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UNIVERSITY OF
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ARCHIV
FUE DAS
STUDIUM DER NEUEREN SPRACHEN
UND LITTERATÜREN.
BEGRÜNDET VON LUDWIG HERRIG.
HERAUSGEGEBEN
YON
ALOIS BRANDL UND ADOLF TOBLER.
LVII. JAHRGANG, CX. BAND, /V
DER NEUEN SERIE X. BAND. ± ü y^ *\
^
*#*#*
BRAUNSCHWEIG.
DRUCK UND VERLAG VONGEORGE WESTERMANN.
1903.
Inhalts -Verzeichnis des CX. Bandes,
der neuen Serie X. Bandes.
Abhandlungen. Sejte
MOspilli. Von Selma Dorff 1
Literarische Umbildung des' Märchens vom Fischer und siner Fru. Von
Reinhold Steig 8
Unbekannte Briefe von a) Schiller, b) F. H. Jacobi, c) A. W. Schlegel an
G. Hufeland. Von R. Priebsch 20
Der Urtext der Cyprianuslegende. Von V. Ryssel 273
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. Von Theodor
Maxeiner 312
Chatterton-Literatur. Von M. Gothein 25
Die Bedeutung des Wortes 'lomantic' bei Fielding und Smollett. Von Gustav
Becker 56
Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen. Von Max Förster 346
Kennedy-Studien. Von F. Holthausen 359
Claude Tillier als Pamphletist. Von Max Cornicelius. II. (Fortsetzung
statt Schlufs) 67
Claude Tillier als Pamphletist. Von Max Cornicelius. III. (Schlufs) . 388
Kleine Mitteilungen.
Ungedruckte Briefe aus Klopstocks Lebensabend. (R. Priebsch) . . . 418
Zur deutschen 'Bauernpraktik' (1508). (Max Förster) 421
Zur rhythmischen Prosa Englands im 10. — 11. Jahrhundert. (F. Lieber-
mann) 98
Zum angelsächsischen Menologium. (F. Liebermann) 98
Charakteristik Englands im 12. Jahrhundert. (F. Liebermann) .... 99
Mittel englische Forstausdrücke. (F. Liebermann) 100
Roger Bacon als Philolog. (F. Liebermann) 100
IV
Seite
Zum Havelok. (F. Holthausen) 100
Nachtrag zu Archiv CVIII, 288 ff. (F. Holthausen) 102
Zur Legende von Edward dem Bekenner. (F. Liebermann) 103
Zur mittelenglischen Handschriftenkunde. (M. Förster) 103
Zu Scogan und 'The court of love'. (J. H. Lange) 104
Christopher Anstey, der Verfasser des New Bath guide. (Gustav Becker) 104
Zur Geschichte der deutschen Literatur in England. (Georg Herzfeld) . 109
Zum angelsächsischen Davidbild. (Richard Wülker) 421
Das Handschriftenverhältnis in Cnuts Gesetzen. (F. Liebermann) . . . 422
Zum Havelok. (F. Holthausen) 425
Franzosen über Engländer im 13. Jahrhundert. (F. Lieb er mann) . . . 426
Fronleichnamsmysterien zu Beverley. (F. Lieb ermann) 426
Parallelen zu Chaueers Prioresses tale und Freres tale. ^(Max Förster) . 427
Jamnes und Mambres (zu Archiv CVHI, 15 ff.). (Max Förster) . . . 427
Zwei Trobadorlieder für eine Singstimme mit Klavierbegleitung gesetzt.
(Emil Bohn) 110
Sitzungen der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen 125
Verzeichnis der Mitglieder der Berliner Gesellschaft für das Studium der
neueren Sprachen. Januar 1903 144
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Dramatische Handwerkslehre von Avonianus. Zweite, umgearbeitete und
vermehrte Auflage. (R. Fischer) 153
Albert Brand: Müller von Itzehoe. Sein Leben und seine Werke. (M. Oeftering) 431
J. J. Findlay, Principles of class teaching. (Wilhelm Münch) . . . . 155
Sigismund Friedmann, Ludwig Anzengruber. (Richard M. Meyer) . . . 163
Otto Frommel, Neuere deutsche Dichter in ihrer religiösen Stellung. (Richard
M. Meyer) 430
Karl Geuther, Studien zum Liederbuch der Klara Hätzlerin. (Friedrich
von der Leyen) 428
Walter Heuschkel, Untersuchungen über Ramlers und Lessings Bearbeitung
von Sinngedichten Logaus. (Friedrich von der Leyen) 161
Richard M. Meyer, Grundrifs der neueren deutschen Literaturgeschichte.
(Hermann Jantzen) 151
W. Mo es tue, Uhlands Nordische Studien. (R. M. M.) 434
Max Morris, Heinrich von Kleists Reise nach Würzburg. (Friedrich von
der Leyen) 163
O. E. Schmidt, Kursächsische Streifzüge. (Richard M. Meyer) . . . . 162
Moritz Trautmann, Kleine Lautlehre des Deutschen, Französischen und
Englischen. Erste Hälfte. (Walther Suchier) 159
K. Tumlicz, Die Lehre von den Tropen und Figuren nebst einer kurz-
gefafsten deutschen Metrik. 4. durchgesehene Auflage. (Richard M. Meyer) 158
Neue Literatur zur germanischen Volkskunde. (Robert Petsch) 434
V
Seite
Albert Waag, Bedeutungsentwickelung unseres Wortschatzes. Auf Grund
von Hermann Pauls 'Deutschem Wörterbuch' in den Haupterscheinungen
dargestellt. (S. Singer) 160
The complete works of John Lyly now for the first time collected and edited
frorn the earliest quartos with life, bibliography, essays, notes, and index
by R. Warwick Bond. (E. Koeppel) 449
Byrons sämtliche Werke in neun Bänden, übersetzt von A. Böttger, her-
ausgegeben von W. Wetz. (G. Herzfeld) 454
Shaksperes Macbeth. Tragödie in fünf Akten übersetzt von Friedrich Theodor
Vischer. Mit Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Hermann
Conrad. (Rudolf Fischer) 217
William Shakespeare. Prosody and text. An essay in criticism, being an
introduction to a better editing and a more adequate appreciation of
the works of the Elizabethan poets. By B. A. P. van Dam, with
the assistance of C. Stoffel. (Aug. Western) 202
Encyclopaedic English-German and German-English dictionary. Part second:
German-English. Second half: K — Z. Encyklopädisches englisch-deut-
sches und deutsch-englisches Wörterbuch. Zweiter Teil: Deutsch-Eng-
lisch. Zweite Hälfte: K— Z. (H. Bieling) 167
Old and Middle English texts, edited by L. Morsbach and F. Holthausen.
H. Emare, ed. by A. B. Gough. (Wilhelm Dibelius) 196
Le bone Florence of Rome, herausgeg. von W. Vietor. 2. Abteilung: Unter-
Buchung des Denkmals von A. Knobbe. (M. Weyrauch) . . . . . 446
Walter Scott, The Border edition of the Waverly novels, edited with intro-
ductory essays and notes to each novel (supplementing those of the
author) by Andrew Lang. (A. Brandl) 218
The complete works of John Gower. Edited from the manuscripts, with intro-
ductions, notes, and glossaries, by G. C. Macaulay. Vols. 2, 3 The
English works. Vol. 4 The Latin works. (Lucy Toulmin Smith) . . 197
G. H. Sander, Das Moment der letzten Spannung in der englischen Tra-
gödie bis Shakespeare. (R. M. M.) 449
Julius Zupitza, Alt- und mittelenglisches Übungsbuch zum Gebrauche bei
Universitätsvorlesungen und Seminarübungen. Sechste wesentlich ver-
mehrte Auflage, bearbeitet von J. Schipper. (Erik Björkman) . . 164
Zur Schulliteratur. (Albert Herrmann) 458
Specimens of Middle Scots with introduction, notes and glossary by G. G.
Smith. (A. Brandl) 447
C. Stoffel, s. B. A. P. van Dam.
C. S t o f f e 1 , Intensives and down-toners. A study in English adverbs. (G. Tanger) 169
Max Weyrauch, Die mittelenglischen Fassungen von Guy of Warwick und
ihre altfranzösische Vorlage. (Erik Björkman) 444
Gertrud Dobschall, Wortfügung im Patois von Bournois. (Georg Ebeling) 232
Diderot, Paradoxe sur le Com^dien. Edition critique avec introduction, notes,
fac-simile par Ernest Dupny. (F. Ed. Schneegans) 229
VI
Seite
Forschungen zur romanischen Philologie. Festgabe für Hermann Suchier
zum 15. März 1900. (Hermann Suchier) 222
Kristian von Troyes, Cliges. Textausgabe mit Einleitung, Anmerkungen und
Glossar herausgeg. von W. Foerster. Zweite umgearbeitete und ver-
mehrte Auflage. (Alfred Schulze) 468
Methode Toussaint-Langenscheidt. Brieflicher Sprach- und Sprechunterricht
für das Selbststudium der spanischen Sprache von S. Gräfenberg.
(P. de. Mugica) 473
Johannes Jungfer, Über Personennamen in den Ortsnamen Spaniens und
Portugals. (P. de Mugica) 261
C. Marmier, Geschichte und Sprache der Hugenottenkolonie Friedrichs-
dorf a. T. (Alfred Pillet) 461
Le roman de Flamenca publie d'apres le manuscrit unique de Carcassonne,
traduit et accompagne d'un vocabulaire. Deuxieme edition entierement
refondue par Paul Meyer. (Adolf Tobler) 464
Kr. Nyrop, Manuel phonetique du francais. Deuxieme edition traduite et
remaniee par Emanuel Philip ot. (Adolf Tobler) 239
H. Quayzin, Au Seuil de la Litterature et de la Vie litteraire . . . ä l'usage
des Ecoles superieures, des Gymnases, des Ecoles normales . . . (Adolf
Tobler) 467
Französische Schullektüre. (H. Willert) 244
Albert Sleumer, Die Dramen Victor Hugos. (Schultz-Gora) 227
Antoine Thomas, Melanges d'etymologie francaise. (Adolf Tobler) . . . 240
Carl Voretzsch, Epische Studien. Beiträge zur Geschichte der französischen
Heldensage und Heldendichtung. I. Heft: Die Komposition des Huon
von Bordeaux nebst kritischen Bemerkungen über Begriff und Bedeutung
der Sage. (W. Cloetta) 220
Verzeichnis der vom 1. Dezember 1902 bis zum 10. März 1903 bei der Re-
daktion eingelaufenen Druckschriften 263
Verzeichnis der vom 11. März bis zum 6. Juni 1903 bei der Redaktion ein-
gelaufenen Druckschriften 477
M ü s p i 1 1 i.
i.
Müspüli, as. müd[t]spelli, das im An. als Müspell erscheint, ist
wohl das meist umstrittene Wort der Literatur unseres Volkes. Es
sind geistvolle Hypothesen darüber aufgestellt worden, die aber alle
mit Ausnahme der von Detter, Beiträge z. Gesch. d. d. Spr. u. Lit. 21,
S. 109, an einem Grundübel kranken: dafs sie den Lautbestand der
volleren, also as. Form zu wenig berücksichtigen und sich infolge-
dessen nicht darauf beschränken, tatsächlich für das As. in Betracht
kommende Wörter zur Erklärung des Kompositums heranzuziehen.
AVeltuntergang und Feuer, diese beiden haben die Meinungen be-
einflufst und irregeführt. Ich nehme mit Detter ganz entschieden an,
dafs sich müd[t]spelli, müspüli aus munßspelli entwickelt hat, halte
es aber nicht für prophetia, sondern für ein Synonymon von urdUi,
urteili, den verdammenden Spruch des Richters. Es ist die poetische
Wiedergabe des neutestamentlichen /.(jifia, das lateinisch mit Judi-
cium, damnatio, von Luther wechselweise mit Urteil und Gericht
übersetzt ist. Müspüli ist als Variation des Ausdruckes zu stüatago
gestellt und dient zur Bezeichnung der Vollstreckung des Urteils,
des Strafgerichtes vermittelst furchtbarer Naturgewalten. Genau wie
y.oif.ia tritt es für das Ereignis ein, wodurch es offenbar wird, näm-
lich das Verderben am Ende der Welt. Man vgl. Apok. 17, 1:
^cii<D aot to KQifxa; Luther: ich will dir zeigen das Urteil; Weiz-
säcker: ich zeige dir das Gericht. Hier ist auf xyi/na, Urteil, Gericht,
als auf etwas Sichtbares hingewiesen; worin es bestehe, erhellen die
Verse Apok. 18, 8. 10. 17—19 und viele andere. 2. Petri 2, 3 lesen
wir: oig to xqT/liu ixnaXat ovx uyytT, zai r\ anaXeia uvkov ov
vvgtu^u. Luther übersetzt: von welchen das Urteil von alters her
Archiv f. n. Sprachen. CX. 1
2 Milspilli.
nicht säumig ist, und ihre Verdammnis schläft nicht; Weizsäcker:
ihr Gericht aber ruht von alters her nicht, und ihr Verderben schlum-
mert nicht. Urteil, Gericht, Verdammnis und Verderben sind hier
also gleichwertig. Beidemal gibt Weizsäcker, dem neueren Sprach-
gebrauche folgend, y.QTjia, das Luthersche Urteil, durch Gericht wieder;
denn Urteil im Sinne von 'Strafgericht, Verderben' mutet uns jetzt
fremdartig an, während Gericht als strafende Tat und deren Er-
gebnis uns ganz geläufig ist. Nennt doch Lessing sogar die Wunde,
mit der Philoktet sein elendes Dasein hinschleppte, ein göttliches
Strafgericht (Laokoon IV). Auf den Vorgang, wie der richterliche
Spruch mit seiner Wirkung identifiziert wird, weist eine Bemerkung
des jungen Gefangenen im 7. Auftritt von Lessings Philotas: 'Die
Götter aber, du weifst es, König, sprechen ihr Urteil durch das
Schwert des Tapfersten. Lafs uns den blutigen Spruch aushören.'
— Die Verquickung der Begriffe: 'Urteil, Jgst. Gericht, Verdammnis,
Verderben,' welche ich für müd\t\spelli, mvspilli annehme, hat be-
kanntlich auch, ohne in dem Falle die Bedeutung des Wortes zu er-
schöpfen, in ae. dorn, ne. doom stattgefunden.
Die beiden Stellen im Heliand, in denen müd[t]spelli erwähnt
ist, lauten nach der Ausgabe von Sievers, Germ. Handbibl. IV,
Monacensis 2591/92, anttat mudspelles megin obar man ferid, endi
thesaro uueroldes.
4358/59. Mutspelli cumit — an thiustrea naht. Von 2589/95
ist der kurzgefafste Sinn, dafs Böse und Gute gemeinschaftlich dem
Gericht, dem Ende der Welt, entgegenreifen sollen. Müdspelli ist
mit megin verbunden, darunter haben wir die Kraft Gottes zu ver-
stehen, die sich in dem Strafgericht durch furchtbare Naturgewalten
kundgeben wird. Dies lehren uns Parallelstellen, so 4353/54 duom-
dag, drohtines craft, thiu mikilo meginstrengiu. 4358 ff. heilst es,
dafs mutspelli kommen wird wie der Dieb in der Nacht, so plötzlich,
wie einst die Sündflut kam, und wie das Feuer auf Sodom herabfiel :
4374 / 76 : so farungo uuard that fiur kumen : so nuard er the flod so samo.
so uuirdid the laxto dag. For thiu scal allaro liudio gehuilie
tfienkean fora themu thinge.
Thing ist Variation des Ausdrucks zu the laxto dag; dieser anderer-
seits variiert in V. 4361 das mutspelli von V. 4358, und wir er-
kennen in ihm den stüatago des ahd. Gedichtes, f^itQav XQiotMq tcal
uncoXtiag (2. Petri 3, 7), den Tag des Zorns in Rom. 2, 5, der als
Müspilli.
die Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes erläutert wird. So
ergibt sich, dafs mütspelli und thing synonym gebraucht sind; xgioig
xai äniüXeia ist die Drohung, welche auch .sie, sowie das müdspelli
aus V. 2591, enthalten. Man hat gemeint, weil auf das müd[t]spelli
des Heliand 'Weltbrand, Vernichtung der Welt durch Feuer' nicht
recht passe, das Wort müsse gerade hier, wo es in der volleren Form
erhalten ist, in seiner ursprünglichen Bedeutung verblafst sein, und
zwar hat man dies unserem Müspilli und der nordischen Mythologie
zuliebe angenommen. Ersteres berechtigt nicht im mindesten dazu,
denn müspille (V. 57) variiert, wie gesagt, stüatago (55) und steht
in demselben Verhältnis wie -dieses zu vuiru (56), nämlich dafs es
durch das Feuer in Erscheinung tritt (vgl. Luc. 17, 29. 30; 2. Petri
3, 10). Was die nordische Mythologie betrifft, so ist bei der nicht
abzuleugnenden Durchsetzung heidnischer Vorstellungen mit christ-
lichen kein Grund vorhanden, Müspell zu dem alten Bestände zu
zählen. Das Wort hat vielmehr sicherlich unter dem Einflüsse des
Christentums in der Bedeutung 'Gericht, Verdammnis, Verderben am
Ende der Welt' festen Fufs in der Poesie des Nordens gefafst.
Möglicherweise auch hat es sich geradezu zur kenning für das ver-
derbenbringende Feuer weiter entwickelt (vgl. Kauffmann, Zs. f. d.
Phil. 33, S. 6); doch ist diese Annahme durchaus nicht nötig. Un-
zweifelhaft richtig aber ist es, dafs die Müspellz lytiir als Feuer-
flammen aufzufassen sind. Auch das ungeheure Heer der apoka-
lyptischen gepanzerten Reiter, das Verderben über die Erde bringen
soll (Apok. 9, 14 — 18), müssen wir als Verkörperung von Feuer-
flammen ansehen (vgl. Hebräer 1, 7; Joel 2, 2 — 5; Ps. 104, 4). Diese
gewaltigen Reiterscharen haben unverkennbare Ähnlichkeit mit den
Müspellz lydir. Sie kommen über das Wasser, denn sie werden von
den Engeln, die am Euphrat gebunden waren, herbeigeführt; ihre
Kennzeichen sind Feuer, Rauch und Schwefel; ihre Zahl ist viel
tausend mal tausend. Weissagungen kriegerischen Inhaltes, wie die
soeben erwähnte, mufsten den kampfesfrohen Germanen besonders
zusagen und jüdisch-christlichen Ideen das Eindringen in den Kreis
heidnischer Mythen wesentlich erleichtern.
Nach unserem ahd. Gedicht fährt, sowie das Blut des Elias zur
Erde trieft, der stüatago, das •müspilli ins Land, um mit Feuer die
Menschen heimzusuchen. Das Wort müspilli steht in engster Be-
ziehung zu Ludwig dem Deutschen, für den meines Erachtens das
1*
4 Müspilli.
Gedicht als poetische Bufspredigt bestimmt war. Um diese Auf-
fassung zu begründen, mufs ich auf den bekannten Bruderkrieg nach
Ludwigs des Frommen Tode eingehen. Lothars Ansprüche zwangen
Ludwig und Karl zu einem Schutz- und Trutzbündnisse. Sie dräng-
ten Lothar zurück, und dieser, unterstützt von der Pipinschen Partei,
liefs es zum Kampfe kommen. Ein Gottesurteil sollte die Schlacht
bei Fontanetum (841) sein; sie entschied zu Gunsten der beiden ver-
bündeten Brüder: denne half mäk andremo. Das Würgen und
Morden aber war ein so entsetzliches, dafs die Sieger drei Tage
fasteten und beteten, um Gottes Zorn zu besänftigen. Schwere
Schuld lag auf den hadernden Blutsverwandten. Ihre Zwistigkeiten
hatten Greuel im Lande heraufbeschworen, welche das xqTjliu, das
müspilli herauszufordern schienen: Treulosigkeit und Meineid, Raub
und Mord schrien zum Himmel. Nun war durch die unselige Schlacht
das Mafs der Sünden gerüttelt voll, und wenn auch die Bischöfe der
siegreichen Fürsten geflissentlich betonten, dafs es sich um ein
Gottesurteil gehandelt habe, so wird diese 'Entschuldigung' schwer-
lich bei allen den gewünschten Eindruck erzielt haben. Denn im
neunten Jahrhundert machte sich eine starke kirchliche Opposition
gegen die Gottesurteile geltend. Hatte doch unter Ludwig dem
Frommen der Erzbischof Agobard von Lion (f 840) in zwei Schrif-
ten: 1) Adver sus legem Gundobadi et impia certamina quae per eam
geruntur, 2) De divinis sententiis — sich gegen die Gottesurteile ge-
wendet und sie als unchristlich und widersinnig nachgewiesen, da
Gott erst am Jüngsten Tage richte (Ebert, Allgem. Gesch. d. Lit. d.
M. A. im Abendlande Bd. 2, S. 213. Grimm, R. A. S. 909). Nach
der Schlacht von Fontanetum mag daher das angebliche Gottesurteil
von verschiedenen Gesichtspunkten aus, das vom Himmel zu er-
wartende aber in gemeinschaftlicher Besorgnis häufig erörtert worden
sein und dem Verfasser des Müspilli es nahe gelegen haben, zu einer
Zeit, da die Wunden noch frisch waren, welche der Bruderzwist dem
Lande geschlagen hatte, König Ludwig zu schrecken mit dem Offen-
barwerden des gerechten Gerichtes Gottes an dem Tage des Zorns
(Rom. 2, 5), vor dem keine irdische Macht zu helfen im stände ist,
'Denkest du aber, o Mensch, dafs du dem Urteil Gottes entrinnen
werdest?' (Rom. 2,3.) dar ni mac denne mäk andremo helfan vora
demo müspille (V. 57). (Wahrscheinlich nimmt die Stelle auch Bezug
auf Matth. 24, 40. 41; Luc. 17, 34—36.)
Mtispilli. 5
II.
Die Grundbedeutung des Tätigkeitswortes got. spillön, ahd.
spellon, mhd. spellen, ags. spellian, an. spjalla kann nichts anderes
gewesen sein als langsam, auseinandersetzend sprechen und zwar
loqui, sowie colloqui. (Vgl. die bekannten Wörterbücher der ger-
manischen Dialekte.) Hinweise hierauf und mannigfache Belege
finden sich in Schröders gehaltvoller Abhandlung über das spei, Zs.
f. d. A. 37, S. 241 ff., welche sich eingehend mit dem interessanten,
tief im germanischen Volksleben wurzelnden Worte beschäftigt; be-
sonders kommen für die Auffassung des genannten Zeitwortes Seite
245, 246, 250, 258 und 263 in Betracht. Schröder erwähnt auch
(S. 245), dafs im Französischen espeler in der älteren Zeit für expliquer
gebraucht wird. (Vgl. Körting, Lat. -Rom. Wb. S. 8111: altnfrk.
spellon, erklären, deuten.) Die Bedeutungsschattierungen des Substan-
tivs spei laufen denen des zugehörigen Tätigkeitswortes parallel; die
Grundbedeutung zerfällt für das Nhd. in die drei Bezeichnungen:
Sprache, Spruch, Gespräch.
Wo wird man denn langsam und auseinandersetzend, demnach
scharf betont und feierlich geredet haben? Naturgemäfs bei den
sakralen Vorgängen, zu denen in den ältesten Zeiten nach dem
Zeugnis des Tacitus auch das Gericht gehörte. (Germania 7. 11.
Grimm, R. A. 243. 751. MüllenhofF, Deutsche Altertumskunde IV,
Kap. 11, S. 238 ff.) Wir wissen, welche wichtige Rolle dasselbe in
dem Leben unserer Vorfahren spielte, deren Denken es geradezu
beherrschte. Die Gabe weiser Rede wurde hochgeschätzt. Zahlreiche
Beispiele dafür, in denen spräka und spei durchaus synonym ge-
braucht sind, bietet der Heliand (V. 572. 1376. 2466. 2650. 2672 u.a.).
Wie nun spräka das Reden in der Versammlung der freien Männer,
welcher beratende und richtende Gewalt eigen war, bezeichnen konnte,
so mufs es auch mit spei der Fall gewesen sein. Unzweifelhaft er-
gibt sich dies aus V. 2672/74: ... niuuas im is uuordo niud, spaharo
spello, ac sie bigunnun sprelcan undar im, huo sie ina so craftagne
fan enumu clibe uurpin. Die Zeilen gehören in den Bericht, dafs die
Juden — that folc, rincos — eine Versammlung abhielten, um zu
beraten, wie sie Jesum töteten (V. 2667/76).
Das Gericht der alten Germanen fand unter der gröfsten Feier-
lichkeit statt; dem entspricht das strenge Formelwesen unserer alten
Rechtssprache. Die uns überlieferten Urteils- und sonstigen Rechts-
6 Müspilli.
sprüche zeigen, auch wenn sie in Prosa verfafst sind, eine gehobene,
feierliche Ausdrucksweise (Grimm, R. A. 31 ff. Koegel, Lit. Gesch. I,
1, 242 ff.). Es ist naheliegend, zu vermuten, dafs man das Wort
spei darauf angewendet habe zu einer Zeit, als es noch nicht dem
Geschick anheimgefallen war, in den Hintergrund gedrängt oder in
seiner eigentlichen Bedeutung verkannt zu werden. — - Einige der
Spuren des Vorhandenseins von spei und spellen auf dem Boden der
Rechtspflege habe ich zusammengestellt.
Ulfilas, Rom. 11, 33: loaiwa uniisspilloda sind stauos is = (<)c
avz&QtvvrjTa tu. koi/uutu uvtov. Die treffliche gotische Übersetzung
des griechischen Textes führt uns mitten hinein ins germanische
Gerichtsverfahren. Der Sinn ist: Gottes Urteile können, da sie
Kundgebungen der höchsten Weisheit sind, nicht, wie die der Men-
schen, durch Reden, durch Frage und Antwort ausfindig gemacht
werden. Uhusspittoda ist als Fachausdruck in Beziehung zu stauos
gebraucht, wie in dem ahd. Gedicht stuatago durch müspilli variiert«
wird. Das zu Grunde liegende spillön ist mehr als colloqui aufzu-
fassen, weshalb das nhd. 'unaussprechlich' in dem Falle die Be-
deutung von unusspilloßs nur streift; 'unerforschlich' steht ihr am
nächsten (Zs. f. d. A. 37, S. 253).
Ags. spelbodan-oralores (Bosworth, an Anglo-Saxon Dict. S. 901);
spelboda-cansidicas, legator, disertus, facundus (Wright-Wülcker I,
202 2S). Im Anschlüsse an spelboda-orator kommt Schröder in seiner
Abhandlung meiner Ansicht, dafs spei ein Ausdruck des Gerichts-
lebens gewesen sei, entgegen, indem er afr. äsega, ahd. esago = juri-
dicus in Parallele zieht (Z. f. d. A. 37, S. 250).
An. eidspjall, Eidspruch. Grägäs 30. 31. pingskapa-pättr S. 54.
55 (her. v. Vilhjalmur Finsen).
Im Nhd. ist das spei unserer ehemaligen Rechtssprache, das
auch in der Form spil auftritt, in 'Kirchspiel' lebendig geblieben,
aber seine alte, vom kulturhistorischen Standpunkte so interessante
Bedeutung ist dem Sprachbewufstsein entschwunden (Diefenbach,
vgl. Wb. d. got. Spr. 2 § 141; Paul, Grundrifs d. germ. Phil. II 2,
S. 109). Richthofen gibt in seinem altfries. Wb. S. 1041 aufser
kerkspel, Kirchensprengel, auch ethspil (edspil), Amtssprengel, und
mnd. dingspei (dinxspel), Gerichtssprengel, an und führt die Ausdrücke
ganz richtig auf spei, Sprache, zurück, nur läfst er die Zwischenstufe
aufser acht Spei, spil bezeichnet, von colloquium ausgehend, eine
Müspilli. 7
Versammlung, deren Funktionen im weiteren oder engeren Sinne
unter den Gesichtspunkt der Rechtspflege fallen; ferner sämtliche
Menschen, bezw. Orte, welche durch diese Versammlung rechtlich
vertreten werden, wie das nhd. Gericht auch soviel wie Gerichtsbezirk
heifst. Spei, Sprache, ohne Vermittlung des colloquium konnte sich
nicht zu kollektiver Bedeutung entwickeln.
Wahrscheinlich dürfen wir auch 'vor Gericht verspielen, einen
Prozefs verspielen' von spellen ableiten.
Was das Bestimmungswort munp in munpspelli betrifft, so ist
die Tatsache, dafs es der alten Rechtssprache geläufig war, eine so
wohlbekannte, dafs ich nicht darauf einzugehen brauche. Das Urteil
wurde mit Mund und Hand gefällt; daher ist müd[i\spelli, müspilli
als der Mundspruch, der Urteilsspruch des Richters zu erklären. Die
Zusammensetzung von Mund mit einem Worte, das Rede bedeutet,
kommt nicht selten vor, wie Detter durch eine ganze Reihe von Bei-
spielen nachweist (Beitr. z. Gesch. d. d. Spr. u. Lit. 21, S. 110).
Lautliche Schwierigkeiten liegen für die Erklärung des as.
»ind[t]spelli nicht vor. Von dem ahd. müspilli, sowie dem an. Müspell
glaube ich mit Bestimmtheit, dafs sie auf einem niederdeutschen, zu-
fällig nicht belegten müspelli beruhen. Dieses kann sich aus dem
im Heliand bezeugten müd[t\spelli gebildet haben, indem der Ver-
schlufslaut am Ende des ersten Kompositionsgliedes infolge von
Assimilation schwand, womit selbstverständlich nicht gesagt ist, dafs
die Form müspelli nicht schon zur Zeit der Entstehung des Heliand
vorhanden gewesen sei. Fälle, in denen ein dentaler Verschlufslaut
fortfiel, sind im As., besonders vor s -j- Konsonant, nichts Unge-
wöhnliches zu nennen (Holthausen, Altsächs. Elementarbuch, § 239,
249). Spelli verhält sich zu spei wie beddi zu bed, netti zu net.
Das Verschwinden des Kompositums, sowie sein gänzliches
Fehlen in den Rechtsquellen kann nicht zu Bedenken veranlassen,
wenn man in Erwägung zieht, wie spei überhaupt allmählich ins
Dunkel tauchte. Nähere Erörterungen hierüber behalte ich mir für
eine spätere Gelegenheit vor. Vermutlich war der Ausdruck zu der
Zeit, aus der unsere beiden Denkmäler ihn übermitteln, bereits auf
die Poesie beschränkt und ist nur auf diesem Gebiete nach dem
Norden gedrungen.
Breslau. Selma Dorff.
Literarische Umbildung
des Märchens vom Fischer nnd siner Fru.
Dem vom Maler Otto Runge geschriebenen Fischermärchen,
in dem die Frau durch ihre frevelhaften Wünsche, immer höher
und höher emporzusteigen, sich und ihren Mann ins Elend treibt,
ist, seitdem es 1812 gleichzeitig zweimal, in der Sammlung von
Büsching und in der der Gebrüder Grimm hervortrat, eine all-
gemeinere Beachtung als irgend einem anderen Märchen zu teil
geworden. Schwindelnder Aufstieg und jäher Fall waren in da-
maligen Lebensschicksalen etwas Gewöhnliches. Die Stöfse, die
seit den Tagen der Revolution an dem alteuropäischen Dasein
der Staaten rüttelten, hatten die bisherigen Lebenswege ver-
schüttet, aber neue nicht zu schaffen vermocht. Auf ungebete-
nem Pfade drang man vor; Kraft und Glück entschieden, wie
weit der einzelne vorwärts kam; wo Kraft und Glück versagte,
war Sturz und Ende da. Dem Sinn des alten Fischermärchens
konnte daher, bewufst oder unbewufst, mit leichter literarischer
Nachhilfe eine auf den Geist der Zeit gerichtete Wendung ge-
geben werden. Ja, in dieser Gesinnung schrieb gewils schon der
romantische Maler-Dichter seine Erzählung vom Fischer und siner
Fru. Das ist früh empfunden worden. Georg Andreas Reimer',
der sie in der Handschrift gelesen hatte, bemerkte schon 1808
(Zimmer S. 277): 'Das erste und bei weitem vortrefflichere der
beiden Märchen dürfte eine güldene Anwendung finden auf die
Ereignisse der Zeit, und denen eine tüchtige Beruhigung ge-
währen, die nicht Muth und Kraft genug haben, es sich zu ge-
stehen, dafs alle menschlichen Bemühungen, in wiefern nicht ihr
letztes Ziel in Gott gesteckt ist, nichtig sind und in um so tiefere
Abgründe des Verderbens führen, um so herrlicher sie zuerst in
irdischem Glänze strahlen/ Das Märchen duldete daher auch, als
Literarische Umbildung des Märchens rom Fischer und siner Fru. 0
Runge schon nicht mehr lebte, Anwendung auf den einen, gröfsten
Mann des Schicksals: auf Napoleon. Als Jacob Grimm 1814 in
Frankreich war und aus seinen persönlichen Wahrnehmungen die
Hoffnung geschöpft hatte, dafs zu unserer Rettung durch Napoleons
starren Übermut alle diplomatische Sorgfalt zu Schanden werden
würde, da antwortete darauf sein Freund und Lehrer Savigny aus
Berlin, 29. April 1814, wie zur inneren Bestätigung dem anderen
Bruder Wilhelm in Kassel: 'Wissen Sie in der ganzen Geschichte
eine grofse Begebenheit, die in ihrem Gang und ihrer Entwick-
lung so einfach, anschaulich und vollständig wäre wie die, welche
uns zu erleben vergönnt war? Besonders merkwürdig ist, wie
alles durch eine unaufhaltsame, innere Bestimmung zu diesem
Ziel getrieben wurde, nicht durch festen Entschlufs derer, die es
bewirken konnten, was besonders in dem Kongrefs zu Chatillon
recht klar wird. Hier hat jemand den Fischer und sine
Fru aus Ihrem Buch besonders drucken lassen, was
als Biographie Bonapartes stark gekauft und gelesen
wird.' Gewifs die höchste allgemeine Ausdeutung, deren dies
Märchen Runges fähig war.
Literarisch steht die Erzählung vom Fischer immer neben
dem Märchen vom Machandelboom. Beide wurden zu gleicher
Zeit, 1806, von Runge niedergeschrieben. 1808 erfolgte durch
Arnim der Druck des Machandel booms in der Einsiedlerzeituug,
1812 dann erst der doppelte Druck des Fischers: in dem Archiv
für das Studium der neueren Sprachen (CVII, 277) habe ich
dargetan, dafs der Text der Märchen bei Grimms durch ihres
Verlegers Georg Reimer Schuld und unberechtigte Einmischung
verdorben ist, dagegen Arnim für den Machandelboom und
Büsching für den Fischer den der Urschrift am nächsten stehen-
den Text uns bieten. Bestätigung erbringt noch ein Aufsatz
Jacob Grimms in den Altdeutschen Wäldern.
Wo dieser nämlich im 'Kommentar zu einer Stelle in Eschen-
bachs ParcifaP, mit dem die Altdeutschen Wälder beginnen, von
der Farbenreihe schwarz, weifs, rot handelt und die Märchen
durchgeht, in denen Eltern sich ein Kind wünschen so weifs wie
Schnee, so rot wie Blut, so schwarz wie ein Rabe — da führt
er auch (S. 11) eine Stelle aus dem Eingang des 'Märchens vom
Wacholderbaum' an und schreibt sie in folgender Weise hin:
10 Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru.
Vor eerem huse was een hoff, darup stund en Machandelboom,
finnei den stün de frou eens in'n winter un schalt sik eenen appel, un
as se sik den appel so schalt, so snet se sik in'n finger un dat bloot feel
in den snee — ach, sed de frou, un süft so recht hoch up un sach dat
bloot för sik an un was so recht wehmödig, had ih doch een Kind so
rot as bloot un so witt als snee!
Diese Schreibung Jacob Grimms entspricht nun aber (bis
auf Druckversehen wie fen' und 'ih') genau dem Abdruck Arnims
in der Einsiedlerzeitung. Nur hat Grimm, mit Ausnahme von
'Machandelboom' und 'Kind', überall wieder die kleinen Anfangs-
buchstaben bei Substantiven hergestellt. Jedenfalls ist Grimms
Schreibung in den Altdeutschen Wäldern durchaus verschieden
von der in ihrem ersten Märchenbande. Nun aber findet sich
die ganze Ausführung und Beispielreihe der Altdeutschen Wälder
auch im Anhang der ersten Märchenausgabe zum Schneewittchen
(1812. Nr. 53, S. XXXII) wieder, nur dafs hier die Stelle aus
dem Machandelboom, dessen Text ja der erste Märchenbaud ganz
enthielt, nicht wörtlich ausgeschrieben ist. Der Parcifalaufsatz
entstand ungefähr zu gleicher Zeit mit Text und Anhang zu den
Märchen. Die Märchen kamen nur ein wenig früher heraus als
die Altdeutschen Wälder. In jene aber war ein fremder Ein-
griff geschehen, in diese nicht. Jene enthalten den verschlech-
terten Text, diese den der Arnimschen Wiedergabe genau ent-
sprechenden. Wir sehen also auch hier an einem greifbaren
Beispiel das schon erkannte Verhältnis bestätigt: Grimms haben
von Hause aus den Arnimschen Text des Machandelbooms in
Druck gegeben, und ebenso ist es natürlich auch mit dem Fischer-
märchen geschehen; alle lautlichen und orthographischen Ab-
weichungen hat Reimer bewirkt.
Ihrem poetischen Werte nach sind die beiden Rungeschen
Märchen immer mit dem gröfsten Lobe genannt worden. Als
um Neujahr 1811 Jacob Grimm für Brentano den Plan zu einem
Altdeutschen Sammler entwarf (worüber ich in der Zeitschrift
des Vereins für Volkskunde in Berlin, 1902 S. 129, berichtet
habe), war die Absicht, den Rungeschen Machandelboom, nach
dem Druck des Einsiedlers, als ein Muster, wie man Volkserzäh-
lungen niederschreiben müsse, den zu versendenden Aufforde-
rungen beizufügen. Dies war eine Nachwirkung der begeisterten
Stimmung, mit der man die erste Veröffentlichung aufgenommen
Literarische Umbildung des Märchens vom .Fischer und siner Fru. 1 1
hatte. Arnims Blut wurde am ersteu wieder kühl. Er glaubte
nicht an die sog. Treue der volksmäfsigen Überlieferung, woran
Jacob Grimm zähe festhielt. Arnim betonte immer und immer
das Recht der frei schaffenden Phantasie jedes einzelnen. Da
traf es sich, dafs er 1812 in Berlin den Greifswalder Professor
Schildener, einen Freund des damals schon verstorbenen Runge,
kennen lernte — er ist uns auch aus Runges Hinterlassenen
Schriften bekannt — , und nun schrieb Arnim an Jacob Grimm
(22. Oktober 1812): 'Ein Hauptspafs ist aber wieder, dafs mir
Schildener erzählte, Runge hätte die Geschichte vom Fischer
und siner Fru einigen Schiffern erzählt, die hätten sie aber alle
anders wissen wollen — wie aber, das war ihm entfallen —
kurz, sie waren so unzufrieden mit ihm, wie Ihr mit Clemens
(und seiner freieren Märchenbearbeitung). Schade, dafs nicht
der Grofsvater dieses Schiffers dabei war; der hätte den Schiffer
geprügelt, weil er ihm die gute alte Geschichte so verdrehe/ Es
ist klar, was auf diese scherzhafte Weise ausgedrückt werden
sollte. Wir wissen ja auch von Tieck und Steffens, dafs Runge
die Fischergeschichte noch auf andere Weise zu erzählen pflegte,
als er sie niedergeschrieben hatte. Ja, Grimms selber bringen
im Anhang schon ihrer ersten Märchenausgabe abweichende Re-
zensionen bei. Jacob Grimm, von den Gegengründen nicht über-
zeugt, half sich der unleugbaren Tatsache dieser Verschieden-
heiten gegenüber mit dem vergleichenden Bilde von der Haupt-
sprache und ihrer Verzweigung in die Mundarten.
Sehr merkwürdig auch, wie Arnim 1812 die beiden Märchen
beurteilte und ihrem ästhetischen Werte nach auseinander hielt.
Runge selber schon war sich der Ungleichartigkeit des Tones
beider Märchen bewufst gewesen: 'das ersteh bemerkt er 1806,
'ist eigentlich erhaben pathetisch und wird durch die Kümmerlich-
keit und Gleichgültigkeit des Fischers sehr gehoben, das andre
ist im Grunde mehr wehmütig als traurig, es geht oft ins Fröh-
liche über/ 'Die Fabel vom Fischer/ schrieb nun Arnim 1812
an Grimms, 'schien mir damals, als ich den Machandelboom ab-
drucken liefs, kein eigentliches Kindermärchen, und darum nahm
ich es nicht auf, weil ich in dem Kreise der bald zu schliefsenden
Zeitung nur recht charakteristische Sagen wünschte. Selbst der
Machandel boom war mir wegen einer gewissen darin wohnenden
12 Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru.
Grausamkeit nicht ganz recht, aber die Berührung mit Goethe auf
der einen, mit der nordischen Romanze, die ich damals von Wilhelm
übersetzt erhielt, und mit dem Cid in Hinsicht des Aufrichtens
toter Leiber [auf der anderen Seite] bestimmte den Abdruck/
Das letzte sind Hindeutungen auf Gesichtspunkte, die sich aller-
dings im 30. Einsiedler- Blatte ausgedrückt finden. Im übrigen
aber war dies durchaus gegründete und eigentümliche Urteil doch
beeinflufst durch die Ausstellungen, die Arnim an dem ersten
Märchenbande der Brüder Grimm zu machen hatte. Da der
Band nicht blofs Märchen für Kinder zum Lesen, sondern wesent-
lich auch Märchen für Eltern zum Nacherzählen enthalte, tadelte
er, dafs dies Verhältnis auf dem Titel des Buches nicht zu ge-
nügendem Ausdruck komme. Er wies auf einzelne Märchen hin, die
in die Sammlung nicht gehörten. Der Verschiedenartigkeit des
Tones, die in den Märchen herrschte, widersprach er von Anfang
an auf das bestimmteste und traf hierin mit Friedrich Schlegel
zusammen, der sich auf dieselbe Weise äufserte. Arnims Urteil
hat, so fest anscheinend beide Teile in ihrem prinzipiellen Gegen-
satze beharrten, dennoch entscheidend auf die spätere Gestaltung
der Grimmschen Märchen eingewirkt. Seinen Anregungen ent-
sprechend ist einzelnes fortgelassen oder umgeändert, das Ganze
aber allmählich auf einen gleichmäfsigeren Ton stilisiert worden.
Und so bewährte sich Arnims Satz, dafs der bildende, fort-
schaffende Trieb im Menschen gegen alle Vorsätze siegend und
schlechterdings unaustilgbar sei, selbst bis zu einem gewissen
Grade an seinen lieben Gegnern in Kassel, mochte er auch bei
der Durchsicht des zweiten Märchenbandes wünschen (10. 2. 1815),
Wilhelm hätte noch mehr nachgeholfen, denn: 'mancher Märchen-
schlufs wäre mehr befriedigend ausgefallen, ich meine in der Art,
wie Runge mit seinen beiden Märchen verfahren ist/
Man könnte in der Übertreibung sagen: unsere ganze Lite-
ratur von damals ist eine Verarbeitung von Märchenstoffen, die
jeder Dichter auf seine Weise und mit seinem Rechte trieb.
Auch bei Arnim und Brentano ist dies der Fall. Brentano wollte,
wie er 1810 Runge ausdrücklich schrieb, den Machandelboom
und den Fischer in seine Märchenbearbeitung einfügen; die von
Guido Görres schliefslich herausgegebenen Bände enthalten sie
nicht (vgl. auch Cardauns 1895 S. 5), doch hätte Brentano, wenn
Literarische Umbildung des Märchens vom 'Fischer und siner Fru. 13
er dazu gekommen wäre, sie gewifs nicht in Runges Wortlaut,
sondern in der ihm eigentümlichen Umbildung vorgelegt, und am
ehesten hätten die Rheinmärchen Gelegenheit dazu geboten. Arnim
aber förderte damals wieder seine (erst viel später aus dem Nach-
lasse herausgegebene) Päpstin Johanna, ein Werk, in das er auch
die Leiden und Freuden seiner eigenen Kindheit und Schulzeit
eingeflochten hat. Von bösen Mächten hervorgebracht und durch
teuflische Erziehung innerlich vernichtet, besteigt Johanna schliefs-
lich in rasender Verblendung den päpstlichen Stuhl in Rom, stürzt
dann jäh von ihrer Höhe, wird aber durch die allversöhnende
Macht des christlichen Glaubens gerettet. Die Parallele zwischen
der Päpstin Johanna und der Frau des Fischers, die ja auch ihrem
Wunsche gemäfs Papst wurde, aber auch noch der liebe Gott
werden wollte, bietet sich wie von selber dar, und es wäre etwas
Natürliches, wenn in Arnims Dichtung sich erweisen sollte, dafs
beide Erzählungsstoffe miteinander in Berührung gesetzt seien.
Nun waren mir längst Anklänge au das Fischermärchen in
der Päpstin Johanna und eine besondere Art der Erzählung des-
selben aufgefallen. Indessen hätte ich nicht gewagt, sie als Um-
dichtung Arnims hinzustellen, sondern eher sie für die, wenn
auch freie, Wiedergabe einer rheinischen Variante des Fischer-
märchens gehalten. Ein direktes Zeugnis aber belehrt uns eines
anderen. 'Ich habe/ schreibt er selbst an Jacob Grimm, 'es in
meiner Päpstin zweimal versucht, das Fischermärchen von der
Frau, die Papst und Gott wird, ganz wiederzuerzählen, wie
Runge; beidemal war's mir aber unmöglich, der Ton des übrigen
teilte sich dieser Geschichte unwillkürlich in einzelnen Umständen
mit, und so soll es sein, denn jede Zeit und jeder Mensch hat
sein Recht/ Nun ist es leicht für uns, den betreffenden Stellen
in Arnims Dichtung beizukommen.
Von Lucifer ist die kleine Johanna dem Spiegelglanz, einem
der schrecklichsten Philologen Islands, zur Pflege übergeben
worden. Über Paris gelangt dieser mit dem Kinde, das er als
Knaben erzieht, an den Rhein und gesellt es dem jungen Pfalz-
grafen als Spiel- und Lerngefährten. Lucifer versucht vergeb-
lich, in das von seinen Wächtern treu gehütete Rheinschlofs ein-
zudringen. In einen Wasserstar verwandelt, gerät er beim Unter-
tauchen unvorsichtig in das Netz des armen, treuen Fischers
14 Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru.
Thalmann, der sehr verwundert ist, als der Vogel ihn anredet
und ihm die Erfüllung dreier Wünsche für seine Freiheit bietet.
'Der Thalmann war klug' (fährt Arnim fort), 'er fragte nicht erst
seine Frau, sondern sprach zu ihm' — und wir empfinden hier
eine scherzhafte Hinweisung auf Runges Fischer, der gerade erst
durch seine Frau zum Wünschen getrieben wird. Thalmann also
antwortet dem gefangenen Wasserstar:
Du hältst mich für ein Kind
Und meinst, ich würd' geschwind
Mir so ein Ubermafs von Glück erwählen,
Dafs ich in aller Schmach mich müfste quälen.
Nein, Vögelchen, ich mag kein Gott auf Erden,
Kein Kaiser oder Papst hier werden,
Doch einen Vogel, der so reden kann,
Für gutes Geld zu bringen an den Mann,
Das ist ein sicherer Gewinn !
Wir bemerken hier wieder die scherzende Wendung gegen das
Rungesche Märchen. Der Vogel wird nun rasch in das Schlots
des jungen Grafen gebracht und macht den beiden Kindern
vielen Spafs. Der gute Thalmann mufs sich hinsetzen und ihnen
noch recht lange zusehen. Er erzählt, wie er sich von den be-
denklichen Fragen des Vogels nicht habe fangen lassen, 'weil er
die Geschichte wohl gewuist/ Die Kinder fragen neugierig:
welche Geschichte? und 'der Fischer lief's sich nicht lange bitten,
sondern erzählte ihnen in aller der Umständlichkeit, die Er-
wachsenen so unbequem ist/ Wieder eine merkwürdige Kritik
des Märchenvortrages. 'Wir wollen seine Erzählung zusammen-
ziehen/ sagt Arnim, und nun gibt er, in der Tat im halben Um-
fange des Rungeschen Märchens, die folgende Darstellung:
'Ein alter Fischer heiratete ein junges Mädchen, und da er
seines Alters wegen wenig mehr mit seiner Angel fangen konnte,
die Frau aber viel verbrauchte weil sie jung war, so mufsten sie
gar bald ihr Haus verkaufen und wohnten auf einem Kahne
mitten auf dem Rheine, lebten von den Fischen, die der Alte
angelte, und deckten sich Nachts, wenn sie schliefen, mit dem
alten Segel zu. Die junge Frau fror Nachts zuweilen, der Alte
aber schlief fest und merkte doch im Schlafe aus Gewohnheit,
wenn die Angel in seiner Hand von einem Fisch angebissen und
fortgezogen worden; eines Tages zuckte die Angel so stark, dafs
Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru. lo
der Fischer schon meinte, einen grofsen Lachs in den Kahn zu
ziehen, aber er hob mit der Angel zu seiner Verwunderung statt
eines Fisches einen bräunlichen Vogel mit schwarzem Schnabel
in den Kahn, den er ganz erstarrt anredete: "Ei, wie magst du
heifsen?" "Wasserstar !" sagte der Vogel mit Mühe, weil ihm der
Angelhaken in der Kehle safs. "Wasserstar?" sagte der Fischer
verwundert, "wo hast du dein Nest?" — Und der Wasserstar
antwortete: "Fischer, wo hast du dein Haus? mein Nest hat die
Frau verkauft, da mufs ich mich so herumtreiben, hab? aber
allerlei dabei gelernt, und wenn du mir das Leben schenken
willst, so tue ich dir alles zulieb, was du wünschen magst." Der
Fischer sah sich nach seiner Frau um, da diese aber noch ganz
fest schlief, so fiel ihm gar nichts ein, was er wünschen sollte,
und sprach: "Wasserstar, weil es dir so gegangen ist wie mir, so
will ich dir den Haken ganz umsonst aus dem Schnabel ziehn,
möchte doch auch keinen drein haben." Bei den Worten zog er
ihm den Haken aus dem Schnabel und liefs den Vogel fliegen,
ehe der aber untertauchte, sagte er ihm: "Fischer, wenn der Voll-
mond auf den Rhein scheint, da ruf mich, und ich werde dir in
allem freundlich zu Gefallen leben, was dein Mund wünschen
mag." — Als er untergetaucht war, wachte die Frau auf, und er
erzählte ihr, was sich begeben, da wurde die Frau böse, dafs er
sich gar nichts gewünscht habe. "Ja, was sollt ich mir wün-
schen?" fragte der Fischer. "Haus und Hof," sagte die Fischerin
ganz zornig. Da lachte der Alte und wartete, bis der Mond
recht herrlich am Himmel stand und sich im Rhein spiegelte, da
rief er so freundlich, dafs sein altes Gesicht sich in tausend
Falten legte:
Mondschein, Mondschein überm Rhein,
Mondschein, Mondschein in dem Rhein,
Vogel, Vogel überm Rhein,
Vogel, Vogel in dem Rhein,
Dafs mir meine Frau nicht frier',
Schenke doch ein Häuschen ihr.
Da tauchte der Vogel auf, dafs ihm das Wasser von seinem
Schnabel lief und sagte: "Lafs nur dem Kahn seinen Willen, so
kommst du an das Haus gefahren." Da verschwand der Vogel,
und der Fischer tat, wie er gesagt, kam ans Land, und ein Haus
stand da, das war leer, darum gehörte es ihnen, und die Frau
16 Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru.
sagte, dafs sie nun nie wieder frieren würde, denn das Haus
war dicht und schön gezimmert. Um es hier nur kurz zu sagen,
es dauerte nicht bis zum nächsten Mondwechsel, da fror die
Frau schon wieder und wollte ein Schlofs, und der Fischer rief
wieder:
Mondschein, Mondschein überm Rhein,
Mondschein, Mondschein in dem Rhein,
Vogel, Vogel überm Rhein,
Vogel, Vogel in dem Rhein,
Dafs mir meine Frau nicht frier',
Schenke doch ein Schlöfschen ihr.
Das geschah dann wieder, im nächsten Monate fror sie sehr, weil
sie keine Königskrone hatte, im folgenden, weil ihr die Kaiser-
krone fehlte, endlich wollte sie Papst werden, und auch das ge-
schah. Als aber die Frau wieder vorm nächsten Mondschein
den Mann Nachts mit dem Ellenbogen anstiefs, dafs sie friere,
sie müsse aller Welt Gott sein, da wurde dem Fischer recht
bange, er ging ganz kleinlaut an den Rhein und rief:
Mondschein, Mondschein überm Rhein,
Mondschein, Mondschein in dem Rhein,
Vogel, Vogel überm Rhein,
Vogel, Vogel in dem Rhein,
Dafs mir meine Frau nicht frier',
Mach', dafs sie die Welt regier'.
Bei diesem Worte rifs ein Fisch dem armen Fischer die Angel-
schnur ab, er wachte aus seinem Traume auf, seine Frau klap-
perte vor Frost mit den Zähnen, da war weder Haus, Schlofs,
weder Königs-, Kaiser- noch Papstkrone, von der Welt regierten
sie nichts als nur mit Mühe ihren Kahn, aber sie hatten beide
dasselbe geträumt, und weil die Angel gerissen, konnte der Alte
keinen Fisch mehr fangen, weil seine Frau Gott werden wollte,
mufste er in Hunger mit seiner Frau auf dem Rheine sterben
und verderben, ohne Beichte und Absolution/
Arnim trägt also die Erzählung nicht, wie Runge, als (wenn
auch phantastische) Wirklichkeitsgeschichte, sondern als Traum-
geschichte vor. Dadurch dafs er die Frau jung, den Mann alt
sein läfst, wird sehr leicht ihr Verschwenden, begehrendes Wün-
schen und sein mangelndes Widerstehen erklärt. Das durch-
geführte Motiv des Frierens der jungen Frau ist bei der nacht-
Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru. 17
liehen Beschäftigung der Fischer gut. Die Wendung, 'um es
hier nur kurz zu sagen/ fällt freilich ganz aus dem Rahmen der
Erzählung heraus; aber es ist immer zu bedenken, dafs wir es
mit einem unvollendeten und vom Verfasser selbst nicht heraus-
gegebenen Werke zu tun haben.
Sogleich aber setzt Arnim diese Erzählung mit dem Gange
seiner Dichtung in Beziehung. Der böse Spiegelglanz kann es
nicht lassen, wegen der Geschichte, er weifs nicht warum, einen
seltsamen Hafs auf den Erzähler, den armen Thalmann, zu
werfen. Die beiden Kinder fangen immerfort wieder den ihm
fatalen Reim 'Mondschein, Mondschein überm Rhein' zu singen
an, er schlägt im Zorn auf sie, gerät in Streit mit des jungen
Pfalzgrafen treuem Hüter Hatto und verläfst zum Jammer der
Kinder, die voneinander gerissen werden, das Schlofs: 'Johannes
(Johanna) fühlte in dieser sonderbaren Einwirkung des Wasser-
stars auf sein eignes Schicksal das ganze Märchen von dem
Weibe, das Papst und Gott wurde, wie seine Geschichte und
wufste doch nicht, warum, und weinte entsetzlich darüber/ So
hat Arnim die Umbiegung des Rungeschen Märchens dazu be-
nutzt, um die böse Macht Lucifers, der den heiligenden Auf-
enthalt des Kindes in dem Rheinschlosse zerstören wollte, für
die weitere Entwicklung des Kindes wirksam werden zu
lassen.
Aber da sowohl Spiegelglanz wie Johanna nur dunkel und
unbewufst, jedes auf seine Weise, von dem Märchen ergriffen
werden, so läfst sich vermuten, dafs einmal in der Dichtung noch
ein Punkt erscheinen werde, wo es eine neue Bedeutung für
die Handlung erhielte. Dieser Punkt tritt wirklich ein.
Johanna ist Papst geworden. Der Pfalzgraf, der sich, um
Nachstellungen zu entgehen, lange in der Verkleidung eines
Mädchens in Rom aufgehalten hatte, wohnt als Freund des
Papstes im Palaste. Bei ritterlichem Spiel beide am selben Tage
verwundet, werden sie in der folgenden Nacht halb betäubt unter
den schreckenden Wirkungen eines Erdbebens voneinander ge-
trennt. Der Papst sucht sehnsüchtig den Pfalzgrafen. Unbe-
vvulst geht er fort, bis er an dem kleinen Hause der alten
Sabina, in deren Hut der Pfalzgraf gewesen war, stillsteht.
Er sieht durch das offene Fenster in das reinliche Zimmer.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 2
18 Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru.
Sabina spinnt beim Feuer des Herdes; ein Mädchen, das dem
Pfalzgrafen ähnlich sieht, sitzt, ebenso gekleidet, ihr gegenüber;
Sabina erzählt ein Märchen:
Hör', Kind, lafs die Lampe stehn und sei geschickt,
Ich will dir erzählen, wie es einem Fischer geglückt,
Der Fischer war alt und hatte eine junge Frau,
Die war nicht fleifsig und war auch nicht schlau,
So war der arme Fischer um alles gekommen,
Mit Müh' hatt' er ein Hüttchen am Flusse bekommen,
Das Hüttchen war alt wie der Fischer und schwach,
Er flickte umsonst das zerlöcherte Dach,
Immer klagte die Frau, sie liege so kalt,
Wie mufste er erst frieren, da er so alt.
Doch kam ihm kein Unmut, er safs so geduldig
Mit seiner Angel, als war' er nichts schuldig,
Und dürft' doch sich nirgends mehr sehen lassen,
Sonst wollten ihn seine Schuldner erfassen.
So safs er an einem Sonntagmorgen
Und dankte zu Gott, dafs die Leute ihm borgen,
Und zog in Gedanken die Angel heraus,
0 Freude, da zappelt ein Fisch eben zum Schmaus,
Ein Fischchen, als war es von Silber und Gold,
Das hat er aus dem klaren Wasser geholt,
Der Fisch heilst Eeinera, er kennt ihn noch nicht,
Er weifs es nicht, dafs der Fisch auch spricht,
Dafs er die Schiffe im Laufe kann halten
Und im Meere übet Teufelsgewalten,
Aber zu Lande verloren ist,
Denn da regiert unser Herr Jesu Cbrist.
Mit schauderndem Gefühle, schaltet hier Arnim ein, hört Johannes
das Märchen vom Wasserstar in anderer Gestalt. Die Erzäh-
lerin fährt fort:
Der Fisch tut den Fischer nun freundlich bitten:
'Lafs mich leben, ich war nicht gern zerschnitten.'
'Ei,' sagt der Fischer, 'einen Fisch, der kann sprechen,
Möcht' ich nimmermehr zerschneiden und zerstechen,
Und hab' ich auch nichts zu essen im Haus,
Ich scheue mich doch, dich zu essen beim Schmaus.'
Er machte den Fisch von der Angel los
Und warf ihn zurück, ob er gleich schön grofs.
Nun sah der Fisch zum Wasser heraus
Und sprach: 'Bedank' mich, jetzt bitt dir was aus,
Literarische Umbildung des Märchens vom Fischer und siner Fru. 19
Ich geh dir alles, was du haben willst,
Damit du zum Lohne deine Wünsche stillst.'
'Ei,' sagte der Fischer, 'mir fällt jetzt nichts ein,
Die Frau will ich fragen, was ihr Herz mag erfreun.'
Das Weh der Erinnerung greift bei diesen Worten in Johannes'
Seele, und der Keim, durch den er so gewaltsam in seiner
Kinderliebe vom Pfalzgrafen losgerissen worden war:
Mondschein, Mondschein überm Rhein,
Mondschein, Mondschein in dem Rhein,
begleitet als Herzschlag die weitere Erzählung der guten alten
Sabina, wie das Weib Papst und Gott werden will, und sein
ganzes Geschick, das er seit Jahren nicht bedacht hat, über-
fällt mit Grausen den horchenden Johannes. Die schreckliche
Beziehung des Märchens auf sein eigenes Leben wird ihm plötz-
lich klar. Er springt vom Fenster zurück und läuft, ohne um-
zusehen, den Berg hinan, voll Jammer, als habe er alles ver-
loren, als sei alles schon vorbei und ihm bleibe nichts als der
ungeheure Absturz in die Tiefe. Diese Flucht aber wirkt dazu
mit, dafs Johannes und der Pfalzgraf sich endlich wiederfinden,
vom neuen Papste entsühnt und glückselig werden.
So finden sich in der Tat beide Arten der literarischen Ver-
wandlung des Märchens, wovon Arnim zu Jacob Grimm 1812
sprach, noch in der Päpstin Johanna wieder. Die gereimte Be-
arbeitung steht dem Rungeschen Märchen noch sehr nahe, er-
zählt mit umständlichem Behagen und ist, glaub ich, die frühere
Niederschrift Arnims: wie denn überhaupt die Päpstin Johanna
ursprünglich in Versen angelegt war. Für die prosaische Ge-
staltung schickte sich die behagliche Umständlichkeit nicht mehr,
Arnim mufste sich kürzer fassen, er liefs sich, den umgebenden
Scenen zuliebe, freiere Hand. Dawider streitet keineswegs, dal's
Arnim, anscheinend im entgegengesetzten Sinne, selbst das ge-
reimte Märchen vom Fische als 'andere Gestalt' des Märchens
vom Wasserstar bezeichnet. Er konnte sich auch diese Freiheit
gestatten. Und so ist er der erste Herausgeber des einen und
der erste Nutzniefser des anderen Märchens von Otto Runge
geworden.
Friedenau bei Berlin. Reinhold Steig.
Unbekannte Briefe
von
a) Schiller, b) F. H. Jacobi, e) A. W. Schlegel an G. Hufeland.
Die Originale dieser Briefe, die mir freundlichst zur Ver-
öffentlichung übergeben wurden, sind im Besitze der Frau Flo-
rence Starling, geb. Sieveking, London. Ihr Sammler war der
Grofsvater dieser Dame, Eduard Heinrich Sieveking (1790 — 1868),
der Sohn des Hamburger Senators Heinrich Christian Sieveking
(f 1809).
a.
Weimar d. 21stn. Febr. 89.'
Haben Sie Dank liebster Freund für Ihre schöne und feine Be-
urtheilung meiner Nied. Geschichte, für Ihre Güte mir diesen Wunsch
zu erfüllen, und für die Feinheit,2 mit der Sie den großen An-
theil, den Ihre Freundschaft daran hatte, zu verbergen gewußt haben.
Daß Sie Sich die Mühe genommen haben, ein günstiges Licht über
die gute Seite diefes Werks zu verbreiten ist mir jezt ein um so
wesentlicherer Dienst, weil es dem Himmel gefallen hat, mich in
diefe Carriere zu werfen, wo mir ein gewißer Vorschuß von Credit
sehr gut zu statten kommen wird. Dali ich Ihnen noch nicht selbst
geschrieben habe, wie sehr das Vergnügen, das mir meine neue Be-
stimung gewährt, durch die Aufficht vermehrt wird, in näheren Um-
gang mit Ihnen zu leben — ist bloß der Ungewißheit zu zuschrei-
ben, worin ich noch biß jezt über diese Sache gewesen bin, und weil
ich nicht3 voreilig seyn wollte. Sie scheint nunmehr so gut als ent-
schieden und ich werde auf Ostern einer von den Ihrigen seyn.
Wenn meine Wünsche erfüllt werden, liebster Freund, so werden
wir einen fröhlichen Zirkel zusammen ausmachen und uns das bis-
1 Im Original steht fälschlich das Jahr 88, ein Versehen, das Schiller
auch sonst passiert ist, vgl. Brief Nr. 290 der Gesamtausgabe von F. Jonas,
Bd. II, S. 86 und 444. 2 Dieses sowie alle gesperrt gedruckten Worte
sind im Original unterstrichen. 3 Aus nichts korrigiert.
Unbekannte Briefe. 21
chen Leben soviel möglich zu verschönern suchen. Reinhold muß
auch von seiner abstrakten Lebensart etwas nachlaßen, und
der Lebensfreude opfern. Man sagte mir, daß er sich durch seine
verwünschten Anspannungen Zufälle zugezogen habe, die für seine
Gesundheit bedenklich sind. Wahrlich das muß er bleiben laßen —
denn wenn wir uns in die Charite studieren, wer dankt es uns ?
Versichern Sie Reinholds und Schützens meiner Freundschaft
vind Liebe — ich freue mich unter euch Leutchen zu wohnen, und
bilde mir schöne Erwartungen von unserm künftigen Zusammenseyn.
Auf die Recension zurück zu kommen. Ich kenne Ihre strengen
Grundsätze über historische Wahrheit u. Treue — um so mehr muß
ich die seltene Billigkeit bewundern, die Sie zu Beurtheilung meiner
Geschichte einen Gesichtspunkt wählen ließ, wo sie sich gegen diese
strenge Anforderungen am leichtesten halten kann. Wie wenige
hätten dieses gekonnt — und wie viel wenigere hätten es gewollt!
Der Himmel weiß, wie mir die Tante4 in die Feder gekommen ist.
Das einzige entwarf statt unterwarf5 das Sie (Recen. p. 419)
rügten, ist ein Fehler des Abschreibers. Ueber verschiedne andre
Punkte, die Sie berührten, freue ich mich einmal mündlich mit Ihnen
zu fechten.
Ich hoffe, Ihnen in den ersten Wochen des März einen Besuch
zu machen, und einige Arrangements vorläufig zu treffen. Leben
Sie recht wohl liebster Freund und erinnern Sie sich mit Liebe Ihres
Schiller
P. S. Wißen Sie etwa ein erledigtes Logis von einigen Zimmern
in einem guten Hause — so laßen Sie mich Nachricht davon haben.
Man soll Mühe haben, dergleichen zu erhalten, und mir ist gerathen
worden, mich in Zeiten darnach umzusehen. Beim Diaconus Schorch 6
höre ich soll eines leer stehen nebst einem Lesesaal.
b.
Wohlgebohrner Herr
Hochzuverehrender Herr Doctor
Vorigen Sonnabend hatte ich das unerwartete Vergnügen, die
Beurtheilung meines Gespräches über Idealismus u. Realismus, l mit
4 Vgl. Eecens. (Jen. A. L. Z. Montags den IG. Februar 1789): . . . wenn
z. B. S. 131 die Herzoginn Maria von Burgund die Urgrofstante der
Margaretha von Parma genannt wird . . .'. 5 Bezieht sich auf den Satz
'Eine geschmeidige Klugheit entwarf ihm die Dinge (S. 203)', der von H.
als eines der wenigen falschen Bilder angezogen wird. 6 Mit Hilfe des
Schützschen Ehepaares (vgl. Brief vom 10. März) mietet er sich schließlich
bei 'zwei alten Jungfern ein, die sehr dienstfertig, aber auch sehr redselig
sind' (Brief vom 13. Mai).
1 David Hume über den Glauben oder Idealismus und Realismus.
Ein Gespräch. Breslau 1787.
22 Unbekannte Briefe.
einem sehr verbindlichen Schreiben der Expedition der Allg. Lit.
Zeit, zu erhalten; und ich wende mich an Ew. Wohlgeboren, um bey
denenselben die Versicherung meiner großen Erkenntlichkeit nieder-
zulegen.
Die philosophischen Einwürfe meines Recensenten 2 werde ich
nicht außer Acht laßen, und ich hoffe er soll, wenn ich ihrer öffent-
lich gedenke, wenigstens eben so viel Ursache haben zufrieden mit
mir zu seyn, als ich es mit ihm bin.
Ueber die Behauptung habe ich mich gewundert: das Wort
Belief hätte im Englischen den NebenbegrifF nicht, den das deutsche
Glaube durch den theologischen Gebrauch erhalten hätte. Der Re-
censent brauchte nur das erste beste etwas ausführliche englische
Wörterbuch aufzuschlagen, um vom Gegentheil überführt zu werden.
In dem von Johnson selbst aus seinem größern Wörterbuche ge-
machten Auszuge, 3 sind bey dem Worte Belief sechs Bedeutungen
angegeben. 1. Credit given to something which we know not of our-
selves. 2. The theological virtue of faith; firm confi-
dence of the truths of religion. 3. Religion; the body of
tenets held 6. Creed; a form containing the articles of faith.
- Die sechs Bedeutungen hat Herr Adelung in seinem Wörterbuche
übersetzt; die erste aber etwas unrichtig. — In Ainsworth 4 finden
Sie: Belief, fides; The Belief, symbolum Apostolicum. Im
Boyer:5 Belief, foi, creance, ou croyance. The articles of our belief,
les articles de notre foi. Wie würde der Recensent Un-
believer geben, wenn er Faith dabey gebrauchen wollte?
Wichtiger als dieser philologische Irthum ist ein historischer,
der unmittelbar vorher geht, u. vermöge deßen von mir gesagt wird,
ich hätte, als in der vollkomensten Darstellung meines Systems ge-
hörig, auch alle diejenigen Sätze in den Resultaten des seel. Wize-
manns (!)6 anerkannt, die er ausdrücklich als seine eigene, be-
sondre u. verschiedene Meinung vorträgt, nachdem er der mei-
nigen mehrere Gründe, nicht ohne Lebhaftigkeit, entgegen gesetzt
hatte. Aber ich mag es in jeder Beziehung wohl leiden, mit diesem
edlen jungen Manne identifiziert — so wie mit gewißen verwirrten
Köpfen,7 einem Lavater, Herder, Hamann u. König Salomo, mit-
gefangen und mitgehangen zu werden.
2 All. Lit. Ztg., Mittwochs, den 16ten April 1788. 3 A Dictionary
of the English Language . . . Abstracted from the folio edition, by the
author. London 1756; in 8. Auflage 1786. 4 Thesaurus linguae Latinae
1761. 5 Dictionnaire Royal, Francois et Angloi. La Haye 1702. 6 Über
Thomas W. Wizenmann, den Freund Jacobis, vgl. ADB 43,678; gemeint
ist dessen anonym erschienene Schrift 'Die Resultate der Jacobi'schen und
Mendelssohn'scheu Philosophie . . .' (Leipzig 1786). 7 Vgl. Recension :
'Es ist ein verzeihlicher Irrthum, wenn ein braver Mann, den man in
schlechter Gesellschaft findet, verkannt wird. Das ist aber der Fall, wenn
ein Mann von Hn. J. [speculativem Geiste sich zu so verwirrten
Unbekannte Briefe. 23
Hier würde ich mir noch die Freyheit nehmen, auf Veranlaßung
einer Stelle am Anfange und am Schluße8 der Beurteilung meines
David Huine, Ew. Wohlgeboren, als einem der Vorsteher der Allg.
Lit.-Zeit., einige Bemerkungen, weniger in Rücksicht auf mich selbst
u. die gegenwärtige Recension, als auf andre Schriftsteller u. öfter
widerkommende Urtheile, aus demselbigen Gesichtspunkte, den jüngst
Herr Becker über die Unrechtmäfsigkeit des Negernhandels gegen
H. Prof. Meiners 9 nahm, gehorsamst vorzuschlagen, weh nicht eine
ziemlich ernsthafte Unpäßlichkeit mich zum schreiben ganz unfähig
machte.
In Hoffnung dal.) Ew. Wohlgebohren es nicht ungeneigt auf-
nehmen werden, werde ich die Ehre haben denenselben künftige
Woche 2 Exempl. des Alexis, ,0 französisch und deutsch zu über-
schicken, wovon ich das eine Herrn Profeßor Schütz zustellen u. mich
demselben bestens empfehlen zu laßen gehorsamst bitte.
Mit aufrichtiger Verehrung und herzlicher Ergebenheit
Ew. Wohlgebohren
gehorsamster und
Pempelfort bev Düßeldorf d. 30l. April verbundenster Diener
im F. H. Jacobi
Der Buchhändler Fröhlich wiederholte mir gestern mündlich
seinen Wunsch, daß doch das Athenaeum in der Allg. Lit. Zeitung
möchte angezeigt werden. Nun ist ein Jahr seit seiner Erscheinung
verfloffen, da man doch sonst bedeutende Zeitschriften gleich bey
ihrem Anfange anzuzeigen pflegt, welches auch in der That der
schickliche Moment dazu ist. Überhaupt könnte ein Mitarbeiter, wie
ich der ALZ. seit mehr als drey Jahren gewesen bin wohl mehr Er-
wiederung bey ihr finden. Noch nie hat die ALZ., weder mich noch
meinen Bruder auf eine Art anerkannt, wie wir es erwarten konnten ;
dieses Stillschweigen ist bey der weitläuftigen Verbreitung über die
gleichgültigsten Gegenstände so auffallend, daß es denen, welche
die Gesinnungen der Redaktoren gegen uns nicht kennen, absicht-
Köpfen gesellt, als Lavater und einige andre von denen, die er mit Wohl-
gefallen anführt.' 8 Gemeint ist wohl neben der unter Anm. 7 ange-
führten, eine Stelle im Schlufsabsatz gegen jene 'schalen und seichten
Schriftsteller, die mit ihm nichts gemein haben als einige Ausdrücke' . . .
9 Christoph M. Meiners; über die Rechtmäfsigkeit des Negernhandels im
Göttinger histor. Magazin II, S. 398—410; vgl. über ihu ADB 21, 224.
Becker? vielleicht Rudolf Zacharias B., der Herausgeber des Allg. Reichs-
Anzeiger; ADB 2, 228. 10 Alexis oder vou dem goldenen Weltalter,
Riga 1787.
1 Ohne Datum; doch wird der Brief kurz vor dem 30. Oktober 1799
anzusetzen sein, dem Datum des Schlegelschen Abschiedes von der Allg.
Lit. Zeitung (Böcking, Werke XI, 427).
24 Unbekannte Briefe.
lieb, ersebeinen muß. Auf die Art wie der erste Band meines Shak-
speare 2 ist die neue Ausgabe des Eschenburgischen 3 ebenfalls, un-
mittelbar nach der Erscheinung, angepriesen, und zwar so als ob
meine Übersetzung gar nicht vorhanden wäre, so daß jenes dadurch
so gut wie zurückgenommen ist. Ich muß daher erklären, daß ich
nichts mehr für die AL.Z arbeiten werde, bis sie ihre Schulden gegen
mich auf eine befriedigende Art abträgt. Dieß habe ich schriftlich
gesagt, damit Sie es, wenn es Ihnen gut dünkt, Ihrem H. Kollegen
in der Redakzion, mittheilen können, u. weil etwas, das ein bloß
litterarisches Verhältniß betrifft, unsern freundschaftlichen Umgang
nicht stören darf. A w Schlegel.
2 Allg. Lit. Zeitg., Mittwoch 1. Nov. 1797 (2 Stücke). 3 Ebd. Dienstag
5. Jnnius 1798.
London. R. Priebsch.
Chatterton-Literatur.
Bei wenigen modernen Dichtern mufs die Literatur, die dem
Biographen zu Gebote steht, mit so grofser Vorsicht behandelt
werden wie bei Thomas Chatterton. Das Phantasiegewebe, das
sich um das kurze Leben des merkwürdigen Dichterknaben von
Bristol geschlungen hat, ist heute so dicht, dafs die Aufgabe
für den Forscher in erster Linie eine kritische sein mufs. Die
einzelnen Fäden des Gewebes müssen bis zum Anfang: zurück-
verfolgt werden, um zu bestimmen, ob sie an Wahres anknüpfen.
Es gehört gewifs eine starke Selbstverleugnung dazu, sich durch
keine romantische Anekdote von diesem kritischen Wege ab-
lenken zu lassen, um so mehr, da man bald gewahr wird, dafs
die ursprünglichen und zuverlässigen Quellen sehr spärlich flie-
fsen. Doch mufs dieser Versuch, dem bisher noch alle Bio-
graphen aus dem Wege gegangen sind, einmal gemacht werden,
um endlich ein einigermafsen richtiges Bild dieser merkwürdigen
Erscheinung der englischen Literaturgeschichte zu erhalten.
Nur sehr wenige Briefe von Chatterton sind uns aufbewahrt,
von denen mehr als die Hälfte auf die vier Monate seines Lon-
doner Aufenthalts fallen. Sie sind alle psychologisch höchst
interessant, wenn auch die Ausbeute für Lebenstatsachen sehr
gering ist und wir bei deren Beurteilung sehr die Seelenstim-
mung des Schreibers in Betracht ziehen müssen. Den frühesten
und besten Bericht über das Leben des Dichters bietet uns ein
Brief, den die fast vier Jahre ältere Schwester Chattertons,
Mrs. Mary Newton, an Sir Herbert Croft, den Verfasser des
26 Chatterton -Literatur.
Wertherromans 'Love and madness', x im Jahre 1778 schreibt.
Die Daten und Tatsachen, die sie angibt, sind durchaus zuver-
lässig, die Anekdoten aus der gemeinsam verlebten Kinderzeit
sind überzeugend durch die einfache Schlichtheit ihrer Dar-
stellung.
Eine Ergänzung hierzu sollten die Erinnerungen an die Fa-
milie Chatterton von Mrs. Edkins 2 werden. Mrs. Edkins war eine
Schülerin von Chattertons Vater und Freundin seiner viel jüngeren
Frau, der sie in ihrem Witwenstande mit Rat und Tat geholfen
hat. Diese nahen Beziehungen zu den Chattertons veranlafsten
im Anfange des 19. Jahrhunderts, also 30 — 40 Jahre nach dem
Tode des Dichters, einen in Bristol ansässigen Mr. Cumberland,
die mehr als siebzigjährige Frau zu interviewen. Mr. Cumber-
land schrieb ihre Erzählungen, wie die von sechs bis sieben an-
deren Tanten und Gevattern von Chatterton, auf für einen Lon-
doner Kupferstecher R. H. Cromek, der augenscheinlich die Ab-
sicht hatte, ein Leben Chattertons zu schreiben, der aber starb,
ehe er sein Material gestalten konnte. Von ihm kam es dann
später in Dix' Hände, der es als Anhang zu seiner Biographie
druckte. Chatterton war zurzeit der Cumberlaudschen Auf-
zeichnungen schon eine mythische Persönlichkeit in Bristol ge-
worden, eine ganze Reihe von Fabeleien, die über ihn in Umlauf
Avaren, sollte nun die alte Dame als einzige überlebende Zeugin3
des Chattertonschen Hauses mit ihrer Autorität bekräftigen, und
sie tat dies auch gern. Der ganze Bericht macht den Eindruck
des Geschwätzes einer alten Dame: wenig Tatsachen, viel ober-
flächlicher Klatsch und oberflächliche Charakteristik; der einzige
Gewinn ist, dafs uns hier die Atmosphäre des täglichen Lebens,
in der Chatterton erwuchs, entgegenweht. Überall aber, wo
dieser Bericht in Widerspruch mit Tatsachen, die von Mutter
und Schwester ausgesprochen werden, kommt, ist er völlig ab-
zuweisen. Von Augenzeugen haben wir ferner eine Reihe von
Berichten in Briefen von Freunden Chattertons, nach seinem
1 Abgedruckt in öhatterton's Works ed. by Southey and Cottle III,
S. 459.
2 Zuerst abgedruckt von DLx, Life of Chatterton, 1837, appendix.
3 Nach ihrem Berichte macht es den Eindruck, als wenn sie selbst
Hausgenossin der Familie war, doch ist auch dies durchaus nicht sicher.
Chatterton -Literatur. 27
Tode an Beteiligte in dem Gelehrtenstreite über die Verfas
sehaft der Rowley-Gedichte geschrieben. Sie sind alle verdächtig
in ihrer Glaubwürdigkeit, da diese Freunde Chattertou innerlich
nicht nahe standen und er zu keinem offen war. Die meisten
waren zudem noch so jung, als sie mit Chatterton verkehrten,
dafs sie ein wirkliches Urteil über ihn nicht haben konnten.
Alle waren sehr stolz darauf, dafs sie in dem berühmten Ge-
lehrtenstreit eine Rolle spielen durften, und standen sämtlich
unter dem Eindruck, dafs nur eine Gelehrtenmarotte die Echt-
heit der Rowlev-Poems bezweifeln könne. Ihrer Meinung nach
war jedenfalls Chatterton aufser stände, der Verfasser zu sein.
Was wir also zur Charakteristik der Persönlichkeit daraus lernen
können, ist äufserst wenig. Am schlimmsten ist hierin ein ge-
wisser Thistlethwaite, der aufgeblasenste unter ihnen, der mit
wichtigtuender Grofssprecherei einen Brief an den Dechanten von
Exeter, Mr. Milles, ' schreibt. Er sucht darin zu beweisen, dafs
er den Freund von der Schule an übersehen habe und weit eher
selber die umstrittenen Gedichte geschrieben haben könne. Die
Tatsachen, die er mitteilt, widersprechen sich zum Teil selbst,
sein Zeugnis fiele am besten ganz fort.
Mit gleicher Vorsicht sind alle biographischen Skizzen zu
behandeln, die in den zahllosen Rowley - Streitschriften 2 einge-
bettet sind. Abgesehen davon, dafs sie alle mit vorgefafster
Meinung geschrieben sind, stützen sie sich auf diese Bristoler
Berichte. Auch die, welche Chattertons Verfasserschaft anerken-
nen, sind nicht zuverlässig, teilweise aus Ungenauigkeit, wie
Warton,3 obgleich bei ihm eine Reihe wichtiger Bemerkungen sich
finden, teils aus persönlicher Gereiztheit, wie Walpole,4 der gern
1 Zuerst gedruckt iu Milles' Edition of Eowley's poems 1782, dann
Works, 1803, III S. 466 ff. Hier sind auch die anderen Freundesbriefe
abgedruckt.
2 Eine Aufzählung der hauptsächlichsten Schriften im Rowley-Streit
in Dictionary of national biography Bd. X S. 152 f.
3 Warton, History of English poetry, 1778, vol. II sec. VIII S. 139—64
(in der Ausgabe 1871 fortgelassen). Warton, Enquiry into the authentieity
of the poems attributed to Thomas Rowley, 1782.
4 Letter to the edition of the miscellaneous of Th. Chatterton, 1 778 ;
Abgd. Oentlemen's magazine, 1782, S. 189 ff.. 247 ff., 300 ff., 347 ff.
28 Chatterton -Literatur.
den Charakter des Dichters so häfslich wie möglich schildern
möchte.
Von längeren Lebensbeschreibungen ist die erste von Sir
Herbert Croft in seinen Wertherroman Love and madness1 ein-
gefügt. Trotz all der sentimentalen Romantik, in die Croft das
Lebensbild des Dichters hineingestellt hat, sieht es uns doch
mit ziemlicher Wahrhaftigkeit an. Herbert Croft hat sich, aller-
dings, wie es scheint, in etwas ungrofsmütiger Weise, das Material
aus der besten Quelle, bei Mutter und Schwester geholt und
über die letzten Lebensmonate in London die Hausgenossen von
Chatterton, wie auch die Totenzeugen ausgefragt, zu einer Zeit,
da die Erinnerung an den jungen Selbstmörder noch nicht ganz
erloschen war. Herbert Croft, der Chattertons Rowley-Fiktion
völlig durchschaute, hatte den guten Takt, die Romantik der
Wahrheit in diesem Leben zu erkennen; einige Irrtümer sind
auch ihm untergelaufen, doch sind es meist ehrliche Gedächtnis-
fehler. Einiges weniges Ergänzende findet sich in dem Berichte,
den der junge Shakspere-Fälscher Ireland in seinen Confessions2
bringt.
Joseph Cottle, der eine Herausgeber der Werke Chattertons,
hat sich zu verschiedenen Malen 3 mit dem Leben seines Lands-
mannes beschäftigt, doch ist er als Bristoler Kind jedem Stadt-
klatsch nachgelaufen und hat daher sehr viel zur Vermehrung
der Irrtümer beigetragen.
Die erste selbständige Lebensbeschreibung verfafste Gre-
gory.4 Im ganzen noch frei von Irrtümern, doch höchst kahl,
auch zeigt die moralisierende Tendenz der Biographie ihren Hel-
den in ganz falscher Beleuchtung.
Chalmers3 kurzer Lebensabrifs ist nichts weiter als eine
1 Love and madness, 1780, S. 99 ff.
2 Ireland, Confessions, 1802, S. 12 ff.
3 Joseph Cottle, Mähern Hills, poems and essays, 1829, I 4 — 7, II
380 — 432; Early recollections of Coleridge and Southey, 1837, I S. 256 ff.
Price, Memorials of the Camynge family, 1854. Ein Brief Cottles an
Hearne.
* Ursprünglich Kippis Biograph. Brit. IV 578—619, später als Einlei-
tung zu Works, 1803, Bd. I S. I ff.
5 Chalmers English poets, 1810, XV S. 367 ff.
Chatterton-Literatur. 29
Schmähschrift, durch die der Dichter zu einem verkommenen
Monstrum gemacht wird.
Alles aber, was sich bisher als Schlinggewächs um die histo-
rische Gestalt des Dichters geschlungen hatte, war doch ein
leichtes Rankenwerk im Vergleich mit dem dichten Gewirr, mit
dem sie im Jahre 1837 durch die Biographie von John Dix '
eingehüllt wurde. Dix war ein notorischer Fälscher, er nahm alle
bisherigen Irrtümer an und hat dazu eine wahre Anhäufung von
falschen Tatsachen, schiefen Beurteilungen und absichtlichen Fäl-
schungen gebracht. Man sollte bei jeder neuen Tatsache, die
sich nicht weiter als auf ihn zurückführt, aufs äufserste arg-
wöhnisch sein. Im Anhang bringt Dix die schon besprochenen
Aufzeichnungen von Cumberland und die völlig irreführende
Untersuchung von Tyson über ungedruckte Gedichte von Chatter-
ton. Von späteren Fälschungen, die auf Dix zurückgehen, wird
weiter unten die Rede sein. Willcox' ausführliche biographische
Einleitung2 zu Chattertons Gedichten benutzt Dix als Quelle und
hat äufserst geringen Wert als Darstellung.
1869 erschien darauf eine ausführliche Arbeit von Professor
Wilson,3 die den Anspruch macht, die Standard-Biographie des
Dichters zu sein. Der Verfasser ist mit grofser Begeisterung
für seinen Helden an die Arbeit gegangen und sucht als erster
seinem Charakter möglichst gerecht zu werden und möglichst
umfassend dieses Leben und Schaffen nach allen Seiten zu durch-
forschen, so dafs namentlich für die Werke einige neue wertvolle
Untersuchungen hinzugekommen sind. Das ist aber auch alles,
was man zu Gunsten dieses Buches sagen kann; den Quellen
gegenüber ist Wilson ganz unkritisch und fügt zu den alten Irr-
tümern noch neue hinzu.
Von geringem Wert ist die Einleitung zu W. Skeats Aus-
gabe der Gedichte Chattertons4 von Edward Bell, die gar nicht
über Wilson hinausgeht und auch den wildesten Fabeleien noch
eine Möglichkeit zugesteht.
1 John Dix, A Life of Chatterton, 1837.
2 The poetical works of Chatterton, with notiees of his life, 1844.
3 Daniel Wilson, Chatterton, A bioyraphical study, 18G9.
4 The poetical works of Chatterton . . . with a memoir by Edward
Bell, 1891.
30 Chatterton -Literatur.
Von Bristol aus ist dann in neuer Zeit, allerdings mit wenig
Erfolg, etwas kritisches Licht in dieses Dunkel geworfen worden.
Mr. Williarn George, ' ein eifriger Chatterton-Forscher, hat einige
interessante neue Tatsachen ermittelt. Darauf hat Latimer in
seinen Annalen Bristols im 18. Jahrhundert in einem kurzen
Abschnitt über Chatterton die fest beglaubigten Tatsachen des
Lebens zusammengestellt, jedoch ist das nur ein ganz mageres
Gerippe. Der Artikel in dem Lexikon der englischen Biographie2
von Charles Kent ist wohl etwas vorsichtiger wie die meisten
Biographien, doch ist auch er weit entfernt, eine wirklich rei-
nigende Kritik vorzunehmen. Die neueste Biographie ist in
deutscher Sprache erschienen. 3 Diese Arbeit hat das grofse Ver-
dienst, dafs hier zuerst der Versuch einer ästhetischen Würdigung
der Werke des Dichters, besonders der Rowley-Gedichte, gemacht
ist, der bisher sämtliche Biographen aus dem Wege gegangen
sind. Eine Ausnahme machte nur die kleine Schrift von Buxton-
Forman, 4 die in aller Kürze eine ausgezeichnete Charakteristk
Chattertons als Dichter gibt.
Helene Richters Biographie zeigt auch einige Ansätze dazu,
Chatterton in seiner Zeit als Dichter des 18. Jahrhunderts dar-
zustellen, doch liefse sich hier noch viel mehr sagen. Was aber
die kritische Behandlung der biographischen Quellen anbetrifft,
läfst die Verfasserin alles zu wünschen übrig; auch hier wird
die Kritik zu Gunsten der romantischen Ausmalung des Bildes
unterdrückt und das vorhandene Material gläubig als echte Quelle
benutzt. 5
Auch die Werke Chattertons setzen dem Biographen gröfsere
Schwierigkeiten als die anderer Dichter entgegen. Sie zerfallen
1 W. George, New facts of the Chatterton family, 1883.
2 Dictionary of national biography Bd. X 143 ff.
3 Helene Richter, Thomas Chatterton, 1900.
4 Chatterton and his tatest editors, London 1874.
5 In obiger Besprechung sind nur die Hauptwerke augeführt; auf
solche Arbeiten, wie Chatterton, an essay von S. R. Maitland (1857) und
Chatterton, a story of 1770 von Masson (1875), bin ich nicht eingegangen,
da sie Spätblüten des Rowley-Streites sind. Die Dramen über Chatterton
von Heinrich Blau und Alfred de Vigny gehören von vornherein in ein
underes Kapitel, da sie sich selbst als Fiktionen, allerdings sehr ver-
unglückte, geben.
Chatterton-Literatur. 31
in zwei streng geschiedene Klassen: die von Chatterton in mo-
dernem Englisch geschriebenen, grösstenteils von ihm selbst ver-
öffentlichten Gedichte und Abhandlungen und den grofsen Cyklus
seiner Schöpfungen, die er zu seinem Rowley-Roman verflocht,
und von denen er nur ein einziges selbst veröffentlicht hat. Die
letzteren, auf denen allein sein Anspruch ruht, unter die bedeu-
tenden Dichter Englands gerechnet zu werden, scheinen uns in
ziemlich gutem Zustande und, soweit als möglich, vollständig
überliefert zu sein.
Es ist jedenfalls ein glücklicher Umstand, dafs der erste
Herausgeber1 ein guter Philologe war. Tyrwitt hat die Manu-
skripte teils in Chattertons, teils in Calcotts und Barrett s Hand-
schrift von diesen beiden Besitzern erhalten und nach den Hand-
schriften genau nachgedruckt.- Die zweite Ausgabe in einem
Quartprachtband von Milles,3 dem unbeirrbaren Vertreter Row-
leys, ist mit Skeats Worten 'zugleich die sorgfältig fleifsigste und
vom philologischen Standpunkt aus die wertloseste'.
Die erste Gesamtausgabe der Werke Chattertons ist von
Southey und Cottle;4 zu den Rowley-Poems sind hier einige
neue hinzugekommen, sonst sind sie nach Tyrwitt gedruckt.
Die Sammlung der Gedichte in modernem Englisch ist hier zuerst
vorgenommen, leider in völlig willkürlicher Reihenfolge. Apo-
kryph sind hier nur einige Prosastücke. Die Ausgabe von 1844
von Willcox5 bringt zwar eine andere, aber keine bessere Ordnung.6
Die jüngste und nach vielen Richtungen höchst verdienst-
liche Ausgabe ist die von Professor Skeat. " Der Text ist kritisch
und sorgfältig durchgesehen und mit höchst nützlichen Noten
im Anhang erläutert. Der zweite Band enthält die Rowley-Ge-
dichte und eine kleine Auswahl dazu gehöriger Prosastücke. Skeat
1 Poems supposed to have been written at Bristol by Thomas Rowley
and others ed. by Thomas Tyrwitt, 1777.
2 Ein sehr guter Bericht hierüber findet sich bei Skeat II 327 — 346.
3 Poems supposed to have been tvritten at Bristol in the fifteenth Century
by Thomas Rowley by Jeremiah Milles D. D. Dean of Exeter, 1782.
4 The works of Thomas Chatterton, London 1803.
5 The poetical works of Th. Chatterton, 1844.
6 Einen guten Bericht über die Ausgaben gibt Skeat a. a. 0. II, xxxni.
1 Ihe poetical works of Thomas Chatterton, London 1891 (Aldine-edit.j.
32 Chatterton -Literatur.
hat hier die zuerst von Wilson ausgesprochene Forderung^erfüllt,
die Gedichte ins Neuenglische zu übersetzen, ' und hat damit erst
ihre rein poetische Schönheit einen» weiteren Publikum zugäng-
lich gemacht. Ein einleitender Essay gibt uns ein klares Ver-
ständnis für die Quellen der Sprache, die Chatterton sich ge-
schaffen hat, und stellt übersichtlich die zwingenden Gründe, die
seine Verfasserschaft beweisen, zusammen. Der erste Band ent-
hält die modern englischen Gedichte, hier endlich chronologisch
geordnet und mit Erläuterungen ihres ersten Druckes oder son-
stiger Quellen. Leider sind aber in diesen Band, und zwar hier
zum erstenmal in einer Gesamtausgabe, eine Reihe von apo-
kryphen Gedichten aufgenommen, veranlafst durch den falschen
Spürsinn von Tyson oder die direkten Fälschungen von Dix, 2
Hoffentlich werden diese in einer späteren Auflage fortbleiben.
Es soll nun in dem Folgenden der Versuch gemacht werden,
der Entstehung der Legenden bis zu ihrem Ursprung nach-
zugehen und damit zuerst die historische Gestalt des jungen
Dichters freizulegen. Allen Biographen Chattertons ist ein Zug
gemeinsam: der Wunsch, nicht nur möglichst früh etwas von
seinem Leben erzählen zu können, sondern auch die sicheren Er-
eignisse zeitlich immer weiter hinaufzuschieben. Es ist dies erklär-
lich; da das ganze Leben nur 173/4 Jahre gedauert hat, so möchte
man nach der Kindheit hin den Wirkungskreis erweitern und
das Wunderbare dieses psychologischen Phänomens noch wunder-
barer gestalten. Chatterton war nun aber, wenn wir vorurteilslos
die Quellen lesen, kein aufsergewöhnlich frühreifes Kind. Zweier
Dinge erinnert sich die Schwester aus seiner frühesten Jugend :
seines Wunsches, sich hervorzutun, und der Mühe, die ihm das
erste Lernen gemacht hat. Dafs sie sich des ersteren erinnert,
ist wohl erklärlich, da den Frauen in seinen späteren, namentlich
in den letzten Jahren sein unbändiger Stolz, der ein treibendes
Hauptmotiv für seine ganze Lebenslaufbahn geworden ist, manche
bange Stunde gemacht haben wird und sie der Anekdoten aus
seiner frühen Kinderzeit, die Mrs. Newton erzählt, oft genug
1 Leider sind, wie schon Buxton-Forman hervorgehoben, die Verweise
auf die von Chatterton gebrauchten Worte in den Fufsnoten und im An-
hang nicht vollständig.
* Hierüber weiter unten.
Chatterton-Literatur. 33
gedacht haben werden. In diesen weuigen Anekdoten, wie er
als Kind alle seine Spielgefährten zu seinen Dienern machte,
wie er Mutter und Schwester Putz versprochen habe, wenn er
grofs sei, erkennen wir schon genau den Siebzehnjährigen, der
für das erste und einzige überflüssige Geld, das er in London
verdient hatte, den Frauen daheim allerlei glänzenden, aber un-
nützen Kram schickt, den man den Nachbarn zeigen kann als
das Geschenk des Sohnes, der in der Fremde weilt. Ebenso
pafst dazu, dafs seine Lust am Lernen durch die glänzenden
Initialen eines Musikmanuskriptes erweckt wurde, dafs er sich
stets weigerte, aus kleinen Büchern zu lesen; alles dieses zeigt
uns den geistigen Keim, aus dem sich der eigentümliche spätere
Charakter entwickelte. Was dann Mrs. Edkins dazu berichtet,
ist wertlos, so ausführlich und selbstgefällig auch all der kleine
Klatsch ausgeführt ist. Die Charakteristik ist so oberflächlich,
dafs mau sie im einzelnen kaum zu widerlegen braucht. Wenn
sie erzählt, dafs die Mutter oft gefürchtet hätte, er könnte ver-
rückt werden wegen seines seltsamen Benehmens, so erklärt sich
das, dafs Mrs. Edkins nur zu oft später nach seinem Selbstmord
von seiner Verrücktheit hat sprechen hören und dies nun halb
bewufst, halb unbewufst in so frühe Zeit verlegt. Dem entgegen
erklärt die Schwester: 'Ich erinnere mich an nichts Besonderes,
bis er zur Schule ging, was in seinem achten Jahre war/ Dies
Datum stimmt genau: sieben Jahre und acht Monate war der
Knabe, als er in die Armenschule von Bristol, das Colstonhospital,
aufgenommen wurde. Wir müssen im Auge behalten, dafs
Mrs. Newton aufserordentlich genau in ihren Daten, die wir
nachweisen können, ist. So heifst es: er wurde vierzehn am
20. November und Lehrling am 1. Juli darauf. Auch dieses wich-
tige Datum stimmt. Am 1. Juli 1767 — er war vierzehn Jahre
und sieben Monate — lief Chattertons Schulzeit ab, und er
wurde zu einem Notar als Schreiber gebracht. Dazwischen er-
zählt sie, dafs der Bruder mit zehn Jahren sein schmales Taschen-
geld ausgab, um sich Bücher in der Leihbibliothek zu holen —
dies ist gewöhnlich die Zeit, in der Kinder ihre erste Lesewut
mit allem Gedruckten, was sie erlangen können, befriedigen.
Chattertons eigentümliche Geistesanlage, zugleich sein gesammelter
Intellekt und der Wunsch, anderen zu imponieren, wird dadurch
Archiv f. n. Sprachen. CX. 3
34 Chatterto« -Literatur.
charakterisiert, dafs er zwischen elf und zwölf Jahren einen Katalog
von 70 Büchern, die er gelesen hat, aufschrieb. Darauf heilst
es weiter: 'Mit zwölf Jahren wurde er von dem Bischof kon-
firmiert: Er machte sinnvolle ernste Bemerkungen über das Ehr-
würdige der Ceremonie und seine eigenen Empfindungen und Über-
zeugungen. Bald danach, in der Woche, in der er Türschliefser
war, machte er einige Verse über den letzten Tag, ich glaube,
etwa 18 Zeilen; schrieb das neunte Kapitel des Hiob und nicht
viel später einige Kapitel des Jesaiah ab/ Natürlich war bei
den Chatterton - Forschern der Wunsch aufserordentlich grofs,
diese von der Schwester genannten Gedichte zu finden. Ein
Mr. Tyson machte sich daran, das Bristoler Lokalblatt zu diesem
Zwecke durchzustöbern, und siehe da, sein Suchen wurde belohnt.
Felix Farleys Journal war ein typisches Lokalblättchen, in das
die poetischen Gemüter Bristols mit Vorliebe ihre Gaben nieder-
legten. Dort fand Tyson ein kleines Gedicht: On the last Epi-
phany, or Christ Coming to judgment, das 16 Zeilen lang war,
also 'beinahe' die Länge, die Mrs. Newtons Brief forderte. Wir
haben zwar nicht den geringsten Anhalt, dafs Chatterton damals
in Felix Farleys Blatt schrieb, es wäre auch psychologisch völlig
unerklärlich, warum er der Schwester, wenn sie um seine Dichter-
schaft wufste, nichts von der Veröffentlichung des Gedichtes ge-
sagt haben sollte, abgesehen davon, dafs sie das Gedicht, das
sie ja kannte, in dem Blatte hätte lesen müssen, doch könnte
dies noch hingehen. Es mufste aber eine andere Schwierigkeit
überwunden werden. Das Gedicht ist veröffentlicht am 8. Januar
1763, damals war Chatterton erst gerade zehn Jahre alt. Mrs.
Newton aber sagt ausdrücklich, dafs der Anlafs für dieses Ge-
dicht seine Konfirmation gewesen sei; so mufste eben Mrs. Newton
sich geirrt haben und der Bruder spätestens um Weihnachten,
als er eben erst zehn Jahre alt geworden war, konfirmiert
werden! Mrs. Newton aber ist, wie wir gesehen haben, sehr
genau in ihren Daten, zwölf Jahre war auch das ganz normale
Alter für die Feier, und Chatterton hat regelmäfsig die Schule
vom siebenten bis zum vierzehnten Jahre durchgemacht. Wenn
trotzdem sämtliche Biographen ohne den geringsten Zweifel
Tyson gefolgt sind, so liegt das ausschliefslich an der Freude,
nun endlich auch die gewünschte frühe Leistung für den zehn-
Chatterton-Lifceratur. 35
jährigeu Knaben zn haben. Man hatte sich bisher mit drei
kleinen Jugendgedichten begnügen müssen, die alle drei durch
Sir Herbert Croft erhalten sind. In Love and madness teilt
Croft nun eines davon mit, ein satirisches Stück: The apostate
will. Croft hält dies Gedicht für Chattertons frühestes; es ist
datiert den 14. April 1764. Elfeiuhalb Jahre war der jugend-
Dichter, auch für dies Alter eine gute Leistung. Der Stoff, den
er wählte, ist sehr erklärlich, gerade für einen Colstonschüler,
der in dem von dem Gründer her traditionellen Hals gegen das
Sektenwesen erzogen war und hier einen dieser Sektengänger,
die überall da unterschlüpfen, wo sie ein vorteilhaftes Plätzchen
sehen, schildert. Bristol ist ja einer der Hauptplätze für diese
Sektenkämpfe gewesen, und Namen wie Wesley, Young, Bing-
ham ' und Stillingfleet, die hier genannt werden, sind einem
Bristoler Kinde jener Tage wohl geläufig gewesen, auch wenn
er ihre gelehrten Werke nicht gelesen hat.
Dies Gedicht hat Croft aus einem Notizbuch, das der Mutter
gehörte, nach Chattertons Handschrift abgeschrieben. Gregory -
erzählt nun, dafs die Schwester ihm ein Notizbuch als Neujahrs-
gabe geschenkt, das er ihr nach einem Jahre mit Schriften, be-
sonders Poesie, angefüllt wiedergegeben habe. Leider gibt Gre-
gory eine falsche Quelle, nämlich Mrs. Newtons Brief, an, und
ich habe die richtige auch nicht finden können.
Die beiden anderen Gedichte sind in Crofts Handschrift in
einem Bande von Chattertons Werken mit der Bemerkung ein-
getragen : 'Diese Gedichte schrieb Chatterton, als er ungefähr
elf Jahre alt war/ Leider ohne weitere Angabe, möglicherweise
stammten sie auch aus dem Notizbuch. Das eine ist eine Clirist-
mas' hymn, die stark nach einem Schulexercitium aussieht, wenn
man solche in Colstone school voraussetzen dürfte, das zweite,
ein Fragment, Sly Dick, ist wieder eine Satire, eine Nachahmung
von Gays Fabel The miser and Plutus, wie der sehr ähn-
liche Anfang zeigt, hier wie dort erscheint ein nächtliches Ge-
spenst einem Geizhals. Nun fand Tyson wieder in Felix Farleys
Journal, genau ein Jahr später wie das erste, 7. Januar 1764
1 Siehe Skeat I S. 8.
2 Siehe Works, 1803, I S. X.
36 Chatterton-Literatur.
veröffentlicht, ein Gedicht, The churchwarden and the appa-
rition betitelt, das ebenfalls in seinem Anfange auf Gay zurück-
geht, auch eine Geistererscheinung schildert, aber sich auf eine
Lokalgeschichte bezieht. Auch dieses hat Tyson Chatterton zu-
geschrieben, während der umgekehrte Schlufs wohl wahrschein-
licher ist, dafs Chattertons kleiner Versuch eine Nachahmung
dieses Gedichtes ist, das Latimer 1 Phillips, dem Unterlehrer in
Ch.s Schule, zuschreibt, allerdings auch nur auf den Grund, dafs
Phillips ein eifriger Mitarbeiter von Felix Farley war. Möglich
wäre es ja, dafs dies Thema eins von denen war, mit denen Phil-
lips mit den älteren Schülern der Schule in poetischem Wett-
streit trat.2 Gays Fabeln waren damals sicher in den Händen
der Schüler, und Chattertons Gedicht wäre dann auch ein Ver-
such, mit teilzunehmen an den poetischen Versuchen der Colston-
schüler, was auch den ähnlichen Anfang der Gedichte näher be-
leuchten würde.
Für Chattertons Verfasserschaft von The churchwarden
and the apparition spricht nichts. Wir werden uns also wohl
nach wie vor mit den von Croft mitgeteilten Kindheitsgedichten
von Chatterton begnügen müssen.
In dem eben erwähnten apokryphen Gedichte wird die Nieder-
legung eines alten Steinkreuzes im Kirchhof von St. Mary Redcliffe
und die Applanierung der Gräber gegeifselt. Wie sehr diese An-
gelegenheit die Bürgerschaft von Bristol erregt hat, zeigt das
Lokalblatt, das eine Zeitlang voll von Angriffen auf den Kirchen-
vorstand war, der dies anbefohlen hatte. Ein solcher Angriff,
ein Prosabrief an den Herausgeber, unterzeichnete sich 'Fidl-
ford, the gravedigger'. Ich lasse hier Tysons Worte folgen als
Probe seiner Schlufsfolgerung: 'Irgend eine Beweisführimg an-
zutreten, dafs dies von Chatterton geschrieben, würde heifseu,
des Lesers Urteil zum besten haben, denn keinem anderen Men-
schen als dem Verfasser der Bristowe tragedy würde eiue
solche Unterschrift eingefallen sein/ Zur Erklärung sei hinzu-
gefügt, dafs in der Ballade The Bristowe tragedy, or, the
1 Latimer, Annais of Bristol in the eighteenth Century printed for the
authors, 1893.
2 Siehe Thistlethwaites Brief, Works, 1803, III 467.
Chatterton -Literatur. 37
deaihe of Syr Charles Bawdin ' der Name Fullforcl gar nicht
vorkommt, dafs es nur festgestellt ist, dafs unter König Ed-
ward IV. ein Sir Balduin Fulford hingerichtet worden ist, dessen
historische Persönlichkeit möglicherweise Chatterton für sein Ge-
dicht als Sir Charles Bawdin im Auge gehabt hat. Willcox2
macht zwar schon hierauf aufmerksam, trotzdem nehmen sonst
alle Biographen 3 diese Entdeckung Tysons an und bewegen sich
mit ihm in dem Zirkelschlufs : Folglich ist damals schon die Ge-
stalt Fulfords, die er in der Ballade behandelt, ihm im Gedächt-
nis gewesen.
Es läfst sich denken, dafs noch weit mehr als für die Werke
in modernem Englisch man ein möglichst frühes Datum für die
Beschäftigung des Knaben mit dem Rowley- Roman ansetzen
möchte. Hierfür genügte nun der schriftliche Bericht der Schwester,
obgleich er mündlich von der Mutter bestätigt wurde, gar nicht.
Mrs. Newton schreibt: 'Um diese Zeit (d. h. nachdem er Lehr-
ling bei Lambert geworden war) trug mein Bruder die Perga-
mente, die meinem Vater gehörten, und die dieser nicht zu
Bücherumschlägen für seine Schüler benutzt hatte, nach seinem
Comptoir/^So und nicht anders wufsten es Mutter und Schwester.
Beide versicherten Bryant und Milles, den beiden gelehrten
Rowley- Verteidigern, wiederholt, dafs Chatterton sich früher nicht
um die vergessen daliegenden Pergamente gekümmert habe, son-
dern erst jetzt, soviel er konnte, davon in das Comptoir gebracht
habe. Milles selbst war gewifs zufrieden mit dieser Darstellung,
die ja sehr zu Gunsten seiner Auslegung sprach. Wie dem auch
sei, ob Chatterton schon etwa als Knabe wenigstens die Perga-
mente, die als Bücherumschläge, Schnittmuster etc. benutzt waren,
mit Interesse angesehen hat, wie die bunten Initialen des Musik-
manuskriptes seine Phantasie fesselten, eins ist völlig sicher:
die ihm nächststehenden Frauen wufsten nichts davon; zu sehr
stimmen ihre Aussagen an die verschiedensten Personen überein,
zu ernsthaft versichert die Schwester in dem Briefe an Croft,
dafs sie vor dem grofsen Herzenskundigen die ganze Wahrheit
• Skeat II S. 1 ff.
3 The poetical works of Tlwm. Chatterton, 1882, I S. xxxvin Anm.
3 Siehe Wilson S. 19; Bell (Aldine edition) I S. xxxn; Helene
Richter S. 14. 15.
38 Chatterton-Literatur.
gesagt habe. Zudem ist nicht der geringste Grund einzusehen,
warum sie ein früheres Interesse ihres Bruders für die Perga-
mente hätte verheimlichen sollen. Mrs. Edkins aber wufste nach
dreifsig bis vierzig Jahren alles, was Mutter und Schwester nach
acht bis zehn Jahren nicht wufsten. Ganz gruselig klingt ihr
Bericht: Wie der Knabe der Mutter eine Dachkammer abge-
schmeichelt habe und dort sich stunden-, ja ganze Tage lang
ohne Essen eingeschlossen habe, wie die Frauen unten angstvoll
sein Treiben beobachtet hätten und auf die sonderbarsten Ideen
gekommen wären, wenn er mit Tinte und Ocker beschmutzt end-
lich heruntergekommen wäre, wie sie gemeint hätten, er wolle
unter die Zigeuner gehen, wie Mrs. Edkins einmal in seine Boden-
kammer eingedrungen wäre und ihn dort inmitten seiner Perga-
mente sitzend gefunden habe, wie er sie hinausgeschickt habe,
da sie ihm zu klarsichtig sei. So geht es weiter fort in einem
langen Berichte, in dem Mrs. Edkins die Hauptrolle spielt und
von allen Menschen ihrem 'Pflegejungen' am nächsten gestanden
hat. Dies gereichte nun allen Biographen zur gröfsten Genug-
tuung, sie operieren mit diesem ganzen Kram als Tatsachen und
malen mit Freuden das romantische Bild des Knaben danach
aus. Doch nicht nur die Zeugnisse der Mutter und Schwester
erweisen das alles als reine Erfindung, auch innere Gründe
sprechen dagegen. Man vergegenwärtige sich nur die ganze
Situation. Mit sieben Jahren neun Monaten kommt der Knabe
auf die Schule, wo er vollständig wohnt und den sehr strengen
Regeln unterworfen ist. Die Schulstunden dauern im Sommer
Morgens von 7 — 12, Nachmittags von 1 — 5 Uhr, im Winter von
8 — 12 und von 1 — 4 Uhr. Die Kinder mufsten jeden Abend
um 8 Uhr zu Bett sein; in den Erholungsstunden hatten sie
etwas gröfsere Freiheit, denn Mrs. Newton schreibt Croft, dafs
sie von Schulkameraden gehört habe, dafs ihr Bruder in den
Erholungsstunden lieber gelesen als gespielt habe. Aufserhalb
der Schule aber durften die Kinder nur am Samstag und den
Heiligentagen der anglikanischen Kirche sein, uud auch dann
nur, wie Gregory angibt, von 1 — 7 oder 8 Uhr1 am Nachmittag.
In diese Schulzeit, die so beschränkte Stunden der Freiheit dem
1 Works I S. vi.
Chatterton-Literatur. 39
Knaben gewährte, verlegt nun Mrs. Edkins ihren hochroniantischen
Bericht. Doch Mrs. Edkins wufste wenigstens nichts von einem
bestimmten Werke, das dem jungen Dichter damals schon im
Sinn gelegen hatte, zu berichten. Hier nun sprang Thistlethwaite
mit seinem Bericht ein. Der Bericht in seinem Briefe lautet
folgendermafsen : 'Als ich eines Tages während des Sommers
1764 in der Nähe der Schule Horse-Street herunterging, traf ich
zufällig Chatterton. Wie ich mich mit ihm unterhalte über einen
Gegenstand, an den ich mich nicht mehr erinnere, teilte er mir
mit, dafs er einige alte Manuskripte besäfse, die in einem Kasten
von Redcliffe Church gelegen hätten, und dafs er einige oder
eins von ihnen Phillips geliehen hätte. Einen Tag oder zwei
danach sah ich Phillips und wiederholte ihm die Nachricht, die
ich von Chatterton erhalten hatte. Phillips zeigte mir das Manu-
skript auf Pergament oder Velin, das, ich bin sicher, Eli-
nour und Iuga war, eine Art von pastoraler Ekloge, die nach-
her in 'Town and Country Magazine' Mai 1769 veröffentlicht
wurde. Das Pergament schien am Rande genau beschnitten, zu
welchem Zweck oder durch welchen Zufall weifs ich nicht, aber
die Worte waren augenscheinlich ganz und unverstümmelt. Da
die Schrift gelb und blafs, augenscheinlich (wie ich mir denke)
durch Alter, geworden war, hatte Phillips mit seiner Feder meh-
rere Zeilen nachgezogen (welche, soweit meine Erinnerung geht,
ohne Versabteilung und ohne Interpunktion geschrieben waren),
und auf diese Weise mühte er sich, ein Verständnis des Sinnes
zu erhalten. Ich bemühte mich, ihm zu helfen; doch da wir
vollständig unbekannt waren mit den Buchstaben, Art, Sprache
und Orthographie der Zeit, in der die Zeilen geschrieben waren,
so waren alle unsere Anstrengungen unfruchtbar; und wenn wir
auch einige Worte erklären und verbinden konnten, so blieb uns
der Sinn ganz unverständlich. Ich meinesteils, der ich wenig
Geschmack für solche Studien hatte, kümmerte mich nicht um
die Enttäuschung; Phillips im Gegenteil kränkte sich augen-
scheinlich, in der Tat mehr, als ich damals dachte, dafs der
Gegenstand es verdiente/ . . .
Wieder mufs man sich die Situation klar machen : Der zwölf-
jährige Thistlethwaite, der, wie sehr erklärlich, gar kein Interesse
für alte Manuskripte hatte, trifft den elfjährigen Chattertou auf
40 Chatterton-Literatur.
der Strafse, der ihm erzählt, dafs er eins seiner alten Manuskripte
aus der Hand gegeben habe und es höchst sorglos seinem Freunde,
dem Unterlehrer Phillips, überlassen habe. Phillips macht sich
über das Manuskript mit Hilfe von Thistlethwaite, sie können den
Sinn absolut nicht herausbekommen, trotzdem weifs Thistlethwaite
ganz genau, dafs es Elinoure und Iuga war. Höchstwahrschein-
lich nämlich lag dies Gedicht Thistlethwaite am nächsten, weil es
das einzige war, das Chatterton selbst veröffentlicht hatte. Es
scheint fast, als hätte Thistlethwaite aufser diesem Rowley- Gedicht
nur noch Sir Charles Bawdin gekannt, der auch schon 1772 '
herausgekommen, als er seineu Bericht für Milles am 4. April
1781, also 17 Jahre nach dem Ereignis, schrieb; denn er erwähnt
diese beiden Gedichte sehr ostentativ.
Was wir aber authentisch über Chattertons Behandlung der
Manuskripte wissen, klingt ganz anders. Chatterton hatte augen-
scheinlich gar keine besondere Freude an der Fälschung alter
Pergamente. Im Britischen Museum unter Additional Mss.
5766 A sind sämtliche noch erhaltenen Pergamente, die Chatter-
ton als Rowley-Originale ausgegeben hatte, beisammen. Sie stam-
men fast alle aus Barretts Besitz, der unter Chattertons Bristoler
Patronen sich rühmte, am meisten von alten Schriften zu ver-
stehen, und am dringendsten Originale von Chatterton verlangt
hat. Von den 42 2 Pergamentfetzen sind nur acht mit Schrift
bedeckt, und nur zwei davon enthalten Gedicht - Fragmente. 3
Die Fälschung dieser Pergamente, die meist auf kleinen Stücken,
wie sie an echten Pergamenten frei bleiben, geschrieben sind,
ist höchst ungeschickt; man sieht es deutlich, dafs dieser Teil
der Arbeit für Chatterton nicht der angenehmere war, und dafs
er sie mehr der Not gehorchend hervorbrachte.
Dafs nun der elfjährige Junge nicht, selbst wenn er damals
schon, was ganz abzulehnen ist, im stände gewesen wäre, ein Ge-
dicht wie Elenour und Iuga zu verfassen, mit grofsartiger Sorg-
losigkeit ein solches mühsam von ihm gefälschtes Pergament aus
1 In der Ausgabe von Tyrwitt 1777.
2 Siehe eine genaue Beschreibung Works III S. 497 ff. und kürzer
Skeat I S. 375 ff.
3 N. 1 : 34 Zeilen aus 2 he story of William Canynge und N. 6: Lines
of W. Canynge's feast (12 Zeüen).]
Chatterton-Literatur. 41
der Hand gegeben haben würde, liegt auf der Hand. Thistlethwaite
aber glaubte ja auch, dafs er mit dieser Geschichte nur bewiesen
hätte, dafs Chatterton schon so früh ein wirklich echtes Manu-
skript fortgegeben hätte. Der Grund, weshalb er diese Geschichte
erfand, liegt auf der Hand: in seiner Eitelkeit wollte er der erste
sein, der ein Rowley- Manuskript in der Hand gehabt hatte,
darum auch wählte er als Partner dieser Geschichte Phillips, der
längst tot war. Die Art aber, wie seine Fabel von den ver-
schiedenen Biographen aufgenommen ist, ist lehrreich für solche
Mythentradition. Der Brief war an Dr. Milles geschrieben, der
eben im Begriff war, die Prachtausgabe der Gedichte Rowleys,
des Priesters aus dem 15. Jahrhundert, herauszugeben. Milles
pafste diese Geschichte Thistlethwaites gar nicht, denn es war
weit wahrscheinlicher, dafs ein fünfzehnjähriger als ein elfjähriger
Knabe den Wert alter Manuskripte erkannt habe, er machte
daher zu dem Abdrucke des Briefes an dieser Stelle die An-
merkung: ' 'Aus guten Gründen mufs man hier einen Fehler in
Mr. Thistlethwaites Bericht argwöhnen, entweder was das Datum
oder die Umstände anbetrifft/ Gregory, der sonst nur die Be-
richte von Mutter und Schwester kennt, nimmt Thistlethwaites
Bericht in den Text auf, aber noch mit einem Zweifel an der
Richtigkeit. Bei Dix scheint ja nun durch den Bericht von
Mrs. Edkins Thistlethwaites Erzählung bestätigt. "Willcox2 da-
gegen, der ein merkwürdiges Gemisch von Kritik und Leicht-
gläubigkeit zeigt, weist die ganze Erzählung als Fälschung ab.
Nun kommt Wilson, er macht selbst auf die grofse Unzuverläfs-
lichkeit des Thistlethwaiteschen Briefes aufmerksam: 'Die Fakten
und Daten sind viel zu gläubig als authentisch angenommen/ 3
Und trotzdem nimmt er selber diesen Bericht als völlig authen-
tisch an und nur, weil Thistlethwaite Daten angibt! Charles Kent
und Bell erzählen beide die Geschichte als authentisch, ohne
jeden Kommentar. Helene Richter endlich legt ihn im Texte
selbst einer genauen Schilderung der Entstehung der ersten
Rowley-Schöpfung zu Grunde, ohne auch nur mit einem Worte
1 Milles, Vorrede S. 5.
2 Willcox, 1844, I S. XLvn.
3 D. Wilson, Chatterton S. 39 ff,
42 Chatterton-Literatur.
zu verraten, dafs diese Schilderung nicht auf authentischen
Quellen beruhe; dann wird in einer Anmerkung der Zweifel aus-
gesprochen: 'Thistlethwaite erzählt, Elinoure und Iuga 1764 ge-
sehen zu haben, ohne dafs seine Zeugenschaft unbedingt glaub-
würdig wäre/1
Immer wieder treffen wir also bei den Biographen auf den
Wunsch, für ihr Bild, selbst gegen besseres Wissen, nicht einen
der romantischen Züge zu verlieren. Wir müssen uns aber damit
begnügen, dafs wrir über die Rowley- Träume des Kindes gar
nichts wissen, und dafs erst, nachdem Chatterton Lehrling bei
dem Notar Lambert geworden war, seine Dichterphantasien sich
zu dieser Fiktion kristallisiert haben.
'Seine Stunden im Bureau dauerten von 8 Uhr Morgens
bis 8 Uhr Abends/ schreibt Mrs. Newton. 'Er hatte wenig für
seinen Herrn zu tun, oft nicht zwei Standen am Tage, was ihm
Gelegenheit gab, seineu Geist auszubilden. . . . Mr. Lambert sagte
mir nicht zwei Monate, ehe er von Bristol fortging, er wäre nie-
mals aufserhalb des Bureaus während der Arbeitsstunden ge-
funden werden, da sie oft2 den Laufburschen und andere Dienst-
leute hinschickten, um nach ihm zu sehen/
Chatterton scheint also der einzige Schreiber in Mr. Lamberts
Bureau gewesen zu sein. Und in dieser Einsamkeit waren täg-
lich etwa acht bis neun Stunden sein, um to pursue his genious,
wie seine Schwester sagt. Auf dem Bücherregal fand er aufser
Gesetzbüchern eine Ausgabe von Camdens Britannia, natürlich
ein englisches Exemplar. Dies Buch hat mit seinen malerischen,
anschaulichen Schilderungen von Englands Vergangenheit viel-
leicht mehr zu der Bildung des Rowley-Traumes beigetragen, als
man angenommen hat. Ob er auch Baileys und Kerseys Wörter-
bücher im Office fand, ist nicht sicher, jedenfalls mufs er sie
sich früh aus der Leihbibliothek, die 1728 zuerst in Bristol ein-
gerichtet worden war, oder sonst woher verschafft haben. Am
1. Juli 1768 kam also der li'/Jährige Junge zu Mr. Lambert,
1 Helene Kichter, Cliatterton S. 18 ff.
2 Das Bureau war vou dem Hause des Advokaten, in dem Chatterton
wohnte, mit dem Laufburscheu zusammen schlief und in der Küche afs,
getrennt.]
Chatterton-Literatur. 43
mit einer Fülle freier Zeit, in einem Alter, wo alle Knabenträume
ins Ungemessene gehen, ohne Lehrer und Leiter, augenscheinlich
auch ohne Freund, um etwas aus der Welt, die sich in ihm aufbaute,
mitzuteilen. Zudem scheint er von frühester Jugend auf ein Kind
gewesen zu sein, bei dem die Phantasie übermäßig im Verhältnis
zu den Gemütseigenschaften ausgebildet war. Das weibliche Ge-
schlecht hat trotz der Frühreife des heranwachsenden Knaben in
seinem jungen Leben gar keine Rolle gespielt. Die Vergnügungen
der jungen Leute seines Alters teilte er ebenfalls nicht, er war
durchaus mälsig und fleifsig, so dafs er sich höchst ungern in
den Arbeitsstunden stören liefs. So fast gar nicht von äufseren
Interessen abgezogen, spann sich der Knabe fester und fester in
seine Träume ein.
Damals zuerst hörten die Frauen daheim und seine Freunde
ihn mit Begeisterung von dem Schatz sprechen, den er entdeckt
hatte, und mit grofsem Entzücken von dem zweifellosen Erfolg,
den sein Plan für sein zukünftiges Leben haben sollte. Irgend
eine chronologische Reihenfolge für die Entstehung der Rowley-
Gedichte herzustellen, wird wohl für immer vergeblich sein.
Elinour und Iuga als erstes so früh zu datieren, hat sich uns
als Fälschung erwiesen, ebenso war es völlig abzulehnen, den
Gedanken an die Bristoice trar/ed?/ schon in das Jahr 1768,
die Abfassungszeit des Fullford-Briefes in Felix Farleys Journal,
zu legen.
Auch ein dritter Versuch der Biographen, den Beginn des
Rowley-Romans in die frühe Kinderzeit zu verlegen, mufs als
gänzlich legendenhaft zurückgewiesen werden. Ein seltsames
Schriftstück ist uns aufbewahrt, halb in das Gewebe seiner grofsen
Fiktion eingeschlossen, halb echter Jungen-Schabernack, es ist
dies der Stammbaum der Familie de Burgum. Cottle, der ihn
zuerst in seiner Ausgabe von 1803 veröffentlicht und kommentiert
hat, sagt dort: 'Mr. Burgum war ein Zinngiefser und Teilhaber
von Mr. George Catcott. . . . Chatterton schuldete Mr. Burgum
etwas Geld, und wie er ihn eines Tages besuchte, als er un-
gefähr sechzehn Jahre alt war, sagte er ihm, dafs er seinen
Stammbaum daheim habe von Wilhelm dem Eroberer an, und
nannte ihm viele ausgezeichnete Familien, die mit ihm zusammen-
hingen. Mr. Burgum drückte den Wunsch aus, den Stammbaum
44 Chatterton-Literatur.
zu sehen, und nach wenigen Tagen überreichte ihm Chatterton
das Folgende/ So berichtet Cottle noch völlig richtig im
Jahre 1803. ' Im Oktober 1769 war nämlich Chattertons Bericht
über die Einweihung der alten Brücke, die niedergerissen und
eben durch eine neue fertiggestellte ersetzt worden war, in Felix
Farleys Journal erschienen. Es war dies die erste Publikation von
Chatterton, in dem von ihm erfundenen Rowley-Dialekt geschrieben.
Nachdem man in der Redaktion erfahren hatte, dafs der junge,
noch nicht sechzehnjährige Schreiberlehrling Chatterton der Ver-
mittler dieses 'alten' Berichtes war, wurde das Interesse einiger
Leute mit antiquarischen Neigungen, die damals Bristol wie jede
andere Stadt aufwies, rege. Drei Männer treten jetzt zuerst
wichtig und bestimmend in das Leben des jungen Dichters ein.
'Als er bei Mr. Barrett und Catcott eingeführt worden war, wuchs
sein Ehrgeiz täglich', schreibt die Schwester. Georg Symes Cat-
cott, der Zinngiefser, war nach seinem eigenen Bericht der erste,
der von den in St. Mary Redcliffe gefundenen alten Dokumenten
hörte, sich nun mit geschäftiger Neugier bei Chattertou einführte
und zu seinem gröfsten Entzücken von diesem die Abschrift von
ein paar alten Gedichten, darunter Bristowe Tragedy, und wenige
Tage darauf zwei Originale, das eine mit Song to JElla, seitdem
verloren gegangen, und die sogenannte Yello Roll, ein Perga-
ment mit Münzzeichnungen, erhielt. Catcott genofs den Ruhm,
den ihm diese Entdeckung einbringen mufste, im voraus. Seine
Fähigkeiten waren höchst beschränkt, seine Eitelkeit und sein
Ehrgeiz aber schrankenlos, rühmte er sich doch unter anderen
törichten Grofstaten, dafs in seiner Bibliothek kein Buch jünger
als 200 Jahre sei.- Catcott, so erzählt er selbst weiter, wäre
zu Barrett, dem Arzte, der damals an einer Geschichte Bristols
arbeitete, geeilt, um ihm von den neuen Funden zu berichten.
Beide Herren sind, so schreibt Catcott am 21. September 1778
an Milles, sicher, dafs es kurze Zeit nach dem Brücken-
1 Works, 1803, II S. 455.
2 Er hat seine Eolle bis zu Ende durchgeführt; das Bristoler Museum
bewahrt ein mit weifsem Papier durchschossenes Exemplar der Rowley-
Poems, zu dem Catcott eine der Satiren Chattertons auf ihn, Happiness,
abgeschrieben und mit Randglossen erläutert hat, wo er alle seine Helden-
taten selbst erzählt.
Chatterton-Literatur. 45
berichte gewesen sei, dafs sie mit Chatterton bekannt wurden. Der
Compagnon von Catcott, Mr. Burgurn, teilte nun den literarischen
Ehrgeiz seines Geschäftsgenossen in hohem Mafse, aber er konnte
nicht recht gegen ihn aufkommen, da er aus ganz obskurer
Familie stammte und einst als kleiner Junge nach Bristol ge-
wandert war. Ihn und seine Schwächen lernte Chatterton selbst-
verständlich erst durch Mr. Catcott kennen. Diesen Schlufs
machte noch Cottle im Jahre 1803, da er Chatterton 'ungefähr
sechzehn Jahre alt' sein läfst. Innere Gründe des Stammbaums
selbst stellen dies aufser Frage, eine grofse Menge reichlich hierin
citierter Werke kann Chatterton erst aus der Bibliothek Mr. Bar-
retts ' zu Gesicht bekommen haben, da doch kaum anzunehmen
ist, dafs die Bristoler Leihbibliothek solche antiquarisch heral-
dische Bücher auf Lager gehabt hat. Als dann aber Cottle, den
dieser Stammbaum, der in seinem Eigentum war, von jeher sehr
interessierte, alles, was er darüber auf dem Herzen hatte, noch
einmal ausführlich in seiner Sammlung von Essays Malvem Hills 2
zusammenfafste, da war aus dem Sechzehnjährigen ein blue coat
hoy geworden, in Cottles Phantasie hatte sich die Scene drama-
tisch ausgestaltet, und er wufste nun sogar genau, dafs es ein
Samstag gewesen war, d. h. ein schulfreier Wochentag. Will-
cox erzählt dies als eine feststehende Tatsache Cottle nach.8
Wilson konnte sich eines Haupteinwurfes gegen diese Datierung,
über den Willcox ganz leicht hinweggeschlüpft war, nicht ent-
ziehen, dafs es nämlich höchst unwahrscheinlich sei, dafs der
Knabe dem Compagnon von Catcott diese Arbeit gebracht haben
könne, die schon als Quelle die in St. Mary Redcliffe gefundenen
Manuskripte angibt, und dafs Burgum seinem Teilhaber nie
davon gesprochen hatte, so dafs dieser erst nach anderthalb
Jahren frühestens von anderer Seite davon gehört haben soll.
Wilson aber weifs sich flugs zu helfen: so mufs denn eben
Chatterton auch schon in Barretts und Catcotts Hause als Schul-
knabe verkehrt und die beiden Herren durch sein witziges Ge-
1 Latirner, Annais of Bristol, sagt direkt: all the books qicoted were in
Barrett's Library, leider ohne Quellenangabe.
a Siehe Joseph Cottle, Malvem Hills, 1829, II (Essay IV suggested
bey Chatterton' s pedigree of De Bergham).
3 Works, ed. 1844, I S. xh ff.
46 Chatterton-Literatur.
plauder und seine blitzenden, schönen Augen entzückt haben. '
Bei Barrett verführte den Biographen die Nähe des Hauses bei
der Schule zu dieser Annahme,"2 der Knabe hätte ja leicht ein-
mal herüberspringeu können. Catcott hatte Wilson selbst eine
Handhabe gegeben. Im August 1788 hatte Catcott im Gentle-
man s Magazine entgegen seiner zehn Jahre früher an Milles
gemachten Mitteilung behauptet, dafs er die Gedichte von Chatter-
ton im Anfange des Jahres 1768 erhalten habe, als er noch die
Tonsur des Knaben, der gerade von Colston school gekommen
sei, getragen habe. Catcott widerruft dies zwar einen Monat später
selbst mit den Worten : 'nunmehr erinnere ich mich selbst, dafs
es ungefähr drei Wochen oder vielleicht einen Monat nach der
Publikation über die Brückeneröffnung gewesen war', aufserdem
stimmte auch der Zeitpunkt 1768 gar nicht, denn die Tonsur
wird Chatterton wohl schon wenige Wochen nach seinem Eintritt
bei Lambert im Juli 1767 zugewachsen sein, doch für Wilson
genügt dies, um die frühe Bekanntschaft mit Chatterton fest-
zusetzen. Helene Richter, die sonst als einzige den De Bergham
Pedigree richtig datiert, macht zu der Bekanntschaft mit Catcott
die Bemerkung: 'Da jedoch die Eindrücke des Auges sich dem
Gedächtnis zuverlässiger einzuprägen pflegen als Daten, so dürfte
Catcotts Erinnerung, dafs er Chatterton noch mit der Tonsur als
Colstonschüler, also zu einer früheren Zeit als Ende 1768, ge-
kannt habe, trotz des späteren Widderrufs auf einer Tatsache
beruhen/'5 Wenn sich aber die 'Eindrücke des Auges' erst zehn
Jahre später zeigen und die richtige Datierung in der natürlichen
Entwickelung der Verhältnisse liegt, so werden wir doch wohl
diese letztere vorziehen müssen und als feststehende Tatsachen
des Lebens unseres Dichters annehmen, dafs sich die Dinge ent-
wickelten, wie wir vorher konstatiert haben: am 14. Oktober 1768
erscheint der Brückenbericht, wenige Wochen nachher müssen wir
Wilson, Chatterton S. 50 ff.
2 Croft 1780 (L. a. M. S. 241) erzählt die wunderliche Anekdote, dafs
'Barrett ihm selbst gesagt habe, clafs er oft nach der Armenschule, die
nahebei ist, gesandt habe und mit Absicht von seiner Meinung abge-
wichen sei, um zu sehen, wie seine wunderbaren Augen aufflammten und
glühten, wenn er in Eifer geriet'.
3 Helene Richter, Chatterton S. 60.
Chatterton -Literatur. 47
die Bekanntschaft mit Catcott und Barrett ansetzen, der die mit
Mr. Burgum folgt, und frühestens Ende 1768, eher Anfang 1769,
den Stammbaum für den ehrsamen Zinngiefser. Die Datierung
dieses Werkes ist nun aber wieder wichtig für ein paar Gedichte,
die sich nach ihm bestimmen lassen. Chatterton schrieb die erste
Hälfte des Stammbaumes in ein Schulheft, in das er schon zwei
Gedichte im Rowley-Dialekt eingetragen hatte, The tournament
und The gouler's requiem, von denen er das letztere Canynge,
dem Haupthelden seines Romanes, zuschrieb. The tournament
hängt aber innerlich eng mit dem Stammbaum zusammen.
Chatterton verteilte die Gaben seines Rowley-Romanes durch-
aus nicht wahllos an seine Bristoler Patrone. Dem poetisch an-
gehauchten Zinngiefser George Catcott, den seine Freunde um
seiner grofsen Worte willen 'The giant great heart' nannten, gab
er meist, bis auf wenige Ausnahmen, die poetischen Ergüsse
aus Rowleys Feder, seinen Compagnou machte er glücklich mit
einem langen Stammbaum vornehmer Ahnen, wobei er nicht ver-
gafs, auch sein eigenes Geschlecht an ferne Vergangenheit anzu-
knüpfen. Dem antiquarischen Forscher Barrett aber verschaffte
er all die alten Dokumente, die dieser für seine Geschichte
Bristols notwendig hatte. Nicht nur dafs er ihm das hohe Alter
von Bristol, das Barrett für seine Geschichte immer gefehlt hatte,
nachwies, sondern für eine ganze Reihe von Bristoler Bauten
fanden sich immer, wenn Barrett sie gerade brauchte, die Grün-
dungsurkunden; für siebzehn verschiedene Kirchen und Kapellen
fanden sich allmählich Rowley-Berichte mit Angabe des Grün-
ders, der Jahreszahl etc., bei manchen waren noch interessante
Nebenumstände beleuchtet. Alte und neue Biographen Chatter-
tons haben viel Papier beschrieben und viel Scharfsinn angewandt,
um herauszubekommen, was für gelehrte Bücher Chatterton-
Rowley gelesen haben mufs, um diese und jene wichtige histo-
rische Notiz oder Namen, die er in diese Berichte hineinflicht, zu
kennen, während es doch sehr nahe liegt, dafs der unglaublich
kluge, scharfsichtige Junge alles das von Barrett selbst wufste,
der ihm jedenfalls, schon um ihn geschickt für die Nachforschung
in seinen alten Manuskripten zu machen, alles mitteilte, was
er mit Bienenfleifs für seine schon seit Jahren vorbereitete Ge-
schichte Bristols gesammelt hatte.
48 Chatterton-Literatur.
Einer dieser Gründungsberichte ' beschäftigte sich mit St. Mary
Redcliffe, der Kirche, um die sich Chattertons ganze Fiktion wie
um einen Mittelpunkt kristallisierte. Gegründet wurde nach ihm
die Kirche in ihrer ersten Gestalt, ehe sie Cannynge zu dem
jetzigen Prachtbau aufführte, von Simon de Burton. Der Anlai's
war ein Gelübde, das Burton an die Mutter Gottes tat, ihr ein
Gotteshaus zu erbauen, wenn er alle Ritter an dem Turniere
besiege, das der König Edward I. zu Ehren seines Weihnachts-
besuches 1285 abhalten liefs. Ein historisches Faktum, wie
Barrett stolz dazu bemerkt, ahnungslos, dafs er wohl selbst
Chattertou dasselbe gewiesen haben wird. Den gleichen Stoff
behandelte Chatterton nun auch noch in dem erwähnten Ge-
dichte The tournament , auch hier ist der Sieger Symonne
de Burtonne, aber sein Hauptgegner ist nicht mehr ein Ritter
Nevylle, wie in der Prosaschrift, sondern Johan de Berghamme.
Dieser gleiche Johan de Berghamme aber spielt ebenfalls eine
grofse Rolle in dem Stammbaum, wo er nicht nur trotz seiner
Niederlage eine Blume der Ritterschaft genannt wird, sondern
auch ein grofser Dichter seiner Zeit ist. Welches von diesen beiden
Werken das frühere ist, ob der Name de Bergham im Tourna-
ment, der ihm irgendwo zugeklungen, wegen seiner Ähnlichkeit
mit Burgum vielleicht den ganzen Gedanken des Stammbaumes
gegeben, oder ob umgekehrt der Name aus dem Stammbaum in
das Gedicht hineingekommen, ist schwer zu entscheiden. Der
Schlufs, dafs die Prosaschrift Vita Burtoni das frühere war, da
hier der wichtige Name noch fehlt, ist wohl aber berechtigt.
Jedenfalls aber sind Gedicht und Stammbaum zu gleicher Zeit
entstanden; diese Folgerung zieht schon Wilson, was ihm die
Genugtuung gewährt, dies Gedicht the earliest of his antique
interludes ascribed to Rowley's pen 2 zu nennen. Helene Richter
aber, die, wie gesagt, den Stammbaum richtig datiert, nimmt
trotzdem den Schlufs Wilsons an : 'Die ersten Gedichte', heifst es
(S. 39), 'unter die er nachweislich die Namen seiner Lieblinge setzte,
sind "Das Turnier von dem guten Priester der Johanniskirche
Thomas Rowley" und "Des Wucherers Totenklage von Meister
Vita Burtoni, zuerst veröffeutlicht Works 1803, II S. 59.
Wüson, Th. Chatterton S. 69.
Chatterton-Literatur. 40
William Canynge"/ Diese Gedichte sind nun aber nach unserer
Folgerung nicht vor Ende 1768 entstanden, gehören also gerade
zu den späteren, was bei der geringen Möglichkeit der Datierung
der Rowley-Gedichte immerhin von Wichtigkeit ist. Wir können
nur noch von The romance of the knight, die als Probe von
De Berghains Poesie im Stammbaum mitgeteilt ist, und von
The battle of Hastings mit Bestimmtheit sagen, dafs sie erst
nach seiner Bekanntschaft mit den Bristoler Patronen entstanden
sind. Wahrscheinlich ist auch die Ballade of charitie erst ein
späteres Produkt, doch so völlig sicher, wie alle Biographen an-
nehmen, ist es nicht, dafs dies das letzte seiner Gedichte sei, da
wir nichts weiter wissen, als dafs Chatterton von London aus
am 4. Juli 1770 dieses Gedicht mit einem Glossar versehen an
den Herausgeber von 'Town and country magazine' sandte, und
dafs er verschiedene Male dies Glossar von Mutter und Schwester
daheim verlangt hat. Ob er es aber brauchte, um die Ballade
erst zu verfassen, oder nur um zu der fertigen das Glossar hinzu-
zufügen, das können wir absolut nicht wissen.
Leider lassen uns alle Kriterien der Sprache völlig im Stich,
so merkwürdig ungleich auch die einzelnen Gedichte behandelt
sind ; es scheint diese verschiedene Verkleidung in die alte Sprache
ganz momentane Willkür Chattertons gewesen zu sein. Die ver-
breitete Ansicht, der auch Skeat zu huldigen scheint, dafs Chatter-
ton seine Rowley- Werke erst neuenglisch dichtete und sie dann
in seinen Dialekt verkleidete, ist doch nicht aufrecht zu halten,
da ein ziemlich grofser Prozentsatz von reimbildenden Endworten
gleich in den alten Worten gewählt ist. Über Skeat hinaus, der
in seinem Essay über die Rowley-poems , der Einleitung zum
zweiten Bande seiner Ausgabe, aufser den Wörterbüchern von
Kersey und Bailey als Hauptquellen nur noch willkürliche Wort-
bildungen Chattertons sieht, ' will nun Helene Richter, dafs
Chatterton in seinem Rowley-Dialekt 'nicht nur einzelne Worte
seiner heimischen Mundart entlehnt, sondern überhaupt charakte-
ristische Eigentümlichkeiten des Lautstandes und Satzgefüges
des Gloucestershire-Dialektes verwertet habe, indem er sie will-
kürlich auf die Schriftsprache anwandte'. - Leider bringt sie für
1 Aldine edition II S. xxxv f. s H. Richter, 7 h. Chatterton S. 44.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 4
50 Chatterton -Literatur.
diese interessante Hypothese auch nicht den Ausatz eines Be-
weises; jedenfalls aber wäre der Gedanke einer genaueren Unter-
suchung wert; es wäre vielleicht geeignet, mit den von Skeat
als willkürliche Wortgebilde Chattertons in Anspruch genom-
menen Worten die Untersuchung zu beginnen.
Die Zeit also vom 1. Juli 1767 bis zum April 1770, also
einen Zeitraum von zweidreiviertel Jahren, müssen wir als die
Entstehungszeit der Rowley-Gedichte in Anspruch nehmen. Skeat
bezeichnet die Monate Februar bis Juli 1769 als die, in denen
die meisten der Rowley-Gedichte entstanden seien, weil in dieser
Zeit keine modern-englischen Gedichte nachzuweisen sind;1 doch
wenn wir auch der Bemerkung Catcotts, dafs Chatterton ihm
schon zu Anfang ihrer Bekanntschaft (also Ende 1768) fast alle
seine Rowley-Gedichte genannt hatte, wenig Gewicht beilegen,
so beweist doch die Korrespondenz mit Dodsley vom 21. De-
zember 1768 und 15. Februar 1769, dafs das Hauptwerk 2Ella
schon vorher geschrieben war. The Bristoioe tragedy war das
erste, das Chatterton Catcott übergab. Elinoure and Iaga er-
scheint im Mai 1769 in 'Town and country'. Im März 1769
beginnt die Korrespondenz mit Walpole, die doch auch, ohne
dafs besondere Gedichte genannt werden, einen ziemlichen Vorrat
davon voraussetzt, da es ja Chattertons ganze Hoffnung war,
dafs Walpole Rowley an die Öffentlichkeit bringen sollte.
Diese Korrespondenz mit Horace Walpole hat auch wieder
noch zu einigen Irrtümern und Legenden Anlafs gegeben. Wil-
sons Apologie Walpoles, 2 worin er beweisen möchte, dafs Wal-
pole die ersten von Barrett gedruckten Briefe nicht erhalten
habe, wie Walpole selbst öffentlich und privatim behauptete, ist
leicht zu widerlegen gewesen, da der eine dieser Briefe im Bri-
tischen Museum mit Poststempel aufbewahrt ist uud ein von
Walpole anerkannter Brief eine genaue Antwort darauf gibt.
Der zweite ist oben abgeschnitten, wahrscheinlich von Walpole
selbst, um Proben an seine Freunde zur Untersuchung. der Echt-
heit zu senden. Dieser zweite Brief wird dann auch die unvor-
sichtige Blofslegung der persönlichen Verhältnisse Chattertons
enthalten haben, die Walpoles Argwohn erregten, wie er es selbst
1 Aldine edition S. xliv. 2 Wilson, Chatlerton S. 173 ff.
Ühatterton-Literatur. 51
übrigens auch berichtet,1 so dafs wir nicht noch einen dritten,
uns nicht erhaltenen Brief anzunehmen brauchen, wie dies Cottle ~
und nach ihm Helene Richter ■' behaupten.
Walpole erzählt, dafs in einem der Briefe er mehrere Gedichte
Rowleys erhalten habe, darunter ein absolut modernes Pastorale,
etwas mit alten Worten durchsetzt. Daraus schliefst Gregory s
und nach ihm Helene Richter,5 dafs dies Elinoure and Iuga sei.
Letztere schreibt: 'Mit diesem Briefe übersandte Chatterton
mehrere Gedichte Rowleys, darunter Elinoure and Iuga, das er
um diese Zeit in modernisierter Fassung für das "Town and
country magazine" vorbereitete. Nun aber ist diese moderni-
sierte Fassung von Elinoure and Iuga gar nicht von Chatterton,
sondern ist im Juni "by WT. S. A. aged sixteen" veröffentlicht,
während Chattertons Gedicht "written three hundred years ago
by T. Rowley, secular priest D. B. Bristol" im Mai erschien.
Dies ist aber auch der Beweis, dafs er nicht dies Gedicht an
Walpole geschickt haben kann, denn da er noch am 14. April
einen Brief an Walpole mit dem Postskript versieht "If you wish
to publish them yourself, they are at your Service", so wird er
nicht eines dieser Gedichte, während er noch auf eine Antwort
von Walpole wartete, selbst veröffentlichen; auf die Hoffnung
einer Antwort von Walpole hatte er erst am 24. Juli verzichtet.
Der eine Hauptwunsch der Biographen Chattertons, in sei-
nem Leben alles möglichst früh datieren zu können, war so durch
Legenden aller Art befriedigt, einen zweiten Kristallisationspunkt
für diese bot sein früher Tod in der Fremde durch Selbstmord.
Hier nun hat sich glücklicherweise die Legendenbildung so wild
gebärdet, dafs man die Hauptsachen bald durchschaut hat, dazu
gehört in erster Linie die unerhörte Fälschung von Dix über den
Totenschaubericht, den Dix nicht wagte, selbst in seiner Lebens-
beschreibung aufzunehmen, und den er Mr. Gutch als echt über-
gab, so dafs dieser ihn in gutem Glauben veröffentlichte.6 Die
Fälschung, diese innerlich ganz unmögliche Fabelei, die ein durch-
aus sentimental unangenehmes Machwerk ist, wurde aufgedeckt.
Dix, darüber interpelliert, behauptete, diesen Bericht von Southey
1 Gentl. mag., 1782, S. 247. 2 Works III S. 395. 3 H. Richter S. 153.
Works I S. xxxix. 5 H. Richter S. 153 f. ° Notes and queries VII L38 f.
4*
52 Chatterton-Literatur.
erhalten zu haben, der inzwischen gestorben war, sich also nicht
mehr verteidigen konnte.' Das wenige, was über diese letzte trau-
rige Zeit in dem Dasein des jungen Dichters zu erfahren war, haben
schon Sir Herbert Croft in Love and madness und Warton2 mit-
geteilt. Damals wufsten sich die Hausleute noch an den selt-
samen, rastlos fleifsigen jungen Selbstmörder zu erinnern. Manches,
was Croft uns mitteilt, zeigt uns den engen Horizont seiner Lon-
doner Hausleute, wenn z. B. die Base voll Erstaunen über den
vornehmen Besuch Sir Herberts ausruft: 'wie sie nur hätte denken
können, dafs Cousin Tommy ein so grofser Mann war. Die
Mutter hätte ihr schon ein Wort darüber schreiben können, dann
hätte sie ihn sicher als Gentleman behandelt'. Der Totenbeschauer
selbst aber erinnerte sich schon damals an nichts mehr, die Zeu-
gen, die er nannte, waren alle unauffindbar, der Name des Toten
war in das Kirchenbuch falsch als William Chatterton eingetra-
gen und die Stelle seines Grabes, im Armengrabe bei Shoe Lane
Workhouse, nicht mehr zu bestimmen. So im Jahre 1778 — -1782.
Wie sollten diese Angaben aber der romantischen Phantasie
der Biographen genügen. Den gefälschten Totenschaubericht
zwar weisen alle völlig zurück bis auf Helene Richter, die in
einer Anmerkung die Fälschung erwähnt, dann aber schliefst:
'Doch wenn Gutchs Mitteilungen auch als Bericht des Toten-
beschauers gefälscht sind, so mag doch manches kleine Detail,
das sie enthalten, auf wahrer Überlieferung beruhen/3 Dann aber
benutzt sie diesen Totenschaubericht, der sechzig bis siebzig Jahre
nach dem Tode Chattertons noch wahre Überlieferungen ent-
halten soll, durchweg ausführlich in Text und Anmerkungen, so
dafs dieses ganze Kapitel wieder noch einen Rückschritt hinter
die englischen Biographien bedeutet.
Einer anderen Legende gegenüber aber zeigen sich auch
diese nicht stark genug. Hier haben Dix mit seinem Bericht
von Cumberland4 und Cottle5 zusammen sich bemüht, um eine
1 Das Ganze ist als Fälschung und reine Erfindung aufgedeckt. Athe-
naeum, 5. Dez. 1857.
3 Inquiry into the autlienticity of the poems attributed to Thomas Raw-
ley, 1782. 3 Helene Kichter, Chatterton, S. 235, Anm.
4 Dix, Chatterton, Appendix A, S. 299.
5 Siehe Price, Memorials of the Canynyes family, S. 293.
Chatterton-Litcratur. 53
höchst sentimentale Überlieferung glaubhaft zu machen, dafs näm-
lich Mrs. Chatterton mit Hilfe von Freunden sich heimlich die
Leiche habe nach Bristol kommen lassen, um den Sohn in seinem
geliebten Kirchhof von Mary Redcliffe zu begraben. Es ist
amüsant, bei Bell, Wilson und Helene Richter zu lesen, wie jeder
auf seine Weise den Versuch macht, diesen beglückenden Ab-
schlufs zu retten. Helene Richter hilft sich hier damit, dafs sie
ihm zwar die äufsere Glaubwürdigkeit abspricht, die innere aber
rettet 'als eine Verherrlichung der alles vermögenden Mutterliebe',
und dazu heifst es in der Anmerkung: 'Für die innere Glaub-
würdigkeit der Legende spricht auch Chattertons letztwillige Be-
stimmung in dem nachträglich fabrizierten Totenschaubericht,
durch die Chatterton seiner Mutter und seiner Schwester seinen
Leib vermacht/1 Es ist aber eine gefährliche Methode, in einer
ernsthaften Biographie eine Fälschung mit einer anderen zu belegen !
Wir haben gesehen, wie an dem gröfsten Teil der Fälschungen
und Legenden, die Chattertons Leben und Wirken umflechten, Dix
beteiligt ist. Er ist nicht umsonst einer der 'schamlosesten lite-
rarischen Fälscher unseres Jahrhunderts'- genannt worden.
In dem gleichen Jahre, 1857, in dem er in seiner Ent-
gegnung auf die Entdeckung der Fälschung des Totenschau-
berichtes Southey verantwortlich machte, der seit vierzehn Jahren
tot war, hat er eine gleiche Fälschung nach genau der gleichen
Methode jenseits des Ozeans begangen. In Skeats Aldine edition
lesen wir auf I, S. 266 — 267 ein zwölf Zeilen langes Gedicht
'Letze Verse' betitelt, August 24. 1770 (dem Sterbetage von
Chatterton) datiert, dazu unter dem Strich folgende Anmerkung:
Diese letzten Verse', die das Datum des Todestages des Dich-
ters tragen, erschienen zuerst in einer Ausgabe seiner Werke, in
Boston U. S. im Jahre 1857 veröffentlicht. Eine Note, 'C unter-
zeichnet, wahrscheinlich die Chiffre des Herausgebers, gibt uns
den folgenden Bericht: 'I. R. Dix Esq. hat uns freundlich die
folgenden, nie vorher veröffentlichten Verse zukommen lassen,
von denen er nachweist, dafs sie sich in Chattertons Taschen-
buch nach seinem Tode gefunden haben. Sie wurden Mr. Dix
1 Helene Richter, Chatterton, S. 244, Anm.
2 Notes and quertes, sec. IV B. IX, S. 294.
54 Chatterton -Literatur.
von Joseph Cottle gegeben, der sie von Mrs. Newton (Chatter-
tons Schwester) erhielt, doch zu spät, um sie in die Ausgabe
seiner Gedichte aufzunehmen/ Man sehe nun diesen Bericht
etwas genauer an: Dix behauptet, diese Verse von Cottle er-
halten zu haben; Cottle aber ist 1853 gestorben, konnte ihm also
nicht mehr entgegentreten — Cottle soll sie von Mrs. Newton
erhalten haben, aber zu spät für seine Ausgabe; während Mrs. New-
ton auf jede Weise diese Ausgabe von ihres Bruders Werken
unterstützte, wird sie ein so wichtiges Dokument wie die letzten
Verse zurückgehalten haben, bis es zu spät war, sie zu ver-
öffentlichen: dann wieder behält Cottle sie so lange heimlich für
sich, bis auch Dix sein Leben verfafst hat, in dem er eine solche
Menge von unbedeutenden Sachen zuerst veröffentlichte; dann
behält Dix diesen Schatz wieder bei sich, bis Cottle stirbt, um
sie dann, bei einer Ausgabe von Chattertons Werken in Amerika,
wo Dix die letzte Hälfte seines Lebens zubrachte, dem Editor
zu schenken. Es brauchte wahrhaftig nicht Dix' Name dabei
zu sein, um bei dieser Kette von Un Wahrscheinlichkeiten auf
eine Fälschung zu schliefsen. Mich hat auf diesen Gedanken
allerdings zuerst der Stil des Gedichtes gebracht, der gar nichts
von Chatterton hat. Er wird verzweifelt und verdüstert gewesen
sein, als er den letzten Entschlufs fafste, so sentimental aber und
abgeschmackt, wie besonders die letzten Zeilen dieses Gedichtes
sind, hätte er niemals gedichtet.
Und dem gleichen starken Verdacht, wie diese letzten Verse,
unterliegen auch die Zeilen an Walpole.1 Dix hat sie zuerst
ohne Angabe ihrer Herkunft veröffentlicht. Sind aber die letzten
Verse falsch, was wohl kaum einem Zweifel unterliegen kann,
so wird auch dies Gedicht, das im Stile mit dem letzten eine
sehr grofse Ähnlichkeit hat, gefälscht sein. Auch dieses trägt zu
stark das Gepräge des 19. Jahrhunderts und ist bei genauerem
Zusehen mehr ein Resume' von Gedanken, wie sie sich der Bio-
graph Chattertons von den Empfindungen des jungen Dichters
nach dem Zusammenbruch seiner Hoffnungen macht, als der ur-
sprüngliche Ausdruck bei dem Dichter selbst. So schreibt
De Quincey später über Walpole 'he himself being one of the
1 Skeat I, S. 32.
Chattcrton-Literatur. 55
fevv men in any Century, who had practised at a maturer agc
that very forgery, which in a boy of seventeen he reprehended
as unpardonable. Did he, or did he not introduce his ovvn Castle
of Otranto as a translation from an Italien Ms. of one Muralto?'
Damit vergleiche man das Pseudogedicht von Chatterton 'The
boy, who friendless, fatherless, forlorn, Asks thy high favour - —
thou mayst call nie cheat. Say, didst thou never practise such
deceit? Who wrote Otranto? but I will not chide/ Chatterton
selbst aber schreibt über diese Affäre: 'Ich begaun mit ihm eine
literarische Korrespondenz, die endete wie wohl die meisten dieser
Art. Ich war mit ihm über das Alter eines Manuskriptes ver-
schiedener Meinung. Er besteht auf der Überlegenheit seines
Talentes, was kein Beweis von Überlegenheit ist. Möglicherweise
werden wir uns noch in einer der Zeitschriften auseinandersetzen,
wenn ich auch nicht weifs, wer den Anfang machen wird/ 1
Es unterliegt keinem Zweifel, dafs dieser Brief durchaus
renommistisch, mit der Absicht zu imponieren, geschrieben ist,
aber wir haben keine Aufserung von Chatterton in Prosa oder
Poesie, die uns eine Stimmung so sentimental — und so offen
vermuten liefse. Das Gedicht ist in Versmafs und Stil etwas dem
sogenannten Testament Chattertons nachgeahmt, aber gerade der
Vergleich damit zeigt auch den grofsen Unterschied. Jeder, der
den Charakter des seltsamen Knaben studiert hat, mufs sehen,
wie fremd ihm die Verse, die Dix veröffentlicht, sind.
Wenn wir nun all diese Schmarotzergewächse der Fälschungen,
mit der eine mifsverstandene Romantik die historische Erscheinung
des Dichters umgeben hat, losgelöst haben, so bleibt das Bild der
Wahrheit darum nicht geringer und uninteressanter; im Gegenteil,
man sieht erst, wie äufserlich, unwesentlich und schief all diese
nachträglichen Ausschmückungen sind. Die eigentlichen Probleme,
die sein Leben und seine Werke bieten, treten nur reiner und
klarer in den Vordergrund. Das Seelenbild bleibt in seiner selt-
samen Gröfse bestehen, nur befreit von einem guten Teil falscher
Sentimentalität; auch hier erweist sich das echte und wahre Leben
weit reicher und interessanter als jede tendenziöse Erfindung.
1 Skeat I, S. 333.
Bonn. M. Gothein.
Die Bedeutung des Wortes 'romantic1
bei Fielding und Smollett.
Eines der schwierigsten "Wörter hinsichtlich der Bedeutung ist
das Wort 'romantisch'. Es ist daher sehr wichtig, dem Gebrauche
desselben bei den einzelnen Schriftstellern nachzugehen. Dafs es
aus dem Englischen stammt, ist wohl aufser Zweifel. Das Grund-
wort roman erscheint im Mittelenglischen mit einem t, und das davon
gebildete Adjektiv lautet daher romantic, während das französische
Adjektiv, direkt von der Form roman gebildet, romanesque lautet.
Als Zeit des frühesten Vorkommens des Wortes romantic im Eng-
lischen gilt die Mitte des 17. Jahrhunderts, worauf Ludwig Fried-
länder (Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms, 5. Aufl., Teil II,
S. 245) hinweist. Friedländer beruft sich auf Stellen in Pepys und
in Evelyns Tagebuch. Es begegnet bei diesen Autoren sowohl auf
Menschen wie auf Naturscenen angewandt. In welchem Sinne es
in letzter Hinsicht gebraucht ist, besagt ein Eintrag Evelyns vom
23. Juli 1679 (der bei Friedländer übersehen ist): I went to Clifden,
that stupendous natural rock, wood, and prospect, of the Duke of
Buckingham's, buildings of extraordinary expence. The grotts in
the chalky rock are pretty: 'tis a romantic object, and the place alto-
gether answers the most poetical description that can be made of
solitude, precipice, prospect, or whatever can contribute to a thing
so very like their imaginations.' Also Evelyn gebraucht das Wort
für eine ganz charakteristische Landschaft: wie heute noch sind ihm
das Aufsergewöhnliche, das Grofsartige, auch das Düstere (Grotten)
1 The diary of John Evelyn, ed. by William Bray, Lond. & New- York
1889, S.^229.
Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielrling und Smollett. 57
und daß Einsame (solitude) Merkmale einer romantischen Landschaft.
Objektiv betrachtet hat auch die spätere Zeit, wie Addison,1 das
Wort in diesem Sinne aufgefafst. Aber bei Evelyn sehen wir deut-
lich noch einen subjektiven Gefühlswert dem Worte innewohnen: er
nennt diese Landschaft poetisch. Addison aber findet keinerlei Wohl-
gefallen an solchen Landschaften. Erst Thompson will mit dem
Worte romantic offenbar wieder etwas Schönes und Gefälliges be-
zeichnen in den von Friedländer (S. 246) angezogenen Stellen aus
Spring 1025 und Auturan 789.
In Bezug auf Personen führt Friedländer einen Eintrag Evelyns
vom 23. September 1680 an, ohne ihn abzudrucken und ohne den
Sinn des Wortes festzustellen. Die Stelle gibt ein Gespräch wieder,
das Evelyn mit einem Italiener über die Königin Christine von
Schweden führte, und lautet: He spake high things of that romantic
Queene's learning and skill in languages, the majestic of her behaviour,
her exceeding wit and that the histories she had read of other coun-
tries, especially of Italy and Rome had made her despise her owne.
That the real occasion of her resigning her Crowne was the Noble-
men's importuning her to marrie, and the promise which the Pope
had made her of procuring her to be Queene of Naples which also
caus'd her to change her religion; but she was cheated by his crafty
Holiness, working on her ambition, that the reason of her killing
her secretary at Fountaine Beleau was his revealing that intrigue
with the Pope. But after all this I rather believe it was her mad
prodigality and extreme vanity, which had consum'd those vast trea-
sures the greate Adolphus, her father, had brought out of Germany
during his [campaigns] there and wonderfull successes; and if she
had not voluntarily resign'd, as foreseeing the event, the Estates of
her kingdom would have compelFd her to do so.
Sicher ist hier das Wort romantic ein Urteil Evelyns über die
Königin und nicht das des Italieners. Schwer ist es, einen genauen
Sinn hineinzulegen; jedenfalls soll es ein abfälliges Urteil sein. Der
subjektive Wert, den das Wort, auf Personen angewandt, zum Aus-
druck bringt, ist also dem entgegengesetzt, den es gerade bei
Evelyn für Naturscenen bezeichnete.
1 S. lie von Friedländer, 1. c. S. 246, angeführte Stelle aua : 'Remarks
on aeveral parts of Italy etc. in the years 1701 — 1703.'|
58 Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett.
Suchen wir nach Beispielen, aus denen sich etwas mehr für den
objektiven Inhalt des Wortes sehliefsen läfst, so begegnen uns zu-
nächst solche, die auf den Zusammenhang des Wortes mit den Ro-
manen der damaligen Zeit, besonders mit den Ritterromanen hin-
weisen. Der Inhalt dieser Gattung ist als gänzlich 'erdichtet' ver-
schrien. Diese Bedeutung erhält nun das Wort romantic, und damit
verbindet sich als subjektive Empfindung die Vorstellung des Phan-
tastischen. Den Menschen, den man mit diesem Worte benennt
oder ihn mit dieser Vorstellung in Verbindung bringt, will man als
einen Schwachkopf hinstellen. Dies ist die Absicht D'Avenants, der
in seinem Lustspiel 'The man's the master' (1668) den Ferdinand
sagen läfst: This style is somewhat romantic. My fowlish daughter
never reads romances, but for my part, I esteem Amadis and all
such discreet records of love and honor. Daher gebraucht auch
Richard Steele in seinem 1722 aufgeführten Lustspiel 'The con-
scious lovers', I. Akt, 2. Scene, das Wort im Sinne von phan-
tastisch. Bevil junior hat seinem alten Diener Humphrey die Er-
lebnisse seiner Geliebten erzählt, wobei ihn Humphrey mit der Frage
unterbricht, ob seine eigene Leidenschaft für das Mädchen es sei
oder deren Leidenschaft für ihn, die ihm die Abneigung gegenüber
einer von seinem Vater vorgeschlagenen Heirat eingeflöfst habe.
Darauf gibt ihm Bevil zur Antwort: I shall appear, Humphrey, more
romantick in my Answer, than in all the rest of my Story; for tho'
I dote on her to death, and have no little Reason to believe she has
the same Thoughts for me, yet in all my Acquaintance, and utmost
Privacies with her, I never once directly told her, that I loved. Die
eigenartige Begründung zeigt uns, dafs wir dem Worte die obige Be-
deutung geben müssen. Ähnlich werden wir dies Wort bei Pope auf-
zufassen haben, wenn er Dunciade III von 'the maid's romantic wish'
redet.
Diese üble Bedeutung verliert das Wort erst bei
Henry Fielding (1707— 1754).
Auch Fielding geht aus, wie die Citate zeigen werden, von der
allgemeinsten Bedeutung, die wir bisher festgestellt haben, nämlich
'erdichtet, aus der Phantasie geschöpft'. Aber gerade er, der in
seinen Romanen immer wieder betont, er wolle mit der bisherigen
Romantechnik brechen, indem er nur das Wahre darstelle, erklärt,
Pie Bedeutung des Wortes 'rom.iTitic' bei Fielding und Smollott. r>0
dafs das Ideale öfter im Leben zur Wahrheit werde, als gewöhnliche
Naturen anzunehmen geneigt seien. So werden bei ihm diejenigen
Menschen, die sich in idealer Weise über die eigennützigen, nur auf
den materiellen Vorteil bedachten Menschen erheben, romantisch ge-
nannt. Und zwar gebraucht Fielding das Wort durchweg zur Be-
zeichnung eines idealen Gefühlslebens; sein Werturteil geht also
stets auf den Inhalt, nicht auf die Form. Auch wo er daher das
Wort auf Naturscenen anwendet, tut er dies nur, indem er die Natur
mit den romantischen Menschen in Beziehung bringt. Der Typus
eines solchen romantischen Helden begegnet uns schon in Fieldings
erstem Werke, dem Lustspiel 'Love in several masques' (1728): Hier
hat er den Wisemore, einen Mann von der idealen Lebensauffassung
des Alceste in Molieres 'Misanthrope', zu solch einem romantischen
Helden gemacht. Denn dafs diese Molieresche Figur hier verwertet
ist, scheint mir aus folgenden Gründen sicher: In dem Stück wird
angenommen, dafs Wisemore dieselben Konflikte durchzumachen
hatte wie Alceste; denn Lady Matchless sagt: You have lost an
estate for want of money and a mistress for want of wit1 [4. Akt,
2. Scene]. Ferner hat Wisemore dieselben sittlichen Anschauungen
wie Alceste, aber auch das gleiche kindliche Gemüt wie er, wenn er
der Lady Matchless auf die obige Behauptung zur Antwort gibt:
In my opinion the only title to the first should be right, and, to the
latter, merit, love and constancy. Schliefslich findet sich auch Wise-
more wie Alceste einer verdorbenen Gesellschaft gegenüber, die eine
andere Wertung der Werte eingeführt hat. Dies offenbart ihm Lady
Matchless und nennt ihn, da er trotzdem seine Ideale hochhält, ro-
mantisch: ha! ha! ha! then know, thou romantic hero, that right is
a sort of knight-errant, whom we have long since laughed out of
the world. Merit is demerit, constancy dulness, love and out-of-fashion
Saxon word, which no polite person understands.'
In diesem Sinne begegnet das Wort noch verschiedentlich:
Tom Jones, VII. Buch, 7. Kap.: He (= Mr. Blifil) was indeed
perfectly well satisfied with his prospect of success, for as to that
entire and absolute possession of the heart of his mistress which
romantic lovers require, the very idea of it never entered his head.2
1 Fielding's works, ed. James P. Browne, Lond. 1871 (10 vol.), vol. I, p. 143.
l:ibid. vol. VII, p. 319.
00 Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett.
Ebenda, VII. Bucb, 3. Kap., beifst es von der Mrs. Western,
die ihrer Nichte eine Vorlesung über die Ehe hält: which [= matri-
mony] she treated not as a romantic scheme of happiness arising from
love as it bath been described by the poets, nor did she mention any
of those purposes for which we are taught by divines, to regard it rather
as a fund in which prudent women deposit their fortunes to the best
advantage in order to reeeive a larger interest for them than they
could elsewhere.1
Ebenda, XIII. Buch, 3. Kap.: For she [= Mrs. Fitzpatrick] did
not in the least doubt, but that the prudent lady [= Lady Bellaston]
who had often ridiculed romantic love, and indiscreet marriages in
her conversation, would very readily coneur in her sentiments con-
cerning this match, and would lend her utmost assistance to pre-
vent it.2
Diese Bedeutung müssen wir auch zu Grunde legen, wenn wir
das Wort aus dem Munde der unsympathischen Personen verneh-
men, die damit die idealen Gestalten zu Phantasten stempeln wollen :
The Jesuit caugbt in his own trap, I. Akt 9. Scene:
Der junge Laroon hat seine Verheiratung mit der reichen Isabella
um eine Woche verschieben müssen; doch ist er zuversichtlich, denn
er weifs, dafs seine Geliebte ihm treu bleiben wird. Der Vater aber
meint, ein Weib gehöre erst dann sicher dem Manne, wenn er sie
bei sich im Bett habe, und fährt fort: But I suppose you are one
of those romantic whining coxeombs, that are in love with a woman
behincl her back . . .3
Good-natur'd man, V. Akt, 1. Scene: Der junge Bon-
cour hat auf sein Erbteil verzichtet, um seinen Vater vor dem Ruin
zu bewahren, findet aber dafür keine Anerkennung bei seiner Ge-
liebten, die ihn deswegen verläfst, indem sie im Hinblick auf die
ihrer wartende Armut sagt: ... I hope you do not expect me to
have the romantic ideas of a girl of fifteen to dream of woods and
deserts; you would not have me live in a cottage on love.*
Tom Jones, VII. Buch, 3. Kap., schildert Mrs. Western ihrer
Nichte mit unbewufster Ironie die von ihr selbst vertretene Liebes-
theorie mit den Worten : . . . You will allow me, I think, to have
1 Ibid. p. 361. — 2 Ibid. vol. VII, p. 204. — 3 Ibid. vol. II, p. 359.
— 4 Ibid. vol. IV, p. 75.
Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett. 61
seen the world, in which I have not an acquaintance who would not
rather be thought to dislike dislike her husband than to like him ; the
contrary is such out - of - fashion romantic nonsense, that the very
Imagination of it, is shocking.1
Bisher haben wir meist Beispiele von romantischer Liebe an-
geführt. Doch wendet Fielding das Wort auch auf andere Ideale an :
The Temple beau, I. Akt, 3. Scene: Sir Avarice Pedant,
der seinem Namen alle Ehre macht, sagt: Ah! these universities are
fit for nothing but to debauch the principles of young inen ; to poison
their minds with romantic notions of knowledge and virtue.'2
Amelia, IL Buch, 2. Kap.: Booth in der Erzählung über die
Entstehung seiner Liebe zu Amelia: I now entertained a design of
exerting the most romantic generosity, and of curing that unhappy
passion which I perceived I had raised in Amelia.3
Ebenda, X. Buch, 4. Kap.: I do not say he has ever offen-
ded her by any open declarations. Nor hath he done anything which
according to the most romantic notion of honour, you can or ought
to resent.4
Wichtig erscheinen noch Fieldings Äufserungen über das Verhält-
nis der romantisch Liebenden zu der Natur. Hierbei wird der in der
Folgezeit so oft betonte Gegensatz von Stadt und Land hervorgekehrt:
Love in several masques, II. Akt, 1. Scene: Vermilia
sagt zu Lady Matchless: Perhaps the hurry of diversions and Com-
pany keep the mind in too perpetual a motion to let it fix on one
object. WThereas in the country, our ideas are more fixed and more
romantic, courts and cities have few heroes and heroines in love.
Und noch wichtiger scheint darauf die Antwort der Lady Match-
less, in der wir wiederum vor Thomson das Wort romantisch auf eine
schöne Landschaft angewendet und die Beziehung der Natur zu den
Menschen ausgedrückt finden : Ah! Vermilia, let the jealous husband
learn from me, there is more danger in woods and purlingstreams
than in an assembly or a playhouse. When a beauteous grove is
your theatre, a murmuring cascade your music, nature's flowery lands-
capes your scene, heaven only the spectator, and a pretty fellow the
actor, — the Lord knows what the play will be.5
1 Ibid. vol. VI, p. 362—363. — 2 Ibid. vol. I, p. 191. — 3 Ibid. vol. VIII,
p. 214. — 4 Ibid. vol. IX, p. 211. — 5 Ibid. vol. I, p. 79.
62 Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett.
The author's farce, II. Akt, 10. Scene: Moneywood, die
Wirtin des Dichters, die nicht damit zufrieden ist, dafs ihre Tochter
den armen Dichter liebt: What, I suppose he has filled your head
with a pack of romantic stuff of streams and dreams, and charms
and arms. I know this is the stuff they all run on with and so run
into our debts, and run away with our daughters. — Come, confess,
are not you two to live in a wilderness together on love ? *
Joseph Andrews, III. Buch, 5. Kap., gibt der Verfasser
folgende Beschreibung einer romantischen Landschaft: ... they came
to one of the beautifullest spots of ground in the universe. It was
a kind of natural amphitheatre formed by the winding of a small
rivulet, which was planted with thick woods; and the trees rose
gradually above each other by the natural ascent of the ground they
stood on; which ascent as they hid with their boughs, they seemed
to have been disposed by the design of the most skilful planter.
The soil was spread with the verdure which no painter could imitate,
and the whole place might have raised romantic ideas in eider limbs
than those of Joseph and Fanny, without the assistance of love.''1
Tom Jones, VI. Buch, 14. Kap., sagt die Mrs. Western zu
ihrem Bruder in Bezug auf Sophia, die auf dem Lande grofs ge-
worden ist: It is living at home with you (hat she has learnt romantic
notions of love and nonsense. 3
Ebenda, XV. Buch, 2. Kap., heifst es von Lady Bellaston,
die dem Lord Fellamar erklären will, wie sich ihre Nichte Sophia
in den armen Tom Jones verlieben konnte: Alas, my lord, ans-
wered she, consider the country, the bane of all young women is the
country. There they learn a set of romantic love, and I know not
what folly, which this town and good Company can scarce eradicate
in a whole winter.4
Schliefslich seien nicht die Beispiele verschwiegen, wo Fielding
das Wort in objektiver Weise synonym mit 'aufserordentlich, unge-
wöhnlich' verwendet; er bezieht es aber in diesem Sinne nicht auf
Anschauungen und Gefühle, sondern auf Vorgänge und Ver-
knüpfungen :
Don Quixote in England, I.Akt, 5. Scene, sagt Dorothea
1 Ibid. vol. II, p. 315. — 2 Ibid. vol. V, p. 273. — 3 Ibid. vol. VI,
p. 351. — * Ibid. vol. VII, p. 321.
I)ie Bedeutung des Wortes 'romantie' bei Fielding und Sinollett. 63
im Hinblick auf die gleichnamige Heldin in Cervantes' Don Quijote
(I. Teil, Kap. 30 ff.): I wish my adventures may end as bappily as
those of my namesake Dorothea's did; I am sure they are very near
as romantie. '
Tom Jones, VII. Buch, 11. Kap., wo sich der Held bei den
Rebellen anwerben lassen will: It is no wonder, therefore, that in
circumstances which would have warranted a much more romantie
and wild undertaking, it should oeeur to him to serve as a volunteer
in this expedition.2
Amelia, V. Buch, 9. Kap.: Colonel James sagt zu Booth, der
behauptet hat, dafs er drei Jahre lang mit seinem Weibe allein ge-
lebt hat, ohne ihrer überdrüssig zu werden: This is all very extra-
ordinary and romantie to me.3
Voyage to Lisbon: Lastly, the Royal Hospital of Greenwich
which presents so delightful a front to the water, and doth such
honour at once to its buildes and the nation, to the great skill and
ingenuity of the one, and to the no less sensible gratitude of the
other, very properly closes the aecount of this scene, which may well
appear romantie to those who have not themselves seen that, in this
one instance, truth and reality are eapable perhaps of exceediny the
power of ßction. i
Tobias Smollett
kennt das Wort in zwei Verwendungen:
1) in Bezug auf Personen nimmt er es objektiv für 'aufsergewöhn-
lich', mit subjektiver Nebenbedeutung für 'übertrieben, phantastisch'.
Diesen Sinn leitet er her aus den Ritterromanen: In seinen
'Travels through France and Italy' schreibt er unter dem 10. No-
vember 1764 aus Nizza, indem er nach damaliger Anschauung die
provenzalische Sprache mit der romanischen Ursprache identifiziert:
As the first legends of knight-errantry were written in Provencal, all
subsequent Performances of the same kind have derived from it the
name of romance; and as those annals of chivalry contain extra-
vagant adventures of knights, giants, and necromancers, every im-
probable story or fiction is to this day called a romance.3
1 Ibid. vol. III, p. 76. — 2 Ibid. vol. VI, p. 404. — 3 Ibid. vol. VIII,
p. 425. — 4 Ibid. vol. X, p. 227—228.
5 The works of Tobias Smollett, in 8 vol. ed. by James P. Browne,
London 1872, vol. VIII, p. 208.
64 Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett.
Peregrine Pickle, Kap. 98, ist von einem edlen Wohltäter
die Rede, der aber bei der Allgemeinheit nur Undank geerntet hat,
insbesondere handelt es sich darum, dafs er sich einer unglücklichen
Waise angenommen hat, worüber Peregrine berichtet: Indeed the cir-
cumstanse of his espousing that cause was so uncommon and ro-
mantic, and the depravity of the human heart so universal, that some
people, unacquainted with his real character imagined his views were
altogether selfish.1
Count Fathom, Kap. 15, schreibt Wilhelmine in einem Brief
an Fathom, der angeblich in einer grofsen Geldverlegenheit ist, dafs
sie ihm eine Goldkette zur Verfügung stellen könne, und fügt hinzu:
. . . nor seek from a too romantic notion of honour, which I know
you entertain to excuse yourself from excepting this testimony of
my affection.2
Ebenda, Kap. 27: Die Eindrücke, die Fathom bei seiner
Landung in England empfängt, werden zusammengefafst in den
Satz: In a word he beheld the wide-extended plains of Kent with a
lover's eye and his ambition becoming romantic, could not help fancy-
ing himself another conqueror of the isle.3
Ebenda, Kap. 39: Captain Minikin macht Fathom mit den
Insassen des Schuldgefängnisses bekannt; unter diesen ist ein Sir
Mungo Barebones, der von dem Wahne verfolgt wird, dafs er alle
Heiden und Juden bekehren müsse. Auch Captain Minikin selbst
ist von ihm angesteckt und fügt daher hinzu: . . . and if he could
raise by in*cription such a trifling sum as twelve hundred thousand
pounds, I make no doubt but he would accomplish his aim, vast
and romantic as it seems to be.!i
Humphrey Clinker (Brief des J. Melford vom 10. Mai):
his [= Mr. Serle's] fortune which was originally small, has been
greatly hurt by a romantic spirit of gener osityj*
Ebenda (Brief J. Melfords vom 11. Juni) ist die Rede
von einem Burschen, der eine Anklage gegen Clinker wegen Strafsen-
raubes entkräftigen will: Surely the fellow would not be so romantic
as to take the robbery upon himself/6
1 Ibid. vol. IV, p. 414. — 2 Ibid. vol. V, p. 82. — 3 Ibid. vol. V,
p. 185. — 4 Ibid. vol. V, p. 269. -- 5 Ibid. vol. VII, p. 93. — 6 Ibid.
vol. VII, p. 212.
Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett. G5
2) in Bezug auf Naturscenen bedeutet romaniic für Smollett
soviel wie schön. Öfter gebraucht er das Wort, ohne Merkmale einer
solchen romantischen Landschaft anzugeben, nur um sein Wohl-
gefallen damit auszudrücken. Wenn er etwas ausführlich wird, er-
wähnt er Felsen, Ströme, Schluchten, auch die Einsamkeit; das Nähere
zeigen die einzelnen Beispiele:
Peregrine Pickle, Kap. 18: After tea Mifs Emy proposed
an evening walk, which they enjoyed through a variety of little
copses and lawns, watered by a most romantic stream that quite en-
chanted the imagination of Peregrine.1
Ebenda, Kap. 40: ... one of the gentlemen, whose friend-
ship Peregrine cultivated, frankly owned he was in possession of a
most romantic place in one of the provinces and deeply enamoured
of a country life.2
Humphrey Clinker (Brief der Lydia Melford vom
20. April): We set out for Bath to-morrow, and I am almost sorry
for it, as / begin to be in love with solitude, and this is a charming
romantic place.3
Ebenda (Brief J. Melfords vom 1. Juli): Scarborough
though a paltry town, is romantic from its Situation along a cliff
that overhangs the sea.k
Ebenda (Brief desselben vom 18. Juli): ...in the evening
[we] arrived at this metropolis [= Edinburgh], of which I can say
very little. It is very romantic, from its Situation on the declivity
of a hill, having a fortified castle at the top, and a royal palace at
the bottom.3
Ebenda (Brief desselben vom 3. September), von den
Hebriden: These last are now lying before me, to the amount of
some hundreds, scattered up and down the Deucaledonian sea, afford-
ing the most picturesque and romantic prospect I ever beheldfi
Ebenda (in demselben Brief) ... the banks of the lake
[= Longh Lornond] are agreeably romantic beyond all conception.7
Ebenda (Brief von Matthew Bramble aus Cameron,
28. August): A very little above its source [= des Leven], on the
1 Ibid. vol. III, p. 129. — 2 Ibid. vol. III, p. 286. — 3 Ibid. vol. VII,
p. 32. — * Ibid. vol. VII, p. 249. — 5 Ibid. vol. VII, p. 302. — 6 Ibid.
vol. VII, p. 332. — 7 Ibid. vol. VII, p. 336.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 5
66 Die Bedeutung des Wortes 'romantic' bei Fielding und Smollett.
lake [= Longk Lornond], Stands the house of Cameron, belonging
to Mr. Smollett, so embosomed in an oak wood, tbat we did not see
it tili we were within fifty yards of the door. I bave seen the Lago
di Garda, Albano, De Vico, Bolsena, and Geneva, and upon niy
honour, I prefer Lough Lomond to thera all: a preference which is
certainly owing to the verdant islands that seem to float upon it^
surface, affording the raost enchanting objects of repose to the ex-
cursive view. Nor are the banks destitute of beauties, which even
partake of the sublime. On this side they display a sweet variety
of wood-land, corn-field, and pasture, with several agreeable villas,
emerging, as it were, out of the lake, tili, at some distance, the pro-
spect terminates in huge mountains covered with heath, which being
in bloom, affords a very rieh covering of purple. Every thing here
is romantic beyond Imagination. This country is justly styled the
Arcadia of Scotland.1
Ebenda (von demselben, 6. September), von derselben
Gegend: Above that house [of Cameron] is a romantic glen or elift
of a mountain, covered with hanging woods, having at bottom a
stream of fine water, that forms a number of cascades in its descent
to join the Leven; so that the scene is quite enchanting. A captain
of a man of war, who had made the cireuit of the globe with
Mr. Anson, being condueted to this glen, exclaimed — 'Juan Fer-
nandez, by God!'2
Ebenda (Brief der Lydia Melford vom 7. September
aus Glasgow): The people are very courteous; and the country
being exceedingly romantic, suits my tum and inclinations.3
1 Ibid. vol. VII, p. 350. — 2 Ibid. vol. VII, p. 353. - 3 Ibid. vol. VII,
p. 363.
Berlin. Gustav Becker.
Claude Tillier als Pamphletist.
[Fortsetzung statt Schlufs.]
III.
Nachdem die von Tillier geleitete Zeitung ein so unerwünsch-
tes vorzeitiges Ende genommen, Avar, was er bei ihrer Über-
nahme zwei Jahre zuvor von sich gerühmt hatte: dafs seine
Feder frei sei wie die des Vogels in der Luft, erst bittere
Wirklichkeit geworden; auf den unsicheren Ertrag seiner Schrift-
stellerarbeit sah er sich fortan für seinen und der Seinigen Unter-
halt angewiesen. Aber er war einer von denen, die nicht leicht
verzagen. Er eröffnete eine Subskription auf eine Serie von
24 Pamphleten, dann eine zweite auf 12, die er nicht mehr zu
Ende bringen sollte. Die Zahl seiner Abonnenten gibt er 1844
auf ein- bis anderthalbtausend an; die Einnahme genügte für
die bescheidenen Bedürfnisse der Familie. In der ersten dieser
Flugschriften: Comment V Association peut etre remplacee,x spricht
er sich über Nutzen, Absicht und Form des Unternehmens aus.
Das Eingehen der 'Association' hat eine Lücke gelassen; die früher
über ihre vermeintlichen Heftigkeiten am lautesten schrien, sind
jetzt die ersten, so behauptet Tillier, ihr Verschwinden zu be-
klagen. Einige andere freilich äufsern die Ansicht, eine solche,
die Opposition vertretende Zeitung sei recht gut zu entbehren;
für die Raucher des Departements genüge, um sich ihre Cigarre
anzuzünden, das Papier des Präfekturblattes, das 'Echo de la
1 Sie ist am 7. Juli 1843 erschienen, und die nächsten scheinen mit
ziemlich kurzen Abständen, vielleicht wöchentlich eine, gefolgt zu sein.
Vgl. die 'Bibliographie' in den kürzlich erschienenen Etudes sur Claude
Tillier, Premiere Serie, par Marius Gerin. Paris 1902.
5*
68 Claude Tillier als Pamphletist.
Nievre'. Das ist gar nicht Tilliers Meinung. Er setzt den Nutzen
einer oppositionellen Zeitung auseinander, der nicht nur in dem
liegt, was sie wirklich sagt, sondern auch darin, was sie sagen
könnte :
L'arbitraire est un poltron hargneux: le titre seul d'un Journal le fait
reculer, comme avec un pistolet non charge" vous faites quelquefois reculer
un voleur. Prenez une fenille de papier; badigeonnez-la d'un peu de
politique, et comme ces cränes de rögiment qui se fönt appeler Bras-de-
Fer, Sans-Quartier, Mange-Monde, Brise-Montagne, appelez-vous le Patriote,
V Impartial, V Independant, vous ferez une peur terrible ä l'administration :
vous ne l'empecherez pas de toucher ses appointements, mais vous trou-
blerez sa digestion, vous lui ferez faire de mauvais reves; et du diable si,
en votre presence, eile s'avise de maltraiter qui que ce soit!
Dankbar sogar müfsten die Angegriffenen einem solchen
Blatte sein, das für sie eine Schutzwehr (garde-fou) ist, die sie
davor bewahrt, ganzlich in Lächerlichkeit und Absurdität zu ver-
fallen.
So wäre es natürlich das richtigste, eine neue Zeitung zu
schaffen. Hieran aber kann der mittellose Tillier nicht denken.
Der Stempel und die durch die berufenen Septembergesetze, nach
dem Fieschischen Attentat, erhöhte Kaution hatten seit 1835 in
Frankreich Zeitungsunternehmungen sehr erschwert.
Nous avons la petite vanite, nous autres Francais, de nous croire le
peuple le plus civilise du monde, et cependant, cbez nous, l'hoinme pauvre,
füt-il plein des verit^s les plus utiles et les meilleures ä dire, n'est qu'une
boite ferm^e.
Was Tillier sonst noch über die Gefährlichkeit dieses Ge-
werbes sagt, ist übertrieben. Dieselben Septembergesetze hatten
allerdings auch das Gebiet straffreier Prefsvergehen einzuschränken
gesucht, aber gerade in den ersten vierziger Jahren liefsen die
Geschworenen unter anderem die unflätigsten Angriffe Armand
Marrasts auf Louis Philippe wiederholt ohne die gebührende Be-
strafung. Das wesentliche Hindernis, das Tillier die Gründung
einer neuen Zeitung unmöglich macht, bleibt eben seine Armut.
Auf sie kommt er daher in seiner Erörterung von neuem zurück.
Und da auch der Gedanke, eine kleine Aktiengesellschaft unter
seinen Freunden zusammenzubringen, unausführbar geblieben ist,
so fragt sich Tillier, ob er nicht am besten mit den alten Gegnern
in Nevers, mit dem Bischof, mit Herrn Avril, der die 'Association'
Claude Tillier als Pamphletisf. 69
zu Falle gebracht, seinen Frieden machte, wenn sie jeder nur
3000 fr. für die neue Zeitung beisteuern wollten. Auch an die
Aristokratie seiner Heimat Clamecy hat er gedacht,
de Clamecy, champ fecond en epis, mais oü croit une poign^e de
grands imbeziles de pavots, qui veulent absolument Clever leur t§te rouge
et inodore par dessus les bl£s.
Aber im Anblick des seinem Witze so willkommenen Herrn
Paillet sind ihm solche Friedensanwandlungen leicht vergangen;
ma förocite* naturelle les a surmontees. Selon aucuns, je suis une bete
f^roce: tout ce qui me distingue de la race feline, c'est ma pipe et mon
paletot; or, une bete feroce ne vend pas sa proie, surtout quand eile est
grasse comnie celle que je tiens sous ma griffe.
Und doch, trotz allem, was entgegensteht, mufs die Furche,
die die ' Association' begonnen hat, weitergezogen werden:
il reste devant nous de grands espaces en friche ä f^conder; quand
je n'y ferais croitre qu'un epi, je ne eroirais pas avoir perdu ma peine.
Je me suis fait l'ouvrier du peuple, et tant qu'il me battra un peu de
sang dans les veines, je n'abandonnerai pas ma täcbe.
Und, er will es gar nicht verhehlen, im Grunde ist es nicht
so sehr politisches Pflichtgefühl, was ihn antreibt, sondern die
Freude an diesem Kampfe gegen die 'triviale' Herrschaft der
Reichen. Er war nur eine kleine Mücke, als er gegen das gröfste
Tier (le plus gros animal) dieses Systems, gegen den König von
Clamecy, Herrn Dupin den Alteren anging; damals hätte viel-
leicht der arme Schulmeister einen goldenen Bakel erlangen kön-
nen, wenn er seine Fahne hätte aufgeben wollen:
mais le plat et monotone bonheur du riche ne me convient point;
c'est le ciel bleu de l'Egypte que ne traverse aueun nuage ; c'est le souffle
toujours tiede que l'eternel printemps vous jette ä la face; c'est l'eternel
cantique que les elus cbantent dans le paradis, toujours sur le menie air;
c'est l'immuable sourire d'une statue qui vous regarde toujours du meine
oeil, et que parfois vous souffletteriez.
Tillier siud diese Kämpfe für die politisch Unterdrückten
unentbehrlich. Wäre ihm seine Waffe, die Feder, genommen,
dann würde sein Leben leer und langweilig sein wie das eines
pensionierten Hauptmanns; er müfste an der Fettsucht sterben.
Also durch eine Folge von Pamphleten will er zwar nicht
die eingegangene Zeitung ersetzen, aber doch zunächst die ge-
lassene Lücke zur Not ausfüllen. Wovon er sprechen wird, weifs
70 Claude Tillier als Pamphletist.
er selber noch nicht recht. Er wird, wie ein auf Abenteuer aus-
ziehender Ritter, seinen Weg erst suchen, nachdem er im Sattel
sitzt. Inzwischen sagt schon der Titel, den er für seine Flug-
schriften gewählt hat: 'De choses et d'autres', dafs er alle Gegen-
stände berühren wird, die ihm zugänglich und für seine Leser
passend sind. Und hier wird er sogar einen Mangel der früheren
Zeitung ergänzen können, er wird auch ganz lokale Angelegen-
heiten behandeln. Gern wird er ihm zugehende Notizen auf-
nehmen und verarbeiten. Wenn solche Zuschriften für ein Pam-
phlet nur irgeud verwendbar sind, sollen sie einen Ehrenplatz
darin erhalten. Und er fügt die für den Schriftsteller Tillier
besonders bezeichnenden Worte hinzu:
II n'est pas besoin pour cela qu'elles prerment l'habit babille d'un
beau style et qu'elles soieut brod^es de brillantes m£taphores. Ne vous
genez pas, adressez-les-moi telles qu'elles seront tombees de votre plume.
Vous savez que pour faire un civet il faut un lievre; or, envoyez-moi lc
lievre, et je vous ferai le civet.
Zum Schlufs weist er noch den albernen Vorwurf zurück,
dafs er für Geld schreibe; denn ebensowenig wie irgend eine
andere Arbeit wird diese durch ihren Lohn entwürdigt. Er ge-
hört nun einmal leider zu der grofsen Menge derer, die von
ihrer Arbeit leben müssen; und da er nichts versteht, als seine
Sprache leidlich zu schreiben, so mufs er eben schreiben, um zu
leben. Wenn er nicht so viel bringen wird wie die 'Association',
so werden dafür seine Pamphlete auch nicht allerlei überflüssigen,
gleichgültigen Notizenballast mitschleppen, von dem jede Zeitung
umgeben ist wie die Melone von ihrer Schale, um so dicker, je
schlechter die Zeitung und die Melone ist. Wer übrigens nur
auf Silbenzahl und Papier abonnieren will, kann sich ja an das
Regierungs- und Priesterblatt, das 'Echo de la Nievre' halten.
Gleich das erste seiner Pamphlete zeigt uns Tillier in über-
mütigster Angriffslust. Es ist gegen den Klerus, vor allem
gegen den neuen Bischof gerichtet, der vor kurzem erst, am
21. März 1843, in Nevers eingezogen war.
In den ersten Jahren der revolutionären Monarchie mufste
der französische Klerus sich sehr zurückhalten, und noch längere
Zeit dann blieb er voll Mifstrauen gegen die neue Regie-
rung. Nachdem er aber, etwa seit 1837, der veränderten poli-
Claude Tillier als Famphletist. 71
tischen Lage sich anzupassen begonnen hatte, gewann er über-
raschend schnell seinen alten Einfluß» zurück; seit 1839 liefs die
Kegierung wieder eifrig ultramontane Priester die bischöflichen
Stühle einnehmen. Zu ihnen gehörte auch der neue Bischof von
Nevers, M^1 Dominique-Augustin Dufetre. Er war ein ansehn-
licher Verwalter seines hohen geistlichen Amtes. Die sinnen-
umfangende mystische Pracht des katholischen Kultus hatte einst
schon das Auge des Kindes entzückt und den Knaben gegen
den Wunsch des Vaters in den Dienst der Kirche gezogen; und
wie er sich in jenen jungeu Jahren unter den anderen Chor-
knaben durch anmutige Gewandtheit hervortat, so blieb ihm zeit
seines Lebens die Neigung und ein besonderes Geschick zu
würdevoller Ausübung der heiligen Amtshandlungen. Auch sein
religiöses Gefühl war von Anfang an lebhaft und unbedenklich
allen traditionellen Glaubensformen zugewendet; und als sehr
bald in ihm die Gabe starker persönlicher Wirkung durch freie
Ansprache, zumal vor grösseren Zuhörermassen, sich zeigte, da
wurde es lange Jahre hindurch sein leidenschaftlich geübter Beruf,
als Missionsprediger und Leiter von Andachtsübungen den kirch-
lichen Glauben in einer überwiegend unkirchlich gesinnten Zeit
bei Laien und Priestern neu zu beleben.
Alle äufseren Mittel des Redners hatte er völlig in seiner
Gewalt. Wenn sein Wort von der Kanzel oder auf freiem Platz
eine oft nach Tausenden zählende Zuhörermenge mühelos be-
herrschte, dann konnten, solange sie ihn hörten, auch feinere
Geister dem starken Eindruck dieser strömenden Redekraft sich
nicht entziehen. Erst die ruhig zurückkehrende Erinnerung
fand, dafs das Gehörte seine rasch zündende Wirkung nicht
gerade aus seinem Gehalt, sondern zunächst durch den Ton und
Vortrag des Redners empfing. Daher auch blieb seine in so
vielen Diözesen Frankreichs mit Beifall aufgenommene Predigt
in dem anspruchsvolleren Paris, das noch dazu gerade damals
diu A\ geistliche Redner wie Lacordaire und Ravignan verwöhnt
war, ohne merkliche Wirkung. Den feineren Forderungen eines
zweifelnden, suchenden religiösen Bedürfnisses konnte sie doch
nur wenig genügen.
Dieser Mann, der die 'pre'dication exterieure ou apostolique',
die Lacordaire als seinen Lebensberuf bezeichnete, in der Pro-
72 Claude Tillier als Pamphletist.
vinz jahrelang mit so grofsem Erfolg ausübte, dafs man ihn
geradezu den provinzialen Lacordaire seiner Zeit nennen kann,
war von Natur nicht auf tiefere Gedankenarbeit, sondern auf
energisches Schaffen in praktischer Tätigkeit augelegt. Stark
und hoch gewachsen, von männlich schöner Körpergestalt, fühlte
er vor allem das Bedürfnis, immer umgetrieben, unablässig im
Dienst seiner Kirche beschäftigt zu sein. Der sichtbare prak-
tische Erfolg zunächst war auch das Ziel seiner Predigt, die vor
aller Augen sich darstellende Zurückführung gleichgültig gewor-
dener Massen in den Schofs der kirchlichen Mutter. Wenn nach
mehrwöchigen von ihm geleiteten Andachtsübungen Tausende
zur Kommunion sich drängten, wenn als Ertrag eines Missions-
feldzuges gegen unmoralische Bücher und bildliche Darstellungen
ein Scheiterhaufen aus Bänden Voltaires und anderer unfrommer
Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, von den Neubekehrten auf
öffentlichem Platze aufgestapelt, vor ihm stand, dann war er wie
ein siegreicher Feldherr der getanen Arbeit von Herzen froh.
Aber auch die raschen Eroberungen dann durch geistliche
Stiftungen auf längere Dauer äufserlich zu befestigen, verstand
er wie wenige sonst. Waisenhäuser, Rettungshorte, Vereine wohl-
tätiger Frauen verdankten in den Städten, die er besuchte, dem
Unermüdlichen ihr Entstehen. Als bischöflicher Bauherr vor
allem, als Gründer oder Wiederbeleber von Instituten, die der
Wohltätigkeit, der Priester- und Volkserziehung gewidmet waren,
ist er in seiner Bischofsstadt den Nachlebenden in der Erinne-
rung geblieben. Im amtlichen Verkehr mit seinen Untergebenen
war er, wie das energisch und rasch handelnde Männer ja leicht
ankommt, oft schroff und verletzend, ebenso schnell aber auch
bereit, die Aussöhnung der unversehens Gekränkten zu suchen ;
mit der Zeit konnten doch alle unter der scharfen Schale den Kern
angeborener Herzensgüte und treuer Fürsorge an ihrem Ober-
hirten erkennen. Es trifft sich eigen, wie auch von ihm der an
Tillier erinnernde Zug erwähnt wird, dafs er unter Freunden unge-
zwungen heiter und liebenswürdig zu sein pflegte, gegen Ferner-
stehende aber leicht eine etwas schroffe Würde herauskehrte. Er
war im Grunde ein guter, lebensfrischer Mann, vom hohen Wert
und Ernst seines geistlichen Amtes ganz erfüllt, aber auch un-
ermüdlich in der praktischen Übung christlicher Pflichten.
Claude Tillier als PamplleÜBt. 73
Diese schlicht menschlichen Seiten seines Wesens jedoch er-
kannten selbst unbefangene und wohlwollende Beobachter erst
mit der Zeit an dem neuen geistlichen Würdenträger; Tillier aber
war zunächst nur überaus kritisch gestimmt und voll Argwohn.
Der prächtige Einzug am 21. März, überhaupt das theatralisch
imposante Auftreten des neuen Bischofs in der Öffentlichkeit
erregten in ihm, dem ein formloses Wesen im Verkehr natür-
lich war, Widerwillen und offenen' Spott. Die hastigen Lob-
reden des rEcho de la Nievre' taten das ihre, diese Stimmung
zu steigern. Acht Tage nach seinem Einzüge besuchte der neue
Bischof das College von Nevers, ein Ereignis, versicherte das
Echo, das in den Fasten dieser Anstalt Epoche machen werde:
alle Anwesenden seien unter dem Zauber der hinreifsend unge-
zwungenen Rede M-1 Dufetres geblieben. Die Attribution der
'eloquence abondante et facile' bleibt seitdem in Tilliers Pam-
phleten dem Gegner angeheftet wie das Beiwort eines homerischen
Helden; und das Geständnis des gerührten Verfertigers eines
noch überschwenglicheren Berichtes derselben Echo-Nummer, er
sei durch des Bischofs rednerische Gaben an den heiligen Vin-
cenz von Paula und an Fenelon zugleich erinnert worden, wird
ebenso von Tillier später reichlich ausgebeutet.
An dem Ereignis aber, das Tillier den Stoff zu seinem ersten
Pamphlet gegen Mul Dufetre lieferte, der feierlichen Einführung
einer neuen Heiligen, Flavia, in die Kathedrale Saint-Cyr von
Nevers im Juni 1843, war der Bischof nur mitwirkend, wenn
auch vermöge seines hohen geistlichen Amtes natürlich an erster
Stelle beteiligt. Nicht ihm, sondern dem Generalvikar Abbe"
Gaume verdankte die Kirche den Erwerb dieser Märtyrerreste.
Sie waren im Jahre 1838 in Rom in den Katakomben der hei-
ligen Priscilla entdeckt worden; der Name Flavia, den der Sarg
trug, genügte dem glaubenseifrigen Abbe, die Inhaberin dem be-
kannten Geschlechte der römischen Kaiser zuzuweisen, und das
kleine Bronzegefäfs, in welchem nach damals allgemeiner An-
nahme Blut der Gemarterten aufbewahrt wurde, gab ihm auch
die Gewifsheit, dafs diese Flavia als Christin für ihren Glauben
eines gewaltsamen Todes gestorben war. Er erbat und erlangte
im März 1842 vom Papst Gregor XVI. die Gebeine, welche
man noch gefunden hatte, für eine Kapelle der Kathedrale von
74 Claude Tillier als Pamphletist.
Nevers und erhielt dann auch über die Echtheit der Reliquien
ein apostolisches Zeugnis, das er am 21. Juni 1843 dem Bischof
Dufetre überreichte. Nachdem durch Bischof und Kapitel die
päpstlichen Briefe geprüft und ordnungsgemäfs befunden, mithin
jeder Zweifel ausgeschlossen war, wurde die neue Heilige am
Peter-Paulstage (29. Juni) früh um sieben Uhr in grofser Pro-
zession aus dem bischöflichen Palast in die Kathedrale über-
führt; man hatte ein Wachsbild anfertigen lassen, dem in Kopf,
Brust, Händen und Füfsen die meisten Gebeine eingefügt waren.
M«r Dufetre celebrierte die Messe und unterrichtete die Gemeinde
von Saint-Cyr über die Herkunft ihrer neuen heiligen Flavia.
Dann blieb sie noch neun Tage der Verehrung der Gläubigen
ausgestellt. *
Sehr lebendig, in behaglichster Laune führt uns der Eingang
des Pamphlets Sa inte Flavie diese öffentliche Reliquienweihe
vor Augen. Über quälenden Gedanken ist Tillier des Morgens
erwacht und hat sich daher zu einer Pilgerfahrt nach Saint-Cyr
aufgemacht; wenn er noch, wie 1841, nie Saint-Martin wohnte,
dauerte sie nur wenige Minuten. Da, wie er der Place Ducale
(dem Platz vor dem alten Herzogsschlosse, wo heute seine Büste
steht) näher kommt, tönt Chorgesang an sein Ohr; neugierig tritt
er heran:
deux raugees de femmes de toutes couleurs et aussi de toute vertu,
formaieut, sur la place Ducale, comme deux haies en fleurs au milieu
d'une prairie, un gracieux chemin de traverse. Au-dessus de ces gazes et
de ces rubaus, la mitre de M. Dufetre elevait, avec une grande majes?t£,
son double pignon, et le bec de corbin de sa canne episcopale resplen-
dissait au soleil, entoure d'une plelade de tonsures. C'6tait le chapitre
qui se livrait ä la fatigante manceuvre de la procession.
Er nähert sich noch mehr und erkennt nun ein schönes junges
Mädchen aus Wachs, getragen auf einer prächtigen Sänfte, die
mit acht stämmigen Priestern im reichen Geschirr ihrer Meis-
gewänder bespannt ist. Sie ist in scharlachfarbenen Sammet ge-
kleidet und trägt eine blonde, von der geschickten Brennschere
eines heimischen Haarkünstlers nach Pariser Mode frisierte
Perücke. Tillier erkundigt sich, wer das sei. Die ist von ausser-
halb frisch angekommen, antwortet eine von den kecken Frauen,
1 Crosuier, Hagiologie Nivernaise, Nevers 1858, S. 241 ff.
Claude Tillier als PampMetiBt. 75
deren Zunge kein Geschlecht hat; eine ehrwürdige Matrone aus
der guten Gesellschaft aber reicht ihm eine Broschüre mit den
Worten: Lesen Sie, mein Herr, und bekehren Sie sich. Und er
liest in der von Abbe" Gaume verfafsten Schrift, dafs auf die
Frage, wer sie sei, die schöne Unbekannte antworten würde: ich
komme aus der heiligen Stadt der Märtyrer, ich heifse Flavia.
Schon dieser Name, sagt der Verfasser weiter, die Lage, in der
die Heilige in den Katakomben gefunden wurde, die historischen
Anhaltspunkte — alles kommt zusammen, um die Behauptung
zu rechtfertigen, dafs unsere hochherrliche Märtyrerin zur Familie
der Flavier gehört, der kaiserlichen Familie, welcher Titus, Ves-
pasian, Domitian entsprossen sind.
Dieses Ursprungszeugnis scheint Tillier etwas dürftig zu
sein. Er sucht darum später die neue Heilige selber auf, kniet
vor ihrem Schrein nieder und beginnt sich mit ihr über ihre
Herkunft und die Beweise ihrer Identität zu unterhalten :
Je vous prie, madame, de ne point prendre en maiivaise part la
question que je vais vous faire; eile ne m'est inspiree que par le vif in-
t£ret que je vous porte: en vous voyant si belle et surtout si bien coifffo,
im protestant hü-meme vous adorerait. Jugez donc si moi qui suis . . .
Pas tant de compliments, monsieur! me repondit la belle inconnue;
me prenez-vous pour une grisette? Allons au fait, s'il vous plait.
Eh bien! oui, madame, allons au fait.
Und es folgt eine aus Spott und Ernst gemischte Erörte-
rung Claude Tilliers über die kecken historischen Behauptungen
und Schlüsse des Abbe" Gaume. Er schliefst sie mit der Be-
merkung, dafs er an Stelle der Heiligen dem Abbe' wenig dank-
bar sein würde für die von ihm behauptete greuliche Herkunft
und für die Verwandtschaft mit Domitian,
comme si la rose et la cigue pouvaient crottre sur la meme tige! . . .
quand ;1 viendrait me dire devant ma chässe:
'Depuis longtemps je r^pands mon äme en votre presence, vous sup-
pliant, etc. etc.' je lui repondrais : M. Gaume, allez repandre votre ,äme
ailleurs.
Apprenez, monsieur, me repondit la vierge, que je ne fais de mal-
honn&tetes ä personne.
Eh bien 1 soit, madame ! que M. Gaume repande son äme devant vous
tant qu'il lui plaira; mais, franchement, est-ce que vous faites des mi-
racles?
Certainement, monsieur, me repondit-elle.
76 Claude Tillier als Pamphletist.
Damit wendet sich die Unterhaltung der Wundertätigkeit
der neuen Heiligen zu. Zunächst rasch einige Stiche Tilliers auf
alte und neue Gegner:
Alors, donneriez-vous bien un pcu d'esprit ä VEcho de la Nievrel
Pourquoi non, monsieur? est-ce que la puissance de Dieu n'est pas
infinie?
Inspireriez-vous bien un petit discours de dix minntes au depute"
de l'arrondissement de Cosne?
Cela ne me parait pas impossible ; Dieu a bien tire" une source d'eau
vive d'un rocher.
Et le roi de Clamecy, M. Dupin ain£, l'homme au boutoir, feriez-
vous bien en sorte qu'ayant parle blanc il ne dit pas noir? ,
La langue et la pens^e des mortels sont entre les mains de Dieu,
mou eher monsieur Claude.
Enfin, madame, pourriez-vous elever d'un cran plus haut M. Dufetre
dans sa propre estime?
Oh! pour cela, monsieur, c'est impossible.
Zur Einleitung der nun folgenden Erörterung zeigt Tillier
zunächst ganz rationalistisch — denn Eationalist war wesentlich
der in Phantasie und Gemüt so leicht bewegliche Mann — den
religiösen Widersinn des Gebetes, wenn es als besondere, gar ein
Wunder verlangende Bitte ~ aufgefafst wird; und er warnt zu-
gleich die neue Heilige vor gesetzwidriger, weil unbefugter ärzt-
licher Wirksamkeit. Zum Beweise, dafs sie von der Staatsanwalt-
schaft nichts zu fürchten habe, erzählt sie ihm ein letzthin von
ihr geleistetes Wunder.
Ces jours passes, une femme m'amene une espece de petit aveugle;
eile le plante ä genoux devant ma chässe, lui pose un chapelet entre les
mains et lui ordonne de r^citer. Or, cette vieille imbezile m'avait amene
un aveugle de bon aloi, et il fallait que je lui rendisse la miniere; vous
concevez que j'aurais au taut aime- qu'elle se füt adressee ä un„oculiste.
