsalz stimmte in dem Äufseren, in dem Schmelzpunkte und in 
der Zusammensetzung mit den im vorstehenden beschriebenen Doppel- 
salzen überein. 

Die Analyse desselben ergab folgende Daten: 

1. 0,2078 g Substanz lieferten 0,0636 g Au 


2. 0,2222 g » n 0,0678 8 „ 
3. 0,3002 g = x 0.0917 8. „ 
4. 0,3569 g = a 0,415 g CO2 und 0,1206 g H?O 
Gefunden ; Berechnet für 
1. 2. 3. 4, C17 H21 NO®. HCl + Au CP 
Au. 30,60 3050 30,54 — 30,57 
©. - al 31,76 
H _— Er 73 342 


Vergleicht man diese Werte, sowie die, welche bei der Analyse 
von Scopolamingoldehlorid anderer Provenienz gefunden wurden, mit 
denen, welche seiner Zeit Ladenburg!) für Hyoscingoldchlorid 
ermittelte, so ergeben sich namentlich im Goldgehalte, nur geringe 


Differenzen. 


1) Annalen der Chemie 206, 300 und 306. 


[802 
DD 
pr 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 


Ladenburg fand: 


Mittel: 
C 32,26 — 31271. 131.80 - == 31,67 31.86 
H. 4,20 er 3,44 3,28 — — 3.94.08 3:01 
Au. — 30,66 — _ 30,81 30,49 = 30,65 


Hyoscingoldchlorid, welches besonders gereinigt worden war, ergab 
nach Ladenburg: 

C. _ = 32,171932:24. 

H — = 3972,03,92 

Au 30,63 30,69 Am ii 
Es berechnen sich dagegen 


tür C17 H21 NO4. HC] + Au CP für C17H23 NO3. HCl + Au CB 
©. 31,76 32,48 
H. 3,42 3,82 
An. 30,57 31.23 


Erwägt man, dals die grölste Differenz in der Zusammen- 
setzung dieser beiden @Golddoppelsalze in dem Goldgehalte der- 
selben hervortritt, dessen Ermittelung durch vorsichtiges Glühen 
kaum mit erheblichen Fehlerquellen behaftet ist, so wird man 
zugeben, dals die von Ladenburg für Hyoscingoldchlorid 
ermittelten analytischen Werte ungezwungen auch zu der Formel 
C? H?1 NO?. HCl + Au O3 führen. 

Das Platindoppelsalz des Scopolamins konnte bisher in 
einer zur Analyse geeigneten Form nicht erhalten werden. 


Verhalten des Scopolamins gegen Acetylchlorid. 


Das Scopolamin enthält ein Atom Sauerstoff mehr als das ihm 
in seiner chemischen Konstitution jedenfalls sehr nahe stehende 
Atropin und Hyoscyamin. Es schien mir daher zunächst von Interesse 
zu sein, zu ermitteln, in welcher Verbindungsform dieses Sauerstoff- 


atom in das Molecül jener Base eingefügt ist. 


Um in erster Linie die Frage zu entscheiden, ob jenes fragliche 
Sauerstoffatom in Gestalt einer Hydroxylgruppe: OH, vorhanden ist, 
erhitzte ich möglichst entwässertes, reines Scopolamin mit Acetyl- 
chlorid im Überschufs, mehrere Stunden lang, am Rückflufskühler. 
Schon beim Zusammenbringen beider Verbindungen schien eine 
Reaction einzutreten, wenigstens machte sich ziemlich starke 
Wärmeentwickelung und eine Abspaltung von Chlorwasserstoff 
bemerkbar. Nach Vollendung derselben durch mehrstündiges 


222 E. Schmidt. Über Seopolamin. 


Erhitzen wurde das Reaktionsprodukt zur Verjagung des Acetyl- 
chlorids auf dem Wasserbade eingedampft und der hierbei verblei- 
bende syrupartige Rückstand alsdann in ein Golddoppelsalz verwan- 
delt. Letzteres schied sich als eine gelbe, zusammengeballte, 
klebrige Masse aus, die in ihrem Aufserm und in der Art der Aus- 
scheidung keinerlei Ähnlichkeit zeigte mit dem Golddoppelsalze des 
unveränderten Scopolamins. 

Durch Umkrystallisation aus heilsem, salzsäurehaltigem Wasser 
konnte das erzielte Golddoppelsalz nicht in eine zur Analyse geneig- 
nete Form gebracht werden. Letzteres gelang jedoch durch frei- 
willige Verdunstung seiner verdünnt-alkoholischen Lösung bei Licht- 
abschluls. Hierbei resultierten blalsgelbe, wenig glänzende, warzen- 
förmige Krystallaggregate, welche sich als kaum löslich in kaltem 
Wasser, als leichter löslich in siedendem Wasser und als leicht 
löslich in Alkohol erwiesen. Beim Erhitzen mit salzsäurehaltigem 
Wasser schmolz dieses Golddoppelsalz zunächst zu einem öligem 
Liquidum zusammen, um sich dann allmälig aufzulösen. Beim Er- 
kalten einer derartig gesättigten wässerigen Lösung trat zunächst 
eine stark-milchige Trübung und hierauf eine Ausscheidung von 
gelben, amorphen Massen ein. 


Der Schmelzpunkt dieses Golddoppelsalzes konnte nicht scharf 
bestimmt werden: dasselbe fing bereits unter 100° an zusammen- 
zusintern, um dann bei stärkerem Erhitzen allmälig zu schmelzen. 


Die Analyse der längere Zeit über Schwefelsäure getrockneten 
Verbindung lieferte tolgende Daten: 


1. 0,1718 g ergaben 0,0482 g Au 
2. 0,4874 g ATS 
Gefunden: Berechnet für: 
il. 2: C17 H2 (C2H30) NO®. HCl + Au CB 
Au. 28,76 28,64 28,60 


Aus obigen Daten geht hervor, dafs bei der Einwirkung von 
Acetylcblorid auf Scopolamin in der That ein Monoacetyl-Scopol- 
amin gebildet wird. Da nun das Scopolamin, wie aus seinem 
Verhalten gegen salpetrige Säure hervorgeht (s. unten), ebenso wie 
die übrigen mydriatisch wirkenden Alkaloide, den Charakter einer 
tertiären Base trägt. so ist wohl anzunehmen, dafs das fragliche 
Sauerstoffatom in Gestalt einer Hydroxylgruppe vorhanden ist. 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 


iv 
iv 
u 


Verhalten des Scopolamins gegen salpetrige Säure. 

Um zu entscheiden, ob das Scopolamin, ebenso wie die grolse 
Mehrzahl der natürlich vorkommenden Alkaloide, als eine tertiäre 
Basis anzusprechen ist, habe ich die salzsaure Lösung desselben mit 
Kaliumnitrit bei gewöhnlicher Temperatur in Reaktion versetzt. 
Nach Entfernung der überschüssigen salpetrigen Säure durch Ein- 
leiten von Kohlensäureanhydrid, wurde die erzielte Flüssigkeit mit 
Kaliumcarbonat stark alkalisch gemacht und hierauf mit Chloroform. 
vollständig ausgeschüttel. Nach dem Verdunsten dieses Lösungs- 
mittels verblieb ein farbloses, syrupartiges Liquidum, welches nicht 
zur Krystallisation gebracht werden konnte. Zur Identifizierung 
desselben, wurde dasselbe daher in ein Golddoppelsalz über- 
getührt. 

Nach dem Umkrystallisieren aus siedendem, salzsäurehaltigem 
Wasser stimmte dieses Doppelsalz in allen seinen Eigenschaften mit 
dem des unveränderten Scopolamins überein. Der Schmelzpunkt 
desselben lag bei 208—210° C. 

0,1585 g dieses Salzes lieferten 0,0483 g Au. 


Gefunden: Berechnet für: 
C17H21 NO%. HC1-+ AuCP 
Au. 30,72 30,57 


Bei der Einwirkung von salpetriger Säure aut Scopolamin war 
somit unter obigen Bedingungen keine Nitrosoverbindung gebildet 
worden. Das Scopolamin charakterisiert. sich somit hierdurch als 
eine tertiäre Base. Gleichzeitig wird hierdurch weiter der Beweis 
erbracht, dafs bei der Acetylierung des Scopolamins das Wasserstoft- 
atom einer OH-Gruppe und nicht das einer NH - Gruppe ersetzt 
wird. 

Aus den Mutterlaugen des obigen Golddoppelsalzes schied sich 
noch ein weiteres Doppelsalz ab, welches sich sowohl durch die leichtere 
Löslichkeit, als auch durch die Form: orange-gelbe Tafeln, durch den 
Schmelzpunkt: 224—225° C. und endlich durch den Goldgehalt 
als Scopolingoldchlorid erwies. 

0,239 g lieferten 0,0947 g Au. 


Gefunden: Berechnet für: 
C3 HB NO?2.HC1 + Au CP 
39,63 39,74 


Ein Teil des angewendeten Scopolamins hatte somit durch 
die Einwirkung der salpetrigen Säure anscheinend eine ähnliche 


224 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


Spaltung erfahren, wie dieselbe durch Barytlösung bewirkt wird. 
(s. unten.) 


Verhalten des Scopolamins gegen Barytlösung. 

Bezügliche Vorversuche hatten gelehrt, dafs auch das Scopo- 
lamin, ebenso wie die übrigen mydriatisch wirkenden Alkaloide, 
durch Einwirkung von Barytlösung leicht gespalten wird. Zur 
weiteren Untersuchung der hierbei auftretenden Spaltungsprodukte 
wurde reinstes Scopolaminhydrobromid 10 Stunden lang mit ge- 
sättigtem Barytwasser im Überschuls am Rückfluiskühler gekocht 
und die erkaltete Flüssigkeit alsdann durch häufiges Ausschütteln 
mit gröfseren Mengen Äther erschöpft. Die gleiche Operation wurde 
wiederholt, nachdem das Reaktionsprodukt mit Salzsäure übersättigt 
worden war. Nach dem Abdestillieren des Äthers resultierte im 
ersteren Falle eine Base, welche ich vorläufig mit dem Namen 
„Scopolin“ belegen will, m dem letzteren Falle eine Säure, welche 
mit Atropasäure indentifiziert wurde. 

Scopolin: CSH!NO?, 

Die als Spaltungsprodukt des Scopolamins isolierte Base bildete 
anfänglich ein blafsgelb gefärbtes, allmälig krystallinisch erstarrendes 
Liquidum. Dasselbe wurde zur Reinigung zunächst der Destillation 
unterworfen, wobei es konstant bei 241—243° C. (unkorrig.) ohne 
Zersetzung überging, und das krystallinisch erstarrte, tarblose Destillat 
‚alsdann aus Ligroin umkrystallisiert. Auf diese Weise resultierten 
farblose, nadelförmige Krystalle, welche nach dem Troeknen über 
Ätzkalk bei 110° ©. schmolzen. 

Die Analyse dieser Base lieferte folgende Werte: 

1. 0,1583 g ergaben 0,3577 g CO2 und 0,1214 g H?O 
2. 0,155 g r 0,0171 g NH 


Gefunden Berechnet für 
1. 2 C8 H!3 NO2 
C 61,63 _ 61,95 
H 853231 = 8.35 
N un 9,10 9.03 


Scopolingoldehlorid: 2 [CSHYENO?. HCI + AuCl#] + H?O. 

Das Golddoppelsalz des Scopolins scheidet sich je nach der 
Konzentration der Lösung im federbartartig gruppierten kleinen 
Kryställchen oder in tiefgelben. durchsichtigen, anscheinend rhom- 
bischen Krystallen aus. Letztere Form resultiert beim freiwilligen 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 295 


Verdunsten der wässerigen Lösung, sowie häufig auch, wenn die 
erstere Form längere Zeit mit der Mutterlauge sich selbst überlassen 
wird. Die kleinen Kryställchen verschwinden dann allmälig, um 
durch gröfsere, durchsichtige ersetzt zu werden. In Wasser ist das 
Scopolingoldchlorid ziemlich leicht löslich. Der Schmelzpunkt des- 
selben liegt bei 223—225° C. 


Die Analyse des Scopolingoldchlorids lieferte folgende Daten: 


1. 0,2671 g verloren bei 1000 C. 0,0055 g an Gewicht 

2. 0,3034 g e Ö „ ..0,0081g „ 

3. 0,2591 g % n 0 e) 

Getunden Berechnet für 

1; 2: 58 2 [C8HBNO2. HCl + AuCl?] —- H2O 

H2O aaa! 1,64 1,43 1,75 
1. 0,2636 g des bei 100° getrockneten Salzes ergaben 0,1042 g Au 
EI WEBI2E ax mi E R % £} Q.LTA 5 
Bea... ;n n u a e 0,1183 7, 
4 0,2308 „ 5 a 0.0916 & 


0,1619 &g ©02 und 0,0630 g H2O 
5. 0,1925 g ergaben 0,1374 g CO? und 0,0513 g H2O 
6. 0,2798 g 5 9200 Nuzuln,  ROTZ ir 


E 


Gefunden Berechnet tür 
il 2 3: 4. 5: 6. CSH3BNO2. HCI + Aucl3 
Au 3953 39,69 39,82 39,70 — — 39,74 
C = — —.1 1902, 1940 151913 19,41 
H -- _— == 3.04 2,96 . 2,36 2,32 


Ladenburg (l.c.) giebt den Schmelzpunkt des Golddoppelsalzes, 
welches er aus dem bei 241-243 siedenden, als Pseudotropin be- 
zeichneten Spaltungsprodukte des „Hyoscins“ erhielt, zu 198° an. 

Bei der Analyse dieses Doppelsalzes erhielt Ladenburg 
folgende Werte: 


Berechnet für 
C8H13NO2. HC] + Au0l 


6) 19,56 19,99 
H 3,22 3,93 
Au — +0,90 


Scopolinplatinchlorid: [CSHBNO?. HCl? + PtCl! + H2O. 
Das Scopolinplatinchlorid bildet rotbraune, durchsichtige, an- 
scheinend monokline Krystalle, welche in Wasser ziemlich leicht 
löslich sind. Der Schmelzpunkt derselben wurde bei 223 —230 er- 
mittelt. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds., 3. Heft. 15 


226 E. Schmidt. Über Scopolamin. 


Die Analyse dieses Salzes ergab folgende Zahlen: 


Il. 0,2156 g verloren bei 100° C. 0,0046 an Gewicht. 


2. 0,2010 N Ban: A 
Gefunden: Berechnet für: 
1. 2. [C$HBN O2?H2PtC16-- H3O- 
H20 2,4 2,44 2,50 
1. 0,2107 g des getrockneten Salzes lieferten 0,0572 g Pt 
2. 0,1898. , . 3 0,0512 g 
Gefunden: Berechnet für: 
% 2. [CSHBNO2PH?PtCI# 
Pt... Tas 27.09 27.03. 


Diese Daten stimmen sehr gut überein mit denen, welche 
E. Merck!) bei der Untersuchung des aus „Hyoscin* dargestellten 
„Pseudotropinplatinchlorids* ermittelte: 
20 2.45 2,45, 
Pt. 21,15 27,18. 
Als Schmelzpunkt des „Psendotropinplatinchlorids* giebt Merck 
211—213° an. 


Das Scopolin dürtte vielleicht auch identisch sein mit dem 
Oxytropin: C$&H'’>NO? (?), welches sowohl von Ladenburg u. Roth?), 
als auch von Merling?) aus dem sogenannten Belladonnin, den Rück- 
ständen der. Atropindarstellung aus Belladonnawurzel, isoliert wurde. 
Als Siedepunkt dieses Oxytropins geben Ladenburg und Roth 
242° ©. an, während ich für Scopolin 241—243° ermittelte. Auch 
die analytischen Daten, welche Ladenburg und Roth bei der 
Untersuchung des Platindoppelsalzes des Öxytropins ermittelten, 
stehen mit dieser Vermutung nicht im Widerspruch: 


Gefunden (L. u. R) Berechnet für: 
4 2 [CSHBN O2PH2PtC]# |CSHBNO2PH2PtC1# 
©. 26.6 26,55 26,57 26.68 
H. +44 7 +45 3.9 
Pr. 26:71 26,62 26.39 27.03. 


Das Scopolin zeigt ferner in den Schmelzpunkten und Siede- 
punkten der freien Base, sowie in dem Schmelzpunkte des Gold- 
doppelsalzes eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vw -Tropin: C®H®NO, 
welches Liebermann®) aus dem Benzoyl-v-Tropin. einem Neben- 


1), Dieses Archiv 1892, 140. 

2) Berichte d. Deutsch. chem. Ges. 17, 152. 
3) Ibid. 17. 384. 

&, Ibid. 24, 2339. 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 227 


alkaloid der javanischen Oocablätter isolierte. Als Schmelzpunkt des 
v-Tropins giebt dieser Forscher 106—107° C., als Siedepunkt 240— 
241° Ö©. (corrig.), als Schmelzpunkt dez y-Tropingoldchlorids 225° ©. 
an, während für Scopolin 110° ©., bezüglich 241—243° C. (uncorrig.), 
für Scopolingoldehlorid 223 —225° C. ermittelt wurde. 


Da dem w-Tropin nach Liebermann die Formel C$HBNO zu- 
kommt, das Scopolin (Pseudotropin) dagegen die Zusammensetzung 
C8SHBNO? besitzt, so kann es nicht überraschen, dass das von diesem 
Forscher synthetisch dargestellte Tropyl-y- Tropin: CY’H3#3NO?, (Ber. 
d. Deutsch. chem. Ges. 25, 933) keineswegs mit dem Hyoscin, be- 
züglich dem Scopolamin: CYH?INO*, identisch ist. 


Atropasäure: C?H8 0°. 


Die aus der salzsauren Lösung der durch Einwirkung von Baryt- 
hydrat aut Scopolamin gewonnenen Spaltungsprodukte, durch Aus- 
schütteln mit Äther isolierte Säure, bildete nach wiederholtem 
Umkrystallisieren aus heilsem Wasser oder aus stark verdünntem 
Alkohol farblose, glänzende Nadeln, welche in der Form, in den Lös- 
lichkeitsverhältnissen, in der Art der Ausscheidung, in dem Schmelz- 
punkte: 106,50 C. und in der Zusammensetzung mit Atropasäure 
anderer Provenienz durchaus übereinstimmten. 

0,213 g Substanz lieferten 0,568 g CO? und 0,110 g- H2O. 


Gefunden: Berechnet für C9H3502. 
B: Tao 12,97 
H. 5,14 5,41 


Da bei der Spaltung des Scopolamins durch Barythydrat unter 
obigen Bedingungen nur Scopolin und Atropasäure gebildes 
werden, so dürfte dieser Zerfall durch folgende Gleichung zu illu- 
strieren sein: 

GY7H21NO! = CSHBNO? + C9H30: 
Scopolamin Scopolin Atropasäure. 

Es stellt sich somit der Prozels der Spaltung des Scopolamins 
vollständig dem zur Seite, welcher sich bei dem Atropin und Hyoscy- 
amin unter den gleichen Versuchsbedingungen vollzieht: 

GYH3NO3 = CSH5NO + C©’H30: 
Atropin Tropin Atropasäure. 

Die Autstellung einer Konstitutionsformel für das Scopolamin, 

bezüglich für das Scopolin, dürfte an der Hand der schönen Unter- 


15* 


228 E. Schmidt, Über Scopolamin. 


suchungen von Merling!) erst dann mit Sicherheit realisierbar sein, 
wenn die weiteren Untersuchungen des Scopolins, die mich noch 
beschäftigen, zu einem befriedigenden Abschluls gediehen sind. Bei 
der Schwierigkeit der Beschaffung gröfserer Mengen dieses kostbaren 
Materiales, dürfte hierzu naturgemäls noch längere Zeit erfor- 
derlich sein. 

Zunächst möchte ich mich daraut beschränken, aut die Isomerie 
von Scopolamin und Cocain: 

Scopolamin: ©!’ H21 NO%#, Cocain: Ci?” H21 NO# 
hinzuweisen, welche mir insofern bemerkenswert erscheint, als durch 
die Untersuchungen von Einhorn und seinen Mitarbeitern die nahen 
Beziehnngen dargelegt sind, welche zwischen den Spaltungsprodukten 
des Cocains und des Atropins, bezl. Hyoscyamins, dem Ecgonin und 


dem Tropin, obwalten. 


Ill. Scopolamin aus dem Samen von Ayoscyamus niger. 


Als Ausgangsmaterial für die nachstehenden Versuche lag mir 
vorläufig’ nur eine kleine Menge eines als „/Zyoscinum hydrojodicum“ 
bezeichneten, aus dem Samen von Hyoscyamus nmiger dargestellten 
Salzes vor, Grölsere Mengen von Hyoscyamusalkaloiden lasse ich 
jetzt in meinem Laboratorium darstellen. 

Das mir vorliegende Hydrojodid stimmte in seinem Änlseren, in 
seinem Verhalten und in seiner Zusammensetzung mit Scopolamin- 
hydrojodid anderer Provenienz vollständig überein. 

Die Analyse desselben ergab folgende Daten: 

0,2325 & des bei 100° getrockneten Salzes (wobei sich nur ein Gewichts- 
verlust von 0,51 Proz. ergab) lieferten 0,1272 g Ag J. 


Gefunden - Berechnet für C17 H21! NO4. HJ 
Dmasog'54 29,46 


Das aus diesem Hydrojodid nach Umsetzung mit Chlorsilber dar- 
gestellte Golddoppelsalz stimmte in seinen Eigenschaften und im 
seiner Zusammensetzung ebenfalls mit Scopolamingoldchlorid überein, 
Der Schmelzpunkt desselben wurde bei 210—212° ©. gefunden. 


Die Analyse desselben ergab tolgendes: 
0,2502 g lieferten 0,0764 g Au. 
(efunden Berechnet für C17 H21 NO. HC] + AuCl 
Au 30,93 30,57. 


1, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 24, 3108. 


E. Selimidt. Über Scopolamin. 


IV. Scopolamin aus der Wurzel von Atropa Belladonna 
und aus dem Samen von Datura Stramonium. 


Über das Vorkommen von Scopolamin in dem Samen von Datura 
Stramonium verweise ich auf die Untersuchungen, welche Herr 
W. Schütte auf meine Veranlassung und unter meiner Leitung vor 
einiger Zeit ausführte.!) 

Bezüglich des Vorkommens des Scopolamins in der Belladonna- 
wurzel mufs ich mich vorläufig darauf beschränken, zu erwälnen, 
dass ich bei der Überführung der aus dieser Droge dargestellten 
Rohalkaloide in Golddoppelsalze das Auftreten einer in Wasser sehr 
schwer löslichen Golddoppelverbindung beobachtete, welche in der 
Form und in dem Schmelzpunkte: 210—212° C. durchaus mit Sco- 
polamingoldehlorid übereinstimmte. Zu einer weiteren Untersuchung 
reichte die isolierte kleine Menge dieser Verbindung nicht aus. 


V. Scopolamin aus den Blättern von Duboisia myoporoides. 


Über das Duboisin, das mydriatisch wirkende Alkaloid der 
Blätter von Duboisa mvoporoides, liegen, wenn man absieht von älteren, 
ungenauen Notizen, in der Litteratur nur zwei Angaben vor, die eine 
von Ladenburg?), die andere von Ladenburg und Petersen’). Laden- 
burg identifiziert das Duboisin in seiner ersten Mitteilung mit 
Hyoscyamin. wogegen er dasselbe in der zweiten als identisch 
mit Hyoscin anspricht. 

Dieser Widerspruch findet nicht, wie Ladenburg und Petersen 
annehmen, in einer veränderten Herstellungsweise dieses Alkaloids 
eine Erklärung, sondern vielmehr in dem Umstande, dafs die Du- 
boisiablätter des Handels bald das eine, bald das andere Alkaloid 
enthalten. 

Schon vor längerer Zeit hatte Herr ©. J. Bender die Liebens- 
würdigkeit, mir zwei kleine Proben von Duboisiablättern zur Unter- 
suchung zu übermitteln, von denen Herr Bender die eine als hyos- 
cyaminhaltig, die andere als hyoscinhaltig bezeichnete. Beide 
Proben zeigten in dem Äufsern keinerlei Verschiedenheiten. Auch 
eine weitere botanische Untersuchung derselben, welche in bereit- 


1) Dieses Archiv 1891, 518. 


2) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 13, 257. 
3) Tbid. 20, 1661. 


230 E. Schmidt, Über Sceopolamin. 


willigster Weise im hiesigen botanisch-pharmacognostischen Institute 
ausgeführt wurde, gab für die Differenzierung der beiden Proben 
keine wesentlichen Anhaltspunkte. 

Trotz dieser äufseren Übereinstimmung stellte sich bei der che- 
mischen Untersuchung dieser Duboisiablätter heraus, dafs die eine 
Probe, entsprechend den Angaben von Herım Bender. thatsächlich 
Hyoscyamin, die andere dagegen das bisher mit dem Namen 
Hyosein bezeichnete Alkaloid (Scopolamin) enthielt. Waren die 
Alkaloidmengen, welche Herr W. Schütte aus diesen Materialien 
isolierte, anch nicht so grols, dafs von den betreffenden Golddoppel- 
salzen hätten Analysen ausgeführt werden können, so liefsen doch 
die physikalischen Eigenschaften derselben keinen Zweifel darüber, 
dafs aus der einen Probe thatsächlich Hyoscyamingoldchlorid 
(Schmelzpunkt 159-1609 C©.), aus der anderen dagegen Scopolamin- 
goldehlorid (Schmelzpunkt 208—210° C.) gewonnen war. 

Um die eine oder die andere dieser Basen in etwas grölserer 
Menge aus Duboisiablättern zu gewinnen, verarbeitete ich ein etwas 
gröfseres Quantum ‘dieser Droge, welche ich zu diesem Zwecke von 
Dr. Th. Schuchardt im Görlitz bezogen hatte. Die aus letzterem 
Materiale gewonnenen Rohalkaloide wurde zur Identifizierung eben- 
{falls direkt in Golddoppelsalze übergeführt. Nach dem Umkrystalli- 
sieren aus heilsem, salzsäurehaltigem Wasser resultierte fast die ganze 
Menge des Golddoppelsalzes in glänzenden, ziemlich breiten Nadeln 
mit charakteristisch kamm- oder sägeförmigem Rande, welche sich 
als Krystalle des Scopolamingoldchlorids erwiesen. Die Gegen- 
wart von Hyoscyamin oder von Atropin konnte mit Hilfe der Gold- 
doppelsalze nicht konstatiert werden, wohl aber das Vorhandensein 
kleinerer Mengen anderer Basen, deren Golddoppelsalze nicht zur 
Krystallisation gebracht werden konnten. 

Das als wesentliches Produkt gewonnene Golddoppelsalz stimmte 
in seinen Eigenschaften und in seiner Zusammensetzung mit Sco- 
polamingoldehlorid überein. Der Schmelzpunkt desselben wurde 
hei 208-—-210° ©. ermittelt. 

Die Analyse dieses Salzes ergab folgende Daten: 

1. 0.200 g Substanz lieferten 0,0612 g Au 
2. 0,1656 g ” ; 0,0508 8 „ 
3.028398 » „00886, 
4. 0,2913 g = ; 0,3382 g CO2 und 0,091 g H2O 


E. Schmidt, Über Scopolamin. 231 


Gefunden Berechnet tür 
1. 2. 3. 4. CW H21 NO#. HC] + Au CB 
Ar. 30,60 30,65 30,66 —_ 30,57 
C. _ _ _ 31,66 31,76 
H. - f 3,47 4,42 


Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Herren DDr. F. Schmidt, 
A Partheil, G. König und G. Zölffel, welche mich bei den vor- 
stehenden Untersuchungen unterstützten, auch an dieser Stelle meinen 
verbindlichen Dank zu sagen. 


Marburg, im October 1891. 


Nachschrift. 

Während des Druckes der vorstehenden, schon seit längerer Zeit 
abgeschlossenen Abhandlung erschien m Nr. 29 der „Pharmaceu- 
tischen Zeitung (vom 9. April) eme kurze Notiz von O. Hesse über 
das w-Tropin. In derselben erwähnt dieser Forscher, dafs dem 
Pseudotropin Ladenburgs (Scopolin) die Formel C$H13NO?, und 
dem „Hyoscin“ (Scopolamin) daher die von mir aufgestellte Formel 
CH?! NO* zukommt. 

Da ich das Wesentliche der vorstehenden Abhandlung mit den 
bezüglichen analytischen Daten bereits im Jahre 1890 (Apotheker- 
Zeitung 1890, 186) publizierte, und ferner auf der vorjährigen Natur- 
torscher-Versammlung in Halle nochmals mitteilte, dafs das jetzt im 
Handel befindliche Zyoscınum hydrobromicum im wesentlichen nur 
aus Scopolaminhydrobromid: C17”H?!NOt. H Br + 3H?20, besteht, 
(Apoth.-Zeitung 1891, 522), so kann ich obige Bemerkung Hesse’s, 
sowie die von diesem Autor in jener Notiz in Aussicht gestellten, 
denselben Gegenstand betreffenden weiteren Mitteilungen nur als 
eine Bestätigung der Beobachtungen auffassen, welche ich in den 
letzten Jahren zu machen und zu publizieren Gelegenheit hatte. 
Wie ich bereits im vorstehenden erwähnte, hoffe ich diese erste 
Mitteilung später noch durch weitere Veröffentlichungen zu ergänzen. 


Marburg, den 12. April 1892. E. Schmidt. 


232 J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


41. Ueber das aetherische Oel der Blätter 
von Cinnamomum ceylanicum) 
von Dr. Johannes Weber aus Bröcken. 


(Eingegangen am 15. November 1591.) 


Auf Veranlassung des Herrn Prof. Dr. E. Schmidt lenkte ich 
mein Augenmerk, gelegentlich der Untersuchung einiger ätherischer 
Öle, auch auf die Öle der Zimmtpflanze, die sonderbarer Weise 
in der Rinde und den Blättern zwei durchaus von einander ver- 
schiedene aetherische Öle enthält. Das durch Destillation mit 
Wasserdämpten aus der Rinde des in China einheimischen Zimmt- 
baumes (Cinnamommm Cassia) gewonnene Öl besteht im Wesent- 
lichen aus Zimmtaldehyd, dem kleine Mengen eines Kohlenwasser- 
stottes C!0H16, geringe Menge von Zimmtsäure und von Essigsänreäthern 
beigemenst sind. Das auf gleiche Weise aus der Rinde des Cbylon- 
Zimmts (Cinamomum cevlanicum) gewonnene Öl gleicht in seinen 
chemischen und physikalischen Eigenschaften im Wesentlichen dem 
des Cassia-Zimmts. Weniger bekannt, als das Öl aus der Rinde 
der Zimmtpflanze ist dasjenige aus den Blättern und der Wurzel. 
Angaben über das Zimmtblätteröl finden sich in der Litteratur nur 
von Stenhouse?) und von Schaer”), während von dem Wurzelöl 
eine Untersuchung bis jetzt überhaupt nicht vorliegt. 

Nach Stenhouse kommt das Zimmtblätteröl im Handel in zwei 
Sorten vor, von denen die eine mit einer grolsen Menge eines festen 
fetten Öles verfälscht ist, während die andere ganz aus ätherischem 
Öl besteht. Über den Ursprung des letzteren Öles, welches 
Stenhouse seinen Untersuchungen zu Grunde legte, bemerkt er, 
sei wenig bekannt. Pereirat) giebt an, das Öl werde auf Ceylon 
durch Maceriren der Blätter der Zimmtpflanze mit Seewasser und 
darauf folgende Destillation gewonnen. Das von Stenhouse unter- 
suchte Öl war bereits 2—3 Jahre alt, und wurde das spec. Gewicht 
desselben zu 1,053 gefunden. Stenhouse hebt hervor, dals es mit 
Lösungen von Kali oder Ammoniak zu einer butterähnlichen, krystalli- 


1) Inaugural-Dissertation Marburg 1391. 

2) Ann. d. Chem. u. Pharm. 95. Seite 103. 
3) Arch. der Pharm. Jahrg. 1382. Seite 492. 
4, Elements of Mat. med. III. Ed. p. 1308. 


J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 233 


nischen Masse erstarre, ferner, dafs es ähnlich wie das Nelkenöl aus 
einem Gemisch von Nelkensäure (Eugenol) und einem neutralen 
Kohlenwasserstoff C20 H16 (C1 H16) bestehe, sowie aulserdem noch 
eine geringe Menge Benzoesäure enthalte. Zum Beweise des Vor- 
handenseins der letzteren giebt Stenhouse nur an. dals bei der 
fraktionierten Destillation des rohen Öles sich aus den letzten 
Anteilen bei längerem Stehen Krystalle ausschieden vom Ansehen 
und den Eigenschaften der Benzoesäure.. Zum weiteren Nachweis 
derselben digerierte Stenhouse die letzten Anteile des überdestillir- 
ten Öls, sammt dem Retortenrückstand, mit konzentrierter Salpeter- 
säure und erhielt hierdurch neben viel Oxalsäure eine kleine Menge 
Nitrobenzoesäure. 

Der Kohlenwasserstofi wurde von Stenhouse durch Behandeln 
mit überschüssigem Kali vom Eugenol getrennt, die Lösung des 
Eugenolkaliums von etwa noch vorhandenem Kohlenwasserstoff durch 
Erwärmen befreit, der Rückstand mit Schwefelsäure gesättigt und 
das ausgeschiedene Eugenol weiter gereinigt. Der Siedepunkt des- 
selben lag nach Stenhouse bei 242°. 

Schaer!) fand die Daten von Stenhouse im Allgemeinen 
bestätigt, der Siedepunkt des Eugenols wird jedoch von diesem 
Forscher zu 245% angegeben und das spec. Gew. des Öls im Mittel 
zu 1,049. Nur die von Stenhouse angegebene Benzoesäure konnte 
Schaer in dem von ihm untersuchten Öle nicht auffinden. Dagegen 
fand Schaer, wenn auch nur in geringer Menge, einen nicht näher 
charakterisierten aldehydartigen Körper. 

Es schien von Interesse zu sein, zunächst zu konstatieren, ob das 
Zimmtblätteröl lediglich nur das eigentliche Eugenol enthalte oder ob 
zugleich noch eine isomere Verbindung oder ein Aether desselben 
darin vorkomme, eine Vermutung die a priori nicht von der Hand zu 
weisen war. da auch diese Körper in neuerer Zeit im Pflanzenreich 
beobachtet sind. 


Weiter war zu entscheiden, ob das Zimmtblätteröl wirklich 
Benzoesäure enthält, sowie zu constatiren, woraus die von Schaer 
beobachtete aldehydartige Verbindung bestand. Im Anschluss an 
diese Untersuchungen musste es ferner von Interesse sein. wenn 
möglich, auch das ätherische Öl der Zimmtwurzel, über dessen 


1) Arch. d. Pharm. Jahrg. 1332. Seite 492 u. £. 


234 J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


Bestandteile bisher gar nichts bekannt ist, einer Prüfung zu unter- 
ziehen und die bezüglichen Ergebnisse mit denen, welche bei der 
Untersuchung des Zimmtblätteröls resultirten. zu vergleichen. 

Das von mir zunächst wntersuchte Öl stammte von Dr. 
Schuchardt in Görlitz, in dessen Besitz es durch einen englischen 
Apotheker, Mr. Sharp aus Port Louis auf der Insel Mate, Gruppe 
der Seychellen-Inseln, gekommen war. Es war durch Destillation der 
Blätter von Cinnamomum ceylanıcum Breyn. mit Wasserdämpfen 
gewonnen. Die im Arbeit genommene Menge betrug 270 gr. Die 
Reinheit des vorliegenden Öles wurde von dem Darsteller und 
Uebermittler garantiert. 

Das als Ausgangsmaterial dienende Zimmtblätteröl besals bei 
18,50 das spec. Gew. 1,0552, lag also etwas höher als das von 
Stenhouse und Schaer angegebene, da ersterer für das dasselbe 
1,053, letztere aber im Durchschnitt 1,049 angiebt. Das Öl zeigte 
die Farbe und den charakteristischen Geruch des Nelkenöls, sowie 
einen brennenden Geschmack. 

Das Öl wurde zur Trennung der Einzelbestandteile zunächst 
mit konzentrierter Natronlauge geschüttelt. Hierbei tärbte es sich 
tief dunkelrot und nach emiger Zeit erstarrte die ganze Flüssigkeit 
nahezu vollständig, unter ziemlich starker Wärmeentwicklung, in 
Folge der Bildung von Eugenolnatrium zu emer gelben krystallini- 
schen Masse. Letzteres wurde hierauf mit Wasser versetzt, in 
welchem es sich ziemlich leicht löste, und die so erhaltene Lösung, 
um sie von den vom Alkali unangegriffenen Anteilen zu befreien, 
alsdann in einem Scheidetrichter wiederholt mit Aether ausge- 
schüttelt. 

Die verschiedenen ätherischen Ausschüttelungen wurden hierauf 
vereinigt und vom Äther durch Destillation befreit. Der braune, 
ölige, angenelm riechende Rückstand wurde alsdann zum etwaigen 
Nachweis eines Aldehyds mit dem gleichen Volumen frisch bereite- 
ter, konzentrierter saurer schwefligsaurer Natronlösung geschüttelt. 
Schon nach kurzer Zeit erstarrte die Mischung zu einem gelblichen 
Krystallbrei. Dieser wurde durch kräftiges Absaugen mittelst «der 
Wasserstrahl-Luftpumpe von den flüssigen Anteilen getrennt und 
zwischen Fliefspapier gepreist. Die so erhaltene trockne aldehyd- 
schwefligsöure Verbindung wurde zur Abscheidung des Aldehyds, 
unter vorherigem Zusatz von etwas Wasser, mit konzentrierter Soda- 


J. Weber. Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 235 


lösung versetzt. worauf sich der Aldehyd in Gestalt kleiner, dunkel- 
roter, ölartiger Tröpfchen auf der Oberfläche der Flüssigkeit 
abschied. Die ganze Flüssigkeit wurde alsdann mit Äther geschüttelt, 
in welchem sich die öligen Tropten lösten. Nach dem Verdunsten 
der ätherischen Lösung hinterblieb eine geringe Menge einer zimmt- 
ähnlich riechenden, dunkelbraun gefärbten, öligen Flüssigkeit. Die 
geringe Menge, welche erhalten wurde, reichte jedoch zu einer Ele- 
mentarahalyse nicht aus. Ebenso ergab ein Versuch, den Aldehyd 
mit Wasserstottsuperoxyd zu oxydieren. ein negatives Resultat. In 
wenig Alkohol gelöst, gab der Aldehyd, mit ammoniakalischer Silber- 
lösung erwärmt, einen deutlichen Silberspiegel. Beim Zusammen- 
bringen mit Phenylhydrazin erstarrte der Aldehyd alsbald zu einer 
gelben, krystallinischen Masse, welche nach dem Abpressen zwischen 
Thonplatten und darauf folgendem Umkrystallisieren aus Alkohol 
gelbe, bei 167° schmelzende Blättchen lieferte. E. Fischer giebt 
für Zimmtaldehydphenylhydrazid den Schmelzpunkt 168%, G. Peine 
dagegen 166° an. Es kann somit wohl angenommen werden, dafs 
der isolirte, stark zimmtölartig riechende Aldehyd, welcher durch 
saures Natriumsulfit aus dem ätherischen Zimmtblätteröl abgeschie- 
den wurde, mit Zimmtaldehyd identisch ist. 

Die vom aldehydschwefligsaurem Salz abgesogene Flüssigkeit 
wurde im Scheidetrichter von der überschüssigen sauren Natriumsul- 
fitlösung getrennt und darauf durch Destillation mit Wasserdämpfen 
rektifiziert. Das Destillat zeigte auf der Oberfläsche kleine Öltröpf- 
chen. Nach dem Entwässern derselben wurde die ölartige Flüssig- 
keit aus einem kleinen Siedekolben fractioniert.‘ Sie begann bei 190° 
zu sieden, das Thermometer stieg dann langsam aber stetig bis auf 
280%, ohne irgend einen konstanten Siedepunkt anzuzeigen. Wegen 
des hohen Siedepunktes wurde die Flüssigkeit abermals mit Natron- 
lauge geschüttelt. um etwa noch vorhandenes Eugenol zu entiernen, 
dann im Scheidetrichter getrennt, mit COhlorcalium entwässert und 
nochmals rektifiziert. Jetzt fing die Flüssigkeit bei 165° an zu sieden, 
so dafs sie in zwei Fractionen zergliedert werden konnte: 

1) 165— 200° und 
2) 200— 240". 

Diese Fractionen bildeten klare, farblose, leicht bewegliche, 
stark lichthrechende Flüssigkeiten von angenehm terpenartigem 
Geruch. 


236 J. Weber, Über d. Öläther. d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


Die Fraction 165-—200° wurde noch weiter zerlegt in a) 165 —180® 
und b) 180-200. 

Es wurde nun versucht, die kleine Menge der erhaltenen 
Terpene, so gut es sich bei der geringen Menge an Material aus- 
führen liefs, an der Hand der Wallach'schen Untersuchungen 
näher zu charakterisieren und zu diesem Zwecke ihr Verhalten gegen 
gewisse Reagentien studirt. Als solche zur Identifizierung der 
Terpene geeignete Reagentien werden von Wallach besonders 
Brom, gasförmiger Chlorwasserstoff und salpetrige Säure empfohlen. 

Nach den Angaben des genannten Forschers!) wurde zunächst 
versucht, aus der Fraktion 165—180° ein krystallisierbares Tetra- 
bromid herzustellen. Es wurde zu diesem Zwecke in einem gut 
gekühlten Gefälse ein Volumen der Fraktion mit vier Volumen 
Alkohol und vier Volumen Äther verdünnt, und unter Vermeidung 
von Erwärmung dann zu dieser Mischung 0,7 Volumen Brom tropfen- 
weise hinzufliefsen gelassen. Die Flüssigkeit wurde darauf in einer 
Schale der Verdunstung überlassen und schliefslich starker Kälte 
ausgesetzt. Eine Krystallbildung konnte jedoch nicht erzielt werden; 
die Flüssigkeit veränderte sich auch bei Anwendung von starker 
Kälte nicht, sondern wurde hierbei nur etwas dickflüssiger. 

Wallach giebt zwar selbst an, dafs hauptsächlich infolge des 
langen Stehens stets Nebenprodukte entstehen, die, besonders, wenn 
man es mit geringen Mengen zu thun hat. auf die Untersuchung 
sehr nachteilig einwirken. In dem gegebenen Falle schien jedoch 
nur ein Gemisch mehrerer, vielleicht nicht ganz reiner Terpene vor- 
zuliegen, da, wie Wallach angiebt, nur ganz reine Terpene'imstande 
sind, ein festes Tetrabromid zu liefern. An eine weitere Rektifikation 
war aber bei der mir zu Gebote stehenden geringen Menge nicht 
zu denken. Der andere Teil, der mir von obiger Fraktion noch 
übrig geblieben war, wurde auf Pinen untersucht und zu dem Ende 
versucht. das für dasselbe charakteristische Nitrosochlorid ?) 
CWH16NOCI darzustellen. 

1,35 ccm der Fraktion wurden zu diesem Zwecke mit 2,57 ccm 
Amylnitrit und 3,94 ccm Eisessig vermischt und andererseits eine 
Mischung gleicher Volumina roher, ca. 33 Proz. Salzsäure und Eis- 


essio hergestellt. Zu je 6 ccm der ersten Mischung. die gut abge- 


1) Ann. d. Chem. u Pharm. 227. Seite 230. 
2, Wallach. Ann. d. Chem. u. Pharm. 245, Seite 251. 


[8° 


J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


kühlt wurde. wurden nun in möglichst kleinen Portionen und unter 
Umschütteln allmälig 3 ccm des Salzsäuregemisches zugesetzt, und 
zwar in der Weise, dals mit dem Zusatz einer neuen Salzsäuremenge 
so lange gewartet wurde, bis die anfangs in der Flüssigkeit ent- 
stehende blaue Farbe wieder vollständig verschwunden war. Bei 
Anwesenheit von Pinen scheidet sich unter diesen Bedingungen nach 
Wallach ein blendend weilses Krystallpulver aus. Von einer 
krystallinischen Ausscheidung war jedoch in dem gegebenen Falle 
nichts wahrzunehmen, also auch wohl die Anwesenheit von Pinen 
zweifelhaft. 

Die Fraktion 150—200° wurde mit konzentrierter Jodjodkalium- 
lösung geschüttelt. Auch hierbei trat keine Krystallbildung auf, die 
bei Gegenwart von Cineol hätte eintreten müssen. 

Hierauf‘ wurde die oben erwähnte Lösung des Eugenolnatriums 
zur Abscheidung des Eugenols mit Salzsäure angesäuert, worauf sich 
letzteres nach kurzer Zeit in reichlicher Menge von der sauren 
Flüssigkeit als ein dunkelbraunes Öl trennte. Nachdem dieses im 
Scheidetrichter von der Chlornatriumlösung befreit war, wurde es 
durch Destillation mittels Wasserdämpfen gereinigt, darauf mit Chlor- 
calcium entwässert und rektifiziert. Der weitaus grölste Anteil ging 
bei 247,50 über, und zwar als ein farbloses, an der Luft sich jedoch 
bald bräunlich färbendes Öl. Als Rückstand verblieb eine geringe 
Menge eines braunen Harzes, während von 250—265° noch eine 
geringe Menge eines dunkelblau gefärbten, nach einiger Zeit grün 
werdenden Öles überdestillierte, welches für sich aufgefangen wurde, 

Die Elementaranalyse der bei 247,50 übergehenden Anteile er- 


gab folgende Resultate: 
0,0794 g Substanz gaben 0,2134 C2O und 0,0536 H2O. 


Berechnet für C10 H12 O2: Gefunden: 
year] ©. 73,29%, 
H. 732%, H. 7,99, 


Bisher sind drei Körper von der Formel C1 H!? O? aufgefunden 
worden, die hier in Betracht gezogen werden können, nämlich das 
Eugenol. das Isoeugenol und das Betelphenol oder Paraeugenol, denen 
olgende Structurformeln zukommen : 

| CH®— CH=CH?1 
Eugenol C6 H3 } 0.CH3 3 
OH = 


233  J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


CH=CH-—CH’1 


Isoeugenol C$ H3 0.CH3 3 
' OH 4 

Betelphenol | CH? — CH=CH?1 
oder C6H3 ! OH 3 
Paraeugenol C.CH3 4 


Die bemerkenswertesten Unterschiede dieser drei Isomeren sind 
tolgende: 


| 2 | Schmelzpunkt 
Siedepunkt E an, der 
| | Fer | Benzoylverbdg. 
e — | Ä 
il Innen sedalar Big BR 
Eugeno 247.5 (159) | 69— 170 
j 1,080 
Isoeugenol 1.1 0258--960,. + U,3% 159— 1609 
| | (189) 
| 
Bethelphenol i 1.067 | 
oder 2542550 | (15 0) 49—500 
Paraeugenol | 


Aulser vorstehenden Merkmalen ist für diese drei Körper noch 
das Verhalten ihrer alkoholischen Lösung gegen Eisenchlorid 
charakteristisch. Das Eugenol wird in alkoholischer Lösung durch 
Eisenchlorid dunkelblau, auf Ammoniakzusatz schmutzigrot, das Iso- 
eugenol hellgrün und nach Zusatz von Ammoniak dunkelviolett, das 
Paraeugenol dagegen durch Eisenchlorid intensiv blaugrün gefärbt. 

Der vorliegende Körper siedete, wie bereits erwähnt, bei 247,5", 
hatte bei 19% das spez. Gewicht 1.0688 und zeigte die oben für Eu- 
genol angegebene Farbenreaktion mit Eisenchlorid und Ammoniak. 
Mit konzentrierter Schwefelsäure geschüttelt, nahm er allmälich eine 
tiefblaue und bei grölserem Zusatz eine purpurrote Färbung au. 
Bromdampf verursachte. besonders, wenn das Eugenol in dünner 
Schicht, z.B. an den Wandungen eines Reagensglases mit demselben 
in Berührung gebracht wurde, eine blaue Färbung. 


N. 


J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 23) 


Endlich wurde noch, um jeden Zweifel an der Identität dieses 
Körpers mit Eugenol auszuschlielsen, die für letzteres sehr charak- 
teristische Benzoylverbindung nach den Angaben von Cahours!) 
dargestellt. Das fragliche Eugenol wurde zu diesem Zwecke mit 
überschüssigem Benzoylchlorid so lange erhitzt, bis die Entwicklung 
von Chlorwasserstoff authörte, dann wurde das Grefäls verschlossen 
und zum Erkalten bei Seite gestellt. Nach einiger Zeit schieden sich 
glasglänzende, farblose Prismen ab, deren Schmelzpunkt nach öfterem 
Umkrystallisieren aus Essigäther bei 69—70° lag, Cahours giebt 
den Schmelzpunkt des Benzoyleugenol szu 50—55° an. Tiemann und 
Kraaz?), sowie Pomeranz?), welche diese Verbindung ebenfalls dar- 
stellten, fanden jedoch den Schmelzpunkt, übereinstimmend mit meinen 
Beobachtungen, bei 69— 70°, bezüglich bei 69°. 

Die Elementaranalyse der Verbindung führte zu folgenden 
Werten: 

0,1734 g Substanz geben 0,4332 CO? und 0,0954 H2O. 


Berechnet für C17H1603: Gefunden: 
©. 16,12 Proz. G. 76,03 Proz. 
E® 5.97 Proz. 1:6 6,11 Proz. 


Die geringe Menge der bei 250—265° übergehenden Anteile 
(ca. 3 g) wurden zur Prüfung auf Methyleugenol!) in einem ge- 
räumigen Kolben mit 175g Wasser geschüttelt und die Mischung 
auf dem Wasserbade auf etwa 50° erwärmt. Hierauf wurden in 
kleinen Portionen 3 g Kaliumpermanganat hinzugetügt. Nach dem 
vollständigen Erkalten wurde vom Braunstein abfiltriert. Das Filtrat 
reagierte schwach alkalisch und war etwas gelblich getärbt. Der 
Braunsteinniederschlag wurde wiederholt mit Wasser ausgekocht. 
Die vereinigten Filtrate, welche ziemlich stark nach Vanille rochen, 
mutmalslich von dem Öxydationsprodukte einer geringen Menge 
Eugenol herrührend, welches bekanntlich bei der Oxydation Vanillin 
liefert, wurden hierauf auf ein kleines Volumen eingedampft und mit 
Salzsäure versetzt. Auf den Säurezusatz trat ziemlich starke Kohlen- 
säureentwicklung ein: gleichzeitig war eine geringe krystallinische 
Abscheidung zu bemerken. Diese letztere wurde auf einem kleinen 
Filter gesammelt, ausgewaschen und aus verdünntem Alkohol um- 

1) Ann. d. Chem. u. Pharm. 108. Seite 321. 

2) Berichte Jahrg. 1832. Seite 2067. 


3) Monatsh. f. Chem. XI, 102. 
1, Petersen. Arch. d. Pharm. 1838, S. 113. 


_ J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. eeyl. 


krystallisiert. Nach dem Verdunsten desselben zeigte sich als Rück- 
stand jedoch nur ein ganz schwacher Anflug, der zur Untersuchung 
nicht genügte. 

Die Mutterlauge wurde noch mit Ather ausgeschüttelt. Nach 
dem Verdunsten des Athers hinterblieb eine kleine Menge einer 
öligen, braunroten, nach Essigsäure riechenden Flüssigkeit. 

Leider konnte aus diesen Resultaten kein Schluls auf die Natur 
des oxydierten Materials gezogen werden. Wäre Methyleugenol vor- 
handen gewesen, so hätte als Oxydationsprodukt Veratrumsäure ent- 
stehen müssen. 

Die nach der Entfernung des Eugenols verbleibende saure 
Flüssigkeit wurde nach der Neutralisation mit Natronlauge auf dem 
Wasserbade zur Trockne eingedampft und der trockne Rückstand 
unit verdünnter Schwefelsäure durchfeuchtet. Hierbei trat deutlich 
der Geruch nach Essigsäure auf. Das mit Schwetelsäure durch- 
teuchtete Gemisch wurde hierauf der Destillation mit Wasserdämpten 
unterworfen. Ein Nachweis von Benzoesäure konnte jedoch nach 
Ausschüttelung mit Ather im Destillat nicht geführt werden. 

Nach obigen Versuchen besteht das echte, reine Zimmrblätteröl 
in seiner Hauptmasse aus Eugenol. Aufserdem enthält dasselbe 
noch geringe Mengen von Terpenen und Zimmtaldehyd. Methy]- 
engenol konnte darin nicht nachgewiesen werden. 

In Anschlufs an die vorstehenden Versuche unterwarf ich noch 
ein Zimmtöl einer Untersuchung. welches sich als Zimmtwurzelöl 
im Handel befand.!) 

ı) Das betreffende Öl wurde ursprünglich von der Firma Schimmel 
& Comp. in Leipzig als das ätherische l der Zimmtwurzel be- 
zeichnet. In dem Aprilberichte dieses Jahres. welcher in den letzten 
Tagen von genannter Firma zur Ausgabe gelangte, wird es jedoch be- 
zweifelt, dals dieses Ol wirklich aus der Wurzel des Zimmtbaumes 
gewonnen würde. 

Die Firma Schimmel & Comp. berichtet über Zimmtblätteröl 
(l. e.) Folgendes: 

Die Destillation der Blätter von Cinnamomum zeylanicum, Nees, hat 
uns zu dem Resultät geführt, dals das Zimmtblätter-Öl ein 
helles. dünnflüssiges. nelken- und zimmtartig riechendes Öl ist, 
identisch mit dem in grofsen Mengen von Ceylon exportierten Öl, 
welches man früher als das Öl aus der Wurzel des Zimmtstrauches 
ansprechen zu müssen glaubte. j 

Wenn es nach der Destillation der Blätter überhaupt noch einen 
Zweifel geben könnte, so würde derselbe durch nachstehendes Ver- 
gleichsmaterial vollständig beseitigt werden. 


1. Zimmtblätter-Öl eigener Destillation aus trockenen Blät- 
tern (Ölgehalt 1,8 Prozent), dünnflüssig. Spez. Gew. 1.060, 


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‚Maximaldosen-Tabellen 
zum Ausschneiden und Aufkleben auf die St andgefässe 


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e Tabelle 
enthaltend die | 
75 grössten üblichen Gaben für einen orwachsonen KERAE Ü) 
———— Preis 25 Pfg. 


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ARUruvV 


DER 


PHARMACIE 


Zeitschrift ü 


des 14, 
| { | 
4 Deutschen Apotheker-Vereins, | 
unter Redaetion von 


E. Schmidt und H. Beckurts, u 


| herausgegeben | 
von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J, GREISS in Berlin, | 


Band 230, Heft 4. 


en. 


BERLIN. me 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. Er | j; 
1892. 27 ab 


für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Mar: "burg (Hessen) 
k oder Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden. 


a Ausgegeben den 31. Mai 1892. 


INHALT. 


der Blätter von Ba 


Johannes Weber, Über das ätherische Oel B' 

Cinnamomum ceylanicum (Schluss). . 2418 
Mitteilungen aus dem pharmaceutisch- chemischen Institut 

der Universität Marburg. ; 

F. A. Flückiger, Asche der Kamala . . ....... Se Zr 

H. Kiliani, Digitalin verum . SER AN 250 pJ 
Derselbe, Über die Darstellung von _Digitogenin Bi 

K. Wedemeyer, Über bleisaures Caleium und seine Verwendung % 

zu Aschenanalysen . . 263 2 


Mitteilung aus dem chemischen Laborattms der 
Thierärztl. Hochschule zu Hannover. 


W. Kwasnik, Chemische Untersuchung des flüchtigen Oels der e 

Lindera sericea Bl. (Kuromoji- DE: 265. 2 
Mitteilung aus dem pharmaceutischen Institute der 

Universität Breslau. f 

Ernst Schmidt, Über Berberisalkaloide . . . . 22.2.0202... 588 

C. Link, Über Berberin und Hydroberberin . . 292 


Mitteilungen aus dem pharmaceutisch- chemischen Institut 
der Universität Marburg. 


Eingegangene Beiträge. 


B. Grützner, Über Haltbarkeit titrierter Lösungen des Kaliumperman- 


ganats, 
G. Baumett, Über Bestimmung von Glycerin im Weine. Be 
E. Tavel und A. Tschirch, Über das Jodtrichlorid, 2 


(Geschlossen den 20. Mai 1392.) 


Einband-Decken 


zum 


Archiv üer Pharmacig 


ur 1S91 a. 
ganz in der a Ausführung, Kaliko-Decken mit vor- 
gedrucktem Titel und Rückentitel in Goldschrift, können 


gegen Einsendung von 70 Pf. in Briefmarken franko bezogen -- 
werden von dem ; 


Central-Bureau des Deutschen Apotheker-Vereins, 
BERLIN SW. 12, Zimmersitr. 3/4. 


SE We 


J. Weber, Über d. äther. Öl.d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 241 


Über das Öl aus der Wurzel von Cinnamomum ceylanıcum finden 
sich bis jetzt keine Angaben in der Litteratur vor. 

Das von mir untersuchte, ursprünglich als Zimmtwurzelöl be- 
zeichnete Öl wurde von der Firma Schimmel & Co. in Leipzig 
bezogen. Es besafs bei 190 das spez. Gew. 1,0411 und zeigte den 
Geruch und die Farbe des Nelkenöls. Dasselbe wurde auf gleiche 
Weise der Untersuchung unterzogen wie das Zimmtblätteröl. 

Zuerst wurde es entwässert und hierauf die bis 200° sieden- 
den Anteile abdestilliertt. Die Menge derselben war sehr gering. 
Um etwa vorhandenes Eugenol zu entfernen, wurden sie ebenfalls 
mit Natronlauge geschüttelt, darauf nochmals rectifiziert und in zwei 
Fraktionen zergliedert: a) 165—180°, b) 180—200°. 

An der Hand der Wallach’schen Untersuchungen wurde 


„ alsdann versucht die Terpene näher zu charakterisieren und 


zu diesem Zwecke, wie bei dem Öl aus den Blättern, versucht 
ein Nitrosochlorid oder ein festes Bromid darzustellen. Jedoch 
führten auch hier die bezüglichen Versuche, sowohl in der einen, 
wie in der anderen Richtung zu keinem befriedigenden Resultate. 
Auch die Wahlforss’sche Cineol-Reaktion mit Jodjodkaliumlösung 
trat nicht ein. 


Optische Drehung +1018. Enthält nach unserer Ermittelung 
87 Prozent Eugenol und ca. 0,1 Prozent Zimmtaldehyd. 

2. Zimmtblätter-Oel aus Java, destilliert aus den frischen 
Blättern von Cinnamomum ceylanicum von Herrn Dr. P.von 
Romburgh, Chef des chemischen Laboratoriums im bo- 
tanischen Garten zu Buitenzorg. Ein dünnflüssiges, angenehm 
nelken- und zimmtartig riechendes, also im Geruch genau mit 
unserem Destillat übereinstimmendes Oel. Spez. Gew. 1,055. 
(Siehe unseren Bericht vom Oktober 1891, S. 41.) 

3. Zimmtblätter-Öl von den Seychellen, erwähnt in unserem 
Bericht vom April 1890. Ein dünnflüssiges, in der Hauptsache 
aus Eugenol bestehendes Öl. Spec. Gew. 1,060. 

4. Zimmtblätter-Öl des Handels, bisher irrthümlich für 
Zimmtwurzel-Öl gehalten. Dünnflüssig, angenehm nelken- 
und zimmtartig riechend. Spec. Gew. 1,044. (Enthält grolse 
Mengen Eugenol.) 

In Anbetracht dieser übereinstimmenden Resultate kann als erwie- 
sen gelten, dafs die Zimmtblätter ein dünnflüssiges Öl liefern und dafs 
das von Ceylon exportirte, bisher für Zimmtwurzel-Öl gehaltene Öl, 
tatsächlich das Ol aus den Blättern von Cinnamomum  ceylanicum, 
Nees ist. 

Obschon der Ursprung des von Herrn Weber untersuchten Han- 
delsproductes nach obigen Angaben zweifelhaft ist, dürfte es doch von 
Interesse sein, wenigstens die Zusammensetzung desselben kennen 
zu lernen, um somehr als letztere wesentlich von der abweicht, welche 
für das ächte Zimmtblätter-Ol ermittelt wurde. E. Schmidt. 


Arch. d. Pharın. XXX. Bäs. 4. Heft. 16 


242 _J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


Die ganze Menge der über 2000 siedenden Anteile des Öles 
wurden daher direkt, wie früher angegeben, mit Natronlauge be- 
handelt. Auch hier trat nach kurzer Zeit eine beinahe vollständige 
Erstarrung der Masse, infolge der Bildung von Eugenolnatrium, ein. 
Das letztere wurde alsdann in Wasser gelöst, aus der geklärten 
Lösung hierauf mit Säuren das Eugenol wieder abgeschieden und 
rektifiziert; ebenso wie bei dem Öl aus den Blättern ging auch hier 
fast die ganze Menge bei 247,5° über, nur eine verschwindend kleine 
Menge konnte von 250—254° aufgefangen werden. 


Bei diesem zweiten Öle war jedoch im Verhältnis zum Blätteröl 
eine bedeutend grölsere Menge desselben in Natronlauge unlöslich. 
Dieses Ungelöste wurde mit Äther aufgenommen und nach dem Ver- 
dunsten desselben mit Wasserdämpfen destilliert. Als Destillat wurde 
hierbei ein farbloses, an der Luft gelblich grün werdendes, licht- 
brechendes Öl erhalten, welches nach dem Entwässern rektifiziert 
wurde. Die ersten Anteile gingen bei 175—210° (1) über; dieselben 
waren aber noch etwas wasserhaltig. Die weiteren Fraktionen wurden 
wie folgt aufgefangen: 


2. 210—220°, 3. 220—230°, 4. 230—240°, 5. 240 —247°, 6. 247 — 2600, 


Die gröfste Menge destillierte zwischen 230 und 2400 über, 
während zwischen 247 und 260° nur noch eine sehr geringe Menge 
erhalten wurde. 


Zur Prüfung auf etwa vorhandene Aldehyde wurden sämtliche 
sechs Fraktionen mit einer konzentrierten sauren Natriumsulfitlösung 
geschüttelt. Es zeigte sich hierbei in Fraktion 1 und 2 eine ziemlich 
bedeutende krystallinische Ausscheidung, in Fraktion 3 und 4 war 
sie gering, während in den übrigen Fraktionen nichts davon zu be- 
merken war. Die krystallinische Masse wurde alsdann auf ein Filter 
gebracht, mittels der Wasserluftpumpe möglichst von der übrigen 
Flüssigkeit getrennt, das unverändert gebliebene Öl im Scheidetrichter 
von der sauren Natriumsulütlösung befreit und mit Chlorcaleium ent- 
wässert. Das auf dem Filter verbliebene aldehydschwefligsaure Salz 
(nur 1,5 g aus 500 g Öl) wurde zwischen Filtrierpapier geprelfst und 
zur Abscheidung des Aldehyds mit konzentrierter Sodalösung ge- 
schüttelt. Alsbald schieden sich auf der Oberfläche kleine, farblose, 
ölige Tropfen ab, die mit Äther aufgenommen wurden. Nach dem 
Verdunsten des letzteren blieb der Aldehyd in Gestalt einer öligen, 


"7, 


J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 243 


farblosen, stark nach Benzaldehyd riechenden Flüssigkeit zurück, die 
sich an der Luft bald gelblich färbte. 

Diese kleine Menge Aldehyd, welche auf diese Weise resultierte, 
wurde nach den Angaben von Fischer!) in die Phenylhydrazin- 
verbindung übergeführt, und zwar wurde der Aldehyd im Molekular- 
verhältnis mit Phenylhydrazin direkt in Reaktion versetzt. Unter 
Wärmeentwicklung erstarrte die Masse zu einem gelblich roten, 
krystallinischen Körper, der an der Luft sich dunkler färbte. Aus 
Äther, in dem er sich sehr leicht löste, wurde er in nadelförmigen, 
zu Büscheln angeordneten Krystallen erhalten, deren Schmelzpunkt 
bei 151—152° lag. Fischer giebt für Benzylidenphenylhydrazin 
den Schmelzpunkt 152,50 an. Aus nicht zu verdünntem Alkohol 
krystallisierte des Hydrazid in Blättchen. Es ist hiernach wohl kein 
Zweifel, dafs der in dem sogenannten Zimmtwurzelöl in geringer 
Quantität vorkommende Aldehyd als Benzaldehyd anzusprechen ist 
Eine höher schmelzende, auf das Phenylhydrazid des Zimmtaldehyds 
hinweisende Verbindung konnte aus dem fraglichen Zimmtöle nicht 
isoliert werden. 

Das Vorkommen des Benzaldehyds in dem vorliegenden Zimmt- 
öle ist sehr bemerkenswert, da weder im Zimmtblätteröl, noch in dem 
der Rinde, welches im wesentlichen aus Zimmtaldehyd besteht, bis- 
her Benzaldehyd nachgewiesen werden konnte. 

Das vom aldehydschwefligsaurem Salz getrennte Öl wurde rekti- 
fiziert und hierbei folgende Fraktionen gesondert: 

1. 175—210°, 2. 210— 220°, 3. 220—230°, 4. 230—240°, 5. 240— 250°. 

Die Fraktionen 1 und 2 rochen angenehm terpenartig, Fraktion 4 
aber stark nach Safrol C10 H10 02, Bei einer nochmaligen Rektifikation 
trat eine Verschiebung der Siedepunkte ein. Während bei der ersten 
Rektifikation ein ziemlich konstanter Siedepunkt bei 2250 lag, ver- 
schwand dieser bei der darauf folgenden und statt seiner trat ein 
solcher bei 230—232° und 234—237° auf. 

Die Fraktionen der zweiten Rektifikation waren folgende: 

1. 175— 210°, 2. 210— 220°, 3. 220—230°, 4. 230-—232, 5. 232— 234, 
6. 234— 2370, 7. 237—245I, 

Von den Fraktionen 4 und 6 wurden umstehende Elementar- 

analysen ausgeführt: 


1) Annal. d. Chem. u. Pharm. 190. Seite 134. 
16* 


244  J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


a) Fraktion 230— 232, 
I. 0,0826 g Substanz gaben 0,2306 CO? und 0,0554 H?O. 
II. 0,0984 g Substanz gaben 0,2770 CO? und 0,0648 H2O. 


Gefunden: 
#. TI: 
C. 76,13 Proz. 76,77 Proz. 
ER 7745%Proz 7.310 Pr072 


b) Fraktion 234—237°. 
I. 0,1156 g Substanz gaben 0,3244 CO? und 0,0754 H?O. 
II. 0,1034 g Substanz gaben 0,2902 CO? und 0,0700 H?O. 


Gefunden: Berechnet für 
Il. INE Safrol: C10 H10 O2 
®: 16932 Proz: 76,42 Proz. 74,07 
HER 2ANProz. 71.52 Proz. 6,17 


Hierauf wurde die Fraktion 175—210° für sich noch einmal 
fraktioniert, und, wie folgt, zergliedert: 
1. 170-1800, 2. 180-—190°, 3. 190—200°, 4. 200—2309, 


Von den Fraktionen 1-3 wurden Verbrennungen ausgeführt, 


deren Ergebnisse folgende waren: 
1. Siedepunkt 170—180°: 
I. 0,1212 g Substanz gaben 0,3856 CO? und 0,1222 H2O. 
II. 0,0894 g Substanz gaben 0,2860 CO? und 0.0914 H2O. 


Gefunden: 
ıR I: 
C. 86,76 Proz. 87,24 Proz. 
+. 211 202,r07 11,35 Proz. 


2. Siedepunkt 180—190°: 
I. 0,1192 g Substanz gaben 0,3664 CO? und 0,1124 H2O, 


Gefunden: 
C. 83,83 Proz, 
H. 10,47 Proz. 


3. Siedepunkt 190—200°. 
I. 0,1216 g Substanz gaben 0,3716 CO? und 0,1090 H?O. 
II. 0,1088 g Substanz gaben 0,3326 CO? und 0,0990 H?O. 


Gefunden: 
i I; II. 
C. 83,33 Proz. 83,37 Proz. 
H° + #9:95,"Proz. 10,11 Proz. 


Nach diesen Analysen scheint in den einzelnen Fraktionen ein 
Gemisch von Terpenen mit sauerstoffhaltigen Körpern enthalten zu 
sein, denn die Formel C10 H!$ verlangt © = 88,23 Proz. und H= 
11,76 Proz. 25 


. 


J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 245 


Ein Teil der Fraktion 234—237°, die sehr stark nach Safrol 
roch, wurde hierauf zum Nachweis des letzteren der Oxydation mit 
Kaliumpermanganat unterworfen, um auf diese Weise zu Piperonal 
oder zur Piperonylsäure, den Oxydationsprodukten des Safrols, zu 
gelangen. Nach den Angaben von Poleck und Schiff!) wurde die 
Oxydation mit einer sehr verdünnten Kaliumpermanganat- 
lösung (1:40) vorgenommen. Nachdem eine Entfärbung nicht mehr 
eintrat, wurde vom Braunsteinniederschlag abfiltriert und das Filtrat 
mit verdünnter Säure versetzt. Hierbei entstand unter Kohlensäure- 
entwicklung ein reichlicher flockiger Niederschlag. Dieser wurde auf 
einem Filter gesammelt, ausgewaschen und aus Alkohol umkrystalli- 
siert. Alsdann wurde er zwischen Fliefspapier getrocknet und eine 
Schmelzpunktbestimmung ausgeführt. Der Schmelzpunkt lag bei 


226—227°. Zwischen Uhrgläsern erhitzt, sublimierte der Körper in 


feinen, weilsen Nadeln. Der Schmelzpunkt der Piperonylsäure liegt 
bei 2280. An der Identität des vorliegenden Körpers mit der Piperonyl- 
säure war hiernach wohl nicht mehr zu zweifeln und damit war auch 
die Anwesenheit von Safrol in dem vorliegenden Öle erwiesen. Der 
Siedepunkt des Safrols wird zu 231—2330, zu 232—2330, zu 2320 
und zu 230— 232° angegeben. Es wurden daher aus den Fraktionen 
4 und 5 der letzten Rektifikation die Anteile vom Siedepunkt 231— 2330 
gesondert und analysiert. 
Dabei gaben: 


0,1608 g Substanz 0,4453 CO2 und 0,1014 H2O. 
0,1506 $ Substanz 0,5023 CO? und 0,1162 H2O. 


Gefunden: Berechnet für 

iE 10% C10 H10 02: 
C. 75,60 Proz. 75,95 Proz. C. 74,07 Proz. 
H. 7,00-Pro2. 7,14 Proz. FH 6.14 Proz. 


Der Unterschied zwischen den gefundenen und berechneten 
Werten war somit noch ein ziemlich grofser. Es wurden deshalb die 
bei 230—2320 übergehenden Anteile einer Analyse unterworfen, 
jedoch mit keinem besseren Erfolg, denn 

I. 0,0826 g Substanz gaben 0,2306 CO2 und 0,0554 H2O. 
II. 0,0984 g Substanz gaben 0,2770 CO2 und 0,0648 H2O. 


Gefunden: 
ie EI: 
©. 76,13 Proz. 716,77 Proz. 
He AHREroz: 7.31. Proz: 


1) Berichte 19, Seite 1094. 


246  J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 

In Folge dieser abweichenden Resultate wurde von einem 
notorisch reinen Safrol, welches mir aus der Sammlung des hiesigen 
pharmazeutischen Instituts gütigst zur Verfügung gestellt wurde, der 
Siedepunkt bestimmt und dieser zwischen 232 und 2330 gefunden. 
Hierauf wurden dann aus obigen Fraktionen die zwischen 232 und 
2330 siedenden Anteile heraus destilliert und von ihnen dann eine 
Verbrennung ausgeführt, Hierbei wurde schliefslich ein ziemlich 
befriedigendes Resultat erzielt. Es ergaben nämlich 


0,1464 g Substanz 0.4004 CO2 und 0,0908 H2O. 
entsprechend 74,59 Proz. C. und 6,89 Proz. H; 
74,07 Proz. C und 6,17 Proz. H. 


die Theorie verlangt 

Sowohl aus den Daten der letzten Analyse, als auch aus den 
sonstigen chemischen und physikalischen Eigenschaften des vorliegen- 
den Körpers, wie dem Siedepunkt, dem Oxydationsprodukt, geht 
wohl die Identität desselben mit Safrol hervor. 

Das oben erwähnte, bei 247,50 siedende Eugenol, welches eben- 
so wie im Öl der Blätter, auch in dem vorliegenden Öle den Haupt- 
bestandteil ausmacht, gab die für das eigentliche Eugenol charakte- 
ristischen Reaktionen mit Eisenchlorid, sowie mit Brom und Schwefel- 
säure. 

Die Resultate einer von demselben ausgeführten Verbrennung 
waren folgende: 


0,0768 g Substanz gaben 0,2055 CO2 und 0,0505 H2O. 


Gefunden: Berechnet für C10H1202: 
C. 72,96 Proz. ©. 73,17 Proz. 
E73 02B,r07 H. 7,32 Proz. 


Auch von diesem Produkte wurde die für das Eugenol charakteri- 
stische Benzoylverbindung dargestellt und analysiert. 
0,2202 g Substanz gaben 0,6123 CO2 und 0,01190 H2O. 


Gefunden: . Berechnet für C17H1603: 
C. 75,83 Proz. C. 76,12 Proz. 
IE, 25,97 Proz: H. 5,97 Proz. 


Der Schmelzpunkt der Verbindung lag ebenfalls zwischen 69 
und 709% Somit war auch hier das Vorhandensein des eigentlichen 
Eugenols erwiesen. 

Schliefslich wurden noch die zwischen 250 und 254° siedenden 
Anteile des fraglichen Öls zur Prüfung auf Methyleugenol nach den 
Angaben von Petersen, wie bei Zimmtblätteröl angegeben wurde, der 
Oxydation mittelst Kaliumpermanganat unterworfen. Nachdem eine 
Entfärbung der Flüssigkeit nicht mehr eintrat, wurde filtriert und 


J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 247 


der Braunsteinniederschlag mit Wasser ausgekocht. Die vereinigten 
Filtrate wurden dann auf dem Dampfbade auf ein kleines Volumen 
eingedampft, filtriert und mit verdünnnter Salzsäure angesäuert. Auch 
hier trat Kohlensäureentwicklung auf. Gleichzeitig aber schied sich 
ein weilser Niederschlag aus. Die Flüssigkeit wurde dann mit Äther 
ausgeschüttelt, in welchem sich der Niederschlag leicht auflöste. 
Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels hinterblieben rosettenartige, 
weilse Krystalle. Ein Versuch, dieselben aus verdünntera Alkohol 
umzukrystallisieren, ergab ein schlechtes Resultat. Es wurde daher 
zur Trockne eingedampft und der Rückstand öfter mit Wasser aus- 
gekocht. Beim Verdunsten der wässrigen Lösung schieden sich 
schön weilse Krystalle aus. Diese wurden zwischen Fliefspapier 
getrocknet und dann zwischen zwei Uhrgläsern sublimiert. Es sub- 
limierten hierbei schöne, weilse, glänzende Blättchen, deren Schmelz- 
punkt scharf bei 120° lag. Mit Eisenchlorid gab die Lösung der 
Säure einen braunroten, voluminösen Niederschlag. Die bei der 
Oxydation entstandene Säure war also Benzoesäure. Wäre Methyl- 
eugenol vorhanden gewesen, so hätte als Oxydationsprodukt sich 
Veratrumsäure, deren Schmelzpunkt bei 179,50 liegt, bilden 
müssen. 

Eine Analyse der bei 250—254 0 siedenden Anteile führte zu 
folgenden Werten: 

I. 0,1054 g Substanz gaben 0.2822 CO2 und 0,0722 H2O. 
II. 0,1025 g Substanz gaben 0,2755 CO2 und 0,0708 H2O. 


Gefunden: Berechnet für 

15 DE cr» H1202 
©. 73,02 Proz. 73,30 Proz. E. 73,7 Proz. 
ER Z26lBroz. 1,67 Proz. Hr 324Broz. 


Eine kleine Probe, in Alkohol gelöst und mit Eisenchlorid ver- 
setzt, gab eine mehr ins Grünliche spielende Farbe, während auf 
Ammoniakzusatz auch hier bald der Übergang in ein Schmutzigrot 
stattfand. Aus der bei der Oxydation gebildeten Benzoesäure liels 
sich leider kein weiterer Schlufs auf das Ausgangsmaterial ziehen. 
Dem hohen Siedepunkt nach zu urteilen, dürfte die Anwesenheit von 
Isoeugenol nicht ausgeschlossen sein. 


Zusammenstellung der Resultate. 


Die Resultate vorliegender Arbeit mögen in Folgendem kurz 
zusammengefalst werden: 


248 J. Weber, Über d. äther. Öl d. Blätter v. Cinnam. ceyl. 


Die Angaben von Stenhouse und Schaer über das Zimmtblätteröl 
wurden fast vollständig. bestätigt gefunden. 

Das Zimmtblätteröl enthält somit als Hauptbestandteil Eugenol, 
ferner in geringer Menge ein Terpen und einen aldehydartigen Körper, 
welcher als Zimmtaldehyd charakterisiert werden konnte. Pinen und 
Cineol scheinen in dem Zimmtblätteröl nicht vorhanden zu sein. 

Ob aulser dem Eugenol noch eine mit demselben isomere Verbindung 
oder ein Äther desselben im Zimmtblätteröl vorhanden ist, konnte 
nicht mit Bestimmtheit erwiesen werden. Die von Stenhouse aufge- 
fundene Benzoesäure konnte, wie von Schaer, auch von mir nicht nach- 
gewiesen werden. 

Das ursprünglich als Zimmtwurzelöl bezeichnete Handelsprodukt 
enthält ebenso wie das ätherische Öl der Zimmtblätter als Haupt- 
bestandteil Eugenol, aufserdem Safrol, sowie Benzaldehyd in geringer 
Menge. Im Vergleich zum Zimmtblätteröl enthält es eine bedeutend 
gröfsere Menge von Terpenen. 

Sollte sich das als Handelsprodukt bezogene Zimmtöl wirklich 
als Zimmtwurzelöl herausstellen, so würden in der Zimmtpflanzs in 
drei verschiedenen Organen, der Rinde, den Blättern und der Wurzel 
drei wesentlich von einander verschiedene ätherische Öle ent- 
halten sein. 

Ist dagegen das fragliche Zimmtöl, in Übereinstimmung mit den 
neuesten Veröffentlichungen der Firma Schimmel & Co., eben- 
falls als Zimmtblätteröl anzusehen, so mufs es befremden, dals das- 
selbe Benzaldehyd in geringer Menge enthält, während in dem 
notorisch echten Zimmtblätteröle dieser Aldehyd nicht nachweisbar 
war, wohl aber Zimmtaldehyd. Die Gegenwart grölserer Terpen- 
mengen, sowie des Satrols könnten eventuell auf eine am Produktions- 
orte ausgeführte Verfälschung mit Sassafrasöl oder einem ähnlichen 
ätherischen Öle zurückgeftihrt werden. 


Marburg, im Oktober 1891. 


>? 


a 


F. A. Flückiger, Asche der Kamala. 249 


Asche der Kamala. 
Nachträgliche Bemerkung von F. A. Flückiger. 
(Eingegangen den 4. April 1892.) 

Seit meiner Mitteilung über Kamala im Archiv der Pharmacie, 
Bd. 230 (1892), S. 3 bin ich in den Bezitz einer Probe der gleichen 
Droge gekommen, welche in einem der südlichsten Standorte des 
Mallotus philippinensis gesammelt worden ist, nämlich in Richmond 
River Distrikt, im Nordosten von New South Wales, unweit der 
Grenze von Queensland. Für die sütige Besorgung dieser Kamala 
Bissch Herrn 'J. H..Maiden, F.T.S., F.C.S., Curator of the 
Technological Museum in Sydney, verpflichtet. 

Die Verpackung hatte auf der weiten Reise gelitten, so dals 
ohne Zweifel ein Teil der Kamala aus der Schachtel herausgefallen 
sein musste. Offenbar hatte auf die Sammlung der Früchte nicht 
die gleiche Sorgfalt verwendet werden können, wie bei der in dem 
genannten Aufsatze beschriebenen Probe aus Java; Stiele und Blätter 
waren in einiger Menge mitgekommen und die Kapseln überreif, 
daher weniger dicht mit Drüsen besetzt. Diese waren bei weitem 
nicht so lebhaft rot wie die oben erwähnte Sendung aus Buitenzorg. 
Unter diesen Umständen durfte ich mich nicht wundern, nur 9,3 Proz. 
absieben zu können, eine Ausbeute, welche sicherlich nicht den eigent- 
lichen Verhältnissen entspricht. 

Die ziemlich matte Farbe dieser australischen Kamala liefs dem 
Verdachte Raum, dafs sie mit Erde verunreinigt sein möchte. 2,178 g 
der lufttrockenen Droge gaben aber doch nicht mehr als 0,037 g, 
also 3,35 Proz. Asche. Einer zweiten Schachtel der gleichen Her- 
kunft entnommene 1,030 & Kamala lieferten 0,031 g— 3,01 Proz. Asche. 

Die Bürgschatt für vollkommene Reinheit der Droge war, wie 
man sieht, in diesem Falle nicht so ganz zweifellos, wie in dem 
frühern und doch blieb der Betrag der Asche immer noch in hin- 
reichender Nähe der von mir behaupteten Grenze von 3 Prozent. 

Ich habe nun in dieser Hinsicht Kamala aus den Nordwest- 
Provinzen Indiens, aus Zentral-Indien, aus Java und aus New South 
Wales vorgeführt und darf wohl den Schlufs ziehen, dals auch nicht 
etwa klimatische Verhältnisse den Gehalt an unverbrennlichen Stoffen 
zu beeinflussen vermögen. 

Die oben angeführten Gewichtsbestimmungen verdanke ich Herrn 
J. E. Gerock, Assistenten des Pharmaceutischen Instituts. 


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H. Kiliani, Digitalin verum. 


Digitalin verum. 
Von H. Kiliani. 


(Eingegangen den 4. April 1892.) 


Das Bestreben, die pharmakologisch wichtigen Bestandteile der 
Digitalis purpurea in chemisch reinem und wenn möglich in 
krystallisiertem Zustande darzustellen, hat schon eine sehr grofse 
Anzahl von Untersuchungen veranlalst, ohne dafs jedoch bisher 
irgend eine derselben von dauerndem praktischem Erfolge begleitet 
gewesen wäre. Nativelle!) glaubte zwar jenes Ziel erreicht zu 
haben und ein nach seinen Angaben hergestelltes Präparat wurde 
einige Zeit hindurch, namentlich in Frankreich, benutzt, schliefslich 
aber doch wieder verlassen, da es eine zu ungleichmälsige oder 
sogar direkt schädliche Wirkung zeigte: Das „digıtaline crystallisee“ 
Nativelle’'s war eben ein Gemenge wie alle inzwischen unter 
gleichem oder ähnlichem Namen in den Handel gebrachten Substanzen. 
Diese Erkenntnis verdanken wir vorwiegend Schmiedeberg's ver- 
dienstvoller Arbeit?), deren Hauptresultate die folgenden waren: 

Die Blätter und die Samen der Digrtalis purpurea enthalten in 
besonders reichlicher Menge ein unwirksames, saponinähnliches 
Glycosid, das Digitonin, aufserdem aber drei verschiedene Sub- 
stanzen, welchen die charakteristische Herzwirkung zukommt: das 
krystallisierte Digitoxin und die beiden amorphen Glycoside Digi- 
talin und Digitalein. Von diesen erscheint das Digitoxin zur 
therapeutischen Verwendung nicht geeignet, weil seine völlige Un- 
löslichkeit in Wasser grofse Unregelmäfsigkeiten in den Resorptions- 
verhältnissen befürchten läfst, namentlich aber. weil es nach den 
Versuchen von Koppe?) höchst unangenehme und sogar bedenkliche 
Nebenwirkungen verursacht. Das Digitalin und das Digitalein 
würden sich dagegen gut zur praktischen Verwendung eignen, wenn 
es gelänge, die Schwierigkeiten der Reindarstellung zu überwinden. 

Auf Veranlassung der Firma C©. F. Boehringer u. Soehne in 
Waldhof, welche zugleich das erforderliche Material zur Verfügung 
stellte, begann ich vor mehreren Jahren eine erneute Untersuchung 
der Digitalisstoffe. Über die Ergebnisse derselben habe ich zum 


1) Journ. de pharmac. IV. 9. 255. — 16. 430. — 20. 81. 
2) Arch. f. exper. Pathol. 3. 16. 


3) Arch. exper. Pathol. 3. 274 


Be, en . 


"u 


H. Kiliani. Digitalin verum. 2: 


or 
m 


Teil schon an anderer Stelle berichtet): Das Digitonin wurde in 
krystallisierter Form gewonnen, seine Zusammensetzung ermittelt, 
seine Spaltungsprodukte untersucht und ferner der Nachweis ge- 
liefert, dafs das zur Zeit noch im Handel vorkommende „Digitalinum 
erystallisatum“ nichts Anderes ist als nahezu reines Digitonin, d. h. 
ein als Arzneimittel für Herzleiden völlig wertloses, in anderer Be- 
ziehung aber direkt schädliches Präparat, wie am Schlusse dieser 
Abhandlung gezeigt werden soll. 


Wenn ich nun heute mitteilen kann, dafs jetzt auch die Lösung 
der Hauptaufgabe, nämlich die Auffindung einer praktisch brauch- 
baren Methode zur Reindarstellung des wirksamen Digitalins, ge- 
lungen ist, so verdanke ich dieses günstige Resultat ganz wesentlich 
der freundlichen Mitwirkung des Herrn Prof. Dr. Boehm in Leipzig, 
welcher mich durch die pharmakologische Prüfung einer gröfseren 
Anzahl meiner Präparate auf die richtige Fährte brachte und dem 
ich auch an dieser Stelle hierfür meinen verbindlichsten Dank aus- 
spreche. 

Meine Versuche führten im Zusammenhalte mit den Beobach- 
tungen Boehm's zu folgenden Schlüssen: 

l. Aufser dem Digitonin und den wirksamen Substanzen finden 
sich in den bisherigen käuflichen Digitalinsorten, insbesondere in 
dem „Digitahnum pur. pulv.“ mindestens noch zwei, völlig amorphe 
Glycoside. 

2. Das Digitalen Schmiedeberg’s ist sicher ebenfalls ein 
Gemenge, dessen Wirkung auf die Herzthätigkeit vielleicht durch 
seinen Gehalt an einem besonderen, bis jetzt noch nicht rein zu er- 
haltenden Glycoside, vielleicht aber auch nur durch eine schwer ganz 
zu beseitigende Beimengung von Digitalin bedingt wird. 

3. Dagegen ist Schmiedeberg 's„Digitalin“* ein wahres chemi- 
sches Individuum, welches in ausgesprochenem Mafse die charakte- 
ristische Herzwirkung besitzt. 

Dieses Digitalin wird jetzt nach meinen Angaben von 
Boehringer im Waldhof fabrikmälsig hergestellt und unter der 
Bezeichnung „Digitalin verum“ als Arzneimittel eingeführt. 
Dasselbe kann leider auf keinerlei Weise in wirklich krystallisierte 
Form gebracht werden; umsomehr erscheint es geboten, seine Eigen- 


1) Ber. d. deutsch. chem. Ges. XXIII. 1555. — XXIV. 339 u. 3951. 


[89) 


52 H. Kiliani, Digitalin verum. 


schaften möglichst genau zu präzisieren und stichhaltige Beweise 
für die Eimheitlichkeit des Materials beizubringen, was in den 
folgenden Zeilen geschehen soll. 

Das Digitalin verum bildet ein amorphes weilses Pulver 
welches in Wasser aufquillt, sich bei gewöhnlicher Temperatur in 
ca. 1000 T. Wasser und in ca. 100 T. 50prozentigen Alkohols löst. 
Die wässrigen Lösungen schäumen beim Schütteln, sie sind aulser- 
ordentlich zur Schimmelbildung geneigt. Heilser SO—90 prozentiger, 
sowie absoluter Alkohol nehmen reichliche Mengen der Substanz auf 
und bei der Abkühlung erstarren diese Lösungen, falls man das 
Minimum von Lösungsmittel genommen hat, zu einem dicken Brei 
der schon von Schmiedeberg beobachteten Körner, so zwar, dafs 
dem unbewaffneten Auge eine Krystallisation vorzuliegen scheint, 
während ein Blick ins Mikroskop sofort lehrt, dafs die Masse aus 
zwar sehr gleichmälsig geformten, aber doch völlig strukturlosen 
Körnern besteht. 

Die Gleichmälsigkeit dieser Abscheidungsform ist aber einerseits 
eine ganz charakteristische Eigenschaft der Substanz, andererseits 
ein vortreffliches Kriterium für deren Reinheit: Sobald nämlich dem 
Digitalin nur wenige Prozente der amorphen Nebenglycoside bei- 
gemengt sind, gelingt es überhaupt nicht, die obige Erscheinung 
hervorzurufen; enthält es aber noch etwas Digitonin und nimmt 
man zu dem Versuche 85prozentigen Alkohol, so wird man nach 
dem Erkalten zwischen den erwähnten Körnern vereinzelte Krystall- 
nadeln von Digitonin beobachten. 

Noch schärfer lassen sich solche Verunreinigungen des Digitalins 
durch folgende Proben erkennen: 

1. Einige Körnchen des Digitalins mit ca. 2 cem Kalilauge 
(1: 10) übergossen, müssen mindestens 1 Minute lang weils bleiben; 
die Gegenwart minimaler Mengen der amorphen Nebenglycoside 
verrät sich durch das sofortige Auftreten einer intensiven Gelb- 
färbung. 

2) Rührt man Digitalin verum mit Wasser zu einem dünnen 
Brei an, setzt unter Umschütteln auf je 100 T. des verwendeten 
Wassers 22 T. Amylalkohol hinzu und läfst im verschlossenen Kölb- 
chen stehen, so bilden sich innerhalb 24 Stunden deutliche Krystall- 
wärzchen, falls Digitonin auch nur in höchst geringer Quantität vor- 
handen ist. 


H. Kiliani, Digitalin verum. 253 


In Chloroform und in Äther ist Diertalin verum nahezu 
unlöslich; versetzt man die mälsig verdünnte, absolut alkoholische 
Lösung nach und nach mit kleinen Mengen von Äther, so wird die 
Lösung plötzlich trüb und innerhalb kurzer Zeit bildet sich dann 
eine reichliche Abscheidung der Digitalinkörner. Gielst man die 
Lösung ab und fügt weiter Äther hinzu, so erreicht man bald 
einen zweiten Sättigungspunkt und damit eine der ersten ganz gleich- 
artige Fällung, ebenso eine dritte u. s. f£ — abermals ein Beweis 
für die Einheitlichkeit der Substanz. 

Der Geschmack des reinen Digitalins ist im Gegensatze zu den 
Angaben früherer Autoren nur schwach bitter; der von diesen her- 
vorgehobene intensiv bittere und höchst unangenehme Geschmack 
ist eine Eigentümlichkeit der amorphen Nebenglycoside. 

In konz. Salzsäure löst sich Digitalin verum mit goldgelber 
Farbe, ebenso in reiner konz. Schwefelsäure, nur geht die Färbung 
in letzterem Falle sehr rasch in blutrot über. Fügt man zu der 
noch gelben schwefelsauren Lösung einen Tropfen Salpetersäure, Eisen- 
chlorid oder Bromwasser, so entsteht ein prachtvolles, aber sehr ver- 
gängliches Blaurot, wie es die Digitalisblüte zeigt. Viel sicherer 
und weit dauerhafter (auf 1—2 Stunden) erhält man aber diese 
Reaktion, wenn man recht wenig Digitalin direkt in englischer 
Schwefelsäure ohne weiteren Zusatz löst: Wahrschemlich ist die 
geringe Menge von Salpetersäure, welche jene Säure regelmälsig 
enthält, gerade hinreichend, um die Erscheinung hervorzurufen, aber 
nicht genügend, um nachher weitergehende Veränderungen zu veran- 
lassen, wie dies beim absichtlichen Zusatze eines Oxydationsmittels 
der Fall zu sein scheint, wo schon ein Tropfen verdünnter Salpeter- 
säure oder Bromwasser dem vorhandenen Digitalin gegenüber einen 
grolsen Überschufs bedeutet. 

Digitalin verum bleibt bis ca. 200° weils, bei 210° beginnt es zu 
sintern und schmilzt dann gegen 217° unter starker Gelbfärbung. 

Die Analyse ergab mir dieselben Resultate, die Schmiedeberg 
erhalten hatte. 

0,1638 g bei 1000 getrocknetes Digitalin lieferten 0,3602 g CO? und 
0,119 H2O. 

Berechnet für (C,H, 0s)x: Gefunden: 

Kiliani Schmiedeberg 
C 60,0 59,97 59,95 
H 8,0 8,07 8,05 


[80] 
or 
„> 


H. Kiliani, Digitalin verum. 


Diese Übereinstimmung der Analysenergebnisse darf wohl als 
weiterer gewichtiger Beweis dafür geltend gemacht werden, dafs 
Schmiedeberg’s Digitalin als chemisches Individuum betrachtet 
werden muls. 

Die beste Stütze findet aber diese Auffassung in dem Ver- 
halten des reinen Digitalins zu verdünnter Salz- 
säure: Dasselbe wird nämlich unter den gleich anzugebenden 
Bedingungen sehr glatt gespalten n Digitaligenin, Trauben- 
zucker und Digitalose, von welchen Produkten das zuerst 
genannte sich direkt im hübschen Krystallen ausscheidet, wenn man 
reines Digitalin benützt, wogegen es entweder gar nicht oder nur 
auf grolsem Umwege zur Krystallisation gebracht werden kann, wenn 
ein durch Nebenglycoside verunreinigtesMaterial zur Anwendung kommt. 

Die Spaltung des Digitalins hat schon Schmiedeberg versucht; 
er erhitzte mit wässriger Salzsäure und bekam neben einer Glycose 
eine unlösliche harzartige Substanz (Digitaliresin), welche er durch 
konzentrierte Säure abermals in Zucker und ein zweites Harz zer- 
legen konnte. 

Bei Wiederholung dieser Versuche gewinnt man sofort die Über- 
zeugung, dals jenes Digitaliresin unmöglich ein einheitlicher Körper 
sein kann, denn dasselbe scheidet sich fast momentan nach Beginn 
der Erhitzung ab und reifst dabei, wie der blofse Augenschein lehrt, 
unveränderte Digitalinkörner mit nieder. Erhitzt man aber weiter, 
um diese zu zersetzen, so bewirkt die Säure auf der Oberfläche des 
Harzkuchens schon die zweite Spaltung; im Innern dagegen, wo die 
Säure nicht eindringen kann, verbleiben unverändertes Digitalin und 
Digitaliresin.. Es mufs also behufs Durchführung einer glatten Spal- 
tung dafür gesorgt werden, dals während des Erhitzens mit der 
Säure überhaupt nichts ausfällt, und das gelingt sehr leicht in fol- 
gender Weise: 

Man übergiefst 1 T. Digitalin mit 8 T. 50prozentigen Alkohols, 
giebt 2 T. conc. Salzsäure (1,19) hinzu, schüttelt um und erhitzt 
1/, Stunde am KRückflufskühler im kochenden Wasserbade. Die 
Flüssigkeit wird zunächst klar und färbt sich dann rasch dunkel, 
scheidet aber während des Erhitzens nur Spuren von harziger Sub- 
stanz ab. Dagegen bildet sich beim Erkalten (aufserhalb des Wasser- 
bades), namentlich beim Reiben der Wände oder noch rascher nach 
Einwurf eines fertigen Krystalles eine reichliche Krystallisation von 


H. Kiliani, Digitalin verum. 255 


glänzenden, zu Warzen vereinigten Nadeln (Digitaligenin), welche 
nach dem Absaugen, Waschen mit 50prozentigem Alkohol und Trocken- 
pressen regelmälsig 30 Prozent vom Gewicht des verwendeten Digi- 
talins ausmachen. Versetzt man das Filtrat mit dem gleichen Volumen 
Wasser, schüttelt mehrmals mit Äther und hierauf diesen zur Ent- 
fernung der aufgenommenen Salzsäure mit stark verdünnter Soda- 
lösung, so gewinnt man nach dem Abdestillieren des Äthers eine 
zweite Krystallisation desselben Körpers. Durch wiederholtes Um- 
krystallisieren aus möglichst wenig heifsem 93prozentigem Alkohol 
(zum Schlusse unter Anwendung von Tierkohle) wird er in hübschen 
weilsen Nadeln gewonnen. 

Das so dargestellte Digitaligenin ist unlöslich in Wasser, 
schwer löslich in alkoholfreiem Äther, leicht löslich in Alkohol, 
namentlich beim Erwärmen. Englische und reine Schwefelsäure 
lösen es unter den gleichen Farbenreactionen wie sie beim Digitalin 
beschrieben wurden. Die reinen trockenen Krystalle werden beim 
Reiben sehr stark elektrisch, sie schmelzen bei 210— 212°, 


0,1106 g bei 1000 getrocknete Substanz gab 0,3182 g CO? 
und 0,0891 g H2O. 


Berechnet für C,g Has O3: Gefunden: 
C 78,04 78,46 
H 8,94 8,95 


Selbstverständlich liefsen sich aus den gefundenen Prozentzahlen 
auch noch andere Formeln mit höherem bezw. niedrigerem Molekular- 
gewicht berechnen; die Zusammensetzung verschiedener Derivate, 
welche ich schon dargestellt habe, macht es jedoch sehr wahrschein- 
lich, dafs die oben angeführte Formel die richtige sein dürfte. 

Das Digitaligenin, in Substanz appliziert. verursacht nach gütiger 
Mitteilung des Herrn Professor Boehm beim Frosche keinerlei 
Wirkung. 

Behufs Charakterisierung der übrigen Spaltungsprodukte wurde 
die mit Äther erschöpfte wässrige Lösung noch einmal mit Chloro- 
form geschüttelt, um eine geringe Menge harziger Substanz zu ent- 
fernen, dann erwärmt, um Chloroform und Äther zu verjagen, und 
nach dem Erkalten durch Behandlung mit Silberoxyd von Salzsäure 
befreit. Schliefslich verdampfte ich zum Sirup und liefs diesen teils 
direkt, teils nach Zugabe passender Lösungsmittel unter verschiedenen 
Bedingungen monatelang stehen, ohne bisher auch nur die geringste 
Andeutung von Krystallisation erzielen zu können, was mit Rücksicht 


256 H. Kiliani, Digitalin verum. 


auf die nachfolgenden Ergebnisse der weiteren Untersuchung in hohem 
Grade auffallend erscheint. 

Zunächst wurde dann versucht, durch Darstellung eines Osazons 
Aufschlufs über die Natur des fraglichen Zuckers zu erhalten. Ich 
gewann ohne Schwierigkeit ein sehr gut krystallisierendes, scheinbar 
einheitliches Osazon vom Schmelzpunkte 206°; allein die Analysen 
von Präparaten verschiedener Darstellung harmonierten untereinander 
ziemlich schlecht und wollten namentlich aut keines der schon be- 
kannten Glieder dieser Körperklasse passen. Es war demnach das 
Vorhandensein eines Zuckergemenges zu vermuten und zu dessen 
Erforschung leistete die Oxydationsmethode mittels Brom vortreffliche 
Dienste, indem von der einen der beiden entstehenden Säuren das 
Lacton, von der anderen aber das Baryumsalz gut krystallisiert. 

Die mit 2 T. Brom versetzte Auflösung von 1 T. des dicken 
Ziackersirups in 5 T. Wasser absorbierte bei fleilsigem Umschütteln 
das flüssige Halogen ziemlich rasch. Nach dem Verjagen des 
noch gelösten Broms und Entfernung der Bromwasserstoffsäure 
mittels Silberoxyd wurde zum dünnen Sirup verdampft. In 
diesem bildete sich über Nacht eine starke Krystallisation (A), 
welche auf dem Saugtrichter durch Waschen mit wenigen Tropfen 
Wasser nahezu rein weils erhalten werden konnte. Die Mutter- 
lauge wurde verdünnt und mit kohlensaurem Baryum gekocht, 
das Filtrat vorsichtig mit Alkohol gesättigt und im verschlossenen 
Kolben unter öfterem Reiben der Wände stehen gelassen. Innerhalb 
einiger Tage schieden sich hübsche Wärzchen (B) in ziemlicher 
Menge aus; sie wurden durch Absaugen, Nachwaschen mit 50proz. 
Alkohol und Pressen von der Mutterlauge befreit. Entfernt man aus 
letzterer durch Schwefelsäure das Baryum und bringt die Säurelösung 
wieder. zur Sirupkonsistenz, so kann man hierdurch eine zweite 
Krystallisation des Körpers A erzielen und das Filtrat hiervon lietert 
nach abermaliger Überführung in das Baryumsalz bei gleicher Be- 
handlung wie oben, nochmals eine mit B identische Krystallkruste. 
Auf diesem, zwar etwas umständlichen, aber sehr sicheren Wege 
gelingt es ohne Schwierigkeit, die beiden durch die Einwirkung des 
Broms erzeugten Säuren von einander zu trennen. 

Beim Umkrystallisieren der Substanz A aus Wasser erhält man 
prachtvolle, farblose Säulen, welche in Wasser und Alkohol leicht, in 
Äther schwer löslich sind, neutral reagieren und das Lacton einer 


H. Kiliani, -Digitalin verum. 257 


bisher unbekannten Säure, der Digitalonsäure, vorstellen. Das luft- 
trockene Lacton verliert in Vakuum über Schwefelsäure kein Wasser; 
es beginnt etwas über 1300 zu sintern und schmilzt bei 138—139°. 
0,206 g vakuumtrockene Substanz lieferten 0,3607 g CO? 
und 0,1307 g H2O. 


Berechnet für C, H;s O;: Gefunden: 
C 47,13 41,16 
H 6,82 7,05 


Durch Erhitzen des Lactons mit Kali- oder Natron-Lauge erhält 
man die nicht oder jedenfalls nur sehr schwer krystallisierbaren 
Alkalisalze der Säure, deren mäfsig verdünnte wässrige Lösung auf 
Zusatz von Silbernitrat innerhalb kurzer Zeit eine reichliche Krystalli- 
sation (mikroskopische Nadeln) von digitalonsaurem Silber ergiebt. 
Das Salz ist mit möglichst wenig Wasser auszuwaschen. 

0,1818 g des vakuumtrockenen Salzes gaben beim Glühen 
0,0646 g Silber.t) 
Berechnet für C, H,; 0, Ag: Gefunden: 
Ag 35,82 35,53 

Demnach mülste bei der Spaltung des Dieitalins ein Zucker 
C,.H,,0;,, die Digitalose?), entstehen, welcher nach seinem Ver- 
halten zu Brom ein Aldehydradikal enthält und durch seine Zu- 
sammensetzung der Rhamnose nahe steht, aus letzterem Grunde aber 
auch ein grofses Krystallisationsvermögen besitzen sollte; spätere 
Versuche müssen also noch aufklären, welches die Ursache der oben 
mitgeteilten gegenteiligen Beobachtung ist. 

Auch das aus den Mutterlaugen des Digitalonsäurelactons ge- 
wonnene Baryumsalz (B) war durch Umkrystallisieren leicht zu 
reinigen; es bildete dann scharf abgegrenzte, rautenförmige, vielfach 
über einander gelagerte Blättchen von dem Aussehen und der Zu- 
sammensetzung des gluconsauren Baryums. 

0,12 & lufttrockenes Salz verloren imVakuum ziemlich rasch 0,0098 8 
oder 8,17 Proz. H,0?) und gaben beim Glühen 0,0399 & BaCO;. 


t) Im Anfange der Zersetzung sublimieren prächtige lange Nadeln 
einer organischen Verbindung. 

2) Der Name „Digitalose“ wurde schon einmal von Homolle 
und Quevenne (Memoires sur la digitaline) gebraucht, aber nicht für 
ein chemisches Individuum, sondern für ein Gemenge von Glycosiden 
und deren Zersetzungsprodukten. 

3) Da dieser Wasserverlust nicht ganz der berechneten Menge 
(9,29 Proz) entspricht, wurde zum Vergleiche gewöhnliches glucon- 
saures Baryum ganz ebenso im Vakuum getrocknet und dabei eine 
Gewichtsabnahme von 8,07 Proz., also ubereinstimmung mit obigem 
Resultate beobachtet. — Herzfeld (Lieb. Ann. 220. 335) erhielt gleiche 
Werte für den Wassergehalt beim Erhitzen des Salzes auf 1150, giebt 
aber irrtümlicher Weise als berechnete Zahl 8,13 Proz. an. 


Arch. d. Pharm, XXX,Bde., 4. Heft. 17 


258 H. Kiliani, Digitalin verum. 


Berechnet für (C,H,,0,)»Ba + 3H30: Gefunden: 
Ba 23,97 23,12 

Der Rest des Baryumsalzes wurde in das Kalksalz verwandelt, 
welches sich inbezug auf die Form seiner Abscheidung sowie betreffs 
seiner Löslichkeitsverhältnisse ganz verhielt wie das betr. Salz der 
gewöhnlichen Gluconsäure. 

0,2532 g schwetelsäure trockenes Salz lieferten 0,0326 g CaO. 

Berechnet für (C,H, 0,),0a: Gefunden: 
Ca 9,25 9,19 

Die nach E. Fischer’s Vorschrift!) aus dem Kalksalze bereitete 
Lösung des Gluconsäurelactons zeigte dieentsprechende Rechtsdrehung; 
demnach liegt d-Gluconsäure vor, und hieraus mu[s man schliefsen, 
dafs aus dem Digitalin auch Traubenzucker abgespalten wurde. 

Machen wir nun die, wie früher gesagt, wahrscheinlich richtige 
Annahme, dafs dem Digitaligenin die Formel C,3H5»0; zukommt, so 
erhalten wir folgende Gleichung: 

C16H2202 + 0gH1506 + 07H110; — H,O = 09H 012 

und damit eine Formel für das Digitalin, welche sich von 
C;,H4s 012 = 6C,H;,0, d. h. von der durch die Elementaranalyse 
geforderten Zusammensetzung des Glycosides nur durch den Minder- 
gehalt von CH, unterscheidet; ob dieselbe wirklich der richtige 
Ausdruck für das Molekulargewicht der Substanz ist, dies müssen 
natürlich erst andere Versuche zeigen, welche von mir im weitesten 
Umfange in Angriff genommen sind. 

Aus den im Vorstehenden mitgeteilten Thatsachen dürfte zur 
Genüge hervorgehen, dafs man das Digıtalın verum trotz des 
Mangels der Krystallisationsfähigkeit als chemisches Individuum auf- 
zufassen hat. Daraus folgt aber ohne weiteres, dafs seine Wirkung 
auf den Organismus eine konstante sein muls im Gegensatze zu den 
bisherigen käuflichen Digitalinsorten, welche nur Gemenge wirksamer 
und unwirksamer Substanzen in wechselnden Mischungsverhältnissen 
darstellten, so dafs eine sichere Dosierung ganz unmöglich war. 

Bei der pharmakologischen Prüfung von Digıtalin verum 
machte Herr Prof. Boehm folgende Beobachtungen: 

„Das Digıtalin verum bewirkt bei Fröschen zu 0,5 mg 
nach 15--30 Minuten systolischen Herzstillstand.. Eine Zu- 
nahme des Herzpulsvolumens konnte auch bei sehr sorgfältiger 


1) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. XXIII. 2615. 


H. Kiliani, Digitalin verum. 259 


Dosierung mit Hilfe des Williams-Dreser'schen Apparates bis 
jetzt nicht nachgewiesen werden. 

Bei Hunden wird durch intravenöse Injektion von 2 mg 
der Blutdruck gesteigert und die Pulsfreqguenz unter Ver- 
grölserung des Pulsvolumens verlangsamt. Steigerung der 
Dosis auf 4 mg verursachte Arhythmie und nach kurzer Zeit 
plötzlichen Herzstillstand. 

Der gleiche Effekt wurde bei der Katze schon durch 1 
resp. 2 mg erzielt. 

Kaninchen erwiesen sich als viel resistenter. Subkutane 
Injektionen von 5—8 mg blieben ohne jegliche Wirkung. Bei 
intravenöser Injektion wurden durch Dosen bis zu Smg Blut- 
druck und Pulsfrequenz nicht merklich beeinflufst. Allmälige 
Steigerung der Dosis bis auf 15 mg verursachte auch bei 
Kaninchen nach einiger Zeit plötzlichen Herzstillstand.“ 

Die ersten Versuche über die Wirkung des neuen Arzneimittels 
auf den Menschen machte Herr Dr. Mottes, praktischer Arzt in 
München. Derselbe wird über seine Erfahrungen an anderer Stelle 
berichten. Hier sei nur erwähnt, dafs er die besten Resultate bei 
2—3stündigen Gaben von 1, mg erzielte, ohne dafs dabei un- 
angenehme oder bedenkliche Erscheinungen auftraten.t) 

Die Benutzung des reinen Digitalins im der ärztlichen Praxis 
erscheint aber nicht blos mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer 
sicheren Dosierung geboten. Bekanntlich wurde bisher nach längeren 
Digitaliskuren häufig eine schädliche (sog. kumulative) Wirkung 
beobachtet, die sich besonders in einer Benachteiligung des Magens 
äufserte. Diese Nebenreaktion ist nun höchst wahrscheinlich nicht 
dem Digitalin, sondern denjenigen Substanzen zuzuschreiben, welche 
ınit jenem durch die bis jetzt als Digitalispräparate verwendeten 
Gemenge in den Organismus gebracht wurden. 

Für die Richtigkeit dieser Annahme sprechen wenigstens die 
Resultate, welche Herr Prof. Boehm bei der Untersuchung des 
Digitonins in der angedeuteten Richtung erhielt. Dasselbe ist (ab- 
gesehen von Digitoxin) leider der einzige natürliche Begleiter des 

1) Auch im Münchner Krankenhause ergaben sich nach neuer 
Jings eingetroffener gütiger Mitteilung des Herrn Geheimrat von 
Ziemf[sen bei der Prüfung der Substanz sebr gute Resultate. 


Über diese Versuche, welche noch fortgesetzt werden, ist ebenfalls 
eine besondere Veröffentlichung in Aussicht gestellt. 


fie 


260 H. Kiliani, Digitalin verum. 


Digitalins, welcher zur Zeit absolut rein dargestellt werden kann, 
zugleich aber auch derjenige, welcher in gröfster Menge vorkommt. 
Ich verdanke Herrn Prof. Boehm folgende Mitteilung hierüber: 

„Das Digitonin besitzt eine sehr energische lokal- 
entzündungserregende Wirkung. 

Bei einem Hunde innerlich gegeben, bewirken Dosen von 
0,1—1,0 & stets nach kurzer Zeit Erbrechen, wodurch natürlich 
eine weitere Wirkung des Stoffes auf Magen und Darm ver- 
eitelt,wird. Dosen unter 0,1 g haben wir dem Hunde 10 Tage 
lang täglich hintereinander gegeben, ohne dafs sein Befinden 
dadurch gestört worden wäre. Als wir nun das in Wasser 
und etwas Gummischleim fein suspendierte Digitonin dem 
Tiere unter die Haut spritzten, frals es zwei Tage nicht, war 
sehr mürrisch und duldete nicht die geringste Berührung der 
Injektionsstellen. Nach drei Tagen waren wir überrascht zu 
konstatieren, dafs an beiden Injektionsstellen Thaler grofse 
Hautstücke wie mit dem Messer herausgeschnitten bis auf die 
Rückenmuskeln hinein fehlten — es hatten sich nach Ab- 
stolsung der Haut in ihrer ganzen Dicke Geschwüre gebildet, 
die rasch heilten. 

Auch bei Fröschen bewirkt Digitonin überall starke lokale 
Entzündung, infolge dessen diese empfindlicheren Tiere rascher 
zu Grunde gehen. 

Einmal konnte ich bei einem Frosche auch schon eine 
exquisite Nervenwirkung - es trat heitiger Starrkrampf auf — 
konstatieren.“ !) 

Um nun zu sehen, ob das reine Digitalin in den zur thera- 
peutischen Wirkung erforderlichen Mengen lokal reizt oder nicht, 
stellte Herr Prof. Boehm einen Versuch mit demselben gesunden 
Hunde an, der auf Digitoninjektionen mit so starken Entzün- 
dungen reagiert hatte. Er schreibt in dieser Beziehung: 

„Das Tier erhielt 3 mg reines Digitalin mit Hilfe von 
wenigen Tropfen Spiritus in 1 ccm Wasser gelöst unter die 
Haut. Die Dosis war grofs genug, um eine starke allgemeine 


1) Diese Beobachtungen Boehm's rechtfertigen auf's neue den von 
mir anderwärts (Ber. 24. 3953,) geäulserten Wunsch, dafs die Bezeich- 
„Digitalinum cryst.“ welche noch jetzt in den Preislisten für ein fast 
nur aus Digitonin bestehendes Präparat gebraucht wird, nicht mehr 
benutzt werden möge. 


H. Kiliani, Digitalin verum. 261 


Wirkung hervorzurufen, die fast 24 Stunden andauerte, aber 
an der Injektionsstelle ist nicht die geringste Enzündung oder 
sonstige Veränderung wahrzunehmen gewesen. Man darf 
daraus den Schlufs ziehen, dafs Digitalin verum, in der zur 
Herbeiführung der allgemeinen Wirkung erforderlichen Dosis 
örtlich nicht entzündungserregend wird, und daher auch wohl 
beim Menschen Versuche mit subkutaner Injektion statt- 
haft sind. 

Ferner ist die Vermutung gerechtfertigt, dals die Neben- 
stoffe des Digitalins in den bisherigen Handelspräparaten 
sowie im Digitalispulver und im Infusum bei der sogenannten 
cumulativen Wirkung beteiligt sein dürften.“ 

Das Digitalin verum besitzt allerdings noch eine wesentliche 
Schattenseite, das ist der Mangel der Krystallisationsfähigkeit und ich 
war natürlich schon in sehr verschiedenartiger Weise bemüht, dem abzu- 
helfen. Als Haupthindernis erweist sich aber hierbei der Umstand, 
dals schon minimale chemische Veränderungen die Wirkungstähig- 
keit völlig aufheben. Erhitzt man z. B. das Digitalin nur wenige 
Minuten mit Essigsäureanhydrid, so bildet sich dabei ein hübsch 
krystallisierendes Produkt, dessen Analyse zu der Formel Czg Hy O1 
d. h. zu derjenigen eines Digitalinhydrids führte. Dasselbe ist aber 
nach Prof. Boehm ganz wirkungslos. Ich werde übrigens nach 
Kräften bestrebt sein, über die praktisch wie wissenschaftlich inte- 
ressanten Digitalisstoffe weitere Aufklärung zu erzielen. 

München im April 1892. 


Ueber die Darstellung von Digitogenin. 
Von H. Kiliani. 
(Eingegangen d. 4. April 1892) 

Die Zerlegung des Digitonins in Digitogenin, Dextrose und Galac- 
tose nach der früher beschriebenen Methode mittels wässriger 
Salzsäure!) verläuft zwar, wie ich erst kürzlich hervorhob,2) ver- 
hältnilsmälsig glatt. Sie besitzt aber den Nachteil, der besonders 
beim Arbeiten mit gröfseren Mengen sehr fühlbar wird, dafs sich 
das Digitogenin dabei amorph abscheidet, deshalb schwer auszu- 
waschen und zu trocknen ist, ehe man es durch Chloroform bezw. 


1) Ber. d. deutschen chem. Ges. XXIII. 1555. 
2) Ebenda XXIV. 3951. 


262 H. Kiliani, Über die Darstellung von Digitogenin. 


Alkohol in krystallisierte Form bringen kann. Aufserdem erscheint die 
Möglichkeitgegeben,dafs dem ausfallenden Digitogenin Anteile vonunzer- 
setztemDigitonin oder dessen erstem Spaltungsprodukte, dem Digitoresin, 
beigemengt bleiben, welche so der vollständigen Zersetzung entgehen, 
Die günstigen Resultate, welche mir laut der vorhergehenden 
Mitteilung die Spaltung des Digitalins in alkoholischer Lösung 
ergeben hatten, veranlafsten mich daher, die gleiche Methode auch 
beim Digitonin zu benützen. Der Erfolg war hier ebenfalls ein sehr 
guter; nur mulste zur Erzielung desselben stärkerer Alkohol und eine 
länger andauernde Erhitzung angewendet werden. Nach Versuchen des 
Herrn stud. Sanda verfährt man am besten in folgender Weise: 
Eine Mischung von 1 T. Digitonin (Ca, Hyg 014 + 5 H,O) mit 
S T. dreiundneunzigprozentigen Alkohols und 2 T. konzentrierter 
Salzsäure (1,19) wird 11/, Stunden in kochendem Wasserbade am 
Rückflufskühler erhitzt. Man läfst im Wasserbade langsam er- 
kalten, wobei sich nach und nach die ganze Flüssigkeit mit präch- 
tigen Warzen von Digitogenin erfüllt. Dieses wird abgesaugt, mit 
80 prozentigem Alkohol gewaschen und trocken geprelst; sein Gewicht 
beträgt 23—27 Proz. des Glycosids; es bedarf zur weiteren Ver- 
arbeitung (z. B. auf Digitogensäure) keinerlei Reinigung mehr. Das 
Filtrat von dieser ersten Krystallisation versetzt man mit Calcium- 
carbonat bis zum Authören des Autbrausens, destilliert den grölsten 
Teil des Alkohols ab, fügt zum Rückstande Wasser und schüttelt 
die Mischung mit Chloroform. Letzteres wird durch Natriumsulfat 
entwässert, abdestilliert und der dabei verbleibende Rückstand, 
welcher aus weniger reinem Digitogenin besteht, aus 93 prozentigem 
Alkohol umkrystallisirt. Man gewinnt so noch ca. 5 Proz. Digi- 
togenin, im Ganzen also ca. 30 Proz., während die Theorie 36,8 Proz. 
Ausbeute verlangt. Diese Differenz erklärt sich durch den Umstand, 
dafs die alkoholischen Mutterlaugen, welche man beim Umkrystalli- 
sieren des aus der Chloroformlösung gewonnenen rohen Digitogenins 
erhält, noch einen harzartigen Körper (Schmiedeberg’s Digitoresin) 
enthalten, welcher bei abermaliger Behandlung mit alkoholischer 
Salzsäure eine neue Quantität von Digitogenin liefert, also bei der 
ersten Erhitzung nicht völlig gespalten wurde. Von Interesse dürfte 
die Thatsache sein, dafs bei der erwähnten zweiten Spaltung vor- 
wiegend nur Galactose auftritt. Die Dextrose scheint also leichter 
und eben deshalb zuerst aus dem Digitonin abgetrennt zu werden, 


K. Wedemeyer, Über bleisaures Caleium ete. 263 


Mitteilung aus dem chemischen Laboratorium der 
Thierärztl. Hochschule zu Hannover. 


Ueber bleisaures Calcium und seine Verwendung 
zu Aschenanalysen. 


Von Konrad Wedemeyer. 
(Eingeg. 12. 4. 1892.) 

Nach G. Kafsnert) soll zur Darstellung des Calciumplumbats 
mittlere Rotglut, und zur Darstellung kleiner Mengen eine Tempe- 
ratur genügen, wie sie die Flamme eines Bunsenbrenners zu erzeu- 
gen vermag. Mischt man aequivalente Mengen chemisch reinen 
Caleiumearbonats und Bleioxyds gut durcheinander, und glüht das 
Gemisch in flacher Pozellanschale unter fortwährendem Umrühren, 
so ist eine vollständige Bildung von Calcinmplumbat selbst bei An- 
wendung kleiner Mengen nur äufserst schwer zu erreichen. Es 
lässt sich nach stundenlangem Glühen immer noch unzersetztes 
Caleiumcarbonat und Bleioxyd nachweisen. Nach Kafsner giebt 
das fertige Calciumplumbat, mit verdünnter Salpetersäure geschüttelt. 
ein Filtrat, welches durch Schwefelwasserstoff nicht mehr verändert 
wird. Dies ist aber nur der Fall, wenn die Stärke der verdünnten 
Salpetersäure eine gewisse Grenze nicht überschreitet. Chemisch 
reines Calciumplumbat giebt beim Schütteln mit verdünnter Salpeter- 
säure, die S Proz. enthält, einen dunkelbraunen Rückstand und ein 
Filtrat, dafs durch H,S noch verändert wird; bei stärkerer Ver- 
dünnung der HNO, entsteht ein gelbbrauner Rückstand und ein 
Filtrat, welches durch Schwefelwasserstoff nicht mehr verändert wird. 

Ein noch sichereres Mittel, die fertige Bildung des Caleiumplum- 
bates zu erkennen, besteht darin, die Menge des disponiblen Sauer- 
stoffs zu bestimmen. Hierunter versteht Kafsner die Menge des 
durch Reagentien etc. nutzbar zu machenden Sauerstoffs des Calecium- 
plumbats.. Die Bestimmung geschieht, indem man das Caleium- 
plumbat mit einer bekannten Menge überschüssiger Oxalsäure durch 
Salpetersäure oder Essigsäure in Lösung bringt und dann mit Ka- 
liumpermanganat in saurer Lösung den Überschufs an Oxalsäure zu- 
rücktitriort. Aus der Differenz berechnet man den Sauerstof. Am 
Schlufs einstündigen Glühens über der Bunsenflamme fand ich an 


1) diese Zeitschr. 1890, 228, 109. 


264 K. Wedemeyer, Über bleisaures Calcium ete. 


disponiblem Sauerstoff nur 0,18 Proz.; als dann immer wieder eine 
Stunde unter beständigem Umrühren geglüht wurde, wurden je 
2,30 Proz., und 4,15 Proz. gefunden, während 4,56 Proz. disponibler 
Sauerstoff vorhanden sein müssten. Es hat also selbst nicht nach 
4 Stunden langem Glühen eine vollständige Bildung des Calcium- 
plumbates stattgefunden. Auch durch Wägung läfst sich konstatie- 
ren, dafs immer wechselnde Mengen Kohlensäure abgegeben und 
wechseinde Mengen Sauerstoff aufgenommen werden. Für 2 g 
Mischung fand ich nach je 1 stundenlangem Glühen I) 0,0022 g Zu- 
nahme, II) 0,0174 & Zunahme, III) 0,0028 g Zunahme, IV) 0.0303 g Ab- 
rahme. Es scheint sich hiernach das Bleioxyd erst weiter zu 
oxydieren und treibt dann die Kohlensäure des Calciumcarbonates 
aus. Versuche auf dem Gebläse gaben dieselben Resultate, jedoch 
fand hier die Bildung des Ca, PbO, schneller statt. Dieselben Re- 
sultate erhielt ich ferner bei Versuchen mit dem neuen von Hugers- 
hoff in den Handel gebrachten Brenner, durch welchen ein 4 mm 
dicker Kupferdraht leicht schmilzt. 

Die Darstellung chemisch reinen Calciumplumbats gelingt nach 
meinen Versuchen aber leicht durch Erhitzen der Mischung von 
Bleioxyd und Calciumcarbonat im Verbrennungsrohre im Luftstrome. 
Nach °/, stündigem Erhitzen war weder Kohlensäure noch Bleioxyd 
nachweisbar und betrug die Menge des disponiblen Sanerstoffs 
4,35 Proz. 

Aus dieser schwierigen Bildungsweise läfst sich leicht erkennen, 
dafs Calciumplumbat als Sauerstoffüberträger bei Aschenanalysen die 
die Arbeit weder abkürzt, noch überhaupt ein sicheres Resultat zu 
erhalten zuläfst. 

Dafs reines Calciumplumbat als Sauerstoffüberträger jedoch 
kräftig bei Aschenanalysen wirkt, hat der folgende Versuch ergeben: 
1 g Fleischmehl verbrauchten unter starker Rauchabsonderung zum 
vollständigen Weilsbrennen 1 Stunde 45 Min. und gaben 0.0441 
Asche. 1gFleischmehl mit 1g chemisch reinem Calciumplumbat 
gemischt und erhitzt, gaben fast keine Rauchabsonderung, sondern das 
Verglimmen der Kohle trat unter fast explosionsartigen Erscheinun- 
gen auf, worauf nach 20 Min. Kohle in dem gelben Gemisch nicht 
mehr zu erkennen war. Die Regeneration des Calciumcarbonats und 
des Bleisuperoxyds zu Ca, PbO, geht wie oben angegeben, sehr langsam 
vor sich und ist mir nie so schnell und leicht gelungen, wie dies 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öl d. Lindera sericea Bl. 265 


W. Kwasnik*) angiebt. Ich erhielt beim weiteren Glühen wiede- 
rum annähernde Verhältnisse wie oben. Wendet man höhere Tem- 
peratur an, um die Regeneration zu beschleunigen, so werden Aschen, 
die Chloride enthalten, immerhin falsche Resultate geben. 


Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut der 
Universität Breslau. 


.. 
Chemische Untersuchung des flüchtigen Ols der 
Lindera sericea Bil. (Kuromoji-O]). 
von Wilhelm Kwasnik.*) 

Litteratur-Angaben über das Kuromoji-Öl sind nicht vorhanden, 
da es bisher Gegenstand chemischer Untersuchungen nicht gewesen 
ist, selbst die Mitteilungen über die Stammpflanze sind nur sehr 
spärlich, obgleich sie in ihrer Heimat weit verbreitet ist. Bis vor 
wenigen Jahren war das Öl auf dem japanesischen Markte noch 
vollständig unbekannt, trotzdem die Pflanze selbst „Kuromoji“ 
(v. Lindera sericea Blume s. Benzoin sericeum Steb. et Zucc., zu 
den Laurineen gehörig) ein in allen Gebirgen des Landes einheimischer 
Baum ist. Nur das Holz mit der Rinde wurde allgemein benutzt 
zur Anfertigung von „Yoji“, Zahnstochern, und zwar infolge seines 
angenehmen Geruches. Auf den europäischen Markt kam das Öl 
erst im Jahre 1888, eingeführt von der rühmlichst bekannten Firma 
Schimmel & Co., Leipzig, welche mir auch das zur Untersuchung 
benötigte Material lieferte. Es scheint nicht festgestellt zu sein, aus 
welchen Organen der Pflanze das ätherische Öl gewonnen wird, bald 
werden die Blätter genannt, bald das Holz, wahrscheinlich ist es 
jedoch, dafs die Pflanze in allen ihren Teilen von Öldrüsen durch- 
setzt ist, wenigstens konnte ich an einem, mir vom hiesigen bota- 
nischen Garten zur Verfügung gestellten Zweige konstatieren, dafs 
der charakteristische Geruch des Öles sowohl dem Holze, wie den 
Blättern eigen ist. 


*) diese Zeischr. 1890, 228, 178. 

*) Der durch seine bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten zu den 
schönsten Hoffnungen berechtigende talentvolle zweite Assistent am 
pharmazeutischen Institut zu Breslau Wilhelm Kwa snik. ist im 
Alter von 26 Jahren am 6. Febr. d. J. einer a 

oleck. 


2656 W.Kwasnik, Über d. flücht, Öl d. Lindera sericea Bl. 


Das Rohöl. 

Das Kuromoji-Öl besitzt einen feinen, kräftig aromatischen 
Geruch. Esist klar und von dunkelgelber Farbe. Das Öl ist leichter 
als Wasser, das spezifische Gewicht bei 18° mittels der Mohrschen 
Wage gefunden, beträgt 0,901, bei 20% 0,896. Auf seine optische 
Aktivität wurde das Ölmit dem Wild'schen Polaristrobometer unter- 
sucht; als Lichtquelle diente eine Natriumflamme. Das Öl ist nur 
sehr wenig optisch aktiv. Der Drehungswinkel betrug bei 100 mm 
Säulenlänge — 004. Ich will hier gleich bemerken, dafs diese geringe 
optische Aktivität des Rohöles durch eine fast vollständige gegen- 
seitige Neutralisation eines rechts- und eines linksdrehenden Bestand- 
teiles hervorgerufen wird. 

Das Rohöl ist klar löslich in Alkohol, Äther, Benzol, Petroläther, 
Eisessig, fetten Ölen. Mit Chloroform und Schwefelkohlenstoff ge- 
mischt, entsteht eine milchigtrübe Lösung. Die Chloroformlösung 
vird jedoch durch einen geringen Alkoholzusatz sofort klar. 


Chemisches Verhalten gegen allgemeine Reagentien. 


Schwefel und Stickstoff sind in dem Öle nicht nachzuweisen. 
Die darauf bezüglichen Reaktionen gaben ein negatives Resultat. Das 
Öl enthält nur C, H, O. 

Metallisches Kalium wirkt schon in der Kälte unter Wasserstoff- 
entwickelung lebhaft auf das Oel ein. Unter steter Gasentwickelung 
scheidet sich in dem Oel eine dicke gallertartige Masse aus, die nach 
mehrtägigem Stehen des Gemisches an der Oberfläche zu einer testen 
Kruste erstarrt. 

Gegen Lackmusfarbstoff verhielt sich das Oel indifferent, freie 
Säuren, wie sie in manchen ‘ätherischen Oelen vorkommen, sind also 
ausgeschlossen. 

Die alkoholische Lösung, mit Eisenchlorid versetzt, nimmt eine 
etwas dunklere, ins violette hinüberspielende Färbung an, so dafs die 
Anwesenheit eines phenolartigen Körpers in geringer Menge an- 
genommen werden konnte. Gepulvertes Jod wirkt auf das Oel unter 
Fulmination ein. 

Eine Lösung von Kaliumpermangat wird durch das Oel auch in 
der Kälte fast augenblicklich entfärbt. 

Alkoholische ammoniakalische Silberlösung wirkt erst beim Er- 
wärmen auf das Oel ein. 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öl d. Lindera sericea Bl. 267 


Um über die Gegenwart resp. Abwesenheit aldehyd- oder keton- 
artiger Körper Aufschlufs zu erhalten, wurde das Öl mit einer 
Natriumbisulfitlösung zusammengebracht und die zulässige vorher 
durch Versuche ermittelte Alkoholmenge zugesetzt, welche eine Aus- 
scheidung des Natriumbisulfits selbst verhinderte. Es erfolgte auch 
nach längerem Stehen keinerlei krystallinische Ausscheidung. 

Um in dem Rohöl event. vorhandene, in der Kälte erstarrende 
Bestandteile von den flüssigen Anteilen zu trennen, wurde dasselbe 
in dem von Brühl konstruierten Gefrierapparat der Einwirkung einer 
Kältemischung aus gleichen Teilen Eis und Kochsalz unterworfen. 
Die Temperatur des Öles wurde bis —200 erniedrigt. Dabei trübte 
sich das Öl und es erfolgte eine allmälige, sehr geringe Abscheidung 
krystallinischer Flocken, welche in dem Öl gleichmäfsig suspendiert 
blieben. Der Apparat wurde mit der Wasserluftpumpe in Verbin- 
dung gesetzt und die Flüssigkeit rasch abgesaugt. Der auf dem 
Filter zurückbleibende Anteil bestand lediglich aus Eiskrystallen. 
Der auf diese Weise ermittelte Wassergehalt des Öles betrug ca. 
1 Prozent. 

Um die prozentische Zusammensetzung des Öles zu erfahren, 
wurden mehrere Analysen desselben ausgeführt. 

I 0,1864 Substanz gaben 0,4047 CO, und 0,1455 H,O 


TE 0,2027 L 77016032, 2 
18 IuE 
C= 50,94 Proz. 81,15 Proz. 
H = 11,84 Proz. 11:55; Eroz: 
O0 = 7,32 Proz. 7,30 Proz. 


Fraktionierte Destillation. 


Zur Trennung der einzelnen Bestandteile des Öles wurde das- 
selbe der fraktionierten Destillation unterworfen. Es wurde zunächst 
eine Destillation des Oeles auf freiem Feuer und bei gewöhnlichem 
Druck ausgeführt. Das Sieden begann bei 97% Während die 
Temperatur langsam bis 102° stieg, ging ein trübes Destillat über, 
zumeist Wasser mit etwas übergerissenem Öl. Bei späteren 
Destillationen wurde das Öl stets vorher getrocknet, weil das in 
richt unbeträchtlicher Menge mechanisch beigemischte Wasser die 
Operation nicht nur verzögerte, sondern auch störte. 

Nachdem der wässrige Vorlauf entfernt war, stieg das Thermo- 
meter plötzlich bis 1720. Bei 175° gingen die ersten Tropfen über. 


268 W.Kwasnik, Über d. Hücht. Öl d. Lindera sericea Bl. 


Das Thermometer stieg nun sehr langsam weiter. Bis 1780 ging 
nur ein sehr unbeträchtlicher Teil über, während zwischen 180—190® 
eine Anhäufung des Destillates stattfand. 


Namentlich zwischen 180—182% war die Menge des über- 
gegangenen Destillates sehr grofs, so dafs hier der Siedepunkt des 
am niedrigsten siedenden Bestandteiles zu liegen schien. 


Weiter ging von 190—200° unter kontinuirlichem Steigen des 
Thermometers ein etwas schwereres Destillat über — man sah die 
einfallenden Tropfen auf den Boden sinken —., ohne dafs ein Siede- 
punkt besonders hervorgetreten wäre. Erst bei 2120 stand das 
Thermometer wieder für einige Zeit still, um dann langsam bis 2300 
zu steigen. 

Über 2300 trat bei weiterem Erhitzen Zersetzung ein. 

Der Rückstand im Kolben war nur sehr gering: er bestand aus 
einem dickflüssigen, dunkelbraun gefärbtem Öle. 

Aufgefangen wurden folgende Fraktionen: 


1. 175—1900 
2. 190—-2009 
3. 200—2120 
4. 212---2200 
5. 220-230 


Die weiteren Destillationen wurden nun nicht mehr unter ge- 
wöhnlichem Luftdruck, sondern um eine Veränderung der Körper 
möglichst zu vermeiden, unter Minderdruck mit Anwendung eines 
Ölbades ausgeführt. Bei einer Verminderung des Druckes auf 10 mm 
wurde der Siedepunkt der einzelnen Bestandteile um ca. 120° herab- 
gesetzt. 

Nach neunmal wiederholtem Destillieren der einzelnen Fraktionen 
hatte sich das Mengenverhältnis derselben beträchtlich verschoben. 
Frakt. II und III, welche anfangs der Frakt. I am nächsten standen, 
waren sehr klein geworden; dagegen hatte Frakt. IV an Menge zu- 
genommen. Die Reihenfolge der einzelnen Fraktionen nach ihrer 
Quantität war jetzt folgende: 


% 2. 3. 4. 5. 
I IV V II III 


Sämtliche Fraktionen waren klar und farblos. Sie reagierten 
sämtlich neutral und waren klar löslich in Äther, Alkohol, Chloro- 
form ete. 


W.Kwasnik, Über d. fücht. Öld. Lindera sericea BI. 269 


Die schon beim Rohöl erwähnte Reaktion mit Eisenchlorid wurde 
jetzt nur bei Fraktion V in etwas schärferer Weise beobachtet. 

Um mir nun Klarheit über die Zusammensetzung der einzelnen 
Bestandteile des Öles zu verschaffen, wurden von den Fraktionen 
Elementaranalysen ausgeführt. 


Durch fraktionierte Destillation allein kann allerdings niemals eine 
vollständige Trennung erreicht werden, ich konnte auch nicht erwarten, 
genau stimmende Zahlen zu erhalten; immerhin war es aber möglich, 
durch die Zusammenstellung der Resultate Fingerzeige für die 
weitere Behandlung der einzelnen Fraktionen zu erhalten. 


I. Fraktion, von 175—190° siedend: 
1. 0,1629 Subst. gaben 0,4913 CO, und 0,1691 H,O 
2. 0,1550 = ET 06T 
II. Fraktion, von 190—200° siedend: 
3. 0,2454 Subst. gaben 0,7247 CO, und 0,2513 H,O 
III. Fraktion, von 200—212° siedend: 
4. 0,1115 Subst. gaben 0,3228 CO, und 0,1200 H,O 
IV. Fraktion, von 212—220° siedend: 
5. 0,1801 Subst. gaben 0,5140 CO, und 0,1851 H,O 
6. 0,2717 5 = Ewa „ 0,2882 
V. Fraktion, von 220—230° siedend: 
7. 0,2032 Subst. gaben 0,5940 CO, und 0,1665 H,O 


8. 0,1554 , SS ae DL % 
Z IE IH; IV. V. 
——— —— =—— — 
# 2. & 4. 9. 6. 1. 8. 
EC 83,53 82,78 80,54 78,96 11,83 11,48 19,12 79,85 


71153. 11,55 11,37 11,95 11,42 11,81 910 9ı1 


Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich, findet eine 
allmälige Abnahme des Kohlenstofigehaltes statt, während bei 
Fraktion V wieder eine Erhöhung desselben eintritt. 


Fraktion 1. 


Diese Fraktion umfalst die zwischen 175—190° übergehenden 
Anteile. Nach wiederholtem Fraktionieren ging die Hauptmenge 
zwischen 182—184° über. 

Die bei der Elementaranalyse erhaltenen Zahlen zeigen eine 
merkwürdige Übereinstimmung mit der prozentischen Znsammen- 
setzung des Körpers C,,H;,0. Andererseits läfst das Resultat der 
Analyse auch die Annahme zu, dafs nicht ein einheitlicher Körper, 


270 W.Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 


sondern ein Gemisch eines Terpens C,,H,; mit dem in Fraktion IV 
gefundenen Körper C,,H4s0 vorliegt. 


Berechnet für: Berechnet für: Gefunden: 
C„Hz,0 CoHr CHHıO IE II 
C 82,76 88,21 71,90 82,53 82,78 
H 11,72 11,79 alsral 1153 11,55 


Auffallend ist es, dafs nach den vorliegenden Angaben der 
Körper C,,H3,;0 (wenn ein solcher überhaupt existiert) in ätherischen 
Ölen stets in Begleitung von C,oH;sO gefunden wurde. 

Gro(ser erhielt bei der Untersuchung des Corianderöles (von 
Coriandrum sativum) !) ebenfalls eine Fraktion von der Zusammen- 
setzung O3,H3,;,0. Nach seinen Angaben präexistiert diese Ver- 
bindung jedoch nicht in dem Öle, sondern bildet sich erst während 
der Destillation aus dem Körper C,oH;s0, indem zwei Molekel 
CjoHısO unter Abspaltung einer Molekel Wasser zusammentreter 
und 0,,H3,0 bilden. 

2 C.H130 = 04H,,0 + H,O. 

Ferner soll auch eine von Wiggers (Annal. d. Chemie 57. 252) 
aus dem krystallisierten Terpinhydrat mit Hilfe von konz. Jodwasser- 
stoffsäure bei 1000 dargestellte Verbindung, welche er Terpinol 
nennt, die Zusammensetzung C3,H3,0 haben. 

Auch List?) soll beim Destillieren von Terpin in wässriger 
Lösung mit sehr verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure eine Ver- 
bindung erhalten haben, welche er als identisch mit Terpinol an- 
sieht. 

Wallach?) hat jedoch sehr eingehend die Einwirkung der ver- 
schiedenen Säuren von verschiedenen Konzentrationsgraden auf 
Terpinhydrat studiert und: den Beweis geführt, dafs das sog. 
Terpinol nicht als einheitlicher Körper anzusehen ist, sondern aus 


einem Gemenge verschiedener Terpene — Terpinen, Terpinolen, 
Dipenten — mit einem sauerstoffhaltigen Bestandteil, dem Terpineol 


C,0oHı1s0, besteht. 

Auch ich neigte mich mehr der Ansicht zu, dafs die mir vor- 
liegende Fraktion I kein einheitlicher Körper, sondern vielmehr ein 
Gemisch eines Kohlenwasserstoffs mit einem sauerstoffhaltigen Be- 


1) Ber. d. chem. Ges. 14. 2. 2485. 
2) Annal. d. Chem. 67. 567. 
3) Annal. d. Chem. 230. 251. 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öl d. Lindera sericea Bl. 271 


standteil sei. War die Annahme gerechtfertigt, so mulste eine 
weitere Zerlegung der Fraktion zu abweichenden Zahlen führen. 
Ich destillierte deshalb mittels emes Linnemann'schen Dephleg- 
mators den genau bei 182° übergehenden Teil heraus. 

Bei der Verbrennung erhielt ich folgendes Resultat: 

0,1336 Subst. gaben 0,4049 CO, und 0,1436 H,O 
6 85,26 
H 11,45 

Der Kohlenstoffgehalt war also ganz beträchtlich in die Höhe 
gegangen und es bestand kein Zweifel mehr, dafs die Fraktion trotz 
des oft wiederholten Destillierens noch als sehr unrein zu be- 
trachten sei. 

Jedenfalls war jetzt der Schlufs berechtigt, dals diese Fraktion 
wesentlicn aus einem um 180° siedendem Terpen bestand, ver- 
unreinigt durch einen sauerstoffhaltigen Körper. Der Siedepunkt 
dieses letzteren mulste wohl höher liegen, als der des Terpens, da 
der unter 1800 übergehende Anteil nur sehr gering war. Es er- 
schien nicht unwahrschemlich, dafs hier schon das in Fraktion IV 
enthaltene Terpineol mit auftrat und dafs die Fraktion II und III, 
welche sehr gering waren, als Übergangsfraktionen zu betrachten 
sind. Spätere Versuche bestätigten dies. 

Da eine exakte Trennung durch Fraktionieren nicht durchzu- 
führen war, mufste ich solche durch ein chemisches Agens zu be- 
wirken suchen. Gelang es mir, den Körper C,uHıs0 durch Wasser- 
entziehung in ein Terpen überzuführen, so mulste ich dann, wenn 
meine Voraussetzung richtig war, aus Fraktion I entweder ein reines 
Terpen oder ein Gemisch solcher erhalten, deren Charakterisierung 
keine weiteren Schwierigkeiten mehr bot. Nach einigen Mils- 
erfolgen gelangte ich auch auf diesem Wege zu dem erstrebten 
Ziele. 

Zuerst wandte ich als wasserentziehendes Mittel P;0, an. Den 
Versuch führte ich in der Weise aus, dafs ich zu 20 g der Frakt. I 
einen Überschufs von P,O, zusetzte und alsdann das Flüssige 
abzudestillieren versuchte. Es entstand in der Retorte ein brauner, 
zäher Brei, der die Flüssigkeit hartnäckig zurückhielt. Die 
Destillation ging sehr langsam vor sich, es bedurfte einer sehr 
hohen Temperatur, um die Flüssigkeit überzutreiben, auch war die 
Ausbeute sehr gering. Ich erhielt schliefslich eine deutlich nach 


L9 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 


Uymol riechende, etwas fluoreszierende Flüssigkeit, deren Haupt- 
menge erst über 200° siedete, also zumeist aus polymerisierten 
Tepenen bestand. Die Reaktion war nicht in der von mir ge- 
wünschten Weise verlaufen. 

Ich führte denselben Versuch noch einmal mit einer Modifikation 
aus, ohne dafs das Resultat ein wesentlich besseres gewesen wäre. 

Während ich früher die ganze Menge des P,O, auf einmal zu- 
setzte, und dadurch einen schwer destillierbaren Brei erhielt, fügte 
ich jetzt zu der in einer Retorte befindlichen Flüssigkeit eine unzu- 
reichende Menge von P,0, hinzu und destillierte unter Minderdruck 
ab. Dem Destillat wurde wiederum P;O, zugesetzt und die ganze 
Operation so oft wiederholt, bis bei erneutem Zusatz keine Ein- 
wirkung mehr erfolgte. Aber auch auf diese Weise erhielt ich eine 
Flüssigkeit, die in einem Intervall von über 40 Graden siedete, 
wenn auch der unter 200° siedende Anteil gröfser war, als bei dem 
vorhergehenden Versuche. 

Gorup-Besanez!) empfiehlt zur Trennung von Kohlenwasser- 
stoffen von sauerstoffhaltigen Ölen Destillation über schmelzendem 
Kali. 

Ich versuchte auch auf diese Weise eine Trennung herbei- 
zuführen. 

In einer mit Tubus versehenen Retorte von schwer schmelz- 
barem Glase befand sich am Boden festes Ätzkali, welches zum 
Schmelzen erhitzt wurde. In den Tubus mündete luftdicht ein 
kleiner Scheidetrichter, aus welchem das Öl tropfenweise in die 
schmelzende Masse einflofs. Jeder einfallende Tropfen erfüllte die 
Retorte sofort mit weilsen Dämpfen, die sich in dem vorgelegten 
Liebig’schen Kühler verdichteten. Als Destillat erhielt ich ein sehr 
unangenehm riechendes Liquidum, welches erst über 2009 zu sieden 
anfıng. 

Ich mulste also auch von dieser Trennungsmethode absehen, da 
eine zu weit gehende Veränderung der Körper eingetreten war. 
Aufserdem leidet die Ausführbarkeit dieser Methode unter dem Um- 
stande, dafs das schmelzende Kali sehr gute Retorten in kurzer Zeit 
zerstört, so dafs man gezwungen ist, um einige Kubikzentimeter 
Destillat zu erhalten, mehrere Retorten zu opfern und die Operation 


lt) Annal. d. Chem. 89. 214. 


W.Kwasnik. Über d. flücht. Öl d.Lindera sericea Bl. 273 


öfter zu unterbrechen. Schliefslich gelang mir auf folgende Weise 
eine gute Trennung des Terpens von dem sauerstoffhaltigen Körper. 

Ich versuchte die zwischen 175—190° siedenden Anteile durch 
eine fraktionierte Destillation mit Wasserdämpfen weiter zu zerlegen. 
Durch das in einem Siedekölbchen befindliche Öl wurde ein kräftiger 
Dampfstrom geleitet und gleichzeitig der Kolben schwach erwärmt. 
Die übergehenden Wasserdämpfe führten gleich von Anfang ver- 
hältnismäfsig viel Öl über, die ganze Operation ging glatt vor sich. 

Nachdem aber ein grofser Teil des Öles schon übergegangen 
war, trat plötzlich mit dem Kolbeninhalt eine Veränderung ein. 
Während das Öl bisher von den eintretenden Wasserdämpfen gar 
nicht oder nicht wesentlich getrübt war, wurde jetzt der Kolben- 
inhalt vollständig undurchsichtig und emulsionsartig getrübt, es wurde 
also mehr Wasser zurückgehalten. Auch die mit den Wasserdämpfen 
übergehende Menge des Öles war bedeutend geringer, als vorher. 
Die Operation wurde daher unterbrochen. Das im Siedekolben 
zurückgebliebene Öl zeigte jetzt deutlich den Geruch der Frakt. IV. 
Eine Verbrennung des gut getrockneten Öles lieferte auch annähernd 
die für C,,HısO stimmenden Zahlen. 

0,1403 Subst. gaben 0,4050 CO, und 0,1471 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
CH; 

C 17,92 18,72 

H 11,60 11,63 


Das durch die Wasserdämpfe übergetriebene Öl wurde, nach- 
dem es von dem Wasser getrennt war, durch festes Ätzkali ge- 
trocknet. Bei der Verbrennung lieferten: 

0,1194 g Subst. 0,3811 CO, und 0,1252 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
CoHıs 
C 88,21 87,03 
H 11,79 11,69 


Da das Öl gut getrocknet war, mufste die durch die Analyse 
gefundene Differenz noch auf einen geringen Gehalt von C,,Hıs0 
zurückgeführt werden. Ich brachte deshalb etwas klein geschnittenes, 
blankes Natriummetall in die Flüssigkeit. Die Einwirkung war eine 
sehr träge, aber lang andauernde. Nachdem jedoch eine weitere 
Einwirkung, auch bei schwachem Erwärmen, nicht mehr erfolgte, 


wurde das überschüssige Natrium entfernt, und das Oel, welches 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 4. Heft. 18 


274 W.Kwasnik. Überd. fücht. Old. Linderasericea Bl. 


eine braune Gallerte ausgeschieden hatte, mit Wasserdampf über- 
getrieben. Die dem Wasser aufschwimmende ölige Schicht wurde 
getrennt und gut getrocknet. 


Die Analyse ergab: 
I. 0,2123 g Subst. gaben 0,6844 CO, und 0,2231 H,O. 


11..-0207 85.35 = 06479 7, —. 021 
Berechnet für: Gefunden: 
C,0 Hıs T- IE: 
C 88,21 87,92 37,60 
H 11,79 11,67 11,66 


Die erwünschte Isolierung des Terpens war also gelungen. 
Es wurde nun auf diese Weise eine gröfsere Quantität des Terpens 
aus dem Rohöl gewonnen und der Untersuchung unterzogen. 


Terpene des Kuromoji-Oeles. 


Der nach der oben angegebenen Methode isolierte Anteil des 
Rohöles stellte eine klare, farblose, leicht bewegliche Flüssigkeit vor, 
welche bei 180 ein spez. Gewicht von 0,8504 besitzt. Der Siede- 
punkt ist nicht konstant; bei 1740 gehen die ersten Anteile über, 
während bei 178—180° die Hauptmenge destilliert. 

Die durch die Analyse gefundene Formel, welche den Körper 
in die Klasse der Terpene einreiht, wurde auch durch eine mit 
dem Vietor Meyer’schen Apparat ausgeführte Dampfdichtebestimmung 
bestätigt. 

P(1 + at) 760 .14,44 


3 = 7.001293 (H—w) V 
P = Gewicht der angewendeten Substanz = 0,0506 
V = abgelesenes Gasvolumen = 9,6 ccm 
H = Barometerstand. — 765 mm 
t = Temperatur = 200 C. 
w = Tension des Wasserdampfes bei t = 17,391 mm 
a — Ausdehnungscoefhcient der Luft = 0,00367 
Se 0.0506 . 1,0832 . 760 . 14,14 
-  0,001293 (765—17,391) 9,6 
Für C,,Hjs berechnete Dampfdichte: Gefunden: 
68 68,72 


Das optische Drehungsvermögen wurde ebenso wie beim Rohöl 
und in allen folgenden Fällen mittels des Wild’schen Polaristro- 
bometers festgestellt. Die Ablenkung war für eine Rohrlänge von 
100 mm + 13,70. Dieses optische Drehungsvermögen im Verein 
mit dem inkonstanten Siedepunkte machten es wahrscheinlich, dafs 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 275 


nicht ein einzelnes Terpen, sondern ein Gemisch von Terpenen vor- 
lag. Denn zweifellos lag der Siedepunkt des den Hauptbestandteil 
dieser Fraktion ausmachenden Körpers zwischen 1750—180°. Von 
Terpenen dieses oder eines nahe angrenzenden Siedepunktes kommen 
hierbei nur Dipenten (Siedepkt. 1780), Terpinen (Siedepk. 180°) und 
Terpinolen (Siedepkt. 1850) in Betracht. Diese drei Kohlenwasser- 
stofe sind aber sämtlich optisch inaktiv, und ist die optische 
Aktivität der Fraktion nur durch die Gegenwart eines rechtsdrehen- 
den Terpens zu erklären, welches in den unter 1780 siedenden An- 
teilen zu suchen ist. 

Es wurde daher diese Fraktion wiederholt, und zwar unter Zu- 
hiltenahme des Linnemann’schen Dephlegmators in zwei Teile zer- 
legt und so der unterhalb 1780 siedende Anteil von der bei 1789 
bis 1800 übergehenden Hauptmenge der Flüssigkeit getrennt. Die 
Menge des bei 1780 übergehenden Anteiles war sehr gering, ich er- 
hielt aus 100 g Flüssigkeit ca. 3 ccm des niedriger siedenden 
Terpens. 

Da die Terpene in ihrem Verhalten gegen Brom die meisten 
charakterististischen Unterschiede zeigen, so stellte ich zur weiteren 
Charakterisierung des Terpens dessen Bromverbindung dar. 


Das unterhalb 1780 siedende Terpen. 
Verhalten gegen Brom. 


Die Bromierung wurde nach Wallach’s Vorschrift ausgeführt.!) 

Ich löste das Terpen in der zehnfachen Menge Eisessig, setzte 
unter guter Kühlung tropfenweise Brom im geringen Überschufs zu 
und gofs die Lösnng in bereitstehendes Eiswasser ein. 

Es schied sich ein weilser krystallinischer, Niederschlag aus, der 
nach dem Abfiltrieren aus Essigäther wiederholt umkrystallisiert 
wurde. Den Schmelzpunkt desselben fand ich bei 104° liegend. 

Die Brombestimmung wurde durch Glühen der Substanz mit 
chlorfreiem Kalk gewichtsanalytisch ausgeführt. 

I. 0,2121 Subst. gaben 0,3493 AgBr 


172204269, 7 EMIRZRN. 5 
Berechnet für: Gefunden: 
C,,Hıs Br; i% IE 
Br 70,17 Proz. 70,09 Proz. 70,07 Proz. 


2) Annal. d. Chem. 227. 279. 239. 3,12. 
18* 


BEE 


276 W.Kwasnik, Über d. ffücht. Öld. Lindera sericea Bl. 


Diese Eigenschaft des Terpens, mit Brom ein krystallisierendes 
Tetrabromid mit dem Schmelzpunkt 1040 zu geben, im Verein mit 
dem zwischen 175—180° liegendem Siedepunkte und dem optischen 
Drehungsvermögen, charakterisieren das Terpen als das in vielen 
ätherischen Oelen gefundene Rechts-Limonen. 


Das höher siedende Terpen. 


Wie schon erwähnt, hatte ich aus dem Kuromoji-Oel noch ein 
zweites höher siedendes Terpen isoliert. Der Siedepunkt lag bei 
1780—1800. Von den bekannten Terpenen lassen sich in dieser 
Fraktion vermuten Dipenten (1780), Terpinen (1800), Terpinolen 
(1850). 

Durch ihre charakteristischen Bromverbindungen lassen sich 
diese Terpene sowohl von dem schon beschriebenen Limonen, als 
auch untereinander scharf unterscheiden, so dafs bei ffegenwart 
eines dieser bekannten Kohlenwasserstoffe Schwierigkeiten nicht 
mehr zu erwarten waren. 

Da mir von diesem Terpen mehr Material zur Verfügung stand, 
so wurden aufser der Bromverbindung zur näheren Charakterisierung 
auch noch andere Derivate dargestellt. 


Einwirkung von Chlorwasserstoff. 


Nach der neueren Vorschrift von Wallach wird das Terpen 
der Einwirkung der Haloidsäuren in eisessigsaurer Lösung unter- 
worfen. 

Da ich diesen Versuch im Verlauf meiner Arbeit öfter auszu- 
führen hatte, stellte ich mir ‘den dazu erforderlichen, durch getrock- 
netes Salzsäuregas vollständig gesättigten Eisessig in grölserer 
Quantität her. Derselbe hielt sich vortrefflich und selbst nach 
längerem Stehen und oftmaligem Oeffnen des Gefälses blieb die 
Reaktion damit nie aus. 

Der Versuch selbst wurde so ausgeführt, dafs zu der eisessig- 
sauren Lösung des Terpens der vorhin erwähnte, mit Salzsäuregas 
gesättigte Eisessig zugefügt wurde. Nach erfolgter Einwirkung, 
welche sich sehr gut verfolgen liefs, da die anfangs farblose Flüssig- 
keit sich allmälig bis dunkelrot färbte, wurde das Ganze in Eis- 
wasser gegossen. Es schied sich bald ein fester Niederschlag aus. 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 277 


Die Krystalle wurden zwischeu Fliefspapier abgeprefst und hatten 
nach mehrmaligem Umkrystallisieren den Schmelzpunkt 50 °. 
Die Chlorbestimmung zeigte, dafs ein Dichlorhydrat C,, Hıs - 2 HCl 


vorlag. 
0,3984 g Substanz gaben 0,5436 Ag Cl. 
Berechnet für; Gefunden: 
Co His - 2 HC. 
Cl 33,94 33,76 


Die erhaltene Verbindung war also mit dem Dipentendichlor- 
hydrat identisch. Da dasfelbe aber sowohl aus Limonen, Dipenten, 
Terpinolen, als auch Terpineol erhalten werden kann, konnten 
aus diesem Resultat keine endgültigen Schlüsse gezogen werden. 


Einwirkung von Brom, 

Um die Darstellung der Bromverbindungen nach verschiedenen 
Methoden zu studieren, führte ich jetzt den Versuch in einer ande- 
ren Modifikation aus, und zwar befolgte ich die vn Woy (Inaug 
Dissert. Breslau, 1889, 10.) gegebene Vorschrift. 

Man löse das Terpen in einem starken Rundkolben in ca. 
tacher Menge Äther, kühle gut, setze Brom tropfenweise bis zur 
bleibenden schwachen Gelbfärbung hinzu und lasse den Äther sofort 
bei einem Druck von 10— 15 mm abdunsten. 

Ich erhielt nach dieser Vorschrift in sehr kurzer Zeit bei guter 
Ausbeute ein rein weilses Präparat, welches auch von grofser Rein- 
heit zu sein schien. Nach zweimaligem Umkrystallisieren bestimmte 
ich den Schmelzpunkt. Derselbe lag zwischen 116—1170 Diese 
Thatsache überraschte mich einigermafsen, da von den bisher be- 
kannten Terpenen nur das Tetrabromid des Terpinolens, welches 
bisher in ätherischen Öelen noch nicht gefunden wurde, diesen 
Schmelzpunkt besitzt. 

Obwohl es nicht unmöglich, vielleicht nicht einmal unwahrschein- 
lich ist, dafs auch das Terpinolen in natürlich vorkommenden 
Pflanzenprodukten gefunden wird, fing ich doch an Zweifel in die 
Reinheit meines Präparates zu setzen. Ich unterzog dasselbe einer 
nochmaligen Krystallisation und bestimmte den Schmelzpunkt. Der- 
selbe war nicht konstant geblieben, er lag jetzt bei 119%. Jedes- 
maliges Umkrystallisieren verschob den Schmelzpunkt ein wenig nach 
oben hin, bis nach achtmaligem Umkrystallisieren eine weitere Ver- 
schiebung nicht mehr eintrat. 


278 W.Kwasnik, Über d. flücht. Öl d. Lindera sericea Bl. 


Die erhaltenen Krystalle hatten jetzt einen konstanten Schmelz- 
punkt von 124%. Dafs auch hier ein Tetrabromid von der 
Formel C;jo Hıs Bra vorliegt, wird durch die folgende Analyse 
bewiesen. 

0,1310 g Substanz gaben 0,1252 CO, und 0,0456 H,O 


05632. BE n „02691 Br Ag 0,229-Br: 
Berechnet für; Gefunden: 
Co Hs Bry 
0.726;32 26,06 
EG 3,86 
BEEELONG 10,15 


Das merkwürdige Variieren des Schmelzpunktes findet seine 
Erklärung in der angewendeten Darstellungsmethode. Während ich 
bei Bromierungsversuchen dieses Terpens, sowohl in eisessigsaurer 
Lösung, wie auch in Äther-Alkohol neben dem festen Tetrabromid 
auch flüssige Bromierungsprodukte erhielt, konnten solche beim 
Arbeiten nach Woy’s Verfahren nicht beobachtet werden. Hier 
wird durch das schnelle Abdunsten des Äthers eine so grolse Tem- 
peraturerniedrigung erzeugt, dafs sowohl das Tetrabromid, als auch 
die flüssigen Bromprodukte fast augenblicklich erstarren, sobald die 
Menge des Lösungsmittels unzureichend geworden ist. Man erhält 
ein rein weilses, durchaus gleichmäfsiges Krystallmagma, in wel- 
chem das flüssige Bromid einmal erstarrt und von den Krystallen des 
Tetrabromids eingeschlossen, wenig Neigung zeigt, sich wieder zu 
verflüssigen. 

Beim Reinigen dieses Krystallbreies geht natürlich auch das 
Hüssige Bromid in Lösung und es bedarf dann eines oftmaligen 
Krystallisierens, bevor man ein Präparat von konstantem Schmelz- 
punkt erhält. 


Nitrosochlorid des Terpens. 


Nach Wallach’s Vorschrift“) wurde eine Mischung aus je 258 
Terpen, Eisessig und Äthylnitrit gut abgekühlt und allmälig 8 ccm 
rauchender Salzsäure eingetragen, 

Schon nach kurzer Zeit schieden sich Krystalle aus, die mit 
kaltem Alkohol gewaschen, aus Chloroform umkrystallisiert wurden. 
Der Schmelzpunkt lag bei 100—101°. 


=) Annal. d. Chem. 253. 251. 


\Y Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 279 


Die mit chromsaurem Blei unter Vorlegung einer Kupferspirale 
ausgeführte Verbrennung ergab: 
0,2389 g Substanz gaben 0,5208 g CO, und 0,1752 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
Co Hıs NO Cl 
C 59,54 59,43 
E744096 8.15 


Aus dem bei 176—180° siedenden Torpen des Kuro-moji-Oeles 
hatte ich erhalten: 
Das Dichlorhydrat C,, Hıg - 2 HCl Schmelzp. 50°. 


Das Tetrabromid Cyo Hıs Bra 2 1240, 
Das Nitrosochlorid C;o Hıs NO Cl rn 100— 101° 


Diese Ergebnisse identifizieren das Terpen mit Sicherheit mit 
dem von Wallach näher charakterisierten Dipenten. 

Es könnte hier der Einwand erhoben werden, dafs Dipenten in 
dem Rohöl ursprünglich gar nicht vorhanden war, dafs dasselbe viel- 
mehr erst durch Behandeln des die Fraktion verunreinigenden 
Terpineols mit Natrium entstanden sei. Diese Ansicht hat ihre Be- 
rechtigung; ich überzeugte mich selbst, dafs bei der Ein- 
wirkung von Natrium auf Terpineol auch Dipenten entsteht. 

Wie aus der vorhin mitgeteilten Elementaranalyse C 87,03 Proz., 
H 11,69 Proz. aber hervorgeht, war die Verunreinigung mit Ter- 
pineol nach dem Übertreiben mit Wasserdämpfen nur noch gering. 

Dementsprechend mülste auch der Gehalt an Dipenten ein nur 
geringer sein, da dasselbe aber den Hauptbestandteil dieser Fraktion 
ausmachte, so ist damit auch der Beweis erbracht, dafs Dipenten von 
vornherein in dem Rohöle vorhanden ist. 


Fraktion II und INH. 


Diese Fraktionen sind als Zwischenfraktionen zu betrachten. 
Sie enthalten keine besonderen Bestandteile des Öles, sondern sind 
Gemenge der erstbeschriebenen Terpene mit dem höher siedenden 
sauerstoffhaltigen Anteile. Dafür spricht sowohl die geringe Quan- 
tıtät, in der diese Fraktion erhalten wurde, als auch das schon 
oben mitgeteilte Ergebnis der Elementaranalyse. Um dafür noch 
einen Beweis auch in anderer Richtung zu erbringen, stellte ich die 
Brom-Derivate dar. Ich erhielt beide Male Dipententetrabromid 
vom Schmelzpunkt 124°, 


280 W.Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 


Fraktion IV. 


Diese Fraktion enthält Terpineol. 

Dieser Körper von der Zusammensetzung C,oHıs0 erhielt seinen 
Namen von Wallach,t) der ihn durch Einwirkung von konz. Phos- 
phorsäure aus Terpinhydrat isolierte. 

Seitdem ist Terpineol auch in verschiedenen ätherischen Oelen 
gefunden worden, so im Cardamomen-Oel?) und im Kefso-Oel (von 
Valeriana officinalis varıetas angustifoha.?) 

So lange die Untersuchungen von Wallach fehlten, war die 
Charakterisierung der in den ätherischen Oelen so zahlreich ver- 
tretenen Verbindungen der Formel C,,H}z;0 eine sehr mangelhafte. 
Es figuriert auch jetzt noch der Körper C,0Hıs0 in der Litteratur 
unter den verschiedensten Namen und doch läfst es sich hoffen, dals 
bei der emsigen Thätigkeit, die nunmehr von verschiedenen Seiten 
auf diesem Gebiete entfaltet wird, es in nicht zu langer Zeit gelingt, 
auch hier, ähnlich wie bei den Terpenen, eine durchgreifende Klassi- 
fizierung aufzustellen. 

So ist bereits eine ganze Reihe von Körpern C,0H,s0 mit dem 
Cineol indentifiziert worden, und ähnlich wird es sich auch mit dem 
Terpineol verhalten. 

Namentlich wird man dieses in den zwischen 200—220° sie- 
denden Antheilen der ätherischen Oele zu suchen haben. 

Wallach giebt den Siedepunkt des reinen Terpineols bei 
215—218° an. Im Cardamomen-Oel wurde es aus den zwischen 
205—220°, im Kefso-Oel aus den zwischen 200—2200 übergehenden 
Anteilen erhalten ; ich erhielt diese Verbindung aus den zwischen 
212—220° siedenden Anteilen des Kuromoji-Oeles. 

Die zwischen 212—2200 übergehende Fraktion besitzt einen 
angenehmen, hyazinthenähnlichen Geruch und zeichnet sich von den 
vorhergehenden Fraktionen auch äufserlich schon durch ihre dick- 
flüssige Beschaffenheit aus. Dem entspricht auch das spezifische 
Gewicht, dasselbe beträgt bei 180 0,9401. Die optische Aktivität ist 
sehr gering: Der Drehungswinkel ist für eine Säulenlänge von 
100mm — —2,4%, was für eine geringe Verunreinigung durch das 


1) Annal. d. Chem. 230, 267. 
2) Weber, Annal. d. Chem. 238. 100. 
3) J. Bertram u. E. Gildemeister, Archiv der Pharm. 228, 9.4.85. 


W,Kwasnik, Über d.flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 281 


bei 2240 siedende, gleichfalls in dem Oele vorkommende Carvol 
spricht. Die durch die Elementaranalyse erhaltenen Zahlen stimmen 
gut mit der prozentischen Zusammensetzung der Formel C,oH,s0 


überein. 
Berechnet für: Gefunden: 
C,H4s0 I 1I 
C 77,90 177,83 17,48 
H 11,71 11,42 11,81 


Einwirkung von Chlorwasserstoff. 


Der Versuch wurde ganz ebenso, wie ich es bei den Terpenen 
beschrieben habe, ausgeführt. Ich erhielt ene mit dem Dipenten- 
dichlorhydrat identische krystallisierende Verbindung, was sowohl 
durch Bestimmung des Schmelzpunktes, der bei 50—51° lag, als 
auch durch die Analyse hewiesen wurde. 

0,1773 g Subst. gaben 0,2430 AgCl = 0,0601 Cl. 


Berechnet für: Gefunden: 
C,0Hıs - 2HC1 
Cl 33,94 33,89 


Einwirkung von Brom. 


Auch bei der Bromierung des Terpineols erhält man eine mit 
dem Dipententetrabromid identische Verbindung. Ich setzte das Brom 
dem in Eisessig gelösten Terpineol zu und verfuhr im Übrigen wie 
bei der Bromierung des Limonens. Ich erhielt Krystalle, die bei 
1230 schmolzen. Eine Brombestimmung führt zu der Formel 


CuH4Br,. 
0,2160 g Subst. gaben 0,3523 AgBr 


Berechnet für: Gefunden: 
CoH,Brs 
Br 70,17 9%, 69,42 0), 


Einwirkung von Jodwasserstoff. 


Mit gröfster Leichtigkeit verbindet sich-das Terpineol mit Jod- 
wasserstoffsäure zu einem dem Chlorid analog znsammengesetzten 
Jodid. 

