ARCHIV
FÜR DAS
STUDIUM DER NEUEREN SPRACHEN
UND LITTERATUREN.
HERAUSGEGEBEN
VON
ILTCnDAÄTIGh IBIEIRI^IG-.
XLIII. JAHRGANG, 82. BAND.
BRAUNSCHWEIG.
DRUCK UND VERLAG VON (lEOHGE W E ST E U M A NN.
1889.
As
Inhalts -Verzeichniü! des LXXXII. Bandes.
Seite
Tjudwig Hcnig. Von I m iii a n u c 1 S c li m i d t 1
Abhandlungen.
Richard Brome. Ein Hcitiag zur Geschichte des englischen Dramas. Vun
Dr. E. K. R. Faust 1
Pierre de Lariveys Komödien und ihr EinHula auf Moliere. Von Dr. Guido
Wenzel H 3
Moliere-Übersetzungen des 17. Jahrimnderts. Ein Beitrag zur Geschiciitc
des deutschen Dramas. Von JohannesBolte 81
Ijockere und straffe italienische Pert'ektt'ormon. Von Dr. Buciiholtz . . 133
Sermo in festo Corporis Christi, aus den Mss. mitgeteilt von C. Horst-
mann 167
Sitzungen der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Spraciicn 198
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler. Im Auszuge mitgeteilt von
Karl Schüddekopf. (Schluls) 211
Friedrich Melchior Grimm, der Vermittler des deutschen Geistes in Frank-
reich. Von Ri c har d Mali renholtz 201
Der Gallant in Shakespeares London. Von Dr. Theodor Vatkc . . . 3ii3
Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden zur südlichen Legendensannnlung.
Mitgeteilt von C. Hör st mann 307
Des Ms. Bodl. 77'J jüngere Zusatzlegenden zur südlichen Legeudensamuilung.
Mitgeteilt von C. Horstmann. (Schluls) 369
Der Konjunktiv im Französischen. Ein Beitrag zur historischen Synta.x der
französischen Sprache. Von Dr. A. Gille 423
Sitzungen der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen 46.T
Zu Dickens' Christmas Carol. Eine Gegenkritik. Von Dr. G. Tanger . 473
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Friedrich Müller, Grundrils der Sprachwissenschaft. (H. Buchholtz) . . 212
Die Formalitäten des Ritterschlags in der altfranzösischen Epik. Inaugural-
Dissertation von Karl Treis. (A 1 f r e d R i s o p ) . ; 2 1 i
Die Parias unserer Sprache. Eine Sammlung von Volksausdrücken von
Dr. Franz Sohns '-iJ^
Goethes Egmont. Mit ausführlichen Erläuterungen für den Scliulgcbraudi
und das Privatstudium, von Ij. Zürn 221
Goethe und Frau von Stein. Von E. Adler 223
Goethes Faust in England und Amerika. Bibliographische Zusannnenstellung
von W. Heinemann 221
Shylock und Nathan. Vortrag im Verein für jüdische Geschichte und Litle-
ratur zu Frankfurt a. M. von Dr. H. Heinemann 224
Zeitschrift für deutsche Sprache, herausgegeben von Professor Dr. Daniel
Sanders. (Hol scher) '^^4
Von Opitz bis Klopstock. Ein Beitrag zur Geschichte itcr deutschen Dich-
tung, von Dr. Karl Lcmcke. (A.) 22j
Seite
Strf!it/.ii;,'o iliiicli ilic niittoleiiglisclic Syntax iintor l)esoii(lerer Berücksiclitigmi?
der Sprache Cliaueeis. Von Dr. Eugen Kineukel. (M. Trautmaini) 220
VV. Kreiten, S. J.: Voltaire, ein Charakterbild. (Dr. Fr. Bischoff) . . 227
Moliere- Studien. Ein Namenbuch zu iMolicres Werken mit philologischen
und historischen Erläuterungen von Herm. Fritsche. (W. llerforth) 228
Oerman Classic«. Edited witli English notes, etc. By C. A. Buchheim.
(Dr. Otto Weddigen) 228
Französische und englische Schullektiire. Herausgeg. von F. K. Schwalbach 229
Eectures enfantines par Th. Hatt 229
An die geehrte Redaktion des Archivs. (A. Chwatal) 230
Antwort des Kecenseuten. (_H. Buchholtz) 231
Zur dcutsclien Sprache und Litteratur. Vorträge und Aufsätze von Karl Biltz. (A.) 35t
Zur Koform der Ürthograpiiie. Blicke auf die Mängel der gegenwärtigen
Rechtschreibung und Fingerzeige zur Beseitigung derselben. Von A. E.
Rieh. Ba.\ 356
Näheres und Weiteres zu unserem Weltspraeheprojekt. Von Eugen A. Lauda. 350
Der VVi Itspracheschwindel. Von Dr. Karl Feyerabcnd .'550
Biicfwcchsel von Jakob Grimm und Ilotfmann von Fallersieben mit Hendrik
van Wijn. Nebst anderen Briefen zur deutschen Litteratur. Heraus-
gegeben und erläutert von K. Th. Gaedertz 357
Goethes Egmont. Mit Einleitung und Anmerkungen von Prof. LudT|\'ig Blume 358
Heinrich von Kleists Hermannsschlacht. Ein Drama. Für Schule und
Haus erklärt von L. Zürn 358
Franz (Jiillparzer als Dichter des Tragischen. Von Joh. Volkelt. (Hölscher) 359
Deutsches Wörterbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm. Siebenter
Band, N O P Q, bearbeitet von Dr. M. Le.xer (H. L.) 300
Rumiro Barbaro di San Giorgio, Praktische Grammatik der italienischen
Sprache. (H. Buchholtz) 361
Zeitsclirittenschau 362
W. Wilmanns, Untersuchungen zur mittelhochdeutschen Metrik. Beiträge
zur Geschichte der älteren deutschen Litteratur. (E. Henrici) . . 489
Karl Theodor Gaedertz, Zur Geschichte der altenglischen Bühne nebst an-
deren Beiträgen zur Shakespeare-Litteratur. Mit der ersten authentischen
inneren Ansicht des Schwan-Theaters in London und Nachbildung von
Lucas Cranachs Pyramus und Thisbe. (J. Bolte) 491
Ivleine italienische Sprachlehre für den Gebraucli in Schulen und zum Selbst-
unterricht von Karl Marquard Sauer. (E. Pariselle) 493
Das moderne Drama der Franzosen in seinen Hauptvertretern. Mit zahl-
reichen Te.\tprol)tn aus hervorragenden Werken von Augier, Dumas,
Sardou und Paillcron. Von Dr. Joseph Sarrazin. (E. Pariselle). . 493
Novo Diccionario da lingua portugueza e allemä enriquezido com os termos
technicos do comercio e da industria, das sciencias e das artes e da
linguagem familiär por H. Michaelis, em duas partes. Parte segunda:
Allemäo-portuguez. — Neues Wörterbuch der portugiesischen und deut-
schen Sprache mit besonderer Berücksichtigung der technischen Aus-
drücke des Handels und der Industrie, der Wissenschaften und Künste
und der Umgangssprache. Von H. Michaelis. In zwei Teilen, zweiter
Teil: Deutsch -Portugiesisch. (H. Buchholtz) 494
Miscellen.
Seite 233 — 2.J7. 304 — 360.
Bibliographischer Anzeiger.
Seite 238—24(1. 307 — 308. 495—490.
Richard Brome.
Ein Beitrao; zur Geschichte des euo-lischen Dramas.
Vom Leben des dramatischen Dichters Richard Brome ist
nur wenig bekannt. Zuerst tritt uns sein Xame in der „In-
duction" zu Ben Jonsons „Bartholomew Fair" entgegen, wo der
„Stagekeeper" u. a. sagt: ..I am looking lest the poet hear me,
or his man, Master Brome, ^ behind the arras." Ein Brome war
demnach sicher 1614, als jenes Stück zum erstenmal aufgeführt
ward, Diener bei Jonson, und der Umstand, dafs letzterer zur
Bezeichnung dieses A^erhältnisses das Wort „man"' Avählt, läfst
es gerechtfertigt erscheinen, Aveun wir uns den Diener als damals
mindestens im Jünglingsalter stehend denken und somit seine
Geburt bereits in das vorhero:eo;ano-ei]e Jahrhundert setzen. Die
Identität dieses Dieners mit dem dramatischen Schriftsteller er-
giebt sich nun, wie aus Richard Bro.mes eigenen Aufserungen,
so auch aus vielen Zeugnissen seiner Zeitgenossen. Einige Verse,
die Ben Jonson selbst zur Empfehlung des Bromeschen Stückes
.,The Northern Lass" schrieb, tragen die Überschrift: „To mv
old Faithful Servant and (bj his continu'd vertue) my lo\'ing
Friend, the Author of this Work, Islr. Richard Brome", und im
Gönnertone hebt der grofse Mann an :
I had von for a Servant, onee, Dick Brome,
And yöu perform'd a Servant's faithful parts;
Now, you are gof iuto a nearer room
Of Feilowship, professing my old Arts,
And you do doe them well,\vith good Applause,
Whicii you have justly gained from the Stage,
' Dies ist die gewöhnliche Schreibung; daneben findet sich Broome
und Broom. /^jC-
Aichiv f. n. Spraclicn. LXXXII.
2 Richard Brome.
By observatiou of those Coniick Litwes
"Wliich I, your Master, first did tcach the Age.
You learü'd it well, and for it serv'd your time,
A Prenticeship: which few do now adays . . . . '
Dafs liier Ben Jonson sich mit grofsem Selbstbewiifstsein
als denjenigen hinstellt, der dem Zeitalter zuerst die Gesetze des
Ijustspicls oezcigt habe, wird mit Recht getadelt,- ist aber für
uns zunächst Nebensache; auch an den schuhneisterlichen Ton,
der in diesen Zeilen erklingt, -wird niemand sich stolsen, der da
bedenkt, dals ein solcher Ton dem guten Ben nicht blofs jün-
geren Schriftstellern gegenüber fast zur zweiten Natm* geworden
war.-* Jedenfalls enthält jene Empfehlung des Lol)es genug: ein
ancrkamiter ^Meister erklärt den Jünger für emen nicht unwür-
digen Genossen — em Lob, das luu so schwerer wiegt, als
Jonson, wie aus den übrigen Versen der Empfehlung sich er-
gicbt, es sehr übel vermerkte, wenn Ungelehrte sich mit Stücke-
schreiben befafsten. — Jene Zeilen gestatten die Annahme, dals
Brome, Aveuigstens in der späteren Zeit seines Aufenthaltes bei
Ben Jonson, nicht ein Diener im gewöhnlichen Sinne des Wortes
gewesen ist, sondern dem Meister mehr als eine Art Amanuensis
zur Seite gestanden hat, der aus des Dichters lehrreicher Unter-
haltung Nutzen zu ziehen verstand. "Wenn dessenungeachtet
manche Leute, zumeist wohl Konkurrenten, den vormaligen Stand
Bri^mes nicht vergessen mochten und selbst in weit späterer Zeit
geflissentlich an diesen Stand erinnerten, in der Meinung und
mit der Absicht, dadurch des Autors Wert herabzusetzen, so
ward, und sicherlich mit Recht, von anderer Seite darauf hinge-
wiesen, dals Brome für Jonson mehr als ein blofser Diener, mid
' The Drjiniiitic \\'orks of Richard Brome, containing fifteeu Comedies
iiuw lirst colleotcd. J.ondon 1873. Vol. II, p. XI, und Vol. III, p. IX.
- Biographia Drauuitica, or, a Compauiou to the Playhouse: con-
taining liistorical and critical Menioirs By David Erskine Baker, Esq.
\ ncw Edition. London 1782. 2 vols.
■' 'riio Drainatio Works of Richard Brome, Vol. II. Dort heilst es
in dini Vorworte »Tu llie Readers" trefl'eud: ,We have here prefixt Ben
.lolinson's own tcstiniony to his Servant our Author; we grant it is
(according to Ben's own tiature aud eustome) magisterial enough; and
who looks for others, siuce he said to Shakespear — / shall drmc enry
»n thy namc (hy writing in his praise) and threw iu his face — small
Latin and kss (Jicck ....'•
Richard Brome. 3
Jousou für Brome noch etwas anderes deuu ein blolser Herr
gewesen sei. ^ Brome selbst war weit entfernt, durch den Ge-
danken an jenes Verhältnis sich gedomütigt zu fühlen; er er-
kannte das Verdienst, welches Jonson sich in jenen Versen zu-
schreibt — ihn in die dramatische Dichtkunst eingeführt zu
haben — oft und Avillig an, und nie spricht ci- von dem ältei'en
Dichter ohne das Gefühl dankbarer Verehrmig. Dabei ist denn
Ben Jonson für Brome überhaupt die höchste Autorität auf dem
Gebiete des Dramas. Deshalb sagt er mit Stolz im Prologe zu
„The City Wit" von dieser seiner Komödie:
It was written, wlien
It bore just Judgment, and tlie seal of Ben,
und als er des Lords von Newcastle Lustspiel „The Variety''
l>eurt eilen soll, schreibt der Schüler Jousons u. a. :
I would depose, eacli Scene appear'd to nie
Au Act of wit, each Act a Comedy,
And all was such, to all that understood,
As knowiug Jousou, swore Bj^ God 'twas good.-
An einer anderen Stelle rühmt er seinen Meister niit den
MOrten :
He did not pump, nor drudge,
To heget wit, or manage it, nf)r trudge
To wit Conventions with note-book to glean,
Or steal some jests to foist into a scene;
He scorned those sliifts. You that have knowu him, kuow
The common talk; that from bis li^js did flow
And ruu at waste, did savour more of wit,
Thau any of bis time, t)r since, have writ
(But few excepted) in the stage's way:
His scenes were acts, and every act a i^lay. ^
' The Dramatie Works of Richard Brome, Vol. II, in der Vorrede
„To the Readers" : ^And yet there are a sort (one would wonder there
should be) who think they lessen. this Author's worth when they speak
the relation he had to Ben Johnson. We very thankfuUy embrace the
( )bjection, and desire they would name any other Master that could l)etter
teach a man to write a good Play."
- Diese Beurteilung ist dem (1658 veröirentlicbten) Bromescheii Stücke
..The Weeding of the Coveut-Gardeu, or the Middlesex Justice of IVace'^
vorgedruckt.
3 The Works of Ben Jonson, and Beaumont and Fletcher: the tirst
priuted from the Text, and with the Notes of P. Whalley; the latter
from the Text, and with the Notes of the late George Colman, Esq.
London 1811. Vol. II, p. LXXXIII.
I*
4 Richard Brome.
AV eiche VerkeunuDg Jonsons, der iu AVirkllclikeit „stets das
hekaunte Lessingsche Pumpwerk in Thätigkeit setzen" muTste, '
und dessen A\'itz wohl im Klub, im Kreise der Zechgenossen
Triumphe feierte, in den Stücken aber „überall frostig und ge-
künstelt" ist. 2
Brome hatte Ben Jonson gekannt von da an, wo dieser in
der Fülle der Schaffenskraft gestanden, bis dahin, wo der Tod
ihn abrief,'* imd die vorstehenden Zeilen, so viel Irrtum sie auch
enthalten, beweisen, mit wie unerschütterlicher Treue unser Dichter
den Meister auch nach dessen Tode ehrte und verehrte. Seine
pietätvolle Gesinnung veranlafste ihn denn auch, einen der ärgsten
Privatfeinde Jonsons mit seinem Spotte zu überschütten. Dei"
vornehme Dichter Sir John Suckling (1608/9 bis 1642), der, wie
bekannt, dem Hofe nahe stand und auch im politischen Leben
eine RoUe gesjjielt hat, schien es sich zu einer besonderen Auf-
gabe gemacht zu haben, Jonsons kleine Schwächen dem Gelächter
des Publikums preiszugeben und ihn auch als Schriftsteller herab-
zusetzen. Nicht nur, dal's er ihm Shakespeare vorzog, was allein
schon hinreichend gewesen wäre, Bens Eitelkeit aufs tiefste zu
verletzen: er warf ilira auch geradezu, aber in sehr witziger
Weise, Dünkel vor und erklärte ihn des Dichterlorbeers für un-
wert. Es geschah dies in der Satire „xA. Sessions of the Poets",
welche 1637, also vielleicht noch vor Jonsons Tode,* entstand
und handschriftlich verbreitet wurde. Apollo hat eine Versamm-
lung der Dichter einberufen, um den lange zurückgehaltenen
Lorbeer dem würdigsten zu verleihen. Der erste, welcher auf
den Kranz Anspruch erhebt, ist Ben Jonson, der, nachdem er
sich zuvor mit seinem Liebhngsgetränk, dem Kanariensekt, er-
frischt hat, in weitschweifiger Rede ausführt, der Lorbeer ge-
bühre ihm, denn seine Sachen allein verdienten den Namen
Werke, während die der anderen eben nur „plays" seien; auch
solle man sich erinnern, dal's er die Bülme von vieljährigen L-r-
' Elze, Shakespeare, lOu. - Ders., a. a. 0., 17,"^
3 The Works of Ben Jouson etc. nach Whallev und Colman, Vol. II,
p. LXXXIII.
' Doeli wollen wir iiieht uuorwähut lassen, daCs der neueste Geschicht-
schreiber des eugliseheu Dramas, Ward, den Tod Jonsons nicht in das
Jahr 1G:^.7, soudern lOiJö setzt. (Hist. of Engl. Dram. Lit. I, 533.)
Richard Brome. 5
tümern gereinigt habe, und dafs seine Stücke, zimial „The Sileut
Woman", „The Fox" und „The Alchemist", noch von niemandem
übertroffen worden wären. Hier imterbricht ihn Apollo und
heifst ihn schweigen, denn das Verdienst, nicht der Dünkel solle
gekrönt werden. — Als nun im Jahre 1638 Suckling sein Drama
„Aglaura" in ganz unge\\-öhuHcher Ausstattung veröffentlich!
hatte — auf Folioseiten mit sehr breiten Aveilsen Rändern und
demnach nur sehr schmalen Streifen Druckes — war für Brome
ein willkommener Anlafs gegeljen, die Manen des verelu'ten Mei-
sters einigermafsen an dem spottlustigen Edelmann zu rächen.
Es erschien in den „Älusarum Deliciae" ein Gedicht „Upon Aglaura
printed in Folio", in welchem von Anfang bis zu Ende, 42 Verse
hindurch, die satirische Geifsel gesch\vungen wird. Jenes Drama,
sagt darin der Verfasser, gleiche einem, der melu' Haare als
Kopf, mehr Nägel als Leib habe; es sei ein kleines Gemälde in
grofsem Rahmen; und er giebt zu bedenken, dals die Bäume,
welche die breitesten Blätter tragen, meist die dürftigsten Früchte
liefern. Das Papier müsse im Preise aufschlagen, wenn alle
Dichter nur ein Jahr lang dieser Mode folgen wollten. Was
wohl Sucldiugs Absicht bezüglich des breiten Randes gewesen
sei? Ob er gemeint habe, die Landedeldamen sollten das Buch
nach Art der Kalender benutzen und zm' Aufzeichnung wirt-
schaftlicher Angelegenheiten brauchen, etwa hineinschreiben, wann
die Kuh gekalbt habe und dergl. mehr? — - Mag nun diese Satire
bereits an jener Stelle eine Unterschrift getragen haben oder
nicht, jedenfalls findet sie sich, mit R. B. unterzeichnet, zwanzig
Jahr später in der posthumen Ausgal)e von Bromes Lustspiel
„The Weeding of the Covent-Garden", so dafs über die Autor-
schaft kaum mehr ein Zweifel sein kann. ' Ferner steht in der
erwähnten Ausgabe — und möglicherweise auch schon in den
„Musarum Dehcite" — ein zweites, mit „A So'ng" überschric-
benes Gedicht, das sehr Avohl gleichfalls von Brome selbst her-
rühren könnte. Es wird darin zu frohem Lebensgenuls aufge-
fordert mit den AVorten:
• W. C. Hazlitt, der Herausgeber der "^^^n•k:e Siickliugs, kennt
den Verfasser uocli nicht (s. Vol. I, p. XXXVl), wohl aber Ward, a. a. U.
II, 449, Note.
6 Richard Bronie.
Away with all grief and jrive us innre sark.
'Tis that which we love, let love have no lack.
Nor sorrow, nor care can crosse nur dclights,
Nor witches, nor goblius, nor ßuttertly sprights.
Bei der Nachbarschaft, in welcher die Verse sich befinden,
glauben wir auch nicht fehl zu gehen, wenn wir in ihnen eine
neue Anspielung auf Suckling vermuten, der bald nach seiner
„Aglaura" ein Lustspiel „The Goblins" geschrieben hatte. Seinen
Titel hat das Stück von einer Anzalil Verfemter, welche zu
ihrem Schutz eine unterirdische Höhle aufgesucht haben und
von dort aus ein höchst rätselhaftes Treiben entfalten; als Teufel
verkleidet, durchsch^v^r^en sie den weiten Bereich des Waldes,
um die Menschen, deren sie habhaft werden, zu schrecken, in
ilire II()hlen zu schleppen und dort nach Art der Kobohlc zu
quälen. Dieses gespenstische Treiben erinnert zu sehr an das
Feenwesen, das eine so bedeutende Rolle auch in manclien Stücken
Shakespeares spielt, und Brome war in zu hohem Grade Realist,
als dals man nicht, zumal in Anbetracht seiner persönlichen Ab-
neigimg gegen Suckling, versucht sein sollte, ihm die Verfasser-
schaft auch dieser ZeUen zuzusprechen. Übrigens könnten sicli
dieselben auch gar wohl auf Thomas Raudol})h beziehen, der in
seinem „Amyntas, or the Inipossible Dowry'' (gedr. 1638, wie
„Aglaura") Elfen und Feen erscheinen und sie von einem natur-
wüchsigen Clown beleidigen und verspotten läfst. Dieser Clo\m
heilst Bromius! Sollte, was man glauben möchte, unser Brome
damit verhr)hnt werden, so würfe das freilich ein eigentümliches
liicht auf die Einigkeit unter Jonsons jüngeren Freunden, zu
dessen „adopted s<ms" auch der gelehrte Kandolpli sieh mit Stolz
zählte. '
Der Kreis der litterarischeu Bckainitcii unseres Dichters
scheint nicht eben grol's gewesen zu sein, wenn wir an diejenigen
denken, die sich freundlich zu ihm hielten; ohne Zweifel eine
Folge seiner früheren Stellung. Dt)ch begegnen wir unter ihnen
manchem Namen von bekanntem Klang. In engerer Verbindung
hat er mit Thomas Heywood gestanden, jenem fruchtbaren
Dramenschreiber, der, früher der Henslowesehcn Truiipe ange-
hörig, später, nach Jakobs I. Regierimgsantritt, zweimal Mitglied
' Ward 11, :;iJ und 1, XXVI ul-cu.
Richard Rrome. 7
der Truppe des Grafen von Worcester \\ar. ^ Mit diesem Typus
eines ,,play-wright" im besseren Sinne des y>^)rtes A-erfa^ste
Brome gemeinschaftlieli niclit nur das dramatisehe Sittengemäld(>
„The Late Laneashire Witehes" (gecb. 1634), sondern auch zwei
allem Anscheine nach verloren gegangene Stücke, über deren
Entstehungszeit und Druckjahr wir völlig im Dunklen sind:
„The Life and Death of Sir IMartyn Skink, with the Warres
of the Low Countries" und „The Apprentice's Prize".-
Von anderen zeitgenössischen Dichtern, die ihn kannten
und ihm Avohlwollten — denn sie schrieben empfehlende Verse,
die seinen Stücken vorgedruckt wurden — sind Thomas Dekker,
John Ford, James Shirley, Sir Aston Cokain, Robert Chambcr-
lain, John Tathaui und John Hall zu nennen. Xur über die
Person des letztgenannten herrseht Unklarheit. Ein John Hall
schrieb auch „commendatory verses" zu Shirleys „The Gralcful
Servant", und die Annahme liegt nahe, daCs derselbe mit Bromes
Freund identisch sei; doch ist mit dieser Annahme nicht viel
gewonnen, denn auch hinsichtlieh des Shirieyschen John Hall
befindet man sich noch in Ungewifsheit. ' Z^vischen Dekker und
Brome mui's ein inniges Pietätsverhältnis bestanden haben; Dick
Brome nennt jenen stets Vater,* und Dekker hinwieder Brome
Sohn und Freund^ — was um so überraschender ist, als be-
kanntlich Dekker durchaus nicht mit Jonson sympathisierte, wie
des letzteren „Poetaster" (1601) und des ersteren „Satiromastix,
or the Untrussing of the Humourus Poet" (1602) zur Genüge
an den Tag gebracht haben. Im übrigen ist der Umstand, dafs
Brome in Dekker einen väterlichen Freund sah, von Bedeutung,
sofern er zeigt, da.'s Brome bei weitem jünger gewesen sein
muis als Dekker und die ziemlich gleichalterigen Dichter Jonson
' Ward II, iDiJ. - Biogr. Dram.
3 The Drauiat. "NVurks and Poems of James Shirley, with Notes by
Will. GifFord and additional Notes by the Rev. AI. Dyce. London 188;l
Vol. VI, p. 509, Note •",.
"> S. Biogr. Dram. I unter Decker.
•■' Dekker empfiehlt Bromes „The Northern Lass" unter der Über-
schrift: „To my Sonne Brome and his Lasse", und sagt:
Which then of Botli sliall I couiincud,
Or thee (that ait my S o u aad Friend) . . .
8 Eichard Brome.
und Hovwoofl. Durch Dekker mag er Jolin Ford kcunen ge-
lernt hüben, welcher au jeues Dichters Komödie „The Sun's
Darhng" mitgearbeitet hatte. Shirley stand, gleich Jenson, in
litterari.scher Verbindung mit dem Lord von Ncwcastle, ' den er
bei Abfassung seiner dramatischen Ai'beitcn unterstützt haben
soll. - Ks ist gewils bemerkenswert, dafs Shirley, der seiner Er-
ziehung M'ie seinem dramatischen Können nach unseren Autor
jedenfalls weit übertrifft, diesen als „worthy Friend" und selbst
als „ingenious Friend" anredet. Robert Chamberlain (geb. 1607)
wird als Verfasser einer, John Tatham als Verfasser von vier
Komödien erwähnt, und Sir Aston Cokain hat sich in sechs
Stücken auf verschiedeueu Gebieten des Dramas versucht, ohne
den Gesichtskreis der Dramatiker dieser Periode irgendwie zu
überschreiten, obwohl seine Thätigkeit zum Teil in die Zeit der
Hestam'ation fällt. ^ Aufser den empfehlenden Versen der Ge-
nannten finden sich solche eines unbekannten F. T., der das eine
Mal als INIag. Art. Oxon. bezeichnet wird, eines K. ^Y., eines
J. B. und eines C. G., überdies noch eine gröfsere Anzahl, welche
Alexander Brome zum Verfasser haben, den mr als Herausgeber
der meisten Komödien des Dichters an anderer Stelle besprechen
werden. Eine einzige Empfehlung endlich ist mit St. Br. imter-
zeichnet, und der Verfasser nennt sich Kichard Bromes Bruder. —
I^eider gewähren uns alle diese „commendatory verses" nur höchst
dürftige Ausbeute, soweit das Leben oder die Lidividualität
P>r<Mucs in Betracht kommt; scheint doch ihr einziger Zweck
ilcr zu sein, das Tjob des Dichters um jeden Preis zu verkünden,
und gewinnt es doch dabei mitunter den Anschein, als sei der
Lnl)ciKlc sich recht wold der Übertreibungen bewufst, die seiner
l-'cdcr cnttlosscn. Man bezeichnet es wiederholt als ein grolses
(iliick, daCs Brome einen Meister aaic Ben Jonson gefunden, und
rühmt den Eifer, mit welchem der Jünger dem Meister nachgestrebt
habe. Dabei läfst es sich noch hören, wenn man sagt, es fände
sidi in Bromes Werken eiuigermafsen das Bild und die schöne
Jicliquie Jonsonschen Geistes, wie John Hall* thut, Avenn er in
seiner Empfehlung des Stückes „A Jovial Crew" schreibt:
' JJiogr. Dnini. I unter Cavoudi.-li, A\'illi;mi. - Ward II, 310, iS'utc -(.
Biogr. Draui. I. ' Nicht tShirley, wie Ward augiebt (II, 388).
Richard Brome. 9
You —
— by great Jonson were made free o' th' Trade,
So, that we rnust in that you Labour finde
Some Image and fair Reliquc of liis Miude.
Während hier das „some" im letzten Verse eine schüchterne
Einschränkung wagt, findet C. G. in der Empfehkmg der Brome-
schen „Antipodes", dafs Jonson eigentlich gar nicht tot sei; er ruft:
Jonson 's alivel
But stay, and let me teil you, where be is,
He sojournes in bis Brome's Antipodes.
John Tatham, der, wie John Hall, „A Jovial Crew" empfiehlt,
redet von einer Partei, die über Jonsons Tod triumphiere, da
seine Werke zu studiert (too elaborate) gewesen seien, um witzig
genannt werden zu können, und richtet dann an Brome die Auf-
forderung:
Draw tb' Curtain of tbeir Errors : tbat tbeir sense
May be conformable to Beu's Infiuence;
And, finding bere, Nafurc and Art agree,
May swear, tbou liv'st in Hirn, and be in Tbee.
Sieht man hier von der versuchten Gleichstellung Bromes
und Jonsons ab, so kann mau Tathams Gedanken nicht alle
Sachgültigkeit absprechen. Ohne Zweifel besafs Brome die Gabe,
AVeit und Leute zu sehen, vda sie sind, eine Gabe, die sein
Meister bei all seiner Buchgelehrsamkeit in diesem Mafse viel-
leicht nicht besessen hatte. Dals Brome darauf ziemlich stolz
war, wird sich aus der Betrachtung der von ihm selbst verfalsten
Prologe ergeben. Auch Shirley schätzt, anders als Randolph,
das reahstische Element in Brome, zumal dessen Beobachtungs-
gabe und Menschenkenntnis, hoch, als etwas, das man nicht von
Schulen und Akademien holen könne:
Learning, tbe File of Poesie, may be
Fetcb'd from tbe Arts and Universitie:
But be tbat writes a Play, and good, must know,
Beyond bis Books, Men and tbeir Actions too. ^
Was die empfehlenden Verse sonst noch bieten — allge-
meines Geschwätz über dramatische Kunst, Ausbrüche des Hasses
gegen die Puritaner, insbesondere Kundgebungen des Unmuts
über den von dieser Sekte im Jahre 1642 herbeigeführten Scliluls
der Bülinen — kann hier füglich übergangen werden. Grolsen
' Ebenfalls bei Empfehlung von „A Jovial Crew".
10 Richiird ßronie.
Wort wird man nach dem oben Gesagten diesen Empfehlungen
nicht beilegen dürfen. AVir finden ihrer vor den meisten oder
• loch sehr vielen Stücken jener Zeit: ein Autor lobte den anderen,
Hin wieder gelobt zu Averden, und so erinnert das ganze Ver-
l'ahrcn durchaus an eine Versicherung auf Gegenseitigkeit. Und
gerade vf)n denen, welche „were sworn to the tribe of Ren",
gilt dies am meisten. * Schwollen doch die Lobverse mitunter
/ii wahren Tiobbibliotlieken an!- llichard Brome selbst lieferte
eine ziemlich lange Empfehlung der Stücke Fletchers unter der
Überschrift: „To the Memory of the Deceased but ever living
Author, in these bis Poems, jNIr. John Fletcher." ^ Doch mag
thes eine freiwiüige Leistung gewesen sein, da wir keine Andeu-
tungen zu finden vermocht, dai's er den lebenden Fletcher zu
seinen Bekannten zählen durfte; der tote freiUch mufste es über
sich ergehen lassen, dais in jenen Versen vor allem Jonsons Lob
gesungen Avird. — Trotz alledem sind solche Empfelilungeu nicht
gänzlich unberücksichtigt zu lassen, da sie doch hier und da eine,
wenn auch noch so geringe Ausbeute für den Biographen geben
l<r)nnen, was bei der für jene Zeit gewöhnlichen Kargheit ander-
weiter Überlieferung immerhin ins Gewicht fällt, und zu bedauern
ist es, wenn neuere Herausgebor, Mie Dyce, für diese Zeilen
keinen Raum zu linden verni(')gen. So gehen wir der „commeu-
(latorv vorses" verlustig, die Brome zu Dekkers Stücken schrieb *
und die gewils nicht ohne alles Interesse sein würden.
Auch an vornehmen Gönnern hat es unserem Dichter nicht
gefehlt. \ou den vier Stücken, die zu seinen Lebzeiten erschie-
nen, ist das erste, „The Northern Lass'', dem „Right Worthy
and no lesse Judicious than Ingenious Gentleman, Riehai'd Hol-
ford, Esqu.'' gewidmet, von welchem er thatsächliche Gunst-
' Wiinl ir, nil, Nute 1.
- Tlic Works of Ben Jouson nach Whalloy luul Colmaii (s. S. '^.
Aiini. :'.), Vol. II, p. LXXIII, Note ;',8.
•' Il>iil. II, p. LXXXII ff. Eine Stelle daraus haben wir oben, S. 3,
aii.i.'fführt. Ward (II, löii) bezieht diese Empfehlung auf Fletchers Stück
, Monsieur Thomas" allein; es heifst aber in der Überschrift: „in these
Ins Poems.''
■ \\'oiiii er, wie ol)eii erwähnt, Dekker stets mit „Vater" anredet.
Weiii.L'stens kinmeii wir die bezüglichen Worte der Biogr. Dram. nur auf
solche Empfehlungen deiUen.
Richard Brome. 11
liezeiguiigen (real favours) erlaugt zai haben bekennt. Die Wid-
mung ist nicht ohne Geist geschrieben. Ein anderes Stück, „The
Sparagus Garden'', trägt an seiner Spitze eine Widmung an
William, Grafen von Newcastle, der hier als Gouverneur des
Prinzen (von Wales) bezeichnet wird. Dieser als Krieger wie
als Staatsmann ausgezeichnete Lord galt für den Mäcen des
Zeitalters Karls I. „Gewifs ist," sagt die Biographia Dramatica,
„dals diese edle Persönlichkeit von frühester Jugend an wegen
ihrer Liebe zu den Musen berühmt war, dals der Lord einen
richtigen Geschmack für die schönen Künste besafs, dals er stets
gern Leute von Geist um sicli hatte und ein besonderes Ver-
gnügen darin fand, darbendes Verdienst aus der Verborgenheit
zu ziehen."' Shirley war sein „attendant" w^ährend der Bürger-
kriege bis dahin, wo jener in die Verbannuug ging, ^ und vor
allen hatte Ben Jonson die Gunst des Grafen (späteren Herzogs)
von Newcastle genossen, der auch die letzten Tage des darbenden
Dichters heiterer gestaltete. Die Bekanntschaft Jousons mit dem
Lord mag durch die litterarischen Bedürfnisse des Grafen ver-
anlalst worden sein, wie denn überhaupt der Grundtou ihrer
Beziehungen zueinander der eines gefälligen litterarischen Ver-
kehrs gewesen ist.- War doch Xewcastle selbst als dramatischer
Dichter thätig! Vier Stücke, sämtlich Lustspiele und im Ge-
schmacke der Zeit, werden ihm mit Sicherheit zugeschrieben,
während seine Autorschaft hinsichtlich eines fünften uugewifs
ist. Und diese Neigung zur Bühnenschriftstellerei ward von
seiner Gemahlin geteilt, nur dals diese eine weit gröfsere Anzahl,
allerdings ziemlich schwaclier Stücke sclu-iel:); nicht weniger als
27 Lustspiele weil's die Biographia Dramatica von ihr aufzu-
zählen. ^ Dalis wir auch Brome unter den Bekannten des Grafen
finden, kann in Anbetracht der Verbindung beider mit Jonson
nicht überraschen, und dafs der Lord auf Bromes Urteil etwas
gab, zeigt der Umstand, dafs er, wde wir sahen, seine Komödie
„The Variety" von ihm beurteilen liefs, Avelches Amt, hätte
Jonson noch gelebt, unzweifelhafte diesem zugefallen wäre. Was
' Biogr. Dram. I. — S. obeu S. 9. - Ward I, 533.
3 Audere zählen nur 19 Stücke; die Abweichung erklärt sich daraus,
dafs manche derselljeu aus zwei Teilen bestehen. Vergl. Biugr. Drani,
und Ward II, 489, Note.
12 Piicliard Brome.
nun die Widmung ' anlangt, von der wir sprachen, so ist deren
Stil schwülstig und geschraubt, und die in ilir zur Schau getra-
gene Gesinnung ist die eines Sklaven. Brome argumentiert:
Dafs ich Euch, edler Lord, dieses AVerk („The Sparagus Garden")
widme, ist ein Vergehen gegen Eiu-e Güte; aber durch dieses
mein Vergehen gebe ich Euch Gelegenheit, Eure ]\Iilde zu zeigen
und damit den Kuhm Eures Namens zu mehren; „Caesai* had
iK'X'cr bin connncuded for his Clcmency, had there not occasion
beeue offercd, ^\•herein hec might shew, how willingly he could
forgive." — Der Ton einer anderen Widmung, welche vor seinem
Stücke „The Anti|iodes" steht und an William, Grafen von Hert-
ford, gerichtet wai-, ist nicht minder sldavisch, und erst gegen
das Ende seines Lebens wird seine Schmeichelei eiuigermafsen
erträglich, was man aus der Dedikatiou au 'i'homas Stanley er-
sehen mag, die er bei Gelegenheit der Veröffentlichung seines
Lustspiels „A Jovial Crew" verfalste. Stanley, der Sohn eines
Flitters in Hertfordshire, ^\•ird übrigens als em Mann von wissen-
:schaftlicher BUdung gerühmt, wie er denn zu Oxford M. A. ge-
worden war und später eine Geschichte der Philosophie schrieb,
in welcher er u. a. die Wollten des Aristophanes übersetzt hat. -
Man würde Brome imrecht thun, \vollte man ihn wegen der
iibergrolsen Demut, die in der ALchrzahl dieser A\'idmungen sidi
kundgiebt, allzuscharf tadeln: die meisten ,,play-wrights'' dieser
Kpoche — imd vielleicht war keine Zeit an Pramenschrcibern
IVuchtbarcr als diese — machten es nicht anders. Ohne Zweifel
Illieben solche Widmungen nicht ohne khngendeu Lohn, ^ ja wir
glauben es noch wahrscheinlich machen zu köimen, dafs Brome
auf die Erkenutlichkeit der iu Frage kommenden Herrschaften
rechnete und rechnen mulste. Aber hier zunächst einmal davon
' Sie mufs zwischen 16oS imd liilii uvscliricljoii sfiii, da im ersteren
.lalirc der (iraf Gouvcnn-ur des rriuzen ward, iui letzteren das Stück
irseliicii.
'•^ Bi<i}rr. IJraiii. F.
'•' Wie weit der Dedikatiuusuufug uaeb der Restauratiou getriebeu
wurde, darüber vergleiche uiaü Macaulay, History of Euglaud, I, 397 f.
(Tauchuitz.) Wie gering in luiscrer Epoche mitunter die Ausbeute war,
zeigt die ÄuCscrung Fields (l.V.Hica. bis l(UOea.): .1 did determinate uol
tu have dodieated niy phiy to any l)ody, because forty Shillings I caro
not for.~ Ward II, 2'.»:'.. Note G.
Richard Bronie. 18
abgesehen: zu wein hätten die, welehe von der Bühne lebten,
sich halten sollen, wenn nicht zu konigstreuen Männern vom
Schlage eines Lords von Newcastle? Je mehr die Macht des
Puritanertums A\-uchs, desto notwendiger ward es, „dafs die Schau-
spieler, die sonst, unbekümmert um die Regierungsform, nur für
die friedliche Unterhaltung ihrer Mitbürger zu sorgen pflegen,
eine politische Partei ergriffen, deren Interesse mit dem ihrer
eigenen Erhaltung auf das genaueste zusammenhing." ^
Am dürftigsten ist das, was wir über die Familienverhält-
nisse des Dichters wissen. Aus der mit „St. Br." unterzeich-
neten Empfehlung der Komödie „The Northern Lass", welche
die Überschrift trägt: „To his ingenious Brotlier, Mr. Richard
Brome" etc., mag man entnehmen, dal's er einen Bruder Xamen.'-
Stephen gehabt hat; aber es fehlen uns alle \veiteren Nachrichten
über diesen Bruder. Wir nannten oben Alexander Brome. Der-
selbe hat zehn- Stücke des Dichters herausgegeben mid sich in
prosaischen und poetischen Empfehlungen enthusiastisch über
Richard Brome geäufsert, so enthusiastisch, dafs es uns schwer
fallen MÜrde, hier nicht an eine Verwandtschaft zu glauben, hätte
nicht der Herausgeber selbst eine solche ausdrücklich in Abrede
gestellt. ^ Um so weniger läfst sich der Frage ausweichen, wie
er zu so überschwenglicher Bewunderung unseres Autors ge-
kommen sein mag. Geboren 1620, also vielleicht um ein Men-
schenalter jünger als der Dichter, hatte er später, nachdem er
sich der Rechtswissenschaft gewidmet, eine Anstellung als An-
walt am Lord Mayor's Court gefunden. Rühmend wird seiner
Anhänglichkeit an das Königtum gedacht, die auch während der
Bürgerkriege und des Protektorats unerschüttert blieb, und der
er — da sein Amt ihm dazu keine Geleoenheit oab — als
' A. W. Schlegel, Vorlesungen über dramatische Kunst und Littc-
ratur. Heidelberg 1811. II. Teil, 2. Abt., 3U8.
^ So die Biogr. Dram. ; Ward meint, nur die lt!53 erschienenen ^Five
New Plays- seien von ihm ediert worden. (II, 337, Note 3.)
3 The Works of Richard Brome, Vol. II, p. XV. Dort beginnt
Alexander Brome seine Lobrede „On the Comedies of the late facetious
Poet, Mr. Richard Bronie deceased" f olgendermafsen :
This to thy momory I'in bound to do,
(Ingenious Brome) though not related to
Thy parts or person.
1 I IvicliMid liromo.
Si-liriltstfller Ausdll ifk vci-lich. Unerschrocken und strenji .scliwano;
er in Oden und Sonetten seine satirische Geilsel über die Rund-
köpfe und den Protektor, und der grölste Teil der 7a\ Gunsten
der Royahsten verfalsten Paniplilete war sein Werk. Auch über-
setzte er den Horaz mid schrieb ein Lustspiel ,,The Cunninw-
fjovers", das H]')i in Druck erschien.' Denuiach wird das
Interesse, das er an Richard ]-)ronie und dessen Werken nahm,
ein mehrfaches gewesen sein. Zot>- ihn, der sell)St ein witziger
K()|)f war, unseres Autors Witz an, so fesselte ihn als Dichter
dessen Phantasie, deren Reichtum er preist,- und dessen Ge-
wandtheit im Komödienschreiben. Zudem waren sie in politisclier
Hinsicht Gesinnungsgenossen, und wie Alexander im Epigranun,
so hatte Jvichard P>rome in der Komödie die Puritaner und was
mit ihnen zusannuenhing zur Zielscheibe seines Spottes gewählt.
1 )ic Xamensvetterschaft mag das Übrige gethan haben, Alexander
iirome zum Herausgeber und Panegyristen des ehrlichen Dick
werden zu lassen. — Ebensowenig können wir eine verwandt-
schaftliche ])eziehung unseres Poeten zu dem Buchhändler Henry
IJrome, at the Hand in Paul's Church-vard, später at the Gun
in Ivy Laue, entdecken, der, auf Alexander Bromes A^eranlassung,
teils allein, teils in Verbindung mit anderen Verlegern, lOf)?, 5<s
unil öl) sechs posthume K<Mnr)dion Ivichard Bromcs drucken licls
tider auch bloCs vertrieb.''
Wann unseres Di'amatikers Tod erfolgt ist, darüber haben
wir wenigstens (>inen Anhaltspimkt. Das Stück ,.A Jovial Crew",
welches l(iö2 gedruckt ward, hat er noch sell)st mit der Wu\-
niimg an Thomas Stanley versehen, in der er wiederholt sein
Alter l)('tont; dagegen sind bereits die im nächsten Jahre ver-
t'ilVentlichten „Five New Plays", wie man aus der Vorrede
Alexander Bronies ersieht, posthum. Des Di(!hters Tod nuils
also in <lie Zeit von 1651 bis 1653 fallen, und dazu stimmt die
Angabc der Biogr. Dramatica, welche 1652 als Todesjahr nennt.
Somit endete Bronies Leben in jenem Zeitraum, aus wcl-
• licMi puritanischer Ivigorisnius durch den l»ekaimlcn Parlamcnts-
' Hiogr. l)i;nii.
- Freilich iiiil wi'iiig Ucclit. Tlic Works oi' R. V,i\, Vol. I. Vorrcdo
To the Stationer . . . ."
^ X'A. die Auufiibeu der Titelblätter.
llicbanl Bronie. 15
bescliliiiö vom 2. September 1642 alle theatralischen Auffüh-
rungen, soweit sie auf den Namen Tragödie oder Komödie An-
spruch machen konnten, verbannt hatte. ' „A Jovial Crew" wai-
wohl das letzte Stück Bromes ; es hatte, wie es in der Widmung
heilst, ,,the luck to tumble last of all in the Epidemicall ruinc
of the Scene", mid der Dichter hatte demnach keine Veranlassung
mehi', neue Stücke zu schreiben. — AVas er in den letzten zehn
Jahren seines Lebens getrieben, ist gänzlich unbekannt. Folgte
er, wne so viele Schauspieler und Dramendichter jener Epoche,
der Fahne des Königs? Schwerlich; denn dazu war er wohl
bereits zu alt. Oder begab er sich aufs Festland, um dort agie-
renden Landsleuten seine dramaturgische Hilfe zu leihen?- ^\'cr
mag es sagen?
Hier möge ein A\'ort über Bromes mutmafsliche äulsero
Stellung zur Bühne seinen Platz tiuden. Wie einst Shakespeare
und später noch Thomas Heywood — von manchem anderen zu
schweigen — die ausübende Thätigkeit eines Schauspielers mit
der eines dramatischen Dichters verbanden, so wäre mau woh!
geneigt, bei Eichard Brome eine gleiche Doppelbeschäftiguug
vorauszusetzen. Indessen, es mangelt an jedwedem sicheren An-
lialt dafür, dafs er jemals einer Schauspielertruppe angehört hal)e.
Dagegen fehlt es nicht an Hinweisen, dafs er das Stückeschreiben
nicht sowohl als freie Kunst, sondern als ein Gewerbe betrachtete
und betrieb, auf dessen pekuniären Erfolg er fast ausschlielslicl;
angewiesen war. Dafs er es, wenigstens bei der Widmung an
Stanley, in der That auf eine Art Almosen abgesehen hatte, er-
giebt sich aus der oben nur zum Teü angeführten Stelle, die
w' deshalb hier vollständig hersetzen: „All the arguments I can
use to induce von to take notice of this thing of nothing, is,
that it had the luck to tumble last of all in the Epidemicall
ruine of the Scene; and now limps hither with a wooden IjCg
to beg an alms at your hands." Das ist deuthch genug und
durchaus nicht blofs figürlich gesprochen. Auch dafs J)romc
wiederholt in „The Court Beggar" und anderswo sich über Leute
beklagt, die ihm und seinen Genossen ins Handwerk pfuschten.
' Ward II, 411. — Hettner, Litteraturgesch. des 18. .lahrlmiidrrts, 1, 71.
- Schlegel, a. a. O., II, 2, 308. — Ward II, 4M.
16 Richard Bromc.
dürfte nicht ledigliili, ju nicht einmal in erster Linie einem aus-
geprägten StandoshcwuCstsein, sondern hauptsächhch dem Um-
stände zugeschrieben werden müssen, dafs er den Ertrag seiner
eigenen Stücke nicht geschmälert wissen wollte. Es ist ihm
kaum anders ergangen als seinem väterlichen Freimde Dekker,
von welchem der jüngste Herausgeber sagt: „A wretched hand-
to-mouth existence, a career made sordid by the necessity of
writing for daily bread, seems to have been his lot from first
to last." 1
l^rome war das Glück zu teil geworden, seine Werke oft
und mit vielem Beifall aufgeführt zu sehen. Ohne Zweifel wur-
den sie auf den meisten der bedeutenderen Theater Londons
gegeben; vom Blackfriars-, Cockpit- und Globustheater, sowie
von der Company of Revels at Salisbury Court wissen wir es
sicher, und zwar wurde von den vier vom Verfasser selbst
edierten Stücken ,.The Northern Lass" oftmals auf dem Globus-
und dem Blackfriarstheater, „The Sparagus Garden" und „The
Autipodes" mindestens je einmal (1335, 1638) von der Company
of Kevels, at Salisbury Court, „A Jovial Crew" auf dem Cockpit-
(Drurylane-)Theater (1641) gespielt. Aber auch von denjenigen
Stücken, die erst nach des Autors Tode gedruckt wurden, hatten
manciic bereits das Londoner Publikum unterhalten. Dahin ge-
hören „The Novella" und „The Queen's Exchange", die man —
das erste Stück 1632 — auf der Blackfriarsbühne, und „The
Court Beggar", den mau 1632 in Drurylaue aufgeführt hatte. ^
Von einzelnen Stücken wird ausdrücklich bemerkt, dals sie bei
diesen Aufführungen grofsen Erfolg gehabt haben: so „The
Northern Lass", „The Court Beggar", „A Jovial Crew". Kurz,
Bromc scheint seiner Zeit en vogue gewesen zu sein.
Dieser Umstand, verbunden mit dem anderen, dafs er die
Gunst vornehmer Herren und das AVohlwollen jNIitstrebender
gcnols, hätten ihn, zumal er aus niederem Stande hervorgegangen
war, wohl stolz machen können, und Wanl hat in der That recht,
wenn er ihm Sclbstbewulstscin zusehreibt, aber ein solclies, das
' The Drainatic Works of Th. Dokkor. Lontlou 187,^. Vol. T. Me-
moira of Th. Dckkir, p. VII.
=* Die Angabeu liuden sich zum Teil auf dcu Titelblättern, zum Teil
im 2. Bd. der Biogr. Dram.
Richard Brome. 17
auf elgeutümliche Weise mit einer gewissen Bescheidenheit ver-
knüpft war. 1 Selbstbewufst und bescheiden zugleich lautet das
Distichon, das er seinem Lustspiel „The Love-sick Court" voran-
setzte :
Nil mea, ceu mos est, commendes carmina curo,
Se nisi comendent carmina dispereant. (Sic.)
Es zeigt sich diese wunderliche Mischung ferner da, wo er
sich direkt an das Publikum wendet: denn wenn er an der einen
Stelle sich ganz dem Urteile der Zuschauer unterordnet —
He, that his wonted modesty retaynes,
Aud never set a jirice uijon his Braines
Above your Judginent ....,-
wenn er ilmen sagt:
'Tis ouly in your hands to Crowne a Play ; ^
wenn er ihnen endlich sein Plaudite zuruft : '* so fehlt es doch
auch nicht an Stellen, wo er sie wissen läfst, dafs nicht er, son-
dern die Hörer ein Stück gut oder schlecht machen,^ und wo
er droht, noch weit schlechtere Stücke zu schreiben, wenn ihm
nicht Beifall zu teil würde. ^ Auch wenn er auf sein Verhältnis
zu anderen Dichtern zu sprechen kommt, schwanken seine Äul'se-
rungen merkwürdig zwischen Stolz und Bescheidenheit. Er
rechnet es sich zum Ruhme an, dafs er kein Pedant sei;'^ dafs
er nicht zu den Dichtern gehöre, welche englisches Griecliisch
sclireiben : ^ und dennoch ist er sichtlich bestrebt, in den Pro-
logen ^ sowohl als in den Stücken selbst ^<^ gelehrte Kenntnisse
aus der Mythologie und eine Menge lateinischer Phrasen an den
Mann zu bringen. Er strebe, sagt er, nicht nach dem Namen
eines Autors oder Dichters, noch gar nach dem Amte eines
Poeta laureatus ^1 — womit er wolil seine Inferiorität im Ver-
gleiche zu Ben Jonson andeuten will — , gleichwolil habe das,
was er geschrieben, die Leistungen anderer übertroffen und den
Beifall der Besten gefunden. ^^ Es gefällt ihm, sich als einfachen
1 Ward II, 388. * Prolog zu „The Sparagus Garden". ^ Epilog
ibid. '' Epilog zu „The Damoiselle" und anderwärts. '■> Epilog zu
„A Mad Couple well match'd^. •"■ Epilog zu „The Novella". ' Prolog
zu „The City Wit". « Prolog zu „The Novella". » Vgl. besonders den
Prolog zu „The City Wit". 'o Wie in „The Court Beggar", „The City
Wit" u. a. i> Prolog zu „The Damoiselle". '^ Prolog zu „The Queen's
Exchange".
Arohiv f. n. Sprachen. LXXXII. ^
18 Kichard Brome.
„Playmakcr", und „INIIrth and Sense" als seine einzigen Ziele
hinzustellen; ' au anderen Orten aber verzichtet er auf den „Sense"
und begnügt sich mit „Mirth".^ Seine Devise, die er in den
Prologen auf mannigfachste AVeise variiert, sind die Worte seines
Meisters: „I love a taming -sv-it, as I love my nom-ishment." ^
Das Gebiet, auf welchem sein Witz und sein Talent überhaupt
zum Ausdrucke kam, war zumeist die Schilderung des täglichen
Lebens und Treibens, seine Grundrichtung der Realismus. Dessen
ist er sich wohl bewiifst, und er ist einsichtig genug, über dieses
Gebiet sich nur selten hinauszuwagen. Bescheiden gesteht er
das ein; aber die Bescheidenheit schlägt sogleich Mieder in das
Gegenteil oder doch in sehr stai'kes Selbstbewufstseiu um, Avenn
er fragt, ob es für die Muse nicht eine ebenso schwere Auf-
gabe sei,
To move the Earth, or to dislodge a Star.''
Die Dichter des höheren Stils achtete er, schätzte aber seine
Kräfte den ihrigen gleich; zu denjenigen Bescheidenen, von denen
Goethe in bekannten Worten redet, gehörte er nicht. —
Im folgenden geben wir nun eine Übersicht über die uns
erhaltenen Stücke Bromes. Die Anordnung geschieht nach den
Jahren, in denen sie gedruckt sind.
I. The Northern Lasse, or, a Nest of Fools;"' a Comedie. As
it lias beene often Acted with good Applause at the Globe, and
Black-Fryers : By his Majesties Servants : Written by Richard Brome.
London : Printod by Aug. Mathevves, and are to be sold by Nicholas
Vavasoor, dwelling at the little South dore of St. Paul's Church.
1634. (40.)
IL The Sparagvs Garden : a Comedie. Acted in the yeare 1(53.')
by the then Company of Revels, at Salisbury Court. The Author
Richard Brome. London: Printed by J. Okes, for Francis Constable,
aiul are to be sold at his shops in Kingsstreet in the signe of the
Goat, and in Westminster-hall. 1G40. (4".)
' Prolog zu „The Novella".
^ Ähnlich sagt u. a. Dekkor im Prolog zu „The Shoeniakor's Holiday,
or the {JeiitU" Craft" : „. . . notliiiig is purposed bat mirtli.-
^ Joiisou: „The Alclieniist-, V, 1.
•» Prolog zu _The Autipodos". — Ward II, 339.
'- So lautet der Titel nach der Biogr. Dram., Vol. II. In dem von
uns beuutzten Neudruck fehlt der Zusatz „or, a Nest of Fools". — Die
Angabe der Formate geschieht nach der Biogr. Dram.
Richard Brome. lÖ
III. The Antipodes: a Coraedie. Acted in the yeare 1638, by
the Queenes Majesties Servants, at Salisbury Court in Fleet-street.
The Author Richard Brome. London: Printed by J. Okes etc.
1640. (40.)
IV. A Joviall Crew: or, the Merry Beggars. Presented in a
Comedie, at the Cock-j^it in Drury-Lane, in the yeere 1641. Written
by Richard Brome. London : Printed by J. Y. for E. D. and N. E.,
and are to be sold at the Gun in Ivy-Lane. 1652. (4".)
Diese Einzelausgaben sind sämtlich mit Widmungen ver-
sehen. Die folgenden fünf Stücke erschienen 1653 in einen
Band vereinigt und mit fortlaufender Paginierung unter dem Titel :
Five New Playes, (viz.) The Madd Couple well matcht. No-
vella. Court Begger. City Wit. Damoiselle. By Richard
Brome. London, Printed for Huinplirey Moseley, Richard
Marriot, at Thomas Dring, and are to be sold at their
Shops, 1653. (80.)
Der Herausgeber war Alexander Brome. Das erste Stück
hat kein eigenes Titelblatt.
V. A Mad Couple well match'd.
VI. The Novella, a Comedie. Acted at the Cockpit, by His
Majesties Servants, Anno 1632. Written by Richard Brome. Lon-
don. Printed for Richard Marriot, and Tho. Dring, and are to be
sold at their Shops in Fleet-street, 1653.
VII. The Court Begger. A Comedie. Acted at the Cockpit,
by bis Majesties Servants, Anno 1632. Written by Richard Brome.
London. Printed etc. 1653.
VIII. The City Wit, or, the Woman wears the Breeches. A C'o-
medy. London, Printed etc. 1653.
IX. The Damoiselle, or, the New Ordinary. A Comedy. Lon-
don, Printed by F. R. for Richard Marriot etc. 1653.
Vier Jahre später erscheint w-ieder eine Einzelausgabe:
X. The Queenes Exchange, a Comedy, acted with generali
applause at the Black-Friers, by bis Majesties Servants. Written by
Mr. Richard Brome. London, Printed for Heniy Brome, at the Hand
in Pauls Church-yard. 1657. (40.)
Scliliefslich wieder ein Kollektivband, ebenfalls von Alexander
Brome herausgegeben:
Five nevv Playes, viz. (folgen die Titel). By Richard Brome.
London, Printed for A. Crook, at the Green Dragon in
Saint Pauls Church-yard, and for H. Brome, at the Gunn
in Ivy-Lane, 1659. (80.)
2*
20 Richard Brome,
Nur die ersten beiden Stücke haben hier fortlaufende Pagi-
nierung. Als Jahreszahl steht bald 1G59, bald 1658. Es ist
walirscheinhch, dafs das erste und zweite Stück zusammen, die
üljrigcn (hvi dagegen einzeln gedruckt vorhanden waren, ehe sie
zu einem Bande unter gemeinsamem Haupttitel vereinigt wurden.
Der Umstand, dafs das besondere Titelblatt des ersten Stückes
1059, das des zweiten 1058 als Jahreszahl zeigt, lälst sich zwang-
los so erklären, dafs man bei der Vereinigung der Stücke zu
einem Bande das Titelblatt des ersten durch ein neues ersetzt
hat, auf dem die Jahreszahl mit der des Haupttitels überein-
stimmt (1059), während der frühere Special titel des ersten Stückes
jedenfalls 1058 hatte. Wu' behalten deshalb die lleihenfolge bei,
in welcher die Stücke im Bande erscheinen.
XI. The Eiiolish Moor, or the Moek-]VIarriage : A Comoedy as
is was ofton acted with gcneral applause, hy Her Majesties-Servants.
By Richard Brome, London, Printed in the year, 1609.
XII. The Love-sick Court. Or the Amhitious Politique. A C'o-
medy. Written hy Richard Brome : London, by J. T. for A. C'. and
are to be sold by Henry Broom, at the Gun in Ivie-Lane, IG') 8.
XIII. The Weeding of the Covent-Garden. Or the Middlesex-
Justice of Peace. A Facetious Comedy. A Posthume of Richard
Brome, au Ingenious Servant, and Imitator of his Master, that fa-
mously Renowned Poet Ben Johnson. London, Printed for Andrew
C'rook, and are to be sold at the Green Dragon at 8t. Pauls Church-
yard: And Henry Broom at the Gun in Ivy-Lane. 1658.
XIV. The New Academy or, the New Exchange. By Richard
Brome. London, Printed for Andrew Crook etc.: And Heniy
Brome etc. 1658.
XV. The Queen and Concubine. A C omedie. By Richard
Brome. Printed for A. C'rook, and Hen. Brome, at the Gun in Ivy
Lane. 1659.
Der vollständige Titel des von uns benutzten Neudruckes
lautet :
TJte Dmmativ Works of Richard Brome, containbiy fiftcen Co-
medics now first colleded in three Volumes. London. John Pearson,
VnrL- Street, Coveni Garden. 1873. fSy
Davon enthält
Vol. I die Stücke V, VI, VII, VIII, IX,
Vol. II „ „ XI, XII, XIII, XIV, XV,
Vol. III „ ,. I, II, TU, IV, X.
Richard Brome. 21
Es entsprechen demnach Vol. I und 11 genau den unter
dem Titel „Five New Plays" 1653 und 1659 veröfFenthchten
Bänden, wälirend die Einzelausgaben Vol. HI füllen. Letzterer
hat fortlaufende Pagmierung. — Der erste Band dieser Faksimile-
Ausgabe enthält das Bildnis Bromes, darimter einige Verse von
A. B., d. i. Alexander Brome. Das Porträt wird also bereits
den „Five New Plays" von 1653 vorangestanden haben.
„A Jovial Crew" findet sich auch bei Dodsley, 2. Auflage,
1780, Bd. X. Dem Stücke sind biographische Notizen über
Brome beigegeben, welche der Biograpliia Dramatica als Quelle
dienten.
Vorher schon waren einzelne Stücke A\neder abgedruckt
worden. So erschien 1661 „The Queen's Exchange" in 4" unter
dem neuen Titel „The Royal Exchange". „A INIad Couple well
match'd" ward von Mrs. Beim mit einigen Abänderimgen ver-
sehen und als „The Debauchee, or the Credulous Cuckold" 1677
in 4*^ gedi'uckt. Von „The Northern Lass" wurden sogar zwei
neue Quartausgaben veranstaltet: die eine, mit einem Prologe
vou Jolm Haynes und einem Epiloge, im Jahre 1684; die andere,
in Avelche neue, von Dan. PurceU komponierte Gesänge eingefügt
waren, 1706. A'^on der Umgestaltung, die mit „A Jovial Crew" *
vorgenommen wurde, soll bei Besprechung dieses Stückes die
Rede sein.
Als wahrscheinlich verloren gegangene Stücke Bromes wer-
den erwähnt : -
1. Witt in a Madness.
2. Cliristianetta.
3. The Jewish Gentleman.
4. The Love-sick Maid; or the Honour of young Ladies.
5. The Life and Death of Sir Martin Skink, with the Wanes of
the Low Countries.
6. The Apprentices Prize.
Schon oben ward gesagt, dals er die beiden letzten Stücke,
wie auch das uns erhaltene dramatische Sittengemälde „The Late
Lancashire Witches", in Verbindung mit Thomas Heywood schrieb.
' Biogr. Dram. II. "^ Ibid. I.
22 Richard Brome,
Bronips Werke — wir reden fortan Killiij nur von den .seih-
ständig von ihm vcrfafsten — duirakterisieren j^icli bis auf einige
wenige als I^ustspiele.
Noch Shakespeares komische Stücke, sagt Ward, waren
Situationskomödien gewesen, d. h. ihr Hauptinteresse lag in der
Handlung an sich, weniger hu Charakter der handelnden Per-
sonen; denn er hatte seine Stoife meist in Regionen gesucht, die
M'eit ab liegen vom Kreise alltäglicher Erfahrimg, in Regionen,
in denen der Leser sich nur insoweit heimisch fühlen kann, als
der Dichter selbst in ihnen heimisch ist. Dieses romantische
Element der grofscn Mehrzahl seiner Lustspiele hatte ihn nur
eben einen Anfang machen lassen mit der Charakterkomödie,
die zu ihrer gedeihlichen Entwickelung den engen Anschlufs des
Dramas an das nationale Leben erheischt. So sehen wir echte
Charakterkomödien erst bei Ben Jouson, und wenn derselbe nicht
das Höchste erreichte, was in dieser Gattung erreicht werden
kann, so lag es nicht an seinem Willen, sondern an seiner be-
schränkten Geschicldichkeit , sowie an dem Mangel derjenigen
Heiterkeit und Elasticität, die beide dem echten Lustspieldichter
unentbehrlich sind. Seine Zeitgenossen und unmittelbaren Xach-
folger waren noch weniger die rechten Leute, die Chai'akter-
komödie zu gröfserer Vollkommenheit zu führen, da ihnen für
das empirische wde für das wissenschaftliche Studium der Xatur
das vornehmste Erfordernis des Charakterzeichners, der Fleils,
fast gänzlich abging. Ihr Blick blieb auf der Oberfläche haften,
und ihr emsiges Haschen nach genialen Katastro})hcji und er-
götzlichen Situationen lie(s ihnen Zeit, eine reiche INIanuigfaltig-
keit der Sitten, aber nicht der Charaktere zu entfalten. Es wiwcn
so die Charaktei'c, zu deren beschränkter Zahl nur hier und da
von einem der bedeutenderen Dichter dieser Epoche ein neuer
iiinzugefügt wurde, t/jjn'sch geworden, und wir haben es daher
in jener Zeit hauptsächlich mit SittenkonKulien zu thun. '
Brome ist ein vortrefTlicher Repräsentant dieser Richtung. Von
seinen dreizehn Lustspielen tragen sieben das echte Gepräge der
Sittenkomödien. Es sind dies : .,The Northern Lass", „The Spa-
ragus Garden'", „The Autij)odes", ,,A Mad Couple well match'd",
' Ward 1, l'Jö; II, 128 f.
Eichard Brome. 23
„The Coiu-t Beggar", „The City Wit", „The Damoiselle, or thc
New Ordinary" und „The Covent-Garden weeded". Der Scliau-
platz ist hier überall London, die zur Anschauung gebrachten
Sitten sind Londoner Sitten. Die übrigen vier Lustspiele mögen
ihres romantischen Elementes wegen als romantische Komödien
bezeichnet werden, wenn wir auch nicht die von Ward ge-
brauchte Benennung romantische Intriguenkoraödien empfelilen
möchten: denn auch die Sittenkomödien entbehren der Litrigue
keineswegs.' Diese vier Stücke sind: „The Love-sick Court",
mit dem Schauplatz Thessalien, „The Novella" (von Ward über-
gangen), die in Venedig spielt, „The English Moor, or The Mock-
Marriage", mit London als Scene, imd „A Jovial Crew, or The
Merry Beggars", deren Schauplatz in der Umgebung Londons
zu denken ist. übrigens kann „The Enghsh Moor^' trotz alles
Romantischen, das darin sich breit macht, sehr wohl auch zu
den Sittenkomödien gerechnet werden, denn das den letzteren
Eigentümliche ist eben die Londoner Lokalfarbe, sind eben die
Londoner Sitten, die sich auch in diesem Stücke nicht verleugnen.
Anders verhält es sich mit „A Jovial Crew"", in welcher Komödie
der heimische Schauplatz nicht den spanischen Ursprung der
Handlung vergessen machen kann, und in „The Love-sick Court"
und „The Novella" miils das Romantische um so fühlbarer wer-
den, je weiter sich da der Dichter räumlich und zeitlich aus
seiner Sphäre entfernt.
Auch „The Queen's Exchange" und „The Queen and Concu-
bine" werden auf den Titelblättern als Comedies bezeiclmet; in-
dessen läfst sie ihr ernster Inhalt bei nicht tragischem Ausgang
durchaus als Dramen erscheinen. Diese „Romantic Dramas of
lutrigue" — wie Ward sie nennt — haben mit dem eigentlichen
historischen Drama nichts mehr zu schaffen; ihr Grundcharakter
ist jene krankhaft überspannte Romantik, wie sie später noch be-
sonders in den Heroic Plays der Restauratit)nsepoche ihren Aus-
druck gefunden hat.^ Nichtsdestoweniger vereinigen die beiden
Dramen Vorzüge der Form und des Lihalts in sich, welche uns
ZA\angen, sie den besten Erzeugnissen Bromes beizuzählen. —
1 Abgesehen von jener Benennung müssen wir auch sonst eiuiger-
inafsen von Ward abweichen.
^ Ward II, 428.
24 Richard Brome.
Die Stücke unseres Autors sind teils vor\viogend in Prosa,
teils ausschlicfslich in Versen; in einigen halten Vers »nul Prosa
einander die Wage. Rein metrisch sind u. a. „The Queen's Ex-
change", „The Antipodes", „The Love-sick Court", vorwiegend
in Prosa „The Northern Lass", „A Mad Couple well mateh'd",
„The Covent - Garden weeded", „The City Wif. Abgesehen
von den eingelegten Liedern (die auch in den Prosastücken
nicht felilen), ist der von Brome angewandte Vers, wie natür-
hch, der blank verse; nur hier und da findet sich der Reim,
und zwar an Stellen, wo er auch bei anderen Dichtern ge-
wöhnlich ist: am Schlüsse mancher Scenen oder Akte oder bei
besonders pathetischer Sprache. Im allgemeinen hat Brome
wenig Kunst und noch weniger Fleifs auf die Versifikation
verwandt. So ist in manchen Abschnitten, die als Verse ge-
druckt sind, ein Metrum schlechterdings nicht zu erkennen, ein
Mangel, der allerdings wolil mehr auf Rechnung des Heraus-
gebers als des Autors geschrieben werden mufs. Die Ausgaben
der Bromeschen Stücke, besonders der posthumen, sind sehr
nachlässig, und von den letzteren, die leider in der Mehrzahl
sind, steht zu vermuten, dafs sie bei der Aufführung stenogra-
]>hisch nachgeschrieben wiu'den. ^ Den Herausgeber, Alexander
Brome, kann freilich nm* eingeschränkter Vorwurf treffen, da es
den Zeitgenossen und Vorgängern Richard Bromes mit ihren
Werken nicht anders erging. ^ Aber häufig sind die Verse, auch
soweit sie sich nicht als offenbar verunstaltet verraten, nichts
weniger als korrekt, und wer sie lesen will, mufs sich auf un-
gemeine Versclileifungen gefafst machen.
Entfernt sich somit Brome weder in seinen Stoffen noch in
der äui'soren Form seiner Stücke erhclilich von seinen mitstre-
bcndcii Zeitgenossen, so stimmt er aut-h in noch anderen wesent-
' Vgl. Elze, a. a. O. 310.
^ Ders., a. a. O. 320. — Der Umstand, dafs aucli die Eintciluug
rcsp. Bezeichming der Sceneu in vielen Stücken nur unvollständig durch-
geführt ist, in manchen sogar ganz fehlt, nötigt uns, bei Vol. I und II 1,
welche durchgehende Paginierung haben, nach Band und Seiten, bei
Vol. II durch Angabe des Titels des betr. Stückes und der besonderen
Seitenzahl zu citieren. — Hierbei sei noch bemerkt, dafs auch die Bühnen-
anweisungen häufig fehlen oder doch mangelhaft sind.
Eichard Brome. 25
liehen Punkten mit ihnen überein: in der Art der Komposition,
der Zeiclmung der typisch gewordenen Charaktere, der Sprache.
Ein vergebhches Beginnen wäre es, wollte man den Wert
der Komposition eines solchen Stückes mit dem Mafsstabe jener
wissenschaftlichen Kritik messen, welche im wesentlichen sich
auf Aristoteles' Theorien stützt. Die Entwickelung des englischen
Dramas hat sich überhaupt nicht an die Regeln der Alten ge-
bunden; es ^nu'zelte dasselbe, wie R. Gr. White mit Recht be-
merkt, in den Instinkten des englischen Volkes, und sein Wachs-
tum fällt mit dem Wachstum des Volkes in eins zusammen. *
AVohl hat es auch in England nicht an I^euten gefelilt, die den
dramatischen Dichtern das klassische Modell vorgehalten haben;
von dauerndem Erfolge aber ist nie etwas verspürt worden. -
Brome wulste von klassischen Mustern nichts und wollte nichts
von ilinen wissen. Er, der in einzelnen Fällen sich gestattet,
die Exposition der Handlung auf aUe fünf Akte auszudelmen,
spottet über Kritiker, die sie womöglich schon in der ersten
Scene erwarten. ^ Wenn er trotzdem nicht selten bei der Schür-
zung und Lösung des Knotens glücklich ist, so wird er dabei
nicht eigentlich von künstlerischem Verständnis, sondern von
einer Art richtigen Instinktes geleitet, ^^•ozu noch kommt, dals
er sich bedeutende Routine, handwerksmäi'sige Fertigkeit ange-
eignet hatte. Dafs dem so ist, dafs er über eine äufsere, tech-
nische, man möchte sagen schablonenhafte Behandlung seiner
Stoffe nur schwer hinauskam, erhellt aus der gleichförmigen An-
lage vieler seiner Stücke. So wii'd in „The New Academy'',
„The DamoiseUe", „The Coveut-Garden weeded" u. a. die Lö-
simg des Knotens wesentlich mit dadurch herbeigeführt, dais che
Personen der Handlungen — denn bei einer Handlung be-
wendet es niemals — fast sämtlich zu einer Zeit und an einem
und demselben Orte sich einfinden. Es ist wahr, der Verfasser
giebt sich Mühe, das Erscheinen einer jeden Person an dem in
Frage stehenden Orte zu motivieren, aber es gelmgt ihm fast
1 Elze, a. a. O. 244. - Ders., a. a. O. 211 f.
3 Observe nie:
■ As an iiigeuious Ciitick woiild observe
The.first Scene of a Comedy, for feare
He lose the Plot. (The DamoiseUe I, 417.)
26 Richard Brome.
nirgends, den Leser zu überzeugen, dafs innere Notwendigkeit
und nicht ein Dens ex machina das treibende ^loment ist. Auch
macht sich in den genannten und einigen gleich tief stehenden
Stücken ein allzu loser Zusammenhang der Scenen bemerkbar;
sie erscheinen gleichsam als parallel, wo sie doch ineinander
greifen sollten. Veranlassung zu diesem Fehler mögen Jonsons
Hauptwerke gegeben haben, namentlich „Every Man in his Hu-
mour" und „Every Alan out of his Humour", und von diesen
wieder besonders das letzte. Ohne Zweifel urteilt Sclilegel ' zu
scharf, wenn er in „Every INIan out of his Humour" nur eine
„Rhapsodie lächerlicher Auftritte ohne Zusammenhang und Fort-
rückung'' erblickt, und wir schliefsen uns Wards Meinung an, ^
dafs hier der Zusammenhang so weit gewahrt ist, als es der
Zweck des Dichters, der eine Satire schreiben wollte, erfordert.
Aber ohne allen Grund ist Schlegels Aufserung nicht, vielmehr
recht charakteristisch für Jonsons Kompositionsweise überhaupt.
Was Wunder mm, dafs Brome, der Nachahmer, in seiner hand-
werksraäfsigen Manier weiter auf dem Abwege fortschritt und
den Fehler nur noch gröfser machte. Doch wäre es migerecht,
wollte man jenen Tadel auf alle Stücke imseres Autors aus-
dehnen. Kanu ihm eben auch nur Routine zugesprochen werden,
so läfst sich auch mit dieser schon hier und da etwas Schätzens-
wertes hervorbringen, zumal wenn sie dm^ch natürlichen Verstand
unterstützt wird. Davon geben u. a. „The Court Beggar", „The
City \\'it", „The Antipodes" Zeugnis, in denen die Anlage ])lan-
voller, die Ausführung geschickter ist. Freilich erhalten auch
diese besseren Stücke, bei sonst verschiedenem Inhalte, ein ge-
wisses einfcJrmiges Gepräge dadiuch, dafs im letzten Teile fast
iinnuu' die Handlung in ihrem Gange ermattet, sowie dadurch,
dafs einzelne technische Kunstgriffe nicht minder stereoty}) ge-
worden zu sein scheinen wie die Charaktere. Solche Kunstgritfe
sind die Scheintrauungen, bei denen ein verkleideter Laie den
Geistlichen spielt, Unterschiebungen bestimmter Personen, masken-
hafte Aufzüge. Die ^Masken stehen selten in engerer Verbin-
dung mit der Handlung: am meisten noch in „The Antipodes'',
wiihrcnd z. 1>. in „The Court Beggar" das Arrangement der
1 A. a. 0. II, 2, 28 J. - Ward I, 556.
Richard Brome. 27
Maske der Wahrscheinlichkeit iu hohem Grade widerspricht und
überdies dem Lustspiele den Charakter der Posse aufdrückt.
Meist wandte Brome diese allegorischen Darstellungen da an,
wo er merkte, dafs seine lü'aft erlahmte oder dafs sich auf ge-
wöhnliche Weise dem Stoife ein weiteres Interesse nicht abo;e-
winnen liefs; er gebraucht also diese bei Jonson meist als selb-
ständige Dichtungen auftretenden Spiele als PaUiativmittel gegen
die Langeweile, ohne zu beachten, dafs sie, geistlos und nichts-
sagend, wie sie meist sind, das mit 'erzeugen helfen, dem sie vor-
beugen sollen. — Bedenklicher noch als die erwähnten teclmischen
KunstgriiFe ist die Überladung des Spiels mit Episoden, und an
diesem Fehler leiden die meisten Stücke Bromes. Hier zeigt
sich, dafs unserem „plav-wright" das Verständnis für die Einheit
der Handlimg durchaus abgeht. Von den meisten seiner Komö-
dien gilt, was Schlegel von einem Stücke Thom. Heywoods sagt : *
„Statt die Haupthandlung gehörig zu entwickeln, zerstreut uns
der Verfasser durch eine zweite Verwickelung, die mit der ersten
sehr lose oder gar nicht zusammenhängt;" nur sind bei Brome
die Verwickelungen mitunter so bedeutend gehäuft, dafs es, mit
Schlegel zu reden, fast unmöglich ist, .,den Inhalt in eine ordent-
liche Erzälilung zu bringen." Eine neue Episode zu schaifen,
eine neue Intrigue anzuspinnen, war für den früheren Gehilfen
Jonsons ein Leichtes; kamen ihm doch dabei Reminiscenzen aller
Art zu statten. Er mochte viel gelesen haben, noch mehr aber
hatte er wolil darstellen sehen. Jedenfalls war er mit sehr vielen
Werken seiner Zeitgenossen vertraut, wie wir denn in allen sei-
nen Stücken Spuren davon finden.
Wir werfen nunmehr einen Blick auf die Charaktere. Das
romantische Lustspiel „The Love-sick Court" imd die Dramen
..The Queen's Exchange" und „The Queen and Concubine" sind
die einzigen Stücke, in denen Brome sich zur Darstellung bedeu-
tender Personen und solcher Handlungen erhebt, die uns einen
Blick in das Getriebe eines Staatswesens thun lassen. Wenn
irgendwo, so mufste er hier zu idealisieren versuchen. Dies hat
er nun zwar gethan, aber wie ist dieser Versuch ausgefallen?
In „The Love-sick Court" sind die beiden Hauptpersonen walire
Schlegel, a. a. 0. II, 2, 278.
28 Richard Brome.
TugeiitlhcldeD, und in ,,The Queen and Concubine" steht ein
leidender Engel einer Teufelin gegenüber — Charaktere, die nicht
blofs nach Aristoteles zur Verwendung im Drama ganz unge-
eignet sind, zumal wenn sie in so plumper Zeichnung erscheinen
wie hier. Wenn der Dichter in „The Queen'« Exchange" mit
seinen Personen mehr Glück gehabt, so Hegt dies au dem Um-
stände, dals dort die Handlung sich nicht aus der Beschaffenheit
der Charaktere, sondern auf Grund einer Aulserlichkeit, einer
doppelten Verwecliselung, entwickelt. Aber auch in diesem Stücke
findet sich eine Persönlichkeit, die in vielen Zügen das Gepräge
eines Heiligen trägt: der anfangs zurückgesetzte, später zu hohen
Ehren gelangende Anthynus. Im allgemeinen mufs man also
sagen, dafs Brome, sobald er zu idealisieren versucht, in Über-
treibimg verfällt. — Sehen wir uns mm auf dem Gebiete um,
das er selbst als seine eigentliche Domäne betrachtet, dem rea-
listischen ! Die Sittenkomödien Bromes — denn um diese han-
delt es sich hier — suchen ihre Charaktere nicht auf den Thronen;
die in diesen Stücken behandelten Interessen sind keine welt-
nnd staatsbewegenden. Der Autor greift hier hinein ins voUe
^Menschenleben, wie es sich in der Familie, auf dem iNIarkte, im
Kaufladen und an den Orten des Vergnügens zeigt. Die ver-
schiedenen Stände, welche das London jener Zeit aufzuweisen
hat, erscheinen hier im bunten Wechsel : der heruntergekommene
Landedelmann, der Höfling, der Stutzer, der Kaufmann und die
Kaufmannsfrau, der Friedensrichter, die laimische Witwe, der
Wucherer, der Beutelschneider, die Gefallene, die feile Du-ne,
der Bramarbas, der Projektenmacher u. s. f. Fürwahr, ein farben-
reiches Bild, das des Interessanten genug zu bieten vermag! Aber
dadurch, dals diese Charaktere bereits typisch geworden waren,
verlieren sie viel von ihrem Reize. Die Personenverzeichnissc
dieser Stücke ähneln einander ungemein; meist dieselben Leute,
nur die Xanicn sind vertauscht. ITnd die Motive, welche diese
Leute zu ihren Handlungen antrellx-u? Es sind in der Regel
die gemeinsten Triebfedern menschlicher Thätigkeit, wie Geiz,
Ehrgeiz in gröl)ster Form, liöchst sinnliche Liebe, tölpische Eifer-
sucht. Und wie könnte dies auffallen ! Die Sitte der Zeit war
zur Sittenlüsigkeit geworden, und Brome thut nichts melu' und
niclits weniger, als dals er die Gebrechen der Zeitgenossen in
Eichard Brome. 29
all ihrer BlÖfsc schildert. Insofern nun hätten seine Komödien
eine Bedeutung erhalten mögen, die sie, als Kunstwerke be-
trachtet, nimmermehr haben: sie hätten, den Mensehen jener
Periode als Spiegel ihres Lebens und Treibens vorgehalten, für
diese zur warnenden Mahnung werden können. Aber der Ver-
fasser frönte dem Geschmacke des entarteten Zeitalters, indem
er dessen Thorheiten und Gemeinheiten zum Gegenstaude blolsei'
Unterhaltung macht; er fühlte sich eins mit seinem Publikum
und dachte nicht daran, dasselbe einem edleren Geschmacke zu-
zuführen. Dennoch gebietet auch hier die Gerechtigkeit, zu er-
wähnen, dals er in einigen Stücken, so in „The Court Beggar'"
und „The Autipodes", zuweilen einen recht gesunden Ton an-
schlägt und dadurch wenigstens einen Anlauf nimmt, der Nari--
heit mit der Satire zu Leibe zu gehen; aber dann ist er eben
nur satirisch, und es fehlt ihm der echte, versöhnende Humor.
Die Roheit der Handlung und der Charaktere spiegelt sich
wieder in der Sprache Bromes. Diese erweist sich, zumal in den
Sittenkomödien, als das gewöhnlichste Londoner Strafsen- und
Kneipen-Englisch jener Tage, das, nicht selten mit groben Ob-
scönitäten und frivolen Witzen durchsetzt, auf den modernen
Leser nicht anders als abstofsend wirken kann. Wo euphuistische
Wendungen vorkonunen, sind sie meist schal, geschmacklos oder
gesucht, und der häufige Gel)rauch lateinischer Floskeln an un-
passender Stelle macht den Stil um nichts geniefsbarer. Zwar
das geschickte Einflechten lateinischer Phrasen, wo es durch den
Charakter und Stand der redenden Personen gerechtfertigt wird,
darf niemand tadeln w^ollen : den Pedanten Sarpego in „The City
Wit" kennzeichnen sie aufs trefflichste. Leider hat aber Brome
die Manie, lateinische Brocken möglichst oft anzubringen, als ob
er dadurch zeigen wolle, es stehe mit seiner Bildung nicht so
schlimm, wie manche geneigt sein mochten auzunelnnen. —
Übrigens ist der Stil in den metrischen Teilen bei weitem nicht
so gemein, und in den beiden Dramen erhebt er sich sogar bis
zum Pathetischen.
Was hier von Bromes Erzeugnissen gesagt worden, gilt frei-
lich von den Stücken der meisten dramatischen Dichter der
Epoche, bald in stärkerem, bald in schwächerem Grade. Je älm-
Hcher aber diese Dramenschreiber untereinander sind, desto schwic-
30 Kichaid Biome.
riger ist es naturgemäfs, die Eigenart eines derselben zu bestim-
men ; bei der Übereinstimmung der Typen in den Sittenkomödien,
bei dem Mangel wahrer Poesie, bei der fast durchgängigen An-
wendung der Sprache des gemeinen Lebens in den Prosascenen
dieser Stücke bleibt in der That nicht allzuviel übrig, Avorauf
man ein sicheres Urteil von der Individualität eines einzelnen
Schriftstellers gründen könnte. Dennoch können wir wenigstens
im allgemeinen die Stelle bezeichnen, die Brome unter seineu
Genossen einnimmt. Dafs die überwiegende Zalil seiner Spiele
Sittenkomödien sind, weist ihm seinen Platz auf der Seite an,
auf welcher Jonson, Th. Heywood, Dekker stehen, denen er ja
auch persönlich näher getreten war, und von denen sich Dichter
wie Chapman, Ford, Beaumont und Fletcher ein merkliches Stück
entfernen. Doch hat er auch von diesen manches entlehnt, von
dem einen eine Scene, von anderen wenigstens einzelne Phrasen;
auch borgte er mitunter die Idee zu einem Stücke und modelte
sie nach seiner Weise um. Selbst Reminiscenzen an Shakespeare
finden sich bei ihm. Er ist, auch in Hiublick auf die Stoffe, viel-
leicht der am wenigsten selbständige dramatische Autor der Zeit.
Somit sind die beiden Hauptmerkmale, welche Bromes Wirken
kennzeichnen, die Routine und der Mangel an Originalität. Gerade
diese beiden Momente aber machen ihn zu einer sehr beachtens-
werten Gestalt unter den ,.play-wrights". Denn wenn Schlegel
sagt:' ,yDie Schfnispiele des unbekanntesten Schriftstellers dieser
Zeit (ich tcnge es zu versichern, ohne sie hei weitem alle zu
kennen) sind lehrreicher für die Theorie und merkwürdiger
als die berühmtesten aus allen späteren Zeiten'^ — so mufs dies
von unserem Brome um so mehr gelten, je mehr er sich als eine
geistig zwar beanlagte, aber vorwiegend receptive und reproduk-
tive Natur offenbart, die, auf welchem Gebiete des Dramas sie
sich äufsern mag, immer nur der Wiedcrhall des zeitgenössischen
Schauspiels, damit aber zugleich des zeitgenössischen Lebens ist,
und die deshalb das Interesse des Litterarhistorikers in kultur-
historischer Hinsicht nicht minder als in rein dramatischer er-
regen und befriedigen uuil's. — Die folgenden Seiten sollen der
Besprechung einiger der besseren Stücke geA\idmet sein.
' A. a. U. II, 2, 307.
Richard Brome. 31
Die Sitteiikoniödieii.
Da weder die Druckjahre, noch die Jahre der ersten Auf-
führung, soweit letztere überhaupt bekannt sind, einen sicheren
Anhalt für die Abfassungszeit der Stücke geben, so wird hier
der Versuch gemacht, diese nach ihrem Werte anzuordnen.
Bessere Komödien sind „The Court Beggar", „The City Wit",
„The Northern Lass", „The Antipodes" ; eine Gruppe für sich
bilden wegen der Ähnlichkeit in der scenischen Anlage, wegen
der sorgloseren Ausführung und endlich wegen des gemeineren
Tones „The New Academy, or The New Exchange", „The Da-
moiselle, or the New Ordiuary", „The Covent - Garden weeded,
or the Middlesex Justice of Peace" und „The Sparagus Garden" ;
am tiefsten steht das mit Episoden überladene und äufserst rohe
Stück „A Mad Couple well match'd".
The Cotirt Beggar. Ein Laudedelmanu , Sir Andrew
Mendicaut, hat nach dem Tode seiner verständigen Gattin die
ländlichen Besitzungen verlassen und ist mit seiner Tochter
Charissa nach der Hauptstadt gezogen, wo er sein heifses Streben
nach Hofgvinst zu befriedigen und so ein doppeltes Ziel zu er-
reichen gedenkt: Standeserhöhung und Vermehrung seines Ver-
mögens. Er ist bemüht, solche Besitzungen für sich zu erbetteln,
welche aus irgend einem Grunde der Krone verfallen sind: er
wird ein „Hofbettler". Um sich aber dem Monarchen zum
Zwecke der Standeserhöhung zu empfehlen, geht er unter die
Projektenmacher und nimmt eine Schar ebensolcher Phantasten
in Sold. In seinem Thun bestärkt ihn Sir Ferdinand, ein Wüst-
ling, der bereits eine Menge Damen getäuscht hat, gegenwärtig
aber in den Liebesfesseln der koketten Lady Strangelove schmach-
tet, w^elche ihm indes wenig Beachtung schenkt. Dieser hat sich
vorgenommen, Charissa zu verführen, wie ihm dies mit so vielen
anderen gelungen ist. Deshalb wirbt er bei ihrem Vater schein-
bar um ihre Hand, indem er sich der Gunst des Königs rühmt
und durchblicken läist, dafs durch seine Vermittelung Sir Andrew
gleichfalls bei Hofe zu Elu^eu gelangen könne. Der Schurke
hegt die niederträchtige HoÖuung, es werde ilun der Alte, wenn
derselbe durch das Fehlschlagen seiner Projekte an den Bettel-
stab gebracht worden sei, durch die Armut gedrängt, die Tochter
32 Richard Bronic.
verkuppeln. Seine Absieht wird aber von Gabriel, dem treuen
Diener und entfernten Verwandten Sir Andrews, durehschaut,
und wenn dieser auch seinen Herrn nicht sogleich von Sir Fer-
dinands Schurkerei zu überzeugen vermag, gedenkt er doch alles
zu thun, was dazu dienen kann, den Betrüger zu entlarven und
der Charissa zu ihrem wahren Geliebten zu verhelfen , einem
jiuigen Menschen ohne Vermögen, al)er von guter Familie,
Namens Frederick, dem der alte Herr das Haus verboten hat.
Da verbreitet sich j)lützlich die Nachricht, Sir Ferdinand sei
wahnsinnig geworden. Damit sieht Sir Andrew sein Streben ver-
eitelt, ja seine Zukunft bedroht, um so mehr, als er den gröfsten
Teil seines Vermr)gens bereits mit Plänemachen durchgebracht
hat. Doch sichert er sich noch, so gut er es vermag. Da nfim-
lich das Gut Sir Ferdinands als das eines Unzurechnungsfähigen
der Krone verfällt, so erbettelt er sich dasselbe. Weil ihm aber
dennoch an der Genesung Sir Ferdinands noch mehr hegt — er
hofft, durch diesen die Würde eines Lord zu erlangen — , so
wendet er sich an Lady Strangelove, die nach ihrer Gewohnheit
von einem Kreise sich witzig dünkender Narren umgeben ist,
welche ihr den Hof machen. Seine Bitte geht dahin, die Lady
möge den kranken Ritter in ihr Haus aufnehmen, damit derselbe
sie öfter sehe und so schneller genese, denn die Arzte sclu'ieben
semen Wahnsinn dem Umstände zu, dafs er von der Dame zu
wenig bea(!htet worden sei. Auf diesen Vorschlag geht die Dame
ein; der Kitter wird in ihr Haus aufgenommen. Nachdem seine
Raserei sich etwas gelegt hat, besucht die Dame ihn auf Bitten
des Arztes. Dabei ereignet sich's, dafs Sir I^^erdinand auf sie
eindringt und ihr Gewalt anthun will, jedoch überwältigt wird.
Nun soll sein Ar/t, den die T^ady fih- den Anstifter des Atten-
tates hält, auf die nämliche Weise bestraft werden, wie bei Plautus
der Miles gloriosus; indes, er befreit sich von der drohenden
Schmach, indem er dci- I^ady Strangelove mitteilt, dafs Sir Fer-
dinand die Tollheit nur erheuchelt habe, imi sich au der Lady
zu rächen; er habe seine brennende Ijiebe an ihrer Schmach
kühlen wollen. Um dieser Mitteilung willen wird dem Ai'zte
verziehen ; doch darf er nicht mehr im Hause verweilen. Ein
neuer Arzt soll den Ritter behandeln. p]s erscheint, als Doktor
verkleidet, der Geliebti' Gharissas, Frederick, und verlaugt, mau
Richard Brome. 33
solle ihn und den Diener Gabriel mit dem Patienten allein lassen.
Dann bringt er den Ritter durch Drohungen dahin, dafs dieser
seine unredlichen Absichten auf Charissa eingesteht und verspricht,
Sir Andrew Mendicant zu veranlassen, dals er Frederick zum
Schmegersohue nehme. Auch erklärt die herbeigerufene Lady,
sie wiu'de den Ritter durch Erzählung seines Truges bei Hofe
der beständigen Verachtung preisgeben, wenn er sich nicht dazu
verstehe, Fredericks und Charissas Glück wirksam zu befördern.
Den Weg dazu werde sie vorzeichnen. Man begiebt sich in Be-
gleitung eines Priesters nach Mendicants Hause, teilt diesem mit,
man wolle, wie er es immer gewünscht habe, Charissa mit Sir
Ferdinand trauen, und trifft auch in der That Anstalten zu einer
Trauung. Während aber Mendicant sich kurze Zeit im Garten
mit einigen Projektenmachern unterhält, "traut man oben seine
Tochter mit ihrem geliebten Frederick. Als Mendicant die voll-
endete Thatsache vernimmt, will er verzweifeln; denn nicht nur,
dafs ihm ein einflufsreicher Sch^^^egersohn entgeht, er mufs auch,
da Sir Ferdinand sich nicht mehr im Zustande des Wahnsinns
befindet, dessen Güter wieder herausgeben, die er als dessen
Vormund (guardian) eingezogen hatte. Doch beruhigt er sich,
da er hört, dafs Sir Ferdinand das junge Paar reichlich ausstatten
will. Er entsagt — jetzt ein „man out of his humour" — aller
Projektenmacherei, und unter tollen Ergötzlichkeiten [in Form
einer Maske] endet das Stück, nachdem auch Sir Ferdinand,
welcher Besserung verspricht, und die Lady sich miteinander
verlobt haben. —
Wir haben hier die Haupthandlung gegeben, die, wie man
sieht, nicht ganz einfach, aber doch verständlich und ohne inneren
Widerspruch ist. Leider wird der einheitliche Charakter des
Stückes sowohl durch die Nebenhandlung beeinträchtigt, welche
sich zwischen einem Courmacher der Lady und deren Kanuner-
mädchen entspinnt, als auch durch die kleinen, wenn schon
komischen Scenen, in denen der Bcutelschneider Dainty seine
Kunst ausübt; vor allem aber erscheint als eine Überladung der
Komödie die Episode, deren Held Sir Raphael ist. Dieser alte
Ritter wünscht die Verbindung seines Neffen Frederick mit
Charissa so lebhaft wie dieser selbst; nun aber weist Mendicant
den Ritter, der gleichsam als Brautwerber auftritt, ab und ver-
Avehiv f. n. Sprachen. LXXXII. 3
34 Richard Brome.
wundet sogar seinen eigenen Diener Gabriel, als dieser im Sinne
des Ritters sprieht. Diesen Vorgang benutzt Sir Raphael, um
sich zum „guardian" Mendicants ernennen zu lassen.
Rupl). You, sir, furiously
AVounded your Mau to day.
Meud. iS'ot dangerously, I hope.
Raph. Fiattor not yourself. Hee's on the point of dying.
Mend. IIow!
Raph. Nor be not too much dejected.
His life you may get off for (as 't was doue
In heat of blood) ; marry, sir, your estate
(You 'le pardou nie) is beg'd ; my seife has don't,
And thereiu beg'd the Beggar. (W. I, 264.)
Er hat also der Obrigkeit die Sache so dargestellt, als sei
Gabriel von INIendicant Avirklich ersclilagen worden ; infolge dieses
„manslaughter" ist Mendicants Grundbesitz der Krone verfallen,
die nun, wie Sir Kaphael angiebt, den Besitz auf diesen über-
tragen hat, indem sie ilm zu Mendicants Vormund machte. Der
Ritter erklärt sich indessen bereit, INIeudicant in seinem Besitze
zu lassen, wenn er in die Heirat Fredericks und Charissas willige.
Unterdessen ist ihm aber Lady Strangelove zuvorgekommen und
hat die Trauung bereits zu stände gebracht. So ist es denn der
einzige erkennbare Zweck dieser Episode der, die Freude der
Lady Strangelove an dem düpierten Ritter zum Ausdruck zu
bringen. Über die innere Unwahrscheinlichkeit der Episode
braucht man kein Wort zu verlieren.
Diese Komödie gilt für eine der unterhaltendsten, die uns
von Brome überliefert sind. ' Dies hat seinen Grund einmal in
der trotz aller Überladimg noch munter genug vorwärts schrei-
tenden Handlung, sodann aber und hauptsächlich im Charakter
Sir Andrew Mendicants, des Hofbettlers, mit dessen Person, An-
sichten und Bestrebungen der Verfasser ein echtes Stück der
Kulturgeschichte seiner Zeit zur Darstellung bringt. Mendicants
Neigimg, Projekte zu schmieden und sie der Krone anzubieten,
weist auf eine nach Monopolen haschende Regierung, wie es die
Karls I. thatsächlich war. Die andere Seite seiner Thätigkeit,
das Erbetteln verfallenen Grundbesitzes, findet ihre Erklärung in
einem Brauciie der Feudalzeit, der sich bis auf diesen Herrscher
erhalten hatte, aber unter den veränderten Zeitverhältnissen zum
Ward II, 339, Note.
Richard Brome. 35
]\lil«braucli führen niulste. Ein Ritter, weleher, wie dies meist
der Fall war, seinen ländlichen Besitz auf Grund der von seinen
Vorfahren der Krone geleisteten Kj-iegsdienste inne hatte, konnte
sich ohne besondere Licenz dieses Besitzes nicht entäursern.
„Starb er, so ward, wenn die Ländereien auf eine minderjährige
Person übergingen, der Herrscher Vormund, und dieser hatte,
solange jene Minderjährigkeit währte, nicht allein das Recht auf
einen grofsen Teil der Einkünfte, sondern konnte auch verlangen,
dafs das Mündel, bei Vermeidung schwerer Strafen, irgend Avelche
Person von angemessenem Range heirate", was denn der Anlals
wurde, dafs so mancher herabgekommene Edelmann durch Ser-
vilität und Schmeichelei den Anspruch auf eine reiche Erbin zu
erlangen strebte. ^ Andere solcher Hofbettler wulsten es dahin
zu bringen, dafs der König ihnen die Vormundschaft übertrug,
so dafs ihnen mindestens eine reiche Einnahme gewifs war.
Durften sie doch sogar die Vormundschaft verkaufen! Endlich
beschränkte sich die Verhäuguug der Vormundschaft nicht auf
INIiuderj ährige : auch Unzurechnungsfähige wurden von ihr be-
troffen. "^ Das Vermögen derer, welche einen Totschlag begangen,
oder derer, die das Land auf immer verlassen hatten, scheint
ebenfalls ein beliebtes Objekt der Hofbettelei gewesen zu sein. —
In unserem Stücke nun ist Sir Andrew der Hofbettler -/.ut tio/i'u.
Er hat seine Leute, die ihm nachweisen, was des Erbetteins
irgend wert ist,
— — — ■ — project Beagles, that smell out
Where such a forfeiture is to be begg'd;
Where oue would purchase a Reprieve, auother
A Pardou or a Lease of Life Rope-free
For ready money: Then where (loods or Lands
Are found of men that make aAvay theuiselves,
Aud so of fools and madmen (W. I, 188.)
Während er so das Betteln als Profession betreibt, sehen
wir in Sir Raphael einen Edelmann, der es nur ausnahmsweise
untemiimut, „to beg an estate". — Wie überflüssig auch die
Episode mit Sir Raphael für den Gang der Handlung ist — ■ die
Person des Ritters selbst wüi-de man nur ungern vermissen; „au
old Ivnight that talkes much and would be thought wise", wie
' Macaulay, Hist. of England I, löL
* Vgl. in Nares' Glossary die Artikel Beg und Ward.
36 Richard Brome.
er im Personenverzeichnis genannt wird, beweist er sein Talent
für unfreiwillige Komik am meisten da, wo er die Lady von
ihrem ül)ermütig welthciien Treiben abbringen will und von dieser
geistreichen Dame gar artig heimgeschickt wird. — Für die T^ady
und für die ganze Epoche charakteristisch ist die Art der Be-
strafung, mit der sie dem verräterischen Arzte droht. Allerdings
wird die Drohung nicht zur That; aber dals überhaupt ein Dichter
daran denken konnte, eine Dame über so etwas auch nur reden
zu lassen, zeugt von der ungemeinen Verrohuug der Sitten in
jenem Zeitalter. Solch launenhafter (humorous) Damen, die sich
von aller Welt den Hof macheu lielsen und mit ihren Anbetern
umsprangen wie in den Mysterien A''ice mit dem Teufel (oder
wie im ersten englischen Lustspiel Merr}'^reek mit Ralph Roister
Doister), gab es unstreitig damals viele; aber weder die Freiheit
ihrer Sitten noch die modischen Euphuismeu können unserer Zeit
zusagen. — Sir Ferdinand ist der Typus des vornehmen Wüst-
lings, dem nichts heilig ist, und dessen Treiben nur die ihm
innewohnende Feigheit ein Ziel zu setzen vermag. — Gestalten
von drastischer Komik sind die Projektenmacher. Hall) Narren,
halb Betrüger, werfen sie, wenn von dem zu erwartenden Er-
trage ihrer Monopol-Ideen die Rede ist, mit Huuderttausenden
und Millionen um sich, ohne nur einen Schilling in der Tasche
zu haben. Stiefel, Bänder, Degen wollen sie besteuern und ein
Perückenmonopol einführen; aber ihr merkwürdigstes Projekt ist
das eines schwimmenden Theaters:
A new project
For buylding a new Theatre or Play-house
Upon the Tnames in Barges or flat boats,
To lielpe the watermen out of the losse
They 've suffer'd by Sedans ; under which project
The subject groanes, when for the ease of one
Two abier men must sufler; and not the price,
Or pride of Horse-fiesh or Coak-hire abated.
This shall bring flouds of gaine to th' watermen
Of wliicli they '1 give a fourth of every fare
They ishall board at the floating Theatre,
Or set ashore from thence, the Poets and Actors
Hälfe of their first yeares profit. ' (W. I, 194.)
> Collier, History of English Dramatic Poetry III, luT : Jn IGl;^
the watermen presented a Petition to James I., praying that the players
might not be permitted to have a theatre in London or Middlesex, within
four miles of the Thames, in order that the iuhabitants might be induced,
Richard Brome. 87
Dieses Projekt ist nicht die einzige Anspielung auf Bühnon-
verhältnisse. Dramen zu schreiben, schien damals Modesache
geworden zu sein/ und Brome 2 wendet sich gegen alle die-
jenigen, welche, um ihre Stücke aufgeführt zu sehen, den Schau-
spielern Geld gaben :
— who in a way
To purchase fame, give money with their plaj.
Yet yoii — sc. the audients — sometimes pay doar for't, siuce they write
Lesse for your pleasure, than their owu delight.
So gast er im Prolog zu „The Court Beggar" ; und im
Epilog redet er von denselben Leuten, „that give these pla^;es
as the Prologue said, and money too to have them acted". Noch
kommen dergleichen Ausfälle im zweiten Akte unseres Stückes
vor, wo Courtwit, einer der Courjuacher der Lady, erklärt : „And
my Project is that no Playes may be admitted to the Stage,
but of their making who Prof esse or indeavour to live by the
quality: That no Courtiers, Divines, Studeuts at Law, Lawyers-
clearks, Tradesmen or Prentises be allowed to write 'em, nor
the Works of auy Lay-Poet . . . ." (W. I, 215.) Aber auch
die Schauspieler bekommen ihr Teil. Derselbe Courtwit will
sich ein Patent verschaffen, „to have the only priviledge to give
instructions to all the actors in the City, (especially to the younger
sort) the better to enable them to speake their parts emjjhaticallj/
and to the lifV^. (Ibid.) Dieser Gedanke erinnert an die be-
kannten Lehren, die Hamlet (in, 2) den Schauspielern erteilt,
und das führt uns zu der Frage, ob Brome sich in diesem Stücke
auch anderweit von Werken der Zeitgenossen oder unmittelbaren
Vorgänger abhängig erweist.
Da zeigt sich denn sogleich, wieviel er zunächst dem Ein-
flüsse seines Meisters verdimkt. Denn die Hauptperson, Sir
as formerly, to visit tlie playhouses m Southwark in boats. Not long
afterwards, sedans came into fashiou, to the fartlier injury of those who
plied on tlie river" etc.
I Collier, ibid. III, 426. „At one Pcriod, writing for the stage seenis
to have become, in a degree, very fashionable" etc.
' Ähnlich wie Ben Jonson, der sich auch, wie wir sahen, \\\ der
Empfehlung des Bromescheu Stückes „The Northern Lass" über die
Dilettanten beklagt. Vgl. noch Jonsons „The Staple of News" IV, 1 und
„Epiccene" II, 1. S. Ward II, 2:37,
38 Richard Brome.
Audrew, giebt sich anfangs dnrchaus als INIan in liis Humonr,
und am Ende, avo er, von seiner Thorheit geheilt, sich sogar
selbst ironisiert, * als Man out of his Humour. AVährend alle
anderen Gestalten des Stückes bereits als tjqjisch gelten können,
weil sie fast ausschliefslich durch die in ihnen zum Ausdruck
gelangenden Sitten des Zeitalters unterhalten, erweckt Sir Andrew
schon an sich unser Interesse. Seine Leidenschaft beherrscht
ihn ganz und gar, bestimmt alle seine Gefühle und bedingt alle
seine Handlungen. Da haben wir die Kriterien des „Humour"
in Jonsonschem Sinne; denn
— when some one peculiar quality
Does so possess a man, that it does draw
AU his effects, his spirits, and his powers,
In their confluxions, all to riiu one way,
This may be truly said to be a humour.^
Mendicants Leidenschaft für Hofbettelei und was damit
zusammenhängt hat etwas Pathologisches: sie ist ihm in Fleisch
und Blut übergegangen und kann nur durch ungeahnten, plötz-
lichen Glückswechsel aus ihm vertrieben werden; und ob sie
gleich als „eccentricity of manners by the fashiou of the day"
sich äufsert, so liegen ihr doch Eigenschaften eines starken Cha-
rakters zu Grunde, ncämlich Ehrgeiz imd Konsequenz. Damit
aber nähert sich dieses Stück Bromes, das sonst nirgends aus dem
Rahmen der Sittenkomödie heraustritt, der Charakterkomödie. —
Jonsons Einflufs macht sich ferner in der Älaske bemerklich, in
welcher die Sinnesänderung des Hofbettlers allegorisch dargestellt
wird. Auch finden sich in dieses Dichters Stücken bereits Pro-
jektoren; so tritt in „The Devil is an Ass" (aufgeführt 161(i)
nel)cn einem Projektenmacher sogar eine Projektenmacheriu auf,
l)ei denen es sich um Trockenlegen sumpfigen Landes, um Patente
' Mendicant hat sich mit all seinen papierncn Patenten und Projekten
bekleidet und trägt eine Windniülile.
"^ Ward I, 051 f. (Note). Der Gebrauch des Wortes „Humour", wie
er damals üblich war, weicht allerdings von der Jousouschcn Auffassung
dieses Wortes gänzlich ab. Werden von Brome selbst doch Personen Avie
Lady Strangelove, Lady Nestlecock (in „The New Academy''), der Höf-
ling Horatio (in „The Queen and Concubiue") als „humorous" bezeichnet;
das will dann nur sageu: launisch, nervös oder, je nach den Umständen
und Personen, albern.
Richard Brome. 39
auf Himdeleder, Wein aus Rosinen und ein Patent oder Monopol
für die Zahustocherfabrikatiou handelt. Nicht sehr verschieden
von diesen und Bromes Projektoren sind die, welche Shirley in
seiner Maske „The Trium])h of Peace" (aufgeführt 1633) auf-
treten Icäfst. Der eine derselben will eine Lampe erfimden haben,
welche, unter den Ofen gestellt, das Fleisch so gründlich kocht,
dafs der blofse Dampf des einen Kochgeschirrs einen zweiten
Topf zum Sieden bringt; ein anderer Phantast sucht das Problem
zu lösen, Geflügel mit den Abfällen von Möhren zu mästen, und
ein dritter will ein Schilf bauen, das gegen den Wind fährt. Bei
Shii-ley wie bei Brome tanzen die Projektenmacher. Da aber
hinsichtlich der Abfassungszeit weder des „Court Beggar" noch
des „Triumph of Peace" etwas Genaues bekannt ist, vielmehr
nur so viel feststeht, dafs jenes Stück 1632, dieses 1633 aufge-
führt ward, so läfst sich, falls man überhaupt eine Abhängigkeit
des einen vom anderen annehmen will, nicht angeben, welcher
der beiden Autoren der Gebende, welcher der Empfangende ge-
wesen. Jedenfalls aber zeigt das schematischc AVesen der Pro-
jektoren, dafs sie bereits zu echten Typen geworden waren.
Übrigens werden wir ilirer auch in „The Antipodes" (aufgefühi't
1638) finden.
The Northern Lass, or a Kest of FooJs. Der Ritter Phi-
hpp Luckless hat sich mit der Witwe Fitchow verlobt; sein Ver-
wandter Tridewell aber wiU ihn von der Heirat zurückhalten,
da er selbst die Dame ehelichen möchte. Als nun Tridewell
sieht, wie sehr sein Vetter dennoch auf die Verbindung mit
jener erpicht ist, läfst er beide durch Luckless' eigenen Diener
trauen, der sich in die Kleidung eines Geistlichen geworfen hat.
Bald nach der Scheinheirat und noch ehe Luckless die Rechte
der neuen Gemeinschaft genossen hat, erfährt er Dinge, die ihn
seinen Schritt bereuen lassen. Fürs erste ist der Bruder seiner
Frau ein Narr, und Luckless trägt Bedenken, „to mix bis blood
amongst a race of fools". Sodann aber fafst er plötzlicli eine
tiefe Neigung zu Constanze, einer Nichte des Richters Sir Paul
Squelch. Dieses Mädchen war noch vor TjUckJess' Scheinheirat
aus dem Norden, aus Durham, zu ihrem Oheim gekommen, um
sich längere Zeit bei ihm aufzuhalten. In dessen Hause hatte
40 Richard Bronie.
Philipp sie früher einmal gesehen und scherzweise ihren Oheim
gefragt, ob dieser sie ihm zur Frau geben wolle. Danu hatte
er ihre Hand ergrifTen. Dieses Kompliment hatte sie für ein
Versprechen ewiger Treue gehalten und wendet sich nunmehr
an ihn, um ihn an seine vermeintliche Verpflichtung gegen sie
zu erinnern. Da er sich jetzt, wie erwähnt, einer tiefen Neigung
gegen sie bewufst wird, trachtet er danach, sich von der scheiden
zu lassen, die er für seine Gattin halten mufs. Dazu, hat man
ihm berichtet, sei es nötig, dafs beide Teile ihre Einwilligung
erklärten. Um die Fitchow zu zwingen, in die Scheidung zu
willigen, bekümmert er sich fortan gar nicht mehr um sie, son-
dern vernachlässigt sie in jeder Beziehung, so dafs sie nunmehr
in der That Tridewells fortgesetzter Werbimg geneigtes Gehör
schenkt. Sie willigt denn auch schliefslich in die Scheidung von
Philipp und in die eheliche Verbindung mit Tridewell, doch
imter der Bedingung, dafs ihr Bruder die Hand Constanzes er-
halte, damit Luckless zu seiner Beschämung leer ausgehe. Tride-
well agiert nun gemeinsam mit seinem Vetter Philipp: man läfst
eine Dirne die Rolle Constanzes spielen; und jene Dirne ver-
mälilt sich zum Schein mit dem Bruder der Fitchow. Diese
aber, da sie die von ihr gestellte Bedingung erfüllt glaubt, reicht
Tridewell ihre Hand. Dagegen wird nimmehr die echte Con-
stanze, das ISIädchen aus dem Norden, Philipp Luckless' Ge-
mahlin, und die tiefe Schwermut, in die sie verfallen war, ver-
schwindet mit deren Ursache. —
Sclieintrauungen sind die Bedingungen der durch Masken
belebten Handlung, deren P^ntwickelung somit kein uneinge-
schränktes Lob in Anspruch nehmen kann. I><)ch zeichnet dieses
erste Stück Bromes sich durch einen naiven, unverdorbenen Cha-
rakter aus: das Mädchen aus dem Norden, Constanze, ist eine
Krscheinmig voll lieblichster L^nschuld, wie die übrigen Stücke
unseres Dichters deren nicht aufzuweisen haben; höchstens die
Person der Phillis in „The Damoiselle" läfst sich ihr an die
Seite stellen. Auch ist Constanze nicht Bromes volles Eigentum :
ihre sanfte Melancholie, die sich in ihren Reden und rührenden
Ivicdorn äufsert, macht es wahrscheinlich, dafs der Verfasser an
die Tochter des Schlielsers in „The Two Noble Kinsmen" (ge-
di'uckt 1G34, aber jedenfalls weit früher geschrieben) und an
Richard Brome. 41
Ophelia im „Hamlet" gedacht hat; und zwar erinnert die Situation,
in der Constanze sich befindet, an diejenige der Tochter des
Kerkermeisters, welche von dem ihr bestimmten Bräutigam nichts
\^^ssen will und aus Sehnsucht nach dem Geliebten in Wahnsinn
verfällt, — während die Reden und besonders die I^ieder des
Mädchens aus dem Norden mehr an Ophelia denken lassen. So
sagt Constanze von ihrem Geliebten:
Biit he is geane, alas, hee's geane, aud all too late I sorrow;
For I shall never be well again, tili yesterday be to-morro\v,
und verabschiedet sich mit dem Grufse: Good [give] you good
Even, sir. (W. III, 59.)
Zur weiteren Vergleichung eitleren uir noch die folgende
Strophe, die wenigstens Anklänge au Ophelias Gesang zeigt:
I coo'not go to't, nor I must not go to't,
For love, nor yet for fee,
For I am a Maid, and will be a Maid,
And a good oue, tili I dye. (W. III, 59.)
In diesem Stücke tritt auch die Person eines Gentleman-
Usher auf, wie man eine solche in Jonsous „The Devil is an
Ass", „The Tale of a Tub" und in anderen Komödien dieser
Zeit findet. Howdee, so heilst er bei Brome, giebt eine voll-
ständige „Gentleman-Usher's Grammar" (W. III, 69 tf.), deren
Inhalt im wesentlichen mit dem übereinstimmt, was Leuton in
seinen 1631 erschienenen „Leasures" über die ObHegenheiten
eines G.-U. sagt. * Da „The Northern Lass" zwar erst 1632 ge-
druckt, aber, wie das Titelblatt meldet, vorher oft aufgeführt
worden war, so mag die Abfassung des Stückes wohl noch vor
1631 fallen und es wahrscheinlich sein, dais nicht Brotne Leuton,
sondern Lenton Brome benutzt hat, indem er sich bei den Auf-
führungen die nötigen Notizen machte. Möglich auch, dal's beiden
Verfassern eine ältere Quelle vorlag.
The Äntqjodes. Joyless, ein alter Landcdchnann, der eine
junge Frau geheiratet, hat aus erster Ehe einen Sohn Percgrin,
welcher an einer Krankheit eigener Art leidet: durch die I^ek-
türe John Maundevilles aufgeregt, schwärmt er ungemein für
' S. den Artikel O.-U. bei Xares.
42 Eichard Brome.
fremde Länder und spricht Tag und Nacht von grofsen Reisen,
die er imternehmcn will. Nebenbei ist er so naiv und unwissend, •
dafs er seine seit drei Jahren ihm vermählte Frau noch nicht
Ijerührt hat. Endlich wendet sich sein Vater an einen geschickten
Arzt, und dieser gedenkt Tcregrin dadurch zu heilen, dafs er
auf dessen Wahnideen scheinbar eingeht, indem er ihm zunächst
eine Reise nach den Antipoden vorschlägt. Doch wird, wie man
sich denken kann, diese Reise nicht in Wirklichkeit ausgeführt;
der Patient erhält einen Schlaftrunk imd ist, nachdem die Wir-
kung vorüber, leicht zu überreden, er befinde sich im Lande der
Antipoden. Verkleidete Personen, darunter Schauspieler, sämt-
lich mit dem Arzte im Einverständnis, spielen ihre Rollen als
Gegenfüfsler so lebendig, dafs Peregrin sich vollständig täuschen
läfst. Zuletzt wird er zum Könige der Auti})oden erwählt und
der Königin des Landes angetraut, die, ohne dai's er's vernmteu
kann, seine eigene Frau ist. Nun erst erlangt er, was ihm bisher
abging, „the real knowledge of a woman". Damit kehrt denn
auch, wie der Arzt richtig prophezeit hat, sein Verstand zurück;
er ist genesen. — Ohne weiteres Interesse ist die Nebenhandlung,
deren Motiv die Eifersucht des alten Joyless bildet. Es stellt
sich schliefslich heraus, dafs der vermeintliche Geliebte seiner
Gattin niemand anderes ist als deren Vater, welcher — freilich
in höchst peinlicher Weise — deren Tugend auf die Probe stellen
wollte. —
Die Antipoden, die wir hier in den Masken auftreten sehen,
geben sich in ihren Sitten und Gebräuchen als das strikte Gegen-
teil der Ijondoner, während sie im Aufscrcn, aber auch in der
Sprache und selbst in der Religion, denselben gleich suid.
The people through the whole world of Antipodes
In outward feature, languajijc, and rcligion,
llt'seinble those to whoiii tlu-y are siipposite:
Thcy linder Spain appearo liko Sjianiards,
riidcr France Frenchnien, undor England English
To tlio Exterior sliow: but in their uiauuers,
Thcir carriagc and coudition ol' lit'e
Extrcamly contrary. (W- HI, 2'A.)
Bei den Gegenfüfslern sind die Weiber die Herren im
Hause, während den Männern die Sorge für die kleinen Kinder
obliegt; die alten Leute schickt man hier zur Schule; hier be-
trügt kein Adxokat, noch läfst, er sich seine Dienste bezahlen;
Richard Brome. 43
Bettler teilen hier Almosen aus u. s. f. Dabei ist es nur kon-
sequent, wenn der Dichter bei den Antipoden alle Poeten Puri-
taner sein läfst,
Dafs Brome die Idee zur Schilderung solch einer verkehrten
Welt dm-ch Jonsons Maske „News from the New World dis-
covered in the Moon" (1620) empfangen hal^e, was Ward für
wahrscheinlich hält, ^ kann nicht ohne weiteres geleugnet werden;
nur ist zu bedenken, dafs beiden Dichtungen kaum ein individueller
Zug gemein ist. Auch Bacons „New Atlantis" (1627) könnte
höchstens eine Anregung genereller Art gegeben haben. Aufser
Zweifel steht dagegen die Benutzung John Maundevilles, der an
mehreren Stellen nicht nur erwähnt, sondern auf dessen Reise-
berichte vor allem Bezug genommen wird. So sagt man von
Peregrm :
He talkes much of the Kingdom of Cathaya,
Of one great Caan, and goodman Prester John,
(Wliat e're they be) and says that Caau 's a Clowue
Unto the John he speaks of. And that John
Dwels up almost at Paradice .... (W. III, 240.)
]\Iit Recht versetzt der Doktor auf diese Mitteilung: „O Mande-
vile . . . ." Die Erzälilung vom Priester Johannes und vom
grofsen Chan findet sich in der 1866 erschienenen HalliweUschen
Ausgabe der Reisen Maundevilles p. 270 ff'., in Wülckers alten^l.
T>esebuch Bd. II, 200 ff*. „This prestre Johne,'' heilst es in
letzterem, „has vnder him many kynges and many yles And
this lond is fülle gode and ryche, but no so riche, as is the lond
of the grete Chane .... And on that othcr partie, in the yle
of Catliay, men finden alle maner thing that is nede to man,
clothes of gold, of silk " —
Wii' haben es hier im Grunde mit einer Komödie in der
Komödie zu thun. Der Rahmen, welcher das Zwischenspiel der
Antipoden umgiebt, ähnelt dem zu Shakespeares „Tammg of the
Shrew" insofern, als hier wie dort ein Lord — bei Shakespeare
ohne Namen, bei Brome Letoy genannt — die Schauspieler des
Zwischenspiels installiert. Beide Lords sind bereits mit den Per-
sönlichkeiten der Schauspieler von früheren Zeiten her bekannt;
aber während Shakespeares Lord der Erwähnung dieser Bekannt-
1 II, 341.
44 Richard Brome.
Schaft seine Anerkennung ihrer Leistungen hinzufügt, hat Letoys
Ansprache den ZMeck, ihnen gute Lehren zu geben und beson-
ders sie vor Übertreibung zu warnen. Und hiermit lenkt der
Auftritt in die Bahn der entsprechenden Scene in „Hamlet" ein.
Man glaubt mitunter Hamlet selbst reden zu hören, wenn
Letoy sagt:
Let me not see you act now
In your Scholasticke way, you brought to towne wi'yee,
Nor in a Comicke Scene, play Hercules furens,
Tearing your throat to split the Audients eares, u. s. f.
Ile noue of these absurdities in niy house,
But words and action married so together,
That shall strike harmony in the eares and eyes
Of the severest, if judicious Criticks.
Der Lord wendet sich auch gegen das Lnprovisieren. ,,But
YOU, Sir," sagt er zu dem Schauspieler, den wir uns als den
Clown zu denken haben, *
But you, Sir, are incorrigible, and
Take licence to your seife, to adde unto
Your parts, your own free fancy ; and sometimes
To alter, or diminish what the writer
With eare and skill conipos'd: and wheu you are
To speake to your coactors in the Scene,
You hold interloquutions with the Audients,
und als der Schauspieler sich damit entschuldigt, dafs dieses
Verfahren auf den älteren Bühnen erlaubt gewesen sei, „to move
mirth and laughter", erwidert jener:
Yes, in the dayes of Tarton and Kempe,
Before the stage was purg'd from barbarisme,
And ])rought to the perfectioii it now shiucs witli,
Then fooles and jestcrs spcut their wits, becausc
The Poets were wise enough to save their owne
For profitabler uses. (W. III, 2:.!i f.)
Ganz ähnlich wie Shakespeare, der wahrscheinlich auf M'illiam
Kemp zielte, als er dem Dänenprinzen seine Strafpredigt gegen
das Improvisieren in den Mund legte. -
• Der obligate Clown extemporierte noch im Jahre l(ill, wenigstens
findet sich in Greene's Tu Quoque wiederholt die Bühnenweisung: „hcre
they two talke and rayle what they list." Elze, Shakespeare, 260.
- FJzo, Eine Aufführung im (ilolius-Theater. Weimar 1878. S. 21 f. —
Auch im Jahrbuche der deutschen Shakespeare-üesellschaft, Bd. XIV, p. l"».
Richard Brome. 45
Die Kurmethodo, welche der Arzt hei Percgrin anwendet,
Avar nichts Neues im Drama; ist es doch dieselbe, deren sich der
Doktor in „The Two Noble Kinsmen" bedient, um des Kerker-
meisters Tochter wieder zur Vernunft zu bringen: scheinbares
Eingehen auf die Wahnideen des Patienten.
An Jonsons „Epictene, or the Sileut Woman" erinnert die
Stelle, wo Lord Letoy stolz von seiner Abstammung spricht.
Mit Genugthuung vernimmt er, dais der Wappeuherold das Ge-
sclilecht der Letoy „ex origiue, ab antiquo" abgeleitet habe.
■ — Füll foure descents beyoud
The conquest, niy good Lord, findes tliat one
Of your Freucli ancestry came iu with the Conqueror,
sagt zu ihm der Wappenherold; darauf Letov:
Jefrey Letoy, twas he, from whom the Euglish
Letoys have our desceut .... (W. III, 214.)
Bei Jonson sagt La-Foole: „They all come of om- house,
the La-Fooles of the north, the La-Fooles of the west, the La-
Fooles of the south — we are as ancieut a faniily as any in
England, but I myself am descended liueally of the French La-
Fooles — — ". (Epiccene I, 4.)
Aber schon der Kesselflicker Sly (The Taming of the Slu'ew)
leitet seinen Ursprung von französischen Ahnen her: „Look in
the chronicles, we came in with Richard [sie] Conqueror." (In-
duction, Scene 1.)
Wie wir bereits bei Besprechung des „Court Beggar'' kurz
erwähnten, finden sich auch in „The Antipodes" episodisch auf-
tretende Projektenmacher. Ilu-e Projekte erreichen den Gipfel
der Absm-dität. Man will das Wachstum der Wolle fördern,
indem man Pferde, denen die Haut abgezogen wurde, mit Schafs-
fell neu bedeckt; auch wu-d vorgeschlagen, es sollten die Bürgei'
in den Städten zahme Eulen zum Vertilgen der Ratten uml
Mäuse halten, damit man sich der auf diese Weise eutbelu'lich
gewordenen Katzen entledigen könne, welche dem Hexenweseu
Vorschub leisteten, u. s. f.
46 Kichard Broine.
Die rouKintischen Komödien.
Die Stücke mit auswärtigem Schauplatz besprecheu wir
zuerst.
The Lovß-sick Court, or ihr Amhitioiis Politique. Der
alternde König von Thessalien wird, da or keinen männlichen
Leibeserbeu hinterlälst, vom Volke gedrängt, einen Nachfolger
7A\ bezeichnen. Ein solcher mufs, nach dem Gesetze des Landes,
von edler Geburt und Soldat sein und sich bereits Verdienste
um den Staat erworben haben. Der ehrgeizige Stratokies, wel-
cher diese Erfordernisse zu besitzen glaubt, bemüht sich ver-
gebens, die Wahl auf seine Person zu lenken. Es sind nämlich
noch Zwillingssöhne eines vor zwanzig Jalu'en gefalleneu ver-
di(niten Generals da, Philargus und Philokles, deren einem —
gleichviel welchem — der König gern die Krone hinterlassen
würde; aber sie beide bewerben sich mn die Hand Eudinas,
seiner Tochter. Die Schwierigkeit liegt nun darin, dafs Eudina
beide gleich lieb zu haben meint und sich deshall) für keinen
von beiden entscheidet. Das Delphische Orakel, welches um Rat
angegangen wird, macht die Sache nur noch dunkler. Auf alle
Fälle aber wollen die Brüder nichts Feindseliges gegeneinander
unternehmen, denn ein jeder möchte lieber auf die Prinzessin
verzichten, als den anderen kränken. Der König aber will dem
Schwanken der Tochter ein Ende macheu. Er giebt ihr noch
fünf Tage Frist; habe sie sich nach Ablauf derselben nicht für
einen der Brüder entschieden, so müsse sie den ihr verhafsten
Stratokies zum Gemahl nehmen. Trotz der Intriguen dieses
Mannes ändert sich während jener Zeit die Situation in nichts:
bis im letzten Augenblicke sich herausstellt, daCs Philokles ' des
Königs eigener Sohn ist. Nun ergiebt sich die übrige Entwicke-
lung von selbst; Eudina wird die Gemahlin des Plülargus, und
der Tliroiilolger Philokles heiratet Placilla, ein edles Mädchen,
als deren l^ruder er bisher galt und die ihn schon längst innig
geliebt hat. —
Den Titel „The Love-sick Court" führt das Stück nicht
' Nicht Plülargus, wie es uach dem Personen verzeicliuisse scheinen
könnte.
Richard Brome. 47
mit Uurecht, da aufser der geiucinsanien Liebe des Philokies und
des Philargus ziu* Prinzessin und der Liebe des erstereu zu Pla-
cilla auch das Schmachten des Pedanten Geron nach dem Besitze
des schönen Kammermädchens Doris in Betracht konnnt; wie
denn Geron zwei Nebenbuhler hat, deren einer die Gehebte auch
wirklich heimführt. Dieser Geron ist eine köstliche Lustspielfigur.
Er kann keine Periode sprechen, ohne wenigstens eine Anspie-
lung auf das klassische Altertum einzuflechten, keinen Satz voll-
enden, ohne sein „Whilome" angebracht zu haben. So sagt er:
My business is tlie sanie, that Whilome drew
Demosthenes to Cormth — — — .
O forfeit not the praise
That Whilome Aristotle gave your Sex. (W. II, 123.)
In diesem Tone redet er mit der Gehebten, die aber Mutter-
witz genug hat, ihm auf ihre Weise heimzuleuchten: Autiquit\-
nennt sie ihn und Old Whilome. (W. II, 138.) Die Heirats-
gedanken solle er sich vergehen lassen:
— • though you boast you have au iuterest iu nie,
We are not yet one volume — ,
No, I am yet lose paper (Ibid.)
Nicht minder komisch als der Pedant wirkt die alte Amme
Garula, der das Geheimnis von der Geburt des Prinzen bekannt
ist, die auch schon oft den Anfang gemacht, es laut werden zu
lassen, aber nie damit zu stände kam, weil sie „cannot teil her
news for talking", wie Ward treffend bemerkt. Sie vertritt ge-
wissermafsen das retardierende Moment in dieser Komödie.
Der Nebentitel „The Ambitious Politique" geht auf die elu--
geizigen Pänke des Stratokies, welche hauptsächlich die Neben-
handlung ausmachen. Er ist ein ebenso schlauer als i-ücksichts-
loser Ki'ieger und Höfling, der selbst vor dem verwerflichsten
Mittel nicht zurückschreckt. —
Wie die Gestalt des Geron nicht den Eindruck dichterischer
Originalität macheu kann, so sind auch sonst der Anklänge an
Werke anderer Dichter mancherlei. Wenn ein Intrigant (Stra-
tokies in unserem Stücke) zweien Edelleuten Forderungen zum
Zweikampf in der Weise zusendet, dafs jeder von ihnen glauben
muls, der andere habe ihn gefordert, so findet sich dieses Motiv
schon in Marlowes „Jew of Malta" (1588 — 90). Die Eriiuicnuig
48 Kichard Brome.
an „Hamlet" vorfolot Brome aucli liier; denn diesem Stücke hat
doch wohl die Vision ihre Entstehung zu danken, in welcher Eudina
die Nebenbuhler Philokles und Philargus miteinander kämpfen
sieht, ohne da(s die übrigen Anwesenden etwas da\'on wahrnehmen.
Auch die Befragung des Delphischen Orakels findet sich ander-
wärts; so in „The AVinter's Tale", in der Tragödie „The Broken
Heart" von John Ford (gedruckt 1G33), in dem J. Webster und
Will. Rowley zugeschriebenen „The Tlu-acian Wonder" (gedruckt
erst 1661). — Soweit die Hauptsituationen in Betracht kommen,
kann „The Love-sick Court" ein Seitenstück zu Beaumonts und
Fletchers „A King and No King" (gedruckt 1619) genannt wer-
den. Dort führt Arbaees, der König von Iberien, jahrelang Krieg
mit Tigranes, dem Könige von Armenien. Dieser wird besiegt
und gefangen nach Iberien gebracht, wo Arbaees, der seines
Feindes Tapferkeit schätzt, ihu seiner Schwester Panthea ver-
mählen will. Zwar sträubt Tigraues sich heftig gegen die ihm
aufgedrungene Geliebte, da er bereits in den Fesseln der Spa-
conica schmachtet ; als er aber Panthea mit eigenen Augen schaut,
ändert sich sein Sinn : er vergifst Spacouica und betet Panthea
an. Inzwischen ist aber auch mit Arbaees eine auffallende Wand-
lung vor sich gegangen. Kaum nach Hause gekehrt, verliebt er
sich selbst in seine Schwester, die er seit seinem neunten Lebens-
jahre nicht gesehen hat. So verbrecherisch diese I^iebe ist, so
heftig ergreift sie ihn. Nunmehr ist ihm Tigraues ein Neben-
buhler, den er beseitigen möchte; doch kommt er in seinem
Schwanken zu keinem festen Entschlufs. In einem jener Augen-
blicke, in denen ihm das Lasterhafte seiner Liebe bewul'st ist,
entsinnt er sich, dafs ihn Lord Gobrias zuerst auf Pantheas
Reize aufmerksam gemacht und seitdem seine Liebe zu ihr auf
alle Weise angefeuert hat, und alsbald kehrt sich seine Wut
gegen diesen. Da enthüllt der mit dem Tode bedrohte Gobrias
ihm das Geheimnis seiner Herkunft. Arbaees ist Gobrias' Sohn.
Einer Verbindung des Pseudokönigs mit der Königstochter Pan-
thea stellt nun nichts mehr im Wege, denn auch Tigraues hat
sich seiner alten Liebe, der Spaconica, wieder in 'l'reue zuge-
wandt. — Bei „The Love-sick Court" erscheinen die Verwandt-
schafts- und Liebesverhältnisse in ähnlicher und doch auch ab-
weichender Gestalt, In beiden Stücken wird eine königliche
Richard Brome. 49
Prinzessin von zwei Nebeubulilern geliebt (Panthea von Arbaces
und Tigranes, Eudina von Philargus und Philokles), deren einer
jedoch im Herzen eine zweite Liebe hegt (Tigranes liebt die
Spaconica, Philokles die Placilla). Während aber dort die ver-
meinte Verwandtschaft des einen Liebhabers mit der Geliebten
das Hindernis für eine befriedigende Ijösung bildet, wird hier
eine solche erst dadm-ch möglich, dals die Yerwandtschaft des
einen Liebhabers mit der Geliebten nachgewiesen wird, indem so
dieser Bewerber notwendig aus der Konkurrenz ausscheidet.
Auch verdient bemerkt zu werden, dals das Schwanken des Ti-
granes zwischen den beiden Gelie]>ten dem Schwanken Eiidinas
zwischen ilu'en beiden Liebhabern ähnelt. Wollte man eine Ab-
hängigkeit des Brom eschen Stückes von demjenigen Beaumonts
und Fletchers annehmen, so dürfte der Umstand, dafs manche
Verhältnisse bei Brome fast wie auf den Kopf gestellt erschei-
nen, an dieser Annahme am wenigsten irre machen: mufste doch
unser Poet bestrebt sein, den Mangel an Originalität so wenig
als möglich merken zu lassen! — Übrigens baut sich auch in
„The Coronation" (spätestens 1635), einer Komödie Shirleys und,
me manche wohl mit Unrecht meinen, Fletchers, ' die Handlung
auf ähnlichen Mil'sverständnissen auf, die denn auch in ähnlicher
Weise gelöst werden. Doch steht „A King and No King"
Bromes Stücke ungleich näher.
The Novella. Fabricio, der Sohn des veuetianischen Sena-
tors Pantaloni, hat sich in Rom mit einem armen Edelfräulciii
Victoria verlobt, ist aber alsbald von seinem Vater nach Venedig
zurückgerufen worden, um daselbst Flavia, die Tochter des Sena-
tors Guadagni, zu heiraten. Diese aber hängt noch treu an dem
jungen Edlen Francesco, mit welchem ihr A^ater sie verlobt hat,
ehe der alte Pantaloni ihm seinen Fabricio zum Schwiegersohn
anbot. Da nun auch Fabricio und Francesco ihrerseits an ihren
Bräuten festhalten, so wird es ihnen leicht, sich zu verständigen.
An dem für seine Hochzeit festgesetzten Tage ist Fabricio nir-
gends zu finden, und Francesco gehngt es, Flavia zu entführen. —
Victoria, jene Römerin, ist nach Fabricios Abreise aus Rom ihm
1 Ward II, 327.
Archiv f. n. Sprachen. liXXXII.
50 Richard Brome.
nach Venedig nachgeeilt. Hier verfällt. sie auf ein höchst aben-
teuerliches Mittel, den Geliebten wieder zu Gesicht zu bekommen :
sie nimmt den Besuch aller Kavaliere an, die sich ilir nahen,
weist aber alle gegen ihre Ehre gerichteten Anträge mit dem
Bemerken zurück, dafs ilire Jungfrauschaft nur für 2000 Dukaten
feil sei. Was Wunder, dafs sie in den E,uf eines Freudenmäd-
chens kommt; bald spricht die ganze Stadt von ihr als der „No-
vella". Sogar der alte, geizige Pantaloni naht sich ihr, wird aber
juit Hilfe eines Dieners der Novella, der ein ]\Iohr und Eunuch
ist, gar arg angeführt, — Victoria kommt durch ihren Kund-
schafter bald hinter den Liebeshandcl zwischen Francesco und
Fla\na; sie nimmt beide nach vollbrachter Entführung in ihr
Haus auf und läfst sie sclileunigst kopulieren. Fabricio, der von
der Anwesenheit seiner Verlobten vernommen, kommt hinzu.
Sein Glaube, es sei die Geliebte zur Dirne geworden, wii'd ihm
bald benommen, auch stellt sich heraus, dafs der Mann, der
bisher für ilu'en Zutreiber galt, ihr leiblicher Bruder ist, ein
Priester, der jeden ihrer Schritte bewachte und jederzeit auf ihre
Ehre bedacht war. Auch die beiden Alten erscheinen, doch ver-
mag Guadagni an der vollendeten Thatsache der Heii'at seiner
Tochter und Francescos nichts zu ändern, und Pantaloni muCs
wohl oder übel sich des Tadels über die inzwischen auch bereits
vollzogene Verbindung seines Sohnes mit der Novella begeben,
da sonst zu fürchten steht, sein garstiges nächtliches Abenteuer
möchte verraten werden. —
An romantischen Umständen leidet das Stück nicht Mangel.
So sind Flavia und Victoria fest entschlossen, sich zu töten,
wenn die ihnen Verlobten nicht ihre Gatten würden; so hat
Victorias Bruder den geheimen Plan gefafst, die Schwester dem
Tode zu weihen, wenn sie vom Pfade der Tugend weichen sollte.
Es ist aber das Spiel auch reich an Verwickelungen, die durch
mehrere Intriguen hervorgerufen werden. Die Entführungs-
geschichte der Flavia — die Nebenhandlung — bildet schon an
sich eine Reihe von Intriguen, an denen hier, wie natürlich,
Zofen und Diener hervorragenden Anteil haben. Dabei kann es
nicht felilen, dals mitunter der Waln'scheinlichkeit zu wenig Rech-
nung getragen wird. Es eriimert übrigens die Entführung an
Jjorenzo.s und Jessicas Flucht in „The Merchant of Venice''. Wie
Richard Brome. 51
Jessica den Vater vorher beraubt, so führt Francesco den Raub
am Gute seines künftigen Schwiegervaters aus. Auch ist es
wahrscheinhch, dafs die Charakteristik der Liebhaber Victorias
auf M. of V. I, 2 zurückzuführen ist, wo Nerissa und Portia
die Freier bekritteln. Bei Brome Kest man:
Victoria. Pray thee, speake nearer home, wlio hast thou hous'd?
Paulo (V.'s brother). I have cuH'd from the pack a speciall priuce;
Foure glittering Gallants; one of Italy,
For our deare Couutries sake. But tiien a Monsieur,
A joviall Freuchman, all of flame aud spirit.
Victoria. I shall not dare to meddle with bis glory,
For feare I fall with Semele; who next?
Paulo. A Spauiard next, that, to adorue his pride,
Weares an Epitome of both the ludies.
Victoria. I saw his punctuality passe by.
Paulo. And did you note his stifFe reservednesse?
He dares not cough for breaking of his chaine.
But then there is a Dutchman (Cargo lustick!)
A jolly stroug chiud German, princely borne;
A Landgrave at the least; whose very bluntnesse
Promises more than the sharp-set Italiau,
The fiery Freuchman, or the doughty Diego
In all their eager pursuit. ' ' (W. I, 130 f.)
Endhch mag „Othello", besonders hinsichtlich des Lokal-
tones, von Einfluis gewesen sein, wie auch das Auftreten eines
Mohren wohl eine Reminiscenz an eben dieses Stück ist. Das
letztere könnte auch hinsichtlich Bromes „The English Moor"
gelten, wo allerdhigs nur eine als INIohriu gefärbte resp. geklei-
dete Person auftritt, — Bezüdich der Gestalt des Mohren auf
der enghschen Bühne überhaupt finden sich bei Rapp- und Ward
interessante Mutmafsungen. Jener führt diese Gestalt auf das
früher Mai'lowe zugeschriebene Stück „Lust's Dominion" zu-
rück. „Der blutdürstige Mohr wirkte auf die Masse durch sein
1 Es findet sich ein ähnliches Zwiegespräch in Thom. Heywoods
«A Challenge for Beauty" (gedruckt 163G) TI, 1 ; doch scheint Brome das-
selbe nicht benutzt zu haben. — Vgl. auch Wilh. König a. a. O. XIII, 110.
Ahnliche Unterredungen finden bei Shakespeare statt in .,The Two Geutle-
men of Verona" zwischen Julia und Lucetta, in „Troilus and Cressida"
zwischen Paudarus und Cressida, in „Pericles" zwischen Simonides und
seiner Tochter bei den Turnierscenen.
2 Studien über das englische Theater. Tübingen 1862. S. 30.
4*
52 Kichard Brome.
schwarzes Gesicht und wurde nun eine stehende Figiu' dieser
Bühne." Ward hingegen * ist geneigt, das eben genannte Stück
— welches er mit dem von Haughton, Day und Dekker verfafsten
„The Spanish Moor's Tragedy" identifiziert — als eine Nach-
ahmung von Marlowes „The Jew of Malta'' (1588 — 90) aufzu-
fassen. Demnach würde Ithamore der Stammvater der englischen
Bühnen-Mohren sein.
Der Deutsche, den Brome in „The Xovella'' auftreten lälst,
Swatzenburgh oder Swatzenberg — „a joUy strong chind Ger-
man, princely boru; a Jjandgrave at the least", kurz vorher als
„Dutchman" bezeichnet — redet an der Stelle, wo er es mit dem
als Deutschen verkleideten Fabricio zu thun hat, hochdeutsch:
„]Vas oder irer biftu? Biftii ein Deutfclier'? Sag »lihr in
was ort Du gclebft liaft?-^ — — — ^ — .dclt denke du hiß ein
heuchler; biftu aber ein Deutfcher fu a)ituort milir in deutfcher
fpracJi.^' (W. I, 169.)
Beiläufig werden auch „The Netherlands'', „the Low Coun-
tries" erwähnt. DaCs Brome selbst jemals auf dem Kontinente
gewesen, haben wir schon oben bezweifelt, und diese wenigen
deutschen AVorte, fast die einzigen, die sich bei ihm überhaupt
finden, 2 vermögen diesen Zweifel nicht zu beseitigen. Sein ge-
ringes Deutsch mag er von Kollegen oder Schauspielern haben,
die in Deutschland mit deutscher Sitte und Sprache sich ver-
traut gemacht hatten,^ falls er nicht eines der vielen Stücke
jener Zeit benutzte, in denen Deutschredende auftreten. Zudem
war es nicht eben schwierig, in London selbst von geborenen
Deutschen manches aufzufangen und sich anzueignen,' und end-
' II, 19 f.
^ In „A .lüvial Crew" kommt uoch eiumal „lustick" vor. (W. III,
.^66.) In „The Antipodes" heifst es: ^. . . from Kevser tu the Clowne'*.
(W. III, 265.)
•• Elze, Chapnian's Alphousus, Emperor of Germany. p. 7: ,Tliis
knowledge they took lionie with them, and no doubt iniparted it to their
friends and colleagues."
' Ders., p. { ff. Als Prinzess Elisabeth 1618 den Pfalzgrafen hei-
ratete, brachte er ohne Zweifel ein zahlreiches Gefolge mit. „How often
may tbe Steel- Yard, that centre of national merriment and international
dainties, no less than of international busiuess, have witnessed gronps of
Euglish and German courtiers, merchauts and actors, overfiowing with
Richard 15rome. 53
lieh ist nicht völhg ausgeschlossen, dafs die angeführten Phrasen
Einschiebsel des Schauspielers oder Xachschreibers oder auch
des Herausgebers dieser Komödie sind, falls nicht die beiden
letzten identisch sein sollten.
Ä Jovial Crew, or the Merry Beggars. Dem reichen
Gutsherrn Oldrent ist prophezeit worden, seine beiden Töchter
würden Bettlerinneu werden, und darüber ist er in Schwermut
verfallen. Nun hat er einen Verwalter, Springlove, der bisher
jedes Jahr, sol>ald der Sommer nahte, Urlaub erbeten und er-
halten hatte, um sich einem ungebundenen, vagabondierenden
Leben hinzugeben. Eine Schar Bettler, die sich gerade auf
Oldrents Hofe befindet, wird vom Verwalter so reichlich be-
wirtet, dafs sie ihn zu ihrem Oberhaupte erwälilen. Er ninunt
von neuem Urlaub und will mit ihnen ziehen. Unterdessen
haben Meriel und Kachel, Oldrents Töchter, gefunden, dafs das
beschränkte Leben im Hause ihres schwermütigen Vaters recht
drückend für sie ist; sie wünschen, einmal auf längere Zeit
ganz frei zu sein, um am liebsten als Bettlerinnen die Welt zu
durchziehen. Ihre Verlobten, Vincent und Hilliard, würden sich
ihnen anschliefseu. In ihrem Entsclilusse werden sie bestärkt
durch den Verwalter Springlove, der ihnen das freie Leben nicht
genug rühmen kann und ihnen überdies den Grund der Schwer-
mut des alten Herrn mitteilt. Die Töchter wollen nun um so
mehr Bettlerinnen werden, als sie dadurch jene Prophezeiung zu
erfüllen und ihr Genüge zu leisten glauben ; denn der Wahrsager
hatte nur davon gesprochen, dafs sie überhaupt einmal Bett-
lerinnen werden würden, nicht davon, dafs sie es für inmier
bleiben sollten. Zugleich hoffen sie, durch diesen Sehritt dem
Vater seine Heiterkeit zurückzugeben. Doch lassen sie ihn zu-
nächst von ihrem Vorhaben nichts merken, sondern sind plötz-
lich eines Morgens mit Springlove, der Bettlerschar und ihren
beiden Liebhabern verschwunden. Anstatt noch trauriger zu
feelings of universal brotherhood — upsy Dutch or iipsij KiKßish: tho
Germans murdering the Kiug's English as lustily as the P^uglish did
the Palsgrave's German." Auch durch Gesandte und ihr CJefolge, sowie
durch englische Kaufleute, die sich längere Zeit in Deutschland aufge-
halten, kamen deutsche Sprachbrocken nach England.
54 Richard Brome.
werden, benimmt sich Oldrent als Philosopli. Er redet sich ein,
die Töchter seien für ihn unwiederbringhch verloren, und alles
ELlagen nütze zu nichts. Deshalb giebt er sich Mühe, über die
jMal'seu lustig zu sein, was ihm mit Hilfe seines jovialen Freundes
Hearty auch gelingt. — Unterdessen durchziehen die freiwilligen
Bettler die Umgegend und haben manches heitere Abenteuer zu
bestehen. Der Zufall will, daCs ein drittes Liebespaar unter sie
gerät. Amie, des Richters Clack Nichte, war von dessen Schreiber
IVIartin entführt worden und sucht mui samt diesem bei unseren Bett-
lern eine Zufluchtstätte. Da mm ISIartin sieht, wie Amic alsbald sich
in Springlove verliebt, verläfst der Eifersüchtige die Gesellschaft,
kehrt nach Hause zurück und verrät dem Richter ihren Aufent-
halt. Clack läfst die Entflohene sogleich verfolgen, und da man
sie unter den Bettlern findet, werden auch diese mit verhaftet
und eingebracht. Doch gelingt es den Bettlern von Profession
gar bald zu entwischen, und nur unsere Freiwilligen verbleiben
in der Haft. Nun ist gerade beim Richter Clack der Herr Old-
rent zu Besuch, und um seinen Gast zu ehren, ^vill jener dem
alten Herrn ein Schauspiel zum Besten geben. Die Verhafteten
sollen straffrei ausgehen, wenn sie ihre schauspielerischen Talente
zeigen — denn solcher hatten sie sich gerühmt. Aus ihrem
Spiele erkennt Oldrent den Zusammenliaiig. Er vergiebt den
wiedergefundenen Töchtern und ist froh, dafs die Propliezeiung
sich in so harmloser Weise erfüllt hat. Auch stellt sich heraus,
dafs S[)i'inglove sein und einer Bettlerin Sohn ist. Er war im
Gewerbe der Mutter aufgewachsen. Daher seine Vorliebe für
das wandernde Leben der Bettler, welches er, seitdem er in Old-
rents Dienste stand, in jedem Jahre einmal von neuem genossen
hatte. —
So sonderbar uns Neuere die Idee anuuitet, eine Gesellschaft
gewerbsmäfsiger Bettler auf der Scene zu sehen, so muls doch
bei diesem Stücke eine gewisse Naturwüclisigkeit und Frische
anerkannt werden, die freilich mitunter in das Obscöue übergeht.
Dafs die Entwickeln ng unwahrscheinlich ist, we Ward bemerkt,
ist kein Fehler, der dieser Komödie vor anderen Stücken unseres
Autors eigen! ümlicli wäre; ja wir dürfen sagen, dals gerade hier
vieles mehr tmd besser motiviert ist als in manchen der Sitten-
komödien. Auch der Vorwurf, den Ra])p dem Stücke macht,
Richard Brome. 55
es leide Mangel an Einheit, trifft andere Stücke weit mehr. Da-
gegen hat Rapp entschieden recht, wenn er den Charakter des
Springlove wenig ausgeführt nennt und meint, es fehle der Ko-
mödie an konsequenter Leidenschaft und somit an Pathos und
Idealität. '
Wald- und Feldsceneu, in denen Bettler, Zigeuner, Geächtete
und Strafsenräuber auftreten, finden sich in den dramatischen
Werken der Epoche nicht selten; so in „The Pilgrim" (1621),
„The ISIaid in the MilP' (1623), „Wit at Several Weapous" (vor
1616), „The Beggars' Bush" (1632) von Beaumont und Fletcher,
bez. von Fletcher allein; in Massingers „Tlie Guardian" (1633),
in manchem Jousonschen Stücke, wie in „The Sad Shepherd"
und der Maske „The Gipsies Metamorphosed", vor allem auch
in „The Spauish Gipsy" (gedruckt 1652) von Middleton und
Rowley. Solche Sceuen verdanken ihren Ursprung entweder
spanischen Novellen oder englischen Fairy Tales und Volkssagen
(Robin Hood). An Feeumärchen erinnern in Bromes Stücken nur
einige der eingelegten Lieder, in denen von Elfen und König
und Königin (d. i. Oberon und Mab) die Rede ist; in anderen
Gesängen mag mau Reste lokaler Sagen erkennen (so W. III,
385). Die Handlung aber, wenigstens die Haupthandlung, läl'st
an spanischen Einfluis denken. Freilich wird dieser Einfluls kein
direkter gewesen sein können. Die spanischen Quellen verboten
sich Brome von selbst, da bei seinem Bildungsgänge ihm die
Erlernung der spanischen wie überhaupt einer fremden Sprache
kaum möglich gewesen sein dürfte. Aber auch Übersetzungen
wird er kaum benutzt haben; denn die kleineren Erzälilungeu
des Cervantes, um die es sich bei vorliegendem Stücke allein
handelt, sind wohl nicht vor 1640 ins Englische übertragen wor-
den. - Es ist vielmehr von vornherein wahrscheinlich, dafs er
auch hier auf den Schultern der Zeitgenossen steht.
Wir prüfen zunächst Wards Meinung. „It is possible," sagt
er, 3 „that he (Brome) was only availing himself of an idea which
Fletcher's The Beggars' Bush or, less directly, more thau one
of Jonson's productions might have suggested to him." — In der
That möchte man glauben, dafs Fletchers „The Beggars' Bush"
• Eapp a. a. O. 22. - Ward II, 239, Note 5. » pers. II, 311.
56 Richard Brome.
einigen Einfluls auf unser Stück geübt hat, nicht, soweit die
Hauptliandlung in Betracht kommt — denn diese hat mit der
des Bromescheu Lustspiels gar nichts gemein — , wohl aber hin-
sichtlich der Bettlerscenen. Zwar läfst sich von keiner solchen
Scene in „A Jovial Crew" behaupten, sie sei einer Fletcherschen
nachgebildet; in den Einzelheiten ist die Ähnlichkeit dieser Auf-
tritte nicht eben schlagend. Aber der allgemeine Eindruck, den
sie im Leser hervorrufen, spricht durchaus für ihre Verwandt-
schaft. Hier wie dort hat sich eine Art von Bettlerstaat kon-
stituiert, ein „Commonwealth", mit einem Oberhaupte, mit Ge-
setzen und Traditionen; das Verhalten der Ghedcr dieses Staates
gegen das Oberhaupt ist dasselbe in „The B. B." mid in „A Jovial
Crew" ; der Ton dieser Leute in beiden Gemeinschaften fi-ei, bei-
nahe roh, in „The B. B." zum Teil cynisch; und endhch be-
dienen sich die Bettler Bromes und diejenigen Fletchers derselben
charakteristischen Gaunersprache, wenn sie auch bei Fletcher
mehr ausgebildet erscheint. Es steht somit der Annahme nichts
entgegen, dals Brome „The B. B." wohl gekannt und, soviel die
Bettlerscenen anlangt, mehr als eine blofse Anregung dm-ch
dieses Stück erhalten hat. — Ben Jonsons Maske „The Gipsies
Metamorphosed" kommt hinsichtlich der Handlung noch weniger
in Betracht; auch lassen die Gesänge, in denen der Dichter die
Gaunersprache mit wahrer Virtuosität behandelt, eine bemerkens-
werte Übereinstimmung mit denen in „A Jovial C^rcw" nicht
erkennen. Dagegen ist die Maske merkwürdig wegen einer Stelle,
die sich in der Rede des Jackman, gleich zu Anfang, findet.
Derselbe ladet das Publikum zur Betrachtung der fünf kleinen
Kinder ein, die er auf dem Rücken trägt: „Gaze upon thcm ...
especially on this brave Spark Struck out of Elintshire, upon
Justice Jug's Daughter, theu Sheriif of the Country, who running
away with a Kinsman of our Captain\'^, and her father pursuing
her to tiie Marshes " Es liegt die ]\I()glichkeit vor, dals
diese wenigen AVorte für Brome der Anlafs wurden, die Neben-
handlung seines Stückes so zu gestalten, wie sie ist: eines Rich-
ters Nichte wird von dessen Schreiber entführt, und der Vater
lä(st Ix'idc verfolgen. — Der frische Waldesduft, der in Jonsons
„The Sad Shepherd" weht, kami sehr wohl Bromes M'ald- und
Feldsccnen mit der Frische beschenkt haben, von der wir oben
Eichard Brome. 57
sprachen, und das Feenwesen jenes Stückes ist vielleicht nicht
ohne Einwirkung auf die Gesänge in „A Jovial Crew" geblieben;
auch finden wir hier wie dort eine Amie.
Wir möchten aber auf ein Stück aufmerksam machen, wel-
ches nicht in Einzelheiten blofs, sondern vor allem im ganzen
Charakter seines Baues mit Bromes romantischer Komödie auf-
fallende Ähnlichkeit hat. Es ist dies Middletons und Rowleys
Drama „The Spanish Gipsy". Beide Stücke haben zwei Hand-
lungen, die nicht allzu eng miteinander verknüpft sind. In
„A Jovial Crew" dreht sich die eine Handlung mn Springlove
und seine Bettlerschar, die andere um des Richters Nichte imd
deren Geliebten; in „The Spanish Gipsy" die eine um Con-
stanze (Preciosa) und die Zigeimer, die andere um Roderigo imd
Clara. Als Quellen benutzten Middleton und Rowley zwei No-
vellen des Cervantes, und zwar für die erste Handlung „La
Gitanilla", für die zweite „La Fuerza de la Sangre". • Wenn
nun auch die zweiten Handlungen der beiden Stücke fast nichts
miteinander gemein haben, so zeigen doch die ersten eine Über-
einstimmimg, die nicht blofs zufällig sein kann. Denn abge-
sehen davon, dafs die Bromeschen Bettler mit den vermeinten
Zigeunern Middletons gewisse individuelle Züge teilen, nimmt
Springlove eine Stelle ein, die derjenigen Constanzes analog ist.
Beide sind die Häupter ihrer Gesellschaft, beide finden am
Schlüsse ihre Angehörigen wieder, und beider Liebe erlangt den
Segen der ihnen neu geschenkten Eltern. So spielt denn Spring-
love „gewissermafsen eine umgekehrte Preciosa-Rolle".^ Zudem
aber erfolgt die Lösung des Knotens in beiden Stücken durch
eine Komödie in der Komödie, welcher Zug sich iu der Novelle
des Cervantes nicht findet; wohl der sicherste Beweis,. dafs Brome
nach Middleton und Rowley gearbeitet hat.
Noch seien einige Anklänge an Shakespeare erwähnt. Der
Monolog des Dieners Randal, welcher sich besinnt, ob er ihm
anvertrautes Geld für sich behalten solle oder nicht, bildet ein
Pendant zmn INIonologe Lancelot Gobbos, welcher im Zweifel ist,
' S. Ward II, 78, wo derselbe überdies dankenswerte Nachweise über
den anderweiten Einfiufs der Gitanilla giebt.
^ Rapp a. a. 0. 22.
58 Richard Brome.
ob er dem Juden, seinem Herrn, entlaufen oder ob er l^leiben
solle („Merchant of Venicc" 11, 2). So sagt Randal: „If I now
should turn this money to my own use ! ha I dcar Devil, tempt
nie not. — Away, Temptatiou, Icavc me, I am frail flesh: yet
r will figlit with thee. — — Turn from me, Satan : strive not
to clog my conscience " (W. lU, 381 f.) Auf einen be-
kannten Ausspruch des Polonius („Hamlet" H, 2) weisen Heartys
Worte :
If this be madness, 'tis a merry Fit. (\V. III, 380.)
„A Jovial Crew, or the Merry Beggars" hat sich sehr lange
auf der Bühne erhalten. Wenn aber Ward ' diesen Umstand
der aufserordentlichen Popularität zuschreibt, die das weit später
(1728) erschienene Stück John Gays „The Beggar's Opera" sich
erwarb, so ist vor allem y.u bedenken, dals, vom Titel abge-
sehen, beide Dichtungen durchaus verschieden sind. Jedenfalls
aber zeigte der Erfolg der Gayschen Schöpfung, dafs sich auf
dem Gebiete der Bettleroper etwas wagen liefs, und so erscheint
es als ganz natürlich, dafs schon 1732 Bromes Stück unter sei-
nem alten Titel in Drmy-Lane als Oper aufgeführt ward, nach-
dem Mr. Roome und Sir William Young dasselbe um verschie-
dene Gesänge bereichert hatten.- In dieser Gestalt blieb es
sehr lange auf dem Eepertoire. •' Von dieser Oper urteilt die
Biographia Dramatica: „It is ccrtain that it is far from au un-
entertaining piece, especiidly to those who are fond of tlic mu-
sical drama ; yet it is mingled with so many absurditics and indeli-
cacies, that I cannot help looking on the great approbation it
met with, as a kind of reflection on the public taste."
Von den romantischen Int rif/iioidr amen besprechen wir
The Queens Exchange. Bertha, die Königin von Wessex,
gedenkt Osriick, den König von Xorthumbcrland, zu heiraten,
stölst aber bei Lord Segbert, dem I^'rcundo ihres verstorbenen
Vaters, auf Widerspruch : der Ijord meint, unter einem northum-
brischen Herrscher möchten die westsäclisischen Interessen zu
' II, 311.
- l5iogr. Dram. II, 17J. — Ward liat 1731 als Jahr der ersten Auf-
führunp.
•• Nach Ward bis ITül. II, 311, Note 1.
Kichanl Brome. 59
wenig gewahrt- werden. Zar Strafe für seinen Widerspriidi ver-
bannt ihn die Königio, und so zieht er denn, nur von seinem
ältesten Sohn Anthynus begleitet, nach Northunil^erland, um dort
dem Könige selbst Vorstellungen 7a\ machen, wird aber unter-
wegs von seinem zweiten Sohn Offa, der ihn schnell l)eerben
möchte, meuchlerisch überfallen imd verwundet. Ein frommer
Eremit ninmit sich seiner an, giebt ihm Herberge und pflegt ihn,
während Anthynus, der mit Xot den von Oifa gedmigenen Mör-
dern entwischt war, den verlorenen Vater vergebens in Wald
imd Fku' sucht.
Unterdessen hat der Sinn des Königs von Northimiberland
eine merkwiu'dige Veränderung erfahren. Der Gesandte, welcher
ihm mit Berthas Jawort deren Bildnis überbrachte, liefs ilin zu-
gleich das Porträt der Mildred sehen, der Tochter Segberts.
Eine Vergleichuug der Bildnisse hat die Wirkung, dafs Osriick
der Königin vergifst und nur danach trachtet, jene andere Jung-
frau kennen zu lernen. Dies mufs incognito geschehen; das
Volk soll nichts von seiner Abwesenheit merken. Da ist's ihm
denn gerade recht, dafs man den Anthynus, den man im AA^alde
schlafend gefunden, und der ihm gleicht wie ein Ei dem an-
deren, einstweilen seine Rolle spielen lassen will. Nur wenige
Lords sind in das Geheimnis eingeweiht, und diese wenigen be-
gleiten den als Privatmann auftretenden Osriick nach Wessex.
Dort A\ard er für Anth}Tius augesehen imd, da der heuchlerische
Offa ihn beschuldigt, den Vater, Segbert, ermordet zu haben,
ins Gefängnis geworfen.
Anthynus kann sich inz\\ischen in seine Rolle als northum-
brischer König durchaus nicht finden: er Aviederholt seiner
Umgebung, er sei Anthynus, Segberts Sohn, und nicht der
König. Die Höflinge, denen der Tausch unbekannt ist, und die
ihn demnach für den Regenten halten müssen, glauben, er sei
gemütskrank geworden. Man sucht seine Heü-at zu besclileu-
uigen, da man von derselben seine Genesung erhofft. Die Kö-
nigin von Wessex, die man von seinem Zustande benach-
richtigt hat, eilt herbei, und Anthymis läfst es sich gefallen,
mit iln- vermählt zu werden; worauf denn das Ehepaar nach
Wessex reist.
Dort erfolgt die Aufklärung. Der aus dem Gefängnisse
60 Eichartl Bioiiie.
befreite Osriick verbindet sich mit Mildred. Die Festfreude
wird zum Schlüsse durch die Rückkehr des totgeglaubten Segbert
erhöht. Der schurkische OfFa erhält Verzeiliuug. —
In diesem Drama zeigt der Verfasser bei weitem mehr
Kunst als in den bisher besprochenen Stücken. Er hat sich
hier ersichtlich Mühe gegeben, seinen Stil auf einer gewissen
Höhe zu halten, und hat insbesondere den blank verse durch-
gehends, wenn auch mit sehr ungleichem Erfolge, zur Anwen-
dung gebracht. Der Verlauf der Handlmig zeigt eine Frische,
die vom Leser jede Ermüdung fernhält; und obwohl das leitende
Motiv in der Verwechselung von Personen und daraus sich er-
gebenden Mifsverständnissen liegt, so findet sich doch nirgends
Unklarheit oder Verschwommenheit. Auch sind die einzelnen
Handlungen gut miteinander verbunden.
Das Stück enthält mannigfache Anklänge an andere Dra-
men, wie zum Teil schon Ward hervorhebt. Zunächst erinnert
die Art, wie der in die A^erbannung ziehende I^ord Segbert zu
erkunden sucht, in welchem Grade seine Kinder ihn heben, au
„King Lear" (I, 2). Segbert fragt ein jedes der drei Kinder,
wie es seine Liebe zu ihm gefunden habe. Darauf er^^ndert.
Offa, überschwenglich wie bei Shakespeare Goneril:
O dear Sir,
I am all unworthy to acknowledge half.
Half of your pious boiiuties ou a Son,
A wretch so ill-deserving 38 myself ;
Your hand has everniore l)een open to me,
Your blessings still nu^re readily have showr'd
Upon my head, tlian I had grace to ask them ....
Mildred versichert unter Thräucn, seine Güte sei unaus-
sprechhch :
Could, or durst I atterapt t'express your goodness?
More than to say, 'tis more than I can say.
Doch wie sich später zeigt, meint sie es aufrichtig, anders
als Offa. — Endlich richtet der Alte seine Frage auch an An-
thpius. Dieser mag nicht schmeicheln, und aufserdem ist sein
Gemüt verbittert, weil der Vater ihn, den Erstgeborenen, zu-
letzt fragt..
Scgb. Now there rests
Of all my ehildren but von, to resolve me,
llow von havc found mv love.
Richard Brome. 61
Anth. You ask me last,
Sir, I presume, 'cause you have had me longest,
To crown their testimony.
Segb. Yet you seem,
Anthynus, by your leave, least to know me,
But like a stranger look u^jou me when
These give me due respect.
Anth. Lesse thau due
I dare not give you; and more were to abuse you.
Though I do not applaud, I must approve,
You are a right good father. (W. III, 466 f.)
Diese Offenheit verletzt Segbert, und er bestimmt, tlafs bei
seinen Lebzeiten der zweite Sohn Offa als Erstgeborener be-
trachtet und geehrt werden solle. Und doch ist Anthynus von
walirer Kindesliebe erfüllt, denn er begleitet freiwillig den Vater
in die Verbannung, wälii-end Offa bald darauf beiden nach dem
Leben trachtet. — Der Überfall Segberts und seines Sohnes
AnthjTius diu'ch Offa und die ^'on diesem gedungenen Mörder
gemahnt an „Macbeth", wo auch ein Vater (Banquo) fällt, der
Sohn aber entkommt (III, 3). Dafs, wie sich später heraus-
stellt, Segberts Tod nur scheinbar ist, thut der Ähnlichkeit der
Scenen keinen Eintrag. — Den Genius, welcher im vierten Akte
dem Anthynus Trost und Vertrauen einspricht (W. III, 528 f.),
glaubt Ward auf den Einflufs von Massingers „The Virgin
Martyr" (um 1620) zurückfüliren zu können, welche Meinung
trotz der sehr verschiedenen äufseren Umstände viel für sich
hat. In Massiugers Stück wird Dorothea, die christliche Blut-
zeugin, im Leben und bei ihrem Tode von einem guten Genius
geleitet und getröstet. Derselbe Genius bekehrt s])ätcr den
eifrigen Christenverfolger Theophilus und umschwebt ihn, als
auch dieser den MärtjTertod erleiden mufs. Da, wenige Augen-
blicke vor seinem Verscheiden, hat Theophilus eine A'^ision:
Dorothea erscheint ihm, eine Krone auf dem Haupte, begleitet
von seligen Märtyrern, und überreicht auch ihm eine Krone
(V, 2). In unserem Stücke sieht sich x\nthynus, auf die Ein-
gebungen des Genius hin, im Traume zum Könige von AVessex
erhoben. Die Visionen sind von beiden Verfassern als „dumb
shows" behandelt. — Ungewifs bleibt, woher Brome seinen Stoff
genommen, und insbesondere, ob die Verwechselung des Königs
Osriick mit Anthynus etwa dem Einflüsse einer Komödie der
L'ruugeu zu danken ist, ungewii's ferner, ob der schlagfertige
62 Richard ßiome.
Hofnarr Jeffrey als Bronics eigene Erfindung beti-achtet werden
darf. Daffeseu ist es nicht unwahrselieinlidi, dals er in der
Diebesscene des fünften Aktes (W. II, 535), in welcher Räuber,
als Divils, rectc Devils, verkleidet, auftreten, demselben Suckling
folgte, den er, wie wir aiuiehmen durften, wegen ähnlicher Teufels-
scenen verspottete. ^
1 Vgl. «The Goblius'', Komödie vou Sir .Tohu Suckling.
Dresden. Dr. E. K. R. Eaust.
Pierre de Lariveys Komödien
und ihr Eluflufs auf Molifere.
Von
Dr. Guido Wenzel.
Unter den zahlreichen Komödiendichteru der vorklassisehen
Epoche in Frankreich, den Vorgängern Moh^res, des grofsen, un-
übertroifeneu Meisters des französischen Lustspiels, nimmt Pierre
de Larivey wohl den hervorragendsten Platz ein. Der Dichter
gehört der Zeit nach dem 16., seiner Bedeutung nach jedoch erst
dem 17. Jahrhundert an, und seine Verdienste um die drama-
tische Kunst in Frankreich sind weniger darin zu suchen und zu
erkennen, dafs er zur Weiterbildung, zur Förderung des franzö-
sischen Lustspiels, wie es von Etienne Jodelle, dem Vater der
ersten regelrechten Komödie, angebahnt wurde, beigetragen hat,
als vielmehr darin, dafs er selbst, von italienischer Herkunft, das
italienische Lustspiel mit seinem frischen dramatischen Leben,
seiner Fülle origineller Ideen und ausgeprägter Typen der da-
mahgen mittleren und niederen Volksklassen in Frankreich ein-
geführt und es im Sinne und Geiste des französischen Volkes
umgemodelt, es mit einem Worte den Franzosen numdgerecht
gemacht hat.
Vor Etienne Jodelle, der zuerst die schwierige Aufgabe
unternahm, den Franzosen eine gleichzeitig nationale und den
Forderungen der antiken Kunst entsprechende Komödie zu lie-
fern, nämlich seinen Eugfene oder I^a Rcnconti-e, ein Lustspiel in
fünf Akten, kannte man in Frankrei<-h mn- tolle, grobkörnige
Stücke, welche inhaltUch gar sehr viel Ähnlichkeit mit den alten
FabHaux des 13. Jahrhunderts hatten und an Derbheit und lioh-
heit meist nichts zu wünschen übrig liefsen. Es waren dies die
61 Pierre de Lariveys I\<>m()dieu und ilir Einflufs auf ]\Ioliere.
alten Farcen nn<] Sottics des Mittelalters, welche besonders bei
feierlichen Gelegenheiten, bei Volks- und Hoffesten zm* Auf-
führung gelangten.*
Die Sotties waren im allgemeinen dem französischen Ge-
schmacke nicht so entsprechend wie die leichten lustigen Farcen,
welche voll Hnnior und toller Einfälle so recht für das grofse
l^ul)likuni geschahen waren, das im Theater hauptsächlich unter-
halten und weniger belehrt werden wollte und auch heutzutage
noch eine lustige und humorvolle Wendung selbst im ernsteren
Schauspiele stets mit Freuden begrüfst. Daher kam es aucli,
dal's die ersten dramatischen Stücke, die sich mehr oder weniger
eng an Jodelles AVerkc anlehnten, ihre Wirkung aufs Volk gänz-
lich verfehlten und mehr für die Gelehrten geeignet waren, welche
in dem Wiedererwachen der Klassizität auf dem Gebiete der
Komödie, namentlich aber der TragiKÜc, einen grofseu nationalen
Gewinn füi- Frankreich erblickten. Das Volk, aber zum grofsen
Teil auch der franz<)sische Adel, der Hof, die Kihiiffe Heinrich HI.
und Heinrich IV. an der Spitze, huldigten dem italienischen Ge-
schmack. Die französischen Könige riefen daher italienische
Schauspiclertrupj)en ins Land und liefsen ihnen alle Ehren und
Auszeichnungen füi* ihr für damalige Zeit vollendetes Spiel zu
teil werden. In Italien ebenso wie in Spanien hatte sich bereits
aus der schnlgemäfsen Nachahnumg des antiken Dramas ein
neues volkstümliches Theater entwickelt. Die Pracht der De-
korationen, eine leichte und heitere Musik, der Reiz des Ge-
sanges, der Zauber pantomimischer Darstellungen und amuutiger
Tänze, die Durchführung der FraucMn'ollcn von Frauen und nicht
von jungen ISIännern, wie dies in J*'rankreich im IG. Jahrhundert
geschah, das alles verband sich mit der Kunst des Dichters und
des Schaus})ielers, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu
fesseln, um sein Interesse für das Spiel zu steigern und ihn für
immer diesen heiteren Sj)ielen zu gewinnen. In Italien war im
16. Jahrhundert die Stegrcifkonu'xlic, die sogenannte Conunedia
dell' Arte, vorzugsweise beliebt, und sie fand auch gar bald ihren
Weg über die Alpen nach Frankreich, wo sie mit Begeisteruug
aufgenonuncn wurde und ziihlreiclie Anhäng(M' fand, weil sie sich
* Cf. Adolf Ebert : Eutwifkcluugsgoschichte der französischen Tra-
gödie in Frankreich, voruehndicli im 16. Jahrhundert. Gotha 1856.
Pierre de Lariveys Komödien und ihr Eiuflufs auf Molifere. 65
inhaltlich an die alten beliebten volkstümlichen Farcen und Fabliaiuc
anlehnte.*
Die Stücke der Commedia dell' Arte hielten sich fast ein
halbes Jahrhundert auf den französischen Theatern, und selbst
als Corneille seinen „Menteur" und INIohere verschiedene seiner
gelimgensten Komödien veröifentlicht hatte, waren jene noch in
gutem Angedenken, sowohl in der Hauptstadt als ganz besonders
in der Provinz, und Moliere hatte auf seinen Wanderungen in
der Provinz oft genug Gelegenheit, es zu erfahren, so dafs er
sich entschlofs, auch kleinere Stücke, echte Possen, im Stile der
Commedia dell' Arte zu verfassen, um den Theaterfreunden von
ihrer Lieblingsspeise aufzutischen.
Italienische Stücke im Genre der Commedia delF Arte und
zwar solcher, die im geschriebenen Texte vorliegen und deren
Verfasser man kennt, in Frankreich einzubürgern, sie an den
Bühnen zu befestigen und sie so zu sagen zum nationalen Ge-
meingut der Franzosen zu machen, war ^vohl keiner besser im
stände als Pierre de Larivey, dessen Vorfahren in Italien zu
Hause waren. Über Pierre de Lariveys Personalien ist uns nicht
eben viel Sicheres bekannt. HauptqueUe für seine Biographie
bildet ein Werk seines Zeitgenossen und engeren Landsmannes,
die „M^moires sur les Troyens c^l^bres" von Grosley. Hiernach
war Lariveys Vater ein Italiener und gehörte der bekannten in
Florenz und Venedig ansässigen Buchdruckerfamilie der Giuuti
an. Derselbe w^ar nach Troyes in der Champagne ausgewandert,
wo unser Larivey (der Name ist eine Französierung von Giunto
:= Joint = arrivö, also der „Angekommene, der Eingewanderte")
um das Jahr 1540 geboren wurde. Ausserdem wissen wir noch,
dafs er Kanonikus von St. Etienne in Troyes war (Chanoine en
r^glise royale et coU^giale de St. Etienne de Troyes) und dal's
er nicht lange nach 1611 gestorben sein muls. Larivey war von
itaHenischer Herkunft, wollte aber als Franzose gelten, weshalb
er sich auch immer so nachdrücklich auf seinen Werken als
einen Angehörigen der Champagne, als einen „po&te champe-
nois" bezeichnet. Da Larivey das Italienische beherrschte und
auch des Französischen vollkommen mächtig war, eignete er
* Cf. F. Lotheissen : Geschichte der französischen Litteratur im 17. Jahr-
hundert, Band I, p. 265 ff. Wien 1878.
Aveliiv f. n. Sprachen. LXXXII. '^
GG Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einflufs auf ^VFolitne.
sich ganz vorzüglich, die itaUenisclie Komödie iu Frankreich
einzubürgern.
Den wichtigsten Teil in der htterari,scheu Hinterlassenschaft
Lariveys bilden die Komödien, von denen neun auf uns gekom-
men sind. Die sechs ersten : Le Laquais, La A^euve, Lcs Esprits,
Le Morfondu, Les Jaloux, Les Ecoliers erschienen zusammen im
flahrc 1579. Die drei letzten: La Constance, Le Fidele und Les
Tromperies kamen erst im Jahre 1(511, dem Todesjahre Lariveys,
an die Öffentlichkeit. Die besten Leistungen des Dichters sind
unfraglich die sechs ersten 1579 erschienenen Lustspiele, welche
sich in jeder Beziehung vorteilhaft von den drei letzten schwachen
Stücken aus dem Jahre 1611 abheben. Sämtliche Lustspiele
Lariveys sind übrigens, so selu' auch inuuer berühmte französi-
sche Litterarhistoriker und Editoren bemüht gewesen sind, Lari-
\'ey als nahezu selbständig arbeitenden Autor hinzustellen, mehr
oder minder freie und gescliickte Übertragungen der italienischen
Originalstücke, deren Verfasser uns alle bekannt sind. Den Plan
der Stücke, den ganzen Aufbau derselben, die Charakteristik hat
Larivey direkt herübergenonnneu und seine Änderungen sind
mehr äuTserlicher Art, dafs sie nicht sehr ins Gewicht fallen
kiuuien.*
WoUte mau aber die Bedeutung Lariveys für die franzö-
sische Litteratur deswegen, weil seine Stücke freie Übertragungen
italienischer Originale sind, hinwegleugnen, wollte man seine Ver-
dienste um die französische Komödie in Abrede stellen, so würde
man dem fleii'sigen Autor entschieden unrecht thim. Lariveys
Verdienste sind allerdings mehr auf dem direkt sprachlichen Ge-
biete zu suchen, denn er ist in der Handhabung der Sprache
ein wahrer Meister, so dafs Professor Darniesteter in seinem
„Seiziöme Si^cle en France" (p. 179) mit Recht sagen kann: „II
annonce la prose de Molifere." Larivey hat durch seine Über-
setzungen itahenischer Stücke das Verständnis derselben den
französischen Dichtern wesentlich erleichtert und sie mit einer
Menge neuer Gestalten und Ideen, mit einer Fülle echt komi-
scher, gelungener Scenen, mit einer Reihe stereotyper Charaktere
bekannt gemacht, die infolge ihrer unübertreifhchen Komik bei
* Cf. hierzu J. Vogels : Der syntaktische Gebrauch der Tempora und
Modi bei Pierre de Larivey (Böhmer : Rumänische Studien, Heft XVIIIj.
Pierre de Lariveys Komödien und ihr Eiuflufs auf Alolifere. 67
den französischen Lustspieldichtern, vornehmlich bei Molifere in
etwas veränderter Gestalt, in neu retouohiertcr Form, feiner und
kunstgerechter gezeichnet, iuuuer wiederkehren. Der gemeinsame
charakteristische Zug und Grundton sämtliclier I^ariveyschen
Lustspiele ist das grotesk Possenhafte; sie leiden alle durchweg
an Übertreibungen der gegebenen Situationen und Charaktere,
und es wiederholen sich stets dieselben mehr oder minder feinen,
aber auch zuweilen etwas plumpen Litriguen, Betrügereien und
Schurkenstreiche verschlagener Diener und unverst^hämter Kupp-
ler. Die Diener, und es giebt deren eine ganze Reihenfolge und
Blumenlese in den Lariveyschen Komödien, sind ohne Ausnahme
gerieben und durchtrieben bis zum Excels, dabei aber auf-
opferimgsvoll und ihren Herren treu ergeben, freilich immer auch
aus dem Grunde, materielle Vorteile der einen oder anderen Art
zu geniefsen. Diese Dienerrollen diat Moliere ganz gewifs aus
den itahenischen und besonders den ihrer Zeit so beliebten Lari-
veyschen Stücken kennen gelernt und hat sie mit viel Geschick
und Meisterkunst in seinen besten Lustspielen verwertet. Nur
hat er die Intrigantenrolle meist einer Dienerin überwiesen, was
von noch gröfserer Wirkung sein mufste, da man in Frankreich
solche Rollen gern von Frauen spielen sah. Man denke nur
z. B. an die glänzend durchgeführte Rolle der Dorine im Tar-
tüffe, einer der Meisterschöpfungen Moliöres.
Lariveys Stücke sind nur grofs durch einzelne höchst pikante,
äufserst komische Scenen, in denen die gegebeneu Situationen
zwar nicht eine jedesmahge Folge der Charaktere sind, sondern
vielmehr umgekehrt die Charaktere sich den Situationen an-
passen, wie es in den gewöhnlichen Possen der Fall ist und sein
darf. Es fehlt den Stücken oft, ja meist, die einheitliche Hand-
lung; an deren Stelle finden sich mehrere gleichberechtigte, lose
Nebenhandlungen, die, jede für sich, das Interesse des Zuschauers
in Anspruch nehmen. Übertreibungen, nicht nur in den Situa-
tionen, sondern ganz besonders auch in den Charakteren, sowie
deutlich zu erkennende Schadenfreude der ränkespitmenden Per-
sonen gehören zu den beiden Hauptkennzeichen der Stücke
Lariveys und sind gerade die Charakteristiken des gewöhnlichen
niederen Possenspiels. Ganz dasselbe Gepräge wie die im Tone
der Commedia delP Arte gehaltenen Lustspiele Lariveys haben
auch die dramatischen Entwürfe luid kleineren Stücke Moli5res,
68 Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einflufs auf [Molirre.
die er auf seinen Wanderungen in der Provinz (in den Jahren
1647 — 1658) abfafste. Es stammen aus dieser Zeit Stücke wie:
Le ]\I(5decin volant, La Jalousie du Barbouille, Gorgibus dans le
Sac, les Fourberies de Scapin, le Fagoteux, dem ein altfranzösi-
sches Fal)hau des 13. Jahrhimderts, IjC vilain mire, zu Grunde
liegi und aus dem später die genial-tolle Posse „Le Medecin
malgre lui" hervorgegangen ist. Das äulsere Gewand, aber auch
der Aufljau, die ganze Struktur dieser Moliereschen Possen hat
ungemein viel Ähnlichkeit mit denen Lariveys, und man ist ge-
wifs berechtigt, anzunehmen, dafs er Molifere zum JMuster und
Vorbild gedient hat. Moliere kehrte auch in den gereifteren
Jahren immer wieder zu der niederen Gattung des Dramas, zur
Posse zurück, und selbst nachdem er auf dem Höhepunkte seines
Dichterruhmes angekonnnen war, nachdem er Figuren wie Tar-
tuffe und Alceste über die Bi'etter hatte gehen lassen, verfafste
er wiederum launige, humorvolle Possenstücke, wie z. B. den
„Medecin malgr^ lui" u. a. Boileau, der scharfe Kritiker des
17. Jahrhunderts, der mit seinem nüchternen Kunstrichterver-
stande die Welt naturgemüfs ganz anders auffa(ste, als sie sich
in dem phantasiereichen Geiste eines Moliöre spiegelte, tadelte
mit Unrecht den grolsen und vielseitigen Dichter, da(s er von
der erhabeneren und künstlerisch vollendeteren Charakterkomödie
wieder zur Posse zurückkam. Boileau begriff eben nicht, dafs es
für den grofsen Dichtergenius, der, wie die meisten Komiker,
einen entschiedenen Hang zur Schwermut hatte, gewissermalsen
Bedürfnis war, von der ernsteren „haute Comddie" zur heiteren
Posse zurückzukehren, um das Publikum durch seine gelunge-
nen, von Witz übersprudelnden Geistesprodukte, die zu wahren
Zeitbildern geworden sind, zu fesseln und zu erheitern.
Weit mehr jedoch als der Plan und der dramatische Auf-
bau liefert die frappante Ähnlichkeit der Sprache in den Possen-
spielen Moliöres und den Lariveyschen Stücken deu Beweis, dafs
der gefeierte LiebHngsdichter der klassischen Zeit in Franki*eicli
sich an den Italienern bildete. Larivey hatte das Bestreben,
den an und für sich schon volkstümhchen Stil der italienischen
Komödie noch mehr zu popularisieren. Zu dem Zwecke versteht
er es, mit grofsor Gewandtheit und Natürlichkeit echt idioma-
tische Wendungen, bildliche oder sprichwörtliche Kedensarten ein-
zustreuen. Bei der Tendenz Lariveys, in einem recht populären
Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einflur« auf Moli^re. 69
Stile zu schreiben, ist es begreiflich, dafs er derbe und sclilüpfrige
Stellen seines Originals, an denen es selbstverständlich in einem
so volkstümlichen Genre, wie die Komödie ist, nicht fehlen
konnte, keineswegs in der französischen Version zu mildern be-
strebt ist. Im Gegenteil, er erlaubt sich oft, die bedenklichsten
Situationen, die anstölsigsten Handlungen dm-ch eine derbe, fast
mehr als gemeine Sprache breit auszumalen, wie es aber Moliöre
in ganz ähnlicher Weise in mehreren seiner Erstlingswerke, z. B.
in dem cyuischen „Medecin volant" gethan hat. Das Publikum
des 16. und auch noch des 17. Jahrhunderts war in den possen-
haften Theaterstücken an die Darstellung der derbsten Scenen
gewöhnt, und die Ohren der Zuschauer damaliger Zeit konnten
die gröfsten Dosen prickelnder, unanständiger, ja man darf sagen
geradezu gemeiner Ausdrücke vertragen. Um dies deutlicher zu
erkennen, braucht man nur einige der Lariveyschen Stücke näher
auf den Inhalt und auf die Ausführung hin zu prüfen. Es ist
allerdings kaum möglich, den Inhalt dieser Possen in Kürze und
knapper Form wiederzugeben, da durch die vielen Verwicke-
lungen, Intriguen und Episoden der einheitliche Faden, sofern
von einem solchen überhaupt die Rede sein kann, vollkommen
verloren geht und man nur ein Konglomerat von dramatischen
Scenen vor sich hat, in denen die Personen nach Kräften darauf
l)edacht sind, sich gegenseitig zu betrügen und anzuführen,
namentlich aber die Ehemänner zu hintergehen, Väter zu düpie-
ren, verliebte Greise zu überlisten und zu verspotten, um sie
von ihrer eitlen und geckenhaften Liebeswut endgültig zu km'ie-
ren. Abgesehen von der Zusamnienhangslosigkeit dieser Stücke
gestattet auch der cynische Inhalt derselben nicht, an dieser
Stelle näher auf Einzelheiten einzugehen. Es möge hier nur,
um das vorher Gesagte zu illustrieren, ganz kurz der Inhalt eines
jener Intriguenstücke und zwar „Le Laquais" skizziert werden.
— Em verschmitzter, geriebener und ei'findungsreicher Lakai
Jacquet wird von einem Kuppler Thoraas und dem Diener
Valere überredet, den hochbetagten, aber nichtsdestoweniger noch
■sehr verliebten Greis Sim^on gehörig hinter das Licht zu führcMi
und ihn für immer von seiner tollen Liebe zu einem jungen
reizenden Mädchen, die ihr Herz dem Sohne jenes Alten ge-
schenkt hat, zu heilen. Der Diener erscheint in der Verklei-
dung des angebeteten Mädchens und spielt dem ahnungslosen
70 Pierre de Lariveys Komödien iiud ilir Einflufs auf ]\Ioli('ro.
Alten einen ganz gelungenen, höchst komischen und originellen
Streich, worüber dieser zwar nicht wenig aufgebracht ist, aber
doch von seiner ki-ankhaften Liebestollheit geheilt ^vird. — Der
,Laquais" ist eine Posse im wahrsten Sinne des Wortes und
erinnert uns sehr an die alten lustigen Fabliaux und Farcen des
früheren und späteren Mittelalters. Die heiklen Situationen, und
zwar die heikelste von allen, die Scene zwischen dem Alten und
dem verkleideten Diener, spielt sich übrigens hinter den Coulissen
ab und "sra'd nur später berichtet, ähnlich wie in den Tragödien
des 16. Jahrhimderts, die sich dem Aufbau nach an die antik-
Idassischen Stücke der Griechen anlehnten, die Haupthandlung
auch nicht vor den Augen des Zuschauers stattfand, sondern
von einem Boten weitschweifig erzählt und breit ausgemalt wurde.
Eine gewisse Steigerung des Interesses ist im „Laquais" vor-
handen, insofern als man gespannt ist, zu erfahren, wie sich der
Schlaukopf seines schwierigen Auftrages entledigen wird. Ahn-
lich wie der ,,Laquais" sind auch die anderen Intriguenstücke
Lai'iveys beschaffen, und nur „Les Esprits" (die Gespenster)
heben sich vorteilhaft von den übrigen ab und müssen mit Recht
als die beste dramatische Leistung des Dichters gelten. Sie
haben auch auf Moh&re den unverkennbar gröfsten Einflufs aus-
geübt, wie jetzt des näheren dargelegt werden soll.
Der Titel des italienischen Originals war „Ai'idosio" von
Loreuzino de' Medici. Larivey änderte den Titel in „IjCs
Esprits" um, eine Neuerung, die gar wenig passend ist, da die
Gespenster nur in einer einzigen Scene vorkommen und gar
niclit die Seele des Stückes ausmachen, dessen Quintessenz viel-
mehr darin besteht, das Gebaren des alten Filzes Sdverin und
sein Verhältnis zu seinen Söhnen, sow-ie deren Stellung zum
Vater zu kennzeichnen. Die „Esprits" zeigen uns, wie die
Adelphi des Terenz, zwei Brüder von entgegengesetztem Charak-
ter. S^verin, der eine, ist rauli, mürrisch und schmutzig-geizig.
Er will keinen Pfennig von seinem zusammengescharrten Gelde
aus den Händen geben und weder seinem Sohne Urbain noch
seiner Tochter Laurence das Geringste überlassen. Er hält sei-
nen Sohn Urbain in strengster Abhängigkeit und möchte iim am
liebsten von jeder Berührung mit der Aulsenwelt fernhalten.
Der zweite Bruder Hilaire denkt nicht so. Da seine Ehe kinder-
los gebheben, hat er einen anderen Solui Sdverins, den jungen
Pierre de Lariveys Komödien uud ihr Einflufs auf Molifere. 71
Fortuna, adoptiert und behandelt denselben mit der gröfsten
Nachsicht und Güte. Er verzeiht ihm alle tollen Streiche, denn
sein Spruch ist: Jugend mufs austoben („II faut que la jeunesse
ait son cours"). Nicht mit Strafpredigten sucht er ihn zu bessern,
sondern durch wohlgemeinte Ratschläge, denn er will nur als
sein väterlicher Freund gelten. Die Folgen dieser grundverschie-
denen Erziehungsmethoden treten nun in dem Stücke zu Tage.
Urbain ist ein Bruder Liederlich geworden, während Fortuna
trotz mancher jugendlicher Streiche als besonnen hingestellt wird.
Urbain, ein toller, leichtlebiger Bursche, zieht sieh in das väter-
liche Haus in Paris zurück, um dort mit seiner Geliebten ein
fröhliches Gelage zu feiern, wozu er sich das Geld zusammen-
geborgt hat. Das Liebespärchen befindet sich in dem Glauben,
dafs der Vater auf dem Lande weilt, wohin er sich vor kurzer
Zeit aus Sparsamkeitsrücksichten begeben hat, als er mit einem-
mal ganz unerwartet in Paris vor der Thür seines Hauses er-
scheint, um seine mit 2000 Thalern gefüllte Börse, die er ängst-
lich bei sich trägt, dort in Sicherheit zu bringen. Da ist nun
freilich für die im Hause befindlichen Liebenden guter Rat teuer,
und der treu ergebene, intrigante und ei^findungsreiche Diener
Frontin mufs aus der peinlichen Verlegenheit helfen. Er erfindet
eine höchst ergötzliche und drollige Geschichte, um den alten
S^verin vom Betreten des Hauses abzuhalten. Er hat schon
vorher, als er den alten Geizhals kommen sah, die Insassen des
Hauses instruiert, auf ein von ihm gegebenes Zeichen, ein lautes
Husten, einen Höllenlärm zu machen. Als der Alte urplötzlich
diesen Lärm verninuut und als er gar erst sieht, wie mit Ziegeln
und Steinen aus den Fenstern herausgeworfen wird, ist er von
Schreck und Furcht völlig gelähmt und trostlos darüber, dafs
man ihm all seine Möbel zertrümmert, dafs man ihm sein ganzes
Hausgerät zerschmettert. Frontin, der Schlaukopf, bedeutet ihn
mit geheimnisvoller Miene, dafs böse Geister im Hause ihr ver-
derbliches Spiel treiben und nur durch feierliche Beschwörung
des Maitre Joss^ zu vertreiben sind. Dieser Maitre Joss^ steht
auf der Seite der Intriganten und wird von Frontin genau in
den Sachverhalt eingeweiht. Nach längerem Zaudern und auf
Frontins inständiges Bitten, hinter dem sich bitterste Ironie ver-
birgt, geht der alte S^verin endlich darauf ein, den Geister-
beschwörer kommen zu lassen, freilicli nur mit schwerem Herzen,
72 IMerre de Lariveys Komödien und ihr Eiuflufs auf MoliJjre.
aus Furcht, dafs dieser viel Geld füi* seine Dieustleistiuig fordern
wird. Frontin beruhigt ihn hierüber, und es folgt sodann eine
Sccne, die zwai' sehr drastisch und aufsergewölmlieh komisch ist,
aber doch etwas zu sehr an Übertreibung und Unnatürlichkeit
leidet, insofern als die Intriganten auf geradezu haarsträubende
Dummheit und Boruiertheit seitens des alten S^verin rechnen.
(III. Akt, 2. Scene) Maitre Joss^ behauptet nämlich, dal's die
bösen Geister, die höchst gefäln-licheu Gespenster nur dann zu
bewegen sind, das Haus schnell zu verlassen, wenn S(>verin sich,
das Gesicht nach unten gekehrt, auf die Erde legt inid sich sei-
nen Ring vom Finger ziehen läi'st, eine Forderung, worauf die
Geister bestehen. Severin in seiner Herzensangst und Todes-
fmx'ht geht auf alles ein, und in der Zwischenzeit läfst Frontin
das saubere Liebespaar unter Gepolter entSvischen. Der Ring
wird hierauf verkauft, und die drei Schelme Joss^, Frontin und
Urbain teilen sich in den Raub. Der überlistete und übertöl-
pelte S(ivcrin hat auf diese Weise seinen Ring, ein altes Famihen-
erbstück im Werte von 30 frcs., verloren, worüber er ganz trostlos
und traurig ist. Er ist aber doch auch gleichzeitig froh gestimmt,
dafs die bösen Gespenster für unmer aus seinem Hause verbannt
sind, und zum Danke dafür lädt er den Zauberer zu einem
lukullischen Malde ein und verspricht ihm eine halb vom Marder
aufgezehrte Taube, ein Stückchen goldgelben Speck und sechs
Stück auf dem Feuer geröstete Kastanien. Während sich die
Geisterbeschwörungsscene abspielt, wird dem alten Severin die
Geldbörse, die er aus Vorsicht in einem Loche vergraben hat,
von D^'sir(5, dem zukünftigen Schwiegersohne, entwendet. Dies
ist die direkte Nachahmung einer Scene aus der „Aululm-ia" des
Plaut US. Als Severin beim Zurückkonuucn seiue Börse anstatt
mit Goldstücken mit Steinen gefüllt wicdcrfudet, gebärdet er
sich wie ein Unsinniger, rauft sich das Haar und wünscht sich
den Tod. D^sir^ hat den Schatz entwendet, nicht um den ^Vlten
zu bestehleu, sondern nur um ilm zu ängstigen uud seines gi'eu-
lichen Geizes halber zu züchtigen. Er gicbt das Geld an Hilaire,
S^veiius Bruder, und dieser erstattet es ihm später wohlbehalten
zurück, wobei der Geizhals in höchst drastischer A\'eise ausruft:
„(jl(')fter, CS sind dieselben !'' Die Entwendung uud spätere Zu-
rückerstattung des Schatzes bildet den Kern des ganzen Stückes;
es entsteht dadurch die Vcrwickohuii'' und die glückliche Lösung
Pierre de Larivey.s Koniödieu und ihr Einflufs auf !\Ioli&re. ',5
des Ganzen. Der alte Geizhals freut sieh des Wiedergewinnes
seiner angebeteten und vergötterten Goldstücke und giebt freu-
digen Herzens sein Jawort zur Vermälilimg seiner Tochter Lau-
rence, die von Urbain, der inzwischen vermögend geworden ist,
ausgestattet wird. Das ganze Stück sclilielst mit einer dreifachen
glücklichen Heirat.
Die „Esprits" sind das einzige Stück, in welchem Larivey
selbständig einiges hinzugefügt, und zwar bei der Wiedergabe
der auf Elustrierung des Charakters des alten S^verin bezüg-
lichen Abschnitte. Lariveys Zuthat ist z. B. das köstliche An-
erbieten, welches der Geizhals dem Geisterbeschwörer für seine
geleisteten Dienste macht. Er sagt: „Davantage je vous dis
(jue, quand aurez aifaire de quelque argent, comme d'un teston
(Silbermünze von 10 — 15 Sous), venez ä moi, je le vous preterai
pour im jour, voire (sogar) deux, en nie baillant un petit gage."
Ebenso ist die Einladung zu dem lukullischen Mahle eigene Er-
findung Lariveys. Ferner folgende treffliche Schilderung des
alten Filzes, der in einem Monologe also spricht: „J'ai faim,
mais je veux encore epargner ce morceau de pain que j'avais
apport^: il me servira bien pour mon souper ou pour demain
pour mon diner avec un ou deux navcts cuits entre les cendres."
All diese Einzelheiten, welche Larivey hinzugefügt, tragen dazu
bei, die „Esprits" in Bezug auf Durchführung des Charakters
der Hauptperson zu erhöhen. Die „Esprits" sind vom dramatischen
Standpunkte aus betrachtet entschieden das Beste, was der Dich-
ter geleistet, zumal sie auch, zum Teil wenigstens, den Charakter
der Selbständigkeit wahren. Die Handlung im Stücke ist zwar
wegen der grundverschiedenen Erziehmigsmethoden der beiden
Brüder, sowie der geteilten Interessen der einzelnen Personen
nicht recht einheitlich, aber doch dreht sich schliefslich das Ganze
um einen Angelpunkt, um S^verin und dessen Geiz. Die Situa-
tionen sind oft, ja meist, sehr komisch und interessant vmd auch
im Gegensatz zu den übrigen Stücken, namentlich dm-ch Lari-
veys Zuthaten, eine notwendige Folge der Charaktere, welche
allerdings, mit Ausnahme von S(5verin und dem Diener Frontin,
nur matt gezeichnet sind. Letzterer ist ein raffinierter,_ durch-
triebener Geselle, der Intrigue über Intrigue spinnt, um den
Alten möglichst viel zu ärgern. Die Intrigue ist immer wieder
neu und daher bleibt das Interesse auch immer frisch und leben-
71 Pierre de Larivey« Koniödieii uimI ihr Einfliifs auf Moli^re.
(lig. Fehlen dem Stücke min auch, vom reiu künstlerischen
Gesichtspunkte aus betrachtet, di(; Hauptmomente, namentlich
die einheitliche Handlung, um es als ein Lustspiel gediegener
Art hinstellen zu können, so ist doch die Sj)rache meist die der
besseren Komödie. Sie ist weniger derb, grob und anstöfsig als
in den übrigen Stücken; der Dialog zeichnet sich durch knappe,
kräftige, klare, ])ilder- und spruchreiche Diktion aus, die aber
doch so populär gehalten ist, dafs weder Gezwungeuheit noch
Geschraubtheit Platz greifen. Die Sprache ähnelt sehr der Mo-
liferes in den in Prosa verfafsten Komödien und erinnert bereits
an die ausgeprägte Formgewandtheit des grolsen Meisters.
Was hat nun Moli&re wohl von Larivey gelernt und was
hat er speciell aus den „Esprits" benutzt? Die „Esprits" liefer-
ten ihm die Sujets zu zwei seiner besseren Komödien, zur „Ecole
des Maris" und zum „Avare". Die Idee der Männerschule ist
schon sehr alt; Plautus und Terenz hatten sich bereits dieses
Stoffes bemächtigt, nach ihnen die Italiener und dann wieder
Larivey. ISIoli^res Stück hat mit den I^ariveyschen „Esprits" in
Bezug auf Gang, Handlung, Darstellung einzelner Scenen gar
nichts gemein. Nur die Grundidee, die verschiedenfache Er-
ziehung zweier jungen Männer durch zwei Brüder ungleichen
Charalcters, nahm Moliere auf. Er wufste aber dem Lariveyschen
Stücke eine grölsere Mannigfaltigkeit zu geben, indem er statt
der beiden Söhne zwei junge Mädchen einführte, an welchen sich
die Erziehungskunst der Brüder bewähren soll. Die neuere
Komödie nuifs, den veränderten Verhältnissen und Anschauungen
des Lebens entsprechend, den Frauen eine gröfsere Rolle zu-
weisen, als es die Alten und auch die Italiener des 16. Jahr-
hunderts thaten. Moliere trat als Verfechter der modernen Ideen
für die Würde der Frauen, ihre Selbständigkeit und ihre freiere
Stellung in der Familie und Gesellschaft auf. Zwei junge Mäd-
chen werden von Pflegevätern erzogen. Sganarelle, der Pflege-
vater von Isabelle, ist streng, ernst, finster und sucht sein Mün-
del vom Verkehr mit der Aufsenwclt fernzuhalten. Ganz und
gar das Gegenstück ist sein Bruder Ariste, I^eonores Erzieher.
Er ist milde, gütig, nachsichtig und vertrauensvoll. Er hat Ver-
ständnis für die Herzensneigungen des jtmgen Mädchens, pflanzt
ihr Liebe zu den Menschen sowie zum geselligen und häuslichen
Leben ein, begünstigt ihre TJebe zu einem rechtlichen braven
Pierre de Lariveys Koniödicu und ilir Eiiitluls auf M(>li?'re. 75
Bewerber um ihre Haucl und tiudet in dem Glücke seines Mün-
dels reiclilichen und den schönsten Lohn für seine INIühen.
Weit A\ichtiger als für die „Ecole des Maris" wurden die
„Esprits" für den „Avare". Diese Komödie hat nicht nur in Bezug
auf die Charakterzeichuung des Geizhalses viel Ähnlichkeit mit
den „Esprits", sondern es lälst sich auch eine gewisse, teilweise
sogar frappante Verwandtschaft einiger Ideen und Situationen
konstatieren. Als hauptsächliches Moment für die Ähnlichkeit
beider Stücke fällt die Charakterschilderung der beiden Geizhälse
ins Gewicht. S^verin und Harpagon sind beide von Hans aus
reich, beide darben aber inmitten ihres Reichtums und sind nur
ängstlich und peinlich darauf bedacht, denselben zu hüten und
zu vermehren. Ganz köstlich schildert Desir^ seinen zukünftigen
Schwiegervater Sdverin (Esprits II, 1). Dort heifst es : „B est
avare, envieux, hvpocrite, süperbe, nonchalant, mensonger, larron,
sans foi, sans loi, sans honte, sans amour, bref un monstre en-
gendr^ des vices et de la sottise." Wohl selten sind auf einen
Menschen so viele liebenswürdige Attribute, eine solche Blumen-
lese schmückender Prädikate gehäuft worden. S^verins Charakter-
schilderung ist übertrieben, ebenso die Hai-pagons, obwohl sie
sonst ein Meisterstück des Dichters genannt werden mufs. In-
folge der Übertreibungen in den Charakteren, auch der deut-
lichen Schadenfreude, welche Harpagons Feinde empfinden, streift
selbst der „Avare" hier und da an das Possenhafte. Lariveys S*'^-
verin traut keinem Menschen, am Avenigsteu von allen dem
Pfiffikus Frontin. Er trägt das Geld stets bei sich, und als er
es einen Augenblick aus den Händen gegeben, ruft er beim
leisesten Blätterrascheln „au voleur!" Harpagon ist ebenfalls im
höchsten Grade mü'strauisch, nicht nur gegen seiuen ebenso ver-
schmitzten als frechen Diener la Fleche, dessen Hosentaschen er
ängstlich untersucht, ob er vielleicht etw^as beigesteckt hat (I, 3),
sondern auch gegen seine eigenen Kinder Cleante und Elise, die
er sogar sehändlicherweise im Verdacht hat, dafs sie ihn be-
stehlen, weil ersterer immer gut gekleidet ist und zuweilen in
der E(juipage spazieren fährt (I, 5). Der Sohn mufs Rechen-
schaft ablegen, wie er das Geld erworben hat, und man erfährt,
dafs er seine Zuflucht zum Spiele nehmen mufs, nur um das
Notwendigste, was der hartherzige Vater ihm verweigert, zu-
samnienzubrrngen. Moliere entfaltet hier seine Meisterschaft in
76
Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einfluls auf Molifere.
der Komödie und verarbeitet die verschiedensten Lustspiel-
elemente, indem er auch die ernsten Seiten des Lebens berührt, so
sicher zu einem Ganzen, und zwar zu einem Ganzen originalen
Charakters, wie in keinem anderen Stücke. Er entrollt vor unse-
ren Augen ein düsteres Farailiengemälde und zeigt den Vater im
Zwiespalt mit den Kindern, die mit Schmerzen den Tod ihrer
guten, zu früh heimgegangenen Mutter beklagen und sich offen
gegen den herzlosen, geizigen Vater auflehnen. Cl^ante macht
Schulden, borgt bei Wucherern auf den Namen des Vaters, weil
die Not ihn dazu treibt. Der Sohn geht sogar so weit, im Bunde
mit dem Intriganten la Fläche des Vaters Kassette zu stehlen.
Bei Larivey ist der Konflikt nicht ganz so krass dargestellt,
indem dort der zukünftige Schwiegersohn das Geld entwendet.
Die Scene, in welcher Clt^ante seinem Vater die gröbsten Vor-
würfe wegen seines Geizes macht, ihm offen ins Gesicht sagt,
dafs er sich nicht mehr vor den Augen der Welt sehen lassen
dürfe, nachdem er in der gemeinsten Weise Geld zu Wucher-
zinsen ausgeliehen, niu* um immer mehi' zusammenzuscharren, ist
äufserst derb und könnte fast das Sittlichkeitsgefühl verletzen,
weil es mehr als ein Streifen an das Gemeine ist, was ja nur
in der Posse erlaubt und sogar notwendig, wenn sie ihrer Auf-
gabe entsprechen will. Strenge Moralisten tadeln daher auch
Moli^re, dafs er in Cl^ante einen pflichtvergessenen, den Vater
verhöhnenden Menschen, einen Dieb dargestellt habe. Sie über-
sehen dabei ganz, dals Cl^ante auch keineswegs als ein ehren-
hafter Mann hingestellt werden soll. INIoli^re will vielmehr zeigen,
wie der gemeine Geiz des Vaters die Familie verdii'bt imd auf
Abwege führt. Die INIoral kann nur durch solche Scenen \*er-
letzt \verdcn, Avie sie im George Daudin öfters ^-iederk ehren,
Scenen, worin die offenbare Untreue der Frau auf Kosten des
betrogeneu Ehemannes geradezu belobt und verherrlicht wii'd.
Ebenso trifft der Vor^^au'f des Unmoralischen mit Recht eine
andere Posse IVIolieres, iiämlicli die l^'()ur])eries de Scapin, worin
in höchst bedenklicher, offenkundiger Art Diebstahl und Betrug
eine Hauptrolle spielen. Der „Avare" hingegen ist von der
Beschuldigmig der Inunornlität freizusprechen, und nur engher-
zige, kurzsiciitige Ivi'itiker, so nanicntlicii der Genfer Jean-Jacques
Rousseau, haben den „Avare" verwerfen können, weil der Zweck
zwar gut, die Mittel aber gcfähi-lidi und unmoralisch seien.
Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einflufs auf Äfolifere. 77
Lariveys Geiziger ist nicht so unbarmherzig und gefühllos
wie Harpagon. Er will seine Kinder nicht zu einer Ehe zwin-
gen, wozu sie keine Neigung haben, er müI nur nicht M'egen des
Geldes behelligt sein. Harpagon ist grausam gegen seine Kin-
der; er nimmt gar keine Rücksicht auf ihre Herzeusneigungen
und will seine Tochter Ehse zwingen, den alten Herrn Anselm
zu heiraten, nur deshalb, weil er keine Mitgift verlangt. „Sans
dot," das ist immer sein letztes Wort, andere Gründe kennt er
nicht. Ehre, Liebe, Altersverschiedenheit u. s. w. gelten ihm
absolut gar nichts. Unangenehm berührt es, dafs Cl^ante in
seinem Vater einen Nebenbuhler hat, dafs beide die bescheidene
und liebenswürdige Marianne heiraten wollen, eine Ungereimt-
heit, wozu ebenfalls die italienischen Stücke zahlreiche Beispiele
bieten. Harpagon ist trotzig, eitel, geckenhaft und will das junge
Mädchen seinem Sohne nicht überlassen, nur weil dieser sich
weigert, eine reiche AYitwe zu ehelichen. Nur die Entwendung
der Kassette und die Zurückerstattung derselben um Mariannes
Hand als Preis veranlafst endlich Harpagon, auf des Sohnes
Braut zu verzichten. Auch diese Idee findet sich bei Larivey,
indem hier Ddsire die Börse entwendet imd durch Zurückgabe
derselben die Einwilligung zur Vermählung mit Laurence er-
zwingt. So sehr sich aber auch die beiden Stücke in Bezug auf
den Schlufs gleichen, insofern für beide Väter das wiedergewon-
nene Geld zum leitenden Motiv wird, die Einwilligung zu der
Söhne Heirat zu geben, so verschieden sind beide mit Rücksicht
auf Darlegung des Verhältnisses zwischen Vater und Sohn. Mo-
häre führt uns mehreremal Vater und Sohn im heftigsten ^\^ort-
wechsel, in stürmischen Scenen vor und entwirft in kühnen
Federstrichen mit feinem dramatischem Verständnis ein deut-
liches Bild beider Personen. Nichts von alledem findet sich bei
Larivey. Er folgte hier, freilich zu seinem Nachteil, zu getreu
seinem italienischen Vorbilde und läfst S^verin nicht ein einziges
Mal im Dialoge mit seinem Sohne Urbain auftreten, was doch,
vom künstlerisch ästhetischen Standpunkt aus betrachtet, unbe-
dingt notwendio; gewesen wäre. Man erfährt nur indirekt durch
Hilaire oder den Diener Frontin einiges über die Gesinnungs-
weise des Vaters seinem Sohne gegenüber. In diesem Verstofse
gegen die Regeln der dramatischen Kunst liegt eine der Haupt-
schwächen des Larivevschen Stückes im Vergleich zu dem M<i-
78 Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einflufs auf Moli&re.
liöres. In den „Esprits" wie in den anderen Lustspielen Lariveys
fehlt auch eine geschickte und logisch begründete Scenenver-
knüpfung, und wir begegnen hier derselben Erscheinung, die auch
in den Tragödien dieses Zeitraumes eine Folge der mangelhaften
Begabung und des geringen dramatischen Verständnisses der
Dichter ist. I^ariver, gleich wie Jodelle und Garnier, der gröfste
Tragödieudichter des 16. Jahrhunderts, verstehen es nur sehr
schlecht, die einzelnen Seenen so zu verbinden, dafs die eine die
notwendige Folge der vorhergehenden ist, dals die neu auftreten-
den Personen nicht unmotiviert in die Handlung eingreifen, son-
dern dafs die Zuschauer schon genügend von ihrem Auftreten
in Kenntnis gesetzt worden sind. Dies ist in den Moli^reschen
Lustspielen fast durchweg der Fall, wie jeder bei aufmerksamer
prüfender Lektüre leicht finden kaim.
Aber nicht nur in den Ideen, sondern auch in den Situationen
gleichen sich T^ariveys und ^lolieres Lustspiel. Um diese That-
sache näher zu beleuchten, mag hier mu" einiges hervorgehoben
werden.
Die drollige Ringscene bei Gelegenheit der Geisterbeschwö-
rung findet sich wieder bei Molifere im dritten Akte, in der
zwölften Scene. Nur hat Moli^re das Übertriebene und Un-
natürliche in der Lariveyschen Darstellung, wobei auf des alten
Geizhalses Dummheit und Furcht doch ein wenig zu sehr gerech-
net wu'd, vermieden und eine änfserst geschickte und wirkungs-
volle Situation geschaffen dadiu'ch, dals er den Sohn Cleante dem
Vater einen zwar schadenfrohen, aber ganz köstlichen Streich
spielen läfst.
Eine andere Scene, die verzweifelte Lage Sdverins nach der
grauenvollen Entdeckung des Diebstahls (Espr. III, 6), hat Mo-
lifere (IV, 7) fast wörtlich aufgenommen. Er übertreibt nur noch
ein wenig mehr als Larivey und man kann sich eines Lach-
schauers nicht erwehren, wenn man den alten Harpagon sich
selbst als den verraeinthchen Dieb festnehmen sieht, wenn man
ihn einmal über das andere ,,ich bin tot, ich bin schon be-
graben !" ausrufen hört.
Auch die Scene zwischen Harjiagon und der Kupplerin Fro-
sine (IT. G) findet ein Analogon l)ci Larivey (I, 3), wo auch ein
Knj)pler Kufin im Dialog mit Urbain eingeführt wird. Die Dar-
stellung ist jedoch bei Molifere weit feiner, geschickter, interessan-
Pierre de Lariveys Komödien und ihr KinfluCs auf Moliere. 79
ter und komischer. Rufin spricht gleich vou vornherein von
einer guten und anständigen Belohnung für seine Knpplerdienste,
er verlangt zehn Francs und betont nur in plumper und offen-
kundiger Weise diese pekuniäre Entschädigung für seine Mühen.
Frosiue bei Moliöre hofft auch stark auf eine Belohnung von
Harpagon, wenn sie ihm die jVIariaune zur Gattin verschafft,
thut aber fein und rücksichtsvoll, berührt zunächst aus Vorsicht
und Schlauheit den heiklen Geldpunkt gar nicht und kommt erst
ganz am Schlufs darauf zu sprechen. Als aber Har[)agon Aus-
flüchte macht und mit leeren, allerhand schönen Versprechungen,
ohne den Geldbeutel zu öffnen, von der Bühne geht, macht das
ränkesüchtige, scheinheilige Weib in einer wahren Flut \'on
Schimpf- und Lästerworten ihrem vorher nur mit gröfster An-
strengung zurückgehaltenen Ingrimme Luft. Dieser gewaltige,
schreiende Gegensatz in Frosines Benehmen während und nach
der Besprechung konunt ganz trefflich zur Geltung, wirkt über-
raschend komisch und zwingt den Zuschauer zu einem schallen-
den Gelächter.
Einige Scenen sind aber nun auch im Lariveyschen Lust-
spiele schöner und psychologisch feiner durchgeführt als bei
Moliere, und er hätte sie sich besser zu nutze machen sollen.
Hierzu gehört besonders das im zweiten Alvte in der dritten
Scene gegebene dramatische Gemälde. Dort hat S^verin nach
langem Suchen und ängstlichem Umherspäheu endlich ein kleines
Loch entdeckt, worin er seine mit Gold gefüllte Börse ver-
stecken will. Begeistert ruft er aus: Oh, petit trou, combien je
te suis redevable! H^las, ma bourse, h^las, mon ame! ht^las,
toute mon esperance ! Ne te laisse pas trouver, je te prie ! Und
doch hat er immer wieder Bedenken und sieht in jedem Steine
einen Späher, so dafs er sich beim Vergraben des Schatzes zu
jener absonderlich komischen, phantastischen Aufserung hinreil'sen
läfst: H^, mon petit trou, mon mignon, je me recoramande ä toi,
au nom de Dieu et de St. Antoine de Padoue: In manus tuas,
domine, commendo spiritum meum! ^Nlan vergleiche hierzu den
„Avare" (I, 4), und es läfst sich in der Situation eine gewisse Ahn-
hchkeit mit dem Erwähnten konstatieren, nur ist die Darstellung der
Seelenstimmung Harpagons, der seine Kassette soeben im Garten
vergraben hat und, sobald nur ein Hund bellt, einen Dieb wittert,
weit weniger gelungen und lanoe nicht so effektvoll als bei I.arlvey.
80 Pierre de Lariveys Komödien und ihr Einflufs auf Molifere.
Diese Einzelheiton können schon genügend beweisen, dais
Mohfere bei Al^fassung seines „Avare" die Lariveysche Komödie,
die ihm leichter zngänglich war und bequemer sein mufste als
das betreffende italienische Stück, vor Augen gehabt und benutzt
hat. Im ganzen ist Moliferes Stück weit kimstgerechter, einheit-
licher und interessanter als das Tjarivcys, und doch kann man es
nicht zu den grölsten Werken dos Dichters rechnen, denn dazu
ist es zu schwach in der Komposition und zu arm an drama-
tischer Handlung. Die Gröfse desselben liegt in der Tendenz,
zu zeigen, auf welche Abwege der Geiz den Menschen führen
kann, ferner in der Charakterschilderung Harpagons, sowie auch
in der Erfindung äufserst komischer und drolliger Scenen, die
durch einen witzigen, feinen, geistreichen und lebendigen Dialog
das Interesse und die Aufmerksamkeit des Publikums erwecken
und dauernd fesseln. Die Sprache im ,,Avaro" ähnelt zwar der
Lariveys, ist aber doch weit formgerechter, abgerundeter, kräf-
tiger und markiger, zuweilen ein wenig derb, aber doch nicht
gemein und trivial, was sich auch wenig mit einer guten Ko-
mödie verträgt und mehr auf das Gebiet der gewiUmlichen Fai'ce
und Posse gehört. Wenn nun auch Moliöre mit Rücksicht auf
die Komposition und den Aufbau der Komödie nicht eben viel
direkt von Larivey lernen konnte, so ist doch das Studium der
Lustspiele dieses Mannes nicht ohne Wert für den Meister der
französischen Komödie geblieben, insofern als er manche gute
Idee vorfand, die nur geschickter und eingehender weiter zu
führen war, und insofern als Moli^re Gelegenheit geboten M'urde,
zu zeigen, wie sich auf einem einfachen Grunde eine grofse und
kunstg-erechte Komödie aufbauen läfst und wie weit seine Vor-
ffänger noch davon entfernt waren. So viel aber steht sicher
fest, dafs Moliöre von den Italienern und specioll von Larivey
viel mehr lernen konnte und in der That auch lernte als von
jenen uninteressanten Komödien Verfassern des 16. Jahrhunderts,
die im Geiste Jodelles Lustspiele in Versen verfafsten, Stücke,
in denen von wirklichem dramatischem Leben, sowie von Kom-
position und Charakterzeichnung so gut wie gar nicht die Rede
sein kann.
Moliere-Übersetzmigen des 17. Jahrhunderts.
Ein Beitrag zur Geschichte des deutscheu Dramas.
Von
Johannes Bolte.
Das deutsche Theater war während des 17. Jahrhunderts
den verschiedensten Emflüssen der Nachbarländer unterworfen.
Auf die begierig angestaunten Schauertragödien und Gesangs-
])osseu der seit 1586 erscheinenden enghschen Berufsschauspieler'
folgten die pomphaften Opern Italiens, dessen Commedia dell'
arte schon längst an den gröfseren Fürstenhöfen Süddeutschlands,
in Innsbruck, München und Wien, bcAvundert und gepflegt worden
war. - Daneben weckten niederländische Komödianten, ^ welche
zuerst in die Fufsstapfen der Engländer getreten sein mögen, in
Norddeutschland das Interesse für die Erzeugnisse der stamm-
verwandten holländischen, aber auch der spanischen Bühuen-
1 Goedeke, Gruudrils zur GescMchte der deutscheu Dichtung. 2. Aufl.
2, 524—545.
- K. Trautmauu, Italienische Schauspieler am bayerischen Hofe. Jahr-
buch für Müuchener GescMchte 1, 193—312.
3 Vgl. Anzeiger für deutsches Altertum 13, 112 f. Der IGGtj von
Rist erwähnte Prinzipal Jean Baptista wurde am Kl. Juli desselben Jahres
von der Königin Eleonore von Schweden in ihren Dienst genommen und
erhielt 1500 Thaler Silbermünze jährlich (Dahlgren, Anteckniugar om
Stockholms Theatrar 1866, S. 7); wahrscheinlich ist er identisch mit dem
.Fean Baptista von Fornenburgk, der 1674 von dem holsteinischen Herzoge
Johann Albrecht gegen die Komödianten Arnold Emmerich und Her-
mann König klagbar wurde, weil sie in Tönning und Friedrichstadt seine
Bande verlassen hatten (Akten des Schleswiger Staatsarchivs). — 1653
traten holländische Schauspieler in Stockholm, 1702 in Berlin auf; und
noch 1708 lobt Christian Weise ihr Spiel, .weil alles mit der gemeineu
Expression so wohl übereinkommt". — Vgl. die Nachträge.
Archiv f. n. Spraclion. LXXXII. 6
82 Molifere-Übersetziiiigcn des 17. Jahrhunderts.
dichter, währeüd französische Schauspielertruppen mit allgemei-
nerem Erfolge und wachsendem Ansehen dem deutschen Publikum
ihre eigene aufblühende dramatische Litteratur vorführten. So
entstand eine buntscheckige Mannigfaltigkeit, ein unsicheres und
unselbständiges Tasten nach fremden Vorbildern, das wunderlich
absticht von der gesclilossenen Entwickelung des 16. Jahrliunderts,
welche durch die naiv -gläubige Verbildlichuug der biblischen
Historien und die etwas schuhueisterliche Nachahuumg des Tcrenz
beherrscht wurde. Wenn mit dem professionsmäi'sigen l^etriebe
der Schauspielkunst der Zusammenhang mit dem allgemeinen
Volksleben verloren ging, so brachte doch die in einer Zeit poli-
tischer Ohnmacht so natürliche Anlehnung an die ausländischen
Muster auch manchen Gewinn. „Eine kurze Zeit lang schien
es," sagt Scherer, „als wenn die Veredelung der deutschen Bühne
schon im 17. Jahrhundert aus Frankreich kommen, als wenn die
herrliche Erscheinung INIoliöres seineu deutschen Standesgenossen
höhere Ziele zeigen sollte." In der That, gegenüber dem l)e-
drohlichen Überwuchern der Oper und gegenüber der ges[)reizten
Unnatur der Hauptaktionen nmiste durcli das Studium Molieres
die Beobachtung auf das wirkHche Ijcben gelenkt, die Kunst der
Charakteristik herangebildet werden.
Zwei kleine Funde auf diesem Gebiete geben uns. den An-
lais, einen Blick auf die Geschichte der Älolifereschen Lustspiele
in Deutschland bis zum -Tahre 1700 zu werfen.
Zuerst brachten wohl die nach dem Dreilsigjährigen Kriege
häufiger erscheinenden französischen Schauspieler dieselben nach
Deutschland. Genaueres läl'st sich leider bei den dürftigen Nach-
richten, die wir darüber besitzen, nicht sagen; denn erst seitdem
einige Fürsten eine stehende französische Hofbühne eingerichtet
haben (in Braunschweig und Hannover um 1665, in München
1671), erfahren wir einiges über die dargestellten Stücke. Ich
verweise auf die lehrreichen und zuverlässigen Zusammenstellungen
von K. Trautmaim ' und trage nur einige Kleinigkeiten nach.
' Archiv für Litteraturgeschichte 15, K »2-108, 218— 2J1. Wortvolle
Aufschlüsse dürfen wir von einer demnächst im zweiten Bande des Jahr-
buches für Münchener Geschichte [8. 18.") — WM] erscheiuenden Arbeit
Traiitnianns über französische Litteratur und französisches Theater am
-Münchener Hofe bis 172G erwarten.
Moliere-Übersetzuugeu des 17. Jahrhunderts. 83
1667 — 1669 spielten die französischen Schauspieler Herzog Georg
Wilhehiis in Lüneburg. Von ihnen wurde wohl auch ein zu
Lyon ohne Jahr veröffentlichtes Stück des vielgcschäftigeu Samuel
Chappuzeau dargestellt, „Les Eaux de Pirmont, comedie re-
jiresentee ä Pirmont au moi de juin 1609 devant taute In
serenlss. maisou de Brunsvic et Lunebourg^' . • 1673 liefs D. C.
de Nanteuil, „Comedien de leurs A. S. de Brunsvik et Lune-
hourg'' , in Hannover ein Lustspiel ,,L'amante uivisihle'^ drucken. -
1674 erscliien in Frankfurt a. M. Bröcourts Einakter „]u<i
regalle des cousins de la cousine" , 1685 zu Wolfenbüttel eine
anonyme Tragödie Proserplne in fünf Akten, 1689 zu Celle eine
^yEurojje^ Pastoral lu'roiqui^' ^ vielleicht identisch mit der gleich-
namigen Comedie heroique des Kardinals Richelieu (1643).*
1680 unterhandelte der Kurfürst Karl I^udwig von der Pfalz
mehrfach mit einer französischen Gesellschaft, die von Hannover
nach Köln gegangen war und ilun vom Bischof von Strasburg
empfolilen wurde.-' Ein Repertoire der im Karneval 1693 zu
Hannover gespielten Stücke ^ nennt folgende Titel: „Le jaloux,
Le coeur [1. coctij imaginaire [Moliöre], Le muet, La liherte
contcntee, Le festin- de Pierre [Molifere], L'amante, Les deux
rivales Qoncordt's, La coquette , Uempereur Antonie, Psyche
[Äloliere-IjuIIy], Le chevalier ä la mode, Kicomede [CorncilleJ,
Le brutal sangfroid'' , darunter also drei Komödien Moli^res.
Auch nach Schweden, wo 1679 Samuel Columbus an einer
1 P. L. Jacob ( -: Lacroix), Catalogue de la bibliotheque Soleinue
(1843) Nr. 1288.
^ Jacob, Bibliotheque Soleiune Nr. 1453.
^ Jacob, Bibliotheque Soleiune Nr. 1335.
^ Chrysander, Jahrbücher für musikalische Wissenschaft 1, 200 und
203 (18G3). Daselbst auch andere französische, in Wolfenbüttel aufge-
führte Stücke; über die Opern soll später gehandelt werden.
■ E. Bodemanu, Briefwechsel der Herzogin Sophie von Hannover mit
dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz 1885, S. 385, 303, 402. Ebenda
S. 142 citiert er Molieres Tartuffe, 318 L'amour mödecin, 392 Scarrons
Jodelet. Wie viel Karl Ludwigs Tochter, die Herzogin Elisabeth Char-
lotte von Orleans, in ihren Briefen von dem Pariser Theater erzählt, ist
bekannt und aus Hollands musterhaften Registern leicht ersichtlich.
'• C. E. V. Malortie, Der hannoversche Hof unter Ernst August.
1847. S. 152.
G*
84 Molifere-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts.
Übersetzuug von Molifere und Corneille arbeitete, wo Racine.'s
Iphigenie 1684 von Hofdamen dargestellt und .seine Esther 1693
von Adelcrantz übersetzt Avorden war, drangen die franzö-
sischen Schauspieler; Karl XII. lie/s 1699 eine unter Claude
Guilmois de Rosidor .stehende Truppe anwerben, welche in
Stockholm Reguards Joueur, Molieres Mnringe fora' und Stücke
von Corneille, Racine, Daneourt u, a. spielten. * Ein im Stock-
holmer Reichsarchiv befindliches Verzeichnis ihrer vom August
l)is Dezember 1700 gegebenen Vor.stellungen, das ich leider nicht
vollständig kopiert habe, weist u. a. auf: ^ßcajjin, Dame invi-
sihle^ Tiridate, Merlin Draguon [Daneourt], Regulus, Cleopatn',
Agamemnon, Kdipe, Mitridate'^ , von Moli^re: ,,Mr. de Pour-
ceangnac, Avare,' Kcole des femmes^ Amphitrion, Fonrljeries'^ .
Nach dem Vorbild der französischen Komödianten nahmen
auch bald deutsche Prinzipale ]VIoli^res Stücke in ihr Re])ertoire
auf. Eine zuerst 1766 bei J. F. Löwen- auftauchende und seit-
dem weiter fortgepflanzte Überlieferung, die nur auf einer Ver-
mutung Ekhofs beruht, schreibt diese That dem Magister und
Schauspieldirektor Johannes Veiten aus Halle (1640 — 1692) zu;
allein schon vor der allein uns klar vor Augen liegenden Glanz-
zeit Veltens spielten andere Banden dieselben Stüclje. Mag
also auch Veiten Avirklich zuerst unter seinen deutschen Berufs-
genossen oder besser als andere den Wert des grofsen Dichters
erkannt haben, der einzige Moliere-Darsteller seiner Zeit war er
nicht. 1670, drei Jahre vor jMolieres Tod, ei'schien zu Frankfurt
eine „Schaubühne englischer und französischer Komödianten"
in drei Bänden/"' eine offenbar von einem Schauspieler besorgte
' Dalilgren a. a. 0. S. 12—20. — Vgl. die Nachträge.
■■' Geschichte des deutschen Theaters, in seinen Schriften 4, 13. Da-
nach C. H. 8chmid, Chronologie des deutschen Theaters (1775) S. 34.
Vgl. Creizenach, Zur Entstehungsgeschichte des neuereu deutschen Lust-
spiels, 1879, S. 5. C Heine, Johannes Veiten, Dissertation, Halle 1887,
S. 43—47.
^ Exemplare in Berlin, Dresden, Haag, Hamburg, Kopenhagen, Lon-
don, Stockholm. Eine nirgends erwähnte Ausgabe, Frankfurt u. Leipzig
1727, in drei Bänden, befindet sich auf der Stuttgarter Bibliothek. Vgl.
J. Tittmann, Die Schauspiele der englischen Komödianten in Deutsch-
land, 1880, S. LXI f., der aber in seiner Aufzählung die Pr^cieuses ridi-
cules vergifst. Der Irrtum von H. Schweitzer, Moliere-Musouni 1, XXXVI
Moliere-ÜbersetzuDgen des 17. Jahrhunderts. 85
Sammlung der „schöusten uud neuesten Komödien'', dazu be-
stimmt, „dafs sie leicht daraufs spielweise Aviedermii angerichtet,
und zur Ergötzlichkeit uud Erquickung des Gemüts gehalten
Averden können". Diese für die Kenntnis des Zeitgesclimackes
wichtige Auswahl von 22 Dramen enthält 12 aus dem Franzö-
sischen übersetzte Komödien, vou denen fünf Molifere zimi Ver-
fasser haben: 1, 6 — ^44 Amor der Arzt; 1, 145 — 186 Die köst-
liche Lächerlichkeit (Les Precieuses rtdicules); 1, 186 — 221 Sga-
nai'eUe oder der Hanrey in der Einbildung; 3, 210 — 328 Der
Geitzige; 3, 500 — 565 Georg Dandin oder Der verwirrete Ehe-
mann. Unter den übrigen befinden sich acht aus den „Englischen
Komödien imd Tragödien" von 1620 — 1630 entlehnte Stücke
imd zwei neue Nummern : Dämons Triumpf spiel ^ und eine lederne
Dramatisienmg von F. Pallaviciuos Roman „TaKclea'', nach der
1668 zu Frankfurt gedruckten Verdeutschung desselben. Auch
in den spärlichen Nachrichten über einzelne Aufführimgen deut-
scher Schauspieler stofsen wir öfter auf Höheres Schöpfungen.
Zwar enthält ein von dem Hamburger Caspar Stiller zwischen
1654 imd 1663 zu Güstrow eingereichtes Verzeichnis ^ nichts
davon, und ebensowenig befalste sich der Pappenspieler Michael
Daniel Treu oder Drey, •^ welcher später Leiter einer Schauspicl-
truppe Avurde, nach Ausweis seines Lünebm-ger und Münchener
Repertoh-es von 1666 und 1681 — 1685, damit; doch von den
(1881), es seien 167(t nur drei Stücke Molieres verdeutscht worden, rührt
daher, dafs er nur den ersten Band gesehen hat. Auf ihm fulst wiederum
F. Lotheifsen, Moliere, 1880, S. 387. Über die anderen Nununerii der
Sammlung vgl. weiter unten S. 121 f.
' Das einzige gereimte Stück der Sanunluug, nicht identisch mit der
1634 in Kopenhagen gespielten prosaischen Tragödia von den Tugenden
und Lastern (5 Bog. 4»), wiederholt Hamburg 1035, 4". Vgl. S. Birket
Smith, Studier pä det gamle danske Skuespils Omräde 1883, S. 55.
^ Bärensprung, Jahrbücher für mecklenburgische Gesch. 1, 95.
3 Vgl. Gaedertz, Theaterzustände von Hildesheim, Lübeck, Lüneburg
1888, S. 99—102, und K. Trautmann, Jahrbuch für Müncheuer Geschichte
1, 257. J. F. Löwen (Schriften 4, 13. 1760) nennt die Treuische Gesell-
schaft älter als die Veltens; aus ihm schöpft C. H. Schmid, Chrono-
logie des deutschen Theaters 1775, S. 24. Über die angebliche Verbin-
dung des Theologen J. Lassenius mit Treu vgl. Carstens, Allgem. deutsche
Biographie 17, 789.
86 Moliere-Übersetzimgeu des \i. JahrlmiKk'rts.
„Hambiirgischen Komödianten" teilt uns Fürstonau ' mit, dafs
sie 1674 im Februar zu Dresden den alten Geizhals (L'Avare)
und den klugen Knecht Mascai'illia und den einfältigen Herrn
(L'Etoii7'di), und 1679 ebenfalls in der Karnevalszeit Amor der
Arzt, Mascarihas und Scabins Betrügereien darstellten, also vier
Stücke Moliferes, von denen nur zwei in die Schaubühne von
1670 aufgenommen waren. Ohne Zweifel Avar diese Truppe
identisch mit der „Carlischeu Hochteutschen Komödianten-Com-
paguie", welche, wie Avir aus Teubers Geschichte des Theaters
in Prag 1, 78 erfahren, am 8. März 1674 auf der Reise von
Dresden nach AVien in Prag anlangte. Hir Leiter Karl Andreas
Pauls en oder Paul mufs ein unternehmungslustiger Geist ge-
wesen sein; denn wir treffen ihn während der Jahre 1661 — 1679
an den verschiedensten Orten Deutschlands und auch in Däne-
mark und Schweden an: Am 4. Dezember 1663 verklagt der
Komödiant Karl Andreas Paulsen seine Ehefrau, die Komödiantin
Elisabeth Paulsen, wegen eines im Lollfufs zu Schleswig began-
genen Ehebruchs, - 1664 spielt er zum Ostermarkte in Lüneburg,
1665 in Frankfurt a. M. und Basel, 1668 in Güstrow und Lübeck, •'
1671 in Kiel;' 1672 oder kurz vorher hielt sich in Kopenhagen
eine „berühmte Primadonna" Anna Paulson auf, welche man ver-
geblich für ein Engagement in Rufslaud zu gewinnen suchte.''
Wie Litzmann ^ kürzlich treffend nachgewiesen hat, geht die
älteste erhaltene deutsche Bearbeitung des Shakespeareschen
Hamlet auf denselben Prinzipal zmäick, und auch die chrono-
• Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden
1, 211 und 2."')3 (1801).
■■' Mitteilung des Staatsarchivars Herrn Dr. Hille in Schleswig.
3 Gaedertz, Theaterzustäude (1888) S. 70. 90. E. Mentzel, Arch. f. Frank-
furter Geschichte (», 92 (1882). A. Burckhardt, Beiträge zur Gesch. von
Basel 2, 205 (1889). Bärensprung, .Talirbüclicr für niecklenburg. Gesch.
1, 95. Bolte, Jahrbuch des Vereins für nicdordoutsche Sprachforscluuig
12, 13P..
" B. Litziiiaun, Zcitschr. f. vcrgl. Litteraturgci^chichte und Rcnaissancc-
I>itteratur, N. F. 1, 9 (1887).
^ A. Wesselofsky, Deutsche Einflüsse auf das alte russische Theater,
1876, S. 14. A. W. Fechner, Chronik der evangelischen Gemeinden in
Moskau 187G, 1, 350.
'' A. a. O. 1, (I — ir>: Die Eutstehungs/.eit des cr.slon deutscheu Hamlet.
Moliere-Übersetzuugeu des 17. Jahrhuuderts. 87
logisch sicher unriclitige Angabe bei Schmid, ' dafs 1628 Karl
Pauls, der Sohn eines Oberstlieutenants, der Führer einer aus
wohlerzogenen und meist studierten jungen Leuten bestehenden
Truppe geworden sei, ist auf ihn zu beziehen.
Nicht genauer bezeichnet werden die Gesellschaften, welche
am 27. Juni 1677 in Dresden die Komödie vom scheinheiligen
Manisten Tartuffe und 1683 dasselbe Stück sowie George Daudm
zur Aufführung brachten. -
Das Repertoire des schon erwähnten Veiten Aveist unter
den 87 bei Heine aufgezählten Nummern zehn Komödien Moli^res
auf, nämlich: 1) L'Amour peintre, dreimal ^ (1680, 1684, 1690). —
2) LAvare (1684, 1688). — 3) LEtourdi (1688, 1690). —
4) Le Misanthrope (1686). — 5) L'Ecole des femmes (1686). —
6) L'Ecole des maris (1690). — 7) Le Bourgeois gentilhomnie
(1690). — 8) Le Marlage force (1690). — 9) Le Mtdecin malgre
lui (1690). — 10) Le Festin de pierre (1690).
In einem um 1710 in Nürnberg zusammengestellten Ver-
zeichnis von Schauspieltitelu, welches J. Meifsner im Jalirbuche
der deutschen Shakespearegesellschaft 19, 145 — 154 veröffenthcht
hat, ist Mohäre ebenfalls vertreten, doch nur mit zehn Stücken
unter der Gesamtsumme von 160: Nr. 6 Der kluge Knecht (=
L'Etourdi'^), 56 Geiziger, 59 Don Juan, 68 Bürgerlicher Edelmann,
87 — 91 Der verwirrte Ehmann Georg Dandin, Die köstliche Lächer-
lichkeit, Gezwungener Arzt, Malende Liebe, Amor der beste Arzt,
157 Listig Scapin, 158 Don Pedro Gastmahl (= Festm de Pierre). *
Namentlich als Nachkomödien erhielten sich die Schöpfungen bis
zur Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem Repertoire der fahrenden
Banden. So ergötzte 1699 in Linz „Le Malade imaginaire oder
Pickelhärings Akademie" die Zuschauer der blutigen Tragödie
Titus Andronicus,^ und dasselbe Stück wm-de am 6. INIärz 1705 in
Merseburg nach Beschlufs der bekannten Aktion „Der flüchtige
• Chronologie des deutschen Theaters 1775, S. 20.
^ Fürstenau, Zur Geschichte der Musik imd des Theaters am Hofe
zu Dresden (1861) 1, 250. 271.
3 Fürstenau 1, 271. 307. Heine, J. Veiten, S. 29.
^ Vgl. Fürstenau 1, 308: Don Juan oder des Don Petro Gastmahl.
'" Bolte, Anzeiger für deutsches Altertum 13, 112. Cohn, Jahrbuch
der Shakespearegesellschaft 23, 28i».
88 Moliere-Übersetzungen des 17. Jalirluuiderts.
Virenus und die getreue Olympia" gespielt. 1722 A^rd uns
Amor der Arzt als eins der beliebtesten Nachspiele genannt, '
imd zalilreicli sind die Beispiele, die man aus den Sammlungen
von Theaterzetteln dieser Zeit - anführen könnte. Deutsche Schau-
spieler brachten auch Moliferes Werke zuerst nach Rul'sland : von
ihnen wurde imter der Grofsfürstin Sopliie (1682 — 1689) der
M^decin malgr^ lui zu Moskau dargestellt; s])äter, als Peter der
Grofse 1701 durch Johann Kunst und dann durch Otto Fürst
sich eine Hofbühne hatte einrichten lassen, wurden die Pr^cieuses
ridicules, Amphitryon, George Dandin deutsch und auch in russi-
scher Übersetzung gegeben. ^
Wie nun im 17. Jahrhundert die Meisterwerke des franzö-
sischen Dichters dem deutschen Publikum mundgerecht gemacht
wurden, davon gewälu'en uns noch die vier gedruckten Komödien
in der Schaubühne von 1670 eine leidliche A^orstellung. Dafs
die zierliche und gelenke Sprache des Originals nicht annähernd
Aviedergegeben wurde, namentlich für das verwöhntere Ohr der
Xachwelt, ist selbstverständlich; aber der Übersetzer band sich
auch nicht ängstlich an den Wortlaut seiner Vorlage, seine Rede
ist roh, aber lebendig und verständlich, weil sie füi* die Büluie
berechnet war. Von einem ganz anderen Gesichtspunkte aus
ist, wie erst Zarncke '' richtig hervorgeh(jbeu hat, eine mehr als
20 Jahre später von dem Nürnberger Verleger J. D. Tauber
begonnene Übersetzung angelegt, welche sämtliche Kom()dien
Molieres umfassen sollte, aber nie zur Vollendung gelangte. Wie
man seit dem 15. Jalirhundert die liebe Jugend am Terenz hatte
Latein lernen lassen, wie der Genfer Catherin Le Doux^ 1599
1 J. Opel, Der Kampf der Universität Halle gegen das Theater. Blätter
für Handel, Gewerbe und wissenschaftliches Leben. Sonntagsbeilage zin-
:\Iagdeburgisclien Zeitung 1S81, Nr. 21, S. 1G1 f.
■•^ Z. B. auf den Bibliotliekcn zu Frankfurt a. M., Hamburg, Kopenhagen.
•' Wcsselofsky, Deutsche Einflüs.se auf das alte russische Theater, 8. 87, 5'-'.
Auch Scarrons Gardien de soi-meme ging damals über die Moskauer
Bühne als „Prinz Pickelhcriug oder Jodelet durch sich selbst verhaftet".
'' Christian Reuter. Abhandlungen der sächs. Gesellschaft der Wissen-
schaften 9, 170 f. (1881).
s Boltc, Ztschr. f. deutsche Philologie 2it, 82. Für die Hofschule des
Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel schrieb Le Doux liinj eine franzö-
sisehe Schulkomödie ,,Tobi&' <<^Exemplar in Berlin j.
Moliere-Übersetzungeu des 17. Jahrhuuderts. 89
den TübiDg;er Studeuteu die Erleruuug der ital. Sprache dadurcli
annehmlich zu machen trachtete, dafs er den terenzischen Euuuchu.s
in eine modische italienische Komödie „in gratiam studiosorimi
Knguffi italicai" umformte, so erschien 1692 zu gleichem Zwecke
eine vollständige italienisch-deutsche Übersetzung des Tereuz, in
welcher Seite für Seite links der italienische Text imd rechts
der deutsche gedruckt war: „Die Comödieu der Terentii über-
setzt In die reine Toscanische Sprache Von Antonio Gagliardi.
Nebst der teutschen Version nach dem Toscanischen von Wort
zu Wort gegeben Von J. C. M[üller]. Allen der Toscanischen
Sprache liebenden zu grossen Nutzen. Leipzig, Verlegts P'ried-
rich Lanckschens Erben, Anno 1692." ' Dieses Werk mm gab,
wie ich glaube, dem Nürnberger Buchhändler den Gedanken ein,
eine Moliere-Ausgabe zum Unterrichte im Französischen in ähn-
licher Weise herzurichten. Da schon damals Schulbücher einen
besseren Absatz als rein belletristische Werke fanden, liel's er
eine französische und eine deutsche Ausgabe, die sich Seite für
Seite genau entsprachen, drucken, um so durch lueinauderbinden
derselben ein zum Schulgebrauche dienliches Exemplar herrichten
und auch jede Ausgabe einzeln verkaufen zu können. Violleicht
läfst sich noch in der pädagogischen Litteratur jener Zeit eine
Aufseruug über die wirkliche Verwendung des Buches entdecken.
Als Analogon kann ich noch eine 1698 von dem Sprachmeister
Nicolo de Castelli in Halle unternommene Übersetzung sämt-
licher Lustspiele Molieres ins Italienische"^ anführen, obwohl der-
' Exemplare in Berlin, Kassel, (.TÖttingen, Greifswald und auf der
Münchener Universitätsbibliothek. Eine zweite Auflage erscliieu zu Leiiizig
1727 (Berlin).
2 Le Opere di G. B. P. diMoliere. Lipsia, Gleditscli, hi^^S. I Bände 12"
(Exemplare in Berlin und auf der Breslauer Stadtbibliotliek). N. Aufl.
Lipsia 1710 (Berlin). Der Autor, welcher sich kurfürstl. brandenburgischer
Sekretär nennt, erscheint schon lü!)l am Berliner Hufe mit einem Glück-
wunschgedicht; 1G96 dediziert er Friedricli III. und seiner (Jenuihlin
vSophie Charlotte, der geistreichen hannoverschen Prinzessin, eine Pastorale
.,11 pastor iufido". Vgl. Adelungs Fortsetzung zu Jöchers Gelehrteu-
lexikon 2, 178 (1787) und Heinsius, Allgem. Bücherlexikou 1,510(1812).—
„Zum Behuf derjenigen, so die italiänische Sprache lernen", übersetzte
T al a n d e r (= A. Bohse) 1699 zu Erfurt G u a r i u i s Pastor fido in deutsche
Prosa (Breslauer Universitätsbibliothek;. — Vgl. die Nachträge.
00 Molitre-Übersetzungen des 17. JahrhiUKlert?.
selbe seine Absicht nicht mit dürren Worten ausspricht. ,,Mevi-
tarono/^ sagt er in der Vorrede zum ersten Bande, ,Je di lui
opere, a causa delle helle inventioni, argutie, stilo e leggiadria
sparsavi, che fossero tradotte in Unijua Tedesca, dopo d'esser
State varie volte rappresentate, con applauso universale, soptra
U teatri della Germania." Aber er schrieb nicht für seine
Landsleute, sondern für Deutsche, denen das französische Ori-
ginal doch leichter verständlich war als die italienische Über-
setzung: und dies läfst ohne weiteres den Schluls auf einen
pädagogischen Zweck der Arbeit, welche übrigens noch 1740
M'ieder aufgelegt wurde, zu. Die Nürnberger Übersetzung „Derer
Conioedien des Herren von Moliere königlichen Französischen
Comoediantens ohne Hoffnung seinesgleichen" erschien nun im
Jahre 1694 in drei Teilen.^ Sie enthält 13 Stücke Moh&res:
Fest in de Pierre, Medecin malgre lui, Sicilien, Conitesse d'Es-
hargnac, Monsieur de Pourceaugnac, Precieuses ridicules; Bour-
geois gentilliomme, Malade imaginaire, Amour medecin, Mariage
force'; George Dandin, Avare, Fourheries de Scapin und zu-
letzt Brdcourts Komödie L'ombre de Moliere (1673), die auch
den ersten französischen Gesamtausgaben Moliöres angehängt
war. 2 Ausdrücklich widmet der seinen Namen hinter den Ini-
tialen J. E. P. verbergende Übersetzer sein Buch „der Jugend,
welche der Frantzösischen Sprach begierig seyn mag, zu desto
geschwinder und leichter Begreiffung derselben''. Schon diese
Worte stimmen ebensowenig wie die Namensbuchstaben zu dem
Schauspieldirektur J. Veiten, den eine unsichere Tradition zu
dem Verfertiger dieser Übertragung stempeln will. Noch klarer
wird die Unmöglichkeit derselben durch die Erwägung, ^ dafs
Veiten nur sechs der hier verdeutschten Stücke gab, während
er vier andere spielte, die iu der Nürnberger Übersetzimg fehlen.
Zudem hat er die Herausgabe der letzteren schon deshalb nicht
besorgen können, weil er 1692 zu Hamburg gestorben war. Die
genannte Übersetzung von 1694 nun, welche Lotheifsen * }>lunip
' Exemplare in Dresden, Mainz, AVeimar. W. v. Maltzahn, Deutscher
Rücherschatz des 16.— 18. .Tahrh. (ISlh), S. 815, Nr. 968.
^ Einen Neudruck von Brt^courts Htück veranstaltete Lacroix 1880
(Nonrcllr collcction MoUcresqtte Nr. 6).
•^ Heine, Veiten, B. 17. ' Moliere, 18SU, S. .390.
Molit're-Übei>etzuugeu des 17. Jahrhunderts. 91
und nngeuiefsbar schilt, raiüs schon bei ihrem Erscheinen ähn-
liche Urteile erfahren haben; denn schon im folgenden Jahre
veranlalste der Verleger einen anderen Anonymus zu einer „gantz
neuen und mit sonderbarem Fleifse verfafsten" Umarbeitung:
„Histrio Gallicus Comico-Satyricus sine exemplo . . . Wieder aufs
Neue in das reine Teutsche übersetzt". ' Dieser geht mit seinem
Vorgänger streng ins Gericht, weil er „in einer so ungerathenen
Art und hundertfältig -verkehrten Wort-Verstand geschrieben,
dafs es kein Wunder, wann alle verkehrte und übelständige
Wörter von der schwartzen Presse auf dem Papier vor Scham
gantz roth erschienen wären". Zahl und Anordnung der Stücke,
sowie der besondere Zweck sind dieselben geblieben; denn er
will das Original fiü' „die zur Frantzösischen Sprach begierige
Teutsche Nation dem Molierischen Genio gemäfs in das reine
Teutsche übersetzen", aber „nicht vom französischen Wortverstand
abweichen, noch unseren ersten Comödien-Spielern diese Comö-
dieu-Stücke in sinnreichen und zierlichen Reden, die sich für sie
auf ihre Schaubühne schicken mögten, vorschreiben". Nur der
Ausdruck ist hier und da im möglichsten Anschlul's an den fran-
zösischen Text geändert. Und so weit geht unser Anonymus in
diesem sklavischen Bemühen, dai's er auch eigentümlich franzö-
sische Wendungen und Spricliwörter zuerst wörtlich wiedergiebt,
ehe er in Klammern eine freiere Erklärung Ijcifügt. So lauten
Valeres Worte (Avare I, 1) ,,ll est (h'fficile d' accommoder res
deiix confidences ensemble^^ bei ihm : „sie beede miteinander zur
Einträchtigkeit zu bringen (sie beide unter einen Hut zu brin-
gen)".— Ebenda 1,3: ,,Des vilains et des Indres^'' = „Lausichtc
Limmel und Aussätzige (Mist -Bauern)". — Ebenda: „Q?u' se
sent morveux qu'il se viouche'^ =^ „Wer sich rotzig befindet, der
schneutze sich (Wer sich getroffen findet, der nehme sich's an)". —
Ebenda ü, 5 ironisch : ,^Je suis votre üaleV^ =^ Ich bin euer
Knecht (Ja, guten Morgen)". — Ebenda III, 5: „Monsieur l'iii-
tendant fait hien le necessairef^ =: „Der Herr Haus-Hofmeister
macht sich gewaltig geschäfilig (Hat viel Hosen zu waschen)". —
George Daudin I, 4: „Sachons im peu ce que voiis avez dans
l'esprit'^ = „Lafst uns ein wenig wissen, was euch im Sinne
1 Nürnberg, J. D. raulxr, IGüö. 3 Teile, Exemplar iu Berlin.
92 Moliere-Übersctzuugcn des 17. Jahrhunderts.
lieget (in Kropff stecket)". — Amour Medeciu III, 9: „La he-
casae est hrkh'ef^ = „Der Schuepff ist aufgezäumet (der Vogel
ist gefangen)".
Übrigens haben die Nürnberger Übersetzungen ' in den vier
Stücken, welche schon in der Schaubühne von 1670 stehen, diese
ältere Übertragung vielfach benutzt. So ist die eben angefülu*tc
Stelle des Avarc II, 5 „Je suis cotre valet"^ 1670 wiedergegeben „Ja
Morgen", 1695 „Ja, guten Morgen". Und die Verse am Schlüsse
von L'amour medecin III, 8 lauten (1695. 2, 315) völlig mit der
Schaubühne (1670. 1, 43) gleich: „Wir seynd allein die Aertzt" etc.
Gerade die mangelnde Gewandtheit in der poetischen Form
veranlafste auch, dafs die gereimten Komödien wie der Tartuffe,
Misanthrojje, Etourdi, Ecole des maris, Ecole des femmes vor-
läufig noch nicht übertragen \vurden. „Weil ich," sagt der Über-
setzer von 1695, „auf den Parnasso Poetico nicht studiert habe,
als werden selbige von einem anderen Subjecto, welches den
Pegasum geschicklich zu satteln und aufzuzäumen weifs, in das
Teutsche übersetzet, und mit der Zeit von eben diesem auf den
Titel benannten Verleger zum Druck befördert werden." Dies
Versprechen wm*de ein Jahr später wirklich erfüllt; der 1696
gedruckte vierte Teil, ^ den ich nicht gesehen habe, enthält jedoch
nur drei Nummern von Moli^rc: Les aniants mag)ilfiques, La
Priiicesse d'Elide (=^ Les plaisirs de l'ile encliantee) und 2\ir-
tuff'e. Eine Aveiterc Fortsetzung ist nicht zu stände gekommen,
obwohl 1721 die l)isher gedruckten vier Bände noch einmal auf-
gelegt wurden'* vmd die Verleger, J. D. Taubers Erben, eine
Prosa-Übersetzung der fünfzehn noch rückständigen Komödien
folgen zu lassen versprachen. Im übrigen nennen sie diese Aus-
gabe „wieder aufs neue zum drittenmal ins Teutsche übersetzt"
und reden über die früheren Auflagen ebenso verächtlich wie
' Wahrscheinlich schon die erste von 16!)l, welche mir augenblicklich
nicht zur Vorfügung steht.
^ Maltzahn, Bücherschatz des 10.-18. Jahrh. S. 'Uli, Nr. ÜTO. Die
in Weimar vorhandene Ausgabe des vierten Teils von 1710 enthält aufser-
dem die Gherardische Posse Arlrquin rmprrritr de la luiic.
•* Exemi)lar in Berlin. 8tatt der kurzen Nachricht über Moliferes
Lol)on ist dem ersten Bande Griniarets ausführlichere Lebensbeschreibung
vuranges teilt.
Molifere-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts. 93
der Übersetzer von 1695 über seinen Vorsänoer. Andere Ans-
gaben von 1700 und 1710 sind wahrscheinlicli nur Titelanflagcn. —
Während die beiden eben besprochenen Übersetzung-sversuclie
von 1670 und 1694 schon mehrfach die Aufmerksamkeit der
liitterarhistoriker auf sich gezogen haben, sollen uns nun zwei
deutsche Bearbeitungen einer Moliereschen Komödie bescliüftigeii,
welche jenen bisher entgangen sind. Die erste ist eine nach
J. IVlathesons Angabe^ 1679 von dem Hamburger Kai^-llinoister
Johann Wolfgang Franck komponierte und in Hamburg ge-
spielte Oper, betitelt „DON PEDRO | oder | Die | Abgestraffte ^
E^-ftcrsucht I in einem | Singe-Spiel j vorgestellt". 4-'/^ Bogen 4"
0. O. und J.- Das Textbuch, dessen A^erf asser nicht angegeben
Avird, erweist sich bei näherer Betrachtung als eine freie Über-
tragung von Moli&res zwölf Jahre zuvor entstandener Komödie:
Le Sicilien ou l'amour peintre. Ereilich bemerkt der Musik-
historiker E. O. Lindner, dasselbe sei „nach einem italienischen
komischen Singspiele" gemacht, und wir werden weitci- unten
noch auf ein älteres Zeugnis stolsen, nat-h welchem Moliore wirk-
lich eine italienische Posse benutzt haben soll. ^ Trotzdem bleibt
Ijindners Behauptung, für welche er keinen Beleg anführt, sehr
zweifelhaft. Hätten ^drklich Molifere und der Hambm'ger Dichter
nach demselben italienischen Originale gearbeitet, so müfste
Moliore dasselbe geradezu sklavisch abgeschrieben haben. Nun
haben aber weder Moland, * der das Verhältnis des französischen
Dichters zum italienischen Theater untersucht hat, noch Pougin '
' Der musikalische Patriot, S. 178 (Hamburg 1728).
- Exemplare in Berlin und Hamburg. Vgl. Walther, Musikalisches
Lexikon 1782, S. 258. Schröder, Lexikon der Hamburgischen Schrift-
steller 2, 351 (1854). Allgem. deutsche Biographie 7, 212. E. O. Lindner,
Die erste stehende deutsche Oper 1855, S. 11. 169. Chrysander, Allgem.
musikalische Zeitung 12, 421 (1877). — Vgl. die Nachträge.
^ Merkwürdigerweise behauptet auch der alte Übersetzer von Shake-
speares Taming of the Shrew (1072), sein Stück sei ,.von italienischem
Ursprünge". Kunst über alle Künste, hrsgb. v. E. Köhler 18G4, S. VIII.
•* Moli&re et la comödie italienne. Paris 1867.
5 Moliere et l'opera comique Le Sicilien ou l'amour peintre. Paris
1882. — Vgl. auch (Euvres de Moli&re, ^d. par E. Despois et P. :Mesnard
6, 216 f. (1881). Einen klemen Beitrag zur Frage nach der Quelle des
Stückes will ich nicht unterdrücken. Die Novelle bei Gabr. Chappuis,
04 MolitM-e-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts.
iu seiner Monographie über unser Stüek, noch sonst ein spür-
eifriger Moliörist eine derartige Vorlage ausfindig gemacht; hin-
gegen hat der gründliche Chrysander, ohne Molieres „Sicilieii''
zu kennen, sogleich aus dem Tone und verschiedenen Einzel-
heiten der Hamburger Oper auf eine französische Quelle ge-
schlossen. Dals auch nicht etwa eine italienische Übersetzung
die Vermittlerrolle zwischen dem französischen und dem deut-
schen Stücke gespielt hat, lehrt eine genauere Vergleichung.
Eine zweite, um zehn Jahre jüngere Übersetzung desselben
liustspiels fiel mir bei einer INIusterung der Handschriften auf
der Berliner K<)niglichen Bibliothek auf. Sie ist erst iu neuerer
Zeit aus dem INIagdeburger Provinzialarchivc an ihreu jetzigen
Aufbewahrungsort gelangt und trägt neben der neuen Signatur
„Ms. G(n-m. Quart 980" folgenden Titel: „Der | Verliebte Mahler.
aus dem Französischen | übersetzt". 1 Bl. -\- 4(i S. -i". Über
den Verfasser giebt eine Bemerkung auf S. 4() Aufsclüuls:
„Mersebourg le 15. de Jiün 1689 G C Schmidt". Näheres von
diesem Schmidt zu erfahren habe ich mich vergebhch bemüht.
Dafs nicht an einen Schulmann und eine Schulkomödie zu denken
ist, ergiebt sich aus der Geschichte des Domgymnasiums von
INIerseburg von F. Witte. ^ Eher darf mau in dem Stücke ein
zur Ergötzung des Herzogs Christian 1. von Sachsen-]Merseburg -
und seines Hofes bestimmtes Festspiel vermuten, wie sie im be-
nachbarten Weifsenfeis um dieselbe Zeit der spätere Hamburger
Pastor Johann Riemer ("j" 1714) abfalste. Mehrere seiner öden
Spektakelstücke Avurden sogar in Merseburg gedruckt und viel-
leicht auch bei Hofe aufgeführt: 1678 die Tragikomödia „Der
Facetieuses journees 1584, 8, 1, auf welche vou deu französischen Erklärern
hingewiesen wird, stammt ursprünglich aus Matteo Bandellos Novelle o, 2'A
(iu der Londoner Ausgabe vou 1791, 7, 292 — 299), übersetzt in Belle-
Forests Histoires trayiques Nr. '.)'■) (Lyon ir)9u. 2, t)99 — 7:18). Hier ist die
liede vou einem gewissen Galeazzo deUa Valle aus Vicenza, der in Venedig
seine Geliebte verliert, weil er einen Maler zu ihr schickt, um sie porträ-
tieren zu lassen ; doch tötet er schlielslich seinen glücklichen Nebenbuhler.
Man sieht, es ist nur eine entfernte Ähnlichkeit der Motive vorhanden.
' Zwei Programme, Merseburg 1875 und 187ti. Vgl. auch Zarucke,
Chr. Keuter, Abh. d. sächs. Ges. d. Wiss. 9, 462.
" l(i50 — 1691. Vgl. J. Vulpius, Megalurgia Martisburgica. Quedlin-
burg 17U(». S. 119 und 229.
Moli&re-Übersetzuugeu des 17. Jahrhuuderts. 95
tyrannische Grofsvater oder der glückliche Bastard" ' und 1685
eine Dramatisierung der Sage von Eginhard und Emma, „Amor
der Tyranne mit seiner lächerlichen lleuterey".^ Wahrscheinlich
stammt die Berliner Handschrift aus dem Besitze einer Schau-
spielertruppe, welche 1689 Merseburg besuchte. Solche Banden
wurden damals vielfach von den kleineren Fürstenhöfen auf kür-
zere oder längere Zeit unterhalten. Im Januar 1695 spielten in
Leipzig die merseburgischen Komödianten unter dem Prinzipal
Herman Heinrich (Reinhard?) Richter, der 1685 — 1691 der
Yeltenschen Truppe angehört hatte ;^ und am 23. September des-
selben Jahres gaben dieselben hochfürstlich sächsisch-mersebur-
gischen Hofkomödiauten in Nürnberg Alexanders Liebessieg und
das verliebte Nachtgespenste. * Li München spielte 1(599 der
herzoglich Mörsburgische Hofkomödiant Balthasar Prunbach
zwölfmal auf dem Rathause und erlegte für diese Vergünstigung
am 22. August 1699 27 fl., sowie 6 Ü. 6 li. 9 d. für das Auf-
schlagen der Bühne."' Auch einige in jNL'rseburg gedruckte
Operntexte,'' deren Zahl freilich nicht au die aus AVeil'senfeis
und Halle erhaltenen heranreicht, weisen auf die Theaterliebe
des Hofes: 1672 Die erfreute Ceres, fok — 1681 Götter-Freude,
fol. — 1702 Die verachtete Eitelkeit der Welt. 8«.
Beide Bearbeitungen des Sicilien stehen weder untereinander
noch mit der Nürnberger Übersetzung von 1694 in Zusammenhang;
' Exemplar in Stuttgart. Eine Handschrift ohne den Namen des
Verfassers in Dresden: M 15. 1679 führte der Görlitzer Rektor Chr. Funcke
das Stück mit seinen Schülern auf. Vgl. Gottsched, Nötiger Vorrat 1,239
und CJoedeke, Grundrifs ^ 3, 226. Wie mir K. Trautmann freundlichst mit-
teilt, wurde auch in Augsburg im Mai 1698 ^Der Glickliche bastardt
oder der Tiiraunische Grofsvatter'^ von der Kaufbeurer Agenteugesollschaft
(Arch. f. Litt.-Gesch. 14, 24U) dargestellt, ebenso noch 1719 in Kaufbiniren.
^ Exemplar in Berlin. Im Nürnberger Repertoire von I71o, Nr. l:'.2
(Jahrb. d. Shakespearegesellschaft 19, 152).
3 Zarncke, Chr. Reuter, a. a. O. 9, 4G5. Fürsteuau, Zur (Joschielite
der Musik und des Theaters zu Dresden 1, 272. 311.
^ Will, Historisch - diplomatisches Magazin 1, 211 (Nürnberg 1781).
Über eine Merseburger Aufführung 17it5 s. oben S. 87.
s Gütige Mitteilung Trautmanns aus der Müuchener Stadtkammer-
rechnung [Jahrbuch f. Münchener Geschichte 2, 242].
« Gottsched, Nötiger Vorrat 1, 232. 244. 273. Über Weilseufelser
Opern vgl. Schletterer, Das deutsche Singspiel, S. 221 (1S63).
96 Molifere-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts.
eine Vergleichung beider mit dem Originale fällt entschieden zu
Gunsten des Hamburger Singspiels aus. Während jenes noch auf
der Grenzscheide zwischen Posse und Operette steht und dem
Gesänge nur in einzelnen Scenen und Zwischensätzen Spielraum
gewährt, hat F'ranck mit be\\'ulster Konsequenz einen Schritt weiter
gethan ; durchweg ist in seinem lil^retto die ungebundene Rede dem
Verse und dem Reime gewichen; in geschickter Weise wechseln
drei- bis fünffüfsige lamben in verschiedener Reim])indung mit-
einander, geeignete Stellen sind als Arien behandelt. Die neun-
zehn Scenen Molieres sind in drei Akte (Sc. 1 — 5, (i — 13, 14 — 19)
gruppiert, und ein Prolog, in welchem Cupido und iSIars durch
Fama zu friedlichen Beschäftigungen ermahnt werden, dem Gan-
zen vorangestellt. Der Ausdruck zeigt Gewandtheit und Frische,
ohne sich allzu ängstlich an das Oi-iginal zu halten; was auch
bei der Umwandlung von Prosa in Verse das ungeeignetste Ver-
fahren gewesen wäre. Sorgfältig wird die Herübernahme fran-
zösischer Ausdrücke und Verbindungen vermieden, die komischen
Verse in Lingua franca sind ganz fortgefallen. Als HcMspiel
führe ich eine Stelle aus der fünften Scene an.
l)ü)i Pidre (donnanl uu »onfßel ii fluli): D O U Po d r u :
Qui ra Ui'f Wer da? (sehlägt).
Hall (rendant le sonfflet ii Iiou Pidre): Hali:
Ami. Guth Freund I (sc-Iilüpt wierler).
Don Pedro: Don Pedro:
Holu! Francisqiie , Dominique. Frantz, Herten, Jürgen rau.s,
Simon, Martin, Pierre, Tliomas. Den Degen her 1 das 8ehild und die
(ieorges, Cliarks, Bartheleniy. Allans. Pistolen,
jiromptenient. man epee, ma rondache, LaCs Claufsen fort die Helleparte
nia halcbarde, nies pistolets, ines hohlen
mousquctons, mes fusils. Vite, de- Geschwind I geschwind I macht fort I
pechex. Allans, hte, point de qvmiier! fallt aus
Und waget euch mit mier,
Frisch draurt"lofs, schlagt und gebet
kein Quartier.
Dagegen ist der Merseburger und der Nürnberger Über-
setzung der wörtliche Anschlufs an den französischen Text ge-
meinsam; nur wo dieser Reime hat, bringen auch sie Verse.
Im ganzen aber bewegt sich der Übersetzer von 1689 noch
etwas freier als sein Genosse, er teilt die Handlung in zwei Akte
und ordnet die neunte Scenc etwas anders als der Nürnberger,
Beide zeigen Unkenntnis in musikalischen Dingen, da sie Halis
Molifere-Übersetzungen des 17. Jahrluiiiderts. 97
Bemerkungen in der vierten Scene über becarre und bemol (Dur
imd Moll) ganz mifs verstehen ; C'est du beaii becarre übersetzt
Schmidt: „Der vortreffliche Becarre hats gemacht/' und der
Nürnberger: „Es ist ein schön Beccar^." ' Am besten wird man
den Charakter der di'ei A^erdeutschnngen durch die Mitteilung
eines längeren Stückes kennen lernen. Ich wühle dazu eine Stelle
der vierten Scene, welche schon hn Originale poetische Form
trägt (siehe folgende Seite).
Dafe Moliöres „Sicilien oh Vamour jjeintre'' überhaujit in
Deutschland sehr günstig aufgenoumien wurde, ergiebt sich auch
aus der S. 87 hervorgehobenen Thatsache, dals Veiten das Stück
wiederholt (1680, 1684, 1699) zur Darstellung brachte. Es läge
natürlich nahe, ihm auch die Merseburger Übersetzung von 1689
zuzuschreiben, wenn nicht diese Vermutung bis jetzt jeder Spur
eines Beweises ermangelte. Auch in Holland entstand um die-
selbe Zeit eine Bearbeitung, der ich hier, weil ich sie noch nir-
gends angeführt finde, einige Worte widmen möchte. Ilu* \qy-
f asser ist der am S.Juli 1681 verstorbene Andries Pels, wel-
cher in der Litteraturgeschichte besonders als Älitbegründer der
nach dem Muster italienischer und französischer Akademien ein-
gerichteten Kunstgenossenschaft „Nil volentibus arduum" zu
Amsterdam bekannt ist. Erst nach seinem Tode veröiFentlichte
sein Freund Bieter Laukeur ein von ihm hinterlassenes Lustspiel :
DE I SCHILDEE | DOOR LIEFDE, 1 BLYSPEL. | (Kupfer mit der
Uuterschrift : NIL .VOLENTIBUS. ARDUUM.j | TE AMSTERDAM, | By
ALBERT MAGNUS, op de Nieuwen Dyk, | iii deu Atlas, by deu Dam.
Iü82 I Met Prilecjie. | 4 Bl. -|- 64 S. 8^'. Das Pri\-ileg ist datiert Amster-
dam, 30. März 1C8'2. — Exemplare in Berlin und Leiden. — 2. Auflage
Amsterdam 171(3 (Leiden). — Vgl. die Nachträge.
1 In der Hamburger Oper heifst es richtig: ^Er ist zw frisch der
Tlion, Singt ilir nur eins das im b-mol aushält." ^Der dritte — sang
recht frisch aus dem stets frohen C." ^lan vergleiche damit die Cha-
rakteristik, Avelche Matheson 1713 im Neu eröffneten Orchester S. 240. 244
von den einzelnen Tonarten giebt, z. B. : „C dur (lonicus) hat eine ziem-
liche rüde und freche Eigenschafft, wird aber zu Rejouissancen, und wo
man sonst der Freude ihren LaufT last, nicht ungeschickt sein." ,C moll
ist ein überaus lieblicher, dabey auch trister Tohn, . . . [aber es] mögte
einer bey seiner Gelindigkeit leicht schläftrich werden.'- Er führt auch
gleichartige Äufserungen älterer ]Musikschriftsteller an.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. ~i
98
Molifere-Ubersetzungeu des 17. .lahiliuiiderts.
Moliere (1667).
Seene quatrieme.
Aclrrisfe, flali, Musick'ii-^.
Premier rnusicien, representant
Philhie.
Si du triste recit de mon inquictudc.
Je troiMe le repos de votre solitude,
Rochers, ne sayex j^oint fuches :
Quand vous saure%, l'exces de mes
peines secretes,
Totd rociters que voics etes,
Vous en serez touches.
J. W. Fianck (lti7'.>).
Dritter Auftritt.
AiliMsto, Hall, 3. Miisic.
1 . Sänger.
1. Ihr Klippen zürnet uieht,
Wenn etwa dil's mein Klagen,
Das ieh euch wil vortragen,
Die lluJie uuterbrielit.
Euch ach! luuis ich erzehlen
Mein ungemeines Quählen,
Drüni ach ! so zürnet niclit.
Deuxieme rnusicien, represen-
tant Tircis.
Les oisecmx rejoiiis, des que le jour
s'arance.
Rcconniicnccnt leurs chmits dans cps
vastes foirts ;
Et moi, j'y recoiinnence
Mes soupirs languisscods et nies
tristes reyrets.
All! tnon eher Philene!
Philen e.
Ah! mon eher Tircis!
Tireis.
Que je sens de peine !
Philene.
Que j'ai de soueis!
Tircis.
Toujours sourde ä mes vociix est
l'ingrate Climene.
Ph ilen e.
Chloris n'a point pour moi de re-
gards adoucis.
Tons detix enscmbte.
0 loi trop inhumaine!
Amotir, si tu ne pettx les contraindir
d'aimer,
Pourquoi leur laisses-iu le puiiruir
de charmer'^
2. Sänger.
2. Wenn dich behiubter Wald
Der Vögel frohes Singen
Pfiegt Morgens zu durchdringen,
Dai's es mit Ivust erschallt,
So mufs ich dir auch klagen
Des Amors strenge Plagen,
Drum zürne nicht, ö Wald.
6 Ach ! was Angst, was Sdimertzt-n
Empfinden solche Hertzeu.
1.
Ach! Tirsi.s Ach!
2.
Ach mich entseelt mein rngemach !
1.
Ich muls für Angst noch gar ver-
derben !
2.
Und ich für Jammer sterben !
Kein Seutttzen kau Climeneus Ühr
ilurchdringen!
1.
Und Thirsis* Blick, will mich üms
Le])en bringen!
O strenger (lOTl'! du wilst uns
nur betrüben,
N'erschafle doch dals sie uns müssen
lieben,
AVo nicht, so laTs dein Quählen seyn
Und zieh der Schönheit Strahlen ein.
* lies : Chloris.
Moliere-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts.
9Ö
G. C. Schmidt (1689).
Dritter Auftritt.
üroy Musicauten singen.
1. Music.
Du Harter Fells, brech.' ich gleich
deiue Ruh,
Und scheint mein Ach! dein Jubiio
zu stören,
Höhr meiner Klage zu :
Ich weil's, JMeiu Unglück, qvaal und
Pein
^\■ird deinen Stein
In weiches Wachs verkehren.
2. Music.
Ach! wie vergnügt kan doch im
düstern Wald
Die Nachtigal ein frohes Liedgen
singen !
Hingegen mufs bey mir ein stetes
Ach! erklingen,
Das durch die Thäler schalt.
^fein Frühstück ist nur Ansst und
Noth,
T"ud lauter Ach ! mein Abeudbrodt . . .
Liebster Hirt, Philen', ach, ach!
1. Music.
'J'irsis, treues Hertz !
2. Music.
AVaCs leyd' ich vor Ungemach !
1. Music.
AVal's führ ich vor Schmertz !
2. Music.
Mein tSenfFzen kan Climeiien nicht
bewegen .
1. Music.
l'iid Cloris ist stets meiner Lieb'
entgegen.
Alle beyde.
() bittre Pein!
Wenn man von seinem Bchatz nicht
kan geliebet seyn.
Drum, Amor, Strafe sie, dafs sie
nicht mehr vermögen
In eines Schäfers Herz die Flammen
zu erreaen.
Nürnberger Übersetzung (lt;95).
Dritter Auftritt.
Von drey Miisieanten gesungen.
Der erste Musicant.
Wann ich euch die Geschieht von
meiner Unruh lehre,
Und etwau eure Ruh, der Einsam-
keit zerstöhre,
So zürnet nicht, ihr Felsen-Stein !
Wärs möglich, dafs ein Fells geheime
Noth anhöret?
Ihr würdet, wenn ihr härter wäret,
Von meiner Klag erweichet seyn.
Der andere Musicant.
Das leichte Volck der LufFt schwingt
sich, sein Lied zu sinwn.
In diesem kühlen Wald, seit oem
es Tages-Zeit;
Ich aber fange hier vor allen Dingen,
Das warme Seuffzeu an, der alten
Traurio-keit.
O lieber Philene!
Der Erste Musicant.
Ach Thirsis mein Licht.
Der andere Musicant.
Ich thräue und sehne.
Der Erste Musicant.
Ich beuge dich nicht.
Der andere Musicant.
Immer taub ist meiner Bitt die un-
danckbare Climenc.
Der Erste Musicant.
Oloris gibt mir nimmermehr ein
versüsstes Angesicht.
Beyde zugleich.
0 ein Gesetz, das nimmer schöne!
Hör Amor ! kannst du sie zu unsrer
Liel) nicht zwingen.
Was, gibst du ihnen Kratit, un.s in
ihr Netz zu bringen?
100
Moli^^e-Ubersetzuügeu des 17. Jahrhunderts.
Troisicnie musicien, represen-
tant un faire.
Paiirres aniants, quelle erreur
D'adorer des inhumaines!
Jamais Ics ames bieti saines
Ne se payent de rigueur;
Et les faveurs sont les chutnes
Qui doicent Her un cceur.
On voit Cent helles ici
Aupres de qui je m'empresse;
Ä Icur voller ma tendresse
Je viets vion plus doux souci;
Mais lorsqiie Von est tiyresse,
Ma foi, je suis tirjre aussi!
Der o. Sänger.
1. Verliebeter Sinnen
Verwirrtes Beginnen
Wird billich verlacht I
Denn was sie veracht
Das wollen sie g()ttlich verehren,
So kan sie die Liebe bethören.
2. Ich liebe die Schönen,
Doch wenn sie mich höhnen.
So wird mir mein Muth
Voll Bärischer Wuth.
Und wil sie für Bofsheit verstummen.
So kan ich recht brüllen und brum-
men.
Zwar Amors Kunst führt bey sich
ihre Ketten,
Doch, glaubts, man kan sich leicht
daraus erretten !
Philene et Tireis, cnsemhle.
Henreux, helasi qui petit aimer ainsi!
Ach glücklich ist, der frey wie
dic^^er liebt.
Den nicht der Zwang der Gluth wie
uns betrübt!
In der AViduiung sagt der Herausgeber: ,,De Heer rn Mr.
Andries P(',ls zaaliger Jieeft my kort voor zi/n tJood ter hand
gesteh, en in eigendom overgegeeven, dit Blyspi'l, genaamt De
Schilder door Lief de, iiit de Italiaansche in de Frausche, en
nit de Fransche in de Kederdnitsche taale gehragt ^ doch het
lautste door den Heer Pels, maar zo verhanzelt, c.n rerschicJct,
naar de hedendaagsche tooneelwetten, dat het niet allem niet
vermindert, maar in trgendeel mcrkelgk verbctert is/' Die
hier nicht näher bezeichnete französische Vorlage, Avelche auf ein
italienisches Original ' zurückgehen soll, ist wiederum der „Sicilien"
Moli^res. Aber der holläiidisehc Dichter, der zugleich ein selbst-
bewuister Theoretiker war luid sich zum Reformator der drama-
tischen Kunst berufen glaubte, hat einschneidende Veränderungen
vorgenommen. Aus der leicht hingeworfenen, mit lustigen Ge-
' „Mol ihr,'- sagt Pels 1G81 in seinem Lehrgedichte „Gebruik en Mis-
bruik des tooneels" S. 53, „völgt in xijn mceste tcerk de Italiaanen na."
Im vorliegenden Falle mochten das Lokal der Handlung und die Stellen
in Lingua frauca diese Meinunir hervorrufen. Vsl. oben S. 03.
Moliere-Übersetzungeu des 17. Jahrliimderts
101
3. Musie.
1. Wie thöricht thiit ihr doch, die
ihr verliebt,
Die Uubarmherzigkeit so eifrig an-
zubcthen ;
Drum wärt ihr klug, so seit ihr das
mit Fiifsen treten
Wafs euer Seel' und Herz kränckt
und betrübt.
Denn der liebsten Küfse müfsen
Amors Strick und Band versüfsen.
2. Ich lieb' und brenne zwar so
wohl als ihr,
Mein Herze pflegt gar ofFt ein schö-
nes Kind zu suchen.
Ists aber, dafs man will statt gegeu-
liebe fluchen,
Und find' ich vor ein Lamm ein
Tiegerthier,
Ey! wie kan ich wieder reisen
Und der ganzen Welt erweifsen,
1. u. 2. Music.
Dafs deine Brunst recht klug und
glücklich sey zu preifsen.
Der Dritte Musicant.
Arme Buhler, eitler Wahn!
Wilder Jungfern Opfler bringen.
Nienial hat so Stutz als Zwingen
Klugen Leuten gnug gethan :
Gunst und Liebe sind die Schlingen,
Die die Hertzen \ J''"^^f" ' an.
I fesseln (
Hundert Schöne sieht man liier,
Denen ich pfleg nachzustreben,
Denen ich zu Dienst zu leben.
Alle Mittel kehre für.
Doch, will man ein Tiger geben ?
Bin ich auch ein Tigerthier.
Der erste und andere Music.
Ey wie so glückseelig ist! der also
wird können lieben.
sängen und burlesken Tänzen verbrämten Posse ist ein drei-
aktiges Familienstück geworden, in dem alles gesetzmäfsig und
bürgerlich ehrbar zugeht. Im geraden Gegensatze zu dem Ham-
burger Singspiele sind alle Gesänge und Balletts weggefallen.
Zwar läfst Pels seine Personen sämtlich in Versen mit künst-
lichen Reimverschlingungen reden, aber diese enthalten weniger
Poesie als Moliferes Prosa. Den Kern der Handlung, die Unter-
haltung des als Maler verkleideten Liebhabers mit der Dame in
Gegenwart des eifersüchtigen Hüters und die listige Entführung
derselben, hat er beibehalten ; sein zweiter Akt folgt treu Molieres
Scene 7 und 11 — 20. Doch mit der kurzen, unvermittelten Lö-
sung vermochte er sich nicht zu beruhigen. Damit die entflohene
Sklavin Don Pedros auch mit gutem Gewissen ihre Freiheit gc-
niefseu kann, mufs sich im dritten Akte bei einer laugwciligeu
Gerichtsverhandlung herausstellen, dafs sie eine als Kind in tür-
kische Gefangenschaft geratene vornehme Holländerin und die
Schwester des Oberrichters ist. Der geprellte Eifersüchtige wird
durch eine Heirat mit seiner wackeren Haushälterin entschädigt,
1()2 ^lolic-re-L^bcrsetzungeu des 17. Jahrluindertt'.
die mit einem Dutzend Kinder auf der Bühne er.sclieiiit und die
Abkunft ihrer jungen Xebeubuhlerin enthüllt. Der Sehauplatz
ist nach Holland verlegt, die Personen haben mit Ausnahme des
Don Pedro andere Xamen erhalten und handeln nach holländischen
Anstandsbcgriffen. Der Liebhaber Eduard (bei ]\Ioliere Adraste)
erkundigt sich sorgfältig, ob Leonoor (= Isidore) aus guter Fa-
milie herstammt, bevor er ihr seine IJel)e erklärt ; er wird diu'ch
ihre Pflegerin ]Madonna Laura protegiert. Die Intrigue leitet,
wie im Französischen, sein listiger Bedienter Jasje (=■ ITali), der
auch die Rolle der Zaide überuinunt; auch liconoor hat ein
durchtriebenes Kammermädchen Styntje, die den zärtlichen Eduai'd
vom Balkon aus in den Kleidern ihrer Herrin toppt, schlielslich
aber mit Jasje das dritte Paar bildet. — Ln selben Jahr ging
aus der Gesellschaft „Nil volentibus arduum" noch eine Be-
arbeitung von Molicres Maria r/e fora- hervor;* ob der unbe-
kannte Autor hier nach demselben Zwange nüchterner Regeln
den Dichter gemeistert, vermag ich nic;ht zu sagen, da ich das
Stück noch nicht gesehen habe.
Unter den Verdeutschungen 'Moliferes sind endlicli noch zwoi,
wie es scheint, verlorene Arbeiten Bressauds für den Wolfcu-
bütteler Hof zu nennen, beide 1694 aufgeführt : ,,Moli(?re, TEtourdv,
ou les Contretemps d. i. Der Tiuume oder die Klugheit zu Un-
zeit" imd „Le Mariage forc(5 oder Die gezwungene Heirath.'' -
Dal's nun Moli5res A)'^erke französisch oder in Ubei-setzunücn
auf die deutsche Bühnendichtung einen fördernden Einfluis übten,
lälst sich ohne weiteres annehmen. Dies aber genauer zu unter-
suchen, hiefse die Grenzen dieses Aufsatzes überschreiten. Schon
dei- talentvolle Verfasser der Kinist über alle Künste gedenkt
' KluchhjxJ rau licl ijnhronijcii hoiitrclijk. Amsterdam 1G82 (Brcslauor
Stadtbibliothek). Wabrschciulicli identisch mit dem IGi^O erschienenen
jileiehbetitelten Htürke von A. P[eysl. Vgl. .Tou(:kl)loet, Geschichte der
niederländischen Litteratur 2, 11!^ und A. Pels' Lehrgedieht örhruik rt\
niisbriiyk des toonccls 1681, S. ."«1.
2 Halzthalischer Mayeuschlufs lijUl. I". Danach Chrysauder, Jahr-
buch für niusikal. Wissensch. 1, 230. Zu den bei Gottsched (Nötiger
Vorrat 1, :M1 i.) verzeichneten Übersetzungen des 18. Jahrhunderts füge
ich noch drei handschriftlich in \\'einuu- «'rhalteue Arbeiten von A. H.Ponsch:
Molicres AmphUnjou (1757). Reguards Mnioeinnrs und Mnnttleurys Tjt
fiUr capitaine.
Moli^re-Übersetziiugeii des 17. Jahrhunderts. 103
im Alamodisch Technologischen Interim 1()75, 8. 499 MoU^rcs
mit Hochachtimg; ' für Christian AVeise, der gleich dem fran-
zösischen Dichter auf die lebendige Charaktei'zeichnung und
Naturwahrheit das Hauptgewicht legte, bedürfen wir noch einer
Untersuchung seiner Quellen ; als der Verfasser des SchelmufFsky,
der Leipziger Student Christian Reuter, 1695 wegen seiner
satirischen Komödie „Die ehrliche Frau zu Plissine" vor das
Universitcätsgericht gefordert wurde, verantwortete er sich, niclit
die Beschwerde führende Witwe Anna Rosine Müller habe er
beleidigen wolleu, sondern er habe seinen Stoff „meist aus dem
Moli^re genommen". Und mit Recht konnte er sich, was Zarncke
in seiner ergebnisreichen Monographie ^ übersehen hat, auf die
„Precieuses ridicules'^ berufen, aus der er gerade die Haupt-
handlung entlehnte. Bekundete Reuter in diesem und in seinen
folgenden Lustspieleu ein beachtenswertes Talent für die Cha-
rakteristik und die gelungene Auffassuug komischer Motive, so
machte ein gleichzeitiger, imter dem Pseudonym H a 1 o a n d e r
schreibender Autor seinem Vorbilde Moliere wenig Ehre. Sein
1696 erschienenes Opus, -^ welches mit dem Verfasser des Schel-
uiufsky in Verbindung zu stehen scheint, ist eine rohe und
schmutzige Dramatisierung eines kurz zuvor veröffentlichten fran-
zösischen Pasquills '' auf den einflufsreichen Beichtvater Lud-
wigs XIV., Francois de La Chaize d'Aix (1624—1709). In der
' R. Köhler, Jahrbuch der deutschen Shakespearegesellschaft 1, l(H!.
2 Abh. der sächs. Ges. d. Wiss. 9, 49'2— 194. 508. G07. Zarncke nennt
Reuters Stück eine Komödie ganz in Moliferes Manier und Zuschnitt,
zieht aber nur den Bourgeois gentilhomme zur Vergleichung heran. [Nach-
träglich hat er, wie ich erst jetzt ersehe, im Litterarischen Centralblatt
1884 (34), 1171 auch auf die „Precieuses ridicules" hingewiesen.]
3 Der vertrackte Jesuit und | Intriguen-Macher | P. LA CHAISE |
Königlicher Frantzösischer | Beicht -Vater, | in einer lustigen | COMOE-
DIE, I Darinnen über die jenigen Intri- | guen so von ihm in seinem un-
längst her- I ausgegebenen Leben zu finden, noch meh- | re und neuere ,
Liebes-Staats-Practiquen | nebst andern anmuthigen Erfindungen | ent-
halten ; I Aus dem Frautzösischen nach der | Teutschen Redeus-Art | ein-
gerichtet, I und auff Begehren | vorgestellet | Von | H ALO ANDER 1 Colin, ',
Gedruckt bey Peter Marteau, 1096. j 9 Bl. + 118 S. 12". Exemplar in
Berlin. — Fünf Akte in Prosa.
' Diese Histoire du Pere La Ckaixe Jesuite d- Confesseur du Roy
Imuis XIV. benutzte ich in einer Nouvelle edition augnmitee, die 11)90
Wi 31oliere-Übers€tzaiigen des 17. Jahrhiiuderts.
Vorre<le verteidigt er sein Unternehmen mit dem Beispiele der
Komödie [Tartuffej, .welche ehemahLs zu Parif!-? auff An.stitftung
des Mr. le Prince der Ijekannte Moliere auff* den P. La Chaize
spielen müssen, darinnen sein Xaturel und die gantze Leljen.*-Art
unter den Nahmen des Betrügers gar artig verstecket worden."
Allein mit Moliferes Feinheit ist die grobe und nicht selten
lü.«teme Ausmalung aller liederlichen imd schiu"kLschen Streiche
des Jesiiitenpaters gar nicht zu vergleichen. Von einer inoereu
Verknüpfung der Handlungen, einem planmäfsigen Auflxiu i.rt
nicht die Rede. Am erträghch-sten, weil natur>vahr, sind einige
Scenen, welche Leute niederen Standes in charakteristischen
Äufserungen vorführen, ^\'iederholt flucht der betrunkene Narr
des Königs Marcolfus (V, 14) ^rie Schelmufsky: .Der Tebel hol
mer." S. 399 ein Lied mit dem studentischen Refrain _Runda-
dinellula". Der Autor entschuldigt sich aasdrückhch, dals er
beUebter Kürze halVjer nicht alle losen Stücke seines Helden aus-
führlich abgehandelt und da(s er „in Vorstellung derer unzüch-
tigen Affecten uasers Paters manchmahl einige Redens -Arten
<xler andre Dinge, welche keusche Ohren verletzen und fromme
Hertzen touchiren könten" (und er leistet darin das Mögüchej,
vorgebracht habe. Ob eine 1729 zu Hamburg gednickte drei-
aktige «satirisch-moralische Tragödie" von Haloander, Der demas-
(juirte Macariu.« betitelt, über die Person unseres Autors Licht
verbreitet, vermag ich nicht zu sagen ; Goedeke ' ül>ersetzt ohne
weiteres seinen Namen in Salzmann; \-ielleicht war das Stück
eine Satire auf die Wolf enbütteler Oper - desselben Jahres: _Der
flüchtige Macarius." In der Tendenz sind mit der Komödie von
1696 mehrere in den nächsten Jahren herausgekommene Satiren
auf Vorgänge am französischen Hofe zusammenzuhalten: -Des
groCsen Ludwig neues Liebesverständnis mit Madame de Saint-
Trou. Paris 1696, 12".^ Chr. Schröter, Eröffnetes Schau-
Spiel von dem verrlienten Fall des Hertzogs von Anjon. 1706. 4".
ii/ii'.r derselben fingierten Verlag»finua „OAvjiu: che\ Pierre Marteaw er-
schienen iHt Ein zweiter Teil ebenda lOO.j (Berlin). Eine .deuti«che
<"of»fcy- war nach Haloander schon l«j04 veröffentlicht worden.
' Grundrif-* 3, 3ö7 nach Gottuched, Not. Vorrat 1, %5.
' (j()nm:\\iA 1, :iö6. Fehlt bei Chr>'«ander, Jahrbücher für musikal.
WJÄüenäch. 1, 278.
Moli?:re-übersetziiBgen des 17. Ja rhunderte. 105
-Der von Priutz Eugenio und Duc de Marlebourg curirte Ludo-
vicus Xr\". Siegeland 1707. 4"." ' _Des Königs von Franck-
reich und so genandten Printzen von Wallis kluges und närri-
sches Lust- und Trauer-Spiel, 1708," - und ^Ludewigs des großscn
Königs in Franekreicli Trauerklage . . . nach Uel>ergab der Vestung
Rvssel ... in einer Opera vorgestellet, 1709, 4""'.^ Für diesen
von Frankreich ausgehenden Hang zu Pasquillen in dramatischer
Form* liefern uns die bekannten Briefe der Herzc^in EUsabeth
Charlotte von Orleans, welche mit gesundem Urteile und unver-
hohlenem Interesse ihren deutschen Verwandten von den Lei-
stimgen der französischen Bühne berichtet, ^ einen weiteren Beleg.
Wie sie .am 18. Oktober 1698^ erzählt, harte ihr Halbbruder,
der zwanzigjährige genial-Kederhche Raugraf Karl Moritz, der
-ich damals in Paris aufhielt, eine solche Komödie in franzö-
sischer und eine andere in deutscher Sprache geschrieben, die sie
gar nicht übel findet,
MoUeres Tartuffe und den Pedant joue des Cyrano de
Bergerac (1654j setzt Christian Thomasius in Deutschland
als bekannt voraus, wenn er 1688 seinen Lustigen und ernst-
haften Monatsgesprächen eine Vorrede ,/i messieurs nwnsieur
Torbon et monsieur Bartuffe", soU heiTsen Barlx»n und Tartuffe,
He Abbilder eines Pedanten und eines Heudilers, voranstellt und
inen berühmten Auftritt aus dem Tartuffe durch ein Kupfer
illustriert. "
- Gottsched 1, 262. 277 f.
- Gottsched 1, 279. Exemplare auf der Leipziger Stadtbibliothek und
n Weimar.
^ (Gottsched 1, 282. VgL .Da? eroberte Ris:^el- im Nürnberger Reper-
-..ire 2Sr. l.!4 (Jahrbuch der d. ShatespearegeseUschaft 1:^, Iik.I-
' Vgl. auch Zamcke. Chr. Keuter S. A^(*.
■ Die Moliere betreffenden Äufoerungen findet man bequem in den
Eegistem zu Hollands trefflicher Ausgabe (Stuttgarter litterar. Verein
1S67. 1S71. 187t. 1877. 1879. 1S81), femer sind die Bikfe an die Herzogin
von Hannover bei L. v. Ranke, Sämtliche Werke 13, 1(»8. 176. 276 (1870)
zu vergleichen.
f So, nicht 16f«9, ist wohl bei Holland a- a. O. 1, 117 t 181 zu \esea.
'■ Prutz, Geschichte des deutschen Journalismus 1, '^9^ f. 319 (184-%),
wo aber Bei^rac mit Balzac verwechselt wird. Für dieeoi Hinweis habe
ich Herrn Professor Dr. Creizenach zu danken.
106 Molibre-Übersetzungen des 17. Jidulumdcvts.
Beilage.
Französische Einflüsse auf das dentsclie Schauspiel vor 1700.
Wenden Avir zum Beschlüsse den Blick einmal von den
immerhin beachtenswerten Nachahmungen Moli^res hin zur Be-
trachtung der übrigen französischen Bülinenwerkc , 'welche auf
das deutsche Schauspiel bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
einen erkennbaren Einfinls ausgeübt haben. Auch eine knajipe
Übersicht einiger teUs bekannten, teils noch nicht beachteten
Thatsachen kann bei dem Mangel an tiefer schöpfenden Arbeiten
über die nicht immer erquickliche Geschichte des Dramas im
1 7. Jahi'hundert für weitere Studien nutzbringend (»ein. Als
bibliographisches Hilfsmittel mufs dabei noch immer Gottscheds
schon öfter angeführter Nötiger Vorrat zur Geschichte der deut-
schen dramatischen Dichtkunst (1757—1765) in erster Linie be-
imtzt werden ; denn Goedeke, welcher in seinem unschätzbaren
„Grundrifs" dem Drama des 16. Jahrhunderts die eingehendste
Sorgfalt zuwandte, liefert auch in der neuen .Vuflage fiu' das
folgende Säkulum nur einen unvollständigen, wenn auch berich-
tigten Auszug aus dem Werke seines Vorgängers. Über Einzel-
heiten auf diesem Gebiete ins Klare zu konmien, erfordert oft
mühsame Nachforschungen auf den deutschen und ausländischen
Bibliotheken.
Für die Abhängigkeit der mittelalterlichen Passions- und
Fronleiehnamsspiele von den französischen !Mysteres ist besonders
Mone ' lebhaft eingetreten ; indes sind hier noch viele Vorfragen,
besonders chronologischer Art zu erledigen, ehe man das entschei-
dende AVort sprechen kann. Für die deutschen Behandlungen der
Geschichte Josephs hat kürzlich A. von Weilen- nachgewiesen,
dal's die romanischen Dramen desselben Inhalts nu'gends vorbild-
lich gewirkt haben. Die Fäden, welche das INIeisterstück der alt-
französischen Komödie, die Farce vom Advokaten Pathelin, mit
Beuchlins epochemachendem lateinischem Lustspiele „Scenica pro-
gvnmasmata'' (1498) verkuüpf(>n, hat sich Herman Grimm in
einem geistreichen, aber zu sehr anfechtbaren Resultaten gelan-
' Schauspiele des Mittelalters 1, 17. 2, 27. UM (1846),
- Der ägyptische Joseph iui Drama des l<i. .lalu-hunderts (1887).
Moliere-Übersetzungeu tlet^ 17. Jahrliuiiderts. 107
geuden Es.say ' zu cntwirreu bemüht. Dal's vou eiuer cigeutliclien
Abhängigkeit nicht die Rede sein kann, legt K. Sehaumberg"-
dar, wekdier auch das Luzerner Neujahrspiel in die zweite
Hälfte des 16. Jahrhunderts setzen will. P]in ebenfalls aus
Luzern stanmieudes Fastnachtspiel vom Jahre 1592, von dem
sich um* die Inhaltsangaben der Akte und das Verzeichnis der
RoUeu erhalten haben, ist nach der überzeugenden Darlegung
von Holthauscn •' eine ziemlich treue Bearbeitung einer allegorischen
Dichtung von Nicolas de la Chesnayc, welche 1507 unter
dem Titel La condamnacion de Buncquet erschienen war und
eine Gerichtsverhandlung gegen das personifizierte Trinkgelage,
im deutschen Stücke (Jonvivium genannt, enthielt. Fast gleich-
zeitig verdeutschte der Bremei" Schulrektor Nathan Chyträus
Theodor Bezas biblisches Schauspiel Abraham sacrifiant (1550),
und zwar direkt aus dem französischen Originale,* nicht aus
einer lateinischen Version. Leider ist es mir uicht gelungen, sein
Werk auf den öffentlichen Bibliotheken ausfindig zu machen.
Nach dem Leipziger Ostermelskataloge 1595 BI. Djb war es be-
titelt: „Ein Heri'h'ch, C-hristlich vnud Anmutige Tragoedi vou
Abrahams Opffer auls dem Frautzösischen Gedicht Thcodorici
Beza3 verteutschet durch Nathauem Ch\i:raeum Sampt einem zusatz
etlicher neuwer Christlicher Gesang. Herbornae bey Christoff
Raben. Ti**." Es ist kein zufälliges Zusammentreffen, dafs Chy-
ti'äus kurz zuvor wegen calviuistischer Neigungen hatte aus
Rostock weichen müssen und daCs er in der Folgezeit verschie-
dene theologische Werke aus dem Französischen übersetzte.
' H. Grimm, Fünfzehn Essays. Erste Folge (:'.. Aiitl. l^S-l), S. I'.'T
bis 51 J : Dhs Luzerner Neujahrspiel und der Heuuo des Reuchliu [IX'A
geschrieben).
- Zeitschrift f. neufranzösische Sprache und Littcratur !•, 1—17: Die
P'arce Pateliu und ihre Nachahmungen. — Vgl. die Nachträge.
^ Germania 81, 110—115; vgl. R. Brandstetter, Zeitschr. für deutsche
Philologie 17, 347—365. ^
^ Vgl. darüber J. de Rothschild zum Mistere du \'icl Testanicut *,
XLIX. Timm, der im Rostocker Gynmasialprogramme vou 1882, Nr. 577
des Chyträus Ludi literarii sciographia abgedruckt und ein Verzeichnis
seiner Schriften beigefügt hat, giebt S. VII den Titel: ...Abrahams
OpflTer mit andern geistlichen (^nnedien. aus dem Franz<')si sehen. Her-
born 15"ö.-' — Vgl, die Xaehträge,
108 Molierc-Übersetzuugea des ]7. Jnlirlnuulcrts.
Gegenüber der massenhaften Produktion, welche Deutsch-
land im 16. Jahrhundert auf dem Gel)iete des religiösen und
profanen Schauspiels entwickelte, wollen diese vereinzelten Ab-
leger der französischen Bühne wenig besagen. Anders wurde
es mit der Wende des Jahrhunderts. Die deutsche Dramatik,
deren Triebkraft noch nicht unter den Stürmen des Dreifsig-
jährigen Kiieges erlahmt war, lenkte in neue Bahnen, vor allem
unter dem Vorbilde der englischen Komödianten. Doch gleich-
zeitig mit ilineu, wie schon S. 81 erwähnt wurde, erschienen
auch französische Truppen: 1586 u. ö. in Frankfurt, 1604 in
Basel, 1613 in Regensburg, Augsburg, Stuttgart u. s. w. Und ihr
Auftreten half sicherlich die Kenntnis des französischen Dramas
verbreiten, während in der erzählenden Litteratiu' die Wanderung
von Westen über den Rhein eigentlich nie aufgehört hatte und
die Lyrik Ronsards und seiner Genossen seit Opitz' Auftreten
genauer studiert wurde. Ein elsässischer Schriftsteller, dessen in
den Initialen J. B. B. B. versteckter Name noch nicht enträtselt
ist, verdeutschte nicht nur das zweite bis fünfte Buch v(in Nicolas
de Montreux' Schäferromau von der schönen Juliana, ^ son-
dern auch seine Dramen Diane (1592) und Isahelle (1594). Die
Titel dieser noch nirgends genannten Werke lauten: „Ollenici du
Montsacrd (d. i. Nie. de JMontreux), Isabella eine Tragödia, über-
setzt durch J. B. B. B. Strassbm-g 1607. 8^" und: Derselbe,
„Diana. Pastoral oder Hirtenspiel, aus dem Französischen durch
J. B. B. B. Strassburg 1616. 8".'' ^ Eine imdere Hirtenkomödie,
die 1621 erschienene Silvie von Mairet,^ gab, was ebenfalls noch
nicht bemerkt ist, das Vorbild zu der im zweiten Bande der
Englischen Komödien und Tragödien (1630) enthaltenen „Co-
moedia von König Mantalors unrechtmessigen Liebe und der-
selben Straff". Hier wie dort ein tyrannischer Herrscher, der
die Tochter nicht mit dem Geliebten vereinigen will und beide
hinzurichten befiehlt. Ein wohlmeinender Zauberer führt diQS
Gebot nur scheinbar aus, so dai's abwcchst'lud der eine Teil der
T^iebcnden den anderen wie tot daliegen sieht und beinmmert.
Im fünften Akte dringt ein fremder Ritter als Dens ex machina
' Strafsburg ItJlö— UilT. S". Vgl. Goedeke, Graudrifs 2, 57(5.
' Exemplare von beiden Stücken auf der l'lmer Stadtbibliothek.
■' Vgl. die Nachträge.
Molifere-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts. 109
in das Schlofs und zerbricht den Zauberspiegel; das Liebespaar
erwacht, und nun setzt der reuige König iln-er Verbindung keinen
Widerstand mehr entgegen. Fast gleichzeitig dichtete ein Schüler
August Buchners, der Holsteiner Zacharias Lund, eine ant-erc
französische Schäferkoniödie, die er nicht näher bezeichnet, i;:u'h.
Sein Stück ist Handschrift gebheben: „Reu vnd Leidt Vbei' die
Liebe Der Schälferin Dieromene. Auss Fransosischer in Teutsclicr
Sprach vbergesetzet Durch Zachariani I^undiuni." ' Einige Chöi'c
teilte er jedoch 1H36 in seiner Sammlung „Allerhand artige
Deutsche Gedichte", Leipzig, S. 70 — 74 mit. 1644 fand aucli
A. Montchrestiens i^ejv/erR^ (1 HO 1) in August Augspuvger-
zu Dresden einen Verdeutscher.
Auch die Nürnberger Dichtergenossenschaft verfolgte aelit-
sam die Bühnenlitteratur Frankreichs. Eine gewandte Arbeit,
La coim'die des proverhes (1633) des Grafen Cramail,'' gab
der Stifter des pegnesischeu Blumenordens, G. P. Harsdörf f er,
1641 in seinen Fraweuzimmer-Gesprechspielen 2, 309 — -IIT in
einer freien Übertragung: „Das Schauspiel Teutscher S[)rieh-
wörter, Aus dem Frantzösischeu mit zulässiger Freyheit über-
setzet." Beachtenswert sind die von ihm aufgestellten (jirimd-
sätze über die Thätigkeit des Übersetzers; indem er sich auf die
Dolmetscher des Pantagruels und des Quevedo, d. i. Fischart und
Moscherosch, beruft, sagt er S. 318: „Eine jede Sprach hat ihre
Eigenschafft . . , Man muss die Wort fahren lassen und l)edaclit
seyn, wie man den Verstand derselben ausdrucken möge: und
solches mit grosser Befreyung, dass man auslassen, darzusetzen,
änderen und wechseln darfF, wie man will, wann es änderst nicht
wichtige Sachen betrifft." So liest sich auch seine diesmal ziem-
lich knappe Prosa ganz angenehm. Noch freier benutzte er KU."')
in demselben Buche 3, 351 — 432 die 1629 erschienene und einem
' 73 -f- -5 Bl. 4". Auf der KöDiglichen Bibliothek in KoiH'ulwigen,
Thottske Sämling 1097 in 4". Vgl. Goedeke ?<, 58. Über die gniize Gat-
tung s. G. Weinberg, Das französische Schäferspiel in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts. 1884. M. v. Waldberg, Die deutsche Ivcnaissaneo-
lyrik, 1888, S. 83—200.
2 Goedeke 3, 247. Exemijlare in Berlin, Leipzig (Stadtbibl.), Zwickau.
^ P. L. Jacob, Bibliotheque Soleinne Nr. 929— 93t. Parfaict, Histuiro
du theätre frangais 3, 215— 234. Über Harsdörtfer s. Tittniann. DieXiini-
berger Dichterschule, S. 194—197 (1847).
11() i,^^()li^l•e-Übel■setzungeu ik's 17. .Talirluinclerts.
Ren6 Barry Sieur Du Pe schier zugeschriebeue Comedie des
comvdles * für den ersten Akt seiner „Melisa oder der Gleichniss
Freudenspiel". Seine Worte : „Die erste Handlung ist fast auss
des ßalsacs Sendschreiben, so in einem Büolilein La Comedie
des C'innedies genant zusamen gefast", lassen allerdings einen
Zweifel, ob er die satirische Absicht des Franzosen, Balzacs
Lettre,-< zu parodieren, die auch in dem Titel ^^tradnlie d'Itah'i'n
eit I(i)i(ja<f(> de l'Orateur'' angedeutet war, völlig durchschaute.
Während der zweiten Hälfte des Jahrhunderts uuilste natur-
geniäl's die sich zur höchsten Blüte entfaltende Littcratur der
1^'ranzosen eine wachsende Anziehungskraft auf die traurig ge-
sunkene und nach fremden Mustern haschende deutsche Poesie
ausüben. Die kleinen Reichsfürsteu, denen die glänzende Hof-
haltung Jjudwigs XIV. ein unerreiclites Vorbild blieb, unter-
hielten, soweit ihre Büttel es gestatteten, neben italienischen Sän-
gern französische Komödianten. Das gröfsere Publikum ergötzte
sich an den Lustspielen Molieres, Scarrons, Boisroberts, welche
ihm die heimischen Bühnenkünstler in deutscher Sprache vor-
führten, oder las die gedruckten Bearbeitungen einzelner ernsterer
Stücke, die nicht alle das wegwerfende Urteil verdienen, welches
man meist für sämthche Erzeugnisse dieser an Geschmacklosig-
keit und Unvermögen so reichen Periode bei der Hand hat.
Unter Corneille s Tragödien,- die wir hier billig voran-
stellen, erschien zuerst der epochemachendp Cid (IGol)) KiöO in
einer metrischen Übertragung durch den Hamburger Notar Georg
Greflinger, in zweiter Auflage 1()79. \\\c Harsdörffer geht er
darauf aus, nur den „Verstand" des Originals, nicht dessen AVortc
wiederzugeben; denn „jede S[)raehe liat ihre Art zu reden, muls
man sich also darein schicken, wie es am basten stehet". So sehr
auch seine Arbeit noch an Unbeholfenheit leidet, so verdient doch,
wie W. v. Öttingen in seiner lesenswerten ISlouographie •' durch
' Jacob, Bibliothi-que Soleinue Nr. 1039— lull. 1. Suppl. Nr. l:'-^.
liruuet, Manuel du libraire, 5. (5d., 2, 887.
- Die sorgsamen Angaben Pieots in seiner Bibliographie Coiiu'lionue
(Paris 1876) werden hier etwas vervollständigt.
^ Über Georg Greflinger von Regeusburg (1>^82) S. 70—82. Eine nieder-
ländische Übersetzung des Cid von J. van Pleemskerck erschien bereits 1641 ;
vgl. J. te Winkel, Tijdschrift voor nederlandsche taal- en letterkundc 1, 105.
Moliere-Ühersetzungen des 17. .Tahrluiuderts. 111
eine sorgfältige Untersuchung erweist, seine lebendige und seih-
ständige Sprache und das Fernhalten aller eigenmächtigen l-^iii-
schaltuugen Lob. 1655 verdeutschte der Stralsburger Isaac
Claufs den Cid nochmals und hängte /Avei Fortsetzungen von
Urbaiu Chevreau (1638) und Tiniothee de Chillac (1()40) an:
Der Climene Trauer- Jahr und Der Geist des GralFen von Gor-
mas. 1 1699 folgte eine metrische Übertragung von dem herzog-
lichen Hofmeister Gottfried Lange in A\'olfeubüttel, welche
Gottsched mit Anerkennung nennt und sogar eines Xeudrnckes
würdigt.- Corneilles Horace (1639) wurde 1662 von D. K.
Heiden reich in nüchterner Prosa wiedergegeben;"' eine an-
dere Übertragung in Alexandrinern,* welche ich auf der Berliner
Bibliothek vorfand, erschien 1690 in Prag ohne Namen des \'cr-
fassers; der Ausdruck verrät einige Gewandtheit, ^'erstö(st aber
oft gegen die Gesetze der deutschen A\"ortstclluug. Besonderer
Beliebtheit erfreute sich der I^ol/fcnete (1640), welcher bis zum
Jahre 1700 viermal verdeutscht wurde: 1666 von Tobias i^Mci-
scher,"» 1669 von Christoph Kormart," 1688 von dem Ham-
* Exemplare iu Göttingen, Hamburg und auf der Leipziger Stadt -
bibliothek. Vgl. Goedeke 3, 221 und Jacob, ßibl. Soleinne Nr. llö'J. In
Amsterdam wurde 1654 't icarc ccrcolge ran de Cid [nach Desfontaines ? |
gespielt (Wybrauds, Het Amsterdamsche Tooneel lS7o, S. 2ö9).
- Exemplar in Berlin. Wieder abgedruckt in Gottscheds Deutscher
Schaubühne Bd. 1 (1742). Eine summarische Inhaltsangabe des Cid für
eine Aufführung in Saalfeld 1714 sah ich auf der Kudolstädter Bibliothek.
In Stuttgart wurde er, wie ein dort erscliienener Textabdruck beweist,
1G98 französisch gegeben; vgl. Trautmann, Archiv f. Litteraturgeschichte
1."), 220.
•'■ Exemplare in Berlin und Weimar. Goedeke '5, 222. Holländiscii
schon 1G47 von .T. de Witt. — Vgl. die Nachträge.
'' Horatz, i Trauer-Spiel. [ 10 V-. Bogen 1". Auf Bl. L:Jb steht: Trag,
gedruckt im Collegio Carolino, | bey Georg Labaun, | Anno lÖfO. — Eine
französische Ausgabe erschien 1706 zu Stuttgart; Arch. f. Litt.-Gesch. 15,22(>.
^ Exemplare in Berlin, Göttingen, Hamburg, Oldenburg, Rudolstadt.
Vgl. Goedeke o, 222 und A. Laun, Die ältesten deutschen Übertragungen
einiger Dramen von Corneille. Archiv f. Litt.-Gesch. 3, 24f'— 2r)6. Die
Berliner Bibliothek besitzt eine handschriftl. Sonettensammlung Fleischers
V. J. 1651, betitelt: Die geistliche Galatee (Mser. germ. Oct. llo).
6 Leipzig 1669 (Berlin, Leipziger Universitätsbibliothek, Prag, ^^'eimar).
Halle 1673 (Gottsched 1, 232). Leipzig und Halle 1690 (Ulm). Vgl.
Goedeke 3, 223.
112 MolitTC-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts.
burger Pastor Heiurich Elmenhorst als Oper' mit Musik von
Förtsch, und 1698 von einem Stuttgarter Anonymus, welcher
wahrscheinlich zu der Gesellschaft der Hofkomödianten J. W.
Augustin und J. Fromm gehörte. -
Die Bearbeitung des Leipziger Magisters Kormart hat da-
durch eine gewisse Bedeutung, dafs sie uns über die Pflege des
Schauspiels in den Kreisen der Studenten, aus denen schon so
mancher Jünger Melpomenes hervorgegangen war, Kunde giebt.
Dem Titel zufolge war das Stück „vor weniger Zeit in Gegen-
wart und Versamlung hoher Häupter E. Hochlöblichen Universität
imd E. Fä\. E. Hoehweisen Raths zu Leij)zig", auf dem Fleisch-
hause, wie Zarncke a. a. O. 9, 404 bemerkt, vorgestellt worden
und wurde, nun „auf geschehenes inständiges Ansuchen einer
Studierenden Gesellschaft" veröffentlicht. In der Vorrede (Bl.
Avijb) verheifst der Autor, demnächst noch einige schon vor
etlichen Jahren verfertigte Stücke in Druck zu geben, „als die
Mariam Stuart |Vondel 1()4G] und Claudianam,^ den Tinio-
cratem, ^ den zur Höllen gestürtzten Lucifer [Vondels Lucifer
' Chrysandcr, Allgemeine i\Iusikzeitung 13, o40. Xach ^loUcr, Cim-
hria litterata 2, !>7ö, wäre der aus dem Opernstreite als (legner Reisers
bekannte Hamburger Advokat Aug. Wigand der Verfasser des Textes
gewesen. Ein Druck vom Jahre lüSft in Jena.
■- Trautmann, Archiv f. Litteraturgesch. lö, 221. — Ins Holland isehe
übertrug den Polyeucte erst 109G F. Rijk.
^ Vielleicht J. H. Krul, Juliana en Claudiaen. Pastorel musyckspel.
liiol. Auch in desselben Pampiere wereld. Amst. l<itl und 1(381.
' Gottsched 1, 247 giebt den Titel: -Der unbekannte Liebhaber, oder
geliebte Feind Timocrates. In einem Freudenspiele mit vieler kurtz-
weiligen Ergetzlichkeit von dem lustigen Pickelhering angefüllet und vor-
gestellet. Gedruckt zu Liebstädt im Vogel-Lande. 8^' in Prosa (108/5)."
Den wahren Verlagsort erfahren wir aus dem Leipziger Ostermefskataloge
von 1682: Dresden, M. Günther. Ein Exemplar auf der Stadtbibliothek
zu Frankfurt a. J\L habe ich leider versäumt einzusehen ; indes ist die
Autorschaft Kormarts schon durch den Druckort wahrscheinlich [siehe
Nachträge]. Als Peter Hil verding dies Stück 1711 zu Berlin aufführte,
wurde es aus Anstandsrücksichten verboten (Plümicke, Theatergesciüchte
von Berlin, S. 163. 1781. Brachvogel, Geschichte des kgl. Theaters zu
Berlin 1, 9'). 1877). — Auf ein vielleicht verwandtes Drama von W. S.
Ring, Fortunata, Verliebte Feindin, Frankfurt a. O. 1690 (fünf Akte in
Alexandrinern, der Stoff aus Harsdörffers Grossem Schaw-Platz Lust- vnd
Lehrreicher Geschichte 1, 187, Nr. •'>?.. l(i">l), will ich wenigstens hinweisen,
Moli^re-Übersetzuugen des 17. Jalirliunderts. 113
1654], König David im Elende [Yondel 16(30], Heraclium [Corneille,
s. u. S. 117], Palamedem [Yondel 1625], den Don Japhet [Scarron,
s. S. 124], Duc de Biron,' das güldene Flüfs [L. Meijer, Het ghulde
Vlies 1667], und sein selbst eigenen Gefangenen [Scarron oder
Thomas Corneille, s. u. S. 123]." Hier haben A\-ir das Repertoire
einer sicherlich seit mehreren Jahren bestehenden Vereiniiruna: von
Leipziger Studenten, die sich die Aufführung von Schauspielen
zur Aufgabe machte, namentlich von Verdeutschungen moderner
niederländischer und französischer Dramatiker. Zwei der g-e-
nannten Arbeiten veröffentlichte Kormart wirklich mehrere Jahre
später, nachdem er nach Dresden übergesiedelt war: 1673 Maria
Stuart Oder Gemarterte Majestät, Nach dem Holländischen Jost
van Vondels, - und 1675 Die Verwechselte Printzen oder Hera-
clius und Martiau unter den Tyrannen Phocas. ^ Ausdrücklich
betonte er den Anlafs zu diesen Dichtungen in dem Zusätze:
,,Auff Anleitung und Beschaffenheit der Schaubühne einer Stu-
dierenden GeseUschafft in Leipzig ehemals auffgeführt" und „Auff
der Schau-Bühne einer studierenden Gesellschaft in Leipzig ehemals
auf geführet". Wenn man sich nun erinnert, dafs gerade in den
' Auch dies Drama mag einem holländischen Vorbilde nachgeahmt
sein. 1G29 erschien H. Eoelandts Biron, in welchem J. te Winkel eine
Übersetzung von Montalvans spanischer Tragödie „El mariscal de Viron-
(1C:'5. Ticknor 1, 6G8. Supplement S. 107) vermutet. Identisch damit
ist wohl der am 12. Januar 1G.39 zu Amsterdam gespielte Duc de Biron
(Wybrauds S. 256). 1653 dichtete ein Schüler Buchners, der Schlesier
Andreas Sevelenberg, eine frostige lateinische tragoedia politica Bironius
nach antikem Zuschnitte, welche mehrfach aufgelegt wurde: Lignici 1653
(Breslauer Stadt- und Universitätsbibl., Jena, Kopenhagen, Leipziger Stadt-
bibliothek, Zwickau), Lipsiee 1656 (Lipenius, Bibliotheca realis philo.'oph.
[1(582] p. 1487 b), Yratislavise 1658 (Paris, Bibl. nationale). Sicherlich un-
abhängig von Sevelenberg war M. D. Dreys Puppenspiel von Piron auss
Frauckreich in seinem Lüneburger Repertoire von 166»! und der im Fe-
bruar 1677 zu Dresden dargestellte Krieg zANnschen dem Könige in Hispa-
nien und dem Vicekönig von Portugal Marschall Duc de Biron (Fürstenau
1, 219). 1693 folgte Chr. Weises .Schulkomödie Der Fall des Marschalls
Biron, die noch 17i)8 in Altenburg und in Bautzen von Schülern aufge-
führt wurde. In London erschien Biron schon 1606 auf der Bühne.
2 Halle 1673. 8^ (Berlin, Göttingen, Hannover, Leipziger Stadt- und
Universitätsbibl.). Halle 1678 (Gottsched 2, 257).
3 Dresden 1675 (Berlm, Göttingen, Leipziger Universitätsbibl., Weimar).
Eine Handschrift von 1676 in Görlitz.
Aidiiv f. n. Sprachen. LXXXII. 8
114 Molifere-ÜbersetzuDgeu des 17. Jahrhunderts.
Jahren 1660 — 1668 ein später berühmt gewordener Dramatiker
als Student und Privatdocent in Leipzig weilte, der junge Zittauer
Christian AVeise, so läfst sich die Vermutung schwer abweisen,
dafs auch er jener studentischen Gesellschaft angehörte und seine
Erstlingswerke hier über die Bretter gehen sah. Wenigstens er-
wähnt er 1674 eine Auffülu'ung seiner 1668 gedruckten Tri-
umphierenden Keuschheit, die er selber mit angesehen habe. '
Auch der spätere Schauspieldirektor Johannes Veiten hielt sich,
wie Heine nachgewiesen hat, 1660 und 1661 als Student in
Leipzig auf; und mag auch die von Löwen überlieferte Nach-
richt, dafs Veiten als Student 1669 im Polyeukt eine Rolle
dargestellt und hierbei den Entsohlufs gefafst habe, sich ganz
dem Schauspielerberufe zu widmen, in dieser Fassung eine Un-
richtigkeit enthalten, da Veiten schon 1661 zum Magister kreiert
worden Avar, scheint es mir doch etwas voreilig, aus diesem
Grunde jeden Zusanunenhang Velteus mit der Leipziger Lieb-
haberbühne abzuweisen. Auch Kormart hatte bei jener Auffüh-
rung von 1669 den Magistertitel seit vier Jalu-en in der Tasche:
am 23. Dezember 1665 hatte er denselben durch eine Dissertatio
politica de Constantino Magno "^ bei der Leipziger philosophischen
Fakultät erlangt. Ohne ein bestimmtes Amt scheint er dann
mehrere Jahre in seiner Vaterstadt Leipzig gelebt und sich mit
schriftstellerischen Arbeiten beschäftitjt zu haben; 1669 übersetzte
er z. B. ein holländisches Werk Consideratien \an staat oder
Politische Wag-Schale, ■' wie er später in Dresden (\llpren^des
' Ij. Fulda, Die Gegner der /weiten schlesischeu Schule 2, XVIII.
IG8;:? wurde die Triunipliierende Keu.schheit in Hamburg zu einer Oper
unter dem Titel Floretto umgear])eitet ; vgl. Chrvsander, Allgeni. musikal.
Zeitung 13, 29:1.
- 9'/-2 Bogen 4". Exemplar in Berlin. Der liespondent war .loh.
Christophorus Laurus, Bergä Variseus.
3 Leipzig und Halle IGGO. Vorrede + ''"2 S. 8". — Die bei Goedeke
und Weiler nicht verzeichnete Statira erschien in fünf Bänden zu Leipzig
168.J — 1707, der enste Band in zweiter Auflage 1680. — Im Abbregt^ des
JMemoires illustres contenant les plus remarquables atiaires d'estat, Dresden
1089, nennt Kormart sich Doctor philos. et iuris utriusque. (Exemplare
in Berlin.) Seine Conclusio ad capitulationem Josephi in Tractatu de
iure Consiliorum (Jena 1678 und Dresden 1693), welche ein Verzeichnis
seiner Schriften enthalten soll, habe ich nicht gesehen.
Moliere-Übersetzuugeii des 17. Jalirliimderts. 115
Roman Die Aller-Durchlauchtigste Kayserin Statira oder Cassaudra
verdeutschte und einen Auszug aus 32 französischen Memoiren-
werken herausgab. Gleich Kormart und Weise mag auch Veken
sich noch längere Zeit nach seiner Promotion in I^eipzig aufge-
halten haben und mit jenen in näheren Verkehr getreten sein.
AVanu Kormart geboren wurde mid die Universität bezog, sagen
uns die dürftigen Artikel bei Jöcher 2, 2147 und Rotermund
3, 737 nicht. Darf man jedoch aus dem Jahre seines Studien-
abschlusses auf sein Alter folgern, so war er jünger als Veiten
(geb. 1640, Magister 1661) und Weise (geb. 1642, Magister 1663).
Lesen wir nun in diesem Zusammenhange, dal's ein 1684 von
A. A. von Haugwitz (1645 — 1706) veröifenthchtes Mischspiel
Soliman nach dem Zeugnis des Autors „schon vor vielen Jahren
auif einer Universitet einer damaUs von ethchen Studenten zu
einiger Sprach -Übung imter sich auifgerichteteu Comoedianten
Compagnie zugefallen auffgesetzt" worden ist, so liegt es nahe,
an die Leipziger Genossenschaft zu denken. Freihch ist nur
das sicher, dafs Haugwitz am 28. Oktober 1665 in Wittenberg
in zartem Alter [!] inunatrikuliert wurde ; ^ ob er auch in Leipzig
studiert hat, müfste aus der Matrikel noch festgestellt werden.
AVir wissen auch nicht, ob die Bestrebungen der Studenten sei-
tens der Leipziger Professoren BiUigung und Aufmunterung
empfingen; Weise wenigstens gelang es nicht, einen akademischen
I^ehrstuhl zu gewinnen. Dagegen wurde dreifsig Jahre später
unter dem Vorsitze des Professors Burkhard Älencke von meh-
reren seuier Zuhörer ein Verein zur Pflege der Dichtkunst ge-
stiftet; da die Mitgheder sämthch aus Görlitz stammten, wo zwei
litterarisch fruchtbare Rektoren, Christian Funcke (1666 — 1695)
und Samuel Grosser (1695 — 1736), auf die Bildung des Ge-
schmackes eingewirkt hatten, so nannten sie sich die Görlitzische
poetische Gesellschaft.- Dafs schon viel früher ähnhche litte-
1 Bolte, Zeitschrift für deutsche l'hilologie 20, 86. Der Soliman ist
eine Dramatisieriiug vou M. de SciuK^rys Roman Ibrahim (1035), der
auch den jungen Lohenstein (lö50, gedruckt 1G85), einen Heidelberger
Poeten (1G80) und den Engländer Elkau Settle (1G77) zu dramatischer
Verarbeitung lockte. Vgl. Jahrb. d. Shakespearegesellsch. 19, 115, Xr. 1.
- Ihre 1697—1724 entstandenen Erzeugnisse, meist Gelegenheitspoesieu,
liegen in acht Foliobänden auf der Leipziger Stadtbibliothek (Ms. VI, 16 b).
8*
116 Molifere-Übersetzuugeii des 17. Jalirliuiiderts.
rarische Vereine unter den I^eipziger Studenten, uiul zwar gerade
unter der lausitzischen Tjandsmannschaft, bestanden, lehrt eine
1650 erschienene Erzählung im Schäferstile: „Des | HYLAS
aufs Latusia \ Lustiger j Schau-Platz j Von einer | Pindischen
Gesellschaft. | Hamburg, | In Verlegung Christian Guths, Buch-
händlers, Im Jahr 1650." ' Der Autor, welcher v^ielleicht mit
dem A-'^erfasser der handschriftl. Widnmug in dem einen Berliner
Exemplare, Andreas Hartmann, identisch ist, bezeichnet sich als
einen aus der I^ausitz (Latusia = Lusatia) gebürtigen achtzehn-
jährigen Leipziger Studenten und widmet sein Buch den Studiosen
der Polnischen und Sächsischen Nation, die teilweise unter Pseudo-
nymen wie Chrysocomus, Coeladon, IVIyrtillo, Daphnis, I^ucidor
eine RoUe in der Erzählung spielen. Unter den eingestreuten
Liebesgedichten begegnet einmal (S. 83) auch ein studentisches
Schmauslied mit dem Refrain: Rond di nellula.
Doch kehren wir nach dieser Abschweifung zu den Corneille-
Übersetzungen zurück! Kormart begnügt sich nicht mit einer
Wiedergabe seiner Vorlagen, für welche ihm die ungebundene
Rede am zweckdienlichsten erschien, sondern er ist stolz darauf,
dieselben ,,mit sich darzu fügenden neuen Erfindungen vermeh-
ret", sie „in vielem geändert und nach anderer Weise verbessert"
zu haben. Diese Zusätze sind durchweg recht geschmacklose
Äufserlichkeiten, scenischer Pomp, Geistererscheinungen, Hinrich-
tungen, eingestreute Arien. Maria Stuart singt vor ihrer Ent-
hauptung: „Es fällt uns ziemlich schwer aus ewrcm Reich zu
zielm • . ." Dafs an dieser Geschmacksroheit und Vorliebe für
rein äufserliche Effekte vorzugsweise die Oper schuld ist, wird
man ohne weiteres voraussetzen;- Kormart sagt es aber auch
ausdrücklich in der Vorrede zur Maria Stuart : „Von des vor-
treflichen Holländischen Poetens Vertheilungen ist man in vielen
abgewichen, und nur zum theil seineu Auffsatz nachgefolget,
indem mau sich nach anderer Zuschauer Zuneigung richten
1726 wandelte Gottsched die Vereinigung in die Deutsche Gesellschaft
um. Vgl. Danzel, Gottsched und seine Zeit, S. 79 f.
' 200 S. 8". Exemplare in Berlin und auf der Leipziger Stadtbibl.
Vgl. auch Birlingers Alemannia 15, 12:1
^ Vgl. die treffenden Ausführungen von Erich Schmidt über Hall-
manu, AUgeni. doutsohc Biogmi)hie l", IM — 147.
Moliere-Übersetzimgeu des 17. Jahrhundert,«. 117
müssen, welche reiche Vorstellung und nicht blosse Aufftritte
des Schauplatzes begehren. Dahero dann zwar Italienische in
hohen Werth gehalten."
Gleichzeitig mit seiner oben S. 1 1 1 erwähnten Cid-Übersetzung
gab Fleischer eine Verdeutschung des Cinna (1639) heraus.'
Den Heraclius (1647), welchen Kormart, wie gesagt, 1675 be-
arbeitete, lernte der Mttucheuer Hof 1(590 in einer italienischen
Umformung-^ kennen. Aus der Andromede (1650) schuf der
Hamburger Komponist J. W. Franck, den wir als Benutzer
von Molieres SlciUen kennen gelernt haben, eine Oper, welche 1679
zur Darstellung gelangte.-' Dagegen beruht sein 1682 entstandener
Attila wohl nicht, wie Picot angiebt, auf CorneUles gleichnamigem
Drama (1667), sondern auf einem von L. v. Bostel übersetzten
italienischen Stücke. Für das Wolfenbütteler Theater übersetzte
F. C. Bressaud 1691 die Rodogune (1614) und 1694 den /Se7'-
torius (1643), wälu'end sein Brutus * die Aufschrift „Trauer-Spiel,
aus des Corneille Französischem" mit Unrecht trägt; denn Cor-
neille hat kein Stück dieses Namens geschrieben. Wahrschem-
lich hegt der 1691 anonym gedruckte Brutus von Catherme
Bernard, einer Verwandten CorneiUes, zu Grunde. In welchem
Verhältnis Fiedlers 1709 in Wolfenbüttel aufgefühi'te und ge-
druckte Oper Brutus-' zu Bressands Texte steht, bleibt noch zu
imtersuchen. Auch für seine von Cousser (Kusser) in Musik
gesetzte Oper Jason (1692)'' benutzte Bressaud CorneiUes JS'Lklee
(1636). Unter den Stücken, die Veiten 1686 zu Dresden auf-
1 Eine andere Übersetzung von C Fürer von Haiinendorf erschien
1702. Goedeke 3, 276.
- K. V. Reinhardstöttner, Jahrbuch für Müncheuer Geschichte 1, 110.
In Amsterdam wurde diese Tragödie schon ICöO holländisch gegeben.
1 695 erschien die Übersetzung von F. Rijk. Über einen 1 65-") in Dresden
gespielten Heraclius (Fürstenau 1, 184) ist mir nichts Näheres bekannt.
Hallmanns Heraclius (1684) folgt einem italienischen Originale von 1671.
Corneille benutzte bekanntlich ein 1622 gedrucktes Stück Calderons (Schack
3, 174—178 ; Klein, Geschichte des Dramas 11,2, 483). — Vgl. die Nachträge.
^ Chrysander, AUgem. musikal. Zeitung 12, 417. 13, 289.
" Goedeke, Grundrifs 3, 229.
'■' Chrysander, Jahrbücher für musikal. Wissensch. 1, 261.
'■ 169.J in Hamburg wiederholt. Chrysander, Jahrbücher 1, 2i>7 und
AUgem. musikal. Zeitung 11, 133.
118 Moli&re-Übersetzungen des 17. .lalirliumlerts.
führte, hat Heine ' zwei Titel für Corneille in Anspruch genom-
men: Pompejus (== La mort de Pomix'e) und Der Kleopatra
Tod (= liodognne/). Dagegen ist der 1H90 von Veiten ge-
gebene „Künstliche Lügner" wohl nicht, wie Heine vermutet,
auf CoraeUles Menteur zw bezieheu, da ein Danziger Theater-
zettel- der Veltenschen Gesellschaft uns auf einen ganz anderen
Inhalt des Stückes weist.
Von den Zeitgenossen Comeilles hat zuerst Desmarets,
der Sekretär des Kai'diuals Richeheu, in Deutschland Bewmidercr
gefunden. Seine Mirame (1639), welche noch 1675 von dem
belesenen Verfasser des Alamodisch technologischen Interims
S. 460 und 499 neben dem Cid und Molieres Komödien genannt
wd, übersetzte 1662 der oben S. 111 erwähnte Heidenreich.'
Seine Aspasie (1636) glaubt Heine S. 37 in der 1690 von Veiten
gegebenen Aspasia wiederzuerkennen; ich möchte mit meineni
Urteile noch zurückhalten, bis eine gleichzeitige Wiener Hand-
schrift „Die gekrönte Schäfferin Aspasia" * und ein HaUisches
Trauerfreudenspiel von 1672 „Die königliche Schäiferin Aspasia" "
mit dem französischen Stücke verglichen worden sind. Mit Un-
recht hat auch Holland in seiner trefflichen Ausgabe der Briefe
der Prinzessin Elisabeth Charlotte von Orleans^ vermutet, dafs
ein in den Jahren 1663 — 1671 am Heidelberger Hofe aufgeführtes
Schauspiel Sejanus, an welches die Fürstin sich oft erinnert, eine
Übersetzung von Magnons gleiclmamigcr Tragödie (1647) Avar;
es wai*, wie ich im Jahrb. d. Shakespearegesellsch. 24 nachweisen
werde, eine Bearbeitung nach dem Englischen des Ben Jonsou.
Für die Gesichtspimkte, welche damals noch vielfach für die
Beurteilung von poetischen Werken mafsgebend waren, ist der
Erfolg bezeichnend, welchen eine nach unserem Geschmacke wenig
' J. Veiten, S. 38.
" A. Mundt, Altpreursische IMouati^schrift -I, 380. Vgl. nuten 8. 122.
•^ Exemplare in Berlin, Göttingen, Weimar.
* Serapeum 186G, 319.
^ Goedeke, Grundrifs 3, 221. Vielleicht lag dem Hallischen Stücke
De koninel:} ijckc lierderin Aspasia von ,T. Oats (deutsch in seinen "Werken,
Hamburg 1710—1711; 0, 1—01) zu Grunde. 1G74 spielte die Carlische
Gesellschaft in Dresden eine Aspasia (Fürstenau 1, 244). Am Amster-
damer Theater wurde schon 1050 Cirus en Aspasia gegeben.
" 2, 02. 80. 125 f. 142; 3, 81. 91. 352. 377; -1,313; 5,280; 0,90.393.
Moliere-Übersetzuugeu des 17. Jahrhuuderts. 119
hervoiTagende Tragikomödie von Gillet de la Tessonerie,
L'art de regner oii le sage gouverneur (1645), in Deutschland hatte.
Ein Prinzenhofmeister belehrt darin seinen Zöghng über die einzelnen
Regeuteutugenden, indem er ihm als Beispiel für jede einen Vor-
gang aus der Geschichte durch Schauspieler vor Augen führen läfst.
Die lehrhafte Tendenz des Stückes bewirkte, dals 1660 ein Schlesier
Benjamin Knobloch zu Sclileswig dem Herzoge Christian Albrecht
eine dürftige Prosabearbeitung „Die Regier-Kunst oder Der kluge
Hoifmeister" ^ widmete, welche wir sechs Jahre später im Reper-
toire des Puppenspielers M. D. Drey zu Lünebm-g wiederfinden,
und dafs 1677 der Görlitzer Rektor Christian Funcke eine Schul-
komödie- daraus machte; ein Singspiel „Regierkunst-Schatten"-'
war schon 1658 in Wolfeubüttel zur Aufführimg gekommen.
Wahrscheinlich hat auch GiUet de la Tessonerie Calderons Schau-
spiel La vlda es sueno erst dm'ch seine Bearbeitimg ,,Le grand
Sigismond priiice Polonais ou Sigisinand duc de Varsaitf' (1646)
den Deutschen zugänglich gemacht, sei es, dafs diese sein Werk
direkt oder in einer holländischen 1647 und öfter gedruckten
Übersetzung von Schouwenbergh * benutzten. 1666 spielte Drey
in Lünebiu-g auf seinem Marionettentheater „Von Sigismundo
oder dem Tyrannischen Priutz von Polen", 1674 gaben in Dresden
die Carlischeu Komödianten Prinz Sigismundo, imd 1690 brachte
Adelten in Torgau Prinz Sigisuumd in Polilen zm* Darstellung.''
Eine 1693 zu Hambm-g aufgeführte Oper J. G. Conradis, „Der
königliche Prinz aus Polen Sigismimd oder Das menschliche Leben
wie ein Traum", ^ zu welcher Postel den Text lieferte, ist nach der
Angabe des Vorwortes aus einer holländischen Komödie übersetzt.
' Exemplare in Berlin, Heilbronu, Kassel, Weimar. Eine Ausgabe
von 16G1 bei Maltzahn, Deutscher Bücherschatz 1875, II, Nr. 92:'.. Vgl.
Goedeke, Grundrifs 3, 221. Bolte, Ztschr. f. deutsches Altertum 82, 14 f.
Holländisch: De regeerkunst of de ^T^ze leermeester, staatspei door
J. Dullaart. Amst. 1667.
- Handschriftlich in Görlitz.
^ Chrysander, Jahrb. f. musikal. Wissensch. 1, 175.
^ J. te Winkel, Tijdschrift voor nederl. taal- en letterkunde 1, 99.
Eine Ausgabe Amsterdam 1668 (die dritte) auf der Berliner Bibliothek.
^ A. V. Weilen, Shakespeares Vorspiel zu Der Widerspenstigen Zähmung
1884, vS. 70. Heine, J. Veiten, 8.05. Shakespearejahrbuch I!», 115, Nr. I.
'• Chrysander, AUgem, musikal. Zeitung lo, 122-121.
120 Moli&re-Ubersetzungen des 17. .Falirlmudert?.
Unter den Werken des jüngeren Corneille (Tliomas C.)
wurde Le herger extravagant (1653) von Andreas Gryphius,
der in der Vorrede selbst erklärte, „zu dcrogleichen Übersetzungen
wenig Belieben zu tragen", auf die Veranlassung eines Gönners
in auffallend steifen Alexandrinern und ungelenker Sprache wieder-
gegeben. Den ersten Druck, den Gryphius in der Ausgabe von
1663 selbst erwähnt, der aber, soweit ich sehe, bisher nicht nach-
gewiesen ist, fand ich auf der Universitätsbibliothek zu Kopen-
hagen; er ist unter dem Titel „Der schwermende Schäfer I^ysis"'
1661 zu Brieg in 4^ erschienen und trägt keinen Autornamen.
CorneiUes Vorlage, der satirische Roman des Jean de la Lande
(.= Charles Sorel de Souvigny. 1627), war schon 1647 von Hars-
dörffer in seinen Frawenzimraer-Gesprechspielen 7,139 — 165 dem
deutschen Publikum durch einen Auszug bekannt gemacht wor-
den. Eine andere Dichtung CorneiUes, Antwchus (1666), brachte
die Schaubühne Englischer und Frantzösischer Comödianten (1670.
1, 345 — 430) in deutscher Prosa. Auf seine 1678 erschienene
Tragödie Es sex geht wahrscheinlich das 1688 von Veiten in
Dresden gespielte Stück „Die ermordete Unschuld oder Graf
Essex" ^ zurück. Rascher noch drang die von ihm gemeinschaft-
lich mit Jean Donneau de Vise verfafste Bearbeitung einer
Pariser Skandalgeschichte, des Aufsehen erregenden Prozesses
der Madame Voisin, nach Deutschland. Das 1679 erschienene
I>ustspiel, in welchem die verü])tcn Verbrechen als ziemlich harm-
lose Täuschungen dargestellt wurden, Ln devlneresse mi hs faux
enchantements , • wurde schon im folgenden Jahre von einem ge-
wissen Christian ä Gletelberg „in tcutschen Habit umgekleidet"
unter dem Titel „Eryfila. Oder Die Verrathene Zauber- und Wahr-
sager-Kunst".^ Der Übersetzer, welcher eine leidhch gewandte
Prosa schreibt, sagt aber in der Vorrede ausdrücklich, dals er
' Fürstenau I, ;'.'i:l. Dastselbc Stik'k l)o,tiegnet in dem Nürnltorger
Drainenregister (Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft 1'.', 1 IS,
Nr. 18) und 1711 iu Frankfurt „aus dem Frantzösischeu übersetzt" (Mentzel
0, 1'19). Über den spanischen Essex vgl. Schack ?., 107 und Lessing, Ham-
liurgische Dramaturgie, 00. bis 08. Stück. — Vgl. die Nachträge.
' Neudruck bei V. Fournel, Les contemi)orains de Moliere ">, 545 — 570.
' Nürnberg, Endter, 1080. r'.i '. Bog. -\- 272 S. 8". Exemplare in
Berlin, Kiel, Stuttgart, Weimar, Wernigerode. Vgl. Gocdeke ?>, 2_'7.
Molii^re-ÜbersetzuDgeu des 17. Jahrhunderts. 121
seinen wahren Xamen verschweige, da er bei diesen rieht- luid
tadelsüchtigen Zeiten wichtige Ursachen dazu habe.
Mit dem Mitarbeiter Corneilles, de Vis^, ist nach der Mei-
nung Lacroix'i jener Franyois Donneau identisch, von dem
1660 ein Pendant zu Molieres 8(janarelle, betitelt Les amoiirs
(VAlcipi)e et de Cejjhise ou la cocue imac/innire^ erschien, wel-
ches die Schaubühne von 1670 (1, 222—253) verdeutschte.
Die ebenda 2, 66 — 167 stellende Komödie „Der Verliebten
Kuustgritfe", welche Tittmann mit Chazans verschollener iSfqjer-
che'rie cVamonr (1627) zusammenbringen wollte, ist vielmehr eine
Übersetzung von Gabriel Gilberts Intr'ujuci^ (nnourenses (1667),
von denen man bei Parfaict (10, 111 — 118) einen Auszug findet.
Die von ihm benutzten Vorbilder, D'OuviUes Aimer saus savoü'
qui (1646) und Boisroberts Belle invisible ou la constance
i'jjvoufee (1656), gehen auf spanische Originale zurück.
Von Boisrobert enthält die erwähnte Sammlung 1, 254
bis 345 La jalouse d'elle meme (1649), Die E}^ernde mit Bir
selbst; und diese Komödie gab 1679 die Carlische Gesellschaft
in Dresden - zugleich mit einem anderen Stücke desselben Autors :
Les trois Orontes^ (1652). Seine Komödie La falle gageure
(1653) begegnet 1690 in Velteus Repertoire als „Die wohlnärrische
AVette oder der geizige Gerhard" ; nach diesem Titel zu schliefsen
wird sie ihren ^Yeg zu uns üljer Holland, wo sie 1671 von
\\ Blasius und 1677 von einem Anonymus der Gesellschaft „Nil
volentibus arduum" unter dem Titel De ynalJe iredding of gierige
Gera ar dt übersetzt worden war,'' genommen haben.
Quinault, von dessen ]Musiktragödien naclilier die Kede
sein soll, erscheint in der Schaubühne von 1670 mit drei Stücken:
' In der Einleitung zu dem Neudrucke der Veucc ä la mode von
Donneau deVise, Paris 1881, S. V (Nouvelle coUection Molioresque Nr. 8).
" Fürstenau 1, 253. Boisrobert bearbeitete wiederum ein spanisches
Original, La xelosa de ai misuio von Tirso de Molina; niederländiscli
1678 von P. de la Croix. Vgl. Schack 2, 578. ti85. J. te Winkel, Tijd-
schrift 1, 107. Parfaict, Histoire du theätre franyais 7, 252—250.
•^ Parfaict 7, 361—365.
' Parfaict 7, 313—319. Heine, Veiten, S. 37. J. te Winkel, Tijd.^clirift
I, 106. Die Anregung gab Lope deVega mit seinem Lustspiele Et viayor
imposihJe fSchaok 2, 37-1). Vgl. im Nürnberger Verzeichnis Nr. 17: Dio
unmögliche Möglichkeit (.Jahrbuch 11), li8j.
1-2-2 Moli^-re-Übersetzungen des 17. JalirhiuKlcrts.
1, 45 — 144 La conu'die aans coini'din^ (1654), 2, 267 — 3(30
L'amant indiscret (1654) und 1, 431 — 536 La mere coquette
(1664). Seine Bearbeitung von Calderons Lustspiel Lances de
amor y fortuna (1635), betitelt Cf)ups de l'amour et de la for-
tune (1656), oder die gleichnamige und gleichzeitige Boisroberts
bildete die Grundlage für ein holländisches Drama von H. de
Graef: „Aurora en Stella of ztisferlijcke kroonzucht^^ (1665),
das in Deutschland sehr beliebt wurde. Aufser zwei nicht da-
tierten liandschriftHchen Übertragungen besitzen wir Kimde von
Aufführungen in Lünebm'g (1666 durch den Puppenspieler Drey),
in Dresden (1676) und Danzig (um 1690) durch die A'^eltenschc
Bande und in Frankfurt a. IM. 1741.'- Auf der Danziger An-
kündigung lautet der Titel: Der künsthch verliebte Lügner Oder
die bcydcn umb der Cron streitenden Schwestern Aurora und
Stella. Zweifelhaft mufs es dagegen bleiben, ob die oben S. 95
angeführte Nürnberger Aufführung des Verliebten Xachtgespenstes
(1()95) und em 1741 in Frankfurt gegebenes Stück gleichen
Titels-' auf Quiiiaults Fantome amoureuj- (1659), eine Bearbei-
tung von Calderons graciöser Komödie* El galan fantasma
(1634), die Lingelbach 1664 ins Holländische übersetzte,"' oder
auf das Verliebte Gespenst des Andreas Gryphius (1660), wel-
ches im Inhalte ganz abweicht, zurückgeht. .Vhnliche Motive,
teilweise ebenfalls spanischer Abkunft, begegnen in der drama-
tischeu Tjitt(4'atur des 17. Jahrhunderts mehrfach.
EinigermaCscn auffallend ist es, dafs in der Schaubühne von
1670 Scarron gar nicht vertreten ist, der durch seine von
' Wie die Mgeudeu Dranieu leicht zugäuglich iu Quiiiaults Werken,
aHfserdem bei Foiirnel, Les contemporains de Moliere 3, GO — 104. Ebenda
1, 1 — 38 L'amant indiscret. Holländisch .1. Dubbels, Tooneelspel zonder
tooneelspel. Amst. 1671. Über de Vises Mcre coquette (16t>5) vgl. Par-
faict, Hist. du th. fr. 9, 879—882.
* Schack 8, 214. 44S. Val. Schmidt, Die Schauspiele Calderons 1857,
S. 128—183. Parfaict 8, 152— 157. Bolte, Ztschr. f. deutsche Philologie
19, 92«. Heine, Veiten, S. 29.
^ E. Mentzel, Archiv für Frankfurter Gesch. und Kunst. N. F. 9,449.
' Schack :5, 219 f. 448. Val. Sclimidt, Die Schauspiele Calderons,
S. 1:M-189. Parfaict 8, 274— 277.
• Dr spfinl.riKtr Minnaer. Vgl. .1. van Vloten, Het nederlandsche
khichtspel van de II. tot de 18. eemv 8, Oü (18.^1).
Moliere-Übersetziingen des 17. Jahrhunderts. 123
Greflinger verdeutschten Novellen ' schon einen Ruf erlangt
haben mui'ste. Doch erwarb ich vor kurzem einen noch unbe-
kannten Schauspiekh-uck aus demselben Jalu'e, welcher sich bei
näherer Betrachtung als eine Übersetzung von Scarrons Komödie
La fdusse apjxtreiice (1662) herausstellte. Leider fehlt jede An-
gabc des Herausgebers und des Druckortes; die prosaische Über-
setzung folgt getreu, auch in den Eigennamen, dem französischen
Texte, der ja nur eine Bearbeitung von Calderons Xo siemprc
lo peor es cierto (1652) ist/^ mufs aber als ziemlich fliefsend und
gewandt bezeichnet werden. Der Titel lautet: „Der falsche {
Schein | Oder | Die scheinbare Lieb, i Anno 1670." 120 S. 12». —
Noch ein anderes Stück Calderons, ^,El alcaide de si mismo^^,^
in dessen Übertragung Scarron (Le gardien de soi-meme) 1655
mit Thomas Corneille (Le geoller de soi-meme, auch Jodelet
jjvince) wetteiferte, gelangte durch diese Vermittelung nach
Deutschland: 1684 und 1690 spielte Veiten^ in Dresden „Sein
selbsteigen Gefangener", nachdem schon 1680 J. W. Francks von
Matsen versifiziertes Singspiel „Sein Selbst Gefangener oder der
närrische Prinz Jodelet" über die Hamburger Bühne gegangen
war.* 172(i wurde diese Oper einer Erneuerung unterzogen,
indem Praetorius den Text umarbeitete und Reinhard Keiser
diesen neu komponierte. Eine Ausgabe der glücklicherweise er-
haltenen Partitur des Keiserschen Jodelet wird durch Herrn
Dr. F. Zelle in Berlin vorbereitet. In Moskau stellte eine
deutsche Schauspielertruppe den „Prinz Pickelhering oder Jodelet
durch sich selbst verhaftet" vor Peter dem Grol'sen dar. ^ —
' Bolte, Anzeiger für deutsches Altertum l;), li)7.
^ Val. Schmidt, Die Schauspiele Calderons, S. 85 — 87.
■^ Schack ?,, 217. 417. Val. S(;hmidt, S. 140—141. 5 in. Parfaict 8,
116—128. Niederländisch 1678 von P. van Geleyn nach J. tc Winkel,
Tijdschrift 1, 110.
^ Fürstenau 1,271. 307. Heine, Veiten, S. 31. Kormarts Übersetzung
fällt vor 1669; s. oben S. 113.
s Chrysander, AUgem. musikal. Zeitung 12, 190. 249. 4 19 f. Lindner,
Die erste stehende deutsche Oper 1855, S. 109. Die Königliche Bibliothek
zu Kopenhagen besitzt ein Textbuch o. O. und J., betitelt: ^Sein selbst]
Gefangener." 4i/nBogenS", welches wörtlich mit dem 5. Bogen 4" starken
Hamburger Texte von 1680 übereinstimmt.
^ Vgl. oben S. 88, Anm. :!,
121 Moliere-Übersetzungen des 17. .Tahrliunderts.
Audi in dem 1()79 von den Carliseheu Komödiauteu in Dresden
aufgeführten „Jodelet" könnte mau dasselbe Stück Searrons zu
erblicken geneigt sein, wenn nicht die 1683 ebenda von etlichen
Hofk(Mn(»dianten gespielte Komödie von dem in seinen Herrn
verkleideten Diener Namens Jodelet ' es wahrscheinlicher machte,
dafs wir es in beiden Fällen mit dem ^,Jndelet ou le maUre
valet'" (1645) desselben Autors zu thun haben, dessen Quelle
wieder ein spanisches Stück, Dondc luiij agnirio uo ha;j zelns
von Rojas,2 ist. Vielleicht war die der zweiten Aufführung bei-
gegebene Posse „Die französischen Komödianten" eine Bearbei-
tung von Searrons Comedle den comrdicns (1635). Den Don
Japhet d'Armi'nie (1652) hatte Veiten 1689 in sem Repertoire
aufgenommen. ^
Von Moutfleury Murden durch die fahrenden Schau-
spieler zwei Stücke in Deutschland gespielt, L'ccole des jaloiix
ou le cocu voloataire (1664) und La fille capltaine (1672). Das
letztere, dessen Idee der Dama capitan Figueroas * entlehnt
war, füln-tc Paulsen mit seiner Truppe 1679 in Dresden auf;
und Veiten wiederholte 1684 die „Jungfer Capitain", als er nach
längeren Wanderzügen ebendort zum Karneval eintraf."' „Der
' Fürstenau 1, 254. 270.
' tSchack o, 024 — 327. Klein 11, 1, 2o0. Eine holländische Über-
setzung von J. Kommelijn, Jorlelet of de kiiecht meester en de meester knecht,
erschien 1683 zu Amsterdam; J. van Vlotcn, Het nederlandsch Kluchl-
ppel .3, 182. Anders J. te Winkel, Tijdschrift 1, llL'.
3 Heine, Veiten, S. 35. Scarron folgte hier dem Maxims dcl cigarral
Moretos; vgl. Schack 3, 354. 448. .T. te Winkel, Tijdschrift 1, 112. Wy-
brands, Het Amsterdamsche tooncel, S. 2tJl. Eine holländische Über-
setzung von Claude de Grieck wurde 1057 in Amsterdam aufgeführt und
gedruckt. Über Kormarts Übersetzung vgl. oben 8. 113.
' Schaok 3, jo5. I |S. Parfaict 11, 237. Eine holländische Übersetzung
von Frans Rijk 1707 nennt .T. te Winkel, Tijdschrift 1, 112. Auf eine
spätere Verdeutschung von Montfleurys Stück durch Forsch ist oben
S. 102, Anni. 2 hingewiesen.
•'• Fürstenau 1, 253. 271. Heine, Veiten, S. 3,2. Die Jungfer Capitain
finden wir um 1710 im Nürnberger Dramen register (Jahrb. der deutschen
Shakespearegesellschaft 10, 117, Nr. 34) und etwas umgewandelt auf einem
Frankfurter Theaterzettel vom 11. Juli 1711 (Archiv f. Frankfurter Gesch.
u. Kunst, N. F. 0, 151). Französisch wurde es im Februar 1721 zu Ham-
burg als Zwischenspiel gegeben, ebenso L'Europc galante und 1725 Moliercs
Mr. de Fourceauguac (Lindner, Die erste stellende deutsche Oper, S. 118).
Molifere-Übersetzuügeu des 17. Jahrhunderts. 125
freiwillige Halinrey" befand sich ebeufalls unter den zalilreichen
aus dem Französischen entlehnten Stücken, welche I*anlscn
1679 gab.i
Noch eine in Dresden wiederholt, von fremden Komcxliantcii
(1672), von Paulseu (1674. 1679) und Adelten (1690) dargestellte
Posse- „Die Perle" führt Heine S. 38 auf ein 1672 gedrucktes
französisches Original, M. Girardins Tji collier des pcrles, zu-
rück ; ob mit Recht, wird sich schwer ausmachen lassen ; bei der
liltesten Aufführung (1672) lautet der Titel wunderlich genug:
das Possenspiel von Braten und der Perleu.
Vermutungsweise sei auch der französische Ursprung einer
von Gottsched 1, 223 verzeichneten Schäferei Melissa (1668
o. O. 4'') erwähnt, welche jedenfalls nicht \o\\ der ISIelisa Hars-
dörifers (oben S. 110) herstauunt. Man kann an Du Rocher, Mi'-
Jlze, pastoral comique (1639) oder an die anonyme MiilisHa
tragicomedie pastorale (1658) denken, in welcher Lacroix'' ein
Jugendwerk Molieres erkennen ^^•ill.
Nicht nachzuweisen vermag ich das Original einer Ouolz-
bacher Oper'* von 1678, deren Titel vms Gottsched 1, 240 über-
liefert: „Der verliebte Föbus. Aus dem Französischen in das
Teutsche übersetzt und in dem Hoch-Fürstl. Schau-Platz zu Onolz-
bach singend vorgesteUet. 8"." [Les amours du Soleil. 1671?)
Falls nicht blols der Text, sondern auch die Komposition
in Frankreich entstanden waren, hätten ^vir liier das erste Zeichen
für die weitere Verbreitung der französischen Singspiele. Wenige
Jahre später erschienen die grolseu Musikdramen Lullys auf
den deutschen Bühnen, \velche sich, dem allgemeinen Zuge der
Zeit folgend, der Pflege der Oper widmeten, und errangen sich
neben den italienischen Schöpfungen gleicher Art und ihren
deutschen Nachbildungen Geltung. Zuerst gab man diesel-
ben noch in der Sprache der Originale. So in Wolfcnbüttel
1686 das 1678 von Molifere und anderen gedichtete Ballett
I Fürstenau 1, 253. Parfaict 9, 307— P.lß.
^ Fürsteuau 1, 235. 244. 254. 308.
^ Neudruck der Melisse, Paris 1879 (Nouvelle collection Molieresque
Nr. 2).
^ Auch im Nürnberger Register Nr. 135 (Jahrbuch 19, 153). Andere
Onolzbacher Opern bei Schletterer, Das deutsche Singspiel, S. 218 (1863).
12G MolRre-Übersetzungen des 17. Jahrliuuderts.
Psyche^ und 1687 den Thesre (1675), zu dem Quinault den
Text geliefert hatte; in Hamburg 1689 die zwei Jahre frülier
in Paris gespielte Oper Acts et Galatee und 1692 Achille et
l*<)lixene (1687), beide von Campistron gedichtet und mit
Ijullys IMusik;- doch wui'de bei der Aufführung des letzteren
Stückes dem Textbuche eine deutsche Übersetzung von C. H.
Postel beigegeben, und 1695 erschien auch Acis und Galathea
in deutscher Sprache. '^ Kurz zuvor hatten die Leiter der Ham-
burger Opernbühue, welche ihrem Publikum die Pariser Novi-
täten vorführen wollten, obschon sie nur den Text derselben
und nicht die Partitur in Händen hatten, zu einem eigentümlichen
Auskunftsmittel gegriffen. Quinaults von Lully komponierte
Alceste (1674) wurde ins Deutsche übertragen, J. W. Franck
machte eine neue Musik dazu und führte 1680 das Werk auf,
welches den gerade in Hambiu'g weilenden Dichter Kegnard zu
einem anerkennenden Urteile veranlafste und 1696 noch ciimuil
unter dem veränderten Titel „Der siegende .Ucides'' in Scene
ging.' Genau ebenso erging es 1683 dem 1675 in Paris auf-
geführten und 1682 im Haag wiederholten Thesee derselben
Verfasser, \'on welchem schon oben die Rede war, nur da ('s dies-
mal Lucas von Bostel die Kolle des Dolmetschers inid X. A.
Strunck die des Komponisten übernahm."'
1 Chrysander, Jahrbücher für nuisikal. Wisseusch. 1, 2(t0. A. rougiu,
I^es vraiö cröateurs de l'oiJera francais 1881, p. 112. Auf eine Auffüh-
rung der auch von Elisabeth Charh)tte von Orleans erwähnten Psyche
Wd'.^ in Hannover ist oben S. 8:5 hingewiesen. E. Keisers Oper gleichen
Titels (Text von Postel) erschien 1701 zu Hamburg und wurde zu Wolfen-
büttel 1702 und 1709 wiederholt; vgl. Chrysander, AUgem. musikal. Zei-
tung 1-1, 502. Jahrbücher 1, 257.
- Allgem. musikal. Zeitimg 13, 'M'.\. 420 — 122.
3 Ebenda 1-1, -105.
' Ebenda 12, 434—4.37. 440. Jahrbücher 1, 200. Lindner, Die erste
stehende deutsche Oper, S. 27. G. Elliuger, Alceste hi der modernen
Litteratur 1885, S. 12 f. Eine neue Bearbeitung der Alceste von J. N.
König mit IMusik von Schurmann erschien zu Hamburg 1710. Andere
Opern desselben Titels verzeichnet Gottsched aus den Leipziger Mefs-
katalogen von 1603, 1702 und 1701.
'•• Allgem. musikal. Zeitung 13, 201. Nuitter et Thoinan, Les origiues
de l'op^ra franyais 1886, p. 165.
Molifere-Übersetzungen des 17. Jahrhunderts. 127
Für die musikalische Verwertung waren, wie es seheint,
auch die Übertragungen bestimmt, welche Bressand 1693
und 1694 von Racines Alexandre (1666, hier Porus betitelt)
wndi Athalie {\Q)^1) für das Wolfenbütteler Theater veranstaltete;
ebenso seine 1692 und 1695 veröffentlichten Verdeutschungen
von Calprenfedes Hermenigilde (1643) und von Pradons
Regulus (1688). i
Hiermit mag für diesmal die liste geschlossen werden, zu
welcher eine umfassendere Prüfung der dramatischen Litteratur,
auch der Operntexte noch manchen ?s achtrag liefern wird. Auf
blolse Vermutungen über Entlehnungen habe ich mich so wenig
als m()glich eingelassen; dafs das hier als Grenze angenommene
Jahr 1700 keine neue Epoche für das Verhältnis des deutschen
Dramas zum französischen bedeutet, l)rauche ich wohl kaum be-
sonders zu betonen. - Nur darauf möchte ich noch hinweisen, da/s
viele der genannten Stücke ganz oder teilweise in Spanien wurzeln,
dafs also die Franzosen, wie andererseits die Holländer^ und Ita-
liener in diesen Fällen nur die Vermittlerrolle zwischen dem spa-
nischen und deutsclien Schauspiel übernahmen. So erklärt sich die
mehrfach bekämpfte Behauptung Löwens, dafs Veiten und andere
Prinzipale spanische Dramen nach Deutschland verpflanzt hätten,
auf ganz natürliche Weise, gleichviel ob sie auf alter Tradition
beruhte oder, wie Bobertag im Archiv für Litteratm-geschichte
5, 188 f. anninmit, auf eine von Lessing erst 1767, ein Jahr
nach dem Erscheinen \'on Lö\\-ens Werk, veröff'entlichte Beob-
' Chrysander, Jahrbüchei- 1, 227. 2;-.0. 209. 210. Goedeke, Grundrils
'^, 229. Der Porus wurde von Cousser komponiert und 1694 für eine
Aufführung in Hamburg von Postel einer Textrevision unterzogen.
Allgem. musikal. Zeitung 14, 389. Ein Singspiel Porus erschien auch
l(j98 und 1700 zu Stuttgart. Von der Übersetzung der Athalie (in
Alexandrinern) liegt eine Handschrift ohne Namen des Verdeutschers in
Wolfeubüttel : Mscr. Nov. 6:^.7. 1 (.■■)9 Bl. 1").
- Vgl. für die folgende Zeit aufser Gottscheds Verzeichnis Creizonadi,
Zur Entstehungsgeschichte des neueren deutschen Lustspiels 1879 und
seine Nachträge im Archiv für Litteraturgeschichte 14, 109 — 111.
ä Vgl. das allerdings der Vertiefung bedürftige Buch des Grafen
Puibusque, Histoire comparee des litteratures espaguole et fraufaise (Paris
ISJ.'')) und die öfter citierte Abhandlung von .T. te Winkel.
128 Molif'i-e-Übersetzungen des 17. Jahrliuuderts.
m-htung- ' /urückgelit. Direkte Überscstzungon aus dein S])anisohen
werden sich kaum während des 17. Jahrhunderts in Deutsehland
nachweisen lassen, obgleich zu verschiedenen jVIalen am kaiser-
lichen Hofe zu Wien spanische Schausj)iele in spanischer Sprache
aufgeführt wurden.
' Tn seiner Besprechimg des Conieillescheii Essex iui 02. Stück der
Hambingischeu Dramaturgie. Vgl. deu auch hier sorgsaiu und nüchtern
urteilenden Koberstein, Geschichte der deutscheu Xatiouallitteratur, 1. Aut-
lage 1, 78.']. 789. — Der feingebildete Kurfürst Karl Ludwig von der l'fal/
(1017 — 108(1) urteilte, wie seine Tochter, die Herzogin Cliarlotte von Or-
leans berichtet, „dafs die spanische Comedien weit über die frautzüsclie
gingen, aber dal's die englische über al|es gingen." L. v. Hanke, Sämt-
liche Werke i:^,, 289 (1870).
Nachtrag e.
Da zwischen dem Abschlüsse des vorliegenden Aufsatzes und seiner
Drucklegung eine längere Zeit verstrichen ist, niufs ich einige mir seither
zu Händen gekommene Thatsachen- hier anhangsweise verzeichnen und
für die dadurch verursachte Unbequemlichkeit die Vei'zeihung des Lesers
erbitten.
S. 81, Anm. 3. — Der Prinzipal Jan Baptista von Fornenburg
spielte um 1000 im Haag, 1002 ebenda, 107() in Rotterdam, 1074 in
Lübeck, 1078 und 1079 im Haag; er ist auch der Verfasser des zu Amster-
dam 1080 und öfter erschienenen Kluchtspels Din'fjc cn Siiapliaan. Vgl.
P. Haverkorn van Rijsewijk, De oude Rotterdamsche Schouwburg, 1882,
S. 7. Gaedertz, Theaterzustände von Hildesheim, Lübeck, Lüneburg,
1888, S. 47. — Niederländische Komödianten erschienen auch 1082 in
München, 1084 in Altona und 1094 in Lübeck. Vgl. Trautmann, Jahr-
l)uch für Münchener Geschichte 2, 242, Schütze, Hamburgische Theater-
geschichte S. 05 und Gaedertz a. a. O. S. 52. — Jacob van Rijudorp,
welcher im Haag, Leiden, Rotterdam und Nordfrankreich spielte, bereiste
17u;{ auch Norddeutschland und Dänemark. Vgl. Haverkorn van Rijse-
wijk S. 8.
S. 8;^. — Über französische Komödianten, welche 1018 und 1072 im
Haag spielten, berichtet v. d. Bergh, Tijdschrift voor uederlandsche Taal-
en Letterkunde 0, 77.
S. 84, Anm. 1. — Rosidor sjjielte noch 1718 in Prag (Teuber 1, 100 f.),
zuvor in Schwerin (Jahrbücher tür mecklenburg. Gesch. 1, 100). — Ein
anderer Rozidor war 1008 IMitglied des Theatre du ^larais in Paris (Fouruel,
Les contemporains de Moli&re ;'., XXXIX. lS75j. Eine Madame Marie
Tros de Rosidor aus der Truppe des am 3. Dez. 1700 zu Brüssel ver-
storbenen Fomprt? wurde von George Du Rocher für den Berliner Hof
engagiert.
S. 80, Anm. 2. — Deu gleichen pädagogischen Zweck verfolgt auch
der Professor Matthias Kramer in seinem italienisch-deutschen Werke
Moli&re-TJbersetzuugen des 17. Jahrhunderts. 129
^Der Avieder-lebeude uud auf die Italiänische Schau-Bühne aufgetretene
Moliere, das ist, einige, durchgehends lustige, Lehr-reiche und besonders
Wol-gefällige Italiänische Comedieu . . . Nürnberg 1723. 8"." Vgl. Gott-
sched, Nötiger Vorrat 1, 297 f.
S. 93, Aum. 2. — Über Francks Leben und Werke wird F. Zelle im
Programm des Humboldt-Gymnasiums zu Berlin 1889: J.W. Franck, Ein
Beitrag zur Geschichte der ältesten deutschen Oper, handeln. — Inzwischen
hat auch G. Elliu^er, Zeitschr. für deutsche Philologie 20, 3ül, den Sicüien
Moli&res als das Original für Francks Oper erkannt.
_S. 97, unten. — De Schilder door Liefde befindet sich unter den Ko-
mödien, welche die „Groote Compagnie acteurs van de Haagse en Leidse
Schouwburg" unter Jacob van Rijndorp am 18. August l(j99 in Rotter-
dam auf einem Theaterzettel ankündigte. P. Haverkorn van Rijsewijk,
l)e oude Rotterdamsche Schouwburg, 1882, S. 9. — Später ist Molieres
Sidlien noch oft als Singspiel verarbeitet worden. H. Riemann, Opern-
handbuch, 1887, zählt folgende Werke auf: L'amotir peinfre, französische
Oper von Apell, Kassel 179(j. Le Sicüien, Opern von Levasseur, Ver-
sailles 1780; Oostard de Mezeray, Strafsburg 1825; V. de Jonciferes, Paris
1859; Ballett von F. Sor, Paris 1827. Adrast und Isidore von Chph.
Bretzner, Leipzig 1779 (Musik von Preu und von Kospoth). Salieri, Wien
1780. Mitscha, Wien 1790.
S. 103, Anm.2. — Vgl. Ellinger, Ztschr. f. deutsche Philol. 20, 293;
ebenda S. 824 wird eine Nachahmung von Molieres L'amour medecin
in dem Possenspiele: „Der alte verliebte und verachte Freier Jean Henn"
nachgewiesen, welches der anonymen Komödie: „Das bärtigte Frauen-
zimmer" 0. O. 109(3 (Berhn. Weimar) angehängt ist. — Da den Spuren
Christian Reuters seither eifrig nachgeforscht worden ist, will ich
hier auf ein älteres Citat aus dem Schelmuffsky aufmerksam machen.
Joh. Chph. Männling sagt in seinen „Denckwürdigen Curiositäteu derer
so wohl inu- als ausländischer abergläubischen Albertäten", Frankfurt
und Leipzig, 1713, S. 82: „Mahomets Mutter habe diesen ihren Sohn
ohne Schmertzen, ohne Nabel uud ohne Vorhaut gebohren, der sie
Avie der Schelmofsky angeredet: O meine Mutter! Ich bezeuge, dafs
kein GOtt sey, als der einige, und ich sein Prophet." Ebenda S. 133:
„Benagt in Siexico in den Jungfern Temiiel eine Maufs oder Ratze
ein Tuch, so soll difs ein warhatftes Zeichen seyn, es habe sich eine
von den heiligen Jungfern ungebührlich verhalten." Auf diese Stellen
weist J. Grimm hin in einer jetzt auf der Königl. Bibliothek zu Berlin
(Mscr. germ. quart 950) befindlichen Abschrift von „Schelmuti'skys Reise-
beschreibung. Schelmerode 1090" und „Anderer Theil. Padua 1697".
Eingelegt sind zwei Blätter mit charakteristischen Federzeichnungen:
„Wie Schelmofsky mit Damigen auf dem Margd spazieren geht" ; „Herr
Bruder Graf", „O! Sapperment, was kam mir so weitläufig vor"; Schel-
muffskA^ und der Bruder Graf schlittenfahrend und miteinander disputierend.
S. 107, Anm. 2. — Über das Verhältnis Reuchlins zum Maitre
Pathelin vgl. noch H. Holstein, Johann Reuchlins Komödien, 1888, S. 40
bis 48; ferner Herford, Studies in the literary relatious of England and
Germany in the sixteenth Century, 1880, p. 80—83 ; A. v. Weilen, Anzeiger
für deutsches Altertum 13, 253; ferner A. Banzer, Zeitschrift f. neufrauz.
Sprache- und Litt. 10,93—112; Baechtold, Geschichte der deutschen Litte-
ratur in der Schweiz S. 210 f. und die Anm. (1888). I^ine russische
Prosaübersetzuug des Advokaten Pathelin liegt handschriftlich auf der
AVolfenbütteler Bibliothek (115. 8 Extravag. fol.). — Dafs französische
Ai-chiv f. n. Sprachen. LXXXII. y
130 IVfolifere-Übersetzungen des 17. .Talulmnderts.
Moralitäteu wie L'honrme pecheiir, Bicn orisi' Mal a?-ise, L'Innoeent nach
England, Holland, Deutschland drangen und dort vielfache Nachbildungen
hervorriefen, habe ich mich bemüht, in einer Anzeige der dänischen Co-
mmiin de Mundo et Paupere (Kil'T) in der Zeitschrift für deutsche IMiilo-
logie 21, 4HI f. und in der Einleitung zum Xeudrueke von .1. Strickers
Düdeschem Bchlömer (1581) nachzuweisen.
S. lo7, Anm. I. — Eine zweite handschriftliche Verdeutschung aus
dem Jahre 1017 besitzt der historisch-anti(]uarisclie Verein in Schafl-
hausen: ^Theodor Beza, Die.:Aufoj)ferung Isaaks. Tragödie aus dem
Französischen übersetzt." 4". — Über Lariveys ./f//'o?r.r vgl. unten zu S. 127.
S. H>8, Anm. P>. — Mairets <SV/r/c ist auch benutzt von E. ('. Hom-
burg zu seiner prosaischen Tragico-Coma»dia Von der verliebten Schätferin
Dulcimunda, Jena lüio (Exemplare in Berlin, Darnistadt, Hannover,
MünciiCT), Tübingen, Weimar. Würzburg), welche IGbi von Andreas Gärt-
ner und einer Studenteugesellschaft in Königsberg und ItjiiS in Danzig
aufo-eführt wurde; V2:l. E. A. Hagen, Geschichte des Theaters in Freulseu,
^)<:v\, 8. IM f. Altpfeufsische Monatsschrift L', ^SS {\Xi\h). — Eine kürz-
lich erschienene Münchener Dissertation von E. Dannheifser, Studien zu
Jean de Mairets Leben und Wirken, 1S88, gelangt nicht bis zur Be-
sprechuns; der Silvie. — Für ein späteres Schäferspiel; ^Der unglück-
selige I HIRT, 1 Nebenst andern beygef (igten | Sprach-Ubungeu, | Aufge-
setzt von I (verschlungene Initialen APSV?) | Regenspurg, | Gedruckt bey
Paulus Daln- | steinern, 1082." 1 1 Bl. + 57 S. Bt- (Berlin. Frankfurt a. M.)
vermute ich ein französisches Vorbild, da der anonyme jugendliche Autor
zum Teil französische Namen wie Cadige verwendet und diesem drei-
aktigen prosaischen Plirteuspiele noch einige Herolden anhängt, deren
Stoff zum Teil aus Calpreu^des Gassandre [s. oben S. 114 f. | entnommen
ist: , Unterschiedliche [ Aus der Frantzöls : Cassaudra | Und | Andern der-
o-leiciien Büchern | Genommene | Liebes-Geschichten." | 1 Bl. + 1- S. 8".
Doch vermag ich zur Zeit das Original nicht nachzuweisen.
S. 110, Anm. r>. — In Altona kündigten 1684 holländische Komö-
dianten an: „Don Roderigo de Cid met groote Pracht ran Klcderen, noch
noit alhier gesien." Schütze, Hamburg. Theatergesch. 1794, S. ü5.
S. 111, Anm. :'.. — In dem Exemplar der Züricher Stadtbibliothek
hat Bodmer Heidenreichs Arbeit folgendennafsen kritisiert: -Diese Über-
setzung ist überaus schwach. An vielen Orten ist der Verstand des
Franz('iäischen nicht eingesehen, zuweilen, was der Übersetzer nicht ver-
standen hat, ausgelassen. Er ist auch der deutschen Sprache nicht recht
mäclitig gewesen. Bodmer."
S. 112, Anm. 4. — Das Frankfurter Exemplar, welches ich inzwischen
eingesehen habe, enthält 2 Bl. + 20?> S. (eigentlich 2ol, da S. 1!V2 doppelt
gezählt ist) 8 ". Das Titelkupfer stellt die Vereinigung der beiden Liebes-
paare nach Akt 5, Scene D dar, darunter steht: „IG8H. C. J. K. J. D. P." —
Das fünfaktige prosaische Schauspiel entpuppte sich bei näherer Betrach-
tung als eine Bearbeitung des Thnocrate von Thomas Corneille (lüöö)
im Geschmacke der landläufigen Hauptaktiouen. An einigen Stellen geht
die Prosa in Alexandrmer über (V, 7. l:'.), Lieder sind eingelegt; zu An-
fang des dritten Aktes deklamiert Erinhyle nicht selber iliren grolsen
Monolog, sondern liegt schlafend auf der Bühne, während ein unsicht-
barer ('lior die fünf Strophen desselben absinj^t und Pickelhering dazu
agiert. Den fünften Akt eröllnet dieselbe wieder, wie in vielen Haupt-
aktiouen ^ani Tisclie sitzend", mit einem Monologe; statt der würdevollen
Moliere-Übersetzuugeu des 17. Jahrhunderts. 131
Tiraden der Köuigiu nach der Erkeumnig dos Heldeu (IV, 7) schien dem
deutschen Autor ein grellerer Effekt nötig: die Königin sinkt ihrem Feinde
ohnmächtig in die Arme, und dann folgen kurze Wechselredeu Schlag
auf SchLag zwischen beiden. Vor allem aber sind dem niederen Ge-
schmacke der schaulustigen Menge Zugeständnisse gemacht durch weit-
gehende Einschaltungen possenhafter Elemente. Aus der „Doridc, confl-
dente d'Eriphilc" ist ein „Dorides, Pickelhering aus der Insel Doris, der
königlichen Princefsin AutTwärter" geworden und ihm „Clarilla, desselben
Liebste" beigegeben ; beide machen sich nicht nur in zahlreichen (im
ganzen '22) neuen Scenen breit, sondern mischen sich auch in die ernst-
hafte Haupthaudlung mit karikierenden und unflätigen Bemerkungen
liiuein. Au Chr. Weises Triumphierende Keuschheit (Ui(J8. Vgl. oben
B. 114), an den Juden von Venedig (Meifsner, Die englischen Komödianten
in Österreich, 1884, B. 131) u. a. wird man oft erinnert. Dorides erscheint
als Exerziermeister (Bolte, Niederdeutsches Jahrbuch 11, 15!». 12, 130),
als Kerkermeister, mit Fuchsschwänzen oder Flederwischen behängt, Avird
von Clarille durch Kleidertausch aus dem Turm gerettet, hält mit ihr
einen stichomythischen Dialog oder singt ein Duett und parodiert scliliefs-
lich auf einem Bocke zum Veuustempel reitend die Hochzeit des Heldeu.
AVie der Verfasser mit den Worten Corneilles umspringt, dafür nur eine
Probe. Bei diesem sucht sich der königliche Liebhaber Oleomeues gegen
das Mifstrauen der Prinzessin zu rechtfertigen (IV, 4):
Que vois-je qiii m'alarme, o divine Princesse?
Aurois-je quelque part dans l'ennui qui vous presse,
Et dois-je apprcliciider de man mauvais desfin,
Que, Cleomene heweux ait cause ce chagrin'^
D'oti peut-il etre ne quand la joie est publique?
Kormart giebt dies ganz kurz wieder (S. 146): „Was mufs ich
für ein Unglück ersehen, warum ist meine göttliche Princefsin so be-
trübt?" — schaltet aber vor der Antwort der Eriphyle eine lange Zwischen-
rede Pickelherings ein: ^Ja! du Schelm! du Timocrates-f äuger ! du wirst
den dnjcrotias aufl' den Buckel kriegen, wer dir nur den Staup-Besen um-
sonst geben solte, du bettest ihn lauge verdienet. Hertzliebe Jungfer
Herrschafft, trauet dem Kerl nicht mehr und geht ihm nicht zu nahe;
wer weifs was er für Schelmenstücken kan, dafs ihr ihm gar müstet nach-
lauflTen; was wolten wir machen, wenn wir läuffisch würden, die Mutter
Königin Hesse uns nicht weg ..." — Auch im Nürnberger Dramenver-
zeichnis von 1710, Nr. 127 (Jahrb. der d. Shakespearegesellschaft 19, 152)
steht „Der unbekande liebhaber oder gelibete feint timocrates".
S. 115, Anm. 1. — Auch das Lustspiel von Haugwitz, „B. C. D.
Flora, In ungleich zerstreuten Reimen Deutsch auffgesetzet" (Dresden
1684) ist nach einem französischen Ballett Flore von J. de Bens er ade
(CEuvres 1697) gedichtet, welches der Autor 1669 in Paris tanzen sah.
S. 115, Anm. 2. — Über gelehrte Gesellschaften in Leipzig im 17. Jahr-
hundert vgl. B. G. Struvius, Bibliotheca historise litterarife selecta 3, 2014.
2022 (1763). Auch in der Geschichte der Leipziger Oper (seit 1693>) spielen
Studenten als Musiker und Sänger die Hauptrolle. Vgl. Opel, Neues
Archiv f. sächs. Gesch. 5, 122 f. (1884).
S. 117, Anm. 2. — Über die Aufführungen des Heraclhis, Hermocratc
und Essex, welche der Landgraf Wilhelm VI. von Hessen 1647 als Prinz
in Paris ansah, berichtet sein Reisetagebuch (Kasseler Mscr. bist, quart 69) ;
vgl. C. V. Romrnel, Geschichte von fiessen 8, 731. — Ein Fragment einer
französischen Tragödie Heraclius Empereur d' Orient im IMüuchener Cod.
gall. 29.
132 iUontTe-cibersetzimgen «les i T. .Taliihundon?.
S_ 117. — Zu der Hamburg;er Oper Attila vgl. Nr. 18 des iSürn-
berger Verzeichnisses (Jahrb. d. Öhakespearegesellsch. 19, 146): „Der tyra-
nische attilla könig der hunen und gotteu sanipt desen Untergang."
S. 120, Anm. 1. — Auf der Bürgerbibliothek zu 8t. Galleu Ix'fand
sich laut Katalog im Jahre 1870 eine gedruckte „Tragredia, Geuauut der
unschuldig ermordte Graf von Esseck. St. Gallen KjPH. 4"", welche wahr-
scheinlich vou den fremden Komödianten gegeben wurde, die nach Scherer,
St. Gallische Ilaudschrifteu, 180!», S. 70, in diesem Jahre in St. Galleu
spielten. Leider war das Buch während meiner Anwesenheit im August
1888 trotz der Bemühungen des Bibliothekars Prof. Dr. Dierauer nicht
aufzufinden. — Eine im Cod. Viudob. i:'>117 enthaltene Tragödie: „Die
Ermordete Unschuld oder Die Enthau]itung des Gräften Essecs'', welche
ein Student E. H. Brauer 1710 zu Stralsburg für die Truppe Karl
Ludwig Hoffnuums komponierte, geht, wie C. Heine soeben in der Viortel-
jahrsschrift für Litteraturgesch. 1, o2?> — 842 darlegt, auf ein italienisches
Stück, welches aus der spanischen Tragödie Coellos (105:',) Hofs, zurück.
Den Bergor extra rayant des Thomas Corneille citiert der Dichter der
Hamburger Oper: Der irrende Ritter Don Quixote lOOii (lOUiugrr, Ztschr.
f. deutsche Philol. 20, ;)21f.); sein Vorbild Jean de la Lande führt J. Rist,
Friedejauchzeudes Teutschland (105:1) zu Ende des ersten Aktes an. — Über
die 1083 erschienene Bearbeitung seines Timocrotc ist S. 130 geredet wor-
den. — Von seinem Ijustspiel Don Q'sar d'Äralos (1074), in welchem er
Tirso de Molina (Vilktna de Vallecos. Moreto 1027; danach La oeasion
haee al Utdro)). 107(;. Schack 2, 570. 3, :'.52. J. te Winkel, Tijdschr. 1, 1(>2)
benutzt zu haben scheint (holländisch von H. Angelkot, Amsterdam 1717),
fand ich in Wolfenbüttel eine handschriftliche prosaische Übertragung
(Mscr. Nov. 037. 3): „Don Caesars | D'Avalos | Lust Spiel.'' 2 Bl. -j-
152 S. 4". Schrift des 17. Jahrhunderts. Anfang: „Beatrix: Ja, wie
ich euch gesaget, man versicherte aller erst euren Vater, das man inner-
halb einer Stunde euren Bruder alhie gesehen habe . . .'•
S. 127. — Unter meinen Notizen aus der Zwickauer Ratsscludbiblio-
thek finde ich noch angeführt eine handschriftliche französische Ko-
mödie in fünf jVkteu mit gegenüberstehender deutscher Übersetzung (20.
4. 22 in 10"). Anfang: ,.La Coniedie, qii'ores iious raus represeiitona, eaf
■intitiilee les Ja Ion x: poitr re rjue les jyersonnes qiti iutcrriennent eii iceUe
ou la phisparf., sont niolestees de rariables et diverses jaloiisies . . ." Dies
ist, wie ich erst jetzt bemerke, ein 1579 erschienenes Stück von Pierre
de Larivey,„/>^s jalonx (Viollet Le Duc, Ancicn theatre franyois 6, 5 — 92.
1855). Die Übersetzung verdient, genauer untersucht zu werden.
Auch ein Prosadrama aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts:
„Die getreue Liebhaber | Oder ] Die vier Könige von Grenaden.'^ 19 Bogen 4"
o. 0. u. J. (Kassel, Wernigerode) scheint aus einer französischen Quelle
herzustammen. Alborat, das Haupt der Gomellen, beginnt mit. einer
Rede an Zogan, das Haupt der Zegern: „Solte wol der Gomellen Ge-
schlecht also können bey Hofe angesehen seyn, dals die Zegern eine
Königin aus iinserm Hause dulden wolten. Mein Herr vergebe mir, das
ich gegen jhme, als dem Haujit der Zegern ..." — Vielleicht identisch
mit den „Vier ])estendigen Liebhabers'', welche der Hamburger Komö-
diant Kaspar Stiller zwischen 1051 und 100:1 in Güstrow darstellen wollte
(Bärenspruug, Jahrbücher für mecklenburg. Geschichte 1, 95).
Lockere und straffe italienische Perfektformen,
Das Perfektum erfreut sich im Italienischen einer reichen Ver-
wendung, es ist nicht nur erzählend, sondern auch präsentisch, und
so besitzt es einen grofsen Reichtum an neben- und durcheinander
gehenden Formen, welcher den Blick der Grammatiker mehrfach ge-
trübt und irregeführt hat. Ohne mir vorzunehmen, alle Einzelheiten
dieser Formen des italienischen Perfekts zu beleuchten, will ich in den
nächsten Sätzen eine der über dasselbe bestehenden Lehren beseitigen
und durch eine richtige, wie ich hoffe, ersetzen ; in anderen dunklei'en
Punkten hoffe ich wenigstens ein gutes Fragezeichen, vielleicht auch
einen Wink gegeben zu haben, durch welchen später einmal das
Richtige zu finden ist.
Meine Hilfsmittel sind folgende. Erstens : Würdigung und Prü-
fung des bisher Aufgestellten und Gangbaren, insbesondere bei
Blanc, Diez und in meiner Italienischen Sprachlehre (Hann. 1882);
auch manche der älteren habe ich herangezogen, sowie auch Neuestes,
Zeitschriften; ich hoffe nichts Wesentliches übergangen zu haben,
wenn mir auch genaue Verzeichnung aller Ansichten fern lag. Zwei-
tens: Betrachtung, Vergleichung und Auseinanderhaltung der That-
sachen: a) in der heutigen italienischen Allgemeinsprache, b) in der
alten italienischen Litteratur, c) in den italienischen Mundarten, u) Tos-
canas, ß) des Südens, y) des Nordens, d) im Latein, «) im vorklassi-
schen, ß) im klassischen, y) im späten, e) in altitalischen Mundarten,
«) im Oskischen und im Oscolatein, ß) im Umbrischen und im Umbro-
latein, f) in aufseritalischen romanischen Sprachen und Mundarten,
«) im Rätoromanischen, ß) im Rumänischen, y) im Spanischen, (V) im
Alt- und Neuprovencalischen, c) im Alt- und Neufranzösischen.
|:;t Lockere uud straffe italienische Perfektfurmeu.
I. Die Accentregel für das italieniiche rerfelduni.
Schon Castelvetro 'iw RembosProse 51 bemerkt, dafs im Perfekt
auf ai, ci, etti, ii der Accent von der Stelle, die er im Präsens, 1 . Sing.,
habe, dem Ende etwas /Airiicke: amo, amai; er bleil)e aber in den
Perfekten auf si und den nach lateinischer Art, porgo, pursi in der
1. Sing, und in der 3. Sing. PL, die zweiten Personen und die l.Pl.
habe den Ton wie jene ersten, zu denen sie in Wahrheit gehörten,
es habe, v vorgelegen : valevisti, valesti. Eine sonderbare Erschei-
nung, dieses heutzutage gewöhnlich als stark oder unregelmäfsig be-
zeichnete italienische Perfekt mit seiner Teilung der sechs Formen
in zwei verschiedenartige Gruppen :
feci fece fecero
facesti facemmo faceste
Nirgends auf dem gesamten Gebiete der Verwandti^cliaft findet
sich so etwas wieder, Avie schon Diez bemerkt; keine der anderen
romanischen Sprachen hat eine Spur von etwas Ahidichem, nirgends
das Latein, nicht auch eine der altitalischen Mundarten. AVie in
aller Welt kommt oder kam man dazu, von feci zu facesti auszu-
weichen, von strinsi zu stringesti ? Da doch sonst die Sj^rache in der
Konjugation und gerade auch im Perfektum sich dem Latein so eng
anschliefst? Ja, der Accent, heifst es, scheidet die beiden Gruppen.
Das wäre sonderbar. Dem Lateiner sollte fecisti gut zu feci gepafst
haben, aber dem Italiener sollte in einem fecisti oder fecesti der
Accent nicht passen, so unerträglich sein, dafs er nun für die zweiten
Personen und für die erste der Mehrheit aus einer anderen Vorrats-
kammer etwas vorsuchen raüfste? Nein, es ist ja rein unmöglich!
AVir haben doch vidi, vedesti auch in der Art, mit Verlassung des
Perfektischen, mit Zurückgehung auf das Präsentische gebildet, aber
vedesti ginge von Accents wegen und fecesti nicht? Nein!
Doch halt! Altmeister Diez luit ein Beispiel zur Hand, durcli
das die nun einmal niclit abzuleugnende Thatsache, dafs derAccent-
wechsel hier wirkt, wo jiicht begreiflich, so doch glaublich wird.
„Wir haben bei doverc, udire und uscire walu'genonunen, wie die
ital. Sprache das vom Infinitiv gegebene Thema in allen flexions-
betonten Stenen durchführt, wenn (d. li. während) es in den stamm-
betonton abgeändert wird. Dasselbe geschieht nun auch im starken
Perfekt, \\\ welches sich stamm- und flexionsbetonte Formen teilen/'
Lockere und strafle italienische Perfektformeu. 135
devo dobbiamo odo udiaino esco usciamo
devi dovete odi udite hscl üscite
deve devono ode odono 6sce ^scono.
Das läfst sich hören, sieht auf den ersten Anblick unserem Falle
recht ähnlich! Aber doch wohl nur auf den ersten Anblick! Ob-
gleich es von Fr. Diez vorgeführt wird! Hier nämlich handelt es
sich um eine A^erdunkelung des Vokals der ersten Silbe in dem
Falle, dafs sie den Ton verliert: c wird dann zu o, zu u, offenes o
(eigentlich au) zu u. Ein wohl begreiflicher Vorgang ! So sagen die
Rumänier für lateinisches ambulare aniblä, indem das a zu einem
ihnen eigenen tiefen ü, ähnlich dem Seufzer eines sich Anstrengenden,
wird, oder 'nibla, indem es zu einem blolsen, dem m sich von selbst
vorschiebenden leisen Brummen herabsinkt — weil der starke Ton
nachfolgt. Die Stärkung einer folgenden Silbe durch kräftige Be-
tonung schwächt und verdunkelt die vorhergehende. So wird im
Italienischen aus amaro amero, denn e ist auch dunkler alsa. (1) In
dovere (lat. debere) ist auch um des nachfolgenden Tones willen zu
do gegriffen. Dafs diese Nebenform von der Präposition de immer
beliebt wird, wenn ein Lippenlaut folgt, hat Diez vortrefflich ange-
merkt ; wir dürfen wohl hinzusetzen, dafs stets der nachfolgende Ton
gewirkt zu haben scheint: domäni, domändo, in domandäre mag der
etwas entfernter folgende Ton doch empfehlend gewirkt haben. In
dopo dürfte es ähnlich sein, denn es ist ursprünglich stets Präpo-
sition, so dafs der Ton erst im folgenden Worte lag: dopo morte,
dopo se. Haben wir üscio (Ausgang), so ist dies entweder vom Ver-
bum genommen oder es gab, wie Diez meint, dem Zeitworte das Vor-
bild, gerade wie ich unabhängig von Diez do als eine mögliclie
Nebenform, zu welcher am geeigneten Orte gegriffen werden konnte,
bezeichne (Ital. Sprachl. S. 35). Der ganze Vorgang aber, sieht man
wohl, vergleicht sich mit unserem zweiteiligen Perfektum gar nicht
oder fast gar nicht. Denn in finsi, fingest! sind die ersten Silben
ganz dieselben; in vidi, vedesti, feci, facesti ist auch keine Erleich-
terung, geschweige Verdunkelung zu spüren; höchstens wäre in eb-bi
(1) Die Beweiskraft von amerö könnte wohl einmal so in Abrede ge-
stellt werden, dafs man es von amere herleitete, doch bliebe immer, dafs
man es gerade hier gern hatte. Aber es giebt noch viele andere Beispiele
mit Beweiskraft. So das morse murin, welches in III erwähnt \\'lrd.
Von sie. purtäri heifst die erste Silbe unbetont immer pur, betont por.
136 Lockere und straffe italienische Perfektfonnen.
a-vesti, scris-si scri-vesti eine, jener freilich unähnliche, Erleichterung
zuzugeben. Das ist aber nur ein kleiner Bruchteil von Zeitwörtern.
Auch wird dafür in mi-si met-testi die erste Silbe sogar schwerer.
Und die Annahme von der "Wirkung des Accentes bei dieser Zwei-
teilung erhält vollends noch den gröfsten Stofs, wenn wir bemerken,
dafs zwar die beiden zweiten Personen zu ihi* passen, aber die erste
der Melirzahl gar nicht: fecisti fccistis, ja, aber fecinius! AVie kam
man dazu, dieses von der Reihe der vorn betonten alizutrennen ?
Wenn irgend etwas, so ist deutlich, dafs die Accentregel für die
Zweiteilung des Perfekts, wie sie Diez hat, nichtig und unhaltbar ist.
Vor wenigen Jahren versuchte ich einmal die Schwierigkeit der
ersten Person pluralis hinwegzuräumen. Ich vermutete, man könnte
im Volke unbemerkt in alter und neuer Zeit von der klassischen
abweichende Betonung der vorletzten Silbe, wie in dedcrimus dede-
ritis, so ein fecimus beliebt liaben. Der Accent wechselte ja mehr-
fach: dederunt dederunt dederim! Doch sie steht auf zu schw'achen
Füfsen, diese Vermutung, sie ist unrettbar, jene schon so unklare
Accentregel. Fecisti fecimus, die guten lateinischen Formen, sind
durch ihren Ton nicht gegen das Sprachgefühl des Italieners und
des Toscaners. So Avenig, dafs sie wirklich vorhanden sind, diese
letzteren Formen: weit und breit toscanisch und sonst mundartlich
und in der nicht edelsten Schriftsprache arsimo dissimo ebbimo fecimo
giünsemo l^ssamo messamo trässarao. Zu den eben angeführten For-
men der ersten Person der Mehrheit schreibt Diez die "Worte: ,, wahr-
scheinlich zufällige bequeme Flexionen ohne historischen Grund."
Ungerecht und ganz ungerechtfertigt, soweit ich sehen kann. Als
ob facemmo das wohl begriifene, nicht zu erklärende, auf historischem
Grunde erkannte wäre, und nicht fecimus das klassisch-lateinische,
auf das er doch überall ziu'ückwill, oder als ob er mit einer Silbe
erwiesen hätte, dafs fecimus im Accent zu fecistis stimmte und nicht
zu feci. Denn wenn oben auf p. 12 6 (der dritten Auflage) ziunick-
verwiesen wird, so sehen wir dort nur, es ist einmal so: facennno,
sp. hicimos, pr. fezem, afrz. fesimes, so ist das docli kein Beweis,
zumal Spanisch und Altfranzösisch die Betonung der drittletzten
wenig begünstigen, gegen Toscanisch, Sicilisch und andere der Quelle
näher stehende Mundarten. So ein unliistorischer Zufall, der uns
ein- fecimo gäbe, wäre wohl der Betrachtung wert.
Es ist also erwiesen, dafs die Anuahino, die sofrcnannten starken
Lockere und straffe italienische Perfektformen. 137
italienischen Perfekta seien um des wechselnden Accents willen in
zwei Hälften geteilt, nichtig ist, indem sie erstens unvernünftig und
unbegreiflich ist, zumal auch Diezens A^'ergleichung von devo dovere,
esco uscire, odo udire gar nicht pafst, und weil zweitens eine von den
drei Formen der einen Gruppe derselben gar nicht entspricht.
//. Das Perfekt auf si in allen Personen vorJianden.
Haben Avir im vorigen richtig gesehen, dafs kein Grund vor-
läge, weshalb ein gemeinhin stark oder unregelmäfsig geheifsenes Per-
fektum nicht vollständig durchgeführt werden sollte, so mufs es sich
in der Wirklichkeit zeigen. Das s-Perfektum hat vor allen anderen
hier in Betracht kommenden in der Sprache die bei weitem gröfste
Ausdehnung: versuchen wir es mit diesem zuerst.
Wie es jedem von uns gelegentlich vorkommt, dafs er eine Form
unserer Sprache im Augenblicke des Bedürfnisses nicht sowohl fertig
aus seinem Gedächtnis hervornimmt, sondern sie eben selbst macht,
aus den gehörigen Stücken zusammensetzt, gerade so der Italiener ;
seine Sprache ist auch eine recht lebende, in ihren kleinsten Stücken
verstandene. In Zeiten, wo es wenio; Litteratur eiebt, wo sich die
Sprache erst noch bildet, ist das, versteht sich, am meisten der Fall.
Lassen wir so das Perfektuni von vivere gebildet werden, so wird
an vive oder vivi si angehängt und es erscheinen die Formen :
1) vivesi, auch vi'esi, auch vi"si, vi"ssi
2) vives'sti oder vivesti,
3) vivese, auch vi'ese, auch vi"se, visse,
1) \avesiino, auch vi'esimo, auch vi"siino, vissimo,
2) vives'ste oder viveste
3) Aavesero, dann vi'esero und vi"sero, vissero.
Im Latein bildete sich aus vivesi, indem e schwand und v sich
härtete und zum Gaumenlaute umschlug (vgl. propior proximus, statt
propisimus), vixi. Das Toscanisch - Italienische hält die Vokale,
namentlich zwischen Konsonanten, fester. Deshalb schwand dieser
vor dem s mehr allmählich, zögernd, wo ihn der Accent nicht zu
stützen kam. Er mufste ihn zu stützen eintreten in den zweiten
Personen, da sich hinter ihm zwei s und ein t anhäuften: eine durch
Position beschwerte vorletzte Silbe reifst im Lateinischen und auch
im Italienischen — wenn es sich nicht um losere Zusanunensetzung
bandelt, wie in prender-si — stets den Ton an sich. Die Sache ist
138 Lockere und straffe italienische Perfektforuien.
eo wahr und so klar, gerade in den zweiten Personen bei allen
ß-Perfekten dieselbe, dafs es hier keiner Beispiele weiter bedarf.
Denn eben auf die zweiten Personen kommt es uns hier an. Sollte
jemand wegen der ersten Personen der Einheit und Mehrheit und
der dritten der Mehrheit behaupten, das Konsonantische (v, c, g, d —
condurre, leggere, chiudere, preiidere) niüfste sich länger als der Vokal
erhalten, so brauche ich deshalb niclit zu heftig zu streiten, genug,
wenn man zugiebt, das e (oder i) war da und erhielt sich, wo es ging,
namentlich bei Begünstigung durch den Ton. Ich kann die Richtig-
keit meiner Behauptung auch durch folgenden Beweis noch erhärten.
Wenn es richtig ist, dafs lateinisches dixi und dixti in dem x ein
ursprüngliches ces haben und dasselbe auch italienisches dissi in
dem SS, und dafs italienisches dicesti das jenen Formen geschwun-
dene e noch habe, so mufs die Sprache ein Streben haben, auch
dieses e bei einigermafsen günstiger Gelegeidieit aufzugeben. Und
solche Formen sind wirklich in Toscana nachzuweisen. Die Mund-
art von Montale-Pistoia hat das Perfekt von vole (volere) bei Nerucci,
Cineelle, Pisioia 1881
i' vorsi no' si vt^rse
tene vorsi, volessi vo' vorsi, volessi
e' vorse e' vorsano.
So buchstäblich. Man sieht, eine von uns gesuchte Form wie
volsti, zweite der Einheit zu volsi (alte Nebenform zu volli), ist dieser
"Mundart zu bilden möglich, weil sie die zweiten Personen des Per-
fekts durchweg statt mit st mit s bildet. Auch von vieni (venire)
bildet diese Mundart ein s-Perfekt viensi, 2. Sing, -snenissi oder
viensi. Stand vorhin vorsi zuerst, volessi zuzweit, so bedeutet es wohl,
dafs jene die gewöhnlichste, dies die zwar ursprüngliche, doch sel-
tenere Form ist. Hier mag es umgekehrt sein, i weicht schwerer.
Neben dem s-Perfekt giebt es hier noch für die erste und dritte der
Einheit (letztere versieht immer zugleich mit die erste der Mehrheit,
vgl. Archiv LIV, S. 183; Sprachl. S. 123) und für die dritte der Mehr-
heit ein t-Perfektum. Es ist aber wie zu unserem Glücke mit e ge-
bildet, so dafs man sieht: mit unserem vienissi hat es nichts zu thun,
dieses ist, wie gesagt, die vollere, die Vorform zu unserem viensi. (2)
('2) Auch dissi - dicesti findet man am gen. Orte. Für sti si ist
sehr alt. Bei Barsegapc und in den anderen alten iiordital. Denkmälern
Lockere und straffe italienische Perfektfornien. 139
Bei diesem kräftigen Beweise mufs man wohl glauben, dafs
meine schon an sich so deutliche und vernünftige Auffassung, „di-
cesti ist zAinächst die Fortsetzung von dissi und nicht von dice(v)i"
richtig ist. Ich habe mir dieselbe erdacht, rein aus der Notwen-
digkeit und der Vernunft der Sache. Dufs wir in der sardischen
Mundart, wo die s-Perfekta so fast ausschlielslicli herrschen, recht
wohl ein Vorbild zu jenem von mir aufgestellten durchgehenden s-Per-
fekt finden müfsten, welches meine Sache bekräftigte, fiel mir dabei
gar nicht einmal ein. Davor fürchtete ich mich zwar nicht, dafs man
jene s-Perfekta als jünger nachgewiesen haben will; denn gesetzt es
wäre richtig, so kommt es mir ja, wie oben angedeutet, auf das Alter
nicht so sehr hierbei an als auf die Art der Bildung, der Entstehung.
Aber ich erinnerte mich, dafs mir bei meiner einstigen ersten Bekannt-
schaft mit dem Sardischen dort die sogen, starken Verba des Lateins
und der anderen italienischen Mundarten zu schAvacheu, verba pura,
mit vokalischem Charakter geworden schienen: so sagte ich mir
dunkel, dafs dort nichts zu holen sei. So sieht man zuweilen den
Wald vor Bäumen nicht. Das mache ich ja eben, setze das e ein,
welches dort überall schön erhalten ist und deutlich dasteht. Latei-
nisches mulgere (ital. müngere) heifst dort logudorisch mülghere, gal-
lurisch mugni (campidanisches mülliri kommt uns nicht in Betracht,
da es nur ein zusammengesetztes Perfekt hat), im Perfekt:
log. mulghesi gall. mugnisi
mulghesti mugnisti
mulghesit mugnisit
mulghesimus mugnisimi
mulghezis mugnisiddi
mulghesint mugnisini.
Können wir es schöner sehen, was lateinisches Perfekt- x, wie
in duxi, fixi — mulsi steht ja auch statt mulxi — , was dafür stehen-
des italienisches ss, ns eigentlich und ursprünglich ist? Jenes mein
Gebäude habe ich selber aufgerichtet und dieses steht hier schon so
lange in den sardischen Grammatiken, und wie lange wohl schon
fest in dem Munde der Menschen ! Der Ton hat sich hier ganz und
wechseln beide Endungen sehr oft, die aitsic. Vita B. Conr. hat :'.73 pur-
rissi = potresti. In den tose. Volksliedern bei Tijrri 210 seriveressi stressj
= Äcrivereste staj-este,
140 Lockere und straffe italienische Perfektformen.
gar für unser in Rede stehendes e entschieden, darum ist es durch-
weg erhalten. Die zweiten Personen und die erste der Mehrheit
mögen die übrigen Formen beeinflufst haben. Demi mülghesimus war
unmöglich, da das Logudorische die Betonung der viertletzten Silbe
überhaupt nicht kennt. (3) Vielleicht wirkte auch das Beispiel der
Wörter, bei denen die Betonung in dieser Art, nach der Länge und
Betonung des vor der Infinitivendung re stehenden Vokals, in der
Ordnung scheint: cantdre, timire, finire, Perf. cantesi, tiraesi, finesi,
die wie unser oben gegebenes mulghesi gelien, doch ist die erste PI.
cantemus, timesimus, finemus zu beachten.
Kurz, wir sehen, dafs dicesti keine Abweichung von dissi zu
sein braucht, dafs somit die Reihe vollständig wird und dafs Formen
wie arsimo, dissimo, als zu einer solchen ununterbrochenen Reihe
gehörig, keineswegs als Zufälligkeiten dastehen, auch wohl nicht als
unhistorisch, da die Reihe der lateinischen und altlateinischen (dixi,
dixti u, s. w.) sehr ähnlich ist.
in. Das PerfcJchmi auf vi und iii.
Auf derselben Seite 160 der Granuuatik der romanischen
Sprachen II ^ sagt Diez auch noch: „Das ganze starke Perfektum
hätte z. B., Buchstab für Buchstab berechnet, tacqui, tacquesti, tacque,
tacquemmo, tacqueste, tacquero ergeben, wie })lacui pr. plac, plaguest,
plac, plaguem, plaguetz, plagron ergab."
Unter den drei Formen, welche Dicz hier selbst gemacht hat,
sind, obgleich er mit dem „Buchstab für Buchstab lierechnef' eine
grofse Sicherheit ausspricht, nicht mehr und nicht weniger als drei
falsch. Beginnen wir mit dem tacquesti. Diese Form ist unitalienisch,
weil sie das e vor dem sti zu viel hat. Wie die Lateiner neben ama-
visti (ohne i und ohne v) amasti haben, neben dixisti dixti (ohne i
und statt der zwei s mit nur einem), so hat der Italiener ebenfalls
amasti (und sentisti, credesti) ohne i (und ohne v), dicesti ohne i (und
mit nur einem s statt mit zweien). Es ist rein unmöglich, auf dem
(.xesamtgebiete der italienischen ^luiidarten eine 2. Sing. Perf. mit
(3) Auch in Sicua lichte mau nicht immer den Ton weit ab vom
Ende. Ciegeu Castelvetro sagt Cittadini, dafs in uccidonsene, ferißconseue
der Ton nicht auf dem 1, sondern auf dem o sei.
Lockere und straffe italienische Perfektformen. 111
einem isti oder esti nach dem Perfektcharakter v oder u
oder s oder t oder d aufzutreiben. Glaubt man einmal eine zu hab(>n
— z. B. giebt Nerucci (\^ern.) das Perf. von avere in der Muiidait
von Montale ebbi ebbesti, aber in den C'incelle sieht man, letzteres
gehört nicht zu ebbi, sondern zu ebbetti, ersteres hat er dort gar
nicht, ebl^etti, ebbesti giebt er — , so wird die Freude innner wieder
zu Wasser. Es bleibt dabei: sti oder ste, nicht isti oder esti, nicht
iste oder este heifst die Endung der zweiten Person der Einheit des
Perfekts im Italienischen. (4)
Nach Entfernung des unitalienischen e müfste also die Form
Avohl tacusti heifsen ? Das wäre auch noch nicht italienisch, sondern
rumänisch; tacüi, tiTcusT, tacü macht der Ruraänier. Aber der La-
teiner hält das u von tacui und derartigen Formen kurz und der
Italiener hat es noch kürzer, nur halbvokalisch, so dafs es nie eine
Silbe bildet, gar keinen Ton tragen kann. Es hilft nichts, wir müssen
zu unserem beim s-Perfektum kennen gelernten Mittel gi'eifen, uns
erinnern, dafs lateinisches tacui und italienisches tacqui eigentlich
und urspsünglich taceui oder tacevi heifst. Das Latein giebt uns
diesmal das deutliche genaue Bild, wie der Vorgang war. Man
stelle von adoleo adolevi und adolui (letzteres schrieb Varro, s. Neue
(4) Das Perfekt von ae (avere) heifst nach Nerucci (Ciuc. 47) buch-
stäblich: i'ebbmi; ten' ebbesti, ebbessi; 'ghi ebbette, ebbe; no' s'ebbt'tte,
ebbe, ebbamo; vo' ebbesti, ebbessi; 'ghi ebbano. Man sieht, ebbesti,
ebbessi gehört genau zu ebbetti, so sehr, dafs es in V. als guter Beweis
für das vollständige Durchkonjugiereu eines Perfekts auf etti stehen
könnte, kein Gedanke an ein lateinisches isti. Xur ebbamo und ebbano
gehören zu dem sonst hier nicht A^orhandenen ebbi; ebbe ist v-Perfekt,
wie credfe gebildet. Man könnte in diesem und in den übrigen t-Perfekt-
formen das bb für v, e für a ansehen; doch ist wohl viel wahrsehein-
Ucher, dafs wir Doppelbildung haben, von ebbi ebbetti gemacht ist. So
steht in den Canti pop. march. 164 vedessaste für vedeste. Vielleicht gab
oder giebt es zu vedeste noch die lockere Form vedessete, vedessate, und
es fand sich dann im Gedanken an die gewöhnliche straffe das s über-
flüssigerweise ein. Tigri 12 hat so stassete = steste: Se stassete dieci
auni a ritornare, Se stassete dieci anni a far ritorno. Bei Tigri findet
man auch evamo evate; hierzu stelle man eravamo, eravate, eravassimo.
Abruzzisch heifst das Perfekt zu stare stive und stattive; toscanisches
staggetti führt Nann. An. an ; ders. ci. impf, statesse von Jac. da Lentino,
stetesse von Niccolö da Siena. Auch conobbi, crebbi sind möglicherweise
Doppelperfekta aus conovevi, crevevi.
142 Lockere uuil straffe italienische Perfektformen.
Fonuenl. 11-, S. 480) nebeneinander — es giebt auch noch andere
hierfür brauchbai'e Beispiele — und man sieht, dafs neben adolevi
mit langer betonter vorletzter Silbe ein adolevi mit kurzer vorletzter
und betonter drittletzter stand, welches das v weicher, zu u, werden
liefs und dann das e verlor. So eben war es mit tacevi, und han-
delte es sich darum, die zweite Sing, auf sti zu bilden, so mufste
sich das e erhalten: tace(v)sti, tacesti, und nicht anders mufs die
von Diez gesuchte, zu tacqui wirklich gehörige, von ihm nicht ab-
Aveichende Form heifsen. Kann es eine schönere Überraschung
geben? Die gewöhnlichen, als aus der Reihe tretend gescholtenen.
Formen der zweiten Personen sind gerade die gewünschten, trefflich
in der Reihe bleibenden.
Und nun zur ersten Person der Mehrheit! Was das von Diez
gemachte tacquemmo zu viel hat, sieht man nach dem Vorigen bald.
Wenn es Avahr ist, wie ich mit Castelvetro und C'elso Cittadini
glaube, dafs von amammo das vorletzte m aus v geworden ist, dafs
es aus amav(i)mo entstand, so kann jene Form nur richtig werden
durch Streichung des vorletzten m. I^nd solche den bei Gelegenheit
des s-Perfekts gesehenen ganz ähidiche Formen giebt es hier ; Delätre
z. B. in seiner Teorica de' verbi ital., Fir. 1856, hat unter der Rubrik
„erroneo" tacquamo piacquamo: die richtige gesuchte F'orm heifst
tiicquimo. Wenden wir aber jenes unser Mittel hier an, so erhalten
wir tacev'mo, tacemmo, die gewöhnliche, als schwach und aus der
Reihe tretend gescholtene Form auch hier als in der Reihe bleibend,
als richtige Nebenform zu dem gewünschten tacquimo erwiesen.
Ein gutes Mittel, eine treffliche Erfindung, eine herrliche Ent-
deckung, die sich so zum zweitenmal gut, ja noch besser als zum
erstenmal, bewährt! Empfiehlt sich die Sache beim s-Perfekt durch
die Beobachtung, dafs überhaupt im Latein und mehr noch im Ita-
lienischen ein Konsonant schwer seines ihm nachfolgenden Vokals
entbehrt, wie der Italiener nicht leicht den Buchstaben x icsi, son-
dern lieber icase, ichisi nennt, und wie im vorklassischen Latein
(s. Ritschi, Rh. Mus. X, 453, Brix zu Plautus' Men. 758) merces zu
mercis, merx und mers wird, calcis, faucis, nucis, scrobis, Opis, lentis,
partis u. a. zu calx, faux, nux, scrobs, Ops, lens, pars, Avie optimus
ein in schriftliches OPITVMA vor sich hat, so können wir hier auch
zu anuivisti, amasti die volkstündiche (bei Petronius) alte Form bo\ns
stellen, Avelche der klassischen bos voranging. Und dafs es den
Lockere und straffe italienische Perfektformen. 143
Thatsachen entspricht, nicht nur erdacht und aus der Luft gegriffen
ist, wenn ich sage, wir wollen uns vorstellen, wie man die Formen
macht, wie si an dice, wie vi oder ui an tace gehängt wird, das zeigt
uns deutlich die allgemein bekannte Thatsache, dafs in der ältesten
italienischen Litteratur und auf dem breiten Gebiete aller italieni-
schen Mundarten von denselben, so zu sagen von allen, Zeit-
wörtern sich die Perfekta auf vi, ui, auf si, auf ti, di nebeneinander
finden, so dafs man recht deutlich sieht, der einzelne bildet im Augen-
blicke die Form, Avählt, ob er dies oder das oder jenes anhängen soll.
Auch das Altertum hat dergleichen, wie sorbui sorpsi, amicui amixi,
allexi elicui, und gewifs in gröfserer Ausdehnung als diese Spuren
zeigen, aber die mit der Strenge des Staates und der Gesetze Hand
in Hand gehende Strenge der Sprache und Litteratur läfst Do})pel-
bildung viel weniger aufkommen.
Im heutigen Italien kann es sogar vorkoumien, im Leben und
in der Litteratur, dafs, um ein Geschehenes recht hinzustellen, man
das Perfektum in doppelter Bildung hinstellt : gleichsam, so sage ich,
oder ist es so noch deutlicher, dafs es geschehen und unabänderlich
ist? Man sehe z. B. dieses Lied des „Volgo Neritino" bei Casetti
und Imbriani C^anti pop. delle prov. mer. II, p. 13-:
Mmi morse e ninii murin la nimia paudiera,
E li bilizzi sua supra la bara!
L'eucchi, ci eranu' pierti, ssi chiudera ;
Li biauclii carui sua secchi turnara.
Stellen wir nebeneinander das gewöhnliche morii, das altertüm-
lich-j)oetische moritti, hierzu noch das toscanische moriedi (Tigri
Canti pop. tose. ^ p. 411 moriede, 3 s.), ferner das auch toscanische
morsi (Tigri p. 398 morse, 3 s.), und nehmen Avir endlich noch ein
morissi an nach Jacopone da Todi, der, wie Nannucci (Anal.) zeigt,
suffrisse = soffri und fosse = fu hat (fusse = fu auch häufig in
den Canti pop. veron. bei Rigbi), so konunt, wenn wir von diesen
Formen die zweite Person der Einheit bilden, bei I, II, IV moristi
heraus, auch dieses bei III, wenn wir es, wie wohl wahrscheinlich,
von morisi, nicht von einem moresi (zum Infin. morere) herleiten.