Quand le gamin eut bien tourne" et retourne* son chapelet, on lui met un
morceau d 'Stoffe sous les yeux, et on lui demande de quelle couleur eile
est; il r£pond sans h^siter qu'elle est rouge; or, Feto ff e 6tait noire. On
lui en präsente un second, un troisieme, un quatrieme, tous les Chiffons
enfin que les vieilles femmes ont dans leurs poches; toujours ce vilain
petit eraille devinait ä l'envers; et personne lä, pas le moindre sacristain
pour le souffler! Vous concevez, monsieur, quelle dut etre maconfusion!
une proche parente de Domitien rester en figure d'äne devant tout le
public de la neuvaine! ... Je suais sous le velours de ma pourpre comme
si j'eusse eu la fievre cebrale; je me repentais presque de m'etre laiss^e
faire martyre par M. Gaume, et s'il se füt trouve lä, je lui aurais donne
de ma palme d'or au visage.
Claude Tillier als Paniphletist. 77
Quoi ! madame, vous vous seriez port^e ä cette extremite* !
Sans doute, monsieur; une sainte n'aime pas plus qu'uu autre qu'on
la ballotte. Heureusement, un bon jeune homme me vint en aide; il
s'approche de mon aveugle, et passant une rose sous son nerf olfactif,
'nion and' lui dit -dl, 'qu'est cela?' Alors, les yeux du malade s'illu-
minant tout-ä-coup, il repondit: 'Monsieur, c'est une rose'. C'est ainsi
que je gu£ris ce petit malheureux de sa cöcite. Bon jeune homme, va,
si jamais tu veux une place — dans le banc d'oeuvre, tu peux t'adresser
ä moi.
'Voilä, certes, un miracle tres bien exöcuteV
mit diesen Worten spricht Tillier der Heiligen seine Anerken-
nung aus. Schon aber hat er einen neuen Skrupel vorzubringen.
Es scheint ihm doch sehr seltsam, dafs Gott vorzüglich so vielen
Heiligen niederen Ranges die Kraft, Wunder zu tun, verliehen
habe, nicht vielmehr den Aposteln oder auch den alten Vätern
seiner Kirche, die Männer der Tat und des Gebetes zugleich
gewesen sind, die, statt auf irgend einer Arena fruchtlos ihr
Blut zu vergiefsen, bis ans Ende ihres Lebens die zwiefache
Last der kirchlichen Verwaltung und der christlichen Predigt ge-
tragen haben. Hierüber hat Tillier kürzlich auch seinen Schütz-
patron, den heiligen Claudius, befragt, und der hat ihm ver-
sichert :
Si Dieu accordait ä une fillette de vingt ans, sous prötexte qu'elle
a 6te" vierge, un privilege qui me serait refuse* ä moi, vieux saint ä barbe,
qui ai v£cu quatre-vingts ans dans les privations du cölibat ... je depose-
rais ma barbe et mon aureole au pied de son tröne öternel, et j'irais des
demain m'engager dans les dragons.
Ferner aber haben die Wunder überhaupt das gewichtige
Bedenken gegen sich, dafs sie die Naturgesetze aufheben:
les lois de la nature, c'est la charte de l'univers, et je ne sais trop
si Dieu, alors qu'il en suspend l'execution, ne commet pas une illegalitö;
d'ailleurs. c'est sur ces lois eternelles que la conservation de la sociöte
est fondee et que les lois humaines ont leur base; il n'y aurait plus rien
de stable, rien d'assure parmi nous, si nous avions en France trois ä
quatre cents bienheureux qui eussent le privilege des miracles.
Und er zeigt, wie im Laude die verschiedensten öffentlichen
und privaten Verhältnisse dadurch verwirrt werden müfsten. Nur
um ganz aufserordentliche unentbehrliche Wirkungen hervor-
zubringen, sollte Gott allenfalls, und dann durch gewaltige, weit-
hin Eindruck machende Wunder, den gesetzlichen Naturlauf
78 Claude Tillier als Pamphletist.
unterbrechen dürfen, nicht aber durch obskure, anfechtbare, die
an das Wunder erinnern, das einmal auch dem Onkel Benjamin
in Mulot gelang. l
'Ich habe Sie ausreden lassen/ antwortet endlich die Heilige;
mais, selon vous, les martyrs, ce n'est donc que racaille, lors meme qu'ils
reunissent sur leur blason une couronne de vierge ä, leur palme? Si teile
£tait votre opiniou, nionsieur, vous devriez bien nie prier de vous en gue>ir.
Das ist nun in Wahrheit nicht Tilliers Meinung.
A Dieu ne plaise que je veuille rabaisser les martyrs! ces couvictions
inflexibles qui meurent plutöt que de ceder, ces d^voiiments qui se laissent
torturer par le bourreau et montent d'un pas ferme ä l'echafaud, sont,
sans doute, ä quelque cause qu'ils appartiennent, de belles et grandes
choses; mais enfin, ces martyrs, quels sont-ils? des hommes qui ne sont
connus que par leurs suppüces, souvent que par un nom furtivement
grave* sur une muraille, et auxquels on a fait un autel de leur echafaud.
Von ihrem Heiligenschein will Tillier sich doch nicht blenden
lassen. Er sieht Egoismus in einer Aufopferung, die das irdische
Leben von sich wirft, weil sie fest glaubt, des reichsten himm-
lischen Lohnes gewils zu sein.
Tout le mörite donc que je reconnaisse ä nos martyrs, c'est d'avoir
cru aux promesses de l'Eglise; si la credulite* fait les sots, la foi fait les
saints; je le sais, je me soumets et je dis: 'Priez pour nous'; mais je
m'abstiens d'admirer. Non, la foi ne peut suffire pour elever un simple
cordonnier qui toute sa vie n'a fait que des souliers, mais qui a cru, au-
dessus de nos grands hommes; on aura beau l'ecrire et le precher, je
n'admettrai jamais qu'une couronne toute seche de martyr efface ces cou-
ronnes de lauriers que le genie, donnant la main ä la vertu, a decern£es.
Diesen passiven Glaubenshelden stellt er die weltlichen Heroen
der Tat gegenüber, Helden wie die, deren Andenken das Pan-
theon verewigt, und von denen die neue Heilige, des Bischofs
Beispiel folgend, eben mit Verachtung gesprochen hatte.
Ce sont les Services rendus aux hommes qui fönt les belles actions;
les vertus steriles et les plantes qui fleurissent avec öclat mais sans donner
de fruits, sont choses que je prise fort peu. Et que nous importe ä nous
du sang inutilement verse, du sang que la terre boit aujourd'hui, et dont
1 Der Koman war noch nicht als Buch erschienen, als diese Anspie-
lung gemacht wurde. Erst unter dem neunten Pamphlet der ersten Reihe
(Une croix de plus) findet sich die Notiz: Mon oncle Benjamin, par
C. Tillier, vient d'etre edite* par W. Coquebert, Paris, rue Jacob 48; se
vend ä Nevers chez Guizonni.
Claude Tillier als Pamphletist. 79
la pluie lavera demain jusqu'ä la moindre trace? Savez-vous quels sont
les veVitables martyrs? ce sont ceux qui sont morts pour leur pays! ...
Le martyre de ces hommes que vous traitez en ennemis vous a 6t6 plus
utile que tous ceux que vous preconisez; car, en defendant votre patiie,
c'est aussi votre autel qu'ils ont defendu.
Nachdem die Heilige noch einmal auf die Frage der Wunder
zurückgekommen und Tillier desgleichen seine Ansicht über die
kleiuen obskuren Mirakel noch einmal dargelegt und scherzhaft
eine bestimmte, für Nevers zweifellos sehr vorteilbringende Wunder-
tat vorgeschlagen hat, wendet sich das Gespräch überhaupt der
zu erwartenden gemeinnützigen Tätigkeit der neuen Patronin zu,
die, wie Herr Dufetre versichert hat, das glückliche Nevers unter
ihren besonderen Schutz nehmen wird. Tillier verlangt genauer
zu wissen, was für Vorteile dieser Schutz der Stadt eintragen,
auf welchen Umkreis, auf welche Personen er sich erstrecken
wird; er macht die Heilige durch seine zudringlichen Fragen
schliel'slich ungeduldig. 'Monsieur V unterbricht sie ihn mit einem
Ausdruck, der ihm etwas Domitianisches zu haben scheint. Er-
schreckt zeigt er sich nun voll Vertrauen in ihre Kräfte. Doch
über Möglichkeit und Wert der Heiligenwunder überhaupt bringt
er in derselben burlesken Art wie vorher neue Skrupel vor, dar-
unter den, dafs protestantische Länder ohne Heiligenschutz blühend
und reich sind, Italien dagegen, das mit Reliquien so wohl aus-
gestattet, das so reichlich tonsuriert ist und schon so viel Weih-
wasser getrunken hat, besonders aber Rom so heruntergekommen
seien :
sa puissance, sa gloire, ses grands hommes, tout s'en est alle" avee
ses dieux, et ses mamelles epuisees ne peuvent plus nourrir que des chan-
teurs et des capucins.
Unc1 in seinem Eifer apostrophiert er die heilige Stadt:
O Eome! Romel voilä donc oü ta catholicite" t'a reduite. Au pied
de ta croix il ne vient plus, au lieu de lauriers en fleurs, que du chieu-
dent et des orties; ta terre d£sol6e ne produit plus qu'un peuple Idiot
et decrepit, triste regain d'une moisson de höros.
Es waren die Jahre, als Lamartine seine von den Italienern
so bitter empfundene geringschätzige Meinung über das 'Land
der Toten' aussprach.
Und auch der neuen Heiligen selber mufs Tillier schließlich
doch wieder vorhalten, dafs die Stadt in den fast drei Monaten,
80 Claude Tillier als Pamphletist.
die sie nun da sei, von ihren Taten noch nichts gemerkt habe:
'Seht ihr nicht, wie das alte Clamecy sich ins Fäustchen lacht,
wenn es von euch sprechen hört; ich bin überzeugt, die ziehen
da drüben die Protektion Herrn Dupins des Alteren der eueren
vor/ Flavia selber scheint bedenklich zu werden; sie wendet sich
an Tillier mit der Frage, ob nach seiner Meinung wenigstens die
Priester an ihre wunderwirkende Kraft glauben. Auch hierüber
ist Tillier im Zweifel; es ist ihm aufgefallen, dafs die Priester,
wenn sie Fieber oder Kolik haben, sich immer an den Arzt
halten. An Herrn Dufetres festem Glauben allerdings darf man
nicht zweifeln; wie könnte er, der als Bischof nichts als Wahr-
heit zu lehren hat, sonst in anderen solchen Glauben zu erwecken
suchen. Wie könnte er unempfindlich bleiben gegen die lebens-
gefährlichen Erfolge, die solche wunderbare Heiltätigkeit zuweilen
hat; wie erst im vergangenen Jahre noch, wo ein Unglücklicher,
ein verheirateter Mann und Familienvater, der schweifsbedeckt
in das wunderbar heilkräftige Gewässer der heiligen Brigitte von
Cosne stieg, sofort am Schlagflufs starb. Also mufs man wohl
annehmen, dafs Herr Dufetre von der heiligen Flavia irgend ein
grofses Wunder erwartet, das auch die zwei oder drei Leute
seiner Diözese noch bekehren wird, welche bei der Heiligen-
prozession, diesem letzten seiner Triumphzüge, seiner siegreichen
Rede entschlüpft sind.
So kommt die Unterhaltung der beiden endlich zu Betrach-
tungen über unmäfsigen, auch nach Ansicht der Heiligen unchrist-
lichen priesterlichen Pomp. Eben die Erinnerung an ihre Pro-
zession bringt sie darauf.
Oh ! oh ! fit la sainte, avec un joli petit bäillement, Monsieur Dufötre
aurait bien du m'öpargner les fatigues de cette procession; je suis harassöe.
Me faire promener sur la place Ducale par un soleil de 20 ä 25 degres,
sans ombrelle, et avec une robe de velours, voilä un procöde* bien peu
aimable !
Tillier erwidert, dafs die Neigung des Bischofs zu kirch-
lichen Schaustellungen und Einzügen unter Kanonendonner und
mit voraufmarschierender Nationalgarde sicherlich nur der grö-
fseren Ehre Gottes dienen solle, die Heilige aber meint, der-
gleichen Pomp möge irdischen Mächten anstehen, schwerlich aber
den Mächten des Himmels.
Claude Tillier als Pamphletist. 81
Le Dieu que nous adorons est ne* dans une creche et mort sur une
croix; ce n'est pas par un vain 4talage de choses pr^cieuses qu'il faut
l'honorer. Cette croix, vous devriez vous rappeler ce qu'elle reprdsente.
Homines insensös! c'est son gibet que vous couvrez d'une couche d'or si
<5paisse.
Und sie beklagt die Entartung der christlichen Kirche:
Helas I monsieur, qu'est devenue la touchante et majestueuse simpli-
cite* de notre 6glise primitive? oü sont ces chrötiens avec lesquels j'ai prie
dans les cryjjtes? oü sont ces vieux e'veques qui, vivant dans la retraite
et le d^nuement absolu des choses d'ici-bas, ne voulaient faire des prosö-
lytes que par l'exemple de leurs vertus? Ceux qui se disent les succes-
seurs des apötres, ceux qui se laissent appeler les envoyes de Dieu par
leurs flatteurs, ce n'est plus au coeur du chr^tien, c'est ä ses yeux qu'ils
s'adressent. Au lieu de parier ä sa raison et ä son äme, ils etourdissent
son oreille par un continuel bourdonnement de psauraes et de cloches;
ils lui donnent des fetes aujourd'hui ä cet autel, demain ä cet autre; ils
l'arausent par des processions meines de raascarades, oü le sauveur des
hommes est reprösente par un enfant portant un agneau sous son bras ;
ils donnent, comme les freres ignorantins ä leurs eleves, des mödaillons
aux dames qui ont 6te bien sages. Cette grande et severe figure de Jesus-
Christ qui jette du haut de sa croix un regard melancolique sur le monde,
ils l'attifent de soie, de dentelles et de verroterie, cornme une sainte Kenne.
Unter solchem unaufhörlichen Ceremonienspiel ist von dem
Dogma, das vor allem Entsagung fordert, nichts mehr übrig-
geblieben; ein Schauspiele aufführender Kultus ist an seine Stelle
getreten. Die Heilige verlangt, dafs der Priester wieder ein
wahrer Jesus-Jünger, ein schlichter Diener des Evangeliums werde:
qu'il se mele au peuple comme le faisait son divin maitre; qu'au lieu
d'aller boire du vin rouge ou jouer ä la bouillotte chez le notaire et le
percepteur de la commune, il entre dans les chaumieres, qu'il s'asseye ä
l'humble foyer sur Pescabelle du pauvre; que, d6sesp£rant de convertir
ses paroiss:-ns en masse et par arrondissement, comme a eu le bonheur
de le faire M. Dufetre, il les prenne homme par homme et conscience par
conscience; qu'au lieu de leur faire un sermon, il converse familierement
avec eux, qu'il öcarte doucement et avec la sollicitude attentive d'un
medecin qui leve un appareil, les voiles qui enveloppent leur esprit, et
qu'apres les avoir 6branl6s par la puissance de ses paroles il les persuade
par l'exemple de ses vertus . . . s'il faut tout dire, je ne connais point de
röle plus honorable et plus digne d'un homme que celui d'un pasteur
rögnant sur sa paroisse par l'ascendant de ses vertus.
So legt Tillier seine eigene Auffassung des echten, evan-
gelischen Christentums der neuen Heiligen in den Mund. Leider
Archiv f. n. Sprachen. CX. Q
82 Claude Tillier als Pamphletist.
tritt zum Schlufs noch der Humorist wieder in ihm hervor und
zerstört etwas den Eindruck des eben Gesagten. Tillier spricht
der heiligen Flavia seine Zustimmung zu solchen ihrer würdigen
Anschauungen aus; aber da sie so viel gesunden Verstand habe,
müsse sie auch einsehen, dafs ihre Anwesenheit in Nevers nur
Schaden bringen könne.
Croyez-moi, rendez votre perruque blonde au coiffeur, vendez votre
robe rouge et votre paline au profit des pauvres, et retournez ä Rome.
Nous avons assez de saints que nous ne prions pas, sans qu'on nous en
amene encore de nouveaux; vous comprenez, madame, qu'une ville ne
change pas de saints comme eile change de conseillers municipaux.
So schliefst er sein Pamphlet.
Wir begreifen, dafs es den heftigsten Unwillen unter den
Anhängern des Bischofs erregte. Aber wenn auch in der sati-
rischen Zeichnung, die Tillier von M^r Dufetre hier gibt, man-
ches verzerrt, anderes ganz falsch ist, der Zug eines emsigen
Reliquienkultes wenigstens war richtig wiedergegeben. Auf diese
Förderung christlicher Heiligenverehrung war der Bischof eifrig
bedacht, nur gerade die heilige Flavia hatte er nicht selber nach
Nevers gebracht. Doch wenige Tage nur, nachdem er sie mit
so grofsem Pomp in seiner Metropole empfangen hatte, weihte
er in der neuen Kirche eines Städtchens seiner Diözese, Donzy,
den neuen Altar: er hatte dafür gesorgt, dafs in ihm neben an-
deren im Nivernais besonders verehrten Heiligenreliquien die
noch übrigen Gebeine der heiligen Flavia niedergelegt waren.
Auch der Kirche von Saint-Cyr-sur-Loire überliefs er nicht lauge
darauf einige Reliquien des Heiligen mit dem Eber, dem seit
Jahrhunderten die Hauptkirche von Nevers geweiht war, und
seiner Mutter, der heiligen Julitta. Als im Oktober 1856 in
Autun der Tag der Überführung der Reliquien des heiligen
Lazarus in die Kathedrale dieser Stadt unter der Teilnahme von
fünf Erzbischöfen und Bischöfen feierlich begangen wurde, hielt
der Bischof von Nevers eine feurige Ansprache an das Volk, in
der er die Verehrung der Reliquien heiliger Männer in ihrer Be-
rechtigung und Bedeutung darlegte, und wie Gott selber über
ihrer Erhaltung wache; und den unlängst aus dem Krimkrieg
zurückgekehrten General Mac-Mahon unter der andächtigen Menge
erblickend, brach er in die enthusiastisch aufgenommenen Worte
Claude Tillier als Pamphletist. 83
aus: Wollen wir denn den Kriegshelden sinnlos schelten, der
seineu tapferen Degen, das Werkzeug seiner Treue und seines
Ruhmes, in Ehren hält wie nichts sonst? Der Bischof Dufetre
verehrte die Reliquien des heiligen Lazarus in Autun ebenso
gläubig, wie der Pater Lacordaire — in demselben Jahr, wo er von
der Französischen Akademie zum Nachfolger Tocquevilles gewählt
wurde — die heilige Magdalena in la Sainte-Baume in der Provence
gestorben und begraben sein liefs. Es ist phantastisch über-
spannt, das in jedem edlereu Menschen angelegte Gefühl, das
Hohe und Heilige auch an den leeren, verlassenen Resten seines
körperlichen Daseins noch zu verehren. Viel lieber als von den
eben erzählten Bemühungen um den Heiligenkultus hören wir
daher von Duf£tres Fahrt, kurz ehe er nach Nevers kam, zum
alten Bischofssitz des heiligen Augustinus, um mit sieben Bischöfen
einen Teil vom rechten Arme des gewaltigen Kämpfers feierlich
von Pavia nach Hippone zu geleiten. Seit jener Zeit fügte er sei-
nem Taufnamen Dominicus noch den anderen, Augustinus, hinzu.
Mit diesem Kultus wäre auch Tillier nach dem, was er über
die alten Väter der Kirche zur heiligen Flavia geäufsert hatte,
innerlich einverstanden gewesen.
Der aber hatte zunächst nicht Zeit, Recht und Unrecht seiner
letzten Anklagen von neuem zu überdenken, er mufste vielmehr
sich selber nun gegen die heftig losbrechenden Gegner verteidigen.
Quelques pamjphlets de mes adversaires überschrieb er seine
nächste Flugschrift. Er hatte sich bisher — einfältig genug, wie
er jetzt einsieht — für den einzigen Pamphletisten im ganzen
Departement gehalten. Mit einem Male macht er die Entdeckung,
dafs es neben ihm von Leuten wimmelt, die Pamphlete, wenn
nicht zu schreiben, so doch im Gespräch herumzutragen verstehen.
Von solchen Pamphleten seiner Gegner will er diesmal seinen
Abonnenten einige Proben geben.
Da ist zunächst ein Doktor der Theologie, ein phantasie-
loser, trockener Weiser, dem Metapher, Hyperbel, Ironie ganz
unbekannte Dinge sind; er hat Tilliers Einfall, die Mittel für
eine neue Zeitungsgründung durch Schweigegelder seiner Gegner
wie M. Avril und M^1" Dufetre sich zu verschaffen, für bare
Münze genommen. Das Pamphlet gegen die heilige Flavia findet
er voller Schmutzereien und von einem abstofsenden Cynismus;
6*
84 Claude Tillier als Pamphletist.
Voltaire oder Marat hätten solche Dinge denken können, würden
aber nicht so schamlos gewesen sein, sie niederzuschreiben.
Nachdem Tillier diesem Gegner mit einigen etwas umständ-
lichen Spottreden gedankt, ohne den Namen zu nennen, weil
ihn dann der Bischof avancieren liefse, wendet er sich gegen
einen zweiten, seinen alten Freund Paillet. Der hatte gleich nach
Erscheinen des ersten Tillierschen Pamphlets feierlich die Worte
vernehmen lassen: 'Dieser Mensch bettelt ja nur noch um Al-
mosen'. Schärfer und viel bitterer lautet hier die Entgegnung.
Zunächst erinnert Tillier seine Leser daran, dafs Herr Paillet
schon viel bessere Pamphlete als dieses letzte gegen ihn ver-
fertigt habe, so damals, als er ihm acht Tage Gefängnis ver-
schaffte. Er verspottet ihn dann, weil er trotz der Achtung
seiner Mitbürger, die er so gern bei jeder Gelegenheit sich selber
bezeugte, nicht wieder in den Munizipalrat gewählt sei, ein Un-
glück, das alle Musikanten, und wer sonst bei den Festlichkeiten
der Stadt seinen Verdienst fand, zu Tränen gerührt hat. Noch
immer aber ist er Friedensrichter und Präsident des literarischen
Klubs von Clamecy, dies mit Recht, da er in zwei Literatur-
gattungen, auf dem Billard und im Imperialspiel, aufserordentliche
Kenntnisse besitzt. In seinem Klub hat er kürzlich über Tillier
jenen gewichtigen Ausspruch getan. Es ist die Aufserung der von
dem Pamphletisten schon einmal zurückgewiesenen bornierten An-
schauung: wer Holzschuhe macht, um seinen Lebensunterhalt zu
finden, arbeitet; wer sich als redlicher Schriftsteller Einnahmen
verschafft, der bettelt. Tillier möchte nun wohl auf Herrn Paillet
die einer gefallenen Gröfse geschuldete Rücksicht nehmen; auch
verdankt er's eigentlich doch ihm, dafs er nicht mehr Schulmeister
ist; aber er kann es nicht unerwidert hingehen lassen, dafs Tote
die Lebendigen angreifen. Wenn Herr Paillet ihn einen Bettler
heifst, so hat er ihn offenbar mit einem anderen verwechselt,
dessen nicht sehr erbauliche Geschichte — es ist natürlich Herr
Paillet selber gemeint - - Tillier seinen Abonnenten mit wenigen
Worten erzählen will. Dieser andere war unter der Restauration
ein armseliges, aber höchst betriebsames Bureauschreiberlein;
dann gelang es ihm, die Stelle eines abgesetzten Anwalts zu er-
betteln, so dafs er der einzige Mensch ist, dem dieser Anwalt
Gutes getan hat. Als die Julirevolution und mit ihr die neue
Claude Tillier als Pamphletist. 85
Monarchie kam, begann er auf die Restauration zu schimpfen.
Er sagte: gewifs hat die alte Dynastie dem Lande einen grofsen
Dienst erwiesen, indem sie mich zum Anwalt machte; aber ihr
Eidbruch hat dieses Verdienst vernichtet: ich kenne sie nicht
mehr.
II fut d'abord tout libertS, tout ordre public; mais, la liberte eHant
toinböe dans la disgräce de la cour, il finit par n'etre plus qu'ordre public.
A cette epoque, il prit uue canne, porta le ventre en avant et rejeta les
epaules en arriere, pose symbolique qui indiquait la stabilite du gouverne-
ment en m£me temps que l'importance du personnage. Vous sentez que
les bienfaits de la Restauration devaient brüler les mains ä ce g^nereux
patriote; aussi, n'avait-il rien tant ä cceur que de s'en debarrasser. II
eut bien pu, comme tant d'autres, donner sa demission ; mais le depute
de l'arrondissement eüt ete assailli de petitions au sujet de sa succession,
et il voulait epargner cet embarras au grand homme!1 Ayant donc trouve
im bou prix de sa cbarge, il la lava.
'Louis-Philippe, ö mon roü' s'e"cria-t-il alors, tu le vois, je n'ai plus
rien ä cette coupable dynastie! gratifie maintenant ton serviteur d'un bon
emploi !
Das sieht nun freilich, meint Tillier, sehr ähnlich einem
Bettler, der seineu vollen Sack verkauft und dann an an-
deren Türen weiter bettelt. Ein verkäufliches Amt wiederzube-
kommen, gelang dem Manne allerdings nicht, doch erhielt er
immerhin eins (die Friedensrichterschaft), das ihm nicht viel
Arbeit macht und ganz einträglich ist. 'Wenn Herr Paillet mich/
so schliefst Tillier seine Erzählung, 'für diesen grofsen Bettler
hielte, so täte er mir viel zu viel Ehre an; ich gestehe in aller
Demut, dafs ich nicht würdig bin, die Strippen seines Schnapp-
sacks zu lösen, ja dafs ich zu schwach wäre, einen solchen Bettel-
sack zu '.ragen/ Und damit sagt er ihm für immer Lebewohl.
Leid ist's ihm doch, ihn zu verlieren; er war ein so ergiebiger
Pamphletstoff.
Auch Herrn Gaumes Betschwestern zahlen Tillier seine An-
griffe auf ihre neue Heilige eifrig zurück. Viele behaupten, dafs
er dafür jetzt dem Tode entgegengehe; andere, in ihrer Un-
geduld, erklären ihn schon für tot und begraben. 'Ich gehe dem
Tode entgegen', antwortet er ruhig, 'das ist wohl möglich'.
1 Dupin.
86 Claude Tillier als Pamphletist.
II y a longtemps, en effet, que les annees de la jeunesse, ces beaux
oiseaux de passage, qui fuient aux approehes de l'hiver, se sont envo!e>s
de moi. J'ai fait plus de la moitie de mon voyage; dejä je suis sur l'autre
versant de la vie, terre morne oü il reste ä peine aux arbres quelques
feuilles, et dont le ciel gris et gypseux est plein de neiges qui voltigent!
Or, quand on est arrive" ä cette pente, on roule plutöt qu'on ne descend.
Mais, que je sois mort, je le conteste. Voilä, du reste, un miracle qui
est hoc ä sainte Flavie; que je meure aujourd'hui, que je meure demain,
que je meure dans dix ans, les vierges emerites de M. Gaume ne manque-
ront pas de dire que c'est leur sainte qui m'a tue\
Etwas erschreckt hatten ihn anfangs diese drohenden Prophe-
zeiungen des nahenden Todes. Aber sein ehrwürdiger Schutz-
patron ist ihm in einer der letzten Nächte erschienen und hat
ihn beruhigt.
Tu tousses, je le sais; de lä haut je t'entends tousser, et, sans com-
pliment, je trouve que tu tousses tres bien ; mais ne prends point de sirop
de gornme, c'est un liquide insignifiant ; couche-toi tot, leve-toi tard, et
va t'impr^gner de l'air salutaire de la campagne. Je n'affirme pas que
ce regime te guerira; je ne suis pas moi un de ces saints empiriques qui
fönt la medecine comme s'ils avaient besoin de cela pour gagner leur vie.
Mais si sainte Flavie touche ä ta poitrine, eile apprendra ce que c'est
qu'un Claude: d'un coup de ma crosse, je lui mets son f^mur en cent
morceaux.
Ernsthaft gesprochen ist es aber doch erstaunlich, welche
heidenmäfsig grausame Vorstellung diese in der Schule der Prie-
ster erzogenen, mit dem Leib und Blut Jesu Christi genährten
Frauen sich von den Gegenständen ihrer gläubigen Verehrung
machen. Sie bilden sich ein, die neue Heilige werde einen armen
Schriftsteller, der dazu noch Familienvater ist, durch ihre Wunder-
kraft hinmorden, weil einige seiner Sätze ihre Ohren beleidigt
haben. Wäre das denkbar, dann wäre sie Domitian sicherlich
noch viel näher verwandt, als die Lage ihrer Gebeine in den
Katakomben anzeigte. Wenn diese heiligen Frauen, was sie so
aussprechen, drucken liefsen, würden sie das blutigste Pamphlet
gegen die christliche Religion, das sich denken läfst, herausgeben.
Wie weit ist es denn von der Vorstellung, dafs die Heiligen er-
morden, wer über sie spottet, bis zu dem Schlüsse, dafs man die
morden müsse, welche die Heiligen verspotten.
Von einem Pfarrer ist Tillier exkommuniziert worden. Dieses
Pamphlet, da es offenbar um dreihundert Jahre zurückzudatieren
Claude Tillier als Pamphletist. 87
sei, tut er beiläufig, mit wenigen Worten ab; eingehend aber be-
schäftigt ihn noch die Antwort an M& Dufetre. Der Bischof hat
gegen ihn gepredigt und hat ihn im Gespräch einen 'der Hölle
entstiegenen Geist' genannt. Warum nur? Etwa weil Tillier die
Identität der Heiligen angezweifelt hat? Aber auch der Bischof
hat irgendwo gesagt, er sei fast sicher, dafs sie eine Verwandte
Domitians sei. Also ist er nicht ganz sicher; also zweifelt auch
er; also ist auch er ein Geist aus der Hölle. Oder verdient
Tillier das Prädikat, weil er nicht an die absurden Mirakel glau-
ben will, mit deren Bericht die Jesuiten im Volke hausieren, an
die durch das Auflegen eines Heiligenbildes geheilten Kinder, an
die Briefe, die Jesus Christus vom Himmel schreibt, und die eine
so unglückliche Vorstellung von seinem Briefstil geben ? x Und
in starken Ausdrücken macht Tillier weiter seinem Unwillen Luft
gegen diese 'elenden Scharlatane', die das Antlitz Gottes seiner
leuchtenden Strahlen entkleiden und es uns mit den grotesken
Zügen einer Karikatur darstellen.
Ce ciel oü tant de soleils resplendissent, cette terre si fdconde, si
paree, et qui nourrit tant d'etres ä ses larges rnamelles, n'est-ce pas lä
des miracles assez £clatants pour reVeler sa grandeur, sans que de mala-
droits serviteurs lui pretent, croyant ainsi le rehausser, le röle d'un ecri-
vain public, d'une m£decine ou d'un emplätre? Mais ces colporteurs de
miracles, ces rnarckands de reliques, ne s'apercoivent donc pas que, dans
l'interet passager de leurs ambitions impies, ils ruinent la religion en la
Livrant aux dörisions des incr^dules!
Denn auch 'die wahren Wahrheiten der Religion' müssen
unter solchen Mirakelpredigern leiden. Wer sich einmal von
ihnen voll Widerwillen abgewendet hat, wird fern bleiben, auch
wenn sie ihm wieder das lauterste Gold des Evangeliums dar-
bieten; denn auch das wird er nun für falsche Münze halten.
Auch die angeordneten neuntägigen Andachtsübungen (neu-
1 Ähnlich äufserte sich der sanft ironische Ulrich Hegner zu dem
Wahn Lavaters, als der in seiner Überzeugung, dafs der Apostel Johannes
leibhaftig noch auf Erden wandle und ihm demnächst persönlich nahe
treten wolle, auch durch vorläufige Briefe in griechischer, französischer
und englischer Sprache sich bestärken liefs. Hegner meinte, als er nach
Jahren diese Zettel wieder vor Augen bekam, dafs Johannes während
seines jahrhundertelangen Erdenwandels doch wohl Zeit gehabt hätte,
diese Sprachen besser zu lernen.
88 Claude Tillier ak Pamphletist.
vaines) vor der heiligen Flavia angegriffen zu haben, ist Tillier
sich wohl bewufst; vielleicht hat er hierdurch den starken Zorn
des Bischofs erregt. In seiner langen Unterredung hatte er der
Heiligen schliefslich gesagt, sie müfste doch einsehen, dafs sie
für viele eine Veranlassung zu Müfsiggang sei und einer grofsen
Zahl armer Familien nur Schaden bringe. Denn während die Frauen
den Rosenkranz vor ihrem Schrein abbeten, bessere sie doch
nicht die Kleider der Kinder aus oder koche für die Männer
die Suppe; sicherlich kehre so manche mit Furcht vor Schlägen
nach Hause zurück. An dieser Meinung hält Tillier fest. Er
findet, dafs das Gebet, das Christus uns gegeben und zu beten
vorgeschrieben hat, alle die aufwiegt, die Herr Gaume zusammen-
stellen könne (algues plutöt que fleurs de rh&orique). Auch die
neuntägigen Andachten hat Christus nicht vorgeschrieben, darum
hält sie Tillier für nichts als eine schädliche Zeitverschwendung.
Ebenso bleibt er bei seiner ketzerischen Ansicht über die Pro-
zessionen mit ihrem starken Aufgebot gläubiger Jungfrauenschaft.
Nicht Groll, sondern Dank, dafs er nicht mehr darüber gesagt,
sei der Bischof ihm schuldig. Öffentlich hat M?r Dufetre er-
klärt, wie das Herz ihm geblutet habe, als er die Inschrift des
Pantheon las: 'den grofsen Männern das dankbare Vaterland'.
Tillier hat ihn dafür nicht einen der Hölle entstiegenen Geist,
ja nicht einmal einen Jesuiten genannt. Und doch empfindet er
den gleichen Schmerz, wenn er die Frauenregimenter durch die
Stadt manövrieren sieht, die der Bischof als Oberst komman-
diert, und deren Tambourmajor der Domschweizer ist; und er
begreift nicht, dafs es Mütter gibt, die ihre Töchter für die
Kongregationen anwerben lassen. Was soll den Mädchen diese
ausschliefslich geistliche Erziehung? Praktische Hausmütter zu
werden ist ihre von Gott gewollte Bestimmung; auch patrio-
tische Frauen sollen sie einmal sein; werden sie das bei den
ultramontanen Priestern lernen? Und, wie er das liebt, apostro-
phiert er die geistlichen Erzieher:
Qui etes-vous, vous qui voulez qu'on vous laisse petrir ä votre gre*
l'äme de nos enfants ? Votre patrie est-elle en France ou ä Rome ? avez-
vous une famille? ä quoi tenez-vous? pour qui travaillez-vous ? que laissez-
vous apres vous? quels rejetons pousseront de vos racines? etes-vous
autre cliose qu'un pieu sterile enfonce dans le sol de la France? Vous
Claude Tillier als Paniphletist. 89
voulez Induration de notre jeunesse; mais vous vous trouvez tr?s Tuen
comme vous fites, sans doute: donc vous faconnerez vos e*leves a votro
image; or, quel germe de liberte* et de patriotisme avez-vous rencontrc
que vous ne l'ayez ecrase" sous vos pieds?
Was soll überhaupt diese Schaustellung jungfräulicher Keusch-
heit Gutes schaffen? Sind denn diese hier öffentlich aufge-
führten Jungfrauen wirklich ehrbarer als die anderen, die hinter
den Gardinen ihres Kämmerchens züchtig verborgen mit ihrer
fleifsigen Nadel die Wäsche des Hauses oder die Sachen ihrer
Brüder in Ordnung bringen? Gewifs ist es etwas Hübsches,
diese frischen Girlanden, die so die Priester ihrer Prozession an-
hängen; ob aber unter diesen Rosen nicht manch eine auch
Blätter ihrer Krone in den Strafsenschmutz fallen läfst? Sind
diese priesterlichen Herzenslenker so unbekannt mit dem Leben,
wie es wirklich ist, dafs sie nicht wüfsten, welchen gefährlichen
Kennerblicken sie diese jungfräuliche Reinheit aussetzen? Es ist
traurig zu sagen, aber es gibt nur zu viele wenig ehrbare Ver-
bindungen, die bei einer Prozession begonnen haben, und die
man nie von einem Priester in der Kirche hat einsegnen lassen.
Das sind meine Gedanken, wie sie mir mein Herz in aller
Einfalt eingibt — so schliefst Tillier diese Abwehr — , und ich
habe, indem ich sie offen kundgebe, der Religion einen Dienst
zu erweisen geglaubt. Wenn ich darum ein höllischer Geist bin,
dann rechne ich nnYs zum Ruhme an, kein Christ zu sein; denn
dann kommt allerdings die Wahrheit nicht mehr vom Himmel
zu uns, sondern aus der Hölle.
Diese eine energische Abweisung seiner Gegner genügte Tillier
noch nicht gleich darauf ergriff er noch einmal, ausdrücklich nur
zur Verteidigung seines Pamphletistenberufes, das Wort in der
Flugschrift: Du Pamphlet. Wieder denkt man sofort an Couriers
Pamphlet des Pamphlets; aber sie haben wenig miteinander ge-
mein. Auch Cormenin hat eine ähnliche, kürzere, bei ihm sehr not-
wendige Selbstrechtfertigung versucht (Conclusum. April 1837). l
Soweit Nachahmung bei dem Pamphletisten Tillier deutlich wird,
zeigt sich leider mehr Cormenins als Couriers Einflufs. Die Ver-
anlassung, sich noch einmal und gründlich über seinen Pamphlet-
1 Gegen Dupin. Letztes Stück der heitres sur la Liste civile et sur
V Apanage. Dazu sein Didactiaue du Pamphlet im Livre des Orateurs.
90 Claude Tillier als Pamphletist.
kämpf auszusprechen, bot Tillier das 'Echo de la Nievre'. Es
hatte mit einem Citat aus einem offenen Briefe Lamartines (aus
dessen Zeitung le Bien Public in Mäcon) deutlich auf Tillier hin-
gewinkt. Von dem 'elenden Handwerk eines Tagespamphletisten'
war da die Rede, wobei Lamartine zunächst nur an Journa-
listen dachte. Nachdem Tillier erst diese gegen den Angriff
verteidigt, wendet er sich in seiner Sache gegen das 'Echo de
la Nievre'. Neidische Impotenz allein ist es, was diese Leute zu
blofsen Verleumdungen antreibt. Weil sie selber nur stumpfe
Waffen haben, weil ihnen Geist, Phantasie, jede Gabe der Dar-
stellung fehlt, so schimpfen sie eben. Für Tillier bedeutet das
weiter nichts als die Gewifsheit, dals seine Hiebe gesessen haben.
Solche Beschimpfungen sind wie der Schmutz, mit dem Betrunkene
eine Statue bewerfen : der nächste Regen wäscht ihn wieder ab.
Zu gleicher Leistung könnten sie einen Papagei abrichten, der
alltäglich nur die Worte wiederholte: Claude ist ein infamer
Mensch, Claude ist ein gottloser Mensch, Claude ist ein erbärm-
licher Mensch. Wofern nicht ein philosophischer Kater einem
solchen Dialektiker frühzeitig den Hals umdrehte, wäre er für
Tillier ein ebenso wirksamer Gegner wie die Leute vom 'Echo
de la Nievre'. Und das sind die Soldaten MK1 Dufetres! So
wenig sind sie, ist er selber im stände, trotz aller gewichtigen
Ankündigungen, Claude Tillier mit Erfolg zu bekämpfen.
Aber für Tillier handelt es sich diesmal nicht um ihn allein,
sondern um die ganz allgemeine Frage: warum ist das Pamphlet
infam, warum sind Pamphletisten erbärmliche Menschen? Es ist
auch hier der Name, was die Menge betört, wie schon Courier
erfahren und so drastisch geschildert hatte. 'O Pöbel !' ruft Tillier,
'wirst du dich denn immer gegen blofse Namen aufwiegeln lassen l'
Une soutane passe, et tu dis: Voilä un komme pieux; si c'est un
uniforme, tu dis: Voilä un brave; mais regarde donc au moins ce qu'il
y a sous cette Stoffe. Si j'avais donne* ä mes petits livres le titre de
Sermons, tous ces badauds qui m'appellent l'infame pamphletaire, m'ap-
pelleraient le pieux Claude.
Infam ist das Pamphlet doch nur, wenn es zur Verleumdung
niedersteigt, und mit gutem Gewissen kann Tillier seine Wider-
sacher fragen, auf welcher Seite der publizistische Kampf so
schmählich geführt wird. 'Wann habe ich euch, sei es als Re-
Claude Tillier als Pamphletist. Ol
dakteur der ' Association' oder als Pamphletist, jemals verleumdet?
Citiert mir eine Zeile aus meiner Feder, die eine über euch aus-
gesprochene Verleumdimg enthält. Warum auch sollte ich euch
verleumden? Die Verleumdung ist die Waffe des Schwachen, der
Schwache aber seid ihr!'
Die Gegner wollen dem Pamphlet das Feld der persönlichen
Angriffe verbieten. Sie sollten froh sein, meint Tillier dagegen,
einen Beamten zu haben, der die Moralpolizei der Stadt gratis
besorgt. Und, ohne Namen zu nennen, zeigt er den Nutzen seiner
Angriffe auf Herrn Avril in Nevers, Herrn Paillet in Clamecy
und andere Biedermänner oder wunderliche Käuze. Ein fröh-
liches und leichtes Tun ist doch solche Arbeit durchaus nicht,
Stunden der Ermattung und Niedergeschlagenheit kennt Tillier
nur zu wohl. Er unterbricht wieder einmal seine Erörterung,
um der weichen Stimmung, die ihn mit diesem Gedanken über-
kommt, sich gänzlich hinzugeben, und läfst ein paar Seiten folgen,
die zu dem Schönsten gehören, was der Dichter Claude Tillier
geschrieben hat.
En ce moment je suis lä, accoude sur la fenutre de mon atelier,
contemplant cette belle valle"e de Nievre qui s'emplit d'ombre, et ressemble,
avec sa foret de peupliers, ä un champ garni de gigantesques epis verts.
Le soleil se couche derriere moi: ses derniers rayons allument, comme un
brasier, les ardoises du moulin; ils illuminent la cime vacillante des
peupliers, et bordent de franges roses les petits nuages qui passent ä
l'horizon. ... La Nievre, cette laborieuse Nai'ade que les tanneurs forcent
du matin au oir ä laver leurs peaux, a fini sa journee; eile se promene
libre et tranquille entre ses roseaux, et clapote doucement sous les racines
des saules. A cette heure si belle et si douce, je sens ä ma vieille lyre
de poete une corde qui se reVeille. J'aimerais ä decrire ces riants tableaux,
et peut-6tre, du fond de cette encre immonde, amenerais-je quelque pail-
lette d'or au bec de ma plume. Mais, helas! quand je voudrais peindre
et chanter, il faut que j'ecrive, que je martele des phrases aggressives
contre mes adversaires ... Quand mon äme s'emplit, comme ce vallon,
de paix et de silence, il faut que j'y tienne la colere eveill^e; quand je
voudrais pleurer peut-etre, il faut que je rie! —
Derriere cette verdure Prangere et cette train£e bleuätre de collines
que je ne connais pas, sont les premiers arbres qui m'ont abritt, les pre-
mieres collines que j'ai foulees; c'est de ce cote que s'envolent mes pense*es,
semblables ä des pigeons qui, lache's sur une terre lointaine, s'enfuient ä
tire-d'aile vers le colombier natal. ' C'est lä qu'est ma mere, mon frere,
1 Dante, Inferno 5, 82—84.
02 Claude Tillier als Pamphletist.
mes amis, tous ceux que j'aime et dont je suis aime. Quelle destin£e m'a
donc 61oigne de ces lieux? Pourquoi ne suis-je point lä avec ma femme
et mes enfants? Pourquoi ma vie ne s'y ecoule-t-elle pas doucement et
sans bruit comme l'eau claire d'un ruisseau! Helas! ce meme soleil qui
s'est leve sur mon berceau, il ne se couchera donc point sur ma tombe!
Mandits soient ces imprudents persecuteurs qui m'ont appris que j'avais
une arme redoutable, en nie foryant ä me d£fendre! Loup feroee, c'est
pourtant en l^chant leur sang que cet appetit du sang m'est venu. Et
que m'importe ä moi que ce Journal preche et que cet eveque fasse le
journaliste! Cruel pamphlet, laisse-moi un instant avec mes reves. Ces
oiseaux aux plumes blanches et roses, tu les effarouches des £clats stri-
dents de ta plaisanterie. Laisse-moi passer et repasser la main sur leurs
ailes ; peut-etre, h£las ! ne reviendront-ils plus de sitöt, et d'ailleurs, ces
messieurs sont-ils si presses qu'on les fustige?
O mes amis! que faites-vous en ce moment? Tandis que je suis la,
pensant ä vous et entoure* de vos cheres images, vous entretenez-vous de
moi sous vos tonnelies? Voici l'heure oü ma mere se repose a l'ombre
de son petit jardin ; je suis bien sur qu'elle reve de moi en arrosant ses
f leurs; peut-etre dit-elle mon nom ä sa petite-fille. O ma mere, si je vous
ecris moins souvent, c'est ce dur mutier de pamphletaire qui en est la
cause; mais soyez trauquille, je n'attendrai point pour vous revoir, que
l'hiver ait mis entre nous ses neiges. Quand le ciel commencera ä blan-
chir, que ses arbres se teindront de jaune, qu'un plus pale sourire sera
venu aux levres de l'automne, j'irai m'asseoir ä votre foyer, et rajeunir
ma poitrine ä cet air que vous respirez. Ces beaux chemins oü j'ai tant
reve, tant fait de vers perdus comme le cbant dans l'espace, je veux me
promener encore entre leurs grandes haies pleines dejä de pourpre et d'or,
et toutes brodees de clochettes blanches! et ce sera pour la derniere fois
peut-etre. —
Je veux encore 6couter les fiots amis de ma riviere de Beuvron, et
les £couter longtemps. L'eau qui mord par le pied mon vieux saule de
la petite Vanne, l'a-t-elle renvers£? a-t-il encore ä ses racines beaucoup
de mousse et de petites f leurs bleues ?$^Je veux encore passer une heure
sous son ombre, contemplant tantot ces noirs rubans d'hirondelles qui
flottent dans les cieux, tantot ces longues train£es de feuilles jaunes qui
s'en vont tristement au courant de l'eau comme un convoi qui passe, et
tantot aussi ces pales veilleuses, tant redout^es des jeunes filles, et qui
sortent de terre semblables ä la flamme de la lampe qu'il leur faudra
bientot allumer. Ces images de deuil plaisent ä mon äme: elles la rem-
plissent d'une tristesse douce et presque souriante. Je me repr^sente
l'annee comme une femme phthisique qui, sortant d'une fete, d^pouille
lentement et une ä une les parures dont eile elait revetue, pour se coucher
dans son cercueil. Mais adieu, ma mere! adieu, mon vieux Clamecy!
on m'appelle; je me suis fait l'executeur des coleres de la soci6t6, et il
faut que ma täche s'accomplisse ! J
Claude Ti liier als Pamphletist. 93
So ruft er selber sich zurück. 'Was sagte ich doch eben? -
Dals diese moralische Strafgerichtsbarkeit, die das Pamphlet gegen
Vergehen ausübt, denen die Gesetze nicht beikommen können,
dem allgemeinen Nutzen dient/
Tillier können wir eine solche ideale Auffassung seines eigen-
mächtig übernommenen Zensoramtes rückhaltlos zutrauen, weit
mehr als Courier, von Cormenin gar nicht zu reden; sie schützte
ihn gegen die Abwege der nichtsnutzigen Skandalsucht, auf die die
Publizistik gewerbsmäfsiger politischer und sozialer Sittenpolizisten
nicht selten gerät. Tillier, in der Stimmung, in Avelcher wir ihn
eben wieder überrascht haben, läfst uns an einen italienischen
Kampfgenossen seiner Zeit, den edlen Giuseppe Giusti denken,
der in einem Gedicht an Gino Capponi ebenso aufrichtig und
rührend geklagt hat:
Misero sdegno che mi spiri solo,
Di te si stanca e si rattrista il core!
O farfalletta che rallegri il volo,
Posandoti per via di fiore in fiore,
E tu che sempre vai, mesto usignolo,
Di bosco in bosco cantando d'amore.
Delle vostre dolcezze al paragone,
In quanta guerra di pensier mi pone
Questo che par sorriso ed e dolore!
Aber nicht nur im Duell, Mann gegen Mann, kämpft das
Pamphlet, und nicht nur die Waffen leichten Spottes führt es.
In allen Ox-ofsen Kämpfen der Geschichte, wo es die Freiheit des
Menschen galt, stand es vornan in Rede oder Schrift, und fast
immer entscheidend. So führt uns Tillier die Gracchen vor, Cicero,
Luther, Calvin, Pascal; ja, er braucht sich nicht mehr zu scheuen,
selbst Christus unter die Pamphletisten zu stellen, während Courier
in einer ähnlichen Übersicht doch nur Paulus genannt hatte.
L'Evangile, c'est la ruche qui est pleine de miel, mais qui est pleine
aussi d'aiguillons. Cette parole si calme, si sereine, quand eile developpe
les sublimes v^rites du christianisme, cette parole qui devient presque
tiede quand eile exprime l'amour du ciel pour la terre, tout-ä-coup vous
l'entendez gronder, et la voilä qui £clate en sanglantes personnalites.
J^sus-Christ, le meilleur des peres et le plus doux des maitres, ce roi de
tous, qui voulait qu'on laissat les petits enfants venir ä lui, et qui abaissait,
pour les benir, ses mains jusqu'ä leurs blondes tetes, quand les Scribes
et les Pharisiens viennent se heurter contre lui, il devient un pamphl^taire
94 Claude Tillier als Paniphletist.
inexorable. ... Et que ces coleres du Christ ne nous 4tonnent point! II
est bon, sans doute, plus qu'aucun homme ne peut l'etre; mais il n'y a
point de veritable bonte sans haine des mechants, et de deVouement aux
hommes sans indignation contre ceux qui les oppriment.
Zum Schlüsse kommt er wieder auf sich selbst zurück.
Mit Männern wie Courier und Cormenin will er sich nicht ver-
gleichen. Für die Arbeit, die er zu leisten hat, wäre es aber
auch gar nicht nötig, so grofse Kräfte aufzuwenden. Um etwas
Dorngestrüpp zu entfernen, braucht es keine Axt, und mufs man
denn ein Sturmwind sein, um ein paar Kerzen auszublasen?
Wohl ist er nur ein Strohhalm, doch haben einige, denen dieses
Stückchen Stroh unters Augenlid geriet, einen Balken dort zu
fühlen geglaubt. Unter den Erfolgen, die seine Pamphlete gegen
Herrn Dufetre und seinen Anhang bisher schon gehabt, ist min-
destens einer deutlich genug:
Votre sainte, qu'est-elle devenue? qui parle encore de ses miracles?
qui achete ses medaillons protecteurs? qui röcite la priere de M. Gauine?
pourquoi se tient-elle, pauvre vierge delaiss^e, triste et boudeuse, dans sa
chapelle? Pourquoi M. Dufetre ne lui perrnet-il plus de voir personne?
N'est-ce pas parce que nies pamphlets Tont reduite ä Pexpression qu'elle
doit avoir, ä une pincee de poussiere?1
Also nimmt Tillier den Namen eines Pamphletisten, deu
seine Gegner zum Schimpf ihm vorwerfen, ruhig an. 'Den Men-
schen die Wahrheit zu sagen, ist, was ihr auch dagegen schreiben
mögt, ein edler Beruf; und stolz fügt er hinzu: ich will noch
lieber mit mir selber im reinen sein als mit meinen Mitmenschen.
Er findet einen hübschen, bezeichnenden Vergleich für die ganz
eigentümliche Form seiner Kampfschriften:
La haie est humble, ses rameaux trempent dans l'herbe; mais eile
pique de ses epines le malfaiteur qui veut envahir l'höritage d'autrui ; eile
donne ses fleurs sauvages ä la bergere qui passe, et les petits oiseaux
tressent en sürete* leur nid entre ses branches: j'aime mieux etre une
humble haie qu'un grand arbre inutile.
Gottlos, wie die Priester ihn hinstellen, mag er nach deren
religiösen Begriffen wohl sein, aber gewifs nicht im Sinne der
lleligion Jesu Christi.
1 In einem späteren Pamphlet behauptet Tillier gar, die arme Heilige
sei auf den Boden geschafft, und ihre wächsernen Backen seien dort von
den Ratten gefressen worden (CEuvres IV, 194).
Claude Tillier als Pamphletist. 95
Et qu'est-ce que le juge supreme, si je comparaissais demain a son
tribunal, aurait donc tant ä me reprocher? Je n'ai point empli mes mains
d'argent; je n'ai point trafique" de mapens^e: je Tai donnee aux hommes
teile que Dieu me l'envoyait, comme l'arbre leur donne ses fruits. J'ai
pris des mains de Dieu ma ration de pain quotidien, sans jamais lui en
demander une plus grosse. Quand ce pain est noir, je ne me plains point;
quand il est blanc, je le mange de bon app^tit; mais, blanc ou noir, je
n'en laisse jamais pour le lendemain ; je vais droit devant moi sans re-
garder en avant, sans regarder en arriere, ne eberchant qu'ä öviter le
caillou qui est ä mes pieds et ne l'evitant pas toujours. Lorsque je ren-
contre une mauvaise herbe sur mon chemin, jel'arrache; quand c'est une
bonne graine, je fais un trou en terre et je l'y depose: si eile ne vient
pas pour moi, eile viendra toujours pour un autre. Je fais comme le
papillon qui jouit de 1'ete" sans songer que l'hiver est au bout, et, pour
les quelques jours qu'il a ä rester sur la terre, ne se donne pas la peine
de se batir un nid. J'engage mes enfants ä faire comme moi, je leur
legue mon exemple; c'est la meilleure des richesses, et pour celle-lä du
moins, ils ne paieront pas de frais de succession.
Er spricht noch weiter über die persönliche Form seines
Gottesglaubens und schliefst dann seine Verteidigungsschrift mit
Worten sicheren Selbstgefühles : Ich habe gesagt, was ich bin ;
mögen die, welche mich gottlos nennen, aufrichtig erzählen, was
sie sind. Dann wird man sehen, dafs sie weniger Religion haben
als ich.
So bleibt Tillier fortan seinen geistlichen Gegnern, vor allen
dem Bischof an der Ferse, immer die Feder zum Angriff bereit.
Wenn dem Bischof, wie auch schon seinem Vorgänger M«1 Naudot,
jährlich 2000 fr. für seine Visitationsreisen vom Generalrat des
Departements bewilligt werden, allerdings nur mit einer Stimme
Majorität, so bekämpft Tillier diese Forderung (A M. Dufetre,
eveque de Nevers, sur Vindemnite de route qui lui a e'te allouee
par le conseil gene'ral)1 und sucht später in einem anderen
Pamphlet drastisch zu zeigen, wieviel mehr der arme Pfarrer, auf
den der Bischof 'niederstöfst' (sur lequel vous vous etes abattu),
und der für eine würdige Bewirtung seine Mittel erschöpft, einer
Entschädigung bedürfe (Deux episodes d'une tournee episco-pale).-
Diese Ausführungen und ähnliche in anderen Pamphleten geben
aber von der eifrigen Amtstätigkeit des neuen Bischofs ein sehr
1 (Euvres III, 151—159.
2 (Euvres III, 313—327. Aus dem Jahre 184^.
96 Claude Tilller als Paniphletist.
entstelltes Bild. Die theatralisch-feierliche Einführung der heiligen
Flavia war wirklich eine die Kritik herausfordernde Haudlung
M^ Dufetres gewesen, dessen ungestümer Bekehrungseifer schon
früher auch geistlichen Beurteilern wegen eines gewissen Maugels
an religiösem Takt bedenklich erschienen war. Aber selbst hier
lag die Schuld zunächst bei dem Entdecker der Heiligen, und
gänzlich unbegründet sind Tilliers Angriffe auf die Visitations-
reisen Dufetres. Offenbar war die Amtsführung des Bischofs
Naudot eine nicht sehr straffe gewesen und hatte es auch in den
ersten Jahren nach 1830 selbst mit dem besten Willen nicht sein
können. Als nun sein rühriger Nachfolger, noch ein Vierziger,
frisch und fest vom ersten Tage ab all seinen Amtspflichten un-
ermüdlich nachging, da fühlte sich ganz natürlich so mancher
Pfarrer in seinem bisherigen Stilleben unsanft aufgestört; so
hatten sie schon, als Dufetre noch Generalvikar in Tours war, über
sein schroffes Vorgehen gegen eingerissene Mifsbräuche geklagt.
Solche Klagen, die erst allmählich der unbefangenen besseren
Schätzung wichen, gelangten dann zu Tillier, und allzu rasch
verarbeitete er diese 'Hasen' zu seinem 'Hasenpfeffer'. Der neue
Bischof hielt mehr als der frühere darauf, dafs die Würde seines
Amtes auch nach aufsen würdig und eindrucksvoll sich darstellte;
die Vorwürfe aber, die Tillier in dem gegen die Reiseentschädi-
gung geschriebenen Pamphlet andeutet und in dem anderen dann
an zwei angeblichen Erlebnissen des visitierenden Bischofs humo-
ristisch zur Anschaung bringt, sind sicherlich unbegründet. Gerade
die Schlichtheit seiner persönlichen Bedürfnisse gegenüber der,
wie es scheint, damals unter der höheren Geistlichkeit Frank-
reichs verbreiteten Neigung zu Luxus und prunkvollem Auftreten
hebt ein sonst ziemlich ironischer Beurteiler au dem Generalvikar
Dufetre noch 1841 hervor,1 und ganz ausdrücklich und streng
wies der neue Bischof seine Pfarrer an, ihn mit der gröfsten
Einfachheit zu bewirten und ihm nie mehr als ein Gericht dar-
zubieten. - Der eigentliche Grund der Klagen waren wahrschein-
lich überhaupt die häufigeren Visitationen und hierbei die dem
1 Biographie du Clerge* contemporain par un ^olitaire. Paris L841 — 43.
Bd. 3.
2 Crosuier, Vie de M>'r Dufetre, eveque de Nevers. Paris 1868. S. 173.
Claude Tillier als Pamphletist. 9?
Vielbeschäftigten zur unbedingten Gewohnheit gewordene Pünkt-
lichkeit; dann auch Forderungen an die Pfarrer, wie die, welche
sogleich eines seiner ersten Rundschreiben brachte: eine genaue
Chronik (registre) ihrer Parochie mit allen irgendwie beachtens-
werten, nicht nur den kirchlichen und geistlichen Ereignissen zu
führen. Auf die christliche Archäologie und die Erhaltung wichtiger
kirchlicher Denkmäler war in Frankreich damals, seit 1830 etwa,
die Arbeit bedeutender Männer gerichtet; romantische Voltairianer,
wie Merimee, wirkten hier mit den Klerikalen zusammen, indem
fromme Gelehrte, wie Lenormant und Ozanam, das Bindeglied
bildeten. Diesen Bestrebungen hatte auch Dufetre längst seine
rege Teilnahme zugewendet, und er begann jetzt sofort auf die ihm
unterstehenden Pfarrer in diesem Sinne zu wirken. Wie er aber
neben alledem auch ihr eigenes Wohl im Auge hatte, bewies
später seine Gründung einer Alters- und Invalidenkasse für
emeritierte Priester seiner Diözese. Damals (1852) lag Tillier
längst im Grabe und konnte seine ungerechten Angriffe nicht
mehr gut machen, auf die der Bischof dem Lebenden heftig er-
widerte, ' die er aber dem Toten nicht nachgetragen hat. Dals
sie nicht ohne ärgerliche Wirkung blieben, kann man auch daraus
schliefen, dafs die ausführlichste, in Nevers geschriebene Bio-
graphie Dufetres, die doch ein früheres anonymes Pamphlet gegen
den Generalvikar der Erwähnung wert findet, 2 mit keinem Worte
von Tillier spricht, freilich auch nicht von der heiligen Flavia.
1 Tillier erwähnt noch einen dieser Angriffe und entgegnet sehr scharf
in seinem Pamphlet: Quelques mots sur un Mandement, CEuvres IV, 1 — 35.
2 Crosnier a. a. O. S. 108.
Berlin. Max Cornicelius.
(Schiufa folgt.)
Archiv f. n. Sprachen. CX.
Kleine Mitteilungen.
Zur rhythmischen Prosa Englands im 10. — 11. Jahrhundert.
Joh. Steenstrup (Bogstavrimets sidste og Enderimets forste
Tider in Histor. Tidsskrift 7 R IV, 119 ff.) stellt die Form der letzten
Gedichte in den angelsächsischen Annalen und der rhythmischen
Prosa iElfrics zusammen mit Dänemarks lateinischer Stilform bald
danach. Besonders bei ^Elnoth aus Canterbury, in dessen Vita s.
Gnutonis, treten Assonanz, Stabreim und Endreim nebeneinander auf.
Berlin. F. Liebermann.
Zum angelsächsischen Menologium.
Die Phraseologie des Dichters, von Imelmann (Diss. Berlin
1902) sorgfältig auf poetische Quellen zurückgeführt, schöpft einmal
aus einem Rechtsinstitut. Durch Mariae Himmelfahrt hcefde Nergend
fostorlean fcemnan forgolden: da Christus nicht beim Vater erwachsen
war, verdiente die Erzieherin Nährlohn. Nach einem (jüngeren ?)
Zeitgenossen des Dichters wird bei wifmannes beweddunge den bis-
herigen Pflegeeltern der Braut dcet fosterlean bestimmt. Ist, was ich
nicht sicher behaupte, das Wort nachgebildet nordischem föstrlaun,
wie drincelean nach drekkulaun, so spräche auch dies dafür, dafs
der Dichter wenig vor 1000 schrieb. Dagegen seine Herkunft er-
hellt aus solchen Einzelheiten nicht. Imelmann sammelt fleifsig
anglische Merkmale der Sprache; allein bei einem im 11. Jahrhun-
dert überlieferten und frühestens nur kurz vorher verfafsten Denk-
mal beweisen sie für die Lokalisierung des Autors nichts, da sie
stark in der Minderheit gegenüber der xoivi] stehen. Einzelnes e
für m und in gegen hier viermal so. oft vorkommendes on gibt es
in den Gesetzen auch; tid als Neutrum belegt Imelmann dorther
selbst. Augustins Grab liegt nach dem Dichter cynestole neah, mynstre
mcerum; er weifs also, dafs die Peter- Pauls -Abtei aufserhalb der
Hauptstadt lag. Ihre Nichtnennung bedeutet vielleicht, dafs der
Dichter auf ihren Ruhm eifersüchtig war, also zur Kathedrale ge-
hörte; jedenfalls aber kannte er Canterburys Topographie. Er er-
Kleine Mitteilungen. 99
wähnt nur dieses eine Heiligengrab; er widmet Augustin zwölf Verse;
er nennt keinen anderen Heiligen Englands. Deutet dies nicht nach
Canterbury? — Gerade der Metropolitandom durfte mit jener Auto-
rität königlichen Gebots sprechen, welche der Dichter seinem Kalender
am Schlüsse beilegt: übrigens bezeichnend für die seit Eadgar herr-
schende Verquickung von Kirche und Staat. Imelmann möchte den
Verfasser Abingdon zuweisen, nur weil der Codex dorther kommt.
Und da die Schrift identisch ist mit der des Anfangs der angel-
sächsischen Annalen, so könnte Imelmann geltend machen, dafs ihn
Plummer auf eine Abingdoner Vorlage zurückführt {Saxon ehron.
II, lxxxtx). Allein dafs diese aus fremdem Werke nur kopiert war,
steht fest: das Menolog also vielleicht auch. Gegen Abingdon spricht
ein Argument, freilich nur eines ex silentio: der Dichter erwähnt
Helenas Kreuzfindung. Nun behauptete Abingdon, einst von ihr
bewohnt und mit einem Wunderkreuz beschenkt worden zu sein und
letzteres nebst Nägeln von Christi Kreuz zu besitzen (Chron. Abingd.
I 7; II 155. 279). Hätte bei solchem Anlafs ein Abingdoner das
verschwiegen ? — Die letzten Worte on ßas sylfan tiid können nicht
heifsen 'hoc tempore', als wollte Verfasser den gegenwärtigen Heiligen-
kalender der Vergangenheit oder Zukunft gegenüberstellen, sondern
— wie Hickes und Pieper verstanden — 'über (betreffend) jene sel-
bigen Festzeiten'.
Berlin. F. Liebermann.
Charakteristik Englands im 12. Jahrhundert.
In der Londoner Guildhall wurde etwa 1220 die Handschrift
des British Museum Additional 14252 niedergeschrieben. Ihr Inhalt,
von Mary Bateson1 genau verzeichnet und sachkundig erklärt, ent-
stand, soweit er datierbar ist, 1210 — 17. Aber das meiste ist un-
datierbar und, offenbar durch einen städtischen Rechtsgelehrten und
Antiquar, nur gesammelt oder ins Französische übersetzt aus Auf-
zeichnungen des 12. Jahrhunderts. Fast alles betrifft Recht, Ver-
fassung, Gewohnheiten, Verwaltung Londons. Nur ist mitten hinein-
geschoben fol. 101 eine Bearbeitung oder Beschreibung Britanniens
bei Heinrich von Huntingdon:2
De Bretaine, ki ore est apele Engletere e ki est si bonuree sur lux,
altres idles e ke si est plentivuse de blez e de arbres e large de bois et
de riveres e de veneisuns e de oiseals covenable e noble de bons ehiens
e co de multes manieres. 3 De iceste Bretaine vus voil alkes escrivre,
e puis vus musterai une partie de la lei de la cite de Lundres . . .
Das Folgende, ebenfalls zumeist geschöpft aus Heinrich von
Huntingdon, der als uns sages clers citiert wird, findet man exzerpiert
1 A London municipal collection in Engl, histor. rev. 1902, p. 480.
2 ed. Arnold p. 512. 3 Bis hierher Überschrift.
100 Kleine Mitteilungen.
bei Miss Bateson. Darunter: Bretaine ... sur tute la gent del siede
est ele plus travaillante en pelerinage. E plus sunt li home bels e clers
ke altres homes: quant hom les veit, sempres pur lur bealte dit Vom,
dura il sunt. Zu den fünf Sprachen Britanniens bei Huntingdon
fügt er die sechste, que Vom apele Normand e Frances.
Berlin. F. Liebermann.
Mittelenglische Porstausdrücke.
G. J. Turner, Select pleas of the forest (Seiden soc. 1901), druckt
Archivalien, die Verwaltung und Gericht des englischen Forsts im
13. Jahrhundert betreffen und im lateinischen Text gerade Tech-
nisches meistens in Vulgarausdrücken bezeichnen. Gemäfs der nor-
mannischen Einführung des Forstrechts entstammen diese zwar zu-
meist, wie cableiceum (chablis) 'Windfall', dem Französischen, gelten
aber so gut wie woodward als heimisch. In Einleitung und Glossar
erklärt Turner diese Wörter mit der Schärfe des Juristen, der Liebe
des Sonderforschers und einer nur für Arbeiter am Staatsarchiv mög-
lichen Kenntnis ungedruckter Parallelen. Für Wörter wie berner,
bercelet, brach stehen hier früheste Belege. Das Wild scheuchte der
Jäger auf taborando (p. 44): Tambour schlagend [das Wort tabur
steht (in England zuerst?) bei Radulf de Diceto II 102].
Berlin. F. Liebermann.
Roger Bacon als Philolog.
E. Flügel (in Wundts Philos. Stud. XIX 164) zeigt in einem
für die Geschichte der Sprachwissenschaft im Mittelalter wichtigen
Aufsatze, wie Bacon, der strenge Kritiker der klassischen Philologie
jener Zeit, der geniale Hinweiser auf neue Ziele und Methoden, die
modernen Sprachen nur selten berührte und an eine Grammatik für
diese kaum dachte, obwohl er die Dialekte wohl vermerkte. [Stellen
stehen zum Teil Mon. Germ. 28, 569, wo auch die Quelle für Sla-
visches bei Bacon und Literatur angegeben sind; Haureau, Not. et
Extr. des mss. 35 p. 226, stellt Bacons Griechische Etymologie recht
tief.] Unter britischen Philologen im Jahrhundert vor und mit Bacon
erwähnt Flügel auch Johann von Salisbury, Grosseteste, Basingstoke.
[Zeitlich zwischen Johann und Roger steht mit mancher sprachver-
gleichenden Ahnung der Walliser Girald de Barri, der Englisch
'Teutonisch' nennt und das Brythonische als dem Griechischen oder
Lateinischen verwandt erkennt; Mon. Germ. 27, 408 f.]
Berlin. F. Liebermann.
Zum Havelok.
Die neue Ausgabe des Gedichtes durch Skeat (Oxford 1 902)
hat mir Gelegenheit gegeben, den Text nochmals durchzugehen, wobei
Kleine Mitteilungen. 101
ich einige wettere Verbesserungen ' schwieriger Stellen gefunden habe.
V. 406 f.: And leue pat it mote wone
In heuene-riche with Qodes sone!
Diese Stelle hat Morsbach in den Engl. Stud. XXIX, 372 besprochen,
und er sieht in Godes sone eine Umschreibung für him, da der Über-
lieferung nach Jesus Crist (V. 403) das Subjekt ist. Der Dichter
hätte also gesagt: 'Christus ... gestatte, dafs sie (die Seele) im Himmel
bei Gottes Sohne wohnen möge!' Ich halte eine solche Ausdrucks-
weise für unmöglich und schlage vor, God hinter leue einzuschieben
und dafür Godes in his zu bessern — dann wird die Stelle klar und
verständlich.
V. 560 erg. Also thou wilth mi lif haue [saue}',
vgl. V. 2226: But God him wolde wel haue saue. Das Reimwort ist
in beiden Fällen knaue.
V. 738 1. [Un]to htm and to hise flöte.
V. 762 ff. TU hise sones to beren fish inne,
Up o londe to seile and fonge.
Forbar he neyper tun ne gronge.
Der Reim fonge 'fangen' : gronye 'Meierei, Scheune' (ne. grange —
greindx) ist wohl jedem, der sich mit dem Havelok beschäftigt hat,
seltsam oder verdächtig vorgekommen. Statt gronge, das gerade wie
ein Reim fürs Auge aussieht, würde man auch eher grange oder
grantige erwarten. Aber auch der Sinn der Stelle ist unklar, denn
Grini und seine Söhne wollen doch auf dem Lande keine Fische
mehr fangen, das haben sie ja schon vorher auf der See getan!
Ich vermute, dafs fonge für change 'umtauschen' verschrieben ist, und
dafs also die Fischer ihre Ware nicht blofs verkauften, sondern auch
für die in den Versen 767 ff. aufgezählten Lebensmittel umtauschten.
V. 810 1. To morwen shal ich forth[ward] pelle.
V. 833 f. 1. Ne non oper fish pat douhte;
His meyne feden nouht he mouhte.
Ich ändere also blofs with V. 834 in nouht (oder in der Orthographie
der Hs. nouth).
V. 1019 ff. For it ne was non horse-knaue
po pei sholden in honde haue,
pat he ne kam pider, pe leyk to se.
Skeat ändert po V. 1020 in pouh und übersetzt den Vers in den
Anmerkungen: 'Though they happened to have work in hand',
i. e. had plenty to do. — Ob aber der Begriff 'Arbeit' so ohne wei-
teres ergänzt werden kann, erscheint mir denn doch sehr zweifelhaft.
Ich möchte daher po in for ouht 'trotz allem' bessern. Der Sinn der
ganzen Stelle ist: Kein Pferdeknecht, mochte er noch so viel zu tun
haben, unterliefs es, hinzukommen.
1 Vgl. Anglia, Beiblatt XI, S. 306 und 359 ff., XII, 146 ; Engl. Stud.
XXX, 343 f. [Jetzt noch Förster, Beibl. zur Angl. XIV, 10 ff.]
102 Kleine Mitteilungen.
V. 1220 1. With pat [pat] pou ivilt here dwelle.
V. 1269 1. It bi'kenneth more, he shal.
Ich möchte jetzt also lieber pat nach more als dies selbst streichen.
V. 1287 1. But on [up]on p>e moste Ml.
V. 2269. pat he sholden him god feyth bere.
Der Vers gewinnt entschieden durch eine Umstellung:
pat he god feyth him sholden bereu.
Schon Skeat schreibt him sholden.
V. 2290 f. Bwan he. haneden alle pe hing gret,
And he teeren alle dun sei.
Ich möchte jetzt bessern:
Hican he pe hing haueden alle gret,
And lue teeren dun[e] set,
streiche also alle als Wiederholung im zweiten Verse.
V. 2557. With ful god teepne ye ber so.
Das rätselhafte ye ber könnte aus pered — wered, Part. Prät. von
weren = ae. werian 'wehren, verteidigen, schützen', entstellt sein,
wenn wir für letzteres auch die Bedeutung 'bewehren' annehmen
dürfen.
V. 2658 f. panne he woren fallen dun bopen,
Grundlike here suerdes ut-drowen.
Man stelle im ersten Verse um: bopen dun. Der Reim dun : drowen
ist ganz richtig, wenn wir in letzterer Form Einflufs des Sgl. drou.gh
(— druy) annehmen, wie z. B. in den ne. Pluralformen boughs und
ploughs. Lautgesetzlich wäre ja ae. dröjun zu drowen (= dromn)
geworden, vgl. Koeppel in Herrigs Archiv CIV, 14 ff.
Kiel. F. Holthausen.
Nachtrag zu Archiv CVIII, 288 ff.
(Die Quelle des me. Gedichtes 'Lob der Frauen'.)
Gelegentlich meines diesjährigen Aufenthaltes in England konnte
ich das in Bd. CVIII, S. 288 ff. nach Wrights Drucke wiedergegebene
altfranzösische Gedicht mit der Handschrift vergleichen, wobei ich
folgende Abweichungen Wrights von derselben fand:
V. Wr. 5 que] Hs. qe, desgl. V. 40, 52, 98, 150, 154, 220, 311
und 316. — 45 Wr. honme] Hs. homne, desgl. 293. — 127 Wr.
suffry] Hs. soffry. — 161 Wr. il] Hs. e. — 177 fehlt de in der Hs.
— 228 Wr. fenme] Hs. femne. — 304 Wr. mount] Hs. moul. —
322 Wr. soffrir] Hs. soffri.
In vier Fällen weist leider mein Text gegenüber Wr. und der
Hs. Fehler auf, nämlich V. 168 homme] Wr. Hs. honme. — 195
a ce] Wr. Hs. e ce. — 286 amistie] Wr. Hs. amistee. — 314 in]
Wr. Hs. en.
Kleine Mitteilungen. 103
Wichtig sind in der ersten Liste wohl nur da> handschrift-
liche e für Wrights il 161, mout für mount 304, endlich soffri
für so/fr«- 322.
Kiel. F. Holthausen.
Zur Legende von Edward dem Bekenner.
Kadweard III. soll einem Armen Almosen, da er keine Münze
hei sich hatte, in Gestalt eines Ringes gereicht haben, den dann der
hl. Johannes zwei englischen Palästina-Pilgern für den König zurück-
erstattete. Diese Geschichte findet sich schon bei den alten Bio-
graphen; Lives of Edw. the Conf. ed. Luard p. 122. 373. Ein Do-
minikaner zu Parma hat sie 1320 — 44 seiner Chronik der Päpste
hinzugefügt; nach ihm sagte der hl. Johannes (bei diesem der Täufer),
die Jungfrau Maria habe den Ring selbst getragen. So Delisle, No-
tices et Extr. des mss. 35 p. 1 (1896), 379.
Berlin. F. Liebermann.
Zur mittelenglischen Handsehriftenkunde.
Eine me. Übersetzung von Boccaccios De claris mulieribus
('Boccasse of his Booke intitlede in the Latyne tongue De Preclaris
Mulieribus'), wohl dieselbe, welche Zupitza auf Grund von Ms. Add.
10794 in der 'Festschrift ... des fünften allgemeinen deutschen Neu-
philologentages' (Berlin 1892) S. 93—120 besprochen hat, ist laut
'Centralblatt für Bibliothekswesen' XV (1898) 339 auch in einer
Handschrift enthalten, welche aus der berühmten Sammlung des
Sir Thomas Phillipps stammt und auf der Sothebyschen Auktion
vom 9. Juni 1898 in den Besitz des Herrn Bain übergegangen ist.
Eine von Spiefs und Macaulay nicht angeführte Handschrift
von Gowers Confessio amantis (Pergament) befand sich in der Biblio-
thek des Sir Andrew Fountaine und gelangte auf der Sothebyschen
Auktion vom 12. Juni 1902 in den Besitz der Firma Quaritch, welche
somit zurzeit drei Gower-Mss. ihr eigen nennt (Centralblatt f. Biblio-
thekswesen XIX [1902] 362).
Dieselbe Firma (Quaritch) erwarb am 2. Mai v. J. ein illu-
miniertes Folio-Manuskript, enthaltend 'The Boke of Bochas trans-
lated into Englishe by John Lydgate, Monk of Bury' (== Falls of
princes ?), welches aus der Bibliothek des Henry White stammt
(Centralbl. XIX 309).
Ein Folio-Ms. des 14. Jahrhunderts (?) mit 'Richard Rolle de
Hampoles Werken in Prosa und Versen' (mit seltsamen Zeichnungen)
gelangte auf der Auktion vom 14. Juni 1902 an Herrn L. Rosen-
thal (Centralbl. XIX 363).
Würzburg. M. Förster.
104 Kleine Mitteilungen.
Zu Scogan und 'The Court of Love'.
1) In seinen 'Chaucerian and other pieces' p. 545 Anrn. zu
491 — 504 vergleicht Skeat die citierten Stellen mit Fragment B des
Rom. Kose 2419—39, 2817—20 und weist ferner zu 11.496—7 den
Bezug zu Fragment B 2819 — 20 'or of hir chere that to the madc
thy lady dere' nach. Er möchte daraus und aus anderem schliefsen,
dafs der Court of Love nach Thynne's edition 1532 verfafst sei (Intro-
duction § 71). Dafs aber der Verfasser des Court of Love Frag-
ment B vor Thynne benutzt und gekannt habe, wird ebenso leicht
anzunehmen sein, da ich in meinen Untersuchungen über Lydgate
und Fragment B des Rom. o. Rose zu dem Resultat gekommen bin,
dafs Lydgate schon im Temple of Glas Fragment B benutzt hat,
was bei noch eingehenderer Durchforschung der Werke Lydgates
sich mit Evidenz erweisen lassen wird.
2) Skeats Bemerkungen zum Court of Love im 'Chaucer canon'
sind, wie Prof. Brandl nachgewiesen hat, mit gröfster Vorsicht auf-
zunehmen. Was die vocabulary-test (a. a. 0. p. 134) anbetrifft, so
sind folgende Berichtigungen anzubringen.
Skeat: aureat, 817, known in 1599. Ich finde aureat bei Lyd-
gate, Reson & Sensuality (1406—8?) 1312: The world was called
aureate, und Balade 13: O aureat licour of Cleo.
as blife, 161, found in Lydgate 1413 — schon früher bei Lyd-
gate, jedenfalls Rom. o. Rose B 2799 (von Skeat übersehen).
demure, 653, wird von mir belegt bei Lydgate in der Flour
of curtesie (um 1400) V. 139.
Skeat fragt ferner: And what is rneant with 'dye and sterve'?
(ver> 301.) Diese Phrase belege ich wieder bei Lydgate, Pilgrimage
1849: Rather he ehes to dey and sterue.
Zum Schlufs noch eine 'Anmerkung' zur Note Skeats, Court of
Love 782 flawe = flave, yelloiv, known in 1657.
C. o. L. 782 And Uly forhede had this creature, With lovelich
broives, flawe, of colour pure. Unten: S. flawe (for flave) sie!
'I suspect that flawe ivas a Northern form; cf. braw, as a
Northern variant of brave? Hat im Original wirklich flawe ge-
standen? Oder ist, was allerdings dem Sinne nach sehr unwahr-
scheinlich sein dürfte, gar falwe (yellowish) zu lesen?
Weitere phraseologische Bezüge zwischen 'Court of Love' und
Lydgate werden sich gewifs noch nachweisen lassen.
Ein ausführlicher Artikel aus meiner Feder wird demnächst
erscheinen.
Brandenburg H. J. H. Lange.
Christopher Anstey, der Verfasser des New Bath Guide.
Christopher Anstey (1724 — 1805) wird gewöhnlich in der Ge-
lehrtenwelt mit Stillschweigen übergangen, mehr noch bei uns Deut-
Kleine Mitteilungen. 105
sehen als bei den Engländern. Er ist zwar nicht mit vielen Erzeug-
nissen seiner Dichternmse hervorgetreten ; sein Name haftet ernstlich
nur an seiner Satire 'The new Bath guide' (1766). Aber dieses
kleine Werk kann immerhin einen Platz in der Geschichte der eng-
lischen Satire beanspruchen; es gibt wenig, das sich, was Originalität
anlangt, mit ihm vergleichen liefse. Wie fast allen Satiren sieht man
einer Skizzierung des Inhalts zwar nichts Aufsergewöhnliches an.
Eine Anzahl junger Menschenkinder aus der Familie der B(lu)n(de)r-
(hea)d, nämlich Sim B., dessen Schwester Prudence, beider Cousine
Jenny W-d-r, ihre Haushälterin Tabitha Eunt begeben sich im
Sommer 1766 nach Bath. Sie haben ja allen Grund dazu: Sim und
Prudence haben sich mit Leckereien den Magen verdorben, sie
müssen notwendig das dortige Wasser trinken. Sie kommen und
staunen das herrliche Bath an, mit seiner schönen Lage und seinen
liebenswürdigen Menschen. Da sind zunächst die freundlichen Ein-
wohner selbst, die die neuen Gäste bewillkommnen mit Glocken-
geläute, die ihnen auch ein Konzert veranstalten. Dafür mufs man
sich natürlich nobel zeigen, und Sim bezahlt daher alle Musikanten.
Und die Gäste nun! Unsere Kinder gehen ganz in Bewunderung
der schönen Kleider und der feinen Sitten auf. Alle diese Leute
zusammen bei einem Mahle oder einem Balle zu sehen, ist einfach
eine Sehenswürdigkeit. Der Liebenswürdigkeit der feinen Gäste ver-
danken sie es, dafs sie in ihren Kreisen verkehren können. Einige
zeichnen sich ganz besonders durch Anhänglichkeit aus. Da ist z. B.
der Captain Cormorant, ein Mann, der dem Staate sehr gute Dienste
geleistet hat, und den man also, nach seiner eigenen Meinung, besser
hätte belohnen müssen. Er ist sehr gebildet, unterhält sich mit Jenny
über Milton und Shakespeare. Auch sonst läfst er ihr alle Auf-
merksamkeit zu teil werden. So viel er nur von seiner kostbaren
Zeit erübrigen kann, widmet er den ortsunkundigen Gästen und
kommt deshalb regelmäfsig zum Mittags- und Abendessen zu ihnen.
Als Mann von Weltkenntnis weiht er den jugendlichen Sim in die
grofsen menschheitbeglückenden Ideen ein; eine der wichtigsten ist
der Begriff von der Umsetzung des Geldes. Dafür gibt es besonders
ein Mittel, das Kartenspiel. Sim kann zwar noch nicht spielen, aber
der Captain meint, er lerne es rasch, und Cormorant kann ja warten,
solange Sim noch etwas Geld besitzt. Den übrigen Gewinn stundet
er ihm zu 20 Prozent. — Ein anderer auch sehr freundlicher Mensch
ist der methodistische Priester Roger, das heilst er ist auch unter
dem Namen Nicodemus bekannt. Er nimmt sich besonders gerne
der Prudence an und neckt sich immer so liebenswürdig mit ihr.
Doch sind seine Lebensanschauungen etwas düsterer Art, und es ge-
lingt ihm, Prue von ihrem sündhaften Seelenzustand zu überzeugen,
so dafs sie schliefslich glücklich ist, als ihr eines Nachts ein Engel
in der Gestalt Rogers erscheint und ihr auf göttlichen Befehl Liebe
106 Kleine Mitteilungen.
einflöfst. — Schliefslich ist der heitere pietistische Priester zu erwäh-
nen, der lehrt, dafs es weder Sünde noch Übertretung gebe, womit
er sich besonders die Gunst der Tabby Eunt erwirbt, die dafür sorgt,
dafs sein Geschlecht nicht ausstirbt. — Zu diesem Umrifs des In-
halts kommen noch einige Beigaben, eine Ode, 'die Geburt der Mode'
betitelt, eine Beschreibung des Badens, der Gesang eines Dichter-
lings auf den ihn unterstützenden Koch Gill in Bath, die Erzählung
von einer Konsultation der Ärzte.
Um die Bedeutung des New Bath guide recht zu würdigen,
müssen wir uns nach den Patiren umsehen, die schon vorher in Eng-
land entstanden waren. Man hatte sich bereits von der antiken
Satire abgewandt, indem man nicht mehr allgemeine Schilderungen
von Lastern und Schwächen gab, sondern dieselben in lebendigen,
handelnden Personen verkörperte. Diesen Fortschritt benutzte auch
Anstey. Aber seine Satire unterscheidet sich von den vorhergehenden
1) in dem Gegenstand der Satire: nirgends vor Anstey finden
wir eine Satire gegen das gesamte Treiben einer Stadt. Humo-
ristische Erzählungen, deren Helden die Einwohner einer Stadt sind,
waren zwar in der Schwankliteratur vorhanden, das Altertum hatte
sein Abdera, wir Deutschen haben unser Schiida, in England erzählt
man sich solche Schwanke von den Bewohnern von Gotham. Aber
dies sind Schwanke und keine Satire. Doch kennt zwar die mittel-
englische Zeit eine Satire auf die Leute von Kildare in Irland, aber
dies ist eine Satire in Predigten auf die verschiedenen Stände, so
dafs die Predigten auch auf die Bewohner aller anderen Städte und
Dörfer passen würden. So hat Anstey zum erstenmal das charakte-
ristische Gepräge einer bestimmten Stadt, wie sie zu seiner Zeit war,
zum Objekt seiner Satire gemacht.
2) In ihrer Form: die Satire ist in Briefen abgefafst, und zwar
in der Weise, dafs die mitverspotteten Personen die Schreiber der
Briefe sind. Auch diese Briefform haben wir vorher nicht in irgend
einer Satire. Der Vorteil, der sich für Anstey dabei ergab, war, dafs
die beifsende satiristische Stimmung in einen angenehmen Humor
verwandelt wurde. Denn alle Schreiber der Briefe sind einmal Be-
wunderer des Treibens in Bath, ferner aber sind sie naiv genug,
nicht zu sehen, wie sie getäuscht werden. Da sie gewissenhaft über
alles berichten, wird alles, was sie sagen, zur unbewufsten Selbst-
ironie.
3) In der Wahl des Metrums: unter den von den einzelnen
Schreibern verwendeten Metren war besonders der anapästische Tetra-
meter bisher wenig gebräuchlich. Dieser war bisher nur von Matthew
Prior hin und wieder angewandt worden (vgl. 'Secretary' und 'Down
Hall'). Von jetzt ab verwenden die Dichter dieses Versmafs mit
Vorliebe für die poetische Plauderei.
Es ist klar, dafs zu diesen Vorzügen formaler Natur noch solche
Kleine Mitteilungen. 107
inhaltlicher Art kommen müssen, um die Satire zu einem Kunstwerk
zu machen. Den Inhalt, der mit guter Laune erzählt ist, nahen wir
hereits skizziert. Wichtiger vielleicht sind, wie in jeder Satire, die
zahlreichen Einzelheiten, die nicht alle wiedergegeben werden können.
Hierin offenbart Anstey einen sprudelnden Witz und Humor. Die
Charaktere der meisten Personen sind alle typisch. Die naiven Brief-
schreiber, besonders der fleifsigste unter ihnen, Sim, sind im ganzen
glaubwürdig dargestellt. Starke Zweifel an der Naivität darf man
sich dagegen hinsichtlich der Prudence erlauben, die ihr oben er-
wähntes Abenteuer mit Roger, durch das sie zum Methodismus er-
wählt wird, selbst mit kindlichem Glauben ihrer Freundin mitteilt.
Die Art der Satire, die also ihre besondere Wirkung durch die Ironie
erhält, wozu das vermeintliche Lob der Briefschreiber wird, möge ein
Beispiel, Sims Bewunderung der Frauen, die so fein geputzt sind
und eifrig Karten spielen, charakterisieren; Sim sagt von ihnen:
. . . these to their Husbands more Profit can yield
' And are much like a Lilly that grows in the Field ;
They toil not indeed, nor indeed do they spin, \&
Yet they never are idle, when once they begin,
But are very intent on increasing their Store,
And always keep shuffling and cutting for more.
Der New Bath guide erschien 1766; die* beiden ersten Auf-
lagen wurden rasch vergriffen, so dafs im selben Jahre die dritte
noch gedruckt wurde. Auch einige bedeutendere Schriftsteller
empfingen das Buch mit Applaus. Am 20. Juni desselben Jahres
schrieb Horace Walpole (Letters, ed. Cunningham, vol. IV, S. 504)
darüber an G. Montague: so much wit, so much hwnour, fun, or
poetry, never met together before. I can say it by heart, though a
quarto .... Und Gray schrieb an Wharton am 26. August (Werke,
ed. Edmund Gosse, London 1884, vol. III, S. 243): Have you read
the New Bath guide? It is the only thing in fashion, and is a new
and original kind of humour . . .
Aber auch die spätere Zeit erkannte dem Werk eine gewisse
Bedeutung zu. Noch Byron schreibt in seinen Briefen oft davon,
dafs der New Bath guide noch sehr viel gelesen werde. Ein wich-
tigeres Zeichen seiner Bedeutung ist jedoch der Einflufs, den das
Werk auf die späteren Schriftsteller ausübte. Campbell nahm eine
Partie aus dem Werke in seine Specimens of the British Poets auf
und meinte, Anstey habe die 'leading characters' aus Smolletts
Humphrey Clinker entlehnt. Dies ist deswegen ausgeschlossen, weil
Humphrey Clinker erst 1771 erschien. Also müfste umgekehrt
Smollett die entsprechenden Anleihen bei Anstey gemacht haben.
Aber auch dieses bedarf der Berichtigung. Einmal sind die Per-
sonen bei Smollett mit viel gröfserer Ausführlichkeit geschildert als
bei Anstey, der, abgesehen von der Charakterisierung Sims, sich nur
108 Kleine Mitteilungen.
mit Andeutungen begnügt. Für Matthew Bramble, Jeremy Melford,
Lydia Melford und Mrs. Tabitha Bramble gibt es irgend welche
Entsprechungen nicht. Lismahago ist zwar auch ein gewesener
Captain, aber gerade hier zeigen sich die bedeutsamsten Unterschiede :
Lismahago ist ein grundehrlicher, idealistisch angelegter Charakter,
während Captain Cormorant ein verkappter Spitzbube ist. Ein
Methodisten prediger begegnet auch bei Smollett, aber dies ist auch im
Gegensatz zu Roger bei Anstey ein braver Kerl, der durch Ge-
wissenszweifel hindurchgeht, aber nie seine ehrliche Gesinnung ver-
liert. Was wir dagegen wohl eher als einen Einflufs Ansteys be-
trachten können, scheint mir allgemeinerer, aber um so wichtigerer
Art zu sein. In allen Werken, die Smollett vor dem Jahre 1771
schrieb, hat er einen derben, fast groben Humor, oder aber, es gelingt
ihm wenigstens nicht, seinen besseren Humor in eine geschlossene
Form zu bringen. Jetzt auf einmal begegnet uns bei ihm ein zarter
und freundlicher Humor, der noch dazu in die Form der Ironie ge-
kleidet ist. So ist z. B. Matthew Bramble ein gichtkranker und nervöser
Mann, der von sich selbst berichten mufs, dabei gewissenhaft auch
von seinen Grillen berichtet und sie auf irgend welche Weise, aber
doch etwas schlecht, zu entschuldigen sucht. Dieselbe unbewufste
Selbstironie, die im wesentlichen aus der Briefform sich ergibt, wie
bei Anstey also! Zum Unterschied gegenüber Anstey ist noch fest-
zustellen, dafs Smolletts Humor viel feinerer Art ist als der Ansteys,
was sich vor allem daraus von selbst ergibt, dafs Ansteys Haupt-
tendenz doch die Satire ist, während Smollett den Humor zum Aus-
druck zu bringen sucht.
Noch deutlicher erkennt man den New Bath guide als ein
Vorbild für Thomas Moores The Fudge family in Paris (1818). Es
ist eine Satire auf das Strebertum unter dem Kanzler Castlereagh.
Sie ist in Briefform geschrieben, so dafs die persiflierten Streber
selbst die Verfasser der Briefe sind. Moore hat den einzelnen Per-
sonen die verschiedenen Metra zuerteilt, die auch Anstey verwendete,
und besonders den anapästischen Tetrameter dabei eine gewisse
Rolle spielen lassen. Ebenso hat sich Moore offenbar bemüht, den-
selben schwatzhaften und innigen Ton Ansteys zu finden, doch
kommt bei ihm, in den Briefen des alten Fudge wenigstens, mehr
noch die bissige Satire zum Vorschein als bei Anstey.
Beeinflussung durch Anstey verraten auch schliefslich die In-
goldsby Legends von Thomas Ingoldsby [= Richard Harris Barham]
(1840). Dieselben sind zwar nicht in Briefen, aber, was auf dasselbe
hinauskommt, in der Ich-Form geschrieben. An Versmafsen und
Reimkünsten ist Barham reicher als Anstey. Aber der Humor hat
einem gewöhnlichen Cynismus Platz gemacht.
Der New Bath guide ist seither nur noch einmal in den ge-
sammelten Werken von Christopher Anstey 1808 erschienen. Auf
Kleine Mitteilungen. 109
deutschen Bibliotheken habe ich dem Buche seinerzeit vergebens
nachgeforscht; doch besitzt das Englische Seminar der Berliner Uni-
versität ein Exemplar der dritten Auflage aus dem Jahre 1766.
Berlin. Gustav Becker.
Zur Geschichte der deutschen Literatur in England.
(Nachträge zum Archiv CV, 30.)
1) Am 11. November 1790 wurde in Covent Garden zum ersten-
mal ein Stück aufgeführt, das den Titel 'The Germern hoteV führte.
Es ist dies eine recht gute und sinn-, wenn auch nicht wortgetreue
Übersetzung eines Schauspiels von Job. Christ. Brandes: Der Gast-
hof: oder Trau, schau, wem (zuerst 1769). Die Übersetzung wurde
einem gewissen Marshall zugeschrieben, in Wirklichkeit stammt sie
aber von dessen Freunde Thomas Holcroft, wie aus einer Stelle
seiner Memoirs (II, 68) hervorgeht. Vgl. über ihn Brandl, Coleridge
S. 273: Archiv a. a. O. S. 33; ferner Geneste Bd. VII, S. 22. Das
Stück fand vielen Beifall und wurde etwa ein Dutzend Mal wieder-
holt. Goedeke2 IV, 77 erwähnt diese Übersetzung nicht.
9) The English tavern at Berlin, a comedij, London 1789. Dies
mittelmäfsige Lustspiel, welches niemals aufgeführt worden ist, dreht
sich um eine bekannte Anekdote von Friedrich dem Grofsen, wonach
der König einem Pagen, als er schlief, eine Rolle Gold in die Tasche
gesteckt haben soll, um ihn für seine Kindesliebe zu belohnen.
Nebenbei fällt ein Kompliment für die nationale Eitelkeit der Eng-
länder ab, was damals gerade in Romanen und Theaterstücken recht
häufig vorkam. Der Wirt berät sich mit seiner Frau, welchen Namen
er seinem neu eröffneten Gasthof geben soll. Sie rät ihm zu dem
Namen 'The English hoteP (a name that comprehends cleanliness,
good entertainment and honest dealing).
3) Bisher hatten wir nur Gelegenheit, über die deutsche Lite-
ratur die Stimmen der berufsmäfsigen Kritik in England zu ver-
nehmen; es trifft sich nun, dafs wir wenigstens einmal auch Urteile
aus dem Publikum zu hören bekommen. In der wohlbekannten
Monatsschrift 'Gentleman's Magazine', die lange Zeit hindurch im
wesentlichen nur die Zuschriften von Abonnenten über die verschie-
densten Themata enthielt, finden wir im 64. Bande vom Jahre 1794
mehrere Briefe, die an die deutsche Literatur anknüpfen. Den An-
stofs dazu gibt eine Korrespondentin, die (S. 138) Tasso im Gegen-
satz zu der 'false simplicity of Gesner* lobt. S. 211 wird der Gegen-
stand von einer anderen Dame weiter besprochen. Sie sagt: Gesner
I am not at all acquainted with in his native dress. In general, I like
the German poetry translated into English, but I believe a translator
can scarcely avoid being too redundant: he must use cireumlocution
to mähe a particular phrase be understood in anotJter language, by
110 Kleine Mitteilungen.
which means perhaps the beautiful simplicity of the thought is beaten
out like gold into tinsel. Zeugt diese Äufserung deutlich von einer
Vorliebe für deutsche Literatur, so noch viel mehr die eines Dritten
auf S. 435: I believe many other excellent things [aufser den vorher
von ihm erwähnten Briefen eines reisenden Dänen von Fr. Sneedorf :
deutsche Übersetzung Züllichau 1793] remain in the German lan-
guage. Can any of your correspondents recollect whether a small vo-
lume, intituled ' Fausten (!) or the Age of Philosophy' l has appeared
in English since 1780? I Jiave another charming work in German,
viz. The Travels of a very intelligent Prussian, through several parts of
England in 1782. - This gentleman chose to be a pedestrian, and as the
book is not generally known, I shall be happy in giving some account
of it in a future magaxine, with some observations upon some of the
translations of German poetry. Auch hier beobachtet man also
wieder, wie das englische Publikum viel eher geneigt war, zu deut-
schen Büchern zweiten und dritten Banges zu greifen und die Meister-
werke beiseite zu lassen.
4) Durch die Güte meines verehrten Freundes Mr. Walter Bye
in Norwich habe ich das 'Common place book' des Lieut. Col. Bobert
John Harvey aus Thorpe bei Norwich einsehen dürfen. Es ist im
Jahre 1816 geschrieben und enthält neben vielen Notizen, die uns
hier nicht näher angehen, einige kurze Bemerkungen über die hinter-
lassenen Papiere von Bobert Harvey of Catton, dem Oheim des Ge-
nannten, den ich bereits in meiner Schrift über W. Taylor (S. 47)
als Übersetzer der 'Minna von Barnhelm' erwähnt hatte. Die Papiere
enthielten danach eine Übersetzung von 'Fiesco', von Wielands 'Dio-
genes', von Kotzebues 'Graf von Burgund', seinem Schauspiel 'Falsche
Scham' (u. d. T. Gonsciousness) und ein Bruchstück (u. d. T. Diet-
helm) aus 'Das Schreibepult oder die Gefahren der Jugend' von dem-
selben Verfasser. Die wenigen kritischen Bemerkungen, die der
Schreiber dazu macht, sind so unwichtig, dafs es sich nicht verlohnt,
sie wiederzugeben.
Berlin. Georg Herzfeld.
Zwei Trobadorlieder
für eine Singstimme mit Klavierbegleitung gesetzt.
Die nachstehenden Liederbearbeitungen sind auf Anregung des
Herrn Professor Dr. C. Appel entstanden, der mir gegenüber den
Wunsch äufserte, es möchten gelegentlich des 10. Deutschen Neu-
1 Es ist dies; Faustin, od. das philosophische Jahrhundert von Joh.
Pezzl, Zürich 1783, vgl. Goedeke-' II, 50G.
2 K. Ph. Moritz: Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782
(Berlin 1788): englisch u. a. in Mavor, The British tourists etc. vol. 4
(1798), in Pinkertons Voyages vol. 2 u. ö.
Kleine Mitteilungen. 111
philologentages (Breslau, 20. — 24. Mai 1902) einige Trobadorlieder
im Urtext und mit den alten Melodien zum Vortrage gelangen. Eine
stattliche Anzahl von Melodien lag in A. Restoris Buche 'Per la
storia musicale dei Trovatori provenzali. Appunti e Note' (Rivista
Musicale Italiana, vol. II, fasc. 1, Torino 1895) in moderner Notation
vor. Es galt nun zunächst, eine engere Auswahl zu treffen. Nach
längerem Schwanken fiel diese auf die Lieder: Reis glorios von Gui-
raut de Bornelh, Manta gens me malrazona von Peirol und Quant
vey la lauzeta von Bernart de Ventadorn. Von diesen standen
mir aufser dem Restorischen Drucke Abschriften Prof. Appels aus
dem Codex R und für das letztgenannte Lied noch eine Kopie
aus Codex W zur Verfügung. Die Vergleichung des Druckes mit
den Abschriften hatte zur Folge, dafs ich zum Teil zu Resultaten
gelangte, die sich bezüglich der Fassungen der Melodien mit Restoris
Wiedergabe nicht deckten. Als sehr spröde erwies sich das Lied
Quant vey la lauzeta, von dem bei Restori vier Fassungen (aus den
Codices X, W, G und R) mitgeteilt waren. Dafs diesen vier Fassungen
ein bestimmter Kern zu Grunde liegt, war nicht zu verkennen, aber
diesen Kern wieder aufzufinden und aus dem Wüste von Schnörkeln
und Verzierungen, die jeder Abschreiber nach eigenem Gutdünken
freigebig hinzugefügt hatte, herauszuschälen, war mit nicht unerheb-
lichen Schwierigkeiten verknüpft. Am vertrauenswürdigsten erschien
mir Codex R. Der Schreiber mufs kein übler Musikant gewesen
sein, oder er mufs gute Vorlagen gehabt haben; die von ihm aufge-
zeichneten Melodien zeigen gesunden Flufs, sind, sobald man die
nötigen Versetzungszeichen hinzufügt, leicht sangbar und haften im
Ohre. Die Versetzungszeichen sind allerdings, wie auch Restori be-
merkt (S. 1 1 Anmerkung und anderwärts), sehr nachlässig behandelt.
Das in vielen Liedern im Schlüssel unbedingt erforderliche b fehlt
zumeist, und auch im Verlaufe der Melodien ist es nur selten bei-
gegeben. (Ich komme bei dem Peirolschen Liede noch auf diesen
Kardinalfehler der Handschrift zurück.)
Aus dem Codex R allein wäre indes die Melodie zu Quant vey
la lauzeta kaum herzustellen gewesen ; die Heranziehung der übrigen
Codices und die kritische Vergleichung der daselbst mitgeteilten
Melodiefassungen war unerläfslich. Die unter Benützung der ver-
schiedenen Lesarten hergestellte Melodie trug nun zwar einen einiger-
mafsen einheitlichen Charakter, erwies sich aber bei der Aufführung
als weit weniger wirksam wie die beiden anderen Lieder. Sie war
wohl anhörbar, schmiegte sich aber den Worten des Dichters nicht
so eng und unmittelbar an, wie diese es beanspruchen durften. Von
einer Veröffentlichung dieser auf mannigfachen Kompromissen be-
ruhenden Melodie glaubte ich absehen zu müssen.
Weit günstiger gestaltete sich das Verhältnis zwischen Wort
und Ton bei den beiden anderen Liedern. Was hier der Codex R
112 Kleine Mitteilungen.
bot, konnte ungezwungen Note für Note beibehalten werden; zu
regulieren waren nur die Versetzungszeichen und der Rhythmus.
Die Melodien ohne jede Begleitung vortragen zu lassen, wäre wohl
tunlich gewesen, aber besondere Freude würden die Hörer an einem
solchen Experiment schwerlich gehabt haben. Die Begleitung im
Sinne der Zeit zu halten, in welcher die Lieder entstanden, war nicht
angänglich. Einerseits wissen wir blutwenig darüber, wie man vor
siebenhundert Jahren begleitete, und dann ist das, was sich von
mehrstimmigen Sätzen aus jener Zeit zu uns herübergerettet hat, so
primitiv und — gerade herausgesagt — so mifsklingend, dafs es zur
Nachahmung und Nachachtung nicht reizen kann. Konnte doch
noch im 1 4. Jahrhundert ein namhafter Musikschriftsteller (Egidius
de Muris bei Coussemaker, Histoire de Pharmonie p. 29) bedauernd
aussprechen, er halte den mehrstimmigen Gesang überhaupt für eine
Unmöglichkeit! — Abschreckende Beispiele hätten sich auf diesem
Wege wohl herstellen lassen, aber Freunde wären den alten Melodien,
deren starke Lebensfähigkeit meiner Ansicht nach aufser Frage steht,
schwerlich erstanden. — Meine Aufgabe war es, zu versuchen, ob
sich für die alten Lieder unter strenger Wahrung ihrer melodischen
Eigenart eine harmonische Bearbeitung finden liefse, die sie auch
für den modernen Geschmack und für das moderne Ohr annehmbar
und geniefsbar mache. — Nicht zu umgehen war hierbei eine be-
stimmte Einteilung in Takte. Der freie oder, um einen allgemein-
verständlichen Kunstausdruck zu gebrauchen, der rezitativische Vor-
trag der Melodien mit einzelnen, an den rhythmischen Einschnitten
angebrachten Accorden würde dem Historiker vielleicht genehm ge-
wesen sein, hätte aber dem Gros der Hörer das Verständnis der
Lieder eher erschwert als angebahnt. Der Sache selbst wäre damit
wenig gedient gewesen. Wer sich indes darauf steift, die alten Melo-
dien ohne alle ergänzenden und das Verständnis erleichternden har-
monischen Zutaten geniefsen zu wollen, der werfe schlankweg die
Taktstriche und die Begleitung über Bord und singe sich die Melo-
dien in der Weise, dafs er sich nicht sklavisch an die Notenwerte
hält, sondern sie nötigenfalls nach den Wortbetonungen umwertet.
Die Begleitung habe ich dem Klavier, dem modernen Allerwelte-
instrument, übergeben; Harfe und Laute wären vom historischen
Standpunkte aus hierzu entschieden berechtigter gewesen, aber wer
spielt sie heutzutage? Für das Pathos des Liedes Reis glorios er-
schien mir der vierstimmige Satz als, das Gegebene; fürPeirols leicht
dahinfliefsende Weise konnte ich mich mit dem dreistimmigen Satze
begnügen. Die Tonhöhe ist so fixiert, dafs die Lieder für eine Mittel-
stimme bequem ausführbar sind. Im Verhältnis zur alten Notierung
steht das Lied Reis glorios eine grofse Terz, das Peirolsche Lied eine
grofse Sekunde höher. — Der Aufgabe, die Lieder vorzutragen, unter-
zog sich Herr Oberlehrer Staritz mit bestem Erfolge.
118
v. Langsam.
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1. Reis glorios.
Guiraut de Bornelh.
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2. Manta gens me malrazona.
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120 Kleine Mitteilungen.
Das Lied Reis glorios besteht im Original aus sieben, Hanta
gens me malrazona aus sechs Strophen. Das Peirolsche Lied hat
aufserdem noch eine aus vier Verszeilen bestehende Tornada, für
welche dem Versbau nach die zweite Hälfte der Melodie Verwendung
finden mufste. Wie aus der Notenbeilage ersichtlich ist, wurden von
Reis glorios drei Strophen und von Hanta gens zwei Strophen nebst
der Tornada für den Vortrag ausgewählt. — Die alten Melodien
sind stets nur auf die erste Strophe berechnet; die fol-
genden Strophen können ihnen wohl bisweilen ohne weiteres unter-
gelegt werden, öfter aber wird die Wortbetonung nicht mit der Melodie
harmonieren. Dafs die bei den Trobadorliedern verwendeten Noten
nicht als mensural zu deuten sind, sondern dafs bei ihnen Länge
und Kürze lediglich von der Wortbetonung abhängt, dürfte heut-
zutage kaum noch bezweifelt werden. Welche Umänderungen in der
Melodie vorzunehmen sind, kann nur von Fall zu Fall, d. h. nach
der Betonung der Silben, entschieden werden. Spezielle Beispiele
für dieses Verfahren führe ich bei den einzelnen Liedern an.
Für das Lied Reis glorios konnte ich aufser dem Restorischen
Druck und der Appelschen Abschrift noch Ernesto Monacis Faksimile-
Ausgabe von II misiero provenxale di S. Agnese (Rom 1880, nach
dem Manoscritto Chigiano) benützen; die Melodie befindet sich da-
selbst auf Tavola V und VI. Die Verszeilen 1 und 3—5 weisen
zwar in den beiden Codices erhebliche Varianten auf, gehen aber
doch entschieden auf ein und dieselbe Urquelle zurück. Auffallend
ist, dafs dem Schreiber des Manoscritto Chigiano der Parallelismus
der ersten und zweiten Verszeile, der im Codex R minutiös genau
durchgeführt ist, gänzlich abhanden gekommen ist, während er die
weniger ins Auge und Ohr fallende melodische Übereinstimmung der
Endworte der dritten und vierten Zeile (ajuda und venguda) nach
Gebühr zu würdigen gewufst hat. Gänzlich konfus ist das, wä,s
er an Stelle der Melodie der zweiten Verszeile (Wiederholung der
Melodie der ersten Verszeile) gesetzt hat; hier ist ein Zusammen-
hang zwischen den beiden Handschriften unerfindbar. Dafs in
beiden Codices eine charakteristische Eigentümlichkeit der Melodie
— ich meine die absteigende Quint auf das Wort fixeis, die offenbar
eine Umkehrung der die Melodie eröffnenden, nach oben gehenden
Quint repräsentiert — gewahrt ist, möchte ich besonders hervorheben.
Auffallend ist im Manoscritto Chigiano der Schlufs. Die auf das
Wort l'alba fallende Ligatur, die man als eine Erinnerung an die
eben erwähnte abfallende Quint — unter Zuhilfenahme der Zwischen-
töne — auffassen kann, hat vor der Ligatur des Codex R entschieden
den Vorzug der Einfachheit und Natürlichkeit und könnte möglicher-
weise die Urmelodie sein. (Die von Restori auf S. 24 mitgeteilte
Übertragung dieser Ligatur ist in rhythmischer Hinsicht anfecht-
bar.) Indes liegt doch auch in der Ligatur des Codex R ein ge-
Kleine Mitteilungen. 121
wisser melodischer Reiz, der zu der Stimmung des Ganzen und zu
der Bedeutung des Refrains ausgezeichnet pafst. Ich bin deshalb
von der Lesart des Codex R nicht abgewichen. — Ein !> findet man
in den beiden Handschriften weder am Anfange noch im Verlaufe
der Melodie vorgezeichnet; dem Sinne nach ist es durch das ganze
Lied zu ergänzen. (So auch bei Restori.) Dafs die vorkommenden
Subsemitonien zu erhöhen sind, ist unzweifelhaft; im entgegengesetzten
Falle würde der Flufs der Melodie arg ins Stocken geraten. (Bei
Restori findet man das Erhöhungszeichen ü über den Noten.)
Von der Restorischen Übertragung glaubte ich in zwei Punkten
abweichen zu müssen. Die Pause, durch welche die Ligatur auf das
Schlufswort l'alba in zwei Segmente zerrissen wird, erscheint mir in
der Niederschrift des Codex R ebensowenig begründet wie in der
Stimmung. In modernen italienischen Liedern (Restori führt ein
Beispiel aus einem volkstümlichen sicilianischen Gesänge auf S. 24
an) mag derartiges vorkommen; den alten Herren des 12. und
13. Jahrhunderts dürften solche Absonderlichkeiten weniger ge-
läufig gewesen sein. — Die Restorische Auflösung der Ligaturen
bei den Worten ajuda und venguda schliefst sich eng an die Hand-
schrift an. Ich habe sie trotzdem nicht adoptiert, weil es sich hier
offenbar um Parallelstellen handelt; die Gleichmäfsigkeit des Reims
aber verlangt unbedingt auch eine Gleichmäfsigkeit der Melodie-
bildung.
Die Strophen 2 und 3 (im Original 3 und 7) lassen sich im all-
gemeinen den Noten ziemlich ungezwungen unterlegen; da, wo ein-
mal eine betonte Note auf eine weniger betonte Silbe fällt, wird ein
verständiger Sänger das Manco leicht durch den Vortrag ausgleichen
können. Selbst die feinsten musikalischen Deklamationsvirtuosen
der Neuzeit sind bisweilen gezwungen, in ähnlichen Fällen der Melodie
zuliebe den Text in den Hintergrund zu stellen ; unsere gröfsten
Lyriker, Goethe, Heine, Wilhelm Müller u. a., gestatten sich in der
Versbildung und Betonung oft gröfsere Freiheiten, als den Kompo-
nisten lieb ist. Bei einer Stelle des Liedes Reis glorios ist indes eine
Radikalkur erforderlich. Im Refrain der dritten Strophe würde die
vorletzte Ligatur (auf die zweite Silbe des Wortes sera der beiden
ersten Strophen) bei gleichmäfsiger Textunterlage auf das unbetonte
Wörtchen ni fallen, was natürlich ganz undenkbar ist. Hier mufs
ein Ausweg gefunden werden. Wird die in meiner Bearbeitung an-
gegebene Rhythmisierung des Refrains beibehalten, so wäre, wie
durch kleinere Noten angedeutet ist, zu singen:
lo fol ge - los — ni
122
Kleine Mitteilungen.
Würde hingegen, was ich für noch besser halte, die Melodie in den
beiden ersten Strophen rhythmisiert:
l
ffl'.JJ ! ! lu
et a - des se
so würde sich die dritte Strophe in folgender Form (Begleitung ver-
ändert) präsentieren können:
lo
fol ge - los
fr 0 . ■ f
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^f^hj-ß
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n j ;■
r=W
In Bezug auf den Vortrag bemerke ich, dafs die beiden ersten
Strophen in langsamem Tempo sehr ernst, aber durchaus nicht schlep-
pend zu nehmen sind; die dritte Strophe verlangt ihrem Inhalt ent-
sprechend ein bedeutend erregteres Zeitmafs, und nur die Schlufs-
ligatur auf Valba würde wieder gemäfsigter zu singen sein.
Die 17 Lieder von Peirol, deren Weisen Restori mitteilt, sind
für den Musiker von hohem Interesse. Es ist ebenso die feste und
abgerundete Form, die angenehm berührt, wie die Volkstümlichkeit
der Melodieführung. In der Mehrzahl sehen sie aus und singen sich,
als ob sie ohne Drehn und Deuteln unmittelbar aus dem Herzen
geströmt wären. Die von mir bearbeitete Melodie Manta gens me
malrazona hat so gar nichts von den Ecken und Knorren an sich,
die alten Melodien gewöhnlich anzuhaften pflegen; sie hätte ebenso-
gut im 19. Jahrhundert geschrieben werden können. In der Restori-
schen Übertragung nimmt sie sich allerdings nicht so natürlich aus.
Sie ist dem Codex R entnommen und ebenso wie die zu Reis glorios
ohne b im Schlüssel notiert. Im Liede selbst ist b einmal gesetzt
und zwar an einer Stelle, wo der Sänger es nicht aus eigenem An-
triebe hatte ergänzen können oder müssen: vor der auf die zweite
Silbe von perdut fallenden Note. War das b bei der hier aufstei-
genden Melodie angenommen, so war es bei der bald darauf folgen-
Kleine Mitteilungen. 123
den Ligatur (zweite Silbe von jauximen, absteigende Melodie) selbst-
verständlich. Ähnlich verhält es sich mit der letzten Verszeile. Der
auf die letzte Silbe von desconort fallenden Note mufste der Sänger
ein b vorsetzen, um den streng verpönten und unsangbaren Tritonus
(f — h) zu vermeiden, und dieses b zog wiederum die Erniedrigung
der ersten Note der auf dona fallenden Ligatur nach sich. War auf
diese Weise das Versetzungszeichen für die zweite Hälfte der Melodie
festgelegt, so konnte seine Anwendung auf die erste Hälfte nicht
mehr zweifelhaft sein; im anderen Falle hätte die Melodie aus zwei
im Charakter gänzlich voneinander verschiedenen Teilen bestanden.
Die erste Hälfte wäre, wenn ich mich modern ausdrücken darf, in
Dur, die zweite in Moll gewesen, Bei dem echt volkstümlichen
Zuge des Liedes ist eine solche Zwiespältigkeit nicht anzunehmen.
Restori hat das in der Handschrift R für die zweite Silbe von perdut
vorgezeichnete b als Schreibfehler betrachtet ('credo sia erroneo' S. 61
Anm. 2) und den bei desconort entstehenden Tritonus übersehen;
daraus ergab sich mit Notwendigkeit die Verzichtleistung auf das b
im ganzen Liede.
Im übrigen enthält die Handschrift nichts Zweifelhaftes; mit
Ausnahme der bereits erwähnten Ligaturen ist nur eine einzige Noten-
gattung (") angewendet. Wollte man dieser einen bestimmten Wert
anweisen, so entstünde eine Monotonie, die sich beim Absingen meh-
rerer Strophen bis zur Unerträglichkeit steigern müfste; ich habe
diesem Übelstande durch Verlängerung der auf stark betonte Silben
fallenden Noten (f) abzuhelfen gesucht. Dies Verfahren bei den
einzelnen Strophen sinngemäfs anzuwenden, würde Sache des Sängers
sein. —
Die Einführung des dreiteiligen Rhythmus bei den Worten tal
desconort (Restori, Takt 30) vermag ich nicht zu billigen; der ein-
fache und glatte Flufs der Melodie verschliefst sich dieser Mischung
des Rhythmus von selbst. Bei emphatischer Betonung der Silbe tal,
mit welcher sodann die Schlufssilbe von desconort zu harmonieren
hat — diese längeren Noten sind im Sinne und in der Wortbetonung
begründet — , kommt die in der letzten Verszeile des Gedichtes vor-
handene Steigerung entsprechend zum Ausdruck. Danach hat sich
nun aus symmetrischen Gründen die Ligatur auf die erste Silbe von
dona zu richten. Restori hat sie in Sechzehntelnoten aufgelöst; rasche
Sechzehntelnoten aber passen weder zu dem Stimmungsgehalte des
Liedes, noch zu dem ganzen Duktus der Melodie. Das von Restori
über die letzte Note der Ligatur gesetzte ß bedarf des darübergesetzten
Fragezeichens nicht; selbst ein ganz perverses Ohr könnte sich hier
einen Ganzton nicht denken.
In rhythmischer Hinsicht mache ich auf einige Stellen beson-
ders aufmerksam. Mit dem Einschnitt nach den Worten M'a tengut
verhält es sich ebenso wie mit dem Refrain der dritten Strophe des
124
Kleine Mitteilungen.
Liedes Reis glorios. Man kann unmöglich nach dem Muster der
ersten Strophe phrasieren: Per tot lo | cors m'intra s'amors, sondern
nur: Per tot lo cors \ m'intra s'amors; dadurch rechtfertigt sich die
von mir durch kleinere Noten angedeutete Änderung. In ähnlicher
Weise mufste der Anfang der Tornada behandelt werden. — In der
Schlufszeile der Tornada ist die auf die zweite Silbe von belha fal-
lende lange Note natürlich anfechtbar; wem sie Pein macht, dem
schlage ich die Phrasierung vor:
la be-lha cui
Atem zu nehmen hat der Sänger, der nicht die ganze Phrase in
einem Zuge auszuführen vermag, nach belha. Die Begleitung ist so
eingerichtet, dafs sie in allen erwähnten Fällen nicht alteriert zu
werden braucht. — Bei dem Vortrag des Peirolschen Liedes wird
der Sänger darauf zu achten haben, dafs er nicht ins Pathetische
verfällt, sondern leicht und ungezwungen singt.
Von allen Trobadorliedern, die mir zu Gesicht gekommen sind,
scheinen mir die Peirolschen ihrer melodischen Gestaltung nach am
ineisten geeignet, die alten Weisen dem allgemeinen Verständnis
näher zu bringen ; eine Neubearbeitung sämtlicher vorhandenen
Peirolschen Lieder würde zwar recht mühevoll sein, aber jedenfalls
ganz überraschende Resultate im Gefolge haben. Ob der poetische
Gehalt der Lieder bedeutend genug ist, um eine solche Arbeit zu
rechtfertigen, vermag ich nicht zu beurteilen.
Die vorliegenden Bearbeitungen von Trobadorliedern sind, wenn
ich nicht irre, in der gewählten Form ein erster Versuch ; als solchen
möge man sie auch beurteilen. Ich schmeichle mir keineswegs, das
alleinig Richtige getroffen zu haben, und werde für jede Mitteilung,
die auf eine Verbesserung des von mir Gebotenen hinzielt, aufrichtig
dankbar sein. Emil Bohn.
Sitzungen der Berliner Gesellschaft
für das Studium der neuereu Sprachea.
Sitzung vom 17. Dezember 1901.
Herr Selge sprach über den Kanon französischer Schullektüre. Der
Vortrag knüpfte an einen in der Ztschr. für franz. Spr. u. Lit. erschie-
nenen Aufsatz an, in welchem die Aufstellung eines Kanons französischer
Schullektüre für die mittleren Klassen von Realanstalten versucht worden
war, und hatte den Zweck, eine Diskussion des Themas anzuregen. Der
Vortragende liefs sich des längeren über die Schwierigkeiten, aber auch
über die Notwendigkeit der Aufstellung einer Musterlektüre aus und
suchte dann den Wert der von ihm vorgeschlagenen Schriften, Alphonse
Daudet, Le Petit Chose für III B, George Sand, La Mare au diable für
III A, S£gur, Histoire de Napoleon en 1812 für II B, von den verschieden-
sten Seiten zu beleuchten. Zur Erläuterung und zur Abwehr wurden
eine gröfsere Zahl vielgelesener oder von anderer Seite vorgeschlagener
Schulbücher, wie z. B. Bruno, Le Tour de France, Jules Vernes Romane,
Erckmann-Chatrian, Histoire d'un Conscrit, herangezogen, deren geringereu
literarischen, moralischen oder sprachlichen Wert der Vortragende dar-
zulegen versuchte.
Herr Lamp recht tritt für Bruno und D'Hombres-Monod ein; Le
Petit Chose findet er für Tertia zu schwer. Für Obertertia sei Boissonnet,
Une Familie pendant la Ouerre, zu empfehlen. Erckmann-Chatrian müsse
er verteidigen, S£gur verwerfen. Thiers, Expedition en Egypte, scheine ihm
recht geeignet. — Herr Selge weist noch einmal auf die Notwendigkeit
hin, das ethisch-ästhetische Moment bei der Auswahl der Lektüre in Be-
tracht zu ziehen. Danach seien D'Hombres und Monod, die nur zeitlichen
Wert besitzen, und Erckmann-Chatrian, deren 'Conscrit' ein weibischer
Held sei und nur Verachtung erwecken könne, zu verwerfen. Auch die
Expedition en Egypte, die für die Weltgeschichte so wenig Bedeutung
habe, stehe hinter Segur mit seinem grofsen geschichtlichen Hintergrunde
weit zurück. — Herr Mackel vermilst in dem Kanon die grofsen Namen
der französischen Literatur. Für Obertertia sei Lame-Fleury ganz aus-
gezeichnet. Segur sei zu schwer, Thiers höchstens für Obersekunda geeignet.
Herr Tobler spricht sodann über die Etymologie und Bedeutung
des Wortes maquereau. S. Sitzungsber. d. Kgl. Preufs. Akad. d. Wiss.
vom 6. Febr. 1902.
Herr Dr. Lummert wird in die Gesellschaft aufgenommen.
Sitzung vom 14. Januar 1902.
Der Vorsitzende, Herr Tobler, teilt das Ableben eines langjährigen
Mitgliedes, des Herrn Dr. Karl Biltz, mit. Der Verstorbene habe nicht
126 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
nur immer die Sitzungen der Gesellschaft regelmäfsig besucht und rege
daran teilgenommen, sondern auch durch wertvolle Vorträge aus dem Ge-
biete der deutschen Literatur, besonders auch über das deutsche Kirchen-
lied, die Mitglieder erfreut. Er, der Vorsitzende, habe der Witwe im
Namen der Gesellschaft sein Beileid ausgedrückt, wofür sie herzlich ge-
dankt habe. Er fordert sodann die Anwesenden auf, das Andenken des
Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen zu ehren.
Als Revisoren werden die Herren Kuttner und Müller vorgeschla-
gen; ersterer, der zugegen ist, nimmt die Wahl an.
Sodann hielt Herr Risop seinen Vortrag über die Lautgestaltung
von ordonner. Herr Risop betont anderweitigen, noch in jüngster Zeit
auftauchenden Angaben gegenüber, dafs das e der Pänultima des altfran-
zösischen Kirchen wortes ordener ursprünglich, erst später durch o ver-
drängt worden sei. Angesichts der zweisilbigen Messung des auf der an-
lautenden Silbe betonten Substantivs ordene müsse es befremden, dafs
das Zeitwort in allen seinen Formen nicht nur in der Schreibung, son-
dern auch metrisch stets drei Silben gehabt habe. Der Vortragende hält
für wahrscheinlich, dafs in vorgeschichtlicher Zeit zwischen dem Verbum,
insonderheit zwischen dessen stammbetonten Formen „und dem Substantiv
hinsichtlich der Silbenzahl und der Betonung volle Übereinstimmung be-
standen habe; einen Rest solches Verfahrens glaubt er in der dem Ber-
liner Bernhard eigentümlichen 3. Sing. Präs. ordinet wiederzuerkennen,
deren i, als Variante von sonstigem e, tonlos und ohne Silbenwert ge-
wesen sein könne und deingemäfs vielleicht derselben Beurteilung unter-
liege wie der Vokal der Pänultima von multitüdine, multitüdene, wiewohl
die Betonung ordinet keineswegs ausgeschlossen sei. Hat aber lat. ordinal
im Anfange wirklich zweisilbiges il ordene ergeben, so mufs hinfort eine
Verlegung des Tones auf die Pänultima stattgefunden haben, deren e, wie
mit Hinblick auf die Tatsache, dafs es in der Schreibung nie unterdrückt
wurde, hervorgehoben wird, eine deutlich ins Ohr fallende Aussprache
gehabt haben mufs. Der Vortragende bespricht die Motive, durch die
die Sprache zu diesem Wandel in der Betonung bewogen worden sein
kann. Er hält die sich bietende Möglichkeit, dafs zur Zeit der karo-
lingischen Reform zunächst der Infinitiv ordener wieder auf seine volle
lateinische Silbenzahl gebracht worden sei und nun von sich aus neues
dreisilbiges il ordene geschaffen habe, aus verschiedenen Gründen für un-
zulässig; doch scheint dem Vortragenden, der ähnliche Vorgänge inner-
halb der inchoativen Präsensbildung vergleichend heranzieht, die An-
nahme erlaubt zu sein, dafs ein metrisch ursprünglich zweisilbiges, akustisch
aber als Proparoxytonon empfundenes il ordene deshalb zu nunmehr drei-
silbig gemessenem il ordene übergegangen sei, weil es zu dem durch das
Nebeneinander von atme amöns, pdrt partons, vent vendons festgelegten
rhythmischen Prinzip im Widerspruch stand, und dafs die neue Messung
nun auch auf die flexionsbetonten Formen übertragen wurde. Das Sub-
stantiv ordene blieb dabei, gerade wie veu, neu, honneur, parole, amour
u. dergl., von der lediglich durch interne Verhältnisse des Zeitwortes her-
beigeführten Neuerung ausgeschlossen. Dafs ein zwischen zwei Konso-
nanten entstandener Gleitlaut auf irgend eine Weise den Ton erhalten
könne, scheint durch Gebilde wie montere für monier (montre); ouveüre
für oüver (puvre) ; accabele für accabel (accable), die heute im Osten und
Westen des französischen Sprachgebietes erklingen, bestätigt zu werden. —
Der Vortragende beleuchtet nun die Ursachen, die zu dem Ersatz von
altfranz. ordener durch neufranz. ordonner geführt haben. Er weist die
Annahme, dafs die Wendung donner Vordre für den Wandel verantwort-
lich zu machen sei, zurück und zeigt, dafs sich Gestaltungen wie ordrener,
il ordrene u. dergl. als Zeugen für solche Beeinflussung nicht verwenden
lassen, da gerade hinter Dentalis oder r -f- Dentalis sekundäres r gern
für das Studiuni der neueren Sprachen. 127
spontan auftrete. Die nicht abzuleugnende Einwirkung von donner schlecht-
hin ist nach Ansicht des Vortragenden morphologischer Natur. Überall
da, wo der Stamm von doner vor dem Tone zu den- herabsank, konnte
ordener leicht als eine Art Kompositum ' von dener angesehen werden und,
mit Rücksicht auf die Lautgleichheit von denons und ordenons, auch der
in dem Verhältnis von dönne zu denons fühlbar werdende Dualismus auf
ordener übertragen werden, so dafs der Wandel von e zu o zunächst nur
in den stammbetonten Formen vor sich gegangen sein kann. Mit grofser
Reinheit erscheint das Nebeneinander von dönne denons und ordonne or-
denons in den Dichtungen des Gillion le Muisit, während in der Hand-
schrift A des Livre du Chemin de Long Estude der Christine von Pisa
der Vokalwechsel nur noch für ordener festgehalten erscheint, der Stamm
von donner indessen bereits zu einheitlichem don zurückgekehrt ist. Der
hier zu Tage tretenden abweichenden Behandlung von Ursache und Wir-
kung im weiteren Verlaufe der Sprachentwickelung stellt der Vortragende
das in seinen Studien S. 125 ff. erörterte Verhalten von desis und nor-
resis vergleichend zur Seite. Wenn bei Gillion le Muisit gelegentlich
schon flexionsbetontes ordonnons auftritt, so geschieht das nur, weil sich
bei ihm hie und da auch deutlicher artikuliertes donnons vorfindet.
Herr Tob ler äufsert dagegen Bedenken, ob jenes e in ordene, welches
nur Stützvokal gewesen sei, vermocht habe, den Accent auf sich zu neh-
men; er fragt, ob es nicht vielmehr möglich sei, an Analogiewirkung zu
denken: man hatte neben appelons, welches zweisilbig gesprochen wurde,
appelle, mit offenem e ; so hat das Volk dazu kommen können, ent-
sprechend aecablons — accabelle zu bilden ; das ist ja das Wesen der Ana-
logie. Dies gälte freilich nur für die Zeitwörter auf eler; es wäre fest-
zustellen, ob nicht in den vom Vortragenden angezogenen Mundarten sich
neben preferons oder pref(e)rons — prefere finde, dann könnte danach
souffrons — soufferre {souffere) gebildet sein. Ferner: der Vortragende
erkläre den Ausfall des s in desis durch das Vorbild von reis, vidisti;
an dieser allgemeinen Auffassung, die auch er selbst lange vorgetragen,
sei er irre geworden, seitdem darauf hingewiesen ist, dafs doch reis, diese
einzige Form, die grofse Anzahl der Perfekta auf esis, wie desis, fesis etc.,
nach sich gezogen haben müfste; und feeisti sei doch ebenso häufig ge-
braucht worden wie vidisti. Allerdings habe im Provenzalischen das einzige
et% = estis das Vorbild für alle anderen et% abgegeben. Vielleicht sei
jenes s durch Dissimilation verschwunden. Angeführt hätte noch werden
können vilonie neben vilenie = villania, wo also ein e einem o gewichen sei.
Sodann sprach Herr Förster zur Geschichte der Deutschen in den
Vereinigten Staaten Nordamerikas. Lange ist ihre Wichtigkeit von den
amerikanischen 'Nationalisten' nicht gewürdigt worden; auch sie selbst
haben sich nicht hoch genug eingeschätzt und als 'Kulturdünger' mifs-
brauchen lassen. Das ändert sich letzthin in erfreulicher Weise; der
'Slumbering Giant', wie ein Amerikaner das Deutschtum des Landes
nennt, erwacht und fühlt sich; und ohne dem neuen Vaterlande untreu
zu werden, halten die Deutschen der V. St. den Zusammenhang mit der
alten Heimat fest. Der Vortragende geht insbesondere auf die 'Deutsch-
amerikanische Gesellschaft von Illinois' ein und auf deren Vierteljahrs-
schrift, in der wir vieles mit Teilnahme lesen. Jedenfalls beweist sie, dafs
die Deutschen in Chicago und anderen Städten mit grofsem Eifer daran
gegangen sind, die Geschichte ihrer Einwanderung und Ansiedelungen,
deren frühere Schicksale und heutigen Stand genau festzustellen, dafs
sie an Sprache und Schrifttum treu festhalten und dafs sie im geistigen
1 Der Vortragende erinnert an altfrz. abandoins, abandoigne, sowie an vulgär-
lateinisches dtftndo, dtfendidi, dtftndidi.
128 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
Austausche mit dem alten Deutschland bleiben wollen. — Redner hob
im einzelnen mehrere anziehende Gedichte hervor und einen Aufsatz über
Abraham Lincoln, der nahezu beweise, dafs dieser Vertreter der Frei-
heit deutschen Ursprungs gewesen ist, und dafs der Name der Familie,
wie aus einem wort- und bildgetreu mitgeteilten 'Warrant' auf 2000 Acker
Landes, ausgestellt dem Grofsvater des Präsidenten, hervorgeht, ursprüng-
lich nicht 'Lincoln' — Name eines englischen Adelsgeschlechtes — , son-
dern 'Linkhorn' gelautet habe. Im übrigen war Linkhorn-Lincoln immer
ein entschiedener Freund der Deutschen und trat den 'Nationalisten' des
'Knownothingtumes' scharf entgegen. Die deutsch - amerikanische histo-
rische Gesellschaft zählte im zweiten Jahre bereits 470 Mitglieder; ihre
gedeihliche Fortentwicklung ist zu erwarten und zu wünschen. Eine vor-
treffliche Schrift über die deutsche Einwanderung ist die des Fräulein
Bittinger, deren Vorwort die Bestrebungen der Gesellschaft genau kennen
lehrt.
Sitzung vom 28. Januar 1902.
Herr Risop erörtert im Anschlufs an eine kurze Bemerkung Herzogs
(Untersuchungen zu Mace de la Charit^s altfranzösischer Übersetzung des
Alten Testamentes S. 81 f.) die Herkunft der nach Maces Angabe auf
dem Grabe Alexanders des Grofsen zu lesenden Inschrift 'Ici gist en petite
biere Gil a qui tox li mons bries iere' und zeigt, dafs der in ihr nieder-
gelegte Gedanke bereits bei griechischen und römischen Autoren, einmal
nahezu in der gleichen Form, und insbesondere mit Hinblick auf Alexan-
der schon im Pseudocallisthenes ausgesprochen und im christlichen Mittel-
alter nicht nur in den Alexanderdichtungen selbst, sondern auch in Nieder-
schriften anderer Art oft genug mit Beziehung auf den Mazedonierkönig
wiederholt worden ist. Es ist Herzog entgangen, dafs die von ihm aus
der Discipbina Clericalis des Petrus Alphonsus angezogene Stelle, die dem
Macöschen Gedanken doch nur inhaltlich nahesteht, einer Erzählung an-
gehört, als deren Quelle von verschiedenen Seiten die im 10. Jahrhundert
entstandene Vita Alexandri Magni des Archipresbyters Leo (Historia de
preliis) bezeichnet worden ist; das Irrige dieser Auffassung ergibt sich
freilich aus der Tatsache, dafs in den ältesten Redaktionen dieser Vita
von einer solchen Überlieferung auch nicht eine Spur zu finden ist. Der
Vortragende vermutet, dafs jene Erzählung der orientalischen Alexander-
sage entstamme und erst durch Petrus Alphonsus im Abendlande bekannt
geworden sei und demnach umgekehrt von der Disciplina Clericalis aus
in die jüngeren Fassungen der Vita sowie in die Gesta Romanorum Ein-
gang gefunden habe. Im übrigen gelangt der Vortragende zu folgenden
Ergebnissen: ungeachtet seiner Vertrautheit mit der Alexandersage hat
Mace seine Grabinschrift doch nicht aus ihr geschöpft, da innerhalb dieser
Dichtungen hie und da wohl von dem Grabe Alexanders, doch nirgends
von einer auf demselben befindlich gewesenen Inschrift die Rede ist Der
Wortlaut der Manschen Grabschrift, an den nur eine einzige von Herzog
nicht berührte Stelle des Roman d'Alixandre ed. Michelant S. 55 leise
anklingt, kehrt auf nicht wenigen Epitaphien hervorragender Persönlich-
keiten des Mittelalters zum Teil mit überraschender Übereinstimmung
wieder, und es liegt die Vermutung nahe, dafs erst durch ihre Kenntnis
Mace" in seiner leicht beweglichen Einbildungskraft dazu gekommen sei,
auch dem Grabe Alexanders eine sonst nirgends überlieferte Inschrift an-
zudichten, in der überdies der sittlichen Persönlichkeit des Welteroberers
die ihr gebührende Wertschätzung zu teil wurde.
Herr Comic elius sprach über 'Goethe und Lavater' im Anschlufs
an den 16. Band der 'Schriften der Goethe-Gesellschaft'. Auf die Inhalts-
angabe dieses von Prof. Heinrich. Funck herausgegebenen Bandes liefs
der Vortragende zunächst einen Überblick über die Entwickelung des
für das Studium der neueren Sprachen. 129
Freundschaftsverhältnisses folgen, indem er dem Hauptkeim der schliefs-
lichen Trennung nachging — Lavaters christlicher Bekehrungssucht — ,
der von Anfang an in der Verbindung lag. Dann, ausgehend von Goethes
hoher Schlufsabschätzuug dessen, was Lavater menschlich bedeutet habe,
stellte er die beiden Korrespondenten, Lavaters weiblich angelegte Natur,
das männlichere Wesen Goethes, einander gegenüber und sprach von der
Art des Goetheschen Anteils an den Physiognomischen Fragmenten und an
Lavaters praktischem 'physiognomischen Genie'. Stellen aus Goetbes Brie-
fen, die angeführt wurden, um Goethes rückhaltloses Vertrauen gegenüber
Lavater in den besten Jahren ihrer Freundschaft zu kennzeichnen, gaben
Veranlassung, die Sprache der beiden zu vergleichen, einige Goethesche
Gedichte — 'Seefahrt', 'Einschränkung', 'Grenzen der Menschheit' — in
ihrem Verhältnis zu diesem Briefwechsel zu besprechen. Das letzte dieser
Gedichte führte zu der Betrachtung zurück, wie die Freundschaft allmäh-
lich überhaupt immer mehr an fester gemeinsamer Grundlage verlor und
daher, bei Goethes mit den Jahren sich steigernden Anforderungen an
produktive freundschaftliehe Verbindungen, auch ohne das spezielle Motiv
der Trennung nicht in unverminderter Festigkeit hätte ausdauern können.
Herr Tob ler regt infolge eines Schreibens des Prof. Appel-Breslau
noch einmal die Frage an, ob die Gesellschaft in corpore dem Neuphilo-
logenverband beitreten solle, bezw. ob diese Frage zur näheren Erörterung
auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen sei. Der Verband
habe eine Statutenänderung beschlossen, wonach ein Verein schon dann
dem Verbände beitreten könne, wenn nur die Mehrheit seiner Mitglieder
dafür sei. Er sei bereit, zu einer neuen Erörterung Gelegenheit zu geben,
doch das alte Bedenken bleibe bestehen, dafs ein grofser Verein, wie die
Berliner 'Gesellschaft', ebenso wie ein ganz kleiner Verein von wenigen
Mitgliedern nur einen einzigen Delegierten wählen könne. — In der Dis-
kussion hebt Herr Münch hervor, dafs auf den Neuphilologen tagen nicht
blofs didaktische Fragen zu erörtern seien, sondern dafs auch wissen-
schaftliche Vorträge gehalten werden müfsten. Es sei zu hoffen, dafs das
in Zukunft geschehe. Jedenfalls wäre es ein Vorteil, wenn Forderungen
der Neuphilologen den Regierungen gegenüber von gröfseren Verbänden
mit grofser Mitgliederzahl vertreten werden könnten. Auch Herr Mackel
und Herr Lamprecht sprechen für Zusammenschlufs, während Herr
Tanger empfiehlt, alle Vorteile des Anschlusses und die Nachteile eines
Nichtanschlusses doch genau zu erwägen. Herr Direktor Schulze ist
durchaus dafür, die Frage auf die nächste Tagesordnung zu setzen und
sie noch einmal zu erörtern. Eine Statutenänderung der 'Gesellschaft'
sei im Falle des Anschlusses nicht nötig, da die Satzungen zwar eine
Lücke aufweisen, aber kein direktes Verbot enthielten. Herr Förster
hält es für praktisch, eine Abstimmung durch direkte Umfrage bei den
Mitgliedern herbeizuführen. — Die Frage, ob die 'Gesellschaft' als solche
dem Neuphilologenverbande beitreten solle, wird demnach auf die Tages-
ordnung der nächsten Sitzung gesetzt werden.
Sitzung vom 11. Februar 1902.
Zunächst berät die Gesellschaft über Anschlufs an den Verband
der Deutschen Neuphilologischen Lehrerschaft.
Herr Tobler erklärt, dafs er bitten müsse, einen anderen Vorsitzenden
zu wählen, falls die Gesellschaft in corpore beitreten wolle; er sehe sich
ganz aufser stände, die Arbeitslast einer gröfseren Korrespondenz auf sich
zu nehmen.
Herr Münch bittet, nach dieser Erklärung von einem Beitritt der
'Gesellschaft' als solcher ohne weiteres absehen zu wollen. Es sei aber
von der gröfsten Wichtigkeit, dafs in manchen Fragen ein starker 1 >ruck
Archiv f. n. Sprachen. CX. 9
130 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
auf die Regierungen geübt werde; auch den Behörden sei es nur ange-
nehm, wenn sie sich bei Reformen auf starke Verbände berufen und
stützen können. Wenn der gröfste neusprachliche Verein Deutschlands —
das sei unsere Gesellschaft — mit möglichst vielen Mitgliedern dem all-
gemeinen Verbände beitrete, so sei das moralische Gewicht, das darin
liege, die Hauptsache ; dafs nur ein einziger Delegierter uns zukomme,
sei nebensächlich. — Herr Adolf Müller stellt fest, dafs in den entschei-
denden Hauptversammlungen ja doch nicht der Delegierte, sondern jedes
einzelne Mitglied als solches seine Stimme abzugeben habe. Ein kor-
porativer Beitritt sei durchaus nicht nötig, wenn nur möglichst viele Mit-
glieder zum festen Stamm des Verbandes gehörten. Nachdem Herr Bie-
iing sich in demselben Sinne ausgesprochen, meint Herr Kuttner, es
sei eine Ehrenpflicht jedes neuphilologischen Lehrers, den verdienstlichen
Verband durch Beitritt zu unterstützen. Die 'Gesellschaft' habe man
immer hochgehalten, gerade weil sie abseits vom Tageskampfe stehe. —
Herr Förster beantragt, eine Urabstimmung über den korporativen
Beitritt der Gesellschaft durch schriftliche Umfrage bei den einzelnen
Mitgliedern herbeizuführen. Herr Selge ist dagegen; ein solches Refe-
rendum enthielte Gefahren für den Verein, denn einflufsreiche Mitglieder,
die der 'Gesellschaft' ihren rein wissenschaftlichen Charakter wahren
wollten, könnten möglicherweise zum Austritt gebracht werden. Herr
Alfred Schulze erklärt, dafs er als Nichtmitglied der neuphilologischen
Lehrerschaft eine gewisse Vergewaltigung für sich und andere in solchem
Antrag sehe. Herr Adolf Müller hält Herrn Försters Vorschlag für
unpraktisch; nur der einzelne hat über seinen Anschlufs an den Verband
zu entscheiden, nicht die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit. Nachdem
Herr Tanger betont, dafs die Berliner 'Gesellschaft' kein Verein von
Lehrern sei, und nachdem Herr Münch noch einmal darauf hingewiesen,
dafs im Verbände die rein schultechnischen Fragen in den letzten Jahren
in den Hintergrund getreten seien, betont Herr Mackel, dafs wir uns
freuen müfsten, wenn wir einen Verband haben, in welchem die neuphilo-
logischen Forderungen vertreten werden. In der Durchkämpfung dieser
Forderungen würden auch diejenigen Herren, die nicht Lehrer sind, ihre
Mithilfe nicht versagen. Es sei dringend zu wünschen, dafs möglichst
viele Herren dem Verbände beiträten.
Der Antrag Förster wird mit grofser Mehrheit abgelehnt. Die
Gesellschaft rät aber, dafs möglichst viele Mitglieder dem
Verbände beitreten und eine Gruppe Berlin gründen möchten.
Darauf wird nach dem Bericht der Revisoren dem Herrn Kassen-
führer Entlastung erteilt.
Herr Spies hält den ersten Teil seines Vortrages über 'Chaucer's
Parson's Tale in kritischer Beleuchtung'. Einleitend weist er. auf die Be-
deutung der Erzählung von Ch.s Pfarrer für die religiöse Überzeugung
des Dichters hin, eine Bedeutung, die aber unverhältnismäfsig spät, erst
durch Tyrwhitt 1775, erkannt wurde. Eine kritische Betrachtung der
P. T. beginnt, im letzten Grunde angeregt durch Sandras 1859, erst mit
der Gründung der Chaucer-Society. Es handelt sich bei der P. T. 1) um
die Quellen ihrer beiden Teile, der Bufspredigt und des in diese einge-
schobenen Sündentraktats, 2) um ihre Echtheit, woran sich weitere Fragen
knüpfen. Der Glaube an die Echtheit geriet zuerst 1876 durch die Unter-
suchung von H. Simon, Chaucer a Wicliffite, ins Wanken, der die ur-
sprünglich wicliffitische P. T. für interpoliert erklärte mit katholisch-
orthodoxen Elementen, eine Ansicht, die von John Koch (Anglia II 540 — 4,
V 130 ff.), von Düring, Koeppel (Archiv LXXXVII 29) u. a. bekämpft,
von Eilers (Die Erzählung des Pfarrers in Ch.s Canterbury-Geschichten etc.,
Diss., Erlangen 1882), ten Brink, Pollard u. a. in mehr oder minder modi-
fizierter Form angenommen wurde, wenngleich man allgemein die Schwie-
für das Studium der neuereu Sprachen. 131
rigkeit, bei dem derzeitigen Stande der Forschung eine sichere Entschei-
dung zu treffen, nicht verkannte. Diese konnte nur mit Hilfe der Quellen
gefällt werden. So entstand die genannte Abhandlung von Eilers, die die
Somme de Vices et de Vertus des Frere Lorens als Vorlage des Sünden-
traktats zu erweisen suchte und hiermit merkwürdigerweise ziemlich all-
gemeine Zustimmung fand. Eine Parallele hierzu Dildet die von Maxk
H. Liddell in der Furnivall- Festschrift (An English Miscellany, Oxford
L900, S. 255 ff.) veröffentlichte Quelle zur Bufspredigt. Trotzdem kann
keine von ihnen als unmittelbare Vorlage Chaucers in Betracht kommen.
In jüngster Zeit hat die Quellenfrage eine ganz aufserordentliche Förde-
rung erfahren durch die von Miss Kate Oelzner-Petersen (The sources of
the P. T., Boston 19U1) gefundenen Werke, auf die Chaucers Fassung im
letzten Grunde zurückgeht. Es sind das für die Bufspredigt Raymund
von Pennafortes Summa casuum poenitentiae (geschr. spätestens 1243) und
für den Sündentraktat Guilielmus Peraldus, Summa seu tractatus de viciis
(geschr. spätestens 1261). Schon mit Hilfe dieser Untersuchung kann die
Echtheit der P. T. bei Heranziehung neuer Kriterien endgültig bewiesen
und andere mit der P. T. zusammenhängende Fragen befriedigend gelöst
werden. Diese Erörterung verspart der Vortragende für die nächste
Sitzung, um nicht inmitten eines gröfseren Abschnittes abbrechen zu
müssen.
Darauf beginnt Herr Röttgers seinen Vortrag über die Verbindung
zweier Substantiva durch de. Nach einigen einleitenden Worten über Be-
ziehungen zwischen Betonung und Syntax im Französischen spricht der
Vortragende über die festen Verbindungen zweier Substantive durch de und
schlägt folgende Leitsätze für deren Einteilung vor: 1. Die alte Sprache
hatte vielfach keinen Artikel, wo die jüngere Sprache ihn anwendet; so
auch vor dem zweiten Substantiv. 2. Da, wo es auf Kürze ankommt,
haben sich viele Verbindungen aus der alten Zeit erhalten, in denen das
zweite Substantiv ohne den Artikel steht. 3. Bei Masculina wird die
Verbindung nicht erheblich länger, wenn de durch du ersetzt wird. Daher
findet sich fast durchgehends die Tendenz, den Artikel zu verwenden.
Dem entsprechend werden die festen Verbindungen eingeteilt in 1) alte
mit de, 2) ältere und neuere mit du, 3) neuere mit de la, 4) alte und neue
mit des. Bei 1) sind als Untergruppen zu unterscheiden a) Verbindungen,
bei denen das erste Substantiv eine Mafsangabe ist (statt des Substantivs
kann auch ein Adverb stehen), b) Verbindungen, bei denen das zweite
ein Stoffname ist, c) Angaben geographischer, politischer und anderer
Verhältnisse, bei denen das zweite Substantiv meist ein Ländername,
Flufsname oder dgl. ist. Die bei 2) 3) 4) in Betracht kommenden Ver-
bindungen gehören zu solchen, wie sie unter 1 c) erwähnt sind. Diese
Einteilung^wird durch zahlreiche Beispiele belegt.
Sitzung vom 25. Februar 1902.
Herr Spies beendet seinen Vortrag über 'Chaucers Parson's Tale in
kritischer Beleuchtung' und handelt im zweiten Teil über die Einheit und
Echtheit der ganzen P. T. Um diese zu beweisen, mufs 1) gezeigt werden,
dafs die Bufspredigt, die nach Simons Hypothese zweierlei, und zwar ver-
schiedenartige Bestandteile enthalten soll, in ihrer überlieferten Form ein
einheitliches Ganze bildet; 2) dafs Bufspredigt und Sünden traktat von
einem Verfasser stammen, und dafs 3) dieser eine Verfasser Chaucer ist
(diese beiden Punkte werden aus praktischen Gründen zusammen erörtert) ;
4) dafs Bufspredigt und Sündentraktat von Chaucer zur P. T. vereinigt sind.
Unabhängig davon ist 5) die retractatio auf ihre Echtheit zu prüfen. — Zu-
nächst wird auf Grund der Quellen die Einheit der Bufspredigt und die
lTnmöglichkeit der Annahme von Interpolationen gezeigt durch eine Kritik
132 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
von Simons Ausführungen im einzelnen. — Es folgt der Beweis, dafs
Bufspredigt und Sündentraktat denselben Verfasser, Chaucer, haben und
zwar in doppelter Weise: 1) negativ durch eine Entkräftung der Argu-
mente der Gegner von Chaucers Verfasserschaft, insbesondere durch die
Widerlegung der von Simon, Eilers u. a. gegen einzelne Stellen der P. T.
erhobenen Einwände; 2) positiv durch den Nachweis charakteristischer
Übereinstimmungen zwischen der P. T. und den Werken Chaucers. Aul'ser
dem von Koeppel und Koch beigebrachten, nicht immer ganz einwand-
freien Material ergeben sich neue Kriterien (quellentechnische), wenn man
an gewissen Stellen dieselbe Art von Zusätzen oder Veränderungen gegen-
über der jeweiligen Quelle in den Werken Chaucers und in der P. T.
nachweisen kann. Die betreffenden Stellen sind nicht alle gleichwertig,
müssen vielmehr, wie Redner des näheren auseinandersetzt, aus mancher-
lei Gründen nach bestimmten Gesetzen methodisch abgewogen werden.
In ihrer Gesamtheit deuten sie aber auf eine gleiche Quellenbehandlung
hin und beweisen für die Einheit und Echtheit der P. T. Solche Kri-
terien sind: Teufel und Hölle, Himmel und ewiges Leben, Reue, Bufse
und Vergebung, die Person Christi, die Juden und andere. Im Anschlufs
hieran wird die Frage der Komposition der P. T. erörtert und dahin be-
antwortet, dafs nur Chaucer Bufspredigt und Sündentraktat zur P. T. ver-
einigt haben kann. Darauf bespricht der Vortragende die der P. T. an-
gefügte retractatio, für deren Echtheit er sich unter Beibringung neuer
Gründe entscheidet, und weist zuletzt auf die aus der Echtheit der P. T.
für Chaucers religiöse Überzeugung sich ergebenden Folgen hin.
Herr Dr. Nobiling hat sich zum Eintritt in die Gesellschaft ge-
meldet.
Sitzung vorn 11. März 1902.
Nach Verlesung des Protokolls der Sitzung vom 25. Februar sprach
Herr Sefton De Im er über Ruskin. Er gab zunächst einige Notizen über
sein äufseres Leben und hob hervor, dafs es ihm an regelrechter Schulung
gefehlt habe. Grofsen Einflufs hatten auf ihn die Bibel und die Ilias.
Gegen Jeffreys ästhetische Lehre, es gäbe keine Begriffsbestimmung der
Schönheit, erhob sich Ruskin als jugendlicher Mann. Schönheit war ihm
mathematisch beweisbar, er ging dabei aber nicht von allgemeinen Grund-
sätzen, sondern von dem Seemaler Turner aus. Ferner müsse man die
Schönheit über das ganze Volk verbreiten. Plötzlich änderte er seinen
Standpunkt; er vertrat nun die Ansicht, Schönheit könnten nur wenige
einsehen; jetzt ist auch plötzlich Tintoretto sein Mafsstab. 1844 geht er
unter die Pne-Raffaeliten. Sein Stil ist fliegend, er mischt alles durch-
einander, aber er ist anziehend. Dann betritt er das soziale Gebiet. Unter
dem Einflufs Carlyles kommt er zu dem Satz, dafs die Kunst volkstüm-
lich nur werden kann, wenn die Gesellschaft umgestaltet wird. Zu etwas
Dauerndem hat Ruskin es nicht gebracht. Er hat sich selbst richtig ge-
kennzeichnet mit der Grabschrift, die er sich selbst aus der Bibel ge-
wählt: Unstable as water thou shalt not excel {Rubens curse).
Sodann hielt Herr Paul Pochhammer einen Vortrag über Dante:
'Der erste Gesang der Divina Commedia'. Anknüpfend an das eben Ge-
hörte wies Herr Pochhammer darauf hin, dafs gerade der erste Gesang
der Commedia, in dem Dante das Programm seiner Dichtung entwickelt,
es sehr gut vertragen kann, aus den Erscheinungen der Gegenwart heraus
gewürdigt zu werden. Auch heute treten Männer auf, die ein ethisch-
religiöses Ideal verfolgen und uns zeigen, dafs die lupa noch nicht besiegt
ist, die Dante in seinen Wald zurücktrieb. Nur fragt es sich, ob sie
Besseres bieten, als der erste Denker und Dichter aller Zeiten im unsterb-
lichen Kunstwerk uns vor Augen gestellt hat. Darum ist es zu bedauern,
wenn der lichtvolle Gedankengang Dantes durch Wiedereinführung der
für das Studium der neuereu Sprachen. 133
längst verworfenen, rein politischen Deutung der herühmten tre fiere des
ersten Gesanges verdunkelt wird, wie durch J. Kohler (den Berliner Dichter
und Professor) kürzlich geschehen ist. Die Tiere bedeuten sündhafte Nei-
gungen verschiedener Stärke. Die lonxa (lince) ist der 'lynx pardinus'
Brehms. [Der Vortragende hatte ein für ihn in Spanien geschossenes
Exemplar, Geschenk eines seiner schweizerischen Dante-Hörer, M. Ber-
gier-Lausanne, zur Stelle gebracht.] Sie bedeutet die incidia, die Dante
als vom Menschen noch überwindbar und ihm persönlich minder gefähr-
lich darstellt ('poca e Voffesa, sagt er, Purg. XIII, 134, im Invidia-Kreise
des Berges), weshalb man keinen Panther in ihr sehen darf, der eine Um-
kehr erzwingen würde, wozu Dante die Macht zwei dem Menschen absolut
überlegenen Tieren, dem Löwen und der Wölfin, vorbehält.
Wie aber ist diesen beizukommen? wie überhaupt das Heil zu ge-
winnen ? Das lehrt nun mit der Kraft symbolischer Darstellung erst
das Gedicht selbst, das endlich als solches und nicht mehr als wissen-
schaftliche Arbeit zu betrachten, und das — mit seinem dreifachen Stufen-
system der 7 in der 9 und der darüber stehenden 10 — so durchsichtig
gearbeitet ist, dafs es selbst den Arbeitsplan Dantes klar erkennen läfst.
Der Dichter, der antischolastisch vorgeht (denn Bernhard von Clair-
vaux, zu dem er sich führen läfst, war Gegner Abälards, des Vaters der
Scholastik, Beatrice verurteilt die Schule, der Dante gefolgt sei, Purg.
XXXIII, 85/86, und er selbst bestraft sich mit Blindheit, Par. XXV, 121,
als eine echt scholastische Frage sich ihm aufdrängt), hat die Siebenzahl
der Kapital-Sünden beibehalten, aber er hat Reihenfolge und Bedeutung
der Stufen abgeändert und selbständig so bestimmt, wie er sie für den
sittlichen Aufstieg zu brauchen glaubte. Er ihat dann seine Bergtreppe
(superbia, invidia, ira etc.) als christliche Sittenlehre legitimiert durch
die Segenssprechungen der Bergpredigt, von denen er nur sechs brauchbar
fand, weshalb er die sechste mit Durst und Hunger in zwei Teile zerlegen
mufste, um sieben zu bekommen.
Sieht man hier schon die Arbeit, die ohue Gewaltsamkeiten nicht
durchführbar war, sollte sie den Gedanken des Dichters widerspiegeln,
so sind solche erst recht erkennbar in der Hölle, wo Aristoteles gezwungen
wurde, die sieben Stufen zu lehren, die er nicht gekannt hat. Daher die
von den Kommentatoren stets beklagten Unstimmigkeiten mit malizia,
bestialitä etc. und das Schweigen der beiden heidnischen Lehrer über die
eresia, die der geistvolle Dichter als 'accidia der Gebildeten' auf die gleiche
Stufe mit dem Styx, der in ira und tristixia auslaufenden 'accidia der
Ungebildeten', gesetzt hat, eine Feinheit, die auch erst im Zeitalter des
Atheismus voll gewürdigt werden kann.
f£g Erst jetzt wird klar, dal's die Hölle Dantes nur die erste Strecke des
von Gott geschaffenen, von Christo geöffneten und von der
Vernunft gewiesenen Heilweges für die Lebenden ist, die hier im
geistigen Abstieg die Menschennatur erkennen sollen, in die schon Aristo-
teles einen so tiefen Blick getan, um dann in dem auf dieselbe Natur ge-
gründeten Christentum des Berges den sittlichen Aufstieg und die religiöse
Befriedigung zu finden, die Vorbedingungen der seelischen Erhebung zu
Gott, deren Zweck die Herabholung der Liebe auf die Erde ist.
fc J Der Vortragende überreichte den Anwesenden sein Schriftchen 'Dante
und die Schweiz' mit der Skizze für Dante-Leser, um die Nachprüfung
seiner Grundanschauung über den Parallelismus zwischen Inferno und
Purgatorio zu erleichtern, erinnerte an einen früheren Vortrag, in dem er
(selbstredend vergeblich) um die Untersuchung der drei Dante- Begriffe
'ira', 'amore (Beatrice) und 'ruota' ersucht hatte, und bat um Kritik des
Prosateils seines Dante -Werkes (Teubner 1901). Aus seiner Commedia-
Wiedergabe in deutschen Stanzen teilte er schliefslich den ersten Gesang
mit, der bereits klar den oben skizzierten Gedankengang des Ganzen er-
134 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
kennen läfst: Gott will nicht begriffen werden, Virgil erkennt und be-
zeugt die ihm gesteckte Grenze, zugleich aber auch den Bedarf des Men-
schen, den er auf das Weib aufmerksam macht, das jeder in sich trägt,
und das als Führerin zu Gott da einsetzt, wo der Verstand die unerläfs-
liche Vorarbeit der praktischen Sittenlehre zum Abschluis gebracht
haben wird.
Von den im Gesang zur Sprache kommenden Einzelheiten interessiert
neben der lonxa besonders der Veltro. Auch hier wurde die Deutung
Kohlers auf Cangrande abgelehnt, unter Berufung auf den Text (V. 103),
dagegen die A. Bassermanns soweit vertreten, als sie sich auf den ein-
fachen Hinweis auf den gerechten Tataren-Chan beschränkt, von dem
Marco Polo erzählt. Dante wollte sich nicht klarer aussprechen, als er
getan, hat aber die beiden Worte feltro (V. 105) sicher in der Bedeutung
'Filz' gebraucht; sie sind daher in unseren Texten klein zu schreiben.
Herr Tob ler sprach dem Redner seinen warmen Dank aus für die
Anregungen, die er der Dante -Forschung gegeben, und für die Über-
tragung, die, wenn man auch über die Angemessenheit der Stanze anderer
Meinung sein könne, jedenfalls von feinem Geschmack und ungewöhn-
lichem Können zeuge.
Herr Dr. Nobiling Avurde zum Mitglied der Gesellschaft gewählt.
Sitzung vom 25. März 1902.
Im Anschlufs an die Verlesung des Protokolls der vorigen Sitzung
nimmt Herr Selge das Wort zu einer Bemerkung über die Pochhammer-
sche Auffassung der Divina Commedia. Für die Erklärung und Erkennt-
nis einer Dichtung gebe es zwei Arten der Behandlung: 1) eine objektive,
rein wissenschaftliche, welche den Dichter im Rahmen seiner Zeit und
Umgebung betrachte, und 2) eine subjektive, welche die Bedeutung des
Werkes unabhängig vom Dichter nach seinem Gegen warts werte im Auge
habe. Nach der ersten Art sei Dante ein Kind seiner Zeit, dessen Dich-
tung auf dem Boden des mittelalterlichen Christentums gewachsen sei;
nach der zweiten wohne dem Dichter, ihm selbst nicht ganz bewufst, eine
vorausschauende Kraft inne. Das einzelne erhalte allgemeine Bedeutung,
und die Dichtung wüchse sich aus zu einer Geschichte des inneren Men-
schen überhaupt. Von diesem Standpunkte aus werde dem Vortragenden
Virgil zur leitenden Vernunft, Beatrice die zu höherem Glück führende
Hoffnung. Diese zweite Art der Auffassung sei die höhere, bedürfe aber
der Korrektur der wissenschaftlichen Forschung, wenn sie nicht in Phan-
tastik ausarten solle.
Sodann berichtet Herr Tobler über das Buch des verstorbenen Pro-
fessors Georg von der Gabelentz, 'Die Sprachwissenschaft, ihre Aufgaben,
Methoden und bisherigen Ergebnisse', sowie über die 'Me*moires de la So-
ciete neophilologique ä Helsingfors, III'. S. Deutsche Lit. Zeitg. 1902, 918
und Archiv CIX, 221.
Herr Schultz-Gora erörterte verschiedene etymologische Dinge.
Er spricht zunächst über den Namen Boieldieu, stellt fest, dafs er aus
dem Mittelalter stamme und ursprünglich 'Darm Gottes' bedeutet haben
müsse. Es handelt sich darum, zu verstehen, wie es zu einem so ge-
arteten Namen gekommen sei; der Vortragende meint, dafs es nur ein
Spitzname sein könne, der zuerst jemandem gegeben wurde, welcher häufig
etwas bei dem Darme Gottes beteuerte, und so sei denn auch ein Foic-
Dieu ('Leber Gottes') in Rogier Foie-Dieu, der aus dem 'Livre de la Taille
de Paris' zu belegen ist, nicht anders zu erklären. Der Name gehört also
zu der noch wenig beachteten Gruppe von Benennungen, die aus Wörtern
bestehen, welche von dem Betreffenden selbst oft gebraucht wurden; es
werden einige weitere Beispiele (Par-Reson, Por-Amor, prov. No-m'en cal)
für das Studium der neueren Sprachen. 135
aus Steuerrollen und Urkunden beigebracht. — Des weiteren wird über
prov. en 'Herr' gehandelt. Meyer-Lübke und Thomas erkennen richtig in
dem Vokativ domine die Grundlage, der proklitisch zu ne wurde wie do-
mina zu na; beide Gelehrte bleiben aber die Erklärung des e in en, das
wir vor konsonantisch anlautenden Eigennamen haben, schuldig und um-
gehen damit die wirkliche Schwierigkeit. Der Vortragende sucht wahr-
scheinlich zu machen, dafs von der Verbindung auszugehen sei, z. B. lo
castels de ne Bertrun, und dafs dieses de ne zu den wurde wie de lo zu
del. Aus den sei das en erst abgelöst worden, gerade so wie der zuweilen
im Altprovenzalischen auftretende Artikel el mit Gaston Paris als aus
Verbindungen wie del, quel erwachsen zu erklären sei. Die ursprüngliche
Form wäre also vor Konsonant ne gewesen (vor Vokal n') und ist ja auch
wenigstens einmal von Chabaneau belegt worden. — Es kommen noch
zur Besprechung afrz. yamaux (yamrnx) und prov. nei. In yamuux, das
auf yama tä (erster Ton der Guidonischen Skala) zurückgeht, dürfte ein
merkwürdiges Flexions-s, das sogar in den Obliquus eingedrungen ist
sich daraus erklären, dafs es in der gelehrten Musik eine ganze Reihe
von Hexachorden gab, die man mit g, c, f, g etc. beginnen liefs, und
deren erster Ton als Solmisationssilbe immer ut hatte; vermutlich wurden
diese Hexachorde der Kürze halber li premiers ut, li autres tä, li tierx
ut etc. genannt, und so kann ein Flexions-s durch Übertragung von den
Ordinalzahlen an das ut herangetreten sein und sich dort festgesetzt haben.
In prov. nei (Arnaut Daniel IX, 48) erkennt der Vortragende ein von
neiar 'leugnen' gebildetes Verbalsubstantiv, das seine Entsprechung in
dem afrz. Substantiv ni findet.
Herr Oberlehrer Emil Jaegel hat sich zum Eintritt in die Gesell-
schaft gemeldet.
' Sitzung vom 8. April 1902.
Der Vorsitzende Herr Tob ler teilte mit, dafs das Mitglied der Ge-
sellschaft Herr Geh. Rechnungsrat Dr. Lieb au verstorben sei. Die An-
wesenden ehrten das Andenken des Dahingeschiedenen durch Erheben
von den Sitzen.
Herr Röttgers sprach, seine Betrachtung über die Verbindungen
zweier Substantive mit de fortsetzend, von denjenigen Wortgruppen, bei
denen zwei Ausdrucksweisen möglich sind. Steht das zweite Substantiv
ohne Artikel, so haben wir es mit einer engen, im anderen Falle mit
einer weiten Verbindung zu tun. Z. B. temps d'oraye, axe de la terrc.
Die enge Verbindung kann man als einen Wortkomplex betrachten, der
den gewöhnlichen französischen Wortaccent auf dem zweiten Bestandteil
trägt. In den weiten Verbindungen behalten beide Teile ihre Selbständig-
keit, können daher beide gleich stark betont sein. Da nun die Be-
tonung in naturgemäfser enger Beziehung zum Prinzip des Gegensatzes
steht, so läfst sich daraus schliefseu, dafs bei den engen Verbindungen
der Gegensatz im zweiten Begriff zu suchen ist, z. B. vase d'or im Gegen-
satz zu vase a" urgent, de fer. Bei den weiten Verbindungen kann der
Gegensatz in beiden zu suchen sein. Da aber dann, wenn der Gegensatz
im zweiten Element zu suchen ist, die enge Verbindung das Naturgemäfse
ist, so drängt sich die Folgerung auf, dals bei der weiten Verbindung
der Gegensatz sehr oft im ersten Bestandteil zu suchen ist, z. B. les canaux
de lu France im Gegensatz zu les fleuves de la France. An einer grofsen
Reihe von Beispielen wird untersucht, ob der Sprachgebrauch diese An-
sicht bestätigt. Viele derselben fügen sich, sobald der Zusammenhang-
genügend beachtet wird, dieser Regel. Auch läfst sich beweisen, dafs
stets, wenn ein Seiendes als Thema für weitere Ausführungen einmal
genannt worden ist, die Teilbegriffe im Verhältnis des Gegensatzes
stehen und dann das zweite Substantiv den Artikel bekommt. Vgl. wegen
136 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
der Einzelheiten die Abhandlung zum Jahresbericht der Dorotheenschule,
Beziehungen zwischen Betonung und Syntax, Berlin 1902.
Herr Tobler erkennt die Reichhaltigkeit der Sammlung des Vor-
tragenden an, die manchen veranlassen werde, weiter über die Frage nach-
zudenken. Es wäre aber wünschenswert, wenn man Fälle, in denen der
Gebrauch oder Nichtgebrauch des Artikels gar nicht zweifelhaft sein kann,
von vornherein aus der Erörterung ausscheide; nehme man alle, auch die
zweifellosen, dazu, so wirke man nur verwirrend. Soif de bonheur sei :
Verlangen nach etwas Glück, soif du bonheur wäre: Verlangen narb
dem Glück, in seinem ganzen Umfange. Das habe wohl nichts mit der Be-
tonung zu tun. Herr Röttgers erwidert, dafs trotzdem wohl eine Reihe
von Verbindungen mit schwankendem Gebrauch vorkomme.
Herr Krüger berichtete , über die Eindrücke, welche er bei einem
Besuch der von Direktor Walter geleiteten Musterschule in Frankfurt a. M.
empfangen habe. Obwohl das Latein dort erst in Untertertia, das Eng-
lische in Untersekunda einsetzt, waren nach seiner Meinung die Leistungen
der Schüler in den drei Fremdsprachen denen der alten Realgymnasien
gleichwertig ; im Französischen und im Englischen überragten sie sogar den
Durchschnitt dieser. Von der von gegnerischer Seite behaupteten Müdig-
keit der Schüler war nichts zu bemerken. Er kam dann auf die Gründe.
Die Tüchtigkeit der Lehrer, die er anerkannte, könnte das genannte Er-
gebnis nicht erzielt haben, wenn der Grundplan falsch wäre. Man habe
eben das Latein auf die richtige Stufe verlegt und eine der Sprache ent-
sprechende geistige Reife der Lernenden abgewartet, während die alten
Gymnasien und Realgymnasien viel zu früh damit anfingen und darum
auch, im Verhältnis zu der darauf verwendeten Zeit und Mühe, recht
Dürftiges leisteten. Im Betriebe der neuen Sprachen lege man auf aus-
giebigen Gebrauch der fremden Sprache im Unterricht Wert; die Schüler
der oberen Klassen zeigten demgemäfs eine erfreuliche Fähigkeit, nur ( Ge-
hörtes zu verstehen und wiederzugeben. Die Grammatik wurde, wie er
zu seiner angenehmen Überraschung wahrnahm, auf allen Stufen geübt.
Ein noch weiterer Fortschritt würde es ihm scheinen, wenn das Englische
nach U III, das Latein nach U II gebracht würde.
Here Mangold bestätigte aus eigener Erfahrung die vorgetragenen
Urteile und erkannte sowohl die Leistungen der Schüler wie ihre Frische
an. — Herr Tobler äufserte sich über das Hilfsmittel des Gesanges im
französischen und englischen Unterricht. Er machte einige Bedenken da-
gegen geltend, hob aber andererseits hervor, dafs er zur Einübung einer
guten Aussprache, z. B. der französischen Diphthonge, wohl dienen könne.
Die Herren Werner, Penn er und Tru eisen teilten mit, dafs sie den
Gesang mit Erfolg in ihren Lehrstunden anwendeten.
Sitzung vom 22. April 1902.
Herr Tobler legte die eingesandten Vereinsberichte der Dresdener
Gesellschaft für neuere Philologie und des Vereins für neuere Philologie
zu Leipzig vor, sowie eine in der Revue hispanique, Paris 1901, erschie-
nene Abhandlung von Frau Carolina Michaelis de Vasconcellos über Pedro
de Andrade Caminha.
Sodann sprach Herr Spies über G. C. Macaulays Ausgabe der Con-
fessio Amantis, die Band 2 und 3 der von der Clarendon Press veranstal-
teten, auf vier Bände berechneten Gesamtausgabe der Werke John Gowers
füllt. Da der Vortragende seine Ausführungen in einer Besprechung und
einigen weiteren Aufsätzen in den Englischen Studien Bd. 31 niedergelegt
hat, kann darauf verwiesen werden.
Herr Lamprecht sprach über Duruy, Notes et Souvenirs, 2 Bände,
Paris 1901. Der erste Band umfafst dreizehn, der zweite sieben Kapitel.
für das Studium der neueren Sprachen. 137
Die beiden ersten bebandeln die Kindheit, Gymnasial- und Studienjahre,
sowie die Anstellung am College Henri IV in Paris. Im dritten gibt der
Verfasser eine im Jahre 1847 vorgenommene Prüfung seines Gewissens
in Bezug auf Religion, Philosophie und Politik. 18-15 war er zum zweiten
Geschichtslehrer an dem Lycee Saint-Louis befördert worden, wo er bis
1861 blieb. In dieser Zeit veröffentlichte er Histoire romaine I. II, Histoire
t/recqne und Histoire de France, letztere als einen Teil einer von ihm unter-
nommenen und auf etwa 60 Bände berechneten Histoire universelle. Für
diese drei Werke erhielt er von der ihm vorgesetzten Behörde Verwarnung
und Tadel. Trotzdem wurde er 1861 inspecteur d'acade^nie de Paris und
im Nebenamt Professor der Geschichte an der Ecole normale supörieure,
1862 inspecteur general de l'jnstruction publique und im Nebenamt Pro-
fessor der Geschichte an der Ecole polytechnique, 1863 am 23. Juni Unter-
richtsminister (ohne die Kultusangelegenheiten und ohne die schönen
Künste). Kap. 7 enthält seine Ziele im allgemeinen; um sie zu erreichen,
schickte er nach anderen Ländern Schulmänner und Gelehrte, damit sie
deren Einrichtungen kennen lernten. So konnte sein Ministerium schon
1867 mit Erfolg auf der Ausstellung erscheinen. In der Volksschule
setzte er pflichtmäfsig seinen Unterricht durch, gründete Fortbildungs-
schulen, tat so viel als möglich für die Hebung des Ansehens und der
Lage der Volksschullehrer und gründete Volks- und Schülerbibliotheken ;
in den Gymnasien, von denen er viele zu Spezialschulen für Acker-
bau, Seidenfabrikation, Weberei, Bergbau u. a. umwandelte, erweiterte er
den philosophischen Unterricht, führte die Geschichte der modernen Civi-
lisation ein, vereinfachte die Reifeprüfung, suchte die alten Sprachen zu
retten, verkürzte die Zeit des Unterrichts, hob die erziehliche Seite, sorgte
für Ausflüge der Pariser Schüler und richtete Fortbildungskurse in den
Städten, in denen sich Akademien befinden, für die Lehrer höherer Lehr-
anstalten ein. Im Universitätswesen ist sein gröfstes Verdienst die
Gründung der Ecole des hautes etudes und der Laboratorien für die
experimentellen Wissenschaften. Manches von dem, was er vorgeschlagen,
ist nicht zur Ausführung gekommen. Er kannte das Streben nach Macht
und die Unversöhnlichkeit der katholischen Kirche, ihre Häupter traten
ihm. je länger je mehr, heimlich wie offen, entgegen, am schroffsten der
Bischof von Orleans, Dupanloup. Mit dem Kaiser stand er als Minister
gut, mit den drei politischen unter seinen Amtsgenossen kühl ; er lobt
den Kaiser wegen seiner Sorge für die arbeitenden Klassen und für die
unterdrückten Völker, wovon wir Deutsche letzteres nicht ganz unter-
schreiben können. Mit Recht sagt er, dafs die äufsere Politik Napoleon
gestürzt hat. Die Kaiserin war als Spanierin eifrige Katholikin, hatte
jedoch ein edles Herz und sittliche Würde. Obgleich er sich einige
Male ihr Mifsfallen zugezogen hatte, blieb sie ihm gewogen und unter-
stützte seine Bestrebungen. In den beiden Kapiteln über den Kaiser und
die Kaiserin verwahrt er sich ausdrücklich dagegen, irgendwie der Pflicht,
des Geschichtschreibers nicht gerecht geworden zu sein. Sein bescheidenes
Vermögen, über das er, zum Minister ernannt, dem Kaiser einen Ausweis
einreichte, vergröfserte er nicht, obgleich er als Minister, wie früher, in
jeder Beziehung sehr bescheiden lebte. Der Einflufs und die Ränke der
klerikalen Partei brachten es dahin, dafs der Kaiser ihn am 17. Juli 1869,
also nach einer Amtsdauer von etwas mehr als sechs Jahren (auf seinen
Antrag, wie die Regierung unwahr sagte), entlassen mufste. Er konnte
deshalb nicht einmal seine früheren Stellungen wiedererhalten, und der
Kaiser entschädigte ihn mit einem Platze im Senat. 1869/70 machte er
eine Reise nach Ägypten, Kleinasien, Türkei, Griechenland und Italien.
1870 trat er, der sechzigjährige Minister a. D., als gemeiner Soldat in das
Bataillon seines Stadtviertels von Paris ein und machte so die ganze Be-
lagerung mit. Von den gelehrten Körperschaften wählte ihn die Academie
138 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
des inscriptions et belles lettres 1873, die Acad&nie des sciences morales
et politiques 1879, die Academie francaise 1884 zu ihrem Mitgliede. Wahr-
haft ergreifend ist das letzte Kapitel, ein offener, wahrheitsgetreuer Rück-
blick ohne stolze Überhebung und ohne erheuchelte Bescheidenheit auf
sein Leben. Duruy war einer der edelsten Charaktere, der strebsamsten,
tüchtigsten und gewissenhaftesten Minister des Kaiserreiches.
Sitzung vom 13. Mai 1902.
Herr Tobler sprach über die Vorrede der neuen Dante-Ausgabe von
Vandelli. Im Mai 1900 erliefs der Verleger Alinari ein Preisausschreiben,
worin für zwei Gesänge der Divina Commedia Illustrationen gefordert
wurden. Danach wurde von demselben Verleger eine illustrierte Gesamt-
ausgabe geplant, und Vandelli wurde mit der Herstellung des Textes be-
traut. Er wollte zuerst den Witteschen Text reproduzieren, da Witte bei
der Wahl der Lesarten methodisch vorgegangen ist. Er ist aber doch
vielfach seine eigenen Wege gewandelt; bedauerlicherweise wird er aber
nur den reinen Text ohne Rechtfertigung und Noten geben. Der Vor-
tragende ging sodann auf einzelne Stellen näher ein, bezüglich deren Van-
delli die Gründe der von ihm getroffenen Wahl unter den Lesarten ein-
leuchtend kennen lehrt.
Herr Bieling sprach über einige mittelenglische Konjunktionen:
1) das koordinierende mid, verstärkt durch vorangehendes and, forp, per
und per forp, sowie durch folgendes alle; 2) das temporale bi entweder
in der Verbindung bi that, In than oder alleinstehend; 3) die temporalen
Konjunktionen imony Jmt = während, entsprechend altengl. ämong Jmm
Jie, mid pam pe; amidden, amidde = inzwischen, amepen that = so lange
bis; 4) für das neuenglische as soon as wird gebraucht al so sone as, als
fite als, so rathe so und das seltene as cof as ; 5) bituix pat und bituix
and, bitivene and = inzwischen, in der Zwischenzeit, sogar im Sinne von
til; 6) das kausale ofthat = weil, auch einfaches of, fälschlich als kon-
zessives though bezeichnet; 7) das konzessive maugre, verstärkt durch
where (whether) . . . or — gleichgültig ob . . . oder ob; in Verbindung mit
who so = gleichgültig wer. Einzeln werden behandelt throughout, in kau-
saler Bedeutung touching mit of und to statt mit dem Accusativ, ay, ja,
nag, nein.
Herr Dr. Dibelius und Herr Oberlehrer Dr. Ludwig haben sich
zur Aufnahme gemeldet.
Sitzung vom 23. September 1902.
Herr Tobler macht Mitteilung von dem Tode zweier langjähriger
Mitglieder, des Prof. E. Wetzel und des Geh. Rechnungsrates Holder-
Egger. Die Gesellschaft ehrt das Andenken der Verstorbenen durch Er-
heben von den Sitzen.
Herr Schultz-Gora spricht über ein gegen den Hohenstaufen
Friedrich II. gerichtetes Sirventes, welches der Cod. Campori unter dem
Namen Guilhem Figueiras überliefert, und von dem Bertoni in seinen
Rime provenzali inedite No. XX, II einen diplomatischen Abdruck dar-
geboten hat. Der Vortragende macht wahrscheinlich, dafs dies Gedicht
wirklich Guilhem Figueira zum Verfasser habe, stellt dann die Abfassungs-
zeit desselben fest (März 1239) und sucht aus den politischen Verhält-
nissen heraus verständlich zu machen, wie derselbe Dichter, der uns sonst
als eifriger Bewunderer Friedrichs bekannt ist, dazu kam, eine so heftige
Invektive gegen den Kaiser zu richten. Nach einem Hinweise auf das
metrische Vorbild (eine Kanzone von Raimon de Miraval) wird der Text
für dns Studium der neueren Sprachen. 130
in zurechtgemachter Gestalt vorgelegt und nach der sprachlichen und
historischen Seite erläutert.
Herr Förster spricht über 'Neue Erscheinungen der spanischen
Literatur'. Der Vortragende legt einige Hefte des grofs angelegten Werkes
von Conrad Haebler, Typographie iberique, vor, in welchem Proben alter
spanischer Drucke gegeben werden. Iuteressant ist, dafs die ersten Drucker
eingewanderte Schweizer und Deutsche waren. — Im 16. Bande der 'Zeit-
schrift f. rom. Philologie' hat Lidforss auf die 'reiche Ernte' hingewiesen,
welche das Studium des Spanischen biete. Angeregt durch ihn ist eine
Abhandlung des Schweden Wisten erschienen, Etüde sttr le Style et la
Syntaxe de Cervantes, worin die absoluten gerundivischen Konstruktionen
des Dichters behandelt werden. So sorgfältig und erschöpfend die Arbeit
ist, so ist sie doch einerseits zu weitgehend, weil sie jede Einzelheit an-
führt, andererseits zu eng, weil sie sich nur auf Cervantes beschränkt;
die ganze spanische Literatur hätte untersucht werden müssen, um nicht
ein schiefes Bild vom Sprachgebrauch zu geben. Einzelne Bemerkungen
über die Echtheit der dem Cervantes zugeschriebenen Werke sind durch-
aus willkommen. — Als gutes Buch über Land und Leute empfiehlt der
Vortragende das illustrierte Werk von Karl Eugen Schmidt über
Cordoba und Granada, das für 4 Mark recht viel bietet. Hin und wieder,
in allgemeinen geschichtlichen Auseinandersetzungen, sowie bei sprach-
lichen Bemerkungen, darf man dem Verfasser nur mit Vorsicht folgen. —
Über Lope de Vega handelt Wolfgang von Wurzbach in einem Buche,
in welchem eine Fülle anregender und interessanter Bemerkungen zu
finden ist.
Sitzung vom 14. Oktober 1902.
Herr Rudolf Tob ler sprach über vier neuentdeckte Lieder des Trou-
badours Cercamon. Sie sind mit einer grofsen Zahl anderer bisher un-
bekannter Lieder und Gedichte von Bertoni im 7. Bande der Studj di
filologia romanza publiziert worden. Die Blütezeit des Troubadours fällt
nach dem, was man aus der Biographie seines Schülers Marcabrun und
aus den in seinen eigenen Gedichten berührten Ereignissen erschliefsen
kann, in die dreil'siger Jahre des 12. Jahrhunderts. Unter den vier neuen
Liedern, von denen der Vortragende kurze Inhaltsangaben und Versuche
metrischer Übertragung mitteilt, sind zwei Liebeslieder; ein drittes ist eine
Rüge gegen die schlechten Sitten an den Höfen, es ist wahrscheinlich
veranlafst durch die Entführung Emmas, der Gattin Wilhelms VIII. von
Poitou, durch einen Grafen von Angoumois; das vierte ist ein Klagelied
auf den Tod eben dieses Wilhelm, des Gönners des Dichters, der 1137 in
S. Iago de Compostella, wo er als Pilger weilte, gestorben war.
Herr Adolf Tob ler spricht seine Freude darüber aus, dafs nach dem
Vorgange von Diez und Heyse hier wieder metrische Übertragungen ge-
boten seien.
Herr Risop erklärt unter Ablehnung des Vorbildes fasse den in den
Dorfgeschichten der George Sand zu findenden Koni. Präs. fasse (für
j'aie) als eine Neubildung aus dem Ind. tu as. Die für die Volkssprache
heute freilich nicht mehr vorhandene Parallele tu parlas — parlasse konnte
leicht dazu führen, dafs auch zwischen Perf. tu punis und Konj. Imperf.
punisse und dann auch zwischen den entsprechenden gleichlautenden Prä-
sensformen der gleiche Zusammenhang empfunden wurde, so dafs sich
nun auch an tu as ein neuer Konj. asse anschliefsen konnte, eine Be-
wegung, die durch den neuen Imperativ as, seltener asse (neben ayex),
der ebenso wie neues veux (neben ■veuillex) nach allgemeinem Brauch an
die 2. Sing. Präs. Ind. angelehnt ist, wesentlich unterstützt wurde. Dieses
Thema giebt dem Vortragenden Anlafs, den Beziehungen nachzugehen,
die auch sonst innerhalb der Sprachentwickelung zwischen den beiden
140 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
Modi des Präsens hinsichtlich ihrer lautlichen Gestaltung wahrzunehmen
sind. Er erinnert an das Verhältnis von siece, dorce, arce zu siec, dorc,
are und zeigt, dafs die neuen bezw. vulgären Konjunktive peuve, verde,
dcule und auch vale nur aus der 3. Plur. Präs. Ind. stammen können,
und nimmt denselben Zusammenhang an zwischen analogischem asseyent,
savent und Konj. asseye, vulgär, save. Der Vortragende berührt dann den
Einfluls, den umgekehrt der Konj. Präs. auf die Lautgestalt des gesamten
Indikativs früher mehr als heute selbst in der Schriftsprache ausgeübt
hat, und bespricht insbesondere Indikative wie veuillent, vaillent, vaillit,
vaillira, tiegnent, regnoit, Part, sachant, deuillant, reuillant, tiegnant, trespoi-
gnant u. ä., neben denen es zu neuem soyant für estant seltsamerweise
niemals gekommen ist; wo dieser Fall in älterer Zeit vorzuliegen scheine,
sei eher an das schon früh in der Gestalt soiant für seant nachzuweisende
Partizipium von begriffsverwandtem seoir zu denken.
Herr Adolf Tob ler begrülst derartige Untersuchungen zur Formen-
lehre, die sich auch auf das neufranzösische Gebiet erstrecken, mit Freuden
und bespricht sodann in günstigem Sinne die neufranzösische Phonetik
von dem Dänen Christopher Nyrop, die 1902 in einer Übersetzung von
Philippot erschienen ist. Die Besprechung wird im Archiv erscheinen.
Eine kurze Erörterung von Einzelheiten des Nyropschen Buches schliefst
sich daran, an der sich die Herren Mackel, Rödiger und Engwer
beteiligen.
Herr Oberlehrer Dr. Engel mann, der schon früher Mitglied der
Gesellschaft war, ist wieder in dieselbe eingetreten.
Sitzung vom 28. Oktober 1902.
Herr Münch hält einen Vortrag über 'Sprache und Religion'. Be-
rührt wurde die Schwierigkeit, die Bedeutung der Sprache für unser gei-
stig-seelisches Leben überhaupt zu bestimmen, und die unzutreffenden
Vorstellungen, die darüber weithin herrschen. Dann die Schwierigkeit
des Einklangs zwischen dem wirklichen Seeleninhalt des einzelnen und
der vorhandenenen gemeinsamen Sprache. Ferner die trügerische Hoff-
nung, durch Uuwandelbarkeit der »Sprache auf religiösem Gebiet die Stetig-
keit religiösen Innenlebens zu sichern; die allmähliche Entkräftigung der
Ausdrücke, allerdings neben gewissen Fällen des Gegenteils, der allmäh-
lichen Vertiefung des Sinngehalts. Weiterhin die Rolle des 'Wortes' in
der christlichen Religion, der evangelischen Konfession zumal; der Ersatz
lebendigen Wortes durch s tatarische Formelsprache oder gar durch
eine kirchliche Fremdsprache; die Tendenz, durch wesentlich äufsere
Eigenschaften der Sprachdarbietung wenigstens eine gewisse Stimmung
zu sichern. Gegenüber den äufseren Mitteln der Rhetorik ward auf die
Kraft einer von innen heraus verwirklichten guten Rhetorik im Neuen
Testament hingewiesen, besonders in gewissen Teilen der Briefe des Paulus.
Im Anschlufs hieran kam zur Sprache Kunst und Natur bei den Kanzel-
rednern verschiedener Zeiten und Sprachen ; versäumte Sorgfalt gegenüber
der äufseren Sprachform bei vielen geistlichen Rednern in Deutschland;
ferner verkehrte Beziehung zwischen sprachlichen Lernzwecken und reli-
giösem Inhalt im Schulunterricht. Namentlich aber verweilte der Vor-
tragende bei dem Verhältnis der verschiedenen Sprachen zu dem gleichen
religiösen Inhalt; er wies darauf hin, wie biblische Stellen vielfach sich
wenigstens dem Eindruck und der Wirkung nach nicht unerheblich mit
der Sprache modifizieren, in die sie übersetzt werden, und wie im einzelnen
bald diese, bald jene Sprache die wirkungsvollste Wiedergabe aufweise,
welche Vorzüge im allgemeinen z. B. der englischen Bibelübersetzung zu-
zuerkennen seien, was die französische von ihrem nationalen. Charakter
behalte, endlich worin tatsächlich der Wert von Luthers Übersetzung
für das Studium der neueren Sprachen. 141
gegenüber jenen anderen liege, und wie er auch dem Text des hellenistischen
Originals des Neuen Testaments nicht blofs vielfach eine gedrängte, son-
dern hie und da eine vertiefende Wiedergabe gegenüberstelle, mindestens
für unser Gefühl.
Herr Mackel spricht über seine Reiseeindrücke aus Frankreich. Der
Vortragende führt aus, dafs die wichtigste Sorge für den, der ins Ausland
gehe, um sich im Gebrauch der Sprache zu vervollkommnen, die sei, sich
regelmäfsigen Verkehr mit gebildeten Ausländern zu sichern. Er gibt
Mittel und Wege an, wie dieses Ziel speziell in Paris zu erreichen sei.
Er spricht dann vom Verkehr mit Franzosen, vom Besuche der Theater,
der Schulen, der Vorlesungen in der Sorbonne und im College de France.
Er führt die hauptsächlichsten Aussprachefehler an, die die französischen
Phonetiker (Paul Passy, Abbe Rousselot) den Deutschen vorwerfen, und
meint, dafs diese nicht genug die verschiedenen Gegenden Deutschlands
unterschieden, Passy auch wohl zu. sehr die vulgäre Aussprache berück-
sichtige. Er erwähnt dann die Übungen Gillierons auf Grund seines
'Atlas des dialectes francais' und gibt die Vorzüge an, die dieser Sprach-
atlas nach seiner Vollendung vor dem entsprechenden Deutschen Sprach-
atlas von Wenker haben werde. Er äufsert sich dann über die vom
1. Oktober 1902 durchgeführte Reform des französischen. Gymnasial-
unterrichts, über den von der Alliance francaise veranstalteten Ferien-
kursus, über den Ferienkursus in Villerville-sur-Mer, der unter der Lei-
tung des tüchtigen Herrn Bascan stehe und sich vor ersterem durch
gröfsere Berücksichtigung der Praxis auszeichne, und über seine Reisen
in der Normandie und Bretagne.
Herr Tobler bestätigt, dafs die Franzosen Aussprachefehler der
Deutschen verspotten, die diese im allgemeinen gar nicht machen ; Balzac
z. B. verspottet nur das Französische mancher deutschen Juden, an an-
deren Stellen wird die Aussprache der Elsässer verhöhnt. Sodann be-
spricht Herr Tobler kurz den Sprachenatlas von Gillieron und Edmont,
der ganz vorzüglich geplant und gearbeitet sei. An 6o9 Orten habe der
eine der Verfasser selbst Material gesammelt, im Süden sowohl wie im
Norden des Landes. Mit einem und demselben Questionnaire habe er alle
möglichen Leute, vorzugsweise alte Leute aus den niederen Ständen, in
kleinen Dörfern und Weilern, zum Sprechen gebracht und die ermittelten
Tatsachen selbst in phonetischer Schrift aufgezeichnet. Die Wortformen
sind in die Karten selbst eingetragen, die Namen der Beobachtungsorte
dagegen durch sinnreich gewählte Zahlen vertreten. Freilich werde dieser
Atlas ziemlich kostspielig werden (ca. 1000 francs), und es werde lange
dauern, bis er vollendet sei. S. Deutsche Lit. Zeitg. 1902 Sp. 1701 — 5.
Die Herren Dr. Willi Splettstöfser (Steglitz), Dr. Alfred Heinze
(Berlin), Dr. Fritz Noack (Gr.-Lichterfelde) haben sich zum Eintritt ge-
meldet.
Prof. Dr. Richard D res sei, der bereits früher Mitglied der Gesell-
schaft war, tritt wieder in dieselbe ein.
Sitzung vom 11. November 1902.
Herr Kuttner spricht über die korsischen Quellen von Chamisso
und Mörimee. Der Vortrag wird im Archiv erscheinen.
Der Vortrag des Herrn Selge über A. de Musset als Dichter und
Mensch konnte wegen Mangels an Zeit nur etwa bis zur Hälfte gehalten
werden. Der Vortragende behandelte nach einem kurzen Überblick über
des Dichters Leben besonders sein Verhältnis zur Natur in seinen Dich-
tungen und suchte nachzuweisen, dafs er den Erscheinungen in der Natur
weniger liebevoll fühlend als ängstlich fürchtend oder kritisch beobachtend
gegenübersteht.
142 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
Die Herren Dr. Willi Splettstöfser, Dr. Alfred Heinze und
Dr. Fritz Noack werden in die Gesellschaft aufgenommen.
Der alte Vorstand wird für 1003 wiedergewählt.
Sitzung vom 25. November 1902.
Herr Cornicelius sprach über Claude Tilliers Gedichte. Die im
Archiv veröffentlichten Gedichte des Humoristen, deren Kunstwert nicht
bedeutend ist, haben nirgends humoristische Färbung. Tillier fühlte sich
offenbar in der durch Metrum und Reim gebundenen Eede auch geistig
gebunden. Daher sein ausschweifend launisches Lob der Prosa gegenüber
der Reimpoesie in einem Fragment De la Poesie, das, nach Tilliers Tod,
von seinen Freunden in die zweite Reihe der Pamphlete, nicht aber unter
die 'Werke' 1846 aufgenommen wurde. Im zweiten Teil dieses Fragmentes
dann, soweit er vollendet ist, gibt Tillier eine eingehende, mit witziger
Willkür übertreibend absprechende Kritik der Ode 'Le Poete' von V. Hugo
(Ödes et Ballades IV), den er übrigens unter den Vertretern der 'neuen'
(romantischeu) Poesie am höchsten stellt. — Von Tilliers Gedichten ist
seine Absage an die Folie (veröffentlicht fast gleichzeitig mit Kap. 8 — 10
von Mon oncle Benjamin) wohl das beste ; deutlich gegliedert in der Kom-
position und rein im Ton. „Das letzte (7.) dagegen ist zwiespältig und
unrein in der Stimmung. Ahnlich enthält das dritte nur in einzelnen
Strophen wirkliche Poesie. Die Gedichte 4, 5, und nicht nur sie bei
Tillier, erinnern an Gilbert (Le poete nialheureux), viel weniger an Be-
ranger, der besonders nach 1830 auch sozialistisch gefärbte Gedichte heraus-
gab. In den beiden ersten, rein politischen, im einzelnen nicht überall
klaren Gedichten ist der elegische Abschlufs des zweiten das Beste. Die
besten Gedichte Tilliers überhaupt sind seine Elegien in Prosa. Besonders
eine den Gedankengang des Pamphlets Du Pamphlet unterbrechende Ab-
schweifung (Oeuvres 3, 136 ff.), in der Tillier des Beuvron-Flusses gedenkt,
wie He'gesippe Moreau der Voulzie, Gilbert der heimatlichen Saöne-Ufer
in elegischen Versen sich erinnert haben.
Herr Herzfeld sprach über das sogenannte erste Rätsel des Exeter-
buches. Nachdem zuerst Leo (1857), dann Trautmann (1883) unhaltbare
Theorien über dies fragmentarisch erhaltene Gedicht aufgestellt hatten,
wies zuerst Bradley (1888) nach, dafs wir es hier nicht mit einem Rätsel,
sondern mit einem dramatischen (besser lyrischen) Monolog zu tun haben.
Seine Ansicht fand nach und nach immer mehr Anhänger und darf jetzt
als die herrschende gelten. Immerhin war man noch über den Ursprung
des Gedichtes im unklaren. Kürzlich haben zwei amerikanische Gelehrte,
Lawrence und Schofield, in zwei einander ergänzenden Aufsätzen (erschie-
nen in den Publications of the Mod. Lang. Assoc. of America, vol. 17,
Heft 2) eine neue Erklärung versucht. Der erstere hält das Gedicht für
eine Übersetzung aus dem Altnordischen, und zwar auf Grund metrischer
und lexikalischer Erwägungen. Der Vortragende zeigt im einzelnen, wie
diese unhaltbar sind. Schofield geht einen Schritt weiter und behauptet,
das Fragment gehöre zur Volsungasaga und sei die Klage Signys um
ihren Bruder Sigmund (Vols. c. 3—8). Er gibt dazu einen Kommentar,
der aber nicht alle Schwierigkeiten löst. Unter anderem ist es nicht zu
erklären, wie Sigmund als Wulf bezeichnet werden kann. Auch sonst
stimmen viele Einzelzüge nicht zum Original, das uns die Saga getreu
überliefert. Man kommt also schüefslich zur Ablehnung dieser neuen
Hypothese; höchstwahrscheinlich gehört das Stück zur Herden- oder
Lokalsage, was noch näher zu ermitteln bleibt.
In der sich daran anschliefsenden Erörterung gibt Herr Brandl dem
Vortragenden darin recht, dafs die Form durchaus nicht auf aufser-
englischen Ursprung des Gedichtes deutet. Kurzzeilen zwischen den Lang-
für das Studium der neueren Sprachen. 143
zeilen findet man auch in den Zauber- und Lehrsprüchen, strophische
Gesätze auch in der geistlichen Lyrik. Man darf nicht vergessen, dafs
wir nur einen kleinen Teil der ae. Lyrik besitzen, obwohl nach den Zeug-
nissen sehr viel gesungen worden ist. Als eine andere mögliche Auffassung
des Bruchstücks stellt er die hin, dafs es sich um zwei Wulfe handele,
der eine der Gegner, der andere der Geliebte; ihr Wolf heifse Odoaker.
Wo finde man nun einen Wulf und einen Odoaker zusammen? Im
Heldeubuch, wo Wolfdietrich, Odoaker etc. die mannigfachsten Abenteuer
haben ; es gehöre allerdings später Zeit an. Dafs die Sage von Dietrichs
Exil in England wohl bekannt war, dafür gibt es Zeugnisse, wie den
Waldere, Deor, das Wade - Fragment. Daraus würde folgende Deutung
sich ergeben : die beiden ersten Strophen handeln von dem Wolf, der
der Gegner ist, die dritte und vierte von ihrem Wolf, der Odoaker heifse,
nach dem sie sich sehnt. Das Ganze wäre dann eine Art poetischen Briefes
an ihren Odoaker, worin sie ihn von der Gefahr, in der sie sich befindet,
benachrichtigt und ihm ihre Sehnsucht ausdrückt. — Herr Herzfeld
erkennt diese beiden Wulfe nicht an, bezweifelt auch, dafs Wulf als
Appellativum gebraucht werden kann. — Herr Roediger meint, Wulf
könnte gleich 'Mann' sein ; wenn es hier Name sei, könne er nicht noch
Ead-wacer heifsen; möglicherweise sei letzteres hier adjektivisch, = der
über den Besitz wacht. Er bezweifelt, dafs der fränkische Wolfdietrich in
England bekannt war; aufserdem hat dieser nur mit Theodorich, nicht
mit Odoaker zu tun. Das Gedicht kann einfach die Klage einer Frau
sein, die von ihrem Mann durch Kriegsläufte getrennt' ist, und dieser
kann ein einfacher Privatmann Odoaker sein. — Was die Parallele mit
Signi betrifft, so sei gar keine Ähnlichkeit mit diesem Stoff vorhanden. —
Die Form ist sicher nicht besonders nordisch, wir haben auch ahd. Kurz-
zeilen in Sagen, dann solche gnomischen Inhalts in den friesischen Ge-
setzen. Diese Form war allgemein germanisch. Auf einen Einwurf Brandts
gibt er zu, Adjektiv könne Ead-wacer nicht sein, weil es dann im Vokativ
Ead-wacera lauten müfste.
Verzeichnis der Mitglieder
der
Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen.
Januar 1903.
Vorstand.
Vorsitzender: Herr A. Tobler.
Stellvertretender Vorsitzender: „ H. Bieling.
Schriftführer: „ E. Penn er.
Stellvertretender Schriftführer: „ G. Krueger.
Erster Kassenführer: „ E. Pariselle.
Zweiter Kassenführer: „ G. Tanger.
A. Ehrenmitglieder.
Herr Dr. Furnivall, Frederick J., 3 St. George's Square, Prim-
rose Hill, London NW.
„ Dr. Gröber, Gustav, o. ö. Professor an der Universität.
Strafsburg, Universitätsplatz 8.
„ Dr. Mussafia, Adolf, Hofrat, o. ö. Professor an der Uni-
versität. Wien XIII, Trauttmannsdorfferstrafse 50.
„ Paris, Gaston, Mitglied der französischen Akademie. Paris,
College de France.
Frau Vasconcellos, Carolina Michaelis de, Dr. phil. Porto,
Cedofeita.
B. Ordentliche Mitglieder.
Herr Dr. Arnheim, Joseph, Realschuldirektor a. D. Berlin W.,
Motzstrafse 85 part.
Dr. B ah 1 sen, Leo, Oberlehrer an der VI. städtischen Real-
schule. Frieden au, Hauffstrafse 7 I.
„ Dr. Berneker, Erich Karl, Professor an der deutschen Uni-
versität Prag. Prag-Smichow, Karlsgasse 16.
Dr. Bieling, H., Professor, Oberlehrer am Sophien-Realgym-
nasium. Berlin N., Schönhauser Allee 31 III.
„ Boek, Paul, Professor, Oberlehrer am Königstädtischen Real-
gymnasium. Grofs-Lichterfelde, Marthastrafse 2.
Mitglieder- Verzeichnis der Berliner Gesellschaft etc. 145
Herr Dr. Bohnstedt, Kurt K. R., Oberlehrer an der Haupt-
Kadettenanstalt Oranienstein bei Diez.
„ Dr. Born, Max. Berlin NW. 52, Thomasiusstrafse 26.
„ Bourgeois, Henri, Konsul der französischen Republik. Ber-
lin W., Pariser Platz 5.
„ Dr. Brand 1, Alois, ord. Professor an der Universität. Berlin W.,
Kaiserin- Augusta-Strafse 73 III.
„ Dr. Carel, George, Professor, Oberlehrer an der Sophienschule.
Charlottenburg, Schlofsstrafse 25.
„ Dr. Churchill, George B., Professor am Amherst College.
Amherst, Massachusetts, U. S. A.
„ Cohn, Alb., Buchhändler. Berlin W., Kurfürstendamm 259.
„ Dr. Cohn, Georg. Berlin W., Linkstrafse 29 III.
„ Dr. Conrad, Herrn., Professor an der Haupt-Kadettenanstalt.
Gr. -Lichterfelde, Berliner Strafse 19.
„ Dr. Cornicelius, Max. Berlin W., Luitpoldstrafse 4.
„ Dr. Di bei i us, W., Privatdozent an der Universität. Berlin-
Grofs-Lichterfelde O., Hobrechtstrafse 10.
„ Dr. Dieter, Ferd., Oberlehrer an der IV. städtischen Real-
schule. Westend, Königin-Elisabethstrafse 1.
„ Dr. Dressel, Richard, Professor, Oberlehrer am Kaiser-Wil-
helm-Realgymnasium. Friedenau, Sponholzstrafse 53/54.
„ Dr. Ebeling, Georg. Charlottenburg, Goethestrafse 56.
„ Engel, Hermann, Oberlehrer. Charlottenburg, Leibniz-
strafse 79 a.
„ Dr. Engel mann, Hermann, Oberlehrer an der Friedrichs-
Werderschen Oberrealschule. Berlin C, Niederwallstr. 1 2.
„ Dr. Eng wer, Theodor, Oberlehrer an dem Kgl. Lehrerinnen-
Seminar und der Augustasch ule. Berlin SW. 47, Hageis-
berger Strafse 44.
„ Falck, Karl, Oberlehrer an der XL städtischen Realschule.
Berlin SW., Solmsstrafse 7 III.
„ Dr. Flindt, Emil, Oberlehrer. Charlottenburg, Schlüter-
strafse 19.
„ Dr. Förster, Paul, Professor, Oberlehrer am Kaiser- Wilhelm-
Realgymnasium. Berlin SW. 12, Kochstrafse 66.
„ Dr. Fuchs, Max, Oberlehrer an der VI. städtischen Real-
schule. Friedenau, Stubenrauchstrafse" 6.
„ Dr. Gade, Heinrich, Oberlehrer am Andreas-Realgymnasium.
Berlin NW. 21, Turmstrafse 34 IV.
„ Dr. Goldstaub, Max. Berlin W. 30, Pallasstrafse 1.
„ Dr. Gropp, Ernst, Direktor der städtischen Oberrealschule.
Charlottenburg, Schlofsstrafse 16.
„ Grosset, Ernest, Lehrer an der Kriegsakademie und am
Victoria-Lyceum. Berlin SW. 48, Wilhelmstrafse 146 IV.
„ Haas, J., Oberleutnant a. D. Berlin C, An der Schleuse 5a.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 10
146 Mitglieder- Verzeichnis der Berliner Gesellschaft
Herr Dr. Hahn, O., Professor, Oberlehrer an der Victoriaschule.
Berlin S. 59, Urbanstrafse 31 IL
Harsley, Fred, M. A., Lektor der englischen Sprache an der
Universität. Berlin W., Lützowufer 23.
„ Dr. Hausknecht, Emil, Professor, Direktor der Oberreal-
schule. Kiel, Holten auerstrafse 6.
„ Dr. H e c k e r , Oscar, Professor, Lektor der italienischen Sprache
an der Universität. Berlin W., Ansbacher Strafse 48.
„ Dr. Heinze, Alfred, Oberlehrer am Kaiser-Wilhelm-Realgym-
nasium. Berlin W., Grofsgörschenstrafse 341.
„ Dr. Hellgrewe, Wilh., Oberlehrer an der städtischen Ober-
realschule. Charlottenburg, Wallstrafse 60 1.
_ Dr. Hend reich, Otto, Oberlehrer an der Luisenstädtischen
Oberrealschule. Berlin SO. 16, Köpenicker Strafse 39.
„ Dr. Herrmann, Albert, Oberlehrer an der XII. städtischen
Realschule. Berlin O., Memeler Strafse 44.
„ Dr. Herz fei d, Georg. Berlin W. 10, Kaiserin- Augustastrafse
77 part.
„ Dr. Hosch, Siegfried, Professor, Oberlehrer an der Luisen-
städtischen Oberrealschule. Berlin S., Oranienstr. 144 II.
„ Dr. Huot, P., Direktor der Victoriaschule. Berlin S. 14, Prinzen-
strafse 5 1 IL
„ Jaegel , Emil, Oberlehrer am Kgl. Prinz-Heinrichs-Gymnasium.
Berlin W.30, Gleditschstrafse 49.
„ Dr. Johannesson, Fritz, Oberlehrer am Andreas-Realgym-
nasium. Berlin SO., Köpenickerstrafse 133.
,, Kabisch, Otto, Professor, Oberlehrer am Luisenstädtischen
Gymnasium. Johannisthai, Waldstrafse 6.
., Dr. Käst an, Albert. Berlin W. 64, Behrenstrafse 9.
„ Dr. Keesebiter, Oscar, Oberlehrer an der IV. städtischen
Realschule. Haiensee, Westfälische Strafse 38.
, Keil, Georg, Oberlehrer an der Elisabethschule. Berlin S W. 48,
Friedrichstrafse 32 III.
„ Dr. Keller, Wolfgang, aufserord. Professor an der Universi-
tät. Jena, Inselplatz 7.
„ Dr. Knörk, Otto, Oberlehrer an der Realschule in Grofs-
Lichterfelde, Elisabethstrafse 31.