Zur Darstellung wurden 15 g Terpineol mit 60 g konzentrierter 
Jodwasserstoffsäure anhaltend geschüttelt. Es sammelte sich an der 
Oberfläche ein dickes, schmieriges Oel an, welches bei weiterem 
Sehütteln zu Boden sank. Die am Boden sitzende Masse war nach 


282 W.Kwasnik, Über d. flücht, Öld. Lindera sericea Bl. 


Verlauf eines Tages fest und krystallinisch geworden. Die über- 


schüssige Jodwasserstoffsäure wurde abgegossen, der zähe Krystall- 
brei mit kaltem Wasser gewaschen und schliefslich auf Thonplatten 
schnell abgetrocknet. Nach dem Umkrystallisieren aus Petroläther 
erhielt ich sehr schöne, farblose Krystalle, die wegen ihrer leichten 
Zersetzlichkeit sofort analysiert werden mufsten. Der Schmelzpunkt 
lag bei 75—76°. 

0,2136 g Subst. gaben 0,2565 AgJ —= 0,1384 J 


Berechnet für: Gefunden: 
C,oHıs - 2HJ 
J 64,79 64,74 


Einwirkung von Carbanil. 

Eine schön krystallisierende Verbindung giebt das Terpineol 
ferner bei der Einwirkung von Carbanil, indem das in schönen, 
langen Nadeln krystallisierende Phenyl-Terpenyl-Urethan gebildet 
rd: NH.CsH; 

= OC5oHır 

Zur Darstellung dieser Verbindung wurden gleiche Gewichts- 
mengen Terpineol und Carbanil (welches frisch bereitet wurde) zu- 
sammengebracht und die Mischung sich selbst überlassen. Schon 
nach kurzer Zeit war die ganze Flüssigkeit mit Krystallen erfüllt. 
Der Schmelzpunkt derselben lag bei 235°, es war also nicht das 
gewünschte Urethan entstanden, sondern Carbanilid gebildet worden, 
dessen Schmelzpunkt bei 235° liegt. Das Gelingen der Reaktion 
erfordert eine grofse Reinheit des Terpineols, namentlich mufs das- 
selbe gut getrocknet sein. Das Terpineol wurde daher der wieder- 
holten Destillation unterworfen und sorgfältig getrocknet. Wurde 
nun das Terpineol mit dem Carbanil zusammengebracht, so blieb die 
Mischung längere Zeit unverändert, bis nach einigen Tagen die Bil- 
dung von Krystallen erfolgte. Dieselben wurden durch nochmaliges 
Umkrystallisiren aus Äther gereinigt, der Schmelzpunkt lag bei 109,5°. 
Bei der Verbrennung wurden folgende Werte erhalten: 

0,1602 g Subst. gaben 0,4380 CO, und 0,1318 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
C,7H3303N 
C 74,70 74,53 
H 8,44 9,12. 


Durch diese zuerst von Wallach!) angegebenen Versuche glaube 


1) Annal. d. Chem. 230. 265. 


W.Kwasnik, Überd.flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 283 


ich den im Kuromoji-Oel vorkommenden Körper C,0H430 genügend 
als Terpineol gekennzeichnet zu haben. 


Bildung von Terpinhydrat. 


Beim Stehen mit sehr verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure 
bei gewöhnlicher Temperatur wird das Terpineol unter Wasserauf- 
nahme in Terpinhydrat verwandelt. 

Mir gelang es bei diesem Versuche nur einmal einige Krystalle 
zu erhalten, deren Schmelzpunkt bei 970 lag. Zur Ausführung einer 
Analyse war nicht genug Substanz vorhanden. Spätere, scheinbar 
unter denselben Verhältnissen ausgeführte Versuche führten zu 
keinem Resultate. 


Fraktion V. 


Der höchstsiedende Antheil des Kuromoji-Oeles zeigte wieder 
eine geringe Zunahme des Kohlenstoffgehaltes. Die Zahlen der Ana- 
Iyse stimmen gut auf Carvol C,0H}40. 


Berechnet für: Gefunden: 
C,H140 I II 
6 79,98 79,72 79,85 
H 9,35 9.10 9,11 


Dieser zwischen 220—230°0 übergehende Anteil stellt ein klares 
dickflüssiges Liquidum vom spez. Gewicht 0,9503 dar. Die Flüssig- 
keit war anfangs farblos, färbte sich aber nach einiger Zeit gelb. 
Eine weingeistige Lösung gab mit Eisenchlorid schwache Phenol- 
reaktion. Die Fraktion ist optisch aktiv. Der Drehungswinkel 
beträgt für eine 100 mm lange Röhre —5,80. Der Geruch erinnert 
deutlich und stark an das im Kümmelöl vorkommende Carvol. 

Wenn man auch annehmen mulste, dafs diese Fraktion wegen 
des naheliegenden Siedepunktes des Terpineols noch stark mit diesem 
Körper verunreinigt sei, was durch die Analyse wegen der nahezu 
gleichen prozentischen Zusammensetzung nicht zum Ausdruck kommen 
konnte, so war eine weitere Trennung wegen der leicht zu erhalten- 
den Schwefelwasserstoffverbindung des Carvols doch nicht schwer 
zu erreichen. 

Zur Reindarstellung des Carvols wurde die ganze Fraktion V 
mit dem halben Volumen absoluten Alkohols versetzt, mit Schwefel- 
wasserstofl gesättigt und ein zehntel Volumen konz. Ammoniaks zu- 


284 W.Kwasnik, Über d. fücht. Öld. Lindera sericea Bl. 


gesetzt. Schon nach kurzer Zeit schieden sich prächtige, bis 2 cm 
lange Krystallnadeln aus und nach Verlauf von zwei Stunden war 
die Ausscheidung so weit vor sich gegangen, dafs die ganze Masse 
erstarrte. Die Krystallnadeln wurden von der noch anhaftenden 
Flüssigkeit durch Absaugen befreit und aus Chloroform umkry- 
stallisiert. | 

Der Schmelzpunkt der Krystalle lag bei 214°. 

Eine Schwefelbestimmung nach der Methode von Carius ergab fol- 
gendes Resultat: 

0,5623 g Substanz gaben 0,3930 BaSO, = 0,0539 S 


Berechnet für: Gefunden: 
(C0H140)3 : HzS 
S 9,60 Proz. 9,58 Proz. 


Schon durch diese Daten ist die Existenz des Carvols im 
Kuromoji-Oel nachgewiesen. 

Die Krystalle des Schwefelwasserstoffcarvols wurden nun durch 
längere Zeit ohne Anwendung von Wärme der Einwirkung von alko- 
holischer Natronlauge unterworfen. Dabei geht eine Umsetzung vor 
sich, indem das Schwefelwasserstoffearvol zerlegt wird, es entsteht 
Schwefelnatrium und Carvol wird rekonstruiert. 

Das Gemisch wurde in Wasser eingegossen und das sich all- 
mählig an der Oberfläche abscheidende Carvol abgehoben. Dasselbe 
wurde weiter durch Übertreiben mit Wasserdampf und sorgfältiges 
Trocknen gereinigt. 

Das so gewonnene Carvol bildet eine klare, etwas gelb gefärbte 
Flüssigkeit vom spez. Gewicht 0,9541. Der Geruch ist angenehm 
kümmelartig. Der Siedepunkt liegt zwischen 225—-2270., 

Das aus dem Kuromoji-Oel dargestellte Carvol dreht die Ebene 
des polarisierten Lichtes nach links, abweichend von dem Carvol des 
Kümmelöles. 

Das Vorkommen des Carvols in der Natur ist kein häufiges. 
Bisher ist es gefunden worden in den ätherischen Ölen von Carum 
carvi (rechtsdrehend), Mentha crispa und Mentha vırıdıs (linksdrehend), 
Anethum graveolens (linksdrehend). 

Bemerkenswert ist auch das Vorkommen des Carvols in Pflanzen- 
familien, diesystematisch einander ternstehen. Während man sonst häufig 
eine chemische Verbindung bei Gliedern derselben, oder verwandten 
Familien wiederkehren sieht, treffen wir das Carvol bei den Um- 


W. Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 285 


belliferen, Labiaten und Laurineen an, Familien, die in gar keiner 
systematischen Verwandtschaft zu einander stehen. 

Um zu untersuchen, ob zwischen Rechts- und Links-Carvol ähn- 
liche Beziehungen bestehen, wie bei der Rechts- und Links-Wein- 
säure wurden die beiden Schwefelwasserstoff-Carvole dargestellt und 
in molekularen Mengen mit einander gemischt. Wird aus dieser 
Mischung das Carvol, wie oben beschrieben, wieder gewonnen, so 
erhält man in der That eine optisch imaktive Verbindung, welche sich 
in nichts von den beiden anderen Carvolen unterscheidet, aulser in 
dem optischen Drehungsvermögen. Es wäre hier von hohem Interesse 
gewesen, die Formen der verschiedenen Schwefelwasserstoffcarvol- 
krystalle miteinander zu vergleichen; leider war es mir jedoch nicht 
möglich, dieselben bis zu einer Gröfse zu züchten, welche krystallo- 
graphische Messungen gestattet hätte. Als bestes Lösungsmittel 
erwies sich eine Mischung von Chloroform und Alkohol, ich erhielt 
aus derselben Krystallnadeln bis zu zwei Zentimetern Länge, jedoch 
war die Breite derselben zu zart, um Messungen zuzulassen. 


Der Destillationsrückstand. 


Der Rückstand bei den einzelnen Destillationen war sehr gering. 
Wird die Destillation über freiem Feuer bei gewöhnlichem Druck 
vorgenommen, so treten beim Erhitzen über 230° in dem Siedekolben 
weilse Dämpfe auf, während die Masse sich schnell bräunt und dick- 
flüssig wird. Weit vorteilhafter gestaltet sich die Destillation unter 
Minderdruck; hier bleiben nur sehr geringe Anteile in dem Kolben 
zurück, auch ist die Flüssigkeit dann nur tief gelb gefärbt, nicht 
braun. Die bei den verschiedenen Destillationen erhaltenen Rück- 
stände wurden vereinigt und gemeinschaftlich untersucht. Eine Ver- 
brennung ergab die Zusammensetzung des Oarvols. 

0.1355 g Subetanz gaben 0,3960 CO, und 0,1110 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
CoH,0 

C 79,98 79,70 

H 9,35 9,09 


Auch im übrigen zeigte die Flüssigkeit alle Eigenschaften des 
Carvols.. Nur auf Zusatz von Eisenchlorid trat die rötlich-violette 
Farbe intensiver auf. Hier ist durch das Überhitzen des Carvols 
dieselbe Veränderung hervorgerufen, wie man sie schon früher bei 


286 W.Kwasnik, Überd. fücht. Öld. Lindera sericea Bl. 


längerem Aufbewahren dieser Verbindung beobachtet hat, denn 
während frisches Carvol mit Eisenchlorid nur sehr schwache Reak- 
tionen giebt, färbt sich gelb gewordenes Carvol unter denselben Be- 
dingungen sofort schmutzig rot-violett. 


Durch vorstehende Untersuchung sind als Bestandteile des Kuro- 
moji-Öles festgestellt: 

1) Rechts Limonen, 
2) Dipenten, 

3) Terpineol, 

4) Carvol. 

Vergleichen wir diese vier Körper untereinander mit Rücksicht 
auf ihre Struktur und die molekularen Umlagerungen, deren dieselben 
fähig sind, so gelangen wir zu interessanten Resultaten, die ein er- 
neuter Beweis für die einheitliche Schaffenskraft der Pflanze sind. 


Nach den heute geltenden Ansichten der chemischen Wissen- 
schaft dürfen folgende Strukturformeln als richtig anerkannt werden: 


C,H, C,H, CH, 
| | | 


OR Ex er Br t 
HcC/ ScH HC "SCH Hc/ “ch, E07 CH, 


al ie M| e " a " x Ne... 


a ea 0 COH 
EDEL DETDS | | 
CH; H CH, H C,H, C,H, 
Limonen Carvol Dipenten Terpineol 


Schon diese Formeln zeigen, dafs die vier Körper in naher Be- 
ziehung zueinander stehen. Thatsächlich kennen wir auch in dieser 
Reihe mannigfache Übergänge und molekulare Umlagerungen. So 
ist durch H. Goldschmidt*) das Limonen in Carvol übergeführt 
worden, indem Limonennitrosochlorid beim Kochen mit Weingeist 
glatt Carvoxim (O,o Hı, NOH) giebt. Carvoxim spaltet beim Kochen 


*) Berichte d. chem. Ges. 18, 173, 3. 


W.Kwasnik, Über d. flücht. Öld. Lindera sericea Bl. 287 


mit verdünnter Schwefelsäure Hydroxylamin ab und liefert Carvol. 
CH, NOCI = HC1+ C,H, NOH 
CoH„NOH+H,0=C,H,40+NH,O 
Andererseits geht aber Limonen auch durch blofses Erhitzen 
auf 250—270° in Dipenten über. Limonen als auch Dipenten liefern 
bei längerem Stehen mit sehr verdünnten Säuren Terpinhydrat, 
welches durch conc. Phosphorsäure in Terpineol verwandelt wird, 
welches wieder unter Wasserabspaltung leicht in Dipenten übergeht. 
Diese Übergänge lassen sich am besten durch folgendes Schema 


darstellen: 
Dipenten $— __  Limonen — > Carvol 
\ 
x 
EN 
N % 
wa We 


Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen 
Institut der Universität Marburg. 


42. Über Berberisalkaloide 
(VII. Mitteilung) 
von Ernst Schmidt. 


Bei dem Studium des Berberins und Hydroberberins, welches 
mich im Verein mit meinen Schülern seit längerer Zeit beschäftigt, habe 
ich unter anderem auch das Verhalten dieser Basen gegen Brom in 
den Bereich der Untersuchung gezogen, um hierdurch einen Einblick 
in die Reaktion zu gewinnen, welche sich bei dem Übergange von 
Berberin in Hydroberberin: 

Ca Hi, NO; Ca Hzı NO, 

Berberin Hydroberberin 
unter dem Einflusse von Wasserstoff im siatu nascendi vollzieht. 
Da frühere Versuche!) gelehrt hatten, dafs das Berberin zu dem 
Hydroberberin weder in dem Verhältnisse eines Chinons zu einem 


1) Dieses Archiv 1890, 600. 


288 E. Schmidt, Über Berberisalkaloide. 


Hydrochinon, noch in dem des Chinolins zu dem Tetrahydrochinolin: 
C,H,N C, H,o. NH 
Chinolin Tetrahydrochinolin 
steht, schien es a priori nicht ausgeschlossen zu sein, dafs die vier 
Atome Wasserstoff, welche das Berberin bei dem Übergange in 
Hydroberberin addiert, möglicherweise zur Aufhebung von zwei 
doppelten Bindungen Verwendung fänden. War diese Vermutung 
richtig, so stand zu erwarten, dafs sich durch Einwirkung von Brom 
eine analoge Reaktion vollziehen würde. 

Obschon die bezüglichen Versuche, welche H. Schreiber!) und 
R. Gaze?) seiner Zeit auf meine Veranlassung ausführten, un- 
zweifelhaft darthaten, dafs bei der Einwirkung von Brom auf Berberin 
von einer Lösung doppelter Bindungen nicht die Rede sein kann, 
so schien es mir doch wünschenswert zu sein, diese Reaktion wieder- 
holen zu lassen, um hierdurch einesteils einige kleine Differenzen, 
welche in den Beobachtungen von Schreiber und von Gaze ob- 
walten, aufzuklären, anderenteils um die aus dem Hydroberberin ge- 
wonnenen Bromabkömmlinge etwas näher zu studieren. Bei den 
nachstehenden Versuchen, welche Herr C. Link zu diesem Zwecke 
auf meine Veranlassung ausführte, hat sich in Übereinstimmung mit 
den Beobachtungen von Gaze (l. c.) herausgestellt, dafs bei der Ein- 
wirkung von Brom im Überschufs auf wässerige Berberinsulfat- 
lösung ein bromwasserstoffsaures Berberintetrabromid: 
Ca, H;, NO, . Br,, HBr gebildet wird, welches sowohl beim Behandeln 
mit kaltem Alkohol, als auch beim vorsichtigen Erhitzen auf 1000 © 
zwei Atome Brom abgiebt und infolgedessen in bromwasserstoff- 
saures Berberindibromid: Cs, Hz NO, . Bra, H Br übergeht. Beim 
Kochen mit Alkohol werden beide Bromadditionsprodukte des Berberins 
in bromwasserstoffsaures Berberin: Os, H,; NO, H Br + 2H,0 
verwandelt. 

Wirkt Brom auf eine wässerige Lösung von Hydroberberin- 
sulfat oder auf eine Lösung von Hydroberberin in Chloroform ein, 
so resultiert in beiden Fällen bromwasserstoffsaures Hydro- 
berberintetrabromid: (C,, Hzı NO, . Br,, H Br, welches bei 
100° ©. in bromwasserstoffsaures Hydroberberindibromid: 
Ca Hzı NO, .. Br,, H Br übergeht; beim Kochen mit Alkohol werden 


1) Inauguraldissertation Marburg 1888. 
2) Dieses Archiv 1890, 619. 


E. Schmidt, Über Berberisalkaloide. 289 


dagegen beide Bromadditionsprodukte in Hydroberberindibromid: 
C;o Haı NO, .. Bra; + 3H3;0, verwandelt. 

Durch Wasserstoff im siatu nascendi werden dem Hydroberberin- 
dibromid beide Bromatome entzogen und wird infolgedessen Hydro- 
berberin regenerirt. Alkoholische Kalilauge eliminiert dagegen nur 
ein Bromatom, mit dem jedoch gleichzeitig eine der beiden Methyl- 
gruppen, welche in dem Hydroberberin als Methoxyle: O.CH;, vor- 
handen sind, zum Austritt gelangt. Die hierdurch gebildete Ver- 
bindung C,s Hı; Br NO,.O CH;,, welche noch einer weiteren Unter- 
suchung unterzogen werden soll, vereinigt sich mit Silbernitrat zu 
einem gut krystallisierenden Additionsprodukte: 

C,H; BrNO,.0.CH; + Ag NO.. 

Im Anschlufs an letztere Versuche habe ich auch die von dem 
Hydroberberin sich ableitenden quaternären Ammoniumbasen, und 
zwar speziell das Hydroberberinäthylhydroxyd, einer weiteren Unter- 
suchung durch Herrn Link unterziehen lassen. 

Schon Schreiber und später besonders Gaze (]. c.) hatten die 
Beobachtung gemacht, dafs die leicht zersetzbaren Ammoniumbasen 
des Hydroberberins durch längeres Erhitzen auf 100° ©. in sehr 
beständige Verbindungen übergeführt werden können. Es lag nahe, 
diese von Gaze an dem Hydroberberinmethylhydroxyd und -äthyl- 
hydroxyd studierten Umwandlungen dahin zu interpretieren, dafs bei 
denselben die Ammoniumbase, unter Wasserabspaltung, in alkyliertes 
Hydroberberin übergeht, z. B.: 

C,H; N0,.CH,.OH = C,, Hao (CH,) NO, + H,O 
Hydroberberinmethylhydroxyd Methylhydroberberin. 

Diese Annahme schien umsomehr berechtigt zu sein, als die 
Gewichtsabnahme, welche diese Ammoniumbasen bei dem Übergange 
in jene neuen, beständigen Verbindungen erlitten, hiermit im vollen 
Einklang stand. Die Verbindungen C,, Hzı NO,.CH;,.OH + 4H,0 
und C,, Hz NO,.Cy H,. OH + 4H,O verloren bei 100% C., in Über- 
einstimmung wmit dieser Annahme, nicht 4, sondern je 5 Mol. H,O. 
Es schien sich somit auch bei den Ammoniumbasen des Hydrober- 
berins ein Proze(s zu vollziehen, wie sich derselbe auf der Basis der 
A. W. Hofmannschen Reaktion der erschöpfenden Methylierung 
bei dem Morphin, Cocain, Narkotin, Hydrastin etc. realisieren lälst. 

Bei dem näheren Studium dieser alkylierten Hydroberberine 


stellte sich jedoch die bemerkenswerte Thatsache heraus, dafs die- 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds. III. Hft. 19 


290 E. Schmidt, Über Berberisalkaloide. 


selben nicht, wie zu erwarten war, den Charakter tertiärer, sondern 
quaternärer Basen trugen. Als Herr Gaze daher auf das vermeint- 
liche Äthylhydroberberin von neuem Jodäthyl einwirken lies, resul- 
tierte nicht das erwartete Äthylhydroberberinäthyljodid: 
C,, Hso (Ca H,) NO,. C,H, J, 

sondern eine Verbindung der Formel C,, Hs; NO,.C, H, J. Letzteres 
Jodid zeigte mit dem Hydroberberinäthyljodid, welches durch direkte 
Einwirkung von Jodäthyl auf Hydroberberin resultiert, eine solche 
Ähnlichkeit, dafs Gaze glaubte, beide Verbindungen als identisch 
ansprechen zu sollen. Bei der weiteren Untersuchung derselben hat 
sich jedoch herausgesteslt, dals hier nicht identische, sondern nur 
isomere, einander sehr ähnliche Körper vorliegen. 

Dieses Verhalten des Hydroberberinäthylhydroxyds war im Ver- 
gleich mit dem anderer Alkaloidammoniumbasen ein so auffallendes, 
dafs ich Herrn Link veranlafste, dasselbe noch einer weiteren Unter- 
suchung zu unterziehen. 


In Übereinstimmung mit den Versuchen von Gaze verlor auch 

das von Link dargestellte Hydroberberinäthylhydroxyd: 
Cy Hzı NO,.%,H,.0H +4H, 0 
bei 100° C. 5 Mol. H,0. Die hierdurch gebildete Base 
CO, Ha (C> H;) NO,, 
welche lediglich zur Unterscheidung von der ursprünglichen 
Äthylammoniumbase des Hydroberberins vorläufig als „Äthyl- 
hydroberberin“ bezeichnet sein mag, enthält je nach den Bedin- 
gungen, die bei der Umkrystallisation eingehalten werden, 3 oder 
4 Mol. H,0. Während jedoch Gaze von diesen 4 Mol. H,O durch 
Trocknen bei 100° C. nur 2. Mol. auszutreiben vermochte, gelang 
es Link durch längeres Trocknen bei derselben Temperatur aus 
beiden Verbindungen eine Base von der Formel 
C,, Hao (Ca H;) NO, + H30 oder C, Hz, NO,.C,H,.OH 

zu erhalten. Letztere unterschied sich von dem eigentlichen Hydro- 
berberinäthylhydroxyd sehr wesentlich dadurch, dafs sie weder 
alkalische Reaktion besals, noch bei der Aufbewahrung an der Luft 
Kohlensäure anzog. Während ferner die Äthylammoniumbase bei 
100° schliefslich in die Verbindung C,, Hz (C, H;) NO, überging, 
zeigte diese neue Base unter den gleichen Versuchsbedingungen kon- 
stant nur die obige Zusammensetzung. 


E. Schmidt, Über Berberisalkaloide. 291 


Nach diesem Verhalten war zu erwarten, dals das „Äthylhydro- 
berberin“ den Charakter einer tertiären Base besitzen würde. Sonder- 
barerweise ist dies jedoch nicht der Fall. Durch Einwirkung von 
Jodäthyl resultierte vielmehr, wie bereits von Gaze beobachtet wurde, 
eine Verbindung von der Formel C,, Hs; NO,. C,H, J, aus welcher 
das Jodatom durch Kalilauge nicht eliminiert werden konnte, welche 
somit die Eigenschaften eines quaternären Alkylammoniumjodids zeigte. 


Letzteres Jodid ist jedoch nicht identisch, sondern nur isomer mit 
dem Hydroberberinäthyljodid, welches durch direkte Einwirkung von 
Äthyljodid auf Hydroberberin gebildet wird. Auch die sonstigen 
salzartigen Verbindungen des „Äthylhydroberberins“ zeigen in ihren 
physikalischen und in ihren chemischen Eigenschaften grölsere oder 
geringere Verschiedenheiten von den entsprechenden Abkömmlingen 
des Hydroberberinäthylhydroxyds. 

Das Hydroberberinäthylhydroxyd zeigt somit ein Verhalten 
wie dasselbe, wenigstens soweit meine Kenntnis reicht, bisher bei 
keiner Alkaloidammoniumbase beobachtet ist. Ob die Verbindung 
Ca Hz», (C H;) NO,, welche durch Erhitzen des Hydroberberinäthyl- 
hydroxyds auf 100° C. gebildet wird, vor dem Umkrystallisieren ein 
anderes Verhalten zeigt, als nach demselben, werden die weiteren 
Versuche lehren, deren Ausführung ich mir zur Aufklärung dieser 
eigentümlichen Erscheinungen vorbehalte. Hierbei werde ich nicht 
verfehlen, auch zu konstatieren, ob jene beiden isomeren Hydro- 
berberinäthyljodide etwa in Beziehung stehen zu den beiden Modi- 
fikationen des Berberins, deren Auftreten ich bereits früher zu be- 
obachten Gelegenheit hatte.!) 


Ueber Berberin und Hydroberberin 
von Dr. Carl Link. 


Bei der Untersuchung der im Nachstehenden beschriebenen 
Berberinabkömmlinge ging ich direkt von dem käuflichen Berberin- 
sulfat aus, während ich das zu den weiteren Versuchen erforder- 
liche Hydroberberin erst nach dem von Hlasiwetz und von Gilm?) 
angegebenen Verfahren aus Berberinsulfat darstellte. 


1) Dieses Archiv 1390, 598. 
2) Annal. d. Chem. Suppl. 2, 191. 
13: 


292 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


Hydroberberin. 


Das Hydroberberin wurde, wie vorhin erwähnt, nach dem von 
Hlasiwetz und von Gilm angegebenen Verfahren dargestellt, und 
zwar in der Weise, dafs je 30g Berberinsulfat in einem Kolben in 
800ccmWasser suspendiert wurden und das Gemisch nach Zusatz von 
80cem Eisessig, 60cem konzentrierter Schwefelsäure und einer genü- 
genden Menge gekörnten Zinks so lange der Temperatur des Was- 
serbades ausgesetzt wurde, bis die ganze Flüssigkeit klar und 
weingelb geworden war. Bei der Darstellung des Hydroberberins 
ist es erforderlich, dafs eine beständige, gleichmälsig starke Wasser- 
stoffentwicklung zur Bewirkung der Hydrierung des Berberin- 
sulfats stattfindet. Die vereinigten, filtrierten Lösungen des Hydro- 
berberinsulfats wurden, um die Abscheidung der Rohbase und das Ge- 
löstbleiben der Zinksalze zu erzielen, mit starkem Ammoniak im 
Überschufs, unter stetem Umrühren versetzt, worauf sich das Roh- 
hydroberberin in bräunlichen, dicken Flocken niederschlug. Dieser 
Niederschlag wurde nach 24stündigem Absetzen auf einem Saug- 
filter gesammelt, mit verdünntem Ammoniak nachgewaschen und bei 
einer 100090. nicht übersteigenden Temperatur getrocknet. Nach dem 
Trocknen und Zerreiben bildete das Rohhydroberberin ein grau- 
braunes Pulver, welches zur weiteren Reinigung in mälsig warmem 
Chloroform gelöst wurde. Nach Filtration der so erhaltenen, nicht 
zu konzentrierten Lösung überschichtete ich dieselbe vorsichtig mit 
Alkohol, wodurch sich das Hydroberberin in gut ausgebildeten, 
okta@drischen Krystallen schon nach kurzem Stehen ausschied. 


Diese Krystalle besafsen .jedoch noch eine braune, bezw. gelb- 
braune Farbe, und zeigten im auffallenden Lichte eine grünliche 
Fluorescenz. Durch wiederholtes Auflösen in Chloroform, Filtrieren 
der Lösung und Überschichten mit Alkohol, bezw. durch Umkrystal- 
lisieren aus Alkohol, woraus sich das Hydroberberin in büschelförmig 
gruppierten, kleinen Nadeln ausscheidet, kann man die Base in fast 
farblosen Krystallen erhalten. 


Da ich gröfsere Mengen von Hydroberberin darstellte, ver- 
suchte ich ein Umkrystallisieren der Rohbase aus Benzol, was sich 
sehr gut bewährte, da die Verunreinigungen nicht mit in Lösung 
gingen. Bereits nach zweimaligem Umkrystallisieren aus Benzol er- 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin 293 


hielt ich die Base in gelblich-weilsen, kleinen Prismen, die mir zu 
den weiteren Versuchen dienten. 

Die Elementaranalyse der so erhaltenen Krystalle ergab die 
erwartete Zusammensetzung und bestätigte die Reinheit des 


Präparats. 
I. 0,2536g gaben 0,6589 CO, und 0,1462 H,O 
1440 2072 092 rl: 
Berechnet für: Gefunden: 
C,H, NO, I 180 
6 70,79 Proz. 710,91 Proz. 70,54 Proz. 
je} LO 642 „ Der 


Die Stickstoffbesimmung des Hydroberberins wurde nach der Me- 
thode von Will-Varrentrapp ausgeführt. 

Das aus 0,3026 g Hydroberberin gebildete Ammoniak verbrauchte 
8,96ccm 1/, Normal HCl zur Neutralisation, entsprechend 0,012544 N oder 
4,14 Proz. N, was der Berechnung genau entspricht. 

Der Schmelzpunkt des Hydroberberins wurde in zwei Fällen 


bei 167° C gefunden, was mit früheren Untersuchungen im Ein- 
klang steht. 


Einwirkung von Brom auf Berberin. 

Sowohl Schreiber, wie Gaze haben die Einwirkung von Brom 
auf Berberin in saurer Lösung in den Bereich ihrer Untersuchungen 
gezogen. Schreiber erhielt ein gelbliches, amorphes Präcipitat 
welches er nach dem Auswaschen mit kaltem Alkohol und Trocknen 
bei 100 0°C auf Grund seiner Analysen als bromwasserstoffsaures Ber 
berindibromid charakterisiertee — Gaze erhielt ein amorphes 
Perbromid, das beim Behandeln mit kaltem Alkohol zwei Atome 
Brom abspaltete und ebenfalls in hromwasserstoffsaures Berberin- 
dibromid überging. Beim Trocknen des lufttrockenen Perbromids 
bei 100°C bis zum konstanten Gewicht erhielt jedoch Gaze bei 2 
Proben verschiedener Provenienz zwar denselben Gewichtsverlust, 
aber die von den Restproducten ausgeführten Brombestimmungen 
gaben stark abweichende Resultate. 

Beim Erwärmen des bromwasserstoffsauren Berberindibromids 
mit Alkohohl hatten beide Herrn die Beobachtung gemacht, dafs 
zwei Atome Brom sich abspalteten und die Verbindung in Folge 
dessen in bromwasserstoffsaures Berberin überging. Um nun die 
Differenzen in den Angaben der beiden Herren zu klären, bezüglich 
um zu entscheiden, ob die von denselben gewonnenen bromwasser- 


294 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


stoffsauren Berberindibromide identisch sind oder nicht, wiederholte 
ich die angegebenen Versuche. 

Zu diesem Zwecke löste ich nach Angabe von Schreiber 10 g 
Berberinsulfat in 500 cem Wasser auf dem Wasserbade, liefs die 
Lösung erkalten und setzte dann Bromwasser hinzu. Es entstand 
hierdurch zuerst ein gelber, amorpher Niederschlag, der sich bei 
weiterem Zusatz von Bromwasser vermehrte, dabei jedoch eine 
dunklere Farbe annahm und schliefslich, nachdem Bromwasser in 
starkem Überschusse hinzugefügt war, eine rotbraune Farbe zeigte. 
Dieser Niederschlag wurde nach 12 stündigem Stehen vermittelst der 
Saugpumpe von der überstehenden Flüssigkeit getrennt, ausge- 
waschen, zwischen Flie(/spapier vollkommen lufttrocken gemacht und 
in einem Exsiccator über Ätzkalk so lange liegen gelassen, bis der 
Bromgeruch verschwunden war. 


Der Bromgehalt wurde nach Carius bestimmt und gaben 
0,3356 g 0,3967 Ag Br = 53,42 Proz. Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Hy, NO, . Br, HBr Gaze Link 
Br 54,35 Proz. 53,05 Proz. 53,42 Proz. 


In Erwägung der amorphen Beschaffenheit dieser Bromverbin- 
dung und unter Berücksichtigung der leichten Zersetzbarkeit der- 
selben dürfte die Verbindung im Einklang mit den Angaben von 
Gaze als bromwasserstoffsaures Berberintetrabromid anzu- 
sprechen sein. 

Ein Teil dieser Verbindung wurde, um die Art der Bindung der 
Bromatome zu prüfen, mit kaltem Alkohol angerieben und längere 
Zeit stehen gelassen. Sie nahm hierdurch hellere Farbe an, während 
die Flüssigkeit sich rotbraun färbte.e Nach Abgiefsen derselben 
wurde der Niederschlag nochmals mit Alkohol von gewöhnlicher 
Temperatur angerieben, einige Zeit stehen gelassen, dann auf einem 
Filter gesammelt und nun so lange mit Alkohol ausgewaschen, bis 
letzterer nur noch schwach gelb gefärbt abliet. 


Der Niederschlag stellte nach dem Trocknen zwischen Fliefs- 
papier ein geiblich-braun gefärbtes Pulver dar; der Bromgehalt 
wurde nach Carius bestimmt. 

0,2418 g gaben 0,2432 Ag Br = 42,63 Proz. Br. 
Berechnet für: Gefunden: 
Ca, H,, NO, .. Br,, HBr. Gaze Link 
Br 41,66 Proz. 42,98 Proz. 42,63 Proz. 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 295 


Durch die Behandlung des bromwasserstoffsauren Berberintetra- 
bromids mit kaltem Alkohol werden somit demselben in der That, 
wie bereits Gaze konstatierte und Schreiber indirekt ermittelte, 
2 Atome Brom entzogen, so dals hierdurch bromwasserstoffsaures 
Berberindibromid gebildet wird. 

Darnach scheinen in dem bromwasserstoffsauren Berberintetra- 
bromid 2 Atome Brom bedeutend lockerer gebunden zu sein als die 
beiden anderen. — Da die Möglichkeit vorlag, dafs sich beim Er- 
hitzen auf 100° C©. ebenfalls 2 Atome Brom aus dem Perbromid ab- 
spalteten, so trocknete ich 0,8772 g des lufttrockenen, rotbraunen 
bromwasserstoffsauren Berberintetrabromids bei 1000 C bis zum 
konstanten Gewicht; dieselben verloren 0,1875 g, entsprechend 
21,37 Proz. Das Pulver nahm beim Trocknen eine etwas hellere 


Farbe an. 
Der Bromgehalt wurde in dem Trockenrückstande nach Cariu 
bestimmt: 
0,2531 g gaben 0,2444 Ag Br = 41,58 Proz. Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
CH H, NO, Br;, HPBr 
Br 41,66 41, 58 Proz. 


Da ein bromwasserstoffsaures Berberintetrabromid bei einer Ab- 
gabe von zwei Atomen Brom annähernd einen Verlust von 21, 37 Proz. 
erfordert, so ist daraus zu folgern, dafs das Perbromid sowohl beim 
vorsichtigen Erhitzen auf 100° C, wie beim längeren Behandeln mit 
Alkohol von gewöhnlicher Temperatur 2 Atome Brom abgiebt und in 
bromwasserstoffsaures Berberindibromid übergeht. Das auf die eine 
oder die andere Weise erhaltene bromwasserstoffsaure Berberin- 
dibromid ist identisch, da beide Verbindungen beim Kochen mit 
Alkohol in bromwasserstoffsaures Berberin übergehen. 

Gaze ’s abweichende Resultate bei der Untersuchung der auf 
1009 C. erhitzten Einwirkungsprodukte sind wahrscheinlich auf die 
verhältnifsmäfsig leichte Zersetzbarkeit der Bromadditionsprodukte 
bei höherer Temperatur zurückzuführen. — Beim Kochen des rot- 
braunen Perbromides mit Alkohol trat eine tiefer greifende Zerset- 
zung ein, indem sich Brom abspaltete und zugleich die dunkelbraune 
Farbe des Alkohols in eine gelblich braune überging.. Nach dem 
Erkalten der Flüssigkeit schieden sich aus der alkoholischen Lösung 
reichliche Mengen strahlig gruppierter Krystalle aus, welche durch 
mehrmaliges Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol und schliefs- 


296 ©. Link, Lber Berberin und Hydroberberin, 


lich aus Wasser in Gestalt von schön gelben, zarten Nadeln ge- 
wonnen wurden. 

Diese Nadeln erwiesen sich als wasserhaltig, denn bei 1000 ©. 
bis zum konstanten Gewicht getrocknet verloren 0,2618 g 0,1218 g 
= 8,12 Proz. H,O. 

Der Bromgehalt wurde nach Carius bestimmt; 

0,1420 g gaben 0,0646 Ag Br=19,31 Proz. Br. 
Diese Zahlen stimmen, im Einklang mit den Beobachtungen von 


Gaze und von Schreiber, mit denen überein, welche das brom- 


wasserstoffsaure Berberin verlangt. 


Berechnet für: Gefunden: 
Cy9, Hı, NO,.HBr +2 H;0 

H,O 7,87 Proz. 8,12 Proz. 

Br 19,22 Proz. 19, 31.XBroz 


Aus den angeführten Versuchen und Analysen ergiebt sich 
Folgendes: Beim Behandeln einer wässerigen Berberinsulfatlösung 
in der Kälte mit Brom im Überschufs bildet sich ein bromwasser- 
stoffsaures Berberintetrabromid, welches sowohl beim Behandeln mit 
kaltem Alkohol, wie beim vorsichtigen Erhitzen auf 1000 C. bis zum 
konstanten Gewicht in bromwasserstoffsaures Berberindibromid über- 
geht, indem sich 2 Atome Brom abspalten. Das bromwasserstoffsaure 
Berberindibromid giebt dann beim Kochen mit Alkohol die beiden 
anderen Bromatome ab und geht in Folge dessen in bromwasser- 
stoffsaures Berberin über. Aus der verhältnifsmälsig leichten Ab- 
spaltbarkeit der 4 Bromatome geht hervorvor, dals die 4 Brom- 
atome nur addierend angetreten sind, vielleicht in der Art der 
Brombindung in den Perbromiden; jedoch müssen in dem 
fraglichen Perbromide 2 Bromatome bedeutend lockerer gebunden 
sein als die beiden anderen. 


Einwirkung von Brom auf Hydroberberin. 


Schreiber fand, dafs sich bei der Einwirkung von Brom auf 
Hydroberberin in saurer, wässeriger Lösung ein bromwasserstoff- 
saures Hydroberberindibromid bildet, welches sowohl beim Erhitzen auf 
1000 C., wie beim Kochen mit Alkohol in ein krystallisierbares, 
wasserhaltiges Hydroberberindibromid übergeht. 

Gaze schlug einen anderen Weg der Bromierung ein, indem er 
Hydroberberin und Brom in Chloroform gelöst auf einander einwir- 
ken liefs. Er erhielt ein amorphes, wenig beständiges bromwasser- 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 297 


stoffsaures Hydroberberintetrabromid; aus den Mutterlaugen gewann 
er gleichzeitig ein aus Chloroform krystallisierbares, beständiges 
Perbromid. 

Um festzustellen, ob sich sowohl :nach der Schreiber'schen, 
wie nach der Gaze’schen Methode identische Bromadditionsprodukte 
bildeten, bezw. wie sich dieselben beim Erhitzen auf 100° C. und 
beim Behandeln mit kochendem Alkohol verhalten, wiederholte ich 
die Darstellung derselben auf beide Art. 


a. Zur Bereitung des Schreiber ’schen Einwirkungsproduktes löste 
ich 10 g Hydroberberin in etwa 500 ccm Wasser, welches mit 
Schwefelsäure stark angesäuert war, auf dem Wasserbade. Nach 
dem Erkalten der weingelben Lösung tügte ich Bromwasser unter 
stetem Umrühren hinzu. Es entstand zuerst ein gelber Niederschlag, 
der sich bei weiterem Zusatz von Bromwasser vermehrte und 
schliefslich, nachdem Bromwasser in starkem Überschufs vorhanden 
war, eine dunkelbraune Farbe zeigte. Der Niederschlag wurde nach 
12stündigem Stehen vermittelst der Saugpumpe von der überstehen- 
den, braunen Flüssigkeit getrennt, mit Wasser so lange ausgewaschen, 
bis dasselbe nur noch schwach gelb. gefärbt ablief, zwischen Fliefs- 
papier lufttrocken gemacht und dann über Ätzkalk in einem gut 
schliefsenden Exsiccator einige Zeit lang aufbewahrt. Er stellte nun 
ein amorphes, dunkelbraunes, schwach nach Brom riechendes Pulver 
dar. Nach Schreiber soll dasselbe eine gelbe Farbe besitzen und 
in Wasser und Alkohol leicht löslich sein; ich kann beides nicht 
bestätigen. 


Beim Erhitzen auf 100° ©. bis zum konstanten Gewicht verliert 
das Einwirkungsprodukt unter Farbenänderung in rotbraun an Ge- 
wicht, und zwar wurden hierbei abgegeben von: 


1. 05952 g . . . . 0,1220 = 20,50 Proz. 
04316 8... . v...: 0,0915 2120 , 
EI WS EN... 5100972 20,97. 
IV. 23708 . ... 05146= 21,64 , 


Von dem bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht getrockneten 
Einwirkungsprodukte ergaben nach Carius: 


102088. 7 . 02011 Ag Br = 41,37 Proz. Br. 
2 8 Ba 23 21 ag la ea IE 1: eh ah 
BT1..07P601 € 9 te 


IN OB Es. 02a, 


298 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


Das lufttrockne Einwirkungsprodukt hatte dagegen einen etwa 
10 Proz. höheren Bromgehalt, indem nach Carius ergaben: 


I. 0,3256 8 . . . 0.4083 Ag Br = 53,72 Proz. Br. 
IL. 0.2406 2 RBBBR n. -—= 5440 
III. 029588 . . . 0,3768 .. =D Zu 


Aus diesen Analysen geht hervor, dafs sich beim Behandeln von 
Hydroberberin mit Brom im Überschuss bromwasserstoffsaures 
Hydroberberintetrabromid: Cs, Hs; NO, . Br,, HBr. bildet, denn ein 
solches verlangt 54,05 Proz. Brom, was mit den gefundenen Besul- 
taten gut übereinstimmt. Beim Erhitzen auf 100° ©. bis zum kon- 
stanten Gewicht verliert dieses Perbromid, analog dem Perbromid 
des Berberins, 2 Atome Brom, entsprechend einem (Gewichtsverlust 
von 21,62 Proz., ein Verlust, der mit meinen Daten im Einklang steht. 
Das so getrocknete Einwirkungsprodukt, bromwasserstoffsaures Hy- 
droberberindibromid: Co Hs; NO, . Brz, HBr verlangt einen Brom- 
gehalt von 41,36 Proz.; ich erhielt in 4 Fällen mit letzterem gut 
stimmende Resultate. 


Um mich über die Zusammensetzung des bei 100° C. bis zum 
konstanten Gewicht getrockneten Einwirkungsproduktes zu verge- 
wissern, unterwarf ich dasselbe der Elementaranalyse mit Bleichro- 
mat und vorgelegter, reduzierter Kupferspirale: 


I. 0,3216 g lieferten 0,4840 CO, und 0,1026 H,O 
II. 0,2982 g = 0,4506 „ Be 5-7 - 


Berechnet für: Gefunden: 

Ca, Haı NO, . Bra, HBr : EB: 
C 41,38 Proz. 41,11 Proz. 41,22 Proz. 
bag wi DER 354 75 3aan it 


Schreiber hatte beim Kochen des ursprünglichen Einwirkungs- 
produktes mit Alkohol ein krystallisierbares, wasserhaltiges Hydro- 
berberindibromid erhalten; ich gewann diese Verbindung ebenfalls in 
ähnlicher Weise. 


Beim Kochen des bromwasserstoffsauren Hydroberberintetra- 
bromids mit Alkohol nahm diese Verbindung eine rötlich-gelbe Fär- 
bung an, während sich die überstehende Flüssigkeit braun färbte. 
Nach längerem Kochen auf der Asbestpappe mit aufgelegtem Uhr- 
glase löste sich bei genügender Alkoholmenge das gesamte Perbro- 
mid aut, indem sich zugleich die Farbe der Lösung von dunkelbraun 
in gelbbraun veränderte. 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 299 


Nach kurzer Zeit schon schieden sich gröfsere Mengen eines in 
bräunlich-gelben Nadeln krystallisierenden Körpers aus; ich reinigte 
denselben durch Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol und 
schliefslich aus Wasser. Hierdurch erzielte ich ein in schön gelb- 
braunen Nadeln krystallisierendes Salz. 

Wie schon erwähnt, nahm das Perbromid bei kurzer Einwirkung 
von kochendem Alkohol eine rötlich-gelbe Färbung an. Ich prüfte 
dieses Produkt mehrfach auf seinen Bromgehalt, erhielt jedoch nur 
Werte, die zwischen 40—50 Proz. Brom schwankten, je nach der 
Länge der Einwirkung des kochenden Alkohols. 

Die gelbbraunen Nadeln, welche sich bei längerem Kochen des 
bromwasserstoffsauren Hydroberberintetrabromids mit Alkohol bil- 
deten, waren wasserhaltig. 

Es verloren bei 1000C. 


ERDE. . %:.0,0120 =8901 Proz: H,O 
N EN 
Berechnet für: Gefunden: 
CH5;NO,.Brz, + 3H,0 I 181 


H,0 = 9, 70 Proz. 9,901 Proz. 9,02 Proz. 
im Mittel 9,46 Proz. 
Der Schmelzpunkt des bei 1000C bis zum konstanten Gewicht 
getrockneten Salzes lag bei 175—178°C.; vor dem Schmelzen trat 
eine Dunkelfärbung, bezw. Zersetzung ein. 


Der Bromgehalt wurde nach Carius bestimmt: 
0,1060 g gaben 0,0799 AgBr = 32,15 Proz Br 


Berechnet für: Gefunden. 
CH, NO,.Br; 
Br 32,04 32,15 Proz. 


Um mich zu überzeugen, dafs beim Trocknen auf 100°C kein 
Brom, sondern nur Krystallwasser entweicht, führte ich von dem 
lufttrocknen Salze ebenfalls eine Brombestimmung aus; nach 
Carius gaben: 

0,2690 g 0,2096 g AgBr = 30,43 Proz. Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
C4H3}NO,;Br,z + 3H,0 
Br 30,12 Proz. 30,43 Proz. 


Um mich weiter über die Zusammensetzung dieses Dibro- 
mides zu unterrichten, unterwarf ich dasselbe, bei 100°C ge- 
trocknet, der Elementaranalyse mit Bleichromat und vorgelegter 
reduzierter Kupferspirale: 


300 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


0,1930g gaben 0,3440 CO, und 0,0752 H;0. 


Berechnet für: Gefunden: 
CyH5, NO, . Br; 
6 48,09 Proz. 48,16 Proz. 
H 4,21 = 4,35 2 


Aus diesen Analysen geht hervor, dafs sich, in Übereinstimmung 
mit Schreiber, beim Kochen des Hydroberberinperbromides ein 
in Alkohol und Wasser ziemlich leicht lösliches Dibromid bildet. 
Abweichend hiervon geht unter sonst gleichen Bedingungen das 
Berberinperbromid in bromwasserstoffsaures Berberin über. 

b. Nach Gaze löste ich 10g Hydroberberin in möglichst wenig 
Chloroform auf, brachte die Lösung in eine Kältemischung und 
setzte alsdann Brom, welches ich in Chloroform gelöst und eben- 
falls in einer Kältemischung abgekühlt hatte, allmälich unter Um- 
schwenken des Gefässes hinzu, bis das Ganze deutlich den Geruch 
nach Brom zeigte. Es begann sich bald ein rotbrauner Nieder- 
schlag zu bilden, der sich bei weiterem Zusatz von Brom 
vermehrte und schliefslich zu einer breiartigen, krystallinischen 
Masse erstarrte.. Den Niederschlag befreite ich vermittels der 
Saugpumpe von der Mutterlauge, wusch denselben so lange mit 
Chloroform nach, bis letzteres nur noch schwach gelb gefärbt 
ablief und prefste denselben zwischen Fliefspapier, bis er vollkom- 
men lufttrocken war, 

Da der Niederschlag auch dann noch Brom abdunstete, über- 
überliefs ich das Einwirkungsprodukt in einem Exsiccator über 
Ätzkalk längere Zeit sich selbst, bis ein Geruch nach Brom nicht 
mehr zu bemerken war, und das Ganze eine rötlich gelbe Farbe 
angenommen hatte. 

Ich bestimmte den Bromgehalt des Einwirkungsproduktes nach 
Carius, und erhielt einen Wert, der, im Einklang mit Gaze, 
einem bromwasserstoffsauren Hydroberberintetrabromid am besten 


entspricht. 
0,2238g gaben 0,3003 AgBr = 54,64 Proz. Brom. 
Berechnet für: Gefunden: 
CH NO, . Br,. HBr Gaze Link 
Br 54,05 Proz- 52,37 Proz. 54,64 Proz. 


Beim Kochen des so erhaltenen Bromides mit Alkohol auf der 
Astbestpappe nahm diese Verbindung ebenfalls eine hellere Farbe an 
und löste sich schliefslich vollständig auf. Nach kurzer Zeit 
schieden sich auch hier nadelförmige, gelblich-braune Krystalle 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 301 


ab, die ich aus verdünntem Alkohol umkrystallisierte und dieselben 
hierdurch in Form von kleinen, gelbbraunen Prismen erhielt. 


0,9832g bei, 100° zum konstanten Gewicht getrocknet, verloren 
0,0915 = 9,307 Proz. H;O. 


Berechnet für: Gefunden: 
C4„Hs4NO, . Bra + 3H;0 
H,O 9,70 Proz. 9,307 Proz. 


Der Schmelzpunkt des bei 100°C getrockneten Salzes lag 
(unter Farbenveränderung und Zersetzung) bei 178—180 °C. 


Zur genaueren Feststellung der Zusammensetzung unterwarf ich 
die bei 100 0C getrocknete Verbindung der Elementaranalyse mit 
Bleichromat und vorgelegter reduzierter Kupferspirale; 

0,2038g lieferten 0,3694 CO, und 0,0786 H;0. 


Berechnet für: Gefunden: 
C9H5,NO;. Bra 
C 48,09 Proz. 48,14 Proz. 
H Aal NM us 


Die Brombestimmung des lufttrockenen Salzes ergab nach Carius 
30,83 Proz. Brom, 0,1988g lieferten nämlich 0,1586 Ag Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
C„H3N0,;- Bra + 3H,0 
Br 30,12 Proz. 30,83 Proz. 


Der Bromgehalt des bei 10000 getrockneten Salzes wurde eben 
falls nach Carius bestimmt: 
0,1923g gaben 0,1522 AgBr = 32,46 Proz. Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
C4H35,N0, - Brz 
Br 32,04 Proz. 32,46 Proz. 


Aus den angeführten Daten ergiebt sich, dafs das durch Kocheı, 
des Gaze’schen Perbromides mit Alkohol gebildete Salz ebenfalls 
als Hydroberberindibromid anzusprechen ist, und zwar ist dasselbe 
nach dem Schmelzpunkte, der Krystallform und den Löslichkeits- 
verhältnissen identisch mit dem aus dem Schreiber’schen 
Perbromid dargestellten Dibromid. 

Die Mutterlauge des Perbromids, welche eine dunkel rotbraune 
Farbe besafs und deutlich Brom abdunstete, hatte nach einigen 
Tagen neben einem amorphen Körper ziemlich gut ausgebildete, 
fast schwarze Kıystalle abgeschieden. Bei der Darstellung des 
Schreiber’schen Perbromides bestand dagegen die überstehende 
Flüssigkeit nur aus Bromwasser, da das Hydroberberin quantitativ 


302 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


durch das Brom ausgefällt wird und das gebildete Einwirkungs- 
produkt in Wasser unlöslich ist. 

Ich sammelte die vorhin erwähnten Krystalle, liefs dieselben 
von derMutterlauge abtropfen, löste sie wiederum in Chloroform und 
stellte die Lösung zum Verdampfen bei Seite. Nach kurzer Zeit 
hatten sich dunkelbraune Nadeln gebildet, welche, mit Alkohol 
abgewaschen, zwischen Fliefspapier getrocknet wurden. Nach dem 
Trocknen bildeten diese Krystalle gut ausgebildete, dunkelbraune 
Nadeln, die, zerrieben, ein braunes Pulver lieferten. 


Ber Bromgehalt wurde nach Carius bestimmt: 
0,4230 gaben 0,5013 AgBr = 53,22 Proz. Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
CyHH3,NO;. Br; 3 HBr Gaze Link 
Br 54,05 Proz. 54.86 Proz. 53,22 Proz. 


Aus den angeführten Bestimmungen ziehe ich den Schluls, dafs 
das nach der Gaze’schen Methode dargestellte, zum Teil in 
Chloroform lösliche Perbromid ebenfalls als bromwasserstoffsaures 
Hydroberberintetrabromid anzusprechen und mit dem Schreiber- 
schen Perbromid identisch ist, da die durch Kochen mit Alkohol 
erhaltenen Dibromide in allen ihren Eigenschaften übereinstimmen. 


Einwirkung von Kalilauge auf das Hydroberberindibromid. 


Gaze hatte bei der Einwirkung von überschüssiger alkoholischer 
Kalilauge auf das Perbromid einen bromhaltigon Körper erhalten, dessen 
Bromgehalt annähernd mit dem eines Monobromhydroberberins über- 
einstimmte. 

Um diesen Körper genauer zu studieren, und zugleich Auf- 
schlufs darüber zu erhalten, in welcher Weise die Brumatome an 
das Hydroberberin angelagert seien, bemühte ich mich, den neuen 
Körper in gröfserer Menge darzustellen. 

Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es mir, durch Ein- 
wirkung von alkoholischer Kalilauge auf das Hydroberberindibromid 
ein gut krystallisierendes Produkt zu erhalten. Zu diesem Zwecke 
löste ich 10 g Dibromid in etwa 200 cem Alkohol und setzte soviel 
alkoholische Kalilauge langsam unter Umschwenken des Gefälses 
hinzu, dafs auf 1 Atom Brom 1 Molekül KOH zur Einwirkung kam; 
die Mischung reagierte alsdann schwach alkalischh Nach ein- 
stündigem Erwärmen auf dem Wasserbade leitete ich !/, Stunde 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 303 


lang einen getrockneten Kohlensäurestrom in die gelblich-braune 
Lösung ein und gols dann letztere von dem ausgeschiedenen Brom- 
kalium und harzartigen Substanzen ab. Diese Lösung engte ich als- 
dann auf dem Wasserbade auf ihr halbes Volumen ein, filtrierte und 
überliefs sie dann der Krystallisation. Es schied sich alsbald ein 
braungelber, warzenförmig aussehender, krystallinischer Körper ab, 
der noch durch Bromkalium verunreinigt war. Zur Trennung der 
beiden Körper übergofs ich dieselben mit einem Gemisch aus Äther 
und Chloroform, wobei das Bromkalium ungelöst blieb, während der 
andere Körper in Lösung ging. 

Die Lösung überliefs ich nach dem Filtrieren der freiwilligen 
Verdunstung. Es schied sich hierdurch ein gelb-brauner, krystalli- 
nischer Körper ab, den ich auf porösen Thonplatten von der Mutter- 
lauge befreite und aus einer Mischung von absolutem Alkohol und 
Essigäther mehrfach umkrystallisierte. 

Ich erhielt so gelbliche, prismatische Krystalle, die, zerrieben, 
ein weilsliches Pulver gaben, dessen Schmelzpunkt bei 153—155° C. 
lag. Der Schmelzpunkt des Gaze’schen Körpers lag bei 148 bis 
1510 ©. 

- In Wasser waren die Krystalle unlöslich, ziemlich leicht löslich 
dagegen in kochendem, absolutem Alkohol. Auf Zusatz von wässe- 
riger Silbernitratlösung trat in letzterer Lösung fast keine Ver- 
änderung ein. Die Bestimmung des Bromgehalts wurde nach 
Carius ausgeführt; 0,2230 g gaben 0,1043 AgBr = 19,91 Proz. Brom. 

Gaze fand im Durchschnitt 20,07 Proz. Brom, ein Resultat, das 
mit dem von mir gefundenen übereinstimmt. 

Ich unterwarf den neuen Körper, behufs genauer Feststellung 
seiner Zusammensetzung, der Elemetaranalyse mit Bleichromat und 


vorgelegter, reduzierter Kupferspirale: 
I. 0,3392 g lieferten 0,7010 CO, und 0,1386 H,O 
II. 022228 = 0457042, 255 10.0927, ; 


Berechnet für: Gefunden: 
C,H, NO, . Br T. II. 
C 56,44 Proz. 56,36 Proz. 56,25 Proz. 
H 446 „ 459 „ 451. „ 
Br LS 19,91 Proz. 


Nach der Elementaranalyse unterscheidet sich somit der erhaltene 
Körper von dem Ausgangsprodukt, dem Hydroberberindibromid : 
C39Hzı NO, . Bra, durch einen Mindergehalt von CH3Br. 


304 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


Da die Möglichkeit vorlag, dafs die CH,gruppe einer der beiden 
im Hydroberberin vorhandenen Methoxylgruppen durch die Ein- 
wirkung der alkoholischen Kalilauge abgespalten war, so führte ich 
zwei Methoxylbestimmungen nach der Zeisel’schen Methode aus: 
I. 0,2242 g gaben 0,1354 AgJ 
1842013308, 0,4.0,0935,4,.1% 
Substanz: DBerechn. Menge AgJ: Gef. Menge Ag): 


0,2242 0,1304 0,1345 
0,1580 0,0919 0,0935 
:Berechn. Menge Methoxyl: Gef. Menge Methoxyl: 
1,67 Proz. 1,389 Proz. 
167 , 118 „ 


Aus diesen Analysen möchte ich den Schlufs ziehen, dafs in 
Übereinstimmung mit Gaze den Bromadditionsprodukten des Hydro- 
berberins durch Einwirkung alkoholischer Kalilauge nicht sämtliche 
Bromatome entzogen werden können. Bei der Einwirkung der alko- 
holischen Kalilauge wird jedoch nicht nur 1 Atom Brom, sondern 
gleichzeitig auch eine CH3gruppe einer Methoxyl-Gruppe aus dem 
Dibromid eliminiert. Von den beiden Bromatomen des Hydro- 
berberindibromids mu/s somit das eine Atom in anderer Weise, und 
zwar fester gebunden sein als das andere. In welcher Weise jedoch 
dieses Bromatom in dem ursprünglichen Dibromid, bezüglich in dem 
daraus entstandenen OH,Br-ärmeren Körper gebunden ist, mufs 
zunächst dahin gestellt bleiben. Jedenfalls ist die fragliche Ver- 
bindung nicht als ein Hydrobromid aufzufassen, da dieselbe in alko- 
holischer Lösung mit Silbernitrat kein Bromsilber, sondern ein 
Additionsprodukt der Formel CjgH;s NO, . Br + AgNO; liefert. 

Auf Zusatz von Silbernitratlösung zu der Lösung des durch die 
Einwirkung von alkoholischer Kalilauge neu entstandenen Produktes in 
heifsem, absolutem Alkohol schieden sich nach den Beobachtungen 
von Gaze nach dem Erkalten farblose, tafelförmige Krystalle aus. 

Ich wiederholte diesen Versuch, um die Zusammensetzung dieser 
Verbindung festzustellen, indem ich eine Lösung des bromhaltigen 
Körpers in absolutem Alkohol mit alkoholischer Silbernitratlösung 
versetzte. Nach einiger Zeit hatten sich kleine, tafelförmige Krystalle 
ausgeschieden, die mit einer dünnen, schwarzen Schicht reduzierten 
Silbers bedeckt waren. Ich löste daher diese Krystalle nochmals in 
heifsem, absolutem Alkohol, filtrierte die Lösung durch ein kleines 
Filter und liefs dieselbe gut bedeckt, bei Lichtabschlufs, erkalten. 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 305 


Ich erhielt auf diese Weise weilse, kleine, atlasglänzende Tafeln, 
die ich nach dem Abtropfen der Mutterlauge vorsichtig zwischen 
Fliefspapier bei Lichtabschlufs trocknete. 

Ich bestimmte den Silbergehalt dieses Salzes, indem ich die 
fein zerriebenen Täfelchen in einem Becherglase mit starker Salpeter- 
säure übergofs und, mit einem Uhrglase bedeckt, einige Zeit lang 
"auf dem Wasserbade stehen liels. 

Nach Zersetzung des Pulvers ermittelte ich in der mit Wasser 
verdünnten Lösung das Silber als Chlorsilber. 

0,3204 g gaben 0,0790 AgCl = 18,54 Proz. Ag. 


Berechnet für: Gefunden: 
C,H; NO,.Br +AgNO, 
Ag 18,81 Proz. 18,54 Proz. 


Um mich zu vergewissern, dafs in dem Silbersalze an ein 
Molekül des neuen Körpers ein Molekül Silbernitrat addierend an- 
getreten war, erhitzte ich 0,2120 g mit rauchender Salpetersäure 
nach Carius im Bombenofen. 0,2120 g gaben 0,0687 AgBr = 
32,41 Proz. AgPr. 

Das Filtrat von dem Bromsilber teilte ich in zwei Teile und 
setzte zu dem ersten Silbernitratlösung, zu dem zweiten Salzsäure; 
es trat in beiden Fällen keine Trübung der Flüssiekeit ein, ein 
Beweis, dals in dem Salze aequivalente Mengen von Brom und 
Silber sich finden. 


Berechnet für: Gefunden : 
C,9H1s NO, R Br E AgNO, 
AgBr 32,75 Proz. 32,41 Proz. 


Einwirkung von Salpetersäure auf Hydroberberindibromid. 


Um festzustellen, ob das Hydroberberindibromid noch basische 
Eigenschaften besitzt, löste ich etwa 4g davon in heiflsem Wasser, 
liefs die Lösung erkalten und setzte alsdann verdünnte Salpetersäure 
unter Umschwenken des Gefälses bis zur deutlich sauren Reaktion 
hinzu. Es schied sich sofort ein krystallinischer, gelblich-brauner 
Niederschlag ab, den ich auf dem Saugfilter sammelte, mit wenig 
Wasser abwusch und zwischen Fliefspapier lufttrocken machte. 

Der Schmelzpunkt dieser Verbindung war wegen Zersetzung 
der Substanz, die bei etwa 180—1900C. eintrat, nicht scharf zu 
beobachten. 

Die bei der Analyse dieses Produktes gefundenen Resultate 
stimmten jedoch weder auf ein salpetersaures Hydroberberindibromid, 
noch auf unverändertes Hydroberberindibromid, so dals ich es zu- 

Arch. d. Pharm, XXX. Bds. 4. Heft, 20 


306 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


nächst unentschieden lasse, was für ein Körper sich durch die Ein- 
wirkung der Salpetersäure auf das Hydroberberindibromid ge- 
bildet hat. 


Platinsalz des Hydroberberindibromids. 
[Co Ha, NO, . Bra H, PtC];. 

Ich versuchte daher zur Entscheidung obiger Frage ein Platin- 
Doppelsalz zu gewinnen. Zur Darstellung desselben löste ich 2 g. 
Hydroberberindibromid in heilsem Wasser auf, fügte Salzsäure hinzu 
und nach dem Erkalten der Lösung Platinchlorid in geringem Über- 
schusse. 

Es schied sich hierdurch ein amorpher, gelber, voluminöser 
Niederschlag aus, den ich nach dem Absetzen abfiltrierte, mit wenig 
Wasser nachwusch und zwischen Fliefspapier lufttrocken machte. 
Das Salz erwies sich, nachdem es einen Tag in einem Exsiccator 
über Schwefelsäure aufbewahrt war, beim Trocknen auf 100°C. als 
wasserfrei. 

Der Schmelzpunkt des Doppelsalzes war nicht genau zu be- 
obachten. 


I. 0,1384 g dieses Doppelsalzes lieferten 0,0196 Pt = 14,16 Proz. Pt 


mol, % „2 »0,0251.:,0— 12 1 
Rerechnet für: Gefunden: 
[Ca, Ha; NO; : Bra) H, PtC], IL II. 
1210 13,82 Proz. 14,16 Proz. 14,12’Proz. 


Es war mir somit gelungen, den basischen Charakter des Hydro- 
berberindibromids durch die Darstellung des Platindoppelsalzes fest- 
zustellen. 


Einwirkung von nascierendem Wasserstoff auf das 
Hydroberberindibromid. 


Um zu untersuchen, ob es gelingt, dem Hydroberberindibromid 
die beiden Bromatome durch nascierenden Wasserstoff zu entziehen, 
suspendierte ich 5 g Hydroberberindibromid in einem Erlenmeyer- 
schen Kolben in etwa 200 ccm Wasser, fügte Salzsäure und gekörntes 
Zink hinzu und erwärmte mit aufgesetztem Trichter auf dem 
Wasserbade. Bei lebhafter Wasserstoffentwickelung trat allmälig 
Lösung der Verbindung ein und zugleich wurde die Flüssigkeit fast 
vollständig farblos. 

Ich filtrierte die Lösung ab und versetzte sie nach dem Erkalten 
mit Ammoniak in starkem UÜberschusse. Es schied sich hierdurch 
ein graubrauner Niederschlag ab, den ich nach dem Absetzen auf 
dem Saugfilter sammelte, mit verdünntem Ammoniak nachwusch und 
bei einer 100° ©. nicht übersteigenden Temperatur trocknete. Das 
so erhaltene, graubraune Pulver löste ich in mäfsig warmem Chloro- 
form, filtrierte die dunkelbraune Lösung durch ein kleines Filter und 
überliefs dieselbe der freiwilligen Verdunstung. Ich erhielt auf diese 
Weise einen braunschwarzen, jedenfalls mit harzartigen Substanzen 
verunreinigten Körper, in dem sich jedoch bei genauerer Betrachtung 
durch die Lupe kleine, hellere Partikelchen eingesprengt zeigten. 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 307 


Ich löste daher diesen Körper durch Erwärmung in Benzol und 
filtrierte; die Farbe der Lösung war bedeutend heller wie vorher, 
da auf dem Filter schwarz gefärbte Massen zurückblieben. Es 
krystallisierte nach längerem Stehen der Lösung ein gelblicher 
Körper aus, den ich sammelte, in möglichst wenig Chloroform löste 
und vorsichtig mit Alkohol überschichtete. Nach einiger Zeit hatten 
sich an der Berührungsfläche okta@drische Krystalle ausgeschieden, 
welche ich nochmals, da sie noch ein wenig gefärbt waren, aus 
Alkohol umkrystallisierte. 

Ich erhielt so gelblich-weilse Prismen, deren Schmelzpunkt ich 
in zwei Fällen zu 167° C. bestimmte. Das Reaktionsprodukt erwies 
sich nach dem Verpuffen mit Salpeter als bromfrei. Behufs Fest- 
stellung der Zusammensetzung unterwarf ich die Substanz der 
Elementaranalyse mit Kupferoxyd und vorgelegter, reduzierter 
Kupferspirale: 

0,1870 g lieferten 0,4840 CO, und 0,1071 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
Co HNO, 
C 70.79 Proz. 70,59 Proz. 
H 6419 BE 


Der Schmelzpunkt und die Daten der Elementaranalyse stimmten 
mit Hydroberberin überein. Da dieses bei der Behandlung mit 
alkoholischer Jodlösung in jodwasserstoffsaures Berberin übergeht, 
so stellte ich auch noch diesen Versuch behufs Identifizierung des 
erhaltenen Körpers an. Es bildete sich zuerst ein schwarzbraunes 
Perjodid, dem ich durch Natriumthiosulfatlösung das überschüssige 
Jod entzog. Nach einiger Zeit war die dunkle Farbe des Perjodids 
in gelb übergegangen, ein Beweis, dals ein Berberinsalz ent- 
standen war. 

Aus diesen Versuchen ziehe ich den Schluls, dafs dem Hydro- 
berberindibromid durch Einwirkung von nascierendem Wasserstoff 
die beiden Bromatome entzogen werden und somit Hydroberberin 
zurückgebildet wird. 


Über die Äthylbase des Hydroberberins und das 
„Athylhydroberberin“. 


Sowohl Schreiber, als auch namentlich Gaze haben die 
Ammoniumbasen ‚des Hydroberberins und das hieraus darstellbare 
Methyl- bezw. Äthylhydroberberin in den Bereich ihrer Unter- 
suchungen gezogen. 

Schreiber stellte aus dem Hydroberberinäthyljodid durch Um- 
setzen mit Silberoxyd die entsprechende Äthylammoniumbase dar. 
Er erhielt hierbei jedoch nur ein saures Karbonat derselben, welches 
jedoch beim Erhitzen im Wasserstoffstrome den Gesamtgehalt an 
Kohlensäureanhydrid und Wasser abgab und infolge dessen einen 
Körper hinterliefs, der sich von dem Ausgangsmaterial sehr wesent- 
lich unterschied. 

Erst Gaze gelang es, die Methyl- und Äthylammoniumbase des 
Hydroberberins rein in krystallinischer Form zu erhalten, und zwar 


20* 


08 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


beobachtete er, dals sich dieselben beim Erhitzen im Wasserstoff- 
strome, bei der Temperatur des Wasserbades, in Methyl- bezw. 
Äthylhydroberberin umwandeln, indem anscheinend das Alkyl in das 
Molekül der Base eintritt. Gaze fand ferner, dafs beide alkylierten 
Hydroberberine bei 1000 C. beständig waren, jedoch beide bei dieser 
Temperatur noch 2 Moleküle Krystallwasser festhielten. Auffallender 
Weise ‚zeigte jedoch das von ihm dargestellte Athylhydroberberin 
gegen Athyljodid nicht das Verhalten einer tertiären Base, wogegen 
andere alkylierte Alkaloide, wie z. B. das Athyl-Hydrastin, sich da- 
gegen wie tertiäre Basen verhalten, also von neuem Athyljodid addieren. 

Ich bemühte mich, die quaternäre Athylbase des Hydroberberins 
und das hieraus darstellbare Athylhydroberberin in gröfserer Menge 
darzustellen, um diese Anomalie durch den Vergleich der Salze 
beider Basen und das Verhalten derselben gegen Athyljodid ete. 
eingehender zu studieren. 


Einwirkung von Jodäthyl auf Hydroberberin. 


Behufs Darstellung der Athylammoniumbase ging ich von dem 
Hydroberberinäthyljodid aus. Ich bereitete dasselbe, indem ich in 
einer Druckflasche 50 g fein gepulvertes Hydroberberin mit Jod- 
äthyl im Überschusse versetzte und das Gemisch mehrere Stunden 
lang der Temperatur des Wasserbades überliels. 

Das Reaktionsprodukt bildete eine gelblich-weilse Masse, welche 
nach dem Abdestillieren des überschüssigen Jodäthyls aus verdünn- 
tem Alkohol umkrystallisiert wurde. Das so gewonnene Additions- 
produkt, welches in gelblich-weilsen Prismen krystallisierte, hatte 
einen bitteren Geschmack, war ziemlich leicht löslich in verdünntem 
Alkohol, weniger leicht in starkem Alkohol und kochendem Wasser. 
Der Schmelzpunkt der lufttrockenen Krystalle lag bei 225—226°0 ©. 
Gaze fand denselben bei 218—219°, bezüglich bei 223—225°0 C. 


Bei 1000 ©. bis zum konstanten Gewicht getrocknet, verloren 
0,7216 & 0,0251 g = 3,48 Proz. H2O. 


Berechnet für: Gefunden: 
CH3ıNO,; - C5aH;J + H,O 
H,O 3,51 Proz. 3,48 Proz. 


Der Jodgehalt der bei 1000 ©. getrockneten Verbindung wurde 
nach Carius bestimmt und gaben 0,2962 g 0,1406 AgJ —= 25,66 Proz. J. 


Berechnet für: Gefunden: 
C.H3ıNO; : C3H,J 
N 25,66 Proz. 


Bei der Verbrennung des bei 100% C. getrockneten Hydroberberin- 
äthyljodids mit Bleichromat und vorgelegter, reducirter Kupferspirale 
lieferten 0,2968 g 

0,5797 CO, und 0,1372 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
C.H3ıNO; - C5H;J. 

T. 53,33 Proz. 53,28 Proz. 

E7#9.26.Proz, 5,58 Proz. 


In Übereinstimmung mit Schreiber und Gaze berechtigen 
die erhaltenen Resultate zu der Annahme der Formel: 
C„H3, NO, . C5H,J + H30. 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 309 


Hydroberberinäthylchlorid. 
2 [C9Hsaı NO,.&H,Cl] + 5H;0. 

Zur Darstellung dieses Salzes ging ich von dem Hyäroberberin- 
äthyljodid aus, in dem ich 5g dieses Additionsproduktes auf dem 
Wasserbade in Wasser auflöste und feuchtes Chlorsilber unter Um- 
schütteln im Überschusse hinzufügte. Nachdem ich mich von der 
Abwesenheit des Jods in der Lösung überzeugt hatte, filtrierte ich 
letztere von dem Jod- und Chlorsilber ab. Nach Zusatz einiger 
Tropfen Salzsäure dampfte ich das Filtrat auf dem Wasserbade aut 
ein kleines Volumen ein und erhielt so Krystalle, die nach dem Um- 
krystallisieren aus Wasser kleine, fast farblose, rhombische Tafeln 
darstellten, leicht löslich in Wasser und Alkohol. 

Zur Feststellung des Krystallwassergehaltes, der bei Gaze und 
Schreiber differiert, trocknete ich 0,2143 g bei 100° C. bis zum 
konstanten Gewicht; 0,2143 g verloren 0,0174 = 8,11 Proz. H30. 


Berechnet für: Gefunden: 
C»Hz, NO, : C&H,C1l + 21/,H;0. 
Verlust von 2 Mol. H,O = 8,02 Proz. 8,11 Proz. 


Bei 105—106° C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet verloren 
0,4137 g 0,0419 = 10,13 Proz H;0. 


Berechnet für: Gefunden: 
C,H3ı NO, : CH,C1 + 21% H,O 
Verlust von 21/, H,O = 10,03 Proz. 10,13 Proz. 


Von dem bei 105—106° C. bis zum konstanten Gewicht getrock- 
neten Salze führte ich eine Chlorbestimmung nach Carius aus; 


0,2138 g gaben 0,0750 AgCl = 8,67 Proz. Ol. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, H;, NO, - C,H, Cl 
CI 8,79 Proz. 8,67 Proz. 


Den Schmelzpunkt bestimmte ich vom wasserfreien Salz und 
fand in zwei Fällen, dafs derselbe bei 225—226%0 C. lag; Gaze 
fand denselben übereinstimmend bei 225° C. 

Abweichend von Schreiber und in Übereinstimmung mit Gaze 
fand ich somit, dafs das Hydroberberinäthylchlorid bei emer 100° C. 
nicht überschreitenden Temperatur nur 2 Moleküle Krystallwasser 
abgiebt und erst bei 100—106°C. das letzte halbe Molekül Wasser 
verliert. 


Hydroberberin-Athyl-&oldchlorid. 
Co H;, NO, . C, H, Cl - Au Q];. 

Zum Vergleich mit dem Goldsalze des Äthylhydroberberins löste 
ich behufs Darstellung des Doppelsalzes der Athylbase Hydrober- 
berinäthylchlorid in kaltem Wasser unter Zusatz einiger Tropfen 
Salzsäure auf und fügte Goldchlorid-Chlorwasserstoff in geringem 
Überschufs hinzu. Es entstand ein rötlich-gelber, amorpher Nieder- 
schlag, den ich nach dem Absetzen abfiltrierte und zwischen Fliefs- 
papier lufttrocken machte. 

Das lufttrockne Salz erwies sich als wasserfrei; denn 0,1742 ver- 


loren bei 1000 C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet nur 0,0003 
—= 0411:Proz. B;0. 


310 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


Der Goldgehalt wurde von der getrockneten Probe bestimmt, und 
zwar gaben 
0,1739 g 0,0478 Au = 27,68 Proz. Au. 


Berechnet für: Gefunden: 
C9H3ı NO, : ©&H,Cl. Au C],. 
Au 27,87 Proz. 27,68 Proz. 


Der Schmelzpunkt des lufttrocknen Doppelsalzes lag zwischen 
180—1810 O©.; Gaze fand denselben bei 179—180° C. 
Da meine Analysen dieses Doppelsalzes mit denen von Gaze 
übereinstimmen, so ist demselben die Formel: 
C,, Haı NO,. C,H, Cl. Au Cl; 


zuzuerteilen. 


Hydroberberin-Äthyl-Platinchlorid. 
(Co Hs, NO,C>H, Cl, Pt Cl, 


Zum Vergleiche mit dem Platinsalze des Athylhydroberberins 
versetzte ich zur Darstellung des Doppelsalzes der Athylbase eine 
Lösung von Hydroberberinäthylchlorid in verdünntem, salzsäurehal- 
tigem Alkohol mit Platinchlorid-Chlorwasserstofft in geringem Über- 
schusse. Das Doppelsalz schied sich nach einiger Zeit im kleinen, 
rötlich-gelben Krystallen aus, die ich von der Mutterlauge abfiltrierte 
und mit wenig verdünntem Alkohol nachwusch. Von dem luft- 
trocknen Salze bestimmte ich den Schmelzpunkt; derselbe lag bei 
229—2300 C.; Gaze fand denselben bei 227—2280 C. 

Die Krystalle erwiesen sich als wasserfrei, da 0,3930 g nur 0.0005 
= 0,13 Proz. H,O verloren. 

Die Bestimmung des Platingehaltes ergab die erwartete Zusammen- 
setzung: 

0,3925 g des Doppelsalzes gaben 0,0654 g Pt = 17,13 Proz. Pt, 


Berechnet für: Gefunden: 
[Ca Haı NO, - CH,C1, Pt C], 
Br. 0WEroz 7187 Broz 


Im Einklang mit Gaze resultiert somit das Platinsalz des 
Hydroberberinäthylchlorids in wasserfreien, beständigen,kleinen Kry- 
stallen der Formel [Ca Hs; NO, . C;H, Cl], Pt C],. 


Einwirkung von Silberoxyd auf Hydroberberinäthyljodid. 


Zur Darstellung der Athylammoniumbase, dem Ausgangsmateriale 
zu dem später zu untersuchenden Athylhydroberberin löste ich 45 g 
Hydroberberinäthyljodid in 50 prozentigem Alkohol auf dem Wasser- 
bade, versetzte die Lösung nach und nach unter fleilsigem Um- 
schütteln mit einem Überschufs von Silberoxyd und filtrierte nach 
einstündigem Erwärmen auf dem Wasserbade von dem überschüssigen 
Silberoxyd und dem gebildeten Jodsilber ab. Vorher hatte ich mich 
überzeugt, dafs in der Lösung kein Jod mehr vorhanden war. Die 
gelbe Lösung der Äthylammoniumbase dampfte ich auf dem Wasser- 
bade bei möglichst niedriger Temperatur auf ein kleines Volumen 
ab und überlieis dann das Ganze in einer Porzellanschale in einem 
Exsiccator über Ätzkalk sich selbst. Nach kurzer Zeit schon hatte 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. all 


sich eine beträchtliche Menge krystallinischer Produkte abgeschieden, 
welche ich bei möglichstem Luftabschlusse schnell von der Mutter- 
lauge befreite und zwischen Fliefspapier abpresste. Die Mutterlauge 
überschichtete ich in einem Glase mit eingeschliffenem Glasstöpsel 
mit Aceton: die Athylbase schied sich hierdurch allmählich in Form 
von gelblich-weilsen, rhombischen Tafeln ab. Die lufttrockene Base 
ist hygroskopisch, zeigt deutlich alkalische Reaktion und zieht be- 
gierig Kohlensäure aus der Luft an; ich bewahrte sie daher über 
Aetzkalk in einem gut schliefsenden Exsiccator auf. Die Base bildete 
ein weilsliches, sehr bitter schmeckendes, krystallinisches Pulver, 
dessen Schmelzpunkt bei 163—165° ©. lag. Gaze fand denselben 
bei 158— 161090. Mit einer verdünnten Säure übergossen, konnte nur 
eine ganz geringe Entwickelung von Kohlensäureanhydrid beobachtet 
werden, während eine Probe, die einige Zeit an der Luft gelegen 
hatte, beim Übergiefsen mit einer Säure ein starkes Aufbrausen zeigte. 

Die Elementaranalysen, welche ich von der lufttrocknen Base mit 
Kupferoxyd und vorgelegter, reduzierter Kupferspirale ausführte, er- 
gaben folgende Werte: 

I. 0,2934 g gaben 0,6210 CO, und 0,2012 H;0. 


II. 0,5082 g 1 BIST FE 2.020185 
Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Ha, NO;- (0,H, OH + 4H3;0. I: 107 
©. 97, 16 Proz. 57,10 Proz. 57,56 Proz. 
H. 7,66 Proz. 7,64 Proz. 7,30 Proz. 


Diese Elementaranalysen und die weiter unten folgenden Wasser- 
bestimmungen berechtigen, im Einklang mit Gaze, zur Annahme 
einer mit 4 Molekülen Wasser krystallisierten Base. 

Die Wasserbestimmungen der Athylammoniumbase konnten nur 
im getrockneten Wasserstoffstrome in dem Liebig'schen Trocken- 
apparate, versehen mit Chlorcalcium- und Sicherheitsrohr, vorgenommen 
werden, da die Base, au der Luft erhitzt, schon unter 1000 Ö. zu- 
sammensinterte. Bei den Wasserbestimmungen verloren: 

I. 14,7836 & 2.9080 g H,O — 20,43 Proz. 
II. 0,3996 g der möglichst kohlensäurefr. Base, 0,0814g H,O = 19,87 Proz. 

Die mit 4 Molekülen Wasser krystallisierende Base mülste bei 
Abgabe von 4 Molekülen Wasser einen Verlust von 15,75 Proz. er- 
leiden. Nun tritt aber hier ein Molekül Konstitutionswasser aus, 
während anscheinend gleichzeitig das Alkyl: C,H, in das Molekül der 
Base eintritt und ein Athylhydroberberin bildet. Unter diesen 
Bedingungen verlangt die Theorie einen Verlust von 19,69 Proz.; es 
würde hiermit die unter II. gefundene Zahl gut stimmen. Das Plus 
ist bedingt durch geringe Mengen von Kohlensäureanhydrid, welches 
die Base auch beim besten Aufbewahren anzieht und beim Erhitzen 
auf 100° C. wieder abgiebt. 


Äthylhydroberberin. 
C;, Hz, (Ca H,) NO, + 4 H,O oder Oz, Ha; NO,.C,H,.0H + 3H3;0. 
Ca, Ha (Ca H,) NO, + 3H;0 oder Ca Hz, NO,.C%H,.0OH +2H;0. 
Der bei den obigen Wasserbestimmungen zurückbleibende Körper 
zeigte, wie bereits von Schreiber und Gaze hervorgehoben ist, in. 


312 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


allen seinen Eigenschaften ein anderes Verhalten, als das Ausgangs- 
material. Er besafs eine gelblich-graue Farbe und wurde leicht von 
warmem Alkohol gelöst. 

Behufs weiterer Reinigung erhitzte ich die filtrierte Lösung des 
Körpers und versetzte sie mit soviel Essigäther, dafs kleine Krystall- 
nadeln sich auszuscheiden anfingen. Nach dem Erkalten der Lösung 
hatte sich eine beträchtliche Menge kleiner, weilser, samtartig aus- 
sehender Nadeln, die zu kleinen Häufchen gruppiert waren, aus- 
geschieden. 

Ich brachte diese lockere Masse auf ein Saugfilter, wusch sie 
mit Essigäther nach und erhielt so blendend weilse, kleine Nadeln. 

Im auffallenden Gegensatze zu der Athylammoniumbase waren 
diese Krystalle luftbeständig und von neutraler Reaktion. Aus den 
Mutterlaugen schieden sich nach dem Eindampfen weitere Mengen 
desselben gut krystallisierenden Körpers ab. 

Der Schmelzpunkt des lufttrockenen, sehr bitter schmeckenden 
Pulvers lag zwischen 240—245° O., Zersetzung trat schon bei 2300 C. 
ein. Gaze fand den Schmelz- und Zersetzungspunkt bei 233— 2350 C. 

Bei längerer Einwirkung des Lichts zeigten die Krystalle eine 
schwache Rosafärbung, jedoch konnte selbst nach mehrtägigem Liegen 
an der Luft nicht die geringste Kohlensäureentwickelung durch Über- 
gielsen mit einer Säure hervorgerufen werden. 

Die Elementaranalyse des lutttrockenen Körpers ergab Werte, 
die am besten für ein mit 3 Molekülen Wasser krystallisierendes 
Athylhydroberberin sprechen: 

0,1730 g gaben 0,3916 CO, und 0,1730 H30. 


Berechnet für: Gefunden: 
Cz, Hap (Ca H;) NO, + 3H,0 

GEE6270rBroz 62,45 Proz. 

ER 77:36 Bro2.: 6,94 Proz. 


Bei einer. 1000 C. nicht übersteigenden Temperatur bis zum kon- 
stanten Gewicht getrocknet, gab das Salz 2 Moleküle Krystallwasser ab, 
und zwar verloren: 

T. 0,4276 & 0,0364 &g — 8,51 Proz. H,O 
II. 0,4008 g 0,0362 g = 9,05 Proz. „ 
Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Han (Ca H;) NO, + 3H30 T; j 
Verlust von 2 Mol. H,O = 8,54 Proz. 8,51 Proz. 9,05 Proz. 

Erhitzt man diese Base über 100° C., so zersetzt sie sich unter 
Annahme einer dunkleren Färbung. 

Der Schmelzp.der bei 10000. getrockneten Base lag bei 245— 246°. 

Die Elementaranalysen der bei 100° C. bis zum konstanten Ge- 
wicht getrockneten Base ergaben Werte, die ein mit 1 Molekül 
Wasser krystallisierendes Athylhydroberberin verlangt: 

I. 0,2014 & gaben 0,1224 Hz0 und 0,5054 CO, 
TL. 0668.80: 0418018 


Berechnet für: i Gefunden: Be 

C C,H-)NO, + H,0 £ \ 
2 Hag 68,57 De - 68,46 Proz. 68,34 Proz. 
IE 27017 Proz: 6,91 Proz. 7,07 Proz. 


Da ich Äabweichend von Gaze ein thylhydroberberin erhalten 
hatte, welches mit 3 Mol. Wasser krystallisierte und beim Trocknen 


C Link, Über Berberin und Hydroberberin. 313 


auf 100° ©. bis zum konstanten Gewicht 2 Mol. Krystallwasser ab- 
gab, so wiederholte ich die Abscheidung des Athylhydroberberins 
aus einer Lösung von Chloroform und Alkohol nach den Angaben 
von Gaze. Diese Lösung des Athylhydroberberins überschichtete 
ich zu diesem Zwecke vorsichtig mit Essigäther und überliefs das 
Ganze längere Zeit sich selbst. Ich erhielt auf diesem Wege blendend 
weilse, bedeutend grölsere Nadeln als wie vorher. 


Bei 1000 C. bis zum konstanten Gewicht erhitzt, verloren 0,2548 g 
dieses Salzes 0,0323 H,O = 12,87 Proz. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Hay (Ca H,) NO, + 4H,0 
Verlust von 3 Mol H,0 = 12,82 Proz. 12,87 Proz. 


Die Elementaranalyse, welche ich von der so getrockneten Sub- 
stanz ausführte, ergab wiederum Werte, welche einem mit 1 Molekül 
Wasser krystallisierenden Athylhydroberberin entsprachen: 

0,1612 g gaben 0,4038 CO, und 0,0994 H,O 


Berechnet für: Gefunden: 
Co Ha) (05 H,) NO, + H,O 

e 68,57 Proz. 68,30 Proz. 

Be Broz: 6,85 Proz. 


Das von mir dargestellte Athylhydroberberin krystallisiert somit je 
nach den Abscheidungsverhältnissen mit 3, bezw. 4 Molekülen Wasser; 
beim Trocknen bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht resultiert 
jedoch aus beiden Verbindungen ein Athylhydroberberin, welches 
noch 1 Molekül Krystallwasser enthält. Da Gaze ebenfalls ein 
Athylhydroberberin mit 4 Mol. Krystallwasser erhielt, welches jedoch 
bei 100° C. noch 2 Moleküle H,O zurückhielt, so ist wohl anzunehmen, 
dafs dieser Forscher dasselbe nicht lange genug bei 100° ©. er- 
hitzt hat. 


Athylhydroberberinchlorid. 
2[Czo Hay - (Ca H,) NO, .. HCl] + 54,0 
oder 2[Cgo H;, NO, = C, H, Cl] + 5H,0. . 
Zur Darstellung dieses Salzes, welches ich zum Vergleich mit 

dem Hydroberberinäthylchlorid und dessen Doppelsalzen verwendete, 
löste ich 2 g Äthylhydroberberin in heilsem Wasser auf und fügte 
tropfenweise Salzsäure bis zur sauren Reaktion hinzu. Aus der ein- 
geengten, filtrierten Lösung schieden sich weilse, tafelförmige Krystalle 
ab, die ich nach dem Abtropfen von der Mutterlauge zwischen Fliefs- 
papier lufttrocken machte. 


Auf 1000 C. bis zum konstanten Gewicht erhitzt verloren 0,3834 g 
0,0426 g —= 11,11 Proz. H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca) Ha, (Ca H,) NO,. HC1 + 21/,H,0 
Verlust von 21), Mol. H,O = 11,15 Proz. 11,11 Proz. 


Auf 1050 ©. längere Zeit weiter erhitzt verloren 0,3408 g nur noch 
0,0001 g H30. 

Das Äthylhydroberberinchlorid verliert also abweichend von 
dem Hydroberberinäthylchlorid schon bei 100° ©. seinen Gesamt- 
gehalt an Krystallwasser. 


314 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


Der Schmelzpunkt des bei 100° ©. getrockneten Salzes lag bei 
261— 263° C. 
Von dem bei 1000 ©. bis zum konstanten Gewicht getrockneten 


Salze führte ich eine direkte Chlorbestimmung aus: 0,1940 g gaben 
0,0692 Ag Cl = 8,65 Proz. Cl. 


Berechnet für; Gefunden; 
O2, Hz (0, Hz) NO, . HC1 
Cl 8,79 Proz. 8,65 Proz. 


Das Athylhydroberberinchlorid besitzt somit die Formel: 
2 Co H;o (CO, H,,) NO, F 5 H,O 
und denselben Wassergehalt wie das Hydroberberinäthylchlorid: 
2 C9, Ho NO,.C,H, Cl +5 H,0 


Äthylhydroberberin-6oldchlorid. 
Cy Ha (C,H) NO,. HCl. Audl,. 


Die salzsaure, kalte Lösung von 1 g Athylhydroberberin in 
Wasser versetzte ich behufs Darstellung dieses Golddoppelsalzes mit 
Goldchlorid in geringem Überschusse und trennte nach Erwärmen 
auf dem Wasserbade und Absetzen das entstandene Golddoppelsalz 
von der Mutterlauge. Nach dem Abwaschen mit wenig Wasser 
trocknete ich das Präparat zwischen Fliefspapier und erhielt so ein 
amorphes, rötlich-gelbes Doppelsalz. 

Das lufttrockene Salz unterwarf ich der Analyse; 0,1540 g ver- 
loren, bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet, nur 
0,0002 & H,O, das Salz war also wasserfrei. Der Schmelzpunkt des 
Goldsalzes lag bei 184—185° ©. Den Schmelzpunkt des amorphen 
Golddoppelsalzes der Ammoniumbase fand ich bei 180—181° C. 

Bei der Bestimmung des Goldgehaltes gaben 

0,1538 g 0,0436 Au = 28,02 Proz. Au 


Berechnet für: Gefunden: 
CH H,) (Ca H,) NO, © HCl . AuCl; 
Au 27,87 Proz. 28.02 Proz. 


Athylhydroberberin - Platinchlorid. 
[Ca0 Hay (Ca H,) NO, .. HC1j» Pt C],, 

Dieses Platindoppelsalz stellte ich durch Fällen einer salzsauren, 
wässerigen Lösung von 1 g Athylhydroberberin mit Platinchlorid in 
geringem Überschusse dar. Der erhaltene Niederschlag wurde kurze 
Zeit aut dem Wasserbade erwärmt, dann auf einem Filter gesammelt, 
mit wenig Wasser nachgewaschen und zwischen Fliefspapier luft- 
trocken gemacht. 

Das lufttrockene Doppelsalz bildete ein amorphes, gelbliches 
Pulver, das ebenfalls wasserfrei war und dessen Schmelzpunkt bei 
220—221° C. lag. 

Das Platindoppelsalz der Ammoniumbase des Hydroberberins 
bildete dagegen kleine, rötlich-gelbe Krystalle, deren Schmelzpunkt 
bei 229—230° C. lag. 

Bei der Bestimmung des Platingehaltes gaben 

0,1468 g 0,0244 Pt = 17,03 Proz. Pt. 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin., 315 


Berechnet für: Gefunden: 
[Ca, Ha, (Ca H;,) NO,. HC1, PtC], 
Pt: 7317.01 Proz. 17,03 Proz. 


Chlorwasserstoffsaure Athylammoniumbase: 
2 Cyo Hz, NO,.%H,C1+5RH;0. 

Um dieses Salz mit dem Hydroberberinäthylchlorid vergleichen 
zu können, löste ich 1 g der reinen Athylammoniumbase in ver- 
dünntem Alkohol auf und setzte soviel verdünnte Salzsäure hinzu, 
bis das Ganze eine deutlich saure Reaktion besals. 

Die so erhaltene Lösung wurde filtriert und auf dem Wasser- 
bade auf ein kleines Volumen eingedampft. Nach einiger Zeit 
schieden sich fast farblose, rhombische Krystalle aus, die ich sammelte 
und zwischen Fliefspapier lufttrocken machte. 

Beim Trocknen auf 100° C. bis zum konstanten Gewicht verloren 


0.3846 g des feingepulverten Salzes 0,0312 g H,O, entsprechend 
8,12 Proz. H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca Hz, NO, .C, H, Cl + 21/, H,O 
Verlust von 2 Mol. H,0 = — 8,02 Proz. 8.12 Proz. 


Bei 105—106° C. bjs zum konstanten Gewicht getrocknet zeigten 
0,3846 g einen Gewichtsverlust von 0,0378 g H,O = 9,83 Proz. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Hz, NO, .. C, H, Cl + 21/, H,O 
Verlust von 21/, Mol. BO — an 03 Proz. 9,83 Proz. 


Der Chlorgehalt wurde von dem lufttrocknen Salze nach Carius 
bestimmt: 
0,2304 g gaben 0,0768 Ag Cl —= 8,04 Proz. Cl. 


Berechnet für: Gefunden: 
Cl 7.91 Proz. 8,04 Proz. 


Der Schmelzpunkt des bei 105° C. getrockneten Salzes lag bei 
227—2280 C. 

Die chlorwasserstoffsaure Äthylammoniumbase ist somit in allen 
ihren Eigenschaften identisch mit dem durch Einwirkung von 
feuchtem Chlorsilber auf Hydroberberinäthyljodid erhaltenen Hydro- 
berberinäthylchlorid. — 


Einwirkung von Jodäthyl auf Athylhydroberberin. 

Gaze hat bei der Einwirkung von Jodäthyl auf Athylhydro- 
berberin gefunden, dafs diese Verbindung nicht das Verhalten einer 
tertiären Base zeigt, da nach seinen Untersuchungen hierbei nur 
Hydroberberinäthyljodid zurückgebildet wird. 

Um dieses eigentümliche Verhalten des Äthylhydroberberins 
aufzuklären, wiederholte ich diesen Versuch. 

Zur Erzielung eines Einwirkungsproduktes erhitzte ich Äthyl- 
hydroberberin mit überschüssigem Jodäthyl in einer Druckflasche im 
Wasserbade etwa 3 Stunden lang. Nach dem Abdestillieren des 
überschüssigen Jodäthyls krystallisierte ich den Rückstand aus ver- 
dünntem Alkohol um und erhielt kleine gelbliche Nadeln, die zer- 
rieben ein gelblich-weilses Pulver bildeten. 


316 C. Link. Über Berberin und Hydroberberin. 


0,3580 g bei 100% C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet, ver- 
loren 0,0036 entsprechend 1 Proz. Wasser: beim weiteren Erhitzen auf 
1050C. trat kein Gewichtsverlust ein. Die Jodbestimmung des bei 1000 C. 
getrockneten Einwirkungsproduktes wurde nach Carius ausgeführt. 

0,2098 g gaben 0,0994 Ag J = 25,56 Proz. J. 

Der Schmelzpunkt des bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht 
getrockneten Körpers lag bei 240-2419 C. 

Ein Athylhydroberberinäthyljodid verlangt einen Jodgehalt von 
24,28 Proz.; der erhaltene Wert: 25,56 Proz. Jod, stimmt jedoch 
hiermit nicht überein, wohl aber mit dem, welchen das jodwasser- 
stoffsaure Athylhydroberberin, nämlich 25,65 Proz.. verlangt. Meine 
Vermutung, dafs sich nur dieses Salz bei der Einwirkung des Jod- 
äthyls auf Athylhydroberberin gebildet habe, wurde bei der direkten 
Darsteltung desselben aus Äthylhydroberberin und Jodwasserstoff- 
säure bestätigt. Jodgehalt, Wassergehalt, äulsere Krystallform und 
Schmelzpunkt beider, auf verschiedenem Wege erhaltenen Produkte 
stimmen vollkommen überein. 


Jodwasserstoffsaures Äthylhydroberberin. 
Cao Hz (Ca H,) NO, HJ oder Cy, Hz, NO,.C, H, J 

Zur Darstellung dieses Salzes löste ich 1 g Athylhydroberberin 
in verdünntem Alkohol auf und fügte sowiel Jodwasserstoffsäure 
hinzu, bis das Ganze eine schwach saure Reaktion zeigte. Es schied 
sich sofort die neue Verbindung als gelblicher Brei aus; ich kry- 
stallisierte denselben aus mehr Flüssigkeit um und erhielt hierdurch 
gut ausgebildete, gelbliche Nadeln. 

0,3460 g verloren, bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht getrock- 
net, nur 0,0040 g, entsprechend etwa 1 Proz. Wasser, ein Wassergehalt, 
der auf die betreffende Formel berechnet nicht in Betracht zu ziehen ist. 

Bei 105° C. weiter getrocknet, trat kein Gewichtsverlust mehr ein. 

Die Jodbestimmung des bei 1009 ©. getrockneten Salzes wurde nach 


Carius ausgeführt: 
0,2538 g lieferten 0,1209 & Ag J = 25,71 Proz. J. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Ha (Ca H;) NO,. HJ 
J 25,65 Proz. 25,71. Proz: 


Der Schmelzpunkt des lufttrockenen Salzes lag bei 241—2420 (©. 
Dieses Salz ist nach allen seinen Eigenschaften identisch mit 
dem durch Einwirkung von Jodäthyl aut Athylhydroberberin darge- 
stellten Reaktionsprodukte. 
Demselben ist daher ebenso wie jenem die Formel: 
Ca, Hao (Ca H;) NO,.H J oder Ca, Hs, NO, . Ca H, J. 


zuzuerteilen. 


Jodwasserstoffsaure Athylbase. 
Ca, Hz; NO,.C5 H, J. + H30. 

Um die jodwasserstoffsaure Athylbase des Hydroberberins mit 
dem jodwasserstoffsauren Athylhydroberberin vergleichen zu können, 
löste ich behufs Darstellung dieser Verbindung ebenfalls 1 g der 
ursprünglichen Athylammoniumbase des Hydroberberins in verdünn- 
tem Alkohol auf und fügte Jodwasserstoffsäure bis zur schwach 
sauren Reaktion hinzu. Nach dem Filtrieren und Einengen der so er- 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 317 


haltenen Lösung auf dem Wasserbade schieden sich nach kurzer Zeit 
kleine gelbliche, prismatische Krystalle aus, die ich nach dem Ab- 
tropfen der Mutterlauge zwischen Fliefspapier lufttrocken machte. 

Bei der Bestimmung des Wassergehalts, bei 100° C. bis zum kon- 
stanten Gewicht getrocknet, verloren 0,3118 g 0.0106 g = 3,41 Proz. 
Wasser. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Ha; NO,. C,H, J. + H,O 
H,0 3,51 Proz. 3,41 Proz. 


Von dem bei 1000 C. bis zum konstanten Gewicht getrockneten 
Salze wurde eine Jodbestimmung nach Carius ausgeführt; 
0,2217 g gaben 0,1050 Ag J. = 25.62 Proz. J. 


Berechnet für: Gefunden: 
Cop Hy, NO, . &H3 7. 
ION PrOZ: 25,62 Proz. 


Der Schmelzpunkt der bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht 
getrockneten Verbindung lag bei 227—228°C.; den Schmelzpunkt 
des Hydroberberinäthyljodids fand ich bei 225—226° C. 

Das durch Neutralisieren der Athylammoniumbase des Hydro- 
berberins mit Jodwasserstoffsäure erhaltene jodwasserstoffsaure Salz 
ist somit in allen seinen Eigenschaften identisch mit dem durch 
direkte Einwirkung von Athyljodid auf Hydroberberin gewonnenen 
Hydroberberinäthyljodid, was bei dem Charakter der Athylammonium- 
base als einer quaternären Ammoniumbase von vornherein anzu- 
nehmen war. 


Bromwasserstoffsaures Athylhydroberberin. 
Co Hs (CO, H,) NO, . HBr oder Ca) H,, NO, - C, H, Br: 

Zur Gewinnung dieses Salzes löste ich 1 g Athylhydroberberin 
in verdünntem Alkohol auf und fügte soviel Bromwasserstoffsäure 
hinzu, bis das Ganze eine saure Reaktion zeigte. Nach dem Filtrieren 
und Einengen der Lösung schieden sich bald kleine, gelblich-weilse 
Nadeln ab, die ich sammelte und zwischen Fliefspapier lufttrocken 
machte. Diese Krystalle bewahrten beim Liegen an der Lutt und 
im Lichte ihre ursprüngliche Färbung. 

Das Salz zeigte beim Erhitzen auf 100° C. keinen Gewichtsverlust. 


Der Bromgehalt wurde nach Carius bestimmt; 0,1962 g lieferten 
0,0857 AgBr = 18,05 Proz. Br. 


Berechnet für: Gefunden: 
C9,Hs(C>H;)NO,.HPBr 
Br 17,86 Proz. 18,05 Proz. 


Der Schmelzpunkt des lufttrockenen Salzes lag bei 245—246° C. 
Das bromwasserstoffsaure Athylhydroberberin ist wasserfrei und 
hat somit die Formel: 
C,H (C, H,,) NO, .HBr oder C,Haı NO, . C,H,Br. 


Hydroberberinäthylbromid. 
Cy»HsNO;. C,H; Br. 

Um, das Hydroberberinäthylbromid mit dem bromwasserstoff- 
sauren Äthylhydroberberin vergleichen zu können, löste ich behufs 
Darstellung dieses Salzes 1g der ursprünglichen Äthylammonium- 
base des Hydroberberins in, mit Bromwasserstoffsäure versetztem, 


318 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


verdünntem Alkohol auf; unter schwachem Aufbrausen ging die 
Lösung vor sich. Die filtrierte Lösung schied schon nach kurzer 
Zeit weilse, zu Haufen vereinigte Nadeln ab, die ich sammelte und 
zwischen Fliefspapier lufttrocken machte. Die weilsen Krystalle 
nahmen beim Liegen an der Luft und im Lichte oberflächlich eine 
schöne Rosafärbung an. 

Das fein gepulverte Salz zeigte beim Erhitzen auf 100° C. keinen 
Gewichtsverlust; die beiden korrespondierenden bromwasserstoff- 
sauren Salze sind also wasserfrei. 


Die Brombestimmung wurde nach Carius ausgeführt; 0,2336 g 
gaben 0,1015 AgBr = 17,74 Proz. Brom. 


Berechnet für: Gefunden: 
C5, Hz; NO, . C,H, Br 
Br 17,86 Proz. 17,14 Proz. 


Der Schmelzpunkt des lufttrockenen Präparates lag bei 250 bis 
2510 C. 

Salpetersaures Athylhydreberberin. 
C3,H20(C>H;)NO,. HNO, + 2 H,0 
oder C.,Haı NO, . C, H, = NO, _ 2 #508 

Zur Gewinnung dieses Salzes löste ich 2 g Athylhydroberberin 
in mit Salpetersäure angesäuertem Wasser unter schwachem Er- 
wärmen auf. Nach dem Filtrieren und Eindampfen der Lösung 
schieden sich kleine, gelblich-weilse Prismen aus, die durch noch- 
maliges Umkrystallisieren aus Wasser gereinigt wurden. 

Der Schmelzpunkt des lufttrockenen Salzes lag bei 131—1320 C. 

0,3586 g, bei 1000 C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet, ver 
loren 0,0285 g = 1,96 Proz. Wasser. 

Berechnet für: Gefunden: 
Cy#H»(CH-)NO,.HNO, + 2H,0 
H;0 8,02 Proz. 1.96 Proz. 

Das Äthylhydroberberinnitrat besitzt demnach einen um 1 Molekül 
H,O höheren Wassergehalt als das Hydroberberin-Athylnitrat, wel- 
chem nach Gaze die Formel: C3,H3, NO, . CH; HNO,+ H,O zukommt. 

Die Elementaranalyse des bei 1000 C. getrockneten Salzes ergab 
Werte, die zur Annahme der Formel: 

CH (Ca H;) NO, = HNO; _ 2 H;0 bezw. CH H;,, NO, » C,H; - NO; —+ 2 H;,0 
berechtigten. 
0,3126 g gaben 0,7040 CO, und 0,1528 H,O. 


Berechnet für: Gefunden: 
C„Hs»(C2H;)NO,. HNO; 
C 61,39 Proz. 61,42 Proz. 
H E08, > a 


Einwirkung von Kalilauge auf jodwasserstoflsaures 
Athylhydroberberin. 

Das Verhalten des Athylhydroberberins bei der Einwirkung von 
Jodäthyl, wobei sich kein Additionsprodukt, sondern jodwasserstoff- 
saures Athylhydroberberin bildet, spricht für den Charakter dieses 
Körpers als einer quaternären Ammoniumbase. — Der Versuch, 
durch Einwirkung von wässeriger Kalilauge die freie Base zu ge- 
winnen, war nicht von Erfolg begleitet. Ich führte den Versuch in 
der Weise aus, dafs ich die heilse, wässerige Lösung des jodwasser- 


C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 319 


stoffsauren Athylhydroberberins mit der berechneten Menge Kali- 
lauge versetzte und noch kurze Zeit auf dem Wasserbade erwärmte. 
Durch den Zusatz der Kalilauge trat nicht die geringste Veränderung 
ein; das jodwasserstoffsaure Athylhydroberberin krystallisierte un- 
verändert aus. Ich überzeugte mich von dessen Identität durch 
Feststellung des Jodgehalts und des Schmelzpunktes. Das Athyl- 
hydroberberin ist daher nach diesen Versuchen als quaternäre 
Ammoniumbase anzusprechen. 


Zusammenstellung der Eigenschaften der Äthylammonium- 
base des Hydroberberins, des Athylhydroberberins und 
der Salze beider Basen. 


Äthylbase des Hydroberberins: | Äthylhydroberberin: 
Sp. 1631650 C. Sp. 240— 2450 C. 
Hydroberberinäthylchlorid: Äthylhydroberberinchlorid: 
CoH:N0, . CH,C1 + 21% H,0 | C4Ha(C5H;) NO. HCl + 21/, H,O 
Sp. 225 —2260 C. Sp. 261-2630 C. 
Hydroberberinäthyl zoldchlorid: ' Äthylhydroberberingoldchlorid: 
@78,N0,: CH, Cl Au Ol; ı CHHsn(&H;)NO,. HC1AuC], 
Sp. 180-1810 C. Sp. 1841850 0. 
Hydroberberinäthylplatinchlorid: | Äthylhydroberberinplatinchlorid: 
BEEENGO,. CH,C, Pte, | IE H,)NO, . HCl, PtC], 
Sp. 2292300 C. | Sp. 2202210 C 
Jodwasserstoffsaure Äthylbase: Jodwasserstoffsaures Äthylhydro- 
CyoH; NO,. C,H, Al u H,O berberin: 
Sp. 2272280 C. C„Ha(C;H,)NO,. HJ 


Sp. 241-2420 0. 


Bromwasserstoffsaure Äthylbase: | Bromwasserstoffsaures Äthylhydro- 


ha N De: C,H, Br berberin: 
Sp. 245— 2460 C. 
Hydroberberinäthylnitrat: Athylhydroberberinnitrat: 
C,Hsı NO, . CH, HNO, + H,O | Cy,Hz%(C;,H;) NO, . HNO, + 2H,0 
Sp. 2432440 C. Sp. 131—1320 C. 


Einwirkung von Jodlösung auf die Athylammoniumbase des 
Hydroberberins und auf Äthylhydroberberin. 


Das Hydroberberin geht durch die oxydierende Einwirkung 

von alkoholischer Jodlösung glatt in Berberinhydrojodid über. 
.. Es war daher von Interesse, ebenfalls festzustellen, ob die 
Athylammoniumbase des Hydroberberins und das hieraus darstell- 
bare Athylhydroberberin sich analog verhieiten und in die entprechen- 
den Berberinverbindungen übergingen. 

Ich löste daher je 2g der Äthylammoniumbase und des Äthyl- 
hydroberberins in verdünntem Alkohol auf und fügte alkoholische 
Jodlösung bis zur deutlichen Braunfärbung hinzu. Nach kurzer Zeit 
schon schieden sich aus den beiden Lösungen grünglänzende, braun- 
rot Jurchscheinende Blättchen aus, wahrscheinlich aus Perjodiden 
der betreffenden Basen bestehend. 


a I 


320 C. Link, Über Berberin und Hydroberberin. 


Ich gols die Mutterlauge ab, wusch die Perjodide auf dem Filter 
mit Alkohol nach und brachte sie alsdann in konzentrierte Natrium- 
thiosulfatlösung, um das überschüssige Jod zu entfernen. 

Sowohl die Äthylammoniumbase als auch das Äthylhydroberberin 
zeigten nach der Behandlung mit der Natriumthiosulfatlösung eine 
fast weilse Farbe, woraus ich schon den Schlufs ziehen konnte, dals 
die Jodlösung in beiden Fällen nicht oxydierend eingewirkt hatte, 
da die Berberinverbindungen sämtlich, soweit unsere gegenwärtigen 
Kenntnisse reichen, eine ausgesprochen gelbe Farbe besitzen. 

Das schwach gelbgefärbte Reaktionsprodukt der Athylammonium- 
base brachte ich aufein Filter, wusch dasselbe mit wenig destilliertem 
Wasser nach, trocknete dasselbe zwischen Fliefspapier und kry- 
stallisierte es zweimal aus verdünntem Alkohol um. Ich erhielt so 
kleine, gelblich weifse Prismen, die ich sammelte und zwischen Fliefs- 
papier lufttrocken machte. Der Schmelzpunkt des lufttrockenen 
Salzes lag bei 226—227° C.; dieser Schmelzpunkt deutete bereits 
darauf hin, dafs die Äthylammoniumbase durch die Einwirkung der 
Jodlösung nur in das Hydroberberinäthyljodid übergegangen war. 

Bis zum konstanten Gewicht auf 100° ©. erhitzt verloren 0,3356 g 
0,0122 g = 3,63 Proz. Wasser. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca Ha, NO; - C,H, J + H,0 
0 3,51 Proz. 3,63 Proz. 


Von der bei 1000 ©. bis zum konstanten Gewicht getrockneten 
Verbindung wurde eine Jodbestimmung nach Carius ausgeführt; 


0,1534 g gaben 0,0731 AgJ = 25,74 Proz. Jod. 


Berechnet für: Gefunden: 
Ca, Ha, NO, - C,H, J 
J 25,65 Proz. 25,74 Proz. 


Diese Analyse lieferte den Beweis, dafs die Athylammoniumbase 
des Hydroberberins durch die Einwirkung der alkoholischen Jod- 
lösung nur in Hydroberberinäthyljodid übergeführt, dagegen Berberin- 
äthyljodid, wie nach dem Verhalten des Hydroberberins gegen Jod 
hätte erwartet werden können, dabei nicht gebildet wird. Das 
Äthylhydroberberin behandelte ich ebenfalls in der bei der Äthyl- 
ammoniumbase beschriebenen Art und erzielte so fast vollständig 
weilse, zarte Nadeln. 

Der Schmelzpunkt derselben lag bei 239—240° C., ein Umstand, 
der auf jodwasserstoffsaures Athylhydroberberin schliefsen liefs, was 
auch die Analyse bestätigte. 

0,1794 g, bei 100° C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet, ver- 
loren 0,0018 g — 1 Proz. H,O. 

Die Jodbestimmung wurde nach Carius ausgeführt; 0,2452 g gaben 
0,1158 AgJ = 25,53 Proz. J. 


ee für: Gefunden: 
C,, H9 (CH,.)NO,HJ. 
aa 25.65 Proz. \ 25,53 Proz. 


In beiden Fällen hat also die alkoholische Jodlösung nicht so 
eingewirkt, wie beim Hydroberberin; es haben sich vielmehr die ent- 
sprechenden jodwasserstoffsauren Salze der Äthylammoniumbase bez. 
des Äthylhydroberherins gebildet. 


54 


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Zeitsehrift 


= ..des 
Deutschen Apotheker-Vereins, 
unter Redaction von 
E. Schmidt und H. Beckurts, 


herausgegeben 


Band 230 Heft 5. 


BERLIN. 


1892. 


h 


. Grützner, Über die Haltbarkeit titrierter Lösungen des Ka 
permanganats . 
Mitteilung aus "dem pharm aceutischen Institute der 
Universität Breslau. 
. Baumert, Über Bestimmung von Glycerin im Weine 
Mitteilung aus dem chemischen Institute der Univeraan 
Halle. 
. Tavel und A. Tschirch, Über das Jodtrichlorid 
Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institute der Univer- 
sität Bern. 
. Starting, Notiz über Benzo&säuredarstellung 
. A. Flückiger, Über die Verbreitung der “Alkaloide in den 
Strychnosarten . Be ee En 
. Kosmann, Über die Abhandlung von W. Kubel: „Uber die 
Einwirkung von Magnesiumacetat auf Magnesiumoxyd und 
Bleioxyd‘“ 
. Vinassa, Unter suchungen von Safran und sogenannten Safran- 
len ar el 393 


Eingegangene, Beiträge. sg 


F. W. Semmiler, Uber das ätherische Öl des Knoblauchs (Allium 
sativum). 

-F.W. Semmler, Über das ätherische Öl der Küchenzwiebel (Allium cepa). 72% 
A. Partheil, Über Cytisin und Ulexin. Be 
J. Klein, Über das Santonin. N 
1: Beckurts, Über den Alealoidgehalt der Rinde von Sich HURX 0 0 
vomica und der Samen von Strychnos potatorum L. fil. = 
H. Beckurts und C. Hartwich, Beiträge zur chemischen und pharma- 
kognostischen Kenntnis der Cacaobohnen. a 


ha a £ 


J. E. Gerock und F, J. Skippari, Über dem Sitz der Alealoide in 


| i 
Stryehnossamen. = 

O. Hiller-Bombien, Beiträge zur Kenntnis der Geoffrayarinden. ; 

— W. Aldolphi, Beiträge zur Kenntnis der Chebulinsäure. er: 
u 
2 oe 
(Geschlossen den 15. August 1892.) Br 


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{ 


Druckfehlerberichtigung: S. 69 u. f. lies statt W. Brüche Franz Brüche 


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B. Grützner, Über d. Haltbarkeit titrierter Lösungen ete, 321 


Mitteilung aus dem pharmaceutischen Institut der 
Universität Breslau. 


Über die Haltbarkeit titrierter Lösungen des 
Kaliumpermanganats 


von Dr. Bruno Grützner. 


(Eingegangen den 10. V. 1892.) 


K. Seubert!), welcher die Vorschrift des deutschen Arzneibuchs 
für die malsanalytische Gehaltsbestimmung von Ferrum pulveratum, 
Ferrum reductum und Ferrum carbonicum saccharatum eingehend 
experimentell studiert hat und zu dem Ergebnis gelangte, dals die 
Vorschrift des Arzneibuches zur jodometrischen Gehaltsbestimmung 
unbrauchbar ist, wirft am Schluls seiner Betrachtungen die Frage 
auf, ob es nicht einfacher wäre, für Ferrum pulveratum und Ferrum 
reductum wieder zur Chamäleon-Methode zurückzukehren, da hier 
doch zunächst Oxydulsalz-Lösungen erhalten würden, die in jedem 
Falle mit Permanganat austitriert werden mülsten. 

In der That lag gar keine Veranlassung vor, die Methode der 
2. Auflage der Pharmacopöe aufzugeben und statt der rasch aus- 
führbaren und scharfe Resultate gebenden Permanganat-Bestimmung 
die Ausführung der Operation auf dem umständlichen und zeitraubenden 
Wege der Jodometrie vorzuschreiben. Der Grund der Ausmerzung 
der Kaliumpermanganat-Lösung als Massflüssigkeit dürfte vielleicht 
darin zu suchen sein, dafs dieselbe für wenig titerbeständig ge- 
halten wird. 

Nachdem schon Thümmel?) in seinen Bemerkungen zu dem 
Arzneibuch für das Deutsche Reich auf diesen Irrtum aufmerksam 
gemacht hatte, wurden gleichzeitig von mir direkte Versuche ein- 
geleitet, um den Grad der Haltbarkeit einer Kaliumpermanganat- 
Lösung verschiedener Konzentration zu ermitteln. 

Mittels ausgekochten Wassers wurden Permanganat-Lösungen 
in einer Stärke dargestellt, wie sie in der Mafsanalyse am vorteil- 
haftesten Verwendung finden und zwar im Verhältnis von 3 g und 


D) Arch. d. Pharm. Band 230. 2. 1892. 
2) Pharm. Ztg. 1890, Nr. 66 und 67. 


Arch. d. Pharm. XXX, Bas. 5. Heft. 21 


322 B. Grützner, Über d. Haltbarkeit titrierter Lösungen ete. 


l g zum Liter. Die Aufbewahrung geschah in Glasstöpselflaschen, 
zum Schutz gegen atmosphärischen Staub mit Pergamentpapier über- 
bunden und 2. in Flaschen mit doppelt durchbohrtem Kautschuk- 
pfropfen, welche nach Art der Spritzflaschen eingerichtet, das Aus- 
fliefsen der Flüssigkeit ohne Öffnung des Stöpsels gestatten. Die 
Lösungen wurden während der Dauer ihrer Aufbewahrung einesteils 
dem zerstreuten Tageslicht ausgesetzt, anderenteils vor Lichtzutritt 
geschützt und alle Monate auf ihren Gehalt mit jedesmal frisch be- 
reiteter Y/;;-Normal-Oxalsäurelösung geprüft. 

Die dem zerstreuten Tageslicht ausgesetzt gewesene Lösung 
1: 1000 hatte sich ein Jahr lang unverändert gehalten, nach 1!/, Jahren 
zeigte der Kaliumpermanganat-Gehalt eine Abnahme von 2,61 Proz. 
Im geschwärzten Glase war nach 1!/; Jahren eine Gehaltsabnahme 
von nur 0,94 Proz. zu konstatieren. Noch günstiger war das Resultat 
bei der stärkeren Lösung 3 : 1000. Hier war sowohl in dem geschwärzten 
Gefäls, als auch in der dem zerstreuten Tageslicht ausgesetzt ge- 
wesenen Glasstöpselflasche der Gehalt während 1!/; Jahren der gleiche 
geblieben. Die in Spritzllaschen aufbewahrten Lösungen verhielten 
sich genau so, wie die der Glasstöpselflaschen. 

Es besitzt mithin eine vor Staub und Lichtzutritt aufbewahrte 
0,3prozentige Permanganat-Lösung eine grolse Haltbarkeit. Die 
Titerstellung mittels Ferroammonsulfat ist eine sehr einfache und 
schnell ausführbare, zudem die Anwendung eines Indikators unnötig. 
Es ist daher zu bedauern, dals Kaliumpermanganat als Mafsflüssig- 
keit keine Aufnahme in das Deutsche Arzneibuch gefunden hat. 

Diese Abneigung ist wohl auch Veranlassung gewesen, die recht 
notwendige Prüfung des Ferrum sulfuricum auf seinen Eisengehalt 
zu streichen. Man unterliefs sie, weil es in diesem Falle doch aben- 
teuerlich erschienen wäre, wenn man auch hier die von der Pharma- 
copöe ausschliefslioh beliebte Methode der Eisenbestimmung hätte 
anwenden wollen. h 

Bei Feststellung des Gehaltes an metallischem Eisen im Zerrum 
reductum kann man nach der Behandlung mit Mercurichlorid und 
absetzen lassen, einen Teil abpipettieren und nach Zusatz von ver- 
dünnter Schwefelsäure sofort mit Permanganat-Lösung malsanalytisch 
vorgehen. Nicht zu vergessen ist jedoch, dals die vom Arzneibuch 
vorgeschriebene Menge Quecksilberchlorid zur Auflösung des Eisens 
viel zu niedrig bemessen ist, da sie nur ausreicht, höchstens 51,6 Proz. 


B. Grützner, Über d. Haltbarkeit titrierter Lösungen etc. 323 


metallisches Eisen zu finden. Warnecke,!) welcher wohl zuerst 
hierauf aufmerkam machte, giebt folgende Anweisung: 1 g Zerrum 
reductum mit 5 g Quecksilberchlorid und 50 ccm Wasser unter Luft- 
abschlufs im Wasserbad erwärmt etc. 

In dem von Vulpius und Holdermann herausgegebenen 
Kommentar zum Arzneibuch für das Deutsche Reich findet sich die 
Angabe, dafs man die Behandlung des ferrum reductum mit Queck- 
silberchlorid unterlassen und dafür 0,25 g des Präparates unmittelbar 
in 10 ccm verdünnter Schwefelsäure aufnehmen, mit Permanganat 
oxydieren, dann die Jodausscheidung bewirken und mit Y,. Normal- 
Natriumthiosulfat ihrer Gröfse nach bestimmen kann. 

Ich unterzog drei Sorten Zerrum reductum verschiedener Güte 
vergleichenden Analysen, indem ich den Gehalt an metallischem Eisen 
nach dem Behandeln mit Quecksilberchlorid direkt durch Titrieren 
mit genau eingestellter Permanganat-Lösung und nach dem von 
Vulpius und Holdermann angegebenen Verfahren feststellte. Der 
Gesamt-Eisengehalt wurde nach dem Autflösen in Salzsäure und Oxy- 
dieren durch Fällen mit Ammoniak gewichtsanalytisch bestimmt. 

Probe I. mittels Hg Cl]: 

90,52 %, Fe, nach V.&H. 95,53 °/, Fe, gew.-anal. 97,51 %, Fe. 
Probe II. mittels Hg Cl: 

73,83 %/, Fe, nach V.&H. 93,41 °%/, Fe, gew.-anal. 94,57 °/, Fe. 
Probe III. mittels Hg O];: 

5,13 %/, Fe, nach V. & H. 48,79 ®/, Fe, gew.-anal. 74.62 %, Fe. 
Verdünnte Schwefelsäure wirkt auf Ferrum reductum in der Kälte 
nur sehr träge ein; die Wasserstoffgas-Entwickelung ist bei Be- 
obachtung der von Vulpius und Holdermann angegebenen Mengen- 
verhältnisse so schwach, dafs die Auflösung ohne Gefahr in einem 
genügend grofsen Kölbehen bei geschlossenem Bunsenschen Ventil 
vorgenommen werden konnte. Mit dem Aufhören der Wasserstoff- 
Entwickelung war auch bis auf einzelne Kohlepartikelchen vollstän- 
dige Lösung eingetreten. Hierzn waren bei Probe III fast 24 Std. 
erforderlich. Für das Resultat war es gleichgiltig, ob die Behand- 
lung des Ferrum reductum in der Kälte, oder zur Beschleunigung 
des Prozesses in der Wärme vorgenommen wurde. 

Aus obiger Zusammenstellung erhellt, dafs der Prozentgehalt an 
thatsächlich vorhandenem reduzierten Eisen nach der Methode von 


1) Pharm. Ztg. 22, 91. 


324 B. Grützner, Über d. Haltbarkeit titrierter Lösungen etc. 


Vulpius und Holdermann um so höher ausfällt, je weniger das 
Präparat metallisches Eisen enthält, da die verdünnte Schwefelsäure 
nicht nur dieses, sondern auch Eisenoxyduloxyd auflöst. Das verein- 
fachte Verfahren führt demnach zu falschen Resultaten. Es erscheint 
überhaupt unerfindlich, warum man die vortreffliche, von Apotheker 
OÖ. Willnert) in Stockholm herrührende und leicht ausführbare, be- 
währte Methode der Bestimmung des Eisens im Ferrum reductum 
aufgeben konnte. 

Die zum Einstellen der Permanganat-Lösung gern benützte 
Uo-Normal-Oxalsäure-Lösung hielt sich bei Abschlufs von Licht und 
Staub fünf Monate unverändert. Ein Jahr alt, zeigte der Oxalsäure- 
Gehalt eine Abnahme von 2,85 Proz. 

Die Untersuchungen über die Haltbarkeit von 1/,,-Normal- 
Natriumthiosultat-Lösungen erstrecken sich nur auf den Zeitraum 
von 6 Monaten. Während dieser Zeit war keine Gehaltsabnahme 
wahrzunehmen. Es scheint jedoch, als ob sich die Lösung in ge- 
schwärztem Gefäls besser hält, als die der Einwirkung des Tages- 
lichts ausgesetzte, da letztere Lösung nach vier Monaten beginnende 
Schimmelbildung zeigte. Der Gehalt an Natriumthiosulfat war der 
gleiche geblieben. 


Mitteilung aus dem chemischen Institute der 
Universität Halle. 


Über Bestimmung von Glycerin im Wein. 


Von G. Baumert. 


(Eingegangen den 16. V. 1892.) 


Für die im vorigen Herbste hier abgehaltene 64. Versammlung 
deutscher Naturforscher und Ärzte hatte ich einen Vortrag angekün- 
digt, der aus Mangel an Zeit von der Tagesordnung abgesetzt 
werden mulste. Ich bezweckte damit, den sich mit Untersuchung 
von Nahrungs- und Genufsmitteln befassenden Fachgenossen einen 
die Frage der Glycerinbestimmung betreffenden Vorschlag zu machen, 
den ich hiermit folgen lasse. 


1) Pharm. Ztg. 1880, Seite 705. 


G. Baumert, Bestimmung von Glycerin im Wein. 325 


Dals die, 1354 von der Kommission zur Beratung einheitlicher 
Methoden für die Analyse des Weines vereinbarte Glycerinbestim- 
mung viel zu wünschen übrig läfst, darf hier wohl als genügend 
bekannt vorausgesetzt werden. Auch liegt es nicht in meiner Ab- 
sicht, an dieser Stelle auf die, von verschiedenen Seiten zur Ver- 
besserung dieser Methode gemachten Vorschläge einzugehen, soweit 
sie im Prinzip mit jener Methode selbst überemstimmen, die be- 
kanntlich darauf hinausgeht, das Glycerin auf extraktivem Wege 
aus dem mit Kalkmilch und Sand eingedampften Weine in eine 
möglichst reine alkoholisch ätherische Lösung überzuführen, letztere 
dann verdunsten zu lassen und den Rückstand schliefslich zu trocknen 
und zu wägen. 


Der Hauptfehler dieser Methode und ihrer auf dem gleichen 
Prinzipe beruhenden Modifikationen ist der, dafs es bis jetzt nicht 
gelungen ist und voraussichtlich auch nicht gelingen wird, das 
Glycerin von anderen, in Äther-Alkohol ebenfalls löslichen Wein- 
bestandteilen quantitativ zu trennen, so dafs man schliefslich nur 
reines Glycerin zur Wägung bringt. 


Sieht man sich aber nach einer anderen Möglichkeit um, das 
Glycerin von anderen Weinbestandteilen zu scheiden, so wird man 
von vornherein nicht im Zweifel darüber sein, dafs nach den bis 
jetzt vorliegenden Erfahrungen eine andere, als die extraktive Me- 
thode zur Abscheidung des Glycerins aus Wein und dergl. nur auf 
die Flüchtigkeit der eben genannten Substanz gegründet werden kann. 

Allerdings erhält man hierbei das Glycerin zunächst wieder in 
Mischung mit anderen (flüchtigen) Weinbestandteilen, es bieten sich 
aber in diesem Falle zwei Möglichkeiten, das in einem Weindestil- 
late enthaltene Glycerin von Alkohol und sonstigen flüchtigen Wein- 
bestandteilen zu trennen bezw. es neben diesen zu bestimmen. 

Erwägungen dieser Art veranlalsten mich, Herrn Apotheker 
F. Schaumann, der sich 1890/91 unter meiner Leitung mit Unter- 
suchung von Nahrungs- und Genufsmitteln beschäftigte, einige Ver- 
suche!) zur Bestimmung des Glycerins in der angedeuteten Richtung 
vorzuschlagen. 


l) Vergl. F. Schaumann: Bestimmung von Glycerin im Wein 
nebst Notizen über sächsisch-thüringische Weine. Inaugeraldissertation 
Erlangen 1891 und Zeitschrift für Naturwissenschaften Bd. 64, 
Halle a.S. 1891. — 


326 G. Baumert, Bestimmung von Glycerin im Wein. 


Bekamntlich giebt es zwei Möglichkeiten, das Glycerin zu de- 
stillieren: entweder im Luft verdünntem Raume oder unter gewöhn- 
lichem Druck mit Hilfe gespannter bezw. überhitzter Wasserdämpfe. 

Den ersteren Weg hat bereits Graf Törring!) beschritten und 
einen Apparat konstruiert, mittels dessen das Glycerin aus Wein und 
Bier bei vermindertem Luftdruck abdestilliert werden kann. 
Dieses Verfahren scheint aber nicht so einfach zu sein, als man viel- 
leicht glaubt: die Destillation mufs, nachdem der abgekühlte Appa- 
rat wieder mit Wasser beschickt ist, wiederholt werden, weil 
das Glycerin bei einmaliger Destillation nicht quantitativ übergeht. 

Da der erwähnte Apparat nicht zur Verfügung stand und zu 
hoffen war, dafs sich das gleiche Ziel auf einem einfacheren Wege 
würde erreichen lassen, so hat Herr Schaumann das Graf 
Törring’sche Vertahren nicht mit in den Kreis seiner Untersuchungen 
hineingezogen, sondern das Glycerin direkt aus Wein mittels über- 
hitzten Wasserdampfes abzuscheiden versucht. 

Ich übergehe an dieser Stelle die Mifserfolge, welche bei den 
ersten derartigen Versuchen und bei Benutzung gebräuchlicher 
Destillationsgefälfse zu verzeichnen waren, um sogleich einige An- 
gaben über den Apparat zu machen, der sich schliefslich als brauch- 
bar erwies und mit dessen zweckentsprechender und zugleich hand- 
licher Herstellung die Firma Max Kaehler und Martini in Berlin 
beschättigt ist. 

Das Destillationsgefäfs ist im Wesentlichen eine U-Röhre, deren 
weiterer Schenkel einen, das Überspritzen des heftig bewegten 
Röhreninhalts verhindernden, birnförmigen Aufsatz trägt, der m 
einen Liebig’schen Kühler. mündet. Der engere. Schenkel des De- 
stillationsgetäfses, welches, beiläufig bemerkt, mit einem aus Asbest- 
pappe hergestellten cylindrischen Luftbade umgeben wird, ist mit 
dem Dampfüberhitzer verbunden, d. h. mit einem zu einer konischen 
Spirale aufgewundenen und mit einem Eisenblechmantel umgebenen 
eisernen Rohre, welches von einem kräftigen Brenner erhitzt und 
von dem in einem beliebigen Dampfentwickler erzeugten Wasser- 
dampfe durchströmt wird. 

Um mittels dieses Apparates das Glycerin aus Wein abzu- 
scheiden, dampft man 50 oder 100 ccm davon in einer Schale mit 
1 bis 2 g gefälltem reinen Caleciumkarbonat auf etwa die Hälfte ein 


1) Zeitschrift f. angewandte Chemie 1889, 362. 


G. Baumert, Bestimmung von Glycerin im Wein. 327 


und spült den auf diese Weise entgeisteten und neutralisierten 
Rückstand in den weiteren Schenkel des U-förmigen Destillations- 
gefälses. 

Nachdem letzteres mittels des Luftbades soweit erhitzt ist, dafs 
sich im oberen Teile Wassertropfen kondensieren, läfst man den 
überhitzten Dampf eintreten und sammelt das Destillat in einem 
200 cem-Kolben. 

Dasselbe stellt eine reine, wässerige, aber noch weinartig rie- 
chende Flüssigkeit dar, in welcher die Bestimmung des Glycerins 
vorzunehmen ist. 


Ich komme hier an die zweite Hauptfrage, die Herr Schau- 
mann experimentell bearbeitet hat, nämlich die, wie man den Glyce- 
ringehalt so verdünnter wässeriger Lösungen am genauesten be- 
stimmen kann? 

Graf Törring (l. e.) bevorzugte zur Bestimmung des Glycerins 
in den nach seiner Vacuumdestillationsmethode erhaltenen Destillaten 
das Verfahren von Diez!), bei dem das Glycerin durch Benzoyl- 
chlorid bei Gegenwart von Natronlauge gefällt und nach dem Ab- 
filtrieren, Waschen und Trocknen schliefslich als Glycerinbenzoat zur 
Wägung gebracht wird. Nach den diesseits und auch anderweitig 
gemachten Erfahrungen aber hat die Diez’sche Methode die anfangs 
aut sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. 


Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, dafs man den Glycerin- 
gehalt der Weindestillate in den durch Eindampfen genügend kon- 
zentrierten Flüssigkeiten auf optischem Wege, durch Bestimmung des 
Brechungsexponenten,?) oder durch das spez. Gewicht unter Zuhilfe- 
nahme von Tabellen?) ermitteln kann, da jetzt wohl als feststehend 
anzunehmen ist, dafs man wässerige Glycerinlösungen bis zu einer 
Konzentration von ca. 50 Proz. eindunsten kann, ohne Verluste durch 
Verflüchtigung von Glycerin zu erleiden. 


Man kann aber auch das Glycerin direkt in dem (200 ccm be- 
tragenden) Destillate bestimmen und zwar entweder nach der Me- 


1) Zeitschrift f. physikal. Chemie 11. 472. 

2) Bereits von Scalweit für die Glycerinlösungen aus dem alten 
Verfahren in Vorschlag gebracht. Repertorium der analytischen 
Chemie 6. 183. 

°) Vergl. z. B. Lenz, Zeitschrift f. analyt. Chemie. 


328 G. Baumert, Bestimmung von Glycerin im Wein. 


thode von Benedikt-Zsigmondi!) oder nach derjenigen von 
Planchon?) unter denen die erstere insofern einen Vorzug besitzt, 
als sie, wie gleich gezeigt werden soll, keine so hohen Anforderun- 
gen an den Reinheitsgrad der betreffenden Glycerinlösungen — hier 
also an die Weindestillate — stellt, als die Planchon’sche Methode, 
die aber ihrerseits vor jener wieder den Vorzug grölserer Einfach- 
heit hat. 

Das Benedikt-Zsigmondi’sche Verfahren beruht auf der 
Thatsache, das das Glycerin in stark alkalischer Lösung im Sinne 
der Gleichung: 

C,H; 0; +60. =(0,H, 0, + C0,;, + 3H,0 
zu Oxalsäure, Kohlensäure und Wasser oxydiert wird. Mithin 
braucht die Flüssigkeit, in der man das Glycerin bestimmen will, in 
diesem Falle nur von solchen Beimengungen frei zu sein, welche 
unter den angegebenen Bedingungen Oxalsäure liefern: eine Voraus- 
setzung, welche für die Weindestillate zutrifft. 

Zur Bestimmung des Glyceringehaltes nach Benedikt-Zsig- 
mondi empfiehlt Herr Schaumann folgende Arbeitsweise, durch 
die man Schwierigkeiten umgeht, mit denen z. B. Grünwald?) bei 
Prüfung des in Rede stehenden Verfahrens zu kämpfen hatte. 


Das 200 ccm betragende, etwa 0,2—0,5 Glycerin enthaltende De- 
stillat aus 50 oder 100 ccm Wein wird mit 10—12 Ätzkali, wel- 
ches oxalsäurefrei befunden ist, versetzt und nach erfolgter Lösung 
und Abkühlung mit soviel kaltgesättigter Permanganatlösung ver- 
mischt, bis bleibend rotviolette Färbung einen Überschufs des Oxy- 
dationsmittels anzeigt. 


Alsdann erhitzt man das Gemisch auf einer Asbestpappe langsam 
zum Kochen ‘und leitet nach etwa !/, Stunde einen Strom von 
Schwefeldioxyd — nach Thiele) aus Natriumdisulfitlösung und 
Schwefelsäure entwickelt — ein, bis nicht blos die Flüssigkeit ent- 
färbt, sondern auch der schlammige Manganniederschlag wieder ge- 
löst ist, der sich während des Erhitzens der Flüssigkeit ausge- 


schieden hatte. 


1) Chemiker-Zeitung 9. 975 (1835.) 

2) Zeitschrift f. analyt. Chemie 283. 356. 
3) Inaugural-Dissertation. Jena, 1339. 
4, Liebig’s Annalen 253, 243. 


G. Baumert, Bestimmung von Glycerin im Wein. 329 


Man setzt nun conz. Essigsäure zu, erhitzt, bis der Geruch 
nach Schweteldioxyd vollständig verschwunden ist und fügt zu der 
noch heilsen Flüssigkeit Chlorkalciumlösung hinzu. 

Während des Erkaltens scheidet sich nun ein Gemenge von 
Caleiumoxalat und Caleiumsulfat ab, welches man, nachdem die über- 
stehende Flüssigkeit geklärt ist, auf einem Asbestfilter sammelt und 
mit heilsem Wasser auswäscht, bis die Waschflüssigkeit, nach dem 
Ansäuern mit Schwefelsäure, einige Tropfen Permanganatlösung 
(1: 1000) nicht mehr entfärbt. 

Der Niederschlag wird dann sammt dem Asbest in eine Por- 
zellanschale gespült und nach Zusatz von reiner verdünnter Schwefel- 
säure bei Kochhitze mit einer Permanganatlösung titriert, welche 
auf Normal-Oxalsäure eingestellt ist. 

Den Oxalsäuretiter der Permanganatlösung rechnet man auf 
Glycerin um, unter Berücksichtigung des Umstandes, dals (nach 
Gleichung auf Seite 328) 90 Teile Oxalsäure 92 Teilen Glycerin ent- 
sprechen. 

Herr Schaumann hat nach dieser Methode 16 Lösungen mit 
bekanntem Gehalt an Reinglycerin!) analysiert und gut überein- 
stimmende Resultate erhalten, wie z. B. 


Angewandte Verbrauchte Gefundene 
Menge Menge Menge 

Reinglycerin Permanganat?) Glycerin 

g ccm g 

DIBTADBeAH EN 20 en Ola 
MIBBAT, le a BAD I er EA 
MRIZDe/ ri WanE2u re Pr Fr 0095 
0.4332 21. 0.4815 


Einfacher als das vorstehend beschriebene Benedikt-Zsigmondi 
sche Verfahren ist die Methode von Planchon, sie setzt aber Glycerin- 
lösungen — Weindestillate -— voraus, welche von oxydierbaren Beimen- 
gungen vollständig frei sind; denn diese Methode besteht darin, dafs das 
Glycerin in schwetelsaurer Lösung durch Permanganat zu Wasser und 
Kohlensäure oxydiert wird, welche letztere man in der üblichen 


1) Der Gehalt an Reinglycerin in dem, zur Herstellung obiger 
Lösungen benutzten, käuflichen Glycerinum purissimum wurde 1. durch 
das spez. Gew. (1,2345 bei 14% C.),2. durch Elementaranalyse (34,03 Proz. C.) 
und 3. durch die von Herrn Prof. Dr. Dorn hier freundlichst ausge- 
führte Bestimmung des Brechungsexponenten (1,4567 bei21°C. und gelbem 
Licht) im Mittel zu 37 Proz. gefunden. 

2) 1 ccm obiger Permanganatlösung = 0.0084 g Glycerin. 


330 G. Baumert, Bestimmung von Glycerin im Wein. 


Weise — Absorption wie bei Elementaranalysen — gewichtsanalytisch 
bestimmt und auf Glycerin umrechnet. 

Die diesen Vorgang veranschaulichende Formel 
3C3H803-+ 14 KMnO* +7H2SO*=9C0? + 19H?O + 7K?SO* + 14MnO? 
zeist, dafs man einen grofsen Überschufs von Permanganat anwenden 
muls und dafs je 132 Teile der gefundenen Kohlensäure 92 Teilen 
vorhanden gewesenen Glycerins entsprechen. 

Da —_ =’0.6969 . .*. . , so erhält man die gesuchte Menge 
Glycerin, wenn man die gefundene Menge Kohlensäure mit 0.697 
multipliziert. 

Bei Prüfung dieser Methode ist Grünwald (l. c.) ebenfalls auf 
Schwierigkeiten gesto[sen, die im wesentlichen darin bestanden, dafs 
die aus dem kochenden Oxydationsgemisch sich entwickelnden 
Wasserdämpfe nicht genügend zurückgehalten werden konnten, in 
Folge dessen die Trockenapparate schnell unbrauchbar wurden. 

Dieser Übelstand wird vermieden, wenn man die Dämpfe aus 
dem Zersetzungskolben erst durch ein aufrecht gebogenes, als Rück- 
Aufskühler wirkendes Rohr in einen leeren, nötigenfalls in kaltes 
Wasser eingesenkten Kolben eintreten läfst, an den sich dann die 
Trocken- und Absorptionsapparate in bekannter Weise anschliefsen. 

Nach Beendigung der Operation wird, wie bei Kohlensäurebe- 
stimmungen, ein kohlensäurefreier Luftstrom durch den Apparat hin- 
durchsaugt. 

Die Resultate, die Herr Schaumann mit dem Planchon’schen 
Verfahren erhielt, sind nicht so gut, wie die nach der Methode von 
Benedikt-Zsigmondi. Der Grund liegt aber wahrscheinlich nur 
in der Ausführung der betreffenden Versuche oder in einer noch 
vorhandenen kleinen Mangelhaftigkeit des Apparates, der sich noch 
beseitigen lassen dürfte. Jedenfalls verdient das Planchon’sche 
Verfahren wegen seiner Einfachheit vorläufig noch volle Beachtung 
für den hier in Rede stehenden Zweck. 

Sollte der in dieser Mitteilung gemachte Vorschlag zur 
Abscheidung des Glycerins aus Wein und dergl. einer weiteren 
Prüfung von fachmännischer Seite für wert befunden und bestätigt 
werden, so würde die Bestimmung des Glycerins im Wein auf eine, 
der Bestimmung der flüchtigen Säure analoge und auch nur wenig 
umständlichere Operation zurückgeführt sein. 


E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid. 331 


Leider war es bis jetzt nicht möglich, beide Methoden einander 
so weit zu nähern, dafs auch die Endbestimmung des Glycerins im 
Destillate, wie diejenige der Säuren, auf titrimetrischem Wege er- 
folgen kann. 


Arbeiten aus dem pharmaceut. Institut der 
Universität Bern. 


Über das Jodtrichlorid 
vonE.TavelundA.Tschirch. 
(Eingegangen den 22. Mai 1892.) 


Die günstigen Ergebnisse, die man neuerdings, auch hier in 
Bern, bei Verwendung des zuerst von ©. Langenbuch empfohlenen 
Jodtrichlorid als Antiseptikum, besonders in der ÖOphtalmologie 
und in der Ohrenheilkunde (Trautmann, deutsch. med. Wochenschr. 
1891. S. 911) erzielt hat, einerseits, andererseits die Thatsache, dafs 
das Jodtrichlorid des Handels, welches für gewöhnlich zur Verwen- 
dung kommt, niemals reines Jodtrichlorid ist, veranlafsten uns, der 
Frage näher zu treten, wie sich das Verhältnis der Wirkung che- 
misch reinen Jodtrichlorids zu der seiner Constituenten und Um- 
setzungsprodukte stellt. 

Über die antiseptischen Eigenschaften des Jodtrichlorids sind 
wir durch die Arbeit von Otto Riedel, Versuche über die des- 
infizierenden und antiseptischen Eigenschaften des Jod- 
triehlorids etc. (Arbeit aus dem kais. Gesundheitsamte 1887, II 
5.466) im Allgemeinen unterrichtet worden, der die Wirkung des 
Jodtrichlorids auf Milzbrandsporen, Heubazillensporen und Garten- 
erdesporen (?) — auf sporenfreien Milzbrand, Staphylococeus 
aureus, den Staphylococcus der Osteomyelitis und andere studierte 
und zu dem Resultate kam, dafs das Jodtrichlorid in wässeriger 
Lösung ein wirksames Desinfektionsmittel ist und selbst in grofser 
Verdünnung noch auf Sporenmaterial in kurzer Zeit abtötend ein- 
wirkt, dafs gegenüber sporenfreiem Material eine 0,1 Proz. Lösung 
von Jodtrichlorid in Wasser einer 2 Proz. Karbollösung aequivalent 
ist und dafs bei Jodtrichlorid (im Gegensatz zu Sublimat und Karbol- 


332 E. Tavel und A. Tschirch. Über Jodtrichlorid. 


säure) bei intravenöser, intraperitonealer und subkutaner Einverleibung 
keinerlei Vergiftungserscheinungen beobachtet werden konnten. In 
seiner zusammenfassenden Studie über Desinfektion, Desin- 
fektionsmittel und Desinfektionsmethoder hat alsdann Beh- 
ring auch das Jodtrichlorid in den Kreis seiner Betrachtung ge- 
zogen (Zeitschr. für Hygiene IX, 1890 S.452). Auch er konstatiert 
die hohe desinfizierende Kraft dieses Mittels und kommt zu dem 
Resultate, dafs das Jodtrichlorid „die hervorragende Desinfektions- 
kraft der freien Halogene Chlor und Jod in sich vereinige, ohne 
deren Nachteile zu teilen.“ Aus den Immunisierungsversuchen von 
Behring und Wernicke wissen wir ferner, dafs Jodtrichlorid ein 
vorzügliches Abschwächungsmittel ist. Zeitschrift für Hygiene, 
Bd. XI. 1892, S. 10 u. 45. 

Ist nun das Jodtrichlorid, wie es in den Handel kommt, wirk- 
lich reines Jodtrichlorid? Wir haben eine ganze Reihe von Handels- 
produkten untersucht, aber nur bei einem einzigen Lieferanten wirk- 
lich reines Jodtrichlorid erhalten. Die Mehrzahl der Handelspro- 
dukte enthielt zwar einen verhältnismäfsig grolfsen Prozentgehalt 
Jodtrichlorid, aber schon die mehr oder weniger braune Farbe — 
reines Jodtrichlorid ist lebhaft orangegelb — zeigte, dafs Jodmono- 
chlorid beigemengt war. Der Grund ist klar. Jodtrichlorid ist eben 
nur in zugeschmolzenen Glasröhren haltbar und zersetzt sich an der 
Luft relativ rasch, sehr schnell in feuchter und warmer, langsam in 
trockener und kalter Luft. Die gelbe Farbe geht mehr und mehr 
in braun über. Schon hieraus folgt, dals Wasser zersetzend auf den 
Körper einwirkt. In der That zeigt denn auch der Versuch, dafs 
eine wässerige Lösung von Jodtrichlorid überhaupt nicht existiert, 
sondern dafs sich das Salz nach der Formel 4 JCl,;, + 5 H,O = 
10 HC1+2JCl + Js0, in Salzsäure, Jodsäure und Jodmonochlorid 
zersetzt. Diese Zersetzung findet nicht etwa erst nach längerem 
Stehen, sondern sofort.nach Auflösung der völlig reinen Verbin- 
dung statt. 

Wir haben das Jodtrichlorid in der Weise bereitet, dals wir 
in eine geräumige Retorte eine beliebige Menge Jod brachten, alsdann 
durch den Tubus einen Strom vorher sorgfältig getrockneten Chlor- 
gases einleiteten und unter fortwährendem Zuleiten von Chlor das 
Jod langsam erhitzten. Sorgt man dafür, dafs immer ein Überschufs 
von Chlor vorhanden ist, so sublimiert beim Erhitzen des Bodens. 


E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid. 333 


der Retorte das Jodtrichlorid in orangegelben Krystallrosetten in 
den Retortenhals und es bereitet keinerlei Schwierigkeiten, dasselbe 
im Chlorstrome in Glasröhren überzutreiben, die, sofort zugeschmolzen, 
nunmehr dieVerbindung beliebig lange aufzubewahren erlauben. Ist das 
Wetter kalt und trocken, so ist eine solche Vorsicht nicht einmal 
nötig, alsdann löst sich dies sublimierte Jodtrichlorid in zusammen- 
hängenden Stückchen leicht von der Retortenwand ab und kann in 
Gläser gebracht werden, die bei Luftzutritt zugeschmolzen werden 
können. 

Dafs auch hierbei zunächst Jodmonochlorid entsteht, sieht man 
schon daraus, dafs bei Jodüberschufs immer zunächst braunes Mono- 
chlorid entsteht, das erst allmälich in das orangegelbe Trichlorid 
übergeht. An feuchter Luft zerflieist das Jodtrichlorid zu einer 
braunen Flüssigkeit, aus der beim Abkühlen kleine braune Krystalle 
von Jodmonochlorid anschiessen. 

Löst man nun von dem reinen, frisch dargestellten oder in zu- 
geschmolzenen Röhren aufbewahrten Jodtrichlorid etwas in Wasser 
— die Verbindung löst sich darin sehr leicht — so erhält man eine 
gelbe Flüssigkeit, in der freies Chlor weder durch den Geruch noch 
durch die Bleichung darüber gehaltenen Lakmuspapieres, noch freies 
Jod (durch zugesetzte Stärke bezw. durch Schütteln mit Chloroform) 
sich nachweisen läfst; dagegen zeigt Silbernitrat (durch Entstehung 
eines copiösen Niederschlages) die Anwesenheit von Salzsäure an. 
Die Flüssigkeit reagiert dann aber auch stark sauer. Ebenso läfst 
sich durch Morphin und Chloroform Jodsäure nachweisen: das 
Chloroform wird sofort violett. Da sowohl Jodtrichlorid wie Jod- 
monochlorid Jod aus Jodalkalien frei macht, so tritt bei Zusatz von 
Jodkali-Stärke sofort eine Bläuung ein. 

Selbst die frisch bereitete Lösung des Jodtrichlorids enthält 
demnach entweder gar keine, oder doch nur sehr geringe Mengen dieser 
Verbindung und besteht vielmehr aus Jodmonochlorid, Jodsäure und 
Salzsäure. 

Da diese Zersetzung stets eintritt und auch freies Chlor sie 
nicht hindert, su verschlägt es also nichts, wenn man an Stelle des 
chemisch reinen Jodtrichlorids das mehr oder weniger grolse Mengen 
Monochlorid enthaltende Handelsprodukt verwendet. 

Unter Zugrundelegung dieser Versuchsergebnisse haben wir nun 
die antiseptische Wirkung des chemisch reinen Jodtrichlorids in 


334 E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid- 


frisch bereiteter wässriger Lösung mit der einer Lösung des aus 
Trichlorid dargestellten Jodmonochlorids verglichen. Gleichzeitig 
aber, um einen Malsstab für die antiseptische Wirkung der bei der 
Zersetzung entstehenden anderen Verbindungen — Jodsäure und 
Salzsäure — zu gewinnen, auch diese in den Kreis der Untersuchung 
gezogen und endlich mit demselben Bakterienmaterial die Wirkung 
des Chlors und Jods in wässriger Lösung geprüft. 

Um einwurfsfreie Ergebnisse zu erzielen, sind Lösungen gleicher 
Konzentration verwendet worden: 1:500, 1:1000, 1: 2000, nur das 
Jod wurde in wässriger Lösung 1:5520 bemutzt, da es sich, ohne 
Zusatz anderer Substanzen, reichlicher in Wasser nicht löst. Das 
Chlorwasser ist frisch bereitet (nicht älter als 2 Stunden) zur Ver- 
wendung gelangt. Es war völlig frei von Salzsäure. Das Jod- 
wasser ist ebenfalls in frisch bereiteter Lösung angewendet worden. 
Das Jod wurde zuvor wiederholt umkrystallisiert, resublimiert und 
durch wiederholtes Schütteln mit Wasser von jeder Spur anhängender 
Jodwasserstoffsäure befreit. 


Um bei den bakteriologischen Versuchen ganz sicher zu gehen, 
dafs die Einwirkungen der Lösungen von Jodtrichlorid bezw. Mono- 
chlorid, von Chlor, Jod und Salzsäure nur die im Versuche beab- 
siehtigte Zeit (1 und 5 Minuten, Y,, 1, 2 Stunden) gedauert, 
wurden diese Substanzen stets, nachdem sie die gewünschte Zeit 
eingewirkt hatten, durch eine sterilisierte Lösung von Natriumthio- 
sulfat (Na, S, O,) 1:1000 zerstört bezw. in bakteriologisch unwirk- 
same oder gasförmige Körper übergeführt, nach den Formeln: 

für Jodmonochlorid: 2 JCl+4N3,%0,—=2NaJ + 2NaCl 
+ 2N29, 0, 

für Chlor: 2N3, 5,0; +2C01=N2%S,0;, + 2NaCl 

für Jod: 2 N, 5,0, +2J=N23S,0;, + 2Na) 

für Salzsäure: Na S,0, +2HC1=2NaC1+S0,+S+ H;0. 

Von der 1°, Thiosulfatlösung wurden stets 10 Tropfen mit 
10 ccm Wasser verdünnt angewendet. Diese Lösung besitzt, wie 
ein Kontrollversuch zeigte, keinerlei antiseptische Eigenschaften. 

Die bakteriologischen Untersuchungen wurden von Herrn Dr. 
Wield aus Edinburg unter unserer Leitung ausgeführt. 

Unter der Gruppe der Staphylococcen wurde der Citreus wegen 
seiner schon früher festgestellten grofsen Widerstandsfähigkeit gegen 
die Antiseptica gewählt (Viqunat, Inaugural-Diss. 1839. Bern). 


E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid. 335 


Als Repräsentant der nicht sporenbildenden Bazillen wurde der 
Bac. pyocyaneus, der an seiner Farbstoffbildung leicht zu erkennen 
ist, genommen. 

Obgleich die Milzbrandsporen weitaus nicht die resistentesten 
sind, wählten wir dieselben, weil sie als Typus der sporenbildenden 
Bazillen gelten. 

Die Versuche wurden folgenderweise ausgeführt: 

Die im pharmakologischen Laboratorium ganz frisch vorbereiteten 
und titrierten Lösungen wurden ins bakteriologische Laboratorium 


ß a—h 
gebracht, dann mit destilliertem Wasser nach der Formel x — am 
) 
auf die gewünschte Verdünnung gebracht. 
x = Wasserzusatz für Il cmm der titrierten Lösung, um die 


gewünschte Verdünnung zu erreichen. 
a = wirklicher Gehalt. 
b = gewünschter Gehalt. 

Als Proben wurden kleine viereckige Fliefspapierstückchen von 
ungefähr 5 mm Seite gebraucht, die nach Sterilisation im Trocken- 
schrank in einer Agarkulturaufschwemmung einige Zeit lagen, auf 
einem sterilisierten Drahtnetz eingetrocknet und kurze Zeit darauf 
(2—3 Stunden nachher) zu den Versuchen verwandt wurden. 

Die Proben wurden in einer Glasdose von 50 cub. em Inhalt 
in die zu prüfende Lösung eingelegt. 

Alsdann wurden dieselben nach der Zeit der Einwirkung in 
kleine Glasdosen mit 10 cmm sterilisiertem Wasser, mit Zusatz der 
Thiosulfatlösung in der nötigen Konzentration, gebracht, um nach 
dem Vorgange von Geppert ganz sicher die noch etwa anhaftenden 
Spuren des Antiseptikums in unwirksame Verbindungen umzusetzen. 

10 Tropfen der 1:1000 Thiosulfatlösung für je eine Probe mit 
10 cmm Wasser verdünnt. 

Nach einer !/, Stunde Einwirkung wurden die Proben in 
Reagenzgläschen mit flüssiger Gelatine gebracht und als Schräg- 
platten während etwa 14 Tagen bei Zimmertemperatur beobachtet 
und gezählt. 

Fand während dieser Zeit kein Wachstum statt, so wurden die 
Röhrchen zur Kontrolle in den Brütofen gelegt. 

In einigen Versuchen wurden zufällige Infektionen beobachtet, 
die, wie eine nachträgliche Untersuchung ergab, von der nicht 


336 E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid 


genügend sterilisierten Thiosulfatlösung herrübrten. Die unter- 
suchten Bakterien sind jedoch in ihrem Wachstum so charakteristisch, 
dafs in der Beurteilung des Versuchsergebnisses keine Schwierig- 
keiten entstehen konnten. Wir fühlten uns also nicht veranlalst, 
deswegen die sonst korrekt ausgeführten Versuche zu wiederholen. 


Die Ergebnisse der Untersuchung sind in folgenden Tabellen 


zusammengestellt: 


1. Jodmonochlorid. 15. I. 1891. 
Frisch bereitete Lösungen, nicht über 2 Stunden alt. 
Zeit der Einwirkung. 


Versuchs- aan [rt [öl oun [u em Kontroll- Ba EN a 1), $t. N; 
objekt versuch Lösung 
1: 500 — en ee 
Staphylococcus Meere 7 | 0, 
N 1000 1: 1000 _— = meh 
Kolonien rar" Ne run 
1: 2000 === Krk —#) 
1: 500 — ar Au 
Ungefähr 
Grüner Eiter 500 1 : 1000 — —_ —#) 
Kolonien. 
1: 2000 — u er 
1: 500 -- = u 
Milzbrand- es 
en | 1000 1: 1000 _ = a 
Kolonien 
1 : 2000 — == ar 


*) Zufällige Infektion durch die Thiosulfatlösung, kein Citreus oder 
grüner Eiter. 


E. Tavel und A. Tsehirch, Über Jodtrichlorid. 337 


2. Jodtrichlorid. 19. I. 1892 
Chemisch rein, Lösung frisch bereitet, 
(aus eingeschmolzener Substanz) nicht über 2 Stunden alt. 
Zeit der Einwirkung. 


| 


a Konzen- | 
i Kontroll- : j 
Versuchsobjekt tration der |1 Min. 5 Min,|1/, St, | 2 St. 
versuch Lö ö 
ösung 
135700) N — — 
Staphylococceus 109— 150 ! | 
1: 1000 IE aut 
eitreus Kolonien 
1: 2000 a _ — — 
1500 = 
E nur 5 | 
Grüner Eiter } 1: 1000 E= — 
Kolonien | 
1: 2000 —*) | — — — 
1: 500 — — — 
’ mehr als 1: 1000 — — — 
Milzbrandsporen 1000 
Kolonien 1: 2000 BiR, 2. Br 
| | 1: 5000 6 =), 2 


*) Eine fremde Kolonie. (Kein grüner Eiter.) 
}) Nach Einbringen in den Brütofen, 10 Tage nach der Impfung. 


Arch. d. Pharm. XXX. Bde. 5. Hit. 22 


338 E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtuchlorid. 


d. Jodtrichlorid des Handels. 6. I. 1892, 
Viel Monochlorid enthaltend, frisch bereitete Lösung. 
Konzentration 1: 500. 


! Kontroll- ' 
Versuchsobjekt 5 Min. 1/, St. 2 St. 24 St. 
versuch 
ni . 300 | 32 E93 
Staphylococcus eitreus Klanien == _ —*) —*) 
Yes . = 1000 * * 
Grüner Eite Kolonien = 25 2 = 
Milzbrandsporen Köln m ze) 


*) Zufällige Infektion durch fremde Kolonien, vom Versuchsobjekt 
keine Kolonie. 
4. Jodsäure. 11. I. 1892. 
frisch bereitete Lösung der chemisch reinen Substanz. 
Zeit der Einwirkung 


Kontrollver- Konzen- | ! 
Versuchsobjekt tration der 5 Min. 1/,St.| 2 St. | 24 St. 
such Lös 
ösung | 
1: 500 E= E= -- —_ 
BE vbylosoosus ungefähr onn | Ri 
eitreus 100 Kolonien | 
1:2000.-.| -—. |) ee nee 
1: 500 Mer 
Ungefähr 
Grüner Eiter 1000 1: 1000 | En 
Kolonien | E—- —__Zz 
1:2000  |2— .|I—. ee 
1:500 »00 | 100 2 = 
Mehrere 1, = 7 ae 
Milzbrandsporen 1000 1: 1000 300 | 50 20 
Kolonien EBEN | | BB. 
% Tau- | 
122000. engel 20 10 — 


E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid. 


5. Salzsäure, 


339 


13. 1. 1892. 


Gehalt durch Titration ermittelt. 


Zeit der Einwirkung 


aer zu Konzen- 
Versuchs- Kontroll- ; ä 
MM h tration der | > Min. 1), St. 2 St. 
objekt versuc Posuns 
1:50 | 10 2 = 
| 
Ungefähr 
Staphylococceus r Bcl = 
= 500 8: 1008 4 50 20 — 
eitreus ö 
Kolonien 
1: 2000 100 50 20 
|  1.:500 2 = — 
Ungefähr | 
Grüner Eiter 500 | 1:1000 ee 5 
Kolonien 
1: 2000 6 5 5 
1: 500 500° | 500 30 
. Ungefähr | 
Milzbrand- £ ER E Br, 
1000 1: 1000 500 5U0 109 
sporen 
P Kolonien 
1: 2000 900 200 10) 


I 


In diesem Versuch wurde nur 1 Tropfen 
dem Waschwasser zugesetzt. 


| 
der Thiosulfatlösung 


m 
[89] 


340 E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid. 
6. Chlorwasser. 7. XIR 1892} 
Frisch bereitet, salzsäurefrei, 
Gehalt durch Titration ermittelt. 
Zeit der Einwirkung 
| | 
j Kontroll- Konzen- ER 
Versuchsobjekt tration der 5 Min. 1/, St.| 2 St. |24 St. 
versuch Lö Nr 
ösung | 
| 
1 12.500 — ee 
See valsı | we 
Grüner Eiter ih; 15121000 ze) BAR? 0 
Kolonien | | 
| 1:2000 _ — —_ 
IE ea Ban. 
I 
Typhusbazillen + 1: 1000 & = eL 
1:2000, | —*) _ = 
BEE ne) 
| 
1855003 417.42 — _ 
| 
Ungefähr | TE u ee 
Milzbrandsporen 100 1:1000 | —*) _ — 
Kolonien jr nn __ 2 A 
1: 2000 | 8 — Be 


*) Auch beim Einlegen in den Brütofen zeigte sich keine weitere 


Entwickelung. 


E. Tavel und A. Tschirch, Über Jodtrichlorid. 341 


7. Jodwasser. 24. XII, 1891. 
Jodwasserstofffreie Lösung von Jod in Wasser. 1 :5520 
frisch bereitet. 


Zeit der Einwirkung. 


; Kontroll-| _ __. x 
Versuchsobjekt | 5 Min. | 1, St. 2 St. 24 St. 
versuch 

| 
Staphylococeus eitreus | 200 Kol. | 6 2 _ —— 
Grüner Eiter. . . .|1000Kol| 4 N Br 

| 
Milzbrandsporen . .[1000 Kol. 500 12 \ fi — 


Aus den mitgeteilten Versuchen geht hervor: 

1. Da das Jodtrichlorid sich bei Auflösen in Wasser sofort in 
Jodmonochlorid zersetzt, wobei weder freies Chlor noch 
freies Jod, wohl aber Salzsäure und Jodsäure entsteht, so 
ist es gleichgiltig, ob man das reine Jodtrichlorid oder ein 
monochloridhaltiges Präparat (Handelsprodukt) verwendet. 

2. Die antiseptische Wirkung der Jodtrichloridlösung beruht 
auf dem Monochloridgehalte derselben. 

3. Die antiseptische Wirkung der Jodtrichlorid- (bezw. Mono- 
chlorid-) Lösung auf Staphylococcus ceitreus, Grünen Eiter 
und Milzbrandsporen ist eine sehr energische. Es über- 
trifft bei Milzbrandsporen noch das Chlor und ist bei den 
übrigen diesem ebenbürtig. 

4. Gegenüber dieser sehr energischen Wirkung spielen die 
beiden anderen Bestandteile der Jodtrichloridlösung — 
Jodsäure und Salzsäure — nur eine unterstützende, neben- 
sächliche Rolle, obwohl sich die Jodsäure als ein sehr viel 
energischeres Desinfiziens als Salzsäure erweist, wenigstens 
dem Staphylococcus und dem Grünen Eiter gegenüber. 


342 A. Starting, Notiz über Benzoösäuredarstellung. 


Notiz über Benzoe@säuredarstellunse. 
Von Apotheker A. Starting. 


Erst jetzt kommt mir im Hager’schen Kommentar zur Pharm. 
german. Ed. II] der Artikel betreffend Darstellung der Benzo&säure 
zu Gesicht. In demselben wird die Methode der Darstellung der 
Benzoäsäure, die ich im Archiv der Pharmacie 1889 pag. 410 ver- 
öffentlicht habe, zitiert, jedoch in einer Weise, dafs ich meine An- 
gabe kaum darin erkennen kann. 

Ein sehr grofses Aufnahmegefäls, ein sehr kleines Sublimations- 
gefäls bedingt das günstige Resultat, welches ich erziele; das An- 
genehme meiner Methode ist, dafs man viele Sublimationen machen 
kann, ehe man den Kasten zu öffnen braucht. 

Der Anwendung eines kupfernen Sublimationsgefälses steht 
nichts im Wege; ich habe zum öfteren das Präparat auf Kupfer 
untersucht, nie auch nur Spuren gefunden. Die Erhitzung mit der 
Spirituslampe ist sehr praktisch; nach mehrstündigem Erhitzen ist 
die ganze Menge Harz in eine poröse, leicht zu entfernende Masse 
verwandelt, trotzdem die Spitze der Flamme nur einen kleinen Teil 
des Gefälses berührt. Nach Veröffentlichung im Archiv habe ich 
zweimal je ein Pfund Benzo& verarbeitet nach der dort angegebenen 
Methode mit dem Unterschiede, dals ich die Pappscheibe, die das 
Zurückfallen der Säure in das Sublimationsgefäfs verhindern soll, 
fortgelassen habe. Das Resultat war in Bezug auf Qualität und 
Quantität genau das nämliche wie angegeben, nämlich 25 Proz. einer 
weilsgelblichen Säure. Im Kommentar ist der Gehalt der Benzoö 
an Säure zu 10—19 Proz. angegeben, Die Ausbeute bei der Subli- 
mation ist nicht angegeben. Professor Heinr. Rose teilte uns in 
seinem Kolleg im Jahre 1854 mit, dafs er bei Anwendung eines vom 
Hofapotheker Dr. Wittstock konstruierten Apparates 20—25 Proz. 
erhalte. Ein Benzoäharz, wie die Pharmakopoe es beschreibt, giebt 
25 Proz. Säure; es kommt ein Harz im Handel vor, welches nach 
meiner Untersuchung kaum 8 Proz. enthält; das äufsere Ansehen 
ist jedoch so, dafs kein Apotheker eine solche Ware kaufen wird. 


Rhede, 1. Juni 1892. 


Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 343 


Über die Verbreitung der Alkaloide in den 
Strychnos-Arten 
von F. A. Flückiger. 
(Eingegangen den 10. VI. 1892.) 


