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Full text of "Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen"

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ARCHIV 


FÜR  DAS 


STUDIUM  DER  NEUEREN  SPRACHEN 
UND   LITTERATUREN. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


ILTCnDAÄTIGh    IBIEIRI^IG-. 


XLIII.   JAHRGANG,   82.  BAND. 


BRAUNSCHWEIG. 

DRUCK    UND    VERLAG    VON    (lEOHGE    W  E  ST  E  U  M  A  NN. 

1889. 


As 


Inhalts -Verzeichniü!  des  LXXXII.  Bandes. 


Seite 
Tjudwig  Hcnig.     Von  I  m  iii  a  n  u  c  1    S  c  li  m  i  d  t 1 

Abhandlungen. 

Richard  Brome.     Ein  Hcitiag  zur  Geschichte  des  englischen   Dramas.      Vun 

Dr.  E.  K.  R.  Faust 1 

Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  EinHula  auf  Moliere.    Von  Dr.   Guido 

Wenzel H  3 

Moliere-Übersetzungen    des    17.  Jahrimnderts.      Ein    Beitrag    zur    Geschiciitc 

des  deutschen   Dramas.     Von  JohannesBolte 81 

Ijockere   und  straffe   italienische   Pert'ektt'ormon.      Von   Dr.   Buciiholtz    .     .      133 

Sermo    in    festo    Corporis  Christi,    aus    den  Mss.    mitgeteilt    von    C.  Horst- 

mann 167 

Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft    für    das  Studium    der  neueren  Spraciicn      198 

Briefe  von   Ch.  F.  Weifse    an  K.  W.  Ramler.      Im    Auszuge    mitgeteilt    von 

Karl  Schüddekopf.     (Schluls) 211 

Friedrich  Melchior  Grimm,  der  Vermittler  des  deutschen  Geistes  in  Frank- 
reich.     Von   Ri  c  har  d  Mali  renholtz 201 

Der  Gallant  in  Shakespeares  London.     Von   Dr.  Theodor  Vatkc    .     .     .     3ii3 

Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden  zur  südlichen  Legendensannnlung. 

Mitgeteilt  von   C.   Hör  st  mann 307 

Des  Ms.  Bodl.  77'J  jüngere  Zusatzlegenden  zur  südlichen  Legeudensamuilung. 

Mitgeteilt  von   C.  Horstmann.     (Schluls) 369 

Der  Konjunktiv  im   Französischen.     Ein  Beitrag  zur  historischen   Synta.x  der 

französischen  Sprache.     Von  Dr.  A.  Gille 423 

Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft   für    das  Studium    der    neueren  Sprachen     46.T 

Zu   Dickens'  Christmas  Carol.     Eine  Gegenkritik.      Von  Dr.   G.  Tanger     .     473 

Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

Friedrich  Müller,  Grundrils  der  Sprachwissenschaft.  (H.  Buchholtz)  .  .  212 
Die  Formalitäten  des  Ritterschlags  in  der  altfranzösischen   Epik.    Inaugural- 

Dissertation  von  Karl  Treis.     (A 1  f  r  e  d  R  i  s  o  p )      .     ; 2  1  i 

Die    Parias    unserer    Sprache.      Eine    Sammlung    von    Volksausdrücken    von 

Dr.  Franz  Sohns '-iJ^ 

Goethes  Egmont.     Mit    ausführlichen    Erläuterungen    für    den   Scliulgcbraudi 

und  das  Privatstudium,  von  Ij.  Zürn 221 

Goethe  und   Frau  von  Stein.      Von   E.  Adler 223 

Goethes  Faust  in  England  und  Amerika.    Bibliographische  Zusannnenstellung 

von  W.  Heinemann 221 

Shylock  und  Nathan.     Vortrag  im  Verein  für  jüdische  Geschichte  und  Litle- 

ratur  zu  Frankfurt  a.  M.   von   Dr.  H.  Heinemann 224 

Zeitschrift    für    deutsche    Sprache,    herausgegeben    von    Professor    Dr.  Daniel 

Sanders.     (Hol  scher) '^^4 

Von  Opitz  bis  Klopstock.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  itcr  deutschen  Dich- 
tung, von   Dr.   Karl  Lcmcke.     (A.) 22j 


Seite 
Strf!it/.ii;,'o  iliiicli  ilic  niittoleiiglisclic  Syntax   iintor  l)esoii(lerer  Berücksiclitigmi? 

der  Sprache  Cliaueeis.  Von  Dr.  Eugen  Kineukel.  (M.  Trautmaini)  220 
VV.  Kreiten,  S.  J.:  Voltaire,  ein  Charakterbild.  (Dr.  Fr.  Bischoff)  .  .  227 
Moliere- Studien.      Ein    Namenbuch    zu    iMolicres  Werken    mit  philologischen 

und  historischen  Erläuterungen  von  Herm.  Fritsche.  (W.  llerforth)  228 
Oerman    Classic«.      Edited    witli    English    notes,    etc.      By   C.   A.  Buchheim. 

(Dr.   Otto  Weddigen) 228 

Französische  und  englische  Schullektiire.    Herausgeg.   von   F.  K.  Schwalbach     229 

Eectures  enfantines  par  Th.  Hatt 229 

An  die  geehrte   Redaktion   des  Archivs.      (A.   Chwatal) 230 

Antwort  des  Kecenseuten.      (_H.   Buchholtz) 231 

Zur  dcutsclien  Sprache  und  Litteratur.  Vorträge  und  Aufsätze  von  Karl  Biltz.  (A.)      35t 
Zur  Koform    der  Ürthograpiiie.      Blicke    auf    die    Mängel    der    gegenwärtigen 
Rechtschreibung   und   Fingerzeige  zur  Beseitigung  derselben.    Von  A.  E. 

Rieh.   Ba.\ 356 

Näheres  und  Weiteres  zu  unserem  Weltspraeheprojekt.    Von  Eugen  A.  Lauda.      350 

Der   VVi  Itspracheschwindel.      Von   Dr.   Karl   Feyerabcnd .'550 

Biicfwcchsel  von  Jakob  Grimm  und  Ilotfmann  von  Fallersieben  mit  Hendrik 
van  Wijn.  Nebst  anderen  Briefen  zur  deutschen  Litteratur.  Heraus- 
gegeben  und  erläutert  von  K.  Th.   Gaedertz 357 

Goethes  Egmont.    Mit  Einleitung  und  Anmerkungen   von  Prof.  LudT|\'ig  Blume     358 
Heinrich    von    Kleists    Hermannsschlacht.      Ein    Drama.      Für    Schule    und 

Haus  erklärt  von  L.   Zürn 358 

Franz  (Jiillparzer  als  Dichter  des  Tragischen.    Von  Joh.  Volkelt.    (Hölscher)     359 
Deutsches  Wörterbuch    von  Jakob   Grimm    und   Wilhelm   Grimm.      Siebenter 

Band,  N  O  P  Q,    bearbeitet  von   Dr.  M.   Le.xer      (H.   L.) 300 

Rumiro   Barbaro    di    San    Giorgio,    Praktische    Grammatik    der    italienischen 

Sprache.     (H.  Buchholtz) 361 

Zeitsclirittenschau 362 

W.    Wilmanns,    Untersuchungen    zur    mittelhochdeutschen    Metrik.      Beiträge 

zur  Geschichte    der    älteren  deutschen   Litteratur.     (E.  Henrici)     .     .     489 
Karl  Theodor  Gaedertz,    Zur  Geschichte    der  altenglischen  Bühne  nebst   an- 
deren Beiträgen  zur  Shakespeare-Litteratur.    Mit  der  ersten  authentischen 
inneren  Ansicht  des  Schwan-Theaters  in   London    und  Nachbildung  von 

Lucas  Cranachs  Pyramus  und  Thisbe.     (J.  Bolte) 491 

Ivleine  italienische  Sprachlehre  für  den  Gebraucli  in  Schulen  und  zum  Selbst- 
unterricht von  Karl  Marquard  Sauer.     (E.   Pariselle) 493 

Das  moderne  Drama  der  Franzosen  in  seinen  Hauptvertretern.  Mit  zahl- 
reichen Te.\tprol)tn  aus  hervorragenden  Werken  von  Augier,  Dumas, 
Sardou  und  Paillcron.  Von  Dr.  Joseph  Sarrazin.  (E.  Pariselle).  .  493 
Novo  Diccionario  da  lingua  portugueza  e  allemä  enriquezido  com  os  termos 
technicos  do  comercio  e  da  industria,  das  sciencias  e  das  artes  e  da 
linguagem  familiär  por  H.  Michaelis,  em  duas  partes.  Parte  segunda: 
Allemäo-portuguez.  —  Neues  Wörterbuch  der  portugiesischen  und  deut- 
schen Sprache  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  technischen  Aus- 
drücke des  Handels  und  der  Industrie,  der  Wissenschaften  und  Künste 
und  der  Umgangssprache.  Von  H.  Michaelis.  In  zwei  Teilen,  zweiter 
Teil:     Deutsch -Portugiesisch.      (H.   Buchholtz) 494 

Miscellen. 

Seite  233  — 2.J7.     304  —  360. 

Bibliographischer  Anzeiger. 

Seite   238—24(1.      307  —  308.      495—490. 


Richard  Brome. 

Ein  Beitrao;  zur  Geschichte  des  euo-lischen  Dramas. 


Vom  Leben  des  dramatischen   Dichters  Richard  Brome   ist 

nur   wenig   bekannt.      Zuerst    tritt   uns   sein   Xame   in    der  „In- 

duction"  zu  Ben  Jonsons  „Bartholomew  Fair"  entgegen,  wo  der 

„Stagekeeper"  u.  a.  sagt:    ..I  am  looking  lest  the  poet  hear  me, 

or  his  man,  Master  Brome,  ^  behind  the  arras."    Ein  Brome  war 

demnach  sicher  1614,   als  jenes  Stück  zum  erstenmal  aufgeführt 

ward,   Diener  bei  Jonson,    und   der  Umstand,    dafs    letzterer   zur 

Bezeichnung   dieses  A^erhältnisses   das  Wort    „man"'   Avählt,   läfst 

es  gerechtfertigt  erscheinen,  Aveun  wir  uns  den  Diener  als  damals 

mindestens    im   Jünglingsalter   stehend   denken    und   somit   seine 

Geburt  bereits  in  das  vorhero:eo;ano-ei]e  Jahrhundert  setzen.     Die 

Identität  dieses  Dieners    mit   dem  dramatischen  Schriftsteller  er- 

giebt   sich   nun,  wie    aus    Richard  Bro.mes    eigenen  Aufserungen, 

so  auch  aus  vielen  Zeugnissen  seiner  Zeitgenossen.    Einige  Verse, 

die  Ben  Jonson  selbst  zur  Empfehlung  des  Bromeschen  Stückes 

.,The  Northern  Lass"    schrieb,   tragen   die  Überschrift:  „To   mv 

old   Faithful  Servant   and   (bj   his   continu'd   vertue)   my   lo\'ing 

Friend,  the  Author  of  this  Work,  Islr.  Richard  Brome",    und  im 

Gönnertone  hebt  der  grofse  Mann  an : 

I  had  von  for  a  Servant,  onee,  Dick  Brome, 

And  yöu  perform'd  a  Servant's  faithful  parts; 

Now,  you  are  gof  iuto  a  nearer  room 

Of  Feilowship,  professing  my  old  Arts, 

And  you  do  doe  them  well,\vith  good  Applause, 

Whicii  you  have  justly  gained  from  the  Stage, 


'  Dies  ist  die  gewöhnliche  Schreibung;   daneben  findet  sich  Broome 
und  Broom.  /^jC- 


Aichiv  f.  n.  Spraclicn.    LXXXII. 


2  Richard  Brome. 

By  observatiou  of  those  Coniick  Litwes 
"Wliich  I,  your  Master,  first  did  tcach  the  Age. 
You  learü'd  it  well,  and  for  it  serv'd  your  time, 
A  Prenticeship:  which  few  do  now  adays  .  .  .  . ' 

Dafs  liier  Ben  Jonson  sich  mit  grofsem  Selbstbewiifstsein 
als  denjenigen  hinstellt,  der  dem  Zeitalter  zuerst  die  Gesetze  des 
Ijustspicls  oezcigt  habe,  wird  mit  Recht  getadelt,-  ist  aber  für 
uns  zunächst  Nebensache;  auch  an  den  schuhneisterlichen  Ton, 
der  in  diesen  Zeilen  erklingt,  -wird  niemand  sich  stolsen,  der  da 
bedenkt,  dals  ein  solcher  Ton  dem  guten  Ben  nicht  blofs  jün- 
geren Schriftstellern  gegenüber  fast  zur  zweiten  Natm*  geworden 
war.-*  Jedenfalls  enthält  jene  Empfehlung  des  Lol)es  genug:  ein 
ancrkamiter  ^Meister  erklärt  den  Jünger  für  emen  nicht  unwür- 
digen Genossen  —  em  Lob,  das  luu  so  schwerer  wiegt,  als 
Jonson,  wie  aus  den  übrigen  Versen  der  Empfehlung  sich  er- 
gicbt,  es  sehr  übel  vermerkte,  wenn  Ungelehrte  sich  mit  Stücke- 
schreiben befafsten.  —  Jene  Zeilen  gestatten  die  Annahme,  dals 
Brome,  Aveuigstens  in  der  späteren  Zeit  seines  Aufenthaltes  bei 
Ben  Jonson,  nicht  ein  Diener  im  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes 
gewesen  ist,  sondern  dem  Meister  mehr  als  eine  Art  Amanuensis 
zur  Seite  gestanden  hat,  der  aus  des  Dichters  lehrreicher  Unter- 
haltung Nutzen  zu  ziehen  verstand.  "Wenn  dessenungeachtet 
manche  Leute,  zumeist  wohl  Konkurrenten,  den  vormaligen  Stand 
Bri^mes  nicht  vergessen  mochten  und  selbst  in  weit  späterer  Zeit 
geflissentlich  an  diesen  Stand  erinnerten,  in  der  Meinung  und 
mit  der  Absicht,  dadurch  des  Autors  Wert  herabzusetzen,  so 
ward,  und  sicherlich  mit  Recht,  von  anderer  Seite  darauf  hinge- 
wiesen, dals  Brome  für  Jonson  mehr  als  ein  blofser  Diener,  mid 

'  The  Drjiniiitic  \\'orks  of  Richard  Brome,  containing  fifteeu  Comedies 
iiuw  lirst  colleotcd.     J.ondon  1873.     Vol.  II,  p.  XI,  und  Vol.  III,  p.  IX. 

-  Biographia  Drauuitica,  or,  a  Compauiou  to  the  Playhouse:  con- 
taining liistorical  and  critical  Menioirs By  David  Erskine  Baker,  Esq. 

\   ncw  Edition.     London  1782.     2  vols. 

■'  'riio  Drainatio  Works  of  Richard  Brome,  Vol.  II.  Dort  heilst  es 
in  dini  Vorworte  »Tu  llie  Readers"  trefl'eud:  ,We  have  here  prefixt  Ben 
.lolinson's  own  tcstiniony  to  his  Servant  our  Author;  we  grant  it  is 
(according  to  Ben's  own  tiature  aud  eustome)  magisterial  enough;  and 
who  looks  for  others,  siuce  he  said  to  Shakespear  —  /  shall  drmc  enry 
»n  thy  namc  (hy  writing  in  his  praise)  and  threw  iu  his  face  —  small 
Latin  and  kss  (Jicck  ....'• 


Richard  Brome.  3 

Jousou  für  Brome  noch  etwas  anderes  deuu  ein  blolser  Herr 
gewesen  sei.  ^  Brome  selbst  war  weit  entfernt,  durch  den  Ge- 
danken an  jenes  Verhältnis  sich  gedomütigt  zu  fühlen;  er  er- 
kannte das  Verdienst,  welches  Jonson  sich  in  jenen  Versen  zu- 
schreibt —  ihn  in  die  dramatische  Dichtkunst  eingeführt  zu 
haben  —  oft  und  Avillig  an,  und  nie  spricht  ci-  von  dem  ältei'en 
Dichter  ohne  das  Gefühl  dankbarer  Verehrmig.  Dabei  ist  denn 
Ben  Jonson  für  Brome  überhaupt  die  höchste  Autorität  auf  dem 
Gebiete  des  Dramas.  Deshalb  sagt  er  mit  Stolz  im  Prologe  zu 
„The  City  Wit"   von  dieser  seiner  Komödie: 

It  was  written,  wlien 
It  bore  just  Judgment,  and  tlie  seal  of  Ben, 

und   als    er   des    Lords    von  Newcastle  Lustspiel  „The  Variety'' 

l>eurt eilen  soll,  schreibt  der  Schüler  Jousons  u.  a. : 

I  would  depose,  eacli  Scene  appear'd  to  nie 

Au  Act  of  wit,  each  Act  a  Comedy, 

And  all  was  such,  to  all  that  understood, 

As  knowiug  Jousou,  swore  Bj^  God  'twas  good.- 

An  einer  anderen  Stelle   rühmt   er   seinen  Meister    niit    den 

MOrten : 

He  did  not  pump,  nor  drudge, 
To  heget  wit,  or  manage  it,  nf)r  trudge 
To  wit  Conventions  with  note-book  to  glean, 
Or  steal  some  jests  to  foist  into  a  scene; 
He  scorned  those  sliifts.     You  that  have  knowu  him,  kuow 
The  common  talk;  that  from  bis  li^js  did  flow 
And  ruu  at  waste,  did  savour  more  of  wit, 
Thau  any  of  bis  time,  t)r  since,  have  writ 
(But  few  excepted)  in  the  stage's  way: 
His  scenes  were  acts,  and  every  act  a  i^lay.  ^ 


'  The  Dramatie  Works  of  Richard  Brome,  Vol.  II,  in  der  Vorrede 
„To  the  Readers"  :  ^And  yet  there  are  a  sort  (one  would  wonder  there 
should  be)  who  think  they  lessen.  this  Author's  worth  when  they  speak 
the  relation  he  had  to  Ben  Johnson.  We  very  thankfuUy  embrace  the 
( )bjection,  and  desire  they  would  name  any  other  Master  that  could  l)etter 
teach  a  man  to  write  a  good  Play." 

-  Diese  Beurteilung  ist  dem  (1658  veröirentlicbten)  Bromescheii  Stücke 
..The  Weeding  of  the  Coveut-Gardeu,  or  the  Middlesex  Justice  of  IVace'^ 
vorgedruckt. 

3  The  Works  of  Ben  Jonson,  and  Beaumont  and  Fletcher:  the  tirst 
priuted  from  the  Text,  and  with  the  Notes  of  P.  Whalley;  the  latter 
from  the  Text,  and  with  the  Notes  of  the  late  George  Colman,  Esq. 
London  1811.     Vol.  II,  p.  LXXXIII. 

I* 


4  Richard  Brome. 

AV eiche  VerkeunuDg  Jonsons,  der  iu  AVirkllclikeit  „stets  das 
hekaunte  Lessingsche  Pumpwerk  in  Thätigkeit  setzen"  muTste, ' 
und  dessen  A\'itz  wohl  im  Klub,  im  Kreise  der  Zechgenossen 
Triumphe  feierte,  in  den  Stücken  aber  „überall  frostig  und  ge- 
künstelt" ist.  2 

Brome  hatte  Ben  Jonson  gekannt  von  da  an,  wo  dieser  in 
der  Fülle  der  Schaffenskraft  gestanden,  bis  dahin,  wo  der  Tod 
ihn  abrief,'*  imd  die  vorstehenden  Zeilen,  so  viel  Irrtum  sie  auch 
enthalten,  beweisen,  mit  wie  unerschütterlicher  Treue  unser  Dichter 
den  Meister  auch  nach  dessen  Tode  ehrte  und  verehrte.  Seine 
pietätvolle  Gesinnung  veranlafste  ihn  denn  auch,  einen  der  ärgsten 
Privatfeinde  Jonsons  mit  seinem  Spotte  zu  überschütten.  Dei" 
vornehme  Dichter  Sir  John  Suckling  (1608/9  bis  1642),  der,  wie 
bekannt,  dem  Hofe  nahe  stand  und  auch  im  politischen  Leben 
eine  RoUe  gesjjielt  hat,  schien  es  sich  zu  einer  besonderen  Auf- 
gabe gemacht  zu  haben,  Jonsons  kleine  Schwächen  dem  Gelächter 
des  Publikums  preiszugeben  und  ihn  auch  als  Schriftsteller  herab- 
zusetzen. Nicht  nur,  dal's  er  ihm  Shakespeare  vorzog,  was  allein 
schon  hinreichend  gewesen  wäre,  Bens  Eitelkeit  aufs  tiefste  zu 
verletzen:  er  warf  ilira  auch  geradezu,  aber  in  sehr  witziger 
Weise,  Dünkel  vor  und  erklärte  ihn  des  Dichterlorbeers  für  un- 
wert. Es  geschah  dies  in  der  Satire  „xA.  Sessions  of  the  Poets", 
welche  1637,  also  vielleicht  noch  vor  Jonsons  Tode,*  entstand 
und  handschriftlich  verbreitet  wurde.  Apollo  hat  eine  Versamm- 
lung der  Dichter  einberufen,  um  den  lange  zurückgehaltenen 
Lorbeer  dem  würdigsten  zu  verleihen.  Der  erste,  welcher  auf 
den  Kranz  Anspruch  erhebt,  ist  Ben  Jonson,  der,  nachdem  er 
sich  zuvor  mit  seinem  Liebhngsgetränk,  dem  Kanariensekt,  er- 
frischt hat,  in  weitschweifiger  Rede  ausführt,  der  Lorbeer  ge- 
bühre ihm,  denn  seine  Sachen  allein  verdienten  den  Namen 
Werke,  während  die  der  anderen  eben  nur  „plays"  seien;  auch 
solle  man  sich  erinnern,  dal's  er  die  Bülme  von  vieljährigen  L-r- 

'  Elze,  Shakespeare,  lOu.      -  Ders.,  a.  a.  0.,  17,"^ 

3  The  Works  of  Ben  Jouson  etc.  nach  Whallev  und  Colman,  Vol.  II, 
p.  LXXXIII. 

'  Doeli  wollen  wir  iiieht  uuorwähut  lassen,  daCs  der  neueste  Geschicht- 
schreiber des  eugliseheu  Dramas,  Ward,  den  Tod  Jonsons  nicht  in  das 
Jahr  1G:^.7,  soudern  lOiJö  setzt.     (Hist.  of  Engl.  Dram.  Lit.  I,  533.) 


Richard  Brome.  5 

tümern  gereinigt  habe,  und  dafs  seine  Stücke,  zimial  „The  Sileut 
Woman",  „The  Fox"  und  „The  Alchemist",  noch  von  niemandem 
übertroffen  worden  wären.  Hier  imterbricht  ihn  Apollo  und 
heifst  ihn  schweigen,  denn  das  Verdienst,  nicht  der  Dünkel  solle 
gekrönt  werden.  —  Als  nun  im  Jahre  1638  Suckling  sein  Drama 
„Aglaura"  in  ganz  unge\\-öhuHcher  Ausstattung  veröffentlich! 
hatte  —  auf  Folioseiten  mit  sehr  breiten  Aveilsen  Rändern  und 
demnach  nur  sehr  schmalen  Streifen  Druckes  —  war  für  Brome 
ein  willkommener  Anlafs  gegeljen,  die  Manen  des  verelu'ten  Mei- 
sters einigermafsen  an  dem  spottlustigen  Edelmann  zu  rächen. 
Es  erschien  in  den  „Älusarum  Deliciae"  ein  Gedicht  „Upon  Aglaura 
printed  in  Folio",  in  welchem  von  Anfang  bis  zu  Ende,  42  Verse 
hindurch,  die  satirische  Geifsel  gesch\vungen  wird.  Jenes  Drama, 
sagt  darin  der  Verfasser,  gleiche  einem,  der  melu'  Haare  als 
Kopf,  mehr  Nägel  als  Leib  habe;  es  sei  ein  kleines  Gemälde  in 
grofsem  Rahmen;  und  er  giebt  zu  bedenken,  dals  die  Bäume, 
welche  die  breitesten  Blätter  tragen,  meist  die  dürftigsten  Früchte 
liefern.  Das  Papier  müsse  im  Preise  aufschlagen,  wenn  alle 
Dichter  nur  ein  Jahr  lang  dieser  Mode  folgen  wollten.  Was 
wohl  Sucldiugs  Absicht  bezüglich  des  breiten  Randes  gewesen 
sei?  Ob  er  gemeint  habe,  die  Landedeldamen  sollten  das  Buch 
nach  Art  der  Kalender  benutzen  und  zm'  Aufzeichnung  wirt- 
schaftlicher Angelegenheiten  brauchen,  etwa  hineinschreiben,  wann 
die  Kuh  gekalbt  habe  und  dergl.  mehr?  — -  Mag  nun  diese  Satire 
bereits  an  jener  Stelle  eine  Unterschrift  getragen  haben  oder 
nicht,  jedenfalls  findet  sie  sich,  mit  R.  B.  unterzeichnet,  zwanzig 
Jahr  später  in  der  posthumen  Ausgal)e  von  Bromes  Lustspiel 
„The  Weeding  of  the  Covent-Garden",  so  dafs  über  die  Autor- 
schaft kaum  mehr  ein  Zweifel  sein  kann. '  Ferner  steht  in  der 
erwähnten  Ausgabe  —  und  möglicherweise  auch  schon  in  den 
„Musarum  Dehcite"  —  ein  zweites,  mit  „A  So'ng"  überschric- 
benes  Gedicht,  das  sehr  Avohl  gleichfalls  von  Brome  selbst  her- 
rühren könnte.  Es  wird  darin  zu  frohem  Lebensgenuls  aufge- 
fordert mit  den  AVorten: 


•  W.  C.  Hazlitt,  der  Herausgeber  der  "^^^n•k:e  Siickliugs,  kennt 
den  Verfasser  uocli  nicht  (s.  Vol.  I,  p.  XXXVl),  wohl  aber  Ward,  a.  a.  U. 
II,  449,  Note. 


6  Richard  Bronie. 

Away  with  all  grief  and  jrive  us  innre  sark. 
'Tis  that  which  we  love,  let  love  have  no  lack. 
Nor  sorrow,  nor  care  can  crosse  nur  dclights, 
Nor  witches,  nor  goblius,  nor  ßuttertly  sprights. 

Bei  der  Nachbarschaft,  in  welcher  die  Verse  sich  befinden, 
glauben  wir  auch  nicht  fehl  zu  gehen,  wenn  wir  in  ihnen  eine 
neue  Anspielung  auf  Suckling  vermuten,  der  bald  nach  seiner 
„Aglaura"  ein  Lustspiel  „The  Goblins"  geschrieben  hatte.  Seinen 
Titel  hat  das  Stück  von  einer  Anzalil  Verfemter,  welche  zu 
ihrem  Schutz  eine  unterirdische  Höhle  aufgesucht  haben  und 
von  dort  aus  ein  höchst  rätselhaftes  Treiben  entfalten;  als  Teufel 
verkleidet,  durchsch^v^r^en  sie  den  weiten  Bereich  des  Waldes, 
um  die  Menschen,  deren  sie  habhaft  werden,  zu  schrecken,  in 
ilire  II()hlen  zu  schleppen  und  dort  nach  Art  der  Kobohlc  zu 
quälen.  Dieses  gespenstische  Treiben  erinnert  zu  sehr  an  das 
Feenwesen,  das  eine  so  bedeutende  Rolle  auch  in  manclien  Stücken 
Shakespeares  spielt,  und  Brome  war  in  zu  hohem  Grade  Realist, 
als  dals  man  nicht,  zumal  in  Anbetracht  seiner  persönlichen  Ab- 
neigimg  gegen  Suckling,  versucht  sein  sollte,  ihm  die  Verfasser- 
schaft auch  dieser  ZeUen  zuzusprechen.  Übrigens  könnten  sicli 
dieselben  auch  gar  wohl  auf  Thomas  Raudol})h  beziehen,  der  in 
seinem  „Amyntas,  or  the  Inipossible  Dowry''  (gedr.  1638,  wie 
„Aglaura")  Elfen  und  Feen  erscheinen  und  sie  von  einem  natur- 
wüchsigen Clown  beleidigen  und  verspotten  läfst.  Dieser  Clo\m 
heilst  Bromius!  Sollte,  was  man  glauben  möchte,  unser  Brome 
damit  verhr)hnt  werden,  so  würfe  das  freilich  ein  eigentümliches 
liicht  auf  die  Einigkeit  unter  Jonsons  jüngeren  Freunden,  zu 
dessen  „adopted  s<ms"  auch  der  gelehrte  Kandolpli  sieh  mit  Stolz 
zählte.  ' 

Der  Kreis  der  litterarischeu  Bckainitcii  unseres  Dichters 
scheint  nicht  eben  grol's  gewesen  zu  sein,  wenn  wir  an  diejenigen 
denken,  die  sich  freundlich  zu  ihm  hielten;  ohne  Zweifel  eine 
Folge  seiner  früheren  Stellung.  Dt)ch  begegnen  wir  unter  ihnen 
manchem  Namen  von  bekanntem  Klang.  In  engerer  Verbindung 
hat  er  mit  Thomas  Heywood  gestanden,  jenem  fruchtbaren 
Dramenschreiber,  der,  früher  der  Henslowesehcn  Truiipe  ange- 
hörig, später,  nach  Jakobs  I.  Regierimgsantritt,  zweimal  Mitglied 

'  Ward  11,  :;iJ  und  1,  XXVI  ul-cu. 


Richard  Rrome.  7 

der  Truppe  des  Grafen  von  Worcester  \\ar.  ^  Mit  diesem  Typus 
eines  ,,play-wright"  im  besseren  Sinne  des  y>^)rtes  A-erfa^ste 
Brome  gemeinschaftlieli  niclit  nur  das  dramatisehe  Sittengemäld(> 
„The  Late  Laneashire  Witehes"  (gecb.  1634),  sondern  auch  zwei 
allem  Anscheine  nach  verloren  gegangene  Stücke,  über  deren 
Entstehungszeit  und  Druckjahr  wir  völlig  im  Dunklen  sind: 
„The  Life  and  Death  of  Sir  IMartyn  Skink,  with  the  Warres 
of  the  Low  Countries"  und  „The  Apprentice's  Prize".- 

Von  anderen  zeitgenössischen  Dichtern,  die  ihn  kannten 
und  ihm  Avohlwollten  —  denn  sie  schrieben  empfehlende  Verse, 
die  seinen  Stücken  vorgedruckt  wurden  —  sind  Thomas  Dekker, 
John  Ford,  James  Shirley,  Sir  Aston  Cokain,  Robert  Chambcr- 
lain,  John  Tathaui  und  John  Hall  zu  nennen.  Xur  über  die 
Person  des  letztgenannten  herrseht  Unklarheit.  Ein  John  Hall 
schrieb  auch  „commendatory  verses"  zu  Shirleys  „The  Gralcful 
Servant",  und  die  Annahme  liegt  nahe,  daCs  derselbe  mit  Bromes 
Freund  identisch  sei;  doch  ist  mit  dieser  Annahme  nicht  viel 
gewonnen,  denn  auch  hinsichtlieh  des  Shirieyschen  John  Hall 
befindet  man  sich  noch  in  Ungewifsheit.  '  Z^vischen  Dekker  und 
Brome  mui's  ein  inniges  Pietätsverhältnis  bestanden  haben;  Dick 
Brome  nennt  jenen  stets  Vater,*  und  Dekker  hinwieder  Brome 
Sohn  und  Freund^  —  was  um  so  überraschender  ist,  als  be- 
kanntlich Dekker  durchaus  nicht  mit  Jonson  sympathisierte,  wie 
des  letzteren  „Poetaster"  (1601)  und  des  ersteren  „Satiromastix, 
or  the  Untrussing  of  the  Humourus  Poet"  (1602)  zur  Genüge 
an  den  Tag  gebracht  haben.  Im  übrigen  ist  der  Umstand,  dafs 
Brome  in  Dekker  einen  väterlichen  Freund  sah,  von  Bedeutung, 
sofern  er  zeigt,  da.'s  Brome  bei  weitem  jünger  gewesen  sein 
muis  als  Dekker  und  die  ziemlich  gleichalterigen  Dichter  Jonson 


'  Ward  II,  iDiJ.       -  Biogr.  Dram. 

3  The  Drauiat.  "NVurks  and  Poems  of  James  Shirley,  with  Notes  by 
Will.  GifFord  and  additional  Notes  by  the  Rev.  AI.  Dyce.  London  188;l 
Vol.  VI,  p.  509,  Note  •",. 

">  S.  Biogr.  Dram.  I  unter  Decker. 

•■'  Dekker  empfiehlt  Bromes  „The  Northern  Lass"  unter  der  Über- 
schrift: „To  my  Sonne  Brome  and  his  Lasse",  und  sagt: 

Which  then  of  Botli  sliall  I  couiincud, 

Or  thee  (that  ait  my  S o u  aad  Friend)  .  .  . 


8  Eichard  Brome. 

und  Hovwoofl.  Durch  Dekker  mag  er  Jolin  Ford  kcunen  ge- 
lernt  hüben,  welcher  au  jeues  Dichters  Komödie  „The  Sun's 
Darhng"  mitgearbeitet  hatte.  Shirley  stand,  gleich  Jenson,  in 
litterari.scher  Verbindung  mit  dem  Lord  von  Ncwcastle, '  den  er 
bei  Abfassung  seiner  dramatischen  Ai'beitcn  unterstützt  haben 
soll.  -  Ks  ist  gewils  bemerkenswert,  dafs  Shirley,  der  seiner  Er- 
ziehung M'ie  seinem  dramatischen  Können  nach  unseren  Autor 
jedenfalls  weit  übertrifft,  diesen  als  „worthy  Friend"  und  selbst 
als  „ingenious  Friend"  anredet.  Robert  Chamberlain  (geb.  1607) 
wird  als  Verfasser  einer,  John  Tatham  als  Verfasser  von  vier 
Komödien  erwähnt,  und  Sir  Aston  Cokain  hat  sich  in  sechs 
Stücken  auf  verschiedeueu  Gebieten  des  Dramas  versucht,  ohne 
den  Gesichtskreis  der  Dramatiker  dieser  Periode  irgendwie  zu 
überschreiten,  obwohl  seine  Thätigkeit  zum  Teil  in  die  Zeit  der 
Hestam'ation  fällt.  ^  Aufser  den  empfehlenden  Versen  der  Ge- 
nannten finden  sich  solche  eines  unbekannten  F.  T.,  der  das  eine 
Mal  als  INIag.  Art.  Oxon.  bezeichnet  wird,  eines  K.  ^Y.,  eines 
J.  B.  und  eines  C.  G.,  überdies  noch  eine  gröfsere  Anzahl,  welche 
Alexander  Brome  zum  Verfasser  haben,  den  mr  als  Herausgeber 
der  meisten  Komödien  des  Dichters  an  anderer  Stelle  besprechen 
werden.  Eine  einzige  Empfehlung  endlich  ist  mit  St.  Br.  imter- 
zeichnet,  und  der  Verfasser  nennt  sich  Kichard  Bromes  Bruder.  — 
I^eider  gewähren  uns  alle  diese  „commendatory  verses"  nur  höchst 
dürftige  Ausbeute,  soweit  das  Leben  oder  die  Lidividualität 
P>r<Mucs  in  Betracht  kommt;  scheint  doch  ihr  einziger  Zweck 
ilcr  zu  sein,  das  Tjob  des  Dichters  um  jeden  Preis  zu  verkünden, 
und  gewinnt  es  doch  dabei  mitunter  den  Anschein,  als  sei  der 
Lnl)ciKlc  sich  recht  wold  der  Übertreibungen  bewufst,  die  seiner 
l-'cdcr  cnttlosscn.  Man  bezeichnet  es  wiederholt  als  ein  grolses 
(iliick,  daCs  Brome  einen  Meister  aaic  Ben  Jonson  gefunden,  und 
rühmt  den  Eifer,  mit  welchem  der  Jünger  dem  Meister  nachgestrebt 
habe.  Dabei  läfst  es  sich  noch  hören,  wenn  man  sagt,  es  fände 
sidi  in  Bromes  Werken  eiuigermafsen  das  Bild  und  die  schöne 
Jicliquie  Jonsonschen  Geistes,  wie  John  Hall*  thut,  Avenn  er  in 
seiner  Empfehlung  des  Stückes  „A  Jovial  Crew"  schreibt: 

'  JJiogr.  Dnini.   I   unter  Cavoudi.-li,  A\'illi;mi.       -  Ward  II,  310,  iS'utc -(. 
Biogr.  Draui.  I.       '  Nicht  tShirley,  wie  Ward  augiebt  (II,  388). 


Richard  Brome.  9 

You  — 
—  by  great  Jonson  were  made  free  o'  th'  Trade, 
So,  that  we  rnust  in  that  you  Labour  finde 
Some  Image  and  fair  Reliquc  of  liis  Miude. 

Während  hier  das  „some"  im  letzten  Verse  eine  schüchterne 
Einschränkung  wagt,  findet  C.  G.  in  der  Empfehkmg  der  Brome- 
schen „Antipodes",  dafs  Jonson  eigentlich  gar  nicht  tot  sei;  er  ruft: 

Jonson 's  alivel 
But  stay,  and  let  me  teil  you,  where  be  is, 
He  sojournes  in  bis  Brome's  Antipodes. 

John  Tatham,  der,  wie  John  Hall,  „A  Jovial  Crew"  empfiehlt, 
redet  von  einer  Partei,  die  über  Jonsons  Tod  triumphiere,  da 
seine  Werke  zu  studiert  (too  elaborate)  gewesen  seien,  um  witzig 
genannt  werden  zu  können,  und  richtet  dann  an  Brome  die  Auf- 
forderung: 

Draw  tb'  Curtain  of  tbeir  Errors :  tbat  tbeir  sense 

May  be  conformable  to  Beu's  Infiuence; 

And,  finding  bere,  Nafurc  and  Art  agree, 

May  swear,  tbou  liv'st  in  Hirn,  and  be  in  Tbee. 

Sieht  man  hier  von  der  versuchten  Gleichstellung  Bromes 
und  Jonsons  ab,  so  kann  mau  Tathams  Gedanken  nicht  alle 
Sachgültigkeit  absprechen.  Ohne  Zweifel  besafs  Brome  die  Gabe, 
AVeit  und  Leute  zu  sehen,  vda  sie  sind,  eine  Gabe,  die  sein 
Meister  bei  all  seiner  Buchgelehrsamkeit  in  diesem  Mafse  viel- 
leicht nicht  besessen  hatte.  Dals  Brome  darauf  ziemlich  stolz 
war,  wird  sich  aus  der  Betrachtung  der  von  ihm  selbst  verfalsten 
Prologe  ergeben.  Auch  Shirley  schätzt,  anders  als  Randolph, 
das  reahstische  Element  in  Brome,  zumal  dessen  Beobachtungs- 
gabe und  Menschenkenntnis,  hoch,  als  etwas,  das  man  nicht  von 
Schulen  und  Akademien  holen  könne: 

Learning,  tbe  File  of  Poesie,  may  be 

Fetcb'd  from  tbe  Arts  and  Universitie: 

But  be  tbat  writes  a  Play,  and  good,  must  know, 

Beyond  bis  Books,  Men  and  tbeir  Actions  too.  ^ 

Was  die  empfehlenden  Verse  sonst  noch  bieten  —  allge- 
meines Geschwätz  über  dramatische  Kunst,  Ausbrüche  des  Hasses 
gegen  die  Puritaner,  insbesondere  Kundgebungen  des  Unmuts 
über  den  von  dieser  Sekte  im  Jahre  1642  herbeigeführten  Scliluls 
der  Bülinen  —  kann   hier   füglich   übergangen  werden.     Grolsen 

'  Ebenfalls  bei  Empfehlung  von  „A  Jovial  Crew". 


10  Richiird  ßronie. 

Wort  wird  man  nach  dem  oben  Gesagten  diesen  Empfehlungen 
nicht  beilegen  dürfen.  AVir  finden  ihrer  vor  den  meisten  oder 
•  loch  sehr  vielen  Stücken  jener  Zeit:  ein  Autor  lobte  den  anderen, 
Hin  wieder  gelobt  zu  Averden,  und  so  erinnert  das  ganze  Ver- 
l'ahrcn  durchaus  an  eine  Versicherung  auf  Gegenseitigkeit.  Und 
gerade  vf)n  denen,  welche  „were  sworn  to  the  tribe  of  Ren", 
gilt  dies  am  meisten.  *  Schwollen  doch  die  Lobverse  mitunter 
/ii  wahren  Tiobbibliotlieken  an!-  llichard  Brome  selbst  lieferte 
eine  ziemlich  lange  Empfehlung  der  Stücke  Fletchers  unter  der 
Überschrift:  „To  the  Memory  of  the  Deceased  but  ever  living 
Author,  in  these  bis  Poems,  jNIr.  John  Fletcher."  ^  Doch  mag 
thes  eine  freiwiüige  Leistung  gewesen  sein,  da  wir  keine  Andeu- 
tungen zu  finden  vermocht,  dai's  er  den  lebenden  Fletcher  zu 
seinen  Bekannten  zählen  durfte;  der  tote  freiUch  mufste  es  über 
sich  ergehen  lassen,  dais  in  jenen  Versen  vor  allem  Jonsons  Lob 
gesungen  Avird.  —  Trotz  alledem  sind  solche  Empfelilungeu  nicht 
gänzlich  unberücksichtigt  zu  lassen,  da  sie  doch  hier  und  da  eine, 
wenn  auch  noch  so  geringe  Ausbeute  für  den  Biographen  geben 
l<r)nnen,  was  bei  der  für  jene  Zeit  gewöhnlichen  Kargheit  ander- 
weiter Überlieferung  immerhin  ins  Gewicht  fällt,  und  zu  bedauern 
ist  es,  wenn  neuere  Herausgebor,  Mie  Dyce,  für  diese  Zeilen 
keinen  Raum  zu  linden  verni(')gen.  So  gehen  wir  der  „commeu- 
(latorv  vorses"  verlustig,  die  Brome  zu  Dekkers  Stücken  schrieb  * 
und  die  gewils  nicht  ohne  alles  Interesse  sein  würden. 

Auch  an  vornehmen  Gönnern  hat  es  unserem  Dichter  nicht 
gefehlt.  \ou  den  vier  Stücken,  die  zu  seinen  Lebzeiten  erschie- 
nen, ist  das  erste,  „The  Northern  Lass'',  dem  „Right  Worthy 
and  no  lesse  Judicious  than  Ingenious  Gentleman,  Riehai'd  Hol- 
ford,  Esqu.''    gewidmet,    von    welchem    er    thatsächliche    Gunst- 

'  Wiinl   ir,  nil,  Nute  1. 

-  Tlic  Works  of  Ben  Jouson  nach  Whalloy  luul  Colmaii  (s.  S.  '^. 
Aiini.  :'.),  Vol.  II,  p.  LXXIII,  Note  ;',8. 

•'  Il>iil.  II,  p.  LXXXII  ff.  Eine  Stelle  daraus  haben  wir  oben,  S.  3, 
aii.i.'fführt.  Ward  (II,  löii)  bezieht  diese  Empfehlung  auf  Fletchers  Stück 
, Monsieur  Thomas"  allein;  es  heifst  aber  in  der  Überschrift:  „in  these 
Ins  Poems.'' 

■  \\'oiiii  er,  wie  ol)eii  erwähnt,  Dekker  stets  mit  „Vater"  anredet. 
Weiii.L'stens  kinmeii  wir  die  bezüglichen  Worte  der  Biogr.  Dram.  nur  auf 
solche  Empfehlungen  deiUen. 


Richard  Brome.  11 

liezeiguiigen  (real  favours)  erlaugt  zai  haben  bekennt.  Die  Wid- 
mung ist  nicht  ohne  Geist  geschrieben.  Ein  anderes  Stück,  „The 
Sparagus  Garden'',  trägt  an  seiner  Spitze  eine  Widmung  an 
William,  Grafen  von  Newcastle,  der  hier  als  Gouverneur  des 
Prinzen  (von  Wales)  bezeichnet  wird.  Dieser  als  Krieger  wie 
als  Staatsmann  ausgezeichnete  Lord  galt  für  den  Mäcen  des 
Zeitalters  Karls  I.  „Gewifs  ist,"  sagt  die  Biographia  Dramatica, 
„dals  diese  edle  Persönlichkeit  von  frühester  Jugend  an  wegen 
ihrer  Liebe  zu  den  Musen  berühmt  war,  dals  der  Lord  einen 
richtigen  Geschmack  für  die  schönen  Künste  besafs,  dals  er  stets 
gern  Leute  von  Geist  um  sicli  hatte  und  ein  besonderes  Ver- 
gnügen darin  fand,  darbendes  Verdienst  aus  der  Verborgenheit 
zu  ziehen."'  Shirley  war  sein  „attendant"  w^ährend  der  Bürger- 
kriege bis  dahin,  wo  jener  in  die  Verbannuug  ging,  ^  und  vor 
allen  hatte  Ben  Jonson  die  Gunst  des  Grafen  (späteren  Herzogs) 
von  Newcastle  genossen,  der  auch  die  letzten  Tage  des  darbenden 
Dichters  heiterer  gestaltete.  Die  Bekanntschaft  Jousons  mit  dem 
Lord  mag  durch  die  litterarischen  Bedürfnisse  des  Grafen  ver- 
anlalst  worden  sein,  wie  denn  überhaupt  der  Grundtou  ihrer 
Beziehungen  zueinander  der  eines  gefälligen  litterarischen  Ver- 
kehrs gewesen  ist.-  War  doch  Xewcastle  selbst  als  dramatischer 
Dichter  thätig!  Vier  Stücke,  sämtlich  Lustspiele  und  im  Ge- 
schmacke  der  Zeit,  werden  ihm  mit  Sicherheit  zugeschrieben, 
während  seine  Autorschaft  hinsichtlich  eines  fünften  uugewifs 
ist.  Und  diese  Neigung  zur  Bühnenschriftstellerei  ward  von 
seiner  Gemahlin  geteilt,  nur  dals  diese  eine  weit  gröfsere  Anzahl, 
allerdings  ziemlich  schwaclier  Stücke  sclu-iel:);  nicht  weniger  als 
27  Lustspiele  weil's  die  Biographia  Dramatica  von  ihr  aufzu- 
zählen. ^  Dalis  wir  auch  Brome  unter  den  Bekannten  des  Grafen 
finden,  kann  in  Anbetracht  der  Verbindung  beider  mit  Jonson 
nicht  überraschen,  und  dafs  der  Lord  auf  Bromes  Urteil  etwas 
gab,  zeigt  der  Umstand,  dafs  er,  wde  wir  sahen,  seine  Komödie 
„The  Variety"  von  ihm  beurteilen  liefs,  Avelches  Amt,  hätte 
Jonson  noch  gelebt,  unzweifelhafte  diesem  zugefallen  wäre.     Was 


'  Biogr.  Dram.  I.  —  S.  obeu  S.  9.       -  Ward  I,  533. 

3  Audere  zählen  nur  19  Stücke;  die  Abweichung  erklärt  sich  daraus, 
dafs  manche  derselljeu  aus  zwei  Teilen  bestehen.  Vergl.  Biugr.  Drani, 
und  Ward  II,  489,  Note. 