„ Dr. Kolsern, Adolf, Dozent an der Kgl. Technischen Hoch-
schule. Aachen, Marktstrafse 11.
„ Dr. Krueger, Gustav, Oberlehrer am Kaiser -Wilhelm -Real-
gymnasium. Berlin W. 10, Bendlerstrafse 17.
„ Dr. Kuttner, Max, Oberlehrer an der Dorotheenschule. Ber-
lin W., Motzstrafse 76.
„ Lach, Handelsschuldirektor. BerlinSO.l 6, Dresdner Strafse 901.
„ Dr. Lamprecht, F., Professor, Oberlehrer am Gymnasium
zum Grauen Kloster. Berlin C. 2, Klosterstrafse 73 IL
für das Studium der neueren Sprachen. 147
Herr Langen scheid t, C, Verlagsbuchhändler. Berlin SW. 46,
Hallesche Strafse 17 part.
„ LeTournau, Marcel, Lehrer an der Humboldt- Akademie.
Berlin W., Lützowstrafse 71.
„ Dr. Lindner, Karl, Oberlehrer am Luisenstädtischen Real-
gymnasium. Berlin SO., Köpenicker Strafse 88.
„ Dr. Löschhorn, Hans, Professor, Oberlehrer am Kgl. Lehre-
rinnen-Seminar und der Augustasch ule. Berlin W. 35,
Genthiner Strafse 41 III.
„ Dr. Lücking, Gustav, Professor, Direktor der III. städtischen
Realschule. Berlin W., Steglitzer Strafse 8 a.
„ Dr. Ludwig, Albert, Oberlehrer an der Hohenzollernschule.
Schöneberg, Meiningerstrafse 8.
„ Dr. Lummert, August, ordentlicher Lehrer an der Victoria-
schule. Berlin S. 59, Camphausenstrafse 3.
„ Dr. Mackel, Emil, Oberlehrer am Prinz-Heinrich-Gymnasium.
Friedenau, Dürerplatz 3.
„ Dr. Mangold, Wilhelm, Professor, Oberlehrer am Askanischen
Gymnasium. Berlin SW. 47, Grofsbeerenstrafse 71.
„ Dr. Mann, Paul, Oberlehrer am Luisenstädt. Realgymnasium.
Berlin SW., Neuenburgerstrafse 28.
„ Marelle, Charles. Berlin W.9, Schellingstrafse 6 III.
„ v. Mauntz, A., Oberstleutnant a. D. Charlottenburg, Knese-
beckstrafse 2.
„ Dr. M erten s, Paul, wissenschaftlicher Hilfslehrer an der
Oberrealschule in Charlotten bürg. Berlin W., Luther-
strafse 44.
„ Michael, Wilhelm, Oberlehrer an der Oberrealschule. Char-
lottenburg, Kaiser-Friedrich-Strafse 92.
„ Dr. Michaelis, C. Th., Provinzial-Schulrat. Berlin W., Kur-
fürsten strafse 149.
„ Mugica, Pedro de, Lizentiat, Lehrer der spanischen Sprache
am Orientalischen Seminar. Berlin NW. 21, Wilsnacker
Strafse 3.
„ Dr. Müller, Adolf, Professor, Oberlehrer an der Elisabeth-
schule. Berlin W., Geisbergstrafse 1 5.
„ Dr. Müller, August, ordentlicher Lehrer an der Kgl. Elisa-
bethschule. Berlin SW., Grofsbeerenstrafse 55 part.
„ Dr. Münch, Wilhelm, Geh. Regierungsrat, ord. Honorar-Pro-
fessor an der Universität. Berlin W., Bülowstrafse 104.
„ Dr. Münster, Karl, Oberlehrer an der VII. städtischen Real-
schule in Berlin. Köpenick, Kurfürsten allee 1.
„ Dr. Naetebus, Gotthold, Bibliothekar an der Universitäts-
Bibliothek. Grofs - Lichterfelde, Moltkestrafse 22A.
„ Dr. Noack, Fritz, Oberlehrer am Gymnasium. Grofs-Lichter-
felde O., Boyenstrafse 24.
10*
148 Mitglieder- Verzeichnis der Berliner Gesellschaft
Herr Dr. Nobiling, Franz, Oberlehrer an der Realschule zu Pan-
kow. Berlin N. 54, Lothringerstrafse 82.
„ Dr. N u c k , Richard, Oberlehrer an der Luisenstädt. Oberreal-
schule. Berlin SW., Gneisenaustrafse 88.
_ Opitz, G., Professor, Oberlehrer am Dorotheenstäd tischen Real-
gymnasium. Charlottenburg, Goethestrafse 81 III.
„ Dr. Palm, Rudolf, Professor, Oberlehrer an der I. städti-
schen Realschule, Lehrer an der Kgl. Kriegsakademie.
Berlin SW., Yorkstrafse 7 6 IT.
„ Dr. Pariselle, Eugene, Professor, Lektor der französischen
Sprache an der Universität, Lehrer an der Kgl. Kriegs-
akademie. Berlin W. 50, Rankestrafse 24 III.
Dr. Pen n er, Emil, Professor, Direktor der XIH. städtischen
Realschule. Berlin NW. 23, Schleswiger Ufer 9.
Reich, G., Oberlehrer am Gymnasium. Grofs- Lichterfelde,
Schillerstrafse 22.
„ Dr. R i s o p , Alfred, Oberlehrer an der IL städtischen Real-
schule. Berlin SW. 16, Grofsbeerenstrafse 61 III.
n Dr. Ritter, 0., Professor, Direktor der Luisenschule. Berlin
N. 24, Ziegelstrafse 12.
_ Dr. Roediger, Max, aufserord. Professor an der Universität.
Berlin SW.48, Wilhelmstrafse 140 III.
„ Roettgers, Benno, Oberlehrer an der Dorotheenschule. Ber-
lin W., Fasanen strafse 83.
„ Dr. Rosenberg, Oberlehrer am Köllnischen Gymnasium.
Charlottenburg, Knesebeckstrafse 75.
R o s s i, Giuseppe, Kgl. italienischer Vize-Konsul. Berlin NW. 40,
In den Zelten 5 a.
„ Dr. Rust, Ernst, Oberlehrer an der VIII. städtischen Real-
schule. Berlin N., Dunckerstrafse 51.
„ Dr. Sabersky, Heinrich. Berlin W. 35, Genthiner Strafse 22.
„ Dr. Sachse, Richard, Oberlehrer am städtischen Realgymna-
sium. Charlottenburg, Spandauer Strafse 4.
„ Dr. Schayer, Siegbert, Oberlehrer an der IV. städtischen Real-
schule. Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 11 II 1.
„ Dr. Schleich, Gustav, Professor, Direktor des Friedrich-
Realgymnasiums. Berlin NW., Albrechtstrafse 26 I.
„ Dr. S c h 1 e n n e r , R., Oberlehrer an der Luisenstädtischen Ober-
realschule. Berlin S., Urbanstrafse 29.
„ Dr. Schmidt, August, Oberlehrer an der Realschule. Steglitz,
Düppelstrafse 22.
„ Dr. Schmidt, Karl, Oberlehrer am Kaiser -Wilhelm - Real-
gymnasium. Berlin SW., Yorkstrafse 68.
,, Dr. Schmidt, Max, Professor, Oberlehrer am Prinz-Heinrich-
Gymnasium. Berlin W., Rankestrafse 29 III.
für das Studium der neueren Sprachen. 14»
Herr Schreiber, Wilhelm, Oberlehrer an der VI. städtischen Real-
schule. Berlin SW., Bautzener Strafse 8.
„ Dr. Schultz-Gora, Oscar, aufserord. Professor an der Uni-
versität. Charlottenburg, Knesebeck strafse 85.
„ Dr. Schulze, Georg, Direktor des Königlichen Französischen
Gymnasiums. Charlottenburg, Marchstrafse 11.
„ Dr. Schulze- Veltrup, Wilhelm, Oberlehrer am Falk-Real-
gymnasium. Berlin N., Hochstrafse 21 — 24.
„ Dr. Seifert, Adolf, Oberlehrer an der städtischen Realschule.
Charlottenburg, Kaiser-Friedrich-Strafse 52.
„ Selge, Paul, Oberlehrer an der Realschule. Grofs-Lichterfelde,
Holbeinstrafse 39 B I.
„ Dr. Simon, Philipp, Oberlehrer am Bismarckgymnasium.
Deutsch- Wilmersdorf, Wilhelmsaue 11.
„ Sohier, Albert, Lehrer an der Vereinigten Artillerie- und
Ingenieur-Schule. Berlin W., Schöneberger Ufer 25.
„ Dr. Sommer, Oberlehrer an der Hohenzollernschule in Schöne-
berg. Friedenau, Sponholzstrafse 32.
„ Dr. Spatz, Willy, Oberlehrer an der Hohenzollernschule.
Schöneberg, Hauptstrafse 146.
„ Dr. Speranza, Giovanni. Berlin N., Pappelallee 112.
„ Dr. Spies, Heinrich, Privatdozent an der Universität. Berlin
W. 57, Kurfürstenstrafse 4 III 1.
„ Dr. Splettstöfser, Willy, Oberlehrer an der Realschule.
Steglitz, Schlofsstrafse 110.
„ Dr. Strohmeyer, Fritz. Steglitz, Am Stubenrauchplatz 1.
„ Stromer, Theodor, Schriftsteller. Berlin W., Kurfürsten-
strafse 25, Gartenhaus IL
„ Stumpff, Emil, Oberlehrer an der Hohenzollernschule zu
Schöneberg. Friedenau, Illstrafse 9.
„ Dr. Tanger, Gustav, Professor, Oberlehrer an der VII. städti-
schen Realschule. Berlin S., Elisabethufer 32 III.
„ Dr. Thum, Otto, Lehrer an der Berliner Handelsschule. Char-
lottenburg, Kaiser-Friedrich-Strafse 73.
„ Dr. Tobler, Adolf, ord. Professor an der Universität, Mitglied
der Akademie der Wissenschaften. Berlin W. 15, Kur-
fürstendamm 25.
„ Dr. Tobler, Rudolf, Oberlehrer am Joachimsthalschen Gym-
nasium. Berlin W. 15, Kaiserallee 1.
„ Tru eisen, Heinrich, Professor, Oberlehrer am Real-Progym-
nasium in Luckenwalde.
„ Dr. U 1 b r i c h , O., Professor, Direktor des Dorotheenstädtischen
Realgymnasiums. Berlin NW. 7, Georgen strafse 30/31.
„ Dr. Vollmer, Erich, Oberlehi-er am Bismarckgymnasium.
Deutsch -Wilmersdorf , Güntzelstrafse 28.
150 Mitglieder -Verzeichnis der Berliner Gesellschaft etc.
Herr Dr. Waetzoldt, Stephan, Professor, Geh. Obei'-Regierungsrat
und vortragender Rat im Ministerium der geistlichen etc.
Angelegenheiten. Berlin W., Neue Winterfeldtstrafse 24.
., Weis stein, Gotthilf, Schriftsteller. Berlin W., Lennestrafse 4.
„ Dr. Werner, R., Professor, Oberlehrer am Luisenstädtischen
Realgymnasium. Tempelhof, Albrechtstrafse 12.
„ Wetzel, Ernst, Professor, Oberlehrer an der Luisenschule.
Friedenau, Moselstrafse 10.
„ Wetzel, Karl, Oberlehrer an der Charlottenschule. Zehlen-
dorf, Seehofstrafse 4.
„ Dr. Willert, H., Oberlehrer an der Luisenschule. Berlin W. 9,
Köthenerstrafse 39 II.
„ Dr. Wychgram, Jakob, Professor, Direktor des Kgl. Lehre-
rinnen-Seminars und der Augustaschule. Berlin SW. 46,
Kleiubeerenstrafse 16 1.
C. Korrespondierende Mitglieder.*
Herr Dr. Bauert, P., Lissabon.
„ Dr. Begemann, W., Direktor einer höheren Privat-Töchter-
schule. Charlottenburg, Wilmersdorferstrafse 14.
„ Dr. Cl aufs, Professor. Stettin.
„ Gerhard, Legationsrat. Leipzig.
„ Dr. G u t b i e r , Professor. München.
„ Dr. Härtung, Oberlehrer. Wittstock.
„ Humbert, G, Oberlehrer. Bielefeld.
„ Dr. Jarnik, Joh. Urban, Professor an der tschechischen Uni-
versität. Prag.
„ Dr. Kelle, Professor an der deutschen Universität. Prag.
„ Dr. Krefsner, Adolf. Kassel.
„ Dr. Kufal, W., Professor. Antwerpen.
„ M ad den, Edw. Cumming. London.
„ Dr. Meifsner, Professor. Belfast (Irland).
„ Dr. Muquard, J., Professor am College. Boulogne-sur-Mer.
Nagele, Anton, Professor. Marburg (Steiermark).
Dr. Neubauer, Professor. Halle a. S.
„ Dr. Ritz, Oberlehrer. Bremen.
Dr. Sachs, C, Professor. Brandenburg.
„ S a v i n i , Emilio, Professor. Turin.
„ Dr. Scheffler, W., Professor am Polytechnikum. Dresden.
Dr. Sommermeyer, Aug. Berlin, Körnerstrafse 18.
51 Dr. Steu den er, Professor. Rofsleben.
Dr. Wilmanns, Professor an der Universität. Bonn.
* Berichtigungen und Ergänzungen dieser Liste erbittet der Vorsitzende.
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Richard M. Meyer, Grundrifs der neueren deutschen Literatur-
geschichte. Berlin, Georg Bondi, 1902. XV, 258 S. 8.
Auf seine in dieser Zeitschrift Band CV, 376 ff. besprochene Literatur-
geschichte läfst Meyer nunmehr als Ergänzung den Grundrifs folgen.
Vielfach geteilt, wie über das beschreibende Werk, wfden auch die An-
sichten über diesen bibliographischen Versuch sein. Aber eines ist dabei
wohl sicher: ein in vieler Hinsicht nützliches und brauchbares Buch hat
er ohne Frage geliefert. Nur über den Grad des Nutzens wird man strei-
ten können. Am klarsten springt sein Wert in die Augen, wenn man
sich vergegenwärtigt, dafs es bisher für die gewaltige Fülle der deutschen
Literatur des 19. Jahrhunderts überhaupt noch kein wissenschaftliches
bibliographisches Hilfsmittel gab, und wer weifs, wie schwer es ist, sich
ohne ein solches die notwendige Literatur allein zusammenzusuchen, wird
schon in der Tatsache, dafs hier ein erster Versuch gewagt worden ist,
etwas Erfreuliches sehen. Ein weiterer Vorteil an dem Werke ist es, dafs
es keinen Anspruch darauf erhebt, vollständig zu sein; dafs Meyer den
Mut gehabt hat, auf den sehr zweifelhaften Vorzug der sogenannten —
im vorliegenden Falle doch kaum erreichbaren und sieher unnötigen —
Vollständigkeit zu verzichten, ist nur anzuerkennen. Auch mit der An-
ordnung des Stoffes kann man diesmal zufriedener sein als in der Literatur-
geschichte — trotz Meyers Ausführungen in 'Euphorion' VIII. Denn ob-
gleich auch hier wieder die alte Einteilung nach Jahrzehnten beibehalten
ist, so tut sie doch der Bibliographie keinerlei Eintrag, zumal ein sorg-
fältiges Register und zahlreiche Verweisungen das Auffinden des Gesuchten
sehr erleichtern.
Ebenso selbstverständlich wie die Anerkennung, die dem Buche als
Gesamtleistung gezollt werden kann, ist es aber auch, dafs man in vielen
einzelnen Dingen, vielleicht auch in manchen grundsätzlichen Fragen
anderer Meinung als der Verfasser sein und vielen Bedenken zugänglich
sein wird. Da ist zunächst die grofse, wichtige Frage nach der Auswahl
des Gebotenen. Rein objektiv kann sie natürlich nicht sein; denn in ihr
müssen sich Wesen und Eigenart des Mannes zeigen, der sie getroffen
hat. Das mufs so sein und schadet auch nicht allzuviel, da die allgemein
152 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
als grundlegend anerkannten Werke, von denen aus man sich schon leicht
selber weiterhelfen kann, immer angeführt sind, und deshalb lege ich auch
auf den Vorwurf der Einseitigkeit, der von manchen Rezensenten schon
vorgebracht worden ist, nicht gerade das allerscbwerste Gewicht. Nur bei
der Anführung von Rezensionen wäre wohl eine etwas freiere Auswahl
zu wünschen und zu erreichen gewesen; sagt doch Meyer selbst im Vor-
wort, dafs er sich dabei vorzugsweise an diejenigen kritischen Organe ge-
halten habe, denen er selbst seit Jahren für ihre Berichterstattung zu
Dank verpflichtet sei! Eine andere Eigentümlichkeit sind die einzelnen
Kapitel- und Abteilungsüberschriften, deren manche wohl recht bezeich-
nend sein sollen, die aber nur geziert klingen und dem weniger Kundigen
doch nicht viel besagen. Zudem sind oft genug auch recht wenig zuein-
ander passende Männer in eine Rubrik zusammengedrängt, wie etwa Fried-
drich Wilhelm IV. und Sapphir (S. 83 F) oder F. Poppenberg und Fürst
Bismarck (S. 245 J. Kritik; vgl. hierzu auch Lit. Centralbl. 1902,
Sp. 117/18).
Das ganze Werk zerfällt in zwei Hauptteile, einen allgemeinen und
einen speziellen. Der erstere ist insofern besonders wichtig, als er eine
gute Übersicht über die allgemeinen Dinge, literargeschichtliche Darstel-
lungen, Auf satzsammlungen, Anthologien, Zeitschriften usw. bietet, wäh-
rend der andere vorwiegend in rein bibliographischer Form, zuweilen auch
mit einer kritischen Bemerkung die Sonderliteratur zu den einzelnen Zeit-
abschnitten enthält. Beide Abschnitte bringen übrigens auch eine Reihe
rein praktisch-pädagogischer Anweisungen, z. B. wie man am vorteilhafte-
sten üest, wie man sich Auszugssammlungen anlegt, wie man eine wissen-
schaftliche Arbeit am geschicktesten anfängt und dergleichen ; das sind
alles Dinge, die manchem Anfänger gewifs sehr willkommen sein werden,
aber mitunter klingen solche Ratschläge doch etwas pedantisch, so etwa,
wenn es S. 37 heilst: 'Ein sehr praktischer Zwang zum aufmerksamen
Lesen wird ausgeübt, wenn man gelegentlich Proben ins Lateinische oder
Französische zu übersetzen versucht — freilich aber mit Genauigkeit.' —
Ich meine doch, ein verständiger Mensch kann auch ohne solches Gewalt-
mittel seine Gedanken hinreichend zusammenraffen — und Übersetzungen
literarischer Kunstwerke in eine fremde Sprache gehören nebenbei zu den
schwierigsten Dingen, an die man sich als Durchschnittsmensch aufser in
Seminarübungen nicht wohl heranmachen sollte.
Da dem Verfasser selbst an Bemerkungen seiner Rezensenten über
Einzelheiten gelegen ist, seien auch an dieser Stelle einige wenige mit-
geteilt. Nr. 55: Der zweite Band der Wackernagel-Martinschen Literatur-
geschichte erschien in zweiter Auflage erst 1894. — Bei Goethe (S. 45)
hätten wohl auch an dieser Stelle so wichtige Schriften wie die von Scholl,
Hehn, Steiner (Goethes Weltanschauung), Haarhaus Erwähnung verdient.
— Bei Tieck (S. 47) fehlt eine Verweisung auf Nr. 107/108, bei Brentano
(S. 55) auf Nr. 109. — Nr. 807: Grigorowitzas Schrift war nicht als Dis-
sertation, sondern als Buch (Berlin, Duncker, 1901) anzuführen. — Zu
Iffland (S. 58) fehlt Bertha Kipfmüller, das Ifflandsche Lustspiel (Heidel-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 153
berger Dissertation 1899). — S. 6ß Lord Byron. Dafs Li teraturau gaben
über englische und französische Schriftsteller (vgl. z. B. noch S. 102, 114)
gegeben werden, ist gewil's nicht nötig. In diesem Buche sucht man sie
doch nicht; aufserdem müssen sie naturgemäfs dürftig sein. Nach welchem
Gesichtspunkte die neun hier angeführten Schriften von und über Byron
ausgewählt sind, ist nicht zu erkennen. Die wichtigsten Werke und Aus-
gaben fehlen, keine einzige Übersetzung ist genannt; Nr. 1011a ist falsch
citiert. Der Verfasser des gemeinten Buches heifst Kichard, nicht B. Acker-
mann, und der Titel ist unvollständig und erweckt infolgedessen falsche
Vorstellungen; er lautet: Lord Byron. Sein Leben, seine Werke, sein
Einflufs auf die deutsche Literatur. — Bei Schwab (S. 67) vermifst man
die 'Deutschen Volksbücher'. — Bei Nr. 1255 hätte wohl auch Fausts
hübsche Skizze über Sealsfield (Postl) in den Americana Germanica I i,
S. 1 ff. erwähnt werden können. — Zu W. Hauff (S. 87) vgl. noch East-
man, Wilhelm Hauffs 'Lichtenstein', in Americ. German. III, 386 ff. —
Nr. 1471: Hüffers Werk über A. von Droste-Hülshofi erschien 1890 in
zweiter Auflage. — Über Lenau (S. 104) vgl. noch Mulfinger, 'Lenau in
Amerika,' in Americ. German. I 2, S. 7 ff. und I 3, S. 1 ff. und Roustan,
'Lenau et son temps,' Paris 1898; dazu Klenze im Journal of Germanic
Philology III, 218 ff. — Bei Fr. Th. Vischer (S. 107) fehlen die vorzüg-
lichen Shakespeare -Vorträge. — Nr. 1925 ist überflüssig, da dieser Auf-
satz Houbens in dessen unentbehrlichem Buche über Gutzkow (Nr. 1925 a)
wörtlich abgedruckt ist. — Zur Biographie Freiligraths (S. 138) vgl. man
die Beiträge von Learned und Klara Seidensticker in den Americ. Ger-
man. I 1, S. 54 u. 74 ff. — Nr. 2616: Haeussers Deutsche Geschichte
reicht natürlich nur bis zur Gründung des deutschen (nicht des nord-
deutschen) Bundes, und sie erschien Berlin 1854 — 1857 (nicht 1859); auch
die Geschichte der Reformation und der Revolution brauchten nicht zu
fehlen. — Die Nummern 3119 — 3121 finden sich doppelt vor. — Nr. 4214:
Willes Aufsatz über K. Hauptmann steht im Liter. Echo III (1901) ; die
dastehende 9 ist wohl Druckfehler.
Breslau. Hermann Jantzen.
Dramatische Handwerkslehre von Avoniauus. Zweite, umge-
arbeitete und vermehrte Auflage. Berlin, Hermann Walther
Verlagsbuchhandlung G. m. b. H., 1902. X, 292 S. M. 5.
Das Buch setzt sich einen praktischen Zweck, es will dramatischen
'Novizen' das dramatische 'Handwerk' beibringen. Der Verfasser scheidet
mithin die unlernbare 'Kunst' aus seinem Thema von vornherein aus. Das
ist ein glücklicher Gedanke. Wenn es nun wirklich ein dramatisches
Handwerk gäbe, wäre auch das Buch ein glücklicher Wurf. Die Voraus-
setzung für ein solches 'Handwerk' kann nur sein, dafs für das Drama
unveränderliche Schablonen existieren — gültig für alle Zeiten und höch-
stens verschieden nach den Hauptarten des Dramas, dafs also die Form
souverän neben dem Inhalt besteht. Eine solche Annahme ist aber ebenso
154 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
unrichtig wie unkünstlerisch. Im Meisterwerk ist die Form stets nur un-
willkürlicher Ausflufs des Inhalts. Sie ist speziell, nicht generell. Aller-
dings erringt sich solch eine spezielle Form durch die anerkannte Bedeu-
tung ihres Meisterwerks gar oft eine kanonische Gültigkeit. Die ist aber
zeitlich beschränkt, gilt nur so lange, als das Werk selber gilt, und ver-
pflichtet als Vorbild eben nur die minderwertigen Nachahmer. Kommt
dann ein Autor von etwas künstlerischer Eigenart, so wird er mit der
alten Form einen Kompromifs schliefsen (ob in mehr oder minder be-
wufster Art, bleibt gleichgültig), und es entsteht eine Mischform. Erscheint
endlich ein wahrhafter Dichter, also eine starke künstlerische Individualität,
so wirft er die alte Form einfach über den Haufen und schafft sich zum
neuen Inhalt seine neue Form. So leben denn Formen allerdings auch
selbständig weiter, aber nicht auf den Höhen des Parnafs. Rein erhalten
sie sich immer nur bei den Nachahmern. Die haben aber überhaupt keine
künstlerische Lebensberechtigung, denn die echte Kunst lebt nur in der
Eigenart des Künstlers. Noch weniger haben sie Anspruch auf künst-
lerische Nachzucht, in deren Dienst sich dieses Buch stellen will.
Der Verfasser ist freilich anderer Meinung. Er glaubt an die allein-
kunst-machende Schablone. Notwendigermafsen hat er auch seinen Kunst-
heiligen. Das ist — wie schon sein Pseudonym verrät — Shakespeare.
Den beobachtet er mit Ehrfurcht — und das ist recht, aber er kanonisiert
sofort seine Beobachtungen für andere — und das ist vom Übel wie
immer, wenn sich auf dem Gebiete der Kunst Erkennen zu Belehren um-
setzt, wenn Individuelles generalisiert wird, wenn sich der Erklärer zum
Schulmeister aufwirft. Es ist ja wahr, der Verfasser hat nicht einen verne-
werten Nürnberger Trichter für Dramatiker, die es werden wollen, verfafst.
Er spricht meist nur von dem Grundrifs und läfst für das Detail der
Eigenart noch Spielraum, er hat Geist und Geschmack, er erfreut durch
gesundes Urteil, soweit es ihm nicht verbogen wird durch sein schiefes
Prinzip. Gegen dieses aber kann nicht scharf genug Stellung genommen
werden im Interesse der Kunst, die es verdirbt.
Überschaut man die Einzelheiten des Buches, so springt dessen System-
losigkeit in die Augen. Der Titel deckt bei weitem nicht den Inhalt.
Alles mögliche wird da hineingeschmuggelt. So ein Kapitel über Stoff-
wahl. Die Ratschläge sind klug auf unser modernstes Publikum zuge-
schnitten. Es riecht nach Opportunität. Der Kernpunkt des Problems
kann freilich nicht getroffen werden. Dai's der Künstler als Mensch Zeit-
genosse ist, seine Zeit verstehen mufs, um ihr mit seiner Kunst etwas
sagen zu können — das ist ein Truismus jenseits jeder Handwerkslehre,
schon weil sich solche Zeitgenossenschaft nicht lehren und lernen läfst.
Ob dann ein 'Novize' durch das Kapitel über den Humor humorvoller
wird, möchte ich bezweifeln, so zweifellos humoristisch mir auch der Ver-
fasser bei dieser Lektüre erschienen ist. Dafs zum Schlufs auch über den
Verschleils der Ware, über Theaterdirektoren und Dramaturgen geschäfts-
mäfsig gesprochen wird, scheint mir zum Buchtitel besser zu passen.
Wenn mir nun das Buch auch nicht gefällt, weil es auf einem fal-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 155
sehen Prinzip aufgebaut und systemlos ausgebaut ist, so begreife ich <l< ich
seinen Erfolg. Es liegt die zweite Auflage vor. Ob das die 'Novizen'
fertig gebracht haben? Hoffentlich nicht. Wohl eher die Laien, die in
die dramatische Werkstatt gar gern einen neugierigen Blick haben werfen
wollen. Und auch sie werden von den Theorien vielleicht weniger befrie-
digt worden sein als von den literarischen Illustrationsproben. Soweit
diese rein technische Beobachtungen enthalten, sind sie ausgezeichnet.
Analysen von inhaltlich so klaren Stücken wie das 'Glas Wasser' oder
die 'Journalisten' geraten musterhaft. Bei inhaltlich schwierigeren Dramen
versagt der Verfasser. Für Hamlet geht es nicht ohne Verrenkungen ab,
Ibsen wird überhaupt vergewaltigt. Die Schablone wird zum Procrustes-
bett. — Im ganzen wirkt das Buch vielfach anregend, mehrfach über-
zeugend, ist aber eine gefährliche Lektüre, weil es die Scheinwahrheit
seines falschen Prinzips so philiströs selbstverständlich hinstellt. Es kon-
struiert eine und eine ideale, dramatische Werkstatt, wo es doch tatsäch-
lich so viel Werkstätten gibt als wahrhaftige Dramatiker.
Innsbruck. R. Fischer.
J. J. Findlay, Principles of Class Teaching. London, Macraillan
& Co., New-York, the Macmillan Company, 1902. XXXII,
442 S. 8.
Ein englisches Lehrbuch der Unterrichtskunst hätte an sich auf eine
Besprechung in dieser Zeitschrift so wenig Anspruch wie sonst irgend ein
technisches oder wissenschaftliches Werk in der fremden Sprache. Aber
wenn es in interessanter Weise Zeugnis gibt von einer Bewegung im eng-
lischen Geistes- und Kulturleben, so darf es einen solchen Anspruch wohl
erheben. An der selbständigen Bedeutung des vorliegenden Buches könnte
man freilich von vornherein deshalb zweifeln, weil es nur einen Band von
einem umfassenderen buchhändlerischen Unternehmen, nämlich Macmillan's
Manuals for Teachers, bildet. Aber die Leistung Findlays ist doch durch-
aus nicht gering zu schätzen : nicht blofs dals er wirklich, unabhängig
von nationaler oder internationaler Überlieferung, feste Prinzipien sucht
und einen organischen Aufbau liefert, sondern er zeigt auch bestimmte
Fühlung mit dem Wichtigsten, was auf didaktischem Gebiete in der Welt
gedacht und versucht worden ist. Sein Buch ist eines der Zeichen, wie
ernstlich man zurzeit in England zu einer neuen, tüchtigen Grundlegung
und Ausgestaltung des Erziehungs- und Unterrichts wosens hinstrebt. An-
lehnung namentlich an Deutschland und an Amerika wird dabei nicht
verschmäht, nicht versäumt: von Deutschland her sind es zumeist die
pädagogischen Grundlehren Herbarts zugleich mit den Ideen Fröbels, von
Amerika her die organisatorischen Versuche der Gegenwart (z. B. von
Professor Dewey in Chicago), die sich wirksam zeigen. Eine vermittelnde
Verarbeitung dieser weit auseinanderliegenden Anregungen ist das Cha-
rakteristische des Buches. Von Herbart (auf dessen Psychologie als
Untergrund seiner Pädagogik übrigens doch nicht genug hingeblickt wird)
ist die bestimmte Scheidung der drei Hauptlinien der Erziehungstätigkeit
156 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
beibehalten unter den Bezeichnungen Government, Teaehiny, Guidance,
namentlich aber auch die stets erneute Polemik gegen die psychologische
Theorie der Seelenvermögen; bei den Herbartianern findet Findlay die
Kulturstufentheorie besonders glücklich (the delightful theory of culture
epochs, S. 30), ebenso wird die Forderung der Konzentration (genauer
correlation und concentration) gewürdigt, doch nicht ohne dafs allerlei den
Spott herausfordernde Auswüchse zurückgewiesen würden. Die Wirkung
Fröbels, die sich ja überhaupt gegenwärtig im Ausland aufserordentlich
viel stärker fühlbar macht als bei uns, wie denn auch weithin 'the Kinder-
garten' als selbstverständliches Glied in der Gesamtorganisation der Er-
ziehung betrachtet wird, diese Wirkung Fröbels zugleich mit den amerika-
nischen Anregungen tritt hier in der geforderten breiten Rolle praktisch
übender Betätigung hervor und in den Erwartungen, die sich für eine
kräftige Entwickelung von Intelligenz und Willen oder auch Gemütsbil-
dung daran knüpfen. Zugleich aber hat unser Verfasser gegenüber ein-
gewurzelten national -englischen Anschauungen und Gepflogenheiten Stel-
lung zu nehmen: hier handelt es sich um allerlei Verkehrtheiten in der
Organisation der Schule, Durchkreuzung der Bildungszwecke durch grob
utilitarische Rücksichten,1 willkürliches Beginnen und Abbrechen des Schul-
besuchs, Drängen auf verfrühte Spezialisierung der Schulstudien, Auf-
nahme zahlreicher, äufserlich nebeneinander stehender Fächer mit mini-
maler Stundenzahl, auch Gleichgültigkeit gegen die geschichtliche Ent-
wickelung aufserenglischer Völker. Dagegen wird an den Vorzügen eng-
lischen Schullebens selbstverständlich festgehalten und z. B. dem deutschen
Gerätturnen nebst frühzeitigen halbmilitärischen Freiübungen wenig Sym-
pathie gewidmet im Vergleich zu den einheimischen ganzes and contests.
Für diese recreations and physical exerciees wird übrigens eine sorgfältige
Unterscheidung der Stufen und ihrer Bedürfnisse gegeben, wie denn über-
haupt ein genau ausgeführter Plan der wünschenswerten Organisation des
gesamten Schulwesens dargeboten wird. Hierbei wird allerdings zu idealen
Verhältnissen hingestrebt, einer Schülerzahl nicht über dreifsig bei einem
reichlichen Lehrkörper (teaching staff), grofsem Lehrgeschick in der Ver-
bindung und Verwebung der herkömmlich isolierten Unterrichtsinhalte
namentlich für die frühere Zeit (je ein central theme auf mehrere Wochen);
es wird eine Sichtung der Elementarschüler gefordert, allgemeine Einrich-
tung von higher elementary schools für die Tüchtigeren. Ferner wird
nicht blofs gegenüber dem rezeptiven oder abstrakten Lernen für praktisch
übende Betätigung überhaupt (every school should hare its Workshop etc.),
sondern auch für eine solche von elementar künstlerischem Charakter
(Arbeit in colour, clay, chalk) ein erheblicher Raum verlangt.
1 Im englischen Parlament soll unlängst bei einer Kommissionsberatung auf
Grund unangenehmer Erfahrungen im Alltagsleben die Frage erhoben worden sein:
vhether it would not be possible to devote an hour or two a week to the teach-
ing of children in elementary schools how to trim, light, and extinguish
lamps! Und sie wurde wirklich dahin beantwortet: that such an innovation
would be of great advantage to the Community.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 157
Der Sinn für dies persönliche Können, die Begünstigung der Aktivität,
die Engländern und Amerikanern immer eigen geblieben ist, verbindet sich
hier mit den Gesichtspunkten neuerer Psychologie, und die Rücksicht auf
die praktischen Lebensbedürfnisse behauptet sich trotz der schon ange-
deuteten Polemik doch auch hier. So werden die Lehrpläne ausdrücklich
unter dem doppelten Gesichtspunkt der Ausstattung für das Leben (demands
of equipment) und der Rücksicht auf die Natur der entwickelungsbedürf-
tigen jungen Seele (considerations of child nature) aufgestellt. Im Vorder-
grund bleibt für alle Stufen ein Stoffgebiet, das als Rumanities bezeichnet
wird und Poesie, Geschichte usw. umfafst, ihnen schliefsen sich dann an
natural sciences, abstract sciences, arts of symbolic or conventional expression
(besonders die Sprache), arts of representation or natural expression und
unter den physical recreations auch imitative arts of construction.
Für uns Deutsche mag im besonderen auch interessant sein die For-
derung einer Gabelung der Studien in den secondary schools für die letzten
zwei Jahre, so dafs der einzelne Schüler nach Anlage, Ii teresse, Bedürf-
nissen wählen kann (Begriff der elective studies); die gleiche Forderung ist
bekanntlich in den letzten Jahren auch bei uns mehrfach erhoben worden.
Dabei sei gegenüber den Klagen über die mehr und mehr zu Tage tretende
spezialisierende Tendenz auf den hübschen Begriff des lspeeialism concen-
trative' im Gegensatz zum 'specialism exclusive' aufmerksam gemacht, eine
Unterscheidung, die vom Headmaster George Smith in Edinburgh her-
rührt. Ferner der Versuch, nach Art der von einem Teil unserer Her-
bartianer als Hauptnahrung für eine bestimmte Stufe gepflegten Robinson-
Lektüre auch andere Stoffe von ähnlicher Ergiebigkeit einzuführen, wo
denn z. B. Hiawatha als vorzüglich geeignet für amerikanische Kinder be-
zeichnet, dagegen eine Bearbeitung des Beowulf ('for young children') doch
noch mit Bedenken aufgenommen wird. Weiterhin mufs es gerade den
deutschen Neuphilologen interessieren, dafs die zuerst betriebene Sprache
an Schulen Französisch sein soll, nicht Latein, dafs Französisch übrigens
auch der höheren Abteilung der Elementarschule nicht fehlen soll (wie
denn das Ausland in diesem Punkt schon vielfach kühner vorgegangen
ist als wir), dafs für eine solche neu zu lernende fremde Sprache lange
Zeit täglich eine Lektion gefordert wird (allerdings vielleicht von kurzer
Dauer), dai's baldigst eine in der fremden Sprache geschriebene Grammatik
benutzt und dann der gesamte Unterricht in der Fremdsprache gegeben
werden soll. Überraschend hoch schlägt der Verfasser die Bedeutung der
gegenwärtigen Reformbewegung im neusprachlichen Unterricht an: Quite
deliberately the present writer ventures to assert that the 'reform' in Modem
Language Teaching now in progress is one of the most noteivorthy events in
the sphere of Teaching since the Renaissance, surpassing in importance eren
the results of introducing Science to the school. Noch zwei andere Stellen
des Buches möchte ich mir nicht versagen anzuführen, die eine über die
Bedeutung eines erfreulichen Schullebens für die Übergangsjahre: As the
boy and girl approach puberty, they unconsciously turn away more and
more from the homely affections of childhood, and unless they are attracted
158 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
by a happy and vigorous social environment among cotnrades at school, they
tend to grow inwards, cultivating an exclusive, personal temperament, ivhich
tends to be suspicious, if not hostile, to all the ivorld outside — to parents as
well as to teaehers and comrades. The one eure for this malady — and it
is a very real danger — is an environment of a happy school society, acti-
vely employed both in work and plag. Und zum Schlufs das S. 204 vom
Verfasser selbst citierte Wort aus einem amtlichen Bericht über den Beruf
des Lehrers: In few callings in life is it more necessarg for each tvorker
to maintain within himself an open ege fixed on lofty aims, white content
to tread the even path of daily routine step by step with his fellows.
Nochmals sei gesagt, dafs das schätzenswerte Buch nicht nur eine
Bereicherung der pädagogischen Literatur ist, sondern uns den englischen
Geist in energischem Suchen nach neuer Gestaltung der Unterlagen des
nationalen Kulturlebens zeigt. Man hat sich unserer deutschen pädago-
gischen Ideen mit Ernst bemächtigt: würdigen wir nun auch unsererseits
die interessanten englisch-amerikanischen Bemühungen.
Berlin. Wilhelm Münch.
K. Tumlicz. Die Lehre von den Tropen und Figuren nebst einer
kurzgefafsten deutschen Metrik. Zum Gebrauche für den
Unterricht an höheren Lehranstalten. Vierte durchgesehene
Auflage. Leipzig, Frey tag, 1902. Geb. M. 2.
Welche Bedeutung eine von der übrigen Stilistik losgelöste Lehre von
den Tropen und Figuren für die Schulen haben soll, ist nicht recht er-
sichtlich. So steht denn hier auch in der alten Schulmauier noch die alte
Terminologie, mit deutschen Beispielen belegt, und nur in ganz übersicht-
licher Weise neu geordnet. Von Moriz Haupts berühmter Lehre, die Ter-
mine in Psychologie aufzulösen (Beiger, M. Haupt als akademischer Lehrer,
S. 150 f.), ist nichts haften geblieben. Ob etwa bei der 'Periossologie'
(S. 37) wirklich nur Synonyma gehäuft werden ? ob das Epitheton ornans
(S. 41) wirklich 'ein in der Vorstellung des Gegenstandes am meisten her-
vorragendes Merkmal' betont (was obendrein unlogisch ausgedrückt ist)?
So bleibt auch die Auffassung des 'kombinierten Vergleiches' (S. 3) ganz
äufserlich: nicht fünf Vergleichungspunkte liegen in dem Beispiel vor,
sondern einer: die Hartnäckigkeit, die natürlich nur in mehreren Mo-
menten gezeigt werden kann.
Aufserlich ist auch die Metrik; z. B. ist die Darstellung der 'unter-
brochenen Strophen' (S. 110) ganz von dem äufseren Bilde abhängig. Mau
freut sich, dafs wenigstens (S. 59) vor ganz äufserlicher Verwendung der
Zierate gewarnt wird. — Eigentlich Unrichtiges enthält das Buch dagegen
kaum (nur dafs etwa Petrarca schwerlich S. 108 der 'Vater des Sonetts'
heifsen dürfte). So lange Stilistik und Metrik für unsere Lehrer und
Schüler eine Art Uniformkunde bleiben, statt ein Stück Morphologie zu
sein, tut es dies übersichtliche Buch so gut wie ein anderes.
Berlin. Richard M. Meyer.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 159
Moritz Trautrnann, Kleine Lautlehre des Deutschen, Französischen
und Englischen. Erste Hälfte. Bonn, Karl Georgi, 1901.
80 S. M. 2.
Mit diesem Heft liegt zur Hälfte eine Neubearbeitung vor von des-
selben Verfassers Werk 'Die Sprachlaute im allgemeinen und die Laute
des Englischen, Französischen und Deutschen im besonderen', dessen Be-
deutung und Wert in dieser Zeitschrift Band LXXIII, 1885, 426 — 13U und
LXXVII, 1887, 442 — 441 gebührend hervorgehoben worden ist. Mit Recht
hat man besonders auf die Fülle der neuen, selbständigen Beobachtungen
hingewiesen. Hier mag genügen, dafs nur die Unterschiede der beiden
Ausgaben kurz aufgezeigt werden. Die bisher erschienenen 80 Seiten um-
fassen hauptsächlich wieder den ersten Teil, 'die Sprachlaute im allge-
meinen,' der dem entsprechenden Abschnitt der ersten Ausgabe gegenüber
durch Fortlassung der historischen und kritischen Befrachtungen des
Verfassers über andere Lautsysteme stark gekürzt ist. Der eigentliche
Text ist ziemlich unverändert geblieben, die geringen Umgestaltungen
scheinen nur aus praktischen Rücksichten entsprungen zu sein. So ist
wohl die vierte Reihe des Vokalsystems, die durch Verbindung der Zungen-
artikulation von u, p, r> mit der Lippenstellung von i, e, $ hervorgebrachten
Vokale umfassend, nur deshalb weggeblieben, weil derartige Vokale in den
näher liegenden Sprachen nicht vorkommen; wenigstens ist ein ähnliches
Verfahren den Konsonanten gegenüber so motiviert worden (§ 115). Ab-
schnitt 7 : 'Einiges über die Sprachlaute im Wort und im Satze,' ist durch
eine Übersicht über Länge und Kürze der Silben (§ 211) erweitert worden,
in der mir allerdings fraglich erscheint, ob, selbst unter den sonstigen für
diese Zusammenstellung geltenden Voraussetzungen, Silben wie strci, pfrü
ohne weiteres zu den kurzen gezählt werden dürfen oder nicht eher den
halblangen zuzurechnen sind.
Von dem zweiten Teil, der 'die Laute des Englischen, Französischen
und Deutschen im besonderen', diesmal aber in anderer Reihenfolge be-
handelt, liegt aufser der etwas erweiterten Einleitung über die beste Aus-
sprache der drei Idiome der Anfang der deutschen Vokale vor. Zu be-
merken ist dabei, dafs bei der Behandlung der Sprachen nicht wie in der
früheren Ausgabe von den Schriftzeichen, sondern von deren Lautwert
ausgegangen wird. Aufser dem Vorzug gröfserer Kürze dürfte dies Ver-
fahren für den Lernenden den Vorteil haben, dafs er so noch leichter vor
dem Fehler, die Aussprache seiner Laute den Buchstaben fremder Sprachen
zu substituieren, bewahrt bleibt. Überhaupt empfiehlt sich das ganze
Buch in der neuen Gestalt gerade dem Anfänger durch seine klare und
präzise Fassung.1
An Einzelheiten möchte ich noch bemerken: Die S. 11 auf Abbil-
1 Nicht ganz einwandfrei scheint mir die Beschreibung der Konsonanten (§ 107)
als des Haltens eines im giel gebildeten Hohlraumes, der durch eine Enge oder
vermittelst der Lösung eines Verschlusses angeblasen bezw. erschüttert wird, in-
sofern ja bei den Labialen ein solcher Hohlraum ganz fehlt.
160 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
düng 6A dargestellte weiteste Öffnung der Stimmritze gilt nach Angaben
der Physiologen von Fach nicht für das gewöhnliche Atmen, sondern nur
für die tiefste Einatmung bezw. Hauchen, Husten; zu Abbildung 6C
hätte gesagt werden können, bei welcher Funktion die betr. 'eigentümliche
Gestalt' der Stimmritze entsteht. S. 29 (am Schlufs von § 99) ist statt
gis2 vielmehr ges2 oder fis2 zu lesen. S. 37 Z. 5 ist statt des stimmlosen
Zeichens versehentlich das stimmhafte gesetzt. Nicht klar ist, was mit
den s, p des Vordergaumengebietes (§ 176) gemeint ist.
Halle a. S. Walther Suchier.
Bedeutungsentwickelung unseres Wortschatzes. Auf Grund von
Hermann Pauls 'Deutschem Wörterbuch' in den Haupt-
erscheinungen dargestellt von Oberschulrat Dr. Albert Waag,
Privatdozent für deutsche Sprache und Literatur an der
technischen Hochschule Karlsruhe. Lahr i. B., 1901. XVI,
200 S. 8°.
Das Wörterbuch Pauls liegt hier 'verzettelt' und nach den Kategorien
von Pauls Principien, mit gelegentlicher Herbeiziehung andrer Literatur,
geordnet und dargestellt vor. Die Mängel seiner Vorgänger sind auch
W.s Mängel, hinausgekommen ist er kaum jemals über dieselben. 'Paral-
lelen aus den Fremdsprachen wurden im allgemeinen ausgeschlossen; denn
etwas Halbes wollte ich hierin nicht geben' (S. VIII). Darin hegt nun
wohl ein Hauptmangel, dafs nicht beachtet wird, wie sehr die Bedeutungs-
geschichte der einzelnen Worte der deutschen Sprache immer von ihren
Nachbarsprachen und der Gelehrtensprache des Latein mitbestimmt und
in neue Bahnen gelenkt wird. Wenn W. mit dem aus dem Englischen
übersetzten Sprichwort 'Wo ein Wille ist, da ist ein Weg' (S. 135) die
Bedeiitungsänderung von 'Weg' belegt, so zeigt er, dafs ihm die Wichtig-
keit dieser Beziehungen noch gar nicht aufgegangen ist. Ich kann nicht
'besitzen' und 'Besitz' aus dem Begriff 'auf etwas sitzen' ableiten, ohne
den bedeutenden Einflufs der römischen Rechtssprache schon lange vor
der Rezeption des römischen Rechts in Erwägung zu ziehen und zu über-
legen, ob nicht etwa ein Deutscher in der Verlegenheit, das lat. possidere
und possessio recht zu übersetzen, zu diesem Aushilfsmittel gegriffen habe;
denn sein deutsches gewere passte nicht recht, es hatte zunächst mlat.
investitura entsprochen, hatte dann aber einen weiten Begriff umfafst, dem
man weder mit possessio, noch dominium, noch retentio beikommen konnte.
Es würde hier zu weit führen, wenn ich im einzelnen auf diesen
Mangel eingehen wollte. Ich denke anderwärts auf diese Frage zurück-
zukommen und werde mich dann nicht scheuen, sie herzhaft anzuschnei-
den, statt aus Scheu, etwas Halbes zu geben, an derselben vorüber-
zugehen. '
Im einzelnen wäre noch folgendes zu bemerken : S. 14 die Verkürzung
des ersten Vokals von 'Hochzeit' stammt wohl aus Dialekten, die (wie der
1 S. jetzt Zs. f. deutsehe Wortforsch. III, 220 ff.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 161
hiesige) den ersten Vokal aller Composita verkürzen. S. 30 mül ist noch
schweizerisch allgemein für 'Mund' und ebenso in Bern auf dem Land
süfen für 'trinken'. S. 32 'Haupt' ist noch im Berner Oberland geläufig.
S. 33 das Adjektiv 'licht' empfinde ich durchaus nicht als gewählten Aus-
druck, sondern gebrauche es ungescheut in meiner täglichen Umgangs-
sprache. S. 34 das Substantiv 'Heim' ist wohl dem englischen home
nachgebildet. S. 41 'stiften' wurde nicht frühzeitig verallgemeinert, son-
dern die Grundbedeutung ist wohl die allgemeine; vielmehr hat das Sub-
stantiv 'Stift' eine Bedeutungsverengerung erfahren. S. 42 nach Heyne,
Das deutsche Wohnungswesen S. 45 ist die Grundbedeutung von 'Stube'
nicht 'heizbares Gemach', sondern 'Vorrichtung zur Erzeugung heifsen
Wasserdampfes'. S. 64 'Schale' an Früchten etymologisch verschieden
von 'Trink- Wagschale'. S. 76 'haben' zeigt auch heute kein Rechtsver-
hältnis an, sondern ein rein tatsächliches Verhältnis zu einem Gegenstande,
ebenso wie das urverwandte lateinische habere; die Bedeutung 'halten'
und 'innehaben' hatte das Wort wohl schon in der Ursprache entwickelt,
weiter können wir nicht hinauf; die Bedeutung 'halten' für die ursprüng-
liche zu erklären, ist ganz willkürlich; in deutschen Dialekten, die 'haben'
und 'heben' (das zu capere gehört) vermischt haben, tritt sie freilich stark
hervor. S. 93 'nachten' im Sinn von 'gestern abend' begegnet noch in
Dialekten. S. 121 als Grundbedeutung von 'schmeifsen' wird nicht 'Kot
absondern', sondern nach dem Zeugnis der andern germanischen Sprachen
und des verwandten 'schmitzen' wohl 'schlagen, werfen' anzusetzen sein.
S. 149 bei 'schicken' ist zu beachten, dafs es bereits mit zwei Grund-
bedeutungen 'springen machen' und 'sich ereignen machen' auf die Welt
gekommen ist, indem das Grundwort schelten, dessen Faktitiv es ist, die
Bedeutungen 'springen' und 'sich ereignen' hatte, zu deren Erklärung
man an modern vulgäres 'laufen' (die Sache läuft) anknüpfen mag. — In
'schmücken' sind wohl zwei etymologisch verschiedene Worte zusammen-
gefallen, deren eines zu 'schmiegen', das andere zu 'schmuck', lit. smaugus,
zierlich (Zupitza, die gerraan. Gutturale S. 166) gehört.
Mit diesen Aussetzungen wünsche ich den Wert des Buches durchaus
nicht herunterzusetzen. Es bietet dem Fachmann nicht viel Neues, aber
manches in bequemer Zusammenstellung, und wird jedenfalls dazu bei-
tragen, das Interesse an den einschlägigen Problemen in weiten Kreisen
zu erregen und zu vermehren.
Bern. S. Singer.
Untersuchungen über Ramlers und Lessings Bearbeitung von
Sinngedichten Logaus. Ein Beitrag zur Geschichte der deut-
schen Sprache. Von Walter Heuschkel, Dr. phil. Leipzig,
Gustav Fock, 1902. M. 1,20.
Heuschkel bespricht in seinem Büchlein das Verhältnis der Original-
ausgabe von Logaus Sinngedichten zu der Bearbeitung durch Lessing und
Ramler oder vielmehr durch Ramler allein. Doch gibt er uns nur eine
Archiv f. n. Sprachen. CX. 11
162 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
fleifsige und übersichtliche Zusammenstellung; der Reihe nach führt er
uns die 'Besserungen' in Lautlehre, Flexion, Wortschatz, Metrik und Stil
vor, die Ramler dem Text Logaus angedeihen liefs. Hoffentlich erfüllt
der Verfasser nun auch das Versprechen, das er am Ende seiner Schrift
gibt, die er etwas anspruchsvoll 'Untersuchungen' nennt; d. h. hoffent-
lich teilt er uns auch möglichst bald die Ergebnisse seiner Zusammen-
stellungen mit und bringt diese Ergebnisse dann in einen gröfseren Zusam-
menhang. Dazu würde gehören, dafs er den Sprachgebrauch Logaus syste-
matisch mit dem Sprachgebrauch des 17. Jahrhunderts vergliche, dafs er
dem Mundartlichen in den Sinngedichten energischer nachforschte, dafs
er uns auch andere Bearbeitungen Ramlers ausführlicher schilderte, damit
sich über diese, deren Inkonsequenzen im einzelnen auch hätten schärfer
hervorgehoben werden sollen, ein zutreffendes Urteil gewinnen läfst. Es wäre
interessant, wenn der Verfasser bei der Gelegenheit uns gleich eingehender
erzählte, wie man überhaupt zu Ramlers und Lessings Zeit über Bearbei-
tungen älterer Dichter dachte. — Dann erst würde Heuschkels Arbeit zu
einem 'Beitrag zur Geschichte der deutschen Sprache', wie sie jetzt schon
etwas voreilig getauft ist. Heuschkel beurteilt Randers Bearbeitung merk-
würdig milde; dem 18. Jahrhundert mag sie auch als zahm und pietätvoll
gegolten haben, doch hinterlassen gerade Heuschkels Zusammenstellungen
den Eindruck, als habe Ramler den Sinngedichten, um sie verständlich
und glatt zu machen, sehr viel Bezeichnendes und Reizvolles genommen,
nicht nur eine Reihe liebenswürdiger, aber immerhin entbehrlicher Alter-
tümlichkeiten, sondern auch das höchst eindrucksvolle, wenn auch hier
und da unbeholfene Gefüge der Worte, nicht minder die sehr charakte-
ristische Verskunst.
München. Friedrich von der Leyen.
O. E. Schmidt, Kursächsische Streif züge. Leipzig, Grunow, 1902.
351 S. M. 3,50, geb. M. 4,50.
In gehöriger Proportion, wie man etwa von einer 'Sächsischen Schweiz'
spricht (für die übrigens der Verfasser die traditionelle Begeisterung nicht
aufbringt, S. 2), dürfte man den Autor dieses hübschen Werkchens einen
'kursächsischen Gregorovius' nennen. So wundervolle Wanderbilder ent-
springen freilich seiner Feder nicht, wie sie der poetische Geschichtschreiber
Roms dem hesperischen Boden abgewinnen durfte; aber in der Kunst,
Landschaft und historisches Erlebnis in Einklang zu bringen, darf Schmidt
sich wohl seinen Schüler heifsen. Die friedliche Idylle des schlachtbe-
rühmten Mühlberg (S. 15 f.) oder die höfischen Genrebilder von Beigern
(S. 169) wechseln mit Geschichtsbetrachtungen ab, in denen eine warm-
herzige Freude an der engeren Heimat sich mit einer aufrichtigen Be-
wunderung der reichsgründenden Hohenzollern trefflich verträgt. Dieselbe
Unparteilichkeit bekämpft auch (S. 201) den Jesuitismus, ohne ihm (S. 313)
alle Schuld am Erlöschen der 'evangelisch-libertistisch-nationalen Bewegung'
zuzuschreiben. — Literarhistoriker wird der Exkurs über das Schildbürger-
buch interessieren. Schmidt nimmt Jeeps Autorschaf tsbestiminung an,
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 103
leiht aber dem Hofrichter V. Schönberg andere Motive: er sieht in der
Spottschrift auf Schiida einen Ausdruck derselben adeligen Contrerevo-
lution, der als beklagenswertestes Opfer der Kanzler Krell zum Gegenstand
fanatischen Hasses wurde.
Das Buch ist mit einigen literarischen Nachweisen besser als mit ein
paar bläfslichen Bildern geschmückt.
Berlin. Richard M. Meyer.
Heinrich von Kleists Reise nach Würzburg. Von Max Morris.
Berlin, Skopnik, 1899.
Betreffs der Untersuchungen von Morris über Kleists Reise nach
Würzburg möchte ich auf die gehaltreiche Rezension von Spiridion Wuka-
dinovic im Euphorion VIII, 771 f. verweisen. Dafs Kleist sich auf dieser
Reise, über deren Zweck er in den Briefen an seine Braut und Schwester
so viele geheimnisvolle Andeutungen macht, von den Folgen geschlecht-
licher Verirrungen befreien wollte, scheint mir durch Morris gesichert, und
es ist mir auch wahrscheinlich, dafs die Natur dieses Leidens Furcht vor
Impotenz war. Die Untersuchung von Morris ist durchaus vornehm und
taktvoll, sie bestätigt und vertieft unsere Einsicht in Kleists Wesen ; wie
der Dichter sich und die Seinen mit seinen Fehlern quält, wie unablässig
und mit welchem dauernden Ernst er sich von ihnen losringt, und welch
ein tiefes Glück er empfindet, als er sich befreit fühlt und Verzeihung
erhalten hat, das ist alles der echte Kleist. — Im übrigen leidet die Schrift
an manchen Irrtümern, Flüchtigkeiten und voreiligen Schlüssen, die be-
sonders den Wert der zweiten und dritten Mitteilung beeinträchtigen (Das
Kätchen von Heilbronn und Gotthilf Heinrich Schubert. — Mord aus
Liebe), worüber man das Nähere am besten bei Wukadinovic nachliest.
München. Friedrich von der Leyen.
Dr. Sigismund Friedniann, Ludwig Anzengruber. Leipzig, Her-
mann Seemann Nachfolger, 1902. 199 S. M. 5.
Der Verfasser erklärt es als seine Absicht, 'sehr wenig Biographie
und eine ausführliche kritische Besprechung sämtlicher Werke' zu geben.
Er geht hierbei mit ruhiger, verständiger Überlegung vor und wahrt sich
auch im ganzen ein durchaus selbständiges Urteil, indem er etwa den
'Ledigen Hof höher, den 'Doppelselbstmord' niedriger stellt, als es im
allgemeinen zu geschehen pflegt. Die Besprechungen der einzelnen Dramen
gehen vorzugsweise auf die Charakterzeichnung und daneben mit befrem-
dender Vorliebe auf die Moral der Dramen aus, wie denn z. B. ein Ver-
gleich des 'Vierten Gebots' mit Sudermanns 'Ehre' (S. 111) in der Frage
gipfelt, ob die mehr objektive oder die mehr moralistische Wirkung vor-
zuziehen sei. Der Verfasser selbst steht entschieden auf der Seite der
moralistischen und spricht zuweilen (z. B. S. 127) in fast vorgoethischer
Weise über die Nützlichkeit bestimmter Schlüsse, was immerhin bei einem
so ausgesprochen pädagogischen Autor, wie dem gerade dieses Dramas,
sich allenfalls noch ertragen läfst. Verhältnismäfsig selten wird die Technik
11*
164 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
näher beleuchtet, so bei der 'Tochter des Wucherers'. Am besten scheinen uns
die Besprechungen von 'Hand und Herz' und dem 'Vierten Gebot' gelungen.
Eine ziemlich überflüssige Beigabe sind die allgemeinen Betrachtungen,
die Friedmann hineinzustecken hebt, z. B. über die Frauenfrage (S. 75),
die mit dem dichterischen Thema des 'Ledigen Hof und der 'Trutzigen'
doch eigentlich recht wenig zu tun hat. Ebensowenig sind die Vergleiche,
die er etwa gelegentlich der 'Elfriede' mit Ibsen oder ein anderes Mal
(S. 118) mit Moliere anstellt, förderlich. Wie es denn kühn genug ist,
Anzengruber und gar den Dichter des 'Misanthrop' als Vertreter einer
optimistischen Lebensauffassung zu bezeichnen ! Auch der Stil entbehrt
nicht ganz der Phrasen; geschmacklose Bilder wie von der 'englischen
Krankheit' und dem 'Sanatorium' verletzen noch mehr als die stehenden
Wendungen : 'Gute Schlüsse, wie das Publikum sie verlangt' oder 'Anzen-
gruber in seiner tiefen Gerechtigkeitsliebe'. Schlimm ist in einem Ver-
such geistreicher Bilder der Satz: 'Man kann sagen, dafs Anzengrubers
Kunst eine Ader desselben tiefen Quells war, der aus dem Kristallfelsen
im Innersten des Volksherzens hervorsprudelt.' Indessen werden wir
solche Schwächen gern gegenüber den sehr brauchbaren Analysen des
Verfassers übersehen.
Berlin. Richard M. Meyer.
Alt- und mitteleuglisches Übungsbuch zum Gebrauche bei Uni-
versitätsvorlesungen und Seniinarübuugen mit einem Wörter-
buche von Julius Zupitza. Sechste wesentlich vermehrte
Auflage, bearbeitet von J. Schipper. Wien und Leipzig,
Wilh. Braumüller, 1902. X, 337 S. 8. Geb. 8 Kr. = M. 6,80.
Die fünfte, von Schipper besorgte Auflage von Zupitzas bekanntem
Lesebuch erschien 1897; sehr schnell ist also eine neue Auflage erforder-
lich geworden. In der fünften Auflage waren die 38 Nummern der vierten
auf 04 vermehrt; aber auch in der sechsten sind Erweiterungen vorge-
nommen, indem vier neue Lesestücke Aufnahme gefunden haben, wogegen
eins (Johannes XXI) aus Gründen, die im Vorwort einleuchtend ausein-
andergesetzt werden, fortgelassen worden ist. Das Buch umfafst also in
der letzten Auflage 67 Lesestücke.
Von den neu aufgenommenen Stücken sind zwei altenglisch, nämlich
No. XIV: 'Die Eroberung Britanniens durch die Angelsachsen und die
Bekehrung der Kenter zum Christentum' (aus Schippers Ausgabe von
König Alfreds Übersetzung von Bedas Kirchengeschichte) und No. XVI:
'Aus König Alfreds Orosius: Beschreibung Europas. — Die Reiseberichte
von Ohbere imd Wulfstän.' ' Diese Stücke werden genau nach den Hand-
schriften und ohne die theoretische Accentuierung wiedergegeben.
Die mittelenglische Abteilung ist mit zwei neuen Stücken bereichert
1 Schipper schreibt merkwürdigerweise im Titel wie im Inhaltsverzeichnis
Ohpere statt Ohthere, wie der Name im Text überall heifst. Ist aber doch das
Wort gewifs Oht-here abzuteilen!
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 165
worden. Es sind dies die Erzählung von der 'Dame Siriz' und ein An-
zug aus Kölbings Ausgabe von Arthur und Merlin (V. 983— 1170, die über
das Wunderkind Merlin handeln).
Trotz dieser Zusätze ist der Preis des Buches erfreulicherweise nicht
nennenswert erhöht worden.
Die Kritik, die der fünften Auflage von Holthausen, Archiv C, S. 103 ff.,
zu teil geworden ist, hat der Herausgeber so gut wie durchgängig dem
Buche zu nutze gemacht. Wenn er hier und dort nach den Bemerkungen
Holthausens sich nicht gerichtet und dessen Besserungen keine Aufnahme
gewährt hat, mag er wohl im allgemeinen seine besonderen Gründe dafür
gehabt haben. Einigemal scheint aber die ausgebliebene Aufnahme der
Holthausen sehen Besserungen nur auf Versehen zu be uhen. Solche Fälle
verzeichnet Holthausen in seiner jüngst erschienenen Anzeige der sechsten
Auflage, Engl. Stud. XXXI, S. 266—268.
Ich gehe jetzt zu einigen Einzelbemerkungen über, die für eine even-
tuelle siebente Auflage in Betracht kommen würden; ich wiederhole dabei
einige von denjenigen Besserungen Holthausens, die mir besonders ein-
leuchtend oder notwendig erscheinen.
Im Literaturverzeichnis zu den Versen vom Kreuze von Ruthwell
(No. IV) vermisse ich einen Verweis auf Victors North. Runensteine; die
Besserungen Vietors zu 2 a (S. 7), wonach dorstcß und hismazrcedu zu lesen
ist, sind nicht beachtet worden, obgleich Holthausen in seiner Anzeige
der fünften Auflage auf diesen Umstand hingewiesen hatte.
Die unrichtige Längenbezeichnung in od, dp kommt öfter vor, z. B.
No. VII (Cynewulfs Juliana) V. 694, No. IX (aus der Genesis) V. 2874,
No. X (aus der Judith) V. 134. 140. 185, No. XX (Jakob und Esau) Z. 76
(S. 71). Dagegen findet sich das richtige od, op z. B. No. VIII (aus dem
Phönix) V. 263. 322. 346. 363, No. XXIII (aus der Sachsenchronik,
anno 1036) Z. 17, No. XXIV (aus der Sachsenchronik, anno 1065) V. 25.
— No. X (aus der Judith) V. 235 1. pe. — Im Stück XIII (Alfreds Vor-
rede zu Gregors Cura pastoralis) wird durchgängig ge 'und' und pt (Re-
lativpartikel) geschrieben, was mit Holthausen, Archiv C, S. 408, sicher
für unrichtig zu halten ist. — Im Stück XX (Jakob und Esau) fällt die
Längenbezeichnung in com (Z. 15) neben eom (Z. 27. 39. 54) auf. Im
Glossar wird eom geschrieben. Z. 25 1. pe. Z. 69 ist on in on eorpan
fatnysse and of heofenes deawe wahrscheinlich in of zu ändern ; vgl. Z. 45 :
sylle pe god of heofenes deawe and of eordan fätnisse. — Im Literaturver-
zeichnis zu No. XXII (aus Byrhtnoths Tod) fehlt Crows Ausgabe 'Mal-
don and Brunnanburh', Boston und London 1897; dies fällt um so mehr
auf, als gerade in dieser Nummer der Herausgeber sich um Vollständig-
keit der Literaturangaben bestrebt: nur hier werden die Lesebücher an-
gegeben, wie im Vorwort zur sechsten Auflage hervorgehoben wird. In
diesem Stück wird ohne ersichtlichen Grund sowohl he (V. 13) als he
(V. 7. 14. 15. 28 usw.) geschrieben. Betreffs der angeblichen Lesart Hearnes
gehyrt pu (V. 45) ist auf meine Anzeige von Crows eben erwähnter Aus-
gabe, Archiv CI, S. 428, zu verweisen. — Die Note zum Stück XXVTI,
166 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Z. 30 ist zu streichen, da auch Morris federfotetd hat. — XXX (aus dem
'Ormulum'), Note zu V. 82, I. Salemann. V. 15561 1. forr. — XXXIII
(aus Genesis und Exodus) V. 1288 hat die Hs. sidhinges lond. Dies ändert
Schipper mit Fritsche in sigdhinges lond. Es fragt sich aber, ob es nicht
besser gewesen wäre, keinen neuen Buchstaben hinzuzufügen, sondern ganz
einfach dh in hd zu ändern. In der Note zu XXXIII, 1298 wird auf
M2 hingewiesen, ohne dafs diese Ausgabe unter dem Titel erwähnt worden
ist. — Im Stück XXXVI (aus der Sage von Gregorius) hätten die Halb-
verse durch Spatien überall bezeichnet werden sollen; solche finden sich
hier nur in einigen Versen. V. 33 Komma nach hond und yivent. —
XXXVII (aus dem Liede von King Hörn) V. 28 hätte erwähnt werden
sollen, dafs die Hs. C, dem der Text folgt, Fikenylde (nicht Fikenyld) hat.
Nach V. 34 sind die zwei Verse in OH beizubehalten, weil notwendig für
V. 49, worauf mich Herr Professor Brandl freundlichst aufmerksam macht.
V. 44 wird luuep der Hs. C in leuep und V. 114 furste in ferste korrigiert.
Dies ist aber inkonsequent, da 70 jute, 116 wurs, 139 schup bewahrt ist;
zu der Änderung von furste in ferste ist Schipper wohl durch den Beim
Suddene : kenne (V. 143 f.) bewogen worden. V. 50 ist mit OH zu lesen
(Brandl). V. 60 lautet nach Mätzner und Wifsmann in der Hs. C and
nerne hü in here honde. Schipper hat and nemen hit in her honde, gibt
aber nicht an, was in der Hs. steht. V. 88 hatte Wifsmann recht, mit
O zu lesen wegen der Metrik; ebenso ist V. 90 sivipe mit OH zu lesen
(Brandl). V. 116 steht nach Mätzner was, nicht wes. Der sicher falsche
Reim jonge : tipinge (V. 127 f.) läfst sich unschwer nach HW beseitigen.
— V. 143 ist nach den Auseinandersetzungen Morsbachs (Festschrift für
Wendelin Förster, S. 318 f.) Suddenne zu lesen. Im Stück XXXVIII
(aus dem Havelok) hat Schipper die Besserungen Holthausens S. 100 seiner
Ausgabe übersehen oder wenigstens gar nicht berücksichtigt. V. 3 will
Holthausen a. a. O. pat streichen; ebenso for V. 17. V. 25 ist mit Holt-
hausen pe beste man zu lesen. Über V. 27 — 29 s. Morsbach, E. St. XXIX,
S. 368 ff. In der Note zu V. 8 1. meri{lk). In der Note zu V. 76 1. loth,
nicht loth. V. 118 ist wohl ben nach me zu ergänzen. V. 127 will Holt-
hausen S. 100 and streichen. V. 152 schlägt Holthausen S. 100 hend statt
höndes vor. Im Stück XL (Dame Siriz) wären einige von den Besserungen
in Mätzners Text aufzunehmen gewesen: V. 140 ist pe oder pat zu lesen;
ebenso läfst sich ni mette V. 157 kaum beibehalten. V. 179 ist seij wohl
in seip zu ändern. V. 281 ist rene in renne zu ändern. V. 324 1. onon.
Nach Mätzner steht V. 22 pem, V. 27 qvad,, V. 375 graunte und V. 388
give; V. 407 steht nach Mätzner Her; V. 440 mid fehlt bei Mätzner.
Im übrigen möchte ich zu diesem Stück auf die Bemerkungen Holthausens,
E. St. XXXI, S. 267. verweisen. — XLV V. 33 ist kaum mit Holthausen
zu korrigieren ; der ursprüngliche Text hat, wie mir Brandl schreibt, wohl
geheifsen: heuedest sinne: of Edward länge (zum unreinen Reim vgl. ded :
gret V. 42); so ist mit einfacher Umstellung alles geheilt. V. 43 ys ist mit
Brandl aiis 1 (h)ys (vgl. ys für his V. 6) zu erklären; also: 'in seine Hand'.
— LXVI (Spottged. Dunbars auf James Doig) V. 3 1. futt-syd.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 107
Zum Wörterbuch möge folgendes bemerkt werden: S. 204, Sp. 1,
Z. 7 1. efter (nicht eftir) gold (vgl. XXV, Z. 19). S. 206, Sp. 1, Z. 4 v. u.
1. andswarian. S. 209, Sp. 1 statt cetbredan hätte eher als Stichwort cet-
bregdan gegeben werden sollen; vgl. äbregdan S. 202, odbregdan S. 287,
töbregdan S. 315. S. 209, Sp. 2 fehlt das Wort awkwart LX, 407. S. 218
1. Beormas. S. 215 1. bidelve. S. 228 gehört dere zu derian. S. 231 fehlt
droupe XLIX, 33. S. 245 vermisse ich fulgehende 'sehr nahe' XXIII, 24.
S. 240, Sp. 1 1. futt-syd. S. 258, Sp. 1, Z. 16 v. u. 1. grid, Z. 10 v. u. 1.
ne. groom. S. 263 1. hicjan. S. 266 houncurteis, hounlaw wären, ebenso-
wohl wie hounsele, mit einem Vermerk unter u aufzuführen gewesen.
S. 266, Sp. 1, Z. 8 v. o. 1. imder stondan (nicht unter stondari). S. 277 feblt
unter magern me. mait präs. sg. 2 XL, 49. S. 283 fehlt unter ncefre neiver
XL, 118. S. 285, Sp. 1, Z. 5 v. o. 1. XL, 173. 217. 232. S. 287, Sp. 1 1.
odpeet, oddeet etc. (nicht odjmt etc.). S. 290 onsien 'Anblick, Angesicht'
und onsien 'Not, Mangel' wären als zwei verschiedene Wörter aufzuführen
gewesen, wie bei Sweet, Stud. A.-S. Dict. S. 290 fehlt onwold 'in der
Gewalt', vgl. Holthausen, Anglia, Beiblatt XI, 306, E. St. XXXI, 268.
S. 298, Sp. 2 fehlt sauten 'versöhnen', XL, 220; Z. 18 v. o. 1. XL, 222.
S. 203 shog ist nicht unter seeacan zu finden. Der Besserung Holthausens,
Arch. C, S. 409, ist Schipper nur zur Hälfte gefolgt, shog hätte unter
schog (S. 299) aufgeführt werden sollen. S. 305: Das Stichwort sidhinges
land steht im Gegensatz zu dem sigdhinges lond im Texte (XXXIII, 1288).
S. 312 sueting 'Liebling' (Dame Siriz), saeyn 'Knecht' wären mit einem
Vermerk unter sw- aufzuführen gewesen. S. 319 fehlt unter unsele Adj.
hounsele Sb., 'Unglück, Trauer' XL, 175. S. 320 fehlt unter unwise (das
übrigens unwise heifsen sollte) me. onwis XL, 218. S. 331 fehlt unter
wunne wonne XL, 58. Das hier aufgeführte ivenne XL, 26 gehört zu
uryn 'Wonne'.
Upsala. Erik Björkman.
Encycloppedic English-German and German-English dictionary.
Part second: German-English. Second half: K — Z. Ency-
klopädisches englisch-deutsches und deutsch-englisches Wör-
terbuch. Zweiter Teil: Deutsch - Englisch. Zweite Hälfte:
K — Z. Berlin, Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung, 1902.
Die grofse Ausgabe des encyklopädischen Wörterbuches von Muret
und Sanders ist nun zum Abschlüsse gelangt. Die Schlufslieferungen
20 — 25 des deutsch-englischen Teiles hegen uns vor; sie reichen von Seifen-
bis Zymotechnikum. Beigefügt ist für die zweite Hälfte dieses Teiles der
oben abgedruckte Doppeltitel und ein Nachwort des letzten Leiters, Cor-
nelis Stoffel in Nijmegen, vom 4. September 1901.
Über den Charakter des hochbedeutsamen Werkes habe ich mich bei
der Anzeige der ersten Hälfte des deutsch-englischen Teiles eingehend ge-
äufsert [vgl. Arch. 4, 421 N. F.]. Ich kann auch jetzt, nach dem Ab-
schlüsse des ganzen Werkes, hier nur wiederholen, dafs eine volle Wür-
168 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
digung der geleisteten Arbeit, wie des Anteils jedes einzelnen Herausgebers
erst auf Grund einer längeren und häufigen Benutzung des nun vollstän-
digen Wörterbuches möglich sein wird. Stichproben bestätigen, wie zu
erwarten war, dafs die letzten Hefte sich auf der Höhe des früher Ge-
leisteten gehalten haben. Ich erwähne hier beispielsweise die Zeitwörter
sein, setzen, sitzen, spielen, sprengen, springen, ivachsen, wägen, wiegen,
wenden, winden, werden, wollen, zechen, ziehen, die Hauptwörter Sitz, Sonne,
Spiel, Spitze, Tal, Tod, Viertel, Wahrheit, Wasser, Wein, Welt, Wicht,
Wolf, Zahl, Zahn, Zeche, Zeit, Zug, Zunge, die Eigenschaftswörter (und Ad-
verbien) spitz, toll, tot, wahr, warm, weis, weise, weifs, wett, zeitig, zeitlieh,
zufrieden, die Zahlwörter sieben, tausend, zehn, zwei nebst ihren Weiter-
bildungen, die Fürwörter sein, sie, unser, wir, tver, die Partikeln seit, vor,
während, ivann, wenn, zu und die lange Reihe der Zusammensetzungen
mit um-, un-, ver-, vor-, weg-, zer-, zu-.
Wenige gelegentliche Bemerkungen mögen hier eine Stelle finden.
Sitz (im Parlament) vermisse ich; vgl. dagegen v. sitzen: im Parla-
mente sitzen, to be member of (or to have a seat in) Parliament.
Sonnenjungfrau fehlt unter den zahlreichen Zusammensetzungen mit
Sonne; ich fand neulich in einer Besprechung dies Wort als zweifelhafter
Herkunft erwähnt und habe mich gelegentlich darum bemüht. Es stammt
aus Kotzebue und kann sich der Ehre rühmen, von einer englischen Dame,
welche den in England zeitweilig hochgeschätzten Kotzebue besonders ver-
ehrt zu haben scheint, Anne Plumptre [Lowndes Bibl. Man. p. 1889], ins
Englische übersetzt zu sein; vgl. Loivndes Bibl. Man. p. 1291: The Virgin
ofthe Sun; a Play, in five Acts. Translated by Anne Plumptre. Lond. 1799.
Talsperre, dam across a valley, ist im allgemeinen zutreffend und kurz;
genauer ist die Übertragung und Erklärung von Baumann in der kleineren
Ausgabe: dike (or wall) across a valley which bars (or regulates) a river.
Zymotechnikum ist ein Wortungeheuer, dem eigentlich nicht zu gönnen
ist, in diesem Wörterbuche den Beschlufs zu machen ; hoffentlich läfst sich
kein Engländer verleiten, es für ein in Deutschland wirkliches Bürgerrecht
besitzendes Fremdwort zu halten; Zymurgie, zymurgy, das vielleicht etwas
gröfsere Ansprüche erheben könnte, fehlt. Zytotechnie und Zytotechnik,
die in Sachs- Villatte den Reigen schliefsen, sind hier glücklich verschwun-
den, aber nicht ohne Ersatz zu finden in den meiner Ansicht nach gleich-
falls überflüssigen Zymotechnie und Zymotechnik.
Leider war es auch Immanuel Schmidt trotz seiner bewunderungs-
würdigen Arbeitskraft nicht vergönnt, die Leitung des grofsangelegten
Werkes bis zur Vollendung desselben zu führen ; mitten in der angestreng-
testen Tätigkeit verschied er an den Folgen eines Unfalles am 11. Mai
1900. Was er seiner Familie, seinen Freunden und der Wissenschaft ge-
wesen ist, hat an dieser Stelle sein Freund, Hermann Conrad in Lichter-
felde, geschildert [vgl. Arch. 5, 241 N. F.]. Die Weiterführung des ency-
klopädischen Wörterbuches übernahm nun auf Bitte der Verlagshandlung
Cornelis Stoffel, der bereits durch mehrjährige Mitarbeit mit der Ein-
richtung des Ganzen und dem Gange der Arbeit vertraut geworden war
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 1G9
und, wie er bescheiden sagt, nur die von seinen Vorgängern vorgezeichnete
Bahn weiter zu wandern brauchte. Von der bis zu I. Schmidts Tode
festgehaltenen äufseren Einrichtung des Werkes ist auch Stoffel im weiteren
Verlaufe der Arbeit nicht erheblich abgewichen, so dafs der einheitliche
Charakter trotz des mehrfach eingetretenen Wechsels der Leitung gewahrt
blieb. Im übrigen bedarf es hier nur des Hinweises auf die bekannte
Wertschätzung, die Stoffels anglistische Arbeiten in der wissenschaftlichen
Welt geniefsen, um zu zeigen, wie erfreulich es für die Verlagshandlung sein
inufste, in Stoffel einen ebenbürtigen Nachfolger I. Schmidts zu gewinnen.
In seinem Nachworte spricht sich Stoffel eingehend über seine
Tätigkeit aus und widmet den zahlreichen Mitarbeitern seinen Dank für
ihre werktätige Beihilfe, unter besonderer Hervorhebung derer, welche von
dem Buchstaben L an sich in die Bearbeitung der einzelnen Buchstaben
des Manuskriptes geteilt haben, namentüch aber weiht er auch seinem
Vorgänger Immanuel Schmidt liebevolle und wehmütige Worte der Er-
innerung im Hinblick auf frühere gemeinsame Arbeit und von Immanuel
Schmidt ausgegangene geistige Anregung.
Die Schlufsbe merkungen der Verlagshandluug bringen eine Über-
sicht über die Herstellungsweise des ganzen Werkes und die Kosten des-
selben. Eine dankenswerte Beigabe sind die Bilder der Hauptmitarbeiter
an dem bedeutsamen Unternehmen, Muret, Sanders, I. Schmidt, C. Stoffel.
Im Nachworte Stoffels, wie in den Schlufsbemerkungen, wird noch
besonders erwähnt und ist auch an dieser Stelle hervorzuheben, dafs von
dem Artikel Esparsette an die Kevision der Etymologien der deutschen
Wörter in den bewährten Händen von Max Rödiger lag; zu beachten
ist vornehmlich, was in dem Nachworte Stoffels über die Art dieser wert-
vollen Mitarbeit und den für dieselbe gestatteten Rahmen angegeben ist.
Eine dankenswerte Beigabe zu Heft 25 ist hier noch zu erwähnen, die
Zusammenstellung der älteren und neueren deutschen, österreichischen und
schweizerischen Mafse, Gewichte und Münzen, bearbeitet von Hubert Jansen.
Druck und Papier sind, wie in allen früheren Lieferungen, vorzüglich;
ebenso entspricht die letzte Einbanddecke in sauberer und fester Ausfüh-
rung den früheren. Das ganze Werk hegt nun in vier stattlichen Bänden
fertig vor, ein überreiches und gediegenes Rüstzeug für alle Länder eng-
lischer und deutscher Zunge. Hier ist in jahrelanger Arbeit von tüch-
tigen und geistig hochstehenden Männern in der Tat Ausgezeichnetes ge-
leistet worden, getreu dem Worte, das einst der verdienstvolle Begründer
der Verlagshandlung sich erkoren hatte: 'Ohn' Fleifs kein Preis.'
Berlin. H. Bieling.
C. Stoffel, Intensives and down-toners. A study in English
adverbs (Anglistische Forschungen, herausgeg. von J. Hoops,
Heft 1). Heidelberg, Winters Verlag, 1901.
Der Name des Verfassers hat schon seit längerer Zeit auf dem Ge-
biete der Anglistik einen so guten Klang, dafs den Freunden des Eng-
170 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
lischen jede neue Arbeit aus der Feder des geschätzten holländischen Ge-
lehrten willkommen ist; und wenn man auch in einzelnen Punkten von
der Auffassung des Verfassers abzuweichen geneigt sein mag, so ist es
doch erfreulich, zu finden, dafs diese 'Studie über englische Adverbien'
als Ganzes sich den bisherigen Leistungen Stoffels würdig anreiht.
Mit intensives und down-toners bezeichnet Stoffel Wörter, be-
sonders Adverbien, welche zur Verstärkung oder Abschwächung, d. h. zur
Bezeichnung höherer oder niederer Grade von Eigenschaften oder Zu-
ständen dienen. Das Wort 'intensive' ist in dieser Verwendung nicht un-
bekannt; 'down-toner' aber ist von Stoffel neu und glücklich gebildet
worden.
Das Buch zerfällt, wie schon der Titel vermuten läfst, in zwei Teile:
I. On intensive Adverbs und II. On down-toning Adverbs, deren jedem eine
einleitende Betrachtung vorausgeht. Die lakonischen Überschriften der
acht Kapitel des Buches lassen kaum vermuten, welche Fülle von Er-
scheinungen des englischen Sprachgebrauchs in ihrer geschichtlichen Ent-
wickelung und verschiedenartigen Verwendung darin behandelt werden,
mit welchem Feingefühl der Verfasser dem Werden und Walten in der
Sprache, nicht blofs der älteren, sondern auch der neueren und neuesten,
nachspürt und versucht, uns hier und da anregende Ausblicke auf die
wahrscheinliche Weiterentwickelung derselben tun zu lassen.
In der Einleitung zum ersten Teile geht Stoffel davon aus, dafs die
Intensiva meistens von Adjektiven hergeleitet sind, welche ursprünglich
Vollständigkeit ausdrückten, die aber später eine Abschwächung oder
Verblassung der Bedeutung erfuhren und nun nicht mehr den höchsten,
sondern nur noch einen (sehr) hohen Grad der Eigenschaft bezeichnen.
Es werden somit fortwährend neue Intensiva gebraucht und beschafft.
Stoffel weist dabei auf purblind und by and by, auf immediately ,
presently, just now und anon als Beispiele hin. Auch very much
hätte er hier heranziehen können, welches heute tatsächlich schwächer
wirkt als das einfache much. In einem Exkurse bespricht er dann ever
and anon, das er mit dem New Engl. Dict. = every now and then,
d. h. = eontinually at intervals setzt. Er erblickt darin wohl mit Kecht
eine wenn auch etwas entstellte Fortsetzung des me. ever in oon (urspr.
= 'immer in eins, in einem fort'). Das einfache and anon bedeutete
and presently again, wie auch das NED. feststellt. Nähme man das
and in ever and anon als ursprünglich und berechtigt an, so ergäbe
das die Wendung ever and presently again, die keinen annehmbaren
Sinn ergäbe. Stoffel hält also das and in ever and anon für 'intru-
sive', für unrechtmäfsig eingeschoben. Dem anon, dem ae. on äne, in one
= 'in einem fort, in eins' stellt er dann sehr einleuchtend die Phrase
after one zur Seite, wie sie sich bei Chaucer findet. Dieses sei nun aber
schon so lange aufser Gebrauch gewesen, dafs manche englische Gelehrte
der späteren Zeit z. B. mit der Zeile 341 im Prologue der Canterbury Tales:
Eis (d. h. des Franklins) breed, his ale ivas ahvey after oon nichts Kechtes
anzufangen gewufst haben. Tyrwhitt z. B. fafst after oon — after one
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 171
o'clock; ein anderer (s. bei St. S. 7) erklärt gar: er war immer hinter einem
her (every one tvas pressed to partake ofhis hospitality)\ Stoffels Auffassung
der Stelle — according to one invariable Standard (d. h. immer gleichmäfsig
[gut und reichlich]) ist offenbar die richtige.
Solche interessanten Exkurse und Seitenblicke finden sich öfter in
dem Werke, wie es denn überhaupt ein wenig des Verfassers Art zu sein
scheint, vor dem Leser gewissermafsen laut zu denken, d. h. ihn an all
den anregenden, neuen Gedanken teilnehmen zu lassen, die dem Gelehrten
bei seiner Arbeit aus der Fülle seines Wissens und aus seinen schier un-
erschöpflichen Kollektaneen fortwährend zuströmen. Abd wenn auch zu-
weilen die Verfolgung des Hauptgedankens erschwert, die Übersichtlich-
keit des Ganzen durch das reiche Beiwerk ein wenig beeinträchtigt wird,
so ist doch keiner der Exkurse, keine dieser Nebenbemerkungen gehaltlos,
und man möchte diese Gedankenspäne, diese 'Chips from a Dutch
Workshop' nicht missen.
Auf S. 10 f. der Einleitung versucht Stoffel, der etwas befremdlichen
Verwendung von soon in der Phrase soon at night auf den Grund zu
gehen, wie sie in Elisabeths und Jakobs I. Zeit sich häufig findet. Alex.
Gill (Logonomia Anglica [1619]) gibt an, soon habe früher so viel wie
cito bedeutet, sei aber nun 'apitd plurimos' = ad primam vesperam.
Ich vermeinte schon, hier einem englischen Gegenstück zu dem frz. sur
le tantot = dans Vapres-midi begegnet zu sein. Bei näherem Zusehen aber
erschien die Sache mir doch in anderem Lichte. Alex. Gill scheint selbst
keinen Beleg für seine Behauptung beigebracht zu haben, und von allen
Beispielen, die Stoffel anführt, ist keines so beschaffen, dafs es uns soon
ohne weitere zeitbestimmende Zusätze zeigt; und doch meineich,
dafs nur ein solches als wirklich beweisend und entscheidend gelten könnte.
In allen von Stoffel gegebenen Belegen, glaube ich, werden wir dem Sinne
vollkommen gerecht, wenn wir soon in seiner eigentlichen Bedeutung =
'bald, früh, zeitig' verstehen, wie es auch Flügel in seinem grofsen Wb.
tut, welcher soon in den Shakespeareschen Beispielen durch beizeiten,
zeitig übersetzt. Auffallend freilich bleibt ja die Häufigkeit der Ver-
bindung von soon gerade mit at night, durch die Gill offenbar zu seiner
Ansicht gekommen ist, aber Stoffel selbst gibt auch Beispiele für soon at
supper, sogar soon at ßve, wo soon etwa = pünktlich ist. Möglich,
dafs bei weiterem Suchen sich auch Belege für soon at noon, soon at mid-
night oder ähnliche finden; jedenfalls zeigen meines Erachtens diese Bei-
spiele höchstens, dafs soon oft mit at night verbunden vorkam, nicht aber,
wie Gill behauptet hat und Stoffel zu glauben scheint, dafs soon für sich
ad primam vesperam bedeuten könne.
Die psychologische Erklärung für die so häufige Bedeutungs-
abschwächung findet Stoffel am Schlüsse der Einleitung wohl mit Recht
in der weitverbreiteten Neigung der Redenden, sich selber starker, hyper-
bolischer Ausdrücke zu bedienen, die Farben möglichst dick aufzutragen
und, von sich auf andere schliefsend, die Bedeutung der bekräftigenden
Wendungen anderer entsprechend geringer anzuschlagen.
172 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Der erste Abschnitt beschäftigt sich vornehmlich mit den Intensiven
füll und pure. Stoffel weist darauf hin, dafs im Ae. swide (geschwind;
stark) das eigentliche Intensivum gewesen sei, dafs dieses bei Chaucer
zwar nur = quickly vorkomme, sonst aber ziemlich allgemein bis gegen
Ende des 14. Jahrhunderts etwa = sehr gebraucht wurde, während very
bis ca. 1500 fast nur 'wahrhaft, wirklich' bedeutet habe. Um 1350
war nach Stoffels Angabe (S. 13) statt swide ful bereits das gebräuchliche
Intensivum. Es hätte gesagt werden können, dafs es schon in den Old
English Homilies, im Ormulum und bei Lajamon, also ca. 150 Jahre
früher, in manchen Verbindungen {ful neh, ful wel, ful iwis) nichts Auf-
fallendes war. Bei Shakespeare begegnet es sowohl noch = very als auch
= dem modernen fully. Wie hier steht Shakespeare ähnlich auch mit
dem mehrdeutigen Gebrauche des Intensivums pure auf der Schwelle zum
Ne. Pure, bei welchem einem leicht deutsche Beispiele wie 'rein aus, rein
alle, rein vernarrt, rein unmöglich' einfallen, kam nach Stoffel schon um
inoo bei Rob. of Gloucester als Intensivum vor. Purblind hiefs ur-
sprünglich 'völlig blind', wurde dann auf dem gewöhnlichen Wege der
Abschwächung zu 'blöd- oder schwachsichtig' und kommt bei Shak. in
beiden Bedeutungen vor; ja sogar noch in einer dritten Bedeutung steht
pure bei Shak., nämlich in der moderneren purely, merely, exelusively,
Twelfth Night V, 82: pure for his love. Dies hätte nach Shak.s Diktion
auch lauten können for his pure love, und es zeigt sich, meint Stoffel
hierbei, wie pure in mancher Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit mit very
hat; z. B. in for its very helplessness ersetzt das Adj. very ebenfalls
das Adv. very = gerade. So findet sich auch für das ne. from very
fear nie. for pure drede. Auch an die adverbielle Bedeutung sogar
in my very dog has forgotlen me erinnert Stoffel zutreffend.
Wenn er aber meint, ganz ähnlich wie pure sei im Me. auch das
Adj. fine statt eines Adverbs gebraucht worden, so scheint mir hier der
Fall doch etwas anders zu liegen. Stoffel denkt hier an Fälle wie
me. of fyne force = by very or absolute necessity, wo auch das
NED. fyne als veraltet für 'pure, sheer, absolute or perfecf stehend erklärt.
Mir scheint dieser Sinn ganz folgerichtig aus der Bedeutung fein =
rein, ungetrübt, ungemischt, wie bei Metallen (vgl. eine feine Mark,
ein Pfund fein), hervorzugehen. Das Adj. pure, wie Stoffel es vorhin
vorführte, stand allerdings in Vertretung des Adverbs purely (cf. pure for
his love). Aber die Beispiele, wie sie z. B. im NED. gesammelt sind (of
[tvith, by] fine force [awe, strength, herte}), lassen sich alle mit den eben
angegebenen adjektivischen Bedeutungen (lauter, schier) ganz gut ver-
stehen und wiedergeben, so dafs ich ebensowenig wie das NED. eine
weitergehende Parallelität von fine als Intensivum und pure anerkennen
möchte, und ich bezweifle, dafs irgendwo fine adverbiell als Intensivum
statt finely wie pure statt purely gebraucht worden ist.
Stoffel erörtert dann in einem weiteren Exkurs das Chaucersche for
pure ashamed = from very shamefastness. Er erblickt in ashamed
ein substantiviertes Adj. und weist auf die Häufigkeit solcher Substanti-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 173
vierung im Me. und älteren Ne. hin, während im jetzigen Englisch rich-
tige Substantive dafür die Regel bilden. So fanden sich im Me. for moist
= 'wegen der Feuchtigkeit', for bright 'wegen der Helligkeit'. Beispiele
dagegen wie (Rom. of the Rose A 74, 75): The briddes ... Ben in May,
for the sonne brighte, So gladde . . ., wo sonne Genitiv sein soll, sind wohl
besser aus dem Spiele zu lassen, da man es dabei vielleicht nur mit einer
einfachen Nachstellung des Adj. zu tun hat, wie gleich Stoffels nächstes
Beispiel (S. 19) aus Chaucers Troilus & Criseyde II 862 — 4 einen solchen
Fall zeigt: What is the sonne wers, of kinde righte, Though tltat a man,
for feblesse of yen, May not endure on it to see for brighte. Hier steht
of kinde righte des Reimes wegen offenbar für of righte kinde = 'nach
(od. zu) ihrer wahren Natur'. Man tut daher wohl gut, Beispiele, wo mit
dem in Frage kommenden Adjektiv noch ein Substantiv verbunden ist,
als nicht völlig sicher auszuscheiden. Dagegen ist das for brighte in
diesem letzteren Citat klar genug: hier kann bright nur für brightness
stehen, wie ja auch noch im Ne. for short statt for shortness' sake
gebraucht wird. Stoffel sieht also in diesem for die Präposition in ihrer
kausalen Bedeutung 'wegen' und in dem substantivierten Adjektiv ihren
Kasus. Von manchen Erklärern ist dieses for aber mit dem alten Präfix
for- = very verwechselt worden, wie es z. B. im NED. bei for-dull, for-
cold belegt ist. Auch in fünf Chaucerschen Stellen glauben Skeat und
das NED. for = very annehmen zu sollen, während Stoffel, for als Prä-
position = 'wegen' auffassend, die Stellen entsprechend anders erklärt.
Es sind folgende:
1) Rom. of the Rose, A 355 f.:
Ful salowe was waxen hir colour
Hir heed for hoor was whyt as flour.
2) Cant. Tales, A 2142 ff.:
He hadde a beres skin, col-blak for old;
His lange heer was ktmbd bihind his bak,
As any ravenes felher it shoon for black.
3) ib. A 3120:
The Miller that for dronken icas al pale
4) ib. A 4150:
Ful pale he was for dronken and nat reed.
5) ib. F 409 ff.:
Amydde a free for drye as whyt as chalk,
As Canacee was pleying in hir walk,
Ther sat a faucon over hir heed ful hye.
Mir scheint es zweifellos, dafs Stoffels Erklärungen von for hoor =
on account of old age, for old = on aecount of being so very old, for black
= on acc. of blackness, for dronken = on acc. of drunkenness, for drye =
on acc. of dryness richtig sind. Aber er hätte gut getan, den in allen
diesen Beispielen erkennbaren Typus klar aufzustellen : Jemand (od. etwas)
ist so oder so, resp. tut dies oder das, wegen dieses oder jenes Um-
Standes.
174 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Läfst man sich von dieser Auffassung leiten, so ergeben die fünf
Stellen auf leichte und ungezwungene, in grammatischer und stilistischer
Beziehung durchaus befriedigende Art guten Sinn, während man das von
der Erklärung mittels for = very nicht behaupten kann. Nur wo der
aufgestellte allgemeine Typus nicht zu erkennen ist, können Zweifel be-
stehen, ob das for so oder anders zu verstehen sei. Die Chaucerschen
Beispiele aber, gerade wie for pure ashamed = from very shamefastness,
sind meines Erachtens von Stoffel richtig erkannt worden. Auf seine
sehr ausführliche Erörterung hierüber näher einzugehen, würde zu weit
führen; manches davon, scheint mir, wäre vielleicht auch unnötig ge-
Avesen, wenn er sich über den zu Grunde liegenden Typus klarer Rechen-
schaft abgelegt hätte.
Nach diesen Exkursen kehrt Stoffel noch einmal zu pure zurück und
zeigt, dafs im 18. Jahrhundert purely auch = completely oder perfectly
tvell von dem Befinden gebraucht wurde, was sich später in Thackerays
Virginians nachgeahmt findet: How are the ladies? Purely? Heutzutage
sei dieser Gebrauch vulgär: / hope the ladies are all pure (Notes and
Queries 6, 1897, 377a). Wohl aber werde vor Adjektiven purely zuweilen
sogar in der Adjektivform = completely, perfectly noch in neuerer Zeit oft
genug gebraucht: a purely accidental meeting; und: Mrs. Talbot is pure
well (Miss Oarter's Letters III, 198). Sogar = nice 'famos, prächtig' sei
es im 17. und 18. Jahrhundert vorgekommen, z. B. ironisch: you're a
pure man (sauberer Bruder); — Well, that will be pure! — Lewis told
me a pure thing! — Iwalked purely to-day about the Park (Stoffel S. 28).
Das moderne capital scheint mir diesen früheren Sinn des pure meist
besser zu treffen als das zu matte nice, welchem Stoffel es gleichsetzt.
Stoffel geht dann über zu very. Er findet, dafs es vor dem 16. Jahr-
hundert nur in der Bedeutung true, real, genuine, nicht aber als Inten-
sivuni (= sehr) gebraucht wurde. Mir scheint es mifslich, das Aufkommen
einer neuen Bedeutung zeitlich so fixieren zu wollen. Ist nicht die Evo-
lution solcher neuen Bedeutungsschattierungen immer eine ganz allmäh-
liche? Ginge es z. B. nicht an, in den C. T. (Man of Lawe's Tale, E 342 f.):
Thise am the wordes that this markis sayde
To this benigne verr ay feithful mayde
verray schon = sehr zu verstehen? Andererseits freilich erscheint es mir
gerade bei very gar nicht so ungeheuerlich, zu fragen, ob für das eng-
lische Sprachbewufstsein überhaupt eine so deutliche Evolution statt-
gefunden habe. Wenn wir noch in Shak.s Merchant of Venice III, 225
lesen : by your leave I bid my very (= true) friends and countrymen, Sweet
Portio, welcome und dazu auch Fälle wie my very friends have forsaken
me vergleichen, wo das Adjektiv very zwar durch unser Adverb sogar
wiedergegeben wird, wo aber dem Engländer recht wohl etwas vorschweben
kann, wie wir es etwa ausdrücken in: die richtige (d. h. real) Mutter hat
ihr Kind so mifshandelt; wenn wir ferner Fälle heranziehen wie: on the
very spot, in the very act und ähnliche, wo die Echtheit sich bis zur
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 175
Identität steigert, so kann man wohl auf den Gedanken kommen, dafs
auch in den Fällen, wo andere Sprachen ein besonderes Wort wie sehr,
tres, molto, muy usw. statt very verwenden {very tall, very late usw.),
dem englischen Sprachbewufstsein nach wie vor very = truly, really vor-
schwebt, natürlich nicht mehr so deutlich und kräftig wie früher, sondern
etwas abgeschwächt.
Wäre unser wahrhaft auch schon so verblafst wie very, so würden
wir in solchen Fällen gar nicht nötig haben, für very zu unserem 'sehr'
zu greifen. Kurz, eine Abschwächung in very = sehr im Vergleich zu very
= truly , real, genuine soll nicht bestritten werdei , aber 1) scheint sie
mir nicht so grofs, dafs man in dem modernen very = sehr eine wesent-
lich neue Bedeutung erblicken müfste, und 2) läfst sich ihr Auftreten
schwerlich ganz genau datieren.
Verfasser meint dann S. 32 weiter, in Wendungen wie on this very
spot, in the very act, the very thing I was going to say, this is ttie very
man I want, to cid to the very hone, the house shook to its very foundations
sei very ein word-sentence-modifying adj., d. h. ein Wort, welches nicht
nur als Adjektiv das folgende Substantiv, sondern auch als Adverb die
ganze Satzaussage näher bestimmt. Mir will das nicht recht einleuchten.
Wenn ein Satzinhalt näher bestimmt wird, so wird doch wohl in erster Linie
das Verb als Träger des Satzinhaltes bestimmt. Aber z. B. in dem Satze
the house shook to its very foundations soll meines Erachtens kein Nach-
druck darauf gelegt werden, dafs das Haus erbebte (bei Erschütterungen
erbebt ja jedes Haus), sondern darauf, dafs es bis in seine Grundfesten
selbst erbebte ; dadurch allein wird die Ursache als eine besonders heftige
Erschütterung hingestellt. Und wie steht es nun gar in Wendungen wie
he is the very man I wantt Da heifst the very man nur: gerade der
Mann, der richtige Mann, und soweit ich es zu erkennen vermag, dient
hier very nur als Bestimmung zu man, nicht aber zur Bekräftigung der
ganzen Aussage : etwa = truly he is the man I ivant.
Der älteste und stärkste Sinn, der sich aus very = true, real, genuine
ergab, war nach Stoffel (S. 33) absolutely, completely, quite. Ich weifs
nicht, ob wir nicht, wie schon angedeutet, einfacher und vielleicht mit
mehr Recht sagen können, very heifse auch als Intensivum immer nur
truly, really, wenn auch mehr oder weniger abgeschwächt. Dafs hier
und da einmal just oder precisely es nach modernem Sprachgebrauch
besser vertreten, ändert daran nichts, denn just und precisely ergeben sich
unschwer aus der Bedeutung true. So möchte ich also Ausdrücke wie
the very first, last, next, same, best (überhaupt very vor Superlativen, wo
sich nach Stoffel allein noch der älteste, stärkste Sinn von very bis jetzt
erhalten haben soll) lieber erklären als really oder truly the first, best usw.
statt absolutely the first usw., denn really oder truly wird, wie mir scheint,
dem Sinne vollauf gerecht und hat den Umstand für sich, dafs es sich
an die eigentliche Grundbedeutung enger anlehnt als completely, absolutely,
quite, die doch gegen very = true, really, genuine erst noch eine Sinnes-
steigerung oder doch -änderung bedeuten. So lassen sich also meines Er-
176 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
achtens auch die von Stoffel (S. 33) angeführten Sh.schen Beispiele sinn-
gemäfs unischreiben: Oth. I, 1, 88: Now, very now = precisely oder just
now ; Lear V, 3. 294 : He knows not what he says, and vain is it, That we
present us to him. — Edgar: Very bootless = really bootless. — Meas. for
Meas. IV, 3, 40: Is the axe upon tlie block, sirrah? Very ready, sir = truly
ready, sir. In dem letzten Beispiel möchte man nach modernem Sprach-
gebrauch gewifs lieber umschreiben: quite ready, und das würde Stoffels
Ansicht bestätigen ; aber wir finden neben Ausdrücken wie I hope he is
quite well auch noch oft genug / hope he is very well. Wäre nicht noch
ein, wenn auch leiser Bedeutungsunterschied hier zwischen very und quite
für das englische Sprachgefühl vorhanden, so hätte doch wohl dieses very
sich neben quite schwerlich bis in das neueste Englisch lebendig erhalten
können. Deshalb, glaube ich, ist es ratsamer, z. B. das very ready nicht
= quite ready, sondern = truly ready zu verstehen. Mag der Unterschied
auch gering sein, mir scheint er doch vorhanden zu sein.
Die Frage Is the axe upon the block, sirrah? wird von Abhorson, dem
Scharfrichter, an Pompey, den Diener oder vielmehr Zuhälter der Mrs.
Overdone, gerichtet. Dieser Pompey ist eine komische Figur, und wenn
wir in seine Antwort quite statt very einsetzten, so würde, scheint mir,
eine gewollte, in dem Munde dieses Menschen komisch wirkende Nuance
verloren gehen. Der Scharfrichter spricht wie ein grofser Herr und redet
den Diener mit sirrah an, und Pompey in seiner neuen Stellung als
Scharf richterlehrling versucht, sich recht gewählt auszudrücken, deshalb
sagt er: very ready. Quite ready würde dagegen als Antwort gerade in
dem Munde dieses immer cynischen, immer witzelnden Lumpen zu schlicht
und farblos, zu nüchtern und vernünftig klingen.
Ehe wir very verlassen, möchte ich noch einen Punkt erwähnen, wo
ich anderer Ansicht bin als Stoffel. Er erblickt in Ausdrucksweisen wie
she is pretty — very, wie sie sich in neuerer Zeit so oft finden, eine blofse
Nachstellung des very zum Zweck besonderer Hervorhebung. Ich glaube
aber, dafs wir es hier mit einer Ellipse zu tun haben, und dafs hinter
dem very einfach die Wiederholung des so leicht zu ergänzenden, weil
schon einmal genannten Adjektivs unterblieben ist, gerade wie wir auch
sagen können : es war langweilig — schrecklich, d. h. langweilig, schreck-
lich langweilig. Dafs hier keine Nachstellung von very vorliegt, scheint
mir genügend klar daraus hervorzugehen, dafs sich überall davor eine
durch Komma oder Gedankenstrich angedeutete Pause findet.
Das nächste Intensivum bei Stoffel ist right. Das ae. Adj. rihte, führt
er aus, sei nicht Intensivum gewesen, sondern habe nur mit Recht,
richtig, zutreffend bedeutet. Aber schon in Piers the Ploughman
komme es auch = very vor (z. B. X, 259 he that is rijte ryche); auch
schon = the same (B XVII, 48 : Thanne seye we a Samaritan . . . Ry-
dynge ...the rijt weye we jeden.) Bei Chaucer finde sich: right now = Shak.s
very notv (just now) und: he nas nat right fat. Von der Mitte des
15. Jahrhunderts ab werde right dann regelmäfsig als Intensivum ver-
wendet, und es erreichte im frühen Ne. die gröfste Beliebtheit, während
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 177
es nach des Verfassers Meinung im jetzigen Englisch auf gewisse Titula-
turen (Right Hon., Rer1'., Worshipful) beschränkt, im übrigen aber ein
bewufster Archaismus sei. Gewifs fehlt es an solchen bewufst altertümeln-
den Verwendungen nicht. Statt right soon sagt man jetzt in der Regel
very soon, und wer right soon sagt oder schreibt, tut das mit einer ge-
wissen Absicht, vielleicht weniger, um sich altertümlich auszudrücken, als
um nur ein wenig anders als andere zu reden. Ebenso steht es mit den
anderen Beispielen, die Stoffel anführt: right quichly, right royally, right
few. Aber auch hier steigt einem bald noch ein anderer Zweifel auf.
Wenn man bedenkt, in wie vielen Fällen right als A lv. in seiner starken
ursprünglichen Bedeutung: recht, richtig, zutreffend, völlig, genau u. ähnl.
verwendet wird {right up, out, on, over down there; he said it right off;
he went right aicay; right over the way, right ahead; he was shot right
through the keart; he broke his leg right over the knee; outright, doivnright,
mit nachgestelltem right) so zeigt das zunächst, dafs right durchaus nicht
immer altertümlich wirkt, und spricht doch auch für die Annahme, dafs
der Engländer auch in den von Stoffel angezogenen Beispielen das right
noch als stärker empfindet als wir z. B. unser stark verblafstes 'sehr', mit
anderen Worten, dafs dem englischen Sprachempfinden right soon und
very soon, right royally und very royally, right feto people und very few
people nicht völlig gleichbedeutend sind, ähnlich wie es mir vorhin schien,
dafs very ready nicht ohne weiteres = quite ready aufzufassen sei.
Stoffel wendet sich dann zu quite. Der Ursprung des spätlateinischen
und allgemein-romanischen quittus sei noch nicht aufgehellt. Das Adj.
cwite, quyt sei schon in der Ancren Riwle (ab. 1230) und bei Rob. of
Gloucester belegt und heifse dort: free, released, discharged from.
Als Adverb begegne es in R. of Brunne's Langtoft (Skeat S. 50): And
chaced htm out of Norweie quyte & clene, wo es schon completely heifse.
Die Evolution dieser neuen Bedeutung aus der ursprünglichen: 'frei, be-
freit von' mufs, wie solche Beispiele zeigen, schon ziemlich früh vor sich
gegangen sein. Auch in dem nicht Chaucerschen Teile des Rom. of the
Rose B 2375 kommt das Adj. quyte = entire, perfect vor: Therfore yeve
it hool & quyte, und entsprechend quitly — entirely: ib. C 5843: ... he
hath geten a peny or two, That quitly is his own in hold.
Um uns diesen Bedeutungswandel verständlicher zu machen, glaubt
Stoffel auf elean hinweisen zu können, welches ja auch ähnlich zu einem
Intensivum = völlig geworden sei. Aber bei elean liegt die Sache doch
anders. Sagen wir: it's elean eontrary, rein oder völlig entgegengesetzt,
so können wir zur Not elean noch ganz wörtlich nehmen: der Gegensatz
ist ein ungemischter, reiner, d. h. kein Schimmer einer Übereinstimmung
ist mehr mit ihm verbunden. Aber wenn Stoffel S. 39 meint: 'quite in
exactly the same way, from expressing a state of being completely released
from a person or thing, has come to be used as an adverb of intensity
with the sense of completely, entirely,' so übersieht er, dafs er selber zu
released das completely hinzugesetzt hat (quittus = freed, released,
discharged from), und dafs er nun mit doch wohl etwas zu kühnem
Archiv f. n. Sprachen. CX. 12
178 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Sprunge annimmt, quite habe schliefslich seine eigentliche Bedeutung
freed, released über Bord geworfen und das ihm willkürlich hinzu-
gefügte completely als neue Bedeutung angenommen. Das wäre etwa so
— um es an einem krassen und übertriebenen Beispiel recht greifbar zu
machen — , als wenn die Verbindung hocherfreut schliefslich dahin
gelangte, nicht mehr einen Grad von Freude, sondern blofs noch Höhe
zu bedeuten. Tatsächlich also trägt die Vergleichung mit clean wenig
oder nichts dazu bei, uns den Bedeutungswandel von 'befreit' zu 'völ-
lig, ganz' verständlicher zu machen. Dafs er stattgefunden hat, ist ja
nicht anzuzweifeln, aber wann, wie und wo er vor sich gegangen ist, bleibt
vorläufig noch eine offene Frage.
Bei Shak., in der Bibel, sowie bei Milton heifst quite durchweg com-
pletely, entirely. Aber im 18. Jahrhundert trat dann eine weitere Änderung
in der Verwendung dieses Wortes ein. Bis dahin, sagt der Verfasser, sei
es nur 'word-modifier' gewesen; von nun ab trete es auch als 'sentence-
modifier' auf. Im Anschlufs an die Ausführungen in Sweets New English
Grammar legt Stoffel grofses Gewicht auf die saubere Unterscheidung der
verschiedenen Verwendungsarten der Adverbien als word-modifiers (He
acted wisely in whatever he undertook), sentence-modifiers (He wisely ab-
stained from interfering between them) und word- sentence-modifiers.
Wortbestimmend erhalten die Adverbien im Vergleich zu dem bestim-
menden Wort stärkere Betonung, satzbestimmend seien sie in der Regel
schwach betont. Stoffel sagt, dies sei ein ganz brauchbares Prüfungs-
mittel, um die Funktion des Adverbs zu erkennen, wenn er sich auch
nicht verhehlt, dafs es nicht in allen Fällen verläfslich ist, denn zuweilen,
z. B. 'for rhetorical reasons', können auch sentence-modifiers stärker be-
tont werden. So könne man auch sagen: He wisely abstained from
interfering, wo es gelte, z. B. einem Widerspruche zu begegnen oder einen
Gegensatz zu betonen. Die Brauchbarkeit dieser Probe ist also beschränkt.
Ein weiteres Mittel zur Funktionsbestimmung der Adverbien erblickt
dann Stoffel auch in der Stellung derselben. Wortbestimmend stehen sie
immer hinter dem Begriffsverb und in der Regel vor Adjektiven und an-
deren Adverbien. In / saw him only yesterday (= / saw him no longer
ago than yesterday) modifiziere only das Adv. yesterday; dagegen in I only
saw him yesterday (= / did not see him before yesterday) sei only ein sen-
tence-modifier. Gewifs liegt hierin insofern etwas Wahres, als Stoffel die
Sache darstellt, wie sie vom streng grammatischen Standpunkt sein sollte.
Aber in der Praxis gestaltet sie sich oft anders, denn die Regel wird nach
meiner Beobachtung beim Sprechen und in der Literatur nicht genau be-
folgt. / only saw him yesterday wird oft genug = / saw him only yester-
day = erst gestern (d. h. 'es ist noch nicht länger her, dafs ich ihn sah)
gebraucht, gerade wie auch = ich sah ihn nur gestern (d. h. gestern zum
ersten und einzigen Male). Dazu kommt, dafs bekanntlich only auch
hinter yesterday treten kann : / saw him yesterday only. Hier kommt dann
viel auf die Betonung an : yesterday only = einzig und allein gestern ;
yesterday only kann, wenn auch weniger nachdrücklich, dasselbe heifsen.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 179
aber auch: erat gestern. Solange die Sprache ohne Angabe der Betonung
geschrieben wird, läfst sich aus der blofsen Wortstellung mit Sicherheit
wenig schliefsen, so dafs auch das zweite Prüfungsmittel für die Funktions-
bestimmung der Adverbien nicht zuverlässiger erscheint als das erste.
Da die Betonung der Wörter im Satze im Vergleich zueinander nicht
blofs hier bei quite, sondern auch an verschiedenen anderen Stellen in
Stoffels Untersuchung eine wichtige Rolle zugewiesen erhält, so möchte
ich hier gleich bemerken, dafs ich von der Richtigkeit der Ansichten des
Verfassers hierüber nicht überall überzeugt bin, zuweilen sogar ihnen
direkt widersprechen mufs. Wenn er an einer späteren Stelle (S. 110)
meint, as komme in manchen (nicht blofs ad hoc konstruierten) Fällen
stark (sogar abnorm) betont vor, z. B. in She tvas as clever as Mrs. H.
(um nur die Gleichheit an cleverness zu betonen), so halte ich auch dieses
as für stets relativ schwach betont. Jedenfalls bleibt bei einer so weit-
gehenden Benutzung der Satzbetonung als Grundlage für gewisse Folge-
rungen zu bedenken, dafs man sich dabei auf sehr schwankendem Boden
befindet, denn die Betonung im Satze wird nicht allein von dem aus-
zudrückenden Sinne, sondern auch sehr durch die individuelle Eigenart
und durch die Stimmung des Sprechenden, ja auch von der Mode und
mancherlei anderen Verhältnissen bestimmt, z. B. dadurch, ob irgend einem
ausgesprochenen oder zu erwartenden Widerspruche begegnet werden soll.
Diese letztere Möglichkeit hat, wie wir sahen, Stoffel selber berührt, wenn
auch nur nebenher und ohne sich dadurch merklich beeinflussen zu lassen.
Die mancherlei anderen Ursachen für die Schwankungen in den Satz-
betonungsverhältnissen hat er meines Erachtens nicht genügend berück-
sichtigt. Das scheint mir einer der besserungsfähigen Punkte seiner Ar-
beit zu sein. Manches, was von diesem Gesichtspunkte aus anfechtbar
erscheint, werde ich daher nicht weiter erörtern, wenn nicht besondere
Gründe es erfordern.
Doch nun zurück zu quite. Stoffel weist treffend darauf hin (S. 43 f.),
dafs quite oft noch in seinem eigentlichen Sinne completely gebraucht
wird, oft aber auch, um nur noch einen gewissen Grad einer Eigenschaft
anzudeuten, z. B. wenn wir zu einem eben Eintretenden sagen: You are
qtiite wet, I declare; I did n't know it was raining. Nicht 'völlig nafs,
bis auf die Haut durchnäfst' soll quite wet hier ausdrücken, sondern
nur einen gewissen Grad von Nässe oder gar nur von Feuchtigkeit. Die
Bedeutung dieses quite liegt nach Stoffel irgendwo zwischen altogether und
somewhat. Deutsch läfst es sich recht verschieden wiedergeben, z. B.
durch das ebenso abgeschwächte ganz, durch ziemlich (walking has
made me quite tvarm), durch einigermafsen (quite frightened), oft auch
durch recht oder sehr (it was quite late in the evening). Stoffel findet
nun, dafs z. B. in 'You are quite icet, I declare' quite das wet tatsäch-
lich gar nicht mehr bestimme, sondern ausschliefslich eine modale Funktion
ausübe. Wenn wir das so verstehen, dals hier quite hauptsächlich dazu
dient, der ganzen Aussage das Gepräge der individuellen Stimmung resp.
der Wirkung des auf den Sprechenden hervorgebrachten persönlichen
12*
180 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Eindrucks zu verleihen, so kann man Stoffel wohl beipflichten ; aber mir
scheint, dafs quite daneben doch auch wet näher bestimme, d. h. auch
Gradbestimmuug sei. Die Überraschung, dafs man jemand nafs findet,
wenn man gar nicht gewufst hat, dafs es regnet, läfst sich ja auch auf
andere Weise ausdrücken : I am very much surprised to find that yoii are
wet, I did n't know that it was raining ; aber irgend eine Ausdrucksweise,
wo you are wet ohne quite steht, sagt doch nicht ganz dasselbe wie die
mit quite. Quite gibt eben zu verstehen, dafs einem der Grad der
Nässe, wo man doch von dem Regen überhaupt nichts wufste, verhältnis-
mäfsig bedeutend vorkommt. Es läfst also auf einen verhältnismäfsig
heftigen oder länger andauernden Regen schliefsen. In der vorhin ge-
gebenen Umschreibung kommt jedoch lediglich die lebhafte Überraschung
zum Ausdruck, dafs es regnet, ohne dafs man es bisher gemerkt hat, oder
dafs man so achtlos gewesen ist, den Regen gar nicht zu bemerken.
Stoffel verfolgt dann den weiteren Verlauf dieses zuerst im 18. Jahr-
hundert zu beobachtenden Abschwächungsprozesses und der damit ver-
bundenen Bedeutungsänderung von quite. In der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts habe man angefangen, darüber in England Lärm zu
schlagen. Zwar sei man davon zurückgekommen, in dieser Verwendung
von quite einen Amerikanismus zu erblicken, aber man regte sich dar-
über auf und verwarf sie, wie R. G. White (Words and their Uses, 1881)
zeigt. Wenn White (vgl. S. 45) übrigens gegen quite a number mit
der Bemerkung loszieht, dafs number wegen seiner Unbestimmtheit
nicht korrekt durch quite bestimmt werden könne, so übersieht er dabei
einen wichtigen Umstand. In der so häufigen Phrase quite a number
heilst number immer so viel wie: eine (wenigstens unter den obwaltenden
Umständen) beträchtliche Zahl, und nicht die Unbestimmtheit von
number, sondern ihre überraschende, verhältnismäfsige Gröfse soll durch
quite bestimmt werden. Das älteste Stoffel bekannt gewordene Beispiel
eines derartigen quite steht in Richardsons Pamela {he grows quite a
rake; s. die ganze Stelle bei Stoffel S. 46). Hier, meint Stoffel mit Recht,
sei eine Umschreibung mit very oder to a great extent nicht angängig;
quite sei hier vielmehr = actually, welches ja auch ähnlich modal ge-
braucht vorkomme, um zur Bekräftigung zu dienen und die Sache zu-
gleich als überraschend oder unerwartet hinzustellen. Deutsch wird in
solchen Fällen oft 'ein richtiger' das quite besser wiedergeben als das
Adv. wirklich: quite a rake, 'ein richtiger Wüstling'.
Zu dem Beispiel, welches Flügel in seinem grofsen Wörterbuche für
dieses quite aus Anthony Trollope gibt (I do hear that she has been
quite admired), und wo er das quite admired treffend mit 'förmlich be-
wundert' wiedergibt, bemerkt Stoffel sehr scharfsinnig und richtig, dafs
etwa very much statt quite hier einen ganz entgegengesetzten Sinn er-
geben würde.
Stoffels Verdienst ist es, diese Erscheinung zuerst im wesentlichen
richtig beurteilt zu haben, wenn man auch bei einigen der vielen bei-
gebrachten Beispiele zweifeln kann, ob sie gerade diese Erscheinung schla-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 181
gend veranschaulichen, oder, auf seinen Ausführungen fufsend, dies oder
jenes noch zur weiteren Klärung hinzuwünschen möchte. In Fällen, wie
it malces me quite icild, quite angry z. B., glaube ich, kommen wir sehr
gut aus, wenn wir quite einfach = completcly , cntirely, natürlich in
dem abgeschwächten Sinne, auffassen und nicht mit Stoffel annehmen,
dafs dabei auch noch angedeutet werden soll, dafs eine solche verhältnis-
mäfsig geringfügige Sache einen doch eigentlich gar nicht so sehr aufregen
sollte. Das mag zuweilen mit hindurchklingen, braucht es aber nicht
immer zu tun. So scheint es, dafs man da, wo quite ein Adjektiv, ein
adjektivisch gebrauchtes Partizip oder ein Adverb hinter sich hat, oft
besser mit der Bedeutung very {very much), highly de*- richtigen Sinn trifft
als mit actually, really = förmlich, tatsächlich, d. h. dafs durchaus nicht
in allen von dem Verfasser aufgeführten Stellen Überraschung {quite wet),
Ironie {quite admired) oder ähnliches angedeutet wird. Z. B. in dem Satze
(Edw. Moore, The World Nr. 97, 1754): He took care to engage my attention
by some interesting discourse, assuring me, as offen as I attempted to move,
that it was quite early, genügt meines Erachtens 'noch ganz früh' oder
'noch sehr früh' vollauf und scheint mir besser den Sinn zu treffen als
die Stoffeische deutsche Wiedergabe: 'Es ist faktisch noch ganz früh'.
Bei quite vor Verben und anderen Wortklassen, z. B. Substantiven und
Zahlwörtern, liegt die Sache meist einfacher, obgleich auch hier einige
der von Stoffel angeführten Beispiele sich anders auffassen lassen. Wenn
es in Dickens' Gt. Exp. 81 b (Househ. Ed.) heilst: Dear me! It's quite a
story, and shall be saved tili dinner-time, so soll, das ist leicht zu erkennen,
damit nicht etwa blofs gesagt werden, dafs die Sache sich nicht so kurz
erzählen läfst, sondern auch, dafs sie interessant oder amüsant genug ist,
um als selbständiges, würziges Zwischengericht beim Mittag mit aufgetischt
zu werden. In der Bezeichnung der Angelegenheit als quite a story wird
die individuelle Auffassung und Stellungnahme (oder Stimmung) des
Redenden zum Ausdruck gebracht, mit anderen Worten : quite steht hier
in modaler Funktion.
Sagen wir: There were quite five thousand people assembled in the big
hall, so steht quite in seinem eigentlichen Sinne 'ganz', d. h. an der Zahl
5000 fehlte nichts, eher mögen es noch mehr gewesen sein. Dagegen in
there were quite five persons present ivhen the concert began empfindet jeder
die darin liegende Ironie.
Wird gesagt : He has quite convinced me, so steht quite im eigentlichen
Sinne = ganz, completely, entirely. Der Satz I quite expected to find him
at home drückt wohl eher aus: ich erwartete mit ziemlicher Bestimmtheit,
ihn zu Hause zu treffen, und bin nun einigermafsen überrascht, dafs er
doch nicht da ist. Also modal, ohne Ironie. She was quite admired,
wie wir vorhin sahen: modal, mit feiner, geschickt verschleierter Ironie. Wie
verschieden sind z. B. diese letzten drei Fälle, und doch ist es überall nur
das einfache quite, das diese verschiedenen Nuancen bewirkt. Freilich,
zu berücksichtigen ist immer der Zusammenhang. Wenn die schriftliche
Darstellung der Sprache genügend Rücksicht nähme auf die Betonung
182 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
nicht blofs in dynamischer, sondern auch in musikalischer Beziehung, so
hätten die Erklärer leichtere Arbeit. So aber heifst es hier, wo doch die
Sache verhältnismäfsig einfach liegt, auch immer noch: Vorsicht, um von
Fall zu Fall zu entscheiden, wie quite gebraucht ist.
Stoffel geht dann (S. 55) zu dem viel gebrauchten Ausdruck quite a
gcntleman über und zeigt, dafs derselbe zweierlei heifsen kann; entweder:
ein ganzer oder wahrer, echter gentleman oder: ein unter den obwaltenden
Umständen, d. h. verhältmäfsig anständiger oder feiner Mann, der zwar
kein wirklicher g. ist, aber doch eine unerwartete Ähnlichkeit mit einem
solchen zeigt. In vielen, aber nicht in allen Fällen dürfte hier Stoffels
Betonungstheorie zutreffen: quite a. g. gegenüber quite a gentleman.
Aber schon der Umstand, dafs für quite a. g. auch a perfect, a thorongh,
a true-bred g., a g. born and bred, und andererseits: a regulär gentleman,
in alltäglichem Gebrauch sind, scheint zu beweisen, dafs den Engländern
der Ausdruck quite a g. eben wegen der Unsicherheit der Betonung zu
wenig klar vorkommt, sonst hätten sie wohl schwerlich jene soviel ge-
brauchten, auch fast schon formelhaft gewordenen synonymen Ausdrücke
daneben gestellt. Übrigens legt auch der feinfühlige, phonetisch gründlich
geschulte Joh. Storni in solchen Fällen nicht soviel Wert auf die Be-
tonung von quite wie Stoffel.
Um seine Betonungstheorie zu erläutern und zu stützen, prüft Stoffel
S. 58 ff. eine ganze Reihe von Beispielen, bei denen es sich auch wieder-
holt zeigt, wie wenig er die Unsicherheit der Betonung darin berücksich-
tigt. Das genauer auszuführen, würde hier zu weit führen. Wohl aber
mag noch bemerkt werden, dafs, wenn man einmal auf die Betonung so-
viel Gewicht legt und Theorien darauf baut, man nicht guttut, nur den
dynamischen Ton oder stress zu berücksichtigen, sondern davon sorgfältig
den musikalischen Ton oder pitch getrennt halten sollte. Durch die Ver-
mengung der beiden, sich oft kreuzenden oder durchdringenden Arten
sind schon viele schiefe Urteile über Betonungsverhältuisse veranlafst wor-
den. Man denke nur an die verschiedenen, sich widerstreitenden Ansichten
über die Betonung des Französischen! Das läfst sich auch an quite vor
Adjektiv oder Adverb zeigen. Stoffel citiert den Satz (S. 60) The author
is getting quite intelligible towards the end of the book und meint, mit
schwach betontem quite drücke es mit bitterem Sarkasmus aus, dafs vor-
her das Buch lauter törichtes, unverständliches Zeug enthalte, mit stark
betontem quite, dafs zwar hier und da einige Dunkelheiten in dem Buche
seien, dafs aber gegen Ende des Buches alles klar und verständig sei.
Hier also fehle der Sarkasmus gänzlich. Recht hat er mit dieser Unter-
scheidung, aber ob wir es hierbei ausschliefslich oder auch nur vorwiegend
mit dem dynamischen Accent zu tun haben, das möchte ich bezweifeln.
Ich meine, dafs es gerade in solchen Fällen mindestens ebensoviel auf
den musikalischen Accent oder pitch ankommt. Bemüht man sich, die
Worte the author is getting quite intelligible durchweg in gleicher
Tonhöhe zu sprechen und dabei das erste Mal quite dynamisch schwächer,
das zweite Mal stärker als intelligible hervorzubringen, so kann man
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 183
sich davon überzeugen, dafs uns weder das eine noch das andere Mal
völlig klar wird, wie der Satz gemeint ist. Jede Unklarheit verschwindet
aber, sobald wir auch den musikalischen Ton mitwirken lassen. Doch
damit geraten wir auf das Gebiet der experimentellen Phonetik oder gar
Physik, in welches ich mich hier nicht hineinwagen möchte. Ich wollte
nur an einem Beispiel zeigen, dafs es für grammatische Untersuchungen
mifslich ist, sich allzusehr auf die Satzbetonung zu stützen. Der Philo-
loge braucht deshalb aber nicht auf die Ergründung solcher, den wirklich
beabsichtigten Sinn offenbarenden Feinheiten zu verzichten; der Zusam-
menhang wird in den weitaus meisten Fällen ihn genügend leiten und
beraten. Aus dem Zusammenhang herausgerissene Srtze lassen sich leicht
anders verstehen, als der Schriftsteller sie verstanden wissen wollte. An-
zuerkennen ist, dafs Stoffel, dies wohl fühlend, fast durchweg den Leser
über den Zusammenhang seiner Beispiele genügend aufklärt.
Auf S. 62 möchte Stoffel auf Grund seiner bisherigen Ausführungen
nun auch z. B. zwischen quite a young lad und a quite young lad
sauber den Unterschied feststellen. In dem letzteren Ausdruck könne
quite leicht mit dem stark betonten word-modifier (wie in a quite un-
answerable objection) verwechselt werden; d. h. doch wohl, hier sei quite
gewöhnlich stark betont und es heifse also: 'ein ganz junger Bursche,'
während quite a young lad eine gewisse Überraschung ausdrücke, dafs
solch ein junger Bursche schon dies oder jenes tue. Ich gebe zu, dafs
solch ein Unterschied gemacht werden kann und öfter gemacht wird.
Volkstümlich scheint mir aber das Vorsetzen des Artikels vor quite noch
nicht zu sein, und wer weifs, ob es je allgemein üblich werden wird. Sage
ich zu jemand: You'll lilce Mr. Brown. He is quite an old friend of ours,
so wird damit eine einfache Tatsache ausgesprochen, ohne jede Beimischung
von Überraschung oder ähnlichem: 'Mr. Br. ist ein sehr alter Freund
unserer Familie.' Nach Stoffels Theorie müfste es nun heifsen: a quite
old friend of ours. Das habe ich nie gehört und, soviel ich weifs, nie ge-
lesen. Am Schlüsse seiner Studie über quite weist Stoffel noch auf die
Tatsache hin, dafs quite in Vergleichungssätzen wie: This pear is quite
as sweet as the last einfach die Gleichheit des Süfsigkeitsgrades bei beiden
Birnen ausdrücke, dafs dazu aber eine zweifache Verneinungsform bestehe:
this pear is not quite so sweet as the last und this pear is not quite as
sweet as the last. Da aber über den etwaigen Unterschied zwischen beiden
sich erst urteilen läfst, wenn der allgemeine Unterschied zwischen not so
. . . as und not as ... as untersucht ist, so kann hierauf erst weiter unten
eingegangen werden.
Aus Stoffels Untersuchung über quite ersehen wir also, dafs er die
verschiedenen Verwendungen von quite 1) in dem ganz wörtlichen Sinne
complete(ly), thoroughfly), cntirefly), 2) in dem abgeschwächten Sinne (real(ly)),
emphatically, highly, very und 3) in seiner modalen Funktion als Aus-
drucksmittel der individuellen Stimmung, der Überraschung, des Zweifels,
des Nichtglaubens, der Ironie oder des Sarkasmus richtig erkennt und
durch zahlreiche Beispiele belegt hat. Wir haben aber auch gesehen; dafs
184 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
man in diesem oder jenem Einzelfalle zu anderer Auffassung neigen kann,
und dafs vor allem seine Betonungstheorie auf etwas unsicheren Füfsen
zu stehen scheint oder zum mindesten nach der Seite des mit hinein-
spielenden musikalischen Tones noch weiterer sorgsamer Untersuchung
bedarf.
Zwei weitere, sehr eingehende Studien befassen sich alsdann mit as
und so. Auf das NED. sich stützend, gibt Verf. zunächst eine Geschichte
dieser Wörter und erinnert daran, dafs so aus dem ae. swä, as aus ealsiva
hervorgegangen, letzteres also ursprünglich ein verstärktes so gewesen sei.
Er beleuchtet auch die korrelativen Verbindungen so ... as, as ... as,
as ... so in ihrer geschichtlichen Entwicklung und nach ihrer Verwen-
dung in Sätzen verschiedener Qualität. — - Storni, findet er, hat zuerst
darauf hingewiesen, dafs Wendungen wie: a man as busy as you are
und: a man so busy as you are nicht dasselbe bedeuten. Wo wir also,
abweichend von der bisher mit grofser Starrheit selbst von englischen
Grammatikern festgehaltenen Regel, so . . . as in affirmativen Sätzen finden,
hat man es mit besonderen, anders gearteten Fällen zu tun.
Stoffel zeigt nun zunächst an dem einfachen so, dafs es schon von
alters her als grad- oder intensitätbestimmendes demonstratives Adverb ge-
braucht worden ist. Sätze wie: I don't remember, it' s so long ago
heifsen doch nur : It's so long ago that I don't remember. Überall, wo so
solch demonstratives, gradbestimmendes Adverb ist, wird sich ein Folge-
satz in irgend einer Form finden oder unschwer ergänzen lassen. Er kann
auch die Form eines Infinitivsatzes haben: Will you be so kind as to
shut the door? Danach, meint Stoffel, seien, wenn auch mit einiger
Einschränkung, auch Stellen zu beurteilen wie (Macaulay, Essays IV, 146) :
In a world so füll of temptation as this; oder (Townley Mysteries 87
[um 1460]): Note who toould not be glad that had A Child so lufand
as thou art? Sobald man einmal sein Augenmerk darauf richtet, fühlt
man auch, dafs die Einsetzung von as für so in solchen Sätzen nicht mit
Sicherheit denselben Sinn ergeben würde wie die Sätze mit so ... as,
und Stoffel findet, dafs in bejahten Sätzen as ... as schlechthin die
Gleichheit bezeichnet, so ... as aber zugleich auch auf den (hohen) Grad
einer Eigenschaft hinweist. A ivorld so fidl of temptation as this heifst
also nicht 'eine zweite Welt, die ebenso voller Versuchung ist wie diese',
sondern: 'diese unsere Welt ist sehr voll von Versuchungen,' und der
Satz aus den Townley Myst. heifst: 'Wer würde sich nicht freuen, wenn
er dich, du so überaus liebevolles Kind, zu eigen hätte.'
Die vorhin erwähnte Einschränkung liegt nun nach Stoffel (S. 75)
darin, dafs man in Sätzen wie den beiden letzterwähnten etwas nicht mit
etwas anderem, aufser ihm Liegendem, vergleicht, sondern dafs dieses
'Etwas' sein Mafs, sein Vergleichs - Standard in sich selbst hat, d. h. an
sich selber gemessen, mit sich selber verglichen wird, während bei as . . .
as eins mit einem anderen verglichen und als gleich hingestellt wird.
Mit anderen Worten: a district as large as Hampshire ist nach
modernem Sprachgebrauch ein anderer Distrikt, der dieselbe Gröfse wie H.
Beurteilungen und kurze anzeigen. 185
hat; a district so large as Hampshire ist H. selbst, dessen Gröfse
als recht beträchtlich hingestellt wird.
Die Tendenz zu dieser Differenzierung von as . . . as und so ... as
ist unverkennbar im neueren Englisch vorhanden. Aber ich möchte doch
nicht mit Stoffel Abweichungen von dieser so sauber aufgestellten Kegel
(S. 76) direkt als Fehler bezeichnen. Er citiert zwei solcher vermeintlich
fehlerhaften Beispiele (Rev. of Reviews, 15/3 1898, 200 a): It is somewhat
diffictdt to speak of the Progress of the World in a month that has been
characterised by as mtieh retrogression as February 1S98, gemeint ist der
Februar 1898 selber; und nach Stoffel müfste es richtig lauten: by so
much r. as F. 1898. Und (Academy 28/4 08, 445 b): Fashionable life, opeu
on indulgent terms to unencumbered 'brilliant' persons, I coidd not endure,
cven if I had not feared its demoralising effect on a character lohich re-
qut'red looking after as much as my own. Da nur der eigene Charakter
gemeint ist, so verlangt Stoffel hier so mueh as. Aber wenn man auch
zugeben wird, dafs die von Stoffel erläuterte Unterscheidung recht glück-
lich und praktisch ist, nötig scheint sie mir nicht zu sein. In dem letzten
Satze sagt z. B. jemand, das fash. life wirke schädlich auf einen Charakter,
der ebensoviel Kontrolle verlange wie sein eigener. Da der Betreffende
keinen zweiten Charakter zum Vergleich wirklich heranzieht, sondern in
dem ganzen Ausspruche nur den eigenen meint, so kommt kein Mensch
auf den Gedanken, dafs seine Besorgnis dem gefährdeten Charakter eines
zweiten gelten könnte. Die ausgedrückte Gleichheit geht hier durch einen
ganz leichten logischen Schlufs in völlige Identität über. Ich meine also,
bei as ... as kann man es wohl mit zwei Vergleichsobjekten zu tun
haben, es brauchen aber nicht notwendig zwei zu sein ; es kann auch eins
sein, welches nachdrücklich mit sich selber identifiziert wird. Stoffel
scheint diese doppelte Möglichkeit nicht genügend beachtet zu haben. Wie
man früher bei solcher Ausdrucks weise logisch mühelos auf die Identität
der Vergleichsglieder schlofs, so tut man es jetzt noch, wenn der Zusam-
menhang ein Mifsverständnis unmöglich macht. Liegt aber Identität vor,
so hört man z. B. aus as much as ... nicht mehr eine Vergleichung,
sondern nur noch das much, d. h. die Grad- oder Intensitätsbestimmung
heraus, mit anderen Worten: man mag finden, dafs so ... as zur Grad-
bezeichnung klarer und einfacher ist, aber as ... as kann, wie früher
regelmäfsig, aufser seiner Funktion, die Gleichheit von zwei Dingen zu
bezeichnen, auch immer noch die des neueren so ... as verrichten, d. h.
als Gradausdruck dienen, und Stoffel geht doch wohl zu weit, in as ... as
statt dieses so ... as geradezu einen Fehler zu erblicken.
Stoffel wrendet sich dann zu einer Prüfung von Wendungen wie:
young as he was, he was shrewd enough to under stand . . ., wo
der Sinn deutlich konzessiv sei: however young he might be etc.
Oder: excitable as he was, he offen shocked his quiet friends,
wo der Sinn kausal sei: as he was so very excitable, he often shocked his
friends. Ja, es findet sich auch mit beteuernder Kraft z. B. bei Shak.
Oth. II, 1. 203: ßut TU set doivn the pegs that make this musie, As honest
186 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
as I am, wo man heute sagen würde: as I am an honest man. Wie hier
noch bei Shak. das erste Adverb as vorhanden ist, so sei es im älteren
Englisch überhaupt Regel, dafs so oder as vor dem Adj. oder Adv. stehe,
und zwar, meint Stoffel nach seiner Theorie, stehe so wo der Grad, as
wo die Gleichheit bezeichnet werden soll. Das kann man zugeben mit
dem Vorbehalt, dafs dabei as für so zwar als weniger klar, aber doch
nicht geradezu als falsch angesehen werden darf. Diese Wörtchen werden
im modernen Englisch vorn meist fortgelassen. Auf S. 81 ff. geht dann
Stoffel auf as resp. so in Verbindung 1) mit soon, far, long, oßen, surely,
2) mit late, early, much, near ein. Hier findet er aber selber, dafs in dem
Gebrauche von as und so noch Unsicherheit herrscht. Diese Verbindungen
werden durch die verschiedenen Jahrhunderte und durch die wichtigeren
Literaturwerke verfolgt, aber mir scheint aus der Fülle der Beispiele mit
Sicherheit eben nur die Unsicherheit des Sprachgebrauchs hervorzugehen.
Eine Tendenz zur Differenzierung in Stoffels Sinne ist bei den meisten
der betrachteten Verbindungen wohl vorhanden, aber nicht wenige sei-
ner Beispiele scheinen mir in demselben Sinne as ebensogut zuzulassen
wie so. Er führt z. B. die Phrase an : What's the odds so long as ue are
happy! Seltsamerweise kenne ich selber und auch eine Engländerin, die
ich befragte, aus dem alltäglichen Gebrauche davon ausschliefslich die
Form mit as ... as, wohl verstanden in genau demselben Sinne: 'was
tut's' — so lange, d. h. wofern wir nur glücklich sind, d. h. so lange wir
uns dadurch nicht stören oder ärgern lassen, und Stoffel selber gibt (S. 89)
von dieser Form ein Beispiel. Ich möchte also behaupten, dafs die Sache
doch noch zu sehr im Flusse ist, um schon jetzt Bestimmtes darüber
oder gar über ihren wahrscheinlichen weiteren Verlauf sagen zu können.
Aber wegen der Fülle von scharfsinnigen Bemerkungen, von zarten Unter-
scheidungen, die sich gerade in diesem Teile des Buches finden, ist sein
Studium allen Fachgenossen wärmstens zu empfehlen. Sein Inhalt frei-
lich läfst sich kurz schwer wiedergeben. Treffend weist Stoffel auf den
feinen Unterschied zwischen so soon as und as soon as hin in Sätzen
wie : as soon as we arrired, we heard of the accident (reine Gleichzeitigkeit)
und: so soon as the Company had taken their seats, the concert
began, wo aufser der Gleichzeitigkeit auch noch angedeutet wird, dafs mit
dem Beginn des Konzertes so lange gewartet worden sei. Er macht uns
auf die ebenso feine Nuance aufmerksam, die aus einem Satze wie: So
soon as I saw his face, all my fears vanished herauszufühlen ist,
wo wir aufser der Gleichzeitigkeit auch noch empfinden, dafs der blofse
Anblick seines Gesichtes genügte, um alle Furcht zu verscheuchen, dafs
mit anderen Worten zwischen dem Erscheinen des Gesichtes und dem Ver-
schwinden der Furcht ein Kausalnexus besteht. Stoffel zeigt uns ähnliche
feine Schattierungen bei so long as im Vergleiche zu as long as (Mifs
Braddon, Mount Royal I, 303): TU try and make your life as agreeable
as I can . . . so long as you don't ask me to ßll the house with visitors, wo
so long as = if only, 'wofern nur nicht' ist. Und wieder anders in
(Puheh, Oct. 27, 1894, 196 a): But what does it all matter so long as we've
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 187
met, and it's all right between us? wo so long as im letzten Gründe so
viel bedeutet wie: da wir ja nun doch beisammen sind und alles
zwischen uns in schönster Ordnung ist.
Er findet ferner mit Eecht, dafs so surely as zu einer 'phrasal
conjunction' geworden ist, dafs es soviel bedeutet wie: tvhenever, as
offen as und etwas als die unausbleibliche Begleiterscheinung oder Wir-
kung von etwas anderem erscheinen läfst, wie z. B. in der bekannten
Stelle aus Dickens' 'Christmas CaroP I: 'So surely as the elerk came in
with the shovel, the master predieted that it would be necessary for thern
to part.
Und so liefsen sich der treffenden und feinen Bemerkungen, die Stoffel
in diesem umfangreichen Teile seines Buches macht, noch viele andere an-
reihen, doch mufs ich mich hier mit dem Hinweis auf diese wenigen be-
gnügen. Wohl aber sei es noch einmal ausgesprochen, dafs es mir scheint,
als ginge Stoffel bei manchem seiner so ... as- Beispiele zu weit, wenn
er die Zulässigkeit oder Möglichkeit von as ... as mit derselben Bedeu-
tung darin bestreitet. Das Vorhandensein einer Tendenz im modernen
Englisch, dem as die Funktion einer Bezeichnung blofser Gleichheit, dem
so die Funktion einer Gradbestimmung im Vergleich mit irgend einem
Mafse oder Standard zuzuweisen, soll, wie schon gesagt, nicht in Abrede
gestellt werden, aber ich glaube, Stoffel berücksichtigt nicht genügend,
dafs mittels des vorhin erwähnten, ganz einfachen, sich unbewufst voll-
ziehenden logischen Schlusses die as ...-Verbindungen wie früher auch
jetzt noch beide Funktionen verrichten können, und dafs daher der augen-
blicklich bemerkbaren Vorliebe für so möglicherweise einmal wieder eine
Zeit folgen kann, wo man dem as in solchen Fällen die Funktion des so
wieder ganz übertragen kann, wie in: what's the odds as long as ue are
happy? Möglich auch, dafs dieses so in gewissen Verbindungen sich
definitiv festsetzt, z. B. in so surely as (= whenever), wo, wie Stoffel
(S. 95) meint, ein moderner Schriftsteller wohl kaum as surely as ge-
brauchen würde; dafs in anderen Fällen aber as sich behauptet, z. B. in
as often as, wozu Stoffel S. 92 bemerkt, dafs er kein Beispiel von so
offen as aus dem 19. Jahrhundert habe auffinden können. Jedenfalls
scheint es mir etwas verfrüht zu sein, mit Stoffel anzunehmen, dafs zum
Zwecke der Gradbestimmung dem so der schliefsliche Sieg sicher sei.
Stoffel geht danach (S. 100 ff.) zu den Fällen über, wo nach seiner
Ansicht das einfache so einen hohen Grad an sich, ohne Bezugnahme
auf eine ausgedrückte oder zu ergänzende Norm ausdrückt. Er denkt
dabei an Fälle wie: you are so kind, wo so = inexpressibly , also
stärker sei als very (you are very kind). Wenn nun auch durch inex-
pressibly oder ein ähnliches Wort sich der Sinn dieses so in den meisten
Fällen praktisch und passend umschreiben läfst, so zeigt sich bei wört-
licherer Auffassung von so doch, dafs sich dazu leicht ein Korrelativ durch
den Zusatz finden läfst: so . . . that I can't teil you how much ... oder
to what extent oder degree . . . und dieser Zusatz steckt ja schon (nur zu
einem einzigen Wort kondensiert) in inexpressibly. Die Grenze dessen,
188 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
was man ausdrücken kann, stellt eben die Norm dar, woran der durch
so angedeutete hohe Grad gemessen wird.
Aufmerksame Beobachter der Sprache (und Stoffel schliefst sich ihnen
an) haben gefunden, dafs dieses so, welches im Umgangsenglisch schon
ziemlich alt, in ernsterer Literatur aber wohl schwerlich vor dem 10. Jahr-
hundert anzutreffen sei, besonders bei Frauen und Kindern, auch wohl
bei sogenannten 'ladies' men' und bei denen beliebt sei, die gewöhnt sind
'to lay it on thick'. So charakterisieren Phrasen wie: Thank you so muck;
— it was so kind of you to think of it; — that's so like you; — Tm so
ylad you have come! und ähnliche ganz vortrefflich die Ausdrucksweise
der Damen, während Männer das so gewöhnlich nur da anwenden werden,
wo sich ein Folgesatz bestimmten Inhaltes anschliefst oder als selbst-
verständlich ergänzen läfst: It was so warm that I coidd not do this or
that, wo dann so demonstratives Adverb und nicht blofs Intensivuni ist.
In Sätzen wie (S. 103): Their principles were those so finely expressed
by Louis XVIII, oder: The agitation ichich they so sedulously maintained,
ist es nach Stoffels Ansicht sehr schwer, die Kraft und Bedeutung von
so zu bestimmen. Sollten wir hier nicht einfach einen Zusatz zu ergänzen
haben wie etwa: 'dafs es gar nicht mehr zu übertreffen oder zu überbieten
war?' Es fällt einem dabei unwillkürlich ein, wie häufig der Franzose,
besonders in der Umgangssprache, statt il est si aimable sagt: il est on
ne peid plus aimable — eine interessante Ausdrucksweise, in welcher der
korrelative Zusatz qu'on ne peut pas etre plus aimable que ca, wenn auch
in verkürzter Form, geradezu an die Stelle des ursprünglich demonstra-
tiven Intensivums si getreten ist.
Wie wir eben sahen, dafs so ohne ausgedrücktes Korrelativ als Inten -
sivum gebraucht wurde und wird, so zeigt Stoffel (S. 107 f.) im Me. etwas
Ähnliches auch bei as, z. B. (Troilus and Criseyde II, 657): (she) gan in
her lieed to pulle, and that as faste, Whyl he and dl the peple forby paste,
wo offenbar leicht zu ergänzen ist: (as faste) as faste could be. Dieser
Gebrauch hielt sich ziemlich lange. Stoffel citiert noch aus Sheridans
'Rivals' I, 1: You look as hearty! In dem jetzigen Englisch heifse es
gewöhnlich: as ... as ... can (oder could) be: 'as poor as poor can (could)
be.' Aber volkstümlich kommen durch Fortlassung von can (coidd) be als
Ausdruck eines sehr hohen Grades Verdoppelungen zu stände, die uns
auf den ersten Blick befremden: as still as still, as dark as dark,
as hard as hard usw.
Nach solchen eingehenden, man möchte fast sagen Vorstudien über
die einzelnen so und as und über die Paare: as ... as, so ... as geht
Stoffel über zu not as ... as, für welches der noch vorwiegende Gebrauch
bekanntlich not so ... as zeigt. Seine Ausführungen scheinen mir hier
etwas umständlich; auch, glaube ich, legt er hier stellenweise wieder zu
viel Wert auf die Betontheit oder Unbetontheit von so und as (jedenfalls
bin ich nicht überzeugt, dafs as vor Adj. oder Adv. überhaupt jemals in
natürlicher Sprechweise stärker als die folgenden Wörter betont sein kann,
vgl. auch S. 119); aber vermöge seines feinen Sprachgefühls trifft er das
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 189
Richtige; nur hätte das zu Sagende einfacher und vielleicht noch deut-
licher etwa folgendermafsen entwickelt werden können : John is as tall as
William, d. h. J. ist ebenso grofs wie W., ob nun W.'s Gröfse beträcht-
lich oder gering sei. Man will nur die Gleichheit der beiden in ihrer
Gröfse, wie sie nun einmal ist, ausdrücken.
Diese Gleichheit, wiederum ohne Rücksiebt auf die Beträchtlichkeit
oder Geringfügigkeit von W.'s Körperlänge, wird verneint durch die Form :
John is not so tall as William. Dagegen wollen diejenigen, welche sagen:
John is not as tall as William, wohl meistens etwas mehr ausdrücken als
die blofse Verneinung der Gleichheit, und zwar kann nach meinem Gefühl
darin zu gleicher Zeit noch liegen: 1) Der Unterschied zwischen beiden
mag nur gering sein, aber jedenfalls ist ein Unterschied vorhanden; oder
2) wir wissen, dafs William wirklich hochgewachsen ist, aber John reicht
an diese Gröfse nicht ganz heran, obgleich auch er als grofs bezeichnet
werden kann. — Diese subjektiven Färbungen der Aussage fehlen bei not
so ... as, welches einfach die Ungleichheit konstatiert.
Mir scheint es, als finde sich im Französischen etwas Ahnliches:
Jean est aussi grand que Ouillaume, Jean n'est pas si grand que Ouillaume,
Jean n'est pas aussi grand que Chcillaume, wo die letzte Form nach meinem
Eindruck dem englischen J. is not as tall as W. entspricht. Ahnlich
sagen wir auch deutsch für gewöhnlich: 'Hans ist nicht so grofs wie Wil-
helm.' Wollen wir aber stärker das wirkliche Vorhandensein eines wenn
auch nur kleinen Unterschiedes betonen, so heifst es auch bei uns oft:
'Hans ist nicht ebenso grofs wie Wilhelm.' Da dieser Gebrauch von not
as ... as noch verhältnismäfsig jung ist — er taucht vereinzelt erst im
Anfang des 18. Jahrhunderts auf und greift dann in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts immer weiter um sich — , so braucht man sich nicht
zu wundern, wenn sich nicht alle ihm bisher fügen, wenn sich Schwan-
kungen sogar bei ein und demselben Schriftsteller beobachten lassen (z. B.
Rev. of Reviews, Febr. 15, 1896, 119 b): It was remarked the other day that
after Mr. Oladstone no man excited as much interest and. was observed
with so much attention in the United States of America as Cecil Rhodes,
aber mit vollem Recht wünscht Stoffel, dafs nun die englischen Gram-
matiker doch endlich aufhören möchten, dies not as ... as als eine Ver-
letzung of the King's English zu brandmarken, und ich möchte hinzufügen,
dafs diese Unterscheidung von not as ... as und not so ... as natür-
lich und gerechtfertigt, auch bedeutend genug erscheint, um auch all-
gemein in den Lehrbüchern der englischen Sprache berücksichtigt zu
werden, wenn wir auch noch nicht so weit sind, Abweichungen davon als
Fehler hinstellen zu dürfen.
Im Anschlufs hieran werden dann ziemlich kurz noch eine Reihe von
Fashimiable, Colloquial, and Vulgär Intensives behandelt.
Zunächst vastly. Storm meint, es sei jetzt veraltet. Stoffel will das
nicht in vollem Umfange zugeben, und ich möchte es meinerseits über-
haupt bestreiten, denn es ist mir im alltäglichen Englisch so oft begegnet,
dafs ich nichts Auffallendes oder gar Veraltetes daran entdecken kann.
190 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Es bedeutet: 'ungeheuer, riesig, kolossal, klotzig' usw., je nach dem Ge-
schmack, Stand und Bildungsgrad des Sprechenden. Um ca. 1850 kam
dann awful(ly) als fashionable intensive auf. Es heilst eigentlich 'Furcht
oder wenigstens Ehrfurcht einf löfsend' ; es ist daher etwa = 'imponierend,
gewaltig, riesig', und es erfreut sich noch heute bei allen Schichten der
Bevölkerung in der ungezwungenen Unterhaltung so grofser Beliebtheit,
dafs man es kaum noch als slang empfindet und sich über seine Dauer-
haftigkeit wundern mufs.
Als beliebtestes Schuljungen -Intensivum verdient jolly erwähnt zu
werden; im Schottischen braucht man dafür gey. Über bloody, bloom-
ing, blasting hat sich Stoffel schon früher in seinen 'Studies in English'
geäufsert. Ihnen gesellen sich als Vulgarismen hinzu: sinful (vgl. er
hat sündhaft viel Geld) und cruel, wozu Stoffel als Beispiel aus dem
'Engl. Dialect. Dict.' die Dubliner Phrase citiert: I am poiverful weak, but
cruel easy. Dafs hier und schon öfter vorher die Adverbien äufserlich den
Adjektiven gleichen, ist nicht überraschend, denn der Bildung des Adverbs
von Adjektiven mittels der Silbe -ly, welche im literarischen Englisch mit
gewissen Ausnahmen allmählich durchgedrungen und zur Regel geworden
ist, wird in der Sprache der Ungebildeten noch heute ungeschwächter
Widerstand entgegengesetzt.
Zu dem Intens, inortal citiert Stoffel Beispiele wie (S. 128): a mortal
laxy fellow; they were mortal sure; they 're mortal dear to look at und
vergleicht damit for six mortal weeks; a whole mortal season. Wo
mortal statt mortally als Intensivum vor Adj. (resp. Adv.) steht, ist
es entschieden vulgär. Die beiden letzten Fälle, wo das Adj. mortal vor
Bezeichnungen von Zeitabschnitten steht, sind anders zu beurteilen. Stoffel
sagt kurz, es bedeute interminable. Gewifs soll damit angedeutet werden,
dafs die Zeit dem Sprechenden sehr lang vorkommt, aber man hält sich
bei solchen Erklärungsversuchen zunächst doch wohl immer am sichersten
an die Grundbedeutungen der Wörter. Die Zeit kommt einem so schreck-
lich lang vor, dafs man daran oder wenigstens darin, d. h. vor ihrem
Ende, zu sterben fürchtet, dafs man meint, das Ende nicht erleben zu
können. Damit verglichen, erscheint interminable als Umschreibung zu
matt. Das Synonym killing wird ja auch ähnlich übertrieben gebraucht:
a killing beauty. It was killing kann heifsen: 'es war zum Totlachen.'
Mit der Bedeutung mortal = 'todbringend' (die wenigstens im Kirchenlatein
belegt ist) kommt man also wohl aus und kann bei Bezeichnungen von
Zeitabschnitten etwa übersetzen: 'sechs tödlich lange Wochen, eine ganze
tödlich lange Saison hindurch.' Von der alten Wahrheit ausgehend, dafs
allzuviel (selbst von etwas an sich Gutem) ungesund ist und daher schliefs-
lich sogar tödlich wirken kann, will man also mit mortal ausdrücken,
dafs eine Eigenschaft im Übermafse vorhanden ist. Wir sprechen ja auch
von tödlicher Langerweile oder sagen, dafs etwas zum Sterben lang-
weilig sei. Von der Sicherheit, mit der ursprünglich der Feind im Kampfe
tödlich getroffen wird, überträgt man die Tödlichkeit auf jede Sicherheit
oder Gewifsheit: Are you quite sure of it? De ad sure, was also völlig
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 191
dem Stoffeischen Beispiele: They ivere mortal sure entspricht. Man
hört auch im Deutschen in neuerer Zeit mancherlei befremdliche Zusam-
mensetzungen, z. B. todsicher, welche keine innere Berechtigung haben,
wie sie todmüde, todmatt, todkrank usw. für sich in Anspruch
nehmen können. Ich vermute, wir haben es in todsicher nur mit einer
Nachahmung des dead sure zu thun, was mir bei der starken Durch-
setzung der deutschen Sportsprache mit Anglizismen nicht unwahrschein-
lich erscheint.
Wieder anders schillert die Bedeutung von mortal z. B. in: any
mortal thing = any thing that may be imagined. Hier drückt in be-
jahten Sätzen mortal nur in besonders kräftiger Weise die absolute
Beliebigkeit der Sache aus, die ja auch schon in any angedeutet wird.
Mortal hat sich in solchen Fällen wohl am weitesten von seiner eigent-
lichen Bedeutung entfernt und entspricht unserem familiären x-beliebig,
wo wir — unbekümmert um den mathematischen Ursprung — das x
offenbar doch auch nur als eine Verstärkung von beliebig, also als ein
rudimentäres Intensivuni empfinden. — Viel häufiger freilich wird sich
mortal so stark verblafst in Sätzen der Nichtwirklichkeit (d. h. nega-
tiven, fragenden oder bedingenden) finden: not a mortal thing to eat,
there was not a mortal scrap oder drop left; did he speak a mortal
tvord the whole evening? Hier soll durch mortal eben die Nichtwirklich-
keit als in einem sozusagen tödlich wirkenden Übermafse vorhanden, d. h.
als eine völlige, absolute, nicht zu überbietende Nichtwirklichkeit hin-
gestellt werden. — Stoffel erinnert bei a mortal word an unser 'Sterbens-
wörtchen'. Trotz gewisser Ähnlichkeit in Bedeutung und Anwendung der
Ausdrücke sind sie im Grunde doch recht verschieden.
'Sterbenswörtchen' ist wohl zu verstehen als leisestes Wörtchen,
wie es etwa im Sterben noch hingehaucht wird; vielleicht ist es sogar nur
eine Zusammenziehung von 'sterbendes Wörtchen', welches sich auch be-
legt findet (s. Heyse, Deutsch. Wörterb.), und könnte dann auch ein Wört-
chen bedeuten, das so schwach und leise klingt, als stürbe es selber dahin.
Jedenfalls weist 'Sterbenswörtchen' auf einen passiven Zustand, mortal
ursprünglich auf eine aktive Wirkung (todbringend) hin, deshalb ist die
Ähnlichkeit nur eine mehr äufserliche.
Es werden dann die vulgären Intensiva desperate, icoundy und
consumedly kurz behandelt. Letzteres halte ich für eine volkstümliche
Umformung des 'mot savant' consummately. Eine gelegentliche Ver-
mengung der beiden gibt auch das NED. als möglich zu. Consummate
ist nie volkstümlich gewesen, wohl aber to consume, consumed und
davon consumedly. Das Volk brauchte ausschliefslich letzteres, und
zwar wohl auch in verschwommener Weise statt consumingly = ver-
zehrend, vernichtend, ganz ähnlich also wie mortal und killing.
Schliefslich fand dieser ursprüngliche Vulgarismus auch seinen Weg in das
Schriftenglisch (McCarthy, 'Hist. of Our Own Times,' II, 313): Jokes which
set the whole Company laughing consumedly.
Hieran schliefsen sich : damnably, pernicious, badly und sadly,
192 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
welch letzteres Stoffel zutreffend für etwas feiner als badly hält. Ebenso
richtig scheint mir seine Bemerkung, dafs mighty als Int. vor Adj. und
Adv. jetzt vorzugsweise ironisch gebraucht werde. Ganz modern sei
simply, einfach, schlechthin vor Adj., Adv. und Verb. = nothing more
or less than. Simply ist ein interessanter Beweis, dafs die allgemeine
mifsbräuchliche Anwendung sehr kräftiger Intensiva schliefslich zu einer
Reaktion führt, so dafs man sich dann, um einen besonders starken Ein-
druck hervorzubringen, einer affektierten Bescheidenheit, Mäfsigung und
Zurückhaltung im Ausdruck befleifsigt, daher dann Wendungen wie:
simply (impossible), not half (bad), a tidy oder decent fellow für 'Pracht-
kerl, ganz famoser Kerl'.
Diese scheinbar abschwächenden, in Wirklichkeit aber stark intensiv
wirkenden Wörter leiten uns hinüber zu den eigentlichen Abschwächungs-
wörtern.
Die down-toners schwächen den Grad einer Eigenschaft ab; sie
drücken einen mäfsigen, geringen oder auch einen gerade nur noch wahr-
nehmbaren Grad der Eigenschaft aus. Stoffel findet, dafs rather und
nächst ihm pretty unter allen hier in Betracht kommenden Wörtern die
charakteristischsten seien. Ihnen schliefsen sich die von Stoffel nur kurz
berührten slightly, somewhat, tolerably , a bit, a morsel, a mite,
a trifle und a little an. Bei letzterem erwähnt er auch die in neuerer
Zeit sich öfter findende Nebenform a leetle, welche in der Tat die Be-
deutung: '(nur) ein ganz klein wenig' auszudrücken scheint. Woher diese
Form leetle stammt, weifs ich nicht genau zu sagen. Ich möchte die
Vermutung wagen, dafs es eine scherzhafte Nachahmung der Aussprache
vieler Ausländer, besonders solcher romanischer Herkunft sei, wenigstens
habe ich gefunden, dafs in Literaturwerken und auf der Bühne, wo z. B.
Franzosen eine Rolle spielen, sich öfter auch dieses leetle findet. Da den
Franzosen der offene kurze ?-Laut von Hause aus fehlt, so läge der eng-
lischen Karikatur immerhin ein gewisses Mafs richtiger Beobachtung zu
Grunde. Wie dem auch sei, Stoffel hat wohl recht, wenn er meint, leetle
drücke the very smallest degree of a quality aus, denn da es stets einen
entschieden komischen Beigeschmack hat, so wird das darin steckende a
little noch nicht einmal völlig ernst gemeint oder genommen, und das
'wenig' reduziert sich dadurch auf ein wirkliches Minimum, wie man es
wortreicher ja auch mit: (just) the least bit; (just) the tiniest mite
(oder bit) auszudrücken sucht.
Vorwiegend befafst sich Stoffel nun mit ratlier und pretty. Rather
bedeutete ja ursprünglich eigentlich sooner. Die Bedeutung by prefe-
renee (also = 'lieber') sei bei Chaucer noch selten, das dafür übliche liefer,
liever sei aber um 1550 bereits veraltet gewesen und wurde nun allgemein
durch rather ersetzt. Dafs dies geschah, ist nicht überraschend; auch
bei uns wird eher und lieber vielfach promiscue gebraucht, und noch
heute sind im Englischen die Fälle ganz gewöhnlich, wo sooner statt
rather = 'lieber' steht (Stoffel citiert u. a. aus Punch 1883: I would
sooner steer eight men than one woman any day).
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 193
Auf Personen bezüglich sei rather — 'lieber', auf Sachen bezüglich
etwa = 'genauer gesagt oder vielmehr', pour mieux dire. Aus letzterer
Bedeutung habe sich dann die uns hier besonders interessierende Verwen-
dung von rather als down-toner = somewhat, perceptibly entwickelt z. B.
in: it is rather cold to-day; I rather think so; a rather stiff
piece of work; rather a long joumey.
Den Übergang von rather = 'genauer gesagt vielmehr,' pour mieux
dire, zu rather = etwas oder einigermafsen, ziemlich muls man
sich wohl so denken, dafs man ausging von Sätzen wie: He is not exactly
young; he is rather old than young = 'genauer gesagt alt'. It is not very
warm. — No, it's rather cold (than warm). Die Zusätze mit than fanden
ihre allgemeinste, immer passende Fassung in dem noch jetzt oft sich
findenden Anhängsel than otherwise; aber gerade diese Selbstverständ-
lichkeit des Zusatzes liefs ihn bald überflüssig erscheinen und vielfach
fortfallen. Nennt man nun etwas eher kalt als warm, so liegt ursprüng-
lich darin, dafs es nicht weit von der Mitte zwischen diesen Gegenteilen
entfernt ist, dafs sein Kältegrad kein sehr grofser ist, dafs es also nur
einigermafsen oder mäfsig kalt ist. Unnatürlich oder schwer zu ver-
stehen ist also solch ein Übergang nicht. Stoffel zeigt dann, dafs dieser
Gebrauch von rather zuerst vereinzelt auftritt, von der Mitte des acht-
zehnten Jahrhunderts ab aber immer häufiger wird. Zunächst zeigt es
sich vor Komparativen. Hier nimmt auch Stoffel (S. 136) als Ursprung
dieses rather eine Ellipse an. Dem Satze aus Fieldings 'Tom Jones':
her consternation was rather greater than his had been liege die Konstruktion
zu Grunde : her const. was greater, rather than less, than his had been. Das
ungeschickte zweimalige than führte dann zur Fortlassung von than
less und zur Vorsetzung des rather vor den ersten Komparativ, zu dem
es ja in enger Beziehung steht. Wenn Stoffel aber meint, in Scotts 'Rob
Roy' (Camden Hotton's ed. S. 107 b) habe der Autor, um das häfsliche
doppelte tJian zu vermeiden, zu einem noch ungeschickteren Mittel ge-
griffen, indem er das erste than mit as vertauschte (It was a hovel rather
worse as better than that in whieh he had dined), so trifft das nicht zu,
denn as statt than ist kein bloiser Notbehelf bei Scott, sondern für einen
Schotten nichts Ungewöhnliches, wie sich aus Jamiesons 'Scottish Dict.'
s. v. as ergibt. Bei genauerem Zusehen zeigt es sich bald, dafs die Um-
schreibungen somewhat oder perceptibly für rather durchaus nicht
immer passen, weil sie die dem rather eigene modale Kraft, d. h. die
Fähigkeit nicht haben, den Zweifel, ob eine Ungleichheit vorliege, auszu-
drücken. Stoffel zeigt das vortrefflich (S. 135) an dem aus Fieldings 'Tom
Jones' citierten Beispiel: her consternation was rather greater than his had
been. Er findet, hier sei es zweifelhaft, ob zwischen ihrer Bestürzung und
der seinigen überhaupt ein Unterschied war; wenn aber einer da war, so
war ihre Bestürzung die gröfsere. Es ist klar, dafs somewhat oder gar
perceptibly, für rather eingesetzt, nichts von solch einer individuellen
Ungewifsheit auszudrücken vermöchten. Im Deutschen können wir dieses
rather bei Komparativen ganz gut durch 'womöglich noch' wiedergeben.
Arohiv f. n. Sprachen. CX. 13
194 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Stoffel berührt (S. 142 f.) dann auch die Frage, wie es sich mit a
rather . . . und rather a . . . verhalte. Auf Henry Sweets Ausführungen
(New Engl. Grammar) fufsend, spricht er die sehr bestechende Ansicht
aus, dafs rather, wo es in erster Linie sentence-modifier ist, in seiner Stel-
lung im Satze wie alle sentence-modifiers weniger gebunden sei, und dafs
es alsdann den Artikel hinter sich habe; als word - modif ier stehe es
hinter dem Artikel, d.h. dicht vor dem zu bestimmenden Worte;
also: he told us rather an old story soll danach etwa heifsen: he toldus
a story, tvhich, in my opinion, might be called an old story. Hier übt
rather a als s.-m. modale Funktion aus. Aber: he told us a rather old
story konstatiere nur die Tatsache, dafs die erzählte Geschichte schon
ziemlich oder einigermafsen alt war. Gewifs eine saubere, feine Unter-
scheidung; aber nach meiner Beobachtung wird sie in der Praxis durch-
aus nicht immer befolgt, und ich fürchte, sie ist zu fein und eigentlich
zu belanglos, um allgemein durchzudringen. Ich würde beim Unterricht
es jedenfalls nicht für ratsam halten, auf die Beobachtung eines solchen
Unterschiedes zu dringen.
Am Schlüsse dieses Abschnittes über rather zeigt Stoffel, dafs ihm
die häufige Verwendung von rather auch als Intensivum nicht ent-
gangen ist. Schon am Ende der Besprechung der eigentlichen Intensiva
haben wir gesehen, dafs der Müsbrauch derselben zu einer Reaktion führt,
so dafs affektiert mafsvolle, bescheidene oder matte Gradbestimmungen
verwendet werden, um eine um so stärkere Wirkung hervorzubringen.
Auch rather entging dieser Verwendung durchaus nicht; es dient sogar
als besonders kräftiges Adverb der Bejahung statt des einfachen yes (Do
you know kim? — Rather!) und entspricht, wie Stoffel richtig bemerkt,
ganz unserem na, ob! oder: und wie! Dieses als Intens, gebrauchte
rather ist auch vor Adjektiven und Adverbien so häufig, dafs man sogar
bei einigen der Beispiele, die Stoffel für rather als dmon-toner beibringt,
vielleicht richtiger es als Intensivum auffafst; z. B. (Richardsons 'Sir
Charles Grandison,' Letter VI): He has remarkably bold eyes, rather ap-
proaching to uhat we ivould call goggling. Die Augen sind auffallend
bold, d. h. vorstehend, deshalb scheint es natürlicher, das rather = very
much und nicht = somewhat zu verstehen: sie kommen den richtigen
Glotzaugen sehr nahe.
Zuletzt behandelt Stoffel pretty als doun-toner. Er findet, dafs es
in dieser Verwendung älter ist als rather. In dem neueren Sprachge-
brauche ist es nur word-modifier. Eigentlich hübsch bedeutend, heilst
es als doivn-toner, etwa soviel wie moderately, und sei daher etwas stärker
als rather. Wie letzteres könne es durch Litotes auch als Intensivum
wirken: It's pretty cold this morning. Diese Funktion als Intensivum
ist ja auch in anderen Sprachen bei den entsprechenden Wörtern ganz
gewöhnlich: Im Deutschen: 'Er war hübsch artig; eine hübsche Entfer-
nung; ein hübsches Sümmchen;' ebenso im Französischen: joli und joli-
ment. Auch Synonyma von pretty, z.B. nice, tidy, handy, werden so
gebraucht.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 195
Pretty = leidlich, ziemlich, also als down-toner, ist aus der
zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts zu belegen, und es wird im
achtzehnten Jahrhundert ganz gewöhnlich. Es steht in dieser Bedeutung
dem rat her = ziemlich also sehr nahe, und es entsteht die Frage, ob
die beiden, ohne den Sinn des Satzes zu ändern, vertauscht werden können.
Ursprünglich, das ist ohne weiteres anzunehmen, wird pretty wohl nur
Wörter bestimmt haben, die sich ihrer Bedeutung nach mit ihm vertrugen,
d. h. mit solchen, die den Begriff des Günstigen, Willkommenen, Ange-
nehmen in sich schlössen (pretty good, pretty industrious) oder doch nichts
ausgesprochen Ungünstiges, Unwillkommenes oder Unangenehmes aus-
drückten. Etwas davon scheint auch jetzt noch im Sprachbewufstsein
lebendig geblieben zu sein. Man schreibt schwerlich: pretty nasty,
pretty unfortunate, sondern wendet da wohl lieber rather an. Aber
ich glaube, Stoffel geht zu weit, wenn er (S. 149) meint, in dem Satze
(Fieldings 'Tom Jones' B. IV, eh. 3): The water was luckily pretty
shallow in that part könne, ohne den Sinn zu ändern, nicht rather für
pretty eintreten. Pretty solle den 'glücklichen' Umstand andeuten, dafs
bei so flachem Wasser kein ernstes Unglück geschehen konnte; rather
würde dagegen nur da passen, wo das flache Wasser unerwünscht wäre,
so dafs z. B. ein Boot dort auf den Grund geraten könnte. Ich fürchte,
das Wort luckily hat Stoffel hierbei zu deutlich vorgeschwebt und
ihm diese Auffassung eingegeben. Wenn eine Vertauschung hier völlig
ausgeschlossen sein sollte, so wäre es auch unzulässig, zu sagen: SJie is
pretty old; we are pretty tired, und doch sind diese und viele an-
dere Verbindungen, wo sich kein Begriff des Glücklichen, Erwünschten
oder Angenehmen mit dem zu bestimmenden Adjektiv verbindet, ganz
gewöhnlich.
Zum Schlüsse noch ein paar kurze Bemerkungen. Vollständigkeit
hat Stoffel nicht angestrebt; sie war auch kaum nötig, denn bei den
meisten hier etwa noch in Betracht kommenden Wörtern, wie regulär,
precious, deuced, devilish, dammed, darned, a icee bit, a sight (vor too oder
vor Komparativen) u. v. a., liegen die Verhältnisse ziemlich klar vor
Augen. Wohl aber wäre es willkommen gewesen, wenn der Verfasser
nachdrücklicher und ausführlicher auf die Tatsache hingewiesen hätte,
dafs wir es bei den Verstärkungs- und Abschwächungsworten mit einer
allgemeinen, überall zu beobachtenden Erscheinung in der Entwicke-
lung der menschlichen Sprache zu tun haben, und dafs sich bei aller
Verschiedenheit der in den einzelnen Sprachen verwendeten Mittel doch
auch recht viele ganz parallele Entwickelungen nachweisen lassen. Doch
hätte das freilich den Charakter des Buches nicht wenig verändert; es
wäre mehr sprachvergleichend und gewifs auch viel umfangreicher ge-
worden.
Aber auch wie es nun vor uns liegt, ist es für jeden Anglisten eine
wahre Fundgrube für Belehrung und eine höchst anregende, hocherfreu-
liche Gabe.
Berlin. G. Tanger.
13*
196 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Old and Middle English texts, edited by L. Morsbach and
F. Holthausen. II. Emare, ed. by A. B. Gough. London,
New- York, Heidelberg, 1901. M. 1,20.
A. B. Gough hat in seiner Ausgabe der Ernare die Ergebnisse von
umfassenden Arbeiten verwendet, die sich auf die Sprache und die lite-
rarische Vorgeschichte des Denkmals erstrecken. Des Verfassers Ansichten
über den letzteren Punkt werden von anderer Stelle hier besprochen
werden; was dagegen den Text anbetrifft, so mul's ich gestehen, dafs ich
mich den Grundsätzen des Verfassers nicht anzuschliefsen vermag, auch
nachdem ich von seiner Dissertation 'On the Middle English Metrical
Bomance of Emare' (Kiel 1900) Kenntnis genommen habe. Die Sprache
des Dichters, soweit sie sich aus den ßeimen ermitteln läfst, ist aufser-
ordentlich farblos; sie scheint mir nur den reinen Süden und den reinen
Norden auszuschliefsen. Die Entstehung des Werkes in das nordöstliche
Mittelland zu verlegen, liegt gar kein triftiger Grund vor; des Verfassers
hauptsächlichstes Beweismaterial besteht in thare, thore usw., sowie jing,
also gerade Formen, die in allen Gegenden zu belegen sind und ganz mit
Unrecht früher zur Dialektbestimmung benutzt wurden. So halte ich es
denn nicht für richtig, g < ä der Handschrift überall zu ä zu machen,
noch weniger, die Partizipialendung -yng(e) in -end(e) umzuwandeln; letz-
teres scheint mir auch zu des Verfassers Lokalisierung weit weniger zu
stimmen als -yng(e).
Mit der Quantitätsbezeichnung hat sich der Verfasser grofse Mühe
gegeben, hat aber dadurch nur erreicht, dafs sich nirgends eine Form
findet, gegen deren Quantität berechtigte Einwände zu machen wären;
dafs aber die von ihm mit Längezeichen versehenen Vokale am betreffen-
den Orte unbedingt lang sein müfsten, hat mich ebensowenig überzeugen
können wie die unbedingte Kürze von Lauten , die eines Striches er-
mangeln. So interessant auch der Versuch der Herausgeber ist, einmal
auch im Me. eine genaue Quantitierung durchzuführen, ich glaube, sie
haben mehr übernommen als sich ausführen läfst. Dem Anfänger werden
die Längebezeichnungen gewifs zunächst die Arbeit erleichtern, aber in
manchen Fällen werden sie ihm auch eine geistige Anstrengung abnehmen,
wo sie recht am Platze wäre!
Sonst bietet der Text kaum zu Bemerkungen Anlafs. Die Lesarten
der Handschrift sind oft glücklich gebesseit; im allgemeinen hat sich der
Verfasser der nötigen Zurückhaltung befleifsigt.
Noch einen Punkt möchte ich erwähnen, der die gesamte Sammlung
angeht. Es entspricht meiner Meinung nach nicht den Verdiensten, die
sich die deutsche Wissenschaft bereits um die Anglistik erworben hat,
wenn die neuen Texte sämtlich in englischem Gewände erscheinen sollen,
wo doch von den fünfzehn angekündigten oder schon veröffentlichten
Bänden volle vierzehn von Deutschen herausgegeben werden! Wir haben
nachgerade das Recht, zu verlangen, dafs jeder Anglist, welcher Natio-
nalität er auch angehöre, Deutsch verstehen mufs. Theoretisch wird diese
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 197
Forderung wohl jeder als billig anerkennen ; es hätte aber kaum ein
besseres Mittel gegeben, sie auch praktisch durchzusetzen, als wenn eine
gute und billige Textbibliothek, wie sie England vorläufig noch nicht
besitzt, in deutschem Gewände auf dem Büchermarkt erschienen wäre.
Gr.-Lichterfelde. Wilhelm Dibelius.
The complete works of John Gower. Edited from the manu-
scripts, with introductions, notes, and glossaries, by G. C.
Macaulay, M. A. Vols. 2 (pp. CLXXIV, 519), 3 (pp. 655),
The English works. 1901. Vol. 4 (pp. LXXVIII, 430), The
Latin works. 1902. Oxford.1
These three handsome volumes complete the editor's undertaking,
which began in 1899 with the issue of Gower's French works, including
the Mirour de l'Omme, then recently discovered by Mr. Macaulay. To
say that the high Standard of scholarship set up at the beginning is fully
maintained in the succeeding volumes is but part of the truth, the ac-
complished editor, well versed in all three of the mediaeval languages, has
thrown himself into the spirit of the author and the circumstances of
his times, treating the poems from a literary and historical point of view
no less than on their philological merits. The manuscript Originals have
been subjected to a searching criticism, and an exhaustive collation, the
labour of which must have been enormous as it was all undertaken
first band. The result if the whole is an edition that is a model of
method and of scientific treatment, in which no important aspect seems
to have been neglected; this will be for long the fiual edition, it can
hardly be superseded. We know our Gower as we never knew him
before.
For the life of Gower, to which 30 pages at the beginning of vol. 4
are devoted, the materials are so scanty that to write his biography is an
impossibility. "Almost the only authentic records of him" says Mr. Macau-
lay, "apart from his writings, are his marriage-licence, his will, and his
tomb in St. Saviour's Church" [Southwark, London]. A succession of
writers have copied from one another much guess-work; later, the more
critical Sir Harris Nicolas, and also Pauli published interesting documents
and notes, but careful investigation of Originals proves that scarcely any
of these relate to the poet. The conclusione of the editor therefore "so
far as regards the records, are mostly of a negative character". Setting
aside what is worthless the facts seem to be shortly these, that John
Gower the poet was of a Kentish family — proved by the arms upon his
tomb, by his relations with another John Gower of Kent, and by the
executors of his will being meu of Kent ; that he had a power of attorney
from his friend Chaucer in 1378; that he possessed two manors in Nor-
folk and Suffolk, but did not reside upon either of them; that he was
1 See Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen u. L/it. Bd. CV, p. 390.
198 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
married ' to Agnes Groundolf in the oratory in his lüdging in the Priory
of St. Mary Overey, Southwark, in 1397, 8, and that he died in Oct. 1408.
He is supposed to have been born about 1330, for he considered himself
old in 1390, and had suffered from ill health for some time; during the
last years of his life he was blind. Mr. Macaulay gathers besides many
interesting particulars relating to his opinions and character frorn his
writings. But though in the Mirour Gower reviews most of the ranks of
society, and especially speaks of the merchant class with appreciation and
respect, there is nothing that definitely answers the question whether he
himself followed any profession or occupation. One expression "ainz ai
vestu la raye manche" appears to allude to the custom that apprentices at
law weoe stripes upon their sleeves, and that therefore there was the "possi-
bility that Gower was bred in the law, though he may not have practised
it for a living" (the editor had already disposed of the guesses by Leland
and others ;that he was a judge). There is no improbability in this, it
was part of the education of many a gentleman to study law, his friends
Chaucer and Occleve appear to have done the same; and the lease of his
manors in 1382 for the reut of £ 40 a year, and the terms of his will,
alike indicate that he was a man of fair means.
Gower's character as shadowed in his writings is that of a man of
simple tastes, just and upright, "who believes in the Subordination of the
various members of society to one another, and who will not allow him-
self to be ruled in his own household either by his wife or his servauts".
He constantly upheld "the equality of all men before God", saw the cor-
ruptioas of the Church and the misdeeds of the friars, and yet notwith-
standing these early Wicliffite opinions in his later days he denounced
the Lollards. The conservative nature of the studious man of gentle
nurture, holding steadfastly to the old faith as years went on, could not
discern the deeper meaning of "this new Secte of Lollardie", which shocked
him as it did Occleve.
"This newe tapinage
Of lollardie goth aboute
To sette Cristes feith in doute,"
and he exhorts his readers to eschew the "newe lore" (Conf. Aman. Lib. V
11. 1810, 1821).
A strongly religious man, knowing his Bible thoroughly, he believed
in "the moral government of the world by Providence", and was a fear-
less rebuker of evil whether he found it among high or low. From the
Vox Clamantis we learn his true patriotism and his pride in England 's
greatness, how he watched the progress of affairs and lamented the griev-
ous evils under Richard 's rule. The Gronica Tripertita shows Richard's
fall as a moral consequence of those evils, and looks forward hopefully
to better things under the new King. The line from the Mirour adopted
1 Two or three passages in the Speculum Meditantis {Mirour), w.hich was written
between 1376 — 1379, allow it to be inferred that this was a second marriage, as
the poet then alludes to his wife. The inference is taken with caution.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 199
as a motto by the editor, "O gentile Engleterre, a toi j'escrits", expresses
the strong motive which inspired him. Neither statesman nor politician,
Gower was a moral philosopher, poet, and man of letters, who employed
bis considerable gifts consciously for the benefit of bis countrymen ;
learning in the English work of his later years {Confessio Amantis was
first written in 1390) to temper instruction with amusement, and so to
find the way to their hearts:
"y undertok
Iu »nglesch forto make a book
WBich stant betwene ernest and game,
I have it maad as thilke same
Wbich axe forto ben excusid,
[for lack of curious skill].
But this y knovve and this y wot
That y have do my trewe peyne
With rüde wordis and with pleyne
In al that evere y couthe and myghte,
This bok to write as y behighte,
So as siknesse it soffre wplde ;
And also for my daies olde."
The chronological order of the poet's chief works is now made piain
by Mr. Macaulay's labours as follows.
1. Speculum Meditantis (Mirour de l'Omme, French) 1376 — 1379.
2. Vox Clamantis (Latin). After the Peasant's rising in the summer
of 1381, perhaps 1382.
?>. Confessio Amantis (Engbsb). The first recension bears the date
1390, a fact hitherto overlooked which scatters many conjectures to the
winds. A change in the epüogue of some copies took place within the
same regnal year, i. e. before June 21, 1391. The third changes were
made in the Prologue, dedicating the poem to Henry of Lancaster instead
of to Kichard II, and in other lines, not later than June 1393.
4. Cronica Tripertita (Latin) ? about end of 1400. I do not find
any attempt to date this poem, but it closes with events occurring in
this year.
Mr. Macaulay discusses the connection of these poems with the poli-
tical events of Richard II's reign, and points out how the Latin works
clearly show the political development and change of view of their author.
Especially interesting is the first Book of Vox Clamantis which figura-
tively describes the "overwhelrning impression" made upon him by the
Peasant's rising, and "the terror inspired by it among those of his social
Standing" (confirming the accounts of Froissart and Walsingham). In
truth, the student of this troublous reign and its complex problems, who
already counts upon Gower among his witnesses, will find that the ana-
lysis of Vox Clamantis and the notes thereto, and especially the notes to
the Cronica Tripertita, give valuable aid; embodying in the later case
careful comparison with the evidence of original authorities, which the
editor modestly hopes may "have some small value as a contribution to
the history of a singularly perplexing political Situation".
200 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
The volume of Latin works contains, besides Vox Clamantis and
Cronica Tripertita a dozen or more small pieces, to several of which a
personal interest attaches. Of these a prose description of his large works
in the three languages, found in several MSS., seenas froni its position in
the Fairfax Codex intended to be a separate notice, (it was a previous
version of tbis wbicb led the editor to the discovery of the Mirour de
l'Omme). Included are the ünes Eneidos Bucolis sent to Gower by a cer-
tain philosopher whom Mr. Macaulay plausibly conjectures to have been
Chaucer's "philosophical Strode" — Kalph Strode — of the last stanza
of Iroilus. In others Gower speaks of his failing sight and his blindness.
There are the lines composed for his own tomb (found in a Glasgow MS.),
others urge the disposal of wealth during life, ref erring to the neglect of
executors to provide prayers for the departed soul. The com et of 1402
is the subject of a few lines addressed to archbishop Arundel ; and to the
same ecclesiastic is "Epistolam . . misit senex et cecus Johannes Gower"
apparently to be sent with the copy of Vox Clamantis and Cronica Tri-
pertita in the All Souls Library, Oxford, as this is the only MS. in which
the epistle occurs.
Of Vox Clamantis itself, consisting of 10,265 lines arranged in seven
books, we get an analysis in English ; a detailed account of the ten MSS.
in which it is found, four of which are contemporary with the author;
and a long list of textual errors in Coxe's edition for the Koxburghe club
(1850). The comparative annotation of the poem brings out an important
point previously unnoticed, namely the great extent to which it is a com-
pilation ; Gower here not only borrowed largely from Ovid but "repeatedly
takes not lines or couplets only, but passages of eight, ten or even twenty
lines from the Aurora of Peter Riga, from Alexander Neckam, De Vita
Monachorum, from the Speculum Stultorum, or from the Pantheon".
Mr. Macaulay is somewhat indignant at these "plagiarisms"; but the un-
recognized absorption of the writings of others in former days was not
always found the moral blot that it is at present. He wisely preserves
the mediseval spelling of the Latin, appending a list of the principal differ-
ences from classical orthography, and adds in form of a Glossary "words
which are unclassical in form or usage", a valuable gift for the student.
In dealing with the Confessio Amantis, which was the editor's first
aim, he has had a big task. The poem contains about 32,318 lines in
eight books; and it is found in about forty Manuscripts, all of which
(except one or two) he has personally examined. These he classifies in
six groups belonging to three recensions, giving a detailed account of each
one. The text in the present edition follows the MS. Fairfax 3 (Bodleian
library) of the third recension, respecting which the editor remarks in his
Prefatory Note that he "has become more and more convinced, as his
work went on of the value and authentic character of the text given by
the Fairfax MS. of the Confessio Amantis, which as proceeding directly
from the author, though not written by his hand, may claim the highest
rank as an authority for his language". A critical apparatus of variations
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 201
and notes accompanies the text througkout. In a füll and masterly in-
troduction the popularity of the poem, which was even translated into
Spanish and Portuguese, and the Standard position of the author are
pointed out and justified ; while the literary eharacteristics of the work,
its date and circumstances are treated in a most interesting manner.
Gower here rnade his fame as a teller of stories, his talent for which,
although not dramatic or humourous as Chaucer, Mr. Macaulay ranks at
a high level. His technical skill in verse, and his command over the lan-
guage and expression are "surprising in that age of half-developed Eng-
lish style", he is able to realize his ideals however limited his literary
Standard. Important also is the editor's testimony to his power to combine
the French and English elements of the language "in harmonious alliance",
and his success in combining "the French syllabic with the English
accentual system of metre". An ever useful analysis of the work follows.
Two sections on orthography and phonology are carefully worked out,
especially with reference to the language of Chaucer, bringing out the
remarkable result that Gower's usage has less instability of vowel-sound
than Chaucer's, and that he is surer in preserving sound-form in rhymes,
whereas Chaucer is apt to change the sound to suit his rhymes. The
subjects of grammatic Inflexion, Dialect, and Metre are also fully dealt
with; the dialect is English of the Court with a southern tendency, in-
fluenced by a partial use of Kentish forms. The usage and influence of
French forms are also not neglected. And in connection with the sub-
ject of language is a long Glossary headed by a most interesting surn-
mary comparing the vocabularies of Gower and Chaucer. Notwithstanding
the much more extensive word-list of Chaucer (his English work being
twice as long, and of a wider variety than Gower's) it appears that Gower
has more than 600 words not used by Chaucer. "Most of these are com-
paratively new formations from French or Latin" with a sprinkling of
old English words. Gower is the first or only authority for a consider-
able bist of words in the New English Dictionary, which it has been
thought worth while to specify.
Finally the English work includes the interesting poem In Praise of
Peaee (of 1400) from the Trentham MS., formerly printed with Chaucer's
works.
The fore-going sketch but imperfectly indicates the importance of
Mr. Macaulay's contribution to our knowledge of Middle English, and of
the growth of our language and literature in that vital period the second
half of the fourteenth Century. For the first time we have out of intimate
and accurate knowledge the truth about Gower, his work Stands enhanced
in merit, and his real relations to literature are appraised at their due
value. The study of the MSS. discloses the poet's own alterations in cer-
tain aspects of his two principal works, and shows the real reasons for
these, Clearing his character from time-serving timidity. As a necessity
Mr. Macaulay, while paying due respect to previous writers and editors,
English and foreign, does not fail to point out their numerous errors and
202 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
short-comings; in the light of his sober judgment and critical power over
a wider ränge of fact, his strictures, always temperate, must be conceded.
Tbree facsimiles, from French, English, and Latin manuscripts, adorn
the work.
Oxford. Lucy Toulmin Smith.
William Shakespeare. Prosody and text. Au essay in criticism,
being an introdnction to a better editing and a more ade-
quate appreciation of the works of the Elizabethau poets.
By B. A. P. van Dam, M. D., with the assistance of C. Stoffel.
Leyden 1900.
Of the two authors of the above mentioned book, the latter is well
known to English philologists as the writer of several very interesting
papers on different English linguistical subjects, while the other is a 'new
hand\ And he is not only a 'new hand' in the learned republic of Eng-
lish philology, but as the two letters attached to his name indicate, he is
not a philologist at all, but a medical man who has evidently grown
tired of curing the living, and has therefore turned to the dead. I have
no doubt that many critics, after reading his book, will jaolitely or im-
politely ask him to go back to his proper business and leave the dead
alone. For the results to which he comes, are in many cases truly start-
ling. In the first part of the book, called Prosody, there is made an
attempt to show that in many cases where Shakespeare's text has been
judged corrupt by modern editors, it is really the knowledge of the said
editors that is corrupt and that the metre is easily put to rights when
we remember that in Shakespeare's time many words either actually were,
or at least might be, pronounced otherwise than now. Words might some-
times get an additional syllable, sometimes lose a syllable by different
processes, which are gone through in detail. In order to prove this, a
large number of examples are adduced from contemporary poets, where
this addition or cutting off of a syllable are shown not only by the require-
ments of the metre but also by the spelling of the words. Much of what
the learned authors adduce is well known and may be considered as re-
ceived facts, but perhaps by far the greater part is new and, at the first
blush, seems improbable enough. And yet, though they may have com-
mitted Wunders and often gone too far in their conclusions, it seems to
nie not only that their views deserve to be weighed seriously, but that
on the whole they have hit upon the right principle, and that Shake-
speare critics would do well to study the book carefully. In many cases
it will throw new light on passages which have hitberto baffled the exer-
tions of the learned; in other cases it may at least give hints as to the
right way of solving the problem.
I shall first give a short summary of the first part, before I try to
answer the question how far the authors are correct in their views.
I. Additional Syllables. The ending es both in the genitive
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 203
and the plural was often sounded as a füll syllable and not only after
sibilants. The received reading of M. of V. II, 5, 43 :
Will be worth a Jcwess' eye
is due to Pope's misunderstanding of the word Jewes in the Folio, which
is sirnply the genitive of Jew. That Jew was used both by Sh. and
and bis contemporaries as a feminine, is beyond doubt, while it is equally
certain that any word Jewess does not occur in Sh. — The letters l and r
often constitute a separate syllable, for instance assembely, childeren; so
also e and i in such words as gorgeous, gracious. The words villain and
jealous are often pronounced vilian and jealious in three syllables.
IL Aphseresis, i. e. the loss of the first syllable of a word, e. g.
noyance for annoyance, lay for allay, sume for assume, change for exchange.
Very often this is shown in print, but in lots of cases the printers have
printed the füll form though the metre clearly shows that Sh. must have
intended the aphetised one.
III. Syncope, partly of vowels, e. g. barb'rous, mod'rate, ev'dent,
foll'tver, advent'rotis, partly of consonants or of a vowel and a consonant,
e. g. nee'l for needle, ta'n for taken, gov'nor for governor, anc'tor for an-
cestor; fa'r, bro'r mo'r for father, brother, mother, de'l for devil and so on.
IV. Dropping of consonants: houns for hounds, stockin for
stocking,x ta for take, sha for shall, of which more below.
V. A p o c o p e : Afric for Africa, Gonxal for Gonxalo, Burgund for Bur-
gimdy, mar for marry, etern for etemal, sev for seven, heav for heaven, aft for
öfter, bet for better, hund for hundred, even for erening, morn for moming.
VI. Synalephe and Coalition: an' abortive for any, so hol' a man
for holy, s'estimable for so, y'are for ye, not fornewot, I've for Ihane, i'th'
for in the, le'm' for let me, T se for I shall, this for this is, there for there are.
VII. Change of Syllabic Accent: ab'surd, adver' sary, ad'vise,
for'hid, reme'dy, something', etc. —
On the basis of such differences of language between the 16th and
19th centuries the authors try to set 'corrupt' passages right. And there
can be no doubt that they often succeed in showing that the text is cor-
rect as we have it either in one of the Quartos or in the Folio of 1623,
if we only read it in the right way. For in many cases the printers have
either deliberately changed the spelling by printing aphetised or apoco-
pated forms in füll, or by tampering with the text in other ways. I shall
now proceed to pick out sorae passages where I think the authors have
succeeded in restituting the true text, after which I shall also point out
some cases where I think their exertions have been in vain.
In Macb. II, 3, 108 — 111 the Globe Ed. has adopted Steevens's reading:
So were their daggers, whicli unwiped we found
Upon their pillows:
They stared, and were distracted; no man's life
Was to be trusted with them.
1 This, of courae, is not really a case of dropping, but of place-shifting (?i for n).
204 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
This, of course, cannot be correct, as two of the lines are too short.
The Folio, on the contrary, has:
So were their Daggers, which unwip'd we found
Upon their Pillowes: they star'd, and were distracted,
No mans Life was to be trusted with them,
and Steevens, of course, rnade the change, because he was unable to scan
the two last lines. But by reading pill's instead of pillows, and marines
in two syllables, we find that the reading of the Folio is quite correct
as it Stands. The question then is whether we are justified in reading
pill's for pillows and mannes for man's. As far as I know, the form pill
has not been found so printed in Sh. or his contemporaries ; but it seems
highly probable that such a form may have existed as well as mead beside
meadow, shade beside shadow, which are exactly analogous. Moreover the
shortened forms arr for arrow, morr for morrow, sorr for sorrow seem
to be demanded by the metre in some other passages (L. L. L. V, 2, 261 ;
T. & G. IV, 2, 6; Pilgr. 15, 11), and that mannes might be pronounced
in two syllables is beyond doubt.
M. of V. II, 9, 51 reads thus:
I will assume desert. Give me a key for this,
which cannot be correct as containing six accents instead of five; the line
mußt be read thus :
I'll sume desert. Give me a key for this,
which sets it right at once. For as Sh. uses shamed for ashamed (Sonnets
72, 13), say for assay (Per. I, 1, 59), surance for assurance (T. A. V, 2, 46),
stonish for astonish (Venus 825), and lots of other words with aphseresis
of the prefix a, there seems to be little doubt that he would also use
sume for assume and that it is simply owing to the printer when the füll
form is found in this passage. — In the same way the irregulär line in
M. ofV. III, 2, 111:
0 love, be moderate, allay thy ecstasy,
which also contains two extra syllables, must be read thus:
0 love, be mod'rate, lay thy ecstasy,
there being no doubt about the short form lay, as it really occurs in T. & C.
IV, 4, 55. — That Sh. used roid for avoid, and change for exehange is
quite certain (see Cor. IV, 5, 88, and M. of V. III, 4, 66). Therefore there
can be little doubt that these forms are the correct- ones in Lear I, 1, 126,
which must be read :
Of her kind nurs'ry. Hence and void my sight,
and ibid. V, 3, 166:
1 do forgive thee.
Let's change charity.
It is a well known fact that the adverb ivhether is often used in
the older language as a monosyllabic and then often written where. It
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 205
seems very probable then to assume that such words as father, mother,
brother, other, might also be used as monosyllabics, e. g. Temp. V, 1, 12:
His brother and yours, abide all three distracted,
where the pronunciation bro'r sets the metre right at once. Such a pro-
nunciation has nothing stränge in it to a Norwegian, who is accustomed
to his own contractions of the same words (far, mor, bror), and though,
of course, the pronunciation of Norwegian words does not prove anything
as to Shakespeare's pronunciation of English, yet a development in a
language so nearly related to English as Norwegian may count for some-
thing in determining whether a certain development in English is probable
or not. Now, as the Norw. forms far, mor, bror, fjcer have developed out
of fader, moder, broder, fjeder, and as the English whether is known to
have been, at a certain period, pronounced tohere, there can be nothing
preposterous in assuming that also fa'r, mo'r, bro'r, o'r once existed be-
side father, mother, brother, otlier. There are several other cases in which
Norwegian furnishes parallels to English, for instance the shortened forms
ha and gi for have and gire. The short forms are now the only ones in
use in spoken Norwegian; that such was once the case in English is quite
certain. At the first blush it seems inexplicable that fuller forms, such
as father and have, should again be able to drive out shorter ones, as
fa'r and ha, and at present it certainly seems highly improbable that the
Norwegian far etc. should ever be exchauged again for fader etc. And
yet I think even this phenomenon may be explained. In democratic
societies like the English and the Norwegian, there is a constaut current
from the lower classes upwards. People who have received little or no
learning in their youth, may by the favour of circumstances, by lucky
speculations and the like, be placed in positions that demand at least
some degree of education, and as education partly manifests itself in the
way of speaking, it is quite natural that such people should try and
imitate their 'betters'. But as they have not access to the most refined
circles, they are often reduced to learn to talk fine by the same means
as foreigners, viz. through books. In this way they very often overdo it ;
they are anxious to show that they know how it ought to be, and pro-
nounce letters which are really mute in the language of educated people.
Thus it may happen that the füll form of a word is vulgär, while the
shortened form belongs to educated speech. And the children and grand-
children of those who from sheer ignorance spoke finer than the educated
classes, will in their turn constitute the educated classes and bring with
them forms which were quite vulgär in their grandfathers' time. There
are a few cases in spoken Norwegian which I think may be explained
in this way. The verb scelge (to seil) is pronounced seih by educated
people. But if I go into a shop, I invariably hear the people inside
the counter pronounce it selgd, sounding the g, which they no doubt
think is finer. In the same way the verb written l0be (to run) is pro-
nounced by educated people l<üpd; but the lower classes in Christiania
206 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
now say lobe, with a b, which seems to be contrary to nature. The
explanation of this I think is the following. Thirty years ago the verb
l0be was not used at all by tbe juvenile population of Cbristiania: tbe
children of tbe educated said springe, the others expressed themselves
much uiore forcibly by means of flyea: flyve (to fly). But the extended
primary education of later years, as well as the spreading of newspapers,
has brought the illiterate more in contact with the literary language, where
lobe is of frequent occurrence. They have then adopted this verb, but in
its literary form, just as the educated classes have adopted videnskab in
its literary form with a d instead of a t (cf. vide pron. vite). Thus it may
happen, I think, that a worn down form may in course of time be sup-
planted by the corresponding literary form, seemingly a back ward deve-
lopment. That such a reaction has really taken place in English, we
have direct evidence in such words as can, shall, will (ivol), in which the
final consonant in now always sounded. But that it was formerly often
dropped is proved by the contracted forms can't, shan't, won't, which can
only be explained in this way. And the pronunciation of what, that, let
as wha', tha', le' seems no more unnatural in English than the pronun-
ciation of the corresponding words in Norwegian : hvad, det, lad, which
are now always pronounced va, de, la. —
On the whole, there can be little doubt that apocope of one or more
final sounds plays a much greater part in 16th Century English than has
hitherto been assumed. The spelling in the old editions clearly shows
that it was usual on occasion to cut away many endings which are now
always pronounced, and though in many cases the füll form was printed,
the metre shows that the curtailed forms were intended. Even now the
addition of the suffix -al to words already ending in -ic is optional.
I have mentioned already the forms arr, mead, morr, sorr, pill for
arrow etc. There is also direct evidence that the ending -y was often left
out; see for instance Mac. III, 4, 124 (augurs = auguries), Harn. III, 4, 83
{mutine = mutiny), Lear II, 4, 136 (naught = naughty), and so on. We
may therefore conclude with good reason that Sh. sometimes used marr
insteed of marry, as this pronunciation not only in many cases sets the
metre right, e. g. Rom. & J. III, 5, 122, which must be read:
I will marr yet; and when I do I swear,
but also explains the pun ibid. I, 2, 13, where the first Quarto has:
P. Younger than she are happy mothers ruade.
C. But too soon marr'd are those so early married,
which the Folio attempts to better by reading made instead of married,
while the intended pun is brought out clearly by reading:
Büt too soon marr'd are those so early marr'd,
thus playing upon marr'd from to to mar and from to marrfy).
Of other interestiug examples of apocope the following deserve to be
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 207
mentioned. There is no doubt that Spenser could use the word hearen
as a monosyllabic, e. g. Astrophel 153 :
Whose praiers importune shall the heav's för ay,
where both the metre and the spelling shows the monosyllabic nature
of the word. It may therefore also be assumed that Sh. could do the
same, and that the true reading of Venus & A. 730 ought to be:
Wherein she fram'd thee, in high heav's despite.
Besides, the old Shakespeare texts show a few instances of confusion be-
tween lieavenly and heavily, which is easily explained by assuming that
both might be shortened to heav'ly. That coffin might be shortened to
coff, and thus get confused with coffer seems very probable from Per. III,
2, 69 and III, 4, 2. One and the same object, viz. a ehest, is here called
coffin in the former place and coffer in the latter. That coffin is the right
word is not doubtful, and the wrong word in III, 4, 2 can only be ex-
plained by assuming that Sh. used the apocopated form coff, which an
ignorant printer changed to coffer. The passage is thus given in the
editions :
Ger. Madam, this letter, and some certain jewels
Lay with you in your coffer, which are
At your command. Know you the charaeter?
Th. It is my lord's.
The second and fourth of these lines are too short, which shows there
must be something wrong here. Though van Dam and Stoffel do not
give their own reading of this passage, I think I am not far wrong if
I surmise they would read it in the following way:
Cer. Madam, this letter, and some certain jewels
Lay with you in your coff, which are at your
Command. Know you the charact?
Th. 'Tis my lord's.
That charaeter might be shortened to charact is shown by M. f. M.
V, 1, 56:
In all his dressings, characts, titles, iorms.
The running together of two words, one of which ends in, and the
other begins with a vowel, is so well known, besides being testified by
the existence of such words as to don, to doff, I'm, I've, etc., that it is
not necessary to dwell upon it here. That van Dam and Stoffel assume
such synalephe in a large number of cases where nobody has hitherto
thought of it, is only what might be expected; but there seems little
reason to doubt, for instance, that any must be pronounced an' in L. L. L.
I, 1, 104:
Why should I joy in any abortive birth.
Some of these coalitions, as tJi'art, thou'rt, thou'll, y'are, you're, you'll,
have already been treated of by Prof. Jespersen in his Progress of
Language. Greater Opposition will probably be raised to such coalitions
as bym' — by me, le'm' = let me, which last by the bye reminds one
208 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
strikingly of the colloquial Norwegian la'n = lad kam, Fse = I shall,
i'm = in him (cp. Norw. i'n -- i den, i harn), and yet several of these
have survived to the present day, for instance let's, TU, Fd.
I cannot here deny myself the pleasure of presenting to the reader
the authors' treatment of Mac. I, 6, 6 — 10, where the Globe edition reads:
Smells wooingly here: no jutty, frieze,
Buttress, nor coign of vantage, but this bird
Hath made his pendent bed and procreant cradle :
Where they most breed and haunt, I have observed
The air is delicate. See, see, our honour'd hostess.
The first of these lines is too short, and the last is too long. Besides,
the word most, which is Rowe's emendation for the impossible tnust of
the Folio, does not seem to have hit the mark. Now, it sometimes hap-
pens that we find printed must where Sh. evidently wrote 'se = sliall,
because in many cases it makes no great difference whether we read shall
or must. But in this case must makes nonsense of the passage, and most
is a doubtful amelioration. The authors propose the following plausible
reading :
Smells woo'ngly here. No jut, frieze, butteress,
Nor com of vantage, but this bird hath made
His pendent bed and procr'ant cradle. Where
They'se breed and haunt, I have observ'd the air
Is delicate. See, see, our honour'd hostess,
thus setting the metre and the sense of the passage right at the same time.
A following chapter gives a great number of instances of how words
were often accented otherwise than now, and how many seeniing irregu-
larities may be aecounted for by bearing this in mind. Thus Harn. I,
3, 59 must be read thus:
Look thou charac'ter. Give thy thought no tongue.
But as this is generali)' admitted, though perhaps not to the same extent
as supposed here, I shall waste no more time upon it.
I have already remarked that I think the learned authors go some-
times too far in their attempts to set Shakespeare's lines right. As they
observe themselves in the foot-note to page 209, it is their 'deliberate
opinion that Shakespeare never wrote shorter lines of blank verse' than
of ten or eleven syllables. The broken lines, therefore, which are to be
found in the text handed down to us, they 'hold to be due to the maiming
which the text underwent at the hands of printers and editors'.
Now there can in my opinion be no doubt that such broken lines
as occur in the middle of a speech, e. g. the line treated of above, Upon
their pillows {Mac. II, 3, 109), are due to corruptions of or tampering
with the text, and I also think it the duty of critics to start from the
assumption that such lines were correct from Shakespeare's hand. But
I do not see why we should assume that Shakespeare never wrote shorter
lines. Of course it is impossible to prove either the one or the other,
but sometimes there occurs in the oldest texts a short line, whose very
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 209
abruptness seems to me to give a peculiar force to the expression, e. g.
Mac. II, 2, 02, where the short line:
Making the green one red
seems to gain by its shortness, as a long pause is demanded after green.
In the same way, in Mac. III, 1, 40, the word Farewell does not seem
out of place standing alone as it does. I would here also call attention
to bbe words Speak to me! 0 speak! Harn. I, 1, 129, 132, 135, which
seem to have good legs to stand upon by themselves. The proposed
emendation :
That inay t'ye d'ease and grace to me, speak to me:
If thou art privy to thy country's fate,
Which, happily, foreknow'ng m'avoid, o speak!
does not strike me as any amelioration, especially as the contrast between
thee and me in the first of these lines is quite lost by this reading. I also
think modern critics should be very cautious in assuming curtailed forms.
These can hardly be considered otherwise than as poetical licenses or as
colloquial forms, and we are hardly justified in believing that such a
master in verse-making as Sh. would heap up too many of them in one
line. Thus, the proposed reading Harn. II, 1, 78:
f P. Ophelie, what's the matter?
0- O, m'lord, m'lord,
I've been so fright,
does not seem very plausible with its repetition of m'lord, m'lord, con-
stituting together one verse-foot; why not reading my lord only once, but
in füll? In the same way I cannot bring myself to believe that the pro-
posed reconstruction of Lear IV, 2, 21 foll. is right. It runs thus:
G. A mistress' mand. Wear this; spare Speech; decline
Your head: this kiss, if it durst speak, would Stretch
Thy spirits up into the air: conceive,
And fare thee well.
jE1. Yours in the ranks of death.