In dem Aufsatze „Gegenwärtiger Stand unserer Kenntnis 
des Curare“, im Archiv der Pharmacie, 223 (1890) 78, habe ich 
zusammengestellt, was mir über jenes Pfeilgift und die betreffenden 
Pflanzen bekannt war. Heute wülste ich darüber nur folgendes 
nachzutragen. 

Auf Seite 83 (S. 6 des Sonderdruckes) hatte ich daran erinnert, 
dafs die als Curarin bezeichnete, nicht alkalisch reagirende Substanz 
sich zu Schwefelsäure und Kaliumehromat dem Strychnin ähnlich 
verhält. Die befriedigende Reindarstellung des Üurarins milslang 
aber selbst einem so bewährten Chemiker wie Villiers!). Die von 
ihm untersuchte Rinde war der \Vurzel einer Art entnommen, welche 
Planchon für Strychnos toxifera erklärte; sie wird von den 
Piaroa-Indianern in der Gegend des oberen Orinoco, rechts vom 
Strome, ungefähr 5 bis 6° nördl. Breite, zu Pfeilgift benutzt. Das 
von Villiers daraus gewonnene Curarin zeigte eben jene blaue 
Reaktion mit Schwefelsäure und Chromat, welche dem Strychnin zu- 
kommt. (Vergl. meine Schrift: „Reactionen“, Berlin 1892, S. 145.) 

Hiermit stehen die Angaben von Tillie?) nicht im Einklange; 
er schreibt der Rinde von Strychnos toxifera paralysirende und te- 
tanische Wirkungen zu und beobachtete an einer anderen, angeblich 
auch der Str. toxifera angehörigen Rinde aus Antioquia in Columbia 
nicht die Wirkungen des Curare. Es scheint aber, dafs diese zweite 
Rinde vielmehr von Strychnos Gubleri abgeleitet werden muls, einer 
in meinem oben angeführten Aufsatze wiederholt genannten Art. 
Planchon hat im Journal de Pharm. I (1880) 298 ein Blatt der- 
selben abgebildet; Strychnos toxifera Schomburgk ist dargestellt in 
Jardine, Selby ete. Annals of natural history or Magazine of 
zoology, botany and geology VII (1838—1853) 12, 13, sowie in 
Hooker, Icones plantarum IV (1840) 364, 365. 

1) Journal de Pharm. XI (1885) 653, auch Yearbook of Pharmacy 


1835. 150 und Jahresbericht de Pharm. 1885. 81. 
2) Pharm. Journal XX (London 1890) 893 und XXI (1891) 470. 


344 Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 


Endlich soll Strychnos Melinoniana Baillon?) in französisch 
Guiana ebenfalls Curare liefern. Diese neue, mir nicht weiter be- 
kannte Art unterscheidet sich, nach Baillon, durch einen aufrechten, 
nicht schlingenden Stamm von anderen Curarepflanzen und trägt 
kurze, starre, gegenständige Zweige ohne Dornen. Die ovale Frucht, 
von der Grölse einer Olive, enthält gewöhnlich einen einzigen Samen 
von elliptischem Umrisse. 

Es scheint, man dürfe nach dem heutigen Stande unserer Kennt- 
nisse die Behauptung wagen, dafs Brucin und Strychnin nur in den 
Strychnosarten Asiens und Afrikas vorkommen, nicht in den süd- 
amerikanischen; zwei Beobachtungen könnten meines Wissens dagegen 
angeführt werden. 

Erstens die von Wittstein®), welcher wahrnahm, dafs sich die 
von ihm aus dem südamerikanischen Pfeilgifte Urari gewonnenen 
Präparate zu Reagentien so verhielten, wie Brucin und Strychnin. 
Aber die Rotfärbung, welche das Brucin in Berührung mit Salpeter- 
äure erleidet, kommt auch unter anderen Umständen vor. Dass 
prachtvolle violett oder blau, welches durch Strychnin unter Mit- 
wirkung von Schwefelsäure und Kaliumchromat entsteht, tritt aller- 
dings wie bei Strychnin auch bei Curarin auf?). Doch wurde als 
bald von L. A. Buchner®), wie auch von Liebig®) und von Boussin- 
gault?) gezeigt, dafs Wittstein sich getäuscht hatte. Vermutlich 
gilt das gleiche von Palm$), der im Wittstein’schen Laboratorium 
in dem Pfeilgifte Caba longa aus Cuenca in Ecuador Brucin getroffen 
haben wollte. 

Die Botaniker haben ungefähr 5 Dutzend Arten des Genus 
Strychnos mehr oder weniger genau festgestellt. Es wäre recht 


3) Pharm, Journal X (1830) 1034, aus Bulletin mensuel de la Societe 
Linneenne de Paris, 32 (1880) 256; Auszug im Jahresberichte der 
Pharm. 1880. 77. 

4) In seiner Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie VIII 
(1859) 402. -- Jahresbericht der Chemie 1861, 768. 

5) Vgl. Flückiger in Buchners Neuem Repertorium für Pharm. 
XXII (1873) 65 und daraus im Jahresbericht der Pharm. von Wiggers 
und Husemann 1873, 569. 

6) Archiv der Pharmacie 160 (1862) 19. 

7) Ebendort 26. 

3) In Wittstein’s Vierteljahresschrift XI (1862) 552, auch im 
Wiggers’schen Jahresberichte der Pharm. 1862, 38, sowie in Gmelin, 
Handbuch der organischen Ohemie IV. 2 (Heidelberg 1866) 1960, 1872 
und Bd. V (1858) 56, ferner Jahresber. der Chemie 1862, 373. 


Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 345 


interessant zu wissen, in welchen Arten die beiden eben genannten 
Alkaloide vorkommen, in welchen sie durch andere Gifte von alkaloi- 
discher oder von nicht basischer Natur ersetzt sind und endlich auch 
die harmlosen oder sogar mit genielsbaren Früchten ausgestatteten 
Strychnosarten alle kennen zu lernen. Die nachstehenden Zeilen 
sollen zeigen, was gegenwärtig hierüber ausgesagt werden kann. 
Es ist allzuwenig im Vergleiche mit dem Umfange der eben bezeich- 
neten Aufgabe; vielleicht vermögen meine Worte einigermalsen zu 
weiterer Untersuchung anzuregen. 


Nachdem Pelletier und Caventou°) 1818 das Strychnin in den 
Ignatiussamen, in den Samen und der Rinde von Strychnos Nux 
vomica, im Holze und der Rinde von Strychnos colubrina!) Z., 
‚sowie im javanischen Pfeilgifte Upas Tieute!!) entdeckt hatten, fanden 
sie 1819 auch das Brucin auf und benannten es so, weil man die 
sogenannte falsche Angosturarinde, sonderbar genug, von der abessi- 
nischen Simarubacee Brucea ferruginea ZL’FHeritier (Br. antidysenterica 
Miller) ableitete, die das Andenken an den englischen Nilforscher 
James Bruce verewigt. Später zeigte sich, dafs die Rinde von 
Stryehnos Nux vomica stammt. 


Berdenis van Berlekom!?) zeigte, dafs das Holz von Strychnos 
colubrina vorzugsweise Brucin neben wenig Strychnin enthalte. 
Umgekehrt kommt, nach Bernelot Moens!?) im Samen von 
Strychnos Tieute neben 1.469 Proc. Strychnin nur eine Spur Brucin vor. 


Im Gebiete von Gabun, besonders in der Nähe des Flusses Komo 
und der Insel Koniquet, findet Strychnos Icaja Dazllon (Strychnos 


9) Annales de Chimie et de Physique X (1819) 142 und XXVI 
(1824) 44. Auch Witting im Archiv der Pharm. 24 (1828) 137 und 
Jahresbericht der Chemie von Berzelius V (1826) 237. 

10) Abbildungen dieser Art: Rheede, Hortus malabaricus VIII 
(1688) 24; Rumphius, Herbarium Amboinense II (1750) 38; Wight, 
Icones plantar. Indiae orientalis II (1850) 434. 

11) Abbildungen von Strychnos Tieute Leschenault: Annales du 
Museum XVI (1810) 471 und Tafel 23; Blume, Rumphia 24; Guibourt, 
Histoire naturelle des Drogues simples, VIIme edition, Tome II (1879) 
569. — Raffeneau-Delille legte schon am 6. Juli 1809 der Faculte 
de Medecine in Paris die Dissertation 53 vor: Sur les effets d’un poison 
de Java, appel&E Upas tieute. Das Pfeilgift war bereits 1307 durch 
Leschenault aus Java nach Paris gebracht worden. 

12) Jahresbericht der Chemie 1866, 710, Jahresb. der Pharm. 1866, 
75, auch Gmelin, Handbuch der Chemie V. 56. 

13) Journal de Pharm. et de Chimie IV (1866) 156. — Jahresbericht 
der Pharm. 1866, 73. 


346 Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 


M’Boundou Heckel) Verwendung bei der Darstellung des unter dem 
Namen M’Boundou oder N’Caza bekannten Pfeilgiftes, dessen Wir- 
kung dem Brucin und Strychnin zugeschrieben worden ist. Zum 
gleichen Zwecke dient im Lande der Mombuttu und in Senegambien 
Strychnos densiflora Baillon, welche vielleicht nur eine Form der 
Strychnos Icaja ist. Heckel und Schlagdenhauffen“) haben 
aber bewiesen, dafs die Rinde des Stammes und der Wurzel, sowie 
die Blätter der Strychnos Icaja nicht Brucin, sondern nur Strychnin 
enthalten. Fraser fand zwar, dafs das chemische Verhalten des 
Alkaloides aus der gedachten Rinde, die er Akazga nennt, mit 
dem des Strychnins übereinstimmt, nicht aber die physiologische 
Wirkung®). 

In dem javanischen Schlangenrholze Bidara Laut hat Greenish 
bis 2,26 Proc. Brucin ohne Strychnin gefunden). Während dieses 
Holz sonst von Strychnos ligustrina Blume!) abgeleitet zu werden 
pflegte, erinnert Greshoff!?) daran, dafs die Simarubacee Eurycoma 
longifolia Jack für die Stammpflanze der Bidara Laut erklärt worden 
war. Aber Vordermann?) schreibt diesem auf Billiton, Banca und 
Sumatra einheimischen Baume keine giftigen Eigenschaften zu. Das 
Vorkommen von Brucin oder Strychnin aufserhalb des Genus Strychnos 
ist überhaupt bisher nicht nachgewiesen worden. Es scheint, dafs 
die malaische Benennnng Kaju (Holz) Bidara Laut nicht nur einer 
einzigen Art Holz beigelegt wird”), so dafs die Vermutung nahe 
liegt, es könne auch wohl eine nicht den Loganiaceen angehörige 
Holzart gemeint sein, worin dann freilich die Strychnos-Alkaloide 


14) Journal de Pharm. III (1881) 583 und V (1832) 35; ferner zu 
vergl. Holmes, Pharm. Journal XXI (London 1891) 921. 

15) Jahresbericht der Pharm. 1831—1882, 143. 

16, Pharm. Journ. IX (14. June 1879) 1013; kurzer Auszug im 
Archiv der Pharm. 215 (1879) 267, auch Jahresbericht der Pharmacie 
1878, 114. 

17) Abbildung in Blume’s Rumphia (1835—1848) 25. 

18) Eerste Verslag van het onderzoch naar de plantenstoffen van 
Nederlandsch-Indi& Batavia 1590, 53. 

19) Teysmannia, Batavia, 1890, 513. 

%) Bisschop Grevelink, Planten van Nederlandsch-Indie, bruik- 
baar voor Handel, Nijverheid en Geneeskunde, Amsterdam 1883, S. 616, 
617, nennt für Bidara Laut Strychnos colubrina L., führt aber an, dals 
Filet in Plantkundig Woordenboek van Nederlandsch-Indi& (1876), da- 
gegen Strychnos muricata Kosteletzky (Strychnos ligustrina Blume) als 
Bidara Laut bezeichnet. 


Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 347 


nicht zu erwarten sind; sie fehlen in der That nach Oudemans?!) 
in dem Holze der Eurycoma. 

In der Rinde und im Holze des Stammes der Strychnos Ignatii 
habe ich weniger als 1 Proc. Alkaloid gefunden. Im Holze und in 
der sehr dünnen Rinde herrscht das Strychnin vor, in dem alkaloid- 
armen Holze der Wurzel war Brucin nicht unzweifelhaft nachzuweisen 
und ganz frei von Alkaloiden sind die Blätter und die Fruchtschalen 
der Strychnos Ignatii?). 

Das eben erwähnte Material von Strychnos Ignatii hatte ich 
1887, durch die Gefälligkeit des Herrn Will. Edw. Crow, damals 
Government Analyst in Hongkong, frisch erhalten. Schon aus 
diesem Grunde lag es mir daran, im Gegensatze dazu, einen Block 
des Holzes von Strychnos Nux vomica zu prüfen, welcher noch aus 
französischer Zeit her, also wohl seit 3 Jahrzehnten oder länger, in 
der Strafsburger Sammlung aufbewahrt is. Herr Cand. Pharm. 
Desiderius Steiger kochte dort auf meinen Wunsch 25 g des 
möglichst fein gepulverten Holzes bis zur Erschöpfung mit schwach 
angesäuertem Weingeist aus, verjagte den Alkohol und fällte aus der 
angemessen gereinigten Flüssigkeit die Alkaloide in Form von Pikraten, 
deren Gewicht 0,1271 g = 0,5084 Proc. betrug. 

Zum Zwecke der Trennung des Strychnins und Brucins wurde 
das vortreftliche, von J. E. Gerock®) angegebene Verfahren ein- 
geschlagen, nämlich das Pikrat des Brucins mit Salpetersäure 
zerstört. Das unverändert zurückbleibende Strychninpikrat wog 
0,0963 = 0,3852 Proc. Dieses Salz wird in immer gleicher Zusammen- 
setzung wasserfrei erhalten; 100 Teile entsprechen 59,32 Teilen 
Strychnin. Aus dem Holze waren demnach 0,2285 Proc. Strychnin 
gewonnen worden. Das Gewicht des zersetzten Brucinpikrates be- 
rechnet sich zu 0,1271—0,0963 — 0,0308, woraus 0,0194 g Bruein, 
d. h. 0,077 Proc. folgen, wenn auch das Brucinpikra wasserfrei an- 
genommen wird. 

Obgleich nach Gerock’s Methode das Brucin sich nur aus der 
Differenz bestimmen läfst, darf die Genauigkeit als sehr befriedigend 
bezeichnet werden. Die Pikrate beider Basen sind sehr schwer 


#1) Handleiding tot de Pharmakognosie, Amsterdam 1380, 135, auch 
Flückiger, Archiv der Pharm. 227 (1839) 146. 

22) Flückiger, Strychnos Ignatii, Archiv der Pharm. 227 (1839) 156. 

23) Archiv der Pharm. 227 (1389) 158. 


348 Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 


löslicb, das Strychninsalz erfordert bei 15° mehr als 10000 Teile 
Wasser und ähnlich wird sich das Brucinpikrat verhalten. Dafs 
dieses, nicht aber das Strychninpikrat, unter den vorgeschriebenen 
Umständen?) durch Salpetersäure von ungefähr 1,05 spez. Gewicht 
weggenommen werden kann, ermöglicht die Wägung des Strychnin- 
pikrats, das Brucin aber wird hierbei in Substanzen verwandelt, 
welche sich zu quantitativer Bestimmung nicht eignen. 


1875 ist die französische katholische Mission in Hinterindien 
mit einer Rinde bekannt geworden, welche in Tonkin gegen Schlangen- 
bifs, Wasserscheu und Flechten dient. Die Rinde, welche mit der 
von Nux vomica sehr nahe übereinstimmt, gehört einem dort als 
Hoang-Nan bezeichneten Baume an, welcher von Pierre in Saigon 
als Strychnos Gauthierana beschrieben worden ist. Baillon hält 
sie für Str. javanica”). Die hinterindische Rinde soll 2,7 Proc. 
Brucin und nur Spuren von Strychnin enthalten?®). 

In den Blättern der Strychnos Nux vomica, welche bis 113 mm 
Länge bis 63 mm Breite erreichen, traf Hooper?l) ungefähr 
1/, Proc. Brucin, aber kein Strychnin. In einer freilich nur sehr 
geringen Menge der Blätter von Strychnos Ignatii habe ich ein 
Alkaloid nicht nachzuweisen vermocht. 

Nach Chatin?2) erwiesen sich auf Strychnos Nux vomica 
schmarozende Pflanzen frei von Alkaloid. Aber schon vor langen 
Jahren hat O’Shaughnessy?®) gezeigt, dafs Viscum monoicum 
Roxburgh, das auf Zweigen von Strychnos Nux vomica wächst, sich 
die giftigen Alkaloide aneignet, was auch L. Soubeiran®) be- 
stätigt. — Das Verhalten parasitischer Pflanzen ist also in betreff 
der Nährpflanzen, welche Brucin und Strychnin enthalten, erneuter 
Prüfung bedürftig. 


2) Vergl. Flückiger, Pharmaceutische Chemie II (1883) 526, sowie 
auch „Reactionen“, 1892, S. 23. 

35) Planchon, Journ. de Pharm. XXV (1877) 384; Jahresbericht 
der Pharm. 1877, 110; Just’s Botan. Jahresb. 1877, 842, 54. — In 
Baillon’s Botanique medicale, Paris 1884, 1216, heilst die Pflanze 
Strychnos javensis. 

26) Jahresbericht der Pharm. 1880, 77 und 1831—1882, 142. 

27) Flückiger, Pharmakognosie, 3. Aufl. 1891, 1015. 

23) American Druggist, New York, May 15th. 1891 und daraus im 
Yearbook of Pharmacy, London, 1868, pg. 108. 

29) Aus dessen Bengal Dispensatory, Calcutta (1842) 375, in Pharma 
copoeia of India, London 1868, 108. 

30) Journ. de Pharm. XXXVII (1860) 113. 


Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 349 


Ob und welche Alkaloide die Giftigkeit der Samen der benga- 
lischen Str. axillaris Colebrooke bedingen, ist nicht ermittelt; dieser 
Strauch ist mir nur aus Kosteletzky’s Medizinisch-pharmaceutischer 
Flora, II (Prag 1831) 1074, erinnerlich. 

Endlich bleibt noch zu erwähnen die sonderbare, im Jahresbe- 
richte der Pharmacie für 1883 und 1884, Seite 373, genannte Sub- 
stanz Legen oder Dendang, welche in Form von Stäbchen aus 
Borneo nach Java gelangt und mehr als 10 Proc. Strychnin enthält. 
Man wird sicherlich nicht irren, sie aus dem Pflanzenreiche abzu- 
leiten ungeachtet gegenteiliger Behauptungen. 

Damit sind, so weit meine Kenntnis reicht, die Pflanzen sämt- 
lich aufgezählt, in welchen Strychnin oder Brucin gebildet wird; 
sicherlich wird es noch mehr solcher geben. Nicht nur die 
Verbreitung dieser Basen bedarf eines eingehenden Studiums, son- 
dern auch ihre Bedeutung für das Leben der betreffenden Pflanzen, 
in welcher Hinsicht an die höchst bemerkenswerte Mitteilung 
Heckel’s®!) zu erinnern ist, wonach die Alkaloide bei der Keimung 
der Nux vomica verschwinden. 

Nach den hier zusammengestellten Erörterungen scheinen Brucin 
und Strychnin in den südamerikanischen Strychnos-Arten zu fehlen 
die darin enthaltenen Gifte sind ebenso wenig oder noch weniger 
befriedigend bekannt, wie die Pflanzen selbst. 

Eine Ausnahme bildet vielleicht das oben, S. 344 erwähnte 
Pfeilgift Caba longa aus Cuenca in Ecuador, welches der Apothe- 
ker und Drogist Leybold (aus München) von St. Jago de Chile an 
Wittstein gesandt hatte. Die wenigen Gramm dieser Substanz 
sind in Wittstein’s Laboratorium von Palm mit Alkohol ausge- 
kocht worden; die Tinktur hinterliefs einen extraktartigen Ver- 
dampfungsrückstand, der sich mit Salpetersäure von 1,3 spez. Gewicht 
rot färbte. Nach dem Erwärmen nahm die Lösung gelbe und auf 
Zusatz von Zinnchlorür violette Farbe an. Die mit Alkohol (und 
Äther) behandelte Substanz erwärmte Palm ferner mit Wasser und 
trocknete das Filtrat mit Tierkohle ein, worauf der Rückstand an 
Alkohol eine wenig gefärbte, hygroskopische Masse abgab, welche in 
angegebener Art Brucingehalt zu erkennen gab. Seither hat meines 
Wissens niemand weiter von „Caba longa“ gehört. Möglich, dafs 


3) angeführt in meiner Pharmakognosie, 3. Aufl., 1891, 1015. 


350 Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 


dieser Untersuchung Palm’s Täuschungen zu Grunde liegen, wie 
sich ja auch Wittstein’s Angabe, dafs Strychnin und Bruein im 
Curare vorkämen, nicht bestätigt hat. 

In dem für seine Zeit recht vollständigen Dictionnaire universel 
de Matiere medicale von Merat und de Lens, Bd. VI (Paris 1834) 
551 und folgenden, werden die 5 nachstehenden ungiftigen Strych- 
nos-Arten aufgezählt: 


1. St. Brachia Rınz et Pavon, deren Früchte in Peru von den 
Hirschen gierig gefressen werden. 

2. Str.innocua Delle, in Sudan und in Senegambien, giebt essbare 
Früchte. Die Pflanze findet sich auch erwähnt in Schweinfurth, 
Plantae niloticae (1862) 10, mit bildlicher, analytischer Skizze. 

3. Str. potatorum Z. fl. ist seit undenklichen Zeiten in Indien 
gebräuchlich; die Samen dienen nämlich zum Klären unreinen 
Wassers, indem man damit Kessel und andere Gefälse ausreibt, 
bevor sie z. B. zum Kochen verwendet werden. Auf die Unschäd- 
lichkeit dieser Samen haben schon Raffeneau - Delile®) und 
Ainslie®®) hingewiesen. Ich habe gezeigt®*), dafs die Wirkung der 
Samen auf ihrem Gehalte an Schleim beruht, keineswegs auf Eiweils 
zurückzuführen ist; Strychnin fehlt den Samen von Strychnos pota- 
torum, wie nach mir auch (ohne Kenntniss meines Aufsatzes) Maisch 
gefunden hat?). Immerhin ist erneute Untersuchung wünschens- 
wert, indem die Verfasser der Pharmacographia indica, 
Dymock Warden und Hooper°) neuerdings doch 
angeben, Brucin, nicht aber Strychnin, aus dem Samen der Str. 
potatorum erhalten zu haben; jedenfalls wohl nur Spuren. Maisch 
hatte auch Brucin nicht gefunden. 

Die Samen der Strychnos potatorum scheinen als ungiftig be- 
trachtet werden zu dürfen, die Früchte dieser Pflanze sind, nach 


32) In der Dissertation, welche in Anmerkung 33 genannt ist. 

3) Materia medica of Hindoostan, Madras 1813, 119; Pharmacopoea 
of India, London 1868, 146; Dymock, Materia medica of Western India, 
second edition, 1885, 532. 

34) Sitzungsberichte der Naturforschenden Gesellschaft in Bern, 
Januar 1869, Seite III. — Abbildungen von Strychnos potatorum: Rox- 
burgh, Piants of the coast of Coromandel I. (1795) 5, Wight Illustrations 
of Indian Botany II. (1841) tab. 156. 

35) American Journal of Pharm. 1871, 242 und daraus im Jahres- 
berichte der Pharm. von Wiggers und Husemann 1871, 57. 

3%) Pharmacographia indica, London and Bombay, 1891, 507. 


Flückiger, Alkaloide in den Strychnosarten. 351 


Ainslie®®), wenigstens vor der Reife genielsbar; nachher sollen sie 
Brechen erregen können. 

4. Str. Pseudo-quina A. Si. Hhlaire, in Brasilien entdeckt von 
August St. Hilaire (Plantes nouvelles des Brasiliens 1824). Die 
Früchte werden gegessen und die Rinde, Quina do campo oder Man- 
dana, dient als Fiebermittel wie Chinarinde, ist aber frei von Alka- 
loiden, namentlich von Strychnin, dessen Abwesenheit schon Vau- 
quelin, im Journal de Pharmacie IX (1823) 231 dargethan und 
neuerdings Wroth (im Jahresberichte der Pharm. 1878, 114) be- 
stätigt hat. 

5. Str. spinosa Lamarck, auf Mauritius (Ile-de-France) und Ma- 
dagascar; die Früchte sollen angenehm schmecken.?”) Der Gouver- 
neur von Madagascar, Etienne de Flacourt, hatte schon 1658 bis 
1661 in seiner Histoire de Madagascar eine genielsbare Strychnos- 
frucht Vontac beschrieben; es scheint noch nicht entschieden, ob 
sie der Str. spinosa oder der möglicherweise damit überein- 
stimmenden Art Strychnos Flacourtii Desvaux (1813) angehört. 
Strychnos spinosa ist von Plukenet in seiner Phytographia I 
(London 1720) Taf. 170, Fig. 4 als Cucurbitifera abrifolia spinosa 
indica, fructu pulpa Cydonio aemula abgebildet. Auch Raffeneau- 
Delile®®) kannte die Unschädlichkeit der Vontacfrucht. 

Als durchaus unschädlich sind von Ford, Ho Kai und 
Crow?) die Samen von Stychnos angustiflora Dentham und Str. 
paniculata Champion erkannt worden; beide Arten wachsen auf 
Hongkong. Ihre schönen, den Orangen ähnlichen Früchte scheinen 
von Vögeln gefressen zu werden, was freilich nicht unbedingt für 
die gänzliche Abwesenheit von Strychnin und Brucin spricht. 


37) Bestätigt in der Pharmac. Zeitung 1892, Nr. 8, Berlin, 27. Jan., 
S. 59, wonach diese Art auch auf dem benachbarten ostafrikanischen 
Festlande einheimisch ist. 

38) Dissertation sur les effets d’un Poison de Java, appel& Upas 
tieute, et sur la Noix vomique, la Feve de St. Ignace, le Strychnos 
potatorum, et la pomme de Vontac, qui sont du m&me genre de plantes, 
que l’Upas tieute; presentee et soutenue & la Faculte de Medecine de 
Paris le 6 Juillet 1809... par Alire Raffeneau-Delile. 47 pp. 4°. 

Der Verfasser hatte das Gift von Leschenault erhalten und im 
Vereine mitMagendie beobachtet, dals es ganz besonders heftig auf das 
Rückenmark wirkt; die Versuche wurden auch auf Nux vomica und die 
Ignatiussamen ausgedehnt. 

3) Notes on Chinese Materia medica, China Review, Hongkong 
XV (1887) 315 und daraus in Pharm. Journ. XVII (1887) 174. — Aus- 
zug im Jahresberichte der Pharm. 18837, 99. 


352 Kossmann, Zu der Abhandlung von Kubel. 


Zu den nicht oder weniger giftigen Arten gehört vielleicht 
auch die mir nicht weiter bekannte Str. bieirrhosa Zeschenault In- 
diens, welcher Kosteletzky in der medizinisch-pharmaceutischen 
Flora, II (Prag 1831) 1074, eine Wurzel von bitterem Geschmacke 
zuschreibt, die auf den Molukken als Heilmittel im Ansehen stehe. 

Die in den vorstehenden Zeilen niedergelegten Erörterungen 
und Erfahrungen decken grosse Lücken in unserer Kenntnis der 
Strychnosarten auf und rücken ein vielversprechendes Gebiet 
erneuter Forschung in, wie ich hoffe, vollständigere Beleuchtung. 


Bern, Juli 1592. 


Zu der Abhandlung von W. Kubel: „Über die 
Einwirkung von Magnesiumacetat auf 
Magnesiumoxyd und Bleioxyd.“ 


Von Dr. Kofsmann. 


Im Band 230, Heft 3, S. 179 des Archivs für Pharmacie be- 
zeichnet Herr Dr. Kubel in seiner Abhandlung „Über die Ein- 
wirkung von Magnesiumacetat auf Magnesiumoxyd und 
Bleioxyd“ es als eine neue und interessante Thatsache, dafs das 
Magnesiumacetat ähnlich dem Beiacetat auf Bleioxyd wirkt. 

Ich möchte mir erlauben, darauf hin zu weisen, dafs die von 
Dr. Kubel beobachtete und gleichsam einer Entdeckung gleich ge- 
achtete Thatsache in der That nichts des Unerwarteten darbietet, 
sobald man sie im Rahmen ganz anologer und typisch zu erach- 
tender chemischer Thatsachen betrachtet. Ich habe in zwei Auf- 
sätzen*) die Ausarbeitungen zweier Vorträge, ganz vom allgemeinen 
theoretischen Standpunkte aus die Bildung der sogenannten „ba- 
sischen“ Salze, zu denen auch der Bleiessig gehört, behandelt- 
Es ist darin gezeigt — und das ist ein Punkt, welcher kaum irgend 
wo in unseren heutigen Lehrbüchern hervorgehoben ist —, dafs die 
wasserfreien Salze der starken Säuren kaustische Eigenschaften 


.  *) Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und 
Ärzte 1891; Zeitschr. d. deutschen geologischen Gesellschaft 1891, 787. 


Vinassa, Untersuchungen von Safran. 353 


vermöge einer Restenergie haben, welche sich darin äufsert, dafs sie 
Wasser aufnehmen und mit. diesem Konstitutionswasser bewaffnet 
Hydroxyde anderer Basen aufzulösen und sich anzugliedern im 
Stande sind, mit letzteren unlösliche basische Salze bildend. 

Ist dieses Verhalten der Salze starker Säuren festgestellt, dann 
läfst sich eine Erscheinung wie die von Dr. Kubel beobachtete, von 
vornhinein konstruieren und kann nichts überraschendes mehr haben. 
Der Magnesiumbleiessig hat dann die Formel 


Mg (0, H, O,) O, 


Pb (OH), 
und das !/, saure Bleiacetat die Formel 
Pb (C,H, O,) O, 


2 PbO 
daher in der von Dr. Kubel gegebenen Formel zu Ende nicht O,, 
sondern O, geschrieben werden muls. 


Berlin im Juni 1892. 


Untersuchungen von Safran und sogenannten 
Safransurrogaten 


von Dr. E. Vinassa, 
Direktor des kantonalen Laboratoriums für Hygiene in Lugano (Tessin). 


(Eingegangen den 9. VII. 1892.) 


In den südlichen Ländern, der eigentlichen Heimat des Risottos 
und der Pasten!), bildet der Safran eines der Hauptgewürze. Der sehr 
hohe Preis dieser Droge veranlafste schon seit Jahrhunderten die 
Verkäufer, dieses kostbare Gewürz zu verfälschen; allbekannt sind 
daher die schweren Strafen, welche von den damaligen Handels- 
zentren auf diese Verfälschung gesetzt wurden. In der Litteratur 
sind, überall zerstreut, so viele Verfälschungsmittel des Safrans an- 
gegeben, dafs es zweckmälsig erschien, diese, soweit überhaupt er- 
hältlich, einer Untersuchung zu unterziehen, wobei namentlich auf 
die sog. Surrogate (vegetabilische Stoffe und Anilinfarben) Rücksicht 


1) Pasta —= Teigwaren. 
Arch. d. Pharım. XXX. Bds. 5. Heft. 21 


354 Vinassa, Untersuchungen von Safran. 


genommen werden sollte, welche namentlich in der Pastenfabrikation 
eine grolse Rolle spielen. Wurde mir doch von einer grolsen 
Fabrik unumwunden zugestanden, dals sie mit einer aus Paris 
stammenden Farbe alle Teigwaren färbe. Die Untersuchung dieser 
Farbe hat ergeben, dafs es sich dabei um das giftige Martiusgelb 
handelt. 

Die Hauptaufgabe der vorliegenden Arbeit, die gestellt wurde, 
war, es sollten Methoden gefunden werden, welche auch dem Laien 
die Entdeckung der Fälschungen des Safrans ermöglichen. Es war 
dabei unser Bestreben, diese Arbeit möglichst in Tabellenform abzu- 
fassen und im Texte nur die absolut nötigen Erklärungen zu geben, 
um nicht zu weitläufig zu werden. 

In der ersten Tabelle (Tabelle I) werden sowohl Safran, als 
auch die einzelnen vegetabilischen Drogen, welche zur Verfälschung 
desselben dienen, rein uud ungemischt untersucht und zusammen- 
gestellt. In Kürze sind die hierbei erzielten Resultate tolgende: 

1. Ein reiner Safran soll mit Paraffinöl unterm Mikroskop unter- 
sucht, möglichst gleichmälsig dunkelorange gefärbte Fragmente er- 
kennen lassen; farblose oder hellgelbe Fragmente lassen auf ausge- 
zogenen Safran oder auf Beimischung von sog. Feminelle schliefsen. 
Von den Pflanzenteilen des Safrans sind vor allem sehr charakte- 
ristisch die Pollenkörner, sowie die Gefälse. 

Um, wie bereits von Proctor!) angeregt ist, den Handelswert 
des Safrans mittels Kaliumbichromat zu bestimmen, wurde eine 
Lösung desselben von 10 Proz. angewendet. Den Safran liefs man 
durch Wasser extrahieren, indem man die Flüssigkeit damit (1: 1000) 
unter öfterm Umschütteln 4 Stunden lang bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur digerieren liefs und hierauf 50 ccm abfiltrierte. In einen 
anderen gleichweiten Cylinder liefs man alsdann zu 50 cem Wasser 
Kaliumbichromatlösung aus einer Bürette so lange zuträufeln, bis 
die Farbe der Mischung die gleiche Nuance zeigte. Die Menge 
der hierzu verbrauchten Chromatlösung wurde in ccm angegeben 
und dieselbe zugleich auf das Trockengewicht des Safrans bezogen. 
Ein guter Safran soll hierzu im Mittel ca. 5,3—6,0 ccm Chromat- 
lösung erfordern; das Minimum an zu verbrauchender Chromatlösung 
ist jedenfalls auf 3,5 ccm festzustellen. Um eine noch ähnlichere 


1) Vierteljahrsschrift für Lebensmittelchemie, Band IV, 295. 


Vinassa, Untersuchungen von Safran, 355 


Farbennuance als Titer zu benützen, wurde Brillantgelb angewendet, 
welches die Herren Bayer & Cie. in Elberfeld mir nebst andern 
Farbenmustern aufs freundlichste zur Verfügung stellten. Es sei 
auch an dieser Stelle Herrn Bayer & Cie. der herzlichste Dank ab- 
gestattet. Es stellte sich jedoch leider heraus, dafs die Kalium- 
bichromatlösung konstantere Resultate giebt, als eine Anilinfarbe, 
weswegen diese Lösung zur Bestimmung des Handelswerts nur mit 
gewisser Reserve dienen kann. 

Die Schwierigkeit, die gleiche Nuance zu erhalten, liegt in der 
Verdünnung der Farbe einerseits und der rotorangenen Farbe ander- 
seits, eine Nuance, welche sich ziemlich schwierig treffen lälst. 


Gewils mit grölster Berechtigung wurde bei vorstehenden Unter- 
suchungen auch Rücksicht auf die Kapillaranalyse genommen, umso- 
mehr, als von vorneherein anzunehmen war, dals dieselbe brauch- 
bare Resultate ergeben würde. Letztere Resultate sind auf Tab. A. 
graphisch zusammengestellt. Diese Untersuchungen wurden genau 
in der von Prof. Goppelsröder vorgeschriebenen Art!) ausgeführt. 


Ein ca. 30 cm langer und 3 cm breiter Streifen besten Filtrier- 
papiers wurde zu diesem Zwecke mit dem untern Ende in eine 
10/99 Lösung des Safranfarbstoffs getaucht und das obere Ende an 
einen horizontalen Glasstabe befestigt. Die Flüssigkeit steigt infolge 
der Kapillaratraktion in die Höhe; nach 3 Stunden wird der Streifen 
alsdann rasch getrocknet und die entstandenen Zonen gemessen. 
Es ergab sich hierbei als scharfes Charakteristikum, dafs der Safran- 
farbstoff 4 Zonen bildet, zu unterst eine dunkelorangefarbene, dann 
eine diffusorange und eine längere absolut farblose, welche mit einer 
scharf abgegrenzten schwach gelblichen endigt, Zonen, wie wir sie 
weder bei Verfälschungen mit vegetabilischen Stoffen, noch mit 
Anilinfarben wieder treffen. Es bietet somit die Kapillaranalyse 
eine äulserst brauchbare Methode zur Erkennung der fremden Bei- 
mengen im Safran. 


Ein reines Safranpulver — es kamen bei diesen Untersuchungen 
nur zerkleinerte Drogen in Betracht — enthält durchschnittlich 
11—12 Proz. Feuchtigkeit und im Durchschnitt ca. 6,5 Proz. Asche. 
Nehmen wir also für die Feuchtigkeit als Maximum 16 Proz. und 


1) Über Kapillaranalyse etc. von Prof. Friedrich Goppelsröder, 
Wien, 89, sowie den Beilagen dazu pag. 70. 
23* 


356 Vinassa, Untersuchungen von Safran. 


für die Asche 8 Proz. an, so mufs diese Grenze als eine sehr hohe 
bezeichnet werden. Mikroskop, Kapillaranalyse und Aschengehalt 
geben uns somit gute Anhaltspunkte bei der Untersuchung des 
Safrans. 

Im weiteren wurden die Lösungen sowohl des reinen Safrans, 
als auch der Verfälschungsmittel auf ihr Verhalten gegen Äther, 
Chloroform, Amylalkohol, Schwefelkohlenstoff, sowie gegen Queck- 
silberoxyd geprüft. 

In der Litteratur findet man häufig die Angabe: man prüfe den 
Safran auf Anilinfarbstoffe, indem man ihn mit Äther schüttelte; eine 
Gelbfärbung würde auf Anilinfarbstoffe deuten. Dies ist nur in ge- 
wissem Sinne richtig. Absolut reiner Äther mit getrocknetem Safran 
geschüttelt, nimmt allerdings nur hellgelbe Färbung an; wird aber 
luftrockenes Safranpulver verwendet und nicht Äther absolutus, so 
‚geht infolge der grofsen Löslichkeit des Polychroits in Wasser und 
Alkohol dieser Farbstoff auch in den Äther über und kann dann 
diese Prüfungsmethode zu irrigen Auffassungen Anlals geben. 
| In gleicher Weise wurden sowohl der Safran, als auch die zur 
Verfälschung desselben dienenden Drogen mit Amylalkohol, Schwefel- 
kohlenstoff und Chloroform ausgeschüttelt; leider wiederum ohne ein 
wirklich charakteristisches und brauchbares Resultat zu erhalten. 

Endlich wurde die Safranlösung mit tierischer Kohle ausge- 
schüttelt. Dabei wurde folgendermalsen verfahren: 10 ccm einer 
1°/% Lösung werden im Reagiercylinder mit 0,1 g Tierkohle einige 
Sekundenstark durchgeschüttelt und die Flüssigkeit dann rasch durch ein 
Doppelfilter filtriert. Bei Safran, sowie bei sämtlichen vegetabilischen 
Zusätzen resultiert ein farbloses Filtrat, während dasjenige eines 
Safrans, der mit Anilinfarben gefälscht ist, meist gefärbt erscheint, 
ein Verhalten, das zur Erkennung der Fälschung mit Anilinfarben 
beitragen kann, namentlich wenn es sich um Farben handelt, welche 
auch kapillaranalytisch schwer nachweisbar sind (s. Tabelle U 
Nr. 3, 6 u. 9). Bei dieser Ausschüttelung ist jedoch stets eine 
Kontrolprobe mit reinem Safran erforderlich, um sich nicht in Trug- 
schlüsse zu verirren; namentlich ist die Zeitdauer des Schüttelns 
möglichst kurz zu nehmen, ca. 5—10 Sekunden. 

Im weiteren wurden, wie aus der Tabelle I ersichtlich ist, die 
vorkommenden Verfälschungen für sich in genau der Weise unter- 
sucht, wie der Safran selbst, und dabei berücksichtigt: Flores 


Vinassa, Untersuchungen von Safran. 357 


Calendulae, Flores Carthami, Lignum Santali, Schalen der Allium 
cepa, getrocknete Fleischfasern, Crocus vernus, Lignum Campechianum, 
Flores Granati, Stigmata Maidis und Curcuma. Der sog. Capsafran 
war trotz aller Bemühungen nicht aufzutreiben. 

Bei Beurteilung der Safranfälschungen wie bei allen mikro- 
skopischen Untersuchungen überhaupt ist die Anfertigung von Test- 
objekten unerlälslich. 

Bei Verwendung von Blütenteilen anderer Pflanzen zur Ver- 
fälschung des Safrans sind meist die Pollenkörner das sicherste Er- 
kennungszeichen, ferner liefert auch die Behaarung, sowie die Harz- 
gänge Anhaltspnnkte. Die Hölzer lassen sich leicht mikroskopisch 
nachweisen; die Zellen der Zwiebelschalen mit ihren grolsen Oxalat- 
krystallen sind ebenfalls sehr charakteristisch, ebenso die Öurcuma 
durch ihre Stärkekörner. 

Schwieriger gestaltet sich die Sache bei Crocus vernus, allein 
das Sammeln der Pistille desselben ist so zeitraubend, dals dies 
Verfälschungsmittel wohl nie ernstlich in Betracht kommen kann. 


Bei der Untersuchung der fraglichen Präparate kann auch das 
Verhalten gegen konz. Schwefelsäure zur Entdeckung von Ver- 
fälschungen mit vegetabilischen Substanzen von Wert sein. Während 
Safran nur blaue Strömchen bildet, ergeben die Verfälschungen ganz 
anders gefärbte, braune, kirschrote oder violette Äderchen. Zu er- 
wähnen ist jedoch, dals bei einigem Stehen die blauen Strömchen 
ebenfalls in ein schmutziges Violett übergehen. 


Vorzügliche Dienste leistet auch hier die Kapillaranalyse, da die 
oberste Zone meist sehr charakteristisch gefärbt ist, so namentlich 
bei Carthamus, Calendula, den Hölzern etc. 


Es sei hier noch angeführt, dafs auch der Farbstoff des Crocus 
vernus einer chemischen Untersuchung unterzogen wurde. Pistille 
desselben liefs man einige Tage mit verdünntem Alkohol digerieren, 
verdampfte das Filtrat und untersuchte den Rückstand. Mit kon- 
zentrierter H, SO, ergab sich eine intensive Dunkelgrünfärbung, mit 
HCl gekocht spaltete sich der Farbstoff in Zucker und einen, in 
Wasser unlöslichen, orangefarbenen Körper; es scheint somit der 
Farbstoff des Crocus vernus dem Polychroit ähnlich zu sein. 

Da sich alles Übrige aus der Tabelle I ergiebt, wenden wir 
uns Tabelle II zu. 


{eb} 
on 
[0 e) 


Vinassa, Untersuchungen von Safran. ° 


Dieselbe enthält die Untersuchungen über die mir zugänglichen. 
Anilinfarben, welche für Safranverfälschung dienen sollen und als 
Safransurrogate den Weg in den Handel gefunden haben. Zu 
leichterer Orientierung wurde die Zahl, unter welcher die betreffen- 
den Farbstoffe in den Tabellen von Schulz und Julius aufgeführt 
sind, angegeben, ebenso wurde, soweit es bis jetzt erforscht und 
sicher konstatiert ist, das physiologische Verhalten, ob giftig oder- 
unschädlich, vorgemerkt. 

Bei diesen Untersuchungen hat die Kapillaranalyse ganz präch- 
tige Anhaltspunkte geliefert, indem die erhaltenen Streifenbilder- 
meist aulserordentlich charakteristisch sind, so namentlich für: 
salpetersaures Chrysoidin, Metanilgelb, Benzoorange, Dinitrocresol, 
Pikrinsäure, Brillantgelb, Orange II, Tropaeolin, Ponceau II R., 
Tropaeolin 000 No. 2, sowie Martiusgelb und Jaune vermicelles. 
(s. Tab. B). 

Letzteres wurde als Safransurrogat für Teigwarenfabrikation 
empfohlen und ist auch schon in grölserer Menge verarbeitet worden; 
die genaue Untersuchung ergab jedoch, dafs es sich hierbei um 
nichts anderes handelt, alsum das giftige Martiusgelb. Wiebereitserwähnt, 
findetman in der Litteratur häufigdie Angabe, dafs man Safran mit Äther 
anschütteln solle, behufs Prüfung des letzteren auf Anilinfarben; 
genaue Untersuchung der sämtlichen reinen Farbstoffe (nicht der 
Lösungen) mit chemisch reinem Äther, haben jedoch ergeben, dals 
nur die allerwenigsten safranähnlichen Anilinfarben in Äther über- 
gehen; es kann also diese Art der Untersuchung schwere Irrtümer 
hervorrufen, um so mehr, als auch der Safranfarbstoff etwas in 
Äther löslich ist. Ebenso ergab das Verhalten derselben gegen: 
Chloroform, Amylalkohol, Schwefelkohlenstoff, sowie gegen Queck- 
silberoxyd kein sicheres Kriterium für die Untersuchung von Safran- 
surrogaten. Charakteristischer dagegen ist das Auftreten verschieden 
gefärbter Strömchen im Schwefelsäuretropfen, dieselben können 
gerade in Fällen, wo die Kapillaranalyse versagt, gute Anhalts- 
punkte geben. 

Beim Ausschütteln mit Knochenkohle, wobei wieder 10 ccm 
einer Lösung von ungefähr 1: 1000 bereitet verwendet und mit O,1g 
Kohle kurze Zeit kräftig geschüttelt wurde, ergab sich in weitaus 
den meisten Fällen, dafs die Anilinfarbe schwerer von der Kohle 
aufgenommen wird, als der vegetabilische Farbstoff; es verschwindet 


Vinassa, Untersuchungen von Safran. 359 


meist derjenige Teil der künstlichen Farbe, welcher kapillar- 
:analytiseh die unterste Zone bildet, bei zu langem Schütteln aber 
wird auch in vielen Fällen der Anilinfarbstoff vollständig absorbiert. 
Dinitrokresol, Ponceau, Metanilgelb, Martiusgelb, Pikrinsäure, 
"Tropaeolin etc. lassen sich auf diese Weise bestens nachweisen. 
Tabelle B. zeigt uns das kapillare Verhalten der künstlichen 
Farbstoffe. 

Nachdem auf den beiden ersten Tabellen die reinen Drogen 
und künstlichen Farben, welche zur Safranverfälschung gebraucht 
werden, untersucht und geprütt worden waren, wurden sowohl 
Mischungen von reinem Safran mit vegetabilischen Substanzen der 
"Tabelle I, und zwar im Verhältnis von genau gleichen Teilen ange- 
fertigt, als auch von reinem Safran mit Anilinfarben der Tabelle II. 
‚Bei letzterer Mischung wurde nach einem in der Praxis gefundenen 
Falle in folgendem Verhältnis gemischt: Safran 50 Proz., Gips 
20 Proz., Stärkemehl 10 Proz., Zucker 15 Proz., künstlicher Farb- 
‚stoff 5 Proz. 

Wie aus den nachstehenden Tabellen ersichtlich ist, decken sich 
die Resultate vollständig mit denen von I und II plus der jeweiligen 
Reaktion des Safrans. Dadurch ist man in Stand gesetzt, die Ver- 
fälschungen im Safran leicht aufzufinden, sei es kapillaranalytisch 
‚oder mittels des Mikroskopes und der mikrochemischen Schwefel- 
säurereaktion. Betrachten wir die Resultate der Untersuchungen 
näher, so muls konstatiert werden, da/s weitaus die gebräuch- 
lichsten Fälschungsmittel Safflor, Calendula und Santelholz sind, wovon 
namentlich ersterer sehr häufig zur Verwendung kommt. Deshalb 
‚gebrauchen auch die Händler dafür zur Täuschung des Publikums 
-die schönen Namen Zaffranone,!) Safran bätart, Safre.. In einem 
‚einzigen Falle (Nr.17) konnte Verfälschung mit Zucker und Gips 
‚konstatirt werden. Nr. 12 war mit einer Anilinfarbe, die, da das 
Muster zu klein war, nicht in den Bereich dieser Untersuchung ge- 
zogen worden konnte, verfälscht. Aufserdem fanden wir noch eine 
Reihe von Verfälschungsmitteln, die sich jedoch sämtlich entweder 
mikroskopisch, chemisch oder kapillaranalytisch nachweisen liefsen. 

Auf die sehr verschiedenen Resultate bei der Bestimmung des 
Handelswerthes mittelst Chromatlösung sei hier ebenfalls aufmerksam 


I) Safran = ital. Zafferano, Zaffranone bedeutet Safran schlechter 
Qualität. 


360 Vinassa, Untersuchungen von Safran. 


gemacht, praktisch kann derselben jedoch kein zu grofser Wert 
zugemessen werden. 

Um die vorliegende Arbeit nicht zu umfangreich werden zu 
lassen, wurden die kapillaranalytischen Resultate nach dem 
Ausschütteln der Safranlösung mit Knochenkohle nicht erwähnt, 
sondern ist nur die Farbe des Filtrates angeführt. Es sei jedoch 
bemerkt, dafs diese Filtrate beinahe ganz die gleich gefärbten 
Streifen und Zonen ergaben, wie die reinen Anilinfarbstoffe, nur 
fehlte hie und da die unsterste Zone, oder die Färbung war etwas 
blasser. Die mit Vegetabilien gefälschten Safrane ergaben sets ein 
farbloses Filtrat. 


Nachdem die Untersuchungen der reinen Safrane sowie dessen 
Verfälschungsmittel, sowohl vegetabilische als auch künstliche Farb- 
stoffe und Gemische derselben genau geprüft worden, sei es ge- 
stattet, in der letzten Tabelle (V) die Resultate der Untersuchung 
von 60 amtlich bei den Verkäufern erhobenen Safranmustern an- 
zuführen. 


Ein kleines Muster, welches sich als mit fein zerteiltem Carne 
secco verfälscht erwies, war leider zu klein, um analysiert werden zu 
können, ich begnüge mich daher damit, diesen jedenfalls sehr seltenen 
Fall hier nur anzuführen. Da die Aufzählung aller Einzelheiten den 
Rahmen der Arbeit weit übersteigen würde, sei auf das Studium 
der Tabellen verwiesen und begnügen wir uns daher damit, zum 
Schlusse noch die praktischen Resultate zusammenzustellen, welche 
aus den Untersuchungen sich ergeben haben und zu konstatieren, 
welche Bestimmungen man bei der Analyse des Safrans stets aus- 
zuführen hat. 


Die Untersuchungen zerfallen in 3 Kategorien. 1) die mikros- 
kopische und mikrochemische, 2) die chemische und 3) die phy- 
sikalische. 

I. Die mikroskopische Prüfung. Ein zur Untersuchung ge- 
langendes Safranpulver soll stets unter Paraffinöl untersucht 
werden; in gutem Safran sind die einzelnen Partikelchen 
gleichmälsig gefärbt. Zeigen sich dagegen viele weilse oder 
gelblichke Fragmente, welche das Aussehen des Safrans be- 
sitzen, so läfst dies den Schlufs auf Vermischung mit Feminelle oder 


ausgezogenem Safran zu, 


Vinassa, Untersuchungen von Safran. 361 


Eine weitere Probe wird unter konzentrierter Schwefelsäure 
unter der Stativlupe geprüft. Reiner Safran giebt nur blaue Strömchen, 
die allmählig in schmutzig violet übergehen, während die meisten 
Verfälschungsmittel gewöhnlich charakteristische violette oder kirsch- 
rote Strömchen zeigen. 

Eine dritte Probe endlich wird mit Chloralhydrat aufgehellt und 
nach mehreren Stunden mit Wasser ausgezogen, filtriert und bei 
stärkerer Vergrölserung untersucht. Bereits auf dem Filter erkennt 
man leicht die gröberen Fälschungen mit Santel- oder Kampecheholz 
oder solche mit Saflor. Namentlich sehe man bei der mikrosko- 
pischen Untersuchung auf die Pollenkörner, welche meist charakte- 
ristischer sind als die Blüthenteile, da es z.B. Safrane giebt, welche 
den Farbstoff in den dünnen Gefässen so zäh zurückhalten, dafs der 
Ungeübte dieselben für Harzgänge des Safflors halten könnte. Ebenso 
sind bei Calendula die dreiknopfigen Pollenkörner charakteristischer 
und sicherer zu finden als die Öltröpfehen. Bei anderen Verfäl- 
schungsmitteln wiederum sind Haare, Krystalle etc. sehr charakte- 
ristisch, sodals keine Verwechselung stattfinden kann. 

II. Die chemische Untersuchung. Bei derselben sind stets vor- 
zunehmen die Bestimmung des Wassergehaltes und der Asche. 

Es kommt häufig vor, dafs der ganze Safran im feuchten Keller 
gehalten wird, damit die hygroskopischen Narben möglichst viel 
Feuchtigkeit anziehen, so dals auf diese Weise das Gewicht ver- 
mehrt wird. Als Maximum des Wassergehaltes ist jedenfalls 
15—16 Proz. als das zulässig Höchste anzusehen. 

Die durch sorgfältiges Veraschen des Safrans erhaltene Asche 
soll in maximo 8 Proz. desselben betragen; beim Überschreiten 
dieser Zahl ist auf Sand, Gips und Baryt zu prüfen. Bei dem lang- 
samen Veraschen zeigt sich ebenfalls ein charakteristisches Verhalten 
des Safrans. Derselbe entwickelt einen an Safranaroma erinnernden 
gelben Rauch, während bei Zusatz von Zucker ein eigenthümlich 
stechender Geruch auftritt. Der Aschengehalt sollte stets auf luft- 
trockene Substanz und auf das konstante Gewicht angegeben werden. 

Die Bestimmung des Handelswertes des Safrans mittels 
10 prozentiger Kaliumbichromatlösung nach oben beschriebener 
Methode, hat einen gewissen Werth in so fern, als 50 ccm Wasser, 
um die Färbung einer aus Safran bereiteten Lösung (1 : 1000) an- 
zunehmen, zirka 5—6 cem der Bichromatlösung bedürfen. Diese 


362 Vinassa, Untersuchungen von Safran. 


Zahl ist jedoch nur eine relative, da je nach Boden, Klima und 
Jahrgang auch die Menge des in den Narben aufgespeicherten Poly- 
chroits varüren wird. Bei Beurtheilung des Safrans nach dem Farb- 
stoffgehalt muss daher sehr vorsichtig vorgegangen werden. Die 
Lösung von 1:1000 ist auf Trockengewicht des Safrans bezogen, 
nicht auf lufttrockenes Material. 

III. Physikalische Bestimmungen. Wird Safran auf Wasser, 
welches sich in einem flachen Teller befindet, gestreut, so nimmt 
dasselbe eine intensive gelbe Farbe an, indem sich die einzelnen 
Partikelchen entfärben. Ist der Safran verfälscht, z. B. mit Santel- 
holz, Kampecheholz oder Safflor, so zeigen sich hierbei zahlreiche 
schwarze oder rote Punkte. Es ist dies eine gute qualitative Vor- 
prüfung. Als eine physikalische Probe, welche bei der Untersuchung 
des Safrans von grossem Werthe ist, muss die Kapillaranalyse an- 
gesehen werden. Durch dieselbe lassen sich sowohl die meisten 
vegetabilischen Substanzen, als namentlich auch fast alle Anilinfarben 
leicht nachweisen. Die hierzu anzuwendende Lösung des Safran- 
farbstoffes ist wiederum der Einfachheit halber zu 1: 1000 ange- 
nommen worden und liefs man die Streifen zirka 3 Stunden lang in 
der Lösung hängen. 

Zum Schlusse sei noch meinen beiden Mitarbeitern Herrn cand. 
pharm. Knapp aus Basel und Herrn Beuhne aus Dresden der 
beste Dank für ihre Mithilfe ausgesprochen. 


Lugano, d. 23. Juni 1892. 


iner Verfälse 
nzen 


Mit Chloroform M 
Amylal 
yelt | ausgeschüttelt ; 
ausgesc 
h: | ergiebt sich: | ergiebt 
Erd Bann Amylal 
lb wird gelb: wi 
esentstehtkein | x... 
schwac. 
Satz. 
Chloroform 

Ss wird gelb Amylal 
Seh bient*färblos: | Amyla” 
esentstehtkein]| bleibt 1 


Satz; 


Chloroform 

bleibt farblos: 
s. |esentstehtkein 
Satz. 


Amylal 
bleibt f: 


Chloroform 
wird gelb; 
esentstehtkein 
Satz. 


Amylal. 
wird ge. 


Chloroform 
wird gelbbraun 
gefärbt. 


Amylal 
wird gell! 


| 


Untersuchung 


von reinem Safran und der zu seiner Verfälschung dienenden 
vegetabilischen Substanzen. 


Asche 


Verbrauch an Titrir- 


Hüssigkeit 5 
Reuch- ? n N Mit Äther 
Bene auf Kapillaranalytisches in ccm auf 50 com Hz O 
i + | Gesamt- |Trocken- A, ausgeschüttelt 
uRZEU BE; Verhalten Kali bichro-| Jaune S 
8 micum brillant | ergiebt sich 
s 1:10 1: 1000 
%Y %o I>. 2 ee ccm ecın 
Der & 
1) 0— 2,0 cm dunkelorange:; 
Safran, körner ist durch 2) 20— 4,0 cm diffusorange 5,6 cem Der Äther wird 
1 (ausgelesen | eine helle Zone | 5.4 6,1 | 3) 40— 13,0 cm farblos; auf 50 ccm schwach gelb 
rein.) vonderPollenhaut bei 13,0 cm schwach gelblich H,O gefärbt, 


geschieden, 
keine Harzgänge. 


= Pollenkörner sind 
Flores 


dreiknopfig, 
Calendulae ne 


Zellen enthalten 


e B 
(ausgelesen lee 


7) Fetttropfen. 


Inhaltder Pollen- 


Pollenkörner 


Carthamus sind dunkelgefärbt 


Name 
Lid, Mikroskopischer 
des 
Nr Befund 
Objekts 


9,3 


abgesetzt 


1) 0— 12,2 cm fast farblos 
bei 12,2 cm leicht braun 
gesetzt: 


ab- 


1) 0— 0,5 cm rötlich 
2) 0,5— 12,3 cm citronengelb 


0,15 ccm 
auf 50 com 
H,O 


0,55 com 
auf 50 ccm 


) tinctorum rund mit warziger 7 38 Mena er h 
Keim) Oberfüche bei 12,3 cm scharf braun ab- 0) 
Hurzgänge BD 
Erscheinen unterm 2 
Lignum Mikroskop 1) 0— 0,5 cm schmutzigrot 
4 santalinum stets rot gefärbt 102 9,73 2) 0,5 0,9 cm kräftig liehtrot 
rubrum Zell-Struktur ) 0,9 — 12,0 cm farblos 
(rein) bei 12,0 cm bräulich abgesetzt; 


charakteristisch 


Allium 
P Cepa 


wohlausgebildete 
(getrocknete 


Krystalle von 


Schalen En 
2) Calciumoxalat 


Unterm Mikroskop 
als animalische 
Zellen leicht er- 

kennbar, 
charakteristisch 
ist die 

Querstreifung 


Getrocknete 
6 Fleischfaser 
(rein) 


Orocus Vielfach 
7 vernus verzweigte Gefälse 
(rein) Zellinhalt farblos 


Die grolsen Zellen 
enthalten stets 


Mikroskopisch an 


Lignum der dunklen 


N Cam Färbung und den 
pechianum | weiten Gefälsen 
(rein) leicht zu erkennen 
(Markstrahlen.) 
Sehr breite sich 
verzweigende 
g; Flores Gefilsbündel, 
Granati körniger Zellinhalt,) 
sehr kleine 
Pollenkörner 
Sehr nahe anein- 
ander liegende 
m Stigmata Gefälse, 
Maidis Ausfüllgewebe 
besteht aus lang- 
gestreckten Zellen, 
% dran Andengegliederten 
Aenloaa Haaren sofort 
erkennbar. 
Form der Stärke 
12 Curcuma und der Zellen sehr] 


charakteristisch, 


5,3 


3,1 


+44 


0— 0,5 cm citronengelb; 
2) 0,5 — 1,0 cm diffuseitronengelb 
3) 1,0— 9,5cm farblos bis rötlich; 
gegen 9,5 cm wird die Farbe 
intensiver; 
bei 9.5 cm scharf schwarzbraun 
abgesetzt; 


0—1,0 cm farblos; bei 0,5 cm 
sehr schwacher Absatz; 

2) 0,5 — 9,7 cm farblos; 

bei 9,7 cm scharf gelbbraun 
abgesetzt; 

Der Absatzstreifen ist scharf 
0,5 cm breit; 


0— 1,0 cm gelblich; 
2) 10— 8,2 om diffusgelblich; 
3) 0,2-- 10,3 cm fast farblos 
bei 10,3 cm scharf bräunlich 
abgesetzt: 


1) 0 — 0,9 cm schmutzig braunrot 

2) 0,9 -- 1,5cm diflusrötlichbraun 
(sehr hell;) 

3) 1,5 - 10,0 cm farblos 
bei 10,0 cm deutlich 
braun abgesetzt; 


rötlich- 


1) 0—0,7 cm schmutziggelbrot; 
2) 0,7— 11,6 cm sehr schwach 
gelbrot; 
gegen 11,6 cm stärker gefürbt; 
bei 11,6 cm schr dunkel und 
scharf braunrot abgesetzt; 


1} 0— 18,5 cm farblos; bei 0,5 cm 
schwacher Absatz; 
bei 13,5 em scharf gellbraun 
abgesetzt; 


1) 0 — 14,3 cm farblos; 
bei 14,3 cm scharf grau ab- 
gesetzt; 


1) 0— 1,2 cm hellbräunlich; 

2) 1,2— 15,6 cın farblos; 

3) 15,06 cm scharf bräunlich ab- 
gesetzt; 


0,66 com 
auf 50 cem 


H,O 


0,2 com 
auf 50 com 


1: #0) 


0,l cm 
auf 50 ccm 
H,O 


au 


0,+ com 


H,;0 


2,6 cem 


auf 50 cem 


H,O 


auf 


0,5 com 
auf 50 cem 
H,O 


0,2 ccm 
auf 50 ccm 


H,0 


Der Äther wird 


ccm | kaum merklich 


gelb gefärbt 


Der Äther wird 


schwach gelb- 
lich gefärbt 


Der Äther wird 
rotgelb gefärbt 


Der 
bleibt 


Ather 
farblos 


Der 
bleibt 


Äther 
farblos 


Der Ather 
bleibt 
fast farblos 


Der Äther wird 
gelb gefärbt 


Der Äther 
bleibt farblos 


DorÄther wird 
schwach gelb- 
lich 


Der Ather wird 
gelbbraun 
gefärbt, 


Chloroform 
bleibt farblos; 


Mit Chloroform 
ausgeschüttet 


ergiebt sich: 


Chloroform 
wird gelb; 
esentstehtkein 
Satz 


Chloroforın 
wird gelb 
gefärbt 
esentstehtkein 
Satz 


Chloroform 
bleibt farblos: 
esentstehtkein 

Satz 


Chloroform 
wird rot, im 
auffallendem 
Lichtsehrschön! 
grün, 
esentstehtkein 
Satz. 


Chloroform 
bleibt tarblos 
esentstehtkein 

Satz ; 


Chloroform 
bleibt farblos ; 
esentstehtkein 

Satz 


Chloroform 
bleibt furblos 
esentstehtkein 

Satz; 


Chloroform 
wird gelb, 
mit 1.0 
wird der Farb- 
stoff dem 
Chloroform 
entzogen; es 
lensteht keinSatz 


osentstehtkein 
Satz; 


Chloroform 
bleibt farblos 

esentstehtkein 
Satz 


Chloroform 
wird gelb; 
esentstehtkein 
Satz. 


Chloroform 
wird gelbbraun 
gefärbt. 


Mit 
Amylalkohol 
ausgeschüttelt 


ergiebt sich 


Amylalkohol 
wird 
schwach gelb 


Amylalkohol 
wird 
schwach gelb, 


Amylalkohol 
bleibt farblos 


Amylalkohol 


wird bräunlich- 


rot, 


Amylalkohol 
bleibt farblos 


Amylalkohol 
bleibt 
fast farblos 


Amylalkohol 
wird 
leicht gefärbt 


Amylalkohol 
bleibt farblos 


Amylalkolol 
bleibt farblos 


Amylalkohol 
wird gelblich. 


Amylalkohol 
wird gelbbraun 


Mit Schwetel- 
kohlenstoft 
ausgeschüttelt 


ergiebt sich: 


(Nach einor Stunde.) 


Schwefelkohlen- 
stoff wird nur 
Spuren 
gefürbt 


Schwefelkohlen- 
stoff wird 
orange gefärbt 


Schwefelkohlen- 
stoff bleibt 
fast farblos. 


Schwefelkohlen- 


stoff? wird dunkel- 


rotbraun 


Schwefelkohlen- 
stoff'bleibt farblos. 


Schwetelkohlen 
stoffbleibt farblos 


Schwefelkohlen- 
stoff? wird 


schwach rötlich 


Schwefelkohlen- 
Istoff bleibt farblos 


Schwefelkohlen- 
stoff bleibt fast 
farblos 


Sch wefelkohlen - 
stoff wird sehr 
schwach gefürbt 


Mit Sublimat 
und KOH aus- 
geschüttelt 
und sofort filtriert 
ergiebt sich: 


Filtrat gelb; 
Niederschlag gel 
Filter farblos 


Mit 
tierischer 
Kohle aus- 
geschüttelt 
und sofort 
filtriert 
ergiebtssich 


Ib; Filtrat ist 


farblos 


Tabelle | 


Bemerkungen 


Filtrat gelb; 
Niederschlag 
orange; 
Filter farblos; 


Filtrat 
schwetelgelb; 
Niederschlag 
dunkelorauge; 
Filter farblos 


Filtrat farblos; 
Niederschlag rot- 
braun; 
Filter farblos 


Filtrat schwach 
bläulich; 
Niederschlag grau- 
grün: 
Filter farblos, 


Filtrat gelb: 
Niederschlag 
braunorange; 
Filter farblos; 


Filtrat schwach 
rötlichgelb; 
Niederschlag 
braungelb; 
Filtrat farblos. 


Filtrat 

grünlichbraun; 

Niederschlag grau- 
grün; 

Filter farblos. 


Filtrat farblos; 
Niederschlag 
gelborange; 

Filter farblos. 


Piltrat schwach 
gelblich; 
Niederschlag 
dunkelorange; 
Filter farblos. 


Filtrat ist gelb: 
Niederschlag 
dunkelorange- 


Filtrat ist 
farblos 


Piltrat ist 
farblos 


Filtrat ist 


farblos. 


Filtrat ist 


farblos. 


Filtrat ist 


farblos 


Filtrat ist 
farblos. 


Filtrat ist 
farblos 


Filtrat ist 
farblos 


Filtrat ist 
farblos 


Filtrat ist 
farblos. 


Filtrat ist 
farblos, 


Lälst sich der 
rötlichen Fär 
bung der 
Lösung wegen 
nicht titrieren 


Lilst sich der 
Färbung wegen 
nicht titrieren 


Lälst sich der 
rötlichen Für- 
bung wegen 
nicht titrieren 


Lälst sich der 
Flirbung wegen 
nicht titrieren 


Lälst sich der 
rötlichen Farbe 
wegen 
nicht titrieren. 


Lösung füst 
farblos. 


Lösung fast 
farblos 


N 
v 
4 


=] 


M 


’ £ >> 


U 


nte 


suchung einiger zur Verfälschung des Safrans dienend 


en künstlichen Farbstoffe, 


Tabelle Il. 


ER Schulz Die wässrige Lösung | at Äther |Ait Chiorofoml Mit Amyl- | Mit Schwefel- | Atit Sublimat und |Nit Schwefelsäure] Ar Mhierkonte 
fende des gu EN SARBENE. ELDER GIS ausgeschüttelt| ausgeschüttelt| YKohol ausge-| kohlenstof | KOH ausgeschüttelt | unter der Stativ- ausgeschüttelt Physiologische 
No, Objektes Julius Verhalten. orgiebt sich: | ergiebt sich: schüttelt ausgeschüttelt| und sofort filtriert | lupe beobachtet ergiebt sich: Wirkung 
uco | m orgiebt sich: | ergiebt sich ergiebt sich: ergiebt sich: ; 
1) 0—0,8 cm rotorange; n x = 
Eiisrareaurer Die Lösung | Die Lösung | Ist schwach | Chloroform | Amylalkohol | Schwefelkoh- | Filtrat fast farblos; | 7, yiden sich | Das Filtrat ist 
1 (Bonszorn =. wird heller | bleibt löslich wird/stark ||| wird dunkel. | lenstoßf wird! [Niederschlag braun | Ton enereiner | gelb mit’ grün: unschädlich 
Lösung 1: 1000, bei 11,6 kaum merklich |imehr rötlich.) unverändert. | in Äther. orange gefärbt) orange. Ba INEHZUERLESE Strömchen lichem Stich. 
ass | grünlichgelb. | Filter farblos 
| 2 | — | u br 
10-1, cm rötlichlichtgelb; | Die Lösung | pie Lösung Chloroform | Amylaikohol | Schwofelkoh. | Filtrat eitronengelb;| 7, Yilden sich 
Metanilgelb 84, | 2 14-108 cm helleitronengelb; | wird dunkel- | "peibe Ist tust wird hell | ira stark | lenstoft wird | Mederschlag heil- | orapgebraune | Das Filtrat ist FE 
EQenng lT1000, bei 10,8 cm scharf abgesetzt, | Praunret | unverändert. | nlöslich | eitronengelb | (itronengelb. | schwach geib.| _OTan8e; Strömchen ncutgell; in 
gefärbt. gefärbt. Filter farblos 
a | J . 
1) 02,3 em eitronengelb; £ en : m: i 
De ne N nen | Dia tansıe Chloroform | Auylaikonon | Schwetelkoh- | Filtrat grünlichgelb;] Es bilden sich 
Chinolingelb | 935, | 3) 4309 em farblos | ee hessarann || tot Ka lonstoff wird | Niederschlag dunkel-| dunkelorange | Das Filtrat ist 5 
Lbzungil= 1000 EZ bei 9,9 cm sehr schwach | ändert. | unverändert sitronengelb | sitronengelb, | Schwach orange; gefürbte gelblich ö 
| gefärbt orange Filter fast farblos. Strömchen 
abgesetzt. | 
Benzoorange 1) 0-1,0.cm ziegelrot; a nl Filtrat hellrosa 
Lösung 1: 1000 2) 10-15 cm diffusziegelrot; eng Diesnasung;| nun en Aınylalkohol | Schwefelkoh- | Niederschlag hell- | Es bilden sich 2 
+ | a. a Fabrik — 3) 15-5,8cmleichtrötlichgefärbt;] in dunkel- |  Nleibt uöst sich | C h orofonm || wird leicht | Ionstoft bleibt |  bräunlich viollette BIHSEE EL B 
Bayer & Co,, 4) 5,8—11,8 cm farblos _ grüner | Unverändert nicht. | bleibt farblos. rötlich, farblos. Filter leicht rosa Strömchen. bräunlichgelb. 
Elberfeld, bei 11,8 schwach abgesetzt, | Niederschlag. gefärbt. 
R, - Filtrat orange 
Dinitropara- 1) 0-85 cm lichtrotgelb; Die Lösung | Die Lösung Chloroform | Amylalkohoi | Sihwefelkob- | Aunkel); Es bilden sich 
5 kresol —— 12)/8,510 (om\stärker rorgelb; wird wird Löst sich | wird stark | wird stark stoff wird | Niederschlag braun- gelbe Bi EEE: giftig 
Lösung 1:1000, bei 10,3 cm kräftig rotgelb | ontfärbt. | orangefarben,] Vollständig. | gab gefärbt. | gelb gefärbt. [tk grünlich- | orange; Strömehen. bräunlichgelb. 
abgesetzt | gelb Filter hellorange 
> >. | | ern I EerrT 
Filtrat farblos; 
1) 0-33 cm stark eitronengelb; | pjs Lösung |1s bildet sich Chloroform | Amylalkohol | Schwefelkoh- | Niederschlag gelb; Es bildet sich 2 
see 166. EN EMODEER wird inten- | ein weisser |Ist unlöslich.| wird stark | Wird stark | lenstoff wird | Filter farblos. ein rotvioletter | DAS Filtrat ist ? 
Lösung 1:1000 bei 11,1 cım sehr schwach | Jiver gofhrbt.| Niederschlag. gelb gefürbt. | Brünlich gelb | schwach gelb-| nei Zusatz von Sub-| Niedersching hellgelb 
abgesetzt gefärbt. gefärbt limat entsteht Nie- 
derschlag. 
Filtrat schwefelgelb; 
e 013,8 gleichmässige helleitro- | Die Lösung | Die Lösung A Amylaikohol |" schwefelkoh- | Niederschlag heil: || Esibilden sich, | Das Filtrat sat 
= Pikrinsäure >) - r | Löst sich Chloroform wird schwach R R 2 r ar 
a Fe a nengelbo Zone; bleibe unver- | bleibt | onanane | vie nee | neh | Tenstoft bleibt | orange: gelbe gelb mit grün- giftig 
bei 13,6 scharf gelbabgesetzt,| ändert. | unverändert grüng: farblos, | Filter schwefelgelb | Strömchen lichem Stich, 
gefärbt gefärbt 
Brillantgelb 1) 0-22 cm kräftig orange; ; 
Lösung 1:1000 2) 223,0 cm difusorange: Es entsteht | Die Lösung 2 ie \mylalkohol | Schwefelkoh- | Filtrat blutrot ls bilden sich 4 
8 | «4. Fabrik 1 1. |» 3.0-6,3emleichtorangegefärbt:| ein violetter | wird inten- N Chloroform |\\ird hellorange| lenstoff bleibt | Niederschlag licht kirschrote DES BENAE unschädlich, 
Bayan 0b, Niederschlag. |siver gefirbt| "öslich. | bleibt farblos, |" zopirt as chocoladebraun a gelblich 


Elberfeld 


Curcumin 
Lösuug 1: 1000. 


4) 6,3—14,2 cm farblos; 
bei 14,2 leicht abgesetzt. 


1) 0—0,9 cm kräftig rotorange; 
2) 0,9—12,5 cm farblos; 
bei 12,5 sehr schwach ab- 
gesetzt, 


I) 0-5,8 cm rötlichfleischfarben 
2) 58—14,3 cm farblos; 
bei 14,3 cm schwach abgesetzt. 


Es bildet sich! 
ein blauer 
dunkler 
Niederschlag. 


bildet sich 

cin brauner 
Hockiger 

Niederschlag 


Die Lösung 
wird dunkler 
‚gefärbt, 


Ist unlöslich 


Die Lösung 


Ist sel 

wird dunkel-| 

; 3 schwer 

en löslich, 
gefärbt. 


1) 0—0,5 cm citronengelb; 
2) 0,5—12,5 cın farblos; 
bei 12,5 cm sehr schwach ab- 
gesetet 


1) 0—10,0 cm lichtorauge; 
2) 10,0—11,5 cm farblos; 
bei 11,5 sehr schwach ab- 
gesetzt. 


1) 0-11,3 cm ponceau; 
2) 11,3—13,6 cm diffusponcenu- 
farben; 
3) 12,6—13,0 cm farblos; 
bei 13,0. cm scharf ponceau 
abgesetzt, 


1) 0,0—10,2 Saumonfarben; 

2) 10,2—13,3 farblos; 

3) 13,3—13,5 leicht gelblich ab- 
gesetzt. 


I) 0,0—10,5 schwefelgelb; 

2) 10—13,2 farblos; 

3) 13,3—13,4 leicht gelblich ab- 
gesetzt. 


Es bildet sich 
ein dunkler 
rotvioletter 
Niederschlag. 


[Es bildet sich 
ein ziegelroter 
Niederschlag. 


bleibt 
unverändert. 


Die Lösung 
wird zuerst 
kirschrot 
dann gefällt. 


Die Lösung 
wird entfürbt, 


Die Lösung | 


Die Lösung 
bleibt 
unverändert 


Ist unlöslich, 


Die Lösung 
bleibt 
unverändert. 


Ist unlöslich 


Die Lösung 
bleibt 
unverändert 


Ist unlöslich. 


\ınylalkohol 
wird leicht 
gelb gefürbt 


Chloroform 
bleibt farblos. 


Chloroform | Amylalkohol 
wird dunkel- 


orange gefürbt.[orange gefärbt 


wird rötlich- 


Amylalkohol 
wird gelb 


Chloroform 


bleibt farblos. gefärht. 


Amylalkohol 


Chloroform 


bleibt farblos. |" orirbt 


Amylalkohol 
wird ponceau- 
farben gefärbt 


Chloroform 
bleibt farblos. 


Die Lösung Chloroform | Amylalkohol 
wird Ist unlöslich.| wird lachs- löst den 
braunrot. farben. Farbstoff. 


Die Lösung 
wird dunkler 
gelb. 


Fürbt Äther 
‚gelb. 


Löst sich mit 
helloranger 
Farbe, 


Ist in Chloro- 
form unlöslich,) 


wird hellorange| lenstoff? bleibt 


Schwefelkoh- 
lenstoff bleibt 
farblos 


Schwefelkoh- 
lenstoft' wird 
schwach rötlich) 
orange gefürbt.) 


Schwefelkoh- 
lenstof? wird 
schwach rötlich] 
gefärbt 


Schwefelkoh- 


farblos 


Schwefelkoh- 
lenstoft' bleibt 
farblos 


Bleibt farblos, 


Unlöslich. 


Filter blutrot 


Filtrat leicht gelb- 


hlag hell- 
orange; 
Filter farblos 


Filtrat dunkelorange;) 
Niederschlag gelb- 

lichorange; 
Filter lachsfarben. 


Filtrat farblos 
Niederschlag orange!) 
Filter farblos. 


Piltrat hellorange; 

Niederschlag braun- 
orange; 

Kilter lichtorange 
gefärbt. 


Filtrat braunrot; 

Niederschlag hell- 
orange; 

Filter fleischfarben. 


Filtrat fust farblos; 
Niederschlag orange. 


Es bilden sich 
rotviolette 
Strömcehen 


Es bilden sich 


carminrote 
Strömchen. 


Es bilden sicl 
kirschrote 
Strömchen. 


Es bilden sich 


gelbbraune 
Strömchen. 


Es bilden sich 
carıninrote 
Strömchen, 


Es bilden sich 
kirschrote 
Strömcehen. 


Das Filtrat ist 
bräunlichgelb. 


Das Filtrat ist 
vötlich orange 


"| Das Filtrat ist 


gelblich. 


Das Filtrat ist 
orangefarben. 


Das Filtrat ist 
rötlich orange. 


Das Filtrat ist 
fast farblos 


giftig. 


unschädlich, 


unschädlich 


Filtrat sckwach gelb; 
Niederschlag hell- 
orange. 


%s bilden sich 
blauviolette 
Strömchen. 


Das Filtrat ist 
gelb. 


Orange Il 1 9 
10 | Lösung 1:1000 81, 2 
Chrysophenin r 
1 Lösung 1:1000 15 2 
„ | Tropaeolin D «n) 
Mn Lösung 1:1000, 82. 
Ponceau 2R n 
13 Lösung 1:1000. dl. 
Tropaeolin 
14 000 No. 2. 
Bayer & Co. 
15 | Martiusgelb. 12. 
16 Jaune vermi- 


celles de Paris, 


I) 0,0—8,0 schwefelgelb; 
2) 9,0—12,5 farblos; 
3) 13,5 leicht gelb abgesetzt. 


Die Lösung 
wird fast 
entfärbt. 


Unlöslich. 


Filtrat schwach gelb; 
Niederschlag hell- 


orange. 


Löst sich 
Die Lösung | zum Teil Geht in 
wird [in Äther mit Dee mmieeuoh Amylalkohol 
hell orange. |eitronengelber| '" loxaform über. 
Farbe. 


Es bilden sich 
blauviolette 
Strömehen. 


Das Filtrat ist 


gelb. 


Untersuchung "Tabelle I besprochenen 


Tabelle Ill, 


Safran 
Il. | teilweise ausge- 
zogen. 


; : Mit 
Lfd Name Mit Aether - = tierischer 
5 das Feul ausgeschüttelt Chloroform Kohle 
Nr Objektes. tigk ergiebt ausgeschüttelt ausge- 
sich: ergiebt sich: schüttelt 
o/ ergiebt sich: 
Safran und Bar Rether Chloroform 
1. Flores Calendulae 9.| wird gelblich wird gelb; es| Filtrat 
(50 °%/,) gefärbt. entsteht kein | ist farblos. 
Satz. 
Bi 
/ Satz. 
7 
/ 
14 En 
Safran | Der Aether Chloroform 
g. und Beats || wird nur ganz | wird gelblich; Filtrat 
nie schwach es entsteht kein| ist farblos. 
(U /0) gefärbt. Satz. 
. 1 EEE SEEEEn "CHEN (USEEREEENE BEBERERE 
Safran > 
a a u En 
Arnicae | 5 > 5 ist farblos. 
(50 %,) gefärbt. gefärbt. 


Chloroform 


Der Aether |wird leicht gelb- . 
1Ü| wird gelblich | lich gefärbt; | . FB 
a ist farblos, 
gefärbt. es entsteht 


kein Satz. 


Filtrat 
ist farblos. 


Untersuchung der Gemische von reinem Safran mit den unter Tabelle I besprochenen 
vegetabilischen Substanzen. Tabelle II. 


Asche a Verbrauch an Titrir- j ‚ Mit 
er auf | Asche Hüssigkeit in com auf | Mit Asther Mit A 
Lid Feuch- Ge- auf S R . 50 com H,O. ausgeschüttelt | Chloroform Kohlı 
des Bee Trocken-| Kapillaranalytisches Verhalten. A ac = es 
Nr. R tigkeit | sammt- : . ergiebt ausgeschüttelt| ausge- 
\ Objektes vicht. | gewicht Kali Jaune n 
2 gewic E ' sich ergiebt sich schüttelt 
r e bichrom. | brillante i 2 
ee | /o ha | asa00o : 


Chloroform 
wird gelb; es 
entsteht kein 

Satz. 


Safran und 
1 Flores Calendulae 93 1,2 
(60 9%) 


Der Aether 
wird gelblich 
gefürbt 


3,4 com 12,3 ccm 
auf 50 ccm | auf 50 com 


WO H,O 


Filtrat 
ist farblos. 


») 3,0— 11,5 cm.lichteitronengelb; 
bei 11,5 cm. scharf braungelb 
abgesetzt. 


0— 2,0 cm orange; 


Safran und 
Carthamus 
(50%) 


4,0 ccm 40ccm | Der Aether 
auf 50 com | auf 50 ccm | wird gelblich 
H,0 H,0 gefärbt 


2) 20— 3,5 cm diffusorange 
6,8 7,5 


— 9,8 cn. eitronengelb; . 
Deo RER Nenraktaris: entsteht kein | ist farblos. 


tisch braun abgesetzt Satz 


0,— 1,5 cm orange; 
2) 1,5— 3,0 cm diffusorange; 


Safran und Filtrat 
ra 


Chloroform 
wird gelb; es | Filtrat 


3 Santelholz 8,7 79 85. [1215 2,5 cmfdikusorange; auf 50 com | auf 50 cm (wird rötlichgeib| Wird rötlich; es| En 
(50%) 3) 25 —9,5cm farblos; beid,5cm| H,O. 0 gefärbt ae kein) | (KazinnlgE 
unmerklicher Absatz. Io 
1) 0— 1,2 cm lichtorange; 
Safran 2) 12 — 2,5 cm diffusorange; Kenia 3,8 ccm Der Aether Chloroform Re 
’ und Crocus 3% 26 an —5,0cmschwacheitronen- | u s0.cem auf 50cm | \ird sehr [wirdgelblich;es] Filtrat 
vernus gel ist farblos 


H,0 H,O schwach entsteht kein 


(50%) 4) 5,0 — 10,5 cm farblos; bei ärbt Satz. 


10,5 em sehrschwach abgesetzt 


I) 0--1,5 cm lichtorange; Der Asther Chloroform 


2) 1,5 — 3,4 cm diffuslichtorange; 


Safran und 
) Allium-Schalen 
50%) 


2,8 ccm | 5,9 ccm = Er 
auf50cem | auf50 com | Wird kaum | wird gelblich;| Filtrat 
3) 3,4— 10,4 cm farblos; bei 10.4cm H,O Ho merklich gelb [es entsteht kein| ist farblos 
scharf dunkelrotbrau abgesetzt a = 


gefärbt Satz, 


0— 1,5 em dunkelorange; bei en 
0,5 cm rötlicher Absats 2,3 com | ,&cem | Der Astlıer | Chloroform 


0— 2,0 cm dunkelorange; (bei 
0,5 Absatz); 

2) 2,0 — 3,6 cm diffusorange 

3) 3,6 — 12,7 cm. farblos; 

bei 12,7 cm. charakteristischer 

dunkler Absatz, 


Safran 
und Lignum 
Campechianum 
50%) 


Der Aether Chloroform 

nimmt nur | wird gelblich; Filtrat 
Spuren gelben les entsteht kein) ist farblos 
Tarbstofis auf. Satz 


lässt sich der 
Farbe wegen nicht 
titriren. 


10,3 7,9 8,7 


6,9 com Y B- 

- und getrocknete 3) 30— 11,6 cm farblos; auf 50.cem | auf 50 ccm | "immt nur wird gelblich; j Filtrat 

Fleischfaser bei 11,6 cm charakteristischer #0 0 Spuren gelben les entsteht kein] ist farblos 
50%) c ; Farbstofts auf‘ Satz 


0,5 mm breiter bräunlicher 
Absatz 


1) 0 1,4 cm orange (bei 0,5 


schwacher Absatz); 6,4cem | 8,8ccm Ohloroform a 
2) 14— 3,5 cın diffusorange; N or wird gelblich Filtrat 
3) 35 — 11,2 cm farblos; 0 | mo Is entsteht kein] ist farblos f 
5 2 : 
bei 11,2 sehr scharf dunkel- Satz 
braunrot abgesetzt. 


Safran und 
s Flores Granati 


(50 %/,) 


0— 2,5 cm orange; 
2,5 
5, 
bei 12,8 cm scharf braungelb H,0 


abgesetzt, 


Safran 
und Stigmata 
Maidis 
(50 %,) 


Selen kikihornnge; EBloom 73cm | Der Asther | Chloroform h, 
— 12,8 cm farblos auf50 com | auf 50 cem wird nur ganz | wird gelblich Filtrat 
2 2 Mo schwach |es entsteht kein] ist farblos. 
S gefärbt. Satz 


1) 0— 3,0 em omnge; 

2) 3,0 —5,7 cm diffussorange 4,7 ccm 7,0 ccm Der Aether Chloroform 

3) 5,7 --12,7 cm farblos; auf 50 cem | auf50 ccm | wird gelblich | wird gelblich 
bei 12,7 cm atharf grau abge-| H,O H,0 gefärbt. gefärbt 
setzt; 


Safran 
und Flores 


10 72 
Arnicae 


Filtrat 
ist farblos. 


(50%) 


1) 0—1,5 cm orange; 
Safran 2) 15—3,0 cm diffusorange; s Der Aether | Chloroforn 


Chloroform 


Safran 047 m /mpnger 46cm | 54cem | Der Aether |wirdleicht gelb- 


11 teilweise ausge 10,1 64 1,7—3,1 cm diffusorange; 
3,1— 11,0 cm farblos; 


ii 
a 


Filtrat 
ist farblos, 


auf 50 ccm | auf 50 ccm | wird gelblich | lich gefärbt; 


zogen, E 
Ei bei 11,0 cm schwach abgesetzt; Ei0, 20 an a 

\ 
1) 0— 2,0 dunkelorange; | | 

Sutran 2) 20—4,2 cm hellorange 5,0 com | 8,3 cem Filtrat 
12. mit 50%, 3) 42 — 16,0 cm farblos; auf 50 com | auf 50 cem = ist farblos, © 

Cureumn bei 16,0. om schwach bräunlich | H,O. MO d 
abgesetzt. 


5) 
Chin 


Safr: Äther wird 


In mit künstlichen 


I. Tahalla 
| Satz. | braun. 


Chloroform [Filtrat grünlich- 


renweise | Pleibt farblos, gelb: Filtrat ist 
ge gefärbt, |[°* entsteht kein}Filterrückstand| gelblich. 
3 : Satz. bräunlichgelb ; 


Chloroform 
Me wird Filtrat grünlich- 
13 Perser Äther [hell orangegelb gelb: Filtrat 
bt farblos. gefärbt, Filterrückstand | gelblich. 


9) 
Brilla 


es entsteht kein| grünlichgelb; 
Satz. 


een FEED E#REEESEEESEES, EEE VERBESSERN 


Filtrat hell 


Safri Äther wird h 2 
14. 5b Each Chloroform orange; Filtrat 
Trop, efärbt bleibt farblos. [Filterrückstand | fast farblos. 
000 orange; 


BB © BE 0), 10, 0772 Br 
| 


Safr 
115% 5 
Marti 


Safra 
16. J: 


| ver 


‚At Ohlasar Filtrat gelb; 
er er oroform R % 
F lt E kst d { -r3 } i 
Bi Behlosslbleiht Grblesah > errückstand | Filtrat gelb 
dunkelorange. 


Chloroform | Filtrat gelb; 
sehr schwach | Filterrückstand| Filtrat gelb. 


gefärbt. dunkelorange; 


er Äther 
bt farblos. 


u. En 


Untersuchungen von Gemischen des reinen Safrans mit künstlichen 
Farbstoffen der Tabelle II, Tabelle IV. 


Verbrauch an Titrier- 


Mit Sublimat [Mit tierischer 


Hüssigeit : 
Name R - Mit Äther |Mit Chloroform! q Kohle aus- 
Lrd Mikroskopischer Kapillaranalytischen in com auf 50 com H,O und KOH ER - 
” geschüttelt 
las A B. ausgeschüttelt | ansgeschüttolt | geschüttelt | ® 
Nr Befund Verhalten Kali bichro-)  Jaune ee 
Objektes mioum brillant | ergiebt sich: | ergiebt sich: |" Solar! sofortfiltriert 
1:10 121000 ergiebt sich? | ergiebt sich: 


1) 0— 20 om orange 
cm diffasorange; 

— 5,5 cm schwachgelblich 
4) 55 — 14,5 cm farblos 

bei 14,5 era charakteristisch 
gelbbrauner Absatz 


Bei Reaktion mit H,SO, 

Safran und bildet der Safran 

ı 5% blaue Strömchen, während 

Chrysophenin | Chrysophenin kirschrote 
Strömcheu bildet 


Der Ather „ Ohleroform 
wird schwach | Plelbt farblos, 


n s ontatelitkein 
gelb gefärbt | 5 entat 
3 B Sata 


ccm | 9,5 com 


Filtrat ist 
gelblich 


auf 50 com | auf 50 com 


Ho H,O 


1) 0— 2,5 cm orange; 

2) 25—5,0 cm diffusorange 41 ccm 

3) 5,0 — 13,3 cm schwacheitronen-| auf 50 cem | auf 50 com 
gelb; bei 13,3 cm sehr stark H,0 Mo 
eitronengelb abgesetat 


Chloroforın 
bleit Farblos, 
os entstehtkein 
Satz 


A so 
Safran und | Auf Zusatz von H,O, 
3 = bildet Safran blaue 29,0 
= N Metanilgelb braunorange | ” 


Motanilgell, 
2 gefärbte Strömchen 


Dor Äther 
wird schwach 
golh goflirht 


7,2 com 


Filtrat ial 
lichtgelh 


1) 0— 20 cm orauge 

—4,7 cm diffusorange 

3) 47 — 14,5 cm sehr achwach 
orange gefärbt H,O 1:60) 
bei 14,5scharf orange abgesetzt 


Chloroform 
bleibt fast farb- 
los, os entsteht 

kein Satz 


Satran und | Auf Zusatz von H,80, 
bildet Safran blaus, 
Dinitropnrakresol gelbe 


Filtrat ist 
grünlichgolh 


Der Äther 
wirdstark gelb 


3,5 ccm 6,0 ccm 


auf 50 ccm | auf 50 com Filtrat ist 


bräunlichgells 


Dinitropara- 
kresol 


opalisierend 
Strömehen 


0—0,7 cm rotorange bei 
0,7 em 3 mm breiter, stark 


Filtrat 


Auf Zusatz von H,S0, Chloro m st grünlichgelb 
Safran und an rötlichorangegefärbterAbsatz;| 54 com | 8,0 com | Der Äther BIDEOKDEMEN | uEReüniehzel Filtrat 
bildet Safran blaue, 3). 0,7 22cm gelborang : bleibt farblos, | opalisierend 
R 50 59 | ® ; auf 50 ecm | nuf 50: com |wirdnurspuren- f jetbräunlich- 
a Benzo-Orange violette 3) 42 —4,5cm dillusgelborange az > Keine vehkahe [#sontstehtkein | Filterrückstand 
Ux Drang Strömchen 4) 45— 16,3 em farblos : : - Satz isthell bräun gelb 
bei 15,3’ em schwach rötlich- 


orange gefärbter Absat lich-gelb 


1,7 cm orange; 
—4,5 cm difusorange 


Auf Zusatz von H, 50, 


Chloroform 


Safran und bildet Safran blaue Die Titrir- | 20,9 cem | Der Äther 2 a Filtrat ist 
5 307 Strömchen, 275 an lemrotesenge hel);| Anesigkeit | auf 50 cem |wirdnurspuren Diebe Beben, a ara 
Tropasolin D | Tropaeolin D. gelbbraune eu ecblon ist zu hell H,0 weise gofärbe | ®Senteteht’koin | orang farbig, 
’ 14,7 licht gelbbraun nb- Satz 
Strömchen 
tat; 
ein braunorange 
4,9 cm diffusbraunorange; 3 
£ r s OMSreToErn Filtrat 
Safran und‘ | Auf Zusatz von Hz SO, 49 —84 em poncaaurote Zone | läfst sich der rötlichen | Der Äther | Cbhlorotor, ev BETEN 
e bildet Safran blaue, i Ans n bleibt, farblos, [iStgrünlichgelb 
B 307 5 246 | 4) 84— 12,0 cm schwach rötlich Farbe wird schwach | P) ek |Filterrückstand | ist rötlich- 
Poncen 2 R| „ Een " fast farblos wegen nicht titrieren | rötlichgoib. | ©® @ntstehtkein In orange 
EN BERISULN bei 12,0 stark rotbraun ab. z 


gesetzt. 


Auf Zusatz von H,SO 
N bildet Safran blaue, 

’ > 18 salpetersaures Chrysoidin 
salpetorsaures | Gitronengelbe Strömchen 


Chrysoidin 
IL 


1) 0— 1,0. cm orange; 
104; 
9) 42 — 5,4 cm schwach gelblich;] auf 50 ccm | auf 50 com 
54— 14,9 cm farblos Ho Mo 

bei 14,9schwach gelb abgesetzt; 


Safran und Chloroforın Filtrat 


Der Äther Bi 
wird stark gelb | Wird dunkel- jistgrünlichgelb;] Filtrat ist 


Hofkeht stehtfFilterrückstand | grünlichgelb. 
kein Satz. | ist hellbraun 


m diffuslichtorange;| 5,1 ccm 3 ccm 


gelb,es en! 


0—0,5 cm orange; bei O,cm 


N erh) dunkler Absatz; 
Auf Zusatz von H»S0, 2,0 em lichterorange 


h 5 bildet nn 33,0 | 3) 20 —43 om diffuslichtorange 
urcumin rötlich violette N 4,3— 12,2 cm farblos; 


Cureumin BEREeR 
Strömehen bei 13,2 cm schwach lichtbraun 


abgesetzt; 


Auf Zusatz von H,50, 1) 0— 10 cm stark gelborange 


2) 10— 2,0 cm lichter-citronen 


Chloroform 
63 com |DeräÄtherwird| bleibt fast 

m | nut 50 com |nurspurenweisel farblos 
H,0 gefärbt. usentsti 

Satz, 


Safran und 
5, 5% 


Filtrat ist 
bräunlichgelb 


Chloroform | Filtrat leicht 


Safran und bildet 21 com | 5,8 com Der Ätbeı 2 2 
a IE)R Safran blaue/Strömchen, | 27,0. zb le BE Fe bleibt farblos, 5 St ı ua 
Auramin 0, |Auramin giebt rotvioletten 1),2,0 —3,Bomgelborange(Diflus) 1:0) mo [os entsteht keinjFiltorrückstand| hellgel 
Niederschlag. 4) 38— 13,0 cm farblos; = 2 Satz eitronongelb, 


bei 13,0cm lichtgelb abgesotzt 


rotorange; 
4,3 cm diffusrotorange 
3)43—6,0 em rötlich fleisch. 


Chloroloform | Filtrat rötlich- 


bleibt farblos, 


Auf Zusatz von H,S0, 


bildet Safran blaue, Der Äther wird 


Safran und 


Filtrat ist 


orange 


10 v9 20,4 farben ) com | auf 50 com | »purenweise 
Orange II zeugeNT 4) 00— 13,0 cm farblos :) H,O | rötlich gefürbe. | entsteht kuin|Filtorrickstand |rötlichorang 
carminrote Strömchen a 5 5 Satz grünlichgelb 
rötlichbraun al- 


gesetzt; 


Auf Zusatz von H,SO, 1), 0—1,0/am gelborange Chloroform [Filtrat grünlich- 
Safran und bildet Safran 2) 110—3,0 cm diflusgelborange 18ccem | 34 ccm |DerAtherwird| bleibt fast gelh a r 
u 5% blaue Strömchon, die sofort | 21,0 | ) #0 11,8 cm leicht eitronen- | ur 50 com auf 50 com stark farblos, |Filterrückstand| Filtrat ist 
Picriasture _ | durch Pikrinsäure In violett gelh 1:0) Ho gelb. gefärbt |os entsteht kein{ chokolnden- | Brünlichgelb 
An bei 11,8/cm stärker eitronen- Satz a, \ 


gelb und scharf abgesetat 


0—18 cm gelborange; 


2, Auf Zusatz von H,SO, 2) 18 — 3,5 cm dillusgelborange = Chloroform [Filtrat grünlich-} 
ns rn Bus bildet Safran blaue, 123 |9 35— 40 cm eitronengolb En en e Ben Dann. bleibt farblos, gelb Tiltrat ist 
an no un | nolingelb dunkel orange| "| 4) 40 - 114 cm farblos: er EG en  jes entsteht keinfFilterrückstand| gelblich 
HEN gefärbte Strömehen bei 11,4 cm scharf bräunlich 2 « Oränge gefärb Satz, bräunlichgell 


abgesetzt; 


0—0,8 em dunkelorange; boi 
0,8 dunkler Absatz; 


‚Chloroform 


Safran und Amann a Po 2) 08—9,2 cm orange; 99 ccm wird ATERBN| .., 
18, 5% Brillantgelb ee 23,4 92—42 cm diffusorange; Au/60 eh Der Aus heil orangssell| a eb: Ze ale 
i 2 bleibt farblos. ‚gefärbt, Filterrückatan. ‚gelblich. 
en, kan a: er) - jes entsteht kein| grünlichgelb 


bei 11,8 cm scharf braungelb 


abgesetzt; Satz 


1) 0— 1,2 cm lichtorange; 
2) 1245 om diffusorange; 


Auf Zusatz von H,SO, 
bildet Safran blaue, 


Filtrat hell 


Dor Äther wird Ei 


4 2 3) 45— 10,2 cm lachsfarben; 10 ecı 1, $ Chloroform orange; 
Tropaeolin An rese Hl u Far dıseul dab Behnrach bleibt farblos, |Filterrückstand| fast farblos. 
kirschrote Strömohen. Br 2 En gefärbt, orange; 


dann leicht gelb abgesetzt: 


1) 0—1,3 em orange; 
2) 13— 32 cm diflusorango: 
39) 22— 10,3 cm eitronengelb; 
4) 103— 144 om farblos, dann 
hellgelb abgesotet: 


Safran und 
5% 


Martiusgollı 


Filtrat gelb; 


Chloroform |; 
[Füterrückstand| Filtrat gelb, 
bleibt farblos. | Zunkslorange 


Auf Zusatz von H,SO, 
bilden sich keine andern als 
blauviolotte Strömchen. 


Der Äther 


4.0 com 10,5 
SER Thteibt farblos 


1) 0— 1,5 orange; 
2) 15—24 cn diffusorange: 

4) 24— 10,2 cm eitronengelb; 
4) 102 —14,4 cm farblos, dann 
gelb abgesetzt; 


DE 


Filtrat gelb; 
Filterrückstand| Filtrat gelb. 
dunkelorange; 


Chloroform 
schr schwach 


gefärbt. 


Auf Zusatz von H,50, 
nur blaue Strömehen 


16 Der Äther 


bleibt farblos. 


vermicelles 


DB 


Untersuchungen von Handelssafran. 


Tabelle V., 


gelb gefärbt.| kein Satz. 


bei 12,6 cm schwach 


” = B= Verbrauch an Titrir- Mit 
© = E = E a ı: Mit Ätker Mit tierischer 
£ S Sa 7 r 5 i auf?! 
Lfd. 38 Mikroskopischer 2 @ 2llo &p Kapillaranalytisches na > nn Eu ausgeschüt-] Chloroform Be Mikrochemische 
es R=| =ul750o . . N a; geschütte 
Nr. Objectes Betund. 5 a E E S Verhalten. Kalibichro- | A telt ergiebt | ausgeschüttelt und sofort Reaktion. 
i D 5 micum | brillante ich: reiebt sich: Alu 
= & & TO 00 1 ao filtriert 
Io E9R com ccm ergiebt sich: 
= = m — ——————— > —— nn 
5 1) 0 — 2,0 cm dunkelorange ;| | | 
S Sa 2) 2,0 —4,0 cm diffusorange| 45 ccm | 15,0 cem Fi; ß 
1 | Safran. Paar = ar, & 5 7,4 | 82 |3)4,0—10,9cm farblos; auf 50 cem | auf 50 ccm = = iltrat ist a 
a ee bei 10,9 cm leicht bräun- H,0 | H,0 farblos, 
Sanzen? lich abgesetzt. | 
Gemisch von 1) 0 —0,6 cm rötlich; Der Äther | Chloroform Mit H,SO, wird 
9 Saf Safran, Saflor, 9 o 12)0,6 — 11,7 cm eitronen- wird braun-| wird dunkel | Filtrat ist | -. EL 
2 afran. 10,2 9,4 | 10,2 £ in & 7 die Substanz nur 
Santelholz und gelb: bei 11,7 cm scharf gelb ge- | gefärbt, esent-| farblos. gebräunt 
Ringelblume. bräunlich abgesetzt. färbt. steht kein Satz. j 
Re: stehe | en Chlorof Mit H,SO, wird 
£ Gemisch von 2) gen! a 1,3 com | 4,6 ccm SE : Due a ae Fi ‚ die Hauptmasse 
B Safra- Santelhols und 2) 0,6 za 10,1 cm ISIS one 50) aan | om? 5 ao Mi: H wir ee es a ist gebräunt, es ent- 
none. el gelb; bei 10,1 em. bräun- H,0 | H,0 sc Nee entstehtBoden-| farblos. | then nur wenig 
lich abgesetzt. | lich gefärbt. satz. hiauel Strömeher 
1)0 — 2,4cm dunkelorange; 
2) 2,4 — 3,4 cm diffusorange; Der Ather | Chloroform Mit H,SO, bilden 
4 | Safran Safran vermischt 102 5.4 64 3) 3,+ -—- 4,4 cmeitronengelb; wird kaum | bleibt farblos, | Filtrat ist |sich schwach röt- 
; “ | mit Carthamus. | i “ 14)4,4 — 12,3 cm farblos; merklich | es entsteht farblos. lichgelbe 
bei 12,3 cm schwach gelb gefärbt| kein Satz. Strömchen. 
bräunlich abgesetzt. 
| 1) 0 — 2,1 cm dunkelorange:; | A 
Safran vermischt 2) 2,1 — zu er ang; 6,9 ccm | 13.2 ccm 4 meh en Filtrat ist 
5 Safran. mit sehr viel 9,4 8,2 9,8 3) I en en auf 50 cem | auf 50 cem | W"" a e 2 Aa R A sa = 
een 4) 5,7 — 12,6 cm farblos; H,0 | H,0 merklich | es entsteht arblos. 
| 


bräunlich abgesetzt. | 
| 


a en m NETT NT N TR EEE TINTE THREE Tre Du JE BE Er nn ITS TEL DOSSmEEr Se er. Or TESRETGEEN RP SET TeT 1m a er NER Tora SEE EEE BEST Er En en Ir 20 rer 
A = R= Verbrauch an Titrir- Mit 
= Gears) a 2) fü . k it E “ E ti . h 
5 j=2|3 = j Bere] ei mo Mit Äther Mit ierischer 
Ita, | Name Mikroskopischer le & Kapillaranalytisches |” m au aan Zain Bus senchul? MR ORIor For Kohle aus- | Mikrochemische 
des 3 |dsla A. B. . r eschüttelt 
Nr. IHpiectes Befund. 3 E 5 E a Verhalten. Kali bichro- Jaune telt ergiebt| ausgeschüttelt Sr sofort Reaktion. 
J i e © 2 wirterzhen brillant sich: ergiebt sich: filtriert 
a 1:10 .| 1:1000 1 5 
._ n lo /o /o _— com ee _ ergiebt sich: 
1)0—0,5 cm rötlich; 
3 Nur Carthamus n » ]2) 0,5 — 11,8 cm eitronen- | Filtrat ist 
6 | Safran. 7,6 s,1 9,3 A _ - | — —_ _ 
Ph und Santelholz gelb; bei 11,8 cm stark | farblos. 
citronengelb abgesetzt. | 
1)0 — 2,1 cm dunkelorange: 
2)2,1—3,5cmdiffusorange;]| 43 cem | 9,5 ccm Der Äther Fi . , |Mit H,SO, bilden 
Y Safran. Rein. 85 6,1 3) 3,5 — 10,9 cm farblos; auf 50 ecm | auf 50 ccm | bleibt fast Atmat Int sich blaue 


bei 10,9:om gelblich ab- nz 


gesetzt. 


H,0 H,0 ungefärbt. Strömchen. 


..,.., |Mit 3,80, bilden 
Filtrat ist sich blaue 
farblos. Strömchen. 


1) 0—2,4 cm dunkelorange; 


Der Äther 


2) 2—3,5 cm diffusorange; 4,3 ccm 95 cem ird k 
6,1 |3) 3,5—10,8cm farblos: auf 50 ccm | auf 50 ccm WarE vr 
bei 10,8 cm gelblich d-| EMO | 1,0 gelblich ge- 


gesetzt. hau 


| F 1 
| 
none. 


1) 0—0,5 cm rötlich; 
2) 0,5—1,3 cm schmutzigrot; 
4,9 13)1,3—13,4 cm farblos; 
| bei 13,4 cm schwach 
| bräunlich abgesetzt. 


Der Äther 
wird röt- 
lich gelb 

gefärbt. 


Besteht nur aus 
Santelholz. 


Filtrat ist 
farblos. 


1)0—1,1 cm dunkelorange; 
2) 1,1—2,0 cm diftusorange; 


49 ccm | 15,5 ccm | Der Äther Chloroform 


10 | Safran. Rein. 7,4 |3) 2,0—10,0 cm farblos; aul 50 cem | auf 50 ccm | wird gelb- ie zug en ie = 
bei 10,0 cm sehrschwch| H,O | H,0 [lichgefärbt.| "rt. es en u 
abgesetzt. | steht kein Satz. 
1) 0—0,7cm schmutzigbraun! 
Gemisch von 2) 0,7—1,6 cm diffus- Der Äther 


Safran, Ringel- schmutzigbraun ; 2,9 ccm 14,4 ccm wird Chloroform R h 
11 | Safran. |blume und fremd-| 14,9 | 6,4 | 7,9 |3)1,6—2,8 cm rötlich; auf 50 ccm [auf 50 com| schwach |Meibtfastfarb-| Filtrat ist au 
artigen Mineral- 4) 2,8—10,0 cm eitronengelb; OB Bro gelblich ge- los, es entsteht farblos. 
substanzen. bei 10,0 cm schwach färbt. al Satz 


bräunlich abgesetzt. 


DD 


F E 3 Verbrauch an Titrir- Mit 
2 12:38 ek Mit Äther Mit tierischer 
Lfd. Alan Mikroscopischer > ewölle & Kapillaranalytisches |“ ar zu “ or Eh ausgeschüt-| Chloroform Kohle aus- | Mikrochemische 
des SE . . 3 eschüttelt 
Ne ln. Befund, s |25|3= Verhalten. Kalibichro-| Jaune |telt ergiebt| ausgeschüttelt | ® We Reakuoh 
Objectes. > I|<oal<3 : | Brill } 2 ' und sofort 
: Ei o = ne || Bein sich: ergiebt sich: ee 
(do) =) 1:10 1: 1000 
% Yo %o = E a com | cem ergiebt sich! 
j | : - Filtrat ist h 
1 a h | h . e 4 
Gemisc Auen 1)0--0,7 cm rötlich: e gel blich Be 
Saflor, Ringel- ne. re: 0,1 ccm 1,2 cem weist das 
12 | Sera (plume und Santel-| 102 | 67 | 75 19 55 eiche ah, [auf 30 com auf 50 ccm] — = Vorhanden- == 
none. | Holz (gefärbt mit : A en er hr H,0 | #0 sein eines 
Anilinfarbstoff). SenzU: | fremden 
Farbstoffes. 
1)0—1,5 cm lichtorange ; 
2) 1,5-—3,5 cm diffuslicht- 
Gemenge von orange; 2,9 ccm; | 14,4 ccm s ’ 
13 Bautae Carthamus und | 10,2 | 5,1 6,3 |3) 3,5—5,7 em eitronengelb;| auf 50 ccm | auf 50 ccm Filtrat ist — 
Safran. 4) 5,7—14,6 cm farblos; H,0 H,0 farhlos. 
bei 14,6 cm bräunlich ab- 
gesetzt. 
se 1)0—13 cm stark licht- " Chloroform 
Ser von braungelb: 42 com | 11,6 ccm | a E wird schwach| _., ... |Mit H,S0, bilden 
14 g ee Are 2) 13—14,0 em farblos; auf 50 ccm | auf 50 cem En Se \ gelb gefärbt, | Et as sich gelbe 
atlorsumd ‚Baege- 97%, in HOl bei 14,0 cm scharf licht- H,0 H,0 8° Rah es entsteht KRLTh Strömchen. 
an braun abgesetzt. ne kein Satz. 
ER cm re iso Aller | 
Safran mit nur el cm En 3,1 cem 9,5 ccm wird Chloroform Fi] . Mit H,SO, bilden 
15 | Safran. | Spuren von Saflor 5) N ER Ed \ auf 50 ccm | auf 50 cem| schwach USE a „> sich blaue 
und Ringelblume. Or eher EHINGEN H,0 2 lsaukanas|| SS een Strömchen. 
cei 14,3 schwach braun ä 5 Ä kein Satz. 
. färbt. 
abgesetzt, 
De Se: 8 Der Äther Chloroform 
Saf rw Su IR foranee; 3,0 ccm 6,1 cem wird wird stark ge- a . . |Mit H,SO, bilden 
16 | Safran. a, ee 11,4 2) 8:32 =8,9 0m) Ben: auf 50 cem | auf 50 cem| schwach färbt, es ent- a es sich blaue 
mit viel Saflor. ac 4)8,5—13.4 cm farblos; H,0 H,0 gelblich ge-| steht ein Arge: Strömchen. 
En bei 13,4 cm sehr schwach färbt. schwacher Satz. 
unlöslich abgesetzt. 
Dt, dunkel e | Der Äth 
Mineralische Sub- ) 2 Be: re = = gr Chloroform 
ER 2) 1,3—2,8 cm lichtorange: 1,9 ccm 7,6 cem wird sehr hellen ne 
17 | Safran. sbanzen ‚> | 122 | 14,1 |3)2,8—12,5 cm farblos; auf 50 ccm | auf 50 cem| schwach ya ” e Br a = Ei _ 
gemeng ips- Ä : H,0 Iblich ge |gefärbt, es en arblos. 
und Zuckerzusatz). 31,6%, inHCl ben 12,5 eo neh Tohayaeh 230 r Be steht kein Satz. 
abgesetzt. färbt. 


unlöslich 


= = Verbrauch an Titrir- Mit 
3 E E E = ie 0 Mit Äther Mit tierischer 
Lfd. ar Mikroskopischer b = 5, 2 & Kapillaranalytisches — En au rn 2" | ausgeschüt-| Chloroform Bi We Mikrochemische 
e8 a ed ; & 3 i geschütte 
Nee oprecten Befund. e E E E = Verhalten. Kali bichro- Jaune telt ergiebt| ausgeschüttet | ‚nd sofort Reaktion. 
2 | & & & ot nn sich: ergiebt sich: Altreet 
% 9%, %, com cen ergiebt sich: 
1) 0—2,2 dunkelorange; 
5 2924 ee: 3,0 ccm 84 com |Der Aether Filtrat 
18. | Safran Rein. 8,0 6,6 Talea: { > "lauf 50 cem, auf 50 ccm wird kaum — : ak 
3,0—14,8 farblos; be i 
n en, KEao: H,0. gefärbt. alanblos 


14,8 leicht abgesetzt. 


14,0 6,3 1,4 


9,4 - 7,5 


10,5 


gesetzt. 


Safran mit nur 
19. | Safran Spuren 
von Saflor. 
i 
Unter Paraffinöl 
sehr verschieden 
21. | Safran gefärbte 
Fragmente (aus- 
gezogen? 
22. | Safran Safran mit ca. 
10%, Saflor. 


Stark gemengt mit 
Saflor, Santelholz 
und Ringelblume. 


telholz); 


abgesetzt. 


(0,5 Absatz); 


14,6 4,7 5,7 


Im polarisirten 
23. | Safran Licht-Krystalle 

sichtbar, enthält 

Zucker und Gips. 


1)0—1,5 em dunkelorange; 
2) 1,5—3,3 em lichtorange; 
3) 3,3—12,8 cm. farblos; 

bei 12,8 schwach gelb ab- 


1) 0—0,8 cm rote Zone (San- 


2) 0,5—12.2 cm helleitronen- 
gelb; bei 12,5 em scharf 


'1)0—0,5 cm dunkelorange 


2) 0,5—1,1 cm dunkelorange; 
3)1,1—2,3 cm diffusorange; 
4) 1,3—12,4 cm farblos; bei 
12,4cmschwach abgesetzt; 


1) 0—0.5 cm dunkelorange 
(schwacher Absatz); 

2) 0,5—1,0 cm dunkelorange; 

3) 1,0—2,7 cm lichtorange; 

4)2,7—13,4 cm farblos; bei 

13,4 schwach abgesetzt; 


1)0—1,0 cm dunkelorange; 
2) 1.0—2,5 em lichtorange; 

135 | 8,7 | 10,0 |3) 2,5—7,5 cm lichtgelb; 
31 4) 7,5—12,0 cm farblos; bei more 
unlöslich in 12,0 merklich abgesetzt, 


3,0 ccm 
auf 50 cem 
H;0 


0,2 ccm | 


auf 50 ccm | 


H3;0 


1,52 ccm 
auf 50 cem 
H,0 


1,52 ccm 
auf 50 ccm 


H,0 


3,1 ccm 


anf 50 cem 


3,4 ccm 
auf 50 ccm 
H,0 


0,8 ccm 
auf 50 cem 
H3;0 


6,5 ccm 
auf 50 ccm 
H;0 


6,5 cem 
auf 50 ccm 


H,0 


9,5 ccm 
auf 50 cem 
H,0 


Der Äther 
wird 
ziemlich 


Der Äther 
wird 
gelbbraun 
gefärbt. 


Der Äther 
wird kaum 
merklich 


Der Äther 
wird 
schwach 
gelblich 
gefärbt. 


Der Äther 
wird kaum 
merklich 
gefärbt. 


gelb gefärbt. 


Chloroform 
wird bellgelb Filtrat ist 
gefärbt, farbl 
es entsteht kein AUSH 
Satz. 


Chlorotorm 
wird stark 
gefärbt, 
es entsteht kein 
Satz. 


Filtrat ist 
farblos. 


Filtrat ist 
farblos. 


Chloroform 
bleibt fast farb 
os, es entsteh 
kein Satz. 


Filtrat ist 
farblos. 


Filtrat ist 
farblos. 


Mit H, SO, 
bilden sich blaue 
Strömchen. 


Mit H, SO, 
wird die Substanz 
gebräunt es ent- 


stehen nur verein- 


zelt blaue 
Strömchen. 


Mit H, SO, 
bilden sich blaue 
Strömchen. 


SEll be ie e= Verbrauch an Titrir- Mit 
Name g 3 ® 3 ® a en no Mit Äther Mit tierischer 
Lfd. N Mikroskopischer | ®o |. & E & Kapillaranalytisches S ? |ausgeschüt-| Chloroform = Mikrochemische 
= |he 5 € e 9 s 2 2 eschüttelt 
Nr. |Ohjectes. Befund. B E 5 32 Verhalten. Kali bichro- ze telt ergiebt | ausgeschüttelt En ee Reaktion, 
© micum rillan ich: i ‘che Be 
& B: B= em sich: ergiebt sich: filtrirt 
/o /o lo em | cem ergiebt sich: 
— = 
=) =D Sn 5,8 cem | 16,5 ccm | Der Äther Chloroform Fil ar Mit H, SO, 
24. | Safran Rein 12,8 7,9 8,7 a en En £ ee. auf 50 cem | auf 50 cem | wird gelb- bleibt farblos, En u bilden sich blaue 
a ee | H,O H,O \Tich'gefärbt, palonkatehl Bein ualzhine: Strömehen. 
10,6 schwach abgesesetzt. S Satz. 
1) 0—0,7 cm schmutzig- 
orange; | Der Äther | Chloroform 
h 2) 0,7—2,0 cm diffus schmut-| 1,3 cem | 12,6 ccm wird bleibt fast 
{ Safran stark mit 0 DR : | i i 
25. | Safran En en 12,3 zigbräunlick: auf 50 ccm | auf 50 cem | schwach farblos, es sat - 
17 3) 2,0—12,1 cm farblos; H,0 H,0 gelblich les entsteht kein — 
bei 12,1 scharf bräunlich gefärbt. Satz. 
abgesetzt. 
1)0—1,3 cm dunkelorange;| 46 ccm 15.5 ccm’ | Per Äther 
26. | Safran Rein. 13,4 A) VE eiinsostusg) auf 50 cem | auf 50 cem wird Lenisa DL -- 2 
3)2,5—10,2 cm farblos; bei H,0 | H.0 merklich farblos. 
10,2 schwach abgesetzt. R r gefärbt. 
R Der Äther 
2) N Ber ) 4,6 ccm 15,5 ccm wird Filtzat ist Mit H, SO, 
27. | Safran 12,0] 681] 73 5 en Pe 5 ER Br; auf 50 cem | auf 50 ccm | schwach A ERTOS bilden sich blaue 
Te el Io: |". E50 gelblich Strömchen. 
10,4 schwach abgesetzt. z | = n 
| gefärbt. 
1) 0—1,4 cm lichtorange: 
9 5) BB 
2) 1,4—2,8 cm diffuslicht- 05 9 
En Safı e s ‚> cem 1,2 ccm f N 
28. Safran Sun 10,5 TER, Sranss; } auf 50 cem | auf 50 cem Filtrat ist — 
Carthamus. 3) 2,8—5,0 cm ceitronengelb; farblos. 
; ; 2 H,0 | H50 
4) 5,0—13,5 cm farblos; bei | 3 
13,5 cm leicht abgesetzt. 
1) 0—1,0 cm lichtorange; bei 
0,5 em rötlich abgesetzt; p Ä 
R Arch } ’| 4,6 ccm 15,5 ccem | Der Ather : 5 
Safran mit viel s 6) iffuslicht- 2 2 trat ist 
29. | Safran EN 10,2 6,4 4,3 2.0 a en. diffuslicht auf 50 ccm | auf 50 cem | wird rötlich — Fer 
ö orange, H,0 | H,0 gefärbt. i 


3) 2,0—10,5 cm farblos; bei 
10,5cm gelblich abgesetzt. 


368 


Te een nn nn „SS [Sen Se Sn 0 ne 2200 1 ee, EEEEEESSSSE 


5 R=) Verbrauch an Titrir- Mit 
BE Een flüssigkeit 1,0] Mit Äther Mit tierischer 
® 8 Ken : i ; 4 i 
Lfd. Dans Mikroskopischer | "&% len & Kapillaranalytisches m en anzu ir 2 ausgeschüt-| Chloroform er aus- | Mikrochemische 
des = IS#£l-a . R x geschüttelt 
Nr d Befund. Ss 2 = ER Verhalten. Kalibichro-), Jaune telt ergiebt | ausgeschüttelt 2 Reaktion 
"]Objestes. 5 |<21<5 micum brillant he : oh. 
© ia) sich: ergiebt sich: EIETIER 
Fi 1@) = 110 1: 1000 N 5 
% % % cem cem ergiebt sich ! 


102,3, em ‚dunkelorange, 35 ccm | 10,2 ccm | Der Äther z & 
Filtrat ist 


) SE m Ft auf 50 cem | auf 50 cem bleibt — farbl == 
3) 4,2—10,6 cm farblos; bei H,0 H,0 Farhlon arblos. 


10,6cm schwach abgesetzt: 


1)0—2,3 cm dunkelorange; 

2) 2,3—3,5 cm diffusorange:; 

31. | Safran Safcan NZELE> 10,5 7,5 13) 3,5—5,5 cm eitronengelb; 

miigeufior 4)5,5—10,7 cm farblos; bei 

10,7cmschwach abgesetzt. 

39, Safran mit Saflor 111 5,3 

gemengt. 

Satran mit 

33. | Safran Calendula 9,8 7,2 81 
vermischt. 


Rein, enthält 
30. | Safran ziemlicch viele | 10,3 D,2 6,1 
helle Partikeln. 


Der Äther 


7,8 ccm 12,0 ccm ird Hilkae ieh 
auf 59 ccm | auf 50 cem Nz Tab as = 
H,0 H0 unmerklich farblos. 
. gefärbt. 


1)0—2,3 cm dunkelorange:; 
2) 2,3—3,4 cm diffusorange;| 9,2 cem 13,3 ccm 
3) 3,4—5,7 cm eitronengelb;| auf 50 cem | auf 50 ccm r 
4)5,7—11,8 cm farblos: bill H,O Io ann rel 
11,8cemschwach abgesetzt. gefärbt. 


Der Äther 
wird 


Filtrat ist 
farblos. 


1)0—1,5 cm dunkelorange; Der Äther 


2) 1,5—3,8 cm diffusorange;| 3,7 ccm 11,0 ccm wird Filtrat ist 

3) 3,8—11,9emlichteitronen-| auf 50 cem | auf50 ccm | schwach een —_ 
gelb: bei 11,9 cm stark H;0 H,0 gelblich } 
braungelb abgesetzt. gefärbt. 


1)0—2,5 cm stark orange: 
bei 0,5 em schwacher Ab- Der Äther | Chloroform : 3 
Safran, Saflor, satz; 12,5 cem 13,3 ccm wird wird schwach H a Mit H, SO, 
34. | Safran | Ringelblume und 2 82 |2)2,5—6,4 cm diffusorange;| auf 50 ccm | auf 50 ccm schwach gefärbt, en En ist | entstehen blaue 
Campecheholz. 3) 6,4—11,1cm citronengelb; H,0 H,0 gelblich les entsteht kein AEIMDER Bl 
bei 11,1 cm scharf dunkel- gefärbt. Satz. Smmömekmn 
braun abgesetzt. 
1) 0—1,5 cm lichtorange; bei 
0,5 cm schwacher Absatz; Der Äther | Chloroform Mit H,$0, 
" SafrannSaflor 2) 1,5—2,4 cm diffuslicht- 1,8 ccm 3,3 com wird wird schwach Filtrat ist hi denen blaue 
35. | Safran  Binesikine 102 | 6,9 | 7,5 orange; auf 50 ccm | auf 40 cem | schwach gefärbt, farb Sir in Teil 
“ ö 3) 2,4—6,3 em citronengelb H,0 H,0 gelblich [es entsteht kein EAN en Ren 
4. 6,3—9,8 cm farblos; bei9,8 gefärbt. Satz. wird nur ge 


cm lichtbraun abgesetzt. 


369 


i BE B=) Verbrauch an Titrir- Mit 
b= 5 E E E h flüssigkeit Mit Äther Mit tierischer 
Lfd. Pr Mikroskopischer & < le 2 Kapillaranalytisches |” er auf 2 m (0) ER HRhat | Ghibrakorhn Tale ine Mikrochonteunt 
- - el . R E73 
Nr. Be. Befund. < E E Er Verhalten. Kali bichro- Jaune telt ergiebt| ausgeschüttelt Re Reaktion. 
& 5 is = 1g° an sich: ergiebt sich: | filtriert 
% % % com com ergiebt sich! 
and eu | Om 1,00, vd 
Zu J 2,3 ccm 4,1 ccm der Ather bleibt ß ; die Hauptmasse 
36 Safran | Safran und Saflor.| 10,3 6,7 7,4 orange, auf 50 ccm | auf 50 ccm bleibt tast farblos; Bilteaesiet gebräunt, es ent- 
3) 55—11,0 cm schwach- H;0 H,0 farblos les entsteht kein farblos. teh i 
5 2 2 stehen nur wenig 
gelb; bei 11,0 cm scharf SR blaue Serie 
lichtbraun abgesetzt. | 
| 
1) 0—3,4 cm dunkelorange; 3 
2) 3,4—5,3 cm diffusorange; h Chloroform Mit H,S0, ent- 
i 3) 5,3—6,8 cm eitronengelb;] 1,8 ccm 3,3 cem der Ather wird schwach |_. ; stehen nur 
37 | Safran Safran, Saflor und 7,3 | 8,1 [4) 6,8—-9,4 cm schwach- |auf 50 ccm | auf 50 ccm wird u gefärbt, Hültent bleib schwache blaue 
Ringelblumen. galblich: Bo o lich stark os entsteht kein] arblos. Strömchen, 
bei 9,4 cm scharf hell- gelb gefärbt)’ Satz. die Hauptmmnsng 
braun abgesetzt. wird gebräunt. 
a ua | rorstem 
ui : 5,1 ccm 7,1 ccm der Äther bleibt 4 ; 
38 | Safran Rein. 45 | 5,6 RUSS: auf 50 ccm | auf 50 ccm | bleibt fast | fast farblos: Sulzer u en 
3) 6,0—9,4 cm farblos; H,0 0 ferblos farblos. 
bei 9,4 cm sehr licht- S 
bräunlich abgesetzt; 
2) a au ee der Äther Chloroform 
2) 203,5 cm diffusdunkel- 9,0 cem 12,3 cem | wird ziem- bleibt } h 
39 | Safran Rein Saal 5,1 a auf 50 cem | auf 50 ccm | lich stark | fast farblos: almandst = 
3) 3,5—8,6 cm farblos; H,0 H,0 gelblich |es entsteht kein] {a7blos. 
bei 8,6 cm sehr schwach gefärbt E 
lichtbraun abgesetzt. 
2) Sa Er Br . Chloroform 
2),2,5 4,3 om.äiffundunke 9,0 ccm 12,3 ccm 4 der Äther bleibt Rn ; 
40 Safran Rein. 4,1 5,2 Sans; auf 50 ccm | auf 50 cem | bleibt fast | fast farblos; Zur angel E 
3) eo auısfanblon; H,0 H,;0 farblos |jes entsteht kein] ERDE 
bei 8,5 cm sehr schwach h Satz) 
lichtbraun abgesetzt. 
> Eh En ei Chloroform Mit H,SO, wird 
ei0,8schwacher Absatz; e x 5 2 ae 
41 Safran | Safran und Saflor } 7,5 3,4 |2 3,0=4,3diffuslichtorange; en Be u Ben ee teich Et. Tape det Iren ee, 
auch Ringelblumen 2 " |3) 4,3—6,5 cm eitronengelb; H0 H,O plan es enfatchr Fein farblos. stehen nur wenig 


4) 6,5—9,6 leichtgelblich; 
bei 9,6 scharf abgesetzt. 


Satz. 


blaue Strömchen. 


oo 
<ı 
/ 


4 = 5 Verbrauch an Titrir- Mit 
= |$ E Be E ee H Mit Äther Mit tierischer 
Pr 8 - e, . 1 OÖ . u 
ra. | Name | Mikroskopischer | ® Er &|o & Kapillaranalytisches |” SE a Zn ? |ausgeschüt-| Chloroform BE Ei Mikrochemische 
des Se lea ar Eee R . : R geschütte 
Nr. e Befund. 8 ja3la # Verhalten. Kali bichro- Jaune telt ergiebt | ausgeschüttelt | na sofort Reaktion. 
DpeEves, > Sent.e micum brillant sich: ergiebt sich: filtriert 
1a) H 1:10 1: 1000 
%/ Yo Oh cem com ergiebt sich: 
; | = 1) 0—2,0 cm dunkelorange; 
2) 2,0—4,1 cm diffusdunkel- Chloroform a N 
orange: 5,1 ccm 7,l cem | der Äther wird Filtrat ist Mit H,80, ent- 
42 | Safran |Safran und Saflor.| 9,7 6,8 | 7,3 |3) 4,1-—-9,6 cm schwach- |auf 50 ccm auf 50 eem | bleibt fast [leicht gefärbt; en I stehen braune 
gelblich; H,0 H,0 farblos les entsteht kein er wu blaue 
bei 9,6 cm kräftig braun- Satz. Strömchen. 
gelb abgesetzt. 
5 3 
en Chloroform Mit H,SO, ent- 
27 "I 9,0 ccm 12,3 ccm | der Äther wird y : stehen blaue 
43 | Safran |Safran und Saffor. \ OrAnSS; : f auf 50 cem | auf 50 cem | bleibt fast |leicht gefärbt: zu et Strömchen, 
) 4,2—7,1 cm lichtgelblich ; H0 H0 f: & 2 3 farblos. : 
SE EN 2 2 arblos |es entsteht kein die Hauptmasse 
bei 7,1 cm scharf licht- S : n 
atz. wird gebräunt. 
braun abgesetzt. 
0—0,5 cm rötlichorange; R 
bei 0,5 Absatz; der Äther | Chloroform : 2 
h k 2) 0,5—3,0 cm gelborange;| 5,6 ccm | 8,7 ccm wird wird \ F Mit H,S0, ent- 
44 | Safran aan und 7,4 ) ee u zdElungeiDe auf 50 cem |auf 50 ccm | schwach |leicht gefärbt; ee ee ne Buı 
en 4) 498,5 cm lichtgelb; H,0 H,0 rötlich |es entsteht kein = ö ne 
bei 8,5 cm scharf licht- gefärbt Satz. Tmensn: 
braun abgesetzt. 
0--0,5 cm rötlichorange, % 
bei 0,5 em Absatz; der Ather Chloroform 
2) 0,5—2,5 cm orange; 5 7 e : = - S 5 
4 Safran Safran, Santelholz 63 71) 2,5—45 cm diffusorange; ” Er STE ö N wa cn: I | Filtrat ist Eu E Sr 
disiatlon “ 1 11) 459,5 cm schwach- au En cem | auf e schwach [Spuren gefär t; A stehen rotviolette 
gelblich; PA0) H, rötlich |es entsteht kein Strömchen. 
bei 9,5 scharf gelbbraun gefärbt Satz. 
abgesetzt; 
0—2,2 cm dunkelorange; 
2) 2,2—3,9 cm diffusdunkel- Chlorofnrm Mit H,SO, ent- 
A: F orange; 5,6 cem 8,7 cem der Äther | wird nur in ; 5 stehen blaue 
N Safran, - n r 
46 | Safran ae: 7,1 | 8,3 |3) 3,9—5,3 cm citronengelb ; | auf 50 cem | auf 50 cem bleibt [Spuren gefärbt; EN ae Strömchen, ein 
4) 5,3—9,6 cm schwach H,0 H,0 farblos |esentstehtkein — Teil wird nur 
gelblich ; bei 9,6 scharf Satz. gebräunt. 
braungelb abgesetzt. 
1) 0—2,5 cm dunkelorange; Chiörersn 
2) 2548 i kel- “ 
4 ! 2 2m ea 9,0 cem 12,3 com | der Äther | wird leicht | „.., 5 
47 | Safran Rein. 9331| 5354| 63 ER? 3 auf 50 ccm | auf 50 ccm bleibt gefärbt; ae — 
3) 4,8—10,0 cm farblos; e farblos. 
; H,0 H,O farblos es entsteht kein 
bei 10,0 cm sehr schwach # Satz 


abgesetzt. 


Sl 


s = 3 Verbrauch an Titrir- Mit 
ame Pi . L © r » . m - 
Lfd. a Mikroskopischer Ei ® & ® & Kapillaranalytisches „ 2 ausgeschüt-| Chloroform Se Bu Ntikrochemrache 
s 3 = s5|28 > ‚a i ö r geschütte 
Nr Objektes. Befund. Se 13 S Verhalten. Kali bichro- Jaune telt reicht AEBep Dec een: Bee 
E © 2 micum: brillant sich: ergiebt sich: Altsier 
cu = 1:10 | 1:1000 BEL 
%, 0% 9, cem | cem ergiebt sich i 
it = Su 
1) 0—2,3 cm dunkelorange: | Chloroform 
2) 2,3—3,9 em diffusdunkel-! 9,0 com | 12,3 cem | der Äther wird leicht & 
a x e E e * £ en | : v: ie Filtrat ist 
48 Safran Rein. gl 3,4 6,3 orange; auf 50 cem | auf 50 ccm bleibt gefärbt; Farb = 
3) 3,9—8,7 cm farblos; bei H,O H,O farblos |es entsteht kein rs; 
|  8,7cmschwachabgesetzt. Satz. 
1) 0—0,5 cm röthlichorange; 
bei 0,5 cm Absatz; Chlorotorm 
Safran, Ringel- R en een | 35 eem | 5,3 ccm | der Äther | wird leicht Fillrat ist Mit H,SO, ent- 
49 | Safran |blume und Santel- » 4556 en: auf 50 cem | auf 50 ccm bleibt gefärbt; N stehen rötlich 
I—J, . Z = T . 
holz. 5) 5,6—9,0 cm BE eh® H,0 H,0 farblos |jes entsteht kein blaue Strömchen. 
selblich; bei 9,0 cm Satz. 
scharf braun abgesetzt. 
0—0,5 em rothorange, | 
bei 0,5 scharfer Absatz; | R Chloroform R 
2 2 | : Mit H,SO, ent- 
Saf san 2) 0,5—5,0 em orange; 9,6 ccm 13,3 ccm der SE wird leicht Filtrat ist Ahr , 
50 | Safran |”® Are a 3) 3,0—4,6 cm diffusorange ;j aut 50 cem | auf 50 ccm Be BE gefärbt; eshlbe et rang 
2, 4) 4,6—9,3 cm farblos; bei H,0 H,0 TöL 1 = j Strömehen 
9,5 em sehr schwach euzrn " 
abgesetzt. 
0—1,0 gr N bei Chloroform 
Safran und Blüten 4 05 N röth ne EIER 1,2 ccm 2,1 cem der Äther wird leicht Filtrat ist Mit H, SO, 
5l | Safran | der Ringelblume, &) BR: m Fr ae auf 50 cem auf 50 cem bleibt gefärbt; AR EER bilden sich nur 
Spuren von Saflor. 3) 2,5 12,4 em farblos ; H,O H,O farblos jes entsteht kein z blaue Strömchen. 
bei 12,4 cm scharf braun- 5 F ehr 
gelb abgesetzt. 
0—1,5 em orange; bei 
0,5 cm röthlicher Absatz; | Chloroform Mit H,SO, 
ie Säkran, Snhörtuhd w A el cm u uoznger: ne com | 4,6 ccm der Ather ag Filtrat iet |. bilden sich nur 
52 Safran £ : 91 5,7 6,1 13) 2,7—8,6 cm eitronengelb;| auf 50 cem | auf 50 cem wird rötlich gefärbt; rehrat, 
Lignum Santali. ua an Farblog: Ho | H0 vefärbt n farblos. TISCHE UNS 
| ) I ‚> cm Tarblos: 2) | 2 gefar Strömehen. 
i bei 14,5 cm scharf gelb- 
| braun abgesetzt. 
Unter Paraffinoel I) 0—1,9 cm orange; | Chloroform 
viele helle 2) 1,9—2,3 em diffusorange;| 1,8 cem | 3,9 ccm der Äther wird leicht Filtrat ist Mit H,SO, nur 
53 Safran Partikeln, mit 1.9 4,0 4,8 |3) 2,3—12,8 cm farblos; auf 50 ccm | auf 50 ccm bleibt gefärbt; Be blaue 
Feminell gemisch- bei 12,8 em schwach 1EE0) jr 1550) farblos |es entsteht kein u Strömchen. 
ter Safran- | Satz. 


gebllich abgesetzt. 


I 


= B=1 Verbrauch an Titrir- Mit 
= a = oe E ; ve Mit Äther Mit tierischer 
Lfd. Name Mikroskopischer 5 & 2) = &n Kapillaranalytisches . Sr a Sem, ausgeschüt-| Chloroform a ne Mikrochemische 
> seele 9 h A geschütte 
Nr o: Befund. e 2 E 2 2 Verhalten. Kali bichro- Jaune telt ergiebt| ausgeschüttelt era erolksrde Reaktion. 
heben Do Sl 2 micum brillant sich: ergiebt sich: Altriert 
5 5 =! 1:10 1: 1000 : r 
% %, 0%, ccm com ergiebt sich: 
1) 0—2,0 cm orange; ! Chloroform 
Safran, Calendula 2) 2,0—4,3 cm diffusorange: 1,3 cem 3,9 ccm der Ather wird leicht e r Mit H,SO, 
3 B E N Filtrat ist A 
54 Safran |} und Spuren von 3) 4,3—15,2 cm farblos; auf 50 ccm | auf 50 ccm bleibt gefärbt; Saiten blauviolette 
Carthamus. bei 15,2 cm scharf bräun- H,0 H,O farblos es entsteht kein ö Strömchen. 
lich gelb abgesetzt. Satz. 
| 1) 0—2,0 cm orange; ! Chloroform 
Unter Paraffinoel 2) 2,0—3,4 cm diffusorange;| 1,8 ccm 3,9 com | der Ather wird leicht an Mit H,SO, nur 
55 | Safran | viele helle Frag- 3) 3,4—13,4 cm farblos ; auf 50 ccm | auf 50 ccm bleibt gefärbt; 5 an = blaue 
mente (Feminell). 13,4 cm schwach gelblich 3,0222 522950 farblos |es entsteht kein] "7.08. Strömchen. 


abgesetzt. Satz. 


1) 0—1,1 cm orange; 


: Chloroform 
2) 1,1—2,3 cm diffusorange: 


der Äther 


Safran, sehr viel ae: ; 1b: 1,3 ccm 3,9 cem heich wird leicht ilteat fat Mit H,SO, wird 
56 | Safran | Santelholz und 6,1 2) Bi er Be a >| auf 50 ccm | auf 50 cem N £ gefärbt; farblos die Masse 
Saflor. 4) 10 12,2 cm farblos); H,0 H,0 rötlich (3 entsteht kein | rötlich-violett. 
bei 12,4 cm scharf bräun- x gefärbt. 


Satz. 
lich gelb abgesetzt. 


1) 0—1,0 cm orange; 


Chloroform 


der Äther 


Safran und Santel- 2) E cu dFusoranes; 1,3 ccm 3,9 ccm : E wird leicht Filtrat ist Mit H, SO, nur 
57 | Safran holz, 6,6 1°) re Su Amonmeelb; auf 50 ccm | auf 50 ccm wart Non gefärbt; en ji blaue 
sowie Saflor. 2 6,5 12,8 em. farblos 7 H,0 H,O zu nch aaa de: Strömchen. 
bei 12,5 cm scharf gelblich- = gefärbt 


braun abgesetzt. 


Satran, Carthamus, 
Campecheholz und 
viele andere vege- 


1) 0—4,7 cm orange; 
2) 4,7—6,0 cm diffusorange : 


Chloroform 
5,1 ccm 7,2 ccm Der Äther wird leicht 


Mit H, SO, ent- 
stehen blaue, 


58 Safran ink 3,0 13) 6,0—9,0 em gelb; bei auf 50 ccm | auf 50 cem | wird leicht gefärbt; Ve braungelbe und 
h 5 , 9,0 cm sehr scharf braun- H,0 H,O | gefärbt. jes entsteht kein = ü violette 
mineralische Bei- 5 R 
gelb abgesetzt. Satz. Strömchen. 
mengungen. 
ä Safran rein, im | | 
Paraffinoel unter- N 5 er Chloroform 
suchtvielehelleund Ri 2 ee 1,0 ccm 2,2 cem | Der Äther wird leicht Filtrat ist Mit H, SO, ent- 
59 | Safran | dunkle Partikeln. | 12,68] 11,33] 12,21 1°) r Fa em a en . lauf 50 ccm | auf 50 ccm | wird leicht gefärbt; R 5 150 | stehen nur blaue 
(Mischung von aus- 2 ae ummuren: H,0 H,0 gefärbt. les entsteht kein + Strömchen. 
gezogenem und leichtgelb abgesetzt. 


Satz. 
ächtem Safran. 


Mit 


Mit tierischer 
Lra.| Name | vikn | Chloroform | Kohle aus: | Mikrochemische 
des Ener geschüttelt 
Nr. Objektes t[ausgeschüttelt | ‚nd sofort Reaktion. 
: ergiebt sich: filtriert 


ergiebt sich: 


Chloroform 
wird leicht 
gefärbt: 


Mit H,SO, ent- 
stehen nur blaue 
Strömchen. 


= Filtrat ist 
60 


Chloroform 

wird schwach | Filtrat ist 
gefärbt: farblos. 

ein Bodensatz. 


Mit H,SO, ent- 
stehen nur blaue 
Strömchen. 


61 Safran 


Al 


Chloroform 
wird kaum 
gefärbt; 
kein Bodensatz. 


Mit H,SO, ent- 
stehen blau-violette 
Strömchen. 


Filtrat ist 
farblos. 


Safran 


313 


m m m m mn m Ss Do Dom Be m a a no DES om Su SEE Bono oe mSBe Ts oo DT TOP DEHEISOBEBENOS Bra mer Se TE mE or SEE SSOCES ST GEST TEE Cr Ooon B  n mn  eere 
e = 3 Verbrauch an Titrir- Mit 
5 = = ;- E \ ö Mit Äther Mit tierischer 
Mikroskopischer E) ® a ® Sn Kapillaranalytisches |" E a ausgeschüt-| Chloroform ne Mikrochemische 
z ; ; > y geschütte 
Befund. g a E E a Verhalten. Kali bichro-| Jaune telt ergiebt | ausgeschüttelt und sofort Reaktion. 
a 1 | hr . . . 
B ö & ee Jun sich: ergiebt sich: filtriert 
Y % % cem com ergiebt sich: 
1) 0—1,8 cm dunkelorange ; | Chloroform 
2) 1,3—3,4 cm diffusorange;| 12,4 com | 10,3 ccm | Der Äther wird leicht Filtrat ist Mit H,SO, ent- 
60 Safran Rein 11,32 | 4,94] 5,55[3) 3,4-15,0 cm farblos : auf 50 ccm | auf 50 ccm | wird leicht gefärbt; farblo 3 stehen nur blaue 
bei 15,0 cm I mm breiter H,0 H,O gefärbt. jes entsteht kein & Strömchen. 
leicht gelber Absatz. Satz. 
| Der Äth 
c > er At ofi 
| öl | BR dem | ra | nit | EREUNTE 
61 Safran 11,73] 5.493] 6,223 2) ze We Ä usorange,| „uf 50 ccm | auf 50 cem ch wur = Y £ ne stehen nur blaue 
3) 3,0—13 cm farblos, gelb- H,0 | Ho A gefärbt: arblos. See 
lich abgesetzt. £ | z gefärbt. kein Bodensatz. 
| 
r 5 | Der Äther x 
g 2 We e 5,4 ccm | 6,0 cem dl ce ae Mit H,SO, ent- 
62 | Safran | Safran und Car- 9,3741 5870| 651 |? 1,5—5,5 cm diffusorange ; ECHO eem. anf 50 cam ae, u en u elakna miese 
thamus. 3) 5,5—13,0 cm farblos, H0 | Ho SCawac gefärbt; farblos. Strmahe 
bräunlich abgesetzt, 2 2 gefärbt. |kein Bodensatz. 


Tabelle A. 
Capillaranalytisches Verhalten der in Tabelle 1. angegebenen Stoffe. 


1 2 3 4 5 BL 8 9 10 11 12 
k Li 
Safran Flores Carthamus Lignum Allium Getrocknete Croeus es Flores Stigmata Flores Rhizoma 
rein. Calendulae. | tinctorum. | santalinum. Cepa. Fleischfaser. Vernus. a: Granati. Maidis. Arnicae. Cureuma. 
15 schwach 
f gelbbraun. 
grau. 
14 
gelbbraun. 
’ schwach 
13 gelblich. 
scharf braun. 
12 leicht braun. brannlich. 
braunrot. 
iu) 
scharf 
10 bräunlich. | ätlich braun. 
scharf 
| scharf gelbbraun. 
schwarzbraun 
2) 
farblos 
3 farblos. fast farblos. 
farblos. 
7 fast farblos. schwach 
eitronen- farblos. gelizct 
gelb. 
6 farblos ulE farblos. 
bis rötlich. farblos. 
5 
4 
diffusgelblich 
e diffus- 
3 orange. 
2 
Sun diffusrötlich- 
1 orange, braun. 
ditfus- us Zu 
Arkfulg Mebiron, | „# schwacher 0 ir blass 
— Siieonanpalit Absatz gelblich. BeHmnEzie schmutzig gelbbraun. 
rötlich. /schmutzigrot.|eitronengelb.| farblos. braunrot. gelbrot. 


‚Nr. 0. 


Kali 
bichrom. 


ranalytischen Resultate. 


y 


rotorange, 


Nr) XL | Nr. XII. | Nr: XIU| Nr. XIV. | Nr. XV. | Nero 
| | 
Salp |Tropaeo- | Tropaeo- ) Jaune 
saufy80- | lin Ponceau In Martius- vor 
3 | i ar- 
3 | =) = 1] . 
Bley mn a a R. |ooona.| gelb. ı micelles. 
di | | | | 
| | 
| | 
| | | 
| | 
| | 
| 
N) I 
| | 
| | leicht gelb | gelblich 
farblos. abgesetzt. | abgesetzt. 
me 
red, gelblich 
= 0,0 = 
sa ur 77770: 
ri : ;’ abgesetzt. 
BR. ©) N ee ; 
& Be Su 
nd 
< N] Pi } 
| 2 | Sr | | a 
I | | |" Sei 
N - 
| | H 
| | 
| | 
| | 
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°© ei er - 
jan e, © = 
= = B; 
z 0) 
= E 
| z > = 
Me - 
N (>) 
) 
| 
| 


Tabelle B. 


Graphische Darstellung der in Tabelle Il. verzeichneten eapillaranalytischen Resultate. 


IN. 0. INT, Nr. II. | Nr. III. | Nr. IV. | Ne. V. | Nr. VI. |Ne VII | Ne VII.| Ne IX. | Ne X. |Ne XT. | Nr. XII. | Nr. XTIT. | Nr. XIV. | Nr. XV. | Nr.XVr 
I | | I} 
R Salpeter- | Dinitro- Ban Tropaeo- |  Tropaeo- | Ä Jaune 
Kali saures | Metanil- | Chinolin, Benzo- para Aura- | Picrin- | Jaune | Cureu- | Orange | Chryso- ihn Poneeau | 7, | Martius- var 
| | d — = | E t | = 
; one | " i äure. rillant. min. II. | phenin. DEU I srelbus leer 
 bichrom. | gelb. | gelb. | orange. | oresol. min. säure. | b & I D. a 090 N2. | En | GER 
es] ! 
| | | | 
| | | | 
15 | | 
| | 
| Bor | 
14 | 
n | | leicht gelb gelblich 
5 Y I- | i 
farblos abgesetzt. abgesetzt. | 
Ey DE | 
2 oo | gelblich 
12 = 37% I _— 
| na = se & ö ın abgesetzt. 
| — tel $ Sn 
IL | o u = & & 3 
— Ai 6) = A) 2 
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des 


unter Redaction von 


E. Schmidt und H. Beckurts, 


herausgegeben 


von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-VereinsJ. GREISS in Berlin. 


Deutschen Apotheker-Vereins, 


Band 230) Heft 6. Er 
BERLIN. 


1892. 


ige für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) 
_ oder Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden. B 


Ausgegeben den 8. October 1892. 


INHALT. 


Carl Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthus- und | 

einiger mit denselben verwandter Samen 

F. W. Semmler, Über das ätherische Öl des Knoblauchs (am | 
sativum) a - 

—,— Über das ätherische Öl der Küchenzwiebel (Alliom Br: 38 

Alfred Partheil, Über Cytisin und Ulexin . . . AB 

Mitteilungen aus dem pharmaceutisch - chemischi 1 ER re 

stitute der Universität Marburg. 


Eingegangene Beiträge. 


Fr y [| 


2 G. Vulpius und E. Holdermann, Über die Prüfung von Ferrum. 
reductum. 


en E. Schmidt und R. Gaze, Über die Salze des Coffeins. 


s 
7A 


(Geschlossen den 15. September 1892.) 


Bi = Anzeigen. >. E 


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Central-Bureau des Deutschen Apotheker- „Vereins, 

BERLIN SW. 12, Zinımersir. 3/4. , 

. 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 401 


Beitrag zur Kenntnis der Strophanthus- und einiger 
mit denselben verwandter Samen 


von Carl Hartwich. 


Die Gattung Strophanthus wurde 1802 von De Candolle (Annales 
du museum national d’historie naturelle. Paris 1802, pag. 408) aufge- 
stellt und von ihm 3 Arten aus Afrika (hispidus, laurifolius, sarmentosus) 
und 1 aus Asien (dichotomus) beschrieben. 

In den sechziger Jahren kamen verschiedene afrikanische Pfeilgifte 
nach Europa, die zunächst pharmakologisch untersucht wurden und 
zwar untersuchte Pelikan (Compt. rend. de l’Academie des Sc. Tome 
LX. 1865 pag. 1209) ein als Ind&e oder Onage bezeichnetes Gift vom 
Gaboon aus Westafrika, welches als von Strophanthus hispidus DC. 
stammend von dem Franzosen Hendelot erkannt wurde, der die Pflanze 
in Senegambien am Rio Nunez beobachtete. Ein zweites Pfeilgitt, vom 
Sambesi, wurde ebenfalls 1865 von Fagge und Stevenson (Proceed. of 
the Royal Society. vol. XIV, 1865. pag. 274) untersucht. Schon 1862 
und 1863 hatte Sharpey über diese Pfeilgifte Untersuchungen angestellt, 
aber seine Beobachtungen nicht veröffentlicht. Dasselbe Gift, wie das 
von Fagge und Stevenson untersuchte, diente dann zugleich mit einigen 
Kaspeln, aus deren Samen das Gift bereitet wurde, Fraser für seine 
ersten Versuche. Der Name Kombe& oderGombi für dieses Gift findet 
sich wohl zuerst bei Livingstone 1365, der das Gift bei den Manganjah 
am Sireh, einem Nebenfluls des Sambesi, fand. Den Namen Kombe& 
soll es von einer Lokalität in der Nähe des Äquators haben. Ich finde 
daselbst in Ostafrika einen Kombisee. Die von Fraser benutzten 
Kapseln waren während der Expedition des Bischofs Mackenzie 1861 bis 
1864 zwischen dem Sireh und dem Lake Shirwa gesammelt worden. 

Fraser erkannte wohl zuerst die Identität des Inee- und Kombe- 
giftes. 

Die Kombepflanze beschrieb Oliver (Hooker, Icones plantarum 
3 ser. vol. I, part. 4, 1871, pag. 79) zuerst als Strophanthus Kombe, 
erklärte aber später, dals er sie nur für eine in Ostafrika heimische 
Varietät des westafrikanischen Strophanthus hispidus halte. 

Zu diesen beiden Sorten Pfeilgift kommt dann noch das ebenfalls 
in Ostafrika zwischen Sansibar und dem Somali-Gebiete gebrauchte, 
angeblich ebenfalls von einem Strophanthus gelieferte Wanikagift 
und wahrscheinlich das Kafferngift. Über die beiden letzteren Sorten 
ist genaueres nicht bekannt. 

Die Arbeiten der genannten Forscher hatten übereinstimmend ge- 
zeigt, dals es sich um höchst energische Herzgifte handelte. Trotzdem 
erregten dieselben zunächst wenig Aufmerksamkeit. 1872 publizierten 
Polaillon und Carville (Archive de Physiologie 1872, tome IV, p. 523 
und 681) ihre physiologischen Versuche und 1877 berichteten Hardy und 

Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 6. Hft. 96 


402 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Gallois (Journ. de Ph. et Chim. tome XXV 1877, pag. 177) über das 
wirksame Prizip der Strophanthussamen, das Strophanthin. 

Erst seit 1885 Fraser seine Untersuchungen wieder aufnahm, nahm 
das Interesse an der Droge einen gewaltigen Aufschwung und es 
stellte sich bald Bedarf an grölseren Mengen ein. Dafs die Strophanthus- 
samen zu dieser Zeit so rasch in Aufnahme kamen, hat seinen Grund 
darin, dafs die Pharmakologen gerade damals sehr auf der Suche waren 
nach einem Herzmittel, welches die mancherlei Nachteile des Digitalis 
nicht zeigte. 

Um die Einführung gröfserer Mengen der Droge machte sich 
seit 1886 besonders das Haus Christy & Co. in London verdient, das 
bereits 1878 durch einen Missionar Samen erhalten hatte. Die erste 
grölsere Sendung erhielt dasselbe von Inhambane aus Ostafrika 
(24° südl. Br.) Ebenfalls aus Ostafrika gelangten bald Samen durch 
Burroughs, Wellcome & Co. in den Handel. Neben diesen meist grün- 
braunen Komb&samen kamen bald andere von fast weilser Farbe vor 
und westafrikanische Hispidussamen, die kleiner und dunkelbraun waren. 

1538 unterschied Blondel (Beckurts Jahresbericht 1885) folgende fünf 
Sorten: 1. Strophanthus vom Niger, dem hispidus der Sammlungen sehr 
nahe stehend oder mit ihm identisch. 2. Strophanthus Kombe. 3. Stro- 
phanthus glabrous vom Gaboon, braune kahle Samen; sie enthalten, 
wie spätere Untersuchungen zeigten, kein Strophanthin, sondern wahr- 
scheinlich das schon vorher in einer Carissa gefundene Quabain. 
4. Strophanthus lanuginosus von Sambesi, stark pelzigbehaarte, grau- 
grüne Samen und 5. Strophanthus minor, der aber wahrscheinlich mit 
Nr. 1 identisch war. (Natürlich sind hierunter keine botanischen Arten, 
sondern nur Handelssorten zu verstehen.) 


Daneben kamen noch eine Menge neuer Sorten vor, die meist 
schnell wieder verschwanden, so dals, wie Gehe & Co. in Dresden mir 
1889 mitteilten, sie roch bei keiner andern Droge einen solchen Wechsel 
der Sorten beobachtet hatten. Ein gleiches fand in der pharmaceutischen 
Praxis statt, wo fast jede neue Sendung von der vorhergehenden nach 
Farbe, Gröfse und Geschmack verschieden war. 

In Edinburgh konnte man im botanischen Garten, wo man Kombe- 
samen ausgesät hatte, konstatieren, dals dieselben mindestens zwei 
verschiedene Arten lieferten. Daneben tauchten bereits extrahierte 
Samen, unreife und Verfälschungen, wie die Samen von Kicksia afri- 
cana, auf. 

Da es an zuverlässigen Methoden zur Beurteilung der Droge fehlte, 
zumal die Erforschung der wirksamen Bestandteile auf mancherlei 
Schwierigkeiten stie[s, auch wohl hier und da versucht wurde, die ein- 
mal angekommenen Samen unter allen Umständen an den Mann zu 
bringen, so konnte es nicht ausbleiben, dafs die Resultate bei der An- 
wendung mancherlei Enttäuschung bereiteten und da[s demursprünglichen 
Enthusiasmus bald eine ziemlich starke Ernüchterung folgte, die wohl 


a 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 403 


Jetzt noch andauert. Damit ist aber auch das wissenschaftliche Interesse 
und die Lust, weiter an der Erforschung der Droge zu arbeiten, 
erkaltet; doch mit Unrecht, denn dals es sich bei den Strophanthus- 
samen um ein höchst wertvolles Arzneimittel handelt, haben die Ver- 
suche der ersten Zeit zur Genüge dargetan. 

Zur pharmaceutischen Beurteilung der Samen dient jetzt 
(nach dem Arzneibuch für das deutsche Reich) die äufsere Be- 
schaffenheit, der bittere Geschmack und einige chemische Reaktionen, 
die die Abwesenheit von Stärke, von Alkaloiden, und von Gerbsäure 
dartun sollen, die also, wie man sieht, zum guten Teil negativer 


Natur sind. 


Es soll im nachfolgenden der Versuch gemacht werden, an der 
Hand einer grölseren Anzahl von Sorten zu zeigen, dafs diese Proben 
nicht überall ausreichen, dafs sie teilweise nicht überall zutreffen und 
dafs sie nützlich durch andere zu ergänzen sind. Ferner hat die 
Untersuchung einer Anzahl neuer Sorten einige Details bezüglich 
des Baues der Strophanthussamen ergeben. Nächst der Beschreibung 
der neuen Sorten sind dann noch Bemerkungen über einige andere 
Samen, die den Strophanthussamen nahestehen, anzuschliefsen. 


Das mir zu Gebote stehende Material bestand: 

l) aus einer Anzahl zum pharmaceutischen Gebrauch in den 
Jahren 1887—92 in den Handel gekommener Hispidus- und 
Kombeösorten, die von Christy & Co. in London, Gehe & Co. 
in Dresden und Brückner, Lampe & Oo. in Berlin stammten. 

2) Dreizehn Sorten von Kapseln und Samen, 1390 und 1892 von 
Dr. Schuchardt in Görlitz bezogen. 

3) einigen Samen und einem Fragment des Pericarps von Stro- 
phanthus Emini Ascherson, gesammelt von Dr. Stuhlmann, dem 
Begleiter Emin Paschas, 1890 in der Landschaft Ugogo, etwa 
6° südl. Br. in Ostatrika; die ich der Güte des Herrn Professor 
Dr. P. Ascherson in Berlin verdanke. 

4) einigen Samen von Strophanthus Kombe Oliv. aus dem Berliner 
botanischen Museum, die ich wie auch die Samen 5 und 6 
durch Herrn Kustos Hennings erhielt. 

5) einigen Samen von Strophanthus Fischeri Ascherson und Schu- 
mann, aus Massailand, etwa 2° südl. Breite in Ostafrika. 

6) einigen Samen von Strophanthus dichotomus DC. Dazu kommen: 

7) von verschiedenen Seiten bezogene Proben der in den letzten 


26* 


4094 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Jahren als Semen Indageer und Conesssi seed bekannt gewor- 
denen Droge. 

8) die Samen der Kicksia africana Benth. 

9) Samen der Beaumontia grandiflora Wallich. 

10) eine als „Westafrikanischer Strophanthus“ in den Handel ge- 
kommene, von Strophantus durchaus verschiedene Droge. 

Es erscheint nun am geeignetsten, eine zusammenfassende 
Darstellung der Resultate zu Anfang zu geben, wobei sich allerdings 
nicht wird vermeiden lassen, hier und da auf schon bekanntes zurück- 
zugreifen, die Beschreibung der einzelnen Sorten dann folgen zu 
lassen und schliefslich einige Mitteilungen über die Samen 7 —10 
anhangsweise zu geben. 

Die Gestalt der einzelnen Kapsel von Strophanthus hispidus 
wird als eine besonders schlanke und nach beiden Seiten verschmälerte 
angegeben und von den in meinen Besitz gelangten Kapseln, die 
als hispidus bezeichnet sind, zeigen die weitaus meisten diese Ge- 
stalt (cfr. Fraser, Strophanthus hispidus 1890, Taf. 4, Fig. 3 und 4.) 
Die als Kombe bezeichneten Kapseln unterscheiden sich im allge- 
meinen von den erstgenannten dadurch, dafs sie sich nach unten 
gar nicht, oder doch sehr viel weniger verschmälern. Von den 
Kapseln Nr. 2 sind nun eine Anzahl den genannten so ähnlich oder 
doch durch Übergänge so mit ihnen verbunden, dafs sie sich nicht 
trennen lassen. 

Sicher von den offizinellen verschieden und zu anderen Arten 
gehörig sind dagegen Kapseln von Togo, Niger, Deutsch-Ostafrika 
und von Str. Baol, die sich durch ihre aufsergewöhnlich kurze ge- 
drungene Gestalt sehr deutlich charakterisieren. (Taf. I. 1, 2, 3, 4). 
Es läfst sich mikrochemisch in den Samen kein Strophanthin nach- 
weisen. Ebenfalls deutlich von den offizinellen verschieden ist die 
Kapsel von der Insel Los, (Taf. I. 5) sie ist durch ihre Kleinheit 
und durch die fast zylindrische (nach den beiden Seiten nicht ver- 
schmälerte) Gestalt sehr ausgezeichnet. Über den eigentümlichen 
Bau der Samenschale, vgl. hinten. Die Samen enthalten eine Spur 
Strophanthin. 

Das Pericarp besteht bekanntlich aus einer äulseren fleischigen 
und einer inneren „strohartigen“ Schicht, von denen die äulsere an 
der Handelswaare entfernt ist. Angaben über den Bau des Pericarps 
habe ich nur bei Fraser (Strophantus hispidus, its natural history, 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 405 


chemistry and pharmacology. Edinburgh 1890) gefunden, der eine 
unreife Kapsel von Str. hispidus untersuchte. Nach seinen Angaben 
und Abbildungen enthält die äufsere Schicht „numerous vascular fibres 
arranged in isolated bundles“ und die innere besteht aus 2 Schichten 
stark verdickter, faserartiger Zellen, von denen die erste, äulserste 
der Längsrichtung der Kapsel parallel, die zweite damit gekreuzt 
läuft. Unter dem mir zu Gebote stehenden Material war die äulserste 
Schicht des Perikarps nur bei Str. mozambicensis noch vorhanden, 
indessen so verwittert, dafs sich nur Bündel stark verdickter, ver- 
holzter Fasern darin noch erkennen lielsen (Taf. I. 6.) Eine etwas 
bessere Untersuchung liefs ein Bruchstück des Pericarps von Str. 
Emini zu. Dasselbe zeigte sich dicht behaart, die Haare meist ein- 
zellig, selten mehrzellig. Das Parenchym des Pericarps war so zu- 
sammengefallen, dafs nur die spaltenförmigen Lumina der Zellen noch 
zu erkennen waren. Ganz besonders liefsen sich keine Milchsaft- 
schläuche auffinden, die vorhanden sein müssen, da die frische Frucht 
wenigstens von Str. hispidus beim Anschneiden Milch ausfliefsen läfst. 

Durch das Parenchym zerstreut waren zahlreiche Gefäfsbündel 
zu erkennen mit Spiralgefäfsen und vereinzelten Tracheiden. Das 
Phloöm war völlig zusammengefallen. Stets auf der Aufsen- zuweilen 
auch auf der Innenseite waren die Gefäfsbündel mit starken Belegen 
von Bastfasern versehen, die indessen weit weniger stark verdickt 
waren, wie bei Str. mozambicensis, was indessen seinen Grund darin 
haben kann, dafs die Frucht nicht völlig reif war (wenigstens sind 
die Fasern in der von Fraser untersuchten unreifen Hispidus-Frucht 
auch nur schwach verdickt.) (Taf. I. 8. 9.) Die innerste stroh- 
artige Schicht, das Endocarp, besteht nach Fraser aus Schichten ab- 
wechselnd längs- und querverlaufender Macrosclereiden, indessen war 
die Anordnung in den von mir untersuchten Fällen nicht so einfach, 
dafs nur zwei solcher Schichten vorhanden waren, vielmehr wechselten 
mehrere derselben ab (Tafel I. 7.) 

Der Same ist, wie häufig beschrieben, von mehr oder weniger 
breit lanzettförmiger Gestalt, nach oben trägt er einen stielförmigen 
Fortsatz, der den schönen spreuwedelartigen Haarschopf trägt. 
(Dieser Haarschopf soll bei Kombesamen weils und bei Hispidus- 
samen braun sein, was ich nicht bestätigt gefunden habe). Die 
Samen machen aber nicht den ganzen Inhalt der Kapsel aus, viel- 
mehr bemerkt man daneben in ansehnlicher Zahl einzelne oder bündel- 


406 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


förmig zusammenhängende Haare, die etwa 2 cm lang sind. Diese 
Haare nun haben, worauf auch Fraser (l. c.) aufmerksam macht, 
ursprünglich einen aufwärts gerichteten Schopf am untern Ende des 
Samens gebildet. Auch Bentham und Hooker (Genera plantarum 
vol. II part 2, 1876, pg. 714) beschrieben die „semina“ als „apice in 
arcistam longe plumosam producta, inferne coma decidua appendiculata 
(rarius ecomosa?).“ Diese coma ist nun in Wahrheit decidua und 
wenn man die Samen einfach aus der Kapsel herauszieht, wird man 
kaum jemals die coma daran sitzen finden. Anders ist es, wenn man 
eine ganze Kapsel aufschlitzt und den Inhalt in seinem Zusammen- 
hang betrachtet, man findet dann die Büschel der genannten Haare 
um die Basis des Samens gruppiert, (Taf. II. 1) die ursprünglich 
damit im Zusammenhange gesessen haben. Unter dem Mikroskop 
sieht man, dafs die Haare mit dem Ende, mit dem sie angewachsen 
waren, zu einem spitzen Winkel umgebogen sind (Taf. II.2). Die Wand ist 
mälsig stark verdickt und zeigt nahe dem Grunde oft einzelne Tüpfel, 
aulserdem zeigt das Haar eine feine Sculptur, die aut den ersten 
Blick wie eine feine Runzelung erscheint, aber wohl in einer zarten 
netzförmigen Verdickung, die gegen die Spitze allmählig abnimmt, 
ihren Grund hat. Mit Phlorogluein und Salzsäure färbt sich nur 
die untere Hälfte des Haares rot. Wahrscheinlich sind die Haare 
in der unreifen Frucht straff an den Samen gelegt, spreizen sich 
aber in der reifen trocknen Frucht in ähnlicher Weise, wie ich dies 
für die Haare des oberen Schopfes beschrieben habe (Arch. der Pharm. 
1888), mdem sie zugleich am Grunde abbrechen und helfen so, die 
Samen aus der geöffneten Kapsel herauszudrängen. Bei den behaarten 
Strophanthussamen läfst sich überall am Grunde deutlich eine kahle 
Stelle erkennen, an der die coma gesessen hat, die also dem Schopf 
von Kicksia (s. hinten) entspricht. 

Die Gestalt des Samens ist eine breiter oder schmäler 
lanzettförmige bis linealische und nicht nur bei verschiedenen Sorten, 
sondern auch in ein und derselben Sorte sehr wechselnde Man 
wird darüber bei der Beschreibung der einzelnen Sorten eine Anzahl 
Messungen mitgeteilt finden. 