Einzig Hb moriedi würde ein mor(i)esti und ein (III c) moretti (vgl.
venetti zu venire, genauer zu venere) ein moresti ergeben. Zieheit
wir nun weiter in Erwägung, dafs unter allen Perfekten die auf (v)i^
auf a(v)i, e(v)i, i(v)i in Ausdehnung, der Zahl nach, alle anderen,
II I Lockere uud straffe italieuische Perfektformen.
selbst die auf si, bei Aveitem überwiegen, so wird es deutlich, dafs
man zu einem esti der zweiten der Einheit (und este der zweiten der
Mehrheit) nicht erst lange fragte, ob es zu ui gehörte, ob zu etti oder
iedi, ob zu esi, sondern es ein für allemal, wie es doch in den meisten
l"'ällen richtig war, auf e(v)i zurückführte. Und ebenso isti immer
auf i(v)i. Das ist die Avirkliche Eiitstehung von feci facesti, ebbi
avesti, seppi sapesti, misi mettesti, ru^ipi rompesti u. ähnl.: man hatte
sich ohne Not, aus Bequemlichkeit, gewöhnt, dicesti neben dissi nicht
von diesem, sondern von dicei abzuleiten, und machte, nun bei einigen
Avenigen sich Verlegenheit einstellte, die zur ersten der Einheit ge-
hörigen zweiten Personen zu bilden, aus jener Bequemlichkeit eine
Tugend, erhob es zur Regel: die zweiten Personen werden vom Per-
fektum auf (v)i gebildet. Und mit der ersten Person der Mehrheit
ging es ähnlich. Standen, wie vorhin gezeigt, tacquimo und tacemmo,
parvimo und paremmo (parevmo von parc^vi, parvi) als gleichberech-
tigt, als ganz gleich nebeneinander, so entschied man sich leicht zu
Gunsten der voci piane; denn obgleich der Italiener voci sdrucciole
nicht ungern hat, so zieht er im ganzen doch die Betonung der vor-
letzten »Silbe als die einfachere, ruhigere, natürlichere (daher ihr Name)
vor, zumal für diese schon eine grofse Zahl von ammo, emmo, imnio
(von are a[v]i, ere e[vji, ire i[v]i) sprach, und da diese Art nun auch
noch wuchs, zumal auch noch das Beispiel der zweiten Personen
wirkte, zog sie bald alles, auch wo sie eigentlich kein Recht hatte,
wie bei dissi, zu sich hinüber: dissimo wurde verdrängt durcli di-
cemmo von dice(v)i, fecimo durch facemmo von face(v)i u. s. w.
IV. Das Perfektum auf i.
Im Lateinischen, und damit zugleich im Italienischen, giebt es
lu'sprünglich keiji auf blofses i, das heifst ohne ilini zuvorgehendes
v oder u, s, t oder d, auslautendes Perfektum ; wo es so scheint, hat
ein V oder u gestanden, dessen Spuren oft noch deutlich sind. Dies
liabc ich als eine Wahrscheinlichkeit in meinen Priscai Latinitatis
originum libri tres (Berlin 1877) S. <)7, 68 ausgesprochen und hoffe
es hier noch wahrscheinlicher zu machen.
Manche Perfekta, meint man, hätten neben dem Schlufs-i nur
die Verlängerung der Stammsilbe, zum Teil mit einem Vokalwechsel,
aufzuweisen. Der Vokalwechsel, behaupte ich, ist zufällig, wenn es
Lockere und straffe italienische Perfektformea. 145
auch wahr sein mag, dafs man ilin nachher mit Behagen als ein
Perfektabzeichen ansah, er war und ist es eigentlich nicht: so wenig
als z. B. von lateinischem hie das c ein wirkliches Singularzeichen
ist, obgleich es in der Praxis wahr ist, dafs hie Singular, hi Plural
ist. Von feci z. B. zeigt sich das e (und ihm verwandtes i) bei Kom-
positis schon im Präsens adfecio (auch adiecio u. s. w., man sehe
Lachmanns Lukrez oder Kibbecks Vergil); man vergleiche auch das
dem facio sehr nahe verwandte fio — ursprünglich ist es wohl eins
mit ihm, die passive Bedeutung entwickelte sich spät. Die uralte
mid heutige Lust zu oi, ai (inschriftlich Sseturnus, oino coiro, tose,
inoilto, caildo, vgl. auch Bottari zu Guittones Briefen) konnte auch
ein Perfekt-e herstellen ; Nannucci giebt als heute tose, traissi, träisse,
träisseno und aus der Cron. di Mant. dreimaliges tresse. Für feci
haben die Rumänier fäcui, und dafs dieses u-Perfekt keine neue
Analogiebildung zu tacui sei, legen uns die alte umbrische und die
oskische Mundart nahe, welche entsprechen. Im Umbrischen heifst
facust fakurent, fecerit fecerint, und im Oskischen giebt es fefacust
als Futur exact, fefacid als Perfektkonjunktiv. So ist es auch
mit dem Sprachgeiste und mit der ältesten Bildungsart gewifs in
bestem Einklänge, wenn die Lex Salia und spanische Urkunden von
den Jahren 88G, 1032 (DiezII^, 183) capuimus und capuerit haben.
l"nd die Längung? Ist eine Ersatzdehnung für das schwindende v,
welche nicht immer, aber in der Regel beliebt wurde. Zuweilen
schwand auch das v nicht, sondern assimilierte sich dem vorher-
gehenden Vokal. So in italienischem venni (vgl. osk. cebnust Baut. 20
=: advenerit, also gewissermafsen * con venuerit), tenni (lat. tenui),
seppi, alt und sie. und sonst mdartl. sappi (lat. sapui von sapivi —
Übergang sapivi), ebbi, alt und mdtl. appi, happi (lat. habui). (5)
Findet sich zu ruppi im lat. rupi und zu anderen lateinischen hierher-
(5) Dafs in ebbi, seppi u vorliege, zu v geworden und dann dem b, p
angeglichen, sagt schon Wentrup, ßeitr. z. Kenntu. der Neap. Mundart,
^Vitteub. 1855, S. 24. Provencalische und spanische Formen zeigen, dafs
dies u nicht so leicht spurlos verschwand. In Formen wie saup, prov.
für sapui, ist u nicht übergesprungen, sondern von den zwei Lippenlauten
verhärtete man den zweiten und erweichte den ersteren. Worte einer
Beichtformel aus einer von Löwe dem 11. Jahrh. zugeschriebeneu Hs.
sind: offertione ke no la dei (dedi) siccomo far dibbi (debui) ; s. Morandi,
Or. della 1. it. Cittä di Castello 1888, p. 61.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII.
10
146 Lockere und straffe itaüeuische Perfektformeu.
gehörigen Perfekten kein Beweis in Nebenformen, so sprechen docli
die eben angeführten Stücke sehr deutlich. Auch erklärt sich ruppi
wohl wieder etwas durch die italienisclie Nebenform rümpe(v)i. Für
die Angleichung des v oder u an den vorhergehenden Konsonanten
vergleiche man, dafs pons Mulvius, inschriftlicli auch Molvi, bei Rom
ponte Molle wurde; der Name Alfius heilst auch Albus (G) und Alius,
so gewifs volui ital. volli ; der Name Pacuvius heifst bei Varro Pac-
vius, volscisch Pacvies, auf römischen Inschilften auch Pacquius,
Paccius, Pacius, oskisch Pakis. Noch vergleiche man ianuarius gen-
naio, ianua sard. ianna, die stetige Assimilation von mb und nd zu
mm, nn (Wentrup, Beitr. S. 30) im Sicilianischen, wie schon Plautu.--,
Mil. 1407, dispennite, disteimite hat. Für Länguug der vorherigen
Silbe um des ausgefallenen v willen ist zu beachten, dafs der Name
Silvius — Horaz mifst silüaj — neben sich Silius hat, Fulvius auf
einer Inschrift von Spoleto Fuulius heifst. Manches in der Konju-
gation spricht auch für sich selbst, wie wenn aus födivi födi, wohl
durch ein mittleres *fodui, geworden ist. Dafs italienisches sap})i
richtig lat. sapui ist, dafs bei ihm und bei seppi das zweite p ur-
sprüngliches u oder v ist, kann uns sehr schön sacque = seppe zei-
gen, welches Nann. An. aus der Cron. di Mant. II, 11 anführt. Es
ist bekannt, dafs dies Wort bei den Alten und iu Mundarten im
Präs. Ind. Konj. und Part, mit gequetschtem cc vorkommt; aber
durch alle oder die meisten Formen des Verbums hindurch geht
diese Erscheinung nirgend, und es ist wohl sehr glaublicli, dafs jenes
kleine Vorspiel und der sonst nicht seltene Fall, Lippenlaut zu
Gaumenlaut umschlagen zu lassen, hier angewandt wurde, um das
sonst unrettbare v zu erhalten, nicht dafs sich nach tacere u. ähnl.
dieses aus jenen Präsensformen entwickelt hätte.
Perfekt-u des Lateinischen erhält sich als solches selten, nur als
noch kürzerer zu q gehöriger Halbvokal, wie oben bemerkt. Haben
(6) Zeitwörter mit 11 vor der Endung legen die Vermutung nahe,
dafs das zweite von ilinen aus einem perfektischen oder präseutischen v
entstanden sei: vgl. lat. sallere, salire, sallire, sard. bälfere für valere.
Catull hat G3 5 devolvit ; da der Sinn niclit auf volvere, sondern auf vel-
lere drängt, und von diesem als Perf. nur velli und volsi bekannt ist,
bessert man devolsit. Wer steht dafür, dafs es nicht doch von vello volvi
gab, das man nur um des volvere willen abschaft'te? Xeue II-, 503 er-
wähnt diese Lesart nicht, doch vgl. die Ausgaben von Lachmann und
von Bahr.
Lockere und strafte italienische Perfektformen. 147
die Lateiner zuweilen das u lieber hart, wie in tenvis, genva in Versen
des Lucrez und Vergil (oskisch lieifst Capua Capva), so setzen dem
die Italiener die Perfekta parvi, dolvi, dolfi entgegen. Aber nicht
immer hatte man diesen Geschmack, und diese Formen haben neben
sich parsi, dolsi, und es mag ein Beweis sein für meine Auffassung,
dafs volli aus volui sei, wenn es eine recht alte Nebenform volsi hat.
Es stritt sich um diese mit volgere, lat. volvere, und mufste zuletzt
weichen: wie es sich im Präsens am 1 genügen läfst, mufste es sich
im Perfekt bei diesem schadlos halten. Parere hat auch mehrfach
schon im Präsens den Lippenlaut, Avie im alten al mio parvente, wie
in sardischem cumparfidu Part., cumparzesi, cumparfesi Perf., und
wie bei Tigri Canti pop. tose. p. 65 parghi (wieder L^mschlag des
Lippenlautes zum Gaumenlaute) = pari steht. (7) Wie unsere Auf-
fassung von venni durch tenni gestützt wird, so noch durch tense
(Tigri S. 272) neben oben erwähntem viensi. Ist nun in solchem
Falle einfach, wie wir es oben empfahlen, für vi si eingetreten ?
Oder ward v zum Gaumenlaute und dann zu s, oder bildete sich ps
oder X, dann s? Das sind schwierige Fragen, die ich nicht ent-
schieden, nur angedeutet haben mag. Sind vielleicht alle drei, v, s, t,
so untereinander verwandt, indem aus s sich gelegentlich auch noch
t oder d entwickelt? Das Umgekehrte kennt man wohl, doch warum
sollte nicht auch dies richtig sein, da s und t der Zunge und den
Zähnen nahe verwandt sind und die Griechen zwischen oo und rr
kaum einen solchen Unterschied finden, als ob deutsch gut oder jut
gesagt wird ? Zu vergleichen ist auch Sassari Tataris auf Sai'dinien.
Ich deute dies nur an, überlasse es Späteren, Geschickteren, bleibe
(vgl. Sprachl. S. 81) hier bei dem Nebeneinander dieser Endungen.
Im Sicilischen z. B. giebt Wentrup keinen Übergang von d zu s an ;
Avolio, Introduzione allo studio del dial. sie. 149, läfst desi aus dedi
entstehen, mit Berufung auf pisolo von podiolum. Ich ziehe das
Nebeneinander der Endungen vor.
Nebenbei sei hier noch bemerkt, dafs es auch nur scheinbar ist,
wenn man meint, es gäbe im Altertume mit Reduplikation ein Per-
fekt auf blofses i ; dieselbe ist nur ein Schmuck, nicht etwas Wesent-
(7) Bei parghi kann man wohl auch an vengo denken und hier das e
oder i verhärtet glauben ; doch ist wohl gerade in dieser Form, der 2. Sing.,
an V zu denken rätlicher. Ein Präsens stavo findet man in einem Yolks-
liede aus Grottaminarda, Gas. Imbr. II, 49.
10*
148 Lockere und straffe italienische Perfektformen.
liches am Perfektum gewesen. Das Ijeweist jenes oskische fefacust,
und hat der Lateiner neben accinui cecini, neben tenui tetini, tetuli,
tuli, attuli, so ging u verloren, meistens weil es guter Ton und Takt
so wollte.
Bei lateinischem vinco vici, frango fregi, rumpo rupi ist für den
Ausfall des m und n zu erwägen, dars es kein wesentlicher Bestand-
teil des Stammes ist, wie ruptum rumptum, victor, fragilis zeigen.
Entweder ist es nur ein Vorschlag des c, g, p, oder der Stamm, einst
rein, ohne c, g vorlianden, hatte ein jiräsentisches v, welches zu m
und n wurde. Haben wir facere, ital. fare, so konnte c, wie man
gewöhnlich glaubt, schwinden, es konnte aber auch urspriinglicli das-
selbe nicht haben, erst später bekommen (vgl. altlat. friare = fricare,
viere = vincire). Mit v hätten wir dann favo, fuo, was sehr unter-
stützt Avürde durch fui, futurus, fore, altes fuat = sit, und noch mehr
durch eine alte Glosse, welche Löwe in seinem Prodr. gloss, mitteilt
und als durchaus zuverlässig empfiehlt, nach welcher fuat so viel
war als faciat und fuet == faciet. Wie dem auch sein mag, ra, n in
solchen Verbalstämmen galten als entbehrlich und man gab sie in
diesen Perfekten auf, um die Ersatzdehnung (vi, fre, rii) für das ge-
schwundene Perfekt-u deutlich zu haben.
Italienisch mufste zu feci die zweite Person fecsti, also festi,
lauten. Es ist möglich, dafs fei, festi, fe, femmo, feste, ferono von
diesem festi herkommt; vielleicht wirkten auch die anderen l"^)rnu■ll,
Avelche das c oder die mit c anfangende Silbe nicht haben. Beach-
tenswert dürfte hier sein, dafs Pietro Barsegape, den man auf 12.')0
etwa setzt, die zweite Pers. PI. fisti hat, aber die erste fessemo (also
fecimo, wie er auch ^^demo, videno, veneno hat), aber die dritte
Pers. PI. fen (also fenno von fei), doch hat er schon vedesti, ve-
dere. Fecimo belegt Nann. in der An. aus Bargigi, Komm, zu
Inf. 21, fecemo aus Franc. Angeluccio, Stör. Aquil., und aus Boezio
di Rainaldo, Stör. Aquil., dreimal fecemmo. Dies letzte kann auf
den ersten Anblick sehr freuen als eine Perfektform dieses Wortes
mit dem ursprünglich ihm gehörigen v; doch ist es Avohl nur eine
nachlässige Mischforra aus fecimo und facemmo, wie derselbe aus
derselben Quelle ein dissemmo anfülirt, was auch eine solche verfehlte
Mischform (vgl. oben tacquemmo) ist und nicht einmal Anspruch auf
Vergleichung mit altem nexui u. a. Doppelbildungen haben dürfte.
Avere findet sich in Toscana rein von dem Stamm a, auch rein
Lockere und straffe italienische Perfektformen. 149
von e gebildet, beides ist z. B. in Tigris Canti pop. zu beobachten :
Inf. er S. 97, enno (= hanno, während es sonst = sono) 284,
ete = avete 61, 154, tu l'esse = tu l'avessi 71, evo = avevo 42:
da ist das e von ebbi nicht zu verwundern; auch ebi, hebi — vgl.
jenes veneno und venero, Lett. del sec. XIII, 23, 84, 85 ebi, avar-
ebero — ist von Nann. belegt. Ebbimo hat derselbe aus Bargigi
Inf. 23, cmmo aus Boiardo I, 22, 48, doch hat es Panizzi nicht.
Esti führt er ohne Beleg auch an: es ist begreiflich, wie man hier
lieber zu einer anderen Reihe griff; esto „dieser". Ähnlich war es
mit sesti (sesto „der sechste") von seppi. Rusti von ruppi konnte
auch schwerlich gefallen. Carlo Mascheroni, Gli ostaggi, pagina sto-
rica del 1848 Mil. 1867, sei hier übrigens erwähnt, scln-eibt stets
ebbimo, seppimo, fecimo.
Wenn nun aber crebbi, conobbi (beide auch mit vv nachweis-
bar) den doppelten Lippenlaut nur vom lat. einfachen v haben, ist
es da nicht unrecht, bei den eben betrachteten ein ursprüngliches u
wittern zu wollen? Nein. Es ist wohl von diesen ^vie von sentivvi,
giwi, andavvi in den Canti Marchigiani des Gianandrea S. 157,
158, 195 anzunehmen, dafs sie nur zufällig und ohne Berechtigung
jenen und noch anderen, welche hier zu nennen sind, sich anschlössen.
Piovvi, bevvi (auch piobbi, bebbi, von piovere, bevere, bere) sind als
eigentliche piovevi, beve\ä in bestem Rechte, desgleichen altes debbi
statt devevi, dovevi, und auch ricewi (Petr., Vite de Pontefici, bei
Nann. auch -evve, -evvero) ist ricevevi — vgl. oben erwähntes capui,
und capi(v)i. Aus dem älteren Sicilischen pafst hierzu ricliippi von
richipiri, beides z. B. in der Vita Beati Conradi, welche Avolio als
Anhang zu seinen Canti pop. di Noto nach einer Hs. aus Noto von
1350 herausgab, p. 364, 371, vippi d. i. bevvi, s. Avolio Introd. p. 178
(mbippi = bevve, s. Canti del popolo Reggino, Mario Mandalari,
Nap. 1881, p. 135; heute sie. chioppi = piovvi, nap. moppe = movi,
mossi). Statt s hat man in volsi im älteren Sicilischen auch c : sollte
dies nicht auf das u von volui zurückgehen ? Wie prov. volc (volgui,
Diez 112, 221)? Man vergleiche Avolio Introd. p. 192, Vita B.
Conr. 373 volzi, 375 vulciru, 377, 368 volciru, 355 vulsiru, vgl. altes
sachiu = sacciu, Av. Introd. 179. Auch hierher pafst altsic. placzi,
plassi, plazi (Av. Introd. 180) = placuit, valle = valuit, Giov. da
Proc. bei Di Giov. Fil. II, p. 57. — Es ist wohl deutlich, dafs es ein
Perfekt auf blofses i ursprünglich nicht giebt.
150 Lockere und straffe italionische rerfektfornicu.
V. Das Perfektion auf tti iiuil di.
Schon öfter, u. a. in der kleinen Schrift Oskisches Perfektum
in lateinischer Inschrift, Berlin 1878, S. '>, und in der Ital. Sprachl.
S. 62, habe ich gezeigt, dafs die Italiener und die Rätoromanen
ganz ähnlich den alten Oskern ein mit tt oder d statt mit v oder s
gebildetes Perfektum haben, Diez will alles auf stetti von lat. steti
zurückführen, aus diesem habe sich detti und dann die übrigen Per-
fekta auf etti gefunden. Aber wie unzureichend diese, weil sie von
Diez ist, immer wieder festgehaltene Lehre ist, sieht man schon an
dem einen Umstände, dafs Diez nicht einmal das itti der poetischen
und alten Sprache erwähnt und in Betracht zieht, geschweige das
atti der napolitanischen Mundart : pegliattero bei Ba^'ile (AVentru})
S. 21, Sprachl. S. 14). D'Ovidio, Arch. gl. IV, 174, Giorn. di F. r.
II, 64 Aveist auf diese Formen (purtatte, vulatte), als heute in der
Mundart von Campobasso lebend, hin. Haben die Italiener dieses
Perfekt in allen drei Konjugationsklassen, ein atti (nap.), etti (allge-
mein), itti (alt und poetisch), so ist es wohl sein* sonderbar, etwas so
weit verbreitetes — die Rätoromanen machen sogar ihi- fui als füt auf
diese Art — von einer einzigen lateinischen Perfektform durch einen
neckischen Zufall entstanden sein zu lassen. Unter solchen Um-
ständen ist es dringend geboten, das Oskische, welches diesen Perfekt-
charakter nach a sehr ausgedehnt, fast ausschliefslich, nach e auch
etwas zeigt, zu beachten. Wir- haben dort Perfekta der 3, Sing, auf
afed und affcd (vgl. oben andav\ä), häufiger auf atted (dadikatted =
dedicavit, iirüfatted = probavit) seltener ated (profated, er hat ge-
billigt, uunated, er hat vereinigt), in der 3. Plur. attens (prüfatt^ns
probaverunt, teremnattens terminaverunt), ferner attins (tribarakattins
ledificaverint) 3. PI. Konj. Pf., attuset (tribarakattusct) als 3. PI. Fut. II,
und etuzet (angetuzet egerint) 3. PI. Fut. 11, was auf ein angeted =z
egit schliefen läfst.
Ferner ist zu bcaclitcii, wie wi'it verl)roit('t in der Vervollstän-
digung der lateinischen \\\\^\ italii'iiisc-lK'ii Fonnon der Vorba Nomina
und Particuhc die Verwendung der pronominalen Silben vi, si, ti
und di ist, so dafs es wirklich zu verwundern wäre, wenn nun plötz-
lich ti und di als Perfektendungen iiiclit zu treffen wären. Die
Sache verhält sich umgekehrt als man gemeint hat; nicht von steti
und dodi mufs den in Rede stehenden Perfekten Licht konuncn, son-
Lockere und s-liaffe italieuLschc Perfektformen. 151
(lern von diesen aus müssen steti und dedi erst richtig erkannt wer-
den. Auch das Latein hat seine d-Perfekta in credidi, altem de-
scendidi, altem mandidi und vor allem in dedi nebst Kompositis, sein
t-Perfektum in steti, stiti, nebst Komjwsitis. (8) Man will diese letzten
als redupliziert ansehen, aber die auffällige beispiellose Kürze dieser
Formen — di, sti ohne Reduplikation — mufs vor dieser Auffassung
warnen. Auch sind im Italienischen alle Reduplikationen geschwun-
den ; sollten diese geblieben sein? Und gerade dafs tose, diedi und
detti, stetti und stiedi so schön nebeneinander stehen, bekräftigt un-
sere Auffassung. Diez meint freilich II 3, 153, stiedi gebe es nicht,
aber es ist wie gesagt schön toscanisch, immer in den Schlufsversen
der toscanischen Märchen (Se ne stiedero e godiedero E a me niente
ne diedero, Sprachl. 13, 73) zu finden und auch römisch.
Diez meint II ^, 154, an credidi wäre bei credetti nicht zu denken,
da das Italienische dd haben würde, nach caddi, nicht catti, zu
schliefsen. Das steht nicht so fest; die Sprache kann im Falle sol-
cher Zusammenziehung, mit Ausstofsung des i, tt oder dd haben, je
nachdem ti oder di angehängt wird. So wird uns cretti von Naii-
nucci aus Pier delle Vigne geboten, und Mastrofini kemit die Formen ;
und creddi kennt Toscana, s. Tigri, Canti pop. 398, Disgrazie della
Mea, poema rusticale, wo es v. 55 heifst:
E mi creddi d'aveuimi a dare a beco (alla disperazione).
Die Frage liegt aber etwas anders bei credetti, indem es latei-
nischem credidi nahe verwandt, nicht mit ihm eins oder von ihm her-
kommt, da jenes mit di, dieses mit ti oder vielmehr tti gebildet ist.
Haben wir e in den von mir als Stammsilben angesehenen von
diedi detti, stiedi stetti, so ist auf die Imperfektkonjunktive dieser
Wörter hijizuweisen, Avelche denselben Vokal haben, und auf so viele
in Toscana lebende Nebenformen in der Art von dere, nicht dare
(vgl. auch die lat. Komposita), von stere, nicht stare; dasselbe ist es
mit andare, venire u. s. w. Formen, welche hierfür sprechen, werden
uns von Nannucci geboten, manchem ist etwas der Art im Ge-
(8) Se alt auch descendidi u. ähul. sein mag, ist möglicherweise
descendi u. ähnl. doch noch älter. Wie wir nämlich perfektisches v
schon im Präsens auftreten sehen, so konnte es auch mit d aufgefafst
werden.
152 Lockere und straffe italienische T*erfektf<>nnrn.
dächtniß. Schon Barsegape hat stevan ; das altrömischc ptavea =
stabat neigt auch hierher. Dea = dava führt Nanu, aus Jacopoiie an.
Was kann deutlicher sprechen, als wenn die Perfekta dei, stei u. s. w.,
selbst alt, vorhanden sind? Deo (Bocc), denno (Petr.), die' 3. Sing.
(Dante), dienno (Dante); ebenso sti^ (Jacupone), stenno (Frezzi). In
den Canti pop. tose, bei Tigri findet man stressi 240 := stareste,
1 9 stevo, 383 andcsse, 394 andeva, 399 andevano, devano, 409 stro,
und 412 wird dev' un bacio erklärt „vi do un bacio" : es wäre dann
wohl ein deo, ich gebe, als nur de, wie sich hier auch sonst die erste
Pers. Sing. Präs. ohne o findet, so S. 16 fangen vier Zeilen eines
Rispetto hintereinander mit sospir ,,ich seufze'' an.
Es ist bekanntlich ein Vorurteil, wenn man meint, die erste, die
a-Konjugatio)i sei die älteste. Sie enthält umgekehrt die jüngsten,
die abgeleiteten Zeitwörter, wie dictare von dictus, fugarc von fuga.
Schon Priscian (vgl. Fr. Neue, Formenlehre der lat. Spr. - S. 4 1 4)
lehrt p. 837, dafs a die erste Konjugation bilde, weil es der erste
Buchstab im iVlphabet sei, eben deshalb, d. h. nach der Reihenfolge
im Alj)habet, bilde e die zweite, kurzes i die dritte (da es so vielen
Wörtern derselben eigen) und langes i die vierte. Trefi'lich behaup-
teten andere, diese letzten beiden, die dritte und vierte, müfsten nur
eine sein. Uns mufs es, denke ich, fest stehen, dafs die i-Klasse das
Ursprüngliche war; von ihr sind die AVörter der dritten und zweiten
nur leichte Abweichungen, Entartungen, indem i zu e Avurde, mehr
oder weniger schwand: man sehe nur solche der vierten so nahe-
stehende Wörter wie cupio, cupivi, cupitum, cupöre, alt cupire, ar-
cesso, arcessivi, arcessitum, arcessere, auch accersire. Da e nur ein
unreines i ist, sieht man, wie die lateinische vierte, dritte, zweite Kon-
jugation genau genommen nur eine sind. Wie kam man zu der
a-Konjugation ? Aus der anderen her stammt sie gewifs auch, dafür
bürgen manche Spuren. Die Perfekta in ui dürften sehr nach der
zweiten und dritten weisen. Sonui ist gewil's kein ursprüngliches
sonävi, sondern ein älteres sonr-vi, und Varro dürfte in son?re, dieser
archaische Schriftsteller, keine jüngere, sondern eine ältere Form
haben. (9) Ich halte es für sehr möglich und für nicht unwahrschein-
(9) Varro Iiat auch teuere, touimus; souere haben auch P^nuius,
Accius, Pacuvius, Lucretius, so dafs es gewifs älter ist als sonare. Vgl.
Neue IP, 421.
Lockere uud strafte italienische Perfektformen. 15:^
lieh, dafs sich das a der Konjugation ursprünglich als ein kurzes
aus kurzem e entwickelte, wie es Toscana, dem heutigen Italienischen,
insbesondere der Mundart von Siena, eigen ist, und dafs es erst
dann seiner Anlage gemäfs sich verlängerte und mit Ehren die erste
Konjugationsklasse bildete. Dies letzte ist eine Vermutung, doch
vielleicht der Erwägung wert. Man vergleiche im Italienischen gio-
vane, Modanese, cronaca, Sanese. In den Canti del pop. Reggino
giebt es p. 56 littara fimmani, 113 fimmana, (52 giuvana, 65, 125
omani, 86 povaru, 202 piatä, 94 se sapanissi, 132 dezzaru. Celso
Cittadini, selbst aus Siena, spricht immer sehr für amarö und credarö,
erwähnt aber nie die wahre Quelle solcher Formen, den Infinitiv
nach der dritten lat. Konjugation. Aber schon in den Lettere vol-
gari del secolo XIII scritte da Senesi (Bol. 1871) finden sich diese
Infinitive in Menge, und die Herausgeber Cesare Paoli und Enea
Piccolomini (die Vorrede ist „Siena nel gennaio 1871" unterschrie-
ben) verfehlen nicht, im Verzeichnis sie durch Accentzeichen als
sdrucciole kenntlich zu machen : fesare, vendare, diciare, pferdare, pfen-
dare, scrivare, tolare, mettare, condüciare, rendare, bätare. Die älte-
sten, besten Klassiker, auch Dante, haben gelegentlich auch der-
gleichen, wenn auch nicht im Infinitiv, aber nach diesen Belegen
liilft kein Spitzfindeln, man sieht, dergleichen gehört oder strebt zu
einem Ganzen. Sehr viel dergleichen, auch Infinitive, hat Ristoro
dArezzo (Nanu., Mau. ^ 193): entendare, essare, defendare, feciaro,
fossano u. s. w. ]\Ian vergleiche noch diesen schönen hierhergehörigen
Infinitiv ohne re aus den Canti pop. tose, des Tigri S. 75: non ti ci
metta. Auch nicht zu vergessen sind unsere Perfektformen wie tac-
fjuamo, diedano =: diedero (Tigri 132), turnara =z tornaro, s. oben (III).
In den Canti pop. marchigiani 123 findet man mettateve, und der-
gleichen, heifst es dazu, sei im Gebiet von Macerata gewöhnlich, und
umgekehrt heifse es daselbst amete, cantete.(lO) Ob letzteres auf
ein ursprüngliches amere, amgre, amire statt amare hinweise, vgl.
flor. amono st. amano, doch auch amavono st. amavano, oder ob es
von ai (s. oben IV) herkommt, oder wie es entstehe, wird schwor zu
(10) Zu amete, amono vgl. Tigri 398 pappetevi = pappatevi, 243
dican — dicouo, 385, 387, 389 paglian = ijaiono. Gas. Imbr. II, 370 cre-
dando, 379 disando, Canti pop. inarch. 108 manuiste, 147, 118, 230, 231
cerchenno, razzenno. Bei Righi, Canti pop. veron., findet man aincme
(amamij, vedar, piovar, bevar.
l.")! Lockere und straffe italienische Perfoktformen.
entscheiden sein. In den Serenate Umbre des Mazzatinti, Alba 1-S83,
p. 14 findet sich aniene uno = amane uno, also wohl ein Imperativ
auf i oder e von amare : drei Zeilen beginnen so. In der Mundart
der Abruzzen sieht man in Finamores Vocabolario dell'uso abr.,
Lanciano 1880, S. 5, ist cantare bis auf Infin. und Part. Perf. fast
vollständig und genau so zu konjugieren wie leggere. Da uns dies
und zugleich das Durch- und Nebeneinander vom v-, s- und t-Perfekt
anzieht, setze ich beide in den Hauptformeu hierher. Inf. candh,
legge. Ger. candenne, leggenne. Part. Perf. candate, leggiute. Ind.
Pr. cände, ch^nde (chjiende, chinde), cande, candeme (candaime), can-
dete (candilite); l^gge, Ijiegge (ligge), legge, leggeme (leggiiiime), legg^te
(leggiiiite). Impf, cande, candive, cande, candaviime, candavdte ; legge
(leggiäve), leggive, legge, leggiavame, leggiaväte. Perf. candive (can-
djieve, candjiette), candiste, candi (candise, candette), candeseme, can-
deste; leggive (leggjieve, leggjiette), leggiste, leggi (leggette, legg^se),
leggeseme, leggeste. Konj. Pr. und Impf, candtljsse, candisse, candesse,
candasseme, candass^e ; leggesse (leggiasse), leggisse (leggissce), leggesse
(leggiasse), leggiasseme (leggiasssime) u. s. w. (11)
Nannucci führt altes itti an aus der Yita di 8. Francesco, con-
seguitte, finitte, Legg. dell'Asc, salitte, apparitte, Nov. ant. feritte,
Buti inf. 5 moritteno, .92 traditte; oft hat os Boi., wie I, 3 57 fuggitti.
Erwähnenswert sind noch aus Tigri, Canti pop. tose, conducietti 395,
cresciette 396, guarietti 405, moriede411; aus den Lett. del sec.
XIII, 84 ricieveti: hier findet sich öfter ein statt zweier Konso-
lumten (bätare 41), doch ist es nicht etwa stehend (80 ])OSsiamo,
costarebbero, valliono), (1 2)
Haben wir neben credetti auch oben erwähnte cretti, sie. critti,
luid creddi, so ist die Frage, ob solche auch sonst noch vorkommende
tti, ddi so Avie oben und hier angedeutet zu erklären sind, dafs sich
nämlich an das Stamm-t oder -d mit Ausfall des Vokales die En-
dung ti oder di angefügt hal)e. oder in der Art, wie wir früher (IV)
(11) Zu abruz/.ischeni cande, cliinde, cande vgl. die Einleitung zu
meiner Sprachl. luid \\'entrup, Beitr. z. K. der Neap. Mdrt. Die Formen
leggiasseme und leggiassanic sind ein rechter ]5eleg, wie a gern sich ver-
längert und den Ton an sich nimmt.
(12) Ein „niorite'^ :>. Wug. l'f. findet sich auch im Giorn. di hl. roni.
1, p. 10^», in einem Heldengedichte von Carlo ^Martello e Ugoue d'Alveruia
in vcneziauischcr Mundart, von A. Graf besj)ruclicn.
Lockere und straffe italicnisehe Perfektformen. 155
Doppelkonsonanten, besonders Lippenlaute, so auflösten, dafs wir
die Perfektendung vi oder ui erkannten. Bei potti z. B. könnte lat.
potui hierfür sprechen. Aber gerade die Härte, wo man die Weiche
erwarten sollte, wie bei creddi, cretti von cred, niufs entschieden für
die schon ausgesprochene Ansicht sein, dafs wir ti und di, nicht v,
zu erkennen haben. Vielleicht giebt es noch einen zwingenden Be-
weis in Folgendem, Auf Sicilien heifst vedere vidiri, Perf. vitti,
vidisti, vitti, ^^ttimu, vidistivu, vittiru. In Noto (s, Avolio, Canti
pop. 25) viriri, Perf. vitti, viristi, vitti, vittimu, viristru, %'itturu. In
Xoto, fügt Avolio noch hinzu, e in qualche altro comune si dice
pure visti, vistimu, vistiru. Die erste dieser letzten drei Formen hat
der ti'eifliche Wentrup, S. 36, zu flüchtig und falsch angesehen, wenn
er schreibt: In Koto 2. Sing, viristi und visti. Es soll offenbar
heifsen: statt vitt giebt es auch vist, also 1. und 3. Sing, visti, 1. PI.
vistimu, 3. PI. vistiru. Auch Rapi Corr. 364 hat visti = vidit. Da
es nun bekannt ist, dafs d vor t lateinisch (s. Corssen, Ausspr. I, 208)
und italienisch zu s wird (Plautus persuastrices von suadeo, ital. visto
von vedo, auch nascosto von nascondo), so dürfte herauskommen,
dafs vis von diesem visti, vid ist und als Endung sich ti und nichts
anderes ausweist. (13) Hiernach dürfte es richtig sein, in derartigen
Perfekten, u. a. altsic. percotti, caddi, ital. caddi, ital. und lat. vidi,
lat. nicendi, ascendi, t- bezw. d-Perfekt zu erkennen und anzunehmen,
dafs ihnen solche Formen, wie altei'tümliches lat. descendidi, man-
didi, aus welchen sie erst entstanden, vorangingen, vgl. abscondidi
und abscondi.
Derartige Perfekta sind, versteht sich, wie die mit v, u, oder s
gebildeten, vollständig durch alle Personen vorhanden : detti, de(tt)sti,
dette, dettimo, de(tt)ste, dettero. Dergleichen erste Personen der Mehr-
heit sind heute napoletanisch (Wentr.), toscanisch und sicilisch, man
vergleiche auch videmo aus dem Bai'segape. Frühe schon, wie bei dem
(13) Auch die Romagna hat eine dem visti von Xoto ganz ähulicho
Form vest = vidit. Mussafia, Darst. der rem. Mundart, Wiener Akad.
1871, p. 21, wundert sich über dieselbe und meint, Eiuflufs des Part.
(visto) sei unverkennbai-. Das wäre doch sonderbar. Xacli oecisus, uccisi,
o ja, aber nach posto ein Perf. posti? Noch sonderbarer wird die An-
merkung: ^Zu bemerken ist signiat. Perf. in lugh. veus, imol. ravenn.
venJ. So auch iu tusc. Mundarten." Also vest von einem visi, t ist eine
Zugabe I
156 Lockere und straffe italienische Perfektformen.
s-Perfekluni, drängte sich die auf der vorletzten betonte Form des
v-Perfekts ein, und so zum Teil sogar die entsprechenden zweiten
Personen. So hat Sicilien detti, dasti, detti, dettimu, dästivu, dettiru.
Haben die Rätoromanen füt, füttast, füt, füttan, füttat, füttan (siehe
Peter Justus Andeer, Rätorom. Elementargramm, m. bes. Berücks.
des ladinischen Dial. im Unterengadin, Zürich 1880, S. 27), avet,
avettast, amet, amettast, vendet, vendettast, sentit, sentittast, sentit,
eentittan, sentittat, sentittan, so ist zu beachten, dafs sie die zweiten
Personen auf isti, istis haben (zu dem a ist tacquamo u. ähnl. zu
vergleichen), und dafs also Gärtner (Rätorom. Gr., Heilbronn 1883,
S. 1 1 6) vollständig im Irrtum sein dürfte — auch anderes weist noch
darauf hin — , wenn er das Perfekt im Rätoromanischen nicht dem
Volke gehörig, sondern von Schriftstellern und Grammatikern nach
dem italienischen Perfekt gemacht sein läfst. In dem alten Liede
auf AV. Teil, RomaniaXIV, 1885, p. 111, V. 10, 18, in engadinischen
Volksliedern (Ulrich, Chrest. II, 18ü ff., 195) stehen solche Formen.
Vielmehr sind diese füttast, avettast, obgleich mit isti — ast(i) —
gebildet, eine schöne Bekräftigung in ital. desti, de(tt)sti, nicht de(v)sti,
gelegentlich crede(tt)sti, nicht inmior crede(v)sti, zu erkennen. Und
noch eine schöne Bestätigung dessen giebt uns die toscanisehe Mund-
art von Pistoia-Montale. Wir haben mehrfach gesehen, wie leicht
ein Konsonant den ihm unmittelbar folgenden verschlingt, sich assi-
miliert, wie deshalb in Montale unsere Endung der zweiten Personen
sti zu ssi, auch si, wird. In unserem jetzt eben in Rede stehenden
Falle, dafs wir dsti oder dssi haben, ist nun diese ^Mundart in Zweifel,
was wohl zu thun sei : soll das Perfekt-d sich diesmal von dem fol-
genden ssi (aus sti) verschlingen lassen oder soll es auch sein Vor-
recht des ersteren geltend machen und soll st verschlungen werden?
Bei stessi (stesti) liegt ersteres vor, das letztere bei veddi, du hast
gesehen.
i' stiedi i' vedessi
tene stessi t«ne veddi, vedessi
e' stiede, ste e' vedde
no'si stiede, st^ no'si vedde
vo stessi • vo' veddi, vedessi
e'stiedano, stettano, stenno c'veddano, vedettano, vederno.
Das veddi der zweiten Personen ist zu den dritten zu stellen,
mit dem s-Perfekt der 1. Sing, hat es nichts zu thun. Schönere
Lockere und straffe italieuische Perfektfornien. l")?
Beweise für die Richtigkeit von de(tt)sti, vede(tt)sti können wohl
nicht verlangt und erwartet werden. Sted-ssi wird stessi, ved(e)d-srti
wird veddi.
VI. Die Sjmren des v.
Weil aus den Endungen ai, ei, ii das v ganz geschwunden ist,
meint man heutzutage gewöhnlich, es sei unrecht, dasselbe in irgend-
welchen zu jenen gehörigen Formen erkennen zu wollen. Und wirk-
lich ist es nicht leicht, dem Zweifler und Leugner es zwingend zu
erweisen. Haben wir amorno, so kann man leicht avr verwerfen
und das erste o dem zweiten zur Gesellschaft gesetzt annehmen, wie
in fior. amavono, zumal ja in der ersten PI. auf ommo (Tigri p. 71
c'innamorommo, giurommo, vedemmo gereimt) v, wenn man es er-
kennen wollte, doppelt, im o und in dem ersten m, da wäre. Doch
dieser eine Überflufs stört schwerlich sehr, und die Menge der Fälle,
in welchen das v vorliegen kann, 3. Sing., PL, 1. PI., verstärkt die
Beweise doch bedeutend. Zur dritten Sing, in ö, ao, eo, io meinl
Diez mit Delius, es sei das so oft angetretene Schlufs-o (sono amanoj
zu erkennen. Mit einigen trefflichen, zum Teil schon oben ange-
deuteten Gründen trat Nap. Caix, Giorn. di fil. rom. I, p. 229 für
das V ein und mit Unrecht hielt ich damals in der Zeitschriftenschau
dieses Archivs an Diez fest. Calabrisches fuiu (vgl. auch sie. i)ur-
taiu, s. Wentr.), welches ich dort geltend machte, kann noch für das
V sprechen. Recht für amavit spricht amoe, und sie. ripitivi l.Sing.
ist doch auch ein rechter Fingerzeig. (14) Zu einer altsic. 3. Sing,
vindii bemerkt Avolio (Introd.), es sei dann zu vindi geworden, dem
sich u, auch a, angesetzt habe. Aber er übersieht, dafs er selbst in
diesem seinem Buche und in der von ihm herausgegebenen Vita B.
Conr. noch ältere iu hat, dafs also vindivi das v, aber auch lieber
das letzte i, verlieren konnte und zu vindii und zu vindiu werden
konnte. Das a von vindia, dia (dies) halte ich auch nicht für an-
gesetzt, sondern erkenne darin die Senesische J^ust zu a, welche den
Calabriern und Siciliern (man lese den Giovanni da Procida) aiidi
nicht fremd ist, leite jenes von vindii ab.
(14) Wenn Barsegape die Endung oe (3. Hing. Perf.) sehr häufig liat,
so spricht dies wohl sehr dafür, dafs man ave, avit iu ihr zu er-
kennen hat.
158 Lockere und straffe italienische Perfektformea.
Aber in der 1. l'l. kann doch nur der Accent die Verdoppelung
des m bewirkt haben, v kann ja nicht darin stecken, da man in der-
selben Fonn des Präsens auch dies mm hat, z. B. in Neapel, Ind.
und Konj., in Modica und Buccheri auf Sicilien (s. AVentr.), und
umgekehrt mehrfach die 1. PI. des Perfekts nur ein m zeigt: mehr-
fach auf Sicilien, bei Barsegape, in den Lett. del sec. XIII scr. da
Senesi. (15) Dem ist zu entgegnen, dafs präsentisches Doiipel-m
gerade gegen die Wirkung des Accentes spricht; cred^, credemmi
(mi credette) also crede-mmo, wohl, aber tima, aniammo pafst schlecht.
Es ist mir vielmehr wahrscheinlich, dafs auch in dieser Präsensform
V vorliegt. Im Latein sind die Spuren des v im Präsens zahlreich
(Pr. lat. or. j). 74): danunt (= dant) geht auf davunt zurück, vgl.
duim, creduim. Aus venundavit in einer Stelle des Zwölftafelgesetzes
(Neue 112, 441) macht mau ungerecht venunduit, denn duit geht auf
davit zurück, vgl. luit, lavit, ingruit, ingravit (Pr. lat. or. p. 74). Im
Italienischen fehlen diese Spui'en auch nicht, s. Canti pop. marcli.
(Gianandrea) p. 20 daga = dia, 19 staghi = stai, 14.') a stag =
Stare, altröm. stavea, d. i. staveva. Die o in der l.Pers. PI. mancher
Mundarten, z. B. von Reggio (Diez II-', 226), von C'omo und von
Piemont gehen gewifs auf av zurück.
Will man jedoch durchaus kein v in dem mm zugeben, so bliebe
inmier noch, dafs Diez a. a. O. tacquemo mit einem m bilden mufste,
da die 1. und 3. Sing, den Ton auf der vorletzten haben. Einen
schönen Wink hierfür dürfte auch das napolitanische amaiemo =
amavimus geben. Denn wie in amäie = amavi, ist doch wohl deut-
lich, fehlt das v hinter a, das ie in beiden Formen ist das latei-
nische i der entsprechenden. Wenn es auch nie gelingen sollte,
amaiemo, oder das amaimo des angeblichen Spinello, urkundlich
recht alt nachzuweisen, wie unliistorisch, zufällig, in Lauten und in
Betonung mit der entsprechenden lateinischen nichts zu thun habend
sieht mir diese Form nimmermehr aus. Aber wohl wie ein Beweis
gegen amammo amavmo, i blieb länger, v schwand früher? Nicht
überall, das sind mundartliche Geschmacksachen, wie bei vindi(v)i,
vindiu(i), wie wemi es sie. ripitivi lieifst und ital. gelegentlich udio
und nur udi = audivi.
(15) In den Lettere del secolo XIII scr. da Senesi findet sich die
1. PI. Perf. iu toscauischer Weise auf euio (statt emmo), u. a. S. 22, 23:
sapemo, traenio.
Lockere und straffe italienische Perfektformen. 159
VII. Die chronologische Frage.
Der Accent, haben wir wohl gesehen, ist zwar mit im Spiele,
freilich aber nicht in bisher gedachter Weise, als einzige treibende
Ursache, wenn das v-Perfekt in den zweiten Personen und in der
ersten der Mehrheit die Alleinherrschaft bekommen hat. In den
zweiten Personen fielen dem der Zahl nach schon so sehr ausge-
dehnten (v)sti, insbesondere dem e(v)sti, die Formen des u-Perfekts
von Rechts wegen und, als in Wirklichkeit nicht von ihm zu unter-
scheiden, auch die des s- und des t- und d-Perfekts mit zu, so dafs
es schliefslich als unumstöfsliche, auch die wenigen übrigen Perfekte,
wie feci, conobbi überwältigende Regel dastand : zweite Personen
giebt es nur nach dem Infin. Pr. mit geschwundenem v gebildet;
durch fosti, stesti, desti, festi liefs man sich dabei nicht beirren.
Ähnlich in der ersten der Mehrheit; von Hause aus dasselbe Über-
gewicht des v-Perfekts, mit dem u-Perfekt stand es fast ebenso (tac-
quimo und tacevmo fast eins), und die noch standhaften Formen
mit s, t und d fügten sich auch, weil schon bei den zweiten Personen
der Sieg entschieden war, desgleichen die wenigen übrigen : dazu
drängte der Umstand, dafs man Piano dem Sdrucciolo vorzog. Viel-
leicht ist auch zu beachten, dafs man gelegenlich s fallen läfst, zumal
um Sdrucciolo zu Piano zu machen ; sardisch heifst asino ainu, für
medesimo haben, wieBlanc, Gr. 333, bemerkt, Dichter gern medesmo,
das Volk medemo. Sollte dies auf römische Perfektformen amassimo,
credessimo, sentissimo, auf oben erwähntes sardisches -emus und auf
andere ähnliche Anwendung finden ?
Die neufranzösischen entsprechenden Formen haben in dem
Dach noch das Erinnerungszeichen an s, und die altfranzösischen
mit sm (Diez II 3, 228) sind schwerlich von lat. -simus zu trennen:
Burguys Herleitung des s aus dem st der zweiten Personen und
Delius' Einschub des s, um das a zu kräftigen, sind gekünstelt und
unhaltbar. Das s-Perfekt mufs einst angefangen haben, sich noch
weiter zu verbreiten — schon vorchristlich sind die Spuren dieses
Strebens, bemerkt Diez, auf archaisches intell<\gi, neglcgi hinwei-
send — als ihm nachher dauernd gelang und, wie es mundartliche
Geschmacksachen giebt, hielten manche das dem Toscaner weniger
gefällige -simus gerade gern fest, wie vielleiclit jene altfranzösischen
Mundarten. Betrachten wir einen Au"jenblick mit Biondelli die
IGO Lockere und straffe italienische Perfektformen.
Mundarten der Eniilia von Parma Bologna Reggio und dazu die
lorabardische von Bergamo. Parma hat teuere im vollen s-Perfekt:
t^ins t^ins (prächtige straffe 2. Sing., Avie jenes tiensi aus Montale,
wie lat. duxti, finxti), teins, t^insen, tMnsev (ganz wie 2. Sing., v nur
pronominaler Ansatz), t^insen. Bologna hat es auch, aber die zweiten
Personen sind locker und die 3. Sing, fehlt, ist nur im v-Perfekt
vorhanden, die 3. PL doppelt: tfeins, tgness, tgn^, t^insen, tgnessi,
teinsen od. tgneun. Reggio und Bergamo haben beide nur v-Perfekt,
bis auf die 1. PL, wo s-Perfekt einzig, dazu hat Reggio in der ?>. PL
noch beides. Reggio: tgni, tguis, tgni, tgnissem, tgnissev, tgniren
oder tänser. Bergamo: tgne, tgnesset, tgne, tegnessem, tegnessef,
tegne. Dazu kommt, dafs Parma neben dem oben angegebenen noch
das für Reggio angegebene (doch die 3. PL tgnin), also auch noch
die 1. PL locker mit s, hat. Das ist doch ein starker Beweis für die
Zähigkeit des -simus! Auch die italienischen, insbesondere römischen,
lockeren s-Perfekta, wie amassi, credessi, dicessi, morissi, fussi, wer-
den bekanntlich gerade in der 1. PL sehr geliebt, so dafs sie vielfach
von den Grammatikern nur in der 1. PL angeführt Averden und eben
in dieser auch noch aus dem Perfekt ins Imperfekt hinübergehen:
eravassimo. (16)
(16) Nicht nur die dritte Person der Einheit des Perfekts, auch schon
die erste läfst das 1 des Lateins vielfach zu e werden, wie z. B. in Neapel
credette, dette, veppe (bevvi), und da ist es nicht zu verwundern, wenn
dieses auch noch zu a wird. So findet man es in Calabrieu, fua ist dort
fui. IMandalari 226, 229, 2:^>4 : Eu ti fici patruna di stu pettu, E ffua
lidili e ffua sempri custanti. Erosa addurusa culurita e bbedda, Eu sulu
fua hl primu chi tt'auiai. No nnesci mai davanti a st'occhi mei, Pacciu
fua pir tia, pir tia suspiru, Pir tia la paci e lu cori perdei. Gärtner be-
hauptete, die Rätoromanen hätten kein eigenes volkstümliches Perfektiim,
und muls doch S. 155 fovas = fuisti, fova, fuva = fuit, fovan, fuau -=
fuerunt anführen: als oberläudisch. Die heute gebräuchliche oberländische
Bibel (Frankfurt a. M. 1870 ^Romonsch da la ligia grischa") hat es auch
gleich in den ersten Versen. Man wird doch schwerlich glauben, dal's
„italianisierende Schriftsteller" dies aus Calabrien geholt haben, noch
dazu mit dem schönen v. Schon die Osker hatten fufans ^= fuerunt,
cipp. Ab. 10. Gärtner S. 155 nennt die angeführten Perfektformen ,mit
Iniperf.-Pviidung''. Es ist wohl unzweifelliaft, dafs Imperfekt und Per-
fekt einst eins waren, dafs erstcres ans letztcrem einst so entstand, wie
in Calabrien fui zu fua wurde, in den Alpen fuvi, fovi zu fuva und fova,
und wie bei den Oskeru * fufens zu fufans wurde. Hat Chr. Caminada,
Lockere und straffe italieuisclie Perfektformen. 161
Schon nach dem bisher Dagewesenen kann über das hohe Alter
der 1. PL auf Tmo im Italienischen, über seinen Zusannnenhang mit
derselben Endung im Latein, kein Zweifel sein. Hier nur noch
Avenige Belege dafür. Die Vita B. Conradi, von Avolio nach der
Manuale de pneparatione ad mortem, Zürich lG9(t, fovas statt fovast, so
ist zu beachten, dafs diese Form das i am Schlufs immer, gelegeutlich
auch das t, entbehrt, sogar iu havesch = habuisti, für havettast ; vielleicht
richtete es sich auch uach dem Imperfekt, wie Gärtner meint. I\Ieine
Ansicht von der ursprünglichen Einheit des Perfekts und Imperfekts, ist
hier nicht zu übersehen, wird sehr durch den Umstand unterstützt, dafs
die Betonung von amävimus bis auf den heutigen Tag mehrfach auch
die von amabamus ist: das der Betonung der drittletzten so sehr abge-
neigte Spanien, wo cantämos in mit dem alten Allgemeinitalienischeu und
Toscanischeu übereinstimmender Weise = cantamus und = cantavimus
ist, hat doch cantäbamos für cantabamus, wie mau toscanisch mundart-
lich amävamo keuut und festhält, uud wie Saunazaro Are. 6 solche For-
men im Strauchelausgange hat. Ebenso deutlich imd uicht zu übersehen
ist auch, dafs diese span. amabamus, tose, amavamo zu ueap. amäiemo,
tose, dissimo, sie. vittimu, parm. teinsem, altnordital. videmo u. s. w. treff-
liche Seitenstücke und kräftige Belege für die Dauerhaftigkeit dieser Be-
tonung (imus) sind. Leitet man die Endung des rätoroman. fovas uicht
vom Imperfekt her, so ist zu beachteu, dafs es zu füttast, amettast, den
dieser Sprache gewöhnlichen Formen auf isti, nicht auf sti, sich riclitig
anschlielst. Zu amabamus, amavamo neben amävimus, amävamo, spau.
amäbamos vgl. Aumerkuug 11. Dafs dem Volke Imperfekt und Perfekt
iu-ver\vandt uud geradezu eins ist, dürfte auch röm. eravissimo beweisen.
Denn ssTmo ist doch nichts als eine Perfekteudung, diese Form ist nur
ein Doppelperfekt, s. Aum. 1. Leitete man schliefslich das a ini cal. fua,
rätorom. fua, fova, osk. fufaus vom Imperfekt her, so bliebe doch immer
bestehen, dafs dem Volke Imperfekt und Perfekt gut zusammen passen,
verwandt und eins sind. Wie man von der Pflanze die verschiedenen
Teile als gleichartig. Zweig, Blatt, Blüte, Wurzel als wesentUch einerlei
erkennt, so die Zeitformen des Zeitwortes in der italischen Sprache.
Das Perfekt hat als Abzeichen vi, Imperfekt, Präsens imd Futur haben
es auch ; die ersten beiden fliefsen deshalb etwas ineinander, dem Präsens
sucht man das Abzeichen als unnötig abzudrängen und das Futur schafft
man, als von den anderen zu wenig uuterscheidbar, schliefslich lieber ab
und ersetzt es anders. Noch bemerke ich: wenn (Jartner, Eätor. Gr. 117,
das friaul. Perfekt -äi, -iis, -ä, -äriug, -äris, -är mifstrauisch und als wohl
von ital. portal, portarono gemacht ansieht, so übersieht er, dafs dieses
ohne das rumänische Perfekt ai, as, a, arem, aret, are (und üi, u.s, u,
Urem, uret, ure) gar uicht zu beurteilen ist. Ich brauche darauf hier
nicht einzugehen, erinnere nur für die 2. PI. im Kumänischen an das z
derselben Form im Sardischen.
Archiv f. n. Spiachcii. LXXXIl. U
162 Lockere und straffe italienische Perfektformen.
die Jahreszahl 1350 führenden IIs. als Anhang seiner Canti pop.
di Note veröflentlicht, hat S. 35G arsimu. Die ziendich lange nord-
italienische, um 1250 (Hs. v. 1274) gesetzte Dichtung des Barsegape
hat viermal deutlich und zweifellos videmo, und es ist überhaupt
nicht erweislich noch wahrscheinlicli, dafs dieser Dichter mit Ver-
meidung des Tones auf der drittletzten Silbe eine aus der Reihe der
übrigen Formen herausti'etende 1. PI. gebildet habe, vielmehr ist es
so gut wie sicher, dafs er die Formen auf emo überall mit Wohl-
gefallen festhielt. Auch fessemo scheint als ein fecimo aufzufassen
und von fesonio „dafs wir thun sollten" (S. 215, Biondelli St. ling.)
zu trennen. Vgl. S. 320, 323 gen. O.
Quando te videmo, patre saucto,
Ke nu te servinio cotauto?
Dix li iusti aucora a Xristo :
Di, Meser, quando fo qiiesto,
Ke uu te 'sädemo in povertä,
E ke nu te fessemo caritä?
Wann haben wir dich gesehen, wo wir dir so sehr gedient haben ?
Sage, Herr, wann ist dies gewesen, dafs wir dich in Armut gesehen
haben und dafs wir dir wohlgethan haben ? ^Nlan sieht videmo, vidi-
mus und servimo, servi(vi)mus, und wie diesem das letzte fecimus
entsprechen mufs, dafs kein „wir thätcu, hätten gethan'' vorliegt.
Anders hier, da die Negationen der zAveiten, vierten und sechsten
Zeile die Konjunktive hervon-ufen.
Mo quando te videmo int'al besognia,
Ke uuca de ti nou avessemo sognia?
Se altra persona nel dissese,
A nu no par k'cl g'el oredesse ;
Ke nu te vedesenio intirmitä,
Ni soffrir necessitii,
Ni quando te videmo nudo essere,
Povertä fame e sede.
Passender stünde wohl hinter der drittletzten Zeile ein Punkt.
Dafs wirklich videmo zu lesen, die Form nicht als ein vedemo, d. i.
vedemmo aufzufassen sei, leliren uns der Infinitiv vedere 324, vedeva
243 zweimal, 293, vfgi d. i. vedete oder besser vedite 296, vecemo
1. PI. ci. pr, 242, veyando d. i. vedendo 250, vcderi d. i. vedrete, v^
d. i. vede 296, dreimaliges \cdi d. i. vedete 305, vedevan 318, vier-
maliges vedisti 2. PI. Perf. 319, videno 3. PI. Perf. 217, 240, v/de
Perf. 210, 252, 263, 285, 298. Dafs diese Perfektformen sogar mit
mir als d-Perfekt (vididi, vidi) gefafst oder doch gefühlt wurden,
Lockere und straffe italienische Perfektfornien. 163
machen wahrscheinlich crete und zweimaliges vite,(17) von Biondelli
unzweifelhaft richtig durch credette und vide erklärt. Auch die
venezianische S. Maria Egiziana, Giorn. di fil. rom. III, p. 89 hat
crete 399, aber vide 448.
Sahen wir also vorhin bei jenen heutigen Mundai'ten Oberitaliens
keine Spur von Ausweichung nach dem v-Perfekt hin in der ersten
der Mehrheit, und in den zweiten Personen eine nicht undeutliche
Lust, eben diesen Gebrauch zu verachten, so stimmt dies alte Denk-
mal in dem ersteren Punkte, in Bezug auf die 1. PI., vollständig mit
ihnen; (18) dagegen ist dem Verfasser und seiner Sprache die Regel,
in den zweiten Personen auszuweichen und auf den Infinitiv der
GegeuAvart zurückzugehen, wohlbekannt und entweder vollständig
oder fast vollständig eigen.
Toscana und die Allgemeinsprache, wissen wir, hat die Regel
vollständig seit den ältesten Denkmälern, obgleich die 1. PI. ohne
Ausweichung, heute lebend, vielleicht stets neben der ausweichenden
Form vorhanden sein konnte. In Anbetracht des Standes dieser
Frage bei den Mundarten ferner werden wir sagen müssen, dafs die
Regel für die zweiten Personen durchzufüln-en das ältere war, dafs
ilmen die erste der Mehrheit nachfolgte, zumal auch bei jenen
sich das gröfsere Bedürfnis als bei dieser herausstellte. jMan möchte
Toscana das Aufbringen dieses zweiten Teiles der Regel zuschreiben,
lieber als Sardinien mit seinen wenigen Spuren dieser Neigung. Bei
dem Umstände, dafs die Formenlehre der zweiten Personen der sici-
lischen und der toscanischen Mundart und jener alten norditalienischen
Sprache mit grofser Genauigkeit eine ist, liegt die Vermutung nahe,
dafs um 1250 das Ausweichen der ersten Person der Mehrheit noch
jung sein mochte.
Einmal, 321, hat Barsegape vidisti. Man könnte es für dem
Latein oder Sicilien entleknt halten, doch ist wohl sicherer nach dem
(17) Vete bei Bars. 220 ist als ,siehe dir" von den Perfektformen
dieses Verbs mit t zu scheiden. Auch Bonvesin hat vite Pei-f. 3. Sing.,
und der altberg. Decalog vito 3. PI. Perf. Auch der aven. C. Martello
e U. d'Alvernia, Giorn. di fil. rom. I, hat p. 109 vite. Ebendort findet
sich auch feno*= fecero, aber p. 101 feze und facisty.
(18) Bei Barsegape ist mir disemo p. 25?, (Mo disemo lo re h bate9ao)
nicht entgangen ; ich habe es nicht als Beleg angegeben, weil der Sinn
der Stelle etwas unklar ist.
11*
164 Lockere und straffe italienische Perfektfonnen.
viermaligen vedesti hier ein Verseilen in der Absclirift anzunelnnen.
Fuisti 2. Sing., 233, inöelite geneigt maelien, hier die innner vergeljcns
gesuelile italienische Form der zweiten Person anf isti, nicht auf sti,
zu finde)). Da sie aber so einsam stehen wiirde, ist davor zu v«arnen.
Man könnte ein fuitti, fui(tt)sti vernnilen, doch steht 320 eo fu' in-
fermo, also fui. AVenn die Sehreibung richtig ist — 222 Pulver fusto
(d. i. fusti to oder tu) e pulver ee (ei oder sei) — so teile ich nicht
fu-isti, sondern fui-sti, und berufe mich auf die auch diesem Denkmal
beliebte Vorliebe für ui, ai: 302 maitin, cuintan, 232, 32G seuira,
268 luitan. Vgl. fi§a = fosse 270. Zu fare, 220, erscheint das Per-
fekt in fessemo 320, fise 292, fisi, fisti, auch fite einmal, als 2. PI.
.319, 321. Der Wechsel von st und s scheint richtig, das dritte mag
verschrieben sein. Einmal 319 facisti (hierfür auch fisi und fasisli
322, 323 Tmjierf. ci.) fe 3. Sing., fen 3. PI., beide oft (dazu feva
Imperf.). Noch geluirt etwas hierher: fi giamao, fi dito := fit dictus,
dicitur 212, 240 und oft fira, firan = fiet, fient. Bei Betrachtung
dieser zweiten Personen der Mehrheit ist man sehr geneigt, facisti
(fasisti 2. Sing, in dem von Putelli, Giorn. di fil. rem. II, 1G2, ver-
öfTentlichten N'uovo testo veneto del Penard) die jüngere, dem \erf.
noch nicht so geläufige Form, fisti die alte zu fice (wie feci, fe[c]sti)
sein zu lassen. Wenn diese Vermutung nicht trügt, so dürfte das
Ausweichen der zweiten Personen auch nicht viel älter als 1250
sein. Man miichte wohl von dieser Zahl aus für jenes ura fünfzig,
für dieses um hiuidert Jahre ungefähr zurückgehen. Diese ver-
wegene Wahrscheinlichkeitsrechnung scheint etwas unterstützt zu
werden, wenn wir mit Tobler die Perfektformen des, Berlin 18S4, von
ihm herausgegebenen Uguyon da Laodho betrachten. In der ersten
Person der Mehrheit stimmt er gewifs mit Barsegape, weifs nichts
von Ausweichen um imus zu vermeiden ; freilich hat er von hier in
Betracht kommenden Formen nur eine, veesemo (vidinui.s), welche eine
besondere Vorliebe für s-Perfekt in dieser Form an den Tag legt,
da dieses Wort sonst sein Perfekt, wie auf Sicilien und zum Teil bei
Barsegape, mit t gebildet hat. In Bezug auf festi, facesti steht Ugu9on
ähnlich wie Barsegape, er hat beides: 2. Sing, fisti zweimal, faissi
fais, faisso (dies ist wie faissi oder fais zu achten, d^ o nur um des
Reimes willen, noch dazu stumm, steht), 2. PI. fesse, fese, faesse.
Allerdings scheint er weiter als Barsegape, indem er die ausweichen-
den Formen in «xleicher Anzahl als die anderen hat. Doch erscheint
Lockere und straffe italienische Perfektformen. 165
er wieder in einem Punkte und bei den anderen Beispielen weit
hinter Barsegape in der Durchführung des Ausweichens zurück.
Uguyon hat nämlich das im Italienischen hier und da bemerkte rück-
wärts wirkende Streben nach Vokalharmonie (danaro, maraviglia) in
seinen Perfektformen sehr stark ausgeprägt, so dafs von einem solchen
Wechsel wie feci, facesti, fece, vidi, vedesti, vide hier oft keine Spur
ist. Macht i den Sclilufs, wie in der 1. und 2. Sing., so will er vor-
her auch i haben, öfter sogar in der drittletzten, der Stammsilbe,
macht e den Schlufs, wie in der 3. Sing, und 2. PI., so wird c be-
vorzugt. Er hat v i t ^= vidi, v e e s s e und v e d h e s = vidistis ;
vigni = veni, vene und ven = venit, tign' =; tenui, 3. Sing, tene,
ten;(19) traisi, trais =: traxisti, m/tis = misisti; creesse =; credidistis,
volesse = voluistis, avisi, avisti = habuistis. Die letzten beiden
Formen sollten e e haben. Offenbar geht ihm diese Harmonie über
alles, sichere Beispiele von Ausweichung hat er wohl aufser bei fare
(19) Vigni und tigni bei Ugufon dürfte (gn = ni) als vini(v)i, tini(v)i
zu fassen sein und vene, tene als ven'(v)e, ten'(v)e, indem v kein zweites n,
sondern Verlängerung des ersten e bildete. Tobler behält das Verdienst,
bemerkt zu haben, dafs bei Ugufon in der 2. Sing., selten PL, das letzte i
das e der vorletzten Silbe zu i macht, desgleichen dafs in mitis (mettesti)
das erste i durch das letzte betonte hervorgerufen ist. Hierbei versteht
es sich von selbst, dafs in der 2. PL in der Regel e e, während ich dieses
als nicht zufällig, als ebenfalls berechnet hinstelle und auch die erste und
dritte der Einheit — i i, e e — hinzunehme. Freilich giebt es in dem letzten
Punkte Ausnahmen, disse, scrise, divise, mis (alle in der 8. Sing.), sie
stofsen aber die Regel nicht um: 1. vit, r!. vete, 1. vigni, 3. vene, 1. tign',
8. tene können doch nicht deutlicher sein. Es wäre nicht unmöglich,
dafs auch bei Barsegape die stets auf isti, nie auf esti, ausgehenden 2. PL
etwas auf der Freude am i zu i beruhten — vedisti, vedeva, vegi, vederi,
credisti, credevano, fusto, fuisti (fuisti) — : doch aber, auch so betrachtet,
welch einen Fortschritt hat er im Vergleich zu Ugucon nach dem tosca-
uischen feci, facesti, vidi, vedesti, vide hin! Diesen Wechsel des Vokals
in der Stammsilbe darf ihm die Harmonie von ii und ee nie antasten.
Das a scheint bei beiden von einem folgenden i oder e nicht verändert
zu werden, doch einmal hat Barsegape mostresi. Derselbe hat, sei hier
noch bemerkt, aufser stevan auch stasevan 201, staxevan 804 (x wohl
nach ven. Art -= s). Ich achte dies gleich röm. stavea, s für c, c für v
gesetzt. In der Romagna giebt es dergleichen auch. Mussafia sagt am
gen. 0. 720, Anm.: „daseva, staseva in Untermundarteu ; Anbilduugen an
taseva, diseva." Schwerlich! Wie machte man ]il()tzlich von do und sto
Formen nach taccio, dico? Vgl. Anm. 7.
1(30 Lockere und straffe italienische Perfektformon.
nur in mitis, 3. Sing, mis, ti-aisi, trais, 3. Sing, trase. Er konnte
bilden: vediti, viditi, viti, vit, 2. Sing, vedisti, vidi(t)sti (sollte jene
Form des Barsegape so zu beurteilen sein ?), vidissi, vidis 3. Sing, ve-
dete, vete; erediti, criti, 2. Sing. cridi(t)sti, 2. PI. credesse, creesse;
vol(e)si, 2. Sing. vole(s)sti, volisi, 2. PI. v o 1 e s s e ; hat er ave als 3. Sing.
Perf., so ist es wohl rive st. avve, daher avevi schliefslich 2. PI.
avisti ergab, vgl. av^ =. ebbe bei Barsegape. Uguyons Gedicht
diente, wie Tobler zeigt, dem Barsegape mehrfach als Vorbild, ist
also leicht 25 — 30 Jahre älter und hat von Ausweichung wohl meh-
reres weniger: das ist eine Bestärkung der zu Barsegape' ausge-
sprochenen Vermutung, dafs zu jener Zeit die AusAveichung bei der
1. PI. noch sehr jung oder unbekannt, die der zweiten Personen
noch nicht alt sein mochte. Bedenken wir auch, dafs bedeutende
Erscheinungen im Zeitworte sich bald über viele Mundarten verbrei-
teten, vgl. Futur Condizional und Imperfektkoujunktiv, so scheint
es nicht unstatthaft, hier von diesen alten mundartlichen Denkmälern
auf Toscana und die Allgemeinheit zu schliefsen. Doch bleibt der-
gleichen zunächst unsichei*. Namentlich könnte der letztere Fall (mit
den zweiten Personen) leicht noch höher hinaufi'eichen. Vielleicht ge-
lingt es einmal, aufser amasti, amämus, amastis, amarunt noch weitere
Vorspuren im Latein zu finden. Neue, Lat. Formenl. II 2, 493,
hat erepisset. Spart. Car. 3, 7 obrepisse, Cic. Plane. 7, 17 erepisti,
Pomp, bei Non.; übrigens ist luu" repsi, kein repi, bekannt: könnte
dies u. ähnl. nicht (vgl. inschriftl. opituma, macisteratus, geloria) ein
Beispiel lockerer Form von ps sein, indem jene Formen anzusehen
wären als erepset, obrepse, erepsti? Wären sepisset, Cic. Phil. 13,
9, 20, und sfcpissent, Liv. 33, 5, 6, nicht sowohl durch späte Belege
von sepivi statt ssepsi, sondern in eben angedeuteter Weise zu fassen ?
Evadissent, Treb. Poll. 30, tyr. 5, erinnert doch sehr an Hör. sat. 2,
7, G8 evasti, Lucil. in Non. 296 invasse (Catull. subrepsti, Hör. erepse-
mus u. s. w., s. Neue II-, 536).
So mifslich es auch sein mag, liier .Jahreszahlen aufzustellen,
fest dürfte doch bleiben, dafs -die Regel des Ausweichens für die
zweiten Personen die ältere, für die erste der ^lehrheit die jüngere war.
Frieden au. Dr. B u c h h o 1 1 z.
Sermo in festo Corporis Christi,
aus den Mss. mitgeteilt
von
O- Horstnaaiin. 2
1) Ms. Harl. 4196.
Sermo in festo corporis x p i.
T) 1 1 Als witnes beres iu bis stede:
^ > j bo was it in tyme oi moyses lo
Laude nien herto tak hede — Omang Jje cbilder Jjat ihcsu chese.
ffor vnto Clerkes it es no nede, fFor when J)ai war in tliraldom
In J)aire bukes may J)ai se broght
Jje gudenes of goddes preuete — witli f arao Jiat |)am wranges wrogbt —
Gastly how he will vs fede 5 Yint war ful lang now forto teil;
with liis body in fowroni of brede, Bot at \)e last so it bifell '■^^
Als haly kyrk now most and lest Jjat god wald sufFer it namore
Mase myude now in |ns new-f un fest. |)at bis f olk in tliraldom wore :
Als dauid in |)e sawter said, he bad moyses {)at he suld fle
And Jje haly gast had bim puruaid l*^ with bis folk thurgh \)e (rede) se.
By figures Jje folk forto lere ; And when J^ai to {)e se war cunien, 25
{)ar-fore he said on {)is manere A dri way sone haue J)ai nomyn:
1 Vgl. „Altengl. Leg. Neue Folge", Ileilbr. 1881, p. LXVIII, p. LXXlII Anni.
uud p. LXXXII. Von den drei erhaltenen Mss. giebt Ms. Harl. 4196 den besten
und ältesten Text, obwohl dieser wohl bereits aus einer älteren Fassung umge-
arbeitet ist; während Mss. Dd 1, 1 und Vernon eine südliche Umdichtung der
ursprünglichen nördlichen Homilie enthalten, beide mit demselben Text, dem
jedoch in Dd eine eigene, nur hier vorhandene Einleitung von 38 Versen voraus-
geht. In Vernon schliefst sich an die erste Honiiiie eine zweite, Septem Miraculä
de corpore Christi, an, die ihre ursprünglich nördliche Abfassung noch deutlich
verrät und weniger eine Umdichtung als eine einfache Umschreibung aus dem nörd-
lichen Dialekt zu sein scheint. — Die Narrationes diesen- Homilien des Ms. Vernon
sind bereits in den „Evangeliengeschichten des Ms. Vernon" (^Archiv 1878) abgedruckt.
'^ In dem in den letzten Heften des „Archiv" abgedruckten Proprium Sanc-
torum, Teil I, der nach der ersten Korrektur sogleich abgedruckt ist, sind leider
einige Druckfehler enthalten; so p. 83 v. 3 1. grouwde st. grounde; p. 100 tilge
die Note: Ms. sawe st. dawe; p. 106 ist v. IIU: |)at grace of god lihtnede him {)o
zu ergänzen; aufserdem sind mehrfach Interpunktionen ausgefallen oder nicht
deutlich sichtbar. — Aufserdem sei liier bemerkt, dafs das jüngst von l'aul Meyer
(Romania XVI, p. 221 ff.) beschriebene, dem Ms. O.vf Bodl. Seiden supra 38 ver-
wandte Ms. Grenoble 1137 die afrz. Quelle der Kindheit Jesu des Ms. Laud 108
zu enthalten scheint und vielleicht auch den altengl. Gedichten über Leben Jesu
und Marias und die Passion nahesteht.
Ui8
Sermo iu festo Corporis Cluisti.
J)e water stode vp als a wall,
vntill |)ai war past ouer all.
kyng farao witli fiil gret bol'te
pursiicd {>ain witli all l^i^< oste, ■'"
And welo |iai weiid Jie way to hcnt
Als \)e cbildor oway liad weut:
ie se closed and Jjam vincast;
aire liues niiglit no langer last.
are was he aud liis inen,^e drownd, ■" •
And goddes folk past hale and sownd.
Tn wildernes |)an was moyses *• 1'"
witli childer {jatgudhim-selueu clieCe.
God sent to I)am fra heiiyn doune
Als it war flowre fnl gretfoysowne; *'•
Manna in clergi es it cald,
Angcll mete nien niay it bald.
f)ai'gaderd it, and lifed ]:)ar-by,
And sinned I sali teil 50\v wliy:
J)ai gederd inore and brogbt to hend
|)an Jiai bad niestcr forto spend.
And if {jai samind it on Jie day,
0)1 Jie niorn wald it be oway,
And Jjar-in wald be no foysowne,
Bot turn in to eorrupciowne. •"'''
Jiai niigbt wele fe |ian by |)is tbing :
God was uogbt paid of {)airegedering.
\ydn niay we se it es ill störe
Of fiir niokyrers \^at bies more
Corn or ma'lt f)an be bas nede öö
bis men^e fully forto fede.
be bat byes corn so bere
And fernes it tili it be dere,
And are will lat it lig aud rote
Or be it do tili o\wr note, '"''^
be grenes god, trewly to teil.
Als did ])e cbilder of isn/rl,
j>at trowed nogbt witb trew cutent
|-)at fode luogb suld ])aui be sent.
Aud Jjat corn gaders gude spede ''"'
And will Tioglit part iu tyme of nede
vnto {jaui j)at fode bas nane,
Bot laues it to bini-self albine,
(Tul bard rekining ,^eld sal be
At Jie donie, when be sali deined bo '"
|{y-for goil J)at es bigb iustife
Aud euyu ddiues-uiau & al riglit-
wise,
Aud bifor all bis saiutes l'cre
Aud bis augcls all iu-tere;
Jian sali bc wit how be bas spend '"'
AI {je gude \)nt god biui send !
ffor iu jiis luauer sali god say
vnto nitbinges on domes-day:
^bunger I bad and tbrist ful grele:
]iou gaf me uo\vJ)er driuk ne niete ; f^''
Aud lierberles pou me forsoke;
In presou wald |)^)U nogbt nie loke;
Xakid wben I was also,
witb-owteu elatb |ioii lete nie go.
Jjarfore now saltou weude to bell, '^'>
Euer-niore with deuils to dwell.-
{3an sal \)e siuful say in by:
„lord, wben saw we [je nedv
And did nogbt als vs feil h> .b)?"
{jan sal be answer I)ani vnto !"•
Aud say: „wben |)at ,^e saw iu pine
Any of ]je lest of uiyue
And belpid ])ani nogbt in paire nede,
vnto me did je ]jat ilk dede."
|)au tburgb dome be sal |janr
scbeude ^5
To won iu wa witb-owten ende.
{jus on domesday {)e niost bcthing
Sali fall vnto {je bard nitbiug;
flbr {jarcjf will {jai nogbt {ja//? scbriue,
If {jai be nitbinges al {)aire liue, 1'"^
Bot eucr-inore {jai answer {jus :
„we gif wele more |jan inen dofe vs".
And fyu {jai say {jat it (es) nane
To laue all to {)am-sclf allane
And spare it all vntill {jai dy — 1*^'
jat bargau sali {)ai dere babyl
jarfore of nitbinges lat we be
And tili oure mater turn will we:
]\Iore iu {jis tvnie ,now will we teil
Of {je cbilder' of Israel, HO
bow {jai gaderd augell fode
More {jau neded to do {jam gude.
}jai traifted noglit in goddes grace:
jar-fore vnto {)am wratli be was,
lie suHerd {)ain peris ilkaue H"^
And witb {laire enmys to be l'lane ;
witb were be was ojjou {jaiu wrokeu,
ffor {jai bad bis bidiug Ijrokeu.
Of sex aud twenty liuudretb tliowsand
{jat war {jare iu desert dwelaud, '-"
To {je laud of best {jare come nane fre
Bot anly Calef aud iosue —
Aud of {ja twa come all {je l'treue
Of milde mari, oure beuyn-queue. --
Now in {)is werld wele may we fe l-'^
{)at lufed witb god wele more er we:
ilbr be sent {)am bot augcls brede,
l)at bot a day wald stand in stede,
Aud vntill vs bere bas be Cent
liis awiu body, vcrrayment, 1-^"
{jat cuer-more will last vs iu,
If we be out of dedly syn.
Both liis verray Hell' and blude
Gifes lie tili oure gastly fode,
{jat for vs was pined tju a tre ; ^'^5
Ilk day oure-self may it le
S:; .Ms. «liiii. 117 Ms. {jaii.
Sermo in festo Corporis Christi.
169
In faire fowrom of erthly brede,
Jjat für vs in crtli sufterd dede
And toke his haud-werk ont of hell.
{)arby a tale he(r) will I teil, 1-40
{)at wretin es in Jae legent
Towcheand Jjis haly sacranient.
Narracio de iudeo & xpiauo.
Sum tyme, als Clerkes teil 50W can,
was a iew and a cristen man ;
J:»ai met togeder opou a day, H'^
And so jode sanien by Jje way.
And, als in bokes beres witues,
\)e cristen man herd ring to mes.
he Said to jie iew : „habide me here,
Avhils I go mak my prayere." l'^O
|)e iew said: „I will assent."
\)e cristen man to kirk es went,
And made his prayers iuwardly
vnto oure lord god al-mighty.
Jje iew {jau in |)e way liim lield,!'^"^
And thoglit his felaw ful lang dweld;
l^arfore vnto ])e kirk he jede,
l)reuely forto tak hede
what maners was Jjam omaug
|3at his felaw dweld so lang. 1''0
And l^an he law, or euer he leuid,
J)e prist bald vp ouer his henid
A knaue-childe, with wowndes foi'e
Tu fete and heud ; ,yt law he more
|)at pare was now|)er wife ue mau !''■"'
()f ^am |)at in Jje kirk was {)au
})at f)ai ne kneled and held vp Jiaire
hend ;
And fra l>e child {jau saw he wend
To ilk mau swilk a child to sight,
And euvn bitwene J)aire handes it
light._ 1™
fje iew biheld Jjan to Jie priste
Bygan to vse Jje ewkariste,
he saw him ctt Jse saiue childe
]iat he bitwix (his) handes bilde;
And ou J)e samewise thoght him Jiare
Did all \mt in ]ie kirk wäre.
J)e iew ])au went and stode {)at tide
whare his felow bad him abide;
Aud vnto him-self said he Jjau:
.,A lathly life ledes cristen meu!" 1^'^
J)e cristen mau, when mes was doue,
Come vnto J)e iew füll föne.
J»e iew said: „how fars J)ou now?"'
|)e toJ)er said : „better Jjau ]i:)ou.
ffor I haue feue my sauiowre, i^-'»
vnto wham be euer houowre;
And sen Jiat I haue seiie ]5at sight,
All |ie day T am uinre light."
|ie iew said : „so niot T the,
]n wombe aght wele füll to be! l-'O
ffor, and I might so mekill ette,
])ir thre daies suld I ett uo niete."
])e cristen man ])an said ful right:
„|iis day come uo mete in my sight;
Als fer als I on may thiuk, l-'"'
Jiis day I saw uo mete ne driuk."
\)e iew said: „for schäme, lat be!
I saw both oJ)er men and |ie
llkoue bald a child bh)dy
Aud ett it sejjiu, sekerly. ^m»
And sertes, me thiuk by I>is scill
A lathly life ^e gif gow tili!"
])e cristen man l^au wex all wrath,
And said : „|)ou lies, with-owten atli.
gowre law es fals aud so er 3c, 20s
^e will nught leue bot f)at 36 se.
Jjarfore fare furth, opon Jdc fy!
I will nomore f)i cumpauy."
|)e iew said : „felaw, greue ]je noght
Al-if me here-of wonder thoght ! 210
Bot teil nie by sum graither i^reue
how I might |)e sertayn leue."
'pe cristen man said : „{)is es {je skill
jat god of heuyu noght sufler will
)at pi sinful eghen seghe 215
)e sacrament {lat es so heghe;
le wald noght schew f)e in fiat stede
how his body es hid in brede:
\n kiu him flogh ogains {le law
ffor-|)i |)ou him al blody saw.
And so sali all })i kiu him se
At l^e dome when {jai sal dampned be."
Ipe iew said : „felow, I prai I^e f)an
J)at I war made a cristen mau."
jjan was he cristeud als I teil, 22->
Thurgh {jis miracle Jjat |5us liyfell.
Exemplum per speculum.
A faire eusample may meu se
Of goddes body, how it may be
In diners pr/rcels parted here
Aud ilkaue he goddes Ixuly entere ; 2 ''i'
Aud how I)at of ane eucharist,
[)at sakerd es Jie cors of crist,
A huudreth meu may hauejjairedale,
And ilkoue haue cristes body hale —
J)at may meu by eusawmple here. 2"''>
Bihald {)i-self in a Ichewere:
{jou sese bot a face, more ue les,
whils \)e glas vubrokeu es.
Breke Jian [le glas iu two or thre:
And so niauy faces sali J)ou se;240
Breke in a huudreth |u'ces \n- glacv-
And J)ou sali sc a huudreth face.
220
170
Sermo in festo Corporis Cliristi.
And if bat [)e glas all hale wäre,
A face pou suld fe and nomare.
So J)e sacrament of goddes body 245
May be departed in sere party,
And in ilk part all hale es he,
All-if it neuer so litill be. —
Alfo jit, J)at \)e sacrament
Es ordand all by trew entent, 250
at may ilk man him-seluen se
y J^e making of J^e vble.
By seuyn feiles it es made euyu,
To stroy {)e dedl.y sines seuyn.
|)e eukarist aw to be white, 255
fforto destroy flefly delite
And alkins lust of lichery,
{)at blac es euer and ful vgly.
Thin aw it to be al-gate,
Glotony forto abate; 2i)0
ffor Jjai couait J)at glotons es
Of niete and drink ay mekelnes.
Rownd it es and light to thraw,
( )gains i'lewth, Jjat makes men f law.
And it es made with-owten leuaine,2i")5
wreth and euuy to stand againe;
flbr enuy bolnes maus hert
when he feie oj^er men in quert.
It es also with-owten bran,
And, als [m Clerkes declare it kan, 270
' at es ogaines couatife,
at rekkes neuer on whatkin wise
)at he may reches vnderfang,
Be it right or be it wrang.
Also it es litill and clene, 275
Ogaius pride, ])at euer es kene
And coualtes to be gretc and feil,
Als hu'ifer, J)at went to hell
And feil for pride fra \>e blis of heuy n.
])e brede ]ius es ordand by feuyn 280
])roper skils forto reherce
Als funden es here in {)is vers:
Candida, triticia, tcnuis, non ma-
ijna, rofiiufla,
Ex-pers fnimcnti, non inirta sit
Ji Ostia xpi. —
And when crist made ]>is sacrament?
|)at sal we trow with trew entent,
fful light it es in faith to feie, 285
(Vor ilka cristen man wate wele
how jiat crist sat at bis sopere
wlien f>at bis passiown neghed nere,
And tili Ins appostels gan he bid
llbrto do als he I>an did. 2'.to
And how he did, wele find men may
In ]ie ])assi(>n on gude friday;
■2ÖÖ I. .-kilb .St. Iflk-si'
he Said : „on \>h wise sali 5e do,
ffor I most wende my fader vnto;
J)us sal 5e do in mynde of me 295
Als oft as it done sal be."
J)us of {)e appostels |)at god sent
Toke haly kirk ]>h sacrament. —
Et dicitur sacramentum Nota
Quasi saere rei signiim.
Et dicitur eukaristia
Quasi bona graeia.
|je first tels with trew entent:
A haly signe es sacrament. 300
And noght eis menes {)e eukarist
Bot gude grace, cumen of crist.
wele may we fe it es gude grace
{)at keper es in cristes place!
And grace es niore worthi ])an kinde,
Als cristen men may haue in minde.
Men aw to be in clene entent
{)at sali resayue Jns sacrament,
ffor Saint paule sais, & se men may
In Jie pystell of Jms day: 3lo
\)i\i what man so with euill mode
Resaiues goddes flell' and bis binde,
he cums to bis confusiowne
And resayues bis dampnacioune.
|)arfore saint paule, ane of j)e
twelue, 315
Sais I)at a man here demes him-selue
And of damjmacion takcs bis dome,
vnclene to goddes burd and he come.
jNIan Jjat dose so, wha-euer he be.
Sali he neuer-more denied be; 320
ffor bis awin dome wha-so will take,
what oJxT dorne suld god bim make?
[larfore suld na man rcklesly
wend to resayue |)at blisced body,
Jiat hfe es, if J^ai wele it ta, 325
And ded to I^am [jat dose noght swa.
And Jiarofe here we saint mark ' say
In J>e godspell of bis day,
whare we nuiy find wretin J)us:
To bis dcscipies said ihesus 3-30
And also to {le iewes in-fere,
Telland to Jjam on Jns manere:
E u a n g e 1 i u m s f c ?/ » d u m ^I a r -
cum. '
Caro mea uere est cibus,
& sanguis meus uere est
potiis:
„i\Iy fielV", he said, „es brede of life
And verray mete to man and wife,
' CS ist .luliaii. 0, .jü — j'J.
Sermo in festo Corporis Christi.
171
And niy blude es drink verray •^>'''''
To all jiat lifes in cristen lay.
Wha ettes my flell" and driukes my
blude,
In me he dwelles with mayne &
mode,
And I in him am ay dwelland,
whils he in stabill trowth will
Stande. 340
And als my fader, lifand in blis,
has sent me, forto mend jowre mis,
And als he lifes in lith and lim,
So lif 1 for l)c Inf of him ;
And he J^at ettes my body fre, 345
he sali ay lif thurgh might of me.
I^is es |)e brede with-owten ende
|)at fra J)e hegh of heuern descend ;
Xoght like to manna |3at doun feil
vnto l>e childer of Israel, S'O
ffor {)arof ette jDai in Jjat stede
And neuer-|je-lese jit war Jiai dede.
he J)at {)is brede ettes worthily,
he sali ay lif and neuer dy" —
Gastly life ay sali he haue, 355
And in heuyn sali his saul be laue.
Crist grante vs for his moder sake
])at worthily we may it take.
^lore of Jjis mete we may here teil
how |3at Saint John in his godspell 360
Sais: bot if we ett cristes brede
Aud drink his blude, oure liues
er ded. —
All-if it here be pwrted in fmale,
Crist cors in heuyn it es all hale,
And euer with-owteu end sali last. 3^5
|)us aw oure trowth to be stedfast —
ffor no man may here serue crist,
Bot if his trowth to him be trist.
Oculus fidei acutus et:
Quia iniiisibilia consincit:
])e eghe of faith es scharp and kene,
It sese l^at may noght here be fene. 3T0
J)arfore vs aw to trow and wirk
Efter kening of haly kirk,
ffor J)at es here {)e fastest fay,
And vnto heuyn J)e rediest way. —
More will I teil jit in \A& stede 375
how ]iat meu ettes angel brede.
J)is blisced brede may neuer be speud,
ffor god him-self hider has it send
ffra pe fende man saul to fend
And giff f)am blis with-owten ende. 3S0
In J)e bigining was ordand
A custum in ilk cristen land :
Jjat men and wemen more & les
Suld ilka sundav efter mell'
Be howfeld all with gude entent3S5
And resaiue |)is ilk sacrament.
Se{)en was J)at custu«* casten doun,
I sali jow teil by what chesoune.
ffor folk war howsild so comunly,
Jjai toke {^e les reward {^arby, 390
Ne Jjam-self Jjai wald noght gerne
Als to f)e sacrament suld feme.
Anoper was, for men wex irk
with grete trauail in hall kirk,
Aud \>i\t uoue wise J)ai might for-
sake 395
In tyme wheu folk suld howsil take.
{jarfore Jje pape on {dIs manere
Ordand: J^at thrise in {je jere
Suld men refaiue Jjat blisced brede
Thurgh cristen land in ilka stede ; 't'"'
Aud who did noght anes at ]je leste,
he sali be halden bot als a beste,
Aud he sal noght, whe(u) he es ded,
haue his beriel in haly stede.
jarfore pray we god in-wardly '^05
jat we in werk may be worthy
"tat brede enterely forto take,
Sen it may all oure sorows slake.
Aud by J)is brede now will I teil
Aue ensaumple {)at sum tyme feil. 'ilO
Narracio de presbitero.
A prest sum tyme in iwgland
In a cete was wonand ;
he had noght led, als sum men tolde,
his life als clenly als he Ibldc:
A grete ouil god to him Icnd, ^^^
ffor })at he fuld his mis ameud.
And als he lay opon a night,
God of heuyu him schewed ])is sight :
A child him thoght he faw and herd,
l^at asked him how f)at he f erd ; ^-"
A panier in his band he broght
fful of brenaud oblis, als him thoght.
I)e prest I)an asked: ^wha ertow?
And what es j)at ])ou bringes now ?"_
he said: ^I am goddos messangere,-!-'^
And lo, oblis I bring {je here;
})us many vnworthi has |)()U taue
At \n nies bi \w allane.
And if |)ou will noght leue me,
Schew furth In band and {lou sal
se." •*3"
|je prest ])ut liirth his band ououe,
And \>Q dulde has ane vble tone
(^f bam |iat semid so brinand.
And put it in Jie prestes band.
Whcu it was laid m a momeut, '•'•'
A hole thurgh-out {x- band it brent.
172
Sfermo in festo Corporis Christi.
Jio cliilde [)an went oway iu liy,
And \)e prcst bigan to cry.
Ofjer nien \)au come him to
And Rsked wlii Jiat he fore so. 440
^Lo," he Said, „how I am dight!
wha saw euer swilk a sight?"
A hole in liis hand might mcn se
Als brade als was |je vble.
J)e jircst {)an wele amendid es, -145
And efterward sang mauy mes,
And Jie hole euer in bis hand,
bat nieu J)e suth niight vnderstaud.
ne serued god in word and dede,
And se{)in bis sawl to heuyn ^ede. '^^^
I bald, J^e niau es niore \)nn niad
Jiat ettes Jjis brede and es uoght rad
ffor vengance of god and for wrake,
If he vnworthily it take! —
Wrogbt it was thurgh goddes worde
])at he Said at bis awin bürde.
|je same niight bas ilka prest :
To turn f)e brede tili {>e cors of crist,
And forto turn wine in to binde,
J)e same \>at was sched ou Jje rode, -loo
Cri.st blisced ]3e brede, als sais J)e
boke.
And tili bis appostels he it toke.
And said to f>am on Jjis mancre:
„t)is es my flell" I gif gow here."
And efter he toke {)e chalis, -465
And on Jie same wise gan it blis.
And said to f)am witli mild mode:
„Drinkes of fis, it es my binde.
And als oft-tymes als ^e it take,
Mynde of nie luke J)at ße make!" 470
J)us ordand crist J^is sacrament.
.\nd when he vuto benyn was went,
]iai did messes als he euniand,
Als }iai went in ilka land.
And when petcr was pape of rome,4'''
Chef cownsailoure of eristeudome,
Ne al l>e ojjer, whare jiai Icnd,
Said namore \)im crist liad keiid ;
Ne did |jarto none o|ier tbing,
when jjai suld {>aire messes sing, 4*'^'
Bot Jjc pater noster gan {)ai say,
Als crist had cumand jiaim to pray.
J>ai had noght eis bot brede and wine,
And goddes wordes ^ude and fyne.
vestimentes none bau jiai 485
Bot als jiai werid ilka day,
And vellels ])at of tre war made —
None oJjer cbalifes J^an })ai bade.
})an efterward J)c jiape vrban,
)at was balden a haly man, 490
( »rdaiiid j»at j)e chalis sulde
Be made of silucr oJjer eis of guldc,
with a patene, to hill ouer all,
Ordand of {je same metall.
])e pape celestiene allwa 49.")
Ordand a saline hat Jitdica
|)at ilk prest Jiat ordand es
Sal say bifor he go to mes.
f)e pape siluester toke out of grew
])e nien kyries, als Clerkes knew; 500
Jie angell sang he did jiar-to
Gloria in excelsis deo.
Saint hillary |ian, als men hers,
Erchebisschop was of paters,
All Jie remnand ordand he ^'^^-^
J)at we sing fra laudamus te.
pan by Jie pape it ordand es
To sing {lat (iloria at {le mes;
It co^H'ermed pajie tellophorus,
And sej)in so did pape ciuacus. ^'f
Pape alisander ordand rath
]ie pistell and \)C godspell bath.
By ierom and ambrt)se ordaind es
To sing Jie graell at \:>e mes.
It coniermecl pape gregori, ^^^
And made Jsarto [>e oflertory.
J)an {le pape anastacius,
In his tyme he ordand {)us :
\)at men suld stand, was his biding,
whils {le godspell Mas in rcding. ^-'^
f)e twelue appastels made f)e crede:
To sing it damacius \^e pape bede.
Pape steuen and pape dement,
jjai ordand jae vestiment.
Pape siluester ordand j^e corporas,'^'^'
In tokining I)at goddes Ijody was
In clene clathes lapped and laid
when it in Jie graue was graid.
J)an ])e pape Leones
Ordand \)c preface at ])e mes. 530
Pape alisauder ordand sine
To do iu chalis water and wine,
In takin {lat botli water and binde
Come fra crist side on {je rode;
je binde es tokiu {lat he vs bo^ht, •'"'55
)e water wassches all euill tnoght.
jau ordand {je j)ape Situs,
Thrise {lat men suld say sanctus.
Jelasius made {je canon right.
And c/-/st {>e pater noster dight. 540
\nd how {lat jiraier ordand was,
jat sali I teil jow or I pas.
lis defciitles said on a day :
„lord, teil tili vs what we sal
]iray."
And Saint. Ion sais be bad {)ani bid 5I'>
{)e pater noster, and it vndid,
öO'.i {);iu .s(. {)at y ä'J7 Ms. was lai)ije(3.
Sermo in festo Corporis Cliristi.
17:?
liow Jjat it es ordand euyn
tforte destroy {je siues seuyii.
if'or seuyii askius er f)ar-iu.
And ilkone niay for-do a syn -"'''^
If it be Said in giide degre
And cleue Life als it a\v to be;
Eis prayes a man him-self ogayne,
And all bis trauail es iu vaine.
Pajie Innoeeiit \mn uext folowand, •">''■"'
Fax do7»/ui |)an he ordand,
ftbr I)at ilk man suld kis of^er
And bald |)am liertly als [)aire
broj^er,
In takining Jjat god ordand pefe
r.y t\\ix bim and man, uener to Tele. ■"''('
Jx; last word [lan of J)e fest
Es Said [ms: Ite missa est,
I:)at es to say ,,uow es it seut
To beuyu for vs, ]jis sacramont."
Adhuc de canone misse.
IN l>e cauon aw neiiyued to be •"''''•'
ifirst mari, cristes moder fre:
ifor (of) hir, maiden milde of mode,
Toke be Iwt blisced flell' and binde,
l^at same flell' jjat suflerd dede
And J>at es uanied ay-lastand brede.
[le twehie appostels [)an ueiund eri-,
llbr |)ai p/vebid both nere and ferr
\)e trowtb als be bad preehed playne.
And for bis sake sej)iu war |)ai slaine.
Jie ajjostelis of crist war seut, 5"-'^
And martires, wlien |iai war went,
witnest J^aire werkes fer and nere;
{jarfore all done to ded J)ai were.
Jhes».s died for Inf of vs,
And Jjai died for Inf of ibPö7/s, •'"'''"
witb mekill dole and diuers ded,
ffor |)ai bare witnes of |3is brede.
Peter, Andrew, and jjbilip, find we,
war banged on l^e cros all tbre;
Panl, more James, and Matbew •''*•''
war beuidded, and also bertilmew,
f)at bere was a fnl baly man,
16 was Hain qnik and beuidded Jjan ;
Simon, and Judas tbadeus.
And les James, Jjai died {)us, •''^•"'
Als it es witb Clerkes knawen :
Jjaire sins war fra ])aire body drawen.
And Saint Jon {je euangelist,
{)at cosin was to ibesu crist,
in a tonn ful lang be dweld •'^9''*
And briuand ole {jai on bim held ;
venim be drank and dered bim noght.
And sejjin he died when god gude
thoght.
Saint thomas {)at es named of yndc,
be was tlinrgb-stiked, als t'olk mav
finde. '■'■«
{jan in {)e canon neuind es
Twelue {)at war trew martires
And died all witb sorowis sere.
And sum papes and snm l)ill'cb()|is
were,
Sum dekines {jat suld be prest, ''''•''
And sum lawd mon |)at lifed on
crist ;
And all {jir marters more and les
Of {ms ilk brede {)ai bare witnes.
Saint leo, clemens, and cletus,
Sixtus, and Cornelius, ^'i<)
AI {)ir war papes, and sufferd ded
ftbr {)ai bare witnes of {)is brede;
Cipriau was bisschop of cartaginns;
Dekens war steuen and laurcncius,
And vincent was a dekiu of luiglites;
Grisogon, Jon and panl war kuigbtes ;
Saint Cosma and saint damiane
{jai war lecbis by {lam allaue.
Katerine, 3Iergarete, and agacc,
{>ai died all for |)is brede of grace ; '"' '"
j)arfore es reson {lat {)ai tbrc
Xeuynd in {jc canon be.
AI toke {)ir ded witb gude cnlciit
ttbrto maynteue {lis sacrament,
{)at named es bere angell l)rede •>-''
And saues man fro endles dede
And bringes him to {je blis of heuyn,
wbare more ioy es {)an men may
neuyn.
{je sigbt of god {jare sal {jam fede,
And bis lightnes sali be {laire wcde,
And werk {jat {jai sali wirk ilkane
Sali be loueing of god allane.
God grant vs iu {jat blis to ])ilde,
Tburgh prayers of bis moder milde.
De indulgeuciis inde con-
cessis.
Grefe nowmber of jv^/'dcjji granted es
vnto all folk, both more and les,
{jat {jis seruis will say or here
And als it fals iu ilka ,^ere,
{jat es {je next thursday to se
Efter {je fest of {je trinite. »J*"
{je pape vrbau ordand {jis fest,
ftbr cristeu men both nu)st »S: lest
Suld in {jat tyme witb gude entent
honore {)is haly sacrament.
038 Ms. Alis .St. Aud.
174 Sermo in festo Corporis Christi.
he granted to all mon at |ic mes •''■*>'> Aud foui-ty at pe cuinplin clere 6'>5
A huudreth daies of forgifnes; vnto all mon {)at it will here.
Aud at \)e niatins wlio wähl be, Aud forjjerniare if, incn will luke,
A huu<lr('th daies haue siild he; f)is same p^/rdoue es all |)e woke
Aud at |)C first euiu-sang byfore To {)ani pat cums witli gude eutent,
A huudreth daies by I)e lex Icore; ''='>t^ vutill {je vtas be all weut. ^'»'J
And for ilk oure he vo\vehed-faue God graut vs so, wliils wo lif here,
llburty dais \y.\t men suhl haue; \)\s seruise forto say or here,
Aud to |>e euiusaug folowaud jjat we uiay with [mt pardou leud
A huudreth daies he cumand ; In lifo |xit lastes with-owteu eud.
2 a) Ms. Dd 1, 1 Cambr. Univ. Libr.
fol. 32 b.
In notiiine sum?»i saluatoris, glo-
riosissimi subliniis creatoris, indiui-
due omuipotentis iueffabilistrinitatis,
inco«ipreheusibilis et inco»;auutabi-
lis, veri dei & hominis, nosh'i pr/u-
cipii, ])rogredit?«- exordiu?»: veri
vbi Christus est fundameutu»?, uul-
luw boni operis sup^/'est edificiu/// :
patebu»t ling«a materna, dei me-
tiiante gr«c?a.
Panem augeloru«? manducauit
homo: Dauid in psalmo.
In |ie name of oure souereyn sauyour,
Jjat is al weldiuge creatour,
\>e heye holi trenyte,
per o god is & pcrsonis .iij.,
Bobe veri god aud mau, ^'
& pe holi gost, alle .iij. bat au,
be a-mong vs in his gv«ce to woue,
to helpe l>e speche Jjr/t is here be-
gu»ne.
aud if per eny mau be here
\)at of his beleue ha}) ben in a Avere 1"
or ha|) errid her-be-fore,
wher-bi his soule myhte be lore,
swich \\ord he mote now here
to sauen him fro helle-fere ;
and alle \)at ben in riht fay, 15
J)at Jjei mote hold {)e saf way.
aud |)er-for beseke we him
J)crt may sauen eueri lyme,
to-berste, to-bete bon & feile,
to saue vs fro pe fire of helle; 20
aud pis day lete his bodi be borejl^-^sj
to techiu vs pe riht wey before,
and pf/t he to vs take hede
& send vs ping pat we hau nede.
ffor as 1 seyde beforu in latyu ^
prtt no werk hap no good fyn,
It is nouht worth, vcrament,
l^ut if crist be pe fundamcnt:
Sermo in festo Corporis Christi.
175
{jer-for wile we him besecLe
\)at he be fou^der of eure speche, 3«
aud l>at it eude iu his uame,
& J)«t |)e foule feud it schäme,
aud p>-ofite to oure soulis alle,
Jjf/t uou in mysbeleue ue falle.
J)er-for alle [lat ben here, 35
preyth for me sum preyere,
ffor ilu'su cristis owue loue,
& also for joure owu behoue.
^e lewid meu, taki{) liede —
for J)e clerkis hau uo uede 40
])at I hem o}iene J)is latyu,
for Jjei it kuowe wel & fyu;
Ifor holi chirche it siugi}) meste,
nameliche iu f)is newe feste.
But uertheles it is ful old i^
I>rtt dauid iu |)e sawterr told:
for J)is it is \)at dauid seyde:
Jjat Mau eti}> au^gelis l^rede.
& [mt is soth, for so it wes
iu tyme of Jie prophete moyses. ^^
he was iu Egipte iu gret truage,
& goddis folk iu foul seruage,
A'uder Jie kiug pharao
|)er Avas a J^ousaud meu & mo.
louge it were al to teile ; 55
but atte laste J^us it befeile
\wt god ue wold suffreu it uo more
his owue folk iu thraldom thore,
aud god bad moyses he schuld fle
wi[) his folk |jorw |3e rede se. ''•'
aud whau moyses to Jje se com,
al drye his folk wi}? him he uom :
J)e se stod vpriht as a walle,
til J)ei were passid alle.
kiug pharao him suyd faste '35
wi|3 al his meyue, & al iu haste;
aud whau J)ei were alle iu Jdc se
wi|")-iu,
God turuid liire streugj^e al agen,
so jDat goddis folk was al ouer weut
& pharao Si hise were alle scheut. "0
Iu J)is place it may ben seyde [f-33i)i
])at mau ete au^gelis brecle:
Jje tyme |3«t moyses lad Jjus
his gret ost iu wilderues,
God fro heueue lete reyue adou// "
as it Avere a flour, gret foysou;?,
Manna, so it is wrete,
& it is seyd au^^gelis mete.
Jjei it gaderid, & lyuid jjcr-bi,
& synuyd sore, I wile teile 50W whi : ^0
jDei gaderid mor of bred
I^an eueri day {)ei had to ued;
aud it wolde not beu on morwe
for to kepe ne for to borwe.
2 b) Ms. Veriiou f. CXCV.
I. De festo corpori.s xpi.
^E lewede Meu, takej) hede —
ffor {jeos Clerkes haji ut)u uede
[)at I hem opene {ns latyn,
ffor heo hit conue wel a-fyu;
Hbr holy Churclie hit siugcjj moste, 5
Nomeliclie of J)is uewe feste.
Ac no[)eles hit is ful olde
I:)at Dauid iu {je pfauter tolde:
ffor Jjis is 1)6 latyn J^at Dauid sede :
I)at Mon ete Angeles Brede. i**
Aud {)at is so|>, for so hit wes.
J)e tyme of J)e prophete Äloyses
Avas iu Egipte iu gret truage (!)
Aud godus folk in foul seruage,
Vnder {le kyug Pharaou i''
J^er was mony a {jousund mon.
Longe hit were al to teile ;
But atte laste hit [ms bifeile
I^at god uolde solf're hit uo more
his owue folk iu {iraldaui wore, 2i)
And god bad Moyses he scliolde fle
wifi his folk Jjorwh J)e Eede se6.
I^o Moyses to {)e see com,
AI druye his folk wij) hym he nom :
I^e s^e stod vp riht as a wal, --j
Til Jjci weore I-passed al.
Kyug Pharao him suwed faste
AnJ) his Chares aud his hoste;
Aud whou J)ei weore alle in J)e see,
God torued heore streugl^e a-je, 30
So pat J)ei were ouer-seyut,
Aud he and alle hise weren i-dreyut.
Iu J)is place hit mai beo sede
3at mon ete Augeies brede:
)at tyme J^at Moyses ladde {jus •'•'''
lis grete host In wilderuus,
God dude lete reyue adouu
As hit were flour gret foysun,
Manna, so hit is I-write,
And is I-clept Angeles Mete. -^^
heo hit gedrede, aud liuedeu Jjerbi,
Aud su;?ged sore, I wol teile ou whi :
{)ei gederde more, for drede of brede,
Jien vche day {sei hedde to uede;
And liit uolde not beu ou Morwe ^J
flbrte kepe ue for to Borwe,
IT«;
Sermo in festo Corporis Cliristi.
I holde {lis a badde stör S'"'
to eiu'i-i inokererr \)at wold hau mor
of catfl \>au lie ha}) to uede
Jiis owne nicyue for to fede;
iie hic'|) com a'jcn Jie ^ere
& kepit it til it be dcr^'. •"'
„Hut Jjoi'-of do|i he wiseliche,
if he departe it skilfulliche.'"
Nay for solu', j)enki{j he uouht
to porc men de})arteu onht;
Bouhte he neuen' so good chcpe, ''■''
hc ne rewi}) not {)e pore to wepe;
]ie ne rouhte how al \)c world ^ode.
so \)rit liis owne geling' wcrr gode.
for |ns is |)e mokereris answerr:
,.go joinr wer, corn is ful der^."- ""*
also for so[)e, \vij)-outen gabbe,
{)e sauie auswen' he scliall habbe
Avlian alle I)e au/i^gelis in heuene beth,
it alle ou erthe {ißt sufirid detli,
schul ben at on parlenieut : 1"''
lu'r I)e niokererf schal beu scheut;
|)or lic schal vjibraydid be
ol' god hiui-sclt', I)at is so fre,
in what niauen' |)r/t lie liaj) speut
{je godis [>ut god ou erthe hini leut. 1'^'
l^er god him-self schal ^euyn \k-
donie —
hc uiay beu a drad or he J)er conie;
For {)is is I)e word [)at god wile say
to \ni niokererr at douiys-day,
aud so liarde to uon other man '^i"
as to j)e vnkynde niokererr J^an :
„I hungrid whau [)ou wernedist me
niete ;
1 wold haue had driuk, I cowde
uon gete ;
lierborwles, J)ou me forsoke;
cV sike, in p//sou», cam not me to
loke ; . . ." 1'^"
(füll. 34, 3ü und 3C folileii.)
Ich holde Jjis a badde störe
To vche Mokerere }5at biddej) niore
()f Catel Jx'U he hajj to nede
bis owne Meyne forte fede ; •'•"
he bugge|) Corn aßeyn j)e ,sere
And kepej) hit til hit beo dere.
j)er-of he do|:) wysliche
;-iif he departe hit skilfulliehe.
Nay forsojic, {ienkej) he uouht ■"••''
To porc ineu parten ouht;
Bou,^te he neuere so good chepe,
he rewel^ nout {je porc wepe;
he ne rouhte how al {ie world ,iode,
So l);it bis owue bi-jete were goode. ''i'
fi'or j)is is J)e ]\Iokcreres onswere:
„(Jo}) or wey, Corn is dere."
Aud forso{)e, wi{)-oute gabbe,
\w same onswere he schal habbe
whon alle l>e Angeles in heuene
beo[>, ''■''
And alle ou eorj^e I^at IjoleJ) de]»,
Schul ben at a parlemeut:
l>en |)e Mokerere schal be scheut ;
j)cr be schal vbl>revdcd beo
Of God biin-self, [iat is al frco, ""
In what niaiu-re be ha{) speut
|)e godus })at (iod ou eorjte lü/i/ leut.
{>erc god him-self schal 3iue l:»e
dome —
he may beo adred er he {»er come;
t^br {)is is J)e word jiat God wol say "■''
To l)e Mokerere at Domcs-da>',
And Ccrteynliche to nou oI)ur mou
But to j)e Avrecche ]\rf>kcrere Jxm:
«I huugred whon Jiou weruedesi
me mete;
I was a-llurst, I coude not gete; *»"
herborweles, \wu me forsoke;
Seek, in pr/sun, Jiou ne come me
to loke;
A-Cold, Clo|)eles also,
Naked, J)on me lette go :
{jerfore, Mokerere, Jiou wende to
helle, >^"'
wi}) alle l^e denelen J)er euf^e to
dwelle.''
l)Q wrecche Mokerere onswere
schal ]ian :
^Lord, whon sauh we f>e neodi Man ?-
„3"s, whon 5e warued \>c leste of
myne,
3e warned hit me wel a-fyne", 90
And pere hrm tit heore onswere:
flGof> to helle, for heuene is dere.''
65 1. {)ci. 91 Iiim in liem korr.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII.
Sermo in festo Corporis Christi. 177
At Domes-day {)e meste schennes
liit fallej) vppon {je uy|)iuges ;
ftbr {)ei ueuermore wole hem schryue
{)at Jiei weore ui]oinges in heore lyue,
But eue;e heore onswere hit is {)us
„we jiuen niore Jieu men äiuen vs." —
Torne we to vre gospelle,
Of {)e folk of Ysraelle, WO
hou J)ei gedrede Angeles bi'ede
More \>en {)ei hedde to nede.
{jerfore god wro{) was
f)at Jsei trist not to his gras,
And let hem dye ; and were I-slay l""»
ffourti Jjousund ou a day,
ftbr {)at gult and o\nn- eke,
And godus heste |)at {)ei breke;
f)at of sixe and twenti {jouscnde —
{)us muche was Jae nou?«bre to
toknynge — iw
{)at J)er eome non to londe freo
Saue tweyne, Calef and Josue —
And of |)ulke tweyne com al {je streue
Of vre ladi, heuene-Qweene. —
Now is wel seue to-day Hö
Jjat he louej) vs more {)en {jay.
ftbr he ne sende hem but Angel
brede,
{jat lastej) but a day to nede;
he ha{) send us a Ricchor soude:
his owne bodi, ich vndurstonde, !-'•
f)at wol laste euere I^e soule wip-
Inne,
whil {30U art out of dedly syune.
{mt was I-i^yned for vre nede,
To-day j)OU seost In ftburme of
brede.
And bauh I wol 30W schewe and
teile _ liiS
Beo I)is ensau///ple hou liit bi-felle,
\)Sit is writen In {je Legent
Of {)i(s) holy sacrament.
Videmt<s in altari formam panis,
non carnis, & quare.
A Jew sum tyme and a Cristene mon
were felawes in {^e Avey vppon. 13<^
And bi {je wey, as riht was,
[je Cristene Mon herde Rynge to Mas.
^e Cristene Mon seide: ,a-byd me
here,
whil I go to my preyere!*^
J)e cristene mon we»te in to \>e
churche. 135
And pe Jew bi-gon to grucche,
ftbr hym J^hougte his felawe was
To louge biddinge atte Mas.
12
178 Sermo in festo Corporis Christi.
\)e Jew ros vp and forjj ede
iu to j)e Cliurclie, to tako hode. l-"'
\)cu sauh he atte weiiedc
|)e prest holde ouer his heuede
A rf'eir child, I-\voundet sore
Iu flbt, iu houd; 5it sauh he uiore
{jat {)er uas uou{)ur wvf nor niou 14^>
Of alle J>at iu {je Chirche were on.
[)at ue helde vp here hondes aud
sat ou kueo ;
And froin J)at cliild sauh conie tie
Ano{)ur such as he sauh stoude,
A(ud) lihte bi-twenc vche mounes
houde. l^"*
f)e Jeiüi a-Bod, til |)e prest
vsede {)e Eukarist,
{)eu sauh he him ete {)e child
jiat he bi-tweueu his houdea held,
Aud al \>At weoro iu })C churche l>er-
luide !•''•''
I)e Jeuh Jjhoujte [mt so heo dude.
|)e Jeuh was agrise, and we;/te hi»/
hy.de
[>er his felawe him bad abyde,
And bi him-self he seide {jan:
^A grisly lyf ha}) Cristen :\rau !M'''>
\)e Cristeue ]\Ion aftur J^e ]\Ias
Com to J)e stude Joer {)e Jew was.
"ae Jeuh asked: „hou farestou?"
be Cristeue mou seide: ^better
jDen {)ou;
flbr sij^en ichaue my god seye, !•»
Ipe lihtore ich holde al my weye.'"
p)e Jew seide: ^l^f"» my scolle,
wel ouhte \)i wombe bo fülle;
hedde I so muchel I-',ete,
f)is J)reo dayes nolde I no mete." i"0
„fforsoj^e,'' qua}) j)e cristeue mon,
„To-day say,5 I siht of non,
Neu eor{3liche kunues mete
J)at my ]\Iou{3 mihte ete.''
„Let beo! 1 sauh wi]) mvu e^eu
two ' 1'5
where J)ou aud ojjur mo,
vche of ow lieold a child blodie,
And sij)en 3e eten hit, 1 uul not lye;
wherfore i seye {^at oure lawe
Is not good.'' bi J)at sawe i*'^
}je Cristen mon bi-gon to beo
wro|) ;
„{)0U lycst, Jew, pou art me lop;
joure lawe is fals, and so je ben,
Se wol not leeue but Jiat je sen.
perfore al-oue I ^o \>e bi, '85
I kepe no more pi cumpaygni."
185 I ist /u 1118011?
Sermo in festo Corporis Christi. 179
{)e Jew seide: „ffelawe, greef {)e
nouht
{)eih I teile f)e what I sayh and
I)Oulit!
Ac tel me bi suni ofnir preue
wher-bi I may J)e soJ)e leue!" 190
„{)is is J)e skile," quaf) ^e Cristene
man,
flj)at god nout soffref) Jje {)an
bat J)ou 86,56 wi{) J^iu e^e
pe sacremens |)at ben so slese,
l>at bis fflesch mihte so ben hud 19''
To vs cristene wib-inue {)e bred;
And {)y kuu made bvm dye,
l)eriore al blodi Joou "liym se^e."
^ffelawe," quii[i Jie Jew {)on,
„help ]3at I were a Cristene mon ; -»'O
ffbr leuere ichaue cristned ben
I^en euere seo such a siht a^en."
{)o was {)e Jew cristned, and
o{)ur mo,
ffor {)e Miracle I^at fei ])o. —
f)is Bred J^at is godus flesch, 205
what feiror preue wolde men esch
I^at vche part is godus entere?
{)eih hit weore parted in J)reo quar-
tere,
And f)eih hit weore an hundred dole,
vche part is bis bodi al hole. 210
And J)at loke bi skile, lo here:
Bi-hold {)i-self in a schewere:
l)0u ne sest but onliche J)i faas,
])e while al hol is l>e glaas;
And brek ])e glas in two or {)re, 215
And so nioni formes Jdou miht se. —
Beo |)e makyng of J3e oblee
wel and skilfoliche me may se,
Of wjuche we make Godus fflesch,
f)is is J)e saumple whose wol esch.
hit is maad beo seuen skiles
Ageyn I)e seuene dedly synnes :
A5eyn Lecherie hit is whit,
{)at was Blak and stynkyuge euere git.
hit is {)unne a-3eyn Giotenye, 225
{)at al to muche wole swolewye.
hit is round and liht to {jrowe
Ageyn Sleu|)e, J)at make{} men slowe.
Of swete whete mad hit is
A^eyn Wra{)j3e, bat is bitternis. 230
hit is mad wif -oute leueyn :
Ageyn Envye hit stout ageyn,
ffor Envye makej) Men swelle
whon he seoji enj' spede welle.
hit is also wiji-oute Bryn 235
Or eny ojjur Corn Jjer-in :
hit is a-geyu Couetyse,
l>üt ne rccchej) In what wyse
12^
180 Sermo in festo Corporis Christi.
Euy catel vndurfouge,
Beo hit Rillt beo liit wrouge. 240
hit is Jjerto clene and luyte
Ajeyn Priiide, Jiat euer 3ut*»
wolde beo gret and liei^ of wille,
As Lucifer, {)at fürst feile
fFor bis Pruide out of heuene. -*•'>
Do we Jjis Bred a3eyn {)is seuene !
Candida triticia, temäs, non mn-
giia, rotun^a,
Expers fruvmnti, non mixta sit
Jiostia xpi. —
And hou hit fürst com and ede
{)at mon ete Angeles Brede,
hit is lilit so|) to teile,
ftbr vche cristene niou wot hit welle.
{)e lata soper wi{j-outen wene
Avas I-mad atte Ceeue,
And God bad l>e Apostles do so
whon he weore to heuene I-go:
.„Do {jis in |je muynde of me; 2ö5
I go and come to ow a-je."
Of ])e Apostles Jiat God .sent,
(tok) hohchurche {le sacrament.
Et dicitur Eiikaristia
Quasi bona gracia:
J)at is to siggen, eukarist
As goode grace com from crist. 2t'()
Wel may we seyeu hit is good grace
whon hit is wardeyu in godus place I
And grace is betere Jien nature,
whose Jaerto wol take eure.
I rede f)e mon be in good enteut 2G5
whose take|) Jais grace in sacrement.
Seint poul seijj, and siggen 1 may,
In {)e pistel of to-day :
„whose vnworJ)iliche jode
To fonge Godus fflesch and blöde, 270
{)ere he fongejj bis owne dorne" —
Alias, hit falleji so to lome!
J)erfore poul seij^ bi J)at halue:
„he (!) demej) not God, he dcmel)
hiz/^selue."
In {nilke whose i-take be, 275
Schal he neuere beo dampned a-5e ;
3if we vre owne dorn take,
what oJ)ur doni schal God vs make ?
berfore make ow alle Redi
To take hit not as fool-hardi. 280
{)eih seint Poul vs Jirete {ms,
Vr lord hym-self, swete i\\esus,
J)is day in Markes (!) gospelle
To his disciples he gon teile,
274 lie St. him.
Sermo iu festo Corporis Christi. 181
And to f)e Jewes |)at were ryue: 285
„I am my-self Bred of lyue.
Ali fflesch so|)fast mete is,
And my Blöd verrey drinke, iwis.
Whos etej) mi flesch and driwkef)
my blöde,
I wone v/ip hym and he wi{) me. 290
Mi ffader me sent and so I gode,
To lyue for hym and he for me:
So '_ whose me etef), for me schal libbe.
{)is is {)e Bred {)at f rom heuene come,
Not lyk Manna, J)at flour be sibbe, 295
J)ei J)at hit ete, weore dede bi dorne,
And hose etef) of J)is brede,
he schal liue wi^-outen ende."
Jhesu, graunt vs so to spede
|)at f)ulke bred to heuene wende (\).
Amen. 300
( )ff J)ulke Bred in J»e gospelle
8eint Jon we here j^us teile:
J)at gif we ne ete of j)ulke brede
Ne drynke liis blood, vr lyf were dede.
And |)eih we ete hit al {)us here, 305
hit is in heuene al entere.
So schaltou leeue, Cristene mon,
{)at in no weere J)i leue^ beo on!
ffor {)i fei|) tit no mede
where J)ing of dep takest hede(!) ; 310
hit is inpossyble to serue crist
But \)i be-leeue beo good and trist.
And eje of feij) hit is ful kene
bat seoj) a siht {)at is not sene.
|)erfore alle {)ing {)at we seo{) 315
Leeue we as holychirche de^,
ffor {)at I holde {)e rihte fey
And to heuene J)e nexte wey. —
To teile more I mot nede
hou men ete Angeles Brede. 320
Of ffoles I herde herby-fore
{)at wyse men toke of hcm heore lore,
And so a sek mon milite teche
A good skile pcraueuture bifore a
leche.
{)is Bred mihte neuermore bc spende
Til God hym-self on eor|)e hit sende,
To saue mon fro pyne of helle,
So {)at he kepe hit welle.
Sum tyme such lawe Jier was
|)at vche sonday after mas 330
Eueri trewe wyf and Mon
Schulde be hoseled or J)ei eode I)on. ...
V. 289 — 296 sind im Ms. in Reimpaare
umgesetzt, mit veränderter Folge, indem
291 vor 290, 294 vor 293 gestellt sind.
' Ms. ffor st. So. * auf Korrektur.
182 Scrmo in festo Corporis Christi.
And |)at for ])h encbosnn,
I wol ow teile for what resun :
On was, for Jjat folk mis-bcre 335
hem-selue, wlion Joei hoseled were.
J)e tof)er was, for \>e grete trauayle
bat boly cburcbe hedde be ])at entayle,
In nome of J)at for Godus drede
Me 3iuef) nou ])e holy Brede. '^0
J)erfore J)e pope ordeyned, J)ries
hl J)e 3ere
vche mon I-hoseled were ;
And böte he were ones atte leste,
\te pope ComaiuKlet be bis beste
pulke bodi {)at so ne dede 345
Schuld neue;- be buried in holy stude.
J)erfore beo redi, I ow Rede,
fForte fonge Angeles Brede.
And beo pis Bred I wol jou teile
A luytel ensau???plehou hitbifelle.350
De manu sacerdotis per hos-
tiam penetrata.
IjE-fel Sil?« tyme In Engelonde,
|)er was a prest, ich vndurstonde,
pat ladde not his lyf, as was tolde,
Also clanliche as he scholde.
God wolde he scholde hym ameude,
And he hym a strong vuel gon sende :
So, he wende almost to dye.
And on a day |iis siht he seje:
A child bobe he seih and herde.
And asked hym hou he ferde; 3(;o
In his hond bret-ful he beere
Of bernynge Obeleis a paniere.
{)e prest asked: „what is jiat,
And pou {)at askest of my stat?''
he seide: „Ich am Godes Messagoro,
And {)eos Obeleis })at ben here^
{)us monye vnworJ:)ily [)ou fong,
whon |)at J)0U \-)i JMasse song;
And jif {)at Jjou nult I-leue me,
Scheuh forj) [lyu hond, and [)ou
schalt se." 370
J)e niest heold forp) his hond anon.
And pe child tok vp on
Of {jc obeleys J)at were so rede.
And pult hit in J)e prestes hond
amidde.
hit fei J)orwh Jie prestes hond on, 375
And ]je child a-wey gan gon.
J)e prest let men come hym to
And tolde hem whi he ferde so :
„lo," quodhe, „howlamdiht! (f- 37i ^Lo," quaj) he, „hou I am diht!
who saw euerr swich a siht?" who sauh euere such a siht?" 380
jiorw iiis hond men myhte se {)at fiorw liis hond mo niihto se
als brud as was J)at vble. ^-0 As brod as was \:>ai ubele.
Sermo iii festo Corporis Christi.
183
and he not maymed was,
& afterward song many a mas,
and |)e hole al-wey |)orw his houd —
|dus I)«t so]5e meu it fond.
& af ter f or a J^ousand i30u/?d of gold ^^5
f)e prest uo mor synne wold,
But seruid god \\i\) greet drede,
& afterward to heueue gede.
I hold J)fft man mor [)an mad
Ixit taki]) I>is bred & is not drad ^30
of Jje wreche f)f/t myhte befalle. —
so wurthi bred it is wijD-alle
Ipat for |3e myht of |)f/t word
|)«t god seyde at his bord,
f)e same myht l>at word ha|) here ^35
to turne |3e bred in to other manerp,
& to turne Jse wyn in to blöd,
])e same [tat was schad ou J)e rod.
|)e wordis 2:)e;-auenture I coude the
teile,
but I am not worJ)i & {)er-for I
nelle. «o
al oJ)er maMng to Jje mas
I dar wel tellin how it was.
{)e apostelis seyde no more
but what Jiei herde of cristis lore —
no mor to Jje masse wold |)ei do, 445
and Jje pater noster Jaer-to,
vpou {)e bred and f^e wyn —
& so hem ])ouhte it good & fyu.
non other<? vesteraens vsid Jjai
but as Jjei M'erid eueri day; 4ö0
and in vesselis of tre —
non oJ)er chaleys had he.
Than f)e pope vrban,
|)at was a ful holi man,
ordeynid Imt J^e chaleys scholde 455
ben of siluer or of golde,
wij) a patene, to heiin oueral,
made of Jje same metal.
Ipe pope Celestyn, ordeynid he,
a psalme men clepe Judica me, 46(i
{)«t eueri prest Jjat is & was
schuld it seye or he jede to mas.
|)e .IX. kiries Jsat ben in boke
pe pope siluester of grew hem toke.
J)er-after comij) Gloria in excelsis : 465
|)«t J)e auwgeüs of heuene first son(g),
I-wis ;
Of seint hillari J)at was, lf.37bj
Erchebischop of poytas:
he made fro landam?/.? te
J)e remenau/it |3an singe we, 4To
And he not I-maymed nas,
And afturward song mony a mas.
And an hole Jjorwh his hond — 385
I^us J)at soj^e men hit fond.
After for a Jjousend pound of golde
I^e prest no more synne wolde,
But serued god wif) gret drede.
And afturward to heuene gede. 390
I holde ])e Mon more [)en mad
I^at takel? J^is bred and iiis not drad
Of J)e wreche J^at mihte bi-falle. —
So wor{)i bred hit is wijj-alle
)at for f)e miht of Jjulke word 39">
5at god seide at his owne bord,
)e same miht Jiat word hafi here
To torne J^e bred in o|iur mauere,
And to torne Jie wyn in blöde,
Joe same |)at was sched on Eocle. 40U
|)e wordus perauenture I coude teile,
Ac I am not wor{)i and jieriore I
nelle.
Ac ojjur makyng of f)e Mas
I dar w^el teile hou hit was.
I>e Apostles seide no more 405
But what J^ei herde of cristes lore —
No more to [se masse nolde ])ei do.
And |)e paternoster to,
vppe J)e bred and vppe |)e wyn —
And so hem Jibougt hit good and
fyu. 41 u
Non oJ)ur vestimens vsud J)ay
But as {)ei wereden vche day;
And in vessels of treo —
Non o{)ur chalys hedden heo.
Penne Joe jiope vrban, 415
J)at was a ful holy man,
Ordeynde I^at {)e Chalys scholde
Ben of seiner or of golde,
wi|) a patin, to hule ouer al,
Maked of |)e same Metal. 420
Pe pope Celestyne, ordeyned he,
A psalme Men clepe]^ Judica me,
l^at vche prest J)at is and was
Schulde siggen hit er he eode to Mas.
I*e Nyne kyries I>at ben in Boke 425
J)e pope Siluestre of gru hem toke.
Per-af tur comejD Gloria in excelsis :
f>e Angeles of heuene fürst song J)i8 ;
()f seint hillari {)at was
Rrche-Bidchop of pej'tas : 4.W
he made from laudam^As- to
\)e remenaunt J)en synge we.
18-]
Sermo in festo Corporis Christi.
J)an {)e pope Tellophorus,
& {)at Oper pope Cinacus,
ße-twix hem boj) ordeynid was
to singen gloria at ]ie mas.
pope alisaii?idere ordeynid wel *75
to redin Epistil and gospel.
Be Jerom & ambrose ordeynid was
to make f)e grayel to J)e mas.
al |)is co/zfermyd pope Gregori,
& ])er-to made f)e offertori. 480
J)anne I)e pope anastasius
comauJKiid in lawe riht J)us:
\)at no man schuld sitte, he bed,
whil pe Gospel were red.
Constantim<s made f)e Crede, 4^5
to singe it he gaf ])e rede.
pope steuene & pope Clemens
ordeynid holi vestymens.
pope siluester ordeynid f)e corporas,
in tokne Jjat goddis bodi was 490
In clene sendel I-wou»de
whan Joseph leyde it in toumbe
in his owne graue of stou
& leyde anoJ)cr gret ston J)er-on.
Jjanne |)e pope leouws 495
made J)e preiaciou?is.
alisauwdere |)e pope ordeynid J)is:
to don watir <fe wyn in \>e chalis,
in tokne \>at Jjcr com bo{) watir &
blöd
of cristis side J)at heng on rod ; 500
in blöd is toknid J)at he bouhte vs,
in watir {)at cristenid be houiJ> vs.
J)an ordeynid pe pope sixtus
thryes for to singe sanetus;
Si Jian he made pe canou// {)er, 505
and god made J)e pater noster.
And how & in what maner befeile
l>at god made ]>e pater noster, I
wile teile.
\)e apostelis seyde to crist on a day :
steche vs, lord, how we schul pi'ay."
& seyut lohn ]ia[) taiilit vs Jiis —
bat is oue of his disciplis —
pot ihr.sii tauht hem Jiis preyere
& bad hem seyn I)c pater noster.
and J)U8 moche to seyn it is: 5i5
^Our^ fader {lot in heuene is,
halewid mote j)iu name be. [f. 38|
to J)i kingdom mote come we.
f*Enne J)e pope ToUophornus,
And J)at o{)ur pope Cyuacus,
Bi-tweue hem h(>\>e ordeyned was 435
To synge ]pe Gloria to Jje Mas ....
xle hit Confermede, pope Gregori,
And made J)erto l>e Offertori.
PEnne J)e pope Anastasius
Comauwdet in lawe riht ]>us: 440
{)at no mon schulde sitte, he beede,
whil ])e gospel were to Rede.
l^onstautinus J)epope made Jdc crede,
fforte siggen hit he bede.
Jr ope Steuene and pope Clemens 445
Ordeyned {)e holy vestimens.
Jr opeCiluester ordeyned peCorporas,
In tokne {lat godus bodi was
In cleue lynnen clo|5 I-wounde
J)at tyme I^at Josep hit fouude 450
In his owue toumbe of stou
And leyde a-noI>ur gret vppon.
PEnne J)e pope Leouns
Made alle J)e prefaciuus.
A lisauudre J)e Pope ordeynde {)i8 : 455
To do watur and wyn In J)e Chalis,
In tokne |)at bojje com watur and
blöde
Of Godus syde on I)e Roode;
be blood bitokneb Jjat he vs bouht,
pe watur bitoknep vre ffullouht. 460
Sixtus J)e pope ordeynde vs
{)ry3es to synge Sanetus.
J)e pope made J)e Canoun Jier,
And God made \>e Pater noster.
(A)nd hou and what-maner bifeile 465
Jxit God made Jie pateruoster, I wol
teile,
his Apostles seide hym on a day :
..Teche vs, lord, how we schul pray."
And seint Jon ha{i tauht vs pis —
|)at is on of his disciples ^ 470
)at Jhrs//.s- taulite hem J)is preyer
And bad hem seyeu pe pater noster.
A nd |}us muchel to seyen hit is :
^Vr ffadur pat in heuene is,
halewed nu>t |)y uome beo. 475
And to pi kyngdam pat we teo.
453 Ms. Lcoiiuä, 1. Leouns.
Sermo in festo Cüq:)oris Christi.
185
J)i wil in heuene & in erthe be do.
oure ech days bred send vs {)er-to. 520
and oure dettis forgeue Jjou vs,
as we for-^euen oure detouris.
& lede vs in to no fonding,
but saue vs fro euil J)ing. amen."
Of J)e holi gost J^e .vij. ,^iftis 525
in \>e pato' nostfr touchid is;
of whiche to god f)er touchin thre,
& foure in one to the and me.
J)is preyere, f)ow it be schort,
but it "be seyd in clene hert, 530
It is a-gen ])at ilke man
])at in to bis berte wra{)I)e baj) tan.
Jjer-for Jje good pope Innocent
pax domini haj) ordeynt,
Jjat eueri man schuld kisse oJjerSo"«
& holden bem f or suster & brotber ;
in tokne J)at god mad pes wiji man,
\>er-iov J^at pes is ^ouen f)an.
J)e laste Avord of |)is beye feste
is clepid Ite missa est, 540
J)at is to sey ^it is I-sent
to heuene for vs, J)e sacrameut" ;
be-for |)e boly trenyte
J)e first part of Jse thre,
|)at ojjer for hem ])at suffrid deth, 545
f)e thridde for bem J)at alyue betb.
It is ribt Jjftt first nemenid be
oure ladi in |)e Canone:
ffor god of hire flescb tok
]>at neuere eristeu man forsok; 550
])at flescb be baf> take the to fede,
l^at is clepid au^^gelis brede.
J)e .xij. apostelis nemenid betb,
for hire preching f)ei suifrid deth —
(a. R. : Quia aposfoU dicu7itur missi,
& martires festes apostolon/?«.)
As Jjing J)at is sent ben {)e aposte-
lis, _ 555
and marteris ben to bem witnes;
& alle marteris |)at were dede
for J)ei were witnes of J)is brede,
f)at god deyde for loue of vs,
& Jjei for ]^e loue of crist ihesus.560
petir, andrew, pbilip, these .iij.,
were don vp-on |)e rode-tre.
poule, Jamys, and mathew
were beuedid, & bartilmew
|)i wille in heuene and eorJ)e beo do.
vre vche dayes bred send vs to.
And vre dettes for-^^iue vs,
As we for-3iue vre dettours. 480
And lede vs in no fondynge,
But saue us from vche vuel J)inge.
Amen."
( )ff ])e holigost ]}e seuen giftis
In \)e pater noster I-toucbed is;
Of whuche to God Jjer touched J>re, 485
And foure in on to {)e.
J)is preyere, Jjeih bit beo scherte,
But bit beo seid wij) a clene berte,
bit is a-,^ein J^ulke man
|)at in bis berte wral)l3e ha{) tan. 490
I*Enne {)e pope Innocent,
Pax domini he ordeynt,
J^at vche mon schulde cusse oJ)ur
And holden bim for suster and
bro{)ur ;
In tokne f)at god made pes wij) man,
|>erfore {)at pes is giuen |)an.
PE laste Word of J)is heige fest
Is I-seid Ite jVIissa est,
|)is is to seye „lüt is i-sent
To heuene for vs, \)\s facrament" ; 500
Bi-fore J)e boly Trinite
f)e furste part of \>e J)re,
|)at oJ)ur for hem {)at ])ole|) dej),
J)e J)ridde for hem J)at alyue beji.
Hit is rijt \>at fürst inempned be 505
vr ladi in \ie Canone:
fFor God of hire {)at flescb toke
5at neuer cristen mon forsoke;
3at flescb he ba|) take |ie to fede,
)at is i-cleped Aungel Brede. 510
f*E twelue Apostles I-uempned be|i,
ffor beore prcchynge {)ei J)olede de|j —
Qwia Apostoli dicuntur missi, &
Martires festes Sij)osto\orum:
As {)ing i-sent ben Jie Apostles,
And Martires ben |)e Apostles witnes ;
And alle ])e Martires tt bat weore
dede 515
ffor \)ei weore witnesse of f)is Brede,
\)at God di^ede for loue of vs,
And \)ei for loue of Jhesus.
Petur and Andrew, pbilip, f)eos {)reo
weore don vppon {)e Rode-treo. 520
]^ouI, James, and Mathew
were be-heuedet, and ßartholomew
186
Sermo in festo Corporis; Christi.
was helt al nakid quyk ^^^
for his witnes of JjIs vnlik.
and ])at of)er lesse Janiys, [f. 38i)|
and symou also, & thadeus,
hire senewis for cristen lawe
out of hirc bodi werc drawe. 570
and seynt JolTn Euangelist,
fjflt was cosyn to ihesu crist,
hc drank veuym, to make preue
ftot we lian triij^e and riht bcleiie.
and seyut thonias didimus, 575
he was Jiorw-stekid riht J)us.
l)er-after comij) .xij. niarteris,
})f?t Company in {le canou?^ rekuid is ;
Of whiche sii/^/me popis wer^,
su»nne bischopis l>f!t myter did hcrc,
su/;?me dekues |iat were half jirest,
su7»me lewid men l>nt Icuid ou crist —
ffor alle ordres & alle degres
to {jis sacrameut bere witnes.
Leouus, Clemens, & Clet»s, 5Si
iSixtiis, and Cornelius,
these werc popis, J)«t suffrid deth
for firft bred ]iat ^g a-days seeth.
Ciprian was bischop of Cartagiu?/s ;
Steuene, laurens, & viuceut were
dekins. 590
Grisogou, John and paules,
J)ei werc ou lyue knyhtis.
Cosmas and Damianus,
J)ei werc lechis, Avretin it is |)us.
Kateriue, Mergrete, & agace 505
deydeu for Jiis bred of grace.
f)er-for it is riht hirc namys to be
nemenid in \)e Canone,
for alle these deyde in good entent
for to mayntene ])is sacrameut. — 600
be sacrameut nu)te \n soule fede
pat is clepid auy/gelis brede.
if \)at je worJ)iliclie it fonge,
it schal kepe ^n\\ J)us longe,
fro Jjftt day |)rtt ge ded ben '^05
til ,V)urc bodyes risen a-3en;
and [)an \^e bodi & soule in-ferc
schul wende to Jie gret mangerc
wherc neuerc-mor schal ben no nede
to no maner of ertheli l)rcde, ''!"
Kut {je sihte of be blisful trenytc
schal euere-mor pi fode be.
]>er we luvn ]ie moder to p/ry |)e
sonc,
t^ WC hau {)c sonc to ))rcy |)c fader.
was huld al naked quike
ffor hit witnesse of pis onlike.
And f)at o|nir Jamus, 52.5
Symon, and Taddeus,
heore senewes for cristen lawe
Out of heore bodi were i-drawe.
And seint Jon {le Ewangelist,
J)at was sib to Jhe.su crist, 530
he dronk venym, to make preue
{lat we han of |)e rihte be-leeue.
And seint Thomas Didimus,
he was jiorwh-stiked Riht {)us.
{)er-aftur comcjj jje xij Martiris 5.'?-5
]iat in ]ie Canoun Kikned is;
Of whuche su;ymie popes were,
^i\ii/mc Bill'chops })at Mitre beere,
Su/z/me Dekenes }>at weore half
prest,
Su»nne lewede Jiat leeuede on crist —
ffor alle Ordres and alle degres
To {)is sacrement berej) witnes.
Leouns, Clemens, and Cletus,
Sixtus, and Cornelius,
f)eose weore poj)us, })at {^olede de|) 545
ffor Jiulke Bred I)at we nou seof).
Ciprian wasBill'chop of Cartiginus;
Steiihene, Laurence, Vincent weore
Dekeu?^s•.
Grisogou, Jon and Paiüus,
|3ei weore in heore lyue knihtus. 550
Cosma and Damianus,
{lei weore leclies, I-writen is {)us.
Cecili, and Agnes, and Agace
Diede for Jjis bred of grace.
{jerfore is riht heore nomes to be 555
Nempned in \>e Canone,
ffor alle ])eos di^ede In good entent
ffor to Meyntyme \>e sacrament. —
I'E sacrament mot J)e soule fede
])at is i-hote Angeles Brede. 560
,yf ]iou worjiiliche hit fonge,
hit schal kepe |ie {>us lon^e,
rtrom jjulkc day J)at jjou ded be
Til [li bodi rise a-je;
And Iienne bojie bodi and soule
i-fere 565
Schal wende to {)e graunt ^längere
where neuer-more tit no nede
To noii corj)liche Brede,
But })e siht of J)e Triuite
Schal euermore J)i fode be. 570
Se{){)he we han f)e Modur to prcye
{le sone,
WC hau I>c soue to preye {)c Oader,
Sermo in festo Corporis Christi.
]S7
Jie holy gost we han in wone — 6i'^
J)is entre we han to-geder.
What lettif) vs for to wynne [f- 3'.>I
\)e riche bhs |)f/t is vs behote,
but it be ourc owne synne?
J)er is uou o{3er J^ing, I wote. »520
Of pardou;« I haue no poiiste
to j5ow for to grau»te of me.
but, if 36 don now after me,
I wile 30W tellin a qiiantite,
how moche pardou;; je may habbe *^^-^
grauHtid to 3oure moste nede,
to come to hono^^r wijj-outen gabbe,
it is J)is ilke au»gelis brede.
That same thursday Jjrtt uext is
after f)e feste of J)e trenyte, 630
|ie pope vrban ordeynid ])is
Jx/t {)an Jiis pardou» schuld be :
au hundrid dayes of forjifnes
he graujitid to hem alle in fay
Jaat come vn-to Jje matynes 035
on |)at same thursday.
flburti dayes for eueri hourc [)«t
tyde,
& an hundrid for \^e masse,
an hundrid who-so |)e euensong
abide —
he grau»tid hem uo lasse. 6^0
and al Jiat woke eueriday
J)is pardou» lastij) so,
who-so al |)e seruyse hau may ;
& 5et he schal han mo:
ffor eueri days seruise 'HS
an hundrid days to böte —
wel men auhte to seeu therin(!) Jiise
on horse and also on fote.
Jie laste ^''ope l>at was now,
his name JolTu hilit, 650
al Jais pardou» he grau^tijj 50W
(fe doublif) it wij) his myht.
Meylerus, Jiorw goddis grace
bisschop of leyä-lymme,
he ha{) amendid al Jiis cas 6"5
{)orw myht f)fft god gaf hym :
ffourti days to pardou7^
he gaf |)er-to, wijs-out drede,
to alle ])at wi{) good deuociou;i'
herin it or don it rede. ''60
So it amounti|j holliche
on and fourty gere
& sex-score dayes, truliche,
who-so herij) his seruise here.
Jhesu grauwte 30W alle & some 665
in erthe so for tt) spede
tliat \)is pardou» 30W make come f *"• "''"'l
vn-to J)is heuenlich brcde.
Jio holygost we han in wone —
f)is enteere we haue to-gader.
What lettej) vs forte wynne 575
{je Riche blisse is vs bi-hote,
Bote hit beo vr owne synne?
\ier uis non o|3ur {)yug, 1 wote.
Of Pardoun I haue no pouste
Non to 30W forte graunte. •''80
But, jif je don now aftur me,
I wol ow tolle a quantite,
hou Muchel pardoun ^e may habbe
To joure meste nede, -*
To come to honoure wi|)-oute gabbe-''S5
{lis ilke Angeles Brede.
Pulke poresday f)at next is
Aftur ]3e Trinite,
\)e pope vrban ordeynde {^is
Jiat hit schulde Jienne be: •'>90
An hundred dayes of forjiuenes
he graunted alle {lay
l^at come to J)e Matynes
Of {)ulke same day.
ffourti dayes for vche a tyde, 595
An hundred for |)e Mas,
An hu??dred hose to {le Euensong
a-byde —
he grauntef) hem no las.
And al J)at wike vche day
]iis pardoun laste|i so, 6on
hose al J)e seruyse hauen may;
And jiit he schal han mo :
ffor vche dayes seruyse
An hundret dayes to böte —
wel him oujte to seyeu J)ise 6^5
On hors and eke on foote.
|ie laste pope |)at was nou,
Of Jon f)at Mas hiht,
AI ])e pft/-dun he grau»te{) ow
And doublefi hit wi{) his miht. 610
Meilerous, ])orwh godes grace
Billchop of leihliniie,
he ha|i mendet in {ns cas
|)orwh miht [)at ho ^af hymme:
ffourti dayes to pardoun 615
he ]\a\^ fliue Jierto jßte
To alle wij) good douocioun
heroji hit or hit rede.
So hit a-mounte[) holliche
On and ffourti ^ere 6-"
And sixcore dayes, treweliche,
whose hcref) his seruyse here.
Jhr.'ju graunte ow alle and some
On eorJ)e so forte spede
|)at I)is pr/ydoun ow make come 625
To J)is Angeles Brede.
188
Sermo in festo Corporis Christi.
670
J)at man ete au»gelis brede,
f>us first we began ;
to lieuene it mote vs alle lede
boJ)e wyf and man,
In nomhie -patris & filij wijj vs go
Et Spiritus sancti do also. amen.
{)at IMou eete Angel Brede,
J)us fürst we be-gon ;
To heuene niot ow alle lede
Bol^e Wyf and Mon, 630
In nomine patris wiji ou go,
Et Spiritus sancti do alTo. Amen.
]Ms. Vernon enthält darauf noch folgende zweite Homilie:
II. Septem miraciila de corpore xpi.
iTOd Almihti J)at alle J)ing weldes,
wyndes, watres, wodes and ffeldes,
And sof)ly, as |50u madest of nouht
Alle creatures Jiat euer were wrouht,
ffor-^ii vs, lord, Jjis day vr synne, 5
fiis digne sacrament to biginne.
And also worschupe Jiö--of to speke,
J)at we neuere })e ti"ouJ)e breke,
Ne forte teile in J)is prolonge
J)ing J)at falle|) to eny wronge, 10
But Jjat hit mihte beo Jje to queme
And vs in studefast trouJ)e to ^eme.
Godus soue in heuene aboue,
he schewed vs also muche loue :
tfor whon bis passion neibjed bim neih,
To bis disciples {)at weren hiin by
he jaf bis bodi, hem to fede ■ —
More loue miht he not schewe in
dede —
l^at Jiei schulde niuyude haue
Of hym Jiat miht hem Jienue saue. -"
3it a-forward he let hym slo
wij) so gret de{i, pyne and wo;
flfor vs mid hem (lüde he J)is,
To bringe vs alle to bis blis.
JVIore loue miht he not do, 25
Ne neuer mon mihte do so.
ffor vs he dude hit, in certeyn,
])at we schulde loue byju wel a,^ein;
Jjoub we vr-self an hundred sij)e
O poynt of such loue miht we not
ky{)e 30
Lyk to ])nt loue he ha]) vs doue,
ffor hit is vre saluacioune.
And of vs ,yt asko|i he nouht
But f)at may wel I-nouh be wrouht:
No])ing böte loue wiji good louyug, 3ö
To loue him ouer al ojiur {)ing,
' Das Gedicht ist olfenbar Teil eines
gröfseren Ganzen, M-elches von den Ge-
boten, SUnflen und Tugenden handelte,
vgl. V. 3Ö1, 4lt7, 14. Diu Eiul. scheint
späterer Zusatz.
And for bis loue to leue synne —
wi|3 loue bis blisse {jcn we may wynne.
And {jou may neuere haue hym to \>e
But {30U woit fürst synne fle. 40
Alle ])ing he loue{), but synnehe bates ;
3if I^ou loue hym,wif) synne Jjou bates ;
^if J)ou loue on, f)ou most nedes
fforsake J^at {jyng {jat he forbedes,
Elles hit is told for uo loue, 45
And nomeliche to vr lord aboue.
f)OU maijt not loue \üm, \)e boc sei]),
But J)ou haue wiJj \)c good feif),
J)at is to sey, leeue |30U hit wel,
AI f)at is writen of hym vchedel. 50
Studefast treujie of loue hit semes,
And of trewjje loue men nemes:
So is \)iit on wi{) J)at o{)ur,
wij) studefast treujie loue, hisBro{)ur.
To whom ou,5te vr loue be went ? ^^
To trou|je of J^is sacrament.
J)is schulde leeue vche cristen mon
And lerne J)e treuj)e of on I>at con :
|)at I^e bred {lat sacrefyed is
On \)c Auter, is eodus flesch, 60
fflesch and blöd, per liit is leid,
borwh \)C wordus Jje prest haj) seid;
pat lihtc wij)-lnne J)e virgiue Marie
And on J)e Kode for vs wolde dye
And from de|) to lyue a-Ros, 65
God and iMou in Miht and loos.
ffor hose trowej) not {)is der
In [)e sacrament of f)e Auter,
he schal neuere {le blisse a-byde,
fl'or no {ling Jjat him may be-tyde. "0
In \)e Olde lawe ])us is writen —
Jewes and Cristene wel hit witen:
God seide {)at hit was wrouht,
he Comaiunlede alle j)ing of nouht —
bis wordus aren verrey and der, '^5
Dauid hem seide in J)e pfauter.
Se{)J)be he made al of nou^t Jiat was,
Lasse Maystrie were in {)is caas
73 |)at st. and.
Sermo in feato Corporis Christi.
189
fforte chaunge on liknes
In to a-noJ)ur f)yng {)eu hit is, 80
I^at ilke liknesse in Bred aud Wyu
In ft'lesch and blöd to torue hit in.
his fi'lesch aud blood in Bred is
wrouht.
SiJ)f>e he made (al) be-fore of nouht,
^if J)ou seo hit not bodiliclie in silit, **■'>
{ji soule wij)-lnue .schal trouwe hit
riht;
And I^auj l>ow feie no sauour
But \errey wyu aud bred of fflour,
{ais is wisdam of godus ordiuaunce,
To saue vs alle from |:)is chauuce. ^
ffor gif hit weore as flesch to take,
\vi|5-stoude we scholde aud hit f orsake ;
And for he nolde we hit forsoke,
Bot alle men hit vudurtoke,
jDerfore {)is wisdam liis owue rede •'•''
Saueref) hit in wyn aud Brede.
hit semej> bred as to {)e süit
And as Bred hit sauerej) riht;
Noujjur in siht ne in felyno'
knowest Jiou of no certeyn piug. K'"
What schal Jjenne Jdc most saue
But studefast Jjouht {)at Jdou schalt
haue,
Studefast trou^je of vchadel
[Dat wol vs saue wondur wel.
Aud su»nue hau hit seyeu Bodily, 1"''
To whom he schewed his Mercy.
Lo her a tale al and sum
Jjat is In Vitas patrum:
Narracio cuiusdam religiosi.
Jlit was a Mon of Eeligioun,
Of alle Men he hedde gret renouu; HO
And, for Jae fend wolde hiiii haue
scheut,
he leeuede not in [>e sacrameut,
Aud seide, hit was not Jhesu
I)at couceyued was |)orwh gret vertu,
Ne Jhesu was not J)at oble H^"»
Jjat was reised atte sacre
And |)at |)e folk honourede to;
To leeue hit was not to do.
Bi-fore two Abbotes J)us he tokle —
I^is Abbotes write f)is tale to holde, 120
hit scholde be told to eueriche mon
I^at is ajeyn |)e Cristendom
Til hit beo preued bi Clergye
wher hit beo treu]3e or heresye.
{)is Abbotes schewed him J)e rihte
wey, 125
wi|) alle {)e ensau?/iples {)at J)ei cou{)e
sev-
And al he seide hit was lye,
But gif he sege hit wij3 his ege;
„Dou Jien so |)at I hit seo,
l)en wol I leue f)at hit so beo." '"^o
J)is Abbotes preide a ful seue-nUit
Jjat he wolde schewe hiw, to trouwe
his miht,
In tt'lesch, in Blöd ou |je auteer,
To Couferme his troujjc der.
Aud hiui-self preyde specialy is.")
I^at god wolde schewe hym in Body,
„Lord, for no uiis-bileeue,
Jjat J)ow scholdest wijj me greue,
But forte schewe [>e rilit sopues
\rdt {x)W art sacrameut of Jje Mes, i-fo
{)at I may make ojjer certeyue,
whou I wi{3 egen haue |)e seyjene."
]na Abbotes lyge in orisouu
Til Jiat {)e seueniht were dou.
I^e soueuday to churche \>ei come, 1^5
{lat o|3ur Mon wij) hem {)ei nome.
A sege was ordeyut for hem J)re,
To bi-holde al J)at priuite
Of |jat holy sacrameut
{jat scholde be schewed in here jwe-
seut. 150
Bi-tvveue hem sat Jais ilke mon
Of whom 1)0 Miracle fürst bi-gon.
Whou |)e oble was ou {je auter leid
Aud I^e prest {je Avordes hed seid,
AUe {jre {Doujte hem verreylik', 15-')
By-fore {je prest a Child lay quik.
In feir forme, of ff'lesch aud blöd;
{iis say {jei {jre {jer {jey stod.
Whon {)e prest scholde parte {)e
sacrameut.
Au Angel from heueue was sent l"0
Aud sacrefyed {je child riht {jore:
As {je prest hit brac, {je angel hit
schore,
{je Blöd in to {je Chalis Ron
Of {jat child, bo{je God and Mon.
{je prest gede to {je higeste degre, l'"''
To hosel him as hit fei to be;
hem {jhougte {je prest brougte ou
{je patin
Mosseles of {jat child uewe slayu.
And beed him a Mossel of {jat fi'lesch,
wi{j al {je blöd {jer-ou al frcsch. 1""
{jen gau he crie wi{) loude steueue :
^Merci, Godus sone of heueue!
^e Bred I sauh on {je Auter lyge
hit is {ji bodi, 1 seo wi{j ege;
Of {je Bred {jorwh sacrameut l""'
To fflesch aud Blöd hit is went;
{jis I beo-leeue, and euc;e I sclialle,
tibr verrey liehe we seon hit alle.-
190
Sermo in festo Corporis Christi.
Wliou ho ;in<l I)ei weoro alle certeyue,
lu forme of Bred hit tornde ageyne. l><^
he dude liirn hosel as ojiur wore,
And was a good mon for euer-more.
And al ojjure beo ])e bettre
Jiat here{) {)is tale or redejj \ns lettre.
{jel'rcst {jat sacreji Godus bodi, ^'^■''
lie moste beo ful clene uedeli;
A lewed mon Jjat schal hit receyue,
Alle-Maner ful{)e moot he weyue.
But beo jjou ueiu;/-e so good a prest
Ne neuer so gret wiji-lnue \n Brest, 1-"'
1 rede Jiou here hou {iei are schewed,
Al-|)auh j)ei beu of laugage lewed.
J)OU wost wel, in l>e Oble
Is a luytel I)yng to se:
So sclialtou beo luytel in wille, l''"»
Luytel and ]\Iuchel wi[)-outen ille,
Nout in pride ue in heih{:)e,
tf'or no wisdam ue no sleilijje;
Jic so})e hit is wijj Lucifer,
Proude meu schal wone Jier. ^Of
|)e Oble is mad of vvliete,
\>e Beste corn J^at meu of ete:
8o schulde we beo meke aud louely
To alle J)o |3at ben vs by;
\)is Mekenes is a-^eyn Jjat Ire ^05
\>at is wi{) Lucifer in Jjat fyre.
|)e paast of \:>e oble nouht ne owe
Beo maad of no-maner sourdowe,
fl'or ])e Iburdowe make}) al soure
J)e swettest jjat comejj of |3e ttoure: -'^
Bi |3is Iburdowe is tokenynge
Jjat Envye is a wikked |)iuge,
If br hit for-do{j alle swetuesseof dede,
pat god scholde 3iue vr soules meede;
ijerfore makej) he non herburgrye 215
)er he fynde{) biforen envye.
O vertue In f)e whete is
])at is muche a-5ein Slouhnes:
jjer whete come^ he wol not prike,
As Utes dou aud Barlike: ^2"
Ne we ne scholde not be prikel
In Ideluesse ouer-ÄIukel ;
Idelnesse grucchef) and is lieui of
|30uht
Aud is soone wrojs for nouht,
And \>iit wra|3f)he comej) of sorwe, -2")
Aud of wonhope wol muche Borwe.
J)is sacrameut of Jie Messe
LoueJ) not such Idelnesse,
Not wi{) non nul he dwelle
Bute [jer meu of Jje Joye spelle. 230
I)e paast of {le oble seid beo-forn
Schal not beo of medlet com,
Bote al onliche of wliete :
flbule desires schal men lete,
I)at bi-mene|) : In no wyse 2.35
we schal vs sine to Couetyse,
\)&t is also called Aueryce,
{)e whuche is a foul wikked vice.
Also {)ou seost Jie ol)le is {)iune
Aud muche honeste wijj-lnue: "-W
Aud Jjat wol wel signefye
Ajeyu [je sinne of gloteuye;
|)er wol not Jje sacrauieut reste,
Ac gloteuye wol him out keste.
And as |)ou sest, Jje oble is whit: 24'>
8o schul we haue luj-mauer delyt
Of no-mauer fl'lesches take,
ttbr lecherie makejj \>q soule blake.
bcos seueue jiartyes be[)
In ])e Oble, as we seoj). -"•'
Aud eueri p/opurte {)er-Iune
Is ajeiu au hed-syuue.
A-jeyn |)is sacrameut do \)o
|)at areu in syune aud Jjerto go,
Or areu in wille a3eyn to wende -•'>''
To syune aud hem-self scheude;
As Irrest Jiat goji to syuge Mes
Jiat in dedly .syune is;
An hondred fold he su«ge{) more
Jie(u) he a lewed mon wore. 2tii)
Alle \mt receyue J)e sacrameut
In dedly sunue or wikked euteut
Or in eny of {jeose seueue
I^at Jjou hast here herd ncmpne,
Eiht to heore Dampnaciuu (!), 2r),T
And |xn-fore veugaunce schal be don.
Aud here I schal teile a tale
hou hit is to J)at mon Bale:
Narracio presbitevi pa/'o-
chialis.
A Parisch-prest was in a Tonn.
Of ful gret discreciouu, 270
tt'ul good and rihtful he was.
And god sende hym of his gras.
Of his parischens he vndurstode
whuche wer vuel and wmche wer
gode.
Two he hedde foi-te gete 27.5
\>nt noldc neuere syune lete.
And hit fehle on au Asterne,
[)at Jjc prest scholde non hosul
wenie
But hit were for \>e gretur syune,
luobedience or Corsyng Inue: 280
J)is prest was in ful »ret J)ouht
wher he schulde hosele hem or
nouht.
lie preyede to God, heueue-kyug,
J)at he wolde sende hiw? tokeuyng
Sermo in festo Corporis Christi.
191
whe{)er he scholde hem hosul for-
bede ; -S5
To giue hit hem he hedde gret drede.
ftVom god he hedde J)is ouswere:
l^at vch 011 scholde heor ouue Charge
bere,
Aud J)at he scholde Avei'ue hit none
But jine hit. for{) to euerichone. -'•'*'
„Do as Jlifsu dude iu dede,
And {)0U schalt uo mon hit forbede,
No more {jeu he dude Judas
Jjat hedde I-don a gret trespas;
Jhrau gaf alle wi[) mylde mood, '-•'■"'
whon Bred was tvrrued to fiesch
aud blöd,
ttbr su?»me Jjat hit take hit schal
hem saue,
And su»nne Jjerfore peyne schal
haue;
Aftur \>ey areu of synne clene.
Also schal hit on hem beo sene.*^ -j*^"'
3it preyed he god of More grace:
Jjat he mihte knowe be Jie face
whuche resceyued hit worjiily,
And \V(^uche to haue hit not \vor|;)i.
And (god) grauz/'ted him his wille ^ü"'
To knowe {^e goode from }je ille.
|3e folk J3at to J^e irrest went
rtbrte receyue Jje sacrament,
Of soH^me |)e face was also briht
As J)e sonne In somer liht; 3Ui
And (of) summe Jse visage was
also blak,
|}at no{)ing miht hit Blakore niak;
Of somme hit was as red as blöd,
Starynge as {)ei weore wood ;
Of somme I^e visage was boUed
stoute, 315
As bo{)e heore egeu welleden oute;
And summe nymped wif) feet and
hondes,
As dogges don J)at gnawen heore
bondes ;
And somme hedde visages of
Meselri ;
Aud somme were lyk foul Mau-
metri. 320
Moni wondres weore on hem seene,
Mo J)eu he coujje J)enne deine.
J)e prest, whon he sauh alle {)ise,
Of Jsat siht he gan to grise,
fibr {)at siht he was hidouse 325
And dredful and Meruilouse.
3it pj-ejede he god wij) good entent
Jiat he mihte M'ite what al Jjis ment.
And god almihti louede him wel
Aud wolde schewe him eucridel : 330
„Ijo Meu |jat weore so brilit
As J)e sonne ou day-liht,
I)o Meu areu git iu Charite
Aud clene of synne, aud worschupeJ>
me.
jio Men [)at were so blake ;«•''
[nit no l^iug nähte hem blakore make,
po weore lechours foul wi{i-Iune
And haue uo wille to leue heor
synne.
J)o ]\[eu I^at weore so red as blood,
{jei are tirauus wikked of mood, '>-io
lieore Eueucristeu for to slo
wij) dede aud \\'i\) word also.
f:)o \>i\t Jiow sauh wi{) Bollen visage,
Jjo aren Envyous aud ouer-outrage.
And Jjo Jjfft nymped her fiugres and
hendes, 345
Are Bacbyteres bi-twene freudes.
\)o [lat |)ou sauh Meseles In siht,
|:)ey loue more good {^en god almiht.
j)o J)at {jou sauh lik Maumetrie, )
( )n worldly Jjinges {)ei most affye, 3öo
More loue Jiei catel {^at he hajj seut
Jjen Jjei don hym Jjat al ha{:i leut.
Joeose-maner meu are riht in wille
In heore synne to leue stille.
And \>eriore schal Jje sacrament 355
Of hem aske heor Jugement,
})at Jiei haue resceyued hi/n vn-
worjsily
And serued Jie fend wij) ful Envy.^
Jns tale is told for loue of \)o
J)at in synne to hosul go, 3t)0
Or ben in wille to torue a^eyu ;
AI heore trauayle {>ei don in veyn.
QU J)ou wole I?yu hosel saue take,
Beo in wille \n synne to forsake,
Euermore in studefast herte; 3ö5
And gif Jiou synne in bodi smerte,
God takejj hit nougt to so gret grim
As {)0U in tresun Keceyuede hym.
In no J)iug wot I more tresun
{)en bringe [ji lord on his feluu; 37ii
And git men sei^ {)e synne is tt»
greue
J)at bringe]) a trewe mon on a j)ene.
gif Jjou do jius JdI witande,
|)en Chargen hit me moste on haudc.
f)erfore k)ke [)ou wite nouht 375
No synne I-hud In herte ue {)ouht.
fibr no Clerk Jjat is iu synne,
Til he leue and {jer-of blynne
he schulde uot serue atte Auteer
Ne hondle J)iug \>at come}) Jjer ucer. 3X0
192
Sermo in festo Corporis Christi.
I touched er of {)is outrage
whon I spac of ^e sacrilage,
bat f)e holigost schewed him nouht
ffor |)e Dekene syngede in J)ouht;
In J)e tale of Jon ürisostomus •*'•
J)is tale is told, for o\v and vs.
Als is he worjji to ben i-schent
l^at soue aftur J)e sacranieut
To folye and to synne drawes —
Luitel of Godus vengauwce hyin
awes ! ■^''M
3if I)ou fordete or ouer-sittes
j)e tyme of hosul Jmt Jiou wel wittes,
Luitel fors of him J>ou geues,
Noujjur Jiou louest liym ne leues.
And ouer al he loue|) [w best; •^y-'»
And J)ou ue wolt a nihtes gest
Leten hym herborwe in \)m hous!
f)OU art vnkynde and Meruylous
{)at al [>e jer I>ou letest him weyue,
wi{) worschipe woltou not hiw re-
fceyue. 400
God Mauase{) for \ns chesun,
ffor riht hit wole and eke resun:
flbr suche men aren holden vntrewe
In {)e Olde lawe and in |>e newe.
Comaunded In J^e Olde lawe was -lor»
Oues in \)e geer to schewe Jji trespas.
[>e newe lawe is of J)e more honour,
Ones in Jje 5eer resceyue Jii creatour,
Oues a 5er him to knoweleche,
p'i lord to plese for doute of wreche. -ilu
|jat prest i blame ouer alle J)inge,
wi^- outen gret skil J)at letteli to
synge;
flfbr mouy a soule milite I-saued be
wi[> Jiat Masse J)at l^enne leuej) he.
ftbr alle J)at in ^e peyne Is, -ii-''
AbydeJ) socour of pe Mcs,
ffbr eueri Masse makej) Memorie
of soules f)at aren In purgatorie.
Muche J)onk schal he haue
J)at helpej) soules for to saue; •^-^
No fjing may so muchel avayle
Of heore peynes and heore trauayle,
As J)e sacrameut of Ipe Auteer,
hit niake{j hem of peynes cleer.
And \)-dt may I schewe apertely *-^
Bi a tale of seynt Gregori:
Narracio felicis presbiteri.
oeint Gregori sei{) for ]^e same:
hit was a prest, iielix his name,
381 ff. Dieses Mir. (das dritte von
den sieben) fehlt hier.
Bi-syde he wonede in a pa|)e,
was a wassching In an hote ba{)e. *30
\>\s prest ofte Jiider jede,
To wassche him whon he hedde nede.
{)is prest |jer euer he foude
A ]\Ion, to wassche him, to foot
and honde,
he drouj his hosen of and his
schon 4%
And redi was hem on to don,
At eueri tyme he |)ider com
his herneis feire of he nom,
And seruede him at eueri tyde
In |)at watur and ofte beo-syde. ^^o
f)is prest I)at com J)ider so ofte,
{)at {)is mou jjer seruede so softe,
he ne askede hym neuer-more
whej)eu he was ue hou he com {>ore;
But eueri tyme he was redi ^^ '
And seruede lii?>/ ful apertely.
\ns prest Jjougte, „he seruej) me
wel,
his trauayle wol I quite sum-del."
Ou a day he {)ider jiouhte
And twey loues wijj hym he brouhte.
In to Jjat ba|) jeode |)at prest
And wusch him as he dude uest.
{jis mou was jjcre him ajeyn,
To serue h'vti wel he dude his Mayn.
J)is prest, whon he scholde go, -lös
he 3af {jis mon ]jis loues two,
And Jjouked him muchel liis .seruyso.
And more he scholde haue o|nu-
^\yse.
Jiis Mon onswerde pis prest a-jeyn :
^f)is bred je bringe}) to me in vejTi, ^tw
tibr neuer-more schal I jete
Bred ne non o\nir mete:
I am a Mon {jat is ded,
f)at neuer-more schal ete bred."
{je prest asked: „on what manere
Is hit {iat I)ou wouest here?"
f)is Älon onswerde in {)at tyde:
„I was lord here ar I dyede;
And Jjis seruise pat I am Inue
Is \>Q peyne for my synne. ^TO
Bote I Jie preye prrr charite,
OffVe on |je Auter {)es loues for me.
And I beseche J)e ouer alle Jn'uge
J^at sixe Masses for me pou synge;
And heo weore songen, I hope to
wende *'^
In to ])e Joye wi{)-outen ende.
And wiion {)c sLxte masse is left,
,yf {jou ne fynde me her eft,
Trouwe |)enne forsojje i-wis
J)at for pi preyere I am in Blis." 480
Sermo in festo Corporis Christi.
193
fjis prest al J)at wike loDge
öor {)is mon preyede and senge.
And whon f)e wike was al gou,
|)e prest com {)idere, and fond non;
he hopede wel {)at he was brouht 485
To Wisse, for he ne fond him nouht.
Beo [)is tale ^e may se
I^at hit is gret Cliarite
Masses for Jje dede to synge,
])e soiiles of pyne forte bringe. 490
Ouer alle |jing hit ha|3 poiiwer,
f)e sacranieut of Jie Auter,
And uomeliche whon hit is don
wif) good mouues deuocion ;
hini wol god sanuore here 495
J)en on J)at is him nouht so dere.
In {)e seue|3e Comaundement
ToucheJ) to Jjis sacrament,
lu a tale of J)at kniht
hou ])e prest Jiat liue]3 not riht, fiOO
Of his preyei'e is luytel prou,
And {jere hit telle[) Avel hou.
And I schal teile anojjur here
Of a Masse of a ffood frere:
hou a man of SouJ)folk was
s a u e d {j o r o u a m a s s e.
A Mon in Soujjfolk ones dyed, -"'O''
Bi-sydes Sudbuii, as men seid,
ffbr {lat mon such grace was diht
[rdt him was graunted to come a
niht
Horte speke wij3 his wyf,
To mende {je fautes of his lyf. 51ü
„jef a Masse," he seide, „Avere for
nie don
wijo a good mo«nes deuocion,
I hope to Joye for to go
And beo dilyueret of al my wo.
I preye Jae, dame, par cliarite ''^l'''
To trauayle so muche for me."
lieo graunted hym [mt ilke bone,
And ros vppou J>e morwen sone,
Aud to fie tt'reres sone heo eode,
[ler heo iKjpede best to spede. 520
heo com and spac wi|) a ff'rere
And preyed heo moste his masse
here,
Aud for hire hosebondes soule to
synge, _
And heo wolde giue hym ofFringe.
I^e fFrere dude hire a Mes 525
In Comuyn, as J)e seruise is.
Whon J)is Masse I-songen was,
heo wente hom a good pas.
Archiv f. n. Si)rachen. LXXXII.
be niht aftur J)enne com he.
„Slepestou?" he seide. „nay," seide
heo. ■ 530
„Are 3e sit," heo seyde, „in blis?
\te Masse for ow I-sougen is."
„J)e Masse," he seide, „[mu dudest
do,
A parti hit helpe[) me {)erto;
Mi part ich hedde of I^at Mes 535
As of t)ing I^at Comuyn is.
^if on weore si)ecialy for me seid,
Of my peyne I were ful leyd,
Sif {)e prest were of lyf so good
jiat God his preyere vndurstood ; 540
I hope J)enne grace to haue
|)at his Masse mihte me saue."
Ofte he seide to his wj^:
„A prest, A prest of clene lyf!"
On J)e Morwen forj) heo eode 545
To f>e ff'reres eft to spede,
Aud schewed hit to J^e priour,
And preyed him of socour;
,^if he hedde euy broj^ur
{lat he kneuli beter ^en o{)ur, ''5o
,,f)at wol synge me a Mes
ftbr a Mou {)at ded is,
At myn ese he schal haue
To a pitaunce what he wol craue."
])e prior spac to a ffrere 555
And preyed him on alle mauere
fjat he wolde a Masse synge
tfor {)at soule heo made preyinge.
Jje ffrere was an holy mon ;
And ar he liis Masse bi-gon, 5fii)
he preyed to god his orisou,
wiji a gret deuocion,
I^at hit mihte ben hi;;i to pay,
fie Masse {)at he scholde synge to-
day.
Whon Jie Masse was don to Jic eude,5ij'
he bad f)e wommon hom wende,
,,And whon {)ou more eft heres,
Cum and sey to vre ffreres!"
l>e niht aftur — lustuej) now! —
he com aud seide: ^slepestou?" 57(i
,,Nay," heo sayde, _hf)u fare ^e?"
„Wel," he seide, „and so woi-Jj be!"
„Sire, weore je a-payed of J^at Mas
|)at for ow to-day songen was?"
„3e," he seide, „graunt Merci! 575
bat Masse to me is more worfii
peu al \)e world an hundred si^e,
Ne niiht haue nuid me neue>- so
blilie.
his preyere was to god so dere,
ffor al t)at he preyede he wolde
here ; 580
194
Sermo in festo Corporis Christi.
{)eih he hedde p/eiäed for a l^ou-
sund mo,
rtroiii pcyue to blisse [iei hedde i-go ;
fior what l^iug he hedde asked bone,
God wolde lia grauwted hiiu ful
sone.
haue good day ! for uow I wende-''^'»
To [lat Joye wi]>-outeu ende.
God lete Jje ueiiere Jjer-of mis,
[)ou ne he, to haue Jiat blis.'-
J)e wyf com soue ou Jie Morn
And fei ou kues J)at ft'rere bi-forn, ''-'D
And tolde \nm [ler eucridel
hou he for his jjreyere was wel.
And \iSit flrere ful wel he lette,
And J)onked God, for Joye he grette.
wel weore hyiu at his endynge ^^'^
hedde such a prest for hi/n to synge !
In J)is tale schewed is:
Of alle {jing good is \>e mes,
Jje sacrament ou \)e Auter
Ouer alle passe]> his pouwer. <'*'
In [)e Masse J)ci hem a-fye
Jje soules |)at are in purgatorie.
pe soue is oft'red to ])e tiadur of
heuene
ffbr J)e soules J)e prest wol nempue ;
|)at is J)us for to niene: ßOJ^
Sif J)e prest beo good and clene,
jjcnne wol Jhf.su crist hym beere,
flbr what Jiyng he luakejj preyere;
Preye he for soule or for bodi,
|)at aren in pyne or in nuy, ^'^^
Bot)e wol god almihti saue
what J)e gode prest wolde haue.
Not only for soulus is he herd,
Bote eke for vs here in \As world.
Beo a Mon in seknesse or in prisun, '•l'^
weyferyuge or in teuiptaciun
Or in eny oI:)ur trauayle,
|)e sacrament wol vs a-vayle;
hit wol delyuere vs out oif peyu,
gif vr trou^De beo certeyn. '^-O
And {)at was wel schewed in dede
In Engelonde, so sei]} seint Bede:
In his Bokes writen hit is,
A feir Miracle of J)e Mes:
Narracio Bede.
Pat tyme seint Bede was liuoude, t^-"'
weore Mony kynges in {)is londe.
Bi-twene two was gret Batayle —
jerfore i teile Jiis Meruayle —
jat on hiht Edfride, of North Cu/<tre,
jat ojjur of liudeseye was he. 153(1
Edfride hedde gret seygneri,
SejTit Andren hosbonde of hely.
Jjis Batayle was bi bojje heore a-seut
Bi-sydes a watur uien callcl^ Trent.
Sire Elfride bro[)iu- hette Eleswyuue,
he was slayn })at Batayle Inne;
On bo])e partys ne was nun
So feir a kniht of fi'lesch and bon,
Ne non so douhti was of Armes -
I)p/-fore seint Bede ])leyuede iiis
harmes. '•'"
A-uoj3ur kuilit was fehl doun
Ncrhoude ded, and fei in swdun :
}ie nome of jus ,V)uge kniht
Ruyna, seijj seint Bodo, he hiiit.
Wlion {)is Kuyna hedde long leyn, ••i"'
he keuerde, and seet vp a,^eyn,
And stopped his wou^des, }jei schuldt^
not blede,
•Vnd, as he mihte, Jjennes he .^ede,
To seche him help suniwher to haut-,
Of freudes fynde hini to saue. ''"'^
As he weilte wi{) nuichel drede,
he was taken wi{j kyng Coldrede ;
And broulit him to a lordyug.
An Erl, [>at heold of {^e kyng.
\)a Erl asked him what he was, '• ■ '
And wher he hedde ben in hard ca-.
llbr doute of dejj he was a-friht
And dorste not seye he was a kniht ;
he seide: :,sire, gif {)i welle be,
I am an hosebonde mon of {je
cuntre, " '
1 was wont to lede vitayle
To kuihtes {)at weoren in Batayle ;
And uou I am a pore mon,
Jjus fro jiis Batayle I com,
And wolde foude to haue my lyf, «^tü
Til 1 may come to my wyf."
I^is Erl dude a leche bi stoundes
To teute to hym, to hele his
woundes.
f>at tyme was here mony {)eodes,
Mony vsages, and mony leodes, öTO
übr vche a kyng in {jat dawes
vsede his diuerse lawes;
Summe were cristeue in vre fay,
And suwme leeuede in payuymes
lay;
Jjfrfore J)at tyme was niuchel I>ro, t^"5
And ofte was bojje werre and wo.
äif a kniht miht ojjer men take,
he scholde hem sulle or i« seruage
make.
wherfore i teile so of [)is kniht:
pe Erl let him bvnde eueriche
" uiht, tiso
Sermo in festo Corporis Christi.
19^
J3at he ne scholde from hym fle
Ne Stele a-wey to his cuntre.
ffor al {)at {)ei mihte him bynde,
Ofte loos J)ei dude hym fyude;
Neuer so faste Jieih heo him bou»de,
Loos a-uojjur tyme |3ei him foui^de.
Jms boundeu kuiht, Ruyna,
hedde a BroJ>ur, |jat hihte Tymma ;
|ns Tymma was prest Religious,
rtbr he was Abbot of au hous; <''-'0
80 louge he liuede iu J)at estre
Ijat his uome heet Tymmestre;
\ydt tyme, as ich vudurstonde,
hit Avas iu Nortliliu^d^erloude.
[iiä Abbot hedde tijMuges cer-
teyue *JP''^
I)at Ruyua was iu Batayle slayiie.
he com to Treut, I>is Abbot Tymma,
And foud a bodi lyk to Ruyua;
houorabliche he dude hit graue
Iu his chirche ]>er he wolde hit
haue, "00
Aud soug I^erfore day aud o])ur:
he Aveude hit hedde beu liis brojiur.
])auh Tyuima hedde chosuu wrong.
Ins hro]}tn- hedde J^e goodw.s of I^e
soug —
tibr God al wot and wüst hit J)ere "^^^
ftbr whom he uuide his preyere — :
{jeili uieu a-niht [As kuilit bounde,
A-]Morwe [sei hym loos founde,
Meu mihte hym neuere bynde so
fest
[lat [lei (I). I^at tyme nolde al to-
berst. "10
\)e nieu |jat hedde Jiis kuiht iu holde,
|)is woudur to J^e Erl Jjei tolde.
\:>e Erl hedde jDcr-of gret woudur
Jjat [na boudes weore so iu-soudur;
he seide, him-self wolde wij) hiw
speke "1''^
Aud wite whi his boudes dude breke.
Bi-fore pe Erl was he set,
Aud ])e Erl feire he gret.
„Sey me," he seide, „J^ou belamy,
Coust J)ou wel on sorcery? "20
Sum wicche-craft 1 trouwe Ijou bere
J)at J)i bondes Jse not dere;
tforsojje," he seyde, ^suwwhat Jiou
dos
Jjat euer-more I^ei fyude |)e loos."
he seide: „wicche-craft con I
nouht, "25
Ne for me schal uon beo wrouht,
Ne I uul by feudes craft
vu-bouude beo, bi uo wicche-craft.
Sire Erl,"" he seide, „hit is a-uojjur :
Iu my cuutre I haue a BroI)ur, "^0
|)at leeuejj wel [)at I beo slayu,
libr I com not hom a^eyu;
flbr me he synge}) vclie day a Mes —
prest, abbot forsojje he is.
I wot wel, f)at is \>e enchcsun "3'>
|)at my Boudus here vndon;
ttbr uo I^ing ue haues pouwer
Ajeyu J)e sacramcut of {^e auter.
ftbr (^if I weore dcd, iu of^ur werld,
his preyere for me weore I-herd, 'W
To bringe me out of peyue aud wo,
And sijaen to blisse forte go.''
AI I^at Meyue aud {jat Erl
Leeuede wel he was no cherl,
And as he to-fore hem hedde i-seid, "•!•">
whou I^ei on hym fürst hond leyd;
Bi his semblam^t and feir beryug
hym semed wel a gret lordyug,
Bi his speche I>ei vndurstood
})at he was mou of geutil blöd. "■"'"
I)e Erl tok him iu j^riuite —
whel^eu he was teile scholde he,
„Sey me soj), and, as I am trewe
knilit,
l^ou schalt uo skajoe haue be my
milit."
,,Se|)I)he J)ou me bi-hote.st pes aud
I am Jae kyuges mou EldriJ),
Armes I bar iu Jjat Batayle,
wiji my pouwer him to auayle."
„So me Ijhoujte," seide J)e Erl,
,,{)ou semed not to ben a cherl. "*"'"
Bote for {)i knowlechyng her me bye
jjou weore wor[)i for to dye,
ftbr |30u halp J)er to slo,
laat al my kyude is ded me fro;
Bote, for I er sikerde \ye, "'^•'^
Scha(l)t [wn haue uo skajie for me."
he eode and sohl him for Rauwsoun
At Londoue to a rtrisouu.
A Ifrisoun, ge schul vudurstonde,^^
Is a Mou of flrys-loude. ''''^
Jjis fti-isouu scholde [)is Mou forj)
lede,
Aud dude on \\i»i boudes for drede,
flbr a-skapyug bi {je weye
he dude bondes on him leye.
Bot Iiat vaylede him uo-Jjyng • • •
Neuer a day, pat byudyug:
710 |jei st. }De bondes.
727 Ms. nul be by.
745 tilge And.
7 30 here st. ere.
13*
196
Sermo in festo Corporis Christi.
ffor in {)at tyme l>c masse was songen,
J)e boudes to- barst and al to-
sprougen.
I)is ffrisou lihoußte : ^lou raay {)is
beo?
he may riht wel from me fleo ; "*50
happylichc liit a-raylej) nouht,
]ie Catel Jiat I \vij> hini bouht."
I)e llrisoii seidc: ^wolt J)ou wel
Rcstore a-^eyu al niy Catel,
Aud I schal ^iue ])e leue to go "''■''
To J)i Cuntre Jiat {jou com fro.
But fürst Jjou schalt me trou[)e pliht,
And trewely hold hit wij) al \>i miht,
To bringe |)e Catel I 3af for \ie,
And elles I grau>^te {)e not fre." ^iiO
he grauwted him al J)at he seide,
And troul^e in hond wiJ) hym he
leide.
{)is Ruyna wente to kyng loer,
\)at was kyng of Caunturber;
he was seint Audreus siister sone, "•^■'^
And Ruyna was wout wifj hym to
woue.
Of al his stat, bojje wo aud wele,
Ruyna told him eueridele.
|)e kyug jaf him his Rauusun ;
And bar lut to louduu to J)at ffri-
sun. 800
Se{)J)e eode he hom, Isis kniht Ruyna,
To his brojaur, Abbot Timma,
Aud tolde him of al his wo-fare
Aud of his cu^/^fort in al his care.
{jis Abbot wel vudurstood 805
Jsat his Masse dude him gret good
And |)e sacrament gon hym borwe
Out of seruage and out of sorwe.
f)is tale tellef) vs seyut Bede
In his gestes \r,it we Rede. ^'^
Bi Jjis tale may men lere
{jat Masses helpej} vs wel here :
flbr vs liuynge hit makejD Memorie,
Also for l>e soules in purgatorie.
vche mon schal leeue pat riht '^i''
{jat helpeu hit wolle as (hit) dude
\>e kniht.
f)is sacrament helpej? not ,^it al-
one,
Bote ]je oflryuges euerichone,
AI I^at we offre atte Mes,
AI to vre saluacion hit is. 820
Not ouly forte saue Jjc dede,
f)e quike hit sauej) also and rede;
As wel haue [>e quike J)e prou
As |3e dede |)erof \)e vertu nou ;
Quike and dede, More and lesse ^-■"'
Ben 1-saued Jjorwh })e Messe.
J)e Offringe is as a present
Jjat helpej) vs wij) Jic sacrament,
To {)e ft'iiilur of heuene tentefuly,
ßor wlioin l)()u oft'erest to haue
Merci. ^«o
A tale I fond ones I-writeu,
And as l sauh hit, I wol ,^e witeu,
Aud wel a-eonleji in alle j^inge
{^at (lod is payed of good otlringe.
Of u mau \)at was closed in
a myne.
I 1 it was a Mon bi- ',onde |ie see, ^■^''
A Mynour, wonede In a Citee.
Myuours, jjei makejj iii hulles holcs,
As meu don Jjat sechel) coles.
je Mynour souht stoms vudiir molde
jatMen of makeu seiner and golde. ^^"
le wrouhtc and holede in l)e hille.
A perilous chauace fei hym tille:
A grot j)arti of l)e Myne
ffel doun \)er and closed hym Inne.
his felawes alle I)at weren hym
hende, 8J'>
Jjat he \\eorc ded wel j)ei wende;
|)ei eode aud tok hem alle to Rede,
And tolde his wyf I)at he was dede.
|jis wo?»mou bi-menede hir hose-
bonde sore —
God leeue J)at mony such wymme/<
wore! — 8.")(>
lieo helped his soule in alle Jjynge,
In almes-dede aud in ciffVinge.
heo Offred for him atte Auter
fful of wyu a ])icher.
And (a) feir lof wijj-al, !<■'"'
Eueri day as principal,
And al [jat twelf-monel) stabely,
Bote o day [lat passed forby.
li'ewe suche wymmen we fynde
jjat to heore hosebondes are so
kynde! ^'>o
Bote J)is wyf wijj al hire miht
Dude for him (so) day and uilii.
hit fei at I>e twelfmone}) ende,
his felawes to {)e hui gon wende,
Aud come to jjat same stude eft *^''''
her {)ei lieore felawe hi werk left.
Riht |)ere {)ei fürst bi-gon
bei percede Jsorwh in to ]je Mon :
pe I\lon In good stat J^ei founde,
Liuinge, wij)-t)uteu wem or wou»de.
Euerichone Jjei hedde ferly,
Aud }jat was gret Resun why!
Alle j)o men weore in gret weer
liow he ludde lyued al Jjat 3er.
Seruio iu feste Corporis Christi.
197
Bote{)enue he tolde hemeiierichon^"'"^
how he hedde lyned f)er al-on:
„I haue I-liued gracious lyf
|)orwh cortesye of my wyf:
Eueri day heo ha]j) me sent
Bred and wyn to preseut; 880
But o day, [jenne eet I nouht,
ffor my mete me nas not brouht."
J)ei ladde J)e niou in to [le tonn,
And tolde f)is Miracle vp and
doun,
ffurst {)orwh lie Citee, 885
And sef){>e ]j)orwh al jie contre.
hit com iu spekyng atte laste
J)at day J^at he dude faste,
he tolde hem ])e dayes name,
And his wyf seide l^e same: 890
Jjat day heo oftrede neuer a del,
pe goode ff'riday hit niilite be wel.
Now may ge here J^at almes-dede
Gostlyche wole a mon fede,
And so may je wel vuderstaude 895
{)at God is payed of good oftrande.
ffor al {)is tale iu gor lyues
Trustne|) not in gor wyues,
Ne iu 30ur ehildron no-Ijiug;
Ma.kef) or-self gour oft"ring! 9nn
So k3^ndc a wo«?mon as I of tolde
Liue|) not now, bco ge bolde!
Ne no Clerk {)at {?is redes
Schal fyndc nou nou of so kynde
dedes.
3e meu |jat are nou In p/-eseut, 905
}jat hcref) rede Jms sacrament,
Ouer alle Jjing hit haj> power,
I^e sacrament on {)e Auter,
As I haue here to ow i-schewed,
Not to lered böte to lewed. 910
3e lewede meu, I teile hit ow —
]iis Clerkes con hit wel I-nouh.
i'reige we {)eune vr creatour,
f)at f)e sacrame?ft, vr saueour,
jjat Bodi and soule he wol vs
saue, 915
And we hi«? to loue and he us to
haue. Ame«.
905 — 916 yiud ofifeubar Zusatz; das
inspr. Gedicht war an die Priester, nicht
flie Laien, gerichtet.
Sitzungen der Berliner Gresellschaft
für das Studium der neueren Sj)rachen.
Sitzung am 11. September 1888.
Herr B i 1 1 z spricht über die fürstlichen Verfasser von Kirchen-
liedern. Ist es schon an und für sich auffallend, dafs als Dichter
gerade der besten Kirchenlieder so viele fürstliche Personen bezeich-
net werden, so erheben sich begründete Zweifel an der Urheberschaft,
wo, wie z. B. bei Albrecht Achilles, zwischen der sonst bezeigten
Gesinnung und Gesittung des Mannes und der in dein ihm zuge-
schriebenen Liede bezeigten Frömmigkeit ein unüberbrückbarer Ab-
grund zu klaffen scheint. Wir haben es hier mit der mittelalterlichen
Sitte der Fürsten und Ritter zu thun, Sprüche als Devise anzu-
nehmen. Das that man auch im 16. Jahrhundert, aber damals wählte
man dazu geistliche Lieder als Bekenntnis für die evangelische Lehre.
Solche Lieblingslieder der Fürsten wurden dann in den Gesang-
büchern als ihre I^icder bezeiclmet, ohne dals die Zeitgenossen ge-
glaubt hätten, nuin hätte die Verfasser vor sich.
Besonderes Interesse gewinnt die Frage betreffs der Abfassung
von Jesus meine Zuversicht. Das 1653 zuerst gedruckte Lied galt
bis 1770 als anonym. Rofsmann wies aus der nach heutiger Aus-
drucksweise leicht mifszuverstehenden Vorrede des ersten Druckes die
Kurfürstin als Verfasserin nach. Al)er keiner der Zeitgenossen hat,
die Worte ,ihre eigenen Lieder' so gedeutet. Haben schon v. (^rlicli
und Preufs, der das sprachliche Moment gcltcjul machte, dafs die
Kurfürstin nur eine geringe Kenntnis der deutschen Sprache besafs,
sich gegen sie als A'^erfasserin erklärt, so führt der Redende als be-
sonders ausschlaggebend an, dafs in keinem der Gesangbücher, die
sonst den Verfasser angeben, der Name der Kvu'fürstin genannt ist,
und dafs in keiner der Leiclieiu'edcn und der zahlreichen bei Ge-
legenheit ihres Todes entstandenen Reden und Gedichte der Ab-
fassung gedacht wird.
Sitzungen der Berliner Gesellschaft etc. 199
Nachdem noch anderen fürstlichen Personen die ihnen zuge-
schriebenen Kirchenlieder abgesprochen waren, führt Herr Vatke als
Kuriosum an, dafs der Vers „Stärk' uns mit deiner Gotteskraft zu
üben gute Ritterschaft" vom Grofsen Kurfürsten als anstöfsig ver-
boten wurde, weil er darin eine Aufreizung der Ritterschaft sah.
Herr Löschhorn spricht über die unter dem Titel „Vermischte
Aufsätze über Unterrichtsziele und Unterrichtskunst" gesammelten
Arbeiten von Münch. Alle durchzieht ein Gedanke, man solle nicht
über den unmittelbaren Aufgaben der Schule vergessen die höheren
zu prüfen. Besonders viel liegt dem Verfasser daran, die Schide mit
der Zeit in Zusammenhang zu bringen. Der Vortragende bespricht
ausführlich den Aufsatz über die Muttersprache, in welchem die Ab-
schaffung des Mittelhochdeutschen beklagt wird und andere Wege,
den Schüler in den Geist der Sj^rache einzuführen, gesucht werden,
und empfiehlt den Lehrern diese Aufsätze dringend.
Herr Bourgeois berichtet über die Jugendzeit Alfred de Vignys,
aus der uns wenig bekannt ist. Der Vortragende konnte sich dabei
auf Emile Deschamps stützen, der ihn vor langen Jahren persönlich
von einem Besuche in der Familie de Vignys und dem Leben daselbst
Mitteilungen gemacht hat.
Sitzung am 16. Oktober If^SS.
Herr Vatke sprach über ,,die Kleiderjjresse". Die Kleider-
presse (prelum), welche bereits im kaiserlichen Rom bekannt war,
hatte den Zweck, die scharfen Falten und glänzenden Farben zumal
der weiblichen Kleider dauernd zu erhalten. Martial z. B. und später
Ammianus INIarcellinus sjDrechen über dieselbe. Im romanisch-ger-
manischen jSIittelalter finden wir ein demselben Zwecke entsprechen-
des Möbel, die „Truhe'', ital. cassone, franz. le bahut, engl, trunk
oder auch press, So sind die Locken des Junkers geki-äuselt „als
ob sie in Presse gelegt gewesen wären". Vgl. das mittelhochdeutsche
„in die Falte legen". Littre führt aus Ducange an: Presseur, XIV.
s. den Arbeiter, der den Kleiderstoff in die Presse legt. Und auch
Alwin Schultz, das Höfische Leben, streift unseren Gegenstand, wenn
er die auffallende Vorliebe der Frauen in der Minnesängerzeit für
möglichst bunte und grellfarbene Gewandung eingehend erörtert.
Im Anschlufs an einen im Mai d. J. gehaltenen Vortrag über
Robert Burns machte Herr Hahn Mitteilung von einem Aufsatze
Giuseppe Bianchis in der Nuova Antologia vom Jahre 1886, in
welchem einige Burnssche Gedichte in möglichst getreuer Übersetzung
abgedruckt sind. Soweit dem Vortragenden bekannt, ist dies der
erste Versuch einer Wiedergabe Burnsscher Gedichte in italienischer
Sprache. Das Gedicht „To Mary in Heaven" gab dem Referenten
Gelegenheit, eine treffliche Übersetzung anzuzeigen, welche Herr
200 Sitzungen der Berliner Gesellscliaft
Direktor Dr. Gustav Legerlotz in Salzwedel unter dem Titel „Kobert
Burns' Gedichte in Auswahl. Leipzig 1881)"' den früheren Über-
tragungen (in dem Werke: „Aus guten Stunden. Dichtungen und
Nachdichtungen. Salzwedel 1886" und in Schulprogrammen 1882 und
1887) hinzugefügt hat. Eine Vergleichung mit anderen deutschen
Übersetzungen des schottischen Dichters ergiebt, dafs die vorliegende
von L. eine ganz besondere Beachtung verdient.
Plerr Rödiger macht auf eine Reihe von Schulausgal)en auf-
merksam, die Chuquet von deutschen klassischen "Werken veröffent-
licht hat. Der als Kriegsschriftsteller bekannte Herausgeber hat dazu
meist Werke gewählt, die mit seiner Wissenschaft mehr oder weniger
in Zusammenhang stehen, so Goethes Campagne in Frankreich, Götz,
aber auch Hermann und Dorothea; zuletzt ist Wallensteins Lager
erschienen. Alle Ausgaben hat Ch. mit Einleitung und fortlaufendem
Kommentar versehen, die beide vortrefflich sind. In letzterem werden
viel Parallelen geboten und sprachliche Schwierigkeiten gut erklärt.
Herr Hahn berichtete über den dritteu deutschen Neuphilo-
logentag, welcher in den Tagen vom 29. September bis 1. Oktober
d. J. seine Sitzungen in Dresden hielt. Er verlas eine von Herrn
Dr. INIahrenholtz eingesandte Darstellung der dort gejiflogenen ^''er-
handliuigen luid sprach mit besonderer Anerkennung ül)er die sehr
interessante, aber wegen der Reichhaltigkeit des Programms des
Neuphilologentages leider zu wenig gewürdigte Daute-Shakespeare-
Burns-Moli^re- Ausstellung, durch deren Veranstaltung sich die Her-
ren Professor Dr. Scheffler, Oberlehrer Sahr und Baron von Locclhi
in Dresden ein grofses Verdienst erworben hatten. Ein Katalog die-
ser Ausstellung, welchen Referent vorlegte, gab Zeugnis von der
unermüdlichen Thätigkeit der genannten Herren.
Im Anschlufs an diesen Bericht teilt Herr Tanger einen Artikel
des Dresdener Anzeigers über Dörrs Vortrag mit und knüpft einige
Bemerkungen daran, worin er besonders darauf hinweist, dafs der
Vortrag wenig oder nichts Neues enthielt. Herr Hirsch bemerkt
dazu, dafs Sallwürck die Hoffnungen, welclie die Reformer auf ilm
gesetzt hatten, nicht erfüllt habe, da er sich auf'serordentlich vor-
sichtig und gemäfsigt ausdrücke.
Sitzung am 30. Oktoho.v ISHS.
Herr Arnheini bespricht einen Artikel aus der Zeitschrift für
Volapük „Rund um die AVeit". Derselbe enthält einen im Auftrage
der Philological Society in London gegel)encn Bericht von Ellis, in
welchem derselbe auf Veranlassung der Philological Society zu Phi-
ladelphia und im Gegensatze zu derselben erklärt, dafs liei Ei'wägung
eines Weltsprachesystems das Volapük nicht ohne weiteres zu ver-
werfen sei. Nicht die wissenschaftliche Betrachtuntr von Ellis ist
für das Studium der neueren Sprachen. 20]
wiedergegeben, ^^ondern es Averden nur die beiden auffälligen Gründe
angeführt, dafs das Vola^iük eine erfundene Sprache sei und dafs es
grofse Verbreitung besitze. Herr Zupitza, dem es ein Parteibericht
zu sein scheint, findet, dafs Ellis' Sprache ironisch klingt.
Herr Zupitza teilt drei kleine Beiträge zur Volkskunde mit.
1) Den von F. Liebrecht in der Germania 33, 179 f. zusammen-
getragenen Seitenstücken zu Gretchens „Er liebt mich — Lieht mich
nicht" fügt der Vortragende ein englisches hinzu aus dem Roman
,,Kith and Kin" von Mifs Jessie Fothergill (London, R. Bentley & Son,
1881, 3, 254 f.; Tauchnitz 2, 257). Eine Dame erzählt hier," wie ihr
Oheim sie gern niit seinem Sohne Ralph verheiraten wollte, "//e threw
US together ; las favourite plan was to send us out for vxdks in the
su'/nmer evenings. I remeinher it well ■ — we usecl to go, one ow one
side of the lane, and, the other an the other ; he used to switch off the
tops of the floivers and weeds with his cane, and I used to potct, and
pluck the grasses and pull the seeds off, saying, 'This year, next year
— sometime, never' That ums to see when I shoidd he married —
not to RalpJi." 2) In demselben Bande der Germania S. 245 führt
Liebrecht nach Gubernatis als Mittel an, um zu erkennen, ob ein
weibliches Wesen noch rein sei: "Aceipe frudutn laetuccc et pone ante
nares eius : si tunc est eorrupta, statim mingit." Zwei Mittel zu dem
nämlichen Zweck bietet die im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts
entstandene Hs. der Bodleiana in Oxford Rawlinson C 813, aus
welcher der Vortragende schon vor einigen Jahren einige Lieder mit-
geteilt und deren wesentlichen Inhalt er im Sommer 1887 ab-
geschrieben hat, um ihn zu veröffentlichen. Fol. 34 r findet man:
"Medecina ad probandum, si puella sit rirgo pura. Take fyn corrall
and puu fhem as small yn a morter, as can he, and fhcnput \)e poudre
yn hur drynke, and, yf she he not pure, she sJvall make watter. —
Anoder medesyne for the sanie. Take the sediB of purslene and, lolien
wemen sytt hefor tJie fyre, cast a handfidl. of the sedis yn to the fyre,
and then merke Jinr well, and ye shall perceyre a evydent (Hs. i>yde7it
mit Rasur eines Buchstaben davor, de undeutlich) token, yff she he
nott pnre, etc." 3) Auf Fol. 35 r derselben Hs. steht mit vielen
Korrekturen derselben Hand ein kleines Stück volkstümlicher Syno-
n3Tiiik. "A harlatt, a himter and a höre. A harlatt ys she, pat man
kepes, and, yf an oder make lahour, for petye hur kynd harte can nott
say 'nay'. A huntere ys she, that ij or iij good feloives kepys, and
yet she sechez moo for hur aduauntage. A höre ys she, ]^nt medele.^i
tv'ith 7vhoo some euer ciimmys, soo |)a< she hath medeled unth so many,
that she knoireth nott the nomhre of thon." Die vom Vortragenden
eingesehenen Wörterbücher haben hunter in dieser Bedeutung nicht.
Zu Nr. 1 führt Herr Hirsch den Abzählreim tinker, tailor,
soldier, sailor an, Herr M a r e 1 1 e : il m'aime im peu, beaucoup, pas-
sionnemcnt, pas du tont, und Herr Wetzel, dafs man auch im Brau-
202 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
(Icnburgischeu bei solclien Abzahlungen Gräsersamen anwende, wäh-
rend Herr Tanger angiebt, dafs auch die Zahl der Kompottfrüchte
mit fhis year, next year, noiv, or never gezählt werde.
Zu Nr. 2 fügt Hen- Arnheim hinzu, dafs sich in einem Drama
von Middleton Ähnliches finde.
Herr Vatke sprach über das Buch des Belgiers Emile de Lave-
leye, De la propriete et de ses formes primitives, 1874, in der deut-
schen Ausgabe „Das Ureigentum" von Dr. K. Bücher, Leipzig 1879.
Das Buch behandelt vornehmlich die Entwickelung des gemeinsamen
Grundbesitzes der Dorfgemeinschaften bei den Kulturvcilkern, die
germanische Mark, die Allmenden der Schweiz und Südwestdeutsch-
lands, die mittelalterliche Feldgemeinschaft in England (die com-
mons) nach E. Nasse in Bonn : „folkland und Ijokland im England
der normannischen Eroberung'' wurden erörtert und gezeigt, wie in
England, zumal seit dem 1 6. Jahrhundert — wie auch Thomas Morus
in der Utopia v. 1516 — es beklagt, die Grofsgrundbesitzer den
Kleinbesitz an sich rissen : die Krone war hiergegen machtlos, wäh-
rend die absoluten Könige Frankreichs von Heinrich HL es ver-
standen, den Bauernstand in seinem Besitze zu erhalten gegen die
Bestrebungen der grands seigneurs: so ist Frankreich reich an den
petits cidtivateurs, während England im wesentlichen nui* den Lord
und seine Pächter kennt.
Herr Tobler spricht über das adjektivische Pronomen posses-
sivum, dessen Vielseitigkeit der Beziehungen in den Grammatiken zu
Avenig beachtet wird. Wie man sagt mon anii, sagt man auch mon
ennemi, aber nicht mehr leicht mon voleur, was im Altfrz. noch ge-
w(')hnlich ist. Der Redner macht besonders auf den Fall aufmerk-
sam, wo aktivische und passivische Parti cipien von Verben, die den
Dativ bei sich haben, mit dem Possessivpronomen verbunden stehen,
eine Ausdrucksweise, die im Altfrz. häufig zu finden ist, aber im Neufrz.
nur noch ganz vereinzelt auftritt, altfrz. mes nuisants, mes appar-
tenants, ma promesse r= was mir versprochen worden ist, neufrz. nur
noch mon dfi.
Nach la personne du roi kann man Avohl bilden ma personne,
die Person, die ich bilde, die man in mir zu sehen hat, aber nach
la coquine de Toinette nicht sa coquine, die Spitzbübin, die sie ist.
Ein Unterschied ist zu machen zwischen cela sent son vieillard, das
riecht nach dem Greise, von deiii es ausgeht, und dem Lafontaine-
schen un renard sentant son renard de loin, nach dem Fuchse, der
er war. Im ersteren Falle ist das son auf cela zu beziehen, im zwei-
ten auf renard. Vielleicht ist die eine der beiden Beziehungsweisen
auf die andere ausgedehnt worden.
Herr Va t k e führt dazu das Goethesche „meine Günstigen", Herr
Völkerling ,,vos pesants d'or" an, während Hen* Wätzoldt an-
giebt, dafs bei Plans Sachs „mein Dieb" scherzhaft gebraucht wird.
für das Studium der neueren Sprachen. 203
Zum Schlufs verliest Herr B u r t i n einen Artikel der Petite
France über den style decadant.
Sitzung am 13. Kovemher 1888.
Nach Verlesung des Protokolls führt Herr Arn heim zu seinem
letzten Vortrage noch an, dafs nach Büchmann, über den Berliner
Adrefskalender, ein Berliner Professor Burja im Anfange dieses Jahr-
hunderts eine allgemeine Sprache erfunden habe. Herr Michaelis
fügt hinzu, dafs derartige Bestrebungen bereits vor mehreren Jahr-
hunderten aufgetaucht sind.
Herr Rossi verliest zwei bei Gelegenheit des Besuchs Kaiser
Wilhelms IT. in Rom von ihm verfafste italienische Gedichte.
II 9. Marzo 1888.*
Grande e coudur un popolo guerriero
AUa vittoria: grande guadagnare
Un' imperial Corona; — ma piü grande
AI popolo accordar pace sicura,
Face lunga e benefica; acquistare
Di fedeltä e d'amor una Corona
Colla stima e il rispetto dell' intero
Mondo
Ode.
Te, Guglielmo, ehe giä la gloriosa Ti conforti raccento leale
Spada cingi degli avi immortali, Del tuo amico e alleato, d' Umberto,
Con aniore saluta festosa Che sali' orme del padre immortale
Roma, madre di tre civiltji. Del suo i^opolo veglia al destin.
Questa terra per t^toriche gesta Su Te jmre, o Gugliebno, la Stella
Grande e sacra, al tuo arrivo, di fiori Dell' avita graudezza risplende.
Ti cosparge, in segnale di festa, Sei Taiispicio di gloria novella
Ed eccheggia pei colli un Urrä AI cui raggio e serbato il tuo crin.
Roma libera, unita, maggiore Su, risuonin per l'aer gli squilli
Delle cento sorelle risorte, D'ambo gl'inui d'Italia e Germania,
Col saluto che parte dal cuore Si dispieghin congiuuti i vcssilli,
Sia conforto al recente tuo duol. Ma per simbol di pace e d'amor.
Ti conforti di Roma la gioia, L'amistado sia patto verace,
Rispecchiata nel riso soave Non ofFesa alle genti vicine,
Di Colei, che di Casa Savoia Non ragione ad accender la face
E virtude che splende quäl sol. Di discordie spargenti squallor.
O Guglielmo, il tuo avveuto cancelli
Dei nemici d'Italia la speme,
II diritto di Roma suggelli,
Ricon.sacri la nostra unitä.
Salve, salve, Guglielmo ! — il tuo regno
Sia demente, felice, gloriose,
In lui goda il tuo i)opolo deguo
Lunga pace ed ognor libertä.
'^) Yeisi di G. E. liossi per la moite dell' inipeitituro Uuglielmj I.
204 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
Herr Zupitza spricht „Über die Quelle des 39. Stückes in den
Mendxk ^Eventyri ed. Gering". Diese fromme Erzählung veranschau-
licht Gottes Barmherzigkeit an dem Schicksal einer Frau, welche
die schlimmsten Sünden (Blutschande, dreifachen Kindermord, Eltern-
mord) begangen hat und, obwohl sie von ihnen nicht förmlich los-
gesprochen wird, doch, weil sie dieselben bereut, in den Himmel ein-
geht. Der Herausgeber hat II 395 nur auf eine in vielen Einzelheiten
abweichende Darstellung in der Scala eceli aufmerksam gemacht.