12  Piicliard  Brome. 

nun  die  Widmung '  anlangt,  von  der  wir  sprachen,  so  ist  deren 
Stil  schwülstig  und  geschraubt,  und  die  in  ilir  zur  Schau  getra- 
gene Gesinnung  ist  die  eines  Sklaven.  Brome  argumentiert: 
Dafs  ich  Euch,  edler  Lord,  dieses  AVerk  („The  Sparagus  Garden") 
widme,  ist  ein  Vergehen  gegen  Eiu-e  Güte;  aber  durch  dieses 
mein  Vergehen  gebe  ich  Euch  Gelegenheit,  Eure  ]\Iilde  zu  zeigen 
und  damit  den  Kuhm  Eures  Namens  zu  mehren;  „Caesai*  had 
iK'X'cr  bin  connncuded  for  his  Clcmency,  had  there  not  occasion 
beeue  offercd,  ^\•herein  hec  might  shew,  how  willingly  he  could 
forgive."  —  Der  Ton  einer  anderen  Widmung,  welche  vor  seinem 
Stücke  „The  Anti|iodes"  steht  und  an  William,  Grafen  von  Hert- 
ford,  gerichtet  wai-,  ist  nicht  minder  sldavisch,  und  erst  gegen 
das  Ende  seines  Lebens  wird  seine  Schmeichelei  eiuigermafsen 
erträglich,  was  man  aus  der  Dedikatiou  au  'i'homas  Stanley  er- 
sehen mag,  die  er  bei  Gelegenheit  der  Veröffentlichung  seines 
Lustspiels  „A  Jovial  Crew"  verfalste.  Stanley,  der  Sohn  eines 
Flitters  in  Hertfordshire,  ^\•ird  übrigens  als  em  Mann  von  wissen- 
:schaftlicher  BUdung  gerühmt,  wie  er  denn  zu  Oxford  M.  A.  ge- 
worden war  und  später  eine  Geschichte  der  Philosophie  schrieb, 
in  welcher  er  u.  a.  die  Wollten  des  Aristophanes  übersetzt  hat. - 
Man  würde  Brome  imrecht  thun,  \vollte  man  ihn  wegen  der 
iibergrolsen  Demut,  die  in  der  ALchrzahl  dieser  A\'idmungen  sidi 
kundgiebt,  allzuscharf  tadeln:  die  meisten  ,,play-wrights''  dieser 
Kpoche  —  imd  vielleicht  war  keine  Zeit  an  Pramenschrcibern 
IVuchtbarcr  als  diese  —  machten  es  nicht  anders.  Ohne  Zweifel 
Illieben  solche  Widmungen  nicht  ohne  khngendeu  Lohn, ^  ja  wir 
glauben  es  noch  wahrscheinlich  machen  zu  köimen,  dafs  Brome 
auf  die  Erkenutlichkeit  der  iu  Frage  kommenden  Herrschaften 
rechnete  und  rechnen  mulste.     Aber  hier  zunächst  einmal  davon 


'  Sie  mufs  zwischen  16oS  imd  liilii  uvscliricljoii  sfiii,  da  im  ersteren 
.lalirc  der  (iraf  Gouvcnn-ur  des  rriuzen  ward,  iui  letzteren  das  Stück 
irseliicii. 

'•^  Bi<i}rr.  IJraiii.   F. 

'•'  Wie  weit  der  Dedikatiuusuufug  uaeb  der  Restauratiou  getriebeu 
wurde,  darüber  vergleiche  uiaü  Macaulay,  History  of  Euglaud,  I,  397  f. 
(Tauchuitz.)  Wie  gering  in  luiscrer  Epoche  mitunter  die  Ausbeute  war, 
zeigt  die  ÄuCscrung  Fields  (l.V.Hica.  bis  l(UOea.):  .1  did  determinate  uol 
tu  have  dodieated  niy  phiy  to  any  l)ody,  because  forty  Shillings  I  caro 
not  for.~     Ward  II,  2'.»:'..  Note  G. 


Richard  Bronie.  18 

abgesehen:  zu  wein  hätten  die,  welehe  von  der  Bühne  lebten, 
sich  halten  sollen,  wenn  nicht  zu  konigstreuen  Männern  vom 
Schlage  eines  Lords  von  Newcastle?  Je  mehr  die  Macht  des 
Puritanertums  A\-uchs,  desto  notwendiger  ward  es,  „dafs  die  Schau- 
spieler, die  sonst,  unbekümmert  um  die  Regierungsform,  nur  für 
die  friedliche  Unterhaltung  ihrer  Mitbürger  zu  sorgen  pflegen, 
eine  politische  Partei  ergriffen,  deren  Interesse  mit  dem  ihrer 
eigenen  Erhaltung  auf  das  genaueste  zusammenhing."  ^ 

Am  dürftigsten  ist  das,  was  wir  über  die  Familienverhält- 
nisse des  Dichters  wissen.  Aus  der  mit  „St.  Br."  unterzeich- 
neten Empfehlung  der  Komödie  „The  Northern  Lass",  welche 
die  Überschrift  trägt:  „To  his  ingenious  Brotlier,  Mr.  Richard 
Brome"  etc.,  mag  man  entnehmen,  dal's  er  einen  Bruder  Xamen.'- 
Stephen  gehabt  hat;  aber  es  fehlen  uns  alle  \veiteren  Nachrichten 
über  diesen  Bruder.  Wir  nannten  oben  Alexander  Brome.  Der- 
selbe hat  zehn-  Stücke  des  Dichters  herausgegeben  mid  sich  in 
prosaischen  und  poetischen  Empfehlungen  enthusiastisch  über 
Richard  Brome  geäufsert,  so  enthusiastisch,  dafs  es  uns  schwer 
fallen  MÜrde,  hier  nicht  an  eine  Verwandtschaft  zu  glauben,  hätte 
nicht  der  Herausgeber  selbst  eine  solche  ausdrücklich  in  Abrede 
gestellt.  ^  Um  so  weniger  läfst  sich  der  Frage  ausweichen,  wie 
er  zu  so  überschwenglicher  Bewunderung  unseres  Autors  ge- 
kommen sein  mag.  Geboren  1620,  also  vielleicht  um  ein  Men- 
schenalter jünger  als  der  Dichter,  hatte  er  später,  nachdem  er 
sich  der  Rechtswissenschaft  gewidmet,  eine  Anstellung  als  An- 
walt am  Lord  Mayor's  Court  gefunden.  Rühmend  wird  seiner 
Anhänglichkeit  an  das  Königtum  gedacht,  die  auch  während  der 
Bürgerkriege  und  des  Protektorats  unerschüttert  blieb,  und  der 
er  —    da   sein   Amt    ihm    dazu    keine    Geleoenheit    oab   —   als 


'  A.  W.  Schlegel,  Vorlesungen  über  dramatische  Kunst  und  Littc- 
ratur.     Heidelberg  1811.    II.  Teil,  2.  Abt.,  3U8. 

^  So  die  Biogr.  Dram. ;  Ward  meint,  nur  die  lt!53  erschienenen  ^Five 
New  Plays-  seien  von  ihm  ediert  worden.     (II,  337,  Note  3.) 

3  The  Works  of  Richard  Brome,  Vol.  II,  p.  XV.  Dort  beginnt 
Alexander  Brome  seine  Lobrede  „On  the  Comedies  of  the  late  facetious 
Poet,  Mr.  Richard  Bronie  deceased"  f olgendermafsen : 

This  to  thy  momory  I'in  bound  to  do, 
(Ingenious  Brome)  though   not  related  to 
Thy  parts  or  person. 


1  I  IvicliMid  liromo. 

Si-liriltstfller  Ausdll ifk  vci-lich.  Unerschrocken  und  strenji  .scliwano; 
er  in  Oden  und  Sonetten  seine  satirische  Geilsel  über  die  Rund- 
köpfe und  den  Protektor,  und  der  grölste  Teil  der  7a\  Gunsten 
der  Royahsten  verfalsten  Paniplilete  war  sein  Werk.  Auch  über- 
setzte er  den  Horaz  mid  schrieb  ein  Lustspiel  ,,The  Cunninw- 
fjovers",  das  H]')i  in  Druck  erschien.'  Denuiach  wird  das 
Interesse,  das  er  an  Richard  ]-)ronie  und  dessen  Werken  nahm, 
ein  mehrfaches  gewesen  sein.  Zot>-  ihn,  der  sell)St  ein  witziger 
K()|)f  war,  unseres  Autors  Witz  an,  so  fesselte  ihn  als  Dichter 
dessen  Phantasie,  deren  Reichtum  er  preist,-  und  dessen  Ge- 
wandtheit im  Komödienschreiben.  Zudem  waren  sie  in  politisclier 
Hinsicht  Gesinnungsgenossen,  und  wie  Alexander  im  Epigranun, 
so  hatte  Jvichard  P>rome  in  der  Komödie  die  Puritaner  und  was 
mit  ihnen  zusannuenhing  zur  Zielscheibe  seines  Spottes  gewählt. 
1  )ic  Xamensvetterschaft  mag  das  Übrige  gethan  haben,  Alexander 
iirome  zum  Herausgeber  und  Panegyristen  des  ehrlichen  Dick 
werden  zu  lassen.  —  Ebensowenig  können  wir  eine  verwandt- 
schaftliche ])eziehung  unseres  Poeten  zu  dem  Buchhändler  Henry 
IJrome,  at  the  Hand  in  Paul's  Church-vard,  später  at  the  Gun 
in  Ivy  Laue,  entdecken,  der,  auf  Alexander  Bromes  A^eranlassung, 
teils  allein,  teils  in  Verbindung  mit  anderen  Verlegern,  lOf)?,  5<s 
unil  öl)  sechs  posthume  K<Mnr)dion  Ivichard  Bromcs  drucken  licls 
tider  auch  bloCs  vertrieb.'' 

Wann  unseres  Di'amatikers  Tod  erfolgt  ist,  darüber  haben 
wir  wenigstens  (>inen  Anhaltspimkt.  Das  Stück  ,.A  Jovial  Crew", 
welches  l(iö2  gedruckt  ward,  hat  er  noch  sell)st  mit  der  Wu\- 
niimg  an  Thomas  Stanley  versehen,  in  der  er  wiederholt  sein 
Alter  l)('tont;  dagegen  sind  bereits  die  im  nächsten  Jahre  ver- 
t'ilVentlichten  „Five  New  Plays",  wie  man  aus  der  Vorrede 
Alexander  Bronies  ersieht,  posthum.  Des  Di(!hters  Tod  nuils 
also  in  <lie  Zeit  von  1651  bis  1653  fallen,  und  dazu  stimmt  die 
Angabc  der  Biogr.  Dramatica,    welche   1652  als  Todesjahr  nennt. 

Somit  endete  Bronies  Leben  in  jenem  Zeitraum,  aus  wcl- 
•  licMi   puritanischer   Ivigorisnius  durch  den   l»ekaimlcn  Parlamcnts- 

'  Hiogr.  l)i;nii. 

-  Freilich    iiiil  wi'iiig  Ucclit.     Tlic  Works  oi'  R.   V,i\,  Vol.  I.     Vorrcdo 
To  the  Stationer  .  .  .  ." 

^  X'A.  die  Auufiibeu  der  Titelblätter. 


llicbanl  Bronie.  15 

bescliliiiö  vom  2.  September  1642  alle  theatralischen  Auffüh- 
rungen, soweit  sie  auf  den  Namen  Tragödie  oder  Komödie  An- 
spruch machen  konnten,  verbannt  hatte. '  „A  Jovial  Crew"  wai- 
wohl  das  letzte  Stück  Bromes ;  es  hatte,  wie  es  in  der  Widmung 
heilst,  ,,the  luck  to  tumble  last  of  all  in  the  Epidemicall  ruinc 
of  the  Scene",  mid  der  Dichter  hatte  demnach  keine  Veranlassung 
mehi',  neue  Stücke  zu  schreiben.  —  AVas  er  in  den  letzten  zehn 
Jahren  seines  Lebens  getrieben,  ist  gänzlich  unbekannt.  Folgte 
er,  wne  so  viele  Schauspieler  und  Dramendichter  jener  Epoche, 
der  Fahne  des  Königs?  Schwerlich;  denn  dazu  war  er  wohl 
bereits  zu  alt.  Oder  begab  er  sich  aufs  Festland,  um  dort  agie- 
renden Landsleuten  seine  dramaturgische  Hilfe  zu  leihen?-  ^\'cr 
mag  es  sagen? 

Hier  möge  ein  A\'ort  über  Bromes  mutmafsliche  äulsero 
Stellung  zur  Bühne  seinen  Platz  tiuden.  Wie  einst  Shakespeare 
und  später  noch  Thomas  Heywood  —  von  manchem  anderen  zu 
schweigen  —  die  ausübende  Thätigkeit  eines  Schauspielers  mit 
der  eines  dramatischen  Dichters  verbanden,  so  wäre  mau  woh! 
geneigt,  bei  Eichard  Brome  eine  gleiche  Doppelbeschäftiguug 
vorauszusetzen.  Indessen,  es  mangelt  an  jedwedem  sicheren  An- 
lialt  dafür,  dafs  er  jemals  einer  Schauspielertruppe  angehört  hal)e. 
Dagegen  fehlt  es  nicht  an  Hinweisen,  dafs  er  das  Stückeschreiben 
nicht  sowohl  als  freie  Kunst,  sondern  als  ein  Gewerbe  betrachtete 
und  betrieb,  auf  dessen  pekuniären  Erfolg  er  fast  ausschlielslicl; 
angewiesen  war.  Dafs  er  es,  wenigstens  bei  der  Widmung  an 
Stanley,  in  der  That  auf  eine  Art  Almosen  abgesehen  hatte,  er- 
giebt  sich  aus  der  oben  nur  zum  Teü  angeführten  Stelle,  die 
w'  deshalb  hier  vollständig  hersetzen:  „All  the  arguments  I  can 
use  to  induce  von  to  take  notice  of  this  thing  of  nothing,  is, 
that  it  had  the  luck  to  tumble  last  of  all  in  the  Epidemicall 
ruine  of  the  Scene;  and  now  limps  hither  with  a  wooden  IjCg 
to  beg  an  alms  at  your  hands."  Das  ist  deuthch  genug  und 
durchaus  nicht  blofs  figürlich  gesprochen.  Auch  dafs  J)romc 
wiederholt  in  „The  Court  Beggar"  und  anderswo  sich  über  Leute 
beklagt,   die  ihm  und  seinen  Genossen  ins  Handwerk  pfuschten. 


'  Ward  II,  411.  —  Hettner,  Litteraturgesch.  des  18.  .lahrlmiidrrts,  1,  71. 
-  Schlegel,  a.  a.  O.,  II,  2,  308.  —  Ward  II,  4M. 


16  Richard  Bromc. 

dürfte  nicht  ledigliili,  ju  nicht  einmal  in  erster  Linie  einem  aus- 
geprägten StandoshcwuCstsein,  sondern  hauptsächhch  dem  Um- 
stände zugeschrieben  werden  müssen,  dafs  er  den  Ertrag  seiner 
eigenen  Stücke  nicht  geschmälert  wissen  wollte.  Es  ist  ihm 
kaum  anders  ergangen  als  seinem  väterlichen  Freimde  Dekker, 
von  welchem  der  jüngste  Herausgeber  sagt:  „A  wretched  hand- 
to-mouth  existence,  a  career  made  sordid  by  the  necessity  of 
writing  for  daily  bread,  seems  to  have  been  his  lot  from  first 
to  last."  1 

l^rome  war  das  Glück  zu  teil  geworden,  seine  Werke  oft 
und  mit  vielem  Beifall  aufgeführt  zu  sehen.  Ohne  Zweifel  wur- 
den sie  auf  den  meisten  der  bedeutenderen  Theater  Londons 
gegeben;  vom  Blackfriars-,  Cockpit-  und  Globustheater,  sowie 
von  der  Company  of  Revels  at  Salisbury  Court  wissen  wir  es 
sicher,  und  zwar  wurde  von  den  vier  vom  Verfasser  selbst 
edierten  Stücken  ,.The  Northern  Lass"  oftmals  auf  dem  Globus- 
und  dem  Blackfriarstheater,  „The  Sparagus  Garden"  und  „The 
Autipodes"  mindestens  je  einmal  (1335,  1638)  von  der  Company 
of  Kevels,  at  Salisbury  Court,  „A  Jovial  Crew"  auf  dem  Cockpit- 
(Drurylane-)Theater  (1641)  gespielt.  Aber  auch  von  denjenigen 
Stücken,  die  erst  nach  des  Autors  Tode  gedruckt  wurden,  hatten 
manciic  bereits  das  Londoner  Publikum  unterhalten.  Dahin  ge- 
hören „The  Novella"  und  „The  Queen's  Exchange",  die  man  — 
das  erste  Stück  1632  —  auf  der  Blackfriarsbühne,  und  „The 
Court  Beggar",  den  mau  1632  in  Drurylaue  aufgeführt  hatte.  ^ 
Von  einzelnen  Stücken  wird  ausdrücklich  bemerkt,  dals  sie  bei 
diesen  Aufführungen  grofsen  Erfolg  gehabt  haben:  so  „The 
Northern  Lass",  „The  Court  Beggar",  „A  Jovial  Crew".  Kurz, 
Bromc  scheint  seiner  Zeit  en  vogue  gewesen  zu  sein. 

Dieser  Umstand,  verbunden  mit  dem  anderen,  dafs  er  die 
Gunst  vornehmer  Herren  und  das  AVohlwollen  jNIitstrebender 
gcnols,  hätten  ihn,  zumal  er  aus  niederem  Stande  hervorgegangen 
war,  wohl  stolz  machen  können,  und  Wanl  hat  in  der  That  recht, 
wenn  er  ihm  Sclbstbewulstscin  zusehreibt,   aber   ein  solclies,   das 

'  The  Drainatic  Works  of  Th.  Dokkor.  Lontlou  187,^.  Vol.  T.  Me- 
moira  of  Th.  Dckkir,  p.  VII. 

=*  Die  Angabeu  liuden  sich  zum  Teil  auf  dcu  Titelblättern,  zum  Teil 
im  2.  Bd.  der  Biogr.  Dram. 


Richard  Brome.  17 

auf  elgeutümliche  Weise  mit  einer  gewissen  Bescheidenheit  ver- 
knüpft war.  1  Selbstbewufst  und  bescheiden  zugleich  lautet  das 
Distichon,  das  er  seinem  Lustspiel  „The  Love-sick  Court"  voran- 
setzte : 

Nil  mea,  ceu  mos  est,  commendes  carmina  curo, 
Se  nisi  comendent  carmina  dispereant.     (Sic.) 

Es  zeigt  sich  diese  wunderliche  Mischung  ferner  da,   wo  er 

sich  direkt  an  das  Publikum  wendet:  denn  wenn  er  an  der  einen 

Stelle  sich  ganz  dem  Urteile  der  Zuschauer  unterordnet  — 

He,  that  his  wonted  modesty  retaynes, 
Aud  never  set  a  jirice  uijon  his  Braines 
Above  your  Judginent  ....,- 

wenn  er  ilmen  sagt: 

'Tis  ouly  in  your  hands  to  Crowne  a  Play ;  ^ 
wenn  er  ihnen  endlich  sein  Plaudite  zuruft :  '*  so  fehlt  es  doch 
auch  nicht  an  Stellen,  wo  er  sie  wissen  läfst,  dafs  nicht  er,  son- 
dern die  Hörer  ein  Stück  gut  oder  schlecht  machen,^  und  wo 
er  droht,  noch  weit  schlechtere  Stücke  zu  schreiben,  wenn  ihm 
nicht  Beifall  zu  teil  würde.  ^  Auch  wenn  er  auf  sein  Verhältnis 
zu  anderen  Dichtern  zu  sprechen  kommt,  schwanken  seine  Äul'se- 
rungen  merkwürdig  zwischen  Stolz  und  Bescheidenheit.  Er 
rechnet  es  sich  zum  Ruhme  an,  dafs  er  kein  Pedant  sei;'^  dafs 
er  nicht  zu  den  Dichtern  gehöre,  welche  englisches  Griecliisch 
sclireiben :  ^  und  dennoch  ist  er  sichtlich  bestrebt,  in  den  Pro- 
logen ^  sowohl  als  in  den  Stücken  selbst  ^<^  gelehrte  Kenntnisse 
aus  der  Mythologie  und  eine  Menge  lateinischer  Phrasen  an  den 
Mann  zu  bringen.  Er  strebe,  sagt  er,  nicht  nach  dem  Namen 
eines  Autors  oder  Dichters,  noch  gar  nach  dem  Amte  eines 
Poeta  laureatus  ^1  —  womit  er  wolil  seine  Inferiorität  im  Ver- 
gleiche zu  Ben  Jonson  andeuten  will  — ,  gleichwolil  habe  das, 
was  er  geschrieben,  die  Leistungen  anderer  übertroffen  und  den 
Beifall  der  Besten  gefunden.  ^^   Es  gefällt  ihm,  sich  als  einfachen 


1  Ward  II,  388.  *  Prolog  zu  „The  Sparagus  Garden".  ^  Epilog 
ibid.  ''  Epilog  zu  „The  Damoiselle"  und  anderwärts.  '■>  Epilog  zu 
„A  Mad  Couple  well  match'd^.  •"■  Epilog  zu  „The  Novella".  '  Prolog 
zu  „The  City  Wit".  «  Prolog  zu  „The  Novella".  »  Vgl.  besonders  den 
Prolog  zu  „The  City  Wit".  'o  Wie  in  „The  Court  Beggar",  „The  City 
Wit"  u.  a.  i>  Prolog  zu  „The  Damoiselle".  '^  Prolog  zu  „The  Queen's 
Exchange". 

Arohiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  ^ 


18  Kichard  Brome. 

„Playmakcr",  und  „INIIrth  and  Sense"  als  seine  einzigen  Ziele 
hinzustellen; '  au  anderen  Orten  aber  verzichtet  er  auf  den  „Sense" 
und  begnügt  sich  mit  „Mirth".^  Seine  Devise,  die  er  in  den 
Prologen  auf  mannigfachste  AVeise  variiert,  sind  die  Worte  seines 
Meisters:  „I  love  a  taming  -sv-it,  as  I  love  my  nom-ishment."  ^ 
Das  Gebiet,  auf  welchem  sein  Witz  und  sein  Talent  überhaupt 
zum  Ausdrucke  kam,  war  zumeist  die  Schilderung  des  täglichen 
Lebens  und  Treibens,  seine  Grundrichtung  der  Realismus.  Dessen 
ist  er  sich  wohl  bewiifst,  und  er  ist  einsichtig  genug,  über  dieses 
Gebiet  sich  nur  selten  hinauszuwagen.  Bescheiden  gesteht  er 
das  ein;  aber  die  Bescheidenheit  schlägt  sogleich  Mieder  in  das 
Gegenteil  oder  doch  in  sehr  stai'kes  Selbstbewufstseiu  um,  Avenn 
er  fragt,  ob  es  für  die  Muse  nicht  eine  ebenso  schwere  Auf- 
gabe sei, 

To  move  the  Earth,  or  to  dislodge  a  Star.'' 

Die  Dichter  des  höheren  Stils  achtete  er,  schätzte  aber  seine 
Kräfte  den  ihrigen  gleich;  zu  denjenigen  Bescheidenen,  von  denen 
Goethe  in  bekannten  Worten  redet,  gehörte  er  nicht.  — 

Im  folgenden  geben  wir  nun  eine  Übersicht  über  die  uns 
erhaltenen  Stücke  Bromes.  Die  Anordnung  geschieht  nach  den 
Jahren,  in  denen  sie  gedruckt  sind. 

I.  The  Northern  Lasse,  or,  a  Nest  of  Fools;"'  a  Comedie.  As 
it  lias  beene  often  Acted  with  good  Applause  at  the  Globe,  and 
Black-Fryers :  By  his  Majesties  Servants :  Written  by  Richard  Brome. 
London  :  Printod  by  Aug.  Mathevves,  and  are  to  be  sold  by  Nicholas 
Vavasoor,  dwelling  at  the  little  South  dore  of  St.  Paul's  Church. 
1634.    (40.) 

IL  The  Sparagvs  Garden :  a  Comedie.  Acted  in  the  yeare  1(53.') 
by  the  then  Company  of  Revels,  at  Salisbury  Court.  The  Author 
Richard  Brome.  London:  Printed  by  J.  Okes,  for  Francis  Constable, 
aiul  are  to  be  sold  at  his  shops  in  Kingsstreet  in  the  signe  of  the 
Goat,  and  in  Westminster-hall.    1G40.    (4".) 

'  Prolog  zu  „The  Novella". 

^  Ähnlich  sagt  u.  a.  Dekkor  im  Prolog  zu  „The  Shoeniakor's  Holiday, 
or  the  {JeiitU"  Craft" :  „.  .  .  notliiiig  is  purposed  bat  mirtli.- 

^  Joiisou:  „The  Alclieniist-,  V,  1. 

•»  Prolog  zu  _The  Autipodos".  —  Ward  II,  339. 

'-  So  lautet  der  Titel  nach  der  Biogr.  Dram.,  Vol.  II.  In  dem  von 
uns  beuutzten  Neudruck  fehlt  der  Zusatz  „or,  a  Nest  of  Fools".  —  Die 
Angabe  der  Formate  geschieht  nach  der  Biogr.  Dram. 


Richard  Brome.  lÖ 

III.  The  Antipodes:  a  Coraedie.  Acted  in  the  yeare  1638,  by 
the  Queenes  Majesties  Servants,  at  Salisbury  Court  in  Fleet-street. 
The  Author  Richard  Brome.  London:  Printed  by  J.  Okes  etc. 
1640.    (40.) 

IV.  A  Joviall  Crew:  or,  the  Merry  Beggars.  Presented  in  a 
Comedie,  at  the  Cock-j^it  in  Drury-Lane,  in  the  yeere  1641.  Written 
by  Richard  Brome.  London :  Printed  by  J.  Y.  for  E.  D.  and  N.  E., 
and  are  to  be  sold  at  the  Gun  in  Ivy-Lane.    1652.    (4".) 

Diese  Einzelausgaben  sind  sämtlich  mit  Widmungen  ver- 
sehen. Die  folgenden  fünf  Stücke  erschienen  1653  in  einen 
Band  vereinigt  und  mit  fortlaufender  Paginierung  unter  dem  Titel : 

Five  New  Playes,  (viz.)  The  Madd  Couple  well  matcht.  No- 
vella.  Court  Begger.  City  Wit.  Damoiselle.  By  Richard 
Brome.  London,  Printed  for  Huinplirey  Moseley,  Richard 
Marriot,  at  Thomas  Dring,  and  are  to  be  sold  at  their 
Shops,  1653.    (80.) 

Der  Herausgeber  war  Alexander  Brome.  Das  erste  Stück 
hat  kein  eigenes  Titelblatt. 

V.  A  Mad  Couple  well  match'd. 

VI.  The  Novella,  a  Comedie.  Acted  at  the  Cockpit,  by  His 
Majesties  Servants,  Anno  1632.  Written  by  Richard  Brome.  Lon- 
don. Printed  for  Richard  Marriot,  and  Tho.  Dring,  and  are  to  be 
sold  at  their  Shops  in  Fleet-street,  1653. 

VII.  The  Court  Begger.  A  Comedie.  Acted  at  the  Cockpit, 
by  bis  Majesties  Servants,  Anno  1632.  Written  by  Richard  Brome. 
London.     Printed  etc.  1653. 

VIII.  The  City  Wit,  or,  the  Woman  wears  the  Breeches.  A  C'o- 
medy.    London,  Printed  etc.  1653. 

IX.  The  Damoiselle,  or,  the  New  Ordinary.  A  Comedy.  Lon- 
don, Printed  by  F.  R.  for  Richard  Marriot  etc.     1653. 

Vier  Jahre  später  erscheint  w-ieder  eine  Einzelausgabe: 

X.  The  Queenes  Exchange,  a  Comedy,  acted  with  generali 
applause  at  the  Black-Friers,  by  bis  Majesties  Servants.  Written  by 
Mr.  Richard  Brome.  London,  Printed  for  Heniy  Brome,  at  the  Hand 
in  Pauls  Church-yard.    1657.    (40.) 

Scliliefslich  wieder  ein  Kollektivband,  ebenfalls  von  Alexander 
Brome  herausgegeben: 

Five  nevv  Playes,  viz.  (folgen  die  Titel).  By  Richard  Brome. 
London,  Printed  for  A.  Crook,  at  the  Green  Dragon  in 
Saint  Pauls  Church-yard,  and  for  H.  Brome,  at  the  Gunn 
in  Ivy-Lane,  1659.    (80.) 

2* 


20  Richard  Brome, 

Nur  die  ersten  beiden  Stücke  haben  hier  fortlaufende  Pagi- 
nierung. Als  Jahreszahl  steht  bald  1G59,  bald  1658.  Es  ist 
walirscheinhch,  dafs  das  erste  und  zweite  Stück  zusammen,  die 
üljrigcn  (hvi  dagegen  einzeln  gedruckt  vorhanden  waren,  ehe  sie 
zu  einem  Bande  unter  gemeinsamem  Haupttitel  vereinigt  wurden. 
Der  Umstand,  dafs  das  besondere  Titelblatt  des  ersten  Stückes 
1059,  das  des  zweiten  1058  als  Jahreszahl  zeigt,  lälst  sich  zwang- 
los so  erklären,  dafs  man  bei  der  Vereinigung  der  Stücke  zu 
einem  Bande  das  Titelblatt  des  ersten  durch  ein  neues  ersetzt 
hat,  auf  dem  die  Jahreszahl  mit  der  des  Haupttitels  überein- 
stimmt (1059),  während  der  frühere  Special titel  des  ersten  Stückes 
jedenfalls  1058  hatte.  Wu'  behalten  deshalb  die  lleihenfolge  bei, 
in  welcher  die  Stücke  im  Bande  erscheinen. 

XI.  The  Eiiolish  Moor,  or  the  Moek-]VIarriage :  A  Comoedy  as 
is  was  ofton  acted  with  gcneral  applause,  hy  Her  Majesties-Servants. 
By  Richard  Brome,  London,  Printed  in  the  year,  1609. 

XII.  The  Love-sick  Court.  Or  the  Amhitious  Politique.  A  C'o- 
medy.  Written  hy  Richard  Brome :  London,  by  J.  T.  for  A.  C'.  and 
are  to  be  sold  by  Henry  Broom,  at  the  Gun  in  Ivie-Lane,  IG') 8. 

XIII.  The  Weeding  of  the  Covent-Garden.  Or  the  Middlesex- 
Justice  of  Peace.  A  Facetious  Comedy.  A  Posthume  of  Richard 
Brome,  au  Ingenious  Servant,  and  Imitator  of  his  Master,  that  fa- 
mously  Renowned  Poet  Ben  Johnson.  London,  Printed  for  Andrew 
C'rook,  and  are  to  be  sold  at  the  Green  Dragon  at  8t.  Pauls  Church- 
yard:  And  Henry  Broom  at  the  Gun  in  Ivy-Lane.     1658. 

XIV.  The  New  Academy  or,  the  New  Exchange.  By  Richard 
Brome.  London,  Printed  for  Andrew  Crook  etc.:  And  Heniy 
Brome  etc.    1658. 

XV.  The  Queen  and  Concubine.  A  C  omedie.  By  Richard 
Brome.  Printed  for  A.  C'rook,  and  Hen.  Brome,  at  the  Gun  in  Ivy 
Lane.     1659. 

Der  vollständige  Titel  des  von  uns  benutzten  Neudruckes 
lautet : 

TJte  Dmmativ  Works  of  Richard  Brome,  containbiy  fiftcen  Co- 
medics  now  first  colleded  in  three  Volumes.  London.  John  Pearson, 
VnrL-  Street,  Coveni  Garden.     1873.    fSy 

Davon  enthält 

Vol.  I     die  Stücke  V,  VI,  VII,  VIII,  IX, 
Vol.  II     „         „       XI,  XII,  XIII,  XIV,  XV, 
Vol.  III    „         ,.       I,  II,  TU,  IV,  X. 


Richard  Brome.  21 

Es  entsprechen  demnach  Vol.  I  und  11  genau  den  unter 
dem  Titel  „Five  New  Plays"  1653  und  1659  veröfFenthchten 
Bänden,  wälirend  die  Einzelausgaben  Vol.  HI  füllen.  Letzterer 
hat  fortlaufende  Pagmierung.  —  Der  erste  Band  dieser  Faksimile- 
Ausgabe  enthält  das  Bildnis  Bromes,  darimter  einige  Verse  von 
A.  B.,  d.  i.  Alexander  Brome.  Das  Porträt  wird  also  bereits 
den  „Five  New  Plays"  von  1653  vorangestanden  haben. 

„A  Jovial  Crew"  findet  sich  auch  bei  Dodsley,  2.  Auflage, 
1780,  Bd.  X.  Dem  Stücke  sind  biographische  Notizen  über 
Brome  beigegeben,  welche  der  Biograpliia  Dramatica  als  Quelle 
dienten. 

Vorher  schon  waren  einzelne  Stücke  A\neder  abgedruckt 
worden.  So  erschien  1661  „The  Queen's  Exchange"  in  4"  unter 
dem  neuen  Titel  „The  Royal  Exchange".  „A  INIad  Couple  well 
match'd"  ward  von  Mrs.  Beim  mit  einigen  Abänderimgen  ver- 
sehen und  als  „The  Debauchee,  or  the  Credulous  Cuckold"  1677 
in  4*^  gedi'uckt.  Von  „The  Northern  Lass"  wurden  sogar  zwei 
neue  Quartausgaben  veranstaltet:  die  eine,  mit  einem  Prologe 
vou  Jolm  Haynes  und  einem  Epiloge,  im  Jahre  1684;  die  andere, 
in  Avelche  neue,  von  Dan.  PurceU  komponierte  Gesänge  eingefügt 
waren,  1706.  A'^on  der  Umgestaltung,  die  mit  „A  Jovial  Crew"  * 
vorgenommen  wurde,  soll  bei  Besprechung  dieses  Stückes  die 
Rede  sein. 

Als  wahrscheinlich  verloren  gegangene  Stücke  Bromes  wer- 
den erwähnt :  - 

1.  Witt  in  a  Madness. 

2.  Cliristianetta. 

3.  The  Jewish  Gentleman. 

4.  The  Love-sick  Maid;  or  the  Honour  of  young  Ladies. 

5.  The  Life  and  Death  of  Sir  Martin  Skink,   with  the  Wanes  of 

the  Low  Countries. 

6.  The  Apprentices  Prize. 

Schon  oben  ward  gesagt,  dals  er  die  beiden  letzten  Stücke, 
wie  auch  das  uns  erhaltene  dramatische  Sittengemälde  „The  Late 
Lancashire  Witches",  in  Verbindung  mit  Thomas  Heywood  schrieb. 


'  Biogr.  Dram.  II.      "^  Ibid.  I. 


22  Richard  Brome, 

Bronips  Werke  —  wir  reden  fortan  Killiij  nur  von  den  .seih- 
ständig von  ihm  vcrfafsten  —  duirakterisieren  j^icli  bis  auf  einige 
wenige  als  I^ustspiele. 

Noch  Shakespeares  komische  Stücke,  sagt  Ward,  waren 
Situationskomödien  gewesen,  d.  h.  ihr  Hauptinteresse  lag  in  der 
Handlung  an  sich,  weniger  hu  Charakter  der  handelnden  Per- 
sonen; denn  er  hatte  seine  Stoife  meist  in  Regionen  gesucht,  die 
M'eit  ab  liegen  vom  Kreise  alltäglicher  Erfahrimg,  in  Regionen, 
in  denen  der  Leser  sich  nur  insoweit  heimisch  fühlen  kann,  als 
der  Dichter  selbst  in  ihnen  heimisch  ist.  Dieses  romantische 
Element  der  grofscn  Mehrzahl  seiner  Lustspiele  hatte  ihn  nur 
eben  einen  Anfang  machen  lassen  mit  der  Charakterkomödie, 
die  zu  ihrer  gedeihlichen  Entwickelung  den  engen  Anschlufs  des 
Dramas  an  das  nationale  Leben  erheischt.  So  sehen  wir  echte 
Charakterkomödien  erst  bei  Ben  Jouson,  und  wenn  derselbe  nicht 
das  Höchste  erreichte,  was  in  dieser  Gattung  erreicht  werden 
kann,  so  lag  es  nicht  an  seinem  Willen,  sondern  an  seiner  be- 
schränkten Geschicldichkeit ,  sowie  an  dem  Mangel  derjenigen 
Heiterkeit  und  Elasticität,  die  beide  dem  echten  Lustspieldichter 
unentbehrlich  sind.  Seine  Zeitgenossen  und  unmittelbaren  Xach- 
folger  waren  noch  weniger  die  rechten  Leute,  die  Chai'akter- 
komödie  zu  gröfserer  Vollkommenheit  zu  führen,  da  ihnen  für 
das  empirische  wde  für  das  wissenschaftliche  Studium  der  Xatur 
das  vornehmste  Erfordernis  des  Charakterzeichners,  der  Fleils, 
fast  gänzlich  abging.  Ihr  Blick  blieb  auf  der  Oberfläche  haften, 
und  ihr  emsiges  Haschen  nach  genialen  Katastro})hcji  und  er- 
götzlichen Situationen  lie(s  ihnen  Zeit,  eine  reiche  INIanuigfaltig- 
keit  der  Sitten,  aber  nicht  der  Charaktere  zu  entfalten.  Es  wiwcn 
so  die  Charaktei'c,  zu  deren  beschränkter  Zahl  nur  hier  und  da 
von  einem  der  bedeutenderen  Dichter  dieser  Epoche  ein  neuer 
iiinzugefügt  wurde,  t/jjn'sch  geworden,  und  wir  haben  es  daher 
in  jener  Zeit  hauptsächlich  mit  SittenkonKulien  zu  thun. ' 

Brome  ist  ein  vortrefTlicher  Repräsentant  dieser  Richtung.  Von 
seinen  dreizehn  Lustspielen  tragen  sieben  das  echte  Gepräge  der 
Sittenkomödien.  Es  sind  dies :  .,The  Northern  Lass",  „The  Spa- 
ragus  Garden'",   „The  Autij)odes",  ,,A  Mad  Couple  well  match'd", 

'  Ward  1,   l'Jö;  II,  128  f. 


Eichard  Brome.  23 

„The  Coiu-t  Beggar",  „The  City  Wit",  „The  Damoiselle,  or  thc 
New  Ordinary"  und  „The  Covent-Garden  weeded".  Der  Scliau- 
platz  ist  hier  überall  London,  die  zur  Anschauung  gebrachten 
Sitten  sind  Londoner  Sitten.  Die  übrigen  vier  Lustspiele  mögen 
ihres  romantischen  Elementes  wegen  als  romantische  Komödien 
bezeichnet  werden,  wenn  wir  auch  nicht  die  von  Ward  ge- 
brauchte Benennung  romantische  Intriguenkoraödien  empfelilen 
möchten:  denn  auch  die  Sittenkomödien  entbehren  der  Litrigue 
keineswegs.'  Diese  vier  Stücke  sind:  „The  Love-sick  Court", 
mit  dem  Schauplatz  Thessalien,  „The  Novella"  (von  Ward  über- 
gangen), die  in  Venedig  spielt,  „The  English  Moor,  or  The  Mock- 
Marriage",  mit  London  als  Scene,  imd  „A  Jovial  Crew,  or  The 
Merry  Beggars",  deren  Schauplatz  in  der  Umgebung  Londons 
zu  denken  ist.  übrigens  kann  „The  Enghsh  Moor^'  trotz  alles 
Romantischen,  das  darin  sich  breit  macht,  sehr  wohl  auch  zu 
den  Sittenkomödien  gerechnet  werden,  denn  das  den  letzteren 
Eigentümliche  ist  eben  die  Londoner  Lokalfarbe,  sind  eben  die 
Londoner  Sitten,  die  sich  auch  in  diesem  Stücke  nicht  verleugnen. 
Anders  verhält  es  sich  mit  „A  Jovial  Crew"",  in  welcher  Komödie 
der  heimische  Schauplatz  nicht  den  spanischen  Ursprung  der 
Handlung  vergessen  machen  kann,  und  in  „The  Love-sick  Court" 
und  „The  Novella"  miils  das  Romantische  um  so  fühlbarer  wer- 
den, je  weiter  sich  da  der  Dichter  räumlich  und  zeitlich  aus 
seiner  Sphäre  entfernt. 

Auch  „The  Queen's  Exchange"  und  „The  Queen  and  Concu- 
bine"  werden  auf  den  Titelblättern  als  Comedies  bezeiclmet;  in- 
dessen läfst  sie  ihr  ernster  Inhalt  bei  nicht  tragischem  Ausgang 
durchaus  als  Dramen  erscheinen.  Diese  „Romantic  Dramas  of 
lutrigue"  —  wie  Ward  sie  nennt  —  haben  mit  dem  eigentlichen 
historischen  Drama  nichts  mehr  zu  schaffen;  ihr  Grundcharakter 
ist  jene  krankhaft  überspannte  Romantik,  wie  sie  später  noch  be- 
sonders in  den  Heroic  Plays  der  Restauratit)nsepoche  ihren  Aus- 
druck gefunden  hat.^  Nichtsdestoweniger  vereinigen  die  beiden 
Dramen  Vorzüge  der  Form  und  des  Lihalts  in  sich,  welche  uns 
ZA\angen,  sie  den  besten  Erzeugnissen  Bromes  beizuzählen.    — 

1  Abgesehen   von  jener  Benennung  müssen   wir  auch  sonst  eiuiger- 
inafsen  von  Ward  abweichen. 
^  Ward  II,  428. 


24  Richard  Brome. 

Die  Stücke  unseres  Autors  sind  teils  vor\viogend  in  Prosa, 
teils  ausschlicfslich  in  Versen;  in  einigen  halten  Vers  »nul  Prosa 
einander  die  Wage.  Rein  metrisch  sind  u.  a.  „The  Queen's  Ex- 
change", „The  Antipodes",  „The  Love-sick  Court",  vorwiegend 
in  Prosa  „The  Northern  Lass",  „A  Mad  Couple  well  mateh'd", 
„The  Covent  -  Garden  weeded",  „The  City  Wif.  Abgesehen 
von  den  eingelegten  Liedern  (die  auch  in  den  Prosastücken 
nicht  felilen),  ist  der  von  Brome  angewandte  Vers,  wie  natür- 
hch,  der  blank  verse;  nur  hier  und  da  findet  sich  der  Reim, 
und  zwar  an  Stellen,  wo  er  auch  bei  anderen  Dichtern  ge- 
wöhnlich ist:  am  Schlüsse  mancher  Scenen  oder  Akte  oder  bei 
besonders  pathetischer  Sprache.  Im  allgemeinen  hat  Brome 
wenig  Kunst  und  noch  weniger  Fleifs  auf  die  Versifikation 
verwandt.  So  ist  in  manchen  Abschnitten,  die  als  Verse  ge- 
druckt sind,  ein  Metrum  schlechterdings  nicht  zu  erkennen,  ein 
Mangel,  der  allerdings  wolil  mehr  auf  Rechnung  des  Heraus- 
gebers als  des  Autors  geschrieben  werden  mufs.  Die  Ausgaben 
der  Bromeschen  Stücke,  besonders  der  posthumen,  sind  sehr 
nachlässig,  und  von  den  letzteren,  die  leider  in  der  Mehrzahl 
sind,  steht  zu  vermuten,  dafs  sie  bei  der  Aufführung  stenogra- 
]>hisch  nachgeschrieben  wiu'den.  ^  Den  Herausgeber,  Alexander 
Brome,  kann  freilich  nm*  eingeschränkter  Vorwurf  treffen,  da  es 
den  Zeitgenossen  und  Vorgängern  Richard  Bromes  mit  ihren 
Werken  nicht  anders  erging.  ^  Aber  häufig  sind  die  Verse,  auch 
soweit  sie  sich  nicht  als  offenbar  verunstaltet  verraten,  nichts 
weniger  als  korrekt,  und  wer  sie  lesen  will,  mufs  sich  auf  un- 
gemeine Versclileifungen  gefafst  machen. 

Entfernt  sich  somit  Brome  weder  in  seinen  Stoffen  noch  in 
der  äui'soren  Form  seiner  Stücke  erhclilich  von  seinen  mitstre- 
bcndcii  Zeitgenossen,  so  stimmt  er  aut-h  in  noch  anderen  wesent- 


'  Vgl.  Elze,  a.  a.  O.  310. 

^  Ders.,  a.  a.  O.  320.  —  Der  Umstand,  dafs  aucli  die  Eintciluug 
rcsp.  Bezeichming  der  Sceneu  in  vielen  Stücken  nur  unvollständig  durch- 
geführt ist,  in  manchen  sogar  ganz  fehlt,  nötigt  uns,  bei  Vol.  I  und  II 1, 
welche  durchgehende  Paginierung  haben,  nach  Band  und  Seiten,  bei 
Vol.  II  durch  Angabe  des  Titels  des  betr.  Stückes  und  der  besonderen 
Seitenzahl  zu  citieren.  —  Hierbei  sei  noch  bemerkt,  dafs  auch  die  Bühnen- 
anweisungen häufig  fehlen  oder  doch  mangelhaft  sind. 


Eichard  Brome.  25 

liehen  Punkten  mit  ihnen  überein:  in  der  Art  der  Komposition, 
der  Zeiclmung  der  typisch  gewordenen  Charaktere,  der  Sprache. 
Ein  vergebhches  Beginnen  wäre  es,  wollte  man  den  Wert 
der  Komposition  eines  solchen  Stückes  mit  dem  Mafsstabe  jener 
wissenschaftlichen  Kritik  messen,  welche  im  wesentlichen  sich 
auf  Aristoteles'  Theorien  stützt.  Die  Entwickelung  des  englischen 
Dramas  hat  sich  überhaupt  nicht  an  die  Regeln  der  Alten  ge- 
bunden; es  ^nu'zelte  dasselbe,  wie  R.  Gr.  White  mit  Recht  be- 
merkt, in  den  Instinkten  des  englischen  Volkes,  und  sein  Wachs- 
tum fällt  mit  dem  Wachstum  des  Volkes  in  eins  zusammen.  * 
AVohl  hat  es  auch  in  England  nicht  an  I^euten  gefelilt,  die  den 
dramatischen  Dichtern  das  klassische  Modell  vorgehalten  haben; 
von  dauerndem  Erfolge  aber  ist  nie  etwas  verspürt  worden. - 
Brome  wulste  von  klassischen  Mustern  nichts  und  wollte  nichts 
von  ilinen  wissen.  Er,  der  in  einzelnen  Fällen  sich  gestattet, 
die  Exposition  der  Handlung  auf  aUe  fünf  Akte  auszudelmen, 
spottet  über  Kritiker,  die  sie  womöglich  schon  in  der  ersten 
Scene  erwarten.  ^  Wenn  er  trotzdem  nicht  selten  bei  der  Schür- 
zung und  Lösung  des  Knotens  glücklich  ist,  so  wird  er  dabei 
nicht  eigentlich  von  künstlerischem  Verständnis,  sondern  von 
einer  Art  richtigen  Instinktes  geleitet,  ^^•ozu  noch  kommt,  dals 
er  sich  bedeutende  Routine,  handwerksmäi'sige  Fertigkeit  ange- 
eignet hatte.  Dafs  dem  so  ist,  dafs  er  über  eine  äufsere,  tech- 
nische, man  möchte  sagen  schablonenhafte  Behandlung  seiner 
Stoffe  nur  schwer  hinauskam,  erhellt  aus  der  gleichförmigen  An- 
lage vieler  seiner  Stücke.  So  wii'd  in  „The  New  Academy'', 
„The  DamoiseUe",  „The  Coveut-Garden  weeded"  u.  a.  die  Lö- 
simg des  Knotens  wesentlich  mit  dadurch  herbeigeführt,  dais  che 
Personen  der  Handlungen  —  denn  bei  einer  Handlung  be- 
wendet es  niemals  —  fast  sämtlich  zu  einer  Zeit  und  an  einem 
und  demselben  Orte  sich  einfinden.  Es  ist  wahr,  der  Verfasser 
giebt  sich  Mühe,  das  Erscheinen  einer  jeden  Person  an  dem  in 
Frage  stehenden  Orte   zu   motivieren,   aber   es   gelmgt   ihm   fast 


1  Elze,  a.  a.  O.  244.      -  Ders.,  a.  a.  O.  211  f. 

3  Observe  nie: 

■  As  an  iiigeuious  Ciitick  woiild  observe 
The.first  Scene  of  a  Comedy,  for  feare 
He  lose  the  Plot.  (The  DamoiseUe  I,  417.) 