Man hat, wenn sich Samen so verschiedener Gestalt in der- 
selben Handelsware fanden, wohl den Verdacht geäufsert, dafs keine 
einheitliche Sorte vorliege. Natürlich ist diese Möglichkeit nicht 
von der Hand zu weisen, doch möchte ich, wenn die Samen sonst 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 407 


in der Farbe u. s. w. gut übereinstimmen, davor warnen, zu rigoros 
za sein. Ich habe mich nämlich verschiedentlich überzeugt, dafs 
die Samen in ein und derselben Kapsel sehr wohl verschiedene 
Dimensionen zeigen können und zwar waren die Samen aus dem 
unteren Ende der Kapsel stets kürzer und gedrungener als solche 
aus der Mitte. 

Die Samen zeigen beim Zerreiben einen nicht eben starken 
Geruch, den man wohl als schwach narkotisch bezeichnen kann, 
er erinnerte mich aber auch an den von jungen Erbsensamen. Den 
Geruch zeigen solche Samen, die Strophanthin enthalten, und solche 
die frei davon sind, in gleichem Malfse. 

Die Farbe der Samen ist eine sehr wechselnde, aber in den 
einzelnen Sorten recht konstante, sie wechselt bei den vorliegenden 
Sorten von grünlichweils (Samen vom Öber-Niger) durch zahlreiche 
Nuancen bis zu einern lebhaften braun (Hispidus). Von den offizi- 
nellen Sorten ist Kombe mehr grünlich und Hispidus mehr braun, 
ebenso ist die erstere stärker behaart wie Hispidus. 

Sonst ist die Behaarung im allgemeinen als eine starke, ja 
pelzige zu bezeichnen; die Haare stehen oft deutlich in Längsreihen. 
Die beiden kahlen Samen, die ich untersuchen konnte, enthalten 
kein Strophanthin. Bei Beurteilung der Behaarung ist natürlich zu 
berücksichtigen, dafs dieselbe oft abgerieben sein kann. 

Auf dem Querschnitt durch den Samen unterscheidet man die 
braune Samenschale, das Endosperm und den Embryo. 

Die Samenschale ist bekanntlich charakterisiert durch eine 
ringartige Verdickung der Epidermiszellen, die häufig beschrieben 
und abgebildet ist. Es muls nun ganz besonders hervorgehoben 
werden, dafs diese ringförmige Verdickung bei allen untersuchten 
Strophanthussamen, auch den kahlen, vorhanden ist, während alle 
übrigen Merkmale, wie sich ergeben wird, weit weniger konstant 
sind, und dafs sie ebenso bei keiner anderen Apocyneengattung, die 
etwa zur Verwechslung und Verfälschung in Betracht kommen 
könnte, sich findet. Sie ist daher für Strophanthus besonders 
charakteristisch. Wie ebenfalls bekannt, sind die Epidermiszellen 
meist zu einzelligen Haaren ausgewachsen, die, dicht über der Ur- 
sprungsstelle umgebogen, sich gegen die Spitze des Samens richten. 
Die Haare sind auf ihrer gegen den Samen gerichteten Seite stärker 
verdickt und diese Stelle ist verholzt, ebenso wie die soeben er- 


408 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


wähnte ringförmige Verdickung der Zellen, über welche letztere 
übrigens eine unverholzte Membran fortläutt. 

Am unteren Ende, wo also die oben erwähnte Coma aufsitzt, ist 
der Same schwach geflügelt, wie man auch sonst an zarten Längs- 
schnitten und ganz besonders deutlich bei den kahlen Samen sehen 
kann. ATaf-IT. 6.) 

Nach Flückiger (Pharmakognosie 1891) und nach dem deutschen 
Arzneibuch ist die Samenschale von feinen Spiralgefäfsen durch- 
zogen (wie die Mandel?). Ich habe nie andere Gefälse gefunden, 
wie die verhältnismälsig starke Raphe, die nahe der Stelle, wo der 
Same sich zu dem langen Fortsatz verschmälert, in den Samen ein- 
tritt und auf der flacheren Seite desselben bis etwas über die Mitte 
verläuft, sie ist am unteren Ende meist etwas breiter als am oberen. 
Man kann sowohl oben wie unten durch den Samen Querschnitte 
gewinnen, die die Raphe nicht zeigen. (Taf. II. 6.) 

Bei zwei kahlen Sorten (Lagos und Zambesi) habe ich auf der 
Innenwand der Epidermiszellen balkenförmige Verdiekungen aui- 
gefunden (Taf. II. 7), wie sie für Strophanthus bisher nicht an- 
gegeben sind, auch bei den behaarten Sorten nicht vorkommen, da- 
gegen für die nahe verwandte Kicksia charakteristisch sind. 
(Taf. III. 2.) 

Innerhalb der Epidermis besteht die Testa aus collabierten 
Zellen, von denen sich zwei Schichten, eine dickere braungefärbte 
und eine dünnere farblose (Holferts Nährschicht) unterscheiden 
lassen. In der dickeren, braungefärbten finden sich selten Oxalat- 
drusen. Nur bei der Sorte von der Insel Los, die sich auch durch 
Gestalt und Kleinheit der Kapsel auszeichnet, führt die braun- 
gefärbte Schicht sehr reichlich Einzelkrystalle von oxalsaurem Kalk, 
wie sie auch bei Holarrhena und Beaumontia normal vorkommen. 
(Taf. I. 9.) Alle untersuchten Samen (Strophanthus, Kicksia, 
Holarrhena, Beaumontia und der als Strophanthus von Westafrika 
bezeichnete Same) zeigen eine gewisse Übereinstimmung in der Aus- 
bildung der Samenschale, insofern dieselbe aus zwei Schichten zu- 
sammengeprelster Zellen besteht. die von der Epidermis überlagert 
werden, welche aber bei den einzelnen Gattungen in sehr ver- 
schiedener Weise ausgebildet ist. 

Das Endosperm wird gewöhnlich als hautartig dünn be- 
zeichnet, doch findet es sich zuweilen und gerade bei den offizinellen 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 40% 


Sorten in einer recht kräftigen Ausbildung, so dafs es ebenso dick 
wie der Embryo ist. Die Zellen des Endosperms lassen als Inhalt 
bei allen Sorten Aleuronkörner und fettes Öl und bei einer Anzahl 
von Sorten aulserdem Stärke, Strophanthin und kleine Oxalatkrystalle 
erkennen. Die Aleuronkörner, die 5—8 x grols sind, haben meist 
gar keine Einschlüsse, indessen zeigen sich nach der Behandlung 
mit verdünnter Natronlauge einzelne Globoide. Die erwähnten 
kleinen ÖOxalatkrystalle sind nadelförmig, bei einer Sorte von 
Mozambique (pag. 417) waren sie so häufig, dafs das Endosperm 
unter dem Polarisationsmikroskop wie mit leuchtenden Punkten über- 
sät erschien. Wo sie spärlicher vorkommen, sind sie mehr auf die 
Innenseite des Endosperms, gegen den Embryo hin, beschränkt. Es 
liegt nun nahe, anzunehmen, dafs die Krystalle in den Aleuron- 
körnern liegen, doch muls ich gestehen, dafs ich in keinem Falle 
mich davon zweifellos überzeugen konnte, dagegen verschiedentlich 
die Krystalle deutlich im Plasma neben den Aleuronkörnern erblickte. 
Ferner findet sich nun in der grölsten Anzahl der von mir unter- 
suchten Sorten Stärke. Fast seit den ersten Untersuchungen stehen 
sich die Angaben, ob dieselben Stärke führen oder nicht, genau 
gegenüber. Um nur Einiges anzuführen, fand T. F. Hanausek 
(Pharmaceutische Post 1887) kein Amylum, wie er ausdrücklich 
hervorhebt, wogegen J. Nevinny (Zeitschr. d. allgem. österr. Apoth.- 
Ver. 1887) im Endosperm (nicht Perisperm, wie dort gesagt wird) 
spärliche, sehr kleine Amylumkörnchen auffand. In einer früheren 
Arbeit (Arch. d. Pharm. 1888) konnte ich ebenfalls von dem Auft- 
finden von Stärkekörnchen im Endosperm bei Hispidussamen be- 
richten. Dagegen betont die betr. Publikation der Pharmakopoe- 
Kommission des Deutschen Apotheker-Vereins das Fehlen des 
Amylum und ebenso das Arzneibuch für das Deutsche Reich. 
Flückiger erwähnt wieder das Vorkommen von Amylum sowohl im 
Endosperm wie in den Kotyledonen (Pharmakognosie 1891). Es 
liegt nun natürlich nahe, die Sache so zu erklären, dafs ja reif 
stärkefreie Samen in unreifem Zustande ganz allgemein Stärke ent- 
halten und dafs daher die Strophanthussamen, in denen sich Stärke 
findet, unreif sind. Die Stärke wäre danach transitorische. Ich 
habe geglaubt. auf das Vorkommen von Stärke besonders achten zu 
sollen und habe gefunden, dafs sie im Endosperm sehr häufig vor- 
kommt (s. hinten). Dafs sie verhältnismäfsig so häufig nicht ge- 


410 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


funden worden ist, mag seinen Grund darin haben, dafs die sehr 
reichlich Öl enthaltenden Schnitte dem Eindringen wässeriger Jod- 
reagentien Widerstand entgegensetzen. In entfetteten Schnitten 
wird man das Amylum oft noch auffinden können, wo es vorher zu 
fehlen schien. Es ist dies ähnlich wie bei den Kakaobohnen, wo der 
Nachweis des Amylum in nicht entfetteten Schnitten auch nicht 
immer gelingt. Beseitigt man an solchen entfetteten Schnitten auch 
noch die Aleuronkörner, so findet man die Amylumkörner meist in 
einer Gruppe im Zentrum der Zelle zusammenliegen. Am häufigsten 
findet man die Stärkekörner an den Kanten des Samens. Eine be- 
sondere Struktur (Schichtenbildung) war in keinem Falle zu be- 
merken und ebenso stimmte auch meist die Grölse (etwa 2—3 «) 
gut mit dem Charakter als transitorische Stärke, doch zeigte eine 
Hispidussorte insofern eine recht erhebliche Ausnahme, als die 
Körner 5—10 « grofs waren. (Tschirch, Angewandte Pflanzen- 
anatomie pag. 76, nennt als häufige Malse 2,5—5,5 «.) In den 
wenigen Fällen, wo im Embryo sich ebenfalls Stärke fand, war die- 
selbe sehr kleinkörnig und sicher transitorisch. (Tafel II. 5.) 

Da das deutsche Arzneibuch die Abwesenheit von Stärke for- 
dert, so hat die Frage ein besonderes pharmazeutisches Interesse. 
Wahrscheinlich ist das Arzneibuch davon ausgegangen, dafs stärke- 
haltige Samen unreif und daher bezüglich ihrer Zuverlässigkeit 
hinsichtlich der Wirkung unsicher sind. Wie aus dem Nachfolgenden 
hervorgehen wird, ist das nicht richtig, vielmehr habe ich eine 
ganze Anzahl stärkehaltiger Samen gefunden, in denen sich deutlich 
Strophanthin nachweisen liefs. Es ist daher zu empfehlen, diese 
Forderung fallen zu lassen und Samen, die sonst zu keinen Aus- 
stellungen Veranlassung geben, ruhig zu verwenden, auch wenn sie 
etwas Stärke enthalten. 

Der Embryo ist mit dem Würzelchen gegen die Spitze des 
Samens gerichtet und mit zwei flach auf einanderliegenden Koty- 
ledonen, die ihre Ränder den Kanten, ihre Rückenflächen der Bauch- 
oder Rückenseite des Samens zuwenden (Cotyledones incumbentes), 
versehen. Diese Anordnung der Kotyledonen dient mit zur Unter- 
scheidung der Strophanthussamen, z. B. von dem Kicksiasamen, 
deren Kotyledonen in anderer Weise (gerollt oder gefaltet) angeordnet 
sind (s. hinten). Es war mir nun sehr interessant, aufzufinden, dals 
von der eben genannten regelmäfsigen Anordnung ziemlich häufig 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 411 


Ausnahmen vorkommen. Es finden sich nämlich Samen, die die Ko- 
tyledonen von beiden Seiten um einander geschlagen zeigen, 
in ähnlicher Weise wie bei Kicksia, doch sind es meist nur die 
Ränder, welche diese Anordnung zeigen. Solche Samen finden sich 
besonders im Grunde der Kapseln, wo dieselben dichter gedrängt 
sitzen und wo die Kotyledonen offenbar wegen Mangel an Raum 
während der Entwickelung zu diesen Krümmungen gezwungen 
werden (Tafel I, 10). Solche Samen sind meist schon äusserlich an 
ihrer grölseren Dicke zu erkennen. Bei zwei Sorten (Kombe und 
in der Kapsel von Deutsch-Ostafrika) fand ich auch trikotyle Samen 
und in einem solchen Fall zeigten die drei Kotyledonen die soeben 
besprochenen Krümmungen sehr auffallend. (Tafel I, 11. 12.) 

Die Kotyledonen enthalten neben Fett Aleuronkörner, die ich bis 
7.6.4 grols gefunden habe und die sehr zahlreiche kleine Globoide 
enthalten (vergl. auch Lüdtke, Ber. der pharmac. Ges. 1891, pg. 58). 
Die Aleuronkörner von Strophanthus gehören dem Leguminosen- 
typus an und zwar ordnen sie sich demselben auch bezüglich der 
Verschiedenheit der Aleuronkörner im Endosperm und im Embryo 
sehr genau unter. (Lüdtke, Beitr. z. Kenntn. d. Aleuronkörner, 1889 
pag. 27). In einer ganzen Anzahl von Sorten finden sich im Embryo 
ansehnliche Drusen von oxalsaurem Kalk, über die Genaueres nach 
Besprechung der Strophanthinreaktionen mitgeteilt werden wird. In 
der Umgebung der Gefäfsbündelanlagen finden sich ziemlich zahl- 
reich zarte Milchsaftschläuche, besonders auf der konvexen Seite 
der Stränge. Der Inhalt ist ein feinkörniger (Tafel II, 3. 4). Die 
Zellwände im Embryo sind dünn gegenüber denen im Endosperm, 
die noch dazu im Wasser nicht unbedeutend aufquellen. 

Zur wahren Wertbestimmung der Strophanthussamen 
wird man den Nachweis von Strophanthin und zwar in nicht zu ge- 
ringer Menge für am meisten geeignet halten, obschon das deutsche 
ÄArzneibuch eine dahin gehende Forderung nicht stellt, denn wie aus 
der nachfolgenden Übersicht der von mir untersuchten Sorten her- 
vorgehen wird, giebt es deren, die den gesetzlichen Anforderungen 
sehr wohl entsprechen und doch kein Strophanthin, wenigstens mikro- 
chemisch nicht nachweisbar, enthalten. Wo die mir zu Gebote stehende 
Menge des Samens es irgend zuliefs, habe ich 1) Querschnitte des 
Samens mikrochemisch untersucht, 2) eine nach Vorschrift des 
deutschen Arzneibuchs mit der Modifikation hergestellte Tinktur, 


412 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


dafs ich das fette Öl aus dem Samen nicht ausprefste, sondern 
mit Äther auszog, ebenfalls untersucht und endlich 3) in zahlreichen 
Fällen die Tinktur verdampft und das zurückgebliebene dicke 
Extrakt untersucht. 

Das Strophanthin giebt eine Anzahl recht charakteristischer Re- 
aktionen, von denen mir für die mikroskopischen Untersuchungen 
die mit konzentrierter Schwetelsäure die besten Resultate 
ergeben hat. (Ich will bemerken, dafs die sonst vortreffliche Re- 
aktion, die Helbing (Ph. Journ. and Trans. 1887, pag. 924) angegeben 
hat, wonach man den Schnitt erst mit einer Spur Eisenchloridlösung 
zu befeuchten haben würde und dann einen Tropfen konzentrierter 
Schwefelsäure zufügt, durch den im Reaktionstropfen ent- 
stehenden Niederschlag eine genaue Beurteilung der Ver- 
teilung des Strophanthins im Samen nicht zuläfst).. Dagegen habe 
ich für die Untersuchung der Tinkturr und des Extrakts 
diese Reaktion mit Vorliebe benutzt. Ich mufs aber be- 
merken, dafs in den Fällen, wo ich im Samen Strophanthin mikro- 
chemisch nicht mehr nachzuweisen vermochte, mir auch die Prü- 
fung der Tinktur und des Extrakts keine weiteren Resultate 
gab, so dafs man durch die mikrochemische Untersuchung schon 
alle erlangbaren Aufschlüsse bekommt. 

Fraser beschreibt den Verlauf der Reaktion mit Schwefelsäure 
folgendermafsen: Eine Spur Strophanthin mit konzentrierter Schwefel- 
säure gemischt, nimmt fast sofort eine grüne Farbe an, die in 
5 Minuten grünlich gelb, dann vom Zentrum aus braun wird, wäh- 
rend sich an den Seiten die grüne Farbe noch hält, in zwanzig Mi- 
nuten ist das Ganze bräunlich-grün, einige Minuten später grau mit 
grünlichem Ton, nach 1 oder 2 Stunden schmutzig braun. 

Den Verlauf der mikrochemischen Reaktion mit Schwefelsäure 
beschreibt Hanausek folgendermafsen: Das Eiweils wird zuerst 
span-, dann smaragdgrün, der Embryo wird anfänglich gelb, dann 
grünlich, broncefarbig, in weiterer Folge kupferfarbig und schliels- 
lich (in 1 bis 2 Minuten) fast almandinrot, stellenweise selbst blutrot. 
Er folgert daraus, dafs das Eiweils fettes Öl, der Embryo dies und 
Strophanthin enthalte. Man kann sich nun unschwer überzeugen, 
dafs dem nicht so ist. Denn im Präparat ausgetretene Öltropfen werden 
in der Schwefelsäure nicht grün, sondern meist rot oder gelb bis 
braun. Ebenso wurde ein Tropfen Öl mit zwei Tropfen Schwefel- 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 413 


säure braun. Nach meinen Beobachtungen verläuft die Reaktion bei 
guten Sorten folgendermalsen: Das Endosperm wird fast sofort 
schön grün, nachdem es vorher oft einen Moment blau gewesen ist, 
die Kotyledonen werden ebenfalls grün, aber meist weniger intensiv, 
wie das Endosperm. Allmälich geht dann die Farbe durch bläulich 
in rot über und nach längerer oder kürzerer Zeit (1/,—1 Stunde) ist 
die Farbe durch grau (oft mit grünlichem oder bläulichem Stich) allmälich 
verblafst. Bei anderen weniger gehaltreichen Sorten zeigt sich die 
grüne Farbe nur im Endosperm, und der Embryo wird durch gelb 
direkt rot, oder es werden noch die Epidermis und die zunächst 
darunter gelegenen Zellschichten und die Umgebung der Gefäls- 
bündelanlagen grün (z. B. bei der Sorte von Sierra Leone). Wo die 
Grünfärbung um die Gefäfsbündelanlagen eine recht spärliche ist, 
kann man sich unschwer überzeugen, dafs es die Milchsaftschläuche 
sind, welche sie zeigen. Nur in einem Falle zeigte eine Hispidus- 
sorte die Reaktion in einigen Samen im Embryo stärker, wie im 
Endosperm. Läfst sich in all diesen Sorten Strophanthin, wenn auch 
oft nur in geringer Menge nachweisen, so tritt bei anderen Sorten 
auch im Endosperm keine grüne Färbung auf, sondern beides wird 
rot und endlich zeigt sich bei einigen Sorten auch die rote Farbe 
nicht, sondern beides wird gelb bis braun, was sich einfach durch 
die Einwirkung der konzentrierten Schwefelsäure auf das Öl, Aleu- 
ron u. s. w. erklärt. 

Es ist eine Beziehung zwischen dem bittern Geschmack und dem 
Gehalt an Strophanthin behauptet worden, dieselbe besteht aber nur 
insofern, als viel Strophanthin enthaltende Samen besonders stark 
bitter schmecken, wogegen Strophanthinfreie Samen auch noch 
recht intensiv bitter schmecken mit wenigen Ausnahmen, wo die 
Bitterkeit nur eine geringe ist. 

Um mich noch genauer zu vergewissern, ob bei der Grünfärbung 
dem Öl irgend eine Rolle zufällt, wie es Hanausek annimmt, habe 
ich Schnitte in Benzol und Äther entfettet und dann untersucht. 
Nicht entfettete Schnitte von einer Sorte von Mozambique reagierten 
folgendermalsen: das Endosperm wird mit Schwefelsäure sofort grün, 
im Embryo die Epidermis und die äufsersten Zellreihen ebenfalls, 
aber etwas später, ferner die Umgebung der Gefäfsbündelanlagen 
(s. oben). Allmählich tritt dann Verfärbung durch blau in rot ein. 
In absolutem Alkohol oder in Äther enttettete Schnitte verhalten sich 


414 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


ebenso, ein deutlicher Beweis, dafs bei der Färbung das Öl unbe- 
teiligt ist. Bleiben die Schnitte mehrere Tage im Alkohol, so ist die 
Reaktion noch sehr deutlich, aber doch etwas schwächer, da Stro- 
phanthin in Alkohol nicht absolut unlöslich ist. Schnitte, die einen 
Tag in Alkohol und danach einen Tag in Wasser gelegen haben, 
zeigen keine Spur der Reaktion mehr. 

Ein auffallender Zusammenhang besteht zwischen dem Vor- 
kommen von Strophanthin und dem Vorkommen von Oxalat- 
drusen in den Kotyledonen, insofern sich beide in der Regel 
gegenseitig ausschlie[sen. Durchgängig fehlt Oxalat, wenn sich 
Strophanthin nachweisen läfst, doch mit einer Ausnahme, nämlich 
die Samen aus der Kapsel von der Insel Los enthalten Oxalat 
und trotzdem eine Spur von Strophanthin. Diese Sorte hat 
aber durch die auffallende Kleinheit und Form der Kapsel, sowie 
durch das Vorkommen reichlicher Einzelkrystalle von Oxalat auch 
sonst viel Auffallendes. Bei Strophanthus Fischeri und den kahlen 
Lagos-Samen lassen sich weder Strophanthin noch Oxalatdrusen nach- 
weisen. Bei allen übrigen Sorten trifft es zu, dafs, wo Strophanthin 
fehlt, Oxalatdrusen im Embryo reichlich zu finden sind. 

Da es, wie oben bereits angedeutet und wie aus dem Folgenden 
noch genauer hervorgehen dürfte, zahlreiche Strophanthussamen giebt, 
die die Anforderungen des deutschen Arzneibuches erfüllen und doch 
kein Strophanthin nachweisen lassen und da es an leicht auszuführen- 
den und zuverlässigen Reaktionen auf Strophanthin nicht fehlt, so hat 
der Apotheker sich von der guten Beschaffenheit seiner Samen 
durch den Nachweis des Strophanthins zu überzeugen, indem ein feiner 
Querschnitt durch den Samen auf dem Objektträger mit einem Tropfen 
konzentrierter Schwefelsäure bedeckt wird. Es mufs dabei mindestens 
das Endosperm eine intensiv grüne Farbe annehmen. Diese Reaktion 
läfst sich schon sehr gut mit der Lupe beobachten. Bei der Tinktur 
und dem Extrakt aus derselben wurden drei Tropfen resp. ein Stückchen 
von doppelter Stecknadelknopfgröfse mit einem halben Tropfen Eisen- 
chloridlösung versetzt und 3 Tropfen konzentrierte Schwetelsäure zu- 
gegeben. Es entsteht ein brauner Niederschlag, der nach einer 
Stunde deutlich grün ist und diese grüne Farbe mufs etwa drei 
Stunden bleiben. 

Im nachfolgenden gebe ich nun die Beschreibung der unter- 
suchten Sorten (pag. 403). 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 415 


1. Die otftizinellen Sorten: Als solche gelten die Hispidus- 
und Kombesamen, die man, wie bekannt und wie auch oben erwähnt, 
früher von zwei Arten, Strophanthus hispidus und Strophanthus 
Kombe, ableitete, die aber jetzt für Varietäten einer Art gelten, 
nämlich Str. hispidus. Als Handelssorten sind beide sehr genau zu 
unterscheiden. 


Die westafrikanischen Hispidussamen sind von ausgesprochen 
brauner Farbe mit verhältnismäfsig nicht starker Behaarung, durch- 
schnittlich schmaler wie die Kombesamen. Ich habe die Länge 
11—15 mm und die Breite 3,0—3,5 mm gefunden. (Man erkennt 
diese Verhältnisse am deutlichsten, wenn man aus der Länge und 
Breite den Index a berechnet, Index für Hispidussamen 
20—31,5). Das Endosperm wird mit Schwefelsäure sofort grün und 


zwar sehr intensiv, der Embryo zeigt die Farbe etwas weniger 
intensiv. Die grüne Farbe geht allmählich in rot über, bis nach 
mehreren Stunden alles verblafst. Stärke findet sich nur ausnahms- 
weise. Die Kapseln sind stets durch besonders schlanke, nach beiden 
Seiten stark verschmälerte und gebogene Gestalt ausgezeichnet. 


Die Kombesamen sind von grüngrauer Farbe, nach längerer Zeit 
geht die Farbe mehr ins Bräunliche über, indessen bleibt der grüne 
Ton immer vorherrschend, sodals eine Verwechselung mit den His- 
pidussamen auch schon bezüglich der Farbe ausgeschlossen ist. Die 
Behaarung ist stark, fast pelzig. Sie sind durchschnittlich breiter 
wie die Hispidussamen. Länge 9 -15 mm (ausnahmsweise bis 22 mm) 
Breite 3—5 mm (Index bis 50). Es kommen neben Sorten, die die 
Strophanthinreaktion ebenso stark wie Hispidus geben, solche vor, die 
Grünfärbung nur im Endosperm zeigen und eine Sorte, die sich 
durch eine mehr gelbliche Farbe auszeichnete, nahm nur auf einen 
Moment eine grünliche Farbe im Endosperm und Embryo an, die 
dann durch gelb nach 10 Minutrn in rot überging. Stärke findet 
sich im Endosperm häufig, hin und wieder auch in den Kotyledonen 
und zwar zeigten gerade diese Sorten, die doch anscheinend nicht 
ganz reif waren, eine kräftige Strophanthinreaktion. — Im allgemeinen 
möchte ich die Kombesorte für eine weniger zuverlässige, wie die 
Hispidussorte halten. Die Kapseln von Komb& zeigen eine weniger 
schlanke Gestalt und sind wenigstens in den mir vorliegenden Stücken, 
die zu verschiedenen Zeiten bezogen sind, nicht gebogen. 


416 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Ich habe im obigen auf die Gröfse des Haarschopfes keine Rück- 
sicht genommen, es ist ja bekannt, dafs dieselbe in derselben Kapsel 
ziemlich wechselnd ist. Dagegen sind einige Angaben erforderlich 
über die Gröfse der Samen in derselben Kapsel, da das für die Be- 
urteilung der Droge, wie oben (pag. 407) schon angedeutet, nicht ohne 
Wert ist. Man findet nämlich, dafs die Samen aus dem Grunde der 
Kapsel stets kürzer und breiter sind, als aus der Mitte, die mehr 
schlanke Samen hat. So hatten die Samen einer Kombekapsel aus 
der Mitte den Index 25,6, aus dem Grunde 32,1, aus einer anderen 
Kombekapsel aus der Mitte den Index 19—27,7, aus dem Grunde 
30—41,7. 

Samen von Strophantus Kombe aus dem Berliner botanischen 
Museum stimmen in Gröfse und Behaarung mit der Handelsware gut 
überein, doch ist die Farbe vorherrschend braun und weniger grün- 
lich. Der Geschmack ist bitter. Das Endosperm nimmt mit Schwefel- 
säure eine mehr blaue wie grüne Farbe an, der Embryo wird rot- 
violett, beide werden bald rot. Oxalatdrusen fehlen, ebenso Amylum. 
Es ist auffallend, dafs diese Samen, wenn überhaupt, anscheinend 
sehr wenig Strophanthin enthalten. 

2. Ich lasse dann einige neue Sorten folgen, die ich 1890 durch 
Dr. Schuchardt in Görlitz bezogen habe und die den offizinellen so 
ähnlich sind, dafs ich sie nicht davon unterscheiden kann und mit 
den offizinellen für identisch halten würde, wenn nicht die Heimat 
eine so sehr verschiedene wäre. 

a) Sierra Leone. Diese westafrikanische Sorte ist im Durchschnitt 
ein wenig länger und schmaler wie die ostafrikanische Kombe- 
sorte, aber sonst in Farbe, Behaarung u. s. w. von manchen 
derselben nicht zu unterscheiden. Die Samen sind 11—19 mm 
lang, 3—6 mm breit (Index 23,5—37,5). Farbe hell grünlich 
grau, manche Samen mehr bräunlich. Behaarung ziemlich stark, 
die Haare in Reihen angeordnet. Der charakteristische Stro- 
phanthusgeruch, der mir am meisten dem junger Schoten ähn- 
lich schien und der beim Zerreiben der Samen besonders deut- 
lich hervortritt, ist bei dieser Sorte am stärksten. Geschmack 
sehr bitter. Reaktion auf Strophanthin: Querschnitt mit Schwefel- 
säure, läfst das Endosperm nach einer Minute spangrün werden, 
ebenso die äulsersten Zellschichten des Embryo und die Gefäls- 
bündelanlagen mit ihren Umgebungen. Alles Übrige zuerst 


b 


—_— 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 417 


gelblich und dann rot. Nach !/, Stunde ist alles, auch die 
grün gefärbten Parthien ins graue verblafst. Oxalatdrusen in 
den Kotyledonen, sowie Amylum fehlen. 

zwei Sorten von Mozambique. Die eine nur in Samen vor- 
liegende ist den westafrikanischen Hispidussamen sehr ähnlich, 
doch sind die Samen etwas grölser: Länge 9—17 mm, Breite 
2,5—5,5 mm. (Index 18,5—44,4). Endosperm verhältnismälsig 
kräftig entwickelt. Reaktion auf Strophanthin: Das Endosperm 
wird mit Schwefelsäure nach einer Minute spangrün, ebenso 
die Epidermis und die zunächst unter derselben befindlichen 
Zellschichten des Embryo, sowie die Gefäfsbündelanlagen mit 
ihrer Umgebung. Das Übrige wird rot. Nach !/, Stunde 
verolalst Alles nach einem Farbenumschlag in blau. Amylum 
im ganzen Endosperm vorhanden, in den Kotyledonen spärlich. 
Oxalatdrusen fehlen. 

Von einer zweiten Sorte liegt eine Kapsel vor, die 29,5 cm 
lang, 2,0 cm breit, sich nach beiden Seiten verschmälert und 
gebogen ist. Sie ist von Hispiduskapseln nicht zu unter- 
scheiden. Die Samen sind im Durchschnitt etwas kleiner als 
bei der vorigen Sorte, doch ist der Vergleich von einigen einer 
einzigen Kapsel entnommenen Samen mit einer grolsen Menge 
immer nicht recht zuverlässig. 

Samen aus der Mitte der Kapsel 11—12 mm lang, 3 mm 
breit, (Index 25—27,2), aus dem Grunde 8 mm lang, 3 mm 
breit (Index 37,5). Die Farbe ist ausgesprochener braun wie 
bei der vorigen. Geschmach außerordentlich bitter. Stro- 
phanthin in Endosperm und Embryo reichlich. Oxalatdrusen 
fehlen. 


3) Während die sub 2. besprochenen Sorten den offizinellen 
in jeder Beziehung so ähnlich sind, dafs Unterschiede eigentlich 
völlig fehlen, lasse ich nun einige Sorten sich daran schliefsen, die 
im Äußern den offizinellen ebenfalls gleichen, die aber kein Stro- 
phanthin, dagegen in den Kotyledonen Oxalatdrusen enthalten 
(pag. 414). Beide Sorten sind 1890 von Dr. Schuchardt aus Görlitz 
bezogen. 


a) Senegal. Die Kapsel ist 21 cm lang, unten 3,4 cm breit, sich 


nach oben allmählich verschmälernd.. Sie sieht den Kombe- 
kapseln sehr ähnlich. Samen aus der Mitte der Kapsel 14 mm 


Arch. d. Pharm. XXX. Bd=. ©. Hefi. 27 


418 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


lang, 3,5 mm breit (Index 25), aus dem Grunde der Kapsel 
10 mm lang, 3 mm breit (Index 30). Die Farbe der Samen 
ist schmutzig graubraun, die Behaarung nicht stark, nicht in 
Reihen angeordnet. Das Endosperm, welches Amylum enthält, 
ist ziemlich stark entwickelt. Der Geschmack ist schwach 
bitter. Reaktion auf Strophanthin: Der ganze Querschnitt 
wird mit Schwefelsäure rot. 

b) Lagos. Länge der Kapsel 24,5 cm, Breite in der Mitte 2 cm, 
nach oben und unten verschmälert, die ganze Kapsel gekrümmt. 
Samen aus der Mitte der Kapsel 13 mm lang, 3 mm breit 
(Index 23), aus dem Grunde 12 mm lang, 4 mm breit (Index 
33,3). Behaarung kurz, sammtartig, die Haare meist nicht in 
Längsreihen angeordnet. Das Endosperm, welches kein 
Amylum enthält, ist mäfsig stark. Geschmack bitter. Reaktion 
auf Strophanthin wie bei a. 

Beide Sorten dürften nicht von Str. hispidus stammen ; 
b ist aufserdem durch die entschieden samtartige Behaarung 
einigermalsen charakterisiert. 

4) Die nun folgenden vier Sorten stammen sicher nicht von 
Hispidus. Es sind die schon pag. 5 erwähnten Kapseln von kurz 
gedrungener Gestalt. Sie enthalten sämmtlich kein Strophanthin, aber 
Oxalatdrusen in den Kotyledonen. (Tafel I) Auch unter einander 
zeigen dieselben einige Unterschiede und zwar bezüglich des Haar- 
schopfes. Obschon freilich oben auf den geringen Wert, den Diffe- 
renzen der Gröfse desselben haben, hingewiesen ist, sind diese 
Differenzen doch hier so auffallend, dafs es nicht möglich ist, sie zu 
vernachlässigen. Es ist danach der Haarschopf der Kapsel vom Niger 
von dem der meisten Sorten wenig verschieden, der der Kapsel von 
Ostafrika ist freilich ansehnlich grofls, hat aber einen verhältnis- 
mälsig kurzen Stiel und die beiden andern Sorten (Togo und Baol) 
zeigen übereinstimmend einen kurzen Stiel und kleinen Haarschopt. 
Sie dürften überhaupt wohl beide derselben Art angehören. Sämt- 
liche vier Sorten sind von Dr. Schuchardt in Görlitz bezogen. 

a) Niger-Kapsel 18 cm lang, unten 3,2 cm breit, oben 1,8 cm 
breit. Samen vom Grunde der Kapsel 8,5 mm lang, 3mm breit 
(Index 35), aus der Mitte 11 mm lang, 3 mmm breit 
Index 27). Kurz graubraun behaart, Haare undeutlich in 
Reihen angeordnet. Reaktion auf Strophanthin: Der ganze 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 419 


Querschnitt wird mit Schwefelsäure rot, der Embryo am inten- 
sivsten. Im Endosperm spärlich Amylum. 

(Christy erhielt 1887 (Pharm. Zeitung 1887 pag. 664) 
Früchte vom Niger, die schlank, schmal und beträchtlich lang 
waren. Die Samen waren borstig behaart, braun,‘sehr bitter; 
sie enthielten Strophanthin. Natürlich sind sie mit den vor- 
liegenden nicht identisch.) 

b) Deutsch-Ostafrika.. Kapsel 19 cm lang, unten 3,2 cm, oben 
2 cm breit, auf der Rückenseite stark gekrümmt, auf der 
Bauchseite gerade. Samen aus der Mitte der Kapsel 
14,5—15,0 mm lang, 3,5—4,0 mm breit (Index 21,3— 24,1), aus 
dem Grunde der Kapsel 10—11,5 mm lang, 4,0—4,5 mm breit 
(Index 34,8—45.) Farbe braun, Behaarung nicht stark, m 
Reihen angeordnet. Endosperm ziemlich breit. Geschmack 
bitter, Reaktion auf Strophanthin: Der ganze Querschnitt wird 
mit Schwefelsäure rot. Im Endosperm Amylum. Der Stiel 
des Schopfes ist 3 cm lang, der Schopf selbst 7,5 cm. 

c) Togoland. Kapsel 13,5 cm lang, unten 4,2 cm breit. Samen 
aus der Mitte der Kapsel 12 mm lang, 3 mm breit (Index 25), 
aus dem Grunde der Kapsel 8,5—9,0 mm lang, 3,0—3,5 mm 
breit (Index 33,3—41,2). Farbe graubraun, Behaarung kurz, 
aber ziemlich stark. Endosperm auffallend stark. Geschmack wenig 
bitter. Reaktion auf Strophanthin wie beia. Im Endosperm Amy- 
lum. Der Stiel des Schopftes ist 1,7 cm lang, der Schopf selbst 5 cın. 

d) Strophanthus Baol vom Senegal. Kapsel 15 cm lang, unten 
2,5 cm breit. Samen aus der Mitte der Kapsel 10—11 mm 
lang, 3 mm breit (Index 27—30), aus dem Grunde der Kapsel 
8 mm lang, 3 mın breit (Index 35). Sie sind braun, kurz- 
behaart. Geschmack etwas bitter. Reaktion aut Strophanthin: 
Der ganze Querschnitt wird mit Schwefelsäure rot. Der Stiel 
des Schopfes ist 1,6 cm lang, der Schopf selbst 1,4 cm. 

5. Eine gesonderte Besprechung verlangt nun eine Sorte sehr 
stark behaartevr Samen vom Ober-Niger, die ebenfalls von 
Dr. Schuchardt in Görlitz bezogen sind. Die Samen sind 9—17 mm 
lang, 4—4,5 mm breit (Index 25—50), Von allen mir vorliegenden 
Sorten am stärksten behaart. Haare: weilslich bis bräunlich, seiden- 
glänzend, einen dicht pelzigen Überzug bildend. Endosperm schmal. 
Reaktion auf Strophanthn: Der ganze Querschnitt wird mit 

237° 


420  Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Schwefelsäure rot. Im Embryo Oxalatdrusen. Amylum fehlt. Viel- 
leicht ist diese Sorte mit Helbings „weilsen“ Strophanthussamen 
(Beckurts Jahresbericht 1857 pag 32) identisch, eine andere sehr 
stark behaarte Sorte ist der Str. lanuginosus vom Sambesi (pag. 402), 
der aber etwas Strophanthin (0,2 Proz.) enthält (Jahresbericht 1888 
pag. 20.) Ferner erhielt Christy anscheinend ähnliche, fast weilse 
Samen 1887 von der Baiantyre Mission aus Ostafrika. Natürlich 
ist diese Sorte von den pag. 418 und 419 beschriebenen resp. er- 
wähnten Sorten vom Niger sicher verschieden. 


6) Daran sind zwei, durch ihre Kahlheit sehr charakteristische 
Sorten anzuschlie[sen. Indessen ist die Kahlheit keine absolute, da 
man unter dem Mikroskop in der Nähe der Raphe einzelne Epi- 
dermiszellen zu kurzen Haaren ausgewachsen findet. Beide Sorten 
zeigen im Grunde der Epidermiszellen leistenförmige Verdickungen 
(pag. 408). die ich bei behaarten Samen nicht habe auffinden 


können. 


a) Lagos. Samen 13—18S mm lang, 4-6 mm breit (Index 
25—37,7), am Grunde deutlich geflügelt. (Tafel II. 6. 7. 8.) 
Farbe gelbbraun. Geschmack bitter. Reaktion auf Strophanthin: 
der ganze Querschnitt wird mit Schwefelsäure rot, es fehlt 
also Strophanthin, ebenso fehlen aber auch Oxalatdrusen im 
Embryo (pag. 414.) Diese Sorte ist mit Blondels Strophanthus 
glabrous vom Gaboon (pag. 402) identisch, wie ich mich durch 
Vergleichung mit einem von Christy stammenden Muster des 
letzteren überzeugt habe. 


Sambesi. Samen 10—16 mm lang, 3—4 mm breit (Index 
25—30,8). Farbe gelblich grau, zuweilen schwärzlich. Der 
ganze Samen aufserordentlich flach, aber das Endosperm trotz- 
dem verhältnismäfsig kräftig entwickelt. Geschmack kaum 
bitter. Reaktion auf Strophanthin: Der Querschnitt wird mit 
Schwefelsäure nicht rot, sondern nur gelblich, doch nehmen die 
ausgetretenen Öltropfen allmählich eine schmutzigrote Farbe 
an. Oxalatdrusen fehlen (pag. 414). Im Endosperm findet sich 
Amylum. In meiner Probe vorhandene zahlreiche Haarbüschel 
lassen die Vermutung zu, dafs diese Sorte trotz ihrer sonstigen 
Kahlheit die coma am Grunde des Samens besitzt. Unter der 
Sorte von Lagos fehlen die Haarbüschel. 


b 


De 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 421 


7. Von allen anderen wohl am meisten verschieden ist die 
Kapsel von der Insel Los. Von Dr. Schuchardt bezogen. Kapsel 
15 cm lang, 1,8 cm breit, fast cylindrisch, sich nach oben kaum ver- 
schmälernd. Same aus der Mitte der Kapsel ll mm lang, 3 mm 
breit (Index 27,2), aus dem Grunde der Kapsel 9 mm lang, 3,5 mm 
breit (Index 38,8). Stiel des Schopfes 4 cm lang, der Schopf selbst 
8 cm lang. Farbe der Samen graubraun, Behaarung ziemlich stark, 
wenig in Reihen angeordnet. Endosperm breit. Geschmack nur 
eine Spur bitter. Reaktion auf Strophanthin: Die äufsersten Zell- 
schichten des Endosperms werden grün, alles Übrige rot. In den 
Kotyledonen finden sich Oxalatdrusen, im Endosperm Amylum. Diese 
Sorte ist die einzige, die neben Strophantlin Oxalatdrusen enthält. 
Sie hat auch sonst viel Eigentümliches: erstens die Kleinheit und 
cylindrische schmale Form der Kapsel, ferner das reichliche Vor- 
kommen von Einzelkrystallen von oxalsaurem Kalk in der Samen- 
schale, was ich bei Strophanthus sonst nicht, dagegen bei anderen 
Apocyneensamen: Beaumontia, Holarrhena, gefunden habe (pag. 408, 
425, 426.).. Da aber die Samen in den Epidermiszellen der Samen- 
schale die ringförmige Verdickung zeigen, so gehört die Kapsel doch 
zweifellos zu Strophanthus. 

8. Während bei den sub 2—7 beschriebenen Samen sich nur 
mit grölserer oder geringerer Bestimmtheit im allgemeinen sagen 
liefs, dafs sie von anderen Arten als den offizinellen abstammten, da 
es nicht möglich gewesen ist, sie auf solche zurückzuführen, folgen 
aun einige Samen, die von genau bestimmten Arten abstammen: 

a) Strophanthus Fischeri Aschs. et Schum. (pag. 403). Samen 
16—17 mm lang, 4—5 mm breit (Index 23,5—31,4), am unteren 
Ende spitzer, wie die meisten anderen Sorten. Farbe schön 
glänzend braungelb, Behaarung stark, fast pelzig, Anordnung 
der Haare in Reihen nur stellenweise deutlich, dieselben ver- 
hältnismälsig weit am Stiele des Haarschopfes hinaufreichend. 
Stiel des Schopfes 3cm lang, der Schopf selbst 5 cm. Ge- 
schmack wenig bitter. Reaktion auf Strophanthin: Der ganze 
Querschnitt wird mit Schwefelsäure rotgelb, nur einige Zell- 
komplexe des Embryo und die mittelste Gefäfsbündelanlage 
desselben werden rot, später verbreitet sich die rote Farbe 
und nach zwanzig Minuten ist der ganze Querschnitt rot ge- 
worden, nach weiteren zehn Minuten ist die Farbe verblafst. 


422 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


ÖOxalatdrusen fehlen im Embryo. Diese Samen sind durch die 
glänzend braungelbe Farbe sehr ausgezeichnet. Strophanthus 
Fischeri hat übrigens von dem mir vorliegenden Material aus 
Ostafrika die nördlichste Heimat, wogegen Strophanthus in 
Westafrika viel weiter nördlich (Senegal) geht. 


b) Strophanthus Emini Aschs. Samen 15 mm lang, 4,5 mm breit 
(Index 30), von auffallend gestreckt rhombischer Gestalt, daher 
am unteren Ende ziemlich spitz. Farbe graugrün. Behaarung 
deutlich in Reihen angeordnet, Stiel des oberen Haarschopfes 
6,5 cm lang (der längste überhaupt von mir beobachtete), der 
Schopt selbst 5,5 cm lang. Geschmack wenig bitter. Reaktion 
auf Strophanthin: Querschnitt mit Schwefelsäure gelbbraun, 
nach 1/, Stunde schmutzigrot. Drusen von ÖOxalat in den 
Kotyledonen vorhanden, aber spärlich. Im Endosperm kein 
Amylum. — Diese Samen sind den schwächer behaarten 
Kombe&sorten sehr ähnlich, aber natürlich durch den Mangel 
an Strophanthin und die Behaarung der Kapsel (pag. 405) sehr 

genau unterschieden von ihnen. 


9. Zum Schlufs nun noch einige Bemerkungen über die Samen 
von Strophanthus dichotomus DC. aus Java. Die Samen sind 16,5 
bis 17,0 mm lang, 4,5—5,0 mm breit (Index 27,2—29,4). Kahl, 
schwach längsrunzelig, Farbe lebhaft braun. Stiel des Haarschopfes 
l cm lang, der Schopf selbst 4 cm. Endosperm schmal. Der Quer- 
schnitt wird mit Schwefelsäure gelb. Amylum im Endosperm sehr 
spärlich. 


Es ist nicht möglich gewesen, die meisten der vorstehend be- 
schriebenen Sorten auf bestimmte Strophanthus-Arten zurückzuführen, 
da bei den Beschreibungen derselben die Früchte und der Samen 
nur in zweiter Linie oder gar nicht berücksichtigt worden sind. Es 
ist daher versucht worden, die Samen nach ihrer Beschaffenheit 
selbst zu gruppieren und sie einigermafsen zu trennen. (Bezüglich 
der in der botanischen Litteratur beschriebenen Strophanthussamen 
sei darauf aufmerksam gemacht, dafs der von Stein beschriebene 
Strophanthus Ledienii von Vivi am Congo (Gartenflora 1887 Taf. 1241) 
Samen hat, die einen Schopf zeigen, der bis zum Grunde behaart 
ist, also keinen unbehaarten Stiel zeigt. Die Früchte scheinen den 
Strophanthus hispidus-Kapseln sehr ähnlich zu sein.) 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 423 


Anhangsweise werden nun noch einige Samen besprochen, die 
als Verwechslungen und Verfälschungen der Strophanthussamen 
oder wegen ihrer nahen Verwandtschaft mit denselben hierher ge- 
hören: 

l. Strophanthus von Westafrika. Unter diesem Namen 
liegt mir eine von Christy in London stammende Droge vor, die aus 
einer 12 cm langen, der Länge nach aufgesprungenen Kapsel be- 
steht, die am oberen Ende eine breite Narbe zeigt. Die Samen 
sind zum grölsten Teil herausgequollen. Sie sind von schwarzbrauner 
‚Farbe, etwa 7 mm lang, 2 mm breit, ganz flach, warzig-runzelig, auf 
der einen flachen Seite der ganzen Länge nach von einer Raphe 
durchzogen. Die etwas verbreiterte Spitze des Samens trägt einen 
ansehnlichen,, ungestielten Schopf 6 cm langer Haare, die stark ver- 
holzt sind. Anscheinend ist die Frucht unreif gesammelt, da sich 
vom Embryo resp. Endosperm in den Samen so gut wie Nichts 
findet. Die Samenschale zeigt (pag. 407) 1. eine besonders ausge- 
bildete Epidermis, 2. eine Schicht braungefärbter, stark zusammen- 
gepre/ster Zellen, die im äulseren Teile reichlich Einzelkrystalle von 
oxalsaurem Kalk enthält, und 3. eine Schicht farbloser Zellen (Nähr- 
schicht). In der letzteren finden sich zahlreiche Pilzsporen. Die 
Epidermis besteht aus stark verdickten, braunen Zellen, die an den 
eben erwähnten Warzen gruppenweise in die Länge gedehnt sind. 
erafel II. 10. IL 1.) 

Selbstverständlich hat dieser Same mit Strophanthus nichts zu 
thun und ist völlig wertlos; eine Verwechslung erscheint auch bei 
der sehr auffallenden Verschiedenheit beider ausgeschlossen. Offenbar 
ist er identisch mit dem von Christy, New Commercial plants and 
drugs X. 1887 pag. 10 fig. 5 abgebildeten, als von Natal stammend 
bezeichneten Samen. Ob derselbe überhaupt von einer Apocynee 
stammt, ist nicht ganz sicher; es würde wohl ebenso berechtigt sein, 
ihn den Asclepiadeen zuzuzählen. 

2. Kicksia africana Benth. Diese Verfälschung der Stro- 
phanthussamen ist zuerst 1887 (Pharm. Ztg. 1887 pag. 38) in London 
aufgetaucht, doch konnte Holmes die Samen erst nach längerem 
Schwanken, als sie mit den Kapseln vorlagen, auf die obengenannte 
Pflanze zurückführen. 

Die vollständigen Samen haben an dem einen Ende einen 4 cm 
langen Fortsatz, der seiner ganzen Länge nach mit gegen den Samen 


424 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


gerichteten Haaren besetzt ist. Dieser Fortsatz befindet sich am 
unteren Ende des Samens (daher ist die Figur bei Christy ]. c. pag. 10 
fig. 7 umgedreht zu denken) und vor allen Dingen ist er nicht ein 
behaarter Funiculus, wie sich angegeben findet; vielmehr ist der 
Same in der Kapsel am oberen, entgegengesetzten Ende befestigt in 
ähnlicher Weise wie bei Strophanthus. Der Haarschopf bei Kicksia 
entspricht also der grundständigen coma bei Strophanthus, deren 
Haare ebenfalls gegen den Samen gekehrt sind. Der Same selbst 
ist schmal (2—3 mm breit, 12—18 mm lang), nach beiden Enden 
zugespitzt, auf der einen Seite gewölbt, auf der anderen flach oder 
eingedrückt, auf welcher letzteren der ganzen Länge nach die Raphe 
verläuft. Die Aufsenseite ist lebhaft rotbraun, fein längsgerunzelt, 
kahl. Auf einem Querschnitt erkennt man die braune Samenschale, 
das Endosperm und den Embryo, dessen Kotyledonen gefaltet (plicatae) 
oder ineinander gefaltet (contortoplicatae) sind. Die Samenschale 
besteht wie bei Strophanthus aus drei Zellschichten, die Epidermis- 
zellen sind braun, stark vergröfsert, an den Falten zu mehreren 
Lagen übereinander geschichtet, mit farblosen Verdickungsleisten 
versehen, die untereinander oft netzförmig anastomosieren. Diese 
Leisten sind besonders deutlich auf Tangentialschnitten am Grunde 
der Zellen zu sehen, wo sie an die ähnlichen Leisten der veiden 
kahlen Strophanthussamen (pag. 408, 420) erinnern. Die dickwandigen 
Zellen des Endosperms enthalten Aleuronkörner mit ganz vereinzelten 
Globoiden wie Strophanthus, die dünnwandigen Zellen des Embryo 
ebenfalls Aleuronkörner mit je einem grolsen Globoid und ausserdem 
Oxalatdrusen (Tafel III. 2. 3. 4. 5. 7). 

3. Holarrhena antidysenterica Wallich. Diese Samen 
verdienen hier wenigstens eine kurze Besprechung. da sie als medi- 
zinisch verwendete Apocyneensamen im Vergleich zu den Strophanthus- 
samen interessieren und da andererseits anfangs die Kicksiasamen 
von einer Holarrhena, nämlich Holarrhena africana DO. abgeleitet 
wurden. 

Die Samen sind seit mindestens 12 Jahren aus Östindien im 
Handel, haben aber erst in letzterer Zeit einige Aufmerksamkeit 
erregt, nachdem man das aus der Rinde (der Conessi bark,) schon seit 
längerer Zeit bekannte Alkaloid Conessin als identisch mit dem in. 
den Samen enthaltenen Wrightin erkannte. Diesen Namen erhielt 
das Alkaloid, da man glaubte, die Samen stammten von Wrightia 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 425 


antidysenterica R. Br. Die richtige Abstammung der Samen ist erst 
seit 1887 bekannt. Trotzdem tritt eine gewisse Unsicherheit bezüg- 
lich derselben noch immer zu Tage (z. B. Heger, Neue Arzneimittel 
1891. Real-Encyklopädie d. ges. Pharm. III. 249), so dafs man die 
Gattungen Holarrhena und Wrightia auch als synonym bezeichnet 
findet. Es erscheint daher nicht überflüssig, die Unterschiede beider 
Samen nebeneinander zu stellen: Die Samen von Wrightia sind am 
unteren Ende beschopft, die von Holarrhena am oberen (obschon in 
der Handelsware der Schopf natürlich fehlt, ist doch meist die Stelle, 
wo er abgebrochen, deutlich zu sehen, sie liegt an demselben Ende 
des Samens wie die Radicula). Ferner wird der Geschmack von 
Wrightiasamen als ein sülser, haselnufsartiger angegeben, wogegen 
die Holarrhenasamen stark bitter schmecken. Was man sonst an 
Unterschieden angegeben findet, scheint auf ungenaue Beobachtung 
zurückzuführen zu sein, so soll ein Endosperm bald vorhanden sein, bald 
fehlen, bald sollen die Kotyledonen gerollt und bald gefaltet sein. 
Mir lagen zur Untersuchung drei verschiedene Handelssorten 
vor, die 1. als Kanva Indarjao, 2. als Sem. Indageer und 3. als Conessi 
seed bezeichnet waren. Alle drei Sorten sind identisch und stammen 
von Holarrhena. Die Samen sind S—16 mm lang, 2—3 mm breit, 
von graubrauner bis brauner Farbe, am oberen Ende mit einer 
wulstigen dunkelbraunen Narbe, an der der Haarschopf abgebrochen 
ist. Auf der einen Seite sind sie konvex, auf der anderen flach 
oder meist vertieft und mit der hell gefärbten von der Spitze bis 
fast zum Grunde reichenden Raphe versehen. Unter der Lupe er- 
scheinen sie unregelmäfsig längsrunzelig. Auf dem Querschnitt sieht 
man innerhalb der braunen Samenschale ein dünnes Endosperm und 
den Embryo, dessen Kotyledonen gefaltet (plicatae) sind. Zwischen 
den Kotyledonen ist es leicht, weitere zusammengepresste Reste des 
Endosperms zu finden. Die Samenschale ist nach demselben 
Plan gebaut, wie die bisher besprochenen. Man unterscheidet: 
1. Die Epidermis, die aus grolsen, tonnenförmig hervorgewölbten 
Zellen besteht, die in der äufseren Hälfte netz- oder leisten- 
föormig verdickt sind. 2. Eine Schicht etwas zusammen- 
geprelster, tangential gedehnter Zellen, die in ihrer äufseren 
Partie ansehnliche Einzelkrystalle von oxalsaurem Kalk enthalten, 
und 3) einer Schicht dicht zusammengeprel/ster Zellen (Nährschicht), 
Das Endosperm enthält neben Fett, Aleuronkörner und vereinzelt 


426 Hartwich. Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Stärkekörnchen, deren Körnchen bis 2,5 « grolssind. In den Aleuron- 
körnern lassen sich Globoide nicht nachweisen. Der Embryo enthält 
ebenfalls Aleuronkörner mit Globoiden, welche ersteren etwa 0,5 « 
grofs sind, Fett, Stärke in bis 2 « grolsen Körnern und oxalsauren 
Kalk. Der letztere kommt in Drusen, von denen dann jede Zelle 
eine enthält, oder in Einzelkrystallen vor, welche sich in den Zellen 
dann in grölserer Anzahl finden. — Der Geschmack der Samen ist 
bitter. Der Querschnitt wird mit Schwefelsäure schön rot. (Tafel 
116.8. IV. 1.) 

4) Beaumontia grandiflora Wallich. Obgleich diese Samen 
als Vertäischungen oder Verwechslungen der Strophanthussamen 
nicht in Betracht kommen, so ist es doch interessant, sie zum Ver- 
gleich heranzuziehen, da sie wie Strophanthus flach auf einander 
liegende Kotyledonen haben und eine Samenschale zeigen, die nach 
demselben Plan wie die übrigen gebaut, abermals eine andere Ausbildung 
der Epidermis zeigt. 

Die Samen sind 20—23 mm lang, 4—7 mm breit, von brauner 
Farbe, unter der Lupe kräftig längsrunzelig, meist auf einer Seite 
etwas konvex, auf der andern, wo sich die Raphe befindet, flach, oft 
auch der ganze Same durch Druck in der Kapsel unregelmäfsig 
kantig. Oben hat der Same einen schönen Schopt weilsglänzender 
Haare, die bekanntlich hier und da als Gespinnst und Stopfmaterial 
verwendet werden und sich dazu mehr eignen, wie die gleichfalls 
empfohlenen Haare der Strophantussamen (v. Höhnel, Mikroskopie 
der technisch verwendeten Faserstoffe..) Auf dem Querschnitt sieht 
man innerhalb der braungefärbten Samenschale das ziemlich starke 
Endosperm und die flach auf einander liegenden Kotyledonen und in 
deren Mitte die Gefäfsbündelanfänge. Unter dem Mikroskop erkennt 
man, dafs die äufserste Schicht der Samenschale aus sich nach aufsen 
vorwölbenden Zellen besteht, deren Aufsenwand stark verdickt ist. 
Die verdickten Partien sind deutlich geschichtet. Das übrige Gewebe 
der Samenschale zeigt den gewöhnlichen Bau, doch liegen hier die 
Oxalatkrystalle weiter nach innen, wie z. B. bei Holarrhena. Die 
Epidermiszellen sind nur schwach verholzt, stärker die nächst tiefer 
gelegenen Schichten. Die Zellen des Endosperm enthalten zahlreiche 
Aleuronkörner, die durch gegenseitigen Druck kantig sind, ferner in 
einzelnen Körnchen Amylum. Einzelne Zellen enthalten kein Aleuron, 
sondern Fett und Stärkekörnchen. Die Zellen der Kotyledonen 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 427 


enthalten ebenfalls Aleuron in runden Körnern mit vielen ganz 
kleinen Globoiden, wie Strophanthus. Jede Epidermiszelle der 
Kotyledonen enthält eine schön ausgebildete Oxalatdruse.. Der Ge- 
schmack der Samen ist schwach bitter. Ein Querschnitt färbt sich 
mit Schwefelsäure erst gelb, später rot. (Tafel IV, 2. 3. 4.) 

Nachschrift: Nach völliger Fertigstellung vorstehender Arbeit 
erhielt ich eine neue Publikation über Strophanthus, nämlich: „Über 
Strophanthus mit Berücksichtigung der Stammpflanzen der „Semen 
Strophanthi* von Dr. Ferd. Pax. Mit Tafeln X u. XI. Engler, 
Botanische Jahrbücher XV Band 3. Heft 1892.“ Meine Hoffnung, 
hierdurch reichlicheren Aufschlufs über die Abstammung von ver- 
schiedenen Handelssorten zu erhalten, ist nicht in dem Mafse in Er- 
füllung gegangen, wie ich sie gehegt hatte. Zur Einteilung werden 
im Wesentlichen Merkmale der Blüten und der Nervatur der Blätter 
benutzt, da eben, wie ich auch pag. 23 andeutete, die dazu gehörigen 
Früchte meist nicht bekannt sind. 

Doch hält es der Verf. für höchst wahrscheinlich, dafs eine, von 
ihm als „kurzfrüchtiger Strophanthus“ bezeichnete Sorte, die mit den 
von mir auf pag. 19 unter 4 beschriebenen Sorten vergleichbar zu 
sein scheint, von Strophanthus sarmentosus D. ©. abstammt. 

Hinsichtlich der Blondelschen Sorten (pag. 3) hält es der Verf. 
immerhin für möglich, dals sie zu folgenden Sorten gehören: 
1. Str. minor von Strophanthus scaber Pax, 2. Str. glabre du Gabon 
(identisch mit meiner No. 6a. pag. 420) von Strophanthus gracilis 
Schum. et Pax. 3. Str. laineux du Zambeze (=Str.lanuginosus pag. 402) 
von Str. Petersianus Klotzsch. 4. Senegal-Strophanthus (mit keiner der 
von mir beschriebenen Sorten identisch, da die von Pax genannte Sorte 
Samen hat, deren Granne vom Grunde aus behaart ist, also zwischen 
Samen u. Schopf keine kahle Parthie zeigt) von Str. laurifolius D. C. 

Über den auch von mir pag. 422 erwähnten Str. Ledienii, dessen 
‚Samen in der Steinschen Abbildung einen bis zum Grunde behaarten 
Schopf zeigt, sagt Pax pag. 368: dafs die Zeichnung falsch sei, 
„wie bei allen Arten der Gattung, so schaltet sich auch hier zwischen 
dem Haarschopf und dem Samen ein kahler Teil der Granne ein.“ 
Da das bei allen Arten der Gattung der Fall sein soll, so steht 
damit die Angabe über Str. laurifolius in einem Widerspruch, den 
ich nicht zu lösen vermag. Oder sollte es sich bei dem Paxschen 
Str. vom Senegal vielleicht um einen Samen handeln, wie mein Str. 


4235 Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


von Westafrika (pag. 423.), der aber sicher nicht zur Gattung Stro- 
phanthus gehört. 

Schliefslich noch die Bemerkung, dafs nach meinen Beobachtungen 
(pag. 406.) die Kapsel von Str. Emini nicht nur „warzig rauh“, wie 
Pax anführt, sondern „dicht behaart“ ist. 


Erklärung der Tafeln. 


TarelT: 


. Kapsel von Deutsch-Ost-Afrika. 

. Kapsel vom Niger. 

Kapsel von Str. Baol vom Senegal. 

. Kapsel von Togoland. 

. Kapsel von der Insel Los. 

. Faserbündel aus dem Perikarp einer Kapsel von Mozambique. Die 
Fasern sind stark verdickt und lassen die primäre Membran deut- 
lich erkennen. 

. Querschnitt durch die innerste „strohartige“* Schicht des Perikarps 
von Str. Emini. 

8. Querschnitt durch das Perikarp von Str. Emini. 

9. Gefälsbündel mit Beleg von Bastfasern aus 8. 

10. Querschnitt durch einen Samen von Togoland a. Raphe. 

11. Tricotyler Same von Deutsch-Ost-Afrika. 

12. Tricotyler Same mit gekrümmten Cotyledonen aus einer Kombesorte. 


Tafel, IE 


1. Vollständiger Strophanthussame mit der grundständigen coma. 

2. unteres Ende eines Haares der grundständigen coma im trockenen 
Zustande. 

3. Stück des Querschnittes durch einen Cotyledon, der die Gefäls-' 
bündelanlage und zahlreiche Milchsaftschläuche zeigt. Der Schnitt 
ist entfettet und dann mit Kongorot gefärbt. 

4. Längsschnitt wie Nr. 3. 

5. Endospermzeilen einer stärkehaltigen Sorte. Der Schnitt ist ent- 
fettet, die Aleuroukörner mit Wasser entfernt, so dals nur die 
Vakuolen, in denen sie gesessen, sichtbar sind und dann mit Jod- 
wasser gefärbt. 

6. Kahler Same von Lagos- 


SSupomwr 


-1 


u | 


09 


> SS MD — 


Hartwich, Beitrag zur Kenntnis der Strophanthussamen. 429 


. Tangentialschnitt durch die Epidermis der Samenschale eines kahlen 


Lagossamens; a) ein kurzes Haar, b) balkenartige Verdickungen. 


. Querschnitt durch die Samenschale eines kahlen Lagossamens. 
. Querschnitt durch die Samenschale eines Samens von der Insel Los 


mit zahlreichen Krystallen von oxalsaurem Kalk. 


. Sogenannter Strophanthus von Westafrika. Natürl. Grösse. 


Tafel III. 


. Querschnitt durch die Samenschale von Tafel II. 10. a) Oxalat- 


krystalle. b) Pilzsporen. 


. Tangentialschnitt durch die Epidermis der Samenschale von Kicksia 


africana. 


. Querschnitt durch die Samenschale von Kicksia. 

. u. 5. Querschnitt durch die Samen von Kicksia. a. Raphe. 

. Querschnitt durch den Samen von Holarrhena antidysenterica. 

. Querschnitt aus den Cotyledonen von Kicksia, mit Aleuronkörnern, 


einer Oxalatdruse und einem Sphaerokrystall von Oxalat. 


. Querschnitt durch die Samenschale von Holarrhena. 


Palel EV: 


. Querschnitt durch die äulsere Parthie des Embryo von Holarrhena. 
. Querschnitt durch die äulsere Parthie des Embryo von Beaumontia. 
. Querschnitt durch den Samen von Beumontia. a. Raphe. 

. Querschnitt durch die Samenschale von Beaumontia. 


430 Hartwich, Beiträge zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Tafel I 


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a N RR 


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TE 


10. 


Hartwich. Beiträge zur Kenntnis der Strophanthussamen. 431 


Tafel II. 


432 Hartwich, Beiträge zur Kenntnis der Strophanthussamen. 


Tafel III. 


Hartwich, Beiträge zur Kenntnis des Strophanthussamen. 433 


Tafel IV. 


Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 6. Hft. 28 


434 F.W. Semmler,. Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 


Über das ätherische Ol des Knoblauchs 


Allium sativum) 
von Dr. F. W. Semmler. 
(Eingegangen den 29. VII. 1892.) 

Die äulserst intensiv riechende Knoblauchpflanze hat schon früh 
die Chemiker auf den riechenden Bestandteil in derselben, auf das 
ätherische Öl, aufmerksam gemacht; jedoch die ungemein schwierige 
Darstellung eines Öls, welches in verhältnismäfsig nur sehr geringer 
Menge in der Pflanze enthalten ist, sowie die Schwierigkeiten, welche 
die Untersuchung bot, liefs letztere erst im Jahre 1844 durch Wert- 
heim erfolgen. Dieser bekannte Forscher hat in dem ätherisshen 
Öle des Knoblauchs ein neues Radikal C,H, aufgefunden und Allyl 
genannt. Da es gelang, auf synthetischem Wege im Propylenyljodid 
ein Radikal zu erhalten, welches die gleiche Zusammensetzung C,H, 
zeigte, da es gelang, von diesem Propylenyljodid aus Propylenyl- 
alkohol und durch Behandlung mit Rhodankalium künstliches Senföl 
zu erzeugen, welches sich mit dem natürlichen als durchaus identisch 
erwies, und da schlieislich hinzukam, dafs Wertheim bald darauf 
nachwies, dafs man vom Knoblauchöl aus zum Senföl und umgekehrt 
gelangen könnte, nahm man keinen Anstand mehr. für das Radikal 
C,H, den bequemeren Namen Allyl allgemein anzunehmen, und es 
ist gerade dieses Radikal in natürlich vorkommenden organischen 
Verbindungen sehr häufig aufgefunden worden. 

Eine neue Untersuchung des Knoblauchöls schien daher nicht 
geboten und versprach keine neuen Resultate zu liefern, zumal da 
es Hofmann bald darauf gelang, vom Propylenyljodid aus ein Pro- 
pylenylsulfid zu gewinnen, von welchem er sagt. dafs es nach Knob- 
lauch rieche, bei 140° siede und identisch wäre mit dem natürlichen 
Knoblauchöl. Man sieht hieraus, dals das Vorkommen des Propyle- 
nylsulfids im Knoblauchöl äulserst wahrscheinlich, ja, bis zur Gewils- 
heit gebracht war. Dennoch stiegen mir Zweifel auf beim Studium 
der Wertheimschen _Arbeit, welche vermehrt wurden durch die 
Erfahrungen, welche ich bei der Untersuchung anderer schwefel- 
haltiger Öle (Allium ursinum“ und Asa foetida”*) gewann. Die 
durchaus falsche Ansicht, welche bisher über das ätherische Öl der 


*) Annal. d. Chemie 241, 9%. 
**) Dieses Archiv 1891, 1. 


F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 435 


Asa foetida geherrscht hatte, die Übereinstimmungen, welche beide 
Öle, jenes der Asa foetida und des Knoblauchs, in mannigfachen 
Punkten zeigen, liefsen mich, besonders, da ich nachgewiesen hatte, 
dafs im ersteren auch nicht eine Spur Allylsulfid vorhanden ist, die 
Arbeit von Wertheim noch einmal aufnehmen, 

Die Fabrik von Schimmel & Comp. in Leipzig hatte aus 900 
Kilo S00 g Öl, also eine Ausbeute von 0,09 Proz. erhalten. 


Zusammensetzung und Eigenschaften des Rohöls. 


Das Knoblauchöl ist von gelber Farbe und zeigt den intensiv 
charakteristischen Geruch des Knoblauchs. In eine Kältemischung 
gestellt. schied das Öl kleine Kryställchen, jedoch nur in äufßserst 
geringer Menge ab. Spezifisch ist es schwerer als Wasser und 
stimmt in dieser Hinsicht vollkommen mit dem Wertheimschen 
überein; sein Rohöl war jedoch von dunkelbrauner Farbe, vielleicht 
durch die unvollkommene Destillation etwas zersetzt; p. sp. fand 
ich bei 14,50 C = 1,0525. Wertheim sagt weiter, dafs es ihm nicht 
gelungen sei, dieses Öl, welches spezifisch schwerer war als Wasser, 
zum Destillieren zu bringen. Erhitzt man es nämlich bis cr. 1500, 
so tritt äufserst lebhafte Zersetzung unter Entwicklung abscheulich 
riechender Gase ein. Jedoch gelingt es nach Wertheims Angaben, 
im Kochsalzbade ?/; des Rohöls abzudunsten, Anteile, welche spezi- 
fisch leichter als Wasser seien. Es ist mir nun durchaus nicht 
gelungen, Öl im Kochsalzbade abdunsten zu können, ja, ich habe es 
Stunden hindurch bei einer Temperatur von 130° stehen lassen, ohne 
dafs auch nur eine Spur eines Öles abgedunstet wäre. 


Das Rohöl des Knoblauchs ist spezifisch bedeutend schwerer 
als das Öl der Asa foetida. Es unterscheidet sich ferner wesentlich 
von demselben durch seine optische Inaktivität: Knoblauchöl lenkt 
den polarisierten Lichtstrahl nicht ab. 

Bringt man Kalium mit dem Rohöl zusammen, so tritt äulserst 
lebhafte Gasentwicklung ein: es resultiert schliefslich ein dicker Brei, 
aus welchem sich nichts abdestillieren läfst: auch geht nichts davon 
in ätherische Lösung, nur Alkohol nimmt geringe Spuren einer orga- 
nischen Substanz auf: hauptsächlich entsteht bei dieser Reaktion 
Schwefelkalium. — Die Haloide werden lebhaft absorbiert; es entsteht 
ein Bromadditionsprodukt, welches jedoch nicht analysenrein erhalten 

23* 


436 F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 


werden kann. — Salpetersäure wirkt explosionsartig ein unter Bil- 
dung von Schwefel- und Oxalsäure. 

Die qualitative Analyse ergab die Anwesenheit von Schwefel 
und die Abwesenheit von Stickstoff; ferner erwies sich die Substanz 
den Analysen nach frei von Sauerstoff, ein weiterer Unterschied von 
Asa foetida-Öl. 

Die Verbrennungen wurden mit chromsaurem Blei, zu Anfang 
im Luftstrom, die Schwefelbestimmungen nach der Cariusschen 
Methode ausgeführt. 


Verbrennungen. 


1) 0,2010 g gaben 0,3290 g CO, = 44,61 Proz. C 
u = 20,21: E50 =\1,669 
2)02B1g „ 049500, - Mi „ C 
B »„ 0,1280 g H,O — .‚667 „vH 
3) 0,2315 g » „0,8211 8 BaS0, = 74882 Sr 
Durchschnittswerte — 44,63 Proz. C 
65632008 RE 
BT 
100,08 Proz. 


War nun das Rohöl eine einheitliche Verbindung, so mulste es 
sich auch im Vakuum bei einer konstanten Temperatur überdestil- 
lieren lassen; da dies aber nicht der Fall ist, so kann man aus obigen 
Prozentzahlen keine Formeln berechnen. 

Es zeigen die gefundenen Prozentzahlen einen bedeutenden 
Unterschied von jenen für das Öl der Asa foetida gefundenen. Knob- 
lauchöl enthält ca. 20 Proz. C und 4 Proz. H weniger. Aber auch 
die von Wertheim gefundenen Zahlen weichen bedeutend von den 
meinigen ab; leider giebt uns Wertheim keine Analyse von seinem 
Rohöl, sondern nur von einem abgedunsteten Öle, welches durch 
Abdunsten mehrfach rektifiziert war; es erhält folgende prozentische 
Zusammensetzung: 


II. II. 
C 59,06 60,57 55,39 
H 8,19 8,42 7,70 


Unterwirft man das Rohöl der fraktionierten Destillation im 
Vakuum bei 16 mm Druck, so läfst es sich bis auf einen geringen 
Rückstand übertreiben. Die Destillation beginnt bei ca. 65° und 
steigt allmälig bis 125°, ohne dafs ein bestimmter Siedepunkt zu er- 
kennen wäre; es wurden bei dem erstmaligen Fraktionieren 3 Teile 
aufgefangen: 1) bis 100°, 2) 100- 1250, 3) der Rest, welcher bis 125° 


F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 437 


nicht destilliert war; bis 100° gehen ca. 68 Proz. über, 100—125 9 
ca. 21,5 Proz.; Rest 10,5 Proz. Um jedoch die einzelnen Bestand- 
teile weiter soviel als möglich zu trennen, mufste mehrere Male 
fraktioniert werden. Es wurden auf diese Weise vier Fraktionen 
erhalten, in welchen die Hauptbestandteile des Rohöls enthalten sind. 
I. Fraktion bis 70°, II. Fraktion 70—84°, III. Fraktion 112—122°, 
IV. Fraktion Rest. In der II. und III. Fraktion sind prozentisch die 
Hauptanteile des Öls anzutreffen. 


Zusammensetzung der I. Fraktion. 


Wie alle Fraktionen zeigt auch die erste hellgelbe Farbe; ihr 
Geruch ist deutlich jener der Küchenzwiebel, wenig an Knoblauch 
erinnernd. Optisch inaktiv wie das Rohöl. Das spezifische Ge- 
wicht beträgt bei 15° C 1,0231. Kalium zersetzt das Öl unter Gas- 
entwicklung. 

Verbrennungen. 
1) 0,2991 g Substanz gaben 0,5287 g CO, = 48,21 Proz. C 
bs R Eee: 
2) 0.2901 g 5 „. 0,5126: 2:60, — 48,19 7,,W€e 
„ i ;» %02c H0= Te, H 
Durchschnittswerte = 48,20 Proz. C 
LH) 
23.98 4253.18 
100,00 Proz. 

Diese Zusammensetzung führt auf die Formel (C;H,S)n. Da 
das erste Glied dieser Reihe wegen des hohen Siedepunkts der 
Fraktion nicht vorliegen kann. so kommt der Körper 0,H,5S, in 
Betracht. Die Dampfdichtebestimmungen wurden wegen der leichten 
Zersetzbarkeit des Öls in hoher Temperatur in eine Stickstoffatmo- 
sphäre ausgeführt; d = 5,32 = 154 als Molekulargrölse. 

WErBSE Eauung { 

Der Siedepunkt dieses Körpers liegt bei 16 mm Druck bei 
66—69°. Um seine Natur als Disulfid darzuthun, wurde er mit 
Zinkstaub bei ca. 130° behandelt; es resultiert ein Körper, welcher 
bedeutend weniger Schwefel als das angewandte Öl enthält und welcher 
in seiner Zusammensetzung dem Körper C;H,»S sehr nahe kommt. 
Jedoch vollzieht sich bei all diesen Körpern des Knoblauchöls die 
Reducktion nicht so glatt, als wie beim Asa foetida-Öl, stets wird 


” 


438 F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 


Kohlenstoff zu wenig gefunden, indem sofort weiter gehende Neben. 
reaktionen eintreten. 
Verbrennung des reduzierten Körpers. 
0,1611 g gaben 0,3612 g CO, = 61,15 Proz. C. 
ea si 
CgH,sS erfordert 62,06 Proz. C 
103371, IC HE 
Es ist dieses Disulfid im Knoblauchöl zu ungetähr 6°, ent- 
halten. Es giebt mit alkoholischem Sublimat, Goldchlorid u. s. w, 
voluminöse Niederschläge, die in Alkohol wenig löslich sind. Durch 
Öxydationsmittel wird es zu Kohlensäure, Oxalsäure, Schwefelsäure 
und niedrigen Fettsäuren bis zur Propionsäure oxydiert. Es ist 
daher das Disulfid C; Hj, S,; allen Reaktionen nach als Allyl-Propyl- 
disulfid anzunehmen, womit auch die optische Inaktivität überein- 
stimmt. 
C,;,H;,S 
C;, HS; = 
C,H, S. 


Zusammensetzung der Ill. Fraktion Sdp. 70—84° b. 16 mm, 


In dieser Fraktion ist der Hauptbestandteil des Rohöls, ca. 
60 Proz., enthalten. Lichtgelb von Farbe, zeigt sie den reinen 
Knoblauchgeruch. Optisch inaktiv. Das spezifische Gewicht be- 
trägt bei 14,8% C. 1,0237. Man erkennt aus dem spezifischen Ge- 
wicht der beiden ersten Fraktionen, dafs sie nicht sehr von jenem 
des Rohöls abweichen, dafs andererseits in dem Rohöl noch ein Be- 
standteil vorhanden sein muls, welcher spezifisch schwerer als das 
Rohöl ist; derselbe findet sich in der III. Fraktion. — Fraktioniert 
man die II. Fraktion in mehrere Teile, so zeigen die einzelnen 
Teile vollkommen gleiches spezifisches Gewicht und gleiche 
chemische Zusammensetzung, ein Zeichen, dass die Fraktion homogen 
ist. Der Siedepunkt des Öls liegt jedenfalls zwischen 79 und 81°, 
da zwischen diesem Temperaturintervall bei weitem die Hauptmenge 
der Fraktion übergeht. 
Verbrennungen: 

1) 0,2774 g gaben 0,4973 g CO, = 48,86 Proz. C 

s .„ 0175 H0=6% „H 

2) 0312 g „ 05600 g CO, = 4,92 „ C 

= 0,1974 0 — 102 Se 

3) 0,2294 g ».. 0,7242, g BaSO,— 44,08 .;. S 


F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 439 


Durchschnittswerte —= 48,89 Proz. C 
6,99 AH 
44,08 „ Ss 
99,96 Proz. 

Diese Elementarzusammensetzung führt auf die Formel 

(C, H,)a Ss)n, welche verlangt 
49,31 Proz. © 
GESuH JH 
43,34 „8 

Obige Analysen haben etwas zu wenig Kohlenstoff ergeben; 
man erhält jedoch das Öl durchaus farblos, wenn man über wenig 
Kalium im Vakuum destilliert; der Siedepunkt liegt bei 78—80° bei 
16 mm Druck, entsprechend einem Siedepunkt von ca. 196—200° bei 
750 mm. Da die Formel C,H,S unmöglich ist, kommt das Glied 
(C, H,), Ss in Frage. Die Dampfdichtebestimmung ergab d = 5,2 = 150 
als Molekulargröfse; 0, Hjg Ss = d = 5,05 = 146 als Molekulargröfse. 

Demnach liegt der Körper Cg Hyjn Ss vor. Reduktionsversuche 
mit Zinkstaub bei gewöhnlichem Druck ergaben ein farbloses äthe- 
risches Öl, welches der Formel C,H,.„S sehr nahe kommt; Neben- 
reaktionen lassen auch hier die Reduktion nicht zu einer ganz 
glatten werden. 

0,1815 g gaben 0,4146 g 00, — 62,30 Proz. C 
MerE ».  OMA72#0 E50, — 30 H 
C;, H,,S erfordert 63,16 Proz. © 
BT per 

Der Siedepunkt dieses Körpers C; Hjo S liegt bei gewöhnlichem 
Druck bei 135—139°. 

Es läfst diese leichte Reduzierbarkeit durch Zink darauf schliefsen, 
dafs ein Disulfid in dem Körper C; H,o Ss vorliegt. Ein Mercaptan 
kann es nicht sein, da Quecksilberoxyd selbst bei einer Temperatur 
von 100° nicht einwirkt,; Kalium entwickelt allerdings Wasserstoft, 
aber es entstehen neben Schwefelkalium nur geringe Mengen einer 
organischen Verbindung. — Die Haloide werden von dem Disulfid 
in bedeutender Menge absorbiert, so dafs ungesättigte Radikale an- 
genommen werden müssen. 


” 


Die Oxydation mit Salpetersäure in noch so verdünntem Zu- 
stande ergiebt nur Kohlensäure, Oxalsäure, Ameisensäure und Essig- 
säure. Ebenso verhält sich Kaliumpermanganat und Chromsäure. 
Diese vollständige Zersetzung durch Oxydationsmittel neben den 


440 F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 


andern Reaktionen berechtigt uns zu der Annahme, dafs an jedes 

Schwefelatom die Allylgruppe gebunden ist, dafs also der Körper 
0, H, S—S C, H, 

vorliegt. 


IH. Fraktion. Siedepunkt 112—122° bei 16 mm. 


Bei der fraktionierten Destillation steigt das Thermometer ziem- 
lich schnell von 84°—112°; von dieser Temperatur ab geht wiederum 
mehr Öl über, bis bei 122° nur noch 10,5 Proz. vom Rohöl als 
dunkelbraune zähflüssige Masse vorhanden sind, welche sich bei 
weiterem Destillieren zersetzen. Von 112—1220 gehen ungefähr 
20 Proz. vom Rohöl über. Es enthält diese Fraktion diejenigen Be- 
standteile des Rohöls, welche den unangenehmen, haftenden Geruch 
des Knoblauchs bedingen und schwerer als das Rohöl und Fraktion I 
und II sind; p. sp. = 1,0845 bei 15° ©. Um die Homogenität der 
Fraktion nachzuweisen, wurde sie in 2 Teile fraktioniert: beide Teile 
hatten dasselbe spezifische Gewicht und dieselbe prozentische Zusammen- 
setzung. 


Verbrennung der Fraktion 112--122. 
0,2492 g gaben 0,3735 g CO, = 40,88 Proz. C 
m > ..0,1352.8,H,0, =.6.05.9 34 ER 


Schon aus dieser Analyse A dafs, da der Siedepunkt be- 
deutend höher liegt als derjenige von Allyldisulfid, da ferner der 
Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt bedeutend geringer geworden ist, 
und da endlich das Verhältnis vom Kohlenstoff zum Wasserstoff 
dasselbe ist wie im Allyl, nur eine höhere Schwefelungsstufe des- 
selben Radikals vorliegen kann. Die Verbindung CO, H,, S; erfordert: 

40,45 Proz. © 
ER RIER 
DBUD, a 

Unterstützt wird diese Formel durch die Reduktionsergebnisse 
mit Zinkstaub. Erhitzt man nämlich die Fraktion mit Zinkstaub, 
so destilliert von 132—140° ein farbloses Öl über, an Geruch dem 
Öl C,H,,S vollkommen gleichend. Verbrennung: 


0,1321 g gaben 0,3020 g CO, = 62,32 Proz. C 


ae DIE E08 
C,H,S erfordert 63,16 Proz. C 
ST = | 


28.0777, 8: 


F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 441 


Kalium ruft mit C, H,o S; dieselben Reaktionserscheinungen 
hervor wie mit C,H, Ss. Ebenso giebt Sublimat Niederschläge, die 
sich wenig in Alkohol lösen. Danach ist 


G H;o Sy = C, H, S—S = Ss 07 H,. 


IV. Rest; bis 122° nicht destilliert. 


Farbe dunkelbraun; zeigt einen äufserst penetranten (Geruch. 
In der Kältemischung scheiden sich dieselben Krystalle aus, wie 
aus dem Rohöl, konnten jedoch wegen ihrer zu geringen Menge 
nicht isoliert werden. — Eine Verbrennung dieses Restes ergab tol- 
gende Resultate: 

0,2201 g gaben 0, 287 g CO, = 35,56 Proz. C 
He - 0091 ROTE er 

Auch in diesen gefundenen Prozentzahlen ist das Verhältnis vom 
Kohlenstoff zum Sauerstoff dasselbe wie in ©, H,, Ss; da der Siede- 
punkt noch höher liegt als der von C,; H;o S;, so läfst sich mit ziem- 
licher Bestimmtheit annehmen, dafs eine noch höhere Schwefelungs- 
stufe desselben Radikals vorliegt; z. B. erfordert 

C; H,0Sa = 34,29 Proz. C 
4,16, 5. H 
6093 7578 

Auch dieser Rest gab mit Zinkstaub behandelt ein Reduktions- 
produkt, welches farblos von 132—140° siedete. 

Betrachten wir die aus vorliegender Untersuchung sich ergeben- 
den Thatsachen, so weichen die im Rohöl aufgefundenen Körper 
wesentlich ab von denjenigen, welche man bisher für die Zusammen- 
setzung des Knoblauchöls annahm. Zwei Körper sollen nach mehreren 
Chemikern im Knoblauchöl enthalten sein; Wertheim hat Allyl- 
sulfid (C, H;), Sund Whrigt und Beckett“) haben ein Sesquiterpen 
C,; Hs,, siedend bei 253,90 gefunden. Von beiden Körpern ist nun 
in dem Rohöl, welches mir vorlag, und welches vom besten Roh- 
material dargestellt war, keine Spur enthalten. Allylsulfid müfste 
nach Versuchen, welche ich mit chemisch reinem Allylsulfid ange- 
stellt habe, und nach welchen dasselbe bei gewöhnlichem Druck bei 
137—1400 und bei einem Druck von 15,5 mm bei 37—39° siedet, 
in der I. Fraktion bis 70° enthalten sein; aber da die ersten Anteile, 
welche man auffängt, bei 16 mm bei 60—65° übergehen, da ferner 


*) Vgl. Jahresbericht d. Ch. 1876, 398. 


442 F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Knoblauchs. 


der Kohlenstoffgehalt derselben 48,5 Proz., der Wasserstoffgehalt 
7,7 Proz. beträgt, während für Allylsulfid 63,1 und 8,8 erforderlich 
ist, kann von einer Anwesenheit von Allylsulfid im vorliegenden 
Falle keine Rede sein. Ebenso muls unbedingt die Anwesenheit 
eines Sesquiterpens in Abrede gestellt werden, welches 88,2 Proz. 
C und 11,8 Proz. H erfordert; bei einem Druck von 9 mm siedet das- 
selbe, wie ich beim Asa toetida-Öl nachgewiesen habe, bei 123°, bei 
16 mm also ungefähr bei 130%. Es mülste demnach dasselbe im 
Rückstande des Knoblauchöls, welcher bis 122° nicht siedet, vor- 
handen sein. Dafs dies unmöglich ist, geht schon aus dem geringen 
Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt dieses Rückstandes hervor, geht 
aber ferner mit aller Sicherheit aus dem Resultat der Behandlung 
dieses Rückstandes mit Natrium hervor. Wäre auch nur eine Spur 
von Sesquiterpen vorhanden, so mülste es bei der Destillation über 
Natrium im Vakuum übergehen; aber Natrium zersetzt das Öl total 
und es destilliert nichts über. 

Es gibt im vorliegenden Falle nur zwei Möglichkeiten, entweder 
Knoblauchöl von verschiedenem Rohmaterial zeigt qualitative Unter- 
schiede, oder die Vorgänger haben mit Material gearbeitet, welches 
verunreinigt war oder sich schon bei der Destillation zersetzt hatte. 
Wie allerdings ein Sesquiterpen aus einem meiner dargestellten 
Körper entstehen könnte, ist mir unerklärlich; leichter bildet sich 
aus C,H,0S,z der Körper 0,H,0S; man mülste nämlich annehmen, dafs 
bei der Destillation durch die Gefäfswände eine Reduktion ähnlich 
wie durch Zinkstaub statttäinde.. Wertheim stützt sich in 
seinen Analysen auch nur auf das Verhältnis vom Kohlen- 
stoff zum Wasserstoff und findet immer ©:H =3:5, welches 
nun auch in der That in C;H,0S» vorliegt. 


Zusammenfassung der gewonnenen Resultate. 


1. In Knoblauchöl kommt kein Allylsulfid und kein Sesqui- 
terpen vor. 

2. Das Knoblauchöl enthält Körper, welche sich anschliefsen an 
die schwefelhaltigen der Asa foetida. 

3. Knoblauchöl enthält zu 6 Proz. C,H,5Ss, zu 60 Proz. CgH,0S>. 
der Rest wird gebildet von Körpern, welche dieselben Radikale be- 
sitzen, aber eine höhere Schwefelungsstufe bilden: C,H,,S; und 


CHush- 


F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Küchenzwiebel. 443 


4. CgH,sS> ist wahrscheinlich ein Disulfid; Sdp, 66—699 b. 16mm; 
durch Zinkstaub zu reduzieren zu 05H,S; p. sp. = 1,0231 bei 150 C. 

5. C5H,0Sz ebenfalls ein Disulfid; p. sp. b. 14,8% — 1,0237. Durch 
Zinkstaub zum farblosen Öl, C5H,0S Sdp. 135—1390, zu reduzieren. 
— Chemisch rein und farblos zu erhalten durch Destillation über 
wenig Kalium; farbloses Öl, Sdp. 78—80° b. 16 mm. Niederschläge 
mit HgÜl,, PtC], u. s. w. 

6. Die höher siedenden Anteile lassen sich alle zu C,H,S 
reduzieren. 

C;H,0S; Sdp. 112—122°%b. 16 mm. 

C;H,0S, Sdp. über 122°, zersetzt sich jedoch bei der Destillation. 

Eine weitere genaue Angabe über die Konstitution dieser Ver- 
bindungen lälst sich nicht geben, da derartige Verbindungen bisher 
durchaus unbekannt sind, und namentlich Allylsulfid zuerst voll- 
ständig untersucht werden muls. 

7. Chemisch reines Allylsulfid; farbloses Öl: p. sp. = 0,8991 bei 
16°C; es siedet bei 750 mm von 136—140°, bei 15,5 mm von 36—38°, 
Es erleidet jedoch Allylsulfid, sowie alle von mir bisher untersuchten, 
in der Natur vorkommenden Schwefelverbindungen beim Destillieren 
unter gewöhnlichem Luftdruck geringe Zersetzungen; daher das Des- 
tillieren dieser Körper innerhalb eines gröfseren Temperaturintervalls. 

Die Untersuchungen über die schwefelhaltigen Öle werden fort- 
gesetzt. 

Vorstehende Arbeit wurde im Laboratorium des Herrn Geh. 
Regierungsrats Prof. Dr. Poleck in Breslau angefertigt; es sei mir 
gestattet, demselben auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten 
Dank auszuprechen für das Interesse, welches er auch vorstehender 
Arbeit hat angedeihen lassen. 

Greitswald, im Februar 1891. 


Das ätherische Öl der Küchenzwiebel 


(Allium Cepa L.) 
von Dr. F. W. Semmler. 
(Eingegangen den 29. VII. 1892). 
Der ähnliche Geruch, die nahe Verwandtschaft der beiden 
Pflanzenarten liefsen vermuten, dals die Küchenzwiebel dasselbe 


444 F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Küchenz wiebel. 


ätherische Öl enthielte als der Knoblauch. Deshalb findet man in 
der Litteratur auch angegeben, Zwiebelöl enthält Allylsulfid, indem 
sich die Forscher an Wertheim’s Arbeit anlehnten. Als ich zu 
den unerwarteten Resultaten bei der Untersuchung des Asa foetida- 
Öls gelangte und trotz ähnlichen Geruchs dieses Öl mit dem Knob- 
lauch und trotz ähnlicher Reaktionen weder das Wertheim’'sche 
Allylsulfid, noch das Hexenylsufid und Hexenyldisulfid von Hlasiwetz 
erhalten konnte, wandte ich mich zur Untersuchung des Zwiebelöls, 
um weitere Anhaltspunkte für meine Körper finden zu können. 

Das Rohöl war in der Fabrik von Schimmel & Comp. dar- 
gestellt worden; 5000 Kilo Zwiebeln hatten nur 233 g eines äthe- 
rischen Öls gegeben, also 0,005 Proz.; die Riechkraft des Öls muls 
daher eine ganz aulserordentliche sein, und in der That haften die 
geringsten Mengen Zwiebelöl Tage lang an allen Gegenständen. — 
Es standen mir 50 g Rohöl zur Verfügung. 


Eigenschaften und Zusammensetzung des Rohöls. 

Das Rohöl war von dunkelbrauner Farbe, leichtflüssig; p- sp. = 
1,0410 b. 8,7°C. Da sich die schwefelhaltigen Bestandteile des Asa 
foetida-Öls optisch aktiv erwiesen hatten, untersuchte ich das 
Zwiebelöl in dieser Beziehung; es lenkte bei 100 mm Säulenlänge 
50 links ab; ein wesentlicher Unterschied vom inaktiven Knoblauch- 
öl. — Im Rohöl sind Verbindungen enthalten, welche ungesättigte 
Radikale enthalten, denn Chlor und Brom werden unter bedeutender 
Wärmeentwicklung lebhaft absorbiert. Konzent. Schwefelsäure färbt 
das Öl nicht rot. Kalium und Natrium wirken unter Gasentwicklung 
ein; die Wärmeentwicklung ist hierbei zuweilen so stark, dals Ent- 
zündung eintritt. 

Die qualitative Prüfung. ergab Anwesenheit von Schwefel, Ab- 
wesenheit von Stickstoff. 


Verbrennungen. 
1. 0,1717 g gaben 0,3058 g CO, = 48,57 Proz. C 


” ” ” 0,1263 „ H,O = 8,17 „ H 
DAT ne 9651 4MCO, = 49.027 
” ” ” 0, 1 102 ” H,0 = 8,30 ” H 


Schwefelbestimmung nach Carius. 
0,2292 g Substanz gaben 0,7251 g Ba SO, = 43,37 Proz. S. 
Durchschnittswert = 48,79 Proz. C 
2724 a: 1 
a 


F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Küchenzwiebel. 445 


Es wurde versucht, durch Kältemittel einen Bestandteil abzu- 
scheiden; es schieden sich geringe Mengen glänzender Kryställchen 
aus. Bei der Destillation bei gewöhnlichem Druck entwickeln sich 
bei 160° abscheulich riechende Gase, und das Öl zersetzt sich total; 
bei 10mm Druck läfst sich das Öl sehr gut destillieren. Bei ca. 
640 gehen die ersten Anteile über, das Thermometer steigt allmälig 
bis 1250. Um beim Sieden nicht weitere Substanz zu verlieren, 
analysierte ich die erhaltenen Fraktionen, um einen Einblick in die 
Zusammensetzungen zu erhalten. Im Siedekölbchen blieb ein dunkel- 
braunes, abscheulich riechendes Öl zurück, aus welchem sich dieselben 
Kryställchen wie beim Rohöl ausschieden. Ich erhielt I. Fraktion 
bis 100%, II. Fraktion 100--125%. III. Rest — 125° nicht destillirt. 


I. Fraktion, bis 100 dest. b. 1O mm Druck. 


Die Fraktion ist hellgelb von deutlichem, aber nicht unange- 
nehmem Zwiebelgeruch; p. sp. bei 12° C = 1,0234; optisch aktiv, 
dreht sie die Polarisationsebene ca. 4° nach links. Mit HgÜl, einen 
weilsen Niederschlag liefernd, welcher sich nur in geringen Mengen in 
siedendem Alkohol löst und daraus in Nadeln krystallisiert. 

Verbrennung. 


0,2075 g gaben 0,361 g O0, = 47,45 Proz. C. 
”„ „ 0, 1612 „ 3,0 == 8, 63 ) H 


Der Koklenstöffgahalt hat im Vergleich zum Rohöl abgenommen, 
der Wasserstoffgehalt zugenommen. Quecksilberoxyd ist ohne Ein- 
wirkung, selbst bei 100°, also kann auch hier kein Mercaptan vor- 


liegen. — Ebensowenig kann ein Terpen vorhanden sein, da das- 
selbe in der I. Fraktion hätte sein müssen, der Kohlenstoffgehalt 
derselben aber abgenommen hat. — Setzt man etwas Kalium hinzu, 


und destilliert von dem Niederschlage, der sich bildet, schnell ab, so geht 
bei 10 mm Druck von 68—-690 ein durchaus farbloses ätherisches Öl 
über von konstanter Zusammensetzung. 
Verbrennungen. 
1. 0,1165 g gaben 0,206 g CO, — 48,22 Proz. © 
, Int, 07 0,099 ED: = 9,53, 
2 01292, „- ‚meer = Asse 
Si: 1:0 en, is: 
Diese Zahlen führen zur Zusammensetzung [(C, H,) Sn. Das 
erste mögliche Glied dieser Reihe ist C,;,H,,Ss.. Dampfdichtebe- 
stimmung: d= 5,23, erforderlich d = 5,19. 


446 F.W. Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Küchenzwiebel. 


Es ist die Frage, ob dieser Körper ursprünglich im Öle vor- 
handen ist oder nicht; die Frage ist dahin zu entscheiden, dafs er 
ursprünglich im Öle vorhanden ist und aus 0, H,; S; durch Behand- 
lung mit Kalium entsteht. Trennt man nämlich die Fraktion bis 
100° in 2 Teile, so gehen 2 Öle über von 64—74° und ein höher 
siedendes. Dieses letztere ist hellgelb und hat folgende prozen- 


tische Zusammensetzung. 
0,1198 g gaben 0,2158 g CO,= 48,87 Proz. C 


let le 0.0898, H,O =. 8:33, Su 
C,H, S, erfordert 48,65 © 
8,11 Hl: 
43,24 8 


Der Hauptmenge nach besteht die I. Fraktion aus dem Körper 
C; Hı2 Ss, welcher sich durch nascirenden Wasserstoff leicht in 
C; Hı4 S> überführen läfst; auch in der nächst höheren Fraktion ist 
der Köper 0, H,> S, enthalten. 


II. Fraktion Sdp. 100—125° bei 10 mm Druck. 
Von dunkelgelber Farbe, besitzt die Fraktion das spezifische 
Gewicht von 1,0385; unterscheidet sich also wenig von voriger Fraktion. 


Verbrennung. 
0,1974 g gaben 0,3789 g CO,= 52,35 Proz. C 
re da 1404523, ES = 8 E 


Diese Fraktion ist also etwas kohlenstoffreicher als die vorige. 
Um einen Einblick in ihre Konstitution zu erhalten, behandelte ich 
sie mit Kalium, da es klar war, dafs sie aulser dem Körper, welcher 
unter 100° siedet und durch die höher siedenden zurückgehalten 
wurde, noch eine Verbindung enthalten mufste, welche kohlenstoft- 
reicher war. Bei der Destillation über Kalium ging nun wieder bei 
69° ein Körper über von konstanter Zusammensetzung. 

0,1130 g gaben 0,1979 g CO, —= 48,49 Proz. C 
mE . 000. Mo -"0950,. 5 

Also wiederum unzweifelhaft der Körper C, H;, S>, entstanden 
aus C,H, Ss, denn fraktionierte ich diese Fraktion 100—125° noch 
einmal, so ging bis 100° ein Öl über von der Zusammensetzung 
C; Hıa S>, denn 

0,1772 g gaben 0,3095 g CO; — 48,20 Proz. C 
ONSBPENELO = FEDER 
C,H3S%;—=48,65 C 
811 H 
43,24 5 


” ” ” 


F.W.Semmler, Ueber d. ätherische Oel d. Küchenzwiebel. 447 


Es besteht demnach die Fraktion 100—125° zum grolsen Teil 
aus dem Körper C; H;js Ss; daneben findet sich in geringer Menge 
ein Körper mit höherem Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt. Dem 
Siedepunkt und dem spezifischen Gewicht nach ist er vielleicht 
identisch mit einem der Öle in der Asa foetida, welche von 112—130° 
sieden C,9 Hıs Ss oder C,, Hao S>- 

Da sich als Hauptbestandteil des Zwiebelöls unzweifelhaft der 
Körper C,H, S; ergeben hat, bleibt die Frage seiner Klassifikation 
übrig. Ein Monosulfid oder ein Mercaptan kann nicht vorliegen. 
Auch in diesem Falle giebt uns die Behandlung mit Zinkstaub einen 
Anhaltspunkt. Destilliert man nämlich das Öl C,H, S, über Zink- 
staub, so geht bei ca. 130° ein farbloses Öl über von der Formel 
C; H;>S8. 


Verbrennung. 


0,2491 g gaben 0,5612 g CO,— 61,44 Proz. C 
te a rn 22T ER 
C,H,.S erfordert GH 
1033.45. 3 


Jedenfalls läfst sich aus dem Versuch entnehmen, dafs Zink- 
staub sehr leicht ein Atom Schwefel wegnimmt, dafs also wahr- 
scheinlich auch in diesem Falle ein Disulfid anzunehmen ist, und 
zwar würde dasselbe in diesem Falle optisch aktiv sein. 

Auch in diesem Öl gewähren die Oxydationsversuche keinen 
Einblick in die weitere Konstitution der Radikale. Auf rein theo- 
retischem Wege läflst sich die Frage nicht entscheiden. 


Rest bis 125° nicht destilliert. 


Derselbe ist dunkelbraungelb, von wiederlichem Geruch. 
0.1581 g gaben 0,3202 g CO, —= 42,30 Proz. C. 
in. „. RoBgab aaa, 

Diese Analyse zeigt, dals ein Körper mit einer höheren Schwe- 
felungsstufe vorhanden sein muls; denn reduziert man den Rück- 
stand mit Zinkstaub, so geht auch in diesem Falle bei ca. 130° ein 
farbloses Öl über, welches in seiner Zusammensetzung dem Öl C,H, 8 
entspricht. 

0,1525 g gaben 0,3461 g CO,—= 61,88 Proz. C 


nn N Be a2 Meer 
C, H;> S = 62,07 Proz. [6 
IMSaen 30H 


448 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Auch bei der Untersuchung des Zwiebelöls stellte sich heraus, 
dafs Allylsulfid nicht zugegen war, da dasselbe in den zuerst übar- 
gehenden Anteilen hätte enthalten sein müssen, der Kohlenstoffgehalt 
derselben jedoch viel zu gering ist. 


Zusammenfassung der gewonnenen Resultate. 


1. Das Zwiebelöl enthält ebensowenig wie das Knoblauchöl 
Allylsulfid oder Terpen. 

2. Das Rohöl der Küchenzwiebel ist dunkelbraungelb, leicht 
beweglich; p. sp. = 1,0410 bei 8,70 C; in der Kälte geringe Aus- 
scheidung von Krystallen; lenkt die Polarisationsebene 5° nach 
links ab. 

3) Hauptbestandteil des Zwiebelöls ist ein Körper C,H, 5; 
Sdp. 75—83° bei 10 mm; p. sp. = 1,0234 bei 12° C. Durch Anwen- 
dung von sehr wenig Kalium farblos zu erhalten. Wendet man 
mehr Kalium oder nascierenden Wasserstoff an, so entsteht C,H}4Ss; 
farblos; Sdp. 68—69° bei 10 mm. — (0, Hj> S, ist ein Disulfid, durch 
Reduktion mit Zinkstaub bei gewöhnlichem Druck entsteht 0, H,>S, 
Sdp. 130%. — Bei der Oxydation entstehen Kohlensäure, Oxalsäure, 
Schwefelsäure und Propionsäure neben Ameisen- und Essigsäure. 

4) Aufser dem Hauptbestandteil C,H, Ss findet sich noch ein 
höheres Sulfid mit denselben Radikalen; denn reduziert man den 
Rückstand mit Zinkstaub, so geht der Körper C, Hjs S über. — Ferner 
ist in der Fraktion über 100° noch ein Körper in geringer Menge 
vorhanden, welcher ev. identisch ist mit einem der höher siedenden 
schwefelhaltigen Körper des Asa foetida-Oels. 

6. Alle Fraktionen des Zwiebelöls geben mit alkoholischem 
Quecksilberchlorid, Platin- und Goldchlorid weifse resp. goldgelbe 
Niederschläge. 


Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen 
Institute der Universität Marburg. 


43. Über Cytisin und Ulexin. 
Von Dr. Alfred Partheil. 
(Eingegangen den 1. VIII. 1892.) 
Das Studium des Cytisins wurde von mir in der Absicht unter- 
nommen, zunächst unsere Kenntnis der Base selbst zu erweitern und 
zu befestigen, sodann deren Identität mit dem Ulexin Gerrards 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 449 


festzustellen, endlich aber zu versuchen, durch erschöpfende Methy- 
lirung des Cytisins zu einem Körper zu gelangen, welcher durch 
seine Spaltbarkeit in Trimethylamin und eine stickstoffärmere Base 
einen Einblick in die Konstitution des Cytisinmoleküls gestattete. Über 
den ersten Teil dieser Untersuchungen soll im folgenden berichtet 
werden. Mit der weiteren Untersuchung des Cytisins selbst, als 
auch jenes oben erwähnten Spaltungsproduktes bin ich noch be- 
schäftigt. Über diese, bis jetzt noch nicht zum Abschlufs ge- 
diehenen Beobachtungen, gedenke ich später zu berichten. 


Obschon vor dem Erscheinen der Abhandlung von Husemann 
u. Marm& „Über das Cytisin, das Alkaloid des Genus Cytisus“*) 
bereits einige Arbeiten über die Bestandteile der Cytisussamen vor- 
lagen, so gebührt doch jenen beiden Forschern das Verdienst, zuerst 
das Alkaloid des Goldregens in reinem Zustande isoliert zu haben. 
Was frühere Autoren mit dem Namen Cytisin bezeichneten, war kaum 
ein einheitlicher Körper. Husemann und Marm& dagegen haben 
nicht allein das Cytisin als ein fest definiertes chemisches Individuum 
kennen gelehrt, sondern auch die Base durch die Untersuchung 
mehrerer Salze näher charakterisiert. Einige Jahre später zeigte 
dann W. Marme!), dafs das Cytisin aufser in C. Laburnum noch 
in einer ganzen Reihe von Arten des Genus Cyiisus enthalten ist. 

Das Vorkommen des COytisins ist aber nicht auf die Gattung 
Cytisus beschränkt. Erst vor kurzem hat Plugge?) das in Sophora 
tomentosa enthaltene Sophorin für höchst wahrscheinlich identisch 
mit Cytisin erklärt; auch in den Samen von Ulex europaeus ist diese 
Base enthalten. Aus letzerem Materiale wurde das Alkaloid zuerst 
von A. W. Gerrard?) isoliert und von diesem und W. H. Symons‘) 
als Ulexin beschrieben, weil jene Autoren es für ein bisher unbe- 
kanntes Alkaloid hielten. Ja, als Kobert5) auf Grund seiner physio- 
logischen Untersuchungen die Vermutung aussprach, dafs das Ulexin 
mit dem Cytisin identisch sein dürfte, suchten sie die Unmöglichkeit 
der Identität beider Basen durch eine Zusammenstellung®) der von 


*) Neues Jahrb. XXXT. 1, 

!) Göttinger Nachrichten 1871, 24. 

2) Arch. Pharm. 229, 561. 

3) Pharm. J. Trans. 1886, (3). XVIILI. 101. 
4) Ebenda 1389, (3), XIX, 1029. 

5) Deutsche Mediz. Wochenschr. 1890. 406, 
6) Pharm. J. Trans. 1890, XX. 1017. 


Arch. d. Pharm. XXX. Eds. €. Heft. 29 


450 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Husemann u. Marme& für das Cytisin angegebenen und der von 
ihnen an dem Ulexin beobachteten Eigenschaften darzutun. 

In der jüngsten Zeit endlich haben v. d. Moert) v. Buchka 
u. Magalhaes?), sowie der Verfasser der vorliegenden Abhandlung?) 
sich mit der chemischen Untersuchung des Cytisins beschäftigt. 

Aus dieser, über das COytisin bisher vorliegenden Litteratur 
möchte ich hier nur hervorheben, dafs die richtige Formel des 
Cytisins C,ı Hıı N> O, zuerst von mir angegeben worden ist. Bereits 
in meiner, diesen Gegenstand betreffenden ersten Abhandlung habe 
ich auf die Möglichkeit der Identität des Oytisins und Ulexins hin- 
gewiesen und erklärt, dafs ich mit der Erbringung des chemischen 
Beweises für diese Identität beschäftigt sei, nachdem Kobert’s 
physiologische Untersuchungen dieselbe wahrscheinlich gemacht hatten. 
Bald darauf erschien v. d. Moer’s Arbeit, in welcher derselbe die 
Identität der beiden fraglichen Alkaloide als von ihm bewiesen hin- 
stell. Weshalb ich v. d. Moer's Beweisführung nicht als solche 
anerkennen kann, wird weiter unten (pag. 471.) ausgeführt werden. 
In einer folgenden Abhandlung®) hatte ich sodann nachgewiesen: 


1. dafs die von mir auf Grund der Analysen des Gold- und 
Platindoppelsalzes des Cytisins aufgestellte Formel C,, H}, N» O sich 
auch aus den Analysen der freien Base und mehrerer ihrer Salze ab- 
leiten läfst, 

2. dals die von Plugge und v. d. Moer aufgestellte Formel 
C,ı Hıg N» © unrichtig ist, 

3. dals Cytisn und Ulexin tatsächlich identisch erscheinen. 

Danach erst erschien die erste Veröffentlichung von v. Buchka 
und Magalhaes in den Berichten der deutschen chemischen 
Gesellschaft (l. c.), welche im wesentlichen eine Bestätigung der von 
mir bis dahin mitgeteilten Beobachtungen enthielt: Im Heft 4 des 
Jahrganges 1891 der Berliner Berichte findet sich sodann wiederum 
je eine Abhandlung von mir und von v. Buchka und Magalhaes 
über das Cytisin. In der letzteren teilen jene beiden Forscher einige 


1) Arch. Pharm. 229, 48. 

2) Ber. XXIV, 253 u. 674, sowie des letzteren Dissertation, Göt- 
tingen 1891. 

3) Ber. XXIII, 3201; XXIV, 634. Apothekerzeitung 1390, 691; 1891, 
78 u. 546. Südd. Apothekerzeitung 1390, 322. Verh. d. d. Naturf. und 
Arzte 1891, 19. 

4) Apothekerzeitung 1391,73. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 451 


Beobachtungen mit, durch welche die Identität des Cytisins und 
Ulexins wiederum in Frage gestellt zu sein schien. Auf der letzten 
Naturforscherversammlung zu Halle a./S. konnte ich jedoch die Grund- 
losigkeit jener Einwände dartun. 

Es kommt mir also die Priorität, nicht nur für die 
Aufstellung der richtigen Formel des Cytisins, 0, H,N:5 0, 
zu, sondern auch für den exakten Nachweis der chemi- 
schen Identität des Ulexins mit dem Cytisin, sowie end- 
lich für die Beschreibung der Mehrzahl der bisher darge- 
stellten Salze und sonstigen Derivate der Base. 


Darstellung des Cytisins. 


Zur Darstellung des Cytisins verfuhren Husemann und Marm& 
folgendermalsen: Die gepulverten reifen Samen werden kalt mit 
schwefelsäurehaltigem Wasser extrahiert, die Colatur wird mit Kalk 
neutralisiert, mit Bleiessig versetzt, der Bleiüberschufs mittels 
Schwefelsäure entfernt, das Filtrat mit Natriumkarbonat neutralisiert, 
durch Eindampfen stark konzentriert und mit Gerbsäure gefällt, in- 
dem man die Reaktion mittels Zusatz von Natriumkarbonat neutra] 
oder schwach alkalisch erhält. Das Filtrat von dem Gerbsäure- 
niederschlag wird durch Eindampfen weiter konzentriert und noch 
zweimal in der gleichen Weise mit Gerbsäure gefällt. Der Tannat- 
niederschlag wird mit Alkohol eingetrocknet und die Base mit Alko- 
hol ausgezogen. Zur Reinigung wird dieselbe in das Nitrat ver- 
wandelt. Man dampft zum Syrup ein, macht mit Salpetersäure stark 
sauer, versetzt mit dem sechs- bis achtfachen Volumen absoluten 
Alkohols, erhitzt zum Kochen und überläfst sodann der Ruhe. Nach 
einigen Stunden wird von dem ausgeschiedenen Harz klar abge- 
gossen. Die Lösung scheidet nach mehreren Tagen Krystalle ab; 
aus der Mutterlauge können durch Eindampfen neue Mengen ge- 
wonnen werden. Die freie Base soll dann aus dem Nitrate durch 
Erhitzen mit so konzentrierter Kalilauge abgeschieden werden, dafs 
dieselbe nur in der Wärme flüssig ist; nach dem Erkalten soll man 
dann die über dem Kalihydrat abgeschiedene Base mechanisch 
trennen, das anhängende Kali durch Kohlensäureanhydrid in Karbonat 
überführen und das Cytisin schliefslich durch wiederholtes Um- 
krystallisieren aus absolutem Alkohol völlig rein erhalten. 

29* 


452 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Diese Darstellungsmethode zeichnet sich einerseits durch ihre 
Umständlichkeit wenig vorteilhaft aus, andererseits lieferte dieselbe 
bei einem in gröfserem Mafsstabe ausgeführten Versuche eine nur 
geringe Ausbeute. 

Die Angabe Husemann’s, dafs der Goldregen nur äufserst ge- 
ringe Mengen Cytisin enthalte, findet eine einfache Erklärung in der 
angewendeten Darstellungsmethode. Das Cytisin wird aus seiner 
Lösung durch Gerbsäure nur sehr unvollständig gefällt. Der aus. 
den Cytisinauszügen gewonnene Tannatniederschlag enthält aber auch 
aulser dem Cytisintannat noch sehr grofse Mengen von Fremdkörpern, 
welche das ÜOytisintannat umhüllen. Daher ist dann die Zersetzung 
des Gerbsäureniederschlages durch Bleioxyd mit grofsen Schwierig- 
keiten und Verlusten verbunden. Zu besseren Resultaten führte. 
schon der Versuch, jenen Gerbsäureniederschlag in essigsaurem. 
Wasser zu lösen, die Gerbsäure durch Bleiacetat niederzuschlagen 
und den Bleiüberschufs mittels Schwefelwasserstoffs zu entfernen. 
Immerhin lieterten, so behandelt, 26 k unreifer Früchte von Cytisus 
Laburnum nur etwa 10 g Cytisin, welches in Form des Platinsalzes 
isoliert wurde, ebenso gewann ich aus etwa 9 k reifer Samen nur- 
wenige Gramm der Base in Form des Nitrats. 

Ich sah mich daher gezwungen, nach einem besseren Wege zur 
Abscheidung des Cytisins zu suchen. 

In meiner ersten vorläufigen Mitteilung über das Cytisin!) hatte 
ich dieses Problem in der folgenden Weise zu lösen versucht: Die 
gröblich gepulverten Samen werden mit salzsäurehaltigem Alkohol 
extrahiert, der Alkohol abdestilliert, das zurückbleibende Extrakt in 
Wasser gelöst und die Lösung, um das fette Öl zu beseitigen, durch 
ein genälstes Filter filtriert. Das Filtrat wird mit Bleiacetat versetzt, 
wodurch der gröfste Teil der Farbstoffe niedergeschlagen wird; nach 
abermaliger Filtration wird mit Kalilauge alkalisch gemacht und mit 
Amylalkohol ausgeschüttelt. Dem Amylalkohol lälst sich das Alka- 
loid leicht durch Ausschütteln mit salzsäurehaltigem Wasser ent- 
ziehen. Durch Eindampfen der so erhaltenen wässerigen Lösung 
gewinnt man das Cytisinhydrochlorid in noch stark gefärbtem Zu- 
stande. Das zerriebene Salz giebt an kalten absoluten Alkohol die: 
färbenden Substanzen fast vollständig ab und kann durch wieder- 


!) Ber. XXIII, 3201. Apoth.-Ztg. 1890, 691. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 453 


holtes Umkrystallisieren aus Wasser in wohlausgebildeten, farblosen, 
durchsichtigen Krystallen erhalten werden. 

Auf Grund des weiteren eingehenden Studiums des Cytisins habe 
ich später diese Darstellungsmethode etwas abgeändert, indem ich 
die Extraktion der gepulverten Samen im Perkolator mit 60 prozent. 
Alkohol, welcher mit Essigsäure angesäuert war, vornahm. Ferner 
habe ich mich, nachdem ich mich bereits im November 18901) davon 
überzeugt hatte, dafs das Cytisin, ebenso wie Gerrard's Ulexin, in 
Chloroform leicht löslich ist, seit dieser Zeit der Ausschüttelung mit 
Chloroform behufs Darstellung der freien Base in ausgedehntem 
Malse bedient. 

V.d. Moer?) zieht die fein gemahlenen Samen wiederholt mit 
kaltem Wasser aus, konzentriert die milchige, sauer reagierende 
Flüssigkeit, welche nach dem Absetzen und Abgiefsen erhalten war, 
durch Ausfrierenlassen, reinigt dieselbe mit Bleiacetat und Schwefel- 
wasserstoff, verjagt letzteren durch Erwärmen, macht mit Natronlauge 
Jeutlich alkalisch und schüttelt mit Chloroform aus. Die Chloroform- 
lösung wird durch Destillation konzentriert und aus der konzentrierten 
Lösung das Cytisin durch Zusatz von Äther gefällt. 

Die Methode, welche v. Buchka und Magalhaes?) zur Dar- 
stellung des Cytisins befolgten, unterscheidet sich von der v.d. Moer’s 
dadurch, dafs dieselben zur Extraktion der Base ein mit 11/, Proz. 
roher Salzsäure versetztes Wasser verwenden, die Auszüge ein- 
dampfen, filtrieren, ohne weitere Reinigung alkalisch machen und 
möglichst bald mit Chloroform ausschütteln. 

Während Husemann und Marme das Cytisin nur in geringer 
Menge zu isolieren vermochten, v. d. Moer aber eine Angabe über 
die erzielte Ausbeute (wenigstens in dem oben zitierten ausführ- 
lichem Auszuge von Plugge — das als Dissertation erschienene 
Original ist mir leider nicht zugänglich) überhaupt nicht macht, 
konnte ich nach meinem Verfahren rund 1,5 Proz. der angewendeten 
Samen an Öytisin gewinnen. v. Buchka und Magalhaes geben 
die von ihnen erzielte Ausbeute zu 3 Proz. an. 

Diese Differenz in den Ausbeuten hatte ich durch die Annahme 
zu erklären versucht, dafs der Alkoloidgehalt der Cytisussamen 


1) Südd. Apoth.-Zeitg, 1390, 322. 
2) Arch. Pharm. 229, 53—55. 
3) Ber. XXIV. 255, sowie Dissert. v. Magalhaes pag. 16. 


454 A Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


innerhalb weiter Grenzen schwanke.. Magalhaes dagegen 
„will es dahingestellt sein lassen, ob dieser Unterschied der 
Ausbeute eine Folge der Darstellungsmethode oder, wie Partheil 
glaubt, eine Folge der Herkunft des Goldregens ist.“ Ferner hält 
Magalhaes die Anwenduug von Alkohol als Extraktionsmittel für sehr 
unzweckmälsig, einerseits wegen der dadurch bedingten gröfseren 
Unkosten, andererseits weil die Salze des Cytisins grölstentells nur 
schwer und langsam in kaltem Alkohol löslich seien. „Die Thatsache, 
dafs Partheil nach seiner Methode nur 1!/, Proz. Ausbeute erhielt, 
während ich nach der meinigen die doppelte Ausbeute zu erhalten 
vermag, dürfte wohl ein hinreichender Beweis dafür sein, dafs diese 
Bedenken Partheils (?) völlig unbegründet sind.“ 

Die Cytisussamen, aus welchen ich 1!/, Proz. Cytisin 
erhalten hatte, enthielten auch nur 11/, Proz. Alkaloid, denn 
die Rückstände erwiesen sich, wie ich ]. c. angegeben habe, als nur 
noch Spuren von Alkaloid enthaltend. Diese Prüfung wurde in der 
Weise vorgenommen, dafs die Rückstände von der Darstellung des 
Cytisins mit Wasser ausgezogen und diese Auszüge nach dem Ein- 
dampfen und Filtrieren mit Kaliumwismuthjodid geprüft wurden. 

Es ist mir unverständlich, wie Herr Magalhaes diesen durch 
Versuche erwiesenen Thatsachen seine durch nichts gestützten Mei- 
nungen gegenüberzustellen vermag. Sodann erhielt Magalhaes 
nach seiner Methode aus den Ulexsamen nur !/, Proz., wogegen ich 
nach der meinigen aus denselben fast 1 Proz. Ulexin gewann. Ferner 
trifft die von Magalhaes ins Feld geführte Schwerlöslichkeit 
der Cystisinsalze in Alkohol für den von mir vorgeschriebenen sech- 
zigprozentigen Alkohol und namentlich für das überaus leicht lösliche 
Acetat nicht zu. 

Wie wenig begründet die Einwände des Herrn Magalhaes 
sind, ergab unter anderem der folgende Versuch. Ein Posten 
Cystisussamen wurde gemahlen, das Pulver gemischt und je vier Kilo 
mittels essigsäurehaltigen Alkohols von 60 Proz., mittels salzsäure- 
haltigen Wasser und mittels reinen Wassers extrahiert. Alle drei 
Proben lieferten die gleiche Ausbeute von 11, Proz. 
Alkaloid. 

Während sich aber der nach meinem Verfahren hergestellte 
Auszug leicht mit Chloroform ausschütteln liefs, zeigte die nach der 
Methode v. Buchka und Magalhaes gewonnene Extraktlösung 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 455 


die unangenehme Eigenschaff, beim Schütteln mit Chloroform eine 
Emulsion zu bilden, die nur schwierig und nach längerem Stehen 
absetzte. 


Es ist dies auch nicht weiter wunderbar; denn während der 
60 prozentige Alkohol den Cytisussamen ca. 25 Proz. Extraktiv- 
stoffe entzogen hatte, die nach dem Abdestillieren des Alkohols zum 
gröfsten Teil nicht in die wässerige Lösung eingingen, hatte das 
Salzsäure enthaltende Wasser ca. 35 Proz. der angewendeten Samen 
gelöst und von dem Gelöstem wurde bei der weiteren Behandlung 
nur wenig wieder ausgeschieden. Die in reichlicher Menge gelösten 
Schleim- und Eiweilsstoffe waren also, entgegen der Ansicht von 
Magalhaes bei der Gewinnung des Öytisins recht hinderlich. 


Das von mir schon früher erwähnte lästige Aufquellen der 
Cytisussamen beim Behandeln mit Wasser machte sich auch bei diesen 
Versuchen wieder bemerklich. Soltsien hat dasselbe auch be- 
obachtet, als er Cytisussamen mit verdünntem Ammoniak behandelte. 
Derselbe fand ferner, dafs durch sehr langes Lagern die Samen des 
Goldregens die Keimfähigkeit und (wohl mit dieser) die Fähigkeit, 
stark aufzuquellen, verlieren. 

Vielleicht läfst sich aus dieser Mitteilung Soltsiens erklären, dals 
Magalhaes „weder ein derartiges, noch überhaupt ein nennens- 
wertes Aufquellen der Samen“ beobachtete, obwohl er reichlich über 
zwei Zentner des Goldregensamens verarbeitete. 


Noch weit unangenehmer gestaltete sich das Arbeiten bei dem 
Extrahieren mit reinem Wasser. Bereits am dritten Tage befand 
sich die ganze Masse in Gährung. Es wurden ca. 40 Proz. der 
Samen extrahiert. Die Emulsionsbildung beim Ausschütteln mit dem 
Chloroform machte sich ebentalls in erhöhtem Malse geltend. 


Es sei hier gleich bemerkt, dafs ich dieselben Erfahrungen auch 
bei der Verarbeitung der Ulexsamen gemacht habe. 


Durch die im Vorstehenden beschriebenen Versuche scheint mir 
der Beweis erbracht zu sein, dafs die von mir verarbeiteten COytisus- 
samen nur 1Y/; Proz. und nicht mehr Alkaloid enthielten, und dals 
die Angabe von v. Buchka und Magalhaes, sie hätten eine Aus- 
beute von 3 Proz. Cytisin erzielt, nur durch die Annahme erklärt 
werden kann, dafs der Gehalt der Cytisussamen an Base innerhalb 
weiter Grenzen schwanken kann. 


456 A. Partheil, Ueber Oytisin und Ulexin. 


Ein ähnlicher Einflufs von Standort, Vegetationsperiode u. s. w. 
auf den Alkaloidgehalt von Vegetabilien ist ja auch anderweitig be- 
kannt. So hat z. B. W. Schütte!) denselben für die Belladonna 
nachgewiesen. 

Fast möchte man freilich zu der Vermutung neigen, dals jene 
Angabe von v. Buchka und Magalhaes auf einem Irrtume beruht, 
wenn man erwägt, dafs Herr Magalhaes einerseits angiebt, reich- 
lich über zwei Zentner COytisussamen verarbeitet zu haben, er also 
auch im Besitze von reichlich drei Kilo Cytisin sein mulste, anderer- 
seits aber sich genötigt?) sah, „Untersuchungen abzubrechen, welche 
vielleicht einen weiteren Einblick in die Konstitution des Cytisins 
gestattet hätten.“ Und doch hätte die Wiederholung dieses Ver- 
suches nur fünfzig Gramm „von dem kostbaren Material“ verlangt. 


Cytisinbestimmungen in verschiedenen Teilen 
von Cylisus Laburnum. 


Einerseits um die Jodeosin-Methode?) weiter zu prüfen, anderer- 
seits um den Einflufs der Vegetationsperiode auf den Cytisingehalt 
des Goldregens festzustellen, wurden Blätter, Blüten und Früchte 
von Cytisus Laburnum der Titration unterworfen. Die Vegetabilien 
wurden getrocknet, gepulvert, ınit dem gleichen Gewicht Ätzkalk- 
pulver und soviel Wasser gemischt, dafs ein dicker Brei entstand 
und dieser im Wasserbade getrocknet. Die zerriebene Mischung 
wurde sodann im Soxhlet’schen Apparat mit Chloroform extrahirt. 
Im übrigen wurde in analoger Weise verfahren, wie l. c. bei Zr- 
fractum Strychni angegeben ist. 


1 ccm Yıoo Norm. Säure = 0,0019 g Cytisin. 


1. 36 g Blütentrauben von Cytisus Laburnum lieferten 6,3 8 
trockne Substanz. Das daraus gewonnene Alkaloid erforderte 
zur Sättigung 6 ccm 1/,. Norm.-Schwefelsäure —= 0,18 Proz. 
80 g Blättter lieferten 22 g trockne Blätter. 10g des Bätter- 
pulvers lieferten soviel Alkaloid, als durch 17 cem !/,.n Norm.- 
H,SO, gesättigt wurde. Die Blätter enthielten daher 0,323 Proz. 
3. 50 g unreife Fruchtstände (gesammelt am 14. Juni 1892), 
lieferten 8,1 g Trockensubstanz. Das Alkaloid derselben sättigte 
27,5 cem 1/0 Norm. H,S0O, = 0,645 Proz. 


180) 


I, Arch. Pharm. 229, 492. 
2) Dissertation, pae. 42. 
3) Apotheker-Ztg. 1392, 435. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 457 


4. 105g unreife Fruchtstände (gesammelt am 5. Juli 1892) lieferten 
24,5 g trockne Früchte. 10 g des Pulvers erforderten 22,6 ccm 
1/00 HaSO, zur Neutralisation des Alkaloids = 0,429 Proz. 


5. 115 g unreife Fruchtstände (gesammelt am 24. Juli 1392), 


lieferten 31 g trockne Früchte. 10 g des Pulvers enthielten 
soviel Alkaloid, als 40 ccm 1/00) Norm. - Schwefelsäure zu 
sättigen vermochten = 0,16 Proz. 

6. Die noch unreifen, von den Samen befreiten Hülsen (gesammelt 
den 12. August 1892), enthalten verhältnismälsig wenig Al- 
kaloid. 10 g des Pulvers verbrauchten zur Bindung des 
Oytisins 8,4 cem !/,o HaS0O, = 0,16 Proz. 

'. 10 g gepulverter reifer Samen (der Sammlung des hiesigen bota- 
nischen Instituts entnommen,) lieferten soviel Alkaloid, als von 
88,1 ccm 1/,.) Norm.-Schwefelsäure gesättigt wurde — 1,674 Proz. 


Die vorstehenden Prozentzahlen beziehen sich auf getrocknete 
Substanz. Aus lufttrockenem Oytisussamen habe ich wiederholt, wie 
aus vorstehendem ersichtlich ist, bei der Darstellung des Alkaloids 
eine Ausbeute von ca. 1,5 Proz. erzielt, eine Zahl, die mit der oben 
angeführten quantitativen Bestimmung in guter Übereinstimmung 
steht. 

Es ist interessant, dafs der Alkaloidgehalt der Früchte im Ver- 
laufe der Reife zunächst ab, darauf wieder zunimmt. Es muls je- 
doch dahingestellt bleiben, ob diese Verminderung nicht nur eine 
scheinbare, durch das rapide Wachstum der Früchte bedingte ist, 
oder ob thatsächlich während des Reifeprozesses zeitweilig ein Teil 
des Alkaloids verbraucht wird. 

Gerrard und Symons erwähnen, dals sie aus den mittels 
Chloroform von Ulexin befreiten Ulexextraktlösungen durch Aus- 
schütteln mit Äther ein von Ulexin verschiedenes Alkaloid erhalten 
hätten. Ich wiederholte daher gelegentlich der Darstellung des 
Ulexins diesen Versuch. Indessen hinterliefs der Äther nach dem 
Abdestillieren nur so wenig Rückstand, dafs von einer weiteren 
Untersuchung desselben Abstand genommen werden mulste. 

Dagegen gelang es mir, aus den von Cytisin befreiten Oytisus- 
extraktlösungen, Cholin zu gewinnen. Die Laugen wurden zu diesem 
Zwecke zur Extraktdicke eingedampft, mit absolutem Alkohol aus- 
gekocht, die Alkohollösung wieder eingetrocknet und der Rückstand 
nochmals mit absolutem Alkohol ausgezogen. Diese absolut alko- 
holische Lösung gab mit alkoholischer Quecksilberchloridlösung einen 
reichlichen krystallinischen Niederschlag, der sich bei mehrtägigem 


458 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Stehen noch weiter vermehrte. Derselbe wurde mit Schwefelwasser- 
stoff zerlegt, das Filtrat vom Schwefelquecksilber zur Trockne ver- 
dampft, der Rückstand mit absolutem Alkohol ausgezogen und dieser 
Auszug abermals mit alkoholischer Quecksilberchloridlösung gefällt. 
Das so erhaltene Cholinquecksilberchlorid wurde wiederum mit 
Schwefelwasserstoff zerlegt und das von Schwefelwasserstoff befreite 
farblose Filtrat in das Platinsalz verwandelt. Zur weiteren Reinigung 
wurde das Platinsalz nochmals mit Schwefelwasserstoff zerlegt; das 
Filtrat wurde mit Platinchlorid versetzt, das Doppelsalz mit Alkohol 
gefällt und aus Wasser umkrystallisiert. Es resultirte nunmehr in 
der charakteristischen Form des Cholinplatinchlorids. Den Schmelz- 
punkt der Krystalle fand ich bei 238° liegend. Die Analyse führte 
zu folgenden Zahlen. 
0,1762 g Substanz lieferten 0,0560 g Pt. 
Gefunden: Berechnet für [(CH3);,N C5H,0.C1,PtC], 
Bre 23178907 31,60 Proz. 

Der Versuch, Betain und Asparagin in den Cytisusfrüchten 

nachzuweisen, führte bisher noch nicht zu einem positiven Ergebnis. 


Eigenschaften und Zusammensetzung des ÜOytisins. 


Die in vorstehend beschriebener Weise gewonnenen Chloroform- 
ausschüttelungen hinterlassen nach dem Abdestillieren des Lösungs- 
mittels das Cytisin in Form einer strahlig krystallinischen, noch 
ziemlich stark gefärbten Masse. Ein wesentlicher Einflufs der Dar- 
stellungsmethode auf die Reinheit des erhaltenen Produktes konnte 
nicht konstatirt werden. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus 
absolutem Alkohol wurde das Alkaloid in grofsen, farblosen, geruch- 
losen, wasserfreien prismatischen Krystallen erhalten. Aus der mit 
Äther überschichteten Lösung des Alkaloids in Chloroform, gewann 
ich dasselbe in Nadeln, welche oft wetzsteinartig gekrümmte Flächen 
aufwiesen und 5 cm und mehr lang waren. Handelt es sich darum, 
kleinere Mengen Cytisin zu reinigen, so dürfte Ligroin als Lösungs- 
mittel den Vorzug verdienen. In der Siedehitze löst dieses von den 
Färhestoffen so gut wie gar nichts auf und scheidet die Base beim 
Erkalten in Form von farblosen Nädelchen ab. 

Im luftverdünnten Raume läfst es sich sublimieren. 

Den Schmelzpunkt des Cytisins ermittelte ich als bei 152—153° 
(ancorr.) liegend. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 459 


Husemann und Marme gaben denselben zu 152° unkorrigiert und 
zu 154,50 korrigiert an. V.d. Moer fand 150— 151,50 (nicht korrigiert) ;) 
v. Buchka und Magalhaes endlich geben denselben in ihrer ersten 
Abhandlung zu 156° (unkorrigiert) an und verbessern diese „ver- 
sehentliche“ Angabe später in 152—153°%. Was die Löslichkeit des 
Cytisins anlangt. so wird dasselbe von Wasser, Alkohol, Chloroform 
und Essigäther sehr leicht aufgenommen; weniger leicht löslich ist 
die Base in Benzol?), Amylalkohol, Aceton und käuflichem Äther. 
Ebenso löst sie sich in siedendem Ligroin. In kaltem Ligroin ist 
Cytisin fast unlöslich; Petroläther, Schwefelkohlenstoff und reiner 
Äther lösen es nicht auf. 

Die Angabe von v. d. Moer, dafs das Cytisin bei längerem 
Autbewahren an feuchter Luft gelb bis braun wird und zerflielst, 
mu/s ich, entgegen der Behauptung von Magalhaes, bestätigen. 
Letzterer sagt, das Oytisin wäre „an der Luft keineswegs zerfliefslich.“ 

Die Lösung des Cytisins dreht den polarisierten Lichtstrahl nach 
links: dieselbe Eigenschaft zeigen auch die Salze des Cytisins. Das 
optische Drehungsvermögen der Base und ihres Nitrates ist bereits 
von v. d. Moer bestimmt worden. Derselbe macht darüber die 
folgenden Angaben, welche sich auf Natriumlicht beziehen und mit 
Hülfe eines Laurent’schen Halbschattenapparates be- 
stimmt sind: 


Lösungsmittel: | I«] p c 1 | t | a 
Cytisin in Wasser . . | — 1200 2 2 120C. | — 4048’ 
Alkohol von 90 V. P. . | — 100025’ 2 2 1200. | —4 T’ 
Chloroform . sr. oh 2 2 120C. | — 2037’ 
Cytisinnitrat 2.2.58 90.010” 5 2 1:06.09 

imeWassern . ... — 189 2021, 255 2 110 C — 4028’ 


Ich fand für Cytisin aus Oytisus: 
1,9908 g in 100 g Wasser, t= 17°C. sp. Gew. — 1,0046 
«D = 1 49 47' 


1) In der Arch. Pharm. 229, 67 gegebenen Zusammenstellung der 
Eigenschaften von Oytisin und Ulexin giebt v. d. Moer den Schmelz- 
punkt des Cytisins zu 152—152,50 an. 

2) Magalhaes bezeichnet das Cytisin als sehr leicht löslich in 
Benzol: nach v. d. Moer's Bestimmungen löst Benzol bei 150° nur 
1,6 Proz. Cytisin. 


460 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Daraus berechnet sich ]«]| D= — 11957’, 

Krystallisiertes Cytisinnitrat lieferte folgende Daten: 

1,9848 g in 100 g Wasser, t = 17°C, sp. Gew. = 1,0075. 

«aD = — 30 18’, 
woraus sich [«]D = — 82° 37’ ergiebt. 

Das Cytisin ist eine zweisäurige Base, es vermag sich mit einem 
und zwei Molekülen einer einbasischen Säure zu gut charakterisierten, 
meist prächtig krystallisierenden Salzen zu vereinigen. Das Cytisin- 
molekül enthält zwei Stickstoffatome, deren eines in sekundärer 
Bindung vorhanden ist, wie weiter unten ausführlicher erörtert werden 
soll. Die Bindungsweise des zweiten Stickstoffatoms ist zur Zeit 
noch nicht mit Sicherheit bekannt. Das Vorhandensein einer Methoxyl- 
gruppe konnte mit Hülfe der Methode von Zeisel!) nicht konstatiert 
werden. Ferner liefert das Cytisin beim Erhitzen mit rauchender 
Salzsäure im zugeschmolzenen Rohre kein Chlormethyl. Aus dem 
Rohrinhalt konnte vielmehr das Cytisin unverändert wiedergewonnen 
werden. Auch diese Reaktion spricht für die Abwesenheit von 
Methoxyl. Bei den Reduktionsversuchen, welche ich anstellte, konnte 
bisher ein greifbares Produkt nicht erzielt werden. Die Oxydations- 
versuche sind ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Ich werde darüber 
später berichten. Hier sei vorläufig nur mitgeteilt, dafs das Cytisin, 
wenn man es in stark alkalischer Lösung mit Kaliumpermanganat 
oxydiert, Stickstoff in Form von Ammoniak abspaltet. Ein wesent- 
licher Teil des Cytisins entzieht sich dabei der Oxydation und 
kann durch Ausschütteln mittels Chloroform unverändert wiederge- 
wonnnen werden. Um die bei dieser Reaktion auftretende flüchtige 
Base, welche sich schon durch ihren Geruch als Ammoniak kenn- 
zeichnete, näher als solches zu charakterisieren, wurde dieselbe mit 
Hülfe eines Wasserstoffstromss in verdünnte Salzsäure geleitet und 
in das Platindoppelsalz verwandelt. 

Bei der Analyse lieferten 0,6426 g desselben 0,2828 g Pt. 

Gefunden: Berechnet für (NH, CD, Pt Cl, 
Pt. = 44,00 Proz. : 43,35 Proz. 

Das Verhalten des Cytisins zu den allgemeinen Alkaloidreagentien 
ist bereits von Husemann und Marme untersucht worden. Ich 
habe den Angaben jener Forscher nur noch hinzuzufügen, dals das 


1) Monatshefte f. Chem. 1885, 939. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 461 


empfindlichste Reagens auf Cytisin oder dessen Salze Kaliumwismuth- 
jodid ist, welches damit einen braunroten Niederschlag liefert. 

Eine spezielle Reaktion für Oytisin verdanken wir v. d. Moer. 
Übergielst man das freie Alkaloid oder eines seiner Salze mit einer 
Lösung eines Ferrisalzes, so entsteht eine blutrote Färbung, welche 
bereits von Husemann und Marme& beobachtet wurde. Diese 
Färbung verschwindet beim Verdünnen mit Wasser oder beim An- 
säuern wieder. Fügt man aber der blutrot gefärbten Lösung einige 
Tropfen Wasserstoffsuperoxydlösung hinzu. so verschwindet die Farbe 
ebenfalls, um alsbald bei Erwärmung auf dem Wasserbade sich in 
blau zu verwandeln. Indessen darf man nur sehr gelinde erwärmen, 
andernfalls verschwindet die Blaufärbung wieder oder bleibt gar 
ganz aus. Ich muls mich daher Magalhaes’ Urteil über diese 
v. d. Moer’sche CÜytisinreaktion anschliefsen, dafs diese Reaktion 
nicht sehr scharf ist. 

Magalhaes giebt daher noch folgende Reaktion an. Wird eine 
Lösung des Cytisins in konzentrierter Schwefelsäure mit Thymol 
versetzt, so bleibt dieselbe zunächst unverändert, färbt sich aber 
beim Erwärmen allmählig gelb, dann rot, und nimmt zuletzt eine 
intensiv bordeauxrote Farbe an. Auf Zusatz von Wasser ver- 
schwindet die Färbung wieder. Diese Reaktion ist für die Er- 
kennung des Cytisins völlig unbrauchbar, denn sie dürfte kaum von 
derjenigen unterschieden werden können, welche Thymol und Schwefel- 
säure ohne Zusatz von Üytisin liefern. 

Das Cytisin ist krystallwasserfrei. Bei 100° erhitzt, erleidet es 
keinen Gewichtsverlust. Die Elementar-Analyse des Cytisins lieferte 
folgende Daten: 

I. 0,2048 g Cytisin gaben 0,5196 g CO, und 0,1436 g H,O 
I. 0,204 g „ »„ 0,5346 g CO, „ 0,1425 g H,O 
II. 0,5768 „ „ 0,6582 8 CO, ‘„ 0,1775 g H,O 

IV. 0,4016 g 5 lieferten 52 ccm feuchten Stickstoff bei 
16,60 und 744,5 mm Barometerstand. 


Gefunden: Berechnet für 
IK BE 1008 IV. C,H4uNs0 

C= 69,23 69,62 69,68 —_ 69,47 Proz. 
H= 177 7,55 7,69 — 1.30. 5 
nn = re arze ES R 


Diese Analysen bestätigen mithin die Richtigkeit der bereits 
früher aus den Analysen der Gold- und Platinsalze von mir abge- 


462 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


leiteten Formel C,H,,N>0 für das Cytisin. Die später zu erwäh- 
nenden Molekular-Gewichts-Bestimmungen, welche ich mit dem 
Alkaloide ausführte, stehen mit diesen Ergebnissen in schönstem 
Einklange. 

Dagegen ist es mir unerklärlich, wie Husemann und Marme& 
sowohl bei der Analyse des Cytisins selbst, als auch mehrerer Salze 
desselben zu so abweichenden Resultaten gelangen konnten, dafs sie 
für die Base die Formel C,,Hz,N;0 aufstellten. Die Unrichtigkeit 
dieser Formel steht aufser allem Zweifel. Dasselbe gilt für die von 
v. d. Moer aufgestellte Formel C,,H}sNs0. v. d. Moer leitete die- 
selbe aus folgenden Analysen-Resultaten ab: 

1 II III IV V VE. 

C = 69,123 68,449 69,691 68,946 — — — Proz. 

FH 78908 1,126 3,649 8,400 — = — » 

1 E= En 14,21 14,52 14,68 - 


Berechnet werden für: 


Q,,H4N50 CH,6N50 
Br HE 65,75 Proz. 
HN—1117336 EEE 
Nas 1473 14,58 


Wie ersichtlich, verlangt die Formel C,,H,,N5O für den Kohlen- 
stoff 0,7 Proz. mehr, für den Wasserstoff dagegen 1 Proz. weniger 
als die Formel C,,H,3N>s0. Sorgfältig ausgeführte Analysen des 
Cytisins müssen daher mit Notwendigkeit die Entscheidung liefern, 
ob die erstere Formel richtig ist, oder ob das Molekül der Base 
zwei Wasserstoff-Atome mehr enthält, als ich annahm. Nun zeigen 
aber die von v. d. Moer erhaltenen Prozentzahlen für den Kohlen- 
stoff zwischen II. (68,449) und III. (69,691) eine Differenz von 
1,2 Proz., für den Wasserstoff zwischen I. (8,908) und II. (7,126) 
eine Differenz von 1,7 Proz. Solche Zahlen lassen sich naturgemäfls 
zur Entscheidung zwischen der Formel C,,H,,N>50 und C,H,,N50 
nicht verwerten. Dieselben beweisen entweder die Unreinheit!) der 
von v. d. Moer zur Verbrennung verwendeten Substanz, oder die 
Mangelhaftigkeit der betreffenden Analysen. 

Nachdem v. d. Moer am Schlusse seiner Dissertation?) erklärt 


!) Für diese Annahme spricht auch die von v.d. Moer angegebene 
Beobachtung, dals beim Erhitzen von Cytisin mit Kalilauge der Geruch 
des Trimethylamins wahrnehmbar sei. 

2) Arch. Pharm. 229, 68. 


A. Partheil, Ueber COytisin und Ulexin. 463 


hatte, dafs den von mir gegebenen Ziffern zunächst kein allzu grofser 
Wert beizulegen sei, weil jch dasselbe Alkaloid in der Platinadoppel- 
verbindung als zweisäurige Basis, in der Golddoppelverbindung als 
einsäurige Basis annähme, hat er mich nach zwei weiteren von mir 
veröffentlichten Abhandlungen wiederum anzugreifen versucht.’) Der 
erstere dieser beiden Aufsätze v. d. Moer's behandelt im wesent- 


lichen die Frage nach der Formel des Cytisins, auf den zweiten 
werde ich gelegentlich der Besprechung der Identität des Cytisins 


mit dem Ulexin zurückkommen. Eine sofortige Beantwortung dieser 
Angriffe erschien mir überflüssig, da dieselben neue Tatsachen nicht 
bringen und aufserdem in einer derartig gehässigen Form abgefalst 
sind, wie sie in wissenschaftlichen Diskussionen nicht üblich ist. 
Ich begnüge mich daher, Herrn v. d. Moer zu erklären, dafs die 
seiner Meinung nach „schwerlich zur Entscheidung zu bringende 
Frage über den Unterschied von H,“ bereits durch meine Elementar- 
‚analysen des Cytisins entschieden ist und zwar zu Gunsten der 
Formel C,ıH,ıN>s0, sowie, dafs die von v. d. Moer angezogenen 
Brom-, Jod- und Platinbestimmungen zum Zweck der Unterscheidung 
zwischen den beiden fraglichen Formeln nicht brauchbar sind. Es 
berechnet sich nämlich für 


C,H 4N50 CH1N50 
für das Hydrobromid Br = 29,52 29,30 Proz. 
2 u. Hydrojodid-I 7 u — 39,93 39,08, 5 
»  » Chloroplatinat Pt = 32,44 32,33 ir 


In allen drei Fällen liegen die Differenzen innerhalb der zuläs- 
sigen Fehlergrenzen. Im übrigen verzichte ich darauf, Herrn v. d. 
Moer auf die persönlich gegen mich gerichteten Angriffe (ich hätte 
l’art de grouper les chiffres angewandt und ähnliches) zu antworten. 


Nachdem ich nachgewiesen hatte, dafs sich aus den analytischen 
Daten die atomistische Verhältnisformel C,,H,4,Ns0 für das Cytisin 
berechnet, blieb nach der Beweis zu führen, dafs dieser Ausdruck 
und nicht ein Multiplum desselben, gleichzeitig die Molekularformel 
des Alkaloids darstellt. Zu diesem Zwecke führte ich einige 
Molekulargewichts-Bestimmungen nach der Methode von Raoult aus 
und zwar im Beckmannschen Apparate. Als Lösungsmittel ver- 
wendete ich Wasser. Ich erhielt dabei die folgenden Daten: 


3) Apotheker-Zeitung 1891, 150 und 609. 


464 A. Partheil, Ueber Oytisin und Ulexin. 
Angew. Substanz | Angew. Lösungsm. | Depression 
0,2118 g 15,101 g 0,14 0 
0,3870 g 13,107 0,25 9 
| 


Aus diesen Zahlen berechnet sich das Molekulargewicht des 


Cytisins zu 189,3 bezüglich zu 193,7. 


Zu ähnlichen Ergebnissen hatten auch die von v. d. Moer unter 


Anwendung des Eykmannschen Apparates mit in Urethan gelöstem 


Cytisin geführt. 


Derselbe giebt an: 


Angew. Substanz | Angew. Lösungsm. , Depression 
0,1925 12,01 0,403 
0,3227 12,01 0,674 


Diese Daten würden zu dem Molekulargewicht 199,5 bezüglich 
198,5 führen. 

Die Resultate der angeführten Bestimmungen stehen mit der 
Formel C,,H}4ıNs0 in genügender Übereinstimmung. 


Salze des Uytisins. 


Das Cytisin vermag, wie schon oben erwähnt, zwei Reihen von 
Salzen zu bilden, von welchen ich die folgenden dargestellt habe, 


Einfach salzsaures ÖOytisin. 
C,,H14N:0. HCI+H;0. 

Das Salz ist bereits von Magalhaes beschrieben und von 
Tornquist krystallegraphisch untersucht worden. Aus der Lösung 
des Alkaloides in Chloroform durch Einleiten von trockenem Salz- 
säuregas dargestellt, bildet es ein weilses, amorphes Pulver. Aus 
Alkohol von 90 Proz. krystallisiert es in durchsichtigen, schwach 
gelblichen Krystallen, welche ein Molekül Krystallwasser enthalten. 


Das Salz lieferte folgende analytische Daten: 


A. Partheil, Ueber Oytisin und Ulexin. 465 


0,6612 g des Salzes erforderten zur Titration 27,2 ccm !/,, Norm. 
Silberlösung. 
Gefunden: Berechnet für C,,H,4Ns0. HC1+H,0. 
Cl. = 14,60 Proz. 14,51 Proz. 


Zweifach salzsaures Cytisin. 
C,1H1ı4Ns0. 2HC1+3H3;0. 

Das zweifach salzsaure Cytisin scheidet sich aus der sehr kon- 
zentrierten, stark salzsauren Lösung des Cytisins in grolsen, farb- 
losen, durchsichtigen Krystallen aus. Es kann durch Lösen in 
Wasser, worin es sehr leicht löslich ist, und Stellen über Ätzkalk 
umkrystallisiert werden. Das Salz ist luftbeständig. Bei längerem 
Aufbewahren über Ätzkalk verwittert es jedoch und nimmt eine 
porzellanartige Beschaffenheit an. 

Eine von dem Salze ausgetührte Chlorbestimmung führte zu 
folgenden Zahlen: 

0,5072 g des Salzes erforderten 31,9 ccm 1/,, Norm. Silberlösung 

zur Titration. 
Gefunden: Berechnet für C,,H44N50. 2HC1+3H,0: 
Cl = 22,32 Proz. 22.39 Proz. 

Das Krystallwasser läfst sich in diesem Salze nicht direkt be- 
stimmen, da beim Erwärmen Salzsäure abgespalten wird. Es sei 
noch bemerkt, dafs v. Buchka und Magalhaes in dem zweifach 
salzsauren Cytisin die Existenz von 2!/, Molekülen Krystallwasser 
annehmen. Tornquist hat auch von diesem Salze die Krystallform 
bestimmt. 


Einfach bromwasserstoffsaures Cytisin. 
C,1H14Ns0. HBr+H3;0. 

Das Salz wurde dargestellt durch Neutralisieren einer konzen- 
trierten wässerigen Lösung des Cytisins mit 25prozentiger Brom- 
wasserstoffsäure. Durch Zusatz von absolutem Alkohol und Über- 
schichten der Lösung mit Äther wurde es in farblosen, wasserfreien 
Nädelchen erhalten. 

Die Analyse führte zu folgendem Ergebnis: 

0,3992 g des Salzes gaben 0,2740 g AgBr. 


Gefunden: Berechnet für 
C,,H44Na0. HBr. 
Br = 29,20 Proz. 29,52 Proz. 


Lälst man die wässerige Lösung des Salzes über Ätzkalk ver- 


dunsten, so scheidet sich das Salz in gut ausgebildeten, schwach 
Arch. d. Pharm. XXX. Bde. 6. Hft, 30 


466 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


gelblich gefärbten Krystallen von Bittersalzform aus, welche ein 
Molekül Krystallwasser enthalten. Ich ermittelte davon folgende 
analytische Daten: 
0.8812 g des Salzes verloren beim Trocknen bei 100° 0,0550 g H,O, 
0,8262 g des getrockneten Salzes erforden zur Titration 30,5 ccm 
1/\ö Norm.-Silberlösung. 


Gefunden: Berechnet für C,, H}, N» O. HBr + H,O 
H,O = 6,67 Proz. 6,23 Proz. 
für CO, Hı4 Na0. HBr. 
Br = 29,54 Proz. 29,52 Proz. 


Einfach jodwasserstoffsaures Uytisin, 
C, HıaN:0.HJ +H3;0, 

stellte ich durch Sättigen einer konzentrierten, wässerigen Cytisin- 
lösung mit farbloser, etwa 10 prozentiger Jodwasserstoffsäure dar. 
Nach Zusatz von absolutem Alkohol hatten sich am anderen Tage 
grolse, harte Krystalle von braunroter Farbe ausgeschieden. Die- 
selben wurden von der Mutterlauge getrennt, in Wasser gelöst, die 
Lösung mit Hülfe von Schwefelwasserstoff entfärbt, der Schwefel- 
wasserstoff mittels Kohlensäure verjagt und die noch etwas gelblich 
gefärbte Lösung über Ätzkalk verdunstet. Das Hydrojodid schied 
sich nunmehr in wohlausgebildeten weingelben Prismen aus. Es enthält 
ebenso, wie das Hydrobromid, ein Molekül Krystallwasser. Die 
Analyse des Salzes gab folgendes Resultat: 


0,2362 g des Salzes verloren bei 100° getrocknet 0,0119 g H,O. 
0,2243 g des getrockneten Salzes lieferten 0,1646 g Ag. 


Gefunden: Berechnet für C,, H4N:s0;HJ + H,0: 
H,O = 5,30 Proz. 5,35 Proz. 
für C,H, N50. HJ. 
J = 39,65 Proz. 39,93 Proz. 
Cytisinnitrat, 


GC, H,: N50,H NO, + B30, 
wurde in der bereits von Husemann und Marme angegebenen 
Weise dargestellt. Aus Wasser erhielt ich das Salz zwar in grofsen 
harten, wohlausgebildeten Krystallen, aber dieselben besafsen noch 
eine schwach gelbliche Farbe. Zur Analyse wurden dieselben daher 
durch Überschichten der verdünnt alkoholischen Lösung mit Äther 
nochmals umkrystallisiert und so vollkommen farblos in dünnen, oft 
bis iingerlangen Nadeln oder Blättchen erhalten. Messungen der 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 467 


Krystallform des Cytisinnitrats sind ausgeführt von Fr. Schalch'), 
von L. Calderon?) und von A. Tornquist?). 
Das Salz lieferte nachstehende Analysenresultate: 
0,6298 g Cytisinnitrat verloren bei 950 bis 100% getrocknet 0,0430 g H,O. 
Gefunden: Berechnet für C,H, N>s0. HNO, + H,0 
H,O = 6,84 Proz. 6,62 Proz. 
I. 0,2078 g des trockenen Salzes lieferten bei der Verbrennung 
0,4003 g CO, und 0,1202 g H,O. 
II. 0,1248 g desselben Salzes ergaben 0,2398 g CO, und 0,0722 g H,O. 


Gefunden: Berechnet für 
r TR C,H,N:s0.HNO;, 
C=5250; 52,40 Proz. 52,17 Proz. 
H= 6,42; 642 5 5,92, 14,4 


Einfach schwefelsaures Oytisin. 
(Cyı Hıı Na0), H, SO, + H30. 


Dieses Salz ist in Wasser sehr leicht löslich. Es konnte aus 
diesem Lösungsmittel nicht in brauchbaren Krystallen erhalten 
werden. Durch Äther wurde es aus der alkoholischen Lösung in 
Form feiner weilser Nädelchen ausgeschieden. Während die übrigen 
bisher beschriebenen Salze des Cytisins luftbeständig sind, ist das 
Sulfat etwas hygroskopisch. Daher fiel die Wasserbestimmung etwas 
zu hoch aus. Die bei der Analyse des COytisinsulfates gewonnenen 
Resultate sind folgende: 


0,7398 g Substanz verloren beim Trocknen bei 100° 0,0366 g H;0. 


Gefunden: Berechnet für (C,, H,ı NO), H, SO, + H,O 
H,0 = 4,94 Proz. 3,62 Proz. 
0,7032 g der getrockneten Substanz lieferten 0,3443 g Ba SO,. 
Gefunden: Berechnet für (C,, Hı4 N50), H, SO, 
SO, = 16,83 Proz. 16,73 Proz. 


Platindoppelsalza des Cytisins. 


x 


Ebenso, wie das Cytisin im Stande ist, zwei salzsaure Salze zu 
bilden, vermag es sich auch mit Platinchlorid in zwei Verhältnissen 
zu vereinigen. 


1) Neues Jahrb. f. Pharm. XXXI, 200. 
2) Jahresber. 1880, 370. Das. aus Zeitschr. Kryst. 4, 232. 
3) Dissert. von Magalhaes, Göttingen 1891, pag. 30. 


30* 


468 A. Partheil. Ueber Cytisin und Ulexin. 


Monocytisinplatinchlorid, 
C,H, NO. Hz Pt Cl, + 21/2 H,O 
entsteht, wenn man die stark Salzsaure Cytisinlösung mit Platin- 
chloridchlorwasserstoff versetzt. Aus der ziemlich stark konzentrier- 
ten Lösung scheidet es sich in Form schöner, goldgelber Nadeln aus. 
Zur Reinigung wird es aus salzsäurehaltigem Wasser umkrystalli- 
siert. Es ist in Wasser, besonders in der Wärme, leicht löslich. 
Läfst man die wässerige Lösung des Salzes freiwillig verdunsten, so 
gelingt es leicht, mehrere Zoll lange Krystalle von der Dicke eines 
Strickstockes zu erhalten, welche eine gelbbraune Farbe besitzen 
und oft zu Zwillingen verwachsen sind. Beim Erhitzen zersetzt 
sich dieses Platinsalz ohne vorher zu schmelzen. Die Analyse des. 
Salzes ergab Folgendes: 
I. 0.9416 g des Salzes verloren bei 1009 getrocknet 0,0642 g H,O. 


H. 04958 g „ \ H 6 4 2 0,03388 „ 
113..1,08% 8... ; 5 A 0,0740 g „ 
IV. 0,8774 g des bei 100° euren Salzes lieferten 0,2842 g Pt. 

V.04620.8 5, 24 = R u; 0,1500 8 „ 
VL_0,2662 2, „;: »..1% - z 5 0,2158 g CO, 

und 0,0683 g H,O 
Eu. 1321): 1 Wi 5 0,3012 g CO, 


und 0,0940 g H,O. Im Schiffehen verblieben 0,1183 g Pt 
VIII. 0,2180 g der bei 1000 getrockneten Substanz erforderten, bei der 
Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl zur Sättigung des erzeugten 
Ammoniaks 7,6 ccm 1/,, Norm. HCl 


IX. 0,1702 derselben Substanz erforderten 5,9 ccm 1/,. Norm. HCL 
Gefunden: Berechnet für 
1. IT. ARE C,ı Hı4 N>0. H, Pt C,+21/H,0 
H,0=5,92;. 6.82; 6,388 Proz. 6,98 Proz. 
Gefunden: Berechnet für 
IV. V. WT: VI. VII. IX. C,1HuNs0. H,PtC], 
C=. N :— ,.'22;10;:+22,44: — — 22,01 Proz. 
HZ. 2 - 941285: 2,86: in a 2,66 
Pb 32,40;3246 > — 32,45. — — 32,44 „ 
Ne — 0— — — 4,87; 4,85. A672 EE 


Dieytisinplatinchlorid. 
(O1 Hıı NO), H; Pt O],. 

Dieses Salz scheidet sich aus der Lösung des einfach salzsauren 
Cytisins auf Zusatz von Platinchloridlösung aus, wenn die Gegen- 
wart überschüssiger Salzsäure möglichst vermieden wird. Es bildet 
kleine, rötlich gelbe, wasserfreie Kryställchen, welche in Wasser 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin.: 459. 


ziemlich schwer löslich sind. Es zersetzt sich beim Erhitzen, ohne 

vorher zu schmelzen. Eine Platinbestimmung führte zu folgendem 

Ergebnis: 72 

0,2980 'g des Salzes verloren. bei 1000 nicht an Gewicht und. hinter- 
liefsen beim: Glühen 0,0730 g Pt. 


Gefunden: Berechnet für  _ 
(C,H, N50,H,PtC, 
Pt = 24,79 Proz. 24,63 Proz. 


Dasselbe Platinsalz, jedoch mit zwei Molekülen Krystallwasser, 
ist bereits von v. Buchka und Magalhaes beschrieben worden. 
Ob das von v. d. Moer analysierte Cytisinplatinchlorid krystall- 
wasserhaltig war, ist aus des letzteren Arbeit nicht zu ersehen. 


Cytisingoldchlorid. 
Cu Hz, N;0. H Au C;. 


Versetzt man eine mit Salzsäure angesäuerte Lösung 'von Cytisin- 
hydrochlorid mit Goldchlorid, so scheidet sich obiges’ Goldsalz als 
ein zitronengelber. Niederschlag ab. "In kaltem Wasser: ist das Gold- 
salz wenig löslich; in heilsem, salzsäurehaltigem : Wasser löst. es sich 
leichter und krystallisiertt beim Erkalten : dieser Lösung in Form, 
kurzer, hakig gekrümmter, rotbrauner Nadeln. Es schmilzt unter 
starkem Aufschäumen bei 212—2139 (unkorrigiert). Krystallwasser 
enthält das Salz nicht. ? 


Die Analyse des Goldsalzes ergab Folgendes: ae 
0,2622 g des bei 100% getrockneten Salzes lieferten 0,0976 g Au: 
0,1116 g desselben Salzes erforderten nach dem Glühen mit Natrium- 

karbonat 8,43 ccm 1/,, Norm. Silberlösung und lieferten 0,1197 g Ag Cl, 


Gefunden: Berechnet für. 
C,ıHı4N50. H AuC], 
Au=31,.22 - Proz. II.TR Proz. 
Cl = 26,81; 2653 , 26,81 ° 5 


Ob ein zweites Golddoppelsalz des Cytisins existiert, mufs ich 
einstweilen noch unentschieden lassen. Aus den Mutterlaugen des 
obigen Goldsalzes erhielt ich beim Verdunsten derselben über 
Schwefelsäure wachsgelbe, durchscheinende Krystalle. 


0,2912 g dieses bei 100° getrockneten Salzes en 0,1288 g 
Au. =44,23 Proz. Für die Formel C;ı H,ı N50. 2H Au Cl, berechnen 
sich 45,21 Proz. Au. Vielleicht stellen diese Krystalle das zweite 


470 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Goldsalz des Cytisins dar, wenn auch noch nicht in völlig reinem 
Zustande. 

Auch mit Zinkchlorid bildet das Cytisin ein schön krystallisie- 
rendes Doppelsalz, welches bereits von v. Buchka und Magalhaes 
beschrieben ist. Dieser Doppelverbindung kommt die Formel 
C,H,N:0, 2H Cl. ZuC], zu. 


Identität des Cytisins mit dem Ulexin. 

Aus den Samen von Ulex Europaeus ist von A. W. Gerrard!) 
ein Alkaloid dargestellt, welches von seinem Entdecker den Namen 
Ulexin erhielt. Einige Jahre später wurden von A. W.Gerrard und 
W.H.Symons?) eingehendere Mitteilungen über das Ulexin gemacht, 
sowie auf Grund der Analysen der freien Base, sowie des Platin- 
und Golddoppelsalzes derselben die Formel C,, H,ıN;O für das Alka- 
loid aufgestellt. Die Identität dieses Ulexins mit dem Cytisin wurde 
zuerst von Kobert?) auf Grund physiologischer Untersuchungen ver- 
mutet, obwohi die bisher geltenden Formeln sowohl, als auch die 
Angaben über die sonstigen Eigenschaften beider Basen zu einem 
derartigen Schlusse nicht einluden. Mit dem Hinweise darauf wiesen 
die Entdecker des Ulexins Koberts Vermutung zurück.*) Indessen 
erschien die Möglichkeit dieser Identität, namentlich im Hinblick auf 
die nahe Verwandtschaft der Gattungen Cy4sus und Ulex nicht von 
vornherein ausgeschlossen. Daher unternahm ich die eingehende 
vergleichende Untersuchung der beiden Basen und teilte bereits in 
meiner ersten Abhandlung über das Cytisin’) mit, dafs ich mit dieser 
Identitätsteststellung beschäftigt sei. Hierzu war es zunächst nötig, 
die Molekulargröfse und die Formel beider Alkaloide genau festzu- 
stellen, sodann die physikalischen Eigenschaften der beiden Körper 
zu studieren, und diese Vergleiche auch auf Salze und andere wohl- 
charakterisierte Abkömmlinge beider Basen auszudehnen. 

Noch vor der Veröffentlichung der von mir über diesen Gegen- 
stand ausgeführten Untersuchungen erschien der schon mehrfach 
zitierte Auszug von Plugge aus der Dissertation v. d. Moer’s®), 


1) Pharm. J. Trans. 1886. (III). XVII. 101. 
2) Ebenda, 1889. (III). XIX. 1029 

3) Deutsche Mediz. Wochenschr. 1890. 406. 
4), Pharm. J. Trans. 1890, XX. 1017. 

5) Berichte XXIII. 3201. 

6) Arch. Pharm. 229, 48. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 471 


in welcher der letztere auch die Identität von Cytisin und Ulexin 
behauptet. Ich glaube völlig im Rechte zu sein, wenn ich jenem 
Teile der v. d. Moer’schen Arbeit die Beweiskraft abspreche und 
für mich das Verdienst in Anspruch nehme, diesen Beweis in exacter 
Weise geführt zu haben. Freilich hat v. d. Moer die Resultate 
seiner Untersuchungen, kombiniert mit denen der Herren Gerrard 
und Symons übersichtlich zusammengestellt. In dieser Tabelle!) 
ist aber unter Ulexin nur 

1. der Schmelzpunkt, 

2. unlöslich in Äther, Schwefelkohlenstoff und Petroleumäther, 

3. Platingehalt des Doppelsalzes, 

4. wird gelb bis braun beim Stehen an der Luft, 

5. Reaktion mit Eisenchlorid und Wasserstoffsuperoxyd 
mit v. d. M. bezeichnet. v. d. Moer hat sich also anscheinend da- 
rauf beschränkt, diese fünf Punkte zu vergleichen. Von diesen ist 
aber noch die Schmelzpunktsbestimmung zu bemängeln, dav. d. Moer 
den Schmelzpunkt des Cytisins im Text zu 150—151,5°, in der 
Tabelle aber zu 152°, wie bei dem Ulexin angiebt. 

Einer derartigen Beweisführung mangelt die nötige Schärfe. Sie 

verliert jeden Wert im Hinblick auf die beiden ersten Zeilen jener 
Tabelle v. d. Moer's, welche lauten: 


Cytisin: Ulexin: 
Molekulargewicht: 192. v. d. M. 190. Gerrard u. Symons. 
Formel: C,ıHıs Na 0. v. d. M. C,HuNa0. G. u. S. 


Körper mit verschiedenen Formeln können aber nicht identisch sein, 
daran ändert weder die Erkenntnis etwas, dafs solche Verbindungen 
in einer ganzen Reihe von Eigenschaften übereinstimmen, noch ein 
gegen die Person des wissenschaftlichen Gegners gerichteter An- 
griff, wie ihn Herr v. d. Moer?) gegen mich zu richten für passend 
gefunden hat, als ich, anknüpfend an obige Tabelle die Frage aus- 
sprach: „Wo bleibt da die Identität?“ 

Zur Darstellung des Ulexins verfuhr ich in derselben Weise, 
wie ich zuletzt das Cytisin gewann. Die grob gepulverten Ulex- 
samen wurden mit verdünntem Alkohol, welcher mit Essigsäure sauer 
gemacht war, durch Perkoliren ausgezogen, von den erhaltenen 
Tinkturen der Alkohol abdestilliert, das zurückbleibende Extrakt in 


I) Arch. Pharm. 229, 67. 
2) Apoth.-Zeit. 1890, 609. 