Es ist ihm entgangen, dafs auch eine Handschrift der englischen
Bearbeitung der Gesta Romanorum (ed. Herrtage S. 390) dieselbe
Geschichte enthält, und dafs Madden (s. Herrtage S. .504) sie auch
in einer lateinischen Handschrift der Gcsta Harl. 4 06, in welcher,
wie in der Scala cccli, Jacobus de Vitriaco als Quelle genannt wird,
und aufserdem in Herolts Promptuarium nachgewiesen hat, der sich
auf Petrus de Araore beruft. In besonders nahem Zusammenhange
steht aber die isländische Erzählung (^= I) mit einem mittelenglischen
Gedichte (= E), das zuerst Hartshorne in seinen Ancicnt Metrical
7^/^.^(1829) 151 ff. und neuerdings Horstmann in den Altenglischen
Legenden (Neue Folge, 1881) S. 334 ff. und im Ai'chiv 79, 421 ff.
veröffentlicht hat. Drei Handschriften von E sind bisher bekannt,
eine Cambridger (= C) und zwei Oxforder, nämlich eine Ashmole-
Hs. (= A), welcher mehr als das erste Drittel fehlt, und eine Raw-
linson-Hs. {■= R). Der Gang der Erzählung ist in beiden Darstellun-
gen durchaus der gleiche, und selbst in kleinen Nebendingen findet
gewöhnlich Übereinstimmung statt, wobei bald die eine, bald die
andere der englischen Handschriften I genauer entspricht. In E
fängt die eigentliche Erzählung mit V. 7 C, 19 R an: Tlier was a
man of mycidl inayne In \io bisshoperiche of Wyan (In \ie byshoprich
of Gyan A vian Jier w«s of mych mayn R), Hiche (Aitd rieh R) of
londe and ledis (Jede R). He hade a tryfe gentill (A wyfe he Jmd gent
R) and frc, The best (fayrest R) ivoman, ])at my^t be, And fülle of
nlmysdedis f-dcdc R). ,4 doii^ttir they had beticen hem twoo fhem
hctwene R), 77/c fayrest, \mt my^t on erth goo (jie fayrest woman, \^at
fnyth bene R) Made of flcsshe and blöde. Damit vergleiche man den
Anfang von I: svä byrjar \wJta ceventyr, at nt i Franz i einü bis-
kupdcemi, er Apgeian (so die Hs. ; Avenio Gering) kailax, bjö einn
mikill madr. hann var rikr madr bm\i i landi ok laiisutn eyri. eina
ko)iu ätti hann göda (vgl. C) ok fiilla af miskunnsemi. \)au dttu eina
dnttnr \)('i hina vcrnstu, er verda mdtti sköpuf af holldi ok blöäi. Da
die Mutter das unnatürliche Verhältnis entdeckt, ruft sie nach R
73 ff. (C 55 ff. zeigt eine Lücke): 'Alias', slie sayd '}^at je weryn bornf
Lyne and soule ^e hau forlo7-n Day mthouten ende, ^e ben itauth 1o
|ie fend of hell: With ^ou ivill I no lenger dwell ; Fh'O ^ou will I now
ivend.' In I sagt die Mutter 14 ff. : 'Amn, at vit vöriim. fadd eda
gctiH ! \\via1 iin reit ck, at ]i?7 enit fordjörfnt ulan enda ok biindin
für das Studium der neueren Sprachen. 205
w«ed fjdndanum i helviti. '^vi vil ek ekki lengr mei\ ykkr vera ok ganga
minn veg i hrott i sta^i.' Das Begräbnis der Mutter wird C 73 tt'.,
R 91 tf. so erzählt: When \)at synfull dede was done (And wJian \}i>i
dede was idone R), Tliey (Sehe R) toke {le body vp (swyth R) sone And
leyde hü in a eheste And beryd \)e cors (it R) wi[^ bo\)e her {\)orow her
bo])ers R) rede, As she sodenly hade be ded (As she had ibe fayr dede
R), l^at 110 man odtir fit R) wiste (newyst R). Die entsprecheiulc
Stelle lautet in I 23 ff.: sein \^at var gjört, töku \'.au (A'gi. (,') Iwniiar
likam ok lögdu i kistii ok jörduäu liana eptir sinum vüja, sem liori
hefdi fögrum (vgl. R) dauila däit, svd at eingi vissi annat (vgl. C).
Alles geht in die Kirche aul'ser dem sündenbeladenen AVeibe C LSI ff.,
R 193 ff.: But (All bot A) \^at {^is R) synfull (fehlt A) woman (u\
alone A) With (And AR) hir felows euerychon Laße stille (Beleft R,
Duellyd A) in \)at strete (at iier in AR). Sory was she (Wo was
\)e7n AR) \^at ilke day, Vat (There conie AR) noma)i (no men R), irifh
hir {\)em AR) tcold (to AR) play: Siluer (No s. A, N'e no s. R) nry^t
sJie non (they my^ht A, myght \)ei R) gete (wynne AR: die nächste
Strophe fehlt ganz in R). Tille hur felowes she seide (Seite seyd to
hyre feleys anon A): 'To \)e church go a-e, I rede (I rede, [Mt ive to
\te cJtyrche gon A), As swythe as we may (And haste vs in \,e weg A).
Ver may ire (we schall A) siim ^ong vian fgnde, \'at is both curtessc
(god A) and hynde (kynd A), \'at will with vs (And tritJi vs will A)
play:' In I heifst es 7-4 ff. : ... nema sü syndafulla (vgl. CR) ko)W(,
ok (vgl. AR) hcnnar felagskapr: {u/r vöru kyrrar (vgl. C) at sinu hei-
niili (vgl. AR). \mt var "peirra (vgl. AR) sorg mest hvern dag, at eigi
kömu (vgl. AR) svd niargir menn med \i(Br (vgl. AR) at syngaz, setn
\)cer villdu, ok licer mcetti sem, mest silfr vinna. ok, sem [uer sitja
svd i sitt herbergi, talar hon svd til \)eirra: 'ver skulwm ganga til
kirkju, \sviat \)ar munu vcr fd nögra fclaga, er med oss vilja leika, ok
afla svd peitninga.' Da die Sünderin ihre Sünden bekannt hat und
den Bischof um Lossprechung "bittet, C 253 ff., R 23ö ff. l^e bisshop
seyd anon ryp (anon hyr tylle R): 'Abide, woman, in \)at ti^t (Woman,
abydc a lytell wyght A, Woman, a lytyll whyle be stylle R), Tille my
sermonde be done.' She swonyd and fei do7vn there (Seite was so füll
of sorow and care AR): So ful she u-as of sorow and care (She feil
udoune [in swownyng R] before \\em [hgrn RJ there AR): To berst
hirhert began (Hyre hert braste in [a RJ two AR). 1 erzählt 105 ff.:
biskup svarar: 'bid (vgl. AC) litla stund, til per.? at üti er sermoninii.'
eptir \)at feil hon i üvit (vgl. CR) at öllum d sjdnd^im svd füll af sorg
ok süt (vgl. die Stellung in C), at hennar hjarta bi-a^st i sundr (vgl.
AR). Der Anfang der letzten Strophe in C (R hat nichts Ents])re-
chendes) lautet : (Jode (Orysten A) men, I warne alle {}^ou gll- A), Iv//
äe (non of ^ou A) in no (fehlt A) ivanhope falle, '^if (They A) ^e haue
don gret (^e be in A) synne. Damit vgl. man in I 121 f.: ek vara
ydr ok alla kristna (vgl. A) menn. at \wr fallit eigi i örvünan, \)dtt
.20(j Sitzungen der Berliner Gesellschaft
(vgL A) [er haftt stört (vgl. C) ufhrotit. Wie an den hervorgehobenen
Stellen, so stehen sich auch sonst die beiden Fassungen ganz nahe.
Die zunächst sich aufdrängende Frage, ob beide etwa nur aus der-
selben Quelle geflossen seien, ist wohl zu verneinen. In diesem Falle
würde E wohl nicht so genau zu I stimmen, da der Dichter des Kei-
mes wegen sich gewifs sehr häufig von seiner Quelle frei machen
jnufste. \'ielniehr ist wohl E als die Quelle von I anzusehen. An
sich hat eine solche Annahme um so weniger etwas Bedenkliches, als
sechs andere Erzählungen der Handschrift, die I bietet, aus dem
mittelenglischem Gedicht HaHdlyng Sijmie stammen (Gering 11 Du).
Die Kichtigkeit der ausgesprochenen Ansicht scheint vor allem durch
den Umstand erwiesen zu werden, dafs öfter formelhafte Ausdrücke
des englischen Gedichtes, die schwerlich aus der Quelle desselben
entlehnt sind, ihre genaue Entsprechung in I haben. Vgl. C 1 .').
R 27 Made of flesshe and Mode =^ I 5 sköput af holldi ok hloM :
C 81. R 9'.) Be darj and eke be nij^t = I "26 f. bccili dag ok nött ;
C 84. R 102 Tharow [)e (fehlt R) grace of god almg^t z^ I 26 f.
ejjfir gui\s forsjd ok fgrirskipan ; C 105. R 123 Wher (Ivr R) god
was irhik and dede = I 41 sein gud var kvikr ok daudr; C 113.
R 131 ^She lad Jiipn sgffe and (Site bade hur fadur V) make Ii//i)i glade
r= I 44 bad kann sitja ok gjöra sik gladan ; G 222 (die Stro})hi' fehlt
in R) JkdJie lon-de and stille ( h/j'^e A) = I 90 bcedi hätl ok lägt ; (' 231
(AR haben nichts Entsprechendes) Tlicij durst no longur cd)ide = 1 98
\iordu eigi lengr at bida. Sodann erklärt aber auch jene Annahnu-
ein paar nebensächliche Abweichungen in den beiden Darstellungen.
Wenn es R 7G heifst: ^e ben ifauth to \)e foid of helle, in I 1.'» f.
aber \\it erut . . . bundin med fjiindanum i helriti, so scheint der Is-
länder die R's itauth entsprechende Form, die iteit lauten konnte,
als iteid (= ne. tied) genommen zu haben. Dem Ausdruck \)at ilke
dag C 184. R 196 steht in I 76 gegenüber hccrn dag: der Über-
setzer wird ])at in seiner Vorlage nicht gehabt oder übersehen haben.
Ferner C 223 ff. R 212 ff", wird erzählt Tharow ])e grace of god ahng^t
A ivorde in to hir bodg (herte A, gan R) li^f, i'at ])0 bissltop speke
{[)er spake R). In I aber lesen wir 90 ff', med alnnittigs guds niisknnn
flö ein ör i hennar hjarta (vgl. A), \)ar seni biskuj) taladi. Der Islän-
der scheint i^wrfe =-- ord „Spitze" (vgl. zu Guy 7927) genonunen und
dafür dann ör „Pfeil" gesetzt zu haben. Endlich ist noch C 169 f.
R 175 f. zu erwähnen. Die beiden Verse werden wohl ursprünglich
etwa gelautet haben All ])e women, ^at icold be folys, Qerne \)ei conie
to hyr scolys. C hat wyckud nien st. [te ivonien, were st. wohl be und
fals st. folys. In R fehlt be, und es steht folies für folys. In dei'
zweiten Zeile hat nur R ^orne, A Fa,st. C gar kein Adverbium ; end-
lich steht in A vnto st. to. I 68 ff", heifst es niargar ungar vom svd
heimskar, at \>cer villdu gjarna til liennar skOla ganga. Natürlich kann
die Stelle auch dem Isländer entstellt vorgelegen haben : jedenfalls
für das Studium der neuereu Bpracheu. 207
aber Ist in E folys = meretrices gemeint, während es der Übersetzer
im ursprünglichen Sinne verstanden hat.
Herr Wätzoldt giebt im Anschlüsse an Villattes PaHsismeu
Beiträge zum Argot von Paris. Der Redner besinücht zuerst solciie
Wörter, deren Argotbedeutungen bei Villatte fehlen. Er geht dann
auf die Bedeutungslehre ein und zeigt, wie die Metai)her bei der
Prägung der Wörter des Argot eine grofse Rolle spielt. SchlicCslicli
Aveist er auf eine Reihe von Fällen hin, in denen sich Berolinisnien
und Parisismen auffällig begegnen, ohne dafs an Entlehnung von einer
oder der anderen Seite zu denken sei. Im Anschluls daran verliest
er einen im Pariser Argot verfafsten Brief eines Pariser Korrespon-
denten an Villatte.
Die Vorstandswahl ei-giebt die A^Mede^wahl des bisherigi'ii \"or-
standes.
Sitzung am 27. Xovember 1888.
Der Vorsitzende widmet dem verewigten Professor Dr. Delius,
welcher der Gesellschaft seit ihrer Gründung angehörte, Worte der
Anerkennung. Die anwesenden Mitglieder erheben sich zu Ehren
des Verstorbenen von den Sitzen.
Herr Bouvier giebt im Anschlüsse an den neulichen Vortrag
des Herrn Tobler weitere Beispiele für den Gebrauch des Pronomen
possessivum im Französischen, durch Avelehe dessen Auffassung be-
stätigt wird. Herr Tobler bedauert nur, dafs der Redner auf das
Beispiel un renard sentant son renard d'une lieue nicht genauer ein-
gegangen sei, da dasselbe doch von den anderen wesentlich verschie-
den zu sein scheine. Von Herrn Zupitza ist derselbe darauf auf-
merksam gemacht worden, dafs in den nordischen Sprachen derselbe
Gebrauch herrsche, wie er ihn neulich aus dem Portugiesischen an-
geführt hat.
Herr Pariselle spricht über Giosu^ Carducci. Der 183G ge-
borene Dichter, jetzt Professor in Bologna, ist zugleich Gelehrter, der
besonders dem Griechischen, Lateinischen und Italienischen seine
Aufmerksamkeit zuwendet. Darauf beruhen auch seine Bestrebungen,
die klassischen Metra wieder zu beleben. Von Anfang an stellte er
sich den Romantikern gegenüber, die deshalb seinen Erstlingsgedich-
ten eine feindselige Aufnahme bereiteten. Seine antikatholische,
demokratische, realistische, aber nicht für das Häfsliche eingenom-
mene Gesinnung haben ihn zum Lieblingsdichter des jungen Italiens
gemacht.
Herr Lamp recht teilte Erfahrungen aus dem französischen
Unterricht des Gymnasiums mit, einige auf alle Klassen bezüglich,
z. B. über Abschriften von Klassen- und häuslichen Arbeiten, das
Auswendiglernen derselben, über die Hinzufügung des Artikels bei
Substantiven, der Femininform bei Adjektiven zweier Endungen in
208 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
Grammatik, Wörterbuch und Präparationsheft, andere einzelne Klas-
sen betreuend. Zu dieser gehören die Aussprache des Kasalvokals
^, das Abschreiben der zu lernenden Vokabeln, die den Berliner
►Schülern eigentümlichen Fehler der Aussprache (Quinta); für die
besten l'aradignien erklärt der Vortragende aimer, punir, defendre,
apercevoir, in dieser Reihenfolge, und belegt seine Ansicht mit Grün-
den ; er bespricht den Wert der Formen-Extemporalien, verwirft die
Klassen- und häuslichen Arbeiten, welche die Schüler untereinander
verbessern, er will die Lektüre kleiner zusammenhängender Stücke
nach einem oder anderthalb Jahren beginnen und daneben die Sim-
])licia der für die Lektüre der gewöhnlich gelesenen Schriftsteller not-
Avendigen unregelmäfsigen Verben lernen lassen (Quarta). Dies Lese-
buch kann Jieben der bisweilen ermüdenden Lektüre von Michaud,
Prera. crois., oder Voltaire, Charles XII gelegentlich zur Aushilfe be-
nutzt werden (Tertia). Als Lektüre werden, ungefähr übereinstinmiend
mit Ulbrich, empfohlen für Untersekunda : Souvestre, Au coin du
feu, Un philosophe sous les toits, Erckmann-Chatrian, Histoire d'un
cönscrit, Thiers, Expedition d'Egypte, ferner Chateaubriand, Itineraire,
und Barantes, Hist. de Jeanne d'Are, verworfen : Verne, Le tour du
monde; für Obersekunda: Sandeau, M""' de la Seigliere, Segur, Hist.
de Napoleon (aber nur mit Benutzung von Thiei's, C-hambray, Bog-
danowitsch), allenfalls Montesquieu, Considerations ; für Unterprima:
Mol. BG oder FS, Lanfrey, Hist. de Napoleon 1806 7 und Vol-
taire, Siecle de Louis XIV, für Oberprima : Mol. Tart. und vielleicht
Mis., daneben Guizot, Histoire de la civilisation en Europa, zu de.s-
seii Lektüre dem Lehrer jedoch umfassende geschichtliche Kennt-
nisse zu Gebote stehen müssen. Von Obersekunda, oder schon von
Untersekunda an k(")nnen zur Abwechselung oder ziu- Ausfüllung
Gedichte von Lafontaine, Beranger und Victor Hugo gelesen wer-
den. Die Grammatik mufs die Hauptregeln der Syntax zur Ein-
übung, daneben andere zur Verweisung enthalten ; jene müssen von
Untertertia bis Lntersekunda einscliliefslich gelernt und eingeübt
werden; in Obersekunda werden sie kapitelweise wiederholt ; in Unter-
})rima werden aus ihnen die Paragraphen zur Wiederholung auf-
gegeben, auf deren Anwendung es in der folgenden Klassenai'beil
ankommt; in Oberprima wird ohne Vorbereitung geschrieben, — Herr
r.amprecht besprach ferner die Art der Anfertigung und der Beur-
teilung der Probearbeit, die schriftlichen Arbeiten in Prima, die
verschiedenen jMeinungen über das Ziel des französischen Unterrichts,
und bedauerte den grofsen Unterscliied der Stundenzahl von Quarta
nach Tertia und die Kürze der mündlichen Abiturientenprüfung im
Französischen.
Herr Wetzel bemerkt, dafs der Ausdruck offenes e ihm w'esent-
lich <lazu beizutragen scheine, die fortdauernd zu beklagenden Ver-
wechselungen von e und e bei den Schülern herbeizuführen. Herr
für das Studium der ueueren Sprachen. 209
Wätzold empfiehlt zur Lektüre Guizot, Recits historiques. Herr
Herr ig betont, dafs die Hauptsache die Lehrer seien, welche die
Sprache beherrschen müssen.
Derselbe macht darauf aufmerksam, dafs der Verein deutscher
Lehrer in London nach seinem letzten Berichte ein Seminar eröffnet
habe, in dem Gelegenheit geboten werde. Englisch gründlich zu be-
treiben. Von der Existenz des Seminars für das Englische an der
Berliner L^niversität scheint nach Herrn Zupitzas Mitteilung der
Verfasser eines in dem Berichte enthaltenen Briefes nichts zu wissen.
Sitzung am 11. Dezember 1888.
Zu Ehren des verstorbenen ^Mitgliedes der Gesellschaft Herrn
Bom-geois erheben sich der Aufforderung des stellverti'etenden Vor-
sitzenden gemäfs die Anwesenden von den Plätzen.
Herr Zupitza macht einige kleine Mitteilungen. 1) In der
Handschrift Eawlinson C 22 der Bodleiana bilden nach dem Katalog
Nr. 11 Sententice varice ex ss. ixitrihiis decerptce, explanationes qme-
dam mysticce et alia eiusdem generis von einer Hand aus dem Anfang
des 13. Jahrhunderts. Auf S. 298 stehen hier z\vischen Stellen aus
Augustinus vier englische Verse:
Eueriche freman hack to hen hende
for to be Large of, ^at him crist sende:
^an it es al ydon, (hat eiime to J)e nende,
na haues naman of J)?s werld bod gncdetichc his Lenge.
Das IC ist durch double u, nicht dm-ch tcen gegeben. Der Dialekt
scheint westmittelländisch. — 2) Am Schlüsse der Handschrift
Harl. 3724 des British Museum stehen zwei Verse von einer Hand
des 14. Jahrhunderts, die schon in den Reliquice antiquce I 57 ge-
druckt sind, aber mit Fehlern, die den zweiten Vers sinnlos machen.
Sie lauten in der Handschrift;
Silly sieht i seich vnsembly forte se,
A fwil, ar hit was fetherid, fimdind forte fle.
In den ReliquicB steht As ivil as statt A fwil ar und fetherto statt
fetherid. — 3) a. Von Fol. 31r der Handschrift Rawlinson C 86
der Bodleiana hat Furnivall im Babees Book S. 332 einige gnomische
Verse veröffentlicht. Von diesen sind die beiden letzten zu schreiben :
Si vis delere, ttia crimina, die "miserere" :
Per "miserere mei" frangitiir ira dei.
Bei Furnivall steht aufser dolere, wie die Handschrift &i^itdelere
hat, noch vie^ statt vis und Permiserere. b. Einen weiteren Spruch
hat die Handschrift, die dem Ende des 15. Jahrhunderts angehört,
auf Fol. 5 9 r :
Arcliiv f. n. Sprachen. LXXXII. ^ *
210 Sitzungen der Berliner Gesellschaft
WJio so in icelth tahyth none liräe,
Shal fynde defaute in tyme of nede.
c. Ebenda steht der folgende Versuch, englisch-lateinii^che Hexameter
zu machen :
Syinj I irold, buf, alas, discrdaiit j)ro>tj)era, yrafa.
Liylond s/n» tyme uns rrynorwm ijrmiiia parafa.
Of iiianliude tlic Jloitre vbi qiioiiduin fuernnt honxiws :
But now is gone J)a< owre; traduuf ur talia somnis.
Die Hs. hat Haken, die wohl bedeutungslos sind, am y in Sijng
und am d in n-old und Inylond. Vor (jevnna m V. 2 ist ein ange-
fangenes p (der Sclu'eiber wollte gleich j^arata schreiben) getilgt. In
V. 1 möchte man discedunt vermuten. Am Schlufs des dritten Verses
ist wohl fuerunt mit Verschleifung imd hotn'nes (oder omnes ?) zu
lesen. Zu beachten ist, dafs Reim sowohl in der Cäsur, als auch im
Versschlufs stattfindet. Noch kunstvoller sind die englisch-lalcinischen
Hexameter in den Rcliquice antiqu(P H 283 f., da hier immer je vier
Verse durch gleichen Cäsur- und Endreim gebunden sind (vgl. auch
I 90. i»l). d. Ferner steht auf Fol. 142 r:
Dum riuis et henc stas et sursimi eoniua yestas,
Non age res niestas : hreuis est liwiuinn potestas.
Vir, rideas, que tu itibeas, dtim maynns haheris.
Et caveas, ne forte ruas, cum stnre puteris.
Der erste Vers würde durch Weglassung des ersten et korrekt
werden, e. Endlich bietet dieselbe Handschrift Fol. 173v die fol-
gende Bauernregel für den 25. Januar:
Clara dies Pauli bona tempora denotat auul.
Si nix vel jiluvia, desingnat tempora cara.
Si fiunt venti, desingnant prelia ycnti.
Si fiunt nebule, jiereunt animalia tjuequa.
Fast wörtlich stimmt hierzu eine von Halliwell in den Reliqui<E
antiquce I 93 mitgeteilte Fassung, während eine weitere ebenda II 10
von Th. Wright abgedruckte im Wortlaut bedeutender abweicht. — -
4) In die Ilaiidschrift Rawlinson C '2'1 S. 3.')« hat eine Hand des
14. Jahrhunderts gesckrieben :
Ommbns est notum. quod }>iultum diligo potum:
Qui bmia vina bibit, paradiso fortiun ibit.
Gewifs eine eigentümliche causa hihendi! — 5) Die Handschrift der
Bodleiana A.shmole 61, die dem Ende des 15. oder vielleicht gar
erst dem Anfang des IG. Jalnlnnidcrts angehört, enthält auf Fol. 23 v
die folgenden vier Verse:
Tres infelices in mundo dicimus esse:
Infelix, qui pauca sapit spernüque doceri;
Infelix, qui multa sapit sper?iitq\ie docere;
Infelix, qui siincta doret, si riuat inique.
für das Studium der neuereu Sprachen. 211
Herr Eödiger besprach die neuen Lehren von der germani-
schen Wortbetonung, wie sie Sievers, Paul und Kock im 4., 5., G.
und 14. Bande der Beiti-äge zur Geschichte der deutschen Sprache
und Litteratur vorgetragen haben. Er erkannte an, dafs die Vers-
betonung nicht imbedingt der prosaischen gleich gesetzt werden darf
und dafs man allerdings aus dem Schwund oder der Verkürzung
eines Vokals auf geringe oder mangelnde Betonung desselben schlie-
fsen darf. Aber die Ergebnisse, welche Sievers' Betrachtung der
Mittelvokale in dreisilbigen Wörtern mit Länge in der ersten Silbe
liefert, sind doch zu wenig einheitlich, als dafs dadurch Lachmauns
Regel gestürzt werden könnte, wenn man nur in Betracht zieht, dafs
in zusammengesetzten Wörtern andere Betonungsverhältnisse walten
als in einfachen und dafs gewisse schwere Ableitungs- und Flexions-
silben den Nebenton an sich reifsen. Noch weniger läfst sich die Um-
kehrung von Lachmanns Regeln für die Betonung zweisilbiger Wör-
ter rechtfertigen. Die bekannten auf der zweiten Silbe betonten
Pronominalformen des Ahd. imd Altn. ro aus ero einerseits, sowie
andererseits die je nach der Quantität der Wurzel verschiedene Be-
handlung auslautender i und u in zweisilbigen AVörtern reichen dazu
nicht hin. Jedenfalls ist Kock im Recht, wenn er die von Sievers
angenommenen wunderlichen Abweichungen und Verschiebungen
der Wortbetonung zwischen und in den verschiedenen germanischen
Sprachen verwirft. Die Prosabetonung läfst sich immer noch am
besten aus den Versen erkennen und w^enigstens für das Westger-
manische im wesentlichen feststellen, wobei sich Lachmanns Regeln
im ganzen bestätigen.
Herr L ö s c h h o r n bespricht eine von Karl Bleibtreu heraus-
gegebene Broschüre: Zur Jahrhundertfeier der grofsen Revolution.
Dieselbe behandelt zuerst die Leiter der Revolution, dann die Revo-
lutionskriege. Das mit Phrasen und blendenden Antithesen gespickte
Heftchen verherrlicht Robespierre. Zum Schlüsse wird eine Über-
sicht über die Mittel der Revolutionäre gegeben, die der Verfasser
rechtfertigt und als human hinstellt.
14'
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Friedrich Müller, Grundrifs der Sprachwissenschaft, IV. Band,
I. Abteilung: Nachtrag zimi Grundrils aus den Jahren 1877
bis 1887. Wien 1888. VIII u. 240 S.
Die iu Aussicht gestellten Nachträge und Anhänge zu Fr. Müllers
schönem grol'sem Werke „Grundrifs der Si)rach\vissenschaft^, drei Bände
in acht Teilen, AVien 187G — 1887, beginnt der IliesenHeüs des Verfassers
schon jetzt (Anfang November 1887) herauszugeben ; nämlich eine Samm-
lung des in den letzten zehn Jahren zugewachsenen si)rachwissenschaft-
lichen Materials bringt er im vorliegenden Bande und hofl't und gedenkt
er nach Ablauf der folgenden zehn Jahre dasselbe wiederzuthun. K'uw
reizende Aussicht, müssen wir sagen luid dem Verfasser von Herzen wi-i-
tere Gesundheit (er leidet an den Augen) und Kraft dazu wünschen.
Freunde an den verschiedensten Enden der Erde haben das Werk durch
Heranschaflung des Stofl'es gefördert. S. 1 — 18 zu Band I: Die t^i)raclic
der Kham-Buschmänner im Norden der Kap-Kolonien, mit elf Si)rach-
proben in Prosa. S. 19 — 54 zu Bd. I: Die Sprache von Nengone (Marc)
— wichtig für die Frage nach der Entstehung des melanesischen Volkes — ,
die Sprache der Bewohner der Nikobaren — ohne Spur eines Zusammen-
hanges mit den Papua- oder australischen Sprachen, noch weniger mit
den melanesischen Sprachen — mit Spraehprobe; die Sprache der Be-
wohner der Andamanen, südlicher Dialekt. Eigentümlich durch eine
starke, ähnlich nirgends zu findende Entwickelnng der Possessiva ; es
giebt aulser den allgemeinen aut'h wieder solciie. die bei Nennung von
Teilen des menschlichen Körpers (zerfallen in sieben Klassen), und solche,
die bei Nennung von Verwandtschaftsausdrücken (zerfallen in acht Klassen)
gebraucht werqen. Mit einigen Sprachjiroben. S. Öl —71 zu Band I :
Die Sprache der Schilluk ist nach iliren Fürwörtern und Zahlwörtern als
verwandt mit dem Dinka und dem Bari anzunehmen. Die Sprache der
Serer ist eine der höchstentwickelten Afrikas, deren Glanzpunkt ähnlich
wie im Türkischen das so sehr formenreiche Verbum ist: fe;^ lieben, fe;^-
adar wenig beben, fe/-er nicht lieben, fe;^-el geliebt werden, fe/-and nicht
geliebt werden, ic/_-iex innig lieben, fe/-nor veranlassen zu lieben. Zu
Bd. I, S. 7.") — 81 : die Nu])e-Sprache. Ihre hier stehende Ik'lcnchtung er-
giebt folgende Einteilung der Niger-Sprachen: I Ibo, II Yoruba, Odschi,
Ewe, Nupe, Akra, III Efik: I ist von II entfernter als III von II. Zu
Band I, S. 82 — lüo: Zu den Mande-Spravheu Vei, Mandingo, Susu, Barn-
Beurteilungen uucl kurze Anzeigen. 213
bara kommt hier noch das Meude. Etwas mit denselben verwandt ist
auch noch das Serechule, etwa ein selbständiger Zweig dieses Sprach-
stammes. Basa, Grebo Kru lehnen sich in den Lauten au Ewe, Akra,
Odschi, Yoruba; im Bau stehen sie tiefer. Mit einer Probe des Grebo,
Übersetzung von Genesis 1. S. 101—122, zu Band I: die Bagrirama-
Sprache ist nach Prouomen, Verbum und Zahlwort dem Bongo sehr ver-
wandt. Die Muzuk-Sprache ist in Lauten und Bau sehr reich, hat sogar
grammatisches Geschlecht der Substautiva und Adjektiva: „eine über-
raschende Thatsache in einer Negersprache im Centrum Afrikas". Einige
Sätze als Probe. S. 12o— 228, zu Band II: Zahlenausdrücke mehrerer
australischer Dialekte. Zur Sprache der Tschuktscheu, mit Berücksich-
tigung von O. Nordquist. Die Sprache der Ainu besser beleuchtet nach
der Grammatik von John Batchelor, nebst Proben. Eine Eigenheit der
Innuit-Sprache. Der Objektskasus oder Accusativ hat kein besonderes
Zeichen, aber (ähnlich wie in den uralischen Sprachen, z. B. im Magya-
rischen) es wird auf den Besitzer durch ein Suffix hingewiesen. Dieses
kann ata, auch blofs a lauten; ersteres 2)flegt im Satze zuerst, letzteres
danach zu stehen, ersteres beim Subjekt (agens), letzteres beim Objekt
(patiens) sich einzustellen. Der Apalatsische oder Maskoki-Sprachstamm
wird bekannter, da Gatschet „A migration legend of the Creok-Indians",
Philadelphia 1884, die Sprachen der Krik und Hitschiti näher beleuchtet
hat. Die Taensa-Sprache, etwas unsicher durch J. Parisot überliefert, wird
etwas betrachtet. Die Sj^rache der Timukua im mittleren und nördlichen
Florida; Fr. Pareja, Arte de la lengua Timuquana, 1881 in Madrid ent-
deckt, Paris 1886 erschienen. Nachträge und Berichtigungen zur Sj^rache
der Koloschen. Die Sprache der Tsai3aueken wird anschaulich gemacht;
sie hat nur wenig Spuren des polysynthetischen Baues der nordamerika-
uischen Sprachen. Gar nicht hat diesen die Sprache der Kögguba in der
Sierra Nevada de Santa Marta in der Provinz Magdalena der Eepublik
Columbia (Raf. Celedon Gramatica Par. 1886), ist dem Guamaka und
dem Bintukua und samt diesen wohl dem Tsibtia verwandt. Die Sprache
der Botocuden (Bürü, Eugerekmung) hat wohl keine verwandte in der
Neuen Welt, gehört zu den isolierenden Sprachen, mit einigen Ansätzen
zur Agglutination ; das Verbum hat keine Zeitbestimmung, die Zukunft
wird nötigenfalls durch den Beisatz ^morgen" angedeutet. Die Rede-
teile wenig geschieden : kueni = sterben, Tod, toter. Die Sprache der
Colorados (so genannt, weil sie ihre Aveifsgelbe Haut am ganzen Körper
ziegelrot färben, wohnen in Ecuador) ist formlos und arm, hat für Gott
nur das spanische dios. Die Sprache der Feuerländer (Jiigan) ist prä-
und suffigierend, aber weder polysynthetisch noch inkorporierend. Nach-
träge zu den Sprachen der Mon oder Peguaner und der Kambodjaner:
gehören zu den monosyllabischen Ostasiens. Beide Völker haben eine
alte Kultur, welche zugleich mit dem Buddhismus aus Indien kam, daher
sie viele indische, mehrsilbige Lehnwörter haben. Die Schrift ist die
indische, aber die Aussprache weicht von der Schreibung sehr ab. S. 2;')ii
bis 2:);^>, zu Band III : die Sprache der Kubätschi, hängt innig mit der
Hürkasprache zusammen. Die Kubätschi, d. i. tatarisch Waffenschmied,
nennen sich selbst Augwugan ; ihre Nachbaren nennen sie Arbukan, Arbi-
kan, Urgbugan und mit dem Spitznamen Freng. Eine alte Sage nändich
nennt sie von einem Fürsten aus Rfim geholte Waffenschmiede, welche die
Stadt Kubätschi erbauten. Den Islam scheinen sie erst im II. Jahrhun-
dert angenommen zu haben. Der Verfasser vermutet, da die Armenier
mit A;/wanq Albanier bezeichnen, was mit Augwugan stimmt, dafs sie
solche ursprünglich waren, und dafs also wohl auch diese rätselhaften
alten Albanier mit dem heutigen Hürkan-Stamme in Daghestan zusammen-
hängen. Die Sprache zeigt übrigens mit dem AlbiUiischen keine rechte
Berührung (ich bemerke nur atta, Vater), wie auch vom Verfasser nicht
211 Beurtciluiigeii uud kurze Anzeigen.
hierauf hingedeutet wird, uud sie niüfste auch (wie der Verf. bemerkt)
erst noch besser bekannt werden.
Den Schhifs des Bandes bilden kleinere Nachträge und Verbesse-
rungen, welche auch manchen willkommenen Nachweis enthalten.
Friedeuau. H. Buchholtz.
Die Formalitäten des Ritterselilags in der altfrauzösischen Ei)il<.
Inaugural-Dissertation von Karl Treis. Berlin, 1887.
Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, die mannigfachen Be-
dingungen und Förmlichkeiten, die bei dem Übertritte des Knajjpen oder
sonstiger Kandidaten in die haute ordre de chevalerie ein mittelalterliches
Ceremouiell sämtlichen Beteiligten auferlegte, zur Darstellung zu bringen,
und es darf nicht unausgesprochen bleiben, dafs Treis, überall da, wo er
sich nicht auf seine zahlreichen Quellen berufen konnte, von glücklicher
Einbildungskraft getragen, sämtliche in Betracht kommenden Züge zu
einem im allgemeinen wohlgeluugenen Kulturbilde zu fügen verstanden
hat. Die Beobachtung der allein zulässigeu Methode der Ausbeutung
einer möglichst grofsen Anzahl einschlägiger Quellenschriften hat den
Verfasser zu sicheren Schlüssen über die von ihm behandelten, in sich
vielfach gegliederten Fragen nach dem Stand uud Alter des Kandidaten,
nach Stand und Geschlecht des Weilienden, nach der Anzahl der gleich-
zeitig zum Ritterschlag zugelassenen Kandidaten, nach den Veranlassun-
gen zur Erteilung des Ritterschlags, nach Ort und Zeit der Ceremonie,
nach den Ceremonien vor und nach dem Ritterschlage, nach Kleidung
und Rüstung des Kandidaten, nach dem Ritterschlage an sich und den
daran geknüpften Ermahnungen, nach den Festlichkeiten, die sich an
den Ritterschlag nachträghch schliefsen, geführt, und manche in frühereu
Erörterungen des Gegenstandes (vgl. etwa Vaublanc, La France aux temps
des croisades, t. II [1811] S. 21 o ft'., wo auch weiteres ^laterial angegeben
ist) vorgetragene und bisher für zutreffend gehaltene Ansduiuung kann
durch die reich begründete Beweisführung in vorliegender Studie als be-
seitigt betrachtet werden. Die drei Tabellen S. llö— 117 zeigen mit
dankenswerter Übersichtlichkeit, wie sehr die einzelnen Denkmäler in ihren
Angaben über das Alter und die Anzahl der Kandidaten, sowie über die
Reihenfolge der Wappnung auscinandergelien. Nur an wenigen Stellen
habe ich Mängel vorgefunden oder haben sich mir Bedenken gegen das
von Treis Vorgetragene aufgedrängt. Das Interesse für die Arbeit ver-
anlafst mich trotzdem zu ausgedehnterer Besprechung. Unter den Be-
merkungen über den Stand des Kandidaten, die sich bei Treis S. 7 — il
auf die Kluft beziehen, durch die der Ritterstand von dem Bürger und
dem Bauer sich geschieden wähnt und die durch Innehaltung äufserer
Förmlichkeiten noch erweitert wurde, hätte auch eine Andeutung über
die veränderte Form der Anrede, die man dem neugeschairmcn Ritter
gegenüber anwandte, Platz finden kimnen. Nach Stengel wird Durmart
„bis zu seiner Erhebung in den Ritterstand" von seinem N'ater mit fn an-
§eredet v. AW2, 84"i, ebenso Guivres von (4cogenant v. i)2i:'>. Vgl. Durmart
. 550. Das gleiche Verfahren aus mittellioi-hdeutschen Schriftwerken
weist nach Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangeidieit Bd. II,
S. 11. Die Exklusivität der ritterlichen (Jesellschaft trat an hohen Fest-
tagen besonders grell hervor. ]\Ian vermilst bei Alwin Schultz Bd. II,
8. ;i08 ff. einen Hinweis auf die Thatsache, dals bei solchen Gelegenheiten
keinem Niedriggeboreneu vergönnt war, dem vornehmen Kreise zu nahen.
Dami war es Brauch (costiimc), dafs sellist der Dienst bei Tische von
Fürsten oder den Kavalieren des Hofes oder, wie Meraugis S. 51—55 aus-
I
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 215
drücklich bezeugt wird, von den edelsten damoiseles oder den dai»oisels
(h (ß-anf rcnon versehen wurde. Vgl. auch Berte v. 281. Bei dem Hoch-
zeitsfeste des Ritters mit den zwei Schwertern und der Kijnigin von Cara-
di(jan . . . ot bien .XIII. miles mengans, Ne n'auoit cn tonte inaison Nule
fient se chcualier non Chev. II Esp. 12292 — 94. Et serudrcnt U chcualier . . .
Onqucs n'iot fil de uilain, Ne de tout cele semaigne N'i eiitrait il fd de
HÜaigne Florimont, Ms. 1.5101, fol. 84 a. Sei ior furent li cheualkr A (= et)
maseor et penetier; De cliar et de uin et de pain Serioirent sens fil de uilain;
Car se uilains i fust tieiis, Le ior fut mors et comfomlus, ib. fol. 54 c.
Da, wo von dem Alter des Kandidaten, oder auch da, wo von den Ver-
anlassungen zur Erteilung des Ritterschlages die Rede ist, war Gelegenheit,
hervorzuheben, dals der Jüngling zuweilen, mit oder ohne Hinweis auf seine
nunmehr genugsam gestählte Kraft oder sein gereiftes Alter, den Wunsch
nach der Ritterweihe zu erkennen giebt. Der junge Alexander wendet sich
mit folgender Bitte an seinen Vater: Saus sies, sire reis; äs€.>. soi forx, e
soi jovnes e freis, Volet que sie chiralers o borgeis? Adobet mei a quise de
Greceis, Vostra reaume vol metra a defeis; Si vos nel faites. tornera a sor-
deis. Ms. Arsenal v. 168 ff. Ms. Venise v. 161 ff. Höchst eigentümlich ist
das Verhalten Florimonts, der zunächst seinem Erzieher Floquart seinen
Wunsch mitteilt; es heilst Ms. fr. l.jlOl, B. N. fol. 2-5 b-c: Uii ior mist
(d. i. Florimontj Floquart a raison; A hoi sen vet en sa mason. „Maistres,
fet il, fors et legicrs Stii, bien puis estre Chevaliers.'^ Floqtiars respont : „di
le por vioi; Se tu le weis, et ie Votroi. Et weis lefs] tu per main et main?"
,,Oil uoir, ainx hui que demain.'-'- Nachdem er von Floquart durch treff-
liche Lehren auf den zu unternehmenden Schritt vorbereitet ist und son-
stige Anordnungen zur Abreise zum roi d' Eselabonie, zu dem er sich auf
seines Erziehers Anraten „por clieveler ic'' begeben soll, getroffen sind,
nimmt er vorerst von der Mutter und der Geliebten Abschied, um erst
im letzten Augenblick vor seinen nichts ahnenden Vater mit folgenden
kurzen, unumwundenen Worten hinzutreten: „Sire, ie sid a vos venus,
Assex sui grans, fürs et crcus, Si vodroie ore estre adobex.'' Li dus respont :
...Tel Ivel assez." ib. fol. 26 d. Ein ähnliches Pochen wie auf etwa vor-
handene berechtigte Ansprüche, die Beförderung zum Ritter von dem
eigenen Wunsche des Knappen abhängig sein zu lassen, klingt wieder
in den Worten, mit denen der junge Lyonel sich an Lancelot wendet:
. . . quant il furent venu (nach CamahalotJ, la voillc devant si vient Lgoniaus
d Lancelot et li requiert qu'il die au roi que il lo face cheralicr: ,,car bien
est, fait iL des ores mais tans et raisons que ge soie clwvaliers, et bien lo
requiert mes aages. Et sachiez que ge u'eusse pas si longnement estex,
escuiers, se ne fust por vostre amor, car onquesn'oi si grant talant de nule
chose comn/e ge ai eu derecevoir la haute Iwrdre de cheralerie.'' Jonckbloet,
Roman van Lancelot, Tweede Deel S. LXIV. Der Erfolg ist denn auch
der erwünschte. In welchem Umfange nun ein den eben angeführten
Stellen, die ja zum Teil dem Verfasser nicht bekannt sein konnten, ent-
sprechendes Verfahren in den von ihm benutzten Quellen zum Ausdruck
kommt, vermag ich nicht zu entscheiden ; doch bemerkt man in dem von
Treis in auso;iel)iger Weise benutzten Roman de Jouf rois ein den von uns
citierten Stellen analoges Verhalten des Helden: Un jorn rint son pere
jiroier Par grant amor dire et requerre Que l'envoiast en Engtcterre Au roi
Henri, que l'adobast. Et que tant del suen li donast, Dont il pdist a grant
honor Estre a la cort son seignor. v. 104—110. Vergl. übrigens auch
Cliges S. 4 ff.
Der S. 20 geäufserten Ansicht, dafs bei der so sehr an hohe und
kräftige Gestalten gewöhnten Gesellschaft eine kleine schwächliche Person
stets auf Hohn und Spott gefafst sein mufste, wird man nur mit Vor-
behalt zustimmen können. Die Frage steht zwar nur in losem Zusammen-
hange mit dem Thema, doch da dieselbe vom Verfasser nun eiunud berührt
2l() Beurteiliiugon und kurze Anzeigen.
würfle und ihr eine knlturliistorische Bedeutung nicht abgc^sprochen wer-
den darf, so mögen hier einige von mir bei meiner Lektüre gesammelte
darauf bezügliche Notizen Platz finden. Der von Trei.s augeführten
Stelle, Elie 1 i!'P>, werden sich gewil's andere anreihen lassen, in denen eine
ähnliche, bis zur Grausamkeit gesteigerte Verachtung gegen Individuen
kleiner Körpergestalt sich zu erkennen giebt. Wie indessen auf dem Ge-
biete wissenschaftlichen Erkennens durch den ]\Iund und die Feder vor-
geschrittener Geister schon früh ein schroH'er, an den Forschungsgeist der
Neuzeit erinnernder Gegensatz gegen den flachen Subjektivismus der Zeit
sich Beachtung zu verschaffen sucht und die abenteuerlichen Vorstel-
lungen und Fiktionen einer von Aberglauben erfüllten und geängstigten,
unwissenden ^lenge als mit dem gesunden Menschenverstände unverein-
bar hingestellt werden, so bemerkt man auch in einzelnen ethisch-socialen
Fragen schon frühzeitig ein Abgehen von den starren Grundsätzen feu-
daler Exklusivität, sowie das Bedürfnis, für die Wertschätzung des ein-
zelnen einen anderen Mafsstab als den durcli hohe Geburt, Beichtum oder
Anmut und Stattlichkeit der äufseren Erscheinung gebotenen geltend zu
machen. Das Mittelalter schliefst von dem äufseren Menschen auf seine
geistige Beschaflenheit, ein Standpunkt, wie er nicht treffender betont
werden konnte als durch einen dem König AliDhons von Neapel (wahr-
scheinlich Alphons I. = Alphons Y. von Aragonien) zugeschriebeneu Aus-
spruch; derselbe soll nämlich gesagt haben (j?/e la bcatitr oitnif tinc rrnijr
sirjnifiancc (h bo7i)>es et donccft maurs, ainsi commc est la hel/e flair d'/in
bou et beaii fruit. Brantöme, Vies des Dames Galantes ed. Paris ISStJ
(E. Dentu), S. 22, dem wir diese Stelle entnehmen, befindet sich mit sol-
cher Sittenlehre, trotz des ungewöhnlich stark hinkenden Vergleiches, in
voller Übereinstimmung. Der Ausdruck der Forderung, mehr auf das Herz
als auf das Aufsere zu sehen, wie sie z. B. in der Zurechtweisung, die Renoart
an tinel dem ihn wegen seiner ärmlichen Kleidung versj)ottenden Heiden
Haucebier erteilt, gestellt wird: Paieii, dist il, por quo/ me raii/posncz Y
A ros qu'eii tient, se ai dras despenncx ? Li cuers ii'cst »lie dedenX' les
dras remcx, Ains est el cors assis et reposez. Tier est ric/ie honis qiii chiet
en pouretex, Et tiex est richß et a aroir assex, Qui est couars et recreanx
clamex. Sc je siii po/nr, Diex nie dorra plente (Bat. d. Alesch. 6382 — SO)
steht nicht vereinzelt da. Delies nit bealtes sens pi-oecc sagt der entrüstete
Jozefens zu seinem entarteten Sohne. Durmart v. 4 ÖS. Charakteristisch für
die Verachtung einer auf blofsen Schein gegründeten Gröfse ist auch der von
Heineschem Geiste durchwehte Ausspruch des Nigellns 'Wireker, Mihiches
in (.'anterbury (um 12(in), in seinem Brunellus, sive Specidum stultoruni
v. 57 — ÖB: Eeyua licet te)ieat sceptnonquc Jeniiis aselhts. Jiiraqite dct poptilis,
sewper asellus erif ; vgl. bei Polycr. Leyser, Hist. poet. et poem. med. a:>vi,
Halle 1721, S. 7r)(;. ^lan wird nun — um auf unsere specielle J'ragc zu
kommen — oJine weiteres zugeben, dafs eine harmonische Vereinigung köriier-
I icher und geistiger Vorzüge den Wert ihres Trägers in aller Augen beträcht-
lich erhöhen niufs, und nur in diesem Sinne kann man dem Verfasser eines
an den durch Schiwiheit ausgezeichneten Henricus Winton. Ei)iscopus ge-
richteten Gedichtes beistimmen, wenn er sagt: Xamqiie in reijali weus
regia eorjmre reijuat. Mai/nai/ionin/qtte deeent fortia meiiibra uirion. Hagen,
Carmina med. a^vi S. 190, l'i — 11.
Dieser ihrem erhabenen Vorbilde sana »/n/s in corpore saiio gewifs
nicht ebenbürtigen ^laxime ist schon frühzeitig mehrfach widersj)rochen
worden. Wenn Alfred de Musset, Namouna str. lo, von seinem Hassan
sagt: ßir)/ q/('il )/e s'clcrät qii'ä qael(//irs pieds de terre, llassa// rtait j/rut-
etre iii/ //otz/inc ü rarnetlre . . . Sa petite ///i'daille a)/no»cait iii/ hon coin . . .,
so könnte diese Gharakteristik, abgesehen von der P'orm, ebensowohl
einem Schriftwerke des Mittelalters" angeh<'")ren. Die Gesinnung, die in
der fast sprichwörtlich klingenden .lean Bodels Jeu de St. Nicolas ent-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 217
nommenen Stelle: Oii a reit soiivcut (jraut euer en eors peti't zum Aus-
druck kommt, hat schon einige noch ältere Dichter bei der Personal-
beschreibung ihrer Helden beseelt. So heifst es in dem von ISIichelant
jniblizierten Alexanderliede: Li jirh/ees (Dinns) fti mnlt fiers, de peiitc per-
sonne. S. 220, 1. Die Thatkraft des Pipin, dessen unbedeutende Er-
scheinung zunächst gemfs geeignet sein mochte, den Spott seiner Zeit-
genossen herauszufordern (vgl. A. Streckfufs' Dichtung Pipin der Kleine),
errang sich schliefslich doch die verdiente Anerkennung bei den letzteren
sowie bei den späteren Dichtern. Bezeichnend dafür ist eine Stelle aus
Adenes Berte aus grans pies: L'autrcs (d.i. der andere Sohn des Charles
Martel) ot non Pepins, par Dien le fill Marie, Cine pies ot et demi de long,
plus licn ot mie; Mais plus hardie ehose ne fu, onques choisie. v. 43 — 15.
Die Erinnerung an die Worte Jung Rolands: „ein kleiner Mann, ein
grofses Pferd", die Ludwig Uhland in seinem auf freier Erfindung be-
ruhenden Gedichte „Eoland Schildträger" dem heldenmütigen Knaben als
Erwiderung auf die Spottrede des Riesen in den IMund legt und die als
ein schöner Beleg für des Dichters ..innige Vertrautheit mit mittelalter-
licher Empfindungs- und Ausdrucksweise" (vgl. A. Tobler, Herrigs Arcli.
Bd. LXXIX, S. 91) gelten können, wird wachgerufen, wenn man im R. de
Florimont einen der Begleiter des Fürsten Rysus folgendermafsen cha-
rakterisiert findet : Li onximes fut Leodis ; Se fut uns Chevaliers petis, Mai
el mont n/illor nen anoit, Quant a cheual armex estoit. Ms. fr. B. N. 15101,
fol. 42a. — Aber auch aus der praktischen Geschichtschreibung jener
Tage läfst sich erweisen, dafs man die Verdienste auch eines kleinen
Mannes wohl zu würdigen wufste. Bei der Belagerung des eastruni.
Alf/a-xer in Portugal (im Jahre 1217) that sich durch persönliche Tapfer-
keit ein Mann hervor, von dem es heifst: At Martinus, commendator Pal-
niele, parrus quidcm corpore, sed non inijKtr leoni cordis ferocitate, rexillwn.
dc.iira ribrans ruiture ge.ntis n/ediuni prorupit in agmen. Gesta Cruci-
gerorum Rhenanorum in den Publications de la Societe de l'Orient latin,
ser. bist. t. II (1879), S. M2. Hierher gehört denn auch das von Treis
selber S. 20 mitgeteilte Beispiel aus der Chans(m d'Antioche I, S. 263.
An hiei'her zu i'echnenden sprichwörtlichen Wendungen fallen mir augen-
blicklich bei: Mai nie fois petite coignie Abat de langue grant charrie.
Florim. Ms. 15101, fol. :'.la. Tcx a grant eors et grosce pansce Quiest poc
do'ittex de sa lance. ib. fol. o9a. On a sovent grard aise en peJite inaison;
De petite fontaine tot son saol hoit on in der Genesis des Herman de
Valeuciennes bei ReifTenberg, Phil. Mousk. t. IT, S. CCXCTII. Une petite
pluere grant vent soueent apaise G. ]\Iuis. t. II, S- 74. Petit asne porte sourent
grant fais; Montaiglon und Rothschild, Recueil de Poes. Franc. ... t. XI,
S. 104. — Unsere Frage hat aber auch eine ästhetische Seite, und es gehört
in diesen Zusammenhang, zu erörtern, welcherlei Anforderungen die mittel-
alterlichen Dichter an clas Körpermals der von ihnen gepriesenen Helden
stellten, um ihrem eigenen Geschmacke und dem ihres Publikums ge-
recht zu werden. So häufig nun Personalbeschreibungen in den Epeu
sind und so wenig die Dichter bei der Ausstattung ihrer Helden mit
allerhand hiautes kargen, so finden sich doch Angaben über die Körper-
gröfse verhältnismälsig nur selten. Wo sie aber diesen Punkt berühren,
wdrd, soviel ich sehe, stets der etwaigen Annahme, dafs die Helden sich
durch eine besonders grofse Körpergestalt ausgezeichnet hätten, durch
Angaben anderer Art vorgebeugt, — sie unterscheiden sich von den
übrigen Sterblichen nur durch gröl'sere Anmut und SchJudicit des Ge-
sichtes, sowie durch bedeutendere Körperkraft und ( Jewandthcit bei idealer
Vollendimg der Formen. Mafslosigkeit in den Körpervcrhältnissen wird
besonders an sarazenischen Kämpfern getadelt (vgl. die Schilderungen des
C'orsolt in Cor. Looys 49S ff.; des Ilaucebier in Bat. d'Alesch. :'.t;(i fl". ; die
des Baudus ib. G9l"<j ü'. u. s. w.), während es bei christlichen Rittern für
218 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
schön gehalten wurde, wenn das Mafs ihres Leibes sich in der Mitte
zwischen grofs und klein bewegte. Wenn Gottfried von Strafsburg von
seinem .Tristan sagt, dals sin lip xe (jiioter 7)irr,e laue war, so triti't er in
dieser Aufserung seines Geschmackes ohne Zweifel mit Adenes übercin,
welcher die über den aucli sonst mit allen Vorzügen eines christlichen
Helden ausgeschmückten Harazenenkönig Karahues staunenden Franzosen
ausrufen lälst: IfxV ci ... clievuUer aioiant, De bonnc taillr, trop prfit ne
trop graut. Enf. Og. 2106 — 7. Auch von Florimout wird gerühmt: Ne
fuf trop (Irans ne trop pct/'s a. a. Ü. fol. 4<ic, und hi ähnlicher AVeise
wird zu deuten sein, was in der Ms. fr. B. N. 789 erhaltenen Version der
Alexandersage von dem berühmten Macedonierkönige gesagt wird : 11 ne
f/f mie (jrnns, v/a/'s de be/e estachun, Als. fr. B. N. 789 v. 227 (P. Meyer,
Alex, le Grand t. I, 8. 124). Das Gleiche ergiebt sich aus folgender
Stelle: Ele aviena II chccaliers; Chascuns setnbloit hardis et fiers; Li I
ert trop Ions et trop grans, Mais li altres ert bieiiseans. Durmart :j9!).5 — 98.
Wenn es von Aimeri de Xoirbone heifst: Graut fit ... H. Arch. Bd. .")(i,
S. 26, und dem Aubri dasselbe Prädikat beigelegt wird (bei J. Bekker,
Fierabras S. 17-1), so liegt darin kein Widers])ruch zu unseren Ausführungen.
Als wie bedeutsam für ilie ganze Zukunft des Kandidaten sowohl
die Zeit der Weihe (Treis S. 46) sowie die Persönlichkeit des Weihenden
betrachtet wird, dafür folgendes schöne Beispiel. Lyonel ist auf Lance-
lots Empfehlung von König Artus zum Ritter geschlagen worden, et il
en a si grant joie qiie greignor ne porroit avoir et dit qiie or n'a-il nule
jiaor qtie il proxdom ne soit qant il a si haut jor iert clietaliers et de la
ii/ain ä relui dont tuit li prodoiiie ont efievalerie reccne. Jonckbloet, Roman
van Lancelot, Tweede deel, S. LXIV.
Gelegentlich der Wappnuug des Kandidaten bemerkt Treis S. 77 — 78,
dals hinsichtlich der Anlegung des oder der Sporeu durch den Weihen-
den ein fester Gebrauch nicht zu konstatieren ist. Wenn wir nun in dem
soeben genannten Roman van Laucelot S. LXV lesen: die Kandidaten
s'ariiicroit si com a, cel tans lo faisoicnt. Et lor cliaiK^-a li rois lu destrc
(■sprr(i)i si com il rstoit co.'^fianc, so zeigt der Ausdruck si com a cel tans
lo faisnind sowie das Präteritum c.^itoit. dals der Erzähler von einem für
seine Zeit nicht melir geltenden Brauche spricht, und aus dieser Wahr-
nehmung ergiebt sich vielleicht die Handhabe für die richtige Beurteilung
jener Inkongruenzen — sie scheinen eben auf dem veränderten Ciebrauche
verschiedener Zeitepochen zu beruhen. — Der weitere Zusammenhang,
dem die soeben angeführte Stelle angehört, ist übrigens noch nach anderer
Richtung hin von Interesse. Es ist darin die Rede von der zeitlichen
Reihenfolge, in der dem Kandidaten die einzelnen Stücke der Rüstung
angelegt werden und zwar im Verhältnis zur Messe und zu dem Ritter-
schlage an sich : Et au matin (nach der Nachtwache im Münster) l'an-
menerent u son ostel, sei f'ireid dormir Jusqii'ä la graut iiicssc. et lors lo
menerent an mostier aroc lo roi Xlais aucois qu'il antrasseut cl
mosticr, fiirent aportees tcs armes a tax. cels qui cliecalier dccuient estre; et
s'armereut si com a cel tans lo faisoiod. Ei lor chanca li rois lo destre
e.<iperon, si com il estoit costumc; inais le.s especs ne lor eeint pas deranf
qu'il rcvenissent del mosticr. Quant il orent les colees receues, si alerent
dir messe, et tnit arme, car issi lo devoient faire. Et si tust cum la messe
fic dite, si lor ceint li rois les espees. . . . Die Wappnuug — abgesehen von
dem Schwerte — sowie der Ritterschlag an sicli fällt also hier vor den
Besuch der Messe, und erst nach derseli)en erhält der junge Ritter das
Schwert. Die Ausdrücklichkeit, mit der der Erzähler den in dieser Wei.se
sich abspielenden Verlan 1' der F<"inulichkeiten betont, weist darauf hin,
dals derselbe sich in l)cwurstem (iegensatze zu einem anders gearteten
rn>;:ranim l)(4'an(l. Wahrscheiidich alier händigt es sieh bei diesen Ab-
weichungen von der durch Treis dargestellten (,)rdMung wieder nur um
Beurteiliiugeu und kurze Auzeigen. 219
zeitliche oder vielleiclit aucli örtliche Verschiedeuheiteu. Dafs solche
letzterer Art .bestanden, zeigt Alwin Schultz, Höf. Leb. (1879) Bd. T,
S. 142 ff. — Übrigens legt sich der junge Alexander die Sporen eigen-
händig an: Quant Alix. fu del tot adoJ)ex, Lcs espcrons a cn ses j)ex fermex;
Li reis sis percs ks li areit donex ; Dp fin or furcnt a rsmal nidlcx, Ms.
de r Arsenal v. 393— 39B, P. Meyer, Alex, le Grand (1886) I, S. 42, wäh-
rend das Schwert ihm von seinem Vater Felis umgegürtet wird, vgl. ib. 3.")7 ;
bei der Anlegung der übrigen Stücke der Rüstung erhellt die Selbst-
thätigkeit Alexanders aus dem v. -'.64 — 392, ]Ms. de Venise ;>55 — :)82 Gesagten
nicht mit aller Deutlichkeit. Bemerkenswert ist auch, dafs sich Philipp
und Olympias in die Ausstattung ihres Sohnes teilen. Nach dem Vor-
schlage des Königs : De ros, reine, rerigent li resfiment, De niei vemJrunt li
ctidra [larniment v. 196—197 (Ms. de Venise v. 190 — 191) giebt die Königin
folgende Kleidungsstücke her: die chamise v. 264, Ms. Ven. 249, den
hliaiit V. 274, Ms. Ven. 259, den pelli^nn hermine v. 283, Ms. Ven. 267,
den iiiantcl ii/arfrin v. 291, Ms. Ven. 277, den haldrei y. 300, Ms. Ven. 287,
während der Vater die Teile der Rüstung beschafft, die, ebenso wie die
Kleidungsstücke, sämtlich ihre Geschichte haben und dadurch doppelt
wertvoll sind. Zu den von Olympias gelieferten restitneidi:; gehört also
auch der haldrei, und mit gleichzeitigem Hinweis auf diese Thatsache
möchte ich bezweifeln, dafs die von Treis S. 69 aus Durmart (1286 ff.)
angeführte Stelle bei ihm in dem richtigen Zusammenhange steht. Unter
cainture kann daselbst nicht der zum Festhalten des Idiaut verwendete
Gurt gemeint sein — es kann hier nur das Wehrgehänge bedeuten, denn
Durmart ist im Augenblicke der Anlegung dieser cainture bereits mit
sämtlichen Stücken der Rüstung bekleidet, so dafs auf ihn die von Treis
S. 85 citierten Zeilen aus Chev. II Esp. 1594 Anwendung finden. Zu der
hier geforderten Auffassung mahnt auch die hohe Bedeutung, die die
Königin der Verleihung dieses Stückes beimifst, wenn sie sagt: Bealx fllx,
... je ros proi, Ccsf joel portes de par nioi. Et si soies ines cJieralters
v. 1289 — 91. AVeuu mm vollends in dem zehnsilbigen Alexander die
kirchlichen Ceremonien gänzlich in Wegfall kommen, so folgt der Ver-
fasser damit einer bewuTsten Absicht: er kennt die religiösen Verhältnisse
des griechischen Altertums zu gut, um sich nicht des Mifsgriffes, den
die Einmischung so evident christlicher Elemente in antike Stoffe bedeutet
hätte, bewufst zu sein. Dabei klingt allerdings die au Philipp gerichtete
Forderung Alexanders: Adobct mei ä qirise de Grereis. Ms. Ars. v. 171
(adobex nioi a f/iiise de grereis. Ms. A-^en. 1(14) gerade in Alexanders Munde
seltsam genug, beweist aber die Absichtlichkeit in den vom Schema ab-
weichenden Schilderungen unseres Dichters.
Potsdam. Alfred Risop.
Die Parias unserer Sprache. Eiue Sammlung von Yolksaiis-
drücken von Dr. Franz Sohns, ord. T^ehrer am Realpruirym-
uasium zu Gandersheim. Heilbronn, (icbr. Henninger, 1888.
1260 S. 8. 2 ]\Ik.
Unter den Parias versteht der Verf. diejenigen Volksausdrücke, die
meist nicht in die Schriftsprache gedrungen sind, al)er doch selbst von
Gebildeten in der Umgangssprache nicht vcrsehmälit werden. Der Samm-
lung und ITntersuchung hielt sie der A'erf. uiclit für unwert, weil .sie
zum Teil eine sehr anziehende Gestalt haben, zum grol'sen Teile ausge-
prägte Züge uralter Vergangenheit an sich tragen. Die Vermutung des
Verfassers, dafs die Form, "in der er uns diese Samndniig bietet, auf
AViderstand stofseu möchte, möchten wir für unbegründet halten, er hat
220 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
die \V()rt('r und Redensarten nämlich nicht in der alphabetischen Folge
eines gelehrten Wörterbuches zusammengestellt, sundern in der Umgebung,
in der sie uns im Leben entgegentreten, also in zahlreicher Gesellschaft,
die ebenso wie jene gemustert sein will. Es ist also eine bunte Menge
von Scenen aus dem häuslichen, aus dem Volksleben, die an unserem
Auge vorüberziehen; diese volkstümliche Form, diese Frische erregt gerade
unser Interesse; wie ein Kulturbild mutet uns das Ganze an. Und doch
würde man sich sehr irren, weTin man meinen wollte, man habe die
Arbeit eines Dilettanten vor sich. Überall erkennt man aufser dem
Hammlerfleifse des Verfassers gründliche germanistische Studien, nicht
blofs in den Mundarten unserer Sprache, sondern auch in der Entwicke-
lung und in der gesamten Litteratur derselben. Die volkstümlichen CJe-
sellen haben gröistenteils ihre Heimat in Xord- und ^Mitteldeutschland,
die süddeutschen Volksausdrücke hat der Verfasser, weil sie ihm aus
dem Leben selbst nicht bekannt waren, übergangen ; von dorther liefse
sich also das Buch bedeutend erweitern. Aber auch Norddeutschland ist
weit ausgedehnt, der Bewohner dieses und jenes Striches kann auch noch
aus seiner Heimat Zusätze machen, Avie er andererseits vieles hier findet,
was bei ihm daheim nicht gebräuchlich, was ihm unbekannt ist. So zieht
nun ein wunderlicher Ausdruck nach dem anderen an uns vorüber, der
in der vornehmen Sprache verpönt ist, den wir aber doch kennen und
uns erklären müssen, wenn wir nicht inmitten unseres Volkes mit seinen
Gefühlen und Gedanken unbekannt, also ihm selbst fremd bleiben wollen.
In eine Berlinische Gerichtsscene führt uns der erste nun schon weit
verbreitete Ausdruck Fatzke, der aus Hans Sachs seine Erklärung findet,
und nun folgt eine lange Reihe ähnlicher Volksausdrücke, wie futsch,
Gämelhans, Dunzel, Dämel, flämischer Kerl u. s. w., es sind ihrer meh-
rere Hundert, und wie würde man irren, wenn man diese Gebilde für
Scliöpfungen einer unberechtigten Laune hielte, sie leiten ihren Ursprung
aus grauer Vorzeit her. Man mul's dem Verfasser für seine reiche Gabe
dankbar sein und mul's wünschen, dal's ihm nicht blofs aus Süddeutsch-
land für die zweite Auflage manche Beiträge zuflielsen mögen. .,Du
kleine Murke!" ist in Sachsen ein Kosewort, _du kleiner Lork, du kleine
Kröte" anderswo, und wieder anderswo „du lütke Blage", wie denn der
Westfale hören kann: „du lütke Aas, du lütke Aasbalg, du lütke Schind-
luder, Satan" und ähnliche Kraftansdrücke. -Blage*- ist ein Lieblings-
ansdruck für kleine Kinder, ebenso Tanze, eigentlich ein kleines Kind,
dem der Bauch nocli hängt, wie denn Panzer seine Quelle hat in dem
lat. pautex, nacli lUicheler im Rhein. Mus. 1882, Ö18. „Lütke Lue" sind
dem Niedersachsen allerdings kleine Leute, aber .Lütens, Sing. Lüt"
sind Mädchen. Die „Faxen" werden auf facetiip zurückgeführt, nach
dem W. B. III, \')>^~> ist es -^jt Haar, vgl. floccus, ,'laih. Von dem -quatsch"
ist in "Westfalen auch üblich der (^uasclpeter und das Zeitwort quaddern,
und neben dem vorwalken, Schläge austeilen, durchwalken. Das „schier"
scheint der Verfasser auf <k1i Aussterbeetat zu setzen geneigt zu sein;
so weit .sind wir in Westfalen noch lange nicht, „schier Fleisch" ist all-
gemein üblich (übrigens sagen wir nicht „eitel Brot", sondern „ihle") für
das reine Fleisch ohne Sehnen und ohne viel Fett, der gleichmälsig be-
«leckte Himmel ist „Heben (Heniel) .schier". „AU" ^= schon ist nicht
blofs preufsiscli und anhaltinisch; aus der Volksmundart ist es in West-
falen auch in die hochdeutsche Rede überall eingedrungen, der Gebrauch
des Wortes „schon" zeugt „all" von einer tüchtigen Schulbildung. Die
ganze Bagage kann mir „gestohlen" werden ist in Westfalen üblicher als
„gewogen bleiben". Mach dich nicht „mausig" erläutert der Verfasser
nach der Verstimmung des Vogels l)eim ]\Iausern ; eine andere Erklärung
ist ..der die Mause überstanden hat. zum Angrifl' bereit, keck, oder wer
mit Federn sich brüstet". Das Verbum „trecken" wird sich allerdings
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 221
auch bei dem Hochdeutsch redenden Niedersachsen bald verHereu, aber
nicht das Subst. Treckschute, und auch nicht bald das Subst. „Trecke"
d. i. Schieblade, „in der obersten Trecke der Kommode liegen deine
Strümpfe" hört man auch in den gebildeten Familien Westfalens. Hübsch
ist die Erklärung des hahuebüchenen Kerls, davon kommt auch wohl der
FamiUenname Hanebom. Die alte „Kracke", gewöhnlich auf das ital.
caracca zurückgeführt, wird vom Verfasser vom niederdeutschen kracken
(krachen) abgeleitet; liel'se sich nicht an „krank" denken? Wer denkt
bei den Meetings der Zeitungen an das ahd. muotan, begegnen, wie der
Westfale sagt: he quam mi to möte? Wie „niederträchtig" statt hnit-
selig, freundlich, gebraucht nicht blofs der Süddeutsche, auch der Nord-
deutsche „gemein" ; „dat is en ganz gemenen Minsken" ist ein grolses
Lob. „Wippen" (wupptig, Wippchen) kommt auch in Zusammensetzungen
vor: Wiiij^stert ist die Bachstelze nach ihrer schnellen zierlichen Be-
wegung, und danach tadelnd ein wie ein Tanzmeister schwänzelnder
Mensch, ironisch auch übertragen auf die mit stark beweglicher Turnürc
ausgepolsterte Frau. Der Ausdruck „Kieweken" für Ferkel, den Scbam-
bach in seinem Wörterbuche aufführt, beschränkt sich nicht, wie man
vermuten könnte, auf die Göttinger Mundart, in Westfalen ist er nicht
mehr überall üblich, aber z. B. im Bielefelder Kreise in der Arbeiter-
kolonie Wilhelmsdorf. Ebenso beschränkt sich der Ausdruck „seinen
Trödel mit jemandem haben" nicht auf die Magdeburger Gegend, er wird
wohl überall in Niederdeutschland verbreitet sein. Bei der von dem
Tünipeu (Zipfel) kommenden sprichwörtlichen Redensart gedenkt der Yvr-
fasser auch der viertimi^igen Mütze Bräsigs; dazu mögen auch die Timpen-
stuten, berühmte Lemgoer Semmel, erwähnt Averden. Bei der Besprecbung
der Klassen der Landleute erläutert der Verfasser bei dem Namen ^Nleier
sehr hübsch die Ausdrücke „einen abmeiern, meiern", sowie die Bezeichnung
Bihaspel für ein uneheliches Kind, eigentlich nebenbei gehaspelt; ebenso
drastisch ist der im Ravensbergischen vorkommende Name Överspinsel
d. i. über (nebenbei) gesponnen, auf den landesüblichen Nahrungszweig
hindeutend. „Tresem" heilst im Braunschweigischeu (nach S. 8;>, doch
in der Stadt wenigstens niemals) der Verkaufstisch (tresor), in Westfalen
allgemein „Tresen". „Schlapps" heilst der schlaff herumbummelnde Mensch
überall in Norddeutschland, aber auch Schlappsack. „Schauer", meint der
Verfasser, in der Bedeutung „Obdach gewährender Ort" sei nur noch dem
Bayern bekannt; indes ebenso dem Westfalen, der auch das Verbum
„uüterschauern" hat, sich an einen solchen Ort begeben. Aber was machen
wir mit dem „Schurlemurle" der Bayern d. i. Mischung von Wein und
Wasser, wofür der Hesse sagt „Schöllemolle"? das ist doch verschiedi-n
von dem Kuddelmuddel des Hamburgers. Statt Schrank sagt der Nord-
deutsche nicht Schop, sondern gebraucht das ahd. Schap. In Flitzbogen
ist das Wort Fhtze der Pfeil ; zu Lessiugs Zeit war das Wort nicht mehr
allgemein üblich (s. Lessings Wörterb. zu Logau). Schliefslich noch eine
geschichtliche Bemerkung: Nicht König Heinrich I. Avarf den Tiigarn
einen fetten Hund vor, sondern als .sie die Dalemiuzier zur Hilfe auf-
forderten, brachten diese ihnen dies Gastgeschenk.
Goethes Egmont. Mit ausfülirlichcu Erläuterungen für deu
Schulgebrauch uud das Privat.>^tudium, vou L. Zürn. Pro-
fessor am Gymnasium in Iia.statt. Paderborn und Mün.^^ter,
F. Schöningh, 1887. 1,20 Mk.
Eine ausführliche, zusammenhängende Darstellung der Geschichte des
Abfalls der Niederlande vorauszuschicken hat der Herausgeber mit Recht
unterlassen; wo der Dichter neu geschafieu hat, ist kurz hier und «la ;in-
222 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
gegeben. Mit Rücksicht auf die Schule i.st von einer gleichmüfsig ein-
fehendeu Erläuterung aller Scenen abgesehen, mit Rücksicht auf den
'rivatgebrauch vielfach einzelne Erläuterungen über die Bedürfnisse der
Schule ausgedehnt. Mit der zu berücksichtigenden neueren Litteratur ist,
soweit Ref. vergleichen konnte, der Verf. wohl vertraut, die Ant)rdnuug
des Ganzen zweckniälsig. Dem Texte sind einzelne Worterklärungeu
oder historische Andeutungen erläuternde Fufsnoteu beigegeben, dann
folgen als der ausführlichste Teil Fragen über die einzelneu Scenen und
Akte. Daran schlielscn sich längere Bemerkungen zu dem ganzen Drama :
die Entstehung des Dramas, die historischen (iuellen des Dichters, über
das Verhältnis des Dramas zur Geschichte, über den Wiederklang der
Erlebnisse des Dichters im Gedichte, über den Stil des Dramas, über
Schillers Kritik, eine kurze Inhaltsangabe der Schillerschen Bühneu-
bearbcitung, schlielslich für den Zweck der Schule eine grolse Zahl von
zu Aufsätzen und Vorträgen geeigneten Thematen über den Egmont.
Beigegeben ist Schillers Besprechung des Dramas. — Überall zeigt der
Herausgeber ein verständiges Urteil, und was er giebt, reicht für den
Zweck der Ausgabe hin; wer über Egmont im ganzen, namentlich seine
Stellung in der Eutwickelungsgeschichte des Dichters, mehr wissen will,
kann sich ja anderwärts genug Rat erholen, wird nicht die schönen Aus-
einandersetzungen in Hettners Litt.-Gesch. übersehen, mag auch das Kott-
buser i'rogramm von 1S82 von Nötel durchlesen. Zu dem,, was über
Schillers Bemerkung über den unbeweibten Egmont gesagt ist, giebt eine
Beleuchtung Zelters I^rteil, der in seiner drastischen Weise I8i".) bemerkt:
„Gott soll mich behüten, Frau und Kinder des Helden abzuwarten, und
wenn ich sie für mein Geld in die Witwenkasse einkaufen niüfste! Daher
mag es sein, dafs neuere Dramen, bei aller historischen Wahrheit, so
brüchig herauskommen; mau lebt von lauter Interessen ohne Kapital,
man weils nicht, was man hat." Es ist das offenbar eine Anspielung auf
Rauj)ach. — Die bei weitem gröfste Anzahl der aus dem Ciedichte zu
gewinnenden Themata läfst sich sehr gut verwerten, einzelne sind weniger
passend, z. B. 49: Vansen und Thersites. Wie bemerkt, sind die Er-
läuterungen zu den einzelnen Akten und Scenen am Schlul's des Dranms
sehr, mitunter zu ausführlich und zeigen namentlich durch die genaue
Disposition den erfahrenen Schulmann; aus ihnen gewinnt man hiidäng-
lich Stoff für die Bearbeitung der Themata. Auf die zahlrcichi'u metri-
schen Anklänge im Drama ist überall aufmerksam gemacht; danach ist
auch als Thema .:):'> gestellt: „Versuch, einzelne Stellen in jambische
Verse abzuteilen" ; Schiller ist ja schon in seiner Recension vorangegan-
gen, der Lehrer findet die Versifikation des 5. Aktes von E. Miemeyer im
'Jl. Bande des Archivs. Von den Fufsnoteu sind einige auch für den
Privatgebrauch überflüssig, z. B. S. 19 die Frage: inwiefern? S. 2U
„Antwerpen, eine berühmte Handelsstadt au der unteren Scheide", S. 28
^spöttische Anspielung u. s. w.", S. 38 „sie stänkern" nicht = ^treiben
sich herum", das Wort ist ja wohl überall gebräuchlich, S. 82 „ilir seid
nicht bei Besinnung", S. 8 mufs es Cateau (Gambresis) heifsen. Zum
Schlufs noch eine Einzelbemerkung. Alba (Akt 1) hat Oranieus Brief,
er werde nicht kommen, gelesen: „Er wagt es, nicht zu kommen! So
war demi diesmal wider Vermuten der Kluge klug genug, nicht klug zu
sein." Der Herausgeber bemerkt : „Dieses Mal war der Tkluge Oranien gerade
klug genug, meine Absicht zu erraten und mir aus dem Wege zu gehen,
beging aber eigentlich damit eine Uuklugheit, indem er durch seine
Weigerung zu kommen sich in den Verdacht des Ungehorsams und der
Widersetzlichkeit bringt. Es ist nicht zu leugnen, dafs das Wortspiel
etwas gesucht erscheint. Aber es ist nicht nötig, die Stelle in die \V^orte
zu ändern : so war denn diesmal wider Vermuten der Kluge kliig genug,
auch klug zu sein." Gewifs, zu einer solclien willkürliclieii .Vnclerunc;
Beurteiluugeu und kurze Auzeigen. 22P.
sind wir durchaus nicht berechtigt; aber gegen die aufgesti'llte Erklärunt;-
des Herausgebers ist zu bemerken, dafs wohl der Kluge Uranien heilseii,
dafs Alba aber doch nicht von ihm sagen kann, er sei scharfsichtig
genug, um die grolse ihm bei Befolgung der Einladung Albas drolunidc
Gefahr zu erkennen, aber doch nur so weit scharfsichtig, dafs er un-
klugerweise durch seine Weigerung sich in den Verdacht des Ungehor-
sams bringe. Oranien ist ja längst entschlossen nicht zu kommen, er
mul's sich für Tauseude schonen, was auch kommen mag, er mufs sicli
erhalten; mit seiner Absage an den Bevollmächtigten des Königs hat er
schon nicht den Verdacht des Ungehorsams erregt, sondern wirklich Un-
gehorsam bewiesen. Was kann ihm geschehen? Man kann ihn für einen
Aufrührer erklären, mau kann ihn ächten, man kann und wird seine
Güter einziehen, das weifs er laugst, das weifs er schon vor Albas An-
kunft, bei dessen Nahen, aber seine Person rettet er, und damit ist Albas
grol'ser Plan untergraben. Eötscher (Dramat. Charaktere H. 5;)) bemerkt
richtig: „Dies ist der einzige Moment, der Alba aus seinem (ileichgewicht
herauswirft. Ohne des Prinzen Besitz scheint dem Herzog das eigentliche
Ziel seines ganzen Unternehmens verfehlt. Er, der so schlau" Berech-
nende, sieht sich in seinen gröfsten Plänen durchkreuzt, er versinkt auf
Augenblicke in sich selber und zeigt uns die ungeheure Bewegung seiner
Seele, aus der er sich nur mit Mühe wieder sammelt." „Längst, sagt
Alba, hatte ich alles reiflich überwogen und mir auch diesen Fall ge-
dacht, — jetzt u. s. w. Ist's rätlich, die anderen zu fangen, wenn er
mir entgeht u. s. w. ?" Diese ungeheure Aufregung, die ganze Situation
spricht gegen die Auffassung des Herausgebers, nach der, alles scharf
erwogen, Alba sehr kühl aus Oraniens Weigerung sich wenig macht, son-
dern ironisch aus seiner juristischen Berechnung heraus sagt: der sonst
so kluge Oranien hat doch jetzt einen dummen Fehler gemacht, nun
kann ich ihn in Form Hechtens in contumaciam verurteilen und in
abseutia et effigie an den Galgen hängen ; nach derselben Auffassung
waren ferner aus „klug genug'" wir zwei Sätze zu machen genötigt, zuerst
beide Wörter scheidend: er war auch diesmal klug, sodann aber: er war
nur insoweit klug, dafs er eine Thorheit beging. So wenden wir uns zu
der Erklärung Düntzers zurück, dafs in dem angezogenen Satze All)a
von sich selbst spricht: „so zwingt dich, sagt er im Fortgang, das Ge-
schick denn auch, du Unbezwiuglicher? Wie laug bedacht! wie wohl be-
reitet! wie grofs, wie schön der Plan ! wie nah die Hoffnung ihrem Ziele!"
Jedes dieser Worte ist ein Kommentar zu dem angezogenen Satze: Wider
dein Vermuten (wie grofs, wie schön der Plan !) warst du, der Kluge, der
Unbezwingliche, diesmal nur klug genug, um nicht klug zu sein, glaubtest
Oranien so blindlings dir gehorsam zu finden wie Egmout; dein unver-
zeihlicher Eechenfehler bestand darin, dafs du nicht auf eine schlauere
Weise Oranien in deine Gewalt zu bringen gedacht hast. Und nun ringt
sich aus seiner bebenden Seele das Geständnis einer gewissen Ratlosigkeit
hervor ; er ist im höchsten Aflekt ; von einer Verhöhnung seiner eigenen
Klugheit hätte freilich Düntzer nicht sprechen sollen.
Goethe und Frau von Stein. Von E. Adler. Leipzig und M'ieii,
Töplitz & Deuticke, 1887.
Durch die Herausgabe der Tagebücher und Briefe Goethes aus Ita-
lien sind wir erst auf die rechte Weise, so sagt der Verf., über das Ver-
hältnis Goethes zu Frau von Stein aufgeklärt worden, haben wir erst
gründlich den Charakter der Frau kennen gelernt. Wie verschieden man
auch sonst geurteilt habe, anderes liest der Verf. aus den ZeikMi heraus;
und was ist nun das neue Ergebnis '.' Goethe ist in seiner glühenden
224 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Liebe »ich immer gleich geblieben, aber sie hat nie seine Liebe voll er-
widert, sie war überhaupt Ic einer so grofsen Liebe fähig. Er hat für
iliren Sohn Fritz die rührendste Fürsorge gezeigt; aber dafs er, ohne sie
einzuweihen, nach Italien reiste, konnte sie ihm nicht verzeihen, sie
schmollte seitdem, sie nahm ihn bei der Rückkehr kalt auf, für seine
künstlerischen Bestrebungen hatte sie wenig Verständnis. Zu einem ofle-
nen Bruche kam es, als Goethe es wagte, Christiane Vulpius kennen zu
lernen und ein inniges Liebesverhältnis anzuknüpfen. Erst nach Jahren
ist einigermalsen eine Versöhnung eingetreten. Viel Gutes bleibt an der
Frau von Stein nicht, zumal sie auch nicht Entschlossenheit genug be-
sal's, von ihrem ungeliebten, gleichgültigen Gemahl sich zu trennen und
Goethe die ersehnte Hand zu reichen. Es ist kein bezaubernd Bild,
welches wir von ihr erhalten; ob der Verf. aber holi'en darf, dals es all-
»•emein als treu gezeichnet befunden werde, darf bezweifelt werden.
Goethes Faust in EngiauJ und Amerika. Bibliographische Zu-
sammeDstellung von W. Heinemann. Berlin, A. Hettlei-, 1880.
Dies Verzeichnis enthält die Ausgaben des deutsi^hen Textes des
Faust mit und ohne Anmerkungen, die in England oder Amerika, aber
auch solche, die. in Deutschland erschienen sind, sowie eine Aufzählung
der englischen Übersetzungen. Das Verzeichnis reicht von 1S2(I bis l!S8ü
und enthält IGl Nummern. Es ist keine dürre Nomenklatur, sondern
den einzebu^n Nummern sind sorgfältige bibliographische Anmerkungen
beigefügt, in denen manche Versehen früherer ähnlicher Verzeichnisse oe-
richtigt sind; sein Aufenthalt in London bot dazu dem Verf. Gelegenheit.
Shylock und Nathan. Vortrag im Verein für jüdische Geschichte
und Litteratm' zu Frankfurt a. M. von Dr, H. Heinonuinn.
Frankfurt a. M., J. Kauüinann, 1886.
Aus eigener Erfahrung, sagt der ^"erf., ist Shakespeare nicht mit dem
Charakter des jüdischen \'olkes bekannt geworden; indem er durch die
italienische Novelle zu seinem Gedicht angeregt wurde, legte sich seine
Phantasie die Frage vor, wie mulste sich der Charakter eines Volkes ge-
stalten, das fortwährend verfolgt, von Kunst und Wissenschaft ausge-
schlossen, durch die Gesetzgebung selbst zum Wucher hingetrieben wurde?
Die Religion mulste ja zu engherzigem Fanatismus erstarren, selbst das
Familienleben vor der Jagd nach dem Golde zurücktreten. Niemals aber
hat Shakespeares Bild der Wahrheit der Geschichte entsprochen, der
Dichter hat nie das innere Leben des Judentums kennen gelernt, dieses
erscheint dagegen in Moses Mendelssohn, dem Vorbilde für den IS'^athau.
Die Abhandlung ist in edlem Stile geschrieben.
Zeitschrift für deutsche Sprache, herausgegeben von Professor
Dr. Daniel Sanders. Heft 3. Hamburg, Ricliter, 1887.
Auch dieses Heft bringt wieder viel des Anziehenden und Belehren-
den; es sei der thatkräftig fortgefülnte Kampf gegen den Unfug der
Fremdwörter hervorgehoben. Es ist erfreulich, wie G. Haufl' die Schief-
heiten, I^nklarkciten in des Kanzlers Rümelin Verteidigung derselben
nachzuweisen nicht ermüdet; es ist eine tadelnswerte Leichtfertigkeit, wenn
man auf der gegnerischen Seite den Zusammenhang der Vorliebe für
Fremdwörter mit einer schwachen Teilnahme für das echte Volkstum
übersieht und die schlechte Sache durch wohlfeile Scherze oder Spotte-
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 225
reien verteidigen will. Ebenso geht der Liebelei mit Fremdwörtern ein
launiger kurzer Aufsatz ^Die unschuldigen Fremdwörter" auf den Leib,
anknüpfend an den Bericht eines hochwichtigen wissenschaftlichen Vereins.
Den Haui^tinhalt macheu aber auch bei diesem Hefte die grammatischen
Bemerkungen aus; bald anknüpfend an ein Lesestück, bald in Form von
Antworten auf eingelaufene Fragen wollen sie in weitem Kreise Belehrung
geben, wie man sich genau richtig auszudrücken habe. Unter den kleinen
Mtteilungen kommen so Aufschlüsse vor auf Fragen, die man fast all-
täglich hört, die einem gar leicht aufstol'sen können, z. B. über das bin-
dende s in Zusammensetzungen, ob Friedrichstrafse oder Friedrichsstrafse
u. ä. Den grölsteu Teil der grammatischen Bemerkungen knüpft aber
auch hier der Herausgeber au einige Paragraphen des Aufsatzes von
Goethe: Der Sammler; es sind alles sprachliche Ausführungen, mit reichen
und fein ausgeführten Abschweifungen über Synonyme, aus denen sich
sattsam lernen läfst. Auf die Gedankenentwickelung läfst sich der Heraus-
geber bei der Anlehnung an Lesestücke nicht ein, das lag aufserhalb
seines Planes. Mitunter kann man wünschen, dai's die Ausführungen,
namentlich bei den Synonymen, knapper gehalten sein möchten; will,
das ist die mögliche Gefahr, der Schreibende bei jedem Satze und Worte,
welches er niederschreibt, sich so lange über jedes mögliche Mifsverständnis
besinnen, so wird die Frische der Darstellung darunter leiden. Der Verf.
meint z. B., dals in folgendem Satze in W. Scherers Litteraturgeschichte
durch die Stellung zu einer Mifsdeutung des eigentlichen Sinnes heraus-
gefordert sei : ^AUe Poesie ist Stümperei, welche nicht das umgebende
Leben zu gestalten weifs", es müsse heifsen: „Stümperei ist alle Poesie,
welche u. s. w."- Indessen bei Scherers Stellung betont jeder vernünftige
Leser „alle Poesie", und an dies hervorgehobene Subjekt schliefst sich
in natürlichem Redeflufs der Kelativsatz au ; wer da mifsverstehen kann,
wird überhaupt auch bei anderer Stellung den Gedanken nicht verstehen.
Bei der zweiten Stellung kann aber im Lesen „alle" nicht so hervor-
gehoben werden, wie es soll; es ist demnach Scherers Stellung vorzu-
ziehen. Wollte man an der Einschränkung festhalten, dafs, ohne Rück-
sicht auf die Kraft des Ausdrucks, das Relativum sich immer nur auf
das nächste Wort zurückbeziehen dürfe, so würden dem deutlichsten aller
Schriftsteller, ich meine Lessing, die meisten Fehler aufgemutzt werden
können.
Herford. Hol seh er.
Von Opitz bis Klopstock. Ein Beitrag i^ur Geschichte der deut-
schen Dichtung, von Dr. Karl Lemcke. Neue Ausgabe des
ersten Bandes von Lemckes Geschichte der deutschen Dich-
tung. Leipzig.
Die Periode in der deutschen Dichtung von Opitz bis auf die Vor-
männer Klopstocks ist durchgehends eine unerfreuliche ; „von allgemeinem
bedingungslosem ästhetischem Werte ist darin im grofscu und ganzen
nichts. Wer aber den Wandelungen nachspüren ma^, wie aus Altem
Neues Avird, wer lernen will, was es heilst, eine neue Kunst heranzuleben
und zu gestalten, wer Einblick gewinnen will in die Schädlichkeit falscher
Lehrsätze, wie sie Jahrhunderte hindurch zu Ab- und Irrwegen und stets
an den richtigen Zielen vorbeiführen — der soll getrost die deutsche Ge-
schichte dieser Zeit zu seinem Studium erwählen." Der Verf. weils durch
seine anziehende Darstellung unser Interesse für diese trockene Penode
zu wecken und uns die Bedeutung derselben darzulegen. Mit Recht
nennt daher Karl Gödecke m dem Vorwort zu seinem Grundrifs der Ge-
Arcliiv f. 11. Sprachen. LXXXII. 15
■226 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
schichte der deutschen Dichtung I/'nickos DarstcUung dieses Zeitraums
eine gediegene.
Nach einer in grofsen Umrissen gegebenen Charakteristik der deut-
schen Dichtung und scharfsinniger Zeicluiung ihrer gesamten Entwicke-
lung beliandelt der Verf. im ersten Teil die Zeit von Opitz bis Gottsched
und sucht (Ue tiefen Beiladen aufzudecken, welche die traurigen Ergeb-
nisse lierbeigcführt hatten. Man dürfe nicht einzelne deshalb anklagen.
^Das ganze Volk trug die t^chuld. Was 162-1 siegte, konnte nur siegen,
weil die Deutschen sich nicht auf der notwendigen geistigen und Cha-
rakterhöhe gehalten hatten.'-..
Wir lassen zu besserer Übersicht die Überschriften der einzelnen Ab-
schnitte folgen: 1) Die poetischen Strömungen zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts. . 2) Die Vormänner und Genossen von Opitz. :'.) Die frucht-
bringende Gesellschaft und die üniversitäts - Poetik. 1) Martin Opitz.
ij) Aufnahme der Neucnmg in Süddeutschland und bei den Katholiken.
(J) Die freieren Lyriker (Sächsische Schule). 7) Norddeutsche Schule.
8) Fortwirkungen. Die religiösen Dichter. Dichterinnen. 9) Die Sati-
riker. 10) Das Drama (G. Gryphius). 11) Epos und Roman. 12) Hofl-
mannswaldau und Lohenstein oder die sogen, zweite schlesische Schule.
IH) Anti-Lohensteiner: Die Gelehrten. II) Anti-Lohensteiner: Die fran-
zö.sische Schule, (lünther. 1-5) Die Hamburger Poeten. Brockes.
Der zweite Teil: Von Gottsched bis Klo])stock, weist zunächst
nach, „wie (xottsched, der Polizist gegen das T'nsaubere, der lychr- und
Zunftmeister gegen die l'ngeregeltheit, mit unglaublichem Erfolge eingritl'.
In wenigen Jahren hatte er sich die Diktatur auf dem damaligen deut-
schen ParnaCs teils erzwungen, teils hatte nuin .'^ie ihm mit Freuden zu-
gestanden."
Die folgenden Abschnitte besprechen : 2) Die Poetik der Schweizer.
;'>) Die neuen Bewegungen in Gottscheds Kampf. Das satirische Geschlecht
(Gottsched und die Neuberin. Liscow. Rost. Pyra u. a.). 4) Hagedoin
und Haller. .'>) Die Hallische Schule, ü) Die sogen. Preufsische Schule.
7) Die Leipziger Schule.
Der Verf. hat sich unstreitig durch seine liebevolle, unparteiische und
gründliche Arbeit ein bleibendes Verdienst um die richtige Würdigung
der von ihm behandelten Periode erworben. A.
Stroifzüge diireli cllo inittclenglisclie Syntax iiuter besoiuleror
Berücksichtigung' der Sjn'aehe Chaueers. Von Dr. Eugen
Einenkel, Privatdozenten an der König!. Akademie zu Mün-
ster i. W. Mit einem AA'iH-terbuehc von Willi. Grote, Cand.
])lii]. Münster, Schöniugh, ] 887. XXII und 296 Seiten 8.
Preis 4 Mark.
Bei weitem das meiste, was bis jetzt für die Erforschvnig der germa-
nischen Sprachen gethan ist, ist der Laut- und der Wortlehre zu gute ge-
kommen; die Satzlehre hat verhältnismäl'sig noch wenige I^earbeiter ge-
funden. Wir haben daher guten (irund, uns jeder neuen Leistung auf
dem Gebiete der Satzlehre zu freuen, und wir dürfen es desto melir tliun,
wenn uns, wie hier von Einenkel, eine Arbeit geboten wird, die bei allem
Eingehen in das Einzelne und Kleine doch immer das Grofse und Ganze
im Auge behält.
Dal's der Verfasser in seineu Streifzügeu vornehmlich die Sprache
des II. Jahrhunderts behandelt, wird allgemeine Billigung iinden: iöi
lt. Jahrhundert ist die alte englische Sprache so weit überwunden und
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 227
die Verschmelzung der normannisch-französischen mit dem, was von der
einheimischen weiter zu leben vermochte, so weit vorgerückt, dafs das-
selbe als die eigentliche Werdezeit des Neuenglischen betraclitet werden
mufs. Ebenso wird sicli jeder damit einverstanden erklären, dafs der
Verfasser die Sprache Chaucers zu Grunde gelegt und andere mittel-
englische Schriftsteller nur nebenher berücksichtigt hat: Chaucer ist als
geborener Londoner, feiner Weltmann, werkereicher Schriftsteller und
Dichter ersten Eanges so sehr der hervorragendste Vertreter seines Zeit-
alters, dafs jede andere Wahl minder gut gewesen wäre.
Auch wenn es der Verfasser nicht ausdrücklich gesagt hätte, würden
aufmerksame Leser doch erkennen, dafs er sein Augenmerk hauptsächlich
auf zwei Fragen gerichtet hat: erstens nämlich zu zeigen, ^inwieweit
sich die Sprache des 14. Jahrhunderts aus den altenglischen Verhältnissen
heraus entwickelte, bezw. inwieweit diese Entwickelung durch romanische
Einflüsse gehemmt oder gefördert, durchkreuzt oder in gänzlich neue
Bahnen geleitet wurde ; und zweitens inwiefern alle diese Umstände auf
den Sinn und das Verständnis der Sprache einwirkten." Ich bin über-
zeugt, dafs dem Verfasser auch in dieser Hinsicht die Zustimmung nicht
fehlen wird.
Das Buch zerfällt in folgende Hauirtabschnitte : 1) das Substantivura
und der Artikel, 2) das Adjektivuni und der Artikel, 3) die Kasus, 4) die
Präpositionen, 5) das Verbum. Mit besonderer Liebe ist die Lehre von
den Kasus und vom Substantiv mit Infinitiv ausgeführt worden, Ab-
schnitte, die ja naturgemjifs die Aufmerksamkeit des Forschers vor allen
anderen beanspruchen. Überall im Buche finden wir willkommene Be-
lehrung; besonders aber wird in jenen Abschnitten über eine Reihe von
Punkten ein sehr erwünschtes Licht verbreitet.
Möge die fleifsige und tüchtige Arbeit Eiuenkels die Beachtung fin-
den, welche sie verdient.
Bonn. M. Trautmann.
W. Kreiten, S. J. : Voltaire, ein Charakterbild. Zweite vermehrte
Auflage. Freiburg i. Br. XVI u. 580 S. 8.
Wer nach des Verfassers Bezeichnung ^ein Charakterbild" vermeinen
wollte, in dem Buche eine Scliilderung des Gesamtcharakters Voltaires
zu finden, der dürfte sich bei genauerer Bekanntschaft mit dem Kreiten-
schen ^Vevk schwer enttäuscht fühlen. Es ist nichts weiter als eine
Schmähschrift übler Art, in der alles, was der Charakter und die Schriften
Voltaires Abstofsendes enthalten, mit aufserordenthchem Geschick zu-
sammengetragen und in die dem Verf. zusagende Beleuchtung gerückt
ist. So entsteht wohl ein Zerrbild, aber kern Charakterbild. Was sich
Gutes in Voltaires Charakter findet, sein hochherziges und aufopfe-
ruugsfreudiges Gerechtigkeitsgefühl, seme uneigennützigen und erfolg-
reichen Bemühungen um das Emporkommen der gänzlich verarmten
Bevölkerung seines Ländchens Gex, die fürstliche Gastfreundschaft, die
er zwanzig Jahre laug übte, der unerschütterliche Mut, womit er immer
und immer wieder gegen althergebrachte und längst zur stehenden Ge-
wohnheit gewordene Mifsbräuche üi Staat und Kirche ankämpfte, das
alles wird entweder mit Stillschweigen übergangen oder hühnisch so um-
gedeutet, dafs es ebenfalls wieder zum Nachteil des gebraudmarkten
Philosophen ausschlägt. — Es gehört zum System des Verfassers, alle
Personen, zu denen Voltaire in feindliche Beziehungen getreten ist, lobend
herauszustreichen ; seine Anhänger, Gönner und Freunde nach Möglichkeit
in den Schmutz zu zerren. Keiner kommt dabei m des Verfassers Dar-
Btellung schlimmer fort als Friedrich der Grofse, dessen Privatleben der
15*
228 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Verf. mit sichtlichem Behagen nach der verlogenen, von Voltaire un-
mittelbar nach der Frankfurter Aftaire aus Wut und Rachsucht niedei--
geschriebenen Vie privee du Roi de Prusse schildert. Nach Krciten war
Voltaire allerdings ein Ausbund aller möglichen Verruchtheit; Friedrich
der Grofse aber unendlich viel raffinierter, frivoler, unsittlicher uiul glau-
bensloser. Es nimmt sich possierlich aus, wenn stellenweise das ^litleid
des Lesers für den armen unschuldigen Voltaire angerufen wird, der durch
die monströse Lasterhaftigkeit des Königs erst in Berlin den letzten sitt-
lichen und religiösen Halt verloren habe. Freilich war der grofse Köni^
nicht nur Philosoph, wie Voltaire, sondei'u zudem noch Protestant und
Freimaurer! Es ist ein besonderer Vorzug des Kreitenschen Buches, dal's
der Verf. durch sein unaufhörliches Höhnen, Schmähen und Beschmutzen
die Geduld auch des gläubigsten und langmütigsten Lesers ermüdet und
den Eindruck, den eine gerechtere Verteilung von Licht und SchatU'ii
hätte hervorbringen müssen, selbst zerstört. Dr. Fr. Bischoff.
Molifere-Studien. Ein Namenbuch zu Moli^res Werken mit ])hil(>-
logischcn und historischen Erläuterungen von Herm Fritsche.
Zweite verb. u. verm. Aufl. Berhn, M'eidmann, 1887.
Die ungemein rührige Thätigkeit, welche sich in den beiden letzten
Jahrzehnten in der Moliere-Forschung entfaltete, hat auch auf dem in
dem obigen Werke behandelten Gebiete manche Resultate und Aufschlüsse
zu Tage gefördert. Darum erschien es dem Verf. geboten, die Früchte
dieser Bestrebungen auch seinen Studien einzuverleiben und eine l'ni-
arbeitung der im Buchhandel vergriffenen ersten Auflage vorzunehmen,
.„damit das Buch in seiner Art auch fernerhin denen ein brauchbarer
Führer bleibe, welche dem grölsten französischen Dichter eingehendere
Betrachtung widmen wollen." Jeder, welcher die Forschungen des Ver-
fassers aus seinen trefflichen Ausgaben einzelner ]\Iolierescher Stücke iu
der Weidmannschen Sammlung und aus seinen in Zeitschriften erschie-
nenen Aufsätzen kennt, wird die neue Herausgabe dieses umfassenden
Sammelwerkes mit Freuden begrüfsen, da hier nicht nur vereinigt ist,
was in den Einleitungen und Anmerkungen jener kleineren Anzahl von
Stücken zerstreut niedergelegt ist, sondern in übersichtlicher Weise Auf-
schlufs auch über die in den sämtlichen übrigen Stücken Moli^res vor-
kommenden Namen und Personen und manche Erläuterung der Moliere-
schen Bühnenverhältnisse zu finden ist. Schon die erste Auflage des
Buches hat die Berücksichtigung und Anerkennung selbst der französischen
Molifere-Forscher gefunden; in seiner neuen Gestalt verdient es in noch
höherem Grade die Beachtung aller Freunde MoUferescher Dichtung.
Grünberg i. Schi. W. Herforth.
Gerraan Classics. Edited with Enghsh notes, etc. By C. A.
Buchheim, Phil. Doc, Professor of the Gerraan Language
and Literature in King's College, London.
Der elfte Band dieser längst gewürdigten „Clarendon Press Series"
umfafst Beckers Friedrich der Grofse. With an Historical sketch of
the rise of Prussia and of the times of Frederick the Great, Genealogical
tables, and a map. Oxford 1888. Buchheims Verdienst um die Ver-
mittelung deutscher Ideen und deutscher Wissenschaft in England ist
von grölster Tragweite; wir wünsclien Deutschland recht viele solcher
Interpreten. Buchheims Unternehmen ist aber nicht nur ein patriotische.«,
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 229
sondern auch in pädagogischer Hinsicht ein bedeutungsvolles. Beckers
Friedrich der Grofse zeigt auf jeder Seite die tüchtige Hand des Prak-
tikers. Die Einleitung ist geradezu vorzüglich, und die ^jSToten" geben
Aufklärung über alles, was zum Verständnis des Autors nötig ist.
Möge Professor Buchheims Werk auch in Deutschland die verdiente
Anerkennung finden.
Wiesbaden. _^__ Dr. Otto Weddigeu.
Französische und englische Schullektüre. Herausgegeben von
F. K. Schwalbach: 1) Ausgewählte Reden von Mirabeau,
Deseze und Chateaubriand. 2) William the Conqueror and
Queen Ehsabeth von David Hunie. Hamburg, Otto Meifsners
Verlag.
Der rühmlichst bekannte Herausgeber hat es unternommen, den vielen
Sammlungen französischer und englischer Schullektüre eine neue hinzu-
zufügen, welche sich von manchen der vorhandenen vorteilhaft unter-
scheidet. Wir erhalten blofse Textausgabeu, ohne Anmerkungen unter
dem Texte, und in einem Anhange kurze biographische Notizen über den
Autor nebst den allernotwendigsten sachlichen Erklärungen mit Ausschlufs
von sprachlichen Anmerkungen. Was die Auswahl der Schriftsteller be-
trifft, so will sich der Herausgeber nach den „feststehenden Resultaten"
richten, die sich aus den ministeriellen Lehrpläneu ergeben. Wir möchten
Herrn Schwalbach raten, dafs er dabei doch vorzugsweise die von Wiese
gegebenen Winke berücksichtigen wolle, einem Manne, der die Sprache
und Litteratur der Franzosen und Engländer genau kannte und in seiner
hohen Stellung segensreich für die Förderung des Unterrichts in den
neueren Sprachen gewirkt hat.
Das französische Heft bringt drei Reden von Mirabeau, die Ver-
teidigungsrede für Ludwig XVI. von Deseze und eine Rede von Chateau-
briand über die spanische Frage; das englische Heft enthält aus D. Humes
Geschichte Englands zwei Abschnitte : William the Conqueror und Queen
Elisabeth. Die beigefügten Noten sind knapp gehalten, aber im ganzen
für das Bedürfnis ausreichend. Die äufsere Ausstattung ist sehr schön,
und der Druck empfiehlt sich im allgemeinen durch Korrektheit; Ref.
hat nur wenige unberücksichtigt gebliebene Druckfehler gefunden, dar-
unter einen allerdings recht unangenehmen in der Biographie von Deseze,
welcher nach Seite 83 im Jahre 1790 geboren sein soll.
Lectures enfantines par Th. Hatt. I et H parties. Petits Contes
et Nouveaux petits Contes pour les enfants. ' Strasbourg,
Schulze et C''', successeiu-s de Berger-Levrault.
Die vorliegenden hübschen Büchlein erfreuen sich bereits weiter Ver-
breitung und haben eine reiche Zahl von Auflagen erlebt, so dafs es
überflüssig erscheinen dürfte, an dieser Stelle eingehend über die neue
Ausgabe zu berichten. Die Erzählungen des Verfassers der Ostereier
sind bekannt, und es möge deshalb genügen, den Contes nachzurühmen,
dafs die französische Bearbeitung nichts zu wünschen übrig läfst und
auch die äui'sere Ausstattung lobenswert ist. Das Gleiche kann man auch
von den Hattschen Lectures enfantines sagen, welche im Elsafs schon bei
dem Unterrichte von Kindern im Alter von sechs bis neun Jahren mit
grofsem Nutzen gebraucht werden.
230 Beurteilungen unrl kurze Anzeigen.
An die geehrte Redaktion des Archios.
Mein erstes in Deutschland veröflentlichtcs Wcrkchen : Proverbi e
Sentenze, wurde bisher von der Kritik duich\veg sehr gütig behandelt,
einzig und allein der Herr Recensent im Archiv sah es mit unfreundlichen
Augen an. Er sagte darüber (im' 80. Bande), es würde mit Genufs ge-
lesen werden, so wunderlich es auch sei, und fährt dann fort: ^Der Ver-
fasser meint nämlich, wer Latein oder Fraiizösisch versteht, kann Italieni-
sches lesen. Wozu dann des Verfassers Übersetzung?"' — Diese Behaup-
tung nun beruht auf einem Mifsverständnis des Herrn Receuseuten. Ich
sagte nicht, dafs jeder, der Lateinisch oder Französisch versteht, ohne
vorherige Studien italienische Bücher lesen kann, sondern, weil ich deren
einige fand, welche jedoch das Gelesene nicht im geringsten auszusprechen
verstanden, kam ich auf den Einfall, die wenigen und so aulserordeiitlich
schnell zu erlernenden Regeln über die Aussprache des Italienischen zu-
sammenzustellen. Die hieran geknüpfte Frage scheint mir mindestens so
wunderlich, wie dem Herrn Reccnsenten mein Buch. Darf man denn
für Menschen, die weder Latein noch Französisch verstehen, keine Bücher
schreiben ?
Der mir oft zum Vorwurf gemachte konfuse Titel kommt lediglich
auf Rechnung des Verlegers. Die italienischen Worte sollten grün, die
deutschen rot gedruckt werden; dann standen die beiden Titel gesondert,
wenn auch verschlungen beieinander. — An Stelle der üblichen" Bezeich-
nungen „offen und geschlossen", die, wie ich oft erfahren, nur denen ver-
ständlich sind, die viel Sprachstudien getrieben, setzte ich die von meiner
neapolitanischen maestrina gebrauchten „hell und dunkel'-. Der Herr
Recensent beliebt das „Unsinn" zu nennen und findet in dem bei „rac-
colti — tradotti, editi" fälschlich gebrauchten di statt da, wozu mich der
Titel eines italienischen Buches verführte, den Beweis, dafs ich von dem
richtigen Gebrauch dieser Wörter keine Ahnung habe. — Ebenso ersieht
er aus dem Umstand der von mir al)sichtlich weggelassenen Ul)ersetzung
des Spruches 212, dafs d'oro adjektivisch zu brauchen über meinen Hori-
zont gehe, obgleich er kurz zuvor Übersetzung und Erklärung von T.JO
Sprüclien, welche ich mit Hilfe einiger Kopisten in wenigen Tagen fertig
stellte, „im ganzen gut" nannte. Einen so kühnen Schlufs müfste man
findig nennen, wenn er nicht gerade diesesmal ganz verfehlt wäre. Nicht
d'oro und golden, wie Ihr Herr Recensent. übersetzt, heilst es hier, son-
dern d'ore von Stunden. Die wörtliche Übersetzung des Spruches er-
schien meinem deutschen Empfinden unmöglich , bis Dr. de Rocca aus
Piemonte, eine zweifellose Autorität, sie mir als die richtige bezeichnete;
sie heifst: P^hrenworte dauern Stunden (Parole d'onore — parole d'ore).
Der Herr Recensent sagt: „Die Proverbi von Giusti hat der Ver-
fasser erst nach Abschlui's seiner Arbeit kennen gelernt, und be-
dauert es; woher hat er seine? Von GTipsfigurenhändlern ?" Auf die
Frage: woher hat er seine? habe ich schon zu Anfang des Buches ein-
gehend geantwortet, und icli füge hinzu : ja, auch von ( üpsfigurenhändleni
erfuhr ich viele der Sprüche und niclit die sehlechte.sten, ai)er eine wich-
tige Hauptquelle hatte ich auf besonders ausgesprocheueu Wunsch nicht
angebeu dürfen. Aus lieber Hand gingen mir viele Prover])i mit Über-
setzung und Erklärung zu. Um meine Dankbarkeit für dies Geschenk
zu beweisen, setzte' ich zum Namen dessen, der gesammelt und übersetzt,
ein grofses R, das sich weder in einem meiner Vornamen befindet, noch
unter irgend einer meiner Arbeiten, ja nicht einmal in demselben Buche
bei den zwei anderen Unterschriften. Aus derselben Hand bekam ich
wenige Tage, bevor ich meine Arbeit in Druck geben mufste, doch ehe
ich dieselbe hatte kopieren lassen, die Sammlung des Giusti. Selbst wenn
bei der ersten Sendung sclmn Sjjrüche aus der italienischen Sammlung
Beurteilimgeu und kurze Anzeigen. 231
genommen waren, konnte mir das nicht besonders auffallen, denn
Sprichwörter haben die Eigentümlichkeit, dafs sie von mehr
als einer Person gekannt zu sein pflegen. Sicher diesem Verdachte
entgehen konnte ich schliefslich nur, wenn ich die Sprichwörter selber
machte. ]\Ieine Dankesschuld au Giuseppe Giusti habe ich klar und
deutlich in dem meiner Sammlung beigefügten Postscritto abgetragen.
A. Chwatal.
Äntivort des Recensenten.
Wenn ich_ in meiner Anzeige (Archiv LXXX, 1 2) gesagt liabo, das
Büchlein ^Italienische Proverbi e sentenze Sprüche raccolti e tradotti di
gesammelt und übersetzt von A. E. Chwatal, Magdeburg, Druck und
Kommissionsverlag: Fabersche Buchdruckerei, 1887" werde mit Genufs
gelesen werden, so wunderlich es auch sei, so ist dies nicht unfreundlich
geurteilt, wie der Herr Verf. schreibt, sondern ich habe mich über seme
Erstliugsarbeit, wie er im Vorwort bittet, recht milde ausgesprochen. Der
Verfasser ist in Wahrheit mit den ersten Anfangslehren der italienischen
Grammatik in Streit, hat keine Ahnung davon, dals man, um ein ita-
lienisches Buch zu lesen oder gar selbst eins zu macheu, diese Sprache
gründlich erlernen und betreiben mufs. Kann etwas deutlicher hiervon
reden als die ersten Zeilen seiner Beilage Über die Aussprache des Ita-
lienischen ? „Die Erfahrung, dafs Herren, welche des Lateinischen oder
Französischen mächtig waren, jedes italienische Buch mit Leichtigkeit
verstanden, ohne doch das Gelesene im geringsten aussprechen zu können"
u. s. w. Wundert man sich dem gegenüber, warum doch zwischen die
ital. Texte deutsche Worterklärungen und gegenüber Übersetzungen gestellt
sind, so sagt die dem Buche an Wunderlichkeit gleichende Entgegnung,
dafs dieses „für die Menschen" sei, „die weder Latein noch Französisdi
verstehen." Hell und (Uinkel für offen und geschlossen sind nicht so üble
Ausdrücke; aber o hell wie in Pose, dunkel wie in Motte ist doch ganz
unsinnig: das lange o wie in Rose, Los, ohne ist ja dunkel, das kurze o
(Motte, von, Gott) ist ja deutsch immer hell, zu a hin geneigt. Meint
sein Gewährsmann Dr. de Pocca aus Piemönt, in „Parole d'onore, parole
d'ore" sei kein mundartliches d'oro golden zu Hilfe zu nehmen, vielmelir
an Stunden zu denken, so läfst sich das hören, möglicherweise festhalten :
Ehrenworte (die man zu leicht zur Hand hat) dauern (nur) Stunden.
Aber so recht schlagend und klar, den Gedanken au mundartliches d'oro
glatt ausschliefsend, ist es mir doch nicht ; in Deutschland habe ich schon
gehört: der Mann ist gut, auf sein Wort kann mau sich verlassen, was
er sagt, ist Gold. Herr Chwatal nimmt seine Sprichwörter zum Teil
von dieser und jener Mundart angehörigen Leuten, wie ich aus der Vor-
rede seines Buches und aus der Entgegnung schliefse; da mufs man,
noch dazu bei seiner grofsen Unkenntnis des Italienischen, auf manche
Seltsamkeit stofsen. Den bekannten Spruch Chi due bocche bacia, l'una
convien che gli puta (Wenn einer zwei Münder küfst, mufs der eine ilnn
stinken) hat er so, dafs das letzte Wort heifst sputa, schreibt hierzu „an-
speit" und übersetzt: „Wer zwei Münder küfst, den soll der eine anspeien."
Liegt hier ein Versehen des Herausgebers zu Grunde oder mundartliches ?
Denn der Konjunktiv mufs nach convien che stehen, es müfste toscanisch-
italienisch sputi heiisen. Darum kann sich Herr Chwatal freilich, der
noch nicht amare konjugieren gelernt hat, keinen Kummer maclicu. Hat
der Mann nicht (187) Impar/ (statt impara) l'arte e mettila da partel
Kennt und versteht diesen gewöhnlichen Sitruch nicht (Lerne die Kunst
und leg sie beiseite — irgendwann nützt sie dir dochl vgl. Giusti Ky-\,
p. 294: A Dionigi di Siracusa ed a Luigi Fihppo di Francia tonio conto
saper fare da maestro di scuolaj und verdirbt ihn, macht nach metti von
232 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
mettere den Imperativ von imparare impari! Oder will man sagen, er
verstehe „du erlernst die Kunst und lege sie beiseite" ? Er übersetzt
„Erlerne das Handwerk und . . . " ? Ach, das ist ein Druckfehler, meint
der Leser. Damit ist es auch nichts. Denn so, Impari u. s. w., schreibt
er in der mir handschriftlich vorliegenden P^ntgegnung noch einmal. Ja,
seine Unkenntnis des Italienischen geht so weit, dafs er der Redaktion des
Archivs empfiehlt, das „Postscritto" seines Buches abzudrucken, worin es u. a.
heifst: „Es sind die Proverbi Toscani raccolti di Giuseppe Giusti editi di
Capponi Firenze." Das Blatt hat er gedruckt beigefügt und die Worte
„editi di" mit Bleistift durchstrichen und überschrieben „herausgegeben
von". Würde letzteres, und nicht wie in dem Buche gedruckt ist, nach-
gedruckt, so wäre dies eine Fälschung, gegen die ich mich hier verwahre,
wie ich auch das Impari des Buches und der Entgegnung im Drucke
wiederzugeben, nicht nach meiner Besprechung zu verändern bitte.
H. Buchholtz.
M i s c e 1 1 e n.
Ludivig Uhland als Romanist.
Von Ludwig Fränkel.
I.
Nachträge zu Bd. LXXX, S. 25— ll;3.
S. 25, A. 1 : Der Aufsatz Ludwig Uliland als Gelehrter in „Unsere
Tage" stammt von R. Bechstein. O. Jägers angezogene Skizze beschäftigt
sich im wesentlichen mit Uhland als Dichter.
S. 26, A. 1 : Vgl. Vilmar, Lebensbilder deutscher Dichter (1869) S. 155.
S. 27 : Die gegen Uhlands Beurteilung durch H. v. Treitschke gerich-
teten Bemerkungen sind zum Teil mifsdeutet worden. Sie beziehen sich
hier, wie aus S. 65, Anm. 2 und S. 70, Anm. 2 hervorgeht, ausschliefslich
auf die Besprechung des Romanisten Uhland. Bei dieser Gelegenheit
lag aber natürlich keine Veranlassung vor , den grofsen Zug und . die
patriotische Wärme, welche Treitschkes Aufsatz durchziehen, besonders
hervorzuheben; freilich wären auch nach der allgemeinen Seite hin man-
cherlei Versehen zu erwähnen, doch galt es eben hier nur L-rtümer in
der Auffassung Uhlands als romanistischen Dichters richtig zu stellen.
Höher als Treitschkes schliefslich vom ersten bis zum letzten Buchstaben
tendenziöse Schilderung steht unbedingt das mustergültige Gesamtbild,
welches Friedrich Vischer, Kritische Gänge 4, '^^9 ff. entworfen hat und
versehentlich in dieser Abhandlung nur nelDenbei (S. 77, Anm. 2) Erwäli-
nung fand. Die Anmerkung auf S. 27 hat den Zweck, den Verdacht
einer Treitschke gegenüber freilich leicht verzeihlichen Voreingenommen-
heit anderer Art abzuweisen, indem gegen seine Auslegungsart Stimmen
seiner Richtung ins Feld geführt werden. Die wissenschaftliche Methode
des berühmten Publizisten wäre jedenfalls schon niclit durchaus stichfest,
wenn nur parteilose Männer sie auf so scharfe Weise bekämpften, wie hier
Leute, die sonst in Parteifragen Schulter an Schulter mit ihm stehen.
S. 29, A. 1 : Man vergleiche hierzu die trefflichen Nachweise Schanzen -
bachs in dem vorletzten Osterprogramm des Stuttgarter Eberhard-Ludwig-
Gymnasiums.
S. 30, A. 1 : Neben Wieland und Heinse wäre hier auch Maximilian
Klinger zu nennen.
S. 30, A. 2: Der Titel von Schlegels Schrift lautet: Comparaison
entre la Phfedre d'Euripide et celle de Racine.
S. 31 „Gesamtpoesie" : Der Ausdruck ,Weltlitteratur- findet sich
schon beim Historiker Schlözer.
S. 34, A. 2: Über Hans Kösters Paolo und Fraucesca (1«I2) referiert
schon Keller a. a. 0. genügend (vgl. die Bemerkung bei W. Menzel, Geschichte
der deutschen Dichtung IIT, I3i»j. Von Wildcnljruchs Krzälilung gilt das-
selbe, was von der Festenbergs gesagt ist; vgl. \\\'chsler in \Vcstermaniis
234 Miscellen.
lUustr. Deutschen Monatsheften, März 1888. Über Martin Cxreiffs unge-
drucktesj Drama wurden in der Deutschen Roniauzeituug vom April 1888
Mitteilungen gemacht. Ich gedenke gelegentlich sämtliche Bearbeitungen
dieses Stofles eingehender zu behandeln.
S. ;>•"), zu V. G: Aufserung an Kölle vgl. Herder bei P^rich Schmidt,
Charakteristiken S. 230.
S. 37, A. 2: Interessant ist ein Vergleich mit Friedrich Halms König
AV'^amba.
S. 38, A. 1 : Vgl, E. Paulus, Ludwig IHiland und seine Heimat Tü-
bingen, S. 11.
S. 39, A. 1 : Wilhelm v. "Wenden von Ulrich v. Eschenbach, heraus-
gegeben von Wendelin Toischer (Prag 187G), Einleitung p. XIV über das
Verhältnis zu Chrestien.
S. 40, A. 2 : An den abschliefseuden Ergebnissen der angeführten
neueren Werke mag man die Bedeutsamkeit von Uhlands Arbeit messen.
S. 41, A. 1 : Von dem hervorragendsten Vertreter der neudeutschen
Rahmenerzählung, Gottfried Keller, ist T,Das Sinngedicht" (Berlin 1882)
allein genannt, weil es durch die Ausdehnung und Bedeutung, welche
hier die umschliel'sende Handlung einnimmt, als typischer Bele^ gelten darf.
S. 45, A. 1 : Uhland selbst konnte sich uui- mit Mühe und erheblichen
Kosten in den fünfziger Jahren ein Exemplar jenes ersten Druckes ver-
schaffen.
S. 46, A. 1 : Osterhages Abhandlung ist im folgenden' Hefte der Zeit-
schrift für romanische Philologie weitergeführt; Veckenstedt schreibt in
der That ^im" (chanson de Roland) statt ^in der",.
S. 40, Z. (3 des Textes v. u. : Vgl. Zutavern, Über die altfranzösische
epische Sprache I. 1885.
S. 53, A. 1 : „eine aiisführliche liebevolle CharakteHstik" ist zum
Folgenden zu interpun gieren, also auf Challemel-Lacour zu beziehen.
S. 51, A. 1: Bei der Erwähnung v<m Lacurue de Saint-Palaj-e ist
eher an die „Histoire litteraire des Troubadours, conteuant leurs vies, les
extraits de leurs pieces, et plusieurs Particularitvs sur les mceurs, les
usages et l'histoire du deuxieme et du trcizienie siecles, ii Paris 1771 (:> ts.)
zu denken. Der Titel des zweiten Originalwerkes lautet: ilemoires sur
Taucienne Chevalerie. Interessant ist, die verständig lobende Stimme
eines sachkundigen Litterators der Erscheiuungszeit zu hören: Flögel,
(xeschichte der komischen Litteratur IV (1787), 227 — 22'.'.
S. 54, A. 2: Diese Recensionen aus Schlegels Feder (s. S. 97) er-
wiesen sich bei genauerem Zusehen doch eigentlich als referierende Auszüge.
S. 5tJ, A. ;i: Ferdinauil Wolf veröfi'entlichte nur eine Schrift über
dies Thema.
S. 59, Z. (3 des Textes v. o. : Vgl. (). Dietrich, Über die Wiederholungen
in den altfranzösischen Chansons tle geste. 1881.
S. GU: Die bei „Graf Richard < )hnefurcht'' und „Taillefer" unmittelbar
benutzten Stellen aus "Wace hat Ilormel abgedruckt (neben Uhlands Text)
in Krefsners Franco-Gallia V (188S), S. !(• il".
Nach der Datierung, welche W. L. Holland nach Vergleichung des
riüandschen Nachlasses in der revidierten Cottaschen Ausgabe der (Je-
dichte und Dramen giebt, fällt auch der „Waller" ins Jahr 1829, ist aber
immer noch jünger als „Bertran de Born".
S. 00, A. 1: Uhlands „Taillefer" ins Franzi'jsische üliersetzt von A. Pari-
selle: Herrigs Archiv LXXV, 2:11.
S. Gl (s. a\ich S. 17): Vgl. (I.Weber, AUgeni. Weltgeschichte VI, 578
zum ersten Kreuzzuge: „Die romantische Sage lebte wieder auf, dafs
Karl der CJrolse bereits Jerusalem den Heiden entrissen habe, und machte
die ^\'ie(lererol)erung der verloreneu Errungenschaft zu einer Pflicht der
Pietät für seine Nachkommen. Ja, es ging die Sage, der greise Kaiser'
Miscelleni 23&
sei von den Toten auferstanden, um sein Volk selbst gegen die Ungläu-
bigen zu führen."
S. 64, Z. 1 des Textes v. u. lies: ungemeine.
S. 6Ö, A. 1 : In der von Michael Bernays unabhängig von Hollands
Material aufgestellten Chronologie der Ulilandschen Gedichte.
S. 71, Z. -2 V. 0. : Sigmund vSchopf, Beiträge zur Lebensgeschichte u. s. w.
des Peire Vidal. Kieler Dissertation 1887.
S. 71, Z. 12 V. o. : Über eine schwäbische Lokaltradition vom heiligen
Georg vgl. Ed. Paulus, Ludwig Uhlaud und seine Heimat Tübingen
(1869), S. 10.
S. 78, Z. 2 V. o. lies: (b. Holland [s. unten S. 7.=^, Anm. 2] Seite 56).'
S. 75, Z. 5 V. o. und 8. 77, Z. 15 v. o.: Über Kellers Verhältnis zu
Uhland vgl. Zur Erinnerung an Adelbert von Keller (Tübingen 188:?),
S. 6 f., 17, 20, 22, 24 ; Keller, Uhland als Dramatiker (1877), S. :-; f.
S. 77, A. 2: Sinteuis gab auch eine Monograi^hie Dorpat 1871.
S. 79 : W. Jordans Aufsatz auch in ^Berichte des Freien Deutschen
Hochstifts zu Frankfurt a. M. f. 1868".
B. 85: Einige weitere Bemerkungen giebt Ullrich im Litteraturblatt
für germanische und romanische Philologie, Januar 1888, S. 81 — 84, ge-
legentlich der Besprechung von Benedetto Croce, La leggenda di Niccol(>
Pesce. Estr. del Gambettista Basile III, 7. 1885.
S. 86, Z. 1 des Textes v. u. : Damit soll nicht gesagt sein, dafs Kircher
als Schillers zweifellose Quelle betrachtet werden mufs. Nach L^Urichs
Ergebnissen, denen Erich Schmidt mit einigen Ergänzungen beipflichtet,
hat auch eine Fassung des 16. Jahrhunderts ziemliche Wahrscheinlichkeit
für sich.
S. 87, Anm. 1 : Man vgl. jetzt A. Biese, „Zur Geschichte des Eoman-
tischen" bei Koch-Geiger, Ztschr. für vergleichende Litteraturgeschichte
u. Renaissance-Litteratur, N. F. I (vgl. Ztschr. f. i'oman. Philol. 10, 9j. —
Anm. 2: Lefmauus Aufsatz behandelt „die Romantik und die Sprach-
wissenschaft".
S. 88, A. 1 : Vgl. L. H. Fischer, L. Ticck und J. Kerner, Allgemeine
Zeitung 1887, Beilage 260.
S. Ö8, Z. 10 V. o. : Abdruck aus Acta societatis scientiarum feunicte,
tomus XV.
Z. 94, Z. 7 V. o. lies: ird'sche. — Z. 10 v. o. : Vgl. E. Saucrland,
Ganelon und sein Geschlecht im altfranzösischeu Epos. Programm 1886.
S. 95, Z. 1 des Textes v. u. : Vgl. Werner Hesse, Heine und Schlegel :
Allgem. Zeitung 188o, Beil. 174.
S. 96, A. 1: Minors Arbeit ist in Heft 11 der genannten Zeitschrift
zu Ende geführt.
S. 97: Die Abhandlung Schlegels wurde später der Sammlung „Essais
litteraires et historiques" einverleibt, wo sich der Aufsatz de l'origine des
romans de chevalerie anschlofs.
S. 100, A. 1: Auf den 362 Seiten der Bibliotheca Tieckiana. Cata-
logue de la Biblioth^que celebre de Ludwig Tieck, Berlin 18l!i, finden sich
neben deutscher die romanischen Litteratureu besonders zahlrcicli ver-
treten, allein 1200 Originalpieceu des spanischen Theaters.
S. 108, A. 1 : Paul Heyse war hier wie sonst (vgl. S. 7;'.) Uhlaiids
verständnisvoller Schüler, namentlich in den Troubadour -Novellen, die
sich durch manche glückliche Bildung und geschickte Wortfügung in An-
lehnung an provenyalische Vorbilder auszeichnen. Übrigens hat Heyse
in dieser Sammlung wie Uhland das südfranzösische Sagen motiv der
Sängerliebe behandelt (vgl. auch S. MS über F()U(iue).
8. 108, A. 2: Über Dantes persönliches Verhältnis zu den 3Ialatcsta
siehe Frenzel, Dichter und Frauen I, 19 (vgl. auch TU, 869).
236 Miscellen.
Dritter deutscher Neuphilologentag
in Dresden ('29. September bis 1. Oktober 1888).
20. September. Nach Begrüfsuug der aus 126 Teilnehmern be-
stehenden Versammlung durch die Vertreter des kgl. sächs. Ministeriums
und der Stadt Dresden, gab .der Vorsitzende, Professor Scheff ler-Dresden,
einen sehr ansprechenden Überblick der bisherigen Neuphilologentage.
Sodann sprach Baron Guglielmo di Locolla über ^Dante in Deutsch-
land". Von den Dante-Übersetzern rühmte er besonders Philaletes, der
auch als Kommentator und Protektor des nun heimgegangcnen Dante-
Jahrbuches hohe Bedeutung habe, von den Interpreten Karl Witte. Die
neueren Dante-Übersetzungen hätten Philalethes' Vorlage oft nur ^als
Linienblatt" benutzt, Kannegiefsers Übertragung sei am besten ^polizei-
lich zu verbieten". Eine von Locella mitgeteilte Dante-Statistik ergab,
dafs fast alle Berufsarten und Stände sich an der Dante-Forschung und
dem Dante-Kultus beteiligt haben. Auch Herr v. Locella wird durch
seinen formgewandten, sachlichen Vortrag und durch die von ihm ver-
anstaltete Dante -Ausstellung, welche Gegenstände von hohem wissen-
schaftlichem Werte enthält, viel zur Würdigung seines grofsen Lands-
manns beigetragen haben.
Herr Prof. Körting-Münster sprach über die „gegenwärtigen Ziele
und Aufgaben der romanischen Philologie", betonte die Einheit und
Wechselwirkung der verschiedeneu romanischen Sprachen und Litteraturen,
die Wichtigkeit der Dialektforschung, die Bedeutung der kulturhistorischen
und ästhetischen Momente für die Schriftsteller-Erklärung. Er warnte
vor einseitiger Überschätzung der französischen Litterat ur, besonders vor
der ausschliefslichen Betonung des Altfranzösischen. Die an der Debatte
sich beteiligenden Herren Prof. Stengel-Marburg und Prof. Kölbing-Breslau
Avaren im wesentlichen mit den Ansichten des Vortragenden einverstanden;
der anregende Gedankenaustausch der drei hervorragenden Neuphilologen
fesselte die Versammlung längere Zeit.
Der Verfasser dieses Referates äufserte sich über „F. IM. Grimm als
Vermittler des deutschen Geistes in Frankreich". Schon ein halbes Jahr-
hundert vor Mme. de Stael hat unser Landsmann Grimm, der seit seinen
Jünglingsjahreu meist in Paris weilte und im übrigen ganz zum Fran-
zosen wurde, auf die Fortschritte der deutschen Dichtung und Wissen-
schaft hingewiesen, und in zwei Artikeln des Mercure de France (17.")U— 51).
durch sein 17")) begründetes Journal etranger und seine aphoristischen
Bemerkungen in der von ihm 175o — 177o redigierten .,Corresp. liter. philos.
et critique" für sein Vaterland gewirkt. Grimm hat sich aber von den
Fesseln des Gottschedianismus nie ganz befreit, konnte daher Lessing
nur einseitig, Klojistock überhaupt nicht würdigen. In Paris entfremdete
er sich der deutschen Litteratur und stand ihr schlielslich ungefähr so
wie der von ilim scharf getadelte Friedrich der (Trol'se gegenüber.
Der Vortrag des Herrn Rektor Dörr-Solingeu über „Reform des neu-
sprachlichen Unterrichts, Erfahrungen und Erwägungen" sollte nach An-
ordnung des Vorstandes erst am zweiten Sitzungstage (^lontag) statt-
linden, aber in der \'ersammlung hatten die N'orkämpfer der Reform
durchgesetzt, dal's er schon Sonnabend Nachmittag ( l-(> Uhr) stattfände.
Was Dörr sagte, war nicht immer neu und parteilos, aber doch mafs-
voUer und sachlicher als die Erih-terungen der Herren Reformer auf
früheren Neuphilologentagen. Seine \'()rschläge zur Besserung des Unter-
richts und seine Angritte gegen die Vertreter des „Alten" sind durch die
Schriften der neuesten Reformer, der „Jungen", wie sie sich jetzt nennen,
liinreichend bekannt, vielfach wurden sie von dem in die Debatte wirk-
sam cingn'ifciHhMi Oberschulrat v. Sallwürk, dem verdienstvollen badischen
l'ädagogeuj berichtigt und eingeschränkt. Herrn < >l)erlelircr Klinkhards
Miscellen. 237
ungestüme und seine eigenen Erfolge, die er auch in einer der Versamm-
lung ausgehändigten Broschüre verherrlicht hatte, preisenden Worte liabeii
den wohlberechtigteu Bestrebungen der Reformer nur geschadet und siutl
hauptsächlich daran schuld, dals eine sehr malsvoUe, zwischen den (Gegen-
sätzen vermittelnde These des Prof. Stengel vou der bereits geleerten V'er-
sammluug nur mit schwacher Mehrheit angenommen wurde.
Da der Sonntag für die Besichtigung der reichhaltigen Dante-, Molicre-,
Shakespeare-, Scott-, Burns-, Saudeau-Bammlungen der Herren v. Locella,
Prof. Scheffler, Oberl. Sahr- Dresden und für eine Fahrt uacli Meil'seu
bestimmt, die Montagssitzung durch geschäftliche Beratungen zum grofseii
Teile ausgefüllt war, so konnte Herr Prof. Stengel seinen Vortrag: „Zur
Abfassung einer Geschichte der französischen Grammatik in Deutschland-
nur in sehr verkürzter Form halten. Er erwähnte die eingehenden Nach-
forschungen nach alten, zum Teil längst vergesseneu Grammatiken der
französischen Sprache, die er auf deutschen Bibliotheken angestellt hatte,
forderte die Fachgenosseu zu gleichen Studien auf, die dann einer von
ihm ius Leben gerufenen Kommission zur Ordnung und Sichtung über-
geben werden sollten. Jedenfalls hat der Gedanke, eine Geschichte der
französischen Grammatik in Deutschland zu schreiben, hohe Bedeutung
und verdient allseitige Förderung und Unterstützung.
Von den geschäftlichen Resultaten ist besonders die Abschaflung des
probeweis gehaltenen neuphilologischeu Centralanzeigers hervorzuheben.
Der vorwiegend wissenschaftliche Charakter der Vorträge und Debatten
und die ungestörte Eintracht der verschiedenen Berufsgeuossen wird sicher
viele, welche sich bisher von den Bestrebungen des „Verbandes der deut-
schen neuphilologischeu Lehrerschaft" fernhielten , bekehren. Für die
sorgsame Vorbereitung alles dessen, was für den Neuphilologentag vou
Wichtigkeit und Interesse war, verdient der Vorstand, insbesondere der
Vorsitzende Prof. Scheffler, den wärmsten Dank jedes Teilnehmers.
Dresden. R. Mahreuholtz.
Bibliographischer Anzeiger.
Allgemeines.
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(Paris, Hachette.) 7 fr. 5ii c.
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Gärtner.) 1 Mk.
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Nouvelle bibliothfeque populaire. ä 10 c.
Les satiriques fran9ais des XVIIIc et XIXe siScle. Xouv. bibl. pop. 10 c.
.1. I'riedrich, Die Dido-Dramen des Dolce, ..Todelle und Marlowe in
ihrem Verhältnis zueinander und zu Virgils Aneis. (Progr. d. Studien-
anstalt zu Kempten.)
E. Dannheifser, Studien zu Jean de Mairets Leben und Wirken.
(Leipzig, Fock.)
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(Niort, Favre.)
W. Orlopp, Über die Wortstellung bei Rabelais. (Jena, Dispert.)
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realschule zu Wien.)
L. Watten dorff, Essai sur l'influence que Shakespeare a exerc^e sur
la trag^die romantiquc fran^aise. (Kolberg, Warnke.) 8i) Pf.
H. Morf, Die Cäsar -Tragödien Voltaires und Shakespeares. (Oppeln,
Maske.) -10 Pf.
Vitzthum von Eckstädt, Shakespeare und Shakspere. Zur Genesis
der Shakespeare-Dramen. (Stuttgart, Cotta.) 4 Mk.
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H. Hone, Die Sprache des neueren englischen Romaus uud der Tages-
presse. (Osnabrück u. Kolberg, Warnke.) 1 Mk.
Hilfsbücher.
C. Schäfer, Übungsbuch zum Übersetzen aus dem Deutschen ins Fran-
zösische. (Berlin, Winckelmann.) 1 Mk. 20 Pf.
P. S^n^chaud, abr^gd de littörature franjaise ä l'usage des ^coles
sup^rieures. (Eisenach, Bacmeister.) 1 Mk.
Berger, Übungsbuch zur Erlernung des französischen Briefstils. (Hanau,
Alberti.) 1 Mk. 20 Pf.
Racine, Britanniens. Publ. avec des notes par M. Lanson. (Paris, Ha-
chette.) 1 fr.
Ch. Lebaigue et R. Pessonneaux, La lecture expliqu(§e. Recueil de
Morceaux choisis avec commentaires et questionnaires. (Paris, Belin.)
2 fr. 00 c.
J. Storm, Französische Sprechübungen. Mittlere Stufe. (Leipzig, Vel-
hagen & Klasing.) 1 Mk. 80 Pf.
A. Rani be au, Lauttafeln für den französischen und englischen Unter-
richt. 4 lith. Blatt. (Hamburg, Meilsner.) 4 Mk.
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Ch. Dickens, A christmas carol. Mit Erklärungen von G. Tanger.
(Leipzig, Tauchnitz.) 1 Mk.
F. L. Bierbaum, History of the English language and literature.
II Edition. (Heidelberg, Weifs.) 3 Mk.
Briefe ¥on Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
Im Auszuge mitgeteilt
von
Karl S c li ü d (1 e k o p f .
(Schluls.)
70. Jj. 14. Y. |76.] Tausend, tausend Dank, mein bester
Rammler, für die grolsen Beweise Ihrer Freundschaft, die Sie
mir in Ihren beiden letzten Briefen, hauptsäeliKch durch die
Kritik meines Calas gegeben haben. Ich habe sie wegen der
Mefsunruheu zwar nur flüchtig durchlaufen können: aber überall
hat mir mein Gefühl gesagt, dafs sie wahr und richtig ist und
ich habe mich mein-, als einmal schon vor den Kopf gesclilageu,
dafs ich nicht eben das vorher gefühlet habe. An vielen Dingen
mag Schuld se}Ti, daCs ich den Kopf mit dem gerichtlichen Pro-
cefs angefüUet hatte, und also für meine Absicht, der Wahrheit
zu getreu geblieben bin. Gegen einige Erinnerungen möchte ich
mich gern vertheidigen, dergleichen sind, dafs Marcanton zu viel
Aufhebens über die 10 verlorenen Louis(Vor mache:' nicht diese
sind es, die ihm den unsinnigen Entsclilu/s erpressen, sondern
der melankolische Zustand seines Gemüths, das diese Gelegen-
heit nur erhascht, seine Lage von der schwärzesten Seite zu be-
trachten. So bezieht sich die Anführung aus dem Shäkespear
auf einen Zug aus des Unglücklichen Geschichte : indem er näm-
lich den Monologve des Hamlet To he or not to he beständig
im Munde fühi'te und her deklamirte.^ Endlich scheint mir der
" In dem Monologe des Marc Antoine (so im Drufko von 1780),
ältesten Sohnes des Jean Calas, I. Aufzug, 1. Auftritt.
- Im Drucke ist demgemäfs zu der Stelle: „Doch Seyn oder Nicht-
seyn, das ist die Frage! — Ja, bey dir, Hamlet, bey dir! — bey mir
Aicliiv f. II. Sprachen. I.X.XXIl. 1<J
242 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
kleine Zug, den Sie aus andern guten Gründen verwerfen, da er
vom Tische kömmt, am ganzen Leibe bebt, und als ihn die alte
Magd fragt, ob er friere, antwortet: nein, ich brenne, ^ die der
Geschichte gemäls ist, die Zerrüttung seiner Seele und die Un-
ruhe, indem er eben im Begriffe ist, die That zu vollziehen, aufs
äufserste zu charakterisireu. Doch ein Verfasser denkt oft etwas
hinzu, an das weder Ijcser noch Zuschauer dachte. Ich will
bessern, was mir möglich ist und nur wünschen, dafs, wo ich
Unkraut ausreil'se, nicht garstge Lücken werden mögen, die das
Ganze noch mehr verunstalten. . . . Haben Sie auch Dank fih-
die Curas posteriores meiner kleinen T>ieder vmd des Abcbuchs:
sie sollen treulich aufbewahret werden.
Ein Exemplar von der neuen Ausgabe meiner Tragödien -
und dem 2**^" Stücke des Kinderfreundes soll Ihnen entweder
einer Ihrer Buchhändler oder der Überbringer dieses Briefs über-
reichen. Dieser letzte ist H. Wezel,^ der Verfasser des Tobias
Knaut und mancherley anderer witzigen Versuche. Sie werden
bald finden, dal's es ein Kopf ist, dem es nur an Reife fehlet,
um ein guter Schriftsteller zuwerden: es ist auch sonst ein
braver ehrlicher Mann, mit dem Ihr Minister Münchhausen, zu
dem er als Hofmeister geht, gewifs zufrieden seyn wird, den ich
mit Liebe für Sie erfüllt habe, und den Sie vielleicht zu kleinen
witzigen Aufträgen brauchen können. . . .
71. L. 17. VI. 76. ... Freylich w^eifs Engel von meinem
Calas und es ist mir in ge^visser mafsen nicht ganz lieb. Ich
hatte mein Trauerspiel dem alten Eckhof anvertrauet, der es mit
nach Gotha genommen, weil ich die Rolle des alten Calas ganz
in seine Seele gearbeitet hatte. Er hatte es wieder "Engeln ver-
traut und führte diefsfalls eine kahle Entschuldigung: ich konnte
also bey seiner Zurückkunft kein Geheimnils gegen ihn daraus
machen, imd wenn ich es zum 5**^" Bande meiner Tragödien
nehme, so bin ich ohnediefs verratheu. Darüber bin ich aber
noch zweifelhaft. . . .
entschieden" die Anmerkung gemacht: „Marc Antoine ijflegte diesen be-
kannten Monolog des Hamlet im Shakspeare beständig zu deklamiren."
' 1780 S. 39 beibehalten.
* Trauerspiele von C. F. Weifse. IV. I^eipzig, Dyck, 1770.
=> Cf. Goedeke G. R. II, U80 f.
Briefe von Ch. F. Weilse an K. W. Rani 1er. 243
Kennen Sie denn einen gewissen Cammerherru vom Hom-
bold in Berlin? Es ist hier ein junger Manu für ihn als Hof-
meister engagiret worden:' da or aber weder Etwas von dem
Haufse, noch von seinem künftigen Principal weils, so hat er
mich sehr gebeten, ob ich ihm nicht bald zu einer kleinen Nach-
richt zu verhelfen wül'ste, weil er zu gleicher Zeit einen andern
A^orschlag hat, und geru für sein Glück das Beste wählen möchte.
Ich bin ihm aber diesen Dienst als einem Menschen von Recht-
schaifenheit vmd Talenten schuldig. Es könuut hauptsächlich
darauf an, ob er daselbst eine Aussicht zu einem gewissen Glücke
vor sich hat.
Ich erwarte hier täglich uusern Lessiug von seiner gelehrten
Italiänischen Reise.- Engeln werde ich nächstens schreiben. . . .
72. L. 25. YIII. 7(). Gottlob! dals Sie wieder in Berlin
sind. ' . . , Ihr Stillschweigen über Ihre Gesundheit scheint mir zu
Ncrrathen, dafs sie meinen Wünschen gemäfs ist. Äleine kleine
Frau hat mich während Ihrer Abwesenheit Avieder zum Vater
von einem kleinen Julchen gemacht, drey Mägdchen und ein
Knabe, drey Blätter und ein Stiel, also ist das Kleeblatt fertig.
Sie hatte noch dazu den klugen Streich gemacht, mich imter
einer Entfernung von etlichen Tagen, da ich mit einem gewissen
Baron von Wedel den Fürsten von Dessau in Werlitz und zu-
gleich Basedows Philantropin besuchte, damit zu beschenken. . . .
Den Julius von Tarent '' habe ich noch nicht gelesen : Denn
ich hüte mich wohl von den neuen shäkespearisch en deut-
scheu Dramen etwas anzurühren, ehe einer oder andere meiner
Freunde mir es als ein uushakespeärisches ange[)riesen haben:
unsere Zeit, mein liebster Freund, ist zu schätzbar, als daCs man
alles auskosten kann, und wenn das halbe Säculum unscrs I-.e-
' Campe verliefs das Humboldtsclie Haus 1776; sein Nachfolger als
Erzieher Wilhelms und Alexanders v. Humboldt ward 1777 Gottlob Joh.
Christian Kunth (vgl. Das Leben des Staatsrath Kunth. Von Friedr.
u. Paul Gold Schmidt. Berlin, 1881, S. 14 f.), der bis Ostern 1776 in
Leipzig studierte und vielleicht hier in Rede steht.
2 L. war von Dresden nach BerUn gegangen, ohne Leipzig zu berüh-
ren, und schon seit Ende Februar 1776 wieder in Wolfeubüttel.
^ Ramler war am 4. Mai zu seinem Bruder nacli Kerstin gereist.
•* Von Leisemtz.
16*
244 Briefe von Ch. F. Weifte an K. W. Ramler.
bens vorbey ist, dann läuft die Zeit mit Hirschfüfseu nach dem
Grabe.
Sie laden mich künftiges Jahr mit meiner Familie zu sich
ein, weil Ebert hinkommen will. Was denken Sie, mein guter
Rammler? Eberts wegen? wenn Sie gesagt hätten, Ihrentwegen,
und Ihrentwegen allein, so hätte es geschehen können : aber eben
weil Ebert hinkömmt, werde ich nicht hinkommen: denn ich bin
so eyfersüchtig in der Freundschaft, als man es in der Liebe
seyn kann, und wenn ich dort bin, will ich Sie ganz, ganz
allein haben, für mich haben. Überdiefs ist Ebert, so ein guter
Mann er se^m mag, mir zu sehr Hofmanu: er sagt allen ]\Ien-
schengesichtern ohne Unterschied, dieselben Sül'sigkeiten und
Freundschaftsbetheurungen mit eben dem Tone vor, mit dem
er sie mir vorsagt, und das verräth mir eben so viel Kälte und
Gleichgültigkeit gegen mich als alle die übrigen.
Kommen Sie lieber zu uns: ich bin zweymal in Berlin ge-
wesen, und Sie sollen zweymal in Leipzig- gewesen seyn, ehe ioli
wieder zu Ihnen komme. Sie reisen weit leichter, als ein Mann,
der 4. Kinder, 4. Kopisten, 4. Bediente, imd oft 80 000 Thaler
in seiner Gasse hat: wenn Sie zuschliefsen und Ihre alte ehrliche
Guvernaute mit einer HeUeparde vor Ihre Thüre stellen, so ist
alles bewacht. . , .
[Ich treibe] itzt nur Kindereyen und befinde mich ruliiger
dabey, als da ich mit andern um Ruhm buhlen AvoUte. AVie
lächerlich kömmt mir das tiefe StiUschweigeu aller nur möglichen
gelehi'ten Zeitungsschreiber über die neue Ausgabe meiner Tra-
gödien vor! Die meisten der kleinern werden wohl erst abwarten
wollen, was eines von den gekrönten Häuptern der Kimstrichter,
der Merkur, oder die allgemeine Bibliothek für einen Ton an-
stimmen möchten. . . .
73. Undat. [Ende 1776.] Haben Sie tausend Dank, mein
bester Freund, für die väterliche Güte, mit der Sie immer noch
die Kinder meiner Muse ansehen, noch mehr für die Besserun-
gen, die Sie ihnen angedeihen lassen. Ich will es gern gestehen,
dafs die Feliler der Rechtsclu-eibung von mii' selbst koimucu:
niemand kann sich (und es ist mh* eben keine Ehre) um die
deutsche Grammatik weniger bekümmert haben, als ich: daher
läuft so manclic Unsfleichheit mit unter: ich will mir aber Ihre
Briefe von Ch. F. Weifsc ;ui K. W. Ramler. 245
Erinneriingeu sorgfältig aiifzeichuen, imd bey der ersten Lektüre
meiner Tragödien, wenn ich einmal in der Welt wieder darüber
kommen soUte, nachbessern. Unsere meisten jungen Dichter
verbittern uns Altgesellen beynahe ganz den Geschmack an der
dramatischen Dichtkimst. Man hat uns diese Messe über bey
Seilern mit nichts als Hamburgischen Preisstücken bewirthet:
mein Gott! was ist das für widersinnisch Zeug! Findet sich
noch bisweilen eine leidliche Scene drinnen, die man einem Eng-
länder abgestohlen, so ist es ein Glücke. H. Gotter hat eine
neue Manier, unser einen um sein bischen Rulim zu bringen.
Er fieng mit Engels Dankbaren Sohn an und durchspickte ihn
mit Ai'ien. Zu gutem Glück kam E. damals nach Gotha, Avider-
setzte sich mit Händen und Füfsen : Da indessen die Arien
komponirt und gelernt \varen, stoppelte mau ein Ding, wozu
Engel den Plan machte, zusammen, das man den Jahrmarkt
liiefs.* Jetzt hat H. G. diese Eln-e meinem Walder,- und was
mich weit mehr ärgert, dem Romeo ^ erAviesen, iliu in 3. Akte
umgeformt imd mit Lieder durchwebt. Da die Bendaische Musik
dazu vortreiflich se}Ti soll, so seh ich im Voraus, dal's mein
Romeo vom dem Theater verdrängt ist: die Sache ist A\-irklich
unangenehm und H. G. sollte biUig jeden in seinem Besitze ruhig
lassen. Mit dem gröfsten Wider^^^llen miifs ich itzt die Revision
meiner Komödien imd komischen Opern zu der neuen Ausgabe
übernehmen. Der erste Band von den letztern'* ist schon abge-
druckt, und da zu dem 4^*^" Bande mu- ein einzig Stück die
Jubelhochzeit vorhanden ist, so thät es Noth, ich machte noch
eine, um diesen vollzumachen, eine Arbeit, die mir unter der
itzigen Situation höchst ekel seyn würde, wenn ich auch schon
eine Fabel dazu ausfündig gemacht hätte.
Allerdings haben Sie, mein liebster Freund unserm Huber
» Die Musik, unter dem Titel: „Der Dorfjahrmarkt" erschien 1776,
der Text des „Jahrmarktes'' 1778.
- Walder, ein ländliches Schauspiel mit Gesang in einem Aufzuge.
Musik 1777, Text 1778; Gotha bei Ettiuger. Vgl. Minor, S. 121.
3 Eomeo und JuUa, ein Schauspiel mit Gesang in drei Aufzügen.
Leipzig, Dyck, 1779. Vgl. Minor, S. 196, 214.
' Komische Operu von C. F. Woilse. Drri Teile. Li-ipzig, i>yck,
1777. Ein vierter Teil kam nicht zu stände.
246 Briefe von Ch. F. Weifse an K. AV. Eamler.
einmal das Opfer der Nymphen geschickt, imd ich habe
Ihnen auch seine Übersetzung davon übersanndt.' Besinnen Sie
Sich: denn Sie haben sie ganz gewifs wo aufbewahret. Ich bin
bey ihm gewesen, um zu sehen, ob er noch eine Kopie davon
hätte: aber er hat vergebens nachgesucht. Wo mir recht ist,
steht auch eine in Hubers Choix Utteraire des meilleurs poesies
Ällemandes im 3**"^ Bande.^ Er wird sie gern noch einmal über-
setzen, wenn es noch Zeit ist. Dieselbe Übersetzung von Huber
steht auch im Journal etranger. In I^eipzig liaben Sie gewüs
keinen einzigen Neider, sondern lauter feurige Freunde und Be-
wimderer, das wollte ich Hinen beschwören, und deswegen müssen
Sie auch auf künftigen Sommer wieder zu uns kommen. Herr
E[bert] mag Sie besuchen, ehe Sie uns durcli Ihre Gegenwart
beglücken, oder wenn Sie weder nach Haiifse sind: denn ich
sehne mich recht innbrünstig nach Ihnen.
Dafs unser Lessing noch ein Ehmann gew'orden,-^ war mir
anfänglich ganz unbegreiflich: Wenn Sie es wären, Sie mit dem
gefühlvollsten und weichsten Herzen, der zärtlichsten und sülsc-
sten Bande fähig und Avürdig, das wäre mir nicht imerwartet
gewesen ! Immer scheint es mir auch, dafs L. mehr am Geiste
als am Herzen muls gefesselt seyn, da die Person 85. Jahr aU,
eine Mutter von 8. Kindern und beständig kränklich seyn soll. . . .
74. I^. 6. V. [77.]. . . . Hier haben Sie, liebster Rammler,
die neue Ausgabe meiner Opern nebst tausendfältigen Dank für
die Verbesserungen des Aerntekranzes, die Sic mir mitgetheilet.
Sie werden finden, dafs ich die ersten Bogen auch noch Um-
drucken lassen und Ihre bessern Lesarten auf das getreuste an-
genommen habe: nur bey einem Paar liabe ich bey dem Alten
bleiben oder eine kleine Aeuderuug vornehmen müssen, wo der
eine Reim unserer Säclifsischen Aussprache zuwieder war, (es
war nänilicli gereimt Zeug und weich: Mir in Sachlsen lesen
durchgängig das g wie ein Je : Z e u k) und in der andern war
ein Proviuzitdausdruck, den wir hier nicht verstehen; ich kann
I
I
' Vgl. den G-2. Brief.
^ Gemeint ist Hubers „Choix de Poesies Ällemandes'', die 17(j(5 in
vier Teilen zu Paris orscliien, eine Übersetzung von Ranilers „Opfer
der Nymphen" nlx-r niclit ciitlKilt.
■' Am s. OklubiT ITTii.
Briefe von Ch. F. ^\'eifse an K. W. Ramler. 247
mich auf denselbigen nicht gleich besmnen. ... H. Götter hat
durch seinen Eonieo den meinigen vom Tlieater verdrängt, ob
es gleich ein so verstümmeltes Ding ist, dafs selbst die Bendai-
sche JNIusik nicht das Mifsf allen der Zuschauer, die es vormals
gesehen, heben kann. Haller hat sich, wie mir Kästner schreibt,
in der Götting. Anzeige' gegen den Krispus* imd noch ein an-
ders, dessen Namen ich nicht weifs, erklärt — Ja so mache denn
Trauerspiele, wer Lust hat, welche zu machen! Billig sollte ich
das zweyte Stück zur Jubelliochzeit machen, um den 4''" Band
der komischen Opern auszufüllen, da das erste fehlt: aber ich
kann mich nicht darzu entschliefsen.
* [Am Rande :] Ich habe nun die Keceusiou gesehen : ich sehe sie gilt
alle meine Trauerspiele und der Eingang und Tadel ist durchgängig hämisch.
Es sollte mir leicht seyn, zumal Avas unhistorisch genennt wird, alles zu-
widerlegen. Noch besser wäre es, wenn ich die Recension der vorlezten
Ausgabe der Götting. gel. Zeitung, die mit vollem Backen das Lob meiner
Trauerspiele posaunte, gegenüber abdrucken lieXse. Aber die Schweizer
werde ich nie wieder gut machen können, nachdem ich Bodmers Oedip,
Johannes von Tockenburg und Jul. Cäsar für elende Werkchen erklärt habe.
Der grofse Döbeliu hat mich diese Messe besucht und hat
mh' solche Wimderdinge von seinem Theater erzählt, dals, wenn
der 100^^® Theil davon walir wäre, Ilineu nichts mehr zu wün-
schen übrig bleibt.
Eine seltsame Erscheinung war mir vor km-zem ein Brief
des alten Bodmer,"- Avorinnen er mir schreibt, wie er gehört habe,
dafs ich doch nicht ein so böser Mensch sey, als er geglaubt
habe, ich solle also doch, wenn ich auch mit seinen Urtlieilen
über meine Schauspiele in seinen politischen Parodien nicht zu-
frieden Aväre, seine Person nicht hasscu. Ich habe ihm aus vollem
Herzen darauf geantwortet, ob ich gleich nicht glauben kann,
dafs ihm die Versöhnung so gar sehr von Herzen geht: denn
er schickt mir eine neue Ausgabe seiner pol. Trauerspiele mit,
wo noch alles möghche Böse von den Meinigen gesagt wird. . . .
Ich habe gehört, vmser guter Rode hat wieder ein ])aar Blätter
geätzt; darf ich mu- eine Anzeige für die Bibliothek ausbitten?
f ;■ 75. L. 22. VI. 77. ... Vermuthlich liat Ihnen unser Reich
* Vom 5. April 1777. Vgl. Hirzel, A. v. Hauers Gedichte. 1«K2.
p. CDLXXXVll.
' Vgl. ]Minor, S. 2i:>2 ft:
248 Briefe von Ch. F. Weifse an K. AV. Ramler.
schon gemeldet, dafs er sich nahe bey der Stadt ein artiges
Landgütchen gekauft, "vvo er in der That nach seiner gewöhn-
lichen Gastfreyheit seinen Freunden manche angenehme Stunde
zubereitet.
Haben Sie tausend, tausend Dank für Ihre vortrefflichen
Verbesserungen in meinem Aerntekranze : aber ewig Schade, dal's
sie erst nach Abdruck der ersten 4 — 5 Bogen angekommen: nur
bey dem 5*"'', der noch nicht abgezogen A\'ar habe ich sie nützen
kömien: indessen habe ich sogleich mit dem Drucke einhalten
lassen, um mir wenigstens von den letzten Bogen dieselben zu
Nutzen zumachen. . , . Auch die ersten Bogen sollen nicht ver-
gebens der Zucht ihrer Hand genossen haben, weim mich Gott
anders noch eine künftige Auflage erleben läl'st. Arien möchte
ich freylich weder unsern Liederfreunden noch unserm Hiller
gern wegnehmen und ich zweifle auch, da die Musik abgedruckt
und die Partitur auf allen Theatern ist, ob sie sich dieselben
Averdeu nehmen lassen; endlich sind die Terzett und Qvartett
auf dem Theater, wenn sie gut gesungen werden, ungemein an-
genehm und bringen ein gewisses Leben unter die Sänger, so
elend sie sich auch lesen lassen. Gerade dasjenige, was zum
Henker suchst du hier etc.^ bey dem ich mir keinen Ge-
danken einfallen liefs, es in Verse zubringen, mufste ich auf
wiederholtes Bitten Hillers aus Prosa umschaffcn. Bey dem Ver-
such, die Arien weniger unwahrscheinlich einzuführen, ist mir
doch der Zweifel eingefallen, ob es nicht noch ^veit mehr auf-
fällt, wenn die Personen etliche 30 mal sagen „sie wüfsteu ein
Liedchen, das so und so klänge." Die ängsthche Bemühung das
minatürli(!he wegzubringen, macht, deucht mir, es weit sicht-
barer und wer sich an das Singen im währenden Dialog stöfst,
wird sich dadurch schwerlich bekehren lassen. Mir wenigstens
scheint es dadurch nicht zu gewinnen : doch bin ich vielleicht
auch schon daran zu gewöhnt, als jdafs] ich das LTnschickliche
genug fühlen sollte. Ich habe für ncithig gehalten, zu dieser
Ausgabe noch eine Vorrede hinzuzuthun, um meine Hauptabsicht
' Dieses Terzett, in den älteren Ausgaben der S. Auftritt des III. Auf-
zuges, ist im o. Teile der „Komischen Opern"' von 1777 (III. A., 11. Auf-
tritt, S. 2t)7 f.) nach Ramlers Vorschlafe in Prosa verändert, die frühere
Fassung aber docli in einer Anmerkung wiederholt worden.
Briefe von Ch. F. Weifte au K. W. Ramler. 249
bey dieser Arbeit zu entdecken : sie ist in gröfster Eil aufge-
setzt. Leseu Sie Sie doch, mein bester Freund, mit der Feder
in der Hand durch und streichen Sie weg, was Ihnen mifsfällt:
halten Sie sie für überflüfsig, so zerreifsen Sie dieselbige.
Haben Sie Dank für die französische Übersetzung.' Ich
habe sie durchlesen : ob ich sie aber leicht -wieder lesen werde,
zweifle ich. Mau sieht noch den grofsen Dichter : aber mein
Himmel! was ist das für ein Unterschied, zumal wenn man schon
den Kopf von der Harmonie der schönsten Verse voU hat.
Sclilimm genug, dafs ein deutscher König seine Horatze erst aus
einer solchen Übersetzung mufs kennen lernen: die Bezeugimg
seiner Achtung ^ hat mich erfreut : aber wenn er Ihnen Hn* Alter
durch einen ansehnlichen Gehalt, ohne alle Arbeit, \\äe August
seinen Dichtern, ruhig und sorglos gemacht, sie auf das ange-
nehmste Landguth in seinem weiten Gebiethe mit diesem Gehalten
[sie] verwiesen hätte, das würde mich noch weit mehr erfreuen.
Dem General MöUendorf •'^ weifs ich es Dank, dafs er Ihneu durch
die schöne Dose seine Achtuug bezeigt. Wäre es nicht möglicli,
dafs Sie es noch, wie unser Reich machten? Der Maun wird
noch um ein 5. Jahr älter seyn, als Sie, und seine Frau ist sehr
liebenswürdig. Eine Dose ist ja wohl mehr worth, als ein Apfel,
und diese aus Ihrer Hand ? Da könnten sich wohl noch 3. Erden-
göttinnen drüber streiten. Ich habe vor einiger Zeit auch ein
sehr prächtiges Gemälde, das die lezte Scene aus dem Romeo
vorstellet, aus München zum Geschenke erhalten. Es ist von
einem dasigen sehr berühmten Künstler Dorn er,* der für die
Schleufsheimer Gallerie viel gemalt: so gleich ist uuscr Schicksal:
' Poesies lyriqiies de Monsieur Ramler. Traduites de rAllemand (par
Cacault]. a' Berlin et a Paris. 1777. 8". Vgl. den 51. Brief.
^ Durch einen anerkennenden Brief, welchen ich an einem andern
Orte zu veröffentlichen gedenke.
3 Zum Lobe des damaligen Generallieutenants W. .J. H. v. MöUondurf
(1724—1816), der sich bei Leuthen, Torgau und Biu-kersdorf auszeichnete,
hatte Ramler in seine Ode „Abschied von den Helden- eine Strophe ein-
geflickt und in der französischen Übersetzung nachtragen lassen. Zum
Danke schenkte ihm M. eme kostbare Dose, auf welcher das Urteil des
Paris eingeschnitzt war.
' Johann Jakob Doruer, der ältere (1741— ISloj. Vgl. ADU. ö, :J54.
250 Briefe vou Cli. F. Weifse ;in K. W. Kamlor.
flenn ich wollte Avetten, dals ich es mit Hirer Dose in einer
Stunde erhalten. . . .
76. L. 13. Vin. [77.] Ihr Avürdiger Minister von ZettUtz
ist nuninehro bey uns gewesen und ich halte es für Pflicht,
Ihnen mein liebster Freund, in ein paar AVorteu Rechenschaft
zu geben, wie ich Ihrer Empfehlung eine Genüge zu leisten mich
bestrebet habe. Ob er mit meiner Aufmerksamkeit zufrieden ge-
wesen, weifs ich nicht. Ich habe ihn aber die zween Tage, da
er hier gewesen, kaum einen Augenblick verlassen, ihn in unsere
Garten, Kabinettcr und Bibliotheken geführet, mit imsern besten
Leuten, deren ich habhaft werden Ivonnte, bekannt gemacht,
meine Frau der Seinigen zugeschickt, und endlich ihn noch den
Abend vor seiner Abreise in unserer Mittcwochgesellschaft, wo
ich ihm unsere Künstler und Witzigen Köpfe am besten vor-
stellen konnte, ])ewirthet. Es Avaren Avohl ein paar heifse Tage
für mich: denn die Hitze war grofs, und ich, der das Gehen
nicht so gewohnt ist, \ne Ihr Herrn Berliner, war so nieder-
gejagt, dals ich diese zwey folgenden Tage we angenagelt auf
meinem Stuhle gesefsen und nach Tjuft geschnappt habe. Noch
eine Menge ist mir übrig geblieben, vou dem ich ihn gern noch
unterrichtet hätte: aber, so klein unser Städtclien ist, so sind
doch 2. Tage, wo man zumal verschiedene Bekanntschaften er-
richten m(>chtc zu wenig.
Wie uuendhch freue ich mich nicht auf Ilii- Duodrama I'
() schicken Sie es bald !' schicken Sie es, wo möglich mit einer
Abschrift von der Musik: Die Kosten "sollen alle ersetzt
werden: so können wir es binnen 4. Wochen aufgeführt sehen:
denn wir haben itzt eine Gesellschaft hier, die imfehlbar eine
der besten werden wird, da man bey Hofe keine Kosten
dafür sparet, und die besten Akteiu's bey nahe überall schon
e7i(/a (/\rct sind: und dann, dann kommen Sie aufs Frühjahr
zu uns und ärndten den vollen Beyfall der Bewunderung
und Zufriedenheit ein. Was darf man sich nicht versprechen,
wann Dir l3Tisches Genie sich dieses Feldes bemächtiget, das
alle Zaubereyen der verschwistertcn Künste mit zu Hülfe nehmen,
' Oephalus und rrokri;*. Eiu Melodniiiia. Berlin 1778, kompouirt
A'on Keieliardt und zuerst gespielt in HinnbinL;- ;un 7. Juli 1777. V;jl.
den l'olsreuden Brief.
Briefe von Ch. F. Weifsc au K. W. Ramlcr. 251
und mit in die Gebiete der Fabel und der Einbildiins-skraft aus-
schweifen kann! Grüssen Sie den Komponisten, der hier mein
grofser Freund zu seyn schien, und den ich erst recht heb ge-
Avinnen werde, wenn er in Ihre Seele gearbeitet hat.
Was mag ich in aller AVeit den Berl. Kunstrichtern der
AUg. Bibl. zu Leide gethan haben, dafs sie mich bei jeder Ge-
legenheit demüthigen. Sehen Sie nur, wie sie das kleine Ding
die GeschAdsterhebe aus dem Kinderfreunde abgeschmackt be-
urtheilen,! indessen, dals sie die elenden und faden Kinderspiele
eines Rode in Dessau loben. Und was sagen sie vom Kinder-
freimd selbst? „In des DomHerrn Rochau seinem ist mehr
Simplicität!" Wenn ich für kleine Bauernkinder von 5. und
6. Jahren Mährchen schreiben will, kann ich es auch, und mein
Abcbuch ist älter, als des Herrn v. Rochau seines. „Manches
ist zu hoch für Kinder." Für unsre Sächlsischen Kinder warr-
hcli nicht, zumal Avenn sie so alt sind, wie ich die meinigen be-
schreibe von 10 — 14 Jahren, imd haben sie denn keine Aeltern
und Hofmeister, dafs sie fragen können, wenn sie etwas nicht
verstünden? Endlich vermifst man die Sokratische Methode. —
Wenn diefs AVochenblättchen Catechisationen enthielte, so könn-
ten sie sie vermissen: aber in Gesellschaftlichen Erzählungen,
wo bald diefs bald jenes vorkömmt, versteh ich von der Sokra-
tischen Methode nichts. — Doch vergeben Sie, liebster Freund,
dafs ich Rmeu so etwas vorklage, da Sie mich lange werden
beklaget haben: AVenn ich nm* wenigstens so viel Gefälligkeit
von Nicolai erhalten könnte, dafs er von meinen Sachen schwiege.
Der Überbringer dieses ist der Graf Auersberg aus Wien
mit seinem Hofmeister, ein Schüler von Dennis, der Sie kennen
zu lernen wünschet. . . .
77. L. 25. A^. 78. . . . Ihre Verbesserungen zu Ihrer aller-
liebsten Bluhmenlese habe ich allezeit sorgfältig im Aranuscri[)te
nachgetragen, und unser Reich, welchem ich itzt auch eine bal-
dige Genesung wünsche, da er sehr krank ist, wird sie nun un-
verzüglich in Druck geben. So ein genauer Kunstrichtcr, als
Sie, mufs kein Mensch auf Erden seyn. Z. B. Bey Peneus wäre
es mir nicht eingefallen, dafs ich nicht nach Bedürfnils des
1 ADBibl. Bd. 31, St. 2, S. r,7(.i L
2")2 Briefe \ou Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
Sylbenmafses, das Wort Ijald z^vey, bald dreysilbig gebrauchen
k()nntc: ich daclitc, die Lateiner hätten das auch gethan. Einen
andern Zweifel habe ich Ihnen einmal bcy einer Stelle Ihrer
Oden^ machen wollen, wo Sie (deucht mir) Proserpinen lang
gebrancht haben, da es doch wohl kurz seyn sollte: aber ich
habe meine Grammatik so vergessen, dafs ich inmier ungewifs
bin, zumal da mein Gedächtnis mir sehr ungetreu ist,
Ihren Cephalus habe ich aufführen sehen.- Den feinen
Kennern hat er aufserordentlicli Wohlgefallen. Die Brandes sj)ielt
die Prokris unverbesserlich: aber Cejihalus, (Hemjiel, den Sie
vielleicht vom Döbbeliuschen Theater kennen,) hatte nicht den
Umfang der Stimme, oder wufste sie nicht genug zu schonen,
dafs er gegen das Ende zu sehr kreischte. Dem gröfsern Pu-
blilco hätte ich noch einige Veränderung der Sceuen geAVÜnscht;
so schön auch die Decoration war: aber es geht wie. bey der
Oper: alle Sinnen wollen bey diesem Schauspiele zu thun haben
und diels um so vielmehr, da IMonolog und Dialog durch die
Aviederholende, ausbildende Musik sehr verlängert werden: Ohne
Zweifel kömmt es daher, dafs Ariadne auf Naxos -^ so sehr gefällt.
Das Meer bey Heiterkeit und Sturm, das fortsegelnde Schiff,
Donner und BUtz, alles hilft. Ich habe Brandes Ihre Wünsche
in Ansehung Hn. Reichards entdeckt und er hat mir versprochen
nach seinem Vermögen es zu be werkst (>lHgen, dal's ihm eine
kleine Gratification, mid solche durch ihn an Sie geschickt werde.
Mein Calas und die Brüder, die ich aber ganz zusauunen
geschmolzen und ihnen auch itzt den Titel die Flucht gegeben
habe, könnte ich abdrucken lassen, wenn icli wollte: aber ich
hatte diesen Winter so \del zu übersetzen angenommen z. B.
' Ode auf einen Granatapfel Vers 4.
"^ Vgl. den Brief einer Majorin v. Korff an Ramler (Leipzig 15. V^. 78):
.,Ein wirkliches Vergnügen haben wir den 12 May gehabt. Cephalus und
Frokri.s sahen wir auf den hiesigen Theater aufführen — und wie auf-
führen — vortreflich — gantz vortreflich. Madam Brandes, und Herr
II('iii|H'l, zeigten dafs Schihie Melodrama in seiner völligen gröfse. Voll
cniplinduug habe ich es angesehen. Auch die Ma>laiti Röder machte
die Hiale schön. O mein Wertester Herr Prof., Avie oft habe ich Ihre
gegeuwahrt gewünscht, bey iedcn Wahren ausdruck erneurte sich mein
Wunsch.''
•'' Ariadne auf Naxos, ein Duudrama von J. ("Iir. Brandes. Gotha 1770
Briefe von Ch. F. Weilsc au K. W- Rainler. 253
Courtney Melmoths freymüthige Gedanken in 3. Tli.'
Mifs Moore Abhandlungen für j unge Frauenzi nimcr,
andere kleinere Arbeiten ungerechnet, dafs ich, da mich meine
Krankheit bey nahe 6. Wochen gekostet, kaum fertig werden
konnte. Sie werden sagen, liebster Freund, daCs ich als Über-
setzer wenig Lorbeern einärndten werde, Sie haben liecht: wäre
ich ledig, so hätte ich gewifs em besserer Dichter und gröfserer
Gelehrter werden wollen: al)er wo der Kreis der Pamilic sich so
erweitert hat, dals die Ausgabe die Einnahme übersteigt, nuil's
man bisweilen mehr auf Gewinnst als auf Ehre sehen.
Von den Nicolaischen Gedichten- habe ich bereits einige
gelesen: sie sind allerliebst mid haben viel Naivetät und Leichtig-
keit: wenn das die ersten Schritte sind, so wird er manchen
unter uns zurücke lassen. Klopstocks deutsche Grammatik^
werde ich nie lesen, wenn ich auch wieder aufs neue zu leben
anfienge, so wie ich viele, viele seiner A'^erse nicht gelesen habe.
Die angezeigten Theatralischen Werkchen kenne ich nicht.
Ich will Ilinen dafür ein anders von unserer gewesenen Made-
moisell Lucius anzeigen : Düval und Charmillc , eine wahre;
Dresdner Geschichte.* Sie will durchaus ihren Namen nicht
wissen lassen, darf sich meines Bedünkens nicht s('liämcn : i(^h
bin der Herausgeber.
Wir haben uns umsonst auf einander gefreut, mein bester
Ranunler. Der H. v. Thüniniel, der zu Ende der Woche micli
hier besucht, geht nunmehro nicht nach Berlin, da der Prinz
von Koburg, den er besuchen wollte, zum Könige nach Schle-
sien gegangen. . . .
Schicken Sie mir doch Ihre Anmerkungen über des Recht -
schaff enen Adelungs Wörterbuch: ich wollte gern eine Recension
davon machen und weifs nichts darüber als eine Lobrede zu
sagen: der 4*® Theil kömmt auf Michael geml's. Breitkopf treibt
' Liberal Opinions, upon Animals, Man, and Providence by Courtney
Welmoth (Pseudonym für Samuel Jackson Pratt). London, 1775 — 77,
YJ. 8°. Die Übersetzung fehlt in Iphofens Verzeiclinis, ebenso die fol-
gende.
* Vermischte Gedichte von L. H. v. Nicolay. Berlin u. Stettin 1778 fl'.
^ Über die deutsche Rechtschreibung von Klopstock. Leipzig 1778.
" Cf. Goedeke, G. R. 2, 1089.
254 Briefe von Cli. F. Weilse an K. W. Raniler.
ihn, dafs er auch einen Auszug daraus machen soll: aber lieber
gäbe er ein paar Bände Supplemente heraus. Er bittet Sie um
Ihre fernere Freundschaft.
78. L. 8. V. 79. Sic sind doch der gefälligste Freund,
auf dem ganzen Erdboden, mein bester Ramler. Sie haben mir
diu'ch die llechenschuft, die Sie mir von einigen Verbesserungen
in den Liedern Ihrer liluhmenlese [gegeben haben,] ' einen un-
aussprechliclien Gefallen gethau. Jede Recension, sie möchte
von mir oder einem andern seyu gemacht worden, Avürde das
nicht gewesen seyn, und nicht haben seyn können. Jeder Leser
wird Ihre Verbesserungen aus einem andern Gesichtspunkte an-
sehen und wenn er nicht ganz in Ihre feine Seele fühlet, das
wenigste mal die wahre Ursache zu der oder jener errathen,
zumal bey alten Liedern, wo die alten Lesarten zu tief im Ge-
dächtnils hängen. Überhaupt, glaube ich, würde es sehr wohl
gethau seyu, wenn jeder gute Schriftsteller vou seinen eignen
AVerken eine vollständige Recension machte. Es ist mir be}'
allen meinen Sachen so gegangen, dafs die Kuustrichter mir die
allerschwächsten Stellen ausgezeichnet haben uud sehr selten eine
einzige, die ich gewünscht, oder auf die icli in meinen Gedanken
einen Werth gesetzt hätte. Hätte ich einen so inuigeu, so ver-
trauten Freund, wie Sie an mir gehabt, der ein Journal ge-
schrieben, so hätte ich mich gewifs bisweilen zum Receusenten
mehier eignen Schriften aufgeworfen; warrlicli nicht um mir
selbst Xomplimente und Lobsprüche zu machen; sondern die
Welt auf das zu weisen, was ich vorzüglich für gut hielte. Kein
Jota soll übrigens nach dem Gebrauch Ihrer Handschrift übrig-
bleiben, sondern solche so gleich vertilget werden. Das ist auch
der jNIühe werth, dafs Sie Entschuldigungen wegen Ihrer Ver-
besserung in meinen Liedern in Rücksicht auf den Tadel meines
vorigen Receusenten machen. Man weils schon, was herans-
könnut, wenn ein Schuster den Apclles meistern will I
Unserm lieben Rode danken Sie unzähligmal für seine
schönen Blätter. Wundern Sie Sich bey Leil^e nicht, wenn meine
' Die Selbstanzeige steht iu der Neuen Bibl. d. seh. Wiss. XXIII, 2,
275— 2H9 und ist auf S. Gl meiner Dissertation (K. W. Kaniler bis zu s.
Verbindung mit Lessing. Wolfeubüttel 188G) nachzutragen.
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Rainlor. 255
Anzeigen in der Bibliothek bisweilen ein wenig kalt ausfallen.
Wenn ich Ihnen meine Arbeiten und Zerstreuungen von Morgen
bis Abends erzälileu sollte, so würden Sie Sich wundern, wie
ich noch alles bestreiten kann: aber das entschuldiget freylic;h
nicht beim Publikum, und ich verdiene Ilu-en Verweis nacli
allem Eecht.
Nach dem Namen des Filidor werde ich mich genau er-
kundigen.^ Jezt in der Messe laufen alle Leute mit Brctern vor
den Köpfen, dafs man ihnen ausweicht, um nicht über den Hau-
fen gerannt zu werden. Sobald ich ihn weiCs, sollen Sic Nach-
richt haben. An Hn. Rode wird unser Winkler- nächstens um
eine Zeichnung, als Pendant zu demjenigen schreiben, das unser
Bause nach ihm sticht. Von seinem Catalog von Kupferstichen
habe icli einen Gebrauch gejiiacht, der ihm ^'ortheilhaft sevu
soll. ...
79. L. 18. X. 79. ... Schreiben Sie ja keinen Khider-
freund! Da giebt es eine Menge Aeltern, die das für ein recht
artig Mittelchen ansehen, ihren Kindern eine Übung zu vcr-
schaÖ'en, und lassen ganze Hecken an mich schreiben: und icii
— das kann ich nicht wie Lavater, öflfentlich in Zeitungen es
verbitten, weil es so prahlerisch lälst, noch weniger undankbar
schweigen: also vertändele ich mein Leben mit Nichts.
Noch hat mir Reich nicht Ihren geänderten Wernicke ■' zu
lesen gegeben: wai'um weifs ich nicht! ich werde ihm aber den-
selben abfoderu. Ich freue mich darauf: denn ich fange an, den
Musen ganz feind zu werden, seit sie uns in Almanachen soli^h
elendes unharmonisches Zeug auftischen. — Aber, liebster Freund,
das ist doch von Ilmeu falsch gedacht: „Besser das ^Vltc dem
Untergange entrissen, als etwas Neues gegeben, das bald den
Untergang verdienen möchte." AVas Sie uns Neues geben bleibt
* Vgl. Archiv f. Lg. XIII, 508, wo zu berichtigen ist, dafs Raiuler aus
Schwiegers „Geharuschter Venus" (Hamburg 16G0) S. 50 ein Lied in seine
Lyrische Blumenlese VIII, 59 aufgenommen hatte und deswegen dem
Pseudonym aachforschte.
^ Lessings einstiger Keisegefährte.
^ Christian Wernikens Überschriften. Nebst Opitzens, Tschernings,
Andreas Gryphius und Adam Olearius epigrammatischen Gedichten. Leip-
zig 1780.
256 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
gewifs: und wenn selbst ein allgemeiner Feuerbrand in den
Büchersälen entstünde, so würden Ihre Verse nicht untergehen :
denn wer noch ein wenig ächte Poesie liebt, kann die auswen-
dig: und an den Lesern liegt so gar viel nicht, die man erst
mit der Na.se drauf stoiseu nuils, da ('s sie, wo Ranunler arbeitet,
eine Goldgrube tiuden. . . .
80. L. 26. 1. 80.
Mein bester Freund,
Sie wei'deu Sich wundern, was Sie hier für ein Exercitium
von mir zu corrigiren bekommen! Aber Sie sind einmal mein
litterarischer Mentor und ohne Sie habe ich nicht das Herz ein
Jota in die Welt zu schicken. Ich bin genöthiget, meine Sophie,
die ich nunmehr die Flucht genannt und den Calas drucken
zu lassen. Die Ursache ist folgende. Unsere Schauspieler, die
vom Calas gehöret, drangen vorigen Sonuner in mich, dals icli
ihnen denselbigen zur A^orstellung geben sollte: nun hatte ich es
längst gewünscht, weil diefs innnei" die beste Schule für den
Autor ist. Ich gab ihn also ohne Bedenken. Zum Unglück
aber fand sich, dafs 4. von den Hauptakteuren, die ich gar nicht
jnissen konnte, katholisch waren und \vegen ihrer hiesigen Beicht-
väter imd des Hofes willen darinnen zu sjiielen [sich nicht] ge-
trauten: nun hatte ich Xoth ihn wieder zm*ückzubekommen :
er war durch aller Schauspieler und auch vielleicht mancher Stu-
denten Hände gegangen, und ich nuifs fürchten, ihn auf eine Art
gedruckt zu sehen, die mir wenig behagen möchte, da ich ihn
im Theateralmanach, in der Gothaischen, und andern gel. Zeitun-
gen angekündiget finde: Besser also ich scliicke ihn selbst fort.
Ich habe Ilire Kritiken aufs sorgfältigste genützt: abgekürzt, wo
abzukürzen war: So habe ich es au(;h mit dem andern gemacht,
imd ich denke, sie sollen dadurch r'uw ungleich bessere Gestalt
gewonnen haben. Indessen habe ich es für höchst nöthig ge-
funden, beykonnnendc Vorrede ' hinzuzufügen. I*rüfen Sie doch,
mein Liebster, ob ich was Unschicldiches darinnen gesagt, und
streichen Sie weg und setzen Sie hinzu, was Sic für gut halten.
Unsern Kritikern möchte ich gern eins abgeben : Denn ich kenne
doch itzt kein einziges Journal, das em witziges Werk mit Ein-
' Vgl. darüber Minor, S. 2(51 f.
Briefe von Ch. F. Weilse an K. W. Ramler. 257
sieht und Verstand beurtheilte. Die mittelmäfsigsten, holprich-
sten Dichter läfst man unsere besten aUcn Dichter verdrängen,
erhebt Klopstockische Rhapsodien bis in Himmel und vergifst
ein Adelungisches Wörterbuch nur anzuzeigen. A propos, dieser
unser Freund sagt mir, dafs er die Anfragen, die Sie durch mich
an ihn haben thun lassen, selbst beantwortet habe.' Des Minister
Zettlitzens Auftrag an ihn, wissen Sie. Er glaubt aber keine
gute kleine Granuuatik fertigen zu können, ohne daCs er zugleich
in einer grofsen Rechenschaft von seinen Regeln giebt. Schade!
<la(s der Mann Arbeiten übernonnuen, worzu herkulische Geduld
und Kräfte gehören, luid ich würde mich nicht wundern, wenn
er einmal unterläge. . . .
81. Uiuht. [März 17 HO.] Tausend Dank, mein liebster
Freund, für Ihre lezten Verbesserungen in meiner Vorrede.
Aber da komme ich schon wieder mit (»inem Anliegen. Als ich
diese Feyertage einmal ^•on Amtsgeschäfteii fre\' wai-, fiel mir
ein, ein poetisches Sendschreiben, als eine Zueignmig an den
Erbprinzen von Schlerswig Holstein Augustenburg ^ hinzuwerfen.
Es ist diels ein junger liebenswiu'diger Herr von 16 Jahren, der
vor Kurzen mit der Königl. Dänischen Prinzessin von 10 Jahren
in Hamburg verlobt worden, und der schon seit 3. Jahren mit
mir in einem selu* vertraulichen Briefwechsel steht. Ich glaube
nicht, dais an dieser Epistel viel ist : aber in dem ersten Augen-
lilicke, wann so etwas bey mir aus der Feder kömmt, bin ich
auch nicht im Stande, es gewifs zu sagen, oder zu bestimmen,
wo es fehlt. Sie mein bester Mentor, sollen mir also blofs sagen,
ob es eine Verbesserung werth ist, und allenfalls einen Strich
machen, wo solches nöthig, aber auch einen Strich durchs Ganze,
wenn es, wie ich fürchte gar nichts taugt: Denn es ist nichts
dran gelegen und ich bin ohnediefs noch sehr ungewils, ob ich
es nütze, oder nicht. Die Tragödien denke ich so ziemlich aus-
gebessert zu haben, wenigstens sind unsere neuen Dramen so
beschaffen, dafs man sich unter sie wagen darf, ohne zu fürchten,
dafs man von ihnen verdunkelt werde. Ich lese zwar wenig von der
1 In einem ungedruckten Briefe vom G. XI. 79. Kamlers Antwort,
welche dessen Anteil an Adelungs grammatischen Arbeiten bezeugt, steht
im Neuen Teutschen Merkur, 1807, Januar, S. 46 ff.
2 Christian Friedrich, Schillers Wohlthäter. Vgl. den 90. Brief.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. 1"
258 Briefe vou Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
Gattung mehr, aber so viel weifs ich doch, dafs ich seit etlichen
Jahreu 10. zu lesen angefangen, ohne eines vollenden zu können.
Den dramatisu'ten Walwaise habe ich auch noch nicht gelesen, da
mir derselbe Innhalt schon hier in einem Trauerspiel vou einem
Hofmeister war vorgesetzt worden und ich genug gewih'get hatte.
Jenes ist, glaube ich, in INIanheim zum Vorschein gekommen. . . .
Wegen des Wernicke habe ich gemeinschaftlich mit unserm
Adelung alles in der Welt aufgesucht, wo Anr etwas von ihm zu
linden gedachten: aber alles umsonst! Wenn ich nicht froh
wäre, mich von dem Briefwechsel mit dem Hn. v. Miur los-
gerissen zu haben, so hätte ich an den geschrieben: denn, wenn
wo ein Jota von W. noch steht, so bringt es der heraus, sein
einzig Verdienst! Denn sonst ist es ein beschwerlicher, abge-
vsclimackter, eitler Mann. Günther ist Ihr Leibdichter in Ihrer
Jugend gewesen und auch der Meinige, ja er ist der einzige bey-
nahe gewesen, den ich bis zum 20*"" Jahre gekannt: von Tjohen-
stein habe ich lebenslang keine Zeile gelesen.
Der 4*® Theil des grofsen Adelung. Wörterbuchs ist schon
a mWeihnachten abgedruckt gewesen: und von dem kiemern
sind es auch schon 8. Bogen und von einem englisch deutschen
und deutsch englischen auch 10 Bogen: und diefs sind noch
lange, lange nicht alle Arbeiten, die sich der rechtschaffene Mann
aufladet. Seine kleine Grammatik, sagt er mir, macht ihm un-
endliche Mühe, weil er sie aus der Sprache selbst herausziehen
und nicht seinen beqvemen oder uuAnssenden Vorgängern nach,
sein Werk auf lateinische und griechische Grammatiken bauen,
oder den Schmitt darnach nehmen will. FreyHch wäre es ge-
scheiter gewesen, er hätte erst seine gi'ofse raisonnirende Gram-
matik zu Stande gebracht, weil alsdann ein Auszug leicht gewesen
wäre. Er versichert mich, dafs er sein ganzes Wörterbuch durch-
gehen und alle Wörter prüfen müsse. Das schlimmste wäre, dals
er bey einer kleinen Grannnatik nicht seine Ursachen immer hin-
schreiben könne, und viele seine Aussprüche für den Stolz eines
uvTog i(fi] ansehen möchten. Entschuldigen Sie ihn nur bey dem
Minister Zettlitz, dafs es langsammer geht, als er vermuthete. . . .
82. L. 29. IV. [80.] Tausend Dank^ mein bester Freund,
für Ihre lezten Correcturen in meiner poetischen Zueignung-
sclirift! Jede Verbesserung von Ihnen, so kleiu sie ist, wird
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Rarnler. 259
mir M-ichtig: indessen habe ich Sie verstanden und sie wegge-
lassen: in einem Merkur oder Musenallmanach kann sie viel-
leicht am ersten taugen. Hier erhalten Sie den neuen Band
meiner Trauerspiele ^ brühwarm : aber ich beschwöre Sie bey un-
serer Freundschaft, dafs Sie mir mit der grölsten Herzensauf-
richtigkeit sagen, ob Sie wünschen, dafs ich sie nicht hätte
drucken lassen: Denn kein Journal sagt mir die Wahrheit und
keinem meiner übrigen Freunde traue ich so viel richtige Be-
urtheilung zu, als Ihnen, der eben so viel Theorie, als Ge-
schmack, eben so viel Empfindung, als Belesenheit, selbst Dichter
und unpartheyisch ist. Vor der Berl. AUg. Bibl. fürchte ich
mich am meisten: denn ich finde bey Gelegenheit der Reccn-
sionen des Kinderfreundes, dals ich dort zweyerley Richter habe :
einer ist mir günstig, der andere feindselig, und nach dem nun
ein oder der andere Band dem oder jenem in die Hände fällt,
nach dem werde ich beurtheilet.
Jhr Wernike — o welch eine Ai'beit steckt in Ihren Ver-
besserungen, wie schön sind sie — und wie wenig, die den alten
Wernicke nicht dabey in die Hand nehmen werden Ihr ganzes
Verdienst dabey einsehen!
Mit Lessing bin ich sehr unzufrieden, dai's er seine Muse
so vernaclüäfsiget. Was hilft alle sein Balgen und Kampfjagen!
Gewifs nichts weiter, als dafs er nach 10. Jahren vielleicht, mit
sammt seinen Gegner vergessen ist, und allenfalls in einer pole-
mischen Bibliothek prangt.
Gern wollte ich von dem Petersburg. Nicolai einen Recen-
seuten in meiner Bibl. abgeben: aber ich bin mit so vielen Ar-
beiten überhäuft, dafs noch 2. Bände von diesem braven Dichter
von mir migelesen sind. Von der Älad. Genlis Erziehungs-
Theater, das ich übersetzt habe, schicke icli Ihnen den ersten
Band, den Ihnen ein Buchhändler übergeben soll. . . .
83. Undat. [Mitte 1780. j . .. Herrn Dyck habe ich das mir
vor einiger Zeit zugeschickte Gedicht sogleich übergeben : Schade,
dais es unter so vielen mittelmäfsigen stehen soll.
Noch herrscht über Ihren Wernike in allen gelehrten Zei-
tungen ein tiefes Stillschweigen: So bald unsere Kunstrichter
' ..Die Fluoht" und _Jean Calas" enthaltend.
260 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Rainler.
eine Yergleichung anstellen sollen, so ist ihnen schon solches zu
mühsam. AVie kalil war die Recension im [!J Göttingischen Zei-
tungen ! Tadel dürfen Sie wohl nicht fürchten, man müfste sich
denn darüber aufhalten, dafs Sie von Ihrem Reichthume fremde
Kinder ausstatteten, da Sie eigne Kinder in die Welt setzen mid
versorgen könnten : und das ist so gar unwahr nicht : denn es
kostet wahrhaftig Müh in der itzigen niedlich ausgebildeten
Tracht die Wernikeschen wiederzufinden.
O ! dal's Sie doch meine Trauerspiele gelesen hätten, ehe Sie
dieselben aufführen sehen ! AVas darf ich mir versprechen, wenn
Sie sie schlecht oder auch nur mittelmälsig vorstellen sehen?
Der Eindruck bleibt und läist sich schwer wieder austilgen.
Gleichwohl geht mii- Ihr Urtheil über alle andern Kritiken, uod
würde mir vielleicht zu Verbesserungen bey einer anderweitigen
Ausgabe dienen. Thun Sie es doch ja noch, mein liebster
Rammler, wenn es noch Zeit ist und lesen die Flucht so wohl
als den Calas, ehe sie gespielet werden. • Ich fürchte mich vor
Nichts so sehr, als vor der Recension der Allg. Bibliothek: denn
ich weiis, dafs einer unter den Beurtheilern nicht mein Freund
ist, und Nicolai sollte mir schon den Freundschaftsdienst er-
weisen, da es meine letzten Tragödien seyn sollen, imd meiner gar
nicht erwähnen, wenn es zu meinem Nachtheile geschehen muls.
In Augsburg hat man den Calas schon mit sammt dem Bilde von
Chodowiecky nachgedruckt und nachgestochen und verkauft es
für 3 Gr. . . . Ich bin Willens dem [Kinderfreunde] ebenfalls bald
ein Ende zu machen. Ist Ihnen mit dem Erziehungstheater der
Gräfin von Geulis - was gedient, so schicke ich es Urnen : Denn
ich habe es übersetzt. Unser guter Adelimg ist scharf über
seiner Grammatik her, und empfiehlt sich Ihrer Freundschaft. , . .
84. L. 28. IX. [80.] ... So wenig mich auch itzt der
litterai'ische Ruhm melu- rühret, so ist es mir doch nicht gleich-
gültig, dafs Ihnen mein Calas und meine andern Kindereyen
nicht mifsfallen. Aber nun möchte ich auch gern Ihre Kritiken
wissen, damit ich bessern kann, was zu bessern ist, wenn es zu
' „Der Fanatismus oder Jean Calas" wurde in Berlin z.uerst von
Döbbelin am ^. VIII. 1780 gegeben. (Cf. Brachvogel 1, 300. Minor, S. 248.)
- Der Frau Gräfin von Genlis Erziehungstheater für junge Frauen-
zimmer. Leipzig, 1780 bis 1782. IV. 8".
Briefe vou Ch. F. Weilse an K. W. l^imlor. 261
einer zwoten Auflage kömmt. Ungerecht ist diejenige, die mir
Schuld giebt, dais ich Yohäre's nicht mit Ehren erwähnet hätte,
ein sicherer Beweis, dafs man meine Von^ede nicht gelesen hat,
wo ich gesagt, dafs er sich durch den Eyfer, Avomit er sich der
Unschuld des Calas und der . . J angenommen, sein Andenken
bey der Nachwelt noch unvergefslicher mache, als selbst seine
geistvollen Schriften.
Hiller läfst Emen seine freundschaftliche Empfeliluug machen
und versichert mich theuer, dafs die Sachen an den Herzog vou
Cmland und die Beantwortimg seiner Anfragen schon vor 14. Tagen
abgegangen wären, und itzt in seinen Händen seyn müfsten.^ Ich
glaube es, weil er schon vor 8. Tagen mir etwas davon gesagt
hat. Veichts Komposition Ihres Prokris ^ und Cephalus habe
ich nie gehöret: aber Reichards auf unserm Theater.* Wie es
mir damals schien, (ob ich gleich blofs nach meiner Empfindung
urtheile,) war sie ein wenig mit zu viel Musik überladen, und
mich däuchte, dafs er den Gang hin und wieder zu sehr ver-
zögerte, indem er jedes Wort ausmalen wollte.
Die Kritik, als ob Calas vorgestellet wiu-de, als ob er mit
ausgeränkten Knöcheln aus der Marterkammer käme, geht
vermuthlich den Berliner Akteur an? Denn ich habe sie nicht
gelesen, weifs also nicht, wo sie steht.
Unser guter Adelung wird Ihnen nun vennuthlich seine Ein-
leitung in die deutsche Grammatik, die eine Geschichte der deut-
schen Sprache enthält, überschickt haben. Mir hat sie sehr Wohl-
gefallen. Da er zugleich die grofse Grammatik, oder räsonnirende
ausarbeitet, so geht es freylich langsamm : aber, er hat mir auch
sehr richtig bewiesen, dafs er die eine ohne die andere nicht
machen könne. Der Mann arbeitet unsäghch, und Sie würden
erschrecken, wenn ich Bmen eine Liste von allen Büchern, die
' Ein unleserliches Wort.
^ Bezieht sich wohl auf Hillers Komposition einiger Lieder Elises
von der Kecke, der Schwägerin des Herzogs Peter von Kurland, welche
als „Joh. Adam Hillers geistliche Lieder einer vornehmen kurländischen
Dame, mit Melodien" 1780 in Leipzig erschienen.
^ Jördens 4, 285 verzeichnet: Cephalus und Prokris, ein Singespiel
von K. W. Ramler, in Musik gesetzt von Franz Adam Veichtner.
Berlin 177'.'. Fol.
* Vgl. den 77. Brief,
262 Briefe von Ch. F. Weifte an K. W. Ramler.
er zu gleicher Zeit arbeitet, her setzen sollte. Ohne eine Felsen-
feste Gesundheit hätte er lange erliegen müfsen.
Wie kalt unser Publikum gegen seine Dichter ist, davon ist
Nicolai auch ein Zeuge. Ich lese doch eine Menge Journale
und gel. Zeitungen und erinnere mich kaum, dais ich seine Ge-
dichte nur erwähnt gefunden habe. Wenn ich mich mehr in
meiner Bibliothek mit Recensioneu von Gedichten abgäbe, so
hätte ich Rücksicht darauf genommen: aber ich fürchte das
rjenus irritabile und habe nicht gern etwas mit ihnen zu thun.
Von Ihrem Wernicke habe ich eine Recension für mein näch-
stes Stück : ' Wenn ich nicht wegen Mangel von Manuscript es
schon in dasjenige einrücken muf';, das itzt unter der Presse ist,
so schicke ich es. Ihnen zu Ende der Messe durch einen unserer
Bekannten zur Durchsicht mit. Der Freund, der sie verfertiget,
hat ein paar kleine Anmerkungen gemacht, die ich nicht gerade
\vegstreichen wollte, weil es den Schein einer zu freundschaft-
lichen Partheylichkeit haben möchte: so bald Sie sie al)er mifs-
billigten, müssen sie doch weg. . . .
85. L. 18. X. 80. ... Engel sehe ich ist immer noch —
Engel, der nachläfsige, hypochondrische, launische Engel. Unser
guter Adelung Mird die Fortsetzung, mit der er schon ziemlich
weit ist, künftig zuerst in Ihre Hände geben, und vielleicht er-
halten Sie schon durch die itzt zurückkehrende Mefsgelegen-
heiten einen Theil. Mich däucht, wenigstens ^^'as ich davon ge-
lesen habe, thut der Erwartung eine Genüge. ]\Ieine Freunde
Zolliki)f!er und Garve denken eben so. Hu- Blättchen habe ich
Adelung gegeben und er wird es nützen: ich habe mich immer
so Avenig mit granuuatikalischen Untersuchungen abgegeben, dafs
es mu' schwer werden sollte, von vielem zu sagen, warum ich so
und nicht anders schrieb: lasse mii- aber jede Bestimmung von
Ihnen und Adelung gefallen, die ich zu meinen Mustern nehmen.
Es ist mir sehr ärgerlich, dals ich die Recension Ihres Werniken
schon habe müssen abdrucken lassen: aber ich hatte keine Zeile
Manuscript mehr, der Buchdrucker drängte und mit Ausgang der
Messe sollte 1 Stück fertig seyn. Fiü' mein Leben gern hätte
ich sie Ihnen erst zu lesen gegeben und ihr videtur darüber ein-
' Sie steht Neue Bihl. XXV. l, loi.i— 12i'. \'gl. die drei folgenden Briefe.
Briefe von Gh. F. Weifse an K. W. Ramler. 263
geholt, weil darum etliche Bedenklichkciten aufgeworfen wcrdeu,
die dadiu'ch wäreu beantwortet worden: Sie werden aber leicht
glauben, dafs sie nicht zu Ihi-em Nachtheil ist, sondern alles das
Eülinihche dav^on sagt, was Ihre Bemühungen verdienen.
Ich mufs doch in Berlin einen hämischen Freund oder Feind
haben, der mir bey jeder Gelegenheit einen Druck giebt. Ich
weils nicht, ob Sie in meinem Kinderfreunde die Friedens-
feyer gelesen haben. Sagen Sie mir ohne Zurückhaltmig und
Sie werden mich unendhch verbinden, ob sie die Verachtung
verdient, mit der gelegentlich bey der Andreischen Musik davon
gesprochen Mird. IVIit Freuden will ich mich dem Urtheüe unter-
werfen, wenn Sie es für Avalir halten: lassen Sie aber Ihre
Freundschaft für mich nicht den geringsten Antheil daran neh-
men. Ich sehe im Voraus, was ich vom 5**^" Theil meiner
Trauerspiele zu gewarteu habe. . . .
85a. Ramler an Weifse. [Undat. Coneept.J Antw. Was
Sie mir von einer hämischen Kritik wieder ilire Kinderkomödic
schreiben habe ich nicht gelesen. Aber eben lese ich das Gegen-
theil im 1 Stücke des 43. Bd. der allg. Bibl. ^>a^. 283. „Die
Paar Kinderscenen imter dem Titel des Friedensfestes,
mögen wohl das beste Stück der Sammlung seyn, nicht eben
durch die Kunst des Verf. — der mag aus Weifsens Friedens-
fever sehen, wie viel ihm fehlt — sondern weil etc. etc.
It. p. 279. Doch bequemer für den Leser imd auch wohl
redHcher wäre es aUemahl gehandelt, die eigenen Ai-tikel von
den abgeschriebenen zu unterscheiden, und überhaupt Bücher,
Avie z. E. der Kinder freund ist, die in jeder HausBibHothek
zu seyn pflegen nicht zu oft plündern, um dafs etc. etc.
Und in der Hauptstelle p. 258. „Das kleine Schauspiel
Versprechen mufs man h a 1 1 e n ist eins der besten für Kin-
der, sowohl dem Inhalt als der Ausführmig nach. Eben das mufs
ich von dem Stücke des 15 Th. sagen, welches heist: Die Friedens-
feyer; und gleichfalls von der natürl. Zauberey im 18 Th.
86. L. 6. n. 81.
Mein hebster, beister Freund,
Ich mufs auch einmal aufser unserer eingeführten Ordnung,
und zwar auf das Begehren eines Freundes an Sic schreiben.
Der H. v. Blankenburg ein warmer Verehrer von Ihnen giebt
2(54 Briefe von Cli. F. Weifse an K. W. Ramler.
auf Verlangen luisers Reichs eine Übersetzung der lezten Sulze-
rischen Schriften heraus und wird dieser eine Lebensgeschichte
von ihm vorsetzen. Da Sie den Verstorbenen ziemlich nahe ge-
kannt haben und so gar als Schriftsteller mit ihm in Verbindung
gewesen, so wünschte er wolil durch mich von des Mannes
Charakter näher unterrichtet zu se}Ti, weil er nicht gern Glei-
mens und Hirzels Posaune ' nachposaunen möchte. Besonders
fehlt ihm auch die genaue Geschichte von Birem damaligen Kri-
tischen Wochenblatte, 2 und ich wollte doch nicht, da Sie dabey
interessiret waren, dafs er Etwas hin schrieb, das unwalir wäre
oder Sie nicht wollten gesagt wissen. Ich stehe Ilinen dafür,
dafs Alles was Sie mh* über diese Sache schreiben werden, oder
die Materialien, die Sie zu S. Leben an die Hand geben kön-
nen, ohne Ihrer zu erwähnen, soll genüzt werden. Blankenburg
ist mein vertrauter Freund mul ein guter Mann, der tiefe Ein-
sichten in die Philosophie mit vieler Litteraturkenntnifs verbin-
det. Er versichert mich, (da er bey dieser Gelegenheit die Sulz.
Schriften sehr genau durchstudiret,) dafs er das nicht darinne
fände, was viele sich einbildeten, und dafs selbst das Gebiete der
schönen Wissenschaften betreifend, Adelung in s. Wörterbuche die
Begriffe von vielen Dingen weit richtiger als jener bestimmt habe.
Garve hat mir vor einigen Tagen geschrieben, dafs er sich ge-
freviet habe, in Ihnen den Mann zu finden, der meine enthuiasti-
sche Liebe für Sie so sehr rechtfertigte. ^ Der gute Adelung
grüfst Sie von ganzem Herzen! Seine Grammatik, wo er so
viel Schwürigkeiten zu überwinden hat, wird iluii sehr sauer.
Mein Kinderfreund wird Ihnen doch ordentlich übergeben?
Mit dem 24*-" Bändchen werde ich schlielsen. Voller Angst er-
warte ich die Recension meiner lezten Trauerspiele in der AUgem.
Bibliothek. Ich wünschte, wenn sie nichts Gutes davon sagen
' Hirzel an Gleim über Sulzer den Weltweiseu. Zwei Abtheilungen.
Zürich und Winterthur. 1779.
'^ Critische Nachrichten aus dem Reiche tlcr Gelehrsamkeit. xVuf das
Jahr 1750. Vgl. Wagner, Lessing-Forschungen. Berlin, 18S1 und meine
Dissert. S. 29 ff.
^ Garve schreibt \'ielmehr aus Berlin {V>. 1. 81): „Ramler, der gewifs
ein redlicher, dienstfertiger Mann ist, wird durch etwas Affeetation, Egoismus
und Einschränkung aller seiner Kenntnisse auf Poesie im Umgänge weniger
angenehm." i Briefe von Chr. Gawe au Chr. F. Weiise. Breslau, ISu?,. 1, IGO.)
Briefe vou Ch. F. Weifsc au K. W. Ramler. 265
zu können glauben, dafs sie dieselben lieber ganz mit Still-
schweigen übergiengen. Ich habe es Hn, Nicolai schon hier ge-
sagt, und bitte es ihm nebst meiner freundschaftlichen Jkgrüfsung
zu wiederholen. Sind Sie mit der Recension von Wernikens
Gedichten in meiner Bibliothek zufrieden gewesen? Gelegent-
lich soll eine über die Nicolaischen folgen. . . .
87. L. 22. Y. 81. Ihr lieber Brief, mein bester Fremid,
kam in Absicht der kleinen Nachricht den Siüzerischen Antheil
an den Kritischen Neuigkeiten, für den Hn. v. Bl[ankenburg]
[betreifend] zu spät, weil sein Leben sammt der Vorrede abge-
druckt war. Am Ende liegt so gar viel weiter nicht daran, da,
wie ich sehe, dieselbige kritische Schrift so gar lange nicht in
seinen Händen gewesen. Sulzers Charakter scliildern Sie so,
wie ich ihn durch meine eigne Erfahrung habe kennen lernen.
Einseitige Liebe bis zum Enthusiasmus für seine Landsleutc und
Bitterkeit gegen Diejenigen, die nicht seiner Me}'nung waren.