G. My most dear Gloucester! O, the difference
Of man and man ! T'ye a wom's serv'ce' are due :
My fool usurps my bod'.
0. Ma'm, here comes m'lord.
But the curtailings and coalitions in the two last lines seem more than
can be reconciled to good taste in the writer. However these lines are
to be understood, there seems to be a logical contrast between thee and
my, between woman and fool. It then seems unfortunate to propose to
read ye and wom' as unaccented syllables, not to mention the maiming
of the words in that line. For aught I see, we might as well propose
the following:
O, what a difference of man and man!
To thee a woman's Services are due,
My fool usurp3 my bod'
Ma'm here's my lord.
Archiv f. n. Sprachen. OX. 14
210 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
But the words My fool usurps my body are suspect. Nor do I see the
necessity of changing the beginning of this passage. Ol' course it is the
broken line Gonceive, and fare thee well, that has led the authors to try
another line - shif ting. But I think we niay well suppose Sh. to have
written the words as they stand , cp. the line Farewell in Macbeth,
mentioned above. Of course, we rnust then read mistress's in three
syllables. In the sanie way, I cannot say that I like the proposed re-
modelling of Harn. I, 4, 12, where the received text is contracted into
one line thus:
Harn. The tri'mph of's pledge.
Hör. Is't cusloin?
Harn,. Ay, marr' is't:
I don't believe Sh. would use an emphasizing word like marry uuacceuted.
I should therefore much inore prefer to read:
The triumph of his pledge.
Is't custom ?
Ay:
leaving out altogether the words marry is't. — Conversely I would re-
eommend the short instead of the füll form of near(er) in Mac. II, 3, 147,
where the authors propose to read:
— — — — — — — the near in blood,
Th' nearer' bloody',
with the last syllable accented both of nearer and bloody. To my mind
it sounds better to read:
— — ■ — — ' — — — the near in blood,
The near bloody',
the accent on the last syllable of bloody going very well as in contra-
distinction to the preceding blood, but nearer' bloody' seems rather jarring.
On the whole, though I think it cannot be denied that many of the
curtailed forms adduced by van Dam and Stoffel really existed in Eliza-
bethan English, yet I am inclined to believe that the authors have beeu
too ready to admit them in the single instances. Our knowledge of
Shakespeare's genuine text is too limited to allow no to set it right in
every case where it is evident that the received text is corrupt. But still
I think the authors have done good work in drawing the attention of
scholars to these linguistic facts, as they may go a long way to help them
in correcting the text, even though this remedy is us panacea. — Nor
can I unconditionally subscribe to the somewhat startling assertions that
'the use or non-use of the s, especially as the sign of the plural, was
a purely arbitrary matter' (page 81), or that :Elizabethan Speakers hardly
troubled about such trifles as the pronunciation of final consonants'
(page 157). —
The first part of the book concludes with a very füll and very inter-
esting survey of the history and structure of the Heroic Line and the
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 211
Blank Verse. The results of the investigation is thus given by the authors
themselves (page 209):
'The unit of Shakespeare's blank verse is a line of either ten or eleven
syllables.
In this line there may or may not be one or more verse-pauses. If
there are one or more verse-pauses, these may occur after any syllable
in the line.
The verse-accents are on the even syllables, but accentual inversions
may occur in the case of the first, the second, the third, and the fourth
accent, on condition that such inversion be preceded by a verse-pause.
There may also be two accentual inversions in a line, but these nrust
never be consecutive ones, and the fifth accent cannot under any circum-
stances suffer inversion.
The only essential difference between blank-verse and heroic verse
is the absence of rhyme in the former; and the greater latitude of ex-
pression thereby secured may manifest itself in a greater diversity in
the place of the verse-pause, and an iucrease in the number of unstopt
ünes.' —
The authors are themselves aware that their conception of Shake-
speare's blank verse has not up to now been accepted by a single editor,
a single critic, or a single Shakespearian scholar, and that it is in flat
contradiction with the general opinion which has gradually taken root on
the subject of Shakespeare's dramatic verse (page 212). To this I have
only to add that this part of the book seems to me to be far the best,
and I am fully cocvinced that their view of the structure of blank verse
will in time do completely away with all phantastic views set forth by
Dr. Guest and the anonymous writer in the Quarterly Review, quoted
on page 225.
The second part of the book, containing Criticism of the Text
of Shakespeare is likewise divided into several chapters. In the first
of these are discussed the various Causes of the Mistakes in the
Text. These causes are manifold, such as differences in spelling,
misprints, line-shif tings, which are to be laid at the printer's door,
or arbitrary alterations of the punctuation or the text, as well as
omissions and additions, which are, as a general rule, due to the
carelessness or ignorance of editors and correctors of the press. Themost
interesting of these causes is perhaps line-shifting, or 'the mangling
of verse by subjecting the individual lines to arbitrary processes of short-
ening or lengthening, while leaving intact the words of which the lines
are made up.' As an example I shall give the following: Harn. V, 2,
369—372 is thus printed in the Folio:
Which have solicited. The rest is silence. O, o, o, o. Dyes.
Hora. Now cracke a Noble heart:
Goodnight, sweet Prince,
And flights of Angela sing thee to thy rest,
Why do's the Druinme come hither?
14*
212 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Modern editors try to set this right by leaving out the 0, o, o, o, and
printing Goodnight, sweet prince in the same line with the preceding one.
But this still leaves the last line incomplete. The following reniodelling
proposed by van Dam and Stoffel recommends itself as very plausible:
Which have solicited. The rest is silence.
■O, o, o, o! {Dies.)
Hör. Now cracks a noble heart.
Good night, sweet prince! And flights of angels sing
Thee to thy rest! — Why does the drum come hither?
By this simple means everything is set right without changing or leaving
out a single word. Truly, no Solution can be simpler.
In dealing with the text of the single works the authors divide these
into three groups, viz.
I. the works for which only one source has come down to us, sc. the
poems and those plays that are found only in the Folio of 1623;
II. the plays which are found not only in the Folio, but also in one
or more Quartos, and
III. the plays of which, in addition to a Version printed from the
manuscript, we also possess surreptitious copies.
The authors take it for granted that all the works of Sh. have been
printed from his own manuscripts. When we ask how it is then possible
that they contain so many evident mistakes, so many omissions and
additions, they answer by referring to the fact that it was not the custom
of the authors at that time to correct the proof-sheets. The printing
was wholly left to the compositor and the corrector, and these did not
scruple, if they thought fit, to alter the text arbitrarily, to omit words
or lines which they did not understand, and even add words that were
not in the manuscript. Besides, according to a passage quoted from
de Vinne's book The Invention of Printing, it seems that the compositor
was not always in the habit of having the MS. before him, but 'that it
was customary to employ a reader to read aloud to the compositors, who
set the types from dictation, not seeing the copy. . . . When the compo-
sitors were educated, the method of dictation may have been practised
with some success; when they were ignorant, it was sure to produce many
errors.' From this it is concluded that 'if two Elizabethan editors happen
to edit the same manuscript, hundreds of small discrepancies are sure to
appear in the two texts they turn out.'
Respecting the plays of the first group, special interest is attached
to the attempt of the authors to reconstruct the blank verse form of the
opening scene of the Tempest, which is printed as prose both in the first
Folio and in all subsequent editions. I will not say I believe the authors
have succeeded in giving us Shakespeare's genuine text in every detail
of this scene, nor do I believe the authors theraselves will claim credit
for this, but their attempt has at all events convinced me — and will,
I believe, convince all who study it without preconceived notions — that
this scene is in blank verse, even though there may be objectionable de-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 213
tails in the reconstruction. Thus, I don't think the very first line a good
one, whether Sh. wrote it in that form or not:
Mast. Boatswain.
Boats. Here, master. What cheer?
Mast- Good. Speak to
The mariners.
In order to make blank verse out of this, we must accent what and to.
But other lines are quite perfect, for instance the following:
Ant. Where's the master, boatswain?
Boats. D'ye not near himV You mar our labour. Keep
Your cabins! 'S blood! You do assist the storm.
Gon. Nay, good, be patient.
Boats. When the sea is. Hence!
What cares these roarers for the narae of king?
To cabin! Silence! Trouble's not!
Gon. Good, yet
Remember whom thou hast aboard.
Boats. None that
I more love than myself. You are a couns'lor;
If you can mand these elements to silence,
And work the peace o'th' present, we will not
Hand a rope more ; use your authority.
If you can not, give thanks y'have liv'd so long,
And make yourself ready' in your cabin for
The mischance of the hour, if it so hap. —
Cheerly, good hearts! — Out of our way, I say. (Exit.)
I believe no one will dispute this being blank verse; but if this is
blank verse I do not see any reason why the rest of the scene should not
be blank verse as well. It may also be noted that of the whole scene
only one word of the Folio text has been left out and only one word
added to it. The rest of the alterations merely concern the spelling and
form of the words. I consider it as proved beyond doubt that Sh. wrote
this scene in blank verse.
The second group of plays comprises Eich. IL, LI. Henry IV., Rieh. III.,
Tr. & Gr., Tit. And., Lear, and Oth., and a searching investigation has
led the authors 'to the conclusion that both the Quarto printer and the
Folio printer (or the F. corrector) must have had füll or partial access
to the genuine manuscripts'. — That the Folio-edition of the plays is not
a mere reprint of the Quartos is, of course, proved by the many dis-
crepancies between them. At the same time they have so many errors
in common that they cannot, on the other hand, be wholly independent
of each other. The authors assume, as a general rule, that though the
editors of the Folio had access to Shakespeare's manuscripts, these were
only now and then had recourse to, while the type was mainly set up
f rom the Quarto : 'When a work was reprinted, the ordinary practice must
have been to set up the type, not from the manuscript, but from a copy
of the edition immediately preceding. Of course it is far easier for a
compositor to set up a work from a printed text than from a manuscript,
214 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
and Shakespeare's hand may well have been hard to decipher. . . . We
shall therefore be pretty near the truth if we assume that tbe F. printer
thougbt fit to consult bis convenience by using the Q. as his "copy", at
the same time looking with intermittent attention into tbe MS. upon
occasions, and in certain cases even printing froni the MS. exclusively.'
I must leave it to others to decide if this view of the matter is cor-
rect or not. I requires a far deeper knowledge of the different editions
than I can boast of to pronounce upon tbe question. I can only say
that in many cases a difficulty seenis to be solved by this way of looking
at it, in other cases the attempt to set the text right seems less success-
ful. This also applies to the attempt at reconstructing the opening scene
of K. Lear, where many a lucky hit is mixed up with what I am inclined
to consider as the overstraining of a preconceived theory. Thus, the
authors are no doubt right in supposing the beginning of this scene
to be in blank verse as well as all the rest, and the way the metre is
reconstructed is, I believe, mainly correct; so is probably their reading
of lines 67 — 81 (from Then poor Cordelia — Speak again), where they
seem to have succeeded very well in conciliating the texts of the Q. and
the F. — But I have no doubt that Shakespeare critics will take ex-
ception at many details.
We now come to the tbird group of plays, viz. those of which there
are also found surreptitious copies. These, as everybody knows, are sup-
posed to have been stolen by sborthand writers, who jotted them down
by ear during the Performance, and they therefore do not only contain
many mistakes due either to misconception of the spoken words, or to
blunders in deciphering the shortband notes, but also often leave out
whole passages. Consequently they are much shorter than the editions
printed from the MS. It would seem, therefore, that no great weight can
be laid upon words and passages found in tbese, but wanting, in the legal
editions. And yet van Dam and Stoffel attach a high value to them,
because in several cases, instead of giving less than the genuine copies,
they really give more, that is to say, they contain fresh matter not to
be found anywhere eise, and what is more, this fresh matter may to great
advantage be inserted in the generally received texts, thereby throwing
quite a new ligbt upon several passages of the latter. As an example
instar omnium the authors give the well-known passage from R. & J. II, 6,
where Romeo and Juliet meet in the friar's cell to get married. As the
two Quartos have only two lines in common in this scene, it has always
been supposed that the original text as we know it only from the sur-
reptitious Quarto has afterwards been rewritten by Sh., who must con-
.sequently have cancelled almost the whole scene, and substituted a wbolly
new text. But as the lines supposed in this manner to have been can-
celled by Sh. are by far tbe most beautiful of the whole scene, I fully
agree with the authors when they say that 'if Shakespeare had cancelled
and rewritten tbese splendid lines, we should have to conclude that be-
tween 1597 and 1599 he had had a fit of mental alienation.' The only
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 215
conclusion, therefore, that can be drawn from this, is that both the text
of the surreptitious Quarto and that of the later Quarto belong to the
original play, and, in fact, by putting them together we get a text that
at once commends itself to any one who has eyes to see and ears to
hear. There may be still more lines wanting in this beautiful scene, so
that it is by no means certain that, by welding the two texts together,
the authors have really succeeded in restoring the genuine text as it
flowed from Shakespeare's pen ; there is no ascertaining this now. But
what seems to me to be beyond reasonable doubt, is that the text as
restored by van Dam and Stoffel is the nearest approach to Shakespeare's
own words that is now possible. But if this is so, the lines left out in
the later Quarto must have been in Shakespeare's MS., and as this Quarto
is supposed by the authors to have been printed from the manuscript,
the question naturally arises how it has come to pass that these beautiful
lines could be left out by the compositor. To solve this difficulty the
authors suppose that the compositor made use of the surreptitious Quarto
and set up the type from that, all the way comparing it with the MS.,
in which he had already marked those lines which were left out in
the printed copy before him. But when he got to II, 6, he is supposed
to have for a moment forgotten all about the printed copy, and 'in his
eagerness to get on set in type only the marked passages in the Ms.' —
Here I must join issue with the authors. First, if the printer before
going to work had compared the first Quarto with the MS., he would
have found so many discrepancies between them that he would most
probably have preferred printing directly from the MS. to this constant
turning from one to the other. Secondly, if it was his 'eagerness to get
on' that made him for a moment forget that he had really two copies to
print from, it is more probable that he would have forgotten the written
copy and contented himself with the printed one, than vice versa; for as
the authors themselves say in another place, it is much easier to set up
type from a printed copy than from a written one, and we can not, there-
fore, suppose that the compositor, if he wanted to get on with his task,
should choose the expedient which would most probably prevent his
getting on. The only explan ation possible of this remarkable fact, there-
fore, is that the lines in question were not to be found in the MS. from
which the compositor was printing. But, again, if these lines had never
been cancelled by Sh., we can only infer that the MS. from which the
second Quarto was printed was not Shakespeare's own, but an imperfect
copy of it, and this copy may, for aught we know, have been got in an
illegal way. The publisher may have bribed one of the actors to get him
a copy, and in his eagerness to do this secretly, this actor may well be
supposed to have left out lines here and there. He may have been dis-
turbed in his work and have had to put it off for some time, and when
he recommenced it, he may have started from a wrong place, it is im-
possible to say how the blunders may have been brought about. Or,
when he had, for instance, copied the lines:
216 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
O, so light a foot
Will ne'er wear out the everlasting flint,
and raised his eyes from the paper he was writing on, to see what fol-
lowed, his eyes met again the words So light a foot, and he may then
have passed over the next two lines, believing them 'to be the same he
had been copying. —
Of the other examples of how lost lines may be recovered from the
surreptitious Quartos, I shall only mention the following : In Harn. I, 2,
105 — 107, the generally received text runs:
— — — — and who still hath cried,
From the first corse tili he that died to-day,
'This must be so.'
But it must be admitted that if Nature had cried nothing eise, it would
hardly be worth recording. If we turn to the surreptitious Quarto, we
find the following line inserted between 105 and 106:
None lives on earth, but he is born to die,
and there can be little doubt that this line has been wrongly left out,
.since it is on this line that 'the whole passage hinges.'
I cannot conclude this review without regretting that the authors in
mentioning other modern editors sometimes indulge in terms which they
themselves call 'measured', it is true, but which cannot fail to make
a painful impression on English readers. Of course modern editors may
have committed blunders which van Dam and Stoffel have detected and
set right, but it is hardly fair to say that 'the latter-day views as respects
editorial work, seem calculated to create confusion all along the line in
modern editions of old authors' (page 197), and they are hardly justified
in saying that 'the outcome of their Joint efforts, as we find it exhibited
in modern editions, such as the well known Globe Edition may justly
be described as illogical eclectic bungling' (page 271), or that 'they are
troubled with the curious propensity of choosing the greater of two evils'
(page 300). The Cambridge editors, especially, find little favour with the
authors, who assert that 'the poorest figure is cut by the C. editors'
(page 314) '. . . in whom logic and method are often far to seek' (page 315),
and '. . . the C. editors are not consistent in anything except in incon-
sistency' (page 338). Such expressions are so much the more to be re-
gretted as the authors admit that 'so long as Mr. Howard Furness's New
Variorum Edition is unfinished, the Cambridge Edition, with all its im-
perfections on its head, supplies a want which no other edition can fill
up.' — I am sorry to have to point out such blemishes in a work that
is so interesting and original in its views, and which in spite of possible
mistakes in details, has certainly carried the study of Shakespeare a good
step forward. —
Fredriksstad (Norway). Aug. Western.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 217
Shaksperes Macbeth. Tragödie in fünf Akten übersetzt von
Friedrich Theodor Vischer. Mit Einleitung und Anmer-
kungen herausgegeben von Professor Dr. Hermann Conrad.
Stuttgart, J. G. Cottasche Buchhdlg. Nachf . (G. m. b. H.), 1901.
Macbeth in Vischers trefflicher Übersetzung zu einer Schulausgabe
zu verwenden, war eine glückliche Idee, denn gerade dieses Stück eignet
sich nach Inhalt und Form für die Schullektüre wohl am besten von
allen Tragödien Shaksperes. Es übersteigt mit seinem Problem nicht die
Fassungskraft der Halbreifen und wirkt durch die Klarheit seiner künst-
lerischen Gliederung paradigmatisch.
Die konkrete Eignung für den Schulzweck erhält das Buch durch
Conrads weitausgreifende Einleitung und die reichlich gebotenen Anmer-
kungen am Schlüsse. Sorgen diese in bester Weise für das Verständnis
der Einzelheiten, so will die Einleitung das Ganze in helles Licht rücken.
Dabei verschmäht Conrad eine systematische Anordnung — wohl zum
Vorteil für seine jungen Leser. Er greift die wichtigsten Punkte heraus
und ordnet sie, wie mir scheint, in eine pädagogisch absinkende Reihe.
So steht an erster Stelle die 'Charakteristik'. Hier wird — vornehm-
lich an der Figur des Helden — das Drama seinem geistigen Gehalt nach
erläutert. Danach kommt das formale Moment im 'Bau des Dramas' zur
Sprache. In das letzte Drittel der Einleitung teilen sich speziellere Ana-
lysen. Meist passen sich diese Exkurse dem Schulzweck an, so in den
beiden ersten Hauptstücken sowohl hinsichtlich der sachlichen Darstellung
wie auch in der halbnaiven Textierung. Den übrigen Kapiteln merkt
man freilich an, dafs hier der Herausgeber die Gelegenheit benützt hat,
seine persönlichen Ansichten über wissenschaftliche Einzelheiten vor-
zutragen, mögen diese auch über den Zweck des Schulbuches hinausgehen.
Es ist also zuviel des Guten, aber weil es meist gut ist, was da gesagt
wird, so stumpft sich das methodische Bedenken dagegen ab. Die jungen
Herren der Schule werden eben diese Seiten einfach überschlagen.
Mir sind diese illegitimen Erweiterungen selbstverständlich gerade das
Interessanteste am Buche.
Sehr nett gemacht ist der dritte Abschnitt: 'Zeitrechnung'. Der Ver-
fasser erörtert den Widerspruch zwischen der wirklichen Dauer der Hand-
lung, wenn man sie auf ihren 'realen' Verlauf prüft, und der scheinbaren
Dauer, wie sie uns von der Bühne herab vorkommt. Überflüssig war
wohl die Mühe der genauesten Ausrechnung der 'realen' Zeit auf Tage
und Stunden, sehr hübsch ist es aber, wie Conrad die Kunststückchen
Shaksperes aufdeckt, die ihn seine Handlung scheinbar so sehr konzen-
trieren liefsen, woraus sich für den Zuschauer die gröfsere dramatische
Wucht des Ganzen ergibt.
Der folgende Abschnitt über 'poetische Form' ist mifsraten. Ein paar
Allgemeinheiten über Sprachstil und Versbau sind in gedrängter Kürze
(eine Druckseite) so allgemein hingestellt, dafs sie zu Unrichtigkeiten
werden, weil sie den Eindruck hervorrufen, als wäre das Drama stilistisch
218 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
und metrisch zwar meisterhaft, aber einheitlich ausgeführt. Nun ist aber
gerade dieses Drama ausgezeichnet durch seinen individualisierten Stil.
Nirgends hat es Shakspere so sehr verstanden, seine Hauptfiguren schon
durch die feinstabgestufte Sprache zu charakterisieren. Der Held und
die Heldin sprechen — weil so verschieden in ihrem Wesen — künst-
lerisch starkunterschiedene Idiome, und diese variieren sich wieder —
ohne darüber ihren Grundton zu verlieren — nach den eigenartigen Stim-
mungen, die die wechselnden Situationen, mithin die Geistes- und Gemüts-
lagen ihrer persönlichen Träger, des Helden oder der Heldin, mit sich
bringen. Das Drama bezeichnet den Gipfelpunkt in der stilistischen Ent-
wickelung des Dichters. Die Ausführung dieser Tatsache hätte freilich
den Eahmen des Buches gesprengt, aber eine Andeutung hätte leicht
Platz finden können.
Die Quellenstudie des nächsten Kapitels ist in ihrer sachlichen Be-
handlung sehr gut gelungen. Hingegen erwecken die Schlufskapitel über
'Abfassungszeit' und 'Urheberschaft' gerechtfertigte Bedenken. Wenn ich
trivial werden dürfte, müfste ich sagen, der Verfasser hört hier das lite-
rarische Gras wachsen. Er ist ein übertriebener Skeptiker gegenüber den
äufseren Kriterien und ein Zelot für die inneren des Stils und der Metrik.
Die Schlüsse aus dem scheinbar objektiven Material werden subjektiv,
weil zwei Prämissen des Verfassers nicht unangefochten bestehen : er zieht
die Bedenklichkeit der Überlieferung nicht in Rechnung, und er glaubt
an die Stetigkeit der Entwickelung des Dichters zum Besseren. Diese Vor-
aussetzungen sind aber — weil unbeweisbar — blofs willkürlich.
Trotz dieser — für den eigentlichen Zweck des Buches — nur unter-
geordneten Ausstellungen mufs das Ganze als gelungen bezeichnet werden.
Wien. Rudolf Fischer.
Walter Scott, The Border edition of the Waverly novels, edited
with introductory essays and notes to each novel (supple-
menting those of the author) by Andrew Lang. London,
Macmillan, 1902. 24 vols. crown 8, green cloth. 3 sh. 6 d. each.
Die Romane Walter Scotts sind lange im Schatten der Literatur-
geschichte gestanden, obwohl sie beim Erscheinen eine neue Gattung dar-
stellten: den historischen Prosaroman, der alsbald durch Alexis und Hauff,
Vigny, M^rim6 und den Verfasser der 'Drei Musketiere', sowie durch Man-
zoni einen Siegeslauf durch Europa nahm und selbst in Amerika die
Cooperschen Indianer hervorrief. Vielleicht hatte die reiche Biographie
Scotts, die sein Schwiegersohn Lockhart 1837 veröffentlichte, den Ein-
druck erweckt, als wüfste man schon alles. Doch gehört Lockharts Werk
zu jener älteren Art Dichterbiographien, die zwar die Lebens- und Buch-
geschichte, aber nicht die Kunstentwickelung geben und hiemit einer
psychologischen Forschungsweise nur das Material vorbereiten. Nicht die
Erbauung von Abbotsford, der Erwerb vormals unerhörter Honorare und
der heroische Kampf gegen einen furchtbaren Bankerott ist uns an Scott
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 210
das Interessanteste, sondern wie er dazu kam, zuerst seine Versepen zu
dichten, dann zu Waverley überzugehen und allmählich die technische
Höhe von 'Ivanhoe' und 'Quentin Durward' zu erklimmen ; zur Aufhellung
dieser Fragen, zur Darlegung seiner Vorbilder und Quellen ist aber mehr
als ein halbes Jahrhundert lang nichts geschehen. Erst die vorliegende
Neuausgabe, zu der Andrew Lang die Einleitungen beisteuerte, brach
1892 das Eis. In England schlössen sich daran Separatausgaben des
'Talisman' und 'Ivanhoe' für die Clarendon Press, von 'Old Mortality'
und 'Legend of Montrose' für die Cambridge University Press, in denen
mehr oder minder auch den Quellen Scotts nachgegangen ist. Neuesten s
haben zwei Leipziger Dissertationen denselben Gegenstand gefördert:
M. Schüler, Quellenuntersuchung zu 'Rob Eoy' (1901), hat in diesem
Romane manche autobiographische Züge aus Scotts eigener Liebesgeschichte
aufgedeckt, und L. K. Roesel, 'Die literarischen und politischen Be-
ziehungen Sir Walter Scotts zu Goethe' (1901), Nachwirkungen des Werther
in 'Waverley', des Egmont in 'Kenilworth', der Mignon in 'Peveril' und
'Legend of Montrose' verfolgt. Endlich wagte sich K. Gaebel, 'Beiträge
zur Technik der Erzählung in den Romanen Walter Scotts' (Marburger
Diss. 1901), an den literarhistorischen Kern und hat allerlei Beachtens-
wertes vorgebracht, das weiter gesponnen zu werden verdient.
Jetzt ist die 'Border edition' Andrew Längs, die 1892 noch durch
einen sehr hohen Preis umzäunt war, in billigem Neudruck, doch mit
ungekürztem Apparat, sowie mit denselben 240 Illustrationen, die nicht
einmal geschmacklos sind, erschienen, so dafs auch minder bemittelte
Bibliotheken und Gelehrte sie anschaffen können. Die Einleitungen sind
zwar wesentlich biographischer und ästhetischer Art. Lang beginnt regel-
mäfsig mit der äufseren Entstehungsgeschichte eines Romans , haupt-
sächlich nach Lockhart, dessen Fleifs und Takt durch eine nochmalige
Durchmusterung der vielbändigen Originalkorrespondenz des Dichters nur
in ein helleres Licht gerückt wurde. Dann gibt er seine Meinung über
den Grad des Gefallens, das der Roman ihm einflöfst — 'Quentin Dur-
ward' stellt er am höchsten — , und knüpft daran eine Besprechung aus-
gewählter, zeitgenössischer Rezensionen. Endlich benutzt er manchmal
die Gelegenheit zu einer Vergleichung mit der wirklichen Geschichte,
z. B. bei 'Kenilworth' an der Hand von Froude, bei 'Ivanhoe' an der von
Freeman. Immerhin machen die Anmerkungen auf eine Reihe von Einzel -
quellen aufmerksam, so dafs man sie nicht übersehen darf. Natürlich
sind alle Vor- und Nachbemerkungen zu Scott selbst beibehalten. Drei
Romanen, die viele keltische Lehnwörter in sich bergen, 'Waverley', 'Tales
of the Crusaders' und 'The surgeon's daughter', sind ziemlich ausführliche
Glossare (ohne Citate) beigegeben. Druck und Ausstattung sind so schön,
dafs der Preis billig zu nennen ist. Es wäre nur zu wünschen, dafs auch
die Quellen und innere Entstehungsgeschichte sorgfältige Behandlung er-
fahren hätten ; wie viel da fehlt, ist schon aus einem Vergleich mit der
Ivanhoe-Ausgabe der Clarendon Press zu ersehen.
Berlin. A. Brandl.
220 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Carl Voretzsch, Epische Studien. Beiträge zur Geschichte der
französischen Heldensage und Heldendichtung. I. Heft:
Die Komposition des Huon von Bordeaux nebst kritischen
Bemerkungen über Begriff und Bedeutung der Sage. Halle a. S.,
Max Niemeyer, 1900. XIH, 420 S. 8.
Es würde ein eitles Bemühen sein, den überaus reichen Inhalt dieses
Buches, das für Germanisten nahezu von gleicher Bedeutung ist wie für
Komanisten, auch nur in knappen Zügen in den Rahmen einer räumlich
doch immerhin beschränkten Anzeige zu bringen. Die zahllosen Fäden
aufzuweisen, die der Verfasser mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit
von einer Dichtung zur anderen spinnt, würde zwecklos sein und keine
richtige Würdigung der Arbeit ermöglichen, wenn nicht zugleich gezeigt
würde, wie er das scheinbar unentwirrbare Gewebe aufzudröseln versteht.
Das würde aber zu zahlreichen und verwickelten Auseinandersetzungen
führen, die man am besten im Buche selber nachliest. Und das zu tun,
kann nicht warm genug empfohlen werden, denn jeder Leser wird davon
nicht nur Nutzen, sondern auch wirklichen Genufs und Vergnügen haben,
so dafs er das Buch, wenn er einmal angefangen, sicher auch zu Ende
lesen wird. Denn der Verfasser versteht seinen Stoff so meisterhaft zu
behandeln, die zahlreichen Fragen derartig zu stellen und zu beantworten,
dafs man ihm bis zum Schlüsse mit spannender Aufmerksamkeit folgt.
Seinen Gegenstand beherrscht er im vollsten Mafse, auf dem Gebiete des
germanischen Epos ist er nicht weniger gut zu Hause als auf dem des
romanischen, und überall mufs man die gegebene Lösung als durchaus
möglich bezeichnen, wenn auch nicht immer als wahrscheinlich.
Denn dafs sich alles in Wirklichkeit so verhalten habe, wie der ge-
lehrte Verfasser es darstellt, möchte ich doch nicht unbedingt bejahen.
Gar manches kann ja nicht zweifelhaft erscheinen, so der überzeugend
nachgewiesene Einflufs des Coronement Loo'is und des Ogier auf die Ein-
leitungsscenen des Huon de Bordeaux, wodurch zugleich die von Longnon
angenommene historische Grundlage (die lebensgefährliche Verletzung des
Sohnes Karls des Kahlen durch Albuin) für Huons Tötung Carlots weg-
fällt. Auch zahlreiche andere Entlehnungen und Analogien hat Voretzsch
dank seiner ungewöhnlichen Belesenheit darzutun vermocht. Anderes
wieder erscheint angesichts der lückenhaften Überlieferung fast zu schön
gefügt, um wahr zu sein. Welch eigentümlicher Zufall z. B., dafs der
'Urhuon' iins in dem sonderbaren Prolog der Turiner Hs. des Lothringer-
epos erhalten sein sollte, derselben Hs. aus dem Jahre 1311, die uns auch
eine Version des Huon de Bordeaux mit zahlreichen Zusätzen überliefert!
Freilich kann sich Voretzsch gerade dafür auf keinen geringeren als
G. Paris berufen, aber trotzdem mufs ich die Bedenken teilen, die Ph. Aug.
Becker in der Zs. f. rom. Phil. XXV, 373 dagegen geltend gemacht hat.
(Beachtenswert sind auch Beckers Ausführungen über den 'pseudo-histo-
rischen Alberich' im XXVI. Bande derselben Zeitschrift.) Solche Zweifel
beruhen im letzten Grunde auf einer abweichenden Anschauung; sie hin-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 221
dem mich nicht, die Folgerichtigkeit und Möglichkeit der Resultate, zu
denen Voretzsch gelangt ist, ausdrücklich anzuerkennen.
Der eigentlichen Untersuchung über Huon de Bordeaux gehen davon
unabhängige, rein theoretische 'kritische Bemerkungen über Begriff und
Bedeutung der Sage' (d. h. der Sage überhaupt; voraus (S. 1—49). Voretzsch
sucht darin seine Anschauungen über die Entstehung des Epos, die er
bereits in der 'Französischen Heldensage' (Heidelberg 1894; in etwas um-
gearbeiteter französischer Übersetzung: La legende heröique francaise,
Bruxelles 1901) und in der 'Das Merowingerepos und die fränkische Hel-
densage' betitelten Abhandlung (in Philol. Studien. Festgabe für Eduard
Sievers. Halle 1896. S. 53 ff.) dargelegt hatte, weiter zu begründen und
zu verteidigen. Die neuen Ausführungen treffen nicht den Kern der
Frage, und diejenigen, die bisher den Begriff 'Heldensage', wie ihn Voretzsch
auffafst, für das französische Epos nicht gelten lassen wollten, werden
schwerlich bekehrt sein. Ich kann auch z. B. nicht finden, dafs sich
Gautier wirklich solcher Widersprüche schuldig gemacht hat, wie Voretzsch
ihm vorwirft. Denn dafs das französische Epos sagenhafte Elemente, ja
ganze Sagen aufgenommen und verarbeitet habe, liegt doch auf der Hand
und ist gewifs keinem Menschen eingefallen zu bestreiten. Der Kern der
Frage ist der: Haben sich Erinnerungen an historische Ereignisse blofs
durch mündliche Weitererzählung (in prosaischer Form) durch Jahrhun-
derte hindurch in dem Grade von Genauigkeit und Treue vererben kön-
nen, den das durch Jahrhunderte von den geschilderten Ereignissen ge-
trennte französische Epos voraussetzt? Diese Frage bejaht Voretzsch
ebenso entschieden, wie sie G. Paris, Rajna und andere verneinen. Was
mich betrifft, so bleibe ich nach wie vor in der Reihe dieser letzteren,
denn auch ich bin der Überzeugung, dafs sich so bestimmte historische
Erinnerungen, wie sie die Epen bei all ihren Ungenauigkeiten, Verwechse-
lungen usw. immerhin voraussetzen, nicht durch blofses Erzählen Jahr-
hunderte hindurch erhalten können. Die Erinnerung wird sich bei denen,
die nicht Augenzeugen waren, bald verdunkeln, besonders werden die
Namen der handelnden Personen bald vergessen und beliebig durch andere
ersetzt werden, über die zeitlichen Verhältnisse wird jede Anschauung
bald fehlen usw. Um das festzuhalten, bedarf es eben der Fessel des
Verses oder der schriftlichen Aufzeichnung, und die Ependichter haben
entweder aus Liedern oder schriftlichen Quellen oder aus beidem zugleich
geschöpft. Dazu hat dann mündlich überlieferte Prosaerzählung wohl
Sagenhaftes aller Art, besonders Wandersagen, die bald auf diese, bald
auf jene Person übertragen wurden, Lokalsagen, Märchen u. a. m., aber
keine Geschichte beigesteuert. Die allenfalls darin enthaltenen historischen
Erinnerungen waren jedenfalls so verschwommen, dafs man sie nicht mehr
erkennen konnte. Dagegen sieht Voretzsch die Heldensage als die Quelle
der Epen, als die Überlieferin des Stoffes selbst an, den die Ependichter
übernahmen und nur zu verarbeiten brauchten. Er läfst es (S. 29) sogar
dahingestellt, ob 'eine so gefafste Sage sich von dem Epos nur noch
durch die äufsere Form, durch die prosaische Einkleidung unterscheidet',
222 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
und fährt dann fort: 'Zu vermuten ist, dafs die epische Behandlung in
den Einzelheiten, zumal in der Schilderung, immer etwas vor der Prosa-
sage voraus hat, dafs der epische Dichter sich nicht mit der metrischen
Wiedergabe des Gehörten begnügt.' Mir scheint, dafs Voretzsch auf alle
Fälle auch den AnteU der Dichter selbst und der dichterischen Tradition
an den französischen Epen bedeutend unterschätzt.
Am Schlufs des ebenso interessanten wie gelehrten Buches findet man
noch eine Reihe willkommener Beilagen: Auszüge und die sämtlichen
Kapitelüberschriften aus dem französischen Prosaroman von Huon (S. 375
bis 402), den Prosaauszug des 14. Jahrhunderts (B. N. fr. 5003), die von
Alber icus junior, filius Clodii handelnden Stücke aus Jacques de Guises
Annales historiae illustrium principum Hannonie und eine Filiationstafei
der behandelten Epen.
Jena. W. Cloetta.
Forschungen zur Romanischen Philologie. Festgabe für Hermann
Suchier zum 15. März 1900. Halle a. S., Max Niemeyer,
1900. V, 646, xxxvi S. 8.1
Eine freudige Überraschung, ja eine Ehrung seltener Art wurde mir
zu teil, indem mir von einer Anzahl früherer Hörer der vorliegende Band
überreicht wurde. Es geschah dies an dem Tage, an dem ich dereinst im
Jahre 1875 zum ordentlichen Professor in Münster ernannt worden war.
Meine Freude stieg noch, als ich mich beim Lesen davon überzeugte, dafs
unter den elf Abhandlungen des Bandes keine war, die nicht wertvollen
wissenschaftlichen Inhalt in eine wohldurchdachte, auch äufserlich streng
gehaltene Form gekleidet hätte.
1. Der Verfasser des ersten Artikels, Charles Bonnier, französischer
Lektor an der Universität Liverpool, teilt aus seiner im französischen
Nordgau belegenen Heimat (Templeuve), über die er schon manche dan-
kenswerten Aufschlüsse gegeben hat, 52 mundartliche Sprichwörter mit,
die er mit Übersetzung und mit Erläuterungen versieht. Die Beachtung,
die er, einer Anregung Hugo Schuchardts folgend, der metrischen Form
dieser Sprichwörter schenkt, verdient besondere Anerkennung. Es ist ihm
auch gelungen, den Gegenstand zu beleben und anziehend zu gestalten.
Nur die phonetischen Bezeichnungen hätten vielleicht durch praktischere
Auswahl gewinnen können.
1 Als ich auf die Bitte der Redaktion eine Anzeige dieses Werkes übernahm,
dachte ich nicht, dafs sich die Erfüllung meines Versprechens so lange hinziehen
würde. Die Verspätung ist in Umständen begründet, die aufserhalb des Bereichs
meines Willens lagen. Sollte aber aus meiner Besprechung eine persönliche Note
hervorklingen, so wird der Leser dies begreiflich finden und, wofern dies nötig
sein sollte, entschuldigen. Der Band ist bis jetzt angezeigt worden im Lit. Central-
blatt 1901 Sp. 25 (P. F[örster]), in der Deutschen Literaturzeitung 1901 Sp. 164
(W. Meyer-Lübke), in Behrens' Zeitschrift für französische Sprache und Literatur
XXIV. 1 (O. Schultz -Gora), in der Revue critique 1901 I S. 224 (A. Jeanroy),
iu der Romania XXIX S. 466 und 579—585 (L. Havet, A. Thomas, G. Paris),
im Giornale storico della letteratura italiana XXXVI S. 475.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 223
2.1 A. Philippide, Professor an der Universität Jassi, behandelt die
vielunistrittene Frage von der Beschaffenheit des lateinischen Wortaccents.
Er macht einige Einwendungen gegen Louis Havet, der für das längere
Wort zwei Accente annahm : einen musikalischen auf der gewöhnlichen
Tonsilbe, einen exspiratorischen auf der anlautenden Silbe. Ich gehöre
nicht zu den Anhängern von Havets Hypothese, möchte aber, ehe ich auf
die Frage eingehe, erst die neuen Untersuchungen von Vendryes gelesen
haben, dessen Buch mir noch nicht zugänglich geworden ist. In der
zweiten Hälfte seines Aufsatzes bespricht Philippide den rumänischen
Wortaccent und betrachtet in lehrreicher Weise die rumänischen Wörter
und Wortformen, in denen anscheinend oder in Wirklichkeit eine Ver-
schiebung des lateinischen Accents stattgefunden hat.
Philippide, der mich einst mit aufopfernder Bemühung in die Kenntnis
seiner Muttersprache eingeführt hat, ist jetzt mit der Ausarbeitung eines
den gesamten rumänischen Wortschatz umfassenden Wörterbuches be-
schäftigt. Möge es dem lieben Freunde vergönnt sein, die gewaltige Arbeit
zu glücklichem Abschlufs zu führen!
3. M. Wilmotte, Professor an der Universität Lüttich, knüpft an seine
Studien über die Sprachgeschichte des Wallonischen an, zu deren besten
Kennern er zählt, und geht auf die Mundart der von W. Förster heraus-
gegebenen Handschrift von Gregors Dialogen ein. Das Ergebnis seiner
sorgsamen Prüfung der Lautformen ist, dafs die Übersetzung der Dialoge
aus Nordwallonien herrührt, wahrs heinlich aus Lüttich selbst oder aus
der Umgegend von Lüttich. Gleichzeitig mit dieser Untersuchung erschien
die Schrift von Leo Wiese, Die Sprache der Dialoge des Papstes Gregor,
Halle 1900.2 Sie ist, wie W. Försters Schule erwarten läfst, mit philo-
logischer Sorgfalt und Gründlichkeit ausgeführt. Wiese vergleicht die
Sprache der Dialoge mit Urkunden der Abtei Orval und hält die Über-
einstimmung für hinreichend, um mit Behrens die Entstehung der Über-
setzung in Orval anzunehmen. So sehr ich bestrebt sein möchte, mich
hier auf eine blofse Berichterstattung über den mir gewidmeten Band zu
beschränken, glaube ich doch in dieser jetzt viel diskutierten Streitfrage
kurz Stellung nehmen zu sollen.
Ich halte aber die von Wilmotte befürwortete sprachliche Lokalisie-
rung für die besser begründete. Gegen Wieses Entscheidung spricht schon
die allgemeine Erwägung, dafs ein Kloster nicht eine bestimmte Mundart
vertritt und seine Mitglieder sich keineswegs aus der nahen Umgebung
zu rekrutieren pflegen, zumal wenn, wie es mit Orval der Fall ist, das
1 Vgl. E. Bourciez in der Revue critique 1901, I, S. 273.
2 Vgl. M. Wilmotte in Behrens' Zeitschrift XXII S. 186, E. Herzog in dei
Zeitschrift für romanische Philologie XXV S. 757, Arn. Krause in diesem Archiv
CVI S. 207, A. Doutrepont im Bulletin du Musee beige V 4, Stengel in der Deut-
schen Literaturzeitung 1900 Sp. 2539. Übrigens hätte Leo Wiese, für den die
Welt nur aus Komanisten zu bestehen scheint, wohlgetan, auf dem Titel anzu-
geben, dafs seine Schrift von einer französischen Übersetzung der Dialoge Gregors
handelt.
224 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Kloster nicht in der unmittelbaren Nähe einer gröiseren Stadt liegt. Dafs
die von ihm benutzten Orvaler Urkunden nicht in den Originalen, sondern
nur in Abschriften aus späterer Zeit erhalten sind, ist ihm schon von
Wilmotte entgegengehalten worden, der auch auf die in Berlin gefundene
Sammlung von 21 Originalurkunden hingewiesen hat. Diese Sammlung
ist seitdem von Delescluse und Hanquet herausgegeben worden (Nouvelles
chartes in^dites de l'abbaye d'Orval, Brüssel 1900). Auch hat Wiese einige
umfangreiche Texte aus Lüttich nicht herangezogen, wie die Chronik des
Jean des Preis dit d'Outremeuse und das Cartulaire de l'öglise Saint-
Lambert de Liege. Ich will hier nur eine Beobachtung anführen, der ich
einige Wichtigkeit beimesse. In den Dialogen geht Subj. Präs. 4 auf ons
aus (aions habeamus), aber in den Urkunden aus Orval, die Leo Wiese
sprachlich analysiert, auf iens (aiens). Um dieser Schwierigkeit zu be-
gegnen, sagt Wiese S. 128: 'Es scheint mir besser anzunehmen, dafs der
gelehrte Übersetzer unserer Dialoge, wie er im Präs. Ind. nur die Endung
-ons gebraucht, ebenso dieselbe auch im Konjunktiv ausschliefslich an-
wendet, dafs also die später überall eindringende analogische Form in den
Dialogen früher herrscht.' Die Logik dieses Satzes habe ich nicht heraus-
gefunden. Im Präs. Ind. ist das -ons allen französischen Mundarten des
Mittelalters gemeinsam, ein Vergleich mit diesem ons des Ind. ist also
gar nicht am Platze. Dafs die analogische Form im Konjunktiv später
überall eingedrungen wäre, ist gleichfalls unrichtig; in den lothringischen
Mundarten lautet die Endung noch heute -ins. Nun gehen die ein-
schlägigen Formen des Subjunktivs in den alten Lütticher Texten auf
ons aus, in den alten lothringischen Texten auf iens: aions Cart. S. Lam-
bert I 493, puissons J. Preis I 810, rechivons I 637. Wenn nun die Or-
valer Gegend, der südlichen Lage im Herzogtum Lützenburg entsprechend,
in diesem Zuge mit Lothringen geht, wie Leo Wiese konstatiert, gleich
den Moralia in Hiob, denen ich seit lange lothringische oder südwallo-
nische Heimat zugeschrieben habe, so kann eine unbefangene Entscheidung
nur dahin lauten, dafs die Endung ons, als Subj. Präs. 4, gegen Orval
und für Lüttich sprechen mufs.1
4. Joseph B6dier, Professor an der Pariser Ecole normale, versucht
hier den Tristan des Thomas inhaltlich herzustellen. Bekanntlich sind
uns von diesem Werke nur Bruchstücke erhalten, die sämtlich ziemlich
dem Ende der Geschichte angehören. Der Text wird von B£dier mosaik-
artig hergestellt, indem die drei aus Thomas geflossenen Werke, das nor-
wegische, deutsche und englische, zu einer Erzählung verschmolzen
werden. Dabei ist durch beigesetzte Konkordanzen und typographische
Zeichen der Text so eingerichtet, dafs der Leser mit Leichtigkeit in das
Verfahren einen Einblick gewinnt. Der so hergestellte Text reicht bis
zur Ankunft Tristans am Hofe des Königs Marc. Seitdem hat B6dier,
1 Am. Krause begeht in diesem Archiv CVI S. 211 einen Fehler, wenn er
den Dialogen im Subj. Präs. 4 die Endung ions zuschreibt: sie lautet nur ons,
wie in puissons, so auch in aions, soions.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 225
der jetzt eine Ausgabe der Thomasschen Tristanbruchstücke unter der
Presse hat, in einem besonderen Buche die alte Tristangeschichte mehr
im Anschlufs an die Berolversion aufs reizvollste nacherzählt (le Roman
de Tristan et Iseut, Paris s. d. [1900]) und zwar für den unbegrenzten
Leserkreis des grofsen Publikums, nicht für die enge Zunft der Philo-
logen.
5. Georg Schläger, Schuldirektor in Weida und Verfasser der fein-
sinnigen Studien über das Tagelied, Jena 1895, behandelt Musik und
Strophenbau der Chansons ä toile. Ausgehend von einer sorgfältigen
musikalisch-metrischen Beschreibung — die Transkriptionen von zwanzig
Melodien in moderne Notenschrift sind im Anhang mitgeteilt — , wird hier
eine Reihe wichtiger Fragen mit kompetentem Verständnis erörtert. Seinen
Ausgangspunkt nimmt Verfasser vom Vortrag der Chansons de geste,
dem einige wertvolle Schlufsfolgerungen zu gute kommen. Wichtig
scheinen mir zumal seine Erörterungen über die Refrains, die nach Melodie
und Inhalt geprüft werden. Schläger gelangt zu dem Schlufs, dafs der
Refrain ursprünglich einen integrierenden Bestandteil der Chansons ä toile
bildete, keineswegs als selbständig überlieferte Dichtung gelebt hat, um
die sich nach einer verbreiteten Auffassung das Ganze des Liedes als
Paraphrase gerankt hätte. Die Einführung fremder Refrains, die sich in
einigen Gedichten zeigt, ist eine sekundäre Erscheinung und erst aus
späterer Zeit zu belegen. Die le irreiche Forschung wird dann noch auf
das Tanzlied Bele Aalix, auf die Melodien des provenzalischen Agnesspiels,
auf die Musik zu Aucassin ausgedehnt. In einem Punkte von geringer
Bedeutung kann ich die Ansicht des Verfassers nicht teilen: ich glaube
nicht, dafs die erzählenden Lais gesungen worden sind. Die Notenlinien,
die zu den Anfängen einiger Lais in der Aucassinhandschrift gezogen
sind, schreibe ich einem Versehen des Liniierers zu, der gemeint haben
wird, es sollten lyrische Lais eingetragen werden, und berufe mich darauf,
dafs die Notenlinien leer geblieben sind.
6. Karl Warnke, Professor am Gymnasium zu Koburg, Die Quellen
des Esope der Marie de France. Ich verweise auf die eingehende Be-
sprechung von Georg Cohn in diesem Archiv CVI S. 426—452. Auch ich
bin der Überzeugung, dafs Karl Warnkes Name zu den besten Namen
auf romanischem Forschungsgebiet zu zählen ist.
7.1 Berthold Wiese, Lektor für Italienisch an der Universität Halle
und Professor an der Oberrealschule, gibt eine oberitalienische Christo-
phoruslegende in sechszeiligen Strophen heraus. Wiese ist nicht eigent-
lich mein Hörer gewesen. Zu meinen Schülern gehört er etwa mit dem-
selben Recht, mit dem ich mich zu seinen Schülern zählen könnte,
auch wenn er sich hier mit freundlicher Motivierung darauf beruft, dafs
er einmal 'Einführung in das Rumänische' bei mir gehört habe. Was
ich meinerseits im freundschaftlichen Verkehr mit Berthold Wiese ge-
1 Vgl. Wiese selbst ira Literaturblatt für germanische und romanische Philo-
logie 1900 Sp. 230 und Mussafias Besprechung ebenda Sp. 216.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 15
226 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
wonnen habe, ist sicher nicht geringer anzuschlagen, als was er mir ver-
danken mag.
8. Karl Weber, Oberlehrer an derselben Schule, teilt sechzehn Märchen
mit, die zugleich als Probe der Redeweisen des niederen Volkes in Toskana
willkommen sind. Weber hat gelehrte Anmerkungen beigegeben und bei
Gelegenheit des siebenten Märchens, einer Version der Crescentiasage,
auch Genaueres über die Leggenda di santa Ouglielma mitgeteilt, die er
herauszugeben beabsichtigt.
9.1 Eduard Wechfsler, Privatdozent in Halle, Gibt es Lautgesetze?
Diese wertvolle Untersuchung, die einer der brennendsten Fragen der
Sprachforschung gewidmet ist, gibt zunächst (S. 349 — 438) mit vorzüg-
licher Klarheit und eindringender Gründlichkeit eine Formulierung und
Geschichte des Problems und erörtert sodann (S. 438 — 528) die verschie-
denen Kategorien der phonetischen Veränderungen, deren Wechfsler zwölf
unterscheidet. Gleich bei der ersten (Veränderungen der Artikulations-
basis) geht er auf die Bedeutung der ethnischen Substrate für die Ent-
stehung der romanischen Mundarten ein. Alles, was der Verfasser vor-
bringt, ist anregend und fördernd ; doch nehme ich in mehreren Stücken
einen anderen Standpunkt ein, was näher darzulegen ich mir freilich im
Rahmen dieser Besprechung versagen mufs.
10. Franz Saran, Privatdozent in Halle und bereits als hervorragender
Rhythmiker bekannt, hat infolge von Krankheit seinen Beitrag nicht voll-
enden können und wird das Ganze nächstens in Niemeyers Verlag er-
scheinen lassen. Saran hält das System der romanischen Verse für alter-
nierend und bespricht in dem vorliegenden Abschnitt die von französischen
und fremden Metrikern über das französische Versprinzip geäufserten An-
sichten bis gegen 1800.
II.2 Karl Voretzsch, Professor an der Universität Tübingen, fügt hier
zu seinen scharfsinnigen literarhistorischen Untersuchungen über die
Renartbranchen und über Ogier den Dänen eine ihnen gleichwertige lin-
guistische: er prüft an dem Material des provenzalischen Wort- und For-
menschatzes die zuerst von Schuchardt aufgeworfene Frage, ob und in-
wieweit im Galloromanischen die Diphthongierung von ö und e ursprüng-
lich an ein folgendes u bzw. * gebunden gewesen ist. Ich bedaure, mir
ein näheres Eingehen auf die Darlegungen des Verfassers hier versagen
zu müssen.
Hinter dem aus den Musiknoten zu Schlägers Artikel bestehenden
Anhang bildet eine den Inhalt der einzelnen Beiträge genau analysierende
Übersicht den Schlufs des Bandes.
Halle a. S. Hermann Suchier.
1 Vgl. H. Hirt in den Indogerm. Forschungen XII Anz. S. 6, H. Schwarz in
der Vierteljahrsschrift für wiss. Philosophie. XXV S. 246, H. Stolz in der Neuen
philol. Rundschau von Wagener und Ludwig 1900 S. 39, J. Subak im Literatur-
blatt für germ. u. rom. Philologie 1902 S. 241.
2 Vgl. Horning im Literaturblatt für germanische und romanische Philologie
1900 Sp. 289.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 227
Albert Sleumer, Die Dramen Victor Hugos. Eine literarhisto-
risch-kritische Untersuchung. (Literarhistorische Forschungen,
herausgeg. von Schick und v. Waldberg, XVI). Berlin 1901.
Auf die Bezeichnung 'literarhistorisch - kritische Untersuchung' kann
dieses Buch nicht Anspruch erheben. Es ist vielmehr in der Hauptsache
ein Komplex von sorgfältigen Inhaltsangaben und ebenso sorgfältig zu-
sammengetragenen Nachrichten über die Aufführungen der einzelnen Hugo-
schen Stücke, die Parodien, Opernkompositionen und andere Dinge, welche
sich daran geschlossen haben. Nach dieser Kichtung hin kann das Buch
Dienste leisten. Dagegen ist es fast wertlos, was die kritischen Partien
angeht, weil hier jede Geübtheit und Selbständigkeit des Urteils fehlt.
Wer gleich in der Besprechung des ersten Dramas so weit irre geht, zu
sagen: 'Wir müssen "Cromwell" als ein wohlgelungenes Stück bezeichnen'
(S. 50), der darf sich nicht wundern, wenn man von den in den darauf
folgenden Kapiteln angestellten Betrachtungen über die anderen Stücke
Hugos nicht mehr viel Gutes erwartet. Verfasser scheint denn auch ge-
fühlt zu haben, dafs die Kritik nicht seine starke Seite ist, so wenigstens
erklären sich am besten die langen Zusammenstellungen von Urteilen an-
derer, unter denen auch Paul de Saint Victor nicht fehlt, der es ja fertig
bekommen hat, vom 'Ruy Blas' zu sagen: c'est un clief-d'muvre en tous
sens und von dem berüchtigten Monolog Karls V. in 'Hernani' zu be-
merken : on riait autrefois, on j leurerait presque aujourd'hui ä la plainte
magnanime de Charles- Quint abdiquant son co&iir, lorsqu'il nionte au trotte
de l'Empire(\). Die Charakteranalysen bleiben nur an der Oberfläche, auch
die der Frauen gestalten, welche nach S. Ö Verfasser sich zum besonderen
Vorwurfe genommen hat. Ein irgendwie tieferes Eindringen mufste zu
einem von des Verfassers Ergebnis sehr abweichenden Schlüsse führen,
nämlich dafs Hugos Figuren nicht lebenswahr sind, sondern samt und
sonders an grofser Unwahrscheinlichkeit leiden. Und das ist ja auch sehr
erklärlich. Hugos ausgeprägter Lyrismus machte ihn, ebenso wie die an-
deren Bomantiker, unfähig, aus sich herauszutreten und Gestalten von
Fleisch und Blut zu schaffen, und wenn es S. 5 heifst: 'Hugo ist nicht
stets im stände gewesen, sein eigenes "Ich" hinter den dramatischen Cha-
rakteren zurücktreten zu lassen,' so ist für 'nicht stets' einzusetzen 'nie-
mals'. Die lyrische Begabung Hugos erklärt es auch, warum er so oft
zum Melodramatischen herabsank, sie erklärt es ferner, wie er seine Dra-
men in derartig kurzer Zeit produzieren konnte, dafs Goethe, von dieser
Schreibgeschwindigkeit erschreckt, zu Eckermann äufserte: 'Wenn Victor
Hugo lange in der Nachwelt zu leben gedenkt, so mufs er anfangen,
weniger zu schreiben und mehr zu arbeiten.' Die Gespräche Goethes mit
Eckermann, welche Verfasser nicht benutzt hat, hätten ihm überhaupt
manche Belehrung über V. Hugo gewährt. Das gleiche gilt von Julian
Schmidts 'Geschichte der französischen Literatur seit der Bevolution1 1789';
1 Dieses Buch, dessen annalistische Anordnung mit daraus folgender geringer
Übersichtlichkeit wohl manche abschreckt, hat den Vorzug, dafs der Autor die
15*
228 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
man findet sie nirgends angeführt, während sonst allerhand wertlose
Schreibereien mit rührender Gewissenhaftigkeit zu Rate gezogen und ge-
bucht werden. So kommt es denn wohl, dafs vielerlei Unrichtigkeiten
und Schiefheiten untergelaufen sind, z. B. wenn S. 25 gesagt wird, dafs
'vor dem "Cromwell" Hugo schon mit seinen Bomanen die Herzen ein-
genommen hatte,' also mit dem Han d'Islande und dem Bug-Jargal, diesen
ungeheuerlichen Produkten, oder wenn Verfasser nicbt weifs, was man
von der Beschäftigung Hugos mit Shakspere zu halten hat, oder die Über-
setzung von Delaplace in eine ganz falsche Zeit verlegt wird (S. 331,
Anm. 2), oder über das Verhältnis des Verses von A. Chenier zu dem
Verse der Romantiker Unzutreffendes zum Vorschein kommt (S. 321),
oder es S. 367 heifst, dafs Hugo längst vor der Abfassung seines ersten
Dramas die Literatur mit den köstlichsten Erzeugnissen seiner Lyrik
beschenkt hatte usw., vgl. Thurau in der Zeitschr. f. franz. und engl.
Unterricht I, 30, Anm. 7. Zuweilen widerspricht Verfasser sich selber:
S. 357 wird gesagt, dafs Hugo nicht zeigt, 'wie der Charakter der Kurti-
sanen sich allmählich läutert, sondern er denselben schon dichterisch ver-
klärt dem Zuschauer gegenüberstellt,' und S. 361 heifst es: 'Die läuternde
Macht der Liebe stellte Hugo in Marion und Tisbe dar;' S. 364 spricht
er von der vergeblichen Anstrengung eines Lyrikers, der Dramatiker werden
möchte, und gleich auf der folgenden Seite ist mit einemmal von den
Verdiensten die Rede, welche Hugo sich nicht zum wenigsten um die
dramatische Dichtung seines Vaterlandes erworben hat.
Nach dem Obigen wird man mir wohl erlassen, auf die einzelnen
Dramenanalysen des Buches näher einzugehen, hingegen ist es Pflicht des
Referenten, zu sagen, dafs das letztere ziemlich reich ist an Stilblüten,
von denen nur zwei angeführt seien: 'ein Drama, dessen Lesung wir mit
Interesse aufnehmen,' 'die träumerischen Gefilde der spanischen Halbinsel'
(S. 50, 79). Es sei zum Schlüsse auf den lesenswerten Aufsatz von
Doumic, den Verfasser noch nicht kennen konnte, hingewiesen: L'ccuvre
du Romantisme au theätre in der 'Revue des deux mondes' vom 15. April
1902, und ferner noch ein Punkt klargelegt, der S. 183, Anm. 3 berührt
wird. Es ist hier von Granier de Cassagnacs Artikel im 'Journal des
D6bats' vom 1. November 1833 die Rede, und dann heifst es mit Bezug
darauf: 'Alex. Dumas soll aus "Egmont" unerlaubte Entlehnungen ge-
macht haben.' Das ist in der Tat der Fall, doch handelt es sich, soweit
ich sehe, nur um den Monolog Albas, und abgesehen von der Gleichheit
der Situation — Sentinelli erwartet den Monaldeschi wie Alba den Egmont
— ist das Mafs des an Vorstellungen und Worten Entlehnten verhältnis-
mäfsig bescheiden, wie folgende Nebeneinanderstellung zeigen mag.
Dinge, über welche er spricht, wirklich gelesen hat, und verdiente weit mehr be-
nutzt zu werden, als es geschieht, wenn auch nicht in der Art, wie Blaze de Bury
es in seinem Aufsatze Idees sur le Romantisme getan hat, indem er eine im zweiten
Bande S. 383 stehende treffende Erörterung Wort für Wort heriibernimmt, ohne
seine Quelle zu nennen.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 229
Goethe, Egmont. 4. Aufzug. Alex. Dumas, Christine, acte 4, sc. 7.
Alba: Er ist es! — Egmont! Trug Sentinelli: C'est bien lui; son cheval
dich dein Pferd so leicht herein und de vitesse redouble; je le vois accourir
scheute vor dem Blutgeruche nicht und d'ecume blanchissant ; il sc cabre; d'a-
vor dem Geiste mit dem blanken Schwert, vance a-t-il flaire le sang? . . . Mais sous
der an der Pforte dich empfängt? — ton eperon plus rapide il s'emporte; de
Steig' ab! — So bist du mit dem einen ce chäteau fatal tu depasses la porte;
Fufs im Grab! und so mit beiden! — et tu n'apereois pas au terme du chemin
Ja, streichl' es nur und klopfe für sei- un spectre qui t'attend une 6p6e ä la
neu mutigen Dienst zum letztenmale den main? ... Descends de ton cheval, flatte
Nacken ihm — son cou nerveux! Ses pieds t'ont ra-
mene d'une course rapide; aus mains
d'un ecuyer abandonne sa bride, et dis-
lui qu'aujourd'hui pour la derniere fois
de son maitre insolent il a senti le poids !
Son maitre, un pas encore! . . . en ma
puissance il tombe.
(Se penchant ä la fenetre)
II va toucher le seuil. — Bien! — un
pied dans la tombe,
(se rejetant sur le theätre)
deux! — Ah! — Mon coaur bondit avec
rapidite . . .
Berlin. Schultz-Gora.
Diderot, Paradoxe sur le Come'dien. Edition critique avec intro-
duetion, notes, fac-simile par Ernest Dupuy. Paris, Socie'te
francaise d'Imprimerie et de Librairie, 1902. XXXIII,
178 S. grofs-8.
Ein Zufall liefs H. E. Dupuy eine leider am Schlufs unvollständige
Handschrift des Paradoxe sur le Comedien finden, in deren Schrift er bei
näherer Untersuchung mit Sicherheit die Hand Naigeons, des Freundes
Diderots, zu erkennen glaubte. Diese wichtige Entdeckung erlaubt uns
einen Einblick in die Werkstätte Naigeons zu tun. Eine sorgfältige Prü-
fung der Handschrift und des Textes ergab die überraschende und, wie
mir scheint, sichere Tatsache, dafs Naigeon in unverantwortlicher Weise
das Werk seines Freundes überarbeitet hat, und dafs der Paradoxe ihm
zum Teil seine jetzige Gestalt verdankt. Die Beweisführung des Heraus-
gebers ist eine doppelte. Einmal geht er von der äufseren Gestalt der
von ihm entdeckten Handschrift aus, dann vergleicht er den Text mit der
sicher von Diderot stammenden, wenig beachteten kürzeren Fassung der
Abhandlung über die Schauspielkunst, die in der Correspondance de Grimm
(15. Oktober bis 1. November 1770) erschienen war als 'Observations sur
une brochure intitulee Garrick ou les Acteurs anglais; ouvrage
contenant des reflexions sur l'art dramatique, sur l'art de la representation
et le jeu des acteurs ; avec des notes historiques et critiques sur les diff£-
rents theätres de Londres et de Paris; traduit de l'anglais'. Der Text der
Hs. Naigeons ist vielfach und zwar von derselben Hand korrigiert und
mit Zusätzen am Eand versehen, die dieselbe Schrift aufweisen, aber ver-
schiedene Tinte, daher zu verschiedenen Zeiten entstanden sind. Ist die
230 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Handschrift wirklich von Naigeon, so gibt es nur eine annehmbare Er-
klärung des eigentümlichen Zustandes des Textes. Ein Zufall hat uns
den Entwurf Naigeons zu seiner Ausgabe in die Hände gespielt, sämtliche
Korrekturen und Abweichungen von den ursprünglichen 'Observations'
sind sodann Naigeon zuzuschreiben. Wie liefse sich die Tatsache erklären,
dafs alle Zusätze und Korrekturen von der Hand Naigeons geschrieben
sind, wollte man annehmen, dafs Diderot selbst seine 'Observations' zum
'Paradoxe' umgearbeitet habe? Selbst die Annahme, dafs Naigeon dem
Freunde als Sekretär bei der Ausarbeitung diente, scheitert an der Tat-
sache, dafs die Zusätze am Rande offenbar zu verschiedenen Zeiten ent-
standen sind. Diese Erwägungen stützt H. Dupuy durch die Ergebnisse
eines genauen Vergleiches der älteren 'Observations' mit der späteren
Fassung des Paradoxe. Alle Zusätze haben ihren Ursprung in Stellen
aus Diderots Werken und, was noch schwerwiegender ist, in der 'Cor-
respondance' von Grimm und anderen Schriften von Freunden und Zeit-
genossen Diderots, die Naigeon zugänglich waren. Die Wiederholung
einzelner Gedanken und Bilder in verschiedenen Werken auch eines Schrift-
stellers von dem übersprudelnden Reichtum Diderots würde allein nicht
beweisend sein.1 Hier aber häufen sich die Übereinstimmungen derart,
dafs man auf Grund der Untersuchung der beiden Texte, die H. Dupuy
mit Umsicht vorgenommen hat, mit dem Herausgeber den gröfsten Teil
des Paradoxe Naigeon zuschreiben wird, selbst wenn man nicht sämtlichen
mit vielem Fleifs und Scharfsinn herangezogenen Vergleichstellen denselben
Wert beilegen sollte und einige Übereinstimmungen dem Zufall zuschreibt.
Diderots Ruhm wird durch diese Entdeckung übrigens nicht im geringsten
geschmälert. Naigeon hat keinen eigenen neuen Gedanken hinzugefügt;
er erweitert, führt oft nicht ohne Geschick den Text Diderots aus, öfters
aber verwässert er, was Diderot kurz und gedrungen in seiner Schrift aus-
gesprochen hatte, und benutzt zu diesen Zusätzen stets fremde Anregung.
Nichtssagende Zusätze, Verflachung des Ausdrucks oder aber die Ein-
führung derber Wendungen, die Diderots lebhaften, kraftvollen Stil nach-
ahmen wollen, augenfällige Mifsverständnisse,2 Sprachfehler verraten den
ungeschickten Nachahmer von Diderots Eigenart. Manche Geschmack-
losigkeiten, besonders die unnatürliche, plumpe Durchführung der Scene des
D£pit amoureux mit den 'aparteV zweier Schauspieler, die abwechselnd
als Eraste und Lucile und als zankende Ehegatten reden, entfallen dem
1 H. Dupuy erwähnt nicht, dafs folgender Satz der Observations' (also sicher
von Diderot) 'je crains bien que nous n'ayons pris, cent ans de suite, l'hdroisme
de Madrid pour celui de Rome' fast wörtlich in dem siebenten Brief Diderots an
Melle Jodin wiederkehrt.
2 Der bezeichnendste von dem Herausgeber erwähnte Fall ist die im Zusam-
menhang sinnlose Schreibung S. 106: '. . . avec la poesie du reste,' wo du reste
irrtümlich aus dem Anfang des folgenden Satzes herübergenommen ist. Aufser
den zahlreichen von H. Dupuy hervorgehobenen Stellen sei die Änderung S. 24
erwähnt: 'une femme malheureuse, mais vraiment malheureuse pleure et ne nous
touche point,' statt der richtigen Bemerkung Diderots: 'et il arrive qu'elle ne nous
touche point; il arrive pis . . .'
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 231
Interpolator. Diderot hätte wohl kaum in so ungeschickter Weise daa
Beispiel des Schauspielers Polus, der als Elcctra mit der Totenurne seines
eigenen Sohnes auf der Bühne erschien und durch seine Klagen die Zu-
schauer erschütterte, in einer Schrift gewählt, die beweisen soll, dafs die
'sensibilite' und der natürliche Ausbruch der Leidenschaft keine dauernde
Wirkung auf der Bühne erzielen können. Denn Polus' Schmerz wirkte,
gerade weil man in ihm 'un pere dösole' sah. Die ganze Stelle ist un-
beholfen und unklar.
Der Überarbeiter hat aus der Abhandlung Diderots einen Dialog ge-
macht, indem er den Text durch oft nichtssagende Einwürfe, Ausrufe
unterbrach und künstlich Frage und Antwort herstellte. Der aufdring-
liche Materialismus und atheistische Fanatismus Naigeons zeigt sich in
mehreren von H. Dupuy hervorgehobenen, den Zusammenhang störenden
Ausfällen gegen die Priester, in dem unmotivierten materialistischen Be-
kenntnis S. 14, wo nach der Bemerkung, der Dichter müsse alles 'dans le
monde physique et dans le monde moraP eifrig beobachten, der Inter-
polator einschiebt 'qui n'en est qu'un'. — Fragt mau sich, wodurch Naigeon
zu diesem seltsamen Mifsbrauch des in ihn gesetzten Vertrauens geführt
wurde, so wird man ihn nicht etwa als Betrüger und Plagiator bezeichnen,
sondern die Selbstverblendung des Mannes bewundern, der in dem naiven
Glauben gehandelt hat, Diderots geistvolle Skizze durch seine Umarbeitung
erst zum Kunstwerk gemacht zu haben.
Aus der, wie mir scheint, festgegründeten Beweisführung ergibt sich
für die Kritik der nachgelassenen Werke Diderots ein Resultat von der
gröisten Tragweite. H. Dupuy nimmt mit Recht an, dafs auch die übrigen
Schriften Diderots, soweit sie durch Naigeon vermittelt worden sind, einer
eingehenden Prüfung bedürfen.
Durch die Feststellung des Anteils Naigeons an der Ausarbeitung
des 'Paradoxe' erklären sich einige chronologische Schwierigkeiten. Wäh-
rend die Hauptarbeit 1773 entstand, finden sich einzelne Erwähnungen
von Ereignissen aus den Jahren 1776, 1777, 1778. Hatte Naigeon eine
Umarbeitung der Schrift Diderots unternommen, so ist aus dem Zustand
der Handschrift klar zu ersehen, dafs er immer wieder den Text vornahm
und ergänzte. Ferner liegt kein Grund mehr vor, mit den Herausgebern
der Werke Diderots, Ass^zat und Tourneux, das Gelegenheitsstück 'La
Piece et le Prologue', dessen Inhalt in einem der Zusätze des Paradoxe
mitgeteilt wird, bald nach 1771 anzusetzen, statt 1776, 1777.
Der Text Naigeons und die 'Observations' Diderots sind nebenein-
ander abgedruckt und mit einem kritischen Kommentar, den Varianten
der Handschrift und dem Nachweis der Parallelstellen aus anderen Schrif-
ten Diderots und seines Kreises versehen; im Anhang sind einige Seiten
der Hs. in Faksimile wiedergegeben, worauf der Abdruck der Petersburger
1 Aufser den von H. Dupuy erwähnten Fällen noch S. 175 'renversee entre Pillot-
Pollux'. der seltsame Vergleich tragischer Helden mit hippogryphes, in der Schrei-
bung hypogriffes, die irgend ein Mifsverständnis von Seiten des Überarbeiters ver-
muten läfst.
232 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Hs. des 'Paradoxe' folgt, die eine Kopie der Hs. Naigeons ist, aber mit
einigen weiteren Zusätzen. Auch dieser Text ist von wertvollen erklären-
den Anmerkungen begleitet.
Heidelberg. F. Ed. Schneegans.
Gertrud Dobschall, Wortfügung im Patois von Bournois (Departe-
ment du Doubs). Heidelberger Dissertation. Darmstadt,
G. Otto Hofbuchdruckerei, 1901. 98 S.
Während so manche das arme andare (aller) fast zu Tode hetzen, so
dafs sich, wenn es so weiter geht, bald eine besondere awcfare-Philologie
abzweigen wird, bleiben grofse, wichtige Gebiete der romanischen Philo-
logie fast ganz ohne Pflege. Da ist es mit lebhafter Freude zu begrüfsen,
dafs sich jemand gleich zu Beginn seiner literarischen Tätigkeit auf ein
Gebiet wirft, das bisher als Ganzes überhaupt noch nie bearbeitet worden
ist, das der romanischen Dialektsyntax. Und dieser jemand ist —
man sollte es kaum für möglich halten — eine Dame. Gertrud Dobschall
hat den Ruhm, zum erstenmal auf romanischem Gebiete, wenn auch nicht
eine ganze Dialektsyntax, so doch den einen wichtigen Teil derselben, die
Wortfügung, in trefflicher, gründlicher Weise behandelt zu haben. Über
der ganzen Arbeit, die viele 'manu liehe' Dissertationen in ihrer Flachheit
tief beschämt, liegt der Sonnenschein treuer, philologischer Tätigkeit, die
sich dadurch nicht beirren läfst, dafs heute noch mehr als früher weite
Kreise alles streng Philologische aus tiefster Seele verabscheuen.
Der Ausgangspunkt für die Anordnung ist natürlich Ries' scharf-
sinnige Schrift 'Was ist Syntax', Marburg 1894, an der die Verfasserin
aber auf den einleitenden Seiten nicht mit Unrecht Kritik übt. Sie be-
spricht dann mit selbständigem Urteil die wenigen Arbeiten, die versucht
haben, Ries' Forderungen gerecht zu werden: Holthausens Syntax in
seinem altisländischen Elementarbuch, Weimar 1895; Behaghels Syntax
des Heliand, Prag 1897; Weises Syntax der Altenburger Mundart, Leip-
zig 1900; L. Sütterlins Die deutsche Sprache der Gegenwart, Leipzig
1900, und Meyer-Lübkes Romanische Syntax, Leipzig 1899, welch letz-
terer aber doch mit dem alten 'System' ganz gewaltig mehr aufgeräumt
hat, als man nach der Angabe der Verfasserin S. 11 glauben könnte.
Ihre Ausführungen fafst G. Dobschall (S. 13) dahin zusammen, 1) dafs
man Syntax nicht als Lehre vom Wortgefüge bezeichnen solle, da syn-
taktische Gebilde durchaus nicht aus Worten zusammengefügt zu sein
brauchen ; 2) dafs die Wortfügungslehre einen Teil der Syntax bilde neben
der Satzlehre, die den eigentlichen Kern ausmache. Wortgruppen gehören
in die Wortfügungslehre. Diese letztere teilt die Verfasserin ein in
A. Wortgruppen: I. Gruppen, in denen ein Wort mit selbständiger
Bedeutung sich zu einem anderen fügt, das auch seine selbständige Be-
deutung bewahrt: 1) Zwei Substantiva verbunden durch et puis; 2) Gruppen
durch Vergleich gebildet; 3) Zwei Zahlwörter; 4) Wortgemination; 5) Meh-
rere Präpositionen. — IL Gruppen, in denen ein Wort die Bedeutung des
anderen modifiziert, bezüglich ergänzt: 1) Gruppen mit einem Verbum:
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 283
a) V. finitum mit Infinitiv; b) V. finitum mit Partizip; c) V. mit Nomen ;
d) V. mit Adjektiv; e) V. mit Adverb. — 2) Gruppen mit einem Sub-
stantiv: a) S. mit Substantiv; b) S. mit Verb; c) Demonstrativ mit S. ;
d) Artikel mit S. ; e) Präposition mit S. ; f ) Adverb mit S. ; g) Bestimmtes
Zahlwort mit S.; h) Mengebegriff mit S. — 3) Gruppen mit einem Ad-
jektiv: a) A. mit Adjektiv; b) A. mit Personalpronomen; c) A. mit In-
finitiv. — 4) Gruppen mit einem Adverb: a) A. mit Adverb; b) A. (bez.
Adjektiv) mit Adverb zur Steigerung; c) Demonstrativ mit A. ; d) Prä-
position mit A. — 5) Gruppen durch Vergleich gebildet. — 6) Gruppen
mit que.
B. Syntaktische Mittel der Zusammenfügung: 1) Wort-
stellung; 2) Kongruenz; 3) Accent; 4) Pausen (Tempo); 5) Gesten, nur
beim gesprochenen Wort.
Nach diesem System wird nun .in der vorliegenden Arbeit die Wort-
fügung, und zwar zunächst nur die Wortgruppe, im Dialekt von Bournois
behandelt, das 50 km nordöstlich von Besancon und 11 km von Isle-sur-
le-Doubs liegt, und das 1894 nur noch 395 Bewohner zählte. Den Dia-
lekt kennen wir durch die von Roussey gesammelten Contes populaires
recueillis ä Bournois und durch das von ihm verfafste Glossaire du Parier
de Bournois, beides Paris 1894. Zum Vergleiche werden die spärlichen
syntaktischen Bemerkungen herangezogen, die sich in den Arbeiten über
die ostfranzösischen Dialekte finden, z. B. bei Contejean, Dartois, Haillant,
Horning, Martin, Rabiet u. a., in denen vielfach die Syntax mit der Be-
merkung abgefertigt wird: eile n'a rien ou presque rien de particulier.
Ein echter Philologe will auch als Anfänger nicht gegängelt und ge-
bändelt sein. Er will seinen eigenen Weg gehen, will flügge werden. So
sei es ferne von mir, die Verfasserin belehren zu wollen. Wenn ich gleich-
wohl im folgenden ein paar Bedenken äufsere, so äufsere ich sie als meine
Meinung, die ich als Rezensent zu sagen verpflichtet bin.
S. 22. Unter der Überschrift 'Gruppen durch Vergleich gebildet' be-
merkt Dobschall: Zwei Substantiva werden einander beigeordnet durch
tant — tant und treten so in das Verhältnis des Vergleiches zueinander,
mit distributivem Sinne. Dafür wird als einziger Beleg angeführt: devn
de be büke dtcve tä pü be lü tä pü be lätr mit der wortgetreuen Über-
setzung, die ich des leichteren Verständnisses halber hier und sonst wieder-
hole : d'avec des beanx bonquets d' hiver tant plus beau l'un, tant plus beau
l'autre. Allein tant gehört doch zu dem Komparativ '(um) soviel schöner
das eine, (um) soviel schöner das andere', und daher ist die zweite Über-
setzung 'teils das eine schöner, teils das andere schöner' nicht zutreffend.
Und mit dieser Erscheinung würde ich das aus Meyer-Lübke § 221 her-
übergenommene Beispiel quant eles entrent el mostier, Tot l'en ve'issies es-
clairier, Tant por les pieres, tant por Vor, Tant por la beaute Melior
Part. 10723 vielleicht nicht verglichen haben ; sicher nicht das aus Rausch-
maier, Über den figürlichen Gebrauch der Zahlen im Altfranzösischen,
als Parallele — zu kurz — citierte Onques ansanble nevit nus Tant rois,
tant contes ne tant dus Xe tant barons a une messe Erec 6907, was doch
234 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
bedeutet 'soviel Könige, soviel Grafen, soviel Fürsten'. Dafs diese Stelle
nicht auf Linie steht mit der im heutigen Dialekt, zeigt schon der Um-
stand, dafs man in ersterer tant contes ne tant dus Ne tant barons weg-
lassen könnte, ohne dafs die Konstruktion dadurch gestört würde, wäh-
rend in unserer Stelle tant plus beau l'autre nicht wegbleiben könnte.
Was vorhergeht, kann nicht für sich bestehen.
S. 23. Zwei Zahlwörter. Wenn in diesem Dialekt deux und trois
aneinander gereiht werden, um eine unbestimmte kleinere Menge aus-
zudrücken ä du trä gulq (en deux trois goulees), so bleibt mir fraglich, ob
man darin einen Germanismus zu sehen habe, wie D. anzunehmen ge-
neigt ist. Eine solche Ausdrucksweise kann sich doch wohl spontan ent-
wickeln. Fraglich bleibt mir das schon darum, weil dieselbe Erscheinung
noch in einem anderen romanischen Sprachgebiet sehr häufig anzutreffen
ist, wo von dem Einflüsse des Deutschen keine Rede sein kann, dem Ru-
mänischen: peste douä-trei xile a ixbutit de a rämas singur xiua
Stäncescu, Alte basme 1G5; ia douä-trei vinaturi si te du acolo eb. 168;
roagä pe stäpin sä läse sä frigä douä-trei pasäri la bucätäria lui eb. 168;
Cu dar mie s'o däruitT Gu doi, trei galbeni infloriti Sezätoarea 7; Din
noü doue trei ciomege pe spetele calulut si dm noü ne porniräm Crasescu,
Schite II 64; Doue tret lovituri si-am purces mai iute eb. II 65; Doi tret
pumni impärtiti intre densi le astämpärarä pofta eb. IV 302. Mit vr'o
davor Mal strigä Pepelea de vr'o doaüe trei ort cäträ dinsa, darä hasca
nu'i da niciun rcspuns Sbiera, Povesti 3 ; Cärciuma era pustie, numai
vr'o doi trei betivi sforäiaü pe sub niese Crasescu, Schite II 115. Aber
auch drei und vier werden so aneinander gereiht: Altä data mtr'o jume-
tate de ceas wnpleam tret patru coloane si acte, poftim eb. I 156. Mit
vr'o davor: ineä vre-o trei-patru cälctoru ca astä-di si ne mäntuim de
datorii eb. I 23; Ciopärlä si cu vre-o trei-patru fläcäi Vau prins eb.
I 229; Popa a bodogänit ca vr'o trei patru minute eb. II 69; Apro-
piindu-se de fereasträ, alese vr'o trei patru lese eb. III 90; abia se de-
pärtä ca de vr'o trei patru stänjeni si vexu . . . Stäncescu, Alte basme 31.
Vier und fünf: Längä läutarl, pe niste scäunele micl, cu mänele incruci-
sate, sedeaü vr'o patru cinci femei imbräcate foarte ciudat Crasescu,
Schite II 203. Zehn und zwanzig: N'apucä sä faeä dece dour-deci de
pasi, si etä ca . . . Ispirescu, Basme 12 ("Ausgabe von 1892). Zehn und
zwölf: Pe piatä, craü vr'o 10, 12 cäruti de prin säte Crasescu, Schite II
214; und dazu stellt sich das Italienische: e si starä dieci, dodici
giorni Imbriani, Novell, fior. 284. Zwei Beispiele für doue-trei hatte
ich schon in Zs. f. rom. Phil. XXIV 514 gegeben.
Dieselbe Erscheinung begegnet im Piemontesischen, wo wiederum
germanische Einwirkung gewifs nicht vorliegt, du-trei, von Meyer-Lübke
II § 571 allerdings aus duo aid tres hergeleitet. Im Toskanischen : Una
porera donna, che avea tre, quattro figlioli Pitre, Novell, pop. to-
scane 164; sarä die', tre once di farina eb. Etwas Ahnliches kannte
übrigens schon das Lateinische in seinem sex-septem (Terenz, Horaz),
wo der gleiche Anlaut im Spiele sein mag, s. Schmalz, Latein. Stilistik
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 235
§ 30. Es ist wohl auch nicht ganz richtig, wenn die Verfasserin meint,
im Neufranzösischen wäre solche Ausdrucksweise unmöglich, es müsse <>n
als Bindeglied zwischen beide Zahlen treten; liest man doch On n'entre
point ä Naples comme cela quand les laxzaroni ne veulent pas qu'on y
entre. Chi se battra deux, trois jours, peut-etre Dumas, Emma Lyonna
113. Sonst habe ich mir, wo es sich um zwei andere Zahlen und um
andere Sprachgegend handelt, angemerkt: V'lä qu'on marche dans le bois,
y a ben sept-huit hommes au moins Maupassant, Les Prisonniers (in
meiner Ausgabe S. 170); die Erzählung spielt in !den Ardennen. Dazu
liefse sich gewifs noch manches andere stellen.
S. 25. Zur Gemination der Eigennamen, sule n faxe tudj rä e djä-djä
(cela ne faisait toujours rien ä Jean-Jean), vgl. den hübschen Aufsatz von
Foerster Zs. f. rom. Phil. XXII 269.
S. 2(.!. tu petsu (tont partout) würde ich unter Wortgemination nicht
einreihen (lo bb du ä tu petsu, le bon Dieu est tout partout). Man charak-
terisiert das doch nicht zutreffend, wenn man sagt, dafs sich hier mit
dem zweiten tu eine Präposition verbinde, oder 'besser gesagt', dafs beim
ersten Wort die Präposition fehle, tout tritt zu dem ganzen Ausdruck
partout hinzu. Die Wendung würde nur dann hierher gehören, wenn es
hiefse partout, partout, und daraus kann unmöglich tout partout mit Weg-
fall des ersten par entstehen. Auch Ausdrücke wie de plus fort en plus
fort würde ich hier nicht unterbringen.
S. 30. D. hat gewifs recht, wenn sie in Fällen wie le djä ett rätrq d
pe le tsä (les gens etaient rentres de par les champs) nicht dasselbe de par
sieht wie in de par le roi. Mit par les champs wird eine Örtlichkeit an-
gegeben, und diese präpositionale Ausdrucksweise wird als Ganzes zu
rentrer mittelst de in Beziehung gesetzt. Nur eine äufserliche Betrach-
tungsweise würde hier von der Verbindung zweier Präpositionen sprechen,
während de und par syntaktisch miteinander nichts zu tun haben. Ich
glaube auch, dafs in afrz. Fällen wie ele se reclaimme De par celui que
il plus aimme, Et de par la dame des ciaus, Et de par Deu qui est li
miaus Et la doueors de pi'e'te Chlyon 4071 nicht das in keiner Handschrift
stehende de part vorliege, wie A. Schulze in dem eben erschienenen treff-
lichen Glossar zu dieser Dichtung (Berlin 1902) annimmt, sondern halte
par für die bei Beteuerungen übliche Präposition per; und der ganze Aus-
druck par celui, par la dame, par Deu wird als solcher von soi reclamcr
mittels der in diesem Falle gebräuchlichen Präposition de abhängig ge-
macht. Und so braucht das aus Eostand angeführte de par tous les
diables, in dem D. mit Eecht per sieht, nicht nach dem Muster von de
par le roi gebildet zu sein, sondern kann Fortsetzung des eben aus
Chrestien belegten altfranzösischen Brauches sein.
S. 33. Wie sich in der Verbindung vouloir mit dem Infinitiv die
reine Zukunftsbedeutung entwickelt habe, erklärt sich die Verfasserin so :
veux-je manger? 'Ich will; aber werde ich essen?' /e te veux tuer! 'Ich will
und werde dich töten', was ich nicht recht glaube. Ich meine: der Wille,
etwas zu tun, schliefst das Moment des Zukünftigen in sich. Und im
236 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Laufe der Zeit ist letzteres so stark in den Vordergrund getreten, dafs
daneben der Begriff des Wollens ganz geschwunden ist.
S. 86. Wenn auch in Fällen wie vö pyi krer kel ete ej, e ! (vous pouvex
croire qu'elle [nicht il] etait aise, hein!) que Accusativ des Mafses sein
könnte, 'wie sehr', so ist doch diese Annahme für die anderen beigebrachten
Stellen kaum richtig. Es wird die Konjunktion que 'dafs' vorliegen. —
Eb. Es ist doch heute kaum ein Zweifel, dafs afrz. faire acroire facere
ad credere ist, also in a croire zu zerlegen ist.
S. 37. Wie in vwele ke lu vxen e tost n bwen gros nuris (voilä qu'ils
le firent ä teter une bonne grosse nourrice) 'eine dicke Amme' adverbial
sein soll, wie auch S. 60 angenommen wird, ist mir nicht recht verständ-
lich. Warum nicht einfach Objekt wie in teter sa merel Dafs wir so zwei
Accusative haben, der eine abhängig von faire, der andere von dem In-
finitiv, kommt auch in der Schriftsprache vor: le hasard m'a fait vous
rencontrer Verm. Beitr. I2 209 f. Oder II y avait en eile, derriere ses yeux,
quelque chose de perfide et d'insaisissable qui me faisait l'execrer Mau-
passant, M. Parent 209. — S. 38 afrz. faire mit folgendem a und Infinitiv
ist nicht dasselbe wie faire mit reinem Infinitiv.
S. 39. Für das interessante le kiviset nd vxe rä k dd käx$ ka d se trü
(La Cuissette ne faisait rien que de causer que de sa truie) kann man kaum
mit der Verfasserin für das zweite que de eine Angleichung in der Form
annehmen, indem rien in doppelter Beziehung stünde rien que de causer,
rien que de sa truie, sondern ich meine: es hätte zunächst nicht anders
heifsen sollen als ne faisait rien que de causer de sa truie. Indem der
Sprechende das zum Ausdruck bringen will, drängt sich die andere Form
ein : ne causait que de sa truie, und beide mischen sich. Ähnlich wird
sich das S. 98 angeführte Beispiel lu ruq (1. rnq) nd fxe rä k säbyä k dsd
bell (le renard ne faisait rien que semblant que de se baisser) erklären.
S. 41. In diesem Dialekte heifst es fast stets il avait beau ä se
fouiller (el eve be e s füyt); also mit ä. Zu dem Citat (il fait bon mit In-
finitiv) Verm. Beitr. I 180 (2. Aufl. I 217) vgl. auch meine Bemerkung
zu Mer. 68 im Archiv CHI 419. Für das Auftreten von ä hatte ich mir
angemerkt et puis Une fait pas toujours bon ä courir les chemins, quand
le soleil est couche Merim^e, Colomba 102, 2 (Schmager), das ich in der
neuen Auflage der Beiträge S. 218 wiederfinde.
S. 43. Wegen mettre mit reinem Infinitiv s. auch die Bemerkung zu
Mer. 203 im Archiv CHI 426; Pisqu'on fait ben couver d's oeufs dans une boite
chaude, on peut ben en mett' couver dans un lit Maupassant, Toine 57.
S. 45. Ich hebe hervor, dafs, während sonst in den Mundarten viel-
fach avovr zur Bildung der zusammengesetzten Zeiten reflexiver Verba
verwendet wird, hier alle Partizipia der Reflexiva mit etre verbunden
werden. — S. 51. *sum habutus auch altprov. Jacob comtet li tot per orde
cossi es avut Prise Jer. 28; pauc s'enha falit quar no et% avut compaynho
Gesta Kar. Magn. 1819 in P. Andere Beispiele geben Suchier Denkm. 518
Anm. 76, Appel Inedita XIX, Appel Chrest. XL (2. Auflage). — S. 59
afrz. emboele und esboele sind nur dialektisch verschieden, em- = es-.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 237
S. 60. Interessant ist övrd m lern {ouvre-moi la moi); mötrq m lu m
{montrex-moi le moi), wofür die Verfasserin den Grund in 'besonderen
Accentverhältnissen' sehen möchte. Es handelt sich wohl nur darum,
dafs Wörtchen von kleinem und kleinstem Umfange doppelt gesetzt sind.
Ahnliche, wenn auch nicht gleiche Vorkommnisse habe ich Zs. f. rom. Phil.
XXIV 518 zu Mer. 588 besprochen und bald darauf G. Cohn Archiv
CVI 441. Wer in Berlin aufgewachsen und vor der Sprache des gemeinen
Mannes nicht ängstlich gehütet worden ist, der kennt 'nimm se dir se
denn se doch'. Auch diese beiden Stellen könnte der Mann aus dem Volk
wiedergeben mit 'öffne mir sie mir', 'xeige mir ihn mir'. A. a. 0. hatte
ich aus Wildenbruchs Quitzows beigebracht: Gib mir meinen Glauben
Mir wieder! IV 10. Wenn es aber bei Theuriet, Contes de la Marjo-
laine 22 heifst: (ils) m'en veulent de ne nie pas m'etre resigne ä moisir
dans leurs taupinieres, so wird ein Druckfehler vorliegen. Weiter gehe
ich darauf hier nicht ein.
Eb. Wenn es an einer Stelle der Erzählungen heifst: el grülE le pö
{eile tremblait la peur que ...), so braucht noch nicht ein Fehler vor-
zuliegen, weil es an anderer heifst: ä grülä d fre {en tremblant de froid),
sagt doch die Umgangssprache nicht nur trembler de fievre, sondern auch
trembler la fievre — den Grund für solche Ausdrucksweise erörtere ich
hier nicht — , sagt nicht nur erever de faim, sondern auch crever la faim :
Je crevais la faim et, toutes les nuits, je revais dupoteau de Satory Filon,
Babel Rev. Par. IV 232; c'est trop d'avoir ereve deux mois la faim en-
semble Zola, Travail 10; sans ta greve, ils n'auraient pas ereve la faim
pendant deux mois eb. 66^ s. auch Lotsch, Zolas Sprachgebrauch S. 28, 2.
S. 61 Anm. Also wie afrz. il s'en vint. — S. 67, 1 (gegen Ende) avec
in adverbialer Verwendung ist ursprünglich und ist öfter aus der heutigen
Volkssprache belegt; s. u. a. Sonderabdruck S. 44 zu 85; il va trouver un
beau soir sa fille Rosine, il couche tranquillement avec Zola, Fecondite
181; je n'ai jamais voulu les mettre moi-meme en ozuvre, battre monnaie
avec Ders., Travail 149; Vous avex donne votre argent ä des vers a soie? ...
— Mais non! . . . j'en ai aeh'te avec Gyp, Jacquette et Zouzou 108, u. a.
Und so auch sans: Dommage si les p'tits garcons viennent pas! — Ben,
on s'amusera sans! ... on s'amusait bien sans les aut's fois eb. 65. —
Eb. mettre ä nom würde ich in diesen Zusammenhang nicht einreihen.
S. 69. le nö dd gqrs {la nom de garce) läfst sich wegen des weiblichen
Artikels vergleichen mit et toujours la diable de musique! M6riniee, Co-
lomba 38, 14. Et quelles diables d'histoires! Ohnet, L'äme de Pierre 215.
Man sagt cette diable de femme und umgekehrt ce bete de depart bei Ro-
bert, Questions 42 gegenüber cette grande diablesse de fille blonde m'a
mis le feu dans le sang Zola, Fecondite" 63. Aus dem Rumänischen könnte
man vergleichen o astfei de muiere 'ein solches Frauenzimmer', Se mdnie
fiulü de boerü cänd vedu o a st- fei de batjocura Ispirescu, Basme 64 gegen-
1 So kann man einen armen Schlucker als un creve-la-faim bezeichnen, Mau-
passant, Fille de ferme 28.
238 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
über Imperätesa spuse cä si ea a visatü totü unü astü-felü de visu
eb. 119. — Eb. In dtrame le tsäb (entre mi les jambes) ist me doch kein
Substantiv.
S. 70. kd st9 pur sör djifre eve tä evü d mä däflq (que cette pauvre
soeur Jouffroy avait tant eu de mal d'enfiler, sc. des guirlandes de lierre).
Das de vor dem Infinitiv ist nicht rein mechanisch durch das erste de
vor mal hervorgerufen, noch liegt die Ursache am Accent, sondern macht,
da die alte Sprache sich auch so ausgedrückt haben könnte, überhaupt
keine Schwierigkeit.
S. 72 f. Während Koussey als allgemeine Eegel aufstellt, dafs in
seinem Heimatdialekte männliche wie weibliche Vornamen mit dem
Artikel erscheinen, le jüstin, lu köstd, la Justine, le Constant, konstatiert
Dobschall, dafs in den Erzählungen nur die weiblichen Vornamen den
Artikel haben, nicht die männlichen; also wie im Italienischen ; vgl. auch
das Nebeneinander La Josine et Nanet sont lä Zola, Travail 6. Im Archiv
C 368 (1898) hatte ich darauf hingewiesen, dafs in der französischen Volks-
sprache der Artikel auch bei männlichen Vornamen begegne, und habe
im Sonderabdruck 22 (Vollmöllers Jahresbericht V I 182) Belege für beides
gegeben. Jetzt bringt Wimmer, Spracheigentümlichkeiten des modernsten
Französisch, erwiesen an Erckmann-Chatrian, Zweibrücken 1900, auch aus
diesem Schriftsteller Beispiele für männliche und weibliche Vor-
namen. Doch wird bei ihm deutscher Einilufs vorliegen.
S. 75. Der bestimmte Artikel in e pö e yeve de vwepr! ö, le kel! (et
puis il y avait des guepes! Euh, les quelles!) ist satzanalytisch nicht mehr
zu begreifen, sondern ist analogisch von solchen Fällen übertragen, wo er
im Ausruf zu Recht besteht, wie z. B. les maudites guepes!
S. 76. Der Artikel vor Adjektiv -{- Substantiv nach partitivem de ist
heute aus Schriftstellern oft zu belegen, besonders, wie schon gesagt,
wenn das Adjektiv petit ist: Qu'est-ce que c'etait alors? — Mais des ae-
trices ... des ... des petites ouvrieres Maupassant, M. Parent 169;
Vous savez, docteur, que les femmes ont des petits moyens ä elles Zola,
F4condite 17; Des büches etaient dans un coin, avee du menu bois eb.
110; tous les egouts de la grande ville roulaient des petits eadavres eb.
210; West-ce pas, Vietoire, que ce n'est pas dans la rue que nous allons
retrouver un si bon matelas ni de la si bonne nourriture? eb. 249;
Oui, oui, monsieur Jordan, c'est du bon travail, comme on pouvait
Vesper er Ders., Travail 161; Ils etaient alors Monds et frises comme des
petits moutons eb. 474; S'il ne faisait plus des petits bateaux qui
marchaient sur l'eau, il etait devenu ... un ouvrier mecanicien tres intelli-
gent eb. 485 usw. Viele andere Belege findet man bei Bastin, Cxlanures 44 ;
Robert, Questions 34; Stier, Syntax 288.
S. 78. de quoi? im Sinne von 'was?' auch neuprovenzalisch, s. Her-
zog, Materialien § 41.
S. 79. Ist pour sür wirklich ein Germanismus? A m' mange la tele,
pour sür! Maupassant, M. Parent 95; Pour sür que je t'invite, mon
gendre Ders., Toine 66 (spielt in der Normandie) ; Si je mariais Julienne
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 239
contre son gre, conclut-elle, il reviendrait pour sür chaque nuit m'injurier
et me battre Zola, Travail 509; Ne dis donc pas toujours «pour sür! . . .»
e'est horriblement vulgaire Gyp, Jacquette et Zouzou 81.
S. 80. Meine Auffassung von il avait si faim habe ich inzwischen in
der Besprechung des dritten Bandes von Toblers Beiträgen, Literaturblatt
1902 Sp. 27, geäufsert.
Ich hätte gern mehr gesagt, wäre auch gern auf die eine oder andere der
zur Sprache gebrachten Erscheinungen etwas näher eingegangen, indes . . .
Druckfehler begegnen nicht ganz wenig. Bitter ist enclytisch (64).
Auch die Schreibung oe in neufranzösischen Wörtern stört hier wie sonst.
Doch das sind Kleinigkeiten, die den Wert der Arbeit nicht herab-
setzen. Ich nehme sie gern zur Hand und wünsche, dafs die Verfasserin
recht bald Zeit finden möge, den zweiten Teil zu veröffentlichen; und
wünsche noch etwas mehr: statt immer wieder die Lautverhältnisse eines
altfranzösischen Textes zu untersuchen und zum Teil dieselben Erschei-
nungen zu konstatieren, sollten sich mehr Kräfte der Darstellung der
syntaktischen Eigentümlichkeiten der heutigen Dialekte zuwenden. Dafür
wäre die Arbeit von Gertrud Dobschall ein hübsches Muster.
Charlottenburg. Georg Ebeling.
Kr. Nyrop, Manuel phon&ique du francais. Deuxieme Edition
traduite et reinanie'e par Einanuel Philipot, niaitre de Con-
ferences ä njniversite de Rennes. Copenhague, Det Nor-
diske Forlag, 1902. VIII, 184 S. 8.
Dafs die zweite Auflage des 1893 zum erstenmal und zwar in dänischer
Sprache erschienenen Buches nun gleichzeitig in dieser und in franzö-
sischer dargeboten wird, entspricht ohne Zweifel einem an manchem Orte
gehegten Wunsche. Das kleine Buch wird fortfahren, gute Dienste zu
tun, zumal da Verfasser und Übersetzer vereint sich haben angelegen sein
lassen, den Text der ersten Ausgabe, wo dazu Anlafs war, zu berichtigen
oder zu vervollständigen. Da das Werk in weiten Kreisen bereits bekannt
und geschätzt ist, sei hier nur auf ein paar Stellen hingewiesen, wo viel-
leicht Besserungen immer noch angebracht sein würden. Die S. 7 aus
Adam Paulsen herübergenommene Bestimmung des Begriffs 'Geräusch'
im Unterschied von 'Laut' ist hier nicht an ihrer Stelle, da Paulsen nicht
von dem artikulierten 'Geräusch' spricht, das in der Sprache eine Bolle
spielt, sondern des Wortes weiteren Sinn im Auge hat. — S. 27. Da
späterhin von der Verschiedenheit der Artikulation des k je nach der
Natur des folgenden Vokals gehandelt wird, so könnte hier ähnliches von
den Labialen gesagt werden, die vor a mit ganz anderer Lippenstellung
gebildet werden als vor u (s. Archiv CIX 224). Eine stimmlose bilabiale
Spirans besitzt meines Erachtens die toskanische Mundart in ihrem inter-
vokalen einfachen p von papa, lupo, apostolo. — Dafs pa (pas) ebenda und
S. 31 nicht mit dem Zeichen des offenen a und pwa:r (poire) S. 27, ptvasö
S. 32 nicht mit dem Zeichen des stimmlosen w erscheinen, werden nur
240 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Druckversehen sein. Nicht als oh auf die völlige Stirn nilosigkeit von w
und j nach anderen Stimmlosen sonderliches Gewicht zu legen wäre.
Selbst die Auffassung, nach welcher es im Französischen steigende Di-
phthonge in der Tat gibt, oie, huile, hier nicht Konsonanten als Anlaute
haben, läfst sich ganz wohl verfechten und stöfst nicht auf die gleichen
Schwierigkeiten wie die entgegengesetzte, wann auf Hiatus und Bindung
die Rede kommt, üb die Sprechweise, nach der 'Gretchen' und chretienne
in der Mitte gleich lauten, 'Bestien' und 'Restchen' einen tadellosen Reim
abgeben, die einzige und die allein richtige sei, darüber darf man un-
gleicher Ansicht sein. — Was S. 86 über den Gleichlaut der Ausgänge
ie, ue, oue usw. mit i, u, ou usw. gelehrt wird, halte ich für unzutreffend,
freue mich aber, in den Ausführungen der folgenden Seite eine gewisse
Annäherung an die Ansicht zu spüren, die ich mir und zwar nicht in der
romanischen Schweiz noch auch beim Anhören blofs emphatischer oder
sentimentaler Rede gebildet habe. — Geht der Verfasser in der Forderung
der Assimilation etwas weiter, als mir gut scheint (chfal für eheval, egliss-
protestante u. dgl.), so billige ich durchaus, was er hinsichtlich der Bin-
dung empfiehlt, hätte überhaupt noch manche Einzelheit ausdrücklich zu
loben, wie etwa die loi des trois consonnes S. 68, die klare Darlegung des
Unterschiedes zwischen mouilliertem n und nj S. 40, der wahren Natur
der stimmhaften Verschlufslaute S. 23, die eben keine Verschlufslaute
sein könnten, wenn sie durchaus stimmhaft wären. In der zur Anwendung
gebrachten Terminologie und in der gewählten phonetischen Schrift ist
jede verwirrende Neuerung vermieden. Dafs der Verfasser im Unterschied
von den meisten Franzosen das dem offenen o, nicht das dem offenen e
nahestehende a das offene nennt, wird man nur billigen. Wie vor den bei
Skandinaviern häufig zu beobachtenden Aussprachefehlern, so warnt er auch
vor denen, die Deutsche sich am leichtesten zu schulden kommen lassen.
Berlin. Adolf Tobler.
Antoine Thomas, Melanges d'ötymologie francaise (Uni versitz de
Paris. Bibliotheque de la Faculte* des lettres, XIV). Paris,
Alcan, 1902. in, 217 S. 8. Frs. 7.
Der Verfasser, dem die Etymologie des Französischen und des Pro-
venzalischen schon so viel verdankt, vereinigt in dem vorliegenden Bande
dritthalbhundert etymologische Notizen, von denen mehr als die Hälfte
zum erstenmal veröffentlicht werden, während die übrigen, nicht immer
völlig gleichlautend, in den Jahrgängen 1899 und 1900 der Romania be-
reits vorgelegt waren. Sie gelten zum grofsen Teile weniger bekannten
Wörtern, sei es völlig untergegangenen der Denkmäler älterer Zeit, sei es
solchen, die heute nur in Mundarten fortleben. Dafs dieser Umstand den
Wert des Vorgetragenen in keiner Weise mindert, braucht Kundigen nicht
gesagt zu werden. Handelt es sich zumeist um Feststellung des Ursprungs
vereinzelter Wörter, so hat der Verfasser doch oft Gelegenheit gefunden,
auf merkwürdige Vorkommnisse hinzuweisen, von denen er längere Reihen
von Beispielen vorzuführen vermocht hat, und für diese wird man ihm
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 241
besonders dankbar sein. Ich erwähne die Fälle von Verwachsen des zum
weiblichen Artikel gehörigen a mit dem Anlaute des Nomens S. 9, den
Abfall eines irrig als Artikel aufgefafsten anlautenden / S. 21, den Wandel
von inlautendem * nach r in d S. 29, von vortonigem e in % vor mouillier-
tem l oder n S. 34, von intervokalem r in s S. 67, diejenigen von ver-
schiedenen Arten der Dissimilation S. 88, von Bildungen mit den Suffixen
-usca und -uscula S. 98, mit -aricius, ferner, was der Verfasser S. 122 zur
Rechtfertigung seiner Erklärung von f'eis neben fesis beibringt, die Bei-
spiele von Übertritt eines eigentlich zum Artikel gehörigen, aber mit dem
vokalischen Anlaut eines Nomens verwachsenen s in r S. 133, die Dar-
legung des Unterschiedes der Schicksale von pt und von unbetontem pit
S. 4, wo man übrigens gern hören möchte, was der Verfasser über das
Verhältnis von it. aceattare zu capitare denkt.
Ist in der Mehrzahl der Fälle Herrn Thomas' Forschung zu Ergeb-
nissen gelangt, die zu keinem Einwand Anlafs geben, und in denen jeder
willig und dankbar Zuwachs zum gesicherten Wissen über die Herkunft
französischer Wörter erkennen wird, so hat er in einigen anderen sich be-
gnügt, fremde Aufstellungen besser, als zuvor geschehen war, zu begründen
oder auch solche abzuweisen oder anderwärts aus eignem blofse Möglich-
keiten anzudeuten oder die Richtung anzugeben, in welcher zu suchen
wäre (s. aiger, alwidier, amelanche, armon, breneehe, cadarz, poule, cusche-
ment, hurebec, h^mignon, pave, savalle); unaufgeklärt scheint mir auch plie,
das ich mit afz. pläix nicht zu vereinen weifs.
Wenn mir in mehreren Fällen noch Zweifel bleiben, über die so leicht
nicht hinwegzukommen ist, so Hegen deren Gründe vorzugsweise in der
Schwierigkeit, die Entwickelung der Bedeutung des zu erklärenden Wortes
aus der des angeblichen Etymons zu begreifen; manchmal freilich auch
in der geringen Glaublichkeit der angenommenen Art der Wortbildung;
bisweilen treten auch beide Arten von Bedenken zusammen; seltener ist
gegen die angenommene Art des Lautwandels Einspruch zu erheben.
aacier soll = *adaciare (von acies) sein, heifst aber 'stumpf machen'! Zur
Stütze dieser Annahme soll das gleichbedeutende prov. asimar dienen, das
auf ein wahrlich nicht glaubliches lat. *acimen zurückgeführt wird, und
aufserdem engl, to set tke teeth on edge, das ebenfalls gleichbedeutend sein
soll, aber durchaus nicht ist (es heifst vielmehr 'die Zähne zusammen-
beifsen'). Die Deutung von bourgeon aus *burrionem (von burra) möchte
ich nicht gerade ablehnen, doch steht sie in Widerspruch mit dem, was
S. 35 Anm. 6 über die Schicksale eines i im Hiatus unter den hier vor-
liegenden Umständen gelehrt wird. — Gegen die Gleichsetzung von lyones.
cadola mit catabola (xmaßolrj) ist von seiten des Lautwandels gewifs nichts
einzuwenden; aber auch wenn man von der Bedeutung 'Grundlage' des
griechischen Wortes ausgeht, so gelangt man doch nur sehr schwer zu
dem Sinne 'Schiffshütte' des Provenzalischen. — Ähnliches ist gegenüber
chancera im Verhältnis zu eaneerem ('Mitgift' — 'Krebs' oder meinetwegen
'Gitter') zu bemerken oder gegenüber chebiche, das aufserdem durch sein b
aus intervokalem p auffällt, oder dagagne 'Art Netz' (von decania). Da
Archiv f. n. Sprachen. CX. 16
242 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
mhd. spenan und prov. espanir beide 'entwöhnen' bedeuten, so wird man
kein Bedenken tragen, sie für eins zu halten ; schwer zu begreifen aber
ist, was freilich dem französischen Etymologen keine Sorge zu machen
braucht, wie aus einem deutschen spen 'Brust' oder 'Muttermilch' ein
Verbum spenan hat gewonnen werden können, das 'entwöhnen', 'von der
Brust trennen' bedeutet, jable 'Falz in den Fafsdauben' und dessen süd-
liche Nebenformen fallen, was die Laute angeht, durchaus mit 'Gabel'
zusammen; aber wie sind auch hier die Bedeutungen zu vereinigen? —
Für das männliche lioube scheint mir ahd. chlobo (auch nordisch und
niederländisch) ein besseres Etymon als gr. y).vcpr\, weil die germanischen
Wörter die entsprechende konkrete Bedeutung bereits haben. Der Anlaut
macht keine Schwierigkeit. — Zu dem prov. mespesol, für welches Herr
Thomas willkommene Belege und eine kaum abzuweisende Deutung zu
geben vermocht hat, war ratsam zu bemerken, dafs man von Verben ab-
geleitete Adjektiva gleicher Bildung nicht kennt. — Auch für *museeus
als Etymon von prov. mois scheint mir aufser der lautlichen Möglichkeit
nichts zu sprechen. — moleisse (* molaticia) ist eine höchst befremdliche
Bildung, zu der nur auf Umwegen die Sprache gelangen konnte, und für
die weder mola noch moitdre einen geeigneten Ausgangspunkt abgeben,
moulin keiner sein kann. — revola bezeichnet ein Steineichengehölz.
Kann ein aus robur gewonnenes robulla diesen Sinn gehabt haben? —
scion zu ags. cldh zu stellen, ist gewagt, weil die Buchstaben gruppe ei
des Angelsächsischen eine ganz andere Lautgruppe darstellt als lat. ei;
gleiches gilt von dem über frz. serene Gesagten. — Für tie scheint mir
weder der Lautbestand des got. tiuhan (das erst im Neuhochdeutschen
ein blofses l im Stamme hat) noch seine Bedeutung dieses als Etymon
zu empfehlen. — Hinwieder dürfte dessen, was eine veillote, d. h. ein
kleiner Heuhaufen, mit einer Schraube gemein hat, zu wenig sein, als dafs
man jenes Wort mit viticula, fz. vrille in Zusammenhang bringen dürfte.
Auch die Gleichsetzung von nfz. veule mit einem angenommenen Adjektiv
*völus, das aus volare gewonnen wäre, scheint gewagt; weder Laut (afz.
wenn nicht immer, doch meist mit eu im Stamm), noch Form (e in beiden
Geschlechtern fast immer) sprechen dafür.
Sind im vorstehenden einige Zweifel zum Ausdruck gekommen, die
gegenüber der Fülle von durchaus überzeugenden Herleitungen wenig be-
sagen, so sei im folgenden noch einigen wiederum geringfügigen Zusätzen
Raum gegönnt, die wenigstens für die Aufmerksamkeit zeugen mögen,
mit welcher ein dankbarer Leser den Darlegungen des gelehrten Verfassers
gefolgt ist: Zu laise 'Breite' S. 11 konnte auf Roniania XVIII 550 (gegen
XV 628), Lit.-Blatt 1890, 108 und Zts. f. rom. Philol. XVIII 240 ver-
wiesen werden. — S. 15. Da Godefroy aim 'Ohm' nur männlich kennt,
sei Rom. XVII 569 in Erinnerung gebracht, wo man in einer Lütticher
Urkunde von 1236 wie (in Buchstaben) ahne liest. — S. 20. Wenn art
als Bezeichnung des Fischergerätes dient, so erinnert dies an die Verwen-
dung von 'Kunst' als Name des Kochherdes, worüber Grimm Wb. V 2683
und das Schweizerische Idiotikon III 368 unterrichten. — Was S. 24 Anm.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 243
über auvent geäufsert ist, hat schon Diez im Wb. gesagt. — Die S. 29
angenommene Form marxeile findet man wirklich im Altfranzösischen,
Rom. XVIII 78 Z. 7867. — S. 51. Zu den vielen Formen des Namens,
mit denen der Squalius cephalus bezeichnet wird, gehört auch chabuisseau
bei Sachs. — cloitre hat schon Meyer-Lübke auf claustrium zurückgeführt,
Neutr. 135. Was ist von clostre Gregor Ezech. 5, 36 zu halten? — Was
S. 52 über chiauler gesagt wird, leuchtet unbedingt ein, doch konnte
dem l noch ein Wort gegönnt werden. Zu erwarten war *cheler (vgl.
veler, agneler) aus afz. chaeler, das mag wohl auch bestanden haben, und
von ihm wird das l in die Form übergegangen sein, die man statt an
chael an die Pluralform cheaits (Sachs) anlehnte. — Von chiunkesme
'Pfingsten' S. 52 hat Scheler im Jahrbuch XIV 439 gehandelt. — S. 59
und 178. Zu corolla ist zu bemerken, dafs die Quantität des Tonvokals
bei Körting unrichtig angegeben ist. — S. 62. Zu degeit war der laut-
lichen Schwierigkeit zu gedenken, auf welche Foerster zu Guill. d'Angl.
179 hinweist. — S. 66. Zu enuble hätte die Form obnuble berücksichtigt
werden sollen. — Zu esclem 68 gehört ohne Zweifel auch das bei Gode-
froy nachgewiesene eselame; übrigens vgl. Diez unter sghembo. — iviere 93
gibt Anlafs zu der Frage, warum, wenn es wirklich von *nivaria kommt,
es nicht wenigstens e im Anlaut hat. — S. 104. Aus Anlafs von malevix,
hörte man gern, wie der Verfasser über das de mal vis im Aiol 3807
denkt. Damit soll das Gewicht des von Horning, Lat. c. S. 33, und von
G. Paris, Romania XIII 133, geäufserten Bedenkens nicht gemindert wer-
den. — Zu den Belegen für marcheil gesellt sich auch Ph. Thaon Comp.
551, wozu des Herausgebers Bemerkung S. 74 der Einleitung und die von
G. Paris, Romania VII 125, zu ziehen ist. — S. 105. Ein Beleg für das
seltene amerok(e) ist auch Romania XIII 515 zu finden. — S. 117. Auch
die Form pelestre verdiente erwähnt zu werden. Sie ist bei Godefroy be-
legt, und paletre findet sich aufserdem in dem Miracle de la Vierge d'Or-
leans II 25 (Notices et Extraits XXXIV 2). P. Meyer hat im Glossar
zu diesem Texte sich mit dem Worte beschäftigt. Aus pyrethrum ist
durch wunderliche Entstellung deutsch 'Bertram' geworden. — S. 123. Zu
redois haben wir im Jahrbuch VIII 79 die seltsame Glosse asinini coloris,
die einige Schwierigkeit macht. — Zu prov. repetnar S. 127 kann man
aufser den bei Godefroy beigebrachten Belegen für repenner auch Peler.
vie hum. 10496 und SMartin 5957 (Söderhjelm2) fügen und das prov. Sub-
stantiv repenada, Mahn Ged. 63, 3. — S. 167. voriger (vomicare) hat Gode-
froy zu belegen versäumt. Qui le siecle n'a tout vongie (: congie) Et tout
vomi et gitie pner, GCoins. VI, III 500 ; vonchier statt nonchier der Aus-
gabe ist sicher zu lesen in der Cisterzienser Regel 482 ; Envious soi meisme
ronge Premierement e puis voonge Sour autrui tote sa malice, Romania
XII 148, wird wohl berichtigt werden müssen. Was ist davon zu halten,
dai's auch vochier, das man sonst nur als französische Wiedergabe von
rocare kennt, unverkennbar im Sinne von vongier 'kotzen' vorkommt? Et
puis apres a escopi Et a vouchie et a vomi. Tant a vouchie le fol, le glout
Que eele senti le degout Aval ses nages degouter, Barb. u. M. IV 193, 186
16*
244 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
(so auch bei Montaigl. u. Rayn. V 107); La röine la (eine Schwangere)
vit palir, Goulor müer et tressalir Et a ses flans sovent toucher Et sospirer,
sovent voucher, Flor u. Bl. (Du Meril) S. 7. Soll man hier ändern, oder
darf man an eine Nebenform ohne n denken? Den Einfall, es sei von
der (französisch meines Wissens nicht bekannten) Redensart 'den Herrn
Ulrich rufen' (s. Schweiz. Idiotikon I 184) euphemistisch nur das Rufen
ausgesprochen worden, wird niemand ernst nehmen wollen. — S. 159. Die
Zurückweisung von Littres schwer begreiflicher Deutung von tudieu aus
tue Dieu ist 1879 in der Zeitschr. f. d. Gymnasialwesen XXXIII S. 411
bereits erfolgt. Wenn ich damals der Hoffnung Ausdruck gab, die rich-
tige Erklärung aus vertu Dieu (Gottes Wunder!) werde sich als nicht
erst von mir gefunden erweisen, so erfahre ich jetzt mit Vergnügen durch
Herrn Thomas, dafs in der Tat Cotgrave das Zutreffende bereits gesagt
hatte.
Ich kann mich von dem trefflichen Buche nicht trennen, ohne auch
für die reichhaltigen und genauen Indices gedankt zu haben, die eine volle
Ausschöpfung des reichen Inhalts so sehr erleichtern. Bücher ähnlicher
Anlage sollten eine gleichartige Zugabe nie vermissen lassen.
Berün. Adolf Tobler.
Französische Schullektüre.
Von den vorliegenden 22 Bändchen unterziehen wir nur 20 einer Be-
sprechung; die folgenden beiden scheiden ohne weiteres aus:
1) Choix de r^cits bibliques. Herausgeg. von G. Keutel (Vel-
hagen & Klasing, 1902),
weil eine solche Sammlung als völlig ungeeignet für die Klassenlektüre
erscheint. Wie wird sich der protestantische Lehrer verhalten, wenn katho-
lische oder jüdische Schüler ihm erklären, dafs sie solche biblischen Ge-
schichten nur mit ihrem Geistlichen, resp. gar nicht lesen dürfen? Und
wird nicht bei der Behandlung vieler Abschnitte, so z. B. der Gleichnisse,
die theologische Seite mehr Berücksichtigung finden als die sprachliche?
Wie leicht es ist, den Zweck, dem diese französischen biblischen Erzäh-
lungen dienen sollen, aus den Augen zu verlieren, beweist der Herausgeber
selbst, wenn er in der Einleitung sagt: 'Um auch einige Proben hebräischer
Poesie zu bringen, sind . . . einige Psalmen . . . eingefügt worden.' Aufser-
dem haben die Schüler die deutsche Übersetzung immer zur Hand, sie
kennen die Geschichten zum Teil auswendig, Französisch würden sie daran
kaum lernen.
2) Fenelon, Le traue" de l'dducation des filles. Für den Gebrauch
in Lehrerbildungsanstalten bearbeitet von R. Weniger (Vel-
hagen & Klasing, 1902),
weil diese Ausgabe nicht für Schulzwecke bestimmt ist; sagt doch der
Herausgeber am Schlufs der Einleitung selbst, die Abhandlung sei 'eine
treffüche Einführung in das verantwortungsreiche, aber auch herrliche Amt
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 24h
des Erziehers'. So brauchen wir also auf diesen Traktat über Mädchen-
erziehung nicht näher einzugehen, der zu zwei Dritteln ein Traktat über
Kindererziehung überhaupt ist, noch auf die Vergötterung Fenelons, die
sich in der Biographie kundgibt und kaum je einen leisen Widerspruch
gegen seine Ansichten aufkommen läfst, noch auf die Anmerkungen, die
sonst zu manchen Ausstellungen Anlafs geben könnten.
Von den übrigen 20 Ausgaben enthalten neun mehrere Stücke in einem
Bändchen vereinigt.
3) Choix de nouvelles modernes. Herausgegeben von Grube.
VI. Bändchen (Velhagen & Klasing, 1902).
Diese Auswahl zeugt von einem seltsamen Geschmack, drei Erzäh-
lungen von Merimee: Mateo Falcone, die Geschichte von dem Vater, der
seinen Sohn erscbiefst, die gruselige Vision Karls XL und die gräfsliche
Sklavengeschichte Tamango, eine von der Vicomtesse Josephine du Peloux,
Un Episode de la campagne de Naples (1806), die Abenteuer zweier Damen,
die Fra Diavolo in die Hände fallen und mit knapper Not gerettet wer-
den, woran sich dann noch ein Bericht von den Schicksalen des Sohnes
der einen Dame anschliefst, die mit der Episode gar nichts zu tun haben.
Die Behandlung des Textes ist eine sehr konservative; in der letzten Er-
zählung wird direkt Falsches oder Unverständliches, wie il y eu (64, 1)
oder ces röchet decorees, comme je viens de vous le dire (63, 6), wo nichts
vorher von einer Dekoration gesagt ist, aufgenommen und in den Anmer-
kungen verbessert oder ergänzt. Sonst enthalten die Anmerkungen man-
cherlei Übersetzungen, die ins Wörterbuch gehören oder in jedem Wörter-
buche zu finden sind, wie von transcendant, escopette, se prelasser, pecca-
dille, gourde, hoquet etc., oder auch grammatische Regeln, die jeder Lehrer
ebensogut geben kann, wie zu II y a bien lonytemps que je ne t'ai vu
oder zu jouer du violon oder zu La plupart demanderent etc., zuweilen
enthalten sie Unrichtiges und Schiefes. So z. B. 1, 21 (les meines qui
sont restees en terre) sans se consumer 'ohne zu vermodern' statt 'ohne
vom Feuer verzehrt zu werden'; 11, 21: que je perde mon epaulette
'ich will mich degradieren lassen'; 12, 19: sa blessure refroidie seine
erkaltete Wunde (aus welcher nicht mehr warmes Blut flofs) ; 14, 26 ist
die Auseinandersetzung zu bourre in der Stelle les bourres de ses deux
fusils arriveraient ä deux d'entre nous aufserord entlich ungeschickt ; 16,30:
proscrit Geächteter (dessen Todesurteil wegen seiner Straftaten bereits
feststeht); 21, 4: Ihere are more things ... Berühmtes Citat aus
Shakspere, 1. Aufzug, 5. Scene; 32, 22: force lux fut d'offrir 'not-
gedrungen mufste er arbeiten'; 67, 31: amphitryon Gastgeber, Wirt.
Amphitryon ... durch Moliere in seinem gleichnamigen Lustspiel
typisch geworden für jemand, der gern Gäste sieht und reich bewirtet etc.
Manchmal geben die Anmerkungen nicht, was man erwartet, wie bei
Mateo Falcone die Verweisung auf Chamisso oder eine Erklärung von
botte (62, 14) in Tant il y a que nous sommes au ßn fond de la botte in
P.-L. Couriers Brief aus Kalabrien etc.
246 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
4) Choix de nouvelles modernes. V. Bändchen. Fantaisies et
contes von Mme Henriette Francois. Herausgegeben von
B. Breest (Velhagen & Klasing, 1901).
Diese Sammlung enthält neun Erzählungen, und obgleich eine Vor-
bemerkung der Redaktion besagt: 'Viele haben einen tieferen symbolischen
Sinn, der ihrer Lektüre, wenn sie richtig geleitet wird, ethischen Wert
verleiht', so kann ich nicht umhin, Nr. 1, 3, 7 für albern, Nr. 2, 4, 6 für
unpassend zu halten, auch Nr. 5 würde ich nicht zur Lektüre besonders
empfehlen, gegen 8 und 9 ist nichts einzuwenden. Unpassend erscheint
mir Nr. 2 wegen des Tons, in dem der Eulenkönig geschildert ist, vgl.
z. B. S. 21 : Le Roi, sur son trone, etait roide, presque rigide, d'une majeste
que seid peut posseder Voint de Dieu, le monocle solidement encadre au coin
de Vozil etc., Nr. 4 wegen des Inhalts überhaupt, der nicht für Kinder ge-
eignet ist, Nr. 6 wegen der Einleitung: Ein mächtiger Fürst in China
hatte einen redlichen Minister, aber der Fürst war auch dankbar. Vous
comprenex, bien: un prinee «reconnaissant!», und der Minister war
auch uneigennützig. Vous avez bien compris: un ministre «desinte-
resse!» C etait bien inutile de ma part, n'est-ce pas? de vous dire oü cela
se passait; ces chinoiseries n'arrivent qu'en Chine!
Taugt aber auch der Lesestoff nicht viel, so sind die Anmerkungen
sehr lehrreich; hier nur eine ganz kleine Auswahl. 4, 18: Vierge wird
nur von der Jungfrau Maria gesagt; d. J. von Orleans heifst: La pu-
eelle d' 0.; jedes unverheiratete Mädchen ist eine demoiselle. 4, 21:
la Marion. In verschiedenen Orten in Frankreich setzt man in der
vertraulichen Rede den Artikel vor den Eigennamen. 13, 12: mise-
reux, Neubildung, von misere. 13, 25: excentrique aus dem lat. ex
'aus' und eentre 'Mittelpunkt'. 14, 13: Oerome = Gerard Gerhard.
14,16: exsangue veralteter Ausdruck. 17,23: {Ne demandant qu'ä mar-
cher ... sur la grande route du progres) route du progres 'Fortschritts-
partei'. 18, 7: les lettres die schöngeistige Wissenschaft. 18, 10: (ear)
je ne sacke pas, hier der Konjunktiv, weil der Satz eine Ungewifsheit
ausdrückt. 36,28: pronostic Prognose, d. h. ärztliches Urteil über den
Verlauf einer Krankheit. 44,2: eeriture gothique alte Handschrift im
Mittelalter, wird noch heut in Deutschland geschrieben und gedruckt. 54, 6:
anneau ist jeder beliebige Ring; bague: Ehering; baguette (Z. 11) Stab.
5) Choix de nouvelles modernes. IV. Bändchen (Velhagen &
Klasing, 1901).
Diese Auswahl von Novellen enthält nur eine Erzählung : Un voyage
force von Mme H. Francois, herausgegeben von B. Breest. Fräulein
Jouvenot macht mit John Barlow eine Kahnfahrt an der Küste von Jersey.
In einem Anfall von Eifersucht springt der junge Mann ins Wasser und
schwimmt der Küste zu ; seine Bemühungen, das Boot wieder zu erreichen,
sind vergeblich, und Laura treibt ins offene Meer hinaus. Besinnungslos
wird sie von der Mannschaft eines Segelschiffes aufgefunden, auf dem sie
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 247
wochenlang krank daniederliegt; von Kapstadt gibt sie ihren Angehörigen
die erste Nachricht; auf der Weiterfahrt nach Sydney begegnet man einem
englischen Dampfer, der sie in die Heimat zurückbringt. John Barlow
wird zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. — Diese Geschichte wird nun
ausgesponnen zu 133 Seiten Text in einer manchmal merkwürdigen Sprache;
vgl. z. B. S. 16: ces feines qui vous laissent aneantis, brises devant le de-
dale indechiffrable du labyrinthe de la vie oder S. 37 : cette faim qui, lente-
ment, mais sürement la terrassait. Wenn ein Mann ins Meer stürzt und
der Sturm sich alsbald legt, so ist das ausgerechnet ein holoeauste (S. 48) etc.
Druckfehler und Interpunktionsversehen sind mehrfach vorhanden. Inter-
essant war mir, dafs man die Norweger das Französische in derselben
geistreichen Weise radebrechen läfst wie sonst die Deutschen, vgl. S. 42:
Oui, ma gaptaine, c'edre in canot de beche. — Barfetement. — In cheune fille etc.
Aus der grofsen Anzahl lehrreicher Anmerkungen hier auch nur wieder
zwölf Proben. 2, 2: claquemure seltener Ausdruck. 2, 3: störe engl.
Ausdruck für Fenstervorhang. 4, 25: In England ist im allgemeinen der
Verkehr zwischen der männlichen und weiblicheu Jugend ein harmloser,
ungezwungener ; in Frankreich dagegen darf ein junges Mädchen nie allein
ausgehen usw. 6, 32: Auch bei uns existieren noch Anklänge an jene
alt-heidnische Lehre (gemeint ist die Kunst der Auguren); wir sprechen
vom 'Unglücksraben', vom 'Pechvogel' u. dgl. m. S, 25 (Ses yeux etaient
d'un bleu fdience): bleu fa'ience Delfter Blau. 42, 30 (verse-lui quelques
goidtes de ce ^etit vin-lä): petit vin geringer (Land-)Wein (trotzdem 43,6
quelques goidtes d'eau-de-vie steht). 50, 10: die bretonische Sprache ist
der englischen sehr ähnlich. 58, 13 {ses regards — die des Richters —
fouillaient le visage, l'expression «du patient»): V expression «-du patient •■>
der Ausdruck eines 'Patienten', d. h. eines Leidenden. 61, 28 (un de ces
manches en cellulo'id qui joue si admirablement l'ivoire): jouer Vivoire
ins Elfenbeinfarbene spielen. 77, 12 (Me Stevens, Vun des meilleurs avo-
cats de Jersey): Mr Stevens = Mister (Herr) Stevens. 94, 12: Peerage-
book gleichbedeutend etwa unserer 'Rangliste', in welcher die Namen
sämtlicher Adelsfamilien verzeichnet sind. 94,20: sa Seigneurie (offen-
bar Übersetzung von his Lordship): Seine Herrlichkeit, Titel, den die
französischen Pairs (Grofs- Vasallen) haben.
6) Recueil de contes et re"cits pour la jeunesse. V. Bändchen.
Herausgeg. von B. Schmidt (Velhagen & Klasing, 1902).
Von den vier hier gebotenen und besonders für 'die Mädchenwelt'
bestimmten Erzählungen erscheint mir die dritte ganz angemessen, die an-
deren nicht, und zwar Nr. 1 nicht, weil Liebesgeschichtchen nicht die ge-
eignete Lektüre für Mädchenschulen sind, und Nr. 2 und 4 nicht, weil
ich den Grundsatz für unberechtigt halte, dafs das fadeste Zeug immer
noch gut genug zur Mädchenlektüre ist. Die Anmerkungen enthalten
sehr viel Überflüssiges und sind zum Teil in einem wunderbaren Deutsch
abgefafst; vgl. 11,19: Iphigenie, Tochter des Königs Agamemnon, sollte
der Diana hingeschlachtet werden, um den Griechen günstige Winde zur
248 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Überschiffung nach Troia zu erhalten. 39, 15: Sie schien ganz im stände
sich im Leben durchzuschlagen. 56, 22: In ihrem Blicke lag etwas duftig
Süfses, wie die ferne Ahnung einer mögüchen Zukunft, etc. Inhaltlich
interessant sind z. B. 16, 14: mail eig. Maillespiel, hier: früher gebräuch-
licher französischer Postwagen. 16, 17: drag (englisches Wort) niederer
Phantasie -Wagen. Drag oder drague eig. Schlammräumer, d. h. Ma-
schinenboot um den Grund eines Gewässers zu reinigen. 73, 6: Adieu,
la bonne femme et les bons enfants! Lebet wohl, gute Frau und
gute Kinder. Herr von Coulanges wendet mit Fleifs den blofs auf dem
Lande gebräuchlichen Artikel la, les an, etc. Eine Anmerkung fehlt zu
16, 6 f.: Elle fait ses chapeaux, comme dans un monsieur en habit
noir, se dit-il en souriant; zu 77, 32 und 78, 1: Agesilas, helas! zu
85, 9 ff.: Ombres chinoises, die im Text nur mit Bezug auf einen ganz
bestimmten Fall erklärt sind, etc.
7) Ausgewählte Erzählungen von A. Theuriet. Herausgeg. von
K. Falck (Velhagen & Klasing, 1902).
Von den zehn hier gegebenen Erzählungen sind mir II (Un fils de
veuve), III (La pipe) und X (Noel au village) schon in anderen Ausgaben
begegnet; ich meine, wenn man eine neue Sammlung veranstaltet, so soll
man auch Neues bieten. Was den Inhalt betrifft, so wird man IV (Les
peches) und VI (Louloute et Mititi) nicht in einer Mädchenschule lesen
können und kaum in der Sekunda einer Knabenschule. (Höher als bis
Sekunda wird man doch mit diesen Erzählungen nicht gehen wollen.)
Bei den Anmerkungen, die überreichlich gegeben sind — das Wort sou
z. B. bekommt deren zwei, S. 13 und 91 — , ist mir u. a. aufgefallen: zu
18, 15: II n'y a plus d 'enfants fehlt der Verweis auf Moliere. 36, 22:
Nemorin ist ungenügend erklärt, vgl. Florians Estelle. 47, 27: (ses yeux
d'or vert) or vert mit Silber legiertes Gold. 68, 14 wird den Schülern
unverständlich sein. Zu 83, 14 : on le flambe ä un feu de paille, nämüch
das eben geschlachtete Schwein, fehlt eine Anmerkung. Ein überflüssiger
Verweis auf die Bibel steht 86, 14, auf Lafontaine 53, 6 und 85, 21.
8) Voltaire, Diderot, Rousseau. Morceaux choisis. Herausgeg.
von P. Voelkel (Velhagen & Klasing, 1902).
Der Gedanke, aus den Werken eines hervorragenden Schriftstellers
eine Auslese zu treffen, vom Besten das Schönste auszuwählen, um in
kurzem dem Leser an einigen recht charakteristischen Proben den Schrift-
steller in seiner Eigenart und zugleich in seiner Vielseitigkeit vorzuführen
— dieser Gedanke ist durchaus zu loben. Was nun die vorliegende Aus-
gabe betrifft, so erscheint der Umfang eines Bändchens etwas knapp für
Voltaire und Diderot und Eousseau, und als geschickt und ausreichend
kann man höchstens die Auswahl aus Eousseau bezeichnen. Dals bei
Diderot, ebenso wie bei Voltaire, die Romane beiseite gelassen worden
sind, war vielleicht notwendig, aber dann ist auch Rameaus Neffe keine
Schullektüre — die Auszüge daraus nehmen die Hälfte des Diderot ge-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 249
widmeten Raumes ein — , und die paar Artikelchen, die den ersten Teil
bilden, geben keine Vorstellung von der Bedeutung Voltaires. Die An-
merkungen enthalten zumeist alles Wünschenswerte, nur bieten sie — und
das Buch soll doch wohl in Prima gelesen werden — an Wort- und Sach-
erklärungen viel zu viel, z. B. Übersetzungen von ajustement, recfierckc,
depot, ä merveille, il a fait la campagne, haletant, ecouter etc. oder An-
gaben über Caesar, Pompeius, Cicero, Ovid, Horaz etc. Sonst ist mir
u. a. aufgefallen: 24, 2: '7e Marini ... schwülstig und geschmacklos,
Urheber der Marinismus genannten Verirrung.' über Marinismus hätte
mehr gesagt werden müssen. Zu 32, 27 : Quelle est donc cette dame . . .
qui fait la recerence en religiease? fehlt eine Notiz. Zu 39, 18: une espece
d'hommes qui ont abruti, dam VEurope, le genre kumain mufste von Vol-
taires Verhältnis zur Kirche gesprochen werden. 51, 11 (Diderot spricht
von den Figuren auf einem Gemälde): eomme elles vont en ondoyant et en
pyramidant! Die Übersetzung: 'wie die Wirkung sich abstuft und stei-
gert' ist falsch und macht den folgenden Satz unverständlich. 64, 13:
dafs fantome nicht 'Gliederpuppe' ist, beweist die Gleichstellung mit
modele, ferner Zeile 15 f. : Quand eile a approche de cette idee le plus pres
qu'elle a pu, und Zeile 30 f. : lorsqu'elle s'est une fois elevee ä la hauteur
de son fantome. 73, 14 fehlt eine Anmerkung zu plain-chant, 85, 8 eine
zu financier etc.
9) La Bretagne et les Bretons. Zusammengestellt von A. Mühlan.
Mit 6 Abbildungen und einem Übersichtskärtchen (Vel-
hagen & Klasing, 1902).
Es ist an sich gewifs verdienstlich, von einer französischen Provinz
eine Monographie zu liefern, in welcher die verschiedenen Schriftsteller,
die über diese Provinz geschrieben haben, zu Worte kommen; nur ist
dann zu verlangen, dafs man über Land und Leute eine einigermafsen
erschöpfende Darstellung erhalte. Das ist bei der vorliegenden Ausgabe
nicht der Fall. Wer sich hier etwa Auskunft holen wollte über Handel,
Gewerbe, Unterricht, Volkssprache usw., würde wenig oder gar nichts
finden. Der Coup d'oeil . . . gdographique beschäftigt sich fast ausschliefs-
lich mit der Südküste, denn was Coppee von Brest erzählt, das liefse sich
mit wenigen Änderungen von jedem anderen französischen Kriegshafen
sagen. An den Coup d'oeil schliefsen sich zwei Märchen, von denen das
erste weder La Nuit des ßois noch La Feve, sondern La Butte aux Fees
heifsen sollte und das zweite: Histoire de Moustachej kein ausgesprochen
bretonisches Märchen ist, vgl. Bruder Lustig bei Grimm. Der nächste
Abschnitt: Les Bretons, enthält vier Seiten "Traditions de la Bretagne',
dann eine Erzählung La Groac'h, von der mir unklar geblieben ist, wann
sie spielt; manche Anmerkungen deuten auf die Gegenwart: die breto-
nischen Bauern nennen, die Bauern pflegen vielfach etc., während bei
une bague d'argent de trente blancs gesagt wird: Der blanc war eine
Scheidemünze, die im 14. — 16. Jahrhundert ausgeprägt wurde, und zu les
Couplets connus de la peste d'Elliant bemerkt wird: Im 6. Jahrh. wurde
250 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
ganz Europa von der Pest heimgesucht etc. Darauf folgt eine Schilde-
rung: La Hütte du Sabotier, sodann allerlei über Volksbräuche und
schliefslich eine Reihe von Gedichten, welche unterbrochen wird durch
einige bretonische Sprichwörter, die durchaus nicht immer nur bretonisch
sind, wie z. B. Mieux vaut sagesse que richesse; Qui ne sait obeir, ne satt
pas Commander etc. Die Stücke sind zumeist Souvestre und Brizeux ent-
nommen. Druckfehler sind mehrfach vorhanden. Die Anmerkungen haben
mich nicht sonderlich befriedigt. Zu 6, 25: la lutte pour la vie fehlt eine
Notiz, ebenso zu 12, 4 : les feux de la Saint-Jean. Wenn 14, 32 ausein-
andergesetzt wird, was ein Leuchtturm ist, so hätte auch 17, 31 semaphore
erklärt werden können. 23, 4: les cathedrales se fleurissent de
roses triples, elles ajourent leurs elochers de galeries en tri-
lobes 'die Hauptkirchen schmücken sich mit dreifachen Rosetten; sie
durchbrechen ihre Türme mit dreiteiligen (gotischen) Galerien'. Was sind
das für Rosetten, und ist en trilobes durch 'dreiteilig' richtig übersetzt?
Verdiente nicht das Verb ajourer ebenso wie trilobe eine besondere Er-
wähnung? Beide Wörter finden sich nicht in Sachs oder Hatzfeld-Darme-
steter. Ist trilobe wirklich 'dreilappig, dreiteilig', wie im Wörterverzeichnis
steht? Ich denke, das heifst trilobel 37,6: Les bols se remplissent mufste
erklärt werden; denn bol ist nicht Glas, wie im Wörterverzeichnis steht.
39, 10: les filles en äge 'die älteren Mädchen'. 'Altere Mädchen' hat
doch im Deutschen eine eigentümliche Bedeutung. 46, 4: les tape-
fers = les forgerons die Schmiede, qui tapent les fers; vgl. das
deutsche tapfer (! !). Wenn 72, 6 die Rede ist von den vierges de l'Edda,
so erwartet man in den Anmerkungen andere Aufklärung als: 'Edda,
Name von zwei wichtigen Sammelwerken der altnordischen Literatur aus
dem 7., 8. und 13. Jahrh.' 74,24: la demiere trompette et les voix
de l'Apocalypse 'die Trompete (Posaune) des Jüngsten Gerichts und die
Stimme der Offenbarung des hl. Johannes' usw.
10) Ascensions, voyages ae*riens, evasions. Ausgewählt und er-
klärt von F. J. Wershoven. Mit 6 Abbildungen (Renger, 1902).
Ob man sich ein ganzes Semester mit Bergbesteigungen, Luftschiff-
fahrten und Entweichungen beschäftigen will, wird einerseits vom Ge-
schmak des Lehrers und andererseits auch wohl vom Charakter der Schule
abhängen; an sich sind die Geschichten ganz interessant. Die dreizehn
Stücke — das Inhaltsverzeichnis gibt nur zwölf an — rühren nach dem
Vorwort des Herausgebers 'von guten, zum Teil hervorragenden Schrift-
stellern' her; leider mufs ich gestehen, dafs mir von diesen 'guten, zum
Teil hervorragenden Schriftstellern' Bezier, Mangin und Barbou bisher
nicht begegnet sind; auch der Herausgeber uuterläfst es, irgend etwas
über sie mitzuteilen. Whymper und Tyndall haben doch wohl englisch
geschrieben, aber es wird nicht gesagt, wer die Übersetzungen geliefert
hat, von denen die zweite zuweilen stark an englische Ausdrucksweise er-
innert. Druckfehler sind nicht selten. Die Anmerkungen, die nur 'Realien'
behandeln, dürften nicht schwer zu beschaffen gewesen sein und geben
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 251
durchaus nicht immer die erforderliche Auskunft. Ebenso wie über die
genannten drei Autoren erwartet man eine Notiz über Mirbel (S. 1*) und
Boissonnas (S. 93)., ferner über Dr. Paccard (S. 4), den General Curten
(S. 92), den Admiral Saisset (S. 94 f.); denn die zu l'amiral Saisset S. 112
gegebene Anmerkung besagt ebensowenig wie die zu Godard S. 105 usw.
Was hat es ferner für eine Bewandtnis mit dem Annuaire du Bureau des
longitudes (S. 50)? mit der Soeiete franeaise de navigation aerienne (S. 66)?
Sind die barometres temoins ä minima (S. 67) genügend erklärt mit dem,
was darüber im Text steht? Nous avions fait passer l'air dans les tubes
ä potasse (S. 68) mufste doch wohl erörtert werden. Was sind das für
petites fioles de verre (S. 75), die Latude der Pompadour schickt? usw.
11) Histoire de France. IL Teil von 1589—1871. Herausgeg.
von H. Gade (Gaertner, 1902).
Die aus Werken von Ducoudray und Bordier-Charton entnommenen
Abschnitte sollen ein Bild von 300 Jahren französischer Geschichte geben,
aber die 108 Seiten kann man höchstens als eine Geschichtstabelle be-
zeichnen; Fakten folgen auf Fakten, man wird nicht durch die einzelnen
Epochen geführt, sondern gehetzt. Darunter leidet natürlich auch die
Darstellung: Hauptsätze, immer einer hinter dem anderen, höchstens mal
durch einen Relativ- oder Partizipialsatz erweitert, das ist fast alles.
Nimmt man nun noch einen häufigen Wechsel der Tempora hinzu — bald
wird in ein und demselben Abschnitt in der Gegenwart, bald in der Ver-
gangenheit er.;ählt — , so wird man begreifen, dafs die Lektüre dieses
Buches sich zu einer recht unerfreulichen gestaltet. 'Die Anmerkungen
sind so knapp wie möglich gehalten . . . Was sonst noch . . . erforderlich
ist, wird der Lehrer ohne Mühe aus dem Schatze seines eigenen Wissens
geben können,' sagt der Herausgeber am Ende des Vorworts. Ich meine,
der Lehrer wird genug zu tun haben, wenn er alles erklärt, was in den
Anmerkungen nicht erwähnt ist, wenn er hie und da die Übergänge zwischen
den einzelnen Abschnitten herstellt, und wenn er die Einseitigkeit der
französischen Darstellung kompensiert, die sich mehrfach, besonders aber
auf den letzten Seiten unangenehm bemerkbar macht.
Die noch übrigen elf Bändchen wollen ein Ganzes, das Werk eines
Schriftstellers, geben.
12) Michaud, Histoire de la troisieme croisade. Erklärt von
O. Klein. Mit 2 Karten und 1 Plan (Renger, 1902).
Diese Geschichte des dritten Kreuzzuges wird sich gut als Klassen-
lektüre oder vielleicht noch besser als Privatlektüre in Sekunda verwenden
lassen, da die Sprache Schwierigkeiten nicht bietet und alles, was einer Erklä-
rung bedarf, in den Anmerkungen ordentlich und gründlich erörtert wird.
13) Porchat, Le berger et le proscrit. Erklärt von J. Heuschen
(Renger, 1902).
Ob man gut daran getan hat, ein Werk Porchats wieder auszugraben
und es unseren Schulen zur Anfangslektüre anzubieten, weifs ich nicht;
252 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
jedenfalls würde man das Buch, wenn es deutsch geschrieben wäre, auf
der Mittelstufe nicht mehr zum Lesen empfehlen. Die Personen sind fast
durchweg von einer geradezu beängstigenden Herzensgüte und Vornehm-
heit der Gesinnung; der böse Feldhüter stürzt in einen Abgrund; ein
zweiter, nicht ganz so Schlimmer wird von einem Tage zum anderen ein
wahrer Musterknabe, und dazu sind die Begebenheiten, in denen uns diese
Personen vorgeführt werden , grofsenteils unglaubwürdig und unwahr-
scheinlich. Die 38 Anmerkungen werden den Kindern wenig helfen, wenn
ihnen nicht eine Übersicht über den Verlauf der Bevolution gegeben wird.
Was sollen sie ferner mit Angaben anfangen wie: 'die Sendlinge (!) des
Konvents trugen als Amtszeichen die dreifarbige Schärpe' oder 'ein Prie-
ster, welcher den republikanischen Eid (!) nicht hat leisten wollen' ? usw.
Die Bekanntschaft mit Simson und Goliath andererseits darf man in
Tertia schon voraussetzen.
14) Gräville, Dosia. Herausgeg. von L. Wespy (Velhagen &
Klasing, 1902).
Während die Dosia des Originals eine ganz amüsante und witzige
Person ist — ich denke dabei besonders an ihre Schilderung der verschie-
denen Gouvernanten, die sie gehabt hat — , erscheint sie in dieser Schul-
ausgabe als ein russisches Abbild der Berliner Bange. Es wird in dem
Auszug — dafs es ein solcher ist, erfährt man ganz gelegentlich in den
Anmerkungen — nicht klar, worin denn eigentlich ihre törichte Erziehung
bestanden hat, und das darf uns nicht verschwiegen werden, wenn uns
die Heldin nicht unsympathisch werden soll. Ebenso fehlt die Erzählung
von der ersten Ehe der Fürstin, die zu Sophiens Charakterisierung un-
erläfslich nötig ist, auch entbehrt man ungern die hübsche Schilderung
der Regatta und des Eisfestes. Kurz dieser Auszug ist kein Ersatz des
Originals, und wenn man glaubt, Dosia in der Schule lesen zu sollen,
dann wähle man lieber die vollständige Ausgabe. Unter den Anmerkungen,
die viel Überflüssiges enthalten, ist mir aufgefallen: 14, 11: ä travers
les charmilles aus dem Buchenwalde. 17, 8: Antäos, Sohn des Po-
seidon und der Amphitrite. Zu 74, 3: nous ekangerons tout cela
konnte auf Moliere verwiesen werden. 82,29: (Elle patine, dit-il,) comme
un patin anglais, premiere marque 'so läuft nur ein englischer
Schlittschuhläufer, soll also wohl heifsen: ganz hervorragend gut'. Die
Erklärung ist unrichtig und zerstört den Witz. 11-1, 14: Ne reveillons pas
le chatf Wie heifst der Schlufs der Redensart, und warum verhindert die
Fürstin Dosia, den Satz zu Ende zu sagen? usw.
15) Greville, Aline. Herausgeg. von F. Erler (Velhagen & Kla-
sing, 1902).
'Die Kürzung des im Original übrigens den Titel: l'Avenir d 'Aline
führenden Romans ist von der Verfasserin gütigst selbst besorgt worden',
sagt der Herausgeber am Schlufs der Einleitung. Während aber die Ver-
fasserin sich im Original in häufigen, längeren Ausführungen bemüht,
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 253
uns Alinens Verschlossenheit, Egoismus und Herzlosigkeit verständlich
zu machen , sind in diesem Auszug all die schönen psychologischen
Betrachtungen gestrichen worden, so dafs uns die Heldin völlig unbe-
greiflich erscheint. Wenn uns in dem grölseren Werke die anderen Per-
sonen durch Beschreibung ihres Lebensganges und Charakters einiger-
mafsen nahe gebracht werden . hier stehen sie uns fremd gegenüber
und vermögen uns nicht sonderlich für sich zu erwärmen. So bleibt
also nur die Handlung übrig, die nicht gekürzt worden ist, und die
ist allerdings schon im Original dürftig genug. Aber interessant ist
dieser Auszug doch; denn er beweist, dafs es selbst der Verfasserin
nicht gelungen ist, ihr Werk auf den Umfang einer solchen Schulausgabe
zu verkürzen, ohne es gründlich zu verunstalten. Die Anmerkungen sind
einfach grofsartig, hier einige Proben: 18, 20: La lettre etait ainsi
concue: concevoir empfangen, begreifen, verstehen, abfassen; übersetze:
der Brief war folgenden Inhalts. 38, 8: Nach parier und c aus er fehlt
der Artikel vor dem Gegenstand der Unterhaltung. 80, 14: philosophe
bedeutet 1. Weisheitsfreund, Weltweiser, 2. fig. wie hier zufriedener, nicht
aus seiner Ruhe zu bringender Mensch, 3. Freidenker = esprit fort
(engl, free-thinker), 4. Oberprimaner eines französ. Gymnasiums; usw.
16) Theuriet, Raymonde. Herausgegeben von K. Schmidt (Vel-
hagen & Klasing, 1902).
Dadurch, dafs das erste Kapitel des Originals weggelassen worden ist,
erleidet die Charakteristik Noels Einbufse, und wir erfahren nun über-
haupt nicht, was sich denn Antoiue eigentlich in Paris für eine Stellung,
auf die doch mehrfach angespielt wird, erworben hat. Auch das Feigen-
blatt, das gegen Ende dem Roman aufgeklebt wird, scheint mir nicht be-
sonders geschickt angebracht zu sein. Es ist nicht recht glaublich, dafs
Noel seiner von ihm geschiedenen Ehefrau seine Tochter, die das Gericht
ihm zugesprochen hat, aus Mitleid sollte überlassen haben in dem Glau-
ben, mütterliche Zärtlichkeit könne vielleicht ihr steinernes Herz erweichen.
Abgesehen von diesen beiden Ausstellungen liest sich der Auszug nicht
übel. Die Anmerkungen geben über alles Sachliche Aufschlufs, und der
Herausgeber bemüht sich auch, hin und wieder grammatischen Erschei-
nungen auf den Grund zu gehen; sie ragen jedenfalls, wenn sie auch nicht
immer Zustimmung finden können, über das Niveau der landläufigen An-
merkungen hervor.
17) Loti, P6cheur d'Islande. Herausgegeben von H. Engelmann
(Velhagen & Klasing, 1901).
Weggelassen oder gekürzt sind besonders die Kapitel, welche Sylvestre
betreffen, auch ist alles ausgeschieden, was zarte Ohren irgendwie belei-
digen könnte, so dafs uns hier statt der bretonischen Fischer, die uns
Loti vorführt, sehr wohlerzogene Salonfischer entgegentreten. Ich meine,
man sollte ein Werk wie den PScheur d'Islande nicht nach irgend einer
Seite hin zu verbessern suchen. Andererseits ist zuzugeben, dafs der
254 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Auszug geschickt gemacht ist, und dafs die Lektüre dieser verkürzten
Ausgabe fast denselben tiefen Eindruck erzeugt, den das Original zurück -
läfst. Die Anmerkungen sind, soweit sie sprachliche Erscheinungen be-
treffen, nicht immer einwandfrei ; über diejenigen, welche sich auf Schiffs-
bau u. ä. beziehen, kann ich mir kein Urteil erlauben.
18) Daudet, Tartarin de Tarascon. Herausgeg. von Gassmeyer
(Velhagen & Klasing, 1901).
Der Herausgeber hat sich nicht darüber geäufsert, was ihn veranlafst
hat, zu den schon vorhandenen Schulausgaben des Tartarin eine neue
hinzuzufügen, und doch möchte man darüber gern Auskunft haben; denn
ohne eine solche Angabe erhält man keine Antwort auf die verschiedenen
Fragen, die sich erheben, wie z. B. : Hat der Herausgeber diese Schul-
ausgabe ohne besonderen inneren Drang vielleicht nur hergestellt, weil in
einer bestimmten Sammlung Tartarin noch nicht enthalten war? Hält er
etwa seine Verstümmelung des Daudetschen Textes für weniger roh als
die anderweitig vorgenommene? Oder ist er gar der Meinung, seine An-
merkungen seien besser als die seiner Vorgänger? Bevor aber hierüber
nicht genügende Aufklärung gegeben wird, kann man diese Ausgabe als
eine berechtigte nicht anerkennen, und wir brauchen uns nicht weiter
damit zu beschäftigen.
19) Chailley-Bert, Pierre, le jeune commercant. Herausgeg. von
J. Kämmerer (Velhagen & Klasing, 1902).
Dafs dieses Büchlein eine passende Lektüre für die 'höheren Klassen
der . . . Realgymnasien' sei, wie der Herausgeber auf dem Titelblatt sagt,
bezweifle ich sehr, dagegen wird es sich in 'Handelslehranstalten' und
auch in kaufmännischen Fortbildungsschulen verwenden lassen. Der Aus-
zug ist nicht allzu sorgfältig hergestellt, so ist nicht klar, wie M. Pidault
sagen kann (S. 64) : il paratt que vous avex des griefs contre nous depuis
l'autre jour, ebenso ist unverständlich (S. 75) : pour ceux dont vous parlex,
am Anfang des 25. Kapitels (S. 76) heifst es: Pierre ne connaissait per-
sonne ä Marseille und am Schlufs (S. 78): il s'apercut qu'il n'etait que
temps d'aller rejoindre son ami, ohne dafs im Verlauf des Kapitels ein
Wort von dieser Freundschaft gesagt ist, etc. Die paar Anmerkungen,
zum Teil recht wunderliche, sind fast durchweg überflüssig, und wenn
man es für nötig findet, zum Text Erklärungen zu geben wie: avoir
une fameuse mine prächtig aussehen, je suis ä vous ich bin zu Ihren
Diensten, le pr emier venu der erste beste etc., warum fehlen dann der-
artige Anmerkungen zu den 30 Seiten Lecons de choses im Anhang?
Auch das Wörterverzeichnis läfst manches zu wünschen übrig.
20) Erckmann-Chatrian, Histoire d'un conscrit de 1813. Heraus-
gegeben von E. Pariselle. Mit 2 Karten (Freytag, 1902).
Die 38. Auflage, die ich besitze, umfafst 310 Seiten, die Schul-
ausgabe 95, also etwa ein Drittel des Originals, und doch wird dieser
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 255
Auszug nirgends als solcher bezeichnet; die Bemerkung auf dem Titel-
blatt: 'Für den Schulgebrauch herausgegeben' läfst doch auf eine Ver-
kürzung — und noch dazu eine solche Verkürzung — nicht ohne weiteres
schliefsen. So werden also die Schüler glauben, ein Werk von Erckmann-
Chatrian gelesen zu haben, während sie in der Tat von ihrer Darstellungs-
weise keine Vorstellung erhalten haben. Die mehr als epische Breite, mit
der sie erzählen, gehört ganz wesentlich mit zur Eigenart der beiden, und
die geht verloren, wenn man nur auf eine gewissenhafte Wiedergabe der
Fakten bedacht ist. — Gegen die in den Anmerkungen gegebenen sach-
lichen Erklärungen dürfte kaum etwas zu sagen sein, vgl. Archiv CVIII,
168, eher gegen die sprachlichen. 4, 13: J'avais ä peine etc. 'aber kaum
hatte ich . . .' (vgl. Anm. zu 1,7), und 1, 7 steht: 'Nebengeordnete Sätze
entbehren im Französischen häufiger als im Deutschen eines verbindenden
Adverbs.' 4, 18 — 20: M. Ooulden s'arretait tout ä coitp dans son travail,
et regardant un instant les vitres Manches, U s'ecriait .... Dem Subjekt
werden zwei Prädikate beigelegt, deren zweites durch ein appositives
Partizipium näher bestimmt ist. — Also ist regardant appositives Partizip
zu s'ecriaitt Vgl. Mackel, Archiv CV, 48 ff. 59, 23: 'Das Demonstra-
tivum ce in Verbindung mit dem Verb etre wird gern bei Situations-
schilderungen verwendet, während das Deutsche anschaulicher schildernde
Verben bevorzugt'; etc.
21) Naurouze, SeVerine 1814 — 1815. Herausgeg. vod A. Müller
(Freytag, 1902).
'Die nötigen Aufschlüsse über das Leben des Verfassers', welche die
Einleitung in allen Freytagschen Ausgaben bieten soll, beschränken sich
auf acht Zeilen, die keinerlei Zeitangaben enthalten. Wenn in der Ein-
leitung gesagt wird : 'Die für Frankreich und das Geschick Napoleons so
ereignisreichen Jahre 1814 — 1815 führt J. Naurouze dem Leser in an-
schaulichen, lebenswahren Bildern vor', so ist das so zu verstehen, dafs
wir — wenigstens in dieser Schulausgabe, ich kenne das Original nicht —
von den grofsen Ereignissen dieser Zeit mit einigen knappen Worten
unterrichtet werden — Le coup de massue de Waterloo nous etourdissait
ist z. B. die Schilderung der Schlacht bei Waterloo (S. 80) — , von einem
Miterleben ist nicht die Rede; das Buch bietet vielmehr einen auf histo-
rischer Grundlage sich aufbauenden Liebesroman von ziemlich simpler
Handlung, die noch dazu zum Teil recht unwahrscheinlich ist. Der Aus-
zug befriedigt nicht sonderlich ; gar oft kommen einem beim Lesen allerlei
Fragen, über die man völlig im dunkeln bleibt, wie z. B.: Welcher Art
mag wohl die Erziehung Severinens gewesen sein, und wer hat diese nach
ihrer Mutter Tode geleitet? Bei der Heldin des Bomans ist diese Frage
doch wohl berechtigt. Wozu treten ihr Vater und ihre Grofsmutter in
dem Roman auf, und in welcher Beziehung stehen sie zur Handlung?
Wie stellt sich Horace nach der Ankunft bei seinem Onkel zu Severine
und ihren Verwandten, und welche Studien macht er bei Sylvain? Wie
verläuft die Reise der Mme d'Aurac durch Feindesland zu ihrem Gatten?
256 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Wie verhalten sich bei der Einquartierung der Grofsfürst und seine Wirte
zueinander? Woher weifs Wolfgangs Bruder etwas von Lionel? Wie
kann Söverine (S. 59) sagen: Ecoutex mon histoire, oncle Sylvain, und
(S. 93): Elle a donc un peu aide ä te sauver, ta pauvre petite fianceel etc.
Auch die Anmerkungen lassen manches zu wünschen übrig. 6, 22 : Die
Präposition ä bezeichnet bei Verben der Wahrnehmung usw. — Wenn
man eine Regel wörtlich aus Lücking (§ 454) anführt, so darf man ruhig
sagen, woher man sie hat. 8, 31 : Mon eher, nous sommes . . . Mon pere
arreta d'un geste le mot qui allait jaillir. Warum wohl? Anmerkung fehlt.
11,4: Ne croyex-vous pas qu'il serait grand temps . . . Beachte den Indika-
tiv! — Der Indikativ müfste doch est heifsen. 36, 12: Comment deqouvrir.
In dieser Weise wird der Infinitiv im Sinne einer Personalform häufig
gebraucht, um etc. — Das ist eine sehr bequeme Art, Regeln zu geben,
vgl. auch 39, 15: Le pillage se poursuivit atroce. Atroce ist prädikatives
Adjektiv = als grausam, das in ähnlichen Fällen neben dem Adverb ge-
braucht wird. 48, 16: du uhlan konnte erklärt werden, um so mehr als
uhlan im Wörterverzeichnis fehlt. 50, 18: Die Verbindung des Demonstra-
tivums ce mit dem Verbum etre wird gern bei Schilderungen verwendet etc.,
vgl. oben unter Nr. 20. 59, 11: Une sienne niece eine Nichte von ihm,
eine seiner Nichten. — Der Zusatz 'altertümliche Wendung' besagt nicht
viel; etc.
22) Laune, Me"rnoires (Tun collegien. Edition autoris£e, suivie
d'un commentaire et d'un r£p£titeur, par R.-C. Kukula; revue
par J. Deläge (Vienne, Graeser & Co., 1902).
Dafs diese Ausgabe auch in Deutschland gebraucht werden wird,
glaube ich nicht, wir produzieren selbst über unseren Bedarf. Aufserdem
aber ist diese Bearbeitung fürchterlich und geeignet, dem Schüler das
Französische für immer zu verleiden. Der erste Teil enthält 137 Seiten
Text und ein Vocabulaire bis S. 212, der zweite Notes S. 1 — 50, einen
Repeliteur S. 54 — 77 und Matieres pour une repötition generale S. 77 f.
Ich habe immer ein Kapitel Text gelesen, dann die dazu gehörigen Notes,
ohne mich viel um die zahlreichen Verweisungen (vgl. z. B. die Notes zu
S. 114: 11 voir 24, 3. — 12 voir 43, 18. — 15 voir 35, 26) zu kümmern,
und schliefslich den R£p6titeur und habe dann immer beim folgenden
Kapitel mich erst einen Augenblick orientieren müssen, wo ich eigentlich
war. Wenn aber der gewissenhafte Schüler sich bei jedem erklärten Wort
durch die betreffende Anmerkung hindurcharbeitet und sämtliche Ver-
weisungen nachschlägt, so wird ihm ohne allen Zweifel jeder Zusammen-
hang verloren gehen, und wenn er auch noch all die schönen Proverbes
auswendig lernt — und das mufs er; denn sonst kann er einen Teil der
im R6p6titeur enthaltenen Fragen nicht beantworten — und sich die
Antworten für die Conversation im R6p£titeur zurechtlegt und sich
die hin und wieder gegebenen R6ponses einprägt, dann wird ihm sicher-
lich diese französische Lektüre zur Qual und zum Ekel werden. Nicht
zu übersehen ist, dafs der Schüler sich auf die Notes ebenso wird prä-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 257
parieren müssen wie auf den Text; denn wenn die Herausgeber in der
Einleitung sagen, der Commentaire sei bestimmt für eures . . . dejä assex
avanees dans la partie theorique de l'idiome qu'ils etudient, so ist das nichts
als eine Redensart. Die Memoires d'un coll^gien liest man überhaupt
nicht in der Prima, und vorgeschrittenen Schülern braucht man im
Wörterverzeichnis — um ganz beliebig ein Beispiel herauszugreifen — auf
S. 149 nicht Vokabeln zu verdeutschen wie: blanc, ble, blessure, bleu,
blonse, bamf, boire, bois, und vorgeschrittenen Schülern gibt man kein
Exercice de style mit Satzanfängen auf (Notes 58) oder einen Brief wie
den auf S. 60. Also der Schüler mufs sich auf die Anmerkungen prä-
parieren und zwar mit dem Wörterbuch ; denn die Vokabeln zu den Notes
stehen nicht im Vocabulaire, nur hin und wieder sind deutsche Über-
setzungen in Klammern zugefügt, aber selbst vorgeschrittene Schüler
möchten vielleicht noch einmal nachseheu, was agences, gens sans aveu,
taie, acuite, bechique, badine, maxagran usw. bedeutet. Schliefslich möchte
ich noch wissen: Wenn der Lehrer sich davon überzeugt, ob Text und
Anmerkungen vorbereitet sind, wenn er dann an der Hand des R6pe"-
titeur die Conversation, Extension de la conversation, Rep^tition generale
vornimmt, wenn er all die schönen Exercices de style anfertigen läfst,
wenn er endlich — da die Herausgeber sich begnügt haben, eine 'quantite
d'exereices rektivement restreinte' zu geben — es sich angelegen sein läfst,
'd'elargir, sehn les besoins de la classe, le cadre que nous avons trace',
wieviel Semester liest er dann an diesen Memoires?
Um nun auf Einzelheiten einzugehen, so kann man mit der Kürzung
des Textes einverstanden sein; das Vocabulaire ist nicht vollständig; es
fehlt bille, etre de foree avec, cahier de correspondance, mener de front und
wahrscheinlich noch verschiedenes andere, auch die Übersetzungen ge-
nügen nicht immer: eenseur Vizedirektor, pion Studienaufseher, licencc
Staatsprüfung, agregation (Wettbewerb um eine aufserordentliche) Pro-
fessur etc. In den Anmerkungen, die zum Teil ein mir fremdes Deutsch
aufweisen, wie Robott, Titscherkugeln, Mautschranken, Hohlhippe, plat-
tein usw., wird die Gelegenheit benutzt, in Anknüpfung an irgend ein
Wort alles mitzuteilen, was jemals über dieses Wort geschrieben ist, so
z. B. stehen bei faire suisse (S. 26) zwei Artikel aus Delesalle und Rozan
von zusammen 40 Zeilen, bei argot des barrieres (S. 27) eine Abhandlung
von 47 Zeilen, zu 40, 3 — 24 folgt überflüssigerweise ein Aufsatz: A quoi
se passe la vie d'un komme von 90 Zeilen, worin bewiesen wird, dafs ein
Mann von 70 Jahren, der sein Leben lang gearbeitet hat, in der Tat nur
11 Jahre gearbeitet hat, dafs man nicht drei Jahr beim Militär dient, son-
dern nur eins, usw. Zu 70, 31 — 72, 25 wird ohne Grund eine Übersetzung
einer Stelle aus Sallust beigebracht von 87 Zeilen usw. usw. Eine weise
Beschränkung findet dagegen bei literarischen Notizen statt, vgl. die Notiz
zu Montesquieu (S. 53) 4 Zeilen, Merime'e (S. 116) 5 Zeilen, Corneille
(S. 135) 8 Zeilen; sehr hübsch ist zu 129, 11: le celebre Labiche. Verweise
vermifst man bei pion (S. 43), Cour des Miracles (S. 83), la paille humide
(S. 91). Ist L'accusation de jansemsme (32, 1) den Schülern ohne weiteres
Archiv f. n. Sprachen. CX. 17
258 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
klar? Eine mehr als weise Beschränkung herrscht in Bezug auf die
Grammatik; denn die wird in den Anmerkungen gar nicht behandelt.
Die etymologischen Bemerkungen sind zum Teil recht anfechtbar. 4, 30:
bacealaureat (peut-etre du latin bacca, laureus, baie de laurier).
26, 32: Aubain du latin advena oder de alibi natus. Taupin (124, 5)
ist nicht ungewisser Herkunft, mijoter (128, 19) kann man wenigstens
noch eine Stufe zurückverfolgen, und die zu ba ssiner (39, 27) abgedruckte
erste Erklärung von Rozan ist gewifs Unsinn.
Wir könnten nun ferner sprechen von der Fülle von Sprichwörtern,
die in den Notes aufgeführt werden, und die zum Teil gar keine sind,
wie zu 75, 27: Que celui qui croit etre debout prenne garde qu'il ne tombe,
oder von der grofsen Menge von Unrichtigkeiten in den Erklärungen oder
von den zahlreichen Druckfehlern, die in den beiden Verzeichnissen nicht
verbessert sind, und noch von vielen anderen Dingen, aber wir wollen
lieber noch einen Blick werfen auf die Conversation im Rep^titeur.
Ich kenne verschiedene Schulbücher, in denen den Lesestücken Fragen
in französischer Sprache beigefügt sind, aber ein Questionnaire, in dem
zum Teil auch die Antworten gleich mitgegeben werden, in dem der Lehrer
angewiesen wird, wann er Fermex vos livres oder C est ca oder Q'a
marehe assez, bien u. ä. zu sagen hat, das ist mir noch nicht vor-
gekommen ; man weifs nicht, ob man mehr den Mut der Herausgeber be-
wundern soll, die das den Lehrern anbieten, oder den Mut der Lehrer,
die das benutzen. Allerdings — wenn dieses Frage- und Antwortspiel
gehörig gepaukt ist, dann kann der Inspektor ruhig kommen. Welch ein
Triumph der neuen Methode!
Nachwort. Vier weitere Bändchen haben gemeinsam, dafs die Heraus-
geber in dem, was sie eigenes dem Text hinzufügen, sich ausschliefslich
der französischen Sprache bedienen.
1) Seines et esquisses de la vie de Paris. I. Avec pr^face et
notes par K. Sachs (Glogau, Flemming, 1902).
'Les deux £crivains,' sagt der Herausgeber in der Einleitung — näm-
lich Richepin und Ginisty — 'dont je donne les extraits ont composd, il
est vrai, beaueoup d'ouvrages, dont la lecture ne saurait convenir aux
6coles; mais les esquisses suivantes abregees avec grand soin ad usum
Delphini rencontreront certainement un aecueil favorable meine pres des
critiques les plus severes au point de vue de la moraliteV Wenn die Lek-
türe nicht nur einen beliebigen Lesestoff darreichen, sondern mit den
Hauptvertretern der französischen Literatur bekannt machen und zu ein-
gehenderem Studium ihrer Werke anregen soll, so ist der Standpunkt des
Herausgebers durchaus zu verwerfen; denn eine genaue und wahre Be-
kanntschaft mit seinen Autoren vermittelt er nicht, und sie etwa zur
Privatlektüre zu empfehlen, wird doch auch in den 'classes sup£rieures'
nicht ohne weiteres angehen. Unmoralisch sind ja nun die hier veröffent-
lichten Skizzen Pariser Strafsen leben s wohl nicht, aber stellenweise ge-
schmacklos, so z. B. 5, 32 ff. : Un glisseur sans la plaque blancfie au der-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 259
riere, c'est aussi peu naturel qu'un prince sans crachat sur la poitrine oder
27, 9 f. (Ihr wollt Italien sehen ? Dazu kann ich euch verhelfen) : et cela,
moyennant la faible somme de quinxe Centimes, trois sous, juste le meme
prix que pour les chalets de necessite, usw. Ob die Anmerkungen deutsch
oder französisch abgefafst werden, erscheint mir im Grunde ziemlich
gleichgültig; bei den deutschen — die ja allerdings den Schüler im Fran-
zösischdenken stören ! — genügt oft eine kürzere Darstellung und wird
häufig gröfsere Klarheit erreicht, bei den französischen liegt die Gefahr
nahe, dafs man ein Wort durch sich selbst erklärt (so 12, 81: lampe de
schiste. (Huüe de) schiste est une huile qui se prepare avec du schiste;
e'est donc une lampe dans laquelle on brüle cette huüe; 20,11: anemique,
atteint d'anemie, sans force; 47,14: eboulis, amas de choses eboulees, etc.),
oder dafs sie Schwierigkeiten nicht beseitigen, sondern im Gegenteil neue
bringen (so 10, 13: hublot ou hulot est un petit sabord pour donner de
l'air et pour laisser passer les cäbles; 20, 22: l' aubergine ou l'albergine
est une variete de la morelle, dont . . . usw.). Sonst enthalten die Anmer-
kungen zu der vorliegenden Ausgabe viel Überflüssiges (vgl. 45, 4: cent
sous 5 francs), sie bringen allerlei Namen, die den Schülern unbekannt
sind (3, 22: Felix Pyat, 14, 31: Bruant usw.), sie lassen zuweilen im Stich,
wenn man Unterweisung erwartet (so 27, 25 zu bandit calabrais qui illu-
strait les romances il y a quarante ans, oder 40, 14 : dans une allusion
transparente usw.), oder sie — befriedigen nicht recht; so 25, 16, wo der
herumziehende Brillenverkäufer: J'ai . . . les bonnes conserves! ausruft und
conserves als eingemachtes Gemüse u. ä. gedeutet wird; 27, 7, wo le
pays oü fleurit V oranger (und 28, 36: Cest la) falsch erklärt wird, vgl.
Alexandre, Les Mots qui restent 139 f.; 36, 15, wo bondon eine Käseart
ist und nicht la bonde d'un tonneau, u. dgl. mehr.
Die drei letzten Bändchen bilden die ersten französischen Veröffent-
lichungen der Neusprachlichen Reformbibliothek, herausgegeben von Dir.
Dr. Bernhard Hubert und Dr. Max Fr. Mann (Leipzig, Rofsberg, 1902):
2) Quatre nouvelles modernes. Annote'es par B. Hubert.
3) Thiers, Expedition de Bonaparte en Egypte et en Syrie. An-
note*e par O. Schulze.
4) Nouveau choix de contes et nouvelles modernes par D. Besse\
'Der fremde Schriftsteller mufs nicht nur in seiner Sprache erklärt,
sondern es mufs auch die Übersetzung aus der fremden Sprache ins
Deutsche umgangen werden. Die Bände der Neusprachlichen Re-
formbibliothek sind deshalb einsprachig, und zwar ersetzt der Kom-
mentar zugleich die Präparation und das Spezialwörterbuch', so
heilst es in den Grundsätzen der Neusprachlichen Reformbibliothek. —
Dafs das Wörterbuchwälzeu eine zeitraubende und leidige Arbeit ist, ist
sicher, dafs es aber ein besonderer Genufs für den Schüler ist, der den
entsprechenden deutschen Ausdruck für ein fremdes Wort sucht, aus den
in französischer Sprache aufgezählten Merkmalen selbst das deutsche Wort
zu finden oder zu erraten, erscheint mir nicht sicher. Denn den klaren
17*
260 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
und bestimmten deutschen Ausdruck mufs der Schüler haben, wenn ihm
der französische ebenso klar und bestimmt sein soll, und wenn er auch
so reformiert sein sollte, dafs er das gefundene deutsche Wort nicht aus-
spricht, so wird er, wenn er etwa bei Hubert zu 2, 5 liest: planche (f.):
souvent, dans une chambre, il y a des planches attachees au mur pour y
placer quelque chose, doch wenigstens bei sich denken: Ah so, das ist also
eine Konsole, eine Etagere, ein Regal oder so was. Ist aber der ent-
sprechende deutsche Ausdruck nicht gefunden, so operiert man mit un-
klaren Begriffen, und das haben auch die Herausgeber gefühlt; denn wer
weifs wie oft setzen sie das deutsche Wort hinzu, so Hubert zu 43, 8:
l o up : cet animal sauvage, ressemblant ä im grand ehien, que les Allemands
appellent «Wolf», oder Besse zu 64, 9: epervier : gros oiseau qui se nourrit
de petits oiseaux (a. «Sperber»), oder Schulze zu 35, 5: lentille (f.): en
allemand «Linse» — pigeon: en allemand «Taube», und so noch viele Male,
leider aber nicht oft genug. Mögen also auch die sachlichen Erklärungen
so französisch wie möglich sein, mindestens das Wörterverzeichnis sei
deutsch; wie anerkennenswert es auch ist, dafs die Herausgeber, um dem
Schüler die Arbeit des Nachschlagens abzunehmen, sie sich selbst auf-
bürden, soweit sie natürlich nicht selbständig die Umschreibungen liefern.
Bei einem Wörterverzeichnis würde übrigens auch der Übelstand ver-
mieden werden, dafs die Herausgeber ganz nach ihrem Gutdünken ein-
zelne — und zum Teil alltägliche — Wörter erklären und andere, die dem
Schüler vielleicht unbekannt sind, einfach mit Stillschweigen übergehen;
man vergleiche z. B. nur die ersten Seiten von Huberts Annotations mit
dem Text.
Was nun die einzelnen Bände betrifft, so enthält der von Hubert
herausgegebene: Boum-Boum von Claretie, Une guenson difficile von
Legouve*, La chevre de M. Seguin von Daudet, Yvon et Finette von
Laboulaye, die eine ganz passende Lektüre für Mittelklassen bilden. Bei
der Erzählung von Claretie ist mir aufgefallen, dafs Huberts Text, über-
einstimmend mit dem von Hengesbach (in Maitres Conteurs, Berlin 1898),
manche Abweichungen vom Original aufweist, so Hu. 2, 4. He. 40, 2:
une petite planche, Cl. 342: une planche; Hu. 3, 21. He. 41, 23: repondait,
Cl. 344: repetait; Hu. 3, 25. He. 41, 27: s'entretenaient, Cl. 344: s'entre-
regardaient; Hu. 6, 7. He. 44, 7: Commenl, Cl. 347: N'importe comment;
Hu. 6, 31. He. 44, 32: les yeux fixes, Cl. 348: les yeux levis; Hu. 7, 29.
He. 45, 31: Je ne le verrai plus, Cl. 350: Je ne le verrai pas. Aber diese
Übereinstimmungen sind wohl zufällig, denn wenn Hubert den Text aus
den Maitres Conteurs abgedruckt hätte, so hätte er es doch wohl sagen
müssen.
Die Auswahl von Besse- (Les meres von Daudet, Le retour von Bazin,
La premiere Edition und Courage de femme von Normand und Anne des
lies von Feval) ist geschickt, und die einzelnen Stücke sind interessant,
sie waren mir auch deswegen besonders interessant, weil ich sie in an-
deren Sammlungen noch nicht gelesen hatte. Eine bessere Erklärung
wäre zu wünschen zu 3, 3 l'ile de Laputa: tle imaginaire. Die Insel
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 261
Laputa stammt bekanntlich aus Gullivers Reisen. Auch mit der Anmer-
kung zu Seraphin (4,7) werden die Schüler nicht viel anzufangen wissen.
Dafs Bonapartes Zug nach Ägypten aus Thiers in den Schulen gern
gelesen wird, beweist die grofse Zahl von Ausgaben, die davon vorhanden
sind, und von denen einige mehrere Auflagen erlebt haben. Vorarbeiten
standen also reichlich zur Verfügung, und so dürfte der Herausgeber,
soweit sachliche Erläuterungen in Betracht kamen, schon sehr viel Brauch-
bares vorgefunden haben, wenn er auch über einzelne Punkte noch be-
sondere Studien angestellt hat. Die Haupttätigkeit des Herausgebers
wird also auf sprachlichem Gebiet zu suchen sein, darin, dafs er beson-
ders darauf bedacht war, die Einleitung, die Anmerkungen und den An-
hang in recht schönem, korrektem, gefälligem Französisch abzufassen.
Jedoch wenn man meint, Herr Schulze habe sich viel um Korrektheit,
Glätte des Stils und derartiges gekümmert, so ist man im Irrtum; er hat
höchst einfach sein Manuskript zu Herrn Dr. Duchesne geschickt. 'Avant
de finir, nous nous faisons un devoir d'exprimer nos remerciements les
plus empresses ä Monsieur le Dr. A. Duchesne, lecteur de francais ä l'uni-
versite" de Leipzig, qui a bien voulu parcourir notre manuscrit et nous
donner ses conseils precieux sur maint point linguistique.' (Pr£face IV.)
Also die Mitarbeiter an der einsprachigen Reformbibliothek lassen sich
— zum Teil wenigstens — ihr Französisch korrigieren? Dann mufs es
doch wohl so beschaffen sein, dafs man es der Öffentlichkeit nicht zeigen
darf? und trotzdem lernen die Jungen bei ihnen nach der neuen Me-
thode in unglaublich kurzer Zeit das reinste und korrekteste Französisch
sprechen und schreiben. Dürfen sich die Schüler ihre französischen Ar-
beiten durchsehen lassen ? Nein, natürlich nicht, aber die Reformlehrer
dürfen es, die nicht müde werden, oft und laut zu versichern, nur sie
wüfsten und nur sie könnten. — Bei der vorliegenden Ausgabe betraf,
wie wir gesehen haben, die Haupttätigkeit des Herausgebers die sprach-
liche Seite; der Titel des Buches müfste also richtig lauten : Expedition
de Bon aparte en Egypte et en Syrie par Adolphe Thiers. Annotee par
Duchesne et Schulze.
Berlin. H. Willert.
i
Über Personennamen in den Ortsnamen Spaniens und Portugals.
Von Johannes Jungfer. Wissenschaft!. Beilage zum Jahres-
bericht des Friedrichs-Gymnasiums zu Berlin. Ostern 1902.
El Dr. Jungfer, profesor berliner, ha publicado en esta memoria parte
de su gran obra en manuscrito sobre 'Nombres propios geogräficos de
Espana', limitändose ahora ä los de personas en los de pueblos. Hay en
estos un material inmenso que estudiar, hasta el presente descuidado.
De apellidos, solo tenemos, que yo sepa, el libro de Godoy Alcäntara,
titulado 'Ensayo histörico etimolögico filologico', defectuoso, especialmente
en cuanto ä etimologias. En esto, el nuevo trabajo supera con mucho
ä aquel, si bien el autor no es filölogo, sino historiador. Algunas hay
262 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
interesantisimas, v. gr. Bolibar, del vasco bolibarri, bolini-barri, cuya pri-
mera parte es indudablemente castellana, molino, con la m cambiada en b,
al revös que en macallao (bacalao), makilla (bäculo), Matrolo (Bartolo),
mimmdia (bimendia, dos montes), etc. El origen que Pott le atribuyo,
olivar, es de los llamados de mocosuena (como suena).
Paeheco es sin duda Pachico, diminutivo de Pacho, como lo es Pacorro
de Paco, Francisco, y como es aumentativo de igual forma Pachon, que
no viene de patiens ni del flamenco patryshond, etimologias que la Aca-
demia inventö para su uso particular.
Kespecto ä nava, nombre tan discutido y que tanto preocupö al
Sr. Hübner, quien me preguntö si conocia su origen, no lo creo vasco.
Acudir al vascuence cuando se ignora de dönde procede un vocablo, es
como el recurso acadömico de refugiarse en el ärabe cuando no se sabe
por dönde salir. Me parece sencillamente que, asi como los valles an-
gostos llevan la denominaciön de hox, acepciön que la Academia no trae
en sentido de alfox, que es lo mismo y nada tiene que ver con el ärabe,
al valle ancbo debieron de compararle con nave.
El nombre Coso de Zaragoza ('abreviaciön Saracosta, de Caesarau-
gusta'), no se relaciona etimolögicamente, por supuesto, con su apelaciön
anterior, foso, sino que tue" llevado de Italia por los soldados aragoneses.
Hacerle venir de eursus (Acad.) es desatino. Sierra Morena ('dunkles Ge-
birge') puede compararse con Scimarxwald.
Ha pasado por mis manos todo el manuscrito de la extensa obra, de
la cual solo es pequefia parte esta, y el autor debe de tener en las suyas
infinidad de observaciones que me ha sugerido su lectura. Como estudio
histörico, esta becho con la mayor paciencia y minuciosidad, habiendo
acudido ä muchos libros de consulta, entre los que bay unos cuantos que
be prestado gustoso. El 'Zeitschrift für romanische Philologie', los nom-
bres Hübner, Schuchardt, Humboldt, etc., las mejores autoridades figuran
en el trabajo, muy recomendable ä los romanistas.
Berlin. P. de Mugica.
Verzeichnis
der vom 1. Dezember 1902 bis zum 10. März 1903
bei der Redaktion eingelaufenen Druckschriften.
The American Journal of philology. XXIII, 3 [W. P. Mustard, Tenny-
soniana. — Reviews: Pessel's Present and past periphrastic tenses in Ags. ;
Calloway's Appositive participle in Ags.]. — 4 [V. F. Smith, The tale of
Gyges and the king of Lydia. — Report: Romania; Englische Studien].
Zeitschrift für österreichische Volkskunde. VIII, 6 (Januar 1903)
[J. Blau, Huhn und Ei in Sprache, Brauch und Glauben des Volkes im
oberen Angeltale, Böhmerwald. — R. Kaindl, Beiträge zur Volkskunde des
Ostkarpathengebietes. - - Kleine Mitteilungen, Chronik, Bibliographie].
Journal of comparative literature, edited by G. E. Woodberry,
J. B. Fletcher, J. E. Spingarn. New York, McClure. I, 1 [Edito-
rial. — Ch. Bastian, Huguenot thought in England. — J. E. Spingarn,
Unpublished letters of an English humanist. — P. Toldo, Moliere en
Italic — Notes, reviews]. 101 S. Jährlich M. 12.
Sutro, E., Das Doppelwesen der menschlichen Stimme. Versuch
einer Aufklärung über das seelische Element in der Stimme. Berlin,
Fussinger, 1902. XIV, 324 S. M. 3.
Grammont, M., Observations sur le langage des enfants (Extrait
des Melanges linguistiques offerts ä M. A. Meillet par ses Kleves). Macon,
Protat, 1902. 26 S. 8.
Rieger, W. L., Ziffern -Grammatik, welche mit Hilfe der Wörter-
bücher ein mechanisches Übersetzen aus einer Sprache in alle anderen er-
möglicht. Graz, Styria, 1903. XII, 196 S.
Literaturblatt für germanische und romanische Philologie. XXIII,
11, 12; XXIV, 1, 2 (Nov. 1902 — Febr. 1903).
Modern language notes. XVII, 7 [D. H. Gerould, Offa and Labhraidh
Maen. — C. Searles, The Leodilla episode in Bojarclo's Orlando innamo-
rato. IL — R. Ferguson, Goldsmith and the notions Grille and Wandrer
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Etymologies. I. — J. W. Bright, Notes on the Caedmonian Exodus]. —
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Vermischtes]. 9 [E. W. Scripture, A record of the melody of the Lord's
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u. Müller; New- York, Stern; Leipzig, Brockhaus, 1903. 72 S. 25 cents.
Life and times of G. J. Goschen, publisher and printer of Leipzig
1752 — 1828, by his grandson Viscount Goschen. In two vols. illustrated.
London, J. Murray, 1903. XXI, 465, VIII, 481 S. Geb. M. 32 net.
Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften. 205
Ritterhaus, Adeline, Privatdozent an der Univ. Zürich, Die neu-
isländischen Volksmärchen. Ein Beitrag zur vergleichenden Märchen-
forschung. Halle a. S., Niemeyer, 1902. L, 457 S. M. 12.
C ollin, Chr., Björnstjerne Björnson. In 2 Bänden. Einzige berech-
tigte Übersetzung aus dem Norwegischen von C. G. Mjöen. Band I,
1832—1850. Mit 22 Illustrationen. München, Langen, 1903. 194 S.
Weise, O., Prof., Ästhetik der deutschen Sprache. Leipzig, Teubner,
1903. VIII, 309 S. LA. Allgem. Teil: Die Schönheiten unserer Sprache.
a) Lautwirkungen, b) Kraft und Milde des Ausdrucks, c) Würde und
Anmut, d) Anschaulichkeit und Lebendigkeit, e) Anhang. — B. Besonderer
Teil: Die Schönheiten der poetischen Ausdrucksweise, a) Sprache Goethes
und Schillers, b) Schmuck und Reinheit der Dichtersprache, c) Ein Blick
in die Dichterwerkstatt, d) Einflüsse bestimmter Gegenden, e) Metrisches.
Ein gutes, anregendes Buch, aus dem für den Unterricht viel zu gewinnen
ist. A. B.]
Janus - Blätter für Literaturfreunde, Monatsschrift für Literatur und
Kritik. Jauer, O. Hellmann. I, 1 [Grillparzer-Heft] — 2 [Ibsen-Heft] —
3 [Lenau-Heft] — 4 LDehmel-Heft].
Martin, Ernst, Dr., o. Prof. d. deutschen Philologie, Wolfram von
Eschenbach, Rede zur Feier des Geburtstages S. Majestät des Kaisers am
27. Januar 1903 in der Aula der Kaiser-Wilhelms-Universität Strafsburg
gehalten. Strafsburg, Hertz, 1903. 23 S. 8. M. 1.
Schillers philosophische Schriften und Gedichte (Auswahl). Zur Ein-
führung in seine Weltanschauung. Mit ausführlicher Einleitung heraus-
gegeben von E. Kühnemann (Philosophische Bibliothek, Bd. 103). Leip-
zig, Dürr, 1902. 328 S. M. 2.
von Platen, August Graf, Dramatischer Nachlafs, herausgeg. von
E. Petzet. Berlin, Behr, 1902. LXXXXVII, 193 S. M. 6.
Deutsche Art. Auszüge aus den Schriften von E. M. Arndt, nebst
einigen Briefen una Gedichten (Lebende Worte und Werke, III). Düssel-
dorf und Leipzig, Langenwinter, 1903. 172 S.
Tardel, H., Dr., Studien zur Lyrik Chamissos. Bremen, Winter,
1902. 64 S. M. 1.
Jessen, K. D., Heinses Stellung zur bildenden Kunst (Palaestra
XXI). Berlin, Mayer & Müller, 1902. XVIII, 226 S. M. 7.
Erinnerungsblätter aus dem Leben Luise Mühlbachs. Gesammelt und
herausgeg. von ihrer Tochter Thea Ebersberge r. Leipzig, H. Schmidt,
1902. XVII, 307 S. M. 5.
Boetticher,G., Prof. Dr., Hermann Sudermann, Frau Sorge (Deutsche
Dichter des 19. Jahrhunderts. Ästhetische Erläuterungen, herausgeg. von
Lyon, 3). Leipzig, Teubner. 46 S. M. 0,50.
Loewenberg, J., Gustav Frenssen (von der Sandgräfin bis zum
Jörn Uhl). Mit einem Bildnis Gustav Frenssens. Hamburg, Glogau jr.,
1903. 39 S. M. 0,50.
Büchmann, G., Geflügelte Worte. Der Citatenschatz des deutschen
Volkes, gesammelt und erläutert. Fortgesetzt von.W. Robert-tornow.
21. verm. u. verb. Aufl. bearb. von E. Ippel. Berlin, Haude & Spener,
1903. XXXI, 823 S.
Hauffen, A., Die deutsche mundartliche Dichtung in Böhmen (er-
weiterter Sonderabdruck aus der Monatsschrift 'Deutsche Arbeit'). Prag,
Calve, 1903. 92 S.
Goedel, G., Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemanns-
sprache. Kiel u. Leipzig, Lipsius & Tischer, 1902. 520 S. M. 7.
Waldeckisches Wörterbuch nebst Dialektproben, gesammelt von
H. Bauer, Rechtsanwalt, herausgeg. von Prof. Dr. H. Collitz (Wörter-
266 Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften.
bücher herausgeg. vom Verein f. niederd, Sprachforschung, IV). Norden
u. Leipzig, Soltau, 1902. XXVI, 108, 320 S. Brosch. M. 8.
Siebs, Th., Prof. Dr., Zur Einführung der neuen Rechtschreibung.
Ein Wort an alle, besonders an die Behörden. Breslau 1903. 14 S.
Velhagen und Klasings Sammlung deutscher Schulausgaben. 97. u.
98. Lieferung. Deutsche Prosa. III. und IV. Teil: Moderne erzählende
Prosa. Bielefeld und Leipzig, Velhagen & Klasing, 1903. XXVI, 156,
XVIII, 192 S. 12°. Geb. ä M. 1.
Jaeger, O., Deutsche Dichterstoffe in Aufsatzform, vermehrt durch
Einzelsätze, für den Unterricht in der Rechtschreibung. Zum Gebrauche
an höheren Lehranstalten sowie Bürgerschulen und für den Privatunterricht.
3. verb. u. verm. Aufl. Leipzig, Freytag, 1903. VIII, 136 S. Geb. M. 2.
Freytags Schulausgaben und Hilfsbücher für den deutschen Unterricht:
Schillers Gedankenarbeit. Für Schule und Haus. Herausgeg. von Ge-
heimrat Dr. A. Matthias. 179 S. Geb. M. 1.
Grillparzers Gedichte und Prosa (Auswahl). Für den Schulgebrauch
herausgeg. von Geheimrat Dr. A. Matthias. 175 S. Geb. M. 1,50.
Das goldene Vlies, für den Schulgebrauch herausgeg. von Geheimrat
Dr. A. Matthias, 216 S. Geb. M. 1.
Der Traum ein Leben, für den Schulgebrauch herausgeg. von Geheimrat
Dr. A. Matthias. 112 S. Geb. M. 0,75.
König Ottokars Glück und Ende, für den Schulgebrauch herausgeg. von
Dr. G. Waniek. 176 S. Geb. M. 1.
Ein Bruderzwist im Hause Habsburg, für den Schulgebrauch herausgeg.
von Dr. G. Waniek. 140 S. Geb. M. 0,80.
Weh dem, der lügt, für den Schulgebrauch herausgeg. von R. Scheich,
k. k. Gymnasialprofessor. 94 S. Geb. M. 0,75.
Englische Studien. XXXI, 3 [P. Fijn van Draat, The loss of the
prefix ge- in the modern English verb and some of its consequences. —
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Sickermann, Dr. H., Kurze Geschichte der engl. Literatur in den
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manns Volkshochschule, 2. Bändchen). Stuttgart u. Zweibrücken, F. Leh-
mann, 1902. 164 S. 12°.
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univ. Baltimore, Murphy, 1902. 130 S.
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Mayer & Müller, 1902. VII, 195 S. M. 2,40.
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university press, 1902. XXXV, 91 S.
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and index, by R. W. Bond. 3 vols. Oxford, Clarendon press, 1902. 42 sh.
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by Prof. Dr. A. F. Lange (Palaestra XVIII). Berlin, Mayer & Müller,
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The faire maide of Bristow, a comedy now first reprinted from the
quarto of 1605, edited with an introduction and notes by A. H. Quinn.
Publications of the university of Pennsylvania, series in philolotry and
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Brandl, L., Erasmus Darwin's Temple of nature (Wiener Beiträge
zur englischen Philologie, XVI). Wien und Leipzig, Braumüller, 1902.
XII, 203 S.
The poems of Anne Countess of Wincelsea, from the original edition
of 1713 and from unpublished mss. edited with an introduction and notes
by Myra Reynolds (The decennial publications, 2"<l series, vol. V). Chi-
cago, The university of Chicago press, 1903. CXXXIV, 436 S.
Collection of British authors. Tauchnitz edition. ä M. 1,60.
Vol. 3613 — 14: A. Hope, The intrusions of Peggy.
„ 3615: R. Kipling, Just so stories.
„ 3616: E. Th. Fowler, Fuel of fire.
„ 3617: W. E. Norris, The credit of the country.
„ 3618: H. G. Wells, The sea lady.
„ 3619—20: R. N. Carey, The highway of fate.
„ 3621—2: R. Hitchens, Felix.
„ 3623—24: C. M. Crawford, Cecilia.
„ 3625: S. Levett- Yeats, The Lord Protector.
„ 3626: Rhoda Broughton, Lavinia.
„ 3627: F. Anstey, A Bayard from Bengal.
fl 3628: W. W. Jacobs, The lady of the bärge.
fl 3629: G. Parker, Donovan Pasha and some people of Egypt.
„ 3630—1: A. E. Mason, The four feathers.
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„ 3633—34: Th. Dixon, The leopard's spots.
268 Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften.
Pünjer, J., Rektor, und H. Heine, Oberlehrer, Lehrbuch der engl.
Sprache für Handelsschulen. Kleine Ausgabe mit einem Anhange. Berlin,
Carl Meyer. VII, 119 S. Geb. M. 1,20.
Schöninghs Ausgaben ausländischer Klassiker mit Erläuterungen.
V. Shakespeares König Lear, mit Anmerkungen von L. Schunck, Ober-
lehrer. Paderborn, Schöningh, 1902. 168 S.
Gesenius, F. W., English syntax, translated from the 'Grammatik
der engl. Sprache'. 3rrt edition, 8.— 10. thousand. Halle, Gesenius, 190?..
VI, 184 S. Brosch. M. 2.
Lehmann, E., Professor in Kaiserslautern, Lehr- und Lesebuch der
englischen Sprache. Nach der Anschauungsmethode mit Bildern bearbeitet.
Nebst einem grammatischen und poetischen Anhang. 7. gänzlich neubearb.
Auflage. Mannheim, Bensheimer, 1902. 246 S.
Frey tags Sammlung französischer u. englischer Schriftsteller. Leipzig,
Freytag. 8. Geb.
W. Preston, History of the conquest of Mexico, herausgeg. von Prof.
Job. Leitritz. I. Bd., VIII, 126 S., M. 1,50; hiezu ein Wörter-
buch, M. 0,60. IL Bd., IV, 122 S., M. 1,50; hiezu ein Wörterbuch,
M. 0,60.
J. S. Fletcher, In the days of Drake, gekürzt herausgeg. von Dr. Kon-
rad Mai er. VIII, 86 S., M. 1,20; hiezu ein Wörterbuch, M. 0,40.
G. A. Henty, Wulf the Saxon, a story of the Norman conquest, ge-
kürzt herausgeg. von Oberl. Dr. R*. Besser. IV, 119 S., M. 1,40;
hiezu ein Wörterbuch, M. 0,50.
Walter Scott, The talisman, a tale of the crusaders. In gekürzter Fas-
sung für den Schulgebrauch herausgeg. von J. Bube. VIII, 136 S.,
M. 1,50; hiezu ein Wörterbuch, M. 0,60.
H. C. Adams, The first of June, or schoolboy rivalry. Für den Schul-
gebrauch herausgeg. von Oberlehrer Dr. H. Ullrich. VI, 117 S.,
M. 1,40; hiezu ein Wörterbuch, M. 0,50.
G. A. Henty, Bonnie Prince Charlie. Gekürzt für den Schulgebrauch
herausgeg. von Oberlehrer J. Mättig. VI, 125 S., M. 1,50; hiezu
ein Wörterbuch, M. 0,50.
Englische und französische Schriftsteller der neueren Zeit. Für Schule
und Haus herausgegeben von J. Klapperich:
XVIII. Bändchen : London old and new, History — monuments —
trade — government, ausgewählt und mit erläuternden Anmerkungen
herausgeg. von Prof. Dr. J. Klapperich. Mit 11 Abbildungen und
1 Plan von London. Glogau, Flemming, 1902. VIII, 112 S.
Englisches Lesebuch von J. Seh mar je und E. Barnstorf f. 2. verb.
Auflage. Flensburg, A. Westphalen, 1902. VIII, 265 S. Geh. M. 1,80.
Velhagen und Klasings Sammlung französischer und englischer Schul-
ausgaben. English authors. Bielefeld und Leipzig:
Lief. 82 B: J. K. Jerome, Three men in a boat (to say nothing of the
dog). Mit Anm. zum Schulgebrauch herausgeg. von Dr. K. Horst,
Oberlehrer. Mit 1 Karte der Themse und 7 Abbildungen. 1902.
VIII, 134 S., dazu 28 S. Wörterbuch. Geb. M. 1,30.
Lief. 83 B: M. R. Mitford, Selected stories from Our village, herausgeg.
von Prof. Dr. G. Hallbauer. 1902. VI, 88 S., dazu 27 S. Wörter-
buch. M. 0,90.
Lief. 84 B: J. Milton, Paradise lost (book I— VI), herausgeg. von
Oberlehrerin Luise Spies. 1902. X, 123 S., dazu 39 S.Wörterbuch.
Revue des langues romanes XLV, 6, novembre 1902 [B. Sarrieu, Le
parier de Bagneres-de-Luchon et de sa valtee (Haute-Garonne). A. Vidal,
Les cartulaires d'Albi. PeUissier, Documents sur les relations de l'empe-
Verzeichnis der eingelaufener! Druckschriften. 269
reur Maximilien et de Lud. Sforza (suite). G. TheVond, Contes langue-
dociens (suite). Bibliographie. Ohronique].
Vollniöller, Karl, Zweites Beiheft zu 'Über Plan und Einrichtung
des Romanischen Jahresberichtes. Erlangen, Junge, l%z. XXII, 224 S. 8
[S. IX- XIX Plan des Jahresberichtes. S. XX— XXII Verzeichnis der
jetzigen Mitarbeiter. S. 1 — 148 Sechstes Verzeichnis der für den Jahres-
bericht bis Anfang 1901 eingelieferten Rezensionsexemplare. S. 149 — 188
Siebentes desgleichen reichend bis April 1902. Verzeichnis der im Jahres-
bericht gebrauchten neuen Abkürzungen. Verzeichnis der darin citierten
Zeitschriften, Sammelwerke usw. mit den dafür gebrauchten Abkürzungen].
Zauner, Dr. Adolf, Die romanischen Namen der Körperteile. Eine
onomasiologische Studie. Eingereicht als Habilitationsschrift bei der philo-
sophischen Fakultät in Wien. Erlangen, Junge, 1902. 194 S. 8.
Revue de philologie francaise et de littörature p. p. L. Cledat.
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sitions conditionnelles coordonnees (bezieht sich auf Abschnitt 3 der vierten
Reihe der Verm. Beitr., Sitzungsberichte, 28. Febr. 1901). L. Cledat, Le
participe passe, le passe" compose' et les deus auxiliaires. F. Baldensperger,
Les premieres deiinitions francaises de l'humour. — Comptes rendus.
Chronique. Comptes rendus sommaires].
Zeitschrift für französ:«che Sprache und Literatur . . . herausgeg. von
Dr. D. Behrens, Prof. an der Universität zu Giefsen. XXV, 2 u. 4. Der
Referate und Rezensionen erstes und zweites Heft. Berlin, Gronau, 1903.
La vie de saint Alexis, poeme du XIe siecle, texte critique accom-
pagne" d'un lexique complet et d'une table des assonances, publik par
Gaston Paris. Nouvelle Edition. Paris, Bouillon, 1903. 63 S. kl. 8.
Les höros de roman, dialogue de Nicolas Boileau-Despr£aux, edited
with introduction and notes by Thomas Frederick Crane, professor of
the romance languages in Cornell University. Boston, Ginn & Co., 1902.
VI, 282 S. 8. Geb. Sh. 3,6.
Fofs, Ernst, Dr. phil., Die 'Nuits' von Alfred de Musset. Erläute-
rungen zu denselben. Berlin, Ebering, 1902 (Berliner Beiträge zur germ.
u. rom. Philol., Rom. Abteilung 13). 176 S. 8. M. 4,80.
Gourdon, Georges, Chansons de geste, couronnees par l'Academie
francaise. Pr^face du Vicomte E. Melchior de Vogüe\ Deuxieme Edition,
augmentee. Paris, Lemerre, 1903. XII, 256 S. 8. Fr. 3.
Gerhards französische Schulausgaben. Leipzig, Gerhard, 1902 und
1903. Kl. 8:
5. Perdue par Henry Greville. Allein berechtigte Schulausgabe von
M. von Metzsch. Vierte von Dir. Dr. Wasserzieher verbesserte
Auflage. I. Text. VI, 167 S. M. 1,50. IL Anmerkungen und
Wörterbuch. 45 S. M. 0,25.
10. Strasbourg par Paul et Victor Margueritte. Für das ganze deutsche
Sprachgebiet allein berechtigte Schulausgabe von Dir. Dr. Ernst
Wasserzieher. I. V, 128 S. Mit einem Kärtchen und der Ab-
bildung des Strafsburger Münsters. M. 1,20. IL 48 S. M. 0,40.
11. Episodes de la guerre de 1870/71 par Paul et Victor Margueritte.
Für das ganze deutsche Sprachgebiet allein berechtigte Schulausgabe
von Direktor Dr. Ernst Wasserzieher. I. IV, 139 S. Mit einem
Plan der Belagerung, sowie einer Abbildung der Stadt und Festung
Beifort. IL 48 S. M. 1,40 und 0,40.
Sammlung französischer und englischer Schulausgaben. Bielefeld u.
Leipzig, Velhagen & Klasing, 1902. Kl. 8. Geb.
138. Voltaire, Diderot, Rousseau. Morceaux choisis. Mit Anmerkungen
zum Schulgebrauch herausgeg. von Prof. Paul Voelkel, Oberlehrer
270 Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften.
am Kgl. Französischen Gymnasium zu Berlin. IV, 148 S. Dazu
Anmerkungen 40 S. M. 1,30.
Bauer, J., A. Englert und Dr. Th. Link, Französisches Lesebuch.
Dritte durchgesehene und vermehrte Auflage. München u. Berlin, Olden-
bourg, 1901.
Burtin, le dr. E., Choix de poesies. Dix-septieme, dix-huitienie et
dix-neuvieme siecles avec notices biographiques ä l'usage des 6coles
Troisieme edition. Berlin, Herbig, 1903. VIII, 132 S. 8. Geb. M. 1,60
Boerner-Kukula, Lehr- und Lesebuch der französ. Sprache ..
für Mädchenlyceen bearbeitet von AI. Stefan. I. Teil. IV, 123 S. 8
Geb. K. 2. II. Teil. IV, 171 S. 8. Geb. K. 2. Wien, Graeser & Co., 1902
Bulletin du Glossaire des patois de la Suisse romande. Zürich 1902
S. 57 — 73 [L. Gauchat, La derniere page de l'histoire du patois ä la
Chaux-de-Fonds. O. Chambaz, Lindeman de fita].
Glossaire des patois de la Suisse romande. Quatrieme rapport annuel
de la redaction, 1902. Neuchatel, Attinger, 1903. 12 S. 8.
Siepmann's primary french course. First year. Comprising a first
reader, grammar and exercises with questions for oral practice and an
alphabetical vocabulary by Otto Siepmann, head of the modern language
department at Clifton College. Illustrated by H. M. Brock. London,
Macmillan & Co., 1902. XIV, 229 S. 8. Geb.
First term. Lessons in colloquial french based on the tran-
script of the Association phonetique with a chapter on the french sounds
and their phonetic Symbols, list of words for practice in pronunciation
and complete vocabularies. Illustrated by H. M. Brock. London, Mac-
millan & Co., 1902. VI, 82 S. 8. Geb.
Strotkötter, G., Professor am Kgl. Gymnasium zu Arnsberg, La
vie journaliere, Konversationsübungen über das tägliche Leben. Zweite
Auflage, Ausgabe A. Leipzig, Teubner, 1902.' 82 S. gr. 8. Geb. Aus-
gabe B (ohne danebenstehenden deutschen Text der Gespräche, dagegen
mit einem kleinen Vokabular) 128 S. kl. 8. Geb. (Über die erste Auflage
s. Archiv CVIII 262.)
G£nin, Luden, et Joseph Schamanek, Conversations francaises
sur les tableaux d'Ed. Hoelzel. XL Le port. XII. Le bätiment.
XIII. La mine et la forge. Interieur d'une houllere [1. houillere!]. Vienne,
Hoelzel, o. J. Die Hefte XI und XII zu 12 Seiten und einem bunten
Bilde kosten je M. 0,50; das Heft XIII hat zu gleich viel Text zwei
Bilder und kostet M. 0,70.
Lagarde, Louis, auteur de la 'Clef de la conversation francaise', et
Dr. August Müller, professeur ä la 'Elisabethschule' de Berlin, A tra-
vers la vie pratique, morceaux de conversation sur Paris, Berlin et autres
sujets avec questionnaires et vocabulaire. Berlin, Weidmann, 1903. VI,
197 S. 8. Geb.
Ackerknecht, Julius, Professor an der Kgl. Friedrich-Eugens-Real-
schule zu Stuttgart, Wie lehren wir die neuen Vereinfachungen des Fran-
zösischen? (Abdruck aus 'Die neueren Sprachen'.) Marburg (Hessen),
Elwert, 1902. 27 S. 8. M. 0,50.
Dannheifser, Dr. Ernst, Die Entwickelungsgeschichte der franzö-
sischen Literatur (bis 1901). Gemeinverständlich dargestellt. Mit einer
Zeittafel. (Lehmanns Volkshochschule. Herausgeg. von Dr. Ernst Dann-
heifser.) Zweibrücken, Lehmann, 1901. 216 S. kl. 8. Geb. M. 0,80.
Paris, Gaston, Mediseval french literature, translated from the french
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primers). 161 S. kl. 8. Geb. Sh. 1.
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Romanen des Kristian von Troyes. Ein Beitrag zur genetischen Ent-
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1903. 177 S. 8 (Dissertation aus Breslau).
Gröber, Gustav, Die Frauen im Mittelalter und die erste Frauen-
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R. Fleischer, Stuttgart, Dez. 1902. 9 S. 8.
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Paris, Gaston, Le Journal des Savants. (Einleitender Artikel zum
ersten Jahrgang der mit Januar 1903 beginnenden Reihe. Der an der
Spitze des von den fünf Klassen des Instituts gewählten Redaktions-Aus-
schusses stehende Verfasser erzählt die Geschichte der berühmten Zeit-
schrift von ihrer Gründung im Jahre 1(565 bis auf die Gegenwart.) 34 S. 4.
Counson, Albert, Lucrece en France; L'Anti-Lucrece (Sonderabdruck
aus Le Musee beige, revue de philologie classique publiee sous la direction
de F. Collard et J. P. Walfang. VIe ann6e, nu 4. Louvain, Peeters, 1902).