412 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


heilsem Wasser gelöst, die Lösung von dem ausgeschiedenen Harze 
und fetten Öle durch ein zuvor genälstes Filter abfiltriert und das 
Filtrat mit essigsaurem Blei versetzt. _Nach dem Absetzenlassen 
wurde abermals filtriert und das Filtrat mit. Natronlauge übersättigt 
—- ein vorheriges Ausfällen des Bleiüberschusses ist hier sowohl, wie 
bei der Darstellung des Cytisins, überflüssig, da Versuche ergaben, 
dafs die durch eine derartige Behandlung bewirkte geringe Heller- 
färbung der Flüssigkeit in keinem Verhältnis zur aufgewendeten 
Mühe steht und auf das Aussehen der gewonnenen Base ohne Ein- 
flufs ist. — Die alkalische Lösung wurde nun mit Chloroform mehr- 
mals ausgeschüttelt, das Chloroform abdestilliert, und so die Base 
in Form einer schwach braun gefärbten, strahligkrystallinischen 
Masse erhalten. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus absolutem 
Alkohol oder aus mit Äther überschichtetem Chloroform resultierte 
das Ulexin in tarblosen Krystallen. 

Die Ausbeute betrug fast 1 Proz. (36 g aus nicht ganz 4 k), 
wogegen Magalhaes nach seiner Methode nur Y, Proz. erhielt. 

Die Krystalle des Ulexins glichen denen des Cytisins in ihrem 
Änfseren und ihren Löslichkeitsverhältnissen vollständig. 

In demselben Apparate gleichzeitig mit Cytisin erhitzt, verhielt 
sich das Ulexin genau wie das erstere Alkaloid. Beide Basen schmolzen 
bei 152 bis 153°. 

Ebenso wie das Cytisin erwies sich auch das Ulexin frei von 


Krystallwasser. 
Bei der Verbrennung lieferten: 

I. 0,2348 & Ulexin 0,5988 g CO, und 0,1586 g H,O. 
II. 0,2608 g „0,6668 g CO, und 0,1765 g H,O. 
Gefunden: Berechnet für 

8 II. C,ı Hı, NO 

C = 69,43; 69,70 Proz. 69,47 Proz. 

ale. gab a 


Diese Resultate bestätigen somit die von Gerrard und Symons 
für das Ulexin aufgestellte Formel C,, H,ı N>O, lassen sich aber mit 
der von v. d. Moer angenommenen Formel C,; His N>O nicht verein- 
baren. Letztere beansprucht für C = 68,75 Proz. 

Hu==358,33: lg; 

Die Molekulmargewichtsbestimung führte ich mit dem Ulexin, 

ebenso, wie mit dem Cytisin, im Beckmann schen Apparate nach 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 473, 


Raoult’s Methode aus. Als Lösungsmittel diente mir auch in diesem 
Falle Wasser. Die Bestimmung ergab folgende Werte: 


Angew. Substanz. | Angew. Lösungsm. | Depression. 


0,5106 g. 16,13 .8. | 0,319 


Daraus berechnet sich das Molekulargewicht 192, eine Zahl, 
welche mit der von der Formel C,, H,, NsO erforderten in genügen- 
der Übereinstimmung steht. 

Es ist mithin durch die im Vorstehenden beschriebenen Versuche 
erwiesen, dals das Cytisin mit dem Ulexin dieselbe molekulare Zu- 
sammensetzung hat, sowie, dafs beide Basen denselben Schmelz- 
punkt besitzen und sich in ihrem Äufseren vollkommen gleichen. 

Das Verhalten des Ulexins gegen den polarisierten Lichtstrahl 
stimmte ebenfalls mit dem des Cytisins überein. Ich fand für das 
Cytisin.aus Ulex (Ulexin): 1,9898 g im 100 g Wasser; t = 12° C.; 
Spez. Gew. — 1,0051; *D = —4° 56‘. 

Daraus findet man [np = —1230 20%) 

Das krystallisierte Nitrat dieser Base lieferte folgende Daten: 
1,9936°g in 100g Wasser; t = 17° C.7.. Spez. Gew. — 1,0062; 

en — 301%, 

820407 berechnet. 

Die Übereinstimmung der beiden fraglichen Körper hinsichtlich 

aller ihrer Eigenschaften läfst sich ferner noch in ihren Salzen und 


woraus sich lJp — 


sonstigen Derivaten verfolgen. 


*) Herr v. d. Moer findet die Werte für [@]p) ‚ welche ich für Oytisin 
zu — 119057’ und für Ulexin zu — 123020’ bestimmte, nicht genügend 
übereinstimmend. Er übersieht aber dabei den Einflu(s der Temperatur 
und der Konzentration. Ferner muls ein geringer Ablesungfehler 
von “p bei einer nur etwa zweiprozentigen Lösung durch die bei 
der Berechnung von [@]p vorzunehmende Multiplikation mit einem ver- 
hältnismäfsig grolsem Betrage zum Ausdruck kommen, ohne dafs solche 
Zahlen dadurch ihre Beweiskraft verlieren. Oder zweifelt v. d. Moer 
auch an der ldentität des Harnzuckers mit der Glykose, weil Hoppe- 
Seyler (Zeitschr. analyt. Chem. 14. 305.) für den ersteren np = 56,4°, 
für letzteren Hesse (Annal. d. Chem. u. Pharm. 176, 102,) [<]p — 51,670 
und Soxhlet (J. prakt. Chem. (2). 21, 253.) lJ]p = 52,850 ermittelte ? 


474 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Übersättigt man die wässerige Lösnng des Ulexins mit Salz- 
säure, versetzt mit Platinchlorid im Überschufs, bringt zur Krystalli- 
sation und krystallisiert das erhaltene Platindoppelsalz aus salzsäure- 
haltigem Wasser um, so erhält man ein in feinen, seideglänzenden 
Nadeln krystallisierendes Platinsalz. Beim freiwilligen Verdunsten der 
Mutterlauge erhält man grölsere Krystalle. Beide gleichen den 
Krystallen der entsprechenden Cytisinverbindung. Beim Erhitzen 
zersetzen sie sich ohne vorher zu schmelzen. Sie besitzen die 
Formel: C,, Hı NzO0. H;PtCl,;, + 21/; H,O, denn die Analyse lieferte 
die folgenden Werte: 

I. 0,6292 g des Platindoppelsalzes verloren, bei 100° getrocknet, 


0,0426 g H,O. 
II. 0.5656 g desselben lieferten 0,0386 g H,O. 
11I. 0,7339 g ” 5 0,0497 g H,0. 
Gefunden: Berechnet für 
It IT 7 SEIT, C,HuN:0. H,PtCl, + 24, H,O 
H,07— 86.77, .6,82, 6,04. 6,98 Proz. 

I. 0,5270 g des bei 100° getrockneten Salzes lieferten 0,1704 g Pt. 
I. 0,6842 g „ „ 100° % $ 4 0,2208 g Pt. 
117..0,5826 .8:°.:0,... 1009 r 2 bei der; Ver- 
brennung 0,4756 g CO, und 0,1444 g H,O. Nein Schiffehen verblieben 
0,1898 g Pt. 

Gefunden: Berechnet für 
1 II. Il C,,H4N:0 H,PtCl, 
(I =, 0 = 22,26 Proz. 22,01 Proz. 
Ba = SUN, 266 „ 
Pt = 32,33 32,27 32,57 32,44 „ 


Das zweite Platindoppelsalz Beh Ulexins, (C,1H14Na0)>HsPtCl,;, 
ist sowohl von Gerrard und Symons, als auch von v. d. Mover 
dargestellt worden. 


Gefunden: Berechnet für 
(C,,Hı4N50) a3H,PtCl, 
von G.u.$S. Pt = 24,81 24,44 Proz. Pt = 24,68 Proz. 


u. Y.d. M., Pt .— 24,55 Proz. 

Das Ulexin ist folglich, ebenso wie das Cytisin, im Stande, zwei 
Reihen von Salzen zu bilden, als deren Repräsentanten die beiden 
Platindoppelsalze dienen mögen. 


Das Ulexingoldchlorid, C,ıHıNz0. HAuCl, bildet, wie das 
Cytisingoldehlorid dargestellt und aus salzsäurehaltigem Wasser um- 
krystallisiert, rotbraune, hakig gekrümmte Nädelchen, welche frei 
von Krystallwasser sind und bei 212—213° unter starkem Auf- 


A. Partheil, Ueber Oytisin und Ulexin. 475 


schäumen schmelzen. Magalhaes!) fand bei dem, nach seiner eigenen 
Angabe vermutlich noch nicht ganz reinem Goldsalze 205° als 
Schmelzpunkt des Ulexingoldchlorids. 

Eine Goldbestimmung ergab folgendes Resultat: 
0,3130 g des Golddoppelsalzes hinterliefsen beim Glühen 0,1168 g Au. 


Gefunden: Berechnet für C,,H,,N50. HAuC], 
Au = 37,31 Proz. 37,11 Proz. 


Das Ulexinnitrat, C,,H,4,Ns0. HNO,+H,0, bildete, wie das 
analoge Cytisinsalz gewonnen, farblose Nadeln. Die Analyse des 
Salzes ergab folgende Daten: 

0,9822 g des Salzes verloren, bei 950 getrocknet, 0,0672 g H,O. 


Gefunden: Berechnet für C,,H,,N50. HNO,+H,0 
H,0 = 6,84 Proz. 6,62 Proz. 


Das getrocknete Salz lieferte bei der Verbrennung aus 
I. 0,1607 g Substanz 0,3093 g CO, und 0,0912 g H,O. 
II. 0,1689 g Substanz 0,3244 g CO, und 0,0950 g H,O. 


Gefunden: Berechnet für 
16 TR; C,HıN50 HNO, 
E—252,52 52,32 Proz. 52,17 Proz. 
H = 6,30 6.24 vl 15 A 7 BER 


Nach der Angabe von Magalhaes bildet Cytisin mit Brom 
bromwasserstoffsaures Dibromeytisin, wogegen das Ulexin nach 
Gerrard und Symons Tribromulexin liefert. Diese scheinbare 
Differenz beruht lediglich auf einer irrtümlichen Deutung der von 
Gerrard und Symons erhaltenen analytischen Daten. Ersterer 
fand in dem Cytisinderivat 55,78 Proz. Brom, die letzteren in der 
aus Ulexin dargestellten Verbindung 55,41 Proz. Brom. 

Aufser der oben besprochenen Differenz in den Schmelzpunkten 
der Golddoppelsalze und in der Auffassung der Bromderivate besteht 
nach Magalhaes noch in den Acetylderivaten und Jodmethylaten ein 
Unterschied zwischen Cytisin und Ulexin. Er beobachtete, dafs 
Acetylulexin bei 202—204 0, Acetyleytisin bei 2080 schmolz. Im 
übrigen glichen sich beide Verbindungen völlig in ihren Eigen- 
schaften. 

Das Ulexinmethyljodid von Magalhaes schmolz bei 290° 
Cytisimethyljodid bei 253%. Beide waren auch in ihrer äufseren 
Beschaffenheit gänzlich verschieden. 


1) Dissertation, pag. 47° 


476 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Dem gegenüber möchte ich aus dem folgenden hier gleich vor- 
ausnehmen, dals ich bei einer Wiederholung dieser Versuche zu 
gänzlich anderen Ergebnissen gelangt bin, als Magalhaes, 

Das reine Acetylulexin und Acetyleytisin verhielten sich völlig 
gleich. Beide schmolzen, in demselben Apparat, gleichzeitig neben- 
einander erhitzt, bei 208°. 

Bei der Einwirkung von Jodmethyl auf Cytisin und auf Ulexin 
erhielt ich. zwei m ihrem Äufseren völlig übereinstimmende Salze; 
beide Hydrojodide begannen, gleichzeitig in demselben Apparate. 
neben einander erhitzt, bei etwa 240° ein wenig zusammenzusintern 
und schmolzen scharf bei 270° zu. .einer gelbbraunen Flüssigkeit. 

Durch die im Vorstehenden dargelegten Beobachtungen scheint 
mir die Identität des Cytisins mit dem Ulexin unzweifel- 
haft bewiesen zu sein. Beide Basen sind mithin fortan als 
Cytisin zu bezeichnen. Die völlige Übereinstimmung der Basen 
beider Pflanzengattungen möge durch die nebenstehende Zusammen- 
stellung veranschaulicht werden. 


Alkylderivate des Cytisins. 


Das Studium der Alkylderivate des Cytisins wurde von mir, 
wie erwähnt, unternommen, einerseits um Aufschlufs über die Bin- 
dungsweise der beiden Stickstoffatome des Cytisinmoleküls zu er- 
halten, andererseits, um auf dem Wege der erschöpfenden Methyli- 
rung zu einem Alkylderivate des Cytisins zu gelangen, welches 
unter Abspaltung von Trimethylamin eine um ein Atom Stickstoff 
ärmere Base liefern sollte. Die weitere Untersuchung dieses Spal- 
tungsproduktes konnte dann einen Einblick in die Konstitution des 
CUytisins gestatten. 

Das Cytisin vermag sich mit einem Molekül eines Alkyljodides 
direkt zu vereinigen. Die Reaktion ist von mir mit Methyl- und 
Äthyljodid ausgeführt worden. Durch Kalilauge werden die er- 
haltenen Cytisinalkyljodide in wässeriger Lösung glatt zerlegt. Die 
entstandenen Basen können dann mittels Chloroform ausgeschüttelt 
werden. Das Methyleytisin, welches bisher allein weiter untersucht 
ist, reagiert wiederum mit Jodmethyl. Das Methyleytisinmethyljodid 
ist abermals durch Kalilauge zerlegbar und das durch Ausschütteln 
mit Chloroform erhaltene Dimethyleytisin, welches indessen nicht 
mehr krystallisirt erhalten werden konnte, kann zum dritten Male 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Cytisin aus Cytisus: 


Ulex: 
Formel: C,Hu4N,O C,,H44N50 
Molekulargewicht 190 190 
Schmelzpunkt 152—153 9 152—153 9 
le]p —119 0 57° — 1230 20’ 
Krystalle Wasserfrei. Wasserfrei. 
Leicht löslich in Wasser, | 
Alkohol, | r 
Be | Desgleichen. 
Essigäther. 
Schwer löslich in Benzol, 
Amylalkohol, | 
Aceton, Desgleichen. 
käufl. Äther, 
siedendem Ligroin. 
Nicht löslich in Petroläther, 
Schwefelkohlenstoff, | Desgleichen. 
reinem Äther. 
Platinsalze (C1H14N50),H>PtC], (C,H4N50)H>PtC];. 
C,,H14N50. H,PtCk+ C,,H14N50. HzPtCl,—+ 
21,30 2/H,0 
Goldsalz C,,H}4Ns0. HAuC], C,,H,4N50. HAuCl], 
Schmelzpunkt 212—213 212— 213 
Nitrat C,,H14Na0. HNO;+H3;0 | C,,H,4N50.HN 0;+B,0 . 
[e]p —820 37’ 820 40' 
Acetylderivat C,,Hı3N50. CO. CH, C,,H,3N50.C0O.CH,;. 
Schmelzpunkt 2080 2080 
Bromverbindung C,,H13NsOBrz C,,H43NsOBrz 
Jodmethylat C,,H44N50. CH3J C,,H14N50. CH3J. 
Schmelzpunkt 2700 2700 


478 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


mit Jodmethyl in Reaktion treten. Das Dimethyleytisinmethyljodid 
wird durch andauerndes Kochen mit sehr konzentrierter Kalilauge 
in Trimethylamin und einen Körper von der Zusammensetzung 
C,o Hız NO, gespalten. Dieser Körper steht vielleicht in naher Be- 
ziehung zu der von v. Buchka und Magalhaes bei der Destillation 
von Cytisin mit Natronkalk gewonnenen Base C, H,; N, von welcher 
er sich nur durch einen Mehrgehalt von CO, unterscheidet. 


Die Bildung der Base C,, H;; NO, bei der Spaltung des Dime- 
thyleytisinmethyljodids ist sehr bemerkenswert, da, bei normalem 
Verlaufe der Reaktion, nach der Gleichung: 


Ca H;, N; 0J + KOH = N(CH,); + KJ + H,O + Cu H,ı NO 
ein um ein Kohlenstoffatom reicherer, aber um H,O ärmerer Körper 
erwartet werden mulste. Ich will indessen dem Versuche, diese 


auffallende Beobachtung zu erklären, zunächst eine Schilderung der 
beobachteten Tatsachen voraufschicken. 


Cytisinmethyljodid. 
(Jodwasserstoffsaures Methyleytisin). 
C,ı H,; NO. CH,; HJ + 2 H;0. 


Das jodwasserstoffsaure Methylcytisin wird erhalten, wenn man 
gepulvertes Cytisin mit überschüssigem Jodmethyl in einer Druck- 
flasche einige Stunden auf 100° erhitzt. 


Bereits beim Übergiefsen des Cytisins mit dem Jodmethyl 
findet unter starker Erwärmung eine lebhafte Reaktion statt. 
Nachdem das überschüfsige Jodmethyl abdestilliert war, wurde 
das in amorphem Zustande zurückbleibende Jodmethylat 
in wenig warmen Wassers gelöst, die Lösung mit absolutem Alkohol 
versetzt, filtriert und mit Äther überschichtet. Auf diese Weise 
wurde das Salz in Form feiner, weisser Nadeln erhalten, welche in 
Wasser sehr leicht, etwas weniger leicht in Alkohol löslich sind und 
zwei Moleküle Krystallwasser enthalten. Das aus Ulex gewonnene 
Cytisin liefert genau das gleiche Jodmethylat, wie das aus Cytisus 
dargestellte. Beide Hydrojodide begannen, nach dem Trocknen bei 
100° in demselben Apparate neben einander erhitzt, bei etwa 240° 
etwas zusammenzusintern und schmolzen scharf bei 270° zu einer gelb- 
braunen Flüssigkeit. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 479 


Das Salz lieferte die folgenden analytischen Daten: 
0,3628 g des Salzes verloren, bei 100° getrocknet, 0,0364 g H,O. 


0,3264 g der getrockneten Substanz lieferten 0,2294 g Ag J. 
Gefunden: Berechnet für 
Ca Hıjs Na OHJ + 2H, 0; CaH,N,30. HJ 
H,0 = 10,03 Proz. 9,78 = Proz. 
ger, 1er 38,25 - 
Methyleytisin. 


Cyi His Ns 0. CH, 


Das jodwasserstoffsaure Methyleytisin lälst sich in wässeriger 
Lösung leicht mit Kalilauge zerlegen. Aus der alkalisch gemachten 
Lösung nimmt Chloroform das Methyleytisin Cs Hj, NO auf. Nach 
dem Abdestillieren des Chloroformes verbleibt die Base als eine gelb- 
lich gefärbte, allmählich krystallinisch erstarrende Masse. Aus sie- 
dendem Ligroin wurde dieselbe in völlig farblosen, durchsichtigen 
Nädelchen erhalten. Bei längerem Aufbewahren an feuchter Luft 
zerfliefst die Base. Der Schmelzpunkt der aus Ligroin und darauf 
aus Alkohol umkrystallisierten Base liegt bei 134°. von Buchka 
und Magalhaes beschreiben das Methyleytisin als einen langsam 
krystallinisch erstarrenden Syrup, Schmelzpunkt 245°. 

Beim Erhitzen auf 100° verlieren die Krystalle des Methyl- 
cytisins nicht an Gewicht. Die Analyse derselben ergab Folgendes: 

I. 0,1464 g Substanz lieferten 0,3816 g CO, und 0,1054 g H,O. 

II. 0,1816 g Substanz lieferten 0.4171 g CO, und 0,1342 g H,O. 

III. 0,2364 g Substanz lieferten 28,6ccm. feuchtenStickstoff b. 742,5 mm 


und 17,90 C. 
Gefunden: Berechnet für 
I. 32.7 HE Cja HjeNa O 
C = 71,03; 71,09; — Proz. 10,58 Proz. 
5 2,7.9:7820; =, Sr rat 
IN — — 13,64 „ 13,72 


” 


Methyleytisinplatinchlorid. 
Ca Hıg N O. H, Pt Cl, + 21), H, O, 

Die Lösung des jodwasserstoffsauren Methylcytisins wurde mit 
überschüssigem Chlorsilber digerirt, das Filtrat mit Salzsäure ange- 
säuert und mit Platinchloridchlorwasserstoff versetzt. Alsbald schied 
sich das Methyleytisinplatinchlorid in orangegelben, dünnen Blättchen _ 
aus, welche aus heilsem, salzsäurehaltigen Wasser umkrystallisiert 


480 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


wurden. Beim freiwilligen Verdunsten der wässerigen Lösung er- 
hält man das Salz in derben, braunroten, prismatischen Krystallen. 
Das Platinsalz zersetzt sich beim Erhitzen, ohne vorher zu schmelzen, 
Es lieferte bei der Analyse folgende Daten: 


0,3476 g Substanz verloren beim Erhitzen auf 1000 0,0246 g H,O 
0,3230 g der trockenen Substanz lieferten 0,1016 g Pt. 


Gefunden: Berechnet für: 
C,H], Na0. H,Pt C, + 2V, H,0. CH, N50. H, PtC],. 
4,0 = 7,08 Proz. 6,83 Proz 
Pt=31,45 „ = 31.7002 


Methyleytisingoldchlorid. 


Aus der in gleicher Weise wie zur Darstellung des Platin- 
salzes gewonnenen Methylcytisinhydrochloridlösung schied sich auf 
Zusatz von Goldchlorid das Methyleytisingoldchlorid in zarten, gold- 
gelben Blättchen ab. Nach dem Umkrystallisieren aus salzsäure- 
haltigem Wasser zeigten dieselben den Schmelzpunkt 196°. Eine, 
Goldbestimmung lieferte folgendes Resultat: 

0,2584 g Substanz lieferten 0,0940 g Au. 


Gefunden: Berechnet C,, H;g Na 0. H Au (].. 
Aw 780,317,.Pr:07: 36,15 Proz 
Cytisinäthyljodid. 


(Jodwasserstoffsaures Äthyleytisin.) 
Das in analoger Weise wie das Jodmethylat dargestellte Oyti« 
sinaethyljodid bildet, aus Alkoholäther umkrystallisiert, fast farblose, 
wasserfreie Krystalle. Eine Jodbestimmung führte zu nachstehendem 


Ergebnis: 
0,4660 g Substanz lieferten 0,3134 g AgJ 
Gefunden: Berechnet für Cj; Hıg Na 0. HJ 
= 750.98, Proz. 36,70 Proz. 


Das jodwasserstoffsaure Äthyleytisin verhält sich gegen Kali- 
lauge genau wie die entsprechende Methylverbindung. Das entstandene. 
Äthyleytisin läfst sich mit Chloroform ausschütteln und bleibt nach 
dem Abdestillieren des Lösungsmittels in Form einer gelblichen, 
zähen Masse zurück. Da die Base selbst nach monatelangem Auf- 
bewahren über Schwefelsäure nicht fest wurde, und es auf keine, 


(Fortsetzung in Heft 7.) 


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Deutschen Apotheker-Vereins, 


unter Redaction von 


E. Schmidt una H. Beckurts 
herausgegeben 


von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-Vereins J. GREISS in Berlin. 


Band 230, Heft 3; 


BERLIN. 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 
1892. 


Beitrüge für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen) 
oder Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden, N 


Ausgegeben den 31. October 1892. 


INHALT. 


Seite 


Alfred Partheil, Über Oytisin und Ulexin (Fortsetzung). . . . 481 Re 
Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen In- R 
stitute der Universität Marburg. I 
Joseph Klein, Über das Santonin Il. . . . . RE BO 


Otto Hiller-Bombien, Beiträge zur Kenntnis der Geo 3 5 
Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institute der 
Universität Dorpat. 

H. Beckurts, Über den Alkaloidgehalt der Rinde von Strychnos 

Nux vomica und der Samen von Strychnos potatorum L. fil. 549 
Mitteilungen aus dem Laboratorium für pharmaceutische To 
und synthetische Chemie der Herzog]. techn. Hochschule 
in Braunschweig. 


G. Vulpius und E. Holdermann, Über die Prüfung von Ferrum 


reduetum . . en 
J. E. Gerock und F. 3: Bine Über den Sitz der Aal 
in Strychnossamen . . 999 


Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institute der 
Universität Strassbur g. 


Eingegangene Beiträge. 
C. Engler u. E. Dieckhoff, Über Theeröl-Seifenlösungen in ihrer An- 
wendung zur Desinfection, insbesondere über das Lysol. 


G. Bider, Über das spectroscopische Verhalten des Blutes nach Auf- 5 
nahme von schädlichen Gasen u. eine Methode diese Veränderungen 
für gerichtliche Zwecke objectiv zur Darstellung zu bringen. 


(Geschlossen den 22. Oktober 1892.) 


Soeben erscheint: 
9000 16000 
Brockhaus! Seiten Text. 


£ 


YiS III 


‚Konversations- Lexikon. 
14. ih 


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A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 481 


Weise gelingen wollte, das Äthyleytisin im krystallisierten Zustande 
zu erhalten, so nahm ich von einer Analyse der Base Abstand. Zur 
näheren Charakterisierung derselben stellte ich nach den üblichen 
Methoden das Platin- und Golddoppelsalz derselben dar. 


Äthyleytisinplatinchlorid. 
C;ı His NO, C; H,, H, Pt C, + H,0. 

Das Äthyleytisinplatinchlorid bildet, aus salzsäurehaltigem Wasser 
umkrystallisiert, schöne, braunrote Nadeln, welche sich ebenfalls beim 
Erhitzen zersetzen, ohne vorher zu schmelzen. Bei der Analyse 
lieferte es folgende Zahlen: 


0,4178 g Substanz verloren bei 110° getrocknet 0,0123 g H,O. 
1,4050 g der getrockneten Substanz lieferten 0,1260 g Pt. 
Berechnet für: 


Gefunden: Cj3 Ha) NaO PtC16 + H,0: C,H NO Pt O;; 
3.0 =. 3,06 Proz. 2,79 Proz. — 
Bu Sl, , — 30,99 Proz. 


Äthyleytisingoldchlorid. 

C,, Hı3 NO. C,H,. HAu C].. 
Das Äthyleytisingoldchlorid bildet gelbbraune, dünne, wellig 
gebogene, durchscheinende Blättchen. In kaltem Wasser ist es 
ziemlich schwierig löslich, von heifsem, salzsäurehaltigen Wasser 
wird es dagegen mit Leichtigkeit gelöst. Eine mit dem Salze aus- 
geführte Goldbestimmung bewies die erwartete Zusammensetzung. 


0,3682 g der bei 100° getrockneten Krystalle lieferten 0,1300 g Au. 
Gefunden: Berechnet für 0, H7 N50. HAu(l],. 
Au = 35,30 Proz. 35,48 Proz. 


Methyleytisinmethyljodid. 
(Jodwasserstoffsaures Dimethylcytisin.) 
C;ı Hıa N; O (CH,),.. HJ. 

Zur Darstellung dieser Verbindung wurde zerriebenes Methyl. 
cytisin in einer Druckflasche mit überschüssigem Jodmethyl über- 
gossen. Unter Erwärmung trat eine lebhafte Reaktion ein. Um 
dieselbe zu vollenden, wurde das Gemisch noch zwei Stunden im 
Wasserbade erhitzt. Dann wurde das überschüssige Jodmethyl ab- 
destilliert, das Reaktionsprodukt in wenig heilsem Wasser gelöst und 
die Lösung in absoluten Alkohol filtriert. Das ausgeschiedene, mit 


wenig absolutem Alkohol ausgewaschene Krystallmehl wurde wiederum 
Arch, d. Pharm. XXX. Bäs. 7. Heft. 31 


432 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


in wenig Wasser gelöst, die Lösung mit absolutem Alkohol bis zur 
beginnenden Trübung versetzt und mit Äther überschichtet. Auf 
diese Weise erhielt ich das Methyleytisinmethyljodid in blendend 
weilsen, luftbeständigen, krystallwasserfreien Täfelchen vom Aus- 
sehen des Kaliumchlorats. Sie sind leicht in Wasser, schwierig in 
Alkohol löslich, in Äther unlöslich. 

Von Buchka und Magalhaes beschreiben die Verbindung als 
„kleine, gelbgefärbte Nadeln.“ 

0,4970 g Substanz lieferten bei der Jodbestimmung 0,3387 g Ag). 


Gefunden: Berechnet für C,H] Ns0. HJ. 
J' = 36,82 Proz. 36,70 Proz. 
Dimethyleytisin. 


C,ı Hi N O (© B3;).. 


20 g Methyleytisinmethyljodid wurden in 90 g Wasser gelöst und 
40 g Kalihydrat hinzugefügt. Die Lösung trübt sich zunächst durch 
ausgeschiedenes Jodmethylat, welches aber beim Erwärmen wieder 
in Lösung geht. Sobald bei weiterem Erhitzen die genügende Tem- 
peratur erreicht ist, wird die Lösung milchig trübe. Bald darauf 
sieht man auf der Oberfläche die ersten Öltröpfehen, welche nach 
kurzem Kochen die ganze Oberfläche bedecken. Nach dem Erkalten 
wurde dreimal mit je etwa 150 cem Chloroform ausgeschüttelt. Die 
alkalisch-wässerige Lösung gab nunmehr, nach dem Übersättigen 
mit Salzsäure, mit Kaliumwismuthjodid nur noch eine geringe Trü- 
bung, zeigte dagegen starke Jodreaktion. Das Dimethyleytisin war 
folglich auf dem beschriebenen Wege bis auf Spuren von dem Chlo- 
roform aufgenommen worden. Nach dem Abdestillieren des Lö- 
sungsmittels hinterblieb die Base als eine gelbbraun ge- 
tärbte, stark alkalisch reagierende, sehr bitter schmeckende 
Masse, welche nach monatelanger Aufbewahrung über Schwefelsäure 
spröde und zerreiblich wurde. Dieselbe in den krystallisierten Zu- 
stand überzuführen, ist bisher nicht gelungen, obwohl die ver- 
schiedensten Lösungsmittel in Anwendung gezogen wurden. Von 
einer Analyse dieser Base selbst wurde daher Abstand genommen. 
Dafs aber der erhaltene Körper in der That Dimethyleytisin war, 
folgt einerseits aus der Analyse seiner Platin- und Golddoppelsalze, 
sowie ferner aus der Beobachtung, dafs derselbe abermals mit Jod- 
methyl reagierte und nunmehr ein Jodmethylat lieferte, welches beim 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 483 


Kochen mit dreifsigprozentiger Kalilauge in Trimethylamin und eine 
neue Base zerfiel, welche letztere nur noch eın Atom Stickstoff im 
Molekül enthält. 

Die Beschreibung welche Magalhaes!) von der zwischen 
Methyleytisinmethyljodid und Kalilauge stattfindenden Reaktion giebt, 
läfst sich mit den von mir beoabachteten Thatsachen auf keine Weise 
vereinbaren. Derselbe schreibt: „Das Methyleytisin (soll heifsen 
Methyleytisinmethyljodid) wurde darauf zwei Stunden mit Kalilauge 
gekocht, um eine event. Zerlegung der Verbindung zu bewirken. 
Weder Chloroform noch Äther vermochten der alkalischen Lösung 
das geringste zu entziehen. Darauf wurde die alkalische Lösung 
mit Chlorwasserstoffsäure angesäuert und zur Trockne verdampft. 
der völlig trockene Rückstand wnrde nun mit absolutem Alkohol 
digeriert, und die alkoholische Lösung mit Äther versetzt. Es schied 
sich sofort ein krystallinischer Niederschlag aus, welcher in seinem 
Äufseren dem Methyleytisinmethyljodid völlig glich und fast den- 
selben Schmelzpunkt zeigte; daneben entsteht allerdings auch eine 
harzähnliche Masse, offenbar ein Zersetzungsprodukt des Methylates. 
Es ergiebt sich hieraus, dafs das Methylcytisin sich mit dem Jod- 
methyl zu einem Jodid vereinigt, welches nicht mehr durch Kali- 
lauge glatt zerlegt werden kann, und welches demnach das normale 
Verhalten der quaternären Ammoniumjodide zeigt. Auffallend ist es, 
dafs das Methyleytisin nur ein Molekül Jodmethyl aufzunehmen 
vermag, obwohl die Verbindung zwei Stickstoffatome im Molekül 
enthält. Es ist ja möglich, dafs das zweite Stickstoffatom bereits im 
Cytisin quaternär gebunden sich befindet, diese Annahme aber würde 
in einigem Widerspruch mit den schwach basischen Eigenschaften 
des Cytisins stehen.“ 

Ein derartiger Verlauf der Reaktion ist nur möglich bei Ver- 
wendung von wenig Jodmethylat, wenig Kalihydrat und vielem 
Wasser. 

Dimethyleytisinplatinchlorid. 
C,1Hj2(CH3),N.0; H, PtOl, + 21/: H0. 

Zur Darstellung des Salzes wurde Methyleytisinmethyljodid mit 
Chlorsilber im Überschufs in das Chlorid verwandelt, die Mischung 
mit Salzsäure stark angesäuert, von dem Jod- und Chlorsilber ab- 


1) Dissertation, pag. 36. 
31* 


454 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


filtriert und das Filtrat in das Platinsalz verwandelt. Nach dem Um- 
krystallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser stellte dasselbe zarte, 
goldgelbe Blättchen dar, welche in heilsem Wasser leicht, in kaltem 
Wasser schwer löslich sind und beim Erhitzen sich zersetzen, ohne 
vorher zu schmelzen. Es lieferte bei der Analyse die folgenden 
Zahlen: 

0,4751 g des Salzes verloren beim Trocknen 

bei 1000 0,0311 g H,O, 
0,4440 g des trockenen Salzes lieferten 


0,1377 g Pt. 
Gefunden: Berechnet für 
C,3H5%N50 PtCl,;, + 21, H,0; C,3H%N50 Pt C];: 
H,0 = 6,54 Proz. 6,67 Proz. — 
BEZ 3501, — 30,99 Proz. 


Dimethyleytisingoldchlorid. 
C,,H4>s(CH;)aN50; HAu(],. 

Das in analoger Weise gewonnene Goldsalz bildete nach dem 
Umkrystallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser feine, rötlich-gelbe 
Nädelchen. 

Dasselbe ist krystallwasserfrei. Eine Goldbestimmung hatte 
folgendes Ergebnis: 


0,4346 g des bei 100° getrockneten Salzes lieferten 
0,1226 g Au. 


Gefunden: Berechnet für 
C3H,3N50: AuQ];: 
Au = 35,44 Proz. 35,29 Proz. 


Dimethyleytisinmethyljodid. 
Cj,H15N50 (CH;)3J. 

Übergiefst man in einer Druckflasche Dimethyleytisin mit Jod- 
methyl, so tritt beim Umschütteln eine heftige Reaktion ein, welche 
sich schon äufserlich durch Erwärmung bemerkbar macht. Um die 
Reaktion zu vollenden, wurde noch eine Stunde auf dem Wasserbade 
erhitzt und dann das überschüssige Jodmethyl abdestilliert. Das 
Dimethyleytisinmethyljodid wurde nun zerrieben und, um etwa der 
Einwirkung des Jodmethyls entgangenes Dimethyleytisin zu ent- 
fernen, mit Chloroform gewaschen, Das nach dem Trocknen zurück- 
bleibende, gelblich-weilse, amorphe, hygroskopische Jodmethylat, 


nn 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 485 


konnte nicht in krystallisiertem Zustande erhalten werden. Ich 
führte daher das Jodid auf dem üblichen Wege in das Platindoppel- 
salz über. 

Trimethyleytisinplatinchlorid. 


Die durch Umsetzen mittels Chlorsilber aus der Lösung des 
Dimethyleytisinmethyljodids erhaltene Lösung gab, nach dem An- 
säuern mit Salzsäure, auf Zusatz von Platinchlorid sofort einen reich- 
lichen, amorphen Niederschlag. Da aber gleichzeitig ein Teil des 
Platins reduziert wurde, so wurde der abgesaugte und mit wenig 
Wasser ausgewaschene Niederschlag durch Zerlegen mittels Schwefel- 
wasserstofft und Rückverwandlung des von Schwetelwasserstoff be- 
freiten Filtrates in das Platinsalz gereinigt. Nach nochmaliger 
Wiederholung dieser Operationen hatte das Filtrat seine reduzierende 
Wirkung eingebülst. Das nunmehr erhaltene Platindoppelsalz zeigte 
eine rein rötlich-gelbe Farbe und eine amorphe Beschaffenheit. Ver- 
suche, das Salz in den krystallisierten Zustand überzuführen, schlugen 
fehl. Es wurde daher abgesaugt, mit wenig kaltem Wasser aus- 
gewaschen und bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet. Die Analyse 
des Salzes ergab folgende Zahlen: 

0,2472 g des Salzes verloren, bei 1000 getrocknet, 
0,0180 & H,O. 
0,2292 g des getrockneten Salzes lieferten 
0,0702 g Pt. 
Gefunden: 
H,0 = 7,27 Proz. 
Pr.=/30ß2. ı ., 
Berechnet für 


C,4H53N50 Pt Cl, + 24, H,0: C,4H33N50 Pt CC], 
H,0 = 6,54 Proz. — Proz. 
u, “ 30271 


Spaltung des Dimethyleytisinmethyljodids mittels Kalilauge. 


Um aus dem Molekül des Dimethyleytisinmethyljodids Trimethyl- 
amin herauszuspalten und so zu einer neuen, um ein Atom Stickstoff 
ärmeren Base zu gelangen, wurde das Dimethyleytisinjodmethylat 
mit sehr konzentrierter Kalilauge gekocht. Alsbald schied sich auf 
der Flüssigkeit ein zähes, braunes Öl ab. Gleichzeitig begann die 
Entwickelung von Trimethylamin, welches sich schon durch seinen 
Geruch als solches kennzeichnete. 


+86 X. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Um dasselbe näher zu charakterisieren, wurde es mit Hülfe eines 
Wasserstoffstromes in verdünnte Salzsäure geleitet. Die so erhaltene 
salzsaure Lösung wurde zur Darstellung des Platindoppelsalzes ver- 
wendet. Das erhaltene Platindoppelsalz stimmte in seiner Form und 
seinem Schmelzpunkt (213—214°%) mit Trimethylaminplatinchlorid 
überein. Eine Platinbestimmung ergab ebenfalls für Trimethylamin- 
platinchlorid stimmende Zahlen. 

0,2072 g des bei 1000 getrockneten Salzes lieferten 


0,0766 g Pt. 
Gefunden: Berechnet für 
(N[CH,,H Ol), PtC];; 
Bbr- 736.962 Broze 36,87 Proz. 


Die Zersetzung des Dimethyleytisinmethyljodids geht zwar 
schon bei Wasserbadtemperatur vonstatten, war indessen selbst nach 
mehrtägigem Erhitzen noch nicht beendet. Es war daher nötig, 
die Mischung auf dem Drahtnetze zu kochen. Als alles Trimethyl- 
amin ausgetrieben war, schüttelte ich die erkaltete Mischung mit 
Chloroform aus. Die erhaltene Chloroformlösung zeigte eine lebhafte, 
gelbgrüne Fluorescenz. Nach dem Abdestillieren des Chloroforms 
blieb die neue Base in Gestalt einer braun gefärbten, harzigen 
Masse zurück, welche in verdünnter Salzsäure bis auf einen geringen 
Rückstand löslich war. 

Da es nicht gelingen wollte, die Base oder deren salzsaures 
Salz in den krystallisierten Zustand überzuführen, so versuchte ich, 
das Gold- und Platindoppelsalz derselben darzustellen. 


Die salzsaure Lösung der Base enthielt aber noch einen stark 
reduzierend wirkenden Stoff. Die gefällten, mit wenig kaltem 
Wasser ausgewaschenen Doppelsalze wurden daher zur Reini- 
gung wiederholt mit Schwefelwasserstoff zerlegt, von Schwefel- 
wasserstoff mittels Kohlensäure befreit und die Filtrate von 
neuem mit Gold- bezüglich Platinchlorid gefällt. Nach mehrmaliger 
Wiederholung dieser Operationen war zwar eine farblose, nicht mehr 
Auoreseirende Lösung entstanden, auf Zusatz von Goldchlorid trat 
aber doch noch Reduktion ein. Dagegen gelang es nunmehr, ein 
brauchbares Platinsalz zu erhalten. Dasselbe stellte ein amorphes, 
nicht krystallisierbares, gelbliches, in Wasser kaum lösliches Pulver 
dar, welches sich beim Erhitzen, ohne vorher zu schmelzen, zersetzte. 
Bei der Analyse des Salzes erhielt ich die folgenden Daten. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 437 


I. 0,1014 g des Platindoppelsalzes verloren, bei 100° getrocknet, 


0,0060 g H,O. 
II. 0,2268 & desselben lieferten 0,0115 g H,O. 
III. 0,2338 g = » 0,0158 g H,O. 
IV. 0,2892 & 5 „. 0,0142 & H,0. 
V. 0,1896 g > »„ 0.0094 g H,O. 
Gefunden: 
I: IT. Au: IV. V. 
H0= 5,91; 5,07; 6,75; 5,16: 4,95 Proz. 


Berechnet für 
[Co Hz NO3) Hz Pt Olg + 217, H50. 


6,93. Proz! 
I. 0,0954 g der getrockneten Subsianz lieferten 
0,0246 g Pt. 
II. 0,2153 g derselben lieferten 0,0546 g Pt. 
II. 0,2180 g a „0,0560 g& Pt. 
IV. 0,750 g “ 0.3132 g CO, 


und 0,0978 g H,O. Im Sekuffehen verblieben 0,0692 g Pt. 
V. 0,1896 g der mit Bleichromat gemischten 
getrockneten er lieferten 0,2096 g CO, und 0,0674 g H,O. 


Gefunden: 
T, ER ET, IV. ur, 
er — =— — 31.03: ln Binoyz 
H= — — _— 3,94; 4,15 Y 
Pt= 23,74; 25,36; 25,69: 25,16: er P 


Berechnet für 
[Co Hız NO3) Hs Pt C],. 
02 31277. Erozz 
ai = Bi 
Pie=»5B84, 5 


Die vorstehenden analytischen Daten zeigen eine genügende 
Übereinstimmung, wenn man erwägt, dals das Salz im amorphen 
Zustande zur Analyse verwendet werden mufste. Aufserdem hat 
dasselbe die unangenehme Eigenschaft, beim Trocknen geringe Men- 
gen Salzsäure abzugeben, ein Umstand, welcher die bei den Wasser- 
bestimmungen zum Teil etwas grofsen Differenzen erklärt. Die an- 
geführten Analysen ergeben aber das auffallende Resultat, dafs die 
bei der Spaltung des Dimethyleytisinmethyljodids entstandene Base 
nicht wie man erwarten sollte, die Formel C,ı H,, NO besitzt, son- 
dern dafs ihre Zusammensetzung der Formel C,o Hız NO, entspricht. 
Für die Formel (C,, H,ı NO), H; PtCl, würde sich berechnen: 


C = 34,94 Proz. 
El 2 
Pur 23. 7A, 


488 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Mit diesen Zahlen lassen sich aber die gefundenen Werte nicht 
vereinbaren. Man hätte erwarten sollen, dafs die Spaltung des 
Dimethyleytisinmethyljodids durch die Gleichung: 

Cu Hs, N0 J+ KOH=KJ+H,0 + N(CH,), + C,H, NO 
ihren Ausdruck finden würde, den obigen Analysen zufolge dürfte 
dieselbe etwa durch folgende Gleichung illustriert werden: 
C Hz NO J+KOH + H,O =KJ + N(CH,), + HCOH + C,,H4s NO, 

Für diese letzte Gleichung würde freilich noch der Nachweis zu 
liefern sein, dafs das betreffende Kohlenstoffatom in der That als 
Formaldehyd abgespalten wird. Diesen Teil der Beweisführung 
mufs ich mir noch vorbehalten. Es ist allerdings nicht unmöglich, 
dafs sich bei dem weiteren Studium dieser Reaktion Gesichtspunkte 
ergeben, welche eine andere Deutung des Spaltungsprozesses er- 
heischen; einstweilen scheint mir die oben vorgeschlagene, im Hin- 
blick auf den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse der Reaktion, 
die einfachste zu sein. 

Namentlich, wenn man annimmt, dals an Stelle der erwarteten 
Base C,ı H,ı NO durch Wasseraufnahme die um zwei H,O reichere 
Base C,, H}; NO, entsteht, nach der Gleichung: 

Ca Hz NO J+KOH + ,O—KJ-+ N(CH,), + C,, H,NO,, 
und dafs diese intermediär gebildete Base beim Erhitzen mit Kali- 
lauge in Formaldehyd und die Base C,, Hız NO, zerfällt: 
C,H; NO3= CH,0 + Co, H13 NO,, 
läfst sich diese Reaktion mit bereits Bekanntem in Parallele stellen. 

Bromtarkonin wurde von v. Gerichten!) durch Kochen mit 
Baryt in Formaldehyd und Methylbromtarkoninsäure gespalten und 
in gleicher Weise vermochte Roser?) das Tarkoninmethylhydroxyd 
durch blofses Kochen in wässeriger Lösung in Methyltarkoninsäure 
und Formaldehyd zu spalten: 

Cs Hı> Br NO, = C,H}, Br NO, + CH,O. 
Ca Hı; NO, = C,, H,ı NO; + CH3,0. 
CH NO, = C,, Hs NO, + CHLO. 

Läfst man die Lösung der Base in Salzsäure längere Zeit stehen, 
oder erhitzt dieselbe einige Zeit zum Kochen, so scheidet sich ein 
rostfarbener Niederschlag aus. Das Filtrat davon lieferte ein amor- 
phes Goldsalz, welches in 0,1310 g Substanz 0,0507 g Au enthielt. 


I) Annalen 212, 171. 
2) Annalen 245, 313, 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 489 


Mit Jodmethyl scheint die Base C,, Hj3 NO, nicht zu reagieren. 
Mehrere Stunden mit einem Überschufs desselben in einer Druck- 
flasche auf Wasserbadtemperatur erhitzt, lieferte dieselbe eine bräun- 
liche, nicht krystallisierbare Masse. Dieselbe wurde in Wasser gelöst, 
mit Chlorsilber im Überschufs behandelt, mit Salzsäure angesäuert 
und das Filtrat zur Darstellung des Platin- und Golddoppelsalzes 
verwendet. 


Das Platindoppelsalz bildete ein amorphes, gelbliches, in Wasser 
kaum lösliches Pulver. 


Die Analyse desselben ergab folgende Werte: 
I. 0,1804 g der lufttrockenen Substanz lieferten 0,0433 g Pt. 
II. 0,2202 g derselben verloren, bei 1000 getrocknet, 0,0140 g H30. 
III, 0,2062 g der getrockneten Substanz lieferten 0,2372 g CO,, 
0,0798 g H,O und 0,0526 g Pt. 


Gefunden: Berechnet für 
1! II (CH NO2)H,PtC1,+21,,H,0 
Er 6,30 Proz. DEDSMELLO7Z 
Pt’ = 24,27 u 23,93, 0 
Gefunden: Berechnet für 
III (C.0H13NO05),H,PtCl, 
= Sl 1209 31,27 Proz. 
en E07 ON 
1 7 2D, 3ER 5 
Dagegen würde beanspruchen die Formel: 
(C,H; NO3),HaPtC], (CH, NO)H,PtC], 
C = 33,18 Proz. 36,75 Proz. 
EB 54:03 3%; MOSE, 
Pt= 445 „ 24,82. .%, 


Da die salzsaure Lösung des Körpers nunmehr Goldchlorid nur 
noch sehr wenig reduzierte, stellte ich ebenfalls das Goldsalz dar. 
Es bildete ebenfalls einen amorphen, schmutzig gelben Niederschlag. 
Eine Goldbestimmung ergab folgendes: 

0,1534 5 der bei 100° getrockneten Substanz lieferten 0,0576 g Au 


Gefunden: Berechnet für 
Au = 37,54 Proz. 37,88 Proz. 


Eine weitere Untersuchung der beschriebenen Körper wurde 
bisher leider durch Mangel an Material verhindert. Ich bin indessen 
mit der Beschaffung neuen Untersuchungsmaterials beschäftigt und 
beabsichtige, das Studium der Base C,,Hı;3NO,, welches für die 


490 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Kenntnis der Konstitution des Oytisins von grofsem Werte zu werden 
verspricht, weiter fortzuführen. 


Acetyleytisin. 
CH1sNs0. CO CH, 


Das Acetyleytisin ist bereits von v. Buchka und Magalhaes 
dargestellt worden. Sie mulsten es aber unentschieden lassen, ob 
bei der Acetylierung das Wasserstoffatom einer (eventuell vorhan- 
denen) Hydroxylgruppe oder das der Imidgruppe durch die Acetyl- 
gruppe ersetzt wird. Dieser Umstand, sowie die von jenen Forschern 
beobachteten Unterschiede in den Schmelzpunkten des Acetyleytisins 
und Acetylulexins gaben mir die Veranlassung, diese Verbindung in 
den Kreis meiner Untersuchungen zu ziehen. 

Ich verfuhr genau nach den Angaben von v. Buchka und 
Magalhaes und kann deren Angaben über das Acetyleytisin vollauf 
bestätigen. Dasselbe schmolz bei 208°. Das in gleicher Weise aus 
Ulexin dargestellte Acetylderivat zeigte sich als mit Acetyleytisin 
völlig identisch. Beide Präparate schmolzen, in demselben Apparat 
gleichzeitig neben einander erhitzt, übereinstimmend bei 208°. 


v. Buchka und Magalhaes beobachteten, dafs das Acetyl- 
ulexin bei 202—-204 ® schmolz. Diese Differenz erklärt sich mithin 
durch das Vorhandensein einer Verunreinigung in dem Acetylulexin 
derselben, welche aber durch Umkrystallisieren leicht beseitigt 
werden kann. Es spricht also auch das Verhalten der Acetyl- 
derivate des Cytisins und Ulexins, wie bereits erwähnt, für die 
Identität beider Basen. 


Es blieb nunmehr noch der Nachweis zu führen, dals die 
Acetylgruppe den Imidwasserstoff des Oytisins ersetzt hatte. 


Zu diesem Zwecke behandelte ich Methyleytisin unter den von 
v. Buchka und Magalhaes für die Darstellung des Acetyleytisins 
angegebenen Bedingungen mit Essigsäureanhydrid. Enthielt das 
Cytisin eine Hydroxylgruppe, deren Wasserstoffatom bei der Acety- 
lierung ersetzt wurde, so war vorauszusehen, dafs auch das Methyl- 
cytisin ein Acetylderivat liefert. Ist dagegen im Acetyleytisin der 
Imidwasserstoff durch Acetyl ersetzt, so kann das Methyleytisin, in 
welchem der Imidwasserstoff bereits durch Methyl vertreten ist, mit 
Essigsäureanhydrid nicht reagieren. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 491 


Der Versuch entschied in letzterem Sinne. Das Reaktionspro- 
dukt aus Methyleytisin und Essigsäureanhydrid bildete eine zähe, 
gelbliche Masse, welche selbst nach wochenlanger Aufbewahrung im 
Exsikkator nicht krystallinisch wurde. Ich führte dieselbe daher in 
das Platinsalz über. Das erhaltene Platindoppelsalz stimmte in 
seinen Eigenschaften und seinem Platingehalt mit Methyleytisinplatin- 
chlorid überein. 

0,2098 g des Salzes lieferten 0,0140 g H,O 
0,1958 g des getrockneten Salzes hinterlielsen 0,0622 g Pt 


Gefunden: Berechnet für 
C,H,6N50. H,PtCl,+21/,H,0 
FR =. 8:61) Proz. 6,33 Proz. 
für Cj>H,gN50. H,PtC], 
Er 73764 Proz. 31,73 Proz. 


Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich, dafs bei der Acetylie- 
rung des Cytisins die Acetylgruppe für den Imidwasserstoff der Base 
eintritt und dafs das Vorhandensein eines Hydroxyls im Cytisinmolekül 
nicht nachweisbar ist. 


Konstitution des Cytisins. 


Die bisher vorliegenden Beobachtungen gestatten zwar noch 
nicht, mit einiger Sicherheit eine Konstitutionsformel für das Cytisin 
aufzustellen, immerhin dürfte es von Interesse sein, einige Kon- 
figurationen zu diskutieren, welche sich für die Formel C,,H,4ıN>sO 
aufstellen lassen, sowie die Beziehungen des Cytisins zu ähnlich zu- 
sammengesetzten Körpern von bekannter Konstitution zu erörtern. 

Das Pilokarpin, C,,H,3N20, = 

OÖ 


C=O0 
| 


—. q (CH,)C,H,N, 
welches sich in der empirischen Zusammensetzung von dem Cytisin 
nur durch einen Mehrgehalt von einem Molekül Wasser unterscheidet, 
steht offenbar nicht in naher Beziehung zu dem letzteren. 

Während das Pilokarpin schon durch anhaltendes Kochen mit 
Wasser in Trimethylamin und 3 Pyridinmilchsäure gespalten wird 
und durch Kaliumpermanganat leicht oxydiert werden kann, wobei 
Ammoniak und Trimethylamin neben Pyridintartronsäure entstehen, 
welche letztere weiter in 3 Pyridinkarbonsäure oxydiert werden 


492 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


kann, zeichnet sich das Cytisin durch eine beträchtliche Beständig- 
keit aus. 

Ferner dürfte ein aus dem Pilokarpin durch Wasserabspaltung 
entstandener Körper kaum den Charakter einer sekundären Base 
tragen. Endlich liesse sich die Entstehung einer Base CgH,,;N bei 
der Destillation mit Natronkalk nicht erwarten. 

Das Antipyrin, C,,H}>sN50, könnte seiner empirischen Formel 
nach ebenfalls dem Cytisin konstitutionsverwandt sein. Beide 
werden aulserdem in wässeriger Lösung durch Eisenchlorid rot gefärbt. 

Reduktionsprodukte des Antipyrins von der Formel C,,H,4N50 
sind zwei denkbar!), wenn man zunächst von der Möglichkeit ab- 
sieht, dafs die Wasserstoffaddition auch unter Aufspaltung des 
Pyrazolkernes vor sich gehen kann: 


I BR 
| 
N N 
{ IN HB 3 
0C N—CH. C N—CH 
| | i Bo | \ 
| | | | 
H;C CH—CH; HC=————0.-CH; 
1 Phenyl, 2—3 Dimethyl, 1 Phenyl, 2—3 Dimetbyl, 
5 Pyrazolidon 5 Oxypyrazolidon 
(Hydroantipyrin). (Antipyrinalkoho)). 


Der Körper der Formel I ist kürzlich von Knorr und Duden?) 
beschrieben worden; einen „Antipyrinalkohol“ der Formel II glaubte vor 
kurzem J. W. Brühl?) durch Einwirkung von Natrium und Kohlensäure 
auf eine siedende Toluollösung von Antipyrin erhalten zu haben. 

Durch die Untersuchungen von Knorr und Taufkirch (l. e.) 
ist indessen diese Brühl’sche Verbindung als # Methylamidokroton- 
säureanilid III 


on oe 
R CH--CO—NH. C,H, 


erkannt worden. 

Alle drei Formeln können aber von vornherein für das Oytisin 
nicht in Frage kommen, da Formel I und H kein sekundär gebun- 
denes Stickstoffatom besitzen, Formel III dagegen deren zwei auf- 

1) Knorr und Taufkirch, Ber. XXV. 769. 


2) Ber. XXV. 759. 
3) Ber. XXV. 395. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 493 


weist, während im Öytisinmolekül das eine der beiden Stickstoff- 
atome sekundär gebunden ist. 
Man könnte nun an eine Konfiguration 


C,H; 
| 
\ 
EN 
EN 
OC NH 
| 
| | 
H,C C(CH,)s 


denken. In der That hat dieselbe manches für sich. Das der Imido- 
gruppe benachbarte Kohlenstoffatom besitzt keine durch Wasserstoff 
gesättigte Affinität mehr. Daraus würde sich die schwierige Oxydir- 
barkeit des Cytisins in ähnlicher Weise erklären lassen, wie Knorr!) 
die Beständigkeit des Hydroantipyrins Oxydationsmitteln gegenüber 
deutet. Der Mangel eines asymmetrischen Kohlenstoffatoms schlielst 
jedoch vorstehende Formel für das Cytisin von vornherein aus. 
Dasselbe gilt von Konstitutionsformeln mit einem indolartigen 
Ringe, deren Möglichkeit von Tereg?) für das Uytisin gemutmafst 


wurde. 
CH, CH, 


BEN 


oder 


1) Ber. XXV. 767. 
2) Privatmitteilung, durch gütige Vermittelung des Herrn Prof. 
Dr. E. Schmidt. 


494 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


Dagegen läfst sich der ebenfalls bereits von Tereg angedeutete 
Connex zwischen Cytisin und Nicotin leicht durch eine Cytisinformel 
illustriereu, welche wohl allen bisher über das Cytisin bekannten 
Beobachtungen gerecht wird. 


H ‚CH,CH 
EINEN /- sch 
C C 
NEN 
He MEN OR 
| | | 
| I | 
EI EC Moe 
r RS BG 
N N/ 
N NH 
Nikotin!) 
CjoH44Ns 
H; 
c 
a FR 
LER 
u Me I. un CH 
Gr RSS | | 
1210, pr oa 010) © CH 
| | | | oder INES 
Ber 06... en $ Me 
RZ | | | 
N NH Ho % I 


Cytisin, 


Wir haben an Stelle einer Aethylgruppe die Propyigruppe, oder 
vielleicht auch, wie in Formel II., einen hydrirten Benzolring; an 
Stelle einer CHs-Gruppe befindet sich ein Carbonyl. Nun ist es 
freilich nicht gelungen, eine Phenylhydrazinverbindung des Cytisins 
zu erhalten, indessen sind auch anderweitig bereits Verbindungen 
bekannt, in welchen die Ketonfunktion der CO-Gruppe durch die 
sonstige Konstellation abgeschwächt erscheint. 


1) Nach A. Pinner und R. Wolffenstein. Bericht der d. Chem 
Gesellschaft 25, 62. 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 495 


Beide Formeln weisen ein asymmetrisches Kohlenstoffatom 


L. IL. 
BCE N 
\/ sth CH, 
© ! 
SR bezüglich CH 
Berner NH/\ 


| T co 
| 
auf, sie geben eine Erklärung dafür, dafs das Methyleytisin kein 
Acetylderivat liefert; die Bildung einer Base C;H,;N bei der Des- 
tillation mit Natronkalk ist an der Hand derselben nicht überraschend; 
die Entstehung eines hydrirten Chinolins wäre bei einer derartigen 
Spaltung nicht ausgeschlossen, wenn man Formel I. annimmt, während 
Formel II. ein hydrirtes Isochinolin ohne Weiteres ergiebt: 


1% H, C,H, 1. CH, 
H \da A 
C © 7 > 
PEN, IN: HeC CH, 
H6 SS | | 


C CH 
KH Br SS 


HC 16; 0) 


9 = % . 5 (0; 
NY =xc z G | | Ä | 
NH ! 
Ho 6 CH, 
nV 84 
N NH 


Bei der erschöpfenden Methylierung mülste die Base ein Dime- 
thyleytisinmethyljodid liefern, dem die folgende Konstitution zu- 
kommen würde: 


I 27 
H C,H, 
I 
) C CH, 
ARTE DR 
HC Ä co H,C CH, 
} \ | | 
| j 
HC CH C x 
Su 2 
Dr J.N (CH;); Et. C co 
| | | 
| | | 
HC 2 SH 


A. Partheil, Ueber Oytisin und Ulexin. 


Die Spaltung dieses Körpers mit Kalilauge wäre sodann durch 


496 
die Gleichungen zu illustrieren: 
1. 
EIG, H; 
HIN 
€ @ 
Ka 
a . © 
HC C CO: KOH: + H,O = KJ + NG 
| | 
| | | H GH 
HC ERLNGE NY 
> INCH) SR 
EN \ N 
N ei L 2 N 
HC C..z00 
Ken 
| | 
HÖ CE 
SU Sa 
y omoR 
H9.G,H HR 
H \/ Bil H \/ 3 
FRE c Be. 
4 
NEN Na 
HeUTZCcH 56H 0. CE 
Ve I 1 Me 
HL IC HCH = CB20.7 80% 00m 
SNEIOE 
Vz oH . N 
N N 
II 
CH, 
B£ N 
| 
| 
b 60H 
a PA 
HC N: CO + KOH + HO, = 
Be, R 
Zu 
Na ee 
u NESICHn, | | 
C CH 
C co 
| 


KJ 4 N(CH,, + 20 


| 
CH HCH 


H6 
N u OH 


A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 497 


CH, CH, 
H:6 OH, FC. OB, 
| | | | 
| | | | 
U LICH si: 
NH En L H 34 N 
HC C co = CH,0 + HC C [0/0] 
| | NR | H 
| IE | 
Eis BOH Hr {CH HC  cH 
SVari:: OH y% 
N N 


Die Thatsache, dafs der Körper Co Hı; NO,, wenigstens unter 
den oben beschriebenen Versuchsbedingungen, nicht im Stande war, 
Jodmethyl zu addieren, dürfte sich dadurch erklären lassen, dafs 
durch die anderweitige Gruppirung der Atome (die Nähe der 


_—CHOH und —C = Ö-Gruppe) die Funktion des Stickstoffatomes 


| 
H 


eine Abschwächung erlitten hat. 

Ich bin selbstverständlich weit davon entfernt, die im Vorste- 
henden entwickelten Ansichten für Tatsachen zu halten, bezüglich 
dem Cytisin bereits jetzt eine der obigen Konstitutionsformeln zuer- 
teilen zu wollen. Zur Aufstellung einer solchen reichen die bisher 
gemachten Beobachtungen noch nicht hin. 

Dagegen dürften solche und ähnliche Betrachtungen nicht ohne 
Wert sein für die Auffindung eines methodischen Weges, um, sei 
es nun durch Abbau oder Synthese, zur Kenntnis der Konstitution 
des Cytisinmoleküls zu gelangen. Nach beiden Richtungen hin hoffe 
ich in Bälde weitere Mitteilungen machen zu können. 


Zusammenstellung der Resultate. 


1. Das Cytisin besitzt die Formal C,, H,ı NO. 

2. Das Cytisin kommt aufser in vielen Arten der Gattung 
Cytisus auch in Ulex europaeus vor, das aus letzterem von 
Gerrard und Symons dargestellte Ulexin ist mit dem 
Cytisin identisch. 

3. Als Darstellungsmethode für das Cytisin ist die modifizierte 
Partheil’sche am meisten zu empfehlen. 

4. Der Gehalt der Cytisussamen an Alkaloid ist, die Richtig- 


keit der Angaben von v. Buchka und Magalhaes voraus- 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 7. Heft. 33 


498 A. Partheil, Ueber Cytisin und Ulexin. 


gesetzt, grolsen, wohl durch die Vegetationsbedingungen 
veranlafsten Schwankungen unterworfen. 

5. Das Cytisin ist eine zweisäurige Base, welche zwei Reihen 
meist schön krystallisierender Salze zu bilden vermag. 

6. Eine Konstitutionstormel läfst sich für das Cytisin noch 
nicht aufstellen. Über die Bindung der Atome in dem 
Moleküle der Base ist bisher folgendes erwiesen: 

Das eine der beiden Stickstoffatome ist sekundär gebunden. 
Diese Bindungsweise folgt aus dem Verhalten des Cytisins gegen 
Jodmethyl, Essigsäureanhydrid und salpetrige Säure. 

Das zweite Stickstoffatom befindet sich entweder in tertiärer 
oder in quaternärer Bindung. 

Das Sauerstoffatom ist weder in Form einer Methoxylgruppe, 
noch als Hydroxyl vorhanden. Der letztere Schlufs ergiebt sich aus 
der Unfähigkeit des Methyleytisins, mit Essigsäureanhydrid ein Ace- 
tylderivat zu liefern. 

Der Nachweis einer Karbonylgruppe gelang nicht. 

Die Destillation des Oytisins mit Natronkalk hat die Base als 
ein Pyridinderivat erkennen lassen. Die dabei ebenfalls entstehende 
Base C, H,; N dürfte in naher Beziehung zu dem bei der Spaltung 
des Trimethyleytisins entstehenden Körper Cjo Hız NO, stehen. 


Klein, Ueber das Santonin I. 499 


Uber das Santonin I. 
(Von Privatdozent Dr. Joseph Klein in Darmstadt.) 
Eingegangen den 10. VIII. 1892.) 

In einer aus dem chemischen Institut der Universität Bonn vor 
Kurzem hervorgegangenen Dissertation über das Alantolakton oder 
Helenin, den Bitterstoff von /nula Helenium, hat Posth auf Beziehungen 
zwischen dem Alantolakton und dem Santonin verwiesen. Denn aus 
beiden Verbindungen lassen sich unter Abspaltung von drei Kohlen- 
stoffatomen reduzierte Naphtalinderivate erhalten. Es bieten solche 
Untersuchungen ein eigenes Interesse, weil die Reihe der natürlich 
vorkommenden Naphtalinderivate bis jetzt nur eine beschränkte ist: 
Juglon, Lapachosäure, Santonin und Helenin, und nur über die 
beiden ersteren liegen die vollendetsten Untersuchungen vor. 

Es giebt wohl wenige Verbindungen, über welche man so viel 
und doch wieder so wenig weils, als über das Santonin, mit dessen 
Untersuchung ich mich schon längere Zeit beschäftigt habe und aus 
welcher im Folgenden einige Ergebnisse beschrieben werden, ob- 
gleich die Untersuchung noch nicht weit über ihre Anfänge hinaus 
gediehen ist. Von einer Anzahl italienischer Chemiker ist das San- 
tonin bisher einer grofsen Zahl von Licht- und Hitzereaktionen unter- 
worfen worden, durch welche eine Anzahl von Modifikationen ge- 
wisser Grundformen gewonnen worden ist, welche meist als Iso- 
Meta- und Paraverbindungen unterschieden werden und welche nur 
gezeigt haben, dafs das Santonin ein unter dem Einflufs des Lichtes 
und der Wärme, je nach der jedesmaligen Anwendung, äufserst 
variabler Körper ist. Das einzig wesentliche, was sich auf die che- 
mische Natur des Santonins bezieht, war aus den älteren Unter- 
suchungen, 1) dafs das Santonin ein Lakton ist, mit Basen die Salze 
der Santoninsäure bildet und dafs die Santoninsäure unter Abgabe 
eines Moleküls Wasser das Santonin wieder zurückbildet, 2) dafs 
das Santonin sich mit Hydroxylamin und Phenylhydrazin vereinigt 
und demnach eine Ketongruppe enthält, 3) dals das Santonin 


eo 


500 Klein, Ueber das Santonin I. 


C;; Hıs O3 durch Jodwasserstoffsäure zu Santoniger Säure C,, H,O; 
reduziert wird, welche die Ketongruppe nicht mehr enthält, dagegen 
eine sekundäre Alkoholgruppe, und dafs die Santonigesäure auch 
kein Lakton liefert, 4) dafs die Santonigesäure durch Einwirkung der 
Wärme in Propionsäure und Bihydrodimethylnaphtol gespalten wird, 
entsprechend der Gleichung C,; Hy 0; = C> H, 0 + GH, 0O,, 
und dafs das Bihydrodimethylnaphtol unter Weasserabspaltung in 
Dimethylnaphtalin verwandelt wird, welches dem Dibromnaphtalin 
entspricht, das die beiden Bromatome in demselben Ringe in der 
Parastellung enthält, 5) dafs die Santonigesäure beim Erhitzen mit 
Barythydrat im Bleibade Dimethylnaphtol abspaltet nach der Glei- 
chung C,; Hs, O3 = Ca Hj> O0 + CO, + 2CH,, und dals die Santonige- 
säure beim Destillieren über Zinkstaub Dimethylnaphtalin und Propylen 
bildet. Nach allen diesen Thatsachen wurden von Cannizzaro 
sowohl für das Santonin und die Santonigesäure, wie auch für 
mehrere andere Produkte aus Santonin Formeln aufgestellt, welche 
zwar dem chemischen Verhalten der einzelnen Verbindungen voll- 
auf und in einfacher Art Rechnung trugen und das Santonin und 
die Santonigesäure als Derivate hydrierter Naphtaiine hinstellten. 
Alles zusammen genommen dürfte aber als empirische Formel 


des Santonins 


und der Santonigensäure 


» CHOH 
Ci Ah Ban 


ermittelt worden sein. 

Die neuesten Untersuchen von P. Gucei und Grassi-Cristaldi?) 
haben nun weiter ergeben, dafs bei der Oxydation der Dihydrosan- 
tinsäure (eines Reduktionsproduktes des Hyposantonins), des Hypo- 
santonins und des Isohyposantonins mit Permanganat p-Dimethyl- 
phtalsäure, und dafs beim Destillieren von Santin-, Isosantinsäure, 
Dihydrosantin- und Dihydroisosantinsäure!) mit Baryt Äthyldimethyl- 
napthalin entsteht. Ohne auf dıe von Gucci und Grassi-Cristaldi 
aufgestellte, vor der Cannizzaro’schen Formel abweichende Kon- 


1) Berl, Ber. 24 Ref. 908. 


Klein, Ueber das Santonin I. 501 


 stitutionsformel einzugehen, dürfte doch auch hier wieder als Be- 
sonderes des Santonins hervorzuheben sein, dafs in dem cyklischen 
Kern des Santonins zwei Methylgruppen in Parastellung stehen und 
dafs die Karboxylgruppe der Santoninsäure mit einem der beiden 
Kohlenstoffatome verbunden ist, welche in dem Äthyldimethylnaph- 
talin die Äthylgruppe ausmachen. Mit Zugrundelegung dieses Neueren 
gestaltet sich die empirische Formel des Santonins in folgender Art: 


y/c0 
©, BEACH,, —0 
102 3 eh 


Offenbar erscheinen gerade die obigen Untersuchungen für die Auf- 
fassung des Santonins in der gegebenen Art wertvoll. 

Doch auch hiermit kann die Frage nach der Konstitution des 
Santonins noch keineswegs erledigt sein, da es bis jetzt noch nicht 
gelungen ist, zu Naphtalinderivaten durch einfache Reaktionen zu 
gelangen; denn die Bildung des Naphtalinringes kann unter den 
obwaltenden Umständen erst vor sich gegangen sein. Berücksichtigt 
mannämlich, dafssich aus der Santoninigensäure beider Bildung von Naph- 
talinverbindungen stets drei Kohlenstoffatome entweder je für sich 
oder gemeinschaftlich (als Kohlensäure + Methan oder als Propion- 
säure) abspalten, dals diese Kohlenstoffatome demnach vielleicht in 
der Beziehung von Isopropyl zu einander stehen werden, dafs die An- 
zahl der Kohlenstoffatome fünfzehn beträgt und dafs in dem Wurm- 
samen neben Santonin gleichzeitig Cineol auftritt, dann kommt 
man zur Ansicht, dafs das Santonin in naher Beziehung zu 
den Terpenen stehe. Das Verhältnis 3XC, H,; zu den Elementen 
des Santonins ist ein vollkommen analoges: 

3xX.C,H, = C,, H,, Kohlenwasserstoff. 

C,; H3 O Ketokohlenwasserstoff. 

C,; Hz 0, Oxyketokohlenwasserstoff. 

C,; Hz, O, Karboxy-Oxyketokohlenwasserstoff (Santoninsäure). 

C,; H;s O0, Santonin (Lakton). 

Diese Auffassung macht auch die zahlreichen als Iso-, Meta- und 
Paraverbindungen beschriebenen schon angedeuteten Modifikationen 
der einzelnen Grundformen verständlich; es erscheint hierbei das 
Santonin als das Lakton der Säure vielleicht einer eigenthümlichen 
Kampherart. Wenn daher Caunizzaro!) und Gucci und Grassi- 


1) Berl. Ber. 18,2746 


502 Klein, Ueber das Santonin I. 


Oristaldi dem Santonin Formeln geben, aus welchen sich der zu- 


gehörige Kohlenwasserstoff ableiten läfst: 


C C 
/\ 
H CH, 
Santonin (Cannizzaro) 
H CH; 
CH C 
FU SSZIDN 
HC CH CH, 
HC CH GER CHa — CH, — CH; 
CH © 
H.CH, 
Kohlenwasserstoff. 
CH; CH; 
| i 
De ch, BR MCH, 
N S EN ; 
24 Va v0 Y 8 
0C C CH, H;C (6) CH, 
| | | | | | 
| | | | | | CH 
HC C CH— CH--CH, HC C CH— CH<CH, 
C CH--0-- 00 C CH, 
| 
CM, CH, 
Santonin (Gucei u. Grassi-Cristaldi) Kohlenwasserstoff 


so läfst sich aus dem System C, H;, wenn man ihm die Formel 


geben will, von welcher die Terpene abgeleitet werden, zunächst für 


Klein, Ueber das Santonin I. 503 


den Kohlenwasserstoff des Santonins noch eine Formel finden, in 
welcher eine Kamphenbindung vorkommt, und welche, da sie den 
Terpenen am nächsten kommt, eine gröfsere Wahrscheinlichkeit 
hat, als eine der beiden anderen: 


CE CH; 
BAUR OH. sis 
Y | 
CH, CH CH, B.CH oO. CH, 
3 Moleküle | — | | | 
cH, CH CH-c{cn’ #40 | CH cH-cZor 
N /N x / N Ya x > 
DEN SEAEEA 
Br. CH, e CH 
| | 
CH; CH, 


Dafs ein solches System auch durch Umlagerung eine Isopropyl- 
gruppe 

one 
und isomere Formen erhalten kann, bedarf keimer weitern Ausfüh- 
rung. Nur der allgemein angenommenen Beziehung der Terpene 
zum Paracymol entsprechend erscheint hier das Santonin als das 
Lakton einer Ketooxyhexahydrodimethylnaphtalinpropionsäure. 

Der von mir eingeschlagene Weg der Untersuchung bezweckt 
zunächst, das Verhalten des Santonins gegen Reduktionsmittel, Phos- 
phorpentachlorid, Brom und Halogenwasserstoffsäure und das weitere 
Verhalten der so entstandenen Verbindungen gegenüber den vornehm- 
lich in Betracht kommenden Reagentien klarzulegen. Auf dem 
eingeschlagenen Wege ist bisher entweder nichts, oder kaum etwas, 
oder etwas gefunden worden, welches mit den von mir gefundenen 
Resultaten wenig übereinstimmt. Auf diese Weise ist eine Kollision 
mit den italienischen Forschern keineswegs zu fürchten, da ich in 
den Arbeiten dieser ihren Weg der Untersuchung genügend gekenn- 
zeichnet glaube. 

Auf Grund des Dargelegten ist es notwendig, für die Santonin- 
abkömmlinge, wie sie im Folgenden beschrieben werden, neue Namen 
einzuführen, was für die Bezeichnung der älteren Verbindungen 
gleichfalls überaus wünschenswert wäre, da hier den Körpern oft 
Namen gegeben worden, unter welchen man offenbar etwas anderes 
versteht. Beimeinen Verbindungen gehe ich von dem obigen Kohlen- 


504 Klein, Ueber das Santonin I. 


wasserstoff C,,; Hs, aus, welchen ich Santogenen nennen will, 
so dals die Santoninsäure O,; Hy, OÖ, als Ketooxysantogenensäure 
oder Oxohydroxysantogenensäure und das Santonin C,,H,sO, als 
Ketosantogenenlakton oder Oxosantogenenlakton!) erscheint. 


Reduktion des Santonins mit Natrium in alkoholischer 


Lösung. 
f CHOH 


\ COOH 
10 g Santonin werden in 200 ccm 96 proz. Alkohol gelöst und 


Dioxysantogenensäure C,;H»»0,;, = C}j3H,s;0H 


in die Lösung, ohne sie zu kühlen, soviel zerschnittenes Natrium- 
metall eingetragen, dals Natriumalkoholat sich schliefslich ausscheidet. 
Dann wird das Ganze auf dem Wasserbade noch eine halbe Stunde 
lang erwärmt und nun zur Trockne eingedampft. Die zum Beginn 
der Reduktion sich rot färbende Lösung verblafst mit zunehmender 
Beendigung der Reduktion. Der Trockenrückstand wird in Wasser 
gelöst und mit Salzsäure die Lösung zersetzt. Darauf wird mit 
Äther ausgeschüttelt, der Äther abdestilliert und der syrupöse Rück- 
stand, aus welchem sich reichlich Krystalle ausscheiden, vorsichtig 
mit Äther in der Kälte behandelt, welcher vornehmlich die harz- 
artigen Stoffe löst. Die wiederholt gedeckten Krystalle und die aus 
den Mutterlaugen von den Deckungen durch Wiederholung des Ver- 
fahrens weiter gewonnenen Krystalle werden aus Wasser, in welchen 
sie in der Hitze löslich sind, umkrystallisiert. — Durch Auskochen 
der Mutterlaugen, aus welchen sich freiwillig keine Krystalle mehr 
ausscheiden, mit Wasser läfst sich die Quantität des Reduktions- 
produktes noch vermehren.?) 

Die Dioxysantogenensäure bildet weilse, spitzige Krystalle vom 
Schmelzpunkt 162-164 unscharf; sie ist in Alkohol und Äther 
leicht löslich, auch löslich in heilsem Wasser, ferner in den ätzenden 
Alkalien und unter Kohlensäure - Entwickelung in den Alkalikar- 
bonaten. 

Die Analyse ergab folgende Zahlen: 


a) 0,2192 g Substanz lieferten bei der Verbrennung im offenen 
Rohr mit Kupferoxyd 0,1587 g H,O und 0,5426 g CO, 


1) Über die Bezeichnung „Oxo“ vergl. Anschütz Berl. Ber. 25, 1977. 
2) Durch Einwirkung von Natriumamalgam auf Santonin konnten 
Cannizzaro und Sestini nichts Falsbares finden. 


Klein, Ueber das Santonin I. 505 


b) 0,2259 g Substanz lieterten 0,1661 g H,O und 0,5593 g CO, 


c) 0,2310 g 2 4 0,1718 g H,O „ 0,5728 g CO, 
d) 0,2049 g £ „ 01525 gH0 „ 05071 g 00, 
woraus folgen: 
Gefunden: Berechnet für 
a b C d C,; Ha, OÖ, 
©. 67,51 67,57 67,61 67,48 67,66 
H 58,04 8,14 8,25 8,26 8,27 


Das Silbersalz der Dioxysantogenensäure lieferte beim 
Einäschern aus 0,5662 & Substanz 0,1751 g Silber: 

Gefunden: Berechnet für 0,;H,,0,Ag 
Ag = 28,95 Proz. 28,88 Proz. 

Das Silbersalz wurde erhalten durch Lösen der Säure in Kali- 
lauge, Neutralisieren mit Salpetersäure und Fällen mit Silbernitrat 
als weilser krystallinischer an der Luft und namentlich beim Er- 
wärmen mit Wasser sich schwärzender Niederschlag, welcher nur 
in konzentrierteren Lösungen entsteht und sich in Wasser reichlich 
löst. Für die Analyse war das Silbersalz nach dem vorsichtigen 
Auswaschen mit Wasser zuerst auf Thonplatten im Exsiecator und 
sohliefslich im Wasserdampftrockenschranke getrocknet worden. 

Die Dioxysantogenensäure ist dasjenige Reduktionsprodukt des 
Santonins, welches die Reduktion des Santonins zur folgenden Oxy- 
santogenensäure vermittelt, zu welcher sie wohl gleichfalls wird 
reduziert werden können. 


Reduktion des Santonins mit Jodwasserstoffsäure. 
CB 
1 cooH 


Durch Einwirkung von konzentrierter Jodwasserstoffsäure vom 


ÖOxysantogenensäure 0,,H»0;3 = (j3H,s;0H 


Siedepunkt 120° bei Gegenwart von rotem Phosphor in der Siede- 
hitze war von Cannizzaro und Carnelutti eine einbasische Säure 
von der Formel C,,H>s,0,; und dem Schmelzpunkt 178—179°, die 
Santonige Säure, erhalten worden, deren Bildung in zwei Phasen zu 
denken ist: 

(0) 


co C 
a) C,3H4s { co 2 H;0 = C,3H;,0H { COOH 
Santoninsäure 
No 
Santonin 
CHOH 


Santoninsäure Santonige Säure 


506 Klein, Ueber das Santonin I. 


Demnach entsteht im der Santonigen Säure ein eigentümliches 
Produkt, welches zwei Atome Wasserstoft weniger im Molekül be- 


sitzt, als man erwarten sollte. 


Die Reduktion des Santonins habe ich nun in der Weise aus- 
geführt, dafs zunächst amorpher Phosphor, wenig destilliertes Wasser 
oder verdünnte Jodwasserstoffsäure und Jod in einem Kolben aut- 
einander einwirken gelassen wurde, so dafs eine höchst konzentrierte 
Jodwasserstoffsäure bei noch überschüssigem Phosphor entstand, in 
welche gepulvertes Santonin eingetragen wurde. Beim Erwärmen 
tritt energische Reaktion ein und die Reduktion vollzieht sich unter 
Vermittelung eines Jodwasserstoff-Additionsproduktes. Nach kurzem 
Erhitzen setzt man zum Zwecke des Löslichbleibens etwas Eisessig 
zu, filtriert von dem Phosphor ab, welchen man mit Alkohol oder 
Eisessig answäscht, nimmt das in Lösung befindliche Jod mit 
schwefeliger Säure weg und versetzt die Lösung mit Wasser. Der 
getrocknete krystallinische Niederschlag wird aus verdünntem Alkohol 
oder aus Benzol unkrystallisiert. — Das Filtrat von dem Niederschlag 
giebt beim Eindampfen weitere Anteile des Reduktionsproduktes. 


Wie aus den Analysenwerten hervorgeht, ist das Reduktions- 
produkt die Santonige Säure Cannizzaro’s nicht, sondern ent- 
sprechend der erwarteten Formel C,,H30;, zusammengesetzt, wie 
auch der Schmelzpunkt 174° mit dem der Santonigen Säure nicht 
übereinstimmt. Die Säure ist einbasisch und löslich in Alkohol, 
Äther, Benzol, ätzenden und kohlensauren Alkalien. Das Silbersalz 
der Oxysantogenensäure, welches als weifser amorpher Niederschlag 
durch Fällen des Natriumsalzes mit Silbernitrat erhalten wird, wird 
beim Erwärmen mit Wasser noch energischer reduziert, als das 
Silbersalz der Dioxysantogenensäure. Die Oxysantogenensäure kry- 
stallisiert aus verdünntem Alkohol und Benzol in feinen Nädelchen 
und hat die Eigenschaft, sich mit Ätznatron, ohne Zersetzung zu 
erleiden, bei einer Temperatur von 200° verschmelzen zu lassen. 
Es hat aber den Anschein, als wenn durch das Verschmelzen mit 
Ätznatron kleine Verunreinigungen weggenommen würden. Denn 
die aus der Lösung der Schmelze mit Salzsäure gefällte Säure liefert 
beim Krystallisieren stets grolse, mehr oder minder feine Nadeln 
vom Schmelzpunkt 174°. Die feinen Nadeln ballen sich wie Koffein- 


krystalle zusammen. 


Klein, Ueber das Santonin I- 507 


Die Analysenwerte sind folgende: 
I. bei der nicht mit Ätznatron verschmolzenen Substanz: 
a) 0,2283 g Substanz lieferten bei der Verbrennung im offenen 
Rohr mit Kupteroxyd 0.1772 g H,O und 0,6015 g CO, 
b) 0,1988 g Substanz lieferten 0,1561 g H,O und 0,5247 g CO, 
c) 0,2211 g 5 4 0,1748 g H,O „ 0,5836 g CO, 
woraus folgen: 


Gefunden: Berechnet für 
2. b. c. C,;H»0;3 
672 —2 711,85 11,98 71,98 72,00 
= 86% 8,83 8,78 8,80 


II. bei der mit Ätznatron verschmolzenen Substanz: 
0,0889 g Substanz lieferten 0,0698 g H,O und 0,2335 g CO, 


Gefunden: Berechnet: 
GE ZI ESSERroOZ 72,00 Proz. 
Eier ,872 0, S:S0 777% 


III. Bei dem Silbersalz 
a) 0,40365 g bei 1000 getrockneten Salzes lieferten 0,1220 g Ag, 
b) 0,1871 g lieferten 0,0563 g Ag. 


Gefunden: Berechnet für 
a b C,gH5,03 Ag 
Ag = 30,22 Proz. 30,106 Proz. 30,18 Proz. 


Die Vergleichswerthe zwischen der Santonigen Säure 0,;H.03 
und der Oxysantogenensäure sind aber: 
C;,H%0; : C = 72,17 Proz.; H = 8,06 Proz. 
0: On; Ben 
C5H,903 Ag : Ag — 30,35 Proz. 
C,5H5,03 Ag : Ag = 30,18 „ 
Es wirft sich nun die Frage auf, da durch Reduktion des 


Santonins C,3Hjs f 6 mit Jodwasserstoffsäure zwei Reduktionspro- 
EN 
NO 
C 


dukte der Formel C,,H»0, entstehen können: C,3H,sOH ah und 


C3H19 Be welches dieser beiden Reduktionsprodukte die Oxy- 


santogenensäure ist. Die letztere Formel entspricht der Auffassung 
Cannizzaro’s für die Bildung der Santonigen Säure, welche zur 
Laktonbildung nicht befähigt ist. Für die erstere Formel dagegen 
spricht Folgendes. — 

Aus der Reduktion des Santonins zur Dioxysantogenensäure ist 
hervorgegangen, das der Übergang der Santoninsäure in ihr Lakton 


508 Klein, Ueber das Santonin IL 


keineswegs den Grund in der Stellung der Hydroxylgruppe zur 
Karboxylgruppe der Santoninsäure hat. Vielmehr bedingt die Keton- 
gruppe CO die Laktonbindung, welche nicht eintritt, wenn die Re- 
duktion jener Gruppe zum entsprechenden Alkoholrest CHOH erfolgt 
ist, aber erhalten bleibt, wenn das Sauerstoffatom der Ketongruppe 
zu einer Kondensation verwendet wird. In dem Santoninoxim und 
in der Phenylhydrazinverbindung liegen noch Laktone vor. Auch 
die beiden folgenden Reduktionsprodukte des Santonins, das « und 
3 Santogendilakton sind Laktone. Auch liegt in der Anschauung, 
dafs bei der Bildung der Oxysantogenensäure die Reduktion des 
Santonins entsprechend der Auffassung Cannizzaro’s für die 
Bildung der Santonigen Säure sich vollzogen habe, offenbar etwas 
Gezwungenes, wenn man an die bisher beobachteten Isomerien in 
der Santoninreihe denkt. Jedoch bietet, wie mir scheint, das folgende 
« und 3 Santogendilakton, in welchen die Laktonbindung unverändert 
(«) oder varürt (3) enthalten ist, ein Mittel, die Frage nach dem Re- 
duktionsverlauf des Santonins durch Jodwasserstoffsäure zu lösen. 
Beide Verbindungen sollen der Einwirkung der Jodwasserstoffsäure 
ausgesetzt werden und die Reduktion der beiden Laktone zu Säuren 
dürfte für eine Reduktion im Sinne Cannizzaro’s, die Nichtreduzir- 


barkeit aber für die obige Formel C,;H,;0H { ie sprechen. Die 


Überführung des Hyposantonins und Isohyposantonins in Dihydro- 
santoninsäure und Dihydroisosantoninsäure!) dürfte für eine Er- 
klärung im Sinne Cannizzaro’s kaum in Betracht kommen, da 
Hypo- und Isohyposantonin vom Santonin weiter entfernt stehen. 


Reduktion des Santonins mit Zink und Essigsäure. 


«a-Santogendilakton (C,;Hs0>)s- 

Löst man Santonin (15 g) in einer Mischung von Eisessig (100 g) 
und 96 proz. Alkohol (50 g) auf und trägt in die heilse Flüssigkeit 
nach und nach Zinkstaub ein, so dafs noch reichlich Zinkstaub un- 
gelöst bleibt, so tritt unter Gelbfärbung der Flüssigkeit Reduktion 
ein. Nach kurzer Einwirkung filtrirt man von dem überschüssigen 
Zinkstaub ab, kocht letzteren mit Weingeist aus und versetzt die 
vereinigten heilsen Filtrate mit soviel heifsem destillirtem Wasser, 

bis Trübung eintritt. Beim Erkalten krystallisiren nun gelbe feine 


1) Gucei und Grassi-Cristaldi Berl. Ber. 24 Ref. 908. 


Klein, Ueber das Santonin ]. 509 


Nadeln aus, ebenso nach Entfernen dieser auf weitern Zusatz von 
Wasser zur Mutterlauge. Nachdem wird das Filtrat von den letzten 
Krystallen eingedampft und mit Wasser gefällt, wobei wieder An- 
teile des Reduktionsproduktes erhalten werden. Diese letztern An- 
teile sind aber mehr oder weniger verunreinigt mit einer noch nicht 
weiter untersuchten Verbindung von dem Schmelzpunkt 163—164°, 
welche sich vermöge ihrer leichtern Löslichkeit in Alkohol leicht von 
dem eigentlichen Reduktionsprodukt trennen läfst. Aus der alkoho- 
lischen Lösung durch Auskrystallisiren gewonnen und aus Wasser 
umkrystallisirt, gleicht der bei 163—164° schmelzende Körper in 
seinem Aussehen und durch die Gelbfärbung am Sonnenlichte vollständig 
dem Santonin, von dem er sich aufser durch den Schmelzpunkt 
namentlich durch die Gelbfärbung unterscheidet, welche eintritt, wenn 
man zur alkoholischen Lösung desselben etwas alkoholische Kalilauge 
gibt, wodurch die Santoninlösung rot wird. Die weitere Untersuchung 
dieser Verbindung ist vorläufig aber nicht beabsichtigt gewesen. 

Das eigentliche Reduktionsprodukt wird entweder aus Alkohol, 
in welchem es schwer löslich ist, oder aus alkoholischer Essigsäure, 
der man nach der Lösung etwas Wasser zugiebt, umkrystallisiert. 
Durch wiederholtes Umkrystallisieren gelingt es, das Reduktions- 
produkt in feinen weilsen, nur noch mit einem Stich ins Gelbe oder 
Gelbgrüne versehenen Nädelchen von dem Schmelzpunkte 200—201° 
zu erhalten. 

Die Analyse der Verbindung führt zu der Formel C,; His Os». 


a) 0,1665 g. Substanz lieferten bei der Verbrennung im offenen Rohr 
mit Kupteroxyd 0,1174 g H,O und 0,4770 g CO». 

b) 0,1522 g Substanz lieferten 0,1094 g H,O und 0,4352 g CO,. 

c) 0,180 g Substanz lieferten 0,1264 g H,O und 0,5155 g CO;. 


Berechnet für Gefunden 

C,5 Hıs O>- a b c 
GI 17825: Pro2: 713213 :2.200,935,.78:09: 
len, - 7.33: ‚8.095. 11802: 


Da aber aus der Bestimmung des Molekulargewichts nach der Ge- 
friermethode hervorging, dafs dem folgenden # Santogendilakton die 
Formel (C,; Hs O5); zukommt, so mufs auch dem «Lakton die gleiche 
verdoppelte Formel (C}; Hıs Os)s gegeben werden. Auch ist das 
Lakton nicht identisch mit dem von Grassi-Cristaldi!) aus dem 


1) Berl. Ber. 22. Ref. 732. 


510 Klein. Ueber das Santonin I. 


Hydrazon und von Gucci!) aus dem Oxim des Santonins erhaltenen 
Hyposantonin O,; Hı3 O,z (Sch. P. 152°) resp. Isohyposantonin (Sch, 
P. 168,50). 

In wässeriger Lösung der ätzenden Alkalien ist das Lakton 
äufserst schwer löslich; leicht tritt aber Lösung beim Erwärmen mit 
alkoholischer Lauge ein. Durch Zusatz von Säuren zur alkalischen 
Lösung wird die dem Lakton entsprechende Oxysäure resp. das 
Lakton selbst nicht wieder erhalten, sondern ein Isomeres: Das 

3 Santogendilakton (C;; Hıg O3) 

Zur Darstellung dieser Verbindung wird die alkoholisch-alkalische 
Lösung des «Laktons?) zur Trockne eingedampft, der Rückstand 
mit Wasser aufgenommen und die wässerige Lösung mit Salzsäure 
gefällt. Es entsteht ein weilser Niederschlag der dem Lakton ent- 
sprechenden Säure, die sich auf sofortigen Zusatz von Natronlauge 
wieder löst, alsbald aber in ihr Lakton in der sauren Flüssigkeit 
übergeht. . 

Zum Unterschied vom «Lakton schmilzt das $Lakton unter Bräu- 
nung bei 260—261°, nachdem vorher schon Gelbfärbung eingetreten 
ist. In Alkohol ist das Lakton schwierig löslich. Aus heilsem Alko- 
hol und heifsem Eisessig und aus alkoholischen und eisessigsauren 
Lösungen nach dem Zusatz von Wasser läfst sich die Verbindung 
umkrystallisieren und stellt dann feine weilse Nädelchen dar. 

Die Analyse ergab folgende Zahlen: 

a) 0,1074 g Substanz lieferten 0,0759 g H,O und 0,3077 g CO, 

b) 0,0991 g Substanz lieferten 0,0723 g H,O und 0,2845 g CO, 


Berechnet für Gefunden 
Cj5 His 0 a b 
2 —718252 Broz 718.19: 78,28. 
Be 7,55; 8,10. 


Die Bestimmung des Molekulargewichts nach der Gefriermethode 
läfst keinen Zweifel, dafs dem Lakton die Formel (C,; H;s O2). zu- 
kommt. Herr Professor Dr. Beckmann in Gielsen hatte die grolse 
Güte, solche Molekulargewichtsbestimmung ausführen und mir die 
folgenden Ergebnisse zukommen zu lassen, wofür ich Herrn Pro- 
fessor Dr. Beckmann meinen verbindlichsten Dank ausspreche. 


1) Berl. Ber. 22. Ref. 731. 

2) Mit der Bezeichnung « und #Lakton soll nichts weiter ange- 
deutet werden, als dafs das eine Lakton das unmittelbare, das andere 
das mittelbare Reduktionsprodukt des Santonins ist. 


Klein, Ueber das Santonin I. 511 


Das Lösungsmittel war Eisessig vom Schmelzpunkt 15,8°, die 
Molekular-Erniedrigung 39°. 


Gewicht des/Gewicht der| Erniedri- |g Substanz | Molekular- 
Eisessig | Substanz. gung. auf 100 g gewicht. 
Eisessig. | 
18,89 @. 0,1727 g 0,085 0 0,914 | 419 
18,58 „ 0,1396 „ 0,0670 | 0,751 | 437 
18,58 „ 0,2658 „ | 0,127 0 1,43 | 439 


Das Auftreten dieser beiden isomeren Laktone legt die Frage 
nach der Ursache der Verschiedenheit vor und es bleibt zunächst 
die Wahl zwischen der Annahme zweier stereomeren Formeln 
im Sinne von Fumar- und Maleinsäure oder der Annahme eines laktid- 
artigen Laktons, was mir augenblicklich wahrscheinlicher ist, so dals 
dem « und 3Lakton folgende empirischen Formeln zukommen könnten: 

«a Lakton 8Lakton 


>ov Ö | Cj4 Hıs | co 
2 l 
Qu Hs CO OC| Cu H5sJ 0 
Cs Hs CO 
een | 
16) 


Die andere Annahme stereomerer Isomerie, wie sie für die 
grolse Anzahl der Iso-, Para- und Metaderivate des Santonins sonst 
wohl zutreffend sein mufs, scheint mir ausgeschlossen. Ob endlich 
die Reduktion des Santonins zum « Lakton so vor sich gegangen 
ist, wie dieses von der Reduktion aromatischer Aldehyde durch Zink- 
staub und Eisessig, wobei Verbindungen vom Typus des Stilbens') 
erhalten werden, bekannt ist, mufs noch dahingestellt bleiben. Es 
kommt hier das Verhalten gegen Brom und vielleicht auch die 
Oxydation des Laktons in Betracht und ich will nur noch erwähnen, 
dafs durch Oxydation des Laktons mit Brom in alkalischer Lösung 
eine schön krystallisirende Säure erhalten wird. 

Mit den angeführten drei Reaktionen sollen die Versuche der 
Reduktion beschlossen sein. Die erhaltenen Resultate entsprechen 
bekannten Thatsachen aus analogen Prozessen, wenn sie auch un- 
verkennbar mit den Ergebnissen der Untersuchungen der italienischen 
Chemiker nicht harmonieren. Denn abgesehen von der Bildung der 
Oxysantogenensäure durch Reduktion des Santonins mit Jodwasser- 


1) Unter der Voraussetzung solcher Analogie habe ich die Laktone 
Santogendilaktone genannt. 


512 Klein, Ueber das Santonin I. 


stoff und abgesehen von dem Umstande, dafs Cannizzaro und 
Sestini bei der Einwirkung von Natriumamalgam auf Santonin 
nichts Falsbares erreichen konnten?), hätte man bei der Reduktion 
mit Zinkstaub und alkoholischem Eisessig nicht die Bildung des 
Dilaktons sondern wegen der Analogie die Bildung des Hyposantonins 
erwarten müssen und da durch Reduktion mit Natrium die Dioxy- 
santogenensäure erhalten wird, so klingt die Interpretation Gucei’s 
und Grassi-Oristaldi’s beziehungsweise Francesconi’s!) für die 
Entstehung des Hyposantonins beziehungsweise des Hyposanton- 
säureäthers aus dem Santoninoxim beziehungsweise dem Oxim des 
Santonsäureäthers mit der Bildung der Dioxysantogenensäure wenig 
übereinstimmend. Durch Einwirkung von salpetriger Säure auf die 
den Oximen entsprechenden unbeständigen Amine sollen nach den 
Genannten die den Aminen entsprechenden Alkohole intermediär 
gebildet werden, welche aber sofort Wasser abspalten und die 
Hypoverbindungen geben: 


— CH, — CH, —CH; —CH 

| | l 
—C:NOH —CH. NH, —CH.0H— —CH 
Oximrest Aminrest Alkoholrest Hypoverbindung 


Die Dioxysantogenensäure und wohl auch die durch Reduktion 
der Santonsäure mit Natriumamalgam nach Cannizzaro entstehende 
Hydrosantonsäure C,;Hs, O, enthalten offenbar die Bindung 
—CH, in stabiler Form. Da beide Verbindungen nicht identisch 


—CH OH 
sind, so ständen wir vor der Annahme von vier Santoninabkömm- 
lingen mit der Bindung —CH;, von welchen zwei labile unter 


| 
—CH OH 


Wasserabspaltung in ihre „Hypo“-Verbindungen übergehen. Wenn 
so etwas auch nicht gerade unmöglich wäre, so dürfte doch eine 
weitere Klärung noch nothwendig sein. Ueber die Einwirkung des 
Acetanhydrids auf die Dioxysantogenensäure soll später berichtet 
werden. Das Produkt der Einwirkung krystallisirt in schönen 
gros[en aber schwer zu erhaltenden Krystallen. Aufser den obigen 


1) Berl. Ber. 25 Ref. 464. 
2) Berl. Ber. 6. 1201. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 513 


Reaktionen dürfte für die Untersuchung des Santonins noch das 
später zu beschreibende Produkt der Einwirkung von 2 Mol. Phos- 
phorpentachlorid auf 1 Mol. Santonin und das Produkt der Einwir- 
kung von Brom auf Santonin beachtenswert sein. Das letztere lälst 
sich durch Anilin und Alkali leicht entbromen, gleicht aber in seinen 
Eigenschaften durchaus nicht dem von Cannizzaro und Sestini erhal- 
tenen Produkt. 


Darmstadt, den 8. August 1892. 


Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institute 
der Universität Dorpat. 


Beiträge zur Kenntnis der Geoffroyarinden. 
Von Otto Hiller-Bombien. 
(Eingegangen den 2. VII. 1892.) 

Die Rinden, welche unter dem Namen der Geoffroyarinden, der 
Kohlbaumrinden (Cabbagetreebarks, der Wurmrinden (Wormbarks), 
gegen Ende des vorigen Jahrhunderts als Anthelminthica in den 
Arzneischatz eingeführt wurden, sind heutzutage wiederum fast 
gänzlich in Vergessenheit geraten. Schon in der Litteratur der 
dreilsiger Jahre dieses Jahrhunderts, um welche Zeit die Geoffroya- 
rinden noch häufig zur Anwendung gelangten, finden wir bereits die 
Angaben, dafs die Wurmrinden durch andere kräftiger wirkende und 
zuverlässigere Mittel ersetzt werden sollten. Gegenwärtig ist man 
wohl gänzlich vom therapeutischen Gebrauch dieser Rinden zurück- 
gekommen, da sie aus fast allen Pharmakopoeen gestrichen sind. 
Nur die belgische Pharmacopoe führt noch in ihrer Materia pharma- 
ceutica „Cortex Geoffroyae surinamensis“ auf. 

Bereits im Jahre 1755 soll der Chirurg Duguid auf Jamaica, auf- 
merksam gemacht durch den Gebrauch, welchen die Eingeborenen da- 
von zu machen pflegten, die Rinde als Wurmmittel empfohlen haben. 
Darauf hat der Priester und Arzt Macari in Surinam die wurmwidrige 
Wirkung der Rinde kennen gelehrt und im Jahre 1770 Mitteilungen 
darüber nach Europa gemacht. Der Utrechter Apotheker Juliaans 
soll zuerst in den Besitz dieser Rinde gelangt sein. Die älteste Phar- 
makopoe, in der die Rinde Aufnahme fand, ist die Edinburger von 
1783. In die Londoner Pharmakopoe wurde sie im Jahre 1788 auf- 

Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 7. Heft. 33 


5l4 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden 


genommen. Auch in der Russischen Pharmakopoe von 1798 finden 
wir bereits Cortex Geoffroyae jamaicensis. 

Seit jener Zeit sind die sogenannten jamaicanischen und surina- 
mensischen Geoffroyarinden zugleich mit einer Anzahl Verfälschungen 
im Handel erschienen, noch ehe die pharmakognostische Kenntnis der- 
selben einigermalsen verbreitet war. Dieser Umstand hat zu beklagens- 
werter Verwirrung Anla[s gegeben. Vergleichen wir die Aussprüche 
der damaligen Pharmakognosten, so finden wir, dafs diese sehr ver- 
schiedener Meinung waren, und in ihren Auseinandersetzungen sich 
durchaus nicht zu einigen vermochten, bis dann in den vierziger Jahren 
die Kontroversen über diesen Gegenstand allmählich aufhören, weil 
das Mittel aus dem europäischen Arzneischatz schwindet. Es wäre ein 
undankbares Unternehmen, wollte ich versuchen, die verschiedenen 
Schilderungen, welche von den Geoffroyarinden damals ge- 
liefert wurden, hier zu reproduzieren, und auf diese Weise jenes 
Gewirr von Meinungsverschiedenheiten wieder ans Licht zu ziehen. 
Ich will mich daher, indem ich mir vorbehalte während der Beschrei- 
bung meiner Rinden auf einige Ansichten der älteren Pharmakognosten 
zurückzukommen, hier darauf beschränken, die Umstände anzuführen, 
die mir zu behaupten gestatten, dafs die von mir untersuchten Geoft- 
royarinden durchaus Anspruch auf Echtheit machen dürfen, denn da- 
durch allein ist es mir gelungen, ein selbständiges Urteil in dieser 
Frage zu erlangen. 


Prof. Dr. G. Dragendorff war so liebenswürdig, mir bei meiner 
Untersuchung die pharmakognostische Sammlung des pharmaceutischen 
Instituts der hiesigen Universität zur Verfügung zu stellen. In dieser 
Sammlung befinden sich Exemplare von Geofiroyarinden aus der Samm- 
lung verschiedener Pharmakognosten, darunter Wiggers und nament- 
lich Martiny’s, welcher Letztere in seiner „Encyklopädie der medi- 
zinisch-pharmaceutischen Naturalien- und Rohwarenkunde,“ in der er 
die Geoffroyarinden recht ausführlich behandelt, darauf hinweist, dafs 
seine Rindenmuster noch von Murray selbst herrühbren. Murray 
(Apparat. medicam.) stützt sich wiederum auf seine von Wright er- 
haltenen Muster, und letzterer ist es, der in Jamaica selbst zuerst ein- 
gehendere Studien über die Rinde und ihre Stammpflanze angestellt 
hat. Murray führt noch als weiteren Beweis für die Echtheit seiner 
Rinden an, dafs die Beschreibung die Chamberlain (der gleichfalls 
selbst in Jamaika war) von diesen Rinden gegeben, genau auf die 
Muster passe, die ihm Wright aus Jamaika mitgebracht. 

Was die Stammpflanze der Geoffroyarinde anbelangt so sind die 
Forscher darüber einig, dals sie ein zu den Papilionaceen gehöriger 
Baum sei. Die von ihnen gelieferten Charakteristica der Mutterpflanze 
sind meist aus den Arbeiten Wright’s und Murray’'s entnommen, 
und selbst da, wo die Quellen von den Verfassern nicht angegeben, 
glaube ich die meist recht mangelhaften Beschreibungen als Excerpte 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 515 


aus den oben genannten Werken bezeichnen zu dürfen. Leider ist es 
mir nicht gelungen der Werke Wrigt's und Murray’s habhaft zu 
werden. Th. W. C. Martius!) liefert in seinem Nachtrag zu Gui- 
bourt's Warenkunde die ausführlichste Beschreibung, die ich finden 
konnte und die ich daher in Kürze wiedergeben will. Es ist ein Baum 
von ziemlicher Grölse. Die fulslangen Blätter sind unpaarig gefiedert; 
die Fiederblättchen, 5—9 an der Zahl, sind kurz gestielt, oval und 
ungefähr 3 Zoll lang. Die blassroten, schmetterlingsförmigen Blüten 
stehen in grolsen, aufrechten Rispen. Der kurze glockenförmige 
Kelch endet in 5 kleine Zähne. Der Fruchtknoten ist breitgedrückt 
und gewimpert. Der Same wird von einer harten einfächrigen Hülse 
umschlossen. 

In seinem Artikel über „Semen Angelin“ erwähnt derselbe Autor, 
dafs die Früchte von Geoff. inermis sehr viel Ähnlichkeit mit den Ange- 
linsamen besitzen, obwohl er nicht behaupten wolle, dafs die von 
seinem Bruder als Mutterpflanzen der Angelinsamen aufgestellten Geof- 
royaarten (Geoff. vermifuga und Geoff. spinulosa Mart.) der Geoffroya inermis 
sehr ähnlich seien. Guibourt schreibt in seiner Histoire natuwrelle des 
Drogues simples“ über die Samen der Geoffroya folgendermalsen; „Les 
arbres s’eloignent des autres Legumineuses par leur fruit, qui est un drupe 
semblable & celui des Amygdalees, de la famille des Rosacees ; nous en parlerons 
tout a Uheure sous le nom d’ Angelin, qu’on lewr donne au Bresil. 

Bondt und Murray, nach Guibourts’s Ansicht Jacquin, 
haben der Pflanze dem berühmten Geoffroya St. Hilaire zu Ehren 
den Namen Geoffroya (od. Geoffroea) beigelegt, wärend spätere Forscher 
(Humboldt, Bonpland, Kunth) sie als Andira bezeichnen und sie gleich- 
falls zur Familie der Papilionaceen und zwar zur Gruppe der Dalber- 
giae zählen. 

Die beiden damals im Handel vorkommenden Geoffroyarinden 
wurden von den Pharmakognosten auch in ihren Mutterpflanzen aus- 
einander gehalten, und zwar soll Corıex Geoffroyae Jjamaicensis von 


Geoffroya jamaicensis Murray — Geoffroya inermis Wright — Andira 
inermis Kunth stammen, Cortex Geoffroyae swrinamensis dagegen von 
Geoffroya surinamensis Murray et Bondt — Geoffroya retusa Lamark — 


Andira retusa Kunth. 

Die beiden Species müssen jedoch sehr viel Übereinstimmung 
zeigen, da nur selten zu ihrer Unterscheidung dienende Merkmale auf- 
geführt werden, öfter hervorgehoben wird nur, dafs die Fiederblättchen 
der Andira inermis spitz, während die der Andira retusa stumpf sind. 
Hüttenschmid?), der diese Angaben aus den Arbeiten Murray’s 
excerpirt, schreibt, dafs die Geoffroya surinamensis „inermis“ und mit folüs 


1) Th. W. B. Martius. Pharmakognosie als Nachtrag zu Gui- 
bourt's Warenkunde. Nürnberg 1830 III pag. 232. 

2) Hüttenschmid. Diss. inauguralis chemica sistens analysin 
chemicam corticis Geoff. jamaic. nec non Geoff. surin. Heidelbergae 1842. 


5!6  Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


pinnatis quadrijugis cum impari, pinnis ovalibus obtusis, racemis compositis 
begabt sei. Nikolai Bondt!) führt an, dafs die Geoff. jam. sich von 
der Geoff. sur. durch foliolis ovatis, acuminatis, calyce colorato, profunde 
purpureo, vesillo introrsum concavo et carina monopetala unterscheide, giebt 
aber zu, dals es möglicherweise sich hier nur um Varietäten handle. 


Ist es schon schwierig in der Litteratur Angaben über unterschei- 
dende Merkmale für die Mutterpflanzen der jamaikanischen und surina- 
mensischen Geoffroyarinden, autzufinden, so istes noch ungleich schwie- 
riger, die ‚beiden Rinden selbst nach den Angaben der Autoren ausein- 
ander zu halten, abgesehen freilich von den übrigens häufig vorkom- 
menden Fällen, in denen eine grobe Verfälschung für eine echte Rinde 
gehalten wird. 

J. Moeller, der den Artikel, Geoffroya in der Real-Encyelopädie 
der gesamten Pharmacie?) verfalst hat, sagt daher in diesem Artikel, 
welcher zugleich das Neueste darstellt, was ich an Meinungsäulserun- 
gen über diesen Gegenstand finden konnte, dafs die Verschiedenheit 
der als jamaikanisch und surinamensisch auseinandergehaltenen Rinden 
durchaus nicht erwiesen sei. 

Moeller beschränkt sich auf die makroskopische Charakteristik 
wie sie die Pharmacopoea belgica liefert, die auch ich hier wiedergeben 
will; Son ecorce est en morceaux longs, aplatis, d’une epaisseur variable 
suivant l’äge et la partie de l’arbre d’oü provient, pesants, garnis d’un epiderme 
brun cendre, cowvert de petits lichens grisätres,; @ l’interieur, elle est fibreuse 
et d’un rouge noirätre entremeld de stries ou de points d’un brun clair. 
L’odeur de cette ecorce est nulle et sa saveur amere et un peu astringente. 

Wenn ich seiner Behauptung beistimme, so veranlalst mich dazu 
unter anderem der Umstand, dals Martiny, der wohl als hervor- 
ragendste Autorität in der Frage zu betrachten ist, eine allerdings nur 
makroskopische Beschreibung der beiden Rinden liefert, welche meiner 
Ansicht nach so wenig Verschiedenheit aufweist, dafs dieselbe, dieallen 
Pflanzen und auch Pflanzenteilen eigentümliche Variabilität nicht über- 
schreitet, und daher als unwesentlich zu betrachten ist. 

Ferner habe ich bei meiner histologischen Untersuchung an 
authentischen Exemplaren der beiden Rinden, aus der Martiny'schen 
Sammlung etc. keine wesentlichen Unterschiede nachweisen können. 
Die histologischen Verhältnisse dieser Rinde stimmen auch mit den- 
jenigen überein, die ich an Rinden beobachten konnte, welche ich als 
von Andira inermis stammend von Ohristy & Co. aus London neuer- 
dings bezogen habe, und die das Material für meine chemische Analyse 
lieferten. 


) N Bondt. Diss. de Cort. Geoff. surinam. Lugdunum Bata- 


vorum 1788. 
2) Real-Encyclopädie der gesamten Fharmacie, 1838. Band IV, 


pag. 574. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 517 


Die aufserordentliche Verschiedenheit, welche einige ältere und 
Jüngere Pharmakognosten (Goebel!), Martius?, Wiggers?), 
Bergt) zwischen der jamaikanischen und surinamischen Rinde, sowohl 
makroskopisch, als mikroskopisch gefunden haben, beruht darauf, dafs 
diese Autoren als jamaikanische Rinde, seltener als surinamische, eine 
gelbe, berberinhaltige Rinde beschrieben haben, von welcher schon 
Murray und Martiny ausdrücklich angeben, dafs sie als Verfälschung 
zu betrachten sei. 

Auch mir standen verschiedene Exemplare dieser gelben Rinde zur 
Verfügung. Und wie aus den nachfolgenden Untersuchungen zu er- 
sehen, zeigt der mikroskopische Bau dieser gelben und der grauen 
Rinde so viel Verschiedenheit, dals man die Stammpflanze der einen 
und der anderen kaum zu einer Familie, geschweige denn zu einer 
Gattung wird zählen können. Vielmehr zeigen die vergleichenden 
Untersuchungen, welche ich zwischen diesen gelben und einigen 
Xanthoxylonrinden angestellt, dals sie mit den letzreren die grölste 
Ähnlichkeit aufweisen. 

Wie schon oben erwähnt, konnte ich aulser der kurzen Notiz von 
Moeller keine neueren Mitteilungen über Geoffroyarinden auffinden. 
In der Apotheker-Zeitung) von 1839 findet sich zwar ein kurzer Artikel 
ohne Quellenangabe, aber man erkennt sofort, dass die darin enthaltenen 
Mitteilungen auf ältere Autoren zurückzuführen sind. 


A. Pharmakognostischer Teil. 


Im Nachfolgenden will ich zunächst eine Beschreibung der 
Geoffroyarindenmuster geben, wie sie in der pharmakognostischen 
Sammlung des pharmaceutischen Instituts der hiesigen Universität 
vorhanden sind. Um nicht zu fortwährender Wiederholung genötigt 
zu sein, werde ich zuerst eine Charakteristik der Geoffroyarinde 
geben, welche ich nach dem Vorausgeschickten für echt zu halten 
berechtigt bin. Diese Charakteristik ist das Ergebnis des Studiums 
der als jamaicensisch und als surinamensisch bezeichneten Rinden, 
zwischen welchen ich, wie erwähnt, keinen wesentlichen Unterschied 
finden konnte. Daran schliefse ich dann die Besprechung der ein- 


I) F. Goebel und G. Kunze. Pharmaceutische Warenkunde 
Eisenach 1827—29, Bd. I, pag. 201—203, Tafel XVII. 

2) Th. W. Ch. Martius. Pharmakognosie des Pflanzenreiches. 
Erlangen 1832. 

8) Wiggers, Pharmakognosie. Göttingen 1857. 

%) Berg. Pharmaceutische Warenkunde. Berlin 1863. 

5) Apotheker-Zeitung. IV. Jahrgang 1839, pag. 666. 


518 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


zelnen Rindenmuster, bei denen ich nur die Abweichungen von dem 
Allgemeinen angeben werde. 

Die bei meiner Untersuchung angewandte Methode zur Herstel- 
lung guter Dünnschnitte, namentlich, wo es sich um Dauerpräparate 
handelte, ist im wesentlichen dieselbe, welche J. Parfenow!) be- 


schrieben hat. 
Um mich über die verholzten und unverholzten Gewebe besser 


zu orientieren, nahm ich Färbungen mit Methylgrün, Fuchsin, Saffra- 
nin für verholzte, und solche mit Haematoxylinlösung oder Alaun- 
karmin für unverholzte Gewebe vor. Doppelfärbungen gelangen mit 
Methylgrün und Alaunkarmin. Die Callusbelege der Siebplatten 
wurden durch Anilinblau meist sehr schön tingiert. Zur Isolierung 
von Bastfasern und Steinzellen bediente ich mich der Schulz’schen 
Mazerationsflüssigkeit. 


Beschreibung der Geofiroyarinde. 


Die Rinde kommt in ziemlich festen Stücken von verschiedener 
Dicke und Länge, oft bis zu 40—50 cm lang, vor. Sie ist gewöhn- 
lich nur wenig gekrümmt; nur die dünnen Rinden sind mitunter zu 
Röhren zusammengerollt. Die Aufsenfläche ist stellenweise von 
weilslich-grauer, verhältnismäfsig dünner Borke bedeckt; an älteren 
Rinden finden sich auch häufig Flechten. Wo die Borke fehlt, tritt 
eine rostrote Färbung hervor. Die Innenfläche ist verschieden, gelb- 
grau bis schwarzgrau, am häufigsten mit schwarzgrauen Flecken auf 
hellgrauem Grunde versehen. Bei Rinden, die lange in der Samm- 
lung gelegen, sind natürlich alle Färbungen beträchtlich nachgedunkelt. 
Ferner finden wir auf der Innenfläche axial verlaufende, erhabene 
Streifungen, welche durch Bastfaserbündel bedingt sind, die beim 
Zusammentrocknen des jungen, zarten Parenchyms zu Tage treten. 

Der Bruch ist leicht zu bewerkstelligen und läfst eine sehr 
faserige Struktur erkennen. Ein Geruch ist nicht vorhanden, nur 
nach Kochen des Rindenpulvers mit Alkohol beobachtet man, bei 
dem Abdunsten desselben, einen an Pflaumen, erinnernden Geruch. 
Der Geschmack ist etwas adstringierend. Je nach dem Alter der 


1) J. Parfenow. Chem. pharmakog. Untersuchung d. braunen 
amerik. Chinarinden aus d. Samml. pharm. Inst. in Dorpat. Disser- 
tation. Dorpat, 1885. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 519 


Rinde sind die Epidermis, die primäre Rinde und selbst auch Teile 
der sekundären Rinde durch Borkebildung verloren gegangen. 

Das Periderm wird aus meist tafelförmigen, seltener quadratischen, 
zu radialen Reihen angeordneten Korkzellen gebildet. Die Kork- 
zellen sird gewöhnlich dünnwandig oder nur wenig verdickt und ge- 
tüpielt. Ihr Lumen beträgt in tangentialer Richtung 0,03—0,06 mm, 
seltener (bei den quadratischen) 0,02 mm, in radialer Richtung 
0,015—0,02 mm. Mitunter ist eine tangentiale Reihe von Korkzellen 
mit einem braunen Inhalt erfüllt; das Periderm pflegt dann an diesen 
Stellen auseinander zu blättern. Überhaupt zeigt die Borke die 
Tendenz früh abzufallen, so dafs an der Rinde gewöhnlich nur eine 
Korklage oder höchstens zwei vorhanden sind. Das in letzterem 
Falle zwischen den Korkschichten liegende Parenchym trägt je nach 
der Tiefe des Eingreifens der Phellogenschicht die Elemente der 
Mittel- oder Innenrinde. 

Bei Exemplaren in denen die Mittelrinde vollständig erhalten ist, 
folgt dem Periderm ein Parenchymgewebe, dem Steinzellengruppen 
und ein Sclerenchymring, der nicht immer ganz kontinuirlich ist, ein- 
gelagert sind. Die den Steinzellenring bildenden Zellen sind nur 
wenig verdickt und deutlich getüpfelt. Weiter zur Innenrinde folgt 
dann eine tangentiale Reihe grofser unregelmäfsiger, axial gestreckter 
Saftlücken, welche mit braunschwarzem Inhalt angefüllt sind. 

Sclerenchymring und Saftlücken sind es, die zuerst der Borke- 
bildung zum Opfer fallen. Die Mittelrinde besteht dann aus Paren- 
chym, dessen Zellen eine tangentiale Streckung erkennen lassen. 
Sehr häufig hat in gröfseren oder kleineren Gruppen eine Scleroti- 
sirung derselben stattgefunden. Die Steinzellen sind mehr oder 
weniger, oft bis zum Schwunde des Lumens verdickt und von Tüpfel- 
kanälen durchzogen. Zwischen den Steinzellengruppen liegen kleinere 
Bastfaserbündel, die sich zur Innenrinde hin in dem Malse ver- 
mehren, als die Steinzellengruppen abnehmen. Hier und da kommen 
auch meist tangential gestreckte Platten obliterierter Siebröhren vor. 

Die Innenrinde ist durch tangential gestreckte Platten von Bast- 
fasern, die zu tangentialen Reihen angeordnet sind, ausgezeichnet. 
Die Bastfaserbündel sind von Krystallkammerfasern umkleidet. Die 
isolierten Bastfasern sind 1,5 mm bis 3,0 mm lang und an den 
Stellen ihrer prosenchymatischen Aneinanderlagerung gewöhnlich aus- 
geschnitten. Wo die Bastfasern an Krystallkammerfasern grenzen 


520 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


sind sie durch die Eindrücke der einzelnen Zellen derselben gezähnt. 
Das Lumen der älteren Bastfasern ist fast gänzlich reduziert, nur 
die dem Kambium zunächst liegenden Partien von Bastzellen sind 
noch recht dünnwandig. 


Zwischen den Reihen der Bastfaserbündel liegen Reihen zu 
tangential gestreckten Platten geschrumpfter Siebröhren. Diese tan- 
gentialen Reihen werden von Markstrahlen durchbrochen, welche im 
frontalen Durchschnitt sich 15—20 Zellen hoch, und in der Mitte 
3—4 Zellen breit erweisen. Die Markstrahlzellen sind mit Amylum 
erfüllt und pflegen mitunter bei alten Rinden zu selerotisieren. Dieses 
geschieht dann meist an den Stellen, wo die Markstrahlen sich in 
die Mittelrinde verbreitern. 


Das für die Diagnose der Geoffroyarinde wichtigste Element 
sind die, im innersten Teile der Innenrinde liegenden noch nicht ob- 
literierten Siebröhren. Diese Siebröhren bestehen nämlich aus kurzen 
Gliedern und haben alle in ganz bestimmten Zwischenräumen ihre 
Siebplatten, und diese bilden daher in tangentialer, und eine gewisse 
Strecke auch in radialer Richtung, regelmäfsige Reihen, wodurch 
Längsschnitte dieser Partie sehr an ein Pallisadenparenchym er- 
innern. Macht man durch den dem Kambium zunächst liegenden 
Theil einen tangentialen Längsschnitt, so sieht man die frontalen 
Durchschnitte der Markstrahlen in auffallend regelmälsigen tangenti- 
alen Reihen. Die Markstrahlen sind durch Siebröhren von einander 
getrennt, welche an diesen Stellen keine Siebplatten haben. Dann 
folgt in axialer Richtung eine tangentiale Reihe von Siebplatten 
und dann wiederum eine solche von Markstrahlen, dann wieder Sieb- 
platten und so fort. 


Nicht immer sind zwar diese zuletzt geschilderten Verhältnisse 
von so aulserordentlicher Regelmälsigkeit, aber nichts destoweniger 
halte ich dafür, dals sie von gröfstem diagnostischem Werte für 
diese Rinden sind. 


Die Zwischenwände der Siebröhren werden von einfachen Sieb- 
platten gebildet, die von ziemlich grofsen Tüpfeln durchbrochen und 
fast horizontal gestellt sind. 


Die Parenchymzellen enthalten aufser Amylum immer einen 
Gerbstoff. Einige zerstreute Zellen enthalten ein rotbraunes Harz. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geofiroyarinden. 521 

In Bezug auf die oben geschilderte merkwürdige Anordnung der 
Markstrahlen möchte ich nicht unerwähnt lassen, dafs Höhnelt) in 
dem Holzkörper der Leguminosen eine entsprechende Lagerung der- 
selben beobachtet, und den „stockwerkartigen Aufbau des Holz- 
körpers“ genannt hat, weil der Tangentialschnitt einen ähnlichen An- 
blick gewährt wie die Front eines mehrstöckigen Hauses. Da nun 
die Markstrahlen des Holzes sich gewöhnlich durch die Innenrinde 
fortsetzen, so muls ein Tangentialschnitt durch dieselbe eine analoge 
Erscheinung darbieten. Bei den Geoffroyarinden tritt nun ein solcher 
stockwerkartiger Aufbau sehr auffällig zu Tage, und glaube ich da- 
her diesen Umstand als einen wichtigen Beweis für die Abstammung 
dieser Rinden von Leguminosen anführen zu können. Und um so 
mehr, da Höhnel zu den Gattungen, welchen die besprochene Eigen- 
tümlichkeit in hervorragendstem Malse eignet, auch die Andira- 
arten zählt. 

Ich lasse jetzt die Beschreibung der in unserer hiesigen Samm- 
lung befindlichen Rindenmuster folgen. Die weiterhin angeführten 
Nummern und Benennungen sind diejenigen, unter welchen die be- 
treffenden Rinden in der Sammlung zu finden sind. 

1. Geoffroya swrinamensis verus Martiny VIII VIII 3. a.?) Die 
Mittelrinde ist durch Borkebildung abgestolsen. Das Periderm besteht 
aus kleinlumigen Tafelzellen. Die Markstrahlen reichen bis zur Kork- 
schicht, und sind meist stark verbreitert und sclerotisiert. Die charak- 
teristische Siebröhrenpartie ist sehr gut ausgebildet. 

b besitzt keine sclerotisierten Zellen in den Markstrahlen. 

2. Geoffroya Jjamaicensis verus Martiny VIII VIII 8. a ist eine 
jüngere Rinde. Die Borke besteht aus zwei Korklagen. Das neue 
Phellogen ist teilweise hinter dem Sclerenchymring aufgetreten. Die 
sclerotischen Elemente sind verhältnismälsig schwach entwickelt. 

b ist keine Geoffroyarinde. 

Die Droge ist sehr alt und läfst sich nur schwer studieren. 

Das Periderm wird von tafelförmigen, einseitig verdickten Kork- 
zellen gebildet. Die Mittelrinde ist durch einen kontinuirlichen Stein- 
zellenring ausgezeichnet. Die Innenrinde ist unregelmälsig, aber stetig 
von radialen Steinzellenreiben, durchzogen. Aulser diesen finden sich 
kleinere Gruppen, die auf dem Querschnitt 3—4 Zellen zeigen, aber 
sehr lange axiale Reihen bilden. Die Steinzellen enthalten fast alle 


1) Ber. der deutsch. botan. Gesell. II. 

2) Wenn die Rindenstücke der einzelnen Nummern eine Verschieden- 
heit erwarten lielsen, wurden dieselben besonders untersucht und mit 
den Buchstaben a, b etc. bezeichnet. 


522 Hiller-Bombien. Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


Oxalatkrystalle. Die Markstrahlen sind 3—4 Zellen breit. Zwischen 
ihnen ziehen sich Reihen kleiner, kurzer, verhältnismälsig grolslumiger 
Bastzellen hin. Die Bastfasern sind häufig mit stumpfen Enden axial 
an einander gereiht. Zwischen den Bastfasern liegen die kollabierten 
Siebröhren. Äufserlich weist die soeben beschriebene Rinde einige 
Ähnlichkeit mit den von Ohrysophyllum glycyphloeum Cas. (Sapotaceae) 
stammenden Monesiarinden auf. Doch in ihren histologischen Ver- 
hältnissen unterscheiden sich diese sehr wesentlich, besonders durch 
das Fehlen der Bastfasern. Auch ist der Geschmack der Monesiarinden 
anfangs sülslich, dann adstringierend, während das fragliche Rinden- 
stück angenehm aromatisch und etwas scharf schmeckt. 

3. Cortex Geoffroyae swrinamensis v. Geoffroya surinamensis Murray 
et Bondt. Martinys Sammlung VII VIIL 7. a, b.c und d sind 
sämtlich echte Geoffroyarinden, die nur in ihrem Alter unter einander 
variieren. Bei d sind die normalen Wachstumverhältnisse, wahrschein- 
lich durch äufsere Einflüsse, sichtbar gestört. 

4. Cortex Geoffroyae jamaicensis v. Geoffroya inermis Wright, Mar- 
tinys Sammlung VIII VIII 8, a, b und c gehören zu den echten 
Rinden. Bei c ist die Borke ungewöhnlich stark entwickelt. 

d läfst sich nicht mit den Geoffroyarinden identifizieren, obwohl das 
Rindenstück äufserlich denselben sehr ähnlich sieht.!) 

In ihrem Bau unterscheidet sich die Rinde dadurch, dafs die langen, 
dünnen Bastfasern keine tangentialen Platten, sondern nur unregel- 
mälsige von Krystallkammerfasern bekleidete Gruppen bilden. Auch 
die kollabierten Siebröhren bestehen nur aus einer Zellreihe, welche 
sich erst gegen die Mittelrinde zu 2—3 Zellen verbreitert. 

An der Rinde befindet sich ein Stückchen zu ihr gehörigen Holzes. 
Dasselbe besteht aus tangentialen Reihen von Libriform und Paren- 
chym. Die Libriformfasern sind englumig und es finden sich cc. 10 in 
radialer Richtung. Die Holzparenchymzellen betragen nur cc. 5 in 
radialer Richtung, sind jedoch weiter im Lumen, so dals die Libriform- 
und Parenchymstreifen gleich breit sind. Die gehöft getüpfelten 
Tracheen haben ein Lumen von 0,13—0.17 mm. 

Die Markstrahlen sind einzellreihig, Die isolierten Holzfasern 
sind den Bastfasern sehr ähnlich, lang, dünn, an der dieksten Stelle 
0,008 mm. 

e und f sind echte Rinden. 

Cortex Geoffroyae surinamensis VIII VIII 7 
Cortex Geoffroyae surinamensis verus Martiny VIII VII 3, a, b 


Cortex Geoffroyae jamaicensis VIII VII 6, a, b und e. 
Cortex Geoffroyae VIIL VIII 2. 


1) Die weiter unten im chem. Teil angegebene Probe auf Geoffroyin 
fiel negativ aus. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 523 


Alle vorgenannten Rinden zeigen in ihrem Bau den Typus der 
Geoffroyarinden. 

9. Cortex Geoffroyae swrinamensis falsus von Ooelocline polycarpa? 
(Martiny’'s Handschrift) VIII VIII 4, a und b sind echte Geoffroya- 
rinden mit allen charakteristischen, anatomischen Merkmalen. 

c ist keine Geoffroyarinde, sondern erweist sich sowohl makrosko- 
pisch, als auch in ihren histologischen Verhältnissen, als „Bebeeru- 
rinde“. Es ist eine harte, schwere, ca. 1 cm dicke Rinde von im allge- 
meinen grauer Farbe. Die Innenfläche ist dunkler und mit erhabenen 
Streifen versehen. Die Aufsenseite zeigt Hache Eindrücke, der weils- 
liche Kork ist meistens abgerieben. Der Bruch ist grobfaserig. Der 
Geschmack anhaltend bitter. 


Fast das ganze Gewebe ist verholzt. Die Steinzellen sind sehr 
verschieden geformt, oft einseitig verdickt. Am häufigsten sind sie 
zu sehr langen, axial verlaufenden Gruppen angeordnet. Die axialen 
Reihen treten auf Längsschnitten dadurch charakteristisch zu Tage, 
dals die Zellen derselben annähernd gleich sind. Nur in dem dem 
Kambium anliegenden Teil der Rinde findet sich noch unverholztes 
Parenchym, welchem Bastfaserplatten eingelagert sind. Die Bastiasern 
sind ohne Ausnahme gezähnt, was auf Längsschnitten und an isolierten 
Bastzellen sehr ins Auge fällt, die Länge derselben liegt zwischen 
0,07—0,09 mm. Die Markstrahlen sind 2 Zellen breit und 25 Zellen 
hoch. Der ein gesuchtes Bauholz liefernde Baum, von welchem die 
Bebeerurinde (Greenhardt Bark) stammt, wird von Schomburgk Nec- 
tandra Rodiaei (Lauraceae) genannt. Vogl hält diese Ableitung nicht 
für richtig, da die Rinde keine Ähnlichkeit mit Laurineenrinden auf- 
weist. Von Coelocline polycarpa (jetzt Xylopia polycarpa Bentham A. 
Hooker), welche Martiny für die Stammpflanze dieser falschen 
Geofroya hielt, kann sie jedoch auch nicht stammen, denn Sten- 
house hat in der Rinde dieses Gewächses Berberin entdeckt und die 
Bebeerurinde enthält bekanntlich das in seinen physiologischen Wir- 
kungen an das Chinin erinnernde Bebeerin. 

10. Cortex Geoffroya jamaicensis VIIL VIII 9. a ist so sehr von 
Pilzen zerstört, dafs die histologischen Verhältnisse nicht näher studiert 
werden können. 

b, c, d und e sind echte Rinden. 

11. Cortex Geoffroya jamaicensis M. VIII VIII 8. a und b sind leicht 
als Geoffroyarinden zu diagnostizieren. 

ce ist eine Chinarinde (Calysaya?). Die Borkebildung hat bereits 
sehr tief eingegriffen. Die Korkschichten sind sehr stark entwickelt 
und bestehen aus dünnwandigen tafelförmigen Zellen. Unter dem 
Phellogen finden sich unregelmäfsig dicht gedrängte quadratische, 
getüpfelte Steinzellen mit weitem Lumen. Dann folgen zwischen den 
2—3reihigen Markstrahlen die Bastfasern, die meist einzeln oder selten 
zu zwei bis drei aneinander dem Parenchym eingelagert sind. Die 


524 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


Bastzellen haben die für die Chinarinden charakteristische Form. Die 
Querplatten der Siebröhren sind klein und horizontal gestellt. 

Die Grahe’sche Probe ergab nur sehr schwach die für Chinarinden 
charakteristische violette Färbung der Dämpfe. 

12. Cortex Quebracho falsus kam 1879 aus St. Petersburg via Ham- 
burg in den Handel (wahrscheinlich Geoffroya) VIII VII 47. a, b und 
ce sind sämtlich echte Geoffroyarinden. 

13. Cortex Geoffroya jamaicensis VIII VIII 8. a und b sind echte 
Rinden. 

ce ist nur ein Bruchstück einer nicht zum Typus Geoffroya gehö- 
renden, nicht näher bestimmbaren Rinde. 

14. Cortex Geoffroya surinamensis Dr. Fr. Witte. Rostock 1890. 
a ist eine normal gebaute Geoffroyarinde. 

b läfst sich, obwohl von Pilzfäden stark durchwuchert, als nicht 
zur Geoffroya gehörend erkennen, besonders dadurch, dafs keine Bast- 
fasern nachweisbar sind. Die Steinzellen, die eine axial gestreckte 
Form haben, scheinen dieselben zu vertreten. Die obliterierten Sieb- 
röhren lassen meist noch ein deutliches Lumen erkennen und bilden 
keine Platten. 

15. Bastard Cabbage Bark Jamaica Ph. Soc. London 1880 VIIL XII 
32. a, b und ce sind jüngere Geoffroyarinden. 

Was den oben angeführten Namen anbelangt, so erklärt Gui- 
bourt!) die Benennung Cabbage-tree-bark und erorce de bois palmiste 
folgendermalsen: Es wächst auf den Antillen eine Palme zur Gattung 
der Areca gehörig, deren Vegetationskegel mit den jungen Blättern 
(bourgeon terminal) von den Bewohnern der Inseln als eine Art Kohl 
genossen wird und die daher den Namen chou palmist oder Cabbage-tree 
führt. Die ebendaselbst vorkommende Andira soll äulserlich einige 
Ähnlichkeit mit der erwähnten Areca besitzen und daher gleichfalls 
als bois palmist oder Cabbage-tree bezeichnet werden, doch haben die 
Engländer zur Unterscheidung der beiden Bäume der Andira die Be- 
zeichnung Wild oder bastard hinzugefügt. 

16. Cortee Geojfroyae jamaicensis via London 1890 VIII VII 31 
Diese Rinde erhielt ich als von Andira inermis Kunth stammend von 
Thomas Christy & Co. in London und zwar durch die freundliche 
Vermittelung des Herrn Henry G. Greenish, Lecturer on Materia 
Medica to the Pharmaceutical Society of Great Britain. Ich ergreife 
die Gelegenheit, genanntem Herrn auch an dieser Stelle meinen besten 
Dank auszusprechen. 

Die Rinden stimmen mikroskopisch und makroskopisch (sie sind 
nur frischer und deshalb bedeutend heller) mit den Rinden der Samm- 
lung überein. Die untersuchten Rindenstücke a,b, c,d,e,f,g undh 


!) Guibourt. Histoire naturelle des Drogues simples 1869 III 
pag. 332. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 525 


sind verschiedensten Alters und sowohl Ast- als Stammrinden. Der 
Christyschen Sendung waren zwei Rindenstücke beigemengt, die 
schon äufserlich als nicht zur Geoffroya gehörend erkannt werden 
konnten. 

a ist durch ein schön ausgebildetes Pallisadenparenchym ausge- 
zeichnet. 

b läfst sich nicht genau bestimmen, da der dem Kambium anlie- 
gende Teil fehlt. 

Die weiter unten im chemischen Teil geschilderten Verhältnisse 
veranlalsten mich, auch die beiden nachstehenden, von anderen 
Andiraarten stammenden Rinden in den Kreis meiner Betrachtung zu 
ziehen. 

17. Cortex Ferreira spectabilis (Brasilien) von Dr. Th. Schuchardt 
in Görlitz VIII XII 62. Die sehr augenfällige, äufserliche Verschieden- 
heit der Ferreira- und Geoffroyarinden beruht hauptsächlich auf dem 
reichlicheren Gehalt der ersteren an Gerbsäuren und Phlobaphenen, 
wodurch sie eine rotbraune Färbung erhalten. Mir standen nur 
mächtige Stücke von Stammrinden der Ferreira zur Verfügung und 
diese waren mit verhältnilsmälsig dicker Borke bedeckt, welche, wenn 
sie nicht sehr rissig und mit Flechten überwachsen war, einen silber- 
grauen Anflug zeigte. Unter der Borke tritt meist eine rötliche Fär- 
bung zu Tage. Der Bruch ist kurzfaserig, der Geschmack stärker ad- 
stringierend ais bei der Geoffroya.. Das Gewebe zeigt dem der 
Geoffroyarinde analoge Verhältnisse, nur sind, dem Alter der Rinde 
entsprechend, fast alle Parenchymzellen (ausgenommen die Markstrahl- 
zellen) sclerotisiert. Die für die Geofiroyarinden charakteristische, nur 
aus unkollabierten Siebröhren und wenigen Bastzellen bestehende 
Partie, deren Tangentialschnitt ein so auffälliges Bild liefert, ist bei 
der Ferreira in derselben Weise ausgebildet. 

18. Andira anthelmintica Mart. (Brasilien) v. Dr. Th. Schuchardt 
ie Görlitz VIII VIII 34. Ältere Stammrinden, die, ebenso wie die 
Rinden von Ferreira, makroskopisch nur schwer als mit den bisher 
besprochenen Andirarinden übereinstimmend erkannt werden können. 
Sie zeigen eine hellgelbe Färbung und sind mit einer Borke bedeckt, 
die meistens braun oder rotbraun, grau oder schwärzlich erscheint. 
In den histologischen Verhältnissen können jedoch kaum wesentliche 
Unterscheidungsmerkmale autgefunden werden, zu erwähnen wäre nur, 
dals die Borkebildung hier in ausgesprochenerem Malse vor sich ge- 
gangen, als solches bei anderen Andiraarten zu beobachten war. 


Sogenannte „gelbe Geoffroyarinde“. 
Obwohl die sogenannte „gelbe Geoffroyarinde“ auch makroskopisch 
sehr stark in die Augen springende Abweichungen von den echten 
Geoffroyarinden aufzuweisen hat und also gewils ursprünglich als 


526 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


grobe Verfälschung in den Handel gekommen sein muls, hat sie 
sich dennoch recht bald die Anerkennung der Pharmakognosten er- 
worben. Diejenigen Forscher, welche pharmakologische Versuche 
mit diesen Rinden anstellten, fanden, dafs die gelbe Rinde viel 
drastischer wirke und glaubten sie daher um so mehr als echt be- 
zeichnen zu dürfen. Der Streit drehte sich häufig nur darum, ob 
sie als jamaicensisch oder als surinamensisch zu benennen sei. 


Martius bezeichnet in seinem „Grundrifs der Pharmakognosie 
des Pflanzenreiches“ die gelbe Rinde als surinamensis, während er 
in seinem Nachtrage zu Guibourt’s Waarenkunde sie noch jamaı- 
censis nennt. 

Guibourt selbst läfst diese Frage unberührt und folgt in seiner 
„Aistorre naturelle des Drogues simples“ den Aussprüchen Murray’s 
und Wright's. Im allgemeimen äufsert er: „mais les caracteres 
qwon a donnes a ces ecorces sont si differents, qu'ıl est difficile de les 
reconaitre parmi celles que le commerce peut nous fournir.“ Hüt- 
tenschmid!) bezeichnet die gelbe Rinde als echte jamaicensische, 
ebenso Bondt?), Göbel?) und Berg?). 

J. B. Trommsdorff?) beschreibt eine gelbe Rinde, die er als 
surinamensische erhalten hatte. Von Wiggers wird sie in seiner 
Pharmakognosie als jamaicensis bezeichnet, jedoch findet sich in 
unserer hiesigen Sammlung eine gelbe Rinde, die von ihm stammt 
und die er als surinamensis bezeichnet hat. 

Aber schon Murray sagt ausdrücklich, dafs die gelbe Rinde 
weder als surinamensisch noch als jamaicensisch zu bezeichnen, 
sondern als Verfälschung zu betrachten sei. Buchner®) machte den 
Vorschlag diese, so viel Uneinigkeit verursachende gelbe Rinde eben 
als „gelbe Geoffroyarinde“ zu bezeichnen und von der „grauen“ zu 
unterscheiden. Martiny, der diesen Vorschlag acceptiert, sagt in 
seiner „Encyclopädie der Naturalien- und Rohwaarenkunde“, dafs die 
Abstammung dieser gelben Rinden vollkommen unbekannt sei, und 
führt nur an, dafs Batka sie tür Xantoxylonrinden halte. 


1) Hüttenschmid, Fr. Dissertatio 1824. 

2) Bondt. Dissertatio 1788. 

3) Göbel. Waarenkunde 1827. 

4) Berg, Otto. Waarenkunde 1863. 

5) Buchner. Repertorium 2 R. VI Bd. pag. 161, 1836. 
6) Buchner. Repertorium 2 R. VI. Bd. pag. 182, 1836. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden, 527 


Diese letztere Ausicht hat auch, meiner Meinung nach, die 
grölste Wahrscheinlichkeit für sich. Denn erstens ist es Thatsache, 
dafs notorische Xanthoxylonrinden der sogenannten „gelben Geoffroya- 
rinde“ substituirt wurden, und dieses konnte nur dadurch so leicht 
geschehen, dafs die Ähnlichkeit auch schon makroskopisch, besonders 
durch die Gelbfärbung sehr augenfällig ist. So stammt z. B. die 
oben erwähnte surinamensische Rinde Wiggers sicher von Aanth- 
oxylon Clava Herculis L. Auch die Beschreibung die Berg von 
seiner jamaicensischen Rinde giebt, palst auf jene Xanthoxylonrinde. 
Schon Wigand!) spricht diese Bemerkung aus. 

Ferner hat Hüttenschmid aus der gelben Rinde „Jamaiein“ 
dargestellt, dessen Identität mit dem in Xanthoxylonrinden vor- 
kommenden Berberin Buchner bereits 1836 und darauf Gastell 
1866 festgestellt haben. Auch Flückiger?) hat aus der gelben 
Rinde alter Sammlungen Berberin dargestellt, hegt aber begründeten 
Zweifel an dem Vorkommen des Berberins in den Geoffroyarinden. 

Ferner hat Prof. Dr. G. Dragendorff aus der „gelben Ge- 
offroya“, und zwar aus der unter „Geof. jam. (sie dieta) VIII VIII 12“ 
beschriebenen, das Jamaein Hüttenschmid's darstellen lassen, und 
dieses besals alle Eigenschaften des Berberins. 

Was mich jedoch hauptsächlich veranlafst die „gelbe Geoffroya- 
rinde“* für eine Xanthoxylonrinde zu halten, ist das Ergebnis der 
vergleichenden Untersuchungen, die ich mit einigen Xanthoxylon- 
rinden und den gelben, zum gröfsten Teil aus der Martiny’'schen 
Sammlung stammenden Rinden angestellt habe. Wenn ich auch 
die „gelbe Geoffroya“ mit keiner der mir zu Gebote stehenden 
Xanthoxylonrinden vollständig identificieren kann, so kommt sie doch 
einigen derselben so nahe, dafs die oben ausgesprochene Behauptung 
fast zur Gewilsheit wird. 

Die in dem von Schilbach?) aufgestellten Verzeichnis berberin- 
haltiger Pflanzen, aufgeführte Andira ist nach den obigen Er- 
örterungen wohl zu streichen, und die Beteiligung der Leguminosen- 
gruppe an der Produktion des Berberins noch zu beweisen. 

In Nachstehendem will ich nun eine Beschreibung der, in unserer 
hiesigen Sammlnng vorhandenen Xanthoxylonrinden geben, denen ich 


1), Wigand, Albert. Lehrbuch der Pharmacognosie. 


®) Archiv der Pharmacie, 1887 pag. 841. 
3) Archiv der Pharmacie, 1887, pag. 158. 


523 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


dann die „gelben Geoffroyarinden“, mit welchen sie, wie erwähnt, 
in eine Gruppe zu gehören scheinen, anreihe. 

1. Cortex Xanthoxyli von Xanthoxylon Clava Herculis Linne Mar- 
tiny's Sammlung VIII VIII 14. Verschielen grolse, oft recht lange 
Rindenstücke, durchweg von gelber Farbe, auf der Aufsenfläche bräun- 
lich und mit hellgelben, warzigen Erhabenheiten besetzt, die meist 
etwas tangential gesteckt sind. Der Bruch ist blätterig. Der Geschmack 
sehr bitter: beim Kauen färbt sich der Speichel gelb. Das Periderm 
besteht aus kubischen Korkzellen, deren Wände gelb und deren Inhalt 
bräunlich ist. Die Mittelrinde besteht aus Parenchymzellen, denen sehr 
häufig Krystalle eingelagert sind. Aulserdem finden sich von Krystallen 
umgebene Steinzellengruppen. Die Innenrinde ist sehr regelmäfsig 
durch Bastfasern und kollabierte Siebröhren geschichtet. Die Bast- 
faserplatten schlielsen sich so eng aneinander, dafs sie tangentiale 
Reihen bilden, die nur von den ein-, seltener zweizelligen Markstrahlen 
durchbrochen werden. Diese Reihen verlaufen sowohl in axialer als 
in tangentialer Richtung einander so regelmälsig parallel, dafs ich ihre 
Anordnung als vorzüglichstes diagnostisches Merkmal dieser Rinde be- 
zeichnen möchte. Die Bastfaserplatten haben in radialer Richtung 
1—3 Zellen und sind von Krystallkammerfasern bekleidet. Die ein- 
zelnen Bastzellen sind 0,5—0,8 mm lang. Die Siebplatten der Siebröhren 
sind feinporig. Einzelne, meist regelmälsig tangential angeordnete, 
axial gestreckte Zellen enthalten ein dunkelbraunes Harz. Bastfasern, 
Steinzellen und geschrumpfte Siebröhren sind hoch gelb. Das ganze 
Gewebe ist auffallend kleinzellig. 

2. Cortee Xanthoxyli ochroxyli Tachuelo Rinde VIII VIII 13, a 
und b sind dünne Rindenstücke von gelber Farbe mit leicht ablösbarer, 
sehr dünner, brauner oder graubrauner Korkschicht. Der Bruch ist 
blätterig-faserig, der Geschmack bitter. 

Die Korkschicht wird aus dünnwandigen Zellen gebildet, die einen 
bräunlichen Inhalt führen. Die Mittelrinde ist reichlich mit Steinzellen 
versehen, die stark verdickt und oft abnorm gestaltet sind. Unter dem 
Periderm befindet sich collenchymatisches Gewebe. Die Innenrinde be- 
steht aus Schichten von Bastfaserplatten einerseits, und Parenchym- 
zellen, die amylonhaltig sind, auch Einzelkrystalle enthalten, und Sieb- 
röhren, die nicht kollabiert sind, anderseits. Die Bastfaserplatten sind 
3—-5 Zellen breit und legen sich nicht so eng an einander wie die der 
Rinde von Xanthoxylon Clava Herculis L. Sie sind stets von Krystall- 
kammerfasern bekleidet, und oft mit Steinzellen kombiniert. Die Bast- 
fasern sind 0,9—1,0 mm lang. Die Querwände der Siebröhren bestehen 
aus 4—10 (die Zahl 6 herrscht vor) feinporigen Siebplatten. 

Die Markstrahlen bestehen aus drei Zellreihen und sind amylon- 
haltig. Bastfasern und Steinzellen sind gelb gefärbt. 

Im Allgemeinen ähnelt die Rinde sehr der sogenannten gelben 
Geoffroya. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d Geoffroyarinden. 529 


3 Cortex Xanthoxyli senegalensis D. C. VIII VIII 15. Grofse, gelb- 
braune, sehr faserige Rindenstücke, von bitterem Geschmack. Das 
Periderm ist aus Reihen unverholzter und verholzter Korkzellen ge- 
schichtet. Die unverholzten Korkschichten sind ca. 8, die verholzten 
ca. 3 Zellen breit. Solcher Schichten wechseln oft 6-8 mit einander 
ab. Bei jüngeren Rinden folgt nun Parenchymgewebe, das sich durch 
bedeutende tangentiale Streckung seiner Zellen auszeichnet. Bei älteren 
Rinden bildet die Borke den Hauptbestandteil und zeigt zwischen ihren 
Korklagern nur die Elemente der Innenrinde. 

Die Bastfasern sind gelb gefärbt und bilden tangentiale Reihen, 
die 4—5 Zellen breit sind und durch die 2 Zellenreihen breiten und 15 
Zellen hohen, oft teilweise selerotisierte Markstrahlen in verschieden 
grolse Gruppen geteilt werden. 

Die parenchymatischen Zellen enthalten sowohl Einzelkrystalle als 
Krystallsand. Die Bastfasern sind jedoch nicht von Krystallkammer- 
fasern bekleidet. Aufser den verholzten Korkzellen und den seleroti- 
sierten Markstrahlzellen sind keine Steinzellen vorhanden. Die isolierten 
Bastfasern zeigen eine Länge von 1,0 bis 1,5 mm. 

4. Cortex Xanthoxyli Peckoltiani (Brasilien) von Dr. Th. Schuchardt 
in Görlitz VIII VIII 27. Blafsgelbliche Rinden (wahrscheinlich Wurzel- 
rinden), aufsen schmutziggrau, höckerig, sehr bastig. Der Geschmack 
ist eigentümlich unangenehm, wenig bitter, der Bruch blätterig. Die 
Borke ist meist abgefallen. Die darunterliegende Korkschicht besteht 
aus dünnwandigen, Krystalle enthaltenden Korkzellen, dann folgt eine 
Schicht aus verdickten Korkzellen. 

Die Innenrinde zeigt durch keilförmig verlaufende Mark- nnd Bast- 
strahlen eine auch mit unbewaffnetem Auge erkennbare radiale 
Streifung. Die Markstrahlen sind sehr breit und verbreitern sich nach 
aulsen noch beträchtlich. Durch die Baststrahlen verlaufen noch ein- 
zellige Nebenmarkstrahlen, die sich nach aufsen nicht verbreitern. 
Fast jede Zelle dieser Markstrahlen enthält eine schön ausgebildete 
Krystalldruse. Die Baststrahlen, die sich, den Markstrahlen angepalst, 
mehr oder weniger nach au/sen zuspitzen, sind regelmälsig aus 1—3 
Zellen breiten, tangentialen Platten von Bastfasern und aus axial ge- 
streckten stark getüpften Parenchymzellen, und aus Siebröhren ge- 
schichtet. Die Siebplatten der Siebröhren sind sehr schräg gestellt 
und klein. Die Bastfasern sind hellgelb gefärbt. Das Gewebe enthält 
kein Amylon. 

5. Xanthoxylon tinguaciba (Brasilien) v. Dr. Th. Schuchardt in 
Görlitz VIII VIII 35. Diese Rinde zeigt in ihren histologischen Ver- 
hältnissen eine Uebereinstimmung mit der Rinde von Xanth. Clava Her., 
wie eine solche nur durch nächste Verwandtschaft der Stammpflanzen 
der beiden Rinden erklärt werden kann. 

lch will daher in Bezug auf den anatomischen Bau derselben auf 
die bei Xanth. Clava Herculis angegebene Beschreibung hinweisen, 

Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 7. Hft. 34 


530 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


Unterscheidend ist allein die bei dieser Rinde weniger regelmälsige 
Parallelordnung der Bastfasern, und die viel geringere Gelbfärbung 
aller sklerotischen Elemente, letzteres äulsert sich auch schon makros- 
kopisch durch eine im allgemeinen graue Färbung. Ferner ist der 
Geruch pfefferartig, der Geschmack weniger bitter als scharf. 

6. Xanthoxylon Leprieurii (Westafrika) von Dr. Th. Schuchardt in 
Görlitz VIII VIII 37. Nach innen zusammengerollte Rindenstücke, 
äufserlich grau mit weitläufigen, braunen Erhabenheiten bedeckt, innen 
braun. Der Bruch ist glatt. Der Geschmack sülslich. Der Bau bietet 
wenig charakteristisches. Steinzellengruppen finden sich nur in der 
Mittelrinde hin und wieder mit grölseren Bastfaserbündeln untermengt. 
Die Bastfasern der Innenrinde bilden tangentiale Platten, die Sieb- 
röhren liegen geschrumpft zwischen denselben. Die Markstrahlen sind 
2, seltener 3 Zellen breit und ca. 10 Zellen hoch. 

7. Xanthoxylon species aus Sierra Leona von Dr. Th. Schuchardt 
iu Görlitz VIII VIII 36. Mächtige, braunrote, mit grauem Korke be- 
deckte Rindenstücke, die sehr an die Vertreter der sogenannten „Ad- 
stringens Rinden“ erinnern. Auch der anatomische Bau bestätigt diese 
Annahme, indem das Gewebe keinerlei Ähnlichkeit mit den anderen, 
von mir untersuchten Xanthoxylonrinden aufweist. Die sklerotischen 
Elemente herrschen, dem Alter der Rindenstücke entsprechend, vor. 
Das Periderm besteht aus einer breiten Schicht kleinlumiger Kork- 
zellen. Borkebildung konnte nicht beobachtet werden. Das Haupt- 
element des Rindenkörpers bilden, schon mit unbewafinetem Auge 
sichtbare, axiale Stränge aus häufig mit Bastfasern kombinierten Stein- 
zellengruppen. Die Parenchymzellen sind dicht erfüllt mit einem rot- 
braunen Farbstoff, dieSklerenchymzellen enthalten meist Einzelkrystalle. 


Gelbe Geoffroyarinde. 


Die Rinde besteht aus verschiedenen grolsen, meist flachen 
Stücken von ausgesprochen gelber Farbe. Die die Aufsenfläche be- 
deckende Korkschicht ist- schwarzgrau, stelienweise heller. Die 
Innenfläche ist dunkelgelb, oft braun. Der Bruch ist sehr faserig. 
Gewöhnlich pflegen die Bastschichten der inneren Partie abzu- 
blättern. Der Geschmack ist sehr bitter. 

Der Kork besteht aus sehr dünnwandigen, englumigen Zellen, 
die mit dunkelbraunschwarzem Inhalt erfüllt sind. Im Parenchym 
der Mittelrinde finden sich Platten geschrumpfter Siebröhren, und 
unregelmäfsige Steinzellengruppen aus kleinen Zellen, von Oxalat- 
krystallen umgeben. 

Die Innenrinde ist durch tangential verlaufende Bastfasergruppen, 
die auf dem Querschnitt als rechteckige oder quadratische Felder 


Bu 


Hiller-Bombien. Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 531 


erscheinen, regelmäfsig geschichtet. Die Bastfasergruppen sind 
häufig mit Steinzellengruppen kombiniert, und in radialer Richtung 
3—8 Zellen breit. 

Die Steinzellen sind stark verdickt. Die Bastfasern sind sehr lang 
ca. 2,0—3,5 mm. Alle Steinzellen und Bastfasern sind hoch gelb. 

Das zwischen den tangentialen Bastfaserstreifen liegende Paren- 
chym ist regelmäfsig durch Platten geschrumpfter Siebröhren geteilt, 
aulserdem enthält es, einzeln oder zu 2-8 tangential aneinander 
gereiht, Secretschläuche, die sich durch ihren bräunlichgelben Inhalt 
deutlich von den sklerotischen Zellen abheben. Dieser Inhalt ist in 
Ather löslich, von Schulze’scher Mazerationsflüssigkeit wird er jedoch 
kaum alteriertt. Die Markstrahlen sind 2—3 Zellen breit und ver- 
hältnismäfsig sehr hoch, nach aufsen und stellenweise zwischen den 
Bastfaserplatten verbreitert. Die Querplatten der Siebröhren sind 
sehr klein und fast wagerecht gestellt. Das Parenchym, besonders 
die Markstrahlzellen, enthalten viel Amylon. 

ÖObiger Beschreibung entsprechen die in der Sammlung unter 
nachstehenden Bezeichnungen aufgeführten Rinden: 

1. Cortee Geoffroyae flavus Martiny’s Sammlung VIII VIII 12, 

2. Geoffroya Jamaicensis VIII VIIL 12. 

3. Geoffroya Jamaicensis (sic dieta!) VIII VIII 12. 

4. Cortex Geoffroyae flavus von Dr. Fr. Witte in Rostok 1890, 

VIIL VII 12. 

Folgende, gleichfalls gelbe Rinden konnten unschwer als von 
Xanth. Clava Herculis L. stammend erkannt werden: 

5. Cortex Geoffroyae (Cortex Kanthoxyli) von Dr. Fr. Witte aus Rostok 

1590. VILT .YLIL 33. 
6. Cortex Geoffroyae flavae (Bois jaune!) von Howard aus London 
1879 VIII VIII 25. 

7. Cortex Geoffroyae Surinamensis VIIL VII 1. 

Diese letztere Rinde hat Prof. Dragendorf[ von Prof. Wiggers 
als surinamensische Geoffroya erhalten. In dem Grundrifs der Pharma- 
kognosie von Wigges finden wir aber eine Rinde mit denselben 
makroskopischen Eigenschaften als jamaicensische bezeichnet. Doch 
ist sie, wie angeführt, überhaupt keine Geoffroya. 

Zum Schlusse will ich noch in Kürze der mannigfachen Verfäl- 
schungen und Beimengungen der Geoffroyarinde, wie sie in der 
pharmakognostischen Sammlung des Instituts sich vorfanden, Erwäh- 
nung thnn. 

Im Cortex Geoffroyae jamaicensis gefunden Mart. VIII VII 10. 

Die Rinde ist durch dicht unter den Phellogenschichten auftretende 
Sklerenchymringe ausgezeichnet. 

34* 


532 Hiller-Bombien, Beiträge .z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


Das Parenchym der Innenrinde ist auftallend rundzellig. Die 
Markstrahlen sind 1, selten 2 Zellen breit. Die Bastfasern sind 
0,08—0,1 5mm lang und zeigen spaltenförmige, schräg gestellte Tüpfel. 

Die an den Rindenstücken sich vorfindenden Xylemteile zeigen den 
Bau des dicotylen Holzkörpers. 

Cortex Geoffroyae die ich vor der Hand zu keiner der übrigen Arten 
‚stellen mag (Handschrift Martiny’s) VIII VIII 11. 

Das Periderm dieser Rinde ist durch Reihen verdickter Kork- 
zellen geschichte. In der Innenrinde fallen besonders die Mark- 
strahlen auf, da sie aus mauerförmig aneinander gelagerten Zellen 
gebildet werden und einen dunkleren Farbstoff als die übrigen Zellen 
besitzen. Die Bastfasern sind lang und dünn, ihre Bündel mit 
Krystallkammerfasern umgeben. Die Siebröhren sind kollabiert. 
Steinzellen sind selten. 

Beimengung der Geoffroya jamaicensis VIII VIIL17. 

Dem aus dünnwandigen Korkzellen bestehenden Periderm sind 
einzelne verholzte Korkzellen eingelagert. Die Innenrinde ist regel- 
mälsig von 1—3 Zellen breiten Markstrahlen durchzogen. Die Bast- 
zellengruppen sind mit Krystallkammerfasern bekleidet und bilden keine 
regelmälsigen Platten. Die Zwischenwand der Siebröhren besteht 
meist aus 4—6 perforierten Siebplatten. Einzelne Zellen sind zu 
Secretbehältern erweitert. 


Aus der Geoffroya VIII VIII 9. 


Sehr alte, von Pilzen zerstörte Rinde. Ein Steinzellenring schlielst 
die Innenrinde gegen die Mittelrinde ab. Die stark verdickten und 
geschichteten, 0,3—0,9 mm langen Bastfasern bilden dünne von Kıry- 
stallfasern umgebene Platten. Die Zwischenwände der Siebröhren 
werden von einer Siebplatte gebildet. Die Markstrahlen sind 2—3 
Zellen breit und enthalten Krystalldrusen. Das Parenchym enthält 
Amylon. Die Rinde ist einer Quassiarinde sehr ähnlich, nur fehlt ihr 
der, dieser Rinde eigenthümliche bittere Geschmack. 


Beimengung der Geoffroya VIIL VIII 4. 


a. Das Periderm besteht aus einer Schicht unverholzter und einer 
Schicht verholzter Korkzellen. Die Mittelrinde ist fast gänzlich sklero- 
tisiert. In der Innenrinde kommen nur selten Steinzellen vor. Zwischen 
den mit Krystallkammerfasern umgebenen Bastfasergruppen und den 
obliterierten Siebröhren liegen regelmässig angeordnete Harzschläuche. 

b ist eine falsche Chinarinde und zwar eine China nova swrinamensis 
von Buena magnifolia!). 


l) Greve, Rudolph. Die falschen Chinarinden des Dorpater 
pharm. Instituts. 1891 pag. 12. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoftroyarinden. 533 


Aus der Geoffroya VIII VIII 5- 


a und b sind identisch mit den vorstehend unter Beimengung VIII 
VIII 4 a beschriebenen Rinden. 


Cortex Geoffroya spur. IT. 


Diese Rinde, welche ich als Geoffroya erhielt, hat sehr viel Ähnlichkeit 
mit der von Echites trifida, die mir aus Ostindien gesandt wurde 
M. (Handschrift Martiny’s) VIII VIII 6. 

Sehr harte feste Rindenstücke. Das wenige noch unverholzte 
Gewebe ist von Pilzen zerstört. Die Steinzellen sind sehr stark ver- 
dickt, oft von sehr ungewöhnlicher Form. Vereinzelte, grolslumige 
Bastzeller sind, von Krystallkammerfasern umgeben, nur im innersten 
Teile der Rinde anzutreffen. Sie stimmt in der That mit der Rinde von 
Echites trifida überein. 


Cortex Geoffroyae falsus 1390 erhalten VIII VIII 32. 


Mächtige, feste, dunkelrotbraune Rindenstücke, die auf dem Quer- 
schnitte weilslich punktiert, und auf dem Längsschnitte weilslich ge- 
streift erscheinen. Trotz der bedeutenden Gröfse der Rinde ist keine 
Borke gebildet. Das Periderm besteht aus einer sehr mächtigen Lage 
von dünnwandigen Korkzellen. Die Mittelrinde enthält einen Steinzellen- 
ring aus kleinen, unregelmälsigen Zellen. Die Innenrinde erscheint 
regelmälsig radial gestreift durch die dreireihigen Markstrahlen, die in 
regelmälsigen kurzen Zwischenräumen bis zur Mittelrinde einander 
parallel verlaufen und sich dort verbreitern. Durch die ganze Innen- 
rinde unregelmälsig zerstreut liegen dieschon mit blo[sem Auge sicht- 
baren Steinzellenhaufen. Sie sind meist regelmäfsig viereckig, häufig 
auch etwas oblong in radialer Richtung. In axialer Richtung sind sie 
von bedeutender Länge oft bis zu einem Centimeter und übernshmen 
auf diese Weise die Funktion der fehlenden Bastfasern. Die Sieb- 
röhren bilden keine Platten. Die Markstrahlen sind 3 Zellen breit und 
sehr hoch, meist über 200 Zellen. Fast jede Markstrahlzelle enthält 
eine schön ausgebildete Oxalatdruse. Die Rinde gehört augenschein- 
lich zu den sogenannten Adstringens-Rinden. 


B. Chemischer Teil. 


Die chemische Untersuchung der Geoffroyarinden hat gegen 
Ende des vorigen Jahrhunderts sehr oft die auf diesem Gebiete. 
thätigen Forscher beschäftigt, und häufig ist sie Gegenstand der 
Inaugural-Dissertationen gewesen. Es ist mir zwar nicht gelungen, 
einer dieser ältesten Arbeiten habhaft zu werden, doch brauche ich 
dieses wohl kaum zu bedauern. Denn wie selbst aus den besten 


034 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


der damaligen Arbeiten, denen von Nikolai Bondt!) und Kling- 
söhr?), welche ich durch Exzerpte, die aus den Originalen der 
Berliner Universitätsbibliothek für mich gemacht worden, habe kennen 
lernen, zu ersehen war, waren die Methoden der Untersuchung und 
die zu Tage geförderten Resultate der Art, dafs sie für die Anfor- 
derungen, welche nach dem Stande der heutigen Chemie an eine 
Pflanzenanalyse gestellt werden müssen, von sehr geringer Bedeu- 
tung sind. 


Die älteste Arbeit, welche ich im Original zu Gesichte bekom- 
men, ist die, welche Hüttenschmid?) im Jahre 1824 veröffent- 
lichte. Es ist diese zugleich das Bedeutendste, was bisher zur 
chemischen Erforschung der Rinde geleistet worden. Hütten- 
schmid war es, der zuerst eine Pflanzebase aus der echten Geoffroya- 
rinde isolierte und ihr len Namen „Surinamin“ beileste. Mit dieser 
Bezeichnung wollte er das von ihm gleichzeitig in der gelben Geoft- 
royarinde, welche er tür die echte jamaizensische Rinde hielt, auf- 
getundene, und als Jamaicin bezeichnete Alkaloid von dem oben- 
genannten unterscheiden. Da nach den vorausgeschickten pharma- 
kognostischen Untersuchungen die gelbe Rinde keinen Anspruch auf 
die Bezeichnung Geoffroyarinde machen darf, so wird man wohl 
ohne eine Verwechselung fürchten zu müssen, die in der echten 
Rinde entdeckte Base treffender Geoffroyin benennen dürfen. 
Dieses Namens werde ich mich denn auch während der Beschreibung 
meiner Untersuchungen bedienen, obwohl ich mich am Schlusse ge- 
nötigt sehen werde, eine andere Bezeichnung für diesen Körper in 
Vorschlag zu bringen. Ein Alkaloid dieses Namens macht bereits im 
demselben Jahre, wo Hüttenschmid seine Arbeit publizierte, 
Overduin ın Breda in seinem Werke: „Theoretische Verkläringen 
der Pharmacopoea Belgica bekannt. Die Darstellungsweise und die 
wenigen angeführten Eigenschaften des Körpers lassen schliefsen, 
dafs das Geoffroyin Overduin’s und das Surinamin Hütten- 
schmid’s identisch seien. Ob die beiden Forscher ihre Ent- 


") Bondt, Nicolai. Diss. de Cortice Geoffroyae sur. Lugdunum 
Batavorum, 1788. 

®) Klingsöhr. De Geoffroya inermi ejusque cortice. Erlan- 
gae, 1788. 

3) Hüttenschmid. Fr. Diss. inaug. chem. sistens analysin chemicam 
cort. Geoff. jam. nec non Geoff, sur. Heidelbergae, 1824. 


Hiller-Bombien. Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 535 


deckung unabhängig von einander gemacht haben, konnte ich nicht 
entscheiden. 


P. A. van der Byll!), der die Untersuchung Overduin’s 
auf ihre Richtigkeit prüfte, sich dabei aber in der Darstellnng we- 
sentliche Änderungen erlaubte, glaubt das Geoffroyin für Sulfas 
Aluminae halten zn müssen. Er stützte diese Annahme lediglich 
darauf, dafs er aus einem schwefelsäurehaltigen Auszuge des Rinden- 
pulvers, der durch kohlensaures Blei neutralisiert worden, mit Ammo- 
niak einen flockigen Niederschlag erhalten habe, von dem er angiebt, 
dafs er alle Eigenschaften der Alaunerde besessen. 