Was Engel über sein philosophisches Wörterbuch sagt, glauben
mehrere und nur jüngst sagte mir Jemand, dafs er in Adelungs
Wörterbuch mehr Bestimmung von manchem, in die seh. Wlss.
einschlagenden Worte und mehr Aufschlüsse fände, als in man-
chem unter derselbigen Rubrik weitläuftig abgehandelten Artikel
in jenem und unser Adelung selbst sagt, dafs er wenig Trost
bey ihm zu seiner Absicht gefunden habe, so sehr er gehofft,
sich darinnen vorgearbeitet zu sehen. Peace to his Ashes! Ich
werde mich immer freuen, wenn sein Andenken bei der Nach-
welt erhalten wird. Lessings Ruhm wird sicher bleiben, wenn
auch manche seiner gelehrten Streitschrifften nicht mehr sollten
gelesen werden. Sein Lob in der allg. Bibl. imd in der Berl.
Zeitung hätte ihn freylich beschämen müssen, wenn er noch ge-
lebt hätte. So \del weifs ich, dafs ilm sein Chenmitzer Bruder,'
der . Conrector, der ihm der liebste unter seinen GeschAvisteru
war, auf eine solche Art nicht gepriesen hätte.
Die Stellen aus der allg. Bibl., die zum Lobe meines Kinder-
freundes gereichen, hatte ich damals nicht gesehen, wohl aber
ein Urtheil, das bey Gelegenheit der Andräischen Musik über
die Friedensfeyer über den Dichter daselbst gefällt Anirde: ich
' Theophikis.
2(ji) Briefe vuii Cli. F. Weifsc an I\. W. Kamler.
habe den Band nicht bey der Hand. Am Ende mufs ohnediefs
ein Autor lernen, jedes Urtheil zu ertragen, wenn er ruhig
schlafen [will], oder er mufs niemals Autor werden. — Schon
lange war ich in WiUens meine alten Komödien noch einmal zu
überarbeiten: die Vergessenheit aber, in die sie so gänzlich bey
dem Publikum und auf der Bühne gerathen sind, überzeug!
mich, dafs sie es nicht wertli sind. Ich werde also wohl am
klügsten thun, wenn ich meine kleine Mulse der Erziehung mei-
ner Kinder wiedme, und die Autorschaft andern überlasse.
Wenn es bey den Recensiouen in meiner Bibl. oft sehr
flüchtig zugeht, so müssen Sie verzeihen, liebster Freimd! Den
ganzen Tag sitze ich in meiner Zollbudc, wo ich kein Buch bey
der Hand habe um eine Vergleichung anzustellen, in wie fern
die Recensionen ihre Richtigkeit haben, ^^el weniger bin ich auch
selbst einer Anstrengimg fähig: die Recension des Wemike
würde also freylich wohl etwas besser ausgefallen seyn, wenn
ich meine curas posteriores hinzuthun können: aber ich bin
immer froh, wenn ich nur einmal ein Stück zusammenstoppeln
kann. Ich hätte längst aufgehöret, aber es wartet Jemand dar-
auf, der sie dann zu einem Tummelplatze bitterer Kritiken und
Streitigkeiten machen würde. . . .
88. [L.] 2. V. [83.] Ja, mem bester Freund, ich bin
krank, so krank gewesen, dafs ich dem I^ande sehr nahe war,
von dem kein Reisender zurückkömmt.' ... Ich \\'ill Sic nicht
mit der Geschichte meiner Krankheit unterhalten, da solches,
wenn Sie sie zu wissen verlangen, mein Sohn thim kann. Die-
sen überschicke ich Ihnen nebst seinem vortrefflichen, 10jährigen
Lehrer. Wenn ich Ihnen in dem ersten noch keinen Dichter
übersende, so finden Sie doch in ihm einen jungen 16jährigen
Gelehrten, der einen grofsen Theil junger Leute von seinem Alter
in der alten Litteratur, in der alten und neuern Geschichte, in
1 Vgl. R am 1er an Reich, 7. V. 8:5. [ungedr.]: „Unser Freund
"W^eifse ist uns wiedergeschenkt und vorgestern habe ich seinen ersten
lirief erhalten und sein wahres Ebenbild seinen lieben Sohn umarmt.
Lange Zeit habe ich keinen so glücklichen Tag gehabt, als diesen. Heute
antworte ich auf seinen Brief noch nicht; aber mit seinem Sohn werde
ich ihm desto niohv schreiben. Aber luciueii luT/.lichston rUiils biltr ich
ihm zu iiiaehen."
Briefe von Cli. F. Weifse au K. ^^^ Ramler. 267
der Naturgeschichte, in der theoretischen und praktischen Mathe-
matik leicht hinter sich zurücldassen kann; was mir ihn aber
lieber, als AUes macht, der ein edles, freundschaftliches Herz und
alle Empfindungen besitzt, die den guten Menschen ausmachen.
. . . Während meiner Krankheit fiel mir der Gedanke ein, wie
bald der Tod hebende Freunde, zumal, wenn sie in gewisse Jahre
kommen, trennen kann, und da wünschte ich denn, dais mein
Sohn meine verehrungswürdigeu Freunde in Berlin sollte kennen
lernen, ehe noch dergleichen traiu-ige Vorfälle kämen. Er wird
Ihnen von dem litterarischen Abtrag meiner Schuld Alles mit-
bringen, was in seinem [!] Koffer geht.
Wie sehr habe ich mich gefreut, dafs man dem vortreff-
Uchen Rode endlich noch Gerechtigkeit wiederfahren läfst.' . . .
Der Madame Therbusch ihr Leben steht im neusten Stück der
Bibl.,'^ das nächster Tage bey Ihnen einlaufen wird: Dank Ihnen
für diesen Beytrag! Denn ich habe itzt Noth, die Bibl. vollzu-
füllen und Ihnen verdanke ich doch denselbigen.
Ihre herrliche Ode, Lob der Gottheit,^ hat mich sehr
gefreut und in meiner Schwachheit habe ich sie auswendig gelernt.
Ich muk schliefsen, Aveil ich meinem Ernst gern noch etliche
Empfehlungsschreiben für meine Berliner Freunde mitgeben
woUte. . . .
89. L. 20. VI. [83.] Empfehlungsschreiben für H. AVagenseil
aus Kaufbeiuren, der kleine Biographien für die Jugend heraus-
gegeben, auch den Hütten i um zu ediren augefangen.' ... Xur
wiU ich noch melden, dais ich die Eodischen Kupfer zum gröfs-
ten Danke für den braven lieben Künstler erhalten und wie Sie
aus der Bibhothek werden ersehen haben, auch der Länge nach
angezeigt habe. . . .
90. Undat. [Ende 178o.j Der Überbringer dieses ist der
Königl. Dänische Legationsrath Schiffmann, Hofmeister der Prinzen
1 Rode ward 1783 Direktor der kgl. Akademie der bildenden Künste
und mechanischen Wissenschaften zu Berlin.
2 Neue Bibl. d. seh. Wiss. XXVIII, 2, .324—33-1.
3 ^Lob der Gottheit. Nach dem 19. Psalm.'' Berlin. Mi.nat.^.'^ihr.
1783, Aprü, S. 311 f.
" Ulrici de Hütten Opera. Tom. T. Epistolas ... complecteus. Ed.
Chr. Jac. Wagenseil. Lips. 17.^3. Weiter nichts erschienen.
2t!8 Briefe von Cli. F. Weifsc an K. W. Kamler.
von Schlefswig Holstein Augustenburg. Er so wohl als diese
wünschen Sie, mein bester, kennen zu lernen und ich möchte
ihnen gern diesen Vortheil verschaifen, da sie meine Freunde sind.
A^orzüglich zeichnet sich der Erbprinz ^ durcli seinen reifen Verstand
und durch sein vortreffliches Herz aus: er ist, (doch unter uns!)
der Bräutigam der jungen Königl, Dänischen Prinzefsin, und studiret
itzt mit seinen beydeu Brüdern bey uns, die bereits Obristliieute-
nants in Dänischen Diensten sind. — Doch genug von Prinzen !
. . . Gern hätte ich Ihnen den ersten Theil vom Briefwechsel
der Familie des Kinderfreundes ^ mitgeschickt : aber Ihr Chodo-
wiek}' hält uns mit den Kupfern auf, und verspricht sie erst mit
Ende des Monats zu liefern: doch Sie werden nicht viel dabey
verUeren. Es läuft Etwas Unnatürliches in diesem Briefwechsel
mit unter, das ich ihm nicht habe beuelunen können. . . .
91. L. 18. V. 84. Auch ich, mein bester Freund, habe
einen sehr traurigen Winter gehabt. Fünf Wochen lag ich an
einem bösen Fufse krank, wo die Rose vor der Zeit blühte und
noch geht der Wundarzt zu mir: Dann lagen alle meine Kinder
am Scharlachfieber, bösen Hälsen, und Masern hart danieder: ja,
meine älteste Tochter Henriette war nur einen Schritt vom Grabe
entfernt. Gottlob! dafs es überstanden ist. Unsere völlige Ge-
nesung erwarten wir mm von der heilenden Hand des Frühlings.
Dank Einen für die lezten Theile des Zuschauers,^ der eine
imterhalteude Lectürc auf dem Laude, vorzüglich füi* meine Fa-
milie abgeben wird. Die Gedichte Iln-es edlen, verblichenen
Freundes, des Past. Götz, habe ich seinem Sohne selbst einge-
händiget,* und da er sie hier drucken lassen wiU, mich gegen
' Vgl. den 81. Brief.
■' Vgl. Minor, S. 348 f.
^ Auszug des Englischen Zuschauers nach einer neuen Übersetzung.
Acht Bände. Berlin 1782 f. Über diesen Auszug des .jSpectator" von
Addison, welchen Ben zier unter Ramlers Mitarbeit übersetzte, vgl.
Seuffert im A. f. Lg. IX, 512 ff.
^ Gottl. Christ. Götz, Buchhalter in der Schwanschen Buchhandlung
zu Mannheim, schreibt am 15. V. S4 aus Leipzig au Ramler: ^Hcrr
KreissteuerEinnehmer Weifse hatte die Güte mir Ihre geehrteste Zuschrift
vom Ite» dieses [abgedruckt bei Voss, Über Götz und Ramler. Maunh.
1809. kS. 119 f.] persönlich zu üborlicforn. l>ey meiner Ankunft in
Leipzig konnte mich nichts angenehmer überraschen, als dieser Brief aus
Briefe von Ch. F. Weifse un K. W. Raiuler. 269
ihn erboten, die lezte, oder auch die erste Korrektur zu über-
nehmen. Ich werde mich dabey genau nach Ihrer Vorschrift
richten und alle Mühe darauf Menden. Wenigstens habe ich den
Vortheil, dafs ich Ihre Circulos kenne, und wenn mir eine Be-
denklichkeit aufstofsen sollte, geschwind anfragen kann.
Adelung, der sich Ihrer Freundschaft recht herzlich emplii-hit,
lälst itzt das 2^^* Stück seines 2'«» Theils vom Magazin drucken:
so bald es die Presse verlassen, wird er die beiden Stücken zu-
gleich schicken.
Haben Sie denn, mein liebster, den Briefwechsel der
Familie des Kinder freund es erhalten? Geschickt habe
ich ihn durch den Verleger; nnd so Gott Avill! mid Herr Chodo-
wiezky [!], so erhalten Sie den 2*'^" Band diese Messe noch durch
die Buchhändler. Sagen Sie mir, ob Sie damit zufrieden sind?
Denn Ihr Beyfall geht mir über Alles. Ich sehe, dafs mau für
die Deutschen Kleinigkeiten schreiben mufs, wenn man I^ob er-
halten will. Der Kinderfreuud hat mir mehr Beyfall verschaff,
als Alles was ich in der Welt geschrieben habe: Doch erkenne
ich auch hier, so eitel es aus dem Munde eines Autors klingt:
magna fama, magmim malwa! Ich werde von Aufträgen,
Hofmeister und Kinderlehrer zu verschaffen und von Briefen
von Aeltern und Kindern bald überschüttet, und diese Messe bin
ich von Besuchern so bestürmt worden, dafs sie die beschwer-
lichste für mich gewesen, die ich jemals gehabt habe. Aufser-
dem ist eine Menge gelelu'ter Zugvögel hier gewesen, die mir
itzt die fürchterlichsten sind, da Sie anfangen, ihre nichtsbedeu-
tenden Reisen drucken zu lassen.' . . .
diesen Händen und ich freute mich herzlich, über die längstgewünschte
Nachricht, dals Sie nun mit Bearbeitung und Ordnen der Gedichte mei-
nes sei. Vaters völlig zu Stand gekommen. . . . Noch ist es nicht ent-
schieden, ob ich die Gedichte hier oder in Mannlaeim drucken lafse ; Solten
sie aber hier gedruckt werden, so will Hr. Kreis-Steuer Einnehmer Weifse
so gütig seyn die Revision zu übernehmen, wobey die Gedichte gewifs
nichts verlieren." Derselbe am 7. IX. 81 aus Mannheim: ,Ich lafse es
hier verfertigen, weil Papier, Drucker, Kupferstecher wohlfeiler sind, als
in Leipzig, ich auch auf Correctur und das typographische überhaupt
mehr Sorgfalt, mit Beihülfe Hn. Schwans, der die rerision liefst, verwen-
den kann, da alles unter unsern Augen gemacht wird."
' Hier folgt ein unleserlicher Satz.
.270 Briefe von Ch. V. ^Vei^se an K. W. Ramler.
Vor kurzem war auch ein neuer Hofmeister des jüngsten
Prinzen Hires Königl. Prinzen Ferdinands bey mir. Man sagt
niir, Campe habe ihn empfohlen. Kennen Sie den jungen Mann?
— : Wohl, wir denken gewil's — einer wie der andere. Leuehsen-
ring ist, wie ich h()re, Hofmeister des künftig-kihiftigen Kron-
erbeu geworden.^ Auch ihn habe ich vor kurzem hier gesprochen.
Sie müssen noch lange leben und noch viele Ausgaben Ihrer
Schriften selbst besorgen : Denn ich rechne darauf, dal's Sie noch
auf meine Urne eine Thränen [!J sollen fallen lassen ! . . .
92. L. 22. X. 84. Der Anlauf von Menschen ist diese
Messe bey mir so grofs gewesen, dais ich noch wie in einem
Rausche schreibe. Noch ist die Cammerherrin von der Reck -
und unser beyder alter Freund Grothauseu mit seiner Frau hier,
die auch den Winter hier bleiben wollen, und von denen der
erste sehr krank ist. . . .
Ihr Cyrus •* hat mir viel Freude gemacht. Tausend Dank
dafür, so wie für die Anzeige der Rodischen Blätter: sie selbst
habe ich noch nicht erhalten: Doch bin ich im A^oraus dem lie-
ben Geber verbunden. Meine Zeit Verse und Dramen zu machen
ist ganz vorbey: Ist es Liebe für den alten Geschmack, oder
Mangel des Gefühls: aber ich kami mich gar nicht mit uuseru
Mode Dramen und dem Theater, wo mau nichts, als solche
Haupt und Staatsactionen sieht, vertragen. Alle Embryonen, die
ich sonst noch im Kopfe mit mir umher trug, sterben nach und
nach ab, und die Welt wird so wenig dabey vei'lieren, als ich :
Denn mein Haus ist itzt meine Welt und meine Kinder meine
Musen: für diese ai'beite ich noch und spiele mit ihnen. Ganz
' Franz Michael Leuchseuriug wurde im April 17S1 von Friedrich
d. Gr. zum Lehrer des l*rinzen Friedricli Wilhelm (IIl.) in den Anfangs-
gründen der Dialektik ernannt, blieb aber nur bis zum Juni d. J. im
Amte. Vgl. H. v. Sybel, Zwei Lehrer Friedrich Willielms m. in der
Philosophie (Berliner Ak. Berichte 1871), S. 714 ü\).
* Vgl. Sophie Beckers Tagebuch „Vor hundert Jalueu", hg. v. Karo
und Geyer (Stuttgart 1881), S. 58— G?..
3 „Cyrus und Kassaudane. Ein Singespiel", auf Herzog Peters von
Kurland Vorschlag zum Empfange des Czaren verfertigt, aber nicht auf-
geführt. Zuerst gedruckt in der Berlinischen Monatsschrift 178J, August,
S. 97 — 130, dann einzeln Berlin 178ti in 8". In Musik gesetzt von J. D.
Hensel. Halle 1786. 4".
Briefe von Cb. F. Weifse an K. W. Raniler. .271
gewifs würden Sie mit Ihrer feinen musikalischen Oper» den
Metastasio und Qvinaiüt ausgestochen haben, wenn Sie für Ge-
sangspiele hätten arbeiten wollen: Denn wer ist, der es Ihnen
an Wohlklange der Verse gleich thut?
Von neuen Mefsbüchern habe ich noch wenig gelesen : doch
bin ich auf Engels Älimik^ begierig, ob ich gleich zweifle, dal's
dadurch bessre Schauspieler werden gebildet werden. Stollbergs
Jamben 3 haben in einem Schweizer Journale über theologische
und schöne Litteratur eine schreckliche Rezension bekommen.
Unser Adelung sagt, dals er mit seinem Wörterbuche lange fer-
tig sey, und es blofs au Breitkopfen läge, dafs es nicht abge-
druckt wird; ja er versichert, dafs er schon wieder zu 4. Qvar-
tanten Supplemente liegen habe. Zum Grofsen Lexico hat er
die lezte Messe einen 4** Band von 6. Alphabeten geliefert und
itzt arbeitet er an einer philosophischen Grammatik, die in 3. Bau-
den erscheinen soll. Sie werden wenigstens daraus schliefsen,
dafs er nicht müfsig geht. . . .
93. L. 20. I. 85. ... Können Sie glauben , dafs ich sie
[Madame Koch] auch nicht ein einzigmal seit ihren Hierseyn be-
suchet? ... Nun will ich ihr heute vor ihrer Abreise wenigstens
noch diesen Brief überbringen, und ihr meinen Segen auf den
Weg geben.
Ob wir gleich itzt nur die Messen über ein Schauspiel hier
haben, so bin ich doch in 2. Jahren nicht hineingekommen.
Sclihefsen Sie daraus auf meine Gleichgültigkeit für dasselbe.
Immer hängt mir noch der altvaterische Geschmack von Plane,
Ordnung, Wahrscheinlichkeit u. s. w. an, als dafs ich die aller-
meisten neuen Schauspiele mit allen ilirem Guten verdauen
könnte. — Tausend Dank! dafs Sie noch den Krispus einmal
\\aeder in Erinnerung bringen wollen: eine andere Frage ists, ob
Einen auch das Publikum dafüi' danken wii"d : Dafs Sie mit mei-
nem Briefwechsel der Familie des Kinderfreundes zufrieden sind,
macht mir wahre Freude, und ich beschwöre Sie, als einen mei-
ner ältesten Freunde, dafs Sie mir Avinken, wenn ich aufhören
* Siehe vorige Seite Note 3.
■■' Ideen zu einer Mimik. Berlin 1785 f. II. (augekündigt im T. Mer-
kur 1782, II, 179).
^ Jamben. Leipzig 1784.
272 Briefe von C'h. F. Weifse au K. W. Ramler.
soll. Selten hat man Selbstgefühl und Selbsterkenntnifs genug,
um zu fühlen, Avenn die Kräfte zu sinken anfangen.
Die Kammerherrin von der Reck ist in Ellrich bev Gücking;,
nachdem sie hin und her auf den Witz umhergereiset ist und
sieh zulezt auch in Weimar noch 4. Wochen aufgehalten hat.
Ich verehre sie von ganzem Herzen : aber — unter uns gesagt !
wenn sie auch keine Verse machte, würde ich sie verehren : wir
verstehn einander! . . .
Mit innigster Erwartung sehe ich Ihrer Ausgabe von Götzens
Gedichten entgegen : Dann wird man sich doch wieder einmal
von den holprichten Versen, die man bisher verschlucken müssen,
erholen können. . . .
94. L. 5. IL [85.] Schon so oft, mein befster Freund, sind
Sie mir durch Ihre vortreffliche IVile zu Hülfe gekommen: o
darf ich es wagen, Sie wieder um dieser ihre Politur zu bitten?
Nicht ich allein, die Ehre Deutschlands so wohl, als die Ehre
Ihres innigen Freundes gewinnt dabey.^ Schon vorm Jahre sagte
ein in dem Dresdner Journale von Kanzler und Meifsner
eingerückter Brief von unserm engl. Gesandten, dem Grafen von
Brühl, dafs die königl. Familie daselbst viel Vergnügen am
Kinderfreunde fände — in einem neuerlichen, ebenfalls daselbst
stand wieder: „Er habe den Königlichen Prinzessinnen, die sehr
unzufrieden gewesen, dafs der Kinderfreund aufgehört, gesagt,
dafs er fortgesetzt würde, und sie hätten viel Freude darüber
bezeugt." ■ — Diels war mir nun weiter ganz gleichgültig, da das
Lob eines Kenners, wie Sie, mir weit mehr schmeichelt. In-
dessen erhalte ich einen Brief vom 7. Jänner von dem Hof-
meister eines irländischen Lords, der ein alter Freund von mir
ist, und rah' sagt, die Lertrice der Königin habe ihm erzählt,
was schon der Graf Brülil in seinen Schreiben erwähnt und die
Königin liefs mich fragen, ob ich ihn denn fortsetzte? Ich ant-
wortete meinem PVeund, dafs solches im Briefwechsel ge-
schähe, und dafs ich bey der schmeichelhaften Nachricht, die ich
schon damals in einem deutschen Journale gefunden, auf den
Gedanken gekommen wäre, der jungen Königl. Familie in einer
' Vgl. zum folgenden Weifses Selbstbiographie S. \96 f. und den
103. Brief.
Briefe von Ch. F. Welfse an K. W. Ramler. 273
kleinen Zueignung diese Fortsetzung zu übersenden: es sey aber
nun zu spät, weil ich schon 2. Bcändchen geliefert habe. Hier-
auf schreibt mii- mein Freund, der meinen Brief der Lectrice ge-
wiesen: sie habe ihm denselben abgefodert, und da sie dem
König und der Königin davon gesagt, hätten sie sich ihr ihn [!]
geben lassen, und ihn ganz dm-chgelesen, worauf ilir die lezte
gesagt, sie sollte mir schreiben, ob es dazu nicht noch Zeit bey
dem 3**^" Theile wäre, sie würde solches mit grofsem Ver-
gnügen sehen: ich könnte mich selbst darauf berufen, ich sollte
es aber nicht allen ihren Kindern, sondera nur ihren beyden
ältesten Prinzessinneu, Charlotten Augusten, und Augusten So-
phien zusclii-eiben, weil diese deutsch am befsten sprächen. —
Was soll ich thun? Auf diesen Wink kann ich nicht zurück
bleiben, so unangenehm es mir von der Seite ist, da der 3'® Theil
schon vor' 14. Tageu fertig ist und eben sollte versendet wer-
den. In der grölsten Eil habe ich hier beygelegte Erzählung
entworfen, A\eil diefs die leichteste Versart für mich ist, der
hohe Odenton, der ^^elleicht der schicklichste gewesen wäre,
meine Muse nicht kleidet, und vielleicht für die Prinzessinnen
auch unverständlich gewesen wäre; endlich auch die leichte Er-
zählung dem Inuhalte augemessen ist. O! dafs ich das Talent
liätte, auf eine so feine, delikate Art, wie Sie, die Grol'sen zu
loben: Doch ich gebe was ich kann, und vielleicht hilft mir das
gute Vorurtheil, das mau für mich gefafst hat, fort. Bessern
Sie, Hebster Freund, was zu bessern möghch ist. Wenn man
im Tumulte der Einnahme, die gerade bey mir itzt am stärk-
sten ist, ohne nur seine Gedanken ein wenig zu sammeln, etwas
hinwerfen mufs, so darf mau freylich nichts hervorstechendes er-
warten. Be^mi Grofsen taugen aber auch Klopstockische Schrauben
nicht immer. Ist es Ihnen möghch, mir etwa in 8. Tagen diefs
Epistelchen wieder zu senden, so würden Sie zu so viel Freund-
schaftsdiensten, die ich Ihnen schon durch mein Leben schuldig
bin, emen neuen hinzuthun. Erlaubt es Ihre Mufse aber nicht,
so melden Sie mir es nur in zwo Zeilchen und vertilgen Sic die
Handschrift. . . .
[Beilage:] Der Ruf, der Vogelschnell durch weite Länder
flieht, etc.
95. L. 28. n. 85. Ich kann den Überbringer dieses HEn.
Aiohiv f. II. Spi-aclicn. LXXXII.
18
274 Briefe von Ch. F. Weifse an K. AV. Raniler.
Doli, aus Gotha/ einen liebenswürdigen Künstler, und einen der
gr()fstcn Bildhauer in Deutsehland, nicht hierdurch gehen lassen,
ohne Hineu, bester Freund, tausend Dank für Ihre so fehlen
Verbesserungen meiner lezten Zueignung zu übersenden. Ich
habe sie alle bis auf 2. Zeilen benützt, wovon ich Unien bey
der nächsten Übersendung die Ursachen schreiben will, da ich
Ihnen gern noch etwas von Doli sagen möchte. Der Herzog
von Gotha hat ihn 8. Jahre lang in Italien arbeiten lassen, wo
er selbst 3. Jahre in Rom eine Werkstatt eröffnet. Er ist der-
jenige, der unserra Winkelmaun das dort aufgerichtete Monument
verfertiget und viel schöne Sachen modelliret imd in Marmor ge-
hauen. Mich und unsern Zollikoffer hat er vor 2. Jahren, da er
hier für Oeseru an dem Monumente der Königin INIathilde arbeitete,
sehr «rlücklich modelliret und itzt hat ihn der Graf v. Schmettau
nach Berlin sich auf 3. Monate vom Herzog von Gotha erbeten.
Er wünscht Sie und Ihren trefflichen Rode vorzüglich kennen zu
lernen, und da er ein so guter Mann ist, habe ich seine Federung
zu billig gefunden, als dafs ich sie ilim verweigern konnte. . . .
96. L. 4. V. 85. ... HEn. Rellstab habe ich zweymal ge-
sehen. Wenn er aber unsre Künstler durch mich will kennen
lernen, so mufs er aulser der Messe kommen: Doch braucht er
mich auch dazu nicht: denn so viel ich ihrer nur kenne, sie
mögen Hiller oder Bause heifsen, so sind sie alle so meuschen-
freimdlich, ^vie Ihr lieber Rode, dafs jeder Besuch des guten
Mannes ihnen willkommen ist. Freylich hat unser lieber Banse
seine vortreffliche Tochter verloren,- an Geist und Körper schön
und voller Talente. Meine Henriette hatte mit einem andern jungen
Frauenzimmer mit ihr und ihrer Schwester diesen AMnter ein
Kränzchen zusammen, und diese drangen mir beyliegendes äulserst
flüchtige Gedichte in ihrem Namen ab: da es den Begräbnifstag
vertheilt seyn und mithin gleich gemacht und auch abgedruckt
sevn mufste, so können Sie leicht auf die Zeit rechnen, die ich
> Friedrich Wilhelm Doli (1750—1810), von 1773 bis 1781 in
Rom, dann Hofbildhancr und Professor in (Jotlia. Von ihm u. a. Les-
sings Denkmal in der Wolfenbüttler Bibliothek und Büsten von Mengs,
Winckelmann und Keppler. Vgl. Beck, Ernst IL, Herzog von Sachsen-
Gotha und Altenburg. Gotha 1854, S. 211.
'■' Vgl. unten den 08. Brief.
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler. 27."»
darauf wenden konnte: o dafs ich nicht Ihre Feile dabey zu Hülfe
rufen konnte! wenn es sich anders der Mühe verlohnt hätte! —
Tausendmal dankt Ihnen der redliche Vater für Ihr Mitleid.
Den guten Abbt Blarer kannte ich schon, und seiner zu
geniel'sen, hatte ich kein ander Mittel, als dalls ich ihn ein [)aar
mal zu Tische bat: Der Mann sollte in seiner Kirche wegen
seiner philosophischen Denkungsart ein Heiliger werden.
Reich hat mir seine Schwürigkeiten bey Ihrem Briefe an
ihn ' schon in Weg geworfen. In der Messe ist er halb ver-
Mirrt und ungeachtet ich schon ein paarmal auf ihn Jagd ge-
macht, so habe ich ihn doch immer in Abrechnung mit seinen
Buchhändlern gefunden. Mir würden Ilire Verbesserungen vor-
trefflich behagen. Welcher Logau indessen besser abgehen würde,
ob der neue oder der alte, traue ich mir kaum zu sagen: Denn
ich habe wohl auch schon die albernen Urtheile gehöret, dals
man einem alten Dichter seine Sprache lassen müsse, um das
Charakteristische derselben bem'theüen zu können: aber unser
PubKkum macht es wie das Volk in der Fabel, der Vater mag
auf den Esel reuten, oder ihn führen, nie macht ers ihm recht.
Das sclilimmste aber ist seine Kälte und sein Undank gegen
seine alten ersten Dichter. Schon die Namen Opitz, Logau,
Wernicke sind ihnen Popanze, vor denen sie laufen, indessen
dafs die Franzosen und Engländer ihre ersten alten Dichter, un-
verbessert, und verbessert, alle Jahre ^^•ieder drucken, und ich
denke oft, dafs es in Deutschland kaum der Mühe lohnt, sich
Lorbeern zu sammeln, weil sie dieselben dem Dichter gemeinig-
lich mit ins Grab nehmen und da verfaulen lassen.
Ihr braver Abramson hat mir viel Ehre erwiesen und Sie
noch melu-, durch Ihre herrhche Ei-findimg,- die sich allgemeinen
1 Vom 11. IV. 85, worin es heifst: ^ Jetzt bin ich bey der Vermeh-
rung des Logau ; denn verbessert ist er in dem vorigen Jahre schon ganz.
. . . Schreiben Sie mir nur, ob Sie es gegen die Ostermesse 1780 brauchen
können. Ich kann es im Julius Ihnen schon völlig druckfertig zustellen."
Diese zweite Ausgabe des zuerst 1759 mit Lessiug herausgegebenen Logau
erschien erst 1791.
2 Eine Medaille, erfunden von Ramler, gezeichnet von Frisch. Auf
der Vorderseite WeiTses Kopf, auf der Rückseite das Brustbild der Pallas,
daneben ein Lorbeerbaum mit den SymboltMi der Tragödie, Komödie und
Ivvrik, und der Umschrift: Latet sub Pallade mentor.
18*
27G Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
Beyfall erwirbt, ob sie gleich für mich ])eynahe zu rühmUch ist!
Tausend Dank für diesen neuen Beweis Ihrer Freundschaft!
Ich wünschte dem guten Künstler zum Besten, dafs er sie an
das hiesige Intelligenz Comtoir in Commission etwa zur INIichael-
messe schickte, da es diese nicht geschehen: vielleicht machten
Aeltern ihren Kindern damit ChristGescheuke : Denn bei diesen
glaube ich noch in dem besten Credit zu stehen. Die Bekannt-
maclumg in der Gothaischen und I^itteratur Zeitung und in den
Hamburgischen würde ihm auch gut(! Dienste thun, weil diese
am meisten gelesen werden.
H. Götze luit mir gesagt, dafs seines Vaters Gedichte ^ an
Sie vor 8 Tagen abgegangen shid. Er ist spät hier angekom-
men. Noch habe ich sie nicht gelesen; so wie Nichts von der
Messe: ich freue mich aber sehr darauf imd bewahre sie für
eine Frühlingskost in Stötteritz auf, wo ich mich in den ersten
schönen Maytagen, flie nicht kommen wollen, recht daran laben
will. So haben wir doch diese Messe wenigstens etwas recht
Vortreffliches in seiner Art, durch Ihre Fürsorge erhalten.
Ich finde im Mefsverzeichnil's den Schlaftrunk von Lessmg.-
Gewifs ein von ihm erhaschter Plan, den ein Stümper ausgeführt. . . .
97. L. 24. V. 86. EmpfehlimgsbiUet für Mag. Schmidt, ein
gelelirter, geschickter und in der Litteratur sehr bewanderter Mann.
Er ist von Ulm, wo er auch bereits seine künftige Versorgung zu
gewarten hat, und den Winter über hier bey unserm neuen Super-
intendent, dem D. Rosenmüller gewesen. . . . Sie haben doch den
ßten 'Y\\q\\ meiner Kindereyen, ich meyne den Briefwechsel erhalten ?
Unsers lieben Rode Anhang zu dem A'^erzeichnisse seiner radirten
Blätter habe ich empfangen und in meine Bibliothek einrücken
lassen. Izt übersetze ich ein Buch über die alten Jungfern, von
dem Dichter Hayley,^ welches mir viel Vergnügen macht. . . .
' Vermischte Gedichte von Johann Nikolas Götz. Herausgegeben
von Karl Wilhelm Ramler. III Theile. ^lanuheim 1785. Leider noch
immer die einzige, völlig unzureichende Ausgabe dieses Dichters.
- Der Schlaftrunk . . zu Ende gebracht vom Verf. der Jugendgeschichtc
Karl und Sophie. Regensburg 1785. 8".
^ Ein philosophischer, liistorischer und moralischer Versuch über die
alten Jungfern. Von einem Freunde der Schwesterschaft, aus dem Eng-
lischen. Leipzig 1780. III. 8^
Briefe von Ch. F. Weifsc an K. W. Ramler. 277
98. L. 12. IX. 86. Liebster, bester Freund, | Ich kanu
meinein Herzen unmöglich die Gewalt anthun, und ilim bey dem
Glücke, das Ihnen wiederfahren ist,i es [!J nicht überströmen
lassen, da es von Freude ganz voll ist. Hir neuer König hat
Sie mit einer ansehnhchen Pension begnadiget, eine Gnade, die
Sie zwar längst tausendmal verdient hätten: aber wie viel Ver-
dienste bleiben nicht unerkannt und unbelohut? Diese erkannt
imd belohnt zu sehen, sie bey einem solchen ]\Iannc, einem
Freunde, den man so hebt, -wie ich Sie liebe, erkannt und be-
lohnt zu sehen, das verdient wohl Dank und Freude, und seit
langer Zeit habe ich keine freudigere Überraschung gehabt, als
die mir die Zusendimg dieser Nachricht gemacht. Auch kann
ich Sie aufrichtig versichern, dafs ganz Leipzig daran Antheil
nimmt und dafs Hir König darüber mehr Lobsprüche einge-
erndtet hat als wenn er schon die Hälfte der Lorbeern seines
Vorfahren erhalten hätte. Jedes hält ilm nun für einen gerech-
ten, Menschen hebenden König, der Verdienst kennt und ehrt,
und sein Volk glückHch machen wird: und dai's er meinen
Rammler hebt — was ist das vollends für mich füi- eine Süfsig-
keit! Ich weifs, dals Geld in der Welt nicht glücklich macht,
und dafs Sie keiner vermehrten Einkünfte bediu"ften, um der
Weise und glückliche Mann zu seyn, der Sie sind : Aber, so Avie
es doch nicht zu verachten ist, ein gemächliches imd sorgenloses
Alter leben zu können; so ist der Triumpf noch schmeichel-
hafter, wenn wu* auch vor der Welt der Ehre theilhaftig werden,
die wr verdienen, und uns nicht mehr in die Classe der Tage-
löhner herabgesetzt sehen. Gott lasse Sie Eires Glücks lauge
geniefsen! O dafs Sie nicht 30 Jahre zurücke haben, so numtert«
1 Durch folgendes Kabiuettsschreiben Friedrich W'ilheluis IL:
„Hochgelahrter, Lieber, Getreuer. Eure bekannten Verdienste, um
die Wifsenschaften, haben Meiner Aufmerksamkeit nicht entgehen kön-
nen, und Euch Meinen Beyfall erworben. Zugleich habe Ich Euch aber
auch ]\Ieinen Esfim dadurch thätig bezeugen wollen, dafs Ich die ordre
gestellt habe, dafs Ihr, alljährlich, aus der Genera/ Domainev Cafse, in
den gewöhnlichen terminen, eine Pension von Achthundert Tal. ausge-
zahlt erhalten sollet. Ich bin Euer gnädiger
Berlin Kiniig
den -JTt*;» August, 178(i. Igez:| t"'"- ^^''"''
An den Profefsor Pam/cr alhier."
278 Briefe von Ch. F. Weifse au K. W. Kamler.
ich Sie noch auf, eine gute, Ihrer würdige Gattin aufzusuchen:
denn auch des häiifshchen GKicks waren Sie mehr, als tausende
M'chrt. Indessen ist Ihnen Hire Muse getreu und wirkhch er-
staune ich oft über die fleifsigen Besuche, die sie Ihnen noch
itzt abstattet: vielleicht eben darum, weil Sie ihr ihre Jung-
gesellenschaft zum Opfer gebracht haben, da uns abgenützten
Ehemänner, wenn wir gleich die keuschen Schwestern noch lieb-
zukosen Lust hätten, diese kalt zurückweisen. . . .
Ihre vortreffhche Elegie auf die hebe Bausin habe ich in
dem Museo gelesen.' Jedermann glaubte darinne Rammlersche
Poesie zu finden: nur machte uns der Umstand zweifelhaft, wie
Sie zu der warmen Theilnehmung sollten gekommen seyn.^ Nun-
mehr wird sie mit verdoppelter Aufmerksamkeit gelesen werden :
Denn da man in einem Journale nichts von Ihnen zulesen ge-
wohnt gewesen ist, so hat man es auch dort nicht gesucht.
Da Oesers Fanülie, so wie ich diesen Sommer meistens auf
dem Lande zugebracht, so haben wir keines das andere gesehen.
Nun, da alles allmählich wieder in die Stadt kömmt, wUl ich die
IVIlle Oeserin nächstens besuchen, mich nach der überschickten
Zeichnung erkundigen und Ihnen mit den ersten Mefsbuchhänd-
lem getreue Rechenschaft davon geben.
Unser Banse sticht itzt Ihi'en König nach einem schönen
Grafischen Bilde, das dem preufs. Gesandten Hn. von Alvens-
leben in Dresden gehört. . . .
Rode hatte einmal eine kleine Götterlehre zum Schulgebraucli
für die Jugend aufgesetzt: ich wünschte sein*, dafs man davon
eine Abschrift für Geld und gute Worte bekommen könnte, weil
I
' Elegie auf den Tod der Eudosia. Im Deutscheu IMuscum, 1785,
Dezember, S. 523—27.
^ Ramler folgte der dringenden Bitte Friederike Oesers, die am
30. III. 85 schrieb: ^Das liebste beste Mädchen, unsere liebe Friedericke
Bause, hat uns der grausame Tod so plözlich geraubt, dafs wir uns noch
wie betäubt anstauneu. Wir beweinen sie, wir besingen sie, aber immer
nicht so, wie sie es verdient, und wie es uusorm Herzen gnügt. Der beste
Dichter, mufs das beste Mädchen betrauern ! und ihr Unsterblichkeit
geben ! . . . Sagen Sie theuerster Herr Profefsor, das Teutschlands Töch-
tern, sagen Sie es ihnen, dafs mau nicht uur so schön, sondern so gut,
80 fromm seyn mufs, um unserm Geschlechte ein Beyspiel zu seyn, und sie
werden ihrem liobenswiirdigeu Lehrer, mit Dank, und Verehrung srehorchen."
Briefe vou Ch. F. ^Veifse an K. W. Ramler. 279
ich sie gerne für meine kleineu Mädchen brauchen möchte, da
ich für sie kein schickHches Handbuch zu der Absicht finde. , . .
99. Undat. [Ende 1780.] Was für eine Freude haben Sie
mir nicht mit Ihrem Kebesvollem Briefe, so A\ie mit dem Ge-
schenke der Inlagen gemacht! Sagen Sie ja nicht, dals Ihre
Muse altert. AYenn Ihre Ode ^ nicht in Dithyramben Ton ge-
stimmet ist, so ist sie um so \del unvergleichlicher, da ilu-e sanf-
ten Töne ganz zu dem sanften Könige, der uns den Frieden er-
halten soll passen, und dem Olu'e durch ilu'e Harmonie so sehr
schmeicheln, als dem Herzen, das in Ihre gefäUigen Wünsche so
gern einstimmt.
Unter allen den Liedern die ich auf Ihren grolsen verstor-
benen König gelesen, hat mir Schubarts Gedichte - am besten
gefallen, weil er die Hauptbegebenheiten aus seinem Leben km'z
und meisterhaft zusammengestellt hat.
Tausend Dank für die Abschrift Ihrer Mythologie!'' O dafs
ich auch Ihre Erklärungen imd Zusätze dazu hätte, oder nur
etwas von Hu^em Geiste, mu meine Mädchen darinne unterrich-
ten zu können. Versuchen will ich es. Inzwischen sorgen Sie
nicht, dafs sie aus meinen Händen komme. Die Gesclüchte des
Valvaise und Gustav Adolph will ich, so bald sich der Aufruhr
der Messe geleget hat, absclu-eiben lassen: denn ich mufs das
Buch erst aufsuchen und es geht mir mit dieser Art Büchern,
Avie Einen; sie wandern aus einer Hand in die Andere, und
bleiben in einer lmge^^dssenhaften endhch zurück: zum Glücke,
dafs es noch der Verleger hat. Mittlerweile schicke ich Ihnen
des Hajiley Versuch über die alten Jungfern, den Sie Vossen
abfedern müssen, wenn er Ihnen denselben nicht seinem Auftrag
gemäfs selbst übergiebt. Das Buch hat mü' den Sommer über,
wo ich es meistens auf dem Lande übersetzt, manche augenehme
1 Dankopfer für den Landesvater, eine Davidische Kantate. Berlin,
1787. bey Johann Friedrich Unger. [16 S.] 8".
2 Friedrich der Einzige. Ein Obelisk von Chr. Fr. D. Schubart auf
Hohenasperg. Stuttgart 1786. 8".
3 Erst 1790 erschien „K. W. Ramlers kurzgefafste Mythologie; oder
Lehre von den fabelhaften Göttern, HalbgiHtem und Helden des Alter-
tlnuns. In zwey Theilen". ... Ik-riin. Maurer. S". Noch ISiüi in 7. Auf-
lage -wiederholt.
280 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
Stunde gemacht. Wollte der Himmel;, ich hätte für die häufigen
Averse, die darinne vorkommen, einen Übersetzer gehabt, wie
den der uns im Zuschauer die fremden so schön Aviedergegeben,
dafs man sie für das Original hält. Immer war ich Willens
einen alten Junggesellen unter meinen Freunden aufzufodern,
dafs er mir eine Vorrede darzu machen sollte, und auf wen
hätte die Wahl fallen können, als auf Sie? Aber ich wollte Sie
nicht der Kache der alten Jungfern aussetzen: Denn diese kön-
nen unmöghch einen alten Jmiggesellen gelassen ansehen, weil
sie allezeit dabey denken können : „Du bist auch mit Schuld,
dafs ich nicht entjungfert bin." . . .
Die MUe Oeserin hat mir gesagt, dafs sie Ihnen Ihre Ent-
schuldigung und den Verlauf der Sache selbst schreiben würde.
Sie hat mir alles erzählt und aufgetragen solches vorläufig zu
thun. Aber die Mefsbesuche haben mir den Kopf so verwirrt,
dafs ich mit Zuverläfsigkeit nicht ein Wort mehr von dem weil's,
was sie mir alles gesagt hat: doch war es viel Schönes für Sie
und imsern Heben Rode.
Sie werden wohl thim, wenn Sie Selbst Verleger Ihrer Ge-
dichte werden wollen. Der Buchhändler bleibt Buchhändler und
hält den Verfasser in einer demüthigenden Abhänglichkeit, wenn
er noch so sehr sein Freund zu seyn scheint. Machte nicht das
Detail der Versendungen und Ab- imd Zurechnimgen so viel
Umstände, oder raubte so viel Zeit, so hätte ich es auch gethan:
denn so geringhaltig meine Arbeit gegen die Ihrige ist, so weifs
ich doch, dafs ich die Hülsen von meiner Aussaat essen mufs,
wenn jene die Körner genossen haben. . . . Meinen Sohn habe
ich auf 1 . Jahr nach Göttingen geschickt. . . .
100. L. 23. I. 87. ... Sie sind mit der Apologie der alten
Jungfern ' nicht zufrieden ? aber, die alten Jimggesellen würden
gewifs weit übler zu rechte kommen, wenn ich eine Lobrede auf
sie schreiben sollte : Denn was könnte es anders, als Satyre vom
Anfange bis zu Ende werden : selbst die Buhlerey mit den Musen,
und wenn sie ihnen selbst solche göttliche Oden, ^^^e einem ge-
wissen Rammler eingäbe, würde die alten Hagestolzen nicht
schützen: doch diefs bleibt unter uns!
Vgl. den 97. und IM). Brief.
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Kamler. 281
Tausend Dank für die saubere Abschrift Ihres mytho-
logischen Auszugs! Mit Begierde sehe ich dem grofsen Werke
entgegen, zu dem uns selbst öffenthclie Blätter Hoffnung
machen.
Was sagt denn Nicolai zu den Geifselstreichen, die ihm itzt
von allen Seiten beygebracht werden? genug dal's er Handfest
genug ist, sich zu wehren: sich beklagen darf er nicht, nach dem
alten Sprüchelchen: per quod quls 2^eccat etc.
Das Reich Ihres itzigen Monarchen scheint den deutschen
Musen günstig, und welcher Patriot sollte sich nicht darüber
freuen ! . . .
101. L. 24. HI. 87. Der Überbringer dieses H. Mnioch,
ein junger Dichter, aus Eibingen, der bisher in Jena studiret und
mir von Herdern empfohlen worden, wünscht das Glück Sie
kennen zu lernen. Die Proben, die er im Musäum, und mir
auch schriftlich zu durchlesen gegeben, verrathen Talente : was
mir aber an ilim das liebste ist, ist seine Bescheidenheit. Wir
haben ihn hier zu seiner Unterstützung ein paar Declamatiouen
halten lassen, die nicht übel ausgefallen sind, ob er sich gleich
nicht für einen Deklamator von Profession ausgiebt: — Doch
er mag Ihnen seine Schicksale selbst erzählen. . . . Ich lese immer
in Zeitungen und sehe es in der Berl. Monatschrift, wie thätig
Ihre Muse ist. Diefs versichert mich Ihrer Gesundheit an Seele
und Leib. , . . Unser Adelimg, der sich Ihnen aufs freundschaft-
lichste empfiehlt, geht als Oberbibliothekar nach Dresden, eine
Stelle die sehr einträglich ist, und die ich ihm der Ruhe wegen,
längst gewünschet habe. . . .
102. L. 18. V. 87. ... Der Himmel bewahre mich, dals
ich bey meinen alten Übersetzungen zumal von Romanen, die
längst durch neue verdrängt sind, an eine Ausbesserung M'ieder
denken sollte! Nein, (im Vertrauen zu Ihnen!) diese sehe ich
bey mh- immer als leichte Waare an, wo, wann sie verthan ist,
die Mode sie durch etwas anders ersetzen mufs, wenn sie Ab-
gang finden soll : Denn zu einer zwoten Auflage kömmt es nicht
leicht, und geschah es ja, so sind die Buchhändler solche etc.
dafs sie lieber heimlich nachschiefsen, als dem Verfasser davon
Vgl. Goedeke, G. R. II, 1098.
282 Briefe vuu CIi. F. ^Vei^sc au K. W. Rjimler.
etwas eutdecken, weil sie fürchten, dafs, wenn er ja das Werk
wieder übergehen wollte, sie Ehreuthalber ihm etwas für seine
Mühe anbieten müfsten. Julie Grenville ' ist also von dem Über-
setzer, so wie von den Lesern vergessen : nur gestern ward bey
einer Tafel gesagt, dals in dem Verzeichnisse der neuen Mefs-
bücher 109. Romane befindlich wären: wie kann man für diesen
Gedrang an die alten kommen!
Was ich zu Eirem so herrlich versifizirten Gefsner- sage?
Fürs erste tausend Dank für das mir theure Geschenk. Dann
das — was so viele von Rammlers Verelirern sagen: es ist schön,
unvergleichlich: aber einem Reichen, der so reich ist,- wie Er,
würde man noch mehr danken, wenn er uns von seinen eignen
Schätzen gäbe, als dafs er sich die Mühe nimmt, anderer Gold
zu poliren. Freylich sieht man es nun noch heber an, man wird
aber doch nicht reicher. Das, was ich zu Rirer Entschuldigung
sage, ist, dafs Sie eine solche Arbeit vermuthlich zu einer Zeit
übernehmen, wo Sie nicht Lust haben, über ilu'e eigene Gasse
zu gehen, weil es zu tief liegt, als dafs sie sich itzt bücken
mögen; um aber doch etwas zu thuu zu haben, machen Sie das
cursirende Geld so schön, dafs man es mm als Schau Stückchen
aufhebt. So fülle ich die Zeit, wo mein Kopf nichts taugt, oder
ich ihn nicht anstrengen mag, und doch mit der Feder gern
spielen möchte, mit einer Übersetzung aus.
Ihren Martial ^ hat mir H, Reich gegeben und auch für
diefs wichtige Geschenk tausend Dank! ich mag wohl hin und
wieder Übersetzungen von einem oder dem andern Dichter hier
und da gelesen haben, und wo ich mich nicht irre, habe ich
selbst manches übersetzt: aber wo diese AVerkchen hingekommen
sind, weifs ich nicht: vielleicht, durch Ihre Ernnmterung aufgc-
fodert, setze ich mich einmal hin und schicke Ilincn ein paar
Duzend, die ich dann Ihrer Feile überlasse.
' Julie Greuville, oder die Geschichte des menschlichen Herzens von
Herrn Brooke. Aus dem Englischen. Leipzig 1775. III. 8\
^ Salomon Gefsners auserlesene Idyllen in Verse gebracht von K. \\.
Kamler. Berlin 1787. 8".
^ Marcus Valerius Martialis in einem Auszüge, lateinisch und deutseh.
Aus den poetischen Übersetzungen verschiedener Verfasser gesammelt von
K. AV. Kamler. Leipzig 1787. 8'.
Briefe vou Ch. F. Weifse an K. W. Kamler. 283
Es ist mir sehr lieb, dafs H. Muioch ' fühlet, dafs es keine
leichte Sache ist, an einer Bude zu stehen, und Zuschauer, oder
Zuhörer zusammen zu trommeln, wo es mehr Schauspiele, und
solche giebt, wo man nicht nur hören, sondern auch sehen soU.
Auf semem ersten Antrag sagte ich ihm hier auch Alles Glück
ab, und nur dem Fürspruch des JNIitleidens hatte ers zu danken,
dafs sich einige meiner Freunde, die noch mehr Einflufs, als ich
haben, für ihn interessü-ten. Denn es ist bei uns in Leipzig
tont comme chez vous und man möchte mit jedem Augenblicke
ausrufen: „Potzhundert der Virtuosen und kein Ende!" Seit
einiger Zeit finden sich so gar bey ims die Italiänischen Impn)-
visatori ein imd sind seit kurzem ihrer 3. aufgetreten. Am
wenigsten ist es für Leute unsers Gleichen eine Sache mit dem
Hute umher zu gehen: denn jeder denkt, wenn er sich ja die
Gewalt anthut, etwas hineinzuwerfen, dafs es unsertwegen ge-
schieht.
Ihr Prolog, der in der lezten Berlinischen Monatschrift steht,^
hat mir ganz ausnehmend gefallen und wenn ich ein grofser
Herr wäre, müfste jeder Direktor meiner Schaubülinen und jeder
Schauspieler, auf die goldnen E-egeln, die darinne gegeben wer-
den, schwören. . .-.
Nächster Tage lassen Sie Sich auch den 7^®" [TheU des
Briefwechsels des Kiuderfreundes] geben: aber sagen Sie nm- ja
auch, als mein getreuster kritischer Mentor, wann ich aufhören
soll, so bald das Ding geschmacklos und langweihg wird: Denn
ich fühle itzt, dafs ich nicht ganz den rechten Weg gCM^ählet
habe, und ein ander Fahrzeug hätte wählen sollen. Izt kann ich
mich nicht wieder herausfitzen, dafs das Ding die Form eines
schicklichen Ganzen erhält, wenn ich nicht durch 50. Bände
fortfahren will: so geht es, wenn man seinen Plan nicht reclit
überdenkt.
Huf Himmel, welche Wust [!] von neuen Schriften, da mir
noch so viel von den lezten Messen zu lesen übrig ist! Wollen
Sie uns nicht einmal wieder in Leipzig besuchen, da Ihnen Ihr
' Vgl. Brief 101.
- Rede bey Eröffnung des neuen Nationaltheaters in Berlin. Den
4. Dezember, 1786. Berlin. MS. 1787, April, S. a09— :31ti.
284 Briefe von Ch. F. Wcifse an K. W. Kanilor.
König eine Pension dazu giebt? Sie glauben nicht, wie mein
Herz sich nach Ihnen sehnet! Wenigstens künftiges Jahr, da
ist den 6^''" Junius meine silberne Hochzeit, die sollen und
müssen Sie mit begehen helfen. , . .
103. L. 27. IV. 93. Freylich, liebster Freund, ist mir ein
solcher Bote, wie der, der mir Ihren lezten Brief überbrachte
lieber, als alle Staffetteu und Mefsgelegenheiten. Was für eine
süfse, liebenswürdige Frau, ist Fr. v. Bandemer,' und um wie
viel Herzeinladender für mich, da sie eine so feurige Freundin
von Ihnen ist! O wie viel hat sie mir von Ihnen erzälilen
müssen ! Doch ist mir nichts interessanter gewesen, als die
Nachricht von Ihrem fröhlichen, jugendlichen Alter und die
schwarze Locke, die sie mh' von Duien gezeigt, die noch die
Scheitel eines jungen Apollo schmücken würde. jVIit mir geht
es nicht so gut: mein Haar verräth den AVinter des Lebens und
ich bin bisher immer ein Invalide gewesen, meine Hand zittert
imd es kostet Anstrengung, selbst einen Brief zukritzeln: gleich-
wohl sind Bacchus und Venus nie die Götter gewesen, denen
ich in meiner Jugend geopfert habe. Aber diel's mufs so seyn.
Sie sind ein besserer Dichter und der Himmel giebt Ihnen Geist
und Kraft, damit Sie ihre schwachem Zeitgenossen noch durch
deren Früclite in ihrem Alter laben und ergötzen. Gott erhalte
Sie noch lange dabey!
AVegen der Fr. v. B. Gedichte ist es keine Frage, dafs sie
nicht ein Buchhändler unter den vorgeschlagenen Bedingungen
annehmen soUte, und ich habe schon diefsfalls mit unserm Cru-
sius gesprochen, der sehr bereitwillig darzu ist: nur wünscht er
die bestimmte Anzahl der Subscribeuten vorher zu wissen; imd
diefs wird vermuthlich nicht schwer seyn, da doch ein Termin
fest gesetzt ist, wenn sie geschlossen wird. Auch mit Grafen,
dem Direktor der Weidmannischen Handlung habe ich Hires j\Iar-
tials wegen gesprochen und er erwartet diefsfalls Iliren nähern
Antrag. Meinen Briefwechsel habe ich voriges Jahr zu Michael
mit dem 12. Bande geschlossen und zugleich darinnc im Namen
meiner Muse von dem litterarischen Fublico Abschied genommen —
' Vgl. Goedoko, G. R. II, 1000, wo jedoch mehrere ihrer Schriften
fehlen. Auch sie gehöi't zu den „Opfern" von Ramlcrs Verbesseruugssucht.
Briefe von Ch. F. Weifse au K. W. Kanilor. 285
Als ich den lezten Theil des Briefwechsels der Königin von
Neapel schickte, legte ich bey folgendes kleine Gedicht bey, das
aber keine Menschenseele, als diese Fürstin und mein Buch-
drucker gesehen, und mit meinem Willen auch Niemand sehen
soll, als ein Freund, wie Sie, der Nachsicht mit meiner Schwach-
heit haben kann. Die Veranlassung war folgende.' Die Herzogin
von Würtenberg hatte der Königin, die ihr ihr Vergnügen über
den Kinderfreund welchen sie mit ihren Kindern fleil'sig läse,
bezeigt, die Herzogin hatte ihr von dem Briefwechsel gesagt und
ilir die ersten 10. Theile geschenkt. Ich erhielt darauf von der
Königin einen sehr verbindlichen Brief, mit dem Verlangen ihr
die Fortsetzung zu schicken : diels ist geschehen und ich konnte
es nicht ohne ein kleines Komphment thun. Für eine italiänische
Königin, die hoffentlich keine grofse Kunstrichterin ist, mag,
dachte ich eine solche Reimerey gut genug seyn : der Inhalt be-
zieht sich hauptsächlich auf ihren Brief.
Sie fragen nach unserm Theater: aber seit 2 Jahren bin ich
nicht über die Schwelle desselbigen gekommen. Den Früliling
und Sommer athme ich lieber die gesunde und freye Luft auf
meinem Stötteritz ein und in Herbst und Wintertagen ist es mir
zu kalt: im Grunde aber reizen mich auch die neuen Ritterspiele
nicht, es mag nun mein veralteter Geschmack daran Schuld seyn,
oder sie mögen wirklich nicht viel taugen. . . .
104. L. 21. X. 94. Da itzt Ihre Berliner Buchhändler
zurückgehen, so kann ich sie unmöglich ohne ein Wort der Liebe
an Sie, mein innigstgehebter Freund, von mir lassen. Noch bin
ich Ihnen ohnediels meinen lebhaftesten Dank für die gütige
Aufnahme schuldig, deren Sie meinen Sohn an Ostern bey sei-
nem Besuche gewürdiget, und die er nicht genug rühmen können.
Wie sehr würde ich ihn beneidet haben, wenn er nicht mein
Sohn gewesen wäre und — manche gute Eigenschaften hätte.
Er ist freyhch kern Dichter: aber \'ielleicht desto besser, da die
heutigen Dichter mir eben nicht alle gefallen wollen: übrigens
ist er ein statistischer Autor, der brav in die Welt hinein schreibt
und wenigstens seinen- Weg fortgeht. Sie, hebster Freund, stehen
nun, wie ich höre, allein an der Spitze Ihres Theaters und der
' Vgl. Selbstbiographie, S. 197 f.
2So Briefe von Ch. F. Wcifse an K. W. Ramler.
niilsmuthige Engel, mit dessen üblen Laune, Widerspruch und
Sonderbarkeiten Sie viel m()gon zu kämpfen gehabt haben ist
fort. Wie sehr wünsche ich Ihnen, wie sehr dem Theater Glück :
Wenn es nun nicht gedeyet, so sind entweder die Schauspieler
oder unser AVunderliches Publikum Schuld. O! dals ich doch
itzt unter Ihrem kritischen Auge meine dramatische Laufbahn
anfangen möchte! Dann wiu'de vielleicht etwas mehr, als mittel-
mäfsiges zum Vorscheine gekonuueu seyu und ich meine Muse
überlebt haben, die Sie, wie ich durch die Hn. Itzig und Michel
erfahren, so freundschaftlich wieder aus ilu'em Schlummer er-
wecken wollen. Ich habe den Geschmack am Theater ganz ver-
loren. Die Guckkasten Stücke und Ritterschauspiele eckelu mich
an, und eine gute ital. Opera puffa, die alle halbe Jahre mit
der deutschen Komödie hier wechselt, hat bey unserm Publico
vollends alle Liebe für die lezte verdrängt, so dafs man nur aus
Bedürfnifs die Zeit zu tödten, hineingeht. — Ans Schreiben
denke ich itzt wenig, es müfsten denn kleine Tändeleyen seyn,
die ich für einen Allmanachssammler hinwerfe : hier sind ein
})aar solche Pröbchen, die ich für unser voriges und dielsjähriges
Peichscontingent liin schrieb, um wenigstens zu sehen ob ich
noch im Nothfall reimen könnte. Desto mehr lese ich itzt, wo
mir mein Aufenthalt auf dem Lande den ganzen Sommer über
viel Zeit läfst: und o wie fleifsig ist da mein Rammler mein Be-
gleiter, er den der Gott der Musen noch itzt so beseelt, dals
man gewifs glaubt, er lüge sich alt, so wie die alten Matronen
sich alt zu lügen pflegen. Werden wir bald den Pendant zu
Wielands prächtiger Ausgabe von dessen Gedichten, der Bm'gen,
wozu Sie uns Hoffnung machten, erhalten? Er war diesen Som-
mer einen Tag bey mir in Stötteritz, und erzählte mir, dafs er
am Ende sein Leben mid die Geschichte seines Geistes hinzu-
thun wolle. Vielleicht sollte das jeder Dichter thun, uiu nicht
unzeitigen Biographen in die Hände zufallen, die unter walu'en
und falschen Nachrichten oft der Nachwelt von einer ganz schie-
fen Seite vorgestellt werden.
Noch ein Wort von Ihrer Freundin, der Fr. v. Bandemer!
Sie schrieb mir schon im vorigen Jahre, dafs Sie ihre Schriften
hier auf ihre eigne Kosten wolle drucken lassen, [und] den schön-
sten Druck und Papier, der zu haben sey, nebst den Preis für
Briefe von Ch. F. Weii'se nn K. W. Ramler. 287
eine bestimmte Anzahl von Exemplaren zuwissen verlange. Jcli
mittelte Goeschen aus, der den Widand herausgiebt, eine eigene
Druckerey angelegt hat imd unstreitig den meisten Kopf unter
unsern Buchhändlern hat, auch ein guter gefülliger Mann ist.
Er hat darüber Briefe mit ihr gewechselt, Proben und Papier
zugeschickt, und sie sind völlig eins gewesen. Da aber einige
Berliner und Fraukfurther Göschen Angst gemacht, dafs sie ihm
^^elleicllt, die füi* ihre Umstände ziemlich hohe Sunnne, (mich
däucht es waren 800 Tlialer) bey der Auslieferung der Exem-
plare nicht möchte bezahlen können, so gern sie auch wollte,
indem sie den grölisten Theil der Pränumeration anticipicrt habe,
und davon lebe: so hat er ihr geschrieben, dafs er ihre Werke
unverzüghch heraus drucken wolle, sie aber bitten müsse, wegen
des grolsen Verlags auf holländisch und Schweitzer Papier etwa
die Hälfte voraus zu bezahlen, oder ihm nur hier oder irgendwo
eine sichere Anweisung zu geben. Hierauf hat er aber seit
Vo Jahre keine Antwort erhalten. Ich schreibe Einen diefs in
grölster Vertraulichkeit, da ich weifs, ^vie sehr sie sich für die
liebenswürdige Frau iuteressu'en : aber es ist freyhch schwer für
eine Person Gewähr zuleisten, deren Umstände man nicht genau
kennt. . . .
105. L. 22. XH. 94. „Der junge Graf von Schönborn
aus Maynz nebst seinem Hofmeister, ein Katholischer Geist-
licher, ein oifener Kopf und frey denkender Mann", werden
emp fohlen. . . . Wie sehr freue ich mich, bester Freund, dafs Sie
itzt an der Spitze des Berliner Theaters stehen ^ — Aut nunc
aut numquam — und wie sehr schmeichelt es meinem Ideinen
Autorstolze, (wiewohl dieser bey mir ganz verloschen ist,) dafs
Sie den vergessenen Dichter bey der dramatischen Welt in einiges
Andenken bringen wollen. Man hat vormals auch hier einige
von den kleinen Kinderspielen auf die Bühne gebracht, wo das
von Ihnen angezeigte kleine Drama, ingleichen die SchUttenfarth,"^
' Engel, seit 1787 mit v. Beyer und Ramler Direktor des Nutional-
theaters, erhielt am 20. Juli 1794 seine Entlassung und Ramler teilte bis
Ende 1796 (vgl. den 107. Brief) die Generaldirektion mit dem Geh. Rat
V. Warsing. Vgl. Brachvogel, a. a. O. II, 350 ff.
'^ Die Schlittenfahrt, Kinderspiel in zwei Aufzügen. Leipzig 1777. 8°.
Vgl. Goedeke, G. R. II, 1095.
288 Briefe von Cli. F. Weifse an K. W. Ramler.
^\'0 ein Magister Bihulus vorkömmt, Vergnügen gemacht haben.
Da sie mein Verleger besonders zusammen drucken lassen, will
ich sie Ihnen schicken. Zu Arcadicn, hat Hiller hier eine lieb-
liche Musik gesetzt, die aber nicht ])ekannt ist, weil sie nicht
gedruckt worden.
Der Frau von Bandemer hajDc ich auf ihren lezten Brief,
— zu meiner Schande sey es gesagt — nicht geantwortet: son-
dern Goeschen gebeten, die Sache mit ihr auszumachen. Ihm
kann ich es freylich nicht verdenken, dal's er nur einige Gewähr
für eine ganz ansehnliche Summe seines Aufwands, ja nicht ein-
mal irgend einige Pränumeration fodert, welches mehr ist, als
irgend ein anderer thun wird, der von ihren Verliältnissen gar
nichts weifs. Ich habe aus den Correcturen ilirer Handschrift
nur zu sehr gesehen, welch ein wahrer Freund Sie von der guten
Frau sind ! . . .
106. L. 2. IV. 95. Ich kann doch unmöglich unsoni
Blankenburg nach Berlin gehen lassen, so sehr sich auch mein
gichtbrüchiger Arm dem Schreiben widersetzt, ohne ihm ein ])aar
Zeilen von Freundschaft an meinen besten Ranunler mitzugeben !
— O! wie beneide ich ihn um das Glück, Sie persönhch um-
armen zu können ! Doch er ist ja mein Freund und er wird
mir wenigstens bey seiner Zurücldcunft recht vieles von Ihnen
sagen können, worüber icli mich freuen kann. Das Vorzüglichste
wird die Nachricht seyn, dafs Sie den häfslich langen Winter
bey einer jugendlichen Gesvmdheit überstanden haben. Ich bin
noch so ziemlich leidlich bis hieher durchgekommen und bin schon
zufrieden, dafs ich nur dann und wann ein Stubengefangener ge-
wesen bin. Unsere poetischen Patriarchen haben sich überhaupt
bisher recht gut gehalten: nur der alte Ebert hat den Winter
nicht gut beschlossen.! Yor wenig Tagen schrieb mir Utz, dafs
er sein 86. Jahr zurückgelegt habe, und schickt mir alle meine
Briefe von 40 Jahren her in der edlen Absicht zurück, damit
nicht, da er aufser einer alten Schwester keine Erben habe, ein
eigennütziger Buclihändler, Mifsbrauch davon machen möge :
und wie sehr habe ich ihm dafür gedankt I Ich Avüixle diefs
ebenfalls thun, wenn ich es nicht meinem Sohne zur Pflicht
• Er starb am 19. März 1795.
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler. 289
machte, solches ebenfalls nach meinem Tode zuthun und einen
grolsen Theil davon schon vernichtet hätte.
Ich wollte Ihnen für Hir Theater eine kleine Comödie mit-
schicken: aber, vielleicht thue ich solches hel)er durch die Post,
weil ich Sie, Sie ganz allein, zum Vertrauten machen wollte, und
ein Packetchen durch eine gelegentliche Bestellung schon die
Frage des Überlieferers veranlassen möchte, was es enthält. . . .
107. L. 20. VI. 97. Ihr lieber Brief fand mich schon auf
dem Lande: sonst würde Ilmen ganz unfehlbar der Überbringer
Ihres vortretf liehen Geschenks ^ bey seiner Zmäickkunft meinen
Herzinnigen Dank dafür eingehändiget haben. O! was hat mir
diese Fabellese so wie den Meinigen für angenehme Stunden in
meiner ländlichen Einsammkeit verschafft ! Ja, sie hat mich selbst
zum Fabeldichter gemacht, und ich habe auf meinen Spatzier-
gängen ein Halb Dutzend Erzählungen hingefabelt, aus denen
schon etwas werden könnte, wenn mein Rammler mit seiner
kritischen Feile darüber käme. . . .
Allerdings wünsche ich Ihnen Glück, dafs Sie der verdrüfs-
lichen Theaterdirection los sind.- In Deutschland wird das
Theater nie leicht einen ge^vissen Grad der Vollkommenheit er-
reichen, wo Schauspieler und Dichter so eigenwiUige und ver-
kehrte Geschöpfe sind, dafs sie auf die Stimme eines gelelu^ten
und erfahrnen Kimstrichters nicht hören woUen. Als Lessing
mir die ersten Bogen seiner Dramaturgie zuschickte, sclu-ieb er
mir : ^ „Meiner Absicht nach sollten diese Blätter hauptsächlich
' Fabeln und Erzählungen aus verschiedenen Dichtern, gesammelt
von K. W. ßamler. Eine Fortsetzung der Fabellese. Berlin 1797. 8".
^ Eamler wurde der Direktion des Nationaltheaters durch folgendes
eigenhändige Schreiben Friedrich Wilhelms IL enthoben:
„Besonders lieber Getreuer. Bey Eurem Alter und Gesimdheits-
umständen, mache Ich Mir ein Vergnügen Eurem sehr natürlichen Seh-
nen nach Euhe zuvorzukommen, und Euch gnädigst hiemit zu erkennen
zu geben, dafs Ihr, von jedem Antheil an die Direetion des Naiional-
Schauspiels dispensiref, künftighin Eure Zeit, lediglich Eurer Gesundheit
und Euren Lieblingsgeschäften widmen könnet. Icli lasse Euch aber
zum Beweise Meiner Theilnahme und Achtung das ganze bisher bezogene
Gehalt, und verbleibe Euer gnädiger König Fr. Wilh.
Berlin, d. löten Dccember 1796.
^ In einem verlornen Briefe, zwischen Juni und Uktober 17G7 ge-
schrieben, der auch in Nr. 24 angeführt wird.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. 19
290 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
der Kritik der Schauspieler ge^dedinet seyn: ich sehe aber wohl,
dal's mit diesem Volke nichts anzufangen ist: sie nehmen Privat-
erinnerungen übel, was würden sie bey einer öffentHchen Rüge
thun : ich werde es also wohl die Autoren müssen entgelten
lassen." Ich für meine Person bin seit 2. Jalu'en in kein Schau-
spiel gekommen: den Winter über ist es mir zu kalt, den Som-
mer liebe ich die freye Natur zusehr, und von den neuern Dra-
men die ich gelesen habe, sind wenige, von denen ich die
Aufführung zusehen wünsche, die alten spielt man nicht mehr.
Meine Gesundheit ist noch leidlich genug und die Beschwer-
den des Alters trage ich mit Gelassenheit, da mein Geist ziem-
hch heiter ist. Ich lese viel und mehr, als ich verdauen kann,
das heifst, ohne mich grofs zu unterrichten, und blos zum Zeit-
vertreib. Gern schrieb ich mehr: denn Schreibseligkeit gehört
mit zu meinen Fehlern; zu gutem Glück läfst es mir meine zit-
ternde, schwerfällige Hand selten zu. Beckern in Dresden schicke
ich bisweilen einen kleineu Roman in seine Erholungen,' und ich
möchte wohl A\issen, wenn Sie Sich die Mühe nehmen, diese
Qvartalschrift zulesen, was Sie davon hielten?
Sie, hebster Freimd, beweisen durch Ai'beiten, nach dem
Geiste und der Ki-aft, die Sie beseelen, dafs Sie noch viel zu
jung und unreif für das Grab und viel zu thätig sind, als dafs
Sie die jüngere Welt nicht unterrichten sollten. Glücklich würde
sich Göschen schätzen, wenn er die Kinder Eirer Muse ausstat-
ten und bey der Welt einführen sollte: denn bey Wielands Ge-
dichten ^ hat er erst gelernt, was ihnen noch zu mehrer Voll-
kommenheit fehlet und ich zweifle nicht, dafs die Klopstockischen
Oden,^ wovon ich bereits die ersten Bogen gesehen, noch weit
reitzender ausfallen werden. Wie gern sah ich meinen Freund
Ramler in seinen Händen ! . . .
» Erhohingen. Herausgegeben von W. G. Becker. Erstes Bänd-
chen, 1796. S. 91—1:^9. „Leid und Freude. Eine Revohitionsscene in
einem Familien-Schauspiele" und anderes mehr.
- C. M. Wielands SämmtUche Werke. Leipzig 1794 ff. 4" und 8".
^ Klopstocks Werke. Erster bis Siebenter Band. Leipzig 1798 ff. 4".
Friedrich Melchior Grimm,
der Vermittler des deutschen Geistes in Frankreich.
Von
Richard 3rahreiiholtz.
(Vortrag, gehalten auf dem 3. Neuphilologen -Tage.)
Eine lange Zeit geglaubte Legende läfst Mme. de Stael ihre
französischen Landsleute zuerst auf deutsche Dichtung und Philo-
sopliie hinweisen, während doch schon eui halbes Jahrhundert
frülier von Deutscliland ^de ^'on Frankreich aus an der Einfüh-
rung unserer Litteratur in die Pariser Salons gearbeitet \vurde.
Zuvörderst erwarb sich hier ein Mann, an dem die herkömmliche
Auffassung nm- die undeutsche, französische Richtung seines
Wirkens hervorzuheben pflegt, bemerkenswerte Verdienste —
Gottsched. Durch seine Beziehungen zu der in Berhn er-
scheinenden, später von dem htterarischen Freibeuter Foraiey
nicht ungeschickt redigierten „Bibliotheque germanique" und sogar
zum „Jom-nal des Syavans" in Paris, dem Mittelpunkt französi-
scher Gelehrsamkeit und Kritik, gelang es ihm, eigenen und frem-
den Artikeln über die Hervorbringungen der deutschen Dichtung
die Aufnahme in beiden Zeitschriften zu sichern. Später schrieb
Nicolai, dessen gut deutsche Gesinnung und Schaffensthätigkeit
gleichfalls oft übersehen wird, in französischen Zeitungen über die
htterarischen Erscheinungen seines Vaterlandes, und nach dem
ersten Erscheinen des von der Schweizer Schule vergötterten
„Messias" hatte Bodmer den kühnen Gedanken, in fi-anzösischen
und italienischen Blättern für Klopstocks Ruhm zu Avirken. So
war der Boden nicht ganz ungeebnet für Friedrich Melchior
Grimm, der im Jahre 1748 oder anfangs 1749 nach Pans sich
begab, imi dort für seine schriftstellerischen Pläne ein weiteres
Arbeitsfeld zu suchen, als es die kleinstaatUche Zerrissenheit und
19*
292 Friedrich Melchior Grimm.
litterarische Ohnmacht des damaligen deutschen Reiches ilim ge-
währen konnte. Am 26. September 1723 in einem Regensburger
Pfarrhause geboren, war Grimm von Jugend an in das klassische
Altertum eingeführt und mit gründlichen Kenntnissen des Latein
und Griechisch ausgerüstet worden, ehe er noch, etwa 1742, die
Universität Leipzig bezog. Diese Studien sind ihm in der Folge
für seine Beurteilung der französischen Dichtung sowohl wie der
deutschen von grofsem Nutzen gewesen, und sie waren in jener
Zeit keineswegs ein Gemeingut der Besten und Edelsten, wie das
gewöhnlich angenommen wird. Li der Pflege der griechischen und
römischen Sprache, dem besten Erbteile des Humanismus, macht
sich in katholischen Ländern schon seit der Mitte des 17. Jahr-
hunderts ein Rückgang bemerkbar, der nicht zum mindesten eine
Schuld des Monopoles ist, welches der Orden Jesu im höheren
Schulunterricht sich erworben hatte. Wie alles, so wurde von
den jesuitischen Lehrern auch das Studium der alten Sprachen
in den Dienst der Ordenszwecke gestellt, das Latein daher nur
in Disputationen und Stilübungen zu })raktischer Verwendung
dressiert, das Griechische fast ganz vernachlässigt. Kirchen-
latein galt in der Wertschätzung mehr als die Sprache Sallusts
und Ciceros, die spätere römische Litteratur wurde vor der des
goldenen Zeitalters bevorzugt, schon mii das „heidnische" Alter-
tum in der Meinung der Zöglinge zu gunsten der Kirchenschrift-
steller herabdi-ücken zu können. So finden wir in dem Frank-
reich des 17. Jahrhunderts bedeutende Männer, wie Valentin
Conrart, Sekretär der französischen Akademie, die Dichter
Ph. Quin au It und Jean-Fran9ois Regnard, die des Griechi-
schen völlig unkundig sind und ihr biischen Ijatein wieder ver-
gessen haben. ÄhnHch mangelhaft war die klassische Vorbildung
der Vorkämpfer der französischen Aufklärung. Voltaire, der
die erste aller französischen Jesuitenanstalten, das Coll(?ge Louis
le Grand in Paris, jahrelang besuchte, hat nach seinem eigenen
Geständnis nur „Kii'chenlatein plappern und ein bifschen Horaz
lesen". Griechisch aber so gut wie nicht erlernt. Als welt-
berühmter Schriftsteller bildete er den Plural von jiuoilfvg in ßaoiloT
um und wurde ob seiner Unmssenheit von einem seiner jesuiti-
schen Feinde höhnisch verspottet. Jean -Jacques Rousseau
erlernte die dürftigsten Anfänge des Griechischen erst im Man-
Friedrich Melchior Grimm. 293
uesalter, der gelehrte cPAlembert that sich viel darauf zu gute,
dais iliu nicht einmal die gehäuften Schwierigkeiten der — un-
regelmäfsigen Zeitwörter in Verlegenheit brächten. In prote-
stantischen Ländern stand es mit dem Sprachunterricht damals
etwas besser, aber im ganzen schlecht genug. Das Latein nahm
zwar einen Hauptteil der Lehrstunden ein, wurde aber mit un-
gehörigem und überflüssigem Lehrstoff angefüllt, dabei die spätere
Litteratur weit mehr als die des letzten Jahrhunderts der römi-
schen Repubhk betont und das Griechische ungebührlich ver-
nachlässigt. Schlecht bezahlte, mit Arbeitslast überhäufte Lehrer,
denen es ausserdem an einem tieferen Verständnis des klassischen
Altertimis und an höherer Geistesbildung fehlte, konnten zwar
das Lateinsprecheu und Lateinschreiben eindressieren, aber nim-
mermehr ihren Zöglingen eine lebendige Auffassung der Sprache
und Litteratur oder wirkliche Begeisterung für klassische Studien
eiuflöfsen. So wurde das Latein zwar die Sprache der Gelehrten,
aber die Hochgestelltesten und Bedeutendsten sahen in dem
Französisch die eigentliche Konversations- und Schriftsprache, die
grol'se Masse redete und schrieb in dem noch so wenig entwickel-
ten und geläuterten Deutsch jener Zeit. Hinreichend bekannt ist
ja das gespannte Verhältnis, in dem zwei von den grofsen Dich-
tem des 18. Jahrhunderts, Herder und Schiller, zu den alten
Sprachen, besonders zur griechischen, standen; ebenso bekannt,
dafs der gröfste aller preufsischen Herrscher, der nach seines
Vaters strenger, mit dem Stocke überwachter Weisung „griechi-
sche und römische Scriptores nicht lesen sollte, denn die taugten
gar nichts", vom Griechischen überhaupt nichts, vom Latein so
wenig verstand, dafs er römische Autoren nur aus französischen
Übersetzungen kennen lernte. Wer, wie unser Lessing, in den
alten Sprachen bewandert war, der hatte seine klassische Bildung
an den beiden Sitzen der Philologie empfangen, welche sich vor-
teilhaft von den anderen Hochschulen Deutschlands unterschieden,
in den sächsischen Fürstenschulen und auf der Universität Leip-
zig. Die letztere, welcher damals Ernesti, von seinen bedeu-
tendsten Schülern als tiefer Kenner des klassischen Altertums
gefeiert, erst später von der schöngeistigen Richtung der Heyne-
scheu Schule als einseitiger Grammatiker herabgesetzt, die Hau|)t-
richtung gab, hat auch Melchit)r Grimms Bildungsgang noch iiK^hi-
294 PViedrifh iVIelchior (Jrimiii.
auf das Studium der alten Sprachen gefülirt, als es das Regens-
burger Gymnasium vermochte. Zugleich aber wurde er in Leipzig
mit übertriebener Vorhebe für die einseitige Dichtkunst und
Kritik Gottscheds erfüllt, den er schon von Regensburg aus in
sclnvärmerischen Briefen gefeiert hatte. Wer \\t\\ es dem jungen
namenlosen Menschen, der von vornherein den schriftstellerischen
Beruf ins Auge gefafst hatte, verdenken, dals er sich dem ge-
feierten Diktator des htterarischen Deutschland unterwürfig näherte,
dals seine Begeisterung für Gottsched aufs höchste stieg, als
dieser seine Bearbeitung von Zieglers „asiatischer Banise" den
Musterdichtuugen der „deutschen Schaubühne" einreihte? Auch
die unwürdigen Schmeicheleien seiner Briefe mögen dem über-
ladenen Briefstil damaliger Zeit zu gute gerechnet werden. Aber
d e r G o 1 1 s c h e d i a n i s m u s blieb d e r K r e b s s c h a d e n sei-
ner Auffassung der deutschen Litteratur, und da er
bei seinem fast ununterbrochenen Aufenthalte in Paris die Schöp-
fungen Lessings, Goethes, Schillers nur obei-flächlich kennen lernte,
überhaupt in die Umwandlung der deutschen Dichtung und Kritik
seit dem Sturze der Gottschedschen Schule nicht hinreichend ein-
geweiht wm-de, so konnte er nur mit Gottscheds Augen sehen
imd mufste den Franzosen, die er mit Liebe für Deutschlands
litterarische Thaten erfüllen wollte, ein ganz einseitig gefärbtes,
nicht eben anmutendes Bild zeichneu. Im Oktober 1750 und
Februar 1751 erschienen zwei Briefe Grimms über deutsche Littera-
tur in dem „Mercure francais", dem Centralpunkte der Pariser
Kritik. Offenbar richtet sich Grimm gegen den herabsetzenden
Tadel Mauvillons, der in seinen „T^ettres franyaises et ger-
maniques" der deutschen Litteratur jeden „esprit" abgesprochen
hatte, ist aber vorsichtig genug, seinen Gegner nicht zu nennen.
Nicht ohne diplomatische Sehlauheit weil's er die eben erwachte
Vorliebe der Franzosen für die englische Litteratur, besonders
für den durch Voltaire etwas eingebürgerten Shakespeare, aus-
zunutzen. Auch Englands Dichtung habe bis in die jüngste y^eit
den gebildeten Franzosen als bai'bariscii und ungeuielsbar gegol-
ten, jetzt, nachdem sie besser erkannt und gewürdigt werde, finde
man an ihr Gefallen : ähnlich werde das Schicksal der deutschen
Litteratur in Frankreich sem. Schon aus nationaler Dankbarkeit
sollten die Franzosen sich mit den litterarischen Erscheinungen
Friedlich ^Melchior Grinini. 295
des Nachbarlandes bekannt machen, in dem französische Sprache
imd Litteratiir überaus geschätzt würden, in welchem die Schau-
spielhcäuser kaum die Zuschauer fafsten, wenn Cid und Älisan-
thrope gegeben mirden, während in Paris die beiden Meister-
werke kaum zwanzig Personen herbeilockten. Aber, um der
französischen Eitelkeit zu schmeicheln, mufs er den Abstand der
deutschen Litteratur von der französischen noch gröfser erschei-
nen lafsen, als er in Wirklichkeit war. Darum spricht er seinen
Landsleuten den „esprit createur", ähnlich wie Mauvillon, ab
und gesteht zi\, dafs sein Vaterland wohl den Franzosen eben-
bürtige Gelehrte, aber keine Redner und Dichter, wie Bossuet,
Corneille, Molifere u. s. w. habe. Dem zerrissenen deutschen
Reiche fehlten die grofsen Centralpuukte des geistigen Lebens,
namentlich eine Hauptstadt wie Paris, die Teilnahme der Fürsten
und Grofsen belohne die deutschen Dichter nicht, \nelleicht aber
werde Preufsens grofser Herrscher, an dessen Vaterlandsliebe
Grimm einen warmen Appell richtet, der Mäcen deutscher Dich-
tung werden. Die deutschen Gelehrten kümmerten sieh nur um
die römische und griechische Litteratur, die Hochgeborenen rede-
ten und schrieben nur französisch, wie hätte da die deutsche
Dichtung gedeihen können? Es war im Jahre 1750, als Grimm
dieses UrteU niederschrieb, noch waren die Lessing, Goethe,
Schiller am Horizonte deutscher Poesie nicht erschienen, und
von dem zündenden Beifall, den die Anfänge des „Messias'' her-
vorgerufen hatten, waifste Grimm, seit fast z^ei Jahren seinem
Vaterlande entfremdet und im Gottschedianismus stecken ge-
blieben, wenig. Das muls man sich vergegenwärtigen mid zu-
gleich den Rücksichten auf die Voriu-teüe französischer Aus-
schlielslichkeit Rechnung tragen, um Grimms Urteile gerecht zu
werden! Die Schilderung, welche dieser nun von dem Ent\\icke-
lungsgange der deutschen Litteratur bis auf die unmittelbare
Gegenwart giebt, ist freilich einseitig genug und nur der damahgen
Unbekanntschaft mit den älteren Zeiten und dem kritischen Schema
des Gottschedianers zu gute zu halten. Die mittelaltcriiche Dich-
tung bis zur Zeit des Humanismus ^rird kurz gestreift, und bei
dem derzeitigen Stande der Forschung liefs sich das kaum anders
erwarten. Dagegen werden Luthers Verdienste um die deutsche
Sprache und geistliche Liederdichtung warm gewürdigt, Han.s
296 Friedrich Melchior Grimm.
Sachs aber, die Meistersinger und so viele andere bedeutungs-
volle Erscheinungen des 16. Jahrhunderts ungerechterweise
herabgewüi-digt. Der mit Pope — ganz im Sinne der willkür-
lichen, geschichtswidrigen Parallelen damaliger Kritik — ver-
glichene Opitz ist nach Grimm der Vater deutscher Dichtung
und der geistesverwandte A^jrläufer des Mannes, in dem alle
Ausstrahlungen deutscher Dichtung wie in einem Brennpunkte
zusammenfallen — Gottscheds. Xatürlich kommen die anderen
Dichter der schlesischen Schulen bei Grimm ebenso schlecht fort
wie in Gottscheds Kritik ; von den Vorläufern des Leipziger
Diktators werden nur Hof dichter, wie der mit Horaz verglichene
Canitz gelobt. Nicht ohne Wärme wird dagegen der geniale,
aber im abenteuerlichen Leben verwilderte Joh. Christ. Günther
gewürdigt. Die Schweizer Schule ist nur ganz kurz ervvähnt,
auch auf Klopstock nur am Sclilusse als hoffnunggebeuden Dichter
der Zukunft hingewiesen. Besonderes Lob erhalten natürlich die-
jenigen, welche entM'eder Anhänger Gottscheds Avaren oder in dem
Gegensatze der Schweizer und Leipziger Schule eine neutrale
Stellung einnahmen, wie Friedrich v. Hagedorn und Albrecht
V. Hai 1er. Dem Gottschedianer Grimm erscheint auch der saft-
imd kraftlose Geliert als bedeutender Dichter.
Wie Grimm selbst im Anfange des zweiten Briefes erwähnt,
hat seine Scliildermig der deutschen Dichtung ihm bei Franzosen
wie bei Deutschen wenig Beifall eingetragen, indem die einen
seine zu warme Vorliebe für das deutsche Wesen, die anderen
seine wolilberechnete Schmeichelei der Franzosen mifsfällig be-
merkten. Vielleicht aber ist dieser Hinweis auf die undankbare
Verkennung guter Absichten nur eine schriftstellerische Reklame
Gnnmis, wenigstens ist aus den französischen und deutschen
Zeitschriften jener Tage nicht zu ersehen, dafs die beiden Briefe
im „Mercure" überhaupt besondere Beachtimg gefunden hätten.
Sie blieben daher ohne Fortsetzung, vielleicht zeigte sich die
mit den Neigungen französischer Abonnenten rechnende Redak-
tion des „Mercure" abgeneigt, weitere Artikel über deutsche
Litteratur aufzunehmen.
Im Jahre 1754 begründete nun Grimm sein „Journal etran-
ger", eine zum Central[>unkt dci' A^'eltlitteratur, mit sorgsam be-
rechueter Arbeitsteilung und peinlicher Ausscheidung alles Schlech-
Friedrich Melchior Grimm. 297
ten — nur sagt Grimm nicht, wo das Schlechte vom Guten sich
scheidet — bestimmte Zeitschrift. In den Jahrgängen des „Jour-
nal ^tranger" ist übrigens die Litteratur unseres Vaterlandes mn*
dürftig bedacht, und der Beurteilung merkt man es an, daft die
Anfänge von Lessings weittragender Kritik spiu-los an ihr vor-
übergegangen sind. So wird der Karschin Lobgedicht auf
Friedrich d. Gr., dessen ästhetischen Wert der gefeierte Herr-
scher auf — zwei Thaler absehätzte, mit ungemeiner Übertrei-
bung, aber doch im Geiste der noch wenig geläuterten Ästhetik
damaliger Zeit gepriesen, und überhaupt ist Gottscheds, nicht
Breitinge rs oder Lessings kritischer Mafsstab an alle Er-
scheinungen der deutschen Litteratur gelegt. Wir können aus
den Urteilen des „Journal etranger" keineswegs immer auf Grimms
Autorschaft oder Zustimmung schliefsen, denn das von ihm ins
Leben gerufene Blatt trat in die zweite Stelle, seitdem die schon
im Mai 1753 begonnene „Correspondauce litt^raire philosophique
et critique" ihn vollständig beschäftigte. Zwanzig Jahre lang
hat er dieses Werk, das in halbmonatlichen handschi-iftlichen
Berichten einem über Europa sich erstreckenden Kreise frei-
geistiger und grofsenteils freimaurerischer Fürsten und Grofsen
die Kenntnis aller Erscheinungen des litterarischen und gesell-
schaftlichen Lebens Frankreichs übermitteln sollte, als Hauptredac-
teur und Hauptmitarbeiter fortgeführt; erst dann ga"b er, durch
seine diplomatische Thätigkeit zu sehr in Anspruch genommen
und öfters von Paris ferngehalten, die Leitung an seineu bis-
herigen Sekretär imd Hilfsredacteur Meister, einen in Zürich ge-
boreneu Litteraten, ab. Wie weit er auch später iNIitarbcitei-
bHeb und wie weit nameutUch die Urteile über deutsche Dichter
ein Werk seiner Feder sind, das ist nicht leicht zu entscheiden
und ebensowenig durch M. Tourneux, den verdienstvollen Her-
ausgeber jeuer Korrespondenz, wie in Edni. Scherers Biographie
Grimms endgültig festgestellt. Wir haben an anderer Stelle den
Versuch gemacht, Grimms fernere Mitarbeit an dem RiesenM-erke,
welche durch seinen zweimaligen Aufenthalt an Katharinas H.
Hofe und sonstige Geschäftsreisen in diplomatischen Aufträgen
keineswegs immöglich wurde, weiter auszudehnen, als das von
Tourneux und Scherer zugegeben wird, in dieser Abhandlung
können wir aber nur diejenigen Urteile über deutsche Litteratur
298 Friedrich Melchior Grimm.
l^erücksiclitigen, die vor 1773 geschrieben sind und sicher von
ihm herrühren. Da zeigt sich denn doch, dai's Grimm in der
Fremde, wo die unmittelbaren Beziehungen zu Gottsched auf-
hörten, sicli von dem Einflüsse seines Lehrers etwas befreit hat.
Nicht als ob er, dem Erfolge allein Rechnung tragend, von Gott-
scheds Schule zu der Schweizer Richtung sich gewandt oder gar
die Bedeutung Klopstocks, die Gröfse eines Lessing erkannt
hätte ! Zu fern war er seinem Vaterlande, in das ihn nur gelegent-
liche diplomatische Missionen zurückfülnien, um mit dem rüstigen
Fortschritte der deutschen Dichtung und Kritik Schritt zu halten,
ja sich nur auf dem liaufenden erhalten zu können. So erwähnt
denn seine „Correspondance" von Lcssings Werken nur die Sara
Sampson und die Fabeln, beide mit sichtlicher Wärme, sogar nicht
ohne Übertreibung würdigend, kurz wird auch Wielands Dichter-
thätigkeit gestreift. Meist aber sind es Geister zweiten Ranges,
denen er, dem Zeitgeschmacke entsprechend, den Kranz der Un-
sterblichkeit reicht, wie Ramler, der „deutsche Horaz", Elias
Schlegel, Zachariä, Moses Mendelssohn, vor allem aber
der von ihm wie von den meisten Zeitgenossen in den Hinunel
gehobene Saloraon Gefsner. Aus dem Lobe, das er letzterem
spendet, darf man nicht auf seinen Übertritt zur Schweizer Rich-
tung schliefsen, denn als treuen Anhänger Gottscheds seinem
schlimmsten' Widersacher gegenüber bekundet ihn die fortgesetzte
Abneigung gegen Klopstock. Eine entschiedene Parteinahme für
den Dichter des Messias hätte ihm ohnehiu sem enges Verhält-
nis zu den Redacteuren und Mitarbeitern der Encyklopädie, mit
denen er in Holbachs Salon gern über alles Kirchliche spottete,
unmöglich gemacht, als Freidenker sowohl wie als Gottschedianer
blieb ihm die Tiefe des christlichen Sängers verschlossen. Wenn
er nun auch Gefsner und andere Dichter der Schweizer Schule
mit den begeistert blickenden Augen des enthusiastischen Bod-
mer, nicht mit der finsteren Diktatormiene eines Gottsched ansah,
so ist zwischen seiner Neigung und der kritiklosen Bewunderimg
des ganz der Schweizer Schule angehörenden ISIeister ein ])emer-
kenswerter Unterschied. Der letztere widmete dem dahingeschiede-
nen (xcisner einen Nachruf, Avic ihn in der „Correspondance" nur
Voltaire und Diderot erhalten lial)eii, während er Fried-
richs d. Gr. Tod kaum erwähnt. \"ou solcher Begeisterung
Friedricli Melcliior (iriinm. 299
hielt sich der Zöghüg Gottscheds natürlich fern. Aber wir dürfen
den erfreuhchen Umschwung seiner früher einseitig Gottsched-
schen Kritik um so weniger verkennen, als er in Paris zum Fran-
zosen geworden war und sich schon aus Klugheitsrücksichten
nicht gern als Deutschen bekannte.
Als später Friedrichs Schrift „De la litt(?rature allemande"
erschien, in welcher zwar die grofse Zukunft deutscher Dichtimg
mit sicherem Scharfblick erkannt, aber die gegenwärtigen Vor-
kämpfer des deutschen Geistes, auch ein Lessing und Goethe,
um so ungerechter der französischen Geschmacksrichtung des
königlichen Verfassers zum Opfer gebracht wurden, sprach Grinmi
in einem Briefe an seine Gönnerin, Katharina II., bitter genug
seinen Tadel aus. Eine völlig parteilose Würdigung des Ver-
hältnisses Friedrichs d. Gr. zur deutschen Litteratur Märe Grinuu
unmöglich gewesen, auch wenn nicht persönliche Gründe die Ab-
neigung gegen Friedrichs Franzosenverherrlichung geschärft hätten.
Der grofse König hatte zwar früher seiner Bearbeitung der
„asiatischen Banise" warmes Lob gespendet und ihn huldvoll an
seinem Hofe empfangen, aber in einem Privatbriefe sich desto
oifeuer über Grimms aufdriugliches Strebertum ausgesprochen.
Diese Aufserung, Avelche schwerlich ganz allein stand, blieb Grimm
bei der damahgen Mifsachtung des Briefgeheimnisses kaum ver-
borgen und berührte ihn an der schwächsten und empfindlichsten
Stelle seines Charakters. Nun war er, wie Voltaire, vor Fried-
richs d. Gr. scharfem Blick zu den schmeichelnden Huldigungen
der russischen Herrscherin entflohen, hatte ihr seine Dienste als
Htterarischer Korrespondent und, woran seine eigenen Enthüllun-
gen in dem „Memoire historique pour ITmp^ratrice Catherine''
nicht zweifeln lassen, auch als politischer Berichterstatter zur
Verfügung gestellt, und bei der gegenseitigen Abneigung, die
zwischen Friedrich und Katharina, trotz des zeitweihgen Zu-
sammengehens der preufsischen und russischen Politik, bestand,
konnte ein scharfer Tadel des „Philosophen von Sanssouci" in
St. Petersburg nur angenehm berühren.
Das Urteil über die Schrift „De la litt^rature alleraande"
kann uns ninmiermehr über die Verwandtschaft zwisclien Fried-
richs d. Gr. und Grimms Stellung zur deutschen Litteratur des
18. Jahrhunderts täuschen. Beide haben sich als französische
300 Friedrich Melchior C4rimm.
Schriftsteller einen Namen gemacht, iliren Stil und ihre Anschau-
ungsweise fast nach denselben Mustern gebildet und die deutsche
Littcratur meist nur in den engen Grenzen kennen gelernt, Avelche
die Gottschedsche Schule ihr zog. Die französische Erziehung
des einen und die Hinwendung zur französischen Welt um des
leichteren Emporkonmiens willen bei dem anderen, die Entfrem-
dung von der vaterländischen Litteratiu* gerade zu der Zeit, wo
sie den Höhepunkt dichterischen Schaifens erstieg, haben Fried-
richs d, Gr. wie Grimms einseitige Überschätzung des französi-
schen Geistes verschuldet. Aber Grimm war in mancher Hin-
sicht besser gestellt als sein königlicher Zeitgenosse. Dieser
kannte die deutsche Sprache nur vom Bureau und Exerzierplatz
her, mufste daher zu französischen Übersetzungen greifen, wenn
er deutsche Dichterwerke ohne Mühe lesen wollte, zudem war
sein litterarisches und ästhetisches Urteil oft von französischen
Autoritäten beeinflufst. Die Welt des klassischen Altertums, aus
der Deutschlands grofse Dichter die Vorbilder ihrer Kunsttheo-
rien und Kunstschöpfungen nahmen, war ihm nur in der Form
bekannt, welche Frankreichs Pseudo-Klassicisnuis ihr aufgezwun-
gen hatte. Von zwei Hauptvorkämpfern der deutschen Dich-
tung, von Lessing und Goethe, war er aus persönlichen Gründen
unangenehm berührt, uud überhaupt zu sein* mit Staatsgeschäften
und den Sorgen für Preufsens Zukunft beschäftigt, um noch in
hohem Alter der vaterländischen Litteratur eingehendes, für ihn
nicht müheloses Studium widmen zu können. Bei Griimu fehlten
die Vorbedingungen einer lichtigen Wüi'digimg der deutschen
Litteratur keineswegs, und wäre er in Deutschland gebheben, so
hätte er sicher den bösen Feind des Gottschedianismus siegreich
überwunden imd sich l-icssing, der ihm in manchen Eigentüm-
lichkeiten gleicht, voll und ganz hingegeben. Auch so hat er
die grofse Wandlung der deutschen Litteratur seit Klopstocks
„Messias" wenigstens geahnt uud seine Laudsleute nicht, wie
Friedrich d. Gr., erst auf die Zukunft vertröstet.
Lidirekt ist Grimm durch seinen Kampf gegen die französi-
sche Oper ein Vermittler des deutschen Geistes in Frankreich
geworden. Sein Brief über die „Omphale", eine lyrische, in der
Pariser Musikakademie 1752 aufgeführte Tragödie, und mehr
noch seine witzige Kritik der nationalfranzösischen Musik in dem
Friedrich IVIcldiior (^.riinm. 301
„kleinen Propheten von Böhmischbroda", dienten zuvörderst nur
der italienischen Musikrichtung, aber sie halfen für Glucks
bahnbrechende Schöpfungen den Weg bereiten. Falls die Be-
richte über Glucks Erfolge in der Seinestadt, wie sie die „Cor-
respondance" enthält, von Griinni selbst herrühren, so hat auch
er, gerade wie sein Lehrer in der nuisikalisehen Kritik, Jeau-
Jacques Rousseau, sich von Piccini zu Gluck fast bekehrt.
Grolse Hoffnungen versprach sich Grimm von seinem Ein-
treten für die deutsche Litteratur. Schon 1762 träumt er davon,
dafs bald jeder Gebildete die deutsche Sprache (nach der von
ihm übersetzten Sprachlehre Gottscheds) lernen werde. Diese
Hoifnung hat sich zwar noch heute nicht erfüllt, aber seiu Hiu-
weis auf Deutschlands Litteratur ist nicht ohne Erfolg geblieben.
Mit ihm zusammen wirkte Formey in seiner „Bibhoth^que ger-
manique" und von Paris aus Fr^rons Jesuitenorgan, die „Annexe
littdraire", für die Einbürgerung deutscher Dichtung und Wissen-
schaft in Frankreich. Der haiserfüllte Gegensatz zur Aufklärung
machte Fr^ron zu einem warmen Lobredner Hallers imd Klop-
stocks, gerade wie die belgischen Ultramontanen unserer Tage,
lediglich um die franzosenfreundlichen Liberalen zu ärgern, für
die Verbreitung vlämischer Sprache und Litteratiu- thätig sind.
An Übersetzungen und Bearbeitungen deutscher Dichterwerke
fehlte es in den folgenden Jahrzehnten nicht. Xamentlich Gel'sner
und Haller erfreuten sich augenscheinhcher S}'mpathie, auch
Wieland kam die neu erwachte deutschtümliche ]Mode zu gute.
Goethes „Götz" und „Werther" wurden in einer Zeit, die sich
an Rousseaus politischen und dichterischen Idealen begeisterte
und von den freiheitlichen Ideen der amerikanischen Republik
berauscht war, auch in Frankreich begierig aufgegriffen und eifrig
gelesen. Die aufgeregte Stimnumg der französischen Revolutions-
jahre fand in Schillers „Räubern", die fast ein halb Dutzend mal
übersetzt wiu-den, ihr laut wiederhallendes Orakel. Sic trugen
dem „Mr. Gilles, auteur de Robert, chef des brigands"
(so lautete der Titel einer Übertragung) einen vom Minister
Roland unterzeichneten Ehrenbürgerbrief ein, der erst in die Hände
des Dichters gelangte, als Rolands Haui)t längst auf der Guillo-
tine gefallen wai\ Aus patriotischen Gründen ist 1802 aucii die
Jungfrau von Orleans ins Französische übertragen worden.
302 Friedrich Melchior Grimm. j
So hat Grimm uns auch in der Ferne Dienste ers^desen, um
(^erent^villen wir seinen Gottschedianismus verzeihen, sein Fran-
zosentum sogar entschuldigen wollen. Der Mme. de Stael,
Victor Cousin, Adolphe Regnier und den anderen Vor-
kämpfern des deutschen Geistes jenseit der Vogesen hat er die
Wege geebnet.
Deutschland hat diese Dankesschuld reiclilich gesühnt, als es ■
den von der französischen Revolution vertriebenen und geächteten
Greis gastlich wieder aufnahm und ihm in dem friedlich stillen
Gotha ein Asyl bereitete.
Der Grallant in Shakespeares London.
Von
Dr. Theodor Vatke.
Der Gallant ist dem Courtier (Vatke, Kulturbilder aus Alt-
Euglaud, S. 176, 257) nahe verwandt, doch bezeichnet er im wei-
teren Sinne den Stutzer, den Elegant überhaupt. Er liebt es, von
seinem Anzug zu sprechen und mit seinen Kleidern zu prunken:
„If you See one in a yellow taifeta doublet, cut upon car-
nation velure, a green hat, a blue pair of velvet hose, a gilt
rapier, and an orange tawny pair of silk stockings, that's 1 . . .
you shall see my ivrought shirt hang out at my breeches/^
(Antonio and Meilida V, I, hy John Marston, A. D. H)02.)
Das gestickte (wi'oaght) shirt erwähnt ebenfalls Fastidious
Brick in Ben Jonsons Every Alan out of his humour IV, 5:
I had on a gold cable hatband . . . He making a reverse blow
— falls upon my emboss'd girdle, I had thrown off the hang er s,
strikes off a skirt of a thick-laced satin doublet T had, lined
with four taffatas, cuts off two panes embroidered \\itli pearl,
rends through the drawings-out of tissue, enters the linings , . .
Carlo. I wonder he speaks not of his ivrought shirt. Fast.
... he rends me two pair of silk stockings ... I haviug bouud up
my wound with a piece of my ivrought shirt. —
Das gestickte Hemd des Fimgoso war zweifellos holländisch,
vgl. Fairholt I, 304/5: Merry DroUery (1658).
„There you may have a Holland Smock
That's made without a göre."
Fairholt s. v. Linen: 'Cloth madc of flax. It was not ma-
uufactiu-ed to any extent in this country before the time of
Charles IL In the wardrobe accoimts of Henry the following
linen cloths occm* fi'equently: VH. Brabant, linen, Bastaret etc.
Ganz ähnlich ivar die Tracht im zeitgenössischen Frank-
reich: TaUemant des R^aux raconte Thistoh-e d'un Pardailhm (|iii.
304 Der Gallant in Shakespeares London.
lorsqu'il ^tait sur le point d'entrer chez quelqu'un, aprös l'^dit
de 1629, fermait les rideaux de son carrosse pour se charger de
dentelles. La visite achev^e, il les otait de la meme fayou,
Le pourpoint en taillade grande
D'oü la cheinise de HoUamtc
Renfloit en beaux bouillons neigeux
Comme petits ttots cscumeux.*
Die Beinkleider des Gallant. Middleton (Dram. Works,
III, 11): 'Believe not these great-hreeched gallants' (he refers to
trunk hose). Die trunk hosen des gallant scheinen bald darauf
auf den Citizen** übergegangen zu sein. Bereits ltU)4 werden
dieselben an dem ^grave Citizen, accordiug to the manner' er-
wähnt: ^in trunk, stockings' (s. oben). Ferner heilst es: 'In
fornier tlmes, loide hriches, ruffs, slash'd sleeves.' (The Beau
in a Wood' [1701] Agares, Gloss. Pantaluon.)
Der gallant verachtet den shopkeeper und macht seine Witze
über denselben: We that are shopkeepers in good trade, are so
pestered, that we can scarce pick out an hour for our morning's
meditation; and howsoever we are all accouuted dull, and com-
mon jesting Stocks for your gallants there ai'e some uf us do
not deserve it. Beaum. and Fletcher, The Womaii Hater III, 4.
So verspottet der courtier die Sitten des country people, und
umgekehrt.
Zum gallant gehört auch das curled hair des courtier: Some
frounce their curled heare in courtig guise. Spenser, F. Queene
I, IV, 14. — Bulwer, in his Artificial Changeling , 1654, —
'It is noiv held the accomplished gallantrij of om* youth, to
frizle their haire like women, to speake vnt\i an effeminate smal-
* Histoire du Cot^titinc <■>/ France par J. Quiclirrot, Pari^ 1876, p. 47G.
** Citixen. Fnirholt, cd. Dillon 1, 383: In the Lord Maijur's pageaut
for 1664, one of the charactcrs in an enibleinatic sliow was 'habited like
a grare citixen, accordiug to the aucicul /i/annrr, in triink-hose, sfoek-i)ii/s
ty'd cross aboec and bcloir the kuc^, a, satthi duidilct, closc coat gatlicred at
the uaist, a sei ri/fj'e about his neck, rutl' cutis about his irrist, a broad-
hri))i,'d hat, a lanje cypresse hat-bnnd (das hat-baud war in Shakespeares
Zeit Abzeichen der genfry), gold girdle and gloves hung thereon, rings
on his fingers, and a seai ring ou his thunib ; a blew linsey-wolsey apron
wrapt about his nnddle.' — Vgl. zu Cross ijartcr'd (Xa>-esJ. 'A fashion
oiice prevailed for some time, of wearing the garters crossed on the leg.
Im Shakespeare'« tinie the fashion was yet in credit, and Olivia's detes-
tation of it arose, we may suppose, from thinking it coxconibical: He
will conie to her in ijelloir stockings, and 'tis a colour she abhorrs; and
rrnss-i/artcr'd, a fashion she detests.' (T/aiffh Xiyht II, 5.) — All short-
cloak'd ktiights, and all eross-gartcr'd ycntlenien. Beauinout and Fletcher, The
Wotnati Haier I, 'J.
Der Gallant in Shakespeares London. 305
nesse of voice* and in tendernesse of body to match theni, and
to bedeck themselves with most indecent trimmiug/ Dieses
Kräuseln der Haare aber war bei dem gdllant nicht erst um
1664 Mode geworden, es war diese Sitte vieiraehr uralt, Avenn
wir auch Chatteer erst zum Belag hierfür anführen können.
How a gallant sliould behave himself in Paul's. (Thom.
Dekker, Gidl's Hornhook, 1609.) 'He that would strive to
fashion his legs to Walk his silk stockings, and his proud gait
to his hroad garters, let him whiff down these observations . . .
where (in the middle line of Paulis), in view of all, you may
publish your suit in what manner you affect most, either \\\\h
the slide of your cloak^ from the one shovlder; and then you
miist, as^t were in anger suddenly snatch at the middle of the
inside, if it be taffeta. at the least; and so by that means your
costly lining is betrayed, or eise by the pretty advantage of com-
pliment. But one note by the way do I especiaUy woo you to,
the neglect of which makes many of our gallants cheap and ordi-
nary, that by no means you be seeu above four turns; but in
fifth make yoiu-self away, either in some of semster's shop, the
new tobacco office, or amongst the hooksellers, where, if you
cannot read, exercise your smoke, and inquh'e who has writ
against this divine weed, &c. For this \vithdra\\ing yourself a
little will much benefit your suit, which eise by too long Walking,
woidd be stale to the whole spectators: but howsoever, if Paul's
jacks be once up vnth their elbows, and quarrelling to strike
eleven; as soon as ever the clock has parted them, and ended
the frav with his hammer, let not the duke^s galleiy contain you
any longer, but pass away apace in open view; in which depar-
ture, if by chance you either encounter, or aloof oif throw your
inquisitive eye upon any knight or squire, bemg your familiär,
saliite hbn not by his name of Sir such-a-one, or so; but caU
him Ned, or Jack &c. This will set off your estimation Avith
great men; and if, though there be a dozen companies between
you, 'tis the better, he call aloud to you, for that is most gen-
teel, to know where he shaU find you at ttoo o'clock; toll him
* Diese effeminate smalness of voice entspricht dem höfischen Lispeln
in Shakespeares England. Hamlet sagt zu Ophelia III, 1 : you amble and
you lisp. Und ebenso Marston (ed. Hall III, 11), KastivardllocJ, 1 : Pol.
now you are in the lady-fashion von must doe all things light. Tread light,
light,"l, and fall so: that the court-ambk. — Gir. Has the court nere a trot?
Archiv f. n. Sprachen. LXXXTT. 2U
306 Der Gallant in Shakespeares London.
at such an ordinary, or such ; and be sure to name those that
are dearest and whither noue but your gallants resort. After
dinner you may appear again, having translated yourself out of
your Earjlish cloth cloak into a light Türkei/ grogram^ if you
have that happiness of shifting; and theu be seen, for a turn
or two, to correct your teeth with some quill or silver Instru-
ment, and to cleanse your gums A\ith a v^rought hnndkerchief.'
Der gallant der 81iakesi)earesclien Zeit erscheint bereits im
Jahre 1646 als veraltet und lächerhch. Dies belegt Fairholt,
Costnme in England ed. Dillon (London 1885) vol. I, p. 305:
„The very curious representation in the next page of a first-rate
exquisite is copied from a very rare broadside, printed in 1646,
and styled 'The Picture of an English Anticke, lüith a List
of his ridiculous Hahits and apish Gestures.' The engra^'ing
is a well-executed copperplate, and the description beneath is a
brief recapitulation of his costume: frora which we leam that
he wears a tall hat, \\\t\\ a bunch of ribbon on oue side, and a
feather on the other, his face spotted \nt\\ patches, two love-
locks, one on each side of his head, which hang upon his bosom,
and are tied at the ends with silk ribbon in bows.* His beard
on the Upper lip encompassing his mouth; his band or collar
edged with lace, and tied with band-strings, secured by a ring;
a tight vest, partly open and short in the skirts, between which
and his breeches his shirt protruded. His cloak was carried
over his arm. His breeches were ornamented by *many dozen
of points at the knees, and above them, on either side, were two
great bunches of ribbon of several coloiu"s\"**
* These love-lochs contiuued long in fashion, and sometimes reached
to the waist. They were bitterly denounced by the Puritans. Pryune
wrote a bock against them, which he entitied the ' Unloveliness of Love-
loclcs'; and Hall, in Itlö-l, printed another 'On tlic Loathsoniene^s of l^ong
Hair.' The ^asit to England in 1G06 of Christian IV. of Dennaark, who
wore a love-lock in consequence of suflering from the disease called 'Plica
Polonica', doubtless set tne faslüon.
** In Barry' s 'Barn Allc!/', IGll, of a gallant it is said, 'His breeches
must be plaited his knees all points.'
When Charles II. arrivecl in Jersey in UM'.^ all his habiliments
were all purple; no embroidery of either gold or silver ornamented his
doublet or hose, but on the left side of his cloak a silver star was at-
tached. Across his ehest he wore a purple scarf or ribbon, and a garter
of the same colour, the ends of which huug down behind the leg. The
Duke of York Avas attired in an entire suit of black, without auy other
Ornament or decoration than the silver star displayed on his mantle. He
also wore a purple scarf across his Shoulders. — Ifosl,///.-<.
Des Ms. Bodl. 779
jüngere Zusatzlegenden zur südlichen Legendensammlung.
Mitgeteilt von
C. Horstmaiin.
Pe feste of corpus day cristy.
Pe hyse feste of godd«s blood : l)at late was I-founde,
good is to honoure : lu euery a stounde:
fibr J)orw§ J^at dere blood : we be bougt echon;
gif it ne hadde for vs be schad, : to helle we most ha gon.
bonefas pe foiir{)e, : ]}at pope was in rome, 5
of {)is presyouse blood : gan to nyme ,^eme,
& for ])e day nas I-hold : lj«t tyme in fie jer,
|)e pope Jjouät it was good : ])at it I-holde wer:
perfore he leet er/stene meu : |)orwä al c/'/stindom
to honour |5e feste : whau ])e tyme com. 10
I^e nexte {)orsday it is : of \)e trynyte,
whan l)is ilke holy blood : schal honourid be.
ffor on scher-jDorsday : me may entendy nougt
for to do 1)6 se/'uise, : l)ou it were |)o wrougt;
l)ilke day ourc swete lord : it be-gan, I-wis ; 15
but for seruise of l^e passiou« : ])at l)anue I-dou is,
& for \>e fest of ester, : & wMt-sonetyd al-so,
|)e fest of Ixit swete blood : raj^er may noujt be do.
perfore ])e pope bonefas : l)at |)e four{)e clepid was,
of Isis Uke sakrement : say fe noble cas; 20
gret \vil he had : l)at l)is sacrement honourid wer<?:
pei-iore he l)0U3t in rome : among his brelieriu J^ere,
& gröntid Isat in stede of mede : l)at in abbeyis groutid is,
gret pardon to cr/stinmen : l)at |)is feste honouril^, I-wis,
pe nexte {)orsday \mt comyl) : nfter Jje trmyte, 25
to alle cristene men : l)at in cherche l)anne wille be;
\)e)- his seruise ]pat day : cleuüche schal be do,
for ])e holy apostlis : mad \)er-oi mende {)o,
aft«;- ])at f e holy gost : to hem was I-come
& in to preue orysomis : alle l)ey were nome:
9 1. heet?
3U
1 Vgl. Altengl. Leg. 1875, p. XXXV ft'., und South Engl. Legendaiy 1887,
p. XX (wo ein paar Heiligeutage unrichtig aufgeführt sind). M.s. Bodl. ist die
einzige Hs.
20*
308 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
bred bey brek among hem : & drou,^ to mynde
bat bred J)at cWst brek : to bygge alle mankinde.
perforc J)ilke holy fest : J)o he Jjoujte do,
&, so ,^e ofte haue herd, : ,^af moclie pardon J^ßr-two.
fibr to hem ]3at comyjj at masse : he ,^a{ au houdrid dayis, 35
& hem Jiat comyj) to matin?^s : he jaf Ipe same layis,
{)at Jjey schold au houdrid dayis, : at matin«<.s- habbe,
& to euiusong au houdrid dayis : wit-outiu eny gabbe,
to mydmorw, vudriu, & mydday, : uou, & compliu in hyä
ffor ech tyd fourty dayis : ])e good man gau g^-antyj, **'
& to \)e last euiusong : {je good mau g/-öutid al-so
an houdrid dayis of pardouu : who-so wold Jjedir go;
& aitrr \)e seuejie day : who-so herde {)e si"/-uise,
he g;-«utid an houdrid dayis : to meu jpat werc wyse.
ffayr was {)e pardou |)f/t {je pope : to man g/-antid |)o! 45
I weue me ne schal graut : fayrere neucre-mo.
but mou moot iu herte : {)enk swy{)e wel
bat pardon to hem {)at he\> iu dedly sinne : helpi{) no del.
perfore mou moot ferst : let hym cleue chryue
& afoug peuauus : for his wrecched lyue; 50
ellis pardou helpi{) uau3t : to uou forjeueuesse,
nou{)er her ne ellis-wher — : holycliirche berij) witnesse.
pardouu is of gr^t mygt, : who-so wyte wold:
lor betfr is o day iu purgatory : {jan au houdrid pouud of gold.
ffor who-so werf to purgatory : for his sinne dyjt, ^ß
& he hadde on er{)e : pardon wouue ary^t,
ech day of pardon : ])ai he hadde woune here
schold afclake his peyue : of ou day {jerr.
Iperiore I holde {)at mou : more {)an wood
{)ot ne wille p?/;-chase pardon : on er|)e wit his good. — 60
of mony meü me tellep : {)«t be{) hard of raood,
{)at nele nougt leue : {)at it is godd?<s blood:
ffor Jewis & sarajyn?^.? : & some {)at cr/stin is
be-leue{j nou^t \)at it is : goddtis blood I-wis.
{)e;-forc good vs telli{) : sum-what of {)e olde lawe, 65
to proue a5eu {)e iewis : {)e so{)e of ourf sawe.
for {)ey segge pat here lawe : betöre f)au oure is,
ffor {)ey hau ma>?na : {)«t comy{) fro heuiu I-wis;
god of heuin it made : & to {le (e)r{)e it sente
to {)e iewis in desert, : bat w?t good wille it hente; 'O
{)at was auugeh/s brra : {)at meu etin {)o —
In {)e saut^r-book it is : I-write also,
for \>e merakle {)at god dede : to hem in ])ot tyme,
I)ey despysid cr/stiudom : & nele neuere fyne.
but jif ])ej ondir-stood a-ry^t : {)is holy blöde, 75
ffor al {)at ilke manna : hem schold be wel gode.
for manna Joat to hem com : nold nougt twey dayis laste,
but vj! hem euere {jat o{5er day : it rotid faste;
ac \)at flesch & {lat blood : roti{) ueuere-mo.
{jis me {3iuki{3 au auswere : to sey,^e {le iewis two. 80
an o{-)e/- auswere me mv,^t segge : to hem, who-so wold:
who-so et of manna : fjat he dcy,^e schold
bo{)e in body & soule, : uou I-sparid nas,
{)at alle meu wente to helle — : {)is was an hard cas!
Sif any Jewj wit-segge : {)e 8o{)e of {)is sawe, *5
I woot he schal finde it write : In bok?«; of here lawe:
65 vs 8t. is we.
zur südlichen Legendensammlung. 309
In Adam?<5 lyf : he may finde f)is,
I woot to so{)e wel, : who-so it sechel^ I-'^^'is-
but f)o crtst hadde vs : wi't his blood I-bou,^t,
Jte gode men of here lawe : fro helle were b'rou.it. 90
lieriore fiey moot gronte : f)at here eldris be{) jit in helle
or wit l>at holy blood bou.^t, : as I 50W teile —
flFor j)e kny3t<<s J)at kepte Jhcsu : {)o he m toumbe was
toldin to i)e iewis : J)e sof)e of jpe cas. '
wel mygt J)e iewis wit : treuly be |)an, 95
who-so etif) his flesch & blood treuliche : he is goddw.s man
tak kep wheyj^cr is beter : J)ot flesch & {)at blood
|)at for manmis sjnnus : deyde on J)e rood,
pan aungeh/s breed : [iat manna clepid is.
gif {)ou take good kep, : \)ou myjt vndirstond {)is. 100
3at flesch & |)at blood : god on erj)e nom
30 he J)0U5te bigge mon : \>ot\\^ J)e cristindom;
36 prophet^^s of iewin lawe : longe to-fore it sede
3at god wold, to bigge mon, : on er{)e tak manhede;
jarlam it tolde : & so seyde ysay^e, 105
Abacuk, e^echiel, : & ek ieromyge —
l3ese bej) J)e prophet?/s : |3at of here kinde cam —
J)at god for manuws synne : flesch on erjse nam.
of manhed & of godhed : man he made on :
but manna fro heuin : wel I woot |)at fjon. HO
cr/st made heuin : & al \>at {)er-inne is :
a party of heuin : manna is I-wis.
crist is herre ])at is lord : & weldif) alle Jjing
{)an manna aungek/s bred : |3at is his oudirling —
fTor to alle mon-kin : moche woudir it were, 115
gif l3e bred more mayster were : ]3an J3e bakere.
J3e Jewis |3e;--two drouke wate/- : {)at com of Jse ston,
but hem gan |3er-after Jsurste : swy{3e sore anon.
hy J3at ston we ondirstondi|3, : {3at \)e wate>- of com,
Jhesu crist, J3ftt for vs here : flesch & blood nom. 120
of |3at ston dauif) wrot : in J3e saute?--book,
J3at J)is is to segge, : who-so wole it look:
,\)e stoou J3«t J3e bylder?^s : forsook, {30 |)ey wroujt,
an heed-ston in an herne : is maked,' so hem {jougt.
of f)at ston com wate?- : & blood meynd J)er-with, 125
J3at we vndirfongif) : to don oure soule gryth.
l3ut al J3is J)at {)e Jewis liad, : com in J)estirnesse ;
but we haue c?-/stis oune blood : ryjt in soo]3nesse. If- 174]
lygt is beter Jsan myst, : & S0J3 |)an falsnesse,
cristus body J3an manna, : as we schölle bere witnesse. — 130
0 |3ing me may sey^je, : who-so wold it wite:
nlpou seyst it is cr/sti<s blood, : howg may I it wite?
for me J)inke|3 for soj3e : flesch non I se,
but me {)inki{3 I-wis : bred J3at it be;
win & wate;- also : is in J3e chalys, 135
blood me |3inkej3 it is naugt, : ac I-lych it is."
'jperiore I wile swere, : for godd;<.s- loue leue J3is,
oj3er for rygte so{3e : ]3ou leuist amys.
for wit mony ensaumplis : I may schewe be
J)at {30U ondirstond : godd?/.s flesch \>at it be. ' 1*0
105 Ms. se St. so. 110 j3on st. ron? 113 Ms. {)an st. {3at. 119 Ms. but
St. by. — ' Hierauf sind v. 135—6 wiederholt (13U noujt; al st. ac).
310 Des Ms. Bodl. 77'.» jüngere Zusatzlegendeu
vndirstond f»c myjt \)at is : in monnus word
Sz ])on myjt ])e;--of vndirstond : \>e ende & f)e ord;
& more is J)e v^rtew^ : {lat is of blessing
|)an is {)e strengjie : of any makiug:
ifor {)orw5 blessing : kinde is ofte forlore, 145
so we finde in moyses, : as I may teile foir.
Moyses hadde a gerd : & to {)e grouud it cast:
anon it worj) an addrc : & gan to swype fast; •
he cau,^te Ipe addre be f)e tayl, : he nyste ojjcr won :
& in to kinde of {»e jerd : j)e addre tornyd anon. l'^O
here me may ])e so{)e : wite swy{)e ryjt
f»at kinde {)orw5 J)e prophete : tweyes les his raygt.
J)e watris of egipte : \)ey rönne as skylle was,
but Jjorwj J)e p/-ophete moyses : \>rr fil a uondir cas :
alle pe wat^ris of \)e lond : be-com to red blood — 155
moche wondir hadde J^e folk : \)at \)er by stood,
ffor in alle {ie flodis : wate/- nas l>er non
J)at any J)ing my,^te : his Jjyrst kele vppon.
at jje prophetits best : J)e blood a-wey gan go
& pe wate/- |)e;--afte;- : held his kind eue/-e-mo. 160
Swy{)e hard was be-set : J)e folk of iesre/el
wit ]ie egipsienws on f)rtt on half, : so je witef» wel,
on Jjöt oper syde was Jje se, : {jat non ne my^te go —
])e folk of egipte : hem dede moche wo :
Moyses nom fe gerd : Ipat he held in his hond, 165
& smot ])e se I)e?--w/t : & ghe in-two wond
& lefte a wey fayr I-now,^ : men on to go & ryde,
& here-self ghe stood as a wal : in eyj)er syde;
\)o {)e folk of iesrael : were alle oue/--gon,
J)e se wente to-gedirc : as ghe was er Jjon. l"0
also J)e wate?- of iordan, : f)ou it be a-jen kinde,
tornid ]>e strem of Jie watcr : toward Ipe welle to winde,
wel je wite]) ])at kinde : ne my,^t it be nou,^t
{)at wat^r schold ^erne agen strem : to \)e p;-ophet?/Ä I>ou,^t,
o])er {)at it scholde departe : men |)e;--ou to gon 175
for ])e strok of a ,jerd : Itat f)e p/-ophete smot f)on.
J)e peple of Israel : moche {)irst com on;
moyses nom his gerdc : & smot {le ston anon :
of i>e ston ])cr com : strem^/.s grete I-now,^ —
who-so seyd it were Jjorwg kind, : me {)iuke{) he seyd wouj. 180
Marath, a wate/- in a contre, : sumtymc heXer was,
|)at nomon my,3te drinke \)er-oi. : J)o moyses say f)at cas,
a tre he nom qiiiklyche : & in to Jie wat^/- cast,
& {)e/--|jorw3 al his bete/-nesse : J)e wnter les at {)e last,
ech man may wel se : f)at g/-ace is wel more l^"^
]ian kinde, for Jwrw^^ g/-rtce : kinde is ofte lore.
vndir elyjc \iq p/-ophete : a man se/-utnge was
\)at a day oue/- a wate/- hew,v : so it fei oy cas,
of J)e helue Jje ax fei : to f>e wat^/is ^round.
Jdc mon was sory for Jie lore : in ]iat ilke stound, l^*^
to elise he went : & scheiüd hym Jie dede,
& bad hym {)at he schold : J)e/--of help & rede;
ffor Jie wiitrr was wel dep, : he nyste what to do,
& for to haue an ojje/- ax : he nyst how come |)e/--two.
elyse nom a tre : & in to J)e wat^/- dede: 1^^
& \)e yrin gan to flete : anon in J)at stede;
148 Ms. swyj)e? 170 1. Jjeroii. 180 bete»- -^ bitter. 185 Mä. mayu st. mau.
zur südlichen Legendeusammlung. 311
Jae mon nom his yrin : & to {)e brigge it drow,^,
& {)o he it hadde : he was glad I-iiow,v
who-so seyd J)at J)is J)ing : were I-do be kinde,
me wold |)iiike for so{) : he had lore his myade; 200
ffor wel 36 witef), kindely : Iren fletif) noujt
but J)orwä verteu of : cristtis word l-tou^t,
but I)orwä g;-ace of Jje prophete : & of his moche my^t
Si of elyje f)at made fer : fro f)e heuin alyjt (!).
what schölle me segge of ihesu cr/st, : hou moche his grr/ce is 205
\mt made wit his word : heuin & er{), I-wis?
t)e prophet^^s wrt speche : here werkus wroujt,
& Jhesu wit his oune word : al I:>in(g) to ende broujt.
who-so wole loke, : he may finde write
In J)e newe lawe & |)e old, : I do 30W5 to wite, 210
f)at he seyd, al {)ing : ]Der-{)orw makid is —
who-so leuij) olser-wise, : I woot he leuef) amys.
er{)elich men ^e se oft : of water make ale
& of malt — ge witi]) wel : ^e sojje of Jjöt tale;
lechis al-so of flour^^s : watens maki|i I-lome, 215
Si o^er l>mgus J)at Jjer-to by-come;
Of linfed & of eyrin : & of o\>er {)ing
men conne al day : oyle out bring:
why ne may noujt ihesu c/-?'st, : J^at god & mon is,
of bred make his flesch : whan his wille is, 220
of win & water mak his blood : whan his wille is J)er-two?
he J)at made al {)ing of noujt : me ]:)inke|5 he may don so.
torne on J)ing in to an o|)er : me {)inkef) ly,5tpr it is
\>nn to make of noujt : alle {)ing, I-wis.
wel je witij) be kind : god worchif) al-wey, 225
he doj^ after his wille, : J)e sof)e segge I may :
ffor he Jjat made kinde, : may here wel vndo
o{)er tornyt to an o])cr, : whan erf)elich men don so.
jif kynde ne hadde here my^t : {)at tyme I-lore
whan ihesu of mary on erj^e : was for vs bore, 230
here maydinhood ne myjte noujt : han sauid be;
Jierfore he wroujt be wü, : as f)inke{) me.
ffor god ne mygte on no wise : on erjje ben I-bore
of no woman {)at wist : of any-mauer höre;
ffor god in liis kynde : is so feyr & clene 235
{)at he ne may nou^t wony : {)er höre is I-sene.
jDerfore to clene he brou^jt clene, : boJ)e f)o in-fere,
& was bore of Jje mayde : ])at was of sinne skere.
bat flesch & J)at blood : |)at he of here took
Is sacrid on |)e auter, : as seyj) f)e holy book. 240
J)orw^ ])e Word \)at J^e prest : seyft in {ie masse
godd?<s body mad is — : leuej) jjis more & lassei
goddws word for soJ)e it is, : & J)e prestz/.s naujt:
„f)is is my body, wher-ftorwj mon schal : fro helle be brou^t.
{)is is my blöd," he seyf) al-so, : „{lat for man schal be schad,
to bringe man fro helle : ])at J)edir hajj be lad'' —
{)orw5 pese word«s : sykir makid is
god^^s flesch & lüs blood : vppon J)e auter, I-wis.
Jhe.su cr/st it witnessijj : ])at it ne may gabbe nau',t:
he seyd „J)is is my blood : Jiat for -^ow^ is foujt, 2-50
197 brigge st. brink. 201 — 204 sind verworren, im Ms. folgte 202 urspr.
nach 204. 225 Ms. kinde kinde. 250 soujt (?) aus boujt korr.
312 Des Ms. Bodl. 770 jüngere Zusatzlegenden
J)is bred is my flesch : |)at to mon I wole ',eue;
f)is he moot leue : J)at in heuin wol leue."
Now god, l>at for sinful mon : deydist (!) on f)e rode,
gront vs so to vndirfong : his flesch & bis blöde
bat vre moot alle aft^r : ]5is lyf to heuin wende, 255
& Jjer-to haue J)e blis : J)at last \v?t-uute ende,
need it is to bidde, : for kind//.v it haji two :
lyf it is to gode men, : to wikkid def) & wo.
|)erfore good were ech mon : hym be-[)enke longe,
J)at he were clene schriue : {)at flesch to afonge; 260
ffor who-so is in dedly sinne : & ondirfongijD J)is,
seynt poul sey{) to sojje : Jiat he be-gylid is
"of goddi^s flesch ])at was spyled, : & his blood Ipat was schad.
wel aujt of J)is word : ech man be adrad ;
ffor beter it is to lete : J)an so for to take. 265
{)erfore good is to ech mon : perto hym redy make.
& god leue \>at we moot : ^tcr-to vs clensy so
J)at we mowe l3er-|)orw^ be sauid : fro pyne & fro wo. Amen.
(Kest der Seite und das folgende Blatt ist leer ; dann folgt der Schlufs von
Mathews und danu S. Frances.)
Seint fraunceys J)e holi f rere. i (4 October) [f. 177)
I*e valeye hatte spoletan : f»^r seint franceys was I-bore,
& ]>e toun Assisie, : so Jje bok vs tellef) fore.
Aftir {)at he was I-borf, : J)e modir seyde anon,
„Syre, ich wele \>at oure sone : ben I-cleped Jhon.''
^be stille, dame," qua^» ])e fadir, : ^& haue J)ou J)in pays! 5
ffor ich J)e segge to so|)e, : hote he chal fronceys."
])o he was of seue ger elde, : {)is cliild me set to lore.
swyf»e jong he by-gan : to seruy godd»s ore,
ffor he gan anon to faste : & hard lif to lede,
J)rtt alle {)at Jier-of wiste : f)e;--of weren in drede. _ 10
& su]i]3e po he of elde was, : J)at he gan au§t to wise,
liis fadir him tok gr^t catel, : to vsin marchau/zdyse,
for he cholde ben ourgeys, : bo|)e to buggen & suUe ;
ac he J)ouät al an-oJ)er, : as so ic jou may teile.
he {)Ougt myd erbeliche good : make his cheffare ^^
bat he myjt haue pe good : f)at is ell?«-whare,
jjat hert ne my^^t be-J)enche : no tonge teile ne may;
vppon \ns ilke chaffarr' : he [jou',te nyjt & day.
jif f)er come eny por mon : f^at bod liim eny J)iug
for \)e loue of Jhe^'U c;vst : pe hy houeu-king, 20
for lore ne for byjete : he ne spared nou',t
|3at he ne jaf anon-ry,^t : \>nt J>e oJ)f/- hadde by-sou',t.
In a tyme hit by-fille, : as god saf [le cas,
J)at aneue robe hyni was I-dyjt, : pat noble & ryche was.
so sone so he haclde hit him vppon, : a pore knyjt he mette, 2t
J)at wit mylde word^s : wel swy{)e fayr mm grette.
swyjje weihe kneu', ])at kny,t, : »fe to him seyde J)o:
,alas, syre, for godd?/.s loue, : why gestou nous so,
i)at worby werc to weren : weden noble & ryche?
lit rcucp me {»at ich I-se : J)e gon so rulichel'' -^
\>e kny',t him answercd : & seyde, ,my leue brofx'r,
by ourelord Jhesu crtst : Ich nabbe nouJ)e non olper;
253 1. deyde. — ' Der Text dieser und der folgenden Leg. weicht ganz von der
Version der älteren Mss. (Laud 108, Ash. 43) ab 7 Ms. olde ? 14 Ms. ic (so stets).
zur südlichen Legendensammlung. 313
nabbe ic nou^e framde no kyn : Jjat of me hauef) pyte,
ne jyat onifs wole me helpe, : for so^e ich segge {)e.''
„Alas," qua\^ iranceys f)o, : ^hit me greuef) wel sore" ; 35
of he strepte his robe anon : wit-oute speche more,
& seyde, ,,for Jhesu cristiis loue : {)is robe ich ',eue \)e,
fFor hit wole betere J)e be-come : Ipan hit wole me."
\>e knyjt hym J)onked swyj^e ;;erne, : & dede it on hym anon,
& franceys al naked : J)enwardis gan gon. ' ^o
for who-so nom al Jse men : f)at sittejj her areue,
soche lUtus for to ^eue : he cholde I-finde wel feue.
A-ny,^t after, as he slep, : he sey; in his raetinge
Jhesn er ist I-crouned sitte : as an hy kingge;
|)at ilke sely robe : him J)ou5t |)at on him was 45
f)at he ;^af jae pore kny.^t : Jjat him mette by cas.
Jhesu cr/st him f)onked : of J)ilke ,yfte \>o,
& so dede al J)e companye : jDfft in heuene was so.
,^ut was franceys he|)en : & f)o he I-sey,^ al J)is.
& ])er-oi myjt mony a mon : wondir habbe I-wis: 50
su^ his fadir & his modir : bo{)e I-cmtind were,
why hy sofFred here sone : so longe hej)en J)ere.
ffor, as ich ma(i) segge for soJ)e, : J)e lawe soch Avas \>o
{)at me ne cholde noman : crzsteny neuer-mo
but he coujje hyw-self I-wite : w/t-outen opo' rede 55
what he dede to goodnesse : & what he dede to quede,
& J)at noman {)e encheson were : gif he him wolde spüle,
but ]>at he al wroujte : after his ouen wille.
J)erfor he gan draue J)o : al fr«m marchaundise
& let him-self to cristin, : & J)o he dede as |)e wyse! 60
& euer on crist?^s passion : f)e gOnge fVanceys {ioujte,
{)at l>er nas non er]Delich catel : {)at of his |)ou,t him brou',te.
on a tyme as he kneled : & in his bedws bad,
him Jjoujt he sey Jhesu c/-/st : vppon ])e rode I-sprad
In I^e maner so he was : {)o he mankin boujt; ^^
]3e strong pine ])at he |)oled : franceys sore of-J)ou',t.
Jhesu crist seyde {)0 : wit word2^s swyj)e stille :
^who-so wille foluen me : & seruen me to wille,
eche day his rode : to him he most take,
& \)erto himselue : clene he moot synne forsake; '^^
liis fadir & his modir : he moot for-sake also,
his wif & his childrin : he mot forsake f)er-to,
& also he mot forsake : his sostir & ek his hroper,
clene he moot for me for-sake, : franceys, \)er nys non o\>er^
wit J)ilke word Jhesu crist : ius weye to heuene nom, '^
& fronceys nyr(t)e neuer : whar \)ot he by-com.
swyj)e glad was franceys : J)0 of f)at Ilke sv'jt!
to fasting & to his orisonys : he halp him al I-dy',t;
\>e chalFaryng of Jms world : J)at he I-vsed her,
he forsok "for J)e speche : ])at he I-herde \>eT,
& euere-more, what-so he dede, : ^ede he vp or dou?/,
euere-mor he {)0U5t : vppo« his passioun.
Seint franceys wente atyme : wel sone aftcr J)an
bv an old chirche : of seint damyan;
al to-broke & forlete : was ])at holy stede, »°
nouät-for-{)an In he went : for to bidde his bede.
41 tilge for, 49 tilge c*c. 63 Ms. kiielel. 79 her = er.
314 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegendeu
Anon to-fore ])e holy croys : he sat a-doun a-kne, lf- ^'^]
Sz gan bidde stilleliche : his bed?/s in prruete.
him f)ou',t a uoys spek to him : adoiiw of f)e rode,
& seyde, „fronceys, dy^t myn hous'', : f)rye wit mylde mode, ^^^
„{)«t to-broke & "to-fa!le is, : so Jiou I-syxt I-wis."'
ff/anceys in his herte anon : vndirstood al Ipis,
& |)0U,^t wit f)e catel : Jiat him was by-take
doD ourc lord?<.s beste : & ])er a cherche to make.
vp he ros, \)o he hadde : al I-don his bede, '••5
& went him to a pore prest : Jwt woned in \)at stede,
<fe a somme of catel : ])rit he hadde w/t him J)0
he bede {)e prest myldeliche, : Si Jnis him seyde to:
„haue, syre, |)is catel, : {)is cherche for to ryjte,
& ic woie w/t f)e be : & he\\)e J)e w/t my myjte." IW
f)e prcst seyde f)o to him, : „sone, welcome artou to me!
wel ich it wole granty : J)at })ou w/t iTie her be.
ac of alle |)is catel : jjat J)on hast her I-brou,5t,
wite hit wel to sojae : f)ot ich ne kepe it ry,^t noujt,
ffor {jy fadir <fe {)y modir : my,^ten er ou,5t longo ^05
aspye l>at ich hadde : of {>y catel afonge,
& whan hit were I-spended, : also hit my^t be
hy wolden |)orw5 pure lawe : axen hit al of me,
& so \)ey my,5ten sone : vs bo{)e Jian by-tray,
ffor wel I wot we nadden : wher-of hit to pay." HO
wel sory was franceys : \)o he I-hurd f)is,
& wente "to a put-hole : Jiat he I-sey, I-wis:
{)e moneye f)«t he bedde \)e prest : lie leyde per ech del,
& wente ford in his weye : & lefte [wr Jae catel.
ofte me tolde his fadir : woche was his manere, l'""
|)orw Oper marchauus pat wente : in pe lond his I-fere;
wit word?<.s & w/t Jjreting : he him chastid Home,
Si rad him oper {)ing to don : whan he to him come.
ac Jjo his fadir wiste : pe ry,^te so{)e of f)is,
he to-swal w/t wraf)l3e : & warf) ny,^ wood, I-wis, l"-0
Si swor he chold abigge : whan he him myjt I-finde.
prriore franceys drou,^ abak : & loted him wel be-hinde:
In an old dich he lay : dawis to & f)re,
Si per nas man no wiwmau : pat him myj^t owtf! ise.
pe ierpe day he aros : iS: to tonne wente. 125
{jo {)e fadir him I-seyj, : faste he him hente.
nas per non of his frend^^s- : |)at wolde him bymene,
Sl |)ey he Avas for his fasting : bo])e ielu,^ & lene,
alle men pat him I-seyä : wende pat he were madde
(fe pat he werr out of his Mit; : his kyn werp of-dradde; ^^^
lytil & mochil him scornyd : pat ,^eden by pe weye.
tFranceys went him stille forj) : & J)c;--of nom non eye,
forji he wente stille : so his speche werr I-lore,
(Si ferde also <le\> pe lombe : whan he is I-chore.
pe fadir Jjat him ladde : sory was I-nouj, '35
& hom to his house : viliche he him drou^^ ;
Si anon so ho was : In to his hous I-come,
Fn to on of his chaumbris : his sone he ha{) I-nome
t% so faste he him bet : fram foot to pe croune
jiat al a r^d blood eche lerne : hy ornen al adoune; ^*^
hy pat stoden Si I-herd : hadden wel gret pyt«
f)at enymon chold his sone : for rujie so by-se.
I
103 Ms. castel. lua al übschr.
zur südlichen Legendensammlung. 315
se{){)e he mad him don his c1ü{j».s, : & fayir him liaji I-tau^te
])nt he chüld amendy him, : & god hiin li'a]) arau.^te,
& seyde, „franceys, leue sone, : naniore iie do }iou so, l-*''
ac lerne begge & seile so : {wu syxt o\wi- do :
& Ic Ipe wole finde I-non^^ : al ])ät |3e ned be,
^,if \Mt ])oii wolt cacchen wit : & don al aÜer me."
^leue fadir," qua^ f/rmceys, : „forsojje \)ou dest amys
to take me eny erj)eliche gode, : Ine louye hit nou-,t t-wis; l^O
])erfor, whan ich I-se enymou : pouerc be J)e weye,
Ic him mote nedtis jene, : |)ey ich cholde deye.
& ])criore ich J^e segge, : fadir, by godd«.* ore,
Sif {)ou take me f)in gode : J)ou ne sext hit neuer-morr." —
wel ich wot |)«t J)e/- nys uou : among vs alle her iSJi
])at gladlich wolde tak bis good : to eny soch spenser! —
J)o J)e fadir l^is I-hnrd, : he was wro|} & ek sory,
& reuliche he be-held bis sone : Ipat lef stood him by;
In grpt J)ou3t he stood longe : & nyste what to do,
lier-after he seyde to bis sone, : ^to J)e byllcbop we wollej) go, '•'^
& ^if l>ou wolt |)ou my^t wel : tofore him me forsake
Sz suj^l^e to ofier Jiing?^.'; : J)y soule wel by-take;
whan ich ne may in nou wise, : sone, to chasty |)e,
\)ou sey tofore {)e byllcbop : what {)in wille be."
fFremceys was swy{)e bly{)e & glade : f)o he I-hurd al f)is, 1^«''
& I^oujt on \)e ferste word : {)«t god him seyde I-wis,
how he chold for bis loue : forsake alle |)inge,
fadir & modir, soste;* & broJ)ir, : emi^erour & ek kinge ;
noWfj him JjencheJ) to soJ)e : f)«t he it may wel do,
]periore al I-redy he is : to |)e byllcbop forto go. l"0
fo by come to J)e byüchop, : wit-outen morp speche
of he stripte bis clolpus al : & gan bis fadir hem by-teche,
bis brech & bis cherte : he dede him of al-so
& by-tok al bis fadir, : & naked he stood jio,
& seyde, „fadir, ich wene ic uabbe nou',t of j^yne, !"'■>
for J)ou mygt now hit ondirstonde : Ich uele nou^^t ben J)in
hyne ;
to bis seruyse onlyche : Ic wele be-take nou^ me
J)at me so deri" aboujt : vppon Jdc rode-tre,
for nele ic neuere her-aftw : on f)e I-caste my t;-?ste,
ac al myn hope chal here-after be : on my lord Jhesu ernste." 1^0
J)e fadir gaf bis cloJ)is : to {)is billchop \)o;
]3e byllcbop bede franceys : jyat be hem chold on-do.
franceys nom a curtil, : & swor by godd^/.s ore
Jsat he uolde I)e;--of neufye-eft habbe namorc.
bis leue he tok & went him for|) : endelong?^'^ f)e weye, 1S5
{)is byllcbop & bis him be-held, : he held forf) f»e weye:
& ])cr Jje Avorld he forsoke, : franceys, ech a dcl,
so Jhe.su cr/st himself : tofore him tey,^te wel.
to wildirnesse In wode he went, : \)at was |>cr-besyde,
& |)0U3t in goddus seruyse euere J)er to abyde.
J)ere he was a whyle, : '& ofte f)eues I-mette,
|)at him Jjretened "to sie, : «.% he hem fayr grette,
& seyde, „whan 30ure wille is, : al redy ich am ber-to;
now ^e mowe ^if je wolliJ> : goure wil on me to do."
Afterward |)is franceys : sone him haj) by-f)OUjt ^■^^
J)at he was w?t senne : to lytel J)er of-soujt,
158 lef = lew pale. ICy Ms. I at. he.
316 Des Ms. Bodl. 770 jüngere Zusatzlegenden
& {)ou;it, him were betöre : in felachipe to be
k ondirling to feleschipe, : here workt/.«; for to I-se.
Jjerfore sone he him droug : in to a meselrye,
wit boxomnesse & penau»?ce : his soule for to gye. 200
here veet he wolde wafl'che : whan f)ey were syke,
& here body echedel, : & alle her^ sor?<s to pyke;
out he drouj f»e queture : manyatyme al-so,
& kuste ])er-nher here sorz/.s : whan he hadde so I-do.
per nys non amongis vs : ])at myjte don al {)is, 205
pat me nolden segge : J)at he ner buxuw, I-wis !
V raunceys su{){)e him by-{)ou^t, : so ic teile can,
of \)e olde cherche : of seint darayan,
l)er oure lord from J)e croys : in voys to his speche com ere
& bede him \>at he cholde : f)«t ilke cherche arere. 210
for {)edir he gan wende, : so he aujt wel.
anou he fond in poynt hool : his catel eue/-y del.
J)er-uit he made J)e cherche, : & wi't begging al-so,
& bere hira-self wel ofte : grete ston2/s {)e/--to;
& gode men him holpe, : so skylle was & ry^te, 215
so pat in a whyle \)e cherche was al dy^te.
& sujjjje he mad a cherche : of oure lady marye,
for \)e voys of {)e croys : \>at he I-hurde her {)ry;^e;
& su|)f)e of seint pete/- : a cherche he wrou,^t ]>o —
Ic wot it was J)e {jridde, : & he ne makid namo. 220
In oure leuedy chirche {)o he gan take reste;
to fasting & to orisonys : his wil was euer beste;
al he hated moche : {jot him {)ou,^t proute,
& who-so were in chirche : selde he was w/t-oute.
hit be-fil vppon a day : Jsat he I-hurde rede 225
wher oure lord taujt his apostlus : here lif to lede
& seyde, „siluir ne gold ne cholde ^e habben non,
no staf in joure honde, : aboute for to goon,]
no schon on ^,oure feet, : jif je folue me,
ne to cirtlis nejie-mo : on jou ne choUe be. 230
& \ii \)ou se in eny wise : nedful J>in broJ)e;-,
{)at \)ou ne ehalt (lete) to bete his nede : to jiue him J)flt o\)e>\
ne tit ])e purs ne cachel : f)in mete {)er-in to bere,
ac alle J)iu hope do on me : <fe ich J5e wil were.
mete a-5eyn amorwe : ne chaltouj I-wite uoujt,
for onliche vppo?i me : Jjou ehalt cast al J)in |)ou'jt;
for in myne warde : is alle {)ing \>at is,
& ich ne may noman for-jete : Jwt me I-serue{), I-wis."
Po franceys I-herde J)is, : he gan {)enche aryjt
J)at he wolde J)is beste holde : euer by al his myjt:
a-wey he caste his staf, : & dede of his schon,
& jaf a-wey his clobis : euerychou but on;
In stede of his gerdil : an harde corde he toke,
for he wolde holdin al : be wrytiug of {)ilke boke.
Sut him Jjoujt f)rtt \)e corcle : on liim to nelTche was : 245
berfore gret kuottin : \>er-on he mad by cas.
per-by me may wel ondirstonde, : so we findej) ofte,
& J)at he hatej) swyjie moche : to lede his lif softe.
212 1. in J)e put-hole. 223 urspr. proude. 231—7 sind ungehörig. 233
cachel = sachel. 238 I vor seruej) durchstr. ?
235
240
zur südlichen Legendensammlung. 317
Men he preched & vvomen : f)at wolde to him come,
pat man ne may noujt pajdn god : but his wil be by-nome ; ^50
for jif Jje flesch moot habbe : euermore his wille,
he wole wrt-outen ende : in helle his soule aspylle.
l>e)-ior man chal formest : clene his wil for-säke,
& su{) he may to bettere : him to penaw^ce take;
ffor noman ne may seruy : I-fere lord^^s two, 255
gif {)at hy ben wi|)erward, : & paye hem alle bo.
so hit iarep, weti^ hit wel, : by false world bis,
& |)e seruyse of Jhesu crist : \>at is king of blis:
fFor f)e World is swyf)e false, : & Jhesu crist is trcwe ;
who-so louef) wel ]Dis world, : Iwis he louyej) a chrewe. 260
ffelawis he ondirfenc to him, : \>at ])o vfit him were,
& alle frcre menour?<s : he let hem clepe J)ere —
Mynor is an englich : „lasse" for to spelle —
for he wold Jiat noman : of hem ne cholde teile.
& for he wolde Jjat in J)e worlde : nere non ordere lasse, 205
in his tyme nas non of hem : {)at moste singen masse;
& for he nolde fjat in J)e world : hy nadde no dingnete,
{)e?-for he ne softred non of his freris : p^-est for to be,
ac vndir Jje frcre prechour^^s : he mad hem to ben echon.
wel me myjte be {)an I-wite : \)at he ne louede prite non ! 27ü
J)o hy weren to-gederc, : seue frerus hy were.
seint franceys |)0U3t to long : J)at hy were J>ere:
fforJ)e in to wildimesse : wit hem he gan go,
for him {)0U5t J)at |)ey my^t : J)e bet god serue {)0
In hedus & in fasting. : for he faste euermo, 275
To wite wheyj)er his sinne were : al for-geue him to —
for he was of his sinne : euere a-gast wel sore;
to wite why{)er hy weren for-geue : he bedde euere-more.
V ppon a fryday it by-fil, : as he his bed«s sede,
J)at a Toys com from heuene : & seyde, „naue {)ou no drede, 280
for Jhesü cr«st al-myjty god : |)e haj) for.^eue Jiin sinne;
& whyle Jjat Jiou biddist : for o])er of mankinne,
naue J)ou none drede : of sinne ne of dore,
ac fonde libbe clene lif : so ])ou hast I-don wel göre."
so longe hy hadde I-fere I-be, : ic woot w/t-outen wene, 285
J)at hy weren frere menoris : I-fere Jjrittene.
to seyn franceys I-fere : euerichon hy bede
J)a(t) he maked hem a rule : here lif for to lede.
ffranceys J)OU§t J)rtt hit were : swy{)e wel I-don;
& J)erfore here reule : he gan to wryte anon. 290
ac him one . . . J)e reule noujt : w«'t-oute comfirment:
Jie?-fore hy wente ^er-wit : to |)e pope Inofent.
Inofent |)e |)ridde was : pope in rome \>o,
\)at here rule & here wille : al he granted to do.
ffor J)e pope lay anyjt : in f)e borw, of rome 295
& slep in his bedde, : ar hy \)edur come;
him mette ])at seint peteris chirche, \)at heued of al is,
was fallinge a-dou«ward : & foul to cheue I-wis,
ac fronceys com anon-ryjt : w/t his frereu .xij.,
& rygten vp \^e chirche : so fayr & wel hem-selue 300
Jiat J)e pope J)OU3t : for ryjt sof)e \)ere
\)at hit nas so wel I-mad : tofore neuere ere.
254 1. {)e bettere. 273 Ms. flforre. 283 dore st. höre? 291 Verb fehlt.
318 Des Ms. Bodl. 770 jüngere Zusatzlegenden
{)is meting \>e pope tolde, : so ich ',ou teile may,
to his cardiuah^s amorwe : auon \>o hit was day.
ac {)(jrw,^ goddw.s g?-as & frrmcevs : so wcl oii he nom 305 »
{)r/t \)e whyle f)ey tolden her-of : to-forr \>e pope he com m
& bede {)e comfermeut. : J)e pope him knen ful wel, •
& anou him g/r/ntod : \\\s bidding eche del.
to prrchy lyf of peuauMce : he g/rmted him also,
for \)er bej) swyf)e fewe : J)at drawe wollej) \)er-to; 310
& more he be-het he wolde : him graute to his nede,
& to prechy wey of penau;?-ce : he bed him eue/-e to spede.
Swy|)e glad was franceys : J)o he 1-hurd al |)is,
& weute to his contre : w/t liis frpris, I-wis.
& as ])ey wenten by {)e weye : Jjey axed & sede 315
In what stede liit were best : here lyf to lede,
In toun o])cr in wildirnesse, : I-fer^ oJ>c/' alon;
of Jns ilke desputelbu : adradde hy werßn echon. >
„brefjerin," qua]) seint fFrrmceys, : „I 50W rede \)iis, ■
to fasting & to orisonys : to-nygt J)ot we don vs, 320 T
& bidde we jerne to JhcÄU c/v'st: Jwt liende is & fre,
J)at he vs sende to segge : what his wille be."
al J)is hy grrnitcd anon, : bojje lest & meste,
for hy wer^n alle irdy : for to don his beste.
At Jje cokk^/s crowing : Jjese ircriis J)ou5ten echon 325
\)at |)ey seye Jhfsu cr/st : vppon Jje rode I-don,
& seyde J)m.s, „ic was I-pynyd : mann?/.s soule to winne,
& to wi?me soul«s to me : ne cholle je uojiing blinne:
& Jsat ic wole for so{)e : Jiorw-out alle Jiing
{)at by-sydzfs \>e touuns : \>at ben ]ourr won^nng, 330
so |)at 36 mowen teche \>e folk : & ek seruin me;
for manyman |)orw3 sinne : {lorw^ gow^ chal abrou5t be."
Glade werc |:)is frcris alle : for {)at ilke tyding,
& w/t-oute Ipe toun of assi'^ie : hy gönne make hen' wonying.
hard lyf J)ey gon lede, : so J)ey hadde er I-do, 335
& gaderid to hem freris : euer |)e leng Jje mo.
Hit by-fil on a tyme : Jjat franceys was by ny',te
him-seif alone p/-cueliche : & bede to god al-my^te;
be fren's wereu in chei'che : in herc bed?<s echon:
po seyj ])Gy at {le dore : a way(n) al furie gon, 340
a clob of golde set ]3cr-inne : amau so hit were —
])e frcres wer^u alle : wel ny ded for ferr.
{)riis hit 3ede aboute : & wente suf) In aseu.
moche wondir J)e h-rriis hadde : what hit myjt ben.
|3a«ne seyde on of hem, : „Ic weue, jif Ic ue lyje, 345
|)rtt it was sen franceys : I-come vs for to aspyje,
ior jif we don in chirche : as we au'^t to don."
^we leuef) wel \>at hit so be," : J)e o\)cr seyden son,
„ffor he chewed him to vs : in fourme of helie;
god him ha{) I-formyd soch : to cheuen his mayst;-/e." 35(i
moche wondir })ey haddeu alle : \)er-iiiter euer-more,
& eny-{)ing to a-giltin him : Iper-iore hem drad ful sore.
A frere of {je ordre of pe croys : moris het by name,
man of good lyue he was : & ek of noble fame.
Also god him ";af ^race, : he fil in gret langour, 355
so J»at bo{)e nygt & day : him greued his dolour.
3.S0 |)at St. shal? 340 Ms. way. 3-41 clob =: globus. 847 tilge for.
zur südlichen Legeudeusammlung. 319
to sen franceys he sente aday : men J)«t to him sede
jpat he {)OUäte on frere morys : Avhan he his bed«s bede.
^gentus,"" quap seint franceys, „so Ic chele : him to habbe
iu Jwujt."
anon he wente to an auter, : & for him haj) by-sou',t; 360
oyle he nome of a lau?/?pe : Jiat al brennyng was
tofore oure leuedy auter, : so god jef \:>e cas,
croumen of bred {)is goodman : mengen he gan ])er-to,
& tok hit Jie messageris : & fayre him seyde J)o:
„bere|) f)is to frere moris : J^at jou sente to me, 365
& J)orw5 f)e help of Jhesu crist : his hele hit chal be."
Er J)e messager?<s come : frere morys {jougte ful longe,
& {)at wit good wille : ])e medecyn he ondirfonge.
wel good was J)e medecyne : Jiat he ondirfon Jjere:
for in body & soule al-so : he worf) hol & fere. 370
he |)onked ^erne seüit frau«ceys : J)at him serued so,
& suJ)J)e vfit good wille : to franceys he gau go.
Su|)|je hard lif he gan lede : J)orw franceys-his teching
& fonded bo|)e nyjt & day : to paye heuene-king;
rawe g;-aüs was his mete, : & water was his drinke, 375
& jit ne moste Jier-of I-nouj : in his body synke —
& \)at was for he nolde to moche : loueye glotenye,
J)ot maked men I-lome : hem chende wit lecherye;
frere menour he was to his lyuMs ende,
& a good soule to god : after his day he gan sende. — 380
In pe cyte of assijie : an holy prest ]>cr was,
Siluestre men him cleped, : a good man by cas.
In his bed so he lay : & slep vppo» anyjt,
he J)oujt he sey out of |)e west : come a greseliche wy^t,
a dragon h.y)n |50Ujt it was, : grisloker ne mygte be, 385
for al \:>e folk he Jjougt sie : & brenne al \ie contre;
fFranceys him J)oujt by a whyle : and ajen him gan go
& caste a croys out of his mouj) : & ouerecom }je dragon so;
{)ey J)e dragon were kene, : him Jiougt in a stouwde
J)at franceys him hadde ouercome : & I-cast to grou«de. 390
{)ryis is {)is gode prest : I-mette \>is meting,
& moche J)ou5t, whan he a-woke, : vppon J)is wondir J^ing.
by J)e croys ]3at franceys caste : f)is prest him ondirstode
J)at seint franceys scholdin do : J^e contreye wel moche gode;
{)is holy predicaciun : J)at come{) out of his mouf)e, l'- 1*^1] 395
by est & be west hit was notful, : by norJ:)e & ek be souJ)e.
f)erfore by red of senfranceys : J^e world he al forsok
& abyte of frere menour : wit good wille he tok,
& swy{)e wel his ordre held : & wel lyued also;
jif he* was goodman byfore, : wel bet^r he worj) {)0. -tOO
Panüke was a man al-so : of ])at ilke contre,
worldliche lif he leued, : wel bet^r myjt be.
of senfranceys gret good he herde : teilen vppon a day,
{)at he wold at on chapel : prechy of goddi<*- lay —
f)e castel of sen Seuerin : me cleped \>e castc(l) J)o ; 405
fort I-here his p-edicaciou« : moche folk {)edir gan go.
pansike also {)edir : w/t oJ)e/- he gan wende,
fort I-here sora|)ing : his lyf w^t to amende.
ac 1)0 he was Jjedir I-come, : he sey a wondir syst:
him Jjoujt Jjat senfranceys was : wrt to swerdas [)orwä-pyät, -HO
359 Ms. senius; chese undeutlich. 364 1. heiri. 387 1. by-J)oujt. 391 tilge is V
320 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
at f)e heued went in ])at on : & by-ne{)e it com out,
bat o{)e/" went iu at \w honde : & styked liim {jorw^-out.
by J)e visage he ne myjt : f/-«nceys I-knowe noujt,
ne I-se him for bryjtnesse : J)at ou liini was y-brou;,t;
ac by \>e speche \iat he herd : out of bis body go, 415
wel he I-kneu3 Jie niyrak(l)e : \>at he I-sey \>er {)o,
& for J)ot he p?Tched : so mech of goddws blood,
\)e tokene of pe passyon : wel sone he ondirstood.
of {jis fayre merakle : him gan to drede sore,
& I)oUj5t frere menor he wold be : \)er-aiter eue;--more; 420
long him Jjoujt er he hadde : |)e ordir ondirfonge.
{)er-in he leued wel holy lyf : [)cr-aiter swyjje longe.
wel holy lyf to lede : he hadde swyj^e gret chauwce,
& was J)e forme miuystr^ : of [ie ordre of f/rmce;
J)orw l>e goodnesse of bis lif : & redis {lat he radde 425
mony mou in f;-auce : swy{)e holy lif ladde;
so swyj)e he preched of penau/^ce : in to al f)e lond aboute
J)at J)e meste part of J)e contre : to him gan aloute.
a name ]}er is of oure lord : \>at nomou speke ne may:
{)ulke I-peynt w/t dyuerce coloun/s : on |)e rode he say; 430
nas \>er non \)at J)ilke name : Ipcr-on I-se ne myjte
but he & seint fronceys, : ue sene J)e sonne so bryjte,
but he or sen f/rmceys : to-fore it hadde I-tau,5t.
moche was J^e g;-örce per : Ipat god hem ha{) araujt! —
\)e goodman pancik : a grace hadde {aere 435
]>at ',if in liilke contre : enymon sek werc,
he wold wryte J)is holyname : al in bis forheued:
& anon of al his euil : he cholde ben by-leued.
such grace |)orw J)is holyname : god liim sente anon
J)at w-han hit was on hem so, : hole f)ey weren echon. 440
J)is holyman pancike : hadde f)0 non hater
but onliche on cirtil, : & faste to bred & wat^r;
gut of cold wat^r : he nold drinke his fiUe,
lest his soule {)orw5 glotenye : scholde wende to heile;
of barliche, melwe & aschin : his bred me maked him \>o, 445
& ',ut he nolde in his body : 'per-of his fiUe do.
Ic wene men J)at fastifi : & wandrejj in J)e strete,
hadden leuer whytebred : J)at werc I-maked of whete! —
In J)is ilke maner : seu franceys leued also;
ac Ic ^ow may wel teile : whoche his bred was {)0. 450
vppon ]ie swpen grou»de : eche nyjt he lay,
for none c1oJ)?<a- he nadde : but as he gede a-day;
Oper his bolstre was a tre : opcr it was a stoon —
nold he non opcr pele : to legge his heued vppow.
his curtil was of J)e hardeste cloj) : bat he my^t finde, 455
his gerdil was a cnotted corde : his body for to binde.
so hard lyf he ladde, : so \>e bok it teile}) I-wis,
to ouercome his foman : pat deuel in helle is;
& leste his soule {jorw^ süine : my,^te ben ouercome,
to hard lif & to orisonys : he him haj) I-nome. 460
swyjje redy man he was : his couent for to chaste;
to help hem whan hit nede was : I-redy he was an haste;
& to winne heuene : per ioye is & gle,
sen fronceys {)orw',-out alle J^ing : aloued chastete.
pey senfranceys were : of ger».s fehle & olde, 4&t
jut he wolde in wintrr, : whan ])e wedir wer colde,
431 Ms. me st. ne. 4oU bred st. bed. 451 Ms. swpen, st. opeu?
zur südlichen Legendensammlüng. 321
whan his flesch him fondid, : late of)er ra{)e,
In snow o|)e/- in iys : he liim wolde ba{)e;
so he wolde his flell'chus lost : many a tyme a-quenche,
for J)e deuel ne cholde : w?t sy/me 'him a-chrenche. 470
vppon goddws passion : J)e gode franceys l)ou',t so
{)at eue/-e he {)0ujt wepyng, : wher-so he chold go.
to giue hem J)ff.t nede hadde : boI)e fer & nere,
nolde he noujt sparye : J)e clo^ics of |)e auterp.
so moche in his orisonys : franceys was I-lome 475
f)at he ne seyg no{)er herde : what about him corae;
bute he preched goddws name : oper mete eten also,
euer-more at his bedis : seu franceys was {)o,
so J)at alle o{)er Jjing : he for-get I-wis.
ffor so doj) now wel feue men, : ])eriore hy doj) amys! 480
( )n a tyme a heve meno?/r : preched of l>e rode
at a chapitrc general, : {)ere freres weren wel gode,
& of J)e holy name he preched ek I-Avis
\>at Jhpsus nagaren«s a-latin : I-cleped is.
J)e stede J)at he preched ou : hat arelaten — 485
frerws ]ier were monye : & eke o])er men.
franceys was J)at ilke tyme : fer out in on contre,
& {)ey of {)is predycacion : swyf)e wel wiste he.
flPor ]pat was wel I-sene: : for l>ere \>e frere stode,
he I-seyj sen franceys : him Jjougt vppon Jje rode,
his feet & his hondin : I-nayled weren Jjer-to;
alle {)öt were at J)e predicacion : Iseyj him also;
vppon J)e croys as he hing : he blessed hem echon,
& out of here sygte : sen fronceys wente anon.
^lo," qua^) Antoyue J)o, : ^hou franceys hajj in Jjougt
{)at we habbej) her I-do, : & ne forjete^ hit rygt noujt;
& for je cholden I-leue : J)at ich habbe I-seyd,
he gou ha{) vppon Jje croys : I-cheued |)at ilke red:
& wel ich wot for J)e loue : {)at he haj) vs to
& for ic preched of J)e croys : he him cheued so.
ffor at ones he chewed : to vs to J)inge: [f. 182]
])e fourme of J)e rode : & ek his louinge."
Moche wist seint f>-anceys : of goddtis preuete,
wher|)orw he myjt I-lome : manye J)ing«s I-se,
f)ey he nere nougt in J)e stede : |)at l>ey were I-do. sa")
Ich wene noufte in {)is world : feue men farij) so! —
fFrere menoris habbel^ a stede, : & gut hy habbe|) I-wis,
seint marye of portiumcula : J)at stede I-cleped is.
sen franceys, to bidde his bed?<s, : J)er-in was I-go,
J)e freres wente to chapitre : so hy äugt to do. ^^^
A frere hadde I-trespased : & for Jjat ilke sake
a difliplyne he cholde habbe, : ac grocching he gan make,
& for he wolde his |3onkis : ]ie diffiplyue bi-leue,
wit a irerus mantel : his body he gan by-weue;
for no|)ing J)rtt {je freris mygt : him prechy ()J)er do, ^^''
{)e frere nolde for his gut : ^e difplyne ondirfo.
f)ey franceys were alone : in his bedis I-wis,
gut he f)orw ~\)e holygost : I-seyg wel al bis ;
an o{)er frere he cleped : & ]»(s him seyde to:
^ffecche me l>at frere : ^at nelle difplyne ondirfo." ^20
490
495
500
507 1. hadden. 513 Ms. diffiplyle.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. 21
322 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
Grimliche he seyde to him : {)o he was I-brou/;t:
,sey me, leue broper, : what hastou nouj^e l-Jjou^t?
I sey hoii {)e deuel : was on {jy rig alyjt
& hou he made {)e holde : \)y nckke holt vpryjt,
f)at \>ou ne my^test for pride : dissiplyue ondirfonge. 525
tor ^011 vs most forsake : ^if Jiou art soch longe,
wel Ic woot he \)e broiij^t : in to ])at ilke trespas,
tt l>at \wn haddist so mysdo : swy{)e glad he was,
& him wer^ leuf/-e \>at pou wer : body & soule I-cheut
{jan \)ou \)orw\ \i\ diffiplyne : com to amendement. •^•^^
!)er-fore, leue hro\)C)-, ^ii J)ou art cn'stus hyne,
)ou most gon to chapetere : & take J>in dyffiplyne."
{)e frere aft^?- J)is best : to chapete/-e he gan goon
& gan him chryue of bis trespas : to bem eufry-chou,
he seyde he wolde of soche ded«s : (cese) euer wrt-outen fyne, 535
& bede bem jyiir charite : geue hyw his diffiplyne.
bis penau??ce to take : he kneled J)0 bem to.
a cat blakker |)au euy pich : fram himward gan go —
sore he was of-chamed, : & so he au.^t wel !
\)erfoTe he gan lete be : soche dedis ecbedel, 540
& eufi;-e-efte \)e frere dede : so franceys him wolde rede,
& holy lyf & boxuw : eucre-eft he gan to lede.
. \ lueme me clepej) an hille : in ferne contre,
\>er wonyd seint fz-auceys : wbocbe whyle hit myste be.
A good mau J)ey woned ek : In \)cit ilke stede also 545
3at was mocliil I-fonded : J)orw tlellchs lostis J)ü;
3e fonding of bis fleflcbe : greued bim so sore
jat be nadde no reste : [ler-oi neuer-more.
& for Jifft be ue my^te : ]>er-oi babbe no pays,
fayn be wolde som orison : to babbe of sen fr«nceys; 550
he hoped hit wolde bim helpe, : ner hit neue/- so lyte,
■,if he wolde myd his houde : In parcbemyu hit wryte.
ac be was a-schamed : so sore in bis Jioir^t
{)at he ue my3t of seiut f/vmceys : Jjis J)ing bidde noujt;
longe he was in wille : to bidde of bim su»? \>^g, ^^
ac he ne myjte for chame : hit bidde for no j^ing.
sen fronceys wiste J)e irerus wil, : & wiste what was to done,
it gan clepye \)e frere : to him swyj)e soue,
& seyde, „leue brojjer, : wel ic wot {)iu wille,
& fayn ic wole J)e helpe : \>at {)ou ne ehalt noujt spylle: 560
}3e?-forc fecche me auon : luke & parchemyn,
& Ic wole be my my^t : to follcn wille {jyu."
so \)eit inke cSc parchemyn : to bim was I-broujt;*
be him wrot au orison : Jjrrt au englisch is I-wroujt:
^swete lord Jhrau c?-/st, : {)at deydyst on ])e rode 565
& boujtist luon from sy«ne : w/t \>m swete blöde,
Jje fend hat is in helle : Jjou broujtist him adouw
& areuedist mankynne : w?t \>y swet passyou« :
lord, Ic l>e bvdde : for me & for mankynne,
f)at \)o\i w/t fiy passyou7? : vs chelde al fram sy»ue." 5.o
{)o seyut frauceys hadde I-wryte : al {lis vppon a boke,
be hit ueld to-gydere : & to ]ie frere hit toke:
& borw3 |iis ilke boke : his foudyng went away,
& ne kepte wel J)is bok : bo{)e nyjt & day.
523 Ms. he st. I; his st. f)y. 535 cese fehlt. 564—5 im Ms. umgesetzt.
568 1. aieredist?
zixr südlichen Legendensammlung. 323
In dyuers syknes : feie men \)at {)o were, 575
J)e frere J)orw bis holy bok : to hele broujt hem ^ere.
\ woman ]per was su?«tyme : in Jiilke seine londe
{)ot hadde to here I-spoused : a \e\)er hosebonde;
he ne myjt soffre : at chirche \)at je were
ne in non oJ)er stede, : to don here preyere, 580
ac euer he wold segge, : but ghe were at hom,
l>at jhe were aboute : to don su?>^ hordom.
ac J)ey hit was a good wif : & wit-oute velenye,
& moche §he louid to seruy : oure leuedy seynt marye;
ac here harde hosebonde : nolde I-leue here noujt, " 585
& Jjrtt haj) {)is good wif : ful mony a tyme a-boujt.
On a tyme to sen fronceys : jhe wente here to chryue,
& Aveping ghe him tolde : of here hard lyue;
,^he him by-sou',t sone : \\ät wel weping chere
Ipat he chold vppon here : J)enche in his preyere 590
& bidde oure swete lord, : jif his wille were,
Jjat he amended here lif : in som skeutis manere;
for jhe swor by Jhesu cr/st : sore weping {)o
l>at ,^he ne myjt alyue nou",t : wel longe duren so.
„Dame," qua]) seint fremceys, : „for godd?<s loue ben stille, 595
& Ic wole for ]>e bidde : myd wel good wille.
Ic hope, dame, f)at Jhesu cmt : of care chal J)e vnbynde
& ^eue beter grace, : & |)at J)ou ehalt I-finde."
ff'ronceys for J)^s good wif : gan to biddin so
\)at alle fie manm<s hardnesse : to goodnesse by-com f)0, "^OU
& ])at he him amended ek : in alle skene^s wyse,
& jaf his wif leue : to don godd«<s seruyse;
of al ])(tt he hadde rajper Ms wif mysdo
he him gan repenty : & penau«ce to ondirfo.
Jje gode wif {)onkid franceys : mony a tyme & ofte, 60»
for jhe fond here hosebonde : swy{)e good & softe,
& tolde hou he hadde : amended al ms manere. if. 18,^]
„dame," qtiap J)o seint franceys, : „Ic |)e segge here —
})ou my^t wel, ',if J)ou wolt, : nymen hit for sope —
for in on day so]d I-wis : ',e schollen deye boJ)e; *'W
& |)erfore make jou I-redy : J)e de]} to ondirfouge,
for ich jou segge to sof) t-wis : je ne choUeJ) noUjCt) libbeu
longe."
& so hy deyden bojje to so|)e : In {jüke selue jere,
for ryjt in one daye : J^ey deyden boJ)e I-fere;
ptat on deyde amorwe, : j)«t o|)cr deyde an eue,
& so hy gownen boJ)e : {)is wrecched hf byleue.
(Schlufö fehlt ; der Rest der Seite ist leer.)
Seint fey J)e holi virgine. (6. Oct.) [f. i83b]
Ich wot, in ferne contre, : so men me toldin to,
Is a swyf)e noble toun, : I-cleped ageno;
cr/stin men Jier were whyle, : & hepen men al-so,
& wel ic woot, of hej)en'meu : \)er were wel |)e mo.
In J)at ilke tyme was emperour _: I)«t het dioclisian,
& his chef iustise : me cleped daciau;
615
580 Ms. no? 610 for st. {)at.
2V
324 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
vppon |)e false lawe : \>ey be-leuedin alle bof)e,
& vv?'t cHst & criBtene men : hy weren swy{)e wro{)e.
',if ])er were eny cn'stene man : J)at hy my',t of-take,
|)ey wolde hem sone maky : Jhe.su crist forsake; 10
nolde J)ey non spare : |jat Jpey fyndin niy^te,
for ryches ne for kinne, : pat hy nolden so dy^te.
In ageno, {)e ryche cyte, : am(a)yde Jjer was I-bore,
fey was here ry^te name, : so ic may teilen ^ou fore.
Jjulke name here wel by-fil, : for fey an englieh is 15
„trujje" — so was J)is mayde, : for swyjie treue I-wis;
for after {50 \>at \he was : to JheAU crist I-take,
nejjer for wele ne for wo : ghe nolde him forsake.
pat fey was a c;'?"stin woman, : me tolde to dacyan,
& anon he let sende : after p\s holy wemau. '-^
anon he axed here name : })o ^he was for]) I-broujt,
& of what kynne jhe was I-come — : J)at jhe gabbed hyw noujt ! —
& on whom ,^he by-leued : he axed here also.
Jiis mayde to J)is \)re \migus : him answerde \)o:
„Syre," jhe seyde, „for soJ)e I-wis : Ic am on of J)is touw, 25
& Ic be-leue on Jhe.s'u crist : & on his passion ;
of J)e beste men of f)is tou« : for so{) ic am I-come,
& crhUos loue ich habbe : a^en here wil I-uome;
& fey is my name, : ic ])e segge I-wis.
w(e)l J)ou myjt myd my body : don what Jjy wil is." 30
„a-voy, fayre mayde, : an o{)ir {)ing }jou sey!
J)ou choldist honoure oure godus, : for \>y name is fey:
fey by-fallef) euer to ben good & treue;
who-so honourej) oure god?^s, : ne may him noJ)ing rewe.
& {)ou seyst Jiat J)ou were : I-born in |)is toune: 35
J)erfore skylle wol {)at f)ou don : so men dof) vp & doune,
& honoury oure godd : \xit hende be|) & fre.
& ek for an o\xr J>ing, : for soj) ic segge Jje:
Me seyf) me J)ou ert come : of s\vy])e gret parage;
f)e/-fore honoury oure godws : so do|) al {ly lenage! 40
& fort honoury pe goddz/s : {)ot an-hanged was,
me f)inkej), fayre mayde fey, : \tou dost gret trespas.
J)e?-for ich {)e segge, : gif f)ou wolt don by me,
alle l>e maydem^.s of {lis toun : honoury hy wollej) J)e.''
„syre, god {)e for-3ilde,'' : ])e mayde seyd him \>o, *^
„Jjat J)ou woldist by Jn' my,5t : honoury me to mo!
by foure skylis \wu hast I-p;Ynied : {lat ic don nouj amys
]iat ic honoury Jhe.su cr/st : \)at ic louy I-wis:
Jjat on is, for ich hate fey, : <fe for my kyn f>at o^er,
be J)ridde, for ich am her of J)is tou» : I do as doj) nou|)e öfter, 50
pe verjje, for he an-hanged was : vppon J)e rode-tre. !*• l^^l
Ic \)e wille answerie wel, : 5if f)ou wolt I-here me.
jif ich honoury \>jne sodus : & let myne alone,
wel ic wot {)fft J)ilke skj^b^s : a^ein beb euerychone.
|)e forme is hat ic hate feijj, : \)at trnxh to seggen is, Iwis,
for treuj) wole & alle skylle : to louie per loue is :
& wite hit wel to sobe, : Jhe.su cr/st I louye so
[)flt ic mote for treupe : him louye euer-mo.
|)fft Oper skylle is of my kinne : {jrrt J)«u hit toldist me.
to-maner kunne ic habbe, : for so|)e ich segge J)e: '^
pat on is on my soule, : bat oper in my body is;
& pe kywne of soule : wel noble hit is I-wis,
55
8 Ma. cr/ststene. 41 Ms. gDild//,«. 42 Ms. feyr st. fey.
zur südlichen I^egendensammlung. 325
& {)e kynne of body : I(s) wel sone I-do :
& ^er-fore ku?me of soule : Ic drawe me nou^ to.
I^e kiume of body is sy/me, : as pride & lecherye, 66
{)at drauej) by here my^te : men to velonye;
jpe iendus of helle : be|) alle of {)ulke künde —
J)at wot eue/ich wis man : ])at treuj) hafj in mende.
ac J)e kende of soule : is of gret empWse,
for ny,^t & day to clennesse : man hit wole wise, 70
& swy|)e sory hit is : whan man wole mysdo;
angelf^s {)flt bej) gode : {)es kende hem drauij) to,
& redej) & wissij) men : euer in here manerc
\)at hy fram synne & velany : witen hem clene & sker<';
Jhesu crist of heuene : here lord & maystcr is, 75
& J)erfore ich him honoure, : & euere wille, I-wis.
J)e J)ridde, ic am of {)is tou« : J)ou seydist whylere;
& swy{)e lygt answere : Ich may \}e jeue J)ere.
for J)ey al ])e men of fjis tou« : wel ny doj) amys,
Ich wole me kepe fram mysdede, : for treuf) it wole, I-wis. 80
& ^if {)ou wolt here mysdede : I-se, dacyan,
J)ou it my,^t I-here nouj : of a fynful man.
tre of)e?- stonys be]) joure god?/s, : o])er hy be{) metal —
ni ]}im lokist wel aboute : J)us hit fallef) oueral;
>orw5 me/me honden hy bef) : f;-«m herc kende I-brou.^t: 85
serfore me |)inkel} to so\>e : f)at hy ne bej) godus nougt,
'or god maked alle {)ing : so his wille was,
& of noJ)ing : he I-maked nas.
|)erfore alle treuj)e wole, : I-wis ich segge J)e,
J)at ic him honour : ])at made al J)iug & me. " 90
J)enk \>at J)ou seydist : my god anhauged was:
wel Ic woot ]iat ])ou seyst soj); : ac nou^t for his trepas,
ac for he wolde bigge man : f/-«m J)e deuel«<s pouer.
In wel chame-ful de|)e : he deyde for vs an erj)e her.
«fe who-so koudde to sof)e : alle his work^/s I-se, 95
he cholde I-wite to sof)e I-wis : {)at J)er nys no god but he.
& gif J)ou makist {)y godus : soche workis to do.
Ich wole wrt myn myjt : honoure hem euer-mo."
^Oe, ^e," qua^) daciau, : „al J)is ne helpef) uougt,
oJ)er i>ou. most wit good wil : anon chauHge {)y {)ou3t 100
& honoure Dyane, pat clene mayde git is,
ojier me chal myd torment : |)y body chenden, I-wis.''
to f)at ilke worde : fey answerde anon :
„goure godws & goure godildes : deuelen he[> echon;
f)erfore of {)y torment : ne stondij) me non eye, 105
for ic am for cn'stus loue : al redy for to deye."
to J)is ilke worde : dacian seyde fy,
& vppon a gerdyrc : he let here to rosty ;
he bed me cholde here lemys : on foure half to-draue,
for to techen oJ)er : to speke ajen {)e lawe. HO
Salt me caste one here body : & drepte here wit smere;
gut to honoury Jhesu c/-/st : ne myjt ghe hit forbere.
Capraßm & prim & felician : wel gode men weren l>er \)re,
|)at stodin J)er bysyde : & gon al {)is I-se,
& seyde, „ßis holymayde : fey by-leuej) arygt, HS
& J)erfore we vs take\> : to Jhesu ful of myjt;
95 Ms. kudde?
326 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
o\)er goddus we forsaki}), : I-falle what vs falle,
for alle hy bej) deuelen : in bour & ek in halle."
Dacian was swy{je wroj) : J)o he I-hurde J)is,
& het me cholde hem lede : to J)e temple of mars, I-wis, 120
& but hy wolde sacrefyse : wel fayre |5erto doon,
J)at me cholde smyte of here heuedin : & ne spare noujt on.
ioT\> hy wente I-fere : & to cnst hem by-toke
& alle o\wre false god^^s : clene hy forsoke;
here heuedis J^e tormentoiuv^s of smeteu : so hy hadde)i I-J^oujt, 125
\)e soules wente to heuen : l>at hy so derc abou^t.
{)e seuefje day of octobre : {jcse goodmen J)olid f)is.
now Jhesu cr*st for here loue : vs grante heue/^-blis. Amen.
■ Seint nicasie & his twey felawis. ' (U. Oet.) [f- 186|
(Folgt auf S. Denis.)
Are bat seint denys was J)us I-broujt of dawe,
nycasie was bydchop J)o : of cr2'sten men lawe;
a prest he hadde myd him : \wt was I-cleped quirin,
& a dekene also I-wis : ])at het skuuiculin.
\)0 sendenys was aslawe, : of londe hy gönne fle, -'>
noujt for doute of [)e dejj, : so {le bok tcUcJj me,
ac for hy wolde to Jhe^u c/-?st : more folk to drawe
w^t holy predicaciou??, : er hy were I-brou3t of dawe.
In to a contre hy went : me clepejj rothomage,
to prechen me(n) of Jhesu cri»t : in ])at ilke langage. 10
In eueryche toun hy preched : \>er J)at hy myjt come,
ne spared hy for noman : ne for Jje empr/-our of rome;
& J»ey hy wisten f)e best : \mt was by pilke dawe,
\)at euerich a cristin man : w/t sorwe cholde ben slawe,
ne for al Jje beste : hy ne spared ryjt noujt 15
\)at hy ne fonded Jjcrt maniw^« soule : were to ioye I-broujt.
sefcenye be iustise : I-hurd of hem teile,
& gan w«t bis meyny : hem folwen wel snelle ;
he ne fo^wid after but on lyte stou»de,
so J)at in a cheping : preching he hem fou«de: 20
nycasie his p?-edycaciou?? : he nolde nojiiug hele,
ac proued \)at Jhe.su cn'st was ^od, : wit a swyj)e fayr skele.
wroj) was sufceunye : \)0 he I-hurd al ])is,
& to al J)e peple : Jiis word he seyde, I-wis:
^wel ^e witi{) pnrt l>e emperour : for f)is ping is wrofi 26
& to-fore his baronage : ho ha}) I-swore his o{)
\>at fjif) me findcj> enyman : hat be of |)is emp?-?'se,
but he wole to oure god»,s : don his sacrefise,
{)rtt me cbolden (him) ueme anon : & in to J)e preson caste,
& but he wole chau»gy his f>ou5t : him slen at l>e laste; 30
ac me {)inkel) for so{i : Jjrtt ic ^ou finde here
also hit were desiplis : of him for to lere.
loke{) \)r(t hy ben I-nome : & to me I-brou5t,
o])er ich wot {>e empe/-our : \wt je ne dredef» him noujt.
& jif ge findef) wit him : euy of his meyne 35
hat se ondirstoudeji wel : \)at cristone men be,
lokep \mt hy ben I-nome : in ])at ilke stou«de
& I-brougt toforc me : auou faste I-bou«de."
• cf. Act. SS. Boll. 11 Oct. p. 510 flf.; die Vitii in Maitene Thes. nov. anccd. 3. —
10 Ms. forwid; 1. sewidV 33 by st. he.
zur südlichen Legendensammlung. 327
\)e peple nom f)is ^oodnien |)o : & bou/iden hem wel faste —
liy ne dorst non oper do, : so hy werfn a-gaste; 41
me ferde wrt bem as J)ey hy hadden : I-do grpt trespas,
& broujt hem to f)e house : jjer f»e iustise in was.
„buj) ge |)üke tretour?^s," : q?<rtl) Jdg iustise fx),
„{)rtt preched of Jhesu crist : & techef) Jje folk mysdo?"
„{)0u lyist," qua[j nychasie, : „Ic J)e segge, I-wis, 45
for \)at ])on haueste of |)in fadir : J)at J)in fadir is;
we ne taU(^t neuer-mo : for to den amys,
for hit is jiin fadir wone, : ful wel we' witif), I-wis ;
|)e deuel ha]3 enuye : J)at eny {)ing but he
scholde in eny londe god : I-cleped owher be. 50
])er-iore he ha|) of goure wit : jou I-mad so naked
f)fft 3e cleped hem god^ys : J)at myd joure houd?<s be|) I-raakid,
of metal ojjer of ston : olier hy bej) of tre,
f)at in none wyse : godd«« hy ne my^ten be.
ae 30ure godd?/s be|) in eche londe fale : 55
so hit farij) by kyng?/s : J^at pleyej) at J)e nale,
oJ)e/- as somer«<s game : |)at sone wolle be done,
to of)er l>re men wole makye : by-twene mydmorw & none.
so hit faryj) be ^^oure godis, : for ,^e nabbeß non,
ffor wel Ich wot to sope I-wis, : deuelen hy bej) echon. iJ<*
ac on god {)?/• is : \>at makejD alle gode,
to bringen man to blisse : \>at deyde on {)e rode;
he is w/t-oute be-ginnyng : & wor|D w/t-outen ende:
to him eueryche wisman : his herte cholde wende."
y, \\ el, wel," quap {)e iustise, : ^Ic herc f)y wordws alle. ö5
Ig rede |)ou don |)e sacrefyse, : o\)er foul |De wol be-falle,
for {)e chal rewe |)e tyme : |)ftt {)ou were I-bore,
for wit stx'ong turment : J)ou ehalt ben for-lore."
„Iwis," qna]) nychasie J)o, : „J)ou lyist haluendel;
Ic ne chal neuere ben for-lore, : for ic it wot ful wel; 70
\ie tyme ])at ich was I-bore : ne chal me neuer reue;
for to my lord al-one : Ich wolle ben so trewe
J)at Ich wole wit good wille : for liim J)olye more |f.l87]
l>&n J)ou & al J)in meyne : me conne don of sore.
& wytej) wel to sojoe : Ich habbe I-wilwid göre 75
])at jjou me by-hotyst, : for Jhesu cristus lore.
{)erfore J)ench auonry^t : jif \)ou canst oujt don:
for to I^olye martirdom : I-redy we bef) echon,
for wit oure dej)e crist : him paye wolle;
J)erfore to deyin for his loue : hit vs |)enchej) hele. 80
& f)ou ehalt "f)olye torment : in J)e pyne of helle,
whan we chollej) in blisse : w^■t-outeuende dwelle."
^ledej) hem," qua\:> \:>e iustise, : „{)«t hit ne be I-bleued,
half a myle out of l>e toun : & smyte{) of here heued,
& lete ]>e bodyus ligge : as {)ey hy weren for-gete, 85
so J)«t w/t wilde bestis : {^ey mowen ben I-frete."
vpp one grete wat^-r : me heuedcd hem alle J)re,
& let J)e bodyus ligge : I^er in gret vilte.
J)e bodyus gownen aryse : at pe mydny^t,
& ouer J)e gret wat^r : {^ey gönnen hem dy^t, ™
& euerych body nom his heued : by-twen his to honden.
Iper J)is bodyus wodm ouer : ford nas ]^er neuere er non.
50 Ms. but he st be. 54 Jls. godde? 80 Ms. hele oder welcV 85 Ms.
bodyuMs.
328 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
foi" nychasie wood first ouer, : wel ich woot hit is
I-cleped uychasie-is forde : in to \ns day I-wis.
1 yentyne het a wif : ])at woned ]>er be-syde. 9>t
In metyng nichasie com : to herc in J)ilke tyde,
flPyentyne," he seyde, : „for moche J)ou louest me,
jerfore after my deb I-come : Ic am to f)e,
3at f)ou berye my body : & myne felawis to
jat waren for Jhcsu crishis loue : gistirday to dejie I-do." 1*^
for{) he wente on bis way : \)cr ])at he was er.
|)is wif a-wok of here sweuen : |)0 liit was day der,
xhe wente forj) on here way : & beried hem anon.
pe fifte day of octobre : J)is dede was I-doon.
nowj bidde we alle Jhcsii cmt : for loue of hem ])re 105
J)Cft he vs gronte \>e ioye : l>at euere-more chal be,
& 3eue vs space an erf e : ourc synmcs to beten here
J)at we mowe in heuene-blif : euere to wonie ])ere. amen.
_ Seint calfton • l>e pope. (14. Oct.)
In |)e lond of rome : I-bore was seint calston.
to swyj)e gret gooduesse he droug : in bis ,^ouJ)e anon:
& Ipat was wel I-sene : {)0 he bim dy5t to elde,
for to flellchs lust2<s : he drou^ swj'J^e selde.
dometr/e het his fadir, : l^t bim to goodnesse taujte. 5
calston wel bim oudirstood : \)cit he in herte caugte;
moche he louid scole : & ondirstood his lore,
J)er nas no child in liis tyme : bat eue?- lerued more.
so at Jdc nende, : as god gaf pe cas,
J)orw grant of J)e cr/stindom : pope I-made he was. 10
ful wel he held bis dingnete : & {)e peple also,
& Jjorw his predycaciou» : moche folk he wan \>er-to.
palmatike \>e portreue : & al his meyne
calston cWstenyd bimself, : & moche of J)e contre.
simplex was a gret lord : & ek a senatour, 15
& swybe wel he was by-loued : w/t jpe emperour;
noujt-for-Jjan sen calston : so bim ondirnom
J)at he at Jje nende : bim broujt to cristindom.
ffelyx was an he|)en man : & badde a sek wif,
\)at in J)e palesye badde : louge wel hard lyf; 20
blande me cleped {>e wif : by here ry^te name.
ofte (^be berede of calston : & of bis good fame:
5ernc jbe bed felyx : |)flt be cholde sende
after |)e pope calston. : so be dede at J)e nende.
„pees ben her," Jje pope seyde : Jio he com hem to, 25
^seggeb me auou-ry3t : what ^c wold habbe I-do;
& ji? ic may in euy J)ing : J)orw5 Jhe.su cristu-s myjte,
Ic wille do, so Ixit je : goure liert?/.'* to bim dyjte."
„My wif is in Jje palejye," : felyx seyde [lo,
„& jif ])ou |)orw5 {)y godd».'; bolpo : here briugist of J)is wo, 30
Ic wole forsake myne god?<s : \icit nollel) nou,^! belpen me,
& by-leue on Jhesu cr/st : & wircbyn after ^e."
wit bfft ilke worde : seint calston sat a-kne,
& seyde, „lord Jbe.su c;v'st, : nou{)e ic bidde ^e
» cf. Acta Callisti in Act. SS. Boll. 14 Oct. p. 439 flF. (die urspr. Acta sind jedoch
untergegangen). Der engl. Text weicht hier, wie in den meisten Stücken, von
den bekannten lat. Quellen bedeutend ab. — 21 Ms. syjte.
60
zur südlichen Legendensammlung. 329
\>at J)ou |)orw,^ my bone : Jns woman nou]3e arere, 35
so \>at |)in holyname be kud : here & ell^s-where."
„blande," seyde calston Jw, : „of \>m euil arys,
& honoure J)ot ilke god : |)rtt euer was & is!
gif ])at hit ben Jhesu cr?'st : tellit vs by-vore,
so ({)at) bis holy name : I-blessed ben J)er-fore.'' 40
Blande w/t ])at ilke word : aros, & seyde ]yus :
„I-blessed be god of heuene : ])at is I-cl'eped Jhe.sus,
& ha]) alle {)ing?<s to wille, : for he may dyjt & dele.
J)orwä bis seruaunt to-fore jouj : I-sent'he haf) me hele;
I-blessed moot be euer be : by-fore al \)mg J)at is, 45
ffor of al my syknes nouf» : Ic am al hol I-wis."
ftelyx was swy{)e glad, : & blande ek, his wif,
& boJ)e hy go«ne anon-rygt : to amendy here lif,
& go?men of sen calste : c?-/stindom ondirfonge,
for hem {)0Uät J)at he|)en : {)ey hadden I-be to longe. 50
])o alysau;?.dre be iustyse : ^at was w«t J)e emperour,
herden teile ])at pis folke : to Jhesu deden honour,
wrt messagen^s anon-ry,^t : he hem gan of-sende;
& hy w/t caledop {)e preste : gönnen I)edir wende.
& for J)ey nolde in none wyse : chau«gy here Ijougt, 55
to mony an hard torment : he hem haj) I-broujt.
so |)at he let smji^en of : here heued?<s at J)e nende,
& here souh^s alle : to heue« hy gönnen wende.
(calston rengned fyf 3er : in his dingnete,
two mon{)2<s & twenty dayis, : so J)e bok tellej) me.
jyrestus he made xvj, & deken?/s J)er-to foure,
& byO'chop?^« XIX, : Jhesil cr/st to honoure.
he ordeyned \>re saterdays : J)at me cholde faste
{)orw3-out al c/Vstindom : Jie whyle J)e world I-laste,
for win & for oyle : & for whete also,
f)at Jhesu king of blis : sente {)rift J)er-to.
Ic ne vonde neuere : whoche saterday(s) hit were;
& for oure leuedy-is loue : good is to faste al I-fere.
& Jaey alle ])e he{)en men : sore hit oi-\>ou^te,
a cherche be-syde ^e water of tybre : {)is holy pope him
wroujte,
& {)er he het singe masse : ofte & ])at I-lome,
to manye cr/stene men : J)f/t Jjedir to him come.
{)e deiiel haued wel gret enuie : {)«t calston so longe I-laste,
& made ])at he was I-nome : & I-bouj?de wel faste,
tofore J)e iustise alisawKlre : sone he is I-brougt, "^^
& acused of alle J^ing : J)rtt he hadde euer I-wrou3t.
„alas," q?<ff|) Jje iustise, : „why hastoug ]>i(s I-do?
nostow \>at ])e emperour : alle haj) I-hote vs to
])at jif we mowin of soche fey : enymo?? I-finde,
f)at we cholle]) anon-ryjt : let him faste binde;
& for he willyj) l>at ech mau : habbe myls & ore,
& böte |)ey wilwif), to fondy : to chau«gen here lorc;
& but we mowe in som wise : chau^gen here I)0U3t,
J)e emperour wolle to strong de\) : ]>at hy ben I-brougt?
\)eriore ich ])e rede, : er \)ou ben I-chent, ^
do hono?^r to oure godis : & com to amendement;
{)aw myjtouj longe : libbe in good lyue,
& euer we helpen wollej) : J)«t {)ou ehalt wel {)ryue.''
70
39 Ms. by fore vore ; fore auspunktiert.
330 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
^I-wis, syre," qtia]) calston, : -to [)ryue ic |)0U5t wel jore,
Si l~>e7-iorc ic for-sake ,v^ure god?<s : & alle liere false lore, 90
& drau me to Jhe^u crtst, : \)e hcter |)rift to haue,
do wit my body what \iou wilt, : for ic am cn'stus knaue.
for wel Ich wot J)rtt \>(m woldist fayn : iram Jhesu c?-«st me drawe ;
ac ich nele for nojjing : forsake cHstus lawe."
„I-wis," quol> J)e iustise {)o, : ^Ich nele ])e nougt by-traye; 95
for ])üu hast I-sayd so, : now me schal a-saye.
castejj him anonry.^t : in to prrson grou>«de,
& f)e/- he chal by-leue : one grete stou^de;
& ech day ic hote : wit courgis f)at ,^e him bete,
Si fonde gif ge mowe him make : cr/st?<s lawe fordete." IW
Eche day tormentourzts : his beste habbef) I-do;
& whan hy him bete : |)us hy seydeu him to:
„calston, by-{)enche J)e bet : & clau«gy \>y ]pou^tl'^
„I-wis," quäl) sen calston, : „ge be{) aboute nougt;
alle I^e pyue ^cit ge me def> : so swete me J)inke|) gitte ^^^
so euer git eny gong child : to souke his modir tette."
eche day {)is good mau was I-beten : J)e tyme of half a ger,
& I^olid wel moche hongir : in ])c preson J)er.
Moche woudir hadde Jje iustise : \>at he leue(d) so,
& wende jxtt by nygte : sommon com him to HO
& brougt him mete & drinke : {)«t he to hadde nede;
& Jjfrfore {)e iustise anon : het & for-bede
{)at nomon were so hardy : to come him to by nygte,
& J)at me cholde slen anon : gif eny me finde mygte.
A knygt l>er was swy{)e sek, : his name was priuat, H^
J)at J)orwg meselrye : he was* I-maked al mat ;
his euil was so swyj)e hard : & greued him so strenge
{)at he hadde leuere deye : J)an so to libbe longe.
Also he set vppou a day, : {)is knygt him by-J)ougte
how sen calston pr?--by-forc : mony a wondir wrougte: l'-O
& Jjey liit were forbode J)at none : codi to hiin by nygte,
git aboute myddenygt : pedir he gan him dygte.
In he com wel j^räiyliche, : J)at per-oi nyste uon,
& myldeliche him sette a-kue : to-fore seint calston;
he seyde, „leue swete fadir, : haue mwcy of me ^25
& help me ]>at ich hele habbe, : \vir seint charite!"
„Good man," qHct[> calston {)o, : „gif \iou wolt I-leue arygt,
hol & sounde {)ou ehalt be : {jorwg .Ihe^'u criatiis mygt."
„Ic wole," qua\) präiat f)0, : „I-leue on him \)at I-bore was
of [je mayde marye : w/t-oute eny trcspas, l-^O
Ipat is Jhciu godd?/.s sone; : to him ic wole me take
Si. iram Jiis day forward : alle o\>er godd«^ forsake."
wit pis Word sen calston : him c/vstenyd sone anon:
& hol he wax of al his euil : in fiesch & fei & bon.
seint calston he Jx)uked gerne, : i^ went forjj his way. 135
J)e gayler(?/sj him caugt : gut er hit were lygt of day.
hy axeden anon-rygt : what he hadde per I-do
& why he wolde be nygte : calston wenden to.
prüiat answerde & seyue : „for ic dede arygte,
& he me haj) to hele : in {)is nygt I-dygte. 1^0
'ler-iore ic by-leue : on seint calston -is lore
forsake goure godws : nou{)e & euc/'-more."
lOü Ms. leue. 136 Ms. gayler.
zur südlichen Legendensamnilung. 331
„je, J)ef/ quap a tormentour, : „hastouj cr/stindom?
J)ou were heter, be my hode, : ]wu haddist I-ben at hom!"
hy w/t leden clobb?^s : pe knyjt hy beten so 145
{)at J)e soule & J)e body : departed"^ ])er a-to.
Caledep ])e gode jwest : come I)e f)ridde ny^te
& seyde to seint calston : also bit were in sygte :
„loke, fadir, J)rtt J)ou be : her-afte/- stedefast,
for J)y sete I-mad is : In J)e ioy \>at euer chal last. 150
J)e/-fore oure lord bede : J)at f)ou |)e grey{)y blyue,
for Jjou ehalt to-morwe : partin out of Jiis lyue
In to ])e blis of heuene, : for to hini J)ou chal come
for J)e harde pyne : ])at J^ou hast ondirnome."
Amorwe com {)e iayler?/s : al w/t-outen reste, 155
& J)rewe him out at {)e \vind0u3 : bis nekke for to berste;
J)e/--oute stode scbreuen : Jjot were swyj)e wikke,
& teyden a gret ston : aboute calston-his nekke,
& J)reuen him & {)e ston : in a water-pitte,
& er J)ey l3enn?/s wenten : J)e hole ])ej faste ditte. 160
l>e pridde day afte;'ward : |3e body ded {)ey fou??de;
]>er {jey beried hym villiche : in an hole in Jie grou^de.
& lier lay J)e body villiche : dayis seuene-tene.
se])^e com an holy prest, : a.ster, w/t-oute wene;
f)e clergye al wit him com : to don him ])er socour, 165
& buried Jje/- ]3is holy body : w/t wel grft honour.
a cherche |)ey let make : J)er J^is body lay,
{)at me clepej) calston-his cherche : git to |)is ilke day.
holycherche was vij dajis : w«'t-outeu heued |)o,
for calston was here heued I-wis : J)e whyle tat he mygt go. 1""
& {)us he deyd in J)is maner : as ge habbef) I-hurde,
& boujt heuen -blis ful derf : & {)er-of he nas by-cherde.
Nou Jhesus for seint calston-is loue : vs leue so don here
J)e fend-is fonding to witstonde : & alle bis I-fere,
& bring vs to J)e Joye : J)ot eue/-more I-leste, ^^5
& J)er-in to wonye : & maken l>er oure feste. Amen.
Seint Vonefrede J)e holi virghie. {ii. Nov.) ' l^- 180]
> onefreda was an holy raayde, : so ich ondirstonde.
In J)e tyme J)o syre ale^Ti : was king of ingelonde.
f)is ilke king was a good man : so god gef J)e cas,
& J)ey bis sone was a fool, : I)ilke tyme nas —
& Ipat men se|3 wel ofte : also {)inke{) me,
J)e?-fore wel is l^e cliild Jiat may I-{)e, : be fadir what he be.
{)is holymayde lerned : here by-leue f)o
w?t a p;-est of J)e contre : \>at men cleped beuno.
Jjis mayde he taugt euer wel : to flen al lecherye
& to kepe here body cleue : f?-rtm syune & iram folye;
& Jje mayde bim be-het : myd good wille po
J)rtt ghe wolde clene mayde : byleuen euere-mo.
In a tyme hit by-fil : Jiat ^fie dudd al-one
atom after |)«t here frencl?<s : to chirche vveren agone:
147 1. Calepod. 164 Ms. after. — ' Im .1. 1391 setzte Erzbischof Thomas
Arundel ihr Fest auf 3. Nov. fest; ihr Geburtstag ist 24. oder 22. Juni. Die
Vita s. in Act. SS. Boll. 3 Nov. — 13 Ms. {)e deuel st. jhe dueld.
332 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
f)e kyug«s sone com to here : in his rpbaudye 15
& gan herß bysechen faste : to don his lecherye.
Ipe mayde him answered : & seyde anonryjt:
^Ic nam nougt, to ben J)in höre, : non{)e I-dy^t aryjt;
Ic wole gon to boure : & come to f)e anon,
& {)an w*t my body f)y wil \)ou my^t don" — 20
for ghe wolde ascapye : pe mayde seyde al {)is,
& for ghe nolde nougt habbe : w/t him to don, I-\vi8.
])o ghe was w/t-inne, : a dorf jhe ondede anon,
& sujjjje to-ward chirche : wel ,^erne jhe gan gon.
anon \)o J)is fool child : her-of \ie soJ)e I-say, 25
])ai he was by-gylid : f)orwä Ipat fayre may,
after here wel quikliche : anon he gan to go,
& anon drouj out his swerd : J)0 he com here to,
& faste by \)e cherche-dore : he smot of here heued;
& hus was |)is holymayde : of here lyf byreued. 30
God cheued anon : |)at J)is dede nas noujt gode:
J)erfore w/t J)e dede f)is gong child : wor{) po wode;
In al his woodhede : he lefte tyd?/s {)re,
& su\>\)e he deyde sodeynliche, : so fe bok tellef) me;
{)e deuel was l>o I-redy : & body & soule nom, ^
so {)at noman nyste : whodir J)öt he by-com.
In f)e stede J)at f)e mayde : so byheuedid was,
a swy{)e fayr welle : anon sprong by cas;
& sowmen toldin su{)|)e : ])at J)er-by J)o stode,
bat Iter bej) in stonys : I-springed al wi{) blöde. *^
per nys (non) so queinte : nojjer more ne lasse
|)at mowe {)e blodis dropis : iram J)e stonys wallche,
ac ech mon berej) witnesse : \)at hem vp nom,
])at hit is a tokene : of here martirdom.
\>o \)h holy prest beuno : I-hurd of al Jiis fare, *5
sore him of-fjoujt : \)at he nadde I-ben bare;
& for \)at hit nas nougt \)e tyme : J)ot ähe cholde ben dede,
|)erfore apredycaciou» : to {se peple he haj» I-sede,
& in his predycaciüu«, : Ic wot, he seyde |)is:
„hit ner nougt tyme J)ot \)e mayde : git partid fram vs,
ac kende Avolde "|5at ghe cholde': her-iift^/- libbe longe
& wel seruy .Ihesu crist, : mede to ondirfonge;
{lerfore ich gou bidde : \)at je bidde w?t me
to oure lord Jhesu c;-/st, : {)at is so hende & fre,
j)at he vs sende to-day : aparty of his grace '^
& arere Jjis mayde : to lyue in J)is place."
\>e heued to {)is body : J)is holy prest gan don:
& {)orw3 his loue & here : \wt mayde aros anon.
euer ])pr-aiter aboute here nekke was : as |)ey hit were a I^ßde,
In tokenyng of J)e marte?dom : bot ghe was on so dede;
whyt?<r jping ne mygte be : \)an pe f)rede was.
be peple seyde for Joye alle : Deo grwcias.
porwg beun'o-his rede : abyte sujjjie ghe nom,
& ladde swyjje hard lif : & good nonne by-com.
Beuno in a tyme : to here seyde {)o:
^wonfred, Jhesii crist it wole : {)at we to party ato,
ffor in to an o^er contre : nede ic mot wende
& Jiere nedis to dwellin : to my lyues ende,
ech ger \)ou most sende : som presau»t, Ic {)e teile;
& what \)ou wolt me sende : cast hit in J)e welle —
72 Ms. & after. 41 non fehlt.
zur südlichen Legendensammlung. 333
of {)at J)ou dost J)e/-iQne : ne drede J)e ry^t noujt
{)at hit ne chal fyorwj godd?<s grace : to me ben wel I-broujt.
& after {)is .vij. ger : hennt<s Jjou ehalt fare
& J)y lyf-dayis enden, : Ic wot, ellws-whare.
& loke in {)yue lyue : J)at J)ou loue chastete! 75
for uedt^s ic moot henne, no leng ne may ic her be."