20 S. 8.
Hoff mann, Alfred, aus Metz, Edme Boursault nach seinem Leben
und in seinen Werken. Inaugural- Dissertation aus Strafsburg. Metz,
Lothringer Druckanstalt, 1902. 145 S. 8.
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cesco Egidi. Fase. II, S. 49—96. L. 3.
La novella di duo preti et un cherico inamorati d'una donna (heraus-
gegeben von H. Varnhagen). Erlangen, Junge, 1902. 16 S. 8. M. 0,80
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nota (aus den 'Rendiconti del R. Istituto lombardo di scienze e lettere',
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d. lett. ital. 1902 mitgeteilten Auszügen aus des mantuanischen Notars
Vivaldo Belcalzer (f um 1310) Bearbeitung der lat. Encyklopädie De
proprietatibus rerum des Bartholomäus Anglicus in seiner Mundart und
zu dem schon von Cian selbst seiner lehrreichen Arbeit beigefügten lexi-
kalischen Anhang.]
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Un mito del Paradiso terrestre. Recensioni, Bollettino, Annunzi ecc.].
Giornale storico d. letteratura ital. diretto da F. Novati e R. Renier.
Fase. 121 [P. Savj-Lopez, Lirica spagnuola in Italia nel secolo XV. A. Sa-
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russisch-deutschen Spezial Wörterbuch von H. Sack. 2. Auflage. Leipzig,
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Masacek, J., Das böhmische Verbum in seinen Formen und Zeiten.
Prag, Haase, 1903. Heft 3 u. 4, ä 80 Heller.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
In verschiedenen Aufsätzen, die unter dem Titel 'Syrische
Quellen abendländischer Erzählungsstoffe' in dieser Zeitschrift
(Bd. XCIII, 1—22. 241—280. XCIV, 369—388. XCV, 1—54)
erschienen, sind die syrischen Texte der Kreuzauffindungs-
legende, der Siebenschläferlegende und der Silvesterlegende in
deutscher Übersetzung veröffentlicht und dabei ist nachgewiesen
worden, dafs diese Erzählungsstoffe in syrischer Sprache abgefafst
worden sind, so dafs der syrische Text der Urtext, alle anders-
sprachigen Rezensionen aber, einschliefslich des früher für den
Originaltext angesehenen griechischen Textes, nur Übersetzungen
und Bearbeitungen des syrischen Urtextes sind. Das gleiche
gilt auch von der Cyprianuslegende, deren Kern, den Theodor
Zahn zuerst in griechischer Sprache veröffentlicht hat (in 'Cyprian
von Antiochien und die deutsche Faustsage', Erlangen 1882), '
die Quelle der mittelalterlichen Faustsage ist.
Nachdem schon P. Bedjan im dritten Bande der von ihm
herausgegebenen syrischen Acta Martyrum et Sanctorum (Paris
1892, S. 322—344) den syrischen Text des 'Martyriums des
Cyprianus und der heiligen Jungfrau' herausgegeben hatte, haben
uns die beiden englischen Damen, deren Namen immer ehrenvoll
mit der Auffindung und Veröffentlichung des ältesten syrischen
1 Diese Monographie Zahns überhebt der Verpflichtung, in einlei-
tenden Vorbemerkungen über den Inhalt der Legende, ihre Bestandteile
und Ausstrahlungen eingehend zu handeln, wie dies seinerzeit betreffs der
oben genannten Erzählungsstoffe geschehen ist.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 18
274 Der Urtext der Cyprianuslegende.
Evangelientextes verknüpft sein werden, weitere orientalische
Texte der Cyprianuslegende beschert: Frau Dr. Agnes Smith
Lewis hat den syrischen Text in zwei neuen Rezensionen in den
Studia Sinaitica Nr. IX (S. 245 — 278) veröffentlicht und in den
Studia Sinaitica Nr. X (S. 185 — 203) eine englische Übersetzung
ihrer Textedition folgen lassen, und Frau Margaret Dunlop Gibson
hat in Nr. VIII der Studia Sinaitica (S. 68 — 81) eine arabische
Übersetzung der Legende (ohne beigefügte englische Übersetzung)
zum Druck gebracht, zugleich aber auch noch (ebenda S. 64 — 78)
einen neuen griechischen Text abgedruckt.
1. Die syrischen Texte.
Der Text P. Bedjaus ist dem vortrefflichen Berliner Cod. 222
entnommen, über dessen Inhalt und Bedeutung in der Besprechung
von Eduard Sachaus 'Verzeichnis der syrischen Handschriften
der Königlichen Bibliothek zu Berlin' in der 'Byzantinischen Zeit-
schrift' (X, 621 ff.) gehandelt wird. Frau Dr. Agnes Smith Lewis
hat ihrer Edition den Text des Cod. syr. Add. 12, 142 des Bri-
tischen Museums zu Grunde gelegt und in den Anmerkungen
unter dem Texte die Varianten der oberen Schrift des berühmten
sinaitischen Palimpsestes mitgeteilt, dessen untere Schrift den
bereits erwähnten ältesten Evangelientext, dessen obere Schrift
aber in der Hauptsache 'ausgewählte Schriften heiliger Frauen'
enthält. Nur ein kleines Stück des Anfanges ist, da es in der
Londoner Handschrift fehlt, blofs nach dem Sinaitexte zum
Abdruck gebracht.
Im nachstehenden ist der deutschen Übersetzung der Text
der Londoner Handschrift zu Grunde gelegt worden, und unter
dem Texte werden die Varianten der beiden anderen Texte mit-
geteilt, wobei wir auch unwesentliche Abweichungen gebucht
haben, weil bei einer Vergleichung des gegenseitigen Verhältnisses
der verschiedenen Texte, welchem Zwecke ja die ganze Publi-
kation dienen soll, auch scheinbar ganz Unbedeutendes von Wert
sein kann.
Dafs aber der syrische Text das Original und der griechische
seine Übersetzung ist, und dafs nicht das umgekehrte Verhältnis
stattfindet, das ergibt sich aus einer Vergleichung dieser beiden
Der Urtext der Cyprianuslegende. 275
Texte selber. Beweiskräftig sind in dieser Hinsicht zunächst
solche Stellen, wo sich die Abweichung des einen Textes vom
anderen nur so erklärt, dafs der griechische Ausdruck auf eine
bestimmte Auffassung des syrischen Ausdrucks zurückgeht —
sei es nun, dafs der Verfasser mit dem von ihm gewählten Aus-
druck den vom Griechen vorgezogenen Sinn wirklich im Auge
hatte, sei es auch nicht — , während die umgekehrte Möglichkeit,
dafs der syrische Text auf eine (vom gewöhnlichen bezw. dem
im Originale beabsichtigten Sinne) abweichende Auffassung eines
griechischen Textwortes zurückgehen könnte, ausgeschlossen ist.
So erklärt sich in § 67 oigurtveofrat als Wiedergabe des syrischen
Partizips pälhä, das sowohl 'Verehrer' als 'Soldat' bedeuten kann,
indem es der Grieche in dem letzteren Sinne fafst (obwohl diese
Fassung vom Syrer jedenfalls nicht beabsichtigt war), wogegen
umgekehrt der Syrer otq irevia9-at n» Xqioko nicht durch 'Soldat
Christi sein' (was zugleich 'Verehrer Christi sein' bedeuten könnte)
wiedergegeben haben würde. Es erinnert dies an den verwandten
Fall in der Siebenschläferlegende (Bd. XCIII, S. 243), wo ol
nxQurtvofitvoi neben ol eldoilolurout auf Doppelübersetzung von
palhin zurückzugehen scheint. Ferner erklärt sich in § 65 der
Ausdruck 'Gekreuzigter' beim Griechen statt des dem Zusammen-
hange allein angemessenen Ausdrucks 'Kreuz' beim Syrer ohne
alle Schwierigkeit daraus, dafs im Syrischen das Nennwort slibä
beide Bedeutungen hat. In ganz ähnlicher Weise spricht für
Originalität des syrischen Textes auch dies, dafs in § 40 der
syrische Ausdruck hailä sowohl 'Heer', was nach dem Zusammen-
hang gemeint sein mufs, als auch 'Kraft' bedeutet; wenn nun
aber der griechische >) dvva^tg dafür hat, so könnte zwar a priori
haila Übersetzung von Övvu^iq sein, da aber von beiden Bedeu-
tungen des syr. haila die Bedeutung 'Heer' das Vorrecht hat, so
ist es immerhin wahrscheinlicher, dafs der Grieche bei der Über-
setzung von haila den weniger passenden Begriff wählte, als dafs
dieser das ursprüngliche Textwort gewesen wäre. Wreiter gibt
es verschiedene Stellen, bei denen die Abweichung des einen
Textes vom anderen sich am einfachsten so erklärt, dafs der
Grieche den syrischen Ausdruck, weil er in irgend einer Hinsicht
Anstofs an ihm nahm, verbessern wollte. So sagt Justa § 6,
dals sie bereits Christin sei, was der Grieche, da der formelle
18*
276 Der Urtext der Cyprianuslegende.
Übertritt noch nicht erfolgt war, umwandelt zu: Zyto tyru tov
Xqiotov. Auch hier ist es wenig wahrscheinlich, dafs der syrische
Ausdruck freiere Wiedergabe des griechischen sei. Ein ähnlicher
Fall liegt § 25 vor: hier wird das syrische Textwort 'Gebote'
ursprünglich sein, indem der Sinn ist, dafs bei Befolgung der
göttlichen Gebote der dauernde Genufs der Paradieses vvonnen
eintreten sollte; der Ausdruck y.Ttaf.iuriov scheint aber ebenso eine
vermeintliche Verbesserung des nach dem Syrischen voraus-
zusetzenden ursprünglichen Textwortes xtXevof.idTuw zu sein, wie
die Lesungen der syrischen Paralleltexte 'Genüsse' bezw. 'Seg-
nungen' für 'Gebote' dem unmittelbaren Zusammenhange schein-
bar angemessener sind. Sekundär scheint beim Griechen auch
die Beziehung der allgemeinen Erwähnung des Götzendienstes
auf das von dem Volk Israel verehrte goldene Kalb in § 21,
die Vertauschung des Wortes 'Glieder' mit dem näherliegenden
Begriff 'Nacken' in § 62, die Einfügung des ncög vor dem ersten
Satze vom Anfange des zweiten Satzes der Rede her in § 75, etc.
Syrischen Urtext läfst auch die Variante 'der du dich nach Babel
wendetest' und 'der du den Bei zerstörtest' § 32 vermuten, mag nun
ersteres (beim Syrer; oder letzteres (beim Griechen) das Ursprüng-
liche sein; denn diese Abweichung geht auf die doppelte Bedeu-
tung des syrischen Zeitwortes hfakh zurück, sofern dieses sowohl
«sich wenden' als 'umwenden' (d. i. 'zerstören') bedeuten kann.
Schliesslich gibt es auch eine ganze Reihe von Textabweichungen,
die sich dadurch ohne Schwierigkeit erklären, dafs man im sy-
rischen Texte ein Wort falsch las bezw. durch ein ähnliches er-
setzte, während bei der Annahme eines griechischen Original-
textes die Entstehung der Abweichung nicht erklärt werden
könnte. Hierher gehören Fälle wie § 9, wo der syrische Text
hat: 'ich führe euch ins Himmelreich', der griechische dagegen:
'ich schenke euch das Himmelreich', was darauf zurückgeht, dafs
der Grieche mälekh statt mdel las. Sehr beweiskräftig ist z. B.
auch die Wiedergabe des syrischen Textwortes Euthymios durch
'"Av&i^iog in § 67, was sich bei syrischer Textvorlage sehr leicht
erklärt, und ebenso leicht auch die Verwechselung der syrischen
Formen- für 'er hat mich gesandt' und 'sende mich' in § 32. So
mag auch die auffallende Wendung tv rif> o/vQWf.iuvn statt des rich-
tigen 'im Zimmer' § 9 darauf zurückgehen, dafs der Grieche statt
Der Urtext der Cyprianuslegende. 277
btawänä fälschlich bhesnä (vgl. 2 Cor. 10, 4 Pesch.) las (vgl. die
Anmerkung zu § 101, wo im Griechischen der Ausdruck 'von
Engeln gepeinigt' sehr auffallend ist). Ebenso löst sich alle
Schwierigkeit, wenn man in § 47 annimmt, dafs syr. 'älmä 'Welt',
dessen Wiedergabe o xoa/nog ist, nur falsche Lesung für camma
'Volk' (d. h. das Menschenvolk) ist. Weitere Fälle dieser Art
sind auch noch in § 52 und 53 aufzuweisen: im ersteren könnten
die abweichenden Wendungen 'die zu ihm ihre Zuflucht nehmen'
beim Syrer und 'die von ihm geraubt werden' beim Griechen darauf
zurückgehen, dafs statt des Textwortes metgawsm vom Griechen
metgajsin gelesen wurde, und im letzteren findet der auffällige
Ausdruck 'der Fremde' zur Bezeichnung des Teufels eine an-
sprechende Erklärung durch die Annahme, dafs in der syrischen
Textvorlage des Griechen der Genitiv 'der Rechtlichkeit' zum
Adjektiv 'fremd' (was bedeutet: 'der, dem Rechtlichkeit fremd
ist') aus Versehen ausgefallen war. In Fällen aber, wo der
Grieche den richtigen Ausdruck hat, erklärt sich die Abweichung
im syrischen Texte bisweilen durch eine spätere innersyrische
Texteskorruption, wie in § 78, wo 'ätct, 'Zeichen' (statt 'aträ 'Stelle',
was jedoch i. S. v. Bibelstelle gemeint sein könnte) das richtige Text-
wort ist, das übrigens im Berliner Codex wirklich im Texte steht.
Betreffs des gegenseitigen Verhältnisses der drei uns vor-
liegenden Rezensionen des syrischen Textes ist besonders darauf
hinzuweisen, dafs der Londoner Text der Frau Dr. Agnes Smith
Lewis (S ') vielfach kürzer gehalten ist als die beiden anderen
Texte, der von Bedjan herausgegebene Berliner Text (Sb) und
der des sinaitischen Palimpsestes (S s), welche auch im Wortlaute
einander so nahe stehen, dafs sie einen einheitlichen Texttypus
darstellen bezw. auf einen solchen zurückgehen. Nun könnte ja
a priori die kürzere Fassung von S1 die Folge von Kürzungen
des Urtextes oder von zufälligen Auslassungen sein. Da wir
aber andererseits die Beobachtung machen, dafs abweichende
Fassungen des Wortlautes in S s und S b mit dem griechischen
Texte übereinstimmen (s. z. B. § 37*, 44 c, 52 a), so liegt die An-
nahme näher, dafs die Abweichungen von Ss und Sb und ebenso
auch deren mit dem griechischen Texte zusammengehenden Zu-
sätze auf eine nachträgliche Berücksichtigung des griechischen
Textes zurückgehen. Aber sei dem, wie ihm wolle — jedenfalls
278 Der Urtext der Cyprianuslegende.
erschien es geraten, die kürzere und auch sonst abweichende
Textfassung von S! als Text zu bieten, die Zusätze und Ab-
weichungen von Ss und Sb aber als Varianten unter den Text
zu weisen.
2. Der arabische Text.
Die arabische Übersetzung der Cyprianuslegende ist eine
Wiedergabe des griechischen und nicht des syrischen Textes,
was eines näheren Beweises nicht bedarf. Es würde danach ge-
nügen, den arabischen Text nur für Rekonstruktion des grie-
chischen Textes zu verwerten, wenn nicht ein anderes schwer-
wiegendes Moment die Mitteilung des Textes in extenso ratsam
erscheinen liefse. Es ergibt sich nämlich aus einer Vergleichung
des syrischen und arabischen Wortlautes mit dem griechischen,
dafs letzterer mehrfach verkürzt ist, ebenso wie eine Vergleichung
des Wortlautes des griechischen und arabischen Textes dasselbe
Resultat bezüglich des syrischen Textes (d. h. S1) ergibt. Da
liegt es nun aber nahe, anzunehmen, dafs uns der arabische Text
unter seinem Plus gelegentlich auch ein echtes Stück erhalten
haben kann, das in beiden anderen Texten verloren gegangen ist,
also sowohl im syrischen Urtexte, den man später aus Rück-
sichten auf den rein erbaulichen Zweck, den man mit der Über-
lieferung dieser Literaturwerke verband, kürzte, als auch in der
griechischen Übersetzung, die man aus demselben oder aus an-
deren Gründen, wie z. B. aus ästhetischen Rücksichten auf den
Stil und den Inhalt oder aus Rücksichtnahme auf dogmatische
Korrektheit, gleichfalls kürzte. Eine indirekte Bestätigung erhält
diese Annahme dadurch, dafs uns in § 46 ein Stück erhalten ist,
bei dem man leicht den Grund einsieht, der zu seiner Streichung
Anlafs gab, weil man, selbst im Munde Satans, es für anstöfsig
hielt, zu sagen, dafs 'niemand anders sündige als Gott allein'.
Für die Zwecke der Rekonstruktion des ursprünglichen Wort-
lautes der griechischen Übersetzung bietet die arabische Über-
setzung besonders insofern eine willkommene Handhabe, als es
möglich ist, innergriechische Zusätze mit ihrer Hilfe (und unter
gleichzeitiger Heranziehung des syrischen Urtextes) auszuschei-
den, wie z. B. in Kapitel 1 (§ 4) die Worte y.tu oorfwv tunov
VlXQfVV.
Der Urtext der Cypriauuslegende. 279
3. Der neue griechische Text.
Bei textkritischen Untersuchungen, für die die nachstehenden
deutschen Übersetzungen willkommenes Material bieten sollen,
mufs natürlich auch der neue in den Studia Sinaitica Nr. VIII
aus der sinaitischen Handschrift Nr. 497 mit herangezogen wer-
den. Obwohl nun die Durchführung der textkritischen Arbeit
anderen überlassen bleibt, so sei doch so viel als unmafsgebliches
Resultat einer blofs vorläufigen Untersuchung von Kap. I und
der von Zahn (S. 137 der oben genannten Monographie) heraus-
gehobenen Beispiele mitgeteilt, dats der sinaitische Text zumeist,
jedoch durchaus nicht ausschliefslich, mit dem Texte des Cod.
Paris. 1454 (= R) zusammengeht, welchem Zahn meist den Text
des Cod. Paris. 1468 (= P) vorzieht, weil letzterer 'eine unge-
künstelte Treue zeigt', während ersterer 'überall einen nach der
Norm des Gewöhnlichen korrigierten Text bietet'. Von beson-
derem Interesse ist dabei, dafs die griechische Textvorlage der
alten lateinischen Übersetzung, wie in dem anzuführenden Falle
ihre ältere Rezension in Acta SS. Sept. VII, 217 — 219 noch
deutlich erkennen läfst, dem Texte der Sinaihandschrift am näch-
sten gestanden hat; wenigstens geht dies aus dem Anfange des
§ 2 in Kap. 1 hervor, wo die aus 'addebatur autem et virgo' von
Zahn rekonstruierte Textvorlage nQogtxtdrj de xal ng naQfrtvog
wirklich im Sinaitext noch vorliegt.
Für die Benutzung der Übersetzungen ist zu beachten, dafs
alles, was zur Verdeutlichung des Zusammenhanges hinzugefügt
werden mufste, durch eckige Klammern kenntlich gemacht ist.
Was in runden Klammern steht, dient der Erläuterung des Textes.
Die Einrichtung der Variantenbezeichnung erklärt sich von
selbst, wie auch dies, dafs der das Ende der Textabweichung
bezeichnende zweite Buchstabe (also a . . . a) überall da weggelassen
ist, wo die Variante sich nur auf das nächste Wort bezieht, und
wo sie aus derselben Wortzahl resp. ganz analogen Wendungen
besteht. Die Zeichen + (— fügt hinzu) und > {— läfst aus) sind
die üblichen.
Die römischen Ziffern der gröfseren Abschnitte sind der
280
Der Urtext der Cyprianuslegende.
Kapiteleinteilung Zahns entnommen (nur dafs dieser arabische
Ziffern gewählt hat). Die arabischen Ziffern der kürzeren Ab-
schnitte (§§) sind von mir hinzugefügt worden, um eine bequeme
Übersicht zu ermöglichen.
Syrischer Text.
245 Das Martyrium
des Zauberers Cyprianus und der
Jungfrau Justa.
1 Beim Aufgange unseres Er-
lösers a Jesus Christus vom Him-
mel auf die Erde und bei der
Erfüllung der Worte der Pro-
pheten wurde alles unter dem
Himmel erleuchtet, dafs sie auf
den einen Gott Vater, der alles
hält, und auf unseren Herrn Jesus
Christus und auf den heiligen
Geist sich taufen liefsen im wah-
ren Glauben. 2 Es war aber eine
Jungfrau mit Namen Justa, und
der Name ihres Vaters war Aede-
sius und der b ihrer Mutter Cli-
donia, c in der Stadt Antiochien,
die bei Daphne liegt. 3 Diese
Selige aber hörte einen Diakon
mit Namen Praylius aus einem
Fenster, das d ihrem Hause nahe
war; e und als sie hörte e die
Grofstaten Gottes und wie unser
Erlöser, unser Herr Jesus Christus,
sich mit dem Leibe bekleidete
und die Verkündigung der Pro-
pheten und die Geburt von Maria
f und die Verehrung der Magier
und über den Aufgang des Ster-
nes f und £ die Lobgesänge der
Engel und die Zeichen und Wun-
Arabischer Text.
Das Martyrium von Cyprianus
und Justina.
Im Namen des Vaters und des
Sohnes und des heiligen Geistes,
des einen Gottes ! Das Martyrium
des heiligen Cyprianus, des edel-
sten, lautersten Märtyrers unter
den Priestern, und der heiligen
Justina. Beider Gebet sei mit
uns allen ! Amen !
1 Nachdem die Erscheinung
unseres Herrn und unseres Gottes
Jesus Christus bei seinem Erschei-
nen auf der Erde emporgestrahlt
war und die Worte des Propheten
sich erfüllt hatten, da ward der
ganze bewohnte [Erdkreis,] der
unter dem Himmel ist, von der
Rede unseres Erlösers durchleuch-
tet: es glaubte die Menschheit an
einen Gott, den Vater, der alles
umfafst, und an einen Herrn
Jesus Christus unseren Gott und
an den heiligen Geist, unseren
Führer, und es wurden erhellt
durch die Taufe und durch den
herrlichen [Gottes]dienst die See-
len derer, die an Christus glaub-
ten. 2 Zu diesen gehörte [auch]
Justina die Jungfrau, die aus der
Stadt Antiochia war; der Name
Erklärung der Zeichen: b = der von Bedjan edierte Text des
Cod. Berol. 222; s = Cod. Sinaiticus.
a unseres Herrn -}- b. — b Name -\- b. — c und sie war -\- b. —
«1 eorum b. — e welcher redete über Wunder und über b. — f (um-
gestellt) b. — g auch [über] + b.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
281
der,1 die h in seinem Namen und h
durch seine Kraft geschahen, und
über ' die Erlösung des J Kreuzes
und die Auferstehung von den
Toten und von seiner k Verherr-
lichung gegenüber seinen Jüngern
und von * den lebendigen Wor-
ten l m seiner frohen Botschaft m
an " seine Apostel und über die
Auffahrt zum Himmel und über
° das Sitzen zur Rechten und
246 über sein * unauflösliches König-
reich p und über die unvergäng-
lichen Seligkeiten und über das
Leben, das nicht stirbt. 4 Und
sie hob an und sprach zu ihrer
Mutter: 'Höre auf deine Tochter,
meine Mutter, P und wende dich
von dem Irrtum ab Q und lafs
dich retten aus 1 der ewigen
r Qual, gleichwie ich gehört habe,
dafs es sagen die Schriften s un-
seres Herrn Jesu Christi, s der den
Himmel und die Erde und alles,
was auf ihnen ist, gemacht hat.
* Denn die [Götterbilder sind
nichts, von Silber und von Holz
und von Gold sind sie, Werk von
Menschenhänden , stumme und
ihres Vaters war Hedesius und
der Name ihrer Mutter Clidonia.
3 Und als diese Jungfrau dasafs
und aus dem Fenster ihrer Woh-
nung schaute, hörte sie die Rede
eines Mannes mit Namen Pray-
lius, wie er die Grofstaten unseres
Gottes vorlas, die da bestehen in
seiner Menschwerdung und seiner
unausdeutbaren Geburt von der
Jungfrau Maria und dem Nieder-
fallen der Magier vor ihm und
dem Erscheinen des Sternes und
dem Preise der Engel und den
Wunderheilungen und Zeichen,
die durch ihn geschahen, und sei-
ner Auffahrt in die Himmel und
seinem Sitzen zur Rechten des Va-
ters. Und als sie diese Worte hörte,
konnte sie die Glut ihres Glaubens
an Christus nicht aushalten und
fafste den Entschlufs, den Diakon
Praylius mit eigenen Augen zu
schauen, damit er sie die Wurzeln
des Glaubens ganz erschöpfend
lehre; doch begegnete ihr dieser
nicht in dieser Zeit. 4 Und eines
Tages sprach sie zu ihrer Mutter:
'O Mutter Clidonia! höre meine
1 Bis hierher ist der Text aus dem sinaitischen Palimpseste entnommen
und die Varianten aus dem Texte Bedjans, im folgenden aber der Text aus
dem Cod. syr. Add. 12, 142 des Britischen Museums und die Varianten
aus dem sinaitischen Palimpseste und dem Texte Bedjans.
h > s. — ' seine Anheftung ans b. — k Darlegung s. — 1 > sb. —
«i dem Testamente (ßmd^y.r]) b. — » die s. — o sein sb. — P Und als die
Selige dies gehört hatte, verwunderte sie sich sehr, und der Sinn der Jung-
frau erglühte * im Glauben an die Wahrheit (in Kraft und in der Wahr-
heit des Glaubens an Christus b) und (sie entbrannte -+- b) in Liebe zum
heiligen Geiste; und sie sehnte sich und verlangte danach, dafs sie
(auch -4- s) bekannt würde dem Diakon Praylius, und sie vermochte es
nicht; und (sie hub an -4- b) sprach zu ihrer Mutter: 'Meine Mutter, höre
auf deine Tochter'. — q > sb. — r Qualen, die in der äufsersten Finster-
nis sind s; Qual, welches die äufserste F. ist b. — s derer, die Galiläer
genannt werden, weil sie ihn verehren sb. — t Es sind nämlich (wirk-
lich -4- s) die, die wir alltäglich verehren, stumme und nichtige Statuen,
weil sie von Stein sind und von Holz und von Gold und von Silber,
Werk von Menschenhänden, welche, wenn einer von den Galiläern käme,
so könnte er ohne Hände durch Rede und durch Gebet sie alle vertilgen sb.
282
Der Urtext der Cyprianuslegende.
blinde Statuen ohne Seele.' * 5 Da
sprach zu ihr ihre n Mutter:
24? v 'Nein, * meine Tochter! Lafs
nicht v deinen Vater diesen Ge-
danken hören.' 6 Es antwortete
aber die w Selige und sprach zu
x ihrer Mutter x: y 'Wissen sollt
ihr, mein Vater und meine Mut-
ter, y dafs ich z von jetzt an z
Christin bin und a Christus mei-
nen Erlöser a verehre, h weil ich
durch diesen Diakon c den Weg
des Lebens erfahren habe. c Und
es gibt also keinen Gott aufser
(1 Vater, Sohn und heiligen Geist, d
und e r gibt e Leben den Men-
schen, f die an ihn glauben, f und
rettet sie vom Verderben der Sün-
den und S eignet ihnen zu Leben,
das nicht stirbt.' S 1 Und als sie
dies gesagt hatte, L bekreuzigte
sie sich im dreifaltigen Namen
und fing an zu beten im Namen
unseres Herrn Jesus Christus. h
IL 8 Ihre Mutter ' aber sagte
ihrem Vater alles, was die Selige
gesagt hatte. k 9 Da sogleich er-
schienen ihnen Scharen unzäh-
liger Engel, die brennende Lam-
pen hielten, im 1 Feuer, und in
ihrer Mitte sahen sie Christus,
welcher m sprach : 'Kommt zu mir,
248 und in das * Himmelreich will
ich euch einführen mit allen
" Heiligen, die vor mir Gnade
Worte und willfahre meinem Rate,
der dir durch richtige, wahrhaf-
tige [Tatsachen nahe gelegt wird,
dafs diese Götter, denen wir immer-
fort Schlachtopfer darbringen, wie
ich aus fester Überzeugung weifs,
Bilder sind, die keine Seelen
haben, aus Stein und Holz und
Silber * und Gold, die weder sich 69
selbst noch anderen nützen kön-
nen. Und wir, o Mutter, sind
unverständige Leute, wenn wir
fortfahren, sie zu verehren, — sie,
von denen ich bestimmt weifs,
dafs, wenn einer von den Christen
beten und sie verfluchen würde,
sie zusammenstürzen und zu
Grunde gehen würden.' 5 Da
sprach ihre Mutter zu ihr: '0 mein
Kind ! Du weifst, mit welcher
Beharrlichkeit dein Vater an den
Göttern hängt ; so lafs denn diese
Ansicht fern von dir sein. Denn,
wenn er dies von dir erfährt, so wird
sein Zorn gegen dich sehr heftig
werden.' 6 Da sprach die heilige
Jungfrau Christi zu ihrer Mutter:
'Wenn mein Vater sich erzürnt,
so kann ich es durchaus nicht
abwenden, dafs er sich erzürnt.
Doch magst du und [auch] er,
mein Vater, es wissen : ich sehne
mich nach Christus, verlange nach
dem nutzbringenden Glauben und
will eine Christin werden, dieweil
u (wahnwitzige und + s) in ihrer Erkenntnis verdunkelte sb (ihre
Mutter > s; wohl nur aus Versehen). — v Lafs nicht, meine Tochter sb. —
w Heilige sb. — x ihr sb. — y Es werde von dir, meine Mutter, gewufst,
und mein Vater möge wissen. — z > s; nun b. — » und von jetzt an,
meine Mutter, Christus sb. — b den sb. — c viele Tage [kennen] gelernt
habe, wo ich über die Hoheit Gottes [predigen] hörte sb. — «l ihm sb. —
p Grofstaten s; Rettung b. — f > sb. — S gibt denen, die ihn lieben,
ewiges Leben sb. — h unterzog sie sich allein dem Gebete, indem sie
zu Christus betete sb. — i > sb. — k indem sie die gute Absicht der
Jungfrau erzählte sb. — 1 Zimmer sb. — m zu ihnen -f- sb. — n Ge-
rechten sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
283
gefunden haben !' Und als Aede-
sius, ° der Vater des Mädchens, °
dieses Gesicht gesehen hatte, er-
fafste ihn ° grofses Staunen.
10 Und am frühen Morgen stand
er auf und nahm sein Weib und
p seine Tochter, die Selige; p und
sie gingen zur Kirche <* samt dem
Diakon r, indem sie ihn baten,
dafs er sie zum Bischof s bringen
möge. * Und als er sie hingebracht
hatte, empfing sie der Bischof *,
und u sie fielen vor seinen Füfsen
nieder und baten u ihn, er möge
ihnen das Siegel Christi geben.
11 ss XJnd er wollte es ihnen nicht
u geben, bis ihm nu der Diakon er-
zählt hatte von der Vision Christi,
v die er gesehen hatte, und von
dem Glauben und der Liebe der
Jungfrau zu Christus v. 12 Aede-
sius aber schor w sein Haar, weil
er ein Priester der Götter gewesen
war, und fiel vor den Füfsen des
Bischofs nieder; und x er gab
ihnen dreien x das Siegel Christi.
249 l3 Der heilige * Aedesius y aber
ward des z Priestertums gewürdigt
und lebte a [nur noch] kurze Zeit
und ging zur Ruhe ein im wah-
ren Glauben a.
III. 14 Die heilige Jungfrau
aber ging allezeit in b die Kirche
Christi. 15 c Ein Mann aber, ein
Scholastikus c von vornehmem Ge-
ich, seit ich die Unterweisung des
weisen Diakonen Praylius, un-
seres hochgeehrten Nachbars, aus
meinem Fenster gehört habe, an
Christus glaube. Denn ich habe
ihn sagen hören, dafs er der Gott
der Lebendigen und der Toten
ist, und dafs es keine Erlösung
gibt aufser durch ihn.' 7 Da erhob
sie sich in Eile, indem sie Christus
um Hilfe anflehte [und] betete.
II. 8 Ihre Mutter aber erzählte
ihren Manne alles, was sie von
ihrer Tochter gehört hatte. Und
er sprach zu ihr: 'O Weib! Was
hat unsere Tochter betroffen?
Doch müssen wir in dieser An-
gelegenheit wach bleiben und uns
den unsterblichen Göttern bittend
nahen ; und sie werden uns über
die Verirrung unserer Tochter
Auskunft geben.' Als er dieses
Wort zu seinem Weibe gesprochen
hatte, wachten sie zusammen ;
danach schlummerten sie ein.
Und das Mädchen Justina, die
Hochzuschätzende, wandte sich
in ihrem Interesse mit demütigem
Flehen an Gott, dafs ihre See-
len nach Erleuchtung verlangen
möchten ; und siehe, der Herr, der
denen zueilt, die ihn um Hilfe
anflehen, erhörte die Gebete der
Heiligen. 9 Und er stellte sich
zu ihren Eltern hin mit der Fülle
o > sb. — P die Jungfrau s; seine Tochter b. — Q Gottes -(- sb. —
r Praylius -f- sb. — s dessen Name Hippolytus (Optatus b) war sb. —
t Und es empfing sie der Bischof, weil der Diakon für sie bat. — » als
sie vor (wörtl. 'auf') den Füfsen des Bischofs niedergefallen waren, baten
sie s; sie fielen aber etc. b. — ss aber sb. — tt bewilligen sb. — nn sein s.
— v > b ; und von der Liebe der Jungfrau zu Christus s. — w das Haar
seines Hauptes und seines Bartes sb. — x und sie drei empfingen. —
y > b. — z Grades des -)- s. — a nach dieser Ehrung ein Jahr und sechs
Monate; und so entschlief er in Frieden in Christi Lehre (wörtl. 'Worte') sb.
— b das Haus Gottes sb. — c Aglaidas aber, ein (Mann, ein) Scholastikus s;
Ein Scholastikus aber, mit Namen Euglidon, welcher war b.
284
Der Urtext der Cyprianuslegende.
schlechte, (1 in seinen Taten aber
schlecht und in e die Liebe zum e
Irrglauben an die f toten Götzen
s verstrickt, dieser sah die Selige
allezeit zum Gotteshause gehen;
und als er sie sah, wurde er h in
Liebe zu der Jungfrau verstrickt
und sandte viele Leute zu * ihr,
k um sie zu heiraten. 16 Und
I zu allen sprach sie mit lauter
Stimme ' : 'Ich bin Christo ver-
lobt.' Der Gottlose aber versam-
melte in der Wut des Satans viel
Volks und beobachtete sie, als
sie zum Gotteshause ging, und
wollte sie gewaltsam [entjführen.
250 * m Und als die herbeigekommen
waren, die sie gewaltsam [ent-]
führen sollten, da schrien mit
lauter Stimme die, welche mit der
Jungfrau waren. 17 Und als es
die gehört hatten, die in ihrem
Hause waren, da kamen sie her-
aus m mit Schwertern in den Hän-
den, und es flohen die, welche da
herbeigekommen waren, um die
II Magd Gottes gewaltsam ° zu
ergreifen. 18 Die Heilige p aber
i bekreuzigte sich mit dem Zei-
chen Christi und ergriff den Un-
verschämten 1 ; und sie warf ihn
auf die Erde und schlug ihm ins
Gesicht, und sie zerrifs seine Klei-
der und liefs ihn [dann] ganz ver-
wundert stehen, wie ihre Schwester
Thekla es mit dem unverschämten
Alexander gemacht hatte. Und
der himmlischen Heerscharen
während ihres Schlummers, und
er sprach zu ihnen: 'Kommet her
zu mir, so will ich euch geben
himmlische Güter.' Da erschraken
Hedesius und sein Weib infolge
der furchtbaren Erscheinung.
10 Und er stand auf in tiefer
Nacht und nahm seine Tochter
und sein Weib und kam zum
Hause des Diakon Praylius. Und
sie baten ihn, dafs sie er zu dem
Bischof hinbringen solle; und er
tat ihren Willen, und Hedesius
verneigte sich vor dem Bischof
und bat ihn, er möchte ihnen
das 'Siegel in Christus' geben.
11 Aber er verstand sich nicht
dazu, dies zu tun, bis dafs sie
ihm von der Erscheinung Christi
und dem Glauben der Jungfrau
erzählt hatten. 12 Und Hedesius
liefs sich das Haar seines Haup-
tes und seines Bartes scheren,
dieweil er ein Priester der Götzen
gewesen war; und sie verneigten
sich, er und seine Gemahlin und
die heilige Jungfrau, und sie
empfingen alle drei das Siegel
der Taufe. 13 Und er würdigte
ihn des Grades der Presbyter-
würde, und er blieb darin ein
Jahr und sechs Monate, und er
vollendete * seinen Lebenslauf im 70
Glauben an Christus.
III. 14 Und die Jungfrau be-
suchte beständig die Kirche in
d er war aber sehr reich an vergänglichem Reichtum -f- sb. — e den sb.
— f > sb. — g festgehalten (von etc.). — h in Verlangen nach sb. —
i der Seligen sb. — k damit sie sie bäten, dafs er sie heiraten dürfe. —
1 alle entliefs sie, indem sie zu ihnen sprach. — m Und die, welche im
Hause der Jungfrau waren, kamen heraus s; Und die, die bei ihr waren,
riefen mit lauter Stimme die herbei, die im Hause der Jungfrau waren;
als sie aber herausgekommen waren b. — n Braut s. — o gefangen zu
nehmen sb. — l» Jungfrau -f- sb. — Q ergriff ihn allein und bekreuzigte
sich mit dem Zeichen Christi sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
285
sogleich ging sie zum Gottes-
hause.
IV. 19 Er aber ging in r gro-
fsem Zorn zum Zauberer Cypria-
nus und bewilligte ihm zwei Ta-
lente Goldes s, ob er nicht durch
seine Zaubereien die heilige Jung-
frau einfangen könnte, * indem
der Wahnwitzige nichts davon
wufste l, dafs die Kraft Christi
unbesiegbar ist. 20 Der Zauberer
Cyprianus aber, als er dies hörte,
bedauerte den Jüngling und berief
durch seine Zauberkünste einen
starken n Dämon ; v und dieser ant-
wortete ihm: 'Was hast du mich
gerufen ?' Cyprianus aber sprach
zu ihm : 'Ich w bin befriedigt, wenn
du eine Jungfrau von den Gali-
251 läern, * wenn du kannst, x zu
mir x herbringest.' 21 Der schänd-
liche Dämon aber versprach ihm,
y dafs er sie herbeibringen werde >T,
während er [doch] die Wahrheit
(bezw. 'in Wahrheit sie') nicht be-
siegen konnte. Es antwortete Cy-
prianus und sprach zu ihm: 'Sage
mir, was deine Werke sind, z da-
mit ich mich auf dich verlasse
und dich aussende' z. — Es ant-
wortete der verfluchte Dämon und
sprach zu ihm : 'Ich bin a ein Re-
bell gegenüber Gott und gehor-
same b dem Satan. c Und die
Eva habe ich zum Sündigen ge-
bracht, und den Adam habe ich
aus dem Paradiese vertrieben, und
der d Segnungen und Wonnen
habe ich ihn beraubt; und den
demütigen Gebeten und Anliegen
an Christus immerdar. 15 Und
siehe, ein Mensch Namens Gala-
bius, aus einem vornehmen Ge-
schlechte, sehr reich, aber von ver-
derbten Sitten und im Dienste
der Götzen eifrig, nachdem er die
heilige Jungfrau bei ihrem immer-
währenden Gehen zur Kirche er-
blickt hatte, verliebte sich in sie
und sandte viele Männer und
Weiber zu ihr hin, indem er be-
absichtigte, sie zu heiraten. 16Doch
sie wies die Menge der Abge-
sandten zurück und sprach zu
ihnen : 'Ich bin schon Christus
versprochen.' Da liefs er sich von
einer Menge von seinen Freunden
begleiten und schickte sie hinter
ihr her bei ihrer Rückkehr aus
der Kirche, in der Absicht, sie
unter Anwendung von Gewalt zu
entführen. ,7 Da kamen ihre
Leute heraus und alle, die in
ihrem Hause waren, mit gezück-
ten Schwertern, und sie verdräng-
ten und beschimpften jene. Doch
er brach plötzlich los und packte
die Jungfrau am Halse. 18 Da
zeichnete sie sich mit dem Zei-
chen des Kreuzes Christi und
warf ihn zur Erde auf seinen
Rücken ; und alsdann machte sie
ihn kraftlos, so dafs er sich
krümmte, und zerrifs sein Gewand
und überhäufte ihn mit Schmäh-
reden, indem sie ähnlich tat wie
die grofse Lehrmeisterin Thekla.
IV. 19 Und er ergrimmte und
r seinem vielen Zorne sb. — s und Silbers -\- sb. — t Der Wahn-
witzige aber wufste nicht sb. — n > sb. — v Der starke (schlimme b)
Dämon aber antwortete und sprach zu ihm sb. — w will, dafs b. —
x mir b. — y > sb. — z damit ich mich darauf verlasse und dich gegen
sie aussende (und dir vertraue s) sb. — a der Rebell Gottes sb. — i> mei-
nem Vater -j- sb. — o Die Eva aber sb. — d Genüsse sb.
286
Der Urtext der Cyprianuslegende.
Kain habe ich gelehrt, seinen
Bruder zu töten, und habe die
Erde mit dem Blute verunrei-
nigt«"; f und Buhlerei und Zau-
berei habe ich grofs werden lassen,
s und alle Völlerei und Trunken-
heit habe ich veranlafst, h und
nichtssagendes Gelächter habe ich
provoziert; * und, dafs sie die
Götzen füi'chten sollten, habe ich
die Menschen gelehrt k und, dafs
Christus gekreuzigt würde, habe
ich angeraten ; J jegliche Stadt l
habe ich zum Einsturz gebracht,
und die Mauern habe ich umge-
stürzt, und die Häuser habe ich in
Stücke gesprengt ™.' Und als der
11 Dämon gesagt hatte, dafs dies °
252 von ihm getan wurde, * sprach er
zu dem Zauberer P: 'Und dies
alles habe ich getan ; und diese
könnte ich nicht besiegen ?' 22 Hier-
auf sprach Cyprianus zu ihm:
'Nimm diese Arznei und sprenge
sie rings um das Haus der Jung-
frau herum, und [dann] will ich
ihr die Besinnung rauben, und
sogleich wird sie dir gehorchen.'
Und als er dies zu dem Dämon
gesagt hatte, ging er schnurstracks
zu dem Hause i jener Jungfrau.
V. 23 Die r Selige aber stand
auf, um in der neunten Stunde
in der Nacht zu Gott, der sich
der Reuigen erbarmt, zu beten ;
s und da sie das Kommen des
Dämons bemerkt hatte, * so betete
sie nur um so mehr * zu dem
lebendigen Gotte, weil nihr Sinn
ging zu Cyprianus dem Zauberer,
dieweil er zu jener Zeit dahin aus
Afrika gekommen war und der
üble Ruf seiner Ränke und Listen
in dem ganzen Orte vernommen
wurde. Und der vorerwähnte Ga-
labius ging zu ihm hinein und
versprach ihm, dafs er ihm zwei
Talente Geld geben wolle, wenn
er seine Absicht erreicht und die
Jungfrau sich erbeutet hätte. Aber
der Elende wufste nicht, dafs die
Kraft Christi nicht bezwungen
werden kann. 20 Da rief Cypria-
nus durch seine Zaubereien einen
Dämon herbei und sprach zu ihm :
'Wir haben uns in eine Jungfrau
von der Religion der Christen ver-
liebt; und ich ersuche dich, dafs
du sie mir herbringest, wenn dir
das möglich ist.' 21 Da versprach
der elende Dämon das, was ihm
nicht möglich war, gleich als ob
er die Macht dazu habe. 22 Und
Cyprianus sprach ihm : 'Nimm
dieses Medikament und wirf es
[rings] um ihr Haus ; dann will
ich hineingehen und will ihren
Verstand verwirren, und in die-
sem Momente wird sie dir zu
Willen sein.'
V. 23 Und die Jungfrau lei-
stete in dieser Stunde Gott gerade
das Gebet der dritten Stunde in
der Nacht ab; und nachdem sie
das Tun des Verruchten bemerkt
hatte, zeichnete sie ihren ganzen
Leib mit dem Zeichen des Kreu-
zes und flehte zu ihrem Herrn
e und Dornen und Disteln hat sie um meinetwillen hervorgebracht -J- sb.
— f Buhlerei aber sb. — S Völlerei aber s; Völlerei b. — h aber sb. —
i > sb. — k > sb. -- 1 Städte sb. -- "' und sie alle zerstört -f- sb. —
n schlimme -f- b. — o alles
i" > b. — s sie aber, als sb. ■
entbrannten in sb.
-\- b. — P Cyprianus -\- b.
— t stand auf und betete sb.
- q > sb. -
«i ihre Nieren
Der Urtext der Cyprianuslegende.
287
trunken war von seiner Liebe
und von u der Kraft des Kreuzes.
Und sie bekreuzigte v sich mit
dem w Zeichen Christi, und mit
lauter Stimme rief sie aus und
sprach: 24 'Herr, der du alles
hältst, x Gott, Vater y unseres
Herrn Jesus Christus, der du die
menschentötende Schlange z ge-
tötet z und die, die [schon] a dem
Satan verfallen waren, gerettet
hast, 25 b Herr Gott b, der du den
Menschen nach deinem Bilde ge-
schaffen hast und liefsest ihn im
253 Paradiese der Wonnen, * damit
er an deinen c Geboten Freude
haben sollte, d und d durch die
Verführung der e Schlange wurde
er vertrieben. 26 Und als er so
gesündigt hatte, liefsest du f ihn
nicht [fallen], sondern durch die
Kraft deines Kreuzes heiltest du
seine Wunden und machtest ihn
wieder gesund durch S Christus,
den Erlöser der Welten £, durch
den die h Kreaturen ' geschaffen
sind und die Himmel eingerichtet
wurden und die Erde k ausge-
dehnt wurde und die Wasser und
die Urfluten eingedämmt wurden,
1 so dafs alle Wesen dich als Gott
anerkennen l. 27 m Unser Herr
Jesus Christus, n rette deine Magd
und lafs nicht die Versuchung
0 des Feindes ° an P mich heran-
mit lauter Stimme, indem sie
sprach: 24 'Mein Gott, der du
alles hältst durch deinen geliebten
Sohn Jesus Christus, der du den
menschenmordenden Drachen in
die Eiseskälte und das Feuer
[hinab]gestofsen und die von ihm
erjagten [Seelen] erlöst hast, der
du * den Himmel ausgespannt 71
und die Erde befestigt hast und
die Sonne hast emporstrahlen und
den Mond leuchten lassen, 25 und
der du den Menschen aus Erde
nach deiner Ähnlichkeit geschaf-
fen und [ihm] durch deinen Sohn
das Wesen der Weisheit vorge-
zeichnet hast, und der du ihn in
das Lustgefilde des Paradieses
gesetzt hast, damit er sich an den
Wonnen, die du geschaffen hat-
test, ergötze. 26 Und nachdem ihn
der Freche betrogen hatte, woll-
test du doch ihn nicht fahren
lassen, der du dich den Menschen
[gnädig] zuneigst; sondern in dei-
ner Kraft hast du ihn gerufen
durch deinen einzigen Sohn, un-
seren Herrn Jesus Christus, durch
den die Welt erleuchtet wurde
und der Himmel sich ausspannte
und das Wasser flofs, und hast
ihn allen Geschöpfen als den Gott
kundgetan. 2" Wolle jetzt, o mein
Herr, mich, deine Magd, erretten,
und lafs mich nicht die satanischen
v ihren Leib sb. — w Siegel (d. i. Kreuzeszeichen) sb. — x > s. —
y des einzigen [Sohnes] sb. — z in die unterste Finsternis versenkt hast sb. —
» von ihr (der Schlange, d. i. dem Satan) eingefangen waren sb. — t> der
du die Sonne leitest und den Mond (mein Herr -f- b) durch dein Gebot
hell machst sb. — c Genüssen s; Segnungen b. — «1 Herr, [allmächtiger
Gott, aber sb. — e verfluchten -f- b. — f o Barmherziger -j- s b. — g dei-
nen Gesalbten (= Christus). — 1» Welt (s plur.?) sb. — i gesund geworden
sind (?) s; vollendet (wörtl. 'versiegelt') ist b. — k festgegründet wurdest.
— 1 und alle Kreaturen bekennen dich, dafs du unser Gott bist sb. —
m Vater unseres Herrn b (davor 'und' sb). — « durch dessen Hand du
d. M. retten mögest sb. — o > sb. — P sie sä.
288
Der Urtext der Cyprianuslegende.
kommen. Dir, mein Herr, habe
ich das Gelübde getan, dafs ich
i Jungfrau bleiben will, r dem
Einzigen,1' unserem Herrn Jesus
Christus. s Rette deine Magd, s
4 weil sie dich liebt, und ll dir bin
ich zugetan u von meinem ganzen
Herzen und von meiner ganzen
Seele und von aller meiner Kraft v.
Du, mein Herr, hast w das Licht
deiner Liebe w in meiner Seele
angezündet. x Ich bitte dich, mein
Herr, lafs mich nicht in die
Hände des Bösen [fallen], damit
ich nicht das Versprechen, das
ich dir y gewidmet habe, über-
254 trete. * z Vertreibe die Gedanken
des a Empörers aus b meinem
Sinne und bewahre mich in dei-
ner Wahrheit V 28 Und als sie
dies gesagt hatte, bekreuzigte sie
*' sich mit dem Zeichen Christi
und hauchte den Dämon an. d
VI. 29 Und er ging beschämt
davon e und trat vor Cyprianus;
und f Cyprianus sprach zu ihm :
'Wo ist die, um derentwillen du
entsendet worden bist £?' 30 Es
antwortete der Dämon und sprach
zu ihm: 'Frage mich nicht, h weil
ich dir's nicht sagen kann; denn
ein Zeichen habe ich dort gesehen
und bin geflohen.' 31 Cyprianus
aber lachte ihn aus und berief
wieder durch seine Zauberkünste
einen Dämon, der mächtiger war
als der frühere; und ' es prahlte
der Verfluchte k und sprach zu
Versuchungen berühren, dieweil
ich mich dir verschrieben habe
und deinem einzigen Sohne Jesus
Christus.' 28 Und als sie dieses
Gebet gebetet hatte und sich mit
dem Zeichen des Kreuzes bewehrt
hatte, hauchte sie den Dämon an
und schickte sie ihn gedemütigt
fort.
VI. 29 Und der Dämon ging
und trat beschämt vor Cyprianus
hin. Und Cyprianus sprach zu
ihm: 'Wo ist die, zu der ich dich
gesandt habe? Wie habe ich ge-
wacht, und du bist [so] gekom-
men ? !' 30 Und es sprach zu ihm
der Dämon: 'Frage mich nicht!
Ich kann es dir doch nicht sagen,
[wie es zugegangen ist], — weil
ich [nämlich] ein Zeichen erblickte
und mich davor fürchtete und
umkehrte.' 3l Und es lachte ihn
Cyprianus aus und hiefs ihn
gehen; und er berief durch seine
Zaubereien einen, der stärker war
als dieser. Und als ein anderer
zu ihm trat, sprach er aufgeblasen
zu Cyprianus : 3'2 'Ich kenne schon
deine Lage und die Schwach-
heit meines Genossen, und darum
sende mich ! Ich werde schon
deine Trauer heben. 33 Nimm
dieses Medikament und wirf es
[rings] um ihr Haus, während ich
zu ihr hingehen will.' Und Cy-
prianus nahm das Medikament
und machte damit, was ihm der
Dämon befohlen hatte. 34 Hier-
q mein Herr -\- s. — »" und deinem Einzigen, deinem Sohne sb. —
s > sb. — t denn dich liebt sie sb. — u dich habe ich lieb gewonnen,
Vater s; nach dir sehne ich mich b. — v mein (unser b) Herr Jesus
Christus + sb. — w dein Licht s. — x'Doch -j- sb. — y versprochen
habe sb. — z Doch -j- sb. — a Bösen b. — *> mir sb. — c ihren Leib s. —
d und schickte ihn schimpfend fort + sb. — e > sb. — fers. — S Und
ich wachte [doch]; und du bist [so] heruntergekommen (d. i. kraftlos ge-
worden)! sb. — •' denn etc. sb. — » als sb. — ^ > sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
289
Cyprianus: 32 'Ich kenne deinen
Auftrag, ' auch die Kraftlosigkeit
des früheren. m Sende mich, mein
Vater, ' dafs ich deinen Willen
ausführe.' 83 Und Cyprianus
spricht zu ihm: 'Nimm " diese
Arznei und schütte sie aufserhalb
des Hauses der Jungfrau aus;
und [dann] werde ich kommen
und sie überreden.' 34 Und als
der Dämon an den Ort gekommen
war, von dem Cyprianus ihm gesagt
hatte, da stand die ° Magd Gottes
255 aber da, * um zu beten um die
sechste Stunde der Nacht P, indem
sie also sprach: 35 'Um Mitter-
nacht bin ich aufgestanden, um
dich zu preisen ob deiner gerech-
ten Gerichte, 3<J Gott des Alls,
1 Herr der oberen und unteren
[Wesen] «i, der du zu Schanden
gemacht hast den Satan r durch
deine Kraft und hast ihn ernie-
drigt unter die Füfse deiner Schü-
ler.r Möchte doch die Wahrheit
deiner Erbarmung bei mir blei-
ben, s o Gott, 37 der du das Opfer
Abrahams * angenommen hast
u und erhört das Gebet Daniels u,
und der du v dich nach Babel
gewendet v und den Drachen ge-
tötet hast w und [so] den Baby-
loniern die Erkenntnis x deiner
Gottheit kundgetan hast, y Gott,
auf ging der Dämon hinein zu
der Jungfrau und berührte sie;
und sie betete in der sechsten
Stunde von der Nacht, indem sie
sprach : 35 'Um Mitternacht stehe
ich da, um dir zu danken wegen
deiner gerechten Urteilssprüche.'
Und nachdem sie die Schlechtig-
keit des Verruchten bemerkt hatte,
erhob sie ihre Hände in die Höhe,
indem sie sprach: 36 'O du Gott
des Alls und Herr des Erbar-
mens ! O du Hüter der Strömung
der Luft und dessen, was seinen
Wirkungskreis oben hat, und der
du den Drachen unter die Erde
hingeschreckt hast; der du den
[listigen] Teufel zu Schanden ge-
macht 37 und das Opfer Abra-
hams für grofs angesehen hast;
der du nach Babel gegangen bist
und den Drachen getötet hast;
der du durch den gläubigen Daniel
das Volk von Babel deine Kennt-
nis gelehrt hast; der du durch dei-
nen geliebten Sohn alle Dinge zu-
sammengewebt hast und hast hell
gemacht, was * vordem finster war ; 72
der du, o mein wohlgeneigter Herr,
mich nicht preisgeben wirst dem
Gelächter des Feindes und seiner
Schadenfreude über mich. 38 Son-
dern behüte meine Glieder in
Keuschheit und behüte die Lampe
1 und -f~ sb. — m Darum sb.
1 Der griechische Text hat dafür: 'Darum sandte mich mein Vater',
womit die weitere Abweichung zusammenhängt, dafs es im griech. Texte
weiter heifst: 'So nimm nun das Gift, sprenge es rings um ihr Haus, und
ich will kommen und sie überreden. Cyprianus aber nahm das Gift und
tat, wie ihm der Dämon befohlen hatte.'
n dir -\- s. — o heilige + sb. — P und brachte ihr Gebet Gotte
dar -(- sb. — q Herr (und Herr b) des Erbarmens, Gesetz der Himm-
lischen und [Gegenstand der] Furcht für die Irdischen sb. — r und
hast ihn unter unsere Füfse gestofsen. Ja, mein Herr! sb. — s > sb. —
* für grofs angesehen hast sb. — u > sb. — v den Bei zerstört hast sb.
— w durch die Hand deines Knechtes Daniel 4- sb. — xmein Herr -\- sb.
— y > sb.
Archiv f. n. Sprachen. CX.
19
290
Der Urtext der Cyprianuslegende.
der du durch deinen eingebore-
nen Sohn unseren Herrn Jesus
Christus alles geordnet z und alles,
was in Dunkelheit verborgen ist,
ans Licht hervorgebracht hast,
il auch die Toten a lebendig ge-
macht hast1', — und nun, mein
Herr, in der Fülle deiner Güte
wende dich, Allerbarmer c, nicht
von mir ab, 38 sondern bewahre
(1 meine Seele und meinen Leib d
256 für * deine Heiligkeit, e auch e
die Lampe meiner Jungfräulich-
keit bewahre, dafs sie nicht ver-
lösche, damit ich hineingehe mit
dem Bräutigam Christus in seine
Kammer und f ihm meine Jung-
frauschaft hingebe in Reinheit
und Heiligkeit1!'
VII. 39 Der Dämon aber ging
beschämt & von ihr weg s und
zeigte sich dem Cyprianus; und
es hob h Cyprianus an und sprach
zu ihm: 'Wo ist die, um derent-
willen du ausgesandt worden bist ?'
r Er antwortete und sprach zu
ihm : Tch kann es dir nicht sagen ;
denn ich sah irgend ein Zeichen
und fürchtete mich und floh da-
von.' 40 Hierauf berief Cyprianus
den, von dem er wähnte, dafs er
s unter ihnen s der Stärkste sei,
* der der Vater der Dämonen war;
und er sprach zu ihm : 'Was ist
das für eine Kraftlosigkeit, dafs
dein u Heer v besiegt worden ist ?'
41 Es antwortete w und sprach
meiner Jungfräulichkeit unausge-
löscht, damit ich in deine Kam-
mer [mit] hineintreten und deinen
heiligen Namen in allen seinen
Eigenschaften preisen darf, Vater
und Sohn und heiligen Geist bis in
alle Ewigkeit. Amen!' Und als
sie ihr demütiges Flehen vollendet
hatte, fuhr sie den Dämon an
und brachte ihn höhnend zum
Entweichen.
VII. 39 Und er ging und trat vor
Cyprianus, und er sprach zu ihm:
'Und wo ist die, zu der ich dich
geschickt habe ?' Und der Dämon
sprach: 'Ich bin besiegt worden,
ohne dafs ich im stände bin, es
dir zu sagen [, wie es zugegangen
ist]. Ich sah ein furchtbares Zei-
chen und kam in Angst und Zit-
tern.' Da lachte er ihn aus und
liefs ihn gehen. 40 Und nun rief
Cyprianus den Obersten der Dä-
monen herbei und den allermäch-
tigsten von ihnen. Und als er
gekommen war, sprach er zu ihm:
'Was ist das für ein Betrug und
für eine Erbärmlichkeit, da ich
doch sehe, dafs deine Macht in
ihrem ganzen Umfange bereits
besiegt worden ist?' 41 Und der
Satan sprach zu ihm: Tch will es
dir jetzt versprechen; so sei denn
bereit!' Und Cyprianus sprach
zu ihm: 'Beschreibe mir zuvor die
Merkmale deiner Tapferkeit und
das Kennzeichen deines Sieges,
z der du sft. — a und die, die gestorben (waren -\- b) sb. — b der
die Armen reich macht und läfst sie von seinen Gütern, die nie aufhören,
satt werden und macht lebendig (du machst lebendig b) die, die dem Tode
überliefert waren -{-sb. — c und heiliger König -+- sb. — d meine Glieder sb.
— e und, mein Herr sb. — f rein ihm hingebe das Pfand (Tutgaß'r/xr/),
das du mir gegeben hattest, Herr (-{- b), durch deinen Christus, durch
dessen Vermittelung (wörtl. 'Hand') du gepriesen werdest in Ewigkeit der
Ewigkeiten sb. — s > sb. — 1» er sb. — <■ Der Dämon sb. — s > sb. —
t und -f- b. — « ganzes -f- sb. — v schon -f- b. — w der Dämon -j- sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
291
x zu ihm der Dämon x : 'Ich werde
sie dir bringen; jetzt sei y be-
reit!' 42 Es antwortete Cyprianus
und sprach zu ihm: z 'Ich lasse
sie in heftiges Fieber sechs Tage
257 verfallen2, und um * Mitternacht
werde ich sie dir gefügig machen.'
VIII. 43 Und der Dämon ging
fort und erschien der a Jungfrau
in Gestalt einer *> anderen Jung-
frau, und er ging hinein und
setzte sich auf das Bett, als ob
er ein Frauenzimmer wäre; und
[dann] begann der Böse zu der
Magd Gottes in reuiger Haltung
zu sagen : 44 'Ich bitte dich, Magd
Gottes, nimm mich auf, dafs ich
bei dir sein kann ; r Christus dein
Herr hat mich gesandt0 zu dir;
denn auch ich bin eine Jungfrau
gleich wie du, ll und zeige mir d,
was der e Kampf der Jungfrau-
schaft [zu bedeuten hat] oder
welchen Lohn die haben, die sie
bewahren in Reinheit. Denn gar
sehr sehe ich dich durch f den
Kampf mitgenommen.' 45 Die hei-
lige Jungfrau aber, die Magd
Gottes, antwortete und spricht zu
ihr: 'Den Lohn der Jungfrau-
schaft um Christi willen kann
nicht der Mund eines Menschen
schildern, weil ihr Lohn sehr grofs
ist. Denn Gott verheifst denen,
die ihn lieben und ihre Jungfräu-
lichkeit bewahren, etwas, was kein
Auge gesehen und kein Ohr ge-
hört hat, und was in keines Men-
schen Herz gekommen ist. Wer s
dafs ich dir glauben kann !' Und
er sprach zu ihm : 'Als ich gegen
Gott rebelliert hatte, wurde [mir]
der Himmel versperrt, und ich
wurde aus dem Hochsitze der
Engel vertrieben ; und ich berückte
die Eva und beraubte den Adam
der Lustgefilde des [Paradieses]-
gartens ; und ich lehrte den Kain,
dafs er den Abel töten sollte, und
vermlafste das Volk der Israeli-
ten, dafs sie das Götzenbild ver-
ehrten. Und ich brachte die Auf-
lehnung zur vollen Ausbildung
und lehrte den Unglauben ; und
ich zerstörte die Städte von Grund
aus und machte die Mauern dem
Erdboden gleich, und ich rifs
die Wohnungen nieder; und ich
bewirkte, dafs Christus gekreu-
zigt wurde; und ich liefs Mose's
meuternde Genossen in die Erde
sinken, und ich lehrte Zauberei
und Rebellion; und alle diese
Taten habe ich getan. Und wie
kannst du wähnen, dafs mir der
Mut fehle? 42 Ich will [also]
hingehen, und dann will ich sie
durch verschiedenartige Fieber-
hitze aufregen und ihren Verstand
erschüttern. Und sei du bereit!'
VIII. 43 Und nach Mitternacht
wandelte sich der Satan in die
Gestalt einer Jungfrau, und er
trat [nun] wirklich an das Haus
der Jungfrau heran und klopfte
an die Tür und trat ein; und er
setzte sich zu dem heiligen Mäd-
chen und fing; an zu ihr zu
x > sb. — y nur -f- b. — z Ich reibe sie auf durch ein heftiges Fieber
und stelle mich zu ihr hin sechs (>s; wohl nur durch irrtümliche Wieder-
holung des Wortes 'Fieber' entstanden) Tage sb. — a heiligen -\- sb. —
b > sb. — c weil ich von Christus, deinem (meinem b) Herrn, gesandt
worden bin sb. — d darum, meine Schwester, sage sb. — e Lohn b. —
f die Enthaltsamkeit sb. — S also -f- b.
19*
292
Der Urtext der Cypriauuslegende.
kann die Seligkeiten erfassen, die
Gott denen verheifst, die ihn lie-
ben und ihre Jungfräulichkeit
258 bewahren * in Reinheit h. Der
Kampf der Jungfräulichkeit in
dieser Welt währet geringe Zeit;
denn ' die Seligkeiten, die für sie
aufbewahrt sind in jener Welt,
vergehen nicht, lösen sich auch
nicht auf '.' 46 Der böse Dämon
aber fing an, mit der Magd Gottes
mit Hinterlist zu reden, k indem
er zu ihr sprach k : 47 'Siehe, ich
habe gehört, dafs Eva im Para-
diese Jungfrau und nicht verhei-
ratet worden war ; und als Adam
sie erkannt hatte und sie Kinder
gebar, empfing sie die Erkenntnis
des Guten und des Bösen (plur.) ;
und um ihretwegen wurde die
1 Welt (= Menschheit?) geboren
und kam es zu der Aufeinander-
folge der "' Geschlechter und
Generationen ,u.' 48 Die heilige
Jungfrau aber, als sie dies hörte,
stand auf, um wegen der Worte
des Hinterlistigen n zu beten;
und der verfluchte Dämon heftete
sich an ihre Sohlen °, ob er viel-
leicht Gelegenheit fände, sie zu
fangen. Die P Selige aber, die
Magd Gottes, Q erkannte die Hin-
terlist des r Satans und geriet in
grofse Unruhe r, weil sie s begriff,
dafs es der x Verführer sei ; 49 und
sie wandte sich eiligst zum Ge-
bete u vor Gott und bekreuzte sich
mit dem Zeichen des Kreuzes.
259 Und sie hauchte * den Dämon
sprechen : 44 'Ich weifs wohl, dafs
du in vielerlei Gemütsbewegung
hineingeraten bist; und ich bin
gekommen, dich zu fragen. Denn
ich weifs wohl, was es mit dir für
eine Bewandtnis hat und was
dein jungfräulicher Lebenswandel
zu bedeuten hat und was dir in-
folge der um ihretwillen schlaflos
verbrachten Nächte zu teil wird;
denn ich sehe, dafs du sehr nieder-
geschlagen bist.' 45 Da sprach die
heilige Jungfrau: 'Die Vergeltung
für sie (die Jungfräulichkeit) ist
reich, und der Kampf um sie ist
leicht!' 46 Da sprach der Satan:
'Hat es nicht mit ihm folgende
Bewandtnis? — Denn ich hatte
allerdings diesen * Lebenswandel 73
erwählt, wie du ja wahrnimmst,
seit meinen Jugendjahren; und
ich habe schon viele Bücher stu-
diert, und sie alle sagen, dafs
niemand anders sündigt als Gott
allein. Und in Rücksicht hier-
auf habe ich mich mit der Welt
näher eingelassen, ohne dafs mein
Lebenswandel [deshalb] Abbruch
erlitten hätte. 47 Denn Eva war
[Jungfrau] im Paradiese; und
nachdem sie zu Willen war und
tat, was sie tat, da gelangte sie zur
Erkenntnis der schönen Dinge '
und der ganzen Welt.' 4S Und
als der Satan dies gesagt hatte,
1 Nach den anderen Texten ist
vielmehr hinter -'und die ganze Welt'
das Prädikat ausgefallen.
h ohne Befleckung. Denn -j- sb. — i die Seligkeit jener Welt für die
(eig. 'der') Gerechten ist unvergänglich und unauflöslich. — k und sprach
zu ihr s. — 1 das Volk (= die Menschheit?) s. — m Kreaturen sb. —
n zum Gebet zu gehen b. — o und ging heraus mit ihr (zum Gebetshause -|- s)
-(- sb. — P Heilige b. — q es wurde ihr bewufst b. — r Feindes sb. —
s erkannte sb. — * schlimme -f- sb. — u zu sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
298
durch die Kraft v Jesu Christi
an, und er floh beschämt von der
Magd Gottes; und er ging betrübt
zu dem, der ihn ausgesandt hatte.
50 Die Heilige aber w stärkte sich
in der Stärke Christi x und ruhte
aus von der Peinigung durch den
Hinterlistigen, und sie pries Gott,
y dafs er ihr im Kampfe geholfen
habey. Und sogleich verliefs sie
das Fieber. 51 Und sie fing an
zu sagen2: 52 Preis sei dir, Chri-
stus, der die a stärkt, die zu ihm
ihre Zuflucht nehmen, und leuch-
ten läfst b seine ° herrlichen Strah-
len denen, die d blind sind in-
folge der Finsternis des Bösen.
53 Du, o Herr, e in deiner grofsen
Gnade f gib mich nicht preis, dafs
ich nicht besiegt werde von dem,
dem Rechtlichkeit fern ist, son-
dern hilf deiner Magd, die auf
dich hofft. Denn mein Fleisch
ist eingeschrumpft wegen der
Furcht vor dir und wegen deiner
Gerichte, vor denen ich mich
fürchte &. Gib Lobpreis deinem
heiligen Namen, dafs h meine
Hasser [es] sehen und * zu Schan-
den werden, da du, o Herr, mir
geholfen und mich getröstet hast
durch deine dreifältige Kraft. *
IX. 54 Der Dämon aber ging
fort und erschien dem Zauberer
260 Cyprianus, * k und er antwortete
und sprach zu ihm : 'Auch ich
bin * wiederum besiegt worden
von einem einzigen schwachen
wurde die Jungfrau ungeduldig,
und es schüttelte sie Erschauern
und Hitze, und ihr Bewufstsein
schwand ihr; und sie erhob sich,
indem sie dem folgte, der sie an-
angeredet hatte, ohne den zu ken-
nen, der sie [so] getäuscht hatte,
und sie ertappte den Satan, der
vor ihr hergegangen war. 49 Und
nachdem sie sich [dann] entschlos-
sen hatte, aus der Tür des Hauses
herausgehen, besiegelte sie sich
mit dem Zeichen des Kreuzes ;
und der Satan sprang auf wie
jemand, der vor Schwerthieben
aufspringt. 50 Und nachdem die
Heilige gesehen hatte, was ge-
schehen war, zeichnete sie wie-
derum das Zeichen des Kreuzes.
Und der Satan entwich in Schimpf
und Schande. — Darauf erholte
sie sich ein wenig, indem sie
sprach: 'Weh mir! Da doch wenig
fehlte, dafs meine Sünden aufge-
rüttelt worden wären und ich
[dann] in der Hölle hätte wohnen
müssen.' Hierauf kehrte sie zu-
rück und schlofs die Tür zu und
salbte mit ihren Händen ihre
Augen ; und der Schüttelfrost und
die Hitze wichen, und sie ward
[wieder] gesund. 51 Da erhob sie
ihre Hände zum Himmel, und sie
sprach, indem sie unter Tränen zu
unserem Gotte dem Segenspender
betete : 5'2 'Dir sei Lob, o Christus
unser Gott, dieweil du die Hilfe
deines Schwertes gesandt und
v > sb. — w ermutigte sich. — * und er floh beschämt vor der
Magd Gottes -\- b. — y > sb. — z also -\- sb. — a errettet s. — b und
seine Knechte gemäfs (hin zu ö?) dem Willen seines Vaters leitet; er, der
hat leuchten lassen sb. — c hellen sb. — d erblindet waren sb. — e unser
Herr Jesus Christus -f- sb. — f und Huld -\- sb. — g sondern (und b)
in deiner Gnade sei mir gnädig -f- sb. — h die irrenden Heiden (wörtl.
'Völker') sb. — i und preisen deine Dreiheit, Vater und Sohn und hei-
ligen Geist in alle Ewigkeit. Amen! sb. — k > b. — 1 > sb.
294
Der Urtext der Cyprianuslegende.
Weibe.' 55 Es antwortete Cypria-
nus und sprach m : 'Wo ist deine
Siegeskraft? Sage es mir!' 56 Es
antwortete der Dämon " und
sprach zu ihm : 'Frage mich nicht,
weil ich es dir nicht sagen kann;
denn ich habe ein Zeichen ge-
sehen und ° geriet in Unruhe und
floh davor. Wenn du aber willst,
dafs ich dir die Wahrheit sage,
so schwöre mir P, und ich sage
es dir.' 57 Es antwortete Cy-
prianus und sprach zu ihm: 'Bei
wem soll ich dir denn schwören ?'
Der Dämon sprach 4: 'Schwöre
mir *! bei meiner grofsen Kraft,
die bei mir immerwährend ist!'
58 Cyprianus sprach r zu ihm r :
'Nein, bei deiner grofsen Kraft!
ich lasse nicht von dir.' 59 s Und
der Dämon fafste Vertrauen * und
sprach zu ihm: 'Ich sah das Zei-
chen dessen, der gekreuzigt wor-
den ist, und ich geriet in Unruhe,
auch fürchtete ich mich, und floh
davor.' 60 Cyprianus sprach u zu
ihm: 'Der also, der gekreuzigt
worden ist, ist gröfser als du?!'
61 Der Dämon spricht: v 'Habe
Geduld und v höre mich, und ich
will dir die Wahrheit sagen. Jeder,
der w raubt und betrügt x, hängt
uns an und wird unser Genosse
y an jenem schrecklichen Orte;
62 z denn die Pein ist bitter, denn
sie machen Eisen glühend und
legen es [so] auf die Glieder a der
Männer und auch der Weiber;
261 und so wird er * durch die grau-
same Glut gepeinigt vor dem
den kämpfenden Feind geschla-
gen hast; dir sei Preis, o Herr
Christus mein Gott, du Licht der
Welt, das meine Pupille, meine
Naturanlage, erleuchtete, die der
Satan, mein Feind, verdunkelt
hatte; dir sei Lob, o Christus,
mein Gott, du Auge, das nicht
schlummert, sondern erbarmend
schaut auf alle die, die auf dich
trauen! Jetzt habe ich erfahren,
dafs deine Rechte mir geholfen
und mich heraufgezogen hat aus
dem Brunnen des Elends und
aus der Tiefe des Schlammes. Ich
danke dir, o du Freund des Men-
schengeschlechts, dafs du meine
Niedrigkeit nicht unbeachtet ge-
lassen hast, sondern mich be-
schützt hast durch deine Macht,
die aller Dinge mächtig ist, wenn
der Fremde [auch schon] über
jemanden Gewalt gewonnen hat.
O Herr! präge die Furcht vor
dir meinem Fleische ein, 53 und
in deiner Gerechtigkeit erbarme
dich meiner, und verleihe deinem
Namen, o Herr, Lobpreisung!'
IX. 54 Da trat der Satan in
Schimpf und Schande vor Cy-
prianus hin; 55 und Cyprianus
sprach zu ihm : 'Was ist das für
eine Sache, du arger Prahlhans,
der es fertig bringt, die Erde und
das Meer vergehen zu lassen ! Es
hat dich eine einzige Jungfrau
besiegt, * derart, dafs ich sehe, 74
dafs deine Macht nichts zu be-
deuten hat.' 56 Es antwortete ihm
der Satan : 'Es ist mir nicht mög-
m zu ihm: Und + sb. — n aber -\- b. — o fürchtete mich b. —
P dafs du nicht von mir weggehen wirst -j- s. — Q zu ihm: Schwöre b.
— r > sb. — s Aber sb. - t zu ihm -\- sb. — u > b. — v > sb. —
w sündigt b. — x hier, dieser + sb. — 7 dort aber -\- sb. — z > sb. —
a des Mannes oder Weibes sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
295
Richterstuhle dessen, der gekreu-
zigt worden ist; und auch die
Engel bedrängen sie in Grausam-
keit.' 63 Cyprianus spricht b : 'Auch
ich will also ein Freund dessen
sein, der gekreuzigt worden ist,
dafs nicht auch ich dem grausamen
Gerichte anheimfalle.' 64 Der Dä-
mon spricht: 'Und hast du nicht
mir geschworen c bei meiner gro-
fsen Kraft, c dafs du nicht d lügst.'
— Cyprianus sprach: 'Bei wem
habe ich dir geschworen und ge-
logen?' — Der Dämon spricht:
'Bei meiner grofsen Kraft!' —
65 Cyprianus sagte: 'Dich mifs-
achte ich, und deine e grofse Kraft
verachte ich. Denn in dieser
Nacht vertraue ich, dafs — indem
ich zu dem Gebet und zu dem
Flehen f der Jungfrau f meine Zu-
flucht nehme und S flehe in derS
Kraft des Kreuzes — h auch
durch dasselbe ll deine ganze lüg-
nerische Kraft erniedrigt wird.
Denn auch ich bekreuzige mich
mit dem Kreuze und verleugne
dich ' und deine ganze Kraft '.'
G6 Und als er so gesprochen hatte,
bekreuzigte er sich mit dem Zei-
chen unseres Erlösers und sprach:
'Preis sei dir, Christus, unbesiegte
Kraft!' und sogleich floh der
Satan. — Und es sprach Cypria-
nus : 'Von jetzt an glaube ich an
262 Christus, * k und er entreifst mich
der ganzen Kraft des Bösen.'
Der Dämon aber ging beschämt
davon.
X. 67 Cyprianus aber nahm
seine Zaubertabellen und lud sie
seinen vier Hausgenossen auf;
lieh, es dir zu sagen; [ich wurde
besiegt,] weil ich das furchtbare
Zeichen gesehen habe; da geriet
ich in Angst und mufste mich
[schliefslich] zurückziehen. Und
wenn du es [durchaus] erfahren
willst, so schwöre mir; und ich
will es dir sagen.' 57 Es sprach
Cyprianus zu ihm : 'Bei wem soll
ich dir schwören?' Er sprach zu
ihm : 'Bei den starken Gewalten,
die in mir dauernd wohnen ! Nicht
sollst du einen anderen an meine
Stelle setzen.' 58 Da sprach Cy-
prianus zu ihm: 'Und sind in
Wahrheit die festen Gewalten in
dir? [So] will ich nicht einen
anderen an deine Stelle setzen.'
59 Und nachdem der Satan an
seine rechte Seite getreten war,
sprach er: 'Ich sah das Zeichen
des Gekreuzigten, und ich fürch-
tete mich davor und zog mich
zurück.' 60 Da sprach zu ihm
Cyprianus: 'So ist der Gekreu-
zigte gröfser als du ?' 61 Es ant-
wortete der Satan : 'Ja ; dazu
kommt, dafs allen denen, welche
wir hier verführen, und die unsere
Werke tun, 62 glühend gemachte
Halseisen auf ihre Hälse gelegt
werden; und die Engel des Ge-
kreuzigten führen sie in diesem
Zustande, bis dafs sie stehen vor
seinem [Richter]stuhle.' 63 Da
sprach Cyprianus zu dem Satan:
'Da bin ich allerdings begierig,
ein Freund des Gekreuzigten zu
werden, damit ich nicht schliefs-
lich in diese harte Strafe verfalle.'
64 Und es sprach zu ihm der
Satan: 'So willst du mich im Stiche
t> zu ihm -f- s. — c > b. — d mich belügst b. — e > sb. — f > b.
K verehre die s. — h durch welches sb. — i > sb. — k dafs sb.
296
Der Urtext der Cyprianuslegende.
und so ging er hin zum Gottes-
hause und fiel vor den Füfsen
des l Priesters m Euthymius nieder
und sprach n zu ihm: 68 'Geseg-
neter Knecht Gottes ! ° Ich bitte
dich : ich will ein Verehrer Gottes
und unseres Herrn Jesus Christus
sein und eingezeichnet werden v in
das Buch « der Gläubigen <«, die
ihn verehren.' 69 Der r Priester
Euthymius aber wähnte, er könnte
auch die, die in der Kirche waren,
betrügen wollen, und der Heilige
sprach zu Cyprianus: 70 'Es ist
genug, dafs du viel Volks drau-
fsen verführt hast. Schone deiner
selbst und komme nicht trüge-
rischerweise in die Kirche Gottes;
denn die Kraft Christi läfst sich
nicht besiegen.' 71 Es antwortete
Cyprianus und sprach : 'In Wahr-
heit weifs auch ich, mein Herr,
dafs er unbesiegbar ist. Denn in
dieser Nacht habe ich s Dämonen
gegen die heilige Jungfrau Justa
gesandt, und durch ihr Gebet
und durch ihre Liebe zu Christus
hat sie sie besiegt. 72 Aber nimm
meine Zauberbücher, mit denen
263 ich alles * Böse verrichtet habe *,
und verbrenne sie mit Feuer.
Und erbarme dich meiner, und u
ich will zu der Herde Christi ge-
hören.' TA Der heilige v Euthy-
mius aber, als er dies von w jenem
Zauberer hörte, nahm seine Ta-
bellen und verbrannte sie mit
Feuer; x und er segnete ihn und
y fing an, zu ihm zu sprechen:
z 'Sei beständig z im Gotteshause
lassen, nachdem du mir doch ge-
schworen hast?' 65 Cyprianus
sprach: 'Ich lasse dich fahren,
und ich fürchte mich nicht vor
deinen Kräften, da ich ja in die-
ser Nacht durch die Gebete und
Bitten der heiligen Jungfrau zu
der Gewifsheit gekommen bin,
dafs kein anderer Gott ist aufser
Jesus Christus der Gekreuzigte,
vor dessen Kreuze eure Kräfte
nicht standzuhalten vermögen. So
will ich mich denn bekreuzigen
und will mich von dir trennen
und mich mit ihm ins Einver-
nehmen setzen.' 66 Und als er
dies geredet hatte, bekreuzigte er
sich, indem er sprach: 'Dir sei
Lob, o Christus Gott, der du dich
nicht von deiner Herde abwen-
dest. Entweiche, o Satan! denn
siehe, ich will meinem Christus
anhangen/
X. 67 Und sogleich liefs er sich
seine Zauberbücher reichen und
übergab sie einigen Jünglingen ;
und er ging zum Tempel, hin zu
dem seligen Bischof Anthimus,
und er verneigte sich vor ihm,
indem er sprach : 68 'O du gerech-
ter Knecht Gottes! Ich glaube,
dafs dem himmlischen Gotte das
Heer angehört; so bringe mich
zu der Heerschar Christi !' 69 Der
Bischof aber wähnte, er sei [nur]
gekommen, um die Brüder, die
hier waren, zu verzaubern. Und
er sprach zu ihm: 70 '0 Cypria-
nus! Die, die aufserhalb der
Kirche sind und die dir anhangen,
1 heiligen sb. — m Anthimos s; Euthymius des Bischofs b. — " so
(zu ihm r- b) sb. — " Auch ich sb. — P von unserem Herrn -f- s. —
q derjenigen sb. — v heilige Anthimos sb. — s verfluchte (?) -j- s. —
t mein Herr -f- sb. — » auch -f- sb. — v > s. — w dem sb. — x ihn aber
segnete er sb. — y sprach b. — z Halte dich nun, mein Sohn, immer auf sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
297
zurzeit des Gebets !' 74 Cyprianus
aber ging in Freuden zu seinem
Hause, und alle Götzen, die er
hatte a, zertrümmerte er, und die
ganze Nacht schlug er mit seinen
Händen auf sein Gesicht und
auf seine Brust, und er sprach h :
75 'Ich wagte es, deiner Kraft,
c mein Herr Jesus Christus, ent-
gegenzutreten durch alles das
Böse, was ich getan habe. Und
wie (l kann ich dich segnen mit
e dem Munde, mit dem ich [einst]
die Menschen verfluchte, die f dei-
nen Namen anriefen?' 76 Und er
warf Staub auf sein Haupt und
warf S sein Angesicht £ auf die
Erde h und weinte h bis an den
siebenten Tag.
XI. 77 j Und nach sieben Tagen
stand er früh an dem k Morgen
auf, der den grofsen Sabbat ein-
leitet, und ging zum Gotteshause,
264 * und als er auf dem Wege dahin-
ging, * sprach er im Gebete:
78 'Christus, ein Helfer derer, die
ihn in Wahrheit anrufen, wenn
ich wert bin, dein Knecht zu sein,
so zeige mir irgend ni eine Stelle,
wenn ich in dein heiliges Haus hin-
eingehe, n o mein Herr"! und dafs
ich hören kann ° aus der ° Vor-
lesung p der heiligen Schriften,
dafs du mich angenommen hast.'
79 1 Und als er ging i in das
Gotteshaus, r hörte er den s Psalm-
sänger, welcher * sprach : 'Du hast
es gesehen, Gott! schweige nicht,
und a du, o Herr, entziehe dich
mögen dich auf die Probe stel-
len, ob du ein treuer Anhänger
der Kirche Christi werden willst.'
71 Und es sprach Cyprianus: 'Ich
bin allerdings der Gewifsheit,
* dafs Christus nicht besiegt wer- 75
den kann, und er hat es bewiesen
dadurch, dafs der Satan entwei-
chen mufste und die heilige Justina
obsiegte.' 72 Und er sprach zu
dem Bischöfe: 'Es seien dir ein-
gehändigt diese Bücher, durch die
ich einst Zauberei trieb, und ver-
brenne sie mit Feuer; mir aber
sei gnädig!' 73 Und es nahm der
Bischof die Bücher und ver-
brannte sie und segnete ihn und
hiefs ihn gehen, indem er sprach :
'Geh demütig zur Kirche!' 74 Und
er ging in seine Wohnung, und
er zerstampfte alles, was darin
war, und warf es auseinander.
Und er blieb während der Nacht,
indem er bei sich selbst weh-
klagte und sprach: 75 'Wehe mir
Elendem ! Wie kann ich es wagen,
mich an dem Lobpreise Christi zu
beteiligen, da ich doch diese zahl-
reichen Missetaten getan habe?
Und wie kann ich ihn preisen
mit meinem Munde, durch den
ich viele Menschen verflucht und
die unreinen Satane zu Hilfe ge-
rufen habe.' 76 Und er tat Asche
auf sein Haupt, indem er sich von
Gott Gnade und Vergebung erbat.
XL 77 Und als die Morgen-
dämmerung nahegekommen war
und der grofse Sabbat ange-
a in seinem Hause, indem er sie anbetete (?) -f- s. — *> also -f- sb. —
c unser b. — d mein Herr -f- sb. — e diesem meinem sb. — f bei deinem
Namen sb. — S sich sb. — h schweigend sb. — i Aber b. — k grofsen s.
— 1 betete er und sprach also: sb. — m ein Zeichen b. — n > b. —
o die sb. — P deiner s. — <1 Und er ging hinein sb. — r und -\- sb. —
s Psalm sb. — t so -f- sb. — n > sb.
298
Der Urtext der Cyprianuslegende.
mir nicht'; und weiter hörte er
Jesaia, der da sprach: Siehe,
v mein Knecht v wird einsichtig
und wird sich erheben, so dafs
viele über ihn staunen werden;
w und weiter sagte David : 80 Meine
Augen kommen den Nachtwachen
zuvor, damit ich über dein Wort
nachsinne; und weiter sagte Je-
saia: 81 Fürchte dich nicht, mein
Knecht Jakob und Israel, den
ich erwählt habe w ; und wiederum
x den Apostel, der gesagt hat:
82 Christus hat uns erkauft vom
Fluche des Gesetzes; und wie-
derum y sagte David : 'Wer kann
die Wundertaten des Herrn er-
zählen z ?' und wiederum das Evan-
gelium, das gesagt hat: 'Jeder,
der an mich glaubt, wird nicht zu
Grunde gehen, sondern er wird
ewiges Leben haben, und weiter,
dafs sie a verkündigten, dafs jeder,
der a nicht das Zeichen trüge,
hinausgehen solle.' *
265 XII. 83 Cyprianus aber stand
auf der Schwelle der Tür, und
es sprach zu ihm to einer der Dia-
konen : 'Steh auf, geh hinaus !'
84 c Und es antwortete Cyprianus
und sprach zu ihm: 'Ich bin ein
Knecht Christi ; und du sagst zu
mir, dafs ich hinausgehen soll?'
Und der Diakon sprach zu ihm:
'Du bist [es] noch nicht vollkom-
men, (1 Cyprianus !' 85 Und Cy-
prianus sprach zu ihm A : 'So wahr
Christus lebt, der die Dämonen
zu Schanden gemacht und sich
e meiner und e der Jungfrau er-
brochen war, da kam er zur
Kirche, indem er sich [vor Gott]
demütigte und sprach : 78 'O mein
Herr Jesus Christus! Wenn ich
gewürdigt bin, von dir vollkom-
men als Knecht bezeichnet zu
werden, so gib mir ein Zeichen,
dafs ich es höre in deinem Tempel
aus deinen göttlichen Schriften
und seine Bedeutung verstehe.'
79 Und bei seinem Eintritt in die
Kirche hörte er den Ausspruch
des Propheten David: 80 'Meine
Augen holten die Nachtwachen
ein, um deine Worte zu studie-
ren'; 1 und den Propheten Jesaia:
Siehe, mein Jüngling wird ein-
sichtig werden; - und wiederum
David: Siehe, du hast's gesehen,
o Herr; so schweige nicht, mein
Herr; entferne dich nicht von
mir ; 3 und nochmals Jesaia :
81 Fürchte dich nicht, Jakob mein
Kind und Israel mein Geliebter;
siehe ich habe dich erwählt;4 und
den Apostel Paulus : 82 Christus
hat sich uns losgekauft von dem
Fluche des Gesetzes.3 Hierauf
hörte er die frohe Botschaft des
Evangeliums, und nach der Be-
lehrung des Bischofs und nach-
dem der Diakon es zu den Kate-
chumenen gesagt hatte, gingen
sie heim.
XII. 83 Da setzte sich Cypria-
nus hin, und es sprach zu ihm der
Diakon Asterius: 'Geh hinaus vor
1 Ps. 119, 148. 2 Jes. 52, 13. 3 Ps.
35, 22. 4 Jes. 44, 2. 5 Gal. 3, 13.
v er s. — w > s; und weiter einen anderen Psalm, der da sagt etc. b.
— x auch + s. — y David, der sagte sb. — z und hören allen seinen
Preis (syr. Plur.) -4- sb. — a ausrufen, dafs der, welcher (b im Plur.) sb.
— b der Diakon Namens Asterius (syr. Asteri) sb. — « > sb. — d Cy-
prianus sprach (zu ihm -\- s) sb. — e > b.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
2M9
barmt hat, — nicht gehe ich hin-
aus, bis dafs ich [es] vollkommen
bin.' 86 Asterius aber der Dia-
kon ging hin und meldete es dem
Bischöfe, und der Bischof rief
den Cyprianus und wiederholte
ihm die Worte f der heiligen
Schriften f und betete»; und so
h taufte er ihn im Namen unseres
Herrn Jesus Christus. 87 Und
nach acht Tagen wurde er Verkün-
diger ' der verborgenen Mysterien.
Und k als Pfingsten gekommen
war k und er von der Güte Gottes
erfüllt wurde, 88 heilte er Krank-
heiten und Schmerzen ! im Namen
Jesu Christi l. 89 Und ehe noch
m ein Jahr zu Ende war, ward er
Beisitzer des Bischofs; und sech-
zehn Jahre hatte er den Stuhl *
266 der Heiligkeit inne. 90 Und da-
nach berief der heilige n Euthy-
mius ° die Bischöfe, die rings um
ihn herum [amteten], und be-
sprach mit ihnen, was (plur.) der
Kirche Gottes p zukommt. Und
solange er noch am Leben war,
gab er <i ihm den bischöflichen
Stuhl. 91 r Und wenige Tage da-
nach entschlief der Bischof Euthy-
mius in Christus s und überliefs
ihm die Herde Christi; * denn
der heilige u Cyprianus hatte sich
viele Verdienste erworben. 92 Und
die heilige Justa machte er zur
Diakonissin; und viele erleuchtete
er, indem er v sie allen verderb-
lichen Häresien entrifs, und er
fügte hinzu zur w Kirche Christi,
die Kirche !' 84 Da sprach zu ihm
Cyprianus: 'Ich bin schon ein
Knecht Christi geworden, und du
willst mich hinausschicken ?' Da
sprach er zu ihm : 'Du gehörst [noch]
nicht zu den vollkommenen Knech-
ten.' 85 Und Cyprianus sprach zu
ihm: 'So wahr Christus lebt, der
den Satan gebändigt und die Jung-
frau gerettet und sich meiner er-
barmt hat, siehe, ich gehe nicht
heraus, bis dafs ich es vollkommen
werde.' 86 Und der Diakon hinter-
brachte dem Bischöfe seine Rede,
da rief ihn der Bischof zu sich und
bat ihn, ihm seinen Wunsch vor-
zulegen, entsprechend dem, dafs
das Gesetz dies verlangt, und liefs
ihn [ab]schwören und taufte ihn.
87 Und am * achten Tage ward 76
er geweiht als Verkündiger der
Geheimnisse Christi Gottes; und
am fünfundzwanzigsten Tage
machte er ihn zum Unterdiakon
(vnodtdxovoq), und am fünfzigsten
Tage stand er im Range der Dia-
konen [würde]. 88 Und die Gnade
[Gottes] stand ihm immer bei
gegen die Satane, und er heilte
viele von vielen Krankheiten, und
er brachte viele von dem falschen
Glauben an die Götzen zurück
und brachte sie dahin, dafs sie
Christen wurden. 89 Und nach-
dem ihm [so] ein volles Jahr ver-
gangen war, würdigte ihn der
Bischof des [Bei]sitzes und der
Erlangung des Ranges des Prie-
stertums. 90 Hierauf berief der
f des Gesetzes und aus dem Neuen Testamente und aus dem Alten sb.
— g über ihm -f- b. — h nahm er und taufte sb. — i der Wahrheit und
Lehrer -f- sb. — k während noch Pfingsten war, wurde er Diakon; (und
er wurde etc.) sb. — 1 > s. — m das sb. — n Anthimus sb. — o der
Bischof -f- b. — P zuträglich sei sb. — q dem Cyprianus b. — r aber s. —
s in Frieden -f- sb. — t > s. — u Herr -\-s. — v > sb (fälschlich). — w Herde sb.
300
Der Urtext der Cyprianuslegende.
indem er die Worte der Propheten
x überlieferte, auch die Befehle
unseres Herrn erfüllte x.
selige Anthimus seine Bischöfe,
die um seine Stadt herum [im
Amte standen], und er legte ihnen
seine Angelegenheiten dar, und
er trat ihm im ganzen Umfange
sein Bistum und seinen Thron ab.
91 Und nach wenigen Tagen voll-
endete der Bischof Anthimus sei-
nen Lebenslauf, und er überliefs
ihm seine Herde, indem sie ihn
zum Bischof machten. Und nach
seiner Einsetzung sandte er zur
seligen Justina, dafs sie zu ihm
kommen solle, indem er sehn-
lichst wünschte, dafs seine An-
ordnungen durch sie bei den Leu-
ten bestätigt und durchgeführt
würden. Und nachdem die Selige
gekommen war, erzählte er ihr
alles, was ihm begegnet war; und
als das Volk es hörte, dankten sie
Gott, dem Veranstalter von stau-
nenerregenden, herrlichen Wun-
dertaten. 92 Und Cyprianus betete
über ihr und setzte sie ein als
Oberin der Nonnen, und er über-
gab ihr die Menge der Jung-
frauen, die in der Lebensweise
Christi ihr Leben zu führen ge-
dachten. Und der heilige Cypria-
nus weidete unterdessen die Herde
Christi in Sorgsamkeit und Furcht
Gottes, indem er ohne Unterlafs
beklagte, was er in seinem frü-
heren Leben von Schlechtigkeiten
getan hatte.
Und als der listige Teufel sah,
dafs Cyprianus sich tatsächlich
von ihm abgewendet hatte, da er-
grimmte er über ihn gar sehr;
und der Heilige hatte schon zur
Zeit seiner Taufe den Wunsch ge-
x erfüllte und die Worte unseres Herrn Jesus Christus, die er von
der Einsammlung des Weizens und der Verbrennung des Unkrautes ge-
sagt hat (Matth. 13, 30) sb.
Der Urtext der Oyprianuslegende.
301
hegt, dafs ihm der Herr Macht
über die unreinen Geister geben
möchte, so dafs, ebenso wie sie in
seinem früheren Leben unter sei-
ner Macht gewesen waren, die
Gnade Christi sie wiederum ver-
treiben werde, und dafs Cyprianus
die, denen er in der vergangenen
Zeit ein Freund gewesen war,
[nun] durch die Gnade Christi
bekämpfe und vertreibe, ent-
sprechend dem Willen unseres
wohlgeneigten Gottes, der daran
Gefallen hat, dafs man ihn sich
geneigt macht zum Guten, da er
doch nicht den Tod des Sünders,
der Gott verleugnet, will, ent-
sprechend dem, dafs 'er will, dafs
er umkehre und so am Leben
bleibe'.' Und der selige Cypria-
nus heilte alle Krankheiten und
Wunden und vertrieb die Dä-
monen, indem er bei sich sagte
die Worte des Apostels Paulus:
Wo * die Schuld überreich ist, da 77
ist's noch mehr die Gnade.2
Indem er sich abmühte a um
den wahren Glauben, b sah er,
wie das Volk zerstreut war, und
den Wolf, wie er raubte. 93 Der
heilige Cyprianus aber c lehrte
durch Briefe viele aus der Stadt d.
94 Der Erzbösewicht aber, e der
tückische Satan e, reizte durch
267 ' Leute des Irrglaubens * dazu
auf, dafs sie den Heiligen vor
Eutolmius dem Ostgrafen ver-
leumdeten und ihm sagten : 95 'Cy-
Und in diesen Tagen kümmerte
sich der König Decius um uns
und erhob gegen die Christen ein
Wüten in jeglicher Provinz und
Landschaft; und er zwang sie,
vor den Götzenbildern zu erschei-
nen. 9,!J Und der selige Cyprianus
hörte nicht auf zu schreiben und
[Botschaft] zu senden an die Gläu-
bigen in allen Landstrichen, in-
1 Ez. 18, 28. 2 Rom. 5, 20.
a für b. — t> denn (er sah etc.) sb. — c ermahnte sb. — d und be-
freite viele von der Furcht vor dem verderblichen Wolfe -\- sb. — ? die
giftige (wörtl. 'bittere') Schlange (davor 'und' + b) sb. — f Verehrer der
Götzen sb.
302
Uer Urtext der Cyprianuslegende.
prianus 8 ist der Lehrer der Chri-
sten, h und er h vernichtet den
Ruhm der Götter durch seine
1 vielen Zaubereien mit einer Jung-
frau, und er bringt die ganze
Schöpfung durch seine Briefe in
Aufregung, und k Jungfrauen
macht er zu Weibern' k. 96 Der
Graf aber ward mit Zorn erfüllt
und befahl l den Richtern, dafs
sie den m Cyprianus u und die
Jungfrau B in Fesseln ° sorgfältig
[überwacht] nach der Stadt Da-
maskus schaffen und sie vor ihn
hinbringen sollten. 97 Und als
sie hineingekommen waren p vor
ihn P, sprach der Graf zu Q ihnen :
'Du bist der Lehrer der Christen,
der du r ehedem viele s davon
abgebracht hast, die Götter zu
preisen, und durch den, der ge-
kreuzigt worden ist, viele verleitet
hast, indem du ihn s höher stellst
als die Götter.' 98 Der heilige
Cyprianus aber sagte: * 'Warum
hast du dich hingegeben u dem
Hochmute der Bosheit und dem
Wahnsinn ,l des Bösen? Denn
268 ich war, wie * du gesagt hast, an
v den Feind der Redlichkeit v ge-
kettet, w indem ich der Lehrer
der Heiden war x und viele durch
alle verschiedenen Arten der
Sünde tötete x. " Und als Chri-
dem er sagte: '0 meine Brüder!
Lafst uns nicht ängstlich besorgt
sein um dies zeitliche Leben !
Und wenn wir dem Tode nicht
entrinnen können, so lafst uns
um Christi willen sterben, damit
wir durch ihn leben; denn "die
Besitztümer dieser Zeit sind nicht
wert der Herrlichkeit, die über
uns aufgehen soll".1 Und darum
wollen wir nicht [falsche] Rück-
sicht nehmen auf Wohnung und
auf Stellung und auf flüchtigen,
vergänglichen Reichtum und nicht
auf Kinder und nicht auf die
Tränen eines Weibes und nicht
auf Besitz, und keines von den
vergänglichen Dingen soll uns
zum Anstofs werden, der uns los-
reifsen könnte von dem Wandel,
der nicht zu Grunde geht. Denn
nicht gibt es ein Glück, das er-
habener und wunderbarer, und
keines, das bei Gott gepriesener
ist, als wenn einen von uns mit
ein wenig Blut der König der
Himmel für sich erkauft. Darum
schreibt der selige Paulus, indem
er sagt: "Was kann uns trennen
von der Liebe Christi ? Sorge oder
Elend oder Furcht oder Schwert?
Siehe, ich bin dessen gewifs, dafs
1 Rom. 8, 18.
g > sb. — 1» > sb. — i > b. — k durch die Zeichen, die er tat
(tut b) sb. — 1 allen sb. — m heiligen + sb. — n samt der heiligen (Jung-
frau + s) Justa sb. — o und + sb. — P > sb. — <1 ihm b. — r einst b. —
s dazu brachtest [die Götter] zu preisen, jetzt aber durch Zaubereien sie
lehrst und verleitest und den Sinn der Menschen aufregst und den, der
gekreuzigt worden ist, b; davon abgebracht hast, die Götter zu preisen,
hauptsächlich durch den, der gekreuzigt worden ist, indem du durch seine
vielen Zaubereien das Gehör der Menschen irreführst und ihn (NB. dieser
Text ist jedenfalls nicht korrekt überliefert) s. — t Wie sb. — n dem Wahn-
sinn und dem Irrtume b; dem Hochmute und Irrtume der Bosheit s. —
v die der Redlichkeit Entfremdeten und ihre Feinde sb. — w und -f- sb.
— x habe ich viele getötet und viele dazu gebracht, dafs sie Ehebruch
trieben sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
303
stus y mich errettete, auch y mir
half durch diese Jungfrau, da
verliebte sich ein Scholastikus
von der Familie der Clidonia z in
sie, und als er der Magd Gottes
nichts Böses antun konnte, indem
er sie zur Frau nehmen wollte,
100 da kam er zu mir und bat
mich, dafs ich a ihm den Freund-
schaftsdienst erweisen sollte. Ich
aber, im Vertrauen auf meine
Zauberbücher, sandte Dämonen
gegen sie, und durch das Zeichen
Christi trieb sie sie in die Flucht,
und so [geschah es] sogar mit
dreien. 101 Ich sendete auch ihren
Obersten, und durch das Bild
des Zeichens Christi erniedrigte
sie b die heilige Jungfrau b. Und
als ich das sah, was geschehen
war, beschwor ich den Dämon,
dafs er mir sagen sollte, aus
welchem Grunde c er die Kraft
<l der Jungfrau nicht überwinden
konnte. e Und indem der Dämon
infolge des f Engels Pein litt
269 (eig. brannte), ' 102 sagte er * mir
die ganze Wahrheit, und er sagte
weiter zu mir: "Weil ich der Er-
finder alles Bösen S bin." loa h Und
ich überlegte es mir und J gab
meine Zaubertabellen dem frü-
heren Bischöfe, k indem ' alle '
obrigkeitlichen Personen der Stadt
dabei standen, m und er verbrannte
nicht Leben noch Tod noch [ir-
gend] eine andere Kreatur uns
zu trennen vermag von der Liebe,
die in Jesus Christus ist," ' "um
dessen Willen ich alle Dinge für
Kehricht zu achten gelernt habe,
um Christum zu gewinnen."2 "So
stehet denn nun, meine Brüder,
im Glauben, festgewurzelt, uner-
schütterlich!"3' Diese Worte und
mehr noch als sie schrieb der
selige Cyprianus nieder, und er
brachte viele Märtyrer zu Gott
hin. 94 Und als der listige Teufel,
der in der früheren Zeit sein
Freund gewesen war, das sah,
indem er [nun] sein Widersacher
war, so ertrug er es nicht, sondern
ging hinein unter die Leute von
den Götzendienern, und er reizte
sie auf, den seligen Cyprianus zu
verklagen. Und sie gingen nach
Damaskus hin und verklagten ihn
bei Quirinianus, dem Obersten der
Stadt, indem sie sagten : 95 'In
unserer Gegend ist dieser Mann
mit Namen Cyprianus Bischof.
Nicht gehorcht er dem Befehle
der Könige und verehrt nicht un-
sere Götter und hört nicht auf,
die Götter und die Könige zu
verfluchen, und er wünscht durch
1 Rom. 8, 35 u. 38.
1 Kor. 16, 13.
VPhil. 3, 8.
y > sb. — z mit Namen Aglai'das sb. — »im AVahnwitze der Freund-
schaft [es] bewirken sollte (?) s; den Wahnwitz der Freundschaft er-
weisen sollte (?) b. — t> sie sb. — c sie (. . . konnten) s. — <i dieser sb. —
e Aber b. — f heiligen -\- b. — S und alles Häfslichen -f- sb. — h Ich
aber sb. — * brachte hin sb. — k und -f- sb. — 1 viele und (auch -f- b)
die sb. — m verbrannte man s; verbrannte ich b.
1 So läfst sich nach dem griech. Text ('von Engeln gepeinigt') über-
setzen; doch ist es geratener, anzunehmen, dafs der griech. Text sekundär
ist, infolge einer Korruption des syr. Textes entstanden, und dafs der ur-
sprüngliche (syrische) Text lautete: 'indem er in Verlegenheit war infolge
seiner Sendung (d. h. des Milserfolges derselben)' etc.
304
Der Urtext der Cyprianuslegende.
sie mit Feuer. 104 Auch ich bitte
dich jetzt, dafs du dich lossagst
von dem Wahnwitz der Götzen
und in das Gotteshaus kommen
und die unbesiegbare Kraft Christi
kennen lernen mögest.' 105 Da er-
grimmte der Graf " über ihn und
befahl n, dafs er aufgehängt und
gekämmt werde ; 106 auch die hei-
lige Jungfrau befahl er mit neuen
0 Stricken aufs Gesicht zu schla-
gen, indem sie einander gegen-
über hängen sollten. — P Und
die Jungfrau fing an zu sagen:
107 'Preis sei dir, wahrer « Christus,
dafs du mich, die ich [dessen]
nicht wert war, zugelassen hast,
dafs ich deinen Willen vollführen
kann, und r dafs ich um deines
Namens, der seine Verehrer er-
höht, geschlagen werde' r. Und
als die Henker davon, dafs sie
die s Selige schlugen, müde ge-
270 worden waren, * * sie aber nur
um so mehr * Gott lobte, da be-
fahl der Graf, dafs sie von ihr
ablassen sollten. Und als Cy-
prianus gekämmt worden war,
fühlte er nichts von dem Käm-
men. 108 Es antwortete der Graf
und sprach zu ihm : 'Opfere u,
und du wirst v den Qualen ent-
gehen und nicht elendiglich ster-
ben.' 109 Der heilige Cyprianus
antwortete und sprach zu ihm :
'Warum erhebst du dich über
Gott, dafs du dich von ihm los-
sagst und dem Evangelium Christi
dich nicht anschliefsen willst?
Denn mich machst du nicht von
dem Wege des Lebens abwendig;
seine Zaubereien die Frauen für
seinen Glauben zu gewinnen ; und
er hat bei sich eine Jungfrau,
eine Zauberin mit Namen Justina,
und beide werden nicht müde,
an alle Städte zu schreiben * mit
ihren Zauberkünsten, indem sie
die Männer und die Weiber ver-
führen.' 96 Und als der Präfekt
ihre Rede hörte, ergrimmte er hef-
tig und sandte Soldaten; und
diese brachten sie beide nach
Damaskus. 97 Und sie traten vor
das Angesicht des Stadtpräfekten
gefesselt. Da sprach er zu Cy-
prianus: 'Du bist also Cyprianus,
der die Leute verdirbt, so dafs
sie uns nicht [mehr] gehorchen,
der unsere Götter verflucht, der
die Verehrung Jesu des Naza-
reners, des Gekreuzigten, lehrt.'
98 Da antwortete ihm der Heilige,
indem er sprach: 'Ja, ich bin es
in Wahrheit! Aber siehe, ich war
einstmals in dem gleichen Irrtume
und ein Freund deines Vaters
des Satans, mehr verhext als ihr;
nicht kannte ich den Weg der
Wahrheit, sondern ich hielt den
Irrtum für Licht. " Und als es
dem wohlgefiel, der in Wahrheit
mein Gott ist, so zeigte er mir
den Weg der Wahrheit durch
eine herrliche Jungfrau. Das ist
die Alte, die du bei mir siehst, in
welche sich in ihrer Jugend einer
der vornehmsten adeligen Jüng-
linge verliebt hatte, indem er mit
ihr Zusammensein wollte. Und
nachdem er sich gar sehr abge-
müht hatte mit dem, was er er-
n und schäumte vor Zorn und befahl betreffs des Seligen sb. —
o Riemen (wörtl. 'Häute') sb. — P Die heilige Jungfrau aber sprach
also: sb. — «l Gott sb. — r dafs du mich gewürdigt hast, um deines
Namens willen geschlagen zu werden sb. — s Heilige sb. — t und sie
nur sb. — u nun -f- so. — ▼ diesen sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
305
denn ich w laufe, dafs ich zu den
Himmlischen, die das Königreich
ererben, hinkomme, und dafs ich
x gewürdigt werde durch diese
Martern, die du an mich heran-
bringst, y der unvergänglichen
Seligkeiten' y. 110 Der Graf sprach:
z 'Und um dieser Qualen willen
ererbst du das Himmelreich ? Ich
werde dir a gröfsere als diese zu
teil werden lassen.' m Und er
befahl, ihn zum b Gefangenen-
hause zu c führen und die heilige
Justa (1 mit ihm ; und (l er befahl,
dafs sie e sorgsam bewacht wer-
den sollten. Und als sie in das
271 * f Gefangenenhaus hineingekom-
men waren, ward es hell durch
die f Güte unseres Herrn Jesu
Christi S ihnen gegenüber S. —
112 h unc] wenige Tage nachher
befahl der Graf, dafs man sie
vor seinen Richterstuhl bringen
sollte ' ; und der Graf hob an und
sprach zu den Seligen: 'Täuscht
euch nicht durch den Glauben
und die Zauberei des sterblichen
Mannes und verliert [nicht] euer
Leben !' l13 k Es antwortete aber
Cyprianus und k sprach zu ihm :
'Dieser Tod erwirbt denen, die ihn
1 lieben, ewiges Leben.' 114 m Da
antwortete der Graf von Sinnen
und sprach: 'Man soll einen
Kessel heizen und Pech und
Wachs und Schwefel hineintun
und [dann] den u Seligen ° in den
Kessel °, wenn er siedet, hinein-
werfen.' 115 Und als sie ihn hin-
strebte, und doch seinen AVillen
nicht erreicht hatte, 1()0 kam er
schliefslich zu mir und gab mir
viel Gold und Silber, damit ich
durch meine Listen mich ihrer
bemächtige. Da rief ich einen
Dämon herbei und sandte ihn zu
ihr, damit er sie verführe. Und
er kehrte beschämt zu mir zu-
rück ; und ich sandte einen zwei-
ten, und es ging ihm, wie es dem
ersten ergangen war. 101 Da rief
ich als dritten ihren Obersten her-
bei; und nachdem er mit grofser
Prahlerei gegangen war, kehrte
auch er beschämt zurück. Und
als ich ihn fragte, indem ich mich
über ihn mokierte: "Wie ist es
deinem Eifer und deiner Macht
ergangen ? Bist du schon schwach
geworden ?" l02 Da sprach er zu
mir: "Ich habe das Zeichen des
Gekreuzigten gesehen und habe
mich davor gefürchtet und bin
davor geflohen." Da sprach ich
zu ihm : "So ist also Christus gro-
fser als du?" Und er sprach: "Ja!
Wo seine Kraft ist, ist keiner von
uns im stände, an diesen Ort
nahe heranzukommen und etwas
auszurichten." 103 Und nachdem
ich sein Wort gehört und mei-
nen Verstand zusammengenom-
men hatte, da verfluchte ich ihn,
und ich verfluchte seine Kraft
und bekreuzigte mich mit der
Kraft des Kreuzes. Und ich er-
hob mich und verbrannte die
Zauberbücher; und ich eilte zum
w eile s b. — x wert sei s. — y ihrer (d. i. der Himmlischen) b ; > s.
— sg > sb. — a also -f- sb. — 1> Gerichtshause s. — c bringen und zu
-f- sb. — d > sb. — t im Hause des Terentiuus bewacht werden sollte sb.
— f Haus hineingekommen war, ward das Haus erfüllt von der (ward
das ganze Haus hell durch die s) sb. — S > sb. — h Aber sb. — i ^ und
als sie herbeigekommen waren, da sprach der Graf: sb. — k Cyprianus
aber. — • ersehnen sb. — m Der Graf aber befahl von Sinnen: sb. —
n Heiligen sb. — «in ihn hinein b.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 20
306
Der Urtext der Cyprianuslegende.
eingetan hatten, nahm er P kei-
nen Schaden. 116 Hierauf befahl
9 der Graf r, die s selige Justa
* zum Kessel herbeizuführen *.;
und als sie herbeigekommen war,
flöfste der Böse ihr Furcht ein,
und sie fing an, sich zu fürchten.
Der selige Cyprianus aber schrie
und sprach zu ihr: U7 'Komme,
Magd Gottes u ! Denn u du hast
72 mir gezeigt den Weg * des Lebens
und hast mir geöffnet die Tür
des Himmels und hast mir ge-
zeigt die Herrlichkeit Christi.
v Du hast dich kräftig gezeigt
gegenüber den Dämonen, w auch
ihren Obersten hast du x für
nichts geachtet x durch die Kraft
des Kreuzes y. Und wie solltest
du dich vor dem Feuer fürchten?'
Die Selige aber bekreuzte ihren
ganzen Leib und stieg hinan
zum Feuerkessel; und die beiden
z freuten sich und frohlockten z
inmitten des Kessels wie inmitten
a erquickenden Taus. ll8 b Und
es antwortete c Cyprianus und
sprach: 'Preis sei dem Gott in
den Höhen und Frieden auf
Erden und gute Hoffnung den
Menschen, die rechtschaffen d und
gläubig!' Und er sprach weiter"1:
'Weil der Satan vom Himmel ge-
fallen ist e und von den Füfsen
aller derer zertreten wird, e die
an den König Christus f unseren
Erlöser f glauben s — denn s den
Bischof und liefs mich taufen und
wurde ein Knecht Christi. 104 Und
da du nun diese Worte von mir
gehört hast, o Präfekt, so lafs
diesen Irrtum fahren, der dich
umstrickt hat; und da du nun
die Wahrheit kennen gelernt hast,
so glaube an Christus, der dein
Leben an sich nimmt, um dir das
ewige Leben zu geben.' 105 Und
während noch der Präfekt seine
Rede hörte, ward er sehr zornig
und befahl, dafs sie zusammen
ausgestreckt und mit Geifseln
von Fvinds[leder]riemen geschla-
gen werden sollten. Hierauf be-
fahl er, dafs der Heilige auf ein
Schöpfrad gebunden und zugleich
mit ihm umgedreht werden sollte,
* damit seine Knochen zerrieben 79
würden. 106 Und er trat herzu,
um der Jungfrau ins Gesicht zu
schlagen ; und als ihr dies Schmerz
bereitete, sprach sie: 107 'Ich danke
dir, o mein Herr und mein Gott,
dafs du mich, deine Magd, ge-
würdigt hast, diese Strafen zu er-
leiden um deines Namens willen.'
Und es banden die Diener den
Heiligen auf dem Schöpfrad fest,
und sie setzten es in Umlauf;
doch nützte ihr Tun nichts, son-
dern er war, wie wenn man ihm
keinerlei Schmerz bereitet hätte,
indem er betete. lü8 Und es flehte
der Präfekt den Heiligen an, in-
dem er sagte: 'Glaube das Sinn-
P durch (in?) nichts sb. — 1 er sb. — r wieder -f- s. — s heilige sb. —
* herbeizuführen und auch sie zum Kessel heranzubringen sb. — n (und
meine Schwester -f- s), die du etc. sb. — v die du etc. sb. — w und -j- sb.
— x zu nichte (eig. 'wie nichts') gemacht sb. — y das die stärkt, die da-
nach verlangen -f- sb. /■ waren zufrieden und vergnügt sb. — a zarten
(bezw. 'feuchtfrischen', wenn anders zu lesen) sb. — b > sb. — c der
selige -(- sb. — cl > sb. — e deshalb ist alles in Frieden; denn durch das
Wort Christi, der auf der Erde war, wurde der Satan zu Schanden, und
seine Kraft ward erniedrigt und ward zum [Gegenstand des] Zertretens
für die Menschen sb. — t > sb. — S und durch die Kraft des Kreuzes
half er seinen Kindern und sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
F07
Bösen und h alle, die ihm gehor-
273 samen, hat er in Finsternis * ein-
geschlossen — , ' so preise ich
dich, den Gott des Alls k, dafs
du uns gewürdigt hast, dafs wir
um deines Namens willen Schmach
erleiden. * Ich bitte dich, unser
barmherziger Herr \ dafs m du
unser Opfer annehmen mögest ni
zum Wohlgefallen deiner Er-
habenheit.' 119 ° Und der Graf
hörte es und lachte und sprach :
'Ich werde euch widerlegen und
die P ganze Kunst eurer Zaube-
reien.' 12° Athanasius aber, sein
Beisitzer (avyxd&eÖQog), i der
Freund des Unreinen, sprach
zum Grafen: 'Mir möchte deine
Hoheit, mein Herr, befehlen, und
ich würde [dann] herantreten an
das Sieden des Kessels r im Na-
men der Götter und 8 die grofse
Kraft Christi besiegen.' 121 Der
Graf aber sprach zu ihm: 'Tritt
herzu !' und als er an den e Kes-
sel herantrat, erhob er seine
Stimme und sprach: 122 'Grofs
ist der Gott Zeus und der
Vater der Götter a Asklepiadus,
v der den Menschen Gesundheit
verleiht!' Und als er an die
lohende Feuersglut herangetreten
war, fiel er nieder, und alle seine
Glieder zerbarsten w wie Wachs
vor dem Feuer. 123 x Den heiligen
Cyprianus aber und die Jung-
274 fraux bewahrte * die Gnade ohne
Schaden, dieweil sie Gott prie-
sen. — Der Graf aber ward be-
lose! Bist du denn nicht schon
dumm geworden, wenn du an
einen Menschen glaubst, der als
Rebell den Tod erlitten hat? Und
warum hast du kein Mitleid mit
dir selber ?' 109 Es sprach zu ihm
der Selige: 'O dafs doch meine
Dummheit dich verleitete und du
glauben würdest an Christus mei-
nen Herrn, der dafür, dafs du
[mich] peinigen läfst, mir das
Himmelreich geben wird. Aber
schon ist dein Verstand verdun-
kelt, so dafs du es vorziehst, dem
Satan deinem Vater zu willfah-
ren.' 110 Und der Erzürnte ward
[noch mehr] grimmig; und er
sprach zu ihm: 'Wenn du, o du
arger Greis, durch [Erleidung]
meiner Strafen das Himmelreich
erlangst, so will ich dich bestrafen
mit vielen Strafen, auf dafs ich
sehe, ob dein Christus kommen
wird und dich dann meinen Hän-
den entreifst.' Und er trat zu den
Dienern und [befahl ihnen], dafs
sie das Schöpfrad samt ihm heftig
herumdrehen sollten, um seinem
Leben ein Ende zu machen. Und
als sie taten, was er ihnen be-
fohlen hatte, nützte alles nicht,
was sie an ihm taten. m Und
der Präfekt befahl, dafs er ins
Gefängnis gehen sollte, und er
übergab die Justina einem seiner
Genossen, Namens Andranius
(Andronicus?), damit er sie ver-
wahre, um sich ihre Sache [noch]
zu überlegen. 112 Und nach we-
ll jeden, der etc. sb. — « um seinetwillen s; darum b. — k und
Herrn der Gnade + sb. — 1 Und ferner bitten wir dich und preisen
dich sb. — m unser Opfer angenommen werde b. — o Und als der Graf
dieses hörte, lachte er sb. — P > sb. — <l und -f sb. — r in Kraft und
+ b. — s du würdest -\- b. — t feurigen -j- sb. — n Asklepius sb. —
v und er verleiht b. — w sie fielen [zu Boden] und wurden verzehrt und
zerschmolzen -f- sb. — x Die Heiligen (Der heilige Cyprianus und die
Jungfrau bei ihm s) aber — sie sb.
20*
308
Der Urtext der Cyprianuslegende.
trübt und sprach: 'Was soll ich
tun, da doch der Priester und
Freund, den ich hatte, [so] elendig-
lich gestorben ist? J* Was soll ich
diesen schlimmen Leuten antun ?
Ich weifs es nicht.' — Es ant-
wortete Terentius und sprach zu
ihm : 'Nicht sollst du dir zu schaf-
fen machen mit diesen Menschen,
die du als schlimm bezeichnest!
Und nicht kannst du der Wahr-
heit widerstehen ; denn die Kraft
der Christen ist unbesiegbar. Aber
sende sie dem Könige, indem du
den Fall ihrer Torheit anzeigst.'
Der Graf aber schrieb eine Ana-
phora, in welcher so stand: ' —
Dem grofsen Könige Cäsar, der
da herrscht z auf der Erde und
auf dem Meere z, Diocletianus,
Heil ! Entgegen dem Befehl a dei-
ner Majestät sind diese Leute
aufgetreten, und ich habe b sie er-
griffen : den Cyprianus, der der
Lehrer der Christen war, c und
die Jungfrau mit Namen Justa.
Und aus den Hypomnemata,
(1 mein Herr <l, e ersiehst du, wie
viele Qualen und Martern ich
ihnen auferlegt habe ; und [doch]
willfahrten sie mir nicht, dafs sie
auf deine Gesetze, mein Herr,
gehört hätten. f Und siehe, so f
sende ich sie deiner grofsen Re-
gierung.' — Der König aber, als
275 er diese * Hypomnemata der Seli-
gen gelesen hatte, wunderte sich
Ssehr über ihre Standhaftigkeit h,
und es baten ihn seine Freunde
und sprachen zu ihm: 'Stelle dich
nicht der grofsen Kraft Gottes
entgegen!' — Der König aber, als
nigen Tagen befahl der Präfekt,
sie beide vorzuführen ; und er
sprach zu dem Heiligen : 'Nötige
uns nicht, dafs wir dich umbringen
um des Gekreuzigten willen, mit
dem du prahlst!' 113 Der Heilige
sprach: 'Jeder, wer stirbt um des
Namens Jesu Christi willen, der
wird leben in Ewigkeit.' 114 Und
als der Präfekt seine Rede hörte,
befahl er, einen grofsen Kessel
{yuh/.uov) herbeizubringen ; und
er befahl, dafs Naphtha und
Pech und Schwefel hineingewor-
fen würde, und dafs es alles flüssig
werden solle, und wenn es sie-
den würde, sollten die beiden
Heiligen lebendig hineingeworfen
werden. 115 Und als sie seinen Be-
fehl ausgeführt hatten, stürzten sie
den Heiligen hinein; und es fiel
zugleich mit ihm himmlischer Tau
[wie] Hagel in den Kessel hinein.
11(5 Und als er sah, wie die heilige
Justina zugleich mit ihm herbei-
gebracht und in den Kessel ge-
worfen wurde, sprach er zu ihr:
117 'Freue dich, o Jungfrau Justina,
Braut Christi, weil ich durch dich
den Weg der Wahrheit kennen
gelernt habe.' Und sie fiel nieder
und warf sich im Kessel zu Boden.
118 Da sprach der Heilige mit lau-
ter Stimme: 'Lob sei Gott in der
Höhe und auf der Erde Frieden
und Freude, dieweil unser Herr
Jesus Christus, als er vom * Hirn- 80
mel herabkam, in seiner [Heils-]
durchführung einen Leib ange-
zogen hat und [so] Frieden auf
der Erde ward; und indem er
zu uns herabgestiegen ist, sind
y Und er rief den Terentius, seinen Freund, und sprach zu ihm + s b.
— z auf dem Meere und auf der Erde s. — a und der Eegierung -\- sb. —
t> > sb. — c samt der sb. — <!>$&. _ e erkennst sb. — f Darum sb.
— K > sb. — 1' und es wollte auch er sie peinigen -+- sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
309
er ' es hörte, sprach k zu Cypria-
nus k : 'Der, welcher der Lehrer der
Christen ist, J samt der Jungfrau '
Justa, — • da sie sich die gehaltlosen
Häresien derer auserwählt haben,
die Christen genannt werden, und
das Leben fahren gelassen und
sich den Tod erwählt haben,
124 darum befehle ich in Be-
ziehung auf sie, dafs [ihnen] ihre
Häupter mit dem Schwert abge-
schlagen werden sollen.' ,25 Und
als die Heiligen m zum Tode m
geführt wurden, an einen Ort, wo
sie vom Leben zum Tode gebracht
werden sollten n, 126 da baten
sie ° die Henker, dafs sie ihnen
ein wenig Zeit gewähren möchten,
dafs sie beten könnten °. — Und
der heilige P Herr Cyprianus p
fing an zu beten, <J indem er sagte :
127 'Gedenke, o Herr, deiner Kirche
allerorten und aller deiner r gläu-
bigen und r wahren Diener und
sei ein Genosse s derer, die deinen
Namen lieben s !' 128 Und er machte
27ö das Kreuzeszeichen * Christi über
seinen ganzen Leib und stellte
die Jungfrau * Justa zu seiner
Rechten hin; 129 und er bat die
Henker, dafs sie vor ihm ent-
hauptet würde. 13° Und die
Henker taten so. — Und der hei-
lige Cyprianus sprach: 'Preis sei
dir, Christus, u dem Ermutiger
seiner Verehrer " !' — v Und es
war dort ein hochgestellter Mann
mit Namen Theoktistus, w ein
gläubiger Mann w, und er trat
wir ohne unser Verdienst seine
Knechte. Er sandte sein Erbar-
men in den Kessel auf uns, und es
wur» le uns alsTau und [zur] Freude
zu teil. Dir sei Lob, o Christus
unser Gott, die weil du uns, dei-
nen Knechten, nicht deine Gnade
entzogen hast ; Lob deiner Wohl-
geneigtheit, Lob deinem Lieben !
Denn du hast deinen geheiligten
Namen erhabener als das [Welt-]
All gemacht.' 119 Und als der
Fürst sein Wort hörte, sprach
er: 'Ich wundere mich, wie um
eines Menschen willen, der ge-
kreuzigt und begraben wurde, der
Tod dem Leben vorgezogen wird.'
120 Da sprach einer der Dabei-
sitzenden , einer von den Ge-
nossen des Präfekten: 'Deine
Hoheit möge mir doch befehlen,
dafs ich an den Kessel heran-
trete und im Namen der geprie-
senen Götter flehe, und alsdann
wirst du ihren Untergang sehen.'
121 Und es erlaubte ihm der Fürst,
und er ging eilends zum Kessel
hin, indem er sagte: 122 'O Her-
mes und Asklepius, ihr Geprie-
senen unter unseren herrlichen
Göttern, höret mich und zerstöret
die Zaubereien dieser beiden, die
euch nicht anbeten, damit sie
verbrannt werden!' Und während
er noch dieses Wort sprach, ging
aus dem Kessel eine feurige Lohe
heraus, die ihn ganz und gar ver-
brannte. 123 Und nachdem die
beiden Heiligen es gesehen hatten,
i die Anaphora b. — k also: Cyprianus sb. — 1 die in Antiochien
sind, samt einer Jungfrau Namens sb. — ni > sb. — » bei einem Flusse
mit Namen Galos -\- sb. — o dafs man ihnen gewähren möchte, dafs sie
eine kurze Zeit beten dürften sb. — l> > sb. — q und (> b) also zu
sagen sb. — r > sb. — s aller derer, die um deines Namens willen arm
sind. — * > sb. — u unserem Erlöser (wörtl. 'Lebendigmacher') sb. —
▼ > s; aber b. — w > b.
310
Der Urtext der Cyprianuslegende.
herzu und begrüfste den heiligen
x Märtyrer, als er durch das
Schwert vom Leben zum Tode
gebracht wurde. — Fulv[i]us aber,
der Beisitzer des Königs, befahl,
dafs [auch] y sein Kopf durch das
Schwert abgeschlagen werden
sollte. z — Und als sie vollendet
hatten und auch der selige Theok-
tistus mit ihnen, wurden die Lei-
ber2 der a drei Seligen den Vögeln
hingeworfen viele Tage lang; doch
sie b nahten ihnen b nicht. —
c Ein Schiffer aber, ein gläubiger
Mann, als er c von dem Ende der
Seligen hörte, weil d er gleichen
277 Geschlechts wie der selige * Theok-
tistus war, e nahm mit sich gläu-
bige Männer von den Seinigen e
und f setzte sief sechs Tage und
sechs Nächte hin, s bis sie die
Leichname der seligen h Märtyrer
den Wächtern gestohlen hatten,
1 weil mehr als Gold und Silber
und wertvolle Perlen die Ge-
beine der k Seligen ihnen wert-
voll waren. * Und sie brachten
sie nach der m Stadt Rom n samt
ihren Akten (vno/ny/j/.iaru) und
gaben sie einem Weibe n mit Na-
men Rufina vom ° berühmten Ge-
schlechte der Familie der Clau-
dier. Und die gläubige Rufina
nahm P die Gebeine der heiligen
Märtyrer P und legte sie an einen
hochgeehrten Ort, i indem sie in
reine Linnen und wohlriechende
Spezereien gewickelt waren. Q Und
wurde ihr Glaube noch weit mehr
gesteigert, und sie beteten, indem
sie sprachen : 'Dir sei Lob, o unser
Gott Jesus Christus; denn deine
Gnade ist mächtig gewesen an
uns, und die Lohe hat den ver-
brannt, der dich, den Sohn des
allmächtigen Gottes, nicht als un-
seren Gott erkannt hat. Du bist
der Gott, derWunderwerke schafft.'
Und nachdem der Präfekt ge-
sehen hatte, was sich zugetragen
hatte, war er erstaunt und ver-
wirrt, und er sprach: 'So wahr
der Gott lebt! Nicht weifs ich,
was ich mit diesen beiden Zau-
berern tun soll, weil ihr Christus
tatsächlich über die Strafen und
über die Götter obgesiegt hat.'
Hierauf sprach er zu einem der
bei ihm Dabeisitzenden : 'Was soll
ich mit ihnen tun? Was kannst
du mir in ihrer Sache raten ?' Da
sprach er zu ihm: 'O Präfekt,
schlage ihnen die Köpfe ab, wenn
bei allem, was du als Strafe über
sie verhängt hast, ihr Christus
ihnen durchhilft.' 124 Und es ge-
fiel ihm diese Ansicht, und er be-
fahl, ihnen ihre Köpfe mit dem
Schwerte abzuschlagen. 125 Und
als er sie den Dienern überant-
wortet hatte und sie an den Ort
hingegangen waren, da sprach
der Heilige zu ihnen: 126 'Lafst
uns eine einzige Stunde in Ruhe!
Wir wollen beten.' Und sie taten
es; da beugten die beiden ihre
x > b. — y der Kopf des heiligen Cyprianus s. — z Und sie schlugen
seinen (des heiligen Cyprianus + b) Kopf ab. Die Leiber aber (wurden etc.) sb.
— a > s b. — '» beschädigten sie sb. — c Schiffer aber, gläubige Männer,
hörten sb. — «1 der selige Theoktistus ihres Geschlechtes war. — e > sb.
— f es setzten sich die Leute sb. — s und so stahlen sie etc. sb. — h > sb.
— i und es waren ihnen wertvoll mehr als etc. sb. — k Märtyrer sb. —
1 Sie brachten aber die Gebeine der Märtyrer sb. — <« Hauptstadt b. —
« und die Akten und (bezw. 'betreffend') ihre Kämpfe gaben sie einer Ma-
trone sb. — o hohem sb. — P die Leiber der Seligen sb. — n > sb.
Der Urtext der Cyprianuslegende.
311
jedermann, der r an die Seligen
herantrat, empfing Heilung und
Hilfe von ihnen r. — Dies ge-
schah aber unter dem Konsulat
278 des Diocletianus * in der s Stadt
Nicomedien s am fünfzehnten im
Monat, der da heifst l Chaziran
(Juni), indem unser Herr Jesus
Christus regiert im Himmel und
auf Erden11. — Zu Ende ist
das Martyrium des v Zau-
berers Cyprianus und der
Jungfrau Justaw und des
gläubigen Theoktistus w.
Knie und fielen vor Gott gegen
Osten hin nieder. Dann erhoben
sie sich und hoben zum Himmel
ihre Hände empor, indem sie
sagten: 'Wir loben dich und wir
danken dir, o unser Herr und
Gott Jesus Christus, dafs du uns
Geringe gewürdigt hast, dafs wir
dieses Ziel erreichen sollten. Nun
bitten wir dich, dafs du * unsere 81
Seele in Frieden aufnehmen möch-
test, 127 und schenke deiner gan-
zen Kirche Gnade und deinem
gläubigen Volke Frieden und
mache deine Gnade an allen wun-
derbar, wie du sie an uns wunder-
bar erwiesen hast. Lob sei deinem
heiligen Namen in allen seinen
Eigenschaften, Vater und Sohn
und heiligem Geist, in alle Ewig-
keiten. Amen!' 128 Und er machte
über sich und die Jungfrau das
Kreuzeszeichen und stellte sie zu
seiner Rechten hin, und sie beug-
ten ihre Nacken, 129 und sie er-
suchten den Scharfrichter, dafs er
zuerst der Jungfrau den Kopf
abschlagen möchte. Und er tat so
und schlug nach ihr seinen Kopf
ab. 130 So wurden sie auf diese
Weise mit dem Schwerte vom
Leben zum Tode gebracht am
zweiten des ersten Teschrin (Ok-
tober), am Donnerstage, in der
sechsten Stunde vom Tage, zum
Lobpreis für unseren Gott, dem
Lob sei in Ewigkeit. Amen ! Und
Preis sei Gotte immerdar und um
uns sein Erbarmen. Amen !
r geht und herantritt an die Gebeine der Seligen (der heiligen Märtyrer b),
empfängt Heilung und Hilfe (und sie preisen Gott + s) sb. — s be-
rühmten Stadt, welche Nicomedien ist sb. — t Juni, d. i. sb. — n Ihm
und seinem Vater und dem heiligen Geiste sei Preis und Ehre und Lob-
preisung und Preis und Verehrung, jetzt und immerdar in alle Ewigkeit.
Amen! + b. — v > b. — w>6; Jahwe sei Preis. Amen! + b.
Zürich.
V. Ryssel.
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dein Suffix -ier.
Erster Teil.
Sprachliche Einleitung.
Dafs eine grofse Anzahl der in den mhd. Texten vorkommenden
französischen Lehnwörter ein ost- und nordostfranzösisches Gepräge
an sich trägt, wird wohl heute kaum mehr bestritten werden können.
Daher darf man wohl auch annehmen, dafs in den zahlreichen aus
dem Französischen übernommenen Fremdwörtern mit dem Suffix
-ier, e, das auch öfter blofs -ir, e geschrieben wurde, die durch
deutsche Reim Wörter erwiesene fallende Betonung der Endung, wenn
vielleicht auch nicht direkt auf ein nord- und ostfrz. -ier, e, so doch
auf aus -ier, e entstandenes -ir, e zurückzuführen sein wird, indem
das e vielfach erst auf deutschem Boden, gerade so wie bei anderen
deutschen Wörtern, hinzugefügt wurde. So schreibt die Heidelberger
Hs. des Tristan (nach der v. Grooteschen Ausgabe; Zählung nach
Bechstein) zwar meist -ier, e, jedoch auch quartir 3308 (-iere 2802,
3001), banire 4578, 4797 {-iere viermal), manire 4572 (-iere 12672),
organifiret 4803, geburdiret (= buhurdieret) 5052 \voluntirz 3611,
das man auch zum Vergleich heranziehen kann] und im Trist. U
bethfchelir 2371 (betschiliere pl. 913).
Cloetta trägt im dritten Bande der Romanischen Forschungen,
1887, S. 63 f., die Lehre vor, dafs im Norden Frankreichs lateinisches
freies a infolge der Einwirkung eines palatalen, gutturalen oder
i-Lautes zuerst allgemein zu ie wurde (S. 44); ebenso sei vulgärlatei-
nisches freies § zuerst zu ie geworden (S. 52), wodurch beide ie mit-
einander reimen konnten; im Westen ging nun ie sehr bald in ie über
— auch ie -j- weibl. e wurde zu iee — , während der Osten länger
die fallende Betonung beibehielt; nachdem nun hier ie -\- weibl. e
zu ie geworden war, habe ein Teil dieser Gegend ebenfalls die stei-
gende Betonung wie im Westen, also ie, angenommen, ein anderer
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 313
habe ie in i verwandelt. Hinzuzufügen wäre noch, dafs sich ie end-
lich, wie teilweise im Neufranzösischen, zu e vereinfachte.
Es interessiert uns hier besonders, wie -arium und -örium (mit
dem früh in manchen Wörtern -erium zusammenfiel) wirklich in den
ostfranzös. Denkmälern wiedergegeben werden. Vorauszuschicken
ist, dafs -örium, -öria immer -ir, -ire ergeben sollten; so könnte desi-
derium eigentlich nur über desieir zu desir werden; da aber auch
hier das j nach dem r wegfallen kann, so erhalten wir durch ein
Suffix *erum auch desier (Cloetta S. 55). Im allgemeinen ergeben
die Wörter auf -arium und -erium die gleiche Endung, so dafs man
vielleicht annehmen darf, dafs das häufigere -arium, das durch Um-
laut zu -erum wurde, bei Wörtern mit dem ursprünglichen Suffix
-erium eindrang (vgl. W. Röhr, Sprachliche Untersuchung der Dime
de penitance in den Rom. Forsch. 8, 1896). Verschwiegen darf nicht
werden, dafs Gaston Paris und mit ihm andere geneigt sind, ein
Suffix -iarius anzunehmen (vgl. Horning in Gröbers Zs. f. r. Ph. 14,
1890, S. 386—88; Keuffer, Rom. Forsch. 8, 1896, S. 400. 464); eine
neue Theorie über die Suffixe -arius, -erius stellt Marchot in der Zs.
f. r. Ph. 17, 1893, S. 288—92 auf.
Beantworten wir zuerst die Frage, wie -arium, -erium (-erum)
heute im östlichen Sprachgebiet wiedergegeben werden.
Nach Horning (Zs. f. r. Ph. 14, 386) ist im lothringisch-
burgundischen Gebiete die Grundform e(y) bei den männlichen,
e(y)r bei den weiblichen Wörtern ; auch kann sich daraus qe, oer (er)
(Horning, Ostfrz. Grenzdialekte zwischen Metz und Beifort, Frz. Stu-
dien 5, 4, S. 56) oder ay, ayr entwickeln (wie z. B. im westlothringi-
schen Tannois, Zs. f. r. Ph. 16, 1892, S. 460; in Bourberain, Cöte
d'Or, ay, oer, Zs. 12, 1888, S. 579).
In der Metzer Gegend aber spricht man überall i bei den männ-
lichen, ir bei den weiblichen Wörtern aus, ebenso in einigen Vogesen-
dialekten (besonders in den von Horning mit D und E bezeichneten)
i(r) neben e(r) (Horning, Grenzdialekte § 14), selbst wenn freies §
und die dem Bartschischen Gesetze unterliegenden Verben in den
genannten Gegenden oft diphthongisch bleiben (§31 und 10); Bei-
spiele : pemi (pommier), prpnir' (premiere), popir' (paupiere). Beson-
ders in den mit BD EG bezeichneten Strichen lauten die dem
Bartschischen Gesetze folgenden Verben und männl. Partie, meist
auf i aus: sesi (chasser); dasselbe trifft dort auf freies § zu: pi (pied),
livfrf (lievre), pir' (pierre).
Die Entwickelung zu i läfst sich aber auch sonst im Loth-
ringischen nachweisen; so z. B. in der Mundart der frz. Ortschaften
des Kantons Falkenberg, Kreis Bolchen in Lothringen (vgl. Con-
stant This, Diss. 1887). -arium, -erium = i: froeti (forestier); nur
314 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
bei vorhergehendem Nasal tritt dazu ein e-Nachklang: proemie (pre-
mier), proemir' f. ; püssir' (poussiere). Die Verben und Participien,
die dem Bartschischen Gesetze folgen, haben jedoch jöe', yoe' ent-
wickelt, S. 12; auch offenes § wird meist zu joe, yoe, S. 15; -ieme
zu -j(y)oem, S. 48.
Ebenso zeigt sich in der westlothringischen Mundart von Tan-
nois im Maasdepartement neben dem bereits genannten gewöhn-
licheren ay, ayr auch i, ir bei -arius; z. B. sädlay (chandelier),
pawsäyr (poussiere), rivayr (riviere), aber papi (papier), pani (panier) ;
Wörter, die dem Bartschischen Gesetze folgen, zeigen meist i: m~e%i
(manger), doch lautet das männl. Partie, auf e aus; § zu i in: pi (pied),
plr (pierre), lim (lievre); auch in bir (biere), in dawzim (deuxieme),
Avie überhaupt bei der Zahlendung -ieme.
Sehr gewöhnlich läfst sich ebenfalls die Entwickelung zu i im
Neuwallonischen nachweisen (vgl. Horning, Zur Kunde des Neu-
wallonischen, Zs. f. r. Ph. 9, 1885, S. 480—496). Im Dialekt von
Seraing, südlich von Lüttich, wird -arius zu i, z. B. premi m., prümir'f.,
lumir', pusir'; gleich behandelt sind im Wallonischen mesti (metier)
und etifr) (entier; s. Zs. 12, 1888, S. 257 u. 580, Z. 6, 7). Die In-
finitive, die dem Bartschischen Gesetze unterliegen, erscheinen in
Seraing mit i, z. B. mani (manger; auch in Huy, Zs. 12, 1888, S. 259),
euci (coucher); die entsprechenden männl. Participien endigen auf i,
die weibl. aber auf cy': mani, maney' (in Huy i, iy', Horning, Ostfrz.
Grenzdialekte § 72 Anm.); ebenso wird ie aus § zu i, z. B. pi (pied),
lif (lievre), fif (fievre), pir' (pierre), bi (bien), ti (tiens). Ziemlich
stimmt damit überein, was Zeliqzon in Zs. 17, 1893, S. 420 — 423
über die Mundart in der preufsischen Wallonie und in Belgien längs
der preufsischen Grenze berichtet; wenige Orte weichen bei -arius
zu e, bei den Infinitiven, die dem Bartschischen Gesetze unterliegen,
zu (y)e aus; -ieme erscheint als -im, z. B. doezim' (deuxieme), S. 433.
Im Südwallonischen findet man für -arium und freies ^ auch zahl-
reich ie (ye) (Marchot, Zs. 16, 1892, S. 549). — Der Wandel zu i
greift wohl auch teilweise in den pik ardischen Dialekt über.
Ebenso läfst er sich in der Franche-Comte nachweisen; so
im unteren Doubsthal in der Umgegend von Baume-les-dames (vgl.
Otto Martin, Das Patois in der Umg. v. B.-l.-d., Halle, Diss., 1888).
-arium, -erium, -a wird i, ir: tchandelie (neufrz. Umschrift, was aus
Martins Darstellung in diesem Punkte nicht hervorgeht), premie
(premier), premtrement, lemtre (lumiere), maimre (maniere); daneben
einige gelehrte Bildungen auf -ere; auch i in pie (pied), pire (pierre),
bin (bien), vlnt (vient), S. 1 6 ; die Wörter, die dem B. Gesetze folgen,
haben i : tchie (eher), tchairdgie (charge), mairtchie (marcher), tchaissie
(chasser), S. 12.
Am Neuchäteller See gelangen wir bereits in das frankopro-
venzalische Sprachgebiet (vgl. Horning, Über Dialektgrenzen im
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 315
Romanischen, Zs. 17, 1893, S. 172/73) und treffen eine anderartige
Entwickelung an. In Dompierre, unweit dieses Sees, ergeben -arium, a
ae, aerd, dagegen i, irg bei vorhergehendem i-Element: fevrä'' (fevrier),
fromadzt (fromager), S. 415/16; -erium wird i: md&i (mutier), mpfri
(moutier), Zs. 14, 423; -eria aber, wohl durch Suffixaustausch mit
-aria, derg: mataerg (matiere), S. 424; freies § wird gewöhnlich zu ae;
entier = etyi, bien = be. Wenn -atum, a unter dem Einflufs des
Bartschischen Gesetzes stehen, so zeigen sie im Mask. %, im Fem. ä :
niddxi, mddzä (manducatum, a), S. 404 [in Lignieres, canton de Neu-
chätel, dagegen noch die alte Betonung martsid st. martsi (mercatum),
411], die dazu gehörigen Infinitive i: lest (laisser), S. 409, 410
(s. Gauchat, le patois de Dompierre, Zs. f. r. Ph. 14, 1890).
Noch südlicher, in Lyon, wird -arius zu i, -aria zu iri: furi
(februarium), chariri = carraria; die Infinitivendung der 1. Konju-
gation wird nach einem moulliertem Laute zu i: molhi (molliare),
affeiti (affectare); ebenso in chira (cara); freies § zu i (s. Cledat im
Krit. Jahresbericht über die Fortschritte der rom. Phil. 1, 364/65).
Im Mittelalter schrieb man im nord- und ostfranzösischen
Gebiete meist -ier, -e; jedoch kann darunter je nach dem Texte und
der Gegend Verschiedenes verstanden werden. Teilweise ist -ier(e)
vielleicht noch -ier(e) gewesen, teilweise aber auch schon zu -ier(e) ge-
worden; auch Vereinfachung des letzteren zu -er(e) läfst sich bereits
nachweisen; das Material folgt weiter unten. — Die Endung -er(e)
einer nur sehr kleinen Anzahl mhd. Fremdwörter mag auf diese fran-
zösische -er(e)-Yorm. zurückzuführen sein, wofern nicht das e, wie im
Niederrheinischen, aus einem dialektischen Wandel des ie zu e zu
erklären ist; meist aber ist, besonders in späterer Zeit, die Endung -er
entweder durch deutsche Betonung des Wortes oder, wie bei den
Wörtern, die eine handelnde Person bezeichnen, durch Vertauschung
mit dem entsprechenden deutschen Suffix hervorgerufen worden;
auch mag hier und da einmal eine gelehrte deutsche Neubildung aus
dem Lateinischen heraus vorliegen.
Kehren wir nun zu -ier(e) zurück. Für dieses Suffix kann also
teilweise die Betonung -ier(e) in Anspruch genommen werden; be-
sonders aus dem wallonischen, aber auch lothringischen Gebiet, ja
aus der Pikardie, der Franche-Comte und aus Burgund lassen sich
einzelne Beweise für dieselbe beibringen (s. weiter unten). Vermut-
lich aber bezeichnete dann dieses ie meist noch ein doppelgipfliges i,
das aber oft genug, auch in den Handschriften, Vereinfachung zu
-ir(e) erfuhr, wie sich dies ja noch heute nach unserer obigen Dar-
legung in einer grofsen Zahl nord- und ostfranzösischer Patois nach-
weisen läfst.
In manchen Texten findet man jedoch auch daneben, freilich
316 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
seltener, -eir(e). Man wird dabei an die oben angeführte heutige
Aussprache erinnert. Vielleicht ist diese durch die weitere Differen-
zierung des doppelgipfligen i entstanden. Auf diese Weise könnte
man sich am besten das Nebeneinander von -ir und -eir aus -arium,
-erium in demselben Texte erklären, falls -eir in den betreffenden
Worten nicht gerade als gelehrte Bildung aus -erium angesehen
werden mufs {-eir enthielte dann blofs als Zusatz ein ostfranzösisches
parasitisches i). Nach Keuffers Darstellung in den Rom. Forsch. 8,
S. 464 ist dagegen -eir aus -ieir entstanden; es müfste dann -ier erst
zu -ier, dann durch parasitisches i zu ieir umgewandelt und dieses
zu -eir vereinfacht worden sein, -ieir läfst sich im ganzen selten be-
legen, und es wird je nach den Texten -ieir oder -ieir auszusprechen
sein; man mufs darin nicht sofort einen Schreibfehler erblicken, der
aus dem Schwanken des Schreibers zwischen -ier und -eir entsprungen
ist. — Endlich ist auch hier daran zu erinnern, dafs Chevalier sowohl
als auch öfter bachelier, die ich beide weiter unten wiederholt an-
führen werde, zuweilen im Französischen mit -er in -er-Reimen oder
in ^-Assonanz vorkommen, so dafs man für diesen Fall ein Suffix
-aris zu Grunde legen mufs, das dann in ostfranzösischer Gestalt
ebenfalls als -eir, d. h. e mit paras. i erscheinen kann (vgl. Voll-
möller, Münchener Brut, S. XXVIII und Böhmer, Rom. Studien 1,
607). Man darf daher bei einer -eir-Form dieser beiden Wörter, sofern
sie nicht im Reime erscheint, über deren Entstehung im Zweifel sein.
Auch auf deutschem und zwar niederrheinischem Gebiete trifft
man in den Fremdwörtern -ezr-Formen an ; doch ist, wie man sich
aus dem Folgenden überzeugen wird, dieses ei wahrscheinlich erst
dort entstanden. Die niederrheinische Hs. N des Tristan (s. die
Varianten in der v. Grooteschen Ausgabe) schwankt zwischen -ier,
-er, -eir: rifere 16888, riv-, rifeire 5348, 17108; fchiffalier 5580 81,
-eirs 13302; befchelere pl. 913 Trist. U, -eir 2371; crogieren Trist.
5578, croigeyren 9168; pinf-, famblieren, dagegen turneyren, int-
fchunferet, gefloreret, justeren. Beachtet man dabei, dafs dieselbe Hs.
das parasitische * z. B. in gebeirs (=. gebärdest!) Trist. U 335, feilde
(= selde) 1209, ßeit ( — steht) 1264, weirlich (= wahrlich) 2034,
sowie rait, dait, mvyt, mvys (= mufs), doit, groiffe (= grofse) schreibt,
so wird man wohl annehmen dürfen, dafs das -eir der Fremdwörter
aus -er (statt -ier) im Dialekt weiterentwickelt wurde. — Gerade so
steht es mit der niederrheinischen Hs. des Karl Meinet. Sie ver-
wandelt nicht nur das -ier der fremden Wörter, sondern auch das der
deutschen gern zu -er und schiebt öfter, wie auch sonst im Text, das
parasitische i ein: scher(e) fast ausschliefslich, scheer 233, scheir 411
(= schier); vere (= 4) 10. 168. 287, veir 538, 7. 159, 6, 57. 331, 58;
deyr (= Tier) 55; veirtzich 37, 43; in Fremdwörtern: 22 mal feire,
veyre u. s. w. (= fier) neben ebenfalls häufigem fiere, fyere oder fere,
vere; geassineirt (Partie.) 150, 27. 160, 21; geaszinieirt 162, 2;
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 317
gefu[r]neirt 256, 57; maneir 538, 8; OlyueirAW, 36 [neben häufigem
-er(e)]; geordineir [t] AI 2, 30. Selten wird für -ier -ir geschrieben,
das nach Ausweis der sonstigen Reime er, eir zu sprechen ist: schire
361; veir (— fier) : hyr (= hier) 379; fire (= fz. fier) : schere 3*, 15;
reuyr : fier 183, 58; reuiren acc. sg. 47, 46; reuyre (acc. sg.) : schere
48, 2; (dat.) : schere 72, 63; (acc.) i.V. 69, 36, sonst -er(e). Daraus
erklärt sich wiederum der Reim Olyuer : dir 439, 43, wo i = e oder
ei gesprochen werden mufs. Aus anderen Reimen geht hervor, dafs
das -ier der Fremdwörter nicht nur mit ursprünglichem ie, sondern
auch öfter mit e gebunden wird. So kann reimen : Olyuer (e) mit here
(hehr) 331, 23; : here (Herr) 357, 30. 372, 10; : scher (e) oft; : veir
(vier) 331, 58; : feir, veir, veyre (= fier) 431, 44. 439, 32. 424, 18;
banere mit keysere 370, 40; : keren 114, 15; : sere 197, 28; aufserdem
oft mit feyre, fere, fiere, schere, kreyeren 87, 12, vestieren 198, 27.
Aus alledem erhellt wohl, dafs fremdes -eir erst auf deutschem Boden
aus -er entstand.
Die Hauptmasse der deutschen Fremdwörter auf -ir, -ier geht
mit ihrem Suffix auf wirklich gesprochenes ostfranzösisches -ir aus
-ier zurück. Ich nehme mit Cloetta an, dafs unter der ostfranzö-
sischen Orthographie -ier in vielen Fällen blofses -ir zu verstehen
ist. Wenn dann deutsche Schreiber in diesem -ir, wie bei anderen
Wörtern deutschen Ursprungs, oft als Gleitlaut vor dem r ein e (= d)
einschoben, so stimmte ihre Schreibung -ier äufserlich mit der land-
läufigen nord- und ostfranzösischen überein. Ein Beweis dafür, dafs
das nord- und ostfranzösische -ier m den hier in Frage kommenden
Texten oft nur -ir bedeutete, liegt einmal in der monophthongi-
schen Schreibung -ir, die öfter für -ier steht oder damit wechselt.
Bei meiner Suche nach Wörtern auf -irfe) habe ich zu meiner Freude
doch mehr gefunden, als ich anfangs erwartet hatte. Wenn auch
gewifs noch weitere Fälle aus anderen Denkmälern als den unten
angeführten beigebracht werden könnten, so dürften die von mir
verzeichneten Wörter zum Beweise schon ausreichen. Ich habe dabei
auch manchmal Fälle angezogen, in denen nicht gerade immer das
Suffix -arium, -erium vorliegt, aus denen man indes erkennen kann,
dafs der Wandel von ier : ir, von ie -}- Kons. : i -f- Kons, auch in
anderen Wörtern desselben Textes stattfand. Auch mögen hier und
da einmal umgekehrte Schreibungen, also ie statt richtigem i, als
weitere Stütze dafür dienen, dafs ie für die betreffenden Schreiber
nur noch i war. Einen weiteren Beweis für die «-Aussprache des ie
finden wir in manchen Reimen, mag auch die Zahl dieser Fälle
eine beschränkte sein. Zu bedenken ist, dafs ein Dichter doch nicht
immer blofs für seine Gegend schrieb, sondern auch weiterhin be-
kannt werden wollte, so dafs er es vermeiden mufste, Reime zu ge-
brauchen, an denen andere Anstofs nahmen.
Cloetta führt S. 45 — 47 seiner Ausgabe des Poeme moral eine
318 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
Anzahl Beweise für die fallende Betonung des Diphthongen ie oder,
was für uns noch wahrscheinlicher ist, für dessen Wandel zu i auf.
So reimt z. B. in den pikardischen Texten Disme de penitanche und
Renart le nouvel zweisilbiges ie (aus -tu, iee, i -J- a) mit diesem
(diphthongischen) ie, wie in chevalerie : pitie, felounie : envoie (m.),
meisnie : pourcachie (m.), pourcachie (f.) : pitie, vie : pitie u. s. w. ; im
Vegez (aus der Franche-Comte) findet sich aufserdem nach Wendel-
borns Diss. § 23 mie : pie (pedem), barberie : pie; im Girart de
Rossillon (Franche-Comte) nach Breuers Diss. § 23 envie : devie
(vetat). In Aliscans, das von Guessard und de Montaiglon nach
der Arsenalhandschrift aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts heraus-
gegeben wurde und vielleicht im Dialekt von Artois geschrieben ist,
finde ich in einer /e-Tirade im Reim die männlichen Participien con-
traloie 2101, travellie 2103. — Es liegen hier also wohl schon Reime
von ie : %, ja man könnte vermuten von % : i vor; denn auch ie kann
schon einsilbig im Verse auftreten, wie: ot la virgene trenchie la teste
in La vie sainte Juliane 1273. — Der Wandel von ie : i läfst sich
ferner durch andere Reime nachweisen; in der Geste de Liege:
martir : droiturier : nonchier; tint : detint (perf.) : sovient : nient :
Justinien; in Amis et Amiles: charriere : dire; in der Chanson des
Loherains: maisnie : arriere (s. Cloetta). Görlich führt in seinem
Burgundischen Dialekt im 13. u. 14. Jahrh., Frz. Studien VII, S. 47,
aus der von P. Meyer in der Romania 6 veröffentlichten burgun-
dischen Handschrift aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts den Reim
mauere : dire an. In Aliscans finde ich inmitten einer ir-Tirade (!)
Vers 624/25 avancir : esforcir (beide aus -ier entstanden), desgleichen
avafnjcir 990, efforcir 995; dasselbe ist mit bailiier 1166 der Fall
(das sonst — 897 und 5197 — in «er-Tiraden erscheint), wenn man
nicht annimmt, dafs hier baillir nach der 2. Konjugation (s. Bartsch,
Chrestomathie) mit umgekehrter Schreibung vorliegt. Nicht ganz so
beweiskräftig sind ir-üeime mit dem Worte entir (entier), da i aus iei
entstanden sein könnte; so Philippe Mousket: entirs : safirs, mar-
tir s : entirs; Renart le nouvel: viestir : entir (s. Cloetta).
Ich gebe nun eine kleine Übersicht über die Schreibung von
-arium, -erium in den verschiedenen Denkmälern, ziehe, wie bereits
bemerkt, auch andere Fälle von ie : i heran und verweise dabei auf
die vorangegangene Besprechung; besonders wichtig ist für uns die
Schreibung -ir(e).
1) In den Urkunden von Douai (pikardisch; Ch. Bonnier,
Etüde critique des chartes de Douai de 1203 ä 1275, Zs. f. r. Ph.
14, 1890) finde ich durchweg -ier für das Suffix -arius; blofs entire-
ment in Urk. 87, 4 (a. 1260), in Urk. 89, 7 (a. 1276), 100, 4 (a. 1275)
und Compigne neben Compiegne in Urk. 95, 5, 6 (a. 1269) fielen
mir auf.
2) Der pikardischc Text Aucassin und Nicolete, h. v.
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 319
Suchier, 2. A., zeigt destrir (Schi ach trofs), civre (Ziege); cevalers, levrer
(Windhund); sonst -ier (s. S. 65 und 59).
3) In der Dirne de Penitance, pikardisch, 13. Jahrh., er-
giebt -arium -ier; -erium teils -ier: mestier, moustier, teils i: desir;
avoutire (adulterium) (: enpire); matire (: dire); s. Rohrs, Rom. Forsch.
8, 1896.
4) In A 1 i s c a n s (s. oben), vielleicht im Dialekt von Artois ge-
schrieben, finden sich neben gewöhnlichem -ier(e) zahlreiche -irfe).
Ich verweise zuerst auf die bereits genannten Wörter auf -ir aus
-ier, die mit gewöhnlichem -ir reimen; ferner auf Fälle, wo der Ko-
pist sogar im ier(e)-Re\m statt ie manchmal i schreibt; so notierte ich
im Reim: crupire 593, flekire 605, pourire (Staub) 611, quarire 613,
levrire 615, estrievire (!) 1445 (vgl. estriviere 1465), charrire 6864,
prisir (inf.) 7633, estrahir (umherirrend) 7641, levir (Keule) 4531
(levier z. B. 4692); entire f. 1449, derire 591. 1444. 1450, arire 585.
1448. — Innerhalb des Verses stehen: Haucebir (Eigenname) 290.
5053, Aucebir 3959 (vgl. Hauchebier 152, Haucebier 154. 5055 und
Hahibier in Wolfram von Eschenbachs Willehalm), pourire 680, cau-
dire (Kessel) 7849, laissir 881, li portirs 1600 (vgl. portier 1598),
ehir (teuer) 3238, cirre (Gesicht) 4668, perire (Steinwurfmaschine)
8325, escuir 3228, 4310 (escuier 4331); endemefnßirs 4181 (vgl.
entremefnjtiers 4149), entir 705. 1875. 3352, derire 73. 280. 1068.
2661. 4107, derir 4293. 4304, arire 18 mal, espü acc. sg. 15 mal
(espiel acc. sg. 5457. 8041, norm pl. 4707), tirc 1032. 7104, firtes
(= fierte) 1G06. 4985. 8022, firte 4878. 5488. 5805. 7358, pirre 2877
(pierre 3153), quir 1. P. sg. präs. 2921. 3132. 3359. 3465. 4557.
4705. 7786. 7796, quirt 3. P. 3074. 6823. 7593, requirent 5693,
aquire 1. P. konj. 7117, eschile 5080 (esciele 5076. 5087), ir (=
gestern) 7377, iint (präs.) 6947. — ■ Umgekehrte Schreibungen im
tr-Reim sind: lasier (= Mufse) 633, cuellier 4308, vielleicht das schon
früher erwähnte bailiier 1166; innerhalb des Verses: estrievirel 1445
(estriviere 1465), oierent perf. 3773, maintenier 4793, plaisier 4855,
abrieves 3542. 5344 (abrives 4968), abrieve 5511, dieable 6813; zweifel-
haft sind: vieltes (= Verachtung) 7529, vielte 7713 (da vieutes 2447
und das Adverb vieument 2114 zu belegen sind), consievir 4316
und fiel (= Sohn) acc. sg. 289 (da auch 3321 im acc. sg. schon fiex
geschrieben wird; / kann für u stehen, x = us).
5) Das Poeme moral, wallonisch, Hs. aus dem Anfang des
13. Jahrhunderts, h. v. Cloetta, Rom. Forsch. 3, 1887, hat: loivir
(= locarium), litire, mestir (in einer ier-Tirade), volentirs; derrir (in
ter-Tirade); Pire (= Petrus); Infinitive: trenchir, estrilhir, torchir,
laissir, porcacir, pechir, wozu ich füge trebuchir, drecir, aidir, tra-
vilhir, adrecir, correcir; — mervillit (partic), pechit (Sb.); bin (bien),
tine (tienne), siele. — donieir (= denier); iei auch in deschirieir Inf.
und pietieix, sonst -ie überall (s. S. 53. 247. 251. 260 der Ausgabe);
320 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
umgekehrte Schreibung in estruiere (neben enstruire; dreisilbig), saie-
sier (neben saisier = satiare; zweisilbig), s. S. 55.
6) In der gleichen Hs. wie das Poeme moral steht auch Li
Ver del Juise, herausgeg. von Hugo von Feilitzen, Diss., Upsala
1883. In diesem Texte befindet sich inmitten einer i-Assonanz, ent-
weder in diese eingestreut oder vom Dichter damit gereimt, aciers :
trenehit (aus trenchiet) 271/72, so dafs man also acirs : trenchit zu
lesen hat; vgl. S. XXXI der Einleitung. — baceleir (= bachelier
oder bacheler) i. V. 322. Sonst nur die Schreibung ie.
7) Li Dialoge Gregoire lo Pape, Hs. spätestens aus
dem Anfang des 13. Jahrhunderts, wallonisch, aus dem Südwesten
von Lüttich, hrsg. von W. Foerster, 1876, 1. Teil (Text). Ich fand
dort: celir = cellarium 35, 7 neben celier 35, 8. 94, 16. 222, 8, cellier
94, 10, 22; tintenir (tinctor) 191, 21, vgl. S. 375; uns enfes bouirs
= puer armen tarius 228, 14 neben enfantbouier 190, 10; denir 243, 6
= denarium, neben denier 274, 20. 281, 18; — Pirre, s (Petrus),
sehr häufig, neben Pierres 5, 13; Pirron 156, 14; pirre {= pierre)
71, 17. 73, 14. 95, 1, 2. 143, 9. 145, 15, 23. 186, 11, 12, 13. 255, 5
neben pierre 73, 16; Tirri 190, 15; bire (feretrum) 258, 1; quinzime
207, 2 (dagegen quaranteime im Sermo 298, 3); Inf. alaschir (relax are)
192, 8 (vgl. relaschet = relaxat 281, 4); lowi% part. perf. (= locati,
mercenarii pl.) 62, 21. Eine umgekehrte Schreibung, jedoch vom
Schreiber selbst verbessert, ist colhier (= cueillir) 30, 20 (s. S. 372).
— Als gelehrte Bildungen mit parasitischem i sind wohl anzusehen:
magisteire (magisterium) 9, 25. 133, 19; mysteire (mysterium) 122, 24.
240, 13. 259, 10. 266, 17. 267, 1; misteire 192, 6, 7. 228, 7; cimi-
teire — coemeterium 265, 17; ministeire 272, 17; Eleutheire(s) =
Eleutherius 153, 16. 172, 1, da sonst überall mit obigen Ausnahmen
im Texte -ier, e erscheint. In chandeleir (= candelabrum) 58,4. 211,
4, 8 steht -eir, wie sonst im Text, für -er (auch z. B. candeler in einer
e-Assonanz in Huon de Bordeaux, Bartschs Chrest. 5 201, 25). —
Aus der grofsen Menge der -ier seien blofs hervorgehoben : messagier
23, 18, quartier 49, 20; cheualier(s) 44, 22. 45, 4, 9. 78, 8. 120, 16.
127, 7. 191, 1. 229, 3. 245, 21. 248, 8; lo mangier 53, 12. 58, 9.
76, 2. 119, 14. 264, 22; maronier 223, 23. 277, 15; moustier 4, 2.
12, 8; maniere 12, 15. 15, 12. 73, 9. 115, 11; desier 18, 6. 57, 10.
153, 19. 160, 23. 234, 16. 246, 21. 256, 2. 264, 9; mestier(s) 223, 15.
240, 23. 242, 10.
8) In dem den Dialogen folgenden Sermo de sapientia
findet sich auch mateire 287, 34 und matere 292, 31, 32, deseier
294, 19, aber desier 283, 11, 24; sonst überall -ier.
9) In der gleichen Hs. wie 7 und 8 stehen auch die sprach-
verwandten Moralia in Job fragmenta. Hier finden wir fast
überall -ier; nur miseire 339, 13; magistere 326, 10. 355, 25; neben
häufigem desier auch oft deseier. — tinent (für tienent) 317, 34
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 321
(s. S. 377), 319, 26. 322, 31; paruinent (für parvienent) 361, 40, da-
gegen tient 365, 26. — Umgekehrte Schreibungen sind vielleicht :
paisieble 323, 28. 367, 36 (paisieblement 134, 20 Dial. Greg., s. Anni.);
taisieble 359, 30, taisieblement 318, 26. 349,8; saintieblement 367, 33;
consiewons 322, 16 (vgl. porsiwance 78, 10 Dial. Greg, und bet. i in
siwent 3. P. pl. präs. 328, 3); atrieblet 3. P. sg. präs. 360, 27, 32;
contrieblet 3. P. sg. 319, 25. 340, 36, contrieblat p. def. 360, 24, con-
trieblanz 340, 31, l'atrieblement 358, 1 (auch trieleir 312b im Poeme
moral, mit Ausfall des b, s. Ausgabe S. 100).
10) Im Münchener Brut, wallonisch, Hs. aus dem Ende
des 12. oder dem Anfang des 13. Jahrhunderts, hrsg. von Hof mann
und Vollmöller, 1877, fand ich nur eine Form mit *: perire (-— per-
riere, Stein wurfm aschine) 647 (auch bei Jenrich, Die Mundart des
M. Br., Diss., Halle 1881, S. 18, genannt); -arius, -erius erscheinen
meist als -ier, z. B. cevalier, Chevalier 17 mal in ier-Reimen; mestier
(: cevalier) 448, (: Chevalier) 3127; maniere (: arriere) 3.691; deseiers
(: volentiers) 1966; dagegen cornere (: ariere) 1919; gelehrte Bildung
ist wohl mateire (: eire — war) 206, i. V. 3709. — Suffix -aris liegt
dagegen bei chevaleir vor, das sonst mit -ier erscheint, in: chevaleirs
pl. : bacheleirs pl. 1811/12; Suffix -aris für letzteres Wort ist bezeugt
durch bacheleir : porteir 441, : demandeir 2818, : doneir 4105 (vgl.
Einleitung S. XXVIII), bachelers : peirs (Väter) 4093; bacheler i.V.
dreimal, bachelier i. V. sechsmal.
11) Im Maccabäerfragment (zuletzt herausgegeben von
Emil Münchmeyer, Tva fragment af Maccabeer-Böckerna, Diss., Up-
sala), in wallonischer Umschrift, finden sich matire 174 und banire
(letzteres nicht von M. auf S. XIX genannt), sonst -ier: Chevaliers,
destrier, promiere, mestier.
12) Aus den wallonischen Urkunden bringt Wilmotte
(Etudes de dialectologie wallone, Romania 17 [1888], 18 [1889], 19
[1890]) im § 8 der grammatischen Einleitung nur zwei uns interessie-
rende Beispiele über den Übergang von ie : i, deren eines aus einer
Urkunde der Abtei von Robermont a. 1274 besonders bemerkenswert
ist: watiers (= Walter) c'om apelle ivotir. Ich fand in den hier
veröffentlichten Urkunden zwar meist -ier, jedoch auch -ir, und zwar
in den Lütticher Urkunden: manire (zweimal), I a. 1236; pru-
mirex, III a. 1241; bin (= bien) neben maniere, VI a. 1249; che-
ualirs neben masuier, XI a. 1269; cheualirs, Eenirs, dokirest (in
XIX dokieres), XIII a. 1272; bonir (und -ier), cheualirs (und -iers),
renirs (Eigenname), XV a. 1276; bonir (zweimal), neben -ier {de terre),
bin {■=■ bien), cheualier, maniere, riviere, XVIH a. 1277; wathir (drei-
mal), wathirs (neben watier, wathier), bin (= bien), bonir (zweimal),
renirs, dokires, XXI a. 1280; cheualirs, XXIII a. 1291. — In den
Urkunden aus dem Süden Lüttichs: Rennirs, cheualir neben
Renniers, cheualier, maniere, balhiers, IX a. 1265. — In den Na-
Archiv f. n. Sprachen. CX. 21
822 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
raürer Urkunden: masuir neben -ier, entirement, aber cheual-, bailh-,
bonier, IV a. 1261; bonnire (fünfmal, dasselbe wie oben bonir) neben
mariniere, denier, mestier, V a. 1263; manire (dreimal), VI a. 1267;
manire, VIII a. 1270; cheualir, bailir, li balirs, li bailirs (zweimal),
bonnir (dreimal), masuir (dreimal) neben -ier, mannire (dreimal),
denir, entires (fem. pl.), moitit (= moitie), XI a. 1272; dieselbe Ur-
kunde hat in einer anderen Abschrift, XII a. 1272, überall -ier(e).
13) In Jean 's de Stavelot Chronik (Lütticher Dialekt)
findet man primiier und premirement, licenchiies, fevrir und -ier,
grief, grif, gref; baeheleirs (s. Keuffer, Die Stadt Metzer Kanzleien,
Rom. Forsch. 8, 1896, S. 492).
14) In den lothringischen Urkunden (auch in den Metzer
Amansakten) ergiebt -arium viel häufiger -ier als -eir, das in der
Schreibung -eiz in quarteiz und frousteiz erscheint (Keuffer S. 400
bis 402, 461, 464). Ich finde in der von Keuffer veröffentlichten
Urkunde des kaiserlichen Bezirksarchivs a. 1259 aber auch chevelirs,
cellerirs, dagegen in einer Urkunde aus 1228 chevalier, S. 496 (che-
velliers S. 461 von K. citiert), und -eir in drei Urkunden a. 1325,
S. 506: l'o(u)lieir, li olieir (Phuilier = ole-arium); vgl. mangieir,
S. 464 = manducare.
15) Im Lothringischen Psalter, hrsg. von Apfelstedt,
Afrz. Bibl. v. Förster, 4. Band, 1881, Hs. a. 1365, ergiebt -arium, a
-ier, e, wird aber oft -ieir, e, besonders im Femin. ; so in solieir, secu-
lieir (mit Suffixvertauschung), in papieire (Hs. M hat paupire, Keuffer
S. 484), poucieire, lumieire; -erium, a = -ieir, e : mestieir, maisieire
neben -iere; halbgelehrt sind miseire, refrigeire (s. Apfelstedt § 58.
64. 80 und Wörterbuch).
16) Die altlothringischen Predigten des h. Bern-
hard v. Clairvaux (Buscherbruck, Rom. Forsch. 9, 1896) haben
bei -arium -ier; bei -aria einmal chambereire neben chambriere ; -erium
= -eire [adulteires, neben avouteire (bei Kesselring, s. u.), empeire],
-ere [adultere, emperes], -ier [saltier, mestiers]; -eria = -eire [mateire;
gelehrt ist misere] und -iere [mauere, maniere], S. 691, 692. — Die
Hs. B hat für -arium, a meist -ier(e), jedoch primeer, pouseire, cham-
brere; für -erium, a -eir(e), -er(e) (deseir einmal, sonst desier), S. 734.
Die -eir-, -er-Formen finden sich bekanntlich in einer Reihe moderner
lothringischer Patois.
17) Die lothringischen Predigten Gregors über
Ezechiel (die Hs. wird noch ins 12. Jahrh. gesetzt) zeigen neben
-ier -er; die lothringische Übersetzung der Predigten des Bischofs
Haimo von Halberstadt (13. Jahrh.) hat neben -ier -eire (avou-
teires) ; s. Kesselring, Die betonten Vokale im Altlothringischen, Diss.,
Halle 1890, S. 39.
18) In der lothringischen Hs. E des Girbert de Metz, aus
der Geste des Loherains, 13. Jahrh. (hrsg. von Stengel, Rom. Stud. 1,
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 323
1875, S. 441 — 552), fand ich nur z'er-Formen; blofs iei in arieire
S. 478 24 ; das häufigere bacheleir reimt in der e- ( — ei-)Tirade (470 12, 21,
488 20, 489 30, 490 27, 490 4), scheidet also aus der Reihe der Bei-
spiele aus.
19) In der lothringischen Guerre de Metz en 1324, Hs.
des 15. Jahrhunderts, hrsg. von Bouteiller und Bonnardot, findet sich
Strophe 240 entire (== entiere) : taniere : furniere : darriere (hier sprach
also wohl auch der Kopist das ie der übrigen Reimwörter wie i);
sonstige Beispiele vom Übergange des ie zu i auf S. 440 : conlinent,
tilz, tis, pitaille, Thiry, Uwes ( = lievres), chivre, brifment.
20) Der im Gebiete der Franche-Comte entstandene Yzopet,
Hs. des 13. Jahrhunderts, hrsg. von Förster, 1882, Afrz. Bibl., 5. Bd.,
zeigt nur -ier; jedoch lassen sich einige * für ie aus e belegen, § 23.
21) Im Girart de Rossillon (aus dem nördlichen Teile der
Franche-Comte), der zwischen 1330 und 1334 verfafst wurde, wäh-
rend die Hs. aus dem Jahre 1416 stammt, treffen wir zwar meist
-ier, aber auch -er in ouvrer, meurtrers, consoiller, messaiger, her
(locarium) und -ire in adortire, avotire (adulterium); vgl. dazu auch
tirce, aligre, sowie die bereits früher genannten Reime devie (vetat) :
envie, revient : devint, endlich aus Besanconer Urkunden dreimal
tenier als umgekehrte Schreibung (vgl. Breuer, Sprachl. Untersuchung
des G. v. R., Diss., Bonn 1884, S. 25, 2(5).
22) Der V6gece des Priorat von Besancon, Hs. des
13. Jahrhunderts (vgl. Wendelborn, Sprachl. Untersuchung der Reime
der V.-Versifikation des Pr. v. B., Diss., Bonn 1887), hat häufig, wie
auch die Urkunden aus dortiger Gegend, -ier; i aber in menire (ma-
nire auch in einem anderen Texte); man vergleiche damit die bereits
oben erwähnten Reime pie (pied) : mie, pie : barberie, sowie vint präs.
— e dagegen in menere, bachiler; in Urkunden z. B. revere (-iere),
premere, mennere, manere, bannere.
23) In Burgund (Cöte d'Or, Saöne-et-Loire, Yonne), aber auch
in Bourbonnais, Nivernais, Haute-Marne trifft man in
den Urkunden häufiger -ere statt -iere; z. B. man-, men-, meiner e,
chiv-, chevalers (s. Goerlich, Der burgundische Dialekt im 13. und
14. Jahrh., Frz. Studien 7, 1. Heft, S. 37); jedoch weist Goerlich
auch zwei Formen auf -ir nach : menire aus Autun in Saöne-et-Loire
und escuyr aus Haute-Marne; umgekehrte Schreibungen: tenier;
ocierre : dire, S. 78 (letzteres aus einer burgundischen Handschrift
des 14. Jahrhunderts); aufserderu einige Formen mit -eir(e), z. B.
ryveire, meneire aus Cöte d'Or, maneire aus Saöne-et-Loire, chivaleirs,
confemoneir im Floovant (vgl. auch Goerlich, S. 47, 2. Absatz).
21!
324
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
Zweiter Teil.
Die mhd. Substantive mit dem Suffix -ier
(Material und Etymologien).
In der Liste der behandelten Wörter sind diejenigen mit einem -j-
versehen worden, deren altfranzösische Entsprechung genauer als bis-
her mitgeteilt wird; vor Wörter, deren Etymologie früher anders an-
gegeben war, oder vor solche, die noch nicht in den mhd. Wörter-
büchern verzeichnet sind, setze ich ein *. Man vergleiche besonders
damit die Angaben in Lexers mhd. Taschenwörterbuch.
Alphabetisch geordnete Liste.
I. Wörter auf -ier, -iere (die Varianten werden nicht angeführt) ; Nr. 1 — 90.
* collier f. 62 b.
* condwier n. (m.) f. 61.
cur ier m. 17.
lankenier n. 88.
arzibiere 68.
* balier m. 36.
f balteniere m. 15.
* banier n. ra. 58a; 10,
Anm. 2.
baniere f. 58 b.
barbir ra., persönlich, 38.
* barbier n. 60 a.
* barbiere f. 60 b.
f batschelier m. 14.
•j* blamenser n. 47 d.
braisier m. 22.
* breuier n. 54.
brustenier d. 85.
* buhier n. 51.
* bursier m. 39.
divier 74.
drumier 69.
* eculier m. 35.
* eskelier m. 21.
* gramangyer n. 47 c.
7 gropiere f. 1 .
groyr n. 73.
grusenier n. 90.
hanthier 77.
* harpiers m. 18.
f harschier m. 43.
* her servier n. 81.
huffenier n. 87.
hurtenier m. 84.
f iubelier m. 42.
* karnir m. 34.
* klistier f. n. 63.
krocanir 79.
kollier n. 62 a.
* lendenier m. 78.
* liniere n. 50.
* luminere f. 5.
f mangier n. 47 a.
maniere f. 2.
* massalgier m. 28.
* miniere f. 8.
y ministrere m. 25.
miusenier n. 86.
7 myssagere ra. 29.
noklier m. 16.
* olyuere in. oder f. 27.
* omilier m. 41.
* panzier n. 44.
papier n. 57.
* parlier m. 37.
parribiere 67.
* personier n. 53.
■\ petit mangiere n. 47 b.
petschier n. 56.
quartier n. 45.
* rivier m. n. 64.
riviere f. 64.
* rosier m. 26.
saliere 71.
scheitier 70.
f schevalier m. 19.
* schinier n. 48. 82.
* schinnelier n. 48. 82.
schivir 72.
scholier 75.
* semftenier n. 80.
slementschier ? 47 e.
* soldenier m. 12.
soldier m. 11.
* (?) spaldenier m. d. 83.
* spalier n. 49.
spozzenier 89.
sur ziere f. 3.
* tabemier m. 24.
* täfe'r n. 52.
* tehtier n. 46.
f toblier m. 23.
trappier m. 31.
y treviers 65 c.
* trisolier m. 33.
■f tschier sb. f. 10, Aura. 1.
■}* tschier adj. 65 a.
* turkopelier ra. 30.
* turnier abstr. m. 40.
7 ussier ra. 20.
_/Ee»* 65 d.
visiere f. n. 6. 55.
* visier f. 7.
flastr 76.
* floriere f. n. 4.
7 voluntirz 65 b.
* forehtier m. 13.
fortr m. 32.
frontiere f. 9.
weifier 66.
zimier n. 59 a.
* zimier e f. 59 b.
zimier de f. n. 59 c, d.
II. Weiterbildungen auf -ifejrcere, -i(e)rere,
Nr. 91—129.
-i(e)rre u. s. w. (meist f);
artschierer 117.
astronomirre 95.
bantzyerer 120.
barbier er 112.
briuirer 122.
bursier er 116.
busunier 99.
drappierer 114.
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 325
gewardierer 100.
hovierer 125.
hüsierer 128.
iubelierer 118.
chrigirre 91.
kroyerre 92.
luminierer 105.
papierer 121.
pfiratierre 94.
parlierer 113.
partirer 10.'*.
patelierre 96.
pfaffierer 127.
pitschierer 115.
planircr 111.
polierer 110.
regier er 107.
scholierer 123.
sigillierer 129.
spendiere 126.
stolzierer 124.
suppierre 97.
talierer 102.
tafermrer 119.
tendlier 108.
trumlierer 104.
tumiere 100.
tyostier 98.
fabeliercere 101.
visier er 106.
floitirre 93.
III. Ersatz von -ier durch -<®re, -ere, -er (f oder *); Nr. 130 — 133.
buckelcere 130. mamazre 131. paltencere 133. valkencere 132.
In jedem Abschnitte sind die Wörter soweit als möglich nach
ihrem zeitlichen Auftreten im Mittelhochdeutschen geordnet worden.
Um die Übersicht zu erleichtern, verweise ich öfter auf die Belege
in den grofsen mhd. Wörterbüchern von Benecke- Müller -Zarncke
(abgekürzt Benecke) und Lexer; aufserdem auf Schades altdeutsches
und Lübbens mittelniederdeutsches Wörterbuch. Nur wo ich Zusätze
gebe oder auf Unterschiede aufmerksam mache, bin ich vollständiger.
Die französischen Wörterbücher von Godefroy und Saint Palaye werden
mit G., S. P., das mittellateinisch- französische Du Canges mit D. C.
bezeichnet. Die vorliegende Zusammenstellung der Wörter, zugleich
unter Angabe ihrer Etymologie, geschah bereits 1891; sie hat nur
noch einzelne Erweiterungen erfahren. Dagegen ist die vorausgehende
sprachliche Einleitung erst 1899 verfafst worden.
I. Wörter auf -ier, -iere.
A. Feminina.
1) gropiere Wig. 1980; eropier Krone 731 (Hs. P tropier, t statt c
verlesen ! V chropier) ; man kann hier gegen Scholl lesen : vil mänec
bänier, d^cke üud eropier, braucht also nicht die verkürzten Reimwörter
der Hss. durch e zu erweitern. Nach Grimms Gr. noch: groppier M. B.
8, 149, gropir 13, 119;
= afrz. cropiere (vgl. Littre^.
2) maniere, manire, vgl. Lexer; Karlm. 538, 8 maneir (dat.) : veir
(= vier) ;
= afrz. maniere, nfrz. maniere (Littre) ; nord- u. ostfrz. man(n)ire (neben
menire); s. die Nummern 12, 22, 23 der sprachlichen Einleitung; man-
(men-)eire läfst sich zwar auch im Ostfrz. belegen, s. jedoch das über Karl
Meinet in der Einleitung Gesagte.
3) la surxiere Parz. 780,11; Varianten an anderen Stellen des Parz.
sind: surxir, -ier, surx-, surtxiere; lassvrxxiere, lasvrxiere j. Tit. 5106, 5786,
sursiere 5217, larsrsiere, larsursiere 5206. 5357;
= afrz. sorciere (Littre) ; in sourcerie = sortilege, D. C, wird o : ou.
4) De salvatsch ekvnaten . der tugend ein florier . ir hertze an den
geraten was . da von kos si in bei namen schiere, j. Tit. 1165 in der Strafs-
burger Hs., Germ. 25, S. 173; die Heidelberger Hs. hat fälschlich das
bekanntere florie (: schiere). Im Benecke noch: einen kränz von rösen
röt, der was der meit floriere MSH 3, 274b (= Zierde, Schmuck); gab ein
durchflorier Hätzl. 2, 63, 77 (= vollkommener Schmuck;. Danach scheint
allerdings ein Neutrum vorzuliegen.
326 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
Das Wort mag dennoch, trotz des letzten vielleicht fehlerhaften Bei-
spiels, das afrz. Fem. floriere, flouriere sein = boite a mettre la fleur
de farine (sonst = marchande de fleurs), Godefroy. Im Deutschen also
'Behälter' der Tugend. Das Wort könnte sich aber auch aus *florure. statt
floreure ableiten, was in G. wohl die ähnliche Bedeutung hat, mit Über-
gang von ü : i ; s. meine Dissertation § 21.
5) durch des hemels (zu lesen: helmes) lumener e : schere, Karlm.
56,61; stach Kayphas in de lumynere : fyere 66,35; by des helmes lumi-
nere : schere 197, 40; in des helmes luminere : schere "202, 18. Das zweite
Beispiel zeugt für das Fem., Lexer giebt fälschlich Neutr. an.
Man könnte vermuten, dafs es eine Weiterbildung auf -enier wäre,
wie sie z. B. in lendenier (Nr. 78 — 90) vorliegt; doch sind diese Wörter
Maskulina oder Neutra. Es wird das gelehrte luminaire sein, S. P., das
'Licht, Beleuchtung' bedeutet, aber auch in übertragenem Sinne 'Aus-
sicht', (luminaire auch bei Girart de Rossillon 6265. 6300; im lothr.
Psalter 135, 7.) Endlich kann das Wort auf den Gegenstand, durch den
man blickt, übertragen worden sein. Bestätigt wird das durch das afrz.
lumiere, das, wie auch heute 'Licht' (vgl. Bartsch, Chrest.), aber auch die
von uns verlaugte Bedeutung hat: ceillieres dans le masque du heaume,
S. P. Da nun bei Karlm. alle -ier zu -er werden, so kann dieses Wort
auch mit den Wörtern auf ursprünglich -iere reimen.
6) er traf den bastart in sin visiere LuM IIa u. öfter; foramina in
galea, 'in der visir Schm. Fr. a. 1460. Das erste Beispiel kann ebenfalls
Fem. sein. Erst in späterer Zeit wird visier Neutrum, so aus Weig. 1605 :
das visier des Helms (Hulsius 149b) und bei Schmeller Fr.: das visier =
die Maske, Larve; in Schwaben eine bäuerische Haube;
= afrz. visiere, S. P. Davon zu trennen ist vielleicht das folgende
Wort.
7i Chr. 5, 314 a. 1467 'mit visier' = Plan des Gebäudes; 'auf die
visier' = Abeichung, Np. 246 (15. Jahrb.), ferner bei Schm. Fr. Beispiele
für das Fem. visier = Mafs, Modell, Aufrifs, Plan.
Das afrz. visiere hat bei S. P. nur die Bedeutung 'Helmvisier'; familiär
ist es nach Littre auch gleich 'vue'. Daher könnte Nr. 7 auch darauf
beruhen; oder aber auf einem *visure, dessen ü : i wurde, vgl. meine
Diss. § 21. Im Mittellateinischen bedeutet 'visura' prospectus und inspectio
(D. C). Visier in der Bedeutung 'Abeichung' käme dem am nächsten.
Verständlich ist uns, wie sich daneben recht gut die anderen oben ange-
führten Bedeutungen entwickeln konnten. — Zum Substantiv gehört noch
oisierrüte Fasn.; mhd. visieren, durchvisieren, schildern, abeichen = frz.
viser; visierung, Abeichung, Bauplan und visierer, s. unter Nr. 106.
8) 'wir haben uns vor und uzbehalten alle ander miniere, erz und
metal'; 'und aber alle minier, saltz und metal uns zustendig ist und zu
verliehen haben', Mone, Zs. 2, 285 f. aus 1490.
Beide Beispiele scheinen im Singular zu stehen und die davorstehenden
'alle ander' bezw. 'alle' auf ein Fem. zu weisen.
Das Wort ist das zahlreich belegte afrz. Fem. miniere, nfrz. miniere =
Mine, Bergwerk, Grube, Erzgang (G., S. P., Littrö, Sachs); vgl. aus dem
Münchener Brut 13/14:
De metals de totes manieres
Sunt plentevouses Ies minieres;
im mlat. minera, minerale Dfg. 362 a, ngl. 253 b. Nur einmal belegt G.
auch ein Mask. minier = Mine. Ich setze daher gegen Lexer hier das
Fem. an.
9) frontiere Zimr. ehr. = afrz. frontiere, nfrz. frontiere (G., Littre).
10) Anm. 1. Ich füge hinzu das nicht hierher gehörende, dem
Bartschischen Gesetze folgende schier, tschier f., P. u. S. = afrz. chiere,
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 327
chire, Littre. — Anm. 2. banier st. Fem., Parz. 708, 25 = le pannier,
Korb bei Lexer, ist zu streichen, da das Wort hier Fähnlein am Speer be-
deutet und frz. banniere ist; vgl. Bartsch zur Stelle.
B. Maskulina.
11) soldier (soldiers mit flexivischem s im Erek), vgl. Lexer;
= afrz. soldier, Burguy I, 221. Dazu mhd. soldieren = * soldier, bei
Littre einmal afrz. solder, das sonst in der volleren Form soldeier u. s. w.
erscheint. — Zu soldier gehört auch das Fem. soldierse Parz. 311, 24, das
aus dem Mask. durch Anhängen des im Fränkischen beliebten Suffixes
-se (aus frz. -esse) gebildet ist (Weinhold, Mhd. Gr. § 20"); eine ähnliche
frz. Bildung finde ich in 'dorne Margeritain le (weibl. Art.) Courieresse' ,
Urk. 87 a. 1200 aus Douai (Pikardie), Zs. f. r. Ph. 14, 1890, S. 330. -
soldierse reimt mit trippanierse (Var. trippen-) mit dem gleichen Suffix;
das zu Grunde liegende Wort soll das frz. trupendiere = Hure sein.
12) soldenier, soldemr, Hartm., Geo., Jer. ; könnte nach Wackernagel
Vermischung von solde?icere (zum Verbum soldenen) mit soldier sein. —
Das Vb. soldenieren im Gerh. wäre dann davon abgeleitet. — Aber sol-
denier könnte auch aus einem *soldenierer (s. Nr. 91 — 129), zum Vb. solde-
nieren gehörig, und das Zeitwort aus der Konkurrenz von solden und sol-
dieren entstanden sein. Wahrscheinlich ist jedoch soldenier gleich afrz.
* soldenier soudenier bei D. C., mit Auflösung des l zu u; 'soudener'
auch bei Godefroy aus der Conquest of Ireland 1376.
13) forehtier Parz., Lanz., WTWh. (Hs. K forhtier);
= afrz. forestier (S. P.) mit ostfranzösischem Übergang von s zu %.
Die Varianten forestyer, vorstier im Wh. 379, 25 haben noch s, wie z. B.
im MOnchener Brut (wallon.) 277 forestiers zu belegen ist. Der Form
forstcere (: leere) im Wh. 389, 28 liegt dagegen das bereits ahd. Fremd-
wort forst zu Grunde.
14) batschelier, baschelier Part. B., watschilier Rauch Script. 2, 307,
808. MSH 2, 02p, watschelier Lcr. 4,289; bcetscelier (: mir) WWh. 290,24
(Hs. K), baschelier m, betschelir z, betschilir 1, batxelir n, patseelier t; bet-
fchiliere pl. Trist. U., v. Grootesche Ausg. 913, Hs. H, bescheliere B, be-
fehelere N (niederrheinisch), bon bethfchelir, acuteix! 2371 H (= hört!),
befchelier B, brn befcheleir (paras. i), acurtoeis [= a curt oeis (paras. i) =
hört kurz] N; beschelier Troj. 31042, MSH II, 86 a; betschilier Troj. 32428;
bachelere (pl.) : fere (= fier) Karlm. 264, 29. 292, 40, (: schere = schien
219,35, batxelere (pl.) : fiere 181,51, basallere (pl.) : sere (— sehr) 208,21.
Sonstige Beispiele bei Lexer;
= altfrz. baichelier, bachelier, baceler, bacheler u. s. w. (s. die Ein-
leitung) ; die Formen mit * in der zweiten Silbe sind dem Ostfranzösischen
entlehnt, vgl. bachiler im Vegece (Franche-Comt6) und das zu schevalier
Gesagte; basaller läfst sich in den vortonigen Silben mit mhd. schaf aliers
vergleichen.
15) balteniere Bit.; im Karlm. reimt das Wort, wie auch die son-
stigen Wörter auf -ier, mit ursprünglichem ie, aber auch mit e: paltinere pl.
(: vere = vier) 10, 42; paltenere pl. (: schere) 189, 37. 147, 58. 149, 7;
dat. sg. (: schere) 150,19. 153,39. 159, 46; (: fere = fiere) 168, 7, (: fiere)
151, 81; nom. sg. (: vnfere = nicht fiere) 227, 52; paltener n. sg. (: vnfeir)
142, 33; acc. (: feir = fier) 169, 5; pl. (: feir) 149, 1; paltenere n. sg.
(: were = wäre) 140, 65; palteneren dat. pl. (: zeren — verköstigen) 149, 1:-!.
paltener i. V. 100, 24, 30. 135, 9, 17;
= afrz. paltenier, paltonier (vgl. G. unter pautonier); über paltensere
s. Nr. 133.
16) noklier, nuklir, nakeler, vgl. Lexer; noklir j. Tit. 2540;
= afrz. nocüer = patron du navire, pilote, G. und S. P.
328 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
17) curier Trist. U. 2327. 2433 == Läufer, kurrier Wig. 10582.
Ammenh. = Läufer im Schachspiel; nd. currersp&l. Chr. 7.
Für beide Fälle ist wahrscheinlich alt- und nfrz. courrier (S. P.) an-
zusetzen. Ein Beleg, wo courrier auch im Schachspiel erscheint, ist nir-
gends aufzutreiben.
18) beas harpiers (nom.) : schevaliers Trist. 13301.
Es setzt ein nicht zu belegendes afrz. harpier -4- flex. s voraus; ein
Nom. harpieres zum obliquus harpeor (S. P.) kann nicht zu Grunde
liegen.
19) schevalier Krone, Helbl., xevalier Wig., schevelier Trist. H 2031;
die Heidelberger Hs. des Tristan schreibt fchavelier (Ausg. v. Groote)
5580/81, fchevelier 5602, fehevalier 9169. 18883, fchevaliers 13302; F eherelier,
chevalier, chiveilir, chivailirs, fchivilir; B fchevelier, schevelir, kivaliers,
fchievalier ; N fchiff alier, fchiffaleirs (e -j- paras. i, wie dort noch mehr bei
Wörtern auf -ier). — cavalier Apoll., schafaliers Fragm., xay, tschä tscha-
valier! Gerh., Otn.A., ahtschavelier ! Dietr., Rab., xcehtxovadier ! Hpt. Zs.
18. 91, 74. schivalier Herb.
Das Wort erscheint in den nord- und ostfrz. Denkmälern in der Form
ceval-, cheval-ier oder -er, z. B. in Aliscans chevalier(s) 429. 749, cevalier
647, in Aucassin cevalier, -er; meist cheualier in den wallonischen Ur-
kunden, Rom. 17 — 19; in den Dialogen Gregors und im Hiob nur che-
ualier(s), auch im Maccabäerbruchstück ; im Brut ceval-, chevalier(s), -eir;
cheualier im Girbert de Metz; daneben aber läfst sich, gerade so wie in
den mhd. Texten, ein Schwanken in den vortonigen Vokalen feststellen.
Z. B. zeigen zwei Lütticher Urkunden aus 1248, Urk. 4 und 5, Rom. 17,
neben e — a in cheual-, ceual-ier i — a in chiualier. Über nord- und ostfrz.
Formen mit -ir in der Endung ist bereits oben ausführlicher berichtet
worden. Der lothringische Ezechiel zeigt i—e und i—a: chivelier, chiraliers
(s. Kesselrings Diss.); auch in der Guerre de Metz wird S. 297 unten ein
chivelliers angeführt. Haimo v. Halberstadt (lothr.) hat cheval-, chivalier;
i — a auch im lothr. Bernhard: chivaliers, chivals, aber cheralerie (s. Kessel-
ring u. Buscherbruck in den Rom. Forsch. 9); auch in Burgund und den
sich daran anschliefsenden Gebieten ist i — a nachzuweisen: in Urkunden
aus Bourbonnais, Nivernais, Yonne chivalers und im bürg. Floovant chi-
valeirs (Goerlich, Burg. Dial. S. 37). e — e erscheint im Metzer Gebiet:
chevelliers (Keuffer, Rom. Forsch. 8, S. 461), und chevelirs fand ich eb.
S. 496 in einer Urkunde aus 1259, ebenso in Aliscans (aus Artois) cevelier
3688 (neben cheval-, cevalier). — Formen mit a — e, a — a, wie sie in deut-
schen Texten vorkommen, sind zu erschliefsen aus chareaulx, Guerre de
Metz 208 a, Hs. D [vgl. chaminer (inf.) 293 c, chamin, S. 408 im Friedens-
vertrag; auch Keuffer, Rom. Forsch. 8, S. 350, weist im Metzischen eine
solche Form nach; chavols (Haare) im Bernh., Rom. Forsch. 9, S. 681].
Der mhd. Form mit i — *': schivilir, kann man (für die zweite Silbe) frz.
a — i in bachiler aus dem Veg&ce an die Seite stellen (s. Wendelborns Diss.
§ 64). txovcelier mit o — e ist in Bezug auf die erste Silbe mit chuualiers
(neben cheualier) in der 14. wall. Urk. a. 1273 in Rom. 18 zu vergleichen,
wie ja auch u oder o statt vortonigem e im Wallonischen eintreten kann
(heute ist noch im Nord- und Ostfrz. strichweise derselbe Wandel zu be-
merken): prumirex, wall. Urk. 3 aus 1241, Rom. 17; proiRierement Urk. 15
a. 1280, Rom. 18, Urk. 10 a. 1272, Rom. 19, promiere (neben premier) Urk. 2
a. 1248, Rom. 19; promier (premier 3u3, 36) Hiob 300, 29; promiers Dial.
Greg. 57, 7. 73, 6; soduieres (Verführer) 334, 13; promiere im Maccabäer-
bruchstück; über den Wandel von i zu u vergleiche auch das in meiner
Dissertation S. 40 zu zimiure Gesagte.
20) ussier kommt vor Parz. 596, 10. 621, 12. 66:>>, 11. 667, 30. urssier
WWh. 9, 3, 24. 438, 6. Die Form für den Parz. scheint Lachmann aus D,
für Wh. aus K entnommen zu haben. Ein Nom. Sg. ist nicht darunter;
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 329
ein Dat. Sg., ein Acc. Sg. und ein Nom. PL haben kein flexiv. e. Daher
könnte der Nom. Sg. blofs auf r ausgehen.
Im Altfrz. zeigt das Wort in der ersten Silbe die verschiedensten
Formen. Im Mlat. lautet die wahrscheinlich ursprünglichste Form us-
ceri-um, -us, D. C. Daraus konnten zwei Formen entstehen, die eine, die
aus c ein vorausgehendes i, die andere, die das c zu c, s entwickelte. Also
afrz. usscher (im D. C. einmal belegt) [im Ital. auch usciero] ; oder uissier.
Die Aussprache s könnte nun im Mhd. durch die Schreibung rs aus-
gedrückt sein, wenn man dafür die dialektische Aussprache rs annimmt,
wobei das r vielleicht noch verstummte. Da der Accent auf der Schlufs-
silbe liegt, kann das frz. ü nach ostfrauzösischer Weise leicht zu u werden.
Diese Aussprache mag zum Teil in den Handschriften vorliegen, die blofs
ws(s)-, uss- schreiben ; es mufs aber stets dabei beachtet werden, dafs ü
nicht immer durch die Schrift wiedergegeben wurde. Die frz. Form uissier
selbst kann noch im Frz. folgende Wandlungen erfahren: üi vereinfacht
sich zu ü, vgl. ussier bei Godefroy; oder der Nebenaccent rückt von
dem ü auf das *', wodurch das ü selbst zu einem konsonantischen ü, u
und endlich einem vü, vu, hü, hu wird. Dies ist ausgedrückt durch die
frz. Schreibungen vuissier, vissier, wissier, huisser, G.
Einer dieser schwankenden Aussprachen suchen nun die mhd. Schrei-
bungen gerecht zu werden; ich gebe die Varianten. Parz. D ussier würde
frz. ussier sein, Parz. G visier, vessier frz. vissier entsprechen und zirfier,
verderbt wohl statt ursier, frz. ussch[i]er, uxier; die gleiche Aussprache
für g in ursier, ebenso in Wh. K urssier und t, s ursier. m ussier =
ussier und ursier = ussch[i]er; p, o ussier, uxier, ussier = ussier; n tissier,
usser — ussier, usser; wisir = vissier, wissier; x hussier = frz. huissier;
1 ussir, uxier = ussier; örser : halzibir in 1 zeigt wahrscheinlich dialek-
tische Ausartung auf deutschem Gebiete; die frz. Nebenform oissier (G.)
dürfte ihr nicht entsprechen. — Andere mlat. Formen vom gleichen Stamm
bei D. C. sind uss-arius, -eria, -erius, huisserium.
21) eskelier; so schreibt fünfmal Wh. K, sonst eskelir, -ir, einmal
esklire (acc. sg.); entgegen der Hs. K hat Lachmann an drei Stellen die
Form mit kl in den Text eingeführt. — m, n haben, wo Varianten ge-
geben werden: eskelyr, m auch -ier; 1 escelir; o, t esckelier; 1, p, o endlich
noch es(c)kelier und eschelier. Die Belegstellen findet man bei Steiner,
Germ. Studien II, 256. Auch im Wh. 290, 24 steht an Stelle von bä-
tschelier etschlir x, eschelir p, esckelier o. Aufserdem escelier j. Tit. 835.
3468. 4007. 4248. 4164. 4228, eseelire (nom. sg.) 3466, escelir acc. pl. 3949.
4189, esclier 810; im Loh. escalier.
Die Eskeliere befehligen die Rotten : die den man rotte jach, amazure
und eskelir, WWh. 366, 27; an die die rotte horten, ich meine hohe kvnige
und esceliere, j. Tit. 4164. Sie haben noch folgende Beiwörter: eskelire
'an fürsten krefte ziF, WWh. 256, 1; 'an der fürsten zil' 372, 10; 'esklir
vil rieh erkant' 98, 26. Sie werden neben Königen, Emeralen und Ama-
zuren genannt, ohne dafs aus einer bestimmten Reihenfolge vielleicht eine
Rangabstufung zu erkennen wäre.
Bisher hatte man kein entsprechendes Etymon finden können. Saint
Palaye sagt, escler bedeute 'slave, esclavon' und unter 'sclavinia': sie nostri
Sclavos Esclers appellarunt; auch Godefroy erklärt escler, ascler, asciier
als 'esclavon, mot devenu synonyme de pai'en, infidele'. Man mufs zu-
geben, dafs bei einem grofsen Teil der dort angegebenen Beispiele mit. den
esclers ein Volksstamm gemeint ist. S. 33 seiner Habilitationsschrift 'Über
die Quellen Ulrichs v. d. Türlin' teilt nun Suchier folgende Stelle aus
dem älteren Moniage Guillaume mit:
Voles dir de dant Tibaut V Escler
et de Guillaume le marcis au cort nes u. s. w.
330 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
Hier hat also der aus dem Willehalm bekannte König Tybalt das Beiwort
l'Escler erhalten. Auch in Aliscans finde ich, dafs der roi Tiebaut 238
oder, wie er in 2773 genannt wird, Tiebaus d'Arrabe in 1199 roi Tiebaut
l'Escler (in einem 4-Reim) heifst. Ob aber hier Escler eine Würde be-
deuten soll, wird in Aliscans durch die nun folgenden Stellen wieder in
Frage gestellt, wo die Esclers nur ein Volk bedeuten können :
Ke ne fuiroie por Türe ne por Escler (er-Reim) 850,
.XXX. rois furent que Persant que Eselei (ez-Reim) 1782,
Entor Orenge a .C. mite d'Escles (eVReim) 2431,
Dont pais morurent .M. Türe et .M. Escler (er-Reim) 3376,
Et .C. milliers qe Persans qe Esclers (es-Reim) 4389,
Quida ke fussent Sarrasin ou Escler (in e-Assonanz und Reim) 4813,
Por tant k'il fust, Sarrasins ne Esclers (er-Reim) 5637,
Ne l'ose ataindre Sarrasin ne Escler,
Türe ne Persant d'une lance abiter 5665/66,
Et .XXX'". que Persant, que Escle (6-Reim) 5858.
Gewöhnlich werden die Sarrasin und Escler nebeneinander genannt, so :
Or vos ont mort Sarrasin et Escler 787 ;
dieselbe Verbindung in den Stellen 1529. 4892. 5337. 5574. 7398. 7517.
7556. 8056. 8218. 8351. Escler allein kommt noch vor in:
Puis tret l'espee qu'il toli ä V Escler 1697,
Et il me dirent fix fu ä .1. Escler 3200,
Et si me dirent fiex ert ä .1. Escler 3261.
In diesen drei Stellen mag Escler einen hohen Fürsten bedeuten ; dagegen
wohl nicht in :
Ke, s'en Orenge m'asaloient Escler 3119,
K'il ne soit pris de, paiens ne d'Escles 1373.
Eine Würde bedeutet dagegen wohl Esclier in:
Quant la noisse oirent ceux Saracins Asciier, Prise de Pampelune,
in Godefroys Wb.,
ebenso in einer Stelle, die ich in Bartscbs Chrestomathie"' 205, 14/15 aus
Huon de Bordeaux notierte:
iluec avoit un Sarrasin Escler:
amires ert set vinx ans ot passes;
vielleicht auch in:
il n'a caiens Sarrasin ne Escler,
tant soit haut hom, se il li faisoit mel,
que il ne soit pendus et trai'n^s. Eb. 202, 22 ff.
Endlich finde ich jetzt, dafs Leo Wiener im American Journal of Philo-
logy 16, 1895 in seiner Zusammenstellung französischer Wörter bei Wolfram
von Eschenbach ein bei Godefroy unter 'amiral' stehendes, zu unserer
Deutung sehr passendes Beispiel bringt:
Puis fut il rois, amiras et esclers, Alesch;
also wohl aus einer anderen Aliscans-Handschrift. Eine etwaige Rang-
ordnung darf hierin nicht erkannt werden; so wechselt z. B. amiral oder
amires im Huon, S. 201, 35 bei Bartsch, einmal mit roi.
Von eskelier abgeleitet ist eskelirie WWh., Hs. K 287, 5 = Fürsten-
stand, das ebenso gebildet ist, wie baronie zu barun, -on.
22) bi dem braisiere (dat.) P, breisiere V, Krone 3673;
= alt- und nfrz. braisier, m. (S. P. und Littrö).
23) toblier und toblire; beide Formen sind in der Krone im Nom.
anzusetzen; einmal wird auch im Dat. 8891 doplyereV, toplire P, also pl
geschrieben ;
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 331
= altfrz. doblier, doplier, doublier u. s. w., G. Das Wort bedeutet
meist ein zusammenlegbares Tisch- oder anderes Tuch; ein Gefäfs, Mafs,
das das Doppelte fal'st; ferner, wie hier, eine Art Schüssel. Es leitet sich
aus lat. duplum ab; vgl. G. und S. P. unter doublier und D. C. unter
doubl-, dubl-, duplarium.
24) tabemier Ammenh., Dfg. a. 1512, tauemir eb. a. 14. Jahrb.;
= afrz. tavernier, S. P. ; die Weiterbildung tabernierer unter Nr. 119.
25) mynistrere pl. (: vere = vier) Karlm. 287, 12; (: schere) 296, 48;
aufserdem 291, Ol. 292, 8;
= afrz. menestrier, Littre; bei Godefroy auch ministrer.
26) Dar stonden lilien ind rosiere (: olyuere) Karlm. 181, :'. ;
= afrz. rosier, Littre\
27) Zederbom ind olyuere (: rosiere) Karlm. 184, 4. Da stoenden ...
Xederbam ind oleuere (: fiere) eb. 88, 21 ;
= afrz. olivier, z. B. in Aliscans 2298 und 46(i0; dort aber auch oliver
3782 und in der gleichen Bedeutung oliviere f. 606, 6860, die sämtlich im
Reim zu belegen sind. Welches Geschlecht dem deutschen Fremdwort
zu Grunde liegt, bleibt unentschieden.
28) massalgier, Verwalter, Hausmeister, Rta. (Aachen).
Dem Worte steht in der Bedeutung, wenn auch nicht ganz in der
Form, afrz. messagier (G., S. P. und D. C.) = sergent, huissier, bedeau
gegenüber. Am nächsten würde dem deutschen Wort ein *messaillier
kommen, aus messagerius (D. C.) und dies aus *missatiearius, ebenso wie
auch ein messeilliere, messilier = Flurhüter aus mlat. messegerius bei
D. C. mit mouilliertem / weiter entwickelt worden ist. lg des deutschen
Wortes soll wohl Ij, also Mouillierung ausdrücken. Das a der ersten Silbe
aus e in Position ist im Ostfrz. oft belegt. Massa steckt wohl nicht in
dem Worte, wie Lexer, der als Etymon mlat. massarius giebt, anzunehmen
scheint.
29) myssagere (pl. = Boten) : rittere, Karlm. 348, 41;
== afrz. messagier, z. B. Dial. Greg. 28, 18.