26  Richard  Brome. 

nirgends,  den  Leser  zu  überzeugen,  dafs  innere  Notwendigkeit 
und  nicht  ein  Dens  ex  machina  das  treibende  ^loment  ist.  Auch 
macht  sich  in  den  genannten  und  einigen  gleich  tief  stehenden 
Stücken  ein  allzu  loser  Zusammenhang  der  Scenen  bemerkbar; 
sie  erscheinen  gleichsam  als  parallel,  wo  sie  doch  ineinander 
greifen  sollten.  Veranlassung  zu  diesem  Fehler  mögen  Jonsons 
Hauptwerke  gegeben  haben,  namentlich  „Every  Man  in  his  Hu- 
mour"  und  „Every  Alan  out  of  his  Humour",  und  von  diesen 
wieder  besonders  das  letzte.  Ohne  Zweifel  urteilt  Sclilegel '  zu 
scharf,  wenn  er  in  „Every  INIan  out  of  his  Humour"  nur  eine 
„Rhapsodie  lächerlicher  Auftritte  ohne  Zusammenhang  und  Fort- 
rückung''  erblickt,  und  wir  schliefsen  uns  Wards  Meinung  an,  ^ 
dafs  hier  der  Zusammenhang  so  weit  gewahrt  ist,  als  es  der 
Zweck  des  Dichters,  der  eine  Satire  schreiben  wollte,  erfordert. 
Aber  ohne  allen  Grund  ist  Schlegels  Aufserung  nicht,  vielmehr 
recht  charakteristisch  für  Jonsons  Kompositionsweise  überhaupt. 
Was  Wunder  mm,  dafs  Brome,  der  Nachahmer,  in  seiner  hand- 
werksraäfsigen  Manier  weiter  auf  dem  Abwege  fortschritt  und 
den  Fehler  nur  noch  gröfser  machte.  Doch  wäre  es  migerecht, 
wollte  man  jenen  Tadel  auf  alle  Stücke  imseres  Autors  aus- 
dehnen. Kanu  ihm  eben  auch  nur  Routine  zugesprochen  werden, 
so  läfst  sich  auch  mit  dieser  schon  hier  und  da  etwas  Schätzens- 
wertes hervorbringen,  zumal  wenn  sie  dm^ch  natürlichen  Verstand 
unterstützt  wird.  Davon  geben  u.  a.  „The  Court  Beggar",  „The 
City  \\'it",  „The  Antipodes"  Zeugnis,  in  denen  die  Anlage  ])lan- 
voller,  die  Ausführung  geschickter  ist.  Freilich  erhalten  auch 
diese  besseren  Stücke,  bei  sonst  verschiedenem  Inhalte,  ein  ge- 
wisses einfcJrmiges  Gepräge  dadiuch,  dafs  im  letzten  Teile  fast 
iinnuu'  die  Handlung  in  ihrem  Gange  ermattet,  sowie  dadurch, 
dafs  einzelne  technische  Kunstgriffe  nicht  minder  stereoty})  ge- 
worden zu  sein  scheinen  wie  die  Charaktere.  Solche  Kunstgritfe 
sind  die  Scheintrauungen,  bei  denen  ein  verkleideter  Laie  den 
Geistlichen  spielt,  Unterschiebungen  bestimmter  Personen,  masken- 
hafte Aufzüge.  Die  ^Masken  stehen  selten  in  engerer  Verbin- 
dung mit  der  Handlung:  am  meisten  noch  in  „The  Antipodes'', 
wiihrcnd    z.   1>.    in    „The    Court    Beggar"    das    Arrangement    der 


1  A.  a.  0.  II,  2,  28 J.      -  Ward  I,  556. 


Richard  Brome.  27 

Maske  der  Wahrscheinlichkeit  iu  hohem  Grade  widerspricht  und 
überdies  dem  Lustspiele  den  Charakter  der  Posse  aufdrückt. 
Meist  wandte  Brome  diese  allegorischen  Darstellungen  da  an, 
wo  er  merkte,  dafs  seine  lü'aft  erlahmte  oder  dafs  sich  auf  ge- 
wöhnliche Weise  dem  Stoife  ein  weiteres  Interesse  nicht  abo;e- 
winnen  liefs;  er  gebraucht  also  diese  bei  Jonson  meist  als  selb- 
ständige Dichtungen  auftretenden  Spiele  als  PaUiativmittel  gegen 
die  Langeweile,  ohne  zu  beachten,  dafs  sie,  geistlos  und  nichts- 
sagend, wie  sie  meist  sind,  das  mit  'erzeugen  helfen,  dem  sie  vor- 
beugen sollen.  —  Bedenklicher  noch  als  die  erwähnten  teclmischen 
KunstgriiFe  ist  die  Überladung  des  Spiels  mit  Episoden,  und  an 
diesem  Fehler  leiden  die  meisten  Stücke  Bromes.  Hier  zeigt 
sich,  dafs  unserem  „plav-wright"  das  Verständnis  für  die  Einheit 
der  Handlimg  durchaus  abgeht.  Von  den  meisten  seiner  Komö- 
dien gilt,  was  Schlegel  von  einem  Stücke  Thom.  Heywoods  sagt :  * 
„Statt  die  Haupthandlung  gehörig  zu  entwickeln,  zerstreut  uns 
der  Verfasser  durch  eine  zweite  Verwickelung,  die  mit  der  ersten 
sehr  lose  oder  gar  nicht  zusammenhängt;"  nur  sind  bei  Brome 
die  Verwickelungen  mitunter  so  bedeutend  gehäuft,  dafs  es,  mit 
Schlegel  zu  reden,  fast  unmöglich  ist,  .,den  Inhalt  in  eine  ordent- 
liche Erzälilung  zu  bringen."  Eine  neue  Episode  zu  schaifen, 
eine  neue  Intrigue  anzuspinnen,  war  für  den  früheren  Gehilfen 
Jonsons  ein  Leichtes;  kamen  ihm  doch  dabei  Reminiscenzen  aller 
Art  zu  statten.  Er  mochte  viel  gelesen  haben,  noch  mehr  aber 
hatte  er  wolil  darstellen  sehen.  Jedenfalls  war  er  mit  sehr  vielen 
Werken  seiner  Zeitgenossen  vertraut,  wie  wir  denn  in  allen  sei- 
nen Stücken  Spuren  davon  finden. 

Wir  werfen  nunmehr  einen  Blick  auf  die  Charaktere.  Das 
romantische  Lustspiel  „The  Love-sick  Court"  imd  die  Dramen 
..The  Queen's  Exchange"  und  „The  Queen  and  Concubine"  sind 
die  einzigen  Stücke,  in  denen  Brome  sich  zur  Darstellung  bedeu- 
tender Personen  und  solcher  Handlungen  erhebt,  die  uns  einen 
Blick  in  das  Getriebe  eines  Staatswesens  thun  lassen.  Wenn 
irgendwo,  so  mufste  er  hier  zu  idealisieren  versuchen.  Dies  hat 
er  nun  zwar  gethan,  aber  wie  ist  dieser  Versuch  ausgefallen? 
In  „The  Love-sick  Court"  sind  die  beiden  Hauptpersonen  walire 


Schlegel,  a.  a.  0.  II,  2,  278. 


28  Richard  Brome. 

TugeiitlhcldeD,  und  in  ,,The  Queen  and  Concubine"  steht  ein 
leidender  Engel  einer  Teufelin  gegenüber  —  Charaktere,  die  nicht 
blofs  nach  Aristoteles  zur  Verwendung  im  Drama  ganz  unge- 
eignet sind,  zumal  wenn  sie  in  so  plumper  Zeichnung  erscheinen 
wie  hier.  Wenn  der  Dichter  in  „The  Queen'«  Exchange"  mit 
seinen  Personen  mehr  Glück  gehabt,  so  Hegt  dies  au  dem  Um- 
stände, dals  dort  die  Handlung  sich  nicht  aus  der  Beschaffenheit 
der  Charaktere,  sondern  auf  Grund  einer  Aulserlichkeit,  einer 
doppelten  Verwecliselung,  entwickelt.  Aber  auch  in  diesem  Stücke 
findet  sich  eine  Persönlichkeit,  die  in  vielen  Zügen  das  Gepräge 
eines  Heiligen  trägt:  der  anfangs  zurückgesetzte,  später  zu  hohen 
Ehren  gelangende  Anthynus.  Im  allgemeinen  mufs  man  also 
sagen,  dafs  Brome,  sobald  er  zu  idealisieren  versucht,  in  Über- 
treibimg verfällt.  —  Sehen  wir  uns  mm  auf  dem  Gebiete  um, 
das  er  selbst  als  seine  eigentliche  Domäne  betrachtet,  dem  rea- 
listischen !  Die  Sittenkomödien  Bromes  —  denn  um  diese  han- 
delt es  sich  hier  —  suchen  ihre  Charaktere  nicht  auf  den  Thronen; 
die  in  diesen  Stücken  behandelten  Interessen  sind  keine  welt- 
nnd  staatsbewegenden.  Der  Autor  greift  hier  hinein  ins  voUe 
^Menschenleben,  wie  es  sich  in  der  Familie,  auf  dem  iNIarkte,  im 
Kaufladen  und  an  den  Orten  des  Vergnügens  zeigt.  Die  ver- 
schiedenen Stände,  welche  das  London  jener  Zeit  aufzuweisen 
hat,  erscheinen  hier  im  bunten  Wechsel :  der  heruntergekommene 
Landedelmann,  der  Höfling,  der  Stutzer,  der  Kaufmann  und  die 
Kaufmannsfrau,  der  Friedensrichter,  die  laimische  Witwe,  der 
Wucherer,  der  Beutelschneider,  die  Gefallene,  die  feile  Du-ne, 
der  Bramarbas,  der  Projektenmacher  u.  s.  f.  Fürwahr,  ein  farben- 
reiches Bild,  das  des  Interessanten  genug  zu  bieten  vermag!  Aber 
dadurch,  dals  diese  Charaktere  bereits  typisch  geworden  waren, 
verlieren  sie  viel  von  ihrem  Reize.  Die  Personenverzeichnissc 
dieser  Stücke  ähneln  einander  ungemein;  meist  dieselben  Leute, 
nur  die  Xanicn  sind  vertauscht.  ITnd  die  Motive,  welche  diese 
Leute  zu  ihren  Handlungen  antrellx-u?  Es  sind  in  der  Regel 
die  gemeinsten  Triebfedern  menschlicher  Thätigkeit,  wie  Geiz, 
Ehrgeiz  in  gröl)ster  Form,  liöchst  sinnliche  Liebe,  tölpische  Eifer- 
sucht. Und  wie  könnte  dies  auffallen !  Die  Sitte  der  Zeit  war 
zur  Sittenlüsigkeit  geworden,  und  Brome  thut  nichts  melu'  und 
niclits  weniger,   als   dals   er   die  Gebrechen  der  Zeitgenossen   in 


Eichard  Brome.  29 

all  ihrer  BlÖfsc  schildert.  Insofern  nun  hätten  seine  Komödien 
eine  Bedeutung  erhalten  mögen,  die  sie,  als  Kunstwerke  be- 
trachtet, nimmermehr  haben:  sie  hätten,  den  Mensehen  jener 
Periode  als  Spiegel  ihres  Lebens  und  Treibens  vorgehalten,  für 
diese  zur  warnenden  Mahnung  werden  können.  Aber  der  Ver- 
fasser frönte  dem  Geschmacke  des  entarteten  Zeitalters,  indem 
er  dessen  Thorheiten  und  Gemeinheiten  zum  Gegenstaude  blolsei' 
Unterhaltung  macht;  er  fühlte  sich  eins  mit  seinem  Publikum 
und  dachte  nicht  daran,  dasselbe  einem  edleren  Geschmacke  zu- 
zuführen. Dennoch  gebietet  auch  hier  die  Gerechtigkeit,  zu  er- 
wähnen, dals  er  in  einigen  Stücken,  so  in  „The  Court  Beggar'" 
und  „The  Autipodes",  zuweilen  einen  recht  gesunden  Ton  an- 
schlägt und  dadurch  wenigstens  einen  Anlauf  nimmt,  der  Nari-- 
heit  mit  der  Satire  zu  Leibe  zu  gehen;  aber  dann  ist  er  eben 
nur  satirisch,   und   es  fehlt  ihm   der   echte,   versöhnende  Humor. 

Die  Roheit  der  Handlung  und  der  Charaktere  spiegelt  sich 
wieder  in  der  Sprache  Bromes.  Diese  erweist  sich,  zumal  in  den 
Sittenkomödien,  als  das  gewöhnlichste  Londoner  Strafsen-  und 
Kneipen-Englisch  jener  Tage,  das,  nicht  selten  mit  groben  Ob- 
scönitäten  und  frivolen  Witzen  durchsetzt,  auf  den  modernen 
Leser  nicht  anders  als  abstofsend  wirken  kann.  Wo  euphuistische 
Wendungen  vorkonunen,  sind  sie  meist  schal,  geschmacklos  oder 
gesucht,  und  der  häufige  Gel)rauch  lateinischer  Floskeln  an  un- 
passender Stelle  macht  den  Stil  um  nichts  geniefsbarer.  Zwar 
das  geschickte  Einflechten  lateinischer  Phrasen,  wo  es  durch  den 
Charakter  und  Stand  der  redenden  Personen  gerechtfertigt  wird, 
darf  niemand  tadeln  w^ollen :  den  Pedanten  Sarpego  in  „The  City 
Wit"  kennzeichnen  sie  aufs  trefflichste.  Leider  hat  aber  Brome 
die  Manie,  lateinische  Brocken  möglichst  oft  anzubringen,  als  ob 
er  dadurch  zeigen  wolle,  es  stehe  mit  seiner  Bildung  nicht  so 
schlimm,  wie  manche  geneigt  sein  mochten  auzunelnnen.  — 
Übrigens  ist  der  Stil  in  den  metrischen  Teilen  bei  weitem  nicht 
so  gemein,  und  in  den  beiden  Dramen  erhebt  er  sich  sogar  bis 
zum  Pathetischen. 

Was  hier  von  Bromes  Erzeugnissen  gesagt  worden,  gilt  frei- 
lich von  den  Stücken  der  meisten  dramatischen  Dichter  der 
Epoche,  bald  in  stärkerem,  bald  in  schwächerem  Grade.  Je  älm- 
Hcher  aber  diese  Dramenschreiber  untereinander  sind,  desto  schwic- 


30  Kichaid  Biome. 

riger  ist  es  naturgemäfs,  die  Eigenart  eines  derselben  zu  bestim- 
men ;  bei  der  Übereinstimmung  der  Typen  in  den  Sittenkomödien, 
bei  dem  Mangel  wahrer  Poesie,  bei  der  fast  durchgängigen  An- 
wendung der  Sprache  des  gemeinen  Lebens  in  den  Prosascenen 
dieser  Stücke  bleibt  in  der  That  nicht  allzuviel  übrig,  Avorauf 
man  ein  sicheres  Urteil  von  der  Individualität  eines  einzelnen 
Schriftstellers  gründen  könnte.  Dennoch  können  wir  wenigstens 
im  allgemeinen  die  Stelle  bezeichnen,  die  Brome  unter  seineu 
Genossen  einnimmt.  Dafs  die  überwiegende  Zalil  seiner  Spiele 
Sittenkomödien  sind,  weist  ihm  seinen  Platz  auf  der  Seite  an, 
auf  welcher  Jonson,  Th.  Heywood,  Dekker  stehen,  denen  er  ja 
auch  persönlich  näher  getreten  war,  und  von  denen  sich  Dichter 
wie  Chapman,  Ford,  Beaumont  und  Fletcher  ein  merkliches  Stück 
entfernen.  Doch  hat  er  auch  von  diesen  manches  entlehnt,  von 
dem  einen  eine  Scene,  von  anderen  wenigstens  einzelne  Phrasen; 
auch  borgte  er  mitunter  die  Idee  zu  einem  Stücke  und  modelte 
sie  nach  seiner  Weise  um.  Selbst  Reminiscenzen  an  Shakespeare 
finden  sich  bei  ihm.  Er  ist,  auch  in  Hiublick  auf  die  Stoffe,  viel- 
leicht der  am  wenigsten  selbständige  dramatische  Autor  der  Zeit. 
Somit  sind  die  beiden  Hauptmerkmale,  welche  Bromes  Wirken 
kennzeichnen,  die  Routine  und  der  Mangel  an  Originalität.  Gerade 
diese  beiden  Momente  aber  machen  ihn  zu  einer  sehr  beachtens- 
werten Gestalt  unter  den  ,.play-wrights".  Denn  wenn  Schlegel 
sagt:'  ,yDie  Schfnispiele  des  unbekanntesten  Schriftstellers  dieser 
Zeit  (ich  tcnge  es  zu  versichern,  ohne  sie  hei  weitem  alle  zu 
kennen)  sind  lehrreicher  für  die  Theorie  und  merkwürdiger 
als  die  berühmtesten  aus  allen  späteren  Zeiten'^  —  so  mufs  dies 
von  unserem  Brome  um  so  mehr  gelten,  je  mehr  er  sich  als  eine 
geistig  zwar  beanlagte,  aber  vorwiegend  receptive  und  reproduk- 
tive Natur  offenbart,  die,  auf  welchem  Gebiete  des  Dramas  sie 
sich  äufsern  mag,  immer  nur  der  Wiedcrhall  des  zeitgenössischen 
Schauspiels,  damit  aber  zugleich  des  zeitgenössischen  Lebens  ist, 
und  die  deshalb  das  Interesse  des  Litterarhistorikers  in  kultur- 
historischer Hinsicht  nicht  minder  als  in  rein  dramatischer  er- 
regen und  befriedigen  uuil's.  —  Die  folgenden  Seiten  sollen  der 
Besprechung  einiger  der  besseren  Stücke  geA\idmet  sein. 

'  A.  a.  U.  II,  2,  307. 


Richard  Brome.  31 


Die  Sitteiikoniödieii. 


Da  weder  die  Druckjahre,  noch  die  Jahre  der  ersten  Auf- 
führung, soweit  letztere  überhaupt  bekannt  sind,  einen  sicheren 
Anhalt  für  die  Abfassungszeit  der  Stücke  geben,  so  wird  hier 
der  Versuch  gemacht,  diese  nach  ihrem  Werte  anzuordnen. 
Bessere  Komödien  sind  „The  Court  Beggar",  „The  City  Wit", 
„The  Northern  Lass",  „The  Antipodes" ;  eine  Gruppe  für  sich 
bilden  wegen  der  Ähnlichkeit  in  der  scenischen  Anlage,  wegen 
der  sorgloseren  Ausführung  und  endlich  wegen  des  gemeineren 
Tones  „The  New  Academy,  or  The  New  Exchange",  „The  Da- 
moiselle,  or  the  New  Ordiuary",  „The  Covent  -  Garden  weeded, 
or  the  Middlesex  Justice  of  Peace"  und  „The  Sparagus  Garden" ; 
am  tiefsten  steht  das  mit  Episoden  überladene  und  äufserst  rohe 
Stück  „A  Mad  Couple  well  match'd". 

The  Cotirt  Beggar.  Ein  Laudedelmanu ,  Sir  Andrew 
Mendicaut,  hat  nach  dem  Tode  seiner  verständigen  Gattin  die 
ländlichen  Besitzungen  verlassen  und  ist  mit  seiner  Tochter 
Charissa  nach  der  Hauptstadt  gezogen,  wo  er  sein  heifses  Streben 
nach  Hofgvinst  zu  befriedigen  und  so  ein  doppeltes  Ziel  zu  er- 
reichen gedenkt:  Standeserhöhung  und  Vermehrung  seines  Ver- 
mögens. Er  ist  bemüht,  solche  Besitzungen  für  sich  zu  erbetteln, 
welche  aus  irgend  einem  Grunde  der  Krone  verfallen  sind:  er 
wird  ein  „Hofbettler".  Um  sich  aber  dem  Monarchen  zum 
Zwecke  der  Standeserhöhung  zu  empfehlen,  geht  er  unter  die 
Projektenmacher  und  nimmt  eine  Schar  ebensolcher  Phantasten 
in  Sold.  In  seinem  Thun  bestärkt  ihn  Sir  Ferdinand,  ein  Wüst- 
ling, der  bereits  eine  Menge  Damen  getäuscht  hat,  gegenwärtig 
aber  in  den  Liebesfesseln  der  koketten  Lady  Strangelove  schmach- 
tet, w^elche  ihm  indes  wenig  Beachtung  schenkt.  Dieser  hat  sich 
vorgenommen,  Charissa  zu  verführen,  wie  ihm  dies  mit  so  vielen 
anderen  gelungen  ist.  Deshalb  wirbt  er  bei  ihrem  Vater  schein- 
bar um  ihre  Hand,  indem  er  sich  der  Gunst  des  Königs  rühmt 
und  durchblicken  läist,  dafs  durch  seine  Vermittelung  Sir  Andrew 
gleichfalls  bei  Hofe  zu  Elu^eu  gelangen  könne.  Der  Schurke 
hegt  die  niederträchtige  HoÖuung,  es  werde  ilun  der  Alte,  wenn 
derselbe  durch  das  Fehlschlagen  seiner  Projekte  an  den  Bettel- 
stab gebracht  worden  sei,  durch  die  Armut  gedrängt,  die  Tochter 


32  Richard  Bronic. 

verkuppeln.  Seine  Absieht  wird  aber  von  Gabriel,  dem  treuen 
Diener  und  entfernten  Verwandten  Sir  Andrews,  durehschaut, 
und  wenn  dieser  auch  seinen  Herrn  nicht  sogleich  von  Sir  Fer- 
dinands Schurkerei  zu  überzeugen  vermag,  gedenkt  er  doch  alles 
zu  thun,  was  dazu  dienen  kann,  den  Betrüger  zu  entlarven  und 
der  Charissa  zu  ihrem  wahren  Geliebten  zu  verhelfen ,  einem 
jiuigen  Menschen  ohne  Vermögen,  al)er  von  guter  Familie, 
Namens  Frederick,  dem  der  alte  Herr  das  Haus  verboten  hat. 
Da  verbreitet  sich  j)lützlich  die  Nachricht,  Sir  Ferdinand  sei 
wahnsinnig  geworden.  Damit  sieht  Sir  Andrew  sein  Streben  ver- 
eitelt, ja  seine  Zukunft  bedroht,  um  so  mehr,  als  er  den  gröfsten 
Teil  seines  Vermr)gens  bereits  mit  Plänemachen  durchgebracht 
hat.  Doch  sichert  er  sich  noch,  so  gut  er  es  vermag.  Da  nfim- 
lich  das  Gut  Sir  Ferdinands  als  das  eines  Unzurechnungsfähigen 
der  Krone  verfällt,  so  erbettelt  er  sich  dasselbe.  Weil  ihm  aber 
dennoch  an  der  Genesung  Sir  Ferdinands  noch  mehr  hegt  —  er 
hofft,  durch  diesen  die  Würde  eines  Lord  zu  erlangen  — ,  so 
wendet  er  sich  an  Lady  Strangelove,  die  nach  ihrer  Gewohnheit 
von  einem  Kreise  sich  witzig  dünkender  Narren  umgeben  ist, 
welche  ihr  den  Hof  machen.  Seine  Bitte  geht  dahin,  die  Lady 
möge  den  kranken  Ritter  in  ihr  Haus  aufnehmen,  damit  derselbe 
sie  öfter  sehe  und  so  schneller  genese,  denn  die  Arzte  sclu'ieben 
semen  Wahnsinn  dem  Umstände  zu,  dafs  er  von  der  Dame  zu 
wenig  bea(!htet  worden  sei.  Auf  diesen  Vorschlag  geht  die  Dame 
ein;  der  Kitter  wird  in  ihr  Haus  aufgenommen.  Nachdem  seine 
Raserei  sich  etwas  gelegt  hat,  besucht  die  Dame  ihn  auf  Bitten 
des  Arztes.  Dabei  ereignet  sich's,  dafs  Sir  I^^erdinand  auf  sie 
eindringt  und  ihr  Gewalt  anthun  will,  jedoch  überwältigt  wird. 
Nun  soll  sein  Ar/t,  den  die  T^ady  fih-  den  Anstifter  des  Atten- 
tates hält,  auf  die  nämliche  Weise  bestraft  werden,  wie  bei  Plautus 
der  Miles  gloriosus;  indes,  er  befreit  sich  von  der  drohenden 
Schmach,  indem  er  dci-  I^ady  Strangelove  mitteilt,  dafs  Sir  Fer- 
dinand die  Tollheit  nur  erheuchelt  habe,  imi  sich  au  der  Lady 
zu  rächen;  er  habe  seine  brennende  Ijiebe  an  ihrer  Schmach 
kühlen  wollen.  Um  dieser  Mitteilung  willen  wird  dem  Ai'zte 
verziehen ;  doch  darf  er  nicht  mehr  im  Hause  verweilen.  Ein 
neuer  Arzt  soll  den  Ritter  behandeln.  p]s  erscheint,  als  Doktor 
verkleidet,  der  Geliebti'  Gharissas,  Frederick,   und  verlaugt,  mau 


Richard  Brome.  33 

solle  ihn  und  den  Diener  Gabriel  mit  dem  Patienten  allein  lassen. 
Dann  bringt  er  den  Ritter  durch  Drohungen  dahin,  dafs  dieser 
seine  unredlichen  Absichten  auf  Charissa  eingesteht  und  verspricht, 
Sir  Andrew  Mendicant  zu  veranlassen,  dals  er  Frederick  zum 
Schmegersohue  nehme.  Auch  erklärt  die  herbeigerufene  Lady, 
sie  wiu'de  den  Ritter  durch  Erzählung  seines  Truges  bei  Hofe 
der  beständigen  Verachtung  preisgeben,  wenn  er  sich  nicht  dazu 
verstehe,  Fredericks  und  Charissas  Glück  wirksam  zu  befördern. 
Den  Weg  dazu  werde  sie  vorzeichnen.  Man  begiebt  sich  in  Be- 
gleitung eines  Priesters  nach  Mendicants  Hause,  teilt  diesem  mit, 
man  wolle,  wie  er  es  immer  gewünscht  habe,  Charissa  mit  Sir 
Ferdinand  trauen,  und  trifft  auch  in  der  That  Anstalten  zu  einer 
Trauung.  Während  aber  Mendicant  sich  kurze  Zeit  im  Garten 
mit  einigen  Projektenmachern  unterhält,  "traut  man  oben  seine 
Tochter  mit  ihrem  geliebten  Frederick.  Als  Mendicant  die  voll- 
endete Thatsache  vernimmt,  will  er  verzweifeln;  denn  nicht  nur, 
dafs  ihm  ein  einflufsreicher  Sch^^^egersohn  entgeht,  er  mufs  auch, 
da  Sir  Ferdinand  sich  nicht  mehr  im  Zustande  des  Wahnsinns 
befindet,  dessen  Güter  wieder  herausgeben,  die  er  als  dessen 
Vormund  (guardian)  eingezogen  hatte.  Doch  beruhigt  er  sich, 
da  er  hört,  dafs  Sir  Ferdinand  das  junge  Paar  reichlich  ausstatten 
will.  Er  entsagt  —  jetzt  ein  „man  out  of  his  humour"  —  aller 
Projektenmacherei,  und  unter  tollen  Ergötzlichkeiten  [in  Form 
einer  Maske]  endet  das  Stück,  nachdem  auch  Sir  Ferdinand, 
welcher  Besserung  verspricht,  und  die  Lady  sich  miteinander 
verlobt  haben.  — 

Wir  haben  hier  die  Haupthandlung  gegeben,  die,  wie  man 
sieht,  nicht  ganz  einfach,  aber  doch  verständlich  und  ohne  inneren 
Widerspruch  ist.  Leider  wird  der  einheitliche  Charakter  des 
Stückes  sowohl  durch  die  Nebenhandlung  beeinträchtigt,  welche 
sich  zwischen  einem  Courmacher  der  Lady  und  deren  Kanuner- 
mädchen entspinnt,  als  auch  durch  die  kleinen,  wenn  schon 
komischen  Scenen,  in  denen  der  Bcutelschneider  Dainty  seine 
Kunst  ausübt;  vor  allem  aber  erscheint  als  eine  Überladung  der 
Komödie  die  Episode,  deren  Held  Sir  Raphael  ist.  Dieser  alte 
Ritter  wünscht  die  Verbindung  seines  Neffen  Frederick  mit 
Charissa  so  lebhaft  wie  dieser  selbst;  nun  aber  weist  Mendicant 
den  Ritter,   der  gleichsam  als  Brautwerber  auftritt,   ab   und  ver- 

Avehiv  f.  n.  Sprachen.     LXXXII.  3 


34  Richard  Brome. 

wundet  sogar  seinen  eigenen  Diener  Gabriel,  als  dieser  im  Sinne 
des  Ritters  sprieht.  Diesen  Vorgang  benutzt  Sir  Raphael,  um 
sich  zum  „guardian"  Mendicants  ernennen  zu  lassen. 

Rupl).  You,  sir,  furiously 

AVounded  your  Mau  to  day. 

Meud.    iS'ot  dangerously,  I  hope. 

Raph.    Fiattor  not  yourself.     Hee's  on  the  point  of  dying. 

Mend.    IIow! 

Raph.    Nor  be  not  too  much  dejected. 

His  life  you  may  get  off  for  (as  't  was  doue 

In  heat  of  blood) ;  marry,  sir,  your  estate 

(You  'le  pardou  nie)  is  beg'd ;  my  seife  has  don't, 

And  thereiu  beg'd  the  Beggar.  (W.  I,  264.) 

Er  hat  also  der  Obrigkeit  die  Sache  so  dargestellt,  als  sei 
Gabriel  von  INIendicant  Avirklich  ersclilagen  worden ;  infolge  dieses 
„manslaughter"  ist  Mendicants  Grundbesitz  der  Krone  verfallen, 
die  nun,  wie  Sir  Kaphael  angiebt,  den  Besitz  auf  diesen  über- 
tragen hat,  indem  sie  ilm  zu  Mendicants  Vormund  machte.  Der 
Ritter  erklärt  sich  indessen  bereit,  INIeudicant  in  seinem  Besitze 
zu  lassen,  wenn  er  in  die  Heirat  Fredericks  und  Charissas  willige. 
Unterdessen  ist  ihm  aber  Lady  Strangelove  zuvorgekommen  und 
hat  die  Trauung  bereits  zu  stände  gebracht.  So  ist  es  denn  der 
einzige  erkennbare  Zweck  dieser  Episode  der,  die  Freude  der 
Lady  Strangelove  an  dem  düpierten  Ritter  zum  Ausdruck  zu 
bringen.  Über  die  innere  Unwahrscheinlichkeit  der  Episode 
braucht  man  kein  Wort  zu  verlieren. 

Diese  Komödie  gilt  für  eine  der  unterhaltendsten,  die  uns 
von  Brome  überliefert  sind. '  Dies  hat  seinen  Grund  einmal  in 
der  trotz  aller  Überladimg  noch  munter  genug  vorwärts  schrei- 
tenden Handlung,  sodann  aber  und  hauptsächlich  im  Charakter 
Sir  Andrew  Mendicants,  des  Hofbettlers,  mit  dessen  Person,  An- 
sichten und  Bestrebungen  der  Verfasser  ein  echtes  Stück  der 
Kulturgeschichte  seiner  Zeit  zur  Darstellung  bringt.  Mendicants 
Neigimg,  Projekte  zu  schmieden  und  sie  der  Krone  anzubieten, 
weist  auf  eine  nach  Monopolen  haschende  Regierung,  wie  es  die 
Karls  I.  thatsächlich  war.  Die  andere  Seite  seiner  Thätigkeit, 
das  Erbetteln  verfallenen  Grundbesitzes,  findet  ihre  Erklärung  in 
einem  Brauciie  der  Feudalzeit,  der  sich  bis  auf  diesen  Herrscher 
erhalten  hatte,  aber  unter  den  veränderten  Zeitverhältnissen  zum 


Ward  II,  339,  Note. 


Richard  Brome.  35 

]\lil«braucli  führen  niulste.  Ein  Ritter,  weleher,  wie  dies  meist 
der  Fall  war,  seinen  ländlichen  Besitz  auf  Grund  der  von  seinen 
Vorfahren  der  Krone  geleisteten  Kj-iegsdienste  inne  hatte,  konnte 
sich  ohne  besondere  Licenz  dieses  Besitzes  nicht  entäursern. 
„Starb  er,  so  ward,  wenn  die  Ländereien  auf  eine  minderjährige 
Person  übergingen,  der  Herrscher  Vormund,  und  dieser  hatte, 
solange  jene  Minderjährigkeit  währte,  nicht  allein  das  Recht  auf 
einen  grofsen  Teil  der  Einkünfte,  sondern  konnte  auch  verlangen, 
dafs  das  Mündel,  bei  Vermeidung  schwerer  Strafen,  irgend  Avelche 
Person  von  angemessenem  Range  heirate",  was  denn  der  Anlals 
wurde,  dafs  so  mancher  herabgekommene  Edelmann  durch  Ser- 
vilität  und  Schmeichelei  den  Anspruch  auf  eine  reiche  Erbin  zu 
erlangen  strebte.  ^  Andere  solcher  Hofbettler  wulsten  es  dahin 
zu  bringen,  dafs  der  König  ihnen  die  Vormundschaft  übertrug, 
so  dafs  ihnen  mindestens  eine  reiche  Einnahme  gewifs  war. 
Durften  sie  doch  sogar  die  Vormundschaft  verkaufen!  Endlich 
beschränkte  sich  die  Verhäuguug  der  Vormundschaft  nicht  auf 
INIiuderj ährige :  auch  Unzurechnungsfähige  wurden  von  ihr  be- 
troffen. "^  Das  Vermögen  derer,  welche  einen  Totschlag  begangen, 
oder  derer,  die  das  Land  auf  immer  verlassen  hatten,  scheint 
ebenfalls  ein  beliebtes  Objekt  der  Hofbettelei  gewesen  zu  sein.  — 
In  unserem  Stücke  nun  ist  Sir  Andrew  der  Hofbettler  -/.ut  tio/i'u. 
Er  hat  seine  Leute,  die  ihm  nachweisen,  was  des  Erbetteins 
irgend  wert  ist, 

—     —     — ■    —     project  Beagles,  that  smell  out 

Where  such  a  forfeiture  is  to  be  begg'd; 

Where  oue  would  purchase  a  Reprieve,  auother 

A  Pardou  or  a  Lease  of  Life  Rope-free 

For  ready  money:  Then  where  (loods  or  Lands 

Are  found  of  men  that  make  aAvay  theuiselves, 

Aud  so  of  fools  and  madmen (W.  I,  188.) 

Während  er  so  das  Betteln  als  Profession  betreibt,  sehen 
wir  in  Sir  Raphael  einen  Edelmann,  der  es  nur  ausnahmsweise 
untemiimut,  „to  beg  an  estate".  —  Wie  überflüssig  auch  die 
Episode  mit  Sir  Raphael  für  den  Gang  der  Handlung  ist  — ■  die 
Person  des  Ritters  selbst  wüi-de  man  nur  ungern  vermissen;  „au 
old  Ivnight   that  talkes  much   and   would   be   thought  wise",   wie 


'  Macaulay,  Hist.  of  England  I,  löL 

*  Vgl.  in  Nares'  Glossary  die  Artikel  Beg  und   Ward. 


36  Richard  Brome. 

er  im  Personenverzeichnis  genannt  wird,  beweist  er  sein  Talent 
für  unfreiwillige  Komik  am  meisten  da,  wo  er  die  Lady  von 
ihrem  ül)ermütig  welthciien  Treiben  abbringen  will  und  von  dieser 
geistreichen  Dame  gar  artig  heimgeschickt  wird.  —  Für  die  T^ady 
und  für  die  ganze  Epoche  charakteristisch  ist  die  Art  der  Be- 
strafung, mit  der  sie  dem  verräterischen  Arzte  droht.  Allerdings 
wird  die  Drohung  nicht  zur  That;  aber  dals  überhaupt  ein  Dichter 
daran  denken  konnte,  eine  Dame  über  so  etwas  auch  nur  reden 
zu  lassen,  zeugt  von  der  ungemeinen  Verrohuug  der  Sitten  in 
jenem  Zeitalter.  Solch  launenhafter  (humorous)  Damen,  die  sich 
von  aller  Welt  den  Hof  macheu  lielsen  und  mit  ihren  Anbetern 
umsprangen  wie  in  den  Mysterien  A''ice  mit  dem  Teufel  (oder 
wie  im  ersten  englischen  Lustspiel  Merr}'^reek  mit  Ralph  Roister 
Doister),  gab  es  unstreitig  damals  viele;  aber  weder  die  Freiheit 
ihrer  Sitten  noch  die  modischen  Euphuismeu  können  unserer  Zeit 
zusagen.  —  Sir  Ferdinand  ist  der  Typus  des  vornehmen  Wüst- 
lings, dem  nichts  heilig  ist,  und  dessen  Treiben  nur  die  ihm 
innewohnende  Feigheit  ein  Ziel  zu  setzen  vermag.  —  Gestalten 
von  drastischer  Komik  sind  die  Projektenmacher.  Hall)  Narren, 
halb  Betrüger,  werfen  sie,  wenn  von  dem  zu  erwartenden  Er- 
trage ihrer  Monopol-Ideen  die  Rede  ist,  mit  Huuderttausenden 
und  Millionen  um  sich,  ohne  nur  einen  Schilling  in  der  Tasche 
zu  haben.  Stiefel,  Bänder,  Degen  wollen  sie  besteuern  und  ein 
Perückenmonopol  einführen;  aber  ihr  merkwürdigstes  Projekt  ist 

das  eines  schwimmenden  Theaters: 

A  new  project 
For  buylding  a  new  Theatre  or  Play-house 
Upon  the  Tnames  in  Barges  or  flat  boats, 
To  lielpe  the  watermen  out  of  the  losse 
They  've  suffer'd  by  Sedans ;  under  which  project 
The  subject  groanes,  when  for  the  ease  of  one 
Two  abier  men  must  sufler;  and  not  the  price, 
Or  pride  of  Horse-fiesh  or  Coak-hire  abated. 
This  shall  bring  flouds  of  gaine  to  th'  watermen 
Of  wliicli  they  '1  give  a  fourth  of  every  fare 
They  ishall  board  at  the  floating  Theatre, 
Or  set  ashore  from  thence,  the  Poets  and  Actors 
Hälfe  of  their  first  yeares  profit. '  (W.  I,  194.) 

>  Collier,  History  of  English  Dramatic  Poetry  III,  luT :  Jn  IGl;^ 
the  watermen  presented  a  Petition  to  James  I.,  praying  that  the  players 
might  not  be  permitted  to  have  a  theatre  in  London  or  Middlesex,  within 
four  miles  of  the  Thames,  in  order  that  the  iuhabitants  might  be  induced, 


Richard  Brome.  87 

Dieses  Projekt  ist  nicht  die  einzige  Anspielung  auf  Bühnon- 
verhältnisse.  Dramen  zu  schreiben,  schien  damals  Modesache 
geworden  zu  sein/  und  Brome  2  wendet  sich  gegen  alle  die- 
jenigen, welche,  um  ihre  Stücke  aufgeführt  zu  sehen,  den  Schau- 
spielern Geld  gaben : 

—  who  in  a  way 
To  purchase  fame,  give  money  with  their  plaj. 

Yet  yoii  —  sc.  the  audients  —  sometimes  pay  doar  for't,  siuce  they  write 
Lesse  for  your  pleasure,  than  their  owu  delight. 

So  gast  er  im  Prolog  zu  „The  Court  Beggar" ;  und  im 
Epilog  redet  er  von  denselben  Leuten,  „that  give  these  pla^;es 
as  the  Prologue  said,  and  money  too  to  have  them  acted".  Noch 
kommen  dergleichen  Ausfälle  im  zweiten  Akte  unseres  Stückes 
vor,  wo  Courtwit,  einer  der  Courjuacher  der  Lady,  erklärt :  „And 
my  Project  is  that  no  Playes  may  be  admitted  to  the  Stage, 
but  of  their  making  who  Prof  esse  or  indeavour  to  live  by  the 
quality:  That  no  Courtiers,  Divines,  Studeuts  at  Law,  Lawyers- 
clearks,  Tradesmen  or  Prentises  be  allowed  to  write  'em,  nor 
the  Works  of  auy  Lay-Poet  .  .  .  ."  (W.  I,  215.)  Aber  auch 
die  Schauspieler  bekommen  ihr  Teil.  Derselbe  Courtwit  will 
sich  ein  Patent  verschaffen,  „to  have  the  only  priviledge  to  give 
instructions  to  all  the  actors  in  the  City,  (especially  to  the  younger 
sort)  the  better  to  enable  them  to  speake  their  parts  emjjhaticallj/ 
and  to  the  lifV^.  (Ibid.)  Dieser  Gedanke  erinnert  an  die  be- 
kannten Lehren,  die  Hamlet  (in,  2)  den  Schauspielern  erteilt, 
und  das  führt  uns  zu  der  Frage,  ob  Brome  sich  in  diesem  Stücke 
auch  anderweit  von  Werken  der  Zeitgenossen  oder  unmittelbaren 
Vorgänger  abhängig  erweist. 

Da  zeigt  sich  denn  sogleich,  wieviel  er  zunächst  dem  Ein- 
flüsse   seines    Meisters    verdimkt.      Denn    die    Hauptperson,    Sir 


as  formerly,  to  visit  tlie  playhouses  m  Southwark  in  boats.  Not  long 
afterwards,  sedans  came  into  fashiou,  to  the  fartlier  injury  of  those  who 
plied  on  tlie  river"  etc. 

I  Collier,  ibid.  III,  426.  „At  one  Pcriod,  writing  for  the  stage  seenis 
to  have  become,  in  a  degree,  very  fashionable"  etc. 

'  Ähnlich  wie  Ben  Jonson,  der  sich  auch,  wie  wir  sahen,  \\\  der 
Empfehlung  des  Bromescheu  Stückes  „The  Northern  Lass"  über  die 
Dilettanten  beklagt.  Vgl.  noch  Jonsons  „The  Staple  of  News"  IV,  1  und 
„Epiccene"  II,  1.     S.  Ward  II,  2:37, 


38  Richard  Brome. 

Audrew,   giebt   sich    anfangs    dnrchaus    als  INIan  in  liis  Humonr, 

und   am  Ende,   avo   er,   von    seiner   Thorheit    geheilt,    sich    sogar 

selbst   ironisiert,  *    als   Man   out   of   his   Humour.     AVährend   alle 

anderen  Gestalten  des  Stückes  bereits  als  tjqjisch  gelten  können, 

weil  sie   fast   ausschliefslich    durch    die    in    ihnen   zum  Ausdruck 

gelangenden  Sitten  des  Zeitalters  unterhalten,  erweckt  Sir  Andrew 

schon   an   sich   unser   Interesse.      Seine   Leidenschaft  beherrscht 

ihn  ganz  und  gar,   bestimmt  alle  seine  Gefühle  und  bedingt  alle 

seine  Handlungen.     Da   haben  wir   die  Kriterien  des   „Humour" 

in  Jonsonschem  Sinne;  denn 

—  when  some  one  peculiar  quality 
Does  so  possess  a  man,  that  it  does  draw 
AU  his  effects,  his  spirits,  and  his  powers, 
In  their  confluxions,  all  to  riiu  one  way, 
This  may  be  truly  said  to  be  a  humour.^ 

Mendicants  Leidenschaft  für  Hofbettelei  und  was  damit 
zusammenhängt  hat  etwas  Pathologisches:  sie  ist  ihm  in  Fleisch 
und  Blut  übergegangen  und  kann  nur  durch  ungeahnten,  plötz- 
lichen Glückswechsel  aus  ihm  vertrieben  werden;  und  ob  sie 
gleich  als  „eccentricity  of  manners  by  the  fashiou  of  the  day" 
sich  äufsert,  so  liegen  ihr  doch  Eigenschaften  eines  starken  Cha- 
rakters zu  Grunde,  ncämlich  Ehrgeiz  imd  Konsequenz.  Damit 
aber  nähert  sich  dieses  Stück  Bromes,  das  sonst  nirgends  aus  dem 
Rahmen  der  Sittenkomödie  heraustritt,  der  Charakterkomödie.  — 
Jonsons  Einflufs  macht  sich  ferner  in  der  Älaske  bemerklich,  in 
welcher  die  Sinnesänderung  des  Hofbettlers  allegorisch  dargestellt 
wird.  Auch  finden  sich  in  dieses  Dichters  Stücken  bereits  Pro- 
jektoren; so  tritt  in  „The  Devil  is  an  Ass"  (aufgeführt  161(i) 
nel)cn  einem  Projektenmacher  sogar  eine  Projektenmacheriu  auf, 
l)ei  denen  es  sich  um  Trockenlegen  sumpfigen  Landes,  um  Patente 


'  Mendicant  hat  sich  mit  all  seinen  papierncn  Patenten  und  Projekten 
bekleidet  und  trägt  eine  Windniülile. 

"^  Ward  I,  051  f.  (Note).  Der  Gebrauch  des  Wortes  „Humour",  wie 
er  damals  üblich  war,  weicht  allerdings  von  der  Jousouschcn  Auffassung 
dieses  Wortes  gänzlich  ab.  Werden  von  Brome  selbst  doch  Personen  Avie 
Lady  Strangelove,  Lady  Nestlecock  (in  „The  New  Academy''),  der  Höf- 
ling Horatio  (in  „The  Queen  and  Concubiue")  als  „humorous"  bezeichnet; 
das  will  dann  nur  sageu:  launisch,  nervös  oder,  je  nach  den  Umständen 
und  Personen,  albern. 


Richard  Brome.  39 

auf  Himdeleder,  Wein  aus  Rosinen  und  ein  Patent  oder  Monopol 
für  die  Zahustocherfabrikatiou  handelt.  Nicht  sehr  verschieden 
von  diesen  und  Bromes  Projektoren  sind  die,  welche  Shirley  in 
seiner  Maske  „The  Trium])h  of  Peace"  (aufgeführt  1633)  auf- 
treten Icäfst.  Der  eine  derselben  will  eine  Lampe  erfimden  haben, 
welche,  unter  den  Ofen  gestellt,  das  Fleisch  so  gründlich  kocht, 
dafs  der  blofse  Dampf  des  einen  Kochgeschirrs  einen  zweiten 
Topf  zum  Sieden  bringt;  ein  anderer  Phantast  sucht  das  Problem 
zu  lösen,  Geflügel  mit  den  Abfällen  von  Möhren  zu  mästen,  und 
ein  dritter  will  ein  Schilf  bauen,  das  gegen  den  Wind  fährt.  Bei 
Shii-ley  wie  bei  Brome  tanzen  die  Projektenmacher.  Da  aber 
hinsichtlich  der  Abfassungszeit  weder  des  „Court  Beggar"  noch 
des  „Triumph  of  Peace"  etwas  Genaues  bekannt  ist,  vielmehr 
nur  so  viel  feststeht,  dafs  jenes  Stück  1632,  dieses  1633  aufge- 
führt ward,  so  läfst  sich,  falls  man  überhaupt  eine  Abhängigkeit 
des  einen  vom  anderen  annehmen  will,  nicht  angeben,  welcher 
der  beiden  Autoren  der  Gebende,  welcher  der  Empfangende  ge- 
wesen. Jedenfalls  aber  zeigt  das  schematischc  AVesen  der  Pro- 
jektoren, dafs  sie  bereits  zu  echten  Typen  geworden  waren. 
Übrigens  werden  wir  ilirer  auch  in  „The  Antipodes"  (aufgefühi't 
1638)  finden. 