At J)e welle ])at I of spake : |)e mayde {)o him brougte,
& suJ)J)e tornyd here agen : & a chesible him wrougte;
by here myjt ghe hit made : boJ)e good & ryche —
]>er nas in al {je londe : no chesible here I-lyche. 80
\>o hit was I-redy J)orw work of here honde,
In a whit mantel : \)e chesible §he it wonde;
ghe leyde hit in {je streme : l>at ghe I-fonde {ler,
& {)orwä goddws grace : {)e strem hit for{) her
In to {)at ilke seine stede : ])at beuno woned {)o, 85
& {ley hit was fram \)e welle : {jritty myle & mo.
& ]^er me myjte wel I-se : how good orist is,
& ]iat it was a merakle : echeman may wite, I-wis.
Mter l>at {)e .vij. 5er : were I-brougt to ende,
nede moste wonefred : to o{)er stede wende, 90
& for beuno {)e holy p*-est : hit hadde I-seyd be-fore,
nede moste {)ese wordis : to so{)e ben I-core;
{)enn?is for to wende : jhe gan here dyjte 1-wis
In to a swy{)e wilde stede : {)ot veterat I-cleped is.
bo{)e monfofs & nonnz^s : ^is mayde I-fou«de {)o, 95
\>at ladden good lyue & clene : so echman äugt to do;
bulopius het {)e abbot : {)ot here mayster was {)ere,
swy{)e moche he dede bis wille : bis monk^s for to lere.
a modir hadde {sis abbot : {)ot him to man bare,
mayster of \>e nonn?fs : Ic wot pat jhe was {)are — lOü
by here rygte name : me cleped here eusebie,
for moche jhe hatyed sinne : & loued cortesye;
{)erfore women drouj to here : bo{3e fer & ner,
for in alle {)e londe : ghe ne hadde no per.
|)orw3 red of {)e abot : wonefred to here droug; 105
ey{)er of o{)er-is felechipe : was {)o glad I-nouj.
Afte;- {)öt eugebye : partid of {)is lyue,
wonefrede dwelled in here stede : ^erus ten & fyue;
mek §he was & of fayr speche : & swy|)e mylde of mode,
& {)orw here holy speche : ghe brougte mony to gode. HO
su^{)e, {jo god sente his grace, : to heue?« jhe gan wende,
now Jhe^u for \>e loue of here : {)edir vs bringe at eure ende.
Arne«.
Seint illarion \>e holy monk. ' (21. Oct.)
Gra§a is a nobble ton?* : In verre contre,
In ^e lond of spayne hit is, : so me« hit telle{) me;
for his gret nobleye : men hit knowi{) wide. If- 191]
thebatha is {jrop : viue myle {)cr-be-syde.
Illarion {)e holy monke *: In thebatha was I-bore; 5
al his kin was he{)en, : so {)e bok te\\e\> fore.
77 At St. To. 82 und 83 im Ms. umgesetzt. 97 Im lat. (BoU.) heifst der
Abt Elerius, seine Mutter Theonia. — ' Seine Vita (ed. in Act. SS. Boll. 21 Oct.)
von Hieronymus ca. 390 geschrieben. — 1 Ms. Guja. 4 {jrop {)orp oppidum.
334 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
& \>ej crist him-self ha}) : illariou I-core
& sent him grace |)at he uas : to lielle i\vue 1-Iore.
ry5t was f)is good childc : of fals keiide I-come
so is Jie swete rose : of a charp |)orn I-nome. 10
Jio J)is child of elde was : for to gon to scole,
w/t penaunfe & wit fastiug : bis body he gan cole.
liis frendus bim seut : to Alisau/^der to lore.
Jjo be berd of cr/stiiidom, : be loued bim eueve-more,
so l>at at J)e nende : I-c>-/stened be was l^
& hidde swyf)e boly lif, : so crz'st ^ef {)e cas.
In [ye toun of Alisau/idre : be berde of grammory,
& wbyle be was hej^en : he fleyg al foly ;
cherche lie louid swy{)e moche : J)e wbyle Jjat be was [)ere —
])er were but fewe cristeue men : \ydt inyrer hem bere. Ät
Meu \>at comen fro egipte : tolde him I-lome
of an bolyma« seint ^Iwtony, : wlmn by to bim come.
so fast was Jhfsu crist : at bis berte I-steke
J)«t bim nas no|3ing lcue/-e : Joan I-bere of him speke.
In atyme \n» gong man : so him ondiruome 2'>
Jjftt be soUj^t seint ^4Htouy : & wel to bim come.
of many {liug^fs hy speke, : Jjo by come I-uere,
J)at he dwelde to raon{)ws : cristindom to here;
so wel him lykid c/^'stindom : l>at he lerned |)o,
\>at he was I-cristened {)er : er he wold [)c»ne go. 30
Glad was he for J)is ^ing, : Jje gode syrt' anton;
gladdere was Jie gonge mon : {)at het illaryon.
po he badde w/t syre antoyu : alytil wbyle I-be,
fayr he nom bis leue : to wende to bis contre;
to monk^s in felecbipe : wit bim he gan take, 35
Ipat J)ey mysten of Jüpäu o-ist : to-gederis tahis make.
\>o be com to bis contrr, : bim-selue be most rede:
for bis frend«*" ])at he})eu were : al he fonde dede.
seiner he made of bis londe, : & pans he gan bim dy^te,
& -jaf hem to pore men : & boly cherche to ry^te; -Jo
bis brej)eren be 3af here del : {jat hem by-fa!le wolde —
for he nolde \>at noman : of him playne cholde.
now haf> {)is illarion : so wondirlicbe I-wrou3t
f)at of alle bis godis : be na|) I-leued him noujt.
Of non erj)elicbe gode : be Mm ne kept no-|)ing, i^
but ])at seint antoyn him gaf : at bis departiug:
Sc \)at was a sakken curtil, : & a pilche also,
& ablak froccke J)c/"-vppon : au-ouen him on to do,
& abok \)at \)e gospeb/.s : werru vppon I-write —
{jis bim jaf sen Antoyn : In cu^riche wo to wite. 50
for ]3at be wited myd him, : nc witcd he uamore,
& al he for-sok ])e worlde : to habbeu godd;^*' t)re.
nys \>('r non among?/.s' vs : ue of so mylde mode
^at wolde \iat me badde l>tis : I-deled al bis gode!
I'o be was of .xv. 3er, : to wildirnesse he gan wende, •''''>
for him |)ou5t folye hit was : among men per to ende,
& bet^T him Jjoujt by him-self : al-one for to be
|)a« to libbe among maukinne : <S: I-se vanyte.
)c>-iorc he maked bim an hole : in |)e wildirnesse,
yue feet it was hy : as J)e bok bercf) witnesse, 60
J
20 Ms. fayre. 21 Ms. & tolde. 22 u. 26 Ms. Witony.
zur südlichen Legendensammlung. 335
voure feet it was brode : so men hit tolde J)o,
a lyte lengere ])an his body, : Ic wot, hit was also;
for bet^r hit Ijougt a touwbe, : a dedmon In to ligge,
{)an an hous to wonye in, : what-so me euer segge.
Ic wot ])at meuy mouky^s wercn : leuere to liggen so stoute ''5
])a7i tocorne« in soch an hous; : Ic not whey^cr hy ben proute?
AI his lif to penaw^ce : |)is goodman haf) I-dygt:
.XV. nepws he et echday : & {)ot a-jeu J)e ny^t,
& gif hy weren grete : hit wolde him rewe ful sore,
berfore ofte lasse he et : to him-selue Jjan more; "O
pre ou«cis water he drank : & noujt ellis Iser-to.
Ic wene J)at J)er uys non of vs : ])at myjte nou libbeu so!
neuere-more he nolde ben I-chore, : to teilen Ic hit may,
but ont<s in J)e gere : a^ens {)e ester-day.
vppo» a bed of rillchen : o{)er on Jae bare grou^ide 75
his body he gan reste, : whan he slep astoujjde.
\)e curtil ^at illarion hadde : on his body onys,
nolde he neuere of him do : but whan he moste eftsonys
& don on an oJ)er newe, : Jjot him was I-jeue by cas,
& \)e o])er al for-rotid : & al to-rent hit was. 80
his heued no{)e/" his clof)is : he ne wiflche neuere-mo.
ac 5if he of holywrit : eny {)iug I-hurd \)o
{)at he oudirstood wel : {)orwj any skem/s J)inge,
ofte he bede his felawis : sum-what |3eron him bringe.
his bed?<s he wolde bidde : w/t gret deuosiou«, 85
as J)ey god were to him : f/r/m heuen alyjt a-douw,
& in his bed^/s he ferde : for al J)e world so
as Jjey god & he I-fere : speken bof)e to.
from |)e .xv. jer : in to on & twenty jere
Illar(i)on ladde soch lif : In wildirnesse \>ere. 90
& fram J)e on & twenty jer : til {)ot six & twenty werin a-go,
drye bred, watcr & salt : \)\s goodman ete J)o;
his bred was of barliche, : cleue & axen I-fere —
In so hard lyf & clene : me nyste neuer ere!
ff/-<7m .vj. & twenty 5er : to {)ritty jer ful were I-come, 95
a lytil water-potage he ete, : wel lytil & J)at noujt lome,
& seue oimcis he eet : of barli-bred J)0,
& me ne moste in his potage : non oyle do.
suJ)J)e he fond for fasting : J)flt bis heued gan ake
& f)e sygt of his eygen : lyte & lyte gan slake: 100
for he wolde in J)is world : god to seruen jit,
oyle he dede in his potage : to seruen him Jie bet
& to comforty his lemis : f)ot alle scabbed so were;
fort he were of {)re & fourty (!) jer : so he gan libbe |)ere.
Bred lyte & lytil si{)J)e : he gan to forsake, 105
so l)ot J)re score & seuentene (!) 3er : his lif gan of-take,
& after ^aX, ilke tyme : his bred he forsoke,
{)at he namore ne eet, : as vs tellefj f)e boke;
wortin he eet myd melke : & salt |)at me made {)0,
.V. ouHcis he wolde a day : In his body do — "O
ete nold he namore, : no drinke in {lilke place,
& Jjus he leued .v. ger : {)orw 5\\csvl crisUis grace.
he ne eet no he ne drank : no day ar eue
fort after J)ört \)e sonne : gan here lyjt by-leue,
95 Ms. xxvj. 97 Ms. woukz« st. ounces. 106 so st. to. 109 1. meleV
336 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
f>an he wolde ech day : make bis niangeryje — 115
& {)us he chastid his body : fram sinne & folyje.
J)0 he com to four & twenty (!) 3er, : {)is man {)at was so wis,
he sent aiter his felawe : {)at heet efficis, [^1921
Inke & parchemyne he bade : he chold wit him bringe,
wondir hadde eflfiecis : of J)i.s ilk |)inge, 120
Jjedir he went & broujt : porchemyii, wel ic wot.
Iper-on his owe testament : illarion him-self wrot:
he be-quaj) efesis his certil : & liis mantel
& his pilcJie & his bok, : & seyde, „wite me wel!
for in J)is ilke lyue : dwellen no leng I ne may, 125
for henn?<s ic chal fare : here-afte?- \)e |)ridde day.
& lok wel, whan my soule : Is iram. [»e body agon,
{)ot my body be I-beried : sone & \>at auon ;
burie me auou-ryjt, : for loue ic bidde J)is,
& let erjje to er|) : al-so his keude is!'' 130
his lem«<s gönne a-steuie : J)0 J)is was I-do,
& al manliche bete : f/-«m him gan ])o go ;
wit his tonge he heried god : & loked w/t his eye,
\)e o\icr witt«s weren a-gou : er he niyjte deye.
to his soule he seyde,': ^soule, what eyleb |3e? 135
wherof art \)0\i a-dradde : to lete {)is wikkid contre?
go forj) out of |3e body : & ne dred noujt, 1-wis,
for wel ic wot, a meri stede : J)e is I-mad, I-wis.
fourty & .XV. (!) §er : crist l>ou I-serued haste:
|)e;-fore wend out hardeliche : & ne be nou^t a-gaste!" 140
wit J)is ilke word : liis soule gan out wende
to |)e blis of heuene, : J)«t last wit-outen ende.
Moche folk Jjedir com : JdIs buriinge for to don,
& buried J)is holy body : so hy aujten anon.
nyge morwenyngws \)cr he lay : & alytel more. 145
{)at he lay so longe l)cr : efecis of-J)ou3te sorp;
üram {lilke stede pe holy body, : Ic wot, he remuyd, I-wis,
& buried him in a touii : ]}at rome (!) I-cleped is,
& let him jpere berie : w/t wel gret honour;
& mony mon of euil : ]>er ab I-haued socour. l'"^"
now bidde we god for \:>e loue : of seint illarion,
J)at he vs graunty J)at blis : ]pat ending nauej) non. amen.
Seint crissauut and dari5e. • (25. Oct.)
1 olim^/s was a nob(l)e man, : in Alisau»drc I-borc,
knygt he was & gret lord, : so ic may teile 50U fore,
for he was heued & syr»^' : of alle J)fft contre;
worse man to cr/steue men : non ne my^te be.
Numerian me cleped \>o : \ie emp^'rour of rome: ^"^
he hadde mony a c//steue man : I-let slen w?"t dorne.
polimius seyde his frend»^ : f)at he wolde wende
& dwelle a whyle w/t \>e emperour : \)at was fre & hende.
crisaunt, l>at was his jonge sone, : w/t him \>o he tok,
for he chold at rome : lerny vppo« be book. 1*^
swyj)e glad was \)e emperour : f)o lie was I-come;
to his preue consayl : polimyus he ha{) I-uome,
117 1. four score (Er wurde 80 Jahr alt). 118 lat. Hesychius. 124 Ms.
mantel st. pilche. 128 Ms. ne be. 139 1. f. & twis xv (:= 70)? 148 1. Majuma. -
' Die Acta, griecli. u. lat., s. in A. SS. BoU. p. 469 ff.; der engl. Text ruht jedoch
auf ganz anderen Quellen. — 4 Ms. non worse ne m. b. 7 Ms. poliunius.
zur südlicheu Legeudeusamniluiig. 337
he him made his iustise : & gaf him dingnete,
& bed him uext his syde : f)at he cholde be,
& by-gau to werche : mochil niter his r^de, 15
for he was in here lawe : of swyjje noble dede.
CrissauMt, \iat was polimius sone, : to eole gan to go.
nas ]per non in al pe cole : Jjat gan to lerny so,
ffor so kene was his wit : |3at al he hane}) I-caugt
Jaat eny mayster in boke : J)er-in him haue]} I-tau^t. 20
So wel he ondirstode al : J)at me spek w/t steuene,
{)«t in alyte whyle he was mayster : of Jse artes seuene.
ae, I-wis, of deuenyte : ne coujie he ryjt naujt,
ffor he ne seyg neuer bok ])er-oi, : no hit nas him I-taujt.
Polimie loued wel crissaunt : for his gode lore, 25
& boujt him bok^<6- I-nowe : for to lerny more.
so ^at cWll'aunt vppon a day : jide in chepinge:
a bok of oure gospel?<s : to seilen me gan bringe,
of Jhesu crist?<s word?<s : & oure leuedy also
Moche me hadde {)er-on I-write : & in be bok I-do. ^0
Crisaunt J)o he I-sey {)e booke : & tok him in his honde,
of soche clergye ne sey he neue;- : er in Jjilke londe.
|)erfore he stood in |)oujt : & gan to syke, I-wis,
„a, mahou^^de," seyde he, : „what clergi is al l^is?" —
Jje ryjte tix it was to so{)e : of al deuinyte, 35
of pistlis & of gospeh/s : so Jie bok telleji me.
Anon he boujt J)is boke : & w/t him hom it bar.
fo noman he ne cheued hit : ])at he fond |3ar,
& him-self he stodiid wel : & was in gret I^ougt;
& for he nadde no teching, : al hit was for nougt. 40
& |)ey he seyde to him-selue : „bok//s so derk as myste (!)",
a steuen he herde to him speke : myd wel gret myjte:
„Crisauwt, f)ou hast I-haued göre : a bok of gret lore & gode :
to by-holdin ofte J)er-on : J)in soule it chal don fode;
])e)-ioTe ich rede J)e, ou J)ilke book : wel ofte |)«t J)oujrede, 45
for to knowleching of sof)nes : forsojje hit wole J)e lede.
for jif {)ou hast lore of [Destirnesse : er J)is oudirfonge,
for to habbe lore of lygt : J)e aujte |)enche wel longe.'-
& to habbe a mayster : he nyste to wite whare;
nyjt & day he f)ou,3te : & was in swy{)e gret care. ""^
a velawe c;Vsaunt hadde : J)crt cr/stin he was I-hudde,
his c/v'stindom for drede : wel selde hit was I-cudde,
for f)e emperour was so cruel : f)at jif he eny I-fou/jde,
to dej)e he cholde ben I-broujt : In a wel litil stouwde;
constantin het J)is cr/stinman, : & J)ou3t nyjt & day •''5
of {)e mornyng of crVsaunt : to wite f)e ry^^te way.
On a day he com him to : & {)us he seyde |)o:
„seye me, mayster crisaunt, : why mornystou so?
Is it for {)in le»?mon : ojser for eny o\)er {)ing?
y-wis, me greuej) sore : J)at ic \)e se mornyng." ^
„be stille, leue coftau»tin,'' : crisaunt seyde anon,
„wite hit wel for soJ)e : to lewmon wil uabbe Ic non.
a bok ich fond J)is endirday : & Ich hit so bougt;
for ic nabbe Jjer-on non ondirstonding : fjerfore ich am lu
soch lioujt,
& §ut alle J)e worse me is, : for so{)e ich segge |)e, '''•''
{)«t ich knowe no mayster : [)«t can hit teche to me."
17 cole = scole. 30 Ms. he st. me. 35 tix = text. 38 Ms. for st. to.
41 |)ey st. J)oV 1. {)e bok is. myste st. nyste ?
Archiv f. n. Sprachen. LXXXU. 22
388 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
„let nie I-se," qi(a\) costauntiu, : ^])at ilke bok anon,
so J)at we mowe I-fere : loke Jje/-vppon;
o\)er red ne can ic non ; : I-wis, niy leue hro])er,
wel |dou wost oure aj^^er : may speke Jje bet for ojjer."
J)o costau/itin I-sey^ ^e boke, : an lionde he hit nom
& radde J)er-on & seyde, : ^|)is is of cristindom.-
„( Vistindom, what is Jjat?" : crisaunt seyde Jjo,
^Ich not neuer what [>ou seyst, : how knowistou it so?
hastou I-lerned ou^t per-of, : for loue sey me her,
for ich ne herde of cyz'stindom : speke neuer er."
Costau/?tin gan wepe : & seyde to hiin J)is: [f. 193]
„Ic ne can vppon |jis boke : noJ)ing Jie teche, I-\vis,
& jut, J)ey ich coujje, : vn\vorJ)y ic were {)er-to ;
hit moste ben a cristen prest : bat cou{)e soche ded«<Ä do.*-
„Gert?*«," qua]) crisaunt \>o, „pan canstou teile more
In woche wise ic my^t best : comen to f)is lore."
costau>?tin answerid, : „& jif J)ou weit don by me,
to Jhcsu cr/st of heuene : {)0U most aboue« J)e,
& alle-maner o])e/- godus : clene J)ou most forsake
& {)in body & Jjin soule : to Jht'.su crist by-take;
wel ic woot to soJ)e : f)is is \ie by-ginnyng
how man chal best I-knowe : J)e so{)e of soch teching."
Now haj) cr/saunt to Jhesu crist : him by-take, I-wis.
\>an seyde costanwtin, : „au holi prpst \>eT is
In \)e hülle of uerui, : w/t carc faste I-bou«de,
& so wel he is I-hudde : J)f/t he is selde I-fou«de —
for drede of Jie empe/-our : he is I-hud so,
lest he were for cristindom : anon to dej)e I-do.
bidde jerne to Jhesu cWst : by day & by nyjt
Jjat he to carporye J)e prest : {)e weye {)e sende ary^t."
75
80
85
95
lüO
^ow is cri^'ssaunt in gret |)ouät : & biddeji ny^t & day,
& to |)e hil of nerui : himself he tok {le way.
vp & dou» he äede himself, : & jn) f)at he com f)ere,
he wep & wrong his hondin : & made reuly bere,
loude he c;/de to Jhc.su c;v'st : & bed w/t-outen mysse
to carporye J)e holy p/-est : J)at he him cholde wisse.
carporye set in his seile : & I-hurde al })is,
bly{)e he was, & ek a-gast : in his herte, I-wis,
for he nyste \>e encheson : why me him cleped \>ere; ^05
vnnebe out of his seile : he ne dorste gon lor fere.
Najjeles to \)\s gongeman : out he weut wel stille,
& axed him wel myldeliche : what were J)o his wille.
„I-wis," qua]) crissau/^t, „to Jhesu crist : myn herte is al I-nome,
\)eriore to speke w/t carporye Jje prest : hedir ic am I-come, HO
& ich J)e bidde, leue syrc, : pur seint charite,
gif f)ou wost wher he is : \ydt ]xm him teche me."
Carpore nom Jjo cr/ssaunt : «fe nolde no lenger dwelle,
& ladde him wel myldeliche : w/t him to his seile,
& nome, J)0 he Jjedir com, : his bok »S: gan him ondo, HS
& \>e lawe of cr/stindom : to cr/ssau//t he taugt Jjo.
cr(i)iraunt so wel him ondirstood : his teching aplygt,
Jjot he was I-cr/stened soue : aft/'r J)e seuejje nygt.
& suf)be he dwellid w/t carpore : nionjj?/*- folle J)re,
& leruyd of cr/st»,« mauhedc : & of ])e triuyte; ^20
so bat Jjorwg pe clergye : J>at he hadde er,
& porwg {)e gret lore : Jjat he I-fond jier,
zur südliclieD Legeudensammluug. 339
he J)ouät in {)e crätindom : {)at he ne dradde noust:-
perfore for to wenden hom : crisaunt him haji I-J)ouät.
vayre he noui his leue : & gau him hom to wende, 125
for him J^ougt of cr/stindom : he ondirstood {)an ende,
lytil wiste his freud?«« : whodir he was ago,
for l>ey wende to sojae : at scole {aat he were |)o;
J)erfore l>er nas non |)at axed : wher he hadde I-be,
ac wende l>at hy myjt to-fore him : eche day I-se. 130
also J)ey seten afterward : in his compenye
& speke of many ])ingus : & of |)e maumetrie,
crissaunt hem seyde, to so{)e : here laAve nas noJ)ing naujt,
& {)at l>er nas no god bat on : \:,at al |)ing hajj I-wrou^t,
& {)ilke god was Jhesu crist : f)at deyde vppou |)e rode. 135
fful wro|) hy wercn alle : [mt he f)is "ondirstode,
& rnonye him wit-seyde : in disputiciouw ;
& |)ilke weren w/t clergye : anon I-broujt adou«.
a man J)«t louid wel his fadir : anygt was at sopere
yvit him, & of manye J^ing^/s : |)ere hy speken I-fere, 140
of here lawe & here godus : hy speken word?<s bolde,
& ech mon In his wise : toldin what hy wolde.
Crisaunt seyde, „to sof)e : ic may seggen {)is
l>at in al ^e world : no god but on {)er nys,
& f)at (is) Jhesu crist al-one : J)at makid alle J)ing, 146
by-gi»nyng nad he neuere : ne chal habbe euding;
al jiat is in heuene & er|)e, : Ic woot forsofDe, he wroujte,
& man J)o he was forlore : swyjje dere he hem bongte:
be-twene mankin & |)e fend : to alegge |)e strif,
vppon 1)6 rode he deyde : & gaf JaeHore his lif; 1''0
& aros to lyue : Jjer-after Jje Jjridde day,
& J)at he was almyjty god : l^erby me wite may.
& in |)rtt ilke forme : Jsat he aros J)0,
by-fore al his defiplis : to heuen he gan go.
])e tenj)e day J)e/--after : so mayster good & heude 155
he gan to his desii^lis : J)e holy gost hem sende,
& hem taugt al J)ing : al ])at hy cholden do,
& ek al-maner speche : he hem taugt also.
I ne herd neuere of god non : Jiat was so hend & fre,
& I^ez-fore me J)inkeJ) to soJ)e : J^er nys no god but he." i*^
{)is man sete swy|)e stille : & {)0Uät {)o he herde J)is,
& {)ougt him in his mode al-one : |)Cft he seyde amys;
amorwe he wente to polimye : & gan to teile him fore
how crisaunt seyde him an eue, & pat he was for-lore.
& seyde, „ic wene his wit : makej) him al sauage, iß^
for he by-ginnej) to eure godd^^s : speken gret outrage,
& I not what wondir : he hauej) I-Jjougt noug,
he sey{) ])at J)er nys no god but on : \jat is I-cleped Jhesu ;
& gif pis titlyng come : al to l>e emperour,
noman ne may don him non help : ne nomaner socour; 170
for wel {)ou wost, J)ou & we : for euere cholden be chent,
gif J)y sone were of-take, : & deye in gret torment."
„let me al J)er-myd I-worJ)e,'' ': Jje fadir seyde Jjo,
„Ic wole foude Jxtt ilke {)0ugt : to maky lüm forgo.
& leuer me were for his dede : \>at he deyde al-one, 175
J)an ic lefe my kende loude : & we ben I-cheut echone."
perfore J)o J)is hej)ene mau : frmn him was I-went,
after cWsaimt, his sone, : anon he haj) I-sent,
136 tilge he. 143 Ms. for ic. 178 Ms. & after.
22-
340 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegeuden
& to him he seyde : |)0 he was Jjedire I-come:
„leue sone cresaunt, : hou hauistoii on I-nome? 180
Ic not to what god me sey{) : J)at {)ou art to I-take,
& oure god?«s dost despise : & hast hem al forsake."
„wite hit, fadir," q?/«J) cresaii»t, : ^J)ou settist me to clergye
& [iorw {)in help of pe seue ars : Ic habbe J)e maystrie :
& i^if {)Cft ilke art nere : J)at I lerned laste, 185
to j)e piue of helle : for so|)e ic werc I-caste;
al \yat ich euer lerned her, : who-so hit ondirstode,
wolde wel at \)e laste ende : bring me of weyus gode.
for al hi seggej) Jiflt er[)elich encheson : of hem-silue is :
ac on is of alle J^inge : J)e encheson, to softe I-wis, 1^0
for he was euer git by-fore, : & chal ben eui??'mo.
sey me, leue swete fadir, : gif gour? godd?<s farej) so;
gif l>oii mygt eny soche : of joure god^<s finde,
al ray lore is I-cast a-wey : & myne bok^^s bej) blinde."
,Strippe{) \)e ])ef,"- qua]) l>e fadir, : ^& bete{) him wel faste, l-'"'
so f)nft of Ipat ilke word?/.s : for euer him a-gaste."
tormentour?/s him nome : & forjj liim habbej) I-brougt,
& to don his fadris beste : J)ey ne sparid rygt noujt;
& euer J)e fast^r : Jjot f)ey him gönnen smyte,
he bede smyte harder : & seyde hy smyte to lyte. 200
{)e tormentour?/s answered, : ^ne greuej) hit {)e noujt sore?"
„no, Iwis/ qiia]) crifaunt, : „ic äugt fiolye more,
for {)ilke tyme J3«t my god : on er])e was I-do
wel ic wot for myne loue : he was I-beten so,
her nas no lyme on his body : l>at nadden mouy a wouwde, 205
& jit may vppon my body : many an hol stede be fou^de."
J)e tormentour?^*; went : to his fadir f)o,
& axed him of cr/saunt : what hy cholden do,
fibr he nolde in none wise : to chau»gen his mode.
„y-wis, I wene," qHa\> ])o fadir, : ^\wt Jje pei ben wode; 210
& l>eriorc ic 30U böte : in preson {)at ge him caste,
& ech day fort eue : {)at he {jere faste;
& do{) him, jif se conne, : so mochil of vilte,
of ech day \wt he is Iper : {lat him {lenche fjre."
swyj)e foul was \)e p;rson : of J)e wafling I-milt, 215
& worse he was I-seruid : J)an J5eu?/.s- \)(it haddin gilt;
he ne seyde wel ue wo, : ac soff'rid al herr wille.
J)aMne seyde a tormentour, : ^letejj him ben stille
eche day w/t-oute mete : fort [lat it ben eue,
{)a/^ chal he for hongur : alle his foly by-leue." 220
„wel, wel,'^ qiial) cr/Hauut, : „ge spekejj aboute noujte;
for my lord Jhesu crist : so der^ me haue{) aboujte,
for me he fast fourty dayis : & ne eet rygt noujte,
& ic finde \>at ech day : me worj) mete I-broujte.
to geue me so moche mete, : I-wis, hit wer^ w'ouj, 22.')
for on//.s mete in \)Te dayis : I-wis lüt were I-uoug."
Alle \)at I)is I-hurde : her-of hy hadden drede,
& wenteu & tolde poUime : what crisau«t, his sone, sede.
„lord mahound," q//a\) }K)llime, : „|3ou wost Jwt me is wo,
for ic not alyue : what ich chal w/t him do! 230
ac jif ])er were enymon : hat coube me wisse & rede,
boJ)e gold & seluor : he chold habbe to mede."
181 Ms. good. 189 Ms. his st. lii. 206 Ms me may.
zur südlichen Legendensanimlung. 341
])an com \jer a man : & seyde to polimye:
„I)ou ne mygt noujt of Jiin sone : |)us habbe {)e maystr^e,
for ernsten men hit segge}), : Ic wot to so^ae I-wis, 235
Ipe more pyne ])at men hem doj) : {)e leuere hem to so{)e is.
|)erfore I^ou most clojjy {)y sone : w?'t c\o\)Us swyjjc gode,
& don him in a fayr chauwbre : & spcke w/t him wit mode,
& äif bim mete & drinke : Jxft ben so ryche & gode,
& bring to him mayden^s : to chau^gy his mode; ' 240
I)orw3 hoot mete & drinke : his flesch chal uede wrye
for to loue som of hem : & to don lecherye.
wit glotonye & lecherye : \)us he worj) ouercome
& from his false lawe : eueriche del I-nome."
Nowhaf) polimye I-don : al {)ing after ids rede. 245
& wel ich wot he ne spedde : uoinng in his nede,
& J)ey pollime seyde : to |)e mayden?<s J)o,
„böte se chau»gy his Ijougt : I chal 5o\v wirche wo.
ac if eny of gow may : him drawe fro his lawe,
to him ghe chal 1-spousid ben : & eke his owe felawe; 25u
wel may here |)an be, : wetej) hit to wisse,
for here ne chal lakky noujt : of \ns woraus blisse."
viue mayden^^s f)ey were : J^o w/t him I-don,
euench seyde |)at {)(e)y wolde : here my^t don anon.
To crisauut J)ey went : wit swyj)e fayr semblamjt, 255
& he ne tornyd one his |)OUät : nojjer taunt ne caiiMt.
on eche syde hy wenten : & gou luni clippe & cisse
& in here wise {)ey maden moche blisse;
aweyward he tornyd his heued : & nolde he?« noujt by-holde,
& sore he gan to syke, : his herte fil wel colde, 260
he crid to oure lord Jhesu er ist : J^at al Jsing myjt dele & dygte :
„woche man in J)is worlde : myjten habbe {ae myjte
agens ])us feie naddrin : forto stoudiu stille,
|)at he ne moste in somtyrae : to don al here wille?
for böte {)ou him helpe, : J^at art of heuew kiug, 265
lyue & soule chold ben I-lore : J^orvv here foul stinging.
^erfore, leue swete lord, : jif hit J)y wille be,
Ic bidde in Jiis batayle : \>at |)ou Jjenche on me,
& jif me grace & my,^te : so hem to Avtt-stonde
{)rtt my soule ne ben I-take : in my fomeun^^s honde." 270
Of mete ne of drinke : uojsing ne ginnef) he teile,
ac halt bis as vudiugne : Jiat is of so foul smelle;
& f)e fayre clojjws : Jjfft weren on him I-do,
he seyde swyj)e foule : f)at alle hy stonkin J)o ;
& I^e mayden^^s alle : Ixtt wereu wit him Jjere, 275
he seyde myd here stiuking : his def) hy wolden arere;
J)e clipping"& {)e cissing : Jjat ])ey dedin ech stouwde,
him {joujt in his soule : hit was a delpus wou^kIc.
ac euer-more of Jhesu crist : he gan hem prechy J)o,
wan (hy) in eny wyse : wille hadden jter-to. _ 280
On of Jje viue may den ^<s : }x/t me cleped darie,
Jjorwj cr/saunt-his preching : towurd crist gan wrye,
& here wille him tolde : to him in p/ruyte.
„Jhesu crist,'^ he seyde, „lonl, I \nmk it J)e
Jjat on of l>e naddrin : Jx/t cholde me ouercome '^^
J)orw {md swete groce : is noujjc to |)e I-nome."
here he clupte & custe : & maked gret ioye Inouj.
euench of {)e o\>ei- mayden«s : Jicrfore wel smere I0U5,
239 tilge so. 254 M«. \)y. 282 Ms. Iput {)or\vj. 285 Ms. of on.
342 Des Ms. Bodl. 771t jüngere Zusatzlegenden
t'or {)ey hopedin Jiat he wolde : sacrefise to make
et jjrtt daric liini hadde : w/t lechery of-take; 29(i
Jifrfore {)ey hem lete : & to herc wille go
& speke what {jey wolde, : & let here wille to do.
& Jip^-forc he hcir p/-eched : & hauef) to cristindom I-caujt —
& alle \^e of)er maydenws : nyste {)p/--of gut naugt.
a iustise |)er com a day : J)at het selerin ; 295
to make hem honoury hacus, : J)at is a god of win,
afte?- J)e maystris he went : & afte;- c/v'Haunt.
& he tofore selerin : wel myldeliche staut.
J)0 seyde J)e iustise, : „gif 30 wollyf) don by me,
ge moot honouri \ns ilke god : ])at is so hende & fre, 300
|)at vs sende]) mete <fe drinke : swyjje gr^t plente."
J)an by-spak him cr/sair«t, : ^syre, ic segge it \>e, [f- 195]
Jhesu crist sendef) alle f)ing : \>at in ]iis world is,
& him ich wille honoury : for eu«-morp, I-wis."
„& ic/ quaj) darie, : ^him to honouri also, 305
& alle o\)er godus ic hers forsake : novv & euere-mo."
^a, Jjeuis," q?/a]) selerin, : ^seggef) ge nouf)e {)«s?
now hit is wel I-sene : je tellej) lytil of vs!
wel ich wot ^e nollej) noujt : to chau??gy jour^ {)ouäte,
for ge habbeji goure godd«s loue : swyj3e derc abougte." 310
])erfore he het hem bo{)e : to strippen hem al nakid,
& for to beten here body's, : me ha{) al blody 1-makid.
ey\)er seyde to ojjer \>hs, : _Jiis is a swyjie merye gle!
nou Jhesu crist in heuene, : I-blessed euere {)ou be!"
Men |)er stodin & women : & by-held al J)is, 31-5
& seyde Jjat J)e iustise : deden f)er-of amys
])at he wolde so fayre bodyis : myd soch torment chende;
ac noman for J)e emperour : ne dorste hem come hende.
celerin seyde \)o, : „crissant, hou faristow?"
Si he anon answered, : „wel ic fare now; 320
ffor wite hit wel to sojie, : {)is nie lykef) bet
{)an me dede in my 3ou})e : mylk of any tet."
celerin by-hel cr/saunt : & chok on him his heued,
& seyde, „ich wene, f)in clergye : ])y wit {^e hauej) be-reeued;
])ou werc I-set to cole : forto lernen gode, 325
& ic wene, J>in lore : Jie hauej) T-makid \^/ls woode.
do & honoure oure god?/s : er \>ou ben an-hange!"
„I-\^^s, syre," qiia\-> cresaunt })o, : „jier-after me jiinkelj wel lange ;
for myne god for oure loue : I-hangid was on a tre,
& Jierfore ic wole for his loue : wel fayn an-hanged be." 3.30
Jie tormentour?/.'; {)o cr/saunt toke : & honged him on a tre J)o.
|)e tre ne mygte him nougt bere, : ac barst anon a-to,
pat bojje cr?saunt & l>e tren : fillin bojie to grouwde;
& in al o|)er J)iug : he was git hol iS: sou//de.
brondis me dedin to his syd^^s• : his fei for to schrenche ; 33.i
ac ])ey ne touchid his flesch nougt, : anon hy gon a-quenche.
& alle \Mt touched in härme : Jiat fayre mayde darye,
wel sone here lem».<t adryed, : ])at loude hy go»nen to crye;
wit fot hy ne mygt wawe : ne wit hondin ne-Jjc-mo,
iio\)er for al f)is worlde : out of {lat stede to go. 34(i
Ipe iustise him dradde wel sore : bo he I-sey al f)is,
& anon to J)e empe/our : for dred ne went, I-wis,
& axid him cousayle anon : what him were to rede;
for neuere sej){)e he was I-bore : he nadde so mochil drede.
2'Jl 1. lete be? 297 1. maydin V 1. sent st. went. 299 Ms. he st. je.
zur südlichen Legendensammlung. 34.3
{)e empe/our answerde : f)e iustise {)o anon: 345
,In an old diche : Ic wole I)at hy ben don,
& let |)rou5 on hem ston^^s : so J)at men hem sie,
& so we mowe deliuerid : of |)e chreuis be.^
{)e empe/-our-is beste : me dede myd hem wel blyue,
& so fis to swete f)ing»s : weren I-broujt of Ivue. 350
now bidde we god for ^te loue : of darie & crisaunt,
I)at he vs helpe, wit senne : J)at we ne ben I-chent,
& bring \s to J)e ioye : J)at lestej) euer-more,
^er J)at {)is twey marten<Ä be{) : J)at wit pyne abougt so sore. amen.
Crispin and crifpinyan, twey holi martenisJ (2ö. Oct.)
IMoche härme Ich habbe I-told, : & more ic teile can, '*^' ^^^^
by Jje Wpe)- empe/'our : J)«t het maximian.
ffor {)e dej) of cr?stene men : |)«t he let sie I-lome,
crispin & c?-?spinian : Jiey flouin out of rome.
suefis, wel ic wot, : me cleped {)e cite 5
jDat J)is goodmen wente to, : a whyle J)er to be.
& for hy noldin beu I-kuowe : of what stede hy were,
sone for to sowy : anon hy lernyd {)erc;
& ek for J)CTt hy weren c/'Vstin, : so \e]ier to hem men were*
J)«t \TineJ)e any herberwe : hy my^ten habben {)ere. 10
pore men schon hy made : myd wel good wille,
& tolde moche of cr?stindom, : nou5t opinliche ac stUle.
{)ey it were preuiliche, : I-hole ne myjt it be
|)at here dedis nereu I-kud : in alle |)e contre.
a lu{)er iustise f)er was I-come : {)at het riciouar, It
Jjot c;-/stin men dede gret härme : J^ere & elh<s-whar.
he herde of cr/spin & c/-/spinian : swyj^e mochel teile,
& gan hem aiter sende : w/t messager^^s wel suelle.
& bo{)e hy were of-take : in a lyte stou«de,
& I-brougt to ryciouar : wel swyf)e faste I-bou?jde. 20
ryciouar axed hem swyf)e son : whanne hy {)edir come,
for mochil he herde teile of hem : in Jje lond of rome;
.,& by my fey," he seyde, : „wel glad ic am ryjt noujie
f)ot ic 30U habbe of-take, : for je me were oncouJ)e.
ffor nou{)e ic wene {)rtt je mote : honoury my god?<s echone, 2-5
oJ)er ellis je chollif) f orso|)e : to {)e de{)e gone ;
for witef) hit wel to so{)e : J)er nys non ofier f)oujte:
böte je hououre oure godus, : to dej)e je worjj I-broujte. "
Crispin seyde, „joure god?<s : we schoUef) vain honoure
& bidde wrt oure myjte : {)at hy vs wel socoure. 30
& me J)inkejj to soJ)e : in myn herte I-wis
\>at in al |)e worlde : none god but on \)er nys,
|)«t is oure lord .Thesu crist, : of alle lordz^s king,
prmce he is of prmcis, : & lord of alle {^ing;
euer he was & nou is : & euere-more chal be, 35
one god alwelding : & ek personus l>rc.
for euer he was I-liche gode : & foUe I-liche of myjte;
& to sauy vs iram senne : w(e)l loue he him alyjte:
ffor as he was in heuene, : he hadde wel gret pyte
J)at man cholde to pine : for synne I-dampnid be, *»"
352 Ms. helpe |)rtt wit. — ' vgl. die Acta in Act. SS. Boll. Oct. 25. — 5 1.
Suessio, Soissons. 14 Ms. & st. i«. 15 lat. Kictiouarus. 34 Ms. prence. Vers 39
doppelt im Ms.
(30
65
344 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
{lerfor^ maiin^^s kende he tok : fort biggin so
al mankunue-his giltns : of f)«t hy hadde I-do."
Riciouar seyde \)o, : y,\>on most ,^ut teilen me:
suf) ]yat [ier is one godde : Si ek \)C)-soni(s Jjre,
canstou me ou,^t teilen : woch pprson hit was 45
f)at wolde for i>e loue of man : J^ole soch a cas?"
„je, syre," q?<aji crü'spinian, : „Ic wot hit was J)e so{)e (!),
for in liim is al wisdom : & chal ben eucr-more.''
„je," qua\) riciouar, : „Ich nele her-of uamore.
doj) honour to oure godis : er hit chal jou rue sore!" 50
„Ic Jie seyde," qua]) cr/spin, : „so ic habbe don göre;
for god ic wille honoure : noujje & euer-more."
„scornystou me, gadeling?" : riciouar seyde J)o;
„ledejj hpm by-fore iubyter : sacrefise to do;
& but he don sacrefise, : wit stauis \>at ,^e h/ym bete, 55
J)öt ech man weue to so{3e : Ipcit hy here lyf lete!"
On |)e god?/.s {jey spatte : ^o [)ey come ]Der-to.
|)e tormentour?<s habbej) sone : his beste I-do.
„I-wis," q??o]5 J)is holymen, : „for al hit is for noujt,
je ne mowe uoujt wtt soche pyne : chau//gy oure J)ou§t.''
to Joe iustise hy wente : to wite what hy choldin do,
for rae ne mygte here Jioujt : for nojDing chau«gy so,
ue me ne mygte J)is holly meii : to \>e deji bringe,
])ey me hem euer bete, : for none sken?^s f)inge;
for eue?- \)e more »le leyde: vppon hem bo{je Jiere,
euere more hem Jjoujte : [jcit {ley f»e gladder were.
auon him by-J^oujte : })e iustise riciouar
& seyde to {je tormentour^/s : \)at were v/it hem J)ar:
„to eyjier of hem a mylston : Ic hote je binden faste,
& in ])e water of oxioua : Ic hote \>at je hem caste, '^
& loke jif Jje chrewis : wollej) deyen so;
Si but jif \)at hy wollyl), : an oJ)er nie chal do."
{)e tormentoun^s dede his beste : in |wt ilke stou«de.
an au/igel com to hem an(m : & haue]) hem onbou«de,
& broujt hem quikliche : vp to drye grou»de, "5
& made hem bo{)e hol & sou^de : of alle here wou/Kle.
„lo, folis," qua]) bis ^oodmen, : „{x/t je dedin to pyne
Jhe.5U crist I-torned ha]) : vs alle to medecyne,
to cheue to-fore jou alle : whoche his myjt be;
for hol & sound je mowen : I-se my felawe & me." **"
J)e tormentour?^5 I-sey al I)is : (^ stode astouyd anon,
for |)ey nyste alyue : what {)ey myjten don ;
bey uöldin I-leue for uo{)ing : \)tit (hit) was cr/st?/Ä myjte
pat {)is to holy men : to soche hele dyjte,
Si to sof)e hy wende : \)at hit were Avicchinge.
{ierfore to ryciouar : Jjcy sente her-of tydinge.
Eyciouar "seat & {joujte : {)0 he I-herde {)is,
Si suj){)e he seyde to \)e tormentour/«, : „je bej) falls I-wi^
je ne ao|) noujt myu lieste : also lienchej) me;
& \>erforr ic wille wende : & {wt sojje I-se."
Favre me him gan dyjte : & set him in chayer;
he bed me cholain bringe : \)h gode men him uer,
& seyde to hem my Ideliche : po hy weren I-come : l^- l^'^J
„habbe' je jit of jourc hele : cny red 1-nome?
85
90
47 1. sone? 48 Ms. wisdon. 54 Ms. him. 55 Ms. he; liiin. 59 tilge for.
(15 Ms. we st. nie. 10 lat Axona (Aisne).
zur südlichen Legendensammluiig. 345
vor wetin liit wel to sol^e, : but ^e ben bet be-Iwu^t, f5
to wel lel>er de|) : ge wor|) wel sone I-brou,^!."
^Certis," qua]^ J)is good men, : ^socbe red we habbef) I-take,
J)at we willi|) ^oure false god?<s : euermorr? forsake;
ffor oure def ne may be so le{)er : an eue» & ek amorwe
I)at by-ginuYug it (n)is of ioye : & ende of oure sorwe." 100
])an of an oj^er tormeut : j^e iustise hiai J)ou5t blyue,
& lete pikus to-bete : Jjorw liere nayli^s dryue.
]jey drof pyk^^•? }3orw here uayle : in foot & in honde;
& euer {)ey Iwnkid Jhesu cr/st : as hy my^ten stonde.
& su{)J)e Jje iustise lete : heni in pyesou do. 105
& anon amorwe : he let hem more pyn so:
for iram f)e heued to Jje foot : he let nyme a {)onge
of Jjis gode metm/ts skynne — : for J)is was pyne wel stronge !
brod hit was I-corue 1-now, : nolde me hem "noujt sparye;
J)ey bede gon deppor in J)e flesch : & eue?- Jse fei to warye, HO
& euer hy Jjonkid Jhesu c>-/st : & ech on oj^er I0U3,
& seyde ey|)er to oJ)er, : „her is ioy I-nou^!"
picche & grece & oyle : he let mylte I-fere
& let f)is goodmen don |)er-in : so {)at hit sej)iug were.
& hy hit blessed w/t {je croys : Jjo hy come J^er-ny, 115
& ^edin J)er-in baldeliche, : |:)at ech man I-sey.
& iper god scheued Jje mytte : of J)e holy rode:
for al J)e tormentry : ne dede hy hem but gode.
„who," qital> {)e iustise J)0, : „my,^t I-leue J)is,
o{)er segge \)at it y^ere : strong wicche-craft, I-ms? 120
Mahound, l^ot art so gent & fre, : why neltou,5 me ondirftonrf«
& distroye wicche-crafte, : Jjat hit ne don soch schonde?
ffor wel |3ou wost, jif it nere : for |)e loue of l>e,
Ave nolde in none wise : {)us mankinne to by-se;
& for to sauin |)in honour : & holdin vp J^y rygte, 125
& ojjer godus Jif/t be]) wit l^e, : |jus hy bej) I-dyjte.
J)erfore chewe l>at J:)ou art god, : & techen J)y power,
& ne lete nou^t |)is chreuin : vs alle ouer-come her!"
Pe iustise him be-J^ougte : |)o he hadde J)is I-sede,
& heet ])at anon-ry^t to se^e : a cetel ful of lede, 130
& Jjougt Jiis goodmen cholden : J^er-in to ben I-do.
ac ich wene |)e meste härme : com him-selue al to,
for he hit abouj^te : er hit were ougt lange:
a gret drope of bot lede : in his ey spränge,
Jie led him berned faste : & dede him soche tormente 135
])at he deyde, & bis soule : anon to helle wente.
glad was {je deuil J)o : soche presauut to haue!
now god f,eue mochil mesauntir : to maystir & to knaue!
])e body in his torment : lep in to Jie füre —
\)at mony weren I-serued so, : {yat mery it was to hure! 1*0
to maximian me seute, : {)at was \)c empcrour,
J)at ryciouar was ded po : \ydt dede him gret honour,
& Jje maner of his de\) : me him seute also.
])0 Jdc emperour it wiste, : I-wis him was wel wo,
& seyde, „lord appolin, : liou may \ns jiing be? 1*5
Ic not wheyjjer J^ou habbe fordete : al I)is lond & me?
a-wakejj, ,3if ge slepejj, : & ne forj^ete me nougte,
& |)enche|) wliat we habbi[) many a day : for ^oure loue I-wrougte!
98 Ms forsawe. luO Ms. is. 106 M.s. lie le let. 107 u. 108 til{,'e for.
120 Ms. were st. nere. 121 Ms. ondirstonge, urspr. ondirfouge. 13U tilge J)at.
346 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
flf'or iiiyn loue ne do ^e noii5t, : ac for jou-self je mote,
for alle |)is londe je lesij) : but i\e don som böte; '"i"
whoche man cholde on er|)e : of 3011 stonde drede,
whan to hin Jmt dofj 3011 chaine : je ne gildij) no mede?"
„wendef) hom," qua]) \>e empcrour, : „so quikke so ge mowe gon,
& smytej) of here heuedyn, : l>er nys non olpcr won;
& letej) \)e bodyiis ligge : fort hy ben to-drawe: l'^5
& so me chal hcm techen : to speke agen fie lawe."
ffor]} wente Jje tormentoun/s : J)o hy I-herde f)is:
\)e e^te\)e calendre of nouembre : his beste J)ey dedin I-wis.
cristene men were feie : for her^ de]>e wroJ)e,
& preuiliche be nygte : biiried heni boJ)e. 160
of on elde hy weren : & of o myster al-so,
eyj)er of foiire & fourty ,^er : f)o hy were to dej)e I-do.
to heuen-blis {)ey wente : out of f)is ilke lyue.
Now Jhe^^u crist for here loue : vs grcmte wel to {)ryue,
& bring vs to J)e ioye : ])er ])ey wonyef) inne,
& leue vs so an erj^e to don : to heue/?-blis a-winne. amen.
165
10
Seint euarist ^e pope.' (2H. Oct.)
Kuarist pe holy pope, : so ich ondirstoude,
was I-bore by-syde Jericsalem : in {)Cft ilke londe;
al his kyn by-leued : al on Jie gywerye —
so dob jit manyon, : & {)at is gret folye ;
a whyle hit was a lawe : J)rtt god louid swyj)e,
for pey cholde to .Jhpsu crz'st : myd here herte ben bly{)e,
böte gif hem of-J^enche : ])at herc elderne habbejj I-wroujt
Jhesu, gif it {)y wille be, : \)er-to hem grcrnty Jjougtl —
Juda het J)e pop^^s fadir : {)at ich tolde of er,
preat he was of J)e lawe : & man of grrt powe(r) ;
swyjie gret gracc he hadde : to conne of clergye,
& of alle J)e .vij. ars : he hadde J^e maystrye;
In bethelcm he wonyd : ])€>• god was I-bore.
Jio his sone I-borf' was, : wel glad he was Jj&r-fore.
his sone he gan teche : clergye for to wiune —
for who-so wille lerny gode : gong he mot by-ginne ;
comeliche an englich, : Ich wot, me seyf) for-Jiy,
iol hard it is to teche : an old hors aumbly. —
f)e child lernyd wel I-noug : \)0 he was to scole I-set,
& for his fadir was a clerke : ne lerned wel Ipe bet.
\>o he cou])e his smale J:)iug;/.s^, : he gede to heyer lore,
& euer he was in wille : to lerny morc & niore;
(Sr whan he eny |)ing I-hurde : jiat touched to cristindom,
J^uariCt in his herte : swyj)e fast hit nom,
Sz witid wel ])at his fadir : nyste \wr-oi rygt nougte; 25
vort he werf at {:)e laste : to gret clergy I-brougte.
Euarist & his fadir : sete & speke auygte
of manye Jiing^.s to-gedir, : so it is clerkws rygte;
of cr/st \)e sone gan speke : & of his passioun.
fto {)e fadir I-hurde f)is, : his heued he hing adoun; 30
Si \)0 be sone hadde I-seyd : mochil of his wille,
])e fadir him het wel sterueliche : l>at he cholde ben stille.
I
20
' cf. Act. SS. BoU. 26 Oct, p. 799 ff.; Vita fehlt. — 5 Ms. & st. a. 6 1.
lor-J)y? 15 M6. for st. ful.
zur südlichen Legendensammhing. 347
„why, syre?" qtia]p ])e soue, „[)ou wost wel, by fiis nyjte
clerkis wolle disputy : of fals & of rygte.
f)Oft ilke crist is süjifast god, : ofte'me tellej) me, ^
\)eriorc ic wolde {)e so{)e, : herof I-wite of {je;
for leuere ic hadde of my fadir : here ben ondirnoine
J)an ben of an o])er I-chent : & ek al onerconie."
\)e fadir gan to gramye : J)at was I-cleped Judas,
& disputed faste — : for ol>er help ])er nas. 40
so J)at wrt pur skylle : J)e sone haj) oudirnome
{)ot he ha{) iudas, his fadir, : al clene ouercome,
& w/t pure clergye : him so für I-broujt
{)r/t anon amorwe : he ondirfeug follou,^t.
wel he myjte hopye : to habben good endinge 45
whan he cr?'stened his fadir : in his byginnynge!
& so he hadde for so{)e, : for w/t his prechinge
he gan swyj^e moche folk : to Jhesu cr?st bringe.
fFor bojje he & his fadir : preched in ech syde —
{)e los of here goodnesse : gan springe swyf)e wyde. 50
Su|)|3e hy wenten I-fere : to \>e lond of rome;
cristinmen were swy|)e glade : fo f)ey |)edir come.
his fadir droug to good ending : sone after anon
& wente to Jje ioye of heueue : w/t-outen eny won.
Jje pope l>at was J)ilke tyme : gan ek to heuene wende: 5^
J)e cardinal^/s & |3e clergye : hy gon anon to sende,
& gret conseyl {)ey nom : who cholde pope to be,
to wardin Jje cr?'stindom : & sauy Jje dingnete.
alle hy weren at one : |)orw3 hope of Jhe^u criste,
& sacrid fo pope : J)e gode euariste. ^
rJow is euarist pope : & wardij) cristindom.
more harder lyf |3an he lad er : anon to him he nom:
he him beet ech day : twye o])er Isryje.
whan his {)0Uj^t him nom : to don eny folyge,
swy{)e moche he wakid, : & prechid ek also, ^^
& fasted ek swyjje moche : his flesch to werchen wo.
mylde he was in speche : cr/stinmen to chaste,
& jif he wiste |3at eny mysdede : he hem w/t-seyde au haste.
he|)ene men ])at were him nv, : wel fayre he wolde hem wise _
& cheue« hem by fayre skylis : {)at naujt nas here seruise, "O
& biddin for heni ^erne : amorwe & ek an eue
l>at god hem sende grace : to come to ryjt be-leue.
Giwes he wolde ek w?t-neme : w?t gret cortesyse,
& cheued hem by holy writ : \jat here fey was §ret folye.
to mancy him was swyjje lof) : for eny skent<s J)inge:
|)erfore he taujt cr/stin : to hate mansinge;
for he sevde ])at a c/Vstinman : l>at a-corsid werc
were beter to ben on-bore : & ]>at he I-cr/stened nere.
jjerfore cr?'stin Sz hef)en : & eke giues also
louedin wel f)is goodman, : for hy hit aujten de. ^"
Jirittene i',er he was pope : & monI>?/s elleue??-
& twey davis, {jat to his stat : he hem held wel eue??.
preftis he inakid .vij., : & twey deken«« also,
& byllchop^^s fvue : goddi/^' wille for to do.
J)is goodman "hadde an vsage, : whan he p?-echy wolde, »^
{)at l^er .vij. dekent<.5 aboute : him to sittin cholde,
36 Ms. ])e so{)e I-wite. 43 für aus ful koir. 45 Ms. for wel me my.^te.
58 Ms. cristiudou. 60 Ms. {)e st. to.
348 Des Ms. Bodl. 770 jünpere Zusatzlegenden
In tokenyng of Jjc giftws : of .vij. maner gr«ce
{)at god sende to raankinne : ircim bis hol}' place;
In rome hit was longe I-holde : for a noble Statut,
k ic wene in som stede : It is I-boldin jit. 90
Of rome was })e empe/'our : ]mt bet dioclisian —
of bim \ve babbeji mocbe I-speke : & ,5it more ic can.
of \ns pope euarist : to bim sone me tolde,
Si be bim baji anou of-sent : wit messagents bolde.
anou lo bim be seyde : Jjo be liim l-seyj :
^wbe{jc/- artou al wode : of^er ]:)ou art wel nyg?"
Euarist answerid, : „ic uam wod ry5t noujt,
ac icb bonoure Jbesu cr/st : ])at dere me bauej» I-bou^t.
„Now 56 se{)," qual> })e empe^our, : „bis wit bim is by-reued
lediji bim out of pe tonn : & smytef) of bis beued!" 10(
J)e .vij. calendrc of noue>y/bre : [)is beste was I-do,
& {)0 wente bis soule to blisse : afte;- alle bis wo.
by seint peter?<s touwbe : {jey bericd J)is boly ma;me.
<fe rome was {)o w/t-oute pope : .xix. dayis aite?- l>a.nne.
now bidde we alle Jbe.sai crist : for loue of euarist 105
Jjßt be vs gr«nty beuene : at ourc souh/s vprist,
& J)f/t be bere oure erande : to god, oure al{Der kinge,
{)at to J)e ioye of heuene : be vs alle bringe, ame?«.
95
100
Seint firmin I^e bynchop.' (25. Sept.) [f. 201b]
oeint firmin ^e billcbop : was of boly lyf,
swyjje mocbe be hated : velenye & stryf.
boneste bet anoble preste : ^at in Ipe touu was:
to bim be was to cole I-set : so god jef ]De cas,
& be bim taujt w/t bis myjte : for to flen sinne, 5
Si Jjot be cbolde louye pe ryjt fey : ne sparye for bis kynne.
ft'irmiu wel bim ondirstode : & I^o (!) bis maystris lere,
& louid bülichercbe wel : stable & eue/-more.
Glad was bis fadir & bis modir : Jso \>ey bürde {)is,
for I^ey leuedin on Jbc.su crist : swyjje wel I-wis. 10
t)0 \mt firmin was of elde : of ey^tene ^er roume,
lis maystf/- bim ladde aboute : myd felawis of \>e toune
& taufte bim {je manere : to scbewe of cristti^ prccbinge,
for be cbolde [x'r-after : meu to criat bem bringe.
I^e rajjc/- bis mayst<?/- it dede : for he chaste was; ^^
ue non [tat loued morc to vaste : in f)ilke inne non \^er nas;
& for to beu at cherche : firmin loued also;
be nolde in none Mise : to uo folye go.
also he batied wo^^nne» : {tat wondir it was to benche,
be seyde bit wercu pau^ceris : manu//.* soule to chrencbe. 20
wel was bis mayst^r I-nayid : in al bis manere,
t^ wolde liim sette to scole : grct clergye to lere,
as diale//ke & decre : & eke astrouomye.
firmin bim auswercd, : ^\>\ Jjoujt is al folye,
for ich nele lerne no])iug : foly for to wercbe, 25
but I)ing l)at fallijj to lawe : of alle bolychercbe;
for ic wot, of clergye I-nouj : ech man may baue,
nif be babbe grace : bis soule for to saue."
91 J)e St. \>o. — I Von der Vita in Act. S8. BoU. Sept. 2ö, tom. VII, p. .^.3 ff.
weUht der engl. Te.xt vielfach ab. — 7 J)o st. J)orj, vgl. 32. 23 Ms. ilialenke.
zur südlichen Legendensammlung. 349
ffirmin lyte & lyte : Jjo by-gan to preche,
& whan his mayster were oute : by-ga« raen to teche. 30
|)e folk swor & seyde : Jjat bis prpching was gode,
& J)e?- firmin-his lore : heter hy ondir-stode;
alle ]>at him knewe : hadde of bim deinte
& wondrid \>at in so jong a body : so mocbe wit my^t be.
a noble toun was be-syde : ])at beet tolesan; " 35
J)e billcbop jyer-oi bet honorat : so ic gou teile can ;
rygt goodman be was of lyf : & gode mete-jeue also,
bonest radde firmyn : to f^e byll'cbop for to go,
fFor he myjte of j^e byllcbop :' mocbe good I-here [f. 202]
wber{)orw of cbercbe seruife : wel mocbe he myjt lere. 40
to babben lore of holicherche : firmin g;-flnted })is,
& of bis fadir & bis modir : be nonie lewe I-wis —
ffor {)ey weren bo{)e : {iilke tyme alyue
& hadde ioye & blisse : ])f/t he wofde I-J)ryue.
honest wrot a writ : J30 of firmin-his stat ' 4.5
& sent it wel fayre : to |5e byllcbop bonerat.
l>e byllcbop hit ondirfeng : wit wel good wille,
& taugt firmin swy|3e wel : bojae loud & stille.
al |)Gft firmin of goodnesse berde : in his herte wel be caugte,
& whan be myjt ha wbyle : to o\^er be it taugte. 50
wrt J)e byllcbop he bim bar : so lef & so dere
\>at be was prest I-makid : w/t-inue {^e {aridde gere.
to vaore holy lyf he droug : auon \)er-{ifter, firmine,
& fondid euer iram sinne : him kepy pure and fine:
for so mocbe he faste : & ek so mocbe be woke 55
& so mocbe penaw^ce : to his body he toke
to kepy fjrtt hit ne cholde : toward^^s sy«ne wryge,
\>at hit was wel gret wondir : bou he hit mygt duryge.
as J)e byllcbop honorat : lay & slep be nygte,
an au/?gel cam iram heuene : & seyde to byw/ wel rygte: 'W
„honorat, Jhe.su c/-*st : me bauejj I-sent to J>e
to teilin {je somwbat : of ftot bis wille be.
of firmin-his seruise : he ba{3 ondirstonde,
J)er nys non \>at bim paye|) bet : nou|De in al {)is londe;
& for he be-ginnej) nygt & day : so wel on to take, »55
oure lord wille, wite hit wel, : {jfrt |jou bim byllcbop make.
J)er be-se \>e tyme : wban hit may ben do,
for {)is is noujje |)e message : \mt ic come {)e to.'^
honorat was glad & bly|)e, : & ellis wondir it were,
& gan to teche firmin : wel preueliche |30 {)ere 70
Ipe seruise of byllcbop : |)at he ne wiste nougt er,
& bou a byllcbop bim cholde bere : {jot badde gret power;
J)er nas no|)ing so preue : In byl^cbop^^s• seruise
{)at he ne taugt to firmin, : & fayre gan him wise.
& su|3{)e be made bim byllcbop : tV gaf bim gret honour 75
& makid bim his soflTragan" : Sz in his stede jjrecbour —
& l>at was for be was fehle : & mau of gret elde,
& for him {)Ougt jyat be went : to prechy to selde.
Su{)J)e deyde honorat : so we cbolli|> echon,
& firmin was in his stede : to ])iirchop I-chose anon. *'
Now gef) ])e gode firmin : aboute to prechy faste,
& fonde[) Jbesu cristus sede : for to sowin faste;
29 Ms. lyte & lyte & lyte. 32 Ms. f)e5 st. {)er, J)or5. 3Ö Ms. toselaii. r>4 Ms.
ä St. aiid. 58 1. dryje. 63 his überschr.
350 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
wel swyf)e fast he preched : in eueriche a syde,
& ne s'pare{) for no \iing, : what him euer be-tyde.
f>erfore hepen men & ieuis : {^ey scornyd hy?n I-lome, 85
& seyde he cholde abuggin : whan eny iostise come.
ac for here {)retenyug : ne jef he ryjt noujte,
{)at^he ne dede to goodnes al : Jjat him fil in Jjou'jte.
wel i^e witej) pe fend hajj : euer-more enuye
to good men J)at hem wit-draui{) : fmm sinne & folye; 90
& so he hadde to firmin : Jjat was bis foUe foo,
for he nolde in uone wise : {)e fendis wil to do;
jDerfore J)e be]:)en & Jje geuis : herc herte gan atende,
{)at hy gönne to \)e emperour : al for firmin sende.
dioclisyan me cleped : {je emperour al f)o; ^^
to chendin alle c/-/steu men : gr(e)t wille he hadde so.
to him Jsey sentin by lettre : liou ])ey to grou^de weren
I-brou.^it,
& how |)ey ne moste for firmine : honoure jie god«*- noujt,
& how he preched cmtiudome: in to alle {je londe
& defouled here godis : & dede hem chame ».t cbonde ; loo
\)erioTc {jey bediu \ie emptvour : he chold hem ondirstonde
& send hem (a) iustise : to briugin hem of bonde.
l>e emperour was ny wode : {)o he I-hurde {jis,
& Jjfft it cholde amended be : his o{) he swor, I-wis;
seuerin \)e iustise : {jedir he haueb I-sent ^"■''
to bringe firmin of dawe : whan he were I-lient.
Jjey tirmiu hadde mauy foon, : frend?^^ he hadde some,
|jrtt him for to warny : bej) p/-euyliche I-come
& seyde, ^firmin, Jjou mys-dest : to prechy a,^en {)e lawe,
& Jjerfore we dredij^ alle I-wis : lest {)ou worj) aslawe. ^^^
drawe f)e now{)e, we redij), : in to o\>cr contre,
so J)at in J)is londe : l>ou ne fou?ide be;
for wite^D wel to sojje, : gif {)ou beu of-take,
o{)ir jjou moste py cristindom : opinliche forsake
& to oure hy godz^s ek : sacrefise to don, ^1»
o{)er wit pyne & torment : |)e tit to deye anon.
for we {je nollif) non barme : {)ey we {je habbej) I-taujte,
& ,^if {je barm be-tydi{j, : firmiu, ne wite vs nannte!"
fl'irmyn auswerde & seyde, : „to god ich am I-dyjt,
he me "helpe & rede : & 3eue me streng{je & mygt 1-*'
for to don his wille & deye in his seruise;
for ic ne cbal of {jis contre : to tlen in none wise."
yvit {jis ilke wordis : {je be{je// be{) agon,
& firmiu gau opinliche : of c//st precbi anon.
seuerin {je iustise : 1-burd uf {je p/robinge, ^'^
& w/t gret companye : {jedir be gan {jriuge,
& seyde, ^hayl, schrewe, : for now {jou art of-take,
Jjou iie my5t"{jy'false lore : in noue wise forsake.
„bindi{j bim," he seyde {jo, : „& bringe{j him wit me,
& ic him wol teche : to pleye an o{jer gle! ^^
wel 5ore he ha{j I-rengned, : {jerforc be is to blame,
{jerfore he ne cbal nomore : don oure god«s chame."
flaste {)ey him bou/nle anon : & ne spar(e)d noujt,
& him wit {je iustise : hy^ bim luibbe{) I-brou^t
to {je temple of appolin, : {jat was {jer-be-syde;
Jje iustise & bis compauye : per hy gon abyde.
1
lob lat. Sebastian.
i
zur südlichen Legendensammlung. 351
„ffirmin," qm{) ])e iustise, : „o I)ing ic J)e teile:
J)ou most don sacrefise to J^ere godws : anon — l>at J)ou ne
d welle! —
o^er me clial quikliche : {^y foule prede alegge
& aiter to smyte of J)in hed : myd scharpe swerdus egge." I4ü
„syre iustise," qua\:> firmin, : „{)in M'ille \><m my^t do:
to Jhesu crist ich am I-take : & wol beu euer-mo."
„a, J)ef !" qua]) Jje iustise : J)o he I-herde \ns,
„smytej) of Ms heued anon, : his ende is iiy^, I-wis;
ne chal he of Jhesu er« st : p/-echy neue;-e-mo." 145
l>e .viij. calendre of noue?«bre : J^is goodmaii deyde so.
nouj bidde we alle Jhesu crist : for loue of seiut firmin,
J)at he vs chelde fram senne : <fe saue vs f?-am helle pin. amen.
Seint Vital J)e holy Marter.' (4. Nov.) [f. 203|
\ ital was a noble mon : In J)e lond of rome,
& hadde many bonde-men : Jjat of him lond uome;
agricola het Jwt ou, : so ic herde teile:
he tornyd his lord Vital : to Jhesu swyjae snelle.
cristin hy weren preuiliche — : oJ)er ne dorst liy noujt, 6
for Jje pyne Jsat hy seyj : to cristin men I-brou^t.
On atyme so Jiey were (i-fere) : & speke of cr/stindom,
a knyjt to spekin w/t v(i)tal : by cas f)er com;
J)e knygt stood w/t-outen : a whyle & abode,
& berede hem speke of Jhesu cWst : as he w/t-oute stode. 10
„A, mahound, |)in ore!" : he seyde, ^hou gej) J)is ?
{)e empe/-our, be myn heued! : Ic Avole it teilin, I-wis.
ne chal here foule cristiudom : so longe ben I-hudde,
& pOYw me to Jje emperour : hit chal ben wel I-cudde."
Inne went he noujt Jjo : ac gan to wenden hom; 15
Moche he Jjou^t on his wordis : |30 he J)edir com.
to {)e emperour he went : wel sone alter {)an,
& seyde, „syre, lest to me, : syre dioclisian!
for soJ)e of o{)ing : ic {)e teile chal:
a traytour is nouj in J)in londe : \>at is I-cleped vital, -o
& a traytour agricola is, : for he is v?'tal-his bonde;
oure godz<s Jsey haue|3 forsake : & don hem chame & chonde.
Noman it me tolde : to I-wite {)is,
ac w^t myn oune eren : ic hit herde I-wis ;
In one preue chau;«bre : as J^ey weren I-fere, 25
Ic hem herde to Jhesu crist : maken here preyere;
to oure god Jjey seyden : swyjje moche despit.
J)e^-fore, syre, Jjou lete hem neme : wit-outen eny respit!"
J)e emperour in wrajjjje : hem let neme anon;
so J)at hy weren bojje : in hard preson doon. '^
& as hy leyen in here bedis : f)er vppo/* a ny§te,
an au«gel com from heuene : f)at chon swyjie bryjte;
byfore ^is twey holymen : wel fayrc he gan stonde
& cheued tweye croum<s of golde*^ : j)rt t he bar in his honde ;
138 J)ere in {)ese korr. 146 1. octobre. — ' cf. Ambros. exhort. ad virg. 1, 2
(geschr. 393 bei Einweihung der Kirche in Florenz, wohin die Reliquien von ihm
gebracht waren). Eine eigene Vita ist nicht bekannt. In der Quelle ist Vital
der Sklav, Agricola der Herr, in Bologna. — 13 Ms. cristindon. 21 Ms. vatal.
25 i-fere fehlt.
352 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
he seyde, „J)is ilke croiin?^? : ge chollej) habbe at \>e laste, ■^^
gif ge holdin 3011 to crist : & be{) of hert stedcfaste;
a kingdom je cholleji haue : so hit falli{} {)e?--to,
{je/- nys nou soch in al {)e world, : {iat lastif) euer-mo;
no touge ne may teile : ue herte ne may J)enche
l>e good l)(it me habbe]) \)e?' : \vit-(juten any swenche; ^
here myrfje ne haue}) neuer ende : ac hit is euer newe.
\)eriore habbe}) nouj good day : & be}) uou^^ good & trewe!"
w/t (})at) ilke word auou : {)e au/?gel wente a-weye.
& })is nieu weren for}) I-brou,5t : amorwe ])o hit was daye.
\)e empe/-our hem axid : hou ]>e\ hadden on I-take, *ö
& for woche {Ding J^ey haddin : bis godd<<s forsake;
he bad hem to torne here {joujt : er hy werin I-chent,
for ellis bey choldin deye : wit sorwe & torment;
he swor per nas no torment : I-vsid in bis londe
vpijon here flefch : \)at {)ey ne choldin fonde, 50
but gif {)ey tornyd here {joujt : & dede sacrefise
to her godus ful of mygt, : l>ey weren so noble & wise.
(Hier fehlt eiu l'assus, mitten im Texte.)
wit bat ilke word : vital him set a-kne
& seyde, ^lord Jhesu crist, : haue mercy on me!
help me, jif {)in wille be, : {)at ic ne beu I-chent, [f. 20.3 b] 55
& gronte me J)e croune : {)at {)ou me hast I-sent,
and oudirfong myn soule : for ic ue may libbe uamore,
for of })is gret torment : Ic am agast wel sore;
for wite hit wel, leue lord, : Ic ne may hit J)olye noujt.
Jjerfore let me deye : {ißt ich ne chauugy my Jjoujt." ö)
wit {)rtt ilke word : J)e body lil to grou//de,
& \>e soule to heuene wente : in J)at ilke stou)/de.
{)0 J)e emperour I-sey : \>at vital was ded so,
he tok agricola {)e tormentour//s : pat Jiey him choldin slo,
olper to foudin in som wise : forto chau//gy bis {joujt, 65
er ])crt he were : to chamful dej) I-broujt.
agricola in bis tyme was : mete-jeue swy{)e gode :
{)e mayste?- of |)e tormentour//*- : wel hit ondirstode
& seyde, „leue agricola, : {)y pine we chollij) delaye,
so pat in })in herte : al uyjt \iou myst asaye 70
& to oure almyjty god?/*- : dou sacrehsc to-morwe,
& so \>ou myjt ascapye : iram pine & irani sorwe.*^
w?t \yat ilke word : in p;esou he was I-do;
J)e nyjt me him radde Home : {)e sacrefyse to do.
amorwe he was for|) I-broujt, : & he here god».s forsoke Tö
& to oure lord Jluvu crist : clene he him be-toke.
|)e tormentour^.s hiiu tok, : po he 1-seyde so,
& vppon J)e rode anon : {)ey him habbej) I-do.
tormentor/<s him helpe : to his deJ) Inowe,
wit ouIms & wit croki« : his flesch hy,^ to-drowe. '^'J
as he hing on rode, he seyde, : ^Jbe^s'u ful of blisse,
g;Ymt me [)in ioye, : |)e/--of ])f/t I ue mysse,
& oudirfong niy soule : jif hit bin wille be,
& for.^eue hem {)is gilt : \wt dop me soch filte!"
w/t {)at ilke word : his soule to heuen wente. **5
\>e tormeut()ur».s tilliche : here bodyu*- bo|)e hyj cheute
& buried hem among iewis : In ])e er|)e swy{)e lowe,
80 J)at c;v'stin meu : })e bodyis ne cholden i-knowe.
3'J Ms. ne .-' 88 i überschr.
zur südlichen Legendensammluug. 858
& ])er J)ey levje wl villiche : Iburiid swyjje longe,
& 110 c^/stin man it wiste : no ue my3t hem ondir/bn^/e. •">
ambrosye ])er was siil)|ie : a byllchop in {^e stede,
J)at moclie louede Jhe^u cr/st : & gode dedws he dede.
agricolii com to hiiii on a tyme : & seyde to him {)is :
„we ne bej) uoujt for-jete. : of Jhesu crist, I-wis,
& Jjey we here in er|5e : of Jie for-3ete be; ^5
for hoiirt' bodiis l^ou ehalt lionour, : I-wis, ic prcye Jie.
|)erfore wend to-iiiorwe : auon so hit is day,
to fecchen Vital & me, : fayr ic Jie i^ray,
& buriin vs in holicherche : as ryjt hit is to dojie ;
for vnkendeliche we bejj I-put, : a-^en oiire cmtindome : löü
for in astede we be|j I-buriid : {^«t cristin ne chold vs wite,
wit grt't chreudenesse of hem-seliie, : & litil is here byäete.""
ambrosie wente sone auon : w/t his companye,
& I^ese twey bodyus wherin hy werc : wel jerne he gan aspy,^e,
& toke hem vp preuiliche : & beried hem in a cherche; l^*-''
so as ag>-/cola him bed er : al l>iis he gan to wirche.
flbr I)us vital & agricola : here lyuiis hy go/^nen ende,
nouj Jhesu for here beyre loue : grante vs to heue« wende, amen.
00 Mä. ondii-stonde aus ondiistoiige korr. 95 & st. al. 104 1. where.
(Schluls folgt.)
Archiv f. u. Sp#aclii;n. I.XXXII.
28
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Zur deutschen Sprache und I^itteriitur. Vorträge und Aufsätze
von Karl Biltz. 297 S. Potsdam, Aug. Stein, 1888.
Der Verfasser bietet in dem vorliegeuden Baude eine Sammlung von
Vorträgeu und Aufsätzen litterarhistorischen oder sprachwissenschaftlichen
Inhalts, welche er in den jüngstverflosseneu Jahren gehalten und ver-
öffentlicht hat. Hier sind die Ergebnisse eingehender Ff)rschung und
reichen Wissens in gefälliger, zum Teil mit echtem Humor gewürzter
Sprache niedergelegt; die anziehende Darstellung ist klar und verständ-
lich. Manche Einzelheiten, insbesondere die scharfen Benu-rkungen gegen
die Verehrung und Bewunderung Shakespeares dürften freilich nicht auf
ungeteilte Zustimmung rechnen ; immerhin jedoch wird die Sammlung
wegen ihrer Fülle an Belehrung und Anregung dem aufmerksamen Leser
willkommen sein.
Wir wollen nur den Inhalt der einzelnen Stücke kurz andeuten :
1. Zimi Gedächinis Heinricli, von Klcisfs. Rede, am 25. Xov. 1871
gehalten in der artistisch-litterarischen Gesellschaft zu l'erlin. ])ag. ."i — 21.
Mit warmer Begeisterung wird der eigenartige Entwickclungsgang des
lange verkannten Dichters dargelegt, der selbst die Aufführung keines
einzigen seiner Dramen erlebt hat. Von Kleists Dramen sagt der Verf.:
^Es ist wahr, sie alle tragen nach Inhalt und Kedeweise mehr oder
weni":er den Charakter jener Vereinsamung und Abgeschiedenheit von
den Strömungen der Zeit an sich, welcher ihrem Dichter ei";en war. In
allen tritt dem herrschenden Idealismus und der Sentimentalität der da-
maligen Zeit ein Realismus entgegen, welcher im Bt^vulstsein seines Wer-
tes und seiner Wahrheit jenem ihm entgegenstehenden Charakter der Zeit
oft durch eine absichtliche Hervorkehrung des Harten und Unverhüllten
zu trotzen, oder seiner zu spotten scheint." Aber „liebe, warndierzige
Menschen mit Fleisch und jilut sind sie, die Kinder der Kleistscheii
Muse, die der menschlichen Teilnahme immerdar sicher sein werden,
mögen sie auch etwas von den leidenden, eigensinnigen Zügen ihres \'aters
an sich tragen."
2. Die Statistik in der Dichtnm). nag. 22 — '^2. Zuerst gedruckt in
der Nordd. AUgem. Zeitung vom 7. Fel>r. 1879. P^ine etwas ungewöhn-
liche, recht launige Besprechung Heysescher Novellen mit besonderer
Rücksicht auf die Verhältnisse, unter denen in jenen P>zählungen die
Menschen geboren werden, sich verbinden, sterben.
:'>. Das ridentem dicere verum quid vetat? hat der Verf. wohl be-
herzigt, wenn er für eine gröfsere Beachtung und Würdigung des Lust-
spiels in der ^Petition der P^rau Koniixlie an die Herren Schillerpreis-
nchter. Verfafst am ."). Okt. iSTS!" eintritt, p. :'>:;— 42.
Beurteiluugen iiud kurze Anzeigen. 355
4. Über den Berliner Shakespeare- Kult tis im allgemeinen und die
Aufführung seiner (?) Königsdramen im königl. Schauspielhause im be-
sonderen. Geschrieben im Nov. 1881. p. 1:!— 58. Der Verf. hält für
die gedeihliche Entwickelung unseres Dramas einen streng nationalen
Standpunkt für notwendig, und sieht diesen durch Anleihen bei fremden
Nationen, vor allem der englischen, gefährdet. In der [praktischen Nutz-
anwendung gegen Shakespeare, dessen Dramen „nur durch äufsere Mittel
und durch das Yirtuosentum der darstellenden Künstler unserem moder-
nen Gefühl erträglich gemacht wurden", können wir ihm nicht bei-
pflichten.
5. Über die (jecjemoärtifje deutsche Jmnbentrnifmlic im (illfiemriurn und.
Wilbramlts Kricvihilde im besonderen. Aus der Nordd. AUgem. Zeitung
vom 4. Jan. 1882. p. 59 — 75. Der Verf. verwirft jene als nicht zeit-
gemäfs und beurteilt diese als in Form und Inhalt für verfehlt.
ü. Über eine Modifllmtion in der gewöhnlichen Einfeilunf/ der deut-
schen Litteratnrgeschichte. p. 76 — 9!). Die hier erörterten Vorschläge,
welche eine innere organische Entwickelung der einzelnen Perioden be-
zwecken, wie sie W. Wackernagel für die althochdeutsche Zeit in seiner
Litteratnrgeschichte bereits gegeben hat, verdienen um so mehr Berück-
sichtigung, als sie wesentlich das Eindringen in das richtige Verständnis
fördern.
7. Die Urteile unserer neuhochdeidschen Klassiler über ihre mittelhoch-
dentschen Kollegen, p. 99 — 128. Der Verf. weist zuvörderst nach, dafs
Herder, Lessing, Goethe und Schiller die Poesie des Mittelalters nicht
gerade hochgeschätzt haben und warnt vor der übertriebenen Lobpreisung
jener Dichtungen.
8. Über die gedruclde vorlutherische deiäsehe Bibelid)ersetxung. p. 126 bis
159. Der Verf. wahrt das Verdienst der aus deni Ende des 14. oder den
ersten Jahren des 15. Jhdts. herrührenden Übersetzung, welcher die
Lexikograj^hen geringe oder keine Beachtung schenken. Er weist das
Verhältnis der vierzehn Auflagen derselben nach, welche übrigens Luther
nicht gekannt hat. „Seine (Luthers) Übersetzung ist nichts anderes als
der letzte, allerdings bewunderungswürdig vollendete Ausläufer einer durch
Jahrhunderte hindurch stetig fortgesetzten Geistesarbeit, von der die be-
sprochene gedruckte Bibelübersetzung die immerhin beachtenswerte letzte
Etappe war."
9. Wann ist Luthers Lied: „Ein feste Burg ist unser Gott" gedichtet
worden? p. 160—179. Abdruck aus der N. Pr. Zeitung vom 2. April 1882.
Der Verf. führt den Nachweis, dafs die Abfassung des Liedes in die
Jahreswende von 1528 auf 1529 oder in den Anfang 1529 fallen mul's.
10. Die neueste Schrift id)er die Zeit der Abfassung von Luthers Lied:
„Ein feste Burg ist unser Gott." p. 180—207. Der Verf. rechtfertigt
ausführlich seine Ansicht über die Abfassun^szeit dieses Liedes gegen
Linke, der ohne sicheren Anhalt dasselbe im Jalire 1525 entstehen läfst.
11. Zur Berliner Gesangbuchfrage. Nordd. AUg. Zeitung vom lo. Okt.
1869. p. 208—227. Wendet sich gegen die ungerechtfertigten Bedenken,
welche der Prediger Thomas in einem Votum gegen die Form älterer
Lieder ausgesprochen hatte.
12. Über die Etgmologie des Wortes Sorge, p. 228—253. Dieser Vor-
trag ist, wie die unter 7. 8. und 10. aufgeführten, m der Berliner Gesell-
schaft für das Studium der neueren Sprachen gehalten worden. Geistvoll
führt der Verf. aus, dals der Stamm .ser, (s(;ren) nicht sowohl Schmerz,
(schmerzen) bezeichnet, als vielmehr- das Umschlielsen, den umschhelsenden
Druck. , , ,
13. Über das ]Vort und den Begrif}' Posse, p. 254— 272, ist em Abdruck
aus Archiv LXXIII, ucd 11. Ül>er den Entuurf eines neurn cU-utscIien
Glossars, p. 27.!- 297, ein Abdruck aus Band LXIX, Heft 2.
23*
356 Beurteil uugeii und kurze Aiizeigeu.
Wir schliefsen unsere kurze Anzeige mit dem Wunsche, dals das
Buch die Aufmerksamkeit finden möge, welche es durch seine Gründlich-
keit und die frische, lebendige Darstellung in reichem Mafse verdient.
A.
Zur Reform der Orthographie. Blicke auf die Mängel der gegen-
wärtigen Rechtschreibung und Fingerzeige zur Beseitigung
derselben. Von A. E. Rieh. Bax. Danzig, F. Axt, 1888. 8.
00 Pf.
Die Schreibung soll vereinfacht, alle überflüssigen Buchstaben ab-
geschafft werden, so das c, ph, v, Is, die Kennzeichnung der Vokal-
dehuung (die Schrift hat sich nach der Sprache, nicht die Si)rache nach
der Schrift zu richten), das Doppel- Abc: der Verf. giebt dem deutschen
den Vorzug, welches den Patriotismus fördere. Im ganzen ist also der
Verf. für die möglichste Vereinfachung, und giebt seiner Hoffnung Aus-
druck mit Huttens Motto: Bin unverzagt, ich hab's gewagt, luid will
des Ends erwarten.
Näheres und Weiteres zu unserem Weltspracheprojekt. Von laugen
A. Lauda. Berlm, Hennig, 1888. 32 S.
Der Verf. tindet in dem Gedanken des Volapük Wahrheit, alles
strebe danach, international zu werden; aber der Formenschenuitismus in
dieser Kunstsprache sei starr und leblos. Kein einzelner Mensch sei be-
rechtigt, die Dinge nach seiner Persönlichkeit zu taufen und zu verlan-
gen, dals die übrige Menschheit seinem Willen sich anschlielse. Die
Wissenschaft ist sprachlich schon zum Teil international; sie wird nie
durch das Volapük etwas anfangen können. Zweckmälsiger wäre es, in
Bezug auf den Wörtervorrat vom Latein auszugehen.
Der Weltspracheschwindel. Von Dr. Karl Feyerabend. Heil-
bronn, Gebr. Henninger, 1888. 1,20 Mk,
Der Verf. legt kräftig Verwahrung gegen das neumodische Welt-
sprachentum ein. In vorliistorischer Zeit schon ist eine ^Menge ver-
schiedener Sprachen da; wo sich gröi'sere iJolitische Einheiten bildeten
oder ein internationaler Verkehr sicli anbahnte, exTau«; sich eine bereits
vorhandene Sprache ein groi'ses Gebiet, so die griecliische, lateinische,
französische, englische; es giebt aber auch in beschränktem Gebiete Kom-
promitssprachen, für die Vermitteluug des Handelsverkehrs. Verschieden
davon sind die absichtlich von Denkern für den internationalen Verkehr
erfundenen Sprachen, als deren Urheber gew()hnlich Leibnitz genannt wird,
der sich von einer so philosophisch angelegten Sprache neue Erkenntnis
durch Kombination versprach. Zahlreiche Versuche zu einer Weltsprache
und einer Allschrift sind seitdem gemacht, alle auf verschiedenen Wegen,
alle unpraktisch. Da ist nun die neueste I^rtindung, Schlägers \'olapük, '
erschienen. Nachdem der Verf. dessen Eigentümlichkeit ausführlich aus-
einandergesetzt hat, kommt er zum Ergebnis, dals in lautlichen Dingen
Schläger ganz unerfahren ist, von Phonetik und Lautphysiologie nichts
weifs, dals er vergifst, dals dieselben Sillien von den verscliiedenen Völ-
kern verschieden ausgesprochen werden, dals Schläger die Betonungsfra^e
nur scheinbar einfach gelöst hat, sein Gesetz vielmehr so mechanisi-li wie
m()glich ist, dals die Formenlehre trotz ihres gerühmten Fornu'iu-eichtums
nichts taugt, weil sie nicht aus der Syntax hervorgegangen ist, die Syntax
geradezu fehlt; weil es nicht möglich ist, bei den Eigentümlichkeiten der
Beurteilungvn und kurze Anzeisren. 357
verschiedeneu Si)radien vorbeizukonuneii, so kiniueii uiiiiiöylich die Vola-
pükisteu der verschiedeiieu Nationen sicli einigen, z. B. in dem Gebranche
der Kasus, der Präpositionen, der Modi. — Nach Öchh'iger sind Versuche,
auf Grundlage des Lateinischen die Weltsprache aufzubauen, hervor-
getreten, so von Volck und Fuchs, 1882, noch ungenügender, die Erfinder
sind über die Elementargrammatik nicht hinausgekoinmen. — Noch un-
geniefsbarer ist die gegen Schläger feindlich auftretende l'asilingua von
Steiner und Lenz, nach der blofs durch gleiche ^V^)rt- und Satzformen
sich die verschiedenen Sprachen verständlich und einander ähnlich werden
sollen. Über alle diese Versuche, so urteilt der Verf., läl'st sich nur
sagen, dafs eine so geschaffene Kunstsprache nur einen theoretischen,
nimmer einen praktischen Wert haben kann. Ein praktisches Bedürfnis
liegt nicht vor. Mit den drei grofsen Weltsprachen, Englisch, Französisch,
.Deutsch, kommt man in der eivilisierten Welt fort, in der uncivilisierten
wird Volapük wenig nützen, da mufs mau sich zur Erlernung der T^an-
dessprache bequemen; die Kunsts])rache führt uns in keine Art von Kultur
und Geistesleben ein. Dafs die Einheit der Sprache Friedfertigkeit und
Bruderliebe befördei-n werde, widerspricht allen geschichtlichen Voraus-
setzungen; die Weltsprache sieht vielmehr der rohen Gleichmacherei der
französischen Revolution ähnlich. Dafs aucli als Haudelss})rachc das
Volapük allgemeine Verbreitung finde, ist schon bei der Schwierigkeit
desselben nicht wahrscheinlich. Vollends daran denken die Anhänger
nicht, dafs die Sj^rache eine höhere Bedeutung hat, dafs sie ein jNIittel
des menschlichen Geistes ist, sich seiner selbst bewufst zu werden, dafs mit
dem Fortschritte des Sjtrechens sich das Denken entwickelt; sowie das
Volapük eingefüiirt würde, würden sich an ihm Spaltungen in Mundarten
bemerkbar machen; alle Kunstsprachen werden des Lebens der Natur-
sprachen entbehren und bald nur noch in den Tabellen der Geschichte
ein Unterkommen finden.
Briefweclisel von Jakob Grirain und Hoffinann von Fallerf^lebeu
mit Hendrik van Wijn. Nebst anderen Briefen zur deut-
schen Litteratur. Herausgegeben und erläutert von K.
Th. Gaedertz. Bremen, Möller, 1888. 60 S. gr. 8. 1,80 Mk.
Die hier mitgeteilten Briefe fand der Herausgeber im Haag und in
Leiden. Hendrik van Wijn (1740 — 1831) nimmt in der holländischen
Gelehrten weit einen geachteten Platz ein. Mit ihm trat J. (Jrimm durch
Vermittelnng Tydemans 1810 in Verbindung wegen Mitteilung nieder-
ländischer Volksbücher, dann wegen der Litteratur zu Reineke Fuchs; er
hatte die Freude, mehrere Jahre später eben jenes Fragment, welches
van Wijn besafs, zu erhalten (1813). Der Reineke erschien erst viele Jahre
später, " aber jenes Fragment ist benutzt. — Die Briefe Hoffmanns von
Fallersleben an Hendrik van Wijn geben wieder Zeugnis von dem uner-
müdlichen Fleifse und dem liebenswürdigen Charakter Hoffmanns. Sie
sind eine höchst schätzenswerte Beigabe zu den von Reifferscheid ver-
öffentlichten Briefen Hoffmanns an H. W. Tydeman. Schon als Student
und Bibliothekassistent in Bonn 182i) hatte Hoffmann fleifsig holländische
Volksliederbücher gesammelt, er suchte Mitarbeiter in Holland selbst anzu-
werben, wandte sich unmittelbar an den Reichsarchivar van Wijn; von der
Stadtbibliothek zu Trier, von Köln, wo H. (Jast des Herrn v. Haxthausen
war, dauerte der Briefwechsel fort; er machte Mitteilungen über das Ge-
dicht auf Graf Wilhelm IV. von Holland. Später wurden beide i)ersönlich
bekannt. — Die zweite Mitteilung des vorliegenden Buches bezielit sich auf
die Karschin und klärt uns auf über die tiefe persönliche [MilsstimniMug,
die Gleim 1771 brieflich gegen W. Heinse aussprach, deren Grund bisher
358 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
unbekannt war. Ein in Leiden aufbewahrter Brief der Karschin an
I.,aurentiu!s von Santen (f l"'.^'^ hIs Kurator der Universität) von 1771
giebt diesen Aufschlufs. Niemand hatte mehr für die Karsfliin gethau
als Gleiin, ihre Zärtlichkeit aber quälte ihn, ironische Bemerkungen im
Briefwechsel zwischen Gleim und Jacobi reizten die Dichterin, und sie
rächte sich durch ein Spottgedicht. An eben denselben Bauten sind ein
paar kurze Briefe Klopstocks von Hamburg aus gerichtet, die sich auf
Sammlung von Subskriptionen auf den Messias bezichen und den ideali-
scheu Sänger als praktischen Geschäftsmann vorführen. — Schliefslich
beziehen sich auch ein paar Zeilen von Schiller und Goethe auf geschäft-
liche Angelegenheiten.
Goethes Egmont. Mit Einleitung uud Anmerkungen von Prof.
Ludwig Blume. Wien, Gräser, 1888. 25 Kr.
Die Ausgabe gehört zu Gräsers Schulausgaben klassischer Werke,
redigiert von Prof. J. Neubauer, und nimmt unter diesen eine hervor-
ragende Stelle ein. Der Text ist nach den besten gedruckten Quellen,
besonders nach der Ausgabe von Schröer hergestellt. Die Anmerkungen
sind knapp gcfaCst, enthalten aber alles Nötige. Im vierten Aufzug, in dem
Gespräche zwischen Alba und Silva, fafst der Herausgeber die schwierige
Stelle wie Zürn (s. oben S. 222), aber die Schwierigkeiten dieser Erklärung
hebt er nicht hervor. Dem Texte geht eine ausführliche Einleitung voraus,
die auf sorgfältigen Vorarbeiten beruht und von einer gründlichen Kennt-
nis der Goethe-Littevatur zeugt: 1. die Entstehung des Dramas, 2. und o.
die dramatische Idee und Einkleidung der dramatischen Idee. IMan wird
mit Vergnügen diesen Abschnitt lesen, sich aber fragen, ob er nicht über
das Verständnis eines Schülers hinausreicht. Der vierte Abschnitt: der
geschichtliche Stoff und seine Behandlung, liespricht sowohl die Personen,
namentlich den Haupthelden, wie auch Ort und Zeit der Handlung.
Sehr ausführlich ist danuif die K(jmposition des Dramas dargelegt, die
hier gebotenen Dispositionen werden namentlich für den Schüler sehr
fruchtbar sein, wie sie auch die früheren Charakteristiken vertiefen. Die
beiden letzten Abschnitte zeigen ebenfalls die sorgfältige rmschau auf
dem Gebiete der hierher gehörigen Litter;itur. Es ist also das Buch als
eine erfreuliche Erscheinung zu begrüfsen.
Heinrich von Kleists Hermannsschlacht. Ein Drama. Für Schule
und Haus erklärt von L. Zürn, l'rofessor am Gyumasium
/u l^astatt. Leipzig, Wartig, 1888. 2 IMk.
Die Ausgabe ist mit grol'scr Liebe, mit Begeisterung veranstaltet;
man sieht überall ein feines Eindringen, eine gute Bekanntschaft mit
allem, was über Kleist geschrieben ist. Auf die ausführlichen .\ufsätzc
von K. Weii'senfcls über die französischen und antiken Elemente im Stil
lies Dichters im Archiv LXXX, 2^5— :!12, r>C.9 — HC konnte er nicht mehr
Rücksicht nehmen, sie würden ihn veraidafst haben, noch tiefer in das
Werk einzudringen. Zuerst ist der vollständige Text des Dramas mit
erklärenden, mitunter zuviel erklärenden Anmerkungen gegeben. Hierzu
sei l)emerkt, dals der gleich im Anfang auftretende Fürst Seigar im
Personenverzeichuis übergangen ist; auch kann es nicht zweifelhaft sein
(S. -1), dals .,die Scheitel'' .sich auf die angeredete Person bezieht, also
Singular ist; S. 27 zu „ratzenkahl" statt rattenkahl konnte auf die Ab-
leitung von radikal hingewiesen werden. Sehr umfangreich ist dann der
Anhang. Zuerst die Analyse der einzelneu Auftritte und Akte nach
Beurteiluugeu iiiicl kiirz<^ Anzeigen. 359
Form und Inhalt in Frageforni ; sie soll zur Vorbereitung dienen, führt
den Schüler unzweifelhaft gründlich in das Drama ein, erregt aber durch
ihre Ausführlichkeit das Bedenken, dafs sie von der Übersicht des Ganzen
abzieht. Gut ist die Auseinandersetzung über die historische Grundlage;
die aufserordentlich vielen Abweichungen von der Geschichte sind mit
Kecht dadurch erklärt, dafs das Drama Tendenzdichtung ist, aber nicht
alle lassen sich damit rechtfertigen. Die ausführlichen, recht guten Be-
merkungen über den Stil des Dramas liefsen sich noch durch die an-
geführte Abhandlung von Weifsenfels erweitern.
Franz Grillparzer als Dichter des Tragischen. Von Joh. Volkelt,
Prof. der Philosophie an der Universität zu Basel (jetzt zu
AVürzburg). Nördlingen, Beck, 1888.
Der Verf. ist ein begeisterter Verehrer des Dichters ; er hat sich nicht
blofs in ihn hiueingelebt, er ist auch mit der gesamten Grillparzer-
Litteratur wohl vertraut. Das Buch aber durchzulesen, macht einige
Mühe; einmal vermifst man Präcision, der Verf. wiederholt sich oft, führt
einfache (ledankeu weit aus, so dafs man nach Lesung mehrerer Sätze sich
sagen mufs, das liefse sich ja in wenigen Worten zusammenfassen; ander-
seits ist die Sprache nicht einfach, der Verf. liebt neu gebildete, vornehm
und tief klingende, nicht gefällige Ausdrücke, z. B. die Inneulebendigkeit
des Dichters, ein Xichtseinsollendes, die vereinseitigt entstellten Erschei-
nungen des Menschlichen, das freie und sichere Ausgestalten umfassender
kühner origineller Synthesen, die Unausgeglichenheit zwischen dem weichen
zurückgezogeneu Innern u. ä. — Er beschränkt sich lediglich darauf,
Grillparzer als dramatischen, genauer als tragischen Dichter zu betrach-
ten, ihn als Genius darzustellen, und zwar so, dafs er seine Gedichte
nicht in chronologischer Folge, also nach dem Entwickeluugsgange des
Dichters, sondern nach bestimmten Kategorien untersucht. Er bekämpft
manche entgegengesetzte Auffassung mit Geschick und Erfolg, muls aber
auch mit offenbarem Widerwillen manche Fehler zugestehen. Er hebt
die einheitliche Kraft hervor, mit der G. den tragischen Kernpunkt durch
die mannigfaltige Handlung liiudurchführt, doch wenn der Dichter spä-
ter auch die bunte Vielgestaltigkeit des Lebens uns vorführen will, wird
in Shakespearescher Weise die strenge Einheit mehr gelockert. So zerfällt
bei ihm das Tragische in das Tragische der tyinsch-mcuschlichen und der
individuell-menschlichen Art, wie sich der Verf. ausdrückt, was Vischer
das Tragische des sittlichen Konflikts und das Tragische der einfachen
Schuld nennt. Volkelt zergliedert die Dramen „König Ottokar" und ^Ein
treuer Diener seines Herrn", die „Jüdin von Toledo", in welchen beiden
letzteren Gedichten, wie er in etwas schwerfälliger Art sagt, der Dichter
uns hat vor Augen führen wollen, dafs das wirklich Geschehene sich
nicht darauf einrichte, die Regelmäfsigkeit der Idee abzuspiegeln, sondern
dafs es uns durch allerhand Launen überrasche; dafs in so vielen Gedich-
ten Grillparzers die Helden dem weiblichen Geschlechte angehören, dafs
in ihnen eine Zurückgezogenheit von \Vollen und Handeln, eine Scheu
vor dem specifisch Männlichen hervortritt, dafür findet der Verf. den
Grund in Grillparzers eigener Natur. Es folgen die Dramen der typisch-
menschlichen Natur: Sappho, die den "\\'iderstreit zwischen ideal-strehen-
der Kunst und naiv geniefsendem Leben vorführt, recht scharf, wie der
Verf. sagt, besser als Goethes Tasso: denn Held Tasso Itesitze kein deutliches
Bewufstsein über die seinem Wesen anhaftende Schranke und kein klares
Verlangen nach Ergänzung desselben; der priucipielle (icgensatz, um den
es sich handelt, sei bei Grillparzer bedeutungsvoller gestaltet als bei
Goethe. Das ist eine Ansicht, die von merkwürdigem 3Iilsvcrständuib
360 ßeurteiluugeii und kurze Aiizeigeu.
der Goethescheu Dichtung zeugt. Die Tragödie -Bruderzwist in Habs-
burg" bezeichnet der Verf. als Zwiespalt des stillen ficiniites und des
Ganges der Geschichte, „Libussa" als das Gemüt in beschaulicher Einheit
mit der Natur und die Kidturarbeit. In diesem Drama spreche sich
die Gruudstimmung des Dichters aus, nämlich ^seine Scheu vor dem
rationellen Fortschreiten der Kiüturarlieit". ^Medea" wird in ähnlicher
Weise bezeichnet als Entwickehmg der ^Ienschlic;hkeit der uugcbändig-
ten Natur und der Menschlichkeit des schönen Maises. In dem Drama
„Der Traum ein Leben'' lindet der Verf. besonders die scheue, im-
sichere Haltung des Dichters gegenüber dem Leben wieder, dem das
Glück einzig in des Inneren stillem Frieden besteht; den Grundzug
seines Wesens, das Mifstrauen gegen die (jflentlichkeit, seine Selbstver-
kleiuerungssucht habe der Dichter nicht ül)cr\viuden können, doch wieder
habe sich damit ein starkes und hohes Streben, ein leidenschaftliches
Fühlen verbunden, das habe das tragische Element in seinem AVesen ge-
bildet. Diesem Wesen gemäfs seien ihm vor allem gelungen ,,lieblich
eingeschränkte, halb unbewulst webende, dabei vielumfassende weibliche
Gemüter", diesen halbdunkleu mystischen Charakter, etwas Dämonisches,
Unwiderstehliches habe die Liebe in seinen Tragödien, besonders in Hero
und Esther. Einmal hat Grillparzer eine Schicksalstragödie gedichtet: gegen
den Fluch des Schicksals, das sagt „die Ahnfrau", kämpfen vergeblicli die
scheinbar freien Menschen ; aber das Schicksal hat trotz aller Unvernunft
doch mehr Einfachheit und Würde als bei Werner nml Müllner. Dafs
überhaupt in Grill])arzers Werken die hohe und stille Trauer der End-
lichkeit, das Geheimnis der Vergänglichkeit alles Irdischen sich ausspreche,
das ist nach des Verf. Ansicht dasjenige, was ihn zu einem grofsen
tragischen Dichter gemacht hat.
Herford. Hol seh er.
I
Deutsches Wörterbuch von Jakob Griniin und \\'ilhehii Grinun.
Siebenter Band, N O P Q, l)oarbeitet von Dr. M. Lexer.
Leipzig, S. Hirzel, 1889. VII und 2386 Sp.
Als vor nunmehr fast einem Decennium für das Deutsche ^\^">rterbuch
die Hilfe des auf dem Gebiete der deutschen Lexikographie und Dialekt-
forschung vortrefl'lich bewährten Professors Math. Lexer gewonnen war,
konnte der siebente Band des grofsen L^nternehmens, welcher die Buch-
staben N () P Q umfassen sollte, in Angriff genommen werden. Die
erste Lieferung (X bis Nacht /.(jallstimmej wurde im Augut 1881 versandt;
Anfang 1885 war bereits die sechste, April 1887 die neunte, endlich
Februar 1889 die zwölfte und letzte in den Händen der Abonnenten.
So ist abermals ein stattlicher Band den bisher vollendeten hinzugefügt,
der Stärke nach der dritte. Es liegen jetzt vor: Band I bis III; Band IV,
erste Hälfte, erste Abteilung; von der zweiten Abteilung sieben Lieferun-
ixen — das heilst von A bis Gchik/. Ferner Band IV, zweite Hälfte,
V, VI, VII, VIII, Lief. 1, 2, 3 — das heifst von // bis h'cirft; Bd. XII,
I^ief. 1 bis L' : V bis Vcrrjchcu. Es fehlen demnach noch das Stück von
ifi'unij bis zum Schlüsse des Buchstaben G, das seiner Vollendung durch
Rud. Hildebrand harrt; von h'ricli an der Pest des Buchstaben R, an
dem Moritz Heine arbeitet, die Buchstaben S T U, endlich der Schlnls
vt)u \'cr(jrbcu an, welcher E. Wülcker anvertraut ist. Die letzte Lieferung
aus der Feder Hildebrands ((IriiiiU bis Gesnny) erschien im April 1886,
aus Heynes (Recht bis Reich) im Mai 1887, aus Wülckers {Vcrdniiniien
bis Ver(jd)eii) im Mai 188>*. IL L.
Beurteilungen und kurze Anzeigen. 361
Ramiro Barbaro di San Giortiio, Praktii^clic (iramiuarik der
italieDisehen Sprache. Leiclitfarslicher Leitfaden zur Erlernunj;
derselben für Deutsche. Leipzig, 1888. VIJI und 200 S.
Der Verfasser, „Docent der italieuisclieu Litteratur an der Huniboldl-
Akadeinie und dem Viktoria-Lyceum in Berlin^, hat von seiner Befähigung,
ein solches Lehrbuch zu schreiben, eine sehr hohe Meinung. An .Stelle
des Vorwortes findet sich ein ^Erklärung der Methode (Au den Lehrer)"
überschriebeuer Aufsatz, welcher anhebt: „Diese Grammatik ist das Er-
gebnis laug jähriger praktischer Lehrthätigkeit und die ]\Iethodc derselben
hat vorzügliche Erfolge erzielt." Nuu, es ist ja möglich, dafs die Per-
sönlichkeit des Professors — S. 1() giebt er seinen Familiennamen in einem
Lehrbeispiel „Mi scusi, siguor di Sau Giorgio" — manchen in seinen
Augen vorzüglichen Erfolg zu stände gebracht hat. Ob aber deshalb
seine Methode für weitere Kreise und für ein Lehrbuch tauge, darf man
bezweifeln. Insonderheit scheint mir ein Mifsgriff", dafs ein bedeutender
Raum liier mit „fehlerhaften Exercitien" verbraucht ist, in welchen mau
alle erdenklichen Mifsgrifte der Lernenden, schön gedruckt, vorgehalten
bekommt, um sie dann selbst, gewarnt, sicher vermeiden zu kimnen. Die
alte Lehrregel aber, das Falsche gar nicht, weder dem Ohr noch dem
Auge vorzuhalteu, stets nur das Richtige und Beste zu zeigen, ist doch
nicht so leicht aufzugeben ; man weifs, wie gern das Gedächtnis ein zu-
fällig ihm dargebotenes Bild, ohne Frage, ob es das beste, ob es gut und
richtig sei, festhält. Also offenbare Böcke, F'ormfehler u. s. w. hier
sauber vorzuführen, das heifst Druck und Papier verschwenden.
Zur Methode des Verfassers gehört ferner ein unglückliches Verdrehen
der hergebrachten vernünftigen Reihenfolge der grammatischen Gegen-
stände. Kann es z. B. etwas Verwegeneres geben, als zuerst (in Abschnitt 2<()
von der Höflichkeitsform, der Anrede iu der 3. Sing. — Ella ha razione,
Lei ha razione, ha razione = Sie haben recht — zu handeln und d a n n
(Abschnitt 21) von den persönlichen Fürwörtern ? Auf S. 91 wird gelehrt,
es heilst bei Angabe des Datums i! 24, nicht il 24™"^', und S. !'3 werden
erst die Zahlen gelehrt! Nicht besser als die JMethode kommt der Lehr-
stofi" bei dem Verf. weg. Er meint als Italiener alles zu besitzen, nur so
aus dem Ärmel schütteln zu können und Diez, Blanc oder meine Sprach-
lehre nicht nötig zu haben. Da fehlt es denn nicht, dafs er, zumal bei
der angedeuteten unnützen Raumverschwenduug, in wichtigen Dingen oft
dürftig, mehrfach verworren ist, und mitunter, man sollte es nicht glau-
ben, auch Falsches giebt. Wie viele verunglückte Lehrbücher der italieni-
schen Sprache weifs auch dieses uns nicht zu sagen, was geschlossenes
e o und was offenes ist; es hat viele und gute Beispiele für beides, aber
wie sich diese nun unterscheiden, wie sie verschieden klingen, das mul's
uns der Lehrer sagen, das Buch enthält keine Silbe darüber. Verf.
kennt nur andrö ohne e, doch die Promessi sposi haben in der allgemein
gültigen Schulausgabe des Manzoni von 1840 stets anderö. Recht ver-
worren ist es, von „g wenn die Silbe li folgt" (S. 2) zu reden, wenn es
sich um gli als Zeichen für das geschmolzene 1 handelt. Ebenso wird
über die licrsönlichen Fürwörter berichtet. „Die Pronominal - Partikeln
verwandeln den Endlaut e des Fürwortes in i und lassen das o von voi
wegfallen; nie te voi — mi ti vi." Und nun noch das Allerbeste! _ r Aus-
genommen davon ist die erste Person Plur., die auch n in c, uoi in ci
verwandelt." Schon früher habe icli daran erinnert, dafs es falsch ist,
Siguor Paolo zu betonen, da Signör durch den unmittelbar folgenden
Titel oder Namen (vgl. S. :!] m. Ital. Spracld., Hann. iss-j) den Accent
verliert; unser Verf. (S. 0) weifs es auch nicht. Vado chiedcndo, meint er,
heifse „ich frage jetzt", statt „ich frage fortwährend" (S. 65); zu si sta facendo
merkt er an „im BegrifT sein", und es mufs heifsen ^soeben thuu, dabei
362 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
sein zu thun" (stare per füre lieifst im Ucgrifi" sein zu thun, ni. Sprachl.
8. IMl). Solche MiCsgrirt'e haben wohl iiire Erklärung darin, dai's der
Verf. über die ihm geläufige Sprache zu wenig nachgedacht hat. So
verhält es sich offenbar auch, wenn er die Endung ofto schlechtweg für
verkleinernd angiebt (S. 2ii), wenn nit>,i i= nl ai/c/ie gesetzt wird, während
es ^vielmehr, im Gegenteil", lateinisch ^immo" ist (s. Sprachl. S. 147).
..Vergelt" statt v, vergilt" (S. 152) führt auf die Vermutung, wenn giacche
obschon (!) richtig unter den begründenden Bindewörtern steht (S. IH^),
so möchte es ein Versehen in der Handhabung des Deutschen sein, doc^h
kann auch Schwäche oder Flüchtigkeit des Druckes an diesem „obschon"
die Schuld haben. Wenn purch^ S. 160 mit der Bedeutung „damit" und
S. 172 unter den bedingenden Konjunktionen mit Konjunktiv und in
einem Beispiel, wo es schlechthin mit „wenn" übersetzt wird, erscheint,
so ist dem Verf. das Wesen dieses Bindewortes schwerlich mehr als halb
klar geworden.
Friedeuau. H. Buchholtz.
Zeit seil n'fftn f<rh a ii .
Zeitschrift für deutsche Philologie, begründet von Julius Zacher.
Zwanzigster Band. Halle, Waisenhaus, 1887, 1888.
Nach dem am 2:!. März 1H87 erfolgten Ableben des Prof. .lulius
Zacher ging die Leitung der Zeitschrift an Prof. H. Gering und Prof.
Konr. Zacher über; mit dem XXJ. Bande liegann eine neue Folge unter
Gerings Leitung. Ein wohlgetrofl'enes Porträt Julius Zachers schmückt
den XX. Band.
Abhandlungen: Die Waldenser und die deutsche Bibelübersetzung.
Von Georg P^llinger. S. l — :^7. Bcstrebiuigcn auf dem Gebiete der I^uther-
grammatik im l'J. Jhdt. Von .Toh. J^uther. S. ;'>7 — I!'. Eine Quelle zu
Schillers Braut von Messina. Von G. Kettner. S. !!• — 51 (weist hin auf
Brydones Reise durch Sicilien und Malta u. s. w. Leipzig 1771). Quellen-
studien zur Litteraturgeschichte des 18. .Ihdts. Von J. Minor. S. -»-^ — 8(i.
(L Zur Hamburgischen Preisau.sschreibuug. IL Schiller und Leisewitz.
HL Die Räuber und Goethes (lötz von Berlichingen. TV. Schiller und
Shakespeare. V. Zu Schillers Spaziergang und Tiecks gestiefeltem Kater.
VL Zum Venuswagen. VH. Zu (roethe. VHL Zu (Joethes natiirwissen-
schaftlichen Schriften.) Aus der Wittenberger Universitätsmatrikel l"i(i(l bis
\mi Von .loh. Bolte. S. 80—88. Quelle und Schluls des Vorauer
Alexander. Von K. Kinzel. S. 88 — 97. Zur Litteratur des lat. Schau-
spiels des l(i. .Ihdts. Von Hugo Holstein. S. !'7 — 108. Verbum und
Nomen in Notkers de syllogismis, de jtartibus logicie, de rhetorica arte,
de musica. Von .Tob. Kelle. S. 121'- l.Mi. Ein Pasquill aus der Zeit des
Schmalkaldischen Krieges. V(m E.Matthias. S. I-M — 18!). Über Anein-
anderreihung der Strophen in der mhd. Lvrik. Von H. Giske. S. 18!» bis
202. Zur Kritik des Nibelungenliedes VHL Von Kettner. S. 202—225.
Particip des Präteritums in passivischer Bedeutung mit haben statt mit
sein verbiuiden. Von O. Erdmann. S. 226. Der Teufel in deutschen
Geschlechtsnamen. Von K. G. Andresen. S. 227 — 2:^0. Zur Domscene
des Goetheschen Faust. Von G. Kettner. S. 2.'?0 — 2;>2. Der Dramatiker
Marcus Pfefler. Von H. Holstein. S. 282 — 2'M. Das Gedicht von Joseph
nach der Wiener und der Vorauer Hs. Von P. Piper. S. 2.57- 28l>,
4:'>o — J81. (Text.) Christian Reuter und seine Komixlien. Von Ellinger.
S. 2!10- a21. Das Märchen von Hans Pfriem. Von Job. Bolte. S. :'.2.5 bis
;V26. Schiller-Studien von G. Kettner. S. ;'>oti — 'Mh. (1. Das Berglied.
2. Thekla, eine Geisterstimme, o. Talbots Monolog.) Ein unbekanntes
Beurteilnugeu iiiid kiir/.c Aiizeigeu. 363
Drama von Leonhard Culinauu, von H. Holstein. >S. Iv-Ki— :!.)ft. Julius
Zacher. Beitrag zur Geschichte der deutschen Philologie. Von K. Wein-
hold. S. ;«5— 4'2i\ Simon Lemuius. Von H. Holstein. 8. 481—487.
Miscellen: Lexikographisches von Birlinger. S. 238—247, 349—860,
487—494. Bericht über die Züricher Philologenversammlung. Von A.'
Bachmann. S. 495 u. s. w. Anzeigen und Beurteilungen. — Der Band
schliefst mit einem Aufruf .\ur ErrichUuuj eines G rabdenkmah für Julius
Zacher. Zur Annahme von Geldbeiträgen ist der Administrator der Buch-
handlung des Waisenhauses, Herr A. Schürmann, bereit.
Germania. Vierteljahrsschrift für deutsche Altei-tiiinskiuKlo.
XXXII. Jalirgang. Neue Reihe, XX. Jahrgang;. Wien,
Gerold, 1887.
Reinh. Bechstein, Anmerkungen zu Heinrichs von Freiberg Tristan.
B. 1—48. (Hauptsächlich Handschriftenmaterial.) F. Pfaff, Die Hand-
schrift des Eeinolt von Montalban. S. 49 — 1;5. F. Grimme, Anklänge an
das deutsche Volksepos in Ortsnamen. S. H5 — 72. (Nach den Sagen-
kreisen geordnet; manches recht fraglich.) F. Vetter, Lateinische und
deutsche Verse und' Formen aus einer Basler Hs. S. 72 — 77. Neuvvirth,
Die Z wettler Verdeutschung des Cato. S. 78—92 (Text). F. W. F. Roth,'
Ein nd. (ledicht des 15. Jhdts. über das Weltende. S. 98 — 97. (Text aus
einer Darmstädter Papierhs.) G. Ehrismann, Paulinzeller Rennerbruch-
stücke. S. 97—98. (Varianten einer Hs. aus dem 14. Jh.) A. Jeitteles,
Mitteilungen aus Grazer Handschriften. S. 99 — 116. (Legende vom heil.
Ludwig von Toulouse.) F. Bech, Zu Kudrun, Zu Walther 25, 85 f.
S. llt» — 120. (Stelle ist ^^ stelle des satelhogeu: am Sattel pflegt die iintlhe
zu sitzen, dort ist sie festgeschnallt.) M. ()rtner, ITlrich von Lichtenstein
und Steinmar. S. 120 — 125. (Steinmar parodiert -vielfach Ulrich.)
K. von Amira, Zur Textgeschichte der Frostuthingsbok. S. 129 — 164.
A. Nagele, Die Chronologie der Sprüche Walthers von der Vogelweide.
S. 165—196, 257—297. Paul Walther, Zu Walther von der Vogelweide.
S. 197—222, 299—880. F. Losch, Die mit dem SuffLx ni gebildeten
Verbalabstrakta im Gotischen. S. 228 — 245. K. Bartsch, Der I\füttinger.
S. 246—258. Roth, Mitteilungen aus Darmstädter Hss. S. 258—256.
Altdeutsche Hs. der Bibl. zu Darmstadt. S. 888—851. K. Krüger, Otfried II,
4, 16. S. 297 f. R. Sprenger, Zu Kudrun. S. 880 f. C. Marold, Ahd.
Glossen. 851—355. A. Jeitteles, Zur nhd. Syntax. S. 356— .861. H. v. Wlis-
locki, Die Ragnar Lodbroksage in Siebenbürgen. S. 9,^^'!—'^^^. F. Grimme,
Beiträge zur Geschichte der älteren Minnesänger. vS. 867 — 878., 411 — 426.
C. JMarold, Otfrieds Beziehungen zu den biblischen Dichtungen des Juve-
neus etc. S. 885 — 411. H. Schnell, Zu den Münchener Bruc-nstücken von
Marienlegenden. S. 427 — 482. von Wlislocki, Die Mäuseturmsage in
Siebenbürgen. S. 482 — 451. S. Singer, Verzeichnis der in der erzbischöf-
lichen Diöcesanbibliothek zu Erlau vorhandenen altd. Codices. S. '\X\ bis
487. Zum Willehalm Wolframs von Eschenbach. S. 490. K. Bartsch,
Bruchstücke aus Strickers Karl. S. 488- — 190. Miscellen etc.
Miscellen.
Dumas fils über Victor Hugo.
Bei der Aufnahme Lecomte de Lisi es iu die Academie nach dem
Tode des gröfsten Lyrikers unter den Zeitgenossen (8L März 1887) hatte
Alexander Dumas fils die übliche Begrüfsiingsrede zu halten, in welcher
sowohl der Kandidat, als sein verstorbener Vorgänger gepriesen werden
sollen. Die glanzvolle Rede, von welcher Krefsner iu der Franco-Gallia
(IV, 185 fi'.) einen längeren Auszug bringt, war nicht frei von ironischen
Pointen. Vor zwanzig Jahren kannte Dumas für den Verbannten bereits
nicht mehr die allgemeine grenzenlose Ehrfurcht, wie folgende Zeilen aus
der vom 10. April 18()8 datierten Vorrede zu .,le Fils Naturel" (l'i.
Januar 1858) darthun :
Gloire ä celui-lä! vS'il etait reste sur le sol natal, s'il etait ä portee
de nos coups, Dieu sait ce que nous lui jetterions ä la face; mais la
fortune, dans sa bizarrerie, en a decide autrement. II s'est constitue
centre au railieu de l'Ocean, les pieds sur un rocher, le front dans la
uue. C'est trop loin et c'est trop haut! nos armes ne j)ortent pas lä.
Patience! II aura bien, uu jour ou l'autre, son heure de negligence,
d'oubli, de foi. II sortira de ses brumes; il descendra de son piedestal;
il s'aventurera sur les flots; il verra alors ce qui se passera! Ah! tu
nous as impose le respect, l'admiration, la distance! Ah! tu t'es fait
victime! Ah! tu etais riebe! Ah! tu ne travaillais que quaud tu voulais
et tu ne disais que ce qu'il te plaisait de dire! Ah! nous u'etions pas
de ta taille! Ah! tu as ete le geant Athos, tu as retourue une ile an-
glaise, tu t'y es taille une montagne et tu t'es plante au sommet, dieu,
autel et pretre, et tu redescends parmi les hommes! A notre tour! et
rira bien qui rira le dernier. Äleurs la-bas, je te le couseille, change-toi
bien vite en statue:
Couvrant cette ilo de ton ailo,
Dans (|uelque attitude etenicllc
De genie et de majeste!
que ton Calvaire soit ton tombeau comnie il a ete ton temple! Apr^s
avoir ete Athos, sois Eucelade! c'est le seul moyeu pour toi de remuer
encore un peu la terre quand tu ne seras plus dessus, mais dessous. En
attendant, veux-tu savoir la verite, cette verite vraie que ne savent Jamals
ni les emigres ni les rois? Je vais te la dire... Non; j'aime mioux me
taire, tu ne saurais plus m'ecouter et tu no jiourrais plus me croire.
Reste dans tes nuages et dans tes illuslons. < Jue l'atlaire se regle maintenant
entre toi et Dieu, puisque tu as voulu le regarder en face, (."est ii plus
Miscellen. 365
simple que nous devons nos consolations, si nous avons encore le temps
d'en offrir.
Diese sehr charakteristische Stelle schemt bis jetzt unbemerkt ge-
blieben zu sem. Joseph Sarrazin.
Zwm Andenken Thomsons.
Im Park zu Eichmond, au der Stelle, wo mau die schöue Aussicht
auf das liebliche Themsethal, hat, befindet sich eiue einfache weil'se Holz-
tafel, welche in schwarzer Ölfarbe ein Gedicht zu Ehren des Dichters
Thomson trägt, der bekanntlich in Richmond lebte uud seine „Jahres-
zeiten'' schrieb. Da mir nicht bekannt geworden, ob dies Gedicht irgendwo,
und namentlich ob es in Deutschland schou gedruckt worden ist, so teile
ich es hier mit. Thomson verdient es, dafs man seiner in Ehren gedenke,
und sein mir unbekannter Lobredner hat sich, wie mir scheint, seiner
Aufgabe in würdiger Weise entledigt; mit ganz besonderem Interesse liest
man allerdings die Verse an Ort und Stelle. (Ich sah die Gedenktafel,
wenn ich nicht irre, schon im Jahre 1861, abgeschrieben habe ich das
Gedicht 1884.) M. K r u m m a c h e r.
Lines on James Thomson, the Poet of Nature.
Ye who from London's smoke aud tunaoil fly
To seek a purer air and kinder sky,
Think of the Bard who dwelt in youder dell,
Who sang so svveetly what he loved so well;
Think as ye gaze on these luxuriant bowers:
Here Thomson loved the sunshine and the flowers.
He who could paiut in all their varied forms
April's young blooms, December's dreary storins,
By yon fair stream, which calmly flows along,
Pure as bis life aud lovely as bis song,
There oft he roved. In yonder churchyard lies
All of the deathless Bard that ever dies.
For hei-e his gentle spirit lingers still
In yon sweet vale — on this enchanted hill,
Flinging a holier iut'rest o'er the grove,
Stirring the heart to poetry and love,
Bidding us prize the favorite scenes he trod,
And view in Nature's beauties, Nature's God.
Was lieifst „hecarre")
Zu den Neubildungen des argot boulevardier parisien gehört das
Wort becarre, das ebenso schnell entstanden ist und sich Geltuug ver-
schaftt hat ^vie Chic, Vlan und Pschutt, mit welchen es fast gleiche Be-
deutung hat.
Ein jNIensch ist h'carre, wenn er sich abends von U-J Uhr ab in den
Frack wirft und die feine Welt aufsucht. Der Mcarrc hat sj^itze Scliulie,
eine enge Hose, eine weifse, weit offenstehende Weste. Er trägt nur
einen Handschuh an der linken Hand und keine Sclimucksaclien.^ Der
becarre hat ein steifes, abgemessenes, pedantisches Weseji, seinen Ki>rper
hält er kerzengerade, sein Gesicht ist ernst, sein Typus ganz der eines
Engländers. Ihn ziert ein hoher und steifer Halskragen, eine weilse Bin<le
366 Miscellen.
mit kurzen Schleifen. Die Enden seines gestutzten Backenbartes ziehen
sich bis zu den Ohrläppchen ; er hat einen Schnurrbart, der Knebelbart
ist ihm versagt. Der becarre ifst kein Abendbrot, legt sich früh schlafen,
um mit Tagesgrauen aufzustehen und nach dem Bois zu reiten. Lustig
und mitteilsam sein ist nicht becarre.
Die ausschliefsliche Beschäftigung mit sich selbst und lästige Schweig-
samkeit sind die Hauptkennzeichen des becarre. Bei Tisch ist es becarre,
wenn man sich um seine Tischuachbarinnen gar nicht kümmert, sie nicht
bedient. Der junge becarre verschmäht die Joppe und das Jackett; es
ist viel, wenn er diese wenig vornehmen Kleidungsstücke des Vormittags
anzieht. Von „mittags zwölf IThr ah sieht man ihn im kurzen, engen,
zugeknöpften Ul)errock. Pallien engen Überzieher tragen, unter welchem
die Rockschöfse vorkommen, ist becarre. Der becarre hat gemeinhin
einen Kahlkopf, auf welchem die unverschämtesten sich einen Scheitel zu
machen versnclien. Der becarre ist blasiert, Vergnügen findet er an nichts.
Ist er Ijerauscht, so ahmt er die SLimnie Barons, des becarrsteu der l'ariser
Schauspieler, nach.
Une femme becarre ist gleichbedeutend mit une femme pourrie de
chic i. e. trfes bien mise oder une femme qui a beaucoup de distinction.
— Riyauch Biet, d'argot moderne. [Villatte, Parisismen, Berlin 188S, S. 22:
hi-carre, adj. int. (s/m. musik: Aufl<)sun"^szeichen, Quadrat*) -- chic,
. pschutt, v'lan; le monde du dernier ^ die ausgesuchteste Gesellschaft
(Journ. amus. No. 1527); les vins les plus ^ die feinsten Weine. — Red.]
* Vgl. oben S. Ö7.
Fraustadt. Dr. Thiem.
I
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(Leipzig, Biedermann.) 1. Lieferung.
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Des Ms. Bodl. 779
jüngere Zusatzlegenden ziu- südlichen Legendensaramlung.
Mitgeteilt von
C. Horstniann.
(Schlufs.)
Seint oswiu l>e king |)e holy marter.' (20. Aug.) |f. 208j
In som tyme weren iu ingelonde : king?^9 swyjje ryue,
for, so ich finde in bok I-wrete, : at onus l>cr weren fyue,
& euerich hadde his kindom : & al his pouer to weide,
& moche werrc was hem betweue : & pes swy{)e selde —
for ofte 5e sej) \ns I-wis, : pr^de, eniiye & tresoun ß
sleli wel many a gret lorde : & bringe}? bem adoun
& dryiiej) hem of londe : & dojj lieni wel gret wo —
for ofte to sojae hit is I-seye : \:>at {)ey fareji so.
for so was seint osewin : somtyme I-drene by cas,
l^at aiter edwiu-is day lae king : \>at of norl)iiom])irlon(l was. 1"
Edwin also, his fadir (em), was king of norlibonibirloiide,
wel 3ong he was out I-driue : bim to cbanie & choude: (12. Oct.)
ftbr ethilfrede (pat) ])o : king of est-selijje was,
him drof of londe in §ou|3e : 1)0 he wel litil was;
his lond he sesid & his men, : his gold & ek his fe — l''
nede moste edwin l^e ,^onge : ]-)0 of londe fle.
to ])e king redwald li'e fley : J)fft of Jje marche (!) was {)0
bol)e lord & syre, : & told him of his wo,
how ethilfred him hadde : out of londe I-dreue,
& bede Jjo \:>at he him cholde : som seruise to jeue. '^^
\>e king hadde reujje : of \>at J^e child him tolde,
& toke him to maystris : Jiat him techy cholde
alle {)ing J)«t good were : so he ondirstode,
so hit be-fil to teche a child : I)at com of king?/.« blöde.
J)e child he made ech day : byforc him ben In halle, ^^
pore & riebe him louedin : l>ait him kncue« alle;
of strenj), of cortesie : nadde hc non per;
so {)at in a lyte whyle : he wor}) a good bacheler.
J)0 ejjilfred I-hurde herof : pat was his fülle foo,
him Iwugt, but edwin wer^ I-chent, : his hert wol berst a-two. 30
1 Voraus geht S. Meigrete in vierteiligen Strophen, bereits früher im Archiv
abgedruckt. — Über Oswin vgl. Beda III, 14, 24, woraus die Vita in Ms. Jul.
A X Cott. (grölstenteils ed. für die Surtees Soc, liiogr. misc.) geschöpft ist; ver-
mehrt durch Translatio und Miracula; sie ist zur Zeit Stephans von einem Mönche
von Tynemouth verfalst. — 10 tilge {)at; 1. [)at king of. 11 em fehlt? 13 Ms.
echilfrende. 1. est-sese V
Archiv f. n. Sprachen. LXXXH. 24
ä?0 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegendeü
:i ryche present of hors, : of cloJ>?^,<? of seluir & ek of eolde
lie sente to {le kiug redewalde : >.t bed him \wt he cholde
edwin to him sende : \>ot was his foUe foo,
oJ)er in som wise : him let to de^je do.
Redewald f)onkid \>e messageris : w/t wel fayr chere, '15
& seyde, ^je motin al nyjt : w/t me to dwellin here;
to-morwe je choUeJ) habbe answere : whan {)at hit day Is."
glad weren {)e m(e)ssagen<.s- : J)o |jey I-herde {)is.
ob^r to slen or for to chende : J)e cliihle he {joujte ])o,
ftor couetise of J)e p/esaiwt : \>at me him broujt to. 40
Alias, w/t-outin godd«s wille : f)ot couetise was I-wroujt,
ffor many a gultles man : to de])e hit haiiej) I-broujt!
for swy{)e manye \wr weren {)o : of \)e kiugHs wille 1
& raddiu for his ryche p/"^sent : edwin for to byftille. |
edwin wente to bedde : {)o hit drouj to ny3te — 45
bot if god him helpe, : wel wrojj men {^(ejnkef) him dyjte!
Nadele he biit a whylc I-leye : alle w/t-outeu doute,
pat \>er ue com a gong man : & clcpid him \>er oute;
& preue he was w/t \)e king : <fe wiste al his {jou.^te;
of edwine he hadde reujje : pat cholde to dejje ben I-brou,',te — ■'»'^
f!br {)e king hadde I-sete longe : w/t-outen eny fayle
w/t men f)crt to edwin?<s de{) : gon liim to consayle. j
^Edwin," qua\) J)is gouge mo«, : „com out anon to me!" f
„Ich am aredy," q?w{) eduin, „lo me {wr w/t Jie!"
|)is gong man gan wepe : ])0 edwin to liim com, 55
& myldeliche anonryjt : by J)e hond him nom,
„edwin," he seyde, „for sojj : ic habbe of J)e pyte,
ior Jjou art of body I-nouj : stalworjj, gent & fre;
& for we habbe]) so longe : to-gedir I-ben p/rue,
\)eriore ich am hedir I-come : for to warny \>e *^*
{)at \>ou hast gret nede : of J)is lond to fle,
for r(e)dwald, my lord, : beuche]) ])e to sie.
& wite hit wel to so{)e : lor hit of-reuij) me
5if ic in eny wise : bet^r red cou{>e jeue to J)e."
„wostouj eue;-," qtia\> edwin, : „wherfore hit is?" *^
„ge," q/w]) J)e ober, „for ])e p>-esau«t : \)at jistirday com I-wia."
Edwin J)o in ])ou',te : a whyle stille stode,
& su]) he seyde to his felawe : ])rtt was so trewe & gode:
„now god ful of my^te, : felawe, for^ildin \>el
hard hit werc to abyde : in ])is lond ded to be, ''^
& ek swyj)e gret chame : henn^^s for to He
whan 1)6 king ne sede : neuer but god to me."
„A-byd," qna\) bis jong man, : „& in ic wole wende
& herkeny wheyprr god vs wole : heter tydiug vs sende."
in to a chau///bir lie com : al w/t-outen wene, '* j
& herde wher ])e kiug her-of : gan speke w/t J)e quene j
& here tolde word «& ende : how hit choldiu goo.
whan ])e quene I-hurde J)is, : herc was swyj)e woo,
& seyde, „leue swete »vre, : hit is wel lite maystrye
to lete slen eny of ])in sergauiis : for any-maner euuye,
«fe nameliche \>ai ilke man : ])«t ])ou hast for]) I-broujte;
\>er J)«t hy bej) treue I-uow : ne mysdo hem iioujte.
cS: wel ])ou wost, leue syre, : })o he com ferst to ])e,
he |)e tolde how eJ)iLfred : him maked of londe He;
80
39 chende st. sende? 43 Ms. ])«t st. ])fr. i»'!: Ms. \>tit gou. C3 for at
SDiV 74 1. lydingusV 82 Ms. henn st. hem.
zur südlichen Legendensammlung. 3?1
& bou him ondirfeug J)o : to dou liim lielp & socour: »?>
& for to brekin him forward : hit is gret deshouour,
bot J)oii foodist euy gilt; : ac f)ou ne findist now non,
for amonge alle |jin nieu : trewer her nya nou^t on."
alle |)is seyde ])e quene : & swybe möcliil more.
so {)at Jie king here g;-ffnted : to 'don aiter here lore, '•"•
& seyde, „me ne chal I-finde : neu^r for no tresour
|)öt ich to him o]ier to eny ol)^>- mon : wol ben eny treytour,
& ic him wole helpe : his lond for to \vinne,
& finde him al ]>at him ned is : fort he ben J)ey-iune.
& for Jdou seist [tat he naj? : of goodnesse no pere, 95
l>an ich him wol louie : more \)an ich dede ere."
fte whil J)e king & Jie quene : toldiu I-fere of J)is,
edwin seet & abode : his treue fere I-\vis;
vppon a ston he säte : in Jjoujt al-one in route
& loked est & weste : in ech syde aboute; loo
he lokid vp, he lokid dou« : wit wel drery mode.
Jjo sey;4 he w(h)ere a fayr gong man : at his feet stode
& seyde to him, „what ertowj : Jjat sittist her alone
In J)is tyme of \^e nyjt : Jjrrt me« abed be|3 echone?"
^what artow" qua\> edwin, : „{jat spekest her to me? 105
go {)y wey henne anon, : for loue ich bidde J)e,
for of me & my J)ou3t : nastou', noujt to done."
l>e jonge man answerid : ajen swy{)e sone:
„edwyn, \>ou ne ehalt : for me ]ie wrejjjjy nou^te;
Ich wot why Jjou sittist her : & what fou hast I-{)ou,^te. Ho
& jif J)ou wolt myn mede : sone me jildin aryjt,
ic |)e wole tiding?/s teile : gode & J)at apiy'jt.
for on {)ing Ic pe teile : anone at fje frome :
for J)ou ehalt alle {)in foon : ful neuelich ouercome,
{)0u ehalt ben king of gret lionour : so ic J)e teile may, u^'
& {)in houo?/r chal wexin : her-aftcr ech day ;
richesse ne chal \>e lake : her-aft^r neuer-mo.''
Edwin him answerde : & seyde to him |)o:
„gif J)ou me holde f)is forward : \)at Jjou hast ondirnome,
euer, |)e whil ich libbe, : {)in man ich wil be-come, 120
alle J)in wille ic wole don : w/t-outen eny dauwger."
& w/t l>at ilke worde : he com edwin uer,
his ryjt hond he leyde : on edwins heued J)o,
& seyde, ^whan \)er comej? aman : & })us def) ])e to,
ondirstonde {)e tokene : {)«t it comy{) f/r/m ine, 125
& do anon as J)ilke mon : wol wissin & redin {)e.''
& edwin w/t good wille : granted him al J)is.
wit {)at Word he nyste : wher {je o[wr by-com, I-wis.
J)o ondirstode edwin : wel Jiat ilke steuen
was in a warnynge I-sent : tram Jje king of heuen. l^ü
nadde he but a whyle I-sete, : f)at his fere ne com
& w/t mylde word;/.s : wol fayre him ondir-nom.
edwin to'him sede, : ^I-herd 'Jjou oujt of me?"
{)is ol>er him answerde : & seyde, „parfey, 'je.
for go now to J)iu bedde : it dred \>e ry',t nou.^t, 1 •<•'■'
for |e quene Jjorw here wordis : ha[i cliauz/gicl \ie king?/s |iou\t.
to-morwe \)ou ehalt I-here : teilin of .som binge_
pat clene of al \>'m care : wel sone hit chal pe bringe."
Wit J)ilke Word wel sone : ftey partid atwo,
& J)0 edwin : gan to his reste go. ^^'^
112 Ms. for ic. 129 Ms. ondirstodede.
24'
372 Des Ms. Bodl. 77!) jüngere Zusatzlegenden
amorw me clcped Jie niessager».s : \iat wer^n wel auenauj^t;
[)e kiug (bed) \\y\ choldin {«luke : here lord of bis prpsau«t,
& seyde,\„ed\vin me ha|j I-scruid : & is bojie good & treue,
J)e/-fore i^if enyinou bim mysdede : bit wolde me sore reue;
& {lulke day for soj^e : dial be neuer I-se 1'15
{jat leb edwin by-trr/y^e : for no[»ing Jj«t may be;
ffor ic bim wole belpe : to winne bis kindom,
f)fft '^our^ lord etbil/red : w/t trcsou bim by-nom.'^
w/t ])is Word J)ese messagcr^/.s : drery gönne bom wende.
& l^e king aftcr edwin : wel louelicb gan sende, '^'■^>
& seyde, ,lo l>is tr^sor ber : etbil(f)red sent to me
ffor ic \>e scbolde to bim sende : o\w)- \^c lete sie;
& for \ioii bast in my seruise : euere so trewe I-be,
leb Jje ',iue Jjis tresour, : take bit anon to \^e\
ffor ic babbe I-conseylid : niyd my quene, my wif, 1^5
& {iorw;^ bere bone ic gmnted : of [»e to here Jjin lyf;
& ic J)e babbe I-granted : {)orw here bone also
|)at ic ne cbal, {le wbylis ic libbe, : {>e fayly neuer-mo,
& in to {jin owin kindom : ic J^e wole bringe."
anon edwin fil akne : \)0 he I-burd |)is tydinge, 1*^
«& seyde, ^god ful of my',t : sild I)e quene & \ie
of \)e gret goodnesse : ;\e babbib l-Jjou^t don me!
for me J)inkeji I ue myste : babbe namorc blisse
{)ey ic hadde \)e maystry of alle : Jiat in \>e world nou^ isse.
& "i^if ic byde JiC day : jiat ic kin^ moot be, lt>5
Ich wole by my mj'-jte : bit wel yldin Jie."
Now bajj Jie king redwald : al bis ost of-sente;
vppon J)e king etbilfred : anon by he\) weute.
{)o |)e day com of batayle : l)at Jiey badden I-sette,
etbelfred & bis men : wcren so I-mette l"0
w?t redwald & bis power, : \mt in a lyte stou^de
etlielfred was I-slawe : & bis men I-broujt to grouwde.
Edwin was I-mad king : in \)at ilke loude,
& ejnlfredis soue : be drof awey w/t cbonde;
for he ne fonde aft^r noman : fjat bim wolde wit-stonde, li'''>
he entrid bis oune eritage : I)orw', ^race of godd?/s sonde.
ffor mocbe was \>e blisse : {xii edwni hadde po —
for wel is bim alyue : \>rit baj) wele aUcr avo!
ten ',er be beld bim bej)in : bis kindom by cas,
& ofte bim I)OU',t by bis skele : {»at j)ilke fey noujt uas, l'^'J
«S: wolde swy|)e fawe : to beter ben I-broujte;
ac \yer nas non \>at wolde : of crist teilen ou^te.
& as bit drou', to Jjc myddil : of l>e elleuejjc -^ere,
com pauline, an boly ermyte, : for to p;-ecby ])cre;
it as Jje king in eucrwik : gan a grrt feste "holde 1^5
of erhis & of barouns, : of kuyät^.s- \xft werin bolde,
paulin vppon I)C king//s beucd : bis ry',t boud he leyde,
& to-fore \ie bacbilrye : J)ese word?w seyde:
^jnlke man \yat dedc J)e [jus : sonte me to \)e
& l)ed I)e holdin forward : «S: don nÜcr nie." ^'^
\>e kiug bim answered, : ^ic kuoue I)C swy[)e wel
of J)rtt ilke tokin : \>(rt \)ou me seyst ech del"
& sujjjje he toldin soue : to alle bis compeuye
J)e tresou of etbelfred, : & of pc gret enuye,
148 Ms. ecliildreil. 152 Ms. liiiii st. [)i'. 109 M.s. kiiiLlon. 1"4 iMs. cpil-
tVfdi.s tVcnd«.s- solle. 17 7 tilg« forV l'Jli Ms. to alle to alle.
i
zur südliclion LegeiHleiisaininlunp:. 373
& {je forward [mt he made : iu his grpt wo 195
])o he wende to sof)e : to de{)e bcn 1-do;
„& al J)iug ic wol don : \mt \ns man nie wol Icir;
& ic 30U bidde for myn loue : ])at 5e don so alle now heir."
alle \)at him I-herid : g/rmted his bone anon.
„Ich wole 50W segge," qua\> paulin, : „what 5c chollif)
don : If- 210] 20U
Ic wole [lat ])ou, syre king, : & alle fjy kindom
for 1)6 loue of Jhcsu crist : afong cr/stindom."
& so Jjey dedin alle, : ic wot to sojje I-wis,
In a wate/- by-syde eucrwike : Jjat glew Iclepcd is.
& J)e king mad paulin : erchcbyllchop |)o 205
of {je tou» of euerwyke, : & jaf gret londe {jc/'-to.
chast lyf he ladde : al w/t-outen make,
ne (had) uon eyr of his body : {jwt his eritage myjt takc.
.vij. '^er he was e/-/stene : in soch good lyue,
& sujjjje he weute toward his ende : to heueneward blyue. 210
ffor he loued w/t his my',te : god & holicherche
& sauid pore nien f/nrni hem : Iwt harni liem Avolle werche,
])erto hadde {)e deuil : swyj^e gret enuy I-take —
for so he hap to ech goodman : {)öt wole him forsake.
Cedwal & pende, twey outlawis, : l)cr com of ferne londe 215
& fonde edwiu p/Yuyliche : in his orisouys stonde:
{ley snietin of his heued : w/t-outen Jugement
as {)eu?^s & robbour/^s, : & {je/mys {ley bef) I-went.
benicior, ethilfredis sone, : is {xv-to nou I-come
& haj) his fadir kindom : anon {jc/- ondirnome; 220
for king/^s sone he was : & hadde {)rtt lond w/t ry^^te,
& for edwin {je king was ded : noman him werne my^te.
ac in edwin-his parte : of his owin eritage
Ofrik me made king \)er, : a man of gret jjarage.
Cedwald & pende wit gret pouer : com ajen al bo 225
& slowiu in {)ilke seine ',er : pese king^.s bo{)e-to.
{je men of {je londe made : ofrik-his sone fle —
oswine Avas his ryjte name, : a child of gret bouwte;
swyjje ferre me?? him brougte : in to oncoujjc contre —
ffor jif he hadde atoom ben f(ju??de : ashiwe he hadde be. 2,^0
Cedwald & pende to habbe \)e londe : wel ^crnc Jiey habbejj
I-sou,^te,
& for {jey were he{)in : al hit was for nougte:
for Jje cristin kepten hem : iu eche syde so
fjfft {)ey made hem at Jje nende : out of ]je londe go.
two ger was {je kiugdom : I(n) swy{)e harde farc, 235
wit-outen heued & king, : I-bou??de in sorwc <fe care;
Ol'wald, edwin-his sostirsone, : king {jey made |io,
for oswiu, here kende lord, : of londe was I-go.
ten ',er reugnyd ofwa'ld, : good man & treue 1-now;
at ])e laste |)e king jjende : Av/t treson him slow. 240
And l>o com {je men of {)e londe : it tok conscyl anon,
& sentin aftc?- oswin : so {)ey au^te?? to doon;
{)ey him made here king, : for ry\t {jey hadde {)e?--t<).
oswin by-com a noble man tt ryche, : <fe swy{je large al.>ii.
& drow to alle goodnesse : so ich 50W teile can, -!■''
{jorw {je red of a byllchop, : mc clepid him syre aydau —
Ü2Ü Ms. kindon. •!2i 1. Osiik. 230 iM.s attuurr'
374 Des Ms. Bodl. 770 jüngere Zusatzlegenden
Inn alle \)e loud aboute : me uyste aydanus per
of holinesse ne of liue, : nojjer a heter conseyler.
so nioche haji oswiu f)e king : by his red I-wrou^t
f)at he ha]> al his kindom : in good pes I-broir,t. 250
.vif. 5er he reugnyd in wele, : in ioye Sc ek in pes;
of alle goodnesse in his londe : grft plente \>er wes,
of wisnesse & of myls I-nouj : eurr for[) he drow^,
& to strouge men & onkejje : large he was I-now^.
fjerfore of his goodnesse : his ircndus weren wel proute, 25.5
& alle men him louede : bat woned Jje/-aboute.
böte his on kinn^/s-man : pat het king ofwy,
he hated moche J)e king oswin, : (t ic 30U teile why :
for he was oswald?<s brojjpr : f)«t Ya.\wr {»er king was,
(fe desirid to habbe {)e kiugdom : ,^if he myjjt habbe by cas. 260
\)€riore oswiu-his goodnes : to hini was swy{)e wo;
for he wolde swy{)e fayn : {)at he were to dej)e I-do.
Hit be-fil on a tyme : ])at J)e gode seint aydan
wente afote to prcchin : so ic ^ou teile can.
|)e gt)de king oswin ])cr-oi : hadde grct pyte \>o 265
p«t \)is gode holyman : scholde afote gon so:
he let fecche a noble hors, : & seyde, „ic ,^eue ])is {je;
{)nu ryde {j^r-on & kep hit wel : for })e loue of me^."
f)is holy byll'chop aydan : her-of was wel blylie,
& for his fayre ^ifte : [jonked ])e king swyjje. 270
|)e hors he rod forj) a whyle : so ich 50U teile can:
so {)at in be wey : he mette a jiore man,
<fe him bad an almesse : w/t wel drery mode.
\)e byllchop him jaf ])at hors : {jr/t was so fayr & gode.
snt)/ \>at l>er were : bey wondrid of {jis I)ing 275
Si tornyd ajen hasteliche : & toldin liit \)e king.
{)o {)e king hit wiste, : he was a-g/r/myd wel sore;
ac he ne seyde but lyte, : {jey he Jjou^t {)e morc.
ac bo {)e holy byllchop com : to {je king a-je,
{ie king seyde, „wher is ])at hors : {)at ic er jaf to {)e?'' 2Sn
1)0 byllchof him answerrd, : „al-so mot ic leue,
to a pore man for godd«.s loue : {je hors ic habbe I-jeue."
T|Ic wene wel,'^ qi(a\) {je king : w/t-oute eny respiit,
.,of me & my gifte : pot {jou tellist despit;
by be gifte liit is I-sene : also {jencheb me. ^^
I-wi{j, me rue{) gif ic habbe : of-seruid so to {je."
„be stille, syre, for godd«,s loue," : {jc billchop seyde \w,
„Ic hit gaf for godd^s loue : {jot alle })ing may do;
for morr ic louie godd^^s sone : \>ai is of neuen king,
{>a« ich loue a mar/« sone : {wt ne can no {jing." '^^
\)e king auon niicr {jis : his wey au honting nani ;
<fe swytje him gan repenty : {)at he to him so cam,
to oiidirneme {>c byd'chop : of his goodnesse so;
for him {jougt to sojie : \>((t he hadde mysdo.
{jerfore, {jo ho hom com, : to jjc byll'chop he him sei a-kne 2'.'-)
& seyde, „ich crye {>e mr/cy, : my gilt for-jcue {)üu mel
Ic am a-kuowe {j«t ic whyl-er : {jo w/t-nom amys."
ftul bly{je was {jc byll'chop : {jo he I-hurde al {>isl
{ie byllchop him tok vp by {jo honde : & {jo gilt for--,af auon,
& gaf him penau^ce {jo : of ])ai he hadde mys-don. ■'^
247 Ms. aydanii«»-. 253 of st. toV 28(! s<> aus of korr. 290 Ms. amaiw.
293 Ms. oudiniuuie.
zur südlichen Legendensamnilunp. 375
& su{)I)e J)ey weuteu to \>e niete : & madiii glade cherc;
Jie king gladid Jje byllchoi) : swyl)e in his mauere.
& J)e byllchop J)ouäte nioche : & oftc syjte I-wvs,
Jiey nie makid aboute hiin : nioche iove & blys;
.so moche Ijoujte \)e byllchop : \iat he' gan to'wepe soir. ."ioö
o clerke J)at hit I-sey : ne niyjte dwellin uamoir,
To J)e byllchop he seyde au ernys, : ^for godd«s loue tel mc, lf- 211]
why Jjot J)ou so nioruys : & wliy \)y weping be."
„Certis/' qual> Jje byllchop au yrifchs, : ^Ic wepe for
J)is /.ing,
{)at neuen chal I-martrid heii : & drawe to his euding; 310
for l>er bej) men uougt wor|)y : bat (he) here king chal be.
& ])eriore ic wepe sor?, I-wis, : & ich hit segge Jjc."
fie Clerk hit tolde afterward : to many in prcuyte,
{)at uolde hit now^t I-leue : fort hy hit mygt se.
ac J)o hit fil to {je tyme : Jjat \>e king oswy, 315
{>at euer hadde by his my^te : I-ben oswin-his euemy,
he let asembly a gret ost — : a-corsid be euer eueuye! —
to winne oswin-his kiugdom : wit batayle & inaystrte.
& os^^^n gan to gadry also : gret ost in his syde,
\>ai to libbe & to deye : w/t him \>ey woldiu abyde. 320
Oswin weute wit his ost : to wilfares-doune,
Si w/t him erb^s & barouus : & lord«s of many a tou;me.
f)e king let arenge his folk, : & sey J)e cheualrye,
(St wel him payde Jjo he sy^ : |)e fayr comiianye.
In his herte he be-gan : him to Jjeuche anon 325
f)at härm hit were to lete : \^e osttis to-gedere gon,
for wel him |)ou',te J)er cholde : many in ^lilke plawe,
mony in ey\)cr syde : beu I-wou»ded & I-clawe,
Si mony in lyf & soule : \}rr cholde ben forlore;
good him {)ouäte to w/t-drawe : J)e batayle Jjer-fore. 330
& to his men he seyde, : „lestenel^ nou3 to mel
,^oure wil & goure goodnes : sm|)e wel Ic I-se,
pat ge bej) a-redey : w/t nie to ben alle dede,
& god it jou for--,ilde : in joure meste uedel
ac if it Avere ^oure wille : to don be myne rede, 336
Ic hopy in J)is batayle : we choUiJ) ^e bet spede.
INIoche wondir it were, nie |jiuke|), : amoug f)us many men
but many hadde on ey{)er syde : bojje frende & ken,
& §if l>e sone slouh Jje fadir : for [>e louc of me,
ojjer Jie bro{)er sloug [xtt oper, : nie |)inkef) hit were gret pyte, 340
& for to winne al J)e world : ic ne kepte hit nougt;
\)Rn ic hadde J)is kingdom : al to dere l-bou3t.
I^erfore ge chollef), lording?<.s- alle, : wendin hom a-,^en,
Si, ic hote ^ou, to {)e king osAvy : \)ai ^e trcwe ben,
& dojj to him J^e seruyse : Jiat him fallij) aryjtl 345
nelle ic habbe nomau w/t me : (but) tondere my knyjt,
for he me ha]) I-seruid wel : bode day & uy,^t —
so dede tyfle, his fadir, : my fadir euer by his my^t."
Alle J)«t {)is 1-herde : & him louid so,
wel sore J)ey gönne wepe, : for hem was swyjie wo, 350
& many ne" mygt louge : a word to him si)eke,
ac hem {jougt for sorwe : herc hert?<.s wolde to-brcke;
306 Ms. eueiich st. a. 309 Ms. J)ing .st. king. 313 hit aus his koir. 329 Ms.
])at St. ])er. 331 Ms. mem. 340 Ms. it hit. 346 Ms. condere. 347 Ms. me me ;
1. bujje.
376 Des M.s. Bodl. 77r> jüngere Zusatzlegenden
monie fillin a-swowe : & niony ^i'^if^tle & syjte,
Si Jms to him sede : Jw {ley speke my^te:
„ A las, kende king I-core, : oswin, why seistou^ su? 3.5'»
to libbin & to deyiu : w/t \ie we willij) go;
for wel we wistin ^^orc : \)iit oswi was J)in fo,
("t J)rv-f()ir Jxjii ehalt ben a-wreke : & he to dejje I-do.
& ondirstoude, so we now doj), : Twt fwii hast w/t Jie ry^te,
& ne forsake {wu vs neuere, : & don f)in-self in fy,5te! 360
for we nete what to don : whan ]v>u vs hast I-bleued,
we nioot farc so a ded body : Jsat is w?t-outen heued."
„T>o\) a-wey," q?/aj) oswin, : ^je spekef) aboute noujte;
ffor ic nel neue?- at |)e reed : ben to manslaujte."
for{) irani heni [)o he wente : wit his kuyjt wel stille, 36.^
& let echniau in his weye : wendin to his wille.
& myldeliche he wente : to a knyjtw.s- maner,
nadde he nonian myd him : but his knyjt touder;
hunwalde was Jie erk/.s iianie, : oswyu.s man w/t rygte:
\)('r hy gönne alyjt anon : to dwellin \}e)- al uygte. 370
hmnwald him answerde, : „wel-come mot je be!
me {jinkij) swyf)e gret honour : ge habbijj I-cheued me;
for morc ne mygte ge chewin : ]iey ,^e werr my bro{)rr,
whan ge bef) to me hedir 1-come : ä forsake ech o[^cr.
wit me 56 cholle dwellen her : whyle jourc wille be, 375
& ic 30W wille finde Inow : to gourc wille plente;
& wite hit wel, syre oswin, : jicit ic chil so kepc Jie
]iat noman alyne : chal wite wher J)ou be."
Oswin him I:)onkid fayrc : of his gode by-heste.
at |ie soper meii hem seruid : so hy wereu at feste. 380
& |)o Jiey hadde soupid : & werin to bedde y-gon,
hunwald to J)e king osw(y) : gan to wende anon;
wel myldeliche he sede, : „pow lest to me, oswyl
at niyn maner !y{> to-ny^t : oswin, Jiin euemy;
& jif [»ou wilt (ioii ])y wille : & of him awrcke be, 385
hom to myn hous .sende : a compenye wit me,
Si \)rr \>Qy mowin for sojje : auou-ryjt him finde;
Sz cheseji whey|v>- je wollij) him a-sle : o\)rr liim binde."
.,homwald,'" (\/fa\> oswy anon : ,,ic se |)ou louist me,
Si gif ic se my tyme, : ic wole hit jilde Jie." 390
Oswy let clepy his stewar(dj : l>at het ethelwin —
swyjie ny he was I-sibbe : to fie king oswin —
he seyde, ^wend w/t hunwald : & uyme pouer w/t |)e,
Si my foman oswin : ic böte Jjr/t -^e sie,
& loke |)r/t for no|)ing : Jjat hit ne bc by-leued 395
J)at |jou anon to-morwe : ne bringe me his heuedl"
„Syre, mercy," qiia\> ethilwiu, : „how chal ic hit de,
so ny so we bef) by sibbe — : f)ou wost \mt hit is so."
.,1c leue wel," qna\^ oswy, -{ley |)ou be my steward,
[)at ]iou be bojie wikkid & fals : i'^ in nede coward. 4(K)
ac, be {)e fey \yai ic oue to god, : nouJ)e ic swerye \>e:
bute I)()U bringe me his heued, : an-hangid hou ehalt be.
ffor wel {)ou wost \)(it Jvni art : myne oue/« lege-man,
Ä br/forc bou ehalt holdin \nn of> : so ic be teile can;
to libbin & to deyjiu : w/t me \)on ehalt be, -^Oö
ojxr I)ou art a troytour : ä so me chal proue \>e.
353 Ms. greadile. 3.t7 Ms. oswin. .iG'J Ms. oswyn«.?. 386 Ms. woiirtc : & a.
391 Ms. cchchvin, 393 Ms. liimwald. 4U5 Ms. deyjen'j'
zur südlichen Legendensammlung. 377
& Iwriore Jwu most ned??s : on ourc arende wende
& bringe me his heuid, : 5if Jwu ben trfwe & hende;
Si ^if \)ou wende in Jjy wey : & as a t>-aytour flee,
I-Iore ])on liast wif & childe, : gokle, seiner & fee, ■iio
Si I>in-self {jou most make : of my lond fleuie.
& l^erfore wende w/t hu?nvalde : <*e to Jiin erand tak ^eme;
to kinue ne to oj^rr loue : ne take |)ou ^enie nou,^t
])at oswin, myn enemy, : ne be to de{)e I-broUj^t!"
„alas," quo]) ethilwin, : .Jx/t nede hie mot forf) gon 415
of)f/- ben I-chent for euer — : ojicr help nys |)er non.
ac of god ich take witnesse, : }iat is on god & i^crsonus \>rc,
f)at JdIs foule trefou« : is nou^t I-long on me,
ac hit is al on homwald : Jjrtt is in place J)isse.
now Jhcsu awreke oswin, : |)at is king ful of blisse!" 420
flbr]:) \)ey wentin I-ferc \)0 : homwald & ethilwin,
wit grct companye, : & alle Jjrctenyd oswin.
J)o I^ey come to J)e hous : f)e?- oswin \>e king lay,
|ie sonne be-gan aryse : & hit was lygt of day.
})a;?ne seyde ethilwhin, : ,,syre king, |)ou most aryse, -12.5
for we bef» to [>e hedir I-sent : to sie \)e in alle wise;
huuwald, f)ot fayr semblaimt : makid {)e lo-ny',te,
to oswy |:)e ha{) be-tmyid, : |iey hit ben vn-ryi^te."
^\ii hit is sof)," q/{a\) oswin, : .^I-wis hit reuej) me,
fTor ic nabbe (jou) nojjing my(s)do : f»at je cholly|i me sie, ^30
ne ',oure lord oswy, : f)flt ic wot neucr-Jje-mo.
J)frforc let tonder, my knygt, : lienn?/.? alyue go."
„Alas, gentil king oswin," : qua]) tonder, ^why seystou so?
I-wis, we AvolliJ) I-fere : deyiu alle bo;
ne challe nie neuer her-aft^r : in courte at-wyte me *35
])at J)ou ben aslawe her : & I as a couard fle;
ac, also ich was in Jje wele : to f)e trewe of-take,
Ic nele in {)in eudiug-day : neuf're Jje forsake."
wit f)is ilke word : Joey kistin hem I-ferc,
l>e holy king oswin : & his kny;^t touderr, *40
& Avit good wille : went out to here foon;
J)rtt smetin of here heuedin : w/t charpe swerd«s auon.
swyj)e glad was oswy : Jjo he wiste {lis;
Sz his quene was sory : & seyde he dede amys.
he let bere here bodyis : to tenemoujie anon — *^'>
])cr was anoble cherche I-made : of lim & of ston :
here bodyis me beried f)erc : w/t wel gret honour;
& suljjje mony man ]>orw hem : I)er haddeu socour.
.vy. hondrid & on and fyfty : ]wt he Jjolid martirdom
nher ])at Jhe.su of his modir : flesch & blood for vs nom. 450
two hejjen men J^er com su|j]je : ful of felonye,
Y(ng)ware & Vbbe were here uamys, : w/t here compenye,
hy destroydin al J)e londe : & for-brende also
cherchis, "housis & abbeyis : Jjat jjey myjten of-go;
seint edmond [le king |iey slowe : {>«t very marter is. 4*5
so t)at l>e king oswin : was ny for-,^ete, I-wis —
for hej)en were alle men : Ij«t cherchis adoun |)ey {irowc.
.XXX. w(i)nte/- & more : \>er nold noman c//st I-knowe.
ac sujij^e, f)0 god sent tyme, : Jxirw his holy gmce
cr/stin men J)er come : tSt'woned in I)e selue place; ^"^
407 Ms. arecnde. 415 Ms. liit 410 Ms. bis. 437 Ms. tieewe. 449 \>'a st.
|)usV 452 Ms. Yware.
378 Des M^. Bodl. 77!' jüngere Ziisatzlopenden
\>e cherehus I>ey ryi^tiu : |)at er to-brukiu werc —
ac })() ]>e holy niarter oswin : al {)ey for-',eten \)ere.
J)() he hadcle Jier I-leye : an honrlrid jer wel ny,;,
a monke \>at wonyd in J)e stede, : J)«t was queinte & slyj^,
nioche he was in f)ilke stede — : edniunde was his name — *S5
& alle nien hini louid : for his holy fanie.
An holy byll'chop J)e/- was ek : ])o in a contra',
dacian was his ry;^te name : so \)e bok tellij) nie;
tosty nie cleped pe erle : \xit weide \)e contrey \w,
& f)e contesse iuette : nie clepid his wif also. *"0
Of swyf)e holy lyue : |)is nien weren echon:
Jierforr god wold in here tyme : to oswin honour don.
as edmond on any^t : on his bed lay by cas
in \)e seine cherche : |)er oswin I-beriid was,
wel merye he fil aslepe : be-twene day & uy^t. *'•''
him {jou^t l>at a king : by him stood vprygt,
to him he seyde, „edmond, a-wakel : a-wak, edmond, now^I"
& edmond him answerde, : „syrc, who artow^?
Ic not ueup/'e what {)ou ert : no what Jiy wille be."
{)e oJ)er answerde sone, : „ic was lord of {lis contre, ^^^
oswin was my ryjt name, : for sope ic segge J)e;
huuwald me 'by-tr«yid : Si slou^ w/t grpt vilte.
for ic deyde for godd^f*' loue : <fe w/t-oute defert al-so,
god wille Jjrtt ich ben vp I-nonie : & in cliryne I-do.
f)crforß weud to-morwe erliche : to J)e bydchop dacian ♦^s
& seye ^cit to him \ye sent : J>e king oswin, ]je good man,
& sey f)fft god wille \>at he my body : out ot {^e erbe arerp,
& bid him sende to |ie erl tosty : & to Iuette, his lerc,
\>at J)ey come hasteliche : pis dede for to do;
for \>e gooduesse of herr lif : ic wole |)(/t hit beu so/ ^'■^^
a-morwe wente J)is holy monk : as seint oswin him bade,
& tolde ])is f>e byllchop, : \>(ii was \)Ctiorc wel glade;
J)e erl & his contesse : weren wel glade also,
so \)at seint os\vin was hasteliche : in to chryue I-do.
])-A7ine seyde {)e leuedy : to ]>e byllchop dacian: *^"'
„Ic pe bidde, ;^eue me som|)inge : of J)is holy man !**
Jie byllchop g/rmted lierc boue, : \)(it hit nas nou^t be-leued,
& jaf here anon-ry,^t : an err of his lieucd.
J)ey wond it In a fayr cloj) : & leyd it in \>e fere.
Of a fayr merakle herof : -^e mowin uoul)e I-here:
whau {)C fer was al I-birnd : <fe to ay,5hiu I-go,
be er^ me fondc hool Si sou/nle, : & {)o clob al-so.
perforp \)Q leuedy hit honourid : <S: kept it for drurye,
& as a noble relike : hit dede iu trcsorye.
rloberd sep^e de mou;«bray : lord tt syrr was ]jer^, ^^^
Sz let in houo//r of seint oswin : a i)ryorye \>rr a-rere;
blake numk^/x ho dede Iper : of seint Albou?^•J |)o,
Si grete loud».s & rent?<.s : him-self he ,vif \>er-to;
\)erc J)ey scruid Jhr.'^u cr/st : boJ)e day & nvgt.
now god f(ir seint oswinu.s louo : vs g/vmte to libbc ary^^t, ^^^
\>at we •.\itcr ourc eudiiig : niot to him come
<Si wende to j)e ioye : \)€r jiat he doj) wone. ame«.
500
477 Ms. anowj mit durchstr. a. 482 Ms. liiniwald. 483 M». deueill. öUl
:::= aehin.
zur südllchea Legen densammlung. 379
Seint ihon & seint poiil, twey brejjeriu of rumc' (JH. Juni)
Ihon & poul bre{)erin were : in {je bor\v3 of rome;
pe modir het costau«ce : {^orw whoni hy to {jis wurld come.
Julian \)e \e\>er empe/our : Jjat whyloui cri^tin was
& siij)|)e forsok bis cristiudoni : for workb/s blisse, alias,
J)is iulian in bis 5ouI>e : I-cudde niocbe of clergye, 5
& at {je ende he it forsok : & tornyd to eresyc —
ffor wille to babben workb^s- gode : be forsok cristindonie
& becoin al pure bejjin, : & empf/our by-conie.
of cr/stin men godits be uom : & made beni porc to be.
who-so speke to bim J)e/-of, : be answerid by autorite: 1<1
„herc god sey{) in bere lawe, : ,wbo-so wil my defiple be,
he mot forsake al {xrt be ba{) : & suj) to sewy me':
c;-/stinmen godis ich take : I-\vis for ])at ilke sawe,
for \>ey choldin J)e bettere : to boldin v;* bere lawe."
ac |)is nas non afecciou« : ac al a couetyse, 1^
[lorwä red of l>e deuel : \)at tou-,t bim fds enprise.
f)is Jhon & ek poul : of wbom ic toldin ere,
of ^e beste men of rome : I-come» J)ey were.
Julian after hem sente : wt't bim for to be,
Si sente to bem letteris : w/t messager«^ wel fre. 20
|)is cbildrin answered |)ese messageris : & seyde to hem w|p)l sone:
{)at f)ey nadde wit ])e emperour : no{)ing for to done,
„& pe/'fore gret wel l>e empe;-our : & seggef) to bim Iwis,
we nyllyf) nougt to bim come, : for we ne bef) none of bis.
for clerk he was, a cristene ek : & {jot he ha 5 forsake, 25
& ek al cr/stin me;me, : & to f)e deuelis I-take;
Si su{){)e he ba{) forsake : {)e cr/stindom & vs,
we her bim eue;- forsaki|) : & take vs to swete Jesus."
f)e messageris to ])e empe^our : {aey babbif» I-told al |)ip,
hou f)ey nellejs noujt to bim come : for none {>ing I-wis, ^0
^& {sat is for ])u haste : \>y religion forsake
& to {le worldis honour : |)ou hast al J)e be-take."
Pe emperour gan to syke : & to hem seyde {)o:
„Ic nabbe in falfs religioun : myne wille Ido,
ac, I-wis, ic ondirf(t)onde : \>ot tyme was for-lore, -^^
Ich me tornyd \w to J)e world : Ic teilin ",oii wberfore ;
fTor ic ne fond in clergj^e : but al idil J)ou,3te
& mocbe treson & tene : Jjat ne heli»e{) nou^te.
to knyjtchipe ic me drou', : so je mowin I-se,
|)at me ba]3 I-wis I-broujt : to gret din^nete, *0
ffbr wel je witif) ic wilde : al {jis cmpenc
Kjrw streng{)e of kny^tcbipc : & noujt {lorwj clergye.
lerfore wendeji '4t a5en : & biddeli bem come to me,
5at ])ey mowe libbe in wele : <fe in iolifte,
for hit' fil l>at soche men : {xft Averc of soche kinne •*■'
werin w?t me in my palcys : & noujt hem bokiiu heiine.
& su{){)e je inou^ hem sege, : (jif) bcy ne comyb to me
& despisit myne beste : J)at ne cbolde despisid be,
Ic wole neme wreche on hem : {jorw skylle i*c lawe
also ic cbolde of myn foon, : <*>: bringen hem of dawe."
J)e messager«s bef) f<jr{i I-went : ä babbcj) I-told al ]ns,
J)ot |)e emperour bem hajj I-hote : of swype mochil blis,
50
' cf. Vita in Act. SS. Uoll. 26 Juni. — 11 Ms. rny .■-t. niy. 13 Ms. ciistiiiiieii,
14 Ms. vs St. up. 26 Ms. to to. 52 Ms. & st. {jat.
380 Des Ms. Bodl. 770 jiintrfre Zusatzlcgeiulcu
so f)«t {jey cliokliii wit good wille : to him comyii aiion.
f)e o\)cr answcrcd J)ot |)cy nolde : neue;- to him come ue go,
HO to liis paleys wende : no\icr him honour to don
iioJ)^r ]iim good wille, : but euer to ben his foon.
{je messager/^s- wente : & tolde {)e emperour
how f)ey naddin noujt I-spedde : for alle horc labour.
J)an seyde {je emperour, : „Ic jene hem dayis tcn
jiif {)ey wolli{j amenden hem, : for {jan hit chal be sen ; 60
& bot {jey wolli{5 be })ilke tyme : come herr to mo,
{)an ic may w/t-oiiten blame : of hem awrr-kin be."
sen Jhon & seint poul : nom bo heir god^^s echou
Si umongus poir men : {)ey deled to hem anon ;
& go»ne hem to .The.su cr/st : lu alle mauer dyjte 65
& dispisid day & ny^t : ])e cmperourtts myste. J
{)e elleue{)e day {)e empr/our : seilten torencian 1
Avit an image of golde — : for he wa.s a gentil man —
& {)at {ley choldin don honour : to {)is Image of golde
& comeu {jeraft^/' to {je empr^-our, : gif {jrtt pey wolde. "0
\)is goodmeu hem answerfd anon, : {jey nolde uou oiio^r do
to Ipai ilke innige : no neurr to {)e empe/'our go ;
^& ,^if iulian is by lord, : w/t him haue nes & grifj
so äugten eucnch treue lord^^s-man : habhen his lord wi{i;
Si wite{j hit wel \yit ourc lord : is Jhr.su iv/st al-onc, 75
for o\wr pes I>an wit him : uolle we habbc noue."
Tirincian let diggy : a pit al in {)e grou/Kle,
& het cjistin {)is good men : {jer-in wel faste I-bou«de.
seue dayis w/t-oute mete : in {je pit {jey were,
& sii{){)e at {je ende : {jey werc be-heuedid {jere;
after {)at me castin : {je er{je hem vppou,
so {)rtt here bodyus neue/- nerc : I-fou«din of nomon.
A werre by-fil {)at ilke tyme, : so ofte do{) by cas,
be-twene {je king of percie : & \)C emperour {jat {jo wa.s:
Si {jedir wente {jis iulian : so ry^t was i*J: lawe,
& as god//s wille was : {jc/--in he was aslawc.
his soule wente to helle — : god wiste hit was ryjte,
{lat he hadde on er{je Ido : bat he {te/- finde niygte!
\)e empyre hem nom to rede : to chese hem an emperour
Twt choldin ben here heued : & weidin al \>e honour.
Inuouimian he was I-hote : {jat {jo I-chose was.
for he was a good c/v'stin mau : so god ",ef {je cas,
holycherche he let ondo : {jat er was faste Isteke,
Si louid nioche {)e men : {wt wolde of Jhe.su c;/st speke.
seke men {jr/t come : in to [>e house {jo
{>er seint Jhon iSt seint poul : weren to de{)e I-do,
anon {)ey haddin hele {jorwg : .The.s-u c//st».s- mygt.
{)e/fore men \>at weren syke : bcdir nie gon hem dyjt.
Ä: men {jat werm wode : <fi leyin T-bou/^le {jere,
{jorwg {je dcuelis mygte : {lat {)o in hem were
iiy gönne to c/v'e grislich : & cheuid w/'t gret soun
of seint Jhon i^ seint ij(Ju1 : {je holy passioun.
A föne he hadde in {jilke tyme, : {jat ilke tirincian
{jat let jjis men don to de{je : »Sc mouy an o{je;- man;
wit {jc tend he was 1-chake : t^ {xjüd wel mochil wo.
In t(j {)is hous he was I-brougt : {lorw his frend?<s {>o.
80
90
95
100
10.5
62 Ms. & Jjan. (54 tilge to. 67 1. Tcrenciaii. 69 {jat st. ba'l 911. Jouinian.
zur südlichen Legendensammlung. ggl
1)6 deuil {)öt in him was : wel loude grede gan:
^30ure orisonys me brennyj) : & make]) nie fiü wan."
Tirincian knelid & seyde, : „Jhe^u ful of myjte,
|)at hast I-maked o/stindom : to niankiiine wel ryjte, HO
wel |)ou wost Jjat ich : emperour (!) habbe I-be:
l)erioie, leue lord, : mp;cy Ic crye {je,
for-geue me myne mysded?/s : & helpe sende my sone,
J)orwä l>e deuelis pouer : \vtt ]ms is nie by-nome:
& ich wole her-afte>- : for euer to seruy fje." 115
wit {)is Word J)e deuil : awey he gan to He.
tyrincian for {)is dede : to' him gret ioye he nome ;
so l>at he & ek his sone : afeng J)o c//stindome.
])e .vij. calendre of Julie : J)is cas fei, I-wis.
nowj Jhcsu J)orw here bonys : vs gmnte heuen-blis. amen.
Seint liou J)e pope {»e gonge. (28. Juni)
fis lyon ,{)e gonge' : In holywrit I-cleped is.
In rome he was pope, : ic ot to so{)e I-wis;
In cic/le he was I-bore : so god gef ])e cas,
poul, a good c;"/stin man, : his fadir I-cleped was.
pope lyon was ten monj^ws : & ek .xvij. dawes. 5
wel moche he him pejTiyd : to hold vp crisUis lawes.
J)e syxte cene he held I-wis : {)ot ferst was I-mad in rome ;
wel moche was ]>e clergye : Jjat f^edir by-fore him come.
\>eTC wercn I-dampnyd mauyou, : Ic wot wit-oute» fayle,
& for here ersye to de|)e I-don : |)orwg comyn confayle: 10
Matharus & ciri/s, : cergius & honorifius also,
pule, pirc & petre, politronius : & ek mo,
steuen & ek symond : werin I-dampnid after {lan —
p)ese wer^n J)e clerkis : so ich gou teilin cau,
|)at agen l>e ivillc : J)ey go?ine speke {)o 15
& seyde \>at al mygt was : in cr/st & namo.
\)e pope lyon seyde : {)at it nas nougt so,
ac in alle cr/stin workis (?) : |)er werc kend?/s to:
by J)at on me ondirstaut : J)at he al man is,
& ek by ^at o\>c>- : \xit he is god, I-wis — 20
ierby J)e pope cheued meu : bo{)e fer & nere,
3at jhe^u was bojje god & man : & nadde to him no pere.
ie oJ)e/- hit witseyde : euer w/t alle here mygte,
ac l>e pope hem ouer-come : so he chold wit rygte.
Jjerfore \>ey weren I-dampnyd : & |)orw', ry',t I-slaue, 25
for {)ey weren aboute : to chende J^e ry',te lawe.
In his tyme also : ])er fil a woudir cas,
vppon a cher-{)orsday : forso{)e by-gon it \yas:
I>e mone be-com as red as blood : & les his lygt also,
from Jje tyme of euesong : fort kok-croue was I-do. 30
moche wo'ndir hadde \ns folk : ])rtt I-seyj al ])iä,
for suj){)e god deyde on {je rode : hit nas I-seye, I-wis.
J)e .xvij. daye it was : J)at bis cas by-fiUe
In |)e ginnyn(g) of |)e monf^e : me clepej) aucrille.
Prestis he makid nvue : & \y-r-to dekenus \nr, 3-5
& bvll'chopis .xxnj. & two (!) : so l>e bok noug ie\\e\> me.
111 1. Jje cmperours man? 114 Ms. & {wnvj. — 3 Ms. citule. 7 held aus
niade koir. 11 1. Macarius. 12 Pyrrlius; Polychioiiius. U Ms. werein. 15 Ma.
bj'.le (ein Buchstabe ausradiert). 18 Ms. wolkis. 29 Ms. ar sed.
;^f^2 iDes Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegendea
.xij. inonJ)2*s & two & twenty dayis : after \>at he was dede,
wel ic woot J)at rome was : J)0 w/t-outen hede.
J)us sen lyon Jje pope : his lyf he gan ende
& to J)e blis of heuene : \yr-a.iter gan to wende. *^
Jhesu crist in heuene : vs gronte pedir to go
to J)e blis of paradis : J)at lastij) eup/-mo. amen.
Seint marius & his vif & his to sonis.' (19. Jan.)
Marias was a good man, : ham capadosye I-conie
wit his wif & his to sonys : to f)e borw of rome;
Martha was his good wif : ic wot me cleped f)o,
audifax & abacuk : his sonys hyjten bo.
Claudius w^as empcrour : in {)at ilke tyme. 5
jis folke comyn to rome : to se \)e gret pyne
mt J)e martiris soffrin : for Jhejsu crhtus lorp.
X) pey hem I-seye : it greued hem wel sore;
about ftey wentiu echon : f)orw-out al J)e toun
& jef of here gode to hem : pat were ]}o in p;rsoun. 10
for svvy{)e ryche J)ey were : & hadden moche moneye,
J)at J)ey w/t hem brougte : out of here contreye.
})erof ^ey partid aboute : to hem |)at haued nede,
for J)ey hopid J)erfore : In heuen to fong gret mede.
a water go{) in rome : {)at tihre I-hotin is; 15
Jjerby to a fayr castel : J)is folke comyn I-wis:
a man hy fouwden J>ere : {lat me clepid quiriue,
{)at in preson for crisUts loue : he {)olid moche pyne;
In hongir & in o\>er pyne : he Jwlid wel mochil wo,
|)rtt wel ny his lyf-dawis : weren alle a-go. -"
Marius fond {)is man : in sorwe & in care:
wit his wif & his childriu : he gan to dwellin [)are;
Eyjte dayis foUe : he wi liehe his wou«d»s echon
& his feet also ek : Jiat myd sorwe wereu by-gon ;
alle \)at him nede was : |)is goodman him founde, ^^
& bed him neme good comfort : hit uolde dure but a
stouwde.
Claudius in J)ilke tyme : sente by his sonde
to eche c//stene man f>at were I-fou/zde : owher in his loude,
{)at hasteliche anon : \>ey weren to dejje I-brou^t ;
al his men he hy^te : J)at f)ey ne spared nou^t. -^
By J>e wey of salarye : cr/stinmen me fonde
{)at were Jiedir I-sent : for to deinen sonde, !*"• '^'**1
J>ere for to libbe here lif : In hongir & in hete
& wit swink & sorwe : to winnyn here mete.
CC. & fourty : to-gedir me fonde |)ere; ^
out of \)e tou» me ladde : hem euerichon I-fere,
me bonde hem to stokke* : & go«nyn to hem chete,
& so me hem made : echon here lif lete.
J)o hy werin dede, : a fer me gan to make
& woldin hem forbreune : for criaünmeinuis sake: *"
& marius & marta : J>edir hy go/me to go,
audifax «!t abacuk : J)edir comyn also:
to men bßt hem holpe : \>ey jeuen wel god here,
& drou hem al faste : out al of f»e fere;
' Die Acta in Act SS. Boll. 19 Jan. weiclien selir ab. — 3 tilge was. 7 Ms.
but; I. soffiid. 15 M3. tobye. 28 tilpe to; Ms. cmteme. 37 Ms. sfokke««.
zur südlichen Legendensammlußg. 88;^
hem hi beriid quikliche : wel dep ondir molde, 45
{)at J)e liejiin ineu to hem : come neuer ue cholde.
To Claudius me tolde, : f)at [>e emperour was,
J)at marhis & his childriu : hadde I-don soch a cas.
^nemej) hem quik," he seyde, : „& to me ^e hem bringe:
of hem ich wele J)at sojje I-\vite : of {)i.s ilke f)inge. 5»
& jif \>ej wiUiJ) honoury : mahound hat is so he,
alle here grete trcspas : chal for-jene be."
wit {)is ilke word : ?)ie nom hem alle fourc
& broujt hem to {)e emperour : l>er he was in his tour^".
he bed to hem honoury mahound ; : & {jey seyde \>at {>ey uolde, 5&
J)ey he hem wolde ^eue : an hondrid poiind of golde.
To myffian \>e vecory : \>ey were be-take anon,
J)«t he hem cholde make : herp sacrefise to don.
mysyan hem seyde, : „je seme men of grpt honour,
wite ;^e oujt of J)e beste : J)«t to me sent \>e empez-our?" »^
audifax answerde, : „for we J)e segge nay."
„for ich jou wolle," qiia^ myssian, : „teilen jou so ich may.
\>e empe/our haj) I-hote : alle men ondir his honde
{)at \>ey hononrid liis mahound : ^at I-fou»de wen' in his londe.
for of non o\>er lawe, I wot, : ne kepej) he no-J)ing, fö
& wlio-so ajen hit witstant : he chal to gret pynyng.
& \>eriore ich gou rede : f)at je don as J)e wyse,
& |)at je wende to mahound : & don him sacrefise."
audyfax answerde J)0, : „f)is wisdom is al folye;
for him nol we honoury noujt — : wherto chold we lye?" 70
Missian in wra{)J)e : J)us hem seyde to:
„tellij) me nou^e quikliche : gif je seyin alle so."
Marius answerid, : „we \)e chollip teche
l>at \ie word Jiat he seyj) : is oure aljj^-;- speche."
„toormentoun/Ä," qt/al» myssian, : „',e strippe hem alle anon 75
& betef) hem wit stauis : J)at hem ake ech bon !
ne do je noujt ])e woman; : ac letef» here be-syde be,
J)ot i^he mowe of hem : alle here sorwe I-se."
J)is turmentoun/s hem bete : {)at J)ey wery were;
{)e Oper c;/din to god Jhesu cr/st : as hy stodin \)ere. 80
& mycian het me cholde : hem hongy vppon a tre
& drawe herc fiesch myd crokis, : J)at me myjte here houus Ise.
euere seyde martha, : „lok J)at je ben stedefäste !
for ich wot joure pyne : ue chal noujt longe I-laste,
& in J)e Wisse of heue«, : I^t je mowin awinne, »5
wel merie vs chal per Jjenche : whan we bej) ])er-inne."
jut myssian let nemyn fer : & don to here syde:
& i>e fer queinte anon", : ne myjt hit per abyde.
Seppe J)ey weren I-nome adou?i : & gönnen for to stonde.
missian let'of-smvte J^o : of ech of hem here houde, ^
& seyde, „to dispise oure godi/^- : Jins me chal jou teche!
& büt je woUm jit ben I-war, : me chal don jou oper wreche."
|)o gönnen J)is men : to singen alle J)rc:
„now Jhesu cr/st in heuene, : |)y name I-blessed pou he,
pat in oure pyne : so wel vs ondirstodel'- '^^'
martha nom anon-ryjt : & smerid here w/t pe blöde;
& ^o jAe haddin ptls I-do : anon j/*/- Hlliu a-kne
& sevden, „oure lord Jhe^u c//st, : nouJ)e ich J)onke l)e
Nach 46 fehlt ein Passus V 47 Me. dioclisiaii. 53 Ms. he st. me. 67 lat.
Mnscianus vicarius. 80 tilge god. 94 tilfre po\i. 98 Ms. J)ey st. jhe.
384 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
J)at ic may be myne somts : & be myn hosebonde
I-seu stedfastnesse of goddus myjt : her f)or\v', godd«s sondel" 100
Me boudiu here annits to here nekkes : & ladden hem vp & dou»,
& ladden hem iram strete to strete : |)or\v-out al |)e toun;
bey seyden, „alle men bef» I-war : ])at mowe {)is J)ing I-se,
\)nt non ne ben so hardy : to don oure god^AS vilte!"
audifax answer^d : & seyde J)us anon : W5
„{)ulke J)flt je clepelj joure godd2As : for deuelis bej) echou."
for{) me ladde pis \irc men : ftat so stedefast were,
amyle w?t-oute {)e ioun; : & J)o f)ey comyn \>ere,
' ey smetin of here hedis ; : \>e bodyis fillin to grouwde,
e soul?^s wente to heuene : in {)at ilke stou«de. lio
Martha in a dep pit : anonryjt me caste —
& soch was \ye ending : ])at Jjey haddiu at J)e laste.
ffeUci(t)as, a good woman, : Jjedir com anon
& gaderid alle to-gederis : here bodius eue;ychon ;
\>e .xnj. caleudre of feueril : ghe buriid hem, I-\vis. H-'i
|)erfore ich woot wel here soul?<s : is brou^t in mochil blis.
Now Jhe5u Jjfft is in heuene, : J)ou art so fre & hende,
grante vs J)at we mote : alle J»edir wende, amen.
Seint (s)illu(e)rin J)e holy pope.' (20. Juni)
lUurin J)e pope : J)at holy marter is,
was I-bore in grece, : as \>e bok vs tellej) Iwis;
0(r)mysda het bis fadir, : mau of gret lore.
J)e pope ne rengnyd but lytil whyle, : .ix. mon|)?<s & namore.
Ic wot, f)e enleue pope : |)at he was {)er J)o; ■''
& .xilj. presti/s he made : in al bis tyme it na mo,
& ek .XV. deken2(s : he makid to so{)e I-wis,
& .XIX. bylTchopis : J)e pojie sakrid w/t-oute mys.
aiter bis tyme rome nas, : who-so toldin euene,
wit-outen eny o\><'r pope : but dayus seuene. — 10
agapit het |>e pope : bat er by-fore him was:
a patriark he fou/Kle : [)orw bis conseil by cas,
' at lete Jie ryjt beleue : & drou^ to eresye —
e patriark?/s name : was I-depid antyonye.
him {)o castin out Jjorwj consayle : j>e pope agapit, 15
ffor he f>ou3t \iat he dede : to c;/.stindom despit;
al agapitz<.s tyme : out he was I-holde,
J)ey \)e emperour \>e)-iorc : ofte spcke word?/-s bolde.
Menna he dede in bis stede : J)orw,^ bis conseil, 1-wis,
& mauteyned him al {)e tyme : ff;Y/m \>e emperour & bis. '^
{jo \)at agapit was ded : & siluerin was iune,
be emperesse f)ou5te bringe : ajen authonye w/t ginne:
by Vigel l>e dekene : to pe pope j/zr sente sone
pat he cholde to here come : so he au,^t to done,
o{)er don ajen anthonye : in to bis er stede 25
& aryjt« al \>at wrong : \>at agapit so mysdede.
\>o pe pope |)e lottere I-sey,^, : he stood awhyle stille,
& seyde u\ bis herte, : „wor{)e godd/<s wille!
Ic I-se hou it gejj : & J)e/-of nys non ef»e,
Jjis letter is euchesou» : to bringe me to de{)e.'' 30
IOC tilge für. HC 1. süiile. — ' Über Silverius vgl. Ait. SS. Holl. 20 Juni. —
14 tinlyoiiye in anthonye korr. ; lat. ADtliinius. 23 Ms. J)ey st. jlie.
zur südlichen Legendensammlung. 385
io {)e emperesse he wrot ajeu : {)at he for no J)ing
ne myjte noJ)er ne wolde : mak soch a be-ginnyng:
„ffor a man Jjat is opinliche : wit fals be-leue of-take,
euer-eft in holicherche : he chal ben for-sake,
& euer-more ic wille : & wol don by my mygte 35
so J)at hit be acordaunt : to skylle '& to ryjte."
fforj) wente J)e messager?<s : & tolde J)e empe;-esse {)isse.
& J)at ghe nas anon a-wreke, : ful wo herc was, I-wisse!
to beli(s)arye g/ze sente a lettere : pat was \>o enipe;-our,
& seyde, „gentil lord, : f)enche on ])y gret houour, 4u
seche encheson to silluerin : \xit he disposid be,
ol>er wite hit wel to soJ)e : he wol be-traye f)e.
|)ou hast Vigil, \)e erchedekene : & apocrifar,
J)ey habbef) I-hurd of sillurin : bojje her & f)ar,
{)ey me habbe]) be-hote, : so ic hit segge to {le, 45
J)at f)ey desire|> antonye : to bring to his stat aje."
{)e emperour answerde ])0, : „{)is beste ic wole do.
& of oJ)ing ic jou warny, : myne leuedy, also:
who-so entysej) to his dej) : wit any-maner enchiste,
he chal answere for him : by-fore Jhesu cn'ste"- — 50
he wist hit was for enuye, : for to habben wreche,
& J)at hit nas nougt J)orw5 him : so he woldin teche.
Up arese falce witnesse — : l>at god geue hem pine! —
„alle we aujten to hate : J^e pope fillurine:
for wel we wite|3 J^at lettris : he ha{) sent by sonde ^^
to J)e king of gochor : to come in to {)is londe,
& seyde ,com to J)e gate : J)at aßnarie I-cleped is' —
by-syde laterane : Jwt gate git stant I-wis —
,so {)ou ehalt neme J)e toim : & sie \)e emperour
& holdin to |)y-selue : alle {)e gret honour*." ^
for alle J)«t git ])e emperour : ne leued hem nougte;
& for feie witnesse bere, : in drede he was I-brougte:
lete/is he gan write : & aftcr ^e pope sente,
& to |)e emperesse him-self : {)f/t ilke whyle he went«.
{)0 pey come to-gedere, : ghe tolden J)o anon ^
{)at ilke acusafion |at me tolde : siluerin vppon.
J)e em peresse answerde, : „for his tresou w/t rygte l*"- 22t;i
he äugte wel ben vndo : wo-so hit do mygte."
alle J)«t \>is I-hurde, : bojje more & lasse,
seyde J)at |)e pope ne äugte neuere : ]per-fore singe masse. "^>
Now god helpe siluerin : {)at is pope in rome!
to |)e court he is I-come : to stondin l>er to dome.
\>e clergise me halt ^er-oute, : & in he is I-nome —
& feue frend^s he fonde : t)0 he was in I-come !
f)o he com to cha.umhve, : me him in let; '•'
he fond Jje empe?-our sitte : at \>e empe;esse bedd?/s feet.
anto(n)vue J)e empe/-esse : J)o ghe him I-say, ^
sevde tö J)e empe/-oure noul^e, : „lord, to him ])ou speke, / pray .-
'l>e emperour sevde J)0, : „what habbe ic mysdo to Jie,
siluerm, J)at Jjou woldist : haue I-be-trayid me ? »"
31 Ms. emperour. 39 Ms. J)ey. emperour = patricius. 41 Ms. soclie; 1. de-
posid. 44 {)ey st. he (der Dichter fafst apoer. als Eigenname). 48 Ma. & myne.
56 1. gothes. 57 Ms. asmarie. 58 Ms. lacerane. C5 Ms. \>c st. {)o. 77 Ms. an-
toyne seyde to {)e emp. (Antonina ist Belisars Gattin). 78 Ms. .<: st. I. 78 — 9
anders lat 80 Ms. treayid.
Archiv f. u. Sprachen. LXXXII. 2'J
H86 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
good it is J)at we alle : of ]}e beu I-war."
regionär be sodekeue wit J)at word : bis mautel awey bar,
he caste pe mantel on Jje bedde : l>er \)e emp6»/esse lay J)o,
& a mouk-his abyte : on J)e pope he ha|) l-do.
sexte, anoI)er sodekene, : [>o he I-seyj J)is, 85
weutin to |)e clergye : al leyjinge I-wis,
,Ic 30U segge, good men, : bojje alle & some,
\)e pop^/s diugnete is vndo : & amonk he is be-come."
alle J)ey gönne fle anon, : ne dorste \wr non astonde;
for J)is dede J)ey we])tin Jjere : & wrongin here honde. 90
Juli, J)at was an erchedekene, : vndirfeng him Jjo
& sent him in to exil : to trwuayl & ek to wo.
he him fedde \>er long : myd vfater & myd brede,
fort he were for sorwe : & for defaute dede.
{)e .xij. calendre of iulie : I-buried he was Jjo.
now god vs bringe to J)e blis : Jjat he was in I-do. ame??.
95
Seint paulin J)e ermyte.' (10. al. 15. Januar.)
( )n a tyme rengned in rome : be emperour decye,
i)at to cr?'st & cristindom : hadde so gret enuye
)at alle \^e cr/stene me» : ])at he myjt of-take
he let sie, but I^ey wolde : Jhesu c?v'st forsake.
bis baylin fond to 5onge men : \)at weren to c;jst I-fonge, 5
& anon me gan hem pyny : wit tormeus swy|)e strenge:
for J)at on me stripte nakid : & w/t hony him smerde
& set him to flyin & to waspis, : to piue him so harde;
naked he stood faste I-bou>«le : euer to a tre so,
fort {)is foule wormys : him hadde to dejje I-do. 10
& for \mt o\^er nolde : Jhesu cr/st forsake,
be a fayr rcuer : a bed me ga// him make,
J)er-inne me him leyde : bounde faste vpri^te,
& dede w/t him fool woraen : to habben of hem J)e sy^te,
for he cliolde torne bis wille : to don lecherye. 15
ac \)o he sey \)nt bis flesch : gan to sinne wrye:
for he nadde noujt wher-wit : him-self to chaste J)0 —
so fast he was I-bou«de — : bis tonge he boot atwo
& spatte vppon pe folis : {)at J)o wit him were —
l^us iram fool wille : him-self he chastid Jjere; 20
teuere he hadde J)rtt bis tonge : & bis niou{) snierte sor^
J)an he war for sinne : I-dampnid for eur;--morr.
sej)jie he deyde for cristiis loue, : & bis soule to heue« went.
pauliu stood be-syde : & sey^ al ])is torment:
swyj)e sore he was agast : of J)e torment |)at he syj,
& went anon in to desert, : for he ne dorste be |)p;-uy'5.
& \>er he wonyd forty (I) 5er : al him-self alone,
{)at he neuer noman I-sey : ne no bodiliche mone.
autoyne hym sonnte se|)Iie : In {)e desert wel wide,
for he hadde grrt loue : w/t him for to abyde. 3"
In |)e desert he wente : one grrte stou«de,
so bat a for-ehape best : at }je laste he fou«de —
half man c^ half hors : hit was, so tollin ic may;
wit liis ry3t honde : he taufte antoyuc |ie way.
82 lat Joannes sulxliaconus legiunaiins priniiB legionis. 86 Ms. |}e Jpe. 91 lat.
Vigil St. Juli. — ' iiacli der Vita Pauli creui. auctore Ilieronymo (in A. SS. BüII.
ilan. I, p. 604). — 5 baylin muleutlieh. v. 10 u. 11 als ein Vers gesclirieben.
zur südlichen Legendensaminluug. 387
Seppe he mette an oJ)er best : al for-schape also, 3S
his heued was be-twene his J)eyis, : bis choldris aboue I-do;
frut he bar (him) iu a iianyer'— : hit was a l()])l)che I^inge.
autoyne to him seyde, : „iu pe uame of heue^i-kiuge,
er {)ou gon heuuys : tel uie what \mu he,
& what Jjou berist & what {)ou dest : herc iu \ns ilke coutre." 40
„God of wede," qi(a\) \As o\ier, : „I-cleped ic am I-wis
ouer-al amougis hefienemeu : J)at beleuef» amys;
& for cr/stindom among meu : so moche I-woxe it is,
In pes ic may here wonye, : for her non jit j^er uys/
wrt pat ilke word : he nyste wher it be-com. 4.'»
for to seche pauliu : autoyne his wey he nom :
& suf)f)e, so god it wolde,' : iu a lyte stou»de
stondiug iu his selle-dore : autou pauliu I-fou«de.
f)o paulin on autoyne : ferst his eye caste,
he went iu to his seile : & chette his dorc wel faste. •'■'0
autoyne weute to Jje dorc : & sore he gau to wepe,
& seyde, „pauliu, ondo pe dore!" : pauliu seyde, „I ne kepe.
fourty 3er ic habbe ben her : ne com per uomau to me;
J)erfore ue chaltouj come her-inne : fort ic wete what Jjou be."
„(jrodd«/s sergauut ic am," quap autoyne, : „& loue er ist by
my my^te. ' 55
Ich nele neue/- fram pe go : uo[)er day ne uyjte;
ac pat pou me iu lete : Ic bidde pur charite,
for ich wole pe whyle ic libbe : here serue god & {)e."
Iu he let him po auou : & |3ouked oure dryjte
{)at he him hadde aman I-sent : {)at him comforty mvjte <>o
& rede him & chryue him : whau hit were uede,
& bryug him au erpe : whau {)«t he were dede.
\)0 f)at it was mete-tyme, : {ley seydeu here orisou«:
a whyte coluere iram heueue : to hem alyjt adou«,
a cake he hem brou^te : & leyde to-fore hem soue, '■•'>
to so moche he broujte : so he was wont to doue;
ageu he fley to heueue, : be swete messager.
wel were him {)at euer was boru : pat hadde soche a speucer,
J)at wolde so treuliche him bringe : mete to J)e mele!
autoyne seyde to paubn, : „J)is bred [wn most hit dele 70
& jif me {jer-of to my parte : what py wille be,
for ic nam uougt wor{>y : to etiu per-oi wit J^e."
„jif \wu uere," quap pauliu, „worjjy, : hit uere uou^t liidir
I-brougt;
periore pou ehalt hit deliu : so ic habbe I-Jiougt."
„uay I-wis," qua\:> autoyne, : „so ue chal hit nou3t be, 75
for god me haj) hedir Iseut : to serue» him & [)e;
J)erfore ich woot to softe : hit were me aueleuye
gif ich Jie bred breke : & hadde J)e maystr/e,
& Jjerfore ich uele hit dele : I-wis neue;--mo."
wit |)at word pe coluere : com fleu a^en hem to, su
\>e bred he deled wel eueuc : & leydeu hem be-twene —
Jiat \>ey were bojic wel wit god : ])cr hit was I-seue!
& ]^ere pe leuediu I-fere : whyle godd^/s wille was,
& se{)f)e pauliu deyde : & Jjorw lyonis I-beriid was by cas;
& autoyne uadde neuere mau : I-seye on ere[)e I-broujte *'>
no nyste hon mann».? pit : scholde beu I-wrou^te.
39 Ms. hemys. 41 1. wode? lat Satyrus vocor. 46 he übeisclir. 70-82
anders lat. 81 die folgenden Verse sind im Ms. durchstrichen.
25'
r>88 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
paulin wente to heuene, : so ich gow teile fore,
au houdrid jer four-score & seueue : after J)at Jhesu criat
was bore.
Jhesu, for paulinus loue, : jif it ben f»y vville,
cheldin vs iram J)e foule fand : f»at he vs naujt ne spüle.
amen. yo
Seint ciluestir J)e holy pope. > (31. Dec.)
A nou ])o J)e emperour costauntin : hadde his falfe godd?<s forsake
& Jjorwj siluestris lore : hadde cr?stiudom I-take,
{)e iewis woldiu, jif hy myjten, : w/t gn't disputaciou«
ciluester vndo, for to briiigin : al cr/stiudom a-dou;j.
J)e empcrour so gr«nted, : who-so mayste>- were, •'»
me choldin to his lawe : anon to tornyn [yere;
& Jjorwj a comeuue cousayle : aday f)(e)r was 1-set,
hej)in, iewis & cr/stene men : {jedir werin I-feet.
to hel)in clerki/.s- me dies : in stede of iustise,
cratou & neophil |)ey hetiu, : trewe men & wyse. 10
& for l>cr ne cholde contek be, : J)e empwour seyde \>o
J)at ])e whylis \)at on speke : \>er ne chold speke namo ;
& jif hit be-fille so : |)«t on wem oue/come,
he ne cholde to disputison : agen uamon' beu Inome.
sihicstre & his clerkis : & alle Jje iewis I-wis !•'>
wit wel good wille : anon granted al f)is.
J)0 aros J)er vp a iew : Jjat was wel wis & war,
me him clepid by his name : mayster abya^ar.
he seyde, „{)at cristindome is fals, : also [)enchel) me,
for f)ey seggej) in here lawe : \>at \>er he\> godiis \>re, 20
vadir & sone & holygost : {)ey segge{) [xtt god is;
jif \mt be J)re pe;sonys, : Jjre god?^s \)er he\>, I-wis,
& {)at is fals, for in p/ophesy^e : Ich hit 1-fiude sone:
,loke,' seyj) god, ,{)at ic it am : & noue nys but ic one'.*^
Siluestere him answerrd : w/t wel mylde mode: 25
„{)y prophesy is treue & good, : who-so hit ondirstode:
fadir <fe sone & holy gost, : {)ey hy be pe/-sonis bre,
O god hy5 beji, I-wis, : \>at ich may cheue wel pe.
[)e sonne is hoot, ä dry,^e, : & in sy,^t wel clere:
\wu myjt I-seu to sojie : pot Jjre kend»s bej) here, '^'^
& Jiey \wr is on sonne — : we sej) wel hit is so:
for 3if |)ou nome eny kende awey, : \>e so/me wer al endo,
{lefore |je prophesy^e is good, : ac p)ou leuist amysse."
Craton seyde anon-ryjt, : „{)e iew ouer-conie isse.''
Aüd bo aros an o{)ef iew : ^at was I-hote abram, 35
& to distroiin c/7stindom : f»ese word?<s for{) he nam:
4
' Quelle bei Monibiitiiis II, 283; (der grietli. Te.\t in Combefis lUustrium mai-
tyium lecti triumphi, Paris lf)GO, p. 258 — 336, ist Übersetzung einer anderen älteren,
kürzeren lat. Redaktion, und wieder von Sinieon Metaphrastes [ed. in Surius, Lipo-
mani) bearbeitet). Der Text bei Monibritius liegt der Leg. aurea und den deut-
sclien JJi'urbeitungen: Trierer Bruchstücke (804 Verse, XII. Jalirhundert ; ed. von
M. Ködiger in Haupts Zeitscbr. 1878, 22, p. 145 ff.) und dem bekannten CJedicbt
Konrads v. Würzburg zu Grunde. Der engl. Te.xt ist stark gekürzt. — 10 M.
Zeuophilus. 14 Ms. cholde uamore. 15 Ms. eiluestr« «ü his ciluestre & his clerkia.
18 Ms. al)yacar. 35 Mombr. Jonas.
zur südlichen Legendensammlung. 339
,by-I>enche Jje, eiluestcr," he seyde, : „in I)v dispiitifoun,
{>at god 5af his blessing : to sircu^;/fi(ion;
on abraham & on his kin : {)e blessing by-g;ui,
& wel J)ou wost Jjf/--w/t-oute : I-saued ne worji noniau; w
who-so Wille I-saued be : he moot ligge adoun
cristindom, & ondirfonge : circuv/icifiou;^''
Qitad siluestir, ^J)ou be-ginnys : Jjy reson al amys,
for abraham I-blessed was : er J)ou seydist al Jiis
& he uas neuer I-sircu>//fisid — : [low* wost J)at hit was so — ■IS
& |)at is a conclusiou gret, & false : f)at Jjou me seist to.
ac as joure lawe er by-gan : in J^e p/ophete abraham,
also hit token ende : J)o Jh^wu crist i-lelle nam,
soI>fast god & sojjfast mau, : & bougte vs on ])e rode
fram Jje pyne of helle-i^itte : al w/t his swete blöde; 50
his pes & his blessing : to alle me>i he jaf J)o
f)«t woldin w?t good wille : his seruise for to do.
& for abraham raj^er : serued him arygt,
he him gaf his blessing, : J)at Jwu Iknowe my^t.
In tokene of {)is blessing, : sircu/>isision by-gan, 55
& J)e;--{)orw w/t-outen desert : blessing ne may habbe noman.'^
J)o seyde ueophil : to {)e emperour I-A\as:
„makef) Jie iew gon sitte, : for he al ouercome is."
Anon vp Sterte J)e {)ridde : J)«t me cleped golye:
„for he sey{) J)at god deyde : me {)inkep Jjrtt he ly^e: 60
god ne may in none wise : |)olye pyne ne wo,
noJ)er sorwe no myseyse, : ue dej) ne-J^e-mo,
for he is lyf & hele, : ioye & alle Wisse;
for who seyj) J)at he deyde, : I-^vis he sey|) amysse.-
siluestir him answerid : wel myldeliche & stille: ^5
,J30 {)ou seydist J)f?t ic leyj : J)ou seydist {)}Tie wille.
Jjat god was here on erjje I-bore : Ich teile J)e, moun amy^e,
abacuk & balaham : & ol>c?- prophesyge,
of his de{) ieremye : in joure lawe tolde
& manye o])cr profetis : J)at wereu swyf)e bolde. 70
J)e bokis of goure lawe : J)ou most foi'sakin, I-wis,
o])er nedis grantin : ]>at J)is f)ing al soj) is.^
.,we se|) wel," qua]} jye emperour, : ,,{)at pis is wel good rcsou«.
{)erfore ])ou, syre golye, : let beu al J)y disputisou/? !"
Anna het ])e fer|)e iew : & he aros vp J)o, "5
he seyde, „siluestrc, of J>iu crist : moche Jxni seist vs t<j
& aleist autorites : f)at beji of oure lawe,
f)rtt pe prophetis seydin : sumtyme be olde dawe;
ftou seist f)ey seydin fxTt by J^y cr/st, : \vcne \>at hit is so I
& J)an ich holdiu me al ouer-come, : for ryjt is Jirtt ich do." so
siluestir him answered : <fe seyde, „leue broJ>cr,
gif {)ou seist J)flt he nys nougt, :' \)an f)ou most s(h)ewe som o])cr.
& gif J)ou wost arygt, ': tak kep to his dede :
for {)ey choUef) bere witnes : of J)at ich by him sede."
seint eline answerde f)o : & seyde at \>(i frome: 85
„bot he moTve scheue ano|)er, : he is al oue?-come."
Kborech seyde, ^e fifj)e iew, : „Ich here a wondir cas:
{)ey seggej) J)at herc cr/st : of dauej) kende was :
48 Ms. alelTc. 59 M. Godolias. 6i 1. foij)iV 67 1. it tcllc{)c. 75 M. Aunaii,
82 I. Iie it. 87 M. Doedi.
390 Des Ms. Bodl. 770 jüngere Zusatzlegenden
Dauef» was I-sircomsisid, : & here cr«8t also,
for \>e grete sinne : Jjat ferst was I-do. 5)0
^if nie porw,^ sircomsision : Is f/-f?ni Jiilke sinne I-brou.^t,
me Jiinkef) j)«t jourc cristindom : Is al I-niakid for uou^t,
d[>er al oiire lawe : for noiigt I-niaked is,
{)at god hira-self wit his hond : wrot to moyses, I-wis.''
„Ich seyde," qua]) siluest/T I^o, : ^to {)iu ferc abraham 95
f)at in abraham \)e olde : ^oure lawe be-giunyng nani [f. 228]
& last eiir;-, fort Jhe.su c/-/st : hedir an erjie caiu
& in his oime body : cr/stindom he ondir-nani.
he begaa in jourc lawe, : & ^Derof Jiou seydist aryjte;
& suJ)J)e he tok eure kende : Jjorw his swete myjte, 100
to cheuen |)rtt gourc lawe : noldiu helpe nou.^te
to bringen mankende to heuene, : vort he were I-bou^te.