30) turkopelier Stat. d. o. 188; ist im Altfrz. bei D. C einmal in
etwas verkürzter Form als turcupler a. 1443 belegt. Die volle Form ist
im Nfrz. noch als turcopolier vorhanden (Littre); ältere frz. Beispiele sind
sonst nicht angegeben. Das mlat. Wort lautet bei D. C. turcopularius =
qui turcopulis conductis prsefeetus erat, turcopulerius, turcoplarius.
Das Simplex turköpel = afrz. turcople, D. C, S. P. = mlat. turco-
polus, D. C, ist im Mhd. von Wolfram v. Eschenbach an zu belegen und
soll sich nach Littre aus mgr. ivfmöiiovloi — Türkenkind herleiten.
31) trappier Stat. d. o., Weist., drapper Frkf. Brgmstb. a. 1452;
nach Grimms Gr. noch: frappier in Lanz. Chronik;
= alt- und nfrz. drapier (S. P. und Littrö). [Das frz. Verbum wird
draper und drapper geschrieben und leitet sich von frz. drap ab.] Die
mlat. Formen des Subst. s. bei Schade; das dort aufgeführte trappär ist
natürlich aus dem Mlat. abzuleiten. — Die Weiterbildung drappierer
s. unter 114.
32) forir Hans.; vorere Urkdb. der Stadt Göttingen a. 13t!4 u. 1397;
noch heute ist Furier = Quartiermacher (vgl. Bech, Germ. 20, S. 31);
= frz. fourrier.
33) trisolier Chr. 10. 170, 12 (Nürnberg) a. 1449; trisinier Basel.
Chr., 16. Jh.; zum Teil hat es vielleicht infolge deutschen Accents abge-
schwächte Endung oder ist deutsche Weiterbildung auf -er zum Subst.
tresor, trisor, tresel, trisel in : treseler Stat. d. O., Schb., irisier Altsw. 334, 1 1 ,
St. a. 1484, triesler Voc. 1482, tresorer Hans. 1377, trisorer Stat. d. O. ;
= afrz. tresorier (S. P. und Littr£) mit Wechsel von r : l oder n.
34) kamir, karnyr, kernier = Ledertasche; vgl. Lexer; ein spät be-
legtes Wort.
332 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
Es braucht nicht wegen des anlautenden c vor a das ital. carniere zu
sein, wie es Schm. und das Dwb. angeben, sondern kann frz. carnier —
Jagdtasche, carnassiere (Littre, Sachs) sein ; vgl. auch Diez unter cimeterio
und Körting unter carnarium.
Das Wort ist nach Littre' sehr gebräuchlich; daneben existiert alt-
uud nfrz. charnier in drei Bedeutungen: endroit oü l'on garde les viandes
sahfes et, en g6n£ral, toute espece de viande; gibeciere; cimetiere. Von den
altfrz. Beispielen zeigen zwei auch anlautend c in der Bedeutung 'Grab'
(im Ahd. haben wir schon carnare = Beinhaus, das später zu kerner
wurde, aufgenommen); alle anderen von derselben oder den anderen Be-
deutungen haben cb. Man mufs annehmen, dafs eine Form mit ea- von
altfrz. Zeit her ihr Leben weiter fristete und endlich die Bedeutung car-
nassiere allein behielt. Das Französische besitzt noch mehr solcher Doppel-
formen, ohne dafs man sie aus einem bestimmten frz. Dialekt oder auch
aus der Gelehrtensprache abzuleiten braucht, denn ihre Verbreitung ist
eine viel zu allgemeine.
35) eines fürsten eculier Altsw. 229, 3 (: vier). Ich weifs das l
nicht zu erklären, wenn man afrz. escuier (Knappe) mit verstummtem s
zu Grunde legt. Zwar finde ich auch l'escul = Schild in der Guerre de
Metz .V.*e, wozu der Herausgeber bemerkt, es liege ein überflüssiges l vor.
Vielleicht ist das Wort aus der Vermischung von eskelier (s. Nr. 21) mit
escu-ier, -ir, -yr (Sprachl. Einleitung Nr. 1 und 23) entstanden, oder noch
wahrscheinlicher ist es gleich afrz. esculier (s. Godefroy unter escuelier),
das auch einmal in der Bedeutung 'Mundschenk, der das Tischgeschirr
zu verwahren hat' vorkommt in: de la cuisine le scuiler.
36) Nach Grimms Gr.: Heinricus balier M. B. 8, 472; Otto walier
eb. 8, 485; Lexer: baiiger Mone Zs. 2, 321 a. 1451, Germ. 18, 371;
= afrz. baillier, G.; aus wallonischen Urkunden (s. Nr. 12 der sprachl.
Einleitung) sind die den mhd. Formen entsprechenden balhiers, balirs zu
belegen, aufserdem dort bailhier, bailir(s).
37) parlier Mone Zs. 1, 23 a. 1471, perlir Bair. Landesordng. v. 1553,
perlier a. 1618 und 1673; polier Schm. Fr. 1, 385; Kwb. 35; Schöpf 485;
= afrz. parlier (G., S. P.); einmal pallier, G. ; der r-Ausfall kann im
Französischen und Deutschen selbständig erfolgt sein. — paller findet
man z. B. im ostfrz. Girart de Rossillon; s. Breuers Diss. S. 32; auch
im Ostfranzösischen kann in diesem Wort statt pari- perl- stehen, s. Yzo-
pet, Anm. zu 3353. — Dazu mhd. parlieren (L.), auch in über-p. = afrz.
parier. Das Mask. parlier könnte aber auch auf Kontraktion aus parlierer,
Nr. 113, beruhen; man vergleiche damit noch die modernen parleur-char-
pentier; -macon bei Sachs.
38) barbir (persönl.) Chr. 10. 414, 23 (15. Jahrh.);
= alt- und nfrz. barbier (S. P., Littr6) ; könnte aber auch aus bar-
bierer (Nr. 112) kontrahiert sein; dazu barbieren Chr. 11 (15. Jahrh.) =
altfrz. barbier (S. P., G., D. C).
39) bursier Dfg. 85a a. 1507;
= alt- und nfrz. boursier (Littrö) = ouvrier qui fait et qui vend des
bourses — Beutelmacher Dfg. Dann bedeutet aber das Wort auch tr£-
sorier, notaire (vgl. D. C. und S. P.), und in dieser Bedeutung existiert es
auch im ausgehenden Mittelalter in der Weiterbildung bursierer, s. Nr. 116.
40) der furnier (Abstraktum), Chr. 10. 186, 3 (355,2 ein furnier), den
durnir, tumir (acc.) eb. 2. 25, 2, 5; den furnier schauen, Kell. Erz. 54, 5
(und 10); tornir Dfg. 588 b; nhd. das Turnier.
Es ist ein nicht zu belegendes Subst. tournier dafür anzusetzen, dem
das öfter zu belegende mlat. Neutrum tornerium = torneamentum, hasti-
ludium, tournoi bei D. C. entspricht. Den Infinitiv tournier, tornier,
tourner belegt zwar S. P. kein einziges Mal in der speciellen Bedeutung
des im Mhd. häufigen furnieren (auch in ge-t. und in turnisrunge), dessen
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 333
Etymologie überall falsch angegeben wird. Die altfrz. Beispiele haben
gewöhnlich die erweiterte Form tournoier, die die besondere Bedeutung des
mhd. Vb. turnieren annehmen kann; und so finde ich auch in S. P. je
einmal das zugehörige Subst. tornoier, tournoier, tournouer in der Bedeu-
tung 'Turnier'.
Das allgemein gebrauchte Wort für Turnier ist im Mittelalter im
Französischen und Deutschen das Mask. tournei, tournoi (bezw. turn-).
Zum obigen turnier gehören noch die späten turnier-helm, -lieh (Var.
turneierlich), -isch und das uoch unter Nr. 100 zu besprechende turnie-
rcere u. s. w.
41) omilier, omeliger, m. Ob.;
= afrz. omelier (G.). Dagegen hat nfrz. homiliaire, Littre- = afrz.
omeliaire, Godefroy, gelehrte Endung.
42) inbelier Dfg. 126c a. 1505, iuwelier (kölnisch) eb. a. 1507;
entspricht einem afrz. *juellier (Godefroy hat -uel- nur in juellour); bei
S. P. joiailier; nfrz. joaillier; unter Nr. 118 s. iubelierer.
43) har schier Zimr. cbr.;
= afrz. archier, D. C. Es ist nicht nötig, italienischen Ursprung an-
zunehmen; die Weiterbildung artschierer unter Nr. 117. Anlautendes h in
Wörtern, die es etymologisch nicht haben sollten, läfst sich im Osten im
Mittelalter öfter nachweisen; s. Breuers Diss. über Girart v. Rossillon
S. 38, 108 a.
C. Neutra.
44) panxier Er., pancier Orl., banxier Weinschwelg, pantxier Chr. 4,
bantxier eb. 8, panexir Mz. 3, 381 ; infolge deutschen Accents abgeschwächte
Formen in bantxer u. s. w. Gleichfalls abgeschwächt sind wohl die mittel-
deutschen pancir Herb. 4735, panxir Ludwigs Krzf. 3457, Jeroschin 00 a,
96 a, da der Accent, wie aus den Versen hervorgeht, auf a ruht und ir
in der Senkung steht; das * tritt bekanntlich im Md. für obd. e in den
schwachen Flexionssilben ein. — Mnd. pariser, -txer, -sxer, -scher, vgl.
Lübben. — Nhd. panxer, mask.;
= afrz. pancier. Italienische Etymologie braucht nicht angenommen
zu werden. Die Ableitung panexirer unter Nr. 120 ; die Zusammensetzungen
bei Lexer.
45) quartier Trist. 2802. 3001. 3308, hier hat Hs. H quartir;
= alt- und nfrz. quartier; dazu quartieren, quatieren seit Ende des
14. Jahrhunderts, vom Subst. abgeleitet oder aus mlat. quartare neu gebildet.
46) tehtier, -ir, -er, testier (Lexer), testir Herb, und WWh. 412, 24
Hs. t; mnd. tester im Braunschw. Urkdb. 1, 25.
Erschliefst ein nicht zu belegendes * testier mit ostfrz. Übergang von
s zu ^. Sainte Palaye führt aus Cotgrave 'testier' an = qui appartient
ä la töte; qui sait m^nager sa töte; soll das erstere sich auf ein Adj. oder
Subst. beziehen? — Die gewöhnliche afrz. Form ist das Fem. testiere
(S. P. und D. U.); ebenso ist das ital. testiera weiblich.
47 a) Manie gepaur wird schimelgra, Der selten hat gezzen m ans ier
bla, Renn. 9772 (nach Alwin Schultz, Höf. Leben I, 392); = Umkehrung
von 47d. manger ein petit äzen sie, Orl. 978. 6680. 11109; = Um-
kehrung von 47 b. mansier, manger selbst ist afrz. mangier, manger
(Littrö), nfrz. manger.
47b) ein petit mangiere (acc.) : schiere (Hs. V pitet, P mangire
: schier) Krone 6467; pittit mangier ist in gesunt, Marner, ed. Strauch XI,
2, 25 (nach Schultz, Höf. Leben I, 392). Und äzen alle schiere Ein klein
pittimansiere (acc.) Reinfr. 732; pitemansier (acc.) j. Tit. 2616; wohl ent-
stellt in: ein piromanigir (acc.) Kindh. 89, 11, ein pitrimensier Wilh. v.
Orlens in Zs. 21, S. 200 a, 15; entspricht einem afrz. anzusetzenden petit
mangier.
334 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
4 7c) ein gramangyer V, gramansgir P (acc.) : gir (acc), Krone 7649.
Bei Littrö ist unter manger ein afrz. Beispiel im PI. aus dem 18. Jahr-
hundert angegeben : Les barons . . . se pristrent ä donner les grans man-
gers et les outrageuses viandes. Das mhd. Wort ist also aus einem grant
mangier entstanden.
47 d) blamenser , ntr. Buch v. g. sp., blamentschier Geo. 1913;
= afrz. blanc mangier, blanc mengier, manger, Littrö; in den deut-
schen Ra. 869 wize spise.
47 e) Was ist das erste Element von slementsehier j. Tit. 599, Ausg.
von Hahn? Schultz giebt flementschier an; hat so der alte Druck? Er
vermutet, es sei = flau (Kuchen) manger.
Gleichen Stammes wie 47 sind ferner das Vb. menschieren Jüngl. =
afrz. mangier; petit menschuwer, s. meine Diss. S. 38, 6; mangeix WWh.,
das sich zu den zahlreichen mhd. Fremdwörtern auf -eix stellt.
48) schinnelier; scinnelier, scillier P arz. D ; schiliier, schellier, tsehil-
lier, sehinier; aufserdem die Varianten tschilier, schinilier, Neutrum; vgl.
Lexer.
Es ist ein das Knie schützender Panzer; nicht im Mnd. belegt, schin-
nelier kann zwar nicht das von A. Schultz erwähnte afrz. Fem. genoilliere,
-olliere, -ouilliere sein, wohl aber das Mask. genoillier, genoullier, genoiller, G.
Die deutschen Formen mit // können dabei, wie Schade annimmt, aus
n(e)l kontrahiert und angeglichen sein ; ebenso wurde nl : n(n) in sehinier.
Sehinier mag aber auch auf einem * sehinenier (aus deutsch schine) be-
ruhen (ebenso schinnelier, indem n — n zu n — l differenziert wurde?); vgl.
die Wörter unter 78 — 90. Vielleicht ist sehinier überhaupt davon zu
trennen und hat eine eigene frz. Etymologie, während schinnelier und
schiUier zusammengehören. Man vergleiche auch das bei Lexer ange-
führte gleichbedeutende ital. Fem. sciniera.
49) skalier, -er, Lexer; entspricht einem afrz. espalier m.; die frz.
Formen bei Godefroy zeigen ein au vor dem 1: espaulier m. u. 8. w. ;
ein Fem. in der gleichen Bedeutung aber zeigt al: espaliere, ebenso das
Vb. espalliir. Es braucht hier nicht das ital. Fem. spalliera vorzuliegen.
Das prosthetische s fehlt (in der Kegel) im Wallonischen; auch andere
ostfrz. Texte lassen dies zuweilen zu.
50) ist er . . . alsam ein liniei e sieht, ein Spiegel klar der tugende
u. s. w., MSH 2, 359b (Meister Friedrich von Sonnenburk). In Dfg. ist
lineale, -earium = ling-er, Var. -ier, 15. Jahrb., im Ngl. linia = linier,
15. Jahrb.; linealis = linierleich, 150'2.
Vielleicht ist ein frz. *lignier, das ich einstweilen nicht nachweisen
kann, zu Grunde zu legen. Es existiert ein frz. ligner (inf.) = unserem
nhd. 'liniieren'.
51) Manec buhier was ergangen, Wolfd. D IX, 203. Wie es scheint,
hat es dort dieselbe Bedeutung wie 'das buhurdieren', 'der turnei'. Ebenso
kommt ein substantivierter Infinitiv vor: 'mit hertem buhieren suln wir
die schoene enpfän' eb. 195; darauf werden die Speere zerbrochen. Bei
der Hochzeit werden ebenfalls die Speere zerbrochen, zwölf Tage lang,
'daz man ze allen ziten niwan buhierens pflac', eb. 207. Ein Infinitiv eb.
199: 'Do wolte ouch buhieren Wolf her Dieterich', dann: 'd6 wart nach
prise gestochen von manegem ritter guot und vil der sper zerbrochen'
und 177: 'da hetens kurzwile vil, da mohte man gerne warten manec
ritterspil, buhieren unde stechen . . . man sach da zerbrechen manic
starkes sper'.
Ebenso kommt buhieren im Ls. 3, 412 (469) und bohieren im Rosen-
garten D 2407 vor.
buhieren kann wohl kaum auf einer Kontraktion aus dem gleich-
bedeutenden buhurdieren beruhen, das zusammengezogen als burdieren und
in burderie Karlm. 208, 23. 292, 42 vorkommt; buhier selbst scheint statt
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 335
des Fem. buhurdiere aus ostfrz. *bouhourdure gesetzt (s. meine Diss.
S. 28, -I) und zugleich mit dem ähnlich klingenden afrz. pouhier, phohier
bei Godefroy, das 'heraut' bedeutet, verwechselt worden zu sein, einem
Wort, das wohl auch im frz. turnei öfter gebraucht wurde; der Inf.
buhicren kann deutsche Weiterbildung aus buhier sein.
52) tälier (ntr.) Mur., tälir Voc. v. 1445, tälirpret, täller Voc.
v. 1419 und 1429 und E. A. (vgl. Schneller); delier Chr. 4 (15. Jahrb.);
das deller Narr., Erlösg. (dat.); teler acc. Fasn. ; täler, dax, deiler Cgm. ;
teuer, deller, teler, taller, teuer, teile Dfg. ; dazu Ableitungen. — Im Nhd.
der Teller;
= afrz. taillier, Brett, auf dem der Schneider arbeitet; dann in: esp£e
ä haut taillier (= breite Klinge), vgl. D. C. Im Italienischen bedeutet
tagliere, tagliero = legno piano, ritonda a foggia di piattello dove si
tagliano su le vivande, vgl. Manuzzis Wb. Gegen die frz. Etymologie ist
daher nichts einzuwenden. Das Wort mufs früh deutschen Accent be-
kommen haben, wodurch das i der Endung umlautend auf das alj wirkte.
Vgl. auch talier fem. unter den Wörtern, die auf frz. -ure zurückgehen,
in meiner Diss. S. 29, 9 und das Verb teilieren.
53) Weib und man | schauten mich an | mit lachen so | mein per-
sonier | kunglicher zier. Wolkenstein.
Nach Beda Weber = Mumnierei, angenommene Rolle. Das Wort ist
wohl deutsche Neubildung auf -ier am Stamm person. Dazu das Verb
personieren = leiblich gestalten (im Ls. und den Fasn.), das wahrschein-
lich auch Neubildung ist.
54) breuier, -ir [briefer], viaticus, Wegweiser, auch Lebensunterhalt;
breuiere, -ier, -ir [briefer] = breviarius, -ium, (Ge)betbuch. [briaer, brieffer],
gelehrt bnfar — vgl. Dfg. und ngl. unter 'viaticus' und 'breuiarium' — ,
nhd. das Brevier; die Weiterbildung briuirer unter 122.
Das Wort entspricht dem altfrz. gelehrten breviere m., S. P. = alt-
uud nfrz. breviaiie; mit der Endung -iere kommt es noch vor als Adj. in:
livres brevieres, G. Die oben eingeklammerten Formen mögen auch den
Ton auf der letzten Silbe haben ; dann wäre also -er nicht aus -ier durch
deutschen Accent auf der ersten Silbe entstanden.
55) visier, ntr., s. Nr. 6.
56) Eine deutsche Neubildung auf -ier an dem slavischen Stamm
petsch, pitsch ist das späte Neutrum p et schier , pitschier u. s. w., nd.
pitxeer a. 1528, u. s. w., vgl. Lübben. Der früheste mhd. Beleg zum Sub-
stantiv scheint nach dem DWb. bei Königshofen im 15. Jahrb. zu sein,
der zum Verbum pitschieren in Fichards Archiv, 15. Jahrh.; die späteren
Beispiele im DWb. Im Französischen existiert das Wort nicht.
57) papier, s. Lexer; seit dem 14. Jahrh. die Belege. Kann ge-
lehrtes deutsches Wort sein, aber auch aus dem frz. papier stammen.
D. Verschiedenes Geschlecht bei gleichen Stämmen.
58) a. — banier u. s. w., ntr. (s. Lexer); selten mask., s. unten.
Es erschliefst ein altfrz. banier. So finde ich in der Guerre de Metz
84 e und 152a in Hs. P, wenn auch gegen die Silbenzahl des Verses, banier
statt baniere. 'banier' kommt sonst im Altfrz. nur als nomen agentis bei
G., S. P., D. C. vor. Mlat. banerium, bannearium, pannerium ist in D. C.
nur aus lat. Niederschriften auf deutschem Gebiete zu belegen und natür-
lich auch in Dfg.
b. — baniere, banire u. s. w., fem., vgl. Lexer und Nr. 10, Anm. 2;
= afrz. baniere, S. P., ostfrz. banire (s. Nr. 11 der sprachl. Einleitung).
banier, e erscheint auch, wohl meist infolge deutschen Accents, als
banner u. s. w.; jedoch trifft das nicht für den Karlm. zu, der hier
nur betontes -er(e) hat, z. B. banere (dat.) : keysere 370, 40. Man findet
336 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
dort das Neutrum in: Eyn bmier daer geuen 47, 54, dat bannere (: schere)
221, 13. 478, 28; dat banere (: fere) 370, 57; dat baner i. V. 478, 26; aber
auch einmal das Mask. : den bariner (acc ) i. V. 472, 33; aufserdem viele
Fälle im Dativ, die ein Neutrum oder Maskulinum erschliefsen lassen.
Belege für Neutrum und Fem., die zugleich in Athis, Herbort und Livl.
Reimchronik vorkommen, brachte W. Grimm zum Athis B, 62 Anm.
Jedoch zeugt Ath. E 112 'sin banier' (nom.) nicht für ein Neutrum. Auch
die bei Lexer und Beuecke gegebenen Beispiele beweisen, dafs oft in dem-
selben Texte das Geschlecht wechselt, so in Wigal., Lieht., Erek, Herb.,
Otn. (in den Varianten), Wolfd.
59) a. — sin ximier (acc), neutr., Trist. H 2048; daz ximiere Amgb.
29 c, ximier Enenk. 340. 44; daz ximir Lieht. 297, 30; diu zimier (pl.)
Troj. 188 c; rilichiu zimier (pl.) eb. 210b; zimier ntr. Parz. 319, 25.
b. — zer ximiere (dat.) Parz. 687, 14, also fem.; ximier, der diu
riterschaft erdähte, WWh. 29, 28; mit aller ir ximiere j. Tit. 4679; mit
der riehen ximiere eb. 1509; mit richer ximiere Krone 2828, 22995; Wig.
1869: zu einer ximiere; Troj. 25866: diu ximier (sing.).
Unentschieden bleiben: nom. ein ximier Ga. 1. 472; sin ximier W.
Gast 3842. Mai 120, 28; Wh. v. Ost. 37 b; ein ximiere Albr. 16, 553; vil
manec ximier Roseng. H 637; ximier Karl 45a; acc: ximier vil, Loh.
5163, swaz ximier eb. 5179; ximier Helbl. 13, 51; -iere Jerosch. bei Frisch
2, 476, Albr. 30, 262; ze ximiere Wh. v. Ost. 84 a, von ximier Bit. 86i>2.
Dem Neutrum entspricht das afrz. Mask. eimier, S. P. ; das Italienische
kennt nur die Mask. eimiero, eimiere. Für das Fem. des Mhd. mufs ein
afrz. eimiere erschlossen werden, entsprechend dem mlat. eimeria neben
eimerium, span. eimera; oder sollte vielleicht der Ausgangspunkt die Form
zimiure der Krone bilden, mit Übergang von ü : il Siehe meine Disser-
tation S. 39, 9.
c. — ximierde fem., deutlich in Parz. 679, 9. 687, 14 (Hss. D, F).
703, 13. 708, 25. 757, 8, 16; WWh. 64, 1. 82, 3. 89, 10. 103, 28. 125, 27.
207, 26. 411, 5. 428, 18. j. Tit. 5684; ist deutsche Neubildung mit dem
Suffix -de (aus idä, § 2(33 der Mhd. Gr. von Weinhold) zum Infinitiv
ximieren, der selbst wieder im Deutschen, ohne einem frz. Infinitiv zu
entsprechen, aus dem Subst. ximier gebildet wurde. Wahrscheinlich hat
das deutsche synonyme 'xierde', zum Infinitiv xieren gehörig, die Neu-
bildung hervorgerufen.
d. — Suffix -de kann aber auch das Neutrum vertreten, daher dax
ximier de Trist. H 1696 und WWh. 125, 27 Hs. 1 im Gen. : riches ximirdes.
Unentschieden im Geschlecht bleiben: das ist rieh zimierde MS. 2,
370b, vil ximierde Tit. 2, 4; ir ximirde (nom.) Lieht. 83; manic rieh xi-
mierde Reinfr. B. 1857, so riche ximierde (n. sg.) Ot. 20 a.
60) a. — barbier, neutr., vgl. Benecke, Lexer;
= afrz. * barbier, G. (mentonniere); das afrz. Beispiel erscheint nur
in der Form barber.
b. — barbiere, fem., vgl. Benecke, Lexer;
= afrz. barbiere, G. (mentonniere) ; vgl. auch Grandgagnage, Walion.
Wb. zu barbire.
Eine frz. Etymologie war bisher zu beiden Wörtern nicht gegeben
worden. Dazu die mhd. Neubildung barbieren, mit einer Barbiere versehen.
Über die Verteilung der Formen zwischen Neutr. und Fem. in mhd.
Texten brachte zuerst Belege W. Grimm in der Anm. zu Athis B 61 (Ab-
handig. der Berl. Akad. 1844, S. 403).
Gl) mit werdem condwiere, Parz. 821, 28; Var.: werdem Dd, groz-
zem g, froelicher d, groszer g, manger G. — unt dö frou Enite siner freude
was ein condewier; Var. kundwir D, Parz. 401, 13. — durch der minne
condwier, Parz. 741, 15. — mit grozem kundewiers, WWh. 391, 1; Var.
gundewiers K, t, eondiwiern o.
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 337
Das Wort bedeutet 'das Geleit'. Aufserdem kommt es vor im Namen
Condivir ämürs (s. S. 70, d meiner Dissertation), der wohl als 'das Geleite
(Begleiterin) Amors' (der bei Wolfram sonst die or- Form zeigt) aufgcfafst
werden mufs. Wenn man die obigen Stellen in anderer Reihenfolge: 'ein
condewier siner freude', 'durch condwier der minne' liest, so ist im Namen
'Amor' durch 'freude' oder 'minne' ersetzt worden. Auch wird von der
Minne ausgesagt, sie 'condwierte mir freude in daz herze min' 495, 22, 'in
sin manlich herze höhen muot' 736, 6. Es kann demnach gar nicht be-
zweifelt werden, dafs der Name obige Erklärung verlangt. Eine Bestä-
tigung dafür, dafs der Name ein Substantiv mit abhängigem Genetiv ist,
liegt einmal in Lachmanns getrennter Schreibung, die wohl durch Hss.
bestätigt sein mufs, dann auch darin, dafs die Flexion des ersten Teiles
des Namens eintreten kann; in 214, 11 hat Hs. D 'durch condivieren' ,
g 'kundwirn' ämürs; 508, 22: 'äne Condwlrn ämürs' bei Lachmann auch
im Text.
Condwier selbst macht etwas Schwierigkeiten in der Ableitung. Im
j. Tit. 2126 finde ich, gerade so wie es auch ein Teil der Varianten zu
Parz. 821, 28 bestätigt, das Fem. für das Wort in 'in siner kondeivier'.
Auf conduetura (S. P.) kann das Fem. nicht beruhen, da dies zu con-
duiture hätte werden müssen. Es existiert aber ein Simplex duiere,
duyere = retraite, terrier und duere = Wasserrinne (vgl. S. P. und G.),
beide aus einem *duceriam abzuleiten; man vgl. mlat. conducherium =
Miete, conducherii = frz. conduchers u. s. w. bei D. C. Das Fem. würde
also ein frz. *conduiere voraussetzen. Die zweite im Mhd. vorkommende
Form geht auf ein frz. Mask. zurück, was wohl durch das beibehaltene
flex. s in WWh. 391, 1 K, t bezeugt wird. Ein Subst. conduier habe ich
nicht gefunden; wrohl aber existiert der substantivierte Infinitiv 'le de-
duire' = joie, was wohl erlaubt, auch ein 'le conduire' als Etymon des
mhd. Neutr. anzunehmen. — Dazu gehört noch das mhd. con-, cun-dtv-,
-diw-, -duw-, -dewieren u. s. w., mit zuo-, be-, über- = frz. conduire. —
üi des frz. Infinitivs wurde zu üi, so dafs diese Betonung mit der von
ostfrz. *condui(e)re übereinstimmte, worauf dann das vortonige ü teilweise
nach ostfrz. Art zu u, w u. s. w. weiterentwickelt werden konnte. Vgl.
das in meiner Diss. S. 48 zu 'salwieren' Gesagte.
Die Etymologie Bartschs in den Germ. Stud. 2, 144, Condwir ämürs
sei gleich coin de voire amour, ist zurückzuweisen. %
62) a. — kollier, gollier u. s. w., neutr., s. Lexer; nach Grimms Gr.
auch in den MB. 7, 248; — goller, göller u. s. w. sind wohl meist mit
deutschem Accent auszusprechen.
= afrz. collier, S. P.
b. — Ich finde aber auch das Fem. gollier Troj. 34544, 'abe der
collier', eb. 36222;
= afrz. colliere f., S. P.
63) Eine gelehrte deutsche Neubildung auf -ier ist klistier, kriestere,
vgl. DWb. und Lexer. Die ?'e-Formen treten erst seit der zweiten Hälfte
des II. Jahrhunderts auf. Nach Wackernagel würde hier das rj des griech.
y.lvaz/'ofior) behandelt wie ahd. £; eine «e-Form ist aber im Ahd. nicht
nachzuweisen. In der Form clister kommt es schon in den Fundgr. 1,
322, 34 vor; wo der Accent hingelegt wurde,- ist nicht sicher. Das
niederrh. cleister aus Mone Auz. 8,405b beweist nichts; isländisch soll es
klistr heifsen. Das e bleibt ferner in glisteri Kaiserchr. 2, 594, glisterei
Horneck, clisterie Dfg. 127, nl. klistery Kil.; e : i in christiry Voc. 1445.
Worauf liegt in der Kaiserchronik der Ton? Es könnte dort dieselbe Bil-
dung wie im Ahd. munisteri = monasterium sein ; für glisterei ist eine
Weiterbildung auf griech. in = mhd. ie anzunehmen, wie sie im Mittel-
hochdeutschen zahlreich, auch an deutschen Stämmen, vorkommt; clisterie
und klistery mögen gerade so gebildet sein ; clisterie könnte aber auch ein
Archiv f. n. Sprachen. CX. 22
338 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
'clisterje' (aus mlat. clisterium) bedeuten. Die niederrh. und niederd. Bei-
spiele mit -er im DWb. haben wohl den Accent auf der Schlufssilbe; es
steht hier -er für obd. -ier.
Eine direkte Entlehnung der i(e)- Aussprache aus der neugriechischen
des Tj ist nicht möglich, weil das Frz., Ital. und Mlat. ein e zeigen und
doch eine dieser Sprachen erst das Wort vermitteln mufste.
Das Wort erscheint im Deutschen nicht nur als Neutrum, sondern
auch als Femininum , ebenso zeigt es im Niederländischen beide Ge-
schlechter. Auch dem Altfranzösischen ist das Fem. nicht unbekannt;
Littre bringt une clistere aus Alebrant ; sonst kommt im Alt- und Nfrz.
das Mask. vor (vgl. Littrö). Auch der Wechsel von 1 : r ist zu belegen: bei
Eust. Desch. cristere (vgl. S. P.); im Ital. clistere, -o neben cristere, -o;
mlat. clisterium, cristerium.
64) Alle Geschlechter sind zu belegen in rivier, e = Flufs, Flufs-
gebiet, Revier; s. Lexer.
In der Bedeutung 'Flufs' sind
Fem.: di reveir, riveir Fromm. 2, 450 a. bi einer rivier Lanz. 5137,
diu riviere Trist. 16888 (so fasse ich die Stelle auf).
Mask.: j. Tit.: an einen rivier 1136, bi einem schonen riviere 6l)94;
Myst. : (in dem river 2, 181, 3), in den river eb. 16; Ludw. Krzf. 1218:
an den rivir; Karlm. 47, 45 — 47:
Da begonde hey zo loessgeten (zu lesen -eren)
All langes den reuiren.
Tahge is dat wasser genant.
Neutr. : (daz rivier) Dav. v. Augsb., dat river Crane; in diu rivier
acc. pl. WWh. 40, 23, daher wohl auch Neutr.: ame rivier Parz. 118, 12.
Dat sy durch schawen
Woulden gaen an dat reuyr
Dat vloes schoen ind fler
Vur der portzen zo dale. Karlm. 183, 57 — 60;
ebenso 48, 2 dat reuyre; 184, 1 van dem ryuer (: fier).
In der Bedeutung 'Revier' ist das Wort meist Femininum. Im Karlm.
jedoch ist es Neutrum : ouer dat reuere (: schere) 52, 24 ; vp dat ryuere
(: schere) 73, 12; vp dat selue ryuere (: schere) 94, 45; vp eyn ryuere
(: schere) 88, 16; op (fein reuyre (i. V.) 69, 36; dat ryuere (: schere) 93, 55;
aufserdem im Dat. mit dem Artikel dem: 88, 22. 70, 6. 72, 63. 94, 26.
155, 7. Auch in der Heidelberger Hs. des Tristan (v. Grootes Ausg.) 5348
liegt wohl das Neutrum vor:
Vnd vant ouch da vil fchire
Vf einem waltreviere
Viel ritter Britvne,
während die anderen Hss. eitler haben.
Dem mhd. Fem. entspricht afrz. riviere, nfrz. riviere (S. P., D. C,
Littre), in denselben Bedeutungen wie im Mhd. — Dem mhd. Neutr. und
Mask. aber darf man wohl ein * rivier m. gegenüberstellen. Im Mlat.
kommt ein riparium = Flufszoll und einmal riperium in der gleichen Be-
deutung oder auch — fluvius, ripa vor (D. C), so dafs auch ein frz.
Mask. rivier möglich ist. Über die weitere Verteilung des Geschlechtes
prüfe man noch den Artikel lantrivier(e) bei Lexer nach.
65) Anm. Ich schliefse hier kurz an: a) das dem Bartschischen Ge-
setze folgende Adj. chier, chir (s. Nr. 1 der sprachl. Einleitung), eher, das
z. B. in Parz. 113, 4 und 140, 6 in G g g als tsehier erscheint, ferner
tschir g, chier g, jedoch e in seer D und in schere, schera zweier anderer
g-Hss. ; b) das Adverb voluntiers, das im Tristan in H 3611 als volun-
tirx (vgl. frz. volentirs unter Nr. 5 der sprachl. Einleituug), in F als
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 339
woluntiers vorkommt; c) das Adverb travers, trcvers, das nach nordfran-
zösischer Art -ers zu -iers diphthongierte und nun zu -irs verwandelte,
aufserdem den bei Chevalier in der ersten Silbe beobachteten Wechsel zu i
in den Varianten aufweist; vgl. die Varianten zu Parz. 812, 12; WWh.
87, 4. 88, 17. 391, 2 und z. B. Formen wie treviers, -irs, trivirs, -iers,
aber auch, trevers; d) endlich das Adj. fier, fer, das in einer Reihe von
Dichtungen als fier, vier erscheint, besonders häufig als fiere, fyere,
vere, fere, veir, feir(e), veyre, feyr(e) im Karlm. Davon abgeleitet ist das
Verb fieren.
E. Zweifelhafte Etymologien.
66) mit sidinen weif ier en, Lanz. 4441; ^frz. guipure kann nicht zu
Grunde liegen.
67) j. Tit. 3630: Der schar vil sariande grozlichen mert wol Ninive
die riche | Die mit kueln, bogen, hatschen, lantzen | Vil der parribiere
die machent orrse decke wite schranzen. — Ob entstellt aus patelirre
(s. Nr. 96 unten)? Wie hat wohl der alte Druck?
68) arzibiere, eine Metallmasse? Var. axxubire, arxubiere, der ar-
dobiere; vgl. Friedr. Zarncke, Graltempel (Abb. d. legi, sächs. Gesellsch.
d. Wiss. XVII, phil. hist. VII, 1879).
69) pouken und drumieren sluoc man. Apoll. 11199 A.; in Lexers
Taschenwörterbuch auch trumbiere genannt. — Dazu vergleiche man das
Vb. trumbieren Ga. 1. 473 neben trumben u. s. w.
70) 'pro seh eitier pro galeis', Rechngsb. der Stadt Breslau ad 1301,
Codex dipl. Sil. S. 5.
71) wir wollen hawen ir saliere (: schiere), Heldb. K. 624, 35; ein
isin hüt, ein saler, Keisersb., bei Oberl. Ein Helm, wie angegeben wird,
kann es wohl nicht sein, da Wolfd. D V, 12 Hs. f statt 'daz spalier guot
von siden' ein sali er u. s. w. zeigt. Es scheint also ein Kleidungsstück
zu sein. Hängt es vielleicht mit dem im Mittelenglischen vorkommenden
celure, Var. selure, süure, celatura zusammen, mit Übergang von frz. ü : i
(siehe meine Dissertation § 21)? Das e der ersten Silbe kann nach ostfrz.
Weise zu a werden.
72) sehivir Hss. H, C, schmiere A in Ga. 1, 472, ein Rüstungsstück.
7:->) groyr, vgl. Lexer und 92 unten.
74) divier, Vintl.
75) sc kotier, scholir bei Schrn. Fr. 2, 407, wie es scheint die ältere
Form für das spätere scholder, scholler; s. auch scholierer unter 123.
76) flasir Dfg. 321c.
77) hanthier, Flieg. Bl., 16. Jahrh., hantieren (dat. pl.) (: füren),
Narr. a. 1494; dazu das Vb. hantieren, auch mit ver-, und hantierunge stf.,
die erst im 14. Jahrh. auftreten, hanthier ist wahrscheinlich deutsche
Neubildung zu hantieren, das wohl nicht deutschen Ursprungs ist, wie
das DWb. 2, 1133 angiebt: aus hand -(- tieren, eueren = in der Hand um-
drehen, sondern nach Lexer und Kluge (Etym. Wb. d. dtsch. Spr.) von
frz. hanter herstammen soll.
F. Wörter auf -en-, -in-, -anier, die Rüstungsstücke
bezeichnen und meist deutlichen deutschen Stamm haben.
78) lendenier in., lendenierstrick, auch lendner, lendener, lender,
s. Lexer; im Acc. lendeniere Krone 2859; nach Grimms Gr. noch in WWh.
231, 26, Limburger Ohr. 61; — mnd. lendener (Lübben) = Lendengürtel.
Das Wort gehört zu deutsch lende, besser aber noch zu mnl. lendene,
vgl. Franck, Mnl. Gr. im Glossar; man vergleiche es noch mit dem von
Alw. Schultz im Höf. Leben angeführten gleichbedeutenden afrz. lasniere.
79) krocanier Herb. 4736; nicht im Mnd.; Geschlecht nicht ersicht-
22*
340 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
lieh; scheint ein Panzerstück zu sein. Vgl. die Anmerkung zur Stelle,
wo ein frz. croc als Waffe angeführt wird. Vielleicht läfst sich noch ein
französisches entsprechendes Wort ausfindig machen.
80) semftenier, -ir, semftinir, senff-, senf-, senphtenier, samstener
(entstellt), neutr., s. Lexer; mnd. samftener, s. Lübben.
Das semftenier ist eine gepolsterte Binde, die man um den Unterleib
legte, und die noch die Oberschenkel bedeckte, vgl. Alw. Schultz, Höf.
Leben; manchmal auch in zweideutigem Sinne gebraucht. Gehört viel-
leicht zu mhd. sen/te (semfle) adj. und subst., senften, semften vb.
81) hersenier, härsenier, hersnier, härsnier, neutr., s. Lexer; her-
sinier Türl. Wh. in Zs. 21, S. '202, 11, 65 b; aufserdem notierte ich her-
seniere (dat.) Krone 7372 ; Trist. H 6242 ; nach A. Schultz steht härsenier
auch Mel. 6091 und Tandareis 8559. Nicht im Mnd.
Das hersenier ist ein Kopfpanzer unter dem Helm. Im Mnl. her-
senier. Gehört zu mnl. hersene = Hirn; vgl. Franck, Mnl. Gr. im Glossar.
Die bei Lexer gegebenen Etymologien sind zurückzuweisen.
82) sehinier, schinnelier s. unter 48.
83) spaldenier, -ir, md. spaldener(e), mask. und neutr., s. Lexer;
nach Alw. Schultz auch Tandareis 12731; — mnd. spoldener, s. Lübben;
dort auch citiert: 'diplois, spoldener' Dfngl.
Davon zu trennen ist spalier, s. oben unter 49, und spanaröl u. s. w.
mit unbekannter Etymologie.
Das spaldenier bedeutet eine Bekleidung Gewappneter unter dem
Harnisch; die Etymologie ist noch nicht aufgeklärt. Es scheint ein
Fremdwort zu Grunde zu liegen.
84) 'darüber zwen hurtenier' m., Lieht. 450, 14. Ist wahrscheinlich
dasselbe Rüstungsstück wie das schinnelier; vgl. Alw. Schultz, Höf. Leben ;
nicht im Mnd. zu belegen.
hurtenier gehört zum mhd. Fremdwort hurt, vgl. Lexer; der h. soll
daher vor dem Stofs schützen.
85) brustenier, neutr., vgl. Lexer. Es ist der Brustpanzer des
Pferdes und gehört zu deutsch brüst; nicht im Mnd. zu belegen.
86) miusenier, mioxxenier, neutr., vgl. Lexer; nicht im Mnd. Es
ist ein Panzer zum Schutze der Armmuskeln; müs stf. = Muskel liegt
zu Grunde.
87) huffenier, neutr., s. Lexer; huffnier Türl. Wh. in Zs. 21, S. 202,
21. — Das h. ist ein Schutzpolster um die Hüfte (vgl. Alw. Schultz);
auch zweideutig gebraucht; gehört zu deutsch huf— Hüfte. — Das Wort
ist im Mnd. nicht zu belegen.
88) lankenier, lankenir, vgl. Lexer; nicht im Mnd.; neutr.
Das /. ist eine Decke über die 'lanken' (lanke = Hüfte, Lende,
Weiche) des Bosses. Vgl. auch das davon abgeleitete Vb. ver-lankenieren
(Lexer).
89) spoxxenier, Hs. C spossenier, wohl ein Rüstungsstück über den
Arm, Ga. 1,472; neutr.? — Nicht im Mnd. Eine Etymologie fand ich nicht.
90) grüsenier, neutr., in Zeitz Satz.; grüsener Jenaer St. a. 1540;
mnd. grusenir, grüsener, gruxener (Lübben). Was es war, geht aus diesen
Stellen nicht hervor. Etymologie?
II. Weiterbildungen auf -i(e)rcere, -i(e)rere, -i(e)rre u. s. w.
Zum Verständnis der hier behandelten Wörter verweise ich ausdrück-
lich auf die S. 63 und 64 meiner Dissertation stehende Anmerkung.
Da sich die Wörter mit der Endung -ierre, -irre (samt wei-
teren Vereinfachungen) fast gar nicht im Nominativ Singular, jedoch
häufig in anderen Kasus vorfinden, da ferner drei derselben bei Wolfram
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 341
von Eschenbach im Plural im Reime stehen, und weil sich endlich in
grofser Zahl daneben längere Formen auf -ierer(e), -iercare vorfinden, so
neige ich der Ansicht zu, dafs man hier überhaupt nicht von einer bei
den mhd. Dichtern stattfindenden Verallgemeinerung der im Französischen
nur auf den Nominativ Singular beschränkten Form -ier(r)efs) aus -ator
sprechen darf; -ier(r)e hätte dann vor seiner Aufnahme ins Deutsche im
Ostfranzösischen zu -irfrje werden müssen; vielmehr liegen hier Zu-
sammenziehungen aus deutschen Neubildungen auf -ierer(e) vor.
Nur in der französischen Literatursprache des Ostens lebte der alte
Nominativ wahrscheinlich damals noch weiter, was schon aus dem Um-
stand hervorgeht, dafs die obliquen Formen auf -eur, -itr ( atorem) be-
reits seit Beginn des 13. Jahrhunderts in deutschen Texten im Nomina-
tiv Singular gebraucht werden; so hat Wolfram als Nominative
tiostmr(e), schahteliur, l'ampriure, l'ascantmre; punjür. Die nord- und
ostfranzösische Volkssprache wird wohl damals nur noch die obliquen
Formen gekannt haben.
Nähme nun jemand trotzdem an, deutsches -i(e)rre entspreche direkt
frz. -ierre aus -ator, so könnte er noch weiter ausführen, man treffe bei
Wolfram im m-e-Reim frz. -ier(r)e nicht nur bei Substantiven an, die
dem Bartschischen Gesetze unterliegen, z. B. patelirre, sondern auch bei
anderen Wörtern, wie astronomirre, suppirre, und zwar infolge einer
bereits auf französischem Boden erfolgten Vertauschung des -erre mit
-ierre, wobei man z. B. die bei Goerlich im 'Burg. Dialekte' aus der
Franche-Comte* angeführten commandierres, rendierres, emperiere zum Be-
weise heranziehen kann [diese Angleichung ist auch anderswo nach-
zuweisen]; sogar für den ostfranzösischen Übergang von ie : i bei -ator
wüfste ich ein prechires aus Val Benoit (Lütticher Gegend) anzuführen
(s. Romania 17, S. 55-1). — Allein ich möchte es in diesem strittigen
Punkte lieber mit den Schreibern derjenigen Hss. halten, die öfter -iercere
(wie in Parz. G) oder -ierer schrieben, also -i(e)rre blofs als kontrahierte
Form betrachteten ; die sonstigen zahlreichen vollen Formen anderer Texte
unterstützen uns in dieser Ansicht.
A. Von Infinitiven weitergebildet.
91) chrigirre nom. pl. Parz. D 32, 17; chrigiren dat. pl. D 81, 13.
Aus einem * chrigierer(e) kontrahiert, zum Verbum chryeren D, krie-
gieren d, Parz. 68, 19 = crier gehörig.
Anm. Davon zu trennen sind krter, kriger R'einfr. und als Var. zu
Parz. 81, 13 in d kriegern (dat.), die zum Vb. krten gehören.
92) kro-yer-re nom. pl. Parz. d 32, 17, grogiere eb. g, cro-ier-en
dat. pl. Parz. G g 81, 13; grö-ier Licht. 69, 17.
Diese Formen beruhen auf den nicht kontrahierten Parz. 81, 13 dat.
pl. kro-ier-er-n g, grog-ier-er-en g, krögierer Part. 14533, grögierer Ls. 2,
246, kroirer Apoll. 18975.
Vollere Formen auf -cere sind: Parz. G. 32, 17 nom. pl. chroier-cere
und crojier-mre Bit.; croir-cere Wg., grögier-cere Licht., grogier-cer Hpt.
Zs. 18, 91, kroyr-ere Ernst; aufserdem nach Alw. Schultz, Höf. Leben,
groyer-är Ottokar von Steier DCXCVIII.
krögierer gehört zu dem zahlreich belegten Verbum kroijieren; auch
in den Varianten zu Parz. 68, 19 und Wh. 372, 3. 401, 2. Es 'kroijieren'
die Knappen:
Daz gap er üz dem ringe Den knappen algeliche, Die von den schilten
riche Und von den helmen sprächen, Da von si niht zerbrachen Sin lop
noch sine wirde. Mit edelen herzes girde Kroijierents üf in alle Und
riefen dö mit schalle Geliche und allgemeine : . . . 'Mit hoher melde sol
man Kroijieren sinen lip.' Turn. 1102.
342 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
Man vergleiche damit aus dem j. Titurel 1829: Waz die anderen füren
uf helmen und uf Schilden, Gestricket mit den snuren oder mit dem
pensei dar uf gebilden, Dax prüfen die der wappen r'öcke warten. Ferner
aus Mai und Beaflor 88, 25: Maneger von den wäpen sprach, Dax man
kroijieren nennet, An dem man dax erkennet, Dax si die decke xerrent hin,
Wan dar an lit ir gewin. — Diese Beispiele in Schultz, Höf. Leben. —
Hier scheint demnach kroijieren das Beschreiben und Loben der Zieraten
und Malereien auf Helm und Schild — also des groyr's (?) — zu be-
deuten. Damit sollen die Turnierer zur Tapferkeit angespornt werden.
Gleichzeitig wird der Kampfruf damit verflochten, wodurch kroijieren oft
die Bedeutung kriieren annimmt. — Das Verbum kroiieren u. s. w. (vgl.
Lexer) dürfte kaum zum Subst. groyr, Vintl. 9654, gehören; croier bei
Eeinfr. 17343, kreiger eb. 633, vgl. Bech, Germ. 22, 43. — Dfg. 311a:
juba, crista qua? superponitur galese, ein kreye-r, -rer, krayer; ngl. 113 a:
conus, creyer uff eiin helme o. knöpf uff eim tache, kleinat auf eynem
heim, eyn heim tecken; ngl. 120b: crista, timmer van dem heim, wappen (!),
kreycr o. vogels kamp. [Das Wort kreyer, tessera, ut datur clam militi-
bus, ne fiat'confusio inter eos (D Wb. 2143, 1), heute kreijere = 'Jauchzer'
auf dem Hunsrück (DWb.) ist nicht damit zu vergleichen, sondern ge-
hört zum Vb. kreigen neben krten.]
Ich bezweifle, dafs groyr etc. mit crey [s. DWb. 5, 2136 (4)] oder mit
kreide [DWb. 2138 (4 b)] zusammenmengt, wie Bech in der Germania 22
annimmt, aber auch kroijieren mit dem lautverwandten kreiieren u. s. w.
statt krUeren (wie kreien u. s. w. neben krlen), wiewohl es oft mit diesem
in der Bedeutung zusammenfällt und verwechselt wird.
Sollte kroijieren nicht afrz. gueroier, guerroier - befehligen (Littrö),
streiten, drängen, bekriegen (Bartschs Ohrest.) sein, während groyr eine
andere Ableitung hätte?
9:j») floitirre nom. pl. Parz. D 19, 11, floytiere n. pl. Wh. 1 382, 16,
n flotiere, o floytier, m flotyer, t flottier.
Aus floitierer eb. p und Wh. v. W. kontrahiert, zum Vb. floytieren
gehörig.
Auf -cere; floiticrcere Parz. G g.
Anm. floytere eb. g gehört zum Vb. floyten, Parz. d 764, 2.
94) paratierre acc. pl. Parz. g 297, 9, partierre D, partier e d; Trist.
8350 Hs. H paratyere nom. sg. i. V.
Parz. g 297 kommt auch partirer vor, aufserdem paratierer Trist.,
Hs. 0; aus diesen Formen entstanden die obigen.
Gehört zum Vb.' partieren und einer anzusetzenden volleren Form
*paratieren aus afrz. barat-, baret-, barter (letzteres v. J. 1373 aus Valen-
ciennes), G. Das Wort ist nicht aus frz. barateur, wie Lexer angiebt,
entwickelt.
Auf -cere: Parz. G g g partierare und Trist., Hss. F B N partierere
(also -ere).
95) astron-omirre nom. sg. D d, -omire g, -imiere G Parz. 773, 26.
Aus einem * astronomierer(e) und dies aus dem Vb. * astronomiereu.
96) patel-ierre gen. pl. g, -iere g, -irre D d g g, putelirre (statt
pat-) G : viere g, virre (= Strecke, Reihe) die übrigen Hss., Parz. 183, 7. —
patelirre n. pl. K 1 p t, padelirre n : dirre (n. sg. = dieser) K 1 p t n,
WWh. 223, 10. patelirre j. Tit. 2568. 6076.
Ist aus einem * patelier-er(e) kontrahiert; zu einem mhd. Vb. *pate-
lieren (im mnl. baltelieren, vgl. Franck, Mnl. Gr.) = afrz. bat-eiller, -iller
(D. C), bat-aillir, -illier (S. P.) gehörig, patelierre ist nicht, wie bisher
angegeben wurde, der afrz. Nom. bataillier(r)e (Suffix -ator), noch bataillier
(Suffix -arius), vgl. G.; es könnte höchstens aus dem letztgenannten Worte
weiterentwickelt worden sein.
Auf -cere: patelirmre g Parz. 183, 7 (gegen den Reim!).
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier. 848
97) daz so verre üz ir geboten
Arabel diu verfluocht ist komn,
mir und den goten ist benomn,
der ich e jach ze kinde,
von taverne ingesinde,
von salscn suppierren
sich Tybald muose vierren
von°*sinem wibe, und alle ir kint,
diefhie durch rehte räche sint ... WWh. 44, 13.
Var. suppirren m, suppirren 1, suppteren K, suppijeren t, suppiren p, sop-
pyren n, suspiriern (entstellt) o; fierren m, virren lnp, vijrren t, fieren K,
viern o. ..
In Übersetzung: Dafs Arabel, die Verfluchte, so von ihren Gesetzen
abgewichen ist, dafs mir und den Göttern die geraubt ist, die mein Kind
war, durch solches Wirtshausgesindel ! dafs durch solche Topflecker [eigent-
lich Salsen-(= Saucen-)esser] Tybald von seinem Weibe getrennt sein
mufsl ebenso auch ihre Kinder, die sie zu rächen gekommen sind!
Das Wort suppierre ist aus einem *suppierer(e) kontrahiert, zum Vb.
* suppieren = afrz. souper gehörend. Die richtige Bedeutung ist schon
im Benecke angegeben; dagegen ist die Lexersche Angabe, dafs es Fem.
und mit supparje = Suppe zusammenzustellen sei, falsch.
98) tyostier im Wh. und Parz.; s. meine Diss. S. 64, 2. Abschnitt.
99) busunier in einer g-Hs. von Parz. 879, 15.
Entstanden aus *busunierer; vom Vb. pusunieren (im kl. Lexer) ab-
geleitet.
100) die tumiere nom. pl. Krone 763; ist Kontraktion zur Variante
turnierer eb., auch turmrer, torn-, dornierer Dfg. 588 c; ngl. 367 c; aus
dem Vb. furnieren = afrz. tournier gebildet. (Vgl. das Abstr. 'der tur-
nier' unter 40.)
Aufserdem die Formen turniercere Bit. 8542, turnierere Leys; vgl. auch
Ring 8d, 38; Netz 7831.
101) fabeliercere (: msere) Krone 22112; zu einem *fabelieren =
afrz. fabler, G., gehörig.
102) talierer (fem. -iererin) Pass. Rechtsbuch; teurer, Gesatz der
Handwerkerzünfte zu München um 1346 (Cgm. 544); taliern dat. pl. (nomen
agentis) a. 1386 bei Schm. Fr. (-ier st. -ier[r]e).
Der talierer ist ein Händler in 'talieren'; s. letzteres Wort bei den
Wörtern auf -ure, die im Deutschen zu -ier werden, in meiner Dissert.
S. 29, 9. talierer ist aus dem mhd. teilieren = afrz. taillier weitergebildet.
103) Und welcher kramer talierer oder taliererin oder partirer noch
partirerin das vberfur . . . Pass. Rechtsb.
Aus mhd. partieren = afrz. partir weitergebildet.
104) zwen posauner, zwen trumlierer, Gest. Rom. 96.
Gehört zu einem * trumbelieren, *trumlieren. Mit afrz. trumeler 'faire
la d£bauche' und trumeleur 'debauche' hängt es wohl nicht zusammen.
Es geht wahrscheinlich auf frz. trompe zurück, davon die Weiterbildung
trompille (trompiculum) = petite trompe und afrz. trompiller = jouer de
la trompe (S. P.) ; auf letzterem würde ein mhd. * trumbelieren, * trumlieren
beruhen, woraus sich das nomen agentis entwickelte.
Das nfrz. trommel (Littre) scheint erst wieder aus dem deutschen
trommel [und dies mit deutschem Accent aus trompille (wie ein Wort
mit dem Suffix -el)] ins Französische zurückgekehrt zu sein; man ver-
gleiche die mhd. trumbel, trumel bei Lexer und Vb. trumelen, Apoll.
105) Claus der luminierer, Schreib, a. 1350.
Vgl. das Vb. illuminieren, aus dessen Simplex es weitergebildet
sein wird.
344 Die mittelhochdeutschen Substantive mit dem Suffix -ier.
106) vis ier er, visirer, viser er, vgl. Lexer.
Zum Vb. visieren = viser weitergebildet; vgl. Nr. 7.
107) regierer, regerer, vgl. Lexer; auch in statordenung-reg.
Gehört zum spätmhd. regieren, -eren. Letzteres entweder aus lat.
regere neugebildet oder aus afrz. gelehrtem und seltenem reger, regir (S. P.) ;
vgl. auch Godefroy unter reger.
108) 'der tendlier', Rauch 1, 440. 447 (in Grimms Gr. II, 142).
Aus einem * tendlier er (e) kontrahiert; gehört zum Vb. tändelirn Ot. 117 b
(Weig. Wb.). Letzteres ist wahrscheinlich deutsche Neubildung an dem
Stamm tant (aus ital. tanto) mit Erweiterung durch das Suffix -el und
fremder Infinitivendung. Sonstige Formen mit Suffix -er an tendl- u. s. w.
s. bei Schm. Fr. 1, 610.
109) ge-wardierer, Mone Zs. 2, 418 = der Münzwardein.
Aus einem *wardieren und dies aus afrz. guarder gebildet; ital. Ety-
mologie ist unnötig. Daneben quarder eb. 4, 20 mit -er an fremdem Stamm.
Man vergleiche damit mhd. ge-warten, wodurch sich die Vorsilbe ge- erklärt.
110) polier er, politor Dfg. 445 b, bollierer Beisp., pal-, pulierer HbM.,
hamasch-palierer Tuch.
Weitergebildet zum mhd. pol-, poll-, boll-, pul-, pal-, pall-, bal-, ball-
ieren (Lexer), auch mit durch- und ge-; aus frz. polir oder lat. polire abzu-
leiten ; 'polier' steckt auch in boüierknecht, pollierscheibe, bollierung bei Tuch.
111) planirer, politor, tuchscherer, Dfngl. 297a.
Zum Vb. ^planieren (mhd. nicht vorhanden) = afrz. planier, planer,
planir, G.
B. Von Infinitiven oder nomina agentis auf -ier
weitergebildet.
1 12) barbierer Beh., Böhm. a. 1358, Chr. 11 (15. Jahrh.); palbierer Fasn.
Gehört zum mhd. Vb. barbieren Chr. 11 = afrz. barbier und zu barbir,
s. oben unter 38.
118) parlier er Chr. 1 a. 1407, Tuch., Anz. 24, 210 (14... Jahrh.).
Gehört zum mhd. Vb. parlieren — afrz. parier (mit Übergang zu
den ier- Verben infolge Analogie) und zum Subst. parlier, s. oben unter 37.
114) drappierer Gr. W. 5, 299; drapperer Frkf. Brgmstb. a. 1452;
nach Grimms Gr. noch trappirer Lanz. Chron. 2.
Aus trappier, s. unter 31, gebildet; man kann auch ein Vb. * frap-
pieren, * drappieren = afrz. draper als Ausgangspunkt nehmen.
C. Von Infinitiven oder Abstrakten auf -ier weitergebildet.
115) pitschierer Stieler 80, 17. Jahrh., im DWb.
Zum Vb. pitschieren oder Subst. pitschier (s. 56) weitergebildet.
D. Von nomina agentis auf -ier weitergebildet.
116) bursierer = Einnehmer, Frkf. Insatzbuch a. 1400 und Mone
Zs. 12, 229 a. 1398, Dfg. 85 a (ebendort auch burchierer — rs : rs oder r% —
und burchener, burssner).
Aus bursier, Nr. 39, entstanden.
117) zwei tüsent artschierer Kcsp. a. 1 402.
Aus harschier, Nr. 43, entstanden, oder sollte -er die in der jüngeren
Zeit übergreifende Pluralendung sein?
118) iubelierer Dfg. 126c a. 1507.
Aus iubelier, Nr. 42, entstanden.
119) tafernirer Zeitz cop. 462a, tabernierer Chr. 3. 142, 19; tau-er-
nierer, -ernirer Dfg.
Aus labernier, Nr. 24, entstanden. Aus dem bereits ahd. taverne wurde
taverncere, -er (Lexer) gebildet.
Die mittelhochdeutschen Substantive mit dein Suffix -ier. 315
E. Von Abstrakten auf -ier weitergebildet.
120) bantxyerer Mz. 3, 120 a. 1841, panexirer eb. 381 a. 1357.
Aus panxier, Nr. 14, entstanden.
121) papierer, s. Lexer.
Aus papier, Nr. 57, weitergebildet.
122) briuirer a. 1 129 Dfg., bretiierer eb. a. 1140, breuirer eb.
Von brevier, Nr. 54, gebildet; diese Weiterbildung ist hier möglich,
weil das Brevier als 'Wegweiser' im Leben gelten kann.
123) scholierer, scholirer; kontrahiert zu schollyer, schollir; vollere
Form : schollirär (s. Lexer).
Aus scholier, Nr. 75, entwickelt; Formen wie scholderer, scholierer u. s.w.
sind aus scholder, scholler gebildet worden.
F. Weiterbildungen auf -ierer am deutschen Stamm
oder am bereits ahd. Fremdwort.
124) stolxierer Renn.; aus dem Vb. stolxieren und letzteres aus
deutsch stolx.
125) hov-, hofier er, vgl. Lexer; aus dem Vb. hov-, hofieren und
letzteres aus deutsch hof.
12ü) spendiere Rta.; ist aus einem * spendier er (e) kontrahiert und
letzteres von einem Vb. * spendieren abgeleitet, spendieren mufs spät aus
mhd. spenden = ahd. fremdem spendön, spenton neu gebildet sein. Von
letzterem stammt ahd. spentari = mhd. spendsere.
127) pfaffierer Cds. a. 1430; aus pfaffe (ahd. pfaffo — lat. papa)
weitergebildet.
128) hüsierer Rotw. ; aus dem Vb. hüsieren und dies aus deutsch hüs.
129) sigillierer Wattb. 273; zum Vb. * sigillieren, vorhanden in
versigillieren Apoll. S. ; sonst mhd. Vb. sigelen = ahd. sigljan und dies
aus sigel, bereits gotisch sigljö und ahd. in sigilla, vgl. Franz, Die lat.-
rom. Elemente im Ahd. S. Öl.
III. Ersatz von französisch -ier durch -cere, -ere, -er
im Ober- und Mitteldeutschen.
Wahrscheinlich sind diese Wörter schon in früh-mhd. Zeit entlehnt
worden. Es ist kaum anzunehmen, dafs dieselben aus Niederdeutschland
zu uns gekommen sind.
130) buekelcere u. s. w., buekeläre im Pfaffen Konrad, s. Lexer; im
Mnd. bokeler, s. Lübben; im Mnl. bokelare, s. Franck.
Aus afrz. bouclier (S. P.) entwickelt; auch ist eine deutsche Neu-
bildung zum mhd. Fremdwort buckel nicht ganz ausgeschlossen.
131) marncere u. s. w., s. Lexer; nicht im Mnd. belegt; im Mnl.
marnier, maronier, s. Franck.
Aus afrz. maronier, -innier (Bartsch, Chrest.) entwickelt.
132) valkencere u. s. w., s. Lexer; mnd. — , mnl. — , im Neuniederl.
nach Grimms Gr. ralkenier.
Im Afrz. würde ein *falconier entsprechen; in S. P. sind nur Formen
mit Vokalisierung des l zu belegen : fau- faulconnier.
183) paltencere u. s.w., s. Lexer; mnd. poltenere, s. Lübben; mnl. — .
Aus afrz. paltenier vielleicht entwickelt; vgl. mhd. balteniere unter 15;
eine gelehrte deutsche Bildung mag jedoch auch vorliegen.
Bad-Ems, im Juli 1899. Theodor Maxeiner.
Die Rleinliteratnr des Aberglaubens im Altenglischen.
Von zwei oder drei Texten abgesehen, war schon 1866 im
dritten Bande von Cockaynes Leechdoms, Wortcunning, and
Starcraft so ziemlich alles publiziert worden, was uns bis heute
an Kleinliteratur des Aberglaubens in altenglischer Sprache vor-
liegt. Trotzdem ist diese ganze Literaturgattung bisher so gut
wie unbeachtet geblieben. Wülkers Grundrifs der angelsächsischen
Literatur (1885) sowie die englische Literaturgeschichte von
ten Brink (1878, 2 1899) übergehen sie mit wenigen Worten;
und die anderen erwähnen sie überhaupt nicht. Auch Einzel-
untersuchungen darüber existieren nicht. So befremdlich diese
Tatsache Späteren erscheinen mag, so erklärt sie sich doch
leicht aus der historischen Entwickelung unseres Faches: einer
Zeit, welche die 'Volkskunde' noch kaum ernstlich in den Ge-
sichtskreis der Anglistik gezogen hatte, l mufsten die hier in
Frage kommenden Denkmäler, weil als Einzelerscheinungen auf-
gefafst, unverständlich bleiben, zumal sie sich in keiner der
üblichen Kunstgattungen der Literatur unterbringen liefsen. Erst
ein Vergleich mit ähnlichen Texten anderer Sprachen eröffnet
uns das richtige Verständnis für die Stellung dieser ganzen Gat-
1 Wer auch heute noch die 'Volkskunde' scheel anzusehen geneigt sein
sollte, lese die glänzenden Ausführungen A. Dieterichs in seinem Vortrage
'Über Wesen und Ziele der Volkskunde' (Hessische Blätter für Volks-
kunde 1902, I 169 — 194). — Leider nimmt der 'Jahresbericht für ger-
manische Philologie' noch immer keine Rücksicht auf englische Volks-
kunde, wie auch die anderen Abschnitte der 'Hilfswissenschaften' leider
fast ausschliefslich Deutschland berücksichtigen.
Die Klein literatur des Aberglaubens im Altenglisch.cn. Ml
tung im Kulturleben wie in der Literaturgeschichte, ja sogar, wie
wir unten an zwei Beispielen sehen werden, für die richtige Deu-
tung des Wortsinnes. Eine allseitige Beleuchtung und Einreihung
dieser altenglischen Texte vermag ich nun freilich auch heute
noch nicht zu bieten. Dazu müfsten vor allem die in diesem
Falle überreichlich fliefsenden handschriftlichen Quellen fürs Latei-
nische und Mittelenglische besser ausgeschöpft werden. Aber die
Rücksicht auf eine bald zu erwartende neue Gesamtdarstellung der
altenglischen Literatur veranlafst mich, schon jetzt das wenige, was
ich mit Hilfe des gedruckten Materials und einiger Ergänzungen
aus Handschriften zu Erfurt, München, Cambridge und Rom •
zur Beleuchtung dieses Literaturkreises beisteuern kann, hier vor-
läufig zusammenzustellen. Wenn es mehrfach auch nur nackte
Literaturangaben sind, so hoffe ich doch schon dadurch manchen
Text aus seiner Isoliertheit herausgehoben zu haben. Später werde
ich ausführlicher auf verschiedene dieser Texte eingehen können.
1) Ich beginne mit dem unstreitig weitverbreitetsten meteoro-
logisch-astrologischen Werke, der sogen. 'Bauernpraktik', welche
den Ausfall der Jahreszeiten aus dem Wochentage prophezeiht,
auf den der Jahresanfang oder das Weihnachtsfest fällt. Die
älteste mir bekannte Form dieser Prophezeiungen ist in grie-
chischer Sprache abgefafst und gibt sich als ein Werk des alt-
testamentlichen Ezra:2 Tov 7igo(frtxov ^'EüSqu /liäyvfooiq tt(qi tmv
tnxu tjf.uQiov.3 Zahlreiche Übersetzungen, Bearbeitungen und
1 Für welche ich den Herren G. Mercati, E. Stollreither und A. Rogers
meinen Dank auch hier aussprechen möchte.
2 Wie Ezra, der Historiker der Rückkehr aus dem babylonischen Exil,
zum Propheten und Wahrsager gestempelt werden konnte, erkennt man
leicht, wenn man einen Blick tut in die übrigen unter seinem Namen
überlieferten Apokryphen, namentlich das sogen. Liber quartus Esdrae
(ed. R. James in Texts and Studies III 2) und die interessante Visio
beati Esdrae (ed. Mercati, Studi e Testi Nr. 5, 1901, S. 70 ff.), welche ein
Glied in der Kette bildet, die empor zu Dante führt. Noch im 15. Jahr-
hundert werden 'Dyuers iokyns of weper' (Digby 88 f. 12 b) dem 'Edras the
profute' zugeschrieben. Vgl. auch S. 352 Anm. 1.
3 Veröffentlicht von Boissonade, Notices et Extraits des mss. de la
bibl. du Roi XI, 2. S. 18b' Anm.; ein anderer Text bei Du Gange, Gloss.
graec. S. 548; Proben bei Tischendorf, Apocalypses apocryphae S. XIII f.
Vgl. auch c. 08 der nur in äthiopischer Übersetzung erhaltenen Chronik
des Bischofs Johannes von Nikias des 7. Jahrhunderts (ed. Zotenberg, Not.
et Extr. XXIV 1, S. 408 f.).
348 Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen.
Nachahmungen finden sich in lateinischer Sprache ] als Revelatio
Esdrae de qualitatibus anni oder unter anderen Titeln und
Verfassernamen. Aus dem Lateinischen stammen dann direkt
oder indirekt die nicht seltenen volkssprachlichen Versionen, wie
die verschiedenen altfrauzösischen 2 Bearbeitungen in Vers oder
Prosa, die provenzalische, 3 die altitalienische,4 die spanische,3 die
deutschen,6 die holländischen7 und die englischen Versionen.
Dagegen geht die rumänische8 Übersetzung nach Gaster auf eine
slavische Vorlage zurück.
In altenglischer Sprache sind bisher zwei Versionen gedruckt:
eine ältere aus dem MS. Junius 23 (um 1100), veröffentlicht
von Cockayne, Leechdoms III 162 2ö — 164 12; eine jüngere aus
Vesp. D. XIV f. 75 b (um 1120), gedruckt von Aismann, Anglia
1 Handschriften dafür weisen nach P. Meyer, Bull, de la Soc. des anc.
text. 188?. S. P5 f., und G. Hellmann, Die Bauern-Praktik (Berlin 1896)
S. 56 ff. Dazu Ms. Digby 75 und 103; Rawl. B. 196; Rawl. C. 486 und 814 ;
Ashm. 345 f. 68a und f. 69a; 1393; Cleop. B. IX; Gott. App. dipl. 16 E.
Gedruckt sind lat. Texte bei Migne, Patrol. lat. XL 95 1 ; P. Meyer a. a. 0.
S. 88 Anm. ; Revue des langues romanes III 1M4 ; G. Mercati, Studi e testi
Nr. 5 (Rom 1901) S. 74 ff., dessen älteste Version aus einer Lorscher Hand-
schrift des 9. Jahrhunderts stammt; nach gütiger Mitteilung Mercatis auch
bei F. Patetta, Dal libro dei segreti di Cipriano Casolani, Siena 1902 (Per
nozze Raimondi Palmieri-Nuti), und bei G. Giannini, Una curiosa raccolta
di segreti e di pratiche superstiziose, Cittä di Castello 1898.
2 Literatur in Gröbers Grundrif's II 1, S. 874; dazu Digby 86, ed.
Stengel S. 8 (Halle 1871), und Ashm. 842 f. 28.
3 Bartsch, Denkmäler der prov. Lit. S. 315; vgl. Suchier, Denkmäler
I, 122.
4 Fragment einer italienischen Version des 18. Jahrb.. bei G. Mercati
a. a. O. S. 79.
5 In Cod. lat. Par. (nouv. acq.) 299 des 14. Jahrh. Anfang bei G. Hell-
mann a. a. O. S. 57 f.
6 In Cod. germ. Monac. 398 (a. 1435). Anfang bei Hellmann S. 57.
Aufserdem bilden diese Prophezeiungen den Hauptteil des deutschen
Volksbuches Der Pauren Practiek (zuerst 1508), worüber die treffliche Neu-
ausgabe von G. Hellmann (Berlin 1896) zu vergleichen ist. Die deutsche
Version des Volksbuches ist dann auch übergegangen in die Übersetzungen
dieses Werkes ins Dänische, Schwedische, Englische (1642), Tschechische
und Finnische.
7 Zwei holländische handschriftliche Versionen des 15. Jahrh. nennt
Hellmann S. 56 f.
8 Bei Gaster, Chrestomatie romäna II 58; andere Handschriften und
Drucke (nach 1795) in Gröbers Grundrifs II 3, S. 423.
Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen. 349
XI 369. Inhaltlich stimmen beide im wesentlichen überein, das
sprachliche Gewand ist jedoch zumeist verschieden. Dies er-
klären wir wohl am besten daraus, dafs beide unabhängige Über-
setzungen derselben lateinischen Version darstellen, wobei natür-
lich nicht ausgeschlossen ist, dafs schon die zu Grunde liegenden
lateinischen Texte mehrere Abweichungen aufwiesen. Diese ge-
meinsame lateinische Vorlage scheint in eine Klasse zu gehören
mit der unter Bedas Werken z. B. bei Migne XC 951 gedruckten
Version, die sich handschriftlich in den Mss. Tib. A. III f. 36%
Reg. 12. C. XII f. 86 b und Un. Libr. Cambr. Hh. VI. 11 f. 67
finden soll. Der Anfang stimmt sogar fast wörtlich überein :
Jun.-Ms.: Gif middeswinter raessedeg bid on Sunnandeg,
ponne bid god winter & lengten windi & drige sumer & wingeardas
gode & sceap beod weaxende & hunu [lies huni] beod genihtsum
& eal sib bid genyhtsumo.
Pseudo-Beda: Si prima feria [al. nativitas Domini] fuerint
Kalend. Januarii, hiems bona erit, ver ventuosum, aestas sicca,
vindemia bona, boves [Cod. Amplon. 0. 62b f. 182'': oves] cres-
cunt, mel abundabit, vetulae morientur, abundantia et pax erit.
Vesp.-Ms.: Donne forme geares dseig byd Sunendseig, hit
byd god winter & windig lsenctetid, dryge sumer, god hserfest, &
scep tyddriged [lies tyddriged], & hit byd grid & wsestme manig-
feald.
Ein dritter altenglischer Text findet sich in MS. Tib. A. III
f. 39b (um 1020), ist aber noch nicht veröffentlicht worden.
Zwei verschiedene mittelenglische Bearbeitungen in vier-
taktigen Reimpaaren hat Denham für die Percy Society (A Col-
lection of Proverbs and Populär Sayings relating to the Seasons,
1846, S. 69 ff.) aus Harl. 2252 (15. Jahrh.) gedruckt. Die mittel-
englische Versversion in Ashmole 189 f. 210a ist wohl identisch
mit Denhams zweitem Gedichte. Mittelenglische Prosaversionen
stehen in Digby 88 f. 77 (Hoive all ye yere ys rewlyde by the
day that Cristemas-day fallytlie on), Ashm. 393 f. 36 und 1447
f. 39 a. Neuenglische Fassungen haben wir in mehreren meteoro-
logischen Büchern des 16. Jahrhunderts, worüber G. Hellmann
a. a. O. S. 61 zu vergleichen ist. Auch der Name des vermeint-
lichen Verfassers, Ezra, ward bis in die neuenglische Zeit in frei-
lich entstellter Form als Erra Pater fortgeführt. In der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts erschien ein oft neu gedrucktes
Wetterbüchlein: A Prognostication for euer of Erra Pater,
350 Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen.
a Jeioe hörne in Jewrye and Doctoure in Astronomy and Phi-
sicke, welches die mannigfachen Anspielungen auf einen Wetter-
propheten 'Erra Pater' in der Literatur des 16. und 17. Jahr-
hunderts — am bekanntesten ist die Stelle bei Butler, Hudibras
I 1, 129 — veranlafst hat.
2) Prophezeiungen aus dem Wehen des Windes in den
'Zwölf Nächten' sind oft mit den eben genannten verbunden:
schon in dem altenglischen Jun.-Ms. 23 (Leechdoms III 164)
und noch in der deutschen Bauernpraktik von 1508. Dafs beides
nicht englische bezw. deutsche Originalfassungen sind, zeigt ein
Vergleich mit folgendem Fragmente, das sich ebenfalls als An-
hang zu den Jahreszeitsprophezeiungen im Cod. Ampi. O. 62 lj
f. 182 b (S. XIV) findet:1
Si uentus fuerit in nocte Christi, principes et maiores peribunt.
Si secunda nocte, vindemia peribunt. Si tertia, reges peribunt seu
morientur. Si quarta, panis ex parte peribit. Si quinta, naute
peribunt.
Vgl. etwa: peore feordan niht gif wind byd, lef2 byd litel.
Deere V niht gif wind byd, ponne byd frecne on seo and seipu for-
weordad.
3) In der Junius-Handschrift folgen altenglische Prophe-
zeiungen aus dem Tage der Weihnachtswoche, an welchem die
Sonne scheint. Dieselben Prognosen finden sich lateinisch im
Digby-Ms. 88 f. 40. Prognosen aus der Art des Sonnenaufganges
sind sehr alt: ein griechischer Text bei M. Heeger, De Theo-
phrasti qui fertur nto) arj^iiidjy libro (Leipzig, Diss. 1889 S. 66 f.),
ein lateinischer (ob übersetzt aus dem vorigen?) im Cod. Ampi.
Q,. 355 f. 15; deutsch einiges in der Bauern Practick (1508)
S. 9 f.
4) 'Donnerbücher' oder Boovzoloyta kenne ich in altenglischer
Sprache zwei: ein älteres in zwei stark divergierenden Hand-
schriften (Jun. 23 f. 149a und Tib. A. III f. 38a) überliefert,
1 Andere Hss.: Kawl. C. 814; Digby 86; Ashm. 345 f. 69, welch letz-
tere, dem Anfange nach, wörtlich zum Altenglischen zu stimmen scheint:
Si in prima nocte ventus fuerit, ordinati moriuntur in illo anno = Oyf se
ivind byod on pa forma niht, gehadode iveras sweltad.
a Das Lateinische lehrt, dafs lef hier für hlaf 'Brot' steht und also
nicht 'dantage' bedeutet, wie Cockayne übersetzt. Danach ist wohl ein
Substantiv lef 'damage', das einzig auf obiger Stelle beruht, aus unseren
Wörterbüchern (Bosworth-Toller, Hall, Sweet) zu streichen.
Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen. 351
welche beide in Cockaynes Leechdoms III 166 — 168 und 180 — 182
abgedruckt sind; das jüngere aus Vesp. D. XIV f. 103 b ver-
öffentlicht von Afsmann in Anglia X 185. Beide gehen offenbar
auf lateinische Vorlage zurück, die ich aber für den älteren Text
noch nicht nachweisen kann. Fast denselben Wortlaut wie die
jüngere altenglische Version zeigen folgende lateinische Donner-
regeln, die ich dem Erfurter Cod. Ampi. O. 62b fol. 182 b f. ent-
nehme, wo sie von einer deutschen Hand der ersten Hälfte des
14. Jahrhunderts in kleiner, flüchtiger Kursive eingetragen sind :
Si tonat in Januario, in illo anno erunt validi uenti, annona
bona et omnes fruetus, strages magna in populo et habundantia
rerum est. [fol. 183a] Si in Febrario, erunt multi infirmi. Si in
Martio, strages magna est in populo et habundantia rerum om-
nium. Si in Aprili, annus bonus erit et fertilis et fures peribunt.
Si in Maio, fames erit. Si in Junio, est habundantia omnium
rerum et pestilentie in populo. Si in Julio, annona multa et
pugnantes peribunt. Si in Augusto, prineipes moriuntur et multi
infirmi erunt. Si in Septembri, annona multa est et strages populi
erunt. Si in Octobri, multi uenti erunt et annona bona. Si in
Novembri, omnium rerum est habundantia. Si in Decembri, multa
erit rerum habundantia et pax bona erit.
Vgl. An gl. X 185: On Ianuarius monde gyf hü fmnrett, hü
boded toweard mycele windes & ivel-gewcende eorete weestme & gefiht.
On Februarlus monde gyf hü punreck, hü boded: manegra manna
eweahn & meest peere ricen u. s. w.
Dieselben Donnerregeln finden sich bei Leonard Digges,
A Prognostication euerlastinge (London 1556) nach Brand, Pop.
Ant. S. 714. Mittelenglische Versionen in Ashm. 189 f. 102 und
342 f. 134. Das schwedische Volksbuch Sibyllae Projphetia ent-
hält sogar noch heutigentages stets seine 'Tordöns märketecken
(Hellmann S. 52).
Lateinische Texte stehen in der Cambridger Hs. Gg. I. 1
(vgl. Romania XV 325); Digby 57; 75; 88; 114; Rawl. C. 814;
Ashm. 345; 342; 393; zwei stark erweiterte lateinische Versionen
unter Bedas Werken bei Migne P. 1. XC 609 ff. Eine griechische
Fassung, 'Z,(OQOaaTQOv ai]f.tiin)(rig kov anoTtkovf.tt'vüiv ex rrjg nQWTi^g
ßgovTjjg Y.n.W l'xaarov e'rog, bei Boissonade, Notices et Extraits XI
2, S. 184 Anm.; andere Ausgaben verzeichnet Krumbacher, Byz.
Lit. S. 630. Gaster hat in seiner Chrestomathie zwei auf sla-
vischer Quelle beruhende rumänische Donnerbücher abgedruckt,
wozu Gröbers Grdr. II 3, S. 422 zu vergleichen ist.
?>52 Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altengliscben.
Eiu Vorbild fand diese ganze Gattung in dem Handbuch
der Auguralwissenschaft TTto'i dioa^eioSp des Laurentius Lydus
(ed. Wachsmuth, Leipzig 1897, c. 22 — 41). In letzter Linie geht
freilich, worauf mich Prof. G. Hellmanu hinweist, dieser Donner-
glaube auf sumerisch-babylonische Anschauungen zurück.
5) Die altenglische Fassung der zwei Unglückstage jedes
Monats, welche bei Cockayne, Leechdoms III 224, gedruckt ist,
vergleicht sich mit den lH/ntQai atarj^eioj[.i£vai th>v dciStxa f.n]v(vv, ,
von denen drei Versionen von Boissonade, Notices et Extraits
XI 2, S. 187 Anna., veröffentlicht sind. Genau dieselbe Fassung
wie im Altenglischen findet sich noch 1658 in einer Art Volks-
almanach The Book of Knowledge und daraus abgedruckt bei
Brand, Populär Antiquities S. 318, woselbst der ganze Abschnitt
über Days Lucky or Unlucky zu vergleichen ist. Allerhand
mittelenglische Aufzählungen von Unglückstagen stehen in MS.
Digby 88 f. 62b2 und f. 77 a; Rawl. C. 81 f. 58 b und C. 211
f. 9b; Ashmole 340 f. 54; 342 f. 131; 391 f. 5; 1406 f. 107;
1416 f. 123; 1481 f. 25. Lateinische Texte weist nach P. Meyer,
Bull, de la Soc. des anc. text. 1883 S. 4; dazu MS. Digby 83;
88; 176; Rawl. C. 483 und 939; Ashm. 328; 342; 346; 361;
1462. Eine provenzalische Version steht bei Suchier, Denkmäler
I 122. Über die altfranzösischen vgl. Gröbers Grdr. II 1, S. 1031,
über die rumänische ebendort II 3, S. 422.
6) An je einem bestimmten Montage der Monate April,
August und Dezember wird gewarnt vor Aderlafs, Medizin-Ein-
nehmen und Essen von Gänsefleisch in einem altenglischen Stücke,
welches der Rezeptsammlung in Harl. 585 angehängt und daher
mit dieser bei Cockayne, Leechdoms III 76, abgedruckt ist. Der
gleiche Text findet sich lateinisch in einem Pseudo-Bedaschen
Aderlafsbuche De mimitione sanguinis sive de phlebotomia
(Migne XC 960; in einer zweiten, leicht abweichenden Form,
1 In einer Pariser Handschrift werden auch diese "EaSqn rq> lepei zu-
geschrieben.
2 Inc. 'An extracte of freer John Somerys Kalender of ille days in
the yere'. Gemeint ist offenbar derselbe frere J. Somer, welcher mit frere
N. Lenne zusammen im Prolog zu Chaucers Astrolabe genannt wird. Tyr-
whitt hat J. Somers Kalender in Vesp. E. VII nachgewiesen. Aber auch
das Kalendarium des Karmelitermönches 'Nicholas de Linea' (oder 'de
Lenne') ist uns noch erhalten: es findet sich in den Ashmole -Mss. 5
(XIV s.), 379, 890 und 789.
Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen.
353
unten als B bezeichnet, ebendort S. 955; vgl. Ashm. 1280 (s. XIII)
f. 171 b); ebenso griechisch bei Boissonade, Notices et Extraits XI
2, S. 187 Anm., nur dafs. im Griechischen an Stelle der Gans
das Schwein genannt wird. Dafs der altenglische Text eine
wörtliche Übersetzung aus dem Bedaschen Aderlafsbuche ist,
lehrt folgende Gegenüberstellung:
Pry dagae syndon on geare, Plures sunt dies Aegyptiaci, in
pe we Egiptiaci ' hatad, pset is quibus nullo modo nee per ullam
necessitatem licet homini vel pe-
cori sanguinem minuere, nee po-
tionem impendere; sed ex his tri-
bus [lies tres] maxime observandi:
oetavo Idus Apriles illo die lunis,
intrante Augusto illo die lunis,
exeunte Decembri illo die lunis,
cum multa diligentia observan-
dum est, quia omnes venae tunc
plenae sunt.
on ure gepeode plihtlice dagas,
on pani natopseshwon for nanre
neode ne mannes ne neates blöd
sy to wanienne: pset is ponne ut-
gangendum pam monpe, pe we
Aprelis hatad, se nyhsta monan-
dseg an; ponne is oper ingangen-
dum pam monpe, pe we Agustus
hatad, se seresta nionan-dseg;
ponne is se pridda se seresta
monan-da3g sefter utgange pses
monpes Decembris.
Se-pe on pysum prim dagum
his blöd gewanige, sy hit man,
sy hit nyten, pses-pe we seegan
gehyrdan, pset sona on pam for-
man dsege oppe pam feorpan
dsege his lif gesendad, ojDpe gif
his lif Isengre bid, past he to pam
seofopan da3ge ne becymd. Odde
gif he hwilene draanc drincd |)am
prim dagum, his lif he geasndad
binnan XV dagum. Gif hwa on
pisum dagum aesenned bid, yfe-
lum deade he his lif gesendad.
& se-pe on pysum ylcum prim
dagum gose flsesces onbyriged,
binnan feowortiges daga fyrste
he his lif gesendad.
"ETtQai Gin^^itao/itej'ai rj/iieQai X^q^tiGui uno JajQiy.ov ßißXlov
uQiarov tig rfleßoio/ntag y.at y.afru.Qcm<; Kai zu nQOtiQrjiiiva. z/tT
Qui in istis diebus hominem
aut pecus ineiderit, aut statim
aut in ipso die vel in tertio mo-
rietur aut ad septimum diem non
perveniet. Et si potionem quis
aeeeperit, quindeeimo die [B: intra
quindeeim dies] morietur. Et si
masculus sive mulier in his diebus
nati fuerint, mala morte morien-
tur. Et si quis de auca in ipsis
diebus mandueaverit, quindeeimo
die [B: intra quindeeim vel qua-
draginta dies] morietur.
1 Wenn im Lateinischen und Altenglischen diese drei Tage als Dies
Aegyptiaci bezeichnet werden, so beruht das auf einer Vermengung mit
den wirklichen altrömischen Dies Aegyptiaci, worüber P. Meyer, Bull, de
la Soc. des anc. text. 1883, S. 94, und die dort angeführte Literatur zu
vergleichen ist.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 23
354 Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen.
yiyv(vcsxav (ag brav tv/tj Iv ij/iepu rijg tß<)o/uadoc SiVri^a fj oydoij
tov jJixifißQtov (.irjvoc rj tov sfnotX'kiov fj tov AvyovGTOV, er tuv-
raig yovv jatq fjfitoatg, ijrot tuiq oydoaig T(ov TiQO&iQrjpuvtov tqkZv
jiiTjvcüVf dti unlyeafrat naavg nQa£to>g, t'£aiQeT(og (flißoro[.ilag xai
xa&uQO~uog xai aWijg öoat(og otuodynoTtovr ßoi]d'ijf.tUTog. c0 yuQ
cfltßoTOtitfnac iv raTg TiQotiQrj/utvuig fjfitQuig, Jjyovv ruTg oyöouig
zctjy xqimv [itjvm}', Ti]v "xttjv ov (fHavti • o/aouog aal o ßotf&rjf.ia
Xa/itßuv(ov} ukXu xai o ta&iiov yoi'otiov y.Qtag tv Tuvraig raTg
ij/ntoatg, ßiod~avajMTar6g Igti.
Neuenglisch findet sich derselbe Text, genau stimmend zu
der lateinischen Fassung B, noch 1658 in einem Book of Know-
ledge) daraus abgedruckt bei Brand, Populär Antiquities (Neu-
druck 1900) S. 318 f. Eine mittelenglische Version haben wir
im Ashm.-Ms. 342 f. 136b ({These bene III perlous Mone-dayes
in pe yere . . .') und Ashm. 59 f. 133.
7) Drei andere Tage im Jahre, welche für das Horoskop
eines Menschen von gröfster Bedeutung sind, stehen altenglisch
im Ms. Cal. A XV f. 127 * (ed. Cockayne, Leechdoms III 154).
Offenbar sind sie geschöpft aus einem Pseudo-Bedaschen Werke
De Nativitate infantium libellus (bei Migne XC 960, hand-
schriftlich im Cod. Ampi. Q. 357; Rawl. C. 328; Ashm. 342;
1280 [s. XIII]), wenn auch die Tage selbst nicht ganz überein-
stimmen. Man vgl.
Dreo dagas syndon on XII Tres dies et noctes sunt, in
mondum mid prim nihtum, on quibus si vir natus fuerit, corpus
pam ne bid nan wifmann aken- eius sine dubio integrum manet
ned ; & swa hwylc wsepned-mann (MSS. : caro eius incorrupta per-
on pam dagum akenned bid, ne manebit) usque in diem iudicii.
forrotad bis lichama nsefre on Hoc est in VI Kalendas Fe-
eordan, ne he ne fulad ser domes bruarii (lies Januarii ?) et III Ka-
dsege. Nu is an para daga on lendas et Idus Februarii; et
sefterwyrdne Dec[em]ber, & pa suum mysterium mirabile est
twegen on foreweardan Januarie valde.
pam monpe; & feawe synd, pe
pas geryne cunnan oppe witan.
Eine mittelenglische Version steht im Ashm.-MS. 1438 f. 50:
In ye jere yer be thre days and thre nyghtes, if a chyld be
getyne usw. Der erste Satz findet sich deutsch in der Pauren
Practick (1508) S. 6: Es spricht Beda: drey tag vnd drey
nacht seind; wirt dann ain kind geboren, des leib bleybet
gantz biss an den jüngsten tag.
8) Die altenglischen Prognosen aus dem Wochentage der
Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen. 355
Geburt,1 welche aus Junius 23 f. 148b bei Cockayne, Leechdoms
III 162, abgedruckt sind, stimmen im grofsen und ganzen wört-
lich zu einer lateinischen Version, welche ich hierunter ans dem
Cambridger Ms. Gg. I. 1 f. 393b (Auf. 15. Jahrb..) zum Vergleich
folgen lasse, obgleich das Altenglische einen etwas volleren Text
voraussetzt :
Quando puer nascitur. Si natus fuerit homo die dominica,
securus et speciosus erit. Si feria secunda, durabitur eciam mar-
tirio. Si feria tercia, religiosus erit. Si feria quarta, amatus et
amabilis erit. Si feria quinta, pacificus et diues erit. Si feria sexta,
malignus et longeuus erit. Si Sabbato, fortis et longeuus erit.
Vgl. bes. Swa hwilc man swa on Sunnandceg odde on niht
acenned biet, orsorglice leofeed he & bid f (Egger. Gif he on Monandceg
odße on niht acenned bid, he bid aeweald fram mannum, lewde swa
clceroc sweper he bid. Gif he on Tiwesdceg bid acenned oßde on da
niht, se bid cewerd 2 on his life, & bid: man & dweere.
Zwei andere Versionen lateinischer Nativitäten nach Wochen-
tagen stehen im Cod. Ampi. Q. 386 f. 22 b und f. 121 b.
9) Krankheitsprognosen aus dem Monatstage der Erkrankung
haben wir in zwei altenglischen Fassungen: die eine zusammen
mit der lateinischen Vorlage Leechdoms III 150 f., die jüngere
ebenda S. 182. Ein ähnlicher lateinischer Text steht im Cod.
Ampi. F. 276 f. 70.
1 Der De generatione hominis betitelte Abschnitt bei Cockayne, Leech-
doms III 146, vergleicht sich mit einem lateinischen Texte im Ashm.-Ms.
1397 f. 3 Qualiter infans crescit in venire matris sue, einem mittelenglischen
in Ashm. 1391 (s. XV) f. 12 und einem altfriesischen, der jetzt am be-
quemsten in Heusers Altfriesischem Lesebuche (Heidelberg 1903) S. 87
zugänglich ist. — Zu dem bei Heuser folgenden Stücke über Adams Er-
schaffung aus acht Teilen hat schon Grimm Mythol. 531 ff. drei andere
Texte verglichen. Hinzu kommen die lateinischen Versionen in Digby 88
f. I, Eawl. C. 499 f. 153, Ashm. 1285 f. 4 (s. XIII), zwei mittelenglische
in Ashm. 1388 f. 120 und Rawl. C. 814 f. 87 b (gedruckt in Macrays Katalog
V 422) und eine altfranzösische bei P. Meyer, Bull, de la Soc. des anc.
text. 1883 S. 95.
2 Das Latein zeigt, dafs Cockaynes Übersetzung 'he shall be corrupt
in his life' nicht richtig ist. Vielmehr wird obiges ce-werd, dem lat. reli-
giosus entsprechend, identisch sein mit dem mve-weard der Blickl. Hom.
161 27. Ein Adjektiv cewerd 'perverse', welches nur auf obiger Stelle zu
beruhen scheint, ist daher höchstwahrscheinlich aus unseren Wörterbüchern
(Bosworth-Toller und Hall) zu streichen. — Des Zusammenhanges wegen
ist auch wohl das folgende man dt divcere (Cockayne: sinful & perverse)
in man gediveere oder, mit Toller, in mandwmre zu bessern.
23*
356 Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altengliscben.
10) Der Einflufs des Mondes auf die Erfüllung der Träume
ist in zwei verschiedenen altenglischen Texten behandelt, die
beide bei Cockayne, Leechdoms HE 154 f. und 158 f., gedruckt
sind. Der erstere, in zwei Handschriften überlieferte, vergleicht
sich mit einer lateinischen Version im Cod. Vat. lat. 642 f. 91 ff.
(s. XII ine), deren Anfang ich dank der Güte G. Mercatis hier
mitteilen kann : !
Luna I quiequid in somnis uideris, siue bonum siue malum,
non est dubium quod in gaudium conuertetur. . . . Luna II et III
quidquid uideris, uanum est nee in animo ponas. . . . Luna IUI
et V effectum, spem et remedium et actus futurum significat.
Luna VI et VII quiequid uideris orienti commenda. Luna VIII
et Villi cito fiet quidquid uideris in somnio tuo. Luna X uanum
est, sed nee in animo ponas et pro nichilo ducas. Luna XI inter
tres dies fiet somniura tuum. Luna XII quiequid uideris in som-
nio, scies quia certum est. Luna XIII quiequid uideris, inter dies
octo fiet usw.
Vgl. On anre nihte ealdne monan swa hwset swa pe mseted,
pset cymd to gefean. On tweigra nihta monan & on preora nsefd
pset swefen naenige fremednesse godes ne yfeles. On feower nihta
& on fifa pset bid god swefen ; wite pu pset georne on pinre heortan.
On XII nihta & on XIII binnan prim nihton pu gesihst
pset pe ser on swefne setywde.
11) Zwei Traumbücher sind in altenglischer Sprache auf
uns gekommen, die beide augenscheinlich aus dem Latein über-
setzt sind und ursprünglich in alphabetischer Reihenfolge nach
den geträumten Gegenständen angeordnet waren. Das eine der-
selben ist uns in zwei Handschriften (Junius 23 fol. 150b — 153b
und Tib. A. III fol. 36 a — 38 a) überliefert und danach von
Cockayne in seinen Leechdoms IH 168 — 180 veröffentlicht wor-
den. Das lateinische Original desselben habe ich noch nicht
finden können. Dafs der altenglische Text aber tatsächlich auf
eine lateinische Vorlage zurückgeht, ergibt sich daraus, dafs man
bei Substitution lateinischer Ausdrücke für die altenglischen
Namen der geträumten Gegenstände sofort eine alphabetische
Anordnung, wie sie auch in allen griechischen und lateinischen
Traumbüchern üblich ist, herausbekommt: earn (aquila), beon
(apes), fuglas (aves), ncedre (anguis), weter (aqua), gold (aurum),
1 Unter Auslassung der zu jedem Tage gehörigen Psalmstellen.
Die Kleinliteratur des Aberglaubens im AltengliscLen. 357
feoh (argentum) beard (barbam), earm (brachium) ,
gyrdel (cingulum), beag (corona), lic (corpus), yrnan (currere) usw.
Bei dem zweiten Traumbuche ist die lateinische Vorlage
gleich in der einzigen erhaltenen Handschrift (Tib. A. III fol.
25b — 50 b) mitüberliefert, leider aber nicht von Cockayne ab-
gedruckt, der Leechdoms III 198 — 214 nur die altenglische Inter-
linearversion veröffentlicht hat. Doch gibt er bei schwierigeren
Vokabeln häufig das lateinische Lemma unter dem Texte an.
Überdies würde man auch ohnehin an Inhalt, Wortgebrauch und
Anordnung den lateinischen Ursprung erkennen können. In der
Überschrift, De somniorum diversitate secundum ordinem abc-
darii Danielis prophetae, ist das Traumbuch dem Propheten
Daniel zugeschrieben. Dies, sowie die annähernde Übereinstim-
mung des allein mir zur Verfügung stehenden Anfanges macht
es nicht unwahrscheinlich, dafs wir es mit der lateinischen Version
des folgenden, noch ungedruckten griechischen Traumbuches zu
tun haben: ^OveiQOXQaixov ßißXtov vov nQoq/jXov Javii{k nqbc, rov
ßaaiXta NußovyoÖovoaoQ xard dlffdßrjTOv (im Cod. Berol. Phillipp.
1479 bei Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur
S. 630). Man vgl.
Fugelas on swefenum se pe gesyhd & mid him winneä, saca
surae hit getacnad.
*AQyvQu tj yQvod ntTttvd idv tdrjg, uxu.iqov fid/r^v ar^iuivu.
Lateinische Traumbücher, zum Teil wohl identisch mit den
beiden obengenannten, finden sich in den Münchener Codd. lat.
666, 5125, 15 613, 18 921, 26 639, den Erfurter Codd. Ampi.
Q. 21, Q. 186, Q. 375, Q. 387; Cambr. Un. Libr. Gg. I. 1; Bodl.
Digby 81, 86 (Xin s.) und 103 (XII s.); Harl. 4166; Erlanger
Un. Bibl. 917; Wolfenbüttel Aug. fol. 87. 7; Ashm. 179; 345.
12) Über die sechs Versionen altenglischer 'Himmelsbriefe'
vergleiche die Literatur bei Napier und Priebsch in der Furnivall-
Festschrift (1901) S. 355 ff. und 397 ff., sowie weiterhin bei
Gaster, Literatura populara romäna, Bucuresti 1883, S. 371 ff.,
und in Gröbers Grdr. II 3, S. 408 f. Seitdem kommen hinzu
A. Dieterichs grundlegende Aufsätze in 'Blätter für hessische
Volkskunde' (1901) III 9 ff. und 'Hessische Blätter für Volks-
kunde' (1902) I 19 ff; W. Köhler ebenda I 143 ff.; F. Branky
im Archiv für Religionswissenschaft (1902) V 149 ff.; eine mittel-
englische Version ed. Macray in Not. & Quer. 9 VHI 240; eine
358 Die Kleinliteratur des Aberglaubens im Altenglischen.
neuenglische (ca. 1677) aus dem Kirchenregister von Bedlington,
Northumberland, ed. Fowler im 'Antiquar/ XXXIX (1903) 38 ff.
Wahrscheinlich gehört auch hierher ein mittelenglisches Gedicht
'Testamentuui Domino, beg. 'Wyteth wele all yat bene here. . . .
In wytnes of yat ych thynge | Myne awne sele yer-to I hynge'
(in den Mss. Ashm. 61 f. 106 und 189 f. 109).
Ziehen wir zum Schlufs ein kurzes Facit. Für eine Reihe
von altenglischen Texten gelang es, eine direkte oder indirekte
lateinische Vorlage sicher nachzuweisen, für andere, sie höchst
wahrscheinlich zu machen. Zuweilen konnten wir die Wurzeln
sogar bis in den griechisch-orientalischen Kulturkreis zurückver-
folgeu. ' Künftige Forschung wird zweifellos weitere Quellen
zu Tage fördern und die Abhängigkeit der altenglischen Klein-
literatur des Aberglaubens von lateinischen Vorlagen lückenloser
und straffer beweisen, als mir beim ersten Anhieb möglich war.
Jedenfalls stehen wir schon jetzt vor der interessanten Tatsache,
dafs ein grofser Teil der volkskundlichen Literatur Altenglauds
— später wird mau höchst wahrscheinlich sagen : die ganze mit
Ausnahme der Zaubersprüche — Übersetzungsliteratur ist, also
auf gelehrter literarischer Übertragung beruht und nicht ein
Niederschlag altererbter heimischer Vorstellungen ist, so sehr sich
diese mit ersterer mischen mögen. Dem widerstreiten jedoch
nicht die beiden anderen Tatsachen, dafs vieles von dem lite-
rarisch Übertragenen im Laufe der Zeit volkstümlich geworden
ist, und dafs neben der ursprünglich gelehrten Schicht auch in
Altengland echt volkstümliche, heidnisch-germanische Überliefe-
rungen umgingen, deren Spuren aus Bufsbüchern und Predigten
von A. Fischer, Aberglaube unter den Angelsachsen (Meiningen,
Progr. 1891), fleifsig, aber ohne genügende Ausscheidung des Ge-
lehrten zusammengestellt sind.
1 In letzter Linie liegen die Wurzeln auch, hier wahrscheinlich bei
den Babyloniern. Wenigstens kannten diese bereits Traumbücher sowie
allerhand Wetter-, Geburts- und Krankheitsprognosen aus dem Monde, den
Gestirnen, dem Donner oder dem Winde (vgl. z. B. 'Wenn im Monat Elu
vom 1. bis zum 30. Tage Winde wehen, so wird Regenflut und Hoch-
wasser eintreten'). S. Bezold, Ninive und Babylon (1903) S. 78 ff.
Würzburg. Max Förster.
Kennedy-Studien.
I. Zur Erklärung und Textkritik.
Die verdienstliche Ausgabe von W. Kennedys Dichtungen,
die J. Schipper kürzlich veröffentlicht hat,1 bietet trotz ihrer
Vorzüge doch dem Nachprüfenden noch Punkte genug, an denen
die Kritik und die weitere Forschung einzusetzen hat. Manche
Stelle hat ja Schipper selbst in seinen dankenswerten Anmer-
kungen unerklärt lassen müssen, und die Quellenfrage ist, wenig-
stens für das längste Gedicht Kennedys, The Passioun of Christ,
von ihm überhaupt nicht erledigt worden. Ich glaube in beiden
Beziehungen durch die folgenden Bemerkungen das Verständnis
des Dichters ein gutes Stück gefördert zu haben und hoffe, dafs
die uns jetzt eigentlich erst erschlossenen Dichtungen Kennedys
auch andere Fachgenossen veranlassen werden, sich eingehender
mit dem bisher ziemlich vernachlässigten Zeitgenossen Dunbars
zu beschäftigen. — Ich ordne meine Bemerkungen nach der
Reihenfolge der Dichtungen in Schippers Ausgabe.
1. Pious Counsale.
Str. I, V. 5 : of kissing mak eonscience
erklärt Seh. in den Noten: 'instead of kissing let us consult our
eonscience'. Es bedeutet vielmehr: 'lafs uns aus dem Küssen ein
Gewissen machen' (vgl. 'sich kein Gewissen aus etwas machen'),
'lafs uns das Küssen ernst nehmen'.
Ib. 7 lies: Puneis oure flesehe for [all]11 oure grit offence.
1 The Poems of Walter Kennedy edited ivith Introductions, various
Readings, and Notes by J. Schipper etc. Vienna 1901 (= Denkschriften
der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, philos.-histor. Klasse,
Bd. XLVIII, I).
2 Eckige Klammern bedeuten Ergänzungen, runde dagegen vorzuneh-
mende Streichungen.
360 Kennedy-Studien.
2. Against Moup pankless.
IV, 28 ff. Hier ist die Interpunktion nicht richtig: hinter
eild gehört ein Komma, hinter hess V. 30 ein Semikolon; mit
V. 31 beginnt eine neue Periode.
Ib. 31 f. Quhen pen and purss and all is peild,
Tak pair a meiss of Moup pankless.
Was bedeutet pen hier? 'Feder' gibt keinen Sinn, aber 'Hürde,
Hühnerstall' wenigstens auch keinen guten. Man könnte an pell
'pall, costly sorth of cloth' oder pan 'garment' oder pung 'Beutel'
denken. Die letzte Zeile ist vielleicht zu bessern:
Ta[l]k pair a-miss of M. p.,
'dann reden sie (sc. die Betrogenen, Gerupften) übel vom undank-
baren Munde'. Wie sollte meiss 'reward' bedeuten können?
V, 35. fra in py bag pow beir pyne ene
soll nach Seh. bedeuten : 'forthwith bear thy eyes in thy bag',
obwohl es dem Zusammenhange nach ein temporaler Nebensatz
sein mufs. Ich nehme fra hier in der Bedeutung als Konjunktion,
die fra patt 'seit, von der Zeit an, dafs' schon im Ormulum hat.
Ib. 38. Call ye nocht piss ane kankert eaiss?
kankert soll hier nach Seh. 'cross, ill-conditioned, avaricious'
(Jamieson) bedeuten. Das N. E. D. gibt aber Bedeutungen an,
die hier viel besser passen, nämlich 'infected with evil; corrupt,
depraved'.
VI, 43. Or py complexioun gadder cald.
Seh. erklärt gather hier als 'become', während doch offenbar cald
hier Subst. 'Kälte' ist!
Ib. 46. And of py gilt remit and grace.
Die Lesart der Hs. M, be grace, ist entschieden die bessere.
3. The Praise of Aige.
H, 13. Deffy pe devill, dreid Ood and domisday,
druckt Seh. nach den Hss. Bt und Bo, während M deid 'Tod'
statt God bietet. Der Herausgeber verteidigt God als Antithese
zu devill; da aber deid und domisday alliterieren und auch in
einem engen begrifflichen Verhältnis zueinander stehen, möchte
ich deid für die bessere Lesart halten.
4. Praise of our Lady.
II, 10. pe beriale bosome, pat our Miss in bred.
Über beriale sagt der Herausgeber nichts. Es kann hier natür-
lich nicht = ne. burial sein; ich setze es = Orms berrhless 'sal-
vation', einer Neubildung zu ae. beorjan, das hier also schon
sein End-s verloren hätte (vgl. ne. burial, riddle etc.) und für
älteres *berjels stehen würde.
Kennedy-Studien. 361
IV, 27. pe hevyne stellat.
Letzteres soll nach Seh. 'multitude of stars' bedeuten. Es heifst
einfach 'gestirnt' und kommt von lat. stellatus.
Ib. 32 1. Speciosa facta es et [valde] suavis.
VI, 41. Ruby of reup, riche lass, and hevinnis gem.
Lass ist kaum richtig: einmal, weil es nicht zu ruby und gern '
pafst, zweitens, weil es als Anrede der Gottesmutter zu vulgär
klingt; es ist gewifs dafür glass zu lesen und bricht für riche.
\il, 55. Blist he py binde, pat come of Josues trybef
Für Josues ist Jesses zu lesen, vgl. S. 61, V. 844: That wes
pe floure quhilk fra pe Jesse grew, und Isaias XI, 1: Et egre-
dietur virga de radice Jesse, eine bekannte messianische Weis-
sagung.
Vlll, 57. pocht we brelc vowis, prayeris, pilgrimage and hechtis.
Der Vers ist offenbar zu lang, weshalb ich and zu streichen
vorschlage und die zwei letzten Substautiva als Kompositum:
pilgrimage-hechtis fassen möchte, was auch dem Ganzen einen
besseren Sinn gibt.
Ib. 61. pe playand leid
ist gewifs durch 'boiling lead' richtig erklärt; playen erscheint
im Me. in dieser Bedeutung gewöhnlich als plaioen {= aisl.
plaget), vgl. Stratm.-Bradley unter plajen, ferner Fritz Schulz,
Die engl. Gregorlegende, Glossar S. 109 unter plawe.
Ib. 63. stowis ist eher die 2. als die 3. Person Sgl., wie
der Herausgeber meint, vgl. pe V. 58, poio fechtis V. 59, standis
V. 60, filio tuo V. 64, beseike py sone V. 65, grant V. 69, py,
pow V. 70, pow art V. 71, py man V. 72.
5. The Passioun of Christ.
Eigentümlicherweise ist es Seh. entgangen (vgl. S. 24), dafs
Ludolfs von Sachsen Vita Christi, den Kennedy selbst V. 196
(S. 35) als Autorität citiert, die Hauptquelle dieser Dichtung ist.
1 Die Beiwörter der Jungfrau Maria, die Kennedy in diesem Gedichte
häuft, lassen sich fast alle aus der lat. geistlichen Literatur des Mittel-
alters nachweisen, vgl. den Index Marianus, Sectio VII: encomiastica, in
Mignes Patrol. lat., tom. 219, Sp. 503 ff. Folgende Ausdrücke stimmen
ziemlich genau überein: clostir of Christ V. 1 = claustrum Dei; flour de
lyss ib. = lilium ; herbar of amouris ib. = hortus deliciarum ; princess of
hepyn, hell, erd & paradis 3 = regina coelorum, mundi- oder imperatrix
coelorum, mundi universalis; nuryss to Qod 5 = nutrix Dei; modir of
favouris ib. = mater consolationis, misericordiae, liberationis ; protectrix
tili all pepill 9 = protectrix vitae; berial bosom 10 = sinus securitatis;
revar of grace 1 7 = rivus gratiae ; ruby of reup 41= rabus ardens, mira-
bilis; hevinnis gern- ib. = gemma coelestis; rosare 58 = rosarium gratiarum;
rute of our remeid = radix benedictionum, bonorum omnium, consolationis.
362 Kennedy-Studien.
Ich habe die mühsame Arbeit unternommen, die einzelnen Stro-
phen der Dichtung mit dem Inhalt dieses ungeheuren Folianten l
zu vergleichen, und gebe im zweiten Teile dieser Studien die
ausgehobenen Stellen des Originals kurz zusammengestellt, damit
jeder selbst bequem nachprüfen kann. Der Dichter hat immer
nur einzelne Sätze und Stellen aus dem Wust von Erzählung,
Kommentar und Betrachtungen herausgerissen, zuweilen vor-
greifend oder vorher Gesagtes nachholend, was die Vergleichung
des Gedichtes mit der Quelle natürlich sehr erschwerte. Da der
alte Druck leider weder Seiten- noch Bogenzählung hat, konnte
ich nur nach den Kapiteln eitleren, die oft recht lang sind.
Unmöglich ist es nicht, dafs mir hie und da etwas entgangen,
und ein Nachprüfender wird vielleicht noch eine kleine Ährenlese
veranstalten können. Aber irgendwie Bedeutendes glaube ich
bei der recht anstrengenden Untersuchung nicht übersehen zu
haben.
Daneben hat Kennedy zuweilen noch andere Quellen benutzt,
wie im zweiten Teile dieser Abhandlung gezeigt werden wird. —
Natürlich ist die Kenntnis der Quellen von höchster Bedeutung
für die Erklärung und Textkritik einerseits, die Würdigung des
Gedichtes andererseits. Hier sollen zunächst nur die Quellen
zur Besserung des Textes herangezogen werden.
a) Prologue.
Str. I, 1. Der Ausdruck er istin knycht erinnert als An-
rede Christi an V. 1177: cristyn Kyng.
TTT, 17. Throu spirituall pith moir potent proteetour.
Schipper macht zu diesem Verse keine Bemerkung, obwohl er
ganz unverständlich ist. Proteetour kann sich ja weder auf das
vorhergehende hing Salomone, noch auf we beziehen. Man wird
wohl moir in moist ändern müssen und proteetour — als Vokativ
gefalst — mit fiou in V. 15 zu verbinden haben.
Ib. 18. Stranger pan Hectour, Judas, or Sampson.
Unter Judas ist hier selbstverständlich nicht der Verräter, wie
Seh. meint, sondern der jüdische Held Judas Maccabaeus zu
verstehen, der mit Hektor, Sampson und Alexander (V. 20) zu
den sogen, nine worthies gehörte, vgl. Flügels Wb. unter worthy
und Craigie, Anglia XXI, 359 ff.
IV, 28. Wilder in wit than Nabelt Garnales.
Die beiden letzten Worte sind einfach eine Entstellung von
Nabal Carmeles (vgl. 1. Sam. XXV, 2 f.).
1 Das Werk war mir auf der hiesigen Universitätsbibliothek in dem
schönen Druck von 1478 (Nürnberg, Koburger) zugänglich.
Kennedy-Studien. 363
V, 34. Bot he pat studyis heirefter his estait,
Lies heir efter.
VI, 37 f.
To reid the Seige of pe toun of Tire,
The Life of Tursalem, or Heetor, or Troylus.
Lies cite statt toun und [Ar\tur statt Tursalem.
Ib 41 1.
Thcm ivane storyis sali mak [paim] na remeid.
VII, 48 1.
Profd (to) pe Saide, his Ood worship and dreid,
streiche also das sinnlose to, denn profit ist Objekt, pe sende
Subjekt, vgl. V. 47: pe spirit lies delectacioun.
VIII, 51 1.
Quhilk [pat] in deid ar pure be ignorance.
Ib. 53 1.
In inglis toung I think (to) mak remembranee.
Wegen make mit reinem Inf. vgl. Mätzners Gramm. III, S. 24.
A., 67. The help of him in caussis in pis caiss.
Man lese it statt des ersten in und ändere die Interpunktion:
Semikolon nach conforting V. 66, Komma nach caiss. It be-
zieht sich auf qrace V. 65 und ist Subjekt, help Objekt.
Ib. 69 f. '
Apoun pe eroee, in price of his ransoun;
Sa, in pis hope, my purpois now I foune.
In price of his ransoun verstehe ich nicht und möchte es als
Entstellung von toip precious raunson auffassen; foune ist nicht
mit Seh. als 'to fondle' zu erklären (ne. faion), sondern = ae.
ftindian, ne. found 'prove, try, practice' (vgl. New Engl. Dict.
S. 492, Kok 3 oben).
b) Passio.
I, 74. Als of his Oodheid, and vthir ereatur.
Da das Reimwort in V. 72 ebenfalls creatour ist, vermute ich
in V. 74 eine Entstellung aus dem schott. Adverb atur = atover
'darüber hinaus'.
IV, 94 1.
As bandonit knyeht, and [unjtill law bundin.
V, 101 1.
Marey and Piete maid ane (füll) hevy mane,
da der Vers sonst zu lang ist.
vn, ii3 f. i.
Than pe Fader, all[mighty], riehtuis Lord,
[ Unjtill his Sone to pas gaif eommand(e)ment.
V. 114 habe ich blols Than in Un geändert, während Seh. ganz
überflüssigerweise eine Umstellung vornimmt: Gaif tili his Sone
to pas commandement.
364 Kennedy-Studien.
Ib. 116. And he rieht sone schew him his sentement.
Für him ist doch wohl paim zu lesen, da ja der Sohn Gottes
zu den vier Tugenden spricht.
vm,;i26.
. . . thairfor be noeht affeir.
Das letztere Wort ist nicht = afferit, sondern = a fe.r, eigtl.
on fear 'in Furcht', vgl. N. E. D. unter afear Adv.
IX, 127. Dafs consentit für das contentit der Hs. zu lesen
ist, ergibt sich aus der Quelle, die consensit hat.
X, 134 1. Tlmn but delay seho wird (un)to pe montane,
streiche also un vor to.
Ib. 135. cousingnes (: pas) ist nicht von afrz. cusinage ab-
geleitet, sondern — ne. cousiness 'Cousine'.
Ib. 136. Der Vers ist durch Einsetzung von pat hinter
ihoucht oder al vor demselben leicht zu bessern:
Apoun hir fute, thoucht [pat] seho had gret pane.
XI, 141. This worthy lady, but mannis syne hur a child.
Der Vers ist nicht blofs schlecht gebaut, sondern auch sinnlos:
warum 'ohne Mannes Sünde'? Wir müssen wohl mannis in man
= ae. me. man 'Sünde' bessern; syne ist natürlich = ae. siädan,
ne. since 'seitdem, später'.
Ib. 145 1. Till blind pe sycht, to will a herb[e]rour.
XII, 151. Quhill he be his ded pe saule price laid doun.
Säule kann nicht mit Seh. = ne. sole verstanden werden, son-
dern ist gewifs in hale 'ganz' zu ändern, wobei der richtige Gegen-
satz zu arlis V. 150 herauskommt. Saule ist jedenfalls durch
saule in V. 150 hervorgerufen, wie der Schreiber des Gedichtes
überhaupt häufig gedankenlos Worte aus benachbarten Versen
wiederholt.
XIII, 158 1.
With [Mary] his moder, in [pe\ cribe allane.
Laings Einschiebung von Mary wird durch die Quelle bestätigt,
welche liest: cum Maria, matre eius.
XIV, 162.
In [tili] the tempill his moder him present.
Da V. 164 auf he wes Lord and king endet, hat Seh. den ersten
geändert: [did] him bring. Aber die Reime 167 f. (am Schlufs
der Strophe) lauten ebenfalls king : bring, weshalb ich die Besse-
rung des Herausgebers verwerfen mufs. Wenn wir present als
Präteritum nehmen, ist der Vers ganz in der Ordnung, und
V. 164 liegt die Besserung lord potent doch sehr nahe. King
wird hier aus V. 167 vorweggenommen sein.
XV, 171. TJie gentill licht tili Iserall pe king.
Lies Israeli; desgl. in XVH, 186, wo es auf angell und teil reimt.
Kennedy-Studien. 365
Ib. 173 1. Thair [for] he send his men of armes bald.
Vgl. V. 177.
XVIII, 190 1.
Mair of his life, [as] vnto the tivelft jeir.
Ib. 191. Schippers mencioun[age] halte ich für eine sehr
unglückliche Verbesserung des handschriftlichen mencioun, zumal
V. 193 nach der Überlieferung:
In Naxareth he maid his hantage
metrisch schlecht ist. Auch servand in gret homage (V. 194)
ist weniger gut als das überlieferte . . . reverence. Also dürfte
Laings Besserung der zwei ersten Reimworte: recordence : resi-
dente und die Beibehaltung von reverence das Richtige treffen.
Die Quelle gibt leider keinen Anhalt.
Ib. 195 1. Thoucht pai wer pure, and he [wes] a riche Lord.
XIX, 197 1.
Fra of his age XII jeris wer eumin [round]
und 1. V. 199 dann fund statt fundin. Einen Reim mimin :
fundin halte ich in unserem Gedichte für unmöglich.
Ib. 203. Bene neir our harne, syne turnit Jieir agane.
Bene kann nicht, wie Seh. meint, das lat. Adverb ('well') sein,
sondern ist offenbar = ne. been, Part. Prt., abhängig von einem
zu ergänzenden haue, vgl. we the soucht im vorhergehenden Verse.
XX, 210. Or he exeeid pe micht of his Oodheid.
Ich möchte be statt pe lesen, exeeid ist = ne. exceeded, hier in
intransitiver Bedeutung, vgl. Hawes, Past. Pleas. XI, IV: Phebus
above all sterres in lyght . . . Dothe exceede, im N. E. D. S. 370, 5.
He muls sich auf pe sterne V. 208 beziehen.
XXI, 213 1.
He thoeht it tyme to shaw [htm] Lord and King.
Diese Ergänzung von Laing wird durch den Sinn, die Gram-
matik und die Quelle gefordert, vgl. et se mundo ostendat. Vgl.
ferner V. 220: to schaw him man werray.
Ib. 215. He tuke his leife, and to floun Jordane füre, 1. floum.
XXII, 224 1.
He gat diseipillis, syne jeid in[to] plane.
xxrri, 227 1.
And I myeht leif but sleip, [but] meit or drink.
Möglich wäre auch die Einsetzung von or.
XXIV, 234 f.
Bot of [pi\ life a gentill rememberance
May mak mencioun, etc.
Statt a ist wohl of, on oder wip zu lesen.
XXV, 244 f. 1.
Quhilk in pe lymbe lag. cryand day and nyeht:
lUp [do] pe, hevin, and cum doun, lampe of lyeht!'
366 Kennedy-Studien.
Schippers Interpunktion (keine Kommata nach nycht, pe und
doun) zeigt, dais er den Zusammenhang und Sinn der beiden
Verse nicht richtig verstanden hat; er übersetzt demgemäfs falsch:
'and who had come down as the lamp of light'. V. 245 enthält
eben den Ruf der Väter in der Vorhölle. Up ist entweder Imp.
von ae. yppan 'öffnen' oder Adverb; in diesem Falle (mir der
wahrscheinlichere) wäre do dahinter oder davor einzuschieben:
'tue dich auf !' Zu lampe of lycht vgl. V. 932.
XXVH, 259.
That his manheid to de fra God couth borrow.
Sollte nicht fra God in for man zu bessern sein?
XXVni, 260 1.
On Wedin[s]day in hous of Caiphes pai.
Ib. 266. That na offence be did to freind nor faa.
Lies he statt be.
XXIX, 269 1.
That him nocht wamit of [pe] ewil nacioun.
XXX, 278.
He said pe grace, and syne pe grace began.
Lies meal oder meiss (V. 285) statt des zweiten grace. Vgl. die
Quelle: benedictioneque facta per dominum comedunt.
Ib. 279. Sayand: Jje lambe tili eit I thrist gretlye.
Dafs thrist hier 'dürste, verlange' bedeutet, kann doch keinem
Zweifel unterliegen; vgl. auch die Quelle: desiderio desideravi.
XXXI, 286.
Syne wesche pair feit, pat ran to sched his blude.
Sch. nimmt an diesem Verse Anstofs, da nur Judas beabsichtigt
habe, Christi Blut zu vergiefsen. Aber pair kann doch so viel
wie ne. those bedeuten, also läfst sich auch die Stelle auf Judas
allein beziehen.
XXXII, 290 1.
Peter thocht sehame and [he] said schortlie: Nay.
XXXV, 312 1.
In forme of breid [he] blissit with his hand.
Die zweite Vershälfte verstehe ich als Relativsatz.
XXXVII, 324 1.
How pat pe hing [had] panis to his deid.
Ib. 328 f. 3it wald it melt and gar pe watter spring
Profound to think quhat desiris pi hing.
Ich setze nach spring ein Komma und ändere profound. in con-
found: 'so würde es doch schmelzen und das Wasser (der Tränen)
springen lassen, bestürzt zu denken (wenn es daran denkt)' etc.
XLI, 351 f. 1.
[pan] Judas said: Quhom pat je se me kiss,
Hald \je] him fast, and rieht waiiy him leid.
Kennedy-Studien. 367
Ib. 357. Sa fer into his hert he gat a fall
ist jedenfalls die richtige Lesart und hier einzusetzen. Das davor-
stehende [Bo\t auerice wes ist gewifs nichts anderes als eine mit
in den Text geratene Randglosse! Was Seh. schreibt:
[Bo\t auerice wes into his hert ifaü
ist von Seiten des Sinnes mindestens sehr bedenklich und schliefst
sich auch gar nicht ans vorhergehende an. Selbst die Ergänzung
von ..t zu [Bo]t möchte ich bezweifeln und glaube, dafs der Rest
des ersten Wortes vielmehr zu [i]t zu ergänzen sei.
XLII, 359 1.
Kissit his rnouth fer suettar [wes] pari balm.
Vor fer ist natürlich ein Relativum zu ergänzen; suettar braucht
nicht in sueitar geändert zu werden.
Ib. 362. Bot with pat face rnair sueiter pari J>e lawn.
Sueiter stammt wohl aus V. 359 und mag für smother oder
finer gesetzt sein. Vgl. übrigens II, 10: Haill, silk to graipe!
Ib. 3641. Sayand [to htm]: Freind, quhat maid pe cum heir?
XLIH, 365 1.
[pari] at pe jowis he sperit, quhorn pai soucht.
Ib. 369. For be vertu of his Godheid unseyne.
Lies pe statt be; pe vertu ist Objekt, abhängig von systeyne
V. 371, während fragilite ib. Subjekt ist. Seh. nimmt fälsch-
lich an, systeyne sei hier reflexiv zu fassen.
XLI'V, 376 f. 1.
Quhen Peter [it] saw, his hert wes füll of cair;
Thairfor to [help] his kind hing he wes boun.
XLV, 380 1.
Quhill [pat] his ßngeris, quhillc quhit wes, wox bla.
XLVI, 389.
Thai gart pam haist, for ony suld paim taynt.
Lies him statt pam und lest statt for, vgl. die Quelle: o quam
violenter eum imjjellebant!
XLVm, 400 f. 1.
Annas houss wes [pe] first into pe gait;
Thairfor Orist wes first [un]till him present.
Ib. 404 1. Annas [pan] sperit him rieht deligent.
XLLX, 409.
Said: To pe bischop makes pou sie ansueir?
Ansueir kann nicht auf saluiour V. 407 reimen; sollte etwa
retour dafür einzusetzen sein?
L, 417 1. Bevenge nocht jour iniure rior [jour] offence.
LI, 424 1. Quhair he [gan] grat and als [his] handis wränge.
Grat ist nicht mit Seh. als Perf. von greit zu fassen, sondern
ist Inf. = aisl. grata, daher gan davor zu ergänzen.
368 Kennedy-Studien.
LH, 429 1.
Till pai witnes, quhilk [htm] aceusit swa.
Ib. 432. I coumand pe speik and als pe sidh to say.
Der Vers wird besser, wenn wir (nach V. 428) bid statt cou-
mand setzen.
LHI, 436 1.
[ And'] als as juge eumand in jugement.
Ib. 440 1. Sayand: He is gilty and be laiv suld de.
LIV, 444 1.
That nobill prince {pai) defoulit linder fute.
pai überladet den Vers und ist unnötig, da das Subjekt aus
V. 442 zu ergänzen ist.
Ib. 446. Sum on pe clieik, sum on pe wissage baire.
Über letzteres Wort hat sich der Herausgeber nicht geäufsert,
aber da er kein Komma dahinter setzt (der folgende Vers be-
ginnt: Spat in his face), scheint er es als Adjektiv = ne. bare
'bar, blofs' aufzufassen. Ich möchte es als Prät. von bereu in
der Bedeutung 'schlagen' nehmen und deshalb ein Komma hinter
baire setzen.
LV, 449 1.
Thai hurt his [neck] and all his body (pai) frei.
Sch. ergänzt back, aber der lat. Text hat: in collo percusserunt.
Das zweite pai ist überflüssig und verschlechtert den Vers.
LVI, 458.
Ire is pair gid, feid flemes him fra resoun.
Statt him 1. Jjaim, vgl. das vorhergehende pair und in dem fol-
genden Verse pair law, pai mak.
Ib. 459. Will is pair law, inwy pai mak sereff.
Nach sereff ergänzt Sch. ay als Reimwort (: pray und sla) und
fafst sereff als 'servant\ Dies pafst aber schlecht in den Zu-
sammenhang, da will als law, pride als prince, cupid als king
bezeichnet wird. Sereff wird wohl für sofferain = sovereign
verschrieben sein; kleine Reimungenauigkeiten wie diese Asso-
nanz begegnen im Gedichte häufig!
Ib. 462. Falset is faith, quhilk lierd hankis his hand.
Diese Stelle ist von Sch. ganz mißverstanden worden. Er über-
setzt: 'which herdsman (herd) fastens (hankis) his hand;, wäh-
rend herd offenbar Adverb — hard ist, vgl. V. 998: Quhilk ded
hankis herd in his bandis. Das Verbum hank bedeutet hier
so viel wie 'to catch', vgl. das N. E. D.
LVn, 463 f.
Man, be thou kind, quhom for this pane he dreis.
Aus der Anmerkung geht hervor, dafs der Herausgeber diese
Konstruktion nicht richtig aufgefalst hat. Es ist offenbar ein
Kennedy-Studien. 369
Bedingungssatz der Möglichkeit ohne Konjunktion und bedeutet
also: 'Mensch, wenn du gütig bist!'
Ib. 467. His gret trublance with reuth pe mynd regressis
Into pe tyme, as pou had present bene.
Dies übersetzt Seh.: 'had returned with ruth to the rnind at the
time', etc., was es unmöglich bedeuten kann. Da der Heim auf
cerssis und persis offenbar rehersis oder reversis statt des sinn-
losen regressis verlangt (allerdings reimt auch V. 604 persit :
pressit), ist eine dieser Formen dafür einzusetzen, wobei ich zu-
gleich pe in pi ändere; pi mynd ist dann Subjekt. Vgl. V. 522 f.:
Gif of himself or vthiris rehersing He sa inquirit, oder V. 549:
His gret diseis with all [pi] hert reherss! — Das Komma nach
tyme ist zu streichen und nach reherssis einzufügen, denn into
pe tyme gehört dem Sinne nach ans Ende des Verses: als ob
du zu der Zeit seines Leidens zugegen gewesen wärest. Es be-
deutet also nicht: 'at that time, if thou hadst been present' etc.,
wie Seh. übersetzt.
Ib. 469 1. Of (all) his passioun, and all his panis sene.
Das erste all ist eine das Versmafs störende Vorwegnahme des
zweiten !
LVUI, 472 1.
The cruell panis, quhilk [pat] befor is tauld.
LIX, 477 ff. sind folgendermaßen zu interpungieren :
'Gif pow be Orist,' pai said, 'ws schaiv planly!'
"The sone of God, promit\t]it saluionr"
Orist said, "I am, as je haue tald trewly."
Sch.s Übersetzung, die seiner verkehrten Interpunktion entspricht:
'Show thyself plainly to us as the Son of God, the promised
Saviour' ist daher zu verwerfen. Vgl. die Quelle: Et tunc dixe-
runt ei: (Si tu es Cristus, ... die nohis !' ... Tunc dixerunt
omnes: 'Tu ergo es filius Deif ... Qui ait: 'Vos dicitis, quia
ego sum'
LX, 484 f. 1.
'Off [mair] witnes', quod pai, 'we haue no neid,
For we haue her[d\ of his mouth blasfem\ing\
Vgl. die Quelle: Quam tarnen responsionem ipsi blasphemiam
reputantes dixerunt: 'Quid adhicc desideramus testimonium?
LXL 492.
Quhill be to de to Pilat wes present.
Lies he statt be.
LXIL 500 1.
Thai said (pai): 'We find him [pur folk] pervertand.'
Die Hs. hat Than statt Thai. Vgl. die Quelle: Et coeperunt
aecusare eum false. . . . 'Flunc invenimus subvertentem gentem
nostram!
Archiv f. n. Sprachen. CX. 24
370 Kennedy-Studien.
Ib. 503 1. [Than] Pilat said: lOf jour awne je haue lawis.
Vielleicht ist eben dies Than nach V. 500 versetzt worden.
LXIII, 511.
His avarice sa pervinst verite.
Lies perist (= perished), das im Schottischen auch transitiv ge-
braucht wird, vgl. Flügel und Muret.
LXIV, 514 f. 1.
Na eherite nor piete gart pai(m) schaw,
Bot gret malice gart pair hert[is] indure.
Für gart paim ist wohl gan pai zu schreiben ; gart ist wieder
eine Vorwegnahme aus dem folgenden Verse. Vgl. die Quelle:
Quod fecerunt non in misericordiam.
Ib. 518 1. As fals propheit pai had gart him [toi] de.
LXV, 519 1.
In[to] pe tolbuth Pilat enterit in.
LXVI, 526 1.
Orist said: 'My kinrik in(to) pis warld is nocid.'
Ib. 530 1. Quhilk{is) fra pe jowis gret iniquite.
LXVH, 533 1.
Pilat [un]to pe jowis jeid agane.
Ib. 5351. The jowis er y and say{an)d, he suld be slane.
Sayand ist stumpfsinnig nach cryand gebildet. Oder ist cryd
sayand zu lesen? Vgl. V. 995 f.: ... cryit our saluiour,
Sayand : 'Fader, . . .
Ib. 537 1. Till all pe land techeand of jow[e]ry.
LXIX, 548 f. 1.
How to Pilat pai [haue] him brocht agane.
His gret diseis with all [pi] hert re/ierss.
LXX, 554 f.
Off pe kindschip of Herod and Pilat
Thai toer rieht blüh; etc.
Sch. hat zu Unrecht nocht für rieht gesetzt, vgl. die Quelle: Uli
canes laetantes de foedere Herodis et Pilati.
LXXI, 563 ff.
That gart Pilat speir and furth to pam pas,
Quhen pai likit to haue Barrabam,
Or Jhesu, etc.
Lies Quhether statt Quhen, vgl. die Quelle : Pilatus ergo . . .
proposuit eis sub distinetione optionem, dicens quod . . . libe-
raret eis Barrabam vel Jesum . . .
LXXH, 568 1.
[pan] Pilat said: Quhat ewill hes he done?
Ib. 570 1. Thai cryit: Tollie away [him]/ take him sonef
LXXin, 575.
For pai haue spuljeit to pe heid all bair.
Kennedy-Studien. 371
Sch. verwandelt to in po, meint aber, besser hiefse es wohl po
pis statt to pe. Eher ist him für haue und hide statt heid zu
lesen, wobei to bleiben kann, also:
For pai him spuljeit to pe hide all bair,
d. h. 'sie zogen ihn ganz nackt bis auf die Haut aus', vgl. die
Quelle : spoliatur . . . et vestibus exuitur et coram omnibus
denudatur.
Ib. 580 f. He was mair tender in his body,
Than is pe sclieyne into a mannis e.
Statt in V. 580 setzt Seh. in[to]; ich würde as to 'in Bezug
auf vorziehen ; sclieyne ist schwerlich 'faculty of seeiug', sondern
= ne. skin.
LXXIV, 587 1.
Off his body pe spirit {for) to confort.
LXXV, 589.
1 hat fair joung prinee, pe sone of Ood etern.
Da V. 591 auch auf eterne ausgeht, ist in V. 589 wohl supern
das ursprüngliche. Vgl. denselben Keim V. 1380 und 1382.
Ib. 591 1. Off fairheid floure, pe rute of rut[h]e eterne. (Vgl. V. 282.)
Ib. 593 f. 1.
With his fais [he] is now met, allace,
That he vneaiss myght stand apoun pe ground.
be statt he in V. 594 bei Seh. ist wohl nur ein Druckfehler.
LXXVI, 596 1.
Thai handillit htm [with] rieht [gref] fellony.
Sch. ergänzt nur with und zwar wenig passend vor fellony.
Ib. 602 1. His tender hid fra heid to fute pai r[a]ife.
Raife erfordert doch der Reim auf claife V. 601 (vgl. auch
V. 681 raif).
LXXVm, 614.
Hirn for to pyne pai think pai haue na wit.
Wit ist hier wohl nicht 'Verstand', sondern = ae. ivite 'Strafe'.
Sch. bemerkt nichts zur Stelle.
LXXIX, 620 1.
In purpour cled, quhilk noyis him fellon[l]y.
Ib. 623. Bot Pilat said: lNa can in him I find.'
Sch. ändert can in sin; da aber die Quelle liest: non invenio
in eo causam, ist offenbar caus dafür zu schreiben.
LXXXI, 631 f. 1.
[Than] Pilat said: 'Thow speikis nocht to me?
Wait pou nocht [pat] I haue pe in mi will'?
LXXXJI, 640 1.
The jowis [pan] said all with ane assent.
Ib. 643 1. For pat ryndis pi lordis mai[e]stie.
24*
372 Kennedy-Studien.
LXXXIH, 650 1.
Thai euer refresehit with new torment [a]gane.
LXXXVI, 666 f. 1.
Pilot saw [pat] he couth nocht cum gude speid
Hirn (to) saif but tribulance of pe pepill.
Cum im ersten Verse ist offenbar lateinisch (Schreiberscherz?)
für wiih.
Ib. 669 1. Bardbam he gart be gevin pam [un]till.
LXXXVII, 676 ff. 1.
Quhilk pam forbad all innocent(is) to sla.
Thai wrang pair freind [for] to confort pair faa;
Thai slay thair Lord, quhilk did [pam] riss fra pane,
And loussit the theif, wes quik to sla agane.
Im ersten Verse lies an innocent; wes quik V. 679 würde be-
deuten: 'der bereit war', während Seh. quik als Adverb fassen
möchte.
LXXXIX, 691.
To confort him amang paim neid ans is
liest die Hs. Seh. bessert: neid [nane] is, was aber keinen
rechten Sinn gibt. Ich habe an uneith 'kaum' für neid (vgl.
vneaiss V. 594) gedacht und möchte ane stehen lassen.
XCI, 703 1.
Sum makand seorne, [and] sum dirisioun.
Ib. 705 f. 1.
lo se pis prince it wes a piete, allace,
On euery side sustene [füll] feil torment.
Sch. setzt hinter allace ein Semikolon; zu V. 706 vgl. füll feil
deris V. 719.
XCni, 715 f. 1.
For, [la], the day sali cum pat je sali say:
Wemen ar blis[si]t pat na barnis beris.
Vgl. die Quelle: Quoniam ecce venient dies etc.
Ib. 721 1. (0) Lord, quhat sali worth of ws, pat ar gilty?
XCIV, 728.
Nyne thousand and sevin led quik with pame.
Da es nach Fl. Josephus {De hello lud. VII, 17) 97 000 waren,
ist zu ändern: And ny'ne[ty] sevin thousand etc.1
XCV, 733 f.
Sa pus endit pe malice and pe feid
Aganis Crist, quhilk held saikleslie.
Sch. ergänzt pai vor held, was aber wegen saikleslie nicht an-
geht. Schon aus graphischen Gründen liegt es näher, he zu er-
1 Wenn K. in V. 727 Ten htmdreth thousand gegenüber den 1 100000
der Quelle setzt, so ist dies wohl dem Unistaude zuzuschreiben, dafs eleven
nicht in den Vers gepafst hätte. Oder sollte der Dichter decies C millia
statt undeeies etc. in seiner Quelle gelesen haben ?
Kennedy-Studien. 373
ganzen; lield hat hier noch die jetzt ausgestorbene Bedeutung
'hielt aus, ertrug'.
XCVI, 738 1.
[And] bitter wyne myx[i]t with gall pai had.
Ib. 740 I. He taist[it\ it and put it fra him syne.
C, 766. Noiv all the lethis on his tender hak.
Lethis ist 'Glieder', nicht 'Channels or small runs of water', wie
Seh. fragend erklärt.
Ib. 768. Fra heid to fute pai bralc baithid and ryme.
Lies: baiih lith and lyme (= ne. limb).
CI, 771 1. [Fid] mony panis Jie tholit of befor.
Ib. 776 1. Quhilk{is) him handillis füll fair in every pari.
Fair ist gewifs nicht richtig, weshalb ich sair dafür lese. Besser
wäre noch Quhilk handillis him zu schreiben.
CIV, 794 1.
Quha the so hie lies [tane] fro me, my seil?
d. h. 'Wer hat dich so hoch von mir genommen, mein Glück?'
Der 'sectional rhyme' ist natürlich hie (1. he) : me.
Ib. 797. I my noeht luke, bot pow abone me draw.
Statt luke möchte ich lune = aisl. schwed. lugna, dän. lune
'still, ruhig werden' setzen, was einen guten Sinn gibt und den
Reim auf abone herstellt. Das entsprechende Subst. lune be-
legen Mätzner und Stratmann aus den Old Engl. Hom. I, 197;
das Verb ist bisher meines Wissens im Englischen noch nicht
nachgewiesen. Vgl. darüber Karsten, Nominalbildning II, 260 f.
CV, 799. O may kind King, of pis parting, allace;
der Zusammenhang fordert sin pi statt of pis.
Ib. 801. Ol biiding of all helping so naice
druckt Seh. und meint, naice sei = ne. nice. Dagegen sprechen
Sinn und Reim (: allace). So naice ist einfach in solaice 'Trost'
zu bessern. Die Konstruktion von helping ist allerdings unklar:
bedeutet es ' 'adiuvantibus' oder 'adiuvans (sc. solacinm)>el
Ib. 803 1. Haist for to bring me in(to) pi rigne sone harne.
Ib. 805. Deith with his dart will smyt my hert in two.
Hier reimt natürlich dart : hert (1. hart), was Seh. nicht erkannt
hat, da er einen Reim auf -ing (V. 803 f.) verlangt.
CVI, 812 1.
My claithis ar partit and [on] paim cuttis laid.
Vgl. Hampoles Psalter XXI, 18: On mai clathe pai laid kut
(N. E. D. unter cut 1, a).
CVII, 813 ff.
Pilat wrait pe titill abone his heid:
Jhesu o/ Naxareth, of the jowis kitig.
Syne on pe croce stake it up abone his lieid.
Die Wiederholung von abone his heid in V. 813 und 815 ist
gewifs ein Schreibfehler! Die Quelle bietet: Scripsit autem P.
374 Kennedy-Studien.
in quadam cliarta tabulae affixa titulum, et posuit tabulam
cum cavilla super crucem. Demgemäfs möchte ich in V. 813
apone a bred statt abone his heid schreiben.
Ib. 816 1. Written in Greik, [in] Ebrew, and Latyn.
CVIII, 821.
Thairfor pai said: Writ nocht: King am I.
Nach der Quelle: Koli scribere: Rex ludaeorum, ist wohl zu
bessern: King of Jowrie.
CX, 838 f.
Ihe joy pay tyne agane [he] gart paim tvyn,
The quhilk [pe] scheip on his bak brockt harne.
Die Ergänzungen und Verbesserungen rühren von Seh. her, nur
möchte ich tynit statt tyne lesen und vor scheip noch lost oder
toill ergänzen.
CXI, 841 ff. 1.
(As) Naxareth in Inglis toung is to say
[Sol]as, jouth, fairheid, innocence or new,
Quhilk tili [pe] on[l]y king apply ive may,
(That tves) pe floure quhilk fra pe [rute of] Jesse grew,
His haly life his gret pacience [did] schew.
Vgl. die Quelle: Nazarenus, quod interpretatur floridus, qui
est flos, qui de radice Jesse ascendit und die Bemerkung oben
zu Praise of our Lady V. 55.
CXH, 850.
Quhilk betaikinnis folk in four kind of syn.
Ich stelle um: Quhilk folk betaikinnis etc.
CXIV, 864 1.
For (ew)ill wynnyng pai(r) followis syn and vice.
CXV, 871 f. 1.
With pam auld men quhilk [pat] in gouernyng
All pe pepill of pe tempill at[wite].
So ergänze ich den Reim auf perfite und dispit', Sch.s at sit gibt
keinen passenden Sinn. Die Quelle hat: id est, iudieibus ordi-
näriis.
CXVI, 877 1.
Quhilk(is) standis stif be inobedienee.
CXVII, 883 und CXVIH, 890 hat Seh. ganz unnötig das
schott. Relativpron. at in pat geändert.
CXVH, 883 1.
The thrid at sat, [pat] wes pai cruell knychtis.
CXVin, 891 1.
Quhilk [pat] pe body haldis into eis.
CXIX, 899 1.
In cald, [prist,] hunger, walkand nyeht and day.
Oder In cald. and hungert (Vgl. V. 971.)
Kennedy-Studien. 375
Ib. 901. T[h]ocht sum wer heidit, sum stanzt, and sam slane.
Heidit ist nicht 'enthäutet, geschunden', sondern 'enthauptet', vgl.
Mätzner, Wb. 2, 456 unter hefden.
Ib., 902 1.
lhai thocht all saeit [per]with hevinily) to wyn.
Sch.s loith hevinly [Miss] verstehe ich nicht.
CXX, 904 f.'
The fourt blasfemit Grist [pat] wes pe theife,
Quhilk on pe croce [did] hi(a)ng on his left hand.
Vgl. die Quelle: cum unus Masphemando diceret, und: The
tothir theif V. 909.
Ib. 907 1. Gif pou be king quhilk rigne[s] in pis land.
CXXI, 911 f.
This crabbit theif, pat hang on his rycht hand,
Quhilk but prophacy expletit his pennanee.
Lies left statt rycht (vgl. V. 905) und prophete = pro fit statt
des sinnlosen prophacy.
Ib. 914 1. The saynd of God [pai] ay reput mysehance.
Ib. 915. Tha[i] murne euer be pai in trublanee,
1. [jif] pai be.
Ib. 917 1. And [God} mynnis na thing of all thair pyne.
CXXII, 925 f. 1.
Fra pat tyme furth, quhill his life can indure,
genau wie die Hs.! Seh. ändert, den Vers verschlechternd, in-
dure in dure.
CXXIII, 924 1.
Now dollouris on euer ilk ane syid
In [pe] departing of pir tender freindis.
Statt dollouris 1. dollour is.
CXXIV, 936.
Fra twelf tili ihre he let no thing espire,
1. expire, hier von den Sonnenstrahlen gebraucht, vgl. das N. E. D.
unter expire I, 3.
CXXVII, 957.
Moir causis me pi lufe and na pane to ery.
and na stört das Metrum und gibt keinen Sinn. Ich vermute,
dafs dafür nor (nördl. = than) zu setzen ist, vgl. S. 13, V. 27.
CXXVin, 962 f. 1.
[ And] syne a spowng [ful] fast apon it stak,
Als intill wynakar {pai) soupit it füll sone.
CXXIX, 967 1.
Fra [pat] he tuke, he wald noeht drink of it.
CXXX, 974 1.
0 man, at none with [wo ful] mynd behald,
vgl. die Quelle: cogitabis mente lugubri et devota. Wo ful steht
V. 1004; ruthful (vgl. V. 1191) würde auch passen.
376 Kennedy-Studien.
cxxxn, 993.
For mannis saule, [pe] qnhilk man lies maid matt.
Da mait auf allace reimen soll, hat Seh. lasche dafür gesetzt,
das er mit 'relaxed' übersetzt. Dies pafst aber nicht zum fol-
genden: Off hevinnis blis, das einen Infinitiv erfordert. Ich
möchte deshalb pas vorschlagen.
CXXXin, 996 ff. 1.
Sayand : Fader, I eoumend in pi handis
My pimist spreit now tak into pi eure,
Qiihilk Ded hankis [ful\ herd in[to] his bandis.
Sch. hat V. 996 me vor in eingeschoben, weil tak sonst ohne
Objekt stände. Vgl. aber die Quelle: Pater, in manus tuas
commendo spiritum meum ! Das Semikolon nach handis ist
daher zu streichen und my pimist spreit and xoivov zu beiden
Infinitiven zu konstruieren.
CXXXIV, 1005 1.
Off all solace pou had [pair] tynt pe sycht,
oder 1. tynitt
CXXXV, 1014 f.
The Sone of Ood in to pi handis pou braee
Fra me pure knycht, etc.
Statt brace 1. ivraste (Prät. von ae. wrcestan).
CXXXVI, 1020 1. wie in V. 1106:
He synnit neuer in word, [in] ded, nor thocht.
CXXXVII, 1023 1.
And in pi hert [if] reuth had ony roume.
Ib. 1029. And his confort is noiv ded, allace.
Ich lese: as now [is] ded.
CXXXVIH, 1031.
Quhen in p>e jard be enterit for to pray.
Lies he statt he.
Ib. 1035. Syne pai knychtis him dang, quhill he was haiss.
Statt haiss möchte ich baiss = ne. base 'low' lesen.
CXXXIX, 1037 1.
Quhen [pat] pow saw, pat he wes eleyne of syn.
Ib. 1039 1. Fals witnes pou socht [for] to challange him. >
Ib. 1042. With stoundis scharpe put fra him all solace.
Lies stouris statt stoundis.
CXL, 1045 1.
With his awne blude pai raife (it) fra him on force.
CXLI, 1052 1.
With sa gret force, quhill [pat] pai neir him slew.
CXLII, 1063 1.
And I for dule neir deis in[to] pis place.
Ib. 1064. For sueit Jhesu is ded fra me, allace.
Sollte nicht for me statt fra me zu lesen sein?
Kennedy-Studien. :;77
CXLHI, 1067 1.
The [tempill] wale füll sone intwa it schüre,
vgl. die Quelle : velum templi . . . scissum est in duo. Seh. er-
gänzt hah) hinter sone.
CXLIV, 1075.
With sie a woce sa sone pat he suld de.
Dieser Vers bezieht sich auf die letzten Worte Christi, nicht
auf das Geräusch des Erdbebens, wie Seh. meint, vgl. die Quelle:
quod voce magna clamans sie cito exspiravit.
Ib. 1078. And uthir by for ded sone can pas.
Ob diese Zeile wirklich das bedeutet, was Seh. angibt: 'And
others for the dead ones (i. e. to see them) soon began to pass
hy*? Man mufs doch wohl ändern (vgl. V. 1079):
And uthir [men] for d[r]ed sone by can pas.
CXLVI, 1086 1.
Allace, quhat pane[is] had pis sneit virgin.
Ib. 1091: brace übersetzt das lat. penetrata.
CXLVm, 1106 1. wie in V. 1020:
Qnhilk neuer synnit in xoord, [in] dede, nor thocht.
CXLIX, 1107 1.
To wile personis sen (pat) poiv hes bene justice.
Ib. 1111 1. To haue said nay, nane [wicht] myeht pe [haue] blamit.
hatte hat schon Seh. richtig ergänzt.
CL, 1116. With strif iquit now lufe and cherite.
Statt iquite (Hs. 1 quite) lies i[s] quit, vgl. die Quelle ' V. 25 f.:
Redditur pena premiis, Offensa benefieiis. Mit Sch.s iquit ist
nichts gewonnen!
Ib. 11201. Quhilk is Ooddis sone, put twa thevis (had) betioene.
had ist ohne Zweifel zu streichen, vgl. die me. Übersetzung
desselben Gedichtes V. 68: pe goode hongep among pe ivikke.
Seh. liest hes, fragt aber: 'or are we to read isV
CLI, 1123.
Thoucht I wes teile, thron [pi] flewour now I sehyne.
flewoiir ist nicht = flavour, sondern = flouwer, vgl. die Quelle
(das lat. Gedicht) V. 40: de tuo flore fulgeo.
CLm, 1136 1.
He set me croce agane, yt hote pe tre.
Ich bessere: agane p[a]t ho[l]te, pe tre, vgl. das lat. Gedicht V. 49:
Ligno lignwm opposuit.
Ib. 1139. Thocht he saw nocht, he restorit be me.
Dieser Vers enthält den reinsten Unsinn, den auch Sch.s Er-
klärungsversuch nicht beseitigen kann (er schiebt is vor be ein).
Mit Hilfe des lat. V. 50: Et solvit quod. non rapttit bessere
1 Das lat. Gedicht, gedruckt in diesem Archiv Bd. CV, 23 ff.
378 Kennedy- Studien.
ich: TJiocht he s[i]aw nocht, he [all] restorit be me, wobei staw
= stawl, stal 'stahl' ist, vgl. dieselbe Form V. 399.
Ib. 1 140. Frethand pe man, pat had noeht to lay doun.
lay doun hat hier offenbar die technische Bedeutung 'Geld hinter-
legen, als Pfand geben; einsetzen, einlegen, zahlen'. Sch.s Er-
klärung mufs ich ablehnen. Man vgl. auch die Quelle V. 51:
Ut debitores liberet.
CLIV, 1144 1.
Be my sneit frute [pe] bitter dede is slane.
Ib. 1146. I am pe first daystern pat gart kith.
Letzteres soll heifsen : 'which caused knowledge (!) or which be-
came known', was ganz unmöglich ist. Da ein Objekt fehlt,
haben wir einfach gart in gan it zu bessern, wovon dann der
Inf. kith abhängt.
CLV, 1152 1.
This nobill frute, quhilk [pat] jour hert sair deris.
CLVI, 1156 1.
Thairfor, lady, I do jow [now] na wrang.
CLVn, 1164 1.
Condampnit men [down] of [pe] croce to ta.
pe hat schon Seh. ergänzt.
Ib. 11691. Syne but delay [down] of pe croce pame tak.
CLVIH, 1175 1.
Kest pair carionis in[to\ a place neir by.
CLIX, 1177 1.
Bot fra pai saw pat cristyn{nit) kingis face.
Vgl. V. 1: hau, cristin knycht!
Ib. 1181 ff.
Ihrow pe rieht syd him woundit a blind knycht
With a scharp speir, quhill binde and watter cleir
Agane natonr his ded hert woundit suith.
Seh. hat suith in sair verändert, aber damit kommt die Stelle
nicht in Ordnung, vgl. die Quelle: de corpore extineto sanguis
vertis et aqua pura miracidose manavit. Das woundit der
letzten Zeile ist wohl eine Wiederholung aus V. 1181; ich möchte
bessern: Agane natour [fra] his ded hert [gan streim\.
Assonanzen sind ja in unserem Gedichte nichts Seltenes.
CLX, 1190.
Syne bischope maid and marter deit he.
Da in der ersten Satzhälfte ein Verbum finitum fehlt, möchte
ich ändern : Syne [wes] he bischop maid and marter deit.
CLXI, 1191 f.
With reuthfull hert remember at evinsang
With cruell dede quhilk deit hes pi king.
Das with (Hs. w<) in V. 1192 ist gewifs in pat (sonst p' abge-
kürzt) zu bessern.
Kennedy-Studien. 379
Ib. 11 93 f. Bekald quhat pane, quhat tyme, qnhat place pou hang.
He hes tholit etc.
Seh. ändert pou in pe, wobei aber der folgende Satz ganz in der
Luft schwebt. Ich möchte pou hang in hou sträng bessern; das
Komma nach hang ist dann natürlich zu streichen.
Ib. 11951. And [als] quhat pane and pyne dreit hes pis ding,
puhat ist wohl nur ein Druckfehler.
CLXn, 1198 ff.
Efter pat deid as bond pis knycht had tane,
And of evinsang pe tyme approchit neir,
Ane gret noble, quhilk Joseph heckt to name,
Come fra pe court [of] Christ for tili inquyre.
Die erste Zeile übersetze ich: 'nachdem der Tod diesen Ritter
(d. i. Christus) als Unterpfand genommen hatte'; Sch.s Erklärung:
'after this knight had taken the dead one as he was bound to
do' ist gänzlich verfehlt, da ja erst später erzählt wird, wie
Joseph den Leichnam vom Kreuze nimmt. Das And von
V. 1199 überladet den Vers und pafst besser vor ane V. 1200;
in V. 1201 habe ich of dem Rhythmus zuliebe eingeschoben.
CLXHI, 1208 1.
Quhilk(is) in pe tonn wes haldin maist indigne.
CLXV, 1222 f. müssen sich auf Christus (vgl. him V. 1221)
beziehen; mit him V. 1224 geht Kennedy dann wieder auf Joseph
über, him in 1225 ist wieder Christus. Darf man vielleicht eine
Lücke annehmen, durch die der Schlufs von Str. CLXV und
der Anfang des Folgenden ausgefallen wären?
CLXVI, 1229 ff.
Thal his deid corps tili oynt be tuke in eure;
Of diuerss spieis a sindry mixtour
Fra corruptioun his body tili inbahne;
Syn to pe croce pai come baith but demaner.
In V. 1229 1. he statt be und verwandle das Semikolon nach
eure in ein Komma; in V. 1230 ergänze with vor a und Komma
hinter mixtour. V. 1232 hat Seh. demaner in dwalm verwan-
delt, das aber schwerlich 'delay' bedeuten kann. Delay wird das
richtige Wort sein, denn die Assonanz delay (= dein) : inbalme
(— inbam) kann bei Kennedy nicht auffallen.
CLXVII, 1234 1.
Of pat hur de [for] to lowss pe lokis sträng.
Ib. 1237 1. 7 hat hevinlie hurde syne in [his] armis he thrang.
Ib. 1238 f. Be come doun richer, pan quhen he up ascendit,
Be all pe gold pat he had on him spendit.
Be gibt keinen Sinn, man lese for 'trotz'. Sch.s Übersetzung:
'By as much as all the gold which he had ever before spent on
himself scheint mir alles eher als überzeugend zu sein.
CLXVHI, 1244 1.
Bot quhen sehe saw pat neuer a pari wes soun[d].
380 Kennedy-Studien.
CLXX, 1254 1.
His bludy corps in[to] hir armis scho thrang.
CLXXH, 1270 f.
Thy teth is haiv, changit cheik and chyne,
Thy toung is clwig, pou may nocht speik nor na.
Statt teth 1. hew 'Farbe' (ne. hue); vor cheik ergänze baith; na
in V. 1271 ist wohl = eng, 'know\ Sch.s teth 'temper, dis-
position' kann doch nicht 'appearance, face' bedeuten!
CLXXm, 1275.
Jerusalem, pou ceiss nocht of pi syn.
Ceiss war beizubehalten, nicht in ceissis zu ändern, das den
Vers verdirbt.
Ib. 1278 1. Throu all joivry, transgressouris {for) to confound.
Ib. 1280 1. Thy fals laivis [may] nocht reformit be.
Auch micht wäre als Ergänzung möglich.
CLXXIV, 1287 f. 1.
Quhilk gart hir murne [here] baith in ded and thocht,
Bot ressoun this [greif] greife offendit nocht.
him in V. 1287 gibt keinen Sinn; ich vermute, dafs him (für
hir) durch das folgende murne entstanden ist.
CLXXV, 1290. On snppyne ist offenbar nach Analogie
von on groiofe (vgl. V. 249) gebildet.
Ib. '1291 f. 1.
Off his marey beseite him [pe] to bring
Out of pis warld prolific is wip pyne.
Die Ergänzung von ße 'dich' in V. 1291 ist nötig, weil sonst das
Objekt fehlt; prolific is loip in V. 1292 habe ich statt des sinn-
losen prolixit pat in gesetzt und betrachte die letzte Vershälfte
als Relativsatz.
Ib. 1295. With cruell ded, je thoch he did no myss.
je versteht Seh. nicht; es ist offenbar = ne. yea 'ja', hier als
Verstärkungspartikel gebraucht.
CLXXVI, 1297 1.
Thair kingis corps spicit [ful] richely.
Ib. 1299 ff.
And as pe vse of pat into jowry,
Ihe gret lordis and men of dignite
Off preeius spiee to mak a conspectioun.
Seh. bemerkt nichts zu dieser mir unverständlichen Stelle. Die
Quelle hat: ac etiam cum aromatibus, sicut mos Judaeis est
sepelire s. personas venerabiles. Nach use ist jedenfalls wes
oder is statt of einzusetzen und pat einfach in par zu ändern;
ferner möchte ich The vor gret (V. 1300) in For bessern, end-
lich conspectioun V. 1301 in confectioun.
CLXXVn, 1306.
Now unwsit with ony creatour.
Kennedy-Studien. 381
Nach dem Lat. : in quo nondum quisquam po Situs fuerat,
ist wohl tll vor noiv zu ergänzen.
CLXXIX, 1320.
With e to se pat corps defit all.
defit ist = me. defeit 'marred, disfigured', vgl. N. E. D., die feh-
lende Senkung ist leicht herzustellen, wenn wir [with-]all schrei-
ben. Natürlich gehört defit zu corps.
Ib. 1323. That pat parting of ded bure neir pe braid.
Der Gen. of ded 'des Todes' hängt ab von pe braid 'Angriff,
vgl. pe bitter dedes brayde in Hampoles Prick of Consc. 1925
(N. E. D. unter braid 1,1 b); parting ist die Trennung vorn
Leichnam.
CLXXX, 1324 1.
Off his keiping Joseph had [rieht] yret eure,
vgl. rieht yret force V. 1327.
Ib. 1329. Till herb[e]ry, for hini nerit pe nycht.
Lies paim statt liim, da ja von drei Personen die Rede ist.
CLXXXI, 1332 f.
He estounit with gret proplexite.
The sepultur gart tili his hert propyne.
Ergänze wes nach He V. 1332, 1. perplexite ib. und yret pyne
statt propyne V. 1333.
CLXXXH, 1340. Scho braist pe graif übersetzt das Lat.
et ipsum (sc. monumentum) amplectitur.
CLXXXin, 1345 f.
In hi[r] closit scho brdssit with bdndis twa,
Thai[r] ddis ihre scho mdid hir inhdbitdnce.
Statt In 1. And, statt inhabitance des Metrums wegen habi-
tance; closit ist dann Objekt zu brassit 'verschlofs', das natür-
lich nicht reflexiv sein kann!
Ib. 1347 1. A band wes dule of hir [sweit] sonis wa,
vgl. dazu V. 1428.
Ib. 13491. The tothir wes profound[est] confidance.
Ib. 1350. Thal immortall he suld rais in haist.
Lies aris statt rais (oder ergänze him vor rais1?).
CLXXXIV, 1357.
Bot Pe ladyis hir causit mak resisting.
Sinn und Metrum verlangen restiny.
CLXXXVI, 1372.
Than did pe ßrst tvithoutin comparisound.
Lies wiihout comparisoun.
CLXXXVII, 1377 1.
For sickar armes pai soncht (in) pe sepulture.
Das armes der Hs. ist Unsinn, 1. aimes und streiche in. Das
Lat. hat abweichend: illuc primo corpus eins inspiciunt.
382 Kennedy-Studien.
CLXXXVm, 1382.
Throw dispen[s]acioun [of] pe Ood superne.
Ich glaube, dafs pe zu streichen, resp. für of verschrieben ist.
Ib. 1385. Into pe lymbe pe saulis giffis conf[orting],
1. saul, vgl. die Quelle: anima vero cum sanctis patribus in
limbo. Das Komma hinter conforting ist zu streichen.
CXC, 1396.
Into pe lymbe pe saulis giffis lieht.
Lies saul wie in V. 1385; vor licht mag vielleicht hevinly aus-
gefallen sein, wenn nicht vor saul ein Adjektiv (blissit nach
V. 1407, oder haly, immortalTj fehlt.
Ib. 1398 f. Thairfor pe knychtis but dreid sleippit sone,
For his body sali riss in na corrupcioun.
Im ersten Verse stelle ich des Metrums wegen um: but dreid
pe knychtis; im zweiten ist For unverständlich und na corrup-
cioun zu lang. Statt in na ist vielleicht but zu schreiben, oder
statt na corr. einfach perfectiounl
CXCI, 1401 1.
Moir sueit [is] to speik of my Saluiour.
Ib. 1403. Thy hurde to hid to skaill I tuke na eure.
Statt skaill ist wohl skill 'reason' zu lesen.
Ib. 1406 1. Gtude will for ded ressaue, (sueit) Jesu, my Lord!
sueit überfüllt den Vers und ist zu streichen. Vor diesem Verse
(nach recorde) darf natürlich keine stärkere Interpunktion stehen,
da V. 1406 der Nachsatz zu Bot sen pou wait (V. 1404) ist.
CXCH, 1408 1.
[Un]to pe fathiris (quhilk) in the lymbe pat lay.
Statt pat lay kann nicht did lay gesetzt werden, das ja 'legten'
bedeuten würde; vielmehr ist quhilk zu streichen.
Ib. 1410 f. And of pe sonday neir eomyn wes pe day.
Than be pam led out of pe lymbe away.
Für sonday möchte ich einfach son setzen; be in V. 1411 ist
offenbar für he verdruckt.
Ib. 1413. His nobill Corps to ryiss syne bownit [he].
Lies raiss (trans.) wie in V. 1420.
CXCHI, 1416 f.
Quhilk pe Jowis on gude friday doun thrang,
The cruell ded and pane of his passioun.
Statt The in V. 1417 mufs Throu stehen, um Sinn in die Stelle
zu bekommen.
CXCIV, 1422 f. 1.
Ihis nobill knyeht throw his a(n)gelite
On pasche day raiss, and (so) o/ pe graif out past.
agelite kommt auch in V. 1565 und 1647 vor; so in V. 1423
überfüllt den Vers.
Kennedy-Studien. 383
CXCV, 1430 f. 1.
[Till] hir Jhesu, for all wo füll remeid,
Come etc.
Bei dieser Ergänzung und Interpunktion wird Sch.s Einschiebung
von panis nach wofull überflüssig.
Ib. 1433 1. Sayand: Raul! haill! [pou] berar of the hing.
CXCVH, 1445.
Boith heid and feit, his body and his face.
Sch. bessert heid in handis; näher liegt das nördliche, auch
metrisch passendere hend (= aisl. hendr).
CXCVIII, 1448 1.
Efter this [talk] pan schew our Saluiour.
Ib. 1454 1. To confort hir thairfor [now] wald I go.
CXCIX, 1457.
Quhill pat he tili hir apperit.
Sch. ergänzt atte last vor pat, ich möchte es nach hir ein-
schieben.
Ib. 1458. Als said woman to greit: Quhat alis the?
Sch. ergänzt pis vor woman ; nach dem Lat. : et dixit Uli Jesus :
'Midier, quid plorasf möchte ich bessern: Als said to greit:
'Woman, etc., wobei keine Zusätze nötig werden, denn tili hir
ist leicht aus dem vorhergehenden Verse zu ergänzen.
CC, 1464. Scho ansuerit: Rabone.
Sch. ergänzt (is it pef gegen die Quelle nach Rabone. Viel-
leicht genügt, na ping bot hinter ansuerit einzufügen.
CCI, 1474.
Bot him to nech lie forbad, [and] pretend.
Besser: forbad he.
CCIII, 1489 1.
[Quham] he for dred(our) in his passioun forsulce.
CCIV, 1491.
Him for to seik with mynd and will present.
Da das Reimwort in V. 1493 ebenfalls present (Verbum) ist
und hier nicht geändert werden kann, möchte ich an erster Stelle
feruent vorschlagen.
Ib. 1494 1. (All) Confort[and] him and bad him be deligent.
CCV, 1497 1.
[Un]to Sanct James last apperit he.
Ib. 15001. Quhill he him saw agane [a]riss fra ded.
Ib. 1503. Als breid he put, pat his brethir mycht eit.
Statt he ist wohl be zu schreiben, vgl. das vorhergehende a burd
be set. Die Quelle liest: 'Ponite mensam et panem!' Zu ändern
ist demnach nichts weiter, trotz Sch.
384 Kennedy-Studien.
CCVI, 1505.
Off his discipillis passand on pasche day.
Der Zusammenhang der Stelle verlangt: Off his discipillis [tioä]
passit ön pasche däy, vgl. die Quelle: Ipsa autem die resur-
rectionis duo ex LXXII discipiäis eins . . . ibant.
Ib. 1509. Quhilk ar pe sarmonis quhilk je at per speir.
L. aiper st. at per, vgl. die Quelle: quos confertis ad invicem.
ccvn, i5ii i.
[J.wd] ane, to name wes callit Cleophas.
Ib. 1513. Thir cruell dedis quhilum thir dais wes.
L. quhilk on st. quhilum, vgl. die Quelle: quae facta sunt in
illa his diebus?
Ib. 1516 1. Als tiruit [wes] tvith mony panis feil.
Seh. ergänzt ein unmögliches Mm vor with; man beachte, dais
he (= Jesus) Subjekt im vorhergehenden Verse ist! — V. 1517
1. Israeli statt Iserall (: feil).
CCVin, 1521.
Als rise fra dede, syne in his glore enter?
Wegen des Reimes auf me und prophaey lies: enter in his
glory, da mit der Schreibung entre doch noch keine Besserung
erzielt wird.
CCIX, 1526.
He sonjeit him, or he wald forthir pas.
Lies fenjeit und as (statt or), vgl. die Quelle: finxit se longius
ire. Fenjeid ist = ne. feigned, vgl. V. 137.
Ib. 1530. Into dispair, quhairfor with him thai füre.
Der Sinn verlangt with paim he, vgl. die Quelle: tandem in-
travit cum Ulis.
CCXI, 1541 f. 1.
Into pe way hoiv [pat] he talkit with pame,
Breikand pe breid, syne how [pat] pai him knew.
Möglich wäre auch: [and] syne how pai.
Ib. 1545. Throu dispositioun of Qod omnipotent.
Letzteres überfüllt den Vers: 1. potent.
CCXII, 1548 1.
Jhesus come [in] and in pe myddis stude,
vgl. die Quelle: Jesus intrans ad eos.
Ib. 15491. And to pame said: Peace mot [un]to joiv be!
Ib. 1550. Thai presumyt pat a spreit bene had he.
Ich stelle um: a spreit pat bene had he.
CCXHI, 1559.
Quhair pat pe speir schair a wound deip and wid.
Lies: a icound schair.
Kennedy-Studien. 385
CCXIV, 1560 f.
His febill hert, quhilk dreiv him in dispair,
In mair errour Orist wald noeht let him incress.
htm in V. 1561 überfüllt den Vers und ist auch als falsch zu
streichen, weil his hert Objekt zu incress ist.
Ib. 1566. He stude in ße myddis of his communite.
Streiche ße und of nietri causa (vgl. Mätzner Wb. unter mid
S. 553, d).
CCXV, 1569.
His saule to tyne ßis pietuous Prince had reuth.
tyne (aisl. tyna) bedeutet nicht loose' (sc. 'from error'), sondern
'lose', 'verlieren'!
CCXVI, 1577 1.
That our Lord wes [irijto his sieht present.
Ib. 15791. [Bot] he said: Thomas, blissit mot ßai be.
CCXVin, 1594 1.
Bot nane of ßame him perfhtlie [ßar] hiew.
CCXIX, 1599.
Thai did command, fand fische aboitndandlie.
Statt command ist offenbar obey zu setzen.
Ib. 1601. AU kind of ereatour in hevin, in erd and see.
in hevin überfüllt den Vers und ist zu streichen. Oder ist All
kind zugesetzt?
CCXX, 1602.
Fra Peter saw fra Orist cumin ives he.
Das zweite fra ist wohl durch ßat zu ersetzen; aber was be-
deutet die zweite Vershälfte? Die Quelle hat: Tunc Petrus
audito quia dominus est. Ist etwa our lord statt cumin zu
lesen ?
Ib. 1603 1. His hevinly grace [so] kindillit his fervour.
CCXXI, 1610 f.
Quhilk his seruandis wisseis into stres,
Than all ße nycht had bene at ße fisehing.
Than ist offenbar ein Fehler für that (relativum).
CCXXII, 1618 1.
And, tili male [final] end, of dais fourtie,
Vgl. die Quelle: peregrinari adhuc per dies XL voluit. final
habe ich metri causa nach V. 1640 ergänzt, of hat hier natürlich
zeitliche Bedeutung.
Ib. 1622 1. How ßai vthir myeht eonserue in{to) ße fay.
CCXXIII, 1628 1.
(To) set his manheid on his Faderis ryeht hand.
CCXXV, 1643.
Out of ße mirknes ße man to gid to glore.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 25
386 Kennedy-Studien.
Streiche pe vor man; vgl. V. 1642, wo es zweimal ohne Ar-
tikel steht!
CCXXVI, 1647. agilite ist nicht zu ändern, da die Quelle
per dotem agilitatis bietet.
Ib. 1649 1. And pai behaldand {and) sa ascendit on hicht.
CCXXVIII, 1663 f. Seh. behauptet, diese beiden Reime
(die Angabe 'V. 1664 — 1666' ist wohl ein Versehen) unterschieden
sich nicht vom vorhergehenden. Aber remane : agane ist doch
von ascensioun genügend verschieden!
CCXXIX, 1665.
The tent day fra his ascensioun.
Der Vers ist zu kurz; man lese our Lordis statt his, vgl. die
Quelle: Die vero deeima ab ascensione domini.
Ib. 1668 1. Lik to pe cumin[g] of ane felloun sehour,
vgl. das Lat.: tamquam advenientis Spiritus i. flatus vehementis.
Ib. 1669 f. And in paim remanit in pat felloun stowr,
Quhair pair remanit a hundreth and twenty.
Der letzte Vers ist ganz in Ordnung, vgl. die Quelle: ubi erant
sedentes . . . diseipuli fere CXX . . . congregati, aber V. 1669,
= dem lat. Et replevit sonus ille vel Spiritus sanetus totam
domum, ist offenbar sehr verderbt überliefert. Zunächst scheint
felloun eine Wiederholung aus der vorhergehenden Zeile zu sein,
remanit aber eine Vorwegnahme desselben Wortes der folgenden
Zeile. Eine sichere Heilung ist unmöglich, man könnte etwa
bessern : And [all] pat [hous gan fill] pat [ferly] stowr.
CCXXX, 1673 1.
Thair cludy mynd\is~\ with fire wer to attend.
Ib. 1674. Quhilk dreid of dede had sa pair trublance spend.
Seh. ändert pair in ivith und spend in sperit (: apperit); ich
möchte pair beibehalten, dafür aber quhilk durch for 'denn' er-
setzen und spend in sterit 'stirred' bessern.
Ib. 1676 1. Bot fra to paim pat eon/ort [down] wes send.
CCXXXI, 1681 f.
Quhilk man fra ewill to God turnit sa eleyne?
Off his cumin, and he haue hap to tatst.
Im ersten Verse 1. ill st. ewill und 1. god 'gutes' st. God 'Gott';
im zweiten 1. cumin[g] und tilge das Komma dahinter, denn der
Satz bedeutet: 'wenn er das Glück hat, sein Kommen zu schmecken'.
Ib. 1684 1. And him [to] follow in gret powerte.
CCXXXn, 1687 ff.
And of a eowart, quhilk denyit his name
He garris contempne all erdly pane; etc.
Of in V. 1687, das gewifs aus dem vorhergehenden Verse ein-
gedrungen ist, mufs gestrichen werden, wie V. 1689 zeigt; um
Kennedy-Studien. 387
das Metrum herzustellen, genügt die Einfügung von pe vor oder
von pat nach quhilk.
CCXXXIH, 1694 1.
Quhilk is so [wise], without process of tyme.
Letzterer Zusatz gehört zu aquent to be V. 1693: wenn man
gesündigt hat, ist es gut, schnell einen Beichtvater zu finden.
Ib. 1698 f. And his gret grace in sehort tyme to retour
The lang offenee done to pi Saluitour.
Ich möchte Thron this statt And his und recour (= recover)
schreiben. Sonst bleiben mir die Verse unverständlich.
CCXXXIY, 1704 1.
[J.wd] als he mag, male satisfaetioun.
Oder ist noch ful statt mak zu setzen, das schon in V. 1703
vorkommt?
Ib. 1706. And be with me unto pe warldis end.
with me? Mit dem Verfasser? Es mufs doch wohl him (= his
Maker) heifsen.
CCXXXV, 1708.
0 Ooddis Sone, in manheid immortall!
Der Reim auf reabill und stabill verlangt immutabill statt im-
mortall', denn dafs der Sohn Gottes unsterblich ist, versteht sich
doch von selbst.
Ib. 1712. In hevin empire pat pai pi face mag se.
Hevin braucht nicht in das den Vers verderbende hevinnis ge-
ändert zu werden, vgl. V. 4.
Kiel. F. Holthausen.
25"
Claude Tillier als Pamphletist.
[Schlufs.]
IV.
Übereilt und aufgebauscht, wenngleich nicht so ungerecht-
fertigt wie die Angriffe auf das Verhalten Dufetres zu seinen
Pfarrern, erscheint auch, was Tillier über die Zurücksetzung des
weltlichen Unterrichts durch den Bischof in dem folgenden Pam-
phlet (Nr. 7. 8 der ersten Reihe) ausführt. Als M&1" Dufetre in
seine neue Diözese einzog, war der Kampf der französischen
Bischöfe gegen das Universitätsschulwesen des Staates schon
heftig entbrannt. Von dem neuen Bischof in Nevers aber er-
fahren wir, l dafs er acht Tage nach seiner Ankunft schon dem
College der Stadt einen feierlichen Besuch abstattete und ebenso
bei der Preisverteilung im August nicht nur zugegen war, son-
dern in seiner Rede, dem vor ihm sprechenden Deputierten
des Arrondissements Manuel zustimmend, das nationale Schul-
wesen rühmte.2 Und er tadelte zugleich streng die damals
von mehreren geistlichen Pamphletisten gegen die Staatsschulen
gerichteten äufserst heftigen Angriffe, denen die Mehrzahl der
Bischöfe doch eifrig zustimmte. Die Regierung war denn auch
zunächst wohl zufrieden mit ihm; das ihm eben um diese Zeit
verliehene Kreuz der Ehrenlegion, von Tillier in seinem nächsten
Pamphlet3 ironisch und bitter begrüfst, sprach das für jedermann
deutlich aus.
Von den Besuchen im College ist bei Tillier nirgends die
Rede; vielleicht wollte er hiervon nichts wissen. Aufserdem aber
1 'Echo de la Nievre' vom 1. April. 2 Daselbst 29. August.
3 Une croix de plus.
Claude Tillier als Pamphletist. 389
lag ihm ja der elementare Volksunterricht zunächst am Herzen,
und unter den Volksschulen hatte der Bischof die Privatschule
der 'freres des e*coles chre*tiennes\ der sogenannten Ignorantins,
bei ihrer Preisverteilung im August nicht nur ausschliefslich
durch seinen Besuch ausgezeichnet, sondern auch in seiner Rede,
wie Tillier sie auffafst, die Lehrer der weltlichen Schulen be-
schimpft. Das erregt den früheren Schulmeister zu einer hef-
tigen Erwiderung, in der er die ganz unleugbaren grofsen Ver-
dienste um den elementaren Unterricht, welche die christlichen
Lehrbrüder sich schon damals in Frankreich erworben hatten,
spöttisch herabsetzt. Der Widerwille gegen das für sein Gefühl
herausfordernde Behaben des Bischofs und nicht weniger seine
gegen jede religiöse Schablone rebellierenden, man könnte in
diesem allgemeinen Sinne sagen : protestantischen Anschauungen
machen Tillier blind und ungerecht gegen die Erziehungsarbeit
der einstmaligen geistlichen Konkurrenten.
Nur einen Augenblick zu Beginn seiner Schrift läfst er der
in die Kindheit zurückgehenden Erinnerung Raum — an den
Augustmonat, der ihm die das ganze übrige Jahr hindurch sehn-
süchtig herbeigewünschte Ferienfreiheit brachte — , dann geht er
sofort zum Angriff auf Herrn Dufetres Rede bei diesem Festakt.
Dafs der Bischof die Verdienste der Lehrbrüder herausstreicht,
verdenkt ihm Tillier nicht so sehr, obwohl ihm das Lob über-
trieben scheint; die Schule der Ignorantins ist eben auch die
bischöfliche Schule:
il est bien permis ä un marchand d Stoffes de pr^coniser l'excellence
de son stoff ou de son madapolam, et ä un epicier d'exalter son huile
ä quinquet ou son gruyere; cependant, la concurrence a ses droits comme
toute autre guerre. II ne faut point denigrer le commerce qui contrarie
le nötre; faites votre enseigne aussi brillante que vous le voudrez, mais
ne couvrez pas de boue celle de votre voisin: cela ne sied pas ä un in-
dustriel bien elevä, surtout quand il a l'honneur d'appartenir ä l'öglise.
So zu verfahren aber hat Herr Dufetre 'die Ehre gehabt'.
Er, der es gewifs recht häfslich fände, wenn man ihn Messen-
verkäufer, Kerzenverkäufer, Bücherverkäufer nennte, scheut sich
doch nicht, anzudeuten, dafs die Laienschulmeister Erziehungs-
verkäufer wären: sie unterrichteten nur, um Geld zu verdienen,
die Ignorantiner aber widmeten sich aus reiner Hingebung der
Jugenderziehung, wie Tillier das ironisch ausführt:
390 Claude Tillier als Pamphletist.
ils ont rompu avec toutes les jouissances d'ici bas; ils se nourrissent
de legumes; ils n'ont pour vetement qu'une robe de bure: voilä pourquoi
leur enseignement est superieur ä celui des maitres d'e"cole laiques, espece
vorace qui se nourrit de chair et qui porte des redingotes.
Diese Vorzüge ihrer Toilette und ihrer Ernährung leugnet
Tillier nicht, lieber aber hätte er von Herrn Dufetre versichern
hören, dafs sie eine gründlichere Kenntnis der Grammatik be-
säfsen, zumal sie sich keiner staatlichen Prüfung zu unterziehen
brauchten. Man sieht nicht, mit welchem Recht er das behauptet.
Gesetzlich waren seit 1831 die geistlichen Elementarlehrer an
dieselben Prüflingsbedingungen gebunden wie ihre weltlichen Kol-
legen; möglich, dafs die Vorschrift nicht überall streng befolgt
wurde. Vor allem aber wendet sich Tillier wieder heftig gegen
den Vorwurf der Lohnarbeit; da auch er einst Laienschulmeister
war, so will er im Namen seiner früheren Kollegen Herrn Du-
fetre hierüber ein Wort ins Ohr sagen.
Gewifs unterrichten die Laienlehrer für Geld; aber welche
Profession vermöchte der Bischof in der Gesellschaft aufzufinden,
die nicht für Geld arbeitet?
Tout l'inconvenient qu'il y a, c'est que certains gagnent dix mille
francs par an, avec une indemnite de route de deux mille francs, ä se
prelasser dans un choeur, tandis que d'autres retirent ä peine quelques
livres de pain noir du travail de toute leur journee; mais, assurement, ce
ne sont pas les maitres d'ecole qui s'engraissent de la portion des autres.
Tillier bleibt also bei seiner Ansicht, dafs, weil man eine
Arbeit für Geld tut, das durchaus kein Grund ist, sie schlecht
zu tun. Auch der Himmel bezahlt ja die Menschen mit ewigen
Glückseligkeiten, um gute Werke von ihnen zu erlangen. Was
nur um Gottes willen getan wird, wird meistens ziemlich schlecht
getan ; und Tillier erzählt die auch bei uns aus Hebels Schatz-
kästlein allgemein bekannte Geschichte, wie ein Kapuziner einmal
um Gottes willen rasiert wurde.
Aber auch die Ignorantiner arbeiten ja gar nicht um Gottes
willen. Sie erhalten 600 fr. pro Dreispitz, sie haben Wohnung
und Wohnungseinrichtung umsonst, leben gemeinsam wie die
Ameisen und die Soldaten, und ihre Uniform, wenn sie ihnen
nicht geschenkt wird, kostet jedenfalls nicht viel. Sechs solcher
zusammenwohnender Brüder haben also 3600 fr. für ihren ge-
meinsamen Kochtopf, das ist das Gehalt eines gewöhnlichen
Claude Tillier als Pamphletist, 391
Unterpräfekten für sich und seinen ganzen Hausstand. Wie ver-
schieden ist die Lage der für Geld arbeitenden weltlichen Schul-
meister! Tillier spricht davon, als gehörte er noch zu ihnen.
Nous avons beau nous faire sonneurs de cloches, pr£coniseurs, tam-
bours de la garde nationale, beau vendre du tresson et des lacets, sur
dix d'entre nous il n'y en pas un qui puisse Clever son revenu jusqu'ä
six cents francs; et pourtant chacun de nous a une femme, un marmot,
deux marinots, trois marmots et davantage encore, car la misere est tres
prolifique. . . . Votre Ignorantin est tranquille et repu dans son petit
monastere, comme l'dtait le rat de La Fontaine dans son fromage de Hol-
lande; personne ne vient l'y tourmenter, et s'il n'y engraisse, il faut
qu'il y mette une mauvaise volonte bien decidöe. Mais pour nous, ces
läches et ignobles oppressions qui foulent toute position subalterne, vien-
nent encore s'ajouter aux mille privations de l'indigence. La faira n'est
pas notre plus cruel ennemi : nous sommes les souffre-douleurs de la com-
mune; le maire du village nous vexe d'une facon, le conseil municipal
nous vexe de l'autre, les parents de nos marmots nous vexent chacun ä
la sienne; le eure de son cöte" qui n'aime guere l'universite et qui aime
beaueoup les je"suites, se fait presque un cas de conscience de nous perse*-
cuter autant que cela lui est possible. . . . Voilä quelle est notre position
Et encore ce pain si dur que nous mangeons et que, pour broyer, il nous
faut des dents de fer, vous avez l'air de nous le reprocher; mais vous
voulez donc que, comme les betes fauves, nous vivions de l'herbe qui
croit le long des chemins, ou, comme les oiseaux, des fruits sauvages que
les buissons fönt eclore!
Immer mehr ereifert er sich; er gibt die Schilderung, die
wir kennen, von der unablässig angespannten, aufreibenden Tätig-
keit des Kommunal-Schulmeisters, der in seiner übervollen Klasse
den wechselseitigen Unterricht leitet;1 er wagt, die Mühe und
den öffentlichen Nutzen eines solchen Lehrers über die Arbeit
eines Bischofs zu stellen.
Mit dieser öffentlichen Herabsetzung der weltlichen Lehrer
hat sich aber Mß? Dufetre nicht begnügt; in seiner Rede hat er
aufserdem noch den Schülern der geistlichen Schulen angekün-
digt, dafs jeden Sonntag eine Messe allein für sie gelesen werden
solle, und dafs alljährlich am Sankt-Niklastag er selber für sie
die Messe lesen und ihr Gast sein werde. Sicherlich, sagt Tillier
bitter, wenn die Ignorantiner künftig in ihren Prospekten diesen
doppelten Vorzug vor den Kommunalschulen nicht erwähnen, so
1 Archiv Bd. CVIII, S. 101 ff.
392 Claude Tillier als Pamphletist.
halte ich sie für die uneigennützigsten Menschen auf Gottes Erd-
boden. Und heftig greift er den Bischof wegen dieser unge-
rechten Zurücksetzung der die weltlichen Schulen besuchenden
Kinder an.
M. Dufetre abuse de ses fonctions. S'il peut dire aujourd'hui: 'Les
eleves des 6coles chrötiennes seront seuls admis ä teile Instruction reli-
gieuse', qui l'emp&chera de dire demain: 'Les enfants des 6coles chretiennes
seront seuls admis au sacrement de la confirmation?'
Dies nun war nicht nur eine phantastische Übertreibung
Claude Tilliers. Wirklich hatte unlängst der Abbe* Combalot in
seinem heftigen Pamphlet gegen das Monopol des Universitäts-
unterrichts den Kirchenoberen zugerufen: 'Verbietet den Prie-
stern eurer Sprengel, die Kinder, die das Monopol noch in sei-
nem Schofse zurückzuhalten versucht, zur Konfirmation und zum
Abendmahl zuzulassen/ Tillier spricht über das ganze Verfahren
des Bischofs, der ebenso auch die Lehrschwestern vor den welt-
lichen Lehrerinnen durch seinen Besuch ausgezeichnet hatte, ernst-
haft das Urteil mit den Worten: Wenn diese Handlungsweise
des Herrn Dufetre auch nicht ungesetzlich sein mag, so ist sie
doch nicht gerecht: die Gerechtigkeit aber, scheint mir, sollte die
Legalität der Bischöfe sein.
Könnte man nun aber Herrn Dufetre wenigstens damit ent-
schuldigen, dafs, wie behauptet wird, der Unterricht der 'christ-
lichen' Schulen in Nevers wirklich besser sei als der der Kom-
munalschulen? Tillier scheint das nicht gänzlich abweisen zu
wollen; wenigstens haben auch nach seiner Meinung die Brüder
die bessere Lehrmethode, die des Simultanunterrichts. Die Streit-
frage, ob die 1815 aus England nach Frankreich herüber-
gebrachte Lancastersche Methode des wechselseitigen Unterrichts
dem alten Simultanunterricht vorzuziehen sei oder nicht, war in
Frankreich unter der Restauration und auch noch in den ersten
Jahren nach 1830 fast eine politische Parteifrage. Weil der Papa-
geienunterricht der wechselseitigen Methode besonders für die
Religionslehre unzulänglich war, hatten die 'Brüder der christlichen
Schulen' an der von Delasalle, dem Stifter ihrer Kongregation,
im 18. Jahrhundert eingeführten Simultanschule festgehalten. Seit-
dem galt die wechselseitige Schule für die liberale Form des
elementaren Unterrichts. In dieser Anschauung ist Tillier, der
Claude Tillier als Pamphletist.
selber beide Methoden praktisch erprobt hatte, nicht mehr be-
fangen. Er rät der Gemeinde Nevers ernstlich, statt der bis-
herigen zwei Lehrer für ihre 400 Elementarschüler vier anzu-
stellen und dann Simultanschulen einzurichten.
Andererseits greift er nun doch gerade den Religionsunter-
richt der Brüder an, um dessentwillen sie bei ihrer überlieferten
Methode geblieben waren.
Les pretres disent et de bonnes dames croient que l'education fournie
par les Ignorantins est eminemment religieuse. Entendons-nous, s'il vous
plait: il y a deux religions, l'uue qui agrandit et eleve l'äme vers le ciel
par l'amour des hommes, l'autre qui l'opprime par la crainte de Dien, et
la tient meurtrie contre terre. La premiere est la religion de l'Evangile,
l'autre est cette religion qui se prelasse dans nos eglises, toute chamarr£e
de broderies, et qui se celebre ä grand renfort de plain-chant et de cierges.
C'est, en un mot, la religion du pretre.
Der Ignorantiner aber ist ganz und gar Untergebener der
Priester: 'er ist das Werkzeug, das den Mörtel anrührt, womit
die Priester das Gebäude ihrer Macht aufrichten wollen*. Es ist
ein rein mechanischer, äufserlicher, man könnte sagen nur körper-
licher Gottesdienst, den sie nach Tilliers Meinung ihren Schü-
lern andressieren; 'die Sache so angesehen, wäre auch Ver-Vert,
unser verstorbener Landsmann (Gressets Papagei im Kloster der
Visitandinerinnen in Nevers), ein Christ'. Diese Marionetten-
frömmigkeit, wie er sie weiterhin noch nennt, und deren Prak-
tiker er, wie Carlyle, mit einem Automaten von menschlicher
Gestalt vergleicht, der die Augen dreht, die Lippen bewegt und
sich vor dem Beschauer verneigt, ist für Tillier der Baum ohne
Frucht, den Jesus auf seinem Wege fand und abzuhauen be-
fohlen hat.
Je suis bien sür qu'il fait plus de cas de la marmite d'airain oft
une pauvre femme prepare la soupe, que de votre encensoir. Pensez-vous
donc que ce soit pour lui qu'il a fait la religion?
Und hier gibt uns Tillier nun sein eigenes religiös-moralisches
Glaubensbekenntnis :
Cette religion, c'est pour les hommes, pour les hommes seuls qu'il
l'a faite; c'est un code de morale 6crit de sa main et signe" de son nom
qu'il a fait tomber des cieux sur la terre: il sait l'argile dont il nous a
faits et de quelles feroces passions le levain fermente dans nos cceurs. II a
voulu nous imposer l'obligation de nous rendre heureux les uns les autres
394 Claude Tillier als Pamphletist.
en accomplissant les pröceptes de la loi. S'il a mis ces pre*ceptes sous la
protection d'un culte, s'il a ordonne* qu'on lui dressät des autels, c'est que
son nom, bien qu'il soit ecrit en caracteres £clatants sur la surface de la
terre et ä la voüte du firmament, n'est pas lisible pour tous; il n'a pas
voulu qu'il s'effacät de la memoire des hommes sous le frottement insen-
sible des siecles; il a institue" certaines c£r6monies, pour nous rappeler
sans cesse dans les cieux un Dieu qui nous röcompenserait selon le bien
que nous aurions fait ä nos freres, ou nous punirait selon le mal que nous
leur aurions inflige"; mais ces c6r£monies ne sont presque que des choses
de forme : c'est Pöcorce de la religion ; c'est la boite oü, pour le conserver,
il a mis son Evangile. Vous, maladroits eleveurs d'enfants, qui vous
croyez bien avant dans ses bonnes gräces parce que vous lui avez fait de
ces chr^tiens qui ne sont bons qu'ä psalmodier son nom dans une eglise,
pieux faineants qui ont des callosit£s aux genoux au lieu de les avoir
aux mains, vous vous trompez grossierement, il ne vous en sait pas plus
de gre" que si vous lui aviez fait un lutrin ou un serpent: ce qu'il aime,
ce sont ces chr^tiens d'action qui l'honorent en faisant chaque jour un
peu de bien ä leurs semblables, et le prient en accomplissant rigoureuse-
ment tous leurs droits; ces chr6tiens-lä ne sont peut-etre que d'honnetes
gens, mais bien certainement ils auront une bonne place en paradis. Dieu
n'a rien promis ä ceux qui exöcuteraient minutieusement les pratiques de
son culte, et il a promis le ciel ä celui qui donnerait un verre d'eau en
son nom.
Gesunder Verstand und praktische Erfahrung könnte den
Ignorantinern sagen, dafs ihre religiöse Erziehung, die der mittel-
alterlichen Bildung angemessen war, in den Tagen nach Voltaire
nicht mehr zeitgemäfs ist. Ihre Zöglinge, die von den Eltern
oft genug nur aus einem angewöhnten religiösen Schlendrian in
die christlichen Schulen geschickt werden, erscheinen in der heu-
tigen Gesellschaft lächerlich oder büfsen, in einem begreiflichen
Rückschlag, den ihnen in der Jugend angetanen widernatürlichen
Zwang später durch ebenso unnatürliche Ausschweifungen.
So willkürlich und einseitig diese Darstellung Tilliers ist, sie
geht deutlich aus eigener tiefer Überzeugung hervor. Die fol-
genden, für den Menschen und den Dichter charakteristischen
Betrachtungen lassen daran nicht zweifeln.
S'il m'^tait permis d'avoir une opinion sur cette matiere, je dirais
qu'en general les instituteurs sont trop presses d'inculquer des ide"es reli-
gieuses ä leurs eleves ; il semble qu'ils aient peur que le diable ne vienne
les leur prendre entre les mains. La religion, selon moi, n'est pas un
joujou qui convienne ä l'enfance; ses sombres ve"rit£s qui ont fait £clater
tant de forts cerveaux d'hommes ne peuvent tenir dans une tete de dix
Claude Tillier als Pamphletist. 395
ans: qui veut les y faire entrer, ressemble ä un homme qui s'aviserait
de planter un ebene dans un pot ä fleurs. * . . . Pour moi, si j'6tais ehargö
d'elever un enfant, au lieu de lui faire craindre Dieu, je chercherais ä le
lui faire aimer, et cela ne me semble pas bien difficile. Je l'emmenerais
dans la campagne par une pale journee d'automne, alors que le regard
du soleil est doux comme celui que jette une mere ä son enfant, et je lui
dirais: Ces fruits qui pendeut aux arbres et qui sont pleins d'un suc si
doux, ces belies fleurs dont la prairie est brode'e, ces papillous qui vont
flottaut dans les airs comme un morceau de soie empörte" par le vent et
semblent vouloir jouer avec vous, c'est pour vous que Dieu votre pere a
fait tout cela . . . En behänge des biens qu'il vous envoie, il ne vous de-
mande qu'une chose: c'est que vous l'aimiez de tout votre cceur et que
vous aimiez de meme les hommes qui sont vos freres. L'observation de
ce grand prdeepte moral qui renferme tous les autres et que l'auteur de
l'Evangile seul a trouve\ ne peut-elle suffire pour les rendre agr£ables
ä Dieu ? ... Ce Dieu qui est leur pere, ce Dieu qui aimait, lorsqu'il 6tait
sur terre, ä s'entourer de leurs faces souriantes et rebondies, trouve tres
mal, assurement, qu'on les torture en son nom et pour l'amour de lui; il
aime mieux les voir jouant et courant qu'attaches par les genoux aux
dures pierres d'une cath^drale. Quand vous le croyez oecupe" ä regarder
deux arm£es qui se beurtent sur un champ de bataille, il contemple du
haut de son tröne des enfants qui se roulent dans l'herbe.
Tillier ist darum nicht der Meinung, die der Bischof in seiner
Rede bei der Preisverteilung im College ausgesprochen hatte,
dafs die christliche Religion die Basis jeder moralischen Erziehung
sein müsse:
Selon moi, les instituteurs commencent par la fin. La religion, au
lieu d'etre la base de toute öducation, devrait en etre le complement,
comme la croix est le complement d'une eglise.
Und so ist er weit entfernt von irgend welcher Feindschaft
gegen die echte, evangelische Lehre des Christentums:
bien loin de l'attaquer moi-meme, je regarderais comme un mauvais
citoyen celui qui tächerait d'en d^tourner le peuple. A cette societe" si
miserable, mendiante qui se croit riche parce qu'elle a de loin en loin
quelques perles cousues ä ses haillons, il faut les croyances consolantes
du christianisme. Tous ces philosophes de journaux et d'aeademie, qui
travaillent, avec tant de bruit et si peu de besogne, ä soulager la misere
du peuple, ont-ils trouve" encore quelque chose qui vaille les paroles de
l'Evangile: Heureux ceux qui souffrent, parce que le royaume des cieux
leur appartient?
1 Vgl. die Betrachtungen Gottfried Kellers: Der Grüne Heinrich,
Band 2, Kap. 11.
396 Claude Tillier als Pamphletist.
Das Christentum ist keine Altweiberreligion, kein leeres
Glocken- und Kirchenliedergeklinge, kein unfruchtbarer Weih-
rauchnebel, der in den Wolken des Himmels sich verliert, es ist
im Gegenteil eine Religion für Männer, Bürger, Philosophen.
In einem anderen Pamphlete noch, das eine Unterredung des
heiligen Claudius mit dem lieben Gott schildert1 und zunächst
wieder die Entartung des katholischen Kultus angreift, berührt
Tillier in der Tat die wichtigsten religionsphilosophischen Pro-
bleme: die Wirksamkeit des Gebetes, den freien Willen, den
Zufall. Hier, in dem Pamphlet gegen die christlichen Schulen,
führt er schliefslich noch aus, wie grofs die politische Bedeutung
ist, die dem Christentum zukommt: von dieser Seite angesehen,
strahlt es am hellsten.
Qu'est-ce que nos chartes, en comparaison de l'Evangile? nous les
öcrivons sur parchemin avee une plume tremp£e dans notre sang, et, le
lendemain, passe, avec son armee, un roi qui les d^chire: mais l'Evangile,
cette magnifique declaration des droits de l'homme, est 6ternel ; sa couverture
de fer est ä l'6preuve du boulet et de la bombe; les conquerants auraieut
plus* tot fait de raser toutes les capitales du monde que d'en retrancber
une syllabe! L'Evangile, c'est l'oppression interdite aux rois; c'est la
liberte" assur6e aux peuples comme un droit et imposee comme un devoir.
J^sus-Christ, dans ce divin livre, nous recommande de nous aimer les uns
les autres; il y proclame encore qu'il est notre pere et que nous sommes
tous freres; or, parmi les freres, y-a-t-il des maitres et des esclaves?
Diese Religion haben die Priester, verräterisch mit den
Königen paktierend, freilich verfälscht; sie mufs zurückkehren
zu dem Geiste, von dem sie anfangs erfüllt war. Nicht im min-
desten glaubt Tillier die Rede, dafs das Christentum nunmehr
seine Zeit gehabt habe; sie hat im Gegenteil kaum begonnen.
Bisher sind noch alle Revolutionen vergeblich gewesen:
Appelons-en ä une puissance plus forte que celle des hommes . . .
prenons Jesus-Christ pour chef ... La r£forme dlectorale est dans l'Evan-
gile bien plus encore que dans la charte. Tous les hommes sont freres,
donc ils sont 6*gaux entre eux; n'est-ce pas la le principe de toute legis-
lation ?
Mit diesem lebhaften Bekenntnis seines politischen Christus-
glaubens, dem Lamennais deutlich seinen Stempel aufgedrückt
1 Un quart d'heure de conversation entre mon saint patron et le bon
Dieu. Das letzte der ersten Reihe.
Claude Tillier als Pamphletist. 397
hat, schliefst das Pamphlet gegen die christlichen Elementarschulen
in Nevers und ihren Protektor, den Bischof.
Mit dem höheren Schulunterricht (der Instruction secondaire')
beschäftigt sich das Pamphlet, welches den Titel trägt: Von den
Jesuiten. Die Jesuiten spielten seit lange eine wichtige Rolle
im höheren französischen Schulunterricht. Unter der Restauration
war ihre Kongregation, obwohl vom Gesetz verboten, bald wieder
zu mächtigem Einflufs herangewachsen, und in den 'kleinen Semi-
narieir' waren sie als Leiter und Lehrer erfolgreich tätig. Diese
geistlichen Gymnasien hätten, ihrer eigentlichen und ursprüng-
lichen Bestimmung zufolge, nur Vorbereitungsschulen für zukünf-
tige Priester sein sollen; aber sie nahmen daneben Laienschüler
in solcher Menge auf, dafs ihre Konkurrenz den weltlichen An-
stalten gleicher Gattung empfindlich zu werden begann. Ihre Leiter
verlangten von den Eltern der aufzunehmenden Schüler nichts
als das Versprechen, die Söhne in den geistlichen Stand ein-
treten zu lassen, wenn Gott sie dazu 'beruf en' habe; durch kirch-
liche Sammlungen, durch Schenkungen und Vermächtnisse ständig
bereichert, konnten diese klerikalen Anstalten ihren Zöglingen
Lehre und auch noch Unterhalt unentgeltlich geben, während die
weltlichen Anstalten ihren Unterricht sich teuer bezahlen liefsen.
Dabei war seit 1814 Anstellung der Lehrer, Aufsicht des Unter-
richts allein den Bischöfen überlassen. Solche Zustände führten
noch unter Karl X. und unter einem Unterrichtsminister, der
selbst dem Episkopat angehörte, zu dem Rückschlag durch die
Ordonnanzen von 1828. Die geistlichen Sekundäranstalten wurden
wieder in die Schranken ihrer eigentlichen Bestimmung zurück-
gewiesen; zugleich versuchte man die Jesuiten daraus zu ver-
drängen, indem man fortan von allen Lehrern und Beamten
dieser Schulen die eidliche Versicherung verlangte, dafs sie keiner
verbotenen geistlichen Kongregation angehörten. Nun brachte
allerdings die neue Charte der Julirevolution in ihrem 69. Artikel
auch das Versprechen der Lehrfreiheit und der Neuordnung des
öffentlichen Unterrichts; aber in den ersten Jahren nach 1830
ging die Stimmung in weiten Kreisen des Volkes so stark gegen
den Klerus, dafs der Episkopat zunächst gar nicht an die Mög-
lichkeit dachte, mit diesem Verfassungsversprechen gegen die
Ordonnanzen von 1828 anzukämpfen. Selbst im März 1837
398 Claude Tillier als Pamphletist.
noch blieb er ruhiger Zuschauer, als in der zwölftägigen Kammer-
debatte des Guizotschen Gesetzentwurfs über den Sekundär-
unterricht auch die Frage der geistlichen Schulen eingehend er-
örtert wurde und ein von der Kammer angenommener Antrag
Vatout die gegen die Jesuiten gerichtete Klausel der Ordon-
nanzen von 1828 auf alle Leiter freier Lehranstalten ausdehnen
wollte.
Die Regierung aber und mit ihr viele Kammermitglieder
hielten dergleichen Abwehrmafsregeln gar nicht für nötig; sie
fürchteten die geistliche Macht nicht mehr. Und doch war seit
1835 etwa — seit der Abbe" Lacordaire unter ungeheurer, an-
fangs mehr neugieriger Teilnahme besonders der gebildeten Jugend
seine Fastenpredigten in der Notre- Dame -Kirche begann und
sein Kampfgenosse, der junge Graf Montalembert, in die Pairs-
kammer eintrat — der religiöse und politische Einflufs des Klerus
schon wieder im Steigen. 1837 wurde Lacordaire durch den
Abbe" de Ravignan abgelöst, einen Jesuiten, dessen menschlich
reine, von wahrer Frömmigkeit und christlicher Hingabe erfüllte
Persönlichkeit mit weicherer, aber ebenso mächtiger Beredsamkeit
den schon auf Tausende sich belaufenden Zuhörerkreis festhielt.
Die Regierung beharrte in ihrer wohlwollenden Haltung. Sie
liefs unter den Unterrichtsministern Villemain und Cousin frei-
gewordene Bischofsstühle von jungen Bischöfen ultramontaner
Richtung besetzen, und sie begann auch, unter denselben Mi-
nistern, mündliche Unterhandlungen über eine Neuordnung der
geistlichen Unterrichtsbefugnis. Im Oktober 1840, im Ministerium
Soult-Guizot, dessen führender Minister in der Tat von Anfang
an Guizot war, trat abermals Villemain an die Spitze der Unter-
richtsverwaltung. Er nahm jene Besprechungen wieder auf und
legte dann im Jahre 1841 den Kammern einen neuen Gesetz-
entwurf über den Sekundärunterricht vor. Da zeigte sich sofort,
wie hoch inzwischen die Ansprüche des Klerus gestiegen waren.
Der neue Entwurf, dem Kommissionsantrag von 1836 folgend,
wollte den kleinen Seminarien dieselben Rechte geben wie allen
anderen Schulen, die nicht zur Universität, der grofsen von
Napoleon gegründeten Körperschaft aller staatlichen Unterrichts-
anstalten, gehörten ; sie sollten also vor allem das Recht unbe-
schränkter Aufnahme und Ausbildung von Laienschülern erhalten.
Claude Tillier als Pamphletist. 399
Natürlich sollten sie dafür sich denselben Bedingungen sowie
auch der Prüfung ihrer Lehrer durch die Universität unterwerfen.
Wie eine unerhörte Zumutung wiesen die Bischöfe, welche bis
dahin Leiter und Lehrer dieser Schulen nach freiem Gutdünken
eingesetzt hatten, diese Forderung des Staates zurück. Mehr
als fünfzig protestierten in öffentlichen Briefen an religiöse Jour-
nale, und die Regierung war schwach genug, dem Ansturm zu
weichen und ihren Entwurf zurückzunehmen. Mit dieser erfolg-
reichen Abwehr allein nicht zufrieden, eröffnete nun die klerikale
Partei ihrerseits den Angriff gegen den Universitätsunterricht.
Bischöfliche Hirtenbriefe, von jüngeren Geistlichen ausgehende
Pamphlete, zum grofsen Teil von abstofsend brutaler Leiden-
schaft erfüllt, nicht am wenigsten die Artikel Louis Veuillots,
des neugewonneneu Journalisten dieses streitbaren Klerikalismus,
in der Zeitung l'Univers schilderten die unleugbaren Mängel
der religiösen und moralischen Erziehung in den Anstalten der
Universität in den grellsten Farben. Und von Montalembert
auf diesen neuen Weg gewiesen, forderten die Bischöfe nun
weiter, da auf eine Ausnahmestellung ihrer klerikalen Schulen
nicht zu hoffen war, die Freiheit des höheren Schulunterrichts
überhaupt. Keine Beschränkung der Lehrer durch Staatsprüfungen,
ungehinderte Zulassung der Schüler aller Anstalten zum Bacca-
laureatsexamen. Nur unter der Flagge unbedingter Unterrichts-
freiheit konnte der Episkopat hoffen, auch die Jesuiten, von allen
Ordensgeistlichen die einzigen, die noch dem höheren Unterricht
sich widmeten, und die er in einem erweiterten Schulbetrieb gar
nicht missen konnte, ungehindert in seine Anstalten wieder ein-
zuführen. Daher nahmen die eifrigsten unter den Bischöfen
von vornherein sich auch der Jesuiten und ihrer Lehrtätigkeit
energisch an.
Hiermit aber, indem sie für den in weiten Kreisen noch
immer leidenschaftlich gehafsten und gefürchteten Orden ein-
traten, boten sie vor der öffentlichen Meinung eine willkommene
Blöfse, auf die sich alsbald die lautesten und heftigsten Angriffe
ihrer Gegner richteten. Die Professoren Michelet und Quinet,
welche in den geistlichen Pamphleten am meisten mitshandelt
worden waren, unterbrachen im Frühjahr 1843 den geraden Gang
ihrer Vorlesungen am College de France, um ihren ohnedies schon
400 Claude Tillier als Pamphletist.
aufgeregten jugendlichen Hörern das Wesen und die Gefahr der
Gesellschaft Jesu zu schildern. Erst hierdurch eigentlich und
nachdem die beiden Professoren ihre Vorlesungen, unter dem
Titel 'Von den Jesuiten' zu einem Bändchen vereinigt, zum
Druck gegeben hatten, traten die Jesuiteu wieder in den Vorder-
grund der öffentlichen Aufmerksamkeit, und die Forderung der
Unterrichtsfreiheit auf Seiten der Geistlichkeit schien weiter
nichts mehr zu besagen als Beherrschung des Unterrichts durch
die Jesuiten. Inzwischen blieb auch die Regierung nicht untätig;
am 2. Februar 1844 legte sie dem Parlament einen neuen Ent-
wurf vor. Er kam den Ansprüchen der Bischöfe weit entgegen,
liefs ihnen nicht nur die Wahl, entweder ihre Schulen so zu
behalten wie bisher oder sie im Sinne des Entwurfs vom Jahre
1841 in Privatanstalteu umzuwandeln, er wollte sogar auch im
ersten Falle die Hälfte der abgehenden Schüler zum gewöhnlichen
Baccalaureatsexamen zulassen. Trotzdem protestierte fast der ge-
samte Episkopat auch gegen diesen neuen Gesetzentwurf, dessen
gröfste Nachgiebigkeit allerdings schon von der Pairskammer be-
seitigt wurde, und der wieder von allen Vorstehern und Lehrern
der Privatanstalten die schriftliche Versicherung, keiner in Frank-
reich verbotenen Kongregation anzugehören, verlangte.