The  Northern  Lass,  or  a  Kest  of  FooJs.  Der  Ritter  Phi- 
hpp  Luckless  hat  sich  mit  der  Witwe  Fitchow  verlobt;  sein  Ver- 
wandter Tridewell  aber  wiU  ihn  von  der  Heirat  zurückhalten, 
da  er  selbst  die  Dame  ehelichen  möchte.  Als  nun  Tridewell 
sieht,  wie  sehr  sein  Vetter  dennoch  auf  die  Verbindung  mit 
jener  erpicht  ist,  läfst  er  beide  durch  Luckless'  eigenen  Diener 
trauen,  der  sich  in  die  Kleidung  eines  Geistlichen  geworfen  hat. 
Bald  nach  der  Scheinheirat  und  noch  ehe  Luckless  die  Rechte 
der  neuen  Gemeinschaft  genossen  hat,  erfährt  er  Dinge,  die  ihn 
seinen  Schritt  bereuen  lassen.  Fürs  erste  ist  der  Bruder  seiner 
Frau  ein  Narr,  und  Luckless  trägt  Bedenken,  „to  mix  bis  blood 
amongst  a  race  of  fools".  Sodann  aber  fafst  er  plötzlicli  eine 
tiefe  Neigung  zu  Constanze,  einer  Nichte  des  Richters  Sir  Paul 
Squelch.  Dieses  Mädchen  war  noch  vor  TjUckJess'  Scheinheirat 
aus  dem  Norden,  aus  Durham,  zu  ihrem  Oheim  gekommen,  um 
sich  längere  Zeit  bei  ihm   aufzuhalten.     In   dessen  Hause   hatte 


40  Richard  Bronie. 

Philipp  sie  früher  einmal  gesehen  und  scherzweise  ihren  Oheim 
gefragt,  ob  dieser  sie  ihm  zur  Frau  geben  wolle.  Danu  hatte 
er  ihre  Hand  ergrifTen.  Dieses  Kompliment  hatte  sie  für  ein 
Versprechen  ewiger  Treue  gehalten  und  wendet  sich  nunmehr 
an  ihn,  um  ihn  an  seine  vermeintliche  Verpflichtung  gegen  sie 
zu  erinnern.  Da  er  sich  jetzt,  wie  erwähnt,  einer  tiefen  Neigung 
gegen  sie  bewufst  wird,  trachtet  er  danach,  sich  von  der  scheiden 
zu  lassen,  die  er  für  seine  Gattin  halten  mufs.  Dazu,  hat  man 
ihm  berichtet,  sei  es  nötig,  dafs  beide  Teile  ihre  Einwilligung 
erklärten.  Um  die  Fitchow  zu  zwingen,  in  die  Scheidung  zu 
willigen,  bekümmert  er  sich  fortan  gar  nicht  mehr  um  sie,  son- 
dern vernachlässigt  sie  in  jeder  Beziehung,  so  dafs  sie  nunmehr 
in  der  That  Tridewells  fortgesetzter  Werbimg  geneigtes  Gehör 
schenkt.  Sie  willigt  denn  auch  schliefslich  in  die  Scheidung  von 
Philipp  und  in  die  eheliche  Verbindung  mit  Tridewell,  doch 
imter  der  Bedingung,  dafs  ihr  Bruder  die  Hand  Constanzes  er- 
halte, damit  Luckless  zu  seiner  Beschämung  leer  ausgehe.  Tride- 
well agiert  nun  gemeinsam  mit  seinem  Vetter  Philipp:  man  läfst 
eine  Dirne  die  Rolle  Constanzes  spielen;  und  jene  Dirne  ver- 
mälilt  sich  zum  Schein  mit  dem  Bruder  der  Fitchow.  Diese 
aber,  da  sie  die  von  ihr  gestellte  Bedingung  erfüllt  glaubt,  reicht 
Tridewell  ihre  Hand.  Dagegen  wird  nimmehr  die  echte  Con- 
stanze, das  ISIädchen  aus  dem  Norden,  Philipp  Luckless'  Ge- 
mahlin, und  die  tiefe  Schwermut,  in  die  sie  verfallen  war,  ver- 
schwindet mit  deren  Ursache.  — 

Sclieintrauungen  sind  die  Bedingungen  der  durch  Masken 
belebten  Handlung,  deren  P^ntwickelung  somit  kein  uneinge- 
schränktes Lob  in  Anspruch  nehmen  kann.  I><)ch  zeichnet  dieses 
erste  Stück  Bromes  sich  durch  einen  naiven,  unverdorbenen  Cha- 
rakter aus:  das  Mädchen  aus  dem  Norden,  Constanze,  ist  eine 
Krscheinmig  voll  lieblichster  L^nschuld,  wie  die  übrigen  Stücke 
unseres  Dichters  deren  nicht  aufzuweisen  haben;  höchstens  die 
Person  der  Phillis  in  „The  Damoiselle"  läfst  sich  ihr  an  die 
Seite  stellen.  Auch  ist  Constanze  nicht  Bromes  volles  Eigentum : 
ihre  sanfte  Melancholie,  die  sich  in  ihren  Reden  und  rührenden 
Ivicdorn  äufsert,  macht  es  wahrscheinlich,  dafs  der  Verfasser  an 
die  Tochter  des  Schlielsers  in  „The  Two  Noble  Kinsmen"  (ge- 
di'uckt    1G34,    aber  jedenfalls   weit   früher  geschrieben)    und   an 


Richard  Brome.  41 

Ophelia  im  „Hamlet"  gedacht  hat;  und  zwar  erinnert  die  Situation, 
in  der  Constanze  sich  befindet,  an  diejenige  der  Tochter  des 
Kerkermeisters,  welche  von  dem  ihr  bestimmten  Bräutigam  nichts 
\^^ssen  will  und  aus  Sehnsucht  nach  dem  Geliebten  in  Wahnsinn 
verfällt,  —  während  die  Reden  und  besonders  die  I^ieder  des 
Mädchens  aus  dem  Norden  mehr  an  Ophelia  denken  lassen.  So 
sagt  Constanze  von  ihrem  Geliebten: 

Biit  he  is  geane,  alas,  hee's  geane,  aud  all  too  late  I  sorrow; 
For  I  shall  never  be  well  again,  tili  yesterday  be  to-morro\v, 

und  verabschiedet  sich  mit  dem  Grufse:  Good  [give]  you  good 
Even,  sir.     (W.  III,  59.) 

Zur  weiteren  Vergleichung  eitleren  uir  noch  die  folgende 
Strophe,  die  wenigstens  Anklänge  au  Ophelias  Gesang  zeigt: 

I  coo'not  go  to't,  nor  I  must  not  go  to't, 

For  love,  nor  yet  for  fee, 

For  I  am  a  Maid,  and  will  be  a  Maid, 

And  a  good  oue,  tili  I  dye.  (W.  III,  59.) 

In  diesem  Stücke  tritt  auch  die  Person  eines  Gentleman- 
Usher  auf,  wie  man  eine  solche  in  Jonsous  „The  Devil  is  an 
Ass",  „The  Tale  of  a  Tub"  und  in  anderen  Komödien  dieser 
Zeit  findet.  Howdee,  so  heilst  er  bei  Brome,  giebt  eine  voll- 
ständige „Gentleman-Usher's  Grammar"  (W.  III,  69  tf.),  deren 
Inhalt  im  wesentlichen  mit  dem  übereinstimmt,  was  Leuton  in 
seinen  1631  erschienenen  „Leasures"  über  die  ObHegenheiten 
eines  G.-U.  sagt.  *  Da  „The  Northern  Lass"  zwar  erst  1632  ge- 
druckt, aber,  wie  das  Titelblatt  meldet,  vorher  oft  aufgeführt 
worden  war,  so  mag  die  Abfassung  des  Stückes  wohl  noch  vor 
1631  fallen  und  es  wahrscheinlich  sein,  dais  nicht  Brotne  Leuton, 
sondern  Lenton  Brome  benutzt  hat,  indem  er  sich  bei  den  Auf- 
führungen die  nötigen  Notizen  machte.  Möglich  auch,  dal's  beiden 
Verfassern  eine  ältere  Quelle  vorlag. 

The  Äntqjodes.  Joyless,  ein  alter  Landcdchnann,  der  eine 
junge  Frau  geheiratet,  hat  aus  erster  Ehe  einen  Sohn  Percgrin, 
welcher  an  einer  Krankheit  eigener  Art  leidet:  durch  die  I^ek- 
türe   John    Maundevilles   aufgeregt,    schwärmt   er    ungemein    für 


'  S.  den  Artikel  O.-U.  bei  Xares. 


42  Eichard  Brome. 

fremde  Länder  und  spricht  Tag  und  Nacht  von  grofsen  Reisen, 
die  er  imternehmcn  will.  Nebenbei  ist  er  so  naiv  und  unwissend,  • 
dafs  er  seine  seit  drei  Jahren  ihm  vermählte  Frau  noch  nicht 
Ijerührt  hat.  Endlich  wendet  sich  sein  Vater  an  einen  geschickten 
Arzt,  und  dieser  gedenkt  Tcregrin  dadurch  zu  heilen,  dafs  er 
auf  dessen  Wahnideen  scheinbar  eingeht,  indem  er  ihm  zunächst 
eine  Reise  nach  den  Antipoden  vorschlägt.  Doch  wird,  wie  man 
sich  denken  kann,  diese  Reise  nicht  in  Wirklichkeit  ausgeführt; 
der  Patient  erhält  einen  Schlaftrunk  imd  ist,  nachdem  die  Wir- 
kung vorüber,  leicht  zu  überreden,  er  befinde  sich  im  Lande  der 
Antipoden.  Verkleidete  Personen,  darunter  Schauspieler,  sämt- 
lich mit  dem  Arzte  im  Einverständnis,  spielen  ihre  Rollen  als 
Gegenfüfsler  so  lebendig,  dafs  Peregrin  sich  vollständig  täuschen 
läfst.  Zuletzt  wird  er  zum  Könige  der  Auti})oden  erwählt  und 
der  Königin  des  Landes  angetraut,  die,  ohne  dai's  er's  vernmteu 
kann,  seine  eigene  Frau  ist.  Nun  erst  erlangt  er,  was  ihm  bisher 
abging,  „the  real  knowledge  of  a  woman".  Damit  kehrt  denn 
auch,  wie  der  Arzt  richtig  prophezeit  hat,  sein  Verstand  zurück; 
er  ist  genesen.  —  Ohne  weiteres  Interesse  ist  die  Nebenhandlung, 
deren  Motiv  die  Eifersucht  des  alten  Joyless  bildet.  Es  stellt 
sich  schliefslich  heraus,  dafs  der  vermeintliche  Geliebte  seiner 
Gattin  niemand  anderes  ist  als  deren  Vater,  welcher  —  freilich 
in  höchst  peinlicher  Weise  —  deren  Tugend  auf  die  Probe  stellen 
wollte.  — 

Die  Antipoden,  die  wir  hier  in  den  Masken  auftreten  sehen, 
geben  sich  in  ihren  Sitten  und  Gebräuchen  als  das  strikte  Gegen- 
teil der  Ijondoner,  während  sie  im  Aufscrcn,  aber  auch  in  der 
Sprache  und  selbst  in  der  Religion,  denselben  gleich  suid. 

The  people  through  the  whole  world  of  Antipodes 

In  outward  feature,  languajijc,  and  rcligion, 

llt'seinble  those  to  whoiii  tlu-y  are  siipposite: 

Thcy  linder  Spain  appearo  liko  Sjianiards, 

riidcr  France  Frenchnien,  undor  England  English 

To  tlio  Exterior  sliow:  but  in  their  uiauuers, 

Thcir  carriagc  and  coudition   ol'  lit'e 

Extrcamly  contrary.  (W-  HI,  2'A.) 

Bei  den  Gegenfüfslern  sind  die  Weiber  die  Herren  im 
Hause,  während  den  Männern  die  Sorge  für  die  kleinen  Kinder 
obliegt;  die  alten  Leute  schickt  man  hier  zur  Schule;  hier  be- 
trügt kein  Adxokat,   noch   läfst,  er  sich   seine  Dienste  bezahlen; 


Richard  Brome.  43 

Bettler  teilen  hier  Almosen  aus  u.  s.  f.  Dabei  ist  es  nur  kon- 
sequent, wenn  der  Dichter  bei  den  Antipoden  alle  Poeten  Puri- 
taner sein  läfst, 

Dafs  Brome  die  Idee  zur  Schilderung  solch  einer  verkehrten 
Welt  dm-ch  Jonsons  Maske  „News  from  the  New  World  dis- 
covered  in  the  Moon"  (1620)  empfangen  hal^e,  was  Ward  für 
wahrscheinlich  hält,  ^  kann  nicht  ohne  weiteres  geleugnet  werden; 
nur  ist  zu  bedenken,  dafs  beiden  Dichtungen  kaum  ein  individueller 
Zug  gemein  ist.  Auch  Bacons  „New  Atlantis"  (1627)  könnte 
höchstens  eine  Anregung  genereller  Art  gegeben  haben.  Aufser 
Zweifel  steht  dagegen  die  Benutzung  John  Maundevilles,  der  an 
mehreren  Stellen  nicht  nur  erwähnt,  sondern  auf  dessen  Reise- 
berichte  vor   allem   Bezug   genommen   wird.     So   sagt   man   von 

Peregrm : 

He  talkes  much  of  the  Kingdom  of  Cathaya, 

Of  one  great  Caan,  and  goodman  Prester  John, 

(Wliat  e're  they  be)  and  says  that  Caau  's  a  Clowue 

Unto  the  John  he  speaks  of.     And  that  John 

Dwels  up  almost  at  Paradice  ....  (W.  III,  240.) 

]\Iit  Recht  versetzt  der  Doktor  auf  diese  Mitteilung:  „O  Mande- 
vile  .  .  .  ."  Die  Erzälilung  vom  Priester  Johannes  und  vom 
grofsen  Chan  findet  sich  in  der  1866  erschienenen  HalliweUschen 
Ausgabe  der  Reisen  Maundevilles  p.  270  ff'.,  in  Wülckers  alten^l. 
T>esebuch  Bd.  II,   200  ff*.      „This  prestre   Johne,''    heilst   es    in 

letzterem,  „has  vnder  him  many  kynges  and  many  yles And 

this  lond  is  fülle  gode  and  ryche,  but  no  so  riche,  as  is  the  lond 
of  the  grete  Chane  ....  And  on  that  othcr  partie,  in  the  yle 
of  Catliay,  men  finden  alle  maner  thing  that  is  nede  to  man, 
clothes  of  gold,  of  silk "  — 

Wii'  haben  es  hier  im  Grunde  mit  einer  Komödie  in  der 
Komödie  zu  thun.  Der  Rahmen,  welcher  das  Zwischenspiel  der 
Antipoden  umgiebt,  ähnelt  dem  zu  Shakespeares  „Tammg  of  the 
Shrew"  insofern,  als  hier  wie  dort  ein  Lord  —  bei  Shakespeare 
ohne  Namen,  bei  Brome  Letoy  genannt  —  die  Schauspieler  des 
Zwischenspiels  installiert.  Beide  Lords  sind  bereits  mit  den  Per- 
sönlichkeiten der  Schauspieler  von  früheren  Zeiten  her  bekannt; 
aber  während  Shakespeares  Lord  der  Erwähnung  dieser  Bekannt- 

1  II,  341. 


44  Richard  Brome. 

Schaft  seine  Anerkennung  ihrer  Leistungen  hinzufügt,  hat  Letoys 
Ansprache  den  ZMeck,  ihnen  gute  Lehren  zu  geben  und  beson- 
ders sie  vor  Übertreibung  zu  warnen.  Und  hiermit  lenkt  der 
Auftritt  in  die  Bahn  der  entsprechenden  Scene  in  „Hamlet"  ein. 
Man  glaubt  mitunter  Hamlet  selbst  reden  zu  hören,  wenn 
Letoy  sagt: 

Let  me  not  see  you  act  now 

In  your  Scholasticke  way,  you  brought  to  towne  wi'yee, 

Nor  in  a  Comicke  Scene,  play  Hercules  furens, 
Tearing  your  throat  to  split  the  Audients  eares,  u.  s.  f. 
Ile  noue  of  these  absurdities  in  niy  house, 
But  words  and  action  married  so  together, 
That  shall  strike  harmony  in  the  eares  and  eyes 
Of  the  severest,  if  judicious  Criticks. 

Der  Lord  wendet  sich  auch  gegen  das  Lnprovisieren.  ,,But 
YOU,  Sir,"  sagt  er  zu  dem  Schauspieler,  den  wir  uns  als  den 
Clown  zu  denken  haben,  * 

But  you,  Sir,  are  incorrigible,  and 

Take  licence  to  your  seife,  to  adde  unto 

Your  parts,  your  own  free  fancy ;  and  sometimes 

To  alter,  or  diminish  what  the  writer 

With  eare  and  skill  conipos'd:  and  wheu  you  are 

To  speake  to  your  coactors  in  the  Scene, 

You  hold  interloquutions  with  the  Audients, 

und  als  der  Schauspieler  sich  damit  entschuldigt,  dafs  dieses 
Verfahren  auf  den  älteren  Bühnen  erlaubt  gewesen  sei,  „to  move 
mirth  and  laughter",  erwidert  jener: 

Yes,  in  the  dayes  of  Tarton  and  Kempe, 

Before  the  stage  was  purg'd  from  barbarisme, 

And  ])rought  to  the  perfectioii  it  now  shiucs  witli, 

Then  fooles  and  jestcrs  spcut  their  wits,  becausc 

The  Poets  were  wise  enough  to  save  their  owne 

For  profitabler  uses.  (W.  III,  2:.!i  f.) 

Ganz  ähnlich  wie  Shakespeare,  der  wahrscheinlich  auf  M'illiam 
Kemp  zielte,  als  er  dem  Dänenprinzen  seine  Strafpredigt  gegen 
das  Improvisieren  in  den  Mund  legte.  - 


•  Der  obligate  Clown  extemporierte  noch  im  Jahre  l(ill,  wenigstens 
findet  sich  in  Greene's  Tu  Quoque  wiederholt  die  Bühnenweisung:  „hcre 
they  two  talke  and  rayle  what  they  list."     Elze,  Shakespeare,  260. 

-  FJzo,  Eine  Aufführung  im  (ilolius-Theater.  Weimar  1878.  S.  21  f. — 
Auch  im  Jahrbuche  der  deutschen  Shakespeare-üesellschaft,  Bd.  XIV,  p.  l"». 


Richard  Brome.  45 

Die  Kurmethodo,  welche  der  Arzt  hei  Percgrin  anwendet, 
Avar  nichts  Neues  im  Drama;  ist  es  doch  dieselbe,  deren  sich  der 
Doktor  in  „The  Two  Noble  Kinsmen"  bedient,  um  des  Kerker- 
meisters Tochter  wieder  zur  Vernunft  zu  bringen:  scheinbares 
Eingehen  auf  die  Wahnideen  des  Patienten. 

An  Jonsons  „Epictene,  or  the  Sileut  Woman"  erinnert  die 
Stelle,  wo  Lord  Letoy  stolz  von  seiner  Abstammung  spricht. 
Mit  Genugthuung  vernimmt  er,  dais  der  Wappeuherold  das  Ge- 
sclilecht  der  Letoy  „ex  origiue,  ab  antiquo"  abgeleitet  habe. 

■ —  Füll  foure  descents  beyoud 

The  conquest,  niy  good  Lord,  findes  tliat  one 

Of  your  Freucli  ancestry  came  iu  with  the  Conqueror, 

sagt  zu  ihm  der  Wappenherold;  darauf  Letov: 

Jefrey  Letoy,  twas  he,  from  whom  the  Euglish 

Letoys  have  our  desceut  ....  (W.  III,  214.) 

Bei  Jonson  sagt  La-Foole:  „They  all  come  of  om-  house, 
the  La-Fooles  of  the  north,  the  La-Fooles  of  the  west,  the  La- 
Fooles  of  the  south  —  we  are  as  ancieut  a  faniily  as  any  in 
England,  but  I  myself  am  descended  liueally  of  the  French  La- 
Fooles  —  — ".     (Epiccene  I,  4.) 

Aber  schon  der  Kesselflicker  Sly  (The  Taming  of  the  Slu'ew) 
leitet  seinen  Ursprung  von  französischen  Ahnen  her:  „Look  in 
the  chronicles,  we  came  in  with  Richard  [sie]  Conqueror."  (In- 
duction,  Scene  1.) 

Wie  wir  bereits  bei  Besprechung  des  „Court  Beggar''  kurz 
erwähnten,  finden  sich  auch  in  „The  Antipodes"  episodisch  auf- 
tretende Projektenmacher.  Ilu-e  Projekte  erreichen  den  Gipfel 
der  Absm-dität.  Man  will  das  Wachstum  der  Wolle  fördern, 
indem  man  Pferde,  denen  die  Haut  abgezogen  wurde,  mit  Schafs- 
fell neu  bedeckt;  auch  wu-d  vorgeschlagen,  es  sollten  die  Bürgei' 
in  den  Städten  zahme  Eulen  zum  Vertilgen  der  Ratten  uml 
Mäuse  halten,  damit  man  sich  der  auf  diese  Weise  eutbelu'lich 
gewordenen  Katzen  entledigen  könne,  welche  dem  Hexenweseu 
Vorschub  leisteten,  u.  s.  f. 


46  Kichard  Broine. 

Die  rouKintischen  Komödien. 

Die  Stücke  mit  auswärtigem  Schauplatz  besprecheu  wir 
zuerst. 

The  Lovß-sick  Court,  or  ihr  Amhitioiis  Politique.  Der 
alternde  König  von  Thessalien  wird,  da  or  keinen  männlichen 
Leibeserbeu  hinterlälst,  vom  Volke  gedrängt,  einen  Nachfolger 
7A\  bezeichnen.  Ein  solcher  mufs,  nach  dem  Gesetze  des  Landes, 
von  edler  Geburt  und  Soldat  sein  und  sich  bereits  Verdienste 
um  den  Staat  erworben  haben.  Der  ehrgeizige  Stratokies,  wel- 
cher diese  Erfordernisse  zu  besitzen  glaubt,  bemüht  sich  ver- 
gebens, die  Wahl  auf  seine  Person  zu  lenken.  Es  sind  nämlich 
noch  Zwillingssöhne  eines  vor  zwanzig  Jalu'en  gefalleneu  ver- 
di(niten  Generals  da,  Philargus  und  Philokles,  deren  einem  — 
gleichviel  welchem  —  der  König  gern  die  Krone  hinterlassen 
würde;  aber  sie  beide  bewerben  sich  mn  die  Hand  Eudinas, 
seiner  Tochter.  Die  Schwierigkeit  liegt  nun  darin,  dafs  Eudina 
beide  gleich  lieb  zu  haben  meint  und  sich  deshall)  für  keinen 
von  beiden  entscheidet.  Das  Delphische  Orakel,  welches  um  Rat 
angegangen  wird,  macht  die  Sache  nur  noch  dunkler.  Auf  alle 
Fälle  aber  wollen  die  Brüder  nichts  Feindseliges  gegeneinander 
unternehmen,  denn  ein  jeder  möchte  lieber  auf  die  Prinzessin 
verzichten,  als  den  anderen  kränken.  Der  König  aber  will  dem 
Schwanken  der  Tochter  ein  Ende  macheu.  Er  giebt  ihr  noch 
fünf  Tage  Frist;  habe  sie  sich  nach  Ablauf  derselben  nicht  für 
einen  der  Brüder  entschieden,  so  müsse  sie  den  ihr  verhafsten 
Stratokies  zum  Gemahl  nehmen.  Trotz  der  Intriguen  dieses 
Mannes  ändert  sich  während  jener  Zeit  die  Situation  in  nichts: 
bis  im  letzten  Augenblicke  sich  herausstellt,  daCs  Philokles '  des 
Königs  eigener  Sohn  ist.  Nun  ergiebt  sich  die  übrige  Entwicke- 
lung  von  selbst;  Eudina  wird  die  Gemahlin  des  Plülargus,  und 
der  Tliroiilolger  Philokles  heiratet  Placilla,  ein  edles  Mädchen, 
als  deren  l^ruder  er  bisher  galt  und  die  ihn  schon  längst  innig 
geliebt  hat.  — 

Den   Titel    „The   Love-sick   Court"    führt  das   Stück    nicht 


'  Nicht  Plülargus,  wie  es   uach  dem  Personen verzeicliuisse  scheinen 
könnte. 


Richard  Brome.  47 

mit  Uurecht,  da  aufser  der  geiucinsanien  Liebe  des  Philokies  und 
des  Philargus  ziu*  Prinzessin  und  der  Liebe  des  erstereu  zu  Pla- 
cilla  auch  das  Schmachten  des  Pedanten  Geron  nach  dem  Besitze 
des  schönen  Kammermädchens  Doris  in  Betracht  konnnt;  wie 
denn  Geron  zwei  Nebenbuhler  hat,  deren  einer  die  Gehebte  auch 
wirklich  heimführt.  Dieser  Geron  ist  eine  köstliche  Lustspielfigur. 
Er  kann  keine  Periode  sprechen,  ohne  wenigstens  eine  Anspie- 
lung auf  das  klassische  Altertum  einzuflechten,  keinen  Satz  voll- 
enden,  ohne  sein  „Whilome"  angebracht  zu  haben.     So  sagt  er: 

My  business  is  tlie  sanie,  that  Whilome  drew 
Demosthenes  to  Cormth  —  —  — . 

O  forfeit  not  the  praise 
That  Whilome  Aristotle  gave  your  Sex.        (W.  II,  123.) 

In  diesem  Tone  redet  er  mit  der  Gehebten,  die  aber  Mutter- 
witz genug  hat,  ihm  auf  ihre  Weise  heimzuleuchten:  Autiquit\- 
nennt  sie  ihn  und  Old  Whilome.  (W.  II,  138.)  Die  Heirats- 
gedanken solle  er  sich  vergehen  lassen: 

— •  though  you  boast  you  have  au  iuterest  iu  nie, 
We  are  not  yet  one  volume  — , 

No,  I  am  yet  lose  paper (Ibid.) 

Nicht  minder  komisch  als  der  Pedant  wirkt  die  alte  Amme 
Garula,  der  das  Geheimnis  von  der  Geburt  des  Prinzen  bekannt 
ist,  die  auch  schon  oft  den  Anfang  gemacht,  es  laut  werden  zu 
lassen,  aber  nie  damit  zu  stände  kam,  weil  sie  „cannot  teil  her 
news  for  talking",  wie  Ward  treffend  bemerkt.  Sie  vertritt  ge- 
wissermafsen  das  retardierende  Moment  in  dieser  Komödie. 

Der  Nebentitel  „The  Ambitious  Politique"  geht  auf  die  elu-- 
geizigen  Pänke  des  Stratokies,  welche  hauptsächlich  die  Neben- 
handlung ausmachen.  Er  ist  ein  ebenso  schlauer  als  i-ücksichts- 
loser  Ki'ieger  und  Höfling,  der  selbst  vor  dem  verwerflichsten 
Mittel  nicht  zurückschreckt.  — 

Wie  die  Gestalt  des  Geron  nicht  den  Eindruck  dichterischer 
Originalität  macheu  kann,  so  sind  auch  sonst  der  Anklänge  an 
Werke  anderer  Dichter  mancherlei.  Wenn  ein  Intrigant  (Stra- 
tokies in  unserem  Stücke)  zweien  Edelleuten  Forderungen  zum 
Zweikampf  in  der  Weise  zusendet,  dafs  jeder  von  ihnen  glauben 
muls,  der  andere  habe  ihn  gefordert,  so  findet  sich  dieses  Motiv 
schon  in  Marlowes   „Jew  of  Malta"  (1588 — 90).    Die  Eriiuicnuig 


48  Kichard  Brome. 

an  „Hamlet"  vorfolot  Brome  aucli  liier;  denn  diesem  Stücke  hat 
doch  wohl  die  Vision  ihre  Entstehung  zu  danken,  in  welcher  Eudina 
die  Nebenbuhler  Philokles  und  Philargus  miteinander  kämpfen 
sieht,  ohne  da(s  die  übrigen  Anwesenden  etwas  da\'on  wahrnehmen. 
Auch  die  Befragung  des  Delphischen  Orakels  findet  sich  ander- 
wärts; so  in  „The  AVinter's  Tale",  in  der  Tragödie  „The  Broken 
Heart"  von  John  Ford  (gedruckt  1G33),  in  dem  J.  Webster  und 
Will.  Rowley  zugeschriebenen  „The  Tlu-acian  Wonder"  (gedruckt 
erst  1661).  —  Soweit  die  Hauptsituationen  in  Betracht  kommen, 
kann  „The  Love-sick  Court"  ein  Seitenstück  zu  Beaumonts  und 
Fletchers  „A  King  and  No  King"  (gedruckt  1619)  genannt  wer- 
den. Dort  führt  Arbaees,  der  König  von  Iberien,  jahrelang  Krieg 
mit  Tigranes,  dem  Könige  von  Armenien.  Dieser  wird  besiegt 
und  gefangen  nach  Iberien  gebracht,  wo  Arbaees,  der  seines 
Feindes  Tapferkeit  schätzt,  ihu  seiner  Schwester  Panthea  ver- 
mählen will.  Zwar  sträubt  Tigraues  sich  heftig  gegen  die  ihm 
aufgedrungene  Geliebte,  da  er  bereits  in  den  Fesseln  der  Spa- 
conica  schmachtet ;  als  er  aber  Panthea  mit  eigenen  Augen  schaut, 
ändert  sich  sein  Sinn :  er  vergifst  Spacouica  und  betet  Panthea 
an.  Inzwischen  ist  aber  auch  mit  Arbaees  eine  auffallende  Wand- 
lung vor  sich  gegangen.  Kaum  nach  Hause  gekehrt,  verliebt  er 
sich  selbst  in  seine  Schwester,  die  er  seit  seinem  neunten  Lebens- 
jahre nicht  gesehen  hat.  So  verbrecherisch  diese  I^iebe  ist,  so 
heftig  ergreift  sie  ihn.  Nunmehr  ist  ihm  Tigraues  ein  Neben- 
buhler, den  er  beseitigen  möchte;  doch  kommt  er  in  seinem 
Schwanken  zu  keinem  festen  Entschlufs.  In  einem  jener  Augen- 
blicke, in  denen  ihm  das  Lasterhafte  seiner  Liebe  bewul'st  ist, 
entsinnt  er  sich,  dafs  ihn  Lord  Gobrias  zuerst  auf  Pantheas 
Reize  aufmerksam  gemacht  und  seitdem  seine  Liebe  zu  ihr  auf 
alle  Weise  angefeuert  hat,  und  alsbald  kehrt  sich  seine  Wut 
gegen  diesen.  Da  enthüllt  der  mit  dem  Tode  bedrohte  Gobrias 
ihm  das  Geheimnis  seiner  Herkunft.  Arbaees  ist  Gobrias'  Sohn. 
Einer  Verbindung  des  Pseudokönigs  mit  der  Königstochter  Pan- 
thea stellt  nun  nichts  mehr  im  Wege,  denn  auch  Tigraues  hat 
sich  seiner  alten  Liebe,  der  Spaconica,  wieder  in  'l'reue  zuge- 
wandt. —  Bei  „The  Love-sick  Court"  erscheinen  die  Verwandt- 
schafts- und  Liebesverhältnisse  in  ähnlicher  und  doch  auch  ab- 
weichender   Gestalt,      In    beiden    Stücken    wird    eine    königliche 


Richard  Brome.  49 

Prinzessin  von  zwei  Nebeubulilern  geliebt  (Panthea  von  Arbaces 
und  Tigranes,  Eudina  von  Philargus  und  Philokles),  deren  einer 
jedoch  im  Herzen  eine  zweite  Liebe  hegt  (Tigranes  liebt  die 
Spaconica,  Philokles  die  Placilla).  Während  aber  dort  die  ver- 
meinte Verwandtschaft  des  einen  Liebhabers  mit  der  Geliebten 
das  Hindernis  für  eine  befriedigende  Ijösung  bildet,  wird  hier 
eine  solche  erst  dadm-ch  möglich,  dals  die  Yerwandtschaft  des 
einen  Liebhabers  mit  der  Geliebten  nachgewiesen  wird,  indem  so 
dieser  Bewerber  notwendig  aus  der  Konkurrenz  ausscheidet. 
Auch  verdient  bemerkt  zu  werden,  dals  das  Schwanken  des  Ti- 
granes zwischen  den  beiden  Gelie]>ten  dem  Schwanken  Eiidinas 
zwischen  ilu'en  beiden  Liebhabern  ähnelt.  Wollte  man  eine  Ab- 
hängigkeit des  Brom  eschen  Stückes  von  demjenigen  Beaumonts 
und  Fletchers  annehmen,  so  dürfte  der  Umstand,  dafs  manche 
Verhältnisse  bei  Brome  fast  wie  auf  den  Kopf  gestellt  erschei- 
nen, an  dieser  Annahme  am  wenigsten  irre  machen:  mufste  doch 
unser  Poet  bestrebt  sein,  den  Mangel  an  Originalität  so  wenig 
als  möglich  merken  zu  lassen!  —  Übrigens  baut  sich  auch  in 
„The  Coronation"  (spätestens  1635),  einer  Komödie  Shirleys  und, 
me  manche  wohl  mit  Unrecht  meinen,  Fletchers, '  die  Handlung 
auf  ähnlichen  Mil'sverständnissen  auf,  die  denn  auch  in  ähnlicher 
Weise  gelöst  werden.  Doch  steht  „A  King  and  No  King" 
Bromes  Stücke  ungleich  näher. 

The  Novella.  Fabricio,  der  Sohn  des  veuetianischen  Sena- 
tors Pantaloni,  hat  sich  in  Rom  mit  einem  armen  Edelfräulciii 
Victoria  verlobt,  ist  aber  alsbald  von  seinem  Vater  nach  Venedig 
zurückgerufen  worden,  um  daselbst  Flavia,  die  Tochter  des  Sena- 
tors Guadagni,  zu  heiraten.  Diese  aber  hängt  noch  treu  an  dem 
jungen  Edlen  Francesco,  mit  welchem  ihr  A^ater  sie  verlobt  hat, 
ehe  der  alte  Pantaloni  ihm  seinen  Fabricio  zum  Schwiegersohn 
anbot.  Da  nun  auch  Fabricio  und  Francesco  ihrerseits  an  ihren 
Bräuten  festhalten,  so  wird  es  ihnen  leicht,  sich  zu  verständigen. 
An  dem  für  seine  Hochzeit  festgesetzten  Tage  ist  Fabricio  nir- 
gends zu  finden,  und  Francesco  gehngt  es,  Flavia  zu  entführen.  — 
Victoria,  jene  Römerin,  ist  nach  Fabricios  Abreise  aus  Rom  ihm 


1  Ward  II,  327. 

Archiv  f.  n.  Sprachen.     liXXXII. 


50  Richard  Brome. 

nach  Venedig  nachgeeilt.  Hier  verfällt. sie  auf  ein  höchst  aben- 
teuerliches Mittel,  den  Geliebten  wieder  zu  Gesicht  zu  bekommen : 
sie  nimmt  den  Besuch  aller  Kavaliere  an,  die  sich  ilir  nahen, 
weist  aber  alle  gegen  ihre  Ehre  gerichteten  Anträge  mit  dem 
Bemerken  zurück,  dafs  ilire  Jungfrauschaft  nur  für  2000  Dukaten 
feil  sei.  Was  Wunder,  dafs  sie  in  den  E,uf  eines  Freudenmäd- 
chens kommt;  bald  spricht  die  ganze  Stadt  von  ihr  als  der  „No- 
vella".  Sogar  der  alte,  geizige  Pantaloni  naht  sich  ihr,  wird  aber 
juit  Hilfe  eines  Dieners  der  Novella,  der  ein  ]\Iohr  und  Eunuch 
ist,  gar  arg  angeführt,  —  Victoria  kommt  durch  ihren  Kund- 
schafter bald  hinter  den  Liebeshandcl  zwischen  Francesco  und 
Fla\na;  sie  nimmt  beide  nach  vollbrachter  Entführung  in  ihr 
Haus  auf  und  läfst  sie  sclileunigst  kopulieren.  Fabricio,  der  von 
der  Anwesenheit  seiner  Verlobten  vernommen,  kommt  hinzu. 
Sein  Glaube,  es  sei  die  Geliebte  zur  Dirne  geworden,  wii'd  ihm 
bald  benommen,  auch  stellt  sich  heraus,  dafs  der  Mann,  der 
bisher  für  ilu'en  Zutreiber  galt,  ihr  leiblicher  Bruder  ist,  ein 
Priester,  der  jeden  ihrer  Schritte  bewachte  und  jederzeit  auf  ihre 
Ehre  bedacht  war.  Auch  die  beiden  Alten  erscheinen,  doch  ver- 
mag Guadagni  an  der  vollendeten  Thatsache  der  Heii'at  seiner 
Tochter  und  Francescos  nichts  zu  ändern,  und  Pantaloni  muCs 
wohl  oder  übel  sich  des  Tadels  über  die  inzwischen  auch  bereits 
vollzogene  Verbindung  seines  Sohnes  mit  der  Novella  begeben, 
da  sonst  zu  fürchten  steht,  sein  garstiges  nächtliches  Abenteuer 
möchte  verraten  werden.  — 

An  romantischen  Umständen  leidet  das  Stück  nicht  Mangel. 
So  sind  Flavia  und  Victoria  fest  entschlossen,  sich  zu  töten, 
wenn  die  ihnen  Verlobten  nicht  ihre  Gatten  würden;  so  hat 
Victorias  Bruder  den  geheimen  Plan  gefafst,  die  Schwester  dem 
Tode  zu  weihen,  wenn  sie  vom  Pfade  der  Tugend  weichen  sollte. 
Es  ist  aber  das  Spiel  auch  reich  an  Verwickelungen,  die  durch 
mehrere  Intriguen  hervorgerufen  werden.  Die  Entführungs- 
geschichte der  Flavia  —  die  Nebenhandlung  —  bildet  schon  an 
sich  eine  Reihe  von  Intriguen,  an  denen  hier,  wie  natürlich, 
Zofen  und  Diener  hervorragenden  Anteil  haben.  Dabei  kann  es 
nicht  felilen,  dals  mitunter  der  Waln'scheinlichkeit  zu  wenig  Rech- 
nung getragen  wird.  Es  eriimert  übrigens  die  Entführung  an 
Jjorenzo.s  und  Jessicas  Flucht  in  „The  Merchant  of  Venice''.    Wie 


Richard  Brome.  51 

Jessica  den  Vater  vorher  beraubt,  so  führt  Francesco  den  Raub 
am  Gute  seines  künftigen  Schwiegervaters  aus.  Auch  ist  es 
wahrscheinhch,  dafs  die  Charakteristik  der  Liebhaber  Victorias 
auf  M.  of  V.  I,  2  zurückzuführen  ist,  wo  Nerissa  und  Portia 
die  Freier  bekritteln.     Bei  Brome  Kest  man: 

Victoria.     Pray  thee,  speake  nearer  home,  wlio  hast  thou  hous'd? 

Paulo  (V.'s  brother).     I  have  cuH'd  from  the  pack  a  speciall  priuce; 
Foure  glittering  Gallants;  one  of  Italy, 
For  our  deare  Couutries  sake.     But  tiien  a  Monsieur, 
A  joviall  Freuchman,  all  of  flame  aud  spirit. 

Victoria.    I  shall  not  dare  to  meddle  with  bis  glory, 
For  feare  I  fall  with  Semele;  who  next? 

Paulo.  A  Spauiard  next,  that,  to  adorue  his  pride, 

Weares  an  Epitome  of  both  the  ludies. 

Victoria.    I  saw  his  punctuality  passe  by. 

Paulo.         And  did  you  note  his  stifFe  reservednesse? 

He  dares  not  cough  for  breaking  of  his  chaine. 

But  then  there  is  a  Dutchman  (Cargo  lustick!) 

A  jolly  stroug  chiud  German,  princely  borne; 

A  Landgrave  at  the  least;  whose  very  bluntnesse 

Promises  more  than  the  sharp-set  Italiau, 

The  fiery  Freuchman,  or  the  doughty  Diego 

In  all  their  eager  pursuit. '  '  (W.  I,  130  f.) 

Endhch  mag  „Othello",  besonders  hinsichtlich  des  Lokal- 
tones, von  Einfluis  gewesen  sein,  wie  auch  das  Auftreten  eines 
Mohren  wohl  eine  Reminiscenz  an  eben  dieses  Stück  ist.  Das 
letztere  könnte  auch  hinsichtlich  Bromes  „The  English  Moor" 
gelten,  wo  allerdhigs  nur  eine  als  INIohriu  gefärbte  resp.  geklei- 
dete Person  auftritt,  —  Bezüdich  der  Gestalt  des  Mohren  auf 
der  enghschen  Bühne  überhaupt  finden  sich  bei  Rapp-  und  Ward 
interessante  Mutmafsungen.  Jener  führt  diese  Gestalt  auf  das 
früher  Mai'lowe  zugeschriebene  Stück  „Lust's  Dominion"  zu- 
rück.    „Der  blutdürstige  Mohr  wirkte  auf  die  Masse  durch  sein 


1  Es  findet  sich  ein  ähnliches  Zwiegespräch  in  Thom.  Heywoods 
«A  Challenge  for  Beauty"  (gedruckt  163G)  TI,  1 ;  doch  scheint  Brome  das- 
selbe nicht  benutzt  zu  haben.  —  Vgl.  auch  Wilh.  König  a.  a.  O.  XIII,  110. 
Ahnliche  Unterredungen  finden  bei  Shakespeare  statt  in  .,The  Two  Geutle- 
men  of  Verona"  zwischen  Julia  und  Lucetta,  in  „Troilus  and  Cressida" 
zwischen  Paudarus  und  Cressida,  in  „Pericles"  zwischen  Simonides  und 
seiner  Tochter  bei  den  Turnierscenen. 

2  Studien  über  das  englische  Theater.    Tübingen  1862.     S.  30. 

4* 


52  Kichard  Brome. 

schwarzes  Gesicht  und  wurde  nun  eine  stehende  Figiu'  dieser 
Bühne."  Ward  hingegen  *  ist  geneigt,  das  eben  genannte  Stück 
—  welches  er  mit  dem  von  Haughton,  Day  und  Dekker  verfafsten 
„The  Spanish  Moor's  Tragedy"  identifiziert  —  als  eine  Nach- 
ahmung von  Marlowes  „The  Jew  of  Malta''  (1588 — 90)  aufzu- 
fassen. Demnach  würde  Ithamore  der  Stammvater  der  englischen 
Bühnen-Mohren  sein. 

Der  Deutsche,  den  Brome  in  „The  Xovella''  auftreten  lälst, 
Swatzenburgh  oder  Swatzenberg  —  „a  joUy  strong  chind  Ger- 
man,  princely  boru;  a  Jjandgrave  at  the  least",  kurz  vorher  als 
„Dutchman"  bezeichnet  —  redet  an  der  Stelle,  wo  er  es  mit  dem 
als  Deutschen  verkleideten  Fabricio  zu  thun  hat,  hochdeutsch: 

„]Vas  oder  irer  biftu?  Biftii  ein  Deutfclier'?  Sag  »lihr  in 
was  ort  Du  gclebft  liaft?-^  —  —  —  ^  —  .dclt  denke  du  hiß  ein 
heuchler;  biftu  aber  ein  Deutfcher  fu  a)ituort  milir  in  deutfcher 
fpracJi.^'  (W.  I,  169.) 

Beiläufig  werden  auch  „The  Netherlands'',  „the  Low  Coun- 
tries"  erwähnt.  DaCs  Brome  selbst  jemals  auf  dem  Kontinente 
gewesen,  haben  wir  schon  oben  bezweifelt,  und  diese  wenigen 
deutschen  AVorte,  fast  die  einzigen,  die  sich  bei  ihm  überhaupt 
finden,  2  vermögen  diesen  Zweifel  nicht  zu  beseitigen.  Sein  ge- 
ringes Deutsch  mag  er  von  Kollegen  oder  Schauspielern  haben, 
die  in  Deutschland  mit  deutscher  Sitte  und  Sprache  sich  ver- 
traut gemacht  hatten,^  falls  er  nicht  eines  der  vielen  Stücke 
jener  Zeit  benutzte,  in  denen  Deutschredende  auftreten.  Zudem 
war  es  nicht  eben  schwierig,  in  London  selbst  von  geborenen 
Deutschen  manches  aufzufangen  und  sich  anzueignen,'  und  end- 

'  II,  19  f. 

^  In  „A  .lüvial  Crew"  kommt  uoch  eiumal  „lustick"  vor.  (W.  III, 
.^66.)  In  „The  Antipodes"  heifst  es:  ^.  .  .  from  Kevser  tu  the  Clowne'*. 
(W.  III,  265.) 

••  Elze,  Chapnian's  Alphousus,  Emperor  of  Germany.  p.  7:  ,Tliis 
knowledge  they  took  lionie  with  them,  and  no  doubt  iniparted  it  to  their 
friends  and  colleagues." 

'  Ders.,  p.  {  ff.  Als  Prinzess  Elisabeth  1618  den  Pfalzgrafen  hei- 
ratete, brachte  er  ohne  Zweifel  ein  zahlreiches  Gefolge  mit.  „How  often 
may  tbe  Steel- Yard,  that  centre  of  national  merriment  and  international 
dainties,  no  less  than  of  international  busiuess,  have  witnessed  gronps  of 
Euglish   and  German   courtiers,   merchauts  and   actors,   overfiowing  with 


Richard  15rome.  53 

lieh  ist  nicht  völhg  ausgeschlossen,  dafs  die  angeführten  Phrasen 
Einschiebsel  des  Schauspielers  oder  Xachschreibers  oder  auch 
des  Herausgebers  dieser  Komödie  sind,  falls  nicht  die  beiden 
letzten  identisch  sein  sollten. 