Otto Berg?) schreibt in seiner Warenkunde, dafs er die Exis- 
tenz der Basen ‚JJamaiein und Surinamin bezweifeln müsse, da, wie 
er aus zuverlässiger Quelle erfahren, die Arbeit Hüttenschmid'’s 
nicht praktisch ausgeführt, und da das Vorkommen zweier so scharf 
charakterisierter Alkaloide in einer Pflanzenfamilie überhaupt unwahr- 
scheinlich sei. Gegen den ersten Beweisgrund der Behauptung 
Berg’s führt Gastell?) an, dafs es ihm gelungen ist, ein Fläsch- 
chen Jamaicin aus der Apotheke des verstorbenen Hüttenschmid 
zu erlangen, welches noch, wie er sich ausdrückt, von diesem ehren- 
werten Pharmaceuten selbst herrührt. — An diesem Jamaicin hat 
Gastell auch die Identität desselben mit dem Berberin feststellen 
können. — Gegen den zweiten habe ich zu bemerken, dafs sich der- 
selbe längst als hinfällig erwiesen hat, nachdem nicht nur in einer 
Familie, sondern in ein und derselben Pflanze, zwei und mehr gut 
charakterisierte Alkaloide sich haben finden lassen. Auch beruht 
das zweite Argument Berg’s ja auf dem schon oft erwähnten Irr- 
tum, die gelbe, an eine Xanthoxylonrinde erinnernde Droge, stamme 
von einer Geoffroya-Art ab. Ferner habe ich genau nach der Vor- 
schrift Hüttenschmid’s einen Kontrolversuch mit meiner Geof- 
froyarinde gemacht und dabei bis in die Details dieselben Resultate 
und Reaktionen erhalten wie er. Auch F. L. Winkler) hat eine 
Untersuchung sowohl der gelben, als auch der echten Geoffroyarinden 


!) Mulder’s Natuur- an Scheidundig-Archief I 295 Ausz. in Annal. 
d. Pharm. (1833) 7,265. 

2) Berg, Otto, Pharm. Warenkunde (1863) Teil I pag. 188. 

3) Schweiz. Pharm. Wochenschrift. 1865, 97. 

4) Jahrbuch für prakt. Pharm. 1839 pag. 157—162. Auszug Pharm. 
Zentralblatt 1840 pag. 120. i 


536 Hiller-Bombien. Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


unternommen, welche mit der Hüttenschmid'schen Arbeit über- 
einstimmende Resultate lieferte. 


Ich glaubte die Zurechtstellung der Äufserung Berg’s nicht 
übergehen zu dürfen, nicht nur um der Wahrheit willen, als viel- 
mehr um dem Andenken eines, wenn auch unberühmten, so doch 
auch in seiner Weise redlich nach Wahrheit strebenden Mannes, der 
durch jene Aufserung verunglimpft worden, Gerechtigkeit widerfahren 


zu lassen. 


Die schon in der Einleitung zum pharmakognostischen Teil er- 
wähnte Notiz aus der Apotheker-Zeitung (1889) enthält die sonst 
nirgends zu findende Angabe, dafs M. Midy in der jamaicensischen 
Rinde, welche nach der dort gegebenen Beschreibung jedoch mit 
der „gelben Geoffroya“ übereinstimmt, als wirksames Prinzip das 
„Andirin“ aufgefunden habe, welcher Körper alle Eigenschaften 
eines Glycosides zeige. 

Bevor ich nun zu meinen Untersuchungen übergehe, möchte ich 
noch die Bemerkung vorausschicken, dals das Erlangen einer, zur 
chemischen Untersuchung ausreichenden Menge der echten Rinden, 
mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war, da, wie erwähnt, 
die Droge fast gänzlich in Vergessenheit geraten. Nach dem ich 
mich bereits vergeblich an verschiedene ausländische, selbst an eine 
amerikanische Firma gewandt hatte, gelang es mir endlich, von Th. 
Christy & Co. in London 20 Pfund der Droge zu erhalten. Be- 
schreibungen dieser Rinde habe ich bereits im pharmakognostischen 
Teile geliefert. 


Bestimmung der anorganischen Bestandteile. 


Zur Bestimmung der Feuchtigkeit wurde die feingepulverte 
Rinde bei 100° bis zum konstanten Gewicht getrocknet, dabei ergab 
sich im Mittel aus verschiedenen Bestimmungen ein Feuchtigkeits- 
gehalt von 11,75 Proz. 

Zur Aschenbestimmung wurde das Rindenpulver in der Platin- 
schale verbrannt und bei schwacher Rotglut bis zum konstanten 
Gewicht geglüht. Dabei erhielt ich im Mittel aus mehreren Bestim- 
mungen 5,63 Proz. Asche. 

Die kohlensäure- und sandfreie Asche besass folgende Zusam- 
mensetzung: 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 537 


Na0 = 0,83 Proz. 
K,0 = 12,50 ” 
MsO —10,34 „ 


SOLL, 
AL,O,+Fe,0, = 0,46 „ 
P,0, = 634 , 

80; = ..1,42r] 5 

2105 —ı 0,29,1.,, 

Mn,0, in Spuren 

Cl in Spuren 


Bestimmung der wichtigeren organischen Bestandteile. 


Um in der Rinde eventuell vorhandenes ätherisches Öl, Fett, 
Harz, Gerbstoff etc. festzustellen, unternahm ich eine successive 
Behandlung mit indifferenten Lösungsmitteln, wie sie Dragendorft!) 
zur Analyse auf die wichtigeren Pflanzenbestandteile vorschlägt. Da 
ich mich genau an die Vorschriften des zitierten Werkes gehalten 
habe, so brauche ich hier nicht näher auf die Einzelheiten der Ver- 
suche einzugehen. 

. In der Rinde konnten unter Anwendung dieser Methoden bisher 
nachgewiesen werden: 

11,75 Proz. Wasser 

Hoss Asche 


dass a Hlett 
RUE Harz 
2,65 „ in abs. Alkohol löslicher Substanz, 


davon 0,62 Teile Phlobaphene und 1,70 Teile in Wasser und Alkohol 
löslicher Substanz, in dieser 0,44 durch Kupfer- und Bleiacetat fäll- 
bare Gerbsäuren. 

7,34 Proz. in Wasser löslicher Substanz, 
davon 0,76 Teile Schleim. 

2,53 Proz. in Natronlauge lösliche Substanzen 
davon 1,49 Eiweils und 1,04 Schleim. 

2,48 Proz. Amylon 

Spuren von Zucker 


16,65 Proz. Lignin 
2979 „ Zellstoff. 


Da durch vorstehende Analyse kein Hinweis auf ein Alkaloid, 
denn als ein solches hatte Hüttenschmid sein „Surinamin“ hinge- 


1) Dragendorff. Die qualitative und quantitative Analyse von 
Pflanzen und Pflanzenteilen. Göttingen 1882. 


5385 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 


stellt, gefunden wurde, versuchte ich auf andere Weise das eventuelle 
Vorhandensein eines solchen Körpers festzustellen. 


Darstellung des Geoffroyins. 


Zur Isolierung dieses fraglichen Körpers versuchte ich die Aus- 
schüttelungsmethode von Dragendor([f!) anzuwenden, doch konnte 
ich dabei zu keinem Resultate gelangen, da das Geoffroyin in den 
dabei zur Anwendung kommenden Lösungsmitteln unlöslich ist. Auch 
die Versuche, das Geoffroyin aus den Auszügen durch die Gruppen- 
reagentien auf Alkaloide zu praecipitieren, fielen negativ aus, da, wie 
sich später herausstellte, dieser Körper mit ihnen (ausgenommen das 

rom-Bromkali) keine Verbindungen eingeht. 

Ich sah mich daher genötigt den Weg einzuschlagen, den 
Hüttenschmid in seiner Arbeit zur Darstellung dieses Körpers 
angiebt. Ich lasse ihn hier in Kürze folgen: Die Rinde wird 
wiederholt mit Alkohol ausgekocht, die vereinigten Filtrate werden 
bis zum Gewicht der angewandten Rinde eingedampft, darauf wird 
mit Wasser verdünnt. Es fällt dabei ein Teil des Gerbstoffes resp, 
Phlobaphens aus. (Hüttenschmid bezeichnete diese Substanz als 
oxydierten Gerbstoff, welcher identisch sei mit dem von Pelletier 
und Caventou in dem Cortex peruvianus aufgefundenen und als 
rouge cinchonique bezeichneteten Körper.) Das Filtrat wird durch 
Bleiessig von Gerbsäure befreit, der Überschufs desselben mit H,S 
entfernt. Beim Eindampfen des schliefslich erhaltenen Filtrates 
hinterbleibt das Geoffroyin in warzenförmigen Krystallisationen. Da 
keine meiner Bemühungen, zu einer besseren und bequemeren Dar- 
stellungsmethode zu gelangen, von Erfolg gekrönt waren, sah ich 
mich genötigt bei der oben angeführten Methode zu bleiben, ich 
modifizierte sie nur dahin, dafs ich von Hause aus mit Wasser ex- 
trahierte, denn wie aus den unten angeführten Löslichkeitsverhält- 
nissen zu ersehen, ist dieser durch Schwerlöslichkeit ausgezeichnete 
Körper in heifsem Wasser bedeutend leichter löslich als in Alkohol. 
— Die bereits erwähnte Schwerlöslichkeit oder gar Unlöslichkeit 
in den verschiedensten Lösungsmitteln trägt auch die Schuld, dafs 
die Reinigung des auf obige Weise erhaltenen Rohgeoffroyins sich 


I) Dragendorff. Ermittelung von Giften. Göttingen 1888. 3. Auf- 
lage. Auch Pflanzenanalyse etc. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 539 


zu einer schwierigen Aufgabe gestaltete. Mit dem Geoffroyin bleibt 
beim Eindampfen eine braune, hygroskopische Extraktmasse zurück. 
welche sich zum gröfsten Teil aus einer durch Bleiessig nicht fäll- 
baren Substanz bestehend erwies. Letztere Substanz reduzierte stark 
Fehling’sche Lösung. Phenylhydrazin gab keine Verbindung. Von 
dieser Substanz wurde das Geoffroyin durch Abfiltrieren 
und Abwaschen mit Wasser möglichst befreit. Der Ver- 
such, den Körper durch Umkrystallisieren aus heifsem Wasser weiter 
zu reinigen war mit grolsem Verluste verbunden, auch konnte die 
Substanz auf diese Weise nie ganz rein erhalten werden. Da ich 
nun, bei meinen Versuchen Salze des Geoffroyins darzustellen, die 
Bemerkung machte, dafs beim Lösen in Salzsäure die verunreini- 
genden Substanzen zurückblieben, und dafs das salzsaure Salz eine 
sehr labile Verbindung sei, kam ich auf den Gedanken mir diese 
Eigenschaft des Körpers zu Nutze zu machen. Das Geoffroyin 
wurde in Salzsäure gelöst, filtriert und das Filtrat dann mit Natrium- 
karbonatlösung bis zur Neutralisation versetzt. Statt des kohlensauren 
Natrons kann auch Natronlauge angewandt werden, nur muf[s dann 
ein Überschufs möglichst vermieden werden, da die Substanz auch 
in Natronlauge löslich ist. Man hat es dabei in der Hand, entweder 
aus verdünnteren Lösungen grölsere Krystalle sich ausscheiden zu 
lassen, oder aus konzentrierten durch schnelle Neutralisation einen 
Krystallbrei zu erzielen. Diese Operation mufs mehrmals wieder- 
holt werden, soll die Substanz vollkommen frei von allen Verunrei- 
nigungen erhalten werden. Die Krystalle wurden schliefslich auf 
einem Filter gesammelt und zuerst mit Wasser, dann mit Alkohol 
ausgewaschen, bis im Filtrate kein Chlor mehr nachzuweisen war. 
Dann wurden die Krystalle auf Thonplatten getrocknet, und stellten 
so eine weilse, glänzende, aus verfiltzten Nadeln bestehende Masse 
dar. — Da ich die Bemerkung machte, dafs das salzsaure Salz, mit 
Wasser übergossen, sich zersetzt, wobei das freie Geoffroyin schön 
weiss sich ausscheidet, (einmal gelang es mir auf diese Weise, grolse, 
blendend weisse Krystalle zu erhalten) so glaube ich, dafs man auch 
auf diese Eigenschaft eine gute Methode zur Reindarstellung wird 
basieren können. Das Umkrystallisieren aus Essigsäure bot wenig 
Vorteile dar, dagegen leistete das Umkrystallisieren aus Ammoniak- 
flüssigkeit, besonders bei der Darstellung dieses Körpers aus der 
Ferreirarinde, gute Dienste. 


540 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geofiroyarinden. 


Das über Schwefelsäure getrocknete Geoffroyin wurde zur Ele- 
mentaranalyse noch bei 110° nachgetrocknet und verlor nur Spuren 
von Feuchtigkeit. Die Verbrennungen wurden teils im offenen 
Rohre im Sauerstoffstrome, teils im geschlossenen mit Kupferoxyd 
und vorgelegter Kupterspirale ausgeführt. 

I. 0.3415 g Geoffroyin gaben: 
0,7759 8 CO, =02116 g C= 61,96 Proz. C 
0,203 „H,O = 0,0235 „ H= 660 „ H. 

II. 0.296 g Geoffroyin gaben: 
0,672 g CO, =0,18327 g C=61,91 Proz. C 
051787, E08 0101977. 915: H=10568" 1ER 

III. 0,292 g Geoffroyin gaben: 
0,663 g CO, = 0,180188 g C= 61,92 Proz. C 


0194..H,O =00215 „H= 738 „H 
IV. 0,2135 g Geoffroyin gaben: 

0,480 8 CO, = 0,130909 g ==BL,95T. Pr02@ 

0142..., OSEONSTPN H—=47383 5 BI 


im; Mittel: 61/77: Proz.:ıC =1:7,614 >5uäEE 
Die Stickstoffbestimmungen wurden teils nach der Kjeldahl'schen, 


teils nach der von Arnold modifizierten Will-Varrentrapp'schen 
Methode ausgeführt- 


Methode Kjeldahl: 

I. 0,2005 g Geoffroyin sättigten 9,9 ccm. 
1/0 norm. H,SO, = 0,01386 N = 7,07 Proz. N. 
II. 0,3295 g Geoffroyin sättigten 16,7 ccm. 
1/,, norm. H,SO, = 0,02348 N = 7,12 Proz. N. 

Methode Will-Varrentrapp: 
III. 0,2065 g Geoffroyin sättigten 11,2 ccm. 
1/,n norm. H,zSO, = 0,01568 N 
ab für die Mischung 0,00090 N 
0,01478 N = 7,15 Proz. N. 

IV. 0,2265 g Geoffroyin sättigten 12 ccm. 

1/,) norm. H,SO, = 0,01680 N 

ab für die Mischung 0,00075 N 
0,01605 N = 17,08 Proz. N. 

im Mittel: 7,10 Proz. N. 


Aus den gefundenen Daten berechnet sich als einfachste Formel: 


C,oH13NO; 

Gefunden: Berechnet: 
G361, NRBrO2. C’= 61,53 Proz: 
a a A > HOFER 
N 10 NI-=: 71828 
Dal Di alBlich e 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 541 


Nach obiger Formel beträgt das Molekulargewicht dieses 
Körpers 195. 

Ob diese Zahl der wirklichen Molekulargröfse entspricht, konnte 
der Schwerlöslichkeit der Substanz wegen, weder nach der Beck- 
mann’schen Methode der Siedepunktserhöhung, noch nach der 
Raoult’schen Methode der Gefrierpunktsdepression bestimmt werden. 

Aber aus den weiter unten angeführten Analysen der Salze des 
Geoffroyins ist jedoch zu ersehen, dafs die aus der prozentischen 
Zusammensetzung berechnete einfachste Formel auch zugleich der 
Gröfse des Moleküls entspricht. 

Schmelzpunktbestimmung. Zur Bestimmung des Schmelz- 
punktes bediente ich mich der von Dragendorff!) angegebenen 
Methode, und zwar arbeitete ich sowohl mit, als ohne Quecksilber. 
und benutzte dabei die T. E. Torpe’sche?) Thermometerkorrektion 
T=t+ 0,000143n (t—t'). Die Substanz schmolz unter Zersetzung: 
Als Mittel aus vielen Versuchen ergab sich der korrigierte Schmelz- 
punkt zu 257°. 

(Erhitzte ich im Kapillarröhrchen, so schmolz die Substanz schon 
bei 233° im Mittel.) 

Die Bestimmung der Löslichkeitsverhältnisse des Geoffroyins in 
den indifferenten Lösungsmitteln führte ich in der Weise aus, dafs 
ich die fein verriebene Substanz mit dem Lösungsmittel 10 Tage 
lang bei Zimmertemperatur unter häufigem Umschütteln stehen les. 
Es wurde dabei dafür Sorge getragen, dals stets ein Überschufs an 
Substanz vorhanden war. Die erhaltenen Lösungen wurden schnell 
in dicht schliefsende Wägefläschchen filtriert und gewogen. Die 
Rückstände bei 110° getrocknet. Die Löslichkeit bei Siedetem- 
peratur wurde nach dem Verfahren von Victor Meyer°) bestimmt. 

Siedendes Wasser: 6,400 g Lösung hinterlassen 0,032 g Rückstand 
= 1:200. 

Wasser von Zimmertemperatur: 4,862 g Lösung hinterlassen 0,007 g 
Geoffroyin = 1:69. 

Alkohol von 97 Proz.: 3,186 g Lösung hinterlassen 0,001 g Geof- 
froyin —= 1:3186. 

Alkohol abs: 7,500 g Lösung hinterlassen 0,0005 g Geoffroyin 
— 1:15000. 


1) Dragendorff. Pflanzenanalyse pag. 13, 1882. 

2) Journ. of the chem. Soc. 37, 160. 1880 auch Phys. chem. Tab. 
v. hLandolt und Börnstein. 

3) Berichte d. deutschen chem. Gesellsch. VIII. p. 998, 1875. 


542 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d, Geoffroyarinden. 


Methylal: 11,081 g Lösung hinterlassen 0,005 g Geoffroyin = 1:2216. 
Eisessig: 14,623 g Lösung hinterlassen 0,016 g Geoffroyin = 1:914. 


(Das Geoftroyin scheidet sich aus Eisessig unverändert wieder ab). 

In Petroläther, Benzol, Chloroform, Äther, Essigäther, Amylal- 
kohol, Amylacetat, Aceton und Schwefelkohlenstoff, war das Geoffroyin 
vollkommen unlöslich, da selbst beim Verdunsten von grölseren 
Mengen (beim Äther und Chloroform gar 15 und 25 g) der event. 
Lösung kein Rückstand erhalten wurde. Von Glycerin wurde es be- 
sonders beim Erwärmen aufgenommen. 


Salze und andere Verbindungen des Geoffroyins. 


Bei den Versuchen, Salze des Geoffroyins darzustellen, machte 
ich die Bemerkung, dals das Geoffroyin den Charakter einer Amido- 
säure trage, denn es reagiert neutral und vermag sowohl mit Säuren 
als auch mit Basen krystallinische Verbindungen einzugehen. 

Löst man das Geoffroyin in Salzsäure und verdunstet den Über- 
schufs langsam im Exsikkator, so hinterbleibt das salzsaure Salz in 
Nadeln oder Blättchen. Versucht man dieses Salz aus Wasser um- 
zukrystallisieren, so zersetzt es sich sofort beim Übergiefsen mit 
demselben. Schon Hüttenschmid giebt an, was auch Winkler!) 
bestätigt, dafs das salzsaure Salz beim Übergiefsen mit Wasser 
„weils wird“. In Alkohol ist das Salz zwar scheinbar ohne Zer- 
setzung löslich, doch beim Verdunsten oder Erwärmen der Lösung 
zerfällt es wieder in freie Base und Säure. Die Salzsäure bestimmte 
ich in dem exsikkatortrocknen Salz nach der Volhard’'schen Methode: 

I. 0,154 g Salz enthielten 0,02338 HCl = 15,18 Proz. 


9.0447... : 0,0230 HCl = 15,65 , 

17.20.1197, ;, . 0.0192 HOl = 16,13, 22 

Berechnet [ür C,H43N0;HC1: Gefunden im Mittel: 
15,76 Proz» HGl. 15,65 Proz. HCl. 


Mit Schwefelsäure giebt das Geoffroyin gleichfalls eine in langen 
Nadeln krystallisierende Verbindung, die sich im Wasser zu einer 
sauer reagierenden Flüssigkeit löst. Auch noch mit anderen Säuren, 
so z. B. mit der Weinsäure, Jodwasserstoffsäure etc. vermag es Salze 
zu bilden. Essigsäure dagegen, welche es nur verhältnismäfsig schwer 
löst, hinterläfst beim Verdunsten das freie Geoffroyin. Auch mit 
Salpetersäure ist keine Verbindung zu erhalten, dieselbe wirkt viel- 


1) Pharm. Zentral-Blatt 1840 pag. 121. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geofiroyarinden. 543 


mehr oxydierend ein; auch ganz verdüunte Salpetersäure ruft Zer- 
setzungen hervor, und zwar mit den unten beschriebenen Farben- 
reaktionen. 

Ebenso leicht wie in Säuren, ist die Substanz auch in Alkalien 
löslich und hinterbleibt dann beim Verdunsten in krystallinischen 
Verbindungen. Nur aus Ammoniak scheidet es sich unverändert 
wieder aus. 

Die Salze der Alkalien waren schwer in genügender Reinheit zu 
erhalten, da sich ihnen meist Karbonat beimengte. Auch mit den 
Hydroxyden der Schwermetalle geht das Geoffroyin krystallinische 
Verbindungen ein. Die charakteristischste derselben ist das Kupfer- 
salz. Man erhält es, wenn man frischgefälltes Kupferhydroxyd mit 
Geoffroyin und Wasser anrührt und dann erhitzt. Es entsteht eine 
dunkelblaue Flüssigkeit, welche beim Erkalten Geoffroyinkupfer in 
kleinen, schön violetten, in Wasser sehr schwerlöslichen Nädelchen 
ausscheidet, die sich unter dem Mikroskope als Konglomerate kleiner, 
monokliner Primen erweisen. Das Geoffroyinkupfer krystallisiert 
wasserfrei. Das über Schwefelsäure aufbewahrte Salz zeigte auch 
beim Erhitzen auf 160° keine Gewichtsabnahme, noch irgend welche 
Veränderung. Zur Bestimmung des Kupfers in dieser Verbindung 
wurde das Salz verbrannt, das Kupfer mit Salpetersäure oxydiert 
und als Oxyd gewogen: 

0,206 g ergaben 0,035 g CuO —= 0,0280 g Cu 
0,190 , . 0,053. „. Ce9 = 0283377, 


Berechnet für: Gefunden: 
(C,0H412N 05) Cu E II. 
14,00 Proz. 13,60 Proz. 13,78 Proz. 


Die Blei- und Quecksilbersalze können analog der Kupferver- 
bindung erhalten werden. Ein Versuch die Silberverbindung in der- 
selben Weise darzustellen gelang nicht, da das Silberoxyd grölsten- 
teils reduziert wurde. Auch der Versuch, aus der Lösung des Geof- 
froyins in wenig Ammoniak durch Silbernitrat das Salz zu fällen, fiel 
negativ aus. 

Durch Bromwasser entsteht in der wässerigen Lösung des Geoffroyins 
ein gelber oder oranger, amorpher Niederschlag, der nach dem 
Trocknen im Exsikkator schwarzbraun wird. Der Niederschlag ist 
sogar in Wasser nicht ganz unlöslich, leicht löslich sogar in Alkohol 
und Chloroform, sowie auch in Ammoniakflüssigkeit. Die Verbindung 
hinterbleibt aber auch aus diesen Lösungsmitteln amorph. Zur Be- 


544 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden, 


stimmung des Bromgehalts dieser Verbindung wandte ich die von 
Volhard!) empfohlene Methode an, dabei fand ich in 
0,170 g Bromverbindung 0,0785 g Brom 


0,161 „ g DORT 
Berechnet für: Gefunden: 
C,.H,1BraNO; I ul 


45,32 Proz Brom 45,91 Proz. Brom 46,21 Proz. Brom. 

Da der gefundene Bromgehalt mit dem berechneten ziemlich 
übereinstimmt, kann man annehmen, dafs der durch Bromwasser 
entstandene Niederschlag ein Geoffroyindibromid darstellt. 

Löst man das Geoffroyin durch Kochen in Essigsäureanhydrid, 
so bleibt beim Verdunsten eine Acetylverbindung als glasige, bräun- 
liche, amorphe, in Alkohol und Chloroform lösliche Masse zurück. 
Auch eine Benzoylverbindung konnte ich erlangen, wenn ich das 
Geoffroyin in Natronlauge gelöst mit Benzolchlorid schüttelte.e Es 
scheidet sich dabei eine amorphe, fettig anzufühlende Masse aus. 
Bei verschiedenen Versuchen, bei denen ich die Mengenverhältnisse 
variierte, erhielt ich etwas verschiedene Produkte, meist war ihnen 
eine wechselnde Menge von Benzoesäure beigemengt. Alle diese 
Verbindungen waren in Alkohol, Äther und Chloroform löslich. Er- 
hitzte ich das Geoffroyin mit Jodmethyl im zugeschmolzenen Glasrohr 
bei 80°, so konnte selbst nach 12-stündiger Einwirkung keine Ver- 
änderung der Substanz wahrgenommen werden. Leider gebrach es 
mir an Material, die zulezt berührten Fragen weiter zu verfolgen. 


Sonstige Eigenschaften und Reaktionen des Geoffroyins. 

Die Lösung des Geoflroyins reagiert sowohl gegen Lackmus als 
auch gegen Phenolphtalein neutral. 

Das reine Geoffroyin ist geschmacklos. Beim Verbrennen auf 
dem Platinblech verbreitet es den charakteristischen Geruch nach 
verbranntem Horn. Sowohl in neutraler, wie auch saurer und alka- 
lischer Lösung ist das Geoffroyin optisch inaktiv. — Läfst man das 
Geoffroyin mit Salpetersäure von 1,4 spez. Gew. 3 Tage bei Zimmer- 
temperatur stehen, so wird es grölsten Teils zu Pikrinsäure oxydiert. — 
Es ist schon erwähnt, dafs die Gruppenreagentien auf Alkaloide die 
hier in Frage kommende Substanz nicht präzipitieren, nur das Brom- 
Bromkali giebt einen orangen, käsigen Niederschlag. Besser ent- 
steht er aber durch Bromwasser. In Alkohol, in Chloroform und 


1) Ann. der Chem. und Pharm. 190 pag. 40. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 545 


Ammoniakflüssigkeit ist er löslich. — In konz. Schwefelsäure löst 
das Geoffroyin sich fast farblos, beim Erwärmen sich bräunend. 
Vanadinschwefelsäure färbt vorübergehend violett. Mit Salpetersäure 
abgedampft, bleibt ein gelber Rückstand, setzt man dann Kalilauge 
hinzu, so entsteht eine ziegelrote Färbung. Mit Zuckerlösung und 
konz. Schwefelsäure wird Geoffroyin rötlich. Liebermann’s Reagens!) 
färbt sofort, aber nur vorübergehend rötlichbraun; neutralisiert man 
die farblos gewordene Flüssigkeit mit Ammoniak, so entsteht eine 
goldgelbe Färbung. Übergiefst man Geoffroyin mit Wasser und setzt 
tropfenweise Salpetersäure hinzu, so dafs dadurch noch nicht alles 
gelöst wird und erwärmt, so tritt nach der Lösung des Geoffroyins 
zuerst eine gelbrote Färbung auf, die durch Blauviolett in ein 
dauerndes Grüu mit roter Fluorescenz übergeht, diese Färbung er- 
hält sich wochenlang. Sie zeigt bei spektroskopischer Untersuchung 
keine Absorptionsstreifen. Zu viel Salpetersäure ist bei dieser Re- 
aktion zu vermeiden, da sonst nur Grün- oder gar Gelbfärbung eintritt. 


Frisch bereitetes Fröhde’sches Reagens löst das Geoffroyin zu 
einer schön blauen Flüssigkeit, welche keine Absorptionsstreifen zeigt. 
Beim Stehen an der Luft wird die Flüssigkeit bald schmutzig violett 
und dann vom Rande aus grün, bis die ganze Masse dauernd gelb- 
grün geworden. — Die Blaufärbung mit salpetriger Säure, die Hüt- 
tenschmid mit seinem „Surinamin“ erhalten hat, konnte ich, wie 
auch schon Winkler, nicht erlangen. 


In Millon’schem Reagens ist das Geofiroyin zu einer dunkel- 
roten Flüssigkeit löslich, die eine Verdunkelung des Spectrum von 
der Frauenhofer’schen D-Linie bis zur H-Linie hervorruft, so dafs 
das Rot allein sichtbar bleibt. Veränderung der Konzentration und 
Dicke der Flüssigkeitsschicht, beeinflulste nur die Intensität der Ab- 
sorption, ohne jedoch charakteristische Bänder auftreten zu lassen. 
Auch in verdünnter wässeriger Lösung kann das Geoffroyin mit 
Millon’schem Reagens nachgewiesen werden, indem sie, damit ge- 
kocht, sich rot oder doch rosa färbt; nach einiger Zeit entsteht ein 
roter Niederschlag. Auch in Rinden kann durch diese Reaktion das 
Geoffroyin dargethan werden. Man fällt die Abkochung, die man in 
einem Reagensglase bereitet hat, mit Bleiessig, filtriert, versetzt mit 
Millon’schem Reagens und erwärmt, es tritt dann über dem Nieder- 


5 T. KN0,+195 T. H,SO,. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bd. 7. Heft. j 35 


546 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoftroyarinden. 


schlage Rotfärbung ein. (Besser gelingt die Reaktion, wenn man das 
Blei durch H,S entfernt hatte.) 

Die beiden letztgenannten Reaktionen gelingen auch sehr gut 
mit den Salzen des Geoffroyins. 

Nach den Untersuchungen P. C. Plugge’s geben diejenigen 
aromatischen Verbindungen mit Millon’schem Reagens eine Rot- 
färbung, welche an einem Benzol- oder Naphtalinkern eine Hydroxyl- 
oder Methoxylgruppe enthalten. Auch dann soll die Reaktion noch 
eintreten, wenn aufser der OHgruppe eine Aldehyd- oder Karboxyl- 
gruppe oder eine Seitenkette dem Benzolkern sich anlagert, ja selbst 
dann noch, wenn in der Seitenkette Hydroxyl- oder Amidogruppen 
vorhanden sind. 

Ich habe daher das Phenol, die Salicylsäure und das Tyrosin in 
dieser Hinsicht mit dem Geoffroyin verglichen. Mit den beiden erst- 
genannten Körpern waren die Färbungen weniger schön rot, alle 
zeigten aber genau dieselbe Absorptionserscheinung. 


Vergleichung des &eoffroyins mit dem Tyrosin und Ratanhin. 

Da nach allem, was bisher über das Geoffroyin gesagt worden, 
eine grofse Ähnlichkeit desselben mit dem Tyrosin nicht zu ver- 
kennen ist, so war es angezeigt, diese beiden Körper mit einander 
näher zu vergleichen. — Die mit dem Geoffroyin angestellte Piria’- 
sche!) Tyrosinreaktion, die ich in der von Schulze und Barbieri?) 
angegebenen Weise ausführte, gab ein positives Resultat, indem die 
gebildete Sulfonsäure mit Eisenchlorid sich prachtvoll violett färbte. 
— Die oben für das Geoffroyin angegebenen Reaktionen gelangen 
auch sämtlich mit dem Tyrosin, wobei besonders auf die bisher, wie 
es erscheint, noch unbekannte blaue Lösung in Fröde’'schem Rea- 
gens hingewiesen werden muls. Ausgenommen allein ist die Reaktion 
mit der Salpetersäure, da beim Tyrosin nur Gelbfärbung eintritt. 
Diese letztere Reaction, welche schon Kreitmair?) zur Unterschei- 
dung des „Ratanhins“ von Tyrosin empfohlen hat; die Differenz im 
Schmelzpunkt, der für das Tyrosin nach Siber?) bei 235° liegt; (ich 
fand jedoch, dafs das Tyrosin sich erst bei 270° zersetzt); die op- 

1) Ann. d. Chem. u. Pharm. 82 pag. 241. 

2) Ber. d. d. chem. Gesell. Bd. 11 pag. 710. Auch Dragendorft. 
Pflanzenanalyse, pag. 213. 


3) Ann. d. Chem. und Pharm. 176 pag. 6+. 
#) Ber. d. d. chem. Gesell. 17 pag. 2837. 


Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geoffroyarinden. 547 


tische Inaktivität [nach Mauthner!) ist für Tyrosin in alkalischer und 


salzsaurer Lösung [Jp = —8 bis —9]; der Unterschied in den 
Löslichkeitsverhältnissen?)'; die verschiedene Färbung der Kupfersalze, 
die zwar im Übrigen einander sehr ähnlich sind, nur dafs das Geof- 
froyinkupfer violett, das Tyrosinkupfer blau gefärbt ist, sind als die- 
jenigen Merkmale zu bezeichnen, welche ich zur Unterscheidung des 
Geoffroyins vom Tyrosin auffinden konnte. — Es genügt aber ge- 
wils auch dieses um zu beweisen, dafs die beiden Körper nicht iden- 
tisch sind, um so mehr als auch die von mir gefundene Formel des 
Geoffroyins durch ein Plus von CH, von der des Tyrosins abweicht. 
Hierdurch wird man jedoch veranlafst, das Geoffroyin als einen dem 
Tyrosin homologen Körper aufzufassen und für ein Methyl-Tyro- 
sin C, H,, (CH;) NO, zu halten. 

Ein solcher Körper ist schon in den 60. Jahren von E. Ruge 
unter Städeler’s Leitung in einem amerikanischen Ratanhiaextrakt 
aufgefunden worden, nachdem bereits im Jahre 1854 C. G. Witt- 
stein in demselben Extrakte Tyrosin entdeckt zu haben glaubte. 
Ruge nannte den fraglichen Körper, den er für ein Homologes des 
Tyrosins erklärte, „Ratanhin“. Im Jahre 1869 stellte ferner Gintl 
aus dem Harze der Ferreia spectabilis (Resina d’angelim pedra) das 
„Angelin“ dar. Dieses Angelin stimmte in den Eigenschaften und 
in der Zusammensetzung so völlig mit dem Ratanhin Ruge’s überein, 
dafs die Ansicht Gintl’s von der Identität beider Körper vollkommen 
gerechtfertigt erschien. Im Vorstehenden ist es mir weiter gelungen, 
nachzuweisen, dafs das in der echten Geoffroyarinde schon 1824 auf- 
gefundene Surinamin oder Geoffroyin genau dieselbe Zusammen- 
setzung und dieselben Eigenschaften besitzt, wie jenes Ratanhin oder 
Angelin. 

Das Zusammengehören dieser drei, scheinbar aus so heterogenem 
Materiale dargestellten Körper kann aber nicht Wunder nehmen, 
wenn man berücksichtigt, dafs Kreitmair 1874 die Entdeckung 
machte, dafs das Ratanhin Ruge’s nur anormaler Weise im Ratan- 
hiaextrakte vorkommt, indem er zu der Überzeugung gelangte, dafs 
das Ratanhiaextrakt, aus dem Ratanhin isoliert worden war, mit 
anderen Extrakten, vielleicht mit dem von Ferreira speciabilis, ver- 

1; Nonatshefte für Chemie 3 pag 345. 


2) Erlenmeyer und Lipp in d. Ann. d. Chem. u. Pharm. 219 
pag. 173 u. Städeler in Ann. d. Chem. u. Pharm. 116 pag. 64. 


35* 


548 Hiller-Bombien, Beiträge z. Kenntnis d. Geofiroyarinden. 


fälscht war. Aufserdem habe ich die Rinden von Ferreira spectabilis 
mit den echten Geoffroyarinden verglichen und dabei gefunden, dafs 
sie zwar äufserlich sehr verschieden sind, im feineren Bau aber eine 
so überzeugende Ähnlichkeit zeigen, dafs man nicht umhin kann, 
die Stammpflanzen dieser beiden Rinden für sehr nahe verwandt zu 
erklären!,. Auch läfst sich vom botanischen Standpunkt aus die 
Zusammengehörigkeit der beiden Mutterpflanzen nicht von der Hand 
weisen und hat daher auch Saldanha bereits die Ferreıra spectabilis, 
Andira spectabilis benannt. 

Um die Identität dieser drei Körper über allen Zweifel zu er- 
heben, stellte ich mir das mit dem „Ratanhin“ identische „Angelin“ 
Gintl’s aus der Ferreirarinde dar. Die Rinde war von Prof. Dr. 
G. Dragendorff von Dr. Th. Schuchardt in Görlitz bezogen und 
mir gütigst zur Verfügung gestellt worden. 

Die Darstellung gestaltete sich des grölseren Gerbstoff- und 
Farbstoffgehalts wegen schwieriger, auch war die Ausbeute geringer, 
als ich sie bei der Rinde von Andira inermis gefunden. Der Körper 
den ich als Angelin isolierte, stimmte jedoch in allen Eigenschaften, 
auch im Schmelzpunkte und in den Löslichkeitsverhältnissen, mit dem 
Geoffroyin überein. Die Elementaranalyse ergab ebenfalls dieselbe 
Zusammensetzung: 

0,262 g „Angelin“ ergaben 0,5957 g CO, = 62,01 Proz. C. 
und 0,1665, 8 H20 1.062277 SEER 

0,1615 g „Angelin“ ergaben 0,1162 g N — 7619 aa 

Sauerstoff 23,74 „ 

Hieraus berechnet sich wiederum die Formel C,o Hıs NO;. 

Da es mir aufserdem, wenn auch nur durch einen Vorversuch, 
gelungen ist, dieses Methyl-Tyrosin auch in der im pharmakog- 
nostischen Teil beschriebenen Rinde von Andira anthelmintica nach- 
zuweisen, und da dieser Körper voraussichtlich auch in den bis jetzt 
noch nicht untersuchten Andiraarten wird aufzufinden sein, so wäre 
es zweckmässig ihm den Namen „Andirin“ beizulegen, und die Be- 
nennungen Surinamin, Geoffroyin, Ratanhin, Angelin fallen zu lassen. 


1) Eine Beschreibung der in unserer hiesigen Sammlung befindlichen 
Ferreirarinden gab ich im pharmakognostischen Teil. 


H. Beckurts, Alkaloidgeh.d. Rinde v.Strychnos Nux vomica etc. 549 


Mitteilungen aus dem Laboratorium für pharma- 
ceutische und synthetische Chemie der Herzog]. 
techn. Hochschule in Braunschweig. 


Über den Alkaloidgehalt der Rinde von Sörych- 
nos Nux vomica und der Samen von Strych- 


nos potatorum L. fl. 
Von H. Beckurts. 
(Eingegangen den 15. VII. 1892.) 

In der verdienstvollen Arbeit F. A. Flückiger’s!) über die 
Verbreitung der Alkaloide in den Strychnos-Arten wird 
auch einer Untersuchung des Holzes von Strychnos Nux vo- 
mica auf Alkaloide Erwähnung gethan. Aus 25 & desselben konnte 
D. Steigert 0,1271 g = 0,5084 Proz. Alkaloidpikrate isolieren, 
welche nach dem Verfahren von J. E. Gerock?) getrennt wurden. 
Auf Grund der hierbei erhaltenen Resultate wird der Gehalt des 
Holzes an Strychnin zu 0,2285 Proz. und an Brucin zu 0,077 
Proz. angegeben. In den Blättern der Strychnos Nux vomica 
fand Hooper?) vor einiger Zeit etwa 1/, Proz. Brucin, aber kein 
Strychnin. Unter diesen Umständen dürfte die Mitteilung einer 
Untersuchung der Rinde von Strychnos Nux vomica Interesse 
bieten, welche schon vor längerer Zeit von mir und Herrn ©. Vilmar 
ausgeführt ist und das im Vergleich zu den bei der Untersuchung 
des Holzes erhaltenen Resultaten auffallende Ergebnis geliefert hat, 
dafs die Rinde neben Brucin wirklich nur Spuren Strychnin erhält. 

Zur Bestimmung des Alkaloidgehaltes wurden 10 g der 
gepulverten Rinde mit 10 g gelöschtem Kalk und wenig Wasser 
innig gemischt und das Gemisch sofort im Extraktionsapparate von 
Soxhlet mit Äther so lange ausgezogen, bis der ablaufende Äther 
nicht mehr bitter schmeckte. Der Rückstand des Ätherauszuges 
wurde mit verdünnter Salzsäure aufgenommen, filtriert und das Filter 
so lange mit Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat neutral reagierte. 


1) Diese Zeitschr. 1392, 230, 343. 
2) Diese Zeitschr. 1889, 227, 158. 
3) Pharm. Journal 1890, XXI, 493. 


550 H. Beckurts, Alkaloidgeh.d.Rinde v.Strychnos Nux vomica etc. 


Das braun getärbte Filtrat wurde mit Ammoniak alkalisiert und drei- 
mal mit Chloroform ausgeschüttelt. Von den Chloroformauszügen 
wurde das Chloroform abdestilliert, der Rückstand im Kolben bis 
zur Verjagung des Ammoniaks erwärmt, mit 10 cem Yo N. Salz- 
säure aufgenommen, 5 Minuten auf dem Wasserbade digeriert, fil- 
triert, mit heilsem Wasser nachgewaschen, bis das Waschwasser 
keine saure Reaktion mehr zeigte und mit Yjoo N. Alkali der Über- 
schufs an Säure unter Anwendung von Kochenille als Indikator 
zurücktitriert. In drei Versuchen wurden zur Bindung der Alkaloide 
verbraucht: 
I 48 Tcem 1,00 N- Salzsäure 


II 49 ccm U » “ 
HI. 485 ccm Yo» » 


Es würde dies bei der Annahme, dafs Strychnin und Brucin 

zu gleichen Mengen anwesend sind, entsprechen: 
I 1,632 Proz. Alkaloid 
TIESWEIRHL Ä 
III 1,049,,2;, = 

Um nun das Verhältnis zwischen Brucin und Strychnin in diesem 
Gemische festzustellen, wurden die bei den drei Versuchen erhalte- 
nen Alkaloidsalzlösungen in der von mir früher!) beschriebenen Art 
und Weise gereinigt und in stark salzsaurer Lösung mit Ferrocyan- 
kaliumlösung, von welcher 14 ccm 0,1 Strychnin entsprach, titriert?). 
Schon nach Verbrauch von 0,2 ccm dieser Lösung trat bei der 
Tüpfelreaktion auf Eisenchloridpapier Blaufärbung ein. Mithin war 
Strychnin gar nicht oder nur in sehr geringer Menge vorhanden. 

Es wurden nunmehr 100 g der gepulverten Rinde mit schwefel- 
säurehaltigem Wasser ausgezogen und der erhaltene Auszug mit 
Bleiessig gefällt. Das Filtrat. wurde konzentriert, mit überschüssiger 
Natronlauge versetzt und mit Äther wiederholt ausgeschüttelt. Der 
Rückstand der vereinigten Äetherausschüttelungen wurde in ver- 
dünnter Salzsäure gelöst, die Lösung wiederum alkalisch gemacht 
und mit Äther ausgeschüttelt. In dem jetzt bei Verdunstung des 
Äthers sich ergebenden Rückstande liefs sich Brucin mit Leichtig- 
keit, aber kein Strychnin nachweisen. Eine äufserst schwache 
Reaktion auf Strychnin mit Kaliumdichromat und Schwefelsäure 
konnte aber erhalten werden mit dem Rückstande, welcher bei der 


1) Arch. d. Pharmac. 1890, 228, 342. 
2) Arch d. Pharmac. 1890, 228, 342 und Pharm. Centralhalle 1887,Nr. 10. 


H. Beckurts, Alkaloidgeh.d. Rinde v.Strychnos Nux vomica ete. 551 


Behandlung des Alkaloidgemisches mit Chlorwasser blieb, wodurch 
bekanntlich eine Abtrennung des Brucins als leicht lösliches Dichlor- 
brucin erfolgt!). Dasselbe gelang mit dem Rückstande, der sich er- 
gab, als die konzentrierte Lösung der Alkaloide in wenig Salzsäure 
mit einer Lösung von Kaliumferrocyanid versetzt und der erhaltene, 
höchst unbedeutende Niederschlag nach dem Zerlegen mit Natronlauge 
mit Äther ausgeschüttelt und der ätherische Auszug verdunstet wurde. 

Durch diese Versuche ist unzweifelhaft bewiesen, dafs die Rinde 
von Strychnos Nux vomica neben geringen Spuren Strychnin nur 
Brucin enthält.) 

Bei dieser Gelegenheit wurde das Verhältnis ermittelt, in wel- 
chem Bruein und Strychnin gemischt sein können, ohne dafs die 
Gegenwart des Brucins den Eintritt der bekannten Strychninreaktion 
mit Kaliumdichromat und Schwefelsäure hindert. Deutlich tritt die 
Reaktion noch bei einem Verhältnis von 1 Teil Strychnin auf 20 
Teile Brucin ein, eine undeutliche Reaktion ist noch zu bemerken, 
sofern auf 1 Teil Strychnin 40 Teile Brucin kommen; jedoch muls 
die Menge des vorhandenen Strychnins hierbei mindestens 0.001 g 
betragen, während bei Abwesenheit von Brucin nach de Vrij und 
Burg und in Übereinstimmung mit G. Dragendorff 0,000 001 reines 
Strychninhinreichend sind, um diecharakteristische Reaktion zu erhalten. 

Die Reaktion mit Kaliumdichromat und Schwefelsäure, welche 
eine Mischung von 1 Teil Strychnin und 40 Teilen Brucin giebt, ent- 
sprach in ihrer Intensität etwa derjenigen, welche bei der Unter- 
suchung der Strychnosrinde auf Strychnin erhalten wurde. Da diese 
Reaktion aber mit einem Alkaloidgemenge ausgeführt wurde, aus 
welchem durch Behandlung mit Chlorwasser oder Ferrocyankalium 
die gröfste Menge Brucin schon entfernt war, so dürften auf je 40 
Teile Brucin sich weit weniger als 1 Teil Strychnin in der Rinde finden. 

Die Samen von Strychnos potatorum L. fil. enthalten nach 
den Untersuchungen von Flückiger und Maisch?) weder Strychnin 
noch Brucin, demgegenüber wollen die Verfasser der Pharmacographia 

1) Vergl. Flückiger, Pharm. Ztg. 1886, 281 und Pharm. Jahresber. 
1886, 9 sowie diese Zeitschr. 1890, 228, 330, 

2) Damit steht im Einklange das Ergebnils einer Arbeit von W. J. 
Shmithe (The Pharm. Era 1892 No. VII Vol. 7, 200), welche ich bei der 
Correctur dieser Arbeit kennen lernte. Der von diesem in der Strychnos- 
rinde gefundene hohe Alkaloidgehalt [6,4°/,] dürfte auf die Methode 


zurückzuführen sein, bei welcher unreines Alkaloid isolirt wurde. 
3) Vergl. S. 350 dieses Archivs. 


552 Vulpius-Holdermann, Prüfung von Ferrum reductum. 


indica, Dymock, Warden und Hooper, Brucin aber kein Strychnin 
in den Samen nachgewiesen haben. Zur Beseitigung dieses Wider- 
spruchs in den Angaben habe ich eine kleine Menge der Samen von 
Strychnos potatorum, welche ich der Güte der Herren Christy & Co. 
in London verdanke, im Vereine mit Herrn C. Peinemann auf 
Alkaloidgehalt geprüft. 

Die zerkleinerten Nüsse wurden zu dem Zweck mit weinsäure- 
haltigem Weingeist extrahiert und die Auszüge in geeigneter Weise 
gereinigt; aus den Auszügen konnte aber weder Strychnin noch Brucin 
isoliert werden, 


Uber die Prüfung von Ferrum reductum. 
Von G. Vulpius und E. Holdermann. 
(Eingegangen, den 15. IX. 1892.) 

In seiner Veröffentlichung „Über die Haltbarkeit titrierter 
Lösungen des Kaliumpermanganats“ (Archiv der Pharmacie, 
1892, S. 321) beschäftigt sich Herr Dr. Bruno Grützner mit 
einer Angabe in unserem Kommentar zum Arzneibuch für das 
Deutsche Reich, deren Richtigkeit er glaubt in Zweifel ziehen 
zu müssen. 

Wir haben dort nach Erklärung der vom Arzneibuche vorge- 
schriebenen Bestimmungsweise des Gehaltes an metallischem Eisen 
im Ferrum reductum auf jodometrischem Wege nach vorherigen 
Behandlung mit Merkurichlorid noch Folgendes bemerkt: 

„Erfahrung und Rechnung haben gezeigt, dafs man die 
„Behandlung mit Merkurichlorid unterlassen und dafür 0,25 g 
„des Präparates unmittelbar in 10 cem verdünnter Schwefel- 
„säure aufnehmen, mit Permanganat oxydieren, dann die 
„Jodausscheidung bewirken und mit Zehntel-Normal-Natrium- 
„thiosulfat ihrer Gröfse nach bestimmen kann. Von 
„letzterem müssen bei 90 Proz. metallischem Eisen mindes- 
„tens 43,4 cem verbraucht ‘werden. Je mehr Fe, O, vor- 
„handen, um so geringer der Thiosulfatverbrauch. Den 
„Prozentgehalt an metallischem Eisen findet man, wenn man 
„die für 0,25 g Ferrum reductum verbrauchten cem Thio- 
„sulfat mit 8,12 vervielfacht und von der sich ergebenden 
„Zahl 262.5 abzieht.“ 


Vulpius-Holdermann, Prüfung von Ferrum reductum. 553 


Herr Dr. Grützner hat nun hieraus den Schluls gezogen, wir 
seien der Ansicht gewesen, es werde bei der beschriebenen Behand- 
lung mit verdünnter Schwefelsäure dem Ferrum reductum nur das 
metallisch vorhandene Eisen entzogen, während Eisenoxyduloxyd 
ungelöst zurückbleibe. Eine solche Meinung wäre natürlich völlig 
irrig und sie hat uns daher auch gänzlich fern gelegen. Das ange- 
gebene abgekürzte jodometrische Verfahren gründet sich vielmehr 
auf die Möglichkeit, das Verhältnis von metallischem Eisen und 
Eisenoxyduloxyd im Ferrum reductum durch einen einzigen Titer zu 
bestimmen, worüber Näheres auf Seite 5 und 6 der sich mit der 
Massanalyse befassenden Einleitung unseres Kommentares zu finden 
ist. Bekanntlich werden ja in ähnlicher Weise zwei nebeneinander 
vorhandene Haloidsalze durch einen einzigen Titer unter Benutzung 
einer Gleichung mit zwei Unbekannten bestimmt. 

Übrigens thut uns Herr Dr. Grützner zu viel Ehre an, wenn 
er heute von einer Methode „von Vulpius und Holdermann“ 
spricht, denn schon ein halbes Jahr vor Beginn des Erscheinens 
unseres Kommentares, nämlich auf Seite 55 der Apotheker-Zeitung 
von 1890, berichtet Herr Professor E. Schmidt über die Ergeb- 
nisse von Versuchen, welche bezüglich einer praktischen massana- 
lytischen Bestimmung des Eisens im Ferrum reductum von Herrn 
Dr. A. Partheil im Marburger pharmaceutisch-chemischen Universi- 
tätslaboratorium angestellt worden sind. Das dort beschriebene 
Verfahren, welches sowohl im Jahresbericht der Pharmacie (1390, 
S. 232) als auch in der Pharmaceutischen Zentralhalle (1890, S. 109) 
besprochen wurde und daher der allgemeinen Kenntnis kaum ent- 
gangen sein dürfte, ist nun gerade dasjenige, welches wir auch in 
unserem Kommentare mitgeteilt und dessen vorzügliche Brauchbar- 
keit wir durchaus bestätigt gefunden haben. Die Richtigkeit seiner 
rechnerischen Grundlagen ergiebt sich aus folgenden Ausführungen 
seines Urhebers: 

„Es seien p Gramm Ferrum reductum zur Bestinnmung verwendet 
und m cem !/,, Normal-Thiosulfat verbraucht worden, so sind in diesen 
p Gramm, da 1 ccm der Thiosulfatlösung 0.0056 Fe entspricht, 0.0056 m 
Gramm Gesamteisen vorhanden, oder in Prozenten 

p: (0,0056 m)=100:x 
u. 

1% 

0.56 m a ; : 
Sind aber —_— - Prozente des Präparates Eisen, so bleiben 


x = 


554 Vulpius-Holdermann, Prüfung von Ferrum reducetum. 


unter der Voraussetzung, dals dasselbe nur aus Fe und Fe, O, besteht 


0.56 m 
|: D ee | 
pP 


Prozente für den Sauerstoff. 
Berechnet man nun den Sauerstoff auf Prozente Fe,0, so 
findet man 
O,:Fe3 0, =ges. Menge O:y 


0.56 m 
64:232 = | 100 -- ———-[ :y 
e 


232 0.56 m 
yv_ Ne 
fi 62 p 


Der Prozentgehalt des Präparates an metallischem Eisen ergiebt 


sich sodann zu 
i 23% 0.56 m 
7 l) — K en 
64 p 


“ 


2.03 m 
2 = — —— 262, 


or 


Die Dinge sind also völlig in Ordnung und nur einem Milsver- 
ständnisse von Herrn Dr. Grützner konnten die Bedenken gegen 
die Aufnahme des abgekürzten Gehaltsbestimmungsverfahrens in 
unseren Kommentar entspringen. 

Übrigens kann aus den bei diesem Verfahren erhaltenen Zahlen, 
also in letzter Linie aus dem Thiosulfatverbrauch der Gehalt des 
Präparates an unverbundenem Eisen auch in einfacherer Weise ab- 
geleitet werden. Nehmen wir z. B. die von Herrn Dr. Grützner 
angeführte Probe I, bei welcher er einen Gesamteisengehalt von 
97,51 Proz. gewichtsanalytisch festgestellt hat, so werden 0.25 g 
eines solchen Ferrum reductum nach Lösung in verdünnter Schwefel- 
säure, Oxydation mit Permanganat und bewirkter Ausscheidung des 
Jods zur Bindung des letzteren 43.53 cem Y/,n Normal-Thiosulfat, 
entsprechend 0.2438 g Eisen, verbrauchen. Es bedeuten 100—97.51 
natürlich 2.49 Proz. Sauerstoff in Form von Fe, 0,. Nun sind aber 
Fe, OÖ, 

7 
mal 3.625 = 9.026 Proz. Fe, O,, mithin mufs das untersuchte Präpa- 
rat 100-—-9,026 — 90.974 Proz. metallisches, nicht an Sauerstoff ge- 
bundenes Eisen enthalten. 

Diese Ausführungen dürften zur Klarstellung der thatsächlichen 
Verhältnisse vollständig genügen. 


— 3.625, die 2.49 Proz. Sauerstoff entsprechen daher 2.49 


ot 


5 


ot 


Gerock-Skippari, Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 


Mitteilungen aus dem pharmaceutischen Institute 
der Universität Strassburg. 


Über den Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 
Von J. E. Gerock, Assistent am Institute, und F. J. Skippari. 
(Eingegangen den 10. VIII. 1892.) 


Die Frage nach dem Sitze der Alkaloide im Strychnossamen ist 
schon öfters behandelt worden; sieht man sich aber in den bezüg- 
lichen Mitteilungen um, so wird man zur Einsicht gelangen, dafs die 
Beantwortung in zufriedenstellender Weise noch nicht erfolgt ist. 
Wir haben es versucht, zur Klärung der Verhältnisse beizutragen ; 
im Nachstehenden sollen unsere Erfahrungen mitgeteilt werden. 

Sieht man von einzelnen unwichtigen Notizen ab, so sind es 
hauptsächlich die Arbeiten von Alex. Rosoll!) und von Lindt?), 
welche von Bedeutung sind. 

Letzterer verfuhr folgendermaalsen: in Schnitten, welche zuerst 
durch Maceration in Petroleumäther vom Fette befreit worden waren, 
wird durch eine Mischung von konz. Selensäure mit 1/, Salpetersäure 
auf Brucin reagiert. Mit ebensolchen fettfreien, aber zum Entfernen 
des Brucins noch mit absolutem Alkohol ausgezogenen Schnitten?) 
wird das Strychnin mittels einer Lösung von Ceriumsulfat in konz. 
Schwefelsäure?) erkannt. Beide Reaktionen werden als sehr scharf 
bezeichnet und sollen den Nachweis bringen, dafs beide Alkaloide 
jn den Wandverdickungen der Zellen sich aufhalten. 


1) Rosoll, Alexander. Beiträge zur Histochemie der Pflanzen. 
Sitzungsber. der Wiener Akad. der Wissenschaften, math. u. naturw. 
Kl. Band LXXXIX. 1. Abt. p. 147. Siehe auch Beckurts, Jahresber. 
1883/84. p. 178. 


2) Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie I: Jahresber. 1885. 
B-.377. 


3) Es ist dieses jedenfalls eine unrichtige Voraussetzung. Freies 
Brucin ist allerdings in abs. Alkohol leicht löslich, während freies 
Strychnin es nur viel weniger ist; in den Samen aber sind die Alka- 
loide nicht frei, sondern in Form von Salzen vorhanden. Absol. Alko- 
hol löst diese Verbindungen ganz gleichmälsig auf, so dals das Ver- 
hältnis nicht wesentlich gestört wird. Die später noch angeführte 
Probe von Brechnusspulver, in welcher das ungefähre Verhältnis von 
2 Brucin zu 1,5 Strychnin ermittelt wurde, giebt mit absol. Alkohol eine 
Tinktur, in welcher das Verhältnis direkt zu 2 Brucin auf 1,42 Strych- 
nin bestimmt wurde. 


%) Das sog. Sonnenschein’sche Reagens, Ber. d. d. chem. Ges. 
‚III (1870) p. 633. 


556 Gerock-Skippari, Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 


Verfährt man möglichst genau nach den Angaben des Verf., so 
gelingt es allerdings, mit Schnitten der Samen von S. nux vomica 
und S. /gnatii, die für Strychnin und Brucin charakteristischen 
garbenreaktionen zu erhalten, während aber Lindt angiebt, dafs die- 
selben innerhalb der Wandverdickungen sich bemerkbar machen, so 
ist es nach unseren Wahrnehmungen in den meisten Fällen nicht 
möglich, über den Ort, wo die Farbe auftritt, etwas Bestimmtes aus- 
zusagen. Die Färöungen, die auch nur bei geringen Vergrölserungen 
gut sichtbar sind, erstrecken sich gewöhnlich sehr schnell gleich- 
mälsig durch das ganze Präparat. In anderen Fällen würde es aber 
eher danach aussehen, als ob die Färbungen zuerst gerade in dem 
Inhalte des Hohlraumes der Zellen entständen. 


Rosoll dagegen, welcher auf Strychnin mit Schwefelsäure und 
Kaliumdichromat experimentierte, vertritt die ganz entgegengesetzte 
Ansicht, die nämlich, dafs die Alkaloide ihren Sıtz im Zelleninhalte 
haben. Rosoll’s Mitteilungen geben aber von vornherein zu einem 
schwerwiegenden Bedenken Anlals. Er will nämlich den Sitz der 
Alkaloide nicht nur in Brechnüssen, sondern auch in den Samen von 
S. potatorum erwiesen haben. Letztere ist aber gerade dadurch 
ausgezeichnet, dafs ihre Samen keine Spur von Alkaloiden enthalten. 
Dieses geht schon aus der bekannten Verwendung derselben in ihrem 
Heimatlande Indien hervor, wo der durch Zerstampfen mit wenig 
Wasser gewonnene Brei zur Klarifikation von Trinkwasser dient.) 
Übrigens hat der wässerige Auszug dieser Samen nur fade schleimi- 
gen, nicht bitteren Geschmack und es ist uns nicht gelungen aus 
50 g derselben auch nur eine Andeutung der Anwesenheit eines Be- 
standteiles mit Alkaloideigenschaft zu erhalten. Sollte also Rosoll 
wirklich mit echten Samen von S. poiatorum operiert haben, so 
würde es seine Methode geradezu verurteilen. 


Abgesehen davon, hat aber das Verfahren, wie es von beiden 
Forschern angewendet wurde, den grofsen Nachteil, dafs auf ein so 
leicht angreitbares Gewebe, wie ein Endosperm, die heftig zerstö- 
rende konz. Schwefelsäure einwirkt, welche sofort tiefeingreifende 
Veränderungen hervorruft. Des Weiteren sind die Reaktionen, welche 
die Anwesenheit der Alkaloide kenntlich machen sollen, solche, welche 
eine vorhergegangene Lösung derselben verlangen. In der konz. 
Säure diffundieren diese Lösungen sehr rasch, das ganze Präparat 
sieht wohl gefärbt aus, es ist aber nicht mehr angängig, zu erkennen, 
wo die Färbung zuerst auftrat. 


Legt man einen dünnen Schnitt des Brechnufsendospermes auf 
dem Objektträger in konz. Schwefelsäure und läfst nun unter das 
Deckglas von dem Sonnenschein’schen Reagens einflielsen, so 


1) Der Speciesname spielt auf diese Verwendung an; derselbe hat 
aber durchaus nichts mit dem als „Saeufer“ übersetzten potator zu 
schaffen, etwa wegen einer arzneilichen Verwendung gegen delirium 
potatorum oder dgl., wie gelegentlich behauptet wird. Litteratur über 
S. potatorum im Aufsatze von Flückiger und A.Meyer: Über Frucht 
und Samen von Strychnos Ignatü, Arch. d. Pharm. XVI. (1831) p. 403. 


Gerock-Skippari, Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 557 


dals die reine Säure nur langsam aus dem Schnitt verdrängt werde, 
so bemerkt man bald violette, schnell verblassende Streifen, die aus 
dem Schnitte herausziehen. Die Protoplasmareste färben sich auf 
kurze Zeit rosa, die Zellenwandungen verschwinden zusehends und 
später schwimmen in einer gelbrötlichen Flüssigkeit zahlreiche Ol- 
tropfen, die auch eine zeitlang etwas rötlich gefärbt sind. Nach 
etwa einer halben Stunde ist jedenfalls alles so weit zerstört, dafs 
nur noch spärliche Reste des Plasmas mit den kaum noch zu unter- 
scheidenden Öltropfen sichtbar sind. 


Beobachtet man hingegen einen Schnitt der in reiner konz. 
Schwefelsäure liegt, so wird man Folgendes wahrnehmen: Die pri- 
mären Zellwände werden ziemlich rasch aufgelöst, langsamer die Ver- 
dickungsschichten, während die Masse des eingetrockneten Proto- 
plasmas zunächst gelb wird. Zu gleicher Zeit fliefsen die in dem- 
selben enthaltenen Fettkörper zu grölseren oder kleineren Tropfen 
zusammen, welche als stark lichtbrechende, runde, vorerst nicht ge- 
färbte Linsen in der Schwefelsäure schwimmen. Nach einer Viertel- 
stunde etwa sind Zellwände verschwunden, Protoplasmareste rosa ge- 
färbt und diejenigen Öltropfen, welche nicht aus der nächsten Nähe 
des Schnittes sich entfernt haben, nun schön rosa, bis lila, oder vio- 
lett getärbt. Diese Färbung wird durch Anwesenheit von Spuren 
von Kaliumdichromat oder Ceriumsulfat nicht beeinträchtigt, während 
mehr davon dieselbe sofort aufhebt. 


Derselbe Vorgang ist bei S. potatorum, gegen S. nux vomica 
allerdings blasser erscheinend, zu beobachten, und hier könnte allen- 
falls eine Erklärung für die Rosoll’sche Behauptung gefunden 
werden. Derselbe hätte dann diese Violett- oder Lilafärbung, welche 
aber nichts mit den Alkaloiden zu thun hat, für eine Strychninre- 
aktion gehalten. 


Es ist dies die bereits im Jahre 1829 von Raspail!) wahrge- 
genommene Eiweilsreaktion, welche nach den Untersuchungen von 
Mylius?) auf Einwirkung des durch die konz.Schwefelsäure aus den 
Kohlehydraten gebildeten Furfurols auf die Eiweilsstoffe des Proto- 
plasmas beruht. 


Bei einer Reihe von anderen, sogenannten Hornendospermen, 
wo dieselben Bedingungen zutreffen: Cellulose, resp. Zucker, Pro- 
teide und Fett, treten durchaus ähnliche Farbenerscheinungen auf. 
So z. B. beim Kaffee. Ganz besonders schön sind dieselben im 
Endosperme von Zlaeis guineensis, den Palmkernen, wo die grolsen 
Fettropfen innerhalb einer halben Stunde prachtvoll violett werden. 
Blasser erscheint die Färbung bei Dattelkernen, bei den Steinnüssen, 
(den Samen der Palme Phyielephas macrocarpa,) und eben bei Strych- 

nos polatorum. 
Die Alkaloide im vorliegenden Falle aufserhalb des Endosperms 
suchen zu wollen ist unmöglich, einfach weil es für die 5 oder mehr 


1; Annales des sciences d’observation I (1829) p. 72. 

2) Zeitschrift für physiologische Chemie XI (1887) p. 493. Siehe 
auch: E. Nickel, Die Farbenreaktionen der Kohlenstofiverbindungen 
(1890) p. 37. 


558 Gerock-Skippari, Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 


Prozente die mitunter vorkommen, ein anderes Unterkommen nicht 
gibt. Der winzige Embryo und die dünne Hülle mit dem haar- 
ähnlichen Belag sind nicht im Stande, die Alkaloide allein aufzu- 
nehmen. Öbendrein hat ja die Ignatiusbohne, wie sie im Handel 
vorkommt, einen Haarbesatz nicht mehr. Im Endosperme selbst 
sind nur drei Fälle denkbar: die Alkaloide sind enthalten, entweder 
im Protoplasma, resp. Zellinhalt, oder in den Zellwandungen, oder 
auch in Beiden zugleich. 

Da es zunächst keinerlei Grund gibt, in dem ganz gleichmäfsigen 
Gewebe eine Lokalisation in besonderen Zellen oder gar ein ge- 
sondertes Vorkommen der beiden Hauptalkaloide in Erwägung zu 
ziehen, so versuchten wir es. eine Vorstellung zu gewinnen über die 
Menge von Alkaloiden welche, gleichmälsige Verteilung vorausgesetzt, 
in einer einzelnen Zelle existieren wird. 

Ausgesuchte Exemplare der Brechnüsse wurden durch Schaben 
vom Haarbesatz und von der äufseren, braungefärbten Schicht, bis 
auf das weilse Endosperm, befreit. Von diesem wurde dann durch 
Wägung in einer indifferenten Flüssigkeit das spezifische Gewicht 
bestimmt.) Wir wählten zu diesem Zwecke reinesi Benzol vom 
spezifischen Gewichte 0.8850 bei 15°C. Ganz indifferent ist auch 
dieses nicht, weil es jedenfalls ein Lösungsvermögen dem Fette 
gegenüber besitzt. Doch wird bei der geringen Menge desselben 
und etwas beschleunigtem Arbeiten daraus ein nennenswerter Fehler 
nicht entstehen. Das Benzol hat den Vorzug seiner grolsen Dünn- 
Hüssigkeit: auch zieht es nur sehr langsam in das Gewebe selbst 
hinein. 

Es wurde auf diese Weise, aus einer Anzahl von Bestimmungen 
deren Einzelergebnisse sehr nahe untereinander übereinstimmten, 
das mittlere spezifische Gewicht des Endosperms der Brechnufs, auf 
Wasser bei 15°C. bezogen, zu 1.334 gefunden. 


Von denselben Stücken, welche zu diesen Bestimmungen ge- 
dient hatten, wurden dann eine Anzahl dünner Schnitte hergestellt, 
und zwar von jedem Stücke in zwei senkrecht aufeinander stehenden 
Richtungen, welche dann Länge, Breite und Höhe der Zellen in 
ihren Flächen aufnehmen. In jeder Schnittserie wurden die be- 
treffenden Dimensionen mit dem Okularmikrometer gemessen. 


Die äufsersten Zellreihen des Endosperms und in geringerem 
Malse diejenigen, welche die Lappen desselben nach der Mittelspalte 
abgrenzen, sind kleiner als diejenigen, welche die Masse ausmachen. 
Von Messung dieser Grenzzellen wurde abgesehen. Für eine mittlere 
Zelle ergaben sich 65, 63 und 50 Mikromillimeter als Mittel jeder 
der drei Ausdehnungen. Bei der ausgeprägten Gleichmäfsigkeit des 
Gewebes, welche die Einzelzahlen der Messungsreihen auch zeigten, 
wird man demnach einer Durchschnittszelle einen Rauminhalt von 
0.00020475 mm? erteilen dürfen. Diesem entspricht, aus dem spezi- 
fischen Gewichte abgeleitet, ein Gewicht von 0.00027314 mg. Wir 


1) Beim Trocknen schrumpfen die beiden Hälften des Endosperms 
zusammen, so dals öfters in der Mitte des Samens eine Höhlung ent- 
steht. Um dieses zu berücksichtigen, wurden die Samen gespalten und 
die beiden Lappen dann miteinander gewogen. 


Gerock-Skippari, Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 559 


haben zwar aus den Brechnüssen, die zu den vorigen Bestimmungen 
verwendet wurden, den Alkaloidgehalt nicht bestimmt, nehmen wir 
aber als Gesamtgehalt 5 Proz., welches schon eine hohe Zahl ist!), 
und das Verhältnis von Strychnin zu Brucin wie l zu 2 an, so ent- 
hielte diese Durchschnittszelle: 

Strychnin 0.000004552 mg 

Bruein 0.000009104 „ 

Daraus geht doch wohl ohne Weiteres hervor, dals die Um- 
stände recht ungünstig sind, um bei solch homoeopathischen Mengen 
an Alkaloiden mittels Reaktionen die, obwohl äufserst empfindlich, 
aber nur sehr kurze Zeit andauern, deren Sitz erkennen zu wollen. 
Auch erscheint es fraglich, ob die Empfindlichkeit der Reaktion 
selbst so weit geht, dafs in Gegenwart sonstiger Körper, der Inhalt 
jeder einzelnen Zelle eine unterscheidbare Färbung zeigen kann. 

Wir versuchten sodann die Anwesenheit der Alkaloide, da es 
sich doch um eine Ortsbestimmung handelt, durch solche Reaktionen 
zu erkennen, bei welchen eine Lösung nicht stattfindet, sondern die- 
selben an der Stelle fixiert, d. h. unlöslich gemacht werden, wo sie 
sich gerade befinden. 

Wir wählten dazu das sogenannte Mayer’sche Reagens, die 
Lösung von Kaliumjodhydragyrat. Dünne Schnitte der Versuchs- 
objekte wurden während einiger Stunden darin mazeriert. Bei Nux 
vomica und S. /gnatiı nehmen die Schnitte, die in Wasser sus- 
pendiert durchscheinend aussehen, in dem genannten Reagens bald 
ein weifsliches, trübes Aussehen an, welches an den etwas dickeren 
Stellen gelblich wird, während solche von S. pofatorum hell er- 
scheinen und es auch bleiben. Werden nun die einige Male mit 
Wasser ausgewaschenen Schnitte in Schwefelwasserstoffwasser ge- 
legt, so färben sie sich, bei alkaloidhaltiger Substanz, nach und nach 
braun, und dann schwarz.?) 

Schnitte von S. potatorum, Coffea, Elaeis, Phytelephas werden 
nicht geschwärzt, ebensowenig solche von S. nux vomıica oder 
S. J/gnatii welche zuerst mit angesäuertem Alkohol ausgezogen 
worden sind. 

Besonders scharf nach dem Aufhellen der geschwärzten Schnitte 
durch einiges Liegenlassen in Glycerin zeigen sich dann die Hohl- 
räume der Zellen mit schwarzer körniger Substanz durchsetzt, 
während die Wände hell geblieben sind. Bei S. nux vomica haben 
aber auch die Wände einen grauen oder bräunlichen Ton ange- 
nommen; mit gut aufgehellten Schnitten und bei entsprechender Ver- 
grölserung stellt sich dann heraus, dafs die Protoplasmafäden, welche 
die zahlreichen Tüpfelkanäle®) der Wandverdickungen ausfüllen, 
schwarz punktiert sind, wodurch die ganze Zellwand, bei unzu- 
reichender Vergröfserung, grau aussieht. 


1) Vgl. Flückiger's Pharmakognosie (1891) pag. 1018. 

2) Das Auswaschen soll nur die anhängende nicht gebundene 
Menge des Quecksilbersalzes entfernen; längeres Waschen würde auch 
die Alkaloidjodhydrargyrate lösen, welche zwar in Wasser sehr wenig 
löslich sind, bei so kleinen Mengen aber bald auch ausgewaschen sind. 

3) Siehe Flückiger und A. Meyer, loc. eit., woselbst auch eine Ab- 
bildung. 


560 Gerock-Skippari, Sitz der Alkaloide in Strychnossamen. 


Bei S. /gnatii ist solches nicht der Fall, was mit der Be- 
schaffenheit der Wände, welche nur einzelne gröfsere Tüpfel zeigen, 
auch im Einklang steht. 

Es wäre demnach wohl mit Sicherheit anzunehmen, dafs die 
Alkaloide ausschlie(slich in dem Inhalte der Endospermzellen, nicht 
aber in deren Wänden gelagert sind. Alle Zellen des Endosperms 
enthalten Alkaloid, wahrscheinlich in gleichmäfsiger Weise; die 
dunklere Färbung welche die Randstellen der Schnitte zeigen, wird 
wohl blos darauf zurückzuführen sein, dafs Schnitte, welche nach der 
Mitte des Endosperms einschichtig sind, gegen den Rand mit seinen 
kleinen Zellen mehrschichtig werden. ” 

Die Alkaloide sind auch in der Zelle selbst, sowohl im Proto- 
plasma, resp. Zellsafte, als auch in den darin emulgierten Oltröpfchen 
enthalten, denn zwei Proben von Brechnufspulver (je 40 g) gaben 
an Ather 2.512 resp. 2.760 Proz. Fett ab, welches durch Schütteln 
mit angesäuertem Wasser Alkaloide an dasselbe abgegeben hatte, 
deren Pikrate 0.082, resp. 0.095 wogen. In beiden Fällen war 
darin sowohl Strychnin, als Brucin vorhanden. 

Der Rest der Alkaloide, in der ersten Probe 2.02 Proz. Brucin 
und 1.488 Strychnin!), ist in einer in Ather unlöslichen Form vor- 
handen; längeres Extrahieren mit diesem Lösungsmittel, löst nur 
zweifelhafte Spuren mehr auf, wenn einmal das Ol ausgewaschen 
ist. Von demselben Pulver wurden 40 g mit etwa 10 g frischen 
Mandelöles zusammengerieben und nach einigen Tagen mit Ather 
extrahiert. In angesäuertem Wasser lösten sich aus dem Atheraus- 
zug Alkaloide, deren Pikrate 0.080 g wogen. Einmal entfettetes Pulver 
giebt auch nicht weiter Alkaloid ab, wenn es mit Öl durchtränkt, 
wieder mit Ather ausgezogen wird. So wird anzunehmen sein, dafs 
ein gewisser Bruchteil des Gesamtalkaloidgehalts in besonderer Form 
im Fette gelöst ist. Es ist auch wohl nur eine Lösung, und nicht 
etwa eine Verbindung mit dem Fettkörper, da durch wieder 
holtes Schütteln mit Wasser allein, das ätherische Extrakt den ganzen 
Alkaloidgehalt an dasselbe abgiebt. 

Das Fett selbst ist zuerst dünnflüssig, scheidet aber bald körnige 
Krystallwarzen von Palmiin ab und nach einigen Tagen hat es butter- 
ähnliche Konsistenz angenommen. 

Sirychnos Ignatıi zeigt analoge Verhältnisse. Eine Probe von 
feinem Ignatiusbohnenpulver, mit einem Gesamtgehalte von 2.82 Proz. 
Strychnin und 1.47 Proz. Brucin, gab an Ather nur 0.895 Proz. Fett 
und Fettähnliches ab, von stark gelber Farbe, welche aber so wenig 
Alkaloid enthielten, dafs aus 40 g des Pulvers die Pikrate nicht 
wägbar waren. Damit in Übereinstimmung steht, dafs das Ignatia- 
endosperm bei der Raspail’schen Reaktion nur sehr wenig violett- 
werdende Öltröpfchen zeigt. 


1) Über das Trennungsverfahren siehe Archiv der Pharm. XXVI 
(1889) pag, 158. j 

Die Alkaloide wurden ausgezogen mittels einer Mischung zu gleichen 
Raumteilen aus Alkohol und Chloroform, mit Ammoniakgas gesättigt. 
Das Pulver färbte sich zuerst gelb, dann von oben herab dunkelgrün. 
Das nun getrocknete Pulver behielt eine grünliche Färbung, die Ex- 
traktionsflüssigkeit tärbte sich hingegen nicht auffallend. . 


- 


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und ausführliche Schilderung der wichtigeren | tion, Pressung und Extraktion, sowie der Fir 
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DER 


_ PHARMACIE. 


Zeitschrift 


des 
Deutschen Apotheker-Vereins, 
unter Redaction von 
E. Schmidt und H. Beckurts 
herausgegeben 


von dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-VereinsJ. GREISS in Berlin. 


Band 230, Heft 8. 


BERLIN. 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 
1892. 


” Te h 
ye ‚für das Archiv sind un die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Marburg ( Hessen) 5% 
oder Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden. R 


; € Ausgegeben den 27. November 1892. 


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C. Engler u. E. Dieckhoff, Über die MoerölBeifonienner in. we 


ee zur Desinfeetion, insbesondere über das 

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(Mitteilungen aus en! sen Labore kb 
Grossh. badischen techn. Hochschule zu Karlsruhe.) 

H. Beckurts u. C. Hartwich, Beiträge zur chemischen und 

pharmakognostischen Kenntnis der Kakaobohnen . 

(Mitteilung aus dem chemisch -pharmaceutischen a 
torium der Herzogl. techn. Hochschule zu Braunschweig.) 


Gustav Bider, Über das spektroskopische Verhalten des Blutes 
nach Aufnahme von schädlichen Gasen, und eine Methode, 
diese Veränderungen für Pe Zwecke objektiv zur 
Darstellung zu bringen . 


(Arbeiten aus dem En enkoubiachän Tnstikete der Univer- 
sität Bern.) 


Eingegangene Beiträge. 


J. Klein, Über das Santonin, II. 
O. Oesterle, Studien über die Guttapercha. 
F. Lüdy, Studien über Sumatrabenzo® und ihre Entstehung. 


(Geschlossen den 20. November 1892.) 


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Jahresbericht der Pharmacie 


Herausgegeben vom Deutschen Apotheker-Verein 
unter Redaction von 
Professor Dr. Heinrich BecKurts. 


Zuletzt ist erschienen: 51. Jahrgaug 1891. 1. Hälfte. Preis 48 Mk. 


für den Jahrgang. 


Jede gute Buchhandlung liefert den Jahresbericht auch zur 
Ansicht. Die 2. Hälfte ist im Druck und wird Ende 1892 erscheinen. 
Wir verweisen auf die in sämmtlichen Fachblättern kürzlich 


erschienenen SF slänzenden Besprechungen. 


Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. 


0 


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C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 561 


Mitteilung aus dem chemischen Laboratorium der 
Grossh. Bad. technischen Hochschule Karlsruhe. 


Über die Theeröl-Seifenlösungen 
in ihrer Anwendung zur Desinfektion, insbesondere 


über das Lysol. 
Von C. Engler und E. Dieckhoff. 
(Eingegangen den 12. X. 1892.) 


I. Allgemeiner Teil. 


Lösungen von Seifen in Theerölen und von Theerölen in Seifen 
sind nach den teilweise erst neuerdings bekannt gewordenen That- 
sachen schon vom Jahr 1874 ab zu Desinfektions- und verwandten 
Zwecken fabriziert und in den Handel gebracht worden. J. Schenkel 
reklamiert die Priorität der Herstellung solcher Präparate für die 
von der Chemischen Fabrik Eisenbüttel unter der Bezeichnung Sapo- 
karbol bereiteten Präparate, und in der That findet sich in der 
Pharm. Zentralhalle des Jahres 1884 (S. 290) eine Mitteilung von 
H. Hager über wasserlösliches Sapokarbol, desgleichen später, 1887 
und 1888, in der Chemiker-Zeitung von Schenkel selbst über mit 
Wasser emulgierende Mischungen von Seife und Theeröl, in welchen 
Präparaten offenbar schon die ersten Anfänge der späteren Desinfi- 
zientien Kreolin, Lysol etc. zu suchen sind. Der Umstand jedoch, 
dafs in den betreffenden Publikationen Angaben über die eigentliche 
chemische Natur jener Präparate und vor allem über ihre Her- 
stellung nicht gemacht wurden, war wohl der Hauptgrund, weshalb 
dieselben in den ersten Jahren nur wenig bekannt und beachtet 
wurden. Erst als im Jahre 1887 von Hamburg aus das Pearson’sche 
bezw. das Jeye’s Kreolin in den Handel gebracht wurde und als 
1888 dazu auch noch das Artmann’sche Kreolin hinzutrat, schenkte 
man diesen Präparaten gröfsere Aufmerksamkeit. 

Schon in damaliger Zeit existierten nach dem oben Gesagten, 
zwei Sorten solcher Theeröl-Präparate: die mit Wasser emulgierenden, 
wozu Sapokarbol II. und die Kreoline gehörten, und das in Wasser 
völlig lösliche SapokarbolI. Wie bemerkt jedoch wurden zu Anfang 
weder zutreffende Analysen noch auch die Bereitungsweisen dieser 


Präparate bekannt gegeben. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds. 8. Heft. 36 


562 CO. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Im Vordergrund des Interesses standen mehrere Jahre hindurch 
ohne Zweifel die Kreoline, deren Zusammensetzung vom Jahre 1887 
ab auch allmälig aufgeklärt wurde. 

Im Mai 1889 meldete W. Dammann das bekannte Patent (R. 
P. 52 129) an, in welchem eine ganz bestimmte Methode der Her- 
stellung wasserlöslicher Theeröl-Seifenpräparate beschrieben wurde 
ond zur öffentlichen Kenntnis gelangte, und auf Grund dieses 
Patentes wurde dann bald darauf das Lysol der Firma Schülke 
& Mayr in Hamburg hergestellt und vertrieben. Um Weniges 
später publizierte Dr. Nocht!) eine Mitteilung über Herstellung 
wässriger Lösungen von roher Karbolsäure in Seifen. Nachdem man 
den Wert solcher Lösungen, der in der Hauptsache auf der wasser- 
löslichen Form der Kresole beruhte, erkannt hatte, entstanden in dem 
Solveol und Solutol von Fr. v. Heyden’s Nachfolger (R. P. 57 842), 
neuerdings in dem wasserlöslichen Phenolin von Artmann ähnliche 
Präparate bezw. Nachahmungen. Letztere Firma legte ihrem Präpa- 
rate sogar die Bezeichnung „Lysol“ (in Klammer!) bei. Der 
Umstand, dafs wir uns im hiesigen Laboratorium schon seit Jahren 
mit der Frage der Metall- bezw. Seifen-Kohlenstoffwasserstoff-Lösungen 
beschäftigt hatten?), war die Veranlassung, dafs wir auch der in der 
Dammann’schen Patent -Anmeldung zur allgemeinen Kenntnis ge- 
brachten interessanten Frage der Untersuchung der Steinkohlen- 
Theeröle, also der Kohlenwasserstoffe und der Phenole, in Seifen- 
lösung und damit ihrer Wasserlöslichmachung näher traten und ge- 
nauere Untersuchungen darüber anstellten, und schon vor etwa zwei 
Jahren wurde der erste Teil dieser letzteren veröffentlicht.2) Wenn 
Schenkel dieser und anderen Publikationen gegenüber die Priorität 
der Herstellung wasserlöslicher Theeröl-Präparate für die chemische 
Fabrik Eisenbüttel in Anspruch genommen hat, so geschah dies, in- 
soweit es sich um die Thatsache der ersten Herstellung handelt, 
mit vollem Rechte und in einer besonderen Mitteilung?) haben wir 
diesem Anspruch auch bereits Rechnung getragen. Nicht bei- 
pflichten dagegen können wir ihm, wenn er das Lysol. dessen Ent- 
stehungsgeschichte uns genau bekannt ist, für eime Nachahmung 


!) Zeitschrift für Hygiene 1889. VII. S. 521. 
2) Dingl. Polyt. Journal 1837. 263. S. 193. 
3) Pharm Central-Halle 1890. No. 31. 

*) Ibid. 1890. S. 649. 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 563 


erklärt. Nur Wenige hatten von der Existenz des Eisen- 
bütteler Präparates überhaupt Kenntnis erlangt und auch uns war 
die kurze Ankündigung Hagers vollständig entgangen!). 

So standen thatsächlich die Dinge, als der Eine von uns mif der 
ersten Publikation über das Lysol hervortrat. In dieser Publikation 
wurde zwischen zwei verschiedenen Theeröl-Seifenpräparaten unter- 
schieden und zwar wurden sie vom Gesichtspunkt ihrer Wasser- 
löslichkeit als Lösungen von Theerölen in Seifen, wie z. B. das 
Lysol, und als Lösungen von Seifen in Theerölen, wie z. B. Kreolin, 
bezeichnet. Die ersteren bleiben beim Verdünnen mit Wasser völlig 
klar, die letzteren dagegen geben Emulsionen. 

Ohne irgend durchschlagende Gründe anzuführen, erklärtHueppe?) 
diese Unterscheidung blos für eine geistreiche, chemisch unhaltbare 
Behauptung. Wir glauben demgegenüber jedoch unsere Mutmafsung 
nicht unterdrücken zu sollen, dals Herr Hueppe sich diese seine 
Äufserung nicht genügend überlegt, am allerwenigsten aber es ver- 
sucht hat, durch einige Experimente den Beweis für die Berechtigung 
seiner scharfen Kritik zu erbringen. Möglich auch, dafs er die 
Original-Abhandlung des Einen von uns im Zusammenhang überhaupt 
nicht gelesen hat, und wir wollen deshalb nochmals kurz darauf zu- 
rückkommen. Wie die früheren sowie auch die weiter unten mitzu- 
teilenden Versuche beweisen, kann man 1) Mischungen von Kresol 
mit Seifen herstellen, die je nach der Menge der Seife beim Ver- 
dünnen mit Wasser klar bleiben oder aber Ausscheidungen von 
Kresol gaben; 2) kann man in gleicher Weise Kohlenwasserstoff- 
Seifenlösungen bereiten. die je nach dem gegenseitigen Mengenver- 
hältnis von Seife und Kohlenwasserstoff beim Verdünnen mit Wasser 
klar bleiben oder aber emulgieren; 3) endlich können auch ent- 
sprechende Mischungen, welche gleichzeitig Kresol und Kohlen- 
wasserstoffe enthalten, hergestellt werden. Dafs die Löslichkeit der 
Kohlenwasserstoffe in Seiten durch die Gegenwart von Kresol etc. 


1) Dals in der bezügl. Ankündigung Hagers ein Grund gegen Er- 
teilung des R. P. 52129 nicht gefunden werden konnte und thatsächlich 
auch nicht gefunden wurde, ist selbstverständlich, da in derselben weder 
über die wahre chemische Natur noch auch über das Verfahren der Her- 
stellung der sogenannten Sapokarbole, welche anfänglich durchaus 
nicht so einfach erschien, wie sich vielleicht später herausstellte, Mit- 
teilung gemacht wurde. 


2) Berliner klin. Wochenschrift 1891. S. 1095. 
36” 


564 C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


erhöht wird, worauf Hammer!) aufmerksam macht, war uns be- 
kannt und geht auch aus den unten mitgeteilten Versuchen hervor. 
Nimmt man genügend Seife, so entstehen in allen Fällen wasser- 
lösliche Produkte, nimmt man zu wenig Seife, so scheidet sich beim 
Verdünnen mit Wasser auch in allen Fällen der Überschufs des ge- 
lösten Körpers, sei es Kresol oder Kohlenwasserstoff oder beides aus. Im 
Allgemeinen — und darin geben wir Hueppe recht, es war uns dies 
aber auch so gut wie Anderen schon längst bekannt — sind die Kohlen- 
wasserstoffe schwerer löslich in Seife als die Phenole, scheiden sich 
also „ceteris paribus“ leichter aus. 

Wären nun aber die bisherigen Kreoline nur Lysole gewesen, 
welche mehr Kohlenwasserstoff enthalten, bezw. sie emulgierten nur 
infolge ihres Kohlenwasserstoff-Gehalts, so dürften die ausgeschiedenen 
Emulsionskügelchen im Wesentlichen auch nur aus Kohlenwasserstoff 
bestehen. Es ist aber völlig verabsäumt worden zu untersuchen, ob 
denn diese Emulsionen der Kreoline wirklichnur ausgeschiedener Kohlen- 
wasserstoff sind, was leicht gewesen wäre; man hätte dann gefunden, 
dafs die bei der Emulsion ausgeschiedenen unlöslichen Teilchen zum 
erheblichen Teil auch aus Kresolen gebildet sind. In keiner der gegen 
unsere Auffassung gerichteten Betrachtungen, auch in der ausführlichen 
Abhandlung Hammers nicht, ist man auf diesen Gedanken gekommen, 
während doch gerade dieser Punkt bei Beurteilung der Wirkungs- 
weise der Kreolins in erster Reihe in Betracht kommt?). Demgegen- 
über mufs es auffallen, wenn Hueppe in der gleichen Abhandlung 
bei Vergleichung der Wirkungsweise des Kreolins gegenüber Lysol 
und Solveol immer von emulgiertem Zustand der Kreosole bei erste- 
rem spricht im Gegensatz zu den gelösten Kresolen des Lysols und 
Solveols. Diejenigen Theeröl-Seifenlösungen, welche genügend wasser- 
haltige Seife enthalten, um auch bei weiterer Verdünnung mit Wasser 
das gesamte Theeröl, d. h. Kohlenwasserstoff und Kresule — gelöst 
zu erhalten, haben wir eben Lösungen von Theeröl in Seife genannt; 
solche Theeröl-Seifenmischungen dagegen, welche bei Zusatz von 

1) Archiv für Hygiene 1892. XIV, S. 119 

2) Schon hieraus geht hervor, dafs gewöhnliches Pearson’sches 
Kreolin nieht ohne Weiteres durch Seifenzusatz in Schülke-Mayr’sches 
Lysol umgewandelt werden kann, wie dies von einer Seite empfohlen 
wird, da das entstehende Produkt ganz andere Beschaffenheit besitzt 
(zu viel Seife, Kohlenwasserstoffe und zu wenig Kresol), als das Lysol 


zu 50 Prozent Kresolgehalt. Noch weniger ist dies mit Kreolin von 
Artmann möglich. 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 565 


Wasser emulgieren, d. h. das Theeröl teilweise ausscheiden, Lösungen 
von Seife in Theeröl. Alle diese Präparate enthalten eben zu wenig 
Seife, um die Bestandteile des Theeröls inkl. Kresol völlig gelöst zu 
erhalten. Damit hängt auch der relativ hohe Wassergehalt des 
Lysols und der niedrige Wassergehalt des Kreolins (nach Otto u. 
Beckurts 3, 4 Proz., aus der Analyse von Henle zu schliefsen nur 
1 Proz.) zusammen. 

Ausdrücklich betonen wir jedoch, dafs damit durchaus nicht 
bestritten werden soll, dafs die Kohlenwasserstoffe schwerer löslich 
sind als die Kresole und dafs, gleiche Mengen Seife vorausgesetzt, 
ein kohlenwasserstoffreiches Theeröl ein emulgierendes, ein kohlen- 
wasserstoffarmes dagegen ein wasserlösliches Produckt liefern 
kann; wir behaupten nur, es gab und es giebt mit Wasser 
emulgierende Präparate (Kreoline), deren Emulsionen nicht blos 
durch Kohlenwasserstoffe, sondern auch durch Kresole gebildet sind, 
während es umgekehrt Kohlenwasserstoff und kresol-haltige Präpa- 
rate giebt, die mit Wasser nicht emulgieren. 

Wie Otto und Beckurts!) richtig festgestellt haben, ist dabei 
auch die Natur der Seife von wesentlichem Einflufs, denn von der 
einen Seife gebraucht man mehr, von der anderen weniger, um den 
gleichen Effekt zu erzielen und so ergiebt auch, wie aus den unten 
folgenden Versuchsresultaten erhellt, Harzseife mit Theeröl noch 
Emulsion, während man mit einer gleichen Menge gewöhnlicher 
Seife schon völlige Löslichkeit erzielt. Mit diesen Auseinander- 
setzungen stimmen übrigens auch die von Hammer?) gemachten 
Wahrnehmungen überein, während wir die Angaben Hueppe's über 
Unlöslichkeit gewisser Kohlenwasserstoffe in entsprechenden Seifen- 
lösungen nicht bestätigen können. Dadurch wird nun aber 
auch das von Hammer angezweifelte Resultat des von dem Einen 
von uns mitgeteilten Versuchs der Überführung einer kohlenwasser- 
stoffreichen Steinkohlentheeröls in völlig wasserlöslichen Zustand, 
teilweise sogar durch Hammer’s Wahrnehmungen selbst, als voll- 
kommen richtig bestätigt. 

Wir benutzen diese Gelegenheit, um auch auf die Frage der 
Alkalinität des Lysols etwas näher als bisher einzugehen. Dabei 


1) Pharmaceut. Centralhalle 1889, S. 227. 
2) A. a. O. 1892. XIV. S. 190. 


566 C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


müssen wir von vornherein eine unrichtige Angabe Hueppe's kor- 
rigieren. Er sagt in seiner schon zitierten Mitteilung (S. 1095): 
„Ob diese Präparate mit alkalischer Seife hergestellt werden und 
deshalb diese Reaktion als wesentlich mit zu beachten ist, oder ob 
sie auch mit neutralen Seifen hergestellt werden, wie neuerdings 
angegeben wird, vermag ich nicht sicher zu sagen; früher waren 
die im Handel befindlichen Präparate sicher alkalisch.“ — Den Be- 
weis für diese Behauptung ist Herr Hueppe schuldig geblieben. 
Wir wollen ja nicht daran zweifeln, dafs er in der That einmal ein 
alkalisch reagierendes Lysol in Händen gehabt haben mag. Dafür 
jedoch, dafs dieses Präparat einer Origimalllasche direkt entnommen 
war, fehlt vorerst jede Garantie. Wir müssen dies auf Grund unserer 
Versuche, die uns bei vielen Dutzenden von Lysol. pur. ausnahmslos 
neutrale Reaktion ergaben, vielmehr bezweifeln. Aber selbst, wenn 
dem so wäre, so könnte es sich nur um eine Ausnahme handeln, da 
zu den Kriterien für reines Lysol ausdrücklich auch neutrale Re- 
aktion gehört). Hätte Herr Hueppe, was doch bei der Wichtig- 
keit, die er dieser Frage beilegt, jedenfalls angezeigt gewesen wäre, 
wiederholte Proben gemacht, so hätte er sich von der Neutralität 
des Lysols und von der Unrichtigkeit seiner Behauptung überzeugen 
können. Wir haben jener auifallenden Behauptung gegenüber und 
um unserer Sache ganz sicher zu sein, nun auch noch eine ganze 
Reihe von zwei Jahren her aufbewahrter alter Lysolproben einer 
erneuten Prüfung auf Neutralität unterzogen, jedoch nicht in einem 
einzigen Falle alkalische Reaktion konstatieren können, wobei wir 
bemerken, dafs auch das sehr empfindliche Phenolphtalein keinerlei 
Alkalinität anzeigte. Wie uns bekannt ist, wird gerade auf Neu- 
tralität der Seife, d. h. also auf Vermeidung eines auch nur kleinen 
Überschusses an freiem Alkali bei Herstellung des Lysols das 
gröfste Gewicht gelegt. 

Dafs die in dem Lysol enthaltene neutrale Seife beim Verdünnen 
mit viel Wasser infolge der Bildung basisch fetttsaurer Salze alka- 
lische Reaktion zeigt, beruht auf der allbekannten; Thatsache, 
dafs überhaupt jede noch so neutrale Seife beim Verdünnen mit viel 
Wasser schwach alkalische Reaktion annimmt. Erstens aber ist 
diese alkalische Reaktion eine äulserst sahwache und verschwindet 
selbst gegenüber Phenolphtalein schon durch Kohlensäure, und zweitens 


1) Raupenstrauch, Archiv f. Pharm. 1891. XXIX, Heft 3. 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 567 


ist sie keineswegs durch freies Alkali, sondern eben nur durch 
basisch fettsaure Salze der verdünnten Seife veranlafst. Dals eine 
lediglich durch solche Salze verursachte schwach alkalische Reaktion 
bei Verwendung des Lysols zu medizinischen und ganz allgemein 
sanitären Zwecken keinerlei Bedenken unterliegen kann, ist für den 
Fachmann, zumal den Mediziner, welchem bekannt ist, dafs die 
meisten tierischen Flüssigkeiten, wie z. B. Blut, Galle, menschliche 
Milch, fast immer auch der Speichel im normalen Zustand in gleicher 
Weise alkalisch reagieren, selbstverständlich. 

Gegen die Alkalinitätt des stark verdünnten Lysols macht 
Hueppe denn allerdings auch nur geltend, dafs „solche alkalische 
Lösungen an der Luft sich oxydieren und dadurch eine Einbulse an 
Desinfektionskraft erleiden.“ Diesem Einwurf gegenüber darf zu- 
nächst jedoch darauf hingewiesen werden, dafs solche Desinfizientien 
in verdünntem Zustande überhaupt nicht länger aufbewahrt zn 
werden pflegen, dann aber müssen wir vor allem auch noch ganz 
entschieden bestreiten, dafsdie Anwesenheit basisch fettsaurer Salze eine 
auch nur irgend nennenswerte Oxydation und Veränderung des gelösten 
Kresols herbeiführt. In der That findet sich denn auch weder in den Mit- 
teilungen Hueppe’s, noch auch in denen Hammers, welcher 
Gleiches behauptet hat, ein Beweis für die Richtigkeit jener Be- 
hauptung und wir haben es deshalb für angezeigt gehalten, zur Ent- 
scheidung dieser Frage einige Versuche durchzuführen. 100 ccm Lysol 
wurden mit destilliertem Wasser auf zwei Liter verdünnt, in ein 
weites Becherglas geschüttet und darin unter häufigem Umrühren 
14 Tage lang offen an freier Luft stehen gelassen. Zur Bestimmung 
des Kresolgehaltes in dieser Lösung wurde dieselbe destilliert, das 
Destillat zweimal mit Äther ausgeschüttelt und der ätherische Aus- 
zug abgedunstet. Der dabei erhaltene gelbgefärbte aber völlig klare 
ölige Rückstand betrug 5l ccm und ergab bei Destillation von 
25,5 cem mit eingesenktem Thermometer 24,8 ccm eines Destillates, 
welches dieselben Siedepunktszahlen aufwies, wie bei den gewöhn- 
lichen Lysolproben, insbesondere destillierte auch hierbei die Haupt- 
menge zwischen 190 und 210°. 

Zur Kontrolle wurden darauf 50 ccm desselben Lysols auf 
1 Liter verdünnt und sofort destilliert. Das Destillat, ganz in 
gleicher Weise wie oben mit Äther ausgeschüttelt u. s. w., ergab 
einen Kresol-Rückstand von 25,5 cem (also auf 100:51 ccm) und 


568 C.Engleru.E.Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


bei Wiederdestillation desselben destillierten 24,8 ccm unter ganz 
denselben Siedeverhältnissen über. 

Diese Übereinstimmung der beiderseitigen Resultate beweist, 
dafs eine irgend nachweisbare Oxydation des Kresols in verdünnten 
Lysollösungen an der Luft infolge der durch die basisch fettsauren 
Seifensalze bedingten alkalischen Reaktion nicht stattfindet und dafs 
somit der Einwurf Hueppe’s völlig unbegründet ist. 

Wir würden auf die Frage absoluter Neutralität des Lysols kein 


besonderes Gewicht gelegt haben — sowie wir es auch als un- 
wesentlich betrachten, dafs ein von uns bezogenes Öriginalpräparat 
von Solveol schwach sauer reagiert — und hätten es infolge dessen 


auch nicht für nötig erachtet, jene Frage so eingehend zu behandeln, 
wenn nicht von verschiedenen Seiten gegen das Lysol. pur. der ganz 
unbegründete Vorwurf alkalischer Reaktion besonders betont und 
nachgebetet worden wäre. Hierher ist auch die völlig aus der Luit 
gegriffene Behauptung Hammer’s!) zu Fechnen, dafs man bei der 
Herstellung des Lysols „absichtlich“ sehr stark alkalische Seifen 
verwende, dafs durch das „überschüssige Alkali“ der Seife ein Teil 
der Phenole (Kresole) in Alkalisalze überführt und dadurch die Lös- 
lichkeit der Kresole in der Seifenlösung selbst erhöht werde. Wir 
können nicht umhin, diese Behauptung als eine in hohem Grade un- 
überlegte zu bezeichnen, zumal von einem Fachmanne, welcher voll- 
kommen in der Lage gewesen wäre, sich vom Gegenteil zu über- 
zeugen und der auf Grund der bisherigen Publikationen hätte 
wissen müssen, dafs bei der Herstellung des Präparatess — 
sei es gegen begründete oder nicht begründete Einwände — 
gerade auf die völlige Neutralität der Seife der gröfste Wert 
gelegt wird. Hätte zudem Herr Hammer die erste Mitteilung?) 
des Einen von uns über Lysol gelesen, so würde er sıch überzeugt 
haben, dafs dort geradezu der Beweis geführt ist, dafs solche Kresol- 
alkalisalze sich bei Bereitung des Lysols nicht bilden, sodafs also 
auch die fertigen Präparate solche Verbindungen nicht enthalten 
können.) Zum Überflufs beweisen unsere, weiter unten teilweise 
mitgeteilten Versuche, auch noch auf’s schlagendste, dass eine solche 

1) Archiv f. Hygiene 1891. XII. 361. 

2) Pharm. Centr.-Halle 1890. No. 31. 

3) Die Angabe Dr. Buttersacks (Arbeiten a. d. Kais. Ges.-Amt 
1892 Bd. VII. 2. p. 367), dafs es bis zur Löslichmachung der Kresole 
nach dem v. Heyden’schen Patent ohne Zuhilfenahme von Mineral- 
säuren oder durch Verseifung nicht gelungen sei, die Kresole in Lösung 
zu bringen, darf wohl auf einen lapsus linguae zurückzeführt werden, 
da beim Lysol die Kresole nicht verseift, d. h. in Seife übergeführt, 
sondern nur mittelst Seife gelöst werden. 


C. Engleru. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seitenlosungen. 569 


Mitwirkung der Kresol-Alkalien für Lösung der Phenole ganz un- 
nötig wäre, da die Kresole in den Seifen (fettsauren und ölsauren 
Alkalien) ungleich leichter löslich sind als in Kresol-Alkalien und 
auch in kresotinsauren Salzen, sonach auch viel konzentriertere Kresol- 
Lösungen in Seifen sich herstellen lassen, die beim Verdünnen mit 
Wasser klar bleiben, als in Kresolaten und Kresotinaten. 

Ebenso wenig begründet ist die Angabe Hammer’s, dafs das 
Lysol „ein Gemisch aus Seife, Kohlenwasserstoffen, Kresolen, Xyle- 
nolen etc.“ sei. Hätte sich Herr Hammer die Mühe genommen, ein 
Lysolum purum des Handels zu untersuchen, so würde er gefunden 
haben, dafs es gerade so eine Lösung von „Kresol“ von ganz be- 
stimmtem Prozentgehalt und von Seife in Wasser ist, wie das Sol- 
veol eine solche Lösung von kresotinsaurem Alkali und Kresol in 
Wasser. Damit ist zugleich auch die Hinfälligkeit des gegen das 
Lysol gerichteten Vorwurfs nnkonstanter Zusammensetzung erwiesen. — 
Dafs für das den roheren Zwecken der Desinfektion dienende Lyso- 
lum crudum keine völlig reinen Präparate verwendet werden, ist 
selbstverständlich und kaun nicht als Argument gegen das zu medi- 
zinischen Zwecken dienende Lysol. pur. ins Feld geführt werden. 
Aber auch Lysol. crud. enthält 50 Proz. Kresole.. Für überflüssig 
halten wir es, die Behauptung, dafs der Seifengehalt des Lysols für 
Desinfektionszwecke statt eines Vorteils ein Nachteil sei, zu wider- 
legen. Hier hilft jedem objektiv Überlegenden der gesunde Menschen- 
verstand, denn wer sich die praktische Verwendung der Desinfektion 
vergegenwärtigt, der muls zugeben, dafs mit nur sehr wenig Aus- 
nahmen, wie z. B. das Schlüpfrigwerden von Instrumenten, gerade 
die gleichzeitige reinigende, Fett und Schmutz lösende Wirkung des 
Lysols ein entschiedener Vorteil ist. Die Richtigkeit dieser Auffas- 
sung wird auch durch die Versuche Dr. Buttersacks!) bestätigt; er 
sagtin dieser Beziehung wörtlich: „dafs bei dem Lysol dieses (günstige) 
Resultat z. Th. dadurch erreicht wird, dafs das Lysol dasSputum ver- 
seift und auf diese Weise seinen Kresolen Zugang zu den einzelnen 
Bacillen gestattet, ist schon oft erörtert-worden. Während der Auswurf 
im Lysolgefäfs anfangs oben schwamm und allmälig, bis auf einzelne 
Bröckel, immer dünnflüssiger wurde, blieb derselbe Auswurf in den 
10proz. Solveolen als ziemlich unveränderte, kompakte Masse am Boden 
liegen und nahm nur eine etwas weniger zähe Beschaffenheit an“. 

1) Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundh.-Amt. Bd. VIII. 2 (1892)p. 370. 


570 C.Engler u.E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Nicht ganz verständlich sind uns endlich die neuesten verglei- 
chenden Versuche, welche Hammer!) über die desinfizierende Wir- 
kung verschiedener Kresol-Präparate angestellt hat. Diese Versuche 
sind ausgeführt mit 0,3, mit 0,5 und 5 proz. Lösungen von Solveol, 
Kreolin, Lysol ete. und sind nach den tabellarisch zusammenge- 
stellten Resultaten anscheinend sehr zu Gunsten des Solveols ausge- 
fallen. Herr Hammer fährt nach Feststellung dieser Wahrnehmung 
dann fort (a. a. O. S. 130): „Dieser Unterschied findet aber ganz 
leicht seine Erklärung darin, dafs die Zusammensetzung dieser Mittel 
eine verschiedene und speziell der Kresolgehalt derselben ein ver- 
schiedener ist. Die angewandten Solveol- und Solutollösungen ent- 
hielten wirklich so viel Kresol gelöst, als der Prozentgehalt der 
Lösung, also 0,3, oder 0,5, oder 5 Proz. ausdrückt, während die 
gleichprozentigen Lösungen des Lysols und Kreolins in Bezug aut 
ihren Kresolgehalt minderwertiger sind. So enthält das Lysol nach 
der chemischen Analyse, die an anderer Stelle angeführt wurde, rund 
50 Proz. wirkliches Kresol?) daher sind die verwendeten Lösungen 
in Bezug auf ihren Kresolgehalt nur halbwertig, das Kreolin enthält 
gar nur 10 Proz. Kresole und daher die verwendeten Lösungen nur 
den 10. Teil der bezeichneten prozentuarischen Menge wirkliches 
Kresol. Dafs die Resultate sofort andere und denen mit Solveol und 
Solutol gewonnenen viel ähnlicher werden, wenn man diesen Umstand 
in Rechnung zieht, zeigen nachstehende Versuche:“ 


Bouillonkulturen. 
Grüner Eiter. Staplurlosgeue 
pyog. aur. 
5 | 10 | 15'|30°|60 5’ |10"| 15°|30| 60° 
Lysol 0,6 Proz. Lösung = 0,3 Proz. 1 | 
Kresol ». 2.2.2.2... .Prlolololofrl#lHlolo 
Lysol 1 Proz. Lösung — 0,5 Proz | | | 
Kresol . .........jf070/0,0/0)0,0/07070 
Kreolin Pearson, 5 Proz. Lösurg | | 
— 0, Proz. Kresol . ... . .|0 0.| 0] 0 | 0 | 0 DO 
Solveol3) = 0,3 Proz. Kresol . .|fff! 01010077 |rfr|7r| 0 | 0 
Solveol = 0,5 Proz. Kresol . . .|0 | 0 | 0 |: 0 |:0 P0:.10-5092DE120 


1) Archiv f. Hygiene 1892. XIV. S. 127. 

2) NB. Das Solveol enthält im Vergleich damit nach der Ankündi- 
gung der Fabrik Fr. v. Heyden’s Nachf. nur 24 Proz. wirkliches Kresol. 

3) Weshalb ist wohl bei Solveol niemals der wirkliche Prozentge- 
halt an Solveolpräparaten, sondern stets nur der Kresolgehalt aufgerührt? 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen, 571 


Es erschien uns anfangs unglaublich, dafs die zahlreichen ver- 
gleichenden Versuche, die Hammer auf Tabelle I bis VI seiner Ab- 
handlung mitteilt, nicht unter wirklich gleichen Bedingungen ange- 
stellt sein könnten. Nachdem aber aufser uns noch einige Andere 
den betreffenden Teil der Abhandlung unbefangen und aufmerksam 
durchgelesen und beurteilt hatten, liefs sich nicht mehr bezweifeln, 
dafs die „vergleichenden“ Versuche unter gänzlich ungleichen und 
unzulässigen Bedingungen durchgeführt sind, dafs Hammer beispiels- 
weise verglichen hat 0,3 Proz. Solveol, wobei die 0,3 Proz 
sich nicht auf das Solveol, sondern auf den Gehalt 
desselben an Kresol beziehen, mit 0,33 Proz. Lysol, 
wobei jedoch die 0,3 Proz. das Gesamtgewicht des 
Lysols (beziehungsweise 0,15 Proz, Kresol) bedeuten. 
Unter der Voraussetzung, dafs jenes Solveol ca. 24 Proz. Kresol 
enthält, wie das jetzt im Handel befindliche Präparat, hat Herr 
Hammer also nicht eine Q,3prozentige Solveollösung mit 
einer Q,5prozentigen Lysollösung, sondern eine 1,25 prozen- 
tige Solveollösung mit einer 0,3 prozentigen Lysollösung 
verglichen, beziehentlich bei den Versuchen mit 0,5 Proz. eine 
2,08 prozentige Solveollösung mit einer 0,5 prozentigen Lysollösung 
ete. Bezogen auf den Kresolgehalt (24 Proz. beim Solveol und 
50 Proz. beim Lysol) sind verglichen eine 0,3 prozentige Solveol- 
lösung mit einer 0,15 prozentigen Lysollösung und in gleicher Weise 
eine 0,5 prozentige Solveollösungn mit einer 0,25 prozentigen Lysol- 
lösung etc. 

Derartige „vergleichende Versuche“ verdienen keine Beachtung 
und es ist schade um Zeit und Mühe, die darauf verwendet wor- 
den sind. Ihre Veröffentlichung in der angegebenen Form ist aber 
auch bedauerlich, weil für Jeden, der nicht mit besonderer Vor- 
sicht jene Tabellen I. bis VI durchliest, die Täuschung entstehen 
muls, als ob z. B. eine 0,3 prozentige Solveol-Lösung ungleich wirk- 
samer sei als eine 0,3 prozentige Lysolösung u. s. f. — Davon, 
dafs Herr Hammer eine solche Täuschung beabsichtigt hat, kann 
selbstverständlich keine Rede sein; ein Vorwurf dieser Art wieder- 
legt sich nicht blos durch den Namen des Verfassers und das Insti- 
tut, von welchem die Veröffentlichung ausgegangen ist, sondern 
auch durch die Bemerkungen des Verfassers selbst, bei deren auf- 
merksamer Berücksichtigung man auf den richtigen Weg geführt wird. 


572 C.Engleru.E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Aber wir glauben uns denn doch dazu berechtigt, gegen derartige 
vergleichende Versuche, die weder wissenschaftlichen noch praktischen 
Wert beanspruchen können, Verwahrung einzulegen und, da sie nur 
allzuleicht falsche Vorstellungen erwecken, vor Veröffentlichungen in 
solcher Form zu warnen. Gleiches gilt natürlich auch hinsichtlich 
der Versuche über die toxischen Wirkungen der Kresolpräparate, 
bei deren Besprechung der fragliche Punkt allerdings etwas klarer 
gestellt worden ist. Soviel geht jedoch auch aus den Versuchen 
Hammers, insoweit sie überhaupt Vergleichswert besitzen, hervor, 
dafs, und damit stimmen auch die Resultate Dr. Buttersacks über- 
ein!) die desinfizierende Wirkung, reduziert auf den Kresolgehalt, für 
Lysol dieselbe ist wie diejenige für Solveol, wobei aber noch in 
Rücksicht gezogen werden muls, dafs der Preis des Kresols in Ge- 
stalt des Solveols sich nicht unerheblich höher stellt; denn er be- 
rechnet sich im Solveol (eine Originalflasche von 250 g Solveol 
a 24 Proz. Kresol zu 0,7 Mark) auf rund 12 Mark das Kilogramm 
Kresol, für das Lysol (eine Originalflasche von 250 Gramm Lysol 
a 50 Proz. Kresol zu 1 Mark) auf nur 8 Mark das Kilogramm 
Kresol, so dafs das Kreso! in Gestalt von Solveol ungefähr 50 Proz. 
teurer zu stehen kommt als in Form des Lysols. Dies kann auch nicht 
auffallen, da der Ballast an Lösung des teureren kresotinsauren Alkalis 
bei Solveol 76 Proz., beim Lysol aber an Seifenlösung nur 50 Proz. 
beträgt. Es scheint aber vorerst nicht zu gelingen, kresolreichere 
Solveole herzustellen, indem zwar das käufiiche Solveol sich wohl 
mit noch mehr Kresol vermischen läfst, diese Mischungen jedoch 
beim Verdünnen mit Wasser Trübungen geben und den Überschufs 
des Kresols wieder ausscheiden. Dafs die v. Heyden’schen Solveole 
in der That schon als bis zum äufsersten mit Kresol gesättigte Lösun- 
gen zu betrachten sind, geht auch aus den Mitteilungen Dr. Butter- 
sacks (siehe a. a. O. p. 368) bervor, wonach von 11 Proben beim 
starken Verdünnen mit Wasser (auf 1 Proz.) mit Ausnahme von 
zweien sämtliche durch Ausscheiden von Emulsionströpfchen trübe 
wurden. 

Abgesehen von den Angriffen, welche das Lysol aus dem 
Hueppe’schen Laboratorium durch Hueppe selbst und durch 
Hammer erfahren hat, mehren sich in letzter Zeit die Urteile, die 


1) „Arbeiten aus dem Kaiserl. Ges-.Amt“ 1892. VIII. II 13, 370. 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 573 


zu Gunsten der Verwendung desselben für die verschiedenartigsten 
Desinfektions- und antiseptischen Zwecke sprechen. Wir glanben 
in dieser Beziehung u. A. nur auf die Abhandlungen und Mitteilun- 
gen von Schottelius), V. Gerlach?), Haenel?), ©. Vulpius®) 
Remouchamps und Sugg?), B. Hirschel®), Braun‘), Michel- 
sen®), Ad. Pe&e?), Spengler!), Foth!l),.; A... Straube?), 
M. Reuter), Raupenstrauch“%, Fritz Lüscher®) u. A. 
hinweisen zu sollen, um einige Anhaltspunkte für die Beurteilung 
der Brauchbarkeit des Lysols für verschiedene Zwecke zu geben. 

Abgesehen von der praktischen Verwertbarkeit bieten die Prä- 
parate, wie das Kreolin, das Lysol, das Solveol, Solutol und andere 
ein entschieden wissenschaftliches Interesse dar, indem sie einen 
Blick in die Verhältnisse der Löslichkeit von Stoffen und Lösungen 
ineinander gestatten, über die bisher nur sehr wenig bekannt ge- 
wesen ist und deren eingehendes Studium sich gewils der Mühe 
lohnen wird. Über die Löslichkeit von Metallen, bezw. Metalloxyden, 


1) Schottelius, ‚„Vergl. Unters. über d. desinfiz. Wirkung einiger 
Theerprodukte* Mür ch. Medizin. Wochenschr. 1590. Nr. 20. 

2) Gerlach, „Über Lysol“, Zeitschrift f. Hyg. u. Infekt.-Krankh. 
1902. XI. 167. 

3) Haenel, „Lysol in der Chirurgie“, Deutsch-Med. Wochenschr. 
1891. Nr. 22 u. 23. 

4) OÖ. Vulpius. „Ueber Lysol ete. in der Chirurgie“, Beitr. z. klin. 
Chirurg. 1891. VILI, 212. 

5) Remouchamps und Sugg, „lAcide Phenique. la Cresoline 
et le Lysol“, Trav. d. Lab. d’Hyg. et de Bacteriol. de l’Univ. 
Gand. 1890. 

6) B. Hirschel, „Desinfektionsmittel“, Inaugural - Dissertation. 
Freiburg i.B. 1890. 

%) Braun, „Lysol als Desinfektionsmittel in der Hebammen- 
praxis“, Archiv für öffentliche Ges. Pflege in Elsals-Lothringen. XV. 
Heft II. (1891) 

8) Michelsen. „Anwend. d. Tan in der Praxis d. Gynäkologie ete.“, 
Zentralbl. f. Gynäkol, 1891, Nr. 1. 

9) Ad. Pee. „Lysol in a ee und Heb. Hilfe“, Deutsch. 
Med. Wochenschr. 1%°90, Nr. 

10) Spengler, „Unters. a Desinfekt. tuberk. Sputums‘“, Münch. 
Med. Wochenschr. 1891, Nr. 45. 

1!) Foth, „Ueber Lysol“, Zeitschrift f. Veterin.Kunde. i891, Nr.9. 

12) A. Straube, „Lysol in der tierärztlichen Praxis“, ibidem. 
1891, Nr. 4. 

13) M. Reuter, „Desinfekt. von Schlachthäusern und Viehhöfen durch 
Lysol“. Arch. f. anim. Nahrungsmittelkunde. VII 1891/92. 

14) G. A. Raupenstrauch, „Das Lysol ete.“, Arch. für. Pharm. 
1891, XXIX, Heft 3. 

15) Fritz Lüscher, „Bakteriolog. und klin. Vers. über Sozol u. 
Lysol“, 1892. Bern beiS. Collin. 


574 ©. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


worüber unseres Wissens Schiel!) und Macadam?) zuerst berichtet 
haben und welche der Eine von uns, auf Grund von Versuchen, die 
in Gemeinschaft mit Herrn Kneis angestellt worden sind, auf die 
Bildung von Seifen und deren Lösung durch Kohlenwasserstoffe zu- 
rückführen konnte, haben Präparate wie das „feste Erdöl“ und die 
Kreoline neues Licht verbreitet, es hat sich dadurch gezeigt, dals 
man Salze der Fettsäuren, besonders auch Salze der Schwermetalle, 
sowie andere ähnliche Salze in erheblicher Menge in den Kohlen- 
wasserstoflen des Erdöls, in Theeröl und dessen Bestandteilen auf- 
lösen kann. Über die Lösungsverhältnisse der Kohlenwasserstoffe 
des Theeröls und dessen Bestandteilen in fettsauren Salzen und deren 
Derivaten, bezw. in wässrigen Seifenlösungen, haben alsdann die 
Mitteilungen Dammann’s das erste Licht verbreitet und es hat sich 
dahei vor Allem herausgestellt, dafs die Kohlenwasserstoffe, sowie 
gewisse andere Bestandteile des Theeröls, ganz besonders die 
Phenole, sich in bisher ungeahnten Mengen in wässrigen Seiten- 
lösungen zur klaren Lösung bringen lassen. Des Weiteren ist dann 
durch das v. Heyden’sche Patent die Löslichkeit der höheren Phe- 
nole in wässrigen Lösungen von Salzen gewisser Karbonsäuren und 
Oxykarbonsäuren und deren Derivaten, sowie in Phenolaten klar- 
gestellt worden, wobei durch Hüppe ganz besonders auf die inter- 
essante Thatsache hingewiesen wurde, wie gewisse Körper, die an 
sich in Wasser schwerlöslich oder fast unlöslich sind in erheblichen 
Mengen in Wasser löslich gemacht werden können wenn man zwei 
derselben gemeinsam mit Wasser zusammenbringt, sodafs also 
die beiden schwer löslichen Verbindungen sich gegenseitig löslich 
machen, ohne dafs dabei eine chemische Verbindung vor sich zu 
gehen scheint. 


Indessen diese Versuche, welche vor allem den praktischen Zweck 
der Erzeugung von Desinfektionsmitteln vor Augen hatten, haben die 
bezügliche Frage der Löslichkeit von Kohlenwasserstoffen, von Phe- 
nolen etc. in wässrigen Salzlösungen noch entfernt nicht erschöpft, 
vielmehr nur Andeutungen in dieser Richtung gegeben, so dals es 
wünschenswert erschien, auf diesem Gebiete noch weitere Versuche 
anzustellen. 


1) Berichte d. Deutsch. Chem. Ges. XII, 507 
2) Zeitschr. f. Chem. Grolsindustrie III, 28. 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 575 


Vor allem erschien es uns angezeigt, die Löslichkeit der Kohlen- 
wasserstoffe sowie der Phenole in den Alkalisalzen organischer Säuren 
einer etwas exakteren Prüfung zu unterwerfen und festzustellen, welche 
Salze insbesondere die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe bezw. der 
Phenole vermitteln. Es wurden jedoch auch noch andere Verbindungen 
in den Bereichunserer Untersuchung gezogen und namentlich fest- 
gestellt, in wieweit die Anwesenheit der Phenole, die Löslichkeit 
der Kohlenwasserstoffe in Salzlösungen beeiuflusst. Die dabei er- 
haltenen Resultate sind in den folgenden beiden Teilen dieser Arbeit 
beschrieben. 


FR Pen! 


Über die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe des 
Petroleums in wässrigen Lösungen fettsaurer Salze. 


(Die in diesem Teile mitgeteilten Versuche sind von Herrn Theodor 
Schmidt ausgeführt). 


Da die bisherigen Versuche über die Löslichkeit von Kohler- 
wasserstoffen in Seifen nur mit den gewöhnlichen Gemischen höherer 
Fettsäuren angestellt sind, es aber von Interesse schien, die Lös- 
lichkeit der Kohlenwasserstoffe in wässrigen Lösungen von Salzen 
der einzelnen reinen Säuren der Fettreihe kennen zu lernen, haben 
wir eingehende Versuche nach dieser Richtung ausgeführt. Es 
kamen dabei einerseits die Kalium- und Natrium-Salze, auch ein Blei- 
salz der Fettsäuren von Essigsäure bis Kapronsäure, aufserdem auch 
noch der Stearinsäure zur Verwendung, andererseits die Fraktionen 
von 50 zu 50° © zunächst eines Elsässer rohen Erdöls, von dem wir 
sicher sind, dafs es mit keinen anderen Kohlenwasserstoffen versetzt 
war, dann auch noch anderer Erdöle. 

Zur Bestimmung der Löslichkeit der Erdölkohlenwasserstoffe in 
den Salzlösungen wurden letztere entweder in Messröhren, oder in 
Messkolben mit langem engem in 1/‚, ccm eingeteiltem Hals, ge- 
bracht und mit dem aufgeschüttetem Öle wiederholt kräftig umge- 
schüttelt. 

Aus der folgenden Tabelle sind die Mengen der gelösten Öle in 
den betreffenden Salzlösungen ohne weiteres ersichtlich, wobei noch 


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C.Engleru.E. Dieckhoff. Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


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zu bemerken ist, dafs die 
Decimalstellen daher rühren, 
dafs in vielen Fällen dieVer- 
suche mit mehr oder weni- 
ger als 100 ccm durchge- 
tührt und das Resultat nur 
auf 100ccmr eduziert wurde. 


Mit Natrium-Stearat 
konnten Parallel-Versuche 
nicht 


weil 50proz. Lösungen von 


ausgeführt werden, 


in 
Wasserselbst in der Wärme 
dickflüssig und 
schäumend sind, dafs eine 


stearinsaurem Natron 


noch so 
Scheidung von Öl und wäs- 
seriger Lösung nicht zu er- 
reichen ist. Dagegen wurde 
mit 6proz. Lösung experi- 
mentiert, welche zwar bei 
gewöhnlicher Temperatur 
auch noch fest wird, doch 
schon aufdem Wasserbade 
leicht dünnflüssig erhalten 
werden kann. 100 ccm einer 
solchen Lösung mit 100 cem 
Petroleum Fraktion 250 bis 
300° C. im zugeschmolzenen 
Rohre 24 Stund. bei 100° C. 
erwärmt, hatten (bei zwei 
Versuchen) 4,4—5 ccm des 
Öles gelöst. Obwohl nicht 
direkt vergleichbar, ersieht 
man hieraus dennoch, dafs 
die Stearatlösungen relativ 
erheblich mehr Erdölkohlen- 
wasserstoffe lösen, als die 
Salze der niederen Glieder 
der Fettreihe. 


C. Engleru. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


or 
u | 


Eine Lösung von Ameisensaurem Natron ergab keine merk- 
bare Lösung von Kohlenwasserstoffen. 

Obgleich die mitgeteilten Versuche wegen der, wenn auch in 
geringem Malse eintretenden Lösung von fettsauren Salzen in den 
restierenden Kohlenwasserstoffen keinen Anspruch auf absolute Ge- 
nauigkeit machen können, ergeben sie im Ganzen dennoch mit Sicher- 
heit, dals die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe in den wässrigen 
Lösungen fettsaurer Salze der niederen Glieder sehr gering ist, dafs 
sie aber mit steigendem Kohlenstoffgehalt der Säuren erheblich zu- 
aimmt. 


Einfluss eines Überschusses von Alkali und Säure anf dıe 
Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe. 


Nachdem durch Zufall gefunden worden war, dals ein Über- 
schufs von Alkali die Löslichkeit der Petroleumkohlenwasserstoffe 
in fettsauren Alkalilösungen beeinträchtige, derart, dafs man aus 
einer gesättigten Lösung z. B. von Kohlenwasserstoffen in neutralem 
baldriansaurem Salz durch Zusatz einer kalt gesättigten Natrium- 
karbonatlösung einen Teil der Kohlenwasserstoffe wieder ausscheiden 
kann, kamen auch zwei Versuchsreihen zur Durchführung, bei denen 
die Löslichkeit unter dem Einflusse eines allmäligen Mehrzusatzes 
von Säure festgestellt wurde. 

Es ergab sich dabei, dafs 100 ccm einer 50prozentigen Lösung 
von neutralem Baldriansaurem Natron nach Zusatz eines Über- 
schusses von: Erdölfraktion 50—100° C©. 

3 Proz. freier Baldriansäure lösten 5.5 ccm. 


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” 


1) 41,1 und 41,85 Proz. sind gerade diejenigen MengenSäure, welche 
zur Bildung eines doppelt sauren Salzes von baldrian- bezw. butter- 
saurem Natron nötig wären. Ein übersaures baldriansaures Natron 
(Na C,H,0; + C,H, 0.) konnte dabei als relativ schwerlösliches Salz 
ausgeschieden und sogar aus Petroleum umkrystallisiert werden. Schon 
beim Vermischen einer kaltgesättigten wälsrigen Lösung von Natrium- 
karbonat mit der doppelten Menge Baldriansäure, welche zur Bildung 
des neutralen Salzes nötig wäre, erstarrt das Ganze zu einer krystal- 
linischen Masse des übersauren Salzes. 


Arch. d. Pharm. XXX. Bd. 8. Heft. - 37 


578 C.Engleru.E. Dieckhott, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Analoge Versuche mit 50prozentiger Lösung von Buttersaurem 
Natron ergaben, dafs nach Zusatz eines Überschusses von 
Erdölfraktion 50—100° ©. 
5,5 Proz. freier Buttersäure 100 cem lösten 3  cem. 


8,75 5 ; z 4 „ 
41,35 nz 24 ” 
45,15 „5 5 - - - er 


Hieraus geht mit Evidenz der groise Einflufs des Überschusses 
der Säure auf die Löslichkeit der- Kohlenwasserstoffe in Seifen 
hervor. 

Entsprechende Versuche mit Benzoösaurem Natron ergaben,?) 
dafs sich Petroleumkohlenwasserstoffe zwar nicht, aber auch Benzol, 
Toluol und Xylol in kaum bestimmbaren Mengen in dem Salze auf- 
lösten. Auch als in der Wärme (80° ©.) gearbeitet wurde mit einem 
Salze, welches 1 Molekül Benzoösäure im Überschufs enthielt, löste 
sich soviel wie nichts von Petroleumkohlenwasserstoffen auf und 
auch von Toluol auf 100 cem der Lösung nur 2,0 ccm, von Xylol 
1,6 ccm. Bei den Versuchen mit Benzol wurde die Ölschicht sogar 
noch etwas verstärkt, was nach unseren Untersuchungen durch ge- 
löste Benzo&säure bedingt war, woraus übrigens zu schliefsen ist, 
dafs auch bei den Versuchen mit Toluol und Xylol Ähnliches ein- 
trat, so dafs die Löslichkeit, die aus der Verminderung der Ölschicht 
bemessen wurde, also thatsächlich etwas gröfser war, als oben an- 
gegeben. 

Einfluss der Phenole auf die Löslichkeit der gesättigten 

Kohlenwasserstoffe in neutralen Seifen. 

Um das Verhältnis der Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe in 
Seifen bei Anwesenheit von Phenolen festzustellen, wurde auch in 
dieser Richtung eine Reihe von Versuchen durchgeführt. Als Löse- 
flüssigkeit diente einerseits neutrale Leinöl-Kaliseife?) mit 50 Proz. 
reiner Karbolsäure, andererseits Lysolum purum, welches als eine 
reine, völlig neutrale Leinöl-Kaliseifenlösung mit 50 Proz. Kresol- 
gehalt anzusehen ist. Der Abkürzung halber mag die erstere ferner- 


1) Siehe Anmerkung 1 auf S. 577. 

2) Ein übersaures Salz bildet sich hierbei nicht. 

3) Sie wurde durch Kochen von 500 g kryst. reinem Phenol (Kar- 
bolsäure) mit 300 g Leinöl und 200 g Kalilauge, worin 54g KOH, am 
Rückflulskühler hergestellt. 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 579 


hin „Phenolseife*, die letztere „Kresolseife* genannt werden. Als 
Kohlenwasserstoffe wurden Fraktionen. teils eines „amerikanischen 
Petroleums“, teils eines Rohöls aus „Montechino“ (Italien) benutzt. 
Dabei liefsen sich jedoch irgend welche Regelmäfsigkeiten hinsicht- 
lich der in 100 ccm Seifenlösung lösbaren Mengen von Kohlen- 
wasserstoffen bis jetzt nicht feststellen. Die Fraktionen des Monte- 
chino-Erdöles z. B. liefsen sich, bis zu eintretender Trübung, in un- 
gemein grolsen Mengen in Phenolseife auflösen, während einzelne 
Fraktionen des amerikanischen Erdöles eine viel geringere Löslich- 
keit zeigten. Indessen liegt bei diesen Versuchen das Eintreten der 
Trübung nach Zusatz gewisser Mengen der Erdölfraktionen nicht 
etwa darin, dafs die Phenolseifen mit den Kohlenwasserstoffen völlig 
gesättigt wären, es hat vielmehr den Anschein, dafs man Lysol und 
ähnliche Flüssigkeiten mit beliebig viel Erdöl-Kohlenwasserstoffen 
vermischen kann und dals die beim Versetzen der Phenolseifen mit 
Kohlenwasserstoffen schliefslich eintretende Trübung nur darauf zu- 
rückzuführen ist, dafs bei einem allzugrofsen Überschufs der Erdöl- 
Kohlenwasserstoffe ein Teil des Wassers der Seife, wohl mit etwas 
Seife, sich ausscheidet und so eine Trübung bedingt. Die gegen- 
seitigen Mengenverhältnisse jedoch, bei denen die Trübung be- 
ginnt, sind je nach Herkunft der Erdöl-Fraktion so sehr ver- 
schieden (in einigen Fällen schon bei weniger als 100, in anderen 
erst bei über 6000 ccm der Kohlenwasserstoff - Fraktion auf 
100 ecem Phenolseife), dass, wie schon bemerkt, eine Regelmäfsigkeit 
nicht aufgefunden werden konnte. Es muls also vorerst angenommen 
werden, dafs Phenolseifen mit noch geringerem Wassergehalt als das 
Lysol mit Kohlenwasserstoffen sich in beliebigen Mengen zu klaren 
Lösungen vermischen lassen. 

Da es für die Frage der praktischen Verwertbarkeit der Kohlen- 
wasserstoff-Seifenlösungen von Bedeutung ist, zu wissen, in wieweit 
sie sich mit Wasser verdünnen lassen, ohne dafs Kohlenwasserstott- 
ausscheidung eintritt, wurde für eine Reihe solcher Lösungen, unter 
allmähligem Zusatz von Wasser der Punkt festgestellt, bei welchem 
die Bildung einer Trübung auftritt. Dieser Punkt ist als Maximum 
der Verdünnbarkeit mit Wasser anzusehen, wobei noch bemerkt sein. 
mag, dafs man die Seifenmischungen mit 50 Proz. Phenol- oder 
Kresol-Gehalt mit Wasser beliebig verdünnen kann, ohne dafs irgend 
eine Ausscheidung ertolst. 

308 


580  C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seitenlösungen. 


Dals übrigens in dieser Beziehung nicht alle Lösungen der Phenole 
in Salzen organischer Säuren die gleiche Wasserlöslichkeit zeigen, be- 
weisen die Angaben Dr. Buttersack’s (siehe a. a. OÖ.) über das Ver- 
halten der von Heyden schen Solveole, welche bei starker Ver- 
dünnung Emulsionen bezw. Öltröpfchen ausscheiden, die der Natur 
der Präparate nach nur aus Kresolen bestehen können, sowie auch 
eine Reihe der im dritten Teil dieser Abhandlung mitgeteilten Re- 
sultate. 

100 ccm Phenolseife (50 Proz. Phenol enthaltend) mit 20, 40, 
60 etc. ccm der einzelnen Fraktionen des Erdöls von Montechino 
versetzt, liefsen sich bis zur eintretenden Trübung mit den in der fol- 


genden Tabelle aufgeführten REN verdünnen! 


Menge der in 100 Fraktion A: "ln, To 
ccm Phenolseife ge- his 500 C. 50— 100 9 1100-150 1150-200 9200-250 0 


lösten Erdölfrak- 
tion in ccm. Wasserververd. inccm b. z. eintretenden Trübung, 

20 6000 | 2600 a 1100 | 700 
40 2260 2000 900 520 270 
60 300 300 400 240 40 
s0 280 260 300 140 6 
100 ) 220 160 60 4 
200 — 4 20 12 0 

300 — 0 12 12 — 

400 E— = | 12 12 — 

1000 — = | 12 8 — 


Ein entsprechender Versuch mit 50prozentiger Phenolseife und 
Einzelfraktionen amerikanischen Petroleums ergaben die fol- 
genden Resultate: 

a Te Hl Ua a ek a 
Menge der in 100 | Fraktion Pu von he uehe 20002002500 


ccm Phenolseife ge- |30__500 ©. 


lösten Erdölfrak- 
tion in cem. Wasserverd. in ccm. b. z. eintretenden Trübung. 


20 bee 3000 4800 1040 600 
40 2700 1800 320 320 0 
60 500 270 130 14 2 
80 0 2 ) ) a2 


Zu der letzteren Tabelle muls bemerkt werden, dafs bei der Frak- 
tion unter 50° C und der von 150—200° C schon bei Zusatz des ersten. 
Tropfens Wasser schwache Trübungen auftraten, wenn 100 cem 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 581 


der Phenolseife mit 72 cem derselben vermischt waren, wäh- 
rend bei Fraktion 200—250°C schon bei Zusatz von 38 ccm, bei 
Fraktion 250—300°C schon mit 16 ccm und bei Fraktion 300— 350° C 
mit 12 ccm Kohlenwasserstoffgehalt bei Zusatz eines Tropfens 
Wasser Trübung bemerkbar wurde. Dagegen liessen sich bei- 
spielsweise 100 cem Phenolseife mit nur 10 ccm der Fraktion 
250—300°% © oder mit S ccm der Fraktion 300—350° © mit beliebig 
viel Wasser verdünnen, ohne sich zu trüben, 

Im Allgemeinen geht aus den obigen Resultaten her- 
vor, dals die Wasserlöslichkeit eines Gemisches von 
Phenolseife mit Kohlenwasserstoffen mit zunehmendem 
Gehalt an letzteren abnimmt. 

Umsomehr überraschen nun aber die Resultate, welche bei den 
analogen Versuchen mit Kresol-Seife, als welche käufliches Lyso- 
lum purum angewendet wurde, erhalten worden sind. In der fol- 
genden Tabelle sind diese Resultate zusammengestellt. 


| Frakt.| Frakt. Be (Prakt. |Frakt. De Frakt. 
bis 50 b. I 100 b. | 150 b. | 200 b. | 250 b. | 300 b. 
509 C. | 1009C. | 15090. | 2000C. | 2500C. | 3009C. | 35000. 


Menge der in 
100 eemKresolseife 
gelösten Erdöl- 


fraktion in ccm. | Wasserverdünnung i. ccm b.z. eintretend. Trübung. 

20 90 90 110 100 90 100 100 

40 120 110 140 120 120 130 130 

60 150 140 170 140 130 150 160 

SO 170 160 190 160 140 170 10 

100 180 180 210 170 160 350 5 

200 200 210 250 200 260 50 6 

1000 — 210 190 210 0 30 0 

2000 — 100 120 110 40 10 0 


1 

Aus diesen Zusammenstellungen geht die höchst merkwür- 
dige Thatsache hervor, dals die Wasserlöslichkeit eines 
Gemisches von 50proz. Kresol-Seife (Lysol) und Kohlen- 
wasserstoffen desErdöls mit steigendem Gehalt anKohlen- 
wasserstoffen zunächst nicht unerheblich zunimmt, derart 
dafs z. B. ein Gemisch von 100 cem Lysol und 200 cem Erdöl- 
Kohlenwasserstoffen mit mehr als dem doppelten Wasser verdünnt 
werden kann, als wenn ersterem nur 20 cem Kohlenwasserstoffe 


an 
[0 ») 
[6% 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


NE beigemischt sind, und dafs erst 
Ma 
S2„85 nach Zusatz eines sehr be- 
er >= SaDFn e. 
BE nee „255° | deutenden Überschusses von 
FE EN ee 
sarsn Kohlenwasserstoffen wieder 
A. . r m 
N eine Abnahme der Wasserlös- 
ge lichkeit bemerklich wird. 
_ H> 1 re) ni . . 
os Eco |E@ | An sich schon ist es aber 
Sir eme & © ; : 
ı B eine recht interessante That- 
| 2 sache, dass man einem Petro- 
(a) 
I SE leum durch Vermischen mit 
IT NEDEIT 
Be 


relativ wenig Seife und Kresol 
unter Umständen erheblich 


mehr als sein eigenes Volumen 


uvxoH 
998 


Wasser zufügen kann, ohne 
dafs Trübung eintritt, dasselbe 


also in so hohem Grade wasser- 


uvex9H 
-[BULION 


löslich zu machen imstande ist, 
während doch, nach direkt an- 


uegdop 
998 


gestellten Versuchen, die mit- 


[I 


tels Natrium vollständig ge- 


ınz SIq JuUnuunpıI9Aroasse A 


a 
| 6 = 1 trockneten Erdölfraktionen (von 
| 43 50 zu 50° ©.) für sich allein 
| hen: | 1 auf 100 ccm nur zwischen 0,05 
- | 3$ | und 0,10 ccm Wasser auf- 
ei "r 1 nehmen können. 

= er | Bei den Unregelmälsigkeiten, 

| rn . . . er . 
zu) SE | die sich in der WaauerlEBEe 
2 keit der mit Phenol-Seifen ver- 
2 2, | mischten Erdölfraktionen im- 
= 2% | merhin noch zeigten, erschien 
A | E | es von Interesse, auch einen 
= | 25 | Versuch mit einzelnen rei- 
2 | 33 | nen Kohlenwasserstoffen 
„ II durchzuführen. Eswurden hier- 
S | = u für, schon des Vergleichs mit 
| den bisherigen Resultaten hal- 
h Ss] ber, die gesättigten Kohlen- 
ae De a a: | 3 | wasserstoffe, welche nach üb- 
’ 'F2 || licher Methode aus dem 


C. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seitenlösungen. 583 


Pechelbronner Erdöl gewonnen waren, gewählt. Die hier folgende 
Tabelle giebt ohne Weiteres ein Bild von den dabei erhaltenen Re- 
sultaten. 


Mit nur ganz wenigen Ausnahmen zeigt sich bei diesen Ver- 
suchen, insbesondere wenn man nur die zusammengehörigen Glieder 
der normalen und sekundären Reihen unter sich vergleicht, eine 
grolse Regelmälsigkeit in der Wasserlöslichkeit der Gemische, indem 
mit zunehmendem Gehalt an Kohlenwasserstoffen die Wasserlöslich- 
keit konstant abnimmt. Auch erweisen sich die sekundären Kohlen- 
wasserstoffe, mit Ausnahme eines Falles beim Dekan, wasserlöslicher 
als die normalen. 

Einige Parallelversuche, welche über die Wasserlöslichkeit der 
Mischungen von Kresolseife (Lysol) mit gesättigten Kohlen- 
wasserstoifen ausgeführt wurden, sind in der folgenden Tabelle 


zusammengestellt. 


\ | 

Menge der in 100 Kae Sec.  Norm.| Sec. 'Norm.| Sec. Norm. 
cem Kresolseite ge- |Hexan Hept. Hept. I Octan | Octan | Nonan) Nonan 
lösten Erdölkohlen- ) 


wasserstofie incem | Wasserverdünnung in ccm bis zur eintretend. Trüb. 


20 | 3,9 4 4 + 4 4 + 
40 5 3 3,9 DRS DE 3» DI 
60 65 1 6,3 6.9 6.5 6.9 156) 
so — 8 5 I. 1 1 T 
100 5,5 ) 8.9 3 1,9 16 1,9 
1000 9,5 10 9.3 5) Q 8,5 3.9 
2000 9.5 10 9,5 N) 2) 8,5 8,5 


Auch hierdurch wird für die Kresolseite die auffallende That- 
sache, dafs mit steigendem Kohlenwasserstoffgehalt die Wasserlös- 
lichkeit bis zu einem gewissen Maximum zunimmt, bestätigt, was um 
so merkwürdiger ist, da doch die Kresolseife für sich allein eine 
unbegrenzte Wasserlöslichkeit besitzt. 


584  C.Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


IE. Der; 


Die Löslichkeit der Phenole, der Benzol- 
kohlenwasserstoffe und des Terpentinöls in 
organischen Salzen (Seifen). 


Die teilweise überraschenden Resultate, welche die in dem vor- 
stehenden Teile dieser Abhandlung beschriebenen Versuche ergeben 
hatten, liefsen es wünschenswert erscheinen, auch über die Löslich- 
keit der Phenole und gewisser aromatischer Kohlenwasserstoffe, so- 
wohl für sich allein als in Gemischen mit einander, in wässrigen 
Seifenlösungen noch einige Kenntnis zu erlangen, und wir haben 
darüber deshalb noch eine Reihe von Versuchen angestellt, deren 
Resultate hier in der Kürze mitgeteilt sein mögen. 


Löslichkeit von Phenol und von Kresol in Seifen. 


Bei den Versuchen über die Löslichkeit des reinen Phenols 
(Karbolsäure) in einer bei gewöhnlicher Temperatur gesättigten Lösung 
von essigsaurem Natrium!) stellte sich heraus, dafs sich bei einer 
Temperatur von 20° beide Stoffe in beliebiger Menge mit einander ver- 
mischen lassen. Abkühlung der erhaltenen Lösungen bewirkt jedoch 
Trübung unter Ausscheidung von Phenol. Der Übergang dabei ist ein 
sehr plötzlicher, derart, dals schon die minimalste Temperatur- 
schwankung Bildungeiner starken Trübung, bezw. wieder völlige Klärung 
pedingt. Je nach Phenolgehalt erscheinen die Trübungen schon bei 
ı8° (z. B. bei 44,5 Proz. Phenolgehalt) oder erst bei 16 oder 15,5° 
(14 Proz. bezw. 50 Proz. Phenol). Überschufs des einen oder anderen 
ıeiles wirkt sonach in günstigem Sinne auf die Lösung, während 
ım der Mitte Mischungsverhältnisse vorkommen, welche die Phenol- 
Ausscheidung bei Abkühlung begünstigen. 

Eigenthümlich ist auch das Verhalten einer Mischung von gleichen 
Theilen kalt gesättigter Lösung von essigsaurem Natrium und von 
Phenol bei Zusatz von Wasser. Bei gewöhnlicher Temperatur 
(16° C) bewirken schon wenige Tropfen Wasser deutliche Trü- 
bung, dagegen kann man 100 ccm der Mischung bei 40° mit 


1) Bei 15°C. lösen sich 50 Proz. Na 0,H,0,.3H,O in Wasser, nicht 
26,5 Proz., wie fast überall angegeben. 


C. Engler u.E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlüsungen. 585 


20 ccm Wasser versetzen, bis Trübung eintritt, bei 56° mit 60 ccm, 
bei 59,5° mit SO cem. Bei 61,5° läfst sich jedes beliebige Quantum 
Wasser zusetzen, ohne dals die geringste Trübung wahrzunehmen 
ist. Auf diese Weise lassen sich sonach wässrige Phenol-Lösungen 
mit hohem Phenolgehalt herstellen, die vielleicht für mancherlei 


Zwecke verwertbar sein werden. 

Noch löslicher ist das Phenol in gewöhnlichem baldrian- 
saurem Natrium. Eine 50 prozentige wässrige Lösung des letzteren 
läfstsich in jedem Verhältnis mit reinem Phenolzu völligklaren Lösungen 
vermischen, welche bei 16% bei Zusatz beliebiger Mengen von Wasser 
völlig klar bleiben. Erst bei 14° zeigt eine Lösung von 2 Teilen 
Phenol in 1 Teil 50 prozentiger baldriansaurer Natrium-Lösung bei 
dem Verdünnen mit dem 6fachen seines Volums Wasser Trübung, 
die jedoch bei weiterem Zusatz von Wasser (bei der Stachen Menge) 
wieder verschwindet. 

Kresol ist in essigsaurem Natrium nur sehr wenig löslich, 
dagegen mit einer 50 prozentigen wässrigen Lösung von baldrian- 
saurem Natrium in allen Verhältnissen klar mischbar. 100 ccm 
einer Mischung, welche 90 ccm der 50 prozentigen Lösung von bal- 
driansaurem Natrium und 10 cem o-Kresol enthält, läfst sich bei 
16° mit dem 3fachen ihres Volumens Wasser klar mischen, erst bei 
Zusatz des 3l/;fachen Wassers beginnt Trübung, die aber wieder 
verschwindet, wenn man die Wassermenge auf das 5fache steigert 
Eine Lösung mit nur 8 Proz. Kresol ist wieder in allen Verhältnissen 
mit Wasser klar mischbar. 

Die Löslichkeit des Phenols in wässrigen Lösungen von Salzen 
der Fettsäuren mit höherem Kohlenstoffgehalt ist ebenfalls sehr be- 
deutend. Verglichen mit gleich verdünnten Lösungen von Seifen der 
niederen Glieder der Fettsäuren geht die Löslichkeit sogar erheblich 
in die Höhe, wie die Resultate mit Natriumstearat und Natrium- 
oleat zeigen. Auch die Harzseifen lösen grolse Mengen Phenole, 
wie die folgenden Versuche ergeben. (Temp. 27,5°) 

100 ccm 15 proz. wässrige Lösungen von 


Natrium- Natrium- Natrium- Natrium- 

lösten valrianat stearat bleat Harzseife 
o-Kresol 40 ccm 71,45 cem 74 cem 28.5 cem 
p-Kresol 3l ccm - 77,1 ccm 49 cem 17-2-Seem 


m-Kresol 0,5 ccm — — 13,5 ccm 


536 CC, Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Versuche mit Kalium- und Natriumseifen und käuflichem Kresol 
(aus Toluidin) ergaben: 
100 cem l5proz. wässr. Lös.v. Natriumoleat Kalium- Natrium- Kalium- 
oleat. Harzseife. Harzs. 
lösten Kresoi 55 ccm 54,0 ccm 24,0 ccm 22,4 ccm 
Schon eine Temperaturerniedrigung um wenige Grade hatte Aus- 
scheidung von Kresol zur Folge, ein Beweis, dafs die Löslichkeit 
mit sinkender Temperatur erheblich herabgeht, was auch durch 
direkte Versuche nachgewiesen wurde. Aus dieser grofsen Löslich- 
keit des Kresols schon in l15proz. wässriger Oleat-Seife, wobei ein 
Teil der letzteren die Lösung des Fünffachen an dem in 
Wasser so viel wie unlöslichen Kresol vermittelt, erklärt sich 
auch die Möglichkeit der Herstellung von Präparaten wie das Lysol, 
welches 50 Proz. wasserlösliches Kresol enthält. 


Löslichkeit von Benzol, Toluol, Xylol und Terpentinöl in 
wässrigen Lösungen fettsaurer Nalze. 


Diese Versuche bilden eine Ergänzung der in dem vorstehenden 
Teil dieser Abhandlung beschriebenen Untersuchungen, durch welche 
die Löslichkeit der gesättigten Kohlenwasserstoffe in Fettseifen fest- 
gestellt wurde. 

In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse dieser Versuche 
zusammengestellt, wobei noch bemerkt sein mag, dafs dieselben sich 
nicht nur .auf die neutralen Salzlösungen erstrecken, sondern teil- 
weise auch mit Überschufs der Säure durchgeführt wurden. Dabei 
wurde jedesmal soviel überschüssige Säure genommen, als gerade zur 
Bildung eines übersauren Salzes notwendig war. Stearate und Oleate 
gestatteten allerdings die. Anwendung solcher Überschüsse nicht und 
auch bei Harzseife konnte nur ein kleiner Überschuls von Harzsäure 
(Kolophonium) genommen werden. Je 100 ccm der aufgeführten Salz- 
lösungen lösten die folgende Menge eines der Kohlenwasserstofie: 

Natr. acetat | Natr. acetat | Natr.butyrat | Natr. butyrat 


kalt | +1347 & | 50proz. | +46g8But 
gesättigt. | Essigsäure. | tersäure. 
Benzol . . 0,1 cem 02 cem 16 ccm ! 584 ccm 
Toluol 2 Tropfen | 4 Tropfen 08 „ I 56 „ 
Xylol . .. Li < aa © 0,5. „27 PoRne 
Ferpentinäl'] 1. | X. „| 02 „ 


C. Engler u. E. Dieckhotf, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Natr. isobu- | Natr. isobu- | 


Natr. isova- | 


987 


Natr. isova- 


tyrat |tyrat+46g lerianat lerianat + 
50 proz. Isobutter- 50 proz. !45,2g Isova- 
säure. leriansäure. 
Benzol 2,4 ccm 50,0 eem 3,6 ccm 84,4 ccm 
Toluol a 2% 22 2.4 76 + 
Xylol jr. Bene 31427, 1? 49,6) „ 
Terpentinöl 03 , IT 8 ae HE, TER 
Natrium Natrium Natr.-Oleat Natrium- 
stearat palmitat 10proz. Harzseife 
10 prozentig.  1lOprozentig 1Oproz. 
Benzol 1,6 cem 1,5 ccm 10 ccm 5,2 cem 
Toluol an; IR 3EARR gi6T, 44.5 
Xylol A025 BATZE A 5 Due 
Terpentinöl BR DAS TOR F D,8. Be 
Natrium- Kalium- Natrium- 
Harzseife Harzseife Harzseife 
15 proz. 15 proz. 25proz. 
Benzol . - 8,8 ccm 8,4 cem 20 ccm 
Toluol ER Ss025 Bye 
Xylol So 65337 Tue 
Terpentinöl IN: 2ame ge DE 


Die Versuche mit Natriumstearat- und Natriumpalmitat-Lösung 
mulsten, da die Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur noch fest 
waren, unter schwacher Erwärmung ausgeführt werden. Die Lösungen 
der Kohlenwasserstoffe in Harzseife zeigten beim Erwärmen jeweils 
starke Trübung, die indessen beim Erkalten wieder verschwand. 
Beim Erwärmen der kalt gesättigten Lösurg 25prozentiger Harz- 
seife mit Terpentintinöl (100 : 32) auf 100° schieden sich 20 ccm 
Öl wieder ab, die sich nach dem Erkalten wieder vollständig 
klar auflösten. Die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe in wässrigen 
Harzseifen nimmt somit bei steigender Temperatur erheblich ab. 
Fast durchweg tritt dagegen, wenn man den. neutralen Harzseifen 
noch Harzsäure (Kolophonium) im Überschufs zufügt, eine Erhöhung 
der Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe ein, wie folgende Zusammen- 
stellung im Vergleich mit der vorstehenden zeigt. 100 ccm der be- 
treffenden Seife lösten in ccm: 

lOprozentige Natr. Harzseife | 25 prozentige Natr. Harzseife 
+ 0,4 g Kolophonium +2 8 +48 |+6gKolophon. 
, 24 et 


Benzol 1,2 ccm | 28 

Toluol Gy. >». PA ee 26 
Xylol 46 „ 2 Al Be & 
Terpentinöl 90 „ 36 | 48 | = 


»88 C. Engleru.E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 


Aus diesen letzten Tabellen folgt nicht nur, dafs das Terpentinöl 
in Harzseifen, gegenüber Fettsäureseifen im allgemeinen eine erheb- 
liche höhere Löslichkeit besitzt, sondern auch, dafs Überschuls von 
Harzsäuren in der Seife, wodurch die Löslichkeit sämtlicher geprüften 
Kohlenwasserstoffe in Harzseife erhöht wird, gerade auch wieder 
beim Terpentinöl eine exquisite Steigerung der Löslichkeit herbeifürt. 


Einflufs der Phenole auf die Löslichkeit der Benzol-Kohlenwasser- 
stoffe und des Terpentinöls in organisch-sauren Salzen. 
Sowie ein Überschuls von Säure, so begünstigt auch Zusatz von 

Phenol oder Kresol die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe m Fett- 

säure-Salzlösungen. 

100 cem kalt gesättigter Lösung von Natriumacetat 


lösen Benzol 0,15 cem, mit Zusatz von 10 ccm Phenol 0,3 ccm 
»  Terpentinölil Tropfen, „ 5 R 2 0,225 
100 ccm einer 10 prozentigen Natriumstearatlösung 
lösen Benzol 1,6, mit Zusatz von 10 cem Phenol 9,2 cem 
% Toluol 165 N 1Std, 
x Xylol 1,0 x EN) 
»„  Terpentinöl 0,8 a MORD = 


Die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe in Stearinsäure-Seifen 
wird sonach durch Gehalt an Phenol ganz gewaltig gesteigert. Da- 
bei wurde die letztaufgeführte Lösung bei Zusatz noch gröfserer 
Mengen Terpentinöl (als 101 ccm) nicht stark getrübt, sondern nur 
opalisierend, sodafs die Löslichkeit noch grölser angenommen 
werden darf. 

In ähnlicher Weise wird auch die Löslichkeit der Kohlenwasser- 
stoffe in Ölsäureseifen durch Phenol wesentlich erhöht; desgleichen 
in Harzseifen. 


100 cem 25 prozentige Natrium-Harzseife 


lösen Benzol 20, mit Zusatz von 10 ccm Phenol 104 cem 
2 rMoluol 18 ” Sam 
; Xylol 17 k 5a 
»„  Terpentinöl 32 £ 10958 


Alle diese Lösungen sind bei gewöhnlicher Zimmertemperatur 
hergestellt und trüben sich beim Erwärmen, ein Beweis, dafs dabei 
die Löslichkeit abnimmt 1 

Auch durch Kresol wird die Löslichkeit der Kohlenwasser- 
stoffe in Seifenlösungen gesteigert. So löste ein Gemisch von 90 ce 


©. Engler u. E. Dieckhoff, Ueber Teeröl-Seifenlösungen. 589 


50 prozentiger Lösung von Natriumvalerianat mit 10 ccm Kresol 
17 ccm Benzol klar auf. 

Kampher befördert in gleicher Weise die Löslichkeit der Kohlen- 
wasserstoffe in Seifen. 

Die Kresole lösen sich auch in zahlreichen anderen wässrigen 
Salzlösungen mehr oder weniger auf, so — abgesehen von den 
Kresotinaten, Kresolaten ete., dem Solveole, Solitole u. a. — in den 
Salzen des Ammoniaks und Anilins mit Salicylsäure, Benzoösäure, 
Phenylessigsäure u. a. m., durchweg jedoch in geringerer Menge als 
in Seifenlösungen. 

Endlich machen wir bei dieser Gelegenheit auch auf das Glycerin 
als ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für Kresole aufmerksam; 9 cm 
Glycerin lösen 1 & p-Kresol klar auf, und die Lösung kann mit ihrem 
gleichen Volum Wasser verdännt werden, bis Trübung eintritt; das 
o-Kresol ist noch löslicher, 1 & desselben gebraucht nur 4 ccm 
Glycerin zur vollständigen Lösung. Die Lösung eines Gemisches von 
lg o—Kresol und 1g p—Kresol in 13 cem Glycerin ist in allen 
Verhältnissen mit Wasser klar mischbar. 


Mitteilungen aus dem chem.-pharm. Laboratorium 
der Herzogl. techn. Hochschule zu Braunschweig. 
Beiträge zur chemischen und pharmakognosti- 

schen Kenntnis der Kakaobohnen 
H. Beckurts und C. Hartwich. 
(Eingegangen den 15. VII. 1892.) 

Bekanntlich hat P. Trojanowsky!) aus den abweichenden 
chemischen Reaktionen, welche er auf Zusatz verschiedener Reagen- 
tien zu den wässerigen Auszügen der Kakaobohnen verschiedener 
Provenienz erhielt, einen analytischen Gang abgeleitet, um diese von 
einander zu unterscheiden. 

P. Zipperer?) hat sodann in seiner wertvollen Arbeit über die 
Untersuchung von Kakao und dessen Präparaten eine Methode 


1) Arch. Pharm. 1877, 210, 30. 
2, Untersuchungen über Kakao und dessen Präparate. Hamburg 
und Leipzig. L. Vols. 1887. 


590 B. Beckurtsu.C. Hartwich. z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 


zur Unterscheidung der verschiedenen Handelssorten der Kakao- 
bohnen vorgeschlagen, welche sich auf die Beschaffenheit der im 
Embryo enthaltenen Pigmentzellen gründet. Im Anschlufs daran 
wurde sodann von demselben Autor die Frage geprüft, ob das Pig- 
inent der Kakaobohnen eines jeden Jahrgangs in derselben 
Handelssorte das Gleicbe ist, oder Unterschiede existieren. War 
letzteres der Fall, so mulsten dieselben Reagentien, welche Troja- 
nowsky 1874 angewendet hatte, heute andere Ergebnisse liefern; 
war ersteres richtig, so mulsten die Reaktionen die Gleichen bleiben. 
Zipperer hat nun bei der Wiederholung der Versuche Troja- 
nowsky’s dieselben Reaktionen erhalten und daraus geschlossen, 
dafs die verschiedenen Jahrgänge der gleichen Kakaosorten, was 
das Pigment anbelangt, nicht unter einander verschieden sind und 
sich auch Kakaobohnen gleicher Abstammung unter einander in der 
Färbung sowohl, wie in den Reaktionen, welche sie bei Anwendung 
geeigneter Reagentien zeigen, gleichen. 


Der eine von uns hat schon vor einiger Zeit?) die Angaben 
Zipperer's, soweit dieselben sich auf die Beschaffenheit der Pig- 
mentzellen und das in ihnen enthaltene Pigment beziehen, einer 
Nachprüfung unterzogen und ist dabei zu Resultaten gelangt, die 
von denen Zipperer’s durchaus abweichen, so dafs damals die 
Ansicht ausgesprochen wurde, dass kein Mikroskopiker auf Grund 
der Untersuchung der Pigmentzellen eine Handelssorte erkennen 
könnte. 

Eine gröfsere Kollektion Kakaobohnen verschiedener Provenienz, 
welche uns von der Firma Wittekop & Co. in Braunschweig zur 
Verfügung gestellt wurde, wofür wir derselben auch an dieser 
Stelle unseren verbindlichsten Dank aussprechen, gab Veranlassung, 
die Untersuchungen Trojanowsky’s und Zipperer's wieder auf- 
zunehmen, um die noch nicht gemügend geklärte Frage der Unter- 
scheidung der einzelnen Handelssorten möglichst zu entscheiden. 
Auch bei diesen neuen Untersuchungen hat sich sowohl hinsichtlich 
der Beschaffenheit der Pigmentzellen, wie auch der Reaktionen bei 
Anwendung geeigneter Reagentien keine hinreichende Übereinstimmung 
mit den Resultaten Zipperer's und Trojanowsky s ergeben, aber 


3) Arch. Pharm. 1887, 55+. 


B. Beekurtsu. ©. Hartwich, z. Kenntn. d, Kakaobohnen. >91 


auch die Übereinstimmung mit den Resultaten der Untersuchung 
von 1887 ist eine so wenig befriedigende, dafs die damals ausge- 
sprochene und soeben angeführte Ansicht aufrecht erhalten bleiben 
muls. Von 8 Sorten, die 1587 (von Peikert & Co. in Wernigerode 
bezogen) untersucht wurden und denen jetzt eine gleiche Anzahl 
ebenso bezeichneter gegenüber gestellt werden konnten, stimmen 
3 Sorten (Porto Cabello, Machala und Bahia) überein, 3 Sorten 
(Caracas, St. Thomas und Trinidad) stimmen nicht und bei 2 Sorten 
«Ceylon und Ariba) ist die Übereinstimmung nur eine teilweise. 

Es kann nicht Wunder nehmen, dafs die Handelssorten be- 
züglich der Farbe, des Querschnittes und des Pigmentes wenig kon- 
stant sind. Wir wissen, dafs das Pigment aus einem Gerbstoft ent- 
steht und dem Anthocyan mindestens sehr nahe verwandt ist, und 
es ist leicht möglich, dafs diese Umwandlung von zahlreichen Fak- 
toren (z. B. Reifezustand) abhängig ist, die wir nicht kennen, ja, 
(dafs sie nicht selten ganz unterbleibt: jedenfalls geht aus der nach- 
folgenden Übersicht hervor, dafs es Handelssorten giebt, welche gar 
kein Pigment, sondern nur Gerbstoff in besonderen Zellen enthalten 
und dals es zweitens Sorten giebt, die eine geringe Menge Farbstoff 
durch das Parenchym mehr oder weniger verteilt enthalten, was 
‚allerdings zuweilen erst bei der Behandlung mit Alkalien an der 
‚auftretenden Grünfärbung erkannt werden kann. 

Ferner wurde bereits 1887 der Standpunkt vertreten. dals die 
ganz allgemein verbreitete Ansicht, dafs der violette Farbstoff durch 
den eigentümlichen Gährungsprozefs, das Rotten, in braun umge- 
wandelt ist, nicht richtig ist. Diese Ansicht ist durch unsere neuen 
Untersuchungen nur befestigt worden, da ganz unzweifelhaft gerottete 
Samen violetten Farbstoff zeigen. Es ist überhaupt nicht mehr 
möglich, eine gerottete Bohne von einer ungerotteten schon äufser- 
lich dadurch zu unterscheiden, dafs die gerottete einen Überzug von 
der Erde zeigt, in welche die Bohnen zum Zwecke des Rottens ein- 
‚gegraben wurden, da diese primitive Methode an mindestens zahl- 
reichen Produktionsorten verlassen und durch rationellere Einrich- 
tungen, bei denen die Bohnen in hölzerne oder metallene Gefälse 
gelangen, also mit der Erde ja nicht mehr in Berührung kommen, 
ersetzt ist. Da aber oft aus alter Gewohnheit verlangt wird, dafs 
‚eine gute Bohne ein erdiges Ansehen habe, so wird ihnen ein Über- 


592 B. Beckurtsu. ©. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 


zug von meist rötlicher Erde zuweilen künstlich gegeben. Nach 
einer Nachricht soll diesem Überzug sogar Zinnober zugesetzt werden. 

Nach unserer Ansicht ist eine gerottete von einer unge- 
rotteten Bohne mit einiger Sicherheit nur durch den Ge- 
schmack zu unterscheiden, da ja die den ungerotteten Bohnen 
eigentümliche Bitterkeit und Herbigkeit durch das Rotten ver- 
schwindet und der eigentümliche aromatische, ja zuweilen fast 
ätherartige Geschmack erst dadurch entwickelt wird. — Ferner 
ist dabei noch auf einen andern Punkt die Aufmerksamkeit zu 
lenken. Die Parenchymzellen der Samenlappen, die die weit über- 
wiegende Hauptmasse des Gewebes ausmachen, enthalten neben Öl, 
Stärke u. s. w. in dem Zellinhalt eine geringe Menge Gerbstoff, der 
ınit Eisenchlorid unschwer nachzuweisen ist. Bei zahlreichen Sorten 
nun hat dieser Gerbstoff eine Umwandlung erlitten, indem er in 
einen braunen Farbstoff, ein Phlobaphen, ganz oder teilweise über- 
gegangen ist und zwar hat diese Umwandlung die peripheren Par- 
tien besonders betroffen. Unter dem Mikroskop erscheint die Menge 
dieses braunen Farbstoffes meist nur gering, ist aber für die ganzen 
Samen doch oft. genug von wesentlicher Bedeutung, da er für die 
Färbung des Querschnitts sehr ins Gewicht tällt. Wie die nach- 
tolgende Übersicht erkennen läfst, zeigen manche Sorten, trotzdem 
sie violetten oder violettroten Farbstoff enthalten einen braunen 
Querschnitt, welche letztere Farbe dann auf Rechnung des in den 
Parenchymzellen enthaltenen Phlobaphens zu setzen ist. Es wäre 
nun nicht unmöglich, dafs die Bildung dieses Phlobaphens durch das 
Rotten begünstigt wird, wobei aber natürlich nicht aufser Acht zu 
lassen ist, dafs auch zahlreiche andere trockene Drogen eine solche 
Umwandlung von Gerbstoffen zu braunen oder gelben Stoffen erkennen 
lassen, ohne gerottet oder einem ähnlichen Prozesse unterworfen zu 
werden. Die Fabrikanten beurteilen den Kakaosamen nach der Farbe 
des Querschnittes und halten möglichst ausgesprochen braune 
Samen für die besten, welche also möglichst reich an Phlobaphen 
nnd möglichst arm an Gerbstoff sind, also wahrscheinlich den durch 
den Gerbstoff bedingten herben Geschmack möglichst vollständig 
verloren haben. 