In diesen Kämpfen trat nun auch Dupin, dessen politischer
Einflufs in den letzten Jahren merklich zurückgegangen war, als
Verteidiger des Staates und der Universität noch einmal auf kurze
Zeit in den Vordergrund. Schon in seiner Rede zur Wiedereröff-
nung der Sitzungen des Kassationshofes im November 1843 hatte
der alte Jesuitenfeind aus den Zeiten der Restauration den Orden
heftig angegriffen und dann im März darauf in der Deputierten-
kammer bei der Diskussion über die geheimen Fonds die Regie-
rung in ihrem schüchternen Vorgehen gegen allzu herausfordernde
geistliche Angriffe zu stärken gesucht. 'Regierungsgewalt, ich er-
mahne dich, sei unerbittlich (implacable)', so hatte er seine Rede
unter stürmischem Beifall der Kammer geschlossen. 'Unbeugsam'
(inflexible) setzte er dann selber an die Stelle des letzten, allzu
stark erscheinenden Wortes. Nicht lange darauf, unter dem Ein-
flufs dieser Rede Dupins, ist Tilliers Pamphlet über die Jesuiten
geschrieben. Und mit demselben Titel, den Michelet und Quinet
für die ihre Vorlesungen nebeneinanderstellende Jesuitenbroschüre
Claude Tillier als Pamphletist. 401
gewählt hatten, Hefs er es ausgehen. Seine angeborene Neigung
zur Paradoxie hat ihm auch hier großenteils die Feder geführt.
Sie reizte ihn zum Widerspruch gegen die damals allgemeine
Jesuitenfurcht, welche die beiden berühmten Pariser Professoren
so lebhaft zum Ausdruck brachten, und die Tillier selbst früher
geteilt hatte.
'Ohne Frage leben wir heute in der Jesuitenzeit, ich wünschte,
es wäre statt dessen Flieder- und Rosenzeit'; so beginnt er sein
Pamphlet. Nur von ihnen spricht, diskutiert und schreibt man
seit sechs Monaten und darüber, die Journale sind ganz schwarz
von diesem düsteren Namen. Tillier aber kann trotz alles Suchens
keine Jesuiten entdecken. Vor langen Jahren hat er BeYangers
Lied auf die Väter gelesen und sogar — mit recht falscher
Stimme — mitgesungen:
Hommes noirs, d'oü sortez-vous?
Nous sortons de dessous terre,
Moitie renards, moitie* loups.
Diese 'zoologische Kennzeichnung' will er sich zu nutze machen ;
mit einem Be>anger in der Tasche geht er auf die Suche. Er
sieht sich den Abbe" Ve"drine an, der im 'National' für einen
Jesuiten gilt, der aber schleppt nur den Schwanz seiner Soutane
hinter sich her; und den Abbe" Combalot findet er eigentlich gar
nicht so verschieden von Herrn Genin, dem bekannten Sprach-
und Literaturforscher und wütenden Jesuitenfeind. l Wenn er
nun aber auch von dem Bischof von Chälons sagt, an seiner pfif-
figen und vergnügten Miene hätte er zwar den unlängst vom Staats-
rat Verurteilten erkannt, sonst aber an ihm nichts mit Berangers
Jesuitendefinition Übereinstimmendes gefunden, so sehen wir
deutlich, worauf diese ganze Ironie hinaus will. Denn der Bischof
von Chälons hatte ja frank und frei vor aller Welt bekannt: 'ich
1 Es geht das auf die bei beiden gleich grobe Form der Polemik.
Genin est un tape-dur, il a toujours besoin de taper sur quelqu'un. Quaod
ce n'est pas sur un poete, c'est sur un jesuite ; quand ce n'est pas sur un
vi van t, c'est sur un mort. So notiert Sainte-Beuve 1846. 1844 war G.
Redakteur am 'National' und redigierte zugleich anonym eine kleine, gegen
die Priesterpartei gerichtete periodische Sammelschrift: Les Actes des
Apotres, von der Sainte-Beuve (Chroniques Parisiennes 229) urteilt: c'est
äcre, violent et du pur XVIIIe siecle.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 26
402 Claude Tillier als Pamphletist.
bin Jesuit, meine ganze Geistlichkeit ist jesuitisch, alle unsere
guten Christen sind es, und wir machen uns eine Ehre daraus.
Ja wir sind Jesuiten und werden es immer sein.' Derselben
Meinung ist eben Claude Tillier: mögen die streitbaren Kleri-
kalen heute dem Orden angehören oder nicht, aus Gallikanern
und Patrioten sind sie doch alle mehr oder weniger ultramontan
und jesuitisch geworden. Er benutzt darum sein Bdranger-Citat
nur noch, um sich an einigen persönlichen Gegnern zu reiben:
an einem geistlichen Professor des College in Nevers, an einem
Redakteur des 'Echo de la Nievre', vermeintlichen Jesuiten, die
aber, wenn der Fuchs heute noch so viel Geist hat wie zu
Lafontaines Zeiten, vom Fuchs wenig an sich zeigen und vom
Wolf auch nicht viel.
Jesuiten also findet er nicht; allerdings aber Priester mit
Dreispitzen aller Sorten und selbst Mitraträger, ' die gegen die
Universität in Wort und Schrift pamphletieren, sieht er genug.
Doch kann Tillier in solcher Opposition allein ein flagrantes
Symptom von Jesuitismus um so weniger finden, da er von der
Magermilch, mit der diese Mutter ihre Kinder säugt, selber ge-
kostet hat. Übrigens sind die Pamphlete dieser ehrwürdigen
Personen nicht nur sehr miserabel, nichts als bergeshohe Beschul-
digungen und ungeheuerliche Verleumdungen — denn wie könnte
es Männern der christlichen Nächstenliebe mit dem Kratzen und
Beifsen sogleich gelingen — , in ihrer Taktik überhaupt ist so
wenig von der traditionellen Geschicklichkeit der Kongregation
gewesen, dafs ihre Angriffe der Universität den gröfsten Vor-
teil gebracht haben. Mildern wir die dem Pamphletstil unver-
meidliche Übertreibung, so entspricht diese Behauptung Tilliers
der Lage, wie sie wirklich war. Noch bei den Verhandlungen
über das neue Unterrichtsgesetz 1837 war das Monopol der Uni-
versität in der Deputiertenkammer heftig angegriffen worden,
jetzt aber nach den mafslosen Verleumdungen der klerikalen
Gegner traten selbst die radikalen Blätter fast ohne Ausnahme
1 M"r Dufetre trat mit seinem Widerspruch unter diesen nicht be-
sonders hervor. Aber auch er griff in einem ausführlichen Memoire vom
4. März 1844 an den Minister dessen letzten Gesetzentwurf an. Liberte
d'enseignement. Recueil des actes episcopaux . . ., Paris 1845/46, I 152 f.
Claude Tillier als Pamphletist. 403
für sie ein. Was aber im Grunde deren Meinung von dem staat-
lichen Unterrichtsraonopol war, spricht Tillier hier offen aus:
Le fait est qu'avant cette croisade des ßveques, l'Universite' avait
une foule sinon d'ennemis, au moins de contradicteurs qui lui rendaient
la vie tres dure; on s'accordait ä dire quo son enseignement n'6tait pas
en rapport avec les besoins et les tendances d'une sociöte* que trois ou
quatre rövolutions avaient transformee; qu'il £tait bon pour amuser de
riches et bavardes oisivete's, mais qu'il ue valait plus rien pour un peuple
industriel et travailleur, obligö* de vivre ä la sueur de son corps, et qui
n'avait pas le loisir de parier latin; qu'il £tait ternps que la vieille robe
noire en cent endroits rapiecee, ftit remplac£e par un vetement plus £pais
et plus solide. On comparait l'&lucation qu'elle fournit, au style des
mauvais e"crivains, qui regorge de mots et est döpourvu d'idees.
Und, seine eigene Schulzeit in der Erinnerung, fährt er fort:
De ses bancs, vous sortez bacheliers es lettres ; mais qu'est-ce qu'un
bacbelier es lettres? un grand niais qui rapporte fierement du march£,
dans une belle besace neuve, des pois qui ne veulent pas cuire. Apres
dix ans d'^tudes, votre bachelier es lettres n'est pas seulement capable
d'etre instituteur primaire. S'il n'a de bons parents qui ont l'honneur
de possdder quelques mille 6cus de rente, il faut, pour gagner sa vie du
jour, le pain de tout de suite, qu'il se fasse maitre d'^tude. Or, de tous
les valets le plus malheureux, c'est sans contredit le maitre d'6tude.
J'ai marchö, moi, quelque temps dans ce rüde chemin, et pour beaueoup
je ne voudrais y repasser. Je me rappeile encore avec effroi combien je
me trouvais ä plaindre quand, mon bouquet de rhe'torique au cöte\ comme
un domestique ä la Saint- Jean, j'allais offrir mes Services aux revendeurs
de grec et de latin de la capitale. Combien j'en voulais ä mon pere de
ne pas m'avoir fait une place ä son £tabli!
So, echt demokratisch, dachten viele aus Tilliers Lager über
den vom Staate in der Universität monopolisierten höheren
Unterricht; andere vermifsten an ihm einen religiös-moralischen
Einflufs auf seine Schüler, und viele, wie A. Marrast, der lei-
tende Redakteur des 'National', verabscheuten das pädagogische
Regiment Victor Cousins, der den philosophischen Unterricht
innerhalb der Universität despotisch beherrschte. Gegen die An-
mafsung des Klerus aber findet die Universität mit einem Male
Fürsprecher bis weit in die Reihen der Radikalen hinab. Denn
immer ungescheuter fordert im höheren Schulunterricht die Geist-
lichkeit nicht die Freiheit für alle, sondern das Monopol für sich
allein. Das 'Gehet hin und lehret alle Völker', das 'Ite et docete'
des Evangeliums nimmt sie zur Stütze und legt das 'docete', das,
26*
404 Claude Tillier als Pamphletist.
wie der griechische Text zeigt, in diesem Zusammenhang doch
nur bedeutet: 'machet zu Jüngern', im Sinne eines allgemeinen
Lehrprivilegiums der Geistlichkeit aus. Der voltairische Hohn, den
Tillier über solche Deutung ausgielst, erscheint uns um so mehr
gerechtfertigt, da bis in die neueste Zeit in Frankreich diese Art
Auslegung sogar in der ernsten Geschichtschreibung vertreten
wird. 'Diese Interpretation der Worte des Evangeliums/ sagt
Tillier, 'riecht allerdings etwas jesuitisch' —
iiiais les gens qui affichent ces extravagantes pretentions, sont trop
absurdes pour etre ä craindre. A qui persuaderont-ils qtfallex, et enseignex
veuille dire: allez, et euseignez tout ce qui peut etre enseignö; enseignez
non seulement l'Evangile, mais le latin, le grec, les math^matiques, la
physique et la chimie. S'il en etait ainsi, les pretres pourraient arguer de
ces paroles qu'ils ont le droit exclusif d'enseigner la danse, l'escrime, et
meme la noble science du bäton. D'ailleurs les apötres eussent öte" fort
ernbarrass£s, s'il leur eüt fallu enseigner autre chose que l'Evangile, et
Simon-Pierre, ä moins que le Saint-Esprit ne Feilt considörablernent aide",
eilt fait, ce me semble, un fort mauvais professeur de rhitorique.
Also nichts als turbulente Priester kann er erblicken, ganz
ungefährlich für alles, was in Frankreich wirklich lebendige,
nationale Kraft ist. Er kann sich in Bildern seiner Gering-
schätzung wieder einmal gar nicht genug tun, eins reiht sich ans
andere. Nur wenn sie wirken, wie Lamennais gewirkt hat, können
heute die Priester neuen Einflufs gewinnen. Die Julirevolution
bot ihnen die grofse Gelegenheit, die sie verpafst haben. Und
hier hören wir wieder das Bekenntnis seines politischen Christen-
tums:
A leur place, j'aurais pris franchement la cocarde du peuple; cette
liberte1 qu'il venait de baptiser avec son sang, j'aurais voulu, moi, la bap-
tiser avec mon eau bönite; je l'aurais portee sur mon autel, et je l'aurais
mise sous la protection de ce Christ, mort non seulement pour la r£-
demption des pecheurs, mais aussi pour l'affrancbissement du genre hu-
main. Aux jeunes martyrs de cette liberte j'aurais donne" autant d'encens
et de prieres qu'aux martyrs de la religion; sans cesser d'etre pretre
j'aurais voulu etre citoyen; quand il y aurait fallu r^clamer pour le peuple
des droits viol6s ou meconnus, je ne me serais point senti gene par ma
soutane. Ces mots sublimes de liberte, d'dgalit£, de fraternite\ je les aurais
fait grouder comme un orage sous les voütes de mes cathedrales, et peu
ni'eüt importe" que le pape les eüt entendus de Rome! en priant pour la
grandeur et la gloire de la France, j'aurais force la multitude subjuguee
ä courber ä cöte" de moi son raide et fier genou, ä incliner son front avec
Claude Tillier als Pamphletist. 405
le mien devant la croix, en lui montrant attache* ä ce sacre* gibet celui
de tous qui aima le plus les hommes et travailla avec le plus d'abn^gation
ä leur affranchissement et ä leur bonheur.
Nichts von alledem aber ist heute wahrzunehmen ; die Prie-
ster sind in ihren Ideen und Bestrebungen geblieben, wie sie vor
Jahrhunderten waren.
Le temps qui empörte les vieux empires et en remet de neufs ä leur
place, qui renouvelle les peuples, qui refait les civilisations, n'a pas change"
im seul bouton ä leur soutane. Ils restent immobiles et noirs, au milieu
des soci^tes qui se transforment, comme leurs vieilles cathödrales au milieu
de nos villes rajeunies; au lieu de suivre les g£nerations qui marchent
par enjambees, ils s'^puisent ä vouloir les retenir autour d'eux; mais il
ne leur reste que les malades et les estropie's.
Darum braucht, das ist Tilliers feste Überzeugung, eine
konstitutionelle Regierung vor ihnen keine Furcht zu haben, und
den Königen hat der Sturz der Bourbonen gezeigt, was die
Stütze des Priestertums wert ist.
Es ist auch gar nicht ihr unmittelbarer politischer Einflufs,
den man heute noch wie in früheren Zeiten fürchtet, wohl aber
besorgt man ernstlich, dafs sie unter einem allzuwenig be-
schränkenden Gesetz den höheren Schulunterricht gänzlich in
ihre Hände bringen und 'mit ihren ultramontanen Lehren die
Jugend vergiften würden'. So stehen die Gegner der geistlichen
Lehrfreiheit zögernd vor dem Dilemma: Allgemeines, also auch
den Priestern gewährtes Recht, höheren Schulunterricht zu er-
teilen, oder Erhaltung des Universitätsmonopols? Tillier aber
zählt nicht zu den Bedenklichen und ist auch hier vor allem für
die Freiheit ohne weiteres.
Quand bien meme, du reste, le clerge" devrait s'emparer infailliblement
de l'instruction, serait-ce une raison pour lui en escarper lesbords? Pour
que les pretres s'emparassent de l'instruction, que faudrait-il? que la ma-
jorite des f amilies eüt place- en eux sa confiance; or, la majorite des fa-
milles, c'est la Nation. C'est donc parce que vous leur supposez la con-
fiance de la Nation, que vous voulez les exclure de.l'enseignement public?
mais prenez garde ä ce que vous allez faire! agir ainsi envers eux c'est
leur dire: 'Nous ne voulons pas que vous enseigniez, parce que vous en-
seigneriez trop bien si nous vous permettions d'avoir des chaires.' Pour
moi, je vous avoue que je me trouverais tres honore" d'etre exclu de cette
maniere. Si votre intention est de rehausser les pretres, vous ne sauriez
employer un meilleur moyen que celui-ci. Je serais fäch£, sans doute,
que vos Colleges tombassent devant les maisons religieuses, mais j'aime
406 Claude Tillier als Pamphletist.
encore mieux l'^galite' devant la loi que vos Colleges. Qu'est-ce que cette
liberte- d'instruction secondaire que la Charte nous a promise, et qu'elle
nous fait si longtemps attendre, si ce n'est la liberte" de concurrence ap-
pliqu^e ä Tenseignement public? Or, qui a le droit d'ouvrir aux uns la
porte de la concurrence et de la fermer pour les autres? Peut-on m'em-
pecher de tirer profit de la superiorite* que j'ai sur mes rivaux? Est-ce
aux faibles et aux maladroits qu'il faut sacrifier les habiles et les forts,
et est-il raisonnable d'abattre un chene parce que son ombre dtouffe
quelques chötifs arbustes?
Tillier fürchtet die Konkurrenz der geistlichen Lehrer nicht,
und auch die anderen von der unterrichtenden Geistlichkeit etwa
drohenden Gefahren abzuhalten, scheint ihm nicht schwer. Mit
recht leichtfertigen Redewendungen und auf Grund seiner doch
räumlich beschränkten Erfahrung setzt er wieder die Unterrichts-
erfolge der geistlichen Anstalten herab; aber selbst wenn der
Zudrane: zu ihnen unter dem neuen Gesetz noch so sehr über-
handnähme, so mufs sich eben der Staat das ausgedehnteste
Aufsichtsrecht über den Unterricht vorbehalten. Und derselbe
Mann, der eben noch so lebhaft für die völlige Freiheit der
Unterrichtsbefugnis eingetreten ist, führt nun, ganz im Geiste
napoleonischer Staatsauffassung, aus, wie eingehend die Regierung
den Unterricht selber für alle, also auch für die geistlichen An-
stalten zu reglementieren habe.
Du moment que vos inspecteurs auront la faculte" de p^netrer chez
eux tous les jours et ä toute heure, ils ne pourront leur rien cacher de
ce qu'ils fönt ni de ce qu'ils disent; leurs eleves seront derriere leurs
grilles comme des oiseaux dans une voliere.
Aber gerade diese Bedingung, die dem despotischen Idealis-
mus des schreibenden Politikers so bei der Hand zu liegen
schien, konnten die handelnden Männer der Politik damals von
dem Minister nicht erlangen. In der ersten Kammer brachte
Persil einen Antrag ein : 'die kleinen Seminare werden unter
die Aufsicht des Kultusministers gestellt, welcher sie besuchen
lassen darf, so oft es ihm gut erscheint'; die Kammer aber
liefs sich von dem Justiz- und Kultusminister, dem auch von
Tillier oft verspotteten Martin du Nord, überzeugen, dals eine
solche Bestimmung noch Ol in das ohnehin hochgehende Feuer
der geistlichen Erregung giefsen würde, und lehnte den An-
trag ab.
Claude Tillier als Pamphletist. 107
Unter den allgemeinen Bedingungen für die Zulassung zum
höheren Lehramt findet die von jedem Bewerber geforderte
schriftliche Versicherung, keiner in Frankreich verbotenen Kon-
gregation anzugehören, bei Tillier nichts als Hohn. Er stellt es
beinahe so hin, als ob erst der damalige Unterrichtsminister Ville-
main auf diese Form der Schutzwehr gegen die Jesuiten verfallen
wäre, die doch, wie wir wissen, schon in den Ordonnanzen von
1828 sich fand, und die auch die Deputiertenkammer 1837 wieder-
aufrichten wollte. 'Rom/ so sagt Tillier spottend, 'war durch
die Furche, mit der Romulus das neue Stadtgebiet umzog, nicht
sicherer geschützt als unsere öffentliche Erziehung durch den
Gesetzentwurf dieses wachsamen Ministers. ... Es ist schade,
dafs nicht auch Herr Martin du Nord, nach dem Beispiel seines
Kollegen, die Bankerottierer gesetzlich anhält, zu schwören, dafs
sie rein seien von jedem Betrüge; so könnte er am einfachsten
den Richtern langwierige Untersuchungen ersparen/
Weiter kritisiert Tillier die von Direktoren und Lehrern ge-
forderten akademischen Grade, wobei er sich indessen nicht
genau • informiert zeigt. Er findet sie zu hoch, und die Kom-
missionen, von denen die Kandidaten in einer besonderen Prü-
fung aufserdem noch das Zeugnis ihrer Lehrbefähigung (brevet
de capacite") zu erlangen haben, sieht er derart zusammengesetzt,
dafs in ihnen wieder die Vertreter der Universität den Ausschlag
geben. Jene Gradforderungen würden zudem nicht allein den
Zudrang der Geistlichen zum freien höheren Unterricht ein-
schränken, sie müssen zugleich auch die Laienlehrer beengen ; Tillier
findet, der Villemainsche Entwurf sei hier den neuen, damals
in der Entstehung begriffenen Befestigungen von Paris zu ver-
gleichen: etwas zur Abwehr nach aufsen, viel mehr zur Abwehr
nach innen. Und wieder läfst er, auch hierin ein echter Fran-
zose, seine wenig begeisterte Auffassung des Lehrerberufes zu
Tage kommen:
Votre terre promise n'est pas dejä un si beau pays, pour que vous
er» rendiez l'acces si difficile. Si vous mettez, ä tous les passages, des
corps-de-garde d'universitaires qui vexent les passants; si, pour penetrer
chez vous, il faut des prodiges de patienee et de courage, nul ne voudra
aller par-lä. Vous savez cela aussi bien que moi, dans toute profession
il faut qu'on recolte en proportion de ce qu'on a sem£: or qui voudra
desseeher dans d'arides 6tudes les fraicb.es annees de la jeunesse, effeuiller
408 Claude Tillier als Pamphletist.
les courtes roses de son printernps sur des bouquins, et laisser sa lanipe
allumee jusqu'ä vingt-cinq ans pour acqu^rir le droit d'ouvrir wie inai-
son d'6ducation qui lui rapportera rnoins, peut-etre, qu'une boutique de
menuiserie, qu'un comptoir d'äpicier ou qu'une fabrique d'allumettes chi-
miques? Si vous m'engagez ä creuser dans mon champ des sillons larges
et profonds comme des foss6s, il faut que vous ine garantissiez qu'il y
poussera des epis grands comme des arbres.
Die noch längere Dauer des Monopols der Universität im
Unterrichtswesen weist Tillier kurzweg mit der Bemerkung zu-
rück: dafs der Staat eigene Colleges habe, mag vorteilhaft sein,
solange aber die Universität bestehen bleibt, werden wir sicher-
lich keinen freien höheren Schulunterricht erhalten. Er zeigt
jetzt auch, weshalb ihm die strengste, bis in die geringsten Einzel-
heiten des Unterrichts eingehende Aufsicht des Staates über das
Schulwesen notwendig erscheint. Einfach darum, weil der Staat
dafür zu sorgen hat, dafs der Unterricht vor allen Dingen ein
nationaler sei. Daher darf er nicht zulassen, wenn er nicht selber
sich an die Wurzel schneiden will, dafs die Unterrichtsfreiheit
in klerikalen Händen gemifsbraucht werde, um das Vaterlands-
gefühl der nachwachsenden Jugend zu schwächen oder gar zu
zerstören. Und Tillier führt des näheren aus, wie diese Gefahr
wirklich drohe, und traut also der jesuitischen Geistlichkeit, nach
den Erfahrungen vergangener Zeiten, noch immer schlimme
Kräfte zu. Daher soll kein Lehrer andere als die unter den
Augen der Regierung angefertigten und von ihr approbierten
Lehrbücher gebrauchen dürfen; in denen aber müssen hinter den
Geboten Gottes, welche die allen Menschen gemeinsame Moral
umfassen, die besonderen Gebote der französischen Nation zu
finden sein: 'Was nützen euch die Institutionen, wenn ihr keine
Bürger habt, sie lebendig zu machen. Sorgt also vor allem für eine
öffentliche Erziehung, die euch Bürger schafft; nur dann werdet
ihr die Freiheit erhalten und noch erweitern/ Nicht gelehrte,
sondern nationale Erziehung, das ist der Kern seiner Forderung;
ce qu'il vous faut maintenant, ce sont des citoyens, et beaucoup de
citoyens; des citoyens avant tout. II est temps d'opposer une morale
publique ä ce torrent de corruption qui tornbe d'en haut et rejaillit sur
tout le pays.
Sie allein auch wird die verschiedenartigen Bestandteile des
französischen Staatsgebietes zusammenhalten können.
Claude Tillier als Pamphletist. 409
Si de tous ses habitants vous ne faites des Francais, pourquoi l'Al-
sacien, qui parle allemand, se croirait-il le frere du Provencal, qui res-
semble ä un Espagnol?
Von demselben nationalen Geiste soll der elementare Unter-
richt erfüllt sein, darum vor allem mufs er in nähere Verbindung
mit dem höheren gebracht werden.
Les deux e"ducations sont deux sceurs qui, bien que destin^es ä un
6tat diffe>ent, doivent airner d'un meme amour leur mere qui est la
France. Que l'education primaire ait la meme direction, la meme disci-
pline que l'education des Colleges; que toutes les 6coles de France, soit
communales, soit particulieres, aient les memes livres de morale et d'in-
struction; que ces fiers Ignorantins, qui ne relevent que des e>eques,
soient Obligos de subir le joug commun, et qu'ils ne puissent faire faire
ä leurs Kleves un signe de croix qui ne soit pas ordonne" par la loi!
Sind so ideal-patriotische Forderungen aber unter der zei-
tigen Regierung mit ihren schlaffen Ministern, mit dieser trotz
mannigfacher Opposition so feigherzigen Kammer gegen den
zähen Widerstand der Geistlichkeit durchzubringen? Handeln
nicht selbst die Wähler, die die souveräne Gewalt in Händen
haben, wie ein schlechter König, der sich sehr wenig um die
Interessen des Staates, viel mehr um die seiner Dynastie be-
kümmert ?
Ces capacit^s sonnantes dont le percepteur cote le diplöme, trouvent
toujours que leur representant vote bien, pourvu qu'il leur fasse obtenir
quelque chose. Ce sont des chauve-souris, qui, si elles eussent assiste" a
la cre'ation, eussent demande" qu'il n'y eüt point de soleil. II y a profit
pour eux ä avoir un d^pute" minist£riel, et jarnais vous ne les ferez con-
sentir ä en choisir un autre, ä moins que ce ne soit un d^pute" ministre.
So mufs eben das Volk selber herangerufen werden. In
einen dringenden, leidenschaftlichen Appell an das souveräne Volk
klingt das Pamphlet aus. Das Volk selber mufs dafür sorgen,
dafs es kräftige, in seinem Sinne handelnde Minister bekomme,
denn ein Gesetz, wie das jetzt zur Verhandlung stehende über
den höheren Schulunterricht, darf nicht um- schwacher Minister,
schlechter Priester willen mangelhaft gemacht werden.
Fais-la (, peuple souverain,) comme si tous les ministres £taient forts,
et comme s'il n'y avait pas un seul pretre en France. La seule cbose
qui doive arreter ton attention, c'est ce que la liberte" te demande et ce
que le bien de tous exige qu'on lui sacrifie. Les pretres sont de mauvais
citoyens, je le sais; mais, enfin, est-ce leur faute, si tu as de mauvais
410 Claude Tillier als Painphletist.
ministres; et faut-il, ä cause de cela, leur 6corner leur part du droit com-
mun? Les lois ne sont pas faites pour un jour; ce ne sont pas de ces
herbes ephemeres qui sortent de terre au printemps et qu'on r^colte en
dte\ C'est un arbre que tu plantes, et dout tu n'auras que les premieres
feuilles, mais qui abritera les g^ndrations futures sous son ombre. C'est
un bätiment duquel, pauvre barbon tout grisonnant, tu jouiras bien moins
que tes fils. Et d'ailleurs, quand tu ferais une loi d'exception contre les
pretres, ä quoi cela t'avancerait-il? la faiblesse de tes ministres rendrait
encore ton ceuvre inutile. Si tes ministres sont trop faibles pour main-
tenir les pretres sous le joug de la discipline commune, ils seront trop
faibles egalement pour les empecher de sortir de la loi d'exception dans
laquelle tu les auras enferm£s. L'instruction, au Heu de devenir la proie
des pretres y entrant de plain-pied et ayant la clef dans leur poche, de-
viendra la proie de pretres s'y introduisant furtivement et ä l'aide de
fausses clefs : or, des deux manieres de se laisser voler, je ne vois pas
trop quelle est la bonne.
Aber in deinem Hause Frankreich bist du, souveränes Volk,
am Ende doch der Herr, die Minister sind nur die ersten unter
deinem Gesinde (tes premiers domestiques). Ihre Schwäche jetzt
der trotzenden Geistlichkeit gegenüber liegt am Tage; die lacht
der leichten über sie verhängten Strafen. Nur Herr Dupin
bildet sich ein, dafs solche schüchternen Mafsregelungen der
weltlichen Obrigkeit auf Geistliche einen Eindruck machen.
Wenn er sie — in der erwähnten, von der Kammer mit rau-
schendem Beifall aufgenommenen Rede vom 19. März 1844 —
gegen den übergreifenden Klerus nicht anders 'erbarmungslos'
haben will ('impitoyable' statt 'implacable' läfst Tillier ihn sagen),
dann ist nicht so bald zu erwarten, dafs der dunkelwogende
Strom in sein altes Bett zurücktritt. Tillier polemisiert noch
weiter gegen Dupin, offenbar um den Eindruck jener Rede in
der Heimat abzuschwächen. Immer heftiger, demagogischer wird
seine von neuem das Volk apostrophierende Sprache, eine Fülle
von Bildern und Vergleichen drängt sich vor seinem erregten
Geiste :
Singulier souverain que celui dont le diademe disparait entre le
chapeau ä plumes d'un ministre et le bonnet ä deux pointes d'un eVeque!
Mais, si tu te laisses traiter en esclave par le premier qui ose te parier
en maitre, pourquoi donc fais-tu des rövolutions ? Es-tu comme ces göants
de la fable, qui secouaient les montagnes qui les öcrasaient et faisaient
trembler la terre seulement pour avoir la satisfaction de changer de cotä?
La France est-elle une mer qui, le lendemain d'une tempete, quand des
Claude Tillier als Pamphletist. 111
vagues hautes comme des montagnes, l'ont boulevers£e, präsente la meme
surface que la veille? Puisque tu es si bien dispose ä servir quand tu
as un oppresseur, que ne restes-tu tranquille sous sa main? Le bceuf
qui se sent ne* pour le joug n'a pas la sottise de se revolter contre le
laboureur, lorsqu'il l'attele. Quand on n'est qu'une lagere girouette que
le moindre souffle manie ä son gre, on ne cherche point ä lutter, comme
un navire, contre le vent qui passe. A la verit6, nos peres ont ob& ä un
empereur; mais, quel peuple eut jamais un plus grand et plus glorieux
maitre ? Et eux, encore, ils 6taient bien moins les serviteurs de Napoleon
que ses compagnons d'armes; s'ils le suivaient, c'est qu'il les conduisait
toujours oü ils voulaient aller: ils marcbaient tant que l'aigle volait, et
l'aigle ne s'arretait que sur le clocher d'une capitale. Mais toi, vois quels
sont ceux qui te tordent, comme une rouette, entre leurs mains ; qui met-
tent leur volonte* ä la place de ta volonte* abolie! Va! quand trente-deux
millions d'hommes ne peuvent se faire obelr par six ministres, ils sont
dignes de ramper sous des pretres!
So weit hat ihn der Zug seiner lebhaften Improvisation
wieder fortgerissen von dem Standpunkt, den er bei Beginn
seiner Betrachtungen einnahm, als er mit ruhiger Ironie auf die
von der Geistlichkeit drohenden Gefahren herabsah. Nichts
kann deutlicher zeigen, dafs wir hier keinen Politiker vor uns
haben.
Durch Dupins Stellung in der Jesuitenfrage war die Hal-
tung, welche wir Tillier in diesem Pamphlet annehmen sehen,
vor allem bestimmt worden. Nicht lange zuvor schon hatte er
gegen diesen mächtigsten seiner Gegner, und den er sicherlich
unter allen am herzlichsten hafste, noch einmal einen heftigen
Angriff unternommen, der zwei Nummern seiner ersten Pamphlet-
reihe (14 und 15) füllte: Comme quoi j'aurais voulu me vendre
ä M. Dupin. Das Pamphlet ist wahrscheinlich 1844 veröffent-
licht;1 eine Notiz Dupins in seinen Memoiren, vom 25. Februar
dieses Jahres, ist wohl darauf zu beziehen. Dupin bemerkt da,
dafs ihm vom königlichen Prokurator in Nevers ein gegen ihn
gerichtetes Libell zur Kenntnis gebracht, und dafs die Erlaubnis
zur gerichtlichen Verfolgung des Verfassers eingeholt worden sei.
1 In einer in den 'Werken' weggelassenen Anmerkung sagt Tillier,
das Pamphlet habe dem gegen die 'Dotation des Herzogs von Nemours'
gerichteten (Nr. 11 — 13) eigentlich vorangehen sollen, aber mit Rücksicht
auf den Tod von Dupins Vater (21. November 1843) habe er es damals
nicht ausgegeben. Vgl. jetzt Gerin, Etudes I 310 f.
412 Claude Tillier als Pamphletist.
Er habe gedankt, aber abgelehnt. Schwerer nimmt Tillier eine
über ihn ausgesprochene Verleumdung, dafs er seine Dienste
Dupin angeboten und erst, nachdem er zurückgewiesen sei, sich
gegen ihn gewendet habe. Zur Widerlegung dieser Lüge hat er
sein Pamphlet geschrieben. Mit bitteren Worten wirft er von
neuem der herrschenden Klasse in Clamecy ihre eigene poli-
tische Korruption ins Gesicht, die jeder neuen Regierung ihre
Gesinnung feilhält. Noch infamer würde er als Schriftsteller
sich erscheinen, wenn er seine der Freiheit geweihte Feder ver-
kaufen wollte.
Je suis le plus ch£tif et le plus inconnu de ceux qui ecrivent pour
le peuple; je n'ai dans ma main qu'une pauvre plume de roitelet; mais,
ä Dieu ne plaise que je la vende jamais ä nos oppresseurs!
Und er erinnert in ausführlicher (uns schon bekannter) Dar-
stellung daran, wie er als Kommunallehrer gegen den König von
Clamecy die Fahne der Empörung erhoben und so dem langen
Schwanz der Anhänger in der Stadt die willkommene Veranlassung
geboten habe, ihn durch allerlei Schikanen endlich aus seiner
Stellung zu verdrängen. Und warum sollte er sich jetzt ver-
kaufen? Genügt für seine Ansprüche doch völlig, was seine
freie Feder ihm verdient. Er gibt eine ausführliche, reizende
Schilderung behaglicher Dürftigkeit.
Mes appetits sont moderet et mon estomac est tout petit. Quand il
ne uie faut qu'une cötelette pour le remplir, pourquoi donc irais-je, pour
avoir un aloyau, me faire le garcon d'un boucher? Ma table est etroite,
mal servie et menie tres peu servie. Je croirais insulter un estomac tant
soit peu comme il faut que de l'y inviter. Je mange ma maigre soupe
dans des cuillers d'^tain. Je fais ma boisson quotidienne de la piquette
du pays; aussi, quand Dieu m'envoie du boui'gogne, je le trouve deli-
cieux! c'est un avantage que n'ont pas les amis de M. Dupin. Comme
je ne hante pas les grandes dames, ma toilette me coüte fort peu, et la
leur ne me coüte rien. J'ai pour principe qu'on n'est point vetu d'un
habit qu'on garde au porte-manteau ; aussi n'ai-je pour toute garde-robe
qu'un paletot d'agröable 6paisseur pour l'hiver et qu'une ch^tive redingote
pour les jours 16gers de la belle saison ; et menie les puristes en fait de
toilette trouvent qu'il manque ä mon pantalon des sous-pieds. Je recule
autant que possible l'existence de ces vetements, et si je pouvais leur
conferer la longeVite' des habits de noces de nos grands-peres, sans scru-
pule je la leur confe>erais. Quand ils sont e>aill6s au coude ou ailleurs,
je n'en ai nul souci. Je m'inquiete fort peu que la mode, quand je passe
devant eile, me regarde de travers. Cela ne nuit point ä ma consideration
Claude Tillier als Pamphletist. 413
aupres de ceux qui me connaissent, et je ne tiens guere ä la consideVation
öphdmere des passants. J'ai d'ailleurs, quand on me salue, la satisfaction
de me dire que ce n'est pas ä mon habit qu'ou s'adresse. Je n'ai point
de domestiques pour me mal servir; j'ai mes deux enfants qui suffisent
tres bien ä cette besogne. Comme ils n'ob&ssent jamais ä. ma premiere
injonction, cela me procure l'avantage de m'indigner contre eux; ainsi
mon humeur conserve toujours une salutaire äpret6, et mon style de
pamphlötaire se maintient toujours ä la trempe qui lui convient. Quelque
bornees que soient mes ressources, elles me permettent encore d'etre la
dupe de certaines gens. Je connais bien des riches qui n'ont pas le meme
avantage. C'est un luxe dont je suis fier, et qui, Dieu merci, ne m'a
jamais manque". J'aime mieux cela, du reste, que d'acheter des cache-
mires ä ma femme. Or, ä qui vit ainsi et ne veut pas vi vre mieux, ä
quoi servirait-il d'etre un nabab? . . . Nous autres, les Tillier, nous sommes
de ce bois dur et noueux dont sont faits les pauvres. Mes deux grands-
peres 6taient pauvres, mon pere £tait pauvre, moi je suis pauvre: il ne
faut pas que mes enfants derogent. Avec trois mille fraucs on peut vivre.
Mon fils gagnera probablement moins; mais s'il se permettait de gagner
davantage, je reviendrais, ombre irrite"e, £pancher ses sacs d'ecus par les
fenetres. ... Et d'ailleurs, pourquoi m'inquieterais-je donc tant de mes
enfants? Quand mon dernier acces de toux sera venu et que j'aurai
rendu ä Dieu ma plume avec mon äme, est-ce que le soleil s'äteindra?
est-ce que la terre cessera de se couvrir de verdure? Le pere de tous,
qui donne leur päture aux petits des oiseaux, la refusera-t-il aux petits
du pamphl^taire?
So plaudert er weiter, mit sich allein vor aller Welt, bis er
sich aus solchen Phantasien zurückholt mit den Worten:
Et moi, qui m'amuse, comme un sot, ä faire du sentiment avec ces
messieurs !
Ein anderes Argument werden sie besser würdigen. Herr
Dupin könnte einen Anhänger wie Tillier zu seiner Verteidigung
jetzt sehr wohl gebrauchen. Er ist sichtlich rückwärts gegangen.
Tillier will in Clamecy eine scharfe Kritik (die er wiedergibt)
von Dupins letzter Rede im landwirtschaftlichen Verein gehört
haben. Und er kommt zu dem Schlufs: Herrn Dupins politische
Rolle ist ausgespielt. Die Regierung fürchtet ihn nicht, und die
Opposition in der Kammer mag nichts mehr von seiner zwei-
deutigen Unterstützung wissen. —
Das Pamphlet gegen Dupin wie das bald darauf folgende
gegen die Jesuiten zeigen uns Claude Tillier noch in seiner
humoristischen Kraft, die das Leben und seine Unbill in einem
freien, stolzen Gemüte zu bemeistern vermag. Unterdessen aber
414 Claude Tillier als Pamphletist.
nagte die schleichende Krankheit immer tiefer in die Wurzel
seines Lebens. Zwar spottete er, wie Laurence Sterne, selbst
über seinen tödlichen Husten; aber den letzten Pamphleten des
späten Frühjahrs und des Sommers 1844 glaubt man doch die
mühsamere Anspannung der Kräfte anzufühlen. Eine kleine rein
humoristische Skizze: Physiologie du Professeur de rhetorique,
die man in den Werken unter die Pamphlete gegen das Ende
hin versetzt hat (IV 251 — 262), gehört, wie ihr politisches Gegen-
stück, die Physiologie de VElecteur de petite ville (das. 245 — 49,
aus dem Feuilleton der 'Association' vom 7. November 1841),
sicherlich auch in jene Zeit noch fröhlichen Kampfes.1 Es schil-
dert den Lehrer der Muttersprache in der Unterprima (wie wir
ja sagen würden) als bei esprit; seine höchst sorgfältige Aus-
drucksweise :
Le langage du professeur est chätie* avec rigueur; il est pour ainsi
dire bross£;
seine dichterischen und literarischen Bestrebungen, seine Ver-
ehrung Racines und seinen Abscheu vor den neumodischen Ro-
mantikern, besonders vor Victor Hugo. Keiner kennt besser als
er die Insektenart, welche man Alexandriner nennt,
insecte dont le raäle a douze pieds et dont la femelle, contrairement
ä ce qui a lieu dans toutes les races, en a treize.
Er kennt die ganze geheimnisvolle Organisation dieses bewun-
derungswürdigen Insekts :
il vous indiquera d'un doigt sür celui qui boite, soit qu'il ait un
pied de moins, soit qu'il ait un pied exuberant, celui qui a la taille trop
pres de la queue ou des epaules, celui qui bruit irreguliereinent, celui
enfin qui marchera sur les talons de son chef de file, ce qu'on appelle
enjamber.
Mit vierzig Jahren pflegt er inspecteur primaire zu werden,
oder inspecteur d'acade*mie, oder auch Friedensrichter. Wenn
das letzte, so verändert er sich völlig in seinem neuen Beruf,
baut vergnügt seinen Kohl, kennt Racine nicht mehr, und aus
seinen Manuskripten darf seine Frau nun Lockenwickel für die
kleine Athenais machen oder Eselshörner für den kleinen Oskar.
1 Wie jetzt Gerin a. a. O. 310 nachweist, zuerst Ass. 24. 2. 1842 er-
schienen.
Claude Tillier als Pamphletist. 415
Solche heitere Bilder kann der todkranke Mann nicht mehr
in sich aufrufen. Eines der letzten, noch von ihm selber ver-
öffentlichten Pamphlete: Non, il n'y a pas eu de Revolution
de Juillet, das sich gegen die gesamte innere und äufsere Politik
der Regierung richtet und zum Teil Klagen wiederholt, die wir
schon kennen, hat einen forciert -rhetorischen Anstrich. Doch
gerade was wir von Tilliers eigentlichem Wesen darin vermissen,
machte es dem gewöhnlichen radikalen Leser damals schmack-
hafter; es ist nach Tilliers Tode noch, bis 1847 elf mal, auf-
gelegt worden. x Wie dieses Pamphlet mit seiner stark in
Anaphern arbeitenden Rhetorik deutlich unter Cormenins Einflufs
geschrieben ist, so auch das schon erwähnte, ebenfalls gegen
die Regierung und ihre Kammermajorität gerichtete: Dotation
du duc de Nemours. Auch dieses enthält zur wesentlichen
Charakteristik Tilliers nichts Neues. Es wendet sich gegen
die im Jahre 1844 zum drittenmal von König Louis Philipp
erhobene Forderung einer Dotation für seinen zweiten Sohn, der
seit dem unglücklichen Tode des Herzogs von Orleans für die
Zeit der Unmündigkeit des Grafen von Paris zum Regenten
designiert war; hier hätte Tillier eigentlich wissen müssen, dafs
schon die Minister dem Verlangen des hartnäckigen Königs nur
mit gröfstem Widerstreben nachgegeben hatten, und dafs die
Bewilligung der Kammer von vornherein ganz unwahrscheinlich
war. Man hat den Eindruck, dafs Tillier vor allem eine bequeme
Gelegenheit zu Angriffen gegen den König und seine Söhne, in
deren Beurteilung er Cormenin nur allzu blindlings folgte, nicht
ungenutzt vorüberlassen wollte.
Das letzte von Tillier selber, wie es scheint, noch zum
Druck gegebene Pamphlet, dessen Ausgabe er aber nicht mehr
erlebte,2 enthält die ergreifende, bei uns in Pfaus Übersetzung
längst bekannte Klage um die Mutter. Es trägt die Auf-
schrift: M. de Ratisbonne, ou un commis-voyageur de la sainte
Vierge. Der Bischof Dufetre hat den älteren der beiden vom
Judentum zum Katholizismus bekehrten Brüder Ratisbonne —
die Bekehrung des jüngeren in Rom 1842 hatte auch in Paris
1 Bourquelot, La, Litterature francaise contemporaine G, 478.
2 Nach GeVin S. 312 Ende Oktober 1844 ausgegeben.
416 Claude Tillier als Pamphletist.
Aufsehen erregt ' — zu eiuer Gastpredigt nach Nevers gerufen.
Tillier hat ihn gehört und kritisiert ihn jetzt. Er ist für ihn 'un
pauvre sire'; er weifs im Grunde nichts zu sagen als immer
wieder: il faut aimer Marie. Diese himmlische Mutter sollte
Tillier mehr lieben als seine eigene irdische, die eben jetzt neben
ihm sitzt, alt und taub und nur um ihn besorgt!
Ma mere est ä cöte" de mon fauteuil de malade; eile est sourde, la
pauvre femme, et nous ne pouvons guere nous faire entendre; mais eile
est lä qui m'enveloppe de tous ses regards, qui cherche ä deviner dans
mes yeux ce que je desire, et dans le moindre pli de mon front ce qui
me deplait; eile a quitte" l'autre moitie de sa famille, celle qui n'a pas
besoin d'elle, pour prendre sa part de mon agonie. Les soins qu'elle
avait donnes ä mon enfance, eile les prodigue ä ma precoce vieillesse.
Elle a dejä vu mourir un fils, et eile vient encore me preter l'appui de
son bras pour me faire descendre plus doucement les pentes de la vie. ...
Et quand j'ai ä aimer une pareille mere, on voudrait que j'allasse porter
mes adorations ä une mere dont mes sens ne me rendent pas compte!
Pauvre mere! de quelle lourde main Dieu vous a-t-il donc mesure
les larmes qu'il a mises sous votre paupiere! Dieu ne serait-il donc
juste envers les meres? Un fils ne peut enterrer qu'une fois sa mere;
mais une mere, de combien de fils souvent ne porte-t-elle pas le deuil ! . . .
Oh! combien je suis moins ä plaindre qu'elle! Je meurs quelques jours
avant ceux de ma gehöration; mais je meurs dans cet äge oü finit la
jeunesse, et apres lequel la vie n'est plus qu'une longue döcadence. Je
rendrai ä Dieu mes facultas telles qu'il nie les a donnees; mon imagi-
nation vele toujours d'un vol libre dans l'espace, et le temps n'a point
blanchi les plumes de son aile. . . . Belle et päle automne ! tu ne m'as
point vu, cette annde, dans tes chemins bordes d'herbes fl£tries; je n'ai
vu ton doux soleil et je n'ai senti tes brises parfumees que de ma fenetre;
mais nous nous en irons ensemble! Je veux mourir avec la derniere
feuille des peupliers, avec la derniere fleur de la prairie, avec le dernier
chant des oiseaux, enfin avec tout ce qui est doux, avec tout ce qui est
beau dans l'annee. II faut que ce soit la premiere bise qui me dise: II
faut partir! — Ne vaut-il pas mieux mourir ä temps que de vieillir?
Im Herbst dann wirklich, wie er erwartete, in der Jahres-
zeit, die ihm so lieb war, die er wiederholt, im Vers und in
Prosa, mit einer matten, dem Tode nahen Frau verglichen hat,
am 12. Oktober 1844 ist Claude Tillier in Nevers gestorben.
Aufrecht und an der Arbeit blieb er bis zuletzt; vier Tage vor
seinem Tode war er in Clamecy und nahm Abschied von seinen
1 Sainte-Beuve, Chroniques Parisiennes S. 93.
Claude Tillier als Pamphletist. 417
Freunden. In den letzten Septembertagen hatte er zur Vermäh-
lung der Tochter eines alten Freundes in Clamecy mit einem
jungen Gelehrten, der, schon damals von der Universität wieder-
holt ausgezeichnet, später ein geachteter Physiker und Meteorologe
geworden ist,1 noch einen poetischen Glückwunsch in die Heimat
geschickt :
Un voile blanc, sainte et touchante chose,
Devant l'autel ce matin s'inclinait.
Heureux parents, vous faites un bouquet
D'un laurier vif et d'une rose.
Seine eigensten Gedichte hat er in Prosa geschrieben und
selbst über seine Pamphlete, wie wir gesehen haben, in unbe-
kümmerter Laune hingestreut. Eine das Wesen suchende Be-
urteilung auch des Politikers Tillier mufs sich zuvor mit dem
humoristischen Dichter genauer bekannt machen.
1 Mari6-Davy. Nach einer freundlichen Mitteilung von Herrn Am6dee
Catonne\ dem man eine im 'Echo de Clamecy' 1901 abgedruckte Con-
ference über Claude Tillier verdankt.
Berlin. Max Cornicelius.
Archiv f. n. Sprachen. CX. 27
Kleine Mitteilungen.
Ungedruckte Briefe aus Klopstoeks Lebensabend.
Die Originale der unten mitgeteilten Briefe befanden sich früher
im Besitz der Frau Elisabeth Cramer-Sieveking, der ältesten Tochter
des Syndikus Karl Sieveking (f 1847) und des Enkelkindes der
Adressatin, Frau Johanna Margareta S., geb. Reimarus, der Seele
des gastfreundlichen Hauses ihres Gatten Georg Heinrich, zu Neu-
mühlen. Frau Elisabeth C.-S. überliefs sie käuflich dem British
Museum1 am 15. Dezember 1890; sie bilden nun unter dem Buch-
staben P einen Teil des Sammelbandes Additional 33 610 A-T.
a) und b) sind auf Quart-, ß c) und d) auf Oktavbogen geschrieben. Im
Gegensatz zu dem in der Anmerkung erwähnten Jugendbriefe ist die
Handschrift des Dichters durchaus leicht lesbar, nur sind die Züge in d)
etwas zitterig. — Für die literarische Tätigkeit oder die literarischen
Beziehungen Klopstoeks ergeben die Briefe wenig Neues: immerhin
gewinnen wir aus c) und seiner Einlage einen Beitrag zur Textkritik
der Ode 'Unbekannte Seelen', während uns a) den Messiassänger in
einer Art Mäcenas-Rolle gegenüber der Pforte zeigt, d) endlich sein
Verhältnis zu F. Stolberg nach dessen 'Bekehrung' berührt. Um so
deutlicher sehen wir in das Privatleben des Dichtergreises, sehen ihn
im Kreise der ihn verhimmelnden und verhätschelnden 'lieben Freun-
dinnen', stets zu harmlosen Scherzen aufgelegt, nicht ohne dabei eine
dem Alter eigentümliche Geheimniskrämerei zu beobachten; daneben
spricht fast aus jeder Zeile eine selbstbewufste Eitelkeit, die wie ein
König oder Fürst Gnaden und Ehrenstellen leutselig verleiht, sei's die
Widmung einer Ode oder einen Messias -Vorleserposten an der Pforte.
London. R. Priebsch.
a)
Ich habe Ihnen, mich deucht, gesagt, dafs ich in die Prinzessin von
Thurn u. Taxis2 verhebt bin. Jetzt frage ich Sie, Liebste Sieveking, um
1 Ms. Egerton 24o7 enthält einen Jugendbrief Klopstoeks an Meta, abgedruckt
Schnorre Archiv 15, 2'-'>~> ff.
2 Therese Mathilde Amalie (Erbprinzefs von Thurn und Taxis, geb. Herzogin
von Mecklenburg-Strclitzj. der Kl. die Ode 'Das Denkmal' (1794) gewidmet hat
als Dank für eine ihm Winter 1795/96, zugleich mit einem anonymen Briefe, zu-
gesandte Efldene Dose, der ein Emailgemälde aus Her Hermannsschlacht einsrffüttt
war (Munker, Klopt»to< k s. 542).
Kleine Mitteilungen. 419
Rath, ob ich Ihr eine so deutliche Liebeserklärung mache darf, als ich
vorhabe? Ich werde Sie nämlich bitten, oder vielmehr einladen: In der
Pforte vier Vorlesern des Messias vier kleine goldne Medaljen zu geben,
die zusamen von ungefähr den Werth von 100 M. hätten. Die Vorlesungen
werden in der Zeit von einem Jahre gehalten. Der Rector bestimmt die
Tage, an welchen es geschehen soll: u. die jungen Leute wählen den jedes-
maligen Vorleser unter sich.' Die Deutlichkeit der Liebeserklärung werden
Sie mir zugestehn ; aber nun auch finden, dafs es sich für einen Privat-
mann nicht schickt, an Prinzessinen, u. dan auch nicht für mein Alter,
Liebeserklärungen zu machen; u. Sie werden es mir also natürlicher Weise
abrathen. Allein was soll ich nun thun, da ich die Sache einmal sehr
lebhaft wünsche? Könte ich den nicht in Hamburg bleiben? u. muß ich
den notwendig nach Regensburg gehn? In dem Falle, dafs Sie mit dem
Nichtverreisen zufrieden sind, bitte ich, Sie um keinen Rath, sondern ich
gebe Ihnen den, nicht zu bescheiden zu seyn. Der ihrige
den 5 May 1800 Klopstock
b)
Als mir der Gedanke von der Belohnung der pförtnischen Vorleser
kam, war auch gleich der Zweyte da: Aber ja kein Fürst, sondern ein
Bürger! Aus dem Bürger wurde bald eine Bürgerin ; und es währte auch
gar2 nicht lange, dafs Sie, L. Sieveking, die Bürgerin waren. In der
Freude über die Sache, gab ich meinem gestrigen Briefe (den kein sterb-
liches Auge sehen soll!) die Scherzhafte Wendung, die er hat. Sie sind
für das Verreisen nach Regensburg,3 ich bin es nicht. Daraus folgt gar
nicht, dafs ich Mathilde Amalia deswegen auch nur um ein Haar breit
weniger liebe, als sonst. Der Punkt, worauf es mir ankam, war: Weder
Fürst (also auch nicht der Markgraf von Baden,4 den ich hochachte u.
liebe) noch Fürstin sollten belohnen. Aber welchen Bür[ger]5 oder welche
Bürgerin soll ich nun wählen, da Sie für meine6 Wahl, mit der ich doch
so zufrieden war. nicht gewesen sind? Wen ich Sie hier um Ihren Rath
bitte, so bitte ich Sie zugleich um Ihren Beystand bey der Ausführung.
Aber am besten wäre es gleichwol, wen Sie umkehrten, u. mir gegen Sich
selbst bey ständen. Der Ihrige
den 0. May Klopstock
Adresse: An Madam Sieveking.
ß
[Antwort der Frau Sieveking.]
Mein bester Klopstock
Ich beantworte Ihren Brief gleich, weil er mir viele Freude macht.
Dafs ich ihn Niemand zeigen kann, thut mir recht wehe.
1 Ob dieser Plan zur Ausführung gekommen ist, weifs ich nicht zu sagen.
Am 20. März desselben Jahres hatte Kl. dem Rektor der Pforte, C. W. E. Heim-
bach, nebst einem Briefe die Göschen. Prachtausgabe des Messias zur Aufstellung
in der Schulbibliothek zugesandt, was auch unter grofsen Feierlichkeiten zu Ostern
(15. April) geschah (vgl. Munker S. 546; Heimbach, Klopstock Fever in Schul-
pforte. Grimma 1800). Der überschwengliche Bericht Heiuibachs (s. auch unten c)
mag ihm den Gedanken nabegelegt haben.
2 Vorher j a durchstrichen.
3 Über Ursache oder Absicht der Reise, zu der es aber sicher nicht gekommen
ist, sind wir nicht unterrichtet ; doch scheint es sich nach obiger Stelle um eine
Kinladung der Prinzessin gehandelt zu haben, die in dem schönen (verlorenen?)
Brief enthalten gewesen sein wird, auf den sich Frau Sieveking in ihrer Antwort
(oben fi gegen Schlufsj bezieht.
4 Über Kl.s Beziehungen zu ihm vgl. Munker S. 467 ff.
5 -ger verrieben. 6 Aus mit meiner korrigiert.
27*
420 Kleine Mitteilungen.
Ich fühle ganz das Ehrenvolle in der Absicht und das liebevolle des-
wegen tut es mir wehe. Ich fühle dafs ich der Prinzessin eine grofse
Freude rauben würde wenn Sie ihr nicht schrieben. Es palst nicht für
mich so zu belohnen, die die Ihnen einen so schönen Brief schreiben
konnte, die mufs dafür belohnt werden.
d. 22. Aug. 1800 c)
Wen meine Vermutung wahr seyn solte, dafs der edle Unbekante wohl
eine edle Unbekante seyn möchte; so werden Sie mir keine kleine Freude
machen, wen Sie Ihr einen Wunsch, den ich habe, als verzeihlich vor-
stellen wollen: Er ist: Ich habe die fünf an Sie gerichteten Oden ver-
anlafst. Dafür möchte ich die Belohnung erhalten, dafs ich Sie, ich sage
nicht fünfmal; aber doch mehr als Einmal küssen dürfte. Sie sind grofs-
mütig, L. S. u. Sie werden mir also bey der Unbekanten, die es dan frey-
lich mir nicht bliebe, durch Ihre Fürbitte beystehen. — Ich hatte gestern
vor Ihnen eine Änderung zu sagen, die ich in der Ode: Unbekante Seelen '
gemacht habe. Die beyden letzten Verse der letzten Strophe sind jetzt diese :
Ihre Stime. Kein Sturm wirbelt; aus Hainen weht's
Von den Siegen des guten Maus.
Ich bitte um den versprochenen Brief von Schmeiffer.2 Der Ihrige
Klopstock
P. S. In Heimbachs Briefe kommt etwas von einem seidenen Kiffen3
vor. Schade, dafs ein solches Kiffen so bald verdirbt.
d)
Hierbei Schmeiffers Brief. Sie konten, L. S. zur Ausrichtung Ihres
Auftrages keine bessere Gesandtin wählen, als die P.4 Sie verschwieg mir
indefs doch nicht, dafs Sie bei Gebung des Auftrages ein wenig satirisch
ausgesehn hätten. Das Satirische war, denke ich, von der unschuldigsten
Art. Den hätte es auch nur ein wenig Schuld auf sich geladen gehabt;
so hätten Sie ja den Ton verkannt, den ich meiner Bitte durch das Wort
verzeihlich, gegeben hatte: u. diese Verkeilung glaube ich nun einmal
nicht. Den irrte ich hierin, so verlöre ja dadurch der schöne Tag, den
Sie mir den 2. Jul. machten. U. der sol auch nicht Eine Blume verlieren.
Sie erinnern Sich, dafs Sie die Ode: Unbekante Seelen, erst nach
Errathung eines von mir aufgegebenen Räthsels, bekomen solten. Ich liefs
den Einfall vom Päthsel dem Scheine nach, fahren, u. gab die Ode. Aber
ich sage Ihnen jezt, dafs das Päthsel aufgegeben ist. —
1 Das Autograph der 'Im Junius 1800' datierten Ode liegt auf einem Quart-
bogen bei. Die Schlufsworte lauten hier:
Ihre Stime. Kein Sturm wirbelt, kein Fels erschallt
Vo m Getöse des Ozeans.
Sonst finden sich folgende Abweichungen vom Druck (Pawel S. 150 f.): Überschrift:
Unbekante Seelen. 5 treuere. 7 schlaget (st. strafet). 9 nicht eure
Seelen euch leugne. 31 Aber (st. O).
2 Johann Gottfried S., bekannter Physiker und Chemiker, vgl. ADB 31, 633.
3 Vgl. Heimbach a. a. O. S. 11: Die zwei Alumnen Küttner und Rüger trugen
Kl.s Geschenk auf einem Kissen von weifser Seide mit jungem Grün geputzt.
4 Vielleicht Fried. Elisabeth Poel, geb. Busch, die zu den 'liebsten Freunden'
des alten Dichters gehörte (Munker S. 541). — Es scheint — denn ganz klar ist
mir die Sache nicht — , dafs hinter der edlen Unbekanten (in c) Frau Sieve-
king zu suchen ist, an die Kl. fünf Oden gerichtet — d. h. doch wohl ihr ge-
widmet — hat.
Kleine Mitteilungen. 421
Ich habe endlich diesen Morgen einen Brief von St.* eröffnet. Er
sagt mir darin nichts von der traurigen Sache; und schliefst den Brief:
„Ach liebster Klopstock! Sie Kl. und mein ältester Freund! Welche
Gefühle ergreifen mich! Ich drücke Sic mit der ehrerbietigsten Zärtlich-
keit an mein Herz!" Dieser Schlufs hat mich erschüttert. Sie sehen,
was darin liegt. Der Ihrige
den 25. Aug. Klopstock
Zur deutschen 'Bauernpraktik' (1508).
Die ersten Ausgaben der deutschen 'Bauernpraktik' enthalten
zum Schlufs ein Kapitel ' Von den XII gueten Freytagen', für welches
der Herausgeber, Geh. Rat G. Hellmann, keine Quelle hat nach-
weisen können. Indes geht auch dieser Abschnitt auf eine alte Vor-
lage zurück, nämlich einen lateinischen Text, den soeben G. Mercati
aus einer vatikanischen Handschrift des 12. Jahrhunderts (Cod. lat.
3838) unter dem Titel 'Un apoerifo di demente Romano' (= Studi
e Testi Nr. 5, Roma 1901, S. 80 f.) veröffentlicht hat. Ein Vergleich
des beiderseitigen Anfanges zeigt, dafs es sich um eine ganz wört-
liche Übersetzung handelt.
Sant Clemens schreibt vnnd Ego Clemens, Romanus pontifex,
spricht: Ich wil euch machen ewigs paraui uobis uitam eternam. In-
ieben. Ich han gefunnden in dem ueni in canonibus apostolorum, quod
buch, das da haissett Canones Apo- Dominus dixit ad beatum Petrum,
stolorum, da Gott sprach zu sant magistrum meum; de duodeeim die-
Peter von zwölff freytagen, in den bus Ueneris, in quibus omnes chri-
alle Christen-menschen in wasser stiani in pane et aqua ieiunare de-
vnnd brot fasten sollen, usw. bent usque ad uesperas, usw.
Dieselben zwölf Freitage, aber mit anderer Begründung als Ein-
leitung, nennt ein lateinischer Text bei P. Meyer, Bulletin de la Soc.
des an9. textes, 1883, S. 97, woselbst auch eine französische Version
abgedruckt ist. Eine spätgriechische Übersetzung bei Mercati S. 238 ff.
Über die rumänischen Texte vgl. Gaster in Gröbers Grdr. II 3, S. 410.
Quellen zu anderen Teilen der 'Pauern Practick' siehe oben S. 347,
350, 351, 354.
Würzburg. Max Förster.
Zum angelsächsischen Davidbild.
F. Liebermann hat in Bd. CIX dieser Zeitschrift eine Notiz
S. 377 über meine Deutung des Davidbildes (zu S. 63 meiner Ge-
schichte der englischen Litteratur) gegeben. Dabei ist jedoch über-
sehen, dafs ein Nachtrag S. XII des ersten Abzuges meines Buches
die Erklärung des Bildes schon weiter gefördert hat, als es diese
Notiz tut. Damit nun nicht, durch Liebermann veranlagst, noch an-
dere sich an der Erklärung dieses Bildes versuchen, so gebe ich hier,
was die zweite umgeänderte und vermehrte Auflage meiner Literatur-
geschichte, mit der ich gerade jetzt beschäftigt bin, zu dem Bilde
1 Friedrich L. Stolberg, der am 1. Juni 1800 zum Katholizismus übertrat.
Vgl. ADß 36, 35U ff.
422 Kleine Mitteilungen.
bringen wird. Ich hoffe, dafs damit die ganze Frage genügend er-
ledigt wird!
Ein ähnliches Bild wie das unsere ist gegeben in H. Ottes Hand-
buch der kirchlichen Kunstarchäologie (5. Auflage bearbeitet von
Wernicke. Leipzig 1883. Bd. I, S. 523). Es ist dem Psalter Karls
des Kahlen entnommen. Hier steht der Vers dabei:
Quattuor hie socii comitantur in ordine Dauid
Asaph et (He)man Ethan atque Idithun.
Die Sänger und Spielleute Davids sind erwähnt : 1 Chron. 15(16 nach
anderer Zählung), V. 1 9 : 'Denn Heman, Assaph und Ethan waren
Sänger mit ehernen Cymbeln helle zu klingen', und 1 Chron. 17 (16),
V. 42 : 'Heman und Jedithun mit Trompeten und Cymbeln zu klingen,
und mit Saitenspielen Gottes'. Von Psalmen werden mit Asaphs
(Assaphs) Namen zusammengebracht: Ps. 50, 73 und 75 — 83 einschl.,
mit dem Jedithuns (Idithun, auch Idithim) Ps. 39, 62, 77. Heman
wird zugeschrieben Ps. 88, Ethan endlich Ps. 89. Auf unserem
Bilde ist bei der Überschrift Ethan der untere Strich des E abge-
sprungen, so dafs E wie F aussieht. Rechts kann man auf der für
unser Bild in London angefertigten Photographie idithun oder idithim
lesen (un und im lassen sich in angelsächsischer Schrift ja fast nie
unterscheiden). Über dem Spielmann rechts unten erkennt man auf
der Photographie noch .ema., also gleich Heman. So mufs der vierte
Musiker, dessen Name ganz unleserlich ist, Asaph sein. Die vier
Sänger und Musiker werden wie angelsächsische Jongleure dargestellt.
Ethan wirft Messer und Kugeln, Idithun spielt ein geigenartiges
Instrument, Asaph bläst Posaune und Heman Hörn. David, hinter
dessen Haupt auch der Name steht, sitzt würdevoll auf seinem
Throne mit der Knieharfe vor sich (nicht Zither, wie Liebermann
sagt). Der heilige Geist läfst sich auf ihn herab. Im Gegensatz dazu
findet sich auf dem Bilde bei Otte viel Bewegung. Nicht nur die
vier Begleiter tanzen, sondern selbst König David, der sehr jung
dargestellt ist, macht trotz seiner Harfe Tanzbewegungen.
Leipzig-Gohlis. Richard Wülker.
Das Handschriftenverhältnis in Cnuts Gesetzen.
Cnuts Gesetze * liegen in fünf angelsächsischen Hss. G D B A L
und vier Übersetzungen 12. Jahrhunderts vor, nämlich drei latei-
nischen, Q[uadripartitus], J[nstituta], C[onsiliatio], und in den Leis
Willelme. - D und W 3 ziehen nur wenige Stücke aus; auch J über-
springt viel; von B4 ist der Anfang verloren; L[ambard] kommt nur
1 Meine Qesetxe der Angelsachsen S. 278. 2 Ebd. S. 529. G12. 618. 492.
3 12— 8,2= W 1—2; 9,1 =W 17,3; II 2a — 3 = W 39— 41,1; II 15, 1
= W 13; 15, 1 — 19,2 = W 39, 1—44, 2; 20 = W 25; 24 — 31, 2 =
W 45 — 52,2; 71a — 71, 2 = W 20 — 20, 2 a, auch diese nur mit Aus-
lassungen und Änderungen.
4 Die Spur einer verlorenen Hs. etwa um 1100— 1150 erhielt auch B 2,
d.i. B's Korrektor im 16. Jahrhundert, deutlich 122,1. II 18. 19,2. 22,1.
Kleine Mitteilungen. 123
insoweit in Betracht, als er nicht, wie zumeist, buchstäblich B oder A
wiederholt oder, wie unzählige Male, blofse Druckfehler, Verderb-
nisse — des 16. Jahrhunderts oder frühere in verlorenen Mittelglie-
dern — und willkürliche Archaisierungen aufweist, sondern allein
ein ganzes Wort bewahrt.
Gleich im Prolog verordnet Cnut him sylfum to cynescipe 7 folc\e\
to ßearfe. Nur L hat folc, es fehlt G A C, aber Q, übersetzt commune,
J regni, und D, hier überall ändernd, bietet ßeode. Dafs folce von
Cnut gemeint war, folgt aus seinem Erlasse von 1020:' to minum
kynescype 7 to ealles folces ßearfe. Die verlorene Vorlage2 L's heifse 1.
Dafs L auch aus G schöpfe, folgere ich aus der Zeile I 7, 3 : 7 ficct beo
his beweddode wif, die GLQC J haben, AD aber auslassen, und aus
I 2 saulum to hcele in GL, was ADQC auslassen. Freilich bleibt
die Möglichkeit, L nehme beides aus 1. Umgekehrt ward L benutzt
durch G 2, den Korrektor G's im 1 6. Jahrhundert, I 1 2 ; G 2 klam-
mert ein L fehlendes Wort ein II 71. 3
D begeht zwei Fehler mit C gemeinsam gegen GBAQ, näm-
lich XL gegen LX II 1 5, 2 und synne gegen synnan II 6 ; ihre ver-
lorene Vorlage heifse de. Bei der Spärlichkeit der Argumente bleibt
jedoch die Möglichkeit, dafs D und C selbständig abwichen.
A gemeinsam mit Q läfst Wörter aus II 14, 1 gegen GJC,
II 46, 2 gegen GBC, überspringt eine Zeile DI 68, la gegen GBC,
ändert Ausdrücke in leichtere oder modernere, so leete riht zu wille
(uolo) II 75 gegen GJ, nime (aeeipiemus) zu lese (metemus) II 68
gegen GC, verderbt fyrdwite zu fyrdung II 12 gegen GBJC, blote
zu hlotce (sorte) II 5, 1 gegen GBC und deore zu deope (profunde)
II 2, 1 gegen GDB JC. Die verlorene Vorlage von A und Q heifse aq.
J begeht mit L den Fehler uitam (feorh) II 16 gegen freme G,
freoma B, feorme A, commodo Q, C, vermutlich gemäfs einer verlorenen
Vorlage il. J läfst II 3 eine in GDBC stehende Zeile gemeinsam
mit aq aus, folgend einer gemeinsamen Vorlage aqil. W liest 39, 1
XL solz wie J II 15, 1 XL sol. gegen GDBAQC; 44, 2 nam
prendre wie J II 19, 2 aeeipere ndme und 47, 1 ne volt wie J II 25 a
noluerit gegen GBAQC; 45 ne mort ne vif wie JC DI 24 vivum
nee mortuum gegen GBAQ,; 41,1 l'anme wie G J II 3 saule gegen
DBAQC; 41 defendun wie AJC II 3 forbeodad gegen GDBQ;
40 prohibemus wie II 2, 1 BQ JC forbeodad gegen G A. Jedoch setzt
W 52, 2 utlage mit A II 31, 2 gegen utlah GB, 13 sa were mit A
24,3. 30, 1. 42. 55. 56. 57. 65. 72. 73a. 80,1. In II ü8, lb hat der Kor-
rektor durch Rasur den Text Cnuts geändert, so dafs er Cnuts Quelle,
nämlich Edgars sog. Canones, entspricht. Und jene Stellen sind zumeist
solche, die keine Parallele in einem der anderen Texte haben. Eben darum
läfst sich B 2 nicht klassifizieren ; doch steht II 75 leete riht in B 2 G
deutlich gegen BA. * .Qes. Agsa. S. 274.
2 Vgl. Wroblewski Über altengl. Ges. des K. Knut 13. Auch arcere
II 15 1 in L für rcere GBA entstammt wohl nicht D, sondern 1.
:; Dreimal setzt G2 Zahlwörter aus L über Zahlen II 71,1. Wenn
G 2 kleiner Besserungen fähig war, so schöpfte er auch I Epilog aus L.
424
Kleine Mitteilungen.
II 1 5, 1 his weores gegen G D B Q, J C : ein Beweis, dafs W zwei Les-
arten für II 15, 1 benutzte, denn W 39, 1 steht statt Wergeides eine
Geldsumme. Vermutlich also stammt W aus aqil oder, wenn der
letztere Fall auf zwei selbständigen Abweichungen beruht, aus iL
Die drei oder vielmehr vier gemeinschaftlichen Fehler von B
und A, nämlich twa, peofman II 18. 32 gegen tuwa, peowman in
GQ, JC und beo II 33, 1 a statt beö in GQ, fcestan statt faste man
1 1 6 a, sind so geringfügig, dafs sich darauf keine Theorie hätte auf-
bauen sollen.
Ebenfalls nur zufällig scheinen gemeinsam zu irren GB I 22, 3
mit syn gegen synd (sunt, continentur) in AQC, G J II 3. 73 a mit
sawle (anima) gegen sawla (animas) und landan (terms) gegen lande
(terra) in B A Q C, G Q J C II 4 a mit forfaran gegen forfare in B A ;
ferner mit den überflüssigen Zufügungen B J men (hominibus) II 30, 7
gegen GAQC und B2 J anddaga (dies statutus) II 19, 2 gegen
G B 1 A Q C. Zu II 1 8 fügen gegen G B 1 A Q 1 1 C, sinngemäfs, aber
überflüssig, ein necesse Q2J und im 1 6. Jahrhundert [ausQ2?] neod
B 2 : wahrscheinlich eine unabhängige Stilerleichterung durch mehrere
Schreiber. Hieraus ergäbe sich folgender Stammbaum:
Archetyp
<E l
B2
de?
aqil
i> A
aq
\
r~r
j i
w
l
g's
So einfach aber erklären sich die Abweichungen der Texte ge-
wifs nicht alle. Zunächst nämlich bieten Q, J (und C ?) in ihren ver-
schiedenen Ausgaben, die Ql.2, Jl.2 (und Cl.2) heifsen mögen,
mehrfach zwei verschiedene Lesungen, deren jede bald mit der einen,
bald mit der anderen Klasse stimmt. So fügen BJl habbe 7 (habet
vel) ein in 71, 5 gegen GAQJ2C. Mit afylle B, fylle A, occisus J,
peremerit C hat Ql affligat, aber Q2 aecuset mit teon wylle G II 20;
mit licceras A (parasiti C) hat Q, 1 liguritores, aber Q, 2 besser adula-
tores mit liceteras (adulatores) GDBJ II 7; und mit GB liest J2C2
ualde II 76, 3, was AQJlCl fehlt, und mit odde reaflac (rapiendo,
rapina) BAJC bietet rapina Q, 2, während GQl diese Wörter fehlen,
II 47. Vermutlich hatten in diesen Fällen aq, il, aqil und schon der
Über die Zeichen Q, l. 2 siehe sechs Zeilen weiter.
Kleine Mitteilungen. 425
Archetyp zwei Textformen (entweder durch Zeilenüberschreibung oder
Randbemerkung), von denen GBAC nur eine bewahrten.1 So druckt
L II 29 neben ade mit GBAJC, am Rande al. lade, wie Q lada,
vermutlich aus einem Doppeltext in 1, il und aqil : es sei denn, Lam-
bard habe das Wort etwa aus Bromtons Q, herausgepflückt. Auch
II 76, 1 a liest L mit A tyge, während G lege, JC scrinii bieten, und
setzt an den Rand alias teah, d. i. Nominativ vermutlich zu ieage in Q,.
Aber nicht nur die in Q, in J, in 1 variierenden Lesungen
zwingen zur Annahme doppelgestaltigen Archetypes: ohne solche
läfst sich auch nicht erklären, dafs bald das eine, bald das andere
Paar der Handschriften vom Reste abweicht. So haben AC2 eine
gewifs nicht Cnut gehörige Überschrift gegen GDQ, J; und BC bieten
gegen GAQ schon hinter dem ersten Teile den richtiger erst hinter
dem ganzen Werke passenden Epilog. Wenn G den Paragraphen
51, 1 hinter 52, Q, und J 52 hinter 52, 1 versetzen, so standen ver-
mutlich in aq, il, aqil und dem Archetyp Umordnungszeichen, die
nur BA und de richtig verstanden. Statt beodap führen das deut-
lichere forbeodap ein einmal BQJC gegen GA II 2, 1, das andere
Mal A JC gegen GBQ, II 3. Weniger originale Lesarten bieten
GC mit his soene (privilegium) gegen hü in B AQJ II 73, 1; GQJC
mit cefre (semper) gegen efen DA I 2, 2; ferner GQ, 47; BJ 71, 5;
B AQ, JC II 20; s. o. Der Archetyp hatte jenes folee im Prolog wohl
am Rande, ebenso aqil und aq; da übersahen es GdcA, während es
QJ1 in den Text setzten. Von den drei Lichtzinsterminen geben
GA nur zwei; Maria Reinigung, von Cnut zweifellos mitgemeint,
steht richtig in LQJC I 12. Entweder hat jeder der drei — de, Q,
und il — die auf der Hand liegende Besserung selbständig vollzogen,
wofür vielleicht der vor 1100 unmögliche Fehler in L spricht, oder
die Wörter standen am Rande im Archetyp, in aqil und in aq und
wurden durch G und A übersehen.
So zeigen sich deutliche, aber höchstens ein Dutzend Stellen,
an denen unsere Hss. nicht auf eine archetype Lesung sich zurück-
führen lassen. Beruht also die Variation auf dem Benutzen zweier
gleich authentischen Gesetz-Ausfertigungen? Solche Annahme ist
möglich, aber nicht notwendig. Vielmehr kann der Archetyp an
jenem Dutzend Stellen Änderungen privaten Ursprungs gezeigt haben,
die bald der eine, bald der andere Abschreiber beachtete.
Berlin. F. Liebermann.
Zum Havelok.
V. 1674 ff. bietet die Hs.:
Hwanne he hauede his wille yat,
pe stede, pat he onne sat,
Smot Ubbe with spures faste.
1 Für 'Gerüfte' 1148,2 ist hearme GBA, wasQ2C sinnwidrig damno
übersetzen, Metathese oder archetyper Schreibfehler statt hrcame; QlJ
übertragen sinngemiil's clamore, ohne dafs sie hrenme gelesen haben müssen.
2 Vielleicht nur zufällig überspringen sie II 26,1 gegen GBQJ.
426 Kleine Mitteilungen.
Ich hatte dies in meiner Ausgabe geändert:
Hwanne he hauede his wille yet[e],
pat he onne sat, ße stede,
Smot Ubbe etc.
Skeat in seiner neuen Ausgabe schreibt:
Hivanne [pat] he his wille quath,
pe stede, pat he onne sat,
Smot Ubbe etc.
In einer Besprechung der letzteren im Mod. Lang. Quart. V, 154 ff.
durch W. W. G[reg] nimmt der Rezensent an Skeats Änderungen
mit Recht Anstofs, aber seinen eigenen Vorschlag, wat (yat) = quat
als durch Reimnot hervorgerufene ungrammatische Form (statt
des richtigen Part Prt. quepen) aufzufassen, kann man kaum ernst
nehmen ! Da in der Hs. y und das Runenzeichen für w nicht unter-
schieden werden, x kann man an der betreffenden Stelle auch yat
lesen, was schon bei Stratin an n-Bradley S. 263 b richtig als Part. Prt.
von jäten, jeten (ae. jeatan) erklärt worden ist, vgl. auch Mätzners
Wtb. 2, 337 b. Das Verbum bedeutet 'to grant, concede; bewilligen,
gewähren', und dies gibt auch einen vorzüglichen Sinn, wenn man
nur V. 1674 he auf Havelok, his aber auf Ubbe bezieht.2 Ich be-
daure, dies erst jetzt erkannt und Stratin.-Bradleys einleuchtende Auf-
fassung der Form, die auch Skeat entgangen zu sein scheint, früher
übersehen zu haben.
Kiel. F. Holthausen.
Franzosen über Engländer im 13. Jahrhundert.
Les Anglais du Moyen Age d'apres les sources francaises führte
Langlois in Revue histor. 52, p. 298 vor. Ph. Lauer (Le regne de
Louis IV, 1890, p. 296) edierte aus dem Historiker Wilhelm von
Nangis eine Sage mit einem Ausspruche König Ludwigs, der bis
936 in England flüchtig gelebt hatte, in welcher sich die Meinung
der Franzosen des 13. Jahrhunderts spiegelt: Les Anglois sont en-
fantibles et folz de sens = Anglos sensu esse pueriles et fatuos; nee
id mirum, cum extra mundum conversentur.
Berlin. F. Liebermann.
Fronleichnamsmysterien zu Beverley.
A. F. Leach edierte Beverley town documents for the Seiden So-
ciety 1900. Unter den Urkunden, 1306 — 1582, die zumeist latei-
nisch, seit 1493 englisch lauten, betrifft vieles das jährliche Schau-
spiel. Jede der 38 Zünfte schmückte ein hölzernes castellum, wo sie
sich der Kirchenprozession präsentierte, und spielte oder liefs spielen
1 Vgl. Hupe, Anglia XIII, 194.
2 Oder hätten wir ne. zu übersetzen: When he (Ubbe) had his will
granted — als er seinen Wunsch gewährt bekommen hatte'? Vgl. über
diese Konstruktion im Me. Mätzners Gramm.3 III, 88.
Kleine Mitteilungen. 427
eine pagenda (pagina ludi). Die Fronleichnamsgilde, 1330 — 50 zu-
nächst aus Priestern gebildet, ordnete und führte den Aufzug, aus
dem das Spiel vor 1379 entstand. Die Krämer, die reichsten, spielten
zwei Stücke: Black Herod und Domesday, die Walker 'Schöpfung
Adams', die Tuchscherer 'Adam und Seth', die Goldschmiede 'Drei
Könige von Cöln', die Barbiere 'Taufe Christi', die Tuchmacher
Demyng Pylate, die Gelbgiefser 'Kreuzigung', die Schmiede 'Himmel-
fahrt'. Zum 'Paradies', welches die Hayrers darstellten, gehörten u. a.
2 wenges angeli, 2 visers, 1 firsparr, 1 worme. P. xlüj. XLvij. l. i,ij.
lAx f. 33—7. 45. 99. 109. 111. 118. Vgl. Leach in Engl miscell.
für Furnivall 1900.
Berlin. F. Liebermann.
Parallelen zu Chaucers Prioresses Tale und Freres Tale
enthalten die 'Fragmente der Libri VIII Miraculorum des Caesarius
von Heisterbach' (13. Jahrhundert), welche kürzlich A. Meister als
13. Supplementheft der 'Römischen Quartalschrift' Rom 1901 ver-
öffentlicht hat. Die 67. Erzählung des III. Buches handelt: De scho-
lari, quem Iudaei pro cantu de sancta Maria oeciderunt, quem beata
Maria Herum vivificabat (S. 189 ff.) und die 17. Erzählung des
II. Buches : De advocato, quem diabolus vivum rapuit, dum iret facere
exactionem. Doch können beide nicht die direkten Vorlagen Chaucers
gewesen sein. — Übrigens enthält der Band verschiedene andere
Erzählungen, in denen das Absingen eines Marienliedes einem Ret-
tung schafft.
Würzburg. Max Förster.
Jamnes und Mambres (zu Archiv CVIII, 15 ff.)
sind, worauf mich Dr. Glauning hinweist, auch in dem frühmittelengl.
Margareten-Leben, ed. Cockayne (1862) p. 1 6, citiert. Margarete fragt
den Teufel, der ihr im Gefängnis erscheint, wer er sei. Dieser ant-
wortet: hiverto schuld i teilen fte ant mi tale tealin, lufsum lefdi, of
ure cunde ant ure cun, ps&t tu cost te seolf iseon in Iames [Ms. B :
Iameines] ant Imembres [B: Manbres] bokes ibreuet. Die Stelle ist um
so interessanter, als sie klar zeigt, dafs dem Verfasser der Legende
(d. h. wohl der lateinischen Vorlage), ebenso wie dem Origenes u. a.,
ein 'Buch', eine besondere Schrift über Jamnes und Mambres bekannt
war. In der altenglischen Margareten-Legende (ed. Cockayne, Cam-
bridge 1861, p. 43) findet sich nichts Entsprechendes.
Würzburg. Max Förster.
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Studien zum Liederbuch der Klara Hätzlerin. Von Karl Geuther.
Halle, Niemeyer, 1899. 166 S. 8. M. 3,60.
Das Liederbuch der Klara Hätzlerin, d. h. das Liederbuch, das Klara
Hätzlerin abschrieb, wurde 1840 von Haltaus herausgegeben. Es ist wohl
die merkwürdigste Sammlung derart aus dem ausgehenden deutschen Mit-
telalter. Weltliche und geistliche, lyrische und epische, didaktische und
allegorische, volkstümliche und verkünstelte, bürgerliche und ritterliche
Kunst, alles bringt dies Buch im tollsten Durcheinander. Neben den geist-
lichen Dichtungen des Mönchs von Salzburg und den ernsten und beredten
Mahnungen Suchenwirts steht das unflätige Werbungsgedicht Hermanns
von Sachsenheim oder die, Rosenplüt zugeschriebenen, schmutzigen Lehren
der Buhlerei, die eine Mutter der Tochter erteilt; nach belanglosen Ge-
legenheitsversen erscheinen umständlichst ausgeführte Dichtungen, das
Derbe neben dem Zarten, echte und ewig junge neben der überlebtesten
Kunst. Es ist ein fortdauerndes Hin und Her, bald singt sich die Liebe
ihre hinreifsenden, leidenschaftlich überströmenden Lieder, bald erklingen
schlichte, echt volkstümliche Weisen, dann wollen wieder farblose, kon-
ventionelle und banale Lieder und Sprüche kein Ende nehmen, oder das
Volkstümliche artet aus zur bäuerischen und plumpen Roheit. Unser
Liederbuch führt uns fast zu allen Dichtern des 13. und 14. Jahrhunderts,
zu Konrad von Würzburg und Oswald von Wolken stein, zu Hermann von
Sachsenheim und dem Suchenwirt, zum Teichner und zum Mönch von
Salzburg und zu manchem andern ; es gibt die lebendigste und, man möchte
sagen, die kompendiöseste Vorstellung von der Dichtung des deutschen aus-
gehenden Mittelalters, von seiner Wirrnis und von seiner Überfülle an
Leben.
An diesem Liederbuch gingen nun die Germanisten 6 Jahrzehnte vor-
bei, sie lasen und citierten daraus, aber um seiner selbst willen haben sie
es nie studiert. Das ist eine Vernachlässigung, die man auch dann nicht
begreift, wenn man sich, ungern genug, daran erinnert, wie gering, alles
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 429
in allem, das Interesse für die ganze deutsche Literatur von 1250 — 1500
bisher war. — 1899 hat also endlich Geuther, einer Anregung Philipp
Strauchs folgend, mit Studien zur Hätzlerin begonnen. Die Liedersamm-
lung, die sie abschrieb, bewahren uns, wenn auch nicht so vollständig, auch
zwei andere Handschriften, demgemäfs untersucht G. zuerst das Verhältnis
dieser 3. Handschriften: leider nicht zusammenhängend, sondern mit grö-
fseren Unterbrechungen. Diese Untersuchung scheint mir klar und über-
zeugend, ich kann ihr nicht in die Einzelheiten folgen, sie macht aber
gewifs, dafs unser Liederbuch vielfach verbreitet war und vielfach abge-
schrieben wurde, und dafs es sich dabei stetig vermehrte (vgl. über die
ursprünglichen Teile der Sammlung besonders S. 39). Manche der ein-
zelnen Lieder sind aufserdem noch in anderen Handschriften erhalten, die
G. übersichtlich und dankenswert zusammenstellt (S. 31 nach Liedern,
S. 47 nach Handschriften geordnet). In der Mitteilung von Varianten aus
diesen Handschriften ist der Verfasser sehr behutsam, fast ängstlich: doch
war diese Zurückhaltung vielleicht am Platz. In der Einzeluntersuchung der
Lieder bemüht sich G. besonders, die namenlosen Lieder bestimmten, an-
derweitig bekannten Dichtern zuzuweisen, er bereichert dabei den Suchen-
wirt und den Teichner und namentlich Hermann von Sachsenheim, diesen
gleich um mehrere Lieder. Wenn diese sehr beachtenswerten Ergebnisse
standhalten, so sind sie um so bedeutsamer, als wir bisher nur Dichtungen
aus dem Greisenalter Hermanns besafsen und diese durch G.'s Nachweise
nun durch Dichtungen aus den Mannesjahren höchst willkommen ergänzt
würden. Leider ist G. mit seinen Kriterien wieder sehr ängstlich und
sparsam, und diesmal war die Zurückhaltung sicher nicht am Platz, er
beschränkt sich nämlich darauf, zu den in Frage kommenden Liedern bei
der Hätzlerin aus anderen Dichtungen Hermanns ähnliche oder gleich
lautende Wendungen beizubringen, die zudem grofsenteils allgemein ge-
brauchte Formeln sind und darum im besonderen Fall die Abhängigkeit
einer Dichtung von einer anderen nicht erweisen können. Weder die Kri-
terien der Sprache, noch die des Reims, die der Verskunst, die des Stils
sind energisch und methodisch verwertet; das bleibt alles späteren Unter-
suchungen vorbehalten. Aber die verwahrloste Überlieferung des späten
Mittelalters erschwert die Handhabung dieser Kriterien besonders dem
Anfänger zu sehr, aufserdem ist G.'s Streben so ernst und sein Auftreten
so bescheiden, dafs man ihm seine Fehler nicht vorhalten mag, er wird
sie selbst am besten wissen. Vielleicht setzt er seine Studien fort und
erweitert sie einmal zu einer neuen kritischen und kommentierten Ausgabe
der Hätzlerin, wenn er in die schwere Rüstung der Philologie hinein-
gewachsen ist und ihre Waffen kräftiger führen gelernt hat. Möchten
diese Studien, die einen Anfänger sofort zu lohnenden Ergebnissen führten,
auch bei andern Lust und Liebe für das ausgehende Mittelalter wecken. '
München. Friedrich von der Leyen.
1 Es sei hier auf die sehr fördernde Besprechung der Schrift Geuthers durch
Michels (Anz. 1'. deutsch. Altert. 28, 342 f.) verwiesen, die vieles von dem nach-
holt, was G. versäumt hat.
430 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Otto Frommel, Neuere deutsche Dichter in ihrer religiösen Stel-
lung. Berlin, Gebr. Paetel, 1902. VI, 237 S.
Je stärker das religiöse Problem in der neueren Literatur selbst her-
vortritt — ich erinnere nur etwa an Polenz, Dreyer, Remer — , desto
lebhafteres Interesse mufs auch die Frage erregen, welche Rolle es in der
Dichtung älterer scheinbar oft religiös indifferenter Dichter gespielt habe.
Insbesondere hat das bekannte Buch von Filtsch über Goethes Religions-
anschauungen z. B. bei dem verstorbenen E. Curtius eine wahrhaft enthu-
siastische Aufnahme gefunden , wie wir aus seinen eben erschienenen
Briefen ersehen. Auf diesen Pfaden bewegt sich auch Frommeis Buch,
und es ist von dem gleichen Geiste milder Versöhnlichkeit getragen. Zwar
seinen protestantischen Standpunkt verleugnet der Verfasser so wenig,
dafs er sich (S. 216) zu dem Urteil hinreifsen läfst, der geistige Höhen-
stand der katholischen Kirche liege tief unter dem Roseggers! So betont
er wohl auch das evangelische Gefühl C. F. Meyers zu stark, das doch
wohl in dessen 'sittlichem Pathos' (S. 233) seinen eigentlichen Sitz hat
und demgemäfs mehr von allgemein moralischer als von spezifisch religi-
öser Färbung ist. Um so besser kommt aber jener Geist der Milde denen
gegenüber zum Ausdruck, deren aulserkirchliche Stellung keineswegs immer
so versöhnlich und so objektiv beurteilt worden ist. Namentlich in unserm
Fontane versteht er mit liebendem Eindringen den wehmütigen Ernst hinter
der angeblichen 'Frivolität' (S. 154) zu zeigen, wobei auf den Gegensatz
der 'Müuchener' und der 'Berliner' ein scharfes Licht fällt. Der 'realistische
Idealismus' Fontanes wird aus seiner Persönlichkeit (S. 147) erklärt, ge-
rade wie Hebbels Stellung gegen alle geoffenbarte Religion ruhig im Zu-
sammenhang mit seinen Kunst- und AVeltanschauungen erläutert wird.
Der Vergleich mit Novalis (S. 35) führt freilich nicht in die Tiefe. —
Frommel macht auch daraus kein Geheimnis, dafs an der Kirchenfeind-
lichkeit der literarischen Kreise die Kirche eine Hauptschuld trägt (S. 230),
wobei er freilich mit Unrecht Paul Heyse aus der 'vornehmen Kunst'
ausweist.
Am wenigsten scheint uns der Aufsatz über Marie von Ebner-Eschen-
bach fördernd. Hier hat sich der Verfasser wohl auch in der Beurteilung
der Äbtissin im 'Gemeindekind' ganz vergriffen, weil er eben doch un-
willkürlich den lutherischen Standpunkt einnimmt, wo mit katholischen
Voraussetzungen zu rechnen wäre. Sonst weifs er Dichterstellen mit Ge-
schick zu verwerten, z. B. für C. F. Meyer (S. 139).
Auffallend dürftig sind die Schlufsbemerkungen ausgefallen. Frommel
weifs doch eigentlich nicht recht etwas Allgemeineres aus dem Glaubens-
bekenntnis der acht von ihm betrachteten Autoren zu erkennen; denn dafs
das Christentum bei jedem Dichter ohne Ausnahme Spuren hinterlassen
hat, versteht sich doch wohl ohnehin von selbst, und dafs hervorragenden
Persönlichkeiten ein innerer sittlicher Ernst nicht fehlen wird, kaum min-
der. Das soziale Interesse aber, das Verfasser als neues Merkmal heraus-
heben möchte, ist doch bei Theodor Storm so gut wie gar nicht zu ent-
decken. Ist es nicht schliefslich doch ein vergebenes Bemühen, die reli-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 431
giöse Stellung von Hebbel und Rosegger, C. F. Meyer und Gottfried
Keller als Beleg einheitlicher Zeitphänomene auffassen zu wollen?
Berlin. Richard M. Meyer.
Albert Brand: Müller von Itzehoe. Sein Leben und seine Werke
(Literarhistorische Forschungen herausgeg. von Schick und
v. Waldberg, XVII). Berlin, E.Felber, 1901. 99 S. M. 2,40.
Erich Schmidt hat in seinem Buche 'Lenz und Klinger' (Berlin 1878)
zwei Kraftgenies der Sturm- und Drangperiode geschildert. Brand bringt
jetzt eine tüchtige Monographie eines ihrer Hauptwidersacher, Müller,
nachdem dessen Freund und Führer, Nicolai, das eigentliche Haupt der
Antigenies, 'der Geist der Verneinung', 'der geborene Feind des Schönen',
schon von Minor (Lessings Jugendfreunde, Deutsche Nationalliteratur 72)
gewürdigt worden ist.
Auf Schröder, Muncker und Pröhle fufsend und sie vielfach ergän-
zend, macht uns Brand hier mit dem Werdegang eines Zeitgenossen un-
serer klassischen Dichter bekannt, der zur Fahne des Berliner Buchhänd-
lers Nicolai schwört und kräftig gegen die Originalgenies wettert. Müllers
Lebensweg ist sehr einfach. 1743 als Sohn eines Arztes zu Hamburg
geboren, besucht er die besten Bildungsstätten seiner Vaterstadt, kommt
sehr bald in das rationalistische Lager unter dem Einflute von Reimarus,
studiert dann in Helmstädt Medizin, wird aber später Buchhändler und
Schriftsteller, zuerst in Magdeburg, dann in Hamburg und schliefslich in
dem schleswig-holsteinischen Städtchen Itzehoe, wo er hochbetagt im
Jahre 1828 starb.
Für die Literaturgeschichte kommt Müller hauptsächlich als Roman-
schriftsteller in Betracht. Als Lyriker (Gedichte der Freundschaft, der
Liebe und dem Schmerze gesungen) gehört er wirklich zu den 'poetischen
Insekten, die uns von Liebe vorsummen', wie es im Almanach der deut-
schen Musen (1771, S. 107) heifst. Müllers Muse war äufserst reich und
die Zahl seiner Romane grofs: Der Ring 1777. — Geschichte der Seva-
ramber 1783. — Eine Romanserie, Komische Romane aus den Papieren
des braunen Mannes in acht Bänden 1784 — 1791 enthaltend die Herren
von Waldheim, Emmerich und die Geschichte des Herrn Thomas.
Einige Erzählungen in den Straufsfedern. — Selim der Glückliche 1792.
— Friedrich Brack 1793—95. — Novantiken 1799. — Antoinette 1802. —
Ferdinand 1802. — Familie Benning 1808. — Drei Übersetzungen aus
dem Holländischen: Sara Reinert 179(5, Wilhelm Leerwend 1798—1800
und Klärchen Wildschütt 1800. Müllers Hauptwerk, das ihm einen Namen
in der Literaturgeschichte sichert, ist der Roman Siegfried von Linden-
berg, 1779 (im Auszug), 1781/82 (vollständig) und oft abgedruckt.
Brand hat die Bedeutung und literarische Stellung aller dieser Ro-
mane im allgemeinen klar und richtig darstellt. Nur wäre vielleicht eine
noch gröfsere Präcision in der Charakterisierung der drei Gruppen, Lohen -
Steingruppe — Nicolaischule (Müller) — Sturm und Drang (Werther), zu
wünschen gewesen. Müller gibt, ebenso wie Nicolai in seinem 'Sebaldus
432 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Nothanker', in allen seinen Romanen ein nüchternes, karikiertes Bild des
ganzen sozialen, politischen und literarischen Deutschland. Unzählige
Doktrinen und Debatten mufs der Leser geduldig hinnehmen. In einer
Menge von Anzeigen in der Jenaer Allg. Lit.-Ztg., in der Allg. Deutschen
Bibl., Goth. gel. Ztg., im Deutschen Museum, in der Neuen Leipz. Lit.-
Ztg. rühmen die Rezensenten dem hausbackenen Müller alle möglichen
Vorzüge nach und räumen ihm eine exceptionelle Stellung ein : 'Unter
dem zahllosen Schwall abortierter Mifsgeschöpfe wieder einmal das Er-
zeugnis eines Mannes' (Jenaer Allg. Lit.-Ztg. 1787, 13. Jan., S. 97). Den
Anforderungen des 'ekeln Kunstrichters', denen er einst genügen konnte
(Eschenburg, Beispielsammlung, 1795, VIII, 268), genügt er heute nicht
mehr ganz. Der Kultur- und Literaturhistoriker wird aber immer seine
helle Freude an S. v. L. haben. Es ist ja ganz interessant, zu verfolgen,
wie der vor der Weisheit der Schulmeister ängstlich gehütete Junker S.,
'der sich herzlich freut, dafs es Zirkel gibt, wenn er in den Bach spuckt'
(S. 45 bei Reclam), auf dem falschen Wege umkehrt und ein braver Ehe-
mann wird. Wenn Bergk (Die Kunst, Bücher zu lesen, Jena 1799, S. 204)
vom Romanschriftsteller verlangt, dafs er nicht allein 'die Tugend lobens-
wert und das Laster verabscheuungswürdig macht, sondern dals er auch
die Torheiten, Narrheiten, Inkonsequenzen und albernen Wünsche der
Menschen geifselt', so könnte man meinen, Bergk habe diese Forderung-
direkt aus dem S. v. L. abgeleitet. Müllers Roman ist wie das hundert-
torige Theben, und durch alle Tore ist der Verstandes- und Gedächtnis-
kram, der im Gehirn des Herrn Müller aufgespeichert war, mit Sack und
Pack eingezogen, ohne dafs eine ästhetische Zollrevision stattfand.
Brand analysiert eingehend und treffend die Typen des S. v. L. Nur
ungern vermissen wir dabei den freilich auch im Roman etwas zu kurz
gekommenen Pastor Loci, trotz der Frau Pastorin 'ein ernsthafter, ver-
ständiger und gewissenhafter Mann; keiner von den schleichenden Bück-
lingsfabrikanten, die zwar auf der Kanzel Donnerstimme reden und mit
dem Hammer des Gesetzes alles gleich irdenen Töpfen zerschmeifsen
oder wie die ausgeschlürfte Schale eines weich gesottenen Eies zerknirschen
wollen und inter privatos parietes jedem den Fuchsschwanz streichen, bei
dem es fette Bissen oder doch wenigstens einen guten Beichtpfennig gibt,
den Grofsen und Reichen mit neuer Mär hofieren, fix bei der Hand sind,
wenn sie einem Kollegen einen Konfirmanden oder eine Kopulation weg-
schnappen können, keine noch so berüchtigte Sünderin aus dem Beicht-
stühle weisen, aber desto glühender ihren Eifer fürs hl. Zion an einer
armen Dirne bewähren, die in einem schwachen Augenbücke nicht daran
dachte, ihr Fleisch zu kreuzigen' (S. 37 bei Reclam).
Ein Londoner Arzt schrieb auf den Arzneizettel seiner Rekonvales-
zenten, um deren Genesung zu beschleunigen: 'Recipe alle Tage ein paar
Stunden einige Blätter Peregrine Pickle' (Anz. d. deutschen Merkur, Juni
1783). Dasselbe will Müller mit seinem Roman, der alles beschreibt, was
zwischen Himmel und Erde ist, der Lehrbuch und Katalog zugleich ist,
für die kranken, verbildeten Deutschen leisten. Sie mögen ruhig täglich
einige Kapitel S. v. L. lesen, und bald werden sie moralisch gesunden.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 433
Klar und überzeugend legt Brand das Verhältnis Müllers zu Fielding,
Smollett und Sterne dar. Cervantes und Wieland sind etwas zu kurz
gekommen ; von Wezel, an den nach Muncker (A. D. B.) manches in
Müllers Roman erinnert, spricht Brand gar nicht.
Erich Schmidt betout in einer Rezension von Bobertag (Schnorrs
Archiv IX 410 — 111) den 'engen, nie aus den Augen zu verlierenden Zu-
sammenhang zwischen Roman und Drama'. Brand hat diesen Punkt
wenig beachtet. S. 51 führt er zwar an: 'P. L. Bunsen gab 1791 das
Lustspiel: S. van L. naar den Roman van den Heere Müller in Amster-
dam heraus'. Von dem Stück selbst vermerkt er nichts. Entgangen ist
ihm, dafs Bunsen ein Deutscher ist, 'fürstl. Waldeckscher Regierungsrat
und Bibliothekar zu Arolsen' (Meusel, Gel. Deutschland I 507), und dafs
sein Stück nach Goedeke (Gruudr. 2. Aufl. V 376) in Frankfurt 1790 ge-
druckt wurde. Auf dem Titelblatt des mir zugänglichen Exemplars
(Augsburg 1790 in der 'Deutschen Schaubühne' '23. Band) heifst der Ver-
fasser nicht, wie überall sonst, P. L. Bunsen, sondern P. C. Bunsen.
Schröder (Lexikon V 433) verzeichnet eine Aufführung des Stückes am
Stadttheater zu Hamburg vom 13. März l81o- Das fünfaktige Prosa-
lustspiel ist der dramatisierte Roman nach Art der Brülow und Scholvin,
die mit der Dramatisierung des Heljodorschen Romanes von Theagenes
und Chariklea vorangegangen waren, mit demselben negativen Erfolg.
Von den 90 Kapiteln des Romans sind manche gestrichen, andere einfach
herübergenommen, und statt Kapitel ist Scene darüber geschrieben, das
Ganze in fünf Abteilungen gebracht und Lustspiel genannt. In diesen
Änderungen besteht die ganze dramatische Tätigkeit des Herrn Regie-
rungsrats.
Mit wenigen Worten sei Müllers Tätigkeit als Journalist gedacht.
Als Herausgeber des 'Deutschen', dessen erste Nummer nach Brand (S. 17)
am 1. Januar 1771 erschien (wonach also Kawczynskis Angabe [Moralische
Zft. 1880 S. 30] zu korrigieren ist), zeigt er sich als patriotischen Mann,
und das ist ihm bei der damaligen Französelei hoch anzurechnen. 'Mit
dem Weizen der populärwissenschaftlichen Wochenschriften ist freilich
auch das Unkraut der journalistischen Vielschreiberei aufgekommen'
(Brandl in der Zs. f. d. Altertum XXVI S. 27), und ob der 'Deutsche'
zum Weizen zu rechnen ist, soll dahingestellt bleiben.
Müller war von 1779 — 1797 auch ein eifriger Mitarbeiter an Nicolais
'Allg. Deutschen Bibl.' Die Chiffren seiner Beiträge finden sich bei Par-
they (Die Mitarbeiter Nicolais an der A. D. B., Berlin 1842).
Zum Schlafs noch einige Bemerkungen. S. 1 nennt Brand Johann
Elias Schlegel den bedeutendsten Dramatiker vor Lessing. Dieser Ehren-
titel kommt mit viel gröfserem Rechte dem Strafsburger Schulvorstand
K. Brülow, 1585 — 1627, zu (s. Scherer, Geschichte des Elsafs S. 59). S. 42
ist Damm erwähnt, und da wären einige Worte über diesen Philologen
und Theologen, der das Christentum in christlichen Naturalismus umzu-
giefsen trachtete, am Platze gewesen.
Müller hat sein ganzes Leben lang für das literarische Eigentums-
recht gekämpft und heftige Worte gegen die literarischen Freibeuter ge-
Archiv f. n. Sprachen. CX. 28
434 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
funden, die schamlos seine Werke nachdruckten. Da wäre es ihm wohl
zu gönnen gewesen, dafs er selbst noch die Früchte seines Kampfes ge-
nossen hätte. Er starb aber am 23. Juni 1^28, und am 16. Juli wurde
im Hamburger Korrespond. die Verordnung eines hochweisen Rates der
freien Hansestadt wider den Nachdruck publiziert, in welcher — endlich! —
die Unrechtmäfsigkeit dieses ehrlosen Gewerbes anerkannt wurde (Neuer
Nekrolog der Deutschen, 1828, 2. Teil, S. 506).
München. M. Oeftering.
W. Moestue, Unlands Nordische Studien. Berlin, W. Süfserott,
o. J. 65 S.
Moestue stellt sauber zusammen, wie sich Uhlands nordische Studien
entwickelten (S. 8 f.), und wie sie auf seine Dichtung wirkten (S. 56 f.).
Es stellt sich heraus, dafs Uhland das Altnordische bis 1821, vielleicht
sogar bis 1826 nur aus Übersetzungen kennen lernte (S. 23, 26 f.). Früh
ergriff ihn das Interesse an der deutschen Poesie (S. 25 Anm.), das sich
an der Lektüre der vielen ihm dienenden Zeitschriften (S. 29) nährte. Das
hiermit eng zusammenhängende altnordische Studium (S. 31 f., bes. 33)
blieb aber auf stoffliche Momente, vorzugsweise aus der Sagengeschichte
und Mythologie ('Thor' und Aufnahme der Arbeit S. 36; 'Odin' S. 39),
beschränkt; das grammatikalische (S. 49) und etymologische (S. 52) Inter-
esse blieb immer dienend. — Als Quelle für Dichtungen Uhlands kommt
aus dem Bereich der altnordischen Poesie nur Saxo (S. 56 f., vgl. 03) in
Betracht.
Berlin. R. M. M.
Neue Literatur zur germanischen Volkskunde. '
Seit unserm letzten Berichte ist endlich wieder ein methodologisches
Schriftchen erschienen, worin sich der verdienstvolle Herausgeber des
1 1) E. H offmann -Kr ay er, Die Volkskunde als Wissenschaft. Zürich,
F. Amberger, 1902. 34 S. 8. M. 1. ree. Strack, Hess. Bll. für Volksk. 1 160 ff.
— 2) Drews, 'Religiöse Volkskunde', eine Aufgabe der praktischen Theologie.
Monatsschrift für die kirchliche Praxis. I 1 ff. (1901). — Ders., Religiöse Volks-
kunde. Hess. Bll. f. Volksk. I 27 ff. — R. Petsch, Religiöse Volkskunde. 'Christ-
liche Welt'. 1901, Sp. 690 ff. — 3) Folk-Lore. A quarterly review of myth,
tradition et custom. Band XII (1901). London, D. Nutt. VHI, 559 S. 8.
21 sh. — 4) Zeitschrift des Vereins f. Volkskunde, hrsg. v. K. Wein-
hold. (Seit dessen Tode hrsg. v. J. Bolte.) Bd. XI. Berlin, A. Ascher & Co.,
1901. 478 S. gr. 8. M. 16. — 5) Zeitschrift für österreichische Volks-
kunde, hrsg. v. M. Haberlandt. VII. Wien, Vereinsverlag, 1901. Kommissionär:
Gerold & Co. 264 S. gr. 8. — 6) E. Langer, Deutsche Volkskunde aus dem
östlichen Böhmen. Bd. I. Braunau, Selbstverlag d. Hrsg., 1901. 167 S. (Die
neuen Jahrgänge werden erheblich stärker.) — 7) Hessische Blätter für
Volkskunde, hrsg. v. Ad. Strack. I. Leipzig, B. G. Teubner, 1902. Bisher
2 Hefte. 168 S. 8. — 8) Ergebnisse und Fortschritte der germanisti-
schen Wissenschaft im letzten Vierteljahrhundert. Im Auftrage der
Gesellschaft für deutscht- Philologie herausgegeben von Richard Bethge. Leipzig,
ü. lt. Reisland, 1902. Darin: It. Petsch, Volksdichtung' und 'Volkskunde', S. 477
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 435
'Schweizerischen Archivs für Volkskunde', Hof f mann-Krayer, über die
Aufgaben unserer Wissenschaft und über ihr Verhältnis zu den Nachbar-
fächern ausspricht. Gegen seine Aufstellungen hat neuerdings Ad. Strack
in Giefsen Widerspruch erhoben, und wir können die Einwände dieses
gründlich geschulten, weitblickenden Rezensenten nicht ohne weiteres von
der Hand weisen. Hoffmann-Krayer setzt sich vor allen Dingen mit der
Ethnographie und Kulturgeschichte auseinander und scheidet die erstere
insofern von der Volkskunde, als sie sich nur mit solchen Völkerschaften be-
fasse, die aufserhalb der Peripherie unserer modernen Kulturstaaten liegen,
und möglichst alle Lebensäufserungen derselben in Betracht ziehe, während
die Volkskunde aus den Lebensäufserungen der modernen Kulturvölker
dasjenige herausgreife, was noch altertümlich, primitiv oder im volktüm-
lichen Sinn beeinflusst sei. Weiter als diese etwas verschwommenen An-
gaben leitet uns seine Charakterisierung der Volkskunde im Gegensatz zur
Kulturgeschichte: Diese berücksichtigt das individuell-civilisatorische, jene
das generell -stagnierende Element. Dabei mufs aber dann immer zuge-
geben werden, dafs diese Wissenschaften sich fortwährend kreuzen oder
doch berühren. Auch ist es damit nicht getan, dafs die Volkskunde es
nur mit den ungebildeten Schichten zu tun habe; Strack weist mit Recht
darauf hin, dafs wir uns ebensogut mit den Aufserungen des Aberglaubens
oder mit den Überbleibseln bestimmter Sitten und Gebräuche in den höchst-
kultivierten Kreisen zu befassen haben. Wenn endlich Hoffmann-Krayer,
sicherlich mit Recht, bemerkt, dafs wir von einer stammheitlichen Volks-
kunde allmählich zu einer umfassenden Disziplin, zu allgemeinen Gesetzen
aufsteigen müssen, so möchte ich doch fragen, ob die allgemeine Völker-
kunde, die Ethnolog'e, nicht dieses selbe Problem zu lösen bestrebt sei.
Für mich stellt sich die Sache etwa folgendermafsen dar: Der Grund-
unterschied zwischen primitiven Zuständen und der modernen Hochkultur
besteht darin, dafs in dieser das Individuum zu seinem Recht kommt,
während in jener der einzelne eben nur ein Mitglied seiner Horde ist und,
bis 506. — 9) Lohre, H., Von Percy zum Wunderhorn. Beiträge z. Geschichte
der Volksliedforschung in Deutschland. (Palaestra XXII.) Berlin, Meyer & Müller,
1902. 136 S. 8. M. 4. — 10) K. Bücher, Arbeit und Rhythmus. 3., stark ver-
mehrte Auflage. Leipzig, B G. Teubner. 1902. VIII, 455 S. M. 7. — 11) Jakob-
sen, J., Fär0ske folkesagn og ceventyr. 3. Hcefte. K0benhavn, S. L. Möller,
1900. S. 321 — 480. — 12) G. Luck, Rätische Alpensagen. Gestalten und Bilder
aus der Sagenwelt Graubündens. Buchdruckerei Davos A.-G., 1902. 87 S. 8. —
13) Reiser, K., Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus. II. Band.
Kempten, Kösel. V, 764 S. 8. M. 12. — 14) Deutsche Mundarten, hrsg.
v. J. W. Nagl. Bd. I, H. 4. Wien, C. Fromme, 1901.- S. 269 bis 383. 8. —
15) Deutsche mundartliche Dichtungen. Für den Schulgebrauch heraus-
gegeben von Dr. W. Kahl. Mit einer Karte. Prag, Leipzig und Wien, Freytag
& Tempsky, 1901. XXVI, 201 S. 8. — 16) Arnold, R. F., Die deutschen Vor-
namen. 2., umgearbeitete und vermehrte Auflage. Wien, Holzhausen, 1901. VI,
75 S. kl. 8. — 17) Ir mi seh, L., Wörterbuch der Buchdrucker und Schriftgiefser.
Braunschweig, Westermann, 1901. IV, 83 S. 8 — 18) Gloth, W., Das Spiel
von den sieben Farben. (A. u. d. T. : Teutonia, Arbeiten zur germanischen Philo-
logie, hrsg. v. W. UM. 1. Heft.) Königsberg i. Pr., Gräfe & Uuzor, 1902. VIII,
92 S. 8. M. 2.
28*
436 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
selbst wenn sich eigene Gedanken und Gefühle in ihm regen, damit nicht
durchdringen kann, falls sie nicht bei der Allgemeinheit einen psychischen
Widerhall finden. Das primitive Denken verläuft nach ganz bestimmten
Gesetzen, die teils in der Natur des Menschen überhaupt begründet sind
und seiner Eigenschaft als organisches Wesen entsprechen, teils dem ur-
sprünglichen Hordencharakter der Menschheit entstammen und mit der
Treffsicherheit und Ausnahmslosigkeit von Naturgesetzen wirken. Wir
erinnern etwa an die Macht der Analogie, an die Ideen der Vergeltung
u. A., worüber an dieser Stelle nicht ausführlich zu handeln ist (vgl. meine
Ausführungen über volkstümliches Denken im laufenden Jahrgang der
'Mitteilungen und Umfragen zur bayerischen Volkskunde'). Nun betont
zwar Hoffmann-Krayer, ein vielen gemeinsamer Brauch sei nicht so zu
erklären, dafs unter bestimmten, gleichen, äufseren Bedingungen bei allen
Menschen mit Notwendigkeit das gleiche Ergebnis statthaben müfste, son-
dern durch einen von Person zu Person unsichtbar, aber mit unwidersteh-
licher Gewalt wirkenden Angleichungsprozefs, der sich um so sicherer da
abspiele, wo der einzelne noch nicht genug persönliche Eigenart besitzt,
um sich der Beeinflussung durch seine Mitmenschen zu entziehen. Diese
Ausführungen sind durchaus richtig, nur hätte sich der Verfasser nicht
gegen Post wenden sollen, wie Strack gezeigt hat, sondern eher gegen die
naturwissenschaftliche Richtung der Ethnologie, die etwa der Engländer
Andrew Lang eingeleitet hat. Dieser glaubte noch vor wenigen Decennien
mit Sicherheit behaupten zu dürfen, dafs zwei weit entfernt voneinander
wohnende Völker unter gleichen äufseren Bedingungen etwa das gleiche
Märchen oder die gleiche Sitte hervorbringen müfsten. Die Unhaltbarkeit
seiner Hypothese lag auf der Hand. Die Masse der bei den verschieden-
sten Stämmen anzutreffenden Märchen z. B. ist so ungeheuer grofs und
der innere Aufbau dieser kleinen Kunstwerke so kompliziert, dafs wir
durchaus nicht überall auf die gleichen äufseren und die ihnen entsprechen-
den inneren Voraussetzungen schliefsen dürfen. Lang ist denn auch mehr
und mehr von seiner krassen Anschauung zurückgekommen. Die Wahr-
heit liegt in der Mitte zwischen Gebundenheit und freier Tätigkeit des
Individuums. Zwar sind bei allen Völkern im Grunde dieselben seelischen
Tendenzen wirksam, aber die Erscheinungsformen, unter denen das gemein-
same Prinzip verwirklicht wird, müssen zuerst von irgend einem einzelnen
einmal erfunden sein. Ob diese Erfindung von der ganzen Horde oder
gröfseren Gemeinschaft angenommen und zum Gemeingut erklärt wird
oder nicht, hängt ganz davon ab, ob sie der besonderen Eigenart des
Stammes entspricht. Diese ist eben wieder sehr verschieden, je nachdem
ein Volk in einer kalten, heifsen oder gemäfsigten Zone wohnt, auf Fleisch-
nahrung oder Pflanzenkost angewiesen ist, kriegerischer Tätigkeit oder
friedlichem Faulenzen huldigt, eine aufsteigende Entwickelung verfolgt
oder von einer früher erreichten Stufe herabgesunken ist. Nehmen wir
als ein Beispiel etwa die Sitte des Opfers. Es entspringt aus der all-
gemeinen Idee der Vergeltung: Gleiches mit gleichem. In den Kräften
der Natur sieht der primitive Mensch Wesen von seiner Art, nur von
gröfserer Macht und Stärke. Er sucht ihren Zorn durch Geschenke ab-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 437
zuwenden oder ihre Güte durch Gaben der Dankbarkeit dauernd an sich
zu fesseln. So entsteht das Opfer, das eine allgemeine ethnische Bedeutung
hat. Die Erscheinungsform dieser Sitte aber, der Gegenstand und der
Verlauf des Opfers hängt ganz von der Lebensweise und dem Kultur-
zustande des einzelnen Stammes ab. Der Kannibale verzehrt seinen kriegs-
gefangenen Feind zu Ehren seiner Götter, Viehzüchter bringen die Erst-
linge ihrer Herde, Ackerbauern die Früchte ihres Feldes dar. Besonders
lehrreich ist etwa die Geschichte des Opfers bei den Hebräern, wo die
verschiedenen Formen, die geschichtlich aufeinander folgten, späterhin zum
Teil nebeneinander bestanden. Wir hören, dafs besondere Opfer von den
Erzvätern eingeführt wurden; aber nur die spätere Kulturentwicklung
mit ihrer historischen Denkweise konnte hier an bestimmte Namen an-
knüpfen. Dabei leitet den Geschichtschreiber das ganz richtige Gefühl,
dafs irgend eine bestimmte Persönlichkeit zu irgend einer Zeit zum ersten-
mal, etwa durch den Anblick eines wogenden Ahrenfeldes überwältigt,
dem Stammgotte eine Probe dieses Erntesegens unter bestimmten Formen
dargebracht haben müsse, die der Denkweise und den Empfindungen der
Allgemeinheit nicht widersprachen. Das Individuum, das die Führerrolle
übernahm, ragte also doch nicht zu stark über seine Umgebung hervor.
Ganz anders der Psalmist, der an Stelle des äul'seren Zeichens die innere
Gesinnung, die über der Opfergabe oft genug verloren gegangen sein
mochte, zu setzen sucht : 'Denn du hast nicht Lust zum Opfer, ich wollte
dir es sonst wohl geben; aber Brandopfer gefallen dir nicht. Die Opfer,
die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstetes und zer-
schlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.' (Ps. 51, 18. 19.) Der
heilige Sänger drang mit seiner Auffassung nicht durch. Das Volk hängt
eben immer an äufseren Zeichen und hat ein gröfseres Verständnis für sicht-
bare Taten als für das, was tief innen im Herzen vorgeht. So hat denn
die christliche Kirche das Opfer mit übernommen, wenngleich wir es nicht
mehr mit Erstlingen der Herden und der Feldfrüchte, sondern etwa mit
geweihten Kerzen zu tun haben : Wiederum eine neue Erscheinungsform
des alten, sich ewig gleichbleibenden Grundgedankens.1 Die Ethnologie
hätte nun. wie ich glaube, diesen allgemeinen Gedanken festzuhalten und
psychologisch zu erklären, die Kulturgeschichte müfste die verschiedenen
Erscheinungsformen, die ihr die Ethnographie darbietet, in einen welt-
historischen Znsammenhang bringen, die Volkskunde aber würde die ethno-
graphisch-beschreibende und kulturgeschichtlich -entwickelnde Betrach-
tungsweise mit Beziehung auf eine bestimmte, stammliche oder ständische
Gemeinschaft (vgl. etwa den Aberglauben der Seeleute) verbinden. Die
deutsche Volkskunde hat also nicht blofs das Leben der sefshaften, zäh
am Hergebrachten festhaltenden bäuerlichen Bevölkerung unserer Heimat
zu beobachten und mit der Art und Sitte der Landbewohner in den Nach-
barländern zu vergleichen, um die deutschen Eigentümlichkeiten heraus-
1 Man beachte auch die Auffassung des Leidens und Sterbens des Heilandes
als eines Sülmeopfers — wohl die höchste Opferidee, zu der die Menschheit jemals
gelangt ist.
488 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
zuarbeiten, sondern wir haben alle Stände ohne Ausnahme in Betracht zu
ziehen und das Fortwirken primitiver Anschauungen und volkstümlicher
Denkweise bis zu den geistigen Führern der Nation hinauf zu verfolgen.
So werden wir der Ethnologie und der Kulturgeschichte vieles von dem
zurückzahlen können, was sie an Vorarbeiten für uns geleistet haben, und
ihre allgemeinen Gesetze durch die Beobachtungen an konkreten Einzel-
fällen einschränken oder erweitern, prüfen oder vertiefen können.
So wird denn die Volkskunde als ein Bindeglied mitten hineingestellt
zwischen die sich immer mehr zersplitternden Einzel Wissenschaften; von
seiten der Geschichtsforschung ist ja auch der Wert volkskundlicher
Arbeiten so weit anerkannt worden, dafs dem 'Gesamtverein deutscher
Geschichtsvereine' eine eigene Sektion für Volkskunde angegliedert werden
mufste, die auch bei der letzten Jahresversammlung in Düsseldorf wie-
derum zusammengetreten ist und hoffentlich immer mehr erstarken wird.1
Auch von seiten anderer Disziplinen, deren Vertreter etwa praktisch mit
dem Volk zu verkehren haben, wird uns jetzt gebührende Berücksichtigung
zu teil. Der theologische Professor Drews hat einen Mahnruf an die Land-
geistlichen erlassen, sich mit religiöser Volkskunde eingehend zu beschäf-
tigen, und ich selbst habe seinem warmherzigen Aufrufe ein paar Winke
über bestimmte Einzelheiten in der 'Christlichen Welt' nachfolgen lassen.
So scheint sich denn auch bei uns die junge Wissenschaft endlich die zen-
trale Stellung zu erringen, die ihr von Bechts wegen gebührt und in dem
mehr kosmopolitischen England schon längst angewiesen ist. Auch die
letzten Jahrgänge des 'Folk-Lore', einer der vornehmsten und gediegensten
wissenschaftlichen Zeitschriften, bringt nicht blofs eine grofse Anzahl von
Einzelbeiträgen, besonders aus den verschiedensten Kolonien des Britischen
Keiches, sondern geht, wie immer, mit Lebhaftigkeit auf allgemeinere, prin-
zipielle Fragen ein ; besonders die Presidential Adresses, die jeder Jahrgang
bringt, und die in vollendeter Form, aber mit lebhaftem Temperament zu
den verschiedensten Problemen der Anthropologie und Ethnologie Stellung
zu nehmen pflegen sind sehr wohl geeignet, unseren Blick zu erweitern
und zu schärfen. Da wendet sich etwa Brabrook (XII 12 ff.) gegen den
von Andrew Lang neuerdings vertretenen Begriff einer allmählichen reli-
giösen Degeneration der Menschheit, der gegenüber er eine mehr evolu-
tionistische Anschauungsweise vertritt und mit Geschick verteidigt. Sehr
wichtig für jeden, der sich mit germanischer Mythologie zu befassen hat,
ist auch der reichhaltige , sorgfältig geordnete Fragebogen Notes and
Queries on Totemism (XII 385 ff.). — Auch unsere deutsche 'Zeit-
schrift des Vereins für Volkskunde' hat ja die grofsen ethnologi-
schen Gesichtspunkte nie verleugnet, und der neue Herausgeber. Johannes
B o 1 1 e , folgt den Bahnen , die Altmeister Weinhold eingeschlagen hat.
Aus dem überreichen Inhalt seien hier nur einige Beiträge hervorgehoben,
die Brauch und Glauben in grofsen Zusammenhängen betrachten, v. N ege-
lein verfolgt die Keise der Seele ins Jenseits (XI 10 ff., 149 ff., -ItiS ff.).
1 Einen kurzen, vorläufigen Bericht gab O. Brenner in den 'Mitteilungen und
Umfragen zur bayerischen Volkskunde, Jahrgang l'.tU2, No. 3.'
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 439
Er findet fast bei allen Völkern deutliche Beweise für die Annahme, dafs
die Seele sich noch eine Zeitlang nach dem Begräbnis in der Nähe des
Körpers aufhalte, bis sie sich auf den Weg ins unbekannte Land begibt.
Er zeigt, wie mau ihr diesen Weg zu erleichtern, ihre Rückkehr dagegen
mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Haben sich in dem Sande oder
in der Asche, die des Nachts ausgestreut ward, am Morgen Fufsspuren
gefunden, so ist die Seele zurückgekehrt. Sie selbst ist also unsichtbar,
läfßt aber eine Spur zurück wie die Menschen, die sich unsichtbar machen
können, doch ihren Schatten nicht zu beseitigen vermögen. Man sucht
nun den Weg, auf dem die Seele zurückkehren könnte, durch Dornen,
Pfähle oder ausgegossenes Wasser unwegsam zu machen. Lieber aber als
diese Heilmittel werden Vorbeugungsmafsregeln angewendet, indem man
etwa dem Toten die Füfse bindet oder die Tür sehliefst, durch die er ge-
tragen ward, oder auch die Leiche durch ein Loch in der Wand hinaus-
reicht. — Der skandinavische Forscher Feilberg mustert (XI 304 ff.,
120 ff.) die verschiedenen Erscheinungsformen des Glaubens an den bösen
Blick bei den Völkern des Nordens. Schlechte Weiber, Verbrecher, mythi-
sche Wesen, gewisse Tiere (Wolf, Schlange, Basilisk) können durch ihren
Blick menschliche Tätigkeiten, wie Backen, Brauen, Buttern usw., unmög-
lich machen, Kinder und junge Tiere in grofse Gefahren bringen. Feilberg
gibt Belege für die einzelnen Formen des Aberglaubens und für die gegen
den schiefen Blick angewendeten Heilmittel, bietet auch eine natürliche
Erklärung der mythischen Vorstellung aus Wahrnehmungen über die hyp-
notisierende Kraft, die der Blick des Menschen und gewisser Raubtiere
auszuüben vermag. Er kommt aber mit diesen Erklärungen nicht immer
aus. In einigen Fällen möchte ich eher an ethisch-pädagogische Motive
denken. Wenn es z. B. heilst, dafs die erste Milch, die einer Kuh nach
dem Wurfe entnommen wird, zugedeckt werden müsse, damit weder die
Sonne noch irgend sonst ein Licht, noch ein böser Blick darauf falle, so
erinnere ich an die humane Vorschrift des jüdischen Gesetzes: 'Du sollst
das Kalb nicht in der Milch seiner Mutter braten.' Von diesem Gesichts-
punkte aus wären noch andere der von Feilberg mitgeteilten Züge zu er-
klären. — Auch der Aufsatz v. Negeleins über das Pferd im Seelenglauben
und Totenkult (XI 406 ff., XII 14 ff.) spricht keineswegs in allen ein-
schlägigen Fragen das letzte Wort. Der Verfasser scheidet nicht scharf
genug zwischen den Anschauungen, die an das Pferd entweder als Reit-
tier oder als Haustier usw. anknüpfen. Seine eigenen Parallelen zeigen
uns, dafs vieles, was vom Pferde gilt, anderwärts von der Kuh, vom Kamel
usw. berichtet wird, während anderes wieder einzig und allein zu der
Eigenart des Pferdes stimmen will. Hier mufste gesondert werden. Auch
die psychologischen Ausdeutungen lassen zuweilen zu wünschen übrig.
Wenn beim indischen Rofsopfer der Priester den Schwanz des Pferdes
berühren soll, so hat v. Nägelein sicherlich recht mit der Erklärung, dafs
der feinere Instinkt des Tieres den Menschen in ein besseres Jenseits
leiten solle. Wenn aber manche wilde Stämme einen Verbrecher auf dem
Rücken eines wilden Pferdes ins Weite hinausjagen, so beabsichtigen sie
sicherlich nicht, ihm die Freuden des Paradieses zu gönnen, und halten
440 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
sich nicht an den feinen Instinkt, sondern im Gegenteil an die Wildheit
des Tieres, wie denn auch eine deutsche Sage in ähnlicher Lage einen
wilden Hirsch statt des Pferdes eintreten läfst. Was die Pferdeköpfe an
unseren niedersächsischen Bauernhäusern anlangt, so bin ich auch der
Meinung, dafs sie auf das Rofsopfer der alten Germanen zurückgehen,
möchte aber zur Erklärung darauf hinweisen, dafs die aus Ägypten aus-
gewanderten Israeliten die Pfosten ihrer Haustüren mit dem Blute des
Passahlammes bestrichen, um den Todesengel zum Vorübergehen zu ver-
anlassen. Die Spur des Opfers aufsen am Hause sollte beweisen, dafs im
Inneren Verehrer des Gottes wohnten. —
Erwähnt seien hier noch ein paar Aufsätze über die volkstümliche
Bedeutung der Pflanzen. Wein hold spricht über die Bedeutung des
Haselstrauches im altgermanischen Kultus- und Zauberwesen (XI 1 — 16).
E.Lemke betrachtet die Eibe in der Volkskunde (XII 25—38, 187-108),
und Blümmel und Rott schildern die Verwendung der Pflanzen durch
die Kinder in Deutsch-Böhmen und Niederösterreich (XI 49 — 64). Von
den reichhaltigen literarischen Aufsätzen, die teilweise aus dem Gebiet
der Volkspoesie in das der Kunstdichtung übergreifen, seien Heuslers
Ausführungen über die altnordischen Rätsel (XI 117—119), sowie einige
Aufsätze von Bolte erwähnt, der mit der ihm eigenen unvergleichlichen
Belesenheit ein dänisches Märchen von Petrus und dem Ursprung der
bösen Weiber (XII 252 — 262) und die Schwankerzählung von der geist-
lichen Auslegung des Kartenspiels behandelt (XI 376 — 406). — Neben
der Berliner Zeitschrift ist das wichtigste Organ, das unsere Wissenschaft
auf deutschem Boden vertritt, die von M. Haberlandt vortrefflich redi-
gierte 'Zeitschrift für österreichische Volkskunde'. Sie zeichnet
sich vor anderen ähnlichen Unternehmungen auch dadurch aus, dafs sie
sehr gute und reichhaltige bibliographische Zusammenstellunden bringt,
was bei Weinholds Zeitschrift leider nur zu bald eingestellt wurde, so dafs
wir uns mit den betreffenden Abschnitten im 'Jahresbericht über die Er-
scheinungen auf dem Gebiete der germanischen Philologie' oder in den
'Jahresberichten für neuere deutsche Literaturgeschichte' behelfen müssen.
Stärker als andere Zeitschriften berücksichtigt die österreichische die volks-
tümlichen Realien. An eine frühere, ausgezeichnete Abhandlung von
M. Eysn über die bei den Salzburger Bauern gebräuchlichen Zaunformen
knüpft Josef Blau in seinem Aufsatz über die Zäune im Böhmerwald an
(XII 1—8). Derselbe behandelt mit Sachkenntnis und Humor Huhu und
Ei in Sprache, Brauch und Glauben des Volkes (XIII 166—185). Auch
das Mundartliche geht hier nicht ganz leer aus, wie z. B. eine Abhandlung
von Dachler über die Beziehungen zwischen den niederösterreichischen,
bayerischen und fränkischen Mundarten und Bewohnern beweist (VIII
81 — 98). — Recht erfreulich ist die Wahrnehmung, dafs trotz des Ein-
gehens einer so vorzüglich bewährten Zeitschrift wie der 'Blätter für
Pomm ersehe Volkskunde' im allgemeinen ein Nachlassen des öffent-
lichen Interesses doch nicht festzustellen ist. Neue Unternehmungen er-
scheinen fast alljährlich auf dem Plane. In Böhmen z. B., wo der er-
bitterte Kampf der Stämme in den letzten Jahren das nationale Gewissen
Beurteilungen uud kurze Anzeigen. 111
außerordentlich geschärft hat, arbeitet nicht nur die von Hauffen ge-
leitete 'Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und
Literatur', sondern auch die einzelnen Teile des Landes suchen den volks-
kundlichen Betrieb innerhalb ihrer Grenzen zu zentralisieren. Zu den be-
kannten 'Mitteilungen des nordböhmischen Exkursionsklubs' und Alois
Johns umsichtig geleitetem Blättchen 'Unser Egerland' tritt jetzt ein
neues, breiter angelegtes Unternehmen: 'Deutsche Volkskunde aus dem
östlichen Böhmen'. Der Herausgeber, Dr. Eduard Langer in Braun au,
verfolgt ein weitherziges, zugleich wissenschaftliches und praktisches Pro-
gramm. Er unterrichtet seine Leser über die Probleme der deutschen
Rechtschreibung, macht sie mit der einheimischen Poesie bekannt, führt
sie in die Geschichte ihres Landes zurück und klärt sie über dessen poli-
tische Stellung auf. Vor allem aber wird uns sein Unternehmen wichtig
durch die exakte Aufzeichnung volkstümlicher Lieder, Sprüche und Sagen,
die als Vorarbeit für gröfsere Sammelwerke dienen sollen. Der Heraus-
geber verspricht die Ergänzungshefte zu den bisher erschienen Bänden.
Wir wünschen seinem Unternehmen von Herzen einen guten Fortgang,
zugleich aber einen einheitlichen Zusammenschlufs der böhmischen Be-
strebungen ohne persönliche Differenzen. — Rüstig schreitet auch die
'Vereinigung für hessische Volkskunde' fort, die an Stelle ihrer bisher
veröffentlichten, nur für das eigene Land bestimmten Umfragen eine neue,
grofse Zeitschrift herausgibt: 'Hessische Blätter für Volkskunde',
die sich unter der fachkundigen Leitung von Adolf Strack an weitere
Kreise wendet und, nach den vorliegenden Heften zu urteilen, unsere Dis-
ziplin nicht blofs durch Materialsammlungen, sondern auch durch streng
wissenschaftliche Auseinandersetzungen fördern will. Auch sie beschäftigt
sich vorzugsweise mit Brauch und Glaube. So beschreibt uns Schulte
die Kirchweihfeier im Vogelsberge, und ein sehr bedeutsamer Aufsatz
Dieterichs bespricht auf Grund seiner gediegenen Kenntnis der germa-
nischen Rechtspflege die Bedeutung einiger noch heute üblichen, volks-
tümlichen Strafen, des Eselrittes und des Dachabdeckens, worin er die
illegitimen Auswüchse älterer regulärer Rechtsmittel nachweist. Besonders
wertvoll wird die Zeitschrift dadurch, dafs sie zur Bekräftigung des Vor-
getragenen öfters gröfsere Stellen aus älteren Handschriften und Drucken
heranzieht, um sie etwa in der Art Gustav Frey tags kulturgeschichtlich
zu erläutern. — Ehe wir zu den Einzelschriften übergehen, die unsere
Disziplin geliefert hat, erlaube ich mir, auf meine kurzen, geschichtlichen
Ausführungen über die Methoden und Erfolge der deutschen Volkskunde
in den letzten fünfundzwanzig Jahren hinzuweisen.
An Sammlungen und wissenschaftlichen Besprechungen der Erzeug-
nisse der Volkspoesie ist verhältnismäfsig wenig nachzutragen. Lohre
hat seine sorgfältigen und klaren Ausführungen nunmehr vollständig vor-
gelegt und zeigt uns, mit welchen Schwierigkeiten die ersten Liebhaber
unserer Wissenschaft zu kämpfen hatten, bis sie den Begriff des Volks-
liedes zunächst gefühlsmäfsig erfafsten. Erst jetzt können wir das recht
würdigen, was 'Des Knaben Wunderhorn' zu seiner Zeit geleistet hat, und
wie weit seine Herausgeber auch über Herder hinausgegangen sind. Inter-
442 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
essant aber wäre es gewesen, dieser Sammlung gegenüber die Begründung
der eigentlich wissenschaftlieben Methode durch Ludwig Uhland zu ver-
folgen. — Büchers klassisches Werk geht zum drittenmal in die Welt
hinaus. Die neue Auflage hat abermals eine wesentliche Vermehrung des
Tatsachenbestandes aufzuweisen, auf dem die Untersuchung beruht, und
damit auch eine Vertiefung des Beweisverfahrens. Siebenzig neue Texte
sind hinzugefügt worden, was nur durch die rege Mitarbeit der dankbaren
Leser und Benutzer ermöglicht wurde, wie ja denn selten ein Buch, trotz
aller Einwendungen und Bedenken, von allen Seiten mit so lebhafter
Freude begrüfst worden ist als dieses. Geschmückt ist die neue Ausgabe
durch die Abbildung einer böotischen Terrakottengruppe aus archaischer
Zeit: sie zeigt uns griechische Brotbäckerinnen, die ihre Arbeit unter Be-
gleitung von Flötenmusik verrichten.
Die Sammlung färöischer Sagen und Märchen von Jakobsen ist,
was den Text anlangt, abgeschlossen; doch steht der Schlufs des Wörter-
buches noch aus, das bei der Schwierigkeit der mitgeteilten Texte unent-
behrlich ist. — Das Büchlein von Luck erhebt keine wissenschaftlichen
Ansprüche, sondern bringt stimmungsvolle Nachdichtungen. — Reisers
Werk ist nun endlich fertig geworden. Die Vorzüge dieser Sammlung
haben wir schon bei der Besprechung des ersten Bandes gebührend her-
vorgehoben, dem sich nun der Schlufs des Werkes würdig an die Seite
stellt. Ebenso sorgfältig und zuverlässig wie dort die Sagen, werden hier
Sitte, Brauch und Glauben des Allgäus in der Folge des festlichen Jahres
und im Anschlufs an die Hauptabschnitte und wichtigsten Vorkommnisse
des menschlichen Lebens geschildert und teilweise durch deutliche Abbil-
dungen illustriert. In aller Kürze behandelt Reiser auch die Mundart des
Landes, doch fehlt leider eine Darstellung der Syntax, wofür uns freilich
die sehr reiche Zusammenstellung der volkstümlichen Sprichwörter, Redens-
arten, Bdder und Vergleiche einigen Ersatz liefert. Wir wollen von dem
trefflichen Buch nicht scheiden, ohne dem Verfasser für das Geleistete
von Herzen zu danken und den Wunsch nach einem dritten Band aus-
zusprechen, der die Volkslieder, Märchen und Rätsel des Allgäus zu um-
fassen hätte. — Da wir hier mehrmals von Mundartenforschung zu reden
hatten, so sei gleich darauf hingewiesen, dafs von N a gl s Zeitschrift end-
lich eine vierte Lieferung erschienen ist, die u. a. eine Abhandlung des
Herausgebers über den qualitativen Lautwert des ahd. ä enthält. — Das
Büchlein von Kahl unterscheidet sich von den ähnlichen Sammlungen Dähn-
hardts und Regenhardts dadurch, dafs es nicht nach Landschaften, sondern
geschichtlich angeordnet ist und den Leser von Simon Dach bis zu Stelz-
hamer führt. Die Auswahl ist nicht immer glücklich, wie uns jeder
Kenner Fritz Reuters bezeugen wird; die Einleitung gibt, meist im An-
schlufs an Behaghel, eine knappe Charakteristik der einzelnen Mundarten
und kurze Biographien der Dichter.
Arnolds interessantes Büchlein dient der Kulturgeschichte und zeigt
uns die im Laufe der Jahrhunderte fortschreitende Beeinträchtigung unseres
germanischen Namen Schatzes durch Kultureinflüsse von aufsen her. So
iührt die Kirche mit Vorliebe Namen aus der Bibel und der Legende ein,
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 143
die Renaissance greift auf das alte Rom zurück usw. Für die Wahl des
Vornamens in neuester Zeit stellt Arnold in sehr geschickter Weise die
verschiedenen psychologischen 'Hilfen' fest. Da entscheidet etwa die Fa-
milientradition, oder ein ethischer, auch wohl religiöser Grundsatz gibl
dem Kinde dem Namen mit (Leberecht, Gottlieb). Rücksichten auf die
Herrscherfamilie , auf politische Verhältnisse machen sich geltend, vor
allem aber werden in Zeiten starken literarischen Interesses beliebten
Modedichtungen gern Vornamen entlehnt. Zum Schlufs erhalten wir eine
Übersicht über das Ergebnis einer in Wiener Volksschulen vorgenommenen
Namenszählung. Da zeigt sich u. a., dafs unter den männlichen Namen
Karl, Josef und Franz. unter den weiblichen Maria und Anna am häu-
figsten vertreten sind. — Manches kulturgeschichtlich und volkskundlich
Interessante bringt Irmischs Büchlein, doch hat auf diesem Gebiet
eigentlich Klenz mit seinem Werke über die deutsche Drucksprache den
Rahm abgeschöpft. — Kulturgeschichtlich sehr wichtig ist auch die kleine,
eigentlich dem literarischen Gebiet angehörige Schrift von Gloth. Er be-
handelt von der philologischen und sittengeschichtlichen Seite her das
Spiel von den sieben Farben, das auf Grund eines älteren, ziemlich ver-
breiteten Spruchgedichtes die symbolische Bedeutung der Farben für das
Minneleben in der Form einer halb dramatischen Fastnachtsbelustigung
darlegt und in zwei Fassungen erhalten ist, deren ältere wir in Kellers
Fastnachtspielen (No. 103) finden, während Oswald Zingerle eine jüngere,
aus jener abgeleitete Version 1866 in den 'Wiener Neudrucken', Heft 1,
veröffentlicht hat. Leider hat Gloth, obwohl er die Unzulänglichkeit des
Kellersehen Abdruckes ausdrücklich hervorhebt, eine Neuausgabe des
Spieles nicht geboten. Seine kulturgeschichtlichen Erläuterungen dagegen
begrüfsen wir mit Dank. Es ist ihm gelungen, die symbolische Ausdeu-
tung der Farben aus dem äufserlich gerichteten, zu Allegorien und Spiele-
reien neigenden Sinn des ausgehenden Mittelalters zu erklären und nament-
lich die Wanderung der Liebessymbolik von Frankreich nach Deutschland
nachzuweisen. Mit Recht zieht der Verfasser auch das Nachleben dieser
Vorstellungen im Volkslied heran, hätte aber hier etwas tiefer greifen
dürfen. Gern weist das Volk etwa auf die grüne Farbe der Kleidung des
Weidmanns auch in Liebesliedern hin, wenngleich der einzelnen Farbe
nicht mehr eine bestimmte Bedeutung zugesprochen wird. Interessant ist
No. 1794 im Deutschen Liederhort von Erck und Böhme, wo für jeden
Stand eine besondere Farbe in Anspruch genommen wird. Für den leb-
haften Farbensinn des Volkes weisen wir noch darauf hin, dafs z. B. in
Berlin ohne weiteres jeder Schutzmann ein 'Blauer', jeder Geistliche ein
'Schwarzer', jeder Sozialdemokrat ein 'Roter' genannt wird.
Im ganzen betrachtet, zeigt die Arbeit des letzten Jahres ein starkes
Überwiegen der kulturgeschichtlichen und mythologischen Seiten unseres
Faches, wogegen die bisher so stark gepflegte literarische zurückzutreten
scheint. Wir wollen darüber nicht schmälen, hoffen aber, in unserem
nächsten Bericht wieder auf einige tüchtige Sammlungen aus dem Ge-
biete der Volkspoesie hinweisen zu dürfen.
Würzburg. Robert Petsch.
1 1 i Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Die mittelenglischen Fassungen der Sage von Guy of Warwick
und ihre altfranzösische Vorlage von Dr. Max Weyrauch.
(Forschungen z. engl. Sprache u. Lit., begr. von Kölbing.)
Breslau, M. & H. Marcus, 1901. VI, 96 S. M. 3,20.
Der vorzeitige Tod des hervorragenden Herausgebers des me. Guy of
Warwick hatte die Vollendung seiner Arbeit, wozu auch eine allgemeine
Einleitung gehörte, worin das gegenseitige Verhältnis der Hss. genau be-
sprochen werden sollte, unmöglich gemacht. Eine eingehende Untersuchung
der letztgenannten Frage, die Zupitza schon vorher, obgleich nicht er-
schöpfend, behandelt hatte,' wird in unserem Buche mit grofsem Fleifse
und Umsicht vorgenommen. Dieser Untersuchung schliefst sich eine Dar-
stellung des Handschriftenverhältnisses des afrz. Guy an, die hauptsäch-
lich auf der Winnebergerschen Dissertation über das betreffende Thema
(Marburg 1889) sich fufst, und woran eine Erforschung des Verhältnisses
der englischen Handschriften zu den französischen sich anreiht.
Zuerst werden die englischen Hss. jede für sich bezüglich ihrer Eigen-
tümlichkeiten graphischer Natur und der in ihnen zu bessernden Kor-
ruptionen untersucht. Obwohl diese Untersuchung einen gröfseren Raum
einnimmt, als man erwarten könnte (38 S.), da sie im allgemeinen für die
eigentliche Aufgabe nur indirekt von Belang ist, dürfte ihre Aufnahme in
die Abhandlung jedoch zu billigen sein, da sie uns die Hss. in gebesserter
Gestaltung, wodurch die Hauptaufgabe der Arbeit sehr erleichtert wird,
darbietet. Von den Hss. werden in dieser Weise nur fünf eingehend be-
handelt und zwar: die beiden Auchinleck-Mss., das Caius-Ms., das Fragment
im Sloane-Ms. und die Papierhs. der Cambridger Universitätsbibliothek. 2
Die Besserungen werden vielfach durch Heranziehung der entsprechenden
Stellen der afrz. Hss., die dem Verfasser in Abschriften zugänglich waren,
bestätigt. Ein solches Hilfsmittel stand Zupitza nur ausnahmsweise zur
Verfügung. Die in diesem Teile enthaltenen Emendationen sind im all-
gemeinen sehr einleuchtend und für das Hauptthema sehr wichtig. Als
Hauptergebnis der Untersuchung wird geltend gemacht, dafs sämtliche
Handschriften Abschriften sind. Besonders reich an Textkorruptionen und
schlechten Reimen ist die Hs. der Cambridger Universitätsbibliothek (c,
bei Zupitza E. E. T. 8.: C).3 Es wird auch klar gemacht, dafs die
Schreiber bei dem Bestreben, die Korruptionen ihrer Vorlagen zu bessern,
nicht zu einer französischen Hs. gegriffen haben können, was ja auch gar
1 Zur Literaturgeschichte des Guy von Warwick, Sitzungsberichte der phil.-
hist. Klasse der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien, 1873, vol. LXXIV.
2 Die von Zupitza nicht gebesserten oder anders erklärten Stellen werden
passend mit einem Sternchen bezeichnet. Die von dem Verfasser gegebenen Er-
gänzungen und Berichtigungen Zupitzas sind überaus zahlreich, wie diese Stern-
ehen zur Genüge zeigen.
3 Weyrauch sagt ganz kurz: 'er nennt diese Handschrift C. Indessen hätte
erwähnt werden sollen, dafs Zupitza in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie
diese Tis c und die Hs. in Cajus College C nennt (vgl. Tanner S. 52); dadurch
wäre die schon an und für sich verwickelte Nomenklatur demjenigen, der die ein-
schlägige Literatur benutzen will, ein wenig einfacher gemacht.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 445
nicht zu verwundern ist, da ein solcher Vorgang zu diesen Zeiten auch
sonst kaum nachzuweisen ist.
Danach läfst sich der Verfasser auf seine eigentliche Aufgabe ein.
Zunächst werden einige Textverschlechterungen der englischen Hss. auf-
gezählt, die nicht das Werk der Schreiber dieser Handschriften sind, son-
dern die entweder schon in den Vorlagen enthalten sein müssen (eine
Menge solcher Irrtümer waren schon vorher angeführt) oder dadurch ver-
ursacht waren, dafs der Übersetzer sein afrz. Original mii's verstand. Dann
werden die englischen Teile in ihrem Verhältnis untereinander näher
untersucht. Es würde uns zu weit führen, mit dieser Untersuchung uns
hier eingehender zu beschäftigen. Als Hauptrcsultat gilt, dafs die schon
von Zupitza aufgestellte Einteilung in vier englische Versionen für richtig
zu halteu ist. Es wird hier nur das Verhältnis dieser Versionen zuein-
ander allseitiger und klarer beleuchtet.
Der Abschnitt über die französischen Handschriften ist, wie schon
gesagt, in vielen Punkten ein Referat der genannten Winnebergerschen
Dissertation. In mehreren Einzelheiten, die für die Beurteilung des Ver-
hältnisses zu deu englischen Handschriften von Belang sind, werden aber
die Ausführungen Winnebergers ergänzt und berichtigt. Wie W. bewiesen
hat, zerfallen die von ihm untersuchten Handschriften in zwei Gruppen.
Im letzten Abschnitt seiner Arbeit erlangt Weyrauch nun das Resultat,
dafs die französischen Vorlagen von den mittelenglischen Handschriften
alle zu einer Gruppe (der O-r-o-f-Gruppe) gehörten. Dies wird nicht nur
dadurch bewiesen, dafs die englischen Handschriften eine überaus grofse
Menge -f -Verse in Übereinstimmung mit der genannten afrz. Gruppe auf-
weisen, wogegen die -{--Verse der anderen afrz. Gruppe (a P G) in den
englischen Handschriften fehlen, sondern auch dadurch, dafs die englischen
Handschriften eine von der anderen afrz. Gruppe abweichende Version,
und zwar die von O-r-o-f, bieten. Eine Sonderstellung nimmt aber der
erste Teil der Hss. A und C ein, insofern sie ein Gemisch beider afrz.
Versionen repräsentieren; auch c schliefst sich in einem Abschnitt der
anderen afrz. Version an. Diese Mischungen haben aller Wahrscheinlich-
keit nach schon in den betreffenden afrz. Vorlagen stattgefunden. Es wird
nun noch ein Versuch gemacht, die Stellung der verloren gegangenen afrz.
Vorlagen zu den vorhandenen afrz. Handschriften festzustellen.
Das vom Verfasser behandelte Thema ist in vielen Punkten ein sehr
verwickeltes und zeitraubendes. Eine vollständige Würdigung der Arbeit
ist nur für denjenigen möglich, der das ungeheure Material durchforscht
hat. Zu eingehenderen Studien auf diesem Gebiete habe ich keine Ge-
legenheit gehabt. Soweit ich die Resultate der Arbeit habe prüfen können,
haben sie mir durchaus eingeleuchtet. Ein endgültiges Urteil aller vom
Verfasser behandelten Eragen mufs berufeneren Kräften überlassen werden.
Zuletzt ein paar Kleinigkeiten. S. 5 Z. 5 v. o. 1. itherd. Kanu nicht
die zweimal in nQ auftretende Schreibung cm arabite so erklärt werden,
dafs man a- mit a- in afrz. arabi zusammenstellt? S. 11 Z. 10 v. u. 1.
sigt statt rigt. S. 11 Z. 8 v. u. 1. elvis oder elvish statt elvich.
Upsala. Erik Björkman.
446 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Le bone Florence of Rorae, hsg. von W. Vietor. 2. Abtlg. : Unter-
suchung des Denkmals von A.Knobbe. Marburg 1899. 59 S. 8.
Im ersten Kapitel dieser Untersuchung, welche die nachträgliche Ein-
leitung zu dem seinerzeit von Herrn Professor Vietor gegebenen Abdruck
der Bone Florence bildet, behandelt (S. 1 — 3) Verfasser 'das genealogische
Verhältnis der englischen Fassung zu den fremden Versionen
des Stoffes' und sucht dabei die Ergebnisse der Wenzelschen Dissertation
(Marburg 1800), die sich mit den verschiedenen Fassungen unserer Sage
beschäftigt, zu berichtigen. In der Tat wird man ihm auch darin bei-
pflichten müssen, dals für die Hss. M, P und S eine gemeinsame Vor-
lage y anzunehmen ist, durch deren Vermittelung erst sie auf dieselbe
Quelle zurückgehen wie die englische Version R. Wenn dagegen Knobbe
innerhalb der MPS -Gruppe noch für M und P eine gemeinsame Vor-
lage z annimmt, so ist demgegenüber der Umstand anzuführen, dafs P
trotz aller Ähnlichkeiten mit M zu viele Züge aufweist, die sich in R
finden, in M aber fehlen (vgl. S. 4); diese Annahme scheint mir daher
nicht haltbar.
Das zweite Kapitel (S. 3 — 12) beschäftigt sich mit der Charakte-
ristik der englischen Bearbeitung, wobei zum Vergleich beson-
ders die Hs. P herangezogen wird. Es wäre gut gewesen, dann und wann
auch die anderen Versionen, besonders Q, zu berücksichtigen. Auf diese
Weise hätte sich sicher herausgestellt, dafs die Abweichungen der eng-
lischen Version von der französischen P nicht in dem Mafse auf Rech-
nung des Bearbeiters zu setzen sind, wie es Herr Knobbe (z. B. S. 9) tut.
Trotzdem aber sind die Rückschlüsse, die er auf den Verfasser der eng-
lischen Version macht, und die Brandls in Pauls Gruudrifs (1. Aufl., II. Bd.,
1. Abt., S. 669) ausgesprochene Ansicht bestätigen, zweifelsohne richtig.
Der Stil der Dichtung wird im dritten Kapitel (S. 13 — 25) nach der
von Kölbing in seiner Amis und Amiloun-Ausgabe eingeschlagenen Me-
thode untersucht. Bei den unter 'Nachahmungen ?' gegebenen Stellen aus
Emare, Sir Perceval und Torent of Portyngale ist allerdings kaum Ent-
lehnung anzunehmen.
Kapitel IV (S. 25 — 48) wird durch die Betrachtung der Sprache
des Denkmals ausgefüllt, der sich in Kapitel V (S. 49 — 52) die Bestim-
mung von Ort und Zeit der Entstehung des Werkes anschliefst.
Der Versuch einer Lokalisation war schon von 0. Wilda in seiner Disser-
tation 'Über die örtliche Verbreitung der zwölfzeiligen Schweifreimstrophe
in England' (Breslau 1887) unternommen worden. In Übereinstimmung
mit Wilda kommt Herr Knobbe zu dem Resultat, dafs als Ort der Ab-
fassung die Grenze zwischen Norden und Mittelland anzunehmen ist. Er
entscheidet sich aber für das nördliche Mittelland, während nach Wilda
der südliche Norden die Heimat des Dichters war. Natürlich ist es bei
dem Übergreifen der sprachlichen Erscheinungen im Grenzgebiet zweier
Dialekte, und so auch hier, schwer, eine genaue Entscheidung zu treffen.
Überzeugend sind dagegen die Ausführungen Herrn Knobbcs über die
Zeit der Abfassung.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 447
Das sechste und letzte Kapitel bringt (S. 52 — 59) die metrische
Untersuchung des Denkmals. Der gleiche Stabreim der Cauda mit
dem ihr vorangehendeu Verse dürfte bei der auf S. 59 citierten Stelle
Zufall sein; dessen ungeachtet hat aber Verfasser mit der Behauptung,
dafs die Gesetze des germanischen Alliterationsverses nicht im entfern-
testen gewahrt sind, unbestreitbar recht.
Pr.-Stargard. M. Weyrauch.
Specimens of Middle Scots with introduction, notes and glossary by
G. G. Smith. Edinburgh, Blackwood, 1902. LXXV, 374 s.
Mit Recht beklagt sich Smith über die Unklarheit des Begriffes
'Mittelschottisch'. Läfst man ihn, wie es in diesem Buche geschieht, in
der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts einsetzen, so ist zwar
das Gros der schottischen Chaucer-Schule von Henrison an einbezogen,
aber ohne das Haupt, Jakob I., und zugleich ist eine sprachliche Ab-
grenzung fast in keinem Punkte sicher zu legen, wie Smith im Kapitel
über die grammatischen Eigentümlichkeiten auch betont. Wollte man
Jakob I. einbeziehen, so bliebe für das Altschottische aufser Barber und
Huchown fast nichts übrig. Vom Standpunkt der englischen Literatur-
geschichte aus sieht man überhaupt keine schottischen Denkmäler, die sich
als gleichzeitig mit den altenglischen erweisen lassen, fühlt sich daher ver-
sucht, auf die ganze Periode 'Altschottisch' zu verzichten. Auch kann
man den Anfang des Mittelschottischen nicht gut auf die Reformationszeit
herabdrücken, weil da die Dichtung im heimischen Idiom bereits verebbt.
Wäre es nicht praktischer, sachliche Gruppierungen und Titel zu wählen,
z. B. Barbersche Periode, Chaucer-Schule, Reformationszeit, frühpresbyte-
rianische Zeit, siebzehntes Jahrhundert? Bei solchem Vorgehen hätte
Smiths Buch die Überschrift 'Scottish literature under the influence of
Chaucer and the reformers' erhalten können, denn über diese Sphäre un-
gefähr erstreckt es sich.
Sein Hauptwert liegt in dem, was Smith aus den ältesten Sammel-
handschriften beibringt. Diese werden zuerst beschrieben (S. LXVII
bis LXXIII). Da ist eine lateinische Hs. von Makculloch, datiert 1477,
mit schottischen Interpolationen in Versen, die erst zum Teil gedruckt sind ;
bisher war man hierüber auf einige kurze Bemerkungen von Laing (bei
Schipper S. 13 wiederholt) angewiesen. Ferner eine Sammelhandschrift
genealogischer und geschichtlicher Art, ca. 1500 von J. Gray gemacht und
mit Versen untermischt, von denen Smith namentlich das religiöse Gedicht
'This warld is verra vanite' zum Abdruck bringt. Etwaige Zweifel an der
schottischen Herkunft dieses Gedichtes aus sprachlichen Gründen lehnt er
ab, mit Recht; denn es enthält nicht blols nörtliche Reime (ee, deej, son-
dern auch spezifisch schottische Wörter und Schreibweisen, z. B. wy (: tree),
eneugh, quhill.
Von den jüngeren Gedichtsammlungen ist Asloane genau beschrieben,
doch wie bei Schipper S. 7 ff. nur nach dem Bericht von Gibb 1810 in
den Chalmers ms. collections, da der Besitzer, Lord Talbot, 'is unable to
448 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
graut access to the volurae': lächerliche Unnoblesse! Bannatyne-Ms. und
Maitland-Ms. sind kurz skizziert; aus dem letzteren wird 'The mourning
uiaiden' mitgeteilt, das aber schon bei Laing steht; im übrigen erhalten
wir aus diesen Sammlungen lauter schon bekannte Proben von Henrison,
Dunbar und Scott. Neu ist ein Stück aus John of Ireland, Opera theo-
logica 1490, 'the earliest extant example of original literary prose in
Scots' S. 92 — 101; der Verfasser sagt zwar, lateinisch zu schreiben hätte
er besser verstanden ; er schreibe aber doch in 'the commoune langage of
bis cuntre', denn 'I knaw bat Gower, Chauceir, the monk of Berry and
monywthir has writtin in inglis tong rieht wisly, induceand personis to
lefe vicis and folow wertuis'. Der englische Einfluss ist also deutlich be-
zeugt. Lehrreich ist der Abdruck von vier zeitlich gesonderten Stellen
aus dem Register of the Privy Council 1546, 1552, 1567, 1618; man kann
über die Entwickelung der schottischen Kanzleisprache manches daraus
entnehmen ; freilich ist der Dialektgebrauch in diesen Akten vielfach auch
davon abhängig, ob der Schreiber in Edinburg safs oder auf dem Lande
oder bei König Jakob VI. in London : in letzterem Falle ist der englische
Einschlag am stärksten, während er in der Feder eines Friedensrichters
vom Dorfe am wenigsten fühlbar wird. Diese Verhältnisse hätten — bei
der Reichhaltigkeit des gedruckten Materials — längst eine Untersuchung
verdient; endlich hat sie Dr. Ritter hier in die Hand genommen. Die
jüngste Probe, die Smith abdruckt, stammt aus den bisher unveröffent-
lichten Hss. von A. Bysset, 'The rolment of courtis' 1622; die Schreibung
ist immer noch sehr ausgeprägtes Schottisch.
Von den Beigaben sind die 'Early transition texts' — aus Ratis Raving,
Bruce, Lancelot and Rauf Coiljear — ein Tribut an den schwankenden
Begriif 'Mittelschottisch'. Anmerkungen und Glossen werden es dem An-
fänger sehr erleichtern, sich einzulesen. Die grammatische Einleitung ist,
was Laut- und Flexionslehre betrifft, mehrfach unklar geraten. Ich hebe
nur den wichtigsten alten Unterscheidungspunkt des Schottischen vom
Nordenglischen hervor, nämlich die Verwechslung von v und w. Smith
konstatiert das Erscheinen von v für w nur für 'some texts printed abroad'
(S. XXVIII) und das Wort void statt wood in 'King Hart'. Ich finde es
aber z. B. auch in der ersten Nummer von Chapmans Sammelband 1508,
die nach Smith S. LXXIV in Edinburg gedruckt wurde: bevale 70 10,
folloving 71 8, reuardit 73 n; sowie in Hay's Hs. betuix 80 l, ansuere 80 27,
alssua 83 28. Das Umgekehrte, nämlich Vorkommen von w statt v, wird
von Smith mit den Worten erörtert: 'The contrary is seen in wardour
= verdure 48 16.' Wer aber genauer zusieht , findet w für v in einer
grofsen Anzahl von Hss., die kein v für w haben. Man kann für die von
Smiths Proben illustrierte Zeit geradezu den Satz aufstellen: w für v ge-
hört zur gewöhnlichen Physiognomie des Schottischen, v für w zu den
auffallenden Eigentümlichkeiten gewisser Schreiber und Setzer. Statt
weiter solche Ausstellungen zu machen, will ich aber lieber hervorheben,
dafs Smith einen hübschen Ansatz zu schottischer Dialekt - Syntax ge-
wagt, die heute in England so beliebten Theorien von keltischem Einfluis
zurückgewiesen und gegenüber dem überschätzten Einilufs des FranzÖ-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 449
sischen im sechzehnten Jahrhundert den lateinischen in gerechtes Licht
geschoben hat. Das Buch ist als Ganzes ein willkommenes Zeichen dafür,
dafs sich das germanische Schottland philologisch auf seine Vergangen-
heit besinnt.
Berlin. A. B ran dl.
G. H. Sander, Das Moment der letzten Spannung in der eng-
lischen Tragödie bis zu Shakespeare. Berlin, Mayer & Müller,
1902. 68 S. M. 1,60.
Das 'Moment der letzten Spannung' ist von G. Freytag in die Drama-
turgie eingeführt worden, und die Fruchtbarkeit seines empirischen Stand-
punktes hat sich vielleicht nirgends heller offenbart als in der Entdeckung
dieses bis dahin nicht beachteten Muskels an der Anatomie des Dramas.
Sander geht nun von Hinweisen der 'Technik des Dramas' auf Shakespeare
aus, um die Geschichte des wirksamen Kunstmittels bis auf den Meister
der Tragödie zu verfolgen. Er weist nach, dafs in der antiken Tragödie
nur bei Sophokles in der 'Antigone' sich Ansätze zeigen. Englische Dra-
men nehmen das Motiv dann ganz neu auf. Marlowe verwendet zwar
im 'Faustus' (S. 34) nur das schon von der epischen Quelle gegebene
Hilfsmittel, bringt es aber im 'Tamburlaine' (S. 31) in neuer und origi-
neller Weise an (S. 34 ; Rekapitulation S. 47). Shakespeare führt es dann
in 'Richard III.' mit neuer Kraft durch (S. 52), während er es in 'Richard IL'
(S. 53) nicht gegen die Quellen einzuführen wagt. Sonst aber (S. 65) ge-
braucht er es von Romeo und Julie' an regelmäfsig. Sander sieht die
Ursache (S. 67) darin, dafs diese letzte Spannung uns besonders nach-
drücklich darauf hinweist, wie das Schicksal der Helden in der Hand
höherer Mächte Hegt.
Berlin. R. M. M.
The complete works of John Lyly now for the first time col-
lected and edited frora the earliest quartos with life, biblio-
graphy, essays, notes, and index by R. Warwick Bond, M. A.
Vol. I: Life. Euphues: The anatomy of Wyt. Entertain-
ments. Vol. LT: Euphues and his England. The plays.
Vol. III: The plays (continued). Anti-Martinist work. Poems.
Glossary and general index. Oxford at the Clarendon press
1902. 42 sh.
'The work liere offered to Elixabethan stitdents is the first collected edi-
tion of an author tvhose i?nmense importance to English literature is begin-
ning to receive a tardy recognition' — diesen Worten, welche die Vorrede
des Herausgebers eröffnen, können wir getrost hinzufügen, dafs diese statt-
liche Ausgabe für viele Jahrzehnte die Grundlage jeder ernstlichen Be-
schäftigung mit dem berühmten Euphuisten bleiben wird. Man kann in
dieser Arbeit, der Frucht mehrerer mühevoller Jahre, hin und wieder einige
Weitschweifigkeiten und Wiederholungen lästig empfinden, manchmal eine
verschiedene Anordnung des Stoffes wünschen, die reichlichen Anmer-
Archiv f. n. Sprachen. CX. 2ü
450 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
kungen werden sich aus den Sammlungen anderer Forscher noch ergänzen
und berichtigen lassen : über die liebevolle Hingabe Bonds an seine Arbeit
kann nur eine Stimme der Anerkennung und des Lobes sein. Wir ver-
danken ihm die sorgfältigste, manches Neue bietende Darstellung des
Lebens und Wirkens John Lylys.
Der erste Band bringt an erster Stelle einen Neudruck der Ende De-
zember 1578 veröffentlichten editio princeps des Euphues mit den Lese-
arten der späteren Ausgaben. Dieser Neudruck ist von Anmerkungen be-
gleitet, die wir dankbar begrüfsen als den ersten, wohlgelungenen Versuch,
das Verhältnis Lylys zu seinen Vorbildern im einzelnen festzustellen und
seine zahllosen, der Mythologie, der Geschichte und Literatur des klas-
sischen Altertums entlehnten Beispiele und Gleichnisse auf ihre Quellen
zurückzuführen. Schlagend wird durch diesen Kommentar bewiesen, wie
vollkommen der Stilist Lyly von seinem Meister George Pettie abhängig
ist, von dem Erfinder der als Euphuismus berühmt gewordenen Schreib-
weise. Bond selbst bemerkt über Lylys Schuld an den Guevara-Über-
setzer Thomas North und an Pettie zusammenfassend: 'Whatever Lyly's
debt to "The Diall" in point of subject-matter, he owes Utile to it directly in
point of style. In Pettie, on the other hand, who indeed owes much of his
manner to North, we have an exact model of the style of Euphues' (I, 138).
Dagegen mufs ich sagen, dafs es mir ganz unklar geblieben ist, was Lyly
als Stilist der englischen Guevara-Übersetzung verdanken soll: ich wül'ste
nicht, welche Eigentümlichkeit seines Stiles nicht auch bei Pettie zu fin-
den wäre. Eine genaue Vergleichung des Pettieschen 'Pallace' mit der
Northschen Arbeit fehlt uns leider immer noch, sie mufs unbedingt ge-
liefert werden, bevor wir ein richtiges, endgültiges Urteil über Petties
Originalität fällen können. Vorläufig kann ich nur wiederholen, was ich
schon vor zehn Jahren in meinen 'Studien zur Geschichte der italienischen
Novelle in der englischen Literatur des 16. Jahrhunderts' (S. 26) gesagt
habe: Pettie war meines Erachtens 'vollkommen berechtigt, von neuen
Moden in Phrasen und Worten zu sprechen, die er in seinem Buche ein-
geführt habe'.
In den eben erwähnten Studien, welche der sonst auch deutsche Ar-
beiten gewissenhaft benutzende Herausgeber nicht gekannt hat, würde er
auch die Hauptverschiedenheit zwischen der Vortragsweise Petties und
Lylys kennen gelernt haben: Pettie verwendet als warnende oder lockende
Beispiele gern die durch William Painter in die englische Literatur ein-
geführten Gestalten der italienischen Novellisten, namentlich Bandellos,
während Lyly diesem Kreise ganz fern bleibt. Er citiert nur — höchst
wahrscheinlich wieder im Anschlufs an Pettie — die allgemein bekannten
Freundschaftstypen Titus und Gisippus, und von den italienischen Autoren
sind im Euphues nur Petrarca und Ariost flüchtig erwähnt.
Mit gleicher Sorgfalt ist der zweite Teil des Lylyschen Romans, 'Eu-
phues and his England', zum Abdruck gebracht und kommentiert.
In dem einleitenden Aufsatz über 'Euphues and Euphuism' wird man
mit besonderem Interesse die Tabelle der an den Wortlaut und an die
Gedanken des Euphues erinnernden Shakespeare-Stellen durchsehen.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 451
Neue Urteile von Zeitgenossen Lylys über seinen Stil und neues Material
für die Erkenntnis des Fortlebens des Euphuismus bringt Bond nicht
bei — es wird deshalb nicht vom Übel sein, wenn ich zwei, soweit ich
sehe, noch nicht beachtete zeitgenössische Zeugnisse für die hohe Schätzung
und die schnelle Entwertung dieser Schreibweise anführe. In einer der
Elisabethischen Vorstudien für den historischen Roman, in Thomas De-
loneys unterhaltlicher Erzählung 'Thomas of Reading, or the Sixe Wor-
thie Yeomen of the West' erscheint mitten unter den realistisch gehaltenen
bürgerlichen Gestalten ein hochgeborenes, romantisches Liebespaar: Mar-
garet mit der lilienweilsen Hand, die Tocbter des verbannten Earl von
Shrewsbury, die sich in ihrer Not der Frau des Tuchmachers Gray als
Magd verdingen mufs, und der Herzog Robert von der Normandie, der
Bruder Henry Beauclerkes, des Königs von England, den dieser gefangen
hält, weil er sich mit dem französischen König Lewis gegen seinen könig-
lichen Bruder verbündet hatte. Dieser gefangene Prinz verliebt sich in
die schöne Magd und wird auch von ihr geliebt, aber diese Liebe wird
ihr Verderben: bei einem gemeinschaftlichen Fluchtversuch werden sie
gefangen genommen, der Herzog wird geblendet, Margaret geht ins Kloster.
Im allgemeinen läfst Deloney seine Leute ein schlichtes, nüchternes Englisch
sprechen — in die Reden des vornehmen Liebespaares aber hat er wieder-
holt naturgeschichtliche Gleichnisse von der Art des Euphues eingeflochten.
So sagt z. B. der verliebte Herzog bei seinem Werben: A bird was nerer
seene in Pontus, nor true love in a fleeting mind: never shall remove the
affection of my heart whieh in nature resembleth the stone Abiston, ivhose
fire can never be cooled. ' Bei Lyly ist dieser fabelhafte, sich nie abkühlende
Stein Abeston dreimal erwähnt (vgl. Bonds Anmerkung I, 332). Margaret
möchte zungenlos gewesen sein wie der Storch: I would I had beene like
the Storke tongueless, then should I never have caused your disquiet. 2
Während sich Deloney in seiner vor 1600 verfafsten Erzählung einer
Eigentümlichkeit des Euphuismus bedient, um die Reden seiner feinen
Leute von dem Gespräch der bürgerlichen zu unterscheiden, warnt Thomas
Middleton in einigen, wenige Jahre später niedergeschriebenen Versen
ausdrücklich vor der Verwendung der einst so beliebten, jetzt aber immer
der Entlehnung verdächtigen Euphuismen. In dem metrischen Prolog seiner
kleinen Sammlung von Prosa-Erzählungen: 'Father Hubburd's Tale; or
the Ant and the Nightingale', gedruckt 1604, gestattet die Nachtigall der
Ameise, ihre Geschichte in Prosa zu erzählen:
Well, teil thy tales; but see thy prose be good,
For if thon Euphuize, which once was rare,
And of all Eiiglish phrase the life and blood,
In those times for the fashion past compare,
I'll say thou borrow'st, and condemn thy style,
As our new fools, that couut all following vile.3
1 Vgl. 'Eaily English Frose Romances' ed. W. J. Thoms, London 1858, vol. I
p. 138.
2 Ib S. 140.
3 Vgl. die Bullensche Ausgabe, London 1886, vol. VIII, S. 62.
29*
452 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Mit grofser Wärme tritt der Herausgeber für Lylys Verdienste als
Dramatiker ein, als Bahnbrecher und Lehrmeister Shakespeares, dessen
Verhältnis zu Lyly nicht nur in den Anmerkungen, sondern auch in dem
den Dramen vorausgestellten Aufsatz: Lyly as a Playwright (II, 231 ff.)
beleuchtet ist. Aufserdem sind besonders eingehend Lylys Beziehungen
zu Chaucer und zu der italienischen Literatur besprochen. Bonds An-
sicht, dafs Lyly dieser letzteren auch als Dramatiker ziemlich unabhängig
gegenüberstehe, scheint, was sachliche Entlehnungen angeht, vollkommen
richtig zu sein; dafs sich aber bei ihm gerade deutlichere Übereinstim-
mungen mit Tassos anmutiger dramatischer Pastorale 'Aminta' ergeben
(vgl. Bond II, 483), läfst doch vermuten, dafs die zierlichen Schäfer,
Schäferinnen und Nymphen des Engländers der italienischen Anregung
innerlich mehr verdanken, als sie in ihren Worten und Taten erkennen
lassen. Die ganze niedliche Schar der Lylyschen Figuren sieht man in
dieser schönen neuen Ausgabe gern und auch nicht ohne ein gewisses
ästhetisches Behagen an sich vorübergleiten — freilich aber doch immer
mit der Empfindung, dafs die Musik, welche diesen Marionettentanz be-
seelte, für uns verklungen ist.
Bond ist geneigt, seinem Dichter aufser den bekannten Dramen auch
noch eine gröfsere Zahl von Maskenspielen zuzuschreiben , die an ver-
schiedenen Orten zur Begrüfsung der Königin Elisabeth und bei anderen
festlichen Anlässen aufgeführt wurden. Diese Vermutung hat manches
für sich, solche Arbeiten können wohl zur teilweisen Ausfüllung der spä-
teren Jahre Lylys gedient haben, aus denen uns keine gröfseren Werke
überliefert sind. Zwingend läfst sich der Beweis für seine Autorschaft aller-
dings nicht führen — und wer nicht an die Echtheit dieser dramatischen
Skizzen glauben will, braucht wenigstens nicht zu befüchten, dafs er durch
seine Zweifel den Dichterruhm Lylys empfindlich schmälert: es handelt
sich um leichte, auf Bestellung gelieferte Ware. Etwas störeud wirkt,
dafs Bond diese Entertainments zwischen die beiden Teile des Euphues
eingeschoben hat, sie würden nach den Dramen an ihrem richtigen Platze
gewesen sein.
Den Beschlufs der Ausgabe bildet Lylys 'Anti-Martinist Work', d. h.
seine Beiträge zu der famosen Martin Marprelate-Controversy, und eine
stattliche Anzahl von Gedichten, die Bond als das Eigentum seines Poeten
betrachten möchte. Sicherheit wird sich auch betreffs der meisten dieser
Gedichte schwerlich je gewinnen lassen.
Lyly ist einer von jenen Autoren, deren Persönlichkeit ganz hinter
ihren Werken zurücktritt: nur seine pathetische Klage über die Ungunst
des Schicksals in einer seiner Bittschriften an die Königin ist im Ge-
dächtnis der Nachwelt haften geblieben. Bond hat auch für die Biographie
des Euphuisten eingehende Untersuchungen vorgenommen, und es ist ihm
gelungen, einige Tatsachen und Daten, besonders die Jahre seiner Petitio-
nen an die Königin genauer zu bestimmen, sowie einige eigenhändige
Briefe Lylys zu entdecken. Überall hat man auch in diesem Abschnitt das
wohltuende Gefühl, dals er selbständig geforscht und keine Mühe gescheut
hat, der frei gewählten Aufgabe nach bestem Können gerecht zu werden. —
Beurteilungen und kurze Anzeigen. t53
Wiederholt hat sich Bond, wie gesagt, mit Lylys allenfallsigon Be-
ziehungen zu Chaucer beschäftigt (vgl. I 401, II 123, III 503 f.). Ich möchte
seine vergleichenden Bemerkungen um eine interessante Parallelstelle ver-
mehren: die Worte des Euphues: Tlie Sun shineth uppon the dungehill, and
is not corrupted (I 193, 19, wozu die Anmerkung auf S. 332 f. zu vergleichen
ist) erinnern uns sofort an eine Stelle der Parson's Tale: Certes, holy writ
may nat been defoided, na-more than the sonne that schyneth on the mixen
(Variante: a dongehul, vgl. Morris III 349; Skeats Chaucer IV 630, 912 ff.).
Bei Peraldus steht dieses Gleichnis nicht (vgl. Miss Petersens Abhandlung
'The Sources of the Parson's Tale' S. 70), es ist aber ein sehr alter Ge-
meinplatz des Mittelalters, der aus der theologischen Literatur bald in die
weltliche übergegangen ist. Der älteste, mir aus zweiter Hand bekannte
Beleg findet sich in einem Sendschreiben des Papstes Nikolaus I. aus
dem Jahre 886: nee potest solis radius per cloacas et latrinas transiens
aliquid exinde contaminationis attrahere1 — spätere weltliche Wieder-
holungen sind zu lesen in einem Sonett des Guido Guinicelli,2 bei Pe-
trarca3 und in einer Sentenzensammlung des 14. Jahrhunderts, betitelt
'Fiore di Virtü'.4 Nach Lyly ist mir derselbe Gedanke bei dem Dra-
matiker Thomas Middleton begegnet (vgl. die Strafsburger Doktorschrift
von Otto Ballmann, 'Chaucers Einflufs auf das englische Drama etc.',
Anglia XXV 75) und bei dem Earl of Stirling (vgl. 'Croesus' III 2).
Zu dem hübschen Liede des Trico in 'Campaspe' (Akt V Sc. I ; vol. II
S. 351) sagt Bond: A different, but inferior and I think later, version of
Lyly's song altering the fourth line and also substituting the sparrow for the
robin is given, with 'Oupid and my Campaspe' but without source or author
speeified, in Thos. Lyle's 'Ancient Ballads and Songs', 1827 (ib. S. 551 f.).
Dieser zweite Text der mir nicht vorliegenden Lyleschen Sammlung scheint
die spätere Umformung des Liedes zu bieten, welche in dem von Ford
und Dekker gemeinschaftlich verfafsten moralischen Maskenspiel 'The Sun's
Darling' (lic. 1624) von Delight vorgetragen wird. Ford und Dekker haben
sich Lylys zierliche Verse mit der damals so oft zu bemerkenden Unbe-
fangenheit angeeignet und dabei den Sperling für das Rotkehlchen ein-
geführt : Chirrup the Sparroiv flies away, For hee feil too 't ere break of day.
Ihre Veränderungen beschränken sich jedoch nicht auf diese Vertauschung
und die vierte Zeile; sie haben Lylys zwölfzeilige Strophe in zwei sechs-
zeilige verwandelt und auch in der ersten Strophe das Schlufscouplet des
Liedes als Refrain verwendet, weshalb zwei Zeilen der ursprünglichen
Fassung beseitigt werden mufsten. An Shakespeares Cymbeline-Ständchen
erinnert der Ford-Dekkersche Wortlaut infolge dieser Änderungen nicht
1 Cf. Lorenzo Mascetta Caracci 'Shakespeare e i Classiei Italiani a proposito
di un Sonetto di Guido Guinizelli', Lanciano 1902, S. 18, Anm. 1. Ein ganz
interessantes Schrift chen, nur teile ich betreffs aller der von ihm emphatisch
betonten Übereinstimmungen zwischen Shakespeare und den Italienern seine ge-
legentlich ausgesprochene Meinung: Certo non e da eseludere la possibilitä d'in-
contri accidentali (S. 17).
2 Cf. ib. S. 18; Gaspary 'Gesch. d. it. Lit.' S. 105.
3 Cf. Caracci 1. c.
4 Cf. Gaspary ib. S. 105.
151 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
mehr (vgl. Dramatic Works of Thomas Dekker, London 1873, vol. IV
pp. 304, 442).
Zum Schlufs möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dafs die
absonderliche Handlung von Lylys einziger Vers-Komödie 'The Woman
in the Moone' zusammengefafst ist in einem Sonett eines schottischen
Zeitgenossen, des Sir William Alexander, Earl of Stirling. Wie Pandora,
die unruhige Heldin Lylys, wird auch Stirlings Dame von allen sieben
Planeten beherrscht, nur kommen bei ihm, der eine Verherrlichung der
Geliebten beabsichtigt, ausscbliefslich die guten Einflüsse der Planeten
zur Geltung:
Lo, in my faire each of the planets raignes :
She is as Saturne, ever grave and wise,
And as Jove's thunderbolts, her thund'ring eyes
Do plague the pride of men with endlesse paines:
Her voyce is as Apollo's, and her head
1s over garnish'd with his golden beames,
And 6 her heart, which never fancie taraes,
More fierce then Mars makes thousands to lie dead.
From Mercurie her eloquence pioceeds,
Of Venus she the sweetnesse doth retaine,
Her face still füll doth Phoebe's lightnesse staine,
Whome likewise she in chastitie exceeds
(cf. The Poetical Works of Sir Wm. Alexander etc. In three vols. Glas-
gow, 1870; vol. I, p. 75 f.).
Strafsburg. E. Koeppel.
Byrons sämtliche Werke in neun Bänden, übers, von A. Böttger,
hrsg. von Prof. Dr. W. Wetz. Leipzig, o. J. (1902). Max
Hesses Verlag.
Es war vorauszusehen, dafs der Abschlufs der grofsen Murrayschen
Ausgabe von Byrons Werken in Deutschland nicht ohne Nachwirkung
bleiben werde. So haben wir schon eine neue Biographie des Dichters von
der Hand R. Ackermanns, eine zweite von E. Koppel ist seit einiger Zeit
angekündigt,1 und jetzt liegt auch eine Neuausgabe von A. Böttgers Über-
setzung vor, die Professor Wetz besorgt und mit einer ausführlichen Ein-
leitung und Anmerkungen ausgestattet hat.
Böttger war gewifs ein Dichter von nicht geringer Begabung, und
seine Übersetzung hat von jeher in Ansehen gestanden. Freilich liegt in
dieser Tatsache ein Vorzug und zugleich eine gewisse Gefahr. Ein Dichter,
der sich seinen bestimmten Stil bereits gebildet hat, wird diesen bewufst
oder unbewufst auch bei der Übertragung der Werke eines Dritten zur
Geltung bringen. Ferner ist zu erwägen, dafs mit der Fähigkeit zu dich-
terischer Produktion die Fähigkeit des Übersetzers nicht immer gleichen
Schritt hält. Wer dächte hier nicht an Gildemeister, der, soviel bekannt
ist, nie selber auch nur ein Gedicht veröffentlicht, wohl aber die nach
allgemeinem Urteil beste Byron - Übersetzung hinterlassen hat? Ahnlich
1 Ist inzwischen erschienen.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 155
steht es mit Alex. Neidhardt, dessen Arbeit zwar öfter an Härte des Aus-
drucks leidet, dafür aber durch ihre Treue in der Wiedergabe der dich-
terischen Vorlage entschädigt. Bei einer kritischen Durchsicht der Böttger-
schen Übersetzung stellt es sich bald heraus, dafs sie keineswegs fehlerfrei
ist und nicht durchweg den Anforderungen entspricht, die man heutzutage
stellen darf. Es finden sich bei ihm nicht wenige Härten und Ungenauig-
keiten, selbst Mifsverständnisse des Originals kommen vor. Dafs Böttger
eine unvollständige, vielleicht auch nicht fehlerlose Ausgabe von Byron
benutzt hat, sei nebenbei erwähnt. Der Herausgeber hat demgemäfs (spe-
ziell bei den lyrischen Gedichten) andere Übersetzer — wie den hoch-
begabten E. Ortlepp, ferner Dr. Bärmann, Bernd von Guseck u. a. — zu
Worte kommen lassen. Auch hat er ausnahmsweise, was sehr zu billigen
ist, selbst die bessernde Hand angelegt, wo eine wichtige Nuance des
Textes nicht getroffen zu sein schien (vgl. Bd. VIII, S. 7).
Es ist interessant zu beobachten, wie die Übersetzung, je nach dem
verschiedenen Charakter der Dichtungen, auch verschieden gut ausfällt.
Am wenigsten gelungen erscheinen mir die mehr individuellen Schöpfun-
gen, d. h. die lyrischen Gedichte und der dulde Harold, ein Werk, das
wegen der gehäuften Schwierigkeiten gleichsam als Prüfstein für die Ge-
schicklichkeit des Übersetzers dienen kann. Besser sind schon die nach
Stoff und Form leichter zugänglichen kleinen Epen geraten. Am meisten
befriedigen die Dramen. Es hegt dies vielleicht auch daran, dafs Böttger
sie erst zuletzt in Angriff genommen haben mag, als seine Kräfte der
Aufgabe gegenüber gewachsen waren. Ich möchte an einer Keihe aus
verschiedenen Werken ausgewählter Proben zeigen, inwieweit die Böttger-
sche Arbeit verbesserungsbedürftig erscheint.
Ich beginne mit den lyrischen Gedichten:
On the Death of a Young Lady (ed. Coleridge I, 5)
Oh! could that King of Terrors pity feel,
Or Heaven reverse the dread decree of fate.
O hätte docb der Todesfürst ein Herz,
O wenn der Himmel sie noch aufbewahrte.
Still they call forth my warm affections' fear,
Still in my heart retain their wanted place.
In meinem Herzen bleibt der holde Stern
Und lockt mir Tränen ab und Klagetöne.
Lines icritten beneath an elm in Harrow Chtirchjard (ib. S. 96)
Where now ahne, I muse, who oft have trod:
With those 1 loved, the soft and verdant sod.
Wo ich allein jetzt bin, der oft vor Jahren
Den Raum betrat mit der Genossen Scharen.
Hebrew Melodies (ed. Coleridge III, 381)
Ske walks in beauty like the night
Of cloudless climes and starry skies.
Sie geht in Schönheit gleich der Nacht
In wolkenlosem Sternenlicht.
456 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Unübertrefflich ist hier Gildemeister:
In ihrer Schönheit wandelt sie
Wie wolkenlose Sternennacht.
Since thy triumph was bought by thy (yow)
Da dich dein Gelübde befreit. (Ib. 387.)
Aus 'Ghilde Harold', was übrigens besser mit Junker als mit Ritter
Harold übersetzt wird, habe ich folgendes angemerkt:
Vorw. 2, 5. and guileless beyond Hupe's imagining
Voll Unschuld, wie sie atmet im Gedicht.
4, 1. Oh! let ihat eye, which, wild as the gazel/e's
Now brightly bold or beautifully shy etc.
O lafst den Blick, der voll Gazellenglut
Bald kühn erglänzt, bald wuuderlieblich zagt.
5, 6. Xear the lyre
Of him who hailed thee, loveliesl as thou wast.
Zur Leier dessen, der dich preist allein.
Canto I, 2, 9. Flaunting wassailers of high and low degree.
Zecher aller Art, die seine Lüste nährten.
I, 3, 7. Nor all
Can blazon evil deeds, or consecrate a crime.
Nicht läfst das Laster noch der Frevel sich um nachten.
5, 2. Nor made atonement when he did amiss.
Doch fühlt er im Begang'nen nimmer Reue.
8, 5. But this none knew, nor haply cared to know ;
Doch mocht' er niemand seine Qual vertrau'n.
12, 4. And fast the white rocks faded from his view,
And soon were lost in ctrcumambienl foam.
Die weifse Klippe, die dem Blick entweicht,
Verschwamm, bis ganz im Nebel sie entschwand.
14, 8. And soon un board the Lusian pilots leap,
And stter 'twixt ftrtile shores where yet few rustics reap.
Das Schiff bringt Lotsenkraft in sich're Bucht
An Lusitaniens Strand, wo überreiche Frucht.
Man vergleiche ferner folgende Stehen: 7, 3; 19, 5; 25, 2; 26, 3; 28,
2; 34, 7; 35, 5; 37, 4; 41, 5—7; 62, 6; 66, 1-2; 69, 3-4; 72, 8-9; 74,
7; 75, 4; 83, 5; 88, 4; 91, 9.
Sind obige Stehen ungenau oder ungeschickt übertragen, so gibt es
einige, die Böttger, durch den Gleichklang der Worte in beiden Sprachen
verleitet, direkt falsch übersetzt hat. Z. B. :
24, 3. a fiend,
A Utile fiend lhat scoffs incessantly.
Ein Feind, ein winz'ger Feind voll Spott und Hohn.
(Es mufs natürlich 'Kobold' oder 'Teufel' heifsen.)
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 45«
Oder: 53, 2. To swell one bloated chiefs unwholesome reign
Des blut'gen Häuptlings freche Macht zu schwellen.
Im 'Corsair' habe ich folgendes zu beanstanden:
I, 25. Come when it will — we snatch the life of Life.
Es komme, wann es will — wir sind bereit.
66. But, they forgive his silence for success.
Doch sie verzeih'n das Schweigen ihm von Herzen.
259. Nor deemed that gifts bestowed on better men
Bad left him joy, and means to give again.
Er glaubte nicht, dafs seine boss'ren Gaben
Vermöchten ihn noch andere zu erlaben.
333. So let it be — it irks not me to die;
But thus to urge them whence they cannot fly.
Nicht Furcht des Todes ist es, was mich quält,
Jedoch das jene schnödem Fall vermählt.
Canto HI, 1197. But ere he sank below Cithaeron's head,
Doch eh' er sank auf des Cithärons Thron.
1384. that Spirit stern and high
Had proved unwilling as unfit to die.
Da würde wohl gebändigt solch ein Geist;
Doch bleibt er stolz, indem er Kraft beweist.
Vergleiche ferner: v. 48, 147, 209, 3G9, 617, 648, 863, 932 (Druckfehler
für 'vergeblich'?), 1211, 1257 usw.
Auch hier wieder zwei Fälle falscher Übertragung:
1388. The heat of fight, the hurry of the galt,
Leave scarce one thought inert enough to quail:
Des Sturmes Tosen, wie der Schlacht Gewühl
Betäubt wohl jedes quäle u de Gefühl.
1699. And now he turned him to that dark-eyed slave
Whose brow was bowed beneath the glance he gave,
Er wandte zu der holden Sklavin sich
Auf deren Stirn der vor'ge Glanz erblich (!)
Zu 'Sardanapal' (Akt I) ist weniger zu bemerken:
30. the softening voices of women ....
must chime in to (he echoes of his revel.
Die weichen Stimmen von Frauen ....
Verhallen in dem Rausche seiner Lust.
359. / let then pass their days, as best might suit them.
Liefs ihnen ihre Tage frei verbringen. —
439. Some broad banqueis inloxicating glare
Im berauschten Auge beim rohen Zechgelag!
Delegated cruelty (71) heifst nicht 'wilde' Grausamkeit, for state {'2V-K)
nicht 'des Standes halber'.
458 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
decimated (230) ist mit 'arg besteuern', unlimited (293) mit 'unbedingt',
to blench (310) mit 'erbeben', jeers (466) mit 'Scherz' nicht richtig wieder-
gegeben.
Vers 459 kann nach dem Zusammenhang it will nicht 'wohl möglich',
sondern nur 'gewifs' bedeuten.
Aus den oben angeführten Stellen wird man entnehmen können, wie
weit mein Urteil berechtigt war. Glätte der Verse, Schwung und Verve
im Ausdruck wird man Böttger ohne weiteres zugestehen müssen ; auf der
anderen Seite aber berührt es bei einem so formgewandten Dichter eigen-
tümlich, wie oft er sich durch die Reimnot verleiten läfst, schiefe Aus-
drücke, undeutliche Wendungen zu gebrauchen, auch von dem Original
so weit abzuweichen, dafs es kaum wiederzuerkennen ist. Dafs manche
Stellen gut, sogar mit glänzendem Gelingen übersetzt sind, darf hier natür-
lich nicht verschwiegen werden (vgl. z. B. 'Childe Harold' I, 39, 44; 'Cor-
sair' II, 4, 10, 13 u. a. m.).
Ein besonderes Lob gebührt der Biographie des Dichters, die Wetz bei-
gesteuert hat. Sie ist selbstverständlich mit Benutzung des neuerschlossenen
Materials ausgearbeitet und vortrefflich geeignet, einem weiteren Leser-
kreise das Verständnis Byrons zu erschliefsen. Auf ein paar Stellen zur
Charakteristik des Dichters (S. 31, 44 etc.), die neue und selbständige An-
schauungen vertreten, sowie die objektive Darstellung des Ehekonfliktes
sei noch besonders hingewiesen. Für das Verständnis des Textes ist überall
durch kurze Erläuterungen und Anmerkungen gesorgt; leider vermifst man
solche bei den 'English Bards and Scotch Reviewers' wo sie gerade sehr
erwünscht wären.
Es ist begreiflich, dafs eine so schwierige und umfangreiche Aufgabe,
wie die Neubearbeitung der Böttgerschen Übersetzung, nicht gleich beim
ersten Wurf gelingen kann. Gerade Wetz, der so entschieden auf eine
neue Durchsicht des Schlegel-Tieckschen Shakespearetextes gedrungen hat,
wird sich der Überzeugung nicht verschliefsen, dafs auch in unserem Falle
ein ständiges Feilen und Arbeiten an dem Text vonnöten ist. So empfehlen
wir denn das Werk in der Zuversicht, dafs in einer neuen Auflage, die
hoffentlich bald folgt, die bessernde Hand des Herausgebers sich betätigen
werde.
Berlin. G. Herzfeld.
Zur Schulliteratur.
1) Schulbibliothek französischer und englischer Prosaschriften,
hrsg. von L. Bahlsen und J. Hengesbach. 39: Modern
English novels, hrsg. von Dr. A. Mohrbutter; 40: In the
Far East, hrsg. von Dr. K. Feyerabend.
In dem erstgenannten Bändchen finden sich zehn kurze, aus einer
Anzahl neuerer Zss. ausgewählte Erzählungen, die zwar zumeist von un-
bedeutenden, unbekannten Autoren herrühren, aber wegen ihres einfachen,
klaren Stils und ihres interessanten , leicht verständlichen Inhaltes als
Lesestoff immerhin zu verwerten sind, besonders zu privater oder kur-
sorischer Lektüre.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. t-59
Die gegebenen Übersetzungshilfen sind bisweilen etwas zu frei oder
ungenau; z. B. S. 133, zu 23, 19: 1 Iwpt winning with a greenhorn's hick
mit unerhörtem Glück, statt: mit dem Glücke, das die Dummen zu haben
pflegen (nach dem Sprichworte: Die Dummen haben am meisten Glück).
— S. 135, zu 53, 31 : Some place of uorship was in course of erection sollte
errichtet (erbaut) werden, statt: war im Bau begriffen, wurde gerade ge-
baut. — S. 135, zu 55, 15: no eine whatever to the whereabouts of my dear
Nora nichts Näheres über meine Nora, statt: nichts Näheres über den
Aufenthalt meiner lieben Nora. — In der Anmerkung S. 137, zu 81, 32:
throughout the livelong night, die ganze Nacht hindurch, wäre auf den ent-
sprechenden deutschen Ausdruck : 'die liebe lange Nacht' hinzuweisen. —
Ein Druckfehler für 'da' ist wohl 'dafs' in der Anmerkung S. 133, zu 19,
17 (as it puts you out dafs es Sie irre macht) und 'chat' für 'catch' in
dem Satze S. 30 : The mannet in ivhich they (sc. lions) are caught is nearly
the same as that in which we here chat rats or miee.
Mit Bezug auf die zweite Erzählung ('Slick Bradley' von Frederick
Marryat) ist noch darauf hinzuweisen, dafs sie, was dem Herausgeber ent-
gangen zu sein scheint, weiter nichts ist als eine englische Fassung von
Fritz Beuters Läuschen : 'De Wedd'. Eine Anmerkung hätte in dieser Er-
zählung auch der volkstümliche Gebrauch des weiblichen Pronomens 'she'
für 'the pendulum' verdient in dem Satze : Here she goes, there she goes (bei
Beuter: Hir geiht 'e hen, dor geiht 'e hen).
Das an zweiter Stelle genannte Bändchen No. 40 enthält drei farben-
prächtige, spannende Erzählungen, deren Schauplatz, wie schon der vom
Herausgeber gewählte Gesamttitel andeutet, der Orient ist. Es sind dies:
I. The Miracle of Purun Bhagat (aus dem Second Jungle Book von Rudyard
Kipling); IL A Struggle for a Kingdom (ein Auszug aus dem Roman
'The Fascination of the King' von Guy Boothby) ; III. In a Citron Garden
(aus dem Sammelbande 'From the Five Rivers' von Mrs. Flora Annie
Steel). — Alle drei Erzählungen werden von den Schülern sicher mit
Interesse und Nutzen gelesen werden. An den beigegebenen, geschickt
und sorgfältig zusammengestellten Anmerkungen finde ich nichts Wesent-
liches auszusetzen.
2) First steps in English conversation. For use in schools. Auf
Grund der preufsischen Lehrpläne von 1901 bearbeitet von
Dr. M. Thamm. Gotha, F. A. Perthes, 1902. 66 S. Mk. 0,80.
Das Hilfsbuch bietet auf der einen Seite zu viel, auf der anderen zu
wenig. Es ist kaum anzunehmen, dafs die Mehrzahl der in Kap. I und II
angegebenen Wörter sich überhaupt, geschweige denn mit Anfängern als
'First steps', zu Zwecken der Schulkonversation fruchtbringend verwenden
lassen. Was soll ein Schüler mit solchen Wörtern anfangen, wozu über-
haupt solche Wörter lernen wie die englische Übersetzung der folgenden,
den Reigen der 'First steps' eröffnenden Begriffe: Kultusminister, Ober-
schulrat, Schulrat, Provinzialschulrat, Geheimrat, Regierungskommissar,
Inspektionsreise. Kuratorium, Kuratoren, Schulkommission, Aufsicht der
Gesundheitspolizei, Lehrerkollegium, Konferenz, Direktorenkonferenz, ge-
460 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
prüfter Lehrer, Anstellung, Ernennung, Probekandidat, Probejahr, Probe-
lektion, Lehrverfahren u.dgl. m.? Ganz abgesehen davon, dals die Mehr-
zahl der genannten Ausdrücke sich recht wenig dazu eignen, die Grund-
lage für Sprechübungen der Schüler zu bilden, haben sie auch für das
spätere praktische Leben der meisten Schüler kaum irgend welche Ver-
wendbarkeit.
Viel überflüssiges, über den Rahmen der Schule Hinausgehendes
findet sich auch in dem 15 Seiten füllenden Abschnitt VIb, wo eine
Fülle von technischen Ausdrücken aus dem Gebiete der Grammatik und
Phonetik gegeben wird, die nur das Gedächtnis des Schülers unnötig be-
lasten. Der Verfasser sagt zwar in dem Vorwort, das Kapitel 'Grammatik'
sei ziemlich ausführlich behandelt, so dafs man eine englische Besprechung
der einfachen grammatischen Regeln nicht lange hinauszuschieben brauche,
aber die neuen Lehrpläne, auf die er sich zur Empfehlung oder zum Be-
weise der Existenzberechtigung seines Buches beruft, weisen ja gerade den
Gebrauch der englischen Sprache bei der Behandlung der Grammatik und
Phonetik zurück.
Zu eingehend und für das spätere praktische Leben der meisten Schüler
kaum verwertbar erscheinen mir auch viele den übrigen Unterrichtszweigen
entnommene termini technici, die höchstens für solche (mir nicht bekannten)
deutschen Schulen Zweck hätten, deren allgemeine Unterrichtssprache das
Englische wäre (in ähnlicher Weise wie etwa am College Francais Royal
zu Berlin das Französische).
Bietet so das Buch in mancher Hinsicht etwas zu viel, so vermilst
man andererseits so manches, was doch für 'First steps in English con-
versation' wohl in Betracht käme. Man bedauert, dafs sich der Verfasser
auf Gegenstände des Schullebens beschränkt und nicht noch einige andere,
zum Teil dankbarere Gesprächsstoffe behandelt hat, wie etwa Verwandt-
schaft und Familie, Teile des Körpers, Kleidung, Wohnung, Wetter, Reisen,
Stadt und Land u. dgl. m. — Zu erwähnen wäre auch noch, dafs in dem
letzten Kapitel (Vocation in life), welches als Unterlage für Fragen nach
dem künftigen Berufe der Schüler oder nach dem Berufe ihrer Angehörigen
dienen soll, zwar die Gelehrten, Techniker, Kaufleute, Beamten zu ihrem
Rechte kommen, aber nicht ein einziges Handwerk besonders genannt wird.
Im einzelnen sind mir noch folgende Kleinigkeiten, teils Ungenauig-
keiten, teils Druckfehler, aufgefallen: Der Gebrauch des best. Art. statt
des Poss. in Wendungen wie to put the hands on the desk, to hold up the
hand, to fix the eyes upon the master (S. 11), to put on, to take off the over-
coat, the hat, cap (S. 9), to hold the copy-book with the left hand, to keep
the fingers straight on the penholder (S. 56); unvollständige oder ungenaue
Verdeutschungen wie aceented on the first syllable Ton auf der ersten
Silbe (S. 21), to put into the conjunctive mood in den Konjunktiv gesetzt
werden (S. 27), preposition of place Verhältniswörter des Ortes (S. 25),
Compound preposition zusammengesetzte Umstandswörter (S. 25), for want
of mature judgement Unreife des Urteils (S. 61), the name of t/ie recipient
Adressat (S. 62), to admit a candidate zur Prüfung zulassen (S. 63), to be
a born scholar studiert haben (S. 65), ferner die englischen Ausdrücke
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 461
half a year (statt a half year) ein Halbjahr (S. 9), to enter in (statt intö)
conversation (S. 22), leading dates of the history Hauptdaten der Geschichte
(S. 31) (statt of history), three dimensions of the Square drei Dimensionen
des Raumes (S. 3y) (statt of space); endlich die unter den Berichtigungen
S. IV nicht angegebenen Druckfehler enroling (S. 7), slighly (S. 18), figti-
rativelg = metamorphically im bildlichen Sinne (S. 20) statt metaphorically,
enlargment (S. 30), listof (S. 31), broadth (S. 38), disgress (S. 58).
3) Heinrich Schmitz, Englische Synonyma für die Schule zu-
sammengestellt. Zweite, verbess. u. vermehrte Aufl. Gotha,
F. A. Perthes, 1902. VI, 92 S. M. 1.
Diese zweite Auflage unterscheidet sich von der ersten im wesent-
lichen durch ein hinzugekommenes Verzeichnis der in den Beispielen ent-
haltenen Wörter. Besondere Berücksichtigung ist dabei der Aussprache
der vorkommenden Eigennamen gewidmet. Die gegebenen Unterschiede
der Synonyma sind dem Standpunkte gereifterer Schüler entsprechend er-
läutert. Auch die getroffene Auswahl erscheint ausreichend. So dürfte
das Büchlein von Schmitz auch neben den synonymischen Handbüchern
von Meurer, Dreser, Klöpper und Krüger seinen Platz behaupten.
4) Dettloff Mueller, Analysis of Commercial Correspondence.
Textbook for Commercial Academies and Handelshoch-
schulen.1 Leipzig, B. G. Teubner, 1902. 142 S.
Das vorliegende Buch empfiehlt sich ebenso durch seine äufsere Aus-
stattung wie durch seinen gediegenen Inhalt. Aus der Praxis für die
Praxis entstanden, behandelt es nach einer Einleitung über Geschäftsbriefe
im allgemeinen die wichtigsten Kapitel aus dem Gebiete der kaufmänni-
schen Korrespondenz und zwar in gründlicher, übersichtlicher Darstellung.
Zum Schluls hat der gegenwärtig an der Leipziger Handelslehranstalt
wirkende Verfasser noch ein Kapitel 'Abstract of the Law on Sales' an-
gefügt.
In pädagogischer Hinsicht erregt mir ein Punkt Bedenken, nämlich
die zum Glück nur einmal (S. 7 f.) vorkommenden 'Exercises to be cor-
rected', in denen dem Leser ein von Fehlern wimmelnder englischer Text
gedruckt vorliegt, den er korrigieren soll. Bei diesem mit Recht jetzt
ganz veralteten Verfahren wird sich nur zu leicht die gedruckte falsche
Form dem Auge und Gedächtnis des Schülers einprägen.
Berlin. Albert Herrmann.
C Marmier, Geschichte und Sprache der Hugenottenkolonie Fried-
richsdorf a. T. Marburg, Elwert, 1901. IV, 136 S. 8.
Die Beschreibung der Mundart und der Schicksale einer französischen
Ansiedelung mitten im deutschen Gebiet ist gewifs eine der anziehendsten
1 Warum der Verfasser einen Unterschied macht zwischen 'Commercial Aca-
demies' und 'Handelshochschulen', vermag der Referent nicht recht einzusehen.
462 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Aufgaben, die sich ein junger Romanist bei uns stellen kann. C. Marmier
ist ihr in doppelter Hinsicht gewachsen: er ist mit den Verhältnissen und
der Sprache von Friedrichsdorf a. T. seit seiner Kindheit vertraut, und er
zeigt sich auch für die wissenschaftliche Behandlung des Gegenstandes
wohl vorbereitet.
Wir erhalten zunächst (S. 3 — 16) Mitteilungen über die Geschichte
des Ortes, der 1687 unter dem Schutze des Landgrafen Friedrichs II. von
Hessen -Homburg durch hugenottische Flüchtlinge aus verschiedenen
Gegenden Frankreichs gegründet wurde und zehn Jahre später neuen, be-
trächtlichen Zuwachs erhielt. Seitdem hat er sich im allgemeinen günstig
entwickelt, und jetzt ist er ein gewerbfleifsiges Städtchen von etwa 1200 Ein-
wohnern. Von diesen redet die eine Hälfte nur deutsch, die andere noch
französisch. Wenn die Nachkommen der Refugierten im Gegensatze zu
den benachbarten Kolonien gerade hier ihre Sprache und Art mit auf-
fallender Zähigkeit bewahrt haben, so verdanken sie es teils der Sorge
ihrer früheren Regierung, die 1731 die Niederlassung von Deutschen und
die Ehe mit deutschen Mädchen verbot und die merkwürdige Bestimmung
lange durchführte, teils ihren eigenen Bemühungen, vor allem dem von
alters her geübten Brauch, ihre Pfarrer und einige ihrer Lehrer aus der
französischen Schweiz, wo nicht aus dem Mutterlande selbst, zu berufen.
Die einstige Abgeschlossenheit ist freilich heute nicht mehr möglich. Der
starke Zustrom von auswärts, der schon zu dem oben angegebenen Zahlen-
verhältnis geführt hat, zerstört natürlich den einheitlichen Charakter Fried-
richsdorfs. Hierdurch, wie überhaupt durch die veränderten Anforderungen
und Anschauungen der Gegenwart wird das Französisch auch der ein-
gesessenen Familien bedroht. Es geht langsam, aber stetig zurück und
wird sich trotz aller Anstrengungen kaum dauernd halten. Die verschie-
denen Momente dieses Prozesses werden hübsch erörtert.
Die Grammatik nimmt sodann den breitesten Raum ein (S. 17 — 105).
Das Material ist ziemlich reich und macht den Eindruck der Zuverlässig-
keit. Die Fassung der Regeln und die Erklärung der Ausnahmen über-
zeugen meistens. Die Lautlehre geht vom jetzigen Stande des Idioms
aus und vergleicht ihn mit dem des 'Hochfranzösischen'. Unter den vor-
liegenden Verhältnissen scheint mir dieses Verfahren, mit dem man aller-
dings manche Mängel und Unbequemlichkeiten in den Kauf nehmen mufs,
den Vorzug vor dem historischen zu verdienen, bei dessen strenger An-
wendung zuviel Längstbekanntes wiederholt worden wäre. Beachtenswert
ist im Vokalismus die fast konsequente Beobachtung des Gesetzes, dafs
vor dem Ton nur geschlossene Vokale vorhanden, unter dem Ton alle
Vokale, welcher Qualität sie auch seien, vor einfachen stimmhaften Kon-
sonanten lang, vor einfachen stimmlosen Konsonanten, vor mehrfacher
Konsonanz und im Wortauslaut kurz sind, vor nasalen Konsonanten aber
die Vokale vor und unter dem Ton gewöhnlich nasaliert werden. Der
Konsonantismus ist weniger wichtig, da er von dem Durchschnitt des
Französischen weniger abweicht, doch zeigt er auch, wie der Vokalismus,
an einigen Zügen die Einwirkung des Picardischen und Champagnischen,
das die Mehrzahl der Eingewanderten von Hause aus redete, oder die
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 463
Fortdauer eines älteren Sprachstandes. In der Formenlehre bieten die
Pronomina, zum Teil auch das Verbum genug des Interessanten. Die Auf-
nahme eines langen und sorgfältigen Abschnittes über die Syntax ist be-
sonders zu erwähnen und zu loben. Im einzelnen bemerke ich folgendes :
S. 36 (s. auch S. 65) boulir* ist regelmäfsig entwickelt (lat. bullire). S. 15
wäre das gascognische h wegen der Verschiedenheit des Ursprunges besser
nicht mit dem normannischen und lothringischen in einem Atem genannt
worden. S. 46 hätten die Beispiele für picardisches Je (= frz. eh) voll-
ständig mitgeteilt werden sollen: es fehlen planque, poquettes, roquelle, en-
saquer. S. 51 ff. escurieu (nfz. eeureuil) und chevreu (nfz. chevreuil) haben
nicht mouilliertes l, sondern einfaches / verloren (vgl. afz. escuiruel, ehevruel),
teilen also das Schicksal von aieu(l), filleu(l), tilleu(l). S. 54 i n'y a 'es
gibt' erklärt sich schwerlich durch Übergang des ly von il y a zu ny.