Ä  Jovial  Crew,  or  the  Merry  Beggars.  Dem  reichen 
Gutsherrn  Oldrent  ist  prophezeit  worden,  seine  beiden  Töchter 
würden  Bettlerinneu  werden,  und  darüber  ist  er  in  Schwermut 
verfallen.  Nun  hat  er  einen  Verwalter,  Springlove,  der  bisher 
jedes  Jahr,  sol>ald  der  Sommer  nahte,  Urlaub  erbeten  und  er- 
halten hatte,  um  sich  einem  ungebundenen,  vagabondierenden 
Leben  hinzugeben.  Eine  Schar  Bettler,  die  sich  gerade  auf 
Oldrents  Hofe  befindet,  wird  vom  Verwalter  so  reichlich  be- 
wirtet, dafs  sie  ihn  zu  ihrem  Oberhaupte  erwälilen.  Er  ninunt 
von  neuem  Urlaub  und  will  mit  ihnen  ziehen.  Unterdessen 
haben  Meriel  und  Kachel,  Oldrents  Töchter,  gefunden,  dafs  das 
beschränkte  Leben  im  Hause  ihres  schwermütigen  Vaters  recht 
drückend  für  sie  ist;  sie  wünschen,  einmal  auf  längere  Zeit 
ganz  frei  zu  sein,  um  am  liebsten  als  Bettlerinnen  die  Welt  zu 
durchziehen.  Ihre  Verlobten,  Vincent  und  Hilliard,  würden  sich 
ihnen  anschliefseu.  In  ihrem  Entsclilusse  werden  sie  bestärkt 
durch  den  Verwalter  Springlove,  der  ihnen  das  freie  Leben  nicht 
genug  rühmen  kann  und  ihnen  überdies  den  Grund  der  Schwer- 
mut des  alten  Herrn  mitteilt.  Die  Töchter  wollen  nun  um  so 
mehr  Bettlerinnen  werden,  als  sie  dadurch  jene  Prophezeiung  zu 
erfüllen  und  ihr  Genüge  zu  leisten  glauben ;  denn  der  Wahrsager 
hatte  nur  davon  gesprochen,  dafs  sie  überhaupt  einmal  Bett- 
lerinnen werden  würden,  nicht  davon,  dafs  sie  es  für  inmier 
bleiben  sollten.  Zugleich  hoffen  sie,  durch  diesen  Sehritt  dem 
Vater  seine  Heiterkeit  zurückzugeben.  Doch  lassen  sie  ihn  zu- 
nächst von  ihrem  Vorhaben  nichts  merken,  sondern  sind  plötz- 
lich eines  Morgens  mit  Springlove,  der  Bettlerschar  und  ihren 
beiden    Liebhabern    verschwunden.      Anstatt    noch    trauriger    zu 

feelings  of  universal  brotherhood  —  upsy  Dutch  or  iipsij  KiKßish:  tho 
Germans  murdering  the  Kiug's  English  as  lustily  as  the  P^uglish  did 
the  Palsgrave's  German."  Auch  durch  Gesandte  und  ihr  CJefolge,  sowie 
durch  englische  Kaufleute,  die  sich  längere  Zeit  in  Deutschland  aufge- 
halten, kamen  deutsche  Sprachbrocken  nach  England. 


54  Richard  Brome. 

werden,  benimmt  sich  Oldrent  als  Philosopli.  Er  redet  sich  ein, 
die  Töchter  seien  für  ihn  unwiederbringhch  verloren,  und  alles 
ELlagen  nütze  zu  nichts.  Deshalb  giebt  er  sich  Mühe,  über  die 
jMal'seu  lustig  zu  sein,  was  ihm  mit  Hilfe  seines  jovialen  Freundes 
Hearty  auch  gelingt.  —  Unterdessen  durchziehen  die  freiwilligen 
Bettler  die  Umgegend  und  haben  manches  heitere  Abenteuer  zu 
bestehen.  Der  Zufall  will,  daCs  ein  drittes  Liebespaar  unter  sie 
gerät.  Amie,  des  Richters  Clack  Nichte,  war  von  dessen  Schreiber 
IVIartin  entführt  worden  und  sucht  mui  samt  diesem  bei  unseren  Bett- 
lern eine  Zufluchtstätte.  Da  mm  ISIartin  sieht,  wie  Amic  alsbald  sich 
in  Springlove  verliebt,  verläfst  der  Eifersüchtige  die  Gesellschaft, 
kehrt  nach  Hause  zurück  und  verrät  dem  Richter  ihren  Aufent- 
halt. Clack  läfst  die  Entflohene  sogleich  verfolgen,  und  da  man 
sie  unter  den  Bettlern  findet,  werden  auch  diese  mit  verhaftet 
und  eingebracht.  Doch  gelingt  es  den  Bettlern  von  Profession 
gar  bald  zu  entwischen,  und  nur  unsere  Freiwilligen  verbleiben 
in  der  Haft.  Nun  ist  gerade  beim  Richter  Clack  der  Herr  Old- 
rent zu  Besuch,  und  um  seinen  Gast  zu  ehren,  ^vill  jener  dem 
alten  Herrn  ein  Schauspiel  zum  Besten  geben.  Die  Verhafteten 
sollen  straffrei  ausgehen,  wenn  sie  ihre  schauspielerischen  Talente 
zeigen  —  denn  solcher  hatten  sie  sich  gerühmt.  Aus  ihrem 
Spiele  erkennt  Oldrent  den  Zusammenliaiig.  Er  vergiebt  den 
wiedergefundenen  Töchtern  und  ist  froh,  dafs  die  Propliezeiung 
sich  in  so  harmloser  Weise  erfüllt  hat.  Auch  stellt  sich  heraus, 
dafs  S[)i'inglove  sein  und  einer  Bettlerin  Sohn  ist.  Er  war  im 
Gewerbe  der  Mutter  aufgewachsen.  Daher  seine  Vorliebe  für 
das  wandernde  Leben  der  Bettler,  welches  er,  seitdem  er  in  Old- 
rents  Dienste  stand,  in  jedem  Jahre  einmal  von  neuem  genossen 
hatte.  — 

So  sonderbar  uns  Neuere  die  Idee  anuuitet,  eine  Gesellschaft 
gewerbsmäfsiger  Bettler  auf  der  Scene  zu  sehen,  so  muls  doch 
bei  diesem  Stücke  eine  gewisse  Naturwüclisigkeit  und  Frische 
anerkannt  werden,  die  freilich  mitunter  in  das  Obscöue  übergeht. 
Dafs  die  Entwickeln ng  unwahrscheinlich  ist,  we  Ward  bemerkt, 
ist  kein  Fehler,  der  dieser  Komödie  vor  anderen  Stücken  unseres 
Autors  eigen! ümlicli  wäre;  ja  wir  dürfen  sagen,  dals  gerade  hier 
vieles  mehr  tmd  besser  motiviert  ist  als  in  manchen  der  Sitten- 
komödien.    Auch    der  Vorwurf,   den    Ra])p    dem    Stücke   macht, 


Richard  Brome.  55 

es  leide  Mangel  an  Einheit,  trifft  andere  Stücke  weit  mehr.  Da- 
gegen hat  Rapp  entschieden  recht,  wenn  er  den  Charakter  des 
Springlove  wenig  ausgeführt  nennt  und  meint,  es  fehle  der  Ko- 
mödie an  konsequenter  Leidenschaft  und  somit  an  Pathos  und 
Idealität. ' 

Wald-  und  Feldsceneu,  in  denen  Bettler,  Zigeuner,  Geächtete 
und  Strafsenräuber  auftreten,  finden  sich  in  den  dramatischen 
Werken  der  Epoche  nicht  selten;  so  in  „The  Pilgrim"  (1621), 
„The  ISIaid  in  the  MilP'  (1623),  „Wit  at  Several  Weapous"  (vor 
1616),  „The  Beggars'  Bush"  (1632)  von  Beaumont  und  Fletcher, 
bez.  von  Fletcher  allein;  in  Massingers  „Tlie  Guardian"  (1633), 
in  manchem  Jousonschen  Stücke,  wie  in  „The  Sad  Shepherd" 
und  der  Maske  „The  Gipsies  Metamorphosed",  vor  allem  auch 
in  „The  Spauish  Gipsy"  (gedruckt  1652)  von  Middleton  und 
Rowley.  Solche  Sceuen  verdanken  ihren  Ursprung  entweder 
spanischen  Novellen  oder  englischen  Fairy  Tales  und  Volkssagen 
(Robin  Hood).  An  Feeumärchen  erinnern  in  Bromes  Stücken  nur 
einige  der  eingelegten  Lieder,  in  denen  von  Elfen  und  König 
und  Königin  (d.  i.  Oberon  und  Mab)  die  Rede  ist;  in  anderen 
Gesängen  mag  mau  Reste  lokaler  Sagen  erkennen  (so  W.  III, 
385).  Die  Handlung  aber,  wenigstens  die  Haupthandlung,  läl'st 
an  spanischen  Einfluis  denken.  Freilich  wird  dieser  Einfluls  kein 
direkter  gewesen  sein  können.  Die  spanischen  Quellen  verboten 
sich  Brome  von  selbst,  da  bei  seinem  Bildungsgänge  ihm  die 
Erlernung  der  spanischen  wie  überhaupt  einer  fremden  Sprache 
kaum  möglich  gewesen  sein  dürfte.  Aber  auch  Übersetzungen 
wird  er  kaum  benutzt  haben;  denn  die  kleineren  Erzälilungeu 
des  Cervantes,  um  die  es  sich  bei  vorliegendem  Stücke  allein 
handelt,  sind  wohl  nicht  vor  1640  ins  Englische  übertragen  wor- 
den. -  Es  ist  vielmehr  von  vornherein  wahrscheinlich,  dafs  er 
auch  hier  auf  den  Schultern  der  Zeitgenossen  steht. 

Wir  prüfen  zunächst  Wards  Meinung.  „It  is  possible,"  sagt 
er,  3  „that  he  (Brome)  was  only  availing  himself  of  an  idea  which 
Fletcher's  The  Beggars'  Bush  or,  less  directly,  more  thau  one 
of  Jonson's  productions  might  have  suggested  to  him."  —  In  der 
That  möchte  man  glauben,    dafs  Fletchers  „The  Beggars'   Bush" 


•  Eapp  a.  a.  O.  22.      -  Ward  II,  239,  Note  5.      »  pers.  II,  311. 


56  Richard  Brome. 

einigen  Einfluls  auf  unser  Stück  geübt  hat,  nicht,  soweit  die 
Hauptliandlung  in  Betracht  kommt  —  denn  diese  hat  mit  der 
des  Bromescheu  Lustspiels  gar  nichts  gemein  — ,  wohl  aber  hin- 
sichtlich der  Bettlerscenen.  Zwar  läfst  sich  von  keiner  solchen 
Scene  in  „A  Jovial  Crew"  behaupten,  sie  sei  einer  Fletcherschen 
nachgebildet;  in  den  Einzelheiten  ist  die  Ähnlichkeit  dieser  Auf- 
tritte nicht  eben  schlagend.  Aber  der  allgemeine  Eindruck,  den 
sie  im  Leser  hervorrufen,  spricht  durchaus  für  ihre  Verwandt- 
schaft. Hier  wie  dort  hat  sich  eine  Art  von  Bettlerstaat  kon- 
stituiert, ein  „Commonwealth",  mit  einem  Oberhaupte,  mit  Ge- 
setzen und  Traditionen;  das  Verhalten  der  Ghedcr  dieses  Staates 
gegen  das  Oberhaupt  ist  dasselbe  in  „The  B.  B."  mid  in  „A  Jovial 
Crew" ;  der  Ton  dieser  Leute  in  beiden  Gemeinschaften  fi-ei,  bei- 
nahe roh,  in  „The  B.  B."  zum  Teil  cynisch;  und  endhch  be- 
dienen sich  die  Bettler  Bromes  und  diejenigen  Fletchers  derselben 
charakteristischen  Gaunersprache,  wenn  sie  auch  bei  Fletcher 
mehr  ausgebildet  erscheint.  Es  steht  somit  der  Annahme  nichts 
entgegen,  dals  Brome  „The  B.  B."  wohl  gekannt  und,  soviel  die 
Bettlerscenen  anlangt,  mehr  als  eine  blofse  Anregung  dm-ch 
dieses  Stück  erhalten  hat.  —  Ben  Jonsons  Maske  „The  Gipsies 
Metamorphosed"  kommt  hinsichtlich  der  Handlung  noch  weniger 
in  Betracht;  auch  lassen  die  Gesänge,  in  denen  der  Dichter  die 
Gaunersprache  mit  wahrer  Virtuosität  behandelt,  eine  bemerkens- 
werte Übereinstimmung  mit  denen  in  „A  Jovial  C^rcw"  nicht 
erkennen.  Dagegen  ist  die  Maske  merkwürdig  wegen  einer  Stelle, 
die  sich  in  der  Rede  des  Jackman,  gleich  zu  Anfang,  findet. 
Derselbe  ladet  das  Publikum  zur  Betrachtung  der  fünf  kleinen 
Kinder  ein,  die  er  auf  dem  Rücken  trägt:  „Gaze  upon  thcm  ... 
especially  on  this  brave  Spark  Struck  out  of  Elintshire,  upon 
Justice  Jug's  Daughter,  theu  Sheriif  of  the  Country,  who  running 
away  with  a  Kinsman  of  our  Captain\'^,  and  her  father  pursuing 

her  to  tiie  Marshes "     Es  liegt  die  ]\I()glichkeit  vor,    dals 

diese  wenigen  AVorte  für  Brome  der  Anlafs  wurden,  die  Neben- 
handlung seines  Stückes  so  zu  gestalten,  wie  sie  ist:  eines  Rich- 
ters Nichte  wird  von  dessen  Schreiber  entführt,  und  der  Vater 
lä(st  Ix'idc  verfolgen.  —  Der  frische  Waldesduft,  der  in  Jonsons 
„The  Sad  Shepherd"  weht,  kami  sehr  wohl  Bromes  M'ald-  und 
Feldsccnen  mit  der  Frische  beschenkt  haben,    von   der  wir  oben 


Eichard  Brome.  57 

sprachen,  und  das  Feenwesen  jenes  Stückes  ist  vielleicht  nicht 
ohne  Einwirkung  auf  die  Gesänge  in  „A  Jovial  Crew"  geblieben; 
auch  finden  wir  hier  wie  dort  eine  Amie. 

Wir  möchten  aber  auf  ein  Stück  aufmerksam  machen,  wel- 
ches nicht  in  Einzelheiten  blofs,  sondern  vor  allem  im  ganzen 
Charakter  seines  Baues  mit  Bromes  romantischer  Komödie  auf- 
fallende Ähnlichkeit  hat.  Es  ist  dies  Middletons  und  Rowleys 
Drama  „The  Spanish  Gipsy".  Beide  Stücke  haben  zwei  Hand- 
lungen, die  nicht  allzu  eng  miteinander  verknüpft  sind.  In 
„A  Jovial  Crew"  dreht  sich  die  eine  Handlung  mn  Springlove 
und  seine  Bettlerschar,  die  andere  um  des  Richters  Nichte  imd 
deren  Geliebten;  in  „The  Spanish  Gipsy"  die  eine  um  Con- 
stanze (Preciosa)  und  die  Zigeimer,  die  andere  um  Roderigo  imd 
Clara.  Als  Quellen  benutzten  Middleton  und  Rowley  zwei  No- 
vellen des  Cervantes,  und  zwar  für  die  erste  Handlung  „La 
Gitanilla",  für  die  zweite  „La  Fuerza  de  la  Sangre".  •  Wenn 
nun  auch  die  zweiten  Handlungen  der  beiden  Stücke  fast  nichts 
miteinander  gemein  haben,  so  zeigen  doch  die  ersten  eine  Über- 
einstimmimg,  die  nicht  blofs  zufällig  sein  kann.  Denn  abge- 
sehen davon,  dafs  die  Bromeschen  Bettler  mit  den  vermeinten 
Zigeunern  Middletons  gewisse  individuelle  Züge  teilen,  nimmt 
Springlove  eine  Stelle  ein,  die  derjenigen  Constanzes  analog  ist. 
Beide  sind  die  Häupter  ihrer  Gesellschaft,  beide  finden  am 
Schlüsse  ihre  Angehörigen  wieder,  und  beider  Liebe  erlangt  den 
Segen  der  ihnen  neu  geschenkten  Eltern.  So  spielt  denn  Spring- 
love „gewissermafsen  eine  umgekehrte  Preciosa-Rolle".^  Zudem 
aber  erfolgt  die  Lösung  des  Knotens  in  beiden  Stücken  durch 
eine  Komödie  in  der  Komödie,  welcher  Zug  sich  iu  der  Novelle 
des  Cervantes  nicht  findet;  wohl  der  sicherste  Beweis,. dafs  Brome 
nach  Middleton  und  Rowley  gearbeitet  hat. 

Noch  seien  einige  Anklänge  an  Shakespeare  erwähnt.  Der 
Monolog  des  Dieners  Randal,  welcher  sich  besinnt,  ob  er  ihm 
anvertrautes  Geld  für  sich  behalten  solle  oder  nicht,  bildet  ein 
Pendant  zmn  INIonologe  Lancelot  Gobbos,  welcher  im  Zweifel  ist, 


'  S.  Ward  II,  78,  wo  derselbe  überdies  dankenswerte  Nachweise  über 
den  anderweiten  Einfiufs  der  Gitanilla  giebt. 
^  Rapp  a.  a.  0.  22. 


58  Richard  Brome. 

ob  er  dem  Juden,  seinem  Herrn,  entlaufen  oder  ob  er  l^leiben 
solle  („Merchant  of  Venicc"  11,  2).  So  sagt  Randal:  „If  I  now 
should  turn  this  money  to  my  own  use !  ha  I  dcar  Devil,  tempt 
nie  not.  —  Away,  Temptatiou,  Icavc  me,  I  am  frail  flesh:  yet 
r  will  figlit  with  thee.  —  —  Turn  from  me,  Satan :  strive  not 
to  clog  my  conscience "  (W.  lU,  381  f.)  Auf  einen  be- 
kannten Ausspruch  des  Polonius  („Hamlet"  H,  2)  weisen  Heartys 

Worte : 

If  this  be  madness,  'tis  a  merry  Fit.        (\V.  III,  380.) 

„A  Jovial  Crew,  or  the  Merry  Beggars"  hat  sich  sehr  lange 
auf  der  Bühne  erhalten.  Wenn  aber  Ward  '  diesen  Umstand 
der  aufserordentlichen  Popularität  zuschreibt,  die  das  weit  später 
(1728)  erschienene  Stück  John  Gays  „The  Beggar's  Opera"  sich 
erwarb,  so  ist  vor  allem  y.u  bedenken,  dals,  vom  Titel  abge- 
sehen, beide  Dichtungen  durchaus  verschieden  sind.  Jedenfalls 
aber  zeigte  der  Erfolg  der  Gayschen  Schöpfung,  dafs  sich  auf 
dem  Gebiete  der  Bettleroper  etwas  wagen  liefs,  und  so  erscheint 
es  als  ganz  natürlich,  dafs  schon  1732  Bromes  Stück  unter  sei- 
nem alten  Titel  in  Drmy-Lane  als  Oper  aufgeführt  ward,  nach- 
dem Mr.  Roome  und  Sir  William  Young  dasselbe  um  verschie- 
dene Gesänge  bereichert  hatten.-  In  dieser  Gestalt  blieb  es 
sehr  lange  auf  dem  Eepertoire.  •'  Von  dieser  Oper  urteilt  die 
Biographia  Dramatica:  „It  is  ccrtain  that  it  is  far  from  au  un- 
entertaining  piece,  especiidly  to  those  who  are  fond  of  tlic  mu- 
sical  drama ;  yet  it  is  mingled  with  so  many  absurditics  and  indeli- 
cacies,  that  I  cannot  help  looking  on  the  great  approbation  it 
met  with,  as  a  kind  of  reflection  on  the  public  taste." 

Von  den  romantischen  Int rif/iioidr amen  besprechen  wir 
The  Queens  Exchange.  Bertha,  die  Königin  von  Wessex, 
gedenkt  Osriick,  den  König  von  Xorthumbcrland,  zu  heiraten, 
stölst  aber  bei  Lord  Segbert,  dem  I^'rcundo  ihres  verstorbenen 
Vaters,  auf  Widerspruch :  der  Ijord  meint,  unter  einem  northum- 
brischen   Herrscher   möchten   die   westsäclisischen   Interessen    zu 


'  II,  311. 

-  l5iogr.  Dram.  II,  17J.  —  Ward   liat  1731  als  Jahr  der  ersten  Auf- 
führunp. 

••  Nach  Ward  bis  ITül.    II,  311,  Note  1. 


Kichanl  Brome.  59 

wenig  gewahrt-  werden.  Zar  Strafe  für  seinen  Widerspriidi  ver- 
bannt ihn  die  Königio,  und  so  zieht  er  denn,  nur  von  seinem 
ältesten  Sohn  Anthynus  begleitet,  nach  Northunil^erland,  um  dort 
dem  Könige  selbst  Vorstellungen  7a\  machen,  wird  aber  unter- 
wegs von  seinem  zweiten  Sohn  Offa,  der  ihn  schnell  l)eerben 
möchte,  meuchlerisch  überfallen  imd  verwundet.  Ein  frommer 
Eremit  ninmit  sich  seiner  an,  giebt  ihm  Herberge  und  pflegt  ihn, 
während  Anthynus,  der  mit  Xot  den  von  Oifa  gedmigenen  Mör- 
dern entwischt  war,  den  verlorenen  Vater  vergebens  in  Wald 
imd  Fku'  sucht. 

Unterdessen  hat  der  Sinn  des  Königs  von  Northimiberland 
eine  merkwiu'dige  Veränderung  erfahren.  Der  Gesandte,  welcher 
ihm  mit  Berthas  Jawort  deren  Bildnis  überbrachte,  liefs  ilin  zu- 
gleich das  Porträt  der  Mildred  sehen,  der  Tochter  Segberts. 
Eine  Vergleichuug  der  Bildnisse  hat  die  Wirkung,  dafs  Osriick 
der  Königin  vergifst  und  nur  danach  trachtet,  jene  andere  Jung- 
frau kennen  zu  lernen.  Dies  mufs  incognito  geschehen;  das 
Volk  soll  nichts  von  seiner  Abwesenheit  merken.  Da  ist's  ihm 
denn  gerade  recht,  dafs  man  den  Anthynus,  den  man  im  AA^alde 
schlafend  gefunden,  und  der  ihm  gleicht  wie  ein  Ei  dem  an- 
deren, einstweilen  seine  Rolle  spielen  lassen  will.  Nur  wenige 
Lords  sind  in  das  Geheimnis  eingeweiht,  und  diese  wenigen  be- 
gleiten den  als  Privatmann  auftretenden  Osriick  nach  Wessex. 
Dort  A\ard  er  für  Anth}Tius  augesehen  imd,  da  der  heuchlerische 
Offa  ihn  beschuldigt,  den  Vater,  Segbert,  ermordet  zu  haben, 
ins  Gefängnis  geworfen. 

Anthynus  kann  sich  inz\\ischen  in  seine  Rolle  als  northum- 
brischer  König  durchaus  nicht  finden:  er  Aviederholt  seiner 
Umgebung,  er  sei  Anthynus,  Segberts  Sohn,  und  nicht  der 
König.  Die  Höflinge,  denen  der  Tausch  unbekannt  ist,  und  die 
ihn  demnach  für  den  Regenten  halten  müssen,  glauben,  er  sei 
gemütskrank  geworden.  Man  sucht  seine  Heü-at  zu  besclileu- 
uigen,  da  man  von  derselben  seine  Genesung  erhofft.  Die  Kö- 
nigin von  Wessex,  die  man  von  seinem  Zustande  benach- 
richtigt hat,  eilt  herbei,  und  Anthymis  läfst  es  sich  gefallen, 
mit  iln-  vermählt  zu  werden;  worauf  denn  das  Ehepaar  nach 
Wessex  reist. 

Dort    erfolgt    die   Aufklärung.     Der    aus    dem   Gefängnisse 


60  Eichartl  Bioiiie. 

befreite  Osriick  verbindet  sich  mit  Mildred.  Die  Festfreude 
wird  zum  Schlüsse  durch  die  Rückkehr  des  totgeglaubten  Segbert 
erhöht.     Der  schurkische  OfFa  erhält  Verzeiliuug.  — 

In  diesem  Drama  zeigt  der  Verfasser  bei  weitem  mehr 
Kunst  als  in  den  bisher  besprochenen  Stücken.  Er  hat  sich 
hier  ersichtlich  Mühe  gegeben,  seinen  Stil  auf  einer  gewissen 
Höhe  zu  halten,  und  hat  insbesondere  den  blank  verse  durch- 
gehends,  wenn  auch  mit  sehr  ungleichem  Erfolge,  zur  Anwen- 
dung gebracht.  Der  Verlauf  der  Handlmig  zeigt  eine  Frische, 
die  vom  Leser  jede  Ermüdung  fernhält;  und  obwohl  das  leitende 
Motiv  in  der  Verwechselung  von  Personen  und  daraus  sich  er- 
gebenden Mifsverständnissen  liegt,  so  findet  sich  doch  nirgends 
Unklarheit  oder  Verschwommenheit.  Auch  sind  die  einzelnen 
Handlungen  gut  miteinander  verbunden. 

Das  Stück  enthält  mannigfache  Anklänge  an  andere  Dra- 
men, wie  zum  Teil  schon  Ward  hervorhebt.  Zunächst  erinnert 
die  Art,  wie  der  in  die  A^erbannung  ziehende  I^ord  Segbert  zu 
erkunden  sucht,  in  welchem  Grade  seine  Kinder  ihn  heben,  au 
„King  Lear"  (I,  2).  Segbert  fragt  ein  jedes  der  drei  Kinder, 
wie  es  seine  Liebe  zu  ihm  gefunden  habe.  Darauf  er^^ndert. 
Offa,  überschwenglich  wie  bei  Shakespeare  Goneril: 

O  dear  Sir, 
I  am  all  unworthy  to  acknowledge  half. 
Half  of  your  pious  boiiuties  ou  a  Son, 
A  wretch  so  ill-deserving  38  myself ; 
Your  hand  has  everniore  l)een  open  to  me, 
Your  blessings  still  nu^re  readily  have  showr'd 
Upon  my  head,  tlian  I  had  grace  to  ask  them  .... 

Mildred  versichert  unter  Thräucn,  seine  Güte  sei  unaus- 
sprechhch : 

Could,  or  durst  I  atterapt  t'express  your  goodness? 
More  than  to  say,  'tis  more  than  I  can  say. 

Doch  wie  sich  später  zeigt,  meint  sie  es  aufrichtig,  anders 
als  Offa.  —  Endlich  richtet  der  Alte  seine  Frage  auch  an  An- 
thpius.  Dieser  mag  nicht  schmeicheln,  und  aufserdem  ist  sein 
Gemüt  verbittert,  weil  der  Vater  ihn,  den  Erstgeborenen,  zu- 
letzt fragt.. 

Scgb.  Now  there  rests 

Of  all  my  ehildren  but  von,  to  resolve  me, 
llow  von  havc  found  mv  love. 


Richard  Brome.  61 

Anth.  You  ask  me  last, 

Sir,  I  presume,  'cause  you  have  had  me  longest, 

To  crown  their  testimony. 
Segb.  Yet  you  seem, 

Anthynus,  by  your  leave,  least  to  know  me, 

But  like  a  stranger  look  u^jou  me  when 

These  give  me  due  respect. 
Anth.  Lesse  thau  due 

I  dare  not  give  you;  and  more  were  to  abuse  you. 

Though  I  do  not  applaud,  I  must  approve, 

You  are  a  right  good  father.  (W.  III,  466  f.) 

Diese  Offenheit  verletzt  Segbert,  und  er  bestimmt,  tlafs  bei 
seinen  Lebzeiten  der  zweite  Sohn  Offa  als  Erstgeborener  be- 
trachtet und  geehrt  werden  solle.  Und  doch  ist  Anthynus  von 
walirer  Kindesliebe  erfüllt,  denn  er  begleitet  freiwillig  den  Vater 
in  die  Verbannung,  wälii-end  Offa  bald  darauf  beiden  nach  dem 
Leben  trachtet.  —  Der  Überfall  Segberts  und  seines  Sohnes 
AnthjTius  diu'ch  Offa  und  die  ^'on  diesem  gedungenen  Mörder 
gemahnt  an  „Macbeth",  wo  auch  ein  Vater  (Banquo)  fällt,  der 
Sohn  aber  entkommt  (III,  3).  Dafs,  wie  sich  später  heraus- 
stellt, Segberts  Tod  nur  scheinbar  ist,  thut  der  Ähnlichkeit  der 
Scenen  keinen  Eintrag.  —  Den  Genius,  welcher  im  vierten  Akte 
dem  Anthynus  Trost  und  Vertrauen  einspricht  (W.  III,  528  f.), 
glaubt  Ward  auf  den  Einflufs  von  Massingers  „The  Virgin 
Martyr"  (um  1620)  zurückfüliren  zu  können,  welche  Meinung 
trotz  der  sehr  verschiedenen  äufseren  Umstände  viel  für  sich 
hat.  In  Massiugers  Stück  wird  Dorothea,  die  christliche  Blut- 
zeugin, im  Leben  und  bei  ihrem  Tode  von  einem  guten  Genius 
geleitet  und  getröstet.  Derselbe  Genius  bekehrt  s])ätcr  den 
eifrigen  Christenverfolger  Theophilus  und  umschwebt  ihn,  als 
auch  dieser  den  MärtjTertod  erleiden  mufs.  Da,  wenige  Augen- 
blicke vor  seinem  Verscheiden,  hat  Theophilus  eine  A'^ision: 
Dorothea  erscheint  ihm,  eine  Krone  auf  dem  Haupte,  begleitet 
von  seligen  Märtyrern,  und  überreicht  auch  ihm  eine  Krone 
(V,  2).  In  unserem  Stücke  sieht  sich  x\nthynus,  auf  die  Ein- 
gebungen des  Genius  hin,  im  Traume  zum  Könige  von  AVessex 
erhoben.  Die  Visionen  sind  von  beiden  Verfassern  als  „dumb 
shows"  behandelt.  —  Ungewifs  bleibt,  woher  Brome  seinen  Stoff 
genommen,  und  insbesondere,  ob  die  Verwechselung  des  Königs 
Osriick  mit  Anthynus  etwa  dem  Einflüsse  einer  Komödie  der 
L'ruugeu    zu   danken  ist,    ungewii's    ferner,    ob    der   schlagfertige 


62  Richard  ßiome. 

Hofnarr  Jeffrey  als  Bronics  eigene  Erfindung  beti-achtet  werden 
darf.  Daffeseu  ist  es  nicht  unwahrselieinlidi,  dals  er  in  der 
Diebesscene  des  fünften  Aktes  (W.  II,  535),  in  welcher  Räuber, 
als  Divils,  rectc  Devils,  verkleidet,  auftreten,  demselben  Suckling 
folgte,  den  er,  wie  wir  aiuiehmen  durften,  wegen  ähnlicher  Teufels- 
scenen  verspottete.  ^ 


1  Vgl.  «The  Goblius'',  Komödie  vou  Sir  .Tohu  Suckling. 
Dresden.  Dr.  E.  K.  R.  Eaust. 


Pierre   de   Lariveys  Komödien 

und  ihr  Eluflufs  auf  Molifere. 


Von 

Dr.  Guido  Wenzel. 


Unter  den  zahlreichen  Komödiendichteru  der  vorklassisehen 
Epoche  in  Frankreich,  den  Vorgängern  Moh^res,  des  grofsen,  un- 
übertroifeneu  Meisters  des  französischen  Lustspiels,  nimmt  Pierre 
de  Larivey  wohl  den  hervorragendsten  Platz  ein.  Der  Dichter 
gehört  der  Zeit  nach  dem  16.,  seiner  Bedeutung  nach  jedoch  erst 
dem  17.  Jahrhundert  an,  und  seine  Verdienste  um  die  drama- 
tische Kunst  in  Frankreich  sind  weniger  darin  zu  suchen  und  zu 
erkennen,  dafs  er  zur  Weiterbildung,  zur  Förderung  des  franzö- 
sischen Lustspiels,  wie  es  von  Etienne  Jodelle,  dem  Vater  der 
ersten  regelrechten  Komödie,  angebahnt  wurde,  beigetragen  hat, 
als  vielmehr  darin,  dafs  er  selbst,  von  italienischer  Herkunft,  das 
italienische  Lustspiel  mit  seinem  frischen  dramatischen  Leben, 
seiner  Fülle  origineller  Ideen  und  ausgeprägter  Typen  der  da- 
mahgen  mittleren  und  niederen  Volksklassen  in  Frankreich  ein- 
geführt und  es  im  Sinne  und  Geiste  des  französischen  Volkes 
umgemodelt,  es  mit  einem  Worte  den  Franzosen  numdgerecht 
gemacht  hat. 

Vor  Etienne  Jodelle,  der  zuerst  die  schwierige  Aufgabe 
unternahm,  den  Franzosen  eine  gleichzeitig  nationale  und  den 
Forderungen  der  antiken  Kunst  entsprechende  Komödie  zu  lie- 
fern, nämlich  seinen  Eugfene  oder  I^a  Rcnconti-e,  ein  Lustspiel  in 
fünf  Akten,  kannte  man  in  Frankrei<-h  mn-  tolle,  grobkörnige 
Stücke,  welche  inhaltUch  gar  sehr  viel  Ähnlichkeit  mit  den  alten 
FabHaux  des  13.  Jahrhunderts  hatten  und  an  Derbheit  und  lioh- 
heit  meist  nichts  zu  wünschen  übrig  liefsen.     Es  waren  dies  die 


61  Pierre  de  Lariveys  I\<>m()dieu  und  ilir  Einflufs  auf  ]\Ioliere. 

alten  Farcen  nn<]  Sottics  des  Mittelalters,  welche  besonders  bei 
feierlichen  Gelegenheiten,  bei  Volks-  und  Hoffesten  zm*  Auf- 
führung gelangten.* 

Die  Sotties  waren  im  allgemeinen  dem  französischen  Ge- 
schmacke  nicht  so  entsprechend  wie  die  leichten  lustigen  Farcen, 
welche  voll  Hnnior  und  toller  Einfälle  so  recht  für  das  grofse 
l^ul)likuni  geschahen  waren,  das  im  Theater  hauptsächlich  unter- 
halten und  weniger  belehrt  werden  wollte  und  auch  heutzutage 
noch  eine  lustige  und  humorvolle  Wendung  selbst  im  ernsteren 
Schauspiele  stets  mit  Freuden  begrüfst.  Daher  kam  es  aucli, 
dal's  die  ersten  dramatischen  Stücke,  die  sich  mehr  oder  weniger 
eng  an  Jodelles  AVerkc  anlehnten,  ihre  Wirkung  aufs  Volk  gänz- 
lich verfehlten  und  mehr  für  die  Gelehrten  geeignet  waren,  welche 
in  dem  Wiedererwachen  der  Klassizität  auf  dem  Gebiete  der 
Komödie,  namentlich  aber  der  TragiKÜc,  einen  grofseu  nationalen 
Gewinn  füi-  Frankreich  erblickten.  Das  Volk,  aber  zum  grofsen 
Teil  auch  der  franz<)sische  Adel,  der  Hof,  die  Kihiiffe  Heinrich  HI. 
und  Heinrich  IV.  an  der  Spitze,  huldigten  dem  italienischen  Ge- 
schmack. Die  französischen  Könige  riefen  daher  italienische 
Schauspiclertrupj)en  ins  Land  und  liefsen  ihnen  alle  Ehren  und 
Auszeichnungen  füi*  ihr  für  damalige  Zeit  vollendetes  Spiel  zu 
teil  werden.  In  Italien  ebenso  wie  in  Spanien  hatte  sich  bereits 
aus  der  schnlgemäfsen  Nachahnumg  des  antiken  Dramas  ein 
neues  volkstümliches  Theater  entwickelt.  Die  Pracht  der  De- 
korationen, eine  leichte  und  heitere  Musik,  der  Reiz  des  Ge- 
sanges, der  Zauber  pantomimischer  Darstellungen  und  amuutiger 
Tänze,  die  Durchführung  der  FraucMn'ollcn  von  Frauen  und  nicht 
von  jungen  ISIännern,  wie  dies  in  J*'rankreich  im  IG.  Jahrhundert 
geschah,  das  alles  verband  sich  mit  der  Kunst  des  Dichters  und 
des  Schaus})ielers,  um  die  Aufmerksamkeit  des  Zuschauers  zu 
fesseln,  um  sein  Interesse  für  das  Spiel  zu  steigern  und  ihn  für 
immer  diesen  heiteren  Sj)ielen  zu  gewinnen.  In  Italien  war  im 
16.  Jahrhundert  die  Stegrcifkonu'xlic,  die  sogenannte  Conunedia 
dell'  Arte,  vorzugsweise  beliebt,  und  sie  fand  auch  gar  bald  ihren 
Weg  über  die  Alpen  nach  Frankreich,  wo  sie  mit  Begeisteruug 
aufgenonuncn  wurde  und  ziihlreiclie  Anhäng(M'  fand,  weil  sie  sich 


*  Cf.  Adolf  Ebert :   Eutwifkcluugsgoschichte   der   französischen   Tra- 
gödie in  Frankreich,  voruehndicli  im  16.  Jahrhundert.     Gotha  1856. 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Eiuflufs  auf  Molifere.         65 

inhaltlich  an  die  alten  beliebten  volkstümlichen  Farcen  und  Fabliaiuc 
anlehnte.* 

Die  Stücke  der  Commedia  dell'  Arte  hielten  sich  fast  ein 
halbes  Jahrhundert  auf  den  französischen  Theatern,  und  selbst 
als  Corneille  seinen  „Menteur"  und  INIohere  verschiedene  seiner 
gelimgensten  Komödien  veröifentlicht  hatte,  waren  jene  noch  in 
gutem  Angedenken,  sowohl  in  der  Hauptstadt  als  ganz  besonders 
in  der  Provinz,  und  Moliere  hatte  auf  seinen  Wanderungen  in 
der  Provinz  oft  genug  Gelegenheit,  es  zu  erfahren,  so  dafs  er 
sich  entschlofs,  auch  kleinere  Stücke,  echte  Possen,  im  Stile  der 
Commedia  dell'  Arte  zu  verfassen,  um  den  Theaterfreunden  von 
ihrer  Lieblingsspeise  aufzutischen. 

Italienische  Stücke  im  Genre  der  Commedia  delF  Arte  und 
zwar  solcher,  die  im  geschriebenen  Texte  vorliegen  und  deren 
Verfasser  man  kennt,  in  Frankreich  einzubürgern,  sie  an  den 
Bühnen  zu  befestigen  und  sie  so  zu  sagen  zum  nationalen  Ge- 
meingut der  Franzosen  zu  machen,  war  ^vohl  keiner  besser  im 
stände  als  Pierre  de  Larivey,  dessen  Vorfahren  in  Italien  zu 
Hause  waren.  Über  Pierre  de  Lariveys  Personalien  ist  uns  nicht 
eben  viel  Sicheres  bekannt.  HauptqueUe  für  seine  Biographie 
bildet  ein  Werk  seines  Zeitgenossen  und  engeren  Landsmannes, 
die  „M^moires  sur  les  Troyens  c^l^bres"  von  Grosley.  Hiernach 
war  Lariveys  Vater  ein  Italiener  und  gehörte  der  bekannten  in 
Florenz  und  Venedig  ansässigen  Buchdruckerfamilie  der  Giuuti 
an.  Derselbe  w^ar  nach  Troyes  in  der  Champagne  ausgewandert, 
wo  unser  Larivey  (der  Name  ist  eine  Französierung  von  Giunto 
:=  Joint  =  arrivö,  also  der  „Angekommene,  der  Eingewanderte") 
um  das  Jahr  1540  geboren  wurde.  Ausserdem  wissen  wir  noch, 
dafs  er  Kanonikus  von  St.  Etienne  in  Troyes  war  (Chanoine  en 
r^glise  royale  et  coU^giale  de  St.  Etienne  de  Troyes)  und  dal's 
er  nicht  lange  nach  1611  gestorben  sein  muls.  Larivey  war  von 
itaHenischer  Herkunft,  wollte  aber  als  Franzose  gelten,  weshalb 
er  sich  auch  immer  so  nachdrücklich  auf  seinen  Werken  als 
einen  Angehörigen  der  Champagne,  als  einen  „po&te  champe- 
nois"  bezeichnet.  Da  Larivey  das  Italienische  beherrschte  und 
auch    des    Französischen    vollkommen    mächtig    war,    eignete    er 


*  Cf.  F.  Lotheissen :  Geschichte  der  französischen  Litteratur  im  17.  Jahr- 
hundert, Band  I,  p.  265  ff.     Wien  1878. 

Aveliiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  '^ 


GG         Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einflufs  auf  ^VFolitne. 

sich  ganz  vorzüglich,  die  itaUenisclie  Komödie  iu  Frankreich 
einzubürgern. 

Den  wichtigsten  Teil  in  der  htterari,scheu  Hinterlassenschaft 
Lariveys  bilden  die  Komödien,  von  denen  neun  auf  uns  gekom- 
men sind.  Die  sechs  ersten :  Le  Laquais,  La  A^euve,  Lcs  Esprits, 
Le  Morfondu,  Les  Jaloux,  Les  Ecoliers  erschienen  zusammen  im 
flahrc  1579.  Die  drei  letzten:  La  Constance,  Le  Fidele  und  Les 
Tromperies  kamen  erst  im  Jahre  1(511,  dem  Todesjahre  Lariveys, 
an  die  Öffentlichkeit.  Die  besten  Leistungen  des  Dichters  sind 
unfraglich  die  sechs  ersten  1579  erschienenen  Lustspiele,  welche 
sich  in  jeder  Beziehung  vorteilhaft  von  den  drei  letzten  schwachen 
Stücken  aus  dem  Jahre  1611  abheben.  Sämtliche  Lustspiele 
Lariveys  sind  übrigens,  so  selu'  auch  inuuer  berühmte  französi- 
sche Litterarhistoriker  und  Editoren  bemüht  gewesen  sind,  Lari- 
\'ey  als  nahezu  selbständig  arbeitenden  Autor  hinzustellen,  mehr 
oder  minder  freie  und  gescliickte  Übertragungen  der  italienischen 
Originalstücke,  deren  Verfasser  uns  alle  bekannt  sind.  Den  Plan 
der  Stücke,  den  ganzen  Aufbau  derselben,  die  Charakteristik  hat 
Larivey  direkt  herübergenonnneu  und  seine  Änderungen  sind 
mehr  äuTserlicher  Art,  dafs  sie  nicht  sehr  ins  Gewicht  fallen 
kiuuien.* 

WoUte  mau  aber  die  Bedeutung  Lariveys  für  die  franzö- 
sische Litteratur  deswegen,  weil  seine  Stücke  freie  Übertragungen 
italienischer  Originale  sind,  hinwegleugnen,  wollte  man  seine  Ver- 
dienste um  die  französische  Komödie  in  Abrede  stellen,  so  würde 
man  dem  fleii'sigen  Autor  entschieden  unrecht  thim.  Lariveys 
Verdienste  sind  allerdings  mehr  auf  dem  direkt  sprachlichen  Ge- 
biete zu  suchen,  denn  er  ist  in  der  Handhabung  der  Sprache 
ein  wahrer  Meister,  so  dafs  Professor  Darniesteter  in  seinem 
„Seiziöme  Si^cle  en  France"  (p.  179)  mit  Recht  sagen  kann:  „II 
annonce  la  prose  de  Molifere."  Larivey  hat  durch  seine  Über- 
setzungen itahenischer  Stücke  das  Verständnis  derselben  den 
französischen  Dichtern  wesentlich  erleichtert  und  sie  mit  einer 
Menge  neuer  Gestalten  und  Ideen,  mit  einer  Fülle  echt  komi- 
scher, gelungener  Scenen,  mit  einer  Reihe  stereotyper  Charaktere 
bekannt  gemacht,   die  infolge   ihrer  unübertreifhchen  Komik  bei 


*  Cf.  hierzu  J.  Vogels :  Der  syntaktische  Gebrauch  der  Tempora  und 
Modi  bei  Pierre  de  Larivey  (Böhmer :  Rumänische  Studien,  Heft  XVIIIj. 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Eiuflufs  auf  Alolifere.         67 

den  französischen  Lustspieldichtern,  vornehmlich  bei  Molifere  in 
etwas  veränderter  Gestalt,  in  neu  retouohiertcr  Form,  feiner  und 
kunstgerechter  gezeichnet,  iuuuer  wiederkehren.  Der  gemeinsame 
charakteristische  Zug  und  Grundton  sämtliclier  I^ariveyschen 
Lustspiele  ist  das  grotesk  Possenhafte;  sie  leiden  alle  durchweg 
an  Übertreibungen  der  gegebenen  Situationen  und  Charaktere, 
und  es  wiederholen  sich  stets  dieselben  mehr  oder  minder  feinen, 
aber  auch  zuweilen  etwas  plumpen  Litriguen,  Betrügereien  und 
Schurkenstreiche  verschlagener  Diener  und  unverst^hämter  Kupp- 
ler. Die  Diener,  und  es  giebt  deren  eine  ganze  Reihenfolge  und 
Blumenlese  in  den  Lariveyschen  Komödien,  sind  ohne  Ausnahme 
gerieben  und  durchtrieben  bis  zum  Excels,  dabei  aber  auf- 
opferimgsvoll  und  ihren  Herren  treu  ergeben,  freilich  immer  auch 
aus  dem  Grunde,  materielle  Vorteile  der  einen  oder  anderen  Art 
zu  geniefsen.  Diese  Dienerrollen  diat  Moliere  ganz  gewifs  aus 
den  itahenischen  und  besonders  den  ihrer  Zeit  so  beliebten  Lari- 
veyschen Stücken  kennen  gelernt  und  hat  sie  mit  viel  Geschick 
und  Meisterkunst  in  seinen  besten  Lustspielen  verwertet.  Nur 
hat  er  die  Intrigantenrolle  meist  einer  Dienerin  überwiesen,  was 
von  noch  gröfserer  Wirkung  sein  mufste,  da  man  in  Frankreich 
solche  Rollen  gern  von  Frauen  spielen  sah.  Man  denke  nur 
z.  B.  an  die  glänzend  durchgeführte  Rolle  der  Dorine  im  Tar- 
tüffe,  einer  der  Meisterschöpfungen  Moliöres. 