,^ut he by-gau cr/stindom : an o\)cr Jjing to teche:
bat goure lawe to wiwnnen : ne may uo{)ing areche —
for pou ne herdist neue?-e : in cyte ne in tonn loö
])at wy»?meu in ^ourc lawe : hadde circomficioiin ;
|ian J)ou most, nie J^inkep, : pis I)ing granün me:
]>at wimme(n) bej) I-blessed : o])cr Jaat hy ne be.
ac .riifsu, \iai aly.^te irani heuene : & hadde raanhede herr,
wolde Jwt meu & women : alle I-saued were: ll(t
Iperiore he made c/-/stiudom : jpat to bo|)e coniyn is."
„syrc siluestre,'^ qxal^ craton, : „wel scilful is Jjy reson, I-wis."
1*0 aros pe six{)e iew : J)at nie cleped thusy:
„of on I:)ing ich woudir moche : & ich gou teile why:
he seyj) |)at here Jlißsu crist : was I-born of a mayde. 115
Ich wolde {)rtt Iie J)at prouede : \>at he \)cr-oi so{) sayde !
for ech man may wel I-wite : J)at hauef eny mende,
Jiat ,vf amayde Ijeren a child, : it were ajen kende.
wyji ^he was wif & mayde : al bojie-to I-fere,
,Vf I>ou cheuist al J)is aryjt : ouerconie ich am here." 120
siluestir answerde & seyde, : „eueriche man wot Jiis
J)at noJ)ing nys so clene & fayre : so god him-selue is:
& sujijje god wolde |)orw liis my^te : au erpe ben I-bore,
a clene woman he moste liabbe : J>at werin w?'t-out<?n höre;
o[ie/- hit were a3en his kende : in here for to be. I2i
[lerfore his modir was mayde, : for sofi ich segge \>e.
Si wlio-so lokij) to ojje/- \)miji<s : Jiat god liap I-wrou,^t,
hini to ben I-bore of a mayde : vnkendelich nys it nou^t:
adam he nualc of erf)e : J)at modir he nadde noon ;
su])JK' he made eue, his wif, : of his o rib-boon. l'^o
wel \)(ni wost ^he hadde a fadir, : ac modir uon \)rr nas:
Jhe.su w/t-onte er{)elich fadir : an erjjc I-bore was.
i^he was wif for Jire skylis : {)at hini bere to man :
\>at me ne cholde no velenye : sengen here vppon;
& for to habben a ferc : in to egipt to gon, l-^-^
f)at myjte bere witnesse : of here ciedis echon ;
& for he wolde vnknone be : to bigg vs wit his lilodc —
for -jif })e iewis hini hadde I-kno\ve, : nere bey neue;- .so wode,
"ley noldin for al Jx' world : hini liabbc I-d(»n on Jie rode.
lis' bej) \>e skelis wliy ,^]ie was wif, : who-so hom ondirstode." l-*"
.I-wis," qwrrj) neophil {lo, : „he has answcrid aryjt,
& J)ou sixt wel, syrc thusy, : wit-segge him [)ou ne myjt."
1
1U3 JU. & St. an. 113M. Chusi. llGMs. Jjc. 127 Ms. |5iuk«^. 120 Ms. incde.
zur südlichen Legendensammlung. 391
Vp aros be/namin : Jjat |)e seiielie iew was:
,me J)inke{) {)o,t here c/-/st : for nojiiug god nas,
for {)at he wold softry : I-fondid for to be — 145
so men of here lawe : habbef) I-told nie —
& {)e fend«s companye : god hatej) in ech svde;
Jjerfore me f)iukel> woudir : how \)e fend myjt abyde
wit him eny stou;ide : him to foudy so.
answere me to ]3is resou«, : for ich nele namo." ISO
siluestir him answered, : ^Jiou myit 1-sen al J)is:
who-so wile hele a J)yng : {)at is I-don amys,
he moot hit wel ry5te : in eueriche poynt,
& gif l>er lakke eny poynt, : Jje heier nys nougt queint.
for \ms dede Jhesu crist, : lord of alle ][)ing: 155
he soffrid to ben I-fondid : a^eus adam««s fouding.
adam g/rmted to Jje fend : & was J)orw3 sinne I-nome;
Jhesu a5en sinne stood, : J)e fend was oue;--come.
to {)ot o\)cr demau??de : f)«t J)ou hast forj) I-broujt,
Ic answerde whil-er, : for he ne knew him nou^t." iw
^I-wis," qua]) \>e emperour, : „now J)is is wel I-sede;
])at J)e iew gon sitte, : me Ijinkejj hit is rede."
\ p aros |)e eygthe : Jjat was I-cleped arthel :
T,me liinkef)," he seyde, „of many Bing : |)at siluester seyj) wel,
& wel we wite|) for so{)e : Jiat gotf al-my^ty is 165
& naj) to nojjing nede — : ech man wot Avel {)is.
why wolde god ben I-bore : & sejjpe deyin so,
whan hit nas no nede : \>at he hit choldin do?"
„I-wis," qiial) siluestir {jo, : .,J)ou seist a wel soj) I>ing,
god ua]^ to noJ)ing nede : for he is al-my^ty king. 170
ac {)ey ech man woot wel, : Jjey he nabbe nede nou,
for alle we habbej? nede : to him euery-chon,
from heue/^ he aly^te : to betin oure nede,
for ellis we choldin : eucri brennin in helle-glede.
& gif he wolde fillin liis wille, : god moste ned do so, 175
for no])er man ne au;;gel : soche dede ne mygt do.
for man was of \)e kend : l>at hadde |)e best I-broke;
Jierfore in J)e deuelis power : al man-kin was I-loke,
& was J^pz-fore vnworjjy : mankin for to bigge.
an au^gel was to Jjis chaffare : to fehle, ich J)e segge: 180
ffor god in his godhede : hadde \>e dooni I-,^eue
Ixtt ech man for adam?/s sinne : to helle chold ben I-dreue.
f)erfore nedis god moste : J)at ilke dom vndo;
& sojjfast man he moste be : [)e de{) to ondirfo."
„lord," qua]) seint eline, : „J)is is good resoun! 185
Ic hit jene for dorne : Jjfft l>h iew sitte adoun."
> 2) aros J)e uy{)e : |)at was 1-liote Jubal :
„agen w/t his |)ou,5te : siluest^)- moot <fc chal :
for gif he moot his wille haue, : distroye he wole spuushode,
|)at c;-/st him-self heet : me cholde holdin al abrude. 1^0
& me l^inkef) Jjot is fals : al f)at he hauef) I-sede
by god, \>at he I-fonded was, : I-pyuyd iS: ek dede:
for ne is myjtful & wertew^^s : & sofifast lif also,
al [)is is agen kende : but \>er ben sonys to;
144 Ms. güod. 163 M. Arohel. 172 tilge lur. 174 1. euer. 186 Ms. qi(i{)
in |)((t korr.
392 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
& ,5if J)e/" be{) sonys to, : a^en keiide hit is, 195
for \)-<m bef) ^er foure p^/sonys : in bis godhede, I-wis."
^be stille!'' qua]> siluestir \>o, : ^for \>ou spekist a^jen ryjt:
Si f)ffit by {)y-selue : to so{)e wite j)oii my^,t:
J)ou hast in Jjy-selue, : [xm wost wel, kend«<s two,
of body & of soule — : ech man hauef) also. 200
so haj) Jh&su crist to kend^.s-, : of god & of man.
In bis manhede he polid : alle |)at ich teile?« can ;
\)eriorc, J)ey he hadde to kendtis, : sone {)er nas but on."
„Iwis," qwrt|) craton, „J)is is soj) : & Jiat we se{) echon."
Vp aros thara, a iew, : \>at {)e tenj)e was, 205
& seyde, „of skyUs & autorites : J)ou tellist mony a cas:
Teile vs of bis dedis : Jjat he haj) I-wrou',t, [f- 229)
& so f)ou myjt best proue J)e skylle : l>at ])on hast forj) I-brougt.-
„I-wis," qiial> siluestir, „Ich wole |)e teile anon.
he was I-bore of a mayde, : & so nas neuer non. 210
\)e bolygost aly^t ou bim : be J)e flom iordan,
<fe beren vp witnesse : J)at he was god & man.
In {)e cane of g(a)lile : he tornyd water to wyne,
& feie men he helid of euelis : w/t-oute medecyne;
vif fjousend men he fedde : wit fif louis of brede 215
& wit J)re villchis; a-rerid to lyue : mony l>nt weren dede.
he aros tram dej) to lyue : wel myjtfulliche I-wis,
& sej){)e he stey to heuene — wel many I-sey,^ al Jiis.
tel me, syre thara, : who mygte do socli dede?"
„I-wis, noman but god," : neoplül J)o sede. 220
Vp aros J)e enleue{)e : {jat hyjte sylion,
& seyde to siluestre : f)ese wo/'dis anon:
„Ic pose wel {jwt god & man : was joure cr/st Jhesu,
ek he was al-my^ty king : so me J)encheJ) nou j :
for äif he were al-my^ty, : he myjte of)er-wise habbe Ido 225
& deliuered bis peple : iram pyne & ham wo,
so ])at he nadde so chanifulliche : to de{)e ben I-broujt.
wel lit€ mayst;/ it were tu bim : to bringe f>e fend to nou^t;
so he mygt alle : bis pouer habbe I- nome,
})fft he ne cholde habbe I-holdiu : mankin in 2)res(^tne." 230
„Ech mau ma wite," q?mj) siluestir, : „{)at hajj eny in-syjt,
])iii to wirche by mayst;'/c : oftc hit is no ryjt;
Sz god is euer ryjtful : in bis werk«s alle,
he nele do no wrong to no|?ing, : what-so-eue/- by-falle.
for ryjt wolde bat he bette : wit bis pyne I-wis 2;^5
alle hing ])at adam dede : in paradis amys,
& adam in al bis body : to sinne haddc delit,
\>erioTe cr/st in al bis body : J>olid pyne t*t despit."
„I-wis," qt(a\) f>e quene Jjo, : „{)is skylle is swyjje gode."
„J)ilke ieu is oucrcome," : i\i(a\i echmoii \)at \icr stode. 240
\ p aros be .xij. : {)at ,vinil)er me clopcd I-wis:
„Ich can porw a charme : hrd. swvJh- queinte is
slce ech-maner best, : Aif ich liit sevj in bis erc —
for euerich J)ing chal deyin : Jiat hit may I-here."
216 1. & rpiid. 218 Ms. naiiy. 222 Ms. wondiis. 22G pyne in syiie korr?
240 ieu über ausgestr. god. 241 M. Zainbri.
J
zur südlichen Legendensammlung. 393
„how lernydist f)ou J)at charme,'- qua]> siluestir, : ^Si nc herdist
it noiut, 245
& so ofte J)ou dest it segge : lest J>ou tu de^e ben I-broiut?"
pe iew anon answerde : ^what is J)at to {)e?
her-by-syde is a hole wilde, : let him bring to me!
& l>er ich Avole w/'t myu charnie : to-fore bis men echon
him bringe to ]>e dej)e : in J)ilke place anon, 250
& J)an ic wole bidde : for goure cortesyje
{)at 36 me grante, so ry^t is, : to habben J)e mavstrye.''
„O {jiug," qua^ silueste/-, : „Ic wole granty wel:
jif l>ou hit do {)orw godd«s myjt : to geue \>e pe mavst/-i echdel.
& aif l>oii wirchist porw^i {je fend, : J)e ne tit mavstrv non, 255
for ich wole Jiorwä godd;<s my^t : 'f)yne werfo<s alle vndon."
panne seyde pe emperour, : „siluester spekef) al ryjte.
lete{) fecche {)e hole anon, : to saye pe iew-is rayätel"
sixty men anon-ryjt : gou him aiter go,
& brougt him to-fore Jje iew : myd moche chame & wo. 260
& J)e iew J)e charme seyde : al in bis ere:
& anon he fil adou?« ded : in pe place J)ere.
J)o seyde J)e iewis, : & werin swi{)e proute :
„I-wis, siluestcr is ouercome, : herof nys no doute!''
„syre empe>-our,'' qua^ siluestre, : „now is J)i8 hole dede, 265
& ondir-stondif) vppon o{)ing : f)at was er I-sede:
me chold asay \\hey])er he wroujt : J)orw godd?<.s my^t alle
|)isse
& so to granty |)e maystr/e — : |)is was forward, I-wisse!"
„parfey," qua^ J)e emperour, : „ic wole wel ])at it be so."
„arere pe hole to lyue age," : quap> siluester to him {>o, 270
r,o^er ellis ich wole proue : by skylle of oure lawe,
f)orw {)e fend^^s myjte : J^e hole poii hast aslawe."
^amber him answered, : ^^per-oi nah ich no mygte,
for {)e uertu of my charme : nys nougt J)erto I-dy^te."-
„{)an is hit on pe deuil-his half," : cucap siluest^r bo, 275
„{)in charme pat poii wirchist wit : & pat |)ou hast I-du.
for god sejp in goure boke, : alle ge hit mowe I-se:
,Ichc habbe pouer to lyue arere : & ek pouer to sie',
jif f»ou hast pouer to sie : & noujt to lyue arere,
f)y mygt is f/'«m god I-dy^t : <fe is al elh/s-where; 280
& gif {)y mygt is ell»s-where, : opcr stede nys per non,
bot J)orw mygt of J)e deuil : J)in werk^^s pou dest echon.''
{)an seyde gamber, : „arere him gif poxi mygt,
\)at me mowe to so{)e I-se : pat pon I-leuist arygt!''
„for {)e,'' q?//rj) siluester, „nel ich nougt do, : wite hit wel to-wisse, 285
ac ich wole by-fore al J)is folk : f)rtt is in place psse,
so J)at ge sen Jiat goure laiie : nys of none fame,
& honoury wit beter wille : Jheiu c>-istus name."
„Arys, hole!" qiia^ siluest«r bo, : „ic hote J)e anon
In {)e name of Jhesu o/st, : & stonde stille as ston!" ... 290
l)an seyde pe empevour, : „alle we 1-sef) {>is,
{)at J)e'lawe of Jhesu crist : is of wel mochil jtris.
1-blessed mot he euer be : & his mygt.'/.s- alle,
& who-so spekej) agen cr/stindom : foule moot him by-fallel"
l^e hole gede fr«m on to on : & be-com wel swyfie tarne, 2<.t5
& alle men |)at |)is I-sey : I^ey heryid ciisUts name.
266 tilge &. 271 urspr. prope. Nach 290 fehlen Verse.
394 Des Ms. Bodl. 770 jünfj^ere Zusatzlegenden
elein was I-c/«stenyd : ior \>nt opiu sy,5te,
<fe alle fiat \>h I-sey : ful wel J)ey dediu & ry,^te
& by-leued on Jhesn cr/'at : J)e vvhyle here lif I-leste,
& honourid him myd niy^t, : [»e lest & ek Jie nieste. '-^^^
J)orw J)e disputiug of siluestir : {«t so oftc heni hadde I-done(!)
& fiorw J)e meraklis J)at J)ey ofte I-sey^eu : niany tottrned to
cristindome.
& siluester {)e holyman : went oiit of J)is lyue
In to \)e blis of heucne : [yer ioyis beji ful riue.
now JhcÄU for Jie loue of him : vs lete herc don so ^^
f»at we niote aitcr oiirc ending-day : str^y^t come him to
& \>er wonye w/t-oute« ende : to oure ry',t eritage,
& for-jeue oure sinu2<5 alle, : Imt we habbej) I-don outrage. ame».
Seint remigi Jje holy billchop.' (1. Oct., al. l:'>. Jan.)
Pe holy byflchop remygye : in f?-rtnce was I-borc.
a good whyle er he were be-jete : to cr/st he was I-core.
for an au«gel come to an ermyte : \iat was out of }>at contrc —
wel ich ot, Jie ermyte was blinde, : & wel longe hadde I-be.
\ie au«gel him bed, „go to cilicine : & teile here wel blyue 5
Jjat jhe chal habben a child : in here olde lyue."
ffor|) wente (])e) ermyte : & tolde here }io, [f. 229b]
In here olde lyue : what dede ghe cholde do.
cilisine answered ])o, : „at godd//s wille 1-worf) al !
ac J:>ese ilke word?/.9 : I-leue ic ne chal, if
])at ich chold a child berc; : for myue dayis be{) ago,
ne to don soch ded^<s : ic ue J^enche neucr-mo;
for to soche pleyus : nabbe ic none haste,
& mony a day ich habbe I-be, : & ',ut ic {)enke, chaste."
Jjan seyde J)e ermyte, : „ich rede J)e leue ary^t ! ^^
for J)orw \)e child?<s mylke : habbe ic chal my syjt."
|ia» seyde cilicine, : & gan to syke sore:
„al redy ic am to godd/^s wille : uou]>e & euennorc."
also god jaf grace, : noujt l>rr-niU?- ful longe
cilicine {)e gode wif : w/t childe was by-vonge. 20
to here com \>e blinde ermyte : t)o ',he deliuerid was:
& wit here mylk hadde his syjte : as god jef \)e cas.
alle \)ey Jjonkid Jhe.su cr/st : \iat in {je place were,
& of \>ese two wondris : wel wide nie spake [>ere,
of \>rit olde wif \)at was so : myd childe bo y-von^je, 25
Si, \)at j)e ermyte hadde his syjt : I)at hadde be blind so longe.
{lo {)is child of elde was, : to scole me him dede.
to lerny wel fayre, gmce he hadde : anon in |>e stede.
swyfie mylde he was of speche : i*t swy{)e lite he louj,
alle pleyu.s he forsoke : & to chirc.he him drou5, -"^
glotenye he hated eue/- : & to fasting toke,
& mest he loue(d) of al Jiing : to lokiii on a boke.
|io remygy of elde was : of to i't twenty ^er,
\)e byllchop of ramense : drow,^ to dej)e jx-r.
ac anon so he was ded : & I-buriid in molde, "^
{)e clerk«<.s come to-gedere : so J)ey wit rj'^t cholde,
298 Ms. aryjtc in & ryjte koir. 301 1. oveicome. — ' r>a.s Gedicht giebt
rineii kurzen Auszug aus der Vita auctorc Hincniaro cpisc. Kemcnsi, in A. SS.
Holl. Oll. 1. — 23 Ms. for alle.
zur südlichen Legendensammlung. 395
a byflchop for to chese : in Jhcsu crhius name.
remygye {)o was wit hem, : {jat was of good fame.
of on syde & of oJ)e;- : \)ey speke swy{)e faste;
so J)öt remygye to byllcliop : alle I)ey chosin at \)e laste, 40
& seyde, for äouf)e rae ne cholde : spare {)ilke eliccioun.
remygy wit wel drery cherc : fil a-knes adoun,
& seyde, „ic ne can nou^t I)Pr-on : <fe onworjjv ic am hcr-to."
I)ey he wep & w/t-seyde, : ^it he hit iiiost ondirfo.
and nou])e ge choUiJ) I-here : of a woudir {jing, 45
Jwt by-fil to remygy : ]>& day of his sacring:
a leem of bry^t fere : of his heued aros,
Jjfft ])er nas uon ])at hit I-sey : l>at sore \)er-oi n'agros,
& ondirstood \)at it was : to hiui f/r/m heue?* I-seut.
on him it leued fort he hadde : oudirfong Jje sacrement; -^0
& J)o he hadde so I-do, : J)e fer wente vp an hyj.
eche man I-f)onkid god : \>at J^is woudir I-syg.
for al his croune |)ouät I-uoynt : Jw ]>e fer was by-leued;
swetter smel ne m(i)äte be : J)au com out of his heued.
Hit by-fil on a tyme : f)at remygy I-herberuid was 55
at a good wyu^s hous : as god jaf Jjat cas;
Si as god it wolde : here win was al a-go.
{jerfore nyst f)is good wif : for sorwe what to do.
euer so ghe jede aboute, : swyj)e sore ghe syjte;
^c f)ey ghe made to remygy : as glad semblaunt as ghe
mygte. 60
f)o seint remygy {)is ond(i)rgat, : he seyde in preuyte:
„tel nie, dame, for crktus loue : what f)iug eyle|) Jie,
& why artoug so sory : & why makistou soch fare?
god, fat is almygty king, : nia wel a-ler/gen |3y care."
„lytil woudir, syre, hit is : f)ey J)«t ich ben ful wo, 65
for, I-wis, oure winys : hy bef) echon I-do,
& ic nabbe non o])er J)ing : for to libben by.
for drede of gret hongir & ferst : ic niake soche cry."
J)o hadde syre remygye : of \>h word gret pyte,
& seyde, ^gawe in to Jjy selere : Jjyne tonu/<s for to I-sel" ~^
fforf) |)ey wentin I-fere : Into J)e seier adoun.
remygye set a-dou» a-kne : & seyde his orisoun,
& su|)J)e he aroos & jede : & blessid |)e touu«s on & 011:
& of swyf)e noble win : ful Jjey be-come echon.
{)e wif be-held {)e tonn?<s : hou |iey oru oucr aboiite ; "5
he seyde, „dame, haue {)is wiin : & libbe w/t-outcn doute!
& serue god euer arygt, : for he J)e finde uuiy
alle f>ing |)at J)ou hast nede to, : by uygt & ek be day."
( 'lodowein, l>e king of f/«uce, : In {)ilke tyme hef)e« was.
his wif, was a cr/stin woman : so god jef [)rtt cas, ^^
wel moche radde herc lard : cr/stindom to oiulirfo;
ac he nolde for nojjing : {lat ghe mygten do.
almayn»s in J)ilke tyme : vpiK>n his lond comc
Si. destroyedin his lond^i.s : ofte Si jx/t 1-lomc,
his toun?<s f)ey for-brendin : & his men |)ey slowe. ''5
Jierfore Jie king was wel sory, : & o\)cr men I-nowe.
to his wif he tolde {)o : ^at he moste sau«fayle
beu a-wreke of J)e alemayn?<s : & slen hem w/t bataylc:
48 Ms. iiagioa mit überschr. u. 64 Ms. a leiigcu. 7U = go wc. 81 Ms. rtad'le.
396 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
& euer J)e quene him radde : whan he to here come,
{)at he cholde in cristus name : afonge cv/stindome. 90
[)e king to here answered : wel myldeliche f)o :
fl^if cr/st me helpe ])at ich he : deliuerid of ^is wo,
cr?'stindome on his name : I-wis ic wole take
wit wel good wille, : nel ic hit nou^t for-sake.'^
J)an seyde l>e queue {)o : & radde hini aryi^te: ö5
,,loke J)Cft bou ne triste uau^t : to |iiu ouen my^te,
ac echdel pou niost triste : on his swete grace:
& pou ehalt habbe J)e maystr?'e : I-wis in ])at ilke place."
fforb wente '^e gode king : so he aujt to done,
& hadde {)orwä godd?/.s- grace : \w maystr/ of his föne; IW
& hoom he com wit his men : & weren hool & sou«de.
\>e quene to him seyde : in J)«t ilke stou;/de:
„be-f»enke |je, syre, what J)ou be-hygtist : Jhe.su c;/st & me
or \>on wentest to batayle, : I-cr/stenyd for to be
^if bou haddest |)e maystr/e; : & now {)ou it hast I-wis, 105
hold |jy woord, ic {je rede, : for ellis {)ou dest amys.
for J)ey he be fol of grave, : wreche-ful he is also
to ech mon on er\>e : ftat wolle him mysdo.
J)ei-fore holdin J)y beheste, : oJ)er ellis at p)e ende
In body & in soule, ic woot, : he J)e wol a-chende." HC
f)e king granted here anou : al Jjr/t jhe hauef) I-sede;
to wendin after remygye : wel hastely he bede,
his wil he him tolde : |50 he was {^edir I-come —
cristinmeu \)at bis I-herde : grct ioye \>ey habbej) I-nome.
water he halwid & cr/stenyd : anon {le gode king. H^
& nouJ)e ',6 mowe I-lierc : a swy|)e wondir J^iug: [f. 230]
W han {)e tyme com {)at he cholde : wit oyle anoynt be,
remygy nyste wer f)e crem was, : ne non he my\t I-se.
Jjerfore vp to heuene : hys eyeu wel sone he caste
& bed to god stilleliche : lu his herte wel faste 120
J)fft he cholde J)orw his gr«ce : him som crem sende,
so {)at he my^te {)is cr»stindome : ary,^t bringe to ende.
l>o he hadde his bone I-bede, : a whit coluere com fle
& brougt an oyl-fat in here bele, : non rycher ne mygt be;
{)e oyleuat jjhe tok : in remygyus houde — 125
alle me« {)at I-sey {lis : {jonkid cristos sonde.
remygy dede f»o wit }je creme : ]iat he äugt to done;
& suf){)e he sente \)e remenau«t : to rameiice wel sone —
for \>er hit is git I-kept : wel iiobeliche I-wis,
Si, king?<s me anoynt per-wit : whan eny I-crouned is. 130
Kemygy {ie gode byll'chop : hadde a keu/^s•-man
bat was a swyjie noble clerk : so ich gou teile can,
tor man he was of mochil pr/s — : geuewald he heet jio ;
chast he was <*t hadde ek : I-spousid a wif also.
remygy ofte com by him : .so ne went vp & dou«, 1'^'
& conseylid him for here chastete : to take religyou».
\)c good wif wente to nonnerye : & laddo clene lif Jierc,
& ieiiewald wente to on abbeye : to nlonk/^< j)at \)cr were.
swy{)e hard lif ho ladde : J)e why] \)at he |)e/- wes.
so [lat |iorw remcfryu.s- reod : to byll'cliop Jiey him chese, l*'^
of J)e cvte of london : pyllchop he was I-made,
& alle ^at him I-knewe : for nim l^ey weren wel glade.
91 Ms. willo. 126 Ms. criatoiu<. 135 u. 13i! him st. hcni.
züt südlichen Legendeüsammlung. §0?
nowj is genewolde byüchop : & serui|) god ary^t,
wel moche he hated sinue : be day & ek be nvät.
& J)e nonne, his good wif, : moche jhe hated sinne also, 145
& to be schreue of ienewold : wel ofte jhe wolde go.
J)e feud, Jjat euer haj) enuye : to euench gode dede,
was anoyed J)at \:>ey cholde : so holy lif to lede,
& gan entysy genewold : & his wif also;
so {)at J)ey synnyd fleschliche : boI>e to-gedir |)o. 150
Hit by-ful J)orw5 godd?/s grace : noujt \>er-aiter longe
{)öt f)e wif be a cnaue-child : by genewald was by-fonge.
|)0 \>sit child I-bore was, : to genewald me told hk soiie.
he bed me chold it c/-/steny : so rygt hit was to done,
& bede me cholde clepye : Jje child?/s name latro, 155
for here beyre sinne : J)at in {)efte was I-do.
latro is an englisch : ,{)ef' I-cleped, I-wis,
& for he was in J)efte by-jete : soch his name is.
Ofte hy come?i to-gedir : more sinne for to do;
so J)at l^r was a doujter by-gete : be-twene hem boJ)e-to. it'>0
lupa me het here name clepye, : for {)is skylle I-wis:
for ghe was be-twene hem : so byjeten amys.
lupa is ,a wolf' I-cleped : for soj) in oure speche,
& l>e fend is be-cleped wolf : nmnnus soule to be-ceche.
for \)e fend entysid him : soche sinne for to do, lt>5
wolf he cleped his doujte/- : for ske(le) hit was l>erto.
now be-com l>e bifl'chop genewold : for his sinnz^« so wo,
{)at he nyste alyue : what he mygte do.
a messager he sente : aiter remygy swy{)e,
Jjat he cholde to him come : to chriue him of his lyue; 170
ftbr he nyste for chame : what he myjte do.
l>o remygy it wiste, : anon he com him two.
Genewold fil a-doun a-kne : & chrof him \)e.r anon.
& remygy e him let be-loke : in a wal of stoon.
a lytil dore f)e/- was on, : J)«t remygy leet arere, 175
& ber wit him J)e keyes, : lest eny man him out let {)ere
o]ier his wif eftsonys : myjt come him to,
to don fleschlich sinne : so J)ey hadden er I-do.
Remygy ordeyned his mete, : so ic 50U teile may,
a pound of barUche-bred : to habben ech day, 180
& a drangt of cold wate/- : he cholde habbe also —
wel lyte him aujt to loste : lechery to do!
Genewold J)er durid .vij. 3er : in {)at ilke cas,
& bede so for his sinne : ]jat hit forjeue was.
wel he myjt I-wite : {)at he liadde for,^euenesse I-heut, 185
{jorwj tyding of an au«gel : Jjat to him was I-seut
& seyde, , genewold, {)y sinne : al clene for^eue is.
{)e/-fore J)ou mygt wende : out whan Jjy wille is."
Genewold him answerid, : „ic ne chal neue>--mo
out of f)is chauwbir wende : ar remygy com me to; l^ü
& J)ey ic it wolde, Ic woot wel |)at ich ne may,
for l>e dore is ouer me I-loke : bo{)e ny}t?ts & day."
„Nay," qtia]) ])e auwgel J)0, : „for nou|)e hit is vndo,
& {)o\i myjt to Jjy wüle : out of {)is ilke stede go."
„alle goddus wille I-worJ^e!" : genewalde seyde po, 1^^
„for her ich wol abyde : fort remygy com nie to."
162 Ms. byjetou? 1G3 Ms. lupas.
ä98 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
lorp wente J)e auwgel : on f»e rygte way,
fort he come to remygye : J)at in his bedz^s lay,
& seyde to remygy, „Jhesu crjst : wole ])at {)ou wende
& deliuere geuewald, : for his lyf draue^ to ende, 2üo
& his sinni'^Ä him hej) for^eue : Jjat he ha[j I-don."
J)o r^mygy I-herde al J)is, : he {jonked god anon,
& wente to ieuewold : & fond |)e dore ondo.
{)0 hy to-gedere come, : ful glad J)ey wer^n bo ;
{)ey wente« to chirche : & dedeu godd^s seruyse. 205
moche p)ey dwelden I-fere : f)is men \)at weren wise.
Genewold drouj to defte : so we cholle|) echon,
& latro me made byüchop : after him anon.
he lyued swyjje holy lif : to his lyues ende,
& loued god & his seruis : & to al goodues gan wende. '-^lü
|)o \)at ])e nonue : \)at his owe modir was,
I-herde teile {»at genewold : dede was by cas,
to penau?«ce jhe here pitte : swyjje hard & strenge,
& went here in to wildirnesse : & ])er leued ful longe;
so l>at at f)e laste : ghe went out of f)is lyue 216
& wente to {)e ioye of heue« : [)er bef) festis ryue.
& ^eriore ic jou warny : {)at bej} I-bou«de in sinne,
of wanhope J)«t ge ne ben 1-take : for noue worles winne,
{)at god him nele for-jeue sone : \)af crye liim milce & ore;
for gladdere he is of a man : J)at hajj a-gilt him sore, 220
{jan he is of an hondred : {)at be{) in gode lyue,
& he come to amendement, : man, mayde o]^er vryue —
for holywrit spekef) her-of, : gret comfort hit is to vs alle,
ech man to {)enche |)er-vppon : so what him euer befalle;
& \>at \)ey ne to longe abyde : chrift to oudirfouge, 225
for in doing, perel is : ]^er-wit to abyden longe.
Now Jhesu, {)at for al mankende : de\> J)oled on {je rode,
haue mercy on \>y hondywerk, : so {)ou hem oudirftode
& broujtest hem of l>e {jraldome : Jjat J)ev wen' I-bou>?deu
Inne;' [t-23l|
for-5eue vs oure mysdedis, : so ofte I-bounden in sinne, 230
& bringe vs to oure eritage : f)at to vs alle is dy^te,
& J)er to wonye wii him : {)at is oure aljx"/' dryjte. amen.
Seint anicet J)e holy pope.' (17. April)
Seint anyfet [>e holy man : J)rtt somtyme pope was
In \)e borwj of rome : so god him jef pe cas.
In cyrc he was I-borc, : his fadir het Jon.
holyor mau ])n?i he was J)o : nyste me nowher uon.
^erus he leued (pope) nyne : & ek mou{>«s \nr,
pve dayis he leuede ek : so {>e bok tellej) me.
Moche loued |)is anyseth : god & holy cherche,
«& str^ngj)ed him ny,^t & day : godd?/,s' wille to wirche;
cristin men wel swi|)e : ifam sinne he gan draue,
Si, taujten hem w/t good wille : to holdin \>e ryjte lawe.
Als \ie pope anycet : wente aboute \>crf,
lie sey3 Clerkes «fc pn'st«.s- : habben so long herr
l)at me ne niy,',te 1-kiiowe by hem : in noue wise \>o
whey|)fcv- J)ey wereu leued me« : o^cr hadde herc ordre ondo;
206 Ms. dwcldem. 214 hire in liere koir. 21G Ms. \>at \>ei: 219 Ms. &^
st. {)at. 221—2 umzusetzen. — ' Vita fehlt. — 5 pope fehlt. 14 1. do?
zur südliclien Legendensammlung, 3ÖÖ
also him {jougt here croune»^ : to lytil f)ey wercn I-chore. 15
after alle bis cardenalis : he gau to sende ^eriore,
& ordeyned J)ot euerich clerke : \)at w/t ordre were
scholde ben so I-euesid : Jjat me my-^te I-se his here.
& jif je wolli{) lerne : here crounws for to make,
|)ey moot lerne of monk^s, : bo{)e whyte & blake. 20
|)orw3 conseyle of J^e cardyiial^s : I^e holyman anycete
vppon peyn of corsing : Jns stat he holdin hete.
I ne segge it noujt be jiHke : ])at mowe leued be
& torne to J)is worlde, : 5if here wille by-se —
as bej) benett2/s & colites : f)at mowiu w*t bygamye 25
oJ)er m oper mauere : to lesiu here clergye;
§0 l>at {)ey ne ben a-singnyd : in chirch to eny seruyse,
he may him bet auyse: & fl'erc in o\>er wyse.
& gif he cholde seruy : to-fore god-his auter,
he moot let him euesy & chere : so ic ^ou taujten er. 30
& many clerk?/s \yer beJ) : Jjat uellej) nou^t don so,
for hy ne mowiu for chame, : & ])at is foul mysdo :
for who-so wille of his ordre : in herte take chame,
Ic woot in an ojier stede : him tit J)olye grame.
I*is holy pope anycet : jw-eched nyjt & day 35
& strengjjed him wel SAvyJje : to techen cristus lay.
J)e maystris of J)e temple come : to pe emperour —
rofiu was his name — : & tolde f)e deshonour
|)at to J)e godis was I-don : f)orw J)e pope anycet.
Jjerfore J)e leper emperour : him let anon fet; *^
& to him he seyde : whau he was forj) I-brou^te:
„why despisist |)ou oure godus : & ne hem houourist uoujte?
& gif ])ou wolt don by red, : [tat {)ou ne ben I-cheut,
J)ou most to hem ben boxu?« : & come to amendement."
|)e pope answerde myldeliche, : „Ich wolde swyj)e fawe, 45
gif hit were cr/stws wille, : to ameudemente drawe;
ac me Jjiukelj in J)y word?/s : |)flt it amendement is uoue,
for wel ic woot to sofie : Jwt \:>er nys god but one;
& he me hajj I-maked : al heued of his cherche.
J)erfore hit is a wondir to me : soch l^iug to wirche, 50
gif ich cholde my god forsake : & tak her to |)yne —
for \>at ne chal ich neuer do, : for wele ne for pyne.
My body is I-redy, lo, : do what J)ou wolt by me!
for ich nele to ])in god«<s : neuer boxuw^ be."
„out, I^ef," qua]» {je emperour, : „habbe ich abede soch ende? 55
])ou ne ehalt neue?- here-afte/'ward : man alyue cheude!
|)ou hast I-chent to manye : & I-drawe iram oure lawe:
^eriore in {)is ilke day : l>ou ehalt ben I-slawe."
he cleped Jjo his tormentour^As-, : „je ledej) him out of toune,
& smyteii of his hed anon : & bringel) his lyf a-doune!" ^u
vorj) iiim ladde J^ese tormentour/^s : & habbel> him aslawe —
J)e .xij. calend(e)r of may : J^ey brougtiu him of dawe. —
anycet maked by his lyue : p/-esti<-s .xvij.,
& dekenes he niade foiire, : ic wot w/t-oute« wene,
bylldiop««*' he made uyne : to seruen god also, ^
er he wente to heuene : out of |)is worldes wo.
Now bidde we to Jhe.su c//st : for loue of seint anyfcete
J)at he vs bringe to heuene, : for ^er is ioye swete. ame«.
19 äe St. hy. 28 1. hy V Ms. let 32 iMs. fooul. 38 liuftiii war Konsul.
400 Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
Seint Sother J)e holy pope.' (22. April)
Sother {)e holy pope : in chauwpayne was I-bore,
of J)e beste men of J)e londe : ic woot he nom his more ;
his fadir heet Concors, : man of good fame.
sother louede lytil : any worldw^ game;
also we redej) in his lyf, : he louj swyjje selde;
whan he ne jede to scole : faste he wold gon to felde,
for he nolde his ])onkis : worldis pley I-se —
J)erfore he wold afeld : him-self alone be.
& {)orw5 his fadir consayl : to rome anon he weute;
iol glade was {)e clergye : l>at [jey him J)ere I-hente.
wit hem he leuid wel good lyf : & lernyd wel jerne,
& to alle goodnesse : {iis holyman gan torne.
so bat |)e pope deyde : so god jef jiat cas,
& porwj conseyl of {)at clergye : to pope I-chose he was. 15
1 ope he lyued .ix. jer : & J)re mon|>?<s \>er-to
& also foure dayis ek, : as we I-finde{) so.
m-estus he made eyjte, : & nyne deken?/s wise,
bydchopus he maked J)re : to don goddws seruyse.
In his tyme J)e clerke (!) : I-seyj of good lyue
wiwmen in al ^e lond : & nome conseyl blyue " 20 X
jif wome?i in holycherche : I-ordrid myjte be, X
for f)e goodnesse {)at me myjte : In wonie« I-se.
sother J)e holy pope : him answered ])er-to:
„Gode women movvin wel : In rdigion ben I-do,
ac I-crounyd w^t ordre : ne chal be woman none, 25
for nomaner holylj'i : ]ier ne lyj) f)e?--vppoue.
ne |)e clo|>?<s of pe unter : ne choUe {>ey handly noujt,
böte {)ey ben paraueuturc : to wallchen he»/ I-brou^t;
& 3ut ic hadde leuerp, : jif a dekene cou|)e,
ftat he will'che {le cloJ)?/s, : Jjan eny woman nou|)e.
gut ne chal no wi??mian : cast encence to {)e auter.
& gif je wollij) wherforp I-wite, : I wol jou seggen her:
god was (male) «fe made : |)e order?<,s eurrychone,
& periore he chal ben (male) : Jwt chal ])e werk»s done.
ac {)is ic wole g^v/ntin : wit-outiu eny respit
J)at wimman don alle ])e werk«.« : ])at may a colit;
& jut ich wole g;Ymten wel : \)at woman \)e folk may prcche, lf-l82j
jif jhe ben of religiou», : & here sostris to teche.
& J)ey in uone wise : ne can ich ,^it I-se
J)at wi??^men w/t ordre : I-crounyd cholde be." 4^
In to al J)is lond : \>h goodmau gan wende
& fondid wit his mygte : pe maumet»^ to chende.
l>o darie J)e iustise : I-herde teile of bis,
his oj» he gan to swerye : In gret wra{)|)e, I-wis,
J)at jif sother myjte : owher ben I-fouude, ^5
iie cholde for his lore : |)olye de|j//.s- wou/hIc.
anon he scnte kny^t^/.s : fiat were of gret pouer,
to neme J)is holypope : [)r?t me cleped sother.
{)e knyät«s him nome : & for]) |iey him ladde,
& hyjed swijie baldeliche : as jnon ]vit iioujt ne dradde. 50
30
35
' Vita (in v. 5 ciwälint") felilt. — 10 Ms. für st. fol. 28 Ms. ben I-brougt,
bfii duichstr.V 30 Ms. wonau. 33 u. 34 male felilt, der Raum ist leer gelassen.
38 Ms. & jif.
i
zur südlicheu Legendensamnilung. 401
W hau he com be-fore |)e iustyse, : darie liiin seyde to:
„sey, sotlier, what hastouj I-fxni.^t, : what lieiikistou to do?
\yenystou chende oure god/r.v : wit {Mii Haterino-,
& wit f»iu newe sawis : ouir lawis to groiuKle bring?
{3011 ue ehalt, ich swere J)e : be niahoiuul fiil of my^t, 55
ac ])on hit clialt ful son? abigge : \yit J)ou us dest onry^t.
for hit is boj^e hvwe & skele : I^at \ve oiur go(b^s• werie,
so |)at no soche fals trewaunt : ue schole heiu adeiit\
& j^erfor^ ich ])e rede : \)ou dou hem sacrelise,
& let beu {)y false lawis, : lest J)e ful sorc agrise!^ «o
Sother Mm answerfd : „{)ou my,^t dou Jjy wille —
of my body ])ouer Jjou hast : & liim to as'pille;
for to ]nu falce god?/s : sacrefise uel ich do noue,
for rajje/- ich wolde for-breuue : fei, tlesch & boue.'^
{)e tormeutour^/Ä habbeji auou : al bis beste I-dou. 65
& so deyde bis body : & bis soule to heue;? gau gou.
\)0 J)e feer was w/t-draue, : {je body I-founde was
hool wit-outeu auy wem — : nas |>is a woudir cas?
\ie teuj:)e caleud(e)r of may, : ic wot, he deyde \w.
& rome was ou & tweuty dayis : wrt-oute pope also ; 70
& after ])at anycet : was I-weut to heuene,
rome was w/t-oute pope : dayis but seuene.
& l>i(s he ended bis lyf : for Jh&su cr/stus Urne.
uow bidde we alle to him : Jiat is in heuene aboue,
J)ot he vs geue g>-«ce here ou erjje so do, 75
oure soub/s iram sinne sauie : & after come /li/t/ to. Arne«.
Gay J)e holy pope.' (22. April)
(jaye [)e holy pope : \wt goodmau was & hende,
was of dyoclisian?fs, : Jje empe/-our?^s', keude.
he was I-bore iu a loude : me clepe}) dalmatyke,
of me» Jiat louedin false godiis : here soub<.<t to byswyke;
Gaye was ek his fadir name, : tS: so me cleped bis sone —
for so hit is I-lome : git to meu I-wone.
{)0 he was of elde, : to scole he was I-sette,
for he cholde iu here lawe : here godd?^^^ hery bette,
childriu J)er were wit him at rore (!) : \iat were swy|)e wyse,
|)at louedin euer Jhe.su crist : & ek his seruise.
In his lore {)is holy child : lerued wel I-uouj,
& to f)er cristiu childriu : swyjie moche he drou,',.
for he hem seyj Iu soch be-leue : moche woudir him jiou^te,
& for to telliii of Jhesu crist : ofte he hem besougte:
so J)at {)is good childriu : preched to him aryjte
hou god by-gau J)e world : I^orw,^ his oueu mygte
& howä he' made soune & mone : t*t al ]nug J^at is,
& howj jje World was I-lore : jDorwg mann?/.* sinne T-wis,
& howj Jhe.<!u godd^^s' soue : oute of heuene aly.^te
it uom J)e keude of mau : wit I)e fend to fyäte,
how Jhe4.u I)orw his swete wille : dyde vp-ou I)e rode
& bou,^te mauu?(s soule : {jorw,^ his swete blöde,
how he aros to lyue : vp(-ou) be J)ridde day,
& how he stev in to heuene : pe childrin toldin gay,
7C Ms. {)e St. him. — ' Vita fehlt, bie Fapstlegenden sind aus ili's Aiia-
stasius Liber Pontif. selbständig entwickelt. - 9 1. Iure oder seole?
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. 2ü
4(.i
402 Des Ms. Bödl. 779 jüngere Zusatzlegenden
& of \)e beleue al : jje childrin tolde I)e kende. -;'»
Gay be day & be nyj;t : drou {>is ])ing to niende,
& of cr/stv/s passiou;/ : swyjje iiiochc he {loujte,
[wt (»f ]jis world/w blis : no|)iuü- liim iie rollte.
:ie in liis lierte p;rueliche : so wel he it wiste
\)ai liis fadir ou n\ bis Hf : \)er-oi uo{)ing iiyste. 30
Sel^jic doyd liis fadir so : as ic gou may teile,
& for bis false be-leue : bis soule went to belle,
afterward |)is gay : be-|)0U3t bim wel I-nou^
& W'/t alle bis iny,^te : to cristindonie be drou-?:
so {)at J)orw godd?«s g?Y/ce : I-cristenyd be was, 35
Ä be w/t al bis myjte : Jiouked go(Ub/.s- gras,
alle Jjing be solde : J^at be on er|)e badde,
& ,^af it for godd?^Ä- loue, : & boly lif ladde.
sel){)e be went to ronie : to cristinme?? \iat Jie>- were —
& glad were tv/stene me» : Jio [)ey sey,^ bim \->erp.
so bit be-fil ])orwf, godcb^s- gras : {»at ]w \H)])t' was ded,
& ]}er was gay to jfope l-cbose : l)orw,^ al come» red.
.xij. ,^er be was pope : & foure moiiI>?^* Iter-to
<S: in bis baylye be lyued : .xij. dayis also.
be ordeyned l)f/t ecb man : J^at p/rst wolde be, *•'>
scbolde vndirfong J^e ordr^s : fro gre to gre —
wit-onte lope & defante : \>nt ])ey I-taken wen^;
Ä elb^s■ ne cbolde uoman be : to prest I-ordeyned [hmv.
be ordeyned \mt dekeiu^s cbolde : p/rcbin }je newe lawe
as wel as pirst/is cbolde, : me» to goodnesse drawe; ■'"'"
[)/"/-for(? be sent aboute : Jie deken?«.»; {x/t \)rr werc,
l^at ])ey cbolde w/t ber/» myjte : meu to goodnesse lere;
<S: ordeyned [iat ecb cbolde : dwellin hi bis contre,
\nii {)ey ne come to-o;ederr' : for uou,^t Jir/t my^te be,
but it were for neue : jir/t ]jey weren of-sent ^^>
to speken of \)e cr/stiudom : [ictt it werc wel I-bent.
j)/Y'st//.s- be nnule, wel ic wot, : ful twenty it fyue,
tt j)r/--to deken//.s- .vnj., & fyue byllcbop^/.s- be bis lyue.
SeJ){)e |)e deuil bis my,^te : cbeued aboute faste,
iS: in to })e emprvouri'/.s- berte : a \e\)rr |)ou,^t be caste. •''^'
liit was 1)6 seconde costantin : \)at was \)o emperour,
of Jie berfi (I) of rome : be weld al jie bonour.
after al bis consayl : |)ilke tyme be gan sende
(& seyde {jat bit were wel 1-doon : c/"/stiii mo» to cbciidc.
al {ie consayl was wel glad : [)o {ley I-lierdin {)is, ''^''
iS: seyde l)at |jis ilke j)ing : was wel be-j)on,^t I-wis;
„wbat babbe w(( in ])is lond : wit cr/sten nicn to done?
al l)at me may J-finde : ',e beet bem neme sone,
for |iey he\> false ecbon : & ne beljH']) nou,^t.
bcrfore, but ])ev coiiie to nudioun, : let bem to de{>e be
l-brou,3t:- '"
Alany messager;/.v \H'r were : anon for[) I-sent,
and cau,^te many cr/stene men : & babbej) bem i -dient. |i"- 2;öl
1)0 was alle cr/stene meii : ^jerfoiv .^o sorc afry.^te
[iot ecb man in bis syde : dede bim to flygte.
l)orw,', coiiseil of l)e clergye, : teilin icb ,V)u may, "^
Im to a clif of an liille : ney,^ jjo [)is gay.
Ic wot \xtt be ne loted : |jw-inne no stoimdc
])at \ie empe;oun/,s' messageris : nabbe|) bim 1-inunde. \
■10 {kmc :uis ]udir o.im«' koir. öl Ms. [)o st. |ie? 02 I. bor,^. GS Als. he lieet.
zur südlichen Legendensaininluug. 403
auon I^o Jjey him I-sey^, : f)ey seyde, „artou lieiv?
woltow hoDoury niahound ^it : & come^/ licdir iierp?" 80
gay auswerde & seyde, : „mahound ic euer forsake,
& bojje my lif & soule : to Jhe.su c>-/st ie be-take."
{)o nome Jaey grete stouys : & leyde on ech a syde,
|)at })e goodmau cholde': ued«.s' \)rr abyde.
Ijeve deyde J)is goodmau : in honger &" in wo, 85
l^e tejje ealend(e)r of inay : ic wot hit was I-do.
Now Jhe.s'u cr/st for \ie loue : Jjat he kiued soiiit gay,
{jat he vs jeue his blessiug : so wel so lie uiay. Anieii.
Seiut emeriuciaue J)e holy virgiue. ' (2:>. Jan.)
Oeiut auueys woued in rome : so ich jou toldiu err:
^he hadde a fostirsostir : |jat w/t herf woued Innr,
euierfucyane : me clejied Jx/t niayde |)o.
[w auueys was to de\)e I-brou,^t,": ic wot \)ai lieiv was wo!
to her touuibe ^he weute : & gau here by-niene; 5
so moche 3lie wep for herc lone : J)at ,^lie wax blek & lene;
In so uioche sorwe : liere lif ^he gau to lede
[tat hit is wel grct reujje : In bok for to rede.
a day as ghe sat & wep, : garagyu/^s \iei- conie
& scornyd swyjjc \>at mayde : so Jsey dedin I-lonie, ]0
& seyde, ^l^e were bettve : In Jje teniple to be,
to honoury oure god?/.s : Jjat be|3 of gret poste,
Jiau in J)is ilke wise : her al day to sitte
et wringe Jjyue hondeu : so J)Ou were out of witte.
for wel J)ou wost to sojie : |)at auueys is I-chent; 15
\:>erioir of \)x wepiug : uys uou ameudemeut."
ageu Jie lefjer sara3yn/^y : Jx/t mayde seyde f)o:
„o/'/st je dede to dejje, : J^erfore je worj) wel wo!
moche good he 30W dede : & Jie gewis also,
ue myjt ge neuer I-finde : {)at he hadde ou,^t niysdo:
wit euuie 3e him nome : & to dejje brou^te
& for-geten alle \ie gooduesse : fjat he to jou Avrou^te.
& Jjat ue |)ou-,t joure elderiu : nougt I-nouj to do,
ac alle Jjflt ou him I-leued : J)ey Ijougte;/ to slen also,
& slou'5 w/t herc my^t, : ue leued him nou'^t on.
\wiioi-e Jjey weuteu to helle, : & so ge cholliu echon;
ftbr |jis mayde Ixit ge slowj : \wt uadde uolaing mysdo.
goure soul?/.s choUe to helle : & solire jwr moche wo,
& ])er je cholliji sore abigge : \)e dedis of ;,ourr wikkiil lyue
wit piu?/.s & w/t sorwe : pat be|i l>rr ful ryue —
for alle je bej^ chreuey/ : & euer je habbeji I-l)e;
for in wel mochil sorwe : je habbej) I-brou;,t me:
for Jjis ilke mayde : myu herte is wel wo.''
wit \xit ilke word : emeriucyaue })ey tok Jx)
& lad here wel villiche : fort jhe com out of toii// ;
{iey striptin of here clojjis : vpi)on a fyle diggoun
& stanyd here myd t^Umtis : & here to de[)e broujte.
[ycrf ore Ich ot tosoj^e : J)at hy hit dere aboujtel
h^or Jier com a J)ouder-dent : (ram lieue// au hy |)n
& slow, of {ae hel)cu me;^ : four hondrid it mo.
Jiey }3«t lefte ou lyue : tS: nc dcyde uoujt,
Jjey gönne l>o for "drede : to cr/stindom torne lieiv j>on jl :
20
30
35
87 tilge [)at. — ' Aus der Vit:i Agiiotis (21. Jan.) selbsUiiiilig entwickelt.
KU
Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegenden
50
55
viue J)Oiisend jjer were I-cr/steuyd : wit wel blyjie niode,
& eue>'inore aft/Tward : J)ey ladde lif wel godc.
ech man may wel oudirstoude : but if he be wode, 45
Jjr/t enieriuciane I-cr/stened was : in here oiine blöde;
tor sif J)r/t mayd hadde T-leued : 1-cr/steuyd ^he hadde I-be,
by jje w()rd?^s■ pat ^\ie spake, : for s()[)e so Jienehe]) nie.
( )f \n-fi. maner of mstindoni : In bok ic finde I-write,
& here ic wole hit segge, : for je hit choldln I-Ante:
J^e ferste nianey c/-/stindoni : al-on In beleue is;
jiat [)er-{)orw,^ niauy iewis : 1-saued wer^n I-wis,
for |jey leuediu jjat godd^«.'.' sone : scheide I-bore be
of [jat mayde niarye : Jxft was so hende & fre;
& \wrfore {jey drouin to god : & letin here folye,
tt in herf! be-leue {ley were I-cy/'stenyd, : ich wot \uii ich ne
Many aniau, wel ic woot, : to blisse of heue« com,
as [)e p/ophete ieromye, : Jjorw,^ {)e oJ)e;- cristiudom:
|iey were aslawe for here treu})e : for {)ey nolde sottry J)o,
böte Jjey heni w/t-uouie, : nonian niysdo; w
]je/-fore me hem toke : et to j)e de]) nie hem broujte —
weteji \)at Jjey were marteris, : for J)ey non härm ue fjoujte.
,\ lul jje Jsridde cn'stindom is : al in \^c font-ston,
})orw3 Jhesu cr/'^Uis oune blood : {jat we habbej) echon ;
Jiorw,^ I)ilke-mane/- c/'/stindom : I-saued we cholle be,
i^if we woUif) gooduesse doou : & alle mkkeduesse fle.
[jorw ])e seconde c/v'stindom, : Ich woot niydeuiU'e,
J)e maye emerinciane : wente to heuene-blisse.
here frendz^s uom here holy body : Jio w/t here myjte
& beried hit be seint auneys • — : hem Jjoujt it was ry^te,
for I)ey were fostrid : in here lyf boj^e I-fere,
xit [)ey choldin in here dej^e : ben I-beried in [tat manere.
je jarajyn^^s' weren of hem : so sore a-gast |)o
xit ])ey ne dorste for nojiing : here tou«?b?^s niysdo.
it \ms euded here lif : emerinciane }jat mayde,
it went to heuen ful I-wis : as ich jou habbe I-sayde.
Bidde we to Jhe.sii crist : for emereuciau^^s- loue,
J)at he vs groutin J)e blis : \iat is in heuen abcnie. ame«.
65
Seint igiü I>e holy pope.' (11. Jan.)
Seint igin f)e holy pope : in rome (!) was I-bore;
he ladde swyjie holy lif : so ich may ,^ou teile fore.
bis fadir was a noble clerk : & J)ey he was vncoujje,
|j'/fore ich ue cau bis name teile : forsojie w/t niy uioupe
|i;i)i Icrnyd swyj)e wel : \>at he was to I-set,
|)er luis in {)ilke tyme : noman {lat lerned bet.
se|»I)e he went to atten//s : borwj bis fadir rede,
iV: dede hini to o;ret clergye : |ie bet for to spede;
so wel he leruyd [)cr, : |)is good cliild igin,
jiat he coujie I-now of grw, : of ebrw & of latyiu.
lu'[)eu he was [m ,yt : so ich hit finde I-write;
ac nioche he desired euer : of c//stindom to wite.
ir.i!,{-ii
C7 Ms. iiiy deuilTe. 09 Ms. noin {)o. 72 Ms. & \)(it. — ' Eine Vita IlyKini
(^vgl. V. 41) tVlilt; Aiiastusius enthält nur dürftige Notizen.
zur ^üfllicliei] Lcgcndcnsauiniliinrr. JOS
{lerfoir he went to ronic : so o()cl him ,:^jif {wt ca.«,
<S: ondirfcug c/'/stindonie : \h> he I-conie {icdir wa.«.
so holy lif he hulde : |x/t \wtrr ne iiiy5te non bp; 15
Jierfoir alle lueu him louede Jjo : {)r/t hiiii niy,^te I-se.
so {jat hit fil be cliau/zce : \)at \w pope waV ded :
\)e billchop^s & \w o\)rr folk : {jer-of tok to reed
& niadin Igin pope : & heued of holyeherehe.
,^enie gaii |30 Jjis holymau : goddi'^v werkf to werclie. 20
A\el moche he gan to p;-eche : & folk to goodneHse lere;
& whau enynian uiysdede : I)at \)o w/t him were,
sore he wolde wepe : & bittß;- ter^.s lete,
so hit werc a gong child : I)at werf' son» I-bete,
& sey hem he wolde myldeliche, : ^why hastou^ iiiysdo so? 25
nostow hit is a,5eu |ie lawe : synne for to do?
Avel ich woot to so\)e : ])y soule wor|j I-chent,
böte gif \)0u \^e rajjer come : to anieDdenieut."
Talifs he wolde hem teile : of holy menn^/.s lyue
<fe Jjer-jjorwg to ameudement : hem drawe swyjje blyue. ■!'"•
moche he taugt of fasting : encr iu his pypchiug,
& seyde man my',te |ifr-wit : wel moche to gode bring;
^for wha;me \>e liody [)orwg penau^ce : Is to groiu«le I-l)rou5t,
J)a;me ne may hit a",eu Jje soule : J)orwg sinne l'tyge noiigt/-
ten '^er he was pope : & godd?/s wcrk^^v' teygte, 35
& .vlj. monJ)?<.s- ])er-to : & also dawes eygte.
he ordeyued \)ot wy't ech preste : Jjat chal singe in see
dekene, sodekeue & colyt : at |)e masse f)ey choldin be
& dou here se/'uyse : so hit fil J)er-to,
& uameliche vppon hy-dawis : he hygt me chold it do. 1"^
.XV. prestiis he ordrid, : as ic finde In his lyue,
& byllchop?« .VI. : & ek deken?/s lyue,
to seruy holy cherche, : he ne maked na mo.
a pr/nce l^er was in {le loude, : prisce me het f)o :
to Jiis ilke holy byllchoj) : he hadde gret eniiye -15
& sente aft/r him anon : w/t a grst companye.
])o he was to him I-conie, : he het him binde faste
& to strouge Jieues : In to preson caste.
& l)cr lay ph holyman, : Ic wot, swyjie longe,
Avit gret cold & hongir : I-pinyd swyjse strouge. ■''"
J)e seuejje day of ieneuer, : so tellin ich gou may,
deyde J)e holy pope Igin : in p/-eson \icr he lay.
rome was wit-oute pope : Jire dayis Jio.
& I>us endid Jiis goodmau : as ic gou toldiu .so.
Now, .Jhesu, bring vs to fx" ioye : \>nt he is I-brougt, ''•''
as f»ou wit |)y fy(f) wou«d?/s : derc vs alle bougt. ame».
Melchiades Jie holy im.jic' (in. Dcc, al. iX u.
i»i , ,. , , • *ji- Ti 11. Jan., •_'. Juli)
Melchiades J)e pope : m Afler 1-borc was,
of swyj)c good c;vstin kende : so god gaf [le cas.
pope he was Jjre ger : & .vij. mon^us also
In \>e borwg of rome, : i^ .vii|. dayu.*.' \)er-U).
.vij. prestus he made : Jsr/t goodme^/ wcr^-n echon, "•
.V. dekenys & .xij. byil'chopis, : godd/z-s seruise to don.
& sent hem in to contr^s : alunite for to pr^'che.
of Jhesu crisins lawe : l)e peple for to teche.
51 1. eleuejie. — ' vgl. Auastasiu^ Lib. I'oiit. — 7 M.s.
lienn.
3U
406 Des M.s. Bodl. TT'J jüngere Zusatzlegenden
on a tyme hit be-Hl : |)at he het uf-senrle
\)e clergye Si o\)er inen, : J)at gönne to liini wende. '"
()f niauy {Jiugy^s• |)ey speke : {lo {ley wero I-eunie.
}>() \iat \wy gönne ot' fasting-dayis : speken alle & sonie,
{)() gau {jIs holy pope : I)at lieet nieleliiadeis
siiekc to-forn Iieni alle — : Jie oJkv wercn in pes:
,, I jording»s# he seyde, : .,telle idi ,',011 niay l^
f)at god ria{) for nian-kende : I-makid J)e f^oneday
many a wondir werke. : for {)e S(jne-day I-wis
erjie he maked & heuene : Jjat h so t'ul of l)lif<;
also vppon ]ie soneday : he made sacrrfyse,
bof>e caym & abel, : ac uougt in one wyse — -'^
ffor Jjrtt on was good : Jx/t ojjcr nas nou5t so.
& gut v2)pon {)e soneday : niorc ])cr was I-do :
jie grcte flood on erjie com : to dreuche alle Jjing,
Ä also vppon \ie soneday : (Jje) chip tok rcsting
Jiat nowe & his ferin : Jjcv-in werrn I-do — 25
of alle l>at were in erjie : alyue nerc nanio.
Abraham l^e soneday : his sone hajj I-take
Sz wolde him habbe I-slawe : sacrefise to niake:
( tod l^orwg his niy,^t : {)r^-to tok good kepe
Si in stede of J)e child : anou sente a cliepe,
he het |)«t he ue cholde nou,it : isaak mysdo ;
In stede of ]ie oouge ehild : \>e ehep he slouj ])o.
,^ut vppon a soneday, : as {je buk teile}) nie,
Moyses broujte {)e iewis : oucr J>e rede sce;
he tok moyses |3e lawe : vppon a soneday, "^^
& let rine brcd & flescli : fram heue», telliu ich may.
.Viid {je soneday, wel ic wot, : Jhr.^u c/v'st was bore,
lo biggin vs <nit of helle : & mcit \xtt were for-lore.
Ä ck vppon |)e soneday : he tornyd wattv to win —
])ey |)at {)p/--of dronke : {)ey founde hit good *S: fyn.
& he arerid to lyue ek : vppon })c soneday
lagare, l>at foure diiyis : In his pit ded lay.
also jie soneday : to Jer/isalcni he rood —
])c honoi'//- \vit me him ded : J)e ]>ei)le wot al abrood.
1^ rani dejj to lyue he aros : jje soneday wel ry,te, ■*~'
Ä sente jte holy gost to his deliplis : (S: on hem alle alygte.
In so/yiinie bok('^s• me finde}) : wlio-so takeji ,H^nie,
[u/l god ehal })e soiu'day : al ])e world deme;
ourr (h)rd) broUj^t his modir : in to heut-n-ltlisse,
(*c seint Jhon j)e vangelist, : icli wool wel niyd-I-wisse. -^'^
}K'/-forr ic hote })rtt nonian : non ertheliehe werk wirche,
bot godd«*' seruise don : it go to holy cherche;
ne vppon jje soneday : fasting non ehal be,
lor hit werr a,',cn })e lawe, : alst) {)enehej) me,
j>at man wcrr in penau/^ce : iS: ek in fastinge ^
])ilke day (}iat) god vs brou,^t : al in gladinge.
}ie })on'sday also : god made his mau//de
iUnong his defi])lis, : as jie l)ok teile}) me:
40
15 11'. Diese Ketlc ist ollciibiir .-^clb.'jtiimli'i' eiitwickult. lU lic «t. Iiv. -o 1. iwc.
zur südlicheu Lcgeiuleiisauimlung. 407
he hein feddo in body : & ek in soule also,
for his flesdi & his blöde to heiu he ^af & luade |>n — W
of brcd, of wiü & of water : hc made Jjis wondir {Mng:
amoüg his deliplis he uiade : J)o bis gestenyng.
oLirc flesch au holijjorsday : he her to heucii au hy
& set bim iu bis treue : to bis fadir wel uy.
\)eriorG ich böte I^e Iiorisday : nieu take gladiug, "i-i
& fjat nie ue asiugue fsat day : to no fastiug,
but bit falle by cours : |jor\v,^ cbau;^giug of {^e ^eir
|iat euy vigil beu by cas : uewe I-fouude \)ere: |f. 23öi
l^an I)at me faste wel : so ich softrc inay,
I'or })e loue of Jje seiut, : uou^t for skyllc ol j)e day." ''i»
alle Imt J)c/- weren : babbejj I-grouted J)is.
for I^oresday & soueday : befjeu meu fasti}) I-wis;
& for l^ey uolde heni be I-lycb : iu {nii ilke [jiuge,
Jjo'fore he baji forbode : Jiat ilkedayis fastiuge.
A iustise was ou Jjilke tyme : I)at nie clej^ed rufin: 75
be let neme melchiades : & dede hiui wel uiocbe pyn;
Jie verj^e Ide of deeembre : he leet bim sie also,
& ich ue hude uoujt to so|)e hou : he was to del)e I-du.
{)o rome was w/t-oute pope : dayis tweuty t^ .vij.,
after [mt melchiades : was I-went to lieuene. ^^
for euer me ha|j gret enuye : to meu jjat be|) gode, .
as me hadde to Jhesu er «st : l>at deyde for vs on rode;
for euer J:)e wikkid fend : eggef) mau to dou luysse,
whan l^ey beu iu good lyue, : [jer-of hem briugiu to wisse,
uow bidde we god almygty kiug : \xit niter oure eudiug ^5
to jie ioy {ifft lastej) euer : oure soub/.s (he) {ledir bring, ame/^
Seiut damas Jie pope.' (11. Dec.)
Seiiit damas J)e pope : Avas I-borc in simyne.
{)e whil be was a gong cbild : he liste nou^t to playne,
for be bim streugl>ed moche : to beu of good fame —
so dede bis fadir bim by-fore, : antoyue was bis uame.
I^o he was to pope I-chose : so god bim ,^ef ])at cas,
au ojjer also was I-chose, : cor (in I-cleped ])o was.
bol^e J)ey weren godme// : & bolimeu also;
& for J)er ue may be pope : but on neuer mo,
& for damas was stalworjje : & rcdy of speche,
Jie mayst/Y' of holy cherche : me gau him by-teche;
Corsin I^ey made Ijyll'cbop, : ic seggc w/t-oute fayle,
of l^e cyte of appoliuc : I)orw,3 comyn consayle.
twey cherch;^*- damas made : wel nol>le in Jie cyte:
Ipat ou be-syde \:>e teatre : jut me may I-se,
f)e o|)er cherche be made : so be-syde {le wey
I-cleped was adria////e : by {)at ilke day.
& gut be haluid [^e stede : in jjat cite, peic
seint pete>- & seiut poul : I-ferc I-beried werc.
damas was {jo pope m rome : ful ey,^teue 5er
& eyäte mou{i<<.« & teu da}as : pe dingnete he Iter.
l.i
5'J .Ms. iu ho.iy Iu Imdy. O'J .Ms. ich {k. ich — cch. 81 -b-l uiij,'eii<«rig. —
' vgl. Auastasius Lili. Pont. — tj al. Ursiuus. 12 1. iicapoli. 16 Ms. adriaiino,
lat. ad viaui ArdcatLuaui. 18 .Ms. I 1 lere.
408 Des Ms. Bodl. 770 ji'uigerc Zusatzlegenden
xMTsiHs lie nmde I)ritty : t^ twolt dekeuys |>er-to,
n}'llchop2<s he niade .Ix. : on a])itc for to go
fr«ni contrc to conUe : leuede nien tu wise
f)at Ipcy cholden herc lif leden : in godd?^>; seinise.
two deken^.s- in I)iilke tyme : weir in Jie cherche I-do, 25
ctincord & calixt : mcii heni cleped \>o:
to Jiis pope danias : {)ey hadde grct enuye
Si, gotinc him defanie : of o])in lecherye —
wel ich wot \mi hit was : })onv {)e entyseniont
of {je deuel of helle, : to niaken hein I-dient. 30
wel sory was {^e pope : for Jie sclaundir <S: l>e cry,
<Sj fjoujt in woche wise : he niy,^t hini porgy.
anon he leet ofsende : al nitcr Jie clergye
& ■Aiter erh(s <St barouus : swyjie grr't conipanye.
\>o {ley weiT to-gedir I-eonie, : pe pope aros alone 35
& seyde, „leiie hreberiu, : I-herkenel^ nie echone I
Calixt & concord : {)at ^e mowj herf I-se,
of a foul lecherie : {jey habbef) defanied me.
Jierfor^ ic habl)e jou of-seut, : ]xit ^e me cholde wise
hou ic mvgt I-porged be, : to saue Jje fraunchise ■*0
{)at ech pope ha}) I-had : {)at was by-foir me —
for lof) me were in any Avise : alese {je dingnete.'*
And \:>er \wr\v comyu conseyl : apergid him I-wis,
wit eyjte & fourty byll'chopis : \)ai weren of mochil p;-/s.
out of cherche me drof : \ie false deken?^« two, *^
Si {3ou',t Iput {ley cholde : to de{)e ben I-do.
damase hadde reu{)e of heni : Sz ue soff'rcd hit nou,^t
J^at ])ey for herr trrcherye : were to de{)e I-brou,^t ;
ac wel he softVid |)at {)ey wercu : out of {ie chirche 1-drcue,
In myseyse & in care : \)cr-a.iter for to liue. ^0
{io ordeyned damase : to segge fer & ner
at maten»s & at {)e tydis : salm^^s of \)c sauter,
<^ at euesoug & at compliu : {lat me hit choldin do,
vppon {ie peyne of corsnigc : {)e poi)e he he(t) ii/t {)u.
»'s: in to al holichirchc : ful wol ,^c wite{-) I-wis ^^
jwt {lilke Statut ournil : ,^it I-holdin is.
]ie {iridde calendir (I) of decembir : out of world {lisse
damas wonte, out of {lis lif : in to heuen-blisse.
{iritti dayis was ronie : wit-oute pope {)o.
k {)us eiidid J)c lif : of danias {ie iiojie so. "^'^
now i^rye we to Jhp.vu c/'/st : bat is so frr i^ hen<le,
whau we parti{3 of {)is world : let ouir soul«.s to heuene wende.
anie/(.
Seint sat2o-nin aud ciciu, twey holy niarter«.«;.' (l'O. Nov.)
A pirst somtyme was in nmie : me cleped saturnyne,
f»at hadde w/t him a dekene : {iat was I-hoto cysine;
jode nien {ley wer^' ])o{je : i*c wol holi lif ladde.
De empp^our maximyan : {x-z'-to grrt enuy hadde:
Sr/-foir he he»i dempned, : so icn ,^ou teile may, ^
jiat {ley choldin deluc : bo{3e grr/uel & clay.
{)eir bey seruod .Tlir.vu c/-/st : wit vrW & wit {jou^te.
\)cHorr jiey avcit eft-sonys I-nome : it to-forc {)e empcrour I-brou^te.
32 :Ms. sperpy. 54 Ms. lic hc liot. 57 1. Idc. — » cf. Acta 8. Marcelli pspsp
(Act. SS. BoU. 16. Januar).
zur südlichen Legendcusanimliinjr. 409
Jie empo-our het \m anou : In p/rson to do salniiivno.
<^. bringe him to-forc Jie dekene : \)ai het sysinr. ' 1'»
& to him he seyde anou : J)o he was I-eome:
.Jelawe, J)üu.most teilen vs : |)in nanie at Jie fronie."
Jie dekene him answerid, : ^\)e name ]>at is mvu
Is among cr?steneme/? : I-cleped sysin.
Jhpsu cn'stiif; j^ral ie am, : <fe wol beu eucr-mo, 1=>
Ich wol loue & seriie alle hem : \>at ou him I-leucJi also."
J)e emperour answerde, : „I)fr-of haue Jiy pes!
sysin, Jiou most don sacrefise : to eure goä ercules
& doto him sacrefise : so {wu ou,^tist to do,
o])cr ich wole for-brenne : {ly flesch in sorwe & wo." 20
])o J)is emperour hadde I-seyd : alle Jiese word«.s- Jierr,
sysiji Ijo for gladnesse : gan to leyge wel smere,
& seyde, ,I-wis, syrc emperour, : Jwu ne myjt me paye no bet,
for habbe Iph ilke J)ing : I desirid euer git, '
to beu for Jhe.su cr/st?/,s loue : I-brou^t of lif-dawe; 25
Iierfore ich am swyfje glad : for him to ben I-claue —
& ellis ic were vnkende, : for he deyde for me.
|ierfore f)ou mygt, syre emperour, : don what I)y wille be;
I-chose ic habbe to Jhe.s-u cr/st, : to him ic wöle holde." if- 2;«]
l>e em^^erour seyde, „lo, I^is |)ef : speke}:) wordis Ixjlde! 30
to ladioce, Jie port-reue, : {lefore he chal ben I-take,
jiat he him caste in preson : to niake his lerays ake.*
ladioce him ondirfeng : & bond him swy{)e faste,
Si sujie in to preson dep : wel harde he him caste.
approprian me cleped : him Jsat was iayler, 35
{lat him piuyd, & ojaev mo : {^at weren in preson J)er.
ladioce him after seute : after dayis seuene.
w/t l>e sonde {jer come{i ])o : a swyjje fayr lyjt from heuene,
In Jie ly,^t |ier com a vois : I)e/t seyde wit-oute fayle:
..comel^ to me, my blessid childrin, : \wi libbili in t/Yniaylc, *0
& ondirfongejj mede : of J^e heuene- king,
heuene J)rtt he made to 50W3 : er \>e world?<s be-giunyng.''
Sore him gan of-drede : |)o ai)i)ropriau, (2. Febr.)
Si to-fore sysiu?As feet : akne he fei aft<'/- {)au
<fe seyde, .,ich {ae bidde, cifui, : pur seint charite, ■*■'
fiat Jjou ne tarie no lenger : Jiat \>on ne cr/steny me."
wat^r he nom Jso anou : i*i cristonyd Hp(p)rop/7'an \>o.
]io laydioce Iherde |)is, : his herte was wel wo,
& after ap(p)roprian anon : wel sonc he haue|i I-sent;
<fe seyde, „me telle{i to sobe : {)at Jiou Jie hal't I-chent: ■^'^
\wu hast forsake mahound : & oure god//*- alle,
for, wit hit wel, jif hit be so}!, : ful euel \>e wol be-falle.
Jierfore don be red : ry,^t as ic \>Q wife,
& sitte akne wit good wille : i*c don hem sacrefise!'^
„je, je," qiial» api^roprian, : _Ich wot ful wel anou •'»•^
Jiat J^ey be deue & doumbe : & deuelin euerychon.
Jierfore ic here forsake : boJ)e hem & Jje,
& to Jhe^u cr?st of heuene : ich be-take me.*^
{)o seyde ladyoce, : ^Jwt hit ne be by-leued,
et ledef) him qiiik out of Jje tonn : i^ic smytej) of his heued!" ^
J)e tormentour^^s him nome : cS; ladde him forji |)o,
<t here lord/^^• hestc : anon habbe]) I-do —
11 Ms. I cu conic. 35 al. Aiironiiin.
410 Des Mk. Kodl. 770 jiiiijrcro Ziisatzlegenden
wikkod was J)e lord : & wikkid ek fie iiieyne!
jicv [)c body werc ded, : {>e sotik to heury/ gan flc.
Erjie nie brou.^t to erj)e : so hit wa« skille iS: ry,^te, ^
ac al of {le holi soule : nadde |)ey no iiiy^te.
.selijje laydioce liet : {)at cisiue weren forjj I-broii,^t,
& seyde to hini auou-ryät, : „hastou I-chau;/ged |\v {lou^t?-
sysin lüm answerde : & seyde, „syr<', uay,
for \)rr nys Jiing on erj)e : {)at niy IJou,^t chau/?ge inay. '''J
Ich |)c haue al of iny wille : beforr I-seyd Jie ende,
{)at ich wole w/t Jhc.su c/v'st : eut^r-niore al wende."
.,a, fy! foule stronge Jief,'' : ladiocc seyde Jjo,
..,Vt 1)*'U ehalt eft-souys : In p^rson ben Ido,
for ich wole ]jot ech man I-wite : I)at ich am liendc & ire, "i"'
to h)ke ^if nien of here folye : ame>«ded hy wol bc.
Ä j^ut ic rede [)«t {wn J)e jit betir by-J)enche,
o\>er nie chal ])in folys : myd p(i)u?<.s {)e aqueuche."
w/t J>at ilke word : sysin was jjo I-do
In to p/cson, {)e>- satornyne : was wit oI)er mo. 80
ech of hem I-kneWg o\^er wel : in Jjat ilke sy{)e,
Si werrn for here compeuye : bo{je glad (S: blyf)e.
faste J)ey gönne here felawis : to prcche c/v'stus lawe
& w/t here niy,5t : j)at folk to gode drawe.
vol to i*c fourty dayis : |)ey jicrc' were, 85
(^ tornyd many to cristindoni : \)at conie liem to I-herr.
Hy-forp |ie p;-/nce ladioce : nie brou,^t heni idtrr \>nl stou»de ;
s\vi{)e leiie Jjey wereu & wan, : wit cheyiw^^- faste I-bou//de.
a swibe gvct image of bras : for|j {)er was I-brou,5it,
& ladioce hem ])o seyde, : .,do{) aiter myn {jou,5t: ^0
hononrr}i {lis eniage : & he\i him Icf & dei'c!'"
Satii^rnyn answerde {)o : as je cholle{j I-herc:
„(xod {lat ^cf alle {jing : to his wille ro & reste,
Ic him bidde for his niy^t : Jwt {)is god here to-berste."
witj) [lat ilke word, : so ich ^ou teile may, ^•"'
]ic god of bras al to-drof : so hit wert' of clay.
]M\\nv ik mauir : twey kuyjt^^.s- weren I-wis, (20. Jan.)
)at stodin [yrr be-syde : tt I-seyj al Jiis:
)enn/^s■ {)ey wente prcuelii-he : Sc afeug c/v'stindom.
|ie tyding of ])is {)iug auon : to ladioce com : IC"
& anou he hygte his ine« : \)(it me cholde hem take
h smyte// of here heuedis : for Jhe.su crist«^- sake.
Si \ius niaurc & i)apye : {jolediii martirdoin —
wel ic wot [uit ey})er soule : {>e wey to lieuene nom.
saturnyn Si cisin : nou^^t \)cr-iiftcr longe ^^'^
he let to twey i)ost?t.s : hem by |)e arnw^s an-honge,
w/t staiiis tS: wit courgis : he let hem l)ete so faste,
{)'/t alle \)at hit I-seye : I-woiidrid J)er-()f wel vaste
hat euer tweye bodyis : my',ten eiie/-iiio
here in |)is ilke lyue : to {miüc so moche wo. HO
rt'ur he leet leggen : to here syd?w alle be-gon :
t's: {)orw,^ Jhesu cz/st/w grnce : \)e fer a-qiieinte auon.
iadioche seyde to be tornientour».s, : .„^if ,^e loiieji nie,
sniyteji of here heuediii : Jjat ic it niowe I-sel'"
))(• j)ridde calendre of delenibre : here heuediii were of I-smete, H'^
<t here soub^s wente to lieuene, : ech m:m may wel wite.
64 .M;i. Ijociy st. soule. 71 JIs. l'nr jit. liii. 7'J .M:-. cilin : sysin.
i
zur siidliclicn Legendensanimliiiitr. 411
Jhon Jie ivcst & trason : dedeu as jie wisc,
hy beriedin here holy bodyus : & dedin \ie soriüsp.
Now Jhcsn cr/st, al-myäty god, : for herc bojier loue
bring vs to ])e blisse : {j'at is in heuc/i aboue. amc». 120
20
Pe holy poi)e iuocout.i (28. Jiilij
Pe liüli pope Innofent, : so god ,3af J)« cas,
In ])e lond of al)dane, : ic woot, I-bore he was;
bis fadir was a uoble man, : bojje fayr t't gent,
^ among l^e peple : I-cleped iniioceut.
{lis holi jiope reugned : in his dingnete
to niouJ)w.s' & ten dayis : & {)er-to jeris Jwe (I).
prcaUis he niade .xxx., : & deken^<« Jjrittene,
& ek bylIchop?/.s .v., : Ich woot wit-outen wene.
a good Avif was f)ilke tyme, : vestine was herc name,
wel moche ,",he loiiid Jhrau crist : & was of good fanie:
fFor to seruin Jhc.su crist : wel moche was herc |iou,5tc,
& anoble cherche |)erfore : ,^he hauefi I-wrou,^te.
8eint ge(r)ueys & prothase : {)ey wereti I-bericd J)ere,
l>criore in fte honour of heni : Jjc werk ^he lot arcre.
Jio J)is werk I-redy was, : anon jhe haji I-seut
messager?^« wel fayre : afte;* Jse pope Inofent.
Inocent com to here : wel myldeliche ]>o
& halwid I^e chirche : so he au,5t to do ;
leopard & vrsin : p/-est».s' ])ey weren bo,
I)at at })ilke tyme : holpin h/m {jcy-to;
lybyan |je dekene : was also w/t hem J)ere — fr.237j
J)is ike foure goodmeu : at |:)e halwing werc.
vestine, |3e gode wif, : maked fayre oftringe
& fond al I)at nede was : to fiat ilke f)inge.
Innoceut nom leue : & homward bim gan dy,^te. 25
a cherche he fond be {le weye : & \)cr he aly,^te —
\>e cherche was of seint anneys : \wt he aly^tc to.
ac he ne fond no p/¥st : |)at here kepte \w.
f)erfore he was sory : so we tindej) I-write,
& leojiard & paulin : he sette here to wyte.
In a tyme he of-sent : moche of \>e clcrgye,
a cene for to holde : w/t a gret compenye.
])edir come byll'chop?«*- : & o\>er incn also,
abot^f« & pr/oris, : so ])ey äugten to do.
pelagye & celestiu : {ledir weren I-comc |)o;
alle f»ey were good cr/steuemey/ : böte I)is ilke two.
dt' many |ling^^s |)ey speke : as ])ey to-gedir werr,
\' nanieliche of on jMng : {wt ich wol U41in herr :
whel^e/- a child Iiat were by-^ete : of a cristenc mn»
& I-borc in spoushode : of a cr/steue woina//,
scholde be lawe of ovstindom : ])e/--afte/- I-cr/.stenyd be?
Inocent ])e pope : answercd & seyde, .„^e,
for ned hit is \>at ech soule : beu wallche in vn'sVis l)indc
\rdt vs dere bou,^te wit his dejj : for vs vppon ]>(■ rode.-
pelagiue & celestin : J^v-to seyde, ^nay,
fjan were hit twy^e I-cristenyd : a,^en c/-/stin lay :
.'50
35
40
' et". Aiiast. Lili. Pont. — 2 1. Alltane. G al. .w. !S al. liiij. 'J Jlb. buslimc.
li Ms. woikV 20 Ms. hciii.
412 Des Ms. Bodl. 77!> jüngere Zusatzlcgenclen
f(jr cr/stin was alle I)e kiiine : of whoni ]ie diikl come.
|irrforf! eeh wisinan wot liit lia|) : I-iuiw,^ of c;v'stiudome;
Si good is ]>at nie let be : herafty:'>- soch folye,
to cristene childrin tweyc, : fiir hit is eresye."
öO
Inosent {)o seyde, : „lordingz«;, ge herr-f) J)is!
ac Ic wole ]vo\\e : |)at |3ey seggej) aniys
tt ftfl't heir ondirstonding : }>at it is worse \>i\ii iiaUj5t,
by skylle & ek autorite : })at ])cy be{) be-caujt.
of adam?^s siun('^^• wite]) : J)at we weir foule cchon ^^
Si in sinne by-^jete - : for o\)cr nas |ier non.
daueji \)e p/opliete : \)er-oi hcrc\) wittnesse, I-wis,
In a vers he teche}) vs : buxoninesse {lorwj |)is:
,lo, I-\vis' he sey{) : ,In buxuwmesse ie am,
& in filfje of sennes : my modir nie ondir-nam'. 60
f)is [ling ne seyd ho nou,^t : by hini-self alone,
ac, wel ic wot, he seyde hit : by vs euf/ychone.
& gif we bejj in sinne I-borp, : we nioot I-wallche be
f>orw5 help of {)e cr/stindom, : J)ey o])er seyden ge.
git ic wole p/Y>uy : Jjr/t it is ercsy,^e, 65
])at f)e cr?"stene child nys noiigt I-cr/stened twyje.
Jhfsu crist of heuene, : {x/t fnl of goodnesse is,
\)() he for vs aly,5te : in to world \)h,
wit hini he brou-,t to ech mau : to wite oure cr^'8tindum,
f»o he oure kende : of his modir nom. ''^
\)cr nys noJ>ing so holy : ne nojiiug so clene
so is J)e fadir in heuene, : Ich woot w/t-f)Uten wenc;
his modir was wel clene : Jiat cholde hiin ond(i)rfo,
Si ellis he ne mygte : nou,5t alyjte |ier-to;
iVc Jhpsu was him-selue : clenuest of alle Jung: "5
<^ i^ut he afeng c;/stiudom, : to ',eue vs teching
|i«t we moste uede : alle I-cr/stenyd be;
for who-so ne leue]) Jiis noiigt : l-damjmed he chal be."
alle [mt \)rr weirn : answerid hini anon
(^ seyde, „syir Inocont, 1-wis : {)at is ful wel I-doon!" ^0
j)elagie t^t cWestin : |)ey alle danipnid \h>
i'k, from herc velechipe : anon hem makid go.
f>o seyde inocent : to hem |)at sete & stode:
.,lording/^s, Joo Jhf.s-u c/-?st : bougt vs on {je rode,
,^e habbefi T-hurd ht)W3 he was : in his touw?be I-do: 8.5
alle \>o apostlis hert?/.s : weren wel sore {jo,
]->rii Jiey fastin echone & wep : alle {)ilke sat^rday:
jir/forc me binkeji it weir gode ; |iat meii of ourr lay
to faste <fc ben In penau;a'e : bojie lost ».t moste,
Si Jiat Jiey for-beron Hosch — : for hit chal ben myn beste. ^0
Fe nele hom noii,^t for-hoto : jial hy bon in vastinge.
böte {wt |iey for-ber^^ Hosch : leb hoto jiorwj alle f>inge.'"
(fe \>at |ier worin : habbi}) t-g/ynitod al f)is;
so f)«t nie be-leueb flesch : \w sat^-zday I-wis.
f)e seconde calendir of augost : he gan henn;^»; wende. ^-^
<fe Jhrau crist grrnity vs alle, : {lat is so frr & hendc,
to come to {je loye : {lat he is in Idy,^t,
for {ie loue of innocent, : so wel so {»ou my,^t (II. ame».
54 bc{) flurclistnclicuV 56 1. o{ier liclp? 81 Ms. bestin. 93 & st. alle.
zur südliclieu Legeiulensammlung. 413
Seint felix (III) f)e liolv pope.' (2'>. Febr.)
(483—492.)
relix was I-bore in rome : siu«tyine be okle dawe;
bis fadir heet felix ek, : a man of \w olde lawe.
J)e soue lernyd so clergye : so god jef Jje cas,
}jat be at Jie ende : pope of rome was;
& Jjey bis fad(i)r was a prest : & ek au boly mau, 5
felix, liis soue, rae made pope : {)e;--aft/»r na'uät-for-jjan.
fibr pope be was ey^te 3er, : Ic woot Avit-outeu weue,
& elleue mou|)?^s : & dayis eyjteue.
eygtene prestws be made, : &' l)f;--to dekeu/<Ä' fyue,
& ou & twenty byll'chopis : J)e wbyle be was alyue. 10
a cbercbe he made in rome : wit-outen eny rfspit
by-syde seint vincentv/.s- (!) cbercbe, : of seint agapit.
peter J)at of alisaundr^ : somtyme bylTcbop was,
was I-dampnyd et exilid : for e(re)syej as ry.^t was.
to {je pope me tolde : Jx/t be was I-cleped aje 10
& 1-maked ajen skylle : ajen to bis dingnete,
& by Jie byllcbop achatie : me seyde bit was I-do
\)nt of costauutin-noble : beld |)e byllcbopricbe {)o.
{)0 I^e pope be-gau se}) : herof ondirstoude,
defencor, bis conseyller (!), : [)edir be sent by sonde, 20
to a-corsi petfir & acba?ie : {)at badden I-do I)is cboude,
& to sesy pe byllcbopricbe : in to Jje pop?/s bonde.
defencor a-gens bis wille : for{) went at Jie laste,
& out of bere byllcbopricbis : [)e twey byllchop^^s be caste.
{)orw5 conseil of alle \:>e court : {Ms {nng was I-do. 25
{)re 5er leuedin {lese byil'cbop^^'; : In carc, sorwe & wo.
^enon, {lat was empe/our, : sente {)orw bis me?-cye
& by-soujt {je pojje felix : for {)e byllcbop achacie,
& bed be cbolde bim for-geue : {sat ilke foul mescbau«ce
& g/Y/ute bim gri{j, \:>at he moste : {)e/-fore to dou penau//ce. ■^
{je pope gy«nted anon : {)e empe/'ouris preyere
so {)at pete>- & achacie : ue dwelde nou^t I-fere;
ac jif {jey were I-fere : I-foundin alle bo, l*'- 2-381
{)at he nolde bis preyere : grnnty neuer-mo.
Messene & vitale : for{) he sente \)0, 35
twey boly byflchopis, : {jis dede for to do:
gif {jey founde {)at {ns o\)er : bo{je to-geder were,
bey choldin bem boldin acorsid : as {jey wereu ere.
pey {)ese byH'chop^fs boly were, : treson hem ba{) I-cbent,
so \)at Ipej ne dede noujt : {je pop^fs comau/zdement. •*'■•
to-fore alle \>e foUe peple : \)er-of {)ey weren of-take
& I-cast out of bere diugnete : for \wt ilke sake.
messene of {je dede : bim gan to repenty
& wit sorwe of herte : c/vde bim mercy.
of bim me hadde reu{)e : & for^af bim {jöt wrouge 45
& set him a penau«ce : bo{je bard & stronge.
{)e penau«ce be ondirfeug, : \>ey bim {je;fore smerte,
& dede hit wel myldelicbe : wit wel good berte.
Odewarde was king of o^rece (!) : & wered kiug//.s- ringe
In {je tyme of {je pope : pat dede al {>is ilke {liiige. 50
' vgl. Aiiast. Lib. Pont.; der ScIihUs v. 51 ff. ist aus Felix II (.355—8) aiige-
scliinulzeii. — 12 An. Laurentii. 18 lAls. ine lieKi. 38 M3. were uert.
414 Des Ms. Bodl. 770 jüugeie Zusatzlegeudeu
costauntin, his owe soiie, : was in rome ]k);
he Uniid in er^sye moclie — : t'v: \iat was moche mvs-do,
tS: for lie was a grrt lord : ]>e iiioir was his folye —
for to cheue// liis t'ak-e be-leiie, : ho let liim criateny twye.
cusebye nie clepede hini : J)at taugte Jjat centence — " 5"'
lie was f)flt ilke tyme : l)in(lHi]) ot medj^ence.
A ud {jo felix it herde teile, : I-wis hini was wel wo,
& cheued him oiiinliche : {)at he hadde inysdo.
Constantiu wit grrt poiier : to hini com at ]je laste
& out of his dinguete : wel wrougfulliclie him caste. ßiJ
& [>o gan felix wouye : iu a lytil stage
{)at he let makiu er : vppou his eriiage.
it {jey he were out of dingnete I-cast, : nespar^'d he \wriore nou',t
l)at he ue seyde opinliche : ])at constau^i^tin hadde niys-wrou",t.
a iustise he procurid : for \)at ilke sake, ''•'>
{)at was 1-hote t(e)odoiY; : felix he het to take.
j)e ferjie calendir (!) of noue/^/biv : forf) he was I-brou,^t,
it {lo nie sinot of his heued, : ue spaird j)ey hini ry,^t uou.^t.
tV: |)er lay Jje holy body : vul>eriid wel villiclie,
fort I)e Jiridde cakvMlre of decembr^ : com iu, tivwliche: 70
& clerk//x come by uyjte : wel p/-euyliche J^e/'-to
& beried him wit soch honour : so {)ey my^teu do. -
<•<: J)us he ended his lif : iu |)is world here,
iV: aftrr to heue^/ went : wit-onteu euy denioir.
Now bidde we god i't seint felix : j)at he vs grwce sende, 75
j)at we iiiU:r ouir eudiug-day : mot to heiuv/ wende, ame».
Seint cimplice and faustiue. ' (29. Juli)
I wey empp>our;^>* in som tyme : was in \)e loud of rome
]3at slouin maiiy a oristinman : {lorw wel wilful domo:
dioclisian & maximiau : weivn here nam.'^'; |)o;
nioehe folk of cristindonie : Jiey dienten Jiorw,^ pyne iK: wo,
for j)e feud was I-chote : so faste iu here J)ou,^te •'■
]jat \wy ne my^te of Jhe.su cn'»t : I-here to speke nnu^^te;
for al was heiv wille : I-tornyd to fals lay.
twey gode cristene men : ))ey aspyid vppon a day:
Simplyse het ]uit on, : cS: \>at o{)er faustyne;
lic hem hyjte to nenie auou : & dou heni strong pyne. l"
anon \>\» moi wert'u I-nome : & to ]>e eniprrour I-broujt,
tt he to hem seyde, : ^what habbe ge I-l)ou,^t ?
fort to despise ouiy laue : & oure god also?
I'or so{)e, we nelle]) soflVy : J>at noman so ne dol
l^r l)at je so niote, : -^if {lat je ben wyse : ^"^
to oure god Jubyt/';' : to-day dou sacrefise,
t^ we woUeJi for jouir loue : dou sacrefise also;
i^ so ^e mowe jouiv lif : frrnii pine sauy bo."
flaustill ])() stood stille : it ue aiisweiv'(d) uoujt.
„Syrr empf;our,'' (\>/a\y cimplise, : _to v>u we bej) i-brou;it -"
l(^ ben at jouir wille : In slcylle Ä iu ryjt;
we wolli[) ben I-rnly : by day i'^- be uyjt.
51 ff. v<^l. Aiiast. Felix II (2'.) .)uli). .")G An. episc. Nicoinedieiisis. Gl IV.
Hiulers Aiiast. Ü7 An. Ide. 70 Ms. caleitlr.'. 74 Ms. demereV — ' Vgl. die
kurzen Acta bei Mombritius u. A. SS. BoU. 29. .luli. Der engl. Text weielit viel-
lai-li a.b und ist uusgeführter. — IS Ms. be st. bo. 21 Ms. lin.
zur südlichen Legen densanimluug. 41')
ac o I)iug wetej) to sojje, : .^e Invteuel^ vs vit pvue :
ffbr sol^e, we ue dirdej) {ie nou.^t : ne nou of jöuir livne,
ue äouir tormentiuge : ne dirde we ner-l^e-nio, " 25
uamore \)an we dredejj \w : {le wor}) of a slo.
ac we drede{) \>e pyne : })at lastijj euf'/-moiY',
In body & in soule — : for \)ai is oure nieste feir.
& of joure sacrefise : ue let we nou^t ejje,
for we wollij) for cristus loue : wel fain Ijolye dejje. 3ü
& nowä ge witej) to sojje : al what is our« w'ille:
we nolli|> lete Jhftsu cn'st, : ])ey je ourf bodiis spille."
dioclisiau gan to leyje : & seyde to faustiu \m:
„woltou holde I)e falf lawe : & "beeu to dejse I-do?"
faustin answered & seyde, : „ourp laue nys falf nou.^t, 35
for we leuel> on Jh&su crist : Jiat vs so dere abon.^t!
vor he is stok ne stoou, : ne gold ne siluer he nys,
ac godd«s sone of heuen : we witel^ he is, I-wis •
to beggen man fro sinne : ful lowe he alyjte
& deyde in his nian-hede : I)orw Ins swete myjle. 40
whan he Jiorw his niyjt : wolde for vs deye,
for to deye for liis loue : ue stondijj vs non eye."
„A, foule stinkende Jieuis," : Jje empp;-our seyde |jo.
„je chollij) for oure c?-istus loue : deyiu alle to."
anou he leet f)e tormeutour?«.« : to smyte» of her? heued : 4''
& so was here holy lif : fm-m fte body reued ;
Jje soul«.s wente to heuene, : J)e bodyus ßllin to grou^/dc.
\ie tormentourM.s nome grrt stonys : & to J)e bodyu.v boii/zde;
In to Jje water of tibre, : Jjat dep & brood is,
\)ey caste |)e bodyus {)o : afterward I-wis. 50
Jhesu Jjorwj his myjt : uolde hem Jiere lete
& made J^at Jie bodyis : gönne aboue flete.
b(e)atrich, here soster, : jide a day for here loue
wepiug by fie water, : & sey hem fleten aboue :
jhe went to crilpe & Jhon, : Jjat to \vestifs were, (18. Aug.l'^s
& beried hem in here oueii weide (I) : In fayre mauere.
Jie prest^^**, J)o {^ey hadde I-do, : beden here good day
& weuten homward p/'euylich : by |)e ryjte way.
beatrich sore wepinge : adou» be {)e toumbe lay
for loue of here brejierin, : here song was welaway. »^
lucrecie, a fals bedil, : wel ofte perforjj gan go,
& I-seyje beatrix sitte : J)er at ]}e toumbe so.
to here he gede a tyme : & nom here be [le göre,
& seyde, „seyg me, wi^/man, : whj' wepistou so sore?"
„ftbr myue brej)erin," ghe seyde, : „myn herte is so wo, lf-239i C5
})at ic ne may weping : forleten neuer-mo;
for cristus loue Jjey were I-slawe, : cr«st ich hem be-take
& my body & my soule, : ich nele hem nougt forsake."
„arys, woma«," he seyde J)o, : ^\)ou most come wit me.
& don honour to oure god^.s, : ,^if hit J.iy wille be. '"
a whyle [wu hast I-wope here, : ich wole J)e teclu- pU'v.'^e;
& but |)ou hououry oure god?^*, : for su^j Jjou ehalt deyje."
„1^0, ich am al redy," : beatrich seyde \w,
..vor to myn breljcrin : \^an ich may g<x
tlbr cr/stiii wo?;/man ich am : & sacredso ic wuli- bringe "i^
to Jhe.su cn'st of heuene : i^ lo non ti\n'\- jiinge."
44 1. jourc. 5G lut. in Sexto Pliiliiipi. &'J Ms. he.
41C Des Ms. Bodl. 779 jüngere Zusatzlegeudeu
wit {)at ilke worde : beatrich {)ey l)ounde faste,
& ladde her^ iu to pyrsoii : i't j)rr-iii lieir caste.
by iiyjt he slow herr niyd liis swerd : <!t in [)e stK'te jjiy'u Iipit |jo,
tt to his bedde he wente : jjo he hacUle {)us 1-do. «0
lucine, a fayr niayde, : foud |je body {jeir,
it beriid it in {)e fehl : {jere her^? bre{)erin weir.
lucresie went to {je hous : lyer-after Jie Jiridde day
\)er jjis holy meu woned, : so ich 3011 teile may:
\)er he fonde a ^oug child : in a wownnan^/.s barme; 85
j>at liiin gan to warny : ano» of liis härme —
i*c ,",ut |je child was noujt : bat seue wokin old;
,Vt hit gan to speke w/t him : w/t speche swy[)e bold :
„lucrecie," it seyde, .,herkeue uow to nie!
|)ou hast aslaue beatriche, : {jerfore by-war Jje! w
ior |)ou ne ehalt to sofje : it uo lenger astonde,
for sone {jou worst Ituke : in {)y foon honde."
jjo \^e child hadde I-euded : jie wor(b^'>■ \uit he sede,
lucn^cy Jjorwj) jje deuel : anon he gan awede;
& so he dwellid for wode : ])re tidis of Jie day, 95
iS: deyde & wente to lielle, : so ich 30U teilin may —
ik \)('r he fond j)e drinke, : I-wis, so ich trowe,
jiat he hadde to him-self : |3p;--by-forp 1-browe!
l)e Jjridde calendir of decembre(I) : jjese martiris deyde, I-wia.
110W3 Jhe^u cr/st for Ikmt loue : vs g/vmte heue;/-blis 100
iS: bringe vs to \)e ioye : l>er \)at hy bejj inue,
Ä {lat we mote oiire ryjt eritage : w/t ry,^t to ourc souh/Ä- awiuue.
ame».
Saint Abdon and ceint cemen, twey holy MarterisJ 030. Juli)
Seint abdon & seint ceme?« : twey brejjeriu wer<^
In fje lond of cordiüie, : & wercn king//« pere;
cv/stin men J^ey wen- ; & wel lieldin here lay,
& seruediu wel .Tlu>su crist : so ich ,V)u teile may.
\)ei-ot hadde |je deuel enuye : \)nt hatej) alle goodnesse, ■''
Ä niaden })(/t hej)en meu hadde enuye : of herc holynesse:
To l>e emp^rour der-/e {jey wente : iS: gret playnt gönne make
how abdou & seme>/ : hadde heir god/^s forsake,
& seyde, ^ondirstondej), syrc, : it is ^ourc deshonour
J)at i)ey despisit |)e godis : \)at doj) ^V'i^' J^H^' socour; i"
& but je ben ]jer-of l-war : »S: do ameudement,
/^e mowe awayntin alle : \i(ii oure god//.s- heii I-chent:
for wel we it oudiistondi|3 : al wit-outen ope,
for hit is litil wondir : }jey hy ben alle wrojje.-
„wel je witej)," qiml» pe enipr/-our, : „bat ich mot don by
rede, ^''
ik ich uyste noujt of {je Jiing : {wt je to me sede.
;,if je mowe a-foue {aat {jing : {)at je to me \)?is tolde.
what-so je me rede{), 1-wis, : ich hit wille holde."
„syre," {ley answer^d {jo, : „but {ns hing soj) be,
{)ou dou by vs {jy wille : <& lete vs alle sde. '-^^
81 Ms. luer<>8ine. Ho Ms. lucrtciiie. Ul M.s. loiigeiV — ' Der engl. Text
weielit vielfach ab von den kürzeren Acta bei Monibritius u. A. SS. BoU. ; älin-
licher ist Ado Martyrol. — 11. Sennen. 7 Ms. deiie; Ms. a st. Je. 12 Ms. awayntin
i_t waynienlinV 17 z=. a-vow.
zur südlichen Legeudensammlung'. 417
& \>eriore we {je rrde\) : [mt hy beu ijuilc of-sent,
to dousaerefise : ol>er stonde to iuoenieut.'-
„I-wis," qiia\:> decie Jjo, : „ich wolde it were I-do,
|)at Jjey weiru quik ol-seut : jjat [jey me come to.
& gif Jiey speke of Jhesu crist : to i^ou iii eny stou^de, '-i-»
uemep hem Av/t strengiD : & do\) 30 hem faste binde!'-
{jeu J>ey went anon-ry^t : & noui {jis goodme^? [x),
& habbelj hem be ]>e weye : wel nioche chame I-do.
Avel fayre {)ey come to |)e empf;-o?/r : so hit was wel ry,^te,
& salued him in fayr manere : wij) alle heir my^te. •'"
jie empe/-our spek grimliche : it seyde to hom })o:
„belamyes, why habbe ge oure godus : so moche chame I-do?
I^orw meu of rome ^e he\) I-nome : Sc I-brou^t to ouir lionde
to ondirfouge 5oure dome : wit chame & ek wit chonde:
takej) kep, ich 30U rede, : & comef) to amendemtva, 35
er je ben to pyne I-brou3t : & al to-gedir I-cheut.'-
Abdon \)o auswerde : & seyde, „god gilde it [je
J)at Jjou hast so wel I-radde : myue felawe & me!
for to aniendeu it were good : who-so wiste I10W3,
& fyjtin w/t J)e deuel, : for uede we mot uow;,. ■!"
& Jjey ])e batayle be stronge, : jitc uele we noujt fle,
for |)orw3 Jhesu cristtis helpe : we hopyiji maystei" to be.'-
Qnad Jje emperour, „what is l>e batavle : \y.\t je be{) to
I-dyäte?-'
„syre," Jdo seyde semen, : „it fallijj to godd?/.« kuyjte
stifliche for to stoude : & ne fle ueuer-mo 45
f/-am bis lord?^s ry^te, : iram wele ue fro avo;
for more mauchipe it is : in feld for to deye
J)an to libbe in sinn«*' : vndir chreuis eye.
Ä |ie ryjt of Jhejsu crist : vs haf) I-taugt so
J)at we ne dood sacrefise : to deuelin neue/--mo; f'O
for chreuin J^ey beji alle, : & here sergauns echon.
Iter-iore we nollijj to hem : sacrefise do nou."
^Avoy, syre!" qua]) J)e emperour, : ^{lan bechreuestou me?
for icli hem louie & don honour, : |)«t alle meu mow I-se.'-
.,for sojie, syre," qua]:) abdon : „& \)at me reujj sorc, •'^'•''
Ich hadde Teuer }jou leuedst : on Jhe,'*u criatns lore."
„out, |)eues," qual> \^e emperour, : „I)e deuel 30U an -bonge,
for noujje ich se J)at goure lif : Ilestelj al to loiige.
„uymejj hem," he seyde {w, : „& binde}) hem so fasle
I^at Jjey of here liuis : ben wel sore a-gaste; '"•"
& castej) hem in to p/-eson : & letej) hem Jjere to be.
vort je habben beste : to bringen hem to me!"
anon were Jjis goodme// : in to preson I-brou^t.
& \m?/ bespak him semeit : & ne spared ry;,t nou^t:
„leue swete broj^er, : me Jjinche}) it, I-wis, •'■''
In l>e loue of Jhe^u c//st : nou be-giunyj) oure blis;
for me f)inke}) ])at JbeAU cr/st : on vs he ha}) l-ljoujt.
I^erfore we to bidde to him : pat alle piug haj) wrou.^t.
Jiat we mote hardv be : to endiu I)is bata>le.
& for doute of no de}) : \>at we nou^t ue faylc."
voure mou}j«.s- })ey dweldin : in |)'/t i>rrsou \)'t
& nome« concayl : what hy myjte do.
40 1. for wele ne for. öö 1. viU'l).
Archiv f. n. Sprachen. LXXXIl.
418
Des Ms. Bofll. 779 jüngere Zusatzlegenden
90
95
J)e vii'lje caleudir of augost : decie hiin sette iu trouo,
& iifter Abdon & seraen : he sente s\vy{je sone. [*"■ '-^+01
})o \)ey wereu forj) I-brou^t, : he seyde to his coiisayle: "5
^alle 3e wite|), lording?As, : forsoJ>e wit-outeu fayle,
J)at Jiorw helj! of oiire goüus : ourc fome« come to honde,
)ey \)iit Jiey werc riebe, j)r()ude & stronge : by wat^r <y by londe:
jese to Jiat se I-sef» : wit clleyn^^^• I-bounde her stonde,
)at oiire god^s & me de^insit : wit chame & wit cbonde, 80
& Av/t gold & seiner bo, : Avit ston?/.s t^ riebe ringe
Jjey bef:) aparayled so ricbeliche : |)at of vs ue teile}) no J>iuge.'^
alle \)at bem I-seye : wel sor^ J)ey gönne to drcde —
god hem sente {lerc : so mochil of ifayrhede ;
<S: niany gr^te lording?r.s : \)er kneled to heni adoun 8ö
it bediu ])at |)ey cbolde : be-leue on mahoun,
so \)at by my^ten libbe : .& babben so gret honour
& be lef & dere : w/t decie \>e enijKvour.
semen him auswered, : „aboute nou3t it is,
for ich & myne brofn?/* : c?'/stin we be{), I-wis ;
In oure herte crisUis loue : is so fast I-do
Jiat we ne mowe it letiii : for nou.^t \>cit man may do;
ior bim we woUij) bonoury : liou-so bit inier furr.
J)is o])er god^^s■ bej? deueliu, : god bem ,^iue carrl-
Decie Jjo for wra{jj)e : gan to grinte et gr^de,
& cleped Valerie, Jie iustise, : & Jius to him sede:
„()ese tweye peuis tak : to \>e, ,^if Jjou coune,
it mak hem dem sacrefise : to I>e god of {)e sonne;
& jif Jje noUij) dooii sac/-/fise : to ourc god?^s of {le lawe,
t>ou lete bem myd wilde best/zs : anon to ben to-drawel"
To-for«' f)e god of \)e sonne : me bem haf) I-brou,^t.
Abdon seyde, ^f)is is a god : wit manu«.<; hond^/s l-wrou^t;
I^erfore, I-wis, it wer^ : boj^e chame & reujie
jif we him bonourid : & brekin oure treulie;"
vppon bim l)ey spatte : & seyde, „valerie, lo,
noujje jjou sixt w(jche honour : we wolliji to hem dol
we honourejj Jhe.su c//st : \)at made alle I^ing."
^out, out," qwfflj) valerye {jo, : „|>is is a strong speting!"
> it ledin clobb».s- anon : he leet hem \}0 bete;
J)e clobb»*- made in here fliesch : wowidiis s^-^'Jje grete.
to hem he let go twey lyonys : fiat hem to-draue// cbolde.
{)e lyonys be-com tame anon : i^ hem harmy noble;
aboute hem wel myldeliche : f)ey ^edeu on \>e grou/nle
i*t softe I^ey go/aie to like : here blody wounde.
se}jl)e be leet foure beris : to |)is goodmen go.
Jx'y be-com swyl)e tame : \iO pey hem I-sey also;
aboute hem \)ey leyin : so echman I-sey^,
i'>c kepte ])at noman ne moste : come hem nyj ;
eV: sej){)e Abdon & semen : bedin w/t good wille
j)at l)ey cbolde aryse : & go mylde & stille,
so bat I^ey ne cholde : no man mys-don :
l)e bestis aresin & jede» forji : it ne dwelde l>e;- nou.^t on.
valarie heet me cholde : in {xtt ilke stede
for to smyte of here heuedin ; : it also me dede.
here soub/s wente to heuene : ]i(ft ech ina» may 1-wite;
In {je tomi)le t(»-fore here godis : here beuedis were of I-smete.
105
110
115
120
li")
iG JId. li>iidiiifj«.v. 89 1. liein. 91 Ms. cristiis loue is loue.
zur südlichen Legeudeiisammluug. 419
vnberied lay Jje bodyis : ^tere dayis {)re:
quirin, a dekene, be nygte : he gau j^edir te
& beriid herr» bodyis, : so fayre & so cou])e.
& Jhesvi crht for herc loue :" vs grauten alle iiouI)e '30
bat \ye mote so libbe : here in world Jjisse
pat we moot alle come : in to heue»-riche blisse. amen.
Seint iermau Jie holy bilTchoiJ.» (:U. Juli)
Seint ierman ])e holy mau : iu auticiodeuco was I-boir,
In 1)6 toun of iudegen (I), : of swyl)e nobil niorc.
to lettrurc he was I-set : Jiorw his ireudeu rede,
& \)er-in he begau : swyj^e wel to spede.
Inou', he gan to lerne, : ac euer he Jjoujte J)o 5
how^ he myjte his soule : best to chelde iram wo;
\wrioTe he gau lerne : Jjo in alle wise
forto rede & singe : in holycherc(h)?<s seruise.
nolde he wit no felachepe : for uo-maner ginne
come to uon pleye : Jjf/t eny foly was iuue. 10
wel moche he gau to hatye : eche-mauer tauerue,
vor him {jougte iu soule : as für it wolde berne.
\>o he hadde his gong lif : iu scole wel I-ladde,
his maystris & his felawis : wit him weren gladde;
ech man |)at him I-knew : speke gode by his myjte ^5
& go»uene him to honowriu : l)oJ)e day & nyjte.
& Jjey him made toun-clerke : {)o liit tyme was.
alle agen his wille : In Jiat ofise he was —
his Jjoukis he nolde nougt : soch ofise oudirfo,
for J)at him was swyjje loojj : eny mau mysdo; '-'O
& nou5t-for-J)a>? he was : iu ])at ofise wel longe.
l^er nas noman I^at mygte of him : to playny but w/t wrouge;
& |)e/-fore him louid so : alle men I-liche
\>at weren iu J^e touue, : boj^e pore & riebe.
so hit be-fil, as god wolde, : {jat J^e byllchop was dede. '■^
& leued men & clerk?<s : Jjer-of tok here rede;
so moche {)ey louedy?* alle : J)e gode clerk ierman
{>at J)ey him'to byllchop ches, : so ich 30 telliu can.
& f)er-fore J)ey sente : anon to I>e kinge —
& uoliiug nyste'german : of Jjis ilke Jjinge. '"^
|)o Jje king wiste [)is, : anon he ha}) I-seut
aiter ierman {je clerk; : & he to him is went.
vavre he sat adou» a-kne : & honoured I)e king.
Jje k'ing him tok be Jje houd : & was glad of his comyug,
& seyde, „come hedir, iermau, : for \)on ehalt sitte by me, ^
& ich Jje wil teile : a Jiiug iu p/ruyte.
t)ou hast longe I-be mv clerk : at hom at iudegen,
& noul^e Ijou chal beu" byllchop I)ere, : forsoI)e w/t-outeu wen;
for ic I^e habbe l>er-to I-chose, : non olper ne may it be,
& l3e;--fore ic l>e grauty : \:>eroi \)e dingnete.- •»"
„alas,'- qua]) iermau, : „lord syre, hou goj) I)is?
1-wis, me Jjinkeli ])e byll'chonriche : I>rni hast I-set amys,
for in soch ofise : uojMug ich ne can.
{)erfore ic bidde pur charite, : ])on diese iiuo[wr man,
» Auszug aus der Vita Germani auct. Constantiü piesb. (in A. SS. IJoll.
31 Juli, p. 201). — 2 lat. Autisiodorensis oppidi indigeiia fuit. 25 er hiels
Amator.
27*
'120 i)es Mm. B(k1I. 77!t jiiiigore Zusatzlegendeii
j)r^t hit cau & mowe bet : [xit ilke olis do> -i^
„German, anoii be stille!" : ])e king seyrle jio,
ttor by I^e tnni[)e ich habbe to god, : & '\wt jjoii clialt to nie,
In \)at ilke billchopriehe : nou o\>pr ne clial liit l>el
tor liit i.s g()dd?/.s- wille : Jwt \>ou it ben, I-wis. .
j)erf()iY', gif l)uu hit w/t-segge, : [>on dost \)er-oi aniys." 50
(Jernian Jjo answered : Jk seyde |)e king to:
„nowg Jlv.su crist vae.gronty : grace wel to dol'^
to [)e erchebyflchop he weute : so ^od jaf J^e cas,
& was I-sacrrd byll'chop : so rygt h laue was.
c*^ anewe lif to lede : anon he ])y-gau ; 55
j)ey he hadde good lif I-ledde : & cleue byuore J)an,
bis lif he gan amende : & by al bis mygte
Iie drowj })e folk to gode : by day & be uyjte.
|)erfoiv' iie wente ech day : to diuers stede to p>rohe;
& moche hini loued {)at folk : so he gan heni teche, ^
& of bis prc'dicaciou« : hem stode wel girt eye :
for he heni cheued be skylle : ]iat soule ne mygt noujt deye,
& alle ])ilke {)at wikkid were : \)e\ cholde soft'ry wo
In \)e pyue of helle : [mt lasteji euer-mo.
Of |}is ilke pyne : heni dradde swyjie sor^, 65
«Sc drowin hem froni sinne : euer i>e leng \>e moir.
riit by-fil on a tynie : J)is goodman wente to p/rche
in j)e lond of bretayne : so god hiin gan to teehe.
poiY^ inen he niette a day : |)at bedin ahnesse ,^erue.
to on of Ins dekenys : |)is goodman gan him torue, ^^
& seyde to him, „teile me nouI)e : for Jiy cortesye,
how moche moueye we habbej) : in our^ tresorye.'"
{je dekene him answered, : „for sojse ich segge {)e,
Ich nabbe in myne warde : but besauns {)re.^
„gif hem," q//a\) {je byll'chop, : „to \)e pore men echou 1" 75
„ge," [jougt [)e dekene, : „{la/? |ier ne leuej) neu^r on,
Ä ich not what my lord : her-after haue|3 to don:
lirriorr ich wole jene }ie two : tt lene wit me {)at on."
it so he dede anon-rygt, : hem he jaf [)e two,
i'v: kepte wit him |)e {)ridde — : & f)at was mys I-do! ^^
wel wiste {)o germau : al \>e dekenys wille,
& \ie\ ior\i in liis wey : he rod swyfie stille.
Jio he hadde a whyle I-rede, : he lokid him by-syde:
iS: many men he seye : svvyj)e aft^;y him ryde.
{jo seyde seint ierman, : „|)is men we niot abyde, '^^
Ic wot \>ey wolde speke wit vs, : tyde what be-tyde."
a'^en he tornyd bis palfray : {lat he |)o by-strode,
i*t agen jiese men : wel myldeliche he rode.
& alle {)ey alygte : j)o {)ey him mette,
»S: w/t wel fayrr wonb^.s : myldeliche him crrtte. y"
\)e byll'chop to liem seyde, : „,',e moot tetlin me
In })e name of Jhi^.sn crist : what joinv wille be!"
{)ese o{)^r go/nie to wepe : iS: to him seyde anon :
,,oun' lord is mesel become, : iS: bis meit echon.
Ix'iioir we habl)e|i on of liem : liedir to \)0 I-brougt, *^
l^at Jaou biddc to god for him : I)at al|)iug haji l-wrongt;
for we liopej) alle I-wis : jjat god wol sone
hele him of iiis cni! : |)orw [)in holy bone."
yö IV. anders lat.
zur südlifhou Lt'jiriRU'jisaiiuuluiig. 121
anun Jms holy byllchop : of Ins liors alvjto,
k bv-,süu^te to Jhesu cn'st : to clieuen {jer liis iii.v;,h'; H"!
& aiter he ^af Jns seknian : his blessiug anoii:
J)e sek man aros hini xp : & hol he gau goii.
echou |)ey wercn blylie : for \)at ilke dede,
Si two hondrid besauns : aiuut |)ey gan hini l)e(lc.
^TakeJ) hem I)e dekene!" : jjc byllchop sevde jh), !»•'>
„& he may to sojje T-se : I)at he ha}) nivsdö:
ftbr 3if he habbe I-do : as ich hini ha])be I-bode,
he hadde |ht hondrid besann.s : I-brou,^t in to |)i8 sLedc."
J)e;-fore nonum ne habbe : wanhope of godd/w niy,^t,
für he may whan his wille is : I-now to vs euer dy.^. ""
l>e dekene anon hl akne : & merey hini gau crye, '
& seint iermayn him for-3af : J)o al his folye.
wit hem he wente t(j here lord : by J)e wey wcl J'v^te,
& helid him & his meyne : {lorw^ godd^s swete my\te.
s\vy{)e glad |)(e)y wereii, : alle {jat him myjt I-se, ' U'»
& honowred him moche : In al {x^t contre.
V ppon an o])er tyme : so he aboute wende,
In a goodmann^/s hons : any^t he alende.
I^e goodmann^s dougt?//- was doumb : & longe hadde I-be —
a swy{)e f ayr niayde it was : elles vppon to sc ; 120
Jje fadir & ])e modir : fiat here hadde forji I-broujt,
werin swyjje sory : for ,3he ue spek nou3t.
anon after soper, : so ich ,3on teile can,
seint german axid myldeliche : al of ]}e goodman:
„hanestou eny don^trr'?'^ : J>e o|3er seyde |)o, „3e/" l-"^
„why ne moot jhe," he seyde, : „come be-forc me?
Is here any härm I-do : ojjer here lemys he\) syke?
som Word je may I-here : Jjat may ^on alle I-like/
Jie goodman fei akne : it to him seyde ])o:
„Ic not, leue swete syre, : Avhat je cholde here do; l-'^"
here tt)nge is Jjorwj goddws gyace : noujje so fast I-steke
{)ftt jhe neuer lier-by-fore : a word ne myjte speke."
f)e byllchop him answered, : ^goodman, bc now stille!
I-leuestou, of alle J)ing : \>at god may dou his wille ?-
wel swyjje sore wepinge : {je goodman seyde, „36." 13ö
.,bring Ijan," qHa\) |)e byllchop, : ^I)y doujter be-fore nie."
\)e goodman aros him vji : & ue dwellyd noujt,
& ha|5 anon his doujter : to-fore {le byllchop broujt.
{lan seyde seint ierniau : to alle {)e meyne:
„biddef) nou{)e euenchon : w/t me on jourc kue 1*0
|)e;t he vs sende grcrce : {)orw3 liis myls Si his ore,
J)ot |)is niayde moot be : deliuerid of here sore!"
J)0 german ai'os : ont of his orisoun,
Si he niade ]io anon : here sitte akne adouu,
& w/t holy oyle : he anoynt alle here face 143
& by-soujte wel gerne : Jhe.su c/-/st»x grace;
& suj){)e he made in a coi)pe : wit him sopp/^s {)re :
Jirtt on he ^af |>e mayde : I)at l)cy alle my^t I-se.
& jhe it et it made a singne : for to habbe// more.
.,J)OU most speke," q//e/{) {)e byllcho]), : „rajjer, be my göre I
jif {lou wolt hal)bc |)is mete, : l'orsoj)e ic .segge jie,
i>ou hit most bidde : of me pur charite."
1U8 lic öt. Iiy.
422 Des Ms. ßocU. 779 jüngere Zusatzlegg. zur südl. Legendensaninil.
^Oif me," qua^) jhe, „pur charite : of f)i.s mete morel"
<fe aftoward redelicbe : .^he spak for eucr-niore.
J)e fadir & Jie modir : made \>o glad chere, 155
& Jioukid Jh^su c//st & hini : ecli iu his manere.
nioche mc doutid scint germau : it honourid hini also
for f)e fayrc meraklis (I) : {)at god for him gan do;
moche ioye Jje/- was : })o iu pe ferfde,
& alle J)ey gonnyn \)e morr : |)o god louie & drede. — ^^^^
as seint ierman rood by J)e wey, : so hit by-fil a day
|iat he com be a tou>//be : Jier a byll'chop lay —
somtyme me clepid liim : {)e byllchop cassy.
a-doun he alygte & bed for him : to .The^u c/v'st mercy;
sef){)e he seyde, Jit/t his men : I-herdiu hit cchou : 1''5
„cassy, what destou here? : teile liit me a-uou I''
„here ic ligge & rpste," : qua\) ])e dede fio, |f.241i
„vort it goddiswille be : \>at ich heun;/.s go."
„how reftiftou, broJwT, : f)ou most teile me!''
f)e dede answerde, „ic rcste in pes : also Jjou my^t se." 1"'^
„J)er moot l)on reste in pes," : qiui\i seint ierman, „longe,
& sejjjie at Jie ende : godd?^s mercy afonge.
J)at \)ey moot of sinne : here lif so ame»de,
uow bidde we for c;/stene men : {)at god hem groce sende."
forjj wente seint ierman : in alle \)e coutre 1'5
& preched swyjje ",erne : of \)e c;/stiente.
J)re hondred ',er he was byllchop : in J)is world here,
& suJ)J)e he wente to heuene : lpe>- ly',t & ioy is clere.
Xow bidde we alle to Jhesu crist : for loue of seint .Ter-
mayn,
Jiat he bringe vs to Jie ioye : licr \)at he is in. ame«.'
' Die später im JIs. noch folgende Legende von Harlaani und Josaphat
(27. Nov.) habe ich bereits in den Altengl. Leg. 1875 ediert.
Die hier gedruckten Legenden, welche im Sinne und Stile der älteren Samm-
lung gedichtet sind, erscheinen ebenso als freie Bearbeitungen der Quellen: sie
zeigen sich entweder aus dürftigen Quellen selbständig entwickelt und ausgeführt,
oder aus längeren ausgezogen, ersteres z. B. bei den l'apstlegenden, die auf des
Anastasius Liber Pontif. beruhen. Wie weit der Dichter noch unbekannte Quellen
und Vorarbeitungen benutzt habe, ist schwer auszumaclien; meines Eracbtons
rührt die Benrl)eitung von ihm selbst her. — Spracldich ist besonders die Ver-
breitung der Endung -en auf den Singular des Iiiilikativ wie des Konjunktiv, des
Präs. wie des Prät. (z. B. ic habben, ic toldin), auch des Imperativ, auffällig;
ebenso der Gebrauch von to vor dem Infinitiv nacii den Hilfsverben.
Der Konjunktiv im Französischen.
Ein Beitrag zur historischen Syntax der frauzüisischeu Sprache.
Von
Dr. A. Gille.
(Halle a. S.)
Die Arbeit ist eine historisch-syntaktische. Sie soll, den Gebrauch
des Konjunktivs durch die Geschichte der französischen S})rache hin-
durch verfolgend, denselben feststellen und erklären, um daraus ab-
zuleiten, wie der heutige Gebrauch sich entwickelt hat. Die Arbeit
ermöglicht demnach eine zweifache Haupteinteilung: Man kann ent-
weder nach gröfseren zeitlichen Perioden fortschreiten und innerhalb
jeder einzelnen das syntaktische Einteilungsprincip anwenden ; oder
man macht die syntaktischen Kategorien zu Hauptabschnitten und
führt jeden solchen Abschnitt durch die Geschichte der französisclien
Sprache durch. Wir folgen der ersten Methode wegen des Vorteils,
dafs sie ein abgeschlossenes Bild einer bestinnnten Sprachperiode mit
ihren charakteristischen Zügen giebt.
Was die zeitliche Einteilung nach Perioden der Sprachgeschichte
anlangt, so ist es vollkommen richtig, was Benoist, „Syntaxe fran-
oaise entre Palsgrave et Vaugelas'' 1877 Preambule, sagt:
„Les changements que subit une langue ne sont point l'reuvre
d'un jour ou d'une annee; c'est peu ä peu, et par un mouvement
insensible, que les constructions fönt place h d'autres constructions,
que certaines phrases vieillissent et que d'autres tournures leur suc-
c^dent et se developpent. Tout cela est lent, et l'arbre conserve long-
temps des feuilles jaunies si cöte de ses feuilles jeunes et vertes."
Nichtsdestoweniger giebt es gewisse Eigentümlichkeiten, welche die
Werke eines oder mehrerer Jahrhunderte gegenüber denen anderer
Zeiten charakterisieren — vgl. die Zusammenstellung derselben auf
S. 463 — 4(54 — , welche uns berechtigen, von Perioden der Sprach-
421 Der Konjunktiv im Französischen.
geschichte zu reden. »Schwierig ist es wegen der von Benoist richtig
hervorgehobenen alhnählichen Veränderung aller sprachlichen Er-
scheinungen, bestinnnte Grenzpunkte dieser Zeital)schnitte zu fixieren.
Für den Anfang der ersten Periode sind die Eide als ältestes fran-
zösisches »Sprachdenkmal von selbst gegeben ; schwieriger ist schon
die (irenzregulierung zwischen der ersten und zweiten Periode. Wir
haben das Rolandslied als Grenze der ersten Periode hingestellt,
weil es in seiner Syntax noch die charakteristischen Eigentinnlich-
keiten der früheren Denkmäler, besonders ])ezüglich der Einleitung
mit (jue und der Konditionalsätze zeigt, ohne von der freieren Modal-
verwendung der zweiten Periode Gebrauch zu machen. Als Vertreter
der ersten Periode haben wir herangezogen: 1) Cantil^ne de Ste.
Eulalie, nach Bartsch, Chrest. "* p. 5 u. 0 ; abbr. Eul. 2) La Passion
du Christ, Romania II, 295; abbr. Pass. 3) Vie de Saint Leger, Rom.
I, 273; abbr. Leg. 4) Vie de Saint Alexis ed. G. Paris 1872; abbr.
Alex. 5) Karls des Grofsen Reise ed. Koschwitz 1880; abbr. Charl.
Die Eide sind citiert nach Bartsch, Chrest. ^ p. 3 u. 4 ; das Rolands-
lied nach der Ausgabe von Leon Gautier 1883: abbr. Rol.
An den Anfang der zweiten Periode haben wir dann den Comput
gestellt, weil er schon einige Haupteigentümlichkeiten derselben zeigt,
wie die Einleitung des unabhängigen Konjunktivs durch que, freiere
Modalverwendung in Temporalsätzen und indikativische Konstruktion
der Konditionalsätze. Wir haben dazu benutzt die Ausgabe: Li
Gumpoz Philipe de Thaün ed. Mall., »Strafsb. 1873; abbr. Cunip. Bei
der Feststellung des Konjunktiv-Gebrauchs dieser Periode leisteten
wesentliche Dienste die treft'lichen Arbeiten von Bischoff', Der Kon-
junktiv bei Chrestien, Halle, und von Haase über Joinville (Progr.
Küstrin 1882). Chrestiens Werke sind citiert (nach Bischofl'):
Lyon: Li Chevaliers au Lyon ed. L. Holland 1880.
R. Chan-. Roman de la Charrette ed. Tarbe.
Percev. : Conte del Graal. ed. Potvin.
G. d'Angl. : Guillaume (FAngleterre.
Joinville ed. N. de Wailly 187-1 ist citiert: Joinv. Ferner sind be-
nutzt worden die Dissertationen von 1) Kowalski: Konj. bei Wace,
Göttingen 1882; 2) AVolrt": Zur Syntax des Verbs bei Adenet le Roi,
Kiel 1884; 3) Schulze -Velti'up: Syntaktischer Gebrauch des Konj. in
Li Chevaliers as devs espees, Münster 18S,n. Die betreffenden Ci-
tate sinil:
Der Konjunktiv im FiaM/,(')sischeii. 425
Rou: Le romau de Ron cd. Dr. Aiidresen 1877 70.
Brut: Brut ed. Le Rou de Liucy \Ho6.
Nich.: St. Nicholas ed. N. Delius 18.">().
Marg. : La vie de Ste. Margueritc ed. Jolly 1S70.
C'l. : Li Romans de Cleoniades cd. A. v. Hasselt 1865/66.
Og. : Les Enfanecs Ogier ed. A. »Scheler 1871.
Berte: Li Romanz de Berte aux graiis pies ed. A. .Sclulcr
1874.
Buev. Bueves de Cominarchis ed. id.
Chev. II esp. : Chevaliers as devs espees ed. W. Förster.
Aufserdem sind folgende Ausgaben unter den bezüglichen Citaten
als Material herbeigezogen worden :
Aue. et Nie: Aucassin et Nicolete ed. H. 8uchier 1881.
(YA. : La legende d'CEdipe ed. Constans.
Villeh.: Villehardouin ed. N. de Wailly 1872.
Prov. : Guiot de Provins ed. Wolfart et San Marte,
J. de Cond. : Jean de Conde ed. A. Scheler 18(;(i.
Cap. : Hugues Capet ed. De la Orange 1864.
Bertr.GuescL: Chronique de Bertrand du Guesclin par ("uvclior
ed. Charriere.
Froiss. : Chroniques ((J]uvres de Froissart) ed. Kervyn de
Lettenhove.
An die Grenze zwischen der zweiten und dritten Periode hal)en
wir Froissart und George Chastellain gestellt, denn jener gebraucht
im Gegensatz zu letzterem selten que zur Einleitung eines unab-
hängigen Konjunktivs, wendet quidier Jioch sehr viel an und scheint
kein Beispiel von comme mit dem Konjunktiv zu halicn. Der letz-
tere Schriftsteller ist citiert:
Chr. Chast. : (Euvres de Georges Chastellain ed. K. de Lettenhove.
Brux. 1863.
Aufserdem ist herangezogen worden :
C. N. N.: Cent Nouvelles Nouvelles ed. Th. Wright. Paris 18,M.
Comm. : Commines in Choix de chronicpics et memoires ed.
Buchen 1876.
Vill. G. T.: Villon, Grand Testament ed. Prompsault 1832.
Für das 1 6. Jahrhundert haben wir uns einfach auf die ein-
gehenden Untersuchungen AVeilsgerbers in „Konjunktiv hei den
französischen Prosaikern des 16. Jahrhuiulerts", Dissert. und Fort-
426 Der Konjunktiv im Französischen.
petzung derselben in Ze. f. nfrz. 8pr. u. Litt. Bd. VIII, Heft 7, be-
rufen können.
Die dritte Periode haben wir mit Garnier abgeschlossen, obwohl
derselbe schon vielfach modernen Charakter hat, so bezüglich der
Verba der Gemütsbewegung und des Fürchten.«, um die letzte Periode
mit den auch für die Sprache bahnbrechenden Klassikern zu be-
ginnen. Für Garnier haben wir die Arbeit von Haase in Französ.
StudicJi V, 1 zu Grunde gelegt.
Für die letzte Periode boten auch die Untersuchungen von List
über Voiture in Franz. Stud. I und von Haase über Pascal in Zs.
f. nfrz. Spr. u. Litt. IV, S. 95 fT. manches Material. Für die Neu-
zeit durfte wohl mit Recht auf die Grammatiken von Mätzner und
von Lücking als Autoritäten hingewiesen werden.*
Ist somit durch die Haupteinteilung dem Historischen der Auf-
gabe Rechnung getragen worden, so mufs nun in der Einteilung
innerhalb jeder Periode das Syntaktische berücksichtigt Averden, d. h.
man mufs das Wesen des Konjunktivs zum Einteilungsprincip
machen. Welches ist dies Wesen des Konjunktivs? Die Sprache
ist, so sagt H. Steinthal in seiner „Grannnatik, Logik und Psycho-
logie" (Berlin 1855) S. 358, die Erscheinung des Gedankens. Durch
die Modi hat der Redende Mittel in der Hand, die BeschafTenheit
dieses Gedankens zu kennzeichnen. Um die Übereinstimmung seines
Gedankens mit der Welt des aul'ser ihm Bestehenden zu betonen,
benutzt der Redende den Indikativ. Will er aber betonen, dal's sein
Gedanke wesentlich nur Gedanke ist, gleichviel ob er reales Funda-
ment hat oder nicht, so gebraucht er den Konjunktiv. Darum steht
dieser Modus hauptsächlich zum Ausdruck des Wunsches und der
Ungewifsheit, nach welchen Kategorien wir ihn behandeln. Aus dem
subjektiven Charakter dieses Modus folgt, daCs kaum zwei Schrift-
steller derselben Zeit ganz miteinander in der Anwendung desselben
übereinstimmen werden. Ja, in ein und demselben Schriftsteller
finden sich bei äufserlich ganz gleicher Form der Sätze verschiedene
Modalkonstruktionen.
Alles, was soeben über das Wesen des Konjunktivs gesagt
worden ist, gilt auch für das Französische. Die Sachlage ist nämlich
* Die anderen benutzten Arbeiten finden sich im Fnlcrondon nn-
gegebeu.
i
Der Konjunktiv im Französischen. 427
nicht etwa so, dafs das Französische seine Konstrukf innen einfaeh
vom Lateinischen ererbt hätte, sondern aus der Vennischun«; der
verschiedenen Nationalitäten entstand ein jugendlich lebenskräftiger
Sprachgeist, der aus sich selbst heraus sich entwickelte. Gerade die
Syntax aber und in dieser nicht am wenigsten die :\Ioduslehrc ist
der deutlichste Ausdruck dieses Geistes. Andererseits maclit sicli
allerdings doch bisweilen der Charakter des Französischen als einer
Tochtersiirache geltend: indem sie manche Konjunktion, statt sie
aus eigenen Mitteln zu schaffen, vom Lateinischen ererbt, geht auch
die mit derselben verbundene Konstruktion auf sie über. So kann
man vielleicht manche Erscheinungen des Französischen erklären,
die dem sonstigen Sprachgel)rauch zu widersprechen scheinen. Als
Beispiel kann man die Temporal- und Konditionalsätze anführen.
Erste Periode.
9. bis 11. Jahrhundert.
A. Konjunktiv als Ausdruck des Wunsches oder der Ahsichf.
Für das Wesen des Konjunktivs macht es dabei keinen Unter-
schied, ob derselbe im Haupt- oder Nebensatz vorkommt. Der Über-
sichtlichkeit wegen müssen aber doch die grannnatischen Kategorien
herangezogen werden.
1. Im Hauptsatz. Der Gebrauch des unabhängigen Kon-
junktivs — unabhängig insofern, als der Sinn des Sprechenden niciit
besonders durch ein Verb, wie „ich wünsclie" etc., ausgedrückt ist —
ist in den ältesten französischen Denkmälern fast noch ausgedehnter
als im Lateinischen. Er findet sich auch in allen Personen und
ohne einleitende Konjunktion; hauptsächlieli anenliiigs kommt er
im Präsens vor, seltener im Imperfektum, um einen unerfülltcji
Wunsch zu bezeichnen.
Besonders häufig zeigt sich dieser Konjunktiv in den Epen, wo
die volkstündiche Lebendigkeit oft in Begrüfsungen, Segenswünschen,
Flüchen oder Selbstverwünschungen sich Luft macht.
Pass. 60 d: sobre noz sia toz li pechez. Leg. 40 c. Alex. 74 e.
Rol. 37ri7: Fei seie, se jo 1' ceil !
Ib. lO.öcS: Paiens, mal aies tu!
Ib. 698, 2711—13 etc.
428 Der Konjunktiv im Franzftsipchen.
Der KonJ. Impf, wird in diesen und den folgenden Zeiten bis
ins 1 3. Jahrh. bisweilen mit „quare'' eingeleitet, das wie im Lat. nur
den Sinn einer überleitenden Partikel 7ai haben scheint:
Alex. 4t! ab' E deus, dist il, quer oüsse un serjant quil nie guardast.*
"Wenn der Wunsch sich an eine bestinnnte Person richtet, um
dieselbe zu einer Handlung aufzufordern, erhalten wir den sogen.
Coni. iusslvus. Derselbe folgt in seiner Konstruktion dem eben be-
handelten, nur dafs er, wie in seiner Natur liegt, nicht im Imperfekt
stehen kann.
Pass. 127 cd: dontre nos lez, facam lo ben, gurpissem mund et
som peccad. Alex. 125a: aiuns.
In den meisten Fällen ist in der 1. u. 2. PI. nicht zu unter-
scheiden, ob Ind. oder Konj. gemeint ist, da i erst viel später — als
regelmäfsiger Teil der Endung erst seit dem Anfang des 16. Jahr-
hunderts — in den Konjunktiv eindrang (vgl. Willenberg, R. St.
m, 416 ff.).
Fragm. (Bartsch 8, 12): aiest cherte inter vos.
Ib. 8, 13: seietst unanimes.
Ib. 8, 10: ne aiet niuls male voluntatem.
Rol. 424. Ib. 589: Une bataille lur i rendent eil primes.
Bestimmte, oft angewandte Formen dieses Konjunktivs lassen
sogar den Imperativ der betr. Yerba nicht aufkonnuen. Es kommt
bei diesen Verben allerdings noch liinzu, dal's ein eigentlicher Impe-
rativ von ihnen schwerer zu denken ist:
aies, aiez ; soies, soiez ; saces, saciez.
II. Im Nebensatze. Ist das Verb, welches den Begriff des
Wollens enthält, ausgedrückt, so hat man einen Fall des sogen, ab-
hängigen Konjunktivs. Seine granunatische Abhängigkeit wird schon
in den ältesten Zeiten in der überwiegenden Anzahl der Fälle durch
„que" ausgedrückt, wenn auch die parataktische Anordnung der
Sätze noch häufig ist im Vergleich zur späteren Zeit (vgl. Riecke,
Konstr. d. Nebensätze im Oxf. Texte des afrz. Rolandsliedes. Diss.
Münster 1884).
Es dürfte hier am Platze sein, etwas auf die Entstehung dieses
que, welches das lat. ut ganz verdrängt hat, einzugehen, besonders,
weil diese Entwickelung auch lehrt, dal's der französische (Jelirauch
* Vgl. Diez, (iranuu. IH"-', S. 2üti.
i
Der Konjunktiv im Französischen. 420
des Konjunktivs nicht unniittelbai* auf den lateinischen zurückgeführt
werden darf: zunächst wird schon seit dem 2. Jahrh. p. C'lir. der
Acc. c. Inf. nach den verbis seutiendi et dicendi oft ersetzt durch
quod, anfangs gewöhnlich c. Konj., später öfter c. Ind. (vgl. Dräger,
Hist. Syntax II, S. 230 ff.). Die Verben des Wünschens und Be-
fehlens haben aber nie quod nach sich ; sie zeigen vielmehr bisweilen
den Inf. oder Acc. c. Inf. nach sich. So bleibt im allgemeinen die
Konstruktion während der folgenden Jahrhunderte : Quod, wofür
auch quia und quoniam eintreten, bleibt herrschende Konjunktion
nach den verbis sentiendi et dicendi, während nach den Verben des
Wollens ut immer mehr einem die Absicht ausdrückenden Infinitiv
weichen mufs (vgl. Rönsch, Itala u. Vulgata S. 400, 427, 447; Koff-
raane, Gesch. des Kirchenlateins S. 130 u. 124; Sittl, Die lokalen
Verschiedenheiten der lat. Spr. S. 110 — 111). Wie der Gebrauch
des quod auch in Gallien sich immer weiter ausbreitete, erhellt z. B.
aus der „Historia Apollonii Regis Tyri'' und dem „De t'onstantino
Magno eiusque mati-e Helena libellus", die beide höchst wahrschein-
lich in Gallien entstanden sind (vgl. Thielmann, Spr. d. lat Apollo-
nius-Romans. Progr. d. Gymn. in Speier 1881). Hier wird quod
bereits mehr als ut zur Einleitung der Konsekutivsätze verwandt und
zwar je nach dem Sinn c. Ind. oder c. Konj. :
Const. 3, 30 : tantam verecundiam concepit quod . . . decrevit
(quod zehnmal, ut fünfmal). Sogar zur Einleitung von Fiiuilsätzen,
allerdings nach Verben, die den Begriff des Mitteilens enthalten,
dient quod:
Const. 2, 18: dicite domino, quod ipsam — non dimittat.
Für die formelle Entstehung der Konjunktion que ist noch wichtig,
dafs quod zunächst als Pron. rel. sich im Vulgärlatein oft ilurch
quid ersetzt findet, dann aber, dafs die Lex Galica in der Pariser Hs.
stets quid hat (Sittl a. a. O. S. 61 u. 62). Unter dem Eintiuls dieser
Form besonders hat sich dann das französische que lautlich ent-
wickelt.
Allerdings bleibt damit das que nach den eigentlichen Verben
des Wollens noch dunkel, und man wird sich zu seiner Erklärung
wohl auf die auch in der Syntax so mächtige Analogie berufen
müssen.
Durch die überwiegende Melav.uhl der l-^äilc, wo son.-^t (pa- zur
Einleitung eines Nebensatzes stand, drang que auch hur t-in.
ino Der Koujunktiv im Französischen.
1) Die liierhergehüreudeii Verbeii aus den ältesten Texten sind:
cuniander, mander, dire, escrier (Rol. 1964), voleir, aveir (en) talant,
controver (Leg. 9 d — f.), querre, esti:e j^rez, atendre, orer, rover, prier,
deprier (Eul. 26 — 29), conjurer (Pass. 45 bc), enorter, conforter (Eul.
13 — 14), semondre, conseillier (Eul. 6), prendre conseill, loder, re-
clamer, eunsentir, otrier, duner, faire, aidier, jugier(Rol. 309), garder,
nietre gardes (Pass. 9 Od), torner (Alex. 98 cd), defendre (que — ne)
(Rol. 3438), ne s' poet garder (que — ne) (Rol. 9), niielz voeill, mielz
nie vient, plus me piaist, est mielz, ainz ferai (Rol. 321 — 2).*
Anm. : Hierher gehört auch lui ert tart aus
Alex. 13 e: Mais lui ert tart qued il s'en fust alez,
denn wenn auch grammatisch der Nebensatz im Subjektverhältuis steht,
psychologisch ist er Objekt.
1 a) Eine merkwürdige hierhergehörige Gruppe von Verben bil-
den die des Fürehtens. Indem man das Eintreten einer Sache
fürclitet, prädominiert im Bewufstsein der A\'unsch, die Sache möchte
nicht geschehen. Beim Ausdruck vermischen sich nun diese beiden
im Bewufstsein vorhandenen Vorstellungsweisen. Diese Erklärung
würde eine Art von „Kontamination" ergeben (Paul, Principien der
Sprachgeschichte 2 S. 132). So erklärt sich sowohl Konjunktiv als
auch Negation nach diesen Verben, die sich beide seit den ältesten
Zeiten finden.
Solche im Altfranzösischen vorkommende Verben sind : craindre,
douter, avoir peur, faire peur, voir peril.
Alex. 12 e: molt criem que ne t'en perde.
Ib. 40 de: se redotet de ses parenz, qued il nel reconoissent e de
riionor dei siecle ne l'encombrent.
Das „ne'' fehlt in der einzigen Stelle des Rol., wo craindre vorkonnnt:
Rol. 257: Jo me crendreie que vus vus meslisiez.
2. Subjektsätze. Der Ausdruck der Absicht, des Wunsches
kann auch im Verhältnis des Subjekts zu eiiunn unpersönlichen
Urteil stehen. Dieses Urteil enthält dann gewöhnlicli entweder eine
liilliiiung oder Mifsbilligung jener Absicht. Darum inufs nuin wohl
aucli cantumps als Form des Konj. auffassen in :
Leg. lef: et or es temps et si est biens que nos cantumps de
sant Lettgier.
* Über das Ausfallen des einen que nacli (Umi Verben mit kompara-
tivem Sinn vgl. besonders Breitinger in Herrigs Arcliiv Hil. XLV, S. 2:'.t; H'.,
und Mätzuer, Syntax II, S. 210.
Der Konjunktiv im Französischen. -131
Pass. u8cd (melz ti fura).
Rol. 359: Mielz est suis moerge.
Rol. 58 — 59. Ib. 44 — 46 (asez est mielz).
3. Eigentümlich, aber doch seinem Wesen völlig entsprechend
steht der Konjunktiv in indirekten Fragen zur Bezeichnung
der Absicht. Dieser Gebrauch baut sich nicht auf dem Latei-
nischen auf, so nahe es auch liegen mag, dies anzunehmen. Der
Konjunktiv, der im klassischen und nachklassischen Latein fast
obligatorisch war (Dräger, Hist. Synt. II 2, S. 473 fF.), wurde im vul-
gären Latein oft durch den Indikativ ersetzt, ohne dafs ein be-
stimmtes Princip erkennbar wäre (Rönsch a. a. O. S. 428 — 29 ; Sittl
a. a. O. S. 134; KofFmane a. a. O. S. 130). Dieser Modus ist auch
im allgemeinen derjenige der indirekten Frage im Altfranzösischen.
Der Konjunktiv steht aber in dem oben angegebenen Sinne. Oft
liegt dieser Sinn in dem Verb des regierenden Satzes offen ausge-
sprochen vor:
Rol. 630 — 631: Si nus aidiez de Rollant le mai'chis, Par (juel
raesure le poüssum hunir.
4. Klar tritt auch der Charakter des Konjunktivs als Modus
des Unsicheren, des nur Vorgestellten zu Tage in den Relativ-
sätzen.
Zunächst sind diejenigen Relativsätze hier auszuschliefsen, die
nicht in den Zusammenhang des Hauptgedankens hineingeht)ren,
sondexui den Charakter eingeschobener, unabhängiger Sätze haben
und demnach auch wie solche konstruiert werden (vgl. Joinv. 35:
conte de Bretaigne que Diex gart). Es bleiben dann noch diejenigen
übrig, welche einen im Hauptsatz liegenden Begriff genau zu determi-
nieren oder einzuschränken bestimmt sind. Unter diesen kann man
in Bezug auf den Modus wieder zwei Arten unterscheiden :
a) Die durch den Relativsatz ausgedrückte Eigenschaft oder
Handlung ist eine gewünschte. Der Modus ist alsdann der Konjunktiv.
Alex. 5 e.
Leg. 37 ef : Quatre homnes i tramist armez, Qui lui alassent dccoller.
Diese Modalkonstruktion hat sich bis heute nie im Laufe der Zeit
geändert.
Aum.: Hierher gehört auch die schwer zu erklärende Wendung:
ite guarder l'liore que, die sich bis zu Ende des 1:!. Jahrli. noch zeigt:
Alex. Gle: Ne guardent riiore que terre les endodet.
In betreti'der Deutung dieser Wendung vgl. La vie de St. Alexis i.l. l'aris
4.^2 Der Koiijiuiktiv im Frnn/J^Hisclieil.
et Pannier 1872, S. ISiS. Wir sehlielsen uns der Erklärung von Perle an
iu „Die Negation im Altfrauzösischeu" (Zs. f. rom. Phil. II, 9).
b) Der Hauptsatz enthält einen Wunsch oder eine Absicht. Der
Rehitivsatz, welcher den Begriff', in Bezug auf den der "Wunsch oder
die Absicht ausgesprochen wird, einschränkt, wird mit in die Sphäre
des Unsicheren gezogen oder nicht, so dafs er entweder im Kon-
juiiktiv steht oder nicht.
Pass. 9 6 cd: usque vengues qui, sens pecat, per toz solses co-
muna lei.
Rol. 3559: Trestut seit fei ki n'i fierget ad espleit! aber
Ib. 2062: Tut par seit fei ki ne 's vait envair. Cf. ib. 1107,
2144 etc.
Diese Art einer attractio modorum hat sich durch alle Zeiten bis
heute erhalten. Vgl. Lücking, Gr. § 318, 2.
5. Die Temporalsätze dienen dazu, durch Angabe der Zeit
die Handlung eines Satzes genau zu umgrenzen. Wird die Hand-
lung des Temporalsatzes nicht als sicher eintretend, sondern nur als
gewünscht oder beabsichtigt hingestellt, so tritt das dieselbe aus-
drückende Verb in den Konjunktiv. Derselbe kann also nur ein-
treten nach den Konjunktionen, welche eine dem Hauptsatze nach-
folgende oder höchstens gleichzeitige Handlung bezeichnen. Doch
mufs bemerkt werden, dafs gerade die Temporalsätze schon in den
ältesten Zeiten den Charakter der Modi nicht so streng auseinander
halten wie die anderen Sätze. Dies hat seinen Grund wohl darin,
dals dieselben mit der lateinischen Form auch die lateinische Kon-
struktion übernahmen:
a) Die Konjunktionen, welche in den ältesten Denkmälern nach
den obigen Principien den Konjunktiv als Modus des Wunsches
zeigen, sind; usque und jusque. Auch im mittelalterliehen Latein
findet sich usque als temporale Konjunktion (vgl. Kofinuine, Gesch.
d. Kirchenlateins 1879, S. 131).
Pass. 9Gcd (vgl. S. 437).
Alex. 58 b : ne la volt demostrer, nel reconnoißsent usque il s'en
seit alez.
1vol. 1837—8 etc.
In der Erzählung zur Einführung von Thatsachen dient besonders
entroque, das also gewöhnlich den Ind. nach sich hat:
Leg. 32 b; ib. 37 b; Creidre ne 1' pout enlroquc 1' vit.
Der Konjunktiv im ]"'i;inzösisclien. 433
Diese Konjunktion geht nach Diez zurück auf intro usque ; au.s ihr
entstand tresque, das sich zuerst im Rolandliede zeigt:
Rol. 162: La noit demurent tresque vint ä 1' jur der, ib. 3849,
Charl. 57, aber auch tresque c. Konj. :
Charl. 463 — 4: N'en iert mais receuz par nul hume carnel Tresk'il
seit pleine banste de tere desterez.
b) Diejenigen Konjunktionen, welche Form und Konstruktion
vom Lateinischen (antequam) ererbt haben und daher auch da den
Konj. haben, wo der Sinn eher den Indikativ erforderte, sind: ainz
que, ain9ois que.* Die Anwendung des Konj. nach antequam zeigt
sich schon bei Livius und nimmt dann immer mehr zu, bis sie im
Mittelalter zur Regel wird:
Livius 5, 33 : Ducentis annis antequam Clusium oppugnarent ur-
bemque Romam caperent, in Italiam Galli descenderunt.
De C^onstantino Magno lib. 6, 15 (ed. E. Heydenreich, Leipzig
1879): ipse (i. e. pater) de hac vita sublatus fore dicitur,
antequam ego natus essem.
Pass. 4 9 ab: Anz que la noit lo jalz cantes, terce vez Petre lo
neiet.
Alex. 92 ab: Ainz que nez fusses si 'n fui molt anguissose.
Rol. 689 etc. enceisque: Rol. 810—11, ib. 3480.
6. Finalsätze. Adverbialsätze, die den Hauptsatz dadurch
näher bestimmen, dafs sie die Absicht oder den AVunsch angeben,
welches das Ziel der Handlung des Hauptsatzes bildet, treten natur-
gemäfs in das Gebiet des Konjunktivs. In den ältesten Zeiten wer-
den solche Sätze gewöhnlich eingeleitet mit que (wie schon quid im
Mittellatein : S. 429). Man wies aber auch oft durch eine Verbindung
von Präposition und Demonstrativpronomen im Hauptsatz auf den
folgenden Finalsatz hin. Indem nun durch einen Vorgang der
Gliederungsverschiebung (vgl. Paul, Principien S. 250 fi'.) diese Teile
mit zur Konjunktion traten, entstanden die französischen Final-
konjunktionen. So entstand z. B. seit dem 13. Jahrh. die Wendung
afin que (Joinv. 714; Bertr. Guescl. 23; ib. 1304, 1343 etc.). In dtn
ältesten Zeiten finden sich neben que noch:
pour ce que, pour que, par ce que, i)ar (jue.
Der eben beschriebene Vorgang zeigt sich schon in
* Hier geht also ijiif nie-ht auf quid, sondern auf quam zunick.
Avfliiv f. n. Spraclieii. LXXXIl. 28
434 Der Konjunktiv im Französischen.
Pasß. 50 cd: per cio laist?ed deus se iieier que de iios alet pieted.
Ib. 22 ab: Trenta deners dune 11 en promesdrent, son bon sennior
que lo tradisse.
Ib. 126 cd. Alex. 78 de.
Rol. 622 — 3. Ib. 1004: Sunent mil graisle pur co que plus bei
seit. Ib. 3981.
Diese Auffassung und Konstruktion verändert sich nie in der Ge-
schichte der französischen Sprache. Vgl. Mätzner, Gr. 3 S. 371.
B. Der Konjunktiv als Ausdruck der Ufiyeivifsheit.
1. Conjunctivus concessivus.
Klar tragen diejenigen Konjunktive den Charakter des Unbe-
stimmten zur kSchau, welche zur Einräumung irgend einer Behaup-
tung dienen. Der Redende kümmert sich gar nicht um die Richtig-
keit einer Thatsache oder einer Handlung, sondern überläfst dem
Hörenden ganz, sich dieselbe nach seinem Belieben vorzustellen.
1. Pass. 84 cd: ja 1' vedes ela si morir, el resurdra.
Sehr oft findet sich dieser Konjunktiv in der formelhaften Wendung
„voeillet ou non" :
Alex. 116d, 120b. Rol. 059, 1419, 1026, 2043.
Um den hohen Grad einer Eigenschaft einzuräumen, steht „tant''
Charl. 455: tant seit forz e membrez. Ib. 476.
2. Derselbe konzessive Konjunktiv zeigt sich auch in Rela-
tivsätzen, wenn dieselben einen Begriff im weitesten Umfange zu-
geben sollen. Am meisten finden sich dieselben in der lebhaften
Erzählung der Volksepen.
Bemerkenswert wegen der späteren Entwickelung ist der Fall,
wo ein Relativsatz sich auf ein mit der Präposition por eingeleitetes
Substantiv bezieht:
Alex. 33 c — e: por araistet ne d'ami ne d'amie ne por honors (jui
lui fussent tramises n^en volt torner. Rol. 4.'>8.
Rol. 2740: Carles nc dutet luune qui seit vivant.
Besonders findet sich dieser Fall im zweit<^n Teil eines Vergleichs
der Ungleichheit:
Alex. 421): si fait ma medre plus que femine qui vivet.
Wie sehr der Modus den Sinn bestinimf, erhellt aus
Rol. 1573: Plus est isneis que n'est oisels ki volet.
Der Konjunktiv im Frauzösischen. 43r,
WO der Relativsatz nur die Stelle eines Adjektivs vertritt: „schneller
als ein fliegender Vogel/'
Hierher gehören auch die von den Grammatikern so genannten
Konzessivsätze, welche sich nicht auf einen bestimmten Sub-
stantivbegrifl^ beziehen, sondern beliebig einen Personen-, Sachen-,
Ort-, Zeit- oder Metbodenbegriff verallgemeinern. * Dazu dienen fol-
gende Verbindungen: 1) Qui que, 2) Que que, 3) Quoi que, 4) Quel
que, 5) Oü que, 6) Comment que. Auch im Mittellatein finden sich
die Konzessivpartikeln quicunque, quamquam etc. oft mit dem Kon-
junktiv (vgl. Dräger, H. S. I, 524 ff., II, 767).
Rol. 1546: ki que 1' blasmt ne le lot.
Ib. 1592, 1912, 3363—4; ib. 1279. Alex. 101c.
Rol. 3827—8 (que que).
Ib. 592 — 3 (quel que seit).
Alex. 17 e: ou que il seit.
Rol. 3522: cument que.
Ausnahmen: Doch hat hier schon in der ältesten Zeit die
Sprache dem Redenden die Freiheit der Auffassung gelassen : will
er das wirkliche Eintreten einer Handlung betonen, so setzt er den
Indikativ. Diese objektive Auffassung herrs(!ht allgemein vor bei
„quant que". Besonders findet sich derselbe auch, wenn das Verl)
des Konzessivsatzes verbunden ist mit dem modalen Hilfsverb posse.
Rol. 1198: Voit le ferir li Quens quanque il jjout. Tb. 2298.
Alex. 19 d: larges almosnes . . . donet as po^Tes ou qu'il les poL
trover.
Ib. 45 d: tot te dorrai, bons hom, quant que m'as quis.
Charl. 627: tuz les gas li cuntat, quant ke il en oit.
3. Auch Temporalsätze finden sich bisweilen in konzessiver
Auffassung, wenn sie beginnen mit „tant cum" :
Rol. 544: „Co n'iert" dist Guenes, „tant cum vivet sis nies."
Ib. 557, 1802, dagegen vgl. ib. 2126.
Diese Verbindung erhält sich nur bis zum 14. Jahrb.:
Chev. II esp. 11334. Joinv. 694.
Froiss. scheint in diesem Falle stets den Indikativ zu lia])en:
III, 2: il serviroit le roy engles ä V'^ armures de fier laut (pril
seroit en l'empire.
Vgl. JoliaunCsoii, Ausdruck dos Kouzossivvcrliältnissos im Afiz. Diss.
28*
436 Der Konjunktiv im Franzi'jsisohen.
II. Kdnjunktiv der Unge wifsheit in engerem Sinne.
Es bleiben nun noch die Fälle übrig, wo der Konjunktiv ohne
irgend einen Nebensinn des Wunsches oder der Einräumung dazu
dient, eine Handlung oder Thatsache als unsicher hinzustellen. Dahin
ist als Unterabteilung auch der Gebrauch des Konjunktivs zur Be-
zeichnung einer Handlung oder Thatsache zu rechnen, die gar nicht
in der Welt aufser uns existiert (Konjunktiv der Irrealität). Eben
weil eine solche Handlung, als nur in der Voi'stellung des Redenden
vorhanden, keinen sicheren Boden hat, ist der Konjunktiv der ge-
eignete Modus zu ihrer Darstellung. Da der Konjunktiv der Unge.
wifsheit und der Nichtwirklichkeit oft ineinander übergehen — wie
z. B. bei cuidier — , scheint es besser, beide nicht zu trennen.
1. Im Hauptsatz steht besonders der Konj. Impf, a) um in
mildernder, potentieller Weise eine Handlung als unbestimmt hin-
zustellen, oder b) um die Nichterfüllung derselben auszudrücken.
Ad a) So steht als Ausdruck der Potentialität :
Alex. 10 d: mais de cel plait ne volsist il nient.
Dahin gehört auch der Relativsatz:
Pass. 77 cd: tu nos perdone celz pecaz q^u'e nos vedest tua pieta<l.
Ad b) Als Konjunktiv der Irrealität steht besonders der Konj.
Impf, von devoir:
Alex. 64 c: icestc chose nos doüses noncier. Ib. I24e.
Vgl. ib. 84 cd : E d'icel bien qui toz doust tons estre . . .
Rol. 455: Vus 1' doüssiez esculter e o'i'r.
Ib. 355. Cump. 2355.
Rol. 349 — 50: La veissiez tanz Chevaliers plorer, ki tuit li dient . . .
Ib. 1622 etc.
2. Objektsätze, a) Die Verben der Wahrnehmung haben
naturgemäfs in den ihnen folgenden Objektsätzen den Indikativ.
Sind sie aber bedingt gebraucht, so wird auch das Objekt mit in
das Bereich des nur Möglichen gezogen; daher in dem abhängigen
Satz der Konjunktiv. Naturgemäfs steht der Konjunktiv nach einem
negativen Ausdruck der Waln-nehmung, um die Realität des Nicht-
wahrgenommenen als unsicher hinzustellen.
Alex. 99 e: s'il veit que jo lui serve.
Diese Auffassung und die entsprechende Konstruklion haben sich
bis heute nicht geändert. Vgl. Mätzner, Gr. ^ S. 364.
Dn- Konjunktiv im Fniiiz<'>sisrlien. |;?7
b) Die Verben des Denkens baben aucli, insofern sie eine Un-
sicherbeit binsichtlicb des Gedacbten zubissen, (b-n Konj. naeb sieb.
Die in den ältesten Zeiten vorkonnnenden bierbergebörenden Verben
sind: cuidier,* penser und croire, wäbrend saveir (Rol. 3413) und
sungier (Rob 719, 726) den Ind. baben.
cuidier: Rob 3723 — 4: Cuidet \i reis qu'ele sc seit pasnicc.
penser: Pass. 53 d; ib. 110 cd: zo pensent il que entre eis le
Spiritus aparegues.
n e c u i d 6 r : Rol. 1 6 G 5 — 6, 1 s 4s.
n e croire: Pass. 110b.
e) Nacb den positiv gebraucbten Verben des Sagens wird seit
den ältesten Zeiten das Mitgeteilte als objektiv richtig dargestellt,
d. b. der Indikativ gesetzt. Aber jeder Ausdruck mit dem Sinne
„Nichtsagen", d. b. „unentscbieden, unsicber lassen", bat konse-
quenterweise den Konj. nacb sieb:
Rol. 1959: Ico ne di Carles n'i ait perdut; etc.
3. Audi in den Subjektsätzen zeigen sieb diescll)iMi Prin-
cipien :
a) Eine scbwankende Konstruktion entsprecbend cb'r d()p})clten
Auffassung zeigt sich naeb dem Ausdruck ,,mei est vis".
c. Konj.: Alex. 108d: Co lor est vis que tiengent Deu medisme
(Konj. der Irrealität).
c. Ind.: Rol. 659: Mei est vis que trop targe.
Im letzteren Falle ist „scheinen" mehr =r „Erscheinen einer wirk-
lich vorhandenen Thatsache".
b) Nach den verneinten oder bedingten unpcrsr)nliclien Aus-
drücken des Geschehens steht im Subjektsatz der Konj., weil das
Eintreten der Handlung ungewil's, ja sogar ans Irreale grenzend ist.
Rol. 3913: II ne poet estre qu'il seient desevret.
4. Zur Bezeichnung der Ungewilsheit einer Handlung steht
der Konj. auch in den indirekten Fragesätzen, wen n der
Hauptsatz negativ, fragend oder hypothetisch gebraucht ist.
* cuidier hat zwei Bedeutungen:
1) glauben = sich einbilden, daher auch = wähnon, oft auch im
Gegensatz zu savoir gebraucht. Vgl Toliier, Vrai Aiiiel 8. 2ö, MI.
2) besorgt sein (wie auch lat. cogitarel.
Hier kommt nur die erste I'.edoutung in l>etiaclit.
438 Der Konjunktiv im Fraiizüsif<chen.
Alex. 2 7 cd: ne sai le leu ne ne sai la contrede ou t'alge querre.
II). 95 a — e.
Rol. 1982: or ne sai jo que face.
Doch findet sich auch hier schon statt dessen häufiger der Ind. Fut. :
Rol. 735: il ne sevent li quels d'els la vientrat.
(So sechsmal c. Ind. gegen jene eine Stelle c. Konj.) Hier wird also
das Siegen als ein sicher eintretendes Faktum hingestellt und nur
die Person des Siegers in Zweifel gezogen.
5. Wenn ein Relativsatz sich auf ein Glied eines bedingt
oder konzessiv gebrauchten Satzes bezieht, so wird die durch ihn
ausgedrückte Handlung auch ungewifs: daher der Konj. in demselben.
Rol. 3G69: S'or i ad cel ki Carlun cuntrediet. Ib. 3834.
Ib. 391 : Seit ki l'ociet.
Sehr eigentümlich erscheint ])ei der sonstigen Konsequenz im Ge-
brauch der Modi der Gebrauch des Ind. in einem solchen Satze:
Rol. 119 : S'est ki 1' demandet . . . (Sollte hier nicht besser demant
zu lesen sein ?).
Ib. 577: se est ki mei en creit, wo der Ind. vielleicht der x\sso-
nanz wegen steht,
b) Ein Konjunktiv der Irrealität, wie wir ihn oben (S. 136) be-
sprochen haben, findet sich in den Relativsätzen, die zur Bestimmung
eines Substantivbcgrifi'es dienen, desseji objektive Realität durch eine
Negation oder sonstwie verneint ist :
Pass. 22 d.
Leg. 6 ab: Ne fud nuls om del son jouvent qui mieldre fust donc
st ciels tiemps. Ib. 23 ef.
Rol. 18—19, 2903.
Hierher gehört, wenn auch nicht der syntaktischen Beziehung nacli,
so doch nach Sinn und Modalgebrauch die von Paul (Priiicipieii -
S. 112) angeführte Konsti'uktion dno xoiyor, wo zu einem Subjekt
zwei Prädikate ohne Verbindung gesetzt sind.
Rol. 1442: Suz ciel n'ad rei plus en alt de mcillurs. Ib. 1782,
Ib. 1482: Cel neu i ad Munjoie ne demant. II). 653.
Pass. 96 ab. Alex. 112 ab.
In den ältesten Zeiten aber schon empfand das Sprachgefühl da?
zweite Prädikat als das untergeordnete, wie sich das aus dem Setzen
von que vor dasselbe zeigt :
Rol. 982: Pierre n'i ad que tute nc seit nciro. Ib. 015, 1003.
Der Konjunktiv im Französischen. l^Q
6. Ebenso steht als Ausdruck der Irrealität der Konjunktiv in
Konsekutivsätzen, wenn dadurch, dals der Hauptsatz ver-
neint ist, die Folge eine imaginäre ist. Auch hier findet sieh in den
ältesten Zeiten die Folge unmittelbar, d. h. ohne Konjunktion an-
geschlossen :
Alex. 55 e: Ne pot müder ne seit aparissant. Rol. 8ö'.t.
Rol. 459: Jo ne len-eie por tut l'or <pie Deus fist Que jo ne
li die. Ib. 893.
Ib. 1992 — 3: Ne loinz ne ^u-es ne poet vedeir si der Que recon-
noisse nisun hume mortel. Alex. 93 d.
7. Nicht so konsequent folgen die Konditionalsätze den
Principien für den Gebrauch des Konjunktivs. *
a) Zur Angabe einer Handlung, deren Eintreten als möglich
angenommen wird, also unentschieden bleibt, steht der Konj. Präs.,
die daraus sicher entspringende Folge wird im Hauptsatz im Futur
gegeben, oder im Konjunktiv der Aufforderung.
Eide : salvarai eo . . . in o quid il mi altresi fazet.
Rol, 2682 — 4: S'en ma mercit ne se culzt ä mes piez E ne guer-
pisset la lei de chrestiens, Jo li toldrai la curune de 1' cliief.
Lois (Bartsch* 51, 34): e si alquens vienged apref pur clamer la
cose, duinst wage.
Hierher gehören auch die mit mais que eingeleiteten Sätze mit dem
Konjunktiv; ursjn-ünglich bezeichnet derselbe einen Wunsch, dessen
Erfüllung aber Bedingung ist für das Eintreten der im Hauptsatz
ausgedrückten Handlung :
Rol. 234: Saveir i ad, mais qu'il seit entenduz.
Charl. 485: „voluntiers," dist li coens, „mais que Carlos Fotrcit.''
Ib. 491.
Lois (Bartsch^ 51, 24).
Im Gegensatz zu diesen, dem sonstigen Gebrauch des Konjunktivs
entsprechenden Beispielen finden sich aber viele mit dem Indikativ
im Bedingungssatze. Inwieweit auch hier mit der lateinischen Form
die lateinische Auffassung sich vererbt hat, dürfte schwer zu ent-
scheiden sein. Jedenfalls aber stimmt die lateinische Konstruktion
in der klassischen und nachklassischen Zeit sehr init dieser altfran-
* Über die Konditionalsätze im Atrz. v^d. liesondiTs .1. KUqiperieli in
Franz. Studien III, 4,
440 Der Konjunktiv im Französischen.
zösischen überein; auch dort überwiegt bei weitem der Ind. Präs. im
Nebensatz (Dräger, Hiöt. Synt. II 2, 7U2). Der Charakter der An-
nahme geht ganz verloren und das hypothetische Satzgefüge dient
nur dazu, eine Folgerung auszudrücken. Dies zeigen schon die Eide,
so der zweite Eid (Bartsch* 4, 15 — 20).
Rol. 788: Deus me cunfundet, se la geste en desment* etc.
Charl. 488, 516 etc.
Werden aber die Bedingungen weiter fortgesetzt, so werden die fol-
genden nicht durch si eingeleitet, nehmen aber den Konjunktiv an.
Dies kann nur dazu dienen, die obige Auffassung zu bestätigen :
Im zweiten Teil der Bedingung, der von der Form „si'' nicht mehr
lieeinflufst wird, tritt der Charakter der Annahme klar zu Tage.
Lois (Bartsch*, 49, 39): se alquens est apeled de larrecin u de
roberie, e il seit plevi de venir a justice, e il s'en fuie . . .
Ib. 51, 39; 52, 5; 52, 33—34; 52, 44.
b) Konsequenter ist der Gebrauch des Konjunktivs in den Kon-
ditionalsätzen durchgeführt, welche etwas annehmen, das als nicht
seiend hingestellt Averden soll. Da die Folgerung daraus auch nur
fingiert sein kann, so tritt auch sie in den Konjimktiv. Das ur-
sprüngliche Tempus für diesen Fall der Irrealität (suniptio ficti) ist
der Konj. Impf., der seiner zeitlichen Bedeutung nach liier alier so-
wohl Impf, als Plusquampf. wiedergeben kann. **
Für diesen Gebruucli linden sich in den ältesten Denkmälern
sehr viele Beispiele:
Alex. 41b, 84 e, 90 c. Hol. 1717 etc. etc.
Doch findet sich auch der Tempuscharakter genauer gewahrt ; wenig-
stens im Hauptsatz:
Alex, 98 e (impf, du subj. — plusquepf. du subj.).
Überhaupt zeigt der Hauptsatz grölsere Froilieit der Konstruktion.
Analog dem ersten Fall (sumptio daudi):
Konj. Präs. — Fut.
findet sich hier ein Fut. Impf, im Hauptsatz, um eine nach Erfüllung
dci- Bedingung sicher eingetretene Handlung zu bezeichnen.
Den Übergang zeigt sehr gut die St^^lle:
Vgl. Liv. 22, öo, 11: si sciens fallo. tum mc .lujjpiter pessinio Icto
afficiat. (Dräger, H. S. IP, 7:J9.)
** Vgl. über diesen Austausch der Zeiten im gauzeu Mittellatein:
Rönsch, Itala u. Vulgata S. 431 ; bes. ^ittl a. a. O. S. 132.
Der Konjunktiv im Fninzü.sisrhcn. IM
Alex. 46 ab; quer oüsse uu serjant quil me guardast : jo l'cji fereie
franc.
Im Hauptsatz des hypothetisclieu Gefüges Hudet sich das Im])f'. Fut.:
Rol. 1804—5; ib. 240.
Goraiund 426 (Bartsch, Chr. S. 26): „Alias"' dist il, „veir dist li
sorz, Si jeo venisse en icest ost Que jeo sereic u pris u morz.''
Anui.: Nach .,comme si" tritt natürlich keine Änderung der obigen
Konstruktion ein, da die Auffassung dieselbe bleibt: Alex. 29c.
Hierher gehören auch nach Simi und Konsti-uktion Sätze, die
formell als Relativsätze zu bezeichnen sind:
Rol. 11^1 — 2: Ki dune oist Munjoie deraauder, De vasselage li
poüst remembrer. Ib. 1970 — 2, 3483 — 8; ib. 240.*
In lebhaften Schilderungen kann in diesem Falle sogar der Haupt-
satz ganz unterdrückt werden, weil er aus Ton und Ausdruck leicht
erraten werden konnte:
Rol. 1341: Ki lui veist Tun jeter mort sur Taltre, Lc sanc tut der
gesir par cele place I Ib. 1680 — 1, 3473 — 4.
Veränderungen in der zweiten Periode.
12. bis 14. Jahrhundert.
A. I. Der Konjunktiv tritt jetzt gerade so wie früher zur Be-
zeichnung des Wunsches auf, nur mit dem Unterschiede, dafs et
vom Anfang des 12. Jahrb. an auch in Hauptsätzen durch quc ein-
geleitet erscheint. Es mag hier wohl eine Analogiebildung vorliegen.
Es liegt im Wesen aller Sprachentwickelung, dafs die Parataxis all-
mählich in eine Hypotaxis übergeht (Paul a. a. O. S. 123). So auch
im Französischen. Die früher oft vorkommende parataktische Glie-
derung der Sätze wurde ganz verdrängt von der hypotaktischen,
indem die Nebensätze mit que eingeleitet wurden. Der Konjunktiv
erschien also in beinahe allen Nebensätzen mit ,,que''. So übertrug
man leicht diese Konjunktion auch in den Hauptsalz, und um so
leichter, als sie dem Wunsche eine vollere Ausdrucksforni, daher
gröfsere Wucht verlieh, was man fi-üher durch Partikeln wie or und
kar schon versucht hatte zu en-eichen.
* Dieser hypothetische Gcbniucli der Kcl.-rmn. Kjui = si qnisi erhalt
sich bis ins 18. Jahrh. Vgl. Littre, Dict. s. v. qui No. \<>: -("est dommage
que cette touruure vive et legere tombe eu desuetude." ■ ;
-142 Der Konjunktiv im Französisthon.
Cump. zeigt zuerst que zur Einleitung eines unabhängigen Kon-
junktivs in der formelhaften Wendung: que bien l'entendes
(Cump. 3242; 3412, 3420 etc.),
die sich neben bien l'entendes
(Cump. 3246, 3514, 3522, 3526 etc.)
findet.
Ron III, 6258: E se io Tai, que Deu l'otreit.
R. Charr. 79, 15: Que Dex te doint joie et honor.
Froiss. III, 459 : Ma chiere dame, que Dieu vous commande jusques
au revenir!
Daneben gehen die Fälle ohne „que", und zwar in der ganzen
Periode in bei weitem überwiegender Anzahl (Wace hat ca. 93 Proz.,
Chrestien ca. 92 Proz., Bertran du Guesclin ca. 85 Proz. aller Bei-
spiele ohne que).
Aum. 1 : Von jetzt ab und innerhalb dieser Periode finden sich auch
mar, mal, a mal eur, malement_ mit dem Konj. Präs. u. Impf, im Sinne
eines verneinenden Wunsches. Über die Entwickelung dieser Konstruktion
vgl. Gaspary in Zs. f. rom. Phil. VII, 573 ff".
Kou II, 6587: Malement devinast de mei Qui ne sout deviner de sei.
Lyon 5254 etc.
Anm. 2: Eine andere sehr merkwürdige Anwendung dieses Kon-
junktivs findet sich Avährend dieser ganzen Zeit nach der hypothetischen
Konjunktion „se", um die Wahrheit des Hauptsatzes zu beteuern. Soll
dies geschehen, so mufs die Bedingung unter allen Umständen erfüllt
sein, also der Wunsch wirklich etwas für den Redenden Wünschenswertes
enthalten :
Rou IL 070 : ..Gentilz her," dist li reis, „se deus me beneie, Tuz siü i)rez",
i. e. : „wenn es mein Wunsch ist, dafs Gott mich segne", was ja immer
der Fall ist.
Erec 58G0 („se je soie salx").
R. Charr. 54, 10.
Prov. 17)53: Vaillant sout, se Dex me sequeure.
Cap. 5555: se m'arme soit sauv6e.*
In den Aufforderungssätzen tritt eine Änderung gegen früher
nur insofern ein, als eine Aufforderung an eine Mehrheit von Per-
sonen, zu denen der Redende selbst nut gehört, gewöhnlich in den
Indikativ tritt. Auf diese Weise wird die Handlung, zu der wir
selbst uns bestimmen wollen, als sicher eintretend hingestellt. Aus-
genommen sind die Formen aions und soions, welche dank ihren
Schwesterformen aiez und soiez schon zu eingewurzelt im Sprach-
* Über die anderen Erklärungen dieser Konstruktion vgl. 1) I?ischoff ,
Konj. bei Chrestien S. lo; 2) Mätzner, Syntax $:U:?,'^; 3) Constans,
Legende d'CEdipe p. LXI (er verweist auf Horaz, Oden I, 3: Sic te diva
potens Cypri, . . . regat)!
Der Konjunktiv im Frauz(')sischen. 443
gefühl waren, als dafs sie durch diese neue Auffassungsweise hätten
verdrängt werden können:
Rou III, 7181.
Percev. 1181: Une maison faisons ci faire (so 21 mal).
Nur selten bricht die alte Anschauungsweise noch durch, wie:
Eree 4680: facons tost une biere.
Joinv. 850: facons lire le romant.
II. 1 . Auf dem Gebiet des abhängigen Konjunktivs ist
zu konstatieren, dafs das Wesen desselben doch nicht mehr so klar
und fest aufgefafst ist als früher. Es entstehen eine Menge neuer,
meist zusammengesetzter Wendungen, bei denen das Moment des
Wunsches zurücktritt hinter der Vorstellung, dafs das Gewünschte
sicher eintreffen wird, daher denn der Nebensatz neben dem Konj.,
der sich immer noch in überwiegender Anzahl erhält, auch Ind., be-
sonders Futurum resp. Impf. Fut. aufweist. Abgesehen von den
Verben des Bestimmens, wie
Commander, establir (Cump. 2007 — 8. Brut 8172),
ordonner (Froiss. II, 96),
consillier (Froiss. III, 64),
en conseil doner (Brut. 2938),
avoir conseil (Froiss. II, 72: III, 22),
acorder (Joinv. 220, dagegen vgl. Froiss. II, 140. III, 95),
plaire (Lyon 3449),
estre consillie (Froiss. III, 380),
bei denen die Vorstellung des Sichereintretens ja noch eher gerecht-
fertigt ist, gehören hierher:
En pense ot et en talent (Brut 11645).
A gre li vint et a plaisir (ib. 7309).
avoir talent (Rou III, 9690. Lyon 2229).
talens m'est pris (G. d'Angl. 171, 1).
volantez nie vient (Lyon 553).
avoir entention. Froiss. III, 47 : avoit entenfion quo Tendcmain
. . . il se combateroit.
Zu einer reinen Phrase mit der Bedeutung J\ arriva" sinkt alhnäh-
lich die Wendung herab „Dieu voulut" :
Cleom. 10626: Diex le vot k'aiusi avint
(vgl. Marot ed. Mötjens. La Haye 1700, I, 76 u. Larivey, Le M«.r-
fondu III, 3).
1(1 Drr Konjunktiv im Frjui/'.ösisclu'n.
An in. Wenn sich im 14. Jahrh. Beispiele finden wie:
Cap. B31: et volt qu'i fu pendiis.
llen. le Contref. (Bartsch'* 417, 20): voulsissent que il fut houny.<,
so sind cUese nicht als abweichende Modalkonstruktionen aufzufassen, son-
dern vielmehr der schwankenden Orthographie jener Zeiten zuzuschreiben.
In Nebensätzen, die eine Aufforderung enthalten, tritt in dieser
Perlode oft, auch wenn der Begriff der Aufforderung im Hauptsatz
klar ausgedrückt ist, das Verb in den Indikativ. Dieser Indikativ
ist zu erklären als Imperativ (Tobler, Ztscbr. f. rom. Phil. I, 14). Es
liegt also in diesen Beispielen wieder ein Fall von Kontamination
vor: Vermischung der abhängigen Konstruktion, die eigentlich den
Konjunktiv verlangte und die auch die gebräuchliche war, mit der
uiuibhängigen im Imperativ.
Besonders häufige Imperative sind dites und faites, vielleicht
weil sie auch sonst sehr oft imj^erativisch verwandt wurden.
Marg. 157.
Percev. ;^)17G: Por Dieu vos proi. Que vus ne me tenes por vil.
(Ed. 10984 — 5: Une autre fois vos engardes Que ne faites tel
jugement.
Villeh. 43, 337. Og. 2128. Cl. 5707.
Joinv. 454: nous vous commandojis (pie vous le dites.
Ib. 429 ; ib. 24.
So auch noch im 15. Jahrh. bei Charles d'Orleans (vgl. R. Studien
V, 500 ff'.).
1 a. Es zeigt sich auch bei den Verben des Fürchtens eine sehr
abgeschwächte Auffassung ihrer vu-sj)riinglichen Bedeutung. Sie
sinken bisweilen nur um der Assonanz und des Reimes willen, aber
auch sonst schon zu bloCsen Verben der Gemütsbewegung herab und
haben dann die Sache, die als faktisch vorhandene Ursache der
Furcht hingestellt wird, im Indikativ:
Rou III, 8887 : Co diseient e co cremeient, Que li Normant pres
les siueient. Ib. 7001; ib. II, 1921 etc.
Joinv. 589: je doutai que c'estoit uns Assacis et pourroit occire le roy.
2. In den Subjektsätzen bleibt die Auffassung sich treu.
Kach den unpersönlichen Ausdrücken, die eine Handlung als eine
erwünschte und erstrebensAverte oder deren Gegenteil bezeichnen,
stelil nacli wie vor der Konjiuiktiv. Zu tlen alten koninu'ii jct/.t in)ch
besonders folgende ni'ue hinzu :
(■'est vilanie (Cumj). 125), co est graut f'olie (Cump. 2G41 — 2),
I
I
Der Konjuulvtiv im Französischen. 445
droiz est, coustume est, il est contre raison, viltage est (Brut.
2129), il avient = il est avenant, il afiert, il m'est besoigne,
il est mestiers, und seit dem 14. Jahrb.: il faut (Bertr. Guedel.
275; Froiss. II, 357).
Wenn aber diese oder ähnliche Ausdrücke dazu dienen, Billigung
resp. Mifsbilligung einer vorliegenden Thatsache aus/udrücken, die
also als Grund dient, so steht naturgemäfs der Indikativ.
G. d'Angl. 85, 2: pecies est^ que je suis vive.
Vrai Aniel 136 — 7: drois est que compere Le mal li oni. Ib. 19(>.
In diesem letzteren Falle wird auch öfter die zu beurteilende That-
sache mit quant eingeleitet. Abgesehen davon, dafs viele der obigen
Wendungen verschwinden und andere au ihre Stelle treten, erleidet
die Auffassung und Konstruktion betreffs der Modi in den folgenden
Zeiten nie eine Änderung.
3. Auf dem Gebiet der Fragesätze herrscht die alte Auf-
fassung noch vor, doch macht sich allmählich das Bestreben geltend,
das Eintreten der beabsichtigten Handlung nicht in Zweifel zu
ziehen, sondern das Fragewort zum alleinigen Träger der Ilnentschie-
denheit zu machen. Diese Auffassung hat im 14. Jahrh. schon das
Übergewicht erreicht.
12. Jahi-h. : Cump. 311 — 12: Mais or demusterrum Que .seit nuit
par raisun.
Ib. 637: Que seit meis demustrums Par mult brieves raisuns.
Ib. 3469.
Dagegen Ib. 421 — 2: E or demusterruns Pur (piei li juni unl nuns.
Ib. 705 fl'.; 1196. Lyon 3517 etc.
Og. 738; ib. 2487: s'est conseillies comment . . .etc.
13. Jahrb.: Joinv. 475: et loiu- pria a touz que il meissent consoil,
comment 11 ississent dou ser^-^aige. Ib. 511, 524, 64 1, 717. 74 9.
Dagegen Joinv. 58 : et se traveilloit connnent il les nietteroit.
14. Jahrb.: Cap. 820: estez vous avizee Comment nous soit res-
ponse en ce jour d'ui donnee.
Froiss. XI, 238: (il) a mis toute la paine et entente qu'il a peü,
comment il peüst porter grant dommaige au roiauhne de
Honguerie.
Dagegen Froiss. II, 31: pour avoir conseil et bon avis connnent
il ordonneroit de le besoingne . . . Ib. II, 8 1 ; II. 96 ; 111.16;
III, 49.
44G Der Konjunktiv im Französischen.
Wiewolil die Konstruktion mit dem Konjunktiv immer seltener wird,
hält sie sieh doch noch bis in das 16, Jahrh.:
Larivey, Le Fidelle II, 7 : Vous n'avez que chercher qui je sois.
4. Temporalsätze. Nach den Konjunktionen, die auch
schon in früheren Zeiten eine doppelte Auffassung zuliefsen und
zu denen seit dem 12. Jahrh. besonders noch tant que (jusques ä
tant que) hinzukommt, zeigt sich jetzt oft eine freiere Modalverwen-
dung. Besonders verdrängt das Impf. Fut. häufiger den Konjunktiv
der beabsichtigten Handlung.
13. Jahrh.: Joinv. 104: il ne seroit jamais . . . jusques ä tant que
il se verroit vengiez.
14. Jahrb.: Bertr. Guescl. 1071 — 3: Et lä jura li ducs ... Que
jamais la cite ne monsterroit talon, Jusqu'ä tant qu'il avoit
mis dedens son penon.
Froiss. III, 111: Et institua lä son oncle . . . ä estre baux de
Haynnau et gouverner le pays . . . jusques ä tant qu'il seroit
revenus . . .
Ib. III, 458: et que chil l'atendesissent sus les camps tant qu'il
venroit etc. etc.
5. In der zweiten Gruppe der Temporalkonjunktionen macht
sich auch eine freiere Verwendung der Älodi bemerkbar, insofern als
der Ind. Fut. oder Perf. def. gesetzt wird, um das sichere Eintreten
einer Handlung zu bezeichnen.
Cump. 2172: Ne ja fin ne prendrat Devant co qu'il vendrat
AI jurn.
Ib. 1509: Nosti'e Sire esguardat Ainz que le niunt fui-mat.
Sonst hat Cump. stets Konj. nach Ainz que und Anceis que: 194;
2156; 2492; 3410.
G. d'Angl. Ol, 25: Je ne ponai venir ancois Que jou venrai, je
vos promet.
Chev. II esp. 6925: ne ne se moura, C'e dist, deuant k'il li auru
Otroie,
Berte 2035. Og. 1456 etc.
/). T. Auf dem Gebiete des konzessiven Konjunktivs jnacht
sich im Princip keine Änderung nierklich; aber die Anwendung des-
selben wird eine viel reichere, als sie früher war. Daher eine grofse
Anzahl teils unabhängiger, teils eingeleiteter Wendungen bei allen
Der Koujuuktlv im Französischeü, 441
Schriftstellern dieser Periode sich finden. Besonders liebt die Sprache
immer scharfe Gegenüberstellung der eingeräumten Fälle.
12. Jahrb.: Rois III, 20, 17 (cit. Johanfsen, „Ausdr. d. Konzessiv-
verhältnisses im Afrz.", Diss., S. 42): U il viengent pur pais
u pur bataille, vifs les prenez et touz liez les ine menez.
Brut 580: ou voiUe, ou non.
Erec 182: Ou fust a tort ou fust a dreit.
13. Jahi-h. : Chev. II esp. 5990: u il me plaise u il me griet.
Joinv. 662: soit ä tort, soit a droit.
Auch hier ist die Einleitung des Konjunktivs durch que schon ein-
gedrungen :
Ren. de Montauban 308, 13 (Johannfsen S. 44): Que Renans
weille u non cele part est tornes.
Neben tant dient jetzt auch tout zur Einräumung des hohen
Grades einer Eigenschaft:
Og. 725: Tous soiez joenes, si estes vous ja tes ... Ib. 2454.
Ursprünglich zum Zweck temporaler Einräumung, später allgemeiner
wird verwendet encore:
Cl. 3553: encor soit il et biaus et gens. Ib. 4090.
2. Konzessiv ist auch der seit dem Anfang des 1 2. Jahrb. sich
zeigende Gebrauch des Konjunktivs in den indirekten Fragen
aufzufassen, wo der Hauptsatz den Gedanken ausdrückt, dafs jeman-
dem das Einti'eten dieser oder jener Handlung gleichgültig ist ; dies
thut vor allem die Wendung „moi ne caut'' :
Cump. 115: Mei ne ehalt que fols die.
Brut 12368 : Ne lor caleit comment alast . . .
Ron III, 8930. Percev. 8572.
Aue. et Nie. XXVII: Moi ne caut u nous aillons.
Og. 5642.
Diese Auffassung erhält sich, wenn auch unter anderen Formen (il
m'est indifTerent: Mont III, 8, S. 721 ; c'estoit tout un: Calv. 3, 8, 44)
bis auf die heutige Zeit, wo der Hauptsatz die Wendung enthält:
il n'importe, vgl. Lücking, Gramm. S. 233.
Dieser konzessive Konjunktiv konnte leicht auch in einen von
der obigen Wendung abhängigen Konjunktionalsatz eindringen.
Davon citiert P. Busse, Der Konj. im altfrz. Volksepos, Diss.. Ki<l
1886, S. 42, zwei Beispiele:
Monge 433 tf. : Ne li caut gaires que on vende le ble.
448 T)ev Konjunktiv im Französischen.
Man darf also dieser Beispiele wegen noch nicht die Behauptung
aufstellen, dafs das Altfranzösische nach Ausdrücken des Affekts zur
Angabe des Grundes desselben auch den Konjunktiv verwandt habe.
3. Auch das Gebiet der Relativsätze, die durch ihren ein-
räumenden Sinn das Bereich des Begriffs, worauf sie sich beziehen,
in die Sphäre des Unsicheren hinein erweitern, hat sehr zugenommen.
Zuerst ist da zu erwähnen der konzessive Gebrauch -der Relativsätze,
die sich auf ein mit der Präposition por (oder par) eingeleitetes Sub-
stantiv beziehen (vgl. dagegen Mätzner, Syntax I, 134). Diese Relativ-
sätze finden sich von jetzt ab viel freier verwendet als in der ältesten
Zeit; allmählich kann sogar für das Substantiv ein Adjektiv ein-
treten, so dafs das que den Charakter des Relativpronomens verliert.
12. Jahrb.: Lyon 5677: Et je ne nie desfandrai plus, Ne ja ne
releverai sus De ci por force que je aie.
13. Jahrb.: Yilleh. XLVI, 254; ib. XIII, 63. Chev. II esp. 1925.
Joinv. 536.
14. Jahrb.: Froiss. II, 99.
Diese Konstruktion hat sich — ganz abgesehen von pour peu que —
bis jetzt mit Adjektiven Avenigstens noch erhalten (vgl. Mätzner, Gr. •'
S. 368 u. 563).
Im 12. Jahrb. zeigt sich auch zuerst der konzessive Gebrauch
des Konj. in Relativsätzen, die einen Superlativ-Begriff bestimmen.
Aber gerade hier ist der Auffassung des Si^rechenden der weiteste
Spielraum gelassen, so dafs ebenso oft der Indikativ vorkommt. Be-
sonders gebräuchlich ist derselbe bei pouvoir und savoir (vgl. Bischoti',
Chrestien S. 96 — 97). Allmählich aber gewinnt, wo es überhaupt
möglich ist, die konzessive Auffassung und mit ihr der Konjunktiv
mehr die Oberhand, ein Gebrauch, der heute noch der herrschende
ist (Mätzner, Gr. 3 369— 37 U).
12. Jahrb.: Wace hat noch überall den Indikativ.
Erec 1868: Dous chasteax lor avoit promis, Les meillors et les
mieuz assis. Et ces, qui moins dotassent guerre, Qui fussent
en tote sa terre etc. Bei Chrestien überwiegt sonst auch noch
der Gebrauch des Indikativs. Mlleh. V, 25.
1.'.. Jahrb.: Chev. II esp. 7614. Ci. 90. Og. 2118 etc.
Joinv. 597: li premiers autels qui onques fust fais.
1 I. Jahrb. : Bertr. Guescl. 220 ; ib. 1020 ; aber Froiss. II, 85 : sour le
plus petit maigre et chctif cheval qu'il pot trouver. Ib. II, 356.
Der Konjunktiv im Franz;)sischen. 449
Für das Schwanken noch im 1.'). Jahrli. ist bezeichnend ;
Chron. Chast. I, 51 : les plus amferes complaintes qui oncques oyes
furent, ne qui jamais partissent de fille de roy.
Chastellain zieht sonst den Konjunktiv vor, ebenso auch im allge-
meinen die Schriftsteller des IG. Jahrh. Über das IG. Jahrh. vgl.
Weifsgerber, Ztschr. f. nfrz. Spr. u. Litt. VIII, 7, S. 303—304.
4. Auf derselben Auffassung beruht der konzessive Gebrauch
des Konjunktivs im zweiten Teil des A^'ergleichs einer Ungleichheit
(Modalsätze, vgl. Horning, Ztschr. f. rom. Phil. V, 38 G ff.). Der
Inhalt dieses zweiten Teils wird in seinem vollen Umfange einge-
räumt, damit der diesen noch übertreffende Inhalt dadurch um so
bedeutender erscheint. Natürlich findet sieh auch hier der Indikativ
als Modus der einfach berichtenden Darstellung häufig genug, was
nach Horning in den Texten des westlichen Frankreichs Regel ist.
1 2. Jahrh. : Ron II, 3295: N'en out graignur pitie qu'il eussent de tors.
13. Jahrh.: Villeh. XII, 56.
Aue. et Nie. 14, IG: Mais je vous aim plus que vous ne facies mi.
Buev. de Corani. 9S.
Beide Modi in
Berte 1276: La char avoit plus blanche que ne soit blanche laine,
Et les cheveus plus blons que oncques n'ot Elaine.
14. Jahrh.: Jean de Cond. I, 89—90 etc.
Cap. 41 — 42: (Que) plus leur doy, ce croy, .VI. fiez. voire X. Que
je n'aie vaillant.
Lehrreich für die Willkür der Auffassung ist auch :
Froiss. II, 356: li rois d'Englterre est plus prooains voirenient un
degre de la couronne de France et de l'iretage que ne soit
Phelippes de Valois et plus chier auerions ce proufit pour
nostre fil . . . que nous ne ferions pour Phelippe de Valois.
Es ist nur eine Äufserung desselben Sprachgeistes, wenn sicli dieser
Modus auch in Vergleichen der Gleichheit, wenn aucb liier seltener,
findet.
12. Jahrh.: Rou I, 456.
13. Jahrh.: Joinv. 813: un home si vieil come home poist estre.
14. Jahrh.: Jeh. de Cond. I, 340.
In den eigentlichen sogen. Konzessivsätzen ist keine Änderung hin-
sichtlich der Konstruktion von derjenigen der ei-steii Periode (vgl.
S. 433 u. 434) eingetreten.
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. 29
4f)0 Der Konjunktiv im Frauzösischen.
II. 1. Der potentielle Konj Uli ktiv in Hauptsätzen
ist immer noch das Gewülinliche ; daneben aber findet sich bisweilen
schon das Imi)f. Fut. in gleicher Bedeutung. Diese Erscheinung,
dafs dies Tempus immer mehr Modalcharakter annimmt, ist im
wesentlichen eine Bildung nach Analogie der hypothetischen Satz-
gefüge, bei denen das Impf. Fut. seit dem 11. Jahrh. in schnell zu-
nehmender Zahl den Konj. Impf, im Hauptsatze ersetzte (vgl. S. 45 G).
Bertr. Guescl. 255: Or n'oseroie aler oü vos p^res seroit.
Dagegen ib. 261 : Bien vousist que; ib. 1108 : Je voudroie qu'il fust.
Froiss. III, 9 : Je ne vous poroie pas racompter tous les assaux.
Das Schwanken der Konstruktion zeigen folgende zwei nahe bei-
einander stehende Stellen gut:
Froiss. III, 455: ...; mos deuissies faire feste et joie.
Ib. III, 45(): . . ., vous devries toujours faire bonne chiere.
2. a) Hinsichtlich der Konstruktion der Verben des Denkens
bleibt die Sprache sich nicht ganz konsequent. Es ist nur cuidier,
das dank seiner eigentümlichen Bedeutung den Konjunktiv bevor-
zugt, während die anderen, den Sinn der ITnbestimmtheit hintansetzend,
sich mehr der rein objektiven Darstellungsweise zuwenden.
Hier nur einige Beispiele, die das Schwanken der Auffassung
zeigen :
Gl. 15544: Lors pense que il soit perdus, Qu que il ne set revenir.
Froiss. II, 295: si quida bien que li hiraux li dist vei'ite et qu'il
fuissent lä venu par voie de veu.
Ib. III, 45 (quider zweimal c. conj.); III, 48 (quidoit bien c. conj.).
b) Ist dagegen irgend ein Verb der Vorstellung (oder des Wissens)
bedingt oder verneint gebraucht, so ist der Konjunktiv als Ausdruck
der Unsicherheit oder auch der Irrealität des Vorgestellten der regu-
läre Modus. Beispiele dafür finden sich zu allen Zeiten in Menge.
Hierher gehören auch die Verben, die an sich schon einen Begrift"
der Unsicherheit oder der Negation ausdrücken, wie douter (R. Gharr.
106, 23), desesperer (T.yon 5095), oublier (G. d'Angl. 169, 9; Gg. 2463).
c) Zu den verneinten Verben des Sagens tritt noch hinzu celer
(Og. 7559) und nier. Ist das Sagen nur ein angenommenes, wie
dann, wenn das Verbum dicendi im Vorder- oder Nachsatz eines
hypothetischen Satzgefüges steht, so wird auch das, was unter dieser
Annahme gesagt worden wäre, mit in den Gedankenkreis eines nur
Möglichen gezogen und tritt daher in den Konjunktiv.
Der Konjunktiv im Französischen. 451
Eon III, 9068: Mais se il li eust aidie ... Dil fus( que par le n.i
l'eust. Og. 5933 etc.
Selten findet sich hier eine rein objektive Dar.stelhuig wie
Og. 3730: Qui ... Bien peüst dire qu'il erent noble et fier.
Dahin gehört der Fall, wo das verbuni declarandi im Konj. steht
und so auch das Gesagte mit in diesen Bereich gezogen wird (at-
tractio modorum).
Bi-ut 3829: Por ce que l'on dire peust Que pres d'iloc cite m'eust.
Percev. 0778.
Aber auch sonst steht bisweilen nach positivem Verb der Konjunktiv,
um die L-realität des Ausgesagten zu betonen:
Kou I, 585 : Chascuns kil veit, dist qu'il seit mort,
ßind die verba sentiendi et declarandi mit negativem Sinn wiederum
negiert, so erhalten sie einen positiven Sinn und niüfsten logischer-
weise den Indikativ fordern. Es zeigt sich hier aber, wie die Macht
der Gewohnheit, nach diesen Verben sonst den Konjunktiv zu setzen,
den Sieg davon trug über die Logik, da man öfter den Konjunktiv
in diesem Falle findet, was allmählich Regel ward.
a) Bei douter:
Chev. II esp. 2393: Et sot bien ne point ne doutoit Ke eil cheuaus
par uoir estoit Son neuen . . .
Dagegen: Lyon 0011: Dame, de ce ne dot ge rien, Que vos ne li
puissiez molt bien Sa pes faire.
b) Brut 4220; Rou III, 3473 (ne pas celer c. Ind.)
R. Charr. 109, 30: Ja por moi ne sera noie, Que je ne Ten se
point de gi'e.
c. Konj.: Lyon 1701: Viax tu donc, fet ele, noier Que par toi ne
soit morz mes sire ?
Anm.: Das merkwürdige, jetzt allgemeine Gesetz, dafs in einem
vorangestellten Objektsatze eines verbum dicendi der Konjunktiv eintritt,
scheint im 13. Jalirh. zuerst ein Beispiel aufzu weisen :_
Joinv. 805: Que pechiez soit ordure, ce tesmoigne li ]iaiens.
Man kann \äelleicht als Grund dafür anführen, dals der Iiilialt des Neben-
satzes, da seine Auffassung nicht von vornherein durch einen voran-
geliendenVerbalbegrhr bestimmt ist, zunächst schwankend ausgedrückt wird.
Lidforss (Observations sur l'usage syntaxique de Konsard etc. Luud
1865, S. 48 ff.) weist zur Erklärung auf denselben Ge])rau(li im .Mittel-
hochdeutschen hin.
3. Es ist nur ein Zuwachs an Ausdrucksmitteln, nicht aber
eine eigentliche Änderung der Auffassung, wenn von einer schein-
baren Handlung berichtet wird luicli Ausdrücken wie „faire sejnl)lan("
29*
452 Der Konjunktiv im Französischeil.
und „moiietrer semblant" =: so thiui als ob. Der Konjunktiv steht
zuuj Ausdruck von etwas Unentschiedenem.
12. Jahrh.: Brut 90:5'): Semblant fist que rault Ten pesast. Erec
G037.
13. Jahrb.: Berte 1796.
14. Jahrb.: Bertr. Guescl. 887: eii faisant le samblant Que pour
ceulx du ebastel nous aillons travillant.
„faire semblant" c. Ind. heifst geradezu : etwas Thatsächliches zeigen
(durch sein Benehmen).
3. a) Subjektsätze. Hieran schliefsen sich nach Sinn und
Konstruktion die schon aus der ersten Periode bekannten Fälle an,
wo das Scheinen einer Sache berichtet wird, die Realität also völlig
unsicher bleibt. Die Mehrzahl dieser Fälle hat konsequenterweise
den Konjunktiv, daneben aber findet sich häufig genug der Indikativ.
Abgesehen von den neuen Wendungen liegt also auch hier eigent-
lich keine Änderung der ersten Periode gegenüber vor.
Erec 1152: Bien i pert, qu'il s'est combatuz.
Og. 288 : Quar bleu li samble trop en a deraore.
Froiss. III, 49 : . . ., car il leur sambloit que celle cevauchie estoit
parfaite.
Man kann beobachten, wie diese letzte Auffassung besonders über-
wiegt, sobald die Person, der etwas scheint, mit ausgedrückt ist; d. h.
nach den Ausdrücken moi est vis, ce m'est avis, il me semble.
So bleibt Auffassung und Konstruktion bis auf die heutige Zeit,
doch läfst sich für keine Zeit der Gebrauch bestimmt fixieren.
b) Zur Angabe einer nicht eintretenden Handlung steht im all-
gemeinen in dieser Periode wie in den früheren und wie in allen
späteren der Konjunktiv der Ungewifsheit resp. Irrealität neben dem
Indikativ als Modus der sicheren Darstellung (Mätzner S. 361).
Eiiu' merkwürdige Ausnahme bietet sich seit dem 12. Jahrh.
nach einer Wendung wie ,,peu s'en faut que". Man findet nämlich
in dieser ganzen Periode danach den Indikativ:
12. Jahrb.: Brut 1161: poi se fali Que desoz soi ne l'abati.
Zur I^rklärung dieser eigentümlichen Konstruktion wird man sich
wohl auf die Kontamination berufen können, indem man Vermischung
zweier Darstellungsweisen annimmt:
Es fehlte wenig, dafs er ihn zu Boden warf (was den Konjunktiv
verlangt hätte), und: Er warf ihii nicht zu Boden.
I
Der Konjunktiv im Franzüsi.'^oheu. 453
13. Jahrb.: Villeh. LXV, -iOo.
Ahnlich: Joinv. SOG: a pou 8e ala, quc il iie nous afoiulroroiit
en l'yeaue.
Dagegen Chev. II esp. G674 : Pen «'cn faul k'il ne lui cstuisse
A pasmer.
Noch Garnier (ed. Förster) VI, 774 liat:
Conibien s'en est fallu que ie n'ay veu descendre sur vous, lucs
deux enfans, vn carnager eschmdre. *
Der Konjunktiv ist aber doch seit dem IG. Jahrb. vorherrschend.
Vgl. AVeifsgerber, Zs. f. nfrz. Spr. u. Litt. VIII, 7, S. 282.
4. In den indirekten Fragesätzen unsicheren Inhalts
zeigt sich jetzt der Indikativ schon viel mehr in A^erwendung als
früher. Schon bei Chrestien stehen nur 25 Froz. derartiger Sätze im
Konjunktiv.
Og. 1438: ne sai que plus vous die.
Berte 104: ne sevent quel part puissent.
Joinv. 14: il ne veoient pas comment la neiz pcust soufrir les cos
des ondes.
Cap. p. 32: Dame roine, estez-vous avizee Comment nous soit
response en ce jour d'ui donnee?
In Froissart scheint nur der Indikativ in solcher indirekten Frage
zu stehen (II, G7; II, 129; II, 478 etc.).
5. Hinsichtlich der Relativsätze tritt, abgesehen davon,
dafs die oben (p. 438) erwälmte Konstruktion uno y.oivm- logisclieren
Konstruktionen Platz machen mufs, in dieser wie in iX^n späteren
Perioden keine Änderung ein. Auch die neuen Ausdrucksweisen,
welche die fortschreitende Entwickelung der Siiraclie erzeug!, werden
aus dem alten Geiste heraus gel)oren ; so l)esonders die Wendungen :
quc je puisse, que je sache, que je oisse, que moi soveigne u. a.
Diese Relativsätze dienen dazu, den Inhalt einer Aussage zu be-
schränken auf das, was man selbst kann, weil's, hörte etc. Ist nun
der Inhalt der Aussage ein negativer, so wird durch eine Art von
Ideenassociation auch der Begriff des Könnens etc. in den Bereich
* Vgl. die Wendung pur jx)! quo:
Rol. oG08: Carles cancelet, pur poi qu'il n'est caüt, wegen eines Wenigen
(nur) ist er nicht gefallen.
Gorm. (Bartsch 24, 31): a bien i>etit qucd il ne chiet.
Villon G. T. 26, 8: A peu que le cueur ne me fend.
454 Der Konjunktiv im Französischen.
deR Unsifhcren resp. Irrealen gezogen, daher denn der Konjunktiv.
Vgl. Tübler in Zs. f. rem. Phil. II, 560 ff. Der Indikativ ist aLso an
seiner Stelle in
Rou I, 444 ff.: Lungement pariit en Angou ... Li gaz e la de-
struction Que Hasteins iist, que nus savum.
Aber
Rou II, 2207: Unkes n'en deraanda trieves, que Tum oist.
Lyon 5784. R. Charr. 122, 10: La, ou je puisse, ne nie verra ja
nule espie.
Chev. II esp. 821 (dont clc se membrast).
Joinv. 594: que je oisse.
Diese Konstruktion hat sich durch alle Zelten hindurch erhalten.
Von gebräuchlichen Wendungen allerdings findet sich nui* noch que
je Sache und qu'il me souvienne. Vgl. Lücking, Frz. Gr. § 316, S. 240.
6. Auch auf dem Gebiete dei' Konsekutivsätze ist eine
Erweiterung insofern zu verzeiclinen, dafs das Verb derselben auch
dann, wenn sie die Folge einer hypothetischen Annahme oder einer
Frage mit unsicherem Sinne angeben, naturgemäfs in den Konjunktiv
der Unsicherheit tritt:
Cump. 2113: Se itant feissum Que nus nel cuntissum Vendreit . . .
Ib. 3498 ff., 139 ff.
Percev. 2836: Se vos en venes au desus, Qu'envers vos ne se puisse
plus Dcffendre . . .