Von einigen Sorten lagen uns durch die gütige Vermittelung 
der Herren Wittekop & Oo. zugleich ungeröstete und geröstete 


B. Beckurtsu. C. Hartwich, z. Kenntn.d. Kakaobohnen. 595 


Samen vor und es war damit die erwünschte Gelegenheit geboten, 
auch das Verhalten des Pigmentes beim Rösten zu studieren. Es 
hat sich nun herausgestellt, dafs beim Rösten die violette Farbe des 
Pigments in Braun von verschiedenen Nuancen übergeht und dafs 
der Farbstoff dabei die Fähigkeit verliert, in bekannter Weise auf 
Alkalien zu reagieren. Da aber offenbar das Rösten bei den jetzigen 
vervollkommneten Einrichtungen sehr vorsichtig geschieht, so ist es 
meist leicht, weiter nach innen in den Samen noch Pigmentzellen 
mit unverändertem violettem Inhalt aufzufinden. Ebenso konnten wir 
in dem uns zu Gebote stehenden Kakaomassen und Pulvern immer 
mit Leichtigkeit noch unveränderten Farbstoff auffinden. 

Auch diesmal ist den Stärkekörnern einige Aufmerksamkeit zu- 
gewendet worden. nachdem schon 1887 auf die erheblichen Difte- 
renzen in der Grölse der Stärkekörner bei manchen Sorten hinge- 
wiesen war und es hat sich herausgestellt, dals die diesmal darauf 
untersuchten Sorten mit denen von 1887 gut übereinstimmen (nur bei 
der Sorte von St. Thomas wurden 1887 die Körner bis 3 „. diesmal 
bis 5,3 „ grols gefunden). Wenn nun selbstverständlich ein abschlie- 
(sendes Urteil noch nicht möglich ist, so wollen wir doch dringend 
empfehlen, vorkommenden Falls darauf zu achten. 

Wir lassen in dem Folgenden unsere bei der makrokopischen 
und mikroskopischen Untersuchung 23 verschiedener Handels- 
sorten gemachten Beobachtungen, sowie die Reaktionen der 
Auszüge dieser Bohnen folgen, wodurch das in dem Obigen aus- 
geführte, wonach die zur Unterscheidung bislang angenommenen 
Merkmale unzureichend sind und daher keine Verwendung mehr 
finden können, Bestätigung findet. 


1. Allgemeine Kennzeichen und mikroskopischer 
Befund. 
I. Bahia. 


(Brasilien.) 
Bohne: abgeplattet. 
Schalen: zimmetfarbig. 


Samenlappen: aufsen braun, Querschnitt rotviolett, bei der ‚ge- 
rösteten Bohne braun. 


Durchschnittsmals: 22 mm Länge, 13 mm Breite 6 mm Dicke. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bde. S. Hft. 38 


594 B.Beckurtsu. ©. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 


Gewicht: 20 Samen wiegen 21 g. 

Mikroskopischer Befund: deutlich differenzierte Pigmentzellen 
sind nicht zu erkennen, vielmehr nimmt das ganze Gewebe der Kotyle- 
donen mit Natronlauge eine schwach grünliche Farbe an und wird mit 
Eisenchlorid dunkel. Der Inhalt des Parenchyms ist in den äufseren 
Parthien braun gefärbt, weiter nach innen farblos. Stärkekörner 
bis 7,2. u. 

2. Bahia. 
(Brasilien.) 

Bohne: abgeplattet. 

Schale: rotbraun. 

Samenlappen: aulsen schwarzbraun, Querschnitt dunkelviolett 

Durchschnittsmafs: 25 mm Länge, 14 mm Breite, 7 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 27 8g., 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen rotviolett, mit Eisen- 
chlorid dunkel, mit Natronlauge zuerst ganz kurze Zeit blau, dann mit 
grüner Farbe sich lösend, nach einiger Zeit gelb. Amylum bis 7 «. 


3. Para. 
(Brasilien.) 

Bohne: konvex. 

Schalen: rostfarbig, matt. 

Samenlappen: auflsen schwarzbraun, Querschnitt braun bis 
graubraun. 

Durehschnittsmals: 22 mm Länge, ll mm Breite, 5 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 18 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen violett, mit Eisen- 
chlorid meist rot, nur selten schwarz werdend, mit Natronlauge wie 
Bahia 2. Brauner Farbstoff des Parenchyms sehr spärlich. 


4. Gutzko. 
Brasilien. 

Bohne: konvex. 

Schalen: zimmetfarbig. 

Samenlappen: aulsen schwarzbraun, innen violettbraun, (@Quer- 
schnitt hellbraun, auch violett. 

Durchschnittsmals: 20 mm Länge, 11 mm Breite, 6 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 20 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen rotviolett mit einem 
Stich ins Braune, auffallend klein. Mit Eisenchlorid werden sie schwarz, 
mit Natronlauge reagieren sie wie Bahia 2, aber nur schwach, offen- 
bar ist also die Umwandlung des Gerbstoffes in den violetten Farb- 
stoff noch nicht weit vorgeschritten. Brauner Farbstoff im Parenchym 
fehlt fast ganz. Amylum 3,5 «. 


B. Beckurtsu. C. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 595 


Die geröstete Bohne zeigt einen hellbraunen, auch grauen Quer- 
schnitt, die Pigmentzellen sind meist rotbraun, mit Eisenchlorid werden 
sie schwarz, in Natronlauge löst sich der Farbstoff farblos. 


). Maracas.*) 
(Brasilien.) 

Bohne: abgeplattet, auch konvex, 

Schalen: rotbraun. 

Samenlappen: aufsen dunkelbraun, innen hellbraun, Querschnitt 
graubraun. 

Durchschnittsmafls: 23 mm Länge, 13 mm Breite, 7 mm Dicke. 

Gewicht; 20 Stück wiegen 27,5 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen mit violettem In- 
halt, der mit Eisenchlorid schwarz wird und mit Natronlauge wie 
Bahia reagiert. Amylum 1,3—3,6 «. 

Die geröstete Bohne ist im Querschnitt hellbraun, die Pigment- 
zellen sind gelbbraun, mit Eisenchlorid werden sie schwarz, mit Natron- 
lauge werden sie einen Moment schwach rötlich und lösen sich dann 
farblos. 

6. Ganca. 
(Columbien.) 

Bohne: konvex. 

Schalen: rostfarbig, auch graubraun. 

Samenlappen: aufsen hellbraun, Querschnitt gelblich braun. 

Durchschnittsmal[s: 23 mm Länge, 13 mm Breite, 10 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Samen wiegen 27,5 8. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen mit violettem Inhalt 
fehlen, einzelne Zellen sind braun gefärbt, sie werden mit Eisenchlorid 
schwarz, wie auch das ganze Kotyledonengewebe meist etwas dunkler 
wird. Brauner Farbstoff des Parenchyms ist reichlich vorhanden. 
Amylum bis 7,2 «. 

(. Carracas. 
Venezuela. 

Bohne: teilweise abgeplattet, teilweise konvex. 

Schalen: ockerfarbig. 

Samenlappen: aufsen dunkelbraun, innen hellbraun, oft mit vio- 
lettem Ton. 

Durchschnittsmals: 23 mm Länge, 11,5 mm Breite, 9 mm Dicke, 

Gewicht: 20 Samen wiegen 23,5 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen mit dunkelviolettem 
Inhalt, mit Eisenchlorid tief dunkelrot, fast schwärzlich, mit Natron- 


*) Ort in der Brasil. Provinz Bahia. Eine besonders geschätzte 
Ware; was gewöhnlich Bahia-Cacao genannt wird, ist nur mittel- 
mälsige Ware. 


38* 


596 B. Beekurtsu. C. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 


lauge wie Bahia 2, das Parenchym zeigt nur in den äufseren Parthien 
etwas braunen Farbstoff. 


5. sarupano. 
(Venezuela.) 
Bohne: abgeplattet. 
Schalen: erdfarbiggrau. 
Samenlappen: aufsen dunkelbraun, innen rötlich. Querschnitt 
violett. 
Durchschnittsmafs: 24mm Länge, 13,5 mm Breite, 6 mm Dicke. 
Gewicht: 20 Stück wiegen 24 g. 
Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen mit violettem Inhalt 
selten, dagegen das äulsere Gewebe violett gefärbt. Mit Eisenchlorid 
‚wird das ganze Gewebe dunkel, mit Natronlauge schwach grünlich. 
Das Parenchym mit reichlichem braunen Farbstoff. Amylum bis 
13,5 «u. grols. 


9. Puerto Cabello. 


(Venezuela.) 

Bohne: konvex. 

Schalen: ockerfarbig, erdig. 

Samenlappen: aulsen dunkelbraun, innen hellbraun. 

Durchschnittsmafs: 23 mm Länge, 6 mm Breite, 13 mm Dicke, 

Gewicht: 20 Stück wiegen 26 g. 

Mikroskopischer Befund: Violetter Farbstoff fehlt ganz, 
einzelne Zellen zeigen schwach braungefärbten Inhalt, der sich mit 
Eisenchlorid wenig dunkler färbt. 


10). Caraguez. 
(Eceuador.) 

Bohne: abgeplattet und konvex. 

Schalen: rostfarbig, oft mehr grau. 

Samenlappen: aufen dunkelbraun. 

Durchschnittsmafls: 23 mm Länge, 13 mm Breite, 7,3 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Samen wiegen 26 g. 

Mikroskopischer Befund: Die Sorte zeigt nicht durchweg 
gleiche Beschaffenheit des Samens, es fanden sich solche, die 1) einen 
‚braunen Querschnitt hatten und rötlicne Pigmentzellen zeigten, sowie 
reichlich braunen Farbstoff im Parenchym und 2) solche, die einen 
violetten Querschnitt hatten und violette Pigmentzellen, aber keinen 
braunen Farbstoff im Parenchym. Bei beiden Sorten wurde das Pig- 
ment mit Eisenchlorid dunkel und reagierte mit Natronlauge wie 
Bahia 2. 

Amylum 3,6—5,2. u. 


B. Beekurtsu. ©. Hartwich, z. Kenntn.d. Kakaobohnen. 597 


11. Machala-buayaquil. 
(Ecuador.) 

Bohne: konvex. 

Schalen: zimmtfarbig. 

Samenlappen: aulsen dunkelbraun, innen hellbraun. 

Durchschnittsmafls: 24mm Länge, 13 mm Breite, 7? mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 33 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen mit dunkelviolettem, 
weiter nach innen hellerem, fast blauen Inhalt; mit Eisenchlorid rot 
werdend, nach einiger Zeit die meisten Zellen schwarz; mit Natron- 
lauge wie Bahia 2. 

Die geröstete Bohne zeigt einen graubraunen Querschnitt, das Pig- 
ment ist in den äulseren Partien in braun umgewandelt, in den inneren 


unverändert. In Natronlauge löst es sich farblos. 


12. Arriba Guayaquil. 
(Ecuador.) 
Sommer-Ernte. 


Bohne: abgeplattet, auch konvex. 

Schalen: rostfarbig. 

Samenlappen: braun. 

Durchschnittsmafls: 24mm Länge, 15 mm Breite, 7,5 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wogen 26,5 g. 

Mikroskopischer Befund: Die Samen sind nicht von gleich- 
mälsiger Beschaffenheit, es kommen vor: 1) solche mit dunkelbraun- 
violettem Querschnitt und ohne violette Pigmentzellen: dagegen sind 
einige Zellen schwach braun, sie [ärben sich mit Eisenchlorid dunkel 
und geben mit Natronlauge keine Reaktion. 

2) solche mit grauem Querschnitt, die braunen Farbstoff im Pa- 
renchym und Pigmentzellen mit violettem Inhalt zeigen, welche letz- 
terer mit Eisenchlorid erst rot, dann schwarz wird und mit Natronlauge 
wie Bahia reagiert. Amylum bis 7 «. 

Geröstete Bohnen derselben Sorte zeigen einen braunen Querschnitt 
und rotbraune Pigmentzellen, die sich mit Eisenchlorid schwärzen und 
mit Natronlauge keine Farbenreaktion geben. 


13. Arriba Guayaquil. 
4 Winter-Ernte. 
Bohne: abgeplattet. 
Schalen: rostfarbig. 
Samenlappen: aulsen braun, Querschnitt rötlich braun. 
Durchschnittsmafs: 25 mm Länge, 14 mm Breite, 7’mm Dicke, 
Gewicht: 20 Stück wiegen 36 g. 


r 


598 B. Beckurtsu.C. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 


Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen mit violettem Inhalt 
selten, mit Eisenchlorid schwarz, mit Natronlauge wie Bahia 2. Brauner 
Farbstoff im Parenchym reichlich. 


14. Guayaquil. 
(Balao.) 

Bohne: konvex. 

Schalen: rostfarbig. 

Samenlappen: aulsen dunkelbraun, innen hellbraun. 

Durchschnittsmals: 23 mm Länge, 13 mm Breite, 8 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 28,7 g. 

Mikroskopischer Befund: Die Samen sind ungleichmälsig, 
man unterscheidet folgende: 1) solche mit braunem Querschnitt und 
braunvioletten Pigmentzellen, die mit Eisenchlorid dunkel werden und 
mit Natronlauge wie Bahia 2 reagieren und 2) solche mit violettem 
Querschnitt, die nur spärliche, ganz schwach violett gefärbte Pigment- 
zellen zeigen, die mit Eisenchlorid schwarz werden. Mit Natronlauge 
nimmt das ganze Gewebe der Samenlappen einen grünlichen Ton an. 
Beide Arten zeigen im Parenchym eine geringe Menge braunen Farb- 
stoff. Amylum 3,5—5,2 u. 


15. Domingo. 
(Westindien.) 
Bohne: abgeplattet. 
Schalen: schmutzig-grau. 
Samenlappen: au/sen graubraun. (Querschnitt gelblich-braun. 
Durchschnittsmals: 22 mm Länge, 13 mm Breite, 6 mm Dicke, 
Gewicht: 20 Samen wiegen 20,2 g. 
Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen rotviolett, mit Eisen- 
chlorid schwarz mit Natronlauge wie Bahia 2, brauner Farbstoff des 
Parenchyms spärlich. 


16. Dominica. 
(Westindien.) 

Bohne: abgeplattet. 

Schalen: rostfarbig. 

Samenlappen: schwarzbraun. Durchschnitt grauviolett. 

Durchschnittsmals: 25 mm Länge, 13 mm Breite, 7 mm Dicke, 

Gewicht: 20 Stück wiegen 23,2 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen rotviolett, mit Eisen- 
chlorid einige rot, die meisten schwarz, mit Natronlauge wie Bahia 2. 
Das Parenchym besonders in den äufseren Parthien mit braunem Farb- 
stoff. Amylum bis 5,4 „ grofs. 


B. Beckurtsu. C. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 599 


17. Granada. 
(Westindien.) 

Bohne: teilweise abgeplattet, teilweise konvex. 

Schalen: zimmtfarbig. 

Samenlappen: aufsen schwarzbraun, Querschnitt gelbbraun bis 
rotviolett 

Durchschnittsmals: 23mm Länge, 13 mm Breite, 8 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 19,5 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen violett, mit Eisen- 
chlorid schwarz, zugleich auch das ganze Gewebe etwas dunkler, mit 
Natronlauge wie Bahia 2. 5 

Amylumkörner bis 7 « grols. Aulser den Amylumkörnern fanden 
sich bei dieser Sorte Gerbstoffkörner von der Grölse der Amylumkörner. 


18. St. Lucia. 


(Westindien.) 
Bohne: abgeplattet. 


Schale: graubraun. 

Samenlappen:aufsen dunkelbraun, innen hellbraun bis graubraun. 

Durcehschnittsmals: 22mm Länge, 12,5 mm Breite, 5,5 mm Dicke 

Gewicht: 20 Stück wiegen 23 g. 

Mikroskopischer Befund: Violette Pigmentzellen selır selten, 
mit Eisenchlorid mehr rot, mit Natronlauge wie Bahia2. Brauner Farb- 
stoff in den Samenlappen reichlich. 


19. Trinidad. 


(Westindien.) 
Bohne: abgeplattet. 


Schalen: rostfarbig. 

Samenlappen: aulsen dunkelbraun, Querschnitt rotviolett. 

Durchschnittsmafs: 23mm Länge, 13 mm Breite, 7mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 19,5 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen fehlen. Brauner Farb- 
stoff im Parenchym in den äuflseren Parthien. 


20. Ceylon. 


Bohne: konvex. 

Schalen: rötlichbraun. 

Samenlappen: hellbraun. Querschnitt braun. 

Durchschnittsmafs: 21mm Länge, 13mm Breite, 5 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stücke wiegen 17,5 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen fehlen. Mit Eisen- 
chlorid wird das ganze Gewebe der Samenlappen etwas dunkler, einige 
Zellen schwarz. Brauner Farbstoff der Samenlappen deutlich. Amylum 
bis 7 u. 


600 B. Beckurts u. C. Hartwich, z. Kenntn. d. Kakaobohnen. 


21. Java. 

Bohne: konvex. 

Schalen: kupfertarbig. 

Samenlappen: auflsen braun, Querschnitt braun. 

Durchschnittsmafs: 22mm Länge, 13mm Breite, 8 mm Dicke, 

Gewicht: 20 Stück wogen 13,5 g. 

Mikroskopischer Befuna: Pigmentzellen spärlich vorhanden, 
mit sehr hellviolettem, zuweilen hellbraunem Inhalt, der mit Eisen- 
chlorid dunkel wird. Das Parerchym mit mälsigem braunen Farbstoff, 


22. Kamerun. 
Bohne: abgeplattet. 


Schalen: dunkel zimmetfarbig. 

Samenlappen: aulsen dunkelbraun, innen violettbraun. 

Durchschnittsmals: 24mm Länge, 13,5 mm Breite, 6 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 24 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen rotviolett, weiter 
nach innen hellblau, mit Eisenchlorid dunkel, mit Natronlauge wie 
Bahia 2. 

23. St. Thome. 
(Arfrika.) 

Bohne: abgeplattet. 

Schalen: graubräunlich. 

Samenlappen: aulsen schwarzbraun, Querschnitt grauviolett, 
auch entschieden violett. 

Durchschnittsmals: 25 mm Länge, 13 mm Breite, 7 mm Dicke. 

Gewicht: 20 Stück wiegen 22 g. 

Mikroskopischer Befund: Pigmentzellen dunkelviolett(zuweilen 
fast ganz fehlend), mit Eisenchlorid rot, mit Natronlauge wie Bahia 2 
Amylum 5,3 «. Brauner Farbstoff im Parenchym spärlich. 


2. Reaktionen der Auszüge von Bohnen verschiedener 


Provenienz. 

Nach Vorschrift Trojanowsky s wurden 2 & Kotyledonen- 
pulver mit 2 g Zuckerpuiver fein verrieben, mit 30 g Wasser über- 
gossen, 24 Stunden stehen gelassen und filtriert. Je 1 cem des 
Filtrats wurde mit den nachbezeichneten Reagentien versetzt und 
die eintretenden Reaktionen beobachtet. Dieselben sind in der 
folgenden Tabelle zusammengestellt, obwohl sie eine Bedeutung für 
die Unterscheidung von Kakaostandardmustern nicht haben, weil es 
nur durch Anführung derselben möglich ist, ihren zweifelhaften 


Wert darzuthun. 
(Schlufs folgt.) 


1. Bahia 
(Brasilien) 


2. Bahia 
(Brasilien) 


3. Para 


(Brasilien) 


4. Gutzko 


(Brasilien) 


5. Maracas 


(Brasilien) 


6. Canca 
(Columbien) 


7. Caracas 
(Venezuela) 


8. Garupano 
(Venezuela) 


9. Puerto- 
Cabello 


(Venezuela) 


10. Caraquez 
(Beuador) 


11. Machala- 
Guayaquil 
(Benador) 


12. Ariba- 
Guayaquil 
(Sommerernte) 
(Beuador) 


13. Ariba- 
Guayaquil 
(Winterernte) 


Farbe 


des Auszuges 


rotbraun 


bräunlich- 
gelb 


rötlichbraun 


bräunlich- 
gelb 


rot- 
braun 


strohgelb 


bräunlich- 
gelb 


schmutzig- 
hellgelb 


rötlich 
braun 


schwachrötlich- 
gelb 


braun 


schwachrötlich- 


gelb 


vrötlichbraun 


E 
E 
E 


Geruch 
des Auszuges 


schwacher 
Oacaogeruch 


sehr schwacheı 
Cacaogeruch 


schwacher 
Cacaogeruch 


desgl 


desgl 


sehr schwacher 
Cacaogeruch 


schwacher 
Cacaogerüch 


kräftiger 
Cacaogeruch 


ebenso 


Oncnogeruch 


Oacaogeruch 


schwacher 
Uacnogeruch 


 ——— 


Schwefelsäure 


auf Zusatz der 
ersten Tropfen 
himbeerrote 
Färbung, später 
trübe und braun 


Tropfen keine 
Reaction, bei 
mehr braun und 
schwarz 


auf Zusatz der 

ersten Tropfen 

schwachrötlich, 
dann braun 


blasshimbeerrot, 
bei mehr 
rotbraun 


bräunlichgelb, 
bei mehr 
rotbraun 


bei wenigen 
Tropfen unver- 
ändert, bei mehr 
bräunlich, 
beim Kochen 
dunkelbraun 


schwachgelbrot, 

dann bräunlich, 

beim Erhitzen 
braun 


rötlich, dann 
rotbräunlich, 
Erhitzen 
rotbraun 


beim 


rot, rotbraun, 
Erhitzen 
braun 


beim 


zunächst unver- 
ändert, dann 
braunrot 


die orstou Dropfen 
keine Renction, 
auf weiteren 
Zusatz 
schwache Rötung, 
dann rotbraun 


anfangs keine 
Reaction, bei 
mehr rotbraun, 
beim Erhitzen 
braunschwarzer 
Niederschlag 


anfangs 
keine Reaction, 

dann gelb, 
beim Erhitzen 

rotbraun 


bei den ersten 


Salpetersäure 


himbeerrot, 
beim Erhitzen 
orange, 
dann gelh 


keine Reaction 

in der Kälte, 

in der Wärme 
gell 


schwachrötlich, 
beim Kochen 
gelb 


himbeerrot 


bräunlichgelb 


unverändert, 
beim Kochen 
schmutziggelb 


unverändert, 
beim Erhitzen 
blassgelh 


schwachrötlich, 

beim Erhitzen 
gelb, mit 

gelbbraunem 


Niederschlage 


strohgelb, 
dann bei mehr 
rötlichbraun, 
beim Erhitzen 
rötlichbrauner 
Niederschlag 


zunächst 
unverändert, 
Erhitzen 
schwachgelb 


beim 


zunächst uuver- 
ändert, beim 
Erhitzen rötlich- 
gelb, dann gelb 
mit ebensolchenı 
Niederschlage 


wenige Tropfen 
keine Reaction, 


ınehr verblassend, 


beim Erhitzen 
ebenso, kein 
Niederschlag 
zuerst ver- 
blassend, beim 


Erhitzen gelblich, 


mit gelblichem 
Niederschlage 


Salzsäure 


himbeerrot, 
beim Erhitzen 
stärker rot 


keine Renction 

in der Kälte, 

beim Erhitzen 
bräunlich 


schwachrot, 
beim Kochen 
sehmutzig- 
rotbraun 


bräunlichgelh 


unverändert 

in der Kälte, 

beim Kochen 
rotbraun 


unverändert, dann 
beim Erhitzen 
schmutziggelb 


schwachrötlich, 

beim Erhitzen 

schmutzigrote 
Trübung 


beieinigen Tropfen 
strohgelb, beimehr 
in der Kälte eben- 
so, beim Erhitzen 
rotbrauner 
Niederschlag 


unverändert, 
auch in der 
Wärme 


unverändert, 
Erhitzen 
gelbbrauner 
Niederschlag 


beim 


erst verblassend, 
dann gelb, 
beim Erhitzen 
rotgelb, kein 
ederschlag 


keine Reaction, 
beim Erhitzen 
rötlicher 
Niederschlag 


himbeerrot | 


Salpetersaures Bleiessi 
eiessi 
Silber a 
weisse Trübung, 4 
beim Erhitzen En 
bräunlich Aline; 
weisse Trübung, anfangs 
beim Erhitzen grünliche, dann 
brauner weissgraue 
Niederschlag Fällung 


schmutziggelber 
iederschlag, 
beim Kochen 
vötlichbraun 


Trübung, 
beim Kochen 
braun 


Bleiacetat 


grüngraue 
Fällung 


wie bei 
Bleiessig 


wie bei Bleiessig 


Trübung, beim 
Erhitzen bräun- 


Jodtinetur 


schwache 


liche Flocken 


desgl. 


rotbraun, 
beim Kochen 

rotbraune 

Flocken 


schmutzigbraune 
Füllung, 
beim Erhitzen 
brauner 
Niederschlag 


desgl. 


schmutziggelbe 


braunrote 
schmutzigviolett- Fällung, 
brauner beim Erhitzen 
Niederschlag brauner 
Niederschlag 


In derKälte weiss-| schmutziggelbe 


liche Trübung, Trübung, 
beim Erhitzen beim Erhitzen 
rötlichgelber ebensolcher 


Niederschlag 


weissgelbe 


schmutziggelbe 
Trübung, beim 
brauner 
Niederschlag 


Trühbung, dann 
Kochen gelbrötlicher 


Niederschlag 


weissgelbe 
Trübung, 
beim Erhitzen 
gleichgefärbter 
Niederschlag 


ganz wie bei 
Silberlösung 


rotbrauner 
Niederschlag, 
in der Hitze 
ebenso 


rotgelbe Trübung, 
Erhitzen 
ebenso 


beim 


weisse Trübung, 
Erhitzen 
unverändert 


schmutzigweisse 
Fällung, ebenso 
beim Erhitzen 


beim 


rotgelbe 
beim 


Trübung, 

Erhitzen 
rotbrauner 

Niederschlag 


weissgelbe schmutriggelbe 


Trübung, Trübung, 
beim Erhitzen beim Erhitzen 
Niederschlag von rötlichgelber 
gleicher Farbe Niederschlag 

rötlichgelbe 
Trübung, 
desgl beim Erhitzen 
bräunlichgelber 
Niederschlag 


wie bei Bleiessig 


wie bei Bleiessig, 


wie bei Bleiessig 


wie bei Bleiessig 


wie bei Bleiessig, 


wie bei Bleiessig 


wie bei Bleiessig 


rotbrauner Niederschlag, 


beim Erhitzen ebenso 


wie bei Bleiessig 


wie bei Bleiessig 


desgl 


desgl. 


rotbraune 
Trübung, 
beim Erhitzen 
ebensolcher 
Niederschlag 


rotbraun, 
beim Erhitzen 

brauner 
Niederschlag 


rotbraun, 
beim Erhitzen 
brauner 


Niederschlag 
desgl 


rotbraune 
Trübung, 
beim Erhitzen 
Flocken 


desgl. 


rotbraun, 
dann gleicher 
Niederschlag 


desgl 


weisse 


Zinnchlorür 


schön violett rote 
Färbung, beim Er- 
hitzen schwache 


Trübung 


weisgrauer 
Niederschlag 


schmutzigrot, 
beim Kochen 
schmutzigroter 
Niederschlag 


rötlichbraune 
Trübung, 

beim Kochen 

Niederschlag 


ockergelle 

Trübung, 
beim Erhitzen 

ockerfar), 
Nieders 


gelbweisse 
Trübung, 

beim Erhitzen 
gleicher 

Niederschlag 


gelbweisse 
Trübung, 
beim Erhitzen 
gelbweisser 
Niederschlag 


gelbweisse 
Trübung, 
beim Erhitzen 
schwachrötlich- 
gelb werdend 
vötlichgelbe 
Trübung, 
beim Erhitzen 
ebensolcher 
Niederschlag 


Trübung 
beim Erhitzen 
Flocken 


weissgelbe 
Trübung, 
beim Erhitzen 
gleicher 
Niederschlag 


wie bei der 
vorigen 


60L--504 


Salpetersaures 
Quecksilber- 
oxydul 


rosafarbener 
Niederschlag, 
beim Erhitzen 
gelb, 
dann graubrau 


gelblich- 
weisser 
Niederschlag 


gelblichweisser 
Niederschlag, 
beim Kochen 
graubraun 


bräunlichgelbe 
Trübung, 
beim Kochen 
hellbrauner 
Niederschlag 


desgl 


Gelblicher 
Niederschlag, 
beim Erhitzen 
schmutziggell 


gelbweisser 
Niederschlag, 
beim Trhitzen 
rötlichgelber 

Niederschlag 


gelblichweisseı 
Niederschlag, 
beim Erhitzen 
sich etwas 


bräunend 


graurötliche 
Trübung, 

beim Erhitzen 

bräunlichgrauer 


Niederschlag 


gelblich weisser 
Niederschlag 
beim Erhitzen 


braun werdend 


desgl 


gelbliche 
Trübung, 
beim Erhitzen 
bräunlichgelber 
Niederschlng 


gelblichgraue 
Trübung, 

beim Erhitzen 
gleicher 

Niederschlag 


Eisenchlorid 


vorübergehend 


grün, 
dann braun 


desgl | 
desgl | 


desgl. 


desgl 


vorübergehend 
grün, dann beim 
Erhitzen bränlich, 
kein 
Niederschlag 
vorübergehend 
schmutziggrün, 
beim Erhitzen 
bräunlichgelb, 
kein 
Niederschlag 


vorlibergehend 
schmutziggrün, 
beim Erhitzen 


graubraun 


desgl 
etwas intensiver 


vorübergehend 
grün, dann 
grünbraune 


Trübung 


desgl 


vorübergehend 
grün, 
schmutzigbraun 
werdend beim 
Erhitzen 


dann 


desgl. 


Kupfersulfat 


blauviolette 
Trübung, 
dann beim 

Kochen grün 


grün, 
beim Erhitzen 
weissgrauer 
Niederschlag 


Erhitzen 
schmutziggrüner 
Niederschlag 


beim 


grüne Färbung, 
beim Kochen 


graue Flocken 


desgl. 


grünliche 
Trübung, beim 
Erhitzen grünliche 
Flüssigkeit, gelb- 
lichgrüner 
Niederschlag 


grünlichweisse 
Trübung, 
beim Erhitzen 
grünliche Flüssig- 
keit, gelbgrüner 
Niederschlag 


desgl 


grünlichweisse 
Trübung, 
ebensolcher 
Niederschlag 


grüne Trübung, 

beim Erhitzen 
grünbrauner 
Niederschlag 


desgl 


grünweisse 
Trübung, 
beim Erhitzen 
grünbrauner 
Niederschlag 


ebenso 


605605 


Farbe 
des Auszuges 


14. Guayaquil 
(Balao) 


braunrot 


15. Domingo 
(West-Indien) 


bräunlichgelb 


16. Dominica 
(West-Indien) 


rotbraun 


17. Granada 
(West-Indien) 


bräunlichgelb 


18. St. Lucia 
(West-Indien) 


braunroth 


19. Trinidad 
(West-Indien) 


madeirafarbig 


20. Ceylon 
(Asien) 


desgl. 


EEE 


21. Java 


(Asien) 


hellmadeirafarbig 


22. Kamerun 
(Afrika) 


braunrot 


23. St. Thome& 
(Afrika) 


rotbraun 


Geruch 
des Auszuges 


Cacaogeruch 


ganz schwacher 
Cacaogeruch 


Cacaogeruch 


schwacher 
Cacnogeruch 


dumptiger 
Cacaogeruch 


schwacher 
Oacaogeruch 


desgl 


desgl 


desgl 


desgl. 


Schwefelsäure 


himbeerrot, bei 
mehr braunroth 


blasshimbeerrot, 
bei mehr 
braunrot 
himbeerrot, 
bei mehr braun 
himbeerrot, 


bei mehr 
rotbraun 


desgl. 


blassgelb, 
bei mehr 
gelblichbraun 


blassgelb, 
bei mehr 
schmutziggelb 


desgl 


himbeerrot, 
bei mehr 
rotaraun 


desgl 


Salpetersäure 


himbeerrot, 
beim Kochen 
blassroth 


blasshimbeerrot, 
beim Kochen 
blassrot 


keine Veränderung 


e 
B 
F 


desgl 


himbeerrot, 
beim Kochen 


blassgelb, beim 
Kochen keine 
Veränderung 


desgl 


© 
[7 
In: 


himbeerrot, 
beim Kochen 


Salzsäure 


himbeerrot, 
beim Kochen 
blassrot 


blasshimbeerrot, 


beim Kochen 
blassrot 


himbeerrot, 
beim Kochen 


keine Veränderung 


desgl 


desgl 


blassgelb, beim 
Kochen keine 
Veränderung 


desgl. 


desgl 


himbeerrot, 
beim Kochen 


| 


keine Veränderunglkeine Veränderung! 


Salpetersaures 
Silber 


bräunlichgelbe 
Trübung, 

beim Erhitzen 

schwarzbraune 
Flocken 


weisse Trübung 
mit schwach- 


violettem Schiller, 


beim Erhitzen 
grauschwarz 


schmutzigrötlich- 
violette Trübung, 
beim Erhitzen 
grauschwarz 


desgl 


desgl 


weisse Tübung, 
beim Erhitzen 
grauschwarz 


gelblichwe 

Trübung, | 
Erhitzen 

grauschwarz 


im 


desgl 


schmutzigrötlich- 

violette Trübung, 
beim Erhitzen 
grauschwarz 


desgl. desgl desgl. 


Bleiessig! 


rotbraune 
Fällung, erhitzt 
hellbrauner 
Niederschlag 


schmutziggrau- 
weisse Fällung, 
erhitzt gelblieh- 
weisser 
Niederschlag 


hellgraue 
Füllung, erhitzt 
grauer 
Niederschlag 


schmutzig- 
bräunliche 
erhitzt 
gelbbräunlicher 
Niederschlag 


hellgraue Fällung, 


erhitzt grauer 
Niederschlag 


ockergelbe 
Fällung, erhitzt 
ockergelber 
Niederschlag 


desgl 


Jdesgl. 


schmutzig- 

bräunliche 
Tällung, erhitzt 
schmutzighell- 

brauner 
Niederschlag 


blaugraue 
Fällung, erhitzt 
blaugrauer 
Niederschlag 


Fällung, 


Bleiacetat 


braune Fällung, 
erhitzt 
hellbrauner 
Niederschlag 


schmutziggrau- 
Füllung, 


weisse 


erhitzt schmutzig- 


w 
Niederschlag 


er 


wie bei Bleiessig 


schnutzig- 
gelblichweisse 
Fällung, 
erhitzt hellgrauer 
Niederschlag 


graue Tüllung 
erhitzt grauer 
Niederschlag 


wie bei 
Bleiessig 


desgl. 


hellgraue Füllung 
erhitzt hellgrauer 
Niederschlag 


wie bei Bleiessig 


Jodtinktur 


braune Trübung, 
erhitzt 
braune Flocken 


braune Trübung, 
erhitzt hellbraune 
Flocken 


braune Trübung, 
erhitzt brau 


desgl. 


braune Trübung, 
erhitzt rotbraune 


Flocken 


hellbraune 
Trübung, erhitzt 
hellbraune 
Flocken 


desgl 


desgl. 


schmutzigbraune 
Trübung, erhitzt 
hellbraune Flocken! 


rotbraune 
Trübung, erhitzt 

rotbraune 

Flocken 


Zinnchlorür 


hellbraune 
Trübung, erhitzt 


bräunliche Flocken] 


blassviolettrote 
Trübung, erhitzt 


schmutzigblassrote) 


Flocken 


violettrote 
Trübung, erhitzt 
himbeerrote 
Flocken 
in violetter 
Flüssigkeit 


hellrote Trübung, 
erhitzt blassrote 
Flocken 
in himbeerroter 
Flüssigkeit 


viollettrote 
Trübung, erhitzt 
violettrote 
Flocken 
in violettroter 
Flüssigkeit 


blassgelbe 

Trübung, erhitzt 
strohgelbe 
Flocken 


desgl. 


himbeerrote 
Trübung, erhitzt 
blassrote locken 
in himbeerroter 

Flüssigkeit 


Trübung, erhitzt 
otviolette Fl 
in violett 
Flüssigkeit 


selumutzig- 
brüunliche 


rothviolette = 


Salpetersaures 
Quecksilber- 
oxydul 


hellbraune 
Trübung, gekocht 
graubrauner 
Niederschlag 


schmutziggelb- 
bräunliche 


Eisenchlorid 


Kupfersulfat 


Trübung, gekocht 


bräunlichgelbe 
Flocken 


schmutziggelb- 
bräunliche 
Trübung, gekocht 
hellbraune 
Flocken 
schmutziggelb- 
bräunliche 
Trübung, gekocht 
graubraune 
Flocken 


sehmutzighell- 
bräunliche 
Trübung, gekocht 
graubrauner 
Niederschlag 


strohgelbe 
Trübung, gekocht 
bräenlicheeiber 
Niederschlag 


Trübung, gekocht 
schmutzighell- 
brauner 
iederschlag 


rötliche Trübung, 
gekocht 
schmutzigbrauner 
Niederschlag 


| 
= 
) 


Fr 


graugrün, 
gekocht bräunliclı 
grüne Flocken 


desgl 


dunkelgraugrün 
gekocht 

bräunlichgrüne 
Flocken 


desgl 


bräunlichgrün, 
gekocht 

bräunlichgrüne 
Flocken 


desgl 


grünlichbräunlich, 


gekocht bräunlich 


dunkelgraugrün, 
ekocht graugrüne 
Flocken 


desgl 


grau grünlich, 

gekocht bräunlich 
graue Flocken jn 
grüner Flüssigkeit 


schmutziggrün, 
gekocht 
schmutzig- 
hellgraue Flocken 


grau, gekocht 
graugrünliche 
Flocken 


grünlichgrau, 
gekocht hellgrane 
Flocken 


aschgrau 
gekocht 

‚graugrünliche 
Flocken 


blassgrün 
gekocht 
grauweisse 
Flocken in grüner 
Flüssigkeit 
gılin, gekoclt 
grauweisse 
Flocken 
in grüner 
Plüssigkeit 


blassgrün 
gekocht 
grauweisse 
Flocken 
in blassgrüner 
Tlüssigkeit 


graugrlin, 
desgl. beim 
Kochen 


blaugrau, gekocht 
bläulichgrau 


4 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 609 


Arbeiten aus dem pharmaceutischen Institut der 
Universität Bern. 


Über das spektroskopische Verhalten des 
Blutes nach Aufnahme von schädlichen Gasen 
und eine Methode diese Veränderungen für ge- 
richtliche Zwecke objectiv zur Darstellung zu 

bringen. 


Von Gustav Bider.“) 


Einleitung. 

Im Jahre 1862 entdeckte Hoppe-Seyler!) seinerzeit in Tü- 
bingen, und unabhängig von ihm zu gleicher Zeit H. Valentin?) in 
Bern das eigenthümliche Absorptionsspectrum des Blutes. Beide 
Forscher erkannten sofort den hohen Wert dieser Entdeckung und 
wiesen auf deren praktische Verwendung in der gerichtlichen Chemie 
hin. Im Hinblick darauf untersuchten sie das spektroskopische Ver- 
halten des Blutes nach Zusatz von verschiedenen Flüssigkeiten und 
nach Aufnahme von diversen Gasen. Mit dem allgemeineren Ge- 
brauche der Spektralapparate und der Vervollkommnung derselben 
ging die Beobachtung des Absorptionsspektrums des Blutes in 
seinen verschiedenen Zuständen und in seiner Wechselwirkung mit 
anderen Körpern Hand in Hand. In zahlreichen Arbeiten wurden 
die diesbezüglichen Untersuchungen niedergelegt. Es sind neben 
den grundlegenden Abhandlungen obengenannter beider Physiologen 


#) Nachstehend übergebe ich die Arbeit des bei einer Besteigunzs 
der Jungfrau verunglückten Herrn Bider unverändert in der Form dem 
Druck, den dieselbe durch den Autor bei Bewerbung um den Preis der 
philosophischen Fakultät der Universität Bern seiner Zeit empfing. 
Ich habe davon abgesehen, die mittlerweile neu hinzugekommene 
Litteratur einzufügen. Leider war es aus formalen Gründen nicht 
möglich, die sehr zahlreichen vortrefflichen Photographien des Autors“ 
mit zu veröffentlichen. Tschirch. 

1) Archiv f. pathol. Anatom. u. Physiolog. 1862, 23 S. 446 —449. 

2) G. Valentin. Der Gebrauch des Spektroskopes zu physiol. u. 
ärztlichen Zwecken 1863 8. 73. 


610 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 


namentlich noch diejenigen von Preyert), Fumouze?), Vierordt3) 
und von Soret*) zu nennen. Aufserdem finden sich in der ein- 
schlägigen Litteratur seit dem Jahre 1862 kleinere oder grölsere sach- 
bezügliche Berichte in grofser Anzahl zerstreut. Ich werde an zu- 
gehörigem Orte auf dieselben verweisen. Mit der Zahl der Beobachter 
machten sich auch verschiedene Angaben über das Beobachtete 
geltend. Hierbei dürfte jedenfalls der grofsen Verschiedenheit der 
Spektralapparate mit ihren verschiedenen willkürlichen Skalen nicht 
die geringste Schuld beizumessen sein. Wahrscheinlich infolge 
dieser verschiedenen Angaben einerseits und durch die Vervoll- 
kommnung der Spektroskope andererseits, fühlte sich der unermüdliche 
G. Valentin 19 Jahre später veranlafst?), seine früher gemachten 
Beobachtungen zu vervollständigen und weiter auszudehnen. Während 
die ersten Beobachter alle als Ortsangabe im Spektrum willkürliche 
Skalen benutzten, war er in seiner Arbeit vom Jahre 1882 der erste, 
der zu diesem Zwecke die allgemein gültigen Angaben in Milliontelmm. 
Wellenlängen anwandte. Es ist einleuchtend, in welch hohem Grade 
dieses Malssystem den Vergleich der von verschiedenen Beobachtern 
angestellten Untersuchungen erleichtert. —- 

In letztgenannter Arbeit von Valentin, meines Wissens die 
letztausführlichste, wurde das Verhalten des Blutes nach Aufnahme 
von verschiedenen Gasen für das sichtbare Spektrum ausführlich 
untersucht und zum Teil gegenüber andern Forschern auseinander- 
gehende Resultate erhalten. Ich erwähne hier nur die Verneinung 
jeder Verschiebung der Oxyhaemoglobin-Blutbänder durch Kohlen- 
Oxyd.d) — 

Eine genaue Kontrolle dieser teilweise stark differierenden An- 
gaben konnte in erster Linie durch Vervollkommnung der Beob- 
achtungsmethode unterstützt werden. Ich sah mich in der inzwischen 
erschienenen Litteratnr nach Neuerungen an Spektroskopen etc. um, 


1) W. Preyer. Die Blutkrystalle. Jena 1871. 

2) V. Fumouze. Les spectres d’absorption du sang. Paris 1871. 

3) K. Vierordt. Die Anwendung dasSpektralapparates. Tübingen 1873. 
Id. Die quantitative Spektralanalyse. Tübingen 1876. 

4) Compt. rend. 86. 1878 pag. 7ll u.a. 0. 

5) Zeitschrift für Biologie Bd. XVIII pag. 173— 219. 

6) Zeitschrift für Biologie Bd. XVIII pag. 200. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 6ll 


fand aber zu diesem Zwecke wenig von Belang. Hingegen hat sich 
in den Jahren, die seit dem Erscheinen obiger Arbeit verflossen 
sind, eine jüngere Disziplin der Physik und Chemie derart vervoll- 
kommnet, dals sie im Stande geworden ist, diesen Wissenschaften, 
und speziell der Spektralanalyse die wesentlichsten Dienste zu leisten. 
Ich meine die Photographie. Dieselbe wurde schon viel früher!) 
1842 und 1843 mit Erfolg zu Spektraluntersuchungen angewendet. 
Abererst durch die Vereinfachung, dieder photographische Prozefs durch 
die Einführung der Bromsilber-Gelatine-Trockenplatten erhielt, kam die- 
selbe zu diesen Zwecken in allgemeineren Gebrauch. Allerdings beschränk- 
ten sich diese Beobachtungen auf die blauen, violetten und ultravioletten 
Teile des Spektrums. Erst die allerneueste Zeit brachte es aber 
dahin, das ganze Spektrum mit Ausnahme des äufsersten Rot und 
Ultrarot auf der photographischen Platte zur Einwirkung zu bringen 
und zwar ohne wesentliche Schwierigkeiten. Nachdem Vogel?) im 
Jahre 1873 die optischen Sensibilisatoren entdeckt hatte, wurde die 
Sache noch von mehreren Forschern weiter verfolgt, und seit dem 
Jahre 1882 werden von verschiedenen Firmen sensibilisierte Brom- 
silber-Gelatine-Trockenplatten in den Handel gebracht, die bis über 
die Fraunhofer’sche C-Linie hinaus empfindlich sind. Allerdings 
geben diese Platten die verschiedenen Teile des Spektrums mit ver- 
schiedener Intensität. Das Ideal des Spektrumphotographen, eine 
Platte, die alle Teile des Spektrums gleichmälsig wiedergiebt, ist 
bis jetzt nicht erreicht worden. Man kommt demselben aber, wie 
die Arbeiten von Eder?) beweisen, immer näher. 

Für die vorliegende Arbeit verwandte ich die von der Firma 
Joh. Sachs & Cie. in Berlin in den Handel gebrachten sogenannten 
Azalin-Platten, dargestellt nach der geheimgehaltenen Vorschrift von 
Prof. Dr. Vogel. Mit Hilfe dieser Platten, der besten, die zu 
diesem Zwecke im Handel zu bekommen waren, lassen sich die 
beiden zwischen den Fraunhofer’schen Linien D und E gelegenen 


1) Biblioth. univers. de Geneve 1842 Bd. 40 auch Becquerel. La 
'Iumiere 1867 Bd. 1 pag. 138. 

2) Berliner Bericht 1873, Seite 1305. 

3) Monatshefte für Chemie, VI. Bd. 1885, 1. Heft pag. 1--47, 10 Heft 
pag. 927—953; VI. Bd. 1886, 1. Heft pag, 1-8, 7. Heft pag. 331-350, 
8. Heft pag. 429—-454 u. folgd. 


612 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 


Absorptionsbänder des Blutes mit Leichtigkeit photographieren. Wie 
viel aber eine Photographie, das genaue, unbegrenzt haltbare Bild 
des im Spektrum beobachteten, wert ist, weils jeder, der sich mit 
solchen Untersuchungen befalst hat. 

W.N. Hartley!), eine Autorität auf dem Gebiete der Spektral- 
üntersuchungen, schreibt in einer seiner jüngsten Arbeiten über 
Metallspektren: „The exact composition of even part of the spectrum 
of a metal will not be known until we have obtained photographs 
ofiton alarge scale.“ Dasselbe gilt von den Absorptionsspektren. Wie 
viel auch sonst in der Beschreibung der Absorptionsspektren geleistet 
worden ist, so hat doch aulser Soret meines Wissens Niemand die 
Photographie zu diesem Zwecke angewendet und auch Soret wandte 
sie nur für den blauen und ultravioletten Teil des Spektrums an. 

Auf welche Weise es mir nun gelungen ist, die photographische 
Platte auch den gewöhnlichen Spektralbeobachtungen dienstbar zu 
machen und von welchem Erfolge diese Anwendungen für die Unter- 
suchung des Absorptionsspektrums des Blutes begleitet ist, darüber 
mag Nachstehendes Auskunft geben. — 

Apparate, Instrumente und Beobachtungs- Methoden. 

Das Spektroskop, das mir für die vorliegende Arbeit zur Ver- 
fügung stand, ist ein Instrument einfacher Konstruktion, hervorge- 
gangen aus der Fabrik der Societe genevoise pour la con- 
struction d’instruments de physique. Der in verticaler Rich- 
tung und um seine Axe bewegliche Tisch trägt ein leichtes Flint- 
glasprisma A Figur 1. d. Tafel mit einem brechenden Winkel von 609, 
ein Spaltrohr B, ein Skalenrohr E und ein mit Mikrometerschraube K 
horizontal verschiebbares Fernrohr ©. Das Okular des letzteren ist 
mit einer Zahnradbewegung einzustellen. Die Kollimatorlinse und 
die Objektivlinse des Fernrohrs haben Brennweiten von je 17 cm 
mit 22 mm Öffnung. Der Spalt N ist durch eine Mikrometerschraube 
verstellbar und kann zum Zwecke der Aufnahme von mehreren 
Spektren auf derselben Platte durch einen vor demselben in verti- 
kaler Richtung verschiebbaren Schieber, der einen !/; mm hohen 
Einschnitt hat, successive abgedeckt werden. Fig. 2 d. Tafel zeigt 


1) Proceed. of the Royal Society, Vol. III, Description of the in- 
'struments and processes employed in Photographing. Ultra violet 
spectra. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 613 


das Nähere dieser Einrichtung. Mit der Mikrometerschraube A wird 
die Spaltweite reguliert. Vor dem Spalt befindet sich der durch die 
Feder F auf die Schraube © gedrückte Schieber B. Die Mikro- 
meterschraube © gestattet das beliebige Einstellen derselben. Die 
gemachte Verschiebung läfst sich mit Hilfe der Skala D bestimmen. 
Durch Abschrauben des, die Schraube © tragenden Bügels kann 
der Schieber leicht herausgenommen und durch andere, grölsere Ein- 
schnitte tragende, ersetzt werden. Schieber letzterer Art wandte ich 
z. B. bei der Aufnahme von Metallspektren an. Ein herausgenom- 
mener Schieber ist im Aufrifs durch G, in der Seitenansicht durch 
H dargestellt.!) — Zum Schutze des Spaltes gegen Staub, Metall- 
dämpfe ete. wird derselbe mit einem Deckel mit Glasplatte zuge- 
deckt, die Bewegungen der Schrauben A und © sowie die Kontrol- 
lierung der letzteren sind dadurch nicht gehindert. 

Das in horizontaler Richtung bewegliche und ausziehbare Skalen- 
rohr enthält eine Skala von 1—270. Im Okular sind jedoch auf 
einmal nur 150 Skalenteile sichtbar. Die Zahl 50 stellte ich für 
vorliegende Arbeit auf die Natriumlinie (Wellenlänge 588 mill. mm.) 
ein. Der Wert der übrigen Skalenteile wurde durch Konstruktion 
einer Kurve mit Hilfe von Metall-Linien-Spektren bestimmt. Die Be- 
nützung der Frauenhofer’schen Linien zu diesem Zwecke war ört- 
licher Verhältnisse wegen gänzlich ausgeschlossen. 

Die als Konstanten gewählten Metall-Linien sind: 


Wellenlänge: Skalenteil: 
Li 670,5  Huggins 51,5 
Cd, 643,7 Mascart 36,5 
Zn 636,0 Huggins 38,0 
Na 588,9 Thalen 50,0 
Zn 574,1 Thalen 56,0 
04 f 537,7  Mascart 66,5 
> \5533,6 N 68,0 
Cd, 508,4 = 79,0 
Zn 492,3 2 86,5 
Cd, 479,9 v 94,0 
Cd, 467,7 5 101,5 
Cd, 441,5 e 120,0 
Luft 4347 Lecoq de Boisbaudran 126,0 
in 426,2 Plücker 135,0 


1) Diese Vorrichtung liefs ich bei Herrn Mechaniker Pfister 
in Bern anfertigen. 


614 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


Zur Erzeugung der Metallspektren diente mir ein von Herrn 
Dr. Rothen auf verdankenswerteste Weise zur Verfügung gestellter 
grofser Ruhmkorff, dessen Induktionsfunken eine Schlagweite bis zu 
20 cm in der Luft aufweist. Die Pole der Induktionsspule wurden 
mit den beiden Belägen eines Kondensators verbunden und dieser 
hinwiederum mit den Elektroden des Entladers. Der Kondensator 
bestand aus sechs bis auf 3 cm vom Rande beiderseitig mit Stanniol 
belegten Hartgummiplatten, die in einem Abstand von 2 cm in vier 
Hartgummisäulen eingelassen waren. Die oberen Beläge waren 
unter sich verbunden, ebenso die unteren. Die zur Wirkung kom- 
mende Gesamtoberfläche betrug 11232 gem. Bei einem Strom von 
ca. 8 Amperes, den eine Dynamomaschine lieferte, gab der Ruhm- 
korff pro Minute ca. 200 intensive, lichtstarke Funken von 
5 mm Schlagweite. Die Elektroden bestanden aus 1 mm dicken 
vorn abgerundeten Metalldrähten, die dem Spalte parallel in einem 
Entlader befestigt waren. Diese Einrichtung zur Darstellung von 
Metallspektren ist, von Nebensächlichkeiten abgesehen, dieselbe wie 
sie W. W. Hartley!) zum Studium des ultravioletton Spektrums 
benutzte. 

Als Lichtquelle für die direkten Beobachtungen diente zerstreutes 
Tageslicht oder eine gute Gasflamme. Zur Photographie der 
Spektren ist hingegen ein durchaus intensives Licht erforderlich. 
Da ich, wie schon erwähnt, von der Benutzung des direkten Sonnen- 
lichtes Umgang nehmen mufste, probierte ich verschiedene andere 
Lichtquellen. Mit Gasflammen und Petrollampen lassen sich nach 
stundenlanger Exposition allerdings auch Photographien erhalten. Zur 
Untersuchung der Absorptionserscheinungen des Blutes ist aber eine 
lange Expositionszeit in den meisten Fällen unzulässig; denn das 
mit Gasen behandelte Blut ist unter Umständen einer raschen Zer- 
setzung unterworfen, welche durch die mit der langen Belichtung 
verbundenen Erwärmung des Blutes vor dem Spalte noch beschleunigt 
wird. Etwas bessere Resultate wies die Bourbouze’sche Platin- 
Gebläselampe auf. Sie erforderte zur Erzeugung einer hinreichend 
kräftigen Wirkung auf der Platte eine halbe Stunde. Da sie aber 

1) Proceedings of the Royal society IIL „Description of the in- 


struments and processes employed in Photographing Ultra - violet 
spectra“. Separatabdruck pag. 5. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 615 


sehr viel Wärme ausstrahlt, so ist sie zu besagtem Zwecke ebenfalls 
unbrauchbar. Diese Übelstände schien das elektrische Kohlenglüh- 
licht nicht aufzuweisen. Ich unterzog dasselbe daher einer ein- 
gehenden Prüfung. Den nötigen elektrischen Strom lieferte mir eine 
Chromsäure-Batterie von 18 hintereinander geschalteten Elementen. 
Die Kohlen und Zinke der Batterie können mit einer Welle und 
daran befestigter Kette beliebig gehoben und gesenkt werden, so 
dafs die Batterie je nach der eingetauchten Oberfläche einen ver- 
schieden starken Strom geben kann. Die elektromotorische Kraft 
(der ganzen Kette war bei frischer Füllung (10 Teile doppeltchrom- 
saures Natron, 100 Teile Wasser, 15 Teile Schwefelsäure) 30 bis 
31 Volt. Die in den Stromkreis eingeschaltete Glühlampe hatte 
einen Widerstand von 22 Ohm, so dafs trotz sehr lebhaften Glühens 
der Kohlenfaden nicht verbrennen konnte. Eine Umschaltvorrichtung 
gestattete, die Lampe vor dem Skalenrohr und die vor dem Spalt- 
rohr beliebig zu benutzen. Bei einer Spaltöffnung von 0,3 mm 
Breite zeigte sich eine Beleuchtungszeit von 5 Min. genügend, um auf 
der Platte bis zum Skalenteile 32 das Bild schart anzugeben. Die 
Skala erforderte eine Belichtung von blofs 30 Sek. Die richtige Licht- 
quelle schien hiermit gegeben zu sein. Eine der folgenden Auf- 
nahmen mit vorgesetztem Blute und mit engerem Spalt jedoch lehrte 
mich eines Anderen. Ich‘ bemerkte beim Photographieren, dafs 
(die verschiedenen Spektren alle von eigentümlichen, dunklen Linien 
durchsetzt waren. Ich verfolgte diese Erscheinung und erhielt bei 
(der nächsten Aufnahme mit engerem Spalte, aber ohne vorgesetztes 
Blut bei verschiedenen Beleuchtungszeiten dasselbe Resultat. Diese 
(dunkeln Linien konnten daher nar von der Lichtquelle selbst her- 
rühren. Die Entscheidung, welchem Dampfe dieses eigentümliche 
Linienspektrum angehört, lasse ich dahingestellt. Thatsache ist, dafs 
das Kohlenglühlicht zur Erzeugung eines kontinuirlichen Spektrums 
auf der photographischen Platte nicht verwendet werden kann. Mit 
blofsem Auge war es mir nicht möglich, helle Streifen im Spektrum 
wahrzunehmen. Es ist dies ein schlagender Beweis, wie überlegen 
‚die photographischen Spektralbeobachtungen sind und wie viel ge- 
nauere Resultate durch sie erlangt werden können. 

Nun untersuchte ich das Licht eines elektrisch glühenden 
Platindrahtes auf seine Brauchbarkeit zum Photographieren. Die 


616 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc, 


Batterie war zu diesem Zwecke ihrer zu geringen Konstanz wegen 
nicht geeignet. Ich benutzte daher eine sonst elektrolytischen 
Zwecken dienende Schuckert'sche Dynamomaschine, die durch 
einen ®/‚pferdigen Wassermotor in Bewegung gesetzt wurde. Nach 
zahlreichen Versuchen zeigte es sich, dafs zur Erzeugung eines hin- 
reichend intensiven Lichtes ein Strom von 12!1/; Amperes für einen 
Platindraht von S cm Länge und 0,5 mm Dicke nötig ist. Ist der 
Strom stärker, so schmilzt der Draht ab, ist er schwächer, so glüht 
er nicht genügend. Den Platindraht wickelte ich auf einer I mm 
dicken Stricknadel zur engen Spirale auf. Hierbei mufs beachtet 
werden, dafs die einzelnen Windungen überall einen Abstand von 
0,5 mm haben. Ist dieses nicht der Fall, so schmelzen einzelne 
Windungen leicht zusammen und der Draht glüht, des geringen 
Widerstandes wegen, nicht mehr genügend. Zum Befestigen der 
Drahtspirale parallel mit dem Spalt diente mir die Vorrichtung 
Fig. 3. d. Tafel. Die mit durchgehendem Einschnitte D versehene 
Ebonitplatte A trägt zwei Messingsäulen B und Ü. Diese sind mit 
den den Maschinenstrom aufnehmenden Messingstücken H und G 
verschraubt. Die obere Säule B ist fest und besitzt bei F eine 
vertikale Durchbohrung zur Aufnahme des Platindrahtes. Die untere - 
Säule © kann durch die Mutter G losgeschraubt und dann beliebig 
auf und ab bewegt werden. Sie besitzt bis in ihre Mitte einen 
durchgehenden vertikalen Einschnitt K, der durch eine Schraube zu- 
geklemmt werden kann und der das andere Ende des Platindrahtes 
aufnimmt. An der Lampe ist unten ein Eisenstab angebracht, mit 
welchem sie in irgend einem Stativ befestigt werden kann. Es ist 
notwendig, dals die Messingsäulen eine gewisse Dicke haben, indem 
sonst durch weilsglühenden Draht die ihn tragenden Säulen sich zu 
stark erhitzen, was ein Erweichen und Verziehen des Hartgummi zur 
Folge hat. Die verwendeten Spiralen haben ca. 10—20 Stunden 
Brennzeit. Nach dieser Zeit wird die Oberfläche des Drahtes rissig 
und bekommt Sprünge, so dafs bei längerer Benutzung das Zu- 
sammenschmelzen desselben jeden Augenblick eintreten kann. Da 
das Platin nicht verloren geht und nur wenig an Wert verliert, so 
hat dieser Umstand keine Bedeutung. Ich machte mir eine Partie 
dieser Spiralen, wie sie L zeigt, vorrätig, so dafs ein abgeschmolzener 
Draht in höchstens einer Minute durch einen andern ersetzt werden 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 617 


konnte. Mit Hülfe dieser Lampe, die mir unter allen Umständen 
ein kontinuirliches Spektrum gab, wurden sämtliche Photographieen 
aufgenommen. Die Belichtungszeit war gewöhnlich 10 Min., wurde aber 
unter Umständen bis auf 2 Stunden erhöht. Sie hängt natürlich 
wesentlich von der Vergröfserung ab, die das Spaltbild durch das 
Linsensystem erleidet. Die zu meinen Photographien angewandte 
Vergrölserung ist die zwölffache. Sie läfst sich durch Messen der 
Spalthöhe und Höhe des Spektrumbildes leicht bestimmen. Noch 
eine Schwierigkeit bereitete mir bei eben beschriebener Lampe der 
die Dynamomaschine treibende Motor. Er empfängt sein Speise- 
wasser aus der städtischen Wasserleitung, unterliegt daher allen 
Schwankungen, denen der Wasserverbrauch einer solchen Leitung 
ausgesetzt ist. Es kam nun vor, dafs, wenn ich die Maschine in 
Thätigkeit gesetzt hatte und der Strom die richtige Stärke aufwies, 
dieselbe nach kürzerer oder längerer Zeit um !/;,—1 Amperes ver- 
mindert oder vermehrt wurde, der Platindraht infolgedessen nicht 
mehr stark genug glühte oder aber abschmolz. Um ein daher- 
rührendes allzuhäufiges Abschmelzen des Platindrahtes zu vermeiden, 
schaltete ich einen Regulator in den Stromkreis ein, der zu starke 
Ströme ausschlofs. Er beruht auf dem Prinzip, dafs bei zu starkem 
Strom ein Elektromagnet einen mit Feder nnd Schraube regulierbaren 
Anker anzieht und dieser den Strom unterbricht, bis er wieder die 
gewünschte Stärke hat. Ich konstruierte mir diesen Apparat aus 
einem unbrauchbar gewordenen Morse’schen Telegraphen-Apparate. 
Die Spulen des Elektromagneten aus dünnem Drahte, mufsten hier- 
bei durch solche von 4 mm Dicke ersetzt werden. 

Soviel mir bekannt ist, wurden zur Spektrum-Photographie immer 
nur eigens dazu konstruierte Apparate, die sogenannten Spektro- 
graphen benutzt. In ganz neuester Zeit werden auch Spektrum- 
photographien direkt mit auf Hohlspiegeln von gro/sen Krümmungs- 
radien eingravierten Interferenzgittern aufgenommen!). Da mir keines 
dieser Spezial-Instrumente zu Gebote stand, so versuchte ich mit 
einem gewöhnlichen Spektroskope und einer photographischen Kamera 
zum Ziele zu gelangen. Mit dem Spektralapparat, wie man ihn in 
den chemischen Laboratorien zu haben pflegt, lassen sich auf zwei 


1) Photographisches Wochenblatt 1885 pag. 353—356. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bäs. 8. Heft. 39 


618 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


Arten reelle Spaltbilder erhalten. Entweder entfernt man das Okular 
des Fernrohrs und reguliert die Entfernung des Bildes durch Ein- 
oder Ausschieben des Spaltes oder aber man beläfst das Okular im 
Fernrohre, zieht es soweit aus, bis das Bild des Objektivs vor den 
Fokus des Okulars kommt und stellt das verkehrte, vergröfserte 
reelle Bild mit dem Okularzahnrad ein. Ein pbotographisches Ob- 
jektiv ist in beiden Fällen überflüssig. Auf die erste Art erhält 
man erst in grolser Entfernung von der ÖObjektivlinse eine einiger- 
malsen starke Vergröfserung. So brauchte man z. B. um die gleiche 
Vergrölserung zu haben, wie ich sie mit dem Okular anwandte, eine 
Entfernung von über 2 m. Hierdurch würde der Apparat bedeutend 
komplizierter, auch ist die Verschiebung des Spaltrohres umständ- 
licher zu handhaben, als die des Okulars. Will man die photo- 
graphische Platte selbst verschieben, so kann man zur Herstellung 
mehrerer Spektren über einander mit einer geringeren Vergrölserung 
oder auch ohne solche schon auskommen. Das Verschieben der Platte 
aber, das bei nicht ganz genauer, spezieller Konstruktion der Kamera, 
wie sie W. N. Hartley besafs, leicht zu Fehlern Veranlassung 
geben kann, ist mit der Anwendung des vertikal verschiebbaren 
Spaltes und der Okular-Vergröfserung umgangen. 

Fig. 1 d. Tafel zeigt die Zusammenstellung des Apparates, wie ich 
ihn für vorliegende Untersuchung anwandte, E. ist die Kamera. Ich 
befestigte sie auf einem zwischen zwei Leisten in der Richtung der 
Axe der Kamera beweglichen Holzschlitten. Die beiden Leisten 
wurden direkt auf einen Tisch aufgeschraubt. Auf einem benach- 
barten Tische, der mit dem die Kamera tragenden fest verbunden ist, 
steht das Spektroskop. Das Okular D befindet sich in der Mitte 
der Öffnung der Kamera.. Einen luftdichten Verschlufs zwischen 
Okular und Kamera, der die Bewegung des ersteren gestattet, er- 
zielte ich mit der Sammetkappe A. Das Okular D habe ich in der 
Zeichnung der Einfachheit halber nur mit einer Linse bezeichnet. 
während esin Wirklichkeit zwei besitzt. Das von der Platinlampe P. 
ausgestrahlte Licht geht durch die mit der Blutlösung gefüllte Zelle 
M, tritt durch den Spalt N in das Spektroskop ein, und wird durch 
das Prisma A dispergiert. Die in verschiedene Farben zerlegten 
Lichtbüschel werden durch die Objektlinse innerhalb der doppelten 
und aufserhalb der einfachen Brennweite des Okulars zu einem 


G. Bider, Spektroskopieshes Verhalten des Blutes etc. 619 


reellen auf der vom Kassettenschieber R entblöfsten, 22 cm ent- 
fernten photographischen Platte F als reelles, umgekehrtes, ver- 
gröfsertes Bild projiziert. 

Die von der Lampe L durch das Skalenrohr S auf die Prismen- 
fläche fallenden Strahlen erleiden im Fernrohr dieselbe Brechung und 
erzeugen auf der Platte ein entsprechendes Bild. Es ist selbstver- 
ständlich, dafs durch Ein- und Ausschieben der Kamera mit der 
Kurbel J und gleichzeitiger Veränderung der Okularstellung mit der 
Zahnradschraube H, die Billgröfse sich beliebig verändern läfst. 
Mit der Vergröfserung ändert sich natürlich die Belichtungszeit. Die 
hier gemachten Angaben beziehen sich alle auf eine 12fache Ver- 
gröfserung. Diese Art der Anwendung des gewöhnlichen Spektros- 
kopes zum Photographieren entspricht natürlich nicht den Anforde- 
rungen, die man an einen eigens zu diesem Zwecke konstruierten 
Apparat, an einen Spektographen, stellen kann. Hingegen ist der 
Apparat zum Studium der Absorptionserscheinungen vollkommen ge- 
nügend und leistet für die grolse Einfachheit ganz Gediegenes. Zur 
Aufnahme der verschiedenen Blutverdünnungen diente mir jn den 
meisten Fällen eine Quarzzelle, deren planparallele Platten einen 
Abstand von 5 mm haben. Für die Beobachtungen mit blofsen 
Augen gebrauchte ich auch öfters Glasgefäfse mit Wandabständen 
bis zu 5 cm. 

Zur Photographie des sichtbaren Spektrums untersuchte ich zwei 
Arten sensibilisierterTrockenplatten. Die erstere Art, die sogenannten 
„Orthochromatischen Trockenplatten“ von der Firma F. Weisbrod & Cie. 
in Frankfurt a. M. erwiesen sich ihrer für die gelben und roten 
Spektrumteile geringen Empfindlichkeit wegen als untauglich. Zur 
Photographie von farbigen Objekten mögen sie schon bessere 
Leistungen aufweisen als die gewöhnlichen Trockenplatten, die für 
grün nur noch schwach empfindlich sind. Die Resultate, die ich 
mit den Vogel’schen Azalinplatten erhielt, waren derart, dafs sie mich 
bewogen, sie für vorliegende Arbeit ausschliefslich zu benutzen. 
Es sind Bromsilber-Gelatine-Trockenplatten, die entweder in der 
Lösung eines Farbstoffes, Azalin genannt, gebadet worden sind, 
oder denen dieser Farbstoff bereits in der Emulsion zugesetzt 
worden ist. Bei einer Belichtungszeit von 10 Minuten und 
einer Spaltweite von 0,2 mm zeigen diese Azalinplatten 

39* 


620 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 


eine Lichtwirkung bis zur Wellenlänge 650. Bei zweistündiger 
Belichtung steigt die Empfindlichkeit bis zur Wellenlänge 680—690, 
so dafs es z. B. möglich wurde, das Schwefelwasserstoftband im 
Rot photographisch darzustellen. Etwas störend ist die weniger 
grolse Empfindlichkeit der Azalinplatten für Licht von den Wellen- 
längen 420-490. Versuche, diesen Übelstand durch vorgesetzte 
grüne Gläser zu beseitigen, waren ohne Erfolg. Als Entwickler für 
diese Platten diente mir der gewöhnliche Eisenoxalat-Entwickler be- 
stehend aus: 
I. 100 g neutralem oxalsaurem Kali 
400 g Wasser 
II. 30 g Eisenvitriol 
100 g Wasser. 
3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure. 

Zum Gebrauche mischt man 4 Teile Lösung I und 1 Teil Lö- 
sung II. Im Übrigen sind die photographischen Operationen die- 
selben, wie bei den gewöhnlichen Trockenplatten, nur muls das Ein- 
legen der Platten in die Cassetten und das Entwickeln in einem ab- 
solut finsteren Raume vorgenommen werden. @Geschieht das nicht, 
so zeigen dieselben auch bei nur geringer Belichtung durch die rote 
Laterne oft einen Schleier. 

Die Messungen über die Orte der Absorptionsbanden wurden 
an den Negativen ausgeführt. Die Positivpapiere sind zu diesem 
Zwecke untauglich, da sie beim Trocknen alle ein Zusammenziehen, 
das bis zu 10 Proz. betragen kann, aufweisen. 

An dieser Stelle erlaube ich mir noch meiner unmafsgeblichen 
Meinung über die Untersuchung von spektroskopischen Absorptions- 
erscheinungen Raum zu geben. Ich halte nämlich dafür, dafs es 
beim Studium der Absorptionsspektren von unvergleichlich gröfserem 
Werte ist, die Vergleichsobjekte direkt neben einander stellen zu 
können, als sie immer zuerst auf eine Skala und von dieser wieder 
auf das Spektrum beziehen zu müssen, wodurch immer die Möglich- 
keit zweier Ablesungsfehler gegeben ist. Das an vielen Spektros- 
kopen angebrachte, kleine Vergleichs-Prisma gestattet das allerdings 
auch, aber die beiden Spektren entstehen nicht unter den ganz 
gleichen Verhältnissen und zudem wird die Beobachtung hier noch 
in gröfserem Mafse durch die dem menschlichen Auge anhängenden 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 621 


Mängel (Kontrastwirkung, Irradiation, Nachbilder) beeinflufst. Alle 
liese Fehler werden durch die angewandte Methode der Photographie 
umgangen. Die Spektren entstehen, geringe Schwankungen im Gange 
les Motors abgerechnet, genau unter den gleichen Verhältnissen und 
werden von der photographischen Platte mit absoluter Treue repro- 
«luziert. Ich möchte daher zu allen einläfslichen Untersuchungen 
von Absorptionserscheinungen auch im sichtbaren Spektrum die 
Projizierung der Vergleichsobjekte nebeneinander auf's Wärmste 
empfehlen. 


Absorptionsspektrum des Blutes. 


Wird arterielles oder mit Luft geschütteltes defibriniertes Venen- 
blut in einem Glasbehälter mit planparallelen Seitenflächen vor den 
Spalt des Spektroskopes gebracht, so hat man je nach der Verdün- 
nung oder der Dicke der vorgesetzten Schicht, ein verschieden ab- 
geändertes Spektrumbild vor sich. Konzentrierte Blutlösungen in 
dünner Schicht und verdünntere Lösungen in dicker Schicht ver- 
halten sich, wie Valentin!) gezeigt hat, spektroskopisch aequivalent. 
Gestützt auf diese Thatsache benutzte ich für die photographischen 
Beobachtungen immer dieselbe Schichtdicke und liefs blofs den Ver- 
dünnungsgrad varieren. Die von Valentin erhaltenen Resultate 
über das spektroskopische Verhalten des mit Luft geschüttelten Blutes 
oder seiner wässerigen Verdünnungen kann ich im Allgemeinen be- 
stätigen. Die Angabe jedoch. dafs das zweite, zwischen 570 und 
530 gelegene Absorptionsband bei stärkerer Verdünnung seinen :Be- 
zirk blofs an der gegen violett hin gelegenen Seite ändert, ist un- 
richtig. Die Absorption im äufsersten Blau und Violett konnte von 
Valentin auch bei Anwendung von Magnesiumlicht und dem Soret- 
schen fluoreszierenden Okular nur in verhältnismäfsig seltenen Fällen 
wahrgenommen werden. Wie die aufgenommenen Photographieen 
zeigen, ist diese Absorption im Violetten nicht nur gleichzeitig mit 
den andern Blutbändern immer vorhanden, sondern sie existiert auch 
noch, wenn sowohl das menschliche Auge, als die photographische 
Platte die beiden Absorptionsstreifen zwischen 588 und 530 nicht 
ınehr nachweisen können. — Dieses Absorptionsband wurde 1887 


1) Zeitschrift für Biologie Bd. XVIII pag 210. 


622 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 


von Soret!) mit Hilfe des fluoreszierenden Okulars und eines opti- 
schen Systems aus Quarz entdeckt und in einer später erschienenen 
Abhandlung?) genauer beschrieben. Zu dieser Untersuchung wandte 
L.Soret ebenfalls die Photographie an. Ihm gebührt meines Wissens 
das Verdienst, die Photographie zum Studium der Absorptionser- 
scheinungen des Blutes zuerst angewandt zu haben. Da dieses dritte, 
mit seiner Mitte bei h, Wellenlänge 410 gelegene Band zum Teil 
schon im Ultravioletten liegt, so sehe ich bei vorliegender Arbeit 
von einem näheren Eingehen auf dasselbe ab. 

Nimmt man frisches, defibriniertes Blut und bringt es in 5 mm 
dicker Schicht in verschiedener Verdünnung zwischen Lichtquelle 
und Spalt, so wird das Spektrum folgendermalfsen abgeändert. Un- 
verdünntes Blut läfst absolut kein Licht durch. Eine Verdünnung 
von 1:10 läfst Rot und Spuren von Orange, Gelb und Blau durch, 
Bei stärkerer Verdünnung erscheint ein dunkles Band von circa 
594—-510, das sich bei noch weitergehender Verdünnung in zwei 
getrennte Absorptionsbänder auflöst. Bei einer Verdünnung von 
1:200 zeigen diese Bänder, sowie die Absorption im Violett und 
Blau folgende Bezirke: erstes Band 588—570, zweites Band 561—530, 
die Absorption vom violetten Ende her erstreckt sich bis 440. 
Dieses ist das eigentliche Absorptionsspektrum des Blutes. Genaue 
Grenzen sind unmöglich anzugeben — auch wieder ein Umstand, der 
zu Gunsten des direkten Vergleichs der Spektren spricht. Geht 
man mit der Verdünnung noch weiter, so werden die Bänder schwächer 
und nehmen von beiden Seiten ab, bis bei Verdünnungen von 
1: 800—1000 nur noch durch die photographische Platte die Ab- 
sorption im Violett wahrzunehmen ist. Vergröfsert man die Schicht- 
dicke dieser Lösung, so hat man augenblicklich die beiden Ab- 
sorptionsstreifen wieder vor sich. Der spektroskopische Nachweis 
des Blutes in medizinisch-gerichtlichen Fällen, bei welchen eine ge- 
naue, jede Täuschung ausschliefsende Fixirung des Gesehenen von 
allergröfstem Werte ist, gewinnt durch die Anwendung der Photo- 
graphie, die dem Forscher zudem zur Untersuchung gewisser Teile 
des Spektrums unentbehrlich ist, bedeutend an Wert. Eine Auf- 


1) Archives des sciences physiques et naturelles, nouvelle periode 
tome 61 No. 243 pag. 347. 
2) Comptes rendus, 97 pag. 1269. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 623 


nahme, die ich in dieser Richtung mit einem 10 Jahre alten, auf 
Leinwand eingetrockneten Blute machte, sei hier erwähnt. Das 
Blut wurde durch Digerieren mit Wasser in Lösung übergeführt. 
Die filtrierte, ziemlich dunkel gefärbte Flüssigkeit zeigte, vor dem 
Spektroskop betrachtet, auch in 3 cm dicker Schicht keine Absorp- 
tionsbänder. Im Violetten war eine Verdunkelung kaum wahr 
zunehmen. Meine Photographien zeigten, dafs die Absorption im 
Violetten, trotz Fehlens der übrigen Bänder, vorhanden ist, und zwar 
in gleichem Malse wie bei einer Blutverdünnung von 1: 200. 


Spektroskopisches Verhalten des Blutes nach Aufnahme schäd- 
licher Gase. 


1. Kohlenoxyd. 

Claude Bernard!) erkannte schon im Jahre 1857 die eigen- 
tümliche Wirkung des Kohlenoxydgases auf das Blut. Zu gleicher 
Zeit beschäftigte sich auch ein schlesischer Arzt Dr. Wolff?) mit 
diesem Gegenstand. Auf die Mitteilungen Wolffs stellte Hoppe- 
Seyler weitere Versuche an und fand, dsf[s venöses und arterielles 
Blut gleichmäfsig durch Kohlenoxyd kirschrot gefärbt werden, so 
dafs man sie an der Farbe nicht von einander unterscheiden kann. 
Die eigentümliche hellrote Farbe solchen Kohlenoxydblutes wurde 
durch Schütteln mit atmosphärischer Luft oder Durchleiten von Kohlen- 
säure und Sauerstoff nicht verändert. Auch konstatierte er das in 
jeder Beziehung resistentere Verhalten desselben. Der von Claude 
Bernard schon ausgesprochene aber nicht bewiesene Satz, dals 
Kohlenoxyd den Blutsauerstoff austreibt uud ihn durch ein gleiches 
Volumen Kohlenoxyd ersetzt, wurde von Lothar Meyer?) 1858 
wirklich festgestellt. Nach Entdeckung des Absorptionsspektrums 
des Blutes durch Hoppe-Seyler im Jahre 1862, wurde gleich auch 
Kohlenoxydblut spektroskopisch geprüft und von obigem Forscher 
eine leichte Verschiebung der Blutbänder im sichtbaren Spektrum 


!) Claude Bernard, Lecons sur les effets des substances m£dica- 
menteuses 1857 pag. 157. 

2) Archiv f. pathol. Anat. u. physiolog. u. klin. Medizin Bd. 11, 
S. 288. 1857. 

3) Zeitschrift für analytische Chemie von Fresenius, Wiesbaden 
1564. pag. 437. 


624 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


nach dem violetten Ende hin konstatiert. Während Preyer!), 
Fumouze?) und Rollet?) der Ansicht von Hoppe über die Ver- 
schiebung der Blutbänder durch Kohlenoxyd beipflichten, schränken 
Weyl und Anrep®) dieselbe dahin ein, dafs selbst Geübtere eine 
Vergiftung durch Kohlenoxyd nach der Beurteilung der Lage der 
Absorptionsbänder nicht zu erkennen vermögen. Soret°) konstatiert 
mit Hülfe der Photographie eine leichte Verschiebung des zwischen 
den Fraunhofer’schen Linien G und H gelegenen Bandes. Dem 
gegenüber stellt Valentin®) in seiner Arbeit vom Jahre 1883, jede 
Verschiebung der Blutbänder durch Kohlenoxyd in Abrede. Um 
diese verschiedenen Angaben zu kontrolieren, ist das „Auge der 
Wissenschaft“, wie die photographische Platte genannt worden ist, 
ein unschätzbares Hilfsmittel. Wie meine Photographien zeigten, ist 
eine Verschiebung der Blutbänder durch Kohlenoxyd in 
Wirklichkeit vorhanden. In einer Verdünnung 1: 200 ist der 
Anfangsrand des ersten Haemoglobinbandes 588, des zweiten 561 
der Anfangsrand des ersten Kohlenoxydhaemoglobinbandes 582—580, 
des zweiten 554—552. Die Verschiebung ist, wie man sieht, gering, 
kann aber auf der Positiv-Photographie und noch besser auf dem 
Negativ gut wahrgenommen werden. Abgesehen davon, dafs sich 
das Kohlenoxydblut schon in seinem äulseren Ansehen durch seine 
mehr kirschrote Farbe und seine längere Haltbarkeit von dem ge- 
wöhnlichen Oxyhaemoglobinblute unterscheidet, zeigen sich die Ab- 
sorptionsbänder viel resistenter gegen Reduktionsmittel. Das von 
Navrocki?) empfohlene weinsaure Zinnoxydul, Ammoniak, Schwefel- 
natrium, Schwefelammonium, Cyankalium verändern die Absorptions- 
bänder des Kohlenoxydblutes, in mäfsiger Menge zugesetzt, auch bei 


1) W. Prager. Die Blutkrystalle. Jena, 1871. pag. 140. 

2) Fumouze. Les spectres d’absorption du sang. These. Paris 1871. 
ag- 62. 
R a Rollet, Archives des sciences physiques et naturelles. Nouvelle 
psriode tome 57 (1876). 

4 Th. Weyl & B. v. Anrep in Dubois’ Archiv. Leipzig 1880. 
pag. 240. 

5) Comptes rendus 97. pag. 1269 

6) Zeitschrift tür Biologie Bd. XVIII. pag. 200. 

7) Centralblatt für die medizinischen Wissenschaften. 1367. No. 12. 
pag. 177. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc, 625 


mehrstündigem Stehen nicht, während sie im gewöhnlichen Blute 
das sogenannte Stockes’sche!) Reduktionsband hervorrufen. 

Der Nachweis der so häufigen Kohlenoxydvergiftungen ist, wie 
Jäderholm?) an der Hand wirklicher Vergiftungsfälle Jargethan 
hat, nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. 
Die bis anhin verbreitete Ansicht, dafs das Blut von durch Kohlen- 
oxyd Getöteten eine hochrote Farbe habe und flüssig bleibe, be- 
stätigt sich in vielen Fällen nicht. Jäderholm fand in ebenso vielen 
Leichen, welche nachweislich diesen Tod erlitten hatten, dunkelrotes 
und geronnenes Blut wie hellrotes und flüssiges Blut. Es rührt 
dies vielleicht zum Teil daher, dafs, wie Wolff?) mitgeteilt hat, 
nach zweifelloser Kohlenoxydvergiftung das Kohlenoxyd im Blute 
durch Sauerstoff wieder verdrängt oder wahrscheinlicher zu Kohlen- 
säure oxydiert sein könne, wenn der Vergiftete nicht bis zum Tode 
in der kohlenoxydhaltigen Luft sich aufgehalten, sondern nach der 
Vergiftung noch reine Luft eingeatmet hat. Der Tod könne trotz- 
dem durch stets auftretende Hyperämie und Oedem im Gehirn und 
Lunge noch eingetreten sein. Wesch®), der mit Tieren diesbezüg- 
liche Versuche anstellte, giebt an, dafs bei denselben Kohlenoxyd 
trotz intensiver Vergiftung nicht mehr nachzuweisen ist, wenn sie 
nachher nur 15 Minuten in frischer Luft sich bewegt haben. Zum 
spektroskopischen Nachweise von Kohlenoxydvergiftungen wandte 
Jäderholm mit dem kleinen, total reflektierenden Prisma hergestellte 
Vergleichsspektren, das Verhalten des Kohlenoxydblutes zu einer 
lakalischen Lösung von weinsaurem Eisenoxydul und andern Reduktions- 
mitteln, sowie das mit der Hoppe-Seyler’schen Natronprobe herge- 
stellte Kohlenoxydhaematinspektrum an. Wird nämlich defibriniertes 
Blut mit dem einfachen bis doppelten Volumen Ätznatronlauge, spez. 
Gew. 1,33, versetzt, so erhält man nach dem Umschütteln eine 
schwarze, schleimige Masse, welche in dünnen Schichten grün-braun 
erscheint; Kohlenoxydblut dagegen giebt mit seinem Volumen Ätz- 
natronlauge geschüttelt, eine feste, geronnene, rote Masse, welche in 

1) Phil. Mag. 1864, 28, pag. 391--400. 

2) Dr. med. Axel- Jäderholm, Die gerichtlich-medizinische Diag- 
nose der Kohlenoxydvergiftung. Berlin 1876. Verlag von J. Springer. 

3) Repertorium der analytischen Chemie No. 6, III. Jahrgang, 
März 1883. 

#4) Vierteljahrsschrift für gerichtl. Medizin, 1876, Okt. 


626 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


dünnen Schichten auf Porzellan ausgebreitet, ein zinnoberrotes Aus 
sehen hat. Der Unterschied schwindet nicht beim Stehen, die Farbe 
wird nur dunkler. Erst Jäderholm hat die Ursache dieser charak- 
teristischen Reaktionen erklärt. Während bei reinem Blute sich 
braun-grünes Oxyhaematin bildet, entsteht bei kohlenoxydhaltigem 
Blute das Kohlenoxydhaematin. Beide Körper sind in Natronlauge 
unlöslich und lassen sich darin lange unverändert aufbewahren, bei 
Wasserzusatz gehen sie in Lösung. Diese wässerige Lösung ist 
weniger lange haltbar. Nach Jäderholm zeigt Kohlenoxydhaematin 
ein Absorptionsspektrum, das sich von demjenigen des Oxyhaematins 
und des Haematins unterscheidet. Auch hat das Oxyhaematin nur 
einen, das Kohlenoxydhaematin dagegen zwei Streifen, welche sich 
von den beiden Streifen des reduzierten Haematins durch starke 
Verschiebung nach dem roten Ende zu charakterisieren. Es war 
mir nicht möglich, diese gegen Rot zu verschobenen Absorptions- 
bänder des Kohlenoxydhaematins zu bekommen. Trotz vieler Ver- 
suche erhielt ich immer wieder das ursprüngliche Kohlenoxydhaemo- 
globinspektrum. Da das Blut, wie schon erwähnt, bei Fällen von 
Kohlenoxydvergiftungen stets ein Gemisch von Kohlenoxydhaemoglobin 
und Oxyhaemoglobin aufweist, so wird man auch bei der Hoppe- 
Seyler’schen Natronprobe immer Kohlenoxydhaematin und Oxy- 
haematin gemischt bekommen. Dem entsprechend verhalten sich 
auch die Absorptionsspektren. Man erhält daher nach Jäderholm 
in Vergiftungsfällen meistens Absorptionsspektren, die bei direkter 
Prüfung aus den Spektrumsbildern des Oxyhaemoglobins und des 
Kohlenoxydhaemoglobins, und, bei Anwendung der Natronprobe, 
aus denjenigen des ÖOxyhaematins und des Kohlenoxydhaematins 
kombinirt sind. Zusammengesetzte Absorptionsbänder dieser Art 
weisen an den übereinandergreifenden Stellen eine bedeutend stärkere 
Verdunkelung auf. — Kohlenoxydblut, in offenen Gefäfsen sich 
selbst überlassen, verliert seinen Kohlenoxydgehalt allmählich, während 
es nach ©. H. Wolff!) bei Ausschlufs der Luft, auch ohne Zusatz 
von Borax, der zum Konservieren empfohlen worden ist, denselben 
Jahre lang behält (Beobachtungszeit drei Jahre). Soll daher das 
Blut, z. B. von einem gerichtlichen Falle herrührend, aufbewahrt 


1) Zeitschrift für analyt. Chemie 1834, pag. 118. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 627 


werden, so zieht man es in bis an den Rand gefüllte Flaschen ab und 
verschlie(st diese möglichst gut. Obschon das Blut in einer Leiche 
vor direktem Luftzutritt geschützt ist, so wird man doch gut thun, 
derselben das zur Untersuchung nötige Quantum Blut sobald als 
möglich zu entnehmen; denn das Kohlenoxydblut vermag den im 
Leichnam bald nach dem Tode eintretenden chemischen Umsetzungen 
und Zersetzungen der verschiedensten Art nicht lange Stand zu 
halten. — Ein höchst interessantes Verhalten, das die von 
v. Fehling!) gemachte Angabe, wonach das Kohlenoxydhaemo- 
globin nicht mehr in Oxyhaemoglobin überführbar ist, wiederlegt, 
zeigt das Kohlenoxydblut zu Wasserstoffsuperoxyd. Wie schon 
Dybkowsky?) bei Bestimmung des vom Haemoglobin lose ge- 
bundenen Sauerstoffes gezeigt hat, spaltet sich aus Kohlenoxyd- 
haemoglobin bei Gegenwart von freiem Sauerstoff sehr leicht Kohlen- 
säure ab. Gestützt hierauf brachte ich zu einer Lösung von Kohlen- 
oxydblut einige Tropten eines dreiprozentigen Wasserstoffsuperoxy les. 
Unter Aufschäumsn der Mischung war nach kurzer Zeit die Farbe 
des Kohlenoxydblutes in die des Oxyhaemoglobinblutes übergegangen. 
Das spektroskopische Bild dieses mit Wasserstoftsuperoxyd versetzten 
Kohlenoxydblutes stimmte mit dem des gewöhnlichen Blutes überein. 
Das auf diese Weise behandelte Blut kann durch Kohlenoxyd wieder 
inKohlenoxydblut und durch Wasserstoffsuperoxyd wieder in Oxyhaemo- 
globinblut zurückgeführt werden. Diese Umwandlungen lassen sich 
beliebig oft wiederholen. Es ist dies eine für Kohlenoxydblut 
charakteristische Reaktion, die sowohl dem gerichtlichen Chemiker 
in forensischen Fällen, als auch dem chemischen Analytiker bei dem 
Nachweis von Kohlenoxyd willkommen sein dürfte. Diese Eigen- 
schait des Wasserstoffsuperoxydes legt den Gedanken einer thera- 
peutischen Verwendung desselben in Fällen von Kohlenoxydver- 
giftungen nahe. Da die Reaktion jedoch mit ziemlich starker Gas- 
entwickelung verbunden ist, so mülste wohl von einer direkten 
Injektion abgesehen werden. Besteht das hierbei entwickelte Gas 
ganz oder zum Teil aus Kohlensäure und rührt diese Kohlensäure 
nur von dem oxydierten Kohlenoxyd her, so wären die Thatsachen 
zur Ausbildung einer Methode des quantitativen Kohlenoxydnach- 


1) Handwörterbuch der Chemie 1875, II. pag. 110. 
2) W. Preyer. Die Blutkrystalle 5, S. 141. 


628 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


weises im DBlute gegeben. Bekanntlich hat Natriumsuperoxyd 
(Na,0,) die Eigenschaft, Kohlensäure nnd Kohlenoxyd unter Bildung 
von Kohlensaurem Natron begierig aufzunehmen. Dies veranlalste 
mich, sein Verhalten zum Kohlenoxydblute ebenfalls einer Prüfung 
zu unterwerfen. Ich stellte mir das Natriumsuperoxyd nach dem 
Verfahren von Harcourt!) dar. Ein Tropten einer ganz frisch be- 
reiteten wässrigen Lösung dieses Natriumsuperoxydes zu 50 cm 
3V/sproz. Kohlenoxydblutlösung gebracht, verwandelte die Farbe der 
letzteren sofort unter Aufschäumen in eine schwach gelbliche. Der 
gleiche Versuch in verschiedenen anderen Verhältnissen wiederholt, 
gab immer dasselbe Resultat. Diese gelbliche Flüssigkeit wurde 
durch durchgeleitetes Kohlenoxyd nicht verändert und zeigte vor 
dem Spektroskop nur noch eine Absorption im Blau. Es scheint 
somit, dals das Natriumsuperoxyd die Blutkörperchen direkt zerstört, ohne 
vorher das von ihnen festgehaltene Kohlenoxyd zu oxydieren und zu 
binden. Eigenthümlicher Weise zeigt sich das mit dem Wasserstoffsuper- 
oxyd so nahe verwandte Ozon ohne Einfluls auf Kohlenoxydblut. 
Eine einprozentige Kohlenoxydblutlösung erwies sich nach halb- 
stündigem Durchleiten eines ozonisirten Luftstromes als unverän- 
dert. Eine andere Probe, bei der ich das Ozon eine Stunde lang 
einwirken liefs, und zum Schlusse die Kohlenoxydblutlösung noch 
auf 400 C erwärmte, hatte auch keinen Erfolg. 

Aus dem Angeführten geht hervor, dafs der spektroskopische 
Nachweis von Kohlenoxydvergiftungen, Fälle mit äufserst ungün- 
stigen Verhältnissen abgerechnet, nicht nur möglich ist, sondern 
dafs er bis jetzt, im Verein mit den anderen angeführten Proben, 
dem Gerichtschemiker den einzigen Schlüssel in die Hand giebt, eine 


solche zu bestimmen. 


2. Leuchtgas. 

Hoppe-Seyler erkannte gleich nach dem Bekanntwerden des 
Kohlenoxydblutes, dafs Leuchtgas bei längerem Durchleiten durch 
Blut in demselben die gleichen Veränderungen bewirkt, wie Kohlen- 
oxydgas. Dieses Verhalten bietet nichts merkwürdiges, wenn man 
in Betracht zieht, dafs die unter dem Namen Leuchtgas zusammen- 
gefafsten Gasgemische je nach ihrer Bereitung aus Steinkohlen, 


1) Journal of the Chemical Society 14, 276. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 629 


Holz, Harz, Öl, Mineralöl ete. 4—40 Proz. Kohlenoxyd!) enthalten. 
Zudem ist Kohlenoxyd dasjenige unter den vielen im Leuchtgas ent- 
haltenen Gasen, das mit dem Blut-Haemoglobin die stabilste Ver- 
bindung eingeht. Versuche, die ich über das Verhalten des Blutes 
nach Aufnahme von Leuchtgas, angestellt habe, lieferten spektros- 
kopisch durchweg dieselben Resultate wie die mit Kohlenoxyd ge- 
machten. 


3. Kohlensäure. 

Dieses Gas verhält sich, wie schon Virchow?) und Stockes?) 
gezeigt haben, je nach der Dauer der Einwirkung auf das Blut ver- 
schieden. Ein viertelstündiges Einleiten der Kohlensäure in das 
Blut oder seine wässerige Lösung erzeugte, wie meine Photographien 
zeigten, keinerlei Veränderung im Absorptionsspektrum des Blutes. 
Bei fünfstündiger Einwirkung hingegen sah ich in 1 cm dicker Schicht 
und einprozentiger Lösung das von den beiden genannten Forschern 
angegebene Band im Rot bei Wellenlänge 646—626 erscheinen. Es 
war mir unmöglich, nach fünfstündigen Einleiten von Kohlensäure 
in eine halbprozentige Blutlösung das von Stockes und Virchow 
beobachtete Verschwinden der beiden Oxyhaemoglobinstreifen wahr- 
zunehmen. 


4. Schwefelwasserstoff. 

Wirkt Schwefelwasserstoff in nur geringer Quantität auf Oxy- 
haemoglobinblut ein, so ändert sich die hochrote Farbe desselben 
sofort in eine schmutzigbraune bis grüne um. Verdünnt man dieses 
Blut mit Wasser, so zeigt es aufser den beiden Oxyhaemoglobin 
streifen das schon von Hoppe?) erkannte, dem Schwefelwasserstoff 
angehörende Absorptionsband im Rot. Nach der an der Photographie 
angestellten Messung sind die Grenzen desselben annähernd 632—620, 
eher aber geringer als gröfser. Valentin?) scheint hier durch das 
Auge getäuscht worden zu sein; denn er giebt für Schwefelwasser- 
stoffblut in einer Verdünnung von 1:120 die Grenzen für dieses Band 

_) R. v. Wagner, Handbuch der chemischen Technologie 1836 pag. 
e 2) Zeitschrift für analyt. Chemie von Fresenius, Wiesbaden 1864 
en Magaz. 1864 Nov. pag. 391. 


4) Virchow’s Archiv für pathol. Anat. Bd. XXIII 1862 pag. 448- 
5) Zeitschrift f. Biologie Bd. XVIII pag. 205. 


630 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


im Rot von 642—610 an. Auf der mitphotographierten Skala ent- 
spräche dies den Skalenteilen 37”—45. Die Photographie wurde mit 
einer Verdünnung von 1:25 aufgenommen. Wie ich ersah, ent- 
spricht das Schwefelwasserstoftband, wie es die Photographie giebt, 
hochgegriffen den Skalenteilen 391/,—421/,. Hieraus geht unwider- 
leglich hervor, dafs die von Valentin angebenen Grenzen zu grols sind. 

Bei stärkerer Verdünnung dieses nur mit wenig Schwefelwasser- 
stoff behandelten Blutes verschwindet das Absorptionsband im Rot 
zuerst und erst nachher die Oxyhaemoglobinstreifen. Bei längerem 
Durchleiten des Gases werden die beiden Streifen immer schwächer 
und gehen schliefslich in ein verwaschenes Absorptionsband 
über, das sich auch durch Schütteln der Lösung mit Luft nicht 
mehr in die Oxyhaemoglobinstreifen überführen läfst. Das Ab- 
sorptionsband 632—620 im Rot bleibt. Dieses Band ist sehr kon- 
stant und läfst sich weder durch Sauerstoff noch durch Kohlenoxyd 
zum Verschwinden bringen.!) In verschlossenen Gefäfsen erhält es 
sich länger, als an freier Luft. Schwefelwasserstoffblut, mit einer 
geringen Menge Wasserstofisuperoxyd versetzt, zeigt keine Ver- 
änderung, mit mehr wird es entfärbt und zeigt blos noch Absorption 
im Violetten. 

Da das bei einer Vergiitung durch Schwefelwasserstoff in den 
Lungen zur Wirkung kommende Gas immer mit Luft gemengt ist, 
so sei die Thatsache,?) dafs bei der tödtlichen Wirkung des Schwefel- 
wasserstoffes auf den Organismus die Gegenwart von Sauerstoff die 
„conditio sine qua non“ ist, hier nur erwähnt. 


5.Selenwasserstoff. 


Das Verhalten des Blutes nach Aufnahme dieses auch sehr 
giftigen Gases ist, soviel mir bekannt, noch nicht spektroskopisch 
untersucht worden. Die Einwirkung des Selenwasserstoffs auf 
Oxyhaemoglobinblut ist von der des Schwefelwasserstoffs durchaus 
verschieden. Selenwasserstoff in eine halbprozentige Blutlösung ein- 
geleitet, veränderte deren Farbe nicht wesentlich. Eine etwas 


1) Lewin, Lehrbuch der Toxicologie, Leipzig, 1885, pag. 22. 
2, Hoppe-Seyler, Centralblatt für die medizinischen Wissenschaften, 
1863, pag. 433. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 631 


dunklere rote Nüance schien sich bemerkbar zu machen. Vor dem 
Spektroskop betrachtet, sind die beiden Oxyhaemoglobinstreifen nicht 
mehr sichtbar. An ihre Stelle tritt ein verwaschenes Absorptionsband 
von ca. 600—540. Die Absorptionen des Blau und Violett sind etwas 
stärker als bei gewöhnlichem Blute. Schütteln der Lösung des 
Selenwasserstoffblutes mit Luft, läfst die Oxyhaemoglobin-Blutbänder 
nicht mehr entstehen. Wird eine mit Selenwasserstoff behandelte 
Blutlösung in verschlossenem Gefäls stehen gelassen, so scheidet sich 
ein braunroter Körper ab. Die überstehende Flüssigkeit bleibt rot- 
braun und klar, wird sie aber mit Luft geschüttelt, so trübt sie sich 
stark. Diese trübe Lösung absorbiert auch in grolser Verdünnung 
das ganze Spektrum, mit Ausnahme eines Teils des Rots, vollständig. 
Wurde die rotbraun gefärbte Blutlösung mit einer genügenden Menge 
Luft geschüttelt, so zeigte sie sich, nachdem sich der die Trübung 
verursachende Körper abgesetzt hatte, farblos, 


6. Tellurwasserstoftf. 


Eine mit Tellurwasserstoff behandelte Blutlösung verhielt sich 
spektroskopisch ganz indifferent. Wie mir meine Photographie zeigte, 
sind die Blutbänder an den gewöhnlichen Orten und in den normalen 
Breiten zu sehen. Spezifische Absorptionserscheinungen im übrigen 
sichtbaren Teil des Spektrums konnte ich ebenfalls nicht wahr- 
nehmen. 

7. Arsenwasserstoff, 


Das getährliche Arsenwasserstoffgas, dem schon eine grölsere An- 
zahl von Chemikern zum Opfer gefallen sind, weist, wie Neubauer) 
dargethan hat, bei kurzer Einwirkung auf Blut keine charakteris- 
tischen Absorptionsstreifen auf. Wie meine Photographien darthun, 
zeigt eine während drei Minuten mit Arsenwasserstoff behandelte 
Blutlösung die Oxyhaemoglobinblutbänder an den gleichen Orten. 
Ebenso sind die übrigen Absorptionserscheinungen im sichtbaren 
Spektrum dieselben, wie bei dem gewöhnlichen Blute. Das Ver- 
halten der beiden Blutbänder im hellsten Teile des Spektrums gegen 
Wasserstoffsuperoxyd, ozonisierte Luft, Kohlenoxyd und Zinnoxydul 


1) Zeitschr. für analyt. Chemie, 1868, pag. 228. 


632 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 


ist dasselbe, wie beim Oxyhaemoglobinblute. Valentin!) sah bei 
einem unverdünnten Blute, das längere Zeit mit Arsenwasserstoff 
behandelt worden war, ein Absorptionsband von 590—535—510. 
Dieses Band stimmt mit dem Stockes’schen Reduktionsband über- 
ein. Hierbei nimmt das Blut eine ockerbraune Farbe an, die weder 
durch die Wasserverdünnung noch durch Schütteln mit Luft ver- 
ändert wird. Ebenso lassen sich die beiden Oxyhaemoglobinstreifen 
dadurch nicht mehr zum Vorschein bringen. 

Meines Wissens sind Koschlakoff und Bogomoloff?) die 
ersten, die auf dieses Reduktionsband aufmerksam gemacht haben, 
Aufser diesem Bande bemerkte ich bei schwacher Verdünnung noch 
ein zweites, schwaches, aber immerhin deutliches Absorptionsband 
im Rot von 642-622. Da dasselbe erst in dickerer Schicht oder 
gröfserer Konzentration der Flüssigkeit sichtbar wird, so war es mir 
nicht möglich, dasselbe photographisch darzustellen. 


8. Antimonwasserstoff. 


Eine Oxyhaemoglobinblutlösung, während 5 Minuten mit diesem 
Gas behandelt, zeigte keine Veränderung der Lage der Absorptions- 
streifen. Durch viertelstündiges Einwirken des Gases auf unver- 
dünntes Oxyhaemoglobinblut war kein Reduktionsband zu erhalten. 
Valentin erwähnt ein solches bei unverdünntem mit Antimonwasser- 
stoff behandelten Blute, das Band ging aber beim Verdünnen mit 
Wasser in die Oxyhaemoglobinstreifen über. Dieser Umstand ver- 
anlafst mich, anzunehmen, dafs das von Valentin gesehene Reduk- 
tionsband wahrscheinlich nur zum geringeren Teile dem Antimon- 
wasserstoff zuzuschreiben ist. Gemachte Annahme gründet sich auf 
die Möglichkeit, dafs in diesem Falle zwischen dem Herstellen und 
Beobachten jenes Antimonwasserstoffblutes ein zu gro/ser Zeitraum ver- 
flossen ist und dafs dann das vom Blute selbst herrührende Reduk- 
tionsband für dasjenige des Antimonwasserstoffes genommen worden 
ist. Valentin stellte nämlich die mit Arsenwasserstoff, Antimon- 
wasserstoff und Phosphorwasserstoff behandelten Blute nicht selbst 
dar; die Vermutung liegt nun nahe, dafs dieselben in den hermetisch 


1) Zeitschr. für Biologie, Band 18, pag. 207. 
2, Centralbl. 1868, pag. 609 u. 627. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 633 


verschlossenen Flaschen bis zur Untersuchung Zeit hatten, sich zu 
verändern. Wird defibriniertes Blut, wie es aus dem Schlachthause 
erhältlich ist, in verschlossenen Gefälsen stehen gelassen, so weist 
es bei ungünstigen Verhältnissen, wärmerer ‚Jahreszeit, höherer Tem- 
peratur etc. oft schon nach wenigen Stunden das Absorptionsband 
des reduzierten Haemoglobins auf, indem durch die im Blut vor- 
handenen Bakterien der Sauerstoff je nach Umständen mehr oder 
weniger rasch verbraucht wird. Ebenfalls erhärtend für die oben 
gemachte Annahme ist die Thatsache, dafs längere Zeit mit Antimon- 
wasserstoff behandeltes Blut allerdings das Reduktionsband zeigt, 
aber dann, wie das längere Zeit mit Arsenwasserstoff behandelte, 
durch Verdünnen mit Wasser und Schütteln mit Luft keinen Sauer- 
stoff mehr aufnimmt!) und die Oxyhaemoglobinbänder nicht mehr 
zeigt, während sie Valentin beim Verdünnen seines Antimonwasser- 
stoffblutes erhielt. Meine Photographie zeigte das bei kürzerem 
Einwirken des Antimonwasserstoffs von mir erhaltene Resultat. 


9. Phosphorwasserstoff. 

Phosphorwasserstoff, aus rotem Phosphor und Kalilauge herge- 
stellt, verändert nach viertelstündiger Einwirkung auf Blut die Lage 
der beiden Absorptionstreifen nicht. Meine Photographie zeigte 
einige mit diesem Blute in verschiedenen Verdünnungen gemachte 
Aufnahmen. Valentin sah auch hier ein Reduktionsband, während 
Koschlakoff und Bogomoloftf?”) auch bei längerer Einwirkung 
dieses Gases, das hierbei zersetzend auf das Oxyhaemoglobin wirkt, 
kein solches nachweisen konnten. Neubauer?) erhielt bei 
seinen Untersuchungen dasselbe Resultat. Er sah bei der Einwir- 
kung von Phosphorwasserstoff auf Blut die Oxyhaemoglobinstreifen 
allmälich verschwinden, ohne das Reduktionsband zu bemerken. 


10. Stiekoxyd. 

Eine Vergiftung durch dieses Gas dürfte, da dasselbe in Be- 
rührung mit Luft sofort in Stickstoffdioxyd übergeht und dieses 
äufserst heftige Hustenanfälle erzeugt, kaum im Bereich der Mög- 
lichkeit liegen. Nichtsdestoweniger sollen die bisherigen Erfahrungen 

1) Lehrbuch der physiolog. Chemie v. Dr. Gorup-Besanez. Braun- 
schweig 1878, pag. 336. 


2) Centralbl. 1868, pag. 609 u. 627. 
3) Zeitschr. f. analyt. Chemie v. Fresenius, 1869, pag. 228, 


Arch. d. Pharm, XXX, Bds, 5. Hft. 40 


634 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 


über das Verhalten des Blutes nach Aufnahme dieses Gases hier 
auch angeführt sein. 

Die Wirkung des Stickoxyds auf Blut wurde schon von Hum- 
phry Davy bemerkt. Er beobachtete, dafs Blut, wenn es mit 
Stickoxyd geschüttelt wird, eine Purpurfarbe erhält. Aber erst 
L. Hermann!) untersuchte die Erscheinung genauer. Er liefs das 
Stickoxydgas auf eime vorher durch Wasserstoffgas sauerstofffrei ge- 
machte Blutlösung bei Luftabschluls eimwirken. Das Blut nahm 
hierbei eine hell karmoisinrote Farbe an und das Spektrum zeigte 
an Stelle des Reduktionsbandes des sauerstofffreien Haemoglobins 
zwei den Sauerstoffhaemoglobinstreifen gleichende Absorptions- 
bänder. Diese Bänder befanden sich an den gleichen Orten, wie 
die Oxyhaemoglobinstreiten, nur waren sie schwächer. Durch Zu- 
satz von Schwefelammon zeigten sie sich nicht verändert. Wurde 
Kohlenoxydblut mit Stickoxydgas behandelt. so verschoben sich die 
Kohlenoxydhaemoglobinstreifen wieder gegen Rot hin, es trat das 
Stickoxydhaemoglobinspektrum auf. Eine Volumänderung des Gases 
war nicht zu bemerken. und gasometrische Versuche ergaben, dals 
das Stickoxyd aus Kohlenoxydblut ohne Änderung des Gasvolumens 
das Kohlenoxyd verdrängt. Diese Versuche wurden von Preyer?) 
zum gröfsten Teile kontroliert und bestätigt. Ich wiederholte die- 
selben zum grolsen Teile ebenfalls und erhielt dieselben Resultate. 

Wie Valentın?) gezeigt hat, besitzt Stickoxyd nicht nur die 
Eigenschaft. die Blutbänder aus dem frisch reduzierten Haemoglobin 
wieder herzustellen, sondern es erzeugt sie auch noch, wenn die Blut- 
bänder, die bei einem 11 Jahre alten Blute in unverdünntem Zustande 
noch sichtbar waren, sich bei dessen Wasserverdünnung verloren. 
Dieser Umstand kann dazu dienen, den spektroskopischen Nachweis 
von Blut in forensischen Fällen zu erleichtern. 

11. Stickoxydul. 

Das von den Zahnärzten zur Narkose mit Vorliebe benutzte 
Lachgas oder Lustgas war bei viertelstündiger oder noch längerer 
Einwirkung auf defibriniertes Oxyhaemoglobinblut ohne Einwirkung. 
Die Absorptionsbänder im sichtbaren Spektrum waren in gleicher 


1) L. Hermann, Archiv für Anatomie u. Physiologie 1365, 469--481, 
*) W. Preyer, Die Blutkrystalle. ‚Jena 1871, pag. 145. 
?) Zeitschritt für Biologie, Bd..6, pag. 402 u, ff, Bd, 18, pag. 139, 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes etc. 635 


Stärke und an den gleichen Orten, wie beim gewöhnlichen Oxy- 
haemoglobinblute zu sehen. 
12. Schweflige Säure. 

Sie zerstört nach kurzer Einwirkung auf Blut die beiden Oxy- 
haemoglobinblutbänder, läfst an ihrer Stelle eine diffuse Absorption 
zurück und erzeugt ein Absorptionsband im Rot von 667—638. 
Dasselbe stimmt mit dem von Salpetersäure, Salzsäure, Essigsäure 
ete. hervorgerufenen Bande im Rot überein. 

13. Schwefelkohlenstoff. 

Dieser Körper lälst im freien Zustande nach viertelstündiger 
Wirkung auf Blut das spektroskopische Verhalten desselben unver- 
ändert. Wird Schwefelkohlenstoff aber im Körper z. B. aus Xan- 
thogensäure abgespalten C, H,;,Ss0 = C, H, OH + CS,, so findet 
man bei Tieren aulser dem Oxyhaemoglobinstreifen noch einen Ab- 
sorptionsstreifen im Rot.) Da ich bei vorliegender Arbeit vom 
physiologischen Experiment vollständig abgesehen habe. muls ich 
mich mit der Erwähnung dieses Versuches begnügen. 

14. Cyan. 

Die Angabe von Laschkewitsch?), wonach Cyangas das Oxy- 
haemoglobin des Blutes allmählich reduziere und das reduzierte 
Haemoglobin untauglich mache, sich wieder mit Sauerstoff zu ver- 
binden, wurde von E. Ray Lankester?) dahin berichtigt, dafs das 
mit Cyangas geschüttelte Blut erst später, nachdem sich darin Blau- 
säure gebildet hat, ein verwaschenes Absorptionsband zeigt und 
dieses bei der Behandlung mit viel Schwefelkalium in die zwei Streifen 
des reduzierten Haematins übergeht. Die sich beim Stehen von 
mit Cyan behandelten Blutlösungen bildende Blausäure kann sowohl 
mit Guajakpapier als auch durch Eisenoxydul und Eisenoxydsalze, 
mit Kalilauge und nachherigem Übergiefsen mit Salzsäure, leicht nach- 
gewiesen werden. Die Angabe von Lankester hingegen, dals das 
mit Oyangas behandelte Blut dasselbe Spektrum wie Kohlenoxydblut 
aufweise, ist, wie Preyer*) dargethan hat, ebenfalls unrichtig. 
V. Fumouze°) ist in dem gleichen Irrtum befangen wie Lankester, 


il) Lewin, Lehrb. d. Toxikologie 1885. pag. 173. 

2) Archiv f. Anatom. u. Physiol. 1868. S. 650. 

3) Archiv f. d. ges. Physiol. 1869, S. 492. 

4) Preyer, Die Blutkrystalle. Jena 1871, pag. 152. 

5) Les spectres d’absorption du sang. These Paris 1571 


40* 


636 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


indem er ebenfalls das Kohlenoxydbhlutspektrum mit dem des Cyan- 
blutes nach kurzer Einwirkung des Gases als übereinstimmend er- 
klärt. Nach Preyer zeigt eine verdünnte, wässerige, sauerstoffhaltige 


Blutlösung, mit Cyangas geschüttelt, im Verlauf von mehreren Stun- 


8; 
den ein mit dem gewöhnlichen Blutspektrum vollständig überein- 
stiramendes Spektrum, was durch eine lange Reihe von Versuchen 
mit Lösungen verschiedenster Konzentration festgestellt wurde. Nach 
mehrstündigem Stehen bemerkt man, dals die beiden Oxyhaemo- 
globinstreifen verschwinden und ein verwaschenes Absorptionsband 
an ihre Stelle tritt. Dasselbe entsteht sofort, wenn Cyangas im 
statu nascendi auf Oxyhaemoglobin wirkt. Durch Sauerstoftzufuhr 
verändert sich die Absorption nicht. 

Bei Gegenwart von Cyan in einer Oxyhaemoglobinblutlösung 
werden die Oxyhaemoglobinbänder durch reduzierende Agentien nicht 
in das Reduktionsband verwandelt, sondern sie verschwinden, und 
an ihre Stelle tritt eine diffuse Absorption. Durch Schütteln der 
Lösung mit Luft werden die Oxyhaemoglobinbänder nicht wieder 
hervorgerufen. Mit Cyan behandelte Kohlenoxydblutlösungen bieten 
keine Veränderung des Spektrums. Soweit Preyer. 

Ich kann seine Untersuchungen durchweg bestätigen, muls aber 
noch hinzufügen, dals dieselben blofs Geltung haben, wenn das 
Oyangas nicht zu lange durch die Blutlösung geleitet wird. Findet 
die Einwirkung längere Zeit statt, so wird das Blut schwarzbraun 
und ganz dicklicht. Lewin giebt an, dafs hierbei die Blutkörperchen 
zuerst sternförmig werden und schliefslich einer vollständigen Zer- 
störung anheimfallen.!) 

Wasserverdünnungen dieses Blutes absorbieren das ganze 
Spektrum und lassen erst in sehr grosser Verdünnnung Licht durch. 
Beim Stehen in verschlossenem Gefäls setzen diese Lösungen einen 
hellroten Körper ab, und die überstehende Flüssigkeit wird ganz 
klar und zeigt im sichtbaren Spektrum keine Absorptionen mehr. 
Dieses Verhalten scheint dasselbe zu sein, wie wir es beim Selen 
wasserstoff angetroffen haben. 

Wie meine Photographie zeigte, findet bei kurzer Einwirkung des 
Cyangases auf Blut keine Verschiebung der Absorptionsbänder statt, 
sie sind bei unverändertem Aussehen an den gleichen Orten sichtbar. 


1) Lewin, Lehrbuch der Toxikologie 1855, pag. 177. 


@. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 637 


15. Cyanwasserstoff. 

Leitett man bei gewöhnlicher Temperatur in defibriniertes 
Rindsblut Cyanwasserstoftdampf ein, so zeigt die Wasser- 
verdünnung dieses Blutes, sofort beobachtet, das normale Ab- 
sorptionsspektrum des Blutes. Wird die Verdünnung einige 
Zeit stehen gelassen oder einige Augenblicke auf 40° © er- 
wärmt, so erscheint an Stelle der ÖOxyhaemoglobinbänder, die 
zuerst undeutlich und schliefslich ganz unsichtbar werden, ein 
breiter, undeutlich begrenzter Absorptionsstreif 536—526. Bei längerem 
Stehen der Lösungen oder kurzem Erwärmen trüben sie sich bald 
und koagulieren. Der zwischen 586—526 gelegene Absorptionsstreif 
gehört nach Preyer!) dem Cyanwasserstoifsauerstotfhaemoglobin an. 

Preyer und Valentin ist es nicht gelungen, Vergiftungen, die 
durch Einatmen von Blausäure zu Stande gekommen sind, spektros- 
kopisch nachzuweisen. Das Blut der Vergifteten zeigt das -voll- 
ständig normale Absorptionsspektrum?). 

16. Amylnitrit. 

Nach Jolyet et Regnard?) soll das Blut nach Intoxikationen 
mit Amylnitrit eimen Absorptionsstreifen im Rot zeigen, der beim 
weiterlebenden Tiere nach 24 Stunden wieder verschwindet. 

Nach kurzer Einwirkung des Amylnitritdampfes auf eine Blut- 
lösung wies dieselbe ein schlecht begrenztes Absorptionsband 588—530 
auf. ÖOxydationsmittel, wie Luft, Ozon, Wasserstoffsuperoxyd, stell- 
ten die Biutbänder nicht wieder her. Reduktionsmittel sind obne 
Einflufs auf die diffuse Absorption. Da zur Prüfung der Angabe von 
Jolyet et Regnard der physiologische Versuch Erfordernils ist, 
so mulste ich davon absehen. 

17. Chloroform. 

Chloroform veränderte auch nach halbstündiger Einwirkung das 
spektroskopische Verhalten einer Blutlösung im sichtbaren Spektrum 
nicht im geringsten. Die Absorptionsbänder sind in der gleichen 
Stärke und an den gleichen Orten sichtbar. 

18. Quecksilbermethyl. 
Der Dampf dieser äufserst giftigen Flüssigkeit, die aus 


1) Preyer, a. a. O. pag. 153--157. 
2) Zeitschrift für Biologie, Bd. 18 pag. 192. 
3) Gazette med, de Paris, 1376 No. 29, pag. 340. 


638 G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


Natriumamalgam, Jodmethyl und Essigäther dargestellt wurde, zeigte 
sich auch nach viertelstündiger Einwirkung auf das Spektrum einer 
Blutlösung ohne Wirkung. Die Absorptionsbänder verhielten sich 
nach wie vor Reduktionsmitteln gegenüber gleich. Kohlenoxyd be- 
wirkte die Verschiebung der Oxyhaemoglobinstreifen nach dem stär- 
ker brechbaren Ende hin. 

19. Kakodyloxyd. 

Der Dampf dieser äufserst widrig riechenden Flüssigkeit, auf 
eine Oxyhaemoglobinblutlösung zur Einwirkung gebracht, zerstört die 
beiden Blutbänder, und es zeigt das so behandelte Blut nur noch 
eine Absorption im Violett. 

Diese Beobachtungen lehren: 

l. Jedes gute Spektroskop ist in Verbindung mit einer photographi- 

schen Kamera zur Aufnahme von Spektrumphotographien geeignet. 


[8) 


. Zum Zwecke der Projizierung mehrerer Spektren in beliebigen 
Abständen übereinander kann das Verschieben der photo- 
graphischen Platte durch die Okular-Vergröfserung in Verbin- 
dung mit einer Vorrichtung zum successiven Abdecken des 
Spaltes umgangen werden. Durch die absolute Unverrück- 
barkeit der Platte bei dieser Methode des Photographierens 
ist die Garantie für absolut richtige Stellung der verschiedenen 
Spektren unter sich und mit der Skala gegeben. 

3. Zur Erzeugung eines kontinuirlichen Spektrums auf der photo- 
graphischen Platte ist das elektrische Kohlenglühlicht nicht 
verwendbar, dagegen eignet sich zu diesem Zwecke und 
zur photographischen Darstellung der Absorptionserscheinungen 
im sichtbaren Spektrum am besten ein durch den elektrischen 
Strom glühend gemachter Platindraht. 

4. Die Anwendung der Photographie, auch für das sichtbare 
Spektrum, bietet ein wichtiges Mittel, sich bei Gelegenheit der 
Spektralbeobachtungen vor optischen Täuschungen zu bewahren, 
da die Veränderungen des Spektrums durch die verschiedenen 
Absorptions-Erscheinungen sich ohne Fehl auf der photogra- 
phischen Platte reproduzieren und auf derselben genau ge- 
messen werden können, so zeichnet sich diese Methode zudem 
durch möglichst geringe Beobachtungsfehler aus. 

5. Kohlenoxyd in eine Blutlösung eingeleitet, bewirkt eine Ver- 


— 


g% 


10. 


6. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 639 


schiebung der Oxyhaemoglobinstreifen nach dem violetten Teile 
des Spektrums hin. Bei einer Verdünnung des Kohlenoxyd- 
blutes mit Wasser 1:200 ist der Bezirk des ersten Kohlen- 
oxydhaemoglobinbandes 582-564, der des zweiten 554—525. 
Eine Kohlenoxydblutlösung, vorsichtig mit wenig Wasserstoff- 
superoxyd versetzt, nimmt unter Gasentwicklung wieder die 
Farbe einer arteriellroten Blutlösung an und zeigt die Absorp- 
tionsbänder einer Oxyhaemoglobinblutlösung. Durch Einleiten 
von Kohlenoxyd läfst sich diese mit Wasserstoffsuperoxyd be- 
handelte Lösung wieder in Kohlenoxydhaemoglobin überführen. 
Diese Umwandlung kann beliebig oft wiederholt werden. Ein 
ozonisierter Luftstrom veränderte auch nach einstündigem 
Durchleiten durch eine Kohlenoxydblutlösung die Lage ihrer 
Absorptionsbänder nicht. 

Leuchtgas verhält sich in seiner Einwirkung auf das optische 
Verhalten einer Blutlösung genau so wie Kohlenoxyd. 


- Kohlensäure verändert nach viertelstündiger Einwirkung auf 


Blut das Absorptionsbild desselben garnicht. Bei mehrstün- 
digem Durchleiten dieses Gases erscheint ein Absorptionsband 
im Rot von 646-626, 


. Schwefelwasserstoff erzeugt bei kurzer Einwirkung, ohne die 


Lage des Oxyhaemoglobinstreifens zu verändern, ein Absorp- 
tionsband im Rot 632—620. Wird eine Blutlösung längere Zeit 


‚mit diesem Gase behandelt. so werden die Oxyhaemoglobinstreiten 


immer schwächer und gehen schliefslich in ein undeutlich be- 
grenztes Absorptionsband über, das sich durch Schütteln mit 
Luft nicht mehr in die Oxybaemoglobinstreifen überführen lälst. 
Wird eine Blutlösung mit Selenwasserstoff behandelt, so ver- 
schwinden die beidenOxyhaemoglobinstreifen und an ihre Stelle 
tritt ein undentlich begrenztes Absorptionsband. 
Tellurwasserstoff ist auf das optische Verhalten einer Blut- 
lösung im sichtbaren Spektrum ohne Einfluk. 


. Arsenwasserstoff verändert bei kurzer Einwirkung auf Blut 


dessen Absorptionsspektrum nicht. Bei längerer Einwirkung 
erzeugt es ein Reduktionsband 590--535—-510. Durch Schüt- 
teln der Arsenwasserstoffblutlösung mit Luft wird die Lage 
des Bandes nicht verändert. 


640 


12. 


13. 


14. 


16. 


17. 


19. 


20. 


G. Bider, Spektroskopisches Verhalten des Blutes ete. 


Nach fünf Minuten langem Durchleiten von Antimonwasserstoff 
durch eine Blutlösung zeigte sich das optische Verhalten des- 
selben unverändert. Längeres Behandeln des Blutes mit diesem 
Gase liels ein Reduktionsband erscheinen, das nicht mehr in 
die beiden Oxyhaemoglobinstreifen übergeführt werden konnte. 
Phosphorwasserstoff verändert nach viertelstündiger Einwirkung 
das spektroskopische Verhalten des Blutes nicht. Bei fortge- 
setztem Einleiten verschwinden die Oxyhaemoglobinstreifen 
allmälich, ohne dafs das Reduktionsband an ihre Stelle träte. 
Stickoxyd verrückt die Blutbänder nicht, es schwächt sie nur 
ab. Reduktionsmittel haben auf die so veränderten Bänder 
keinen Einflufs. 


. Halbstündiges Durchleiten von Stickoxydul durch Blut ändert 


dessen spektroskopisches Verhalten in keiner Weise ab. — 
Ebenso verhalten sich: Schwefelkohlenstoff, Chloroform und 
Quecksilbermethyl. 

Schweflige Säure zerstört nach kurzer Zeit die Oxyhaemoglobin- 
blutbänder, läfst an ihrer Stelle eine diffuse Absorption zu- 
rück und erzeugt ein Absorptionsband im Rot 667—638. 
Wirkt Cyangas kürzere Zeit auf Blut ein, so wird das sicht- 
bare Absorptionsspektrum desselben nicht verändert. Bleibt 
eine auf diese Weise mit Cyan behandelte Blutlösung stehen, 
so bildet sich darin Blausäure und die Oxyhaemoglobinstreifen 
machen einem verwaschenen Absorptionsbande Platz. Bei 
längerem Durchleiten des Gases durch Blut, wird dasselbe 
schwarzbraun und dicklich und läfst erst in grofser Verdünnung 
Licht durch. 


. Cyanwasserstoffdampf, bei gewöhnlicher Temperatur durch eine 


Blutlösung geleitet, verändert deren Spektrum nicht im Ge- 
ringsten. Nach kurzem Erwärmen dieser Lösung auf 40° C. 
oder nach mehrstündigem Stehen derselben bei Zimmertempe- 
ratur läfst sie an Stelle der Oxyhaemoglobinstreifen einen un- 
deutlich begrenzten Absorptionsstreif 586 --526 erkennen. Diese 
Lösungen trüben sich jedoch bald. 

Amylnitrit zeigt nach kurzer Einwirkung auf Blut ein Ab- 
sorptionsband 588—530. Dasselbe ist durch Schütteln mit 
Luft nicht mehr in die Oxyhaemoglobinbänder überführbar. 
Kakodyloxyddampf zerstört die beiden Blutbänder und die mit 
diesem Dampfe behandelte Lösung zeigt nur noch eine Ab- 
sorption im Violetten. 


fig 3. 
> olkamık werkikaler Verschiebung 
NY Sroche e 


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Zeitschrift 


des 


Deutschen Apotheker-Vereins, 
unter Redaction von 
E. Schmidt und H. Beckurts, : 
herausgegeben 


von. dem Geschäftsführer des Deutschen Apotheker-VereinsJ, GREISS in Berlin, 


Band 230, Heft 9. 


(Schluss des Bandes.) 


BERL IN. 


Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins. 
1892. 


e für das Archiv sind an die Herren Professor Dr. E. Schmidt in Marburg | He 
0... oder Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig zu senden. 


x Re AA NE 
u N a EN! Ri ae 
INHALT. 


O. Oesterle, Untersuchungen über die Guttapercha . . . . 641 n 
Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institute der 
Universität Bern. 

Joseph Klein, Über das Santonin II. N RR En 5 
Wilhelm Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure . 684 
Mitteilung aus dem Pharmazeutischen Institute der 

Universität Dorpat. 


F. Gerhard, Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser auf 
kolorimetrischem Wege und Verwendung der Gerbsäure zu 
iiesem Zwecke... ua a. Dank  a e 


Inhaltsverzeichnis 


Eingegangene Beiträge. 
P. C. Plugge, Beitrag zur Kenntnis des Cerberins. 
F. Lüdtke, Über Cicuta virosa. 


(Geschlossen den 20. December 1892.) 


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Jahresbericht der Pharmacie 


Herausgegeben vom Deutschen Apotheker-Verein 
unter Redaction von 
Professor Dr. Heinrich Beckurtis. Be | 
Zuletzt ist erschienen: 51. Jahrgang 1891. 1. Hälfte. Preis 48 Mk. 
für den Jahrgang. TR 
Jede gute Buchhandlung liefert den Jahresbericht auch zur 
Ansicht. Die 2. Hälfte ist im Druck und wird Ende 1892 erscheinen. 
Wir verweisen auf die ir sämmtlichen Fachblättern kürzlich 
eıschienenen DEE” glänzenden Besprechungen, ö 1816), 


Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. Re 


= 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 641 


Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der 
Universität Bern. 


Untersuchungen über die Sekrete 
mitgeteilt von A. Tschirch. 


I. Studien über die Guttapercha 
von Otto Oesterle. 
(Eingegangen am 2. November 1892.) 
Nachdem im Jahre 1843 die ersten Proben von Gutta- 
percha nach Europa gebracht worden waren, und die Einfuhr in 
kurzer Zeit in enormem Malse gestiegen war, wurde die wertvolle 


Substanz bald Gegenstand vielfacher Untersuchungen. 

Ueber den Namen Gutta-Percha schreibt Tschirch)): „Gutta- 
Percha, richtiger wohl getah-pertcha geschrieben, soll „Milchsaft aus 
Sumatra“ heilsen. Sicher ist, dafs getah der Kollektivbegriff für 
alle klebrigen, beim Verletzen der Bäume ausfliesenden Säfte ist, wie 
minjak für alle öligen oder fettigen Substanzen und damar für die 
festen Harze gebraucht wird. Ob pertcha wirklich „sumatranisch“ heilsen 
soll, ist noch fraglich.“ 

Die ersten Arbeiten über Guttapercha hatten zum Zweck die 
physikalischen Eigenschaften derselben festzustellen. So untersuchten 
Faraday?), Riess?) die elektrischen, Page*) die optischen Eigen- 
schaften, Kent) studierte das Verhalten der Guttapercha gegen 
Lösungsmittel und konnte die Anwesenheit eines gelben, in Alkohol, 
Aether und Terpentinöl löslichen, harzartigen Körpers konstatieren. 
Gleichzeitig mit Kent untersuchte Soubeiran®) Proben, die ihm vom 
französischen Handelsministerium zugegangen waren und fand sie aus 
reiner Guttapercha, einer Pflanzensäure, Kasein, einem in Alkohol und Teer- 
pentinöl löslichen und einem in Alkohol unlöslichen Harze und Ex- 
traktivstoffen zusammengesetzt. Er brachte die sog. reine Guttapercha 
zur Analyse und fand 83,5 Proz. Kohlenstoff und 11,5 Proz. Wasser- 
stoff, er spricht zugleich die Vermutung aus, dals reine Guttapercha 
aus 87,8 Proz. Kohlenstoff und 12,2 Proz. Wasserstoff, entsprechend 


1) Tschirch, Indische Heil- und Nutzpflanzen und deren Kultur. 
pg. 203. 
ü 2) Pogg. Annalen 74, 154. 
3) Pogg. Annalen 91, 489 Dingl. pol. Journ. 132, 130. 
4) Dingl. pol. Journ. 120, 160. 
5) Jahresb. d, Chemie 1847—1848, 744. 
6) Jahresb. d. Chemie 1847—-48, 743. 


Arch. d. Pharm. XXX. Bds., 9. Heft. 41 


642 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


der Formel C,H,, zusammengesetzt sei. Douglas Maclagan!) 
giebt für den gleichen Körper die Zahlen: Kohlenstoff 86,36 Proz. 
Wasserstoff 12,15 Proz., Sauerstoff 1,49 Proz. 

Adriani?) stellte durch Ausziehen mit kaltem Alkohol ein Harz 
und durch Behandeln mit siedendem Alkohol ein „wachsähnliches 
weilses Fett“ dar, ohne über die Substanzen etwas anzugeben. Zu- 
gleich suchteer Guttapercha rein darzustellen, jedoch ohne zu einem asche- 
freien Produkte zu gelangen. 

Im Jahre 1551 veröffentlichte Arppe?°) seine Untersuchungen über 
Guttapercha, die er als ein Gemisch mehrerer Harze, entstanden durch 
Oxydation eines flüchtigen Oeles C,, H;,, betrachtet. Er stellte sechs 
verschiedene Harze dar, die sich durch verschiedene Löslichkeit in 
Aether und Alkohol von einander unterscheiden. Von diesen Harzen 
krystallisieren das « und das # Harz; für das 3 Harz stellt er die 
Formel C,H; 0, auf. Die übrigen vier Harze sind amorph; er giebt 
ihnen die Formeln C,, Hy 03 (y), Cyo His O5 (Ö), Cy; He> O0 (2), Co Haa 0 (d). 
Einen festen sauerstofffreien Körper erwähnt Arppe in seiner Arbeit 
nicht. 

Payent) teilte im Jahre 1852 die Resultate seiner Untersuchungen 
mit. Er erhielt durch Auskochen mit Alkohol zwei Körper, welche er 
durch kalten Alkoholtrennte und Alban (Kristalban) und Fluavil nannte. 
Den bei wiederholter Behandlung mit siedendem Weingeist zurückblei- 
benden Teil der Guttapercha, bezeichnet Payen als reine Gutta. Er 
giebt die Mengenverhältnisse an, in welchen die drei Bestandteile in 
der Guttapercha vorkommen, ohne die Elementarzusammensetzung 
derselben mitzuteilen. 


E. H. v. Baumhauer’) fand eine sauerstofifreie Substanz mit der 
wahrscheinlichen Formel Cy Hz, für die er Payen’s Benennung reine 
Gutta beibehält, und daneben Körper, denen er die Formeln C,H, O 
und Cy,(H)5505 giebt, ohne weitere Angaben über die Eigenschaften zu 
machen. Zu ähnlichen Resultaten wie Baumhauer gelangte auch 
A. C. Oudemanns.) 

Die Produkte der trockenen Destillation wurden von Arppe’) und 
von William$) untersucht. Arppe erhielt ganz andere Produkte als 


1) J. f. prakt. Chemie 1859, 78, 271. 

2) Jahresb. d. Chemie 1850, 520. 

3) J. t. prakt. Chemie 1851, 53, 171. 

4) Jahresb. d. Chemie 1852, 644. 1859. 519 J. f. prakt. Chemie 1352, 
57, 152, Compt. rend. 35, 109. 

5) Journ- f. prakt. Chemie 1859, 78, 277. Jahresb. d. Chemie 1359, 518. 

6) Jahresb. d. Chemie 1859, 517. 

7, Journ. f. prakt. Chemie 1851, 53, 111. 

8) Journ. f. prakt. Chemie 83, 185. 

9) Annalen d. Chemie u. Pharm. 115, 297. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 643 


bei der trockenen Destillation des Kautschuks: Williams hingegen 
wies in den Destillationsprodukten Jsopren und Kautschin nach, also 
dieselben Körper, die der Kautschuk bei der trockenen Destillation liefert. 


Über die Veränderungen, welche die Guttapercha durch atmos- 
phärische Einflüsse erleidet, sind ebenfalls Untersuchungen angestellt 
worden. A. W. Hofmann untersuchte im Jahre 1857 die durch tro- 
pische Einflüsse veränderte Guttapercha der ostindischen Telegraphen- 
kabel und stellte zugleich Versuche mit unveränderter Guttapercha an. 
Er gelangte zu Resultaten, welche so verschieden von denjenigen 
früherer Untersuchungen waren, dals er sich veranlafst sah, anzunehmen, 
die Gutta-Percha komme in mehreren Modifikationen vor. 


Millerl), welcher ebenfalls veränderte und unveränderte Gutta- 
Percha untersuchte, fand den Grund der Veränderung d.h. der Um- 
wandlung der Gutta-Percha in Harz, in einer Absorption von Sauer- 
stoff. Für die reine Gutta, welche Miller der Elementar-Analyse unter- 
zog stellt er die Formel Cy, Hz), oder Oz, Hg, auf. 


Weitere Studien sind ferner von Geiseler?), Schwerdtfeger?), 
Böttgert). W. H. Presse), Heckel & Schlagdenhauffen®) ge- 
macht worden. Doch beziehen sich diese Arbeiten weniger auf die 
chemischen Eigenschaften der Guttapercha, als auf ihre Löslichkeits- 
verhältnisse und Dauerhattigkeit. 


Die Untersuchungen, welche ich auf Veranlassung von Herrn Pro- 
fessor Dr. Tschirch ausführte, hatten den Zweck, die Bestandteile der 
Gutta-Percha möglichst rein darzustellen und die Eigenschaften dieser 
Bestandteile mit Rücksicht auf das bisher Bekannte zu studieren. Als 
Untersuchungsmaterial diente Gutta-Percha des Handels und reine 
Gutta-Percha von Payena Leerii. Gleichzeitig habe ich durch mikro- 
skopische Untersuchung an Zweigen und Blättern von Gutta-Percha 
liefernden Bäumen festgestellt, in welchen Behältern der Guttapercha 
Milchsaft vorkommt, wie diese Behälter gebaut sind, wo sie sich be- 
finden und wie sie verlaufen. Auch zu diesen Untersuchungen wurde 
mir Material, welches von Herrn Professor Dr. Tschirch in Indien 
gesammelt und sicher bestimmt worden war, von ihm zur Verfügung 
gestellt. 


1) Journ. f. prakt. Chemie, 47, 380. Journ. ofthe Chem. Soc. 2 Ser. III. 
273, Jahresb. über die Fortschritte d. Pharmakognosie, Pharmacie und 
Toxikologie 1866, 62. 

2) Archiv d. Pharmacie 2. Reihe, 83 (1855) 9. 

3) Archiv d. Pharmacie 1854, 49. 

4) Buchner, Repert. f. Pharmacie 1875. 24, 53. 

5) Chemiker Zeitung (Cöthen) 1850, No. 17, 279. 

6) Chemiker Zeitung (Cöthen) 1855 No. 104, 1891. 


41,7 


644 A Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


A, Chemischer Teil. 
I. Handels-Gnttapercha. 


1. Darstellung der Gutta, des Albans und Fluavils, sowie des 
Guttans aus Handels-Guttapercha. 

Die Guttapercha, welche ich in Arbeit nahm, war Handelsware 
aus dem Hause Gehe & Cie. in Dresden; sie war zähe, blättrig 
und hatte eine braungraue Farbe. Nach dem Zerkleinern wurde sie 
mit Wasser in einer Retorte gekocht und das Kochen mit erneuertem 
Wasser solange fortgesetzt, bis dasselbe nicht mehr gefärbt war. 
Das Destillat war klar, besafs einen starken Geruch nach Gutta- 
percha und zeigte neutrale Reaction. Um mich zu überzeugen, ob im 
Destillate flüchtiges Öl in geringer Menge vorhanden sei, schüttelte 
ich wiederholt mit Äther aus. Der Äther hinterliefs nach dem Ver- 
dunsten keinen Rückstand. 

Das Wasser in der Retorte zeigte eine geringe Trübung, welche 
durch Filtrieren nicht zu beseitigen war. Die Reaktion war, wie 
diejenige des Destillates neutral, der Geruch nach Guttapercha hin- 
gegen weniger ausgesprochen. Durch Äther konnte dem Wasser 
nichts entzogen werden. Das Wasser selbst hinterliefs nach dem 
Abdampfen einen Rückstand, welcher zur Hauptsache aus Gerbstoff, 
Salzen und Zucker bestand. 

Die ausgekochte Guttapercha wurde getrocknet, mit konzentrirtem 
Alkohol am Rückflufskühler ausgezogen und dieser Proze[s mit neuen 
Mengen Alkohol wiederholt, bis der letztere nichts mehr aufnahm. 
Die filtrierten alkoholischen Auszüge wurden jeweilen unter Um- 
schütteln rasch abgekühlt und dadurch das Alban als körnig-krystal- 
linischer, ziemlich weilser Niederschlag abgeschieden. Der Niederschlag 
wurde abfiltriert, mit kaltem konzentriertem Alkohol gewaschen und 
mehrmals aus heifsem Alkohol umkrystallisiert. Das Filtrat vom aus- 
geschiedenen Alban hinterliefs nach dem Eindampfen auf dem Wasser- 
bad einen harzartigen, braunen, nach Kolophonium riechenden Rück- 
stand, das Roh-Fluavil. 

Um die Gutta rein darzustellen löste ich die mit Wasser ausge- 
kochte und mit Alkohol ausgezogene Guttapercha, welche nach dieser 
Behandlung eine dunkle, rotbraune Farbe besitzt, durch gelindes Er- 
wärmen am Rückflufskühler in Chloroform und filtrierte von einem 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 645 


geringen, aus Sand und Rindenteilen bestehenden Rückstand ab. 
Das braun gefärbte Filtrat suchte ich durch gewaschene, gekörnte 
Tierkohle zu entfärben, jedoch ohne befriedigende Resultate zu er- 
halten. Durch Versetzen des gefärbten Filtrates mit starkem Alko- 
hol entstand neben einem fadigen Niederschlag von graubrauner 
Farbe, eine milchige Trübung. Die Fällung nahm ich in der Weise 
vor, dafs ich die Guttapercha-Chloroformlösung in dünnem Strahle 
unter Umrühren in viel Alkohol gols. Durch Abgielsen und Nach- 
waschen mit Alkohol wurden die beiden Ausscheidungen getrennt. 


Der fadige Körper, welcher nach den Angaben der Autoren 
als Gutta anzusprechen war, wurde, um alles Fluavil und 
Alban zu entfernen, mit Alkohol am Rückflufskühler mehrmals 
ausgezogen, getrocknet, in Chloroform gelöst und wieder mit 
Alkohol gefällt. Indem ich dieses Verfahren etwa zwanzigmal 
wiederholte, erhielt ich den Körper aschefrei und weils. DBe- 
merkenswert war dabei, dals bei dem wiederholten Fällen immer 
auch die oben erwähnte milchige Trübung entstand und die Menge 
des fadig ausgeschiedenen Körpers bei den späteren Fällungen 
immer geringer wurde. Den fein suspendierten Körper durch Fil- 
trieren von der Flüssigkeit zu trennen, war erst nach tagelangem 
Stehen, wobei er sich flockig absetzte, möglich. Durch Auswaschen 
mit Alkohol, Lösen in Chloroform, Fällen mit Alkohol und oftmaliges 
Wiederholen dieser Operation wurde er schliefslich als rein weilses, 
lockeres Pulver erhalten. 


Den fadigen Körper, den ich zunächst einer näheren Unter- 
suchung unterwarf, trocknete ich in einer Kohlensäure-Atmosphäre 
über Schwefelsäure. Nach Verlauf weniger Wochen nahm der ur- 
sprünglich weilse Körper eine rötliche Farbe an. Mit Chloroform 
behandelt, löste er sich nicht mehr, sondern quoll gallertartig auf; 
mit Chloroform abgedampft, hinterliefs er einen gelbbraunen Rück- 
stand. Kocht man die gallertartige Masse mit Alkohol aus, so wird 
der Alkohol weils getrübt und es bleibt eine weilse Substanz zurück, 
die, mit Äther gekocht, ihr Volum vergröfsert und hyalin wird, sich 
aber nicht löst. Auch in Petroläther, Terpentinöl, Schwefelkohlen- 
stoff, Benzol findet eine Quellung, aber keine Lösung statt. Ich 
habe diesen so veränderten Guttakörper nicht weiter untersucht. 


646 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


Eine Probe des ursprünglichen, fadigen Körpers über Phosphor- 
pentoxyd aufbewahrt, blieb noch nach mehreren Monaten rein weils 
und löslich in Chloroform, konnte jedoch aus dieser Lösung mit 
Alkohol nicht mehr ausgefällt werden. Zugleich zeigte sich, dals 
sie in Alkohol vollständig löslich geworden war. Auch im luftver- 
dünnten Raum über Chlorcalecium liefs sich dieser Körper nicht 
unverändert aufbewahren, er wurde spröde, leicht zerreiblich, löslich 
in Alkohol und teilweise im Kalilauge und besals einen scharfen, 
widerlichen Geruch. Mit Wasser geschüttelt, erteilte er diesem saure 
Reaktion, im Filtrate liefs sich Ameisensäure nachweisen. Versetzt 
man die Lösung in Kalilauge mit einer Säure, so fallen rotbraune 
Flocken aus, welche nach dem Trocknen noch nicht bei 250° 
schmelzen. Die Flüssigkeit selbst bleibt gelbbraun gefärbt und 
giebt, mit Äther geschüttelt, an denselben nichts mehr ab. Schüttelt 
man hingegen mit Amylalkohol, so wird die Flüssigkeit enttärbt und 
der Amylalkohol nimmt den Farbstoff auf. Läfst man den Amyl- 
alkoholauszug einige Stunden stehen, so wird er deutlich rötlich. 
Er hinterlälst beim Abdampfen einen geringen Rückstand von rot- 
brauner Farbe, der in Wasser unlöslich ist, sich aber in Alkohol 
sehr leicht löst. Die anfänglich sehr dunkle alkoholische Lösung 
wird am Lichte allmälig heller, bis sie nach einigen Tagen hellgelb 
gefärbt ist. 

_ Ich will den fädigen Körper, welcher zwar in vielen Eigen- 
schaften mit der von den Autoren beschriebenen Gutta überein- 
stimmt, aber sich, wie aus der weiteren Untersuchung ersichtlich 
ist, doch nicht als Gutta (wenn man mit „Gutta“ den Kohlenwasser- 
stoff bezeichnen will), erwies, der Kürze wegen „Guttan“ nennen. 


2. Guttan. 

Frisch getälltes und rasch getrocknetes Guttan verbrennt 
auf Platinblech, ohne Asche zu hinterlassen; es ist zähe, 
löslich in Chloroform, Benzol, Schwefelkohlenstoff, beim Er- 
wärmen auch in Äther, Terpentinöl, Petroläther, Anilin, Phenol, 
scheidet sich aber aus diesen Lösungsmitteln beim Erkalten pulver- 
förmig aus. Es wird bei 60°C. (unkorr.) durchsichtig, sintert zu- 
sammen und schmilzt über 130° 0. (unkorr.). An der Luft wird 
Guttan in kurzer Zeit zerreiblich und teilweise löslich in Alkohol 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 647 


und in Kalilauge. Eine Analyse des im Exsikkator über Chlorcaleium 
getrockneten Körpers ergab folgende Resultate: 
0,2176 & Substanz lieferten 0,5183 g CO, und 0.1746 g H,O oder in 
Prozenten: 
© 64,90 
H 8,92 
Da der Körper schon durch das Autbewahren im Exsikkator 
Veränderungen erlitten hatte, löste ich eine Probe in Chloroform, 
fällte mit Alkohol, zog das ausgeschiedene Guttan mit heifsem Al- 
kohol aus und trocknete es im Platinschiffehen sechs Stunden lang 
bei 60°C. im Wasserstoffstrome. Die Verbrennungen ergaben fol- 
gende Resultate: 
1. 0,2300 g Substanz lieferten 0,7218 g CO, und 0,2394 & H,O. 


II. 0,1748 „ 5 5 0,5468 „CO, „ 0,1792 „ H,O 
was auf Prozente umgerechnet, ausmacht: 
1% II. 
C 85,59 55.13 
EIKE 11,39 


Mit demselben Material führte ich noch dreimal nacheinander 
die Operation des Auflösens in Chloroform und Fällens mit Alkohol 
aus. Jedesmal zeigte sich die bereits erwähnte milchige Trübung 
und jedesmal nahm die Menge des ausgeschiedenen Guttans merklich 
ab. Nach dem Auskochen mit Alkohol und Trocknen im Wasser- 
stoffstrome gab die Verbrennung folgende Zahlen: 

0,1990 g Substanz lieferten 0,6305 g CO, und 0,2150 8 H,O oder in 
Prozenten ausgedrückt 

C 86,40 
H 12,00 

Das Guttan reichert sich demnach durch wiederholtes Auiflösen 
und Fällen an Kohlenstoff an oder geht vielmehr allmälig, da die 
Menge des fädigen Guttans bei jeder Fällung geringer wird und 
jedesmal der fein suspendierte Körper, der sich durch die Unter- 
suchung als der Kohlenwasserstoff Gutta erwies, auftritt, in Grutta 
über. 

3. Gu00a 

Da das Guttan sauerstoffhaltig war, der eigentliche Guttakohlen- 
wasserstoff also nicht sein konnte, wandte ich mich zu dem öfters. 
erwähnten pulverförmigen Produkte, welches ich bei den Fällungen 
der Rohgutta erhielt. 


648 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


Die Analysen des, zuerst im luttyrerdünnten Raum getrockneten 
und nachher monatelang über Chlorcaleium aufbewahrten Produktes 
gaben folgende Resultate: 


I. aus 0,1234 g Substanz wurden erhalten:. 0,4020 g CO, und 0,1259 g H,0. 
Nu 5 CE 4 0,3634 g CO, und 0,1240 g HO.. 


Diese Zahlen geben in Prozenten: 


1. IT 
C 83,56 87,69 
H 11,34 12,18 


Diese Zahlen stimmen ziemlich gut für einen Kohlenwasserstoft 
von der Formel (C,, Hıs)n für welchen die Theorie verlangt: 
07887230 Br02: 
ER TTeBror: 
Es ist daher dieser Körper als Gutta im engeren Sinne zu be- 
trachten. 

Die Gutta bildet ein lockeres, rein weilses, amorphes Pulver, 
welches sich leicht zu Klümpchen ballt, elektrisch ist und weder 
Geruch noch Geschmack besitzt. Sie läfst sich wie Wachs kauen 
und wird dabei plastisch; auf Platinblech verbrennt sie, ohne Rück- 
stand zu hinterlassen. Den Schmelzpunkt fand ich bei 53°C. (uncorr.) 
(die Guttapercha des Handels wird bei 70° plastisch und schmilzt 
bei ca 120°) bei welcher Temperatur die Gutta zu einer dicken, 
klaren, farblosen Flüssigkeit schmilzt: bei 160° wird sie dünnflüssig, 
fängt bei 175° ©. an sich gelb zu färben und wird, höher erhitzt, 
ohne zu Sieden, immer dunkler. Baumhauer!) giebt an, dafs seine 
Gutta bei 100° ©. zusammensintert und findet den Anfang des 
Schmelzens bei 1500 C. W. A. Miller?) findet. dafs die Substanz, 
welche er als Gutta bezeichnet, bei 100° weich wird, ohne zu 
schmelzen. Diese Angaben würden mehr auf das oben beschriebene 
Guttan, als auf die reine Gutta stimmen, so dafs es möglich ist, dafs 
Baumhauer und Miller eine durch diesen Körper verunreinigte 
Gutta vor sich hatten, was allerdings durch die Darstellungsweise, 
nach welcher sie die Gutta erhalten haben, nicht ausgeschlossen ist. 

Die Gutta ist löslich im Chloroform, Benzol, Toluol, Petrol- 
äther, Schwefelkohlenstoff, Vaselinöl, fetten und ätherischen Ölen. 


1) Jahresb. d. Chemie 1859, 518. 
2) Jahresb. d. Chemie 1865, 576. 


A. Tschirch, Uutersuchungen über die Sekrete. 649 


Payen!) und Arppe?) machen die Angabe, dafs Gutta in Aether 
nicht vollständig löslıch sei, besonders wenn sie vorher mit Alkohol 
behandelt worden war. Ich kann diese Angabe nicht bestätigen, da 
sich die von mir dargestellte Gutta, die ich wiederholt mit Alkohol 
behandelt hatte, vollständig in Äther löste. Gutta löst sich ferner 
in Phenol, scheidet sich aber wieder aus, bevor das Phenol erstarrt 
ist. Aus der Lösung in Chloroform oder Benzol wird die Gutta 
durch Alkoholzusatz als feines Pulver ausgeschieden, welches lange 
in der Flüssigkeit suspendiert bleibt. Nach E.N. Kent?) läfst eine 
Lösung von Gutta im Chloroform, die mit drei Theilen Äther ver- 
setzt ist und einige Zeit unter 15° ©. erhalten wird, die Gutta als 
weilses Pulver fallen. Ich wiederholte den Versuch unter den an- 
gegebenen Bedingungen, ohne zu dem gleichen Resultate zu gelangen, 
die Lösung blieb auch noch nach mehreren Tagen klar. 


Die Analysen der reinen Gutta führen, wie ich oben erwähnt 
habe, zu der Formel (C,, Hjs)n. Die Versuche, die Molekulargröfse 
nach der Raoult'schen Methode durch Erniedrigung des Erstar- 
rungspunktes des Benzols durch Einführung kleiner Mengen Gutta 
zu bestimmen, ergaben äufserst geringe Depressionen (0,3640 g. 
Substanz in 28,38 g Benzol ergaben eine Depression v. 0,02%). Doch 
wage ich nicht, aus diesen Versuchen das Molekulargewicht, welches 
jedenfalls sehr grofs ist, abzweiten. 


Der Luft und dem Sonnenlicht ausgesetzt, hält sich die Gutta 
einige Zeit unverändert, dann wird sie gelblich, zerreiblich und 
theilweise löslich in Alkohol. In Benzol, worin sie vorher voll- 
ständig löslich war, löst sie sich nicht mehr vollständig, welche 
Beobachtung auch schon von Miller gemacht worden ist, an dem 
Körper, welchen er als Gutta bezeichnete. Ebenso ist sie nicht 
mehr vollständig löslich in Chloroform. Mit Kalilauge oder Ammo- 
niak übergossen wird sie intensiv gelbbraun und löst sich teilweise. 
Mit konzentrierter Schwefelsäure färbt sich Gutta schon in der Kälte 
braun, beim Erhitzen wird sie unter Entwicklung von schwefliger 


!) Compt. rend, 35, 109. Journ. f. pr. Chemie 57, 152. Jahresb. d. 
Chemie 1852, 643. 

2) Journ. f. prakt. Chemie 53, 171. 

3) Jahresb. d. Chemie 1847—1848, 745. Jahresb. d. Chemie 1865, 576, 


650 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


Säure zerstört. SMalzsäure in wässriger Lösung wirkt kaum auf die 
Gutta ein; erhitzt man sie damit im geschlossenen Rohr auf 1200 C., 
so wird sie dunkler gefärbt und spröde. Nach Oudemans giebt 
Gutta, mit konzentrierter Salpetersäure erhitzt, Ameisensäure und viel 
Blausäure. Ich wiederholte den Versuch; die Salpetersäure wirkt 
unter Entwicklung roter Dämpfe heftig aut die Gutta ein und es 
entsteht dabei eine klare Lösung, die sich beim Erkalten trübt und 
in Wasser gegossen, gelbliche Flocken ausscheidet. Bei der Reaktion 
konnte ich die Bildung von geringen Mengen Blausäure konstatieren, 
doch konnte ich weder Ameisensäure noch Oxalsäure nachweisen. 

Verhalten der Gutta gegen Brom: Die Gutta wurde in 
Chloroform gelöst und Brom im Überschusse zugefügt. Schon in der 
Kälte entwickelte sich dabei Bromwasserstoff, der beim Erwärmen 
in Strömen entwich. Das Chloroform wurde abdestilliert und der 
Rückstand versucht in Alkohol zu lösen, er erwies sich unlöslich und 
wurde daher wieder in Chloroform gelöst und mit Alkohol als weilse 
Flocken geiällt. Nach dem Auswaschen mit Alkohol und Trocknen 
konnte ich durch Glühen mit chlorfreiem Kalk und Lösen mit Sal- 
petersäure, mittels Silbernitrat einen Gehalt an Brom nachweisen. 
Die bromierte Gutta zeigt die elektrischen Eigenschaften der reinen 
Gutta in noch viel höherem Maalse und ist in den Lösungsmitteln 
der reinen Gutta löslich. Erwärmt man die bromierte Gutta mit 
Eisessig oder Essigsäureanhydrid, so schwillt sie sehr stark auf, um 
bei anhaltenderem Erwärmen oder an der Luft zu einer braunen 
Masse zusammen zu sinken. Ein Produkt von konstantem Brom- 
gehalt zu erhalten, war mir bis jetzt nicht möglich. 

Einwirkung von Salzsäure: Eine wässrige Lösung von Salz- 
säure wirkt auf Gutta nicht ein; erst wenn man sie längere Zeit damit m 
Berührung läfst oder im Rohr auf 120° C. erhitzt, färbt sich die 
Gutta braun und wird spröde. Die gleichen Eigenschaften erhält sie, 
wenn man in eime Lösung von Gutta in Chloroform Salzsäuregas ein- 
leitet und die Lösung mit Alkohol fällt. 

Einwirkung von Nitrosylchlorid: Da Tilden und Shen- 
stone, sowie auch Wallach durch Einwirkung von Nitrosylchlorid 
auf Körper von der Formel C,H; zu krystallisierenden Nitroso- 
chloriden gelangten, glaubte ich nicht unterlassen zu dürfen, die Ein- 
wirkung von Nitrosylchlorid auf die Gutta zu studieren. Durch Er- 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 651 


hitzen von Königswasser, Einleiten der Gase in konzentrierte Schwetel- 
säure bis zur Sättigung und Zersetzen der gebildeten Nitrosulfon- 
säure mit Kochsalz entwickelte ich Nitrosylchlorid, welches ich in 
eine Lösung von Gutta in Chloroform einleitete. Die Lösung färbte 
sich dunkler, ohne dafs dabei die Temperatur wesentlich erhöht 
wurde. Durch Alkohol wurde aus dieser Lösung ein Körper ausge- 
schieden, welcher amorph war und sich als stickstofffrei erwies. Es 
wurde also kein Nitrosochlorid gebildet. 


4. Fluavil. 


Die alkoholischen Auszüge aus der Guttapercha, aus denen 
durch rasches Abkühlen das Alban ausgeschieden wurde, enthalten 
das Fluavil. Der Alkohol wurde abgezogen; er hinterliels einen 
harzartigen, gelbbraunen Rückstand, welcher, auf Platinblech ver- 
brannt, ziemlich viel Asche zurücklieis. Der Rückstand wurde mit 
kaltem Alkohol, in welchem er sich vollständig löste, aufgenommen 
und in verdünnte Salzsäure gegossen. Der ausgeschiedene, gelb- 
weilse, harzartige Körper wurde auf einem Filter gesammelt, gehörig 
mit Wasser ausgewaschen, getrocknet, in Alkohol kalt gelöst und 
wieder mit Salzsäure getällt. Nach wiederholtem Auflösen und Fällen 
wurde das Fluavil aschefrei erhalten. Zuletzt wurde die alkoholische 
Lösung eingedampft, und, da der Alkohol auf dem Wasserbad nicht 
vollständig zu entfernen war, im luftverdünnten Raum zur Trockene 
gebracht. 

Das Fluavil stellt nach dieser Behandlung eine dem Kolophonium 
ähnliche Masse dar, welche sich zu einem gelblichen Pulver zerreiben 
läfst. Es ist löslich in Alkohol, Äther, Petroläther, Chloroform, 
Schwefelkohlenstoff, Benzol, Phenol, sowie in Eisessig und Essigsäure- 
anhydrid, unlöslich in Wasser und wässerigen Alkalien. Durch kon- 
zentrierte Schwefelsäure wird es mit braunroter Farbe gelöst. Zer- 
reibt man Fluavil mit Zucker und fügt konzentrierte Schwefelsäure 
zu, so entsteht eine rote Färbung. Der Schmelzpunkt des Fluavils 
wird von den Autoren verschieden angegeben. Nach Oudemans!) 
liegt er bei 42° C., nach Payen?) bei 100—110°%. Ich fand, dafs 


1) Jahresb. d. Chemie 1859, 517. 
2) Jahresb. d. Chemie 1852, 646. 


652 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


das über Schwefelsäure wochenlang getrocknete Fluavil zwischen 
s2—850 C. (unkorr.) schmolz. 
Die Analysen derselben Substanz ergaben folgende Resultate: 
I. 0,3856 g Substanz lieferten 1,0955 g CO, und 0,3534 g H,O 


u. 0,2558 g m 5 0,7283 g CO, „ 0,2234 g H,O 
II. 0,2032 g r J 0,5816 g CO, „ 0,1916 g H,O 
In Prozenten ausgedrückt, ergiebt dies: Berechnet für: 
T. 'UR III. (Co Hıs 
C. 77,48 77,65 78,06 78,28 
Er 1018 9,70 10,47 10,52 


Aus diesen Zahlen leitet sich die Formel (C,H 1sO)n ab. 

Da sich das Fluavil in Phenol löst, suchte ich das Molekular- 
gewicht nach der Raoult’schen Methode, aus der Erniedrigung des 
Erstarrungspunktes des Phenols zu ermitteln. Die Versuche ergaben 
ınir jedoch Zahlen, welche nicht mit Sicherheit schliefsen liefsen, ob 
der Ausdruck Cs,H35 0; oder CyoHg,0, der richtige für das Fluavil- 
Molekül ist. 

In Bezug aut die Formel des Fluavils befinde ich mich im 
Widerspruch mit den Angaben von Oudemans und Baumhauer]), 
welche dem Fluavil die Formel Cs, H3a O0 geben, während aus den 
Analysen des Körpers, den ich als Fluavil betrachten mufs, die 
Formel Ca, H3205 resp. (CioHısO)n hervorgeht. 

Einwirkung von Salzsäure auf Fluavil: Fluavil wurde in 
Eisessig gelöst, in diese Lösung trockenes Salzsäuregas eingeleitet 
und die mit Salzsäure gesättigte Lösung in Wasser gegossen. Es 
schieden sich braungelbe Flocken aus, welche in Alkohol sich 
lösten und nach dem Trocknen zwischen 82—85° C. schmolzen, also 
unverändertes Fluavil waren. 

Acetylierungs-Versuche: Die Versuche wurden mit Eis- 
essig, Essigsäureanhydrid mit und ohne Zusatz von Natrium- 
acetat, sowie mit Acetylchlorid im Kolben am Rückflufskühler bei 
einer Einwirkungsdauer von einigen Minuten bis zu 12 Stunden 
ausgeführt, ohne dals sie zu einem positiven Resultate führten. Die 
Versuche welche ich mit Eisessig, Essigsäureanhydrid und auch mit 
Acetylchlorid im geschlossenen Rohre bei Temperaturen von 100-150 
Grad ©. und Einwirkungsdauer von 6—24 Stunden unternahm, lie- 


1) Jahresb. d. Chemie 1859, 518. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 653 


ferten ebenfalls negative Resultate. Es war also nach den an- 
gegebenen Methoden nicht möglich den Körper zu acetylieren. — 


5. Alban. 

Das durch rasches Abkühlen aus den heilsen Alkoholauszügen 
der Gutta-Percha gewonnene, körnig krystallinische Alban, wurde 
durch mehrmaliges Umkrystallisieren aus heifsem Alkohol gereinigt. 
Aus diesem Lösungsmittel krystallisiert das Alban in kleinen, glän- 
zenden, sehr leichten Schüppchen, welche sich in Äther, Petroläther, 
Amylalkohol, Chloroform, Benzol, Toluol, Phenol, Eisessig, Essig- 
säureanhydrid und Acetylchlorid lösen. 

Es ist unlöslich in Wasser und wässerigen Alkalien und läfst 
sich nur schwierig benetzen. Geschmolzen bildet das Alban eine 
durchsichtige, schwach gelbe, spröde Masse. Vorsichtig erhitzt lälst 
es sich sublimieren. Den Schmelzpunkt fand ich bei 195° (unkorr.) 


Oudemans!) giebt ihn bei 140° an, Payen?) bei 160° C. 
Die Analysen des im Schwefelsäure-Exsikkator getrockneten 


Präparates ergaben: 
I. 0,1628 g Substanz verbrannten zu 0,4996 g CO, und 0,1521 g Hs0. 


er. ©, B >.050898, A 2 a 
Daraus berechnet sich das Prozentverhältnis:; 
1, IT Berechnet für Cy, Ha O 
16) 83,66 83,80 83,30 
1:1 10,38 10,60 11.1 


Die Löslichkeit des Albans in Phenol erlaubte Molekulargewichts- 
bestimmungen nach der Raoult’schen Methode vorzunehmen. Die 
vier Serien von Bestimmungen ergaben; 

Phenol Substanz Depression Molekulargewicht 


I. 31,668g 0,1600 g 0,065 0 597. 
II. 31,668g8 0,6026 g 0.225 0 567. 
IH. 28,20 8 021408 0.105 0 549. 
IV. 2820 g 05990 g 0,275 0 587. 


Im Mittel resultiert aus diesen Bestimmungen die Zahl 575. — 
Für die Formel 
C;, Hz O verlangt die Theorie 288 
für Op Hg 03 R Fi >“ 576 
Es würde demnach dem Alban, welches ich in Händen hatte, 
die Formel C,, Hgı O5 zukommen. 


1) Jahresb. d. Chemie 1859, 518. 
2) Jahresb. d. Chemie 1852, 646. 


654 A. Tsehirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


Oudemans und Baumhanuer!) geben dem Alban die Formel 
Cs Hzg O,, welche Formel mit meinen Analysen keinesfalls in Ein- 
klang zu bringen ist. 

Acetylierungs-Versuche: Alban wurde in Essigsäureanhy- 
drid gelöst, mit entwässertem Natriumacetat versetzt und am Rück- 
flufskühler erhitzt. Nach mehrstündigem Kochen wurde der Kolben- 
inhalt in Wasser gegossen und der ausgeschiedene amorphe, weilse 
Körper durch Auswaschen vollständig von Essigsäure befreit, ge- 
trocknet und aus heilsem Alkohol umkrystallisiert. Der gereinigte 
Körper hatte den Schmelzpunkt 195° C. und war mithin unver- 
ändertes Alban. Ich wiederholte die Versuche, indem ich das Erhitzen 
mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat sowohl nur einige Minuten, 
als auch tagelang fortsetzte: immer wurde schliefslich unverändertes 
Alban erhalten. 

Ebentalls negativ verliefen die Versuche, welche ich sowohl 
mit Essigsäureanhydrid als auch mit Acetylchlorid im geschlossenen 
Rohr bei Temperaturen von 1000°—-180° und Einwirkungsdauer von 
6—24 Stunden ausführte.. Auch beim Erhitzen der ätherischen 
Lösung des Albans mit Essigsäureanhydrid konnte ich keinen ace- 
tylierten Körper erhalten. 

Verhalten gegen Brom: In eine Lösung von Alban in 
Chloroform wurde Brom im Ueberschufs eingetragen und das Chloro- 
form abdestilliert. Dabei entwickelte sich sehr viel Bromwasserstoff- 
säure und es blieb ein gelb gefärbter Körper zurück, welcher in 
Alkohol nur schwierig löslich war. Die qualitative Prüfung dieses 
Körpers ergab einen Bromgehalt, doch ist es mir bis jetzt noch nicht 
gelungen ein krystallisiertes oder ein einheitliches Brom-Produkt zu 
erhalten. 


Einwirkung von Hydroxylamin: Alban wurde mit Alkohol 
und der doppelten Menge salzsaurem Hydroxylamin in einem Kolben 
am Rückflufskühler, nach Zugabe von etwas Natronlauge, einige 
Stunden erhitzt. Dann würde der Kolbeninhalt in Wasser gegossen, 
der weilse Niederschlag auf einem Filter gesammelt, nnd mit Wasser 
ausgewaschen. Nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol erwies sich 


2) Jahresb- d. Chemie 1859, 518. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 655 


der Körper als stickstofffrei, es hatte somit keine Oximbildung statt- 
gefunden. 

Einwirkung von Phenylhydrazin. In verdünntem Alkohol 
suspendiertes Alban wurde mit salzsaurem Phenylhydrazin und 
einem Ueberschu/s von essigsaurem Natrium in der Wärme behandelt, 
ohne dafs ein stickstoffhaltiger Körper resultierte. 