Lariveys  Stücke  sind  nur  grofs  durch  einzelne  höchst  pikante, 
äufserst  komische  Scenen,  in  denen  die  gegebeneu  Situationen 
zwar  nicht  eine  jedesmahge  Folge  der  Charaktere  sind,  sondern 
vielmehr  umgekehrt  die  Charaktere  sich  den  Situationen  an- 
passen, wie  es  in  den  gewöhnlichen  Possen  der  Fall  ist  und  sein 
darf.  Es  fehlt  den  Stücken  oft,  ja  meist,  die  einheitliche  Hand- 
lung; an  deren  Stelle  finden  sich  mehrere  gleichberechtigte,  lose 
Nebenhandlungen,  die,  jede  für  sich,  das  Interesse  des  Zuschauers 
in  Anspruch  nehmen.  Übertreibungen,  nicht  nur  in  den  Situa- 
tionen, sondern  ganz  besonders  auch  in  den  Charakteren,  sowie 
deutlich  zu  erkennende  Schadenfreude  der  ränkespitmenden  Per- 
sonen gehören  zu  den  beiden  Hauptkennzeichen  der  Stücke 
Lariveys  und  sind  gerade  die  Charakteristiken  des  gewöhnlichen 
niederen  Possenspiels.  Ganz  dasselbe  Gepräge  wie  die  im  Tone 
der  Commedia  delP  Arte  gehaltenen  Lustspiele  Lariveys  haben 
auch  die  dramatischen  Entwürfe    luid  kleineren  Stücke  Moli5res, 


68         Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einflufs  auf  [Molirre. 

die  er  auf  seinen  Wanderungen  in  der  Provinz  (in  den  Jahren 
1647 — 1658)  abfafste.  Es  stammen  aus  dieser  Zeit  Stücke  wie: 
Le  ]\I(5decin  volant,  La  Jalousie  du  Barbouille,  Gorgibus  dans  le 
Sac,  les  Fourberies  de  Scapin,  le  Fagoteux,  dem  ein  altfranzösi- 
sches Fal)hau  des  13.  Jahrhimderts,  IjC  vilain  mire,  zu  Grunde 
liegi  und  aus  dem  später  die  genial-tolle  Posse  „Le  Medecin 
malgre  lui"  hervorgegangen  ist.  Das  äulsere  Gewand,  aber  auch 
der  Aufljau,  die  ganze  Struktur  dieser  Moliereschen  Possen  hat 
ungemein  viel  Ähnlichkeit  mit  denen  Lariveys,  und  man  ist  ge- 
wifs  berechtigt,  anzunehmen,  dafs  er  Molifere  zum  JMuster  und 
Vorbild  gedient  hat.  Moliere  kehrte  auch  in  den  gereifteren 
Jahren  immer  wieder  zu  der  niederen  Gattung  des  Dramas,  zur 
Posse  zurück,  und  selbst  nachdem  er  auf  dem  Höhepunkte  seines 
Dichterruhmes  angekonnnen  war,  nachdem  er  Figuren  wie  Tar- 
tuffe und  Alceste  über  die  Bi'etter  hatte  gehen  lassen,  verfafste 
er  wiederum  launige,  humorvolle  Possenstücke,  wie  z.  B.  den 
„Medecin  malgr^  lui"  u.  a.  Boileau,  der  scharfe  Kritiker  des 
17.  Jahrhunderts,  der  mit  seinem  nüchternen  Kunstrichterver- 
stande die  Welt  naturgemüfs  ganz  anders  auffa(ste,  als  sie  sich 
in  dem  phantasiereichen  Geiste  eines  Moliöre  spiegelte,  tadelte 
mit  Unrecht  den  grolsen  und  vielseitigen  Dichter,  da(s  er  von 
der  erhabeneren  und  künstlerisch  vollendeteren  Charakterkomödie 
wieder  zur  Posse  zurückkam.  Boileau  begriff  eben  nicht,  dafs  es 
für  den  grofsen  Dichtergenius,  der,  wie  die  meisten  Komiker, 
einen  entschiedenen  Hang  zur  Schwermut  hatte,  gewissermalsen 
Bedürfnis  war,  von  der  ernsteren  „haute  Comddie"  zur  heiteren 
Posse  zurückzukehren,  um  das  Publikum  durch  seine  gelunge- 
nen, von  Witz  übersprudelnden  Geistesprodukte,  die  zu  wahren 
Zeitbildern  geworden  sind,  zu  fesseln  und  zu  erheitern. 

Weit  mehr  jedoch  als  der  Plan  und  der  dramatische  Auf- 
bau liefert  die  frappante  Ähnlichkeit  der  Sprache  in  den  Possen- 
spielen Moliöres  und  den  Lariveyschen  Stücken  deu  Beweis,  dafs 
der  gefeierte  LiebHngsdichter  der  klassischen  Zeit  in  Franki*eicli 
sich  an  den  Italienern  bildete.  Larivey  hatte  das  Bestreben, 
den  an  und  für  sich  schon  volkstümhchen  Stil  der  italienischen 
Komödie  noch  mehr  zu  popularisieren.  Zu  dem  Zwecke  versteht 
er  es,  mit  grofsor  Gewandtheit  und  Natürlichkeit  echt  idioma- 
tische Wendungen,  bildliche  oder  sprichwörtliche  Kedensarten  ein- 
zustreuen.    Bei  der  Tendenz  Lariveys,  in  einem  recht  populären 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einflur«  auf  Moli^re.         69 

Stile  zu  schreiben,  ist  es  begreiflich,  dafs  er  derbe  und  sclilüpfrige 
Stellen  seines  Originals,  an  denen  es  selbstverständlich  in  einem 
so  volkstümlichen  Genre,  wie  die  Komödie  ist,  nicht  fehlen 
konnte,  keineswegs  in  der  französischen  Version  zu  mildern  be- 
strebt ist.  Im  Gegenteil,  er  erlaubt  sich  oft,  die  bedenklichsten 
Situationen,  die  anstölsigsten  Handlungen  dm-ch  eine  derbe,  fast 
mehr  als  gemeine  Sprache  breit  auszumalen,  wie  es  aber  Moliöre 
in  ganz  ähnlicher  Weise  in  mehreren  seiner  Erstlingswerke,  z.  B. 
in  dem  cyuischen  „Medecin  volant"  gethan  hat.  Das  Publikum 
des  16.  und  auch  noch  des  17.  Jahrhunderts  war  in  den  possen- 
haften Theaterstücken  an  die  Darstellung  der  derbsten  Scenen 
gewöhnt,  und  die  Ohren  der  Zuschauer  damaliger  Zeit  konnten 
die  gröfsten  Dosen  prickelnder,  unanständiger,  ja  man  darf  sagen 
geradezu  gemeiner  Ausdrücke  vertragen.  Um  dies  deutlicher  zu 
erkennen,  braucht  man  nur  einige  der  Lariveyschen  Stücke  näher 
auf  den  Inhalt  und  auf  die  Ausführung  hin  zu  prüfen.  Es  ist 
allerdings  kaum  möglich,  den  Inhalt  dieser  Possen  in  Kürze  und 
knapper  Form  wiederzugeben,  da  durch  die  vielen  Verwicke- 
lungen, Intriguen  und  Episoden  der  einheitliche  Faden,  sofern 
von  einem  solchen  überhaupt  die  Rede  sein  kann,  vollkommen 
verloren  geht  und  man  nur  ein  Konglomerat  von  dramatischen 
Scenen  vor  sich  hat,  in  denen  die  Personen  nach  Kräften  darauf 
l)edacht  sind,  sich  gegenseitig  zu  betrügen  und  anzuführen, 
namentlich  aber  die  Ehemänner  zu  hintergehen,  Väter  zu  düpie- 
ren, verliebte  Greise  zu  überlisten  und  zu  verspotten,  um  sie 
von  ihrer  eitlen  und  geckenhaften  Liebeswut  endgültig  zu  km'ie- 
ren.  Abgesehen  von  der  Zusamnienhangslosigkeit  dieser  Stücke 
gestattet  auch  der  cynische  Inhalt  derselben  nicht,  an  dieser 
Stelle  näher  auf  Einzelheiten  einzugehen.  Es  möge  hier  nur, 
um  das  vorher  Gesagte  zu  illustrieren,  ganz  kurz  der  Inhalt  eines 
jener  Intriguenstücke  und  zwar  „Le  Laquais"  skizziert  werden. 
—  Em  verschmitzter,  geriebener  und  ei'findungsreicher  Lakai 
Jacquet  wird  von  einem  Kuppler  Thoraas  und  dem  Diener 
Valere  überredet,  den  hochbetagten,  aber  nichtsdestoweniger  noch 
■sehr  verliebten  Greis  Sim^on  gehörig  hinter  das  Licht  zu  führcMi 
und  ihn  für  immer  von  seiner  tollen  Liebe  zu  einem  jungen 
reizenden  Mädchen,  die  ihr  Herz  dem  Sohne  jenes  Alten  ge- 
schenkt hat,  zu  heilen.  Der  Diener  erscheint  in  der  Verklei- 
dung des    angebeteten  Mädchens   und   spielt    dem   ahnungslosen 


70         Pierre  de  Lariveys  Komödien  iiud  ilir  Einflufs  auf  ]\Ioli('ro. 

Alten  einen  ganz  gelungenen,  höchst  komischen  und  originellen 
Streich,  worüber  dieser  zwar  nicht  wenig  aufgebracht  ist,  aber 
doch  von  seiner  ki-ankhaften  Liebestollheit  geheilt  ^vird.  —  Der 
,Laquais"  ist  eine  Posse  im  wahrsten  Sinne  des  Wortes  und 
erinnert  uns  sehr  an  die  alten  lustigen  Fabliaux  und  Farcen  des 
früheren  und  späteren  Mittelalters.  Die  heiklen  Situationen,  und 
zwar  die  heikelste  von  allen,  die  Scene  zwischen  dem  Alten  und 
dem  verkleideten  Diener,  spielt  sich  übrigens  hinter  den  Coulissen 
ab  und  "sra'd  nur  später  berichtet,  ähnlich  wie  in  den  Tragödien 
des  16.  Jahrhimderts,  die  sich  dem  Aufbau  nach  an  die  antik- 
Idassischen  Stücke  der  Griechen  anlehnten,  die  Haupthandlung 
auch  nicht  vor  den  Augen  des  Zuschauers  stattfand,  sondern 
von  einem  Boten  weitschweifig  erzählt  und  breit  ausgemalt  wurde. 
Eine  gewisse  Steigerung  des  Interesses  ist  im  „Laquais"  vor- 
handen, insofern  als  man  gespannt  ist,  zu  erfahren,  wie  sich  der 
Schlaukopf  seines  schwierigen  Auftrages  entledigen  wird.  Ahn- 
lich wie  der  ,,Laquais"  sind  auch  die  anderen  Intriguenstücke 
Lai'iveys  beschaffen,  und  nur  „Les  Esprits"  (die  Gespenster) 
heben  sich  vorteilhaft  von  den  übrigen  ab  und  müssen  mit  Recht 
als  die  beste  dramatische  Leistung  des  Dichters  gelten.  Sie 
haben  auch  auf  Moh&re  den  unverkennbar  gröfsten  Einflufs  aus- 
geübt, wie  jetzt  des  näheren  dargelegt  werden  soll. 

Der  Titel  des  italienischen  Originals  war  „Ai'idosio"  von 
Loreuzino  de'  Medici.  Larivey  änderte  den  Titel  in  „IjCs 
Esprits"  um,  eine  Neuerung,  die  gar  wenig  passend  ist,  da  die 
Gespenster  nur  in  einer  einzigen  Scene  vorkommen  und  gar 
niclit  die  Seele  des  Stückes  ausmachen,  dessen  Quintessenz  viel- 
mehr darin  besteht,  das  Gebaren  des  alten  Filzes  Sdverin  und 
sein  Verhältnis  zu  seinen  Söhnen,  sow-ie  deren  Stellung  zum 
Vater  zu  kennzeichnen.  Die  „Esprits"  zeigen  uns,  wie  die 
Adelphi  des  Terenz,  zwei  Brüder  von  entgegengesetztem  Charak- 
ter. S^verin,  der  eine,  ist  rauli,  mürrisch  und  schmutzig-geizig. 
Er  will  keinen  Pfennig  von  seinem  zusammengescharrten  Gelde 
aus  den  Händen  geben  und  weder  seinem  Sohne  Urbain  noch 
seiner  Tochter  Laurence  das  Geringste  überlassen.  Er  hält  sei- 
nen Sohn  Urbain  in  strengster  Abhängigkeit  und  möchte  iim  am 
liebsten  von  jeder  Berührung  mit  der  Aulsenwelt  fernhalten. 
Der  zweite  Bruder  Hilaire  denkt  nicht  so.  Da  seine  Ehe  kinder- 
los gebheben,   hat   er   einen  anderen  Solui  Sdverins,   den  jungen 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  uud  ihr  Einflufs  auf  Molifere.         71 

Fortuna,  adoptiert  und  behandelt  denselben  mit  der  gröfsten 
Nachsicht  und  Güte.  Er  verzeiht  ihm  alle  tollen  Streiche,  denn 
sein  Spruch  ist:  Jugend  mufs  austoben  („II  faut  que  la  jeunesse 
ait  son  cours").  Nicht  mit  Strafpredigten  sucht  er  ihn  zu  bessern, 
sondern  durch  wohlgemeinte  Ratschläge,  denn  er  will  nur  als 
sein  väterlicher  Freund  gelten.  Die  Folgen  dieser  grundverschie- 
denen Erziehungsmethoden  treten  nun  in  dem  Stücke  zu  Tage. 
Urbain  ist  ein  Bruder  Liederlich  geworden,  während  Fortuna 
trotz  mancher  jugendlicher  Streiche  als  besonnen  hingestellt  wird. 
Urbain,  ein  toller,  leichtlebiger  Bursche,  zieht  sieh  in  das  väter- 
liche Haus  in  Paris  zurück,  um  dort  mit  seiner  Geliebten  ein 
fröhliches  Gelage  zu  feiern,  wozu  er  sich  das  Geld  zusammen- 
geborgt hat.  Das  Liebespärchen  befindet  sich  in  dem  Glauben, 
dafs  der  Vater  auf  dem  Lande  weilt,  wohin  er  sich  vor  kurzer 
Zeit  aus  Sparsamkeitsrücksichten  begeben  hat,  als  er  mit  einem- 
mal ganz  unerwartet  in  Paris  vor  der  Thür  seines  Hauses  er- 
scheint, um  seine  mit  2000  Thalern  gefüllte  Börse,  die  er  ängst- 
lich bei  sich  trägt,  dort  in  Sicherheit  zu  bringen.  Da  ist  nun 
freilich  für  die  im  Hause  befindlichen  Liebenden  guter  Rat  teuer, 
und  der  treu  ergebene,  intrigante  und  ei^findungsreiche  Diener 
Frontin  mufs  aus  der  peinlichen  Verlegenheit  helfen.  Er  erfindet 
eine  höchst  ergötzliche  und  drollige  Geschichte,  um  den  alten 
S^verin  vom  Betreten  des  Hauses  abzuhalten.  Er  hat  schon 
vorher,  als  er  den  alten  Geizhals  kommen  sah,  die  Insassen  des 
Hauses  instruiert,  auf  ein  von  ihm  gegebenes  Zeichen,  ein  lautes 
Husten,  einen  Höllenlärm  zu  machen.  Als  der  Alte  urplötzlich 
diesen  Lärm  verninuut  und  als  er  gar  erst  sieht,  wie  mit  Ziegeln 
und  Steinen  aus  den  Fenstern  herausgeworfen  wird,  ist  er  von 
Schreck  und  Furcht  völlig  gelähmt  und  trostlos  darüber,  dafs 
man  ihm  all  seine  Möbel  zertrümmert,  dafs  man  ihm  sein  ganzes 
Hausgerät  zerschmettert.  Frontin,  der  Schlaukopf,  bedeutet  ihn 
mit  geheimnisvoller  Miene,  dafs  böse  Geister  im  Hause  ihr  ver- 
derbliches Spiel  treiben  und  nur  durch  feierliche  Beschwörung 
des  Maitre  Joss^  zu  vertreiben  sind.  Dieser  Maitre  Joss^  steht 
auf  der  Seite  der  Intriganten  und  wird  von  Frontin  genau  in 
den  Sachverhalt  eingeweiht.  Nach  längerem  Zaudern  und  auf 
Frontins  inständiges  Bitten,  hinter  dem  sich  bitterste  Ironie  ver- 
birgt, geht  der  alte  S^verin  endlich  darauf  ein,  den  Geister- 
beschwörer kommen  zu  lassen,  freilicli  nur  mit  schwerem  Herzen, 


72  IMerre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Eiuflufs  auf  MoliJjre. 

aus  Furcht,  dafs  dieser  viel  Geld  füi*  seine  Dieustleistiuig  fordern 
wird.  Frontin  beruhigt  ihn  hierüber,  und  es  folgt  sodann  eine 
Sccne,  die  zwai'  sehr  drastisch  und  aufsergewölmlieh  komisch  ist, 
aber  doch  etwas  zu  sehr  an  Übertreibung  und  Unnatürlichkeit 
leidet,  insofern  als  die  Intriganten  auf  geradezu  haarsträubende 
Dummheit  und  Boruiertheit  seitens  des  alten  S^verin  rechnen. 
(III.  Akt,  2.  Scene)  Maitre  Joss^  behauptet  nämlich,  dal's  die 
bösen  Geister,  die  höchst  gefäln-licheu  Gespenster  nur  dann  zu 
bewegen  sind,  das  Haus  schnell  zu  verlassen,  wenn  S(>verin  sich, 
das  Gesicht  nach  unten  gekehrt,  auf  die  Erde  legt  inid  sich  sei- 
nen Ring  vom  Finger  ziehen  läi'st,  eine  Forderung,  worauf  die 
Geister  bestehen.  Severin  in  seiner  Herzensangst  und  Todes- 
fmx'ht  geht  auf  alles  ein,  und  in  der  Zwischenzeit  läfst  Frontin 
das  saubere  Liebespaar  unter  Gepolter  entSvischen.  Der  Ring 
wird  hierauf  verkauft,  und  die  drei  Schelme  Joss^,  Frontin  und 
Urbain  teilen  sich  in  den  Raub.  Der  überlistete  und  übertöl- 
pelte S(ivcrin  hat  auf  diese  Weise  seinen  Ring,  ein  altes  Famihen- 
erbstück  im  Werte  von  30  frcs.,  verloren,  worüber  er  ganz  trostlos 
und  traurig  ist.  Er  ist  aber  doch  auch  gleichzeitig  froh  gestimmt, 
dafs  die  bösen  Gespenster  für  unmer  aus  seinem  Hause  verbannt 
sind,  und  zum  Danke  dafür  lädt  er  den  Zauberer  zu  einem 
lukullischen  Malde  ein  und  verspricht  ihm  eine  halb  vom  Marder 
aufgezehrte  Taube,  ein  Stückchen  goldgelben  Speck  und  sechs 
Stück  auf  dem  Feuer  geröstete  Kastanien.  Während  sich  die 
Geisterbeschwörungsscene  abspielt,  wird  dem  alten  Severin  die 
Geldbörse,  die  er  aus  Vorsicht  in  einem  Loche  vergraben  hat, 
von  D^'sir(5,  dem  zukünftigen  Schwiegersohne,  entwendet.  Dies 
ist  die  direkte  Nachahmung  einer  Scene  aus  der  „Aululm-ia"  des 
Plaut  US.  Als  Severin  beim  Zurückkonuucn  seiue  Börse  anstatt 
mit  Goldstücken  mit  Steinen  gefüllt  wicdcrfudet,  gebärdet  er 
sich  wie  ein  Unsinniger,  rauft  sich  das  Haar  und  wünscht  sich 
den  Tod.  D^sir^  hat  den  Schatz  entwendet,  nicht  um  den  ^Vlten 
zu  bestehleu,  sondern  nur  um  ilm  zu  ängstigen  uud  seines  gi'eu- 
lichen  Geizes  halber  zu  züchtigen.  Er  gicbt  das  Geld  an  Hilaire, 
S^veiius  Bruder,  und  dieser  erstattet  es  ihm  später  wohlbehalten 
zurück,  wobei  der  Geizhals  in  höchst  drastischer  A\'eise  ausruft: 
„(jl(')fter,  CS  sind  dieselben !''  Die  Entwendung  uud  spätere  Zu- 
rückerstattung des  Schatzes  bildet  den  Kern  des  ganzen  Stückes; 
es  entsteht  dadurch  die  Vcrwickohuii''  und  die  glückliche  Lösung 


Pierre  de  Larivey.s  Koniödieu  und  ihr  Einflufs  auf  !\Ioli&re.         ',5 

des  Ganzen.  Der  alte  Geizhals  freut  sieh  des  Wiedergewinnes 
seiner  angebeteten  und  vergötterten  Goldstücke  und  giebt  freu- 
digen Herzens  sein  Jawort  zur  Vermälilimg  seiner  Tochter  Lau- 
rence,  die  von  Urbain,  der  inzwischen  vermögend  geworden  ist, 
ausgestattet  wird.  Das  ganze  Stück  sclilielst  mit  einer  dreifachen 
glücklichen  Heirat. 

Die  „Esprits"  sind  das  einzige  Stück,  in  welchem  Larivey 
selbständig  einiges  hinzugefügt,  und  zwar  bei  der  Wiedergabe 
der  auf  Elustrierung  des  Charakters  des  alten  S^verin  bezüg- 
lichen Abschnitte.  Lariveys  Zuthat  ist  z.  B.  das  köstliche  An- 
erbieten, welches  der  Geizhals  dem  Geisterbeschwörer  für  seine 
geleisteten  Dienste  macht.  Er  sagt:  „Davantage  je  vous  dis 
(jue,  quand  aurez  aifaire  de  quelque  argent,  comme  d'un  teston 
(Silbermünze  von  10 — 15  Sous),  venez  ä  moi,  je  le  vous  preterai 
pour  im  jour,  voire  (sogar)  deux,  en  nie  baillant  un  petit  gage." 
Ebenso  ist  die  Einladung  zu  dem  lukullischen  Mahle  eigene  Er- 
findung Lariveys.  Ferner  folgende  treffliche  Schilderung  des 
alten  Filzes,  der  in  einem  Monologe  also  spricht:  „J'ai  faim, 
mais  je  veux  encore  epargner  ce  morceau  de  pain  que  j'avais 
apport^:  il  me  servira  bien  pour  mon  souper  ou  pour  demain 
pour  mon  diner  avec  un  ou  deux  navcts  cuits  entre  les  cendres." 
All  diese  Einzelheiten,  welche  Larivey  hinzugefügt,  tragen  dazu 
bei,  die  „Esprits"  in  Bezug  auf  Durchführung  des  Charakters 
der  Hauptperson  zu  erhöhen.  Die  „Esprits"  sind  vom  dramatischen 
Standpunkte  aus  betrachtet  entschieden  das  Beste,  was  der  Dich- 
ter geleistet,  zumal  sie  auch,  zum  Teil  wenigstens,  den  Charakter 
der  Selbständigkeit  wahren.  Die  Handlung  im  Stücke  ist  zwar 
wegen  der  grundverschiedenen  Erziehmigsmethoden  der  beiden 
Brüder,  sowie  der  geteilten  Interessen  der  einzelnen  Personen 
nicht  recht  einheitlich,  aber  doch  dreht  sich  schliefslich  das  Ganze 
um  einen  Angelpunkt,  um  S^verin  und  dessen  Geiz.  Die  Situa- 
tionen sind  oft,  ja  meist,  sehr  komisch  und  interessant  vmd  auch 
im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Stücken,  namentlich  dm-ch  Lari- 
veys Zuthaten,  eine  notwendige  Folge  der  Charaktere,  welche 
allerdings,  mit  Ausnahme  von  S(5verin  und  dem  Diener  Frontin, 
nur  matt  gezeichnet  sind.  Letzterer  ist  ein  raffinierter,_  durch- 
triebener Geselle,  der  Intrigue  über  Intrigue  spinnt,  um  den 
Alten  möglichst  viel  zu  ärgern.  Die  Intrigue  ist  immer  wieder 
neu  und  daher  bleibt  das  Interesse  auch  immer  frisch  und  leben- 


71  Pierre  de  Larivey«  Koniödieii  uimI  ihr  Einfliifs  auf  Moli^re. 

(lig.  Fehlen  dem  Stücke  min  auch,  vom  reiu  künstlerischen 
Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  di(;  Hauptmomente,  namentlich 
die  einheitliche  Handlung,  um  es  als  ein  Lustspiel  gediegener 
Art  hinstellen  zu  können,  so  ist  doch  die  Sj)rache  meist  die  der 
besseren  Komödie.  Sie  ist  weniger  derb,  grob  und  anstöfsig  als 
in  den  übrigen  Stücken;  der  Dialog  zeichnet  sich  durch  knappe, 
kräftige,  klare,  ])ilder-  und  spruchreiche  Diktion  aus,  die  aber 
doch  so  populär  gehalten  ist,  dafs  weder  Gezwungeuheit  noch 
Geschraubtheit  Platz  greifen.  Die  Sprache  ähnelt  sehr  der  Mo- 
liferes  in  den  in  Prosa  verfafsten  Komödien  und  erinnert  bereits 
an  die  ausgeprägte  Formgewandtheit  des  grolsen  Meisters. 

Was  hat  nun  Moli&re  wohl  von  Larivey  gelernt  und  was 
hat  er  speciell  aus  den  „Esprits"  benutzt?  Die  „Esprits"  liefer- 
ten ihm  die  Sujets  zu  zwei  seiner  besseren  Komödien,  zur  „Ecole 
des  Maris"  und  zum  „Avare".  Die  Idee  der  Männerschule  ist 
schon  sehr  alt;  Plautus  und  Terenz  hatten  sich  bereits  dieses 
Stoffes  bemächtigt,  nach  ihnen  die  Italiener  und  dann  wieder 
Larivey.  ISIoli^res  Stück  hat  mit  den  I^ariveyschen  „Esprits"  in 
Bezug  auf  Gang,  Handlung,  Darstellung  einzelner  Scenen  gar 
nichts  gemein.  Nur  die  Grundidee,  die  verschiedenfache  Er- 
ziehung zweier  jungen  Männer  durch  zwei  Brüder  ungleichen 
Charalcters,  nahm  Moliere  auf.  Er  wufste  aber  dem  Lariveyschen 
Stücke  eine  grölsere  Mannigfaltigkeit  zu  geben,  indem  er  statt 
der  beiden  Söhne  zwei  junge  Mädchen  einführte,  an  welchen  sich 
die  Erziehungskunst  der  Brüder  bewähren  soll.  Die  neuere 
Komödie  nuifs,  den  veränderten  Verhältnissen  und  Anschauungen 
des  Lebens  entsprechend,  den  Frauen  eine  gröfsere  Rolle  zu- 
weisen, als  es  die  Alten  und  auch  die  Italiener  des  16.  Jahr- 
hunderts thaten.  Moliere  trat  als  Verfechter  der  modernen  Ideen 
für  die  Würde  der  Frauen,  ihre  Selbständigkeit  und  ihre  freiere 
Stellung  in  der  Familie  und  Gesellschaft  auf.  Zwei  junge  Mäd- 
chen werden  von  Pflegevätern  erzogen.  Sganarelle,  der  Pflege- 
vater von  Isabelle,  ist  streng,  ernst,  finster  und  sucht  sein  Mün- 
del vom  Verkehr  mit  der  Aufsenwclt  fernzuhalten.  Ganz  und 
gar  das  Gegenstück  ist  sein  Bruder  Ariste,  I^eonores  Erzieher. 
Er  ist  milde,  gütig,  nachsichtig  und  vertrauensvoll.  Er  hat  Ver- 
ständnis für  die  Herzensneigungen  des  jtmgen  Mädchens,  pflanzt 
ihr  Liebe  zu  den  Menschen  sowie  zum  geselligen  und  häuslichen 
Leben    ein,   begünstigt    ihre  TJebe   zu    einem    rechtlichen    braven 


Pierre  de  Lariveys  Koniödicu  und  ilir  Eiiitluls  auf  M(>li?'re.         75 

Bewerber  um  ihre  Haucl  und  tiudet  in  dem  Glücke  seines  Mün- 
dels reiclilichen  und  den  schönsten  Lohn  für  seine  INIühen. 

Weit  A\ichtiger  als  für  die  „Ecole  des  Maris"  wurden  die 
„Esprits"  für  den  „Avare".  Diese  Komödie  hat  nicht  nur  in  Bezug 
auf  die  Charakterzeichuung  des  Geizhalses  viel  Ähnlichkeit  mit 
den  „Esprits",  sondern  es  lälst  sich  auch  eine  gewisse,  teilweise 
sogar  frappante  Verwandtschaft  einiger  Ideen  und  Situationen 
konstatieren.  Als  hauptsächliches  Moment  für  die  Ähnlichkeit 
beider  Stücke  fällt  die  Charakterschilderung  der  beiden  Geizhälse 
ins  Gewicht.  S^verin  und  Harpagon  sind  beide  von  Hans  aus 
reich,  beide  darben  aber  inmitten  ihres  Reichtums  und  sind  nur 
ängstlich  und  peinlich  darauf  bedacht,  denselben  zu  hüten  und 
zu  vermehren.  Ganz  köstlich  schildert  Desir^  seinen  zukünftigen 
Schwiegervater  Sdverin  (Esprits  II,  1).  Dort  heifst  es :  „B  est 
avare,  envieux,  hvpocrite,  süperbe,  nonchalant,  mensonger,  larron, 
sans  foi,  sans  loi,  sans  honte,  sans  amour,  bref  un  monstre  en- 
gendr^  des  vices  et  de  la  sottise."  Wohl  selten  sind  auf  einen 
Menschen  so  viele  liebenswürdige  Attribute,  eine  solche  Blumen- 
lese  schmückender  Prädikate  gehäuft  worden.  S^verins  Charakter- 
schilderung ist  übertrieben,  ebenso  die  Hai-pagons,  obwohl  sie 
sonst  ein  Meisterstück  des  Dichters  genannt  werden  mufs.  In- 
folge der  Übertreibungen  in  den  Charakteren,  auch  der  deut- 
lichen Schadenfreude,  welche  Harpagons  Feinde  empfinden,  streift 
selbst  der  „Avare"  hier  und  da  an  das  Possenhafte.  Lariveys  S*'^- 
verin  traut  keinem  Menschen,  am  Avenigsteu  von  allen  dem 
Pfiffikus  Frontin.  Er  trägt  das  Geld  stets  bei  sich,  und  als  er 
es  einen  Augenblick  aus  den  Händen  gegeben,  ruft  er  beim 
leisesten  Blätterrascheln  „au  voleur!"  Harpagon  ist  ebenfalls  im 
höchsten  Grade  mü'strauisch,  nicht  nur  gegen  seiuen  ebenso  ver- 
schmitzten als  frechen  Diener  la  Fleche,  dessen  Hosentaschen  er 
ängstlich  untersucht,  ob  er  vielleicht  etw^as  beigesteckt  hat  (I,  3), 
sondern  auch  gegen  seine  eigenen  Kinder  Cleante  und  Elise,  die 
er  sogar  sehändlicherweise  im  Verdacht  hat,  dafs  sie  ihn  be- 
stehlen, weil  ersterer  immer  gut  gekleidet  ist  und  zuweilen  in 
der  E(juipage  spazieren  fährt  (I,  5).  Der  Sohn  mufs  Rechen- 
schaft ablegen,  wie  er  das  Geld  erworben  hat,  und  man  erfährt, 
dafs  er  seine  Zuflucht  zum  Spiele  nehmen  mufs,  nur  um  das 
Notwendigste,  was  der  hartherzige  Vater  ihm  verweigert,  zu- 
samnienzubrrngen.     Moliere   entfaltet   hier  seine  Meisterschaft  in 


76 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einfluls  auf  Molifere. 


der  Komödie  und  verarbeitet  die  verschiedensten  Lustspiel- 
elemente, indem  er  auch  die  ernsten  Seiten  des  Lebens  berührt,  so 
sicher  zu  einem  Ganzen,  und  zwar  zu  einem  Ganzen  originalen 
Charakters,  wie  in  keinem  anderen  Stücke.  Er  entrollt  vor  unse- 
ren Augen  ein  düsteres  Farailiengemälde  und  zeigt  den  Vater  im 
Zwiespalt  mit  den  Kindern,  die  mit  Schmerzen  den  Tod  ihrer 
guten,  zu  früh  heimgegangenen  Mutter  beklagen  und  sich  offen 
gegen  den  herzlosen,  geizigen  Vater  auflehnen.  Cl^ante  macht 
Schulden,  borgt  bei  Wucherern  auf  den  Namen  des  Vaters,  weil 
die  Not  ihn  dazu  treibt.  Der  Sohn  geht  sogar  so  weit,  im  Bunde 
mit  dem  Intriganten  la  Fläche  des  Vaters  Kassette  zu  stehlen. 
Bei  Larivey  ist  der  Konflikt  nicht  ganz  so  krass  dargestellt, 
indem  dort  der  zukünftige  Schwiegersohn  das  Geld  entwendet. 
Die  Scene,  in  welcher  Clt^ante  seinem  Vater  die  gröbsten  Vor- 
würfe wegen  seines  Geizes  macht,  ihm  offen  ins  Gesicht  sagt, 
dafs  er  sich  nicht  mehr  vor  den  Augen  der  Welt  sehen  lassen 
dürfe,  nachdem  er  in  der  gemeinsten  Weise  Geld  zu  Wucher- 
zinsen ausgeliehen,  niu*  um  immer  mehi'  zusammenzuscharren,  ist 
äufserst  derb  und  könnte  fast  das  Sittlichkeitsgefühl  verletzen, 
weil  es  mehr  als  ein  Streifen  an  das  Gemeine  ist,  was  ja  nur 
in  der  Posse  erlaubt  und  sogar  notwendig,  wenn  sie  ihrer  Auf- 
gabe entsprechen  will.  Strenge  Moralisten  tadeln  daher  auch 
Moli^re,  dafs  er  in  Cl^ante  einen  pflichtvergessenen,  den  Vater 
verhöhnenden  Menschen,  einen  Dieb  dargestellt  habe.  Sie  über- 
sehen dabei  ganz,  dals  Cl^ante  auch  keineswegs  als  ein  ehren- 
hafter Mann  hingestellt  werden  soll.  INIoli^re  will  vielmehr  zeigen, 
wie  der  gemeine  Geiz  des  Vaters  die  Familie  verdii'bt  imd  auf 
Abwege  führt.  Die  INIoral  kann  nur  durch  solche  Scenen  \*er- 
letzt  \verdcn,  Avie  sie  im  George  Daudin  öfters  ^-iederk ehren, 
Scenen,  worin  die  offenbare  Untreue  der  Frau  auf  Kosten  des 
betrogeneu  Ehemannes  geradezu  belobt  und  verherrlicht  wii'd. 
Ebenso  trifft  der  Vor^^au'f  des  Unmoralischen  mit  Recht  eine 
andere  Posse  IVIolieres,  iiämlicli  die  l^'()ur])eries  de  Scapin,  worin 
in  höchst  bedenklicher,  offenkundiger  Art  Diebstahl  und  Betrug 
eine  Hauptrolle  spielen.  Der  „Avare"  hingegen  ist  von  der 
Beschuldigmig  der  Inunornlität  freizusprechen,  und  nur  engher- 
zige, kurzsiciitige  Ivi'itiker,  so  nanicntlicii  der  Genfer  Jean-Jacques 
Rousseau,  haben  den  „Avare"  verwerfen  können,  weil  der  Zweck 
zwar  gut,  die  Mittel  aber  gcfähi-lidi  und  unmoralisch  seien. 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einflufs  auf  Äfolifere.  77 

Lariveys  Geiziger  ist  nicht  so  unbarmherzig  und  gefühllos 
wie  Harpagon.  Er  will  seine  Kinder  nicht  zu  einer  Ehe  zwin- 
gen, wozu  sie  keine  Neigung  haben,  er  müI  nur  nicht  M'egen  des 
Geldes  behelligt  sein.  Harpagon  ist  grausam  gegen  seine  Kin- 
der; er  nimmt  gar  keine  Rücksicht  auf  ihre  Herzeusneigungen 
und  will  seine  Tochter  Ehse  zwingen,  den  alten  Herrn  Anselm 
zu  heiraten,  nur  deshalb,  weil  er  keine  Mitgift  verlangt.  „Sans 
dot,"  das  ist  immer  sein  letztes  Wort,  andere  Gründe  kennt  er 
nicht.  Ehre,  Liebe,  Altersverschiedenheit  u.  s.  w.  gelten  ihm 
absolut  gar  nichts.  Unangenehm  berührt  es,  dafs  Cl^ante  in 
seinem  Vater  einen  Nebenbuhler  hat,  dafs  beide  die  bescheidene 
und  liebenswürdige  Marianne  heiraten  wollen,  eine  Ungereimt- 
heit, wozu  ebenfalls  die  italienischen  Stücke  zahlreiche  Beispiele 
bieten.  Harpagon  ist  trotzig,  eitel,  geckenhaft  und  will  das  junge 
Mädchen  seinem  Sohne  nicht  überlassen,  nur  weil  dieser  sich 
weigert,  eine  reiche  AYitwe  zu  ehelichen.  Nur  die  Entwendung 
der  Kassette  und  die  Zurückerstattung  derselben  um  Mariannes 
Hand  als  Preis  veranlafst  endlich  Harpagon,  auf  des  Sohnes 
Braut  zu  verzichten.  Auch  diese  Idee  findet  sich  bei  Larivey, 
indem  hier  Ddsire  die  Börse  entwendet  imd  durch  Zurückgabe 
derselben  die  Einwilligung  zur  Vermählung  mit  Laurence  er- 
zwingt. So  sehr  sich  aber  auch  die  beiden  Stücke  in  Bezug  auf 
den  Schlufs  gleichen,  insofern  für  beide  Väter  das  wiedergewon- 
nene Geld  zum  leitenden  Motiv  wird,  die  Einwilligung  zu  der 
Söhne  Heirat  zu  geben,  so  verschieden  sind  beide  mit  Rücksicht 
auf  Darlegung  des  Verhältnisses  zwischen  Vater  und  Sohn.  Mo- 
häre führt  uns  mehreremal  Vater  und  Sohn  im  heftigsten  ^\^ort- 
wechsel,  in  stürmischen  Scenen  vor  und  entwirft  in  kühnen 
Federstrichen  mit  feinem  dramatischem  Verständnis  ein  deut- 
liches Bild  beider  Personen.  Nichts  von  alledem  findet  sich  bei 
Larivey.  Er  folgte  hier,  freilich  zu  seinem  Nachteil,  zu  getreu 
seinem  italienischen  Vorbilde  und  läfst  S^verin  nicht  ein  einziges 
Mal  im  Dialoge  mit  seinem  Sohne  Urbain  auftreten,  was  doch, 
vom  künstlerisch  ästhetischen  Standpunkt  aus  betrachtet,  unbe- 
dingt notwendio;  gewesen  wäre.  Man  erfährt  nur  indirekt  durch 
Hilaire  oder  den  Diener  Frontin  einiges  über  die  Gesinnungs- 
weise des  Vaters  seinem  Sohne  gegenüber.  In  diesem  Verstofse 
gegen  die  Regeln  der  dramatischen  Kunst  liegt  eine  der  Haupt- 
schwächen des  Larivevschen  Stückes    im  Vergleich  zu  dem  M<i- 


78         Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einflufs  auf  Moli&re. 

liöres.  In  den  „Esprits"  wie  in  den  anderen  Lustspielen  Lariveys 
fehlt  auch  eine  geschickte  und  logisch  begründete  Scenenver- 
knüpfung,  und  wir  begegnen  hier  derselben  Erscheinung,  die  auch 
in  den  Tragödien  dieses  Zeitraumes  eine  Folge  der  mangelhaften 
Begabung  und  des  geringen  dramatischen  Verständnisses  der 
Dichter  ist.  I^ariver,  gleich  wie  Jodelle  und  Garnier,  der  gröfste 
Tragödieudichter  des  16.  Jahrhunderts,  verstehen  es  nur  sehr 
schlecht,  die  einzelnen  Seenen  so  zu  verbinden,  dafs  die  eine  die 
notwendige  Folge  der  vorhergehenden  ist,  dals  die  neu  auftreten- 
den Personen  nicht  unmotiviert  in  die  Handlung  eingreifen,  son- 
dern dafs  die  Zuschauer  schon  genügend  von  ihrem  Auftreten 
in  Kenntnis  gesetzt  worden  sind.  Dies  ist  in  den  Moli^reschen 
Lustspielen  fast  durchweg  der  Fall,  wie  jeder  bei  aufmerksamer 
prüfender  Lektüre  leicht  finden  kaim. 

Aber  nicht  nur  in  den  Ideen,  sondern  auch  in  den  Situationen 
gleichen  sich  T^ariveys  und  ^lolieres  Lustspiel.  Um  diese  That- 
sache  näher  zu  beleuchten,  mag  hier  mu"  einiges  hervorgehoben 
werden. 

Die  drollige  Ringscene  bei  Gelegenheit  der  Geisterbeschwö- 
rung findet  sich  wieder  bei  Molifere  im  dritten  Akte,  in  der 
zwölften  Scene.  Nur  hat  Moli^re  das  Übertriebene  und  Un- 
natürliche in  der  Lariveyschen  Darstellung,  wobei  auf  des  alten 
Geizhalses  Dummheit  und  Furcht  doch  ein  wenig  zu  sehr  gerech- 
net wu'd,  vermieden  und  eine  änfserst  geschickte  und  wirkungs- 
volle Situation  geschaffen  dadiu'ch,  dals  er  den  Sohn  Cleante  dem 
Vater  einen  zwar  schadenfrohen,  aber  ganz  köstlichen  Streich 
spielen  läfst. 

Eine  andere  Scene,  die  verzweifelte  Lage  Sdverins  nach  der 
grauenvollen  Entdeckung  des  Diebstahls  (Espr.  III,  6),  hat  Mo- 
lifere  (IV,  7)  fast  wörtlich  aufgenommen.  Er  übertreibt  nur  noch 
ein  wenig  mehr  als  Larivey  und  man  kann  sich  eines  Lach- 
schauers nicht  erwehren,  wenn  man  den  alten  Harpagon  sich 
selbst  als  den  verraeinthchen  Dieb  festnehmen  sieht,  wenn  man 
ihn  einmal  über  das  andere  ,,ich  bin  tot,  ich  bin  schon  be- 
graben !"   ausrufen  hört. 

Auch  die  Scene  zwischen  Harjiagon  und  der  Kupplerin  Fro- 
sine  (IT.  G)  findet  ein  Analogon  l)ci  Larivey  (I,  3),  wo  auch  ein 
Knj)pler  Kufin  im  Dialog  mit  Urbain  eingeführt  wird.  Die  Dar- 
stellung ist  jedoch  bei  Molifere  weit  feiner,  geschickter,  interessan- 


Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  KinfluCs  auf  Moliere.  79 

ter  und  komischer.  Rufin  spricht  gleich  vou  vornherein  von 
einer  guten  und  anständigen  Belohnung  für  seine  Knpplerdienste, 
er  verlangt  zehn  Francs  und  betont  nur  in  plumper  und  offen- 
kundiger Weise  diese  pekuniäre  Entschädigung  für  seine  Mühen. 
Frosiue  bei  Moliöre  hofft  auch  stark  auf  eine  Belohnung  von 
Harpagon,  wenn  sie  ihm  die  jVIariaune  zur  Gattin  verschafft, 
thut  aber  fein  und  rücksichtsvoll,  berührt  zunächst  aus  Vorsicht 
und  Schlauheit  den  heiklen  Geldpunkt  gar  nicht  und  kommt  erst 
ganz  am  Schlufs  darauf  zu  sprechen.  Als  aber  Har[)agon  Aus- 
flüchte macht  und  mit  leeren,  allerhand  schönen  Versprechungen, 
ohne  den  Geldbeutel  zu  öffnen,  von  der  Bühne  geht,  macht  das 
ränkesüchtige,  scheinheilige  Weib  in  einer  wahren  Flut  \'on 
Schimpf-  und  Lästerworten  ihrem  vorher  nur  mit  gröfster  An- 
strengung zurückgehaltenen  Ingrimme  Luft.  Dieser  gewaltige, 
schreiende  Gegensatz  in  Frosines  Benehmen  während  und  nach 
der  Besprechung  konunt  ganz  trefflich  zur  Geltung,  wirkt  über- 
raschend komisch  und  zwingt  den  Zuschauer  zu  einem  schallen- 
den Gelächter. 

Einige  Scenen  sind  aber  nun  auch  im  Lariveyschen  Lust- 
spiele schöner  und  psychologisch  feiner  durchgeführt  als  bei 
Moliere,  und  er  hätte  sie  sich  besser  zu  nutze  machen  sollen. 
Hierzu  gehört  besonders  das  im  zweiten  Alvte  in  der  dritten 
Scene  gegebene  dramatische  Gemälde.  Dort  hat  S^verin  nach 
langem  Suchen  und  ängstlichem  Umherspäheu  endlich  ein  kleines 
Loch  entdeckt,  worin  er  seine  mit  Gold  gefüllte  Börse  ver- 
stecken will.  Begeistert  ruft  er  aus:  Oh,  petit  trou,  combien  je 
te  suis  redevable!  H^las,  ma  bourse,  h^las,  mon  ame!  ht^las, 
toute  mon  esperance !  Ne  te  laisse  pas  trouver,  je  te  prie !  Und 
doch  hat  er  immer  wieder  Bedenken  und  sieht  in  jedem  Steine 
einen  Späher,  so  dafs  er  sich  beim  Vergraben  des  Schatzes  zu 
jener  absonderlich  komischen,  phantastischen  Aufserung  hinreil'sen 
läfst:  H^,  mon  petit  trou,  mon  mignon,  je  me  recoramande  ä  toi, 
au  nom  de  Dieu  et  de  St.  Antoine  de  Padoue:  In  manus  tuas, 
domine,  commendo  spiritum  meum!  ^Nlan  vergleiche  hierzu  den 
„Avare"  (I,  4),  und  es  läfst  sich  in  der  Situation  eine  gewisse  Ahn- 
hchkeit  mit  dem  Erwähnten  konstatieren,  nur  ist  die  Darstellung  der 
Seelenstimmung  Harpagons,  der  seine  Kassette  soeben  im  Garten 
vergraben  hat  und,  sobald  nur  ein  Hund  bellt,  einen  Dieb  wittert, 
weit  weniger  gelungen  und  lanoe  nicht  so  effektvoll  als  bei  I.arlvey. 


80         Pierre  de  Lariveys  Komödien  und  ihr  Einflufs  auf  Molifere. 

Diese  Einzelheiton  können  schon  genügend  beweisen,  dais 
Mohfere  bei  Al^fassung  seines  „Avare"  die  Lariveysche  Komödie, 
die  ihm  leichter  zngänglich  war  und  bequemer  sein  mufste  als 
das  betreffende  italienische  Stück,  vor  Augen  gehabt  und  benutzt 
hat.  Im  ganzen  ist  Moliferes  Stück  weit  kimstgerechter,  einheit- 
licher und  interessanter  als  das  Tjarivcys,  und  doch  kann  man  es 
nicht  zu  den  grölsten  Werken  dos  Dichters  rechnen,  denn  dazu 
ist  es  zu  schwach  in  der  Komposition  und  zu  arm  an  drama- 
tischer Handlung.  Die  Gröfse  desselben  liegt  in  der  Tendenz, 
zu  zeigen,  auf  welche  Abwege  der  Geiz  den  Menschen  führen 
kann,  ferner  in  der  Charakterschilderung  Harpagons,  sowie  auch 
in  der  Erfindung  äufserst  komischer  und  drolliger  Scenen,  die 
durch  einen  witzigen,  feinen,  geistreichen  und  lebendigen  Dialog 
das  Interesse  und  die  Aufmerksamkeit  des  Publikums  erwecken 
und  dauernd  fesseln.  Die  Sprache  im  ,,Avaro"  ähnelt  zwar  der 
Lariveys,  ist  aber  doch  weit  formgerechter,  abgerundeter,  kräf- 
tiger und  markiger,  zuweilen  ein  wenig  derb,  aber  doch  nicht 
gemein  und  trivial,  was  sich  auch  wenig  mit  einer  guten  Ko- 
mödie verträgt  und  mehr  auf  das  Gebiet  der  gewiUmlichen  Fai'ce 
und  Posse  gehört.  Wenn  nun  auch  Moliöre  mit  Rücksicht  auf 
die  Komposition  und  den  Aufbau  der  Komödie  nicht  eben  viel 
direkt  von  Larivey  lernen  konnte,  so  ist  doch  das  Studium  der 
Lustspiele  dieses  Mannes  nicht  ohne  Wert  für  den  Meister  der 
französischen  Komödie  geblieben,  insofern  als  er  manche  gute 
Idee  vorfand,  die  nur  geschickter  und  eingehender  weiter  zu 
führen  war,  und  insofern  als  Moli^re  Gelegenheit  geboten  M'urde, 
zu  zeigen,  wie  sich  auf  einem  einfachen  Grunde  eine  grofse  und 
kunstg-erechte  Komödie  aufbauen  läfst  und  wie  weit  seine  Vor- 
ffänger  noch  davon  entfernt  waren.  So  viel  aber  steht  sicher 
fest,  dafs  Moliöre  von  den  Italienern  und  specioll  von  Larivey 
viel  mehr  lernen  konnte  und  in  der  That  auch  lernte  als  von 
jenen  uninteressanten  Komödien  Verfassern  des  16.  Jahrhunderts, 
die  im  Geiste  Jodelles  Lustspiele  in  Versen  verfafsten,  Stücke, 
in  denen  von  wirklichem  dramatischem  Leben,  sowie  von  Kom- 
position und  Charakterzeichnung  so  gut  wie  gar  nicht  die  Rede 
sein  kann. 