Tb. 24 1 9 : Et ma coupe coment ot il ? Aime le tant u prise chil,
Qu'il li ait de son gre reudue?
Solche Beispiele finden sich iji allen Schriftstellern aller folgenden
Zeiten.
Anm.r Um auszudrückcu, dafs eine Handlung:, welche die Hand-
lung des Hauptsatzes begleiten könnte, nicht eingetroffen ist, wird seit
dieser Zeit, wiewohl noch selten, die Konjunktion ^sans que"* angewandt
und zwar c. Coni.:
liyon 3817: .Toie por lor oste cnorer Font, sans ce, que talent en aient.
Ist aber die begleitende Handlung schon verneint ausgedrückt, oder leitet
überhaupt sans que ein festes Faktum ein, so steht natürlich der Ind.:
Nieh. 2<J(J: Benz ceo que mnstrez ne lor fu Ne ne l'eurent aiuceis veü.
llou III, Ü.JÜ'J. Lyon 1.j74; ib. 212'..
.Foiuv. ;*>88: sanz ce que uulz ne Ten i)rioit.
Folgende Konstruktion entwickelt sich erst im Laufe dieser
Periode :
7. Kausalsätze haben dann den Konjunktiv, wenn ein
Grund zurückgewiesen wird mit Hilfe einer vor die Kausalkonjunktion
I
Der Konjunktiv im Franz()(<ischen. 455
gesetzten Negation. Der Inhalt desselben ist dann nämlich entweder
unsicher gelassen oder er wird als entschieden irreal hingestellt, doch
ist in dieser ganzen Periode diese Konstruktion noch sehr selten.
Cl. 1998: Je nel di pas pour ce, sachiez, k'assez vaillans gens nc soiez.
8. Auf dem Gebiet der Konditionalsätze hat für die
sumptio dandi der Indikativ, der ja schon früher das Übergewicht
hatte, den Konjunktiv immer mehr, aber doch noch nicht völlig ver-
drängt (Cump. 2303 — 5). Für die sumptio ficti erhält sich die alte
Konstruktion impf, du subj. — impf, du subj. in starker Anzahl
während der ganzen Periode weiter. Daneben aber tritt auf und
nimmt an Gebrauch schnell zu die der sumptio dandi analog ge-
I)ildete Konstruktion : impf, de l'ind. — impf, du fut. Zuerst scheint
w'ieder Cump. diese Konstruktion zu haben:
Cump. 315: E tuz tens durereit (i. e. Nuit) Se li soleilz n'estcit.
Ib. 2531, 2559.
Chrestien hat in der sumptio ficti im vollständigen Satzgefüge nach
si schon ca. 3G Proz. aller Beispiele mit dem Indikativ, Chcv. II esp.
ca. 50 Proz., Hugues Capet uiid Froissart ca. 60 Proz.
Werden aber die Bedingungen fortgesetzt, so bleibt die alle
Auffassung bestehen, d. h. die folgenden Bedingungen treten in den
Konjunktiv, der allerdings von dieser Periode ab entsprechend dem
sonstigen Gebrauch öfter durch „que" eingeleitet erscheint. In dieser
Periode überwiegt aber noch die Fortsetzung der Bedingung ohne
„que" und in zweiter Linie kommt die Wiederholung der Kon-
junktion si. Über den Unterschied dieser Konstruktionen vgl. die
Erklärung Toblers bei Bisehoff a. a. O. S. 1 24.
'Veränderungen in der dritten Periode.
15. und IG. Jahrhundert.
A. I. In den Wunsch- und noch mehr in den Aufforderungs-
sätzen dringt „que" als einleitende Konjunktion immer weiter vor;
doch ist gerade hierbei der sulijektiven Neigung grofser Spielraum ge-
lassen. Während z. B. im Test. Pathelin vom Anfang des 1 5. Jahrh. nur
zwei Beispiele mit „que" sich finden : 548 Que Dieu luv soit miseri-
cors, und ib. 297* (cit. Muret in Herr. Arch. Bd. 39, S. 97), hat der
* Das dritte Beispiel mit que, das Muret citiert: Test. V. 111, rechne
ich nicht hierher. Vgl. 8. 457, sub B.
456 Der Konjunktiv im Französischen.
gegen liöl zu schreiben anfiingendc Chronist Georges Chastellain
in der i\Ichrzahl der unabhängigen AVunschsätze ein „que" : I, öi':
(juc jnaudite soit l'heLU'e de ma naissance, ny quo engendree fusse
(ebenso I, 29; I, 48; I, 52 u. a. Dagegen I, i7; I, 61).
Für das 16. Jahrh. zeigt sich keine ^Vnderung in dieser Hin-
sicht. Vgl. AVeifsgerber, Diss., Giefsen 1886, S. 1 — 10. Garnier hat
nach Haase (Frz. St. V, 1, S. 48 ff.) 161 Beispiele mit que, 55 ohne
que. Auch in der Folgezeit ist die Einleitung des Konjunktivs durch
que stets das Überwiegende gewesen. Vgl. Lücking, Frz. Gr. S. 23 1.
II. 1. Hinsichtlich des abhängigen Konj unk ti vs zeigt
sich weder in dieser noch in einer späteren Periode eine jirincipielle
Änderung der alten Auffassung.
1 a. Im Laufe dieser Periode aber geht die Abschwächung des
alteji Begriffs des Fürchtens als eines AVunsch-Begriffs immer
Aveiter vor sich.
Chr. Chast. I, 29 : et si tost (ju'il avoit fern, pouvoit doubter qu'il
le reseroit. Vgl. ib. I, 31.
Montaigne (cit. Glauning in Herr. Arch. Bd. 19): Je crains que
c'est un traistre.
AVeifsgorbcr, Diss. S. 20, führt ca. 17 Proz. der Beispiele c. Ind. auf,
wobei allerdings auch diejenigen mitgezählt sind, bei denen das Fut.
resp. Impf. Fut. infolge der hypothetischen Auffassung des Neben-
satzes steht, wie
Heptaraeron 140, VI, 57: craignant que, si eile s'cn appercevoil,
je perdrois le moicn de souvent la frequent<?r.
2. Hinsichtlich der Temporalsätze ist die in der vorigen
Periode geltende Freiheit wieder verschwunden :
a) jusques a ce que und jusqucs a tant que haben ganz wie in
der ersten Periode den Indikativ oder Konjunktiv nach sich.
c. Konj.: C. N. N. I, 3: rentree du prinsault luy fut refusee jusques
ad ce qu'il nommast son parain. Ib. I, 61.
c. Ind.: Ib. I, 47; I, 48; I, 73: faisoit des choses merveilieuses ...
jus(iues ad ce que Dicu plus ne vouloit . . .
Jean Marot V, 121 (cit. Littre s. v. Jusque; vgl. Glauning, Synt.
Stud. zu Marot).
b) ains que — - bei Rabelais schon selten, bei Montaigne nicht
mehr vorhanden; vgl. Glauning in Herr. Arch. Bd. 49 — , avant que,
devant que, paravant que (Comm. ed. Buchon 2, 4), premier que
I
I
Der Konjunktiv im F'ranzösischcn. 457
(Chr. Chast. I, 47) mit dem Konjunktiv. In der Konstruktion dieser
Sätze ändert sich bis in die Neuzeit nichts. Vgl. Mätzner, Gr. S. 365.
B. Auch in dieser Periode ist das Gebiet des konzessiven
Konjunktivs ein sehr uinfangi-eiches. Die Einleitung desselben
durch „que'' hat jetzt auch hier grofse Fortschritte gemacht.
15. Jahrb.: Test. Path. 144: Qui scaura Trouver, que ce soit §ä
ou lä, Que j'aye une fois de bon vin ?
Ohne que: Villon, G. T. 47, 3: Vaille que vaille.
Hier ist auch der Relativsatz konzessiv:
Mag er immerhin wert sein, soviel er nur immer wert sein mag.
Ebenso
Chr. Chast. I, 80: Fist qui pust ou laissast qui voulsist.
16. Jahrb.: Marot 129: Et qu'ainsi soit ...
Larivey, La Constance I, 1.* Ib. III, 7: qu'il soit vray.
Vgl. AVeifsgerber, Diss. S. 10 — 11. Auch diese Konstruktion bleibt
bis in die Neuzeit dieselbe. Vgl. Mätzner, Gr. S. 359.
Hinsichtlich der eigentlichen Konzessivsätze läfst sich für das
1 5. und 1 6. Jahrb. noch weniger eine Regel für den Modalgcbrauch
fixieren als früher. Im allgemeinen überwiegt, zumal im 16. Jahrb.,
die konzessive Auffassung, d. h. die Konstruktion mit dem Kon-
junktiv über die einfach berichtende Darstellung mit dem Indikativ.
Konj.: Chr. Chast. I, 58: combien que delibere y soye e conclu.
Ib. I, 65.
Ib. I, 88 : comment que fust.
Comm. (ed. Buchon) I, 8 : pour excuse qu'en S9ust faire.
Ib. 4, 10: pour quelquc bruit qu'il y eüt.
Vgl. Weifsgerber, Zs. VIII, 7, S. 307—312.
Ind.: Chr. Chast. I, 56: quoy qu'il avoit appris. Ib. I, 58.
Comm. 7, 15: encore qu'il peut bien i avoir d'autres fautes.
Rabelais III, 38 (cit. Schäffer in Herr. Arch. Bd. 35): quelque
fille il vouldra choisir.
Anm.: Nach non obstant que, das seit dem Anfunp des i:>. .lahrh.
als Konjunktion auftritt, herrscht iui 15. Jahrh. noch keine konzessive
Auffassung; es wird die gegensätzliche Thatsachc einfach berichtet:
Chr. Chast. I, 2«: nouobstant qu'elles son espouventables ä attendre.
Comm. (ed. B.) o, 6: en estois bien assure, non olistant que je ne
sjavois bien le contraire. Ib. :!, 9.
Vgl. Vogels in Rom. Stud. V, 445 ff.
458 Der Konjunktiv im Französischen.
ir. 1. Bezüglich des potentiellen Konjunktivs streiten
sich noch inuner Konjunktiv und Impf. Fut. um die Herrschaft (vgl.
Chr. Chast. I, 58 u. 59). Eine Neuerung allerdings ist seit dem An-
fang des 16. Jahrh. eingetreten: Um in bescheidener Weise das
eigene Wissen oder Können unbestimmter auszudrücken, setzt man
den Konj. Präs. von savoir und pouvoir. Dieser Gebrauch ist wahr-
scheinlich mit hervorgerufen durch das schon in der vorigen Periode
so häufige Auftreten der Formeln (jue je sache, que je puisse (vgl.
S. 455). Beispiele hat Weifsgerber, Diss. S. 12.
2. Im 15. Jahrh. setzt sich zunächst die alte Tendenz des
Schwankens hinsichtlich der Verba des Vo rs teile ns (auch
cuider) noch fort; dieselbe ist durchaus noch nicht fester geworden.
Chr. Chast. I, 22: Sy croy sürement, ... certes que vray soit
glorieux martir. Ib. I, Go.
Ib. I, 80: cuidans qu'il fust favorable aux acteurs et que faveur
plus fust cause.
Ib. I, 92 : pensans que nous ayons tout oublye.
c. Ind.: Ib. I, 30: car fermeraent croy, et bien y a paru, que le
bon prince s'en mit au droit ploy.
Comra. II, 13, S. 57, 1: et croy qu'il n'y mourut point deux cens
personnes en tout, que tout le reste ne fuist, ou se cachast
aux eglises.
Ib.: et croy <{u'il y avoit quarante mille hommes.
Im IG. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. Jiinnut die Anwen-
dung von cuider in seiner ursprünglichen Bedeutung allmählich ab
— vgl. Haase, Frz. Stud. V, 1, S. 52: cuider = penser — . Diese
Bedeutung wird nun von anderen Verben wie songer, estimer, pen-
ser u. a. mit übernommen. So kommt es, dal's in dieser Periode der
Konjunktiv nach diesen Verben häufiger ist als früher. Vgl. Weifs-
gerber, Zs. VIII, 7, S. 280—292.
3. Der Konjunktiv der Ungewil'sheit im indirekten Frage-
sa tze findet sich noch im 15. und 10. Jahrb.: er scheint erst vom
Ende des 10. Jahrh. an zu verschwinden.
Maistre P. Patelin (ed. Genin) S. 31 : Et nc pouvois scavoir com-
ment nous en peussons avoir.
Cf. Weifsgerber, Zs. VIII, 7, S. 293—294.
4. Auf dem Gebiet der A d ver bi al sätze sind wenig Ver-
ändei'lngen zu verzeichnen.
Der Konjunktiv im FranziVsischon. 459.
a) Die in der vorigen Periode entstandene Konstruktion der
abwehrenden kausalsätze findet sich in dieser Periode etwas häufiger:
Chr. Chast. I, 93: non pas qu'il besoingnast a ses gens.
Calv. 3, 2, 27 (cit. Grofse in Herr. Arch. Bd. 61): Car les iniques
ne craignent point Dien, pource qu'ils ayent crainte . . . niais
pource qu'ils sevent.
So hat sich diese Konstruktion noch bis heute erhalten. Vgl. Mätzner,
Gr. S. 366.
b) Eine der merkwürdigsten Veränderungen ist der sowohl
temporale als kausale Gebrauch von comrae mit dem Konjunktiv.
Zwar finden sich dafür schon in einigen früheren Denkmälern Bei-
spiele (vgl. Diez III '^, 333), aber dann fast nur in Bearbeitungen nach
dem Lateinischen. Man wird auch den Gebrauch des 15. und
16. Jahrb., 'der dem Sprachgeist so sehr zuwider ist, erklären müssen
als entstanden durch den Einflufs der wiedererwachenden gelehrten
Studien. Warum sollte nicht auch die Syntax wie die Lautlehre
ihre construetions savantes haben?
15. Jahrb.: Christ, de Pisan (Bartsch* 445, 3): comme tel orgueil
puist estre prejudiciable . . .
Ib. 445, 17: comme oisivete soit cause ...
Chastellain hat den Konjunktiv in dem Traite de Troyes:
Comme, par accordance finale et paix perpetuelle, soient huy faites
et jurees en cette nostre ville de Troyes . . .
Sonst zieht Chastellain den Indikativ vor: I, 1. 16. 18. 40 etc.
Enguerrand de Monstrelet (ed. Buchon), Prol. : Comme doncques
assez soit convenable et digne occupation, que...
Comm. I, 5, jx 16: comme tous eussent soupe et qu'il y avoit
largeraent gens.
Der Wechsel des Modus im letzten Satz weist auch darauf hin, dafs
der Konjunktiv nur bewirkt ist durch die Form der regierenden
Konjunktion, nicht durch eine besondere Auffassung. Im 16. Jahrh.
ist diese Auffassung ganz gewöhnlich. Vgl. Benoist a. a. O. S. 90 ff.
Malherbe, Lettres a divers 1 07 : Comme quelques-uns le priassent
de se retirer, il leur repondit.
Selbst Racine zeigt diese Konstruktion noch in seinen Jugendüber«
Setzungen :
Mesnard V, 526: Un jour, comme ce meme oratour haranguat
publiquement.
460 Der Konjunktiv im Französischen.
h. Bedingungssätze. Merkwürdigerweise findet sich sogar
noch im Anfang des 15. Jahrh. der Konj. Präs. im Bedingungssatze:
dir. ('hast. II, 153: Si ... je les (i. e. les yeus) reduise sur k's
Espagnes apr^s et que je mette en compte ... Ib. II, 154.
Sonst ist allerdings aus dieser ganzen Periode kein weiteres Beispiel
dafür zu finden. Der Coni. Im])f. zum Ausdruck der sumptio ficti
wird immer seltener, erhält sich aber noch bis ins 1(5. Jahrh. (hirnier
hat kein Beispiel mehr davon (Haase, Frz. 8tud. V, 1, 14). Vgl. Vogels
H. 489; AVeifsgerber, Zs. VIII, 7, 321. Besonders beliebt erscheint
dafür im 1(5. Jahrh. der Konj. Plusquatnpf. Vgl. Weifsgerber, Zs.
VIII, 7, kS. 31 G — 318. Es ist eine Eigentümlichkeit dieser Periode,
dafs si öfter durch quand ersetzt wird :
Comm. (cit. Tönnies) : Quant le dict duc eust voulu, le ville n'eust
peu . . .
Ib. : Quant nos gens eussent combattü, ils n'eussent ...
Für das 1(5. Jahrh. vgl. Weilsgerber, Zs. VIII, 7, S. 337—339.
Die hypothetischen Sätze werden bisweilen ersetzt durch einen
mit „que" eingeleiteten Konjunktiv der Annahme, wie in der heu-
tigen Granmiatik auch noch :
Calv. 709, IV, 7 : Que le pape maintenant presche, on le repu-
teroit pour un monstre.
Vgl. Weiisgerber, Diss. S. 13.
Was übrigens die Anreihung der Bedingungssätze betriffst, so
nimmt die Anfügung des zweiten Bedingungssatzes ohne Konjunktion
und im Konjunktiv immer mehr ab, so dal's sie im 16. Jahrh. schon
der seltenste Fall geworden ist. Vgl. Weifsgerber, Zs. VIII, 7, S. 339
bis 342.
Veränderungen in der vierten Periode.
17. Jahrhundert bis jetzt.
Ä. I. Auf dem Gebiet des abhängigen Konjunktivs zeigt sich
insofern innerhalb dieser Periode eine Änderung, als erst seit der
Mitte des 17. Jahrh. nach den Verben des Fürchtens der Konjunktiv
der alleinherrschendc Modus geworden ist. Dies ist mit zuzuschreiben
dem Umstände, dafs auch nach den Verben der Atiekte, zu denen sich
craindre etc. gesellt hatten, der Konjunktiv jetzt eintritt (vgl. S. 4(52).
Interessant ist es zu sehen, wie beim Übergange die alte Kon-
struktion noch eine Zeit lang neben der neuen fortlebt: Schon bei
l^er Konjunktiv im Französischen, '461
Garnier scheint ein Indikativ nicht mehr vorzukommen (Haase, Frz.
Stud. V, 1, 51); doch hat Voiture noch den Indikativ:
Voit. I, 304, 2G: j'ay peur qu'il m'arrivera.
Ib. I, 337, 22: je crains que nous ne trouverons plus desormais
qu'en vous. (Vgl. Mätzner, Gr. R. 363.)
2. Auf dem Gebiet der indirekten Fragesätze hat jetzt
der Indikativ den Konjunktiv überall völlig verdrängt, sowohl in
denen mit erstrebtem als auch in denen mit unsicher gelassenem
Inhalt. Vgl. Mätzner, Gr. S. 357.
3. Die Temporalsätze ziehen in dieser Periode den Kon-
junktiv vor. Um jedoch die objektive Realität einer Sache zu be-
tonen, hat jusqu'ä ce que meistens den Indikativ. Vgl. Mätzner,
Gr. S. 365.
B. Hinsichtlich der konzessiven Nebensätze setzt sich die
Freiheit der Auffassung des 15. u, 16. Jahrh. noch bis in die Mitte des
17. Jahrh. hinein fort. Vgl. List, Synt. Stud. über Voiture in Frz.
Stud. I; Haase, Syntax Pascals in Zs. f. nfrz. Spr. u. Litt. TV, 95 ft*.
Charakteristisch für die Auffassung des konzessiven Konjunktivs
in diesen Sätzen ist das Urteil des Malherbe (ed. Laianne) im Com-
mentaire sur Des Portes IV, S. 319 über dessen: bien qu'eufin voua
fussiez le triomj)he des Dieux. Malherbe sagt:
Fussiez est mal pour fütes. Fussiez s'entend d'une chose dou-
teuse ; fütes, d'une certaine. *
Seit der Mitte des 17. Jahrh. aber beansprucht der Konjunktiv ent-
schieden den Vorrang. Menage, Observations sur la langue fran-
gaise, Paris 1672, S. 159, stellt den Gebrauch des Subjonctif in
diesem Falle als Regel auf. Vgl. Mätzner, Gr. S. 36S u. 369.
IL Von dem Konjunktiv der unsicheren Behaup-
tung in Hauptsätzen hat sich nur die urbane Wendung behauptet:
je ne sache pas (Mätzner, Gr. S. 358). Dieser Ausdruck wurde in
seiner Weiterexistenz wesentlich gestützt durch den beschränkenden,
auch formelhaften Relativsatz „que je sache" (vgl. S. 455 u. 458),
der sich auch allein von allen ähnlichen Wendungen rettete.
2. Nach den Verben des Vorstellens hat sich sehr all-
mählich eine Wandlung zur Bevorzugung der objektiven Darstellung
* Vgl. Holfeld, Sprache des Franjois de Malherbe, üüttingeu 1875.
462 Der Konjunktiv im Französischen.
und damit des Indikativs, wie sie heute üblich ist, vollzogen. Die
Klassiker haben noch oft den Konjunktiv:
Corn. Mel. IV, 1. Le Ment. I, 4. Cinna IV, 4. Mol. tlc. des
maris II, 8. Dep. am, I, 2 : Mar, foree sc. VI etc. Rac. vgl.
Mesnard VIII, p. XCIV.
Abgesehen natürlich von der verneinten, fragenden oder bedingten
Verwendung des Hauptsatzes, nach welcher der Konjunktiv als
Modus des unsicher Vorgestellten sich findet, zeigt der moderne Ge-
brauch den Konjunktiv nur, um die Irrealität des Vorgestellten zu
betonen. Andererseits steht nach negativen Verben der Indikativ
als Modus der Gewifsheit.
Rev. d. d. M. 18G9, p. 5G3: Si vous avez jamais pu douter que le
visage de l'homme est le parfait miroir de son ärae . . .
(cit. Bertram in „Beiträge zur Feststellung des gegenwärtigen Sprach-
gebrauchs" in Herr. Arch. Bd. 47).
Rev. d. d. M. 1868, p. 1005: II (Götze) ignorait que Lessing ...
avoit employe ses veilles ä explorer les contrees perdues.
(cit. id.) Vgl. Mätzner a. a. O. S. 3G4.
3. Sehr merkwürdig erscheint, vorwiegend erst seit dem Anfang
des 17. Jahrb., obwohl das 16. Jahrb. schon Beispiele dafür bietet
(vgl. Weifsgerber a. a. O. S. 273—279), und bei Garnier der Kon-
junktiv sogar schon weit überwiegt (vgl. Haase, Frz. Stud. V, 1, 51),
der Konjunktiv nach den Verben der Gemütsbewegung, per-
sönlichen Avie unpersönlichen. Während früher der Grund des Affektes
gewöhnlicher in einem mit quant, si, por ce que, que etc. eingelei-
teten Satze gleichwertig neben dem Ausdruck der Freude, der Trauer
oder des Erstaunens stand, tritt jetzt dieser letztere Begriff so in den
Vordergrund, dafs der Grund der Erregung nur als subjektive Vor-
stellung, deren objektive Realität unentschieden gelassen wird, liin-
zugefügt ist. Soll die Realität der Ursache betont werden,, so wird
gewöhnlich darauf als auf ein Faktum durch ein vorangehendes „ce''
hingewiesen. Der Modus ist dann naturgemäfs der Indikativ. Diese
Auffassung ist vielleicht mit durch die lat. Konstruktion hervor-
gerufen (gaudeo quod, c. Ind. und c. Konj.). Die französischen
Klassiker schliefsen sich noch manchmal der älteren Auffassung an.
Vgl. Genin, Lexique compai'e de la langue de Moli^re p. 165. Mesnard,
Racine t. VIII, p. XCIII. Der Graminnlikcr Bouliours (Remarques,
"200) fordert bereits den Konj. nach s'etonner. Vgl. Mätzner, Gr. S. 363.
Der Konjunktiv im Französischen. 4(3;-!
4. In den Adverbialsätzen tritt keine grofse Änderung
ein. Zu bemerken ist nur, dafs von der unnatürlichen Konstruktion
von comme mit dem Konjunktiv sich nur eine formelhafte Wendung
erhalten hat: comme ainsi soit que . . ., die sich schon im 15. Jahrh.
in Cent Nouvelles Nouvelles (I, p. XXI) findet. Sonst ist die Sprache
wieder zur richtigen Auffassung des Sinnes dieser Konjunktion zu-
rückgekehrt.
Anm.: Nach sans que steht, gleichviel ob die abgewehrte Handlung
bejaht oder verneint ausgedrückt ist, der Konjunktiv. Vgl. iMät/ner, Gr.
S. 370. Garnier hat noch zweimal den Indikativ: G. Vif, IUI ; il>. \I1,
143C. Sogar Moliere noch L'Etourdi I, 9.
5. Auf dem Gebiet der hypothetischen Satzgefüge ist
die Konstruktion: impf, du subj. — impf, du subj., die sich bis
Marot (45) und Rabelais (cit. SchäfFer I, 5; II. 14; IV, 35) fort-
gesetzt hatte, ganz verschwunden und hat der schon früher häufigeren
impf, de l'ind. — impf, du fut. Platz gemacht.
Nur das plusqueparf. du subj. hat sich nicht verdrängen lassen,
vielleicht, weil die Formen eüt und füt zu oft angewandt waren und
darum zu fest im Leben der Sprache hafteten, eine Annahme, die
noch unterstützt wird durch die Erscheinung, dafs auch nach connne
si und que si diese Formen sich erhalten haben, obwohl die moderne
Sprache sonst, entsprechend der Konstruktion der hypothetischen
Sätze, danach den Indikativ setzt. Vgl. Mätzner, Gr. S. 36G.
Anm.: In Bezug auf die Weiterführung der Bedingungssätze sei
hingewiesen auf die Bemerkung des Vaugelas (Remarques sur hi laugue
frangaise, ed. Chassang, Paris 1880) I, 137:
Observe que, bien qu'on puisse repeter le si, la mauiere la plus natu-
relle est de se servir de que,
eine Bemerkung, die auch für die heutige Zeit noch gilt.
Charakteristische Eigentümlichkeiten der ersten Periode.
1) Der Konjunktiv im Hauptsatz — sowohl der des Wunsches
als der der TJngewifsheit — erscheint nicht mit que eingeleitet.
2) Der Konj. herrscht im Konditionalsatz.
Gemeinsame char. Eigentümlichkeiten der ersten und xiieiten Periode.
Der Konj. wird konzessiv in Temporalsätzen gebraucht.
G&m. char. Eigentümlichkeiten der ersten, xn-eiten und dritten Piriode.
1) Der Konj. Impf, steht potentiell im Hauptsatz.
2) Der Konj. kann stehen in indirekten Fragen mit erstrebtem
oder unsicherem Inhalt.
464 Der Konjunktiv im Französischen.
Char. Eigentümlichkeiten der zweiten Periode.
1) que dient bisweilen zur Einleitung des Konj. im Hauptsatze.
2) Die Modi werden nach den Verben des Wünschens freier
verwandt; nach Verben der Aufforderung besonders ersetzt oft der
Imperativ den Konj.
3) Auch in Temporalsätzen werden die Modi freier verwandt.
4) Der Konj. steht oft in Modalsätzen.
5) peu s'en faut que regiert den Indikativ.
G) Der Indikativ verdrängt den Konj. in Konditionalsätzen.
Gem. char. Eigentümlichkeiten der xiceiten und dritten Periode.
Die Verben des Fürchtens regieren oft den Indikativ.
Gem. char. Eigentümlie/ikeiten der xiveiten, dritten uml vierten Periode.
Die Kelativsätze nach einem Superlativ erhalten infolge kon-
zessiver Auffassung den Konj.
Char. Eigentümlichkeiten der dritten Periode.
1) que dient in der Mehrzahl der Fälle zur Einleitung des un-
abhängigen Konj.
2) comme regiert oft den Konj.
Getn. char. Eigentümlichkeiten der dritten und vierteil Periode.
Zum Ausdruck der Potenzialität steht bisweilen sogar der Konj.
Präs.: je sache, je puisse.
Cliar. Eigentümlichkeiten der vierten Periode.
1) Die Verba des Fürchtens regieren den Konj.
2) Die Verba des Vorstelleus haben gewöhnlich den Indikativ.
3) Die Verba der Gemütsbewegung regieren den Konj.
4) Der Konj, ist mit Ausnahme des Konj. Plusqupf. aus den
Konditionalsätzen verschwunden.
Sitzungen der Berliner Gresellschaft
für das Studium der neueren Sprachen.
Sitzung am 1^). Jamiar 1889.
Herr Raucli spricht über Ibsens Gesellschaftsdramen. Er glebt
zunächst eine eingehende Darstellung des Lebensganges des seit län-
geren Jahren in München wohnenden Dichtei's, der ihm auf einer
Reise in Tirol auch persönlich bekannt geworden ist. Nachdem er
daravif die anderen Werke des Dichters flüchtig berührt hatte, ging
er näher auf die dem Gesellschaftsleben der Gegenwart entnommenen
Dramen ein, indem er ihren Inhalt und die ihnen zu Grunde lie-
genden Ideen besprach. Mit dem Drama „Die Gespenster'' brach
der Redner ab. Die Fortsetzung und eine Würdigung des Dichters
im allgemeinen behielt er sich für einen späteren Vortrag vor.
Herr Direktor Schulze tritt wieder in die Gesellschaft ein;
Herr Pedro de Mugica hat sich zur Aufnahme gemeldet.
Sitzung am 29. Jamiar 1889.
Der stellvertretende Vorsitzende gedenkt des herben Verlustes,
den die Gesellschaft durch den Tod ihres Begründers und bestän-
digen Vorsitzenden, des Herrn Professor Dr. L u d w ig H e r r i g , er-
litten hat. Zu Ehren des Abgeschiedenen erheben sich die Anwesenden
von den Sitzen. Seinem Andenken die nächste Versammlung der
Gesellschaft zu weihen, wird im weiteren Verlaufe der Sitzung be-
schlossen. Die Rede bei dieser Feier übernimmt Herr I. Schmidt.
Auch Herr Zermelo ist der Gesellschaft durch den Tod ent-
rissen worden. Nachdem der stellvertretende Vorsitzende seiner in
ehrenden Worten gedacht, erheben sich auch zu seinem AiKk-nkcn
die Anwesenden.
Herr Zupitza giebt zwei Beiträge zur niitUlLiiglisclicn Liüc-
raturgeschichte:
1) In Horstmanns Altenglischen Legenden (Neue Folge, 18H1)
S. 499 ff. ist eine Marienlegende aus der Auchinleck-Handscbrift ab-
Arcliiv t. n. Spraclien. LXXXII. 3U
466 Sitzungen der Berliner Gesellscliaft
gedruckt. Leider ist der Anfang verloren gegangen, in dem erzählt
worden sein mufs, dafs ein Clerk die Jungfrau Maria anflehte, sie
mit leiblichen Augen sehen zu dürfen. Sie läfst ihm nun, und zwar,
wie das folgende zeigt, mitten in der Nacht, diu'ch einen Engel
sagen, daCs er, wenn sein Wunsch in Erfüllung gehe, dann zeitlebens
(in diesem Sinne ist v. 20 zu ergänzen; v^gl. v. 123) blind sein müsse.
Der Clerk denkt sich, dafs er ja ein Auge zumachen und so retten
könne: mit diesem werde er dann immer noch seinen Lebensunter-
halt verdienen. So wiederholt er denn dem Engel gegenüber seine
Bitte. Dieser verschwindet, erscheint aber bald zum zweitenmal bei
dem Clerk mit der Nachricht, dafs er die Jungfrau Maria sofort er-
blicken solle. Sie kommt, von einer musizierenden Engelschar be-
gleitet, und der Clerk sieht sie in voller Schönheit, aber, wie er sich
vorgenommen, nur mit einem Auge. Am nächsten Morgen ist er
aber deshalb sehr ärgerlich auf sich: er fürchtet, dafs ihm ]\Iaria
dies übel genommen haben müsse. Er bittet sie, sich ihm noch ein-
mal zu zeigen: dann wolle er gern sein Leben lang ganz blind sein.
In der folgenden Nacht kann er vor Herzeleid keinen Schlaf finden.
Da kommt Maria abermals, wieder von Engeln begleitet. Sie erklärt,
dafs sie ihm verzeihe, giebt ihm aber zu bedenken, dafs es ihm, wenn
er vollständig erblinde, sehr schlecht gehen werde. Er erwidert, dal's
er gern leiden wolle, wenn sie ihm nur dereinst einen Platz im Himmel
gewähre. Sie verspricht ihm das und kehrt in den Himmel zurück.
Der Clerk ist aber am nächsten Morgen wieder im vollen Besitze
seines Augenlichts. — Soviel der Vortragende weils, ist noch nicht
darauf hingewiesen worden, dafs sich dieselbe Geschichte in latei-
nischer Fassung in Herolts Promptnarimn discipuli de mirarvlis (jlo-
riuae Marie findet unter der Überschrift: Quidmn mdit ^jukritudinent
Marie et perdidit vnum oculum. Exemplum LXXIX. Der Anfang
lautet hier: Qtddam clericus parisius heatissime virgini multum de-
uofus qui [wohl zu streichen] ardeiäi animo diu desiderahat indere
■piilcritndinon Virgin is Marie. Post mvlta tempara angelus domini
ex parte Marie destinatus sahäauit derirnm ei dicens. Hier teilt der
Engel gleich das erste Mal (eine Angabe über die Tageszeit ist nicht
vorhanden) dem Klerikus mit: 'Bomina mea, Maria, ... exaudiuil
orationem tuam et mandat tibi, quod tali die et liora veniet ad te, et
ridebis eani.' Den Entschlufs, nur ein Auge zu opfern, fafst er erst,
nachdem er dem Engel erklärt: 'Lihenfer rolo perdere lunien, vt ipsain
seniel ridere merear.' Von irgendwelcher Begleitung der Jungfrau
Maria ist bei Herolt nicht die Ueile. Nachdem sich der Klerikus
zuerst nur nüt einem Auge an ihrer Schönheit geweidet, will er sie
auch mit dem zweiten geniefsen: da verschwindet sie aber gerade
{cum postea mamim deponeret, vt eam auihobus oeulis inspiceret, heata
virgo disparuit. et eavi tdfro non vidil). Nun maclit er sich wegen
seines Benehmens Vorwürfe. Es heilst dann: nomiue diu beatam
I
für das Rtudium der uoiioroii Sitraclieii. 1(17
rirginem Marimn. exorassei, ut eam videre posset iterato. Auch ilir
zweiter Besuch wird durch einen Engel angemeldet, der, nachdem
der Klerikup versichert, dafs er, falls er tausend Augen hätte, sie alle
verlieren wollte, wenn er die Jungfrau ein zweites Mal ordentlich
sehen könnte, ihm mitteilt: 'Ipsa cletnenU.ssiinu domina iiiandat tibi,
qiiod videhis eam, et superstitnn oeulum iion aniittes et insiijwr recn-
'perahis ondum perdituni.' Die Darstellung in dem englischen Ge-
dicht, nach welchem der Clerk erst am Morgen zu seiner grofsen
Überraschung merkt, dafs er seine volle Sehkraft wiederhabe, ist weit
wirkungsvoller. Die Bitte um einen sicheren Platz im Himmel, die
der Clerk in dem Gedichte ausspricht, fehlt in der lateinischen Fas-
sung. Es heifst hier nur: quod noti niulto tempore poat totum sie
fuit factum, et heata rirgo Maria apparens ei ridendcvn se exhibuit el
amissvm oenhim ei restitnit. Es scheint, dafs die Quelle Herolts eine
andere Avar als die, aus welcher der englische Dichter geschöpft hat.
2) In den lieliquice antiqiicB edd. Wright and Halliwell 1, 4 f.
hat der letztere ein Gedicht mit dem Anfang 'The /als fox camme
unto owre croff veröffentlicht, dem er die folgende Bemerkung voraus-
schickt: 'From the University Library, MS. Ee 1, 12, ro»fainiiig an
English metrical Version of the Psalms, said in the MS. to hare liren
written in A. D. 1342, an velliim, but the MS. itself evidently belo)igs
to the löth Century.' Aber den Hauptinhalt dieser Hs. bildet nicht
eine englische metrische Übersetzung der Psalmen, sondei'n eine
Sammlung geistlicher Lieder in englischer Sprache. Was ferner die
Jahreszahl 1342 anlangt, so ist diese erst durch die Rasur eines ('
und eines L hergestellt worden: ursprünglich hat 1492 dagestanden,
was schon in dem Katalog der Hss. richtig bemerkt ist. Die Jahres-
zahl findet sich am Schlufs der Liedersammlung vor dem Gediclit,
das Halliwell abgedruckt hat: Explicit über ympnorum et canticoruni,
quem composuit Frater Jacohus Rynian ordinis Minorum ad laudem
omnipotentis dei et ssmetissime matris eins inarie omniumque .sanc-
torum Anno domhii 3ßlJes\mo CGCC'"" LXXXXII". Das erste C
und das L sind offenbar ausradiert worden, um die Hs. älter er-
scheinen zu lassen. Die ympni und canti^-a des Jacül)us Kynian,
dem noch keine Litteraturgeschiclite ein Plätzchen eingeräunU, hat,
sind zum Teil Übersetzungen lateinischer Originale. Zu diesen ge-
hört das folgende Gedicht.
Conditor alme sydtrum, llarimj rarth, (liis imrhle s/ndde he
Eterna Inx credencium, .'iptitc ■'»
Christe, redemptor omninm, Thurgh the pereli of dedty yille.
Exaudi preces supplicum. Tlioti saredest fro yrete dohitrr
, . , . To the qiltii gering .focoure.
Hoty Diuker o/ aterirs bn</ht, J J J »
Of fvithefutl men eferuntt lighl. This imrhh-droiriug nyyhr niln nyyht,
C'risi, that ayeue manl^ynde hast As spoirse ofboinr, thoii raine outrighl
bonyht, Fro the cluusnrc utoost clenty dight
Here onrr prayers uf biixu'm tiionylil. Of vinder Mary, rirggne hrlght:
i)0*
4GS Sitzungen <1or Berlinor rresellschaft
Tb icliose yrete myfjlit, as it is riylil. Tenne of uiire Ij/fe defende vs froo
Chi knees hnnpfh n(erij in'ifht : Thednrte of flie false fende, oure foo.-^
Alle herieulii and erthihi thinne ^'^ r i i i ■ i j
Tr , ,;' I , "'.i ,1 l.awde and honoure, mm and vertue
Knnirleqe tliem meh' to thii bplninvi. .,' ; i t i ■ ti
■' ■' ■' ■ 11) (jud and to uis sonne J licsKC,
0 holij lorde, ire besechr the. Also rnfo tlie holigoost.
Of alle t/i/'s irorlde that jwje shall be: Botlie tlire and one, of m/jghth moosf.
Dem englisehen Dichter hat das lateinische Lied in der über-
arbeiteten Gestalt vorgelegen : vgl. Mone, Lateinische Hymnen des
Mittelalters, Freiburg i. B. 1<S83, I 50 in den Anmerkungen. Die
zweite Strophe stimmt zu der Fassung Qui condoleiis interitu Mortis
'perire seculum Salvasti mundum languidutn Donaiis reis remediuni,
während dieselbe ursprünglich lautete Qui condolens hominihus Mortis
snhiectis legibus FaHus homo restituis Vitam in tuo sanguine. Auch
die vierte Strophe setzt voraus Cuius forti jxjtentirr Gpini curvant^ir
omnia: Cniestia, terrestria Faientur nufn subdita, nicht aber Cuius
forti potentice Genu flectatur omniuni Cadestium, terrestrium Nee non
et infernalium. Endlich geben Vv. 19 f. wieder Conserva tws in
tempore Ilostis a telo perfidi, während der ältere Text statt des zweiten
dieser Verse hat Quamdiu sumus advence. Allein dem englischen
Text fehlt ebenso, wie Mones Hs. A und dem römischen Brevier, die
interpolierte Strophe, welche sich sonst hinter V. 16 der jüngeren
Fassung findet (vgl. auch Roth, Lateinische Hymnen des Mittelalters,
Augsburg 1888, S. 9): Oecasiwi sol custodiens, Lima palhreni reli-
nens, Candor in astris relucens Certos observat limites.
So finden sich ferner übersetzt Verbum supermim prodiens; Vor
clara, ecce, intonat; A solis ortus cardine u. s. w. Selbständig scheint
■/.. B. das folgende Lied auf Heinrich VI.:
0 (/ood Hern/ tlio sixte btj na nie Wherforc inblisse tlifking of ijvace -"
Botlir of litiilond, ye, aud of Frau nee, Hath graunted the a joycfnll place.
^( ''J' 'e f"ii' '"^jf ' ' "' ^s scripture seith, blessed thni^ be.
And Ol hitl irortliii qoiiernannce. mi , ,• n i ■ i i i i
,1 „ ,'• ' •,•/ •', .- Ihat nierrtitiitl he m norde and dedr;
ridl oj ntereu, n:aii(nd venaeaitnve ; ■' tti ,i i ;» v » r ri ■ i /•
,ir, 'r ■ •'', , . .1 1 ■ f ror theu shall tuende of Cnesl so fre
Wnerjore in Misse the lunii ot qrace i, •', • 'Z J , ' .,.-
TT ., ' j-j ,1 • r II I Mereii also m turne oj nme. -i>
rlnth qrauntid the. a louetdl plaee. m, ■ ' . ■■' .,'.■. j
•' j j 1 i II,, g ,-(>rfu ay in the dtd sprede;
A kiny thou were of grete renoinie WJierefore ifi Idisse the king of graee
And of vertue tnore cxcellent, Hath graunted the a Joyefull place.
XXXIX. ycre weriing croirne ^" < • „ j/ ; i ; •
,, •' r j "^ ■ • . . A prtnce thou teere mfke Aüabeuninf.
hii iirace ot qod onininoteid. n • i ■ ,i •* di
jp ■ ■ ' ^ ^ , raeieid in adtiersite: •'"
M/iuir in ntereu permanent; ti-i r h i j
jjri r ■ -it- ,11- f " heretore thou hast a eroivnc con-
iV herefore in Inisse the In ny of graee ' ..
Hath qraiinted the a jouefull plaee. t n- f ii f i- u
■' j j I 1 1,1 1,1, sse of alle felieite,
As a trne knyght, both day und H'here joy hath perpefuite;
iiyyht • '•"' /// tlic irhiehe blisse the king of
Oiiro saryoinv thou didde.^t homuirv graee
Il'i/li her/ und tnyende. ir\th irllle Hath graimtid the a ioyfull place. 3.0
und niyyhl, __ _^___
/// helth. in irelthe and in dolonre.
F.iiir at nede graunting soeoure; ' ih'm Hs.
für das Studium der iumum-ou Spraclicu. 4ti9
In thy grsfnrr fhon were Itkc Johr, Wkcrforr In hlls Ihr hl inj nf (fmcr
Sfpfffast of felfh and myeld^' of mndr. Ilatli (jniHntld Ihr a joyfnil place.
Not prour/r of trsfnre ne of roobc ,„, . e ,, , f , -«
Xr cmanms of norlddy yoodr !t *7"?T "^ '^^ ¥' '''• f?'
Xe sumpf uous of cnrncül fondc : W ^he.whfhc uas had as ru-hr trecmire,
Wherrfore in bllsse tkr liay ofywcc ^"^''^ f"'''^ ''"^ "^'"^ """[ '^"^'"' "^'■
Hath yrannted tltc a loijcfuU pl'ctcc. ,„ i ;; ■ i""""
•^ ' ■' lo yonye aud olde m diic mcasure:
AI Wyiidrsorc, thy place natyf Whrrefore lo Cr lest thon. do thy
Almyyhty yod In bllsse aboue eure,
Bofh vnto mau, tu chleld and nyf -i^ 'fhat he /rill yvaunfe rs of hin
Xow dotlie yrete thyuyis for thy loite. yva<;c 55
As pcdently the dedc doth protie; In bllsse u-\th. Ute to haue a plai-e.
Die Gedichte Rymans zeigen keinen besonderen Schwung, auch
fehlt es ihnen an Tiefe der Empfindung; indessen ist ihnen eine ge-
wisse Formgewandtheit nicht abzusprechen. Sie verdienen gewifs
eine Ausgabe, die der Vortragende sich vorbehält.
HeiT Koch bespricht den von Förster in Vollmöllers Neu-
drucken jüngst herausgegel^enen Trette delaGrammere von Meigret.
Über das Leben des Verfassers sind nur spärliche Nachrichten über-
liefert, die bis zum Jahre 15ö<S reichen. Er entfaltete eine reiche
litterarisehe Thätigkeit, die sich indessen meist auf Übersetzung grie-
chischer und lateinischer Schriftsteller beschränkte. In seinem Trette
folgt er Donat und Priscian, giebt aber auch eine Reihe eigener Be-
obachtungen, so dafs sein Werk als die Grundlage für die franzö-
sische Grammatik zu betrachten ist. Besonders gut hat er die Theorie
(-les Satzaccents entwickelt. Die Accente und die Cedille hat er ein-
geführt. Redner schliefst mit dem Wunsche, dafs die von Meigrel
angebahnte phonetische Schreibweise uns endlich bald l)eschiedcn
sein möge.
Herr Lamprecht spricht Meigret die Erfindung der Accente
ab und weist sie dem älteren G. Tory aus Bourges zu. Auch hätten
flie Bestrebungen Meigrets l)ald der Vergessenheit anheimfallen müssen,
da man mit seiner Orthographie nichts hätte anfangen können.
Herr Koch meint, dafs man aus Meigrets Buche die Aussprache
des 16. Jahrhunderts leichter als aus irgend einem anderen erlernen
könne.
Herr AVätzoldt findet, dafs eine phonetische Orthographie sich
schwer bei einer Sprache einführen lasse, deren Laute noch nicht
feststehen. Mit dem Wandel der Laute müsse dann auch die Ortho-
graphie wechseln.
Herr Koch erwidert, dafs jedes Jahrzehnt .\nderungcn in der
Orthographie ])ringe. ^Nlan könne solche also auch mit dem Laut-
wandel einführen. Doch liege ein weiteres Eingehen liierauf dem
Thema zu fern.
Herr Bouvier berichtet in französischer Spradu' ülur un cahier
du precepteur Wieland, Das Heft stannnt aus dem .lalirr 1758.
470 Sitzungen der Berliner (Jesellscliaft
Gof^chrieben i.st es von Hiuis Konrad Ott in Zürich, dem Schüler
AVielands. Es enthält Abhandlungen, die AVieland seinem Schüler
zu diktieren pflegte, so eine Ermunterung, die Zeit wohl anzuwenden,
über deji Vorzug der Vergnügungen des Geistes vor den sinnlichen,
über die Malerkuust uiid ihr Verhältnis zur Bildhauerei. Die Auf-
sätze scheinen sämtlich von Wieland zu stanuuen, der gerade in jener
Zeit sehr produktiv Avar. Einen feststehenden Plan scheint er dabei
nicht gehabt zu haben ; sie sind der Form nach ganz deutlich impro-
visiert.
Herr Pedro de Mugica wird in die Gesellschaft aufgenommen.
Die Ergänzung des Vorstandes wird für die zweitnächste Sitzung
festgesetzt.
Sitzung am 12. Fehruar 1880.
Herr I. Schmidt hält einen Vortrag zum iVndenken L. Herrigs
(abgedruckt Arch. LXXXII, I— XXIV).
Herr P e n n c r hat sich zum Eintritt in die Gesellschaft gemeldet.
Sitzung am 26. Febraar 1880.
Der stellvertretende Vorsitzende macht der Gesellschaft Mit-
teilung von dem Tode des korrespondierenden Mitgliedes Herrn
Brockerhoff in Rheydt, zu dessen Ehren sich die Versammelten
von den Sitzen erheben.
Herr Rödiger spricht über den Rhythmus des angelsächsischen
Allititerationsverses. Er erkennt den grofsen Fortschritt an, welchen
flie Sieversschen Untersuchungen für die Erkenntnis des bezeichneten
Verses bedeuten, glaubt aber nicht wie Sievers auf einen Rhythmus
in ihm und im germanischen Verse verzichten zu müssen. Die Siever.—
sehen Typen könnten bestehen bleiben, nur bedürften sie anderer
Deutung.
HerrZupitza stinnnt dem Vortragenden bei, soweit er sich
gegen Sievers negativ vci-halte; doch sei ihm unsicher, ob auf Rödigers
Weise das geistige Rand gefunden werde, da er die Einheit dabei
vermisse.
Herr Rödiger erwidert, dals die Länge der Verszeile gleich-
gültig sei; auch in strophischen Gedichten kämen verschieden lange
Verszeilen vor. Die überlangen Schwellzeilen der vorklassischen
mittelhochdeutschen wie der angelsächsischen Litteratur seien eine
auf Erregung des Dichters zurückzuführende Licenz, die sich beson-
<lers bei Betrachtungen und Btsclueibungen zeige, weswegen die
Sclnvcllverse gewöhnlich gruppenweise vorkämen.
Herr Penn er wird in die Gesellschaft aufgcnonnnen. Zum
Eintritt hat sich Herr ])r. Max Schmidt gemeldet.
für das t^tudium der ntMieren Sprachen. 171
Zum Vorsitzenden der Gesellschaft wird Herr Prof. Z u p i t z a ,
in das dadurch frei gewordeiu? Amt de.« stellvertretenden Vorsitzenden
Herr Direktor W ä t z o 1 d t gewählt.
Sit zun;/ am 12. März 1889.
Herr Lamprecht spricht über Lubarsch, Deklamation und
Rhythnuis der französischen Verse. ()})peln 1S8.S. XI u. äO S. gr. s.
Die Broschüre, gerichtet gegen „Sonnenburg, AVic sind die franzö-
sischen Verse zu lesen ?*' zerfällt in drei Abschnitte, deren erst(>r über
die Verschiedenheit des Vortrags epischer, lyrischer und dramatischer
Gedichte handelt. Der zweite, wichtigste, berichtet über Unterredungen,
welche der Verfasser mit Legouve, de Banville und Leconte de Lisle
über dasselbe Thema gehabt hat. Aus ihnen gewinnen wir eine
ziemlich grofse Anzahl für den Vortrag von Versen beachtenswerter
Regeln, Der dritte berichtigt eine Anzahl von »Sonnenburg aufge-
stellter Behauptungen. — Wenn auch die Form der Broschüre Mängel
zeigt, wenn auch manche Regeln nicht klar genug hervorgehoben und
aus ihrer Vergleichung keine Resultate gezogen sind, so ist sie doch
als belehrend und anregend zu empfehlen. Die ausführliche Recen-
sion Lamprechts steht Deutsche Litteraturzeitung 1889, S. 272.
Herr Mar eile zeigt an Versen aus Hernani, dafs nuin beim
Enjambement auch den Reim genügend für das Ohr des H(')renden
zur Geltung bringen kann. Er macht ferner aufmerksam darauf,
dafs der Poesie populaire das Enjambement fremd sei.
Herr Tob 1er spricht über Monacis Bemühungen, einen zuver-
lässigen Text für die Divina commedia zu gewinnen. Monaci hat
die 65 in Rom aufbew^ahrten Mss. an 60 Stellen, alier leider nur für
das Inferno, verglichen. Fahre man auf diese Weise bei den übrigen
der mehr als 500 vorhandenen Mss. fort, so werde man allmählich
zu einer Klassifikation derselben gelangen und die die Kräfte eines
einzelnen übersteigende Arbeit der Vergleichung sämtlicher Mss.
werde erleichtert Averdcn. Redner fordert auf, im Anschluls an Mo-
naci zunächst die acht in Berlin befindlichen Mss. zu vergleichen.
Derselbe bespricht die von Ton-aca, Livorno 1888, heraus-
gegebenen Poemetti mitologici. Das erste derselben ist das Ninfale
fiesolano des Boccaccio, das der Herausgeber, sogar ohne Angabe
des Verfassers, einfach nach der Ausgabe des Mollini abgedruckt
hat, während er aus den Mss., deren eines sich in Bcilin befindet,
einen vielfach besseren Text hätte gewinnen können. Das zweite in
dem Büchlein enthaltene Gedicht ist das Driadeo d'amore, von dem
sich, wie Torraca sagt, eine kritische Ausgabe nicht verlohne. P^r
druckt es deshalb aus einer Handschrift ab, während allein in
Rom und Florejiz noch acht andere vorhanden sind. So ist es nicht
zu verwiuidern, dafs viele Stellen dunkel hlcilicn. Das früher dem
472 yitzuugcu der Bcrliucr Gesellschaft etc.
lAiigi Fulci zugeschriebene Gedicht ist wahrscheinlich ein Werk
seines Bruders Lucii Pulci und wohl kurz nach dem Tode desCosimo
1464 vcrfafst. Eine Eigentümlichkeit des Reimes findet sich in den
Schlufsstrophen der vier Gesänge, indem in Zeile 1, o, 5 und ebenso
in Zeile 2, 4, 6 dieselben Wörter im Reime stehen, die dann auch
in Zeile 7 und 8 aufserhalb des Reimes vorkommen.
HeiT Buchholtz findet bei dem letzten Punkte einen Anklang
an die Sestinen bei Dante, den auch Heir Tobler aiierkennt; doch
meint letzterer, dafs die gleichen Wörter im Reime bei den Sestinen
leichter zu ertragen seien. Herr Michaelis I. weist auf ähnliche
Reimspielereien bei Kuhlmann, Herr Rödiger auf ebensolche bei
Hartmann von Aue hin.
Herr Tanger berichtet über die Besprechung, die seine Aus-
gabe von Dickens' Ckristmas Carol in der holländischen Zeitschrift
Taalstudie erfahren hat. Da die Herausgeber der Zeitschrift eine
Erwiderung seinerseits aufzunehmen sich geweigert hätten, so lege er
dieselbe der Gesellschaft vor. Der vorgerückten Zeit wegen konnte
der Redner zunächst nur die wenigen Punkte anführen, in denen er
die Kritik ten Bruggencates als berechtigt anerkennt.
Herr M. Schmidt wird in die Gesellschaft aufgenommen ; zum
Eintritt haben sich die Herren Dr. Kabisch und Krüger ge-
meldet.
Sitznnf] (im 27. März 18H0.
Herr Tanger brachte den weitaus gröfsten Teil seiner Erwide-
rung auf Herrn ten Bruggencates Kritik seiner Ausgabe des Christ -
mas Carol zur Kenntnis der Gesellschaft. — Die Erwiderung wird
im Archiv gedruckt werden. — Bei der vorgerückten Zeit war eine
eingoheiide Diskussion nicht möglich.
Die Herren Kabisch und Krüger werden in die Gesellschaft
aufgenommen ; zum Eintritt hat sich Herr Dr. Otto gemeldet.
Zu Dickens' Christmas Carol.
Eine Gegenkritik.
Im ersten Heft des Id. Jahrganges der holländischen Zeitschrift „Taal-
studie'' hat Herr ten Bruggencate aus Leeuwarden eine lange, äufserst
abfällige Kritik meiner für Tauchnitz' „Students' Series'- veranstalteten
Ausgabe des Christmas Carol veröfFentlicht. Da sie meiner Ansicht nach
in den allermeisten Funkten ungerechtfertigt ist, so schrieb ich eine aus-
führliche .,Er\videruug'' und ersuchte die Herausgeber der Zeitschrift
(Herrn Baale, Herrn ten Bruggencate und Herrn Schwippert) um Auf-
nahme derselben in ihre Zeitschrift. Es kam darauf ein abschläglicher
Bescheid, weil 1) die nächste Lieferung schon fertig sei; 2) weil meine
Erwiderung zu lang sei, :*.) weil sie „des assertions contestables" enthalte.
Dafür aber schlug man Herrn Prof. Dr. Hoppe als Schiedsrichter vor.
Ich antwortete : 1 ) Auch mit einer Veröffentlichung in der folgenden
Nummer der Zeitschrift würde ich zufrieden sein. 'J) Die Länge kiuine
bei einer Antwort auf eine i^'i, Grofs-Oktavseiten füllende Kritik nicht
ins Gewicht fallen. :!) Die event. Anfechtbarkeit gewisser Punkte in
meiner Erwiderung sei kein Hindernis, da Herrn ten Bruggencates Kritik
noch viel mehr Anfechtbares enthielte und doch aufgenommen sei. 4) Auf
das Arbitrium des Herrn Prof. Hoppe könne ich mich nicht einlassen,
nicht etwa, weil ich denselben nicht als eine der hervorragendsten Auto-
ritäten auf dem Gebiete des modernen Englisch anerkenne, auch nicht,
weil ich mich vor seiner I^ntscheidung fürchte, sondern einmal, weil ich
gelegentlich in meiner Ausgabe auch einer Ansicht des Herrn Prof. H(jppe
entgegengetreten bin (er mülste in diesem Ealle also Partei und Richter
sein), und dann besonders, weil man auf einen öffentlich erfolgten
Angriff entweder ganz schweigt oder öffentlich antwortet. Für den
Fall erneuter Abweisung bat ich um Rücksendung meines ^Ianuskript>.
Nach einigen Tagen traf dasselbe denn auch ein, begleitet von einer
brieflichen, „The Editors of jTaalstudie'" unterzeichneten Mittt'ilung und
einer langen Entgegnung von Herrn ten Bruggencate.
In dem Schreiben der Herausgeber wird die erneute .Abweisung moti-
viert: 1) Because many of liis remarks are worthless, in the opintou of
the editor for the Emjlish dirision of 'Taalstmlie' (d. h. also mit nackten
Worten, in der ileinung des Herrn ten Bruggencate, meines Cleguers, der
ganz ungeniert als Partei und Richter fungiert!); '_') Because tliey neyer
insert any paper which has not been written in the language of whi<-h
it treats;' :'>) Because therc is not room enough for such a lengthy piij-cr
as Dr. T.'s, containing as it does, many incorrect statements."" (.Janz neu
war mir, dai's ich hätte englisch antworten müssen. Ich hatte allerdings
474 Zu Dickens' Chrii^tma.s Carol.
geschwankt, ob icli deutsch, oh ich englisch sclireilten sollte, überlegte
mir aber, dafs- ich als Deutscher keinen Grund habe, mich einer fremden
Sprache für eine anerkauntermalseu polyglotte Zeitschrift zu bedienen.
Es versteht sich von selbst, dal's, wenn die deutsche Abfassung das
einzige Hindernis für den Abdruck meiner Erwiderung gewesen wäre,
ich sie gern englisch umgeschrieben hätte, aber sie wäre dadurch ja nicht
kürzer und „in the opinion of the editor for the English division" jeden-
falls auch nicht Aveniger anfechtbar geworden.
Ich niufs also auf anderem Wege an die Otlentlichkeit appellieren,
habe aber geglaubt, das Verhalten der Herausgeber der .Taalstudie'-
ebenfalls bekannt machen zu sollen, damit man in Zukunft wisse, wessen
man sich seitens jener Herren zu gewärtigen hat.
Was nun Herrn ten Bruggencates Entgegnung betrifft, so giebt er
mir, wenn meist auch nur zögernd, in einigen Punkten recht; in einer
Reihe von anderen Punkten findet er nunmehr die Fragen „of no con-
sequence" und möchte sich damit aus der Affaire ziehen. i\Ieist alier
verharrt er schroff bei seiner Ansicht und wirft mir Rechthaberei vor.
Ich habe aber, wie sich zeigen wird, in drei Punkten in meiner Erwide-
rung ihm recht gegeben und anerkannt, dal's er in einigen anderen wenig-
stens Annehmbares vorgebracht hat:; ob ich hätte Aveitere Konzessionen
machen müssen, das mögen die Fachgenossen entscheiden, wenn sie die
Kritik und meine Erwiderung geprüft haben. Auf eins aber mik-hte ich
noch hinweisen: Herr ten Bruggencate hat mehrfach Anstol's an meinen
Anmerkungen genommen, weil er irrtündicher- oder willkürlicherweise
keinen Unterschied zwisclien einfach „übersetzenden" und „umschrei-
bend-erläuternden" Anmerkungen macht. Deutschen Lesern mei-
ner deutschen Anmerkungen würden .solche Verwechselungen schwer-
lich passiert sein.
Gern wäre ich gleich auch auf die einzelnen Ausführungen in der
„Entgegnung" des Herrn ten Bruggencate genauer eingegangen und hätte
manches daraus citiert; leider aber hat er mir in seiner Antwort auf meine
diesbezügliche Anfrage die Erlaubnis dazu verweigert: er sei gezwungen
gewesen, seine P^ntgeguung in grofser Eile anzufertigen, da ich so schnell
mein Manuskript zurückverlangt hätte. Herr ten Bruggencate hatte meines
Erachteus nach allgemeinem Brauch überhaupt gar keine Veranlassung,
solche nur für meinen Privatgebrauch bestimmte Entgegnung zu Papier
zu bringen. Er hätte ruhi"- abwarten sollen, was ich auf seine Kritik
veröffentlichen würde, und hätte alsdann in aller Ruhe .seine Entgegnung
ausarl)eiten können. — Ich lasse nun meine Erwiderung folgen. Nach-
trägliche Zusätze, die also Herrn ten Bruggencate noch nicht vorgelegen
haben, sind deutlich durch jedesmalige Vorsetzung von „ — Zusatz" kennt-
lich gemacht.
K r w i d e i" u n g.
Auf Herrn ten Bruggencates Recension erlaube icli mir Folgendes zu
erwidern :
„Die Erkenntnis, dafs in einer auch für die Schule bestimmten Sanuu-
lung, wie ,The Students' Series for School, College, and Home', auf die
Dauer das herrliche ,GhristnKis Carol' nicht zu entbehren sei, war die
Veranlassung, den bereits vorhandenen Ausgaben diese neue liinzuzufügen."
So beginnt die Vorrede zu meiner Ausgabe, die ich im Auftrage der ver-
ehrlichen Verlagsbuchhandlung ])esorgt habe. Hätte der Herr Receusent
die Vorrede aufmerksam gelesen, so wären ihm vielleicht auch die Schluls-
worte derselben aufgefallen: «Möchte diese Ausgabe ihren Vorgängerinnen
sich würdig anreihen und auch an ihrem Teile etwas zu einer immer ver-
tiefteren Kenntnis des liebenswürdigen Dichters beitragen." Es geht dar-
aus hervor, dal's icli einerseits die Ausgabe nicht unternommen habe, um
Zu Dickens' Christmas Carol. 475
viel Neues zu Tage zu fördern, andererseits, dafs es mir nicht einpefallen
ist meine Vorganger überflüssig machen zu wollen. Meine Ausgabe sollte
bilhgerweise als das beurteilt werden, was sie sein will, nicht als das
was man willkürlich von ihr zu verlangen beliebt. Herr ten Firuggen-
cate scheint nun von dem Grundsatze auszugehen, dafs, wenn braucbhare
Ausgaben eines Werkes vorhanden sind, neue Ausgaben nur veranstaltet
werden sollten, wenn dadurch die früheren vollstäiidiir aus dem Felde ge-
schlagen würden. Dies ist jedoch ein unhaltbarer Standpunkt, der für
Verleger und Autoreu eine entschieden zurückzuweisende Beschränkung
der persönlichen Freiheit, für das ganze litterarische Leben einen uner-
träglichen, weil unnatürlichen Zwang bedeuten würde. Jede wissenschaft-
liche Arbeit, selbst wenn sie sich mit einem schon wer weifs wie oft be-
handelten Gegenstande befaist, hat ihre Existenzberechtigung und be-
gründeten Anspruch auf Achtung, wenn der Verfasser liei der Berück-
sichtigung oder Benutzung voraufgegangeuer. Leistungen ehrlich verfährt,
d. h.keiu Plagiat begeht, den Stoff" noch einniaL selbständig und mit
Aufbietung seines besten Wissens und Könnens durcharbeitet, und den
Vorgängern gegenüber sein eigenes Urteil nicht in die Tasche steckt.
Eines Plagiats hat mich Herr ten Bruggencate nicht anklagen können ;
jede Seite meiner Arbeit liefert dem, der sehen will, Beweise meiner
Selbständigkeit; nirgends bin ich einer Schwierigkeit aus dem Wege ge-
gangen, und trotzdem spricht Herr ten Bruggencate meiner Ausgabe die
Existenzberechtigung ab und versagt ihr die Achtung, die jede ehrliche
und ernste Arbeit beanspruchen darf. — So viel über die" einleitenden
Bemerkungen des Herrn Recensenten.
Sehen Avir uns nun den speciellen Teil seiner Kritik, mit anderen
Worten das erschreckend lange Register von Begehungs- und I Unter-
lassungssünden an, die mir zur Last gelegt werden (acht volle Seiten hat
Herr ten Bruggencate anzufüllen gewufst!), so gestehe ich gern, dafs in
drei Fällen Herr ten Bruggencate recht hat; in einigen anderen bringt
er wenigstens Annehmbares vor; in allen übrigen Fällen jedoch hat er
meines Erachtens so weit vorbeigeschossen, dafs man in seinem eigenen
Interesse wünschen möchte, er hätte seine Recension nie geschrieben.
Herr ten Bruggencate ist nämlich, um es kurz zu sagen, weder im Deut-
schen noch im Englischen (trotzdem er sich offenbar auf seine Kenntnis
des letzteren viel zu gute thut) genügend .,uj) to the mark", um ein kom-
petentes LTrteil über ein von einem Deutschen kommentiertes englisches
Werk abgeben zu können. Das klingt hart, aber wer da glaubt, wie Herr
ten Bruggencate, dafs der Satz: ,,Wenn du mich um einen Groschen
mehr fragtest und daraus eine offene (streitige) Frage machtest, möchte
es mich gereuen, dafs ich so mild gewesen" (zu p. llo, 1 m. Ausg.), idio-
matisches modernes Deutsch sei, beweist, dafs er nicht qualifiziert ist,
über deutsch geschriebene Anmerkungen zu urteilen ; und wer, wi(> Herr
ten Bruggencate, zu meiner Übersetzung der Stelle im Chr. G. : ,we knew
that we were helping ourselves ^^ dafs wir zulangten, oder: nahmen was
wir fanden," die lakonische Bemerkung machen kann: Nonsensel. beweist,
dafs es ihm nicht an Aplomb, M'ohl aber an dem richtigen \'erstän<biis
ganz landläufiger englischer Redensarten, mithin an der Befähigung fehlt,
englische Texte zu verstehen oder gar zu erklären.
Dafs diese beiden nicht die einzigen P'älle sind, wo Herr ten Bruggen-
cate eine mangelhafte Kenntnis des Deutschen sowohl als des Endischen
verrät, Avird sich aus dem Folgenden ergeben, wo ich nunmehr die ein-
zelnen Bemerkungen des Herrn Recensenten über meine Anmerkungen
der Reihe nach durchgehen werde. Dabei soll ein vorangestelltes A an-
deuten, dafs ich mich der Ansicht des Herrn ten Bruggencate anschliefso,
ein B, dal's seine Kenntnis des Deutschen nicht ausreichte, ein G. dafs
seine Kenntnis des Englischen mangelhaft war, ein D endlich, dafs aus
476 Zu Dickens' Christiuas Carol.
diesem oder jenem anderen (irunde der Herr Recensent sich als unzu-
verlässig erwies.
Herr ten Kruggeucate möchte mir einen Vorwurf daraus machen,
dafs ich das „shall'' in Dickens' Vorrede (the (ihost of an Idea, which
sliall not put my readers out of humour) unerklärt gelassen habe. Eine
Erklärung war überflüssig. Mit der Bedeutung ^soll'-, die der deutsche
Schüler kennt, wird mau der Stelle durchaus gerecht.
A (Seite 2, Anm. 2 meiner Ausgabe.) In seiner Bemerkung über
„niarh (Marley) hat der Herr Recensent recht.
B (2, 5) „Cut up- wird gewöhnlich mit -tief oder aufs tiefste lie-
triibt" übersetzt (nicht mit „untröstlich", wie Herr ten Bruggencate will).
Ich habe diese etwas stärkere Übersetzung absichtlich vermieden aus
Rücksicht auf den Text, wo es heifst: „dreadfuüy cut up.^ Geben wir
dies mit „schrecklich betrübt^" wieder, so haben wir eine Übersetzung, an
der nur ein Übelwollender etwas auszusetzen finden kann. Es gar mit
^kaput", noch dazu in der ganz unbekannten Bedeutung -untröstlich^
zu übersetzen, wie Herr ten Bruggencate vorschlägt, wäre in Unterrichts-
stunden in Deutschland durchaus unzulässig.
C (M, 1) „to take a stroll" ist für jeden, der mit dem „recent Ger-
man" vertraut ist, durch „uniherbummeln" zutreffend übersetzt. Beide
Ausdrücke sind slangartig angehaucht.
C D {■'', 2) Wie mit -stroll" für -walk" verhält es sich, glaube ich,
mit „turning out" statt des einfachen „going out". Meine Anmerkung
lautet: „turning out = going out oder venturing out (sich herauswagend,
Schmidt)." Die letzte Wiedergabe vei'dient den Vorzug, denn sie ist, wie
„turning out", etwas gewürzter als das einfache -ausgehen", sie läfst also
den leisen Anflug von Slang nicht ganz verloren gehen. — Wenn nun
Herr ten Bruggencate einfach bemerkt, dals tnrnl)ui out nicht rodiiriny
out = sich herauswagend bedeute, so muls man eine falsche Vor-
stellung von der Fassung meiner Anmerkung gewinnen, da das von mir
vorangestellte -going" fortgelassen ist. Dies ist nicht der einzige Fall, wo
Herr ten Bruggencate sich eine ungenaue Wiedergabe meiner Erklärung
hat zu schulden kommen lassen. — Zusatz. Aus meiner Anmerkung geht
hervor, dals ich weder rfo'nuj out noch vciituriny out für sich als genaue
Äquivalente für furniny out halte, sonst hätte ich nur eine Umschrei-
bung zu geben brauchen. Ich glaube ferner, dafs sich dieser englische
Ausdruck, wie unzählige andere, überhaupt nicht ganz genau deutsch
wiedergeben läfst, dafs aber im Deutschen -sich herauswagen" oft in sehr
ähnlicher Bedeutung gebraucht wird. Hervorhel)cn will ich noch, dals
im Texte „rashly" vor turning out steht, und dafs mir dieses mshiy erst
recht die IFmschreibung -venturing out" zu unterstützen scheint.
(:'., 4) -Literally to astonish his son's weak mind." Herr ten Bruggen-
cate will, um von seiner langen Bemerkung hier nur die Quintessenz zu
geben, das Adverb nur auf den Infinitiv beziehen, während ich in meiner
Erklärung es den ganzen Satz bestimmen lasse und diese Auffassung hin-
reichend l)egründe. Herr ten Bruj^gencate wird jedenfalls zugeben müssen,
dafs meine Erklärung nicht spracliwidrig ist; mögen alsdann andere ent-
scheiden, ob der Herr Recensent recht hat oder ich.
G (1, 1) -a tight-fisted band at the grindstone." Trotz Herrn
-StoHel's paper, Taalstudic VITI", ist meine Erklärung -geiziger (tc-
schäftsmann" zu halten. Baumann, Londinismen, sagt |s. v. grindstone):
„[Wetzstein] ermüdende, erscIir)pfVnde Arbeit: we werc kept with our
noses to the grindstope ( Green wood), wir mulsten ohne Unterbrechung
arbeiten." Ich erinnere ferner daran, dafs _to grind" die Slangbedeu-
tung „angestrengt arljeiten" hat. Ich habe also nicht unüberlegt i/n'url-
xfone mit Arbeit, Grcschäft umschrieben. Da aufserdem dadurch
ein ganz i)assender Sinn erzielt wird, so vermag ich nicht einzusehen,
Zu Dickens' Chrlstmas Carol. J7T
warum Herr ten Bruggeneate sagt, ich sei hier .all abroad^ Er sclieint
ein „faible" für starke Ausdrücke zu haben. — Zusatz. Es handelt sicli
hier doch höchstens um eiue von der seinigeu abweichende, aber gleicii-
berechtigte, weil wohlbegrüudete xVnsicht, die man in weniger schrolfer
Weise ablehnen sollte, wenn sie einem nicht behagt.
A (4, 2) „Self-contained.'' Bei nochmaliger Prüfung schlielse ich
mich der Ansicht des Herrn ten Bruggeneate an : self-containcd = in
sich abgeschlossen.
B ß {-i, 7) -to thaw." Ich habe nicht einfach behauptet, wie man
aus Herrn ten Bruggencates Worten schliefsen muls, dafs _to thaw
wärmer machen heifse, sage vielmehr: .,to thaw (eigentlich tauen), hier
= wärmer machen" ; und dal's .diese letztere Bedeutung, ohne saclilich
unzutretfend zu sein, für die Ubersetzuno; durchaus palst, beweist der
Text, wo to thaw durch oue degree näher bestimmt ist. Solche Freihi'it
durfte sich Dickens wohl nehmen; im Deutschen aber läl'st sich tauen
absolut nicht durch „um einen Grad" näher bestimmen, und deshalb muls
to thaw anders übersetzt werden.
C (5, 5) „to edge one's way" übersetze ich mit Tliiergen: „sich au
der Seite vorbeidrücken." Webster (s. v. to edge, v. i.) sagt: -to move
sideways; to mo\e graäually, as, edge along this way." Jedenfalls spricht
dies mehr für Thiergen und mich, als für Herrn ten Bruggeneate, dei-
von „Scrooge's knife-like cuttiug t)iroiigh the crowd" spricht, weil er in
edge eine Anspielung auf ein Messer findet. Daran, dals Scrooge sich
gewaltsam einen XVeg durch die Menge bahnt, ist bei der Schilderung,
die uns Dickens von seinem Naturell giebt, nicht zu denken. Hier hätte
Herr ten Bruggeneate gründlicher sein müssen. Und dabei sagt er von
mir: „Dr. Tanger prcteiuh to explain the word to edge."
C (5, 0) „nuts" ist und bleibt vulgär. Das von Herrn ten Bruggen-
eate gebrachte Citat aus der „Academy- beweist doch nur, dals man es
für nötig hielt, bei dem Gebrauche des Wortes in ernster Litteratur in
Parenthese eine humoristische Entschuldigung hinzuzufügen.
C (6, o) Herr ten Bruggeneate mag sich glücklich schätzen, wenn er
den eigentlichen „brown fog" nicht aus persönlicher P^rfahrung kennt.
Warum schüttet er übrigens seine Zornesschale nicht über Dickens' Hau]>t
aus, der sich, obgleich Herr ten Bruggeneate nur etwas, von -gelbem-"
fog wissen will, erdreistet, im Texte von „i)alpable hrown air" zu sprechen ?
Dals ein leichterer „fog" schmutzig gelb erscheinen kann, will ich nicht
leugnen; nur dachte Dickens hier nicht an einen solchen.
D (G, 4j „That nature .. . was brewing on a large scale." Während
die Natur von Herrn ten Bruggeneate hier recht prosaisch und wörtlich
als „Brewer" personifiziert gefalst wird, erkläre ich in meiner Anmer-
kung: „(man hätte glauben können,) die Natur hätte etwas Grolses in
Arbeit." An dem hierbei nötigen Hinweis darauf, dals tu hmr oft bihl-
lich für planen, vorbereiten, in Arbeit haben gebraucht wird,
habe ich es nicht fehlen lassen. Den Einwand des Herrn Kecensenteu :
„that this translation entirely loses sight of and ignores the vapour or
mist, which attends the work of Nature'-, begreife ich nicht; gerade :ius
dem vielen Dampf oder fog schliefsen wir ja, dals in der Werkstätte der
Natur Grofses in Arbeit ist. Herr ten Bruggeneate hat also kein Glück,
mir hier eine Oberflächlichkeit nachzuweisen, wohl aber glaube ich ihm
wieder etwas mehr Gewissenhaftigkeit im C'itieren anempfehlen zu nuisseu.
Er sagt: „As if nature were brewing on a large scale r= als ob die Natur
etwas Grofses in Arbeit hätte, sags Dr. T.", während aus dem Obigen
sich ein anderer Wortlaut des Textes .sowohl als auch meiner Anmerkung
ergiebt. — Zusatz. Ich will der entgegenstehenden Ansicht, nach der die
Natur wörtlich als -Brewer- personifiziert gedacht ist, ihre Berechtigung
nicht absprechen, behaupte aber, dals die meinige ebeufalls zu recht-
478 '/'VL Dickens' Christmas Carol.
fertigen ist. Die Frage ist nur, ist es unzulässig, die Stelle freier aufzu-
fassen, wie ich es thue?
C (7, 1) „Again" (to smoke againj. Über dieses agaiii sind für mich
die Akten noch keineswegs so geschlossen, wie sie es für Herrn ten Bruggeu-
cate zu sein scheinen, der mit seinem dreisten ^again nei-er means in-
folgedessen*' (davon) die Sache zu erledigen vermeint. Aus Hoppe.-s
Supplement-Lex. (2. Aufl. .s. v. again) sei hier angeführt: Gs. St. III, 1:
a familiarity that made my blood freeze again. Sollen wir hier auch
uyain als Inteusitätsadverb zu freeze gelten Tassen ? Noch deutlicher ist
(ib. M. j\I. W. II, 1): I turned up the whites of my eyne, tili the strings
awmost cracked again. Wäre ar/a/'n hier etwa = intensely, so würde
durch das voraufgehende awiiio.st (^almostj eine Absurdität entstehen, die
hoffentlich auch Herrn ten Bruggencate nicht entgehen wird. Versucht
man es aber mit der von mir verfochtenen Bedeutung infolgedessen,
davon, die doch aus der Grundbedeutung von agaiu (angelsäclis. ougegu)
sich mit Leichtigkeit ergiebt, so schwindet jede Schwierigkeit. Übrigens
citiert Hoppe (1. c.) selber aus Ogilvies Imperial Dictionary: >There is
au idiomatic use of the word in such phrases as, he Struck it tili it rung
again, implying energy on the part of the suhjecf or arfor, and rrciprocal
action or rctuni on that of the ohjcct." Mit dieser Auffassung deckt sich
die meiuige durchaus. So viel über Herrn ten Bruggencates „ncver\ —
NWuu nun Hoppe «(laiii durchgeheuds in solchen Phallen als lutensitäts-
wort auffai'st, so glaube ich, dafs er aus der Ogihneschen Bemerkung
nicht den richtigen Schlul's gezogen hat. In unserem Falle äufserte sich
die „energy" of the suhjcct in Freds „rapid Walking", wobei die Lungen
gehörig angestrengt wurden; ihre „reciprocal action" (return) zeigt .sich
iu dem dampfenden Atem des jungen ^lauues. — Zusatz. Ich verweise
Herrn ten Bruggencate ferner auf Murrays New Dictionary s. v. again 2,
und dort besonders auf das, was unter c) bemerkt wird: „from echo
[again], exteuded to creak, crack, thrill, shake, reel, dauce, ache, shine,
gleam, wink, etc., to" express sympathetic response to action, imUcatiug
the intensity of the action itself." Murray sagt nicht, indicating the in-
tensity of the response to action, sondern „the intensity of the action
■itself.'^ Das deckt sich genau mit der Auffassung Ogilvies, wie sie sich
iu seiner vorhin aus Hoppes S.-L. citierten Aufserung ergab; und damit
deckt sich auch die Erklärung, die ich in meiner Anmerkung zu dem ayain
gebe. Intensität liegt wohl überall vor, wo sich dieses aga i?/
zeigt, aber nicht an der Stelle, wo man, auch in England, sie häufig an-
nimmt, nämlich au der durch again qualifizierten Thätigkeit oder besser
Kückäufserung, sondern an der anderen, die Murray mit flf7/'m itself. im
Gegensatze zu der „response to action" bezeichnet. Und nun vergleiche
man noch einige andere Beispiele aus Hoppes reichhaltiger Sammlung:
D. C. S. p. l!tl : he grinned Ins aj)i)roval of the jest, until his white teeth
shone again. D. B. L. p. 18U : Let it (the fire) shine upou the holly until it
winces again. D. B. L. p. 180: [the dahlias,| which bobbed again, as the
heavy drops of wet dripped off them; und St. Tr. V, cli. II: they should
be thrashed ad putorem usque =: tili they stink again. ^lau werfe nicht
ein, dafs, wenn so viele Engländer selber dies again als Intensitätsadverb
auffassen, wir doch lieber auch ein (xleiches thun sollten. Ganz land-
läufige Redensarten werden oft verkehrt verstanden. Wie viele Deutsche
z. B. wissen, dafs in „Kind und Kegel" Kegel so viel heilst wie Bastard?
B (7, 2) [HeJ foUowed it up with .Humbug-. Ich übersetze in der
Anmerkung frei : „(er) vervollständigte es." Dals to folloir folgen heilst,
wissen unsere Schüler; da aber die nächstliegende Übersetzung des obigeu
.Ausdrucks (er liefs «huauf „Hujubug" folgen) hier nicht brauchbar ist,
so empfalil sich eine freiere, wie die oben gegebene, oder auch etwa: „er
setzte hinzu." Als Nichtdeutscher freilich konnte Herr ten Bruggencate
Zu Dickens' Cliristinas Carol. 47ii
schwer ermessen, was mich zu der Anmerkung veraulalst haben konnte. —
Zusatz. Herr ten Bruggencate wirft mir vor, dafs ich .to follow up-
nicht als dem „prize-fighters' Slang" entlehnt erklärt habe. Meine An-
merkung bringt nichts Falsches, und im übrigen bin ich auch jetzt nocii
nicht sicher, ob die englische Sprache ihr ^to follow up- den prize-Hghters,
oder ob die letzteren dies ihrer Muttersprache entlehnt haben und in
einem speciellen Sinne verwenden. Ich hatte also keinen Grund, etwas
Unsicheres in meine Anmerkung aufzunehmen.
C D (8, 4) „Dead against you." Dafs iu ^dead blue'-, Velclies ich
mit clead drunk beiläufig als Beleg für dead agaitist anführe, drad wirk-
lich die Entschiedenheit andeuten soll, dal's n dead bliir also ein ent-
schiedenes, kräftiges, ungemischtes, ungebrochenes Blau bczeii-hnet, wird
Herr ten Bruggencate aus F'lügels grolsem, denuiächst in neuer Auflage
erscheinenden Wörterbuch ersehen können. Ich führe daraus nur ein
Beispiel an: liis hair in early youth a dead blach' (.1. Brown, Ilonc l-l)
— ein tiefes Schwarz. — Zusatz. Dead white heilst ebenfalls rein weiCs
oder kreideweifs.
_ D (8, ü) ^With a stake of holly through bis heart.'- Dals ich nicht,
gleich den meisten anderen Herausgebern, in meiner Anmerkung auf die
mittelalterliche Sitte hinweise, Selbstmördern einen ^stake'' durchs
Herz zu treiben und sie so am Kreuzwege zu begraben, möchte Herr
ten Bruggeucate mir zum Vorwurf machen. Die Hinweisung ist von mir
absichtlich fortgelassen worden, denn es handelt sich im Texte, den
Herr ten Bruggencate beim Lesen meiner Anmerkungen nicht grüudlicli
genug berücksichtigt hat, keineswegs um Selbstmr)rder. Wenn nun
ein Hinweis darauf auch nicht geschadet hätte, so war er doch nicht
nötig, denn Avas im übrigen zum Verständnis der Stelle, wie sie thal-
sächlich bei Dickens steht, erforderlich ist, findet der Leser in meiner
Anmerkung.
(H, o) In „to come round" (again) ist durch ein Versehen in meiner
Anmerkung die Klammer um wjain fortgeblieben; mjnin selbst ist jedoch
absichtlich hinzugesetzt worden, da es in der LTmgangssprache in dieser
Redensart fast nie fehlt.
B (P, 5) »Bound on other journeys" übersetze ich mit Rücksicht auf
den Zusammenhang durch: ^Mit anderen Reisezielen-, und setze in Klam-
mern hinzu : (eigentlich : zu anderen Reisen verpflichtet, auf anderen Reisen
befindlich). Wülste Herr ten Bruggencate etwas mehr Deutsch, so hätte
er an dieser Anmerkung keinen Anstols genommen. Geradezu erheiternd
wirkt seine Frage unter: 2ndly: How cau rerpfUchtct xu ever mean
befindlich auf? Er hätte beispielsweise zu 22, 2, wo ich zu .,a very
low fire indeed" die von ihm nicht beanstandete Anmerkung mache:
, heruntergebrannt, dürftig", ebenso geistreich fragen können: How can
l/ernn(en/ehrannt ever mean diirftiy? ! — Zusatz. Aber Herr ten Bruggen-
cate stölst sich besonders an dem o», statt des sonst üblichen to oder
for hinter bouud. Die letzteren Präpositionen stehen aber meines Er-
achtens deshalb hier nicht, weil das Ziel, der Bestimmungsort, niclit
präcise angegeben ist ; das on zeigt uns also blois das .auf der Reise Be-
findlichsein" an, gerade so wie iu den von Herrn ten Bruggencate nocii
angeführten Beispielen : bound on dangerous errands, on an expedition, un
adventures. Dal's aber in allen solchen Fällen mit bound sicii jetzt die
Vorstellung der Bestimmung, des Verpflichtetseins verbindet (ganz gleicii,
ob andere, ob wir selbst uns die Verpflichtung auferlegen), scheint mir
aufser Frage zu stehen. Ich sehe also nicht ein, was Iferr ten Bruggen-
cate in meiner Anmerkung Falsches entdecken will.
C (11, 1) In der Phrase „to be a party to sometiiing* möchte Herr
ten Bruggencate atnjtlünii statt .^unicIhiiKj lesen. Ich werde micii hüten,
ihm diesen Anfängerfehler nachzunuicheu.
•'180 Zu Dickens' Christmas Cfirol.
C (11, 3) ,To hid oue the greetiiigs of the season" soll kein Eugliscli
sein, meint Herr ten Bruggencate. Er lese in Flügels groiseni Wörter-
buch s. V. bid: 1) bieten (einen Grufs etc.); ib.: to bid one joy, to bid
one good morning, to bid(od.give) one the tiine (compliment) of the day.
Das dürfte genügen. Allerdings sagt Herr ten Bruggencate: „to bid any
one etc. is not English."' Ich gebe ihm zu, dafs kein Engländer hier any
gebrauchen würde; nur stammt dies (oiy nicht von mir, sondern von
Herrn ten Bruggencate her!
? (11, 4) „I'U retire to Bedlam.'' Ich zweifle, ob Dickens bei dieser
Aufseruug von Scrooge gemeint hat, dal's Serooge nach Bedlam gehen
wolle, weil dort im Vergleich zu allen übrigen verrückten Menschen die
Vernünftigen sitzen. Dieser Gedanke liegt keineswegs so nahe, als dal's
man alsdann nicht im Texte eine weitere Erklärung desselben erwarten
müfste. I^ine solche findet sich jedoch nicht. Ich glaube also nach wie
vor, dafs Scrooge nach Bedlam will, weil ihm alle um ihn her verrückt
erscheinen, mithin auch er an sich selber irre wird.
C (14, 1) Ich bin Herrn ten Bruggencate für die freundliche Beleh-
rung und die groi'se Neuigkeit, dal's man Fackeln nicht blofs bei starkem
Nebel, sondern ^bei grofser Dunkelheit in general" gebraucht, sehr
verbunden. Mancher wird mit mir bisher geglaubt und in London auch
gefunden haben, dafs es gegen Dunkelheit dort wie anderwärts Gas- und
elektrisches Licht giebt. Herr ten Bruggencate scheint andere Beobach-
tungen gemacht zu haben. — Dafs im übrigen link auch in der vorlie-
genden Verwendung jetzt weniger gebräuchlich ist als to)X'h, halte ich
auf Grund eigener Erfahrung aufrecht.
D (16, 2) Herr ten Bruggencate meint, ich hätte das veraltete God
rest you inerry erklären sollen. Im Texte steht: God bless you merry
gentleman. Das reftt you inerry findet sich nur als Illustration in meiner
Anmerkung. Der Herr Recensent verlangt also mit anderen Worten, ich
solle noch Anmerkungen zu meinen Anmerkungen schreiben ! Und so
fort in dulce infinitum ?
C (18, 2) „Up a yard." Von vielen Londoner Strafsen zweigen sich
Sackgassen ab, die bald mews, bald courts, bald yards genannt werden.
Vgl. übrigens S. h, Aum. 2 meiner Ausgabe. Abgesehen hiervon kann
an dieser Stelle yard nicht „Hof" in dem gewöhnlichen Sinne bedeuten,
sonst würde, ehe man auf den „Hof'' gelaugt, der Hausflur oderTliorweg
eines an der Strafse stehenden Vorderhauses zu durchschreiten sein.
Davon steht bei Dickens nichts. Scrooge geht die Gasse, an deren Ende
(up the yard) sein Wohnhaus steht, die dadurch also als cid de sac sich
darstellt, hinauf und gelangt schlielslich an seine Hausthür, an der sich
der famose „knocker" befindet. Wenn nun diese Thür von Dickens selber
(p. 120 meiner Ausg.) strect-door genannt wird, so mul's Scrooges Haus
doch an einer Art Strafse, nicht auf einem allseitig umschlossenen
Hofraum stehen. Diese mews, courts oder yards sind fast immer sehr
eng, und so kann es denn wunderlich erscheinen, dafs sich ani Ende
einer so schmalen Sackgasse ein so riesiges Gebäude findet. — Übrigens
will ich gar nicht behaupten, dafs yard als Strafsenbezeichuung jetzt noch
immer Sackgasse bedeuten müsse. George's Yard, Lombard Street,
London EG z. B. führt (gewifs infolge eines Durchbruchs) aus Lombard
Street hindurch nach Gornhill. - Ehe also Herr ten Bruggencate sich
iiber meine Anmerkung hermachte, hätte er gut gethan, sicli besser zu
informieren.
B (22, 1) „Fire-guard" übersetze ich, ebenso wie es Flügel in seinem
grofsen Wb. tluit, ganz richtig mit „Feuergitter". Wenn nun Herr ten
Bruggencate ferner meint, es diene „nie'" dazu, das Herausfallen von
Kohlen zu verhindern, sondern um das Umherfliegen von «sparks" zu
Verhüten, so ist das leere Wniiklauberei. lIiTr ten liruiiuein-att' meint
7a\ Dickeus' Chiistinas C'arol. 481
ofl'enbar, wie ich, das Feuergitter diene zum Schutz gegen Feuersgefaiir.
Bei hoch aufgetürmten Kamiufeuern k<mnen sehr wolil ohne das (Jittcr
brennende Kolilen über den Kaminvorsetzer hinweg auf den FulsbudcM
fallen; öfter noch kommt es vor, dals durch kleine lOxplosionen bren-
nende Kohlenstücke (nicht blofs ^sparks'- ) ins Zimmer geschleudert wer-
den. Gegen beides bietet das Gitter treulichen Schutz; es müiste aber
sehr dicht geflochten sein, wenn nicht einmal kleine, übrigens wenig ge-
fährliche ^sparks"" hindurchfliegen könnten. — Zusatz. Im übrigen ist
nicht klar, was wir uns bei einem gewöhnlichen Kamin imtcr Herrn ten
Bruggencates ^brazier'- denken sollen. Meint er vielleicht .grate'- ? Es
kann nicht die Rede davon sein, dafs diese Schutzgitter ,,0» ihv iup of
the brazier" gestellt werden ; sie werden vielmehr vor dem Feuer auge-
bracht, und zwar meist mit Haken an den Querstiibeu (iron bars) der
Kamine befestigt. Herausfallende Kohlenstücke können alsdaiui immer
nur auf den eisernen ^fender'', nie ins Zimmer rollen. — Wb. erklärt:
.„a framework of iron wire, to be placed /'n front of a fire-])lace ; a fender.'"
D (22, -1) Herrn ten Bruggencates Bemerkung: „dcsiyncd has not
the meauing of ge\eichnet, but of: dazu bestimmt, die Bibel zu illu-
strieren," verdient besonders festgenagelt zu werden. I\Ieine Anmerkung
lautet wörtlich: ^designed ... Scrij)tures, frei etwa: mit bildlichen Dar-
stellungen aus der biblischen Gescliichte." Kein Wort von dcsigned =
gezeichnet! Es wird also meine Anmerkung erst entstellt luid ge-
fälscht, und dann bekämpft! Fürwahr ein Verfahren, welches mit ««-
fair noch sehr gelinde bezeichnet ist.
C (24,;;) Dals „deed", wie ich erkläre, Kaufsurkuude bedeuten kann,
findet man im kleinsten Schulwörterbuch. Um den Erklärungsversuch
deed hier = ^simply: Act, Actus", d. h. also That, in abstraktem Sinne,
beneide ich Herrn ten Bruggencate nicht. Handelt es sich doch bei
Marley's chain um lauter konkrete Gegenstände: cash-boxes, ke\s, pad-
locks, ledgers, heavy purses wrought in steel! Wie allerliebst mülsten
sich nun einige /Ihaten" dazwischen ausgenommen haben ! — Zusatz. Hätte
Herr ten Bruggencate in seiner Kritik statt Act (Actusl etwa Act<' oder
Aktenstück (pl. Akten) geschrieben, so könnte num annehmen, dais auch
er unter deed sich etwas Konkretes vorgestellt hätte; an der Thatsachc
aber, dafs wir bei ihm schwarz auf weifs Act (Actus) lesen, ist nicht zu
rütteln.
B D (30, 5) ^Flowery" eigentlich blumenreich = pathetisch. — liier
möchte Herr ten Bruggencate das Wort „flowery" als .metaiihorical",
verblümt, verstehen. Abgesehen davon, dals verblümt etwas ganz
anderes ist als metapl/orical, kann man von den Reden Marleys, in denen
sich nur eine zweifellos bildliche Wendung findet (nämlich p. od meiner
Ausg. : the dealings of my trade were but a drop of uater in the com-
prehensive ocean of mv business) nicht behaupten, wie das Herr ten
Bruggencate ganz ungeniert thut, dals ^Marley had beeu nn/ mctaphori-
(■ab\ AVohl aber waren die Reden des Geistes immer eindrintrlicher,
ernster und pathetischer geworden. Meine Erklärung scheint mir also
ganz den Thatsachen zu entsprechen.
C (81, 3) „Thankee" soll nach Herrn ten Bruofgencate incht aus
thank ye, sondern aus thunk fliee zusammengezof^en sem ! Er setzt selber
hinzu: „Harkee and Lookee, however, seem to be contractions froin the
verb and the uominative ye." Bis Herr ten Bruggencate senie Beweise
beibringt, bleibe ich bei meiner Ansicht. — Zusatz. Eruinern aber wdl
ich noch an Good-bve.
(33, 2) Scrooge wollte „Hunibug!" sagen, wurde aber plötzlich nacli-
denklich und blieb bei der ersten Silbe stecken. Die erste Silbe ist
^hum", und diese bildet zugleich den bekannten englischen Ausruf bei
verlegenem Sinnen. Auf diesen von Herrn ten r.iuggencate nicht ciiipfim-
Archiv f. n. Sprachen. LXXXII. ^'-l
482 Zu Dickens' Christmas Carol.
denen Doppelsinn in hton glaubte ich den Schüler hinweisen zu sollen,
da ich ihn für einen von Dickens beabsichtigten liielt und noch halte.
C {M, 1) „ferref- bedeutet im Slang eine Art Wucherer. Da Herr
ten Bruggencate sich nach meiner ^authority" hierfür erkundigt, so „ver-
weise ich ihn wiederum auf Flügels treffliches grolses Wörterbuch. Übri-
o^ens führt auch Köhlers Dictiouary diese Bedeutung an. — Zusatz. Flügel
führt sogar auch das Verb to ferret in dem der Slangbedeutung des Sub-
stantivs entsprechenden Sinne betrügen, pressen an.
D (M, 2) In seiner Bemerkung zu „supernatural medium'' passiert
dem Herrn ten Bruggencate das Malheur, dafs er das ^optische Me-
dium" mit dem „Dunstkreise" (Atmosphäre) des Geistes verwechselt, der
z. B. p. 2() m. Ausg. erwähnt wird : „There was something very awful,
too, in the spectre's being provided with an infernal atmosphere of its
own." Von solcher Specialatmosphäre kann man wohl mit Herrn ten
Bruggencate sagen, „it attends the ghost", von einem Medium nicht. Auch
hier also vermag Herr ten Bruggencate meiner Anmerkung nichts anzu-
haben.
C (41, tJ) Der Gedanke in dem fraglichen Abschnitt ist dieser: the
large house had kept nothing of its ancieut state outside. Dickens fährt
fort: nor was it more retentive of its ancient state, witinn, und ich er-
kläre in meiner Anmerkung: ^nor ... retentive of . . ., etwas gesucht für:
nor had it kept more of . . .," d. h. more of its ancient State nitliin than
it had kept outside. Das Englisch in meiner Anmerkung ist ganz korrekt
und „natural", wie mir aus englischem Munde versichert wird; (Zusatz.
Allerdings mufs man sich die Mühe geben, die durch die Auslassuugs-
punkte angedeuteten Worte zu ergänzen.) wenn also Herr ten Bruggen-
cate meint, ich hätte schreiben müssen: nor had it rct((ined a>ii/, or any
iiiore, so irrt er sich wieder einmal. Hoffentlich ist ihm niclit unbekannt,
dals to keep auch die Bedeutung des gewählteren to retain haben kann ?
C (42, 2) „plaiii deal forms" bedeutet und kann hier weiter nichts
heifsen als: unan gestrichene Bänke aus Fichtenholz. Bei Schul-
bänken handelt es sich (wenigstens in England und Deutschland) nur
darum, ob sie angestrichen sind oder nicht, keineswegs aber darum,
ob Verzierungen oder Schnörkel daran sind. Wenn aber die hol-
ländische Schuljugend auf verzierten, mit Schnörkeln u. dgl. versehenen
Schulbänken sitzt, so wird mau das allerdings als mildernden lUnstand
dafür gelten lassen kfMinen, dafs Herr ten Bruggencate diesen Ausdruck
bei Dickens miisverstanden hat.
C (12, I) „Latriit echo, hier etwa: schüchtern, leise (eigentl. versteckt)."
Auch diese Anmerkung findet keine Gnade bei Herrn ten Bruggencate,
welcher vorschlägt: „ein schlafendes Echo", welches noch dazu „durch
die Stimmen der Kinder" geweckt werden soll. Schade nur, dafs diese
„Kinder", ohne welche allerdings das Echo wohl ungestört weiter schlafen
würde, nicht dem Dickensschen Texte, sondern ausschliefslich der Phan-
tasie des Herrn Kecensenten entstammen. — Wieder ehi eklatanter Be-
weis, dals Herr ten Bruggeni-ate sich bei seinem „Kritisieren" nicht einmal
die Mühe gegeben hat, meine Anmerkungen im Zusammenhange mit
dem Texte zu prüfen.
B (1-1, 1) „expending all the earnestness of his nature" (on such sub-
jects) übersetzeich kurz und frei : sich ereifern. Dafs Herr ten Bruggen-
cate sich ereifern nur, oder vorwiegend, in der Bedeutung to (jrt (iiiyrij
kennt, macht meine Anmerkung nicht falsch. Oder möchte er auch
„deutsch" besser können als die Deutschen selber?
C (4G, 1) „One dear night." Es ist falsch, dies mit Herrn ten Bruggen-
cate durch „eines schönen Al)ends" übersetzen zu wollen. Das wünle
englisch sein : one f^inr evening od. night. Cf. Flügels grolses Wb., s. v.
tiue. Ikur li;it den in meiner Anmerkung gegebenen Sinn.
Zu Dickens' Christmas Carol. 48?.
B (46, 5) Die Stimmung des Seliulmeisters gegen den jungen Scrooce
ist eme gemischte, wie schon der Ausdruck „ferocious condpsccnsiou" zeijrt.
Er mufs zu dem Besuch und also auch zu Scrooge oinijicnnarseu freund-
lich sein uud kann doch seinen Arger nicht ganz unterdrücken (a terrible
voice in the hall cried ...; he (jlared at voung Scrooge). Wenn man aus
eigener Erfahrung weifs, was der Abgang 'eines Boarders in solchen l'rivat-
instituten zu bedeuten hat, wird nuiu nicht mit Herrn ten Bruggencate
behaupten, dafs die Annahme, der Schulmeister sei wegen der bevor-
stehenden Verminderung seiner Einnahme ärgerlich, „an den Haaren
herbeigezogen" oder gar „a mare's nest" sei. Herr ten Bruggencate hat
doch wohl „an den Haaren" etc. gemeint, als er in seinem Deutsch
schrieb „mit den Haren" ?
B (58, 3) „You think not = du meinst also nicht?" Scrooge will
auf die voraufgegangene Frage keine klare Antwort geben. Kr airtwortet
also ausweichend. Das geht aus meiner Anmerkung für jeden Deutschen
oder des Deutschen genügend Mächtigen deutlich hervor. Die Bemerkung
des Herrn ten Bruggencate dokumentiert also wieder nur seine Unfähig-
keit, über deutsch geschriebene Anmerkungen zu urteilen.
(58, 5) „For the love of him you once were." Um den Schülern das
Verständnis zu erleichtern, weise ich sie an, für die Übersetzung sich ein
wlio vor yoit zu ergänzen. Es hat mir ganz fern gelegen, behaupten zu
wollen, dafs ivho hier eigentlich fehle oder stehen müsse. Die knappe
Fassung meiner Anmerkung hat wohl dieses Milsverständnis bei dem
Herrn Eecensenten hervorgerufen. Im übrigen behaupte ich mit Recht,
dafs Auslassungen des relativen Nominativs, aulser nach here /x. ihrrc is.
nicht gewöhnlich sind. Fälle wie der obige lassen sich wohl in beliebiger
Zahl ad hoc konstruieren, sind aber in der alltäglichen Sprache ziemlich
ungewöhnlich und erfordern demnach iu Schulausgaben eine Anmerkung.
Zusatz. Hätte mir der Herr Recensent eine unvorsichtige oder undeut-
liche Fassung meiner Anmerkung vorgeworfen, so hätte ich mir das ge-
fallen lassen müssen ; ich möchte mir aber keinesfalls Dinge andichten
lassen, an die ich nicht im entferntesten gedacht habe. Seite 99, Anm. ^
sage ich auch, „man ergänze sich dahinter" etc., und niemand wird das
so mifsverstehen, als sollten gerade die dort gegebenen AVorte als fehlend
hingestellt werden. Nur auf den Sinn sollte der Schüler hingewiesen
werden.
C D (59, 1) „Pinioned him in both his arms." Hätte der Herr Re-
censent ein Wörterbuch befragt, so würde er sich wohl gehütet haben,
meine Anmerkung „packte ihn fest an (oder bei) den Armen" anzugrei-
fen; so aber haben ihn seine mangelhafte Kenntnis des Englischen und
seine Oberflächlichkeit dahin geführt, to pinion mit „umklammern" zu
übersetzen. — Zusatz. Webster: pinion, v. t. 1. to bind or confine tlie
wings of ; to confine by binding the wings. 3. to restrain by binding the
arm or arms to the body. 4. to confine; to shackle, to ciiain. Also
keine Spur von: in die Arme sclüiefsen!
(t)l, 2) Meine Anmerkung zu „fictitious turkey" scheint Herr ten
Bruggencate nur zum Zweck der Verlängerung meines vermeintlichen
Sündenregisters zum Gegenstande einer Bemerkung gemacht zu haben.
Sagt er doch selbst: „the matter is of no consequence." Da er sachlich
nichts daran aussetzen kann, so läuft seine Bemerkung wiederum auf
leere Wortklauberei hinaus.
D (69, 2) „Pot-bellied baskets . . ., shaped like the waistcoats of jolly
old gentlemen." Ich fasse und erkläre ivaisfrnaf als scherzhaft gcl^raucht
für ircfist (Leib,.Bauch), denn die Westen der Dickbäuchc lialx'n Itekannt-
lich nur dann Ähnlichkeit mit dickbäuchigen Körben, wenn sie von den
Bäuchen ausgefüllt sind. Was Herr ten Bruggencate daran auszusetzen
findet, ist schier unbegreiflich. Uud wenn er hier gar au mpacious in
31*
4M 7j\x DickenH' Christmas Cnrol.
dem Siinie vou bequem (im Gegeusatze zu //>//</ 1 denkt, so versteht ei'
die Stelle gründlich falsch.
C (70, 1) „to a fish.'' Herr ten Bruggencate irrt sich wieder, wenn
er diesen Ausdruck mit ^as if reduced to a fish" erklärt. 7b n man
heifst eigentlich nur: alle bis zum letzten Manne, nicht einmal der letzte
ausgenommen; alle wie einer oder ausnahmslos sind freiere Über-
setzungen mit derselben Bedeutung. Wenn ferner Herr ten Bruggencate
leugnet, „to a fish'- sei eine scherzhafte Nachbildung von to a man,
so möge er hierüber Engländer befragen, wie ich es vorher gethan habe.
1) (70, 7) Was die Bemerkung des Herrn ten Bruggencate über four
und tart bezwecken soll, vermag ich nicht einzusehen ; meine Anmerkung
wenigstens gab keinen Anlal's dazu, und doch mufs jeder, der jene Be-
merkung liest, zu dem Glauben kommen, dals ich mir in betretl" des syno-
nymischen Unterschiedes der beiden Wörter etwas habe zu schulden
kommen lassen. AVieder also zeigt sich Herr ten Bruggencate hier unzu-
verlässig.
(75, '2) „collars." Wenn Herr ten Bruggencate behauptet, der Plural
rollars (hier und p. 8o, 6 m. Ausg.) erkläre sich ebenso wie fuiiijs und
sct'ssors, so ist das noch nicht erwiesen, da letztere Wiirter l)t'kauntlich
nur Plurale sind, während dies von collar nicht gilt. Den riural halte
ich hier vielmehr für einen von Dickens als scherzhaft beabsichtigten,
um so mehr, als sich (p. 74 m. Ausg.) findet: „Ins monstrous shirt follar-.
im Singular — was freilich dem Herrn Recensenteu entgangen zu sein
scheint. Im übrigen erinnere ich daran, dafs in familiärer Sprache z. B.
gesagt wird: He looks (is) all I/als, all oren-oats. wenn jemand einen zu
grofseu Hut oder Überzieher trägt — was mir ein ganz willkommenes
Licht auf obigen Plural zu werfen scheint. — Zusatz. An und für sich
ist Herrn ten Bruggencates Versuch, diesen Plural von col/ar aus der
Zweiteiligkeit der alten Vatermörder zu erklären, nicht übel ; ich würde
mich seiner Ansicht sogar gern anschliefseu, wenn ich in den Wi'irter-
büchern eine Spur davon entdecken könnte, auch wenn mir nur noch
ein zweifelloser Beleg dafür aus «1er Litteratur beigebracht würde. Bis
dahin aber scheint mir Herrn ten Bruggencates Auffassung der Stt'Ue
noch recht zweifelhaft zu sein.*
B C (7ü, 2} „Kampant, hier z= ausgelassen, lustig." Au dieser An-
merkung etwas zu ändern, habe ich nicht die geringste Veranlassung.
Wollten wir mit Herrn ten Bruggencate „sich bäumend" übersetzen, so
entstände ein ganz wunderlicher Smu.im Deutscheu ; und falls der Herr
lleceusent eine „authority" für meine Übersetzung wünscht, bin ich wieder
in der glücklichen Lage, ihn auf Flügels grolses Wb. verweisen zu kön-
nen. — Zusatz. Noch beweiskräftiger aber scheinen mir die im Texte
dem rampant voraufgehenden Zeilen zu sein.
A (8o, 2) Herr ten J5ruggencate hat recht: tnopence spricht mau nicht
töpence, sondern gewöhnlich tüpeuce aus, obgleich auch andere Aus-
s])rachen gehört werden.
Vj (87, 7) Herr ten P)ruggencate irrt sich, glaube ich, wenn er meint,
dafs das deutsche: sie wünscliten sich „mit ihrer Kanne Grog" ein fröh-
liches Weihnachtsfest, dem englischen ,.in their can of grog" gleichkänu».
Ganz genau läfst sich das Englische hier schwerlich deutsch wiedergeben;
doch kommt bei dem wahren Sinne näher als mit. Da nun aber z. B.
„bei einem Glase -Wein" gewöhnlich „inrr a glass of wine" heilst, so
glaube ich auch jetzt noch, bei dieser Gelegenheit mit Recht auf dieses
üblichere „over" hingewiesen zu haben.
* Herr Professor Kapier, üxfoul, liat iiiic iiizwisclieii •io.ii'lirieben, »lal'd er
meine Auffa.ssuiig des Plurals „coUara" teilt.
i
Zu DifkcMis' riiristm;is Carol. 185
B C (SO, I) „Bless th()8e wonion." Irli erkläre: ,et\va, die nielils-
nutzigen Frauen.'' Herr ten Hrugorencate hat ()trenl)ar nieiit l)e(laelil-, «lafs
man im Deutscheu wie aueh iu anderen Sprachen sehr oft, um seine
Freude, Zärtlichkeit, Bewunderung etc. sdieinbar zu versteckt>n, in der
That aber nur, um sie desto stärker iiervortreten zu hissen, tadi'inck' Aus-
drücke, ja geradezu Schimpfworte anwendet. Dieser ganz gewiUiuliche
rhetorische Kniff liegt auch hier vor, und kein Deutsclier Krauchte be-
sonders darauf hingewiesen zu werden. Der Kngländer vt'rw(>ndet zu
gleichem Zwecke sehr gern sein „bless''. Auch dies scheint dem H(>rrii
Recensenteu unbekannt zu sein.
B (92, 2) ^In good temper = in aller Freundschaft." -No! nieiiii
Herr teu Bruggeucate: (jood-hunioiirprlhj.^' Thatsächlich meinen wir beide
wohl dasselbe, nur hat Herr ten Bruggencate das wieder nicht ijemerken
können, da er des Deutschen zu wenig mächtig ist.
C (92, A) „to shake" übersetze ich durch ^wankend machen- (näm-
lich iu seinen verkehrten Ansichteu). Herr ten Bruggeucate falst es als
„rühren'-. Ich fürchte, es wird ihm schwer werden, hierfür schlagende
Belege zu finden.-
D (9o, 2) Da .,the sexton's spade" bildlich und nicht wörtlich zu
nehmen ist, so habe ich auch .with his own hands" figürlich fassen zu
müssen geglaubt, .,etwa: aus freiem Autriebe, von selbst-. Herr ten
Bruggencate scheint diese Ausdrücke wörtlich verstehen zu wollen;
vielleicht hat er die Freundlichkeit, uns alsdauu zu erklären, wie nuiii
die „kindnesses of life" eventuell unter .,Mithilfe des Totengräberspatens-
kultiviereu kann.
D (9:1, o) Nicht als Übersetzung, sondern ganz klar als beiläufige
P^rläuteruug stehen in meiner Aumerkung die Worte; .^Scrooge ist ja
erst durch ^larleys Geist dahiu gebracht worden, jene ,kindnesses' zu
schätzen.- In seiner Oberflächlichkeit glaubte Herr ten Bruggencate,
ich wollte to cultirate mit schätzen wiedergeben, und fiel deshalb sofort
auch hierüber her, dabei ganz überseheud, dals an dieser Stelle, d. h. iu
Stave III, Scrooge noch gar nicht nach den sich l)ci ihm jetzt erst all-
mählich entwickelnden besseren Grundsätzen handeln kann; wohl aber
fängt er nach und nach an, die ^kinduesses of life" zu schätzen.
B (98, 2) ,.For (he fle.sh there is upon it.'' Ich erkläre: ,nach dem
(wenigen) Fleische, welches darau ist (zu urteilen),- während Herr ten
Bruggencate for schlechthin als „wegen =r ou account of übersetzt.
Die Bedeutung „wegen" würde für Deutsche al)er die Zweideutigkeit
zulassen: man sieht Fleisch auf dem Fulse, er ist also Heischig, deshalb
„a claw". Dickens jedoch will offenbar sagen: Man sieht so gut wie gar
kein Fleisch auf dem abgemagerten Fulse, (leshall» kann man ihn „a ciaw-
uennen. Und dieser Sinn geht, ohue die iMi'igliclikeit eines Mil'sverständ-
nisses übrig zu lassen, aus meiner Anmerkung hervor. Hätte Dickens
liftle vor flct^h gesetzt, so wäre wegen genügend gewesen.
D (99,4) Nur Übelwollen oder Krittelsucht konnte Herrn ten Bruggen-
cate veraulasseu, meine Anmerkung zu beanstanden. Dals ich ebenso wie
er an die Redensart „to appeal from A to B" gedacht hal)e, geht daraus
zur Genüge hervor, dals ich das zu ergänzende fo nir (dem tn li ent-
sprechend) iu Parenthese durch „(an nach)- andeute. Das juristische
Fremdwort „appellieren" habe ich absichtlich vermieden.
C {\>'^\ 9) „Deny it!" Aus der Kede des Geistes gt^iit hervor, ilals er
warut und droht. Er warnt Scrooge vor der rnwissenheit, weil sie
(loonted sei, wofern nicht noch beizeiten das Merkmal des Dunin auf ihrer
Stirn durch mehr Aufklärung ausgelöscht wird; er wendet sich dann
zornig gegen die schuldbeladene Stadt und ruft ihr zu: Denv itl Hierzu
rate ich, sich ein „if von can!" zu ergänzen. Der Geist meint: bitl w>i>
vanml! Er fährt fort: „Slander those whu teil it ye/ und wir halxni
48(i Zu Dickens' Clirislnia,'^ Carol.
uns wieder dazu zu denken: Init slandering will not excuse von, or con-
fute thein. Das Schlufswort ^And bide tlie end!^ allein hätte Herrn ten
Bruggencate genügen können, um ihm /ai zeigen, dal's der Geist warueod
und drohend, nicht auffordernd der Stadt gegenübersteht. Die ganze
vStelle ist freilich nicht leicht, deshalb wollen wir Herrn ten Bruggencate
keinen zu schweren Vorwurf daraus machen, dafs er nichts mit ihr an-
zufangen gewufst hat. — Zusatz. Die Stelle scheint mir in der That so
schwer und dunkel, dafs ich es mir durchaus nicht sehr zu Herzen
nehmen würde, wenn mir bewiesen würde, dafs ich sie ebenfalls noch
nicht richtig erfafst habe.
D (lOo, 1) „excrescence . . . nose." Ob ich recht hatte, in betreff des
Mannes mit dem Auswuchs auf der Nase, den ich, wie Herr ten Bruggen-
cate selbst zugiebt, ganz richtig mit ^Schlemmer" bezeichne, beiläufig
an „Trunkenbolde" zu erinnern, darüber möge der Herr Recensent sich
bei einem Arzte erkundigen. Protestieren aber mul's ich wieder einmal
gegen die zweideutige Fassung der Bemerkung des Herrn ten Bruggen-
cate, die dem Leser der „Taalstudie" ein falsches Bild von meiner An-
merkung geben mufs. Freilich, ohne diese Zweideutigkeit hätte jeder
sofort die Nichtigkeit seiner ganzen Bemerkung erkannt.
B (lo:l, 1 — 5) In „But I must be fed, //' / )»ake u>ie" hätte, so meint
Herr ten Bruggencate, der Bedingungssatz erklärt werden sollen. Nötig
war das nicht, denn ähnliche Redensarten mit „machen" sind im Deut-
schen gar nicht selten: den dritten Mann „machen", er „machte" den Be-
gleiter, den Liebenswürdigen etc., was freilich dem Herrn Recensenten
nicht bekannt zu sein scheint.
B D (107, 2) „Let the charwoman alone to be the first" etc. Die
Scheuerfrau sagt (allerdings von sich selber! — als ob es etwas Un-
erhörtes wäre, dafs Leute von sich in der dritten Person sprechen!);
„Möge denn (meinetwegen) die Scheuerfrau die erste sein." Herr ten
Bruggencate hat wiederum nur, weil er des Deutschen nicht mächtig
genug ist, den Sinn meiner Anmerkung mifsverstanden. Im übrigen irrt
er sich, glaube ich, wenn er meint, dafs an dieser Stelle „let the char-
woman ah)ue" bedeute: „lafst sie nur unbehelligt, sie wird's schon fertig
bringen." Sie schlägt ihren diebischen Genossen vor, sie sollten in der
Reihenfolge ihres Ersclieinens auch ihre Bündel (offnen, und da sie selbst
die erste war, so will sie (not afraid for them to see it, p. lUl' m. Ausg.)
ihr Vertrauen in die Diskretion der beiden anderen dadurch beweisen,
dafs sie ihr Bündel zuerst öffnen will. Wie nuin etwas anderes aus"
dem Texte herauslesen kann, ist mir schwer begreiflich, besonders wenn
man beachtet, was p. 109 f. m. Ausg. weiter gesagt wird: „But the gal-
lantry of her friends would not allow of this (nändich, dafs die Scheuer-
frau den Anfang machte); and the num in faded black, »luioitiiuj tlie
hrracli. first, produced Jiis plunder." I^nm()glich kann Herr ten Bruggen-
cate den Dickeusschen Text giimdlich gelesen haben, sonst hätte er nimmer
von einem „Fertigbringen" an dieser Stelle sprechen können.
C (los, :>) „AVf/v/ perso)i /las a right to take care of theDUichra" nenne
ich einen Verstofs gegen die Grammatik. Herr ten Bruggencate hält es
für „simply recent English". Allerdings hört man derartige Konstruk-
tionen häufig genug, aber man hört noch viel häufiger „it is inc" statt
des korrekten ,it is /". Herr tiMi Hruggencate wird dies freilich vielleicht
auch für „simply recent English" erKlären ; aber die englischen Gram-
matiker? Es verstellt sich von selbst, dafs diese Sorte von „recent English"
auf unseren Schulen nicht gelehrt wird und nicht zu lehren ist. — Zu-
satz. Herr ten Bruggencate thäte besser, Mr. Henry Sweet uns nicht als
Muster-Stilisten hinzustellen. Sweet ist viel zu sehr absichtlicher
Neuerer in seiner Sprache, um als guter Stilist gelten zu können. Schreibt
er doch z. B. (Sounds and Forms of Spokeu Swedish, p. 11) ; lu loud
Zu Dickens' CLristnias Carol. 187
declamation or shüiiliiig, in which tho nioiith i.s natiiraliv opcned iiidc-
lier ...! Wer rlas schreibt, nia<r, wie Sweet es ist, ein jjjrofser riiilolope
sein, er ist aber kein Musterschriftsteller.
C (108, 4) Nach dem eben citierten Satze fährt die Scheuerfrau fort:
„He (d. h. Scrooge) always dkl'' und die Unmdrrxs bekräftigt dies mit:
„No mau more äo." Hierzu bemerke ich: , Etwas gewagt für: no mau
did so (nämlich take care of himsclf) more tlian he.'' Herr ten Hruggen-
cate findet meine Worte: etwas gewagt .simplv ki)stlich'*, scheint also
wirklich keine Ahnung davon zu haben, was an Jem englischen Ausdruck
auffallend, kühn oder gewagt ist. Da er aus jeder guten Crammatik
des Englischen die erforderliche Aufklärung über den Gebrauch dieses
„60'' schöpfen kann, so brauche ich sie ihm hier nicht zu geben.
D (U)9, 5) Im Gottesurteil erlitt nach altem Glauben der Schul-
dige die gerechte Strafe. Ich übersetze deshalb frei J/fdi/innd mit .ge-
rechte Strafe" und glaube durchaus den richtigen Sinn ilcr Slelle
damit zu treffen. Herrn ten Bruggencates Bemerkung läuft also wieder
einmal auf leere Wortklauberei hinaus.
C (lUO, 8) Herr ten Bruggeucate verwechselt das einfache tu speak
mit fo spcak out, wie der Text liest. Dafs ein Unterschied zwischen fn
speak piain und to speak plahdy besteht, ist bekannt, l'nbekannt jedoch
ist Herrn ten Bruggeucate ofleubar, dafs es in korrektem Englisch u u r
heifsen kann : to speak out plahdy.
C (1<I9, !•) ^I'm not afraid for them to see it.- Mir lag daran, dem
Schüler hier bei der Übersetzung zu helfen und ihn vor dem (Jcdauken
zu bewahren, als stände etwa for ihcm auffälligerweise statt of thcui. wel-
ches ihm nach afraid geläufig ist. „For them to see it" übersetze ich
also: „wegen des Umstandes, dafs sie es sehen", und glaube luich wie
vor, damit den wahren Sinn des Ausdruckes wiedergegeben zu haben.
Diese meine Erklärung pafst auch vollkommen für die anderen Beispiele,
welche Herr ten Bruggeucate anführt : You would have been . . . pleased
for me to love you . . . ; I shall be really glad for you to see her. ^lit
Unrecht aber rechnet Herr teu Bruggeucate zu dieser Erscheinung auch
Beispiele wie: He is much too goodi for you to offeud him ; oder gar:
There is uothing so rare as for a mau to ride Ins hobby without mo-
lestation, da iu solchen Fällen for einfach dem deutschen f ü r gleich-
zusetzen ist und keinerlei kausalen Beigeschmack hat.
C (109, 10) „helping ourselves" — bereits zu Anfang' erwähnt.
B (110, 4) Herr ten Bruggeucate versucht, mir eine Lektion im Deut-
scheu zu geben. — Ebenfalls schon zu Anfang erwähnt. — Zusatz. Herr
ten Bruggencate weifs wohl nicht, dafs im Deutschen sehr häufig nach
„wenn" das Prje.sens Indicativi in konditionalem Sinne gebraucht wird?
C D (117, 2) „he doiic, familiär häufig .statt liarc donr." So lautet in
Wirklichkeit meine Anmerkung. Herr ten Bruggencate aber dreht die
Sache anders herum : „Dr. T. irants us to read .harr doue'.'' Das
klingt, als schlüge ich eine Textänderuug vor. A\'ieder erweist sich Herr
ten Bruggeucate als ein unglaubwürdiger Berichterstatter. .\uf seinen
Vorschlag, wie die ganze Stelle zu verstehen sei. hier einzugehen, näm-
lich, dafs nicht die Frauen, sondern die Kleider mit dem Jlwii \v(iul<l be
done" gemeint seien, halte ich nicht für der :\Iühe wert.
(120, 4) „the growth of vegetation's death, not life." (Ironth kann
liier nur Produkt bedeuten, womit eben ijra.'is und irerd gemeint sind.
Herr ten Bruggencate scheint im übrigen gar nicht zu bemerken, was
dem „Student" an dieser Stelle sachHcTi und sprachlich auffallen mufs.
Sachlich fällt auf, dafs yra-^s und umd. die doch sicher zur lebenden
Vegetation gehören, hier willkürlich von Dickens davon ausgenomnuMi
werden; sprachlich, dafs dichterisch rcyriafiotis drall/ für abgestorbene
Vegetation, vajctatlon's life für die lebende gesagt wird. Die.s ist in meiner
488 Zu Dirken«' C'liristniat< Carol.
xVumeikiing erklärt imd es genügt meines Erachtens zum Verständnis der
Stelle, wie sie bei Dickens thatsächlich steht, wenn auch nicht, wie sie
sich in den ({edanken des Herrn Recensenten zu malen scheint.
D (122, 1) Der Geist verrät endlich durch das Zittern seiner Hand,
dafs die ergreifenden Bitten des Hcrooge ihn nicht ganz fühllos lassen.
Scrooge, der dies bemerkt, ruft aus: „Your nature intercedes for me."
lv\\ erkläre: ^hier etwa =^ CJefühl." Herr ten Bruggencate versteht
aber nature als fiood-uatHrc ! Aus dem Zucken der Hand kann man
wohl auf eine Regung des Gefühls, nicht aber gleich auf (jnnd-naiurc
schliefsen !
D (12:>, 8) Auf die letzte und armseligste unter all seinen zahlreichen
„kritischen" Bemerkungen einzugehen, muls ich mir versagen, da es mir
schwer werden würde, dabei den nötigen Ernst zu bewahren.
Ich kann endlich zum Schlüsse kommen. In drei l'unkten habe
ich Herrn ten Bruggencate recht geben können. In 10 Fällen dagegen
habe ich ihm nachgewiesen, dals er nur mangelhaft deutsch kann, in
;'>2 Fällen, dals er im Englischen nicht hinreichend sattelfest ist, in
21 Fällen endlich, dals er ein unzuverlässiger Berichterstatter ist. A[an
wird nun wissen, was man davon zu halten hat, wenn Herr ten Bruggen-
cate sich erkühnt zu sagen, dals in meiner Ausgabe „t'JO ntcaiy incorrect
Statements" geboten werden; man wird jetzt auch beurteilen können, in
wessen Gesellschaft man sich ,.(»i niorc dangfiruu.-^ ijro/ti/d" befindet, in der
des Herrn ten Brujjgencate oder in der meinigen. — Zusatz. Herr ten
Bruggencate wird sich hiermit nicht zufrieden geben ; hat er mir doch
schon in seinem neulichen Briefe angekündigt, dals er einen Auszug aus
meiner Erwiderung und .seine PjUtgegnung in den „Taalstudie" veröffent-
lichen, den betreffenden Artikel auch besonders abziehen lassen und an
verschiedene Autoritäten in Deutschland, sowie au die Herau.^geber der
neusprachlichen Zeitschriften versenden wird.* Nun, für mich ist die Sache
erledigt; wenn er noch mehr Zeit und Mühe auf diese Fragen verwenden
will, kann ihn niemand hindern; nur möge er nicht erwarten, dals ich
mich hierüber mit ihm auf weitere Polemik einlasse.
* Oatj ist inzwischen bereits gcsclifhen, und zwar oiine dals Herr trn Hrnggpn-
catc, welcher sonderbare Vorstellungen von littcrarischeni .\nstand 7,u haben scheint,
mich um Krlaubnis zui- VeröfTentlicliung der brtreftcnden Stellen meines Manu-
skripts gebeten hätte. So handelt der Maim, der kurz zuvor mir die nachgesuchte
Erlaubnis versagte, seine als IManuskript in meinen Händen befindliche „Ent-
gegnung" (itruntlich zu besprechen. Noch ehe also meine „(legenkritik** erschien,
hat Herr ten IJruggencate schon versucht, sie „tot" zu machen!
Berlin, Februar 1880. Dr. G. Tanger.
Beurteilungen und kurze Anzeig-en.
W. Wilmaiins, Uutersuchungeu zur niittelhoclKlontsrhen Metrik.
Beiträge zur Geschichte der äheren deutschen Litteratur,
Heft 4. Bonn, Weber, 1888. 196 S. 8.
Der Anhang 8. 1:5l'— 104 und aulser ihm beträchtliche Tcih- rh'r
Untersuchungen S. 5 — i;U enthalten die Materialieusamnilnng, auf welche
sich die Erörterungen stützen, so dafs für die eigentliche Abliaiidhing
nur ein geringerer Raum übrigbleibt. Da aber auch diese Abhandlung
überwiegend erörternd und abwägend zu Werke geht, l)ereitet eine kurze
Wiedergabe des Inhalts Schwierigkeiten.
Das Buch besteht aus drei Abhandlungen.
I. Der daktylische Rhythmus im Minnesang (8. 5 — 78, i< 1- (iii). In
Anlehnung an die ähnlich benannte Untersuchung von Weifsenfeis (Halle
188H) und mit dem von diesem benutzten Material wird nach dem Tr-
sprung des daktylischen Verses von vier und drei Hebungen gesucht und
das Verhältnis desselben zu den jambisch-trochäischen Versen erörtert.
Als Vater des deutscheu viertaktigen daktylischen Verses betrachtet Ver-
fasser den romanischen Zehnsilber, wie auch Bartsch annahm.
II. Kürnbergs Weise (8. 81 — !>0, ij 61 — 1>5). Der romani.sche Zehn-
silber ist auch der Grofsvater des Nibeluugeuverses : sein Vater ist eine
deutsche daktylische Laugzeile von sieben Hebungen. Die Verwandten
der Nibelungenstrophe müssen nicht notwendig ihre Nachkommen sein,
sondern können, wie sie, von dieser daktylischen Langzeile abstammen.
Ein solcher Verwandter, die sog. Kürnbergstrophe, entstand um ll'Jn, „wo
der daktylische Rhythmus die Modeform des Minneliedes gewesen zu sein
scheint". Dafs diese auch von Rittern gedichteten Lieder einen viel ur-
wüchsigeren Ton anschlagen als die hötischen Lieder älterer Dichter, wie
des Hausen, erklärt sich daraus, dafs es zwei Arten Ritter gab: vornehme
Leute, wie Hausen, dichteten nach romanischem Vorbilde h<)tische Lieder
das ritterliche Ingesinde, das nur zur Bedienung und Sicherheit gehalten
wurde, ahmte diese vornehme Poesie nach und dichtete Kürnbergslieder.
III. Gebrauch der Wörter mit kurzer Stammsilbe bei den Minne-
sängern (8. 93 — V.]l, § 6tj — Oü). Einsilbig, als stumpfe Reime, werden die
Stämme auf r m g h"b viel häutiger verwendet als die auf / .s- / d ii aus-
lautenden. Die zugehörigen Endungen sind c et en, sehr selten ciit el er
cni. Der Gebrauch solcher zweisilbiger W()rter als stumpf im Keime ist
in der Blütezeit allgemein, verschwindet aber allmählich ganz. Im Inneren
des Verses ist es ähnlich, doch meidet die Lyrik hier die zweisilbigen
Worte mit einsilbiger Aussprache. Ferner bciiandelt dieser Aufsatz die
Verwendung mehrsilbiger Worte mit kurzer Stammsilbe.
Ein Sc'ldufswort giebt einige allgemeinere Bemerkungen besonders
über die Geschichte der Vortragsweise. Aus dieser und aus dem Ver-
490 Beurteilungen und kurze Anzeigen.
hältnis der Dielitung zur Mu^ik werden die Cirundsätze hergeleitet, naeh
denen in den vorliegenden Aufsätzen und in anderen ähnlic-her Riehtung
die Metrik behandelt wird.
Bekanntlieh wiss^en wir von der Musik und der Vortragsweise der
älteren Minnesänger gar nichts: überliefert ist nur der Text. Was über
Musik und Vortragsweise behauptet wird, stützt sich doch nur auf Schlüsse,
die aus diesem Texte gezogen sind. Wendet mau diese Schlüsse wieder
als Beweise für den Text an, so bewegt sich die Beweisführung im Kreise;
Zirkelschlüsse gelten aber in der Logik nichts. Das wird auch oflcnbar
von denen anerkannt, welche den Versuch macheu, uual>hängig von den
alten Texten Anhaltspunkte für ihre Skandierung im noch lebendigen
Volks- und Kinderliede zu finden : dies soll die wahre Quelle der Er-
kenntnis für die altdeutsche Metrik sein. Wir wollen diese Frage, die
doch wieder eine neue petitio principii und unbe\nesene Voraussetzung
enthält, hier zunächst nicht erledigen, sondern die neue Metrik selbst zum
Worte kommen lassen. Da soll iu dem Blücherliede betont werden
Was blasen die Trompeten Husaren herau.s.
Messen wir von den entsprechenden Versen der übrigen Strophen
einige nach demselben Schema, also zu vier Hebungen:
2. () schauet wie ihm leuchten die Aiigeu so klär.
5. Bei Lü'tzen auf der Aue er hielt solchen Sträufs.
8. Bei Leipzig auf dem Tlane, o herrliche Schlacht.
Ich habe von ein Dutzend l'ersonen von genügender Bikhmg, doch
ohne metrische Gelehrsamkeit, diese Verse lesen lassen und übereinstim-
mend nur folgende Betonung gehört:
O schauet wie ihm leuchten | die Augen so klar.
Bei Lü'tzen auf der Aue | er hielt solchen Straufs.
Bei Leipzig auf dem Pläne | o herrliche Schlacht.
Der erste Versteil ist zweifellos jjunbisch gemessen ; aber aucli der
zweite mufs so betont werden, weil es unwahrscheinlich ist, dal's inner-
halb einer Zeile der Rhythmus wechselt. Eine Schwierigkeit erwächst
freilich in dem Umstände, dals die jambische Messung die Annahme der
Synkope einer Senkung erfordert: die Aü^en so klär. Dafs aber dies,
und nicht die daktylische Messung die Meniung des Dichters war, geht
aus folgenden (rründen hervor:
1) In allen neun Strophen ist der erste Versteil der ersti?n wie der
zweiten Zeile ganz rein jambisch gebaut; die daktylische Messung mutet
an jeder dieser Stellen der Zunge Unmögliches zu, nämlich dreisilbige
Senkungen.
2) Die iui zweiten Versteil beider Zeilen auftretende Schwierigkeit
(Svnko]>c der Senkung) erklärt sich aus der Absicht des Dichters, hier
durch die harte Betonung den Hauptgedanken stark hervorzuheben; es
sind Hinkverse.
:^) Für einen Teil dieser Verse giebt es, meines Wissens vom Dichter
herrührende, Varianten, welche auch im zweiten Versteil den glatten
jambischen Rhythmus herstellen, nämlich
( er hielt solchen Strauis ( o herrliche, Schlacht^
I da hielt er solchen Sträufs '/ o schö'ne Ehrenschlächt.
I) Der dritte und vierte Vers jeder Stroi)he sind zweifellos daktylisch;
aber in diesen Versen kommen nie .solche greuliche Betonungen vor, wie
sie die daktyli-sche Messung der ersteu und zweiten Zeile jeder Strophe
zumutet: der dritte und vierte Vers enthalten nur glatte Daktyleu.
Diese dritten und vierten Verse sind oHenbar die Ursache gewesen
für die falsche Lesung der ersten und zweiten.
WeiHi luui Hinz oder Kunz .,Was blasen die Trompeten" oder ^Da
brach er den Franzosen^ skandierte, so wäre kein (iruiui vorhanden, den
Leuten ihr Vergnügen zu störeu; aber es ist Eduard Sievers (Faul-
Beurteilungeil und kurze Anzeigen. UM
Braune, Beiträge V,\ 128), welcher jiuf .s<4ehe Betonungen sein metrisches
System stützt. Sind nach seinen Grundsätzen diese Verse des Rlüeher-
liedes viertaktig, so ist das System falsch. Sievers hebt aber (S. ItiÖ) es
als em Zeugnis für die Richtigkeit seiner Ansichten hervor, dafs er mit
Wilmanns in den Resultaten üljereinstimme, und davon, dafe Wilmann.s
dem widersprochen habe, ist mir nichts bekannt.
Es kam mir darauf an, in einem Falle der jungmetrischen Wissen-
schaft einen Irrtum nachzuweisen und darauf das Urteil zu stützen, dafs
wir alle Ursache haben, derselben vorläufig mit Zweifeln zu begegnen
und ihr auf jeden Fall das Recht abzusprechen, Verschiebungen in der
Litteraturgeschichte vorzunehmen, also etwa den Morungen in das n. .Jahr-
hundert und die sog. Kürnbergslieder als Nachahmungen höfischer (Je-
dichte hinter den Hausen zu setzen (Weifsenfels S. 1.'>s. Wihnans S. 7:>.
120. 8M). — Von den drei Abteilungen in Wilmanns' Buche bietet die
dritte offenbar sehr lehrreiche Beobachtungen ; die erste wird wohl noch
manchen Anfechtungen unterworfen sein; die dritt*« aber, über den Kiirn-
berg, enthält schwerlich etwas, was als sicherer Besitz der Wissenschaft
betrachtet werden kann.
Berlin. E. Henrici.
Karl Theodor Gaedertz, Zur Kenntnis der allen^Iischen Bühne
nebst anderen Beiträgen zur Shakespeare -Litteratur. Mit
der ersten authentischen inneren Ansicht des Schwan-Theaters
in London nnd Nach})ildung von Lucas C'ranachs Pvranuis
und Thisbe. Bremen, C. Ed. Müller, 1888. VIT! u. 79 S. 8.
Den Anlafs zur VeröfTentlichung des hübsch ausgestatteten Rüchlein-;
gab dem Verfasser ein glücklicher Fund auf der Utrechter Universitäts-
bibliothek. In den Excerpten des Utrechter Juristen Arcnd van Bucheil
(1.5H5 — 1641) ist eine Federzeichnung des Londoner Schwantheaters fnth/n
te theatre off in cyn) enthalten, welche Bucheil seinem .lugendfreunde und
Landsmanne .lohannes de Witt verdankte. Dieser gelehrte Kunstfreund
war 1565 zu Utrecht geboren, studierte seit 158.') unter Justus Lipsius zu
Leiden und unternahm dann verschiedene Reisen, auf denen er allerlei
Material zur Archäologie und Litteratur, besonders zu einem leider unter-
gegangenen Konkurrenzunternehmen zu Karel Älanders Srhildrrhorf,- (|t;n||,
betitelt „Cnrho)/ Pictoriiwi'; sammelte. ItioS ward er Kanonikus zu
St. Marien in Utrecht, Kill ging er nach Paris, 1620 nach Italien und
starb 1622 zu Rom (oder Venedig). Die Londoner Reise, auf der er das
Schwantheater besuchte und skizzierte, setzt Gaedertz wohl mit Recht
ins .Tahr 1500, da in den von Bucheil kopierten Bemerkungen de Witts
das Schwantheater das beste und geräumigste fpresfanlissin/un/ rt oDi/i/issi-
mmii) genannt und weder das im November 1506 umgebaute Hlackfriar--
Theater noch der Globus erwähnt wird.
Vom Inneren des altenglischeu Theaters — .Vufsenansichten sin<l
mehrere erhalten — besafsen wir bisher luir eifie da.s Theater Rrd Bull
darstellende Abbildung aus dem .lahrc 1(162, '^ die jedoch manches unklar
läfst. Aus de Witts Zeichnung aber vernu)gen wir uns eine ziemlich
deutliche Vorstellung zu machen, wie eine Loudimer ]{ühne zu Shake-
speares Zeit aussah. Zu besserer Veransehaulichung rekonstruiere ich
aus der perspektivischen Ansicht der Bühne und des Zuschauerraumes in
einer flüchtigen Skizze den Grundrifs des Gebäudes.
* Wiederholt bei Iv. Genöe, Shakespeare. Sein Lebm un<l seine \\ ( rko,
1872, S. 77.
492
Hfiirtoiliingpii iiiirl kurze Anzeigen.
Das h^chwantheater war kein 1)l()l'ser ITolzban, sondern wenigstens
teilweise ans Fliutsteinen erbaut und enthielt nicht weniger als :>(»()() Sitz-
plätze. In einem ovalen Hofe erhebt sich das durch die Heischrift ...1//-
vKiriDH rrdrs" gekennzeichnete Haus der Schauspieler (A). aus welchem
zwei Thüren (na) auf die Bühne führen. Oberhalb derselben befindet sich
eine nnt Leuten besetzte Galerie, wohl der Platz für die Musikanten und
unbeschäftigten Schauspieler. Das turmähnlich emporsteigende zweite
Stockwerk wird von einer weithin sichtbaren Fahne nut dem l>ilde eines
Schwans gekrönt. Uie etwa 1 '/.• Meter über dem Boden beHndliclu' Bühne
zerfällt in zwei Teile, einen überdachten (B) und einen unbedeckten (C.
„Prosca'uium''). Wahrscheinlich konnten beide durch einen Vorhang ge-
trennt werden, welcher zwischen den
beiden hölzernen, marmorähnlich an-
gestrichenen Säulen niederging, von
denen das Dach getragen wird (hhi.
Auf dem vorderen Teile (', der
eigentlichen Bühne, sind drei Schau-
spieler sichtbar: zwei Frauen, von
denen eine auf einer Bank sitzt,
und ein auf sie zueilender Bote.
Der Zuschauerraum besteht aus dem
gleichfalls unbedeckten Parterre />
(„Pldiüf/cs sine arcna" betitelt,
ground, yard) und dem ovalen,
aufsen vielleicht achteckigen (wie
beim späteren Globetheater) Galerie-
gebäude (El. Das letztere enthält
drei von Säuleu getragene Stock-
werke: Orcliestra* (::=■ Parkettlogen i,
Srdilia (erster Kang) und /'orfio/s
(zweiter Rang); darüber ein Dach
(Tcetuni). Stufen („hif/rcssus-, rc)
führen aus der Arena zu der Or-
chestra. Die auf de Witts Zeich-
nung nicht sichtbaren Hau[)teingänge (ddl sind von mir hinzugefügt
worden. Es könnte scheinen, als wiese die (tvale Form auf einen Zn-
sammenhang mit den römischen Amphitheatern und den in Italien längst
wohlbeachteten Vorschriften Vitruvs hin; aus der mittelalterlichen Bühne
hat sich .schwerlich diese Gestalt des Theaters selbständig entwickelt. Fm
noch auf einige Einzelheiten hinzuwei.seu, sei zu S. \- an Immermaiins
Rekonstruktion der Shakespoarebühne bei ^lax Koch, Shakespeare |!f^>N.')|
S. 2(i:^ erinnert. S. (i, Z. 12 ist hinter dlspari ein Wort wie ftprcie oder
forvia einzuschalten. S. 7 wird „üb itlifinn iiiarDKirnim rolrirrii/" über-
setzt: „wegen der wie mit Marmorstrichen ül)erzogcnen |I| Farbe.'"
Im Gegensatz zu dem interessanten i'rsten Teile ist der übrige Inhalt
des Buches ziendich unbedeutend und. wohl auch nur als f^üllsel zu be-
trachten. S. [!• — ;J2 wird unter der Überschrift „Zum Zwischenspiel im
Sommernachtstraum" eine ganz in der Luft schwebende Hypothese ent-
wickelt. Weil in einem 1-52G bei G. Khan in Wittenberg erschienenen
Bn(;he eine die Geschichte von Pyramus und Thisbc darstellende Titel-
hordüre aus Granachs t^chule vcn-kommt und diese in einem b"».")") ge-
druckten Verlagswerke von R. Tottel in London nachgebildet wird,., soll
Shakes[»eare |!| die ovidische Fabel aus einer verlorenen englischen Über-
setzung eines verlorenen deutschen Buches über Pyramus und Thisbc
* Ortciiliar int (iiit'dntz, wiiiii er S. I t die Insiliiit't ,.(>/•(•/( (■.//•'(" auf doii
liauiii „unten rcclits uikI liiik.s zuiiäclist der lUiliiic", d. Ii. das l'artcirc bcaieht.
Beurtellitngeü und kurze Anzeigen. 4{'i:\
kennen gelernt haben. — S. .33—48 wird eine Abscliritt des Abschnittes
„Stratford-on-Avon" in W. Irvings Sketch Book beschrieben, welche
James Saunders mit Tuschzeichnungeu und Anmerkungen versehen hat. —
Ein Artikel „Zu Cohns Shakespeare in (termanv'- (S. 7t!-7ft) weist in
einer Singekomödie des zweiten Teiles der .,Kngrischen Komixlien'- vom
Jaiire 1030 Remmisceuzeu ans Gabr. Rolleuhagens Amantcs amentes nacli.
l^erlin. j. Bolte.
Kleine italieuische Sprachlehre für den Gebrauch in Schulen und
zum Selbstunterricht von Karl INIaniuard Sauci-. Vierte
(Titel-) Auf läge. Heidelberg, Jul. Groos, ISNS. YIl u. 2U.S S.
Das Büchlein, ein Auszug aus der weitverbreiteten „Italienisclien Kon-
versationsgi^ammatik" desselben Verfassers, verfolgt ., vorwiegend praktisclie
Zwecke". Über ."i'.l Lektionen verteilt, deren. Jede aulserdem eiue kleine
Anzahl Vokabeln sowie eine Aufgabe zum Übersetzen aus dem Italieni-
schen ins Deutsche und umgekehrt enthält, bringt es die Formcnlcluv
und wenigstens das Notdürftigste aus der Syntax in, wie iwizucrkcnncn
ist, klarer und fafslicher Darstellung. Im „Anhang'' sind eine „Kleine
Wörtersammlung", einige „Leichte Redensarten und Gespräche- und end-
lich zwei Dutzend „Leichte Lesestücke" zusammengestellt.
Störend ist, dafs der Verfasser sich nicht von der alten I'nsitte hat
freimachen wollen, das Deutsche, der Übersetzung zuliebe, zu entstellen,
und Sätze zu bringen wie folgenden: Ich war gewesen vorgestern in
dem Theater, und gestern ich war gewesen im Konzerte (S. 37). Ist
das Buch, nach dem Vorwort, auch für diejenigen bestimmt, „deren
grammatische Kenntnisse eine gewisse Höhe nicht übersteigen", so wird
es unter den Italienisch Lernenden in Deutschland doch kaum jemand
geben, der eine kurze Darstellung der Lehre von der Anordnung der
Satzteile im Italienischen nicht zu verstehen vermöchte. Eine solche fehlt
aber gänzlich. Völlig unzulänglich ist der einleitende Abschnitt über die
Aussprache, was bei einem, auch für den Selbstunterricht bestimmten
Buche doppelt bedauert werden muls. Um iiur ein Beispiel anzuführen,
so wird über das offene und geschlossene E buchstäblich nichts weiter
gesagt als (S. 2) : E hat bald den Laut des deutschen e in dem ^Vorte
geh, bald uähert sich die Aussprache dem ä, z. B. in der dritten Silbe
des Wortes deslderio.
Berlin. E. P a r i s e 1 1 e.
Da.s moderne Drama der Franzosen in seinen Haiiptvertreteru.
Mit zahlreichen Textproben aus hervorragenden Werken V(ui
Augier, Dumas, Sardou und Pailleron. Von Dr. Joseph
Sarrazin. Stuttgart, Frommann, 188S. VIII u. 825 S. 8.
„Gebildeten Lesern Ideengehalt imd Tendenz der wichtigsten zeil-
geuös.sischen Bühnenwerke der Franzosen zu übermitteln, das alliuäldiche
Entstehen des ,Salondranias' aus bescheideneu Aufängen zu zeigen, ist
der Zweck dieses Buches" (Vorwort S. VIIj. Es besteht im wesentlichen
aus vier, wie der Verfasser selb.st sagt, „anspruchloseir, aber mit Saeh-
kenntnis und gutem L^teil entworfenen Skizzen der vier auf dem Titel
genannten Dramatiker. Als Ergänzung zu tlen landläufigen populären
Litteraturgeschichten, die gerade in Bezug auf das Theater der neuesten
Zeit meist recht kümmerlich geraten sind, kann dieser Teil von Sarrazins
Arbeit nur willkommen geheilsen werden. Weniger gilt dies von dem
einleitenden Abschnitt: „Die Vorläufer des socialen und Siltendramas."
494 Beurteiluügeü und kurze Anzeigen,
Auf den 45 Seiten, auf denen das bürgerliche Drama von Diderot Und
Beaumarchais, das Drama der Romantiker, die Ecole du bon Sens, sowie
Scribe und Konsorten abgehandelt werden, wird selbst der ^gebildete
Leser", der etwa nur Engel und Bornhak kennt, nicht viel Neues finden.
Berlin. E. Pariselle.
Novo Diccionario da lingua portugueza e alleraa enriquezido com
OS termos technicos do comercio e da industria, das sciencias
e das artes e da linguagein familiär per H, Michaelis, em
duas partes, Parte segunda: Aliemäo - portuguez. Leipzig,
Brockhaus, 1889. Neues Wörterbuch der portugiesischen
und deutschen Sprache mit besonderer Berücksichtigung der
technischen Ausdrücke des Handels und der Industrie, der
Wissenschaften und Künste und der Umgangssprache von
H. Michaelis. In zwei Teilen, zweiter Teil: Deutsch-Portu-
giesisdi. Leipzig, Brockhaus, 1889. YI und 573 S.
Dem 1887 erschienenen, seiner Zeit hier empfohlenen ersten Teile von
H. Michaelis' portugiesischem Wörterbuche ist nun der zweite, in Anlage
und Trefflichkeit ähnliche gefolgt. Mit Verweisung auf jene Anzeige und
auf die des deutschen Teiles von dem italienischen Wörterbuche derselben
Verfasserin gebe ich hier nur einige kurze Bemerkungen. Der groise
Reichtum des vorliegenden gegenüber den Wörterbüchern von Bösche-
(1870) und von Wollheim da Fonseca^ (188.'>, 1877) ist deutlich, mag mau
es nur von aul'sen sehen oder irgendwelche Seite überblicken. Ich habe
von ungefähr den Abschnitt „Geld", und zwar nur den zweiten Teil von
Geld-eswert bis zu Ende vor mir, und finde, dafs er das erste der ge-
nannten um 9, das zweite um 27 einzelne Angaben übertrifft. Mir fällt
das Wörtchen „daran" in die Augeu: auf 18Vi Zeilen in knappem Aus-
druck welch eine Fülle von Einzelheiten beider Sprachen ! Wollheim hat
hier 15, Bösche S' '.^ Zeilen. „Ob" als Präposition (= über) haben diese
Wörterbücher alle drei nicht. Sehr viel ist auch in dem vorliegeudeu
Bande für die verschiedensten Teile des menschlichen Könnens und Wissens
geleistet, wie es ja der Titel verheilst. Versteht sich, es ist nicht leicht,
hier auch nur annähernd die verschiedenen Frager zufrieden zu stellen.
Solei kennen die beiden anderen Wörterbücher nicht und das vorliegende
giebt an : „ovo cocido em agua salgada" ; es müfste wohl heifsen : o. c.
conservado em a. s., denn nach dem Kochen ist es noch wie jedes andere
gekochte Ei, es wird nun aber, das hartgesottene, etwas geklopft, so dals
<lie Schale ganz brüchig und rissig ist, und so wird es dann bis zum
(lenuls in Salzwasser aufbewahrt. Sojabohne (sola hispida) kenneu alle
drei nicht. Unter „Schwarzwurzel" oder „Schwarzwurz" findet man nur
bei VV^ollheim das beliebte Gemüse escorcioueira, man muls es bei den
anderen beiden unter „Skorzonere" suchen. Das „Mörlein", eine Art
Burgunderrebe, kenneu alle drei nicht. Das Vorzeichen in der Musik
kennt Bösche nicht, Fonseca giebt antesigno, unsere Verfasserin annadura,
clavel. Den Namen Joachim auf der ersten Silbe zu betonen statt auf
«lein a dürfte trotz „Jochimkeu" nicht richtig sein. Wir bekommen hier
näudich wieder in sehr dankenswerter Weise die deutscheu Wörter alle
mit Betonungszeichen, was das Buch Ausländern ebenfalls vor den beiden
anderen wertvoll machen muls.
Friedenau, März 1889. H. Buchholtz.
Bibliog^raphischer Anzeiger.
D e u t s c h.
K. G. Andresen, Über deutsche Volksetymologie. 5. verbesserte und
stark vermehrte Auflage. (Heilbrouu, Henuinger.) 4:',0 S. 5,50 M.
J. Bayard und M. Plate, Cours gradue de laugue allemande. I. Cours
elementaire. 210 S. (Dresden, Ehlermauu.)
G. Carel, Voltaire und Goethe als Dramatiker, Programm der Sophieu-
schule zu Berlin. 88 S.
Joh. Aug. Eberhards synonymisches Handwörterbuch der deutscheu
Sprache. 14. Aufl. Umgearbeitet, vermehrt und verbessert von Otto
Lyon. (Leipzig, Grieben.) 941 S.
Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext herausgegeben
von Otto Hoff manu. (Berlin, Gärtner.) VI u. 284 S. ti M.
F. Kern, Goethes Lyrik ausgewählt und erklärt für die oberen Klassen
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Ludwiff Herrig".
Am 10. November ISSS wurde in dem festlieli geseluiuickteii
und hell erleuchteten Saale der Berliner Groisloge Ro\al York
kurze Zeit nach dem eigentlichen am 1 :!. ( )ktol)er gefallenen Jubel-
tage, an dem zahlreiche Dejiutationcn \(in nah und fern erschie-
nen waren, die fünfzigjährige Ijchrthätigkeit ihres CirdismeLstcrs
Ludwig Herrig gefeiert. Wohl durfte es den .lubilar mit Stolz
erfüllen, dal's, nachdem ihm \on Sr. Majestät eine Auszeichnung
durch einen hohen Orden zu teil geworden war, eine sehr ansehn-
liche Versammlung, in der sich aul'ser Mitgliedern des h'reimaui-ci--
bundes Spitzen der Mihtärbilduugsanstalten, nanihafti' l 'iiivcrsitäts-
professoren, sowie zahlreiche Lehrer höherer Schulen und sonstige
persönliche Verehrer befanden, din'c;h iin-c l)crufenen Kedner ilie
Anerkennung seiner vielseitigen Tjeistungen aussprechen li<'ls.
11 T.uflwjo; Herrig.
Sah er sich doch von so vielen jüngeren Pädagogen umgeben, die
sich rühmten, aus seiner Schule hervorgegangen zu sein I Hatte
er es doch erreicht, dafs er in den weiteren Kreisen der allgemein
Gebildeten geradezu als der bedeutendste Vertreter der neueren
Sprachstudien galt! Aber auf diesen I^ichtbliek eines reichen Lebens
ist bald der letzte Tag gefolgt. Am 21. Januar ISSI) fand in
denselben Räumen, die damals vom AViederhall des .lubels lielebt
waren, eine von der Loge veranstaltete Trauerfoier für den am
1 7. Jaiuiar Verschiedenen statt. Nach Beendigung derselben be-
wegte sich der Leichenzug dem Friedhofe zu, wo die Beisetzung
unter hohen, dem geistigen Range des Toten entsprechenden
Ehren stattfand.
Friedrich Christian Ludwig Herrig wurde am
12. Mai 1816 zu Braunschweig von lutherischen Eltern geboren
und am 2. Juni in der Andreaskirche getauft. Sein Vater, mit
Vornamen Christian Gottfried, ein schöner grofser Mann,
war Kanmiermusikus und Inhaber der Hofmusikalienhandlung.
Er hatte sich mühsam emporgearbeitet und vererbte seinen rast-
losen Fleils auf den Sohn, der es stets leibhaft beklagte, dal's er,
selbst viele Jahre hindurch ringend, nicht im stände gewesen
war, dem Vielgeliebten die Tage des Alters zu verschönen.
Ludwig war das älteste Kind aus der zweiten Ehe seiner Mutter
Karoline Henriette, geb. Vogelsang. Von ihr stammte
gewils ebensowohl seine gleichmäf'sige Zufriedenheit und heitere
Stimmung als seine rege Teilnahme an dem Wohl seiner Mit-
menschen. Denn trotz sehr bescheidener Mittel hielt sie stets
die Hand offen und war bemüht, das (Jlüek anderer zu f(')r-
dern. Eine ältere Stiefschwester des Verstorbenen, die ihm
. durchaus geistesverwandt wai-, teilte später in seinem Hause
Freud und Leid bis an ihr l^nde. Sein einziger Bruder, ein
sein- begabter Kammermusikus zu Braunsehweig, starb ziem-
lieh früh, indem ov einen Sc^hii liinterliefs, den Ludwig llerrig
nnt seinen eiü'eneu Kintlern erzogen li:it. l'> ist (\vy durch
I.iKlwia: Herne;. 111
schriftstellerische und dichterische Leistungen bekannte Hans
Herr ig.
Das Haus, in welchem sich die Hofmusikalienhandlung einst
l)efunden hat, steht noch jetzt auf der Hagenhrücke, einer Stralse
nördlich von dem nicht weit entfernten Burgplatz, also nahe dem
Mittelpunkte der Stadt. Zur Zeit, als Lud\\'ig Herrig geboren
wurde, zählte Braunschweig nicht viel über 30 000 Seelen und
trug vorwiegend den Charakter einer Fabrik- und Handelsstadt;
seine Messen waren weit berühmt und zogen Kaufloute aus der
Fremde herbei. Es hatten sich viele altertümliche Häuser er-
halten, und zahlreiche Denkmäler mahnten an eine bedeutende
A'^ergangenheit. Dazu kam der Glanz des herzoghchen Hofes,
der geeignet war, Lokalpatriotismus zu nähren. Auch besafs die
Stadt ein von den Fürsten in tüchtigem Stand gehaltenes 1'heater
und eine äufserst wertvolle Kunstsammlung im Museum. Wir
können uns leicht denken, dafs ein lebhafter und reich begabter
Knabe auf solchem Boden und in solcher Umgebung vielfache
und fruchtbare Anregung erhalten mufste.
Vererbung und Jugendeindrücke machten Herrig besonders
empfänglich für Musik, den unmittelbaren Ausdruck der Empfin-
dung. Er scheint sich auch früh eine nicht unbedeutende Fertig-
keit im Klavierspiel erworben zu haben ; später fand er allerdings
wenig Zeit, seine Übungen fortzusetzen. Die Künste der Anschauung
dagegen blieben ihm wohl verhältnismäl'sig fremd. Damit stinnnl
es, dafs er für Mathematik und Naturwissenschaften niciil viel liitcv-
esse zeigte. Seiner ganzen ursprünglichen Richtung nach wäre rv
der Gefahr der Vei-flüchtigung ausgesetzt gewesen, wenn er nicht
später in den Sprachstudien einen festen Halt gefunden hätte.
Von Herrigs JugendentAnckehmg ist dem Verfasser dies(>r
Skizze leider nur bekannt geworden, dafs er das ObergyiinKi>ium
seiner Vaterstadt unter dem besonders durch bedeutende Iam-
stungen auf dem Gebiete des Lateinischen bekannten Direktor
Georg Theodor August Krüger durchnuichte, d<in «t als
A
IV Ludwio- ITorriii'.
einer seiner Lieblingsschüler sehr nalic trat. Als er schon den
oberen Klassen augehörte, erlebte er im SeptemV)er IS^JÜ den
Volksaufstand, den Brand des Schlosses imd die A^erbannuug
des Herzogs Karl. Dafs ein solches Ereignis einen gewaltigen
Eindruck auf ilin machen nuilste, liegt auf der Hand. Von
Ostern l)is Michaelis 18H4 besuchte er das von dem Abt Jeru-
salem unter der Regierung des Herzogs Karl um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts gegründete, vor ein paar Decennien in die
tec^hnische Hochschule umgewandelte (V)llegium Carolinum, damals
ein Lyceum oder akademisches Gymnasium, an welchem ei- auch
am 3. Oktober des erwähnten Jahres die Abiturientenprüfung
bestand. Ijitterarische Bestrebungen hatten sich seit Lessiug und
Leisewitz in Braunschweig erhalten ; am Collegium ('arplimnn
hatten Männer wie Ebert und Gärtner gewirkt, und auch zu
jener Zeit vereinte es noch sehr bedeutende Kräfte. Unter diesen
ist besonders der damalige Direktor der humanistischen Abteilung
des Kollegs, Hofrat Petri, Dr. theol. et phil., namhaft zu machen,
ein gründlicher und geschmackvoller Erklärer der Griechen und
liömer, der aber zugleich sehr gediegene Kenntnisse auf dem (ie-
biete des Englischen besals und sich aufserdem mit orientalischen
Studien befaüste. Bei ihm h()rte Herrig, so seltsam dies schdu
klingen mag, in dem Zeitraum eines Semesters Vorlesungen über
.Vschylus, Thu(y'dides, JuNcual, gri(M'hische Litteraturgeschichte,
Hebräisch und Arabisch. Aber damit Wvi't^ er sich noch lange
nicht genügen; sein Feuereifer erweckte in ihm das Streben,
alles auf einmal zu erfassen. Halicr trieb er gleichzeitig noch
Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch unter Tveitimg
von Lektoren und besuchte aufserdem Vorlesungen d(>s Pi'(tfess<irs
GriepeuUerl ül)er Ästhetik, Psychologie und l^eredsamkeit.
Wenn wir bedenken, da(s er so vielerlei Studien sich hingab,
während ihm das AbituiMcntenexamen umnittelbai' lieNorstand. so
werden wir wohl sagen, es war hohe Zeit, dals ei- in i\vv Ivnutine
des Puivei'sitätslebens etwas zur Ivuhe kam.
Ludwig- HiTrig. \'
A^ou dein akademisdieu Triciniimn, Midiadis 1884—1837,
brachte der Studeut das erste Jahr in Göttinnen zu; dann ging
er auf anderthalb Jahr nach Halle, wo er ein Liebling der Damen
wiu^de, und kehrte für das Schlulssemester nach GiHtingen /.urüci<.
Aus seiner Göttinger Zeit erzählte er selbst einmal seinen Kollegen,
dals er auf der Mensur habe zurückgehalten und bedeutet Averden
müssen, er solle nicht wie ein Stier drauf losgehen. Gleich der
Mehrzalil seiner Kommilitonen nahm er lebhaft Partei für die be-
rülunteu sieben Professoren, welche gegen die Aufhebung der
lumnoverschen Konstitution protestiert hatten. Die Studenten
sollten dafür mit Karzer l)estraft werden, erhielten aber, da die
Räume nicht ausreichten, nur Stubenarrest. Wir eriniicni uns
noch seiner späteren ergötzlichen Schilderung im Freundeskreise,
\vie er damals zu Ehren der Göttinger Sieben mehr Bier habe
trinken müssen als je in seinem Leben, während aus allen Häu-
sern der Musenstadt vom Morgen bis zum Abend das Lied von
den Binschgtuiern als Vorbereitung auf die ahgemeine \\andcr-
schaft erschallte.
Mit besonderer Dankbarkeit gedachte der Verstorbene der
Anregung, die er durch Schneidewin in Göttiugen empfangen
hatte. Nach seinen Andeutungen mul's er an den von diesem
Philologen geleiteten Seminarübuugen teilgenommen haben. M'ie
weit er aber philologische Studien auf der Universität betrieben
hat, läi'st sich nicht feststellen, da die Testierbügen sich nicht
aufgefunden haben. Obgleich er das Studium der klassischen
Philologie mit dem der Theologie verband, widmete er sich vor-
zugsweise der letzteren, wollte auch eigentlich Prediger werden.
Daher meldete er sich zuerst zum theologischen Examen und
bestand dasselbe in Wolfenbüttcl am 1. September 1887. In
dem Zeugnis wird besonders seine rednerische l^egabnng hervor-
gehoben, und diese zeigte er auch wirklich aui' der Kanzel, indem
er in seiner Vaterstadt öfter predigte, z. B. am W'eilmachtstagc
des eben erwähnten Jahres in der Brüdernkirchc. \\'cnige Tage
VI Ludwig Herrig.
nachdem er das theologische Examen abgelegt hatte, machte er
die P^eier des hundertjährigen Bestehens der Universität Göt-
tiugen mit, wie er auch 1887 die alte Bildungsstätte aufsuchte,
als fünfzig Jahre längeren Bestehens festhch begangen wurden.
Nachdem Herrig schon im Wintersemester 1837—38 zur
Aushilfe am Katharineum, dem Obergymnasium von Bi-aun-
schweig, dem er seine erste wissenschaftliche Bildung verdankte,
beschäftigt gewesen war, wm-de er am 1, Oktober 1838 an dem-
selben fest angestellt, und zwar mit dem damals herkönmilichen
Anfangsgehalt von 200 Thalern. Am 15. Dezeiuber desselben
Jalires erlangte er das Doktordiplom von Tübingen diu-ch eine
Dissertation de Felagli doctriua, in welcher er die Fortentwicke-
lung der pelagianischen Ansichten in der neueren Philosophie
von Kant bis Hegel verfolgte. Bis hierher also sehen wir ihn
auf Bahnen, die er später ganz verlassen hat.
Die Anstellung als Gymnasiallehrer mochte unserem Freunde
sehr erwünscht sein, da sich den Kandidaten der Theologie da-
mals in Brauuschweig nicht sehr günstige Aussichten darboten.
Zunächst wurde die Laufbahn von ihm vielleicht nur als etAvas
Vorübergehendes, als ein einstweiliges Auskunftsmittel imgesehen ;
aber bald sollte sie sein ganzes geistiges Leben ausfüllen. Damals
bewies er zum erstenmal deu glücklichen Takt, der ihn später
stets so sicher auf seineu Wegen geleitet hat. Augeregt durch
Professor Vultejus, unter dessen Ijcituug er am Collegium
Caroliuum englische Studien begonnen hatte, beschloi's er, indem
er Urlaub nahm, sich durch längeren Aufenthalt in England und
Frankreich die Sprachen dieser Länder gründlicii anzueignen.
Die Fähigkeit dazu besal's er in seltenem Mai'se; denn er ver-
einte feines Gehör, Geläufigkeit der Zunge, schnelle Auffassungs-
gabe und wunderbares Aneignungsvermögen mit einem treuen
( Jedächtnis, so dai's er in wenigen Monaten mehr als andere in
vielen -Jahren zu erreichen vermochte. Auf der damals gelegten
(nnrndlage hat er später fortgebaut; denn er ist, als seine Ver-
Ludwig Herrig. \I1
hältnisse sich günstig genug gestaltet hatten, um es iluu zu er-
lauben, immer wieder ins Aushmd gereist und hat durch neue
Berührung mit dem fremden Boden das früher Ciewonuene be-
festigt und erweitert.
Nachdem Herrig im Jahre 1889 in die Loge zu Braunsehweig
eingetreten war, der sein Vater als Bruder angehörte, verheiratete
er sich am 13. April 1841 mit Johanna Zwilgmeyer, der
Tochter eines Fabrikanten seiner Vaterstadt, die ihm eine treue
Lebensgefährtin geblieben ist und ihn überlebt hat. Die be-
schränkten Verhältnisse, in denen er sich befand, trieben ihn,
sich nach Verbesserung umzusehen. Es l)ot sich ihm eine mit
800 Thaleru dotierte Oberlehrerstelle an der Real- und Gewerbe-
schule in Elberfeld, die er annahm, obgleich er eine Residenz
verlassen mufste und in eine Stadt kam, in der man nach seiner
eigenen Beschreibung nicht einmal eine Tasse Katlee in einer
Konditorei zu trinken erhielt.
Dals er sich in seiner Heimat allgemeine Achtung erworben
und die Herzen seiner Schüler gewonnen hatte, gab man ihm
öifenthch kund, als er die Stätte seiner ersten Wirksamkeit ver-
liefs. Es wurde ihm von seinen Kollegen ein silberner Ehren-
l)echer geschenkt imd von den Zöglingen der Anstalt ein Fackel-
zug gebracht. Bei dieser Gelegenheit sprach er die Worte; „Die
Fackeln dieses Abends werden verlöschen; möchten Dank und
Liebe, die sie entzündet, bleiben!"
Nachdem die Übersiedelung nach Elberfeld zu Ende des
Jahres 1842 erfolgt war, mulste den von dv\- [)reulsischen Schul-
behörde gestellten Anforderungen nachträglich genügt werden.
Herrig bestand das Examen pro facultate docendi unter dem
Vorsitz des berühmten Mathematikers Professor Plücker in
Bonn am 16. August 1842 und erwarb sich ein Zeugnis der Be-
fähigung für alle Klassen im Deutscheu, Französischen, Englischen
und in der Religion, im Lateinischen, in dci- (Jeschichtc und
Geographie für Tertia. Ein Nachtragszeugnis des 1 iekt( »rs X a d a n d
VIII Ludwiü Hrrrig.
vom -Ki. Dezember des^elhcii .lahrcs lirht seine Verliautlicit mit
der älteren und ueuereu französischeu Litteratur hei\<tr.
Au der Elberfelder Realschule ist Herrig ueuu Jahre laug
thätig geweseu, luid dort hat er dureli Heilsige Arbeit deu Gruud
zu seinem AVeiterkommeu gelegt. Am 2. September 1843 hielt
er eiue Schulrede über Mittel und Zweck einer guteu Erziehung,
iu welcher Zusammeuwu-kung von Schule und Haus gefordert
wurde. Zwei Jahre später erschien von ihm im Schnl})rognunm
eine Abhandlung Essaij oii Merlin tltc MayictKii, deren Inhalt
man aus einer kurzen Besprechung im ersten Jahrgang des
Archivs S. 254 erseheu kann. Bei dem jetzigen Standpunkt der
Wissenschaft dürfte dieselbe wohl kaum noch von Interesse sein.
Aber von der gröfsten Bedeutung ist es, dal's Herrig im Jahre
1846 im Verein mit Heinrich Yiehoff das ArcJtic für das
Studium der ueuereu Sprachen begründete. Viehoff' war damals
noch Oberlehrer au der Realschule zu Düsseldorf, \'on wo er
später zum Direktor der vereinigten höiieren Bürgerschule und
königlichen Provinzialgewerbeschule zu Trier berufen wurde. Er
war zwölf Jahre älter als Herrig, hatte sich schon durch kleinere
Schriften als Asthetil\er und Litterarhistoriker bewährt und seineu
Schiller-Konuneutar herausgegeben, wälii'eud er gerade im Begriff'
stand, den Kommentar zu Goethe folgen zu lassen. Im Jahre
1848 hatte er eine A'ierteljahrsschrift veröff'eutlicht unter dem
Titel: „Archiv für deu Unterricht im Deutschen in Gymnasien,
Realschulen und andereu höhereu Lehranstalten", von der jedoch
nur zwei Jahrgänge erschienen waren. ( )bgl('icli diese Zeitschrift
aus Mangel an Teilnahme und Unterstützung so bald wieder ein-
gegangen war, zeigte er sich bereit, in Gemeinscliaft mit Herrig
. ein ähnliches, aber umfassenderes Unternehmen ins AA'erk zu setzen.
Da mir nichts Genaueres über das Verhältnis der beiden
Herausgeber zueinander bekamU geworden ist. so wiederhole ich,
was Viehoff's Scliwiegersohn, \ iktor Kiy, im Archiv W\. LXXXI,
lieft '.], S. 200, augegeben hat: ..\'ieliotl' und Herrig hatten sich
Ludwig HiM-rig. IX
im Jahre J84l' iu Düsseldorf kennen oelernl und hcsuclilcn >i('li
seitdem gegenseitig; am häufigsten aber traten sie sich während
des Sommers auf der Station Hochdahl, wo sie ihre ( iedankcn
über alles miteinander austausehten, was ihr äulseres und inneres
Leben bcNvegte. Es war, schreibt mir Herr Professor llerrig,
als ob uns eine elektrische Kraft miteinander ganz |)lr)tzhch ver-
bunden hätte."
Man kann sich kaum einen schöneren Bimd zur F()rd('inmg
der Wissenschaft und zur Einführung derselben in das Leben
denken, als zwischen Viehotf*, \velcher poetisch reich begal)t und
sinnig war wie Orest, und dem durch sein lebhaftes Wesen und
durch Findigkeit im Schaifeu von Hilfsmitteln für den Augen-
blick an Pylades erinnernden Herrig. Beide Männer standen
einander nahe durch lilierale Anschauungen iu politischer und
religiöser Hinsicht, die aucii iiu' LTrteil über Erscheinungen auf
dem Gebiete der Litteratur bestinuncn umlsten; denn dals A^iciiofl"
der katholischen Kirche angehörte, kann nicht iu Betracht kom-
men, da er, ohne gegen dieselbe Front zu machen, oder gar aus
ihr auszutreten, rein humanistischen Ansichten huldigte. Beide
INIänner ergänzten sich durch umfassendes AVissen iu der ^^'eise,
dais jeder sein besonderes Gebiet beherrschte, zugleic-h aber auf
dem des Mitarbeiters nicht fremd Avar. Beide Mäimer empfanden
aulserdem das Bedürfnis, weitere Kreise für iln-e wissensciiaft-
hchen Bestrebungen zu gewinnen und so Eintiuls auf die Schuh',
niittelbar aber auf das Leben auszuüben. Viehoft" hatte mit einer
ausschliefslich für den deutscheu Unterricht bestimmteu \'icrtcl-
jahrsschrift nicht genügenden Anklang gefunden. Eine ähnliciie
Erfahrung würde Herrig gemacht haben, wenn er, wie er es
zuerst beabsichtigt hatte, damals ein entspreciiendes Bhitt für
das Französische und Englische n)it Berücksi(!htiguug anderer
moderner Sprachen hätte gründen woHen. Denn \\a> das Englische
betrifft, so verfolgte man allerdings zu jener Zeit l)ei uns die
Litteratur des Nachbarlandes mit regem Literesse, man his die
X Ludwig Herrig.
zahlreichen, in der Regel herzlich schlechten Übersetzungen der
Dichter und insbesondere der llomcinschriftsteller; allein Kenntnis
der Sprache war Eigentum eines sehr kleineu Kreises, da sich
zum Erlernen derselben wenig Gelegenheit darbot. Im Franzö-
sischen war es allerdings insofern etwas besser bestellt, als diese
Sprache in den Schulplan der Gymnasien gehörte. Aber es wurde
darin nicht viel geleistet, zumal da die Lehrer selbst oft nur ein
beschränktes Wissen besal'sen, oder es nicht weiter als zur Fertig-
keit im Parlieren brachten. Herrigs unbestrittenes Verdienst ist
es, dafs er Bahn gebrochen und den Boden geebnet hat; die
Begründung des Archivs war der erste Schritt dazu.
Das Archiv für das Studium der neuereu Sprachen erschien
von 1846 — 1848 als Vierteljahrsschrift zu Elberfeld und Iserlohn
im Verlag von Julius Bädeker. Die Herausgeber betrachten
es im Vorwort als erwiesen, „dal's das Studium der Sprachen
und Litteraturen der neueren Kultm-völker, wenn es auf die
rechte Weise betrieben wird, walu'es Humanitätsstudium ist, dalis
in ihm eine reiche Quelle echt mensclilicher Bildung fliel'st". Für
die Lehrer der ßealschulen, die sich auf diese Quelle vorzugs-
weise angewiesen sehen, soll ein Organ ins Leben gerufen wer-
den, wie es deren mehrere für klassische Philologie und Alter-
tumskunde längst giebt, und es wird dabei die Hoifnung ausge-
S})rochen, dafs sich auch Gynuiasiallehrer für den Anbau des
Gebiets der modernen Philologie interessieren imd sich dabei be-
teiligen werden. Die Aufgabe soll eine doppelte sein, Förderung
der Wissenschaft einerseits luid andererseits des Schulunterrichts
in neueren Sprachen, um ihm mehr Gehalt und bildende Kraft
zu geben. Daher wird das Archiv besonders für den Kreis des
Wissens bestinunt, der zu den Schulen in der nächsten Beziehung
steht, also wesentlich auf das Deutsche, Französische und Eng-
lische beschränkt, dabei aber die Notwendigkeit anerkannt, bis-
weilen auf das Gebiet der anderen romanischen Sprachen, sowie
des Lateinischen, ebenso aber auch auf das des Alt- und Mittel-
Ludwig Honig. Xl
hochdeutschen überzugreifen. Zu selbständigen Al)li:iii(lhnigeii
und ßecensiouen soll eine Programmeuschau nebst einem biblio-
graphischen Anzeiger hinzutreten, auch noch eine besondere
Rubrik für Miseellen gebildet werden.
Herrig selbst lieferte für das Archiv während seines Be-
stehens als Vierteljahrsschrift insbesondere eine Reihe \on Ab-
handlungen über die Entwickelung des englischen Dramas. Der
erste Artikel über Mirakelspiele, Moralitäten und die Anfänge
der Komödie ist sehr kurz gehalten, der zweite geht ausführ-
licher auf Marlowe ein, im di'itten wird Greene etwas genauer
charakterisiert, während der Verfasser über die gleichzeitigen
Dramatiker flüchtig hinwegeilt. Die Aufsätze sind recht geeignet,
eine Bekamitschaft mit Shakespeares Vorgängern zu vermitteln ;
sie mufsten zur Zeit ihres Erscheinens, als mau sich nm- in eng-
lischen Werken Rat erholen konnte, sehr willkommen sein.
Mit dem vierten Jahrgang oder sechsten Bande ging das Archiv
1849 in den Verlag von George Westermaun in Braun-
schweig über, mit dem Herrig bis zu dessen Tode im Jahi-e llS7!>,
also fast ein MenscheuaUer hindurch, nicht allein in beständigem
Geschäftsverkehr, sondern auf dem Ful'se genauer Freundschaft
gestanden hat. Viehoff, der bis dahin die Redaktion der auf
das Deutsche bezüglichen Beiträge besorgt hatte, während semem
Mitherausgeber der gröfsere Teil der Redaktionsgeschäfto zu-
gefallen war, trat zurück. Herrig übernahm die iüleinige Leitung
des Blattes, von welchem fortan jährlich acht Hefte erschienen.
Charakter und Tendenz der Zeitschrift blieben im wesentlichen
unverändert; niu sollte dieselbe in Zukunft auch die italienische
Litteratur und Sprache mehr in ihren Kreis hercinzieiien. Auf
dem Titelblatt wurde aufser der ferneren besonderen Mitwii-kung
Heinrich Viehoffs auch die Robert Hieckes, der diin.al- l'ro-
fessor am Gymnasium zu Merseburg wai-. in Aussicht gestellt.
Herrig, der zu seiner iilten Liebe zurüekgekein-t war, li('l.<
im ersten Bande der neuen Folge seiner Zeitschrift Studien zur
XII J>tiil\vi^'- Hcrrig-.
Geschichte der irischen Liederdichtuug erscheinen. Dann weirlen
ihn Wühl die Redaktionsgesehäfte zu sehr in Anspruch genonnnen
haben, als dais er mehr als gelegentliche Besj)rechungen von
Werken hätte l)eisteuern können. Eine kurze Charakteristik
Shelleys im neunten Bande giebt ein Lel)eusbild, geht aber auf
die Werke des Dichters nicht näher ein. Auch ein Aufsatz über
Beu Jonson im nächsten Bande ist zu kurz, um eingehend sein
zu können. Etwas ausführlicher werden später Beaumont und
Fletcher besprochen. Dann folgt aber eine Reihe von sehr
dankenswerten Artikeln über die damals noch bei uns nur wenig
bckaimte Litteratur nou Nordamerika mit Berücksichtigung so-
w(jhl der eigenartigen Entwickelung der Sprache als auch der
liöhei'cn Bildungsanstalten im 12., l'S. und 14. Bande des Archivs.
Obgleich die Herausgabe des Archivs viel Aufwand von
Zeit und Kraft erforderte, machte es Herrig möglich, nebenbei
noch eine stattliche Reihe von Büchern zu schreiben oder zu-
sammenzustellen. Früher schon hatte er Übersetzungen Shelley-
scher Gedichte und eine Verdeutschung des Werkes Pickwick
abroad von Reynolds geliefert, sowie Extracts from the Ger-
man Literatxre adlected and trandated bj/ Dr. Harrif/ heraus-
gegeben. Es folgte ein Cahier de Littrndari' /rciirai.sc, als
Leitfaden zu akademischen Vorlesungen, eine unter dem Xamen
H. Hamilton veröffentlichte Reise nach London, die eine kurze
praktische Anleitung zum mündlichen Gebrauciie der englisciien
Sprache sein sollte; dann kamen Aufgaben zum Übersetzen aus
dem Deutschen ins Englische, von denen LSNO die zwölfte Auf-
lage herausgekonmien ist. Wichtiger als alle eben erwähnten
Werke ist die 1850 im Verlag von George Westermann zu
Brauuschweig erschienene Sanunlung The British Classical
Authors, Select Specintens nf the Xational Literatare of Eng-
land from G, (Jtancer to the Present Tivu', Pnetrij and Proae.
Diese Chrestomathie hat bis zu ihrer letzten ti-1., im Jahre 1889
erschienenen Auflage vielfache Umarbeitungen erfaiu'en. Es
Liidwio- Tforrio-. \lll
fehlten ursprünglich die später hinzugefügten l)i(.uT;i|.liisclicii
Skizzen der Autoreu, und erst in einer der letzten Ausgaben
ist ein litterarhistorischer Überblick hinzugetreten, der die Übei--
schrift führt An H/Moricol Outline of Kncjlhh Literat nva.
Der Stoff ist hin und wieder verändert, indem leichtere Stücke
in ein später zu erwähnendes Lesebuch für niittlci-c Klassen
verwiesen sind; während der Nichterfolg einer älniliehen Samm-
lung, The American (7at<sicnl Authors, die 1854 erschien nnd
keine zweite Auflage erlebte, den Herausgeber veranlaCste, Muster-
jn-oben der amerikanischen Litteratur dem erstgenannten M'erke
als Anhang hinzuzufügen. Ferner hat Hen-ig, um nur ila> W'ich-
tigste hervorzuheben, später alles der Periode vor der Königin
Elisabeth Augehörende gestrichen, Ben Jensons Komödie Kven/
Man in His Humour fortgelassen und den ganzen Abschnitt
unterdrückt, der die Überschrift führte 77/r (ircat l)irinrs. Die
Zusammenstellung wurde immer mehr den Bedürfnissen der Real-
schule angepal'st, während ursprünglich aucji dem \\ Citcrstudium
hatte Rechnung getragen werden sollen.
Durch die Redaktion des Archivs war Herrig mit den tüch-
tigsten Vertretern der damals noch in den ersten Anfängen be-
griffenen Wissenschaft der modernen Philologie in N'erkehr ge-
treten und hatte seinem Xameu einen guten Klang erworben.
Seine Werke hatten ihn allen denen bekannt gemacht, die sich
für Schulwesen interessierten. So kam es, dals er im Jalu'(^ ISöl
einen Ruf nach Berhn erhielt. Er sollte m-sprünglich eine An-
stelluno- an der von dem Direktor v. Kloeden diriüierten
Friedrich- Werderschen (Gewerbeschule erhalten, und es wurde
damals in den Zeitungen als etwas Aulscrordentlichcs hervor-
gehoben, dals ehie nicht direktoriale Stelle, um einen so bedeu-
tenden Gelehrten und Sehulmann zu gewinnen, mit einem (iehalt
dotiert wurde, dessen sich die ältesten Lehrer dieser Anstalt nach
zehn- bis fünfzehnjähriger Dienstzeit nicht zn ei-freuen hatten.
Die für ihn u;eschaffene Stelle hatte er kaum angetreten, al>
XIV Tiudwis: Herrig.
er am 2. September 1851 zuni ordentlieheD Lehrer an der
Dorotheenstädtischen Realschule j>:e\vählt wurde. Er erhieh 550
Thaler für sechzehn wöchenthche Lehrstunden und auiserdem
350 Thaler für acht Lehrstunden au anderen städtischen An-
stalten, also ein Gesamtgehalt von 900 Thalern.
Machen A\-ir jetzt ein wenig Halt, um uns Herrig, wie er
damals \\'ar, zu vergegenM'ärtigen ! AVo er auftrat, überall erregie
er durch sein kräftiges und gesundes Wesen wie durch seine
schöne Erscheinung allgemeine Aufmerksamkeit. Die Blicke
konnten sich nicht abAvenden von den edlen Zügen seines Ge-
sichts, und seine vornehme Haltung entsprach der geistigen
Überlegenheit, welche er nicht nur Gleichgestellten gegenüber
fühlen mufste. Der Zauber seiner Persönlichkeit aber bestand
vor allem in der Gabe des Wortes, das er stets treifend zu iindeu
und schön vorzubringen wuIste. Da er viele Reisen gemacht und
überall aufmerksam beobachtet hatte, da er ein besonderes Geschick
besal's, stets das Pikante richtig auszuwählen, da er mit bedeuten-
den Männern sowohl in seiner Heimat als im Auslande in persön-
licher Beziehung stand und manche ergötzliche Anekdote zum besten
geben konnte, war er allgemein gesucht als einer der interessante-
sten Gesellschafter. Diese Virtuosität wufste er aber auch als
T^ehrer mit Glück zur Geltung zu bringen. Dafs die Discijilin
ihm nie Schwierigkeit gemacht hat, läCst sich leicht begi'cifcn.
da er ja auch im Leben seine aul'serordentliche Gewandt heil in
der Behandlung von Leuten der verschiedensten Art bekundete,
mit denen allen er fertig zu werden verstand. Die Schüler
fürchteten aufserdem seinen Sarkasmus, obgleich er, überwiegend
milde, demselben auf dem Katheder wie im geselligen Kreise
Zügel anlegte und nur im wirklich geeigneten Augenblicke von
dieser scharfen AVafFe Gebrauch machte. Es bedurfte dessen
auch nui- selten, da die Schüler (hu'ch geistreiche Behandlung
des Stoffs in steter Spamnmg gehalten wurden. Von Herrig
wurden die lebenden Sprachen als solche gelehrt, und an seinem
Liidwio- TTorria-. \V
eigenen Leben entzündete sich Leben. Thni, dem Vielgevvandteu,
der vieler Menschen Städte gesehen und ihren Sinn erkannt
hatte, stand in jedem Augenblick ein reiches Material zu (Ücbotf,
um die Lektüre zu erläutern oder Sprachformen in ihren mannig-
fachen Beziehungen zu kennzeichnen. Alles, womit die sogcnatm-
ten Reformer sich jetzt so viel wissen, versuchte er schon mit
Glück vor vielen Jahren, ^\^e er uns dies selbst in einer Vereins-
sitzung geschildert hat, und wie es längst von ihm bekannt war.
Nur die Phonetik liels er aus dem Spiel, obgleich er derselben
auf seiner ersten Reise nach England nahe getreten sein soll.
Er verstand es aul'serdem, die Schüler über Schwierigkeiten fort-
zuheben und ihnen Mut zu machen, so dafs er sie bald dahin
brachte, sich im fremden Idiom zu versuchen. Sie gewannen
bei ihm überhaupt das Bewufstsein, dafs sie etwas leisten konn-
ten. Dabei gab er viel auf schönen Vortrag und war selbst im
stände zu zeigen, wie Dichter gelesen zu werden verlangen, so
dals es also seinen Lehrstimden auch an Glanz nicht fehlte. Kr
richtete sich ferner nicht bloCs an den Verstand, sondern aucli
an das Gemüt seiner Schüler und gewann ihr Herz, w(>il er an
jedem von ihnen ein unverkennbares persönliches Interesse nahm.
Wie sehr jene dies fühlten, geht daraus hervor, dafs sie im
späteren lieben seiner stets mit Liebe gedachten. Ein Reiter-
offizier im Elsafs fand das treffende Wort, als ei- lierrig zn
seinem Jubiläiun den Vers sandte:
Von allen Sprachen, die dein Wissen lehrt.
Die deines Herzens dich am meisten eln-t.
Herrigs Kinder, ein Sohn und drei Töchter, waren sämtlirli
schon vor seiner Übersiedelung nach l^erlin gelx.rcn. Da d;is
anfängliche Einkommen in der Hauptstadt, so liocli l.cmox'n
man es auch finden mochte, für eine solche l'\iniili«' sell)si Ix'i
sehr bescheidenen Ansprüchen nicht ausreichte, und da er tlnrch
langjährio-e Schwierigkeiten in dem Kntsclilufs gefestigt war. für
tlie Zukunft der Seinigen ausreichend zu sorgen, gab er längen-
XVJ Liidwio; Horriii'.
Zeit neben seinen sonstigen zahlreichen Lehrstunden noch Unter-
richt un Töchterschulen und hielt viele .lahre hindurch Pensionäre.
Die Erziehuuii' derselben, Avelche er mit der seines Sohnes und
Neffen zu vcrl>inden wufste, lag ihm sehr am Herzen und gelang
ihm in den meisten Fällen, da er seiner ganzen Richtung nach
stets bestrebt war, auf Individualität einzugehen. Deutsche und
Ausländer nmCsten sich gegenseitig fördern; die letzteren wurden
in km'zer Zeit so weit gebracht, dal's sie eine ("»ft'cntliche Schule
besuchen konnten. Herrig leitete ihre Studien und wuIste sie
anzuregen; besonders des Abends im geselligen Ki-eisc ti'at sein
belebendes Vermögen her\<)r. Viele der früheren Zöglinge sind
auch als ^Nfänner mit ihm in cngci- h'rcundschaftsbczichung ge-
blieben.
Der gegenseitige geistige Austaus<'li von Angehörigen ver-
schiedener Nationen sollte in grölsercm Umfange ins A^Vrk gesetzt
werden, als Herrig zu Ostern 1859 teils mit fremdem, teils mit
eigenem Gelde eine Erziehungsanstalt gründete, das V'tktorla-
fnstitiit zu Falkenberfi in der Mark. Er hatte sich anfangs
dem flüchtigen Gedanken hingegeben, daCs er dort einmal in länd-
licher Mufse den Abend seines Lebens beschlieCsen kiumte; aber
vielseitige Thätigkeit war ihm im liaufe der Jahre so sehr zum
Bedürfnis geworden, dal's er si(> nicht hätte entbehren können.
Ausländische Pensionäre blieben in l'^alkenbcrg allmählieh aus, und
es wurde nötig, die Anstalt auf veränderter (Jruudlage fest zu
organisieren. Die anfängliche Oberleitung von l^x'rlin aus stellte
sich als ungenügend heraus und inuCste diu'ch die j)ers()nliche
Verantwortlichkeit eines Dirigenten an Ort und Stelle ersetzt
werden. So trat der Gründer von dem Unternehmen zurück.
Die erste Auszeichnung, welche Herrig seitens der Staats-
behch'de in l^erlin zu teil wurde, bestand in der Verleihung des
Professortitels im Juni iSäi*. Weitere Anerkemumg l)ekuudete
sieli darin, dal's mau ihn bei seiner nicht verborgen gebliebenen
Ai'beitski'alt luicli iüv aiidei'e Aiiitei- und Für die verschiedensten
Ltifhvi'o Hcnit;-. XVII
mit dem Schnlfach zusammenhängenden Sphären /ii iiewimi<-ii
suchte. Von der Dorotheenstädtischen Realschule \viii-de «m- iiacli
drei Jahren an die gleichfalls städtischen, damals noch ungetrenn-
ten Lehranstalten, das Friedrichs-Gynuiasium und die Realsciml«'
desselben Namens, versetzt. An der letzteren führte er fimt'zehn
Jahre lang, bis zu seiner Übersiedelung nach I^ichterfelde im
Sommer 1878, das Ordinariat der Prima. Nachdem er eine Zeit
lang als Hilfslehrer an der Königlichen Kadettenanstalt beschäf-
tigt gewesen war, erfolgte seine definitive Anstellung an derselbru
im April 1853 mit einem Anfangsgehalt von 35() Thalern 15 Siiber-
groschen. Am 23. Februar 1854 wurde er zum etatsmälsigen
Professor befördert. Es kamen noch andere Amter hinzu, so
dalis er zuletzt in Berlin nach seinen eigenen Angaben über rin
ansehnliches Jahreseinkommen verfügte.
Eine Wirksamkeit, die seinen Wünschen besonders entsprach,
fand Herrig in den sechziger Jahren als Docent an dei- Kriegs-
akademie; diese hat er, nachdem er sich schon hatte pensionieren
lassen, bis zur letzten Stunde seines Lebens fortgesetzt. Die
französischen Lehrstunden, welche er den jungen Offizieren er-
teilte, M'aren ihm deshalb so heb, weil es weniger auf Einpauken
als auf Anregung zu selbständigem Studimn ankam. ]\\- hatte
hier ein äufserst williges Publikum, das vermöge gröl'serer geisti-
ger Reife, indem der Unterricht die Form freien Verkehrs an-
nahm, die Macht seiner Persönhchkeit empfand und ihm dimkbar
entgegenkam. Mehr vielleicht als in irgend einer anderen I^ehr-
thätigkeit — und er machte ja die verscin'edenartigstcn |»;ida-
gogischen Erfahrungen — fühlte er sich hier in seinem «-igent-
lichen Lebenselemente.
Einen weitgehenden und nachhaltigen Einfiuls auf die Lehrer-
welt s-ewann Herri«; dm-ch seine Ernenmmg zum aurserordentliciien
MitgHed der wissenschaftlichen Prüfungskonuui.ssioii der l'rcvinz
Brandenburg für das Fach der neueren Sprachen am L'l. April
1853, auf welche bald eine .Vnstelhmg als Mitgli<-d der Olx-r-
XVIII Ludwi«:- Herri.o-.
Militärexaminationskommission folgte. Letzteres Amt hat er noch
unmittelbar vor seinem Tode versehen ; aus der Prüfiuigskom-
mission für das sogenannte Oberlehrerexanien schied er aus, als
er Berlin verliefe, mn die Stelle als Studiendirektor in I^ichter-
felde anzutreten. Gerade zum Examinator von Kandidaten des
höheren Schulamts war er in vieler Hinsicht wie geschaffen.
Herrig glich nicht dem gewöhnlichen, ebenso gewissenliaft als
ängstlich ein Symptom nach dem anderen beobachtenden Arzte,
sondern dem groisen Heilkünstler, der sich auf sein in einzelnen
hallen allerdings täuschendes, aber im allgemeinen sicheres Apercu
verläfst. Er besafs eine Menschenkenntnis sondergleichen, die ilui
gewöhnlich sicher leitete. Indem er die Bedürfnisse der Schule
zur Norm seiner Beurteilung machte, suchte er nicht Lücken des
Wissens festzustellen, sondern sich eine Ansicht zu bilden, ob
der betreffende Kandidat bei gewissenhaftem Fortarbeiten sich
dem Unterricht in den von ihm beanspruchten Klassen gewach-
sen zeigen würde. Oft ist er freilich wohl zu milde gewesen
und hat leider manchmal nur LTndank dafür geerntet. Aber durch
die Forderung, dals der Lehrer einer neueren Sprache dieselbe
mündlich wie schriftlich müsse handhaben köimen, hat er zur
Hebung des modernen Sprachstudiums beigetragen. Dazu kam
noch, dafs er sich der von ihm Examinierten lange nachher er-
innerte und für viele derselben eine ihrer besonderen Beanlaguug
entsprechende Stellung zu finden Miifstc.
Von Herrigs amtlicher Thätigkeit ist noch zu erwähnen, daCs
er achtzehn Jahre lang das Berliner Seminar füi" I^ehrer der
neueren Sprachen geleitet hat. Die Gründung desselben verdan-
ken wir seiner Initiative, da er im Februar 1859 in eiuer Ein-
gabe an das Ministerium teils die Gründung eines solchen Se-
minars vorgeschlagen, teils darauf hingewiesen liat, wie notwendig-
es sei, an unseren Universitäten Lehrstühle für moderne Spracli-
studien zu errichten. Da die Verbindung eines Seminars für
neuere Spracliou mit der Universität auf Schwierigkeiten stiel's,
Ludwig Ht'iri;r. \l.\
so wiu'de Herrig aufgefordert, eiiicu iuideren Plan der An iui>-
zuai'beiten, dafs sich ein Seminai' au das Friedrichs-Gyiuuasium
anschlösse, an welchem er selbst angestellt war. Unter Ge-
nehniigimg des neuen von ihm vorgelegten Planes wurde he-
stiijmit, dals nur Kandidaten, die das Examen pm t'acultatc
docendi bestanden hätten, ordentliche Mitglieder werden, al)ei-
auch Studenten nach Beendigung des \'ierten Semesters als Hos-
pitanten zugelassen werden sollten. Am 31. Mai 1860 meldete
Herrig als Direktor dem Proviuzial-SchulkoUegiun) den ersten
Seminaristen an, während ein Sohn Heinrich Viehoffs als Hospitant
hinzukam. Durch Herrigs rastlose Bemühungen nahm die Be-
teiligung immer mein- zu, so dals bis zum Jahre 1870 weit über
zweihundert Lehrer der Anstalt angehört hatten, von denen
mehrere Dü-ektoren höherer Lehraustalten, andere Universitäts-
doceuten geworden waren. Die Seminarübungen unter Herrigs
Leitung, der erst 1878 bei seinem Übergänge nach Lichterfelde
zurücktrat, bestanden zunächst in Bes])rechung eingelieferter
grösserer Arbeiten entweder in französischer oder englischer
Sprache, für welche der Dirigent eine Beihe von Themen vor-
schlug, indem er zugleich Whike für die Art der Behandlung
gab. Dazu kamen sonstige Redeübungen über litterarisciie oder
pädagogische Themata und Übersetzungen aus dem Deutschen
ins Französische oder Enghsche. Mit besonderer Vorliebe lieCs
Herrig Dahhiianns Geschichte der beiden Revolutionen übertragen,
und es giug dabei etwas flott zu, indem \<>f allein (Teläutigkcit
erlangt werden sollte. Aufserdem wurde den Seminaristen Ge-
legenheit geboten, sich sowohl durch Hospitieren, als durch eige-
nen Unterricht imter beständiger Kontrolle des Scminardireklors
})ädagogisch zu entwickeln.
Nach dem Angegebenen kami es uns niclit bclrcindcn. dals
es Herrig ganz ähnlich erging wie vor ihm «Icni cip-nl liehen lie-
gründer der Altertumswissenschaft, Friedrich August Wulf,
dessen Leistungen in Berlin hinter denen seiner Hallcschen
XX Ludwig Herrig.
Periode zurückblieben. Eine Grolsstadt mufs die Kräfte ver-
zehren, wenn man sieh nicht zu isolieren versteht. Zu selb-
ständigen .Vi'ljeiten, wie man sie unter günstigeren Verhältnissen
von ihm hätte erwarten dürfen, konnte Herrig nicht mehr ge-
langen; nicht mehr flössen Artikel aus seiner Feder wie diq in
den ersten Jahrgängen des Ai'chivs. Ist es doch fast unbegreif-
lich, wie er die Zeit zur Redaktion des Blattes imd zu der da-
durch veranlarsteu Korrespondenz fand. Ungeachtet aller an ihn
gestellten Ansprüche war er dabei noch unermüdlich in der Arbeit
für seine Verleger. Ln Jahre 1856 gab er im Verein mit
Burguy als Pendant zu den British Clansical Anthors eine
französische Chrestomathie füi' die oberen Klassen heraus unter
dem Titel La Fraucr LitUrairt'. Es schlössen sich 1863 die
für mittlere Ivlassen bestimmten Sanmiluugen an: Preniieres Ltc-
tures francaises und First English Reading Book. Welche Ver-
breitung diese drei ebenfalls im Verlage von George Westermanu
erschienenen Werke gefunden haben, geht aus der grolsen Zalil der
Auflagen hervor. Herrig besorgte aufserdem 1857 eine neue Be-
arbeitung der Wagnerschen Grammatik, ferner die Herausgabc einer
Sammlimg englischer Schriftsteller mit erklärenden Anmerkungen
in deutscher Sprache und heferte selbst dazu Macbeth und Thv
Merchant of Venice. Ein ähnliches Unternelmien in gröi'serem
Mafsstabe bildete den Schlul's seiner schriftstellerischen Thätig-
keit. 1886 erschienen im Verlage des Freiherru v. Tauchuitz
die ersten Bände des Students Series for School, College, and
Home, deren Leitung Herrig übernommen hatte. Darunter be-
fand sich von ihm selbst erklärt Thnnias ('arlgle, The Reign
of Terror, ein längerer Abschnitt aus dessen Geschichte der
französischen Revolution.
Unruhiger Schaffensdrang trieb Herrig sein ganzes Leben
hindurch, seine Kräfte auf allen ihm nur irgend zugänglichen
Gebieten zu versuchen. Vorübergeheiul ist er auch einmal
Publizist geworden. Seiue politischen Ansichten hatten schon
Ludwig Hcrrig. XX F
vor der Zeit des französischen Krieges einen wcsentliclien Wan-
del erfahren. Im frühen Mannesalter war er entschieden liberal
gewesen, von Jahr zu Jahi- ward er konservativer; vor allem
empfand er unbedingte Bewunderung für den Fürsten Bismarck.
Daher war es ihm erwünscht, dals er die Aufforderung zur
Herausgabe eines englischen Blattes erhielt, dessen Autgabe in
Berichtigung der Urteile über preufsische Politik und Beeinflussung
der ausländischen Presse bestehen sollte. Am U). Januar 1869
erschien in Berlin die erste Nummer des zweimal wöchentlich
ausgegebenen Blattes Tlw North Gerwuin Correspondent. Herrig
hat dasselbe mehrere Jahre lang, namentlich auch während des
Krieges geleitet.
Ein grolses Verdienst hat sich Herrig nicht nur um die-
jenigen, welche sich in der Hauptstadt Preuisens mit moderner
Philologie beschäftigten, sondern aucli um weitere Kreise der
Fachgenosseu durch die Gründung der Berliner Gesell nchaff für
das fStudiuiit der neueren Sprachen erworben. Da Mätzner
aus dem Schatten des Studierzimmers nicht hervortrat, erblickten
die Berliner in den fünfziger Jahren allgemein in Herrig geradezu
eine Verkörperung der noch jungen, nicht zur Geltung gekom-
menen Wissenschaft. Von ihm mufste also die Anregung aus-
gehen, wenn etwas zu stände kommen sollte. Vermöge seines
rührigen Wesens gelang es ihm, diejenigen zusammenzubringen,
von denen sich Arbeit erwarten liel's, abei- auch andere für eine
Vereinigung zu gewinnen. Festsetzung der Statuten und M abl
des Vorstandes erfolgte am 1. Dezember 1857; es war die erste
regelmäfsige Sitzung, in der schon Vorträge gehalten wurden.
Das Archiv bot sich als Organ des Vereins dar und brachte
fortan regelmäi'sige Berichte über dessen Thätigkeit. Hcnig. al^
die Seele des Ganzen, wurde zum Vorsitzenden gewähh und bat
auf allgemeinen, wiederholt ausgesprochenen WunscJi das i^rä-
sidium bis an sein Lebensende behalten müssen. Er ist stets
einer der regelmäCsigsten Teihiehmer gewesen und hat nur in
XXII Ludwig Hcrrig.
Ausnahnicfälleu eine Sitzung versäumt. Seltene Gaben waren
in ihm Ncrcint, die ihn zum Vorsitzenden einer wifssenscluiftHt^hen
Gesellschaft befähigten, ja Meisterschaft in der Leitung bekunde-
ten. Nicht allein, dal's seine Redegewandtheit an jedem Abend
hervortrat und sich bei besonderen Gelegenheiten zu glänzenden
Leistungen steigerte, er wul'ste aufserdem eine di})lomatische
Haltung zu behaupten, die oft notwendig Avurdc, wenn bei hefti-
gem Zusammeustors die Sjjitze abgebrochen werden mui'ste. Aui'ser-
dem erkannte er es stets mit feinem Takt, wenn die Erörterun-
gen aufhörten, allgemein interessant zu sein, wulste, ohne per-
sönlich zu verletzen, dem Langweiligen ein Ende zu machen und
zu geeigneter Zeit durch einen Scherz zu erfrischen. Dabei hatte
er ein besonderes Talent, die Mitgheder, oft fast mit Gewalt, zu
Vorträgen heranzuziehen und für die nötige Abwechselung des
Stoffes zu sorgen.
Herrigs Unerschöpflichkeit an Mitteln, um die ihm vor-
schwebenden bedeutenden Zwecke zu fördern, zeigte sich einige
Jahre nach der Gründung der Gesellschaft für das Studium der
neueren Sprachen, indem er eine Anzahl von Mitgliedern, welche
ilun besonders fähig schienen, zum Halten öff'entlicher Vorträge
in dem dazu überlassenen Konzertsaale des Schauspielhauses ver-
;nilarste. Dei- Ertrag wurde zu Reisestipendien für jüngere
moderne Philologen ^'er\vandt.
Einer von Herrig gegründeten Anstalt nuils noch gedacht
werden, wenngleich dieselbe vor ihm zu Grabe getragen ist.
Michaelis 1872 wurde die von ihm längere Zeit geplante Akddemie
für ))ii)derne Philologie eröffnet. Mochten auch die den Lekto-
ren der Universitäten zufallenden Aufgaben in crweitertcjn Uni-
lange gelöst werden, mochten auch einleitende Vorlesimgen
jüngeren Studenten sehr erwünscht sein; die Anstalt hätte doch
nur lebensfähig bleiben können, wenn an der Berliner Universi-
tät keine Lehrstühle für romanische Philologie nnd für das Eng-
lische errichtet wären. Herrig selbst, der zu dieser zeitgemäfsen
Liidwio- TTerrio-. XXIII
Errungenschaft viel beigetragen hatte, hielt an iler Akademie
Vorträge über Eneyklopädie der modernen Philologie und er-
klärte Chaueer und Spenser.
Es ist schon gesagt worden, dais Herrig iiach dem Beispiele
seines Vaters der Braunschweiger Freimaurerloge beigetreten war.
Er hatte damals eben das dreiundzwanzigste Lebensjahr vollendet
und stand zur Zeit seines Todes nahe vor seinem fünfzigjähriijen
Maurer-Jubiläum. In Elberfeld wurde er bald Redner der doiti-
gen Loge und im Alter von zweiunddreiCsig Jahren Meister vom
Stuhl. Auch in Berlin erwählte man ihn ISö:] zum Meistei- vom
Stuhl in der Johaiuiis-Loge. Darauf folgten andere Beförderungen,
bis er 1873 nach dem Tode des Professors Seh naken bürg
zum Grol'smeister der Grofsloge Royal York erhoben wurde.
Diese Stellung hat er sechzehn Jahre lang bekleidet ; er hat stets
der Vereinfachung der Bräuche das Wort geredet und ist mit
Entschiedenheit für Zulassung der Juden zum Maurertum ein-
getreten. Indem seine Ansichten denen des K i- o n p r i n /. e n
und nachmaligen Kaisers Friedrich entsprachen, wurde ihm
dessen besondere Gunst zu teil.
Als im August 1878 die Verlegung der Hauptkadettenanstalt
von Berlin nach Lichterfelde stattfand, bei Avelcher Gelegenheit
Hemg eine kleine Schrift herausgab: IMc UdwptkadettPitdiiHtdlf
zu Lichter fei de, wurde er zum Ordinarius oder Studiendirektor
des ersten Bataillons ernannt. Mit dieser Beförderung steigerten
sich die an ihn zu stellenden Ansprüi^he, so da/s er sich ji'tzt
vielleicht weniger glücklich fühlte als früher, da er mir für die
Leistuns:en seiner eig-enen Klassen verantwortlich war. Die
städtische Anstellung mulste aufgegeben werden; dagegen führte
er die Thätigkeit an der Kriegsakademie fort. Sonst war keim'
wesentliche Änderung eingetreten, nur daCs Zeit verloren ging
durch die Notwendigkeit des beständigen Hin- und Herfahrens
zwischen Berlin und Lichterfelde. Im Jahre 188;") liels sich
Herrig, dessen Brust schon viele Orden schmückten, ohne sein
XXIV T.ndwio- Honiu'.
fünfzigjähriges Dienstjiibiläuni ubzuwarteu, iu den Ruliestand
versetzen, indem er jedoch seine Stelle an der Kriegsakademie
und die Prüfung im Fähnrich examen beibehielt. Er zog nach
Berlin zurück, um endlich eine durch Fleifs und Anstrengung
errungene ehrenvolle Mul'se zu geniel'sen. Ruhe Avar ihm nicht
lauge vergönnt; nur zu ))ald ereilte ihn der Tod. Ein mit Asthma
verbundenes Herzleiden hatte längst zu Befürchtungen Anlais
gegeben. Am 17. Januar 1889, als er aus der Kriegsakademie
zurückkehrte und sich eben die Thür seines Hauses hatte öifnen
lassen, sank er leblos zurück. Der Todeskampf war ihm erspart
worden. Sein Staub ruht auf dem Matthäikirchhofe nicht weit
von den Gräbern der Gebrüder Grimm, zu deren Füfsen er einst
in Göttingen gesessen, mit denen zusammen er die Universitäts-
stadt verlassen hatte.
Herrig gehörte einer Zeit des Werdens, des Übergangs in
seiner Wissenschaft an. Dal's er sich in einer solchen Zeit, ohne
eigentliche Fachstudien auf der Universität betrieben zu haben,
auf dem Niveau zu halten vermochte, verdient die höchste An-
erkennung. Er hat überall thätig zugegriffen und die Sache der
modernen Philologie gefördert wie kaum ein anderer, indem er
ihr Anerkennung verschafft hat. Seine Erdenbahn ist weniger
reich an Erlebnissen, als an stiller, von Segen begleiteter Thätig-
keit gewesen. Durch stete Bereitwilligkeit zu helfen imd Gutes
zu thun hat er Unzählige zu tiefgefühltem Dank verpflichtet,
seine Familie hat ihn geradezu vergöttert. Mögen manche Hoff-
nungen ihm fehlgeschlagen, nicht alle Blütenträume gereift sein,
er war ein glücklicher Mensch. Sein Andenken wird stets ge-
segnet werden.
I m m a n u e 1 S c li m i <1 1.
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