Es folgt wohl dem Vorgang von i n'a 'er hat', auch 'es gibt', bei dem
der Verfasser mit Recht Übertragung von i(l) n'a point (oder pas), viel-
leicht auch von il en a annimmt (S. 59). Sie konnte leicht eintreten,
seitdem sonst bei point (oder pas) das ne wegzufallen begann, weil das
Füllwort als der eigentliche Träger der Negation empfunden wurde (S. 99).
Die gleiche Deutung würde ich auch auf n'en für ein zu erwartendes en
anwenden (je n'en prends, tu n'en veux mit positivem Sinn); die hierfür
von Marmier versuchte (S. 55) ist etwas kompliziert. Mit der Auffassung,
dafs in rous l'allex donc ehercher? i(l) vous a voulu dire que(l)qae chose u. a.
'die beiden Verba zu einem Begriff zusammengefafst' seien (S. 75), bin
ich nicht einverstanden. Die Voraussetzung einer Einwirkung des Deut-
schen bei point? 'nicht?' (S. 100) ist überflüssig, wie das genau ent-
sprechende pas? zeigt.
Das Wörterbuch (S. 106 ff.) bringt nur die Wörter, die 'im Hoch-
französischen entweder unbekannt oder veraltet sind oder aber in Fried-
richsdorf in anderer Form und Bedeutung auftreten', und gibt, wenn
möglich, Belege für sie aus dem Altfranzösischen (nach Godefroy, der
mitunter vorsichtiger hätte benutzt werden sollen) oder dem heutigen
Picardischen (Corblet) und Champagnischen (Tarbe). Entlehnungen aus
dem Deutschen und Neubildungen sind nicht selten, aguimanche 'ge-
kleidet, eingehüllt' ist meines Erachtens aus endimanehe 'sonntäglich an-
gezogen' entstanden, wobei en mit a gewechselt hat (vgl. arage aus enrage)
und di zu gi geworden ist (vgl. das ähnliche quenailles aus frz. tenailles,
S. 46). aris (mit hörbarem s) ist aus (l)a vis hervorgegangen wie ante
aus (l)a rue (S. 24); daran ist avisser angeglichen worden, s' enfournaquer
'sich verstecken' bedeutet ursprünglich 'in den Ofen kriechen', empierger
'verwickeln' hätte unter den Wörtern mit anorganischem r (S. 52) genannt
werden können, bouehie, brassie und pounie (= poignee) hätten wegen
des dialektischen Überganges von afz. -iee zu -ie in der Lautlehre er-
wähnt werden müssen ; die Versicherung, dafs diese Formen auf -ie neben
1 Der Verfasser gibt die Wörter in phonetischer Transkription (nach dem
System von Koschwitz) wieder und setzt in Klammern die Schreibung hinzu, deren
man sich im Französischen bedienen würde. Ich wähle die letztere aus äufseren
Gründen.
464 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
denen auf -ee (vielmehr -iee) in der alten Sprache Destanden, genügt doch
nicht und ist in dieser Fassung ungenau, echeau (richtiger eehau tran-
skribiert) 'Kanal, besonders die Ableitungsrinne im Keller' ist nicht Kür-
zung von echeneau, sondern = echaux, das nichts mit echeneau zu tun hat
(s. Dict. Gen.). gaiole 'bunt, gescheckt' ist wohl von gai beeinflufst. gueuler
'brüllen' ist nicht blofs champagnisch. hargoter 'trödeln, tändeln' ist eher
= dem alten harigoter 'in kleine Stücke schneiden' (also etwa 'die Zeit mit
kleinlicher Arbeit, mit Spielereien vertreiben') als = dem unvolkstümlichen
und auch lautlich nicht recht passenden ergoter. hamoclie 'Bruch, Ver-
stauchung' ist eine merkwürdige Ableitung von älterem hargne (hernia).
ramancher 'immer wiederholen' ist von ramancfier 'mettre un manche'
(Godefroy) zu unterscheiden und offenbar identisch mit remäclier 'wieder-
käuen'. Unverständlich bleibt mir die Bemerkung: 'pelle, s. f. = Pfanne.
Bei La Curne findet sich pelle = poele ä frire. Hfr.: pelle = Schaufel.'
Sollen die beiden Wörter etymologisch dieselben sein? S. 114 1. dechevele,
S. 119 quillier.
Trotz dieser geringen Ausstellungen stehe ich nicht an, die Arbeit als
eine erfreuliche Leistung zu bezeichnen, und hoffe, dem Verfasser noch öfter
auf dem Gebiete der Patoisforschung zu begegnen, das seit einiger Zeit auch
von Anfängern nicht mehr so scheu gemieden zu werden scheint wie früher.
Breslau. Alfred Pillet.
Le roman de Flamenca publik d'apres le manuscrit unique de
Carcassonne, traduit et accompagne* d'un vocabulaire. Deuxierue
Edition entierernent refondue par Paul Meyer, membre de
LTnstitut. Tome premier. Paris, Bouillon, 1901. V, 416 S.
kl. 8.
Die neue Ausgabe von Flamenca genauer Prüfung zu unterwerfen,
drängte es mich schwerlich minder stark als irgend einen der überhaupt
wenigen, für die man Texte solcher Art druckt. Das Werk ist für die
Geschichte der Literatur und die der Sitten so bedeutsam, dafs man immer
gern zu ihm zurückkehrt. Dazu blieb in dem Texte, wie man ihn 1865
vorgelegt bekommen hatte, auch nachdem aufser des Herausgebers Be-
mühungen diejenigen mehrerer Rezensenten ihm zu gute gekommen waren,
doch noch manches dunkel, und es mufste reizen, nachzusehen, in wel-
chem Mafse die in fünfunddreifsig Jahren von der romanischen Philologie
gemachten Fortschritte befähigt hätten, über die Schwierigkeiten hinweg-
zugelangen, die früher vollem Verständnis und Genüsse des Gedichtes im
Wege standen. Endlich hatte gerade ich fast das ganze 45. Stück der
Göttingischen Gelehrten Anzeigen vom Jahre 1866 mit Vorschlägen zu
besser befriedigender Gestaltung oder richtigerer Auslegung des Textes
gefüllt, und man wird mein Verlangen natürlich finden, mich zu über-
zeugen, ob der Herausgeber meinen Beiträgen einigen Wert beigelegt habe.
Trotzdem habe ich die neue Ausgabe erst nach Neujahr 1903 geprüft,
so viel andere Arbeit drängte sich immer wieder dazwischen ; und so
kommt es, dafs Chabaneau in der Rev. d. lang. rom. XLV S. 1 — 43, Mussafia
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 465
in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie CXLV, x, Thomas im
Journ. des Sav., Juni 1901, S. 363—374 mir mit sehr lehrreichen und ein-
gehenden Besprechungen zuvorgekommen sind, in denen ich zum Teil be-
reits ausgesprochen sehe, was ich zu sagen gedachte, zum Teil empfohlen
finde, was mir durchaus annehmenswert scheint, ohne dafs ich selbst
darauf gekommen wäre, bisweilen allerdings auch auf Vorschläge stofse,
denen ich beizustimmen nicht vermag. Der dunklen Stellen bleiben auch
heute noch ziemlich viel, an denen der Scharfsinn der Gelehrten sich zu
erproben Anlafs haben wird. Was meine eigenen früheren Besserungs-
versuche oder Verteidigungen des Überlieferten gegenüber unnötigen Ände-
rungen des Herausgebers betrifft, so finde ich zu meiner Befriedigung,
dafs sie zum grofsen Teile die Zustimmung des Herausgebers gefunden
haben, er seinen Text stillschweigend so lauten läfst, wie von mir be-
antragt war. Dafs er es nicht überall getan hat, will ich nicht mifs-
billigen ; auch mir scheint heute nicht mehr alles, was ich vor sechsund-
dreifsig Jahren für unbedenklich hielt, gleich einleuchtend wie damals.
Aber einiges unberücksichtigt Gebliebene aus jener Besprechung halte ich
noch jetzt für der Annahme oder doch der Erwägung wert; und wer
jenes alten Jahrganges der Göttingischen Anzeigen habhaft werden kann,
wird bei sorgsamem Studium des Gedichtes vielleicht doch noch die eine
oder andere Bemerkung darin finden, die ihm Steine des Anstofses aus
dem Wege räumt. Hier nun blofs einige Nachträge, zu denen auch nach
den Besprechungen der oben genannten ausgezeichneten Kenner immer
noch Anlafs gegeben zu sein schien. Dafs damit nun schon die letzten
Ähren gelesen seien, bin ich weit entfernt zu glauben.
128. Der Vorschlag, non zu tilgen, scheint mir nicht annehmbar;
eher möchte ich fari mit fassa vertauschen. — 153. Ans der Hs. wird zu
Ens zu bessern sein, vgl. 178 und 6971; ane palst neben ges wenig. —
307. Die im Glossar für levadura angesetzte Bedeutung scheint für die
Stelle wenig schicklich; ich möchte das a von semblaria mit lev. verbinden
und aleradura als 'Übertreibung', 'übertreibende Schilderung' verstehen;
vgl. alevament in Alberichs Alexander Z. 24. — 488. Die im Glossar unter
el vorgeschlagene Änderung von el zu il wird überflüssig, sobald man
faire el cais gelar so versteht, wie es nach Mafsgabe von faire al quaix
glassar (s. Romania XV 220 Z. 1658) geschehen mufs und in der Zs. f.
rom. Phil. XI 149 von mir empfohlen ist, ohne dafs man es beachtet
hat. — 755. L. tost; ebenso 5407. — 766. Da sian sehr wohl einsilbig
sein kann (vgl. die handschriftliche Lesart in Z. 1334), so darf tut blei-
ben. — 81C L. no-i es per gap; vgl. 7856. — 898. Eine Form ca oder qua
aus quam darf man unbedenklich bestehen lassen: ebenso 1094, wo c'a
mala (statt ca mala) dadurch höchst unwahrscheinlich wird, dafs a mala
in entsprechendem Sinne nicht vorzukommen scheint. Die Form ca, für
welche aus Anlafs von ta schon Diez, Altrom. Sprachdenkm. S. 48, zu
Boeth. 7 eingetreten ist, findet sich dreimal auch im SHonorat 63, 82,
103, freilich auch da vom Herausgeber immer in e'a zerlegt. — 1024. Es
ist wohl nur ein Versehen, dafs oilo nicht wie 2579, 6187 als ein Wort
geschrieben und als blofse Bejahungspartikel erkannt ist. — 1676. Das
Archiv i. n. Sprachen. CX. 30
466 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Komma soll nach neis stehen. — 1802. L. a (statt de) quinxe legas; vgl. Pres
a sis liues ou a set, RCharr. 4426 ; au giet d'une fonde Arriverent pres de
la tor, Mer. 4758; quant il vint a une Uwe pres de nos gens, RClary 66;
a deus liues pries estoit, Mousk. 27592; Cele nuit se logier ent pres a liue
et demie, BComm. 1830, 2184; A huit liues pries de la mer, Eust. M 4;
A une liewe pres fönt leur nefx arriver, BSeb. V 492; A une lieuve pres
s'est la nuit kosteles, Bast. 1433; dont il est parle ey dessus a deux feuillets
pres, Menag. I 141. — 1906. L. fon domna de bella teira, vgl. sos ries cors
tan joios De tan bela tieira, BBorn Domna, puois de me no-us chal Z. 14.
— 2577. Der Vers wird mir durch das, was das Glossar unter quan sagt,
nicht verständlich. — 2843. L. tan com, viu. — 2852. Nach dieser Zeile
ein Punkt, nach der nächsten ein Fragezeichen. — 2966. Der Vers scheint
mir eine Frage zu sein. Der Verliebte hätte gern weiter geträumt. — 3232.
Dafs sera auch männlich sei, hat Chabaneau, Rev. d. lang. rom. XIII 117,
XXVI 120, XXXI 614, in Erinnerung gebracht; s. auch Appel, Ined. 389,
40, 33. — 3928. L. neis a patx donar. — 4078. L. suffri ssi. — 4102. E ja
non aurai gaug massem, Si davaus midonx gauh no~m ve ist überliefert,
und massem erklärt der Herausgeber mit supreme (maximum). Ein solches
Wort ist aber meines Wissens nie gefunden worden, und die Annahme
seiner Existenz hat alles mögliche gegen sich. Man lese non aurai gaug
mas sem und übersetze 'ich werde keine (andere) Freude haben als un-
vollständige, halbe'. Vgl. E pexara-m si non sentetx Quom es joys frevo-
litx e sems, Quan de servixi no ven gratx, Mahn Ged. 227, 6; Belege von
sem de ale. re würden hier nicht dienen. — 4257. L. destina, wozu lo neu-
trales Objekt ist. — 4323. L. ja für a. — 4505. L. motx i agues 'dafs da
Worte vorgekommen wären'. — 4527. Von enuios der Hs. abzugehen, ist
kein Anlafs; ebensowenig 4542 von der Nominativform colpavols. — 4549.
L. Qu'ieu non vi ane aissi. — 4653. L. E totx bes plus mi plaxeria mit
leichter Anakoluthie. — 4864. L. il. — 4906. L. Ja nos. — 4984. L. ab
tan. — 5177. L. es tornatx. — 5235. L. d'elas pregar (vgl. Mussafia zu
6456, und Z. 6880, wo der Herausgeber selbst von der Richtigkeit dessen
überzeugt erscheint, was an den beiden anderen Stellen erst gefordert
werden mufste). — 5331 und 5333 ist sols nicht minder notwendig als in
dem daz wischenstehenden Verse. — 5599. Hier scheint pren an die Stelle
des wohl aus der vorhergehenden Zeile herübergenommenen pert gesetzt
werden zu müssen. — 5879. L. el l'ac. — 6243. Für prega ist perga zu
schreiben; die Verwünschung hat den gleichen Sinn wie in 531, 1032;
so auch Chabaneau. — 6265. Vielleicht l'adeigna. — 6363 schreibt der
Herausgeber del bans, 6729 al bains; aber besser 6728 el[s] bains. — 6422.
Die nächstliegende Besserung des Textes scheint mir de nostr'amor; vgl.
7068. — 6771. a ist zu tilgen. -- 7021. L. el laus. — 7067. L. E qwl
und in der folgenden Zeile s'amor. — 7158. L. plaxers. — 7775. L. Ques
ieu. — Nach 7849 ist ein Punkt, nach 7851 ein Fragezeichen zu setzen.
— 8043. L. Cel.
Ein paar Bemerkungen seien auch noch zum Glossar gestattet: Wenn
antremans 5168 für eins mit entrenant gehalten wird, so spricht der Reim
eapellans keinesfalls für diese Ansicht; afz. entre mains heilst nicht allein
Beurteilungen uud kurze Anzeigen. 467
'in Besitz, in Gewalt', sondern scheint auch adverbialer Ausdruck der Zeit,
so z. B. Renart 3302 (= Martin XIV 392). - Zu den unter bossi bei-
gebrachten Stellen füge ich Quascus sern gnaba e se-n ri, Qieta lengua e
fai bosci, Quant au dire als trobadors Que ses valor non es ricors, Appel,
Ined. 5, 2, 22. — Das weibl. demonstr. Adjektiv eil 2675 fehlt im Glossar.
— Wenn es 7889 heifst Las espaxas ab los elms coton, so kann letzteres
Verbum ebensogut zu einem Infinitiv eotir gehören, den wir in den Leys
III 218 finden : Viratz . . . Cavals ferir e trabucar E eotir, wie zu einem
sonst in alter Zeit unbekannten cotar. — devesar ist nach dem Texte in
desvesar (7864) zu berichtigen. — en dons 220 verdiente Aufnahme ins
Glossar; ebenso laissa 27G2. — nembrat (= membrat) scheint mir wie das
afz. membre, mit dem es der Herausgeber ganz richtig für gleichbedeutend
hält, mit 'besonnen, verständig' richtiger übersetzt als mit digne de me-
moire. Die zahlreichen Stellen, wo man dem Worte in afz. und in prov.
Quellen begegnet, lassen meistens die eine und die andere Deutung zu,
einige aber doch nur die erste. Das häufige ä la chiere membree oder
raison ot membree, FCandie 19, sprechen, wie mir scheint, für sie; noch
entschiedener Fulliea est volable E oisel entendable E cuintes e membrex,
TJmbles e atemprex, Ph. Thaon Best. 2751. — Dafs plagesia für plageria
stehe, ist mir zweifelhaft. Es ist doch ohne Zweifel von plages, plaides
abgeleitet, in welchem s nie mit r wechselt, und das man bei Appel, Chrest.,
belegt findet, aufserdem Mahn, Ged. 305, 4, Appel, Ined. 21, 2, 16, und
Guillem de Cerv. (Romania XV 96) 1007, bei Raynouard unter playde IV
549. plaideria ist dagegen an der einzigen Stelle, wo es vorzukommen
schien, sicher mit plaideiaria zu vertauschen. — Unter sai wäre der
temporale Gebrauch von de sai 'seit' 122 der Erwähnung wert gewesen.
Berlin. Adolf Tobler.
H. Quayzin, Au Seuil de la Litte'rature et de la Vie litteraire . .
ä Fusage des Ecoles supeneures, des Gymnases, des Ecoles
normales . ., Stuttgart, Bonz & Co., 1902. XVI, 256 S. 8.
Französische Chrestomathien, auch solche für höhere und oberste Klas-
sen, haben immer noch Gönner; es liegt auch auf der Hand, welche Vor-
züge dem Studium kürzerer und recht mannigfaltiger Lesestücke, gegen-
über oder doch neben demjenigen von sogenanntem 'Ganzem', eigen sind.
Das Buch, das Herr Quayzin seinen Premiers Essais und seinen Premieres
Lectures unter vorstehendem Titel hat folgen lassen, enthält eine grofse
Zahl geschickt ausgewählter Prosastücke, die wohl nur zum allerkleinsten
Teile den Zwecken des Unterrichts bereits dienstbar gemacht waren,1 sol-
cher Verwendung aber fast alle durchaus wert sind. Ausnehmen möchte
ich hiervon, sei es als überhaupt unwürdig, strebender Jugend vorgeführt
zu werden, sei es als wenig geeignet, sie anzusprechen, etwa die Nummern
52, 53, 54, 64, 85, 92, 112, 117, 120, 122, 140, wobei mir ganz gleichgültig
ist, ob die Ausweisung Lamartine, Vinet, Verlaine trifft oder einen meiner
1 Von den dazwischen gestreuten uud den im Anbang zusammengestellten Ge-
dichten gilt das gleiche nicht.
30*
468 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
romanischen Landsleute, die in den waadtländer Mädchenpensionaten in
Ehren stehen, oder einen gänzlich Unbekannten. Ein Gebrechen der Samm-
lung liegt darin, dafs manche der Stücke, die sie enthält, aus dem Zu-
sammenhang gelöst, in dem sie ursprünglich standen, nicht voll verständ-
lich oder auch ganz ungeniefsbar werden. Sehr oft wäre es möglich, mit
ein paar Zeilen das Erforderliche zu geben; aber auch der Lehrer wird
nicht immer das Buch kennen und noch seltener es zur Hand haben, aus
dem die nötige Aufklärung zu holen wäre. Es gilt dies z. B. von den
Nummern 20, 22, 32, 43, 99, 100. Auch sonst wären hie und da An-
merkungen nützlich gewesen, die vielleicht selbst der eine oder der andere
Lehrer vermissen wird, S. 41 über Joseph Prudhomme, S. 42 über das
Buch des Herrn Bodley, S. 37 über die gesungenen Beminiszenzen
aus Cinq-Mars, S. 86 über die Bibelstelle, die Bossuet zum Texte dient,
und so öfter.
Zweierlei aber wird mir besonders schwer, dem Verfasser zu verzeihen :
Die unglaubliche Fahrlässigkeit, mit der er die Korrektur des Druckes
vollzogen, und die nicht geringere, womit er das den Schlufs des Buches
bildende Wörterverzeichnis zusammengestellt hat. Verschuldet die erste
eine Menge zu kurzer oder zu langer Verse, Unverständlichkeiten durch
falsche Interpunktion, Entstellungen von Eigennamen wie Nataud, Lichten-
berg statt Lichtenberger, Vinnet statt Viennet, andere Fehler wie oe für oe-
oder oe, für oe, Jambes de Barbier statt Iambes usw., so bewirkt die andere,
dafs der Schüler jeden Augenblick von seinem Glossar im Stiche gelassen
oder auch irre geführt wird. Dafs fin 'Ende, Absicht' heifse, bleibt ihm
zwar nicht vorenthalten; über fin de nonrecevoir aber sagt man ihm nichts.
tour f. heifst 'Turm, Gang. Spaziergang', was schon eine Belehrung von
zweifelhaftem Werte ist ; von tour ä tour ist keine Rede. Findet der Leser
S. 54 son teint est ambre de colorations chaudes, so sagt das Vokabular
dazu: ambrer 'mit Amber räuchern', attrait heifst 'Neigung'. Über bois
de renne, bobo, holte, tout de hon hört man nichts, cloisonner heifst 'ver-
schlagen' in emaux cloisonnes d'or. S. 42 kommt depouiller des scrutins
vor; hinten erfährt man nur, dafs das Verbum 'plündern, berauben' heifse.
S. 178 liest man le rat n'eut garde d' aller voir; das Vokabular lehrt avoir
garde de 'sich hüten'. S. 163 de pair ä compagnon, Vokabular: pair
'Standesherr'. Man hört wohl sagen, Reden sei Silber, Schweigen Gold;
aber wie soll man hier Reden und Schweigen bewerten? Ein Lehrer wird
sich schwer dazu verstehen, zu seinem Gehilfen im Unterricht ein Buch zu
nehmen, das dem Schüler so wenig das Beispiel gewissenhafter Sorgfalt gibt.
Berlin. Adolf Tobler.
Kristian von Troyes, Clig£s. Textausgabe mit Einleitung, An-
merkungen und Glossar hrsg. von W. Foerster. Zweite,
umgearbeitete und vermehrte Auflage. Halle a. S., M. Nie-
meyer, 1901. XLV, 231 S. 8. (Romanische Bibliothek Bd. 1.)
Die neue Ausgabe des Clige^stextes bedeutet gegen ihre Vorgängerin
in jeder Beziehung einen Fortschritt: Der Text hat an nicht wenigen
Beurteilungen und kurze Anzeigen. L69
Stellen gewonnen, die literargeschichtliche Einleitung erscheint in mehr als
verdoppeltem Umfange, das Glossar verrät die bessernde Hand, und mit
Freude begrüfst man eine Reihe von Anmerkungen, die den Text in seiner
jetzigen Gestalt rechtfertigen. Ich gebe im folgenden einige Bemerkungen
zu dem Texte, der bei der mangelhaften Überlieferung trotz sorgfältiger
Durchsicht natürlich noch immer an der einen oder anderen Stelle der
Verbesserung fähig bleibt.
V. 36. Worauf soll sich ele beziehen? Man mufs doch annehmen,
dafs der in V. 36 — 39 ausgedrückte Wunsch sowohl auf die clergie als auf
die chemlerie Bezug habe. Das scheint mir nur möglich, wenn man hinter
n'isse (V. 38) statt des Punktes ein Komma setzt und V. 41 L'enors qui
s'i est arestee als nachträgliche Erläuterung des ele in V. 36 auffafst. Die
clergie und die chevalerie bilden gemeinsam die enor Frankreichs. — V. 314
ist me% verdruckt für mes. — V. 192 f. lauten: Et puis qu'il ne m'aimme
ne prise, Amerai le je, s'ü ne m'aimme'? Es geht kaum au, dafs zu dem
Hauptsatze Amerai le je zweimal inhaltlich und fast wörtlich dasselbe als
Nebensatz gesellt wird. Man wird auch hinter Amerai le je ein Frage-
zeichen zu setzen haben. »S"*7 ne m'aimme ? ist dann eine entrüstete noch-
malige Infragestellung des Vorangehenden. — V. 520 ist avoiier verdruckt
für anvoiier. — V. 510 de quoi eil se diaut ist deswegen auffällig, weil
bisher von einem doloir des Alixandre nicht die Rede war, sondern nur
von dem der Soredamors (V. 510). So ist denn auch in S diese Subjekt
zu se diaut, und man wird gut tun, (mit S) zu lesen: Ales cele ne set que
il viaut Ice de quoi ele se diaut. — V. 702 Das ? hinter comant wird zu
streichen und hinter quassex, (V. 704) zu setzen sein. — V. 716 ff. scheint
mir eine Frage nicht am Platze. Was in Frage gestellt wäre, würde —
wie es doch, da die Frage negiert ist, der Fall sein müfste — in keinerlei
Gegensatz zu dem unmittelbar vorher Ausgeführten stehen. Man wird
besser — mit geringfügiger Änderung — A folgen und lesen : Done (A: don)
est li cuers el rentre mis. Eine Folgerung ist (an Stelle der negierten Frage)
wohl angebracht. — Hinter 1268 setze Komma. — V. 1724 ist d'armes für
d' armer verdruckt. — V. 1930 lies mit S: li uns desor l'autre s'äire. —
V. 2490 ist seisons wohl verdruckt für reisons, wie die beiden früheren
Texte (ohne Variante) lesen. — Hinter V. 2527 mufs ein Punkt stehen. —
V. 2537 lies (mit M B C T R) : Ainx li dient qu'il li sovaingne De la guerre
qu' Ethiocles Prist ancontre Polinices; denn in dem Streit zwischen Alixandre
und Alis spielt letzterer doch die Rolle des Eteokles, der 'den Streit begann'
(prist la guerre). — V. 2615 lies mit S: Et se leus vient (wenn die Gelegen-
heit sich bietet). — Mit V. 2827 f. gestehe ich nichts anfangen zu können.
Der Dichter sagt (2826), es sei durchaus unmöglich, dafs in einem Leibe zwei
Herzen vereinigt wären, und fährt fort: 'Und wenn sie zusammenkommen
könnten (d. h. doch: wenn es gleichwohl physisch möglich wäre, was so-
eben für unmöglich erklärt wurde), so könnte es nicht wahr (Wahrheit)
scheinen.' Das verstehe ich nicht. Sicher ist, dafs die beiden Verse ohne
jeden Schaden fehlen könnten, und so gut man dem Zeugnis aller Hss.
entgegen an einigen Stellen gezwungen ist, eine Lücke im Texte des Cligös
anzunehmen, würde man auch wohl umgekehrt berechtigt sein, Verse für
470 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
unecht zu halten, obschon sie in allen Hss. überliefert sind. — Hinter
V. 2826 würde eine stärkere Interpunktion angebracht sein. — Dafs
V. 3085 mitten in der Rede der Fenice ein neuer Abschnitt einsetzt,
ist ein offenbares Versehen. — V. 3335 (Si come il dut ai je manti) ist
auf Mussafias Einspruch das Fragezeichen hinter dut getilgt; ich würde
auch an seiner Stelle kein Komma setzen, sondern lediglich die Worte Si
come il dut mit Anführungsstrichen versehen ; denn die Anmerkung zu der
Stelle ist im Irrtum, wenn sie meint, es handle sich bei ai je manti um
die Inversion des Subjektes im Nachsatz eines Bedingungssatzes. lSi come
il du? ist regelrechtes Objekt und veranlafst als solches, an der Spitze
des Satzes stehend, die Inversion von je. — Hinter V. 3505 mufs ein
Punkt oder mindestens Semikolon stehen. — Die Verse 3517 — 22 würde
ich in Gedankenstriche einschliefsen. — Hinter 3612 stände statt eines
Punktes besser ein Kolon, da 361:5 die Begründung des Vorhergehenden
enthält. — V. 3807—08: Les Sesnes a travailliex tant Que tox les a morx
et ocis, (Jaus afolex et c-aus conquis. Die Reimwörter sind mit AMBCT
zu vertauschen. — Den Vers 3844 wird man besser nicht zu dem Voran-
gehenden ziehen. Es geht nicht an zu fragen: 'Was wartet und zögert
der, welcher ... nur ihr gegenüber feig ist?' Zu der Frage eil qu'atant et
por quoi tarde pafst als Relativsatz nur 3843 : qui por li est par tot hardix.
Hinter hardix ist also ein Fragezeichen zu setzen und V. 3841 als selb-
ständige neue Frage oder vielmehr fragend verwunderter Ausruf aufzu-
fassen, indem man entweder mit A S'est vers li sole acoardix? oder mit ge-
ringfügiger Änderung S folgend: Et ei tox est acoardix? liest. — V. 3992 — 93
verstehe ich so : Denn, handelte es sich einzig um Befehlen (d. h. hätte ich
nur zu befehlen, ob du den Kampf mit dem Herzog unternehmen sollst
oder nicht), so würde es geschehen (d. h. so würde ich dir deine Bitte ab-
schlagen). So dafs denn die Worte solemant por comander zweckmäfsig in
Kommata eingeschlossen würden. — V.3997 würde ich hinter que ein Komma
setzen. — V. 4000 würde ich statt queisse lieber mit der Mehrzahl der Hss.
meisse lesen. Denn davon kann ja keine Rede sein, dafs Clig6s seinen
Oheim, der überhaupt nicht wünscht, dafs er den Kampf unternehme,
geschweige denn sofort es tue, um Aufschub bittet. Wohl aber kann Cliges
seiner entschiedenen Willenserklärung die Worte hinzufügen: 'Auch weifs
ich nicht, warum ich damit noch lange zögern sollte', vos wäre dat.
ethicus, der der Rede einen wohl angebrachten Anstrich von Keckheit gibt.
— V. 4030 würde ich lieber mit S tint oder mit P B C T R prent statt
mit A pant lesen, da doch der Schild nicht an den enarmes um den Hals
gehängt wurde. — V. 4450 ist zu interpungieren : Assex i poi sanblanx
veoir D'amor. — Se je neant an sai? (Ob ich wohl etwas davon verstehe?)
Öil: tant que mar le pansai. — V. 4651 ist de rans verdruckt für des rans.
— V. 4661 ist zu interpungieren: Cest il? — Voire, sans nule dote. —
V. 4767 würde ich die Lesart von S vorziehen, da gar kein Grund vor-
liegt, den Namen Lancelots, der eben genannt ist und Subjekt war, wie
er es auch für 4767 bleibt, zu wiederholen. — Das Komma hinter croit
(5141) ist besser zu streichen. — Hinter 5175 setze man Doppelpunkt, die
beiden folgenden Verse (5176 — 77) schliefse man in Parenthese ein. —
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 171
Hinter r>209 würde ich ein Fragezeichen setzen. — V. 5231 scheint mir
si con vos dites, obgleich in allen Hss. überliefert, nicht haltbar, da Fenice
das diesen Worten Vorangehende nicht geäufsert hat. Man wird lesen
müssen: s'est con vos dites. — Hinter V. 5075 mufs Punkt stehen, s. Tobler,
Berliner Sitzungsberichte 1901, I, '249 Anm. — Hinter V. 5733 mufs min-
destens ein Komma stehen. — V. 5800 f. lauten: Or se deust Deus correeier
Et giter fors de ta baillie. Foerster vermifst mit Recht in diesen an den
Tod gerichteten Worten das Objekt zu giter und nimmt deshalb eine Lücke
an. Einfacher ist, man liest: Or te deust Deus corr. Für correeier aucun
'Jemandem grollen' vgl. z. B. Marque 05 c 1 : se ge savoie que vos por ce
le feissiex ne vos ne nus des autres, n'i a nul, tant soit nies amis, que ge ne
le corocasse tot. — Die Verse 5903—60, die in A fehlen, sehen in der Tat
verdächtig aus. Es ist nicht glaublich, dafs die Arzte die Fenice erst
schlagen (5903) und sie kurz darauf ermahnen: N'aiiex mie de nos peorf —
Wenige Zeilen später scheint mir A wieder im Recht, wenn es (5979) den
Hauptsatz zu Mes se nus vos a correcie (5977) statt Vostre folie descovrex
lauten läfst: Vostre pleisir nos descovrex. — V. 6124 ist les statt le ge-
druckt. — V. 6180 . . clos estoit . . li cemetires de haut mur, S'i cuidoient estre
a seur Li Chevalier qui se dormoient Et la porte fermee avoient Par dedanx,
que nus n'i antrast. Es ist nicht ersichtlich, ob et la porte fermee avoient
noch zu dem Relativsatz gehören oder zu cuidoient estre a seur koordiniert
sein soll. Das erstere scheint mir nahezu unmöglich: 'Die Ritter, welche
schliefen und die Türe geschlossen hatten' geht doch wohl nicht an. Aber
auch die zweite Möglichkeit, die dadurch angedeutet werden müfste, dafs
qui se dormoient in Kommata eingeschlossen würde, scheint mir das Rich-
tige nicht, da das Verschliefsen der Tür doch im Kausal Verhältnis zu
dem Sicherheitsgefuhl der Ritter steht, was nicht zum Ausdruck kommt.
Man erwartet: Que la porte fermee avoient. Nun bietet S qui, das aber in
dieser Hs. häufig mit que verwechselt wird; z. B. 5908 die Konjunktion:
Et l'emperere dit au mire Qui or li loist comander; 6193: Au mur seprant
et monte a mont Qui (die übrigen Hss. car) mout estoit forx et legiers, so
auch 774 hat S qui, alle übrigen Hss. car, 1108 lesen die meisten Hss.
car, C T que, S qui etc. Auch umgekehrt schreibt S statt qui — que : 812
(für qui = 'si Von'), 889 (Lors a an son euer remire Que eil estoit), 767,
4543 etc. Entsprechend se für si (5246) und si für se (735) etc. Vgl. die An-
merkung S. 391 zu den von mir herausgegebenen Predigten des H. Bern-
hard I § 6. Man wird demnach V. 6180 in der Tat statt et — que ein-
führen dürfen. — V. 6238 ff. Es ist sehr auffällig, dafs Clig£s den Tod
nur deshalb 'garstig' schilt, weil er das Gemeine, Verachtete am Leben
lasse, nicht aber — was doch die Hauptsache für Clig6*s ist — deshalb, weil
er das Edelste, Beste, Fenice nämlich, ihm entrissen ! Ich finde dafür
keine andere Erklärung als die, dafs hinter 6238 eine Lücke vorliegt. —
Hinter 0500 darf kein Semikolon stehen, da ce (V. 0563) erst durch V. 6567
seinen Inhalt erhält: ce (que bien sai que morir m'estuet) me done harde-
mant. — Hinter 0014 ist das Komma zu streichen, während hinter 6625,
6639 und 6679 (hinter fame) eins fehlt.
Im Glossar wird delivrance wohl mit Bezug auf V. 1432 (Qu'autre
472 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
delivranee n'i voi) mit 'Ausweg' übersetzt, was dort anscheinend recht gut
pafst. Gleichwohl heifst es wie sonst 'Befreiung', nur liegt der eigentüm-
liche Gebrauch von autre vor, von dem Tobler V. B. III 73 handelt. —
V. 1901 heifst eharmer nicht 'zurichten', sondern wirklich 'verzaubern';
statt zu sagen: sie haben von den acht Rittern im Kampfe drei erschlagen,
sagt der Dichter scherzend: sie haben die acht Ritter so verzaubert, dafs
sie nur fünf übrig liefsen. — an pardons wird im Glossar 'vergeblich'
übersetzt, eine Bedeutung, die es zweifellos oft hat, die aber an den beiden
Stellen, wo es mir im Cliges begegnet ist, gerade nicht pafst. Es steht
1) V. 4468: Por quoi ploroit il dons? — Por quoi? Ne fu mie an pardons,
Qu'assez i ot reison por quoi. — 2) V. 5320 : De vostre onele qui crerroit
dons (sagt Fenice zu Cliges) que li fusse si an pardons Pucele estorse et
esehapee? Für beide Stellen liegt diejenige Bedeutung zu Grunde, die
em pardons verschiedene Male in oben citierten Predigten des H. Bern-
hard hat," wo es zur Wiedergabe von lat. gratis dient, so z. B. 16, 8:
A darriens doies croire, ke tu la vie permenant ne poies aquester per nule
tele desserte, s'en ne la te donet tot en pardons (nisi gratis tibi detur)
oder 44, 30 : por ceu lor comandet om a doner em pardons ceu qu'il em
pardons unt reeeut (quae acceperunt gratis, gratis nihilo minus dare
jubentur); 118, 46. Godefroy gibt weitere ähnliche Beispiele. 'Umsonst,
um nichts' wäre hier und auch an jenen beiden Cligesstellen eine an-
gemessene Wiedergabe von em pardons. Lat. gratis, 'umsonst' 'um nichts'
und so auch an pardons besagen nun aber, je nachdem das Subjekt sich
gebend oder empfangend verhält, notwendig zweierlei: 1) ohne Bezahlung
zu erhalten, 2) ohne Bezahlung zu leisten, und diesen verschiedenen
Standpunkt des Subjektes kann man denn auch gleich in der Übersetzung
von an pardons zum Ausdruck bringen: was man leistet, ohne Entgelt
dafür zu erhalten, kann nicht gefordert werden, es geschieht 'ohne Not';
was man annimmt, ohne Entgelt zu bieten, fliefst einem 'unverdienter-
mafsen' zu. Im ersteren Falle befindet sich Cliges V. 4-168, sein Weinen
ist gewissermafsen das Entgelt für die Trennung von der Geliebten, es
geschieht nicht 'ohne Not' ; im letzteren Fenice V. 5320, die als Vermählte
sich im 'unverdienten' Besitze ihrer Jungfräulichkeit befindet. — dessevelir
kann V. 6620 nicht 'aus dem Grab, Sarg herausnehmen' heifsen, wie das
Glossar lehrt. Darüber läfst der Zusammenhang keinen Zweifel: Cliges
hat seine Geliebte aus der Gruft geholt und trägt sie davon si l'acole et
beise et anbrace, während Jehan den Sarkophag, in dem sie gelegen, sorg-
fältig wieder schliefst. Nachdem Fenice in den Turm gebracht ist, heifst
es: Adone la dessevelissoient, also offenbar: 'da wickelten sie sie aus den
Leichentüchern'. Ich finde zwar bei Godefroy keine weitere Stütze für
diese Bedeutung, noch habe ich selbst eine vorzubringen ; da aber ensevelir
zweifellos im Cligiis selbst (V. 6070) und in einer von Godefroy beigebrachten
Stelle (D'un drap de seie d' Almarie Fu la meschine ensevelie) 'zum Zwecke
des Begräbnisses in Tücher wickeln' bedeutet, so steht die Berechtigung
jener Übersetzung für dessevelir aufser Frage.
Marburg a. L. Alfred Schulze.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 17:;
Methode Toussaint-Langenscheidt. Brieflicher Sprach- und Sprech-
unterricht für das Selbststudium der spanischen Sprache von
Dr. S. Gräfenberg.
Dicen que es un m£todo excelente el de estas cölebres cartas para
aprender un idioma; y en efecto, conozco ä alguien que esta ä ellas muy
agradecido, al menos en cuanto ä las francesas.
Si serä bueno el m^todo aqui, donde se goza de una constancia y
una paciencia que envidiamos los meridionales ; aqui donde hacen bueno
el refrän de 'con paciencia y sin fatiga, a un elefante se trago una hor-
miga'. Yo aseguro que en mi pais un editor de este genero se arruinaba
completamente. Esperemos que el Sr. Langenscheidt obtenga un exito
con esta concienzuda obra. Y ahora, vamos ä ocuparnos de ella.
Agradezcamos ante todo al autor laborioso el deseo de que Espafta
vuelva a adquirir su iniportancia de un tiempo. Pero en ninguna parte
se ecba de ver signo alguno de regeneraciön patria. Lo ünico sano, el
pueblo, vegeta bajo el poder clerical y la indiferencia de los gobiernos,
que ni siquiera cuidan de su instrucciön ; y la ensefianza sigue monopoli-
zada en la mayor y mejor parte de la peuinsula por los jesuitas, unas
atroces calamidades como instructores y educadores, unos pulpos chupa-
dores que esterilizan el vigor intelectual.
Que despuös del latin sea el ärabe el idioma del cual proceden mäs
vocablos, siendo asi que este adoptö muchisimos del otro, no lo admitira
quien haya estudiado algo el lexico espanol; la lengua que ha influido
mäs, despues de la latin a, es el frances.
No habia necesidad de aconsejar ä sus paisanos que sean atrevidos
para chapurrar el castellano cuando les depara la providencia un espanol,
que serä, de higos ä brevas. Precisamente bay mucbo fatuo indocto que,
sabiendo mil veces menos la lengua extrana que el extranjero el alemän,
se bace insoportable por su inmodestia y obliga al forastero a dejarle con
la palabra en la boca. En eso, como en toda relaciön con gentes, lo que
se necesita es mucho tacto, y evitar meterse en libros de caballerias sin
suficientes armas ni preparaciön necesaria. Justamente esta la falta de
conocimientos de los que 'se lanzan' ä hablar chapurrado con el extranjero
en razön directa con su descaro; por algo dicen que 'la ignorancia es
atrevida'.
Respecto ä la pronunciaciön, no estoy conforme con el autor en
mucbos puntos. Por abora, niego rotundamente que la eh de Munich se
pronuncie boy k Antes, es posible. Ahora, jamäs se lo be oido ä los
espanoles que acä vienen, ni ä aquellos con quienes be estado alli. Niego
tainbien que la ch sea igual ä tsch; yo lo dije en un extracto de gramä-
tica, en que no puede uno meterse en dibujos fon^ticos ; pero iue" baciendo
una salvedad en el prologo. Niego que se diga en Espana Kilogramo,
por mäs que se empene la Academia. Niego que reuma se pronuncie en
dos silabas, ä no ser en boca del vulgo iletrado (con permiso de la Aca-
demia). Niego que la d final se pronuncie, ä no ser por algun tipo cursi
474 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
de los de Taboada, que dicen v. gr. debilidax; asi como la de ado, a no
ser por algün lechuguino afecta-do que nada haya estudia-do, y por tanto
no sepa que la misma Academia, con ser ultraconservadora, recomendö
hace ya afios se adoptara el uso corriente de pronunciar ao, como pro-
nuncian los alemanes que han vivido afios en Espana y han rozado con
la gente mäs conocida e" ilustrada. AI autor le puedo presentar en
Berlin uno de esos sefiores. Dejese de asesores academizantes que no
conocen el espafiol ni por el forro. Y en cuanto ä lecturas modernas,
dicho sea de paso, haga en la segunda ediciön una diferencia grandisima
entre Valera y Galdös, prefiriendo ä este por lo que toca al lenguaje
vivo, corriente, sin atildamientos ni tiquismiquis estilisticos ; esa es mo-
neda falsa, que no circula mäs que entre media docena de gatos . . madri-
lenos. Por supuesto, en la escena se pronuncia ado. Aqui tambien, como
en todos los paises, la literatura teatral hace el papel conservador acad£-
mico. En la lectura, tambien se dice ado.
Tampoco es cierto que no tengamos el sonido au doble de Haus, v. gr.
I No pronunciamos asi en austero, traumätico, traumatismo, balaustre,
aunque, etc.? Todo lo mäs, habrä una pequefiisima diferencia fon^tica;
pero admitiendo que ch sea igual ä tsch, no merece la pena citarla. El
mismo autor dice: 'auf all die feinen Unterschiede einzugehen, ist für un-
sere Zwecke nicht nötig.' Estamos conformes, en esto, y en no meterse
en lios foneticos sobre la pronunciaciön de la e. Eso se queda para el
escudrifiador Araujo, que en la revista de Vietor diö ä luz un ciento y
la madre de pronunciaciones distintas, ä cuäl mäs curiosas, que yo jamäs
en mi pecadora vida he oido en mi pais.
Vuelvo ä no estar de acuerdo respecto ä muchas interpretaciones de
vocablos, v. gr. huerta Garten, adseribirse por alistarse, conscrito por
quinto, conscripcion por quinta, car gante beschwerlich, natura (podtico, lo
cual olvida la Academia) por naturalexa, oidor por oyente, lonja (dialectico
ya hoy) por bolsa, nao por nave. Cartapaeio no es hoy dia Schreibheft,
llamado sencillamente cuaderno, sino que significa grofses Couvert, acep-
ciön que no trae la Academia, y se 16e en 'PequeBeces'. Cargaxon por
eargamento es un desatino acade"mico. Bou no es Fischerboot, sino un
procedimiento especial de pesca. Cuan, sin acento, no significa wie sehr;
esto es cuan. Como el autor dice Nichts Falsches angewöhnen, yo no
traduciria Koffer por cofre (22), mueble llamado ä desaparecer, sino baut
(1?.), 6 mundo, y asi se evitaria que ä los espafioles, en Alemania, les
hablasen de 'eofres que facturar', fräse que les deja con palmo y medio
de boca abierta. La acepciön principal de cuita es hoy Kummer, no
Mühseligkeit.
En cuanto ä la pronunciaciön y escritura de los diptongos, nos encon-
tramos hoy en una situaciön nada halagüena. En este punto, la Aca-
demia hace mangas y capirotes con los acentos escritos y la acentuaciön,
de modo que los infelices autores de gramäticas y diccionarios, ademäs
de maestros, nos vemos y nos deseamos para desembrollar el lio orto-
gräfico. Los simples mortales pronunciamos, v. gr. boi-na, je-sui-ta, etc.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 175
Pero los acadömicos se empenan en acentuar y pronunciar bo-i-na, je-su-i-ta,
contra el uso corriente y la escritura periodistica, eso que cuanto mäs
ignorante sea un periodista con mäs afän se agarra ä la escritura pedan-
tesca, ä esas nimiedades que vienen de arriba, del olimpo de los inmor-
tales. Como sobre ascuas ha pasado el autor sobre esa marana, y ha
hecho muy bien.
No hay trazas de que se convenzan al fin los fonetistas alemanes
de la pronunciaciön igual de b y v. Los que hemos estudiado con tra-
bajo en el extranjero a pronunciar la v labiodental, creo tenemos derecho
ä afirmar que no hay tal en castellano. En prueba de ello, suelo referir
lo que un alumno mio franc^s escucho de su recomendado al llegar ä
Espafia: 'vous serez ici ä merveille, vous allez demeurer chez un batuf.
Calcülese el asombro del joven ä quien le iban ä instalar en una cuadra.
Luego resultö que el buey era viudo, digo viuda (veuve).
Lo de 'dank den Bemühungen der spanischen Akademie um die Ver-
einfachung der Rechtschreibung' en voces que llevan consonantes mudas,
6 ha entendido mal el autor, 6 padece una confusiön, 6 es una guasa
fina. Hacernos pronunciar por real decreto obscuro, substancia, subscribir,
substituir, substraer, septimo, Septtembre, subscripeion, etc. etc., es lo mismo
que si una Academia alemana se empenase en que se pronunciara hoy
v. gr. la t, ya suprimida, en achxig. La Academia pensö: '^los alemanes
escriben, v. gr. Subscription ? pues nosotros no hemos de ser menos, siendo
un pueblo latino'. La diferencia consiste en que nosotros no pronuncia-
mos ni la b, ni la p. Ella misma escribe oscurecido en el articulo abro-
mado, porque se le olvidö esa b al entretenerse en retrogradar la escritura.
Y lo mismo ocurriö con la voz sustancia, en el articulo agua. Y otro
tanto en el articulo aguachirle, escribiendo en cambio en el mismo insub-
stancial, 6 insustancial en el articulo chirle. En esto se han entretenido
los sefiores, en poner bb donde no las habia ya ; pero, por no haber puesto
atenciön en ese nimio juego, se escaparon muchas bb iniitiles de adorno,
como las de los vocablos citados y otros, v. gr. claroscuro. En la ediciön
pröxima leer^mos obstentar y obstentacion, como escribio Lope de Vega en
'Antes que te cases . . .' Y absorpcion, absorpto, recepta (Rezept), siepte, etc.
Una gran ventaja, la ünica, tiene el haber introducido de nuevo esas letras
ya relegadas al olvido, y es : que el mäs bolonio puede conocer al punto
quien es un buen escritor y quien uno malo; aquel no se cuida para
nada de ellas ; en cambio el escritorzuelo se agarra ä ellas como una lapa
ä la pefia, por ser la sola librea que le hace acade'rnico, y por tanto sabi-
hondo (con h). Por un detalle nimio se llega ä conocer un gran defecto
en una persona 6 un pueblo. Ese afän de agarrarse ä cosas viejas e inii-
tiles constituye todo un emblema en nuestra patria; 61 ha llevado ä esta
ä ser lo que hoy es. En la America espaiiola, donde se habla mucho
mäs castellano que en la tierra madre, la ortografia tiende ä la simpli-
ficaciön, en cambio. Alli se camina hacia adelante. En Espana hacia aträs.
Hay en la obra ejercicios en prosa, v. gr. el 87, que tienen mucho
de verso, achaque muy comün hasta en los mejores escritores. En 61
476 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
hay varias rimas: diciendo, eiego, bueno, ello, correo, dinero y modesto
entresuelo.
Aunque, como hemos visto, el autor es academizante, se escapa sin
querer de la nornia conservadora al escribir, muy bien, dieciseis, que la
Academia no admite, por mäs que lo diga un academico en sus obras.
Esta es otra particularidad de la sabia corporaciön. En comunidad, mäs
papistas que el papa. Y una vez en libertad, como chicos que salen de
una escuela, se desparraman por doquier, y se fisgan en su propia autori-
dad. Ademäs de esa innovaciön, yo admitiria otras de que en otras oca-
siones he bablado, tomadas del mismo academico independiente (Galdös,
el mäs espanol), y afiadiria varias mäs, v. gr. venticinco, asi escrito por
un autor respetable.
En el pärrafo 72 2 pudo anadirse que se ha de usar lo menos posible
las voces Caballero y senora en la conversaciön.
A los alemanes les parece bien el empleo de los signos de admiraciön
e interrogaciön, invertidos, al principio de una fräse. Los espaiioles no
comprenden esa ventaja de ver ya al momento el tono del discurso, y
varios escritores dejan ya de ponerlo, por no entender lo präctico de ese
uso, y, como buenos inonos de imitaciön, por remedar ä los extranjeros.
En caso de citar una etimologia, yo pondria la verdadera, la exacta.
^Porque no decir, v. gr. que el origen de nombre es nominem, mejor que
nomenl Asi podria el alumno formarse idea mäs fija y segura del des-
arrollo fonetico.
Tambi^n habria yo de suprimir detalles intitiles, y sobre todo hacer
caso omiso de todo färrago que embrolle al estudiante, el cual bastante
quehacer tiene con retener lo esencial en el manejo del idioma. 'Sevilla,
Stadt in Andalusien.' ^Qui6n no lo sabe? Y ^quieh ignora que Navarra
es una provincia espanola?
Esto se va haciendo ya muy largo y pesado, y no hay mäs remedio
que terminar, por falta de espacio ademäs, dejändome en el tintero por
otra parte mucho bueno que abona en favor de la obra. Concluire re-
comendando muy especialmente al autor benemerito ä que sea cauto en
punto ä pronunciaciön. Entre varios pormenores que he dejado exprofeso,
por temor ä molestar al que esto lea, recuerdo que se recomienda en el
libro pronunciar un pelo como si un fuese um, esto es, como v. gr. campo.
Y no hay tal.
Los defectos que he sacado ä relucir constituyen una minima parte
de la extensa obra, trabajada con la mayor conciencia que puede exigirse.
Asi es que deseo al autor y al editor el exito que ambos se merecen.
Nota. Es de advertir que al autor le ba parecido excelente ejercicio
la lectura de 'Parada y Fonda', que tengo como 'Leseübung' en mi Gra-
mätica, y ha incluido la comedia en su trabajo, con comentarios, no
siempre felicesJ
Berlin. P. de Mugica.
Verzeichnis
der vom 11. März bis zum 6. Juni 1903 bei der Redaktion
eingelaufenen Druckschriften.
Frän filologiska föreningen i Lund. Spräkliga uppsatser. Lund 1897.
166 S. 8 [A. Kock, Etymologisk undersökning av nägra svenska ord.
J. Paulson, In Lucretium adversaria. A. Ahlberg, Adnotationes in accen-
tum Plautinum. E. Rodhe, Transitivity in modern English. Tb. Hjelm-
qvist, Petter, Per och Pelle. M. Pin Nilsson, De republica Atbeniensium
a Clisthene constituta. E. Sommarin, Anteckningar vid läsning af Kor-
maks saga. Sven Berg, Bidrag tili frägan om det attributiva adjektivets
plats i modern franska. Claes Lindskog, De usu pronominum personalium,
quae subjecti vice funguntur, apud elegiacos poetas latinos observationes.
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Zu Surveys Aneisübertragung. — D. Schmid, George Farquhar als Epiker.
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der nach der Meinung des Herausgebers des Originals mit dem 1507 ver-
storbenen Karthäuser Petrus Dorlandus eins ist. Der Übersetzer, Ischyrius
oder Stercke, hat sein Werk aus Maestricht 1536 datiert, wo er städtischer
Lehrer war. Der Abdruck der lat. Übersetzung folgt der Ausgabe von
Köln 1536 fast durchaus.) .
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Müller, 1903. VII, 151 S. M. 4,80.
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Kritische Worte und Wortkritik. Berlin, Mayer & Müller, 1903. 112 S.
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von W. Na gl und J. Zeidler. 21. Lieferung. Wien, Fromme, 1903.
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und Hilfsbücher für den deutschen Unterricht). Leipzig, Freytag, 1903.
255 S. M. 2.
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1880—1902. Kassel, Weil's, 1903. 77 S. M. 1.
Literarisches Jahrbuch, verbunden mit einem Schriftsteller-Lexikon.
Herausgeg. von P. Thiel. Erster Jahrgang 1902 [Vorwort. — Einleitung.
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H. Mielke, Der deutsche Roman im Beginn des 20. Jahrhunderts. —
R. Friedemann, Das deutsche Drama im Beginn des 20. Jahrhunderts. —
P. Ehlers, Die dramatische Musik im Beginn des 20. Jahrhunderts. —
Schriftstellerlexikon]. Köln, Hoursch & Bechstedt, 1903. VIII, 320 S.
Hoff mann, J., Die Wormser Gescbäftssprache vom 11. bis 13. Jahr-
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Müller, 1903. 91 S. M. 2,80.
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Kuttner, Dr. Max, Echo der deutschen Umgangssprache. Zweiter
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204 S. 8. Geb. M. 2.
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denkmale des 18. und 19. Jahrhunderts, Dritte Folge Nr. 5). Berlin, Behr,
1903. XVIII, 45 S. M. 1,20.
Türck, Hermann, Eine neue Faust-Erklärung. Dritte unveränderte
Auflage. Berlin, Eisner, 1902. 150 S. 8. Geb.
Diary and letters of William Müller. With explanatory notes and
a biographical index edited by Ph. Schuyler Allen and J. Taft Hat-
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Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften. 481
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I. Band, 1. Ergänzungsheft). Braunau, Lantrr, 1903. XVIII, 320 S.
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Hirt-Z er nial -Spiels. Probeband. Leipzig, Dresden, Berlin, Ehler-
mann, 190:1 1UG S.
F. Schiller, Wallenstein. Ein dramatisches Gedicht. Für den Schul-
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Hili'sbücher für den deutschen Unterricht). Leipzig, Frey tag, 1902. 336 S.
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den evangelischen Religions-Unterricht versehen von L. H. Fischer und
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von 1598 von J. B. Sherzer. Berlin, Mayer & Müller, 1903. 117 S. M. 3.
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leicht der Erinnerung wert. Erlebtes und Gedachtes im Umrifs. Aus dem
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Vol. 3635: Th. Dixon jr., The leopard's spots. Vol. 2.
„ 3636: Elinor Glyn, The reflections of Ambrosine.
„ 3637 — 8: R. Bagot, Donna Diana.
„ 3639: W. E. Norris, Lord Leonard the luckless.
„ 3640 — 1: G. Parker, The seats of the mighty.
„ 3642: J. M. Barrie, The little white bird.
„ 3643 — 4: Mrs. H. Ward, Lady Rose's daughter.
„ 3645: M. Betham-Ed wards, A humble lover.
„ 3646: George W. E. Russell, A Londoner's log-book.
„ 3647: Dorothea Gerard, The eternal woman.
„ 3648 — 9: H. Rider Haggard, Pearl-maiden.
„ 3650: Gertrude Atherton, The splendid idle forties.
„ 3651 — 2: Flora Annie Steel, The hosts of the lord.
„ 3653: Eden Philipotts, The striking hours.
„ 3654 — 5: Frank Norris, The pit.
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liche Beilage zum Jahresbericht des Askanischen Gymnasiums in Berlin.
Ostern 1903. Berlin, Weidmann, 1903. (Programm Nr. 55.) 24 S. 4. (Der
erste Teil ist 1901 erschienen, s. Archiv CVI 475.)
L'Echo litteraire, Journal bimensuel destine" ä l'etude de la langue
francaise, fonde par Aug. Reitzel, publie par Anna Brunnemann, Schrift-
stellerin in Dresden, Marcel Hebert, ancien directeur de l'Ecole Föneion
ä Paris, et Dr. Ph. Rofsmann, Oberlehrer an der Oberrealschule in Wies-
baden. XXIIPme annee. N" 1—6. Heilbronn, Salzer, 1903. 96 S. 8.
Jährlich M. 4. (Jede Nummer der Zeitschrift mit dem seltsamen Titel
umfafst zwei Druckbogen, von denen der eine 'Supplement' betitelte und
besonders paginierte ganz, der andere zum gröfsten Teil dem unterhal-
tenden Lesestoff eingeräumt ist, der letztere aufserdem einzelne Bemer-
kungen zur Grammatik oder kleine Aufgaben bringt. Zahlreiche Anmer-
kungen unter dem Text ersparen dem wenig beschlagenen Leser die Be-
nutzung eines Wörterbuches. Von N° 4 ab ist Anna Brunnemann 'ecrivain
ä Dresde' und von N'J 0 ab ist Rofsmann durch Ed. Platzhoff- Lejeune er-
setzt, welcher sich als 'agrege' ä l'Universite de Geneve' bezeichnet, neben-
her aber wie sein Vorgänger 'Dr.' ohne Artikel vor seinen Namen setzt.
Das Echo könnte gelegentlich auch einmal vor diesem Germanismus in
Deutschland geschriebener Titelblätter warnen. In N" 6 ist statt der Fort-
setzung des im 'Supplement' begonnenen Romans von Bazin der vier-
undzwanzigste Bogen eines ganz anderen Werkes gegeben !)
Anthologie des poetes francais. Sammlung französischer Gedichte von
Dr. Theodor Engwer, Oberlehrer am Kgl. Lehrerinnen-Seminar und der
Kgl. Augustaschule zu Berlin. Neu bearbeitete, vermehrte und bis auf
die neueste Zeit fortgeführte Auflage von Beneckes Sammlung franzö-
sischer Gedichte. Mit 16 Porträts. Bielefeld und Leipzig, Velhagen &
Klasing, 1903. XVI, 306 S. 8. Geb. M. 2.
Freytags Sammlung französischer und englischer Schriftsteller.
Leipzig, Freytag, 1903. 8. Geb.
Henri Malin, Un collegien de Paris en 1870. Für den Schulgebrauch
hrsg. von Prof. Bernhard Lade, Oberl. an der Grofsh. Oberrealschule
zu Darmstadt. IV, 95 S. M. 1,25 (Wörterbuch dazu, 40 S., M. 0,50).
Perthes' Schulausgaben englischer und französischer Schriftsteller.
Gotha, Perthes, 1903. Geb.
44. Regne de Louis XIV. Aus Histoire de France par Victor Duruy.
Für den Schulgebrauch bearbeitet von Dr. Ludwig Klinger, Ober-
lehrer an der Kgl. Oberrealschule zu Gleiwitz. Mit einer Karte,
einer Skizze und einer genealogischen Tabelle. VIII, 150 S. (Wörter-
buch 29 S.). M. 1,80 und M. 0,40.
45. Campagne de 1809 aus den Mömoires du general baron de Marbot.
Mit 2 Plänen. Für den Schulgebrauch bearbeitet von Dr. P. Stein -
bach, Oberlehrer am Kgl. Gymnasium zu Chemnitz. IX, 127 S.
(Wörterbuch 26 S.). M. 1,50 und M. 0,30.
Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften. 485
Teubners Bibliothcque francaise ä l'usage des classes. Leipzig,
Teubner, 1908. Geb.
Guerre de la succession d'Espagne (chap. XVII — XXIII du Siecle de
Louis XIV) par Voltaire. Edition precedoe d'une notice biogra-
phique et suivie d'un commentaire, d'un repötiteur et d'une carte
par J. Ellinger, docteur en philosophie, professeur ä l^Ecole reale
Francois Joseph de Vienne. Revue par J. Deläge. I. Texte et
Vocabulaire, VIII, 142 S. IL Notes et rep&iteur, 42 S.
Velhagen & Klasings Sammlung französischer und englischer
Schulausgaben. Bielefeld u. Leipzig, 1902. Kl. 8. Geb.
Prosateurs francais: 139. Poum, aveutures d'un petit garcon par Paul
et Victor Margueritte. In Auszügen mit Anmerkungen zum Schul-
gebrauch herausgegeben von Dr. A. Mühlan, Oberlehrerin Glatz.
76 S. und 18 S. Anhang. M. 0,75.
Schulze, Alfred, Zu den altfranzösischen Bernhardhandschriften.
(Sonderabdruck aus 'Beiträge zur Bücherkunde und Philologie August
Wilmanns zum 25. März 1908 gewidmet'. S. 889 — 404.) Leipzig, Harrasso-
witz, 1908. 8.
Amis und Amiles. Ein altfranzösisches Heldengedicht in deutsche
Verse übertragen von Heinrich Grein. Mit einem Vorwort von Prof.
Dr. Gustav Körting, Kiel. Kiel, Cordes, 1902. IV, 92 S. 8. M. 2.
Übertragen in fünffüfsige iambische Verse ohne feste Cäsur, ohne Reim
oder Assonanz, mit sechssilbigem Laissenschlufs. Für die Anmerkungen
wäre, soweit sie Topographie von Italieu angehen, mit Nutzen Rajnas Ab-
handlung Un' iscrizione nepesina im Arch. stör. ital. 1887 berücksichtigt
worden. Dafs bisweilen der Text in Einzelheiten mifsverstanden, auch der
Ton nicht völlig getroffen ist, darf nicht verschwiegen werden.
Moliere, Amphitryon, verdeutscht von Carl Moser. Berlin, Gold-
schmidt, 1902. 72 S. 8. M. 2.
Prudhomme, Sully, Gedichte in deutschen Versen von J. Schnitz-
ler, mit einer französischen Vorrede von Sully Prudhomme. Berlin, Ollen-
dorff. [1903]. 99 S. 8. M. 2. Dem sehr schätzenswerten Pr. ist vielleicht
ein Übermafs von Ehre angetan worden, als man ihn vor einiger Zeit,
gewifs ohne sein Wissen oder Wollen, Europa als den ersten zeitgenössi-
schen Dichter vorstellte. Auf der anderen Seite aber hätte ihm die
Kränkung erspart bleiben sollen, dafs ein Teil seiner Gedichte in angeb-
liches Deutsch durch jemand übersetzt ist, der in Bezug auf Sprachrichtig-
keit, Versbau, Reim auch den bescheidensten Wünschen nicht zu genügen
vermag. Selten hat man so schönes Büttenpapier so jammervoll mifsbraucht.
Otto, Dr. Emil, Französische Konversations-Grammatik zum Schul-
und Privatunterricht. Neubearbeitet von H. Runge, Gymnasialoberlehrer
in Eisenberg. Erster und zweiter Teil. 27. Auflage. Heidelberg, Groos,
1903. VII, 187, 147, 54 S. 8. Zusammengeb. M. 3,60.
Sudre, Leopold, docteur es-lettres, professeur au lycee Montaigne et
ä la Guilde Internationale, Petit manuel de prononciation francaise ä
l'usage des Prangers. 1er fascicule: Voyelles francaises. Paris, Didier,
1903. 64 S. kl. 8.
Risop, Dr. Alfred, Oberlehrer, Begriffsverwandtschaft und Sprach-
entwickelung (Beiträge zur Morphologie des Französischen). Berlin, Weid-
mann, 1903. 39 S. 4.
Polen tz, Emil, Französische Relativsätze als prädikative Bestim-
mungen und verwandte Konstruktionen. Wissenschaftliche Beilage zum
Jahresbericht des Andreas-Realgymnasiums zu Berlin. Ostern 1903. Berlin,
Weidmann, 1903. Programm Nr. 105. 55 S. 4.
Harnisch, Dr. A., Dir. der Realschule zu Kassel, und Dr. A. Du-
chesne, Lektor der französ. Sprache an der Univ. Leipzig, Methodische
französische Sprechschule, Französische Texte, Systematisches Wörterver-
186 Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften.
zeichnis, Phraseologie. I. Teil, mit einem Plane von Paris. Ausgabe A.
Für die Mittelstufe der Realanstalten und für Gymnasien. Leipzig, Spindler
(1903). VI, 137 S. Geb. M. 2. Ausg. B. Für den Unterricht an höheren
Mädchenschulen eingerichtet von Bertha Härder, Oberlehrerin an der
Stadt, höh. Töchterschule II zu Hannover. VI, 140 S. Geb. M. 2.
Rosen berg, Felix, Un voyage de vacances ä Paris. Wissenschaft-
liche Beilage zum Jahresbericht des Köllnischen Gymnasiums zu Berlin.
Ostern 1903. Programm Nr. 63. Berlin, Weidmann, 1903. 19 S. 4.
Newell, William Wells, The legend of the holy grail and the Perceval
of Crestien of Troyes (papers reprinted from the Journal of American
Folk-lore). Cambridge, Mass., Sever, 1902. VI, 94 S. 8. Doli. 1.
Vising, Johan, Studier i den franska romanen om Hörn. I. 34 S. 8.
(In Tnbjudning tili den offentliga föreläsning, med hvilken prof. Gustaf
Fredrik Steffen kommer att tillträda sitt ämbete vid Göteborgs högskola
af högskolans rektor'. Göteborg, 1903.)
Crescini, Vincenzo, Gli affreschi epici medievali del museo di Tre-
viso. (Atti del R. Istituto veneto di scienze, lettere ed arti, 1902 — 3.
T. LXII, parte seconda.) S. 267 — 272. Kurze Notiz über zwei dem Ende
des 13. oder dem Beginn des folgenden Jahrhunderts angehörende Fresken,
die Scenen aus dem Lai d'Aristote und der Entree en Espagne darstellen.
Grofs, Max, Geffrei Gaimar. Die Komposition seiner Reimchronik
lind sein Verhältnis zu den Quellen (V. 819—3394). Inaugural-Dissertation
aus Strafsburg. Erlangen, 1902. VI, 136 S. 8.
Triwunatz, Dr. Milosch, Guillaume Budö's De l'iustitution du
prince. Ein Beitrag zur Geschichte der Renaissancebewegung in Frank-
reich (Münchener Beiträge zur roman. u. engl. Philologie herausgeg. von
H. Breymann und J. Schick, XXVIII. Heft). Erlangen und Leipzig,
Deichert, 1903. XV, 108 S. 8. M. 2,80.
Samfiresco, Mlle Elvira, ancienne eleve de la Faculte* des lettres
de Paris, professeur de francais au Lycee de jeunes filles de Bucarest,
docteur de l'Universite* de Paris, Manage polemiste, philologue, poete.
Paris, Fontemoing, 1902. XXX, 559 S. 8. Fr. 7,50.
Bartsch, Karl, Chrestomathie provencale (Xe — XVe siecles). Sixieme
Edition entierement refondue par Eduard Koschwitz. I. Textes. Mar-
burg, Elwert, 1903. 4-18 Sp. 8. M. 8,50. (Das Glossar soll im Laufe
des Jahres erscheinen und unentgeltlich nachgeliefert werden.)
Poesie provenzali allegate da Dante nel De vulgari eloquentia (Testi
romanzi per uso delle scuole a cura di E. Monaci). Roma, Loescher & C,
1903. 23 S. 8. L. 0,60. In derselben Sammlung sind 1902 erschienen: II
proemio del marchese di Santillana, 14 S., L. 0,50, und Lusiada de Luis
de Camöes, estratti dal canto III, con un sunto di tutto il poema,
32 S., L. 1.
Voyage au Purgatoire de St. Patrice, visions de Tindal et de St. Paul,
textes languedociens du quinzieme siecle publies par A. Jeanroy, pro-
fesseur ä l'Universite\ A. Vignaux, archiviste municipal de Toulouse.
Toulouse, Privat, 1903. LXI, 141 S. 8. Fr. 4.
Levy, Emil, Provenzalisches Supplement-Wörterbuch. Berichtigungen
und Ergänzungen zu Raynouards Lexique roman. Fünfzehntes Heft.
Leipzig, Reisland, 1903. ,S. 129—256 (gitat—jejunar).
Thomas, Antoine, Etymologies limousines (Extrait de la Revue des
parlers popidaires). Paris, Welter, 1903. 21 S. 8.
Zingarelli, Nicola, Documentum liberalitatis. Nozze Zingarelli-
Jannotti. 34 S. -4. Edizione di cento esemplari fuori commercio. Napoli,
1903. [In der Hochzeitsgabe für seineu Bruder Raffaele sammelt und
erläutert der gelehrte Professor an der Universität von Palermo zahlreiche
Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften. 487
Stellen aus provenzalischen, italienischen und anderen mittelalterlichen
Autoren, wo von der Tugend der Freigebigkeit die Rede ist; manches
davon weifs er auf Aul'serungen aus dem Altertum zurückzuführen.]
Societä filologica romana:
II libro de varie romanze volgare, Cod. Vat. 3793 a cura di S. Satta
e F. Fgidi. Roma 1903. Fase. II (S. 49—90). L. 3.
ßullettino, Num. IUI [V. Federici, Un transunto delY Ars notaria di
Giovanni da Tilbury. V. De Bartholomaeis, Nota Bonvesiniana.
F. Hermanin, La Grotta degli Angeli a Magliano Pecorareccio.
G. Crocioni, II frammento Barberiniano delle chiose di Jacopo Ali-
ghieri]. 90 S. L. 2.
Rajna, Pio, L'iscrizione degli Ubaldini e il suo autore (Estratto dal-
l'Archivio storico italiano, Serie V, vol. XXXI, 1903). 70 S. 8.
Madrigali e Ballate del secolo deeimoquarto. — 'Per le inclite nozze
della signorina Lina Farina col marchese Vincenzo Trigona di Dainam-
mare queste rime d'amore che ebbero musica e spirito nel forte e soave
trecento Severino Ferrari pubblicava gratulante'. Febbraio MDCCCCIII.
'24 S. 8. (Aus den Handschriften Laurenz, palat. LXXXVII und Paucia-
tich. 26 in Florenz, teilweise schon früher gedruckt.)
Scan f er lato, A., Lezioni italiane. Kurze praktische Anleitung zum
raschen und sicheren Erlernen der italienischen Sprache für den münd-
lichen und schriftlichen freien Gebrauch. ..Zweite Auflage. Leipzig, Teub-
ner, 1903. VI, 246 S. 8. Geb. M. 2. (Über die erste Auflage s. Archiv
CVI, 230.)
Giornale storico della letteratura italiana diretto da F. Novati e
R. Renier. Fase. 122. 123 [E. Bertana, La mente di G. Leopardi in
aleuni suoi 'Pensieri di bella letteratura' italiana e di estetica. G. Salve-
mini, II 'liber de regimine civitatum' di Giovanni da Viterbo. — Varietä:
B. Feliciangeli, Aleuni documenti relativi all' adolescenza di Battista e
Costanzo Sforza. G. Mancini, Una intercenale inedita di L. B. Alberti.
A. Benzoni, Una lettera di Melchiorre Cesarotti. E. Bellorini, Silvio Pel-
lico e Federico Confalonieri. — Rassegna bibliografica : Frä Guittone
d'Arezzo, Le rime a cura di Fl. Pellegrini. Vol. I (M. Pelaez). J. Sanesi,
Per l'interpretazione della 'Commedia' (G. Fraccaroli). D. Ronzoni, Pagine
sparse di studi danteschi (U. Cosmo). G. Federzoni, Studi e diporti dan-
teschi. A. Bassermann, Orme di Dante in Italia (A. Belloni). G. Pedrotti,
Alfonso de' Pazzi accademico e poeta (G. Secchi). A. Manzoni, I Pro-
messi sposi raffrontati sulle edizioni del 1825 e 1840 con un commento di
P. Petrocchi (P. Bellezza). — Bollettino bibliografico. — Comunicazioni
ed appunti. — Cronaca].
Todt, Oberlehrer Dr. August, Die franko-italienischen Renartbranchen,
ein Beitrag zur altitalienischen Sprach- und Literaturgeschichte. Darm-
stadt, Ottos Hofbuchdruckerei, 1903 (Dissertation aus Giefsen). X, 11 1 S. 8.
Vofsler, Karl, Weltgeschichte und Politik in der italienischen Dich-
tung vor Dante. 27 S. 8 (aus 'Studien zur vergleichenden Literatur-
geschichte' herausgegeben von Dr. Max Koch, Prof. in Breslau, III, 2,
Berlin 1903).
Hauvette, Henri, chargö de cours ä la Faculte* des Lettres de
l'Universite" de Grenoble, Un exile" florentin ä la cour de France au
XVP' siecle. Luigi Alamanni (1495 — 1556), sa vie et son ceuvre. Paris,
Hachette et Cie, 1903. XIX, 583 S. 8. Fr. 10.
Orsi, Pietro, Privatdozent für neuere Geschichte an der Universität
Padua, Das moderne Italien, Geschichte der letzten 150 Jahre bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts. Übersetzt von F. Goetz. Leipzig, Teubner,
1902. X, 380 S. 8. M. 5.
488 Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften.
La perfecta casada por el maestro F. Luys de Leon, texto del siglo
XVI, reimpresiön de la tercera ediciön, con variantes de la primera, y un
prölogo por Elizabeth Wallace, membro del cuerpo de profesores de
lenguas romances de la Universidad de Chicago. The decenDial publi-
cations, second series, vol. VI. Chicago, University press, 1903. XXVII,
119 S. 8. Geb. Doli. 1,50.
Nyrop, Kristoffer, Kortfattet spansk Grammatik udarbejdet til Selv-
studium og Undervisning. Tredje forbedrede Udgave. Kobenhavn, det
Schubotheske Forlag, 1903. 126 S. 8. Geb.
Pietsch, Karl, Preliminary notes on two old Spanish versions of
the Disticha Catonis. (The University of Chicago founded by John D.
Rockefeller. The deceDnial publications. Printed from volume VII.) Chi-
cago, 1902. 42 S. 4.
Beer, Dr. Rudolf, Lektor der spanischen Sprache an dem romanischen
Seminar der k. k. Universität Wien, Spanische Literaturgeschichte. Leip-
zig, Göschen, 190?.. I. Bd., 148 S., IL Bd., 164 S. kl. 8. Geb. je M. 0,80.
Groussac, Paul, directeur de la Bibliotheque Nationale de Buenos
Aires, Une enigme litteraire, le 'Don Quichotte' d'Avellaneda ; Le drame
espagnol; Hernani; Philologie amüsante; Carmen. Paris, Picard, 1903.
XII, 303 S. 8. Fr. 3,50.
Densusianu, Ovide,, Histoire de la lange roumaine. Tome premier,
fascicule III. Paris, Leroux, 1902. S. 305 — 510. (Mit dieser Lieferung
ist der erste Band abgeschlossen. Es wird ein zweiter ebenfalls in drei
Lieferungen erscheinen, der fr. 15, für Nichtsubskribenten fr. 20 kosten
und die Geschichte des Laut- und des Formenwandels im Rumänischen
seit dem 16. Jahrhundert sowie die neueren fremden Einflüsse, die Bil-
dung des literarischen Rumänisch darstellen soll.)
Masazik, J., Sloveso ceske" ve svych tvarech a casich. Das böh-
mische Verbum in seinen Formen und Zeiten. Heft 5 und 6. Prag,
Haase, 1,903. S. 129— 2U8.
O. Äsböth, Russische Chrestomathie für Anfänger. Accentuierte
Texte mit vollständigem Wörterverzeichnis. Leipzig, Brockhaus, 1903.
IX, 191 S.
Neffgen, Grammatik der samoanischen Sprache nebst Lesestücken
und Wörterbuch (Bibliothek der Sprachenkunde für den Selbstunterricht,
79. Teil). Wien und Leipzig, Hartleben. VIII, 167 S. M. 2.
Register
zu
Arehiv Band CI— CX (Neue Folge I— X).
A. Sachregister.
Kursiver Druck bedeutet: Abhandlungen, Kleine Mitteilungen, Sitzungsberichte. In
Antiqua sind die Anzeigen gedruckt, wobei der Name des Rezensenten in Klammern
folgt. Grofse Ziffern geben den Band [CI — CX = 1 — 10], kleine die Seitenzahl.
I. Allgemeines.
Harvard studies a. notes in philol.
a. liter. V (Herzfeld) 1 182.
Otia Merseiana, public, of the
Arts Faculty Univ. Coli. Liverpool
(Brandl) 4 204.
Fr an filol. fören. i Lund (Holt-
hausen) 1 156.
M£m. de la Societe" neo-phil. ä
Helsingfors III (A. Tobler) 9 221.
Sitxungsber. d. Berl. Qesellsch. f. d.
Stud. d. neueren Sprachen 2 362, 4 134,
249, ßl46, 8148, 10125.
Neuphil. Mitteilungen (A. Tobler)
4 248.
Langlois, Manuel de bibliograph.
histor. (Schulze) 6 324.
Stein, Manuel de bibliogr. gen£-
rale (Schulze) 6 326.
Gelehrtengeschichte.
Harnack, Gesch. d. Preufs. Akad.
d. Wissensch. (R. M. Meyer) 8 391.
Briefe aus d. Frühzeit d. dtsch.
Philol. an G. F. Benecke, ed. Baier
(Singer) 9 378.
E. Meyer, L. Hölscher f dl-
Segert- Stein, D. Sanders (R. M.
Meyer) 1421.
Wülker, Briefwechsel zw. A. Ebert
u. F. Wolf (A. Tobler) 4 244.
Haym, Aus meinem Leben (R. M.
Meyer) 9 380.
Conrad, Gedenkrede auf I. Schmidt
5 241.
Sprachwissenschaft.
Dietrich, Grundlagen d. Völker-
verk.-spr. (R. M. Meyer) 9 386.
Archiv, Register. Bd. CI I \.
Soames, Introd. to Engl., French,
German phonetics (Wagner) 5 428.
Trautmann, Kl. Lautlehre d. Deut-
schen, Frz., Engl. I (Suchier) 10 159.
Tappolet, Stand d. Mundarten in d.
dtschen u. frz. Schweiz (Mackel) 9384.
Klinghardt, Artikul.- u. Hörübg.
(Schatz) 1155.
Erueger, Auslassung oder Ellipse?
7 350. 8107.
Wiener, Gesch. d. Wortes lZigeuner'
9 280.
May, Sind d. fremdart. Ortsnamen
in Brandenb. u. Ostdtschland slav.
od. germ.? (Mackel) 2 389.
Literatur.
Elster, Weltlit. u. lÄt.-verglg. 7 33.
Avonianus, Dramat. Handwerks-
lehre (Fischer) 10153.
Morley, Stud. in liter. (Meyer) 1154.
Gaylay and Scott, Introduct. to
the method. a. mater. of lit. criticism
(Fischer) 9 407.
Worsfold, Exerc. of judgm. in
liter. (Borsdorf) 8 389.
Spingarn, Hist. of liter. criticism
in the renaiss. (Brandl) 5 393.
Tumlicz, Lehre v. d. Tropen u.
Figuren (R. M. Meyer) 10158.
Mott, Poet as teacher (R. M.Meyer)
6389.
Taylor, Class. herit. of the Middle
Ages (R. M. Meyer) 8 416.
Vofsler, Poet. Theor. in d. Früh-
renaiss. (Wendriner) 6 222.
Fischer, Kunstformen d. mittel-
alterl. Epos (R. M. Meyer) B 162.
Stiefel, Schivanklit. im IG. Jh. III
5 89.
Register zu Archiv Band CI — CX.
Schönbach, Gesamm. Aufsätze z.
neueren Lit. in Dtschland, Österr.,
Amerika (R. M. Meyer) 7135.
Stern,.. Einfühl. u. Associat. in d.
neuern Ästhetik (R. M. Meyer) 1 421.
Fremdsprachl. Erzähl, in 'Kürsch-
ners Bücherschatz' (Carel) 5 185.
Waigel, Romantik, Neuromantik,
Frauenfrage 7 253.
Büchmann, Geflüg. Worte (A. Tob-
ler) 1 399.
Harbottle a. Dalbiac, Dict. of
quotat., French a. Ital. (A. Tobler)
ö 453.
Burdach, Ursprung der Salomo-
Sage 8 Ml.
Wechssler, Sage v. hl. Gral in Ent-
wickelg. bis Wagners Parsifal (Frev-
mond) 4219.
Bolte, Bigorne u. Chicheface 6 1-
Läzilr, Fortun atus-Märchen (Jan-
tzen) 1163.
Steig, Lit. Unibild. d. Märchens v.
Fischer und siner Fru 10 8.
Bolte, Noch einmal Hiobs Weib
6 140.
Hauffen, Bild v. Rerxensschlüssel
510.
Liebau, Nachtr. %u Edw. III. von
Engl. u. d. Gräfin v. Salisb. 8 M3-
Liebau, Edw. III. v. Engl. u. d.
Gräfin v. Salisb. — Edw. III. im
Lichte europ. Poesie (Jellinek) 9 410.
Liebermann, Zur Hss.-kuncle 2 471.
Schweizer Archiv f. Volkskunde
(A. Tobler) 4 248.
Neue Lit. z. Volkskunde (Petsch)
7 146.
Lit. der Volksmärchen u. Sagen
(Petsch) 4 381.
Petsch, Neue Btr. z. Kenntnis d.
Volksrätsels (Jantzen) 4 379.
— , Formelhafte Schlüsse im Volks-
märchen (Schultz) 7 408.
Unterrichtswesen.
Pädag. Monatshefte (Penner) 5 128.
Roberts, Educat. in the 19th cent.
(Münch) 7185.
Paulsen, Deutsche Universitäten
(R. M. Meyer) 9 146.
Findlay, Principles of class teach-
ing (Münch) 1U 155.
Bärwald, 1) Neue, ebenere Bahnen
im fremdsprachl. Unterr. 2) Eignet
sich der Unterricht im Sprechen u.
Schreiben einer fremden Sprache f.
d. Schule? (Carel) 7 215.
Hasberg, Praktische Phonetik im
Unterricht (Schultz-Gora) 8 260.
Kuhnau, Musikal. Quacksalberei
ed. Benndorf (Jellinek) 8179.
Wiese, Geistige Heimatlosigk. in
d. dtschen Gegenwart (Münch) 1 153.
II. Germanische Sprachen.
Allgemeines.
Loewe, Ethnol. u. sprachl. Glie-
derg, d. Germ. (Jantzen) 3 161.
Holthausen, Etymol. I 7 379.
Neue Lit. z. germ. Volkskunde
(Petsch) 10 443.
1. Gotisch.
Jantzen, Got. Sprachdenkmäler
(Mackel) 1408.
Friedmann, Lingua got. (Roediger)
3162.
2. Skandinavisch.
Bernstein, Order of words in Old
Norse prose (Mackel) 2 386.
Luick, Gesch. d. anord. Diphth. im
Engl. 7 322.
Liebermann, Ermengard v. Nar-
bonne 4 361.
v. d. Leyen, Märchen in Götter-
sagen d. Edda (Jellinek) 4 391.
Holthausen, Schwed. Lobspruch auf
d. dtsche SpracJie 5 364.
Ibsens sämtl. Werke in dtscher
Sprache ed. Brandes, Elias, Schlen-
ther (Heusler) 2 387. 5129.
Funk, Prakt. Lehrgang z. Erlern,
d. Schwed. (Holthausen) 4 392.
3. Deutsch.
Allgemeines.
Neue Publik, d. 'Gesellsch. z. För-
derung dtscher Wissensch., Kunst
u. Lit. in Böhmen' (Petsch) 3 357.
Seiler, Entwickelg. d. dtschen Kul-
tur. II (Kinzel) 5 373.
Heil, Gründung d. nordostdtschen
Kolonialstädte u. Entwickelg. bis
Ende des 13. Jahrhunderts (Glöde)
2 390.
Register zu Archiv Band CI — CX.
Maydorn, Dtsches Leben im Spie-
gel dtscher Namen (Petsch) 2 385.
Kuhns, Germ. a. Swiss settlem. of
colon. in Pennsylv. (Keidel) 9387.
Meyer, E. H., Dtsche Volkskunde
(Petsch) 1416.
Förster, Z. dtschen Bauernpraktik
10 421.
Dähnhardt, Volkstüml. aus d. Kgr.
Sachsen, I (Branky) 2 399.
Schmidt , Kursächs. Streifzüge
(R. M. Meyer) 10162.
Evers, Dtsche Sprach- u. Lit.-gesch.
im Abrifs (Jantzen) 5 97.
Bächtold, Kl. Schriften ed. Vetter
(Weinhold) 5 372.
Sprache.
Behaghel, Dtsche Sprache (Schatz)
9 383.
Finck, Dtscher Sprachbau (Freu-
denberger) 5 101.
Scholz, Gesch. d. dtschen Schrift-
sprache in Augsburg bis 1374 (Wes-
sely) 3 353.
Waag, Bedeut.-entwicklg. unseres
Wortschatzes (Singer) 10160.
Kluge, Etym. Würterb. d. dtschen
Sprache0 (Much) 6 358.
Dorff, Müspilli 101-
Björkman, Drei deutsche Pflanzen-
namen 7 375.
Holthausen, Kegel und Verwandtes
5 365.
Maxeiner, Mhd. Substantive mit
d. Suffix -ier 10 312.
Hempl, German orthogr. and
phonol. I (Heusler) 1400.
Vietor, Aussprache des Schrift-
deutschen (Holthausen) 3 356.
Siebs, Dtsche Bühnenaussprache
(Kinzel) 5108.
Kaeding, Häufigkeitswb. d. deut-
schen Sprache (Morgenstern) 5 103.
Kaufmann, Deutsche Grammatik
(Schatz) 9 384.
Meyer, Formenl. u. Syntax d. frz.
u. dtschen Tätigkeitswortes (Schulze)
1 232.
Hauschild, Verstärk. Zusammen-
setzung bei Eigenschaftswörtern im
Deutschen (Glöde) 4160.
Holthausen, Asächs. Elementarb.
(Leitzmann) 6 168.
Nagl, Dtsche Mundarten, Zs. f.
Bearbeitung d. mundartl. Materials
(Schatz) 1 172. 5 126-
Heilig u. Lenz, Zs. f. hochdtsche
Mundarten (Schatz) 6172.
Schatz, Mundart v. Imst, Laut-
u. Flexionslehre (Bremer) 3 169.
Hoffmann, Schlesische Mundart
(Vogt) 7 407.
Mentz, Frz. im mecklenb. Platt u.
Nachbardialekten (Glöde) 1 403. 3368.
Hörn, Deutsche Soldatensprache
(Petsch) 5 113.
Gerzon, Jüdisch-deutsche Sprache
(Schatz) 9 389.
Literatur.
Storch, Dtsche Lit.-gesch. (Haake)
1 406.
Nagl u. Zeidler, Dtsch-österreich.
Lit.-gesch. (Meyer) 4 363.
Meyer, Grundr. d. neueren dtschen
Lit.-gesch. (Jantzen) 10 151-
Meyer, Dtsche Lit. des 19. Jhs.
(Jantzen) 5 376.
Frommel, Neuere dtsche Dichter
u. ihre relig. Stellung (Meyer) 10 430.
Werner, Vollendete und Ringende
(Prem) 6 384.
Heinzel, Beschreib, d. geistlichen
Schauspiels im dtschen Mittelalter
(Michels) 4 366.
Schneider, Spaniens Anteil an d.
dtschen Lit. d. 16. u. 17. Jhs. (Bolte)
3165.
Herzfeld, Z. Gesch. d. dtschen IM.
in England 5 30. 10 109.
Vofsler, Dtsch. Madrigal, Gesch.
seiner Entwickelg. bis Mitte 18. Jhs.
(Wurzbach) 1166.
Kl. asächs. Sprachdenkmäler ed.
Wadstein (Leitzmann) 5 381.
Packaly, Variat. im Heliand u.
d. asächs. Genesis (Spies) 6 171-
Panzer, Hilde-Gudrun (Much) 8395.
Burdach, W. v. d. Vogelweide I
(Hampe) 9152.
Gusinde, Neidh. m. d. Veilchen
(Jantzen) 8176.
Lemcke, Textkrit. Untersuch, zu
den Liedern H.s v. Morungen (Singer)
1160.
W. v. Eschenbachs Parsifal und
Titurel ed. Martin, I (Schatz) 7 401.
Nolte, Eingang d. Parsifal (Boet-
ticher) 7137.
Biedermann, Einwirkg. d. Kolm.
Meisterliederhs. (t) auf d. Textgestal-
tung der Gedichte H.s v. Meifsen
(Mackel) 2 393.
Register zu Archiv Band CI— CX.
Laudiert, Des Gottesfreundes im
Oberland Buch v. d. zwei Mannen
(Seemüller) 1162.
Euling, Stud. über H. Kaufringer
(Schatz) 7 402.
Golz, Genovefa in d. dtschen Dich-
tung (Berger) 6 370.
Stiefel, Quellen d. Esopus v. Waldis
9 249.
Kopp, J. Grünwald 7 1-
Genther, Stud. z. Liederbuch d.
K. Hätzlerin (v. d. Leyen) 10 428.
Carolina und ihre Vorgänger ed.
Kohler (Schatz) 7 401.
Bolte, Liederbuch Chr.s v. Schallen-
berg 6 l?'y-
Haake, öryphius u. seine Zeit 3 1 •
Urban, Owenus u. dtsche Epi-
gramm, d. 17. Jhs. (Schultz) 8178.
Dorn, B. Neukirch (Haake) 2 393.
J. J. Bodmer, ed. Stiftung Schny-
der v. Wartensee (Brandl) 8 182.
Wanick, Gottsched u. d. dtsche
Lit. seiner Zeit (Minde-Pouet) 6 374.
Coym, Gellerts Lustspiele (Haake)
4 377.
Priebsch, Ungedruckte Briefe aus
Klopstocks Lebensabend 10418.
Lessing, Minna v. Barnhelm ed.
Wolstenholme (Berger) 6 173.
Heuschkel, Untersuch, über Ram-
lers u. Lessings Bearbeit. v. Sinn-
gedichten Logaus (v. d. Leyen) 10 ltJ1-
v. Stockmayer, Dtsche Soldaten-
stücke d. 18. Jhs. seit 'M. v. Barn-
helm' (Boetticher) 4 374.
Bleich, Die Märchen des Musäus
81,273. 95.
Jacobs , Gerstenbergs Ugolino
(Haake) 4 378.
Brand, Müller v. Itzehoe (Oefte-
ring) 10 431.
Grundmann, Geograph, u. völker-
kundl. Quellen u. Anschauungen in
Herders 'Ideen z. Gesch. d. Mensch-
heit' (Singer) 8184.
Herxfeld, Gesch. v. Bürgers Leonore
in England 6 354.
Herold, F. A. C. Werthes u. d.
dtschen Zriny-Dramen (Haake) 3 363.
Publ. of the Glasgow Goethe-
Soc. II (Morris) 3168.
Haarhaus, Goethe (Morris) 3 362.
Meyer, Goethe (Köster) 4156.
Huch, Goethe (R. M. Meyer) 4 376.
Witkowski, Dichter u. Darsteller I,
Goethe (Lehmann) 7145.
Prem, Goethe (Steig) 7 403.
Jahrmarktsfest zu Plundersweilern
ed. Herrmann (Schultz) 9 391.
Meyer, R. M., Goethes Sprüche 6 19-
Ritter, Goethes Sprüche in Prosa
8132.
Meyer, R. M., 'Böser Geist' in der
Domseene 4 355.
E. Schmidt, Danteskes im Faust
7 241.
Stanger, Zwei engl. Faust- Über-
setzungen 6 355.
Köster, Goethes Elpenor 1 257.
Morris, Goethes Pandora 4 1. 257.
Geiger, Kunsthist. Aufsatz Goethes
u. Polemik wider d. Weimarer Kunst-
ausstell. 1 5-
Gerstenbergk, O. v. Goethe u. ihre
Sühnein Briefen (Minde-Pouet) 9401.
v. Komorzynski, Schikaneder (Wal-
ze!) 8 417.
Pietsch, Schiller als Kritiker (Leh-
mann) 6 380.
Priebsch, Unbek. Briefe v. Schiller,
F. H. Jacobi und A. W. Schlegel an
Hufeland 10 20.
Consentius, Quellenfrage v. Schil-
lers Geschickte des 30 jähr. Krieges
4122. 6241.
Mauerhof, Schiller u. H. v. Kleist
(W.) 2395.
Badstüber, H. v. Kleist (Steig) 9402.
Morris, H. v. Kleists Reise nach
Würzburg (v. d. Leyen) 10 163.
Minde-Pouet, H. v. Kleists Sprache
u. Stil (Singer) 1409.
Busse, Novalis' Lyrik (Jantzen)
1408.
Bischoff, L. Tieck als Dramatiker
(Berger) 2 396.
Hoffmanns Werke ed. Schweizer
(Boetticher) 1168.
Steig, Entstehungsgeschichte der
Märchen u. Sagen der Brüder Grimm
7 277.
Moestue, Unlands nord. Studien
(R. M. Meyer) 10 434.
E. Schmidt, Uhland als Dolmetscher
L. de Vegas 1 1-
Krüger, Der junge Eichendorff
(Haake) 5 U*.
Kopp, Liedersammlung des Frhrn.
v. Reiffenberg 5 265.
Jahn, Immermanns Merlin (Haake)
4 376.
Bankwitz, Religiöse Lvrik d. A.
v. Droste-Hülshoff (Jantzen) 5 H6-
Register zu Archiv Band CI — CX.
Richter, Freiligrath als Über-
setzer (R. M. Meyer) 6 381.
Hebbel ed. Werner (Meyer) 8186.
Hebbels Briefe ed. Werner (Meyer)
7 405.
Poppe, Hebbel und sein Drama
(Jantzen) 6 379.
Bismarck, his reflect. and remin.
(Harsley) 3 184.
Ritter, Heyse u. Bums 8 133.
Friedmann, Anzengruber (Meyer)
10 163.
Bartels, G. Hauptmann (Haake)
1 168.
German lyrics and ballads ed.
Hatfield (Delmer) 6 381.
Böhme, Dtsches Kinderlied und
-spiel (Branky) 2 399.
Drohsin, Dtsche Kinderreime u.
Verw. (Branky) 2 399.
Frommel, Kinder-Reime, -Lieder
und -Spiele (Petsch) 7 366.
Bahlmann, Münsterländ. Märchen
(Petsch) 5123.
Eskuche, Siegerländ. Kinderlieder
(Branky) 2 399.
Sprichwörter und alte Volks- und
Kinderbleder in Kölner Mundart.
(Petsch) 4 390.
Stillfried, In Lust u. Leed (Glöde)
1 174.
Piper, Ut 'ne lütte Stadt (Glöde)
3174.
Vogt, Schles. Weihnachtsspiele.
(Weinhold) 6 369.
Wackerneil, Altere Volkslieder und
volkstüml. Lieder aus Tirol 1283. 21-
Bolte, Altweibermühle, Tiroler Volks-
sehauspiel 2 241.
Hoffmann-Krayer, Altweibermühle
4 355.
Heyl, Volkssagen, Bräuche u. Mei-
nungen aus Tirol (v. Hörmann) 5H8.
Kaiser, Franzel in da Fremd
(Branky) 2 407.
Unterrichtswesen.
Schröder, Höherer Lehrerstand in
Preuisen (A. Tobler) 3 468.
Vietor, Dtsches Leseb. in Laut-
schrift (Schatz) 5 127.
Flachsmann, Irrwege im Leseb.
f. Volksschulen (Herrmann) 8 227.
Friedmann, Gram, tedesca (Bovet)
9 389.
Naumann, Anleitung z. Abfassung
dtscher Aufsätze (Boetticher) 1 179.
Lehmann, Schiller in der heutigen
Schule 1273.
Qeyer, Schiller in d. heutigen Schule
3 257.
4. Holländisch.
Meyer, Sprache der Buren (Psi-
lander) 9 l57-
5. Englisch.
Allgemeines.
Vietor, Einführ, in das Stud. der
engl. Philol. (Schleich) 1 421.
Trautmann, Bonner Beiträge zur
Anglistik (Herrmann) 7 163.
Garnett, Essays of an ex-librarian
(Brandl) 8 207.
Green, Conquest of Engl. (Brandl)
5 388.
Hunt,Engl. church from 597—1066
(Liebermann) 5 386.
Förster, Symbolformen d. alt. engl.
Kirche 6 348, 480.
Liebermann, Matrosenstell. a. Land-
gut, d. Kirche London 4 17.
Roeder, Familie bei den Angel-
sachsen (Halm) 5 389.
Padelford, Old English musical
terms (Brandl) 4 393.
Förster, Kleinlitt. d. Aberglaubens
im Ae. 10 346.
Liebermann, Charakteristik Engls.
im 12. Jahrh. 10 99.
- Engl. u. Frx. im 12. Jh. 4 125.
— Angli caudati 4 124.
— Franzosen über Engl, im 13.
Jahrh. 10 426.
Maitland, Engl, law and the re-
naiss. (Liebermann) 8 435.
Creighton, Age of Eliz. ed. Aron-
stein (Spies) 7168.
Sizeranne, Zeitgenöss. englische
Malerei (Förster) 5176.
Mason, Counties of Engl. ed. Badke
(Penner) 3188.
Gordon, London life a. institut.
ed. Ackermann (Penner) 3 187.
Klöpper, Engl. Reallex. (Keller)
8 424.
Lewin, Engl. Realienkunde (Herr-
mann) 4 425.
Sprache.
Sanders, Encykl. engl.-dtsches u.
dtsch.-engl. Wb. IL Dtsch.-Engl.
A— E (Bieling) 4421.
6
Register zu Archiv Band CI — CX.
Muret- Sanders, Encycl. English-
German and German-Engl. dict. II
(Bieling) 10167.
Wright, Engl. dial. dict. (Keller)
4 418.
Thomas, Naval wordbook (Krue-
ger) 7 203.
Björkman, Engl. Wortkunde 3 347.
— Mise. %. engl. Wortkunde 1 390.
Kluge, Orrms awwermod (xu 1 3ä0J
2 351.
Skeat, Concise etym. dict. of the
Engl, language (Förster) 8 l88-
Kluge und Lutz, Engl, etymol.
(Schleich) 1*25.
Skeat, Notes on Enal, etvmol.
(Björkman) 9162.
Finster, Etymol. v. ne. shanty 7H2.
Ritter, Etymol. v. ne. ooxe 9 l28-
Western, Darstell, d. engl. Aus-
sprache (Holthausen) 4 202.
Günther, Manual of Engl, pro-
nunciat. (Penner) 6193.
Scripture, Researches in experiin.
phonetics (Brandl) 6179.
Tamson, Word-stress in English
(Schleich) 4199-
Holthausen, Ausspr. von ne. father
u. rather 5 371. )
Reimann, Abrifs d. engl. Syntax
(Krueger) 1208.
Stoffel, Intensive and down-toners
(Tanger) 10169.
Koeppel, Engl. Wortbildungslehre
4 25, 279.
— Analogiewirkg. xw. ivurxelcerw.
Zeit-, Haupt- u. Beiwörtern d. engl.
Sprache 6 28-
Klaeber, Ae. Bedeutungslehre 9 305.
IAebermann, Streoneshealh 8 368.
Hittle, Mid u. wid (Spies) 9 404.
Old English glosses ed. Napier
(Herzfeld) 7160.
Harris, Glossary of the West-Saxon
gospels (Brandl) 2 409.
Förster, Frührne. u. anglofranxös.
Glossen aus Digby 172 9 314.
Callaway, Appos. partic. in anglo-
saxon (Hecht) 8 428.
Sarraxin, Me. Vokaldehn, in offe-
ner Silbe u. Streitbergs Dehnungsges.
1 65.
Luick, Entwickl. von ae. ü, i und
Dehnung in offener Silbe überhaupt
243. 3 55.
— Diphth. von nie. ü, l und verw.
dtsche Erschein. 3 267.
Koeppel, Ae. i xu nie. e 4 127.
Björkman, Scand. loan-words in
me. I. (Luick) 7 412.
Liebermann, Kaufmann. Engl, um
1480 7 108.
— Engl. d. Gewerke 9127.
— Me. Forstausd?-ücke 10 100.
Conrad, Eingeschob. Sätxe im heut.
Engl. 7 330. 8 78.
Tanger, to be to im Vergleich mit
I shall 5 311.
Liebermann, At one's fingers' ends
588-
Wittert, Bildl. Verneinung i. Ne. 5 37.
Tamson, John Bull 1 396.
Ritter, Land of cakes 8 140.
Müller, Untersuch, über d. Namen
d. nhbr. Liber vitae (Füchse!) 7 409.
Liebermann, Nhbr. Laute um 710.
8 370.
Literatur.
Brückner, Talks about Engl, liter.
(Herrmann) 3 401.
Macmillan's library of Engl, clas-
sics (Brandl) 6 401.
Arber, Brit. anthol. (Schoembs)
5145.
Husrenholtz, Engl, reader (Herr-
mann) 6 420.
Biogr. of great Englishmen ed.
Wershoven (Lindberg) 3 395.
Förster, Textbess. xu Gropp und
Hausknechts Auswahl engl. Gedichte
285.
Ellinger, English letters (Lewin)
8 459.
Lewis, Foreign sources of mod.
Engl, versification (Schoembs) 3370.
Bronson, Short history of Amer.
liter. (Brandl) 5 402.
Keller, Lit. Bestreb, v. Worcester
in ags. Zeit (Konrath) 6 175.
Steineck, Ae. Dichtungen in wort-
getreuen Übersetzungen (Holthausen)
3 376.
Liebermann, Rhytm. Prosa Engls.
im 10.— 11. Jh. 10 98.
Cook, Bibl. quotat. in Old Engl,
prose-writers (Keller) 4 397.
Napier, Nachträge xu Cooks Bibl.
quotat. in Old Engl, prose-writers
1 309. 2 29. 7 105.
Mätzner u. Bieling, Ae. Sprach-
proben nebst Wörterb. II, 12. Lief.
(Penner) 5137.
— 13. Lief. (Dibeliusj 9169.
Register zu Archiv Band CI — CX.
Underhill, Span, liter. in theEngl.
of the Tudors ( Brand 1) 5 146.
Einstein, Ital. Renaiss. in Engl.
(Brandl) 9171.
Manly, Speeimens of the pre-
Shakesp. drama (Brandl) 2 409.
Smith, Specimens of Middle Scots
with introduct. (Brandl) 10 447.
Sander, Moment d. letzten Span-
nung in den engl. Tragödien bis
Shakesp. (Meyer) 10*49.
Fehr, Weitere Btrge z. engl. Lyrik
d. 15. u. 16. Jhs. 7 48.
Carpenter, Metaphor and simile
in the minor Elizab. drama (Brandl)
3 381.
Schoembs, Orlando für. in der
engl. Lit. des Zeitalters der Elisab.
(Keller) 5143.
Cross, Development of the Engl.
novel (Brandl) 5146.
Alden, Rise of formal satire in
Engl, under class. influence (Brandl)
6185.
Koeppel, D. Quixote, S. Pansa u.
Dulcinea in der engl. Liter, bis zur
Restauration 1 87.
Zeiger, Btrge. z. Gesch. d. Einfl.
d. neueren dtschn. Lit. auf d. engl.
(Herzfeld) 8 437.
Ritter, Zu engl. Liedern 8 l39-
Herford, Age of Wordsworth
(Brandl) 1188.
Saintsbury, Hist. of 19th cent. liter.
(Brandl) 1188.
Autobiogr. of a Slander. A. Lin-
coln, ed. Hammond. (Lindberg) 3395.
Jones, Renasc. of the Engl, drama
(Meyersfeld) 2 423.
Fischer, Letzte Londoner Theater-
saison 4 162.
Brandl, Chrousts Fund einer der
alt. ags. Aufxeichn. 7 103.
Beowulf and the fight at Finns-
burgh transl. Hall (Dibelius) 9 403.
Beowulf, ed.Heyne-Socin (Jantzen)
3 175.
Beowulf, übertr. v. Heyne (Holt-
hausen) 3 373.
Holthausen, Zum Beowulf 5 366.
Klaeber, Zum Beoivulf 8 368.
— Beowulf 2724 f. 4 287.
Liebermann, Z. Gesch. Byrhtnots 1 15.
Syinons, Cynewulfs Wortschatz
(Brandl) 5134.
Liebermann, Zur Gynewidf-Frage
5 367.
Christ of Cynewulf, transl. Whit-
man (Spies) 7 159.
Madert, Sprache d. ae. Rätsel d.
Exeterbuches u. d. Cynewulffrage
(Herzfeld) 6 389.
Holthausen, Quelle der ae. Fata
apostolorum 6 343.
Barnouw, Schicksale d. Apostel ein
unabhäng. Gedieht? 8 371.
Holthausen, Gedichte in Aelfr.s
Übersetz, d, (Jura past. 6 346.
— Allit. Vorrede zur ae. Übersetz.
v. Gregors Dialogen 5 367.
Wiese, Sprache d. Dial. d. Papstes
Gregor (Krause) 6 207.
Förster, Ae. Boethius 6 342.
Liebermann, Wulfstan u. Onut 3 47.
— Hss. -Verhältnis in Cnuts Ge-
setzen 10422.
Barnouw, Runenstelle d. Himmel-
fahrt 7 382.
Holthausen, Fragm. von Worcester
6 347.
Crow, Maldon und Brunnanburh
(Björkmann) 1 426.
Förster, Lat.-ae. Fragm. d. Apokr.
v. Jamnes u. Mambres 8 15-
— Jamnes u. Mambres 10 427.
— Ae. Nicodemus-Evangel. 7 311.
Liebermann, Ags. Benediktiner-
regel 4 125.
— Aethelwolds Anhang zur Bene-
diktinerregel 8 375.
— Ags. Verordn. üb. d. Dunsaite 2 267.
— Abfassungszeit v. 'Rectit. sing,
person.' u. ags. 'aferian' 9 73-
— Ags. Kränungseid 9 375.
— Ags. Davidbild 9 377.
Wülker, Ags. Davidbild 10 421.
Förster, Zur 4. Blickt. Homilie 3 149.
Liebermann, Rituale Dunelmense
4 122.
— Ags. Fieberbeschwör. 4 123.
Napier, Ags. Fieberbeschwör. 4 361.
Liebermann, Ags. Rubriken 4 123.
— Winchestersche Grundstücks-
grenzen 5 369.
— Ags. Annalen 6 345.
— Verlorene ags. Annalen 4 124.
2 Saxon chronicles ed. Plummer
(Liebermann) 4 188.
Searle, Onomasticon Anglo - sax.
(Liebermann) 2 222.
Searle, Anglo-saxon bishops, kings
and nobles (Liebermann) 4 l87-
Liebermann, Zum Old Engl, mar-
tyrol. 5 86.
Register zu Archiv Band CI — CX.
Liebermann, Heiligen Engte. 4 358.
— Ags. Menologium 10 98.
Förster, Ae. Quintin.-Leg . 6 258.
Holthausen, Ae. Spruch aus Win-
frids Zeit 6 347.
Liebermann, Liber vitae of Neiv-
minster 4 359.
— Ags. Protest gegen Cölibat 9376.
- Engl. Schaustell. um 1115 7 106.
— Ags. Hss. in Burton im 12. Jh.
9 376.
— Zur ae. u. me. Hss.-kunde. 5 369.
— Ae. u. me. Hss. 7 385.
- Me. Hss.-kunde 4 360.
Förster, Me. Hss.-kunde 10103.
Liebermann, Me. Hss. in Dublin
7 107.
Brotanek, Zu 7 J°s. Me. Hss. in
Dublin 8133.
Liebermann, Me. in neuen Hss.-
Katal. d. Cambr. Colleges 4 126.
— R. Bacon als Philol. 10 100.
— Engl, bei d. Nottaufe 1223 4360.
Holthausen, Me. Genesis 7 386.
Me. Genesis u. Exodus 9 126.
Lovewell, Life of St.Cecilia (Brandl)
3177.
Havelock, ed. Holthausen (Heuser)
8 197.
Holthausen, Zum Havelock 10 100, 425.
Förster, Zu Havelock V. 2461 7107.
Weyrauch, Me. Fassungen v. G.
of Warwick u. ihre afrz. Vorlage
(Björkman) 10 «4.
Liebermann, G. of Warwicks Ein-
flicfs 7107.
Koeppel, Histor. Anspiel, im 'Rom.
of OtueV 7 392.
Liebermann, Osterspiel zu Leicester
7108.
— Fronleichnamsmysterien zu Be-
verley 10426.
Queen' s minstrels 1302 4 126.
— Mistery plays in a chapel in
the 14& cent. 4 360.
— Spielleute u. Narren im 14. u.
15. Jh. 9 377.
— Richard d. Reimer Eduards 5 87.
- Reimer v. Worcester 7 386.
— Chevalier au cygne in Engl. 7 106.
Hahn, Pricke of Conscienee V. 7651
bis 86 6 349.
Le bone Florence of Borne ed.
Vietor (Weyrauch) 10 446.
Ernare, ed. Gough (Dibelius) 10196.
Holthausen, Quellen d. me. Gedichts
Lob der Frauen 8 288. io 102.
Förster, Shirley-hss. 3 149.
Hahn, Einflufs d. Planeten 6 351.
Holthausen, Me. Disput zw. Maria
u. d. Kreuze 5 22.
— Me. Gedicht Cleanness 6 349.
— Pride of Life 8 32.
Liebermann, Legende von Edw. d.
Bekenner 10 103.
Lindberg, Satire on Blacksmiths
1395.
Gast of Gy ed. Schleich (Spies)
6179.
Gower, ed. Macaulay (Toulmin
Smith) 5 390. 10197.
Chaucer ed. Pollard (Koch) 2 410.
Seymour, Chaucer Stories ed.
Klöpper (Fahrenberg) 1 207.
Koeppel, Chaucer s 'Rom. ofthe Rose'
u. Sackvilles 'Induction' 1 145.
Chaucer, Caunterb. Tales, Prolog
ed. Zupitza (Förster) 3178.
Oelzner-Petersen, Sources of the
Parson's tale (Spies) 8 430.
Förster, Parallelen zu Chaucers
Prioresses tale u. Fr er es tale 10 427.
Koeppel, Lydgates ' Vowes of Pecok'
8 29.
Me. Gedicht 'Boke of Cupide' ed.
Vollmer (Dibelius) 3 179.
Lange, Scogan u. 'Court of love'
10 104.
Neilson, Origins and sources of
the 'Court of Love' (Brandl) 6 390.
Förster, Burghs Leben u. Werke 1 29.
— Passe forthe, thou pilgryme (zu
I2i>) 2 213.
Jacob's well I ed. Brandeis (Di-
belius) 7166.
Seege of Troye ed. Wager (Brandl)
6 182.
Brix, Me. Übersetz, d. Speculum
humanae salvat. (Förster) 6 182.
Brandl, Th. Beckets Weissagung
über Edw. III. u. Heinr. V. 2 352.
Koeppel, Lindsays Anspiel, auf nie.
Dichtungen 8 60-
Brown, Wallace and Bruce restud.
(Herrmann) 7 419.
Generydes ed. Wright (Holthau-
sen) 6 351.
Bergau, Untersuch, über Quelle
u. Verfasser des me. Reimgedichts
Vengeaunce of goddes deth (Suchier)
8199.
Fehr, Lüder d. Hs. Sloane 2593 9 33.
— Lieder d. Fairfax-Ms. 6 48.
— IAeder d, Hs. Add. 5665 6 262.
Eegister zu Archiv Band CI — CX.
9
Liebermann, Me. Gedicht über Gärt-
nerei 5 88.
- Liber custumarum v. North-
anipton 4 361.
— Me. Bischofssegen 4 360.
Neumann, Treatice of London 1 143.
Brandt, Berichtig, zu 'Treatice of
London' 2 471.
Finster, Stabreimendes ABC des
Aristoteles 5 296.
— Kl. Mittig. zur me. Lehrdich-
tung 4 293. 6 H5.
aolthausen, Kennedy -Studien 10 359.
Gra/, Unknoivn editions of Hey-
■wood's 'Play of Love' 6 141-
Cox, Arte or crafte of rhetoryke
ed. Carpenter (Brandl) 2 418.
Bolte, Orimald u. d. Oberammer-
gauer Passionsspiele 5 1-
Liebermann, Zic Th. Sackville 6 352.
Nitzer, Quelle r. Turbervilles 'Trag,
tales Nr. 2' 6143.
Sidney, Defense of poesy ed. Cook
(Brandl) 3 383.
Lily ed. Bond (Koeppel) 10 449.
Lily, Endymion ed. Baker (Brandl)
2 419.
Kyds Span. Tragödie ed. Schick
(Keller) 3 385. (Druckfehlerverbess.
4 469.)
Spenser, Faerie queene ed. Warren
(Koeppel) 6186.
Koeppel, Spensers Florimell u. d.
Britom.-Sage d. Anton. Liberalis 7 394.
Koeppel, Qreenes 'Mad preest of the
sonne' 2 357.
Gilbert, Greenes Selimus (Anders)
8 206.
Bang, Patient Grissill 7 HO-
Guggenheim, Quellenstudien zu
S. Daniels 'Delia' (Schoembs) 3 180.
Hughes, Misfortunes of Arthur
ed. Grumbine (Sarrazin) 7 423.
Jahrb. d. dtschen Shakespeare-
Gesellschaft (Schoembs) 5 138.
Chiarini , Studi Shakespeareani
(Herford) 1 186.
Lee, Life of W. Shakespeare (Di-
belius) 5 396.
van Dam, William Shakespeare
(Western) 10 202.
Klöpper, Shakesp.-Realien (Brandl)
8 436.
Deutschbein, Shakespeare - Gram-
matik (Sarrazin) 1 184.
Franz , Shakespeare - Grammatik
(Herrmann) 6 404.
Sarrazin, Shakespeares Lehrjahre
(Keller) 4 400.
Madden, Diary of Master W. Si-
lence (Brandl) 1 187.
Holthausen, Zu Shakesp. Pich. III.
1, 2, 55 ff 7 109.
Churchill, Rieh. III up to Shake-
speare (Fischer) 9 407.
Sarrazin, Scenerie u. Staffage im
'Sommernachtstraum'' 4 67«
Shakespeares 'J. Caesar', 'Henry V
ed. Hudson (Sarrazin) 2 421.
Shakespeares 'Macbeth' übers, v.
Vischer, ed. Conrad (Fischer) 10 21".
Conrad, Vischer u. Dar. Tieck als
Macbeth - Übersetzer 6 70.
Shakespeares 'Tempest' ed. Wag-
ner (Anders) 7 170.
Stiefel, Quelle v. Fletchers 'Island
Princess' 3 277.
Petsch, Zu Dedekind- Scheids Gro-
bianus 8 148.
Förster, Zu Dedekind- Scheids Gro-
bianus 3 148.
Jürgens, Epistolae Ho-Elianae
(Herzfeld) 9 42f.
Dametz, J. Vanbrugh (Sarrazin)
4 402.
Reynolds, Treatment of nature in
English poetrv between Pope and
Wordsworth (Brandl) 3 387.
Ritter, Thomson und Euripides
7 396.
Gays Singspiele ed. Sarrazin (Herz-
feld) 5150.
Becker, Bedeut. d. Wortes 'romantic'
bei Fielding u. Smollett 10 56.
— Chr. Anstey 10 104.
Heuser, Angebliclie Quellen zum
' Vicar of Wakefield' 8 64.
Reitterer, Peter Pindar (Meyer-
feld) 6 408.
Ritter, Wolcot als Mitarbeiter an
G. Thomsons 'Scottish Airs' 8 141-
— Wolcot u. Bürger 7 397.
— Wolcot in Deutschland 7 398.
Gothein, Chatterton-Literatur 10 25.
Jantzen, Chattertons 'Aella' 6 352.
Meyerfeld, R. Bums (J. Schmidt)
4 403.
Ritter, Berichtig, z. Cent. Bums
v. Henley u. Blender son 3 151-
Molenaar, R. Burns' Bezieh, z. Lit.
(Ritter) 5 403.
Ritter, Citate bei Bums 8 141.
Herzfeld, W. Taylor v. Norwich
(Kellner) 4 204.
10
Register zu Archiv Band CI— CX.
Lyrical ballads by Wordsworth
and Coleridge 1798 ed. Hutchinson
(Förster) 4 212.
Yarnall, Wordsworth and theCole-
ridges (Brandl) 9189.
Brotanek, Untersuch, über das
Leben u. d. Dichtg. A. Montgomeries
(Schoembs) 3 378.
Herxfeld, Neue Quelle für Lewis'
'Monk' 4 310.
Delmer, W. Scotts Korrespondenx
7 399.
Förster, Scotts Korrespondenx 8 377.
Franke, Quellen d. 'Lay oj the last
MinstraV 1325.
Border edit. of the Waverley novels
ed. Lang (Brandlj 10 218.
Pesta, G. Crabbe (Herzfeld) 6 409.
Byrons sämtl. Werke, übers. Bött-
ger, ed. Wetz (Herzfeld) 10 454.
Byron, Prisoner of Chillon ed. Köl-
bing (Herzfeld) 5 150- _
Jantxen, Byrons 'Giaour' 6 286.
Knörich, Ausw. engl. Gedichte aus
Th. Moores u. Byrons poet. Werken
(Mangold) 1436.
Holthausen, Tegner u. Byron 1 141.
Ritter, Byron u. C/iateaubriandS^-
Jantxen, Quellenuntersuch, xu den
Dichtungen B. Cornwalls 8 302.
Richter, P. B. Shelley (Brandl) 4406.
Zupitxa, Shelleys Prometheus un-
bound 2 297. 3 Ol, 309.
Th. Carlyle, Sartor resartus ed.
McMechan (Kraeger) 7 425. 8212,439.
9 172.
Schmeding, Wortbildung bei Car-
lyle (Franz) 8 208. 9 129.
Garnett, 8unpubl. letters ofTh. Car-
lyle 2 317.
Geiger, Brief Macaulays 8 142.
Hahn , Beaconsfield's ' Venitia',
Denkmal Byrons u. Shelleys (Herz-
feld) 4 407.
Herxfeld, G. Borrow 7 62.
Tennyson , Memoir by bis son
(Gothein) 5 151.
Koeppel, Tennyson (Gothein) 5 151.
3 Christmas stories from Dickens
ed. Conrad (Herrmann) 6 422.
Cricket on the hearth ed. Heim
(Lindberg) 3 397.
Feis, Wie wir arbeiten und wirt-
schaften müssen; Gedankenlese aus
Ruskin (Speck) 1 191-
— Wege zur Kunst; Gedanken-
lese aus Ruskin (Sarrazin) 2 424.
Dalgleish, Life of Queen Victoria
ed. Klöpper (Herrmann) 3 397.
Burnett, Little lord Fauntleroy
ed. Eykman und Voortman (Herr-
mann) 6 420.
Crawford, A tale of a lonely parish
(Herrmann) 6 419.
Harraden, The fowler (Herrmann)
6 419.
Stories for the schoolroom ed.
Bube (Herrmann) 2 440.
Ch. Darwin u. a., Modern travels
and explorations ed. Krollick (Wer-
ner) 2 429.
Petsch, Engl. Volksrätsel 3 350.
Klöpper, Folklore in Engl, and
America (Petsch) 4 424.
Tauchnitzbände.
Anstey, Brass bottle (Fischer) 7 191.
Alexander, Mrs. Crichton's cre-
ditor (Opitz) 2 425.
— Barbara (Meyerfeld) 3 392.
— Through fire to fortune (Fi-
scher) 6 416.
Bagot, Roman mystery (Fischer)
6 412.
Betham-Edwards, Storm-rent sky
(Brandl) 4 216.
— Reminiscences (Brandl) 4 216.
Black, Wild Eelin (Biedermann)
4 214.
Braddon, Rough justice (Marg-
graff) 1202.
Bret Harte, Ancestors of P. Atherly
and other stories (Potter) 1 195.
— Stories in light and shadow
(Schoembs) 4 414.
Broughton, Dear Faustina (Opitz)
1 197.
— Foes in law (Fischer) 9 432.
Caine, Manxman (Penner) 1 200.
— Christian (Weselmann) 4 410.
Coleridge, King with two faces
(Fischer) 5164.
Craik, Cola Monti ed. Opitz (Kutt-
ner) 1436.
Crawford, Roseof vesterdav (Marg-
graff) 2 427.
— In the palace of the king
(Fischer) 9 426.
Doyle, Uncle Bernac (Opitz) 1 430.
— Tragedy of the Korosko (Herz-
feld) 1434.
— A duet (Fischer) 6 417.
Francis , Duenna of a genius
(R. T.) 5 174.
Register zu Archiv Band CI — CX.
11
Gaskell, Cranford ed. I. Schmidt
( Krueger) 1 198-
Gerard, Spotless reputation (Marg-
graff) 1 434.
— Forgotten sin (Meyerfeld) 3392.
Glyn, Visits of Elizabeth (Fischer)
7 139.
Grand, Babs the impossible (Fi-
scher) 7 437.
Harraden, H. Strafford and the
remitt. man ( Boretius) 2 427.
Hewlett, Forest lovers (Sherwood)
6 418.
Life and death of Richard
Yea-and-Nay (Fischer) 7 433.
• New Canterb. tales (Fischer)
9 433.
Hichens, Flames (Fischer) 8 450.
The slave (Fischer) 8 450.
Holdsworth, Gods arrive (Meyer-
feld) 3 392.
Hope, Phroso (Fahrenberg) 1 432.
- Simon Dale (Marggraff) 1 435.
Hopkins, Idler in old France
(R. T.) 5 174.
- Man in the iron mask (Fischer)
7 436.
Jacobs, Master of craft (Fischer)
8 458.
Kinross, An opera and Lady Gras-
niere (Fischer) 7 193.
Kipling, The second jungle book
(Brandl) 1202.
Captain courageous (Brandeis)
7201.
Vier Erzähl, v. Kipling ed.
Ellinger (Krueger) 8 223.
Monkshood (Förster) 5 427.
Levett -Yeats, Traitor's way (Fi-
scher) 9 423.
Maartens, Some women I have
known (Fischer) 9 436.
Marshall, Castle meadow (Penner)
4 216.
- Escape from the tower (Fischer)
5162.
In the choir of Westminster
Abbey (Fischer) 5 163.
Du Maurier, Martian (Potter)
1 429.
Merrick, One man's view (Wesel-
mann) 2 428.
Worldlings (Fischer) 8 456.
Merriman, In Kedars's tents (Wesel-
mann) 1 196.
- Roden's corner (Biedermann)
3 391.
Moore, Jessamy bride (Penner)
3 390.
- Neil Gwyn (Fischer) 7 191.
Norris, Fight for the crown (Fi-
scher) 5 166.
Ouida, Altruist (Opitz) 3185.
- Massarenes (Vollmer) 6 188.
— La strega and other stories
(Vollmer) 6189.
- Streetdust and other stories
(Fischer) 8 71.
Paston, Fair deceiver (Meverfeld)
3 392.
Pemberton, Garden of swords
(Brandl) 4 218.
— Phantom army (Speck) 4 41".
— Footsteps of a throne (Fischer)
7 196.
Philips, E. Clarke and other stories
(Fischer) 8 73.
Rüssel, Collections and recollec-
tions (Brandl) 5 158.
Savage, White lady of Khamina-
vatka (R, T.) 5175.
Schreiner, Trooper P. Halket of
Mashonaland (Brandl) 1204.
Stevenson, Across the plains, In-
land voyage ed. Ellinger (Krueger)
6 421.
Trevelyan, American revolution
(Speck) 4 416.
Trollope u. a., South Africa ed.
Feyerabend (Penner) 2 435.
Mark Twain, Tramp abroad ed.
Mann (Krueger) 8 225.
Vizetelly, With Zola in England
(Brandl) 5178.
Ward, Helb. of Bannisdale (Bie-
dermann) 4 412.
Wells, Stolen bacillus (Fischer)
5168.
War of the worlds (Fischer)
5169.
- Invisible man (Fischer) 5 170.
- The time machine (Fischer) 5 172.
Tales of space and time (Fi-
scher) 7199.
- Love and Mr. Lewisham (Fi-
scher) 7 200.
- First men in the moon (Fischer)
9 428.
— Wheels of chance (Fischer)
9 430.
Wilkins, Love of parson lord
(Fischer) 8 75.
Z. Z., The world and a man (Voll-
mer) 6187.
12
Register zu Archiv Band CI — CX.
Unterrichtswesen.
Zupitza, Ae. u. me. Übungsbuch
(Björkman) 10164.
Leitritz, Altengl. Unterrichts- u.
Schulwesen (Keller) 5132.
Flügel, Ne. Leseb. z. Einführ, in
d. Studium d. Denkmäler selbst. I
(Brandl) 2 «7.
Aronstein, Entwickelg. d. höheren
Knabenschulen in Engl. (Münch) 1 206.
Sander, Aus Schottlands Schulen
(Münch) 7 441.
Walter, Englisch nach d. Frankf.
Reformplan (Mangold) 5 181-
— Engl, in d. Untersek. nach d.
Frankf. Reformplan (Mangold) 5 185.
Krüger, Schwierigkeiten des Eng-
lischen (Fahrenberg) 2 436.
Breul, Betrachtg. u. Vorschläge
betr. Gründg. eines Reichsinstituts
f. Lehrer des Englischen in London
(Herrmann) 6 425.
Herrmann, Zur Schulliter. 10458.
Dubislav u. Boek, Lese- u. Übungs-
buch d. engl. Sprache f. mittlere u.
obere Klassen (Herrmann) 4 425.
Gaspey - Runge, Engl. Konvers.-
Lesebuch (Herrmann) 7 442.
Ohlert, Engl. Leseb. f. ob. Klassen
höherer Mädchenschulen (Marggraff)
1211.
Wershofen , Zusammenhängende
Stücke z. Übersetzen ins Englische
(Herrmann) 6 424.
Smith, Trip to Engl. ed. Wendt
(Herrmann) 4 408.
Smith, Trip to Engl. ed. Wendt
(Lewin) 8 460.
Candy, First days in Engl. (Lewin)
8 461.
Hausknecht, Engl. Student (Lewin)
2 430.
Krön, Little Londoner (Dibelius)
1 439.
Boerner u. Thiergen, Lehrbuch d.
engl. Sprache (Marggraff) 1 212.
Lehrbuch der engl. Sprache,
Ausg. B, f. höhere Mädchenschulen
(Marggraff) 1442.
Gesenius-Regel, Engl. Sprachlehre,
Ausg.B., Unterstufe (Herrmann) 4 425.
Engl. Sprachlehre, Ausg. B.
Unterstufe — Oberstufe (Herrmann)
8 227.
Krüger-Trettin, Lehrbuch d. engl.
Sprache (Herrmann) 9 191.
Ohlert, Elementarbuch der eng-
lischen Sprache f. höhere Mädchen-
schulen (Boretius) 1 440.
■ — Schulgramm, d. engl. Sprache
f. höh. Mädchenschulen (Boretius)
1440.
Plate, Lehrgang d. engl. Sprache
(Herrmann) 5 179.
Plate -Kares, Engl. Unterrichts-
werk II (Herrmann) 9 192.
Thiergen, Elementarbuch d. engl.
Sprache (Marggraff) 1 212.
- Oberstufe z. Lehrbuch d. engl.
Sprache C (Herrmann) 8 226.
Baumgartner, Internat. English
teacher (Carel) 1 239.
Wright, Beginner (Herrmanu) 6424.
Asher, Fehler d. Deutschen (Herr-
mann) 9190.
III. Romanische Sprachen.
Allgemeines.
Gröber, Grundr. der rom. Philol. II
(Cloetta) 1213.
Forsch, z. rom. Philol., Festgabe
f. Suchier (Suchier) 10 222.
Körting, Lat.-rom. Wb. (A. Tobler)
7 447.
1. Französisch.
Allgemeines.
Koschwitz, Anleit. z. Stud. d. frz.
Phil. (Braunholtz) 7 457.
Rodhe, Essais de phil. mod. I
(A. Tobler) 7 454.
Thomas, Essais de phil. fr. (Cohn)
3 208.
Julleville, Hist. de la langue et
litt. fr. ,(A. Tobler) 3 451.
Ott, Etüde sur les couleurs en
vieux fr. (A. Tobler) 5 191.
Klöpper, Frz.Reallex. (Risop) 2441.
Söhring, Werke bild. Kunst in
afrz. Epen (Freymond) 7 444.
Fouifl6e, Psychol. du peuple fr.
(A. Tobler) 1 467.
Böddeke-Leitritz, Frankr. i. Gesch.
u. Gegenwart (Engwer) 8 467.
Köcher, Ancien Regime (Stern-
feld) 8 468.
Braunholtz, Books of reference
for students and teachers of French
(Schulze) 7 459.
Register zu Archiv Band CI— CX.
L3
Texte.
A. Tobler, Leg. v. hl. Julian 1 99, 339.
2109.
R. Tobler, Prosafassung d. Leg. v.
hl. Julian 6 294. 7 79.
Zimmermann, Li houn. et li ver-
tues des dames par J. Petit d'Arras
8380.
Steffens, afrx. Liederhs. d. Bodl.
in Oxford, Douce 308 4 331.
Sprache.
Svedelius, Anal, du lang, appliquee
ä la laugue fr. (A. Tobler) 1 224.
Thibaut, Wb. d. frz. u. dtschen
Sprache (Engwer) 1 442.
Favre, Dict. de la langue fr. (Berni)
5 458.
Stavenhagen, Petit dict. fr.-allem.
et allem.-fr. (Pariselle) 2 463.
Lotsch, Wb. z. mod. frz. Schrift-
stellern (Lamprecht) 5 2°0.
Nyrop, Gramm, hist. de la langue
fr. I (Risop) 5 451.
Voretzsch, Einführ, in d. Stud.
d. afrz. Sprache (A. Tobler) 8 255.
Nonnenmacher, Prakt. Lehrb. d.
afrz. Sprache (Risop) 5 454.
Deschanel, Deiorni. de la langue
fr. (A. Tobler) 1 222.
Nyrop, Manuel phon. du franc.
(A. Tobler) 10 239.
Quiehl, Frz. Ausspr. u. Sprach-
fertigk. (A. Tobler) 3 249.
Eggert, Phonet. u. meth. Studien
in Paris (A. Tobler) 5 464.
Rydberg, Gesch. d. frz. a (Meyer-
Lübke) 3 439.
Thomas, Melanges d'£tym. fr. (A.
Tobler) 10 240.
Ritter, aprieum > abri 9 129.
A. Tobler, afrx. läis 3156.
Herzog, frx. sage 9 130.
Franke, Frz. Stilistik (A. Tobler)
3^4.
Mackel, Btr. %. frx. Stilistik u. Syn-
tax 5 48.
Westholm, Etüde hist. sur la con-
struct. du type 'li filz le rei' en
fr. (A. Tobler) 3 441.
Schöningh, Stell, d. attrib. Adj.
im Frz. (Bück) 3 442.
Ebeling, Vm. Btr. III, 14 ff. 4 129.
Steinbart, Btr. xu d. Vm. Btr. xur
frx. Gramm. '6 l5s-
Alexandre, Les mots qui restent
(A. Tobler) 6 453.
Len6, Subst. postverbal dans la
langue fr. (A. Tobler) 5 203.
Körting, Formenbau d. frx. Nomens
in geschichtl. Mitwicklung (Ebeling)
5 429, 6195-
Meyer, Formenlehre u. Syntax d.
franz. u. dtschen Tätigkeitswortes
(Schulze) 1232.
A. Tobler, Zu d. Oxforder Olossen
8145.
A. Tobler, Zu d. Atisg. d. So//r v.
Nausay 7 H4.
Tardel, Engl. Fremdwörter in d.
mod. frz. Sprache (R. Tobler) 5 201.
Dobschall, Wortfügung im Patois
v. Bournois (Ebeling) 10 232.
Marmier, Gesch. u. Sprache der
Hugenottenkol. Friedrichsdorf a. T.
(Pillet) 10 461.
Wulff, Rythmicite" de l'alexandrin
fr. (A. Tobler) 6 221.
Literatur.
Antoine, Resume* prat. de la litt.
fr. (Herrmann) 7 456.
Brunetiere, Manuel de l'hist. de
la litt. fr. (Morf) 6 212.
Quayzin, Au seuil de la litt, et
de la vie litten (A. Tobler) 10467.
Toldo, Le courtisan dans la litt. fr.
et ses rapports aree Vozuvre du Ca-
stiglione 4 75, 313. 5 60.
Voretzsch, Epische Stud. (Cloetta)
10 220.
Paris, Litt, normande avant l'an-
nexion (1204) (A. Tobler) 4 241.
Marchot, Roman bret. en France
au moyen age (Freymond) 4 219.
Rigal, Theatre fr. avant la Pe-
riode class. (Morf) 7 443.
Wilmotte, Passions allem, du Rhin
et l'ancien theatre fr. (Cloetta) 44-';-
Klein, Chor i. d. wichtigsten Trag,
d. frz. Renaiss. (Cloetta) 8 201.
Fest, Miles gloriosus in d. franz.
Kom. vom Beginn der Renaiss. zu
Moliere (Stiefel) 3195.
Voigt, Naturgefühl in d. Lit. d.
frz. Renaiss. (Bovet) 1 457.
Toinet, Recherches autour des
poemes h^r.-epiques fr. du 17e s.
(Morf) 7 207.
Gisi, Frz. Schriftsteller in u. v.
Solothurn (Berni) 1454.
14
Register zu Archiv Band CI — CX.
Weber, Comedie rosse i. Frankr. 5 343.
Clödat, Chansons de geste: Roland,
Aimeri de Narb., Couronnement de
Louis, übers. (A. Tobler) 2 466.
Zimmermann, Totenklage in den
afrz. Chansons de geste (Springer)
6 458.
Liebermann, Leis Willelme 6 113.
7134.
Bestiaire de Philippe de Thaün
ed. Walberg (A. Tobler) 5 194.
IÄebermann, Quelle f. Waces Roman
de Rou 8 380.
Warnke, Quellen d. Esope d. Marie
de France (Cohn) 6 426.
Aucassin u. Nicol. ed. Suchier
(Schulze) 2 224.
Aue. u. Nicol., übers. Michaut
(R. Tobler) 8 465.
Kristian v. Troyes, Cliges ed. För-
ster (Schulze) 10 468.
Meraugis v. Portlesguez ed. Fried-
wagner (Ebeling) 3 403.
Beaumanoir, Cout. de Beauv. ed.
Salmon (A. Tobler) 5 197.
Zwei afrz. Dichtungen ed. Schultz-
Gora (Risop) 5 445.
Chansons et dits artes. du 13 e s.
ed. Jeanroy et Guy (Cloetta) 4 428.
Lais et descorts franc. du 13 e s.
ed. Jeanroy (A. Tobler/ 9 219.
Li livres du gouvern. des rois ed.
Molenaar (A. Tobler) 3 434.
Herzog, Untersuch, zu Mac6s de
la Charite afrz. Übersetz, des Alten
Testaments (Risop) 9193.
Sieper, Echecs Amoureux (R. Tob-
ler) 4 399.
Weiske, Quellengesch. zu Aimeri
de Narb. 7 129.
Rohnström, Et. sur J. Bodel (Zen-
ker) 8 245.
Alain Chartier, Curial ed. Heucken-
kamp (Krause) 3 430.
Becker, Margareta v. Nararra u. d.
Complainte p. un prisonnier 2 95.
Frank, Dem. voyage de la reine
de Navarre aux bains de Chauterets
(Morf) 1 230.
Buchner, Bisher unbek. Druck d.
5. Buches r. Rabelais aus 1549 7124.
Köhler, Alliter. b. Ronsard (Hart-
wig) 9 437.
Clement, H. Estienne et son oeuvre
fr. (A. Tobler) 4 238.
Ayer, Tragic heroines of P. Cor-
neille (Braunholtz) 3 454.
Loseth, Observ. sur le Polyeucte
de Corneille (A. Tobler) 3 454.
Schneegans, Moliere (Vofsler) 8462.
Oethinger, Das Komische bei Mo-
liere (Pillet) 8 240.
Moliere, Prec. ridic. ed. Mangold
(Pariselle) 9 449.
Giraud, Pascal (Heuckenkamp)
5 457.
Schirmacher, Voltaire (Carel) 3188.
Voltaireana ined. ed. Mangold
(E. Ritter) 8 465.
Diderot, Paradoxe sur le comedien
ed. Dupny (Schneegans) 10 229.
Jugendged. Friedrichs d. Gr. ed.
Mangold 5 325. Q 89.
Mangold, Nachahm. Montesquieus
u. Bossuets r. Friedr. d. Gr. 2 331.
E. Ritter, Notes sur Mme de Stael
(Morf) 5 455.
O. Schulze, Die Landschlacht bei
Aboukir u. ihre Darstellung bei Thiers
9136.
Cornicelius, Aus d. Leben Claude
Tilliers 8 90.
• — Ergänz, zu d. Werken Claude
Tilliers 9 107.
— Claude Tiliier als Pamphletist
9 338. 10 67, 338.
Sleumer, Die Dramen Victor Hugos
(Schultz-Gora) 10 227.
Kar^nine, G. Sand, vie et oeuvres
(A. Tobler) 4 437.
Born, G. Sands Sprache in 'Les
maitres sonneurs' (Berni) 8 228.
A. de Musset ed. Hahn (Werner)
8 236.
Giraud, Essai sur Taine ( A. Tobler)
6 452.
Schenk, Etüde sur la rime dans
Cyrano de Bergerac (Kalepky) 9443.
Vogüe, Les morts qui parlent
(A. Tobler) 4 242.
Boylesve, La Becquee (Engwer)
7 209.
Pasque" u. v. Bamberg, Auf den
Spuren d. frz. Volksliedes (Marelle)
2 46U.
Frz. Volkslieder ed. Ulrich (Carel)
7 212.
Unterrichtswesen.
Mey, Frankreichs Schulen (Pari-
selle) 9 450.
Lange, Beobacht. und Erfahr, auf
d. Gebiete d. Anschauungsmeth. im
frz. Unterr. (Carel) 1 233.
Register zu Archiv Band CI — CX.
L5
Rofsmann, Studienaufenthalt in
Paris (Engwer) 6 226.
Schuhe, Zu Archiv 98a^>5 (Nfrx.
Gramm.) 1 151.
Baumgartner, Gramm, franc. —
Exerc. de franc. (Carel) 1 239.
Bierbaum, Lehrb. d. frz. Sprache
nach anal.-dir. Methode. — System.
Repet.- u. Ergänz.-Gramm. (Carel)
Börner, überstufe z. Lehrbuch der
frz. Sprache (Carel) 1 238.
Breymann, Frz. Lehr- u. Übungsb.
f. Gymnasien (Carel) 5 213.
Günther, Syntax d. frz. Sprache
f. d. ob. Klassen höh. Lehranstalten
(Carel) 5 213.
Lachenmaier, Elementarb. d. frz.
Sprache für die mittl. Klassen höh.
Lehranstalten (Carel) 5 211.
Link, Gramm, de rdcapit. de la
langue fr. (Carel) 5 214.
Plattner, Ausführl. Gramm, der
frz. Sprache I (Schulze) 4 443.
— Ausführl. Gramm, der franz.
Sprache II (Pariselle) 5 463.
Prinjer, Lehr- u. Lernb. der frz.
Sprache II (Carel) 1 238.
Ulbrich, Elementarb. der franz.
Sprache f. höhere Lehranstalten. B
(Engwer) 7 211.
Diehl, Franz. Übungsb. I (Carel)
5206.
Combe, Pauvre Marcel ed. Wüllen-
weber (A. Tobler) 1458.
Engelke, La classe en fr. (Engwer)
8 468.
Flammarion, Lect. choisies ed. El-
sässer (Mangold) 6 225.
Conteurs contemp. ed. Henges-
bach (Mangold) 6 225.
Johannesson, Frz. Leseb., Unter-
u. Mittelstufe (Knörk) 4 450.
— Frz. Übungsbuch f. d. Unter-
stufe (Knörk) 4 460.
Kriete, Samml. frz. Ged. (Engwer)
7210.
Kühn, 1) Frz. Leseb. f. Anfänger;
2) Frz. Leseb. Unterstufe; 3) Frz.
Leseb. Mittel- u. Oberstufe; 3a) Wb.
zu 3) (Carel) 5 206.
Lotsch, Übungsb. zum Übersetzen
a. d. Dtschen ins Frz. (Krueger) 7 461.
„ Mackenroth, Mündl. und schriftl.
Übungen zu Kuhns frz. Leseb.
(Carel) 8470.
Ohlert, Lese- u. Lehrb. d. franz.
Sprache für höhere Mädchenschulen
(Carel) 5 214.
Paris, Les Francais chez eux et
entre eux, übers, v. Beck (Pariselle)
Sieben Erzähl, von Halövy u. a.
ed. Pariselle (Carel) 3 436.
Paul, En terre sainte ed. Michaelis
(Carel) 5 209.
Saure, 1) Frz. Leseb. für höhere
Mädchenschulen; 2) Frz. Lesestoffe
als Unterlage im mündl. Ausdruck;
3) Tableau chronol. de la litt. fr.
(Kalepky) 4 236.
Wetzel, 45 frz. Lieder (Springer)
5 202.
Willert, Frz. Schullekt. 10 244.
Heine, Einführ, in die frz. Kou-
vers. B (Carel) 5 210.
Schmidt, Manuel de convers. sco-
laire (Engwer) 8 468.
Stier, Causeries franc. (Pariselle)
8261.
Strotkötter, Vie Journal., Kon-
vers.-übg. (Pariselle) 8 262.
Krön, Guide epist. (Pariselle) 8263.
2. Provengalisch.
R. Tobler, Aprov. Version d. Dist.
Catonis (Suchier) 4 245.
Pillet, Aprov. Lieder hs. N2 im.
365. 2179.
A. Tobler, Drei kl. pror. Rätselaufg.
1397.
Pätzold, Individ. Eigentümlichk.
einiger hervorragend. Trobadors im
Minneliede (Springer) 1 226.
Bohn, Zwei Trobadorlieder m. Kla-
vierbegleitung 10 HO-
Coulet, Der Troubadour G. Mon-
tanhagol (A. Tobler) 1 462.
Roman de Flamenca ed. Meyer
(A. Tobler) 10 464.
Wolter, F. Mistral (Appel) 6 204.
Mistrals Mireio ed. Koschwitz
(Schneider) 6 461.
Savj-Lopez, La novella prov. del
Pappagallo (A.. Tobler) 9 230.
Appel, Wiederum xu J. Rudel 7 338-
Gesta Caroli Magni: Lat. Text
mit prov. Übersetz, ed. Schneegans
(Pillet) 3 459.
Kolsen, Ergänz,, xu Appels pror.
Chrestom. 1 147.
Levy, Prov. Suppl.-Wb. II (Appel)
4 230.
16
Register zu Archiv Band CI — CX.
3. Italienisch.
Sprache.
Hecker, Neues deutsch-ital. Wb.
(A. Tobler) 5 216.
Reinhardstoettner, Vocab. sist. ital.
(Hecker) 6 228.
Studi glottol. ital. ed. G. de Gre-
gorio (A. Tobler) 4 247.
Gregorio, Studi glottol. ital. II
(Niedermann) 7 462.
Sabersky, Betonungswb. d. ital.
Sprache (Hecker) 6 460.
— Einige Namen von Bergen,
Tälern etc. in Umgeb. von Madonna
di Campiglio (Gärtner) 4 468.
Brückner, Charakter, der germ.
Elemente im Ital. (Mackel) 4 221.
Literatur.
Landau, Gesch. der ital. Lit. im
18. Jh. (Wurzbach) 4 226.
Ebner, Btr. z. Gesch. d. dramat.
Einheiten in Ital. (Wendriner) 2 461.
Fiske, Catal. of the Dante col-
lection, Cornell Univ. Library (A.
Tobler) 7 221.
Kohler, Dantes Heilige Reise ( Arn -
heim) 7 219.
Oelsner, Dante in Frankreich bis
Ende d. 18. Jhs. (Wiese) 2 229.
Biadene, Libro d. tre scitt. e i
Volg. d. falsa scuse e d. vanitä di
Bonvesin de la Riva (A. Tobler)
9 226.
Dobschall, Zu Petrarcas Sonett : Era
il giorno 3 335.
Hecker, Boccaccio -Funde (Wen-
driner) 9 231.
Dichtungen d. M. Buonarroti ed.
Frey (Cornicelius) 4 461.
Robert-tornow, Ged. d. M. Buo-
narroti ed. Thouret (Cornicelius)
1 240.
Samml. ausgew. Briefe an M. Buo-
narroti ed. Frey (Cloetta) 7 217.
H. Meyer, M. Bändeltet nach seinen
Widmungen 8 324. 9 83.
Stötzner, Boccalini u. sein Einflufs
auf d. dtsclie Lit. 3 107.
Gerboni, G. N. Eritreo (Wendri-
ner) 4 235.
Bovet, Le peuple de Rome vers
1840 d'apres les sonnets de G.-G.
Belli (Wendriner) 2 467.
Unterrichtswesen.
Meli, Grundrifs d. ital. Gramm.
(Hecker) 3 463.
Botazzi, Neue theoret.-praktische
Gramm, der ital. Sprache (Hecker)
5 218.
Lovera, Gramm, d. ital. Umgangs-
sprache (Hecker) 5 223.
Boerner u. Lovera, Lehrb. d. ital.
Sprache (Hecker) 5 220.
Zuberbühler, Kl. Lehrb. d. ital.
Sprache (Hecker) 6 459.
Hecker, Piccolo Ital. (Wiese) 7222.
Kürschner, Ital. parlato (Hecker)
3 464.
Scanferlato, Lezioni ital. (Hecker)
6 230.
Kleinpaul, Italienischer Sprach-
führer (Hecker) 7 463.
Breitinger, Italienische Briefe z.
Rückübersetzen in das Italienische
(Hecker) 7 467.
4. Spanisch.
Jungfer, Personennamen in den
Ortsnamen Spaniens u. Portugals
(Mugica) 10 261.
Echev. y Reyes, Voces usadas en
Chile (A. Tobler) 5 234.
Macias, a gal. trobador ed. Ren-
nert (A. Tobler) 5 465.
Araujo, Gram, del Poema del Cid
(Mugica) 1244.
Collecc. de autos del siglo XVI
ed. Rouauet (A. Tobler) 7 225.
Wisten, Etudes sur le style et
la syntaxe de Cervantes (Walberg)
8250.
L. de Vega, Arte nuevo de hazer
comedias ed. Morel-Fatio (Farinelli)
9 458.
Ludwig, L. de Vegas Dramen aus
dem karol. Sagenkreise (Farinelli)
2 446.
Negueruela, Farsa llam. Ardamisa
ed. Rouanet (A. Tobler) 7 224.
Pages, Grau dicc. de la lengua
castell. (Mugica) 9 234.
Acad. Espan., Dicc. de la lengua
castell. (Mugica) 5 229.
Torres, Gram, hist.-compar. de la
lengua castell. (Mugica) 3 467.
Gräfenberg, Briefl. Sprachunterr.
des Span., Meth. Toussaint-Langen-
scheidt (Mugica) 10*73.
Register zu Archiv Band CI— CX.
17
5. Rätoromanisch.
( reflelin,Germ. Bestandteile d. räto-
roman. Wortschatzes (Mackel) 7 203.
6. Rumänisch.
Manliu, 1) Exerc. grad. de gram.
si comp. 2) Curs pract. de gram,
rom. 3) Curs pract. de stil si comp.
I) An toi. rom. 5) Carte de cetire.
6) Retor. si stillst. 7) Curs elem. de
liter. 8) Poeta rom. 9) Gram, istor.
si comp. 10) Povat. stud. limbei rom.
.(Hristu) 7 226.
IV. Ältere und fernerliegende
Sprachen.
1. Griechisch.
Thumb, Griech. Sprache im Zeit-
alter d; HeUen. (Meyer-Lübke) 84.73.
Oefteriog, Heliod. u. seine Bedeut.
f. .1. Lit. (Wohlfahrt) 9 452
Griech. Epigr. u. kl. Dichtungen
in dtscher Übersetzg. d. 16. u. 17. Jhs.
ed. Rubeusohn (Haake) 4 371.
2. Lateinisch.
Mtvrr, W., Fragm. Burana (A.Tob
lerj 9
Pirson, Langue des inscript. lat.
de la Gaule (A. Tobler) 8239.
Vodoz, TluVitre lat. de Et. Textor
(Springer) 1 228.
3. Irisch.
Cook, Iris// parall. to the Beoundf
story :'. '")l-
4. Slavisch.
Polauski, Labiale u. Palatale im
Neuslav. (Zupitza) 2384.
Kolsen, Index zu d. wissenschaftl.
Arbeiten Wesselowskis 2 464.
5. Finnisch.
Godenhjelm, Handbook of the
bist, of the Finn. lit., transl. by
Butler (Lindberg) 1 159.
6. Syrisch.
Byssel, Urtext d. Cyprianuslegend<
10 273.
B. Personenregister.
Kursiver Druck bedeute! < >riginalbeitrag.
Anders, Shakespeare's Tempest
ed. Wagner 7 170 — Gilbert, Greene's
Selimus 8 206.
Appel, Wiederum zu J. Rudel
7 338. _ Levy, Prov. Suppl.-Wb. II
4 230. _ Wolter, F. Mistral 6 204. _
Arn heim, Kohler, Dautes Hei-
lige Reise 7 219.
Bang, Fat. Qrissiü 7 HO.
Barnouw, Runenstelle d. Himmel-
fahrt 7 382. — Schicksale d. Apostel
8 371.
Becker, Marg. r. Navarra u. d.
Complainte pour un pris. 295-
Bedeutung d. Wortes 'romantic' bei
Fielding it. Smollett 10 56. — Christ.
Anstey 10 104.
Berger, Bischof, L. Tieck als
Dramat. 2 396 — Lessing, M. v. Barn-
Archiv, Register. Bd. CI — CX.
beim ed. Wolstenholme 0 173. — Golz,
Genovefa in d. dtschen Dicht. 6 370.
Berni, Frz. Schriftsteller in u.
v. Solothurn 1 454. _ Favre, Dict.
de la prononc. fr. 5 458. _ Born ,
G. Sands Sprache in 'Les maitres
souneurs' 8 228.
Bieder man n,Merriman,Roden's
corner 3 391. — Black, Wild Eeliu
4 214. _ Ward, H. of Bannisd. 4 412.
Bieling, Sanders, Encykl. engl.-
dtsch. u. dtsch.-engl. Wb. II, Lief.
1 12 4 421. _ Muret-Sanders, En-
cycl. Engl.-Germ. and Germ. -Engl.
dict. 10167.
Björkman, Mise. x. engl. Wort-
hunde I 390. _ Engl. Wortkunde 3347.
— 3 dtsche Pflanxennamen 7 :~5. —
Crow, Maid. a. Brunnanb. 1 426. —
18
Register zu Archiv Band CI— CX.
Skeat, Notes on Engl. etym. 9 162. —
Zupitza, Ae. u. ine. Übuugsb. 10 164.
- Weyrauch, Me. Fassungen v. G.
of Warwick u. ihre afrz. Vorlage 10444.
Bleich, Märchen d. Musäus 81»
273. 9 5.
Boetticher, Hoffmanns Werke
ed. Schweizer 1 168. — Naumann,
Anleit. z. Abfass. dtscher Aufsätze
1 179. — y. Stockmayer, Dtsche Sol-
datenstücke d. 18. Jhs. seit 'Minna
v. Barnhelm' 4 374. _ Nolte, Eing.
d. Parzival 7 137.
B 0 h n , Zwei Trobadorlieder mit
Klavierbegleitung 10 HO.
B o 1 1 e , Altweibermühle, Tiroler
Volksschauspiel 2 241. — Grimald n.
d. Oberammergauer Passionsspicle 5 1-
— Bigorne u. Chicheface 6 1- — Lie-
derbuch Chr. v. Schallenbergs 6 139. —
Noch einmal Hiobs Weib 6 HO- -
Schneider, Spaniens Anteil an der
dtschen Lit. d. 16. u. 17. Jhs. 3165.
Boretius, Ohlert, Elementarb. d.
engl. Sprache f. höh. Mädchenschulen
1 440. — Ohlert, Schulgramm, d. engl.
Sprache f. höh. Mädchenschulen 1 44°-
— Harraden, H. Strafford and the
remitt. man 2 427.
Borsdorf, Worsfold, Exerc. of
judgment in lit. 8 389.
Bovet, Voigt, Naturgefühl in d.
Lit. d. frz. Renaiss. 1 457. — Fried-
mann, Gramm, tedesca 9 389.
Brand eis, Kipling, Capt. courag.
7201.
B ran dl, Th. Beckets Weissagung
über Edw. III. u. Heinr. V. 2 352. J
Berichtig. %. 'Treat. of London' 1, 143 ff.
2 471. — Chrousts Fund einer d. älte-
sten ags. Aufzeichn. 7 103 — Madden,
Diary of Master W. Silence 1 187. _
Saintsbury, Hist. of 19th cent. lit.
1 188. - Herford, Age of Words-
worth 1 188. — Kipling, See. jungle
book 1 202. _ Schreiner, Trooper P.
Halket of Mashonaland 1 204. _
Harris, Gloss. of the West Saxon
gosp. 2 409. _ Manly, Specim. of the
pre-Shakesp. drama 2 409. — Flügel,
Ne. Leseb. z. Einführ, in d. Stud.
d. Denkmäler selbst I 2 417. _ Cox,
Arte or crafte of rhetoryke ed. Car-
penter 2 418. — Lily, Endym. ed.
Baker 2 419. _ _ Lovewell, Life of
St. Cecilia 3 177. — Carpenter, Me-
taphor a. simile in the minor Eliz.
drama 3 381. _ Sidney, Defense of
poesy ed. Cook 3 383. — Reynolds,
Treatment of nat. in Engl, poetry
betw. Pope a. Wordsworth 3 387. —
Otia Merseiana, publ. of the Arts
Fac. Univ. Coli. Liverpool 4 204. —
Betham-Edwards, Storm-rent sky;
Reminisc. 4 216. — Pemberton, Gar-
den of swords 4 218. — Padelford,
O. Engl, music. terms 4 393. — Rich-
ter, Shelley 4 406. __ Symons, Cyne-
wulfs Wortschatz 5 134. — Cross,
Develoj:>m. of the Engl, novel 5 146.
— Chandler, Rom. of roguery I 5 146.
— Underhill, Span. lit. in the Engl,
of the Tudors 5 146. _ Rüssel, Col-
lect, a. recollect. 5 158. — Vizetelly,
With Zola in Engl. 5 178. — Green,
Conquest of Engl. 5 388 — Spingarn,
Hist. of lit. critic. in the renaiss. 5 393.
— Bronson, Short hist. of Amer. lit.
5 402. — Scripture, Researches in
experim. phonetics 6 179. — Seege
of Troye ed. Wager 6 182. — Alden,
Rise of form. sat. in Engl. 6 185. —
Neilson, Origins a. sources of the
'Court of love' 6 390. _ Macmillans
libr. of Engl, classics 6 401. — Stift.
v. Schnyder v. Wartensee, J. J. Bod-
mer 8 i82- — Garnett, Essays of an
ex-librar. 8 207 — Klöpper, Shakesp.-
Real. 8436. — Einstein, Ital. Renaiss.
in Engl. 9 171. — Yarnall, Words-
worth a. the Coleridges 9l89- -
Border edit. of the Waverley novels
ed. Lang 10218. — Smith, Specimens
of Middle Scots with introduet. 10447.
Branky, Böhme, Dtsch. Kinder-
lied u. -spiel; Drohsin, Dtsche Kin-
derreime u. Verwandtes; Eskuche,
Siegerländ. Kinderlieder ;Dähnhardt,
Volkstum!, aus d. Kgr. Sachsen I
2 399. — Kaiser, Franzel in da Fremd
2 407.
Braunholtz, Ayer, Tragic he-
roines of Corneille 3 454. — Kosch-
witz, Anleit. z. Stud. d. frz. Phil. 7457.
Bremer, Schatz, Mundart von
Imst, Laut- u. Flex.-lehre 3169.
Brotanek, Zu 7"«. Me.Hss. in
Dublin 8133.
B u c h n e r , Bisher unbek. Druck d.
5. Buches v. Rabelais 1549 7 124.
Bück, Schöningh, Stellg. d. attrib.
Adj. im Frz. 3 442.
Burdach, Ursprung d. Salomo-
Sage 8131.
Register zu Archiv Band CI-—OX.
19
Ca rcl , Lange, ßeobacht. u. Erfahr,
auf d. Gebiete d. Anschauungsmeth.
im frz. Unterr. 1 '-'•'• Bierbaum,
Lehrb. d. frz. Sprache nach anal.-
dir. Methode; Bierbauni u. Hubert,
System, Repetitions- u. Ergänzungs
gramm. L 236. — Börner, Oberstufe
z. Lehrb. d. frz. Sprache 1238. _
Pünjer, Lehr- u. Lernbuch d. frz.
Sprache II l 238. . Baumgartner,
Gramm, francaise; Excrc. de fran-
cais ; Internat. Engl, teacher l 239. -
Schirmacher, Voltaire 3188. — 7 Er-
zähl, v. Hale\v u. a. ed. Pariselle
3 436. — Fremdsprachl. Erzähl, in
Kürschners Bücherscbatz 5 185.
Diehl, Frz. Übungsbuch I 5 206. _
Kühn, 1) Frz. Leseb. f. Anfänger;
2) Frz. Leseb., Unterstufe; 3) Frz.
Leseb., Mittel- u. Oberstufe; 3a) Wb.
zu 3) 5 206. — Paul, En terre sainte
ed. Michaelis 5 209. _ Heine, Ein-
führ, in d. frz. Konvers. B 5 210. —
Lachenmaier, Elementarbuch d. frz.
Sprache f. d. mittl. Klassen höherer
Lehranst.J 5 211. — Breymann, Frz.
Lehr- u. Übungsb. f. Gymn. I 5 213.
— Günther, Syntax d. frz. Sprache
f. d. ob. Klassen höh. Lehranst. 5213.
— Link, Gramm, de re"capit. de la
langue fr. 5 214. _ _ Ohlert, Lese-
u. Lehrb. d. frz. Sprache f. höhere
Mädchenschulen 5 214. — Frz. Volks-
lieder ed. Ulrich 7 212. _. Bärwald,
1) Neue, ebenere Bahnen im fremd-
sprachl. Unterricht; 2) Eignet sich
der Unterricht im Sprechen und
Schreiben einer fremden Sprache für
die Schule? 7 215. _. Mackenroth,
Mündliche u. schriftliche Übungen
8 470.
Cloetta, Gröber, Grundr. d. rom.
Phil. 1 213. _ Klein, Chor in d.
wicht. TragÖd. d. frz. Renaiss. 3 201.
- Wilmotte, Passions allem, du
Rhin et l'anc. tb.6u.tre fr. 4 426. __
Chansons et dits art6s. du XIII0
siecle ed. Jeanroy et Guy 4 428. —
Samml. ausgew. Briefe an M. Buona-
rroti ed. Frey 7 217. — Voretzsch,
Epische Stud. I 10 220.
Cohn, Thomas, Essais de phil.
fr. 3 208. _ Warnke, Quellen d. Esope
d. M. de France 6426.
Conrad, Gedenkrede auf Im m.
Schmidt 5 241. _ Vischer u. D. Tieck
als Macbeth- Übersetzer 6 70. — FAn-
geschobene Sätxe im heut. Englisch 1
'( 330. 8 78.
Consentius, Zar Quellenfrage v.
Schillers Gesch. d. 30jähr. Krieges
.[ 122. 6 241. ♦
Cook, Irish parallel to the Beo-
iculf story 3 154.
C o r n i c eliu s , Aus dem lieben Cl.
Tilliers 8 90- — Ergänz, x. d. Werken
Gl. Tilliers 9 107. -- Cl. Tillier als
Pamphletist 9338. 1067, 338. __ Robert-
tornow, Ged. d. M. Buonarroti ed.
Thouret 1 240. - Dichtungen des
M. Buonarroti ed. Frey 4 461.
Delmer, Scotts Korr espond. 7399.
— Germ, lyrics a. ballads ed. Hat-
field 6 381.
Dibelius, Krön, Little Londoner
1439. _- Me. Gedicht 'Boke of Cu-
pide' ed. Vollmer 3 179. — Lee, Life
of Shakesp. 5 396. — Jacob's well I
ed. Brandeis 7 166. — Mätzner-Bie-
ling, Ae. Sprachproben II, 13. Lief.
9 169 — Beow. a. the fight at Finnsb.
transl. Hall 9403 — Emare ed. Gough
10 196.
Dobschall, Zu Petrarcas Sonett :
Era il giorno ... 3 335.
Dorff, Müspilli 10 1.
E b e 1 i n g , Vm. Btrge. III 14 ff. 4 129.
— Meraugis v. Portlesguez ed. Fried-
wagner 3 403. — Körting, Formen-
bau des frz. Nomens in geschichtl.
Eutwickl. 5 429. 6195. __ Dobschall,
Wortfüg. im Patois von Bournois
10 232.
Elster, Weltlü. und Lit. -vergleich.
7 33.
Engwer, Thibaut, Wb. d. frz. u.
dtschen Sprache 1 442. — Rofsmann,
Studienaufenthalt in Paris 6 226. _
Boylesve, La Becquee 7209. — Saml.
frz. Ged. ed. Kriete 7 210. _ Ulbrich,
Elementarb. d. frz. Sprache f. höh.
Lehranstalten 7 211. — Böddeke u.
Leitritz, Frankr. in Gesch. u. Gegen-
wart 8 467. _ Engelke, Classe en fr.
8 468. — Schmidt, Man. de convers.
scol. 8 468.
Fahrenberg, Seymour, Chaucer
Stories ed. Klöpper 1 207. — Hope,
Phroso 1 432. — Krüger, Schwierigk.
d. Engl. 2 436.
Farinelli, Ludwig, L. de Vegas
Dramen aus d. karol. Sagenkreise
2 446. _ L. de Vega ed. Morel-Fatio
9 45*.
2*
■_.,,
Register zu Archiv Band CI — CX.
Fehr, Lieder d. Fair f. Ms. 648.
— Lieder d. Hs. Add. 5665 6 262. _
Weit. Btrge. %. engl. Lyrik d. 15. u.
W.Jhs. 7 48 Lieder d. Hs. Sloane
2593 9 33.
Fischer, Letzte Lond. Theater-
saison 4162. — Marshall, Escape froni
the Tower 5 162. — Marshall, In the
choir of Westminster Abbey ■> 163.
< oleridge, King with 2 faces 5164.
— Norris, Fight for the crown 5 166.
Wells, Stolen bacillus 5168. _
Wells, War of the worlds 5169.
A\rclls, Invisible man 5170. — Wells,
Time machine 5 172 — Bagot, Roman
mystery 6 412 — Alexander, Through
fire to fortune 6416. Doyle, Duet
6 417. _ Anstey, Brass bottle 7-191-
- Moore, Neil Gwyn 7 191- — Kin-
rnss, An opera a. Lady Grasmere
7 L93. — Pemberton, Footsteps of a
throne 7 196. — Wells, Tales of space
a. time 7 199. — Wells, Love a. Mr.
Lewisham 7 200. — Hewlett, Life a.
death of R. Yea-and-Nay 7 433.
Hopkins, Man in the iron mask
7 436. — Grand, Babs the impossible
7 437. — Glyn, Visits of Eliz. 7 439.
— Ouida, Streetdust a. other stories
8 71. - Philips, E. Clarke 8 73. _
Wilkins, Love of parson Lord 8 7-3.
- Hichens, Flames; Slave 8 450. _
Merrick, Worldlings 8 456. — Jacobs,
Master of craft 8 458. __ Churchill,
Rieh. III. up to Shakesp. 9 407. _
Gaylay a. Scott, Introduct. to the
method a. mater. of lit. critic. 9407.
— Levett-Yeats, Traitor's way 9423.
- Crawford, In the palace of the
king 9 42t). _ Wells, First men in
the moon 9 428. — Wells, Wheels of
chance 9430. . Broughton, Foes in
law 9432. — Hewlett, New Canterb.
tales 9433. — Maartens, Some women
I have known 9436. — Avonianus,
Dramat. Handwerkslehre 10 153. -
Shakesp.s Macbeth übers. Vischer,
ed. Conrad 10 '->'•
Förster, Burghs Leben u. Werke
1 '-'•'• - lexthess. xu Oropp u. Haus-
knechts Auswahl engl. Gedichte 2 85.
- Passe forthe, Ihmi pilgryme 2 213.
Zu Dedekind- Seheids Grobianus
3148. Am- -/. Blickt. Homilie 3149.
Shirley-hss. :'- 149. — Kl. Mitteil,
x. me. Lehn/ ich/. 1 293. <; 145. — Stab-
reim. ABC d. Aristot. 5 296. - Ae.
Quint in. -Legende 6 258. — Ae. Boethius
6342. — Symbolformeii der alt. engl.
Kirche 6 348, 480. Zu Havelock 2461
7 107. _ Etyvi. v. ne. shanty 7H2. -
.1/'. Nicod.-Evang. 7 311. __ Lat.-ae.
Frag in. d. Apokr. r. Jamnes u. Main
bres 8 15. 10 427. - Scotts Korresp.
8377. Frühme. u. itnglufrx. Glossen
aus Digby 172 !>:;i» Me. Hss.-
kunde ioio.3. __ Kleinlit. des Aber-
glaub. im Ae. 10 346. __ Zur dtsehen
Bauernpraktik 10 421. _ Parall. xu
Ghaucers Prioresses täte und Freres
tale 10 427. — Chaucer, Caunterb.
tales pro log ed. Zupitza 3 178- —
Lyrie. ballads by Wordsworth a.
Coleridge ed. Hutchinson 4212. —
Sizeranne, Zeitgenöss. engl. Malerei
5176- - Kipling, Monkshood 5 1-7.
- Brix, Me. Übersetzung d. Specul.
hum. salvat. 6 182. — Skeat, Conc.
etvm. dict. of the English language
8188.
Franke, Quellen des Lag of the
last Minstrel 1325.
Franz, Schmeding, Wortbild. b.
Carlyle 8 208. 9 120.
Freudenberger, Finck.Dtscher
Sprachbau 5 101.
Freymoud, Marchot,Roman bret.
en France au moyen age 4219.
Wechfsler, Sage vom heil. Gral in
Entwickl. b. Wagners Parsifal 4210.
- Söhring, Werke bild. Kunst in
afrz. Epen 7 444.
F ü c h s e 1 , Müller, Untersuch, über
d. Namen d. nhbr. Liber vitae 7 409.
Garnett, 8 unpubl. letters of Car-
lyle 2 317.
Gartn er, Sabersky,EinigeNamen
v. Bergen, Tälern etc. in d. Umgeb.
v. Madonna di Campiglio 1 468.
Geiger, Kunsthistorischer Aufsatz
Goethes u. Polemik wider </. Wein/.
Kunstausstell. 15. — Brief Macaulays
8 1 12-
Geyer, Schiller in d. heut. Schule
3 257.
Glöde, Stillfried, In Lust und
Leed 1174. Mentz, Frz. im meckl.
Platt u. Nachbardial. 1403. 3368.-
Heil, Grund, der nordostdeutschen
Kolonialstädte u. Entwickl. b. Ende
13. .Ins. 23<J0- — Piper, Ut 'ne lütt
Stadt 3174. — Hauschild, Verstärk.
Zusammensetz. b. Eigenschaftswör-
tern im Deutschen 4 |l"
Register zu Archiv Band CI — CX.
21
Gothein, ChaUerton-Lit. 1025. -
'Tennyson', memoir by Ins son 5151-
— Koeppel, Tennyson 5 151.
Greg, Unknown edit. <>f Heyuood's
Play o/ Love 6141-
Eaake, Oryphius und seine Zeit
81. — Bartels, G.Hauptmann L168.
Storch, Dtsche Lit.-gcsch. 1 106.
I >orn, B. Neukirch 2393. Herold,
F. A. ( '. Werthes u. d. deutschen
Zrinydramen 3-363. - Griech. Epigr.
u. kl. Dichtungen in dtscher Über-
setz, d. 16. u. 17. .Ihs. ed. Ruben-
sohn 4371. -- Jahn, Immermanns
Merlin 4 376. _ Coym, Gellerts Lust-
spiele 4377. — Jacobs, Gerstenbergs
Ugolino 4378. — Krüger, Der junge
Eichendorf f 5 114.
Hahn, Pride of conscienee 7651
bis 7686 6349. _ Einfl. d. Planeten
6 351. — Roeder, Familie b. d. Angel-
sachsen I 5 389.
Harn p e, Burdach, W. v. d. Vogel-
weide I 9 152.
Harsley, Bismarck, his reflect.
a. reminisc. 3 ig4
Hartwig, Köhler, Allit. b. Ron-
sard 9 437.
Häuften, Bild v. Herxensschliissel
5 10.
Hecht, Callaway, Appos. partic.
in Anglo-Sax. 8 428.
Heck er, Meli, Grundr. d. ital.
Gramm. 3 163. Kürschner, Ital.
parlato 3*6* — Botazzi, Neue theor.-
prakt. Gramm, d. ital. Sprache 5218.
— Boerner u. Lovera, Lehrb. der
ital. Sprache 5220 — Lovera, Gramm,
der ital. Umgangssprache 5 223. -
Reinhardstoettner, Vocab. sist. ital.
6 228. _ _ Scanferlato, Lezioni ital.
6 230. _ Zuberbühler, Kl. Lehrb. d.
ital. Sprache 6 459. — Sabersky, Be-
ton.-Wb. d. ital. Sprache 6 460. -
Kleinpaul, Ital. Sprachführer 7 163.
Breitinger, Ital. Briefe 7 467.
Herford, Chiarini, Studi Shakesp.
1186.
Herrin ann, Smith, Trip to Engl,
cd. Wendt 4 408. __ Stories for the
schoolroom ed. Bube 2 440. — Dal-
gleish, Life of Queen Victoria ed.
Klöpper 3 397. — Brückner, Talks
about Engl. lit. 3 401. _ Dubislav
u. Boek, Lese- u. Ub.-buch d. engl.
Sprache für mittl. u. obere Klassen
I '-"'■ ( iesenius-Regel,Engl.Sprach-
lehre B, Unterstufe 4*25. — Lewin,
Engl. Real.-kunde 4 425. . piate,
Lehrgang d. engl. Sprache 5179- -
Franz, Shakesp.-< Irarnm. •» 104.
Crawford, Tale of a lonely parish
6*19 Dana. Ich, The lowler C 11".
( ;runo Seriesl. Little Lord Faunt-
leroy by Burnett 6420. - Hugen-
holtz, Engl. Reader 6420. — 3 Christ-
111:1s stories l'mni Dickens ed. Con-
rad (1422. _ Wright, Beginner 6 424.
— Wershofen , Zusammenhängende
Stücke z. Übers, ins Engl. 6 424. _
Breul, Betracht, u. Vorschläge betr.
Gründung eines Reichsinstituts für
Lehrer d. Engl, in London 6 425. _
Bonner Btrg. z. Anglistik 7#t63. . —
Brown, Wallace a. Bruce restud.
7 H9. — Gaspey und Runge, Engl.
Konvers.-Leseb. 7 442. .. Antoiue,
R6sume* prat. de litt. fr. 7 456. _
Thiergen, Oberstufe z. Lehrb. der
engl. Sprache C 8 226. — Gesenius-
Regel, Engl. Sprachlehre B, Unter- u.
Oberstufe 8227. — Flachsmann, Irr-
wege im Leseb. f. Volksschulen 8227.
— Asher, Fehler d. Dtschen 9 190. _
Krüger u. Trettin, Lehrb. der engl.
Sprache 9191. _ Plate-Kares, Engl.
Unterr.-werk II 9 192. — Zur Schullit.
10 458.
Herzfeld, Neue Quelle f. Lewis'
lMonk' 4 310. — Z. Gesch. d. dtschen
Literatur in Engl. 5 30. — Qesch. von
Bürgers Leonore in Engl. 6 354. —
G. Borroiv 762. — Harvard stud. a.
notes in philol. a. lit. V 1 182. —
Doyle, Tragedy of the Korosko 1 434.
Hahn, Beaconsfield's 'Venetia',
ein Denkmal Byrons u. Shelleys 4 407.
- J. Gays Lustspiele ed. Sarrazin
5 150. . Prisoner of Chillon ed.
Kölbing 5 150. — Madert, Sprache
d. ae. Rätsel d. Exeterbuches u. d.
Cynew.-frage 6 389 — Pesta, G.Crabbe
6 409. — Old Engl, glosses ed. Napier
7 160 — Zeiger, Btr. z. Gesch. d. Einfl.
d. neueren dtschen Lit. auf d. engl.
8 437. — Jürgens, Epist. Ho-Elianae
9421. Byrons sämtl. Werke übers.
Böttger, ed. Wetz 10 454.
Herzog, Fr &. sage 9 130.
Heuckenkamp, Giraud, Pascal
5 457.
Heuser, Angebt. Quelle v. 'Vicar
of Wakefield' 8 64. — Havelock ed.
Holthausen 8197.
22
Register zu Archiv Band CI— CX.
II eusler, Hempl, Germ, orthogr.
a. phonol. I 1 400. — Ibsens sämtl.
Werke in dtscher Spr. ed. Brandes,
Elias, Schienther 2 387. 5 129.
Hoff mann-K rayer, Altweiber-
mühle 4 355.
Holthausen, Tegner u. Byron
1 141. — Me. Disput xw. Maria u. d.
Kreuxe 5 22. — Schwer/. Lobspruck
auf d. dtseke Sprache 5 3*i4. — Kegel
u. I erwandtes 5 365. — z. Beowulf
5366. AML Vorrede x. ae. Übersetz.
v. Gregors Dial. 5 367. — Aussprache
v. ne. father u. rather 5 371. — Quelle
d. ae. Fäta apostol. 6 343. — Qea\. in
Aelfreds Übersetx. d. Cura pastor. 6 346.
— Ae. Spruch aus Winfrids Zeit 6347.
— Fragm. r. Worcester 6 347. — Me.
Ged. Gleanness 6 349. — Zu Shakesp.s
Rieh. III 1, 2, 55 ff. 7 109. _ Etym. I
7379. _ Me. Genesis 7386. _ Pride
of life 8 32. _ . Quellen d. me. Ged.
'Lob d. Frauen' 8 288. 10 102. _ Me.
Genesis u. Exodus 9 126. — Z. Hare-
lock 10100, 42".. _ Kennedy-Stud. 10359.
Fran filol. fören. i. Lund 1 156.
- Vietor, Aussprache d. Schriftdtsch.
3 356. — Beowulf übertr. v. Heyne
3 373. _ Steineck, Ae. Dicht, in
wortgetreuer Übers. 3376. — Western,
Darstell, d. engl. Aussprache 4 202.
— Funk, Prakt. Lehrg. zur Erlern,
d. Schwed. 4 392. — Generydes ed.
Wright 6 351.
v. Hörnemann, Heyl, Volks-
sagen, Meinungen und Bräuche aus
Tirol 5 HS.
Hristu, Manliu, l) Exerc. grad.
de gram, si comp. 2) Curs pract. de
gram. rom. 3) Curs pract. de stil si
comp. 4) Antol. rom. 5) Carte de
cet. 6) Betör, si Stilist. 7) Curs elem.
de lit. 8) Poet. rom. 9) Gram, istor.
si comp. 10) Povat. stud. limbei
rom. 7 226.
J a n t z e n , Byrons ' Giaour' 6 286. _
Chattertons 'Aella' 6352. — Quellen-
untersuch. x. d. Dicht. B. Cornwalls
8 302. — Läzär, Fortunatus-Märchen
1163. _ Busse, Novalis' Lyrik 1408.
— Loewe, Ethnol. u. sprachl. Glieder,
d. Germ. 3161. — Beowulf ed. Heyne
u. Socin 3l"5. — Petsch, Neue Btr.
z. Kenntn. d. Volksrätsels 4 379. -
Evers, Dtsche Sprach- u. Lit.-gesch.
im Abrifs 5 97. _ Bankwitz, Relig.
Lyrik d. A. v. Droste-Hülshoff 5H6-
- Meyer, Dtsche Lit. d. 19. Jhs.
5 376. — Poppe, Hebbel und sein
Drama 6379. _ Gusinde, Neidh. m.
d. Veilchen 8176. — Meyer, Grund-
rifs d. neueren deutschen Lit.-gesch.
10151.
Jellinek, v. d. Leyen, Märchen
in d. Göttersagen d. Edda 4 391. —
Kuhnau, Musik. Quacksalberei ed.
Benndorf 8179. — Liebau, Edw. III.
v. Engl, und die Gräfin v. Salisb. ;
Edw. III. im Lichte europ. Poesie
9 410.
Kalepky, Saure, 1) Frz. Leseb.
für höhere Mädchenschulen I und
II; 2) Franz. Lesestoffe als Unter-
lage zu Übungen im mündl. Aus-
druck; 3) Tabl. chronol. de la litt,
fr. 4 236. — Schenk, Etüde sur la
Birne dans Cyrano de Bergerac 9443.
Keidel, Kuhns, Germ. a. Swiss
settlem. of col. in Pennsylv. 9 387.
Keller, Kyds Span. Tragedy ed.
Schick 3 385. 4 469. . _ Cook, Bibl.
quotat. in old Engl, prose writers
4 397. — Sarrazin, Shakesp.s Lehr-
jahre 4 400. — Wright, Engl. dial.
dict. 4418- — Leitritz, Altengl.s Un-
terrichts- und Schulwesen 5 132. _
Sehoenibs, Orlando für. in d. engl.
Lit. des Zeitalters d. Elis. 5 143. -
Klöpper, Engl. Reallex. 8 424.
Kellner, Herzfeld, W. Taylor
v. Norwich 4 204.
Kinzel, Siebs, Dtsche Bühnen-
aussprache 5108- — Seiler, Entwickl.
d. dtschen Kultur II 5 373.
Klaeber, Becnc. 2724 f. 4 287. _
Z. Beow. 8 368. — Ae. Bedeut.-lehre
9 305.
Kluge, Orrms awwermod ( ; u 1 3i>°)
2 351.
Knörk, Johannesson, Frz. Lese-
buch, Unter- u. Mittelstufe 4456. _
Johannesson, Frz. Üb. -buch f. die
Unterstufe 4 460.
Koch, Chaucer ed. Pollard u. a.
2 410.
Koeppel, D. Quix., S. Panxa u.
Dulcinea in der engl. Liter, bis zur
Restaur. 1 87. — Chaucers 'Rom. of
the Rose' und Sackvilles 'Indtiction'
1 145. _ j?. Greenes 'Mad preest of
the sonne' 2 357. — Engl. Wortbild. -
lehre 4 25, 279. — ae. % xu me. e 4 127.
- Analogiezvirkgn. xw. wurxelverw.
Zeit-, Haupt- u. Beiwörtern d. engl.
Register zu Archiv Band CI CX.
23
Sprache 6 28. — Hist. Anspiel, im
'JRom. of Otueb' 7 392. — Spensers
Florimell u. d. Britomartis- Sage d.
Anton. Liberalis 7 394. — Ijydgates
ADices of pecok' 8 29. __ Ldndsays
Anspielungen auf nie. Dicht. S'1"- - -
Spenser, Faerie Queene ed. Warren
6186. — Lily ed. Bond 10 "'■'
Kolsen, Ergänz. %. Appels prov.
Chrestom. 1 W7. - - Index zu den
wissenschaftl. Arbeiten Wesselofskis
2 464.
Konrath, Keller, Lit. Bestreb,
v. Worcester in ags. Zeit 6 175.
Kopp, lÄedersamml. F. v. Reiffen-
bergs 5 265. — j. Grünwald 7 1-
Köster, Goethes FApenor 1 257. _
Meyer, Goethe 4156.
Kraeger, Carlyle, Sartor resartus
ed. Mc-Mechan 7 425. 8 212,439. y 172.
Krause, Chartier, Ourial ed.
Heuckenkamp 3 430. __ Wiese, Spr.
d. Dial. d. Papstes Gregor 6 207.
Krueger, Auslass. od. Ellipse?
7 350. 8 107. — Gaskell, Cranford ed.
Schmidt 1 198. _ Reimann, Abrifs
d. engl. Syntax 1 208. — Stevenson,
Across the plains, Inland voyage ed.
Ellinger 6 421. — Thomas, Naval
wordbook 7 203. — Lotsch, Üb.-buch
z. Übers, aus d. Dtschen ins Frz.
7 461. _ 4 Erzähl, von Kipling ed.
Ellinger 8 223. __ M. Twain, Tramp
abroad ed. Mann 8 225.
Kuttner, Craik, Cola Monti ed.
Opitz 1436.
L am p recht, Lotsch, Wb. z. mod.
frz. Schriftstell. 5 200.
Lange, Seogan u. ' Court of Love'
10 104.
Lehmann, Schiller in der heut.
Schule 1 273. — Pietsch, Schiller als
Kritiker 6380. _ Witkowski, Dichter
u. Darstell., I. Goethe 7145.
Leitzmann, Kl. asächs. Sprach-
denkmäler ed. Wadstein 5 381. —
Holthausen, Asächs. Elementarbuch
6 168.
Lewin, Hausknecht, Engl. Stu-
dent 2430. — Ellinger, Engl, letters
8 459. — Smith, Trip to Engl. ed.
Wendt 8 460. _ Oandy, First days
in Engl. 8 461.
v. d. Leyen, Heuschkel, Unter-
such, über Randers und Lessings
Bearb. v. Sinnged. Logaus 10 161- —
Morris, H. v. Kleists Reise nach
Würzburg 10163. — Genther, Stud.
■/.. Liederb. d. K. Hätzlerin 1" 128-
Liebau, Naehtr. vu Edw. III. v.
Engl. u. d. Gräfin v. Salisb.
Liebermann, Gesch. Byrhtnots
1 lr>. Ags. Verordn. über d. Dun s>rii
2 267. _ Zur Hss. -künde 2 471.
1 1 'nlfst. u. Cnid 3 47. — Matrosen-
steil, aus Landgut, d. Kirche London
I 17. Rituale Dunelmense 4122. _
Ags. Fieberbeschwör. 4 12;;- — Ags.
Rubriken 4 123. — Verlor, ags. Annalen
4 '-1- — Angli caudati 4 121. _ Ags.
Benedict.-regel 4125. — Engl. u. Fr: .
im 12. Jh. 4 125. — Queen 's minstrels
1302 4 126. — Me. in neuen Hss.-
Katal. d. Cambr. Coli. 4 126. _ Heilige
Engl.s 4 358. — Liber vitae of New-
minster 4 359 — Me. Hss.-kundc Hain-
pole u. Lydgate 4 360. — Me. Bischofs-
segen 4 360. _ - Engl. b. d. Nottaufe
1223 4 360. — Mistery plays in a
chapel in the 14Ul cent. 4 360. — Liber
custuniarum von Northampton 4361.
— Ermeng, von Narbonne 4 361. —
Z. Old Engl, inartyrol. 5 86 — Riehard
d.. Reimer Edw.s 5 87. — Me. Gedicht
über Gärtnerei 5 88. — At one's fingers'
ends 5 88. — Cynew.-frage 5 367. -
Ae. u. me. Hss.-kunde 5 369. — Win-
chestersche Grundstücksgrenzen 5 •"',',•,■
— Leis Willelme 6 H3- — Ags. Annal.
6 345. _ Th. Sackrille 6 352. _ Engl.
Schaustell, um 1115 7 106. _ Cheral.
au cygne in Engl. 7 10ß- — G. of
Wartcicks Einfl. 7 107. _ Me. Hss.
in Dublin 7 107. — Kaufmann. Engl,
um 1 180 7 108. — Osterspiele zu Lei-
cester 7 108. — Ae. u. me. Hss. 7 385.
— Reimer von Worcester 7 386. —
Streoneshealh 8 368. — Nhbr. Laute
um 710 8 370 — Aethelwolds Anh. \.
Benedict.-regel 8 375 — Quelle f. Waces
Rom. de Rou 8 380. — Abfassungs-
zeit v. 'Rectitud. sing, persona u. ags.
'aferian' 9 73. — Engl. d. Gewerke
9 127. — Ags. Krönungseid 9 375. —
Ags. Protest gegen d. Cölibat 9 376. _
Ags. Hss. in Burton im 12. Jh. 9 376.
— Ags. Davidbild 9 377. — Spielleide
u. Narren im 14. u. 15. Jh. 9 377. —
Ags. Menolog. 10 98. — Rhgtm. Prosa
Engls im 10.— 11. Jh. 10 98. _ Cha-
rakter. Engl.s im 12. Jh. 10 99. -
R. Bacon als Phil. 10 WO. -- Me.
Forstausdr. 10 100. — Leg, t-on Edw.
d. Bek. 10103. __ Hss.-cerhältn. in
24
Register zu Archiv Band CI — CX.
Cnuts Gesetzen 10 422. — Fronlei ch-
namsmyster. xu Beverley 10 420. —
Franzosen über Engl, im 13. Jh.
10 426. — Searle, Onomast. Anglo-
Sax. 2 222. _- Searle, Anglo-Sax.
bishops, kings, a. nobles 4 187. —
2 Sax. chron. ed. Plummer 4188. —
Hunt, Engl, church from 597 — 10b'6
5386. _ Maitland, Engl, law a. the
renaiss. 8 435.
L i n d b e r g , Satire on Blacksmiths
1 395. — Godenhjelm, Handbook of
the hist. of the Finn. lit. trausl.
Butler 1 159. - Mod. Engl, writers IL
Autobiogr. ol a slander. Abr. Lin-
coln ed. Hammond. III. Biogr. of
great Englishmen. Brit. eloquence
ed. Wershoven 3 395. __ Cricket on
the hearth ed. Heim 3 397.
Luick, Entwickl. r. ae. ü, % und
Dehn, in off. Silbe überhaupt 2 43.
3 55. — Diphthong, v. me. ü, i und
verwandte dtsehe Erschein. 3267. —
Oeseh d. anord. Diphth. im Engl.
7 322. — Björkmau, Scand. loan-
words in me. I 7 41-.
Mackel, Btr. %ur frx. Stilist, it.
Synt. 548. — Jantzen, Got. Sprach -
denkm. 1 402. — Bernstein, Order of
words in Old Korse prose 2 386. —
May, Fremdart. Ortsnamen in Bran-
denb. u. Ostdtschl. slav. od. germ.?
2 389. — Biedermann, Einwirk, der
Kolm. Meisterliederhs. auf d. Text-
gestalt, d. Ged. H.s v. Meifsen 2393.
- Brückner, Charakter, der germ.
Elemente im Ital. 4221. — Genelin,
German. Bestandteile des rätorom.
Wortschatzes 7 203 — Tappolet, Stand
d. Mundarten in d. dtschen u. frz.
Schweiz 9 384.
Mangold, Nachahmung Montes-
quieus und Bossuets von Friedrieh,
dem Orofsen 2 331. . — .Jugendgedichte
Friedr.s d. Gr. 5325. <jS9. — Knörich,
Ausw. engl. Ged. aus Moores und
Byrons poet. Werken 1 436. _ Walter,
Engl, nach d. Frankf. Reformplan
5 181. _ Walter, Engl, in d. Unter-
sek. nach dem Frankf. Reformplan
5185. - Flammarion, Lect. choisies
ed. Elsässer 6 225. — Conteurs con-
temp ed. Hengesbach b' 225.
Marelle, Pasque u. v. Bamberg,
Auf d. Spuren des frz. Volksliedes
2 460.
Marggraff, Braddon , Rough
justice 1202. _ Ohlert, Engl. Leseb.
f. ob. Klassen höh. Mädchenschulen
1 211. — Boerner u. Thiergen, Lehrb.
d. engl. Sprache 1 212. _ Thiergen,
Elementar!», der engl. Sprache 1212.
— Gerard, Spotless reputat. 1 434. __
Hope, Simon Dale 1 435. __ Boerner
u. Thiergen, Lehrb. d. engl. Sprache,
B. f. höh. Mädchenschulen 1442. .
Crawford, Rose of yesterday 2 4-7.
M a x e i n e r , Mhdtsch. Subst. mit
Suffix -ier 10 312.
Meyer , E., Gedenkrede auf L. Hiil-
scher 9 1-
Meyer, H., M. Bandello nach sei-
nen Widmungen 8 324. 9 83.
Meyer, R. M., 'Böser Geist' in d.
Domscene 4 355. __ Goethes Sprüche
G 19- — Morley, Stud. in lit. 1 IM.
- Stern, Einfühl, und Associat. in
d. neueren Ästhetik 1 421. — Segert-
Stein, D. Sanders, Gedenkbuch 1421.
- Fischer, Kunstformen d. mittel-
alt. Epos 3 162. — Nagl u. Zeidler,
Dtsch. - Österreich. Lit.-gesch. 4 363.
— Huch, Goethe 4 376. _ Richter,
Freiligrath als Übersetzer 6381- -
Mott, Poet as Teacher 6 389. _
Schönbach, Gesamm. Aufsätze zur
neueren Lit. in Dtschl., Österr. u.
Amerika 7135. — Hebbels Briefe ed.
Werner 7 405. — Hebbel ed. Werner
8 186. — Harnack, Gesch. d. Preufs.
Akad. d. Wissensch. zu Berlin 8391.
— Taylor, Class. herit. of the middle
ages 8416. — Paulsen, Dtsehe Uni-
vers. 9 146. — Haym, Aus meinem
Leben 9380. — Dietrich, Grundlagen
der Völkerverkehrssprache 9 386. -
Tumlicz, Lehre v. d. Tropen u. Fig.
10158. __ Schmidt, Kursächs. Streif-
ziige 10 162. — Friedmann, Anzen-
gruber 10 163. — Froinmel, Neuere
dtsehe Dichter in ihrer relig. Stell.
10430. _ Moestue, Uhlands nordische
Stud. 10 434. _ Sander, Moment d.
letzten Spannung in engl. Tragöd.
bis Shakesp. 10 449.
Meyerfeld, Jones, Renasc. of
the Engl, drama 2 423. _ Alexander,
Barbara 3 392. _ Gerard, Forgotten
sin 3392 Holdsworth, Gods arrive
3 392. _ Paston, Fair deeeiver 3392.
— Reitterer, Peter Pindar 64°8-
Meyer- Lübke, Rydberg, Gesch.
d. franz. a 3 439. _ Thumb, Griech.
Sprache im Zeitalter d. Hellen. 8473.
Register zu Archiv Band <I— CX.
25
Michels, Heinzel, Beschreib, d.
geistl. Schauspiels i. dtschen Mittel-
alter 4 366.
Miude-Pouet, Warnick, Gott-
sched u. d. dtsche Lit. seiner Zeil
6 374. — Gerstenbergk, 0. v. Goethe
u. ihre Söhne in Briefen 9 401.
Morf, Frank, Dem. voyage de
la reine de Navarra aux bains de
Chauterets 1230. _ Ritter, Notes sur
Mme de Stael 5455. _ Brunetiere,
Manuel de l'hist. de la litt. fr. 6212.
Toinet, Recherches autour d.
poemes her.-6piques fr. du 17'' siecle
7 207. — Rigal, Thäätre fr. avant La
periode class. 7 443.
Morgenstern, Kaeding, Häu-
figk.-Wb. d. dtschen Sprache 5103.
Morris, Goethes Pandora 41.257.
- Publ. of the Glasg. Goethe Soc. II
3168. — Haarhaus, Goethe 3 362.
Much, Panzer, Hilde-Gudrun 8395.
- Kluge, Etym. Wb. d. deutschen
Sprache 6 358.
M u g i c a , Aranjo, Gram, del poema
del Cid 1 244. _ Torres, Gram, hist.-
compar. de la lengua castell. 3 467.
— Acad. Espaii., Dicc. de la lengua
castell. 5 229. _. Pages, Gran dicc.
de la lengua castell. 9 234. — Jungfer,
Personennamen in den Ortsnamen
Spaniens und Portugals 10 261. _
Gräfenberg, Briefl. Sprachunterr. d.
span. Sprache, Meth. Touss. -Lan-
gensch. 10 473.
Münch, Wiese, Geist. Heimat -
losigk. in d. dtschen Gegenw. 1 153.
— Aronstein, Entwickl. d. höheren
Knabenschulen in England 1 206. . —
Roberts, Educ. in the 19th cent. 7185.
— Sander, Aus Schottlands Schulen
7 441. — Findlav, Princ. of class
teach. 10155.
Xapier, Naehtr. %u Cooks Bibl.
quotat. in old Engl, prose writers
1 309. 2 29. 7 105. _ Ags. Fieberbeschw.
4361.
Neumann, Treatice of London
1 143.
Niedermann, Gregorio, Studi
glottol. ital. II 7 462.
Nitzer, Quelle xu Turbcrvilles
'Trag, tales' Nr. 2 6143.
Oeftering, Brand, Müller von
Itzehoe 10 431.
Opitz. Broughton, Dear Fau-
stina 1 197. — Doyle, Uncle Bernac
Archiv, Register. Bd. CT— CX.
I 130. Alexander, Mrs. < Jrichton's
creditor2425.— Ouida, Altruist :'. 185.
Pariselle, Stavenhagen, Petit
'lief, fr.-allem. et allem. -fr. I 2 4o;i. _
Plattner, Ausfuhr!. Gramm, der frz.
Sprache!! 5463. Stier, Causeries
fr. 8261- Strotkötter, Vie Journal.
8 262. — Paris, Les Francaie chez
eux et entre eus 8262. . Krön,
Guide ep>ist. 8263. Moliere, Prea
ridic. ed. Mangold 9 449. - Mey.
Frankreichs Schulen 9 450.
Penner, Caine, Manxman 1200.
- Trollope u. a., South Africa ed.
Feyerabend 2435 — Gordon, London
life a. institut. ed. Ackermann 3 187.
- Mason, Counties of Engl. ed.
Badke3l88- -— Moore, Jessamy bride
3 390. _- Marshall, Castle Meadow
4 216. — Rädag. Monatshefte 5128.
- Mätzner u. Bieling, Ae. Sprach-
proben nebst Wb. II, 12. Lief. 5137
- Günther, Manual of Engl, pro-
nunc. gramm. 6 193.
P e t s c h , Zu Dedekind- Scheids Gro-
bianus 3148. _ Engl. Volksrätsel 3350.
- Meyer, Dtsche Volkskunde 1 416.
- Maydorn, Dtsches Leben i. Spie-
gel dtscher Namen 2 385. — Neue
Publ. d. 'Gesellsch. z. Förder. dtscher
Wissensch., Kunst u. Lit. in Böh-
men' 3 357. - - Frömmel, Kinder-
Reime, -Lieder und -Spiele 3 366. _
Lit. d. Volksmärchen u. Sagen 4381.
Sprichwörter u. alte Volks- und
Kinderlieder in Köln. Mundart 4390.
- Klöpper, Folklore in Engl. a.
America 4 424. — Hörn, Deutsche
Soldaten spräche 5 113. — Bahlmann,
Münsterländ. Märchen 5123. — Neue
Lit. z. Volkskunde 7 146. — Neue
Lit. z. dtschen Volkskunde 8420. _
Neue Lit. z. germ. Volkskunde 10443.
Pillet, Apror. Liederhs. JSP im,
365. 2179. __ Gesta Caroli Magni,
lat. Text und prov. Übersetz, ed.
Schneegans 3459. — - Oettinger, Ko-
mische bei Moliere 8 240. — Marmier,
Gesch. u. Sprache d. Hugenottenkol.
Friedrichsdorf a. T. 10 461.
Pott er, B. Harte, Ancestors of
P. Athaly a. other stories 1 195. —
Du Maurier, Martian 1 429.
Prem, Werner, Vollendete und
Ringende 6 384.
Priebsch, Unbekannte Briefe v.
Schiller, F. H. Jacobi und A. W.
3
26
Register zu Archiv Band CI — CX.
Schlägel an Hufeland 10 20- — Un-
gedr. Briefe aus Klopstocks Lebens-
abend 10 418-
Psilander, Meyer, Sprache der
Buren 9157.
Risop, Klöpper, Franz. Reallex.
Lief. 1—5 2 441. _ 2 afrz. Dicht,
ed. Schultz -Gora 5 445. — Nyrop,
Gramm, hist. de la langue fr. I
5451. — Nonnenmacher, Praktisch.
Lehrbuch der afrz. Sprache 5454. —
Herzog, Untersuch, z. M. de la Cha-
rites afrz. Übers, d. Alt. Test. 9 193.
Ritter, E., Voltair. ined. ed.
Mangold 8 465.
R i 1 1 e r , O., Bericht. %. Gent. Bums
v. llenley und Henderson 3 151- —
Tlio)>ison und Euripides 7 396. —
Wolcot und Bürger 7 397. - - Wolcot
in Dtschl. 7 398. - Goethes Sprüche
in Prosa 8132. — Heyse und Burns
8 133. _ Zu engl. Liedern 8139. _
Land of cakes 8 140. — Gitate bei
Burns 8141- — Woleot a. Mitarbeiter
an Thomsons 'Scott, airs' 8 141- -
Byron und Chateaubriand 9 128- —
Etym. r. ne. ooxe 9 128. • — apricum >
abri 9129- — Molenaer, Burns Be-
zieh, z. Lit. 5 403.
Roediger, Friedmann, Lingua
gOt. 3 162.
Ryssel, Urtext der Cyprian.-leg.
10 273.
Sarrazin, Me. Vokaldehn, in off.
Silbe u. Streitbergs Dehn.-ges. 1 65. —
Scenerie u. Stoff, im ' Sommernachis-
traum' 4 67. _ Deutschbein, Shakesp.-
Gramm. 1 1*4. — Shakesp.s J. Caesar
u. Henry V. ed. Hudson 2 421. _
Feis, Wege z. Kunst. Gedankenle.se
aus Ruskin 2 424. — Dametz, Van-
burgh 4 402. _ Hughes, Misfort. of
Arthur ed. Grumbine 7 423.
Schatz, Klinghardt, Articul.- u.
Hörfibg. 1 155- -- Nagl, Deutsche
Mundart., Zs. f. Bearb. des mund-
artl. Mater. 1 172. 5 126. — Vietor,
Dtsches Leseb. in Lautschrift 5 127.
- Heilig und Lenz, Zs. f. hdtsch.
Mundart. 6172. — W. v. Eschenbachs
Parzival und Titurel I ed. Martin
7 401. — Carolina u. Vorgänger I ed.
Kohler 7 401. _ Euling, Stud. über
Kauf ringer 7 402 — Behaghel, Dtsche
Sprache 9 383. — Kaufmann, Dtsche
Gramm. 9 384 — Gerzon, Jüd. -dtsche
Sprache 9 389.
Schick, vgl. Zupitza.
Schleich, Vietor, Ein führ, in d.
Stud. d. engl. Phil. 1 421. __ Kluge
u. Lutz, Engl. Etym. 1425. — Tam-
son, Wordstress in Engl. 4 199-
Schmidt, E., Uhland als Dolm.
Lope de Vegas 11- — Danteskes im
Faust 7 241.
Schmidt. J., Meyerfeld, Burns
4 403.
Schneegans, Diderot, Parad.
sur le Comedien ed. Dupuy 10 229.
Schneider, Mistrals Mireio ed.
Koschwitz 6 461.
Schoembs, Guggenheim, Quel-
lenstud. z. Daniels 'Delia' 3180. —
Lewis, For. sources of mod. Engl,
versific. 3 370. — Brotanek, Unter-
such, über Leben u. Dicht. Mont-
gomeries 3 378. — ß. Harte, Stories
in light a. shadow 4 414. __ Jahrb.
d. dtschen Shakesp.-Gesellsch. 5138.
— Arber, Brit. anthol. 5145.
Schultz, Petsch, Form elhaf te
Schlüsse im Volksmärchen 7 408. _
Urban, Owenus u. dtsche Epigramm,
d. 17. Jhs. 8178. _ Jahrmarktsfest
zu Plundersweilern ed. Herrmanu
9 391.
Schultz -Gora, Hasberg, Prakt.
Phonet. im Unterr. 8260. — Sleumer,
Dramen V. Hugos 10 227.
Schulze, A., Zu Archiv 98^5
1 151. — Meyer, Formenl. u. Synt.
des frz. u. dtschen Tätigkeitswortes
1232. _ Aue. u. Nicol. ed. Suchier
2 224. — Plattner, Ausführl. Gramm,
d. frz. Sprache 1 4443. _ Langlois,
Manuel de bibliogr. hist. 6 324. —
Stein, Manuel de bibliogr. generale
6 326. — Braunholtz, Books of refe-
rence f. students and teachers of
French 7 459. _ Krist. von Troyes,
CligSs ed. Förster 10 468.
Schulze, O., Landschi. b. Aboukir
u. ihre Darstell, b. Thiers 9 136.
Seemüller, Lauchert, D. Gottes-
freundes im Oberl. Buch von den
2 Mannen 1 162.
Sherwood, Hewlett, Forest lovers
6 418.
Singer, Lemcke, Textkrit. Un-
tersuch, z. d. Liedern H.s v. Morun-
gen 1 160. — Minde - Pouet, H. von
Kleists Sprache und Stil 1409. -
Grundmann, Geogr. u. Völkerrecht!.
Quell, u. Anschauungen in Herders
Register zu Archiv Band Cl CX.
27
'Ideen /.. Gesch. .1. Menschh.' 8184.
- Briefe aus d. Frühzeit d. dtschen
Phil, an G. F. Benecke ed. Baier
9 :;"s Waag, Bedeut.-entwicklung
uns. Wortschatzes LO L60.
Smith, Toulmin, Gower ed.
Macaulay 5 390. 10197.
Speck, Feis, Wie wir arbeit, u.
«drisch, müssen, Gedankenlese aus
Kuskin 1 Wl- Trevelyan, Amer.
revalut. 4 416. — Pemberton, Phan-
tom arrny 4 417.
Spies, Pachaly, Variat. i. Heliand
und in der asächs. Genesis 6171. -
Gast of Gy ed. Schleich 6179.
( 'hrist of Cynew. transl. Whitman
7 159. — Creighton, Age of Eliz. ed.
Aron stein 7168. _ Oelzner-Petersen,
S( mrces of the Parson's tale 8 430.
Mittle, Mid u. wi<l 9404.
Springer, Pätzold, Individualist.
Eigentümlichk. einiger hervorrag.
Trob. im Minneliede 1226. — Vodoz,
Theätre lat. de R. Textor 1 228. _
Wetzel, 15 frz. Lieder 5 202. _ Zim-
mermann, Totenklage in den afrz.
Chans, de geste 6 458.
Stanger, 2 engl. Faust - 1 "bers .
6 355.
Steffens, Afrx. Liederhs. d. Bodl.
in Oxford, Douce 308 4331.
Steig, Entsteh.-gesch. d. Märchen
u. Sagen d. Brüder Grimm 7 277. —
Lit. Umbild. d. Märchens r. Fischer
u. seiner Frau 10 8. — Prem, Goethe
7 403. _ Badstüber, H. v. Kleist 9402.
S t e i n b a r t , Btr. x. d. Vm. Btr.
%. fr;. Gramm, r. Tobler 3158.
Sternfeld, Köcher, Anc. Regime
8 468.
Stiefel, Quelle r. Fletehers 'Island
Princess' 3 277. __ Schwankliter, im
16. Jh. III 5 89. — Quellen d. Esopas
v. Waldis 9 240. _ Fest, Miles glo-
rios, in d. frz. Kom. v. Beginn der
Renaiss. zu Moliere 3195.
Stötzner, Boccalini u. sein Einfl.
auf d. dtsche Lit. 3 107.
Suchier, R. Tobler, Aprov. Ver-
sion d. Dist. Catonis 4 245. — Bergau,
Untersuch, über Quellen und Verf.
d. Vengeaunce of goddes deth 8 199.
— Trautmann, Kl. Lautlehre des
Dtschen, Frz. u. Engl. I 10159. —
Forsch, z. rom. Phil. 10 222.
T., R., Francis, Duenna of a ge-
nius 5174- — Hopkins, Idler in old
France 5174. Savage, White fcady
of Khamiu. 5 IT">-
Tamson, John Bull I
Tanger, tn he to im Vcnjl. mit
I shall 5 311. _ Stoffel, Intens, a.
down-toners 10 169.
Tobler. A.. Leg. v. Id. Jul. 1 99,
339. 2109. 3 kl. prov. Rätselauf g.
1 397. - Afrx,. läis 3156- — Zu der
Ausg. d. Sone von Nausay 7 U4- —
Zu d. Oxf Glossen 8 145 — Deschanel,
Deform, de la langue fr. 1 222.
Svedelius, Anal, du lang. 1 224. —
Büchmann, Geflüg. Worte 1 399.
Combe, Pauvre Marcel ed. Wüllen-
weber 1 458. - . Coulet, Troub. G.
Montanhagol 1 462. _ Fouillee, Psych,
du peuple fr. 1 467. _ Cledat, Chans,
de geste 2 466. . - Franke, Franz.
Stilist. 3 244. _ Quiehl, Frz. Aus-
sprache und Sprachfertigk. 3249. _
Livres du gouvern. des rois ed,. .Mo-
lenaer 3 434. — Westholm, Etüde
hist. sur la construct. du tvpe 'li
filz le rei' en fr. 3 441. _ Julleville,
Hist. de la langue et litt. fr. 3451-
— Löseth, Observ. sur le Polyeucte
de Corneille 3 454. _ Schröder, Höh.
Lehrerstand in Preufsen 3 468. —
Clement, H. Estienne et son oeuvre
fr. 4 238. _ Paris, Litt. norm, avant
l'annex. 4 241. — Vogüe, Morts qui
parlent 4 242. — Wülker, Briefwechs.
zw. A. Ebert und F. Wolf 4 244. _
Studi glottol. ital. 4247. _ Schweizer
Archiv f. Volkskunde 4 248 — Neu-
philolog. Mittig. 4 248. _ Karenine,
G. Sand, vie et reuvre 4 437. — Ott,
Etudes sur les coul. en vieux fr.
5191. __ Best, de Ph. de Thaün ed.
Walberg 5194. __ Beaumanoir, Cout.
de Beauv. ed. Salmon 5 197. — Lene,
Subst. postverb. dans la langue fr.
5 203. — Hecker, Neues dtsch-ital.
Wb. I 5 216. — E. y Reyes, Voces
usadas en Chile 5 234. — Eggert,
Phon, und method. Stud. in Paris
5 464. __ Macias ed. Rennert 5465. —
Wulff, Rythmic. de l'alex. fr. 6 221.
— Giraud, Essai sur Taine 6452. —
Alexandre, Mots qui restent G 453.
— Harbottle a. Dalbiac, Dict. of
quotat., French a. Ital. 6 453. _
Fiske, Catal. of the Dante collect.
7 221. — Negueruela , Farsa llam.
ardam. ed. Rouanet 7 224. _ Col-
lecc. de autos del siglo XVI I
28
Register zu Archiv Band CI— CX.
ed. Rouanet 7225. — Körting, Lat.-
rom. VVb. 7*47. — Rodhe, Essai de
phil. mod. I 7 454. — Pirson, Langue
d. inscript. lat. de la Gaule 8239. —
Voretzsch, Einführ, in d. Stud. der
afrz. Sprache 8 255. — Lais et des-
corts fr. du 13e siecle ed. Jeanroy
u. a. 92W. — Mem. de la Soc. neo-
phil. ä Helsingfors III 9 221. — Biä-
dene. Libro d. tre scritt. e i Volg.
d. falsa scuse e d. vanitä di B. de
la Riva 9226- — Savj-Lopez, Nov.
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