Moliere-Übersetzmigen  des  17.  Jahrhunderts. 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des  deutscheu  Dramas. 

Von 

Johannes  Bolte. 


Das  deutsche  Theater  war  während  des  17.  Jahrhunderts 
den  verschiedensten  Emflüssen  der  Nachbarländer  unterworfen. 
Auf  die  begierig  angestaunten  Schauertragödien  und  Gesangs- 
])osseu  der  seit  1586  erscheinenden  enghschen  Berufsschauspieler' 
folgten  die  pomphaften  Opern  Italiens,  dessen  Commedia  dell' 
arte  schon  längst  an  den  gröfseren  Fürstenhöfen  Süddeutschlands, 
in  Innsbruck,  München  und  Wien,  bcAvundert  und  gepflegt  worden 
war.  -  Daneben  weckten  niederländische  Komödianten,  ^  welche 
zuerst  in  die  Fufsstapfen  der  Engländer  getreten  sein  mögen,  in 
Norddeutschland  das  Interesse  für  die  Erzeugnisse  der  stamm- 
verwandten   holländischen,    aber    auch    der    spanischen    Bühuen- 

1  Goedeke,  Gruudrils  zur  GescMchte  der  deutscheu  Dichtung.  2.  Aufl. 
2,  524—545. 

-  K.  Trautmauu,  Italienische  Schauspieler  am  bayerischen  Hofe.  Jahr- 
buch für  Müuchener  GescMchte  1,  193—312. 

3  Vgl.  Anzeiger  für  deutsches  Altertum  13,  112  f.  Der  IGGtj  von 
Rist  erwähnte  Prinzipal  Jean  Baptista  wurde  am  Kl.  Juli  desselben  Jahres 
von  der  Königin  Eleonore  von  Schweden  in  ihren  Dienst  genommen  und 
erhielt  1500  Thaler  Silbermünze  jährlich  (Dahlgren,  Anteckniugar  om 
Stockholms  Theatrar  1866,  S.  7);  wahrscheinlich  ist  er  identisch  mit  dem 
.Fean  Baptista  von  Fornenburgk,  der  1674  von  dem  holsteinischen  Herzoge 
Johann  Albrecht  gegen  die  Komödianten  Arnold  Emmerich  und  Her- 
mann König  klagbar  wurde,  weil  sie  in  Tönning  und  Friedrichstadt  seine 
Bande  verlassen  hatten  (Akten  des  Schleswiger  Staatsarchivs).  —  1653 
traten  holländische  Schauspieler  in  Stockholm,  1702  in  Berlin  auf;  und 
noch  1708  lobt  Christian  Weise  ihr  Spiel,  .weil  alles  mit  der  gemeineu 
Expression  so  wohl  übereinkommt".  —  Vgl.  die  Nachträge. 

Archiv  f.  n.  Spraclion.    LXXXII.  6 


82  Molifere-Übersetziiiigcn  des  17.  Jahrhunderts. 

dichter,  währeüd  französische  Schauspielertruppen  mit  allgemei- 
nerem Erfolge  und  wachsendem  Ansehen  dem  deutschen  Publikum 
ihre  eigene  aufblühende  dramatische  Litteratur  vorführten.  So 
entstand  eine  buntscheckige  Mannigfaltigkeit,  ein  unsicheres  und 
unselbständiges  Tasten  nach  fremden  Vorbildern,  das  wunderlich 
absticht  von  der  gesclilossenen  Entwickelung  des  16.  Jahrliunderts, 
welche  durch  die  naiv -gläubige  Verbildlichuug  der  biblischen 
Historien  und  die  etwas  schuhueisterliche  Nachahuumg  des  Tcrenz 
beherrscht  wurde.  Wenn  mit  dem  professionsmäi'sigen  l^etriebe 
der  Schauspielkunst  der  Zusammenhang  mit  dem  allgemeinen 
Volksleben  verloren  ging,  so  brachte  doch  die  in  einer  Zeit  poli- 
tischer Ohnmacht  so  natürliche  Anlehnung  an  die  ausländischen 
Muster  auch  manchen  Gewinn.  „Eine  kurze  Zeit  lang  schien 
es,"  sagt  Scherer,  „als  wenn  die  Veredelung  der  deutschen  Bühne 
schon  im  17.  Jahrhundert  aus  Frankreich  kommen,  als  wenn  die 
herrliche  Erscheinung  INIoliöres  seineu  deutschen  Standesgenossen 
höhere  Ziele  zeigen  sollte."  In  der  That,  gegenüber  dem  l)e- 
drohlichen  Überwuchern  der  Oper  und  gegenüber  der  ges[)reizten 
Unnatur  der  Hauptaktionen  nmiste  durcli  das  Studium  Molieres 
die  Beobachtung  auf  das  wirkHche  Ijcben  gelenkt,  die  Kunst  der 
Charakteristik  herangebildet  werden. 

Zwei  kleine  Funde  auf  diesem  Gebiete  geben  uns. den  An- 
lais,  einen  Blick  auf  die  Geschichte  der  Älolifereschen  Lustspiele 
in  Deutschland  bis  zum  -Tahre  1700  zu  werfen. 

Zuerst  brachten  wohl  die  nach  dem  Dreilsigjährigen  Kriege 
häufiger  erscheinenden  französischen  Schauspieler  dieselben  nach 
Deutschland.  Genaueres  läl'st  sich  leider  bei  den  dürftigen  Nach- 
richten, die  wir  darüber  besitzen,  nicht  sagen;  denn  erst  seitdem 
einige  Fürsten  eine  stehende  französische  Hofbühne  eingerichtet 
haben  (in  Braunschweig  und  Hannover  um  1665,  in  München 
1671),  erfahren  wir  einiges  über  die  dargestellten  Stücke.  Ich 
verweise  auf  die  lehrreichen  und  zuverlässigen  Zusammenstellungen 
von   K.  Trautmaim  '    und   trage    nur   einige   Kleinigkeiten   nach. 

'  Archiv  für  Litteraturgeschichte  15,  K »2-108,  218— 2J1.  Wortvolle 
Aufschlüsse  dürfen  wir  von  einer  demnächst  im  zweiten  Bande  des  Jahr- 
buches für  Münchener  Geschichte  [8.  18.") — WM]  erscheiuenden  Arbeit 
Traiitnianns  über  französische  Litteratur  und  französisches  Theater  am 
-Münchener  Hofe  bis  172G  erwarten. 


Moliere-Übersetzuugeu  des  17.  Jahrhunderts.  83 

1667 — 1669  spielten  die  französischen  Schauspieler  Herzog  Georg 
Wilhehiis  in  Lüneburg.  Von  ihnen  wurde  wohl  auch  ein  zu 
Lyon  ohne  Jahr  veröffentlichtes  Stück  des  vielgcschäftigeu  Samuel 
Chappuzeau  dargestellt,  „Les  Eaux  de  Pirmont,  comedie  re- 
jiresentee  ä  Pirmont  au  moi  de  juin  1609  devant  taute  In 
serenlss.  maisou  de  Brunsvic  et  Lunebourg^' .  •  1673  liefs  D.  C. 
de  Nanteuil,  „Comedien  de  leurs  A.  S.  de  Brunsvik  et  Lune- 
hourg'' ,  in  Hannover  ein  Lustspiel  ,,L'amante  uivisihle'^  drucken. - 
1674  erscliien  in  Frankfurt  a.  M.  Bröcourts  Einakter  „]u<i 
regalle  des  cousins  de  la  cousine" ,  1685  zu  Wolfenbüttel  eine 
anonyme  Tragödie  Proserplne  in  fünf  Akten,  1689  zu  Celle  eine 
^yEurojje^  Pastoral  lu'roiqui^' ^  vielleicht  identisch  mit  der  gleich- 
namigen Comedie  heroique  des  Kardinals  Richelieu  (1643).* 
1680  unterhandelte  der  Kurfürst  Karl  I^udwig  von  der  Pfalz 
mehrfach  mit  einer  französischen  Gesellschaft,  die  von  Hannover 
nach  Köln  gegangen  war  und  ilun  vom  Bischof  von  Strasburg 
empfolilen  wurde.-'  Ein  Repertoire  der  im  Karneval  1693  zu 
Hannover  gespielten  Stücke ^  nennt  folgende  Titel:  „Le  jaloux, 
Le  coeur  [1.  coctij  imaginaire  [Moliöre],  Le  muet,  La  liherte 
contcntee,  Le  festin-  de  Pierre  [Molifere],  L'amante,  Les  deux 
rivales  Qoncordt's,  La  coquette ,  Uempereur  Antonie,  Psyche 
[Äloliere-IjuIIy],  Le  chevalier  ä  la  mode,  Kicomede  [CorncilleJ, 
Le  brutal  sangfroid'' ,  darunter  also  drei  Komödien  Moli^res. 
Auch   nach   Schweden,   wo  1679    Samuel    Columbus    an    einer 


1  P.  L.  Jacob  (  -:  Lacroix),  Catalogue  de  la  bibliotheque  Soleinue 
(1843)  Nr.  1288. 

^  Jacob,  Bibliotheque  Soleiune  Nr.  1453. 

^  Jacob,  Bibliotheque  Soleiune  Nr.  1335. 

^  Chrysander,  Jahrbücher  für  musikalische  Wissenschaft  1,  200  und 
203  (18G3).  Daselbst  auch  andere  französische,  in  Wolfenbüttel  aufge- 
führte Stücke;  über  die  Opern  soll  später  gehandelt  werden. 

■  E.  Bodemanu,  Briefwechsel  der  Herzogin  Sophie  von  Hannover  mit 
dem  Kurfürsten  Karl  Ludwig  von  der  Pfalz  1885,  S.  385,  303,  402.  Ebenda 
S.  142  citiert  er  Molieres  Tartuffe,  318  L'amour  mödecin,  392  Scarrons 
Jodelet.  Wie  viel  Karl  Ludwigs  Tochter,  die  Herzogin  Elisabeth  Char- 
lotte von  Orleans,  in  ihren  Briefen  von  dem  Pariser  Theater  erzählt,  ist 
bekannt  und  aus  Hollands  musterhaften  Registern  leicht  ersichtlich. 

'•  C.   E.   V.   Malortie,    Der   hannoversche    Hof   unter   Ernst    August. 

1847.     S.  152. 

G* 


84  Molifere-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts. 

Übersetzuug  von  Molifere  und  Corneille  arbeitete,  wo  Racine.'s 
Iphigenie  1684  von  Hofdamen  dargestellt  und  .seine  Esther  1693 
von  Adelcrantz  übersetzt  Avorden  war,  drangen  die  franzö- 
sischen Schauspieler;  Karl  XII.  lie/s  1699  eine  unter  Claude 
Guilmois  de  Rosidor  .stehende  Truppe  anwerben,  welche  in 
Stockholm  Reguards  Joueur,  Molieres  Mnringe  fora'  und  Stücke 
von  Corneille,  Racine,  Daneourt  u,  a.  spielten.  *  Ein  im  Stock- 
holmer Reichsarchiv  befindliches  Verzeichnis  ihrer  vom  August 
l)is  Dezember  1700  gegebenen  Vor.stellungen,  das  ich  leider  nicht 
vollständig  kopiert  habe,  weist  u.  a.  auf:  ^ßcajjin,  Dame  invi- 
sihle^  Tiridate,  Merlin  Draguon  [Daneourt],  Regulus,  Cleopatn', 
Agamemnon,  Kdipe,  Mitridate'^ ,  von  Moli^re:  ,,Mr.  de  Pour- 
ceangnac,  Avare,'  Kcole  des  femmes^  Amphitrion,  Fonrljeries'^ . 
Nach  dem  Vorbild  der  französischen  Komödianten  nahmen 
auch  bald  deutsche  Prinzipale  ]VIoli^res  Stücke  in  ihr  Re])ertoire 
auf.  Eine  zuerst  1766  bei  J.  F.  Löwen-  auftauchende  und  seit- 
dem weiter  fortgepflanzte  Überlieferung,  die  nur  auf  einer  Ver- 
mutung Ekhofs  beruht,  schreibt  diese  That  dem  Magister  und 
Schauspieldirektor  Johannes  Veiten  aus  Halle  (1640 — 1692)  zu; 
allein  schon  vor  der  allein  uns  klar  vor  Augen  liegenden  Glanz- 
zeit Veltens  spielten  andere  Banden  dieselben  Stüclje.  Mag 
also  auch  Veiten  Avirklich  zuerst  unter  seinen  deutschen  Berufs- 
genossen oder  besser  als  andere  den  Wert  des  grofsen  Dichters 
erkannt  haben,  der  einzige  Moliere-Darsteller  seiner  Zeit  war  er 
nicht.  1670,  drei  Jahre  vor  jMolieres  Tod,  ei'schien  zu  Frankfurt 
eine  „Schaubühne  englischer  und  französischer  Komödianten" 
in  drei  Bänden/"'   eine  offenbar   von  einem  Schauspieler  besorgte 


'  Dalilgren  a.  a.  0.  S.  12—20.  —  Vgl.  die  Nachträge. 

■■'  Geschichte  des  deutschen  Theaters,  in  seinen  Schriften  4,  13.  Da- 
nach C.  H.  8chmid,  Chronologie  des  deutschen  Theaters  (1775)  S.  34. 
Vgl.  Creizenach,  Zur  Entstehungsgeschichte  des  neuereu  deutschen  Lust- 
spiels, 1879,  S.  5.  C  Heine,  Johannes  Veiten,  Dissertation,  Halle  1887, 
S.  43—47. 

^  Exemplare  in  Berlin,  Dresden,  Haag,  Hamburg,  Kopenhagen,  Lon- 
don, Stockholm.  Eine  nirgends  erwähnte  Ausgabe,  Frankfurt  u.  Leipzig 
1727,  in  drei  Bänden,  befindet  sich  auf  der  Stuttgarter  Bibliothek.  Vgl. 
J.  Tittmann,  Die  Schauspiele  der  englischen  Komödianten  in  Deutsch- 
land, 1880,  S.  LXI  f.,  der  aber  in  seiner  Aufzählung  die  Pr^cieuses  ridi- 
cules  vergifst.    Der  Irrtum  von  H.  Schweitzer,  Moliere-Musouni  1,  XXXVI 


Moliere-ÜbersetzuDgen  des  17.  Jahrhunderts.  85 

Sammlung  der  „schöusten  uud  neuesten  Komödien'',  dazu  be- 
stimmt, „dafs  sie  leicht  daraufs  spielweise  Aviedermii  angerichtet, 
und  zur  Ergötzlichkeit  uud  Erquickung  des  Gemüts  gehalten 
Averden  können".  Diese  für  die  Kenntnis  des  Zeitgesclimackes 
wichtige  Auswahl  von  22  Dramen  enthält  12  aus  dem  Franzö- 
sischen übersetzte  Komödien,  vou  denen  fünf  Molifere  zimi  Ver- 
fasser haben:  1,  6 — ^44  Amor  der  Arzt;  1,  145 — 186  Die  köst- 
liche Lächerlichkeit  (Les  Precieuses  rtdicules);  1,  186 — 221  Sga- 
nai'eUe  oder  der  Hanrey  in  der  Einbildung;  3,  210 — 328  Der 
Geitzige;  3,  500 — 565  Georg  Dandin  oder  Der  verwirrete  Ehe- 
mann. Unter  den  übrigen  befinden  sich  acht  aus  den  „Englischen 
Komödien  imd  Tragödien"  von  1620 — 1630  entlehnte  Stücke 
imd  zwei  neue  Nummern :  Dämons  Triumpf spiel  ^  und  eine  lederne 
Dramatisienmg  von  F.  Pallaviciuos  Roman  „TaKclea'',  nach  der 
1668  zu  Frankfurt  gedruckten  Verdeutschung  desselben.  Auch 
in  den  spärlichen  Nachrichten  über  einzelne  Aufführimgen  deut- 
scher Schauspieler  stofsen  wir  öfter  auf  Höheres  Schöpfungen. 
Zwar  enthält  ein  von  dem  Hamburger  Caspar  Stiller  zwischen 
1654  imd  1663  zu  Güstrow  eingereichtes  Verzeichnis  ^  nichts 
davon,  und  ebensowenig  befalste  sich  der  Pappenspieler  Michael 
Daniel  Treu  oder  Drey, •^  welcher  später  Leiter  einer  Schauspicl- 
truppe  Avurde,  nach  Ausweis  seines  Lünebm-ger  und  Münchener 
Repertoh-es   von    1666    und    1681 — 1685,   damit;   doch   von   den 


(1881),  es  seien  167(t  nur  drei  Stücke  Molieres  verdeutscht  worden,  rührt 
daher,  dafs  er  nur  den  ersten  Band  gesehen  hat.  Auf  ihm  fulst  wiederum 
F.  Lotheifsen,  Moliere,  1880,  S.  387.  Über  die  anderen  Nununerii  der 
Sammlung  vgl.  weiter  unten  S.  121  f. 

'  Das  einzige  gereimte  Stück  der  Sanunluug,  nicht  identisch  mit  der 
1634  in  Kopenhagen  gespielten  prosaischen  Tragödia  von  den  Tugenden 
und  Lastern  (5  Bog.  4»),  wiederholt  Hamburg  1035,  4".  Vgl.  S.  Birket 
Smith,  Studier  pä  det  gamle  danske  Skuespils  Omräde  1883,  S.  55. 

^  Bärensprung,  Jahrbücher  für  mecklenburgische  Gesch.  1,  95. 

3  Vgl.  Gaedertz,  Theaterzustände  von  Hildesheim,  Lübeck,  Lüneburg 
1888,  S.  99—102,  und  K.  Trautmann,  Jahrbuch  für  Müncheuer  Geschichte 
1,  257.  J.  F.  Löwen  (Schriften  4,  13.  1760)  nennt  die  Treuische  Gesell- 
schaft älter  als  die  Veltens;  aus  ihm  schöpft  C.  H.  Schmid,  Chrono- 
logie des  deutschen  Theaters  1775,  S.  24.  Über  die  angebliche  Verbin- 
dung des  Theologen  J.  Lassenius  mit  Treu  vgl.  Carstens,  Allgem.  deutsche 
Biographie  17,  789. 


86  Moliere-Übersetzimgeu  des  \i.  JahrlmiKk'rts. 

„Hambiirgischen  Komödianten"  teilt  uns  Fürstonau '  mit,  dafs 
sie  1674  im  Februar  zu  Dresden  den  alten  Geizhals  (L'Avare) 
und  den  klugen  Knecht  Mascai'illia  und  den  einfältigen  Herrn 
(L'Etoii7'di),  und  1679  ebenfalls  in  der  Karnevalszeit  Amor  der 
Arzt,  Mascarihas  und  Scabins  Betrügereien  darstellten,  also  vier 
Stücke  Moliferes,    von   denen   nur   zwei    in    die   Schaubühne   von 

1670  aufgenommen  waren.  Ohne  Zweifel  Avar  diese  Truppe 
identisch  mit  der  „Carlischeu  Hochteutschen  Komödianten-Com- 
paguie",  welche,  wie  Avir  aus  Teubers  Geschichte  des  Theaters 
in  Prag  1,  78  erfahren,  am  8.  März  1674  auf  der  Reise  von 
Dresden  nach  AVien  in  Prag  anlangte.  Hir  Leiter  Karl  Andreas 
Pauls en  oder  Paul  mufs  ein  unternehmungslustiger  Geist  ge- 
wesen sein;  denn  wir  treffen  ihn  während  der  Jahre  1661 — 1679 
an  den  verschiedensten  Orten  Deutschlands  und  auch  in  Däne- 
mark und  Schweden  an:  Am  4.  Dezember  1663  verklagt  der 
Komödiant  Karl  Andreas  Paulsen  seine  Ehefrau,  die  Komödiantin 
Elisabeth  Paulsen,  wegen  eines  im  Lollfufs  zu  Schleswig  began- 
genen Ehebruchs,  -  1664  spielt  er  zum  Ostermarkte  in  Lüneburg, 
1665  in  Frankfurt  a.  M.  und  Basel,  1668  in  Güstrow  und  Lübeck,  •' 

1671  in  Kiel;'  1672  oder  kurz  vorher  hielt  sich  in  Kopenhagen 
eine  „berühmte  Primadonna"  Anna  Paulson  auf,  welche  man  ver- 
geblich für  ein  Engagement  in  Rufslaud  zu  gewinnen  suchte.'' 
Wie  Litzmann ^  kürzlich  treffend  nachgewiesen  hat,  geht  die 
älteste  erhaltene  deutsche  Bearbeitung  des  Shakespeareschen 
Hamlet  auf   denselben   Prinzipal   zmäick,   und   auch   die  chrono- 


•  Zur  Geschichte  der  Musik  und  des  Theaters  am  Hofe  zu  Dresden 
1,  211  und  2."')3  (1801). 

■■'  Mitteilung  des  Staatsarchivars  Herrn  Dr.  Hille  in  Schleswig. 

3  Gaedertz,  Theaterzustäude  (1888)  S.  70.  90.  E.  Mentzel,  Arch.  f.  Frank- 
furter Geschichte  (»,  92  (1882).  A.  Burckhardt,  Beiträge  zur  Gesch.  von 
Basel  2,  205  (1889).  Bärensprung,  .Talirbüclicr  für  niecklenburg.  Gesch. 
1,  95.  Bolte,  Jahrbuch  des  Vereins  für  nicdordoutsche  Sprachforscluuig 
12,  13P.. 

"  B.  Litziiiaun,  Zcitschr.  f.  vcrgl.  Litteraturgci^chichte  und  Rcnaissancc- 
I>itteratur,  N.  F.  1,  9  (1887). 

^  A.  Wesselofsky,  Deutsche  Einflüsse  auf  das  alte  russische  Theater, 
1876,  S.  14.  A.  W.  Fechner,  Chronik  der  evangelischen  Gemeinden  in 
Moskau  187G,  1,  350. 

''  A.  a.  O.  1,  (I — ir>:  Die  Eutstehungs/.eit  des  cr.slon  deutscheu  Hamlet. 


Moliere-Übersetzuugeu  des  17.  Jahrhuuderts.  87 

logisch  sicher  unriclitige  Angabe  bei  Schmid, '  dafs  1628  Karl 
Pauls,  der  Sohn  eines  Oberstlieutenants,  der  Führer  einer  aus 
wohlerzogenen  und  meist  studierten  jungen  Leuten  bestehenden 
Truppe  geworden  sei,  ist  auf  ihn  zu  beziehen. 

Nicht  genauer  bezeichnet  werden  die  Gesellschaften,  welche 
am  27.  Juni  1677  in  Dresden  die  Komödie  vom  scheinheiligen 
Manisten  Tartuffe  und  1683  dasselbe  Stück  sowie  George  Daudm 
zur  Aufführung  brachten. - 

Das  Repertoire  des  schon  erwähnten  Veiten  Aveist  unter 
den  87  bei  Heine  aufgezählten  Nummern  zehn  Komödien  Moli^res 
auf,  nämlich:  1)  L'Amour  peintre,  dreimal  ^  (1680,  1684,  1690).  — 
2)  LAvare  (1684,  1688).  —  3)  LEtourdi  (1688,  1690).  — 
4)  Le  Misanthrope  (1686).  —  5)  L'Ecole  des  femmes  (1686).  — 
6)  L'Ecole  des  maris  (1690).  —  7)  Le  Bourgeois  gentilhomnie 
(1690).  —  8)  Le  Marlage  force  (1690).  —  9)  Le  Mtdecin  malgre 
lui  (1690).  —  10)  Le  Festin  de  pierre  (1690). 

In  einem  um  1710  in  Nürnberg  zusammengestellten  Ver- 
zeichnis von  Schauspieltitelu,  welches  J.  Meifsner  im  Jalirbuche 
der  deutschen  Shakespearegesellschaft  19,  145 — 154  veröffenthcht 
hat,  ist  Mohäre  ebenfalls  vertreten,  doch  nur  mit  zehn  Stücken 
unter  der  Gesamtsumme  von  160:  Nr.  6  Der  kluge  Knecht  (= 
L'Etourdi'^),  56  Geiziger,  59  Don  Juan,  68  Bürgerlicher  Edelmann, 
87 — 91  Der  verwirrte  Ehmann  Georg  Dandin,  Die  köstliche  Lächer- 
lichkeit, Gezwungener  Arzt,  Malende  Liebe,  Amor  der  beste  Arzt, 
157  Listig  Scapin,  158  Don  Pedro  Gastmahl  (=  Festm  de  Pierre).  * 
Namentlich  als  Nachkomödien  erhielten  sich  die  Schöpfungen  bis 
zur  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  auf  dem  Repertoire  der  fahrenden 
Banden.  So  ergötzte  1699  in  Linz  „Le  Malade  imaginaire  oder 
Pickelhärings  Akademie"  die  Zuschauer  der  blutigen  Tragödie 
Titus  Andronicus,^  und  dasselbe  Stück  wm-de  am  6.  INIärz  1705  in 
Merseburg   nach  Beschlufs   der  bekannten  Aktion  „Der  flüchtige 


•  Chronologie  des  deutschen  Theaters  1775,  S.  20. 

^  Fürstenau,  Zur  Geschichte  der  Musik  imd  des  Theaters  am  Hofe 
zu  Dresden  (1861)  1,  250.  271. 

3  Fürstenau  1,  271.  307.     Heine,  J.  Veiten,  S.  29. 

^  Vgl.  Fürstenau  1,  308:  Don  Juan  oder  des  Don  Petro  Gastmahl. 

'"  Bolte,  Anzeiger  für  deutsches  Altertum  13,  112.  Cohn,  Jahrbuch 
der  Shakespearegesellschaft  23,  28i». 


88  Moliere-Übersetzungen  des  17.  Jalirluuiderts. 

Virenus  und  die  getreue  Olympia"  gespielt.  1722  A^rd  uns 
Amor  der  Arzt  als  eins  der  beliebtesten  Nachspiele  genannt, ' 
imd  zalilreicli  sind  die  Beispiele,  die  man  aus  den  Sammlungen 
von  Theaterzetteln  dieser  Zeit  -  anführen  könnte.  Deutsche  Schau- 
spieler brachten  auch  Moliferes  Werke  zuerst  nach  Rul'sland :  von 
ihnen  wurde  imter  der  Grofsfürstin  Sopliie  (1682 — 1689)  der 
M^decin  malgr^  lui  zu  Moskau  dargestellt;  s])äter,  als  Peter  der 
Grofse  1701  durch  Johann  Kunst  und  dann  durch  Otto  Fürst 
sich  eine  Hofbühne  hatte  einrichten  lassen,  wurden  die  Pr^cieuses 
ridicules,  Amphitryon,  George  Dandin  deutsch  und  auch  in  russi- 
scher Übersetzung  gegeben.  ^ 

Wie  nun  im  17.  Jahrhundert  die  Meisterwerke  des  franzö- 
sischen Dichters  dem  deutschen  Publikum  mundgerecht  gemacht 
wurden,  davon  gewälu'en  uns  noch  die  vier  gedruckten  Komödien 
in  der  Schaubühne  von  1670  eine  leidliche  A^orstellung.  Dafs 
die  zierliche  und  gelenke  Sprache  des  Originals  nicht  annähernd 
Aviedergegeben  wurde,  namentlich  für  das  verwöhntere  Ohr  der 
Xachwelt,  ist  selbstverständlich;  aber  der  Übersetzer  band  sich 
auch  nicht  ängstlich  an  den  Wortlaut  seiner  Vorlage,  seine  Rede 
ist  roh,  aber  lebendig  und  verständlich,  weil  sie  füi*  die  Büluie 
berechnet  war.  Von  einem  ganz  anderen  Gesichtspunkte  aus 
ist,  wie  erst  Zarncke ''  richtig  hervorgeh(jbeu  hat,  eine  mehr  als 
20  Jahre  später  von  dem  Nürnberger  Verleger  J.  D.  Tauber 
begonnene  Übersetzung  angelegt,  welche  sämtliche  Kom()dien 
Molieres  umfassen  sollte,  aber  nie  zur  Vollendung  gelangte.  Wie 
man  seit  dem  15.  Jalirhundert  die  liebe  Jugend  am  Terenz  hatte 
Latein  lernen  lassen,  wie  der  Genfer  Catherin  Le  Doux^  1599 


1  J.  Opel,  Der  Kampf  der  Universität  Halle  gegen  das  Theater.  Blätter 
für  Handel,  Gewerbe  und  wissenschaftliches  Leben.  Sonntagsbeilage  zin- 
:\Iagdeburgisclien  Zeitung   1S81,  Nr.  21,  S.  1G1  f. 

■•^  Z.  B.  auf  den  Bibliotliekcn  zu  Frankfurt  a.  M.,  Hamburg,  Kopenhagen. 

•'  Wcsselofsky,  Deutsche  Einflüs.se  auf  das  alte  russische  Theater,  8. 87, 5'-'. 
Auch  Scarrons  Gardien  de  soi-meme  ging  damals  über  die  Moskauer 
Bühne  als  „Prinz  Pickelhcriug  oder  Jodelet  durch  sich  selbst  verhaftet". 

''  Christian  Reuter.  Abhandlungen  der  sächs.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften 9,   170  f.  (1881). 

s  Boltc,  Ztschr.  f.  deutsche  Philologie  2it,  82.  Für  die  Hofschule  des 
Landgrafen  Moritz  von  Hessen-Kassel  schrieb  Le  Doux  liinj  eine  franzö- 
sisehe  Schulkomödie  ,,Tobi&'  <<^Exemplar  in  Berlin j. 


Moliere-Übersetzungeu  des  17.  Jahrhuuderts.  89 

den  TübiDg;er  Studeuteu  die  Erleruuug  der  ital.  Sprache  dadurcli 
annehmlich  zu  machen  trachtete,  dafs  er  den  terenzischen  Euuuchu.s 
in  eine  modische  italienische  Komödie  „in  gratiam  studiosorimi 
Knguffi  italicai"  umformte,  so  erschien  1692  zu  gleichem  Zwecke 
eine  vollständige  italienisch-deutsche  Übersetzung  des  Tereuz,  in 
welcher  Seite  für  Seite  links  der  italienische  Text  imd  rechts 
der  deutsche  gedruckt  war:  „Die  Comödieu  der  Terentii  über- 
setzt In  die  reine  Toscanische  Sprache  Von  Antonio  Gagliardi. 
Nebst  der  teutschen  Version  nach  dem  Toscanischen  von  Wort 
zu  Wort  gegeben  Von  J.  C.  M[üller].  Allen  der  Toscanischen 
Sprache  liebenden  zu  grossen  Nutzen.  Leipzig,  Verlegts  P'ried- 
rich  Lanckschens  Erben,  Anno  1692."  '  Dieses  Werk  mm  gab, 
wie  ich  glaube,  dem  Nürnberger  Buchhändler  den  Gedanken  ein, 
eine  Moliere-Ausgabe  zum  Unterrichte  im  Französischen  in  ähn- 
licher Weise  herzurichten.  Da  schon  damals  Schulbücher  einen 
besseren  Absatz  als  rein  belletristische  Werke  fanden,  liel's  er 
eine  französische  und  eine  deutsche  Ausgabe,  die  sich  Seite  für 
Seite  genau  entsprachen,  drucken,  um  so  durch  lueinauderbinden 
derselben  ein  zum  Schulgebrauche  dienliches  Exemplar  herrichten 
und  auch  jede  Ausgabe  einzeln  verkaufen  zu  können.  Violleicht 
läfst  sich  noch  in  der  pädagogischen  Litteratur  jener  Zeit  eine 
Aufseruug  über  die  wirkliche  Verwendung  des  Buches  entdecken. 
Als  Analogon  kann  ich  noch  eine  1698  von  dem  Sprachmeister 
Nicolo  de  Castelli  in  Halle  unternommene  Übersetzung  sämt- 
licher Lustspiele  Molieres  ins  Italienische"^  anführen,  obwohl  der- 


'  Exemplare  in  Berlin,  Kassel,  (.TÖttingen,  Greifswald  und  auf  der 
Münchener  Universitätsbibliothek.  Eine  zweite  Auflage  erscliieu  zu  Leiiizig 
1727  (Berlin). 

2  Le  Opere  di  G.  B.  P.  diMoliere.  Lipsia,  Gleditscli,  hi^^S.  I  Bände  12" 
(Exemplare  in  Berlin  und  auf  der  Breslauer  Stadtbibliotliek).  N.  Aufl. 
Lipsia  1710  (Berlin).  Der  Autor,  welcher  sich  kurfürstl.  brandenburgischer 
Sekretär  nennt,  erscheint  schon  lü!)l  am  Berliner  Hufe  mit  einem  Glück- 
wunschgedicht; 1G96  dediziert  er  Friedricli  III.  und  seiner  (Jenuihlin 
vSophie  Charlotte,  der  geistreichen  hannoverschen  Prinzessin,  eine  Pastorale 
.,11  pastor  iufido".  Vgl.  Adelungs  Fortsetzung  zu  Jöchers  Gelehrteu- 
lexikon 2, 178  (1787)  und  Heinsius,  Allgem.  Bücherlexikou  1,510(1812).— 
„Zum  Behuf  derjenigen,  so  die  italiänische  Sprache  lernen",  übersetzte 
T  al  a  n  d  e r  (=  A.  Bohse)  1699  zu  Erfurt  G  u  a  r  i  u  i  s  Pastor  fido  in  deutsche 
Prosa  (Breslauer  Universitätsbibliothek;.  —  Vgl.  die  Nachträge. 


00  Molitre-Übersetzungen  des  17.  JahrhiUKlert?. 

selbe  seine  Absicht  nicht  mit  dürren  Worten  ausspricht.  ,,Mevi- 
tarono/^  sagt  er  in  der  Vorrede  zum  ersten  Bande,  ,Je  di  lui 
opere,  a  causa  delle  helle  inventioni,  argutie,  stilo  e  leggiadria 
sparsavi,  che  fossero  tradotte  in  Unijua  Tedesca,  dopo  d'esser 
State  varie  volte  rappresentate,  con  applauso  universale,  soptra 
U  teatri  della  Germania."  Aber  er  schrieb  nicht  für  seine 
Landsleute,  sondern  für  Deutsche,  denen  das  französische  Ori- 
ginal doch  leichter  verständlich  war  als  die  italienische  Über- 
setzung: und  dies  läfst  ohne  weiteres  den  Schluls  auf  einen 
pädagogischen  Zweck  der  Arbeit,  welche  übrigens  noch  1740 
M'ieder  aufgelegt  wurde,  zu.  Die  Nürnberger  Übersetzung  „Derer 
Conioedien  des  Herren  von  Moliere  königlichen  Französischen 
Comoediantens  ohne  Hoffnung  seinesgleichen"  erschien  nun  im 
Jahre  1694  in  drei  Teilen.^  Sie  enthält  13  Stücke  Moh&res: 
Fest  in  de  Pierre,  Medecin  malgre  lui,  Sicilien,  Conitesse  d'Es- 
hargnac,  Monsieur  de  Pourceaugnac,  Precieuses  ridicules;  Bour- 
geois gentilliomme,  Malade  imaginaire,  Amour  medecin,  Mariage 
force';  George  Dandin,  Avare,  Fourheries  de  Scapin  und  zu- 
letzt Brdcourts  Komödie  L'ombre  de  Moliere  (1673),  die  auch 
den  ersten  französischen  Gesamtausgaben  Moliöres  angehängt 
war.  2  Ausdrücklich  widmet  der  seinen  Namen  hinter  den  Ini- 
tialen J.  E.  P.  verbergende  Übersetzer  sein  Buch  „der  Jugend, 
welche  der  Frantzösischen  Sprach  begierig  seyn  mag,  zu  desto 
geschwinder  und  leichter  Begreiffung  derselben''.  Schon  diese 
Worte  stimmen  ebensowenig  wie  die  Namensbuchstaben  zu  dem 
Schauspieldirektur  J.  Veiten,  den  eine  unsichere  Tradition  zu 
dem  Verfertiger  dieser  Übertragung  stempeln  will.  Noch  klarer 
wird  die  Unmöglichkeit  derselben  durch  die  Erwägung,  ^  dafs 
Veiten  nur  sechs  der  hier  verdeutschten  Stücke  gab,  während 
er  vier  andere  spielte,  die  iu  der  Nürnberger  Übersetzimg  fehlen. 
Zudem  hat  er  die  Herausgabe  der  letzteren  schon  deshalb  nicht 
besorgen  können,  weil  er  1692  zu  Hamburg  gestorben  war.  Die 
genannte  Übersetzung  von  1694  nun,   welche  Lotheifsen  *  }>lunip 

'  Exemplare  in  Dresden,  Mainz,  AVeimar.  W.  v.  Maltzahn,  Deutscher 
Rücherschatz  des  16.— 18.  .Tahrh.  (ISlh),  S.  815,  Nr.  968. 

^  Einen  Neudruck  von  Brt^courts  Htück  veranstaltete  Lacroix  1880 
(Nonrcllr  collcction  MoUcresqtte  Nr.  6). 

•^  Heine,  Veiten,  B.  17.      '  Moliere,  18SU,  S.  .390. 


Molit're-Übei>etzuugeu  des  17.  Jahrhunderts.  91 

und  nngeuiefsbar  schilt,  raiüs  schon  bei  ihrem  Erscheinen  ähn- 
liche Urteile  erfahren  haben;  denn  schon  im  folgenden  Jahre 
veranlalste  der  Verleger  einen  anderen  Anonymus  zu  einer  „gantz 
neuen  und  mit  sonderbarem  Fleifse  verfafsten"  Umarbeitung: 
„Histrio  Gallicus  Comico-Satyricus  sine  exemplo  .  .  .  Wieder  aufs 
Neue  in  das  reine  Teutsche  übersetzt". '  Dieser  geht  mit  seinem 
Vorgänger  streng  ins  Gericht,  weil  er  „in  einer  so  ungerathenen 
Art  und  hundertfältig -verkehrten  Wort-Verstand  geschrieben, 
dafs  es  kein  Wunder,  wann  alle  verkehrte  und  übelständige 
Wörter  von  der  schwartzen  Presse  auf  dem  Papier  vor  Scham 
gantz  roth  erschienen  wären".  Zahl  und  Anordnung  der  Stücke, 
sowie  der  besondere  Zweck  sind  dieselben  geblieben;  denn  er 
will  das  Original  fiü'  „die  zur  Frantzösischen  Sprach  begierige 
Teutsche  Nation  dem  Molierischen  Genio  gemäfs  in  das  reine 
Teutsche  übersetzen",  aber  „nicht  vom  französischen  Wortverstand 
abweichen,  noch  unseren  ersten  Comödien-Spielern  diese  Comö- 
dieu-Stücke  in  sinnreichen  und  zierlichen  Reden,  die  sich  für  sie 
auf  ihre  Schaubühne  schicken  mögten,  vorschreiben".  Nur  der 
Ausdruck  ist  hier  und  da  im  möglichsten  Anschlul's  an  den  fran- 
zösischen Text  geändert.  Und  so  weit  geht  unser  Anonymus  in 
diesem  sklavischen  Bemühen,  dai's  er  auch  eigentümlich  franzö- 
sische Wendungen  und  Spricliwörter  zuerst  wörtlich  wiedergiebt, 
ehe  er  in  Klammern  eine  freiere  Erklärung  Ijcifügt.  So  lauten 
Valeres  Worte  (Avare  I,  1)  ,,ll  est  (h'fficile  d' accommoder  res 
deiix  confidences  ensemble^^  bei  ihm :  „sie  beede  miteinander  zur 
Einträchtigkeit  zu  bringen  (sie  beide  unter  einen  Hut  zu  brin- 
gen)".—  Ebenda  1,3:  ,,Des  vilains  et  des  Indres^''  =  „Lausichtc 
Limmel  und  Aussätzige  (Mist -Bauern)".  —  Ebenda:  „Q?u'  se 
sent  morveux  qu'il  se  viouche'^  =^  „Wer  sich  rotzig  befindet,  der 
schneutze  sich  (Wer  sich  getroffen  findet,  der  nehme  sich's  an)".  — 
Ebenda  ü,  5  ironisch :  ,^Je  suis  votre  üaleV^  =^  Ich  bin  euer 
Knecht  (Ja,  guten  Morgen)".  —  Ebenda  III,  5:  „Monsieur  l'iii- 
tendant  fait  hien  le  necessairef^  =:  „Der  Herr  Haus-Hofmeister 
macht  sich  gewaltig  geschäfilig  (Hat  viel  Hosen  zu  waschen)".  — 
George  Daudin  I,  4:  „Sachons  im  peu  ce  que  voiis  avez  dans 
l'esprit'^  =   „Lafst   uns   ein  wenig   wissen,    was   euch    im    Sinne 


1  Nürnberg,  J.  D.    raulxr,  IGüö.    3  Teile,    Exemplar  iu  Berlin. 


92  Moliere-Übersctzuugcn  des  17.  Jahrhunderts. 

lieget  (in  Kropff  stecket)".  —  Amour  Medeciu  III,  9:  „La  he- 
casae  est  hrkh'ef^  =  „Der  Schuepff  ist  aufgezäumet  (der  Vogel 
ist  gefangen)". 

Übrigens  haben  die  Nürnberger  Übersetzungen '  in  den  vier 
Stücken,  welche  schon  in  der  Schaubühne  von  1670  stehen,  diese 
ältere  Übertragung  vielfach  benutzt.  So  ist  die  eben  angefülu*tc 
Stelle  des  Avarc  II,  5  „Je  suis  cotre  valet"^  1670  wiedergegeben  „Ja 
Morgen",  1695  „Ja,  guten  Morgen".  Und  die  Verse  am  Schlüsse 
von  L'amour  medecin  III,  8  lauten  (1695.  2,  315)  völlig  mit  der 
Schaubühne  (1670.  1,  43)  gleich:  „Wir  seynd  allein  die  Aertzt"  etc. 

Gerade  die  mangelnde  Gewandtheit  in  der  poetischen  Form 
veranlafste  auch,  dafs  die  gereimten  Komödien  wie  der  Tartuffe, 
Misanthrojje,  Etourdi,  Ecole  des  maris,  Ecole  des  femmes  vor- 
läufig noch  nicht  übertragen  \vurden.  „Weil  ich,"  sagt  der  Über- 
setzer von  1695,  „auf  den  Parnasso  Poetico  nicht  studiert  habe, 
als  werden  selbige  von  einem  anderen  Subjecto,  welches  den 
Pegasum  geschicklich  zu  satteln  und  aufzuzäumen  weifs,  in  das 
Teutsche  übersetzet,  und  mit  der  Zeit  von  eben  diesem  auf  den 
Titel  benannten  Verleger  zum  Druck  befördert  werden."  Dies 
Versprechen  wm*de  ein  Jahr  später  wirklich  erfüllt;  der  1696 
gedruckte  vierte  Teil,  ^  den  ich  nicht  gesehen  habe,  enthält  jedoch 
nur  drei  Nummern  von  Moli^rc:  Les  aniants  mag)ilfiques,  La 
Priiicesse  d'Elide  (=^  Les  plaisirs  de  l'ile  encliantee)  und  2\ir- 
tuff'e.  Eine  Aveiterc  Fortsetzung  ist  nicht  zu  stände  gekommen, 
obwohl  1721  die  l)isher  gedruckten  vier  Bände  noch  einmal  auf- 
gelegt wurden'*  vmd  die  Verleger,  J.  D.  Taubers  Erben,  eine 
Prosa-Übersetzung  der  fünfzehn  noch  rückständigen  Komödien 
folgen  zu  lassen  versprachen.  Im  übrigen  nennen  sie  diese  Aus- 
gabe „wieder  aufs  neue  zum  drittenmal  ins  Teutsche  übersetzt" 
und  reden   über   die   früheren   Auflagen   ebenso   verächtlich   wie 


'  Wahrscheinlich  schon  die  erste  von  16!)l,  welche  mir  augenblicklich 
nicht  zur  Vorfügung  steht. 

^  Maltzahn,  Bücherschatz  des  10.-18.  Jahrh.  S.  'Uli,  Nr.  ÜTO.  Die 
in  Weimar  vorhandene  Ausgabe  des  vierten  Teils  von  1710  enthält  aufser- 
dem  die  Gherardische  Posse  Arlrquin  rmprrritr  de  la  luiic. 

•*  Exemi)lar  in  Berlin.  8tatt  der  kurzen  Nachricht  über  Moliferes 
Lol)on  ist  dem  ersten  Bande  Griniarets  ausführlichere  Lebensbeschreibung 
vuranges  teilt. 


Molifere-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts.  93 

der  Übersetzer  von  1695  über  seinen  Vorsänoer.  Andere  Ans- 
gaben  von  1700  und  1710  sind  wahrscheinlicli  nur  Titelanflagcn. — 
Während  die  beiden  eben  besprochenen  Übersetzung-sversuclie 
von  1670  und  1694  schon  mehrfach  die  Aufmerksamkeit  der 
liitterarhistoriker  auf  sich  gezogen  haben,  sollen  uns  nun  zwei 
deutsche  Bearbeitungen  einer  Moliereschen  Komödie  bescliüftigeii, 
welche  jenen  bisher  entgangen  sind.  Die  erste  ist  eine  nach 
J.  IVlathesons  Angabe^  1679  von  dem  Hamburger  Kai^-llinoister 
Johann  Wolfgang  Franck  komponierte  und  in  Hamburg  ge- 
spielte Oper,  betitelt  „DON  PEDRO  |  oder  |  Die  |  Abgestraffte  ^ 
E^-ftcrsucht  I  in  einem  |  Singe-Spiel  j  vorgestellt".  4-'/^  Bogen  4" 
0.  O.  und  J.-  Das  Textbuch,  dessen  A^erf asser  nicht  angegeben 
Avird,  erweist  sich  bei  näherer  Betrachtung  als  eine  freie  Über- 
tragung von  Moli&res  zwölf  Jahre  zuvor  entstandener  Komödie: 
Le  Sicilien  ou  l'amour  peintre.  Ereilich  bemerkt  der  Musik- 
historiker E.  O.  Lindner,  dasselbe  sei  „nach  einem  italienischen 
komischen  Singspiele"  gemacht,  und  wir  werden  weitci-  unten 
noch  auf  ein  älteres  Zeugnis  stolsen,  nat-h  welchem  Moliore  wirk- 
lich eine  italienische  Posse  benutzt  haben  soll.  ^  Trotzdem  bleibt 
Ijindners  Behauptung,  für  welche  er  keinen  Beleg  anführt,  sehr 
zweifelhaft.  Hätten  ^drklich  Molifere  und  der  Hambm'ger  Dichter 
nach  demselben  italienischen  Originale  gearbeitet,  so  müfste 
Moliore  dasselbe  geradezu  sklavisch  abgeschrieben  haben.  Nun 
haben  aber  weder  Moland,  *  der  das  Verhältnis  des  französischen 
Dichters  zum  italienischen  Theater  untersucht  hat,  noch  Pougin  ' 


'  Der  musikalische  Patriot,  S.  178  (Hamburg  1728). 