Einwirkung von Phosphorpentasulfid. Zwei Teile Alban 
wurden mit einem Teil Phosphorpentasulfid zerrieben und in einer 
Retorte der Destillation unterworfen. Nach kurzer Zeit bläht sich 
das Gemisch und es destilliert in geringer Menge ein gelbbraunes, 
aufserordentlich übelriechendes Oel über. Dieses Destillat wurde 
mit Wasser sorgfältig gewaschen, dann mit warmer, verdünnter 
Natronlauge behandelt und nach dem Trocknen über Chlorealeium, 
fraktioniert destilliert. Die Destillation beginnt bei 195%°—200°, bei 
welcher Temperatur aber nur geringe Mengen übergehen. Die 
Hauptmenge des Öles destilliert zwischen 2700—-280° C. Das bei 
dieser Temperatur übergehende Öl ist gelb, leichter als Wasser und 
zeigt eine grünblaue Fluorescenz, welche besonders gut an der äthe- 
rischen Lösung des Öles zu beobachten ist. Erhitzt man das Öl 
mit Natrium, löst die Schmelze in Wasser und fügt Nitroprussid- 
natriumlösung zu, so entsteht eine blauviolette Färbung, welche 
einen Gehalt an Schwefel anzeigt. Leider war die Menge diesesschwefel- 
haltigen Produktes zu gering, um durch wiederholtes Fraktionieren einen 
Körper von konstantem Siedepunkt zu geben. Versuche, welche ich 
unternahm, um eine gröfsere Menge des Körpers darzustellen, ergaben, 
dafs oben angegebenes Verhältnis zwischen Phosphorpentasulfid und 
Alban die relativ besten Ausbeuten giebt. Ändert man das Verhält- 
nis, so resultiert beim Erhitzen in der Retorte eine kohlige, blasige 
Masse und man erhält kein Destillat oder nur Spuren. Immerhin 
braucht man auch bei den günstigsten Mengenverhältnissen sehr er- 
hebliche Mengen Alban, um eine zur Reindarstellung des Körpers 
ausreichende Quantität Destillat zu erhalten. 

Destillationen mit Zinkstaub. Mit dem vierfachen Gewicht 
Zinkstaub im Verbrennungsrohr destilliert, liefert das Alban eine ge- 
ınge Menge eines braunen Öles von aromatischem Geruch. Das durch 
eine grofse Anzahl (ce. 70) von Destillationen dargestellte Öl wurde 
über Chlorcaleium getrocknet und der fraktionierten Destillation 


656 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


unterworfen. Diese beginnt bei 180° C.; das Thermometer steigt 
fortwährend, ohne bei einer Temperatur stationär zu bleiben. Durch 
wiederholtes Fraktionieren gelang es mir, zur Analyse ausreichende, 
zwischen 2450—250° C. und 2700°—280° C. übergehende Anteile zu 
sammeln. 

Die Fraktion 2450-250 C., ein gelbes, aromatisch riechendes 
Öl, lieferte bei der Verbrennung: 

I. aus 0,1102 g Substanz 0,3610 g CO, und 0,1104 g H,O 


II. „015328 „ 05200 gC0, „ 0,576 8 H,O. 
Diese Zahlen geben auf Prozente ausgerechnet: 
T: IT: 
C 89,38 39,63 
1 11,06 ° 


Die Fraktion 2700—-280° ist ein diekflüssiges braunes Öl, von 
schwachem, aromatischem Geruch und fluoresciert blaugrün. Die 
Analyse ergab folgende Resultate: 


0, 1421 g Substanz lieferten 0,4692 g CO, und 0,1330 g H,O 
oder in Prozenten ausgedrückt: 
C 90,05 
H 10,39 
Konzentrierte Salpetersäure wirkt auf die Produkte der Zink- 
staubdestillation energisch ein: behandelt man die zuerst übergehen- 
nen Anteile der fraktionierten Destillation mit Salpetersäure, so nimmt 
man einen Blumengeruch wahr, während bei der gleichen Behand- 
lung die zuletzt übergehenden Anteile einen unverkennbaren Geruch 
nach Moschus entwickeln. 


Einwirkung von konzentrierter Salpetersäure auf 
Alban: Alban wurde unter häufigem Umschütteln mit konzentrierter 
Salpetersäure bei mäfsiger Wärme behandelt, bis alles Alban in 
Lösung gegangen war. Die ganze Operation nahm einige Tage in 
Anspruch. Läfst man die Lösung erkalten, so scheidet sich eine 
gelbliche, flockige, amorphe Masse aus. Die Lösung wurde noch 
heils in viel Wasser gegossen, der ausgeschiedene flockige Nieder- 
schlag zuerst durch Dekantieren und nachher auf dem Filter solange 
mit heilsem Wasser ausgewaschen, bis mit Diphenylaminschwefel- 
säure keine Salpetersäure-Reaktion mehr wahrzunehmen war. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete, 657 


Das auf diese Weise gewonnene Produkt ist gelblich und 
ameorph und erwies sich nach der Lassaigne’schen Methode!) geprüft; 
als stickstoffhaltig. Es schmilzt unter Aufblähen bei 188° C. (unkorr.) 
und löst sich mit rotbrauner Farbe in Alkalien und Alkalicarbonaten. 
Es ist etwas löslich in Wasser und erteilt demselben saure Reaktion. 
Alkohol, Äther, Eisessig und Schwefelsäure lösen in der Kälte, Sal- 
petersäure beim Erwärmen. Aus der Lösung in Schwefelsäure fällt 
Wasser den Körper unverändert wieder aus. 


Die Analysen des über Schwefelsäure getrockneten Körpers er- 
gaben folgende Resultate: 
I. 0,1892 g Substanz lieferten 0,4064 g CO, und 0,1256 & H,O 
IT 9 , „0,3020 g CO, „ 0,0950 & H,O 
I. 0,1170 g m 5 0,2530 g CO, „ 0,0745 g H,O 
Die Stickstoffbestimmung nach Kjehldahl ausgeführt, ergab 
einen Stickstoffgehalt von 3,98 Proz. 


1R II. II. IV. 
C. 58,56 58,74 58,97 — Proz. 
H. 748 7,53 7,36 Re irr: 
re s. & 0 


Die Versuche, den Körper zu krystallisieren, blieben bis jetzt 
ohne Erfolg. 

Einwirkung von alkoholischer Kalilauge auf Alban: 
Alban wurde mit alkoholischer Kalilauge im zugeschmolzenen Glasrohre 
auf 150° C. erhitzt. Nach 24stündigem Erhitzen war der ganze 
Inhalt strahlig erstarrt. Der Inhalt der Röhren, welche beim Öffnen 
nur einen unbedeutenden Druck enthielten, wurde nun mit Wasser 
versetzt; es schied sich dadurch ein weilser, flockiger, amorpher 
Körper aus, welcher mit heilsem Wasser sorgfältig ausgewaschen 
wurde. Dieser Körper löst sich in kaltem Alkohol und krystallisiert 
daraus in rein weilsen, feinen, verfilzten oder strahlig angeordneten 
Nädelchen. Wasser scheidet den Körper aus der alkoholischen 
Lösung in amorphem Zustande aus. Löst man den Körper in 
starkem Alkohol, so dauert es sehr lange, bis die Krystallisation 
anfängt. Schneller erfolgt die Krystallisation, wenn man den Körper 
in starkem Alkohol löst, mit Wasser bis zur beginnenden Trübung 


2) Annalen d. Chem. u. Pharm. 48, 367. 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds 9. Heft. 49 


658 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


versetzt und die Trübung durch einen geringen Alkohol - Zusatz 
aufhebt. 

Nach mehrmaligem Umkrystallisieren fängt dieser Körper bei 
158° ©. (unkorr.) an zu schmelzen und ist bei 164° C. (unkorr.) voll- 
ständig zu einer klaren, dieken, gelblichen Flüssigkeit geschmolzen. 
Auf Platin verbrennt er leicht mit rufsender Flamme, ohne einen 
Rückstand zu hinterlassen. - 

Die Verbrennungen ergaben: 


1. aus 0,0585 g Substanz 0,1850 
II. aus 0,0690 g Substanz 0,2180 
oder in Prozenten ausgedrückt: 


g CO, und 0,0710 g H,O 
g 00; und 0,0830 g 


H,0 


I un 
C 36,15 56,19 
ei 13,48 13,35 


Dieser Körper, den ich als „Alben“ bezeichne, wäre demnach 
als ein Kohlenwasserstoff zu betrachten und hatte also die alkoholische 
Kalilauge in diesem Falle reduzierend eingewirkt. 

Der neue Kohlenwasserstoff ist rein weils, geruch- und ge- 
schmacklos und besitzt ein aufserordentlich geringes Gewicht. Er 
ist sehr leicht löslich in Methyl-, Äthyl-, und Amylalkohol, Äther, 
Essigäther, Chloroform, Aceton, Petroläther, Eisessig, Benzol, Ter- 
pentinöl und mit gelber Farbe in konzentrierter Schwefelsäure. Beim 
Auflösen in Schwefelsäure ist kein Geruch nach schwefliger Säure 


wahrzunehmen. 


II. Reine Gutta-Percha. 


Untersuchung reiner Gutta-Percha von Payena Leerii. 

Durch die Forschungen, welche Dr. W. Burck1) von Buitenzorg 
vor ungefähr 10 Jahren in den Gutta-Percha-Distrikten Sumatras an- 
gestellt hat, ist es festgestellt, dafs die Gutta-Percha-Sammler nie 
oder nur ausnahmsweise reine Gutta-Percha auf den Markt bringen. 
Ein einzelner Baum liefert dem Sammler eine zu geringe Menge 
Gutta-Percha; daher mischt er den von verschiedenen Bäumen ge- 
sammelten Milchsaft zusammen, so dafs das Handelsprodukt aus 
mehreren Sorten Gutta-Percha besteht. Neben diesem Mischen der 


1) Dr. W. Burck, Rapport sur son exploration dans les Padang'sche 
Bovenlanden ä la recherche des esp&ces d’arbres qui produisent la gutta- 
percha. Saigon 1885. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 659 


verschiedensten Gutta-Percha-Sorten, wird die Handelswaare noch in 
ausgiebigster Weise verfälscht. !) 

Es schien mir daher nicht ohne Interesse, die Bestandteile einer 
unvermischten, von einem bestimmten Baume gesammelten Gutta- 
Percha darzustellen und mit denjenigen der Handelsware zu ver- 
gleichen: um so mehr, als Herr Prof. Dr. Tschirch aus Indien 
Muster von reiner Gutta-Percha, wie sie nur äulserst schwierig und 
durch persönliches Sammeln erhältlich ist, mitgebracht hatte und mir 
diese zur vergleichenden Untersuchung in dankenswertester Weise 
zur Verfügung stellte. 

Die Muster, welche ich untersuchte, stammten von Payena Leertiı 
und besalsen braungelbe Farbe. Eine Probe war elastisch und zäh, 
während die andere spröde war und beim Zerschneiden teilweise 
bröckelte. 

Ich behandelte jede der beiden Proben für sich nach der gleichen 
Weise, nach welcher ich die Handels-Gutta-Percha auf ihre Bestand- 
teile verarbeitet hatte. Auch bei diesen von Payena Leeri abstam- 
menden Gutta-Perchen fand ich im beiden Mustern, neben der Gutta 
den eigenthümlichen, aus der Chloroformlösung durch Alkoholzusatz 
fädig ausfällbaren Körper, den ich bei der Handels-Guttapercha be- 
schrieben habe. 

Gutta, Alban und Fluavil der beiden Muster stimmten im Schmelz- 
punkt und in ihren allgemeinen Eigenschaften vollkommen mit ein- 
ander überein; sehr verschieden waren hingegen -die beiden Proben 
in Bezug auf die Mengenverhältnisse des Albans zum Fluavil. Wäh- 
rend in dem Muster, welches zähe Konsistenz besals, das Alban in 
grölserer Menge als das Fluavil vorhanden war, trat in der spröden, 
bröckligen Probe die Menge des Albans gegen diejenige des Flua- 
vils sehr zurück. 

Das Resultat der Verbrennungen war folgendes: 

l. Gutta aus reiner, nur von Payena Leerii gesammelter 
Gutta-Percha. 


0,1054 g Substanz lieferten 0,3413 g CO, und 0,1098 & H,O 
oder in Prozenten: 


Gefunden: Berechnet: 
C 88,31 88,23 
H 11,51 107 


1) Tschirch, Indische Nutz- und Heilpflanzen, 
42* 


660 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


2. Alban aus reiner, nur von Payena Leerii' gesammelten 


Gutta-Percha. 
I. 0,1761 g Substanz lieferten 0,5390 g CO, und 0,1809 g H,O. 


II. 0,1194 „ a 5 0,3658 , >.9:0, 1202000 R 
oder in Prozenten: 
Gefunden: Berechnet: 
ik 10 
C 33,47 83,50 83,30 
H 11,41 11,20 11,10 


3. Fluavil aus reiner, nur von Payena Leerii gesammeltes 
Guttapercha. 


0,1963 g Substanz lieferten 0,5624 g CO, und 0,1827 &g H,O 
oder in Prozenten: 


gefunden berechnet 
C 78,12 18,28 
H 10,34 10,52 


Die aus der von Payena Leerit herrührenden Guttapercha dar- 
gestellten Körper stimmen also mit denjenigen der untersuchten 
Handelswaare auch in der Elementarzusammensetzung überein. 

Wie die Verhältnisse bei den andern Guttapercha-Sorten liegen, 
werde ich durch spätere Untersuchungen an dem weiteren, reinen 
Material, welches mir durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. 
Dr. Tschirch zur Verfügung steht, festzustellen suchen. 

Wenn ich die Resultate der vorliegenden Untersuchung zu- 
sammenfasse, so ergeben sich folgende Thatsachen: 


1. Die Guttapercha besteht aus den wohl charakterisierten 
Körpern Gutta, Alban und Fluavil, daneben enthielt sie Guttan, 
einen sehr unbeständigen, in seinen physikalischen Eigenschaften der 
Gutta ähnlichen Körper. Ferner enthält die Rohguttapercha des 
Handels Gerbstoffe, Salze und zuckerähnliche Substanzen. Flüchtiges 
Öl und Pfanzensäuren konnten nicht nachgewiesen werden. 


2. Die Gutta ist ein rein weilser, amorpher Kohlenwasserstoff 
von der Formel (O,,Hıs)n und jedenfalls hohem Molekulargewicht. 
Sie ist nicht so unbeständig wie das Guttan, schmilzt bei 53°C. und 
bindet Brom unter Bromwasserstoffentwicklung. Durch Luft und 
Licht wird die reine Gutta nach einiger Zeit verändert, indem sie 
gelb, zerreiblich, teilweise löslich in Alkohol und Kalilauge und zum 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 661 


Teil in Benzol löslich wird. Bei Abschlufs von Luft und Licht hält 
sich die reine Gutta monatelang unverändert. 

3. Bezüglich des Albans ist festgestellt, dafs ihm die Formel 
C4oHg,0, zukommt und der Schmelzpunkt bei 195° C. (unkorr.) liegt. 
Durch Destillation mit Phosphorpentasulfid kann ein schwefelhaltiges 
Öl gewonnen werden; Salpetersäure liefert einen stickstoffhaltigen 
Körper. Brom wirkt unter Bromwasserstoffentwicklung auf Alban 
ein, ohne dafs jedoch nach den bisherigen Versuchen ein krystallisiertes 
Bromprodukt erhältlich war. Hydroxylamin und Phenylhydrazin 
blieben nach den angewandten Methoden ohne Einwirkung. Nach 
den gebräuchlichen Verfahren läfst sich Alban nicht acetylieren. 
Die Destillation mit Zinkstaub liefert Hüssige Kohlenwasserstofte, 
auf welche rauchende Salpetersäure unter Bildung angenehm nach 
Blumen bezw. Moschus riechender Körper einwirkt. Mit alkoholischem 
Kali 24 Stunden im geschlossenen Rohr auf 150° C. erhitzt, gelangt 
man vom Alban zu einem Kohlenwasserstoff, dem Alben, welchen 
näher zu studieren ich mir vorbehalten möchte. 

4. Das Fluavil ist gelb, amorph, besitzt die Formel (C,HısO)n 
und schmilzt zwischen S2°—85° C. (unkorr.). Bis jetzt ist es mir 
nicht gelungen chemische Verbindungen desselben darzustellen. 

5. Der fädige Körper, den ich mit Guttan bezeichnet habe, zeigt 
in manchen Beziehungen Ähnlichkeit mit der Gutta, ist jedoch sehr un- 
beständig. Die abweichenden Angaben der Autoren über die Gutta finden 
vielleicht eine Erklärung dadurch, dafs ihre Gutta in Folge eines 
Gehaltes an Guttan andere Eigenschaften aufwies und die ange- 
gebene ausserordentlich grosse Unbeständigkeit der Gutta auf diesen 
Gehalt an Guttan zurückzuführen ist. 

5. Gutta, Alban und Fluavil, aus der von FPayena Leerii gesam- 
melien Guttapercha dargestellt, unterscheiden sich in keiner Weise 
von den aus der Handelsware dargestellten Körpern. 

6. Von den beiden von Payena Leerit abstammenden Guttapercha- 
proben, war die eine spröde und wies einen bedeutend höhern Flua- 
vilgehalt auf, als die andere. Beide Proben, von Payena Leerii in 
Sumatra selbst gesammelt, waren, wie mir Herr Prof. Dr. Tschirch 
mitteilt, anfänglich in Bezug auf Zähigkeit und Elastizität vollkommen 
gleichwertig und sind unter den gleichen Bedingungen aufbewahrt 
worden. Es mufs also nachträglich in der einen Probe eine Fluavil- 


662 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


bildung eingetreten sein. Aus welchem Grunde diese nur bei der 
einen Probe und bei der andern nicht vor sich gegangen ist, kann 
ich mir nicht erklären. Vielleicht läfst sich die oft angeführte Ver- 
fälschung der Guttapercha mit Dammarharz, von der auch Burck 
spricht, wenn auch nicht immer, so doch bisweilen auf eine solche 
nachträgliche Fluavilbildung zurückführen, denn das Fluavil ist wie 
ein Harz leicht in Alkohol löslich. 


7. In Bezug auf den Wert der einzelnen Bestandteile für die 
Handelsware, lassen sich durch einen Vergleich der untersuchten 
Muster einige Schlüsse ziehen. Da die Gutta im allgemeinen die 
charakteristischen Eigenschaften der Guttapercha, d. h. Dehnbarkeit. 
Elastizität und das Vermögen, bei Temperaturerhöhung plastisch zu 
werden, besitzt, fällt diese von vorneherem aulser Betracht und es 
bleibt nur noch zu ermitteln, in welcher Weise Alban und Fluavil 
die Eigenschaften der Guttapercha beeinflussen. 


Die untersuchte Handelsware, welche in jeder Beziehung die 
Eigenschaften einer guten Guttapercha besals, enthielt neben einer 
unbedeutenden Quantität Fluavil, erhebliche Mengen Alban. Auch 
die Probe der reinen Guttapercha von Payena Leerii, welche ebenfalls 
den Ansprüchen, die an eine gute Guttapercha gestellt werden, 
entsprach, enthielt mehr Alban als Fluavil. Die andere Probe von 
Payena Leerii hingegen, welche nur geringe Mengen Alban, dafür 
aber sehr viel Fluavil enthielt, war nicht mehr zähe und elastisch, 
sondern spröde und brüchig. Es scheint daher, dafs das Alban die 
guten Eigenschaften der Guttapercha nicht beeinträchtigt, vielleicht so- 
gar für eine gute Handelsware notwendig ist; dafs aber das Fluavil, 
sobald es in beträchtlichen Mengen auftritt, den Wert der Gutta- 
percha herabsetzt. | 


8. Gegen chemische Agentien sind sämtliche Bestandteile der 
Guttapercha sehr widerstandsfähig und ist es gerade diese Eigenschaft, 
welche die Guttapercha wertvoll und unentbehrlich macht. Diese 
wertvolle Eigentümlichkeit wird leider beeinträchtigt durch die That- 
sache, dafs Luft und Licht die Guttapercha verändern und zwar ist 
es die Gutta und das Guttan, welche sich unter dem Einfluls von 
Luft und Licht verändern. Aufser durch diese Einwirkung scheinen, 
wie aus den Untersuchungen von Hofmann über die veränderte 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 663 


Guttapercha der ostindischen Telegraphen-Kabel zu entnehmen ist, 
auch elektrische Einflüsse ähnliche Umsetzungen zu bewirken. 

Ob Beziehungen zwischen den harzartigen Umsetzungsprodukten 
der Gutta sowie des Guttans und dem Fluavil und Alban bestehen, 
welcher Art diese sind und auf welche Weise dieser Veränderung 
aulser durch Vulkanisieren vorgebeugt werden kann, werde ich durch 


spätere Untersuchungen festzustellen suchen. 


B. Botanischer Teil. 

Obschon im Jahre 1843 zum ersten Male Guttapercha nach 
Europa exportiert wurde, blieb die Pflanze, welche diesen, in kurzer 
Zeit unentbehrlich gewordenen Stoff liefert, noch fünf Jahre lang 
unbekannt. 

Im Jahre 18481) fand Th. Lobb, welcher als Botaniker für das 
Haus Versch reiste, auf der Insel Singapore zum ersten Male einen 
Guttapercha liefernden Baum. Durch die Vermittelung dieses Reisen- 
den und besorders durch diejenige eines in Singapore ansässigen 
Arztes, Namens Oxley, erhielt der Direktor des botanischen Gartens 
in Kew, Sir William Jackson Hoocker, Blätter und Blüten tragende 
Zweige dieses Baumes. Hooker beschrieb ihn im Journal of Botany?) 
unter dem Namen Jsonandra Gutta. 

Man glaubte nun den Guttapercha-Lieferanten gefunden zu haben: 
es erschienen jedoch auf dem europäischen und amerikanischen Markte 
unter dem Namen Guttapercha Produkte von so verschiedenen Eigen- 
schaften, dals nicht mehr angenommen werden konnte, dals die in ihren 
Eigenschaften so variierende Ware von ein und derselben Pflanze her- 
stamme und man fragte sich daher, ob Jsonandra Gutta (Hook.) wirklich 
die einzige Guttapercha liefernde Pflanze sei. 

Zahlreiche Forscher, wie Teysmann, Binnendyk, James 
Mottley, de Vriese, suchten diese Frage zu lösen, jedoch ohne zu 
sicheren Resultaten zu gelangen. Später beschäftigte sich Beau- 
visage?) mit der Frage, er konnte sie aber auch nicht endgiltig ent- 
scheiden, im Gegenteil äulsert er sich in seiner Schrift folgendermalsen: 

„Des le debut de lhistoire de la guttapercha nous ne trowons qw'obscurite 
et confusion quant a som origine botanique. Cette obscurite et cette confusion 
ne feront que s’accroitre 4 mesure que nous avancerons dans cette etude.“ 


!) Dr. H. Burck, Rapport sur son exploration dans les Padangsche 
Bovenlanden ä la recherche des especes d’arbres qui produisent la gutta- 
percha. Saigon Imprimerie coloniale 1885. 

2) London, Journal of Botany 1848, 463. 

3) @. ©. E. Beauvisage, Contribution & l’etude des origines bo- 
taniques de la Guttapercha. Paris 1881. 


564 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete, 


Dr. M. Treub, der Direktor des botanischen Gartens in Buitenzorg, 
suchte die Kenntnis über die Herkunft der Guttapercha in der Weise 
zu fördern, dals er in den Guttapercha-Distrikten Proben von Gutta- 
percha mit Herbariummaterial der dazu gehörigen Bäume sammeln 
liefs. Doch leistete gerade das Herbariummaterial nicht die gewünsch- 
ten Dienste, da, weil Blüten und Früchte fehlten, keine einzige Art 
bestimmt werden konnte. 


Ueberzeugt von der Wichtigkeit der Frage beauftragte die Re- 
gierung von Niederländisch Indien Herrn Dr. W. Burck, den Gutta- 
percha liefernden Bäumen in Sumatra nachzuforschen. Während eines 
mehrmonatlichen Aufenthaltes in den Urwäldern Sumatras gelang es 
diesem Forscher, festzustellen, welche Pflanzen zur Guttapercha-Ge- 
winnung herangezogen werden. Er veröffentlichte die Resultate seiner 
Forschung in einer im Jahre 18384 in Batavia erschienenen Schrift: 
„Rapportomtrenteen ondenzoek naar de Getah-pertja-produceerende boom- 
sorten in de Padangsche Bovenlanden.“ 


Burck machte zugleich aufmerksam, dafs aller Wahrscheinlichkeit 
nach die Jsonandra Gutta Hooker (Falaquium Gulta), welche von jeher 
als Guttapercha-Baum bezeichnet worden war, nicht mehr in wild 
wachsendem Zustande vorkommt und dafs folglich die Guttapercha 
des Handels nicht von diesem Baume herstammen kann. Er stellte 
ferner fest, dafs die Guttapercha liefernden Pflanzen ausschliefslich der 
Familie der Sapotaceen angehören und überhaupt alle Sapotaceen durch 
Einschnitte in die Rinde einen Milchsaft liefern, welcher mehr oder 
weniger der Guttapercha ähnlich ist, dafs jedoch der Milchsaft von 
Sideroxylon, Chrysophyllum und Mimusops keinen Wert für die Industrie 
hat und von den Eingeborenen auch gar nicht gesammelt wird. 


Alseigentliche Guttaperchapflanzen bezeichneter: Palaqwium oblongifo- 
lium, Palaguwium Borneense, Palaquwium Treubii, Palaquium Gutta, Payena Leerüi. 

Da nach der Einsammlungs-Methode der Eingeborenen eine voll- 
ständige Vernichtung der Guttapercha-Bäume (Burck schätzt die Zahl 
der jährlich auf Borneo gefällten Getah-Bäume auf 26 Millionen) in 
kürzester Zeit mit Sicherheit vorauszusehen ist, und eine Verbesserung 
der Einsammlungs-Methode sich als undurchführbar erwies, fing man 
im Jahre 1884 an, Bäume anzupflanzen. Die ersten Versuche in Suka- 
dana, Pontianak und Sambas auf West-Borneo scheiterten, weil die 
Pflanzungen in zu geringer Höhe angelegt worden waren. Bessere 
Erfolge erzielte man auf West-Java, wo oben genannte Bäume kulti- 
viert werden. (Abbildungen von Guttaperchaplantagen von Palaquium 
Gutta Burck und von Payena Leerii Burck finden sich in Tschirch, 
Indische Nutz- und Heilpflanzen Taf. 126 und 127.) 


Herr Prof. Dr. Tschirch hatte die Güte, mir sicher bestimmtes 
Material von Palaqwium Gutta und Payena Leeri, welches er aus Java 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 665 


mitgebracht hatte, zur mikroskopischen Untersuchungder Milchschläuche, 
deren Anordnung und Verlauf zur Verfügung zu stellen. 


Palaquium Gutta (Isonandra Gutta Hook.) 


„Arbor elata, ramuli jumiores rubiginoso-pubescentes. Foha 
modice petiolata, sub-coriacea, obovala-oblonga, supra virıdıia, 
subtus aureo-nitenhia, brevitu acumınala, ı7 cm longa, supra 
medio 4i/; cm lata, bası in petiolum gracilem 1,5 —2,5 cm longum 
attenuata, nervis lateralibus crenatıs, parallelis subhoricontali-patentibus 
20—30 utringue in foli substantiam immersis vix conspicuws. Ala- 
bastrum ellipsoideum. Flores axıllares, saepius in axıllıs fohorum 
delapsorum fasciculati, Fascıculi 2—6 flori. Flores 2 mm long, 
pedunculat. Peduncul 3 mm. Calvx_ ellipsordeo-campanulatus, lacı- 
ns ovatıs, aureo-nitidis, exterioribus coriaceis subvalvatıs, interiorıbus 
tenmoriıbus. Corolla subrotata,; tubo calycem vıx superante, lacımiıs 
tubo aegwlongıs, lanceolato - ovatıs vel ellipticis, obtusis, patentibus. 
Stamina 12 biseralia. Filamenta aequalia filhformia lacintis corollae 
aequllonga. Antherae ovatae, glabrae, acutae. Ovarıum subglobosumi 
pubescens. Stylus filiformis staminibus longior. Stigma obtusum. 
Bacca carnosa, ovordea calycis lacınlis suffulta fusco-tomentosa, 3,5 cm 
longa, 2,5 —3 cm lala, pluribus loculis abortientibus obsolelis. Semina 
7, 2, vel z3 ellipsoidea vel a latere compressa testa crustacea nitida, 
/ulo magno, seminis superficiei majorem partem obtegente“.‘\) (Abbild. 
Tschirch, Indische Nutz- und Heilpflz. Tafel 126.) 

6 mm dicker Zweig, Alkoholmaterial: Unter den kaum 
verdiekten Zellen der Epidermis, die zum Teil abgeworfen ist, liegt 
ein aus wenigen Zellreihen bestehender Kork. Die Mittelrinde be- 
steht aus tangential gestrecktem Parenchym und schliefst nach Innen 
mit einem ununterbrochenen Ringe von Bastzell- und Sklereiden- 
sruppen, dem semischten Ringe?) ab. Sie enthält Milchröhren, 
welche tangential gestreckt sind. Im Parenchym der sekundären 
Rinde liegen zahlreiche Basttasergruppen und Milchschläuche, die 
sich in Form und Gröfse wenig von denjenigen der primären Rinde 
unterscheiden, aber in geringerer Zahl vorhanden sind. Auf die 

!) Dr. W. Burck, Sur les sapotacees des Indes Neerlandaises. Annales 


du Jardin botanique de Buitenzorg Vol. V. I. partie pg. 24. 
2) Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie pg. 389. 


666 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


sekundäre Rinde folgt ein mächtiger Holzkörper mit zahlreichen, zu 
Gruppen vereinigten weiten Gefäfsen, die oft durch gelbbraunes, in 
Alkohol unlösliches Gummi verstopft sind. Die Zellen des Holz- 
parenchyms sind isodiametrisch, in der Nähe der Gefälse gestreckt 
und haben ziemlich stark verdiekte Wandungen. Markstrahlen sind 
nicht oder kaum zu erkennen; Milchröhren tehlen dem Holzkörper 
vollständig (Tafel 1). 

Das Mark ist durch die grofse Anzahl der Milchröhren ausge- 
zeichnet und besteht aus dünnwandigen, isodiametrisch polyedrischen 
oder rundlichen Zellen (Tafel 1). 

Die Milchröhren sind überall leicht kenntlich an ihrem körnigen 
Inhalt; die Wandungen unterscheiden sich in der Dicke nicht von den- 
jenigen der umliegenden Zellen. Der Querschnitt ist bei den Milchröhren 
des Markes rund; bei denjenigen der Rinde meist in tangentialer 
Richtung gestreckt; die Weite beträgt durchschnittlich 25 Mikro- 
millimeter. Der Inhalt der Milchröhren ist unlöslich in Wasser und 
in Alkohol, hingegen leicht löslich in Chlorotorm. 

Das Blatt: In dem besonders an der Unterseite des Blattes 
stark hervortretenden Hauptnerven finden sich in dem unter der 
Epidermis befindlichen weitmaschigen Gewebe ziemlich spärlich ein- 
gestreute Milchröhren; die grölsere Zahl derselben liest m dem vom 
Holzkörper eingeschlossenen Marke. 

Im Mark bemerkt man überdies isolierte Siebstränge, die im 
Längsschnitte deutlich Siebröhren erkennen lassen. Der Bau der 
Gefäfsbündel ist hier dah r als ein bicollateraler zu bezeichnen. 
Bicollaterale Bündel finden sich auch!) bei den Solaneen, Cichoriaceen, 
Asclepiadeen, Apocyneen. 

In dem der Blattunterseite entsprechenden Teil der Nerven sind 
fast keine, oder nur spärlich Milchröhren vorhanden. 

Das Blatt selbst ist bifacial gebaut; unter der zweireihigen 
Epidermis liegt eine Reihe verhältnismäfsig kurzer Palissadenzellen, 
aut welche das lockere Gewebe des Schwammparenchyms folgt. Die 
Epidermis der Blattunterseite ist einreihig; aus ihr entspringen 
T-förmige, einzellige Haare. 


!) Tschirch, angewandte Pflanzenanatomie pg. 369. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 667 


Die Milchröhren laufen mit den Nerven vereint, zweigen ab und 
treten in die Blattfacetten über. Sie sind in ihrem ganzen Verlaufe 
gleich dick, sind ungegliedert und anastomosieren nicht untereinander. 
Sie finden sich sowohl im Palissadengewebe als auch im Merenchym 
und endigen stumpf und blind. (Tafel 2) Ansatzstellen an die Palissa- 
den, wie sie Haberlandt!) bei Zuphorbia Myrsinites, Euphorbıa 
biglandulosa, Ficus mıtida und Flypochaeris radıcata beobachtet hat, 
konnte ich nicht finden. 


Ansatzstelle des Blattstieles: Bei der Ansatzstelle des 
Blattes biegen im Zweige sowohl die Milchröhren der Rinde, als 
auch diejenigen des Markes ab und laufen im Blattstiel weiter. — 

Fafst man diese Beobachtungen zusammen, so ergiebt sich: 


Die Milchschläuche von Palagwum Gutta Burck befinden sich 
nicht nur in der primären und sekundären Rinde, sondern liegen 
auch in reichlicher Menge im Marke. Sie treten aus dem Zweige 
in den Blattstiel und ın das Blatt über, sind mit den Nerven ver- 
eintläufig, biegen ab und verlaufen mit stumpfen und blinden Endi- 
gungen sowohl im Palissadengewebe als auch im Merenchym. 


Die Milchröhren sind ungegliedert, gehören also zu der gleichen 
Gruppe wie diejenigen der Euphorbiaceen, Urticaceen, Apocyneen und 
Asclepiadaceen.?) Sie sind in ihrem Verlaufe gleich weit und unter- 
scheiden sich in Bezug auf die Wandung nicht von dem übrigen 
Zellgewebe. Sie sind, wie Schnitte durch die Blattknospe zeigen 
bereits in den jüngsten Stadien angelegt. 


Payena Leerii (Keratophorus Leeru Hasskarl). 


„Zolia e bası acuta ovalıa v. ovali-oblonga, apıce subito ın acumen 
breve atlenuata, coriacea, integerrima, margine subundulata, glabra, 
supra lucida, 5—Io cm. longa, 2,5—4 lata, nervo medio supra pro- 
minuto, subtus Prominente, nervis costahbus fere in fohı substantian: 
immersis vix conspicus, rechs patentibus ad marginem fere percur- 
rentibus ibique arcuatim unitis. Petiolus tenms 5—7 mm. longus. 


1) Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie 1884, 226. 
2) Tschirch, Angewandte Pflanzenanatomie, pg. 526. 


668 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


Florum  fascicul ad apices ramulorum brevium conferti' azıl- 
lares saepius ex axıllıs follarum delapsorum 4—8 flori. Calycıs 
/acıniae, rolundalae, ovatae, aureo-sericeae, subaegwilongae, coriacear, 
3 mm. longae. Corolla fere duplo longior extus et intus glabra, 
!ubo 2 mm. longo,; lacimıis 8 oblongo-lanceolatis, obtusis 3 mm. 
fongis. Stamina 16, filamenta antheris subaequilonga glabra, an- 
therae ovatae, bası cordatae, connectivo adpresse-ferrugineo-piloso, supra 
loculos producto et apıce penicellatoe. Ovarium comicum pılis carnosı 
obovato-oblongt,conicimediasaepius leviter curvati3z—4cc.longi, styh rudi- 
mento apiculatı. Semen unicum tereti-oblongum, 18—25 mm. longum, 
hilo oblongo-laterali; testa coriacea nıtıda, fusca; albumen copiosum, 
albidum, corneum embryonem includens ejusdem longitudinis; cotyle- 
dones carnosae applcativae, radıcula teres.“!) (Abbildung einer Plantage 
von Payena Leerti, Tschirch, Indische Nutz- und Heilpflanzen 
Tat. 127.) 

Die Milchröhren finden sich zahlreich in der primären, weniger 
zahlreich in der sekundären Rinde, sie sind wie bei Palaquium 
utta reichlich im Mark vorhanden. Durch den Blattstiel treten die 
Milchschläuche in das Blatt über und verlaufen im Mesophyll. 
Sie sind ungegliedert, ihre Wandungen unterscheiden sich nicht von 


denjenigen der umliegenden Zellen. 


Palaqwium Treubii 


„Arbor alla; ramuli juniores rubiginoso-pubescentes. Fola longe- 
petiolata, obovata, coriacca supra viridia sublus aureo-nitenlia dem 
glabrescentia, apice breviter cumınata vel rotundata, 18—-20 cm longa, 
9 cm lata, bası acula ın petiolum longum 4—5 cm decurrentia, 
nervis laterahbus subtilbus armaltıs, patulis 13—16 utringue in facıe 
superiora et in dorso prominutis. Flores axillares sepius ın axıllıs 
Johorum delapsorum fasciculatı. Fasciculi 2—7 florı. Flores 10 mm 
pedunculati. Pedunculi 6 mm. Calyx ovoideo-campanulatus, lacinis 
late-ovatıs, subcoriaceis, interiorıbus tenmoribus. Corolla subrotata, 


1, W. Burck, Sur les Sapotac&ees. Annales d. Jard. botanique de 
Buitenzorg Vol. V. 1 partie pg. 56. 


A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 5649 


tubo calycem wquante lacınııs ovatıs, obtusis patentibus tubo equilongıs. 
Stamina 12 bi-seriahia. Filamenta @qualia, filiformia, glabra corollae 
lacintis aequilonga. Antherae glabrae, ovatae, acuminatae. Ovarıum 
subglobosum, pubescens. Stylus filiformis staminibus longior ; stıgma 
obtusum. Bacca carnosa, ovoidea vel subglobosa calycıs laciniis suf- 
fulta atro- purpurea tomentosa, 3,5 cm longa, 2,5—3z,5 lata. Semen 
unicum (semper?) ellipsordeum hilo magno pro dimıdio obtectum in 
altera parte testa nıtıda“.*) 


Von Palagwium Treubii stellte mir Herr Prof. Dr. Tschirch 
in Java angefertigte Querschnitt- und Längsschnitt-Präparate zur 
Verfügung, an denen ich Gelegenheit hatte, zu konstatieren, dals 
die Milchschläuche in Art, Beschaffenheit und Anordnung mit den- 
jenigen der beiden anderen Guttapercha-Pflanzen übereinstimmen. 


Die anatomischen Verhältnisse dieser Guttapercha-Pflanzen lassen 
die jetzt gebräuchliche Art der Milchsaftgewinnung unzweckmäßsig 
erscheinen. Die Eingebornen gewinnen die Guttapercha in der 
Weise,?) dafs sie die Bäume fällen, Einschnitte in die Rinde machen 


Tschirch, Indische Nutz- u. Heilpflanzen und deren Kultur. 206. 
und den Milchsaft, welcher in kurzer Zeit diese Einschnitte füllt, 
mit einem an der Spitze hakenförmig gebogenen Instrumente so gut 
wie möglich herauskratzen und in aus der Spatha der Pinangpalme 
(Areca Catechu) hergestellten Spitzbeuteln sammeln. Diese Gewin- 
nungsweise ist anschaulich dargestellt auf Taf. 128 von Tschirch’s 
Ind. Nutz- und Heilpflanzen. 


Dafs ein Baum bei solcher Behandlung keine grofse Ausbeute 
an Guttapercha liefert, liegt auf der Hand. Burck hat die Menge, 
welche ein Baum den Sammlern liefert. bestimmt. Er fand, dafs 

ein Baum von 60 cm Umfang 239 g 
Ri ix „ 40 cm = 160 g 

220 cm 3 190 g 

kleine Bäume 22 bis 45 g lieferten. 


u 


1) W. Burck, Sur les Sapotacees, pag. 27. 
2) Burck, Rapport sur son exploration dans les Padangsche Borven- 
landen, pag. 33. 


870 A. Tschirch, Untersuchungen über die Sekrete. 


Er empfiehlt auf Grund von Versuchen, in den lebenden Baum 
Einschnitte in Gestalt eines V zu machen, da man auf diese Weise 
1400 g von einem Baume jährlich gewinnen und diese Gewinnung 
3—4 Jahre ohne Schaden fortsetzen kann. 

Da das Mark Milchröhren in grofser Zahl enthält, so läfst sich 
die Ausbeute vielleicht noch dadurch steigern, dafs man die Bäume 
bis in das Mark anbohrt, wie das schon bei der Gewinnung des 
Lärchen-Terpentins geschieht. 


Tafel 1. 


Querschnitt durch einen 6 mm dicken Zweig von Palaquium Gutta. 


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-M. Milchschläuche. pR. primäre Rinde. gR. gemischter Ring. 
sR. secundäre Rinde. HK. Holzkörper. MK. Mark. 


Tafel U. 
Endigungen v. Milchschläuchen im Merenchym d. Blattes v. Palaquium Gutta. 


Arch. d. Pharm. XXX. Bds., 9. Heft. 


J. Klein, Ueber das Santonin II. 675 


Über das Santonin II. 
Von Privatdozent Dr. Joseph Klein in Darmstadt. 
(Eingegangen den 30. X. 1892.) 

Die vorliegende Fortsetzung meiner Untersuchungen über das 
Santonin!) erörtert das Verhalten des Santonins gegenüber Brom 
und Chlorwasserstoffsäure, womit die Frage nach dem Sättigungs- 
grad der Kohlenstoffatome verbunden ist. Denn unter der Voraus- 
setzung, dafs das Santonin ein Dimethylnaphtalin-Abkömmling ist, 
ergeben sich für den hydrierten Dimethylnaphtalinkern des Santo- 
nins 16 Wasserstoffatome, während auf den vollständig hydrierten 
Kern 20 gerechnet werden müssen. Die Gegenwart doppelter Bin- 
dungen in dem Santonin wird also durch das Verhalten gegen Brom 
und Salzsäure und aufserdem durch die refraktometrische Methode 
zu konstatieren sein. Schon von vornherein will ich erwähnen, dafs 
die Resultate dieser ersten Prüfung gegen die von Cannizzaro und 
Grassi-Cristaldi aufgestellten Konstitutionsformeln und für die 
in meiner ersten Abhandlung dargelegte Auffassung sprechen, dafs 
das Santonin in naher Beziehung zu den Terpenen stehe. Gleich- 
zeitig verknüpft sich mit dem Folgenden auch die Frage nach der 
Natur des Photosantonims, der Photo- und der Isophotosantonsäure. 


Einwirkung von Brom auf Santonin. 
Santoninacetatdibromid C,;Hıg03. CaH,Os. Brz. 

Nach Cannizzaro und Sestini?) soll beim Zusammenbringen 
von Brom und Santonin in eisessigsaurer Lösung ein rotes krystal- 
lisiertes Produkt von der wahrscheinlichen Zusammensetzung 
C,; Hıs O3. Bra sich ausscheiden. Bei den vielen angestellten Ver- 
suchen konnte eine derartige Verbindung von mir aber nicht er- 
halten werden. 

Die Versuche wurden mit Mengen von 1 Mol. Santonin + 1 Mol. 
und + 2 Mol. Brom in eisessigsaurer Lösung ausgeführt. Die Reaktions- 
produkte erwiesen sich nach allen ihren Eigenschaften als identisch, 
so dafs für die Darstellung der neuen Verbindung die Anwendung von 
wenig mehr als 1 Mol. Brom auf 1 Mol. Santonin am geeignetsten ist. 

1) Arch. d. Pharm. 1892, 499. 

2) Berl. Ber. 6, 1201. 

43* 


676 J. Klein, Ueber das Santonin II. 


Zu einer Lösung von 16 g Santonin in 50 g Eisessig wird eine 
Lösung von 11 g Brom in 30 g Eisessig gegeben; die Lösung läfst 
man bei gewöhnlicher Temperatur etwa 5 Stunden stehen und giefst 
dann in Wasser. Zur Entfernung des überschüssigen Broms giebt 
man der wässerigen Mischung etwas Alkohol!) zu. Das Reaktions- 
produkt scheidet sich nach mehr oder minder kurzer Zeit entweder 
krystallinisch oder als Syrup aus. Wenn die Ausscheidung in letz- 
terer Form erfolgt, mufs das Produkt nach dem alsbaldigen Ab- 
gielsen der wässerigen Flüssigkeit und nach dem Auswaschen mit 
Wasser mit heifsem 96prozentigem Alkohol in Lösung gebracht 
werden, durch welche Behandlung es sofort krystallinisch wird. 
Findet aber die Ausscheidung des Rohproduktes krystallinisch statt, 
so kann man noch nach etwa 12 Stunden, wenn die Ausscheidung 
beendigt ist, ohne Zersetzung zu fürchten, das Produkt in Alkohol 
lösen. Aus der heilsen alkoholischen Lösung scheidet sich das reine 
Produkt in schönen festen Krystallen aus, welche wegen ihrer Zer- 
setzlichkeit keinen Schmelzpunkt bestimmen lassen. Die Zersetzung 
beginnt unter Rötung schon kurz über 60°. 

Aus den alkoholischen Filtraten von dem Reinprodukte lassen 
sich auf vorsichtigen Zusatz von Wasser neue Quantitäten von Kry- 
stallen gewinnen. Die Filtrate von den letzteren Krystallen geben 
dann beim Eindampfen mit Kali- oder Natronlauge eine Lösung, 
aus welcher auf Säurezusatz, wie nachher beschrieben, Santonin 
wieder zurückerhalten wird. 

Die essigsauren Filtrate von den Rohprodukten liefern beim 
Eindampfen feste durch anderweitige braune Zersetzungsprodukte 
mehr oder weniger verunreinigte Tafeln, welche beim wiederholten 
Umkrystallisieren aus weingeisthaltigem Wasser in Form von weilsen 
mit einem schwachen Stich ins Gelbe versehenen Blättchen gereinigt 
erhalten werden. Ihre weitere Untersuchung ist weiter unten be- 
schrieben. 

Das Santoninacetatdibromid ist bei Lichtabschluls und gewöhn- 
licher Temperatur sehr beständig. Läfst man hingegen direktes 
Sonnenlicht aut die Verbindung wirken, so tritt eine tiefgehende 
Zersetzung unter Entwickelung von Bromwasserstoffsäure, Austreten 


1) Die Entfernung des überschüssigen Broms mit schwefliger Säure 
ist hier von sehr zweifelhaftem Erfolg für das Produkt. 


J. Klein, Ueber das Santonin II. 677 


von Essigsäure, Braunfärbung und Erweichung ein. Alles dieses 
deutet darauf hin, dafs das Santoninacetatdibromid kein Atom- sondern 
Molekularadditions-Produkt von Brom an Santonin ist, während die 
Bindung eines Moleküls Essigsäure auf die Eigenschaft des Santonins 
schliefsen läfst, auch zur Hydratbildung und zur Alkoholatbildung 
betähigt zu sein, worauf ich weiter unten noch zurückkomme. 
Die Elementaranalyse ergab folgende Zahlen: 

1. 0,2993 g Substanz lieferten 0,1251 g H,O und 0,4827 g CO,. 

2. 0,463 g Substanz lieferten 0,3713g AgBr entsprechend 0,15839g 
Bra. 
0,6862 g Substanz lieferten 0,549 g Ag Br entsprechend 
0,2341 g Bra. 
0,562 g Substanz aus der Einwirkung von 2 Molekülen Brom 
auf 1 Molektil Santonin lieferten 0,439 g AgBr entsprecheud 
0,19247 g Br,. 

5. 0,3945 g ERulstenz aus der Hirwirkuns von 2 Molekülen Brom 
auf 1 Moleküil Santonin lieferten 0.3167 g Ag Br entsprechend 
0,13501 g Br.. 

Aus allen diesen Zahlen folgt: 


o 


Fan 


Berechnet für Gefunden: 
Q,;H,803 - CaH,4O; . Br, Ik JaR 1808 VE VE 
07 — 43,1 43,98 — — — — 
H = 4,70 4,64 Pr — —ı 4 
Br 734.383 - 34,21; 34,26; 34,25; 34,22. 


Kocht man das Santoninacetatdibromid mit Alkalilauge, so tritt 
starke Rotfärbung ein. — 

Die Essigsäure ist in der Verbindung offenbar an die die 
Ketonnatur des Santonins bedingende Karbonylgruppe angelagert, so 
dals die empirische Formel der Verbindung 


Calls | Ie<o. OC,H; . Br, 


Be iS 
sein dürfte. Eine Verbindung von 1 Molekül Santonin und 1 Molekül 
Essigsäure ist bereits von Villavecchia!) erhalten und von 
Cannizzaro und Fabris?) als Monoacetylisophotosantonsäure be- 
schrieben worden; dieselbe war bei der Lichtwirkung auf die Lösung 
des Santonins in Essigsäure erhalten worden. 


a 1) Berl. Ber. 18, 2859. 
2) Berl. Ber. 19, 2260. 


678 J. Klein, Ueber das Santonin 11. 


Einwirkung von Anilin auf Santoninacetatdibromid. 


Monobromsantonin C,;Hı, BrO;. 


Beim Kochen der konzentrierten alkoholischen Lösungen des 
Santoninacetatdibromids mit Anilin tritt Essigsäure und die Hälfte 
des Broms als Bromwasserstoff aus und es entsteht Monobrom- 


santonin. 


Zur Darstellung letzterer Verbindung wurde Santoninacetat- 
dibromid mit wenig Alkohol und überschüssigem Anilin kurze Zeit 
erhitzt, der Alkohol dann verjagt und die rückständige Masse mit 
schwefelsäurehaltigem Wasser ausgekocht. Nach dem Erkalten wurde 
filtriert und das Bromsantonin aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert. 
So erhält man weilse Blättchen, welche sich bei 149—1500°—151° 


unter Schwärzung und Bromwasserstoffentwickelung zersetzen!). 


Die Elementaranalyse ergab folgende Werte: 
1. 0,1777 g Substanz lieferten 0,1323 g H,O und 0,5635 g CO,. 
2. 0,5745 g Substanz lieferten 0,213 g Ag Br entsprechend 
0,0908025 g Bra. 


Berechnet für Gefunden: 
05H, Br 0; 
@=—755:38 55,34 
H = 5,3 SR) 
Br = 24,61 24,24 


In seinem Verhalten gegen konzentrierte Salpetersäure unter- 
scheidet sich das Monobromsantonin von dem Santoninacetatdibromid 
dadurch, dafs beim Kochen der Verbindung mit Silbernitrat und 
Salpetersäure nur allmählich eine Ausscheidung von Bromsilber und 
kaum vollständig eintritt, während das Santoninacetatdibromid schon 
in der Kälte sämtliches Brom an das Silber abgiebt. Man darf, da 
das Einwirkungsprodukt von 2 Molekülen Phosphorpentachlorid?) auf 
1 Molekül Santonin gleichfalls sehr leicht sämtliches Chlor an Silber 
abgiebt, den Schlufs ziehen, dafs in dem Bromsantonin das Brom im 
Kern und nicht in der Seitenkette gebunden ist. 


1) Genau lälst sich diese Temperatur nicht angeben, da sie von 
der Schnelligkeit der Ausführung der Bestimmung abhängt. 

2) Das Einwirkungsprodukt von Phosphorpentachlorid auf Santonin 
wird in meiner dritten Abhandlung beschrieben werden. 


J. Klein, Ueber das Santonin II. 679 


Einwirkung von Alkali auf Santoninacetatdibromid. 


Rückbildung von Santonin. 


Zur Ausführung der Reaktion wurden die jedesmaligen Filtrate 
von den Krystallen des Santoninacetatdibromids benutzt.!) Die alko- 
holischen oder alkoholisch wässerigen Filtrate wurden mit konz. 
Natron- oder Kalilauge kurze Zeit gekocht. Nachdem der Alkohol 
möglichst verjagt war, wurde die Flüssigkeit mit Wasser verdünnt 
und nach dem Filtrieren mit verdünnter Schwefelsäure versetzt. 
Hierbei scheiden sich mehr oder minder verunreinigte Krystalle oder 
ein Harzkuchen aus. Die ausgeschiedenen Krystalle oder der Harz- 
kuchen werden mit destilliertem Wasser erschöpfend ausgekocht, wobei 
das Reaktionsprodukt, welches in Wasser nicht besonders leicht löslich 
ist, in Lösung geht. Die aus den wässerigen Lösungen ausgeschie- 
denen Krystalle wurden zur weiteren Reinigung aus verdünntem 
Alkohol umkrystallisiert, wobei das Produkt in schönen, etwas gelb- 
lich gefärbten Blättechen von dem Schmelzpunkt 163° erhalten wird, 
Aus Wasser krystallisiert die Verbindung in schönen nadelförmigen 
Blättchen. Die Verbindung ist bromtrei. 


Die aus der Elementaranalyse sich ergebenden Werte: 


ıR TE. III. IV. 
we 71,19 71,39 71,24 71,29 
12 1,15 7,29 1,23 7,22 


palsten auf keine Formel und liefsen nur erkennen, dals eine unreine 
Verbindung vorliege.?) Durch wiederholtes Umkrystallisieren gelang 
es denn auch, den Schmelzpunkt aut 167—168° zu steigern, an- 
nähernd dem Schmelzpunkt des Santonins; auch krystallisiert die 
Verbindung aus 96 Proz. Alkohol genau wie das Santonin, ist in 
starker Salzsäure ebenso leicht wie Santonin löslich und giebt mit 
alkoholischem Kali dieselbe Rotfärbung, so dafs nach allem es un- 
zweifelhaft ist, dafs durch die Behandlung des Santoninacetatdibromids 


mit Alkali in der wässerig-alkoholischen Lösung Santonin zurück- 


1) Vergl. oben. 

2) Ich erwähne darum die obigen Zahlen, weil kleine Verunreini- 
gungen die Eigenschaften des Santonins so verändern können, dafs man 
in Anbetracht genau übereinstimmender Analysenwerte und der schein- 
baren Reinheit solches verunreinigtes Santonin leicht für etwas ganz 
anderes halten könnte. 


680 J. Klein, Ueber das Santonin II. 


gebildet wurde. Dieses Santonin bleibt aber trotz wiederholten Um- 
krystallisierens aus Alkohol mit etwas gelblich färbender Substanz 
verunreinigt. Eine weitere Reinigung durch Vermittelung des Kalk- 
salzes wurde nicht versucht, da die Natur der Verbindung als San- 
tonin genügend festgestellt war. 


Die obige Reaktion zeigt abermals die lockere Bindung des 
Broms an das Santonin. 


Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure auf Santonin. 


Die Einwirkung der gasförmigen Salzsäure auf ätherische und 
alkoholische Lösungen von Verbindungen mit ungesättigter Kohlen- 
stoffbindung wird zum Zwecke der Ermittelung des Sättigungsgrades 
der Kohlenstoffvalenzen ausgeführt. Dabei kann beim Operieren mit 
alkoholischen Lösungen eine Aetherifizierung organischer Säuren ein- 
treten. Die Reaktion zwischen Brom und Santonin schlofs für den 
vorliegenden Versuch noch die Möglichkeit ein, dals eine dem Acetat 
vergleichbare Verbindung entweder ein Alkoholat 


20H 
Cu Hjs O2. C<oH ‘ 


oder ein gechlorter Äther 


or 


sich bilden werde. Aber sowohl bei der Einwirkung der Salzsäure 
auf ätherische wie alkoholische Santoninlösung wurde unverändertes 
Santonin wieder erhalten. 

a. Einwirkung auf die ätherische Lösung. 

Santonin wurde mit entwässertem Äther übergossen, so dafs 
noch Santonin ungelöst blieb. In die ätherische Mischung wurde ge- 
trocknetes Salzsäuregas eingeleitet und zwar, wie es sich als zweck- 
mälsig herausstellte, bei gewöhnlicher Temperatur. Nur wenn die 
Flüssigkeit anfıng, sich etwas zu erwärmen, wurde mit Eis gekühlt. 
Aut diese Weise wurde noch ein grolser Teil des Santonins in Lö- 
sung übergeführt. Wenn keine weitere Lösung mehr stattfand und 
die eingeleitete Salzsäure unabsorbiert entwich, wurde von dem Rest 
des Santonins die überstehende gelbe bis orangegelbe Lösung klar ab- 
gegossen und letztere bei niederer Temperatur raschabgedunstet. Der 
orangegelbe, krystallisierende Rückstand wurde mit wenig Alkohol an- 


J. Klein, Ueber das Santonin II. | 631 


gerührt und das weilse Krystallpulver abfiltriert. Nach dem Auswaschen 
des Krystallpulvers mit Äther wurde aus Alkohol umkrystallisiert, wobei 
weilse bis gelbliche Täfelchen von der Form des Santonins erhalten 
wurden, welche nach wiederholtem Umkrystallisieren den Schmelz- 
punkt 167—168° zeigten, chlorfrei waren und nach allen Eigen- 
schaften sich als Santonin kennzeichneten. 


Einwirkung von Chlorwasserstoff auf Santonin in alkoholischer 
Lösung. 

Die Einwirkung auf die alkoholische Lösung geschah in der 
gleichen Weise wie auf die ätherische, mit dem Unterschied, dafs die 
Temperatur zeitweise höher gesteigert wurde. Der benutzte Alkohol 
war 96 prozentig. Beim Eindampfen der alkoholischen Lösungen 
wurden hauptsächlich Kondensationsprodukte erhalten, deren Quan- 
tität umsso grölser war, je länger die salzsaure alkoholische Lösung 
vor dem Eindampfen gestanden hatte. Beim Versetzen der alko- 
holischen, orangerot gefärbten Lösungen mit Wasser entstanden aber 
weilse täfelige Krystalle, deren Schmelzpunkt nach wiederholtem 
Umkrystallisieren bei 167—168° lag und welche sich gleichfalls als 
unverändertes Santonin erwiesen. 


Zersetzungsprodukte des Santoninacetatdibromids. 

Schon cben ist angegeben, dafs die essigsauren Filtrate von 
dem mit Wasser gefällten Santoninacetatdibromid beim Eindampfen 
Krystalle geben. Diese zeigen nach wiederholtem Umkrystallisieren 
den Schmelzpunkt 167—:68°. Es erwiesen sich diese Krystalle als 
Santonin. Denselben sind mitunter andere Krystalle beigemengt 
welche als Monobromsantonin angesprochen werden müssen, wie 
solches am einfachsten durch Zersetzung des Santoninacetatdibromids 
mit Anilin (vergl. oben) erhalten wird. 


Der Sättigungsgrad der Kohlenstoffatome im Santonin. 

Die Anlagerung des Broms an Santonin entspricht ganz der 
Anlagerung des Broms an solche Terpene, bei welchen man Para- 
bindungen annimmt, während das Verhalten der Salzsäure gegenüber 
dem Santonin die Annahme einer Äthylenbindung gleichfalls aus- 
schliefst. Hiermit stimmt auch überein, dafs durch Reduktion keine 
wasserstoffreicheren Verbindungen als die früher beschriebenen er- 


682 J. Klein, Ueber das Santonin II. 


halten werden, während bei Anwesenheit einer Aethylenbindung für 
die letztere noch zwei Wasserstoffatome mehr in das Reduktions- 
produkt eingetreten wären, entsprechend z. B. dem Uebergang von 
Alantolakton C,, Han Os in Hydroalantolakton C}, Has O5. Das Santonin- 
acetatdibromid ist nach allem Erwähnten ein Molekularadditionspro- 
dukt und die Darlegung, dafs das Santonin in Beziehung zu den 
Terpenen stehe, wird hier unzweifelhaft durch das Experiment be- 
stärkt. Die nächste Annahme ist nun die, dafs in dem Santonin 
vollständig gesättigte Kohlenstoffatome enthalten sind, so dafs in dem 
Kern des Santonins zwei Parabindungen vorkommen müssen. Um 
dieses weiter zu bestimmen, werde ich das Verhalten des Santonins 
spektrometrisch prüfen und die Resultate dieser Prüfung später an- 
geben. Vorläufig ist dabei zu berücksichtigen, dafs die spektro- 
metrische Prüfung nur für Flüssigkeiten und sehr niedrig schmelzende 
Verbindungen die besten Werte giebt und dafs tür Lösungen, wie 
sie vorläufig nur hier in Betracht kommen können, die Werte aus 
den an und für sich langwierigen Untersuchungen doch nicht die 
Sicherheit der andern haben. 

Durch theoretische Betrachtungen ist die Natur des Santonins 
auf seine Verwandtschaft mit den Terpenen zurückgeführt worden. 
Umgekehrt konnte von der Chemie des Santonins auf dieselbe Ver- 
wandtschaft geschlossen werden. Beide Schlüsse bestätigen sich und 
damit dürfte es wohl feststehen, dafs das Santonin kein hydriertes 
Naphtalinderivat ist und dafs die von Cannizzaro sowie Gucci und 
Grassi-Cristaldi!) aufgestellten Formeln, welche dem Santonin zwei 
Aethylenbindungen im Kerne geben, unrichtig sind. Das Santogenen, 
der Kohlenwasserstoff, von welchem sich das Santonin ableitet, ge- 
hört aber zu einer bis jetzt noch nicht bekannten Kategorie von 
Terpenen, welche ich Naphtaterpene nennen möchte und zu welchen 
auch der Kohlenwasserstoff gehören wird, welcher dem Alantolakton 
zu Grunde liest. Denn auch das Alantolakton (Helenin) läfst sich 
auf einen Kohlenwasserstoff C,, Hs, zurückführen. Ein grofser Teil 
aller Verbindungen überhaupt, welche sich auf einen Kohlenwasser- 
stoff von der Formel eines Vielfachen von C,H, beziehen, wird auch 
in naher Beziehung zu den Terpenen stehen, wie das Kantharidin, 


1) Über das Santonin I]. c. 


J. Kleın, Ueber das Santonin II. 683 


dessen Überführung in O-Xylol unter Abspaltung von CO,, CO und 
H,O ganz der Überführung des Cineolsäureanhydrids in Bihydro-m- 
Xylol entspricht, woraut auch schon Wallach!) aufmerksam gemacht 
hat. Das Kantharidin C,o Hı2 O, läfst sich aut einen Kohlenwasser- 
stoff Co Hıs, zurückführen und dürfte den Übergang von den ali- 
phatischen Terpenen zu den Benzoterpenen bilden. 

Als nächste Aufgabe bleibt nun die Frage zu lösen, ob die die 
Ketonnatur des Santonins bedingende Karbonylgruppe im Kern oder 
in der Seitenkette enthalten ist. Cannizzaro sowie Gucci und 
Grassi-Cristaldi nehmen dieselbe im Kern an. Ohne auf näheres 
eingehen zu wollen, will ich hier nur anführen, dafs nichts dagegen, 
alles aber bis jetzt dafür spricht, dafs die Karbonylgruppe in der 
Seitenkette steht. Zu dieser Betrachtung wird man u. A. durch die 
Natur des Hydrazons, des Oxims und des Einwirkungsproduktes von 
2 Mol. Phosphorpentachlorid aut 1 Mol. Santonin geführt. Über die 
letztere Reaktion hat bereits Pawlewski?) berichtet, aber eine unrich- 
tige Interpretation gegeben. Zum Verständnis letzterer Reaktion, dafs 
zwei Sauerstoffatome und 2 Atome Wasserstoff durch zwei Chlor- 
atome ersetzt werden, dürften nämlich wohl nur allein die Thatsachen 
in Betracht zu ziehen sein, welche A. Michael und Anschütz bei 
der Einwirkung des Phosphorpentachlorids auf gewisse Ester ge- 
tunden haben. 

In meiner dritten Abhandlung werde ich darzulegen versuchen, 
dafs das Santonin entgegen der Auffassung Cannizzaro’s sowie 
Gucei’s und Grassi Cristaldi's das Lakton einer Oxy-a-Keton- 
säure von der empirischen Formel 
Cj3 His . C0. CO 


- -O 
ist. Mit Berücksichtigung des oben beim Santoninacetatdibromid 
Gesagten soll dabei an das Photosantonin und die Photosantonsäure, 
soweit dieses überhaupt möglich ist, angeknüpft werden, da auch 
diese Verbindungen höchst wahrscheinlich Beziehungen zu den Ace- 
taten des Santonins haben. 
Darmstadt, den 29. Oktober 1892. 


1, Lieb. Ann. Chem. Pharm. 258. 338. 
2) Berl. Ber. 18. 2902. 


634 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenutnis der Chebulinsäure. 


Mitteilung aus dem pharmaceutischen Institut der 
Universität Dorpat. 


Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 
Von Wilhelm Adolphi, Mag. pharm. 
(Eingegangen den 2. VII. 1892). 

Die Gerbsäure der Myrobalanen, der Steinfrüchte von Termı- 
nalıa chebula, ist schon wiederholt der Gegenstand von Unter- 
suchungen gewesen. Unter den verschiedenen Bearbeitern fand 
Fridolin im Jahre 1883 in den Myrobalanen eine eigentümliche Säure, 
die er nach der Mutterpflanze der Droge Chebulinsäure nannte. 
1884 veröffentlichte Fridolin!) hierauf im Anhange seiner Abhandlung 
„Vergleichende Untersuchung der Gerbstoffe der Mymphaea alba und 
odorata, Nuphar luteum und advena, Caesalpinia coriaria, Terminalia 
Chebula und Punica Granatum“, die von ihm gewonnenen Resultate 
und Ansichten über die Chebulinsäure. Es scheint jedoch, als sei 
die Entdeckung Fridolin’s nicht genügend bekannt geworden, denn 
in neuester Zeit hat Zölffel?) eine Arbeit über die Gerbsäuren der 
Algarobilla und Myrobalanen veröffentlicht, ohne das Vorkommen 
der Chebulinsäure in letzteren zu berücksichtigen. 

Herr Prof. G. Dragendorff schlug mir vor, die Untersuchung der 
Chebulinsäure fortzusetzen, und spreche ich ihm auch an dieser 
Stelle meinen Dank aus für das hülfreiche Entgegenkommen bei der 
Ausführung derselben. 

Da die Ohebulinsäure auscheinend nicht allgemein bekannt ist, 
so erscheint es mir notwendig, in Kürze Einiges über ihre Eigen- 
schaften und hauptsächlichsten Reaktionen, auf Grundlage der Frido- 
linschen Arbeit, anzugeben, mir vorbehaltend auf einige wichtigere 
Punkte in nachfolgenden Blättern noch zurückzukommen. 

Die Chebulinsäure ist eine aromatische Oxysäure, die der Gallus- 
säure und ihren Abkömmlingen nahe steht. In ihren Reaktionen 
steht die Ohebulinsäure zwischen der Gallussäure und dem Tannin, 
hat aber auch spezifische Eigentümlichkeiten. Sie ist süls schmeckend, 


1) Diss. Dorpat 1834 und Pharm, Zeitsch. f. Rufsl. XXIII (1884), 
Heft 25—37, pag. 393. 
2) Archiv der Pharm. 229 (1891) pag. 123. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 685 


krystallisiert in rhombischen Prismen, löst sich in Alkohol leicht, in 
Aether schwer, in kaltem Wasser sehr schwer; kochendes Wasser 
löst sie leicht, aber bei etwa 700 scheidet sich die Chebulinsäure 


schon wieder aus. 


Fisenchlorid giebt wie mit der Gallussäure und dem Tannin 
eine schwarzblaue Färbung. Leim wird gefällt. Cinchoninsulfat 
desgleichen, beide Reaktionen sind denen des Tannin gleich. Cyan 
kaliumlösung verändert sie nicht; Spuren von Gallussäure geben 
dagegen beim Schütteln mit Cyankaliumlösung eine rote Färbung, 
die allmälig verschwindet. durch erneuertes Schütteln mit Luft aber 
wieder hervorgerufen werden kann. 


Wird einer warmen, wässerigen Lösung vanadinsaures Ammon 
zugefügt, so ruft es eine olivengrüne Färbung hervor; werden einige 
Tropfen Schwefelsäure zugefügt, so geben sie eine intensive gras- 
grüne Lösung. Diese Färbung ist sehr konstant. Im Spektral- 
apparat konnte ich bei dieser Mischung keine Absorption wahr- 
nehmen. Gallussäure giebt unter gleichen Umständen eine schwarz- 
blaue Färbung und mit Schwefelsäure eine rotviolette Lösung, die 
auch sehr konstant ist. 


Die beiden letzten Reaktionen sind für die Unterscheidung 
von Chebulinsäure und Gallussäure sehr charakteristisch. 


Barytwasser ruft eine malachitgrüne Fällung hervor, bei Gallus- 
säure aber eine hellblaue. Gold- und Silbersalze werden reduziert. 
Bei vorsichtigem Erhitzen bis zum Schmelzpunkt sublimiert Pyrogallol. 


Die Formel der Chebulinsäure ist von Fridolin zu 
Cyg Ha, O19 + H3O 
ermittelt. Das Krystallwasser entweicht bei 100%. Chebulinsäure 
spaltet sich nach Fridolin in wässriger Lösung, im geschlossenen 
Rohr auf 100° erhitzt, unter Aufnahme von Wasser in 2 Moleküle 
Gallussäure und ein Molekül einer Gerbsäure der Formel C,, Hj4 Oso- 


Fridolin deutete am Schlufs seiner Arbeit an, dass möglicher 
Weise die Chebulinsäure die Muttersubstanz sein könnte, aus der 
sich die in den Myrobalanen gefundene Gallussäure und Gerbsäure 
gebildet haben. Jedenfalls ist sie leicht zersetzlich, so dafs sie sich 
wohl daher so lange der Beobachtung entzogen hat. Aus der Ar- 


636 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


beit von Zölffelt) geht hervor, dafs in den Myrobalanen nur wenig — 
ı Proz, — Gallussäure frei vorkommt. Der Gerbstoff derselben be- 
steht nach ihm aus einem leicht zersetzlichen Glycosid der Digallus- 
säure, neben Ellagengerbsäure der Formel C,4 Ho Oho- 

Das Resultat der Fridolin’schen Untersuchung ist, dafs die 
Gerbsäuren der von ihm untersuchten Drogen als Spaltungsprodukte 
Ellagsäure — vielleicht eine Hydroellagsäure — und Gallussäure liefern. 
Zucker konnte er nur aus den Granatgerbsäuren mit Sicherheit ge- 
winnen. Er läfst die Frage offen, ob hier Gallusgerbsäure und Ellagen- 
gerbsäure neben einander vorkommen, oder ob in dem Molekül der 
von ihm untersuchten Gerbsäuren der Komplex der Gallus- und Elag- 
säure neben einander sich finden. 


Die Darstellung der Ühebulinsäure. 


Fridolin beschreibt die Darstellung der Myrobalanen-Gerbsäure 
und mit ihr diejenige der Chebulinsäure in den SS 99, 19 und 15 
seiner Dissertation. Um diese Methode kennen zu lernen, wieder- 
holte ich die betreffenden Versuche. Die Methode ist in Kürze 
folgende: die gepulverten Steinfrüchte der Zerminalia chebula?) 
werden mit der dreifachen Menge 90° Alkohol 10 Tage lang 
bei gewöhnlicher Temperatur maceriert, alsdann ausgeprelst und fil- 
triert. Von der Tinktur wird hierauf unter Luftverdünnung der Al- 
kohol abdestilliert. Das syrupdicke Extrakt scheidet beim Erkalten 
und längerem Stehen Ellagsäure ab, die durch Filtrieren getrennt 
wird. Das alkoholische Extrakt wird alsdann auf Glasplatten — ich 
benutze flache Glasschalen — im Exsikkator über Schwefelsäure und 
Kalk getrocknet, da es darauf ankommt, den Alkohal so vollständig 
als möglich zu verdunsten. -Der trockene Rückstand des alkoholischen 
Auszuges wird nun in warmem Wasser gelöst und mit kaltem Wasser 
solange versetzt, bis sich keine weitere Trübung zeigt. Alsdann 
läfst man absetzen und filtriert. Dieser gerbsäurehaltigen Lösung 
wird nun Kochsalz bis zur bleibenden Trübung zugesetzt. Nach 
abermaligem Absetzen wird von neuem filtriert. 


1) Arch. d. Pharm. 229 (1891) pag. 123. 
2) Das Material meiner Untersuchungen wurde in gepulvertem Zu- 


stande aus der St. Petersburger Pharm. Handelsgesellschaft im Januar 
1890 bezogen. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kennınis der Chebulinsäure. 687 


Die beiden letzteren Manipulationen — Verdünnen mit Wasser 
und Kochsalz-Zusatz — bezweckten Reinigungen der Gerbsäurelösung. 
Alsdann versetzt Fridolin die Gerbsäurelösung mit Kochsalz bis zur 
vollständigen Sättigung und zwar mit 5 getrennten aber gleichen 
Mengen. Da es mir nur auf die Chebulinsäure ankam, unterliefs ich 
die fraktionierte Fällung und schied alle Gerbsäure auf einmal ab. 
Es wird gemeinsam mit der Gerbsäure auch die Chebulinsäure ge- 
fällt. Beim Stehen an einem kalten Orte vereinigt sich die gefällte 
Gerbsäure zu einem zähen, braunen Kuchen. Dieser wurde in war- 
mem Wasser gelöst und der Lösung die Gerbsäure mit Essigäther 
entzogen — - hierbei geht auch die Chebulinsäure mit in die Lösung 
des Essigäthers. — Letzterer wurde abdestilliert und der Rückstand 
in Wasser gelöst. Diese Lösung wurde mit Aether ausgeschüttelt — 
zur Entfernung der Gallussäure. Nach einigen Tagen schieden sich 
nun beim Stehen im wässrigen Teile Krystalle ab. Dieselben wur- 
den auf einem Filter gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen und 
zum Schlufs aus heifsem Wasser umkrystallisiert. Es resultierten 
auf diese Weise rein weilse Krystalle mit alle den Eigenschaften, 
die Fridolin für die Chebulinsäure angiebt. Für rein ist ein solches 
Präparat zn halten, wenn es beim Schütteln mit Cyankaliumlösung 
keine Rotfärbung mehr giebt. 


Das bei 100° getrocknete Präparat gab bei der Elementarana- 
lyse folgende Resultate: 
0.2661 g gaben: 0.4955 g CO, —= 50.783 Proz. C 
0.0935, 3,0 — 3.903) 5, 
naar 0480l CO, 50398, ,, 
0.0903 „ H,O = 3.861 „ 


0.2598 


HaH 


Im Mittel: 
C. 50.59 Proz. 
Hi; 3:83,/ 5 
Fridolin fand in der Chebulinsäure 50,64 Proz. C und 3.70 Proz. H. 
Auch aus dem Vergleich der Resultate dieser beiden Analysen 
ergiebt sich, dafs das von mir isolierte Präparat rein und mit der 
Chebulinsäure Fridolins identisch war. 


Die Darstellungs-Methode Fridolins ist langwierig, giebt aber 
gute Resultate. Ich war daher bemüht ein einfacheres Verfahren zu 
finden, wozu ich zwei Wege einschlug. 


688 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


A. Der im Exsikkator getrocknete Rückstand des alkoholischen 
Auszuges — wie oben beschrieben dargestellt — wurde in der 6 bis 
8-fachen Menge Wasser gelöfst und filtriert. Dieser Lösung wurden 
einige schon fertige Krystalle Chebulinsäure zugesetzt, und das 
Ganze in wohl verschlossenen Gefäfsen am kühlen Orte sich selbst 
überlassen. Es schied sich hierbei nach ca. 14 Tagen ein krystal- 
linischer Körper aus; die Krystallisation war jedoch in 6 Wochen 
noch nicht völlig beendigt. Diese Krystalle waren aber noch stark 
verunreinigt und ging beim Reinigen daher Einiges verloren. Die 
gereinigten, d. h. umkrystallisierten Massen zeigten die gleichen 
Reaktionen wie die Chebulinsäure. Die Elementaranalyse der bei 
100° getrockneten Krystalle ergab folgende Zahlen: 

0.2973 g gaben: 0.5521 g CO, = 50.646 Proz. C 


0.102275, H,0.-—, 3:38, 54,228: 
0.2700... 4... 0:5002,.,.00, =.50.558.. „ie 
0.0908 „ H,O = 3716 „ H 
Im Mittel: 
C. 50.60 Proz. 
BEDENTuR: 


Der krystallinische Körper, nach der oben erwähnten Methode 
A. dargestellt, ist also Chebulinsäure. 

Obgleich die Chebulinsäure in kaltem Wasser nur schwer löslich 
ist, vermag eine wässerige Gerbsäurelösung sie doch sehr leicht 
aufzunehmen und an der Ausscheidung zu hindern. 


Die Darstellung A. hat den Vorzug der Einfachheit, beansprucht 
aber eine sehr lange Zeit. Ich versuchte daher ein zweites Ver- 


fahren. 


B. Die Fridolin’sche Methode wurde in der Art vereinfacht, 
dafs die wälsrige Gerbsäurelösung nach Zusatz der ersten Portion 
Kochsalz — welche nur zur Reinigeng diente — und Filtrieren, mit 
Essigäther ausgeschüttet wurde. Die weitere Behandlungsweise 
entsprach der Fridolin’schen Methode. 


Die Chebulinsäure scheidet sich bei diesem Verfahren rasch ab. 
Die Ausbeute betrug ca. 3.5 Proz. Nach der Methode Fridolin’s 
und nach A. war die Ausbeute bedeutend geringer. Es scheint mir 
daher, dafs die Darstellung der Chebulinsäure nach dem in B an- 
gegebenen Verfahren, die bequemste ist. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 6839 


Löslichkeitsbestimmung. 

Die Löslichkeit der Chebulinsäure bestimmte Fridolin für fol- 
gende Lösungsmittel: 1 Teil Chebulinsäure löst sich in 1626 Teilen 
kalten Wassers und in SS Teilen Äther. Ich erweiterte die Bestim- 
mung für einige andere Lösungsmittel und kontrollierte obige. 

Die Löslichkeitsbestimmungen wurden in der Weise ausgeführt, 
dafs die bei 110° getrocknete Chebulinsäure mit einer zur vollstän- 
digen Lösung unzureichenden Menge des Lösungsmittels übergossen 
wurde und in wohlverschlossenen Gläsern 5 Tage im Arbeitsraume 
bei einer Temperatur von ca. 18° unter häufigem Umschütteln stehen 
blieb. Hierauf wurden die Lösungen schnell in Wägefläschchen 
filtriert und gewogen, die Lösungsmittel verdunstet und der Rück- 
stand bei 110° getrocknet und gewogen. 

Es lösten sich: 


1. 0,0087 g Chebulins. in 12,8693 g. Wasser = 1: 1479 
II. 0,0692 „ x „1,6353 „ Aether!) —ı 110 
III. 0,0874 , 5 „2,2563 „ Essigäther?2) = 1:. 26 
IV. 0,4174 „ Eu 2.0875 „ Alkohol 500 = 1: > 


IR Khsolater Alkohol nd 
VI. Aceton?) lösen in jedem Verhältnis. 


IV—VI bilden braune, kleberige Flüssigkeiten, die übrigen 
wasserklare Lösungen. 
VI. In Benzol 


VII. „ Nitrobenzol ) ist die Chebulinsäure in der Kälte unlösl 
IX. „ Eisessig \ 


Werden die braunen Lösungen der Chebulinsäure in Alkohol 
und Aceton bei Zimmertemperatur verdunstet, so hinterbleibt die 
Chebulinsäure als schwach gefärbter amorpher Rückstand. In heifsem 
Wasser gelöst, scheidet sie sich beim Erkalten wieder in weifsen 
Krystallen aus. 

Schmelzpunktbestimmung. eher den Schmelzpunkt macht 
Fridolin keine Mitteilung. Auch ich kann nur ungefähre Zahlen an- 
geben. Die bei 110° getrocknete Chebulinsäure läfst sich bis 200° 
unverändert erhitzen, beginnt dann weiter — ziemlich schnell — 


1) Über Natrium rektifiziert. 

2) Mit CaCl, entwässert und über MgO destilliert. 

3) Reines Kahlbaum’sches Präparat über Call, entwässert und noch- 
mals destilliert. 


Arch, d. Pharm. XXX. Bds , 9. Heft. 44 


690 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


erhitzt, zusammenzusintern, bläht sich alsdann auf, wird dickflüssig, 
tritt aus der Öffnung eines feinen Kapillarröhrchens aus und ver- 
kohlt alsbald. Erhitzt man aber langsam, so läfst sich der Moment 
des Flüssigwerdens nicht wahrnehmen, sondern es verkohlt die Che- 
bulinsäure direkt. Ich habe diese Bestimmungen nur im Luftbade 
bei schnellem Erhitzen ausgeführt und kann daher keine grofse Ge- 
nauigkeit für die Versuche beanspruchen. Beginn des Zusammen- 
sinterns bei 200°, des Austrittes aus der Kapillare bei 205° (Mittel 
aus 5 gut übereinstimmenden Beobachtungen.) 


Verhalten gegen polarisiertes Licht. 

Die Chebulinsäure ist in alkoholischer Lösung optisch aktiv, sie 
dreht die Polarisationsebene nach rechts. 

Lösungsmittel, die die Chebulinsäure reichlich lösen, wie Alkohol 
und Aceton, geben gefärbte Lösungen, es konnten daher nur ver- 
dünnte Lösungen untersucht werden. Benutzt wurde der Jellet- 
Cornu’sche Halbschattenapparat in einem Raume, in welchem sich 
die Temperatur ziemlich konstant auf 18° hielt. Alle 24 Stunden 
wurden Ablesungen gemacht und das Rohr mit der Lösung in dem- 
selben Raume vor Licht geschützt aufbewahrt. Als Lösungsmittel 
wurde über Natrium destillierter absoluter Alkohol angewandt. Vor- 
versuche zeigten, das durch eine Decimeter lange Schicht einer 
3proz. Lösung das Licht noch in genügender Weise hindurch ge- 
lassen wurde. 

0.6 g lufttrockener Chebulinsäure wurden in 19.08 g absoluten 
Alkohols gelöst, d. i. eine 3.0488 proz. Lösung. Das spez. Gew. der 
Lösung betrug 0.8095. Beim Stehen der Lösung nimmt ihre Dreh- 
kraft allmälig zu. 

Als Mittel aus je 20 Ablesungen wurden beobachtet am: 

1. Tage 1.5400 


2.0.01 .54,5500 
3. „1.6090 
or 
Bl TO 
6 21.2000 
Ts TOR 


Werden diese Beobachtungen graphisch dargestellt, so entsteht 
eine Kurve, die die Zunahme der Drehung bis zum 5. Tage zeigt 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 691 


und zwar am 2. Tage nur um wenig; am 3. und 4. Tage ist die 
Steigerung eine gleiche; am 5. Tage bereits abgeschwächt. Die 3 
letzten Tage endlich haben nur so geringe Schwankungen aufzu- 
weisen, dafs dort der Drehungswinkel als konstant angesprochen 
werden kann. 


Die spezifische Drehung bei Natronlicht wurde nach der Formel: 


«jpp — 100 1 o7echnet. 
Ipd 
Werden in dieser Formel die Zahlenwerte eingeführt, so ist 
am 1. Tage: (Jo — 100 X 1.54 — 60.50 
1% 3.1446 X 0.8095 
PEN... „ = 60.89 (in gleicher Weise gefunden.) 
8 r „ .=63.21 
er Br 
EUROLARRFE „= | 
Be iz \ 66.94 (im Mittel.) 


Ä „ = == 


Eine alkoholische Lösung reinster Gallussäure ist bei gleicher 
Konzentration optisch inaktiv. 


Molekulargewichts-Bestimmung. 

Aus der prozentischen Zusammensetzung der lufttrockenen 
Chebulinsäure berechnet Fridolin die Formel C3H3,0,9 + H,O 
Molekulargewicht = 682); für die bei 100° getrocknete ein Molekül 
Wasser weniger enthaltende, Cs3Hs,0,9 (Molekulargewicht = 664). 
Es schien mir wünschenswert das Molekulargewicht zu kontrollieren. 

Die von Raoult!) angegebene Methode der Molekulargewichts- 
bestimmung durch die Gefrierpunktserniedrigung von Lösungen, 
konnte nicht angewandt werden, weil die Chebulinsäure in den üb- 
lichen Lösungsmitteln zu wenig löslich ist. Befriedigende Resultate 
gab die Molekulargewichtsbestimmung nach der Ernst Beckmann- 
schen Siedemethode,?) 

Ich habe eine Reihe von Versuchen mit lufttrockener Chebulin= 
säure ausgeführt, welche noch ein Molekül Wasser enthält. Als 
Lösungsmittel wurden Äthylalkohol, Äthylacetat und Aceton benutzt 
Das gefundene Molekulargewicht war durchgängig kleiner als das 


1) Ann. der Chem. u. Phys. 6. VIII, 1886. pag. 317. 
2?) Zeitschr. f. phys. Chemie IV, pag. 533 u. VI, pag. 437. 


44# 


692 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure: 


berehnete. Die Versuche mit Aceton gaben noch das beste Resultat, 
immerhin betrug die Abweichung —8°9 Proz. 
Bei 100° getrocknete, vom Krystallwasser befreite Chebulin- 
säure gab dagegen normale Werte. Des niedrigen Siedepunktes 
und der hohen Konstante wegen benutzte ich jetzt nur Aceton. 


Gramm ' Gr. Subst. ‚Beobachtete Gefunden) Abweich. v. 


Gramm 
Lösungs- auf 100 Gr. | Erhöhung |Molekul.- ‚ber Molek.- 

; Substanz 

mittel Lösungsm. | in Graden C.| |Gew s Gew. 664 1.0 

| zer ) ) | 

3288 | 08492 | 2.5827 0.068 64 | — #51 

1':8139 55167 0:138 667 + 045 

25911 | 78801 0151 «19 + 8:28 

| 34244 10.4151 | 0:230 56 | +1585 


| | | | 

Somit ist wohl die Richtigkeit der Chebulinsäure-Formel be- 
stätigt. Fridolin hat seine Annahme durch die Untersuchung von 
Zersetzungsprodukten gestützt. Chehulinsäure spaltet sich, wie schon 
erwähnt, in Gallus- und Gerbsäure. Dieser Prozefs geht, wie er 
glaubt, nach folgender Gleichung vor sich: 

as Hz, 019 + BO — 2 (C,H, 05) + Orr His Oso- 
Salze. 

Die Chebulinsäure hat die Fähigkeit, mit Metalloxyden Salze zu 
bilden, welche meist amorph und in Wasser unlöslich sind. Die 
Lösungen der Chloride der alkalıschen Erden und der Magnesia, 
sowie Magnesiumsulfat, werden durch Chebulinsäure nicht getällt. 
Dagegen fallen Zink, Kupfer und Kadmium aus ihren salzsauren 
Lösungen. 

Wie aus den unten angegebenen Analysen des Baryt- und 
Zinksalzes hervorzugehen scheint, beruht dieses Verhalten darauf, 
dafs die Chebulinsäure mit den Erdalkalien neutrale, mit den Schwer- 
metallen aber basische Salze zu hilden im Stande ist, dafs ferner 
die Chebulinsäure den Chloriden ersterer gegenüber eine zu schwache 
Säure ist. Die Acetate oben genannter Metalle werden sämtlich 
gefällt. Silbersalze —-Nitrat und Acetat — werden von der Chebu- 
linsäure reduciert. 


W.Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 693 


Es wurden namentlich das Baryt- und Zinksalz dargestellt und 
näher untersucht. Dabei war es gleichgültig, ob die Chebulinsäure 
zum Fällen der Metalle in alkoholischer (30°/,) oder heifser wässeriger 
Lösung angewandt wurde. Die Chebulinsäurelösung war 1°/,ig und 
die Metallsalzlösung 2%/ig. 

Baryumsalz. 1,5 g Chebulinsäure wurden in 100 ecm Wasser 
heils gelöst und mit einem geringen Ueberschufs von 2°/, Baryt- 
acetatlösung gefällt. Der Niederschlag wurde nach dem Absetzen 
abfiltriert und gewaschen. Er war amorph und feucht weiss, nahm 


aber beim Trocknen im Exsiccator eine hellgrüne Färbung an. 


Die Analyse des bei 1100 getrockneten Salzes ergab folgende 
Zahlen: 
Der Baryumgehalt wurde als Sultat bestimmt. 
I. 0,1878 g gaben 0,0322 g BaSO4 — 10,081°/, Ba 
TI. 0.1021”, „ -80176°, „. —=10,1350,, 
LIT. 0471079, =, 
Im Mittel 10,08%, Ba 
Im Sauerstoffstrom mit vorgelegtem Kupferoxyd verbrannt: 
I. 0,3084 g gaben 0,5102 g CO21) — 45,118), C 


0,0850 „ H30O = 3,0620), H 
U. 0,3868, :„'*'0,6365').00, = 44,878%/, C 
0,1326 „H,0 = 3,8090, H 
Im Mittel = 45,00%), € 
3.430/, H. 
Die Formel Ba (Usg Haz O,9)2 
Gefunden: verlangt: 
Ba 10,08 Proz. Ba 9,37 Proz. 
C 150 „ 53 , 
Hua," Haan 
Diese Resultate stimmen soweit überein, dafs die Einbasigkeit 
der Chebulinsäure — dem Baryt gegenüber — angenommen werden 


kann. 

Ein Strontinmsalz wurde unter gleichen Bedingungen wie das 
Barytsalz gefällt. Der Niederschlag war noch feucht in kaltem 
Wasser ziemlich leicht löslich und wie mehrere Versuche zeigten, 
von nicht konstantem Gehalt an Strontium. Hier könnte das Wasch- 


wasser eine Zersetzung hervorgerufen haben. 


1) Die Menge UO,, welche an Baryt gebunden zurückbleibt, wurde 
berücksichtigt. . 


694 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


Zinksalz. 1,5 g Chebulinsäure wurden dem Barytsalz analog 
durch Zinkacetat in ein Zinksalz übergeführt. Nach dem Absetzen 
wurde der Niederschlag auf einem Saugfilter möglichst von der 
Mutterlauge getrennt und ohne vorheriges Waschen, auf Thonplatten 
gestrichen, getrocknet. Die ablaufende Mutterlauge gab mit Eisen- 
chlorid keine Reaktion. Das erhaltene Salz war amorph, getrocknet, 
hellgrau und in Wasser unlöslich. 


Zur Bestimmung des Zinkes wurde das Salz unter Zusatz von 
salpetersaurem Ammon verascht, der Rückstand mit Salpetersäure 
befeuchtet, geglüht und als Zinkoxyd in Rechnung gebracht. 


Die Analyse des bei 110° getrockneten Salzes ergab tolgende 
Zahlen: 
I. 0,2198 g gaben 0,0266 g ZnO — 9,71 Proz. Zn 


11202133, ,.. , D.O2IG Ei, — 9.632055 E 
TI7202233 1," 7 % 0,0265 ERBE = de, 5 


Im Mittel: 9,65 Proz. Zn. 
I, 0,2992 g gaben 0,5003 g CO, = 45,64 Proz. C 
0.0813, E05 3 Ba 
EI. 023350 ,„  „ı10,5592,400, = 1553 „ e 
0,090 „, H0O= 3.38 „ H 
IM. 0,2333 „  ,:.0,3765., 00, = 5,98%, -€ 


00612, 3:0 =, 3:05, Zur 
Im Mittel Die Formel Die Formel 
gefunden: Zn(CsgHs30,9)+ZunO verlangt: Zn Cz;H»0,,9 verlangt: 
/n. 9,65 Proz. /ın. 8,83 Proz. Zn. 8,94 Proz. 
e571., C.45,65 „ 0,62 
H. 315 „ Hg, H; +3,00 


Mit den gefundenen Zahlen stimmen, die von der ersten Formel 
verlangten besser, als die Zahlen der zweiten Formel. 


Ein Cadmiumsalz wurde. unter gleichen Bedingungen wie das 
Baryumsalz gefällt, gab aber keinen konstanten Gehalt an Kadmium. 


Eine Verbindung der Gallussäure mit Kali kann erhalten werden, 
indem man eine ätherische Lösung ersterer mit konzentrierter al- 
koholischer Kalilauge fällt. Wird Chebulinsäure analog behandelt, 
so erhält man je nach der Menge des Kalihydrats verschieden ge- 
färbte Niederschläge, farblos, gelb oder grün. Zu analytischen 
Zwecken schienen sie ungeeignet zu sein und wurden daher nicht 
näher untersucht. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 695 


Aus den Resultaten obiger Analysen glaube ich den Schlufs 
ziehen zn dürfen, dafs die Chebulinsäure eine einbasische Säure ist 
und mit Baryum ein neutrales, mit Zink dagegen ein basisches Salz 
bildet. 

Wegen der beschränkten Menge verwendbarer Chebulinsäure 
war es mir nicht möglich noch andere Salze konstanter Zusammen- 
setzang zu ermitteln und zu analysieren. 

Fridolin!) hat ein Kupfer- und ein Bleisalz dargestellt und 
analysiert. Das Kupfersalz enthielt 36,25 Proz. CuO (= 28,93 Proz. 
Cu) und es wurde ihm die Formel: C3;H,,0,9.5 CuO beigelegt. Das 
Bleisalz enthielt 66,95 Proz. PbO (= 59,48 Proz. Pb). Formel: 
CssH 2,015 - 6 PbO. 

Diese Resultate Fridolins erschüttern die Annahme der Ein- 
wertigkeit der Chebulinsäure nicht, bestätigen vielmehr, dafs die 
Chebulinsäure mit Schwermetallen leicht basische Salze bildet. Be- 
merken muls ich allerdings, dafs Fridolin nicht angiebt, wie konzen- 
triert seine Lösungen waren und ob er nentrale Metallsalze zur 
Fällung benutzte. Fermer hat er die Niederschläge mit heilsem 
Wasser ausgewaschen. Die von mir dargestellten Salze wurden 
schon durch Waschen mit kaltem Wasser entschieden nachteilig 
beeinflulst. 

Auch mit Alkaloiden geht die Chebulinsäure Verbindungen ein, 
z. B. mit Morphin, Strychnin, Brucin, Atropin, Chinin, Cinchonin ete. 
Hier entstehen auch mit salz- und schwefelsauren Salzen Nieder- 
schläge. Fridolin erwähnt die Fällbarkeit des Cinchoninsulfates?) 
durch Chebulinsäure. Gallussäure besitzt diese Eigenschaft nicht, 
wohl aber Gerbsäure und darauf begründete R. Wagner’) eine 
quantitative Bestimmung der Gerbsäure. 

Die Niederschläge der Chebulinsäure mit Alkaloiden sind in Al- 
kohol leicht löslich, zu ihrer Fällung darf daher nur eine heilse 
wässerige Chebulinsäurelösung angewandt werden. 

Dargestellt und untersucht wurde das Cinchoninsalz. 2 Grm. 
Chebulinsäure, in 200 ccm Wasser heils gelöst, wurden mit einer 
gesättigten Cinchoninsulfatlösung (ca 1,3 Proz.) versetzt. Es schied 


1) Diss. pag. 91. 
2) Diss. pag. 87, 
3) Zeitschr. f. anal, Chem. 5 (1866) pag. 1. 


696  W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


sich ein flockiger Niederschlag ab, der nach dem Erkalten und Ab- 
setzen auf einem Saugfilter von der Mutterlauge getrennt wurde. 
Durch Versuche überzeugte ich mich, dafs der Niederschlag nicht 
lange gewaschen werden durfte, denn das Waschwasser gab sonst 
mit Eisenchlorid eine Färbung. die Mutterlauge allein that es aber 
nieht. Die Verbindung wurde auf Thonplatten getrocknet. 

Der Niederschlag war amorph und stellte, trocken und fein ver- 
rieben, ein blafsgelbliches Pulver dar. Die Verbindung ist ge- 
schmacklos. 

Zu den Analysen wurde die Verbindung bei 110° getrocknet, wobei 
sie ihre Farbe nicht veränderte. Der Stickstoff wurde nach der 
Kjeldahl'schen Methode bestimmt: die zur Zerstörung nötige Sehwefel- 
säure war nach Arnold mit 25 g Phosphorsäureanhydrid auf 75 ccm 
Schwefelsäure ‚versetzt. Die Verbindung liels sich leicht zerstören, 
Das Ammoniak wurde in überschüssiger Zehntel-Normal-Schwefelsäure 
aufgefangen und der Ueberschuss mit Zehntel-Normal-Natronlauge 
zurücktitriert, unter Anwendung von Phenolphtalein als Indikator. 

I. 0,4075 g sättigten 5,7 cem 1/., H3S0, = 1,96 Proz. N 
II. 0,5704 „ an SR = „aaa 

III. 0,3743 „ = 9,10, = vs 
Im Mittel: 1,97 Proz. N. 

Bei der Verbrennung im offenen Rohr mit vorgelegtem Kupferoxyd 
und blanker Silberspirale im Sauerstoffstrom ergaben: 

I. 0,2261 g 0,4621 g CO, — 55,74 Proz. C 

0030, , 350, 367,7: Au Er 

17029374 ale O5 = 99,38 A C. 
H 
C 


” ” 


0194115, H3O:= 14553 nıy 
IIT. 0,1921 „ 0,3885 „ CO, =55,16 „ (6, 
0,0785 „H,O —= 454 H. 
Im Mittel gefunden: Die Formel: C,g Ha, N,O (Ca H;, 0,9), verlangt: 
N. 1,97 Proz. NAS4: 73 Proz. 
C.552 „ C. 55,481 , 
H.458 5 A Dr) rl 


Das Cinchonin hat die Fähigkeit, sich sowohl mit einem, als 
auch mit 2 Molekülen einer einbasigen Säure zu verbinden. Die 
Verbindung der Chebulinsäure mit Cinchonin würde demnach einem 
sauren Salz entsprechen. 

Ein analog dargestelltes Chininsalz erwies sich als nicht ge- 
schmacklos, wenn auch viel weniger intensiv bitter als salzsaures 
Chinin. Gerbsaures Chinin läfst sich bekanntlich in geschmacklosem 
Zustande herstellen. 


W. Adolphi. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 697 


Ich versuchte die Basizität der COhebulinsäure durch Titrieren 
mit Alkali festzustellen; sie löst sich in Laugen leicht. Doch selbst 
bei sehr starker Verdünnung und Anwendung von Zehntel-Normal- 
Natron, entstehen gefärbte Lösungen, die den Umschlag des Indi- 
kators nicht gut erkennen lassen. Die Resultate waren daher so 
schwankend, dals sie keinen Wert hatten. 


Benzoyl-Verbindung. 


E. Baumann!) empfiehlt Benzoylchlorid als Reagenz für Hy- 
droxylgruppen, namentlich von Alkoholen. Auch andere Körper 
reagieren darauf. Die Chebulinsäure bestand diese Reaktion. 


2,0 g Chebulinsäure wurde in 90 ccm. 10 Proz. Natronlauge ge- 
löst und mit 5 cem Benzoylchlorid so lange geschüttelt, bis nur ein 
schwacher Geruch von letzterem sich wahrnehmen liefs. Es trat 
bald Reaktion ein, indem sich harzige Kügelchen abschieden, die 
sich allmälig zu einer teigartigen Masse vereinigten. Die Reinigung 
dieses Produktes machte einige Schwierigkeiten; es läfst sich seiner 
harzigen Beschaffenheit wegen nur oberflächlich auswaschen, da das 
Waschwasser nicht m die inneren Teile eindringen kann. Die 
Benzoyl-Verbindung wurde daher im Exsikkator vollständig ausge- 
troeknet und fein verrieben, und in diesem Zustande’ so lange mit 
kaltem Wasser gewaschen, bis mit Silbernitrat im Waschwasser 
keine Trübung mehr eintrat. Es verblieb jedoch noch immer eine 
saure Reaktion des Waschwassers von anhaftender Benzoesäure, die 
mit Wasser allein nicht zu entfernen war. Die überschüssige Ben- 
zoesäure wurde so fortgeschafft, dafs die Benzoyl-Verbindung aber- 
mals getrocknet und fein verrieben wurde. Nun wurde mit niedrig 
siedendem Petroleumäther gewaschen und zum Schluss der Petroleum- 
äther mit Äther verdrängt. Das so gereinigte Produkt gab, in staub- 
feinem Zustande mit Wasser angeschüttelt, weder eine Chlorreaktion, 
noch wirkte es auf Lackmuspapier. Der Geruch nach Benzoylchlorid 
war vollständig geschwunden, die gereinigte Benzoyl-Verbindung 
zeigte nach wochenlangem Stehen im Exsikkator einen schwachen 
aromatischen Geruch, der derselben eigentümlich zu sein scheint. 


!) Ber. der deutsch. chem. Ges. 19. IV (i886) pag. 3218. 


693 W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


Dıe Benzoyl-Verbindung ist gelblich und amorph. Beim Er- 
wärmen zwischen Uhrgläsern schmilzt sie und es sublimiert Benzoe- 
säure. Chloroform und Benzol lösen leicht, Alkohol erst nach 
längerem Stehen, Äther löst nur wenig und Petroleumäther und 
Wasser garnicht. Konz. Schwefelsäure löst leicht unter Bräunung; 
wurde der Lösung Wasser zugesetzt, so trübte sie sich ein wenig. 
Der Schmelzpunkt der Benzoyl-Verbindung wurde im Quecksilber- 
bade im offenen Kapillarröhrchen mit elektrischem Läutesignal be- 
stimmt und betrug im Mittel aus +4 Bestimmungen 88,5% (unkorri- 
giert.) 

Die im Exsikkator getrocknete Benzoyl-Verbindung gab bei der 
Elementaranalyse folgende Zahlen: 


I. 0,2215 g gaben: 0,0800 g H,O = 4,013 Proz. H 


0,5090 „+00; —=162,672. „= 
II. 0,2075 „ N 0,0730 „ 50 .=.73,908: 7 FE 
0,4745 .„. CO, ='62/366°7 
Ill. 0,2800 „ 4 0,1105.,7H50, = 48857 7 2 
0,6376 „ CO, = 62,104 ,„ C 
IV. 0,1689 „ 3 0,0583 „ H,O = 385 „ H 
0,3913, 00,; = 63,184 7 
Im Mittel gefunden: Es verlangt die Forme] 
O3 Hy (CH; 0) 015: 
C’ 62,580 Proz. C. 62,22 Proz. 
H. 4,0351, H..::3,30 3 
0,3338}; O0. ‚34,07 „ 


Um die Benzoylgruppen in Verbindungen zu bestimmen, versetzt 
man sie in der Regel mit überschüssiger titrierter Natronlauge, er- 
mittelt die Menge der gesättigten Natronlauge und kann hieraus den 
Benzoylgehalt berechnen. 


Bei der Benzoylchebulinsäure konnte dieses Verfahren nicht an- 
gewendet werden, denn einmal sättigt die sich zurückbildende Che- 
bulinsäure einen Teil der Natronlauge, und zweitens nimmt die alka- 
lische Lösung der Chebulinsäure, wie bereits erwähnt, an der Luft 
eine dunkle Färbung an, die den Umschlag des Indikators nicht 
deutlich sichtbar macht. Ich erzielte daher nur ganz unbrauchbare 
Resultate. 


Das Produkt der Einwirkung von Benzoylchlorid auf Chebulin- 
säure ist wahrscheinlich eine Tetrabenzoylchebulinsäure. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebubinsäure. 699 


Die grofse Anzahl von Sauerstoftfatomen im Molekül der Chebu- 
linsäure lälst mehr als 4 Hydroxylgruppen in demselben annehmen. 
Zur Bestimmung derselben stellte Fridolin!) eine Acetylverbindung 
her (durch Kochen von Chebulinsäure mit Acetanhydrid). Er erhielt 
eine Verbindung, die in der Formel (Cs Hz (Cs Hz O);g Os ihren 
Ausdruck findet. Ihre Zusammensetzung entsprach folgenden Zahlen: 

D4A63,91#Er02. 
VE a a 
0, 4AlB0 

Die Acetylgruppen sind leider nicht als solche gesondert be- 
stimmt worden. Es erscheint mir daher zweitelhaft, ob wirklich so- 
viel Acetylgruppen vorhanden gewesen sind, denn 15—17 Acetyl- 
gruppen in das Molekül der Chebulinsäure eingeführt, geben in ihrer 
prozentischen Zusammensetzung so geringe Differenzen, dals eine 
Elementar-Analyse allein kaum ausschlaggebend sein kann. 

Eine für die Analyse brauchbare Acetylverbindung war mir 
nicht möglich zu erhalten. Wurde Chebulinsäure mit Acetanhydrid 
am Rückflufskühler gekocht, so war das Produkt fast unveränderte 
Chebulinsäure. Erhitzte ich aber im Druckfläschehen etwa bis aut 
den Siedepunkt (Acetanhydrid siedet bei 137°), so trat eine Ver- 
koblung ein und es konnten keine weiteren Produkte abgeschieden 
werden. 


Phenylhydrazin-Verbindung. 


Wird 1 Teil Chebulinsäure mit 25 Teilen frischbereiteten 
E. Fischer’ schen Reagens — 2 Grm. salzsaures Phenylhydrazin 
und 3 Grm. essigsaures Natron in 25 ccm. Wasser gelöst — über- 
gossen und im Becherglase im Dampfbade erhitzt, so tritt alsbald 
eine rotgelbe Färbung auf und es scheidet sich weiter ein brauner, 
öliger Absatz an den Rändern ab. Bei weiterem Stehen auf dem 
Dampfbade tritt nach etwa einer halben Stunde eine vollständige 
Lösung ein. Läfst man die Lösung nun erkalten, so scheidet sich 
am Boden des Gefäflses eine braune, knetbare Masse ab, die das 
Aussehen eines weichen Harzes hat und amorph ist. Die wässerige 
Flüssigkeit wurde abgegossen und die Masse wiederholt mit Wasser 
durchgeknetet. 


I) Diss- pag. 92. 


„00 -W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


Die Phenylhydrazin-Verbindung stellt, lufttrocken und. fein ver- 
rieben, ein ziegelrotes Pulver dar. Sie löst sich in heilsem Wasser 
mit schwachsaurer Reaktion auf, beim Erkalten nimmt die Flüssigkeit 
eine gelbrote Trübung an, indem sich die Verbindung in kleinen 
Tröptehen wieder abscheidet. In Alkohol ist sie leicht löslich; der 
alkoholischen Lösung kann Wasser bis zu einer gewissen Verdün- 
nung zugefügt werden, ohne dafs eine Trübung entsteht. In Äther 
ist sie weniger leicht löslich. 

In alkoholischer Lösung ruft Eisenchlorid eine schwarzblaue, 
in sehr verdünnter Lösung eine grüne Färbung hervor; wird etwas 
Soda oder Ammoniumkarbonat zugefügt, so geht die Lösung in 
schmutzig-violettrot über und es entsteht ein Niederschlag. Mit 
Natronlauge tritt eine charakteristische Farbenreaktion auf von der 
noch die Rede sein wird. Der Schmelzpunkt lag bei 1420 (unkorr.). 

Böttinger!) hat das Verhalten des Phenylhydrazins dem Tannin 
gegenüber studiert und hat eine wohlcharakterisierte Verbindung er- 
halten. Wehmer und Tollens?) konnten im käuflichen Tannin keinen 
Zucker nachweisen — durch Bildung von Lävulinsäure, — es ist 
daher dem Gerbstoff eigentümlich, mit Phenylhydrazin eine Verbindung 
einzugehen. Wird dieser Verbindung, wie Böttinger fand, etwas 
konz. Natronlauge zugesetzt, so tritt eine intensive grünblaue 
Färbung ein. 

Auch ich habe mich überzeugt, dals sich aus der Chebulinsäure 
keine Lävulinsäure bildet. Es hatte sich bei der Behandlung mit 
conc. Salzsäure Gallussäure gebildet, die Silbernitrat reducierte. 

Ich habe Tannin, wie auch Gallussäure, in gleicher Weise, wie 
oben für Chebulinsäure angegeben, mit Fischer'schem Reagensbehandelt 
und die erhaltenen Produkte mit der Chebulinsäure -Verbindung aut 
ihr Verhalten gegen Natronlauge verglichen. 

Werden die Produkte auf Uhrgläschen in Alkohol gelöst und 
einige Tropfen konz. Kalilauge zugefügt, so giebt: 

I. Tannin: eine prachtvolle grün-blaue Färbung. Alsbald tritt 
eine Gasentwickelung ein und es röten sich die Ränder, nach und 
nach wird die ganze Flüssigkeit himbeerrot und später braunrot. Die 
himbeerrote Lösung zeigt im Spektroskop zwischen blau und grün 


I) Ann. d. Chem. u. Pharm. 246 pag. 128 u, 255 pag. 341. 
2) Ann. d. Chem. u. Pharm. 243 pag. 327. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 7Ol 


eine Verdunkelung, kein deutliches Band. Die Stärke der Absorption 


hängt von der Konzentration ab. 


II. Chebulinsäure: nur rasch vorübergehend eine grüne Färbung, 
die sehr bald einer himbeerroten, dann braunroten Platz macht 
Spektroskopisch gleich 1. 


III. Gallussäure: gar kein grün, sondern gleich himbeerrot, dann 
braunrot. Spektroskopisch gleich 1. 

Die Produkte scheinen demnach nicht gleich zu sein, da nur 
der Schlufs der Einwirkung von Kalilauge das gleiche Bild zeigt. 

Obgleich ich die Phenylhydrazin-Verbimdung nicht für einheitlich 
halte, habe ich den Stickstoff in derselben bestimmt. Es wird viel- 
leicht späteren Untersuchern gelingen die Verbindung krystallinisch 
und rein zu erhalten. Nach Kjeldahl wurde der Stickstoff be- 
stimmt und es sättigten 0,391 & 11,2 cem Zehntel-Normal-Schwetel- 
säure = 4,01 Proz. Stickstoff. 
Einwirkung von Salzsäure-Gas in alkoholischer Lösung, 

Fridolin hat nach den Angaben von Schiff für Gallussäure- 
Aethylester!) einen Chebulinsäure - Aethylester?) dargestellt. Bei 
‘Wiederholung dieses Versuches kam ich zu anderen Resultaten. 


10 & Chebulinsäure wurden in 50 cem absoluten Alkohols gelöst, 
die heilse Lösung mit Salzsäuregas gesättigt, etwas eingedampft und 
der sirupdicken Lösung kalkfreies Baryumkarbonat im Überschufs 
zugesetzt; alsdann wurde getrocknet. Ernst und Zwenger?) raten 
bei der Darstellung des Gallussäure-Aethylesters die Masse einige 
Zeit über 100° zu erhitzen, damit die Krystallisation später leichter 
vor sich geht. Diesen Vorschlag befolgte auch ich. Die gepulverte 
Masse wurde hierauf mit Äther erschöpft und dieser verdunstet. 
Es hinterblieb eine amorphe Masse, die auch nach abermaligem 
Lösen in Äther und Verdunsten nicht krystallinisch wurde, und sich 
auch aus heilsem Wasser, worin sie leicht löslich war, nur amorph 
abschied. Diese Masse war nicht einheitlich, denn siedendes Chloro- 
form entzog einen krystallinischen Körper, den ich vorläufig mit A, 


1) Diss. pag. 92 
2) Schiff, Ann. d. Chem. u. Pharm. 163 (1872). pag. 216. 
3) Ann. d. Chem. u. Pharm, 159. pag, 28. 


702  W, Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


bezeichne, während die Hauptmenge amorph hinterblieb; ich be- 
zeichne letztere mit B. Diese Reinigung mit Chloroform wurde 
mehrere Male vorgenommen. 


Der aus Chloroform erhaltene krystallinische Körper A. hatte 
die eigentümlichen Formen des Gallussäure-Aethyläthers; bei näherer 
Untersuchung erwies er sich in der That als solcher. Löslichkeits- 
verhältnisse, Reaktionen und Schmelzpunkt waren die nämlichen. 
Der Schmelzpunkt lag zwischen 150—152%. Ernst und Zwenger 
geben 150° an, andere Autoren fanden andere Zahlen. 


Der Körper B. war amorph und, fein zerrieben, hellgelb ge- 
färbt. Aufser in Äther, löst er sich leicht in Alkohol. Kaltes Wasser 
löst nicht viel von diesem Produkte auf, warmes dagegen löst es 
leicht; beim Erkalten scheidet es sich jedoch nur wieder amorph ab, 
Wäre B. unveränderte Chebulinsäure gewesen, so hätte sie sich 
krystallinisch abscheiden müssen. Die wässerige Lösung reagierte 
sauer, Der Geschmack war adstringierend und nachhaltig bitter. 


Eisenchlorid gab in verdünnter Lösung eine schwarzblaue, in 
konzentrierter eine grünliche Färbung. Cinchoninsulfat und Leim 
wurden getällt, Silbernitrat in der Kälte und Fehling’sche Lösung 
beim Kochen reduciert. Natronlauge gab eine braune Lösung, 
Barytwasser eine malachitgrüne Fällung. Üyankaliumlösung wurde 
beim Schütteln rosa gefärbt. Vanadinsaures Ammon gab eine oliv- 
grüne Färbung, mit einigen Tropfen Schwefelsäure versetzt, eine 
grüne, bald abblassende Lösung. Bleiacetat, Kupfersulfat, Zinkacetat 
gaben Fällungen, ebenso Barytacetat. Die Acetate des Caleiums, 
Magmesiums und Strontiums gaben nur geringe Fällungen. 


Bei 100° darf die Substanz nicht getrocknet werden, da hierbei 
eine starke Bräunung eintritt. Im offenen Kapillarröhrchen erhitzt, 
schmilzt sie bei 132° unter Zersetzung. Zwischen UÜbrgläsern vor- 
sichtig bis im die Nähe des Schmelzpunktes erhitzt, sublimieren 
Krystalle, die in ihrer Form durch die Temperatur beeinflufst werden, 
meist aber Nadeln darstellen. Der Rückstand ist eine schwarze 
Masse. Eine Elementaranalyse des Sublimates konnte nicht ausge- 
führt werden, weil die Ausbeute zu gering war. Das Verhalten 
Reagentien gegenüber liefs jedoch auf Pyrogallol schliefsen. 


W, Adolphi. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 703 


Die Elementaranalyse der mehrere Wochen über Kalk und Schwefel- 
säure aufbewahrten, lufttrockenen Substanz B. gab folgende Zahlen: 
I. 0,2607 g gaben 0,1013 g H,O = 4,317 Proz. H 

0,46+1 „ 00, — 45,446 ” C 


103195... 0282.80 — A „u 
0,5590 „ CO, = 47,716 „ © 
21°0.2593:) EDEN, ERO = nu 


4560 .1005: = 1279 a 


73,0,3180 >. , „en: EEE (eh 
0,5562 „ CO, = 4,01 „ © 

Im Mittel 

gefnnden 


C = 47,96 Proz. 

HH 4,5714, 
Hieraus lassen sich die Formel C; H,O, und Multipla derselben be- 
rechnen. 


Ein Barytsalz dieser Verbindung wurde dargestellt, indem eine 
verdünnte wässerige Lösung mit Barytacetatlösung (2 Proz.) heils 
gefällt wurde. Nach 24 Stunden wurde der Niederschlag auf einem 
Saugfilter abfiltriert, einige Male mit wenig Wasser ausgewaschen 
und auf Thonplatten getrocknet. Der Niederschlag war amorph. 
Der Barytgehalt wurde nach dem Verbrennen als Sulfat bestimmt. 

I. 0,192 g gaben 0,0223 g BaSO, = 6,83 Proz. Ba. 
II. 0,209 „ ei - OATORZN, iin 
Im Mittel 6,93 Proz. Ba. 


Ein Bleisalz wurde analog dargestellt. Der Bleigehalt wurde durch 
Veraschen und Oxydieren bestimmt. 


1. 0,1292 g gaben 0,0430 g PbO = 30,893 Proz. Pb. 
LE:0,13767, ni ERDDIOLT era 4 
Im Mittel 31,03 Proz. Pb. 

Werden einige dg Gallussäure-Äthylester mit verdünnter Natron- 
lauge aus Glaskolben kleinster Dimension destilliert, so erhält man 
leicht noch nachweisbare Mengen Äthylalkohol. Der Körper B. in 
gleicher Weise behandelt, gab eiu Destillat, welches die Jodoform- 
probe bestand (der Niederschlag war amorph), eine Bildung von 
xanthogensaurem Kali aber konnte nicht beobachtet werden. 


Aus obigen Resultaten glaube ich den Schlufs ziehen zu dürfen, 
dafs sich die Chebulinsäure in alkoholischer Lösung durch Salzsäure 
in Gallussäure und eine der Gerbsäure ähnliche Substanz gespalten 


‘04 W, Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 


hat, die keinen Ester bildet — wenigstens nicht unter den obwal- 
tenden Umständen. 


Spaltung vermittelst Schwefelsäure. 


Wie schon mehrmals erwähnt, spaltet sich die Chebulinsäure in 
Gallussäure und Gerbsäure. Die Resultate des letzten Abschnittes 
bestätigen die Angabe Fridolin's. In der Hoffnung, auch die 
Gerbsäure durch Hydrolyse, d. h. die Chebulinsäure vollständig in 
Gallussäure umzuwandeln, habe ich die bei 100° getrocknete Chebu- 
linsäure mit Schwefelsäure verschiedener Konzentration bestimmte 
Zeit im offenen Gefäls am Rückflulskühler gekocht. Die Zersetzung 
trat bald ein, denn die abgekühlte Flüssigkeit blieb klar. Es wurde 
hierbei immer ein Teil Chebulinsäure mit 50 Teilen der verdünnten 
Schwefelsäure zusammengebracht. Nach Beendigung des Kochens 
wurde die sauere Lösung mit Äther so lange ausgeschüttelt, als 
noch etwas gelöst wurde. Der Äther wurde alsdann verdunstet, der 
Rückstand getrocknet und gewogen. Er bestand aus Gallussäure.!) 

Die Lösung nahm bald eine tiefrotbraune Farbe an und es 
schied sich ein beträchtlicher schwarzbrauner Niederschlag ab, der 
jedoch nicht mit Ellagsäure identifiziert werden konnte. 


I. 0,5035 g Chebulinsäure mit 5 Proz. Schwefelsäure 6 Stunden 
lang gekocht, gaben 0,2525 g Gallussäure —= 50,15 Proz. 

II. 0,5565 g mit 10 Proz. H,SO, 6 Stunden gekocht, gaben 0,511 g 
Gallussäure — 55,88 Proz. 

III. 0,7175 g mit 12,5 Proz. H,SO, 3 Stunden gekocht, gaben 
0,4335 g Gallussäure = 60,42 Proz. 

IV. 0,6818 g mit 15 Proz. H,SO, 3 Stunden gekocht, gaben 0,4335 g 
Gallussäure = 63,58 Proz. 

V. 0,6462 g mit 20 Proz. H,SO, 3 Stunden gekocht, gaben 0,4477 8 
Gallussäure = 69,28 Proz. 

Bei den Versuchen III-V mulste die Zeit gekürzt werden, denn 
die Lösungen wurden dunkelbraun und es schied sich ein geringer 
schwarzer Niederschlag ab. 

VI. 0,7736 g mit 33 Proz. H, SO, 3 Stunden gekocht, gaben 0,5075 g 
Gallussäure — 65,60 Proz. 

Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs sich die Chebulinsäure 


bei der Hydrolyse dem Tannin nicht analog verhält. Die gröfste 


1) Wurde Tannin 6 Stunden lang mit 10 Proz. Schwefelsäure ge- 
kocht, so fand ich fast seine ganze Menge als Gallussäurs wieder. 


W. Adolphi, Ein Beitrag zur Kenntnis der Chebulinsäure. 705 


Ausbeute an Gallussäure wurde mit 20 prozentiger Schwefelsäure er- 
halten. Woraus der schwarzbraune Niederschlag besteht und was 
sich aus dem Rest der Chebulinsäure gebildet hat, ist mir zur Zeit 
nicht möglich zu sagen. Wird die saure wässerige Lösung, nach 
Entfernung der Gallussäure, vom gelösten Äther befreit und mit 
Essigäther ausgeschüttelt, so hinterläfst dieser beim Verdunsten nur 
einen amorphen Rückstand. 

Die Reduktionsversuche, welche ich mit der Chebulinsäure aus- 
führte, waren, aus Mangel an Material, nicht von dem gewünschten 
Erfolge begleitet. Auch bei der Reduktion der Gallussäure und des 
Tannins konnte ich Benzo&äsäure und Salicylsäure, welche nach den 
Angaben von Gnuignet (Compt. rend. 113, 200) entstehen sollen, 


nicht mit Sicherheit nachweisen. 


Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser auf 
kolorimetrischem Wege und Verwendung der 
Gerbsäure zu diesem Zwecke 
von Dr. F. Gerhard in Wolfenbüttel. 

Eingegangen den 10. XII. 1892. 

Das Vorkommen von Eisen in Trinkwässern hat seit einigen 
Jahren eine erhöhte Bedeutung gewonnen. Während es nämlich in 
früheren Zeiten meist üblich war, für städtische Wasserleitungen 
das Wasser der nahen Flüsse zu verwenden, kommt man hiervon 
mehr zurück und sucht das nötige Wasser dem Untergrunde mittels 
Tiefbrunnen zu entnehmen. Soiches Wasser ist in der Tat häufig 
auch sehr rein und gut, und ein bei weitem besseres Trinkwasser, 
als das der Flüsse. 

Nun macht man aber häufig. die Erfahrung, dals das Wasser 
solcher Tiefbrunnen sich eisenhaltig zeigt. Sehr bekannt ist dies 
in letzter Zeit bei dem Bohren von Brunnen in der Stadt Hamburg 
geworden, wo die meisten derselben ein eisenhaltiges Wasser lieferten. 
Und auch in anderen Orten, besonders der norddeutschen Tief-Ebene 


hat man diese Beobachtung gemacht. So kamen denn die Analytiker 
Arch. d. Pharm. XXX. Bds., 9. Heft. 45 


706 F. Gerhard, Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser etc. 


öfters in die Lage, Wasser auf den Eisengehalt zu prüfen und die 
Menge des Eisens zu bestimmen. 


Für praktische Zwecke wird nun das Eisen gewöhnlich auf 
kolorimetrischem Wege ermittelt. Nach Kubel und Tiemann wird 
ein Quantum Wasser, mit etwas Salzsäure und Kaliumchlorat ver- 
setzt, eingeengt und in dieser (von Chlor sorgfältig befreiten) Flüßsig- 
keit die Menge des Eisens durch Zufügung von Rhodankalium oder 
Ferrocyankalium bestimmt. Die Methode ist nicht eben bequem, 
es muls ein Eindampfen stattfinden und dann das überschülsige 
Chlor entfernt werden, und das ist nicht so sehr schnell auszuführen. 
Hinsichtlich der Frage, welchem Reagens der Vorzug zu geben sei, 
sind die Meinungen geteilt. Kubel und Tiemann empfehlen das 
Blutlaugensalz, Jolles und Proskauer bevorzugen das Rhodankalium. 
Es ist sicher, dafs sich bei Beiden kleine Mifsstände bemerkbar 
machen, und dafs es einiger Uebung bedarf, um gleichmäfsige, gut 
vergleichbare Färbungen zu erzielen. 


Beim Rhodankalium ist zu bemerken, dafs dasselbe nicht sehr 
empfindlich ist, bei weitem nicht so empfindlich als Ferrocyankalium. 
Für das erstere Reagens liegt die Empfindlichkeitsgrenze bereits bei 
0,5 Milligr. Fe im Liter, schon 0,2 Milligr. Fe giebt keine irgend 
bemerkbare Färbung mehr. 

Ferrocyankalium ist schärfer, mit 0,5 Milligr. Fe im Liter er- 
hält man eine schöne, hellblaue Farbe und selbst '/,, Milligr. giebt 
noch eine bemerkbare, allerdings sehr schwache Färbung. Die 
Reaktion ist so empfindlich, dals man bei Anwendung dieses Rea- 
genzes nur selten nötig haben wird, das zu untersuchende Wasser 
auf ein geringes Volumen einzuengen. 


Auch die Ueberführung des Eisenoxyduls in Oxyd durch Er- 
hitzen mit Salzsäure und Kaliumchlorat kann man meistens umgehen. 
Das Eisen ist in den Brunnenwässern ursprünglich wohl stets als 
Ferrokarbonat gelöst; das Wasser ist klar und hat einen tintenartigen 
Geschmack. Aber schon nach kurzer Zeit beginnt es sich zu trüben 
in Folge der Ueberführung des Karbonates in Hydroxyd durch 
den Sauerstoff der Luft, und nach wenigen Stunden ist in dem 
Wasser keine Spur von Eisen mehr in Lösung, alles Eisen liegt als 
Hydroxyd am Boden. 


F. Gerhard, Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser etc. 


Versetzt man das Wasser nun mit etwas Salzsäure und erwärmt, 
so erhält man auf die einfachste Weise eine zur kolorimetrischen 
Bestimmung geeignete Flüssigkeit, die alles Eisen als Chlorid ent- 
hält, und in der dasselbe bis auf !/, mg im Liter genau ermittelt 
werden kann. Will man noch geringere Mengen feststellen, so muls 
man allerdings einengen, doch wird dies für praktische Zwecke wohl 
seltener nötig sein. Wie oben erwähnt, verrät sich selbst Y,, mg 
im Liter noch durch einen schwach bläulichen Schimmer. Ein so 
geringer Gehalt an Eisen verrät sich dem aufmerksamen Kenner 
allerdings immer noch durch Aussehen und Geschmack des Wassers, 
vom Publikum wird es aber nicht bemerkt. Ich will hier erwähnen, 
dafs nach den Beschlüssen des 6. internationalen Pharm.-Kongresses 
in Brüssel im Trinkwasser nicht mehr als 3 mg Eisen im Liter ent- 
halten sein soll. Meiner Meinung nach ist diese Grenze zu hoch. 
Wenn ein solcher Gehalt an Eisen auch nicht gesundheitsschädlich 
wirkt, so kann ein derartiges Wasser doch nicht als ein normales 
Trinkwasser gelten. 

Wenn wir nun auch im Rhodankalium und Ferrocyankalium gute 
Reagentien auf Eisen besitzen und insonderheit das letztere sich als 
aufserordentlich empfindlich erweist, so giebt es doch noch ein an- 
deres Reagens, das, wie mir scheint, noch etwas empfindlicher und 
auch sonst den beiden vorzuziehen ist. Dieses Reagens ist die 
Gerbsäure. Die Verwendung derselben gewährt folgende Vorzüge: 

l. Sie ist ebenso empfindlich und vielleicht sogar noch etwas 

empfindlicher als Ferrocyankalium, und man hat infolge dessen 
selten nötig, das zu untersuchende Wasser zu konzentrieren. 
. Die Reaktion in Wässern tritt auch ein, in denen sich das 
Eisen noch auf der Oxydulstufe befindet; es ist eine vorherige 
Überführung des Eisens in Oxydsalz nicht nötig. 
3. Die Färbung tritt schneller, gleichmäfsiger und sicherer ein, 
als bei den andern beiden Reagentien. 

Von den verschiedenen Arten von Gerbsäure (Katechu-, China-, 
Kaffee-, Ratanhia-Gerbsäure) hat sich mir die Gallusgerbsäure (das 
Tannin der Apotheken) als das brauchbarste erwiesen. 

Um nun aber die Gerbsäure zur kolorimetrischen Prüfung ver- 
wenden zu können, mufs man selbstverständliich in solcher Weise 


arbeiten, dafs man stets klare Flüssigkeiten erhält, sonst sind rich- 
45* 


ID 


708 F. Gerhard, Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser etc. 


tige Vergleichungen unmöglich. Versetzt man eisenhaltiges Wasser 
ohne weiteres mit Gerbsäure. so entstehen Trübungen und milsfarbige 
Niederschläge, Reaktionen, die für den vorliegenden Zweck absolut 
nicht zu verwerten sind. 

Bietet man jedoch das Eisen zu dem Tannin in schwach alkalischer 
Lösung oder in einer Form, wo es durch Alkalien nicht gefällt 
werden würde, so entsteht nicht ein Niederschlag, sondern nur eine 
intensive, schöne rosa oder lila Färbung. 

Bekanntlich werden weinsaures, citronensaures Eisenoxyd, Eisen- 
Doppelsalze der Pyrophosphorsäure u. a. durch Alkalien nicht gefällt, 
und diese sind daher geeignet zur Anstellung der Reaktion. Von den ge- 
nannten Salzen habe ich das letztgenannte (Salz der Pyrophosphor- 
säure) für das geeignetste befunden. Um die Reaction mit Tannin 
anzustellen, versetzt man deshalb das Wasser zunächst mit einer 
Lösung von krystall. Natriumpyrophosphat und fügt erst dann das 
Reagens zu. | 

Beim Versetzen einer Kalk und Eisen etc. enthaltenden Flüssig- 
keit mit Natriumpyrophosphat entsteht zuerst ein Niederschlag von 
Calecium- und Eisenpyrophosphat; derselbe löst sich jedoch in einem 
Überschusse des angewandten Salzes auf, und man erhält sofort eine 
klare Lösung. Fügt man nun Tannin zu, so entsteht eine schöne 
rosa oder lila Färbung, die bei einem Gehalt von 1 mg Fe im Liter 
sehr intensiv und deutlich, selbst bei !/,, mg noch schwach rosa und 
unter günstigen Umständen selbst bei /,,; mg noch, allerdings nur 
sehr schwach, bemerkbar ist. 

Für das Gelingen der Reaktion sind jedoch ferner noch folgende 
Punkte zu beachten: 

Das eisenhaltige Wasser muls, wie bereits erwähnt, neutral oder 
schwach alkalisch sein, denn freie Säuren heben die Färbung auf 
und starke freie Alkalien geben mit Tannin schon allein starke Fär- 
bungen; diese Färbungen sind freilich anderer Art, als die durch 
Eisensalz hervorgerufenen, sind schmutzig und unschön, und treten 
auch erst allmälig ein. . Doch ist zu bemerken, dafs von Ätznatron 
und Ätzkali schon sehr geringe Mengen genügen, um mit Gerbsäure 
Färbung zu geben, bei Ammoniak und kohlensauren Alkalien tritt 
sie erst bei gröfserer Menge und nach längerer Zeit ein. Ja, pyro- 
phosphorsaures Natrium in konzentrierter Lösung bewirkt (offenbar 


F. Gerhard, Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser etc. 709 


infolge seiner basischen Natur) bei längerem Stehen schon allein eine 
Färbung der gerbsäurehaltigen Flüssigkeit. In nicht ganz schwachen 
Lösungen von Kalk-, Magnesiasalzen etc., ja selbst in konzentrierten 
Alkalisalzlösungen ruit Gerbsäure bei längerem Stehen Trübungen 
hervor, die störend wirken könnten. 

Es ist nun aber sehr leicht, diese Fehlerquellen zu 
vermeiden, und man arbeitet nach folgender Methode absolut 
sicher: 

Man hält folgende Flüssigkeiten vorrätig: 

1. Eime Lösung von 1 Teil kryst. Natriumpyrophosphat in 20 Teilen 

Wasser, 
2. Eine Lösung von 1 Teil Tannin in 20 Teilen schwachem 
Spiritus. 

3. Eine Eisenlösung, die in jedem cem 0,1 mg. Fe in der Form 

von Eisen-Natriumpyrophosphat enthält. 

Man erhält solche Flüssigkeit, wenn man 0,898 Eisenalaun und 
2,5 kryst. Natriumpyrophosphat in Wasser löst und zum Liter ver- 
dünnt, oder indem man 1 g oftizinelle Eisenchloridtlüssigkeit mit 50 ccm 
Ger obigen Natriumpyrophosphatlösung mischt und die klare Flüssig- 
keit ebenfalls auf 1 Liter bringt. Diese Lösungen sind ohne Zer- 
setzung lange Zeit haltbar, bleiben klar und scheiden keine basischen 
Salze aus. 

Wird das zu untersuchende Wasser ganz frisch eingeliefert, wo es 
noch klar ist und das Eisen sich noch als Karbonat in gelöstem Zu- 
stande befindet, so versetzt man 100 cem desselben sofort mit 20 cem 
der Lösung von pyrophosphors. Natrium und sodann mit 5 Tropfen 
Tanninlösung. (20 ccm Natriumpyrophosphatlösung dürften wohl 
genügen, selbst im härtesten Brunnenwasser, das anfänglich sich 
ausscheidende Caleiumpyrophosphat wieder zu lösen). 

Nach wenigen Sekunden ist die erwünschte konstante Färbung 
eingetreten und diese vergleicht man in bekannter Weise mit der 
Färbung, die eintritt, wenn man 100 ccm eisenfreien Wassers 
mit 20 ccm Natriumpyrophosphat und einer gewissen Menge Eisen- 
lösung und Tannin versetzt. 

Etwas umständlicher ist der einzuschlagende Weg, wenn (wie 
es wohl meistens der Fall ist) sich das Eisen bereits ganz oder zum 
Teil abgeschieden hat. 


710 F. Gerhard, Bestimmung des Eisens im Brunnenwasser ete. 


Dann schüttelt man das Wasser auf, bringt etwa 150 cem m 
eine Kochflasche, fügt 1,0 Oxalsäure hinzu und erhitzt. Der Eisen- 
niederschlag löst sich in der Oxalsäure sehr leicht. Die noch heifse 
Flüssigkeit versetzt man nun mit einem Körnchen- Kaliumeitrat (um 
eine Fällung des Eisens zu verhindern) und darauf mit so viel reinem 
Calciumkarbonat, dafs die Oxalsäure vollständig gesättigt wird und 
eine neutrale Flüssigkeit entsteht. Dieselbe wird klar abfiltriert, was 
schnell und leicht gelingt und ist nun vortrefilich geeignet zur An- 
stellung der Tanninreaktion. 

Man fügt zunächst wieder 20 cem Natriumpyrophosphat, dann 
5 Tropfen Tanninlösung zu und verfährt wie oben. Auch diese Prüfung 
ist in kurzer Zeit und leicht in durchaus sicherer Weise zu erledigen. 

Als Vergleichsflüssigkeit verwendet man am besten eine Flüssig- 
keit, die man erhält durch Vermischung von 100 ccm Wasser mit 
20 ccm Natriumpyrophosphat, 5 Tropfen Tannin und 1 ccm der obigen 
Eisenlösung. Diese Flüssigkeit enthält 0,1 mg Fe, entspricht also 
1 mg Fe im Liter. Stärkere Färbungen oder schwächere scheinen 
mir weniger geeignet zur Vergleichung. 

Am schnellsten und sichersten kommt man, wie gesagt, zum 
Ziele, wenn das Wasser frisch und noch klar eingeliefert wird. 

Wenn das Eisen sich bereits ausgeschieden hat, so kann man 
leicht getäuscht werden; man kann nicht wissen, ob das Wasser vor- 
her ganz klar gewesen ist, ob die Trübung ausschliefslich von aus- 
geschiedenen Eisenhydroxyd herrührt, oder ganz oder zum Teil von 
Eisenrost, der nicht gelöst gewesen war, oder auch von eisenhaltiger 
Erde oder dergl. Es handelt sich bei der Untersuchung meist um 
Wasser aus frisch erbohrten Brunnen, wo dergleichen Vorkomm- 
nisse besonders leicht möglich sind. 

Der Chemiker ist meist nicht im Stande, zu entscheiden, ob der 
schmutzige Niederschlag von gelöst gewesenem und wieder aus- 
geschiedenem Eisen herrührt, oder andern Ursachen zuzuschreiben ist, 
und daher wird er in allen Fällen gut thun, wenn es irgend 
möglich ist, sich ganz frisch geschöpftes, noch klares Wasser bringen 
zu lassen. Die Untersuchung führt dann zu ganz sicheren Resultaten 
und ist auf die leichteste und schnellste Weise auszuführen. 


Verzeichnis 
über Band 230 des Archivs der Pharmacie (Jahrgang 1892). 


I. Autorenverzeiehnis. 


A. 
Adolphi, W., Chebulinsäure 684 


BR. 
Baumert, G., Bestimmung von 
Glycerin im Wein 324 


Beckurts, H., Beiträge zur Kennt- 
nis des Anemonins 182. 
Alkaloidgehalt der Rinde von 
—Strychnos Nux vomicaund der Sa- 
men von Strychnos potatorum 
549. 
— und Brüche, F., Wertbestim- 
mungen der Harze und Balsame 
64. 
— und Hartwich, C. Beiträge 
zur chemischen und pharmako- 
gnostischen Kenntnis der Kakao- 
bohnen 989. 
Bider, G., Spektroskopisches Ver- 
halten des Blutes nach Aufnahme 
von schädlichen Gasen 609. 
Brüche, F., siehe Beckurts, H., 
und Brüche, F. 


D 


Dieckhoff. E. siehe Engler, C. 
und Dieckhoff, E. 


E. 

Engler, C. und Dieckhoftf, E., 
über Theeröl-Seifenlösungen in 
ihrer Anwendung zur Desin- 
fection, insbesondere über das 
Lysol 561. 


E. 

Fischer, X, Chemische Zu- 
sammensetzung altägyptischer 
Augenschminken 9. 

Flückiger, F. A., Bemerkungen 
über Kamäla und Waras 2. 

— Schwarzer Phosphor 159. 

— Asche der Kamala 249. 


— Verbreitung der Alkaloide in 
den Strychnosarten 343. 


&. 

Gerhardt, F., Bestimmung des 
Eisens im Trinkwasser auf kolo- 
rimetrischem Wege 705. 

Gerock, J. E. und Skippari, F. 
J., Sitz der Alkaloide im Strych- 
nossamen 999. 

Grützner, B., Haltbarkeit titrirter 
Lösungen des Kaliumpermanga- 
nats 321. 


Hartwich, C., Zur Kenntnis der 
Strophanthus- und einiger mit 
denselbenverwandterSamen 401. 

Siehe auch Beckurts. H. und Hart- 
wich. ©. 

Hilger, A., Siehe Senger O. E., 
Pabst. Th., Fischer, X. und Lend- 
rich, K. 

Hiller-Bombien, O., Zur Kennt- 
nis der Geoffroyarinden. 513; 

Holdermann, E., Siehe Vulpius, 
G. und Holdermann, E. 


i12 Autorenverzeichnis. 


K. 
Klein, J., Santonin 1. 499, 
— Santonin II. 675. 
Kiliani,H., Digitalin. verum 250. 
— Darstellung von Digitogenin 
26 


Kosmann, B., Über die Abhand- 
lung von W. Kubel: Einwirkung 
von Magnesiumacetat auf Mag- 
nesiumoxyd und Bleioxyd 352. 

Kubel, W., Einwirkung von Mag- 
nesiumacetat auf Magnesium- 
oxyd und Bleioxyd 173. 

Kwasnik, W., Chemische Unter- 
suchung des flüchtigen Öles der 
Lindera sericea (Kuromoji-Öl.) 

269. 


L. 
Lendrich, K., Beitrag zur Kennt- 
nis dor Bestandteile von Meny- 
anthes trifoliata und Erythraea 


Centaurium 38. 

Link, C., Berberin und Hydro- 

berberin 291. 
M. 


Merck, E., Nebenalkaloide der 
Belladonna 134. 
— Terpinhydrat aus Eukalyptusöl 


169. 

®. 
Oesterle, O., Studien über Gutta- 
percha 641. 


Otto, R., Erklärung zu der Arbeit 
W.Spring und E. Bourgeois 1. 


P. 


Papst, Th., Zur chemischen Kennt- 
nis der Früchte von Capsicum 


annuum 108. 
Partheil, A., Cytisin und Ulexin 
448, 


S. 

Semmler, F. W., Aetherisches 
Öl des Knoblauchs (Allium sati- 
vum) 434. 

— Aetherisches Öl der Küchen- 
zwiebel (Allium cepa) 443. 

Schmidt, E. Skopolamin 207. 

— Berberisalkaloide 281. 

—- Siehe auch Link, C., Partheil, A., 
Weber, J, 

Senger, O0. E., Absynthiin, der 
Bitterstoff der Wermutpflanze 94. 

Seubert, K., Gehaltsbestimmung 
von Eisenpräparaten 142. 

Skippari, F. J., Siehe Gerock, 
J. E. und Skippari, F. J. 

Soldaini, A., Alkaloide ae 
nus albus 

Starting, A. N 
lung 342. 


T. 
Tavel, E, und- Tschıren ze 
Jodtrichlorid 33lk 
Tschirch, A.. Untersuchungen 
über Sekrete 641. 
— siehe Tavel, E., u. Tschirch. A., 


Vv. 
Vinassa, E., Untersuchungen von 
Safran und sogenannten Safran- 
surrogaten. 353. 
Vulpius,G.,u. Holdermann, E., 
Prüfung von Ferrum reductum 
592. 


W. 

Weber, J., Ätherisches Öl der 
Blätter von Cinnamomum ceyla- 
nicum 232. 

Wedemeyer K., Caleciumplumbat 
und dessen Verwendung zu 
Aschenanalysen 263. 


II. Sachverzeichnis. 


A. 

Absinthiin, der Bitterstoff der 
Wermutpflanze (Artemisia Absin- 
thium) 94. Darstellungsver- 
suche aus dem wässerigen Aus- 
zug 98. Aus dem alkoholischen 


Auszug 99. aus dem äthe- 
rischen Auszug 100. Zusammen- 
setzung des Absinthiins 103. 
Verhalten gegen verdünnte 
Schwefelsäure 103. Trauben- 
zucker, ätherisches Oel und Oxy- 


Sachverzeichnis. 


säure Os, Hs, O, als Spaltungs- 
produkte 104. Acetylderivat der 
ÖOxysäure 105. Kalischmelze 
(Phloroglucin) 106. Reduktion 
und Oxydationversuche 106. 
Acetylceytisin 490. 
Aetherisches Oel der Blätter 
vonCinnamomumceylanicum 232. 
Eigenschaften 234. Zimmtalde- 
hyd 235. Terpene 236. Eugenol 
237. Nichtnachweisbarkeit von 
Methyleugenol 239, von Benzöe- 
säure 240. Zimmtwurzelöl des 
Handels 240. Benzaldehyd 243. 
Safrol, nachgewiesen durch die 
Ueberführung in Piperonylsäure 
245, durch Elementaranalyse 
246. Eugenol 246. Nichtnach- 
weisbarkeit von Metbyleugenol 
247. 
Aethylamoniumbase desHy- 
droberberins 307. 
Vergl. Hydroberberin. 
Aethylceytisinhydrojodid 480. 
Aethyleytisinplatinchlorid 481. 
Goldsalz 481 
Aethylhydroberberin 307,311. 
Vergl. Hydroberberin. 


Alban 653. 
Alben 658. 
Allium Cepa, ätherisches Oel 
443 

Allium sativum, ätherisches 
Oel 434. 


Alkaloide von Lupinus albus 61. 
— Verbreitung derselben in den 


Strychnosarten 343. 
Alkaloide aus Belladona 134. 
— Sitz derselben im Strychnos- 

samen 555. 


Alkaloidgehalt von Strychnos 


Nux vomica und Strychnos 
potatorum 349. 
Allylsulfid, Abwesenheit im 


Knoblauchöl 442; im Zwiebelöl 
448. Eigenschaften 441, 443. 
Ammoniacum. Wertbestimmung 


93. 

Amylnitrit, spektroskopischer 
Nachweis im Blut 637. 
Anemonencampher 188. 


Anemonin, Beiträge zur Kenntnis 
desselben 182. Verbreitung 185. 


Darstellung 187. Anemonen- 
campher 188. Anemonin 189. 
Anemonsäure 192, 194. Ane- 


ee na Te TEE EEE BEREEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE 


+13 


moninsäure 193, 195. Isoane- 
monsäure 193, Verhalten von 
Anemonin gegen Bleioxyd 194. 
gegen Salzsäure 195, gegen verd. 
Schwefelsäure 197, gegen Natron- 
und Kalilauge 198, gegen Baryt- 
wasser 199. gegen Essigsäure- 
anhydrid (Isoanemonin) 201, 
gegen Phenylhydrazin 202, gegen 
Hydroxylamin203,gegenNatrium- 
bisulfit 203, gegen Nitroprussid- 
natrium 203, gegen Ammoniak 
204, gegen Brom 205. 
Anemoninsäure 193, 195, 
Anemoninschwefligsaures 


Natrium 203. 
Anemonintetrabromid 205. 
Anemonoxim 203. 
Anemonsäure 192, 194. 


Antimonwasserstoff, spektros- 
kopischer Nachweis im Blut 632. 
Apoatropin 137. Salze 137, 138. 
Spaltung in Tropin und Atropa- 
säure 139, 141. Unterschied von 
Atropamin 140. 
Arriba-Guayaquil-Kakao0597. 


Arsenwasserstoff, spektro- 
skopischer Nachweis im Blut 
631. 

Asche der Kamala 249. 
Aschenanalyse, Verwendung 


des bleisauren Calciums 263. 
Asafoetida, Wertbestimmung 90. 
Atropasäure aus Apoatropin 141 

aus Scopolamin 7 
Augenschminken, Zusammen- 


setzung altaegyptischer a 
B. 

Bahia-Kakao 393, 594. 

Balsame, Wertbestimmung 64. 


Balsamum Copaivae, Wertbe- 


stimmung 65. 
— Peruvianum, Wertbestim- 
mun ar 


— Tolutanum, Wertbestimmung 


Beaumontia grandiflora 426. 
Belladonna, Nebenalkaloide 134, 
Apoatropin 137. Chlorhydrat, 
Bromhydrat, Jodhydrat 137. 
Goldsalz, Platinsalz, Quecksilber- 
salz 138. Zinndoppelsalz, Chro- 
mat, Pikrat 138. Tropin als 
Spaltungsprodukt des Apoatro- 


714 Sachverzeichnis. 


pins 139. Unterschied von Atro- 
pamin und Apoatropin 140. 
Atropasäure aus Apoatropin 141. 
Benzaldehyd aus Zimtwurzelöl 
des Handels 243. 
Benzo&, Wertbestimmung 85. 
Benzoösäure, Nichtnachweis- 
barkeit im Zimtblätteröl 240. 
— Darstellung 342. 
Benzol, Löslichkeit in wässerigen 
Salzlösungen 586, 588. 
Berberin und Hydroberberin 
291. 

Berberin, Verhalten gegen Brom 
288, 293. Bromwasserstoffsaures 
Berberintetrabromid 294. Brom- 
wasserstoffsaures Berberindibro- 


mid 295. Bromwasserstoffsaures 
Berberin 296. 
Berberisalkaloide 287. 


Bestandteile von Menyanthes 
trifoliata und Erythraea Cen- 
taurium 38. 

Bestimmung des Glycerins im 
Wein 324. 

Bitterstoff aus Menyanthes tri- 
foliata 42. 

— aus Erythraea Centaurium 48. 

Bleioxyd, Einwirkung auf Mag- 
nesiumacetat 173, 352. 

Bleisaures Calcium zur Aschen- 


Analyse 263. 
Blut, spektroskopisches Ver- 
halten 609. 
©. 
Calcium, bleisaures, zur Aschen- 
Analyse 268. 
Canca-Kakao 595. 
Capsaicin 118. 
Capsicum annuum, zur che- 


mischen Kenntnis der Früchte 
108. Alkaloid derselben 111. 
Capsaicin, der scharfe Stoff 118. 
Zusammensetzung desselben 127. 
Baryt und Bleisalz 127. Die 
freien Fettsäuren 128. Der Farb- 


stoff der Frucht 131. 
Caraguez-Kakao 596. 
Carracas-Kakao 5». 
Carvol aus Kuromoji-Oel 283. 


Ceylon-Kakao 599. 
Chebulinsäure 684. Darstellung 
686. Löslichkeit 689. Schmelz- 
punkt 689. Optisches Verhalten 


690. Molekulargewicht 691. Salze 
692. Baryumsalz 693. Zinksalz 
694. Cinchoninsalz 695. Benzoyl- 
derivat 697. Acetylderivat 699. 
Phenylhydrazid 699. Einwirkung 
von Salzsäuregas in alkoholische 
Lösung 701. Spaltung mittels 
Schwetelsäure. 704. 
Chloroform, spektroskopischer 
Nachweis im Blut 637. 
Cholin aus Cytisussamen 457. 
Cinnamomum ceylanicum, 
aetherisches Oel der Blätter 232. 


Copaivabalsam, Wertbestim- 
mung 65 
Cyan, spektroskopischer Nach- 
weis im Blut 635. 


Cyanwasserstoff, spektros- 
kopischer Nachweis im Blut 637. 

Cytisin und Ulexin 448. Dar- 
stellung des Cytisins 451. Cyti- 
sinbestimmungen 456. Cholin 457. 
Eigenschaften und Zusammen- 
setzung des Oytisins 458. Einf. 
salzs. C. 464. Zweif. salzs. C. 
465. Einf. bromwasserstoffs. C. 
465. Einf. jodwasserstoffs. ©. 466. 
Cytisinnitrat 466. Einf. schwefels. 
C. 467. Platindoppelsalze des C. 
467. Cytisingoldchlorid 469. Iden- 
tität des Cytisins mit dem Ulexin 
470. Alkylderivate des Cytisins 
476. Cytisinmethyljodid 478. Me- 
thyleytisin 479. Methyleytisin- 
platinchlorid 479. Methyleytisin- 
goldchlorid 480. Cytisinaethyljo- 
did 480. Aethyleytisinplatin- 
chlorid 481. Aethyleytisingold- 
chlorid 481. Methyleytisinmethyl]- 
jJodid (Dimethyleytisinhydrojodid) 
481 Dimethylcytisin 482. Dime- 
thyleytisinplatinchlorid 483. Di- 
methyleytisingoldchlorid 484. 
Dimethyleytisinmethyljodid 484. 
Trimethyleytisinplatinchlorid 
485.Spaltung desDimethyleytisin- 
methyljodids mittels Kalilauge 
485. Acetyleytisin 490. Konstitu- 
tion des Oytisins 491. 


D. 


Desinfektion, Verwendung 
von Theeröl-Seifelösungen, spe- 
ziell von Lysol 961 


Sachverzeichnis. 


Digitaligenin au 25h 
Digitalinum verum 250. Eigen- 
schaften 252. Spaltung in Digi- 
taligenin, Traubenzucker und 
Digitalose 254. Digitaligenin 255. 
Digitalonsäurelakton 257. Digi- 


talose 257. Traubenzucker 258. 
Wirkung des Digitalinum nn 
58. 

Digitalonsäurelakton 257. 
Digitalose 257. 
Digitogenin, Darstellung 261. 
Dimethyleytisin 482. Hydro- 
jodid 481. Platinsalz 453. Gold- 


salz 484. Jodmethylat 434. Spal- 
tung des letzteren durch Kali- 
lauge 485. 
Dioxysantogenensäure 504. 
Silbersalz 505. 
Dipenten aus Kuromoji-Oel 279. 
DisulfideimKnoblauchöl437, 439, 
im Zwiebelöl 445, 446 
Dithionsäure, Nichtbildung bei 
der Einwirkung von Jod auf 
saures schwetelsaures Natron 1. 


Dominica-Kakao 598. 
Domingo-Kakao 598. 
E. 

Eisengehalt, Bestimmung im 

Trinkwasser 105. 
Eisenpräparate, Gehaltsbestim- 
mung 142. 


Erythraea Centaurium. Be- 
standteile 38, Isolierung des 
Bitterstoffes 48. Zucker 49. Ery- 
throcentaurin 49. Spaltungspro- 
dukte 50. Erythrocentaurol 52. 

Eukalyptusöl. Terpinhydrat 
daraus 169. 

Eugenol aus Zimmtblätteröl 237. 

— aus Zimmtwurzelöl des 

Handels 246. 

Euphorbium, Wertbestimmung 
91 


FE. 


Farbstoff von Capsicum annuum 
13% 
Ferrum carbonic. saccharat. 


Gehaltsbest. 157. 
—  pulveratum, Gehaltsbestim- 
mung 143. 


— reductum, Gehaltsbestimmun 
153;:552. 


715 


Fettsäuren aus Capsicum an- 
nuum 128. 
Fluavil 651. 


©. 


Galbanum, Wertbestimmung 92. 

Garupano-Kakao 596. 

Geoftroyarinden, Beiträge zur 
Kenntnis 513. Pharmakognosti- 
scher Teil 517. Geoffroyarinde 
518. Sogenannte gelbe Geof- 
froyarinde 525. Xanthoxylon- 
rinden 528. Gelbe Geoffroyarinde 
930. Chemischer Teil 533. An- 
organische Bestandteile 536. Or- 
ganische Bestandteile 537. Dar- 
stellung des Geoffroyins 538. 
Salze und Derivate des Geof- 
froyins 542. Eigenschaften und 
Reaktionen des Geoffroyins 544. 
Vergleichung des Geoffroyins 
mit Tyrosin und Ratanhin 546. 

Geoffroyin, siehe Geoffroya- 
rinden. 

Gehaltsbestimmung der Eisen- 
präparate 142. Ferr. pulverat. 
143. Ferr. reduet. 153. 552. Ferr. 
carbonic. saccharat. 157. 

Glycerin, Bestimmung im Wein 


324. 

Granada-Kakao 599. 
Guayaquil-Kakao 598 
Gutta 646. 647. 
Guttan 646. 
Guttapercha 641. Handels- 
Guttapercha 644. Guttan 646. 


Gutta 647. Verhalten gegen 
Brom, Salzsäure, Nitrosylchlorid 


650. Filuavil 651. Verhalten 
gegen Salzsäure 652. Acetyli- 
rungsversuche 652. Alban 653. 


Acetylirung 654. Verhalten geg. 
Brom, Hydroxylamin 654; gegen 
Phenylhydrazin, Phosphorpenta- 
sulüd 655. Destillation mit Zink- 
staub 655. Verhalten gegen Salpe- 
tersäure 656. Gegen alkoholische 
Kalilauge 657. Guttapercha von 
Payena Lurii 658. Botanischer 
Teil 663. Palaquium Gutta 665. 
Payena Larii 667. Palaguium 
Treubii 668. 

Gutti, Wertbestimmung 

Gutzko-Kakao 


92. 
59. 


Haltbarkeit tritrierter Lösungen 
von Kaliumpermanganat 321; 


von ÖOxalsäurelösung 324: von 


Thiosulfatlösung 324. 
Harze, Wertbestimmung 64. 
Holarrhena antidysenterica 


424. 
Hydroanemonin 203. 
Hydroberberin 292. Verhalten 


gegen Brom 296.Bromwasserstoff- 
saures Hydroberberintetrabromid 
298. 300. Bromwasserstoffsaures 
Hydroberberindibromid 298. Hy- 
droberberindibromid 299, 301. Ein- 
wirkung von Kalilauge auf Hy- 
droberberindibromid 502. Silber- 
doppelverbindung des Einwir- 
kungsproduktes 304. Einwirkung 
von Salpetersäure auf Hydro- 
berberindibromid 305. Hydro- 
berberindibromidplatinchlorid 

306. Einwirkung von naszieren- 
dem Wasserstoff auf Hydrober- 
berindibromid 306. Aethylbase 
des Hydroberberins und Aethyl- 


hydroberberin 307. Hydrober- 
berinäthyljodid 308. Hydrober- 
berinäthylchlorid 309. Golddop- 


pelsalz 309. Platinsalz 310. Ein- 
wirkung von Silberoxyd auf Hy- 
droberberinäthyljodid 310. Ae- 
thylhyäroberberin 311. Aethyl- 
hydroberberinchlorid 313. Gold- 
salz 314. Platinsalz 314. Chlor- 
wasserstofisaure Aethylammoni- 
umbase 315. Einwirkung von 
Jodäthyl auf Aethylhydrober- 
berin 315. Jodwasserstoffsaures 
Aethylhydroberberin 316. Jod- 
wasserstofisaure Aethylbase 316. 
Bromwasserstoffsaures . Aethyl- 
hydroberberin 317. Hydrober- 
berinäthylbromid 317. Salpeter- 
saures Aethylhydroberberin 318. 
Einwirkung von Kalilauge auf 
jodwasserstofisaures Aethylhy- 
droberberin 318. Einwirkung 
von Jodlösung auf die Aethyl- 
ammoniumbase des Hydrober- 
berins und auf Aethylhydrober- 
berin 319. 


I. 
"Isoanemonin 
Isoanemonsäure 


201. 
193. 


| 
| 


| 
| 


| 


| 
| 


Sachverzeichnis. 


J. 
Jalapenharz, Wertbestimmung 
89. 
‚Java-Kakao 600 


Jod, Einwirkung aufsaures schwef- 
ligsaures Natron . 
Jodtrichlorid 331. 


K. 


Kakaobohnen, Beiträge zur che- 
mischen und pharmakognosti- 
schen Kenntnis derselben 589. 
Allgemeine Kennzeichen und 
mikroskopischer Befund 593. 
Reaktionen 600. 

Kakodyloxyd.spektroskopischer 
Nachweis im Blut 638. 

Kaliumpermanganatlösung, 
Haltbarkeit 321. 

Kamala, Bemerkungen darüber 2. 
Aschenbest. 4. Asche derselben 


249. 

Kambil 8. 
Kamerun-Kakao 600 

| Kanbil 8. 
Kicksia afrikana 423. 
Knoblauchöl 434. 
Kohlenoxyd, spektroskopischer 
Nachweis im Blut 625 


Kohlensäure, spektroskopischer 
Nachweis im Blut 629. 

Kolophonium, Wertbestimmung 
87 


Kresol, Löslichkeit in Seifen 584. 
Küchenzwiebelöl 443. 
Kuromoji-Oel 265. Siehe Lin- 

dera sericea, Hücht. Oel derselben 


265. 

L. 
Leuchtgas, spektroskopischer 
Nachweis im Blut 628. 


Limonen aus Kuromoji-Oel 276. 
Lindera sericea, Hüchtiges Oel 
derselben (Kwromoji-Del) 265. 
Rohöl 266. Verhalten gegen all- 
gemeine Reagentien 266. Frak- 
tionierte Destillation 267. Frak- 
tion IT 269. Terpene des Kuromais 
Oels 274. Rechts-Limonen 276 
Dipenten 279. Fraktion II u. II 
279. Fraktion IV 280. Terpineol 


280. Terpinhydratbildung 283. 
Fraktion V 283. Carvol 283. 
Destillationsrückstand 285. 


Sachverzeichnis. 


Löslichkeit der Petroleum-Koh- 
lenwasserstoffe in Lösungen fett- 


saurer Salze 575. 
— von Phenol und Kıresol in 
Seifen i 584. 
— von Benzol, Toluol, Xylol, 


Terpentinöl in wässerigen Lö- 
sungen fettsaurer Salze 586. 
Lösungen titrirte, Haltbarkeit 
derselben 321. 
Lupinus albus, Alkaloide 61. 
Festes Alkaloid 61. Krystallform 
61. Salze 63. Flüssiges Alkaloid63. 
M. 
Machala-Guayaquil-Kakao 
597. 
Magnesiumacetat, Einwirkung 
aut Magnesiumoxyd und Blei- 


oxyd 143,352. 
Magnesiumoxyd. Einwirkung 
auf Magnesiumacetat 173, 352. 
Maracas-Kakao 595. 


Menyanthes trifoliata, DBe- 
standteile 33. Darstellung des 
Bitterstoffs daraus 42. Menyan- 
thin 44. Spaltungsprodukte des- 
selben 46. Menyanthol46. Zucker- 
art 48. Fettsäureester 52. Farb- 
stoff 55. Spektralanalytische 
Untersuchung des Farbstoffs 56. 

Menyanthin 44. 

Menyanthol 46. 

Methyleytisin 479. Hydrojodid 
478. Platinsalz 479. Goldsalz 480. 
Jodmethylat 481. 

Methyleugenol. Nichtnachweis- 
barkeit im Zimmtblätteröl 239, im 
Zimmtwurzelöl 247. 


Methyltyrosin 547. 

Monoacetylscopolamin. 222. 

Monobromsantonin. 678. 
®. 

Oel, ätherisches der Blätter von 

Cinnamomum ceylanicum 232. 


Oel,ätherisches,desKnoblauchs 
(Allium sativum) 434. Rohöl 435. 
Disulfid C,H,5Ss 437, Reduktions- 
produkt C,H,S 437. Disulfid 
C; H,, S> 439. Reduktionsprodukt 
0;H,,S 439. 40. Verbindung 
0 Ho Sz 440. Körper G Ho S 
441. Abwesenheit von Allylsulfid 
und Sesquiterpen 442. Eigen- 
schaften des Allylsulfids 441, 443, 


717 


Öl, ätherisches, der Küchen- 
zwiebel (Allium Cepa) 443. Roh- 
öl 444. Disulid C,H,S, 446. 
0;H,4S3445. C;H,5S44/. Abwesen- 

heit des Allylsulfids 448. 

Öl, flüchtiges der Lindera sericea 
265. Siehe auch Lindera sericea. 
Öl derselben. 

OÖxalsäurelösung, Haltbarkeit 


324 

Oxysantogenensäure 505 
P. 

Palaquium Gutta 665. 

Palaquium Treubii 668. 

Para-Kakao 594. 

Payena Leerii 667. 


Perubalsam, Wertbestimmung 73. 
Petroleum, Kohlenwasserstoffe 
desselben, Löslichkeit in Lö- 
sungen fettsaurer Salze 575, 577, 
518. 

Phenol, Löslichkeit in Seifen 584. 
Phenol, Einflufs aut die Löslich- 
keit von Kohlenwasserstoffen in 
Seifenlösungen u. s. w. 578, 588. 
Phosphor, schwarzer 159. Iden- 
tität mit Arsen 166. 
Phosphorwasserstoff, spek- 
troskopischer Nachweis im Blut 
633. 


Puerto Cabello-Kakao 596. 


Quecksilbermethyl, spektro- 
skopischer Nachweis im Blut 637. 


Quinbil, 8. 
Resina Jalap ae, Wertbestimm- 

ung 89 
Safran, Untersuchung 353. 


Safransurrogate, Untersuchung 


353. 

Safrol aus Zimmtwurzelöl des 
Handels 245, 246. 
a-Santogendilakton 508. 
#-Santogendilakton 510, 
Santogenen 504. 


Santonin 499. 675. Reduktion in 
alkoholischerLösungmit Natrium 
504. Dioxysantogenensäure 504. 
Silbersalz 505. Reduktion des S. 
mit.Jodwasserstoffsäure505.Oxy- 
santogenensäure 505. Reduktion 
mit Zink und Essigsäure 508. 


718 Sachverzeichnis. 


«-Santogendilakton 508. £-San- 
togendilakton 510. Einwirkung 
von Brom auf Santonin 675. San- 
toninacetatdibromid 675. Einwir- 
kung von Anilin auf Santonin- 
acetatdibromid 678. Monobrom- 
santonin 678. Einwirkung von 
Alkali auf Santoninacetatdibro- 
mid (Rückbildung von Santonin) 
679. Einwirkung von Chlor- 
wasserstoffsäureaufSantonin680, 
Zersetzungsprodukte des Santo- 
ninacetatdibromids 681. Sätti- 
gungsgrad der Kohlenstoffatome 
im Santonin 681. 
Schwefelkohlenstoff, spektro- 
skopischer Nachweis im Blut 635. 
Schwefelwasserstoff, spektro- 
skopischer Nachweisim Blut 629. 
Schweflige Säure, spektrosko- 
pischer Nachweis im Blut 635. 


Scopolamin 207, 218. Scopolamin 
aus der Wurzel von Scopolia 
atropoides 209, Scopolamingold- 
chlorid 210. Hydrobromid 211. 
Scopolamin aus käuflichem Hy- 
oscinhydrobromid 213. Wirkung 
217. Freie Base 218. Hydrochlorid 
219. E yarsjodıa 219. Sulfat 220. 
Goldsalz 220. Verhalten des Sco- 
polamins gegen Acetylchlorid 
221, gegen salpetrige Säure 223. 
Verhalten gegen Barytlösung. 
(Spaltung in Scopolin und Atro- 
pasäure) 224. Scopolamin aus den 
Samen von Hyoscyamus niger 
228, aus der Wurzel von Atropa 
Belladonna und den Samen von 
Datura Stramonium 229, aus den 
Blättern von Duboisia myopo- 
roides 229. 

Scopolin, 224. Scopolingoldchlo- 
rid 224. Scopolinplatinchlorid 225. 

Sekrete, Untersuchungen über 
dieselben 641 

Selenwasserstoff, spektrosko- 
pischer Nachweis im Blut 630. 

Sinodor 173. 

Spektroskopisches Verhalten 
des Blutes nach Aufnahme von 
schädlichen Gasen 609. Ab- 
sorptionsspektrum des Blutes621. 
Spektroskopisches Verhalten des 
Blutes nach Aufnahme vy. Kohlen- 
oxyd623. Leuchtgas628. Kohlen- 


säure 629. Schwefelwasserstoff 
629. Selenwasserstoff 630 Tel- 
lurwasserstoff 631. Arsenwasser- 
stoff 631. Antimonwasserstoff 
632. Phosphorwasserstoff 633. 
Stickoxyd 633. Stiekoxydul 634. 
Schwefliger Säure 635. Schwefel- 
kohlenstoff 635. Cyan 635. Oyan- 
wasserstoff 637”. Amylnitrit 637. 


Chloroform 637.  Quecksilber- 
methyl 637. Kuıkodyloxyd 638. 
Stickoxyd, Spektroskopischer 
Nachweis im Blut 633. 
Stickoxydul, Spektroskopischer 
Nachweis im Blut 634. 
St. Lucia-Kakao. 599. 


Strophanthussamen, Beitrag 
zur Kenntnis derselben und ver- 
wandter Samen 401. Beschrei- 
bung der offizinellen Sorten 415. 
Der richt ofüzinellen 416. Der 


Verwechselungen 423. Kicksia 
africana 423. Holarrhena anti- 
dysenterica 424, Beaumontia 
grandiflora 426. 
Strychnosarten. Verbreitung 
der Alkaloide darin 343. 
Strychnos Nux vomica, Alka- 
loidgehalt der Rinde 549. 
Strychnos potatorum, Alka- 
loidgehalt der Samen 949. 
Strychnossamen, Sitz der Alka- 
loide 959. 
St. Thom&-Kakao 600. 
Styrax, Wertbestimmung 84. 
T. 
Tellurwasserstoff, spektro- 


skopischer Nachweis im Blut 631. 
Terebinth. laricin. Wertbe- 
stimmung 83. 
Terpene des Zimmtblätteröls 236. 
Terpenthinöl, Löslichkeit in 
Lösungen fettsaurer Salze 586, 
588 
Terpineol aus Kuromojiöl 280. 
Terpinhydrat aus Eukalypieket 
16 
Tetrab enzaylch.eblingEaiee 
I 
Theeröl-Seifelösungen inihrer 
Anwendung zur Desinfektion, 
insbesondere über Lysol 561. 
Löslichkeit der Kohlenwasser- 
stoffe des Petroleums in Lö- 


Sachverzeichnis. 


sunsen fettsaurer Salze 575. 
Einflufs eines Ueberschusses 
von Alkali oder Säure auf die 
Löslichkeit der Kohlenwasser- 
stoffe 577. Einflu(s der Phenole 
auf die Löslichkeit der ge- 
sättigten Kohlenwasserstoffe in 
neutralen Seifen 578. Löslich- 
keit von Phenol und Kresol in 
Seiten 584. Löslichkeit von Ben- 
zol, Toluol, Xylol und Terpen- 
thinöl in wässrigen Lösungen 
fettsaurer Salze 586. Einflufs 
der Phenole auf die Löslichkeit 
der Benzolkohlenwasserstoffe 
und des Terpentinöls in orga- 
nisch-sauren Salzen 588. 
Thiosulfatlösung, Haltbarkeit 
324. 
Toluol, Löslichkeit in Lösungen 
fettsaurer Salze 586, 588. 
Trimethyleytisinplatin- 


719 


Untersuchung von Safran und 
Safransurrogaten 393. 


WW. 


Waras, Bemerkungen darüber 2.7 
Wein, Bestimmung des Glycerins 
324. 
Wertbestimmung der Harze 
und Balsame 64. Bals Copaivae 
65. Bals. Peruv. 73. Bals. To- 
lutan. 82. Terebinth. laricin. 83. 
Styrax 84. DBenzo& 85. Kolo- 
phonium 87. Resina Jalapae 39. 
Asa foetida 90. Euphorbium 91. 
Galbanum 92. Gutti 92. Ammo- 
niacum 93. 


x. 
Xylol, Löslichkeit in Lösungen 


chlorid 485. fettsaurer Salze 586, 588. 
Trinidad-Kakao 599. 
Trinkwasser, Bestimmung des 
Eisengehaltes 705. Z 
Tropin aus Apoatropin 139. > i 
Zimmtaldehyd aus Zimmt- 
blätteröl 235. 
U. Zimmtblätteröl 232. 
Ulexin und Cytisin 448. Iden- | Zimmtwurzelöl 240. 
tität des Ulexins mit Cytisin 470. | Zwiebelöl 443. 
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