-  Exemplare  in  Berlin  und  Hamburg.  Vgl.  Walther,  Musikalisches 
Lexikon  1782,  S.  258.  Schröder,  Lexikon  der  Hamburgischen  Schrift- 
steller 2,  351  (1854).  Allgem.  deutsche  Biographie  7,  212.  E.  O.  Lindner, 
Die  erste  stehende  deutsche  Oper  1855,  S.  11.  169.  Chrysander,  Allgem. 
musikalische  Zeitung  12,  421  (1877).  —  Vgl.  die  Nachträge. 

^  Merkwürdigerweise  behauptet  auch  der  alte  Übersetzer  von  Shake- 
speares Taming  of  the  Shrew  (1072),  sein  Stück  sei  ,.von  italienischem 
Ursprünge".     Kunst  über  alle  Künste,  hrsgb.  v.  E.  Köhler  18G4,  S.  VIII. 

•*  Moli&re  et  la  comödie  italienne.    Paris  1867. 

5  Moliere  et  l'opera  comique  Le  Sicilien  ou  l'amour  peintre.  Paris 
1882.  —  Vgl.  auch  (Euvres  de  Moli&re,  ^d.  par  E.  Despois  et  P.  :Mesnard 
6,  216  f.  (1881).  Einen  klemen  Beitrag  zur  Frage  nach  der  Quelle  des 
Stückes  will  ich   nicht  unterdrücken.    Die  Novelle  bei   Gabr.  Chappuis, 


04  MolitM-e-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts. 

iu  seiner  Monographie  über  unser  Stüek,  noch  sonst  ein  spür- 
eifriger Moliörist  eine  derartige  Vorlage  ausfindig  gemacht;  hin- 
gegen hat  der  gründliche  Chrysander,  ohne  Molieres  „Sicilieii'' 
zu  kennen,  sogleich  aus  dem  Tone  und  verschiedenen  Einzel- 
heiten der  Hamburger  Oper  auf  eine  französische  Quelle  ge- 
schlossen. Dals  auch  nicht  etwa  eine  italienische  Übersetzung 
die  Vermittlerrolle  zwischen  dem  französischen  und  dem  deut- 
schen Stücke  gespielt  hat,  lehrt  eine  genauere  Vergleichung. 

Eine  zweite,  um  zehn  Jahre  jüngere  Übersetzung  desselben 
liustspiels  fiel  mir  bei  einer  INIusterung  der  Handschriften  auf 
der  Berliner  K<)niglichen  Bibliothek  auf.  Sie  ist  erst  iu  neuerer 
Zeit  aus  dem  INIagdeburger  Provinzialarchivc  an  ihreu  jetzigen 
Aufbewahrungsort  gelangt  und  trägt  neben  der  neuen  Signatur 
„Ms.  G(n-m.  Quart  980"  folgenden  Titel:  „Der  |  Verliebte  Mahler. 
aus  dem  Französischen  |  übersetzt".  1  Bl.  -\-  4(i  S.  -i".  Über 
den  Verfasser  giebt  eine  Bemerkung  auf  S.  4()  Aufsclüuls: 
„Mersebourg  le  15.  de  Jiün  1689  G  C  Schmidt".  Näheres  von 
diesem  Schmidt  zu  erfahren  habe  ich  mich  vergebhch  bemüht. 
Dafs  nicht  an  einen  Schulmann  und  eine  Schulkomödie  zu  denken 
ist,  ergiebt  sich  aus  der  Geschichte  des  Domgymnasiums  von 
INIerseburg  von  F.  Witte.  ^  Eher  darf  mau  in  dem  Stücke  ein 
zur  Ergötzung  des  Herzogs  Christian  1.  von  Sachsen-]Merseburg  - 
und  seines  Hofes  bestimmtes  Festspiel  vermuten,  wie  sie  im  be- 
nachbarten Weifsenfeis  um  dieselbe  Zeit  der  spätere  Hamburger 
Pastor  Johann  Riemer  ("j"  1714)  abfalste.  Mehrere  seiner  öden 
Spektakelstücke  Avurden  sogar  in  Merseburg  gedruckt  und  viel- 
leicht  auch   bei  Hofe   aufgeführt:    1678  die  Tragikomödia  „Der 

Facetieuses  journees  1584,  8,  1,  auf  welche  vou  deu  französischen  Erklärern 
hingewiesen  wird,  stammt  ursprünglich  aus  Matteo  Bandellos  Novelle  o,  2'A 
(iu  der  Londoner  Ausgabe  vou  1791,  7,  292 — 299),  übersetzt  in  Belle- 
Forests  Histoires  trayiques  Nr.  '.)'■)  (Lyon  ir)9u.  2,  t)99 — 7:18).  Hier  ist  die 
liede  vou  einem  gewissen  Galeazzo  deUa  Valle  aus  Vicenza,  der  in  Venedig 
seine  Geliebte  verliert,  weil  er  einen  Maler  zu  ihr  schickt,  um  sie  porträ- 
tieren zu  lassen ;  doch  tötet  er  schlielslich  seinen  glücklichen  Nebenbuhler. 
Man  sieht,  es  ist  nur  eine  entfernte  Ähnlichkeit  der  Motive  vorhanden. 

'  Zwei  Programme,  Merseburg  1875  und  187ti.  Vgl.  auch  Zarucke, 
Chr.  Keuter,  Abh.  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  9,  462. 

"  l(i50 — 1691.  Vgl.  J.  Vulpius,  Megalurgia  Martisburgica.  Quedlin- 
burg 17U(».     S.  119  und  229. 


Moli&re-Übersetzuugeu  des  17.  Jahrhuuderts.  95 

tyrannische  Grofsvater  oder  der  glückliche  Bastard"  '  und  1685 
eine  Dramatisierung  der  Sage  von  Eginhard  und  Emma,  „Amor 
der  Tyranne  mit  seiner  lächerlichen  lleuterey".^  Wahrscheinlich 
stammt  die  Berliner  Handschrift  aus  dem  Besitze  einer  Schau- 
spielertruppe,  welche  1689  Merseburg  besuchte.  Solche  Banden 
wurden  damals  vielfach  von  den  kleineren  Fürstenhöfen  auf  kür- 
zere oder  längere  Zeit  unterhalten.  Im  Januar  1695  spielten  in 
Leipzig  die  merseburgischen  Komödianten  unter  dem  Prinzipal 
Herman  Heinrich  (Reinhard?)  Richter,  der  1685 — 1691  der 
Yeltenschen  Truppe  angehört  hatte  ;^  und  am  23.  September  des- 
selben Jahres  gaben  dieselben  hochfürstlich  sächsisch-mersebur- 
gischen  Hofkomödiauten  in  Nürnberg  Alexanders  Liebessieg  und 
das  verliebte  Nachtgespenste.  *  Li  München  spielte  1(599  der 
herzoglich  Mörsburgische  Hofkomödiant  Balthasar  Prunbach 
zwölfmal  auf  dem  Rathause  und  erlegte  für  diese  Vergünstigung 
am  22.  August  1699  27  fl.,  sowie  6  Ü.  6  li.  9  d.  für  das  Auf- 
schlagen der  Bühne."'  Auch  einige  in  jNL'rseburg  gedruckte 
Operntexte,''  deren  Zahl  freilich  nicht  au  die  aus  AVeil'senfeis 
und  Halle  erhaltenen  heranreicht,  weisen  auf  die  Theaterliebe 
des  Hofes:  1672  Die  erfreute  Ceres,  fok  —  1681  Götter-Freude, 
fol.  —  1702  Die  verachtete  Eitelkeit  der  Welt.   8«. 

Beide  Bearbeitungen  des  Sicilien  stehen  weder  untereinander 
noch  mit  der  Nürnberger  Übersetzung  von  1694  in  Zusammenhang; 

'  Exemplar  in  Stuttgart.  Eine  Handschrift  ohne  den  Namen  des 
Verfassers  in  Dresden:  M  15.  1679  führte  der  Görlitzer  Rektor  Chr.  Funcke 
das  Stück  mit  seinen  Schülern  auf.  Vgl.  Gottsched,  Nötiger  Vorrat  1,239 
und  CJoedeke,  Grundrifs  ^  3,  226.  Wie  mir  K.  Trautmann  freundlichst  mit- 
teilt, wurde  auch  in  Augsburg  im  Mai  1698  ^Der  Glickliche  bastardt 
oder  der  Tiiraunische  Grofsvatter'^  von  der  Kaufbeurer  Agenteugesollschaft 
(Arch.  f.  Litt.-Gesch.  14,  24U)  dargestellt,  ebenso  noch  1719  in  Kaufbiniren. 

^  Exemplar  in  Berlin.  Im  Nürnberger  Repertoire  von  I71o,  Nr.  l:'.2 
(Jahrb.  d.  Shakespearegesellschaft  19,  152). 

3  Zarncke,  Chr.  Reuter,  a.  a.  O.  9,  4G5.  Fürsteuau,  Zur  (Joschielite 
der  Musik  und  des  Theaters  zu  Dresden  1,  272.  311. 

^  Will,  Historisch  -  diplomatisches  Magazin  1,  211  (Nürnberg  1781). 
Über  eine  Merseburger  Aufführung  17it5  s.  oben  S.  87. 

s  Gütige  Mitteilung  Trautmanns  aus  der  Müuchener  Stadtkammer- 
rechnung [Jahrbuch  f.  Münchener  Geschichte  2,  242]. 

«  Gottsched,  Nötiger  Vorrat  1,  232.  244.  273.  Über  Weilseufelser 
Opern  vgl.  Schletterer,  Das  deutsche  Singspiel,  S.  221  (1S63). 


96  Molifere-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts. 

eine  Vergleichung  beider  mit  dem  Originale  fällt  entschieden  zu 
Gunsten  des  Hamburger  Singspiels  aus.  Während  jenes  noch  auf 
der  Grenzscheide  zwischen  Posse  und  Operette  steht  und  dem 
Gesänge  nur  in  einzelnen  Scenen  und  Zwischensätzen  Spielraum 
gewährt,  hat  F'ranck  mit  be\\'ulster  Konsequenz  einen  Schritt  weiter 
gethan ;  durchweg  ist  in  seinem  lil^retto  die  ungebundene  Rede  dem 
Verse  und  dem  Reime  gewichen;  in  geschickter  Weise  wechseln 
drei-  bis  fünffüfsige  lamben  in  verschiedener  Reim])indung  mit- 
einander, geeignete  Stellen  sind  als  Arien  behandelt.  Die  neun- 
zehn Scenen  Molieres  sind  in  drei  Akte  (Sc.  1 — 5,  (i — 13,  14 — 19) 
gruppiert,  und  ein  Prolog,  in  welchem  Cupido  und  iSIars  durch 
Fama  zu  friedlichen  Beschäftigungen  ermahnt  werden,  dem  Gan- 
zen vorangestellt.  Der  Ausdruck  zeigt  Gewandtheit  und  Frische, 
ohne  sich  allzu  ängstlich  an  das  Oi-iginal  zu  halten;  was  auch 
bei  der  Umwandlung  von  Prosa  in  Verse  das  ungeeignetste  Ver- 
fahren gewesen  wäre.  Sorgfältig  wird  die  Herübernahme  fran- 
zösischer Ausdrücke  und  Verbindungen  vermieden,  die  komischen 
Verse  in  Lingua  franca  sind  ganz  fortgefallen.  Als  HcMspiel 
führe  ich  eine  Stelle  aus  der  fünften  Scene  an. 

l)ü)i  Pidre  (donnanl  uu  »onfßel  ii  fluli):  D  O  U   Po  d  r  u  : 

Qui  ra  Ui'f  Wer  da?   (sehlägt). 

Hall  (rendant  le  sonfflet  ii   Iiou  Pidre):  Hali: 

Ami.  Guth  Freund  I  (sc-Iilüpt  wierler). 

Don  Pedro:  Don  Pedro: 

Holu!      Francisqiie ,     Dominique.       Frantz,  Herten,  Jürgen  rau.s, 
Simon,     Martin,     Pierre,     Tliomas.       Den  Degen  her  1  das  8ehild  und  die 
(ieorges,  Cliarks,  Bartheleniy.   Allans.  Pistolen, 

jiromptenient.  man  epee,  ma  rondache,  LaCs  Claufsen  fort  die  Helleparte 
nia    halcbarde,    nies  pistolets,     ines  hohlen 

mousquctons,  mes  fusils.  Vite,  de-  Geschwind  I  geschwind  I  macht  fort  I 
pechex.  Allans,  hte,  point  de  qvmiier!  fallt  aus 

Und  waget  euch  mit  mier, 
Frisch  draurt"lofs,  schlagt  und  gebet 
kein  Quartier. 

Dagegen  ist  der  Merseburger  und  der  Nürnberger  Über- 
setzung der  wörtliche  Anschlufs  an  den  französischen  Text  ge- 
meinsam; nur  wo  dieser  Reime  hat,  bringen  auch  sie  Verse. 
Im  ganzen  aber  bewegt  sich  der  Übersetzer  von  1689  noch 
etwas  freier  als  sein  Genosse,  er  teilt  die  Handlung  in  zwei  Akte 
und  ordnet  die  neunte  Scenc  etwas  anders  als  der  Nürnberger, 
Beide  zeigen  Unkenntnis  in  musikalischen  Dingen,    da   sie  Halis 


Molifere-Übersetzungen  des  17.  Jahrluiiiderts.  97 

Bemerkungen  in  der  vierten  Scene  über  becarre  und  bemol  (Dur 
imd  Moll)  ganz  mifs verstehen ;  C'est  du  beaii  becarre  übersetzt 
Schmidt:  „Der  vortreffliche  Becarre  hats  gemacht/'  und  der 
Nürnberger:  „Es  ist  ein  schön  Beccar^."  '  Am  besten  wird  man 
den  Charakter  der  di'ei  A^erdeutschnngen  durch  die  Mitteilung 
eines  längeren  Stückes  kennen  lernen.  Ich  wühle  dazu  eine  Stelle 
der  vierten  Scene,  welche  schon  hn  Originale  poetische  Form 
trägt  (siehe  folgende  Seite). 

Dafe  Moliöres  „Sicilien  oh  Vamour  jjeintre''  überhaujit  in 
Deutschland  sehr  günstig  aufgenoumien  wurde,  ergiebt  sich  auch 
aus  der  S.  87  hervorgehobenen  Thatsache,  dals  Veiten  das  Stück 
wiederholt  (1680,  1684,  1699)  zur  Darstellung  brachte.  Es  läge 
natürlich  nahe,  ihm  auch  die  Merseburger  Übersetzung  von  1689 
zuzuschreiben,  wenn  nicht  diese  Vermutung  bis  jetzt  jeder  Spur 
eines  Beweises  ermangelte.  Auch  in  Holland  entstand  um  die- 
selbe Zeit  eine  Bearbeitung,  der  ich  hier,  weil  ich  sie  noch  nir- 
gends angeführt  finde,  einige  Worte  widmen  möchte.  Ilu*  \qy- 
f  asser  ist  der  am  S.Juli  1681  verstorbene  Andries  Pels,  wel- 
cher in  der  Litteraturgeschichte  besonders  als  Älitbegründer  der 
nach  dem  Muster  italienischer  und  französischer  Akademien  ein- 
gerichteten Kunstgenossenschaft  „Nil  volentibus  arduum"  zu 
Amsterdam  bekannt  ist.  Erst  nach  seinem  Tode  veröiFentlichte 
sein  Freund  Bieter  Laukeur  ein  von  ihm  hinterlassenes  Lustspiel : 

DE  I  SCHILDEE  |  DOOR  LIEFDE,  1  BLYSPEL.  |  (Kupfer  mit  der 
Uuterschrift :  NIL  .VOLENTIBUS.  ARDUUM.j  |  TE  AMSTERDAM,  |  By 
ALBERT  MAGNUS,  op  de  Nieuwen  Dyk,  |  iii  deu  Atlas,  by  deu  Dam. 
Iü82  I  Met  Prilecjie.  |  4  Bl.  -|-  64  S.  8^'.  Das  Pri\-ileg  ist  datiert  Amster- 
dam, 30.  März  1C8'2.  —  Exemplare  in  Berlin  und  Leiden.  —  2.  Auflage 
Amsterdam  171(3  (Leiden).  —  Vgl.  die  Nachträge. 

1  In  der  Hamburger  Oper  heifst  es  richtig:  ^Er  ist  zw  frisch  der 
Tlion,  Singt  ilir  nur  eins  das  im  b-mol  aushält."  ^Der  dritte  —  sang 
recht  frisch  aus  dem  stets  frohen  C."  ^lan  vergleiche  damit  die  Cha- 
rakteristik, Avelche  Matheson  1713  im  Neu  eröffneten  Orchester  S.  240.  244 
von  den  einzelnen  Tonarten  giebt,  z.  B. :  „C  dur  (lonicus)  hat  eine  ziem- 
liche rüde  und  freche  Eigenschafft,  wird  aber  zu  Rejouissancen,  und  wo 
man  sonst  der  Freude  ihren  LaufT  last,  nicht  ungeschickt  sein."  ,C  moll 
ist  ein  überaus  lieblicher,  dabey  auch  trister  Tohn,  .  .  .  [aber  es]  mögte 
einer  bey  seiner  Gelindigkeit  leicht  schläftrich  werden.'-  Er  führt  auch 
gleichartige  Äufserungen  älterer  ]Musikschriftsteller  an. 

Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  ~i 


98 


Molifere-Ubersetzungeu  des  17.  .lahiliuiiderts. 


Moliere  (1667). 

Seene    quatrieme. 

Aclrrisfe,   flali,  Musick'ii-^. 

Premier  rnusicien,   representant 

Philhie. 
Si  du  triste  recit  de  mon  inquictudc. 
Je  troiMe  le  repos  de  votre  solitude, 
Rochers,  ne  sayex  j^oint  fuches  : 
Quand  vous  saure%,  l'exces   de   mes 

peines  secretes, 
Totd  rociters  que  voics  etes, 
Vous  en  serez  touches. 


J.  W.  Fianck  (lti7'.>). 

Dritter    Auftritt. 

AiliMsto,    Hall,   3.   Miisic. 

1 .  Sänger. 

1.  Ihr  Klippen  zürnet  uieht, 
Wenn  etwa  dil's  mein  Klagen, 
Das  ieh  euch  wil  vortragen, 
Die  lluJie  uuterbrielit. 
Euch  ach!  luuis  ich  erzehlen 
Mein  ungemeines  Quählen, 
Drüni  ach !  so  zürnet  niclit. 


Deuxieme    rnusicien,    represen- 
tant Tircis. 
Les  oisecmx  rejoiiis,   des   que  le  jour 

s'arance. 
Rcconniicnccnt  leurs  chmits  dans  cps 

vastes  foirts ; 
Et  moi,  j'y  recoiinnence 
Mes    soupirs    languisscods    et     nies 

tristes  reyrets. 
All!  tnon  eher  Philene! 


Philen  e. 
Ah!  mon  eher  Tircis! 
Tireis. 
Que  je  sens  de  peine ! 

Philene. 
Que  j'ai  de  soueis! 

Tircis. 
Toujours    sourde    ä    mes    vociix    est 
l'ingrate  Climene. 

Ph  ilen  e. 
Chloris   n'a  point  pour  moi  de  re- 
gards  adoucis. 

Tons  detix  enscmbte. 
0  loi  trop  inhumaine! 
Amotir,  si  tu  ne  pettx  les  contraindir 

d'aimer, 
Pourquoi  leur   laisses-iu   le  puiiruir 

de  charmer'^ 


2.  Sänger. 

2.  Wenn  dich  behiubter  Wald 
Der  Vögel  frohes  Singen 
Pfiegt  Morgens  zu  durchdringen, 
Dai's  es  mit  Ivust  erschallt, 
So  mufs  ich  dir  auch  klagen 
Des  Amors  strenge  Plagen, 
Drum  zürne  nicht,  ö  Wald. 


6  Ach !  was  Angst,  was  Sdimertzt-n 
Empfinden  solche  Hertzeu. 

1. 
Ach!  Tirsi.s  Ach! 

2. 
Ach  mich  entseelt  mein  rngemach  ! 

1. 
Ich  muls  für  Angst  noch   gar  ver- 
derben ! 

2. 

Und  ich  für  Jammer  sterben ! 
Kein  Seutttzen  kau  Climeneus  Ühr 

ilurchdringen! 
1. 
Und  Thirsis*  Blick,  will  mich  üms 

Le])en  bringen! 


O  strenger  (lOTl'!  du  wilst  uns 
nur  betrüben, 

N'erschafle  doch  dals  sie  uns  müssen 
lieben, 

AVo  nicht,  so  laTs  dein  Quählen  seyn 

Und  zieh  der  Schönheit  Strahlen  ein. 


*  lies :   Chloris. 


Moliere-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts. 


9Ö 


G.  C.  Schmidt  (1689). 
Dritter   Auftritt. 

üroy  Musicauten    singen. 

1.  Music. 

Du  Harter  Fells,  brech.'  ich  gleich 

deiue  Ruh, 
Und  scheint  mein  Ach!  dein  Jubiio 

zu  stören, 
Höhr  meiner  Klage  zu : 
Ich  weil's,  JMeiu  Unglück,  qvaal  und 

Pein 
^\■ird  deinen  Stein 
In  weiches  Wachs  verkehren. 

2.  Music. 

Ach!    wie    vergnügt   kan   doch    im 

düstern  Wald 
Die  Nachtigal   ein    frohes   Liedgen 

singen ! 
Hingegen   mufs  bey  mir  ein  stetes 

Ach!  erklingen, 
Das  durch  die  Thäler  schalt. 
^fein  Frühstück  ist  nur  Ansst  und 

Noth, 
T"ud  lauter  Ach !  mein  Abeudbrodt . . . 
Liebster  Hirt,  Philen',  ach,  ach! 

1.  Music. 

'J'irsis,  treues  Hertz ! 

2.  Music. 

AVaCs  leyd'  ich  vor  Ungemach ! 

1.  Music. 
AVal's  führ  ich  vor  Schmertz ! 

2.  Music. 

Mein  tSenfFzen  kan  Climeiien  nicht 
bewegen . 

1.  Music. 

l'iid    Cloris    ist  stets   meiner  Lieb' 

entgegen. 

Alle  beyde. 

()  bittre  Pein! 

Wenn  man  von  seinem  Bchatz  nicht 

kan  geliebet  seyn. 
Drum,   Amor,    Strafe   sie,    dafs   sie 

nicht  mehr  vermögen 
In  eines  Schäfers  Herz  die  Flammen 

zu  erreaen. 


Nürnberger  Übersetzung  (lt;95). 

Dritter  Auftritt. 

Von  drey  Miisieanten  gesungen. 

Der  erste  Musicant. 

Wann  ich  euch  die  Geschieht  von 
meiner  Unruh  lehre, 

Und  etwau  eure  Ruh,  der  Einsam- 
keit zerstöhre, 

So  zürnet  nicht,  ihr  Felsen-Stein ! 

Wärs  möglich,  dafs  ein  Fells  geheime 
Noth  anhöret? 

Ihr  würdet,   wenn  ihr  härter  wäret, 

Von  meiner  Klag  erweichet  seyn. 

Der  andere  Musicant. 

Das  leichte  Volck  der  LufFt  schwingt 
sich,  sein  Lied  zu  sinwn. 

In  diesem  kühlen  Wald,  seit  oem 
es  Tages-Zeit; 

Ich  aber  fange  hier  vor  allen  Dingen, 

Das  warme  Seuffzeu  an,  der  alten 
Traurio-keit. 

O  lieber  Philene! 


Der  Erste  Musicant. 
Ach  Thirsis  mein  Licht. 

Der  andere  Musicant. 
Ich  thräue  und  sehne. 

Der  Erste  Musicant. 
Ich  beuge  dich  nicht. 

Der  andere  Musicant. 
Immer  taub  ist  meiner  Bitt  die  un- 
danckbare  Climenc. 

Der  Erste  Musicant. 
Oloris    gibt    mir    nimmermehr    ein 
versüsstes  Angesicht. 

Beyde  zugleich. 
0  ein  Gesetz,  das  nimmer  schöne! 
Hör  Amor !  kannst  du  sie  zu  unsrer 

Liel)  nicht  zwingen. 
Was,  gibst  du  ihnen  Kratit,  un.s  in 

ihr  Netz  zu  bringen? 


100 


Moli^^e-Ubersetzuügeu  des  17.  Jahrhunderts. 


Troisicnie  musicien,  represen- 

tant  un  faire. 
Paiirres  aniants,  quelle  erreur 
D'adorer  des  inhumaines! 
Jamais  Ics  ames  bieti  saines 
Ne  se  payent  de  rigueur; 
Et  les  faveurs  sont  les  chutnes 
Qui  doicent  Her  un  cceur. 
On  voit  Cent  helles  ici 
Aupres  de  qui  je  m'empresse; 
Ä  Icur  voller  ma  tendresse 
Je  viets  vion  plus  doux  souci; 
Mais  lorsqiie  Von  est  tiyresse, 
Ma  foi,  je  suis  tirjre  aussi! 


Der  o.  Sänger. 

1.  Verliebeter  Sinnen 
Verwirrtes  Beginnen 
Wird  billich  verlacht  I 
Denn  was  sie  veracht 

Das  wollen  sie  g()ttlich  verehren, 
So  kan  sie  die  Liebe  bethören. 

2.  Ich  liebe  die  Schönen, 
Doch  wenn  sie  mich  höhnen. 
So  wird  mir  mein  Muth 
Voll  Bärischer  Wuth. 

Und  wil  sie  für  Bofsheit  verstummen. 

So  kan  ich  recht  brüllen  und  brum- 
men. 

Zwar  Amors  Kunst  führt  bey  sich 
ihre  Ketten, 

Doch,  glaubts,  man  kan  sich  leicht 
daraus  erretten ! 


Philene  et  Tireis,  cnsemhle. 
Henreux,  helasi  qui petit  aimer  ainsi! 


Ach  glücklich  ist,  der  frey  wie 
dic^^er  liebt. 

Den  nicht  der  Zwang  der  Gluth  wie 
uns  betrübt! 


In  der  AViduiung  sagt  der  Herausgeber:  ,,De  Heer  rn  Mr. 
Andries  P(',ls  zaaliger  Jieeft  my  kort  voor  zi/n  tJood  ter  hand 
gesteh,  en  in  eigendom  overgegeeven,  dit  Blyspi'l,  genaamt  De 
Schilder  door  Lief  de,  iiit  de  Italiaansche  in  de  Frausche,  en 
nit  de  Fransche  in  de  Kederdnitsche  taale  gehragt ^  doch  het 
lautste  door  den  Heer  Pels,  maar  zo  verhanzelt,  c.n  rerschicJct, 
naar  de  hedendaagsche  tooneelwetten,  dat  het  niet  allem  niet 
vermindert,  maar  in  trgendeel  mcrkelgk  verbctert  is/'  Die 
hier  nicht  näher  bezeichnete  französische  Vorlage,  Avelche  auf  ein 
italienisches  Original '  zurückgehen  soll,  ist  wiederum  der  „Sicilien" 
Moli^res.  Aber  der  holläiidisehc  Dichter,  der  zugleich  ein  selbst- 
bewuister  Theoretiker  war  luid  sich  zum  Reformator  der  drama- 
tischen Kunst  berufen  glaubte,  hat  einschneidende  Veränderungen 
vorgenommen.     Aus  der  leicht  hingeworfenen,   mit  lustigen  Ge- 

'  „Mol ihr,'-  sagt  Pels  1G81  in  seinem  Lehrgedichte  „Gebruik  en  Mis- 
bruik  des  tooneels"  S.  53,  „völgt  in  xijn  mceste  tcerk  de  Italiaanen  na." 
Im  vorliegenden  Falle  mochten  das  Lokal  der  Handlung  und  die  Stellen 
in  Lingua  frauca  diese  Meinunir  hervorrufen.     Vsl.  oben  S.  03. 


Moliere-Übersetzungeu  des  17.  Jahrliimderts 


101 


3.  Musie. 

1.  Wie  thöricht  thiit  ihr  doch,  die 

ihr  verliebt, 
Die  Uubarmherzigkeit  so  eifrig  an- 

zubcthen  ; 
Drum  wärt  ihr  klug,  so  seit  ihr  das 

mit  Fiifsen  treten 
Wafs   euer  Seel'  und  Herz  kränckt 

und  betrübt. 
Denn  der  liebsten  Küfse  müfsen 
Amors  Strick  und  Band  versüfsen. 

2.  Ich    lieb'    und   brenne    zwar    so 

wohl  als  ihr, 

Mein  Herze  pflegt  gar  ofFt  ein  schö- 
nes Kind  zu  suchen. 

Ists  aber,  dafs  man  will  statt  gegeu- 
liebe  fluchen, 

Und  find'  ich  vor  ein  Lamm  ein 
Tiegerthier, 

Ey!  wie  kan  ich  wieder  reisen 

Und  der  ganzen  Welt  erweifsen, 

1.  u.  2.  Music. 
Dafs  deine  Brunst   recht  klug  und 
glücklich  sey  zu  preifsen. 


Der  Dritte  Musicant. 

Arme  Buhler,  eitler  Wahn! 
Wilder  Jungfern  Opfler  bringen. 
Nienial  hat  so  Stutz  als  Zwingen 
Klugen  Leuten  gnug  gethan : 
Gunst  und  Liebe  sind  die  Schlingen, 

Die  die  Hertzen  \  J''"^^f"  '  an. 
I  fesseln    ( 

Hundert  Schöne  sieht  man  liier, 

Denen  ich  pfleg  nachzustreben, 

Denen  ich  zu  Dienst  zu  leben. 

Alle  Mittel  kehre  für. 

Doch,  will  man  ein  Tiger  geben  ? 

Bin  ich  auch  ein  Tigerthier. 


Der  erste  und  andere  Music. 
Ey  wie  so  glückseelig  ist!   der  also 
wird  können  lieben. 


sängen  und  burlesken  Tänzen  verbrämten  Posse  ist  ein  drei- 
aktiges  Familienstück  geworden,  in  dem  alles  gesetzmäfsig  und 
bürgerlich  ehrbar  zugeht.  Im  geraden  Gegensatze  zu  dem  Ham- 
burger Singspiele  sind  alle  Gesänge  und  Balletts  weggefallen. 
Zwar  läfst  Pels  seine  Personen  sämtlich  in  Versen  mit  künst- 
lichen Reimverschlingungen  reden,  aber  diese  enthalten  weniger 
Poesie  als  Moliferes  Prosa.  Den  Kern  der  Handlung,  die  Unter- 
haltung des  als  Maler  verkleideten  Liebhabers  mit  der  Dame  in 
Gegenwart  des  eifersüchtigen  Hüters  und  die  listige  Entführung 
derselben,  hat  er  beibehalten ;  sein  zweiter  Akt  folgt  treu  Molieres 
Scene  7  und  11 — 20.  Doch  mit  der  kurzen,  unvermittelten  Lö- 
sung vermochte  er  sich  nicht  zu  beruhigen.  Damit  die  entflohene 
Sklavin  Don  Pedros  auch  mit  gutem  Gewissen  ihre  Freiheit  gc- 
niefseu  kann,  mufs  sich  im  dritten  Akte  bei  einer  laugwciligeu 
Gerichtsverhandlung  herausstellen,  dafs  sie  eine  als  Kind  in  tür- 
kische Gefangenschaft  geratene  vornehme  Holländerin  und  die 
Schwester  des  Oberrichters  ist.  Der  geprellte  Eifersüchtige  wird 
durch  eine  Heirat  mit  seiner  wackeren  Haushälterin  entschädigt, 


1()2  ^lolic-re-L^bcrsetzungeu  des  17.  Jahrluindertt'. 

die  mit  einem  Dutzend  Kinder  auf  der  Bühne  er.sclieiiit  und  die 
Abkunft  ihrer  jungen  Xebeubuhlerin  enthüllt.  Der  Sehauplatz 
ist  nach  Holland  verlegt,  die  Personen  haben  mit  Ausnahme  des 
Don  Pedro  andere  Xamen  erhalten  und  handeln  nach  holländischen 
Anstandsbcgriffen.  Der  Liebhaber  Eduard  (bei  ]\Ioliere  Adraste) 
erkundigt  sich  sorgfältig,  ob  Leonoor  (=  Isidore)  aus  guter  Fa- 
milie herstammt,  bevor  er  ihr  seine  IJel)e  erklärt ;  er  wird  diu'ch 
ihre  Pflegerin  ]Madonna  Laura  protegiert.  Die  Intrigue  leitet, 
wie  im  Französischen,  sein  listiger  Bedienter  Jasje  (=■  ITali),  der 
auch  die  Rolle  der  Zaide  überuinunt;  auch  liconoor  hat  ein 
durchtriebenes  Kammermädchen  Styntje,  die  den  zärtlichen  Eduai'd 
vom  Balkon  aus  in  den  Kleidern  ihrer  Herrin  toppt,  schlielslich 
aber  mit  Jasje  das  dritte  Paar  bildet.  —  Ln  selben  Jahr  ging 
aus  der  Gesellschaft  „Nil  volentibus  arduum"  noch  eine  Be- 
arbeitung von  Molicres  Maria r/e  fora-  hervor;*  ob  der  unbe- 
kannte Autor  hier  nach  demselben  Zwange  nüchterner  Regeln 
den  Dichter  gemeistert,  vermag  ich  nic;ht  zu  sagen,  da  ich  das 
Stück  noch  nicht  gesehen  habe. 

Unter  den  Verdeutschungen 'Moliferes  sind  endlicli  noch  zwoi, 
wie  es  scheint,  verlorene  Arbeiten  Bressauds  für  den  Wolfcu- 
bütteler  Hof  zu  nennen,  beide  1694  aufgeführt :  ,,Moli(?re,  TEtourdv, 
ou  les  Contretemps  d.  i.  Der  Tiuume  oder  die  Klugheit  zu  Un- 
zeit" imd  „Le  Mariage  forc(5  oder  Die  gezwungene  Heirath.''  - 

Dal's  nun  Moli5res  A)'^erke  französisch  oder  in  Ubei-setzunücn 
auf  die  deutsche  Bühnendichtung  einen  fördernden  Einfluis  übten, 
lälst  sich  ohne  weiteres  annehmen.  Dies  aber  genauer  zu  unter- 
suchen, hiefse  die  Grenzen  dieses  Aufsatzes  überschreiten.  Schon 
dei-   talentvolle   Verfasser   der  Kinist    über   alle   Künste   gedenkt 

'  KluchhjxJ  rau  licl  ijnhronijcii  hoiitrclijk.  Amsterdam  1G82  (Brcslauor 
Stadtbibliothek).  Wabrschciulicli  identisch  mit  dem  IGi^O  erschienenen 
jileiehbetitelten  Htürke  von  A.  P[eysl.  Vgl.  .Tou(:kl)loet,  Geschichte  der 
niederländischen  Litteratur  2,  11!^  und  A.  Pels'  Lehrgedieht  örhruik  rt\ 
niisbriiyk  des  toonccls  1681,  S.  ."«1. 

2  Halzthalischer  Mayeuschlufs  lijUl.  I".  Danach  Chrysauder,  Jahr- 
buch für  niusikal.  Wissensch.  1,  230.  Zu  den  bei  Gottsched  (Nötiger 
Vorrat  1,  :M1  i.)  verzeichneten  Übersetzungen  des  18.  Jahrhunderts  füge 
ich  noch  drei  handschriftlich  in  \\'einuu-  «'rhalteue  Arbeiten  von  A.  H.Ponsch: 
Molicres  AmphUnjou  (1757).  Reguards  Mnioeinnrs  und  Mnnttleurys  Tjt 
fiUr  capitaine. 


Moli^re-Übersetziiugeii  des  17.  Jahrhunderts.  103 

im  Alamodisch  Technologischen  Interim  1()75,  8.  499  MoU^rcs 
mit  Hochachtimg; '  für  Christian  AVeise,  der  gleich  dem  fran- 
zösischen Dichter  auf  die  lebendige  Charaktei'zeichnung  und 
Naturwahrheit  das  Hauptgewicht  legte,  bedürfen  wir  noch  einer 
Untersuchung  seiner  Quellen ;  als  der  Verfasser  des  SchelmufFsky, 
der  Leipziger  Student  Christian  Reuter,  1695  wegen  seiner 
satirischen  Komödie  „Die  ehrliche  Frau  zu  Plissine"  vor  das 
Universitcätsgericht  gefordert  wurde,  verantwortete  er  sich,  niclit 
die  Beschwerde  führende  Witwe  Anna  Rosine  Müller  habe  er 
beleidigen  wolleu,  sondern  er  habe  seinen  Stoff  „meist  aus  dem 
Moli^re  genommen".  Und  mit  Recht  konnte  er  sich,  was  Zarncke 
in  seiner  ergebnisreichen  Monographie  ^  übersehen  hat,  auf  die 
„Precieuses  ridicules'^  berufen,  aus  der  er  gerade  die  Haupt- 
handlung entlehnte.  Bekundete  Reuter  in  diesem  und  in  seinen 
folgenden  Lustspieleu  ein  beachtenswertes  Talent  für  die  Cha- 
rakteristik und  die  gelungene  Auffassuug  komischer  Motive,  so 
machte  ein  gleichzeitiger,  imter  dem  Pseudonym  H  a  1  o  a  n  d  e  r 
schreibender  Autor  seinem  Vorbilde  Moliere  wenig  Ehre.  Sein 
1696  erschienenes  Opus, -^  welches  mit  dem  Verfasser  des  Schel- 
uiufsky  in  Verbindung  zu  stehen  scheint,  ist  eine  rohe  und 
schmutzige  Dramatisierung  eines  kurz  zuvor  veröffentlichten  fran- 
zösischen Pasquills ''  auf  den  einflufsreichen  Beichtvater  Lud- 
wigs XIV.,  Francois  de  La  Chaize  d'Aix  (1624—1709).    In  der 

'  R.  Köhler,  Jahrbuch  der  deutschen  Shakespearegesellschaft  1,   l(H!. 

2  Abh.  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  9,  49'2— 194.  508.  G07.  Zarncke  nennt 
Reuters  Stück  eine  Komödie  ganz  in  Moliferes  Manier  und  Zuschnitt, 
zieht  aber  nur  den  Bourgeois  gentilhomme  zur  Vergleichung  heran.  [Nach- 
träglich hat  er,  wie  ich  erst  jetzt  ersehe,  im  Litterarischen  Centralblatt 
1884  (34),  1171  auch  auf  die  „Precieuses  ridicules"  hingewiesen.] 

3  Der  vertrackte  Jesuit  und  |  Intriguen-Macher  |  P.  LA  CHAISE  | 
Königlicher  Frantzösischer  |  Beicht -Vater,  |  in  einer  lustigen  |  COMOE- 
DIE,  I  Darinnen  über  die  jenigen  Intri-  |  guen  so  von  ihm  in  seinem  un- 
längst her-  I  ausgegebenen  Leben  zu  finden,  noch  meh-  |  re  und  neuere  , 
Liebes-Staats-Practiquen  |  nebst  andern  anmuthigen  Erfindungen  |  ent- 
halten ;  I  Aus  dem  Frautzösischen  nach  der  |  Teutschen  Redeus-Art  |  ein- 
gerichtet, I  und  auff  Begehren  |  vorgestellet  |  Von  |  H ALO ANDER  1  Colin, ', 
Gedruckt  bey  Peter  Marteau,  1096.  j  9  Bl.  +  118  S.  12".  Exemplar  in 
Berlin.  —  Fünf  Akte  in  Prosa. 

'  Diese  Histoire  du  Pere  La  Ckaixe  Jesuite  d-  Confesseur  du  Roy 
Imuis  XIV.    benutzte   ich    in    einer  Nouvelle  edition  augnmitee,    die  11)90 


Wi  31oliere-Übers€tzaiigen  des  17.  Jahrhiiuderts. 

Vorre<le  verteidigt  er  sein  Unternehmen  mit  dem  Beispiele  der 
Komödie  [Tartuffej,  .welche  ehemahLs  zu  Parif!-?  auff  An.stitftung 
des  Mr.  le  Prince  der  Ijekannte  Moliere  auff*  den  P.  La  Chaize 
spielen  müssen,  darinnen  sein  Xaturel  und  die  gantze  Leljen.*-Art 
unter  den  Nahmen  des  Betrügers  gar  artig  verstecket  worden." 
Allein  mit  Moliferes  Feinheit  ist  die  grobe  und  nicht  selten 
lü.«teme  Ausmalung  aller  liederlichen  imd  schiu"kLschen  Streiche 
des  Jesiiitenpaters  gar  nicht  zu  vergleichen.  Von  einer  inoereu 
Verknüpfung  der  Handlungen,  einem  planmäfsigen  Auflxiu  i.rt 
nicht  die  Rede.  Am  erträghch-sten,  weil  natur>vahr,  sind  einige 
Scenen,  welche  Leute  niederen  Standes  in  charakteristischen 
Äufserungen  vorführen,  ^\'iederholt  flucht  der  betrunkene  Narr 
des  Königs  Marcolfus  (V,  14)  ^rie  Schelmufsky:  .Der  Tebel  hol 
mer."  S.  399  ein  Lied  mit  dem  studentischen  Refrain  _Runda- 
dinellula".  Der  Autor  entschuldigt  sich  aasdrückhch,  dals  er 
beUebter  Kürze  halVjer  nicht  alle  losen  Stücke  seines  Helden  aus- 
führlich abgehandelt  und  da(s  er  „in  Vorstellung  derer  unzüch- 
tigen Affecten  uasers  Paters  manchmahl  einige  Redens -Arten 
<xler  andre  Dinge,  welche  keusche  Ohren  verletzen  und  fromme 
Hertzen  touchiren  könten"  (und  er  leistet  darin  das  Mögüchej, 
vorgebracht  habe.  Ob  eine  1729  zu  Hamburg  gednickte  drei- 
aktige  «satirisch-moralische  Tragödie"  von  Haloander,  Der  demas- 
(juirte  Macariu.«  betitelt,  über  die  Person  unseres  Autors  Licht 
verbreitet,  vermag  ich  nicht  zu  sagen ;  Goedeke '  ül>ersetzt  ohne 
weiteres  seinen  Namen  in  Salzmann;  \-ielleicht  war  das  Stück 
eine  Satire  auf  die  Wolf  enbütteler  Oper  -  desselben  Jahres:  _Der 
flüchtige  Macarius."  In  der  Tendenz  sind  mit  der  Komödie  von 
1696  mehrere  in  den  nächsten  Jahren  herausgekommene  Satiren 
auf  Vorgänge  am  französischen  Hofe  zusammenzuhalten:  -Des 
groCsen  Ludwig  neues  Liebesverständnis  mit  Madame  de  Saint- 
Trou.  Paris  1696,  12".^  Chr.  Schröter,  Eröffnetes  Schau- 
Spiel  von  dem  verrlienten  Fall  des  Hertzogs  von  Anjon.  1706.  4". 

ii/ii'.r  derselben  fingierten  Verlag»finua  „OAvjiu:  che\  Pierre  Marteaw  er- 
schienen iHt  Ein  zweiter  Teil  ebenda  lOO.j  (Berlin).  Eine  .deuti«che 
<"of»fcy-  war  nach  Haloander  schon  l«j04  veröffentlicht  worden. 

'  Grundrif-*  3,  3ö7  nach  Gottuched,  Not.  Vorrat  1,  %5. 

'  (j()nm:\\iA  1,  :iö6.  Fehlt  bei  Chr>'«ander,  Jahrbücher  für  musikal. 
WJÄüenäch.  1,  278. 


Moli?:re-übersetziiBgen  des  17.  Ja  rhunderte.  105 

-Der  von  Priutz  Eugenio  und  Duc  de  Marlebourg  curirte  Ludo- 
vicus  Xr\".  Siegeland  1707.  4"."  '  _Des  Königs  von  Franck- 
reich  und  so  genandten  Printzen  von  Wallis  kluges  und  närri- 
sches Lust-  und  Trauer-Spiel,  1708,"  -  und  ^Ludewigs  des  großscn 
Königs  in  Franekreicli  Trauerklage  . . .  nach  Uel>ergab  der  Vestung 
Rvssel  ...  in  einer  Opera  vorgestellet,  1709,  4""'.^  Für  diesen 
von  Frankreich  ausgehenden  Hang  zu  Pasquillen  in  dramatischer 
Form*  liefern  uns  die  bekannten  Briefe  der  Herzc^in  EUsabeth 
Charlotte  von  Orleans,  welche  mit  gesundem  Urteile  und  unver- 
hohlenem Interesse  ihren  deutschen  Verwandten  von  den  Lei- 
stimgen  der  französischen  Bühne  berichtet,  ^  einen  weiteren  Beleg. 
Wie  sie  .am  18.  Oktober  1698^  erzählt,  harte  ihr  Halbbruder, 
der  zwanzigjährige  genial-Kederhche  Raugraf  Karl  Moritz,  der 
-ich  damals  in  Paris  aufhielt,  eine  solche  Komödie  in  franzö- 
sischer und  eine  andere  in  deutscher  Sprache  geschrieben,  die  sie 
gar  nicht  übel  findet, 

MoUeres  Tartuffe  und  den  Pedant  joue  des  Cyrano  de 
Bergerac  (1654j  setzt  Christian  Thomasius  in  Deutschland 
als  bekannt  voraus,  wenn  er  1688  seinen  Lustigen  und  ernst- 
haften Monatsgesprächen  eine  Vorrede  ,/i  messieurs  nwnsieur 
Torbon  et  monsieur  Bartuffe",  soU  heiTsen  Barlx»n  und  Tartuffe, 
He  Abbilder  eines  Pedanten  und  eines  Heudilers,  voranstellt  und 
inen  berühmten  Auftritt  aus  dem  Tartuffe  durch  ein  Kupfer 
illustriert. " 


-  Gottsched  1,  262.  277  f. 

-  Gottsched  1,  279.  Exemplare  auf  der  Leipziger  Stadtbibliothek  und 
n  Weimar. 

^  (Gottsched  1,  282.  VgL  .Da?  eroberte  Ris:^el-  im  Nürnberger  Reper- 
-..ire  2Sr.  l.!4  (Jahrbuch  der  d.  ShatespearegeseUschaft  1:^,  Iik.I- 

'  Vgl.  auch  Zamcke.  Chr.  Keuter  S.  A^(*. 

■  Die  Moliere  betreffenden  Äufoerungen  findet  man  bequem  in  den 
Eegistem  zu  Hollands  trefflicher  Ausgabe  (Stuttgarter  litterar.  Verein 
1S67.  1S71.  187t.  1877.  1879.  1S81),  femer  sind  die  Bikfe  an  die  Herzogin 
von  Hannover  bei  L.  v.  Ranke,  Sämtliche  Werke  13,  1(»8.  176.  276  (1870) 
zu  vergleichen. 

f  So,  nicht  16f«9,  ist  wohl  bei  Holland  a-  a.  O.  1, 117  t  181  zu  \esea. 

'■  Prutz,  Geschichte  des  deutschen  Journalismus  1,  '^9^  f.  319  (184-%), 
wo  aber  Bei^rac  mit  Balzac  verwechselt  wird.  Für  dieeoi  Hinweis  habe 
ich  Herrn  Professor  Dr.  Creizenach  zu  danken. 


106  Molibre-Übersetzungen  des  17.  Jidulumdcvts. 

Beilage. 

Französische  Einflüsse  auf  das  dentsclie  Schauspiel  vor  1700. 

Wenden  Avir  zum  Beschlüsse  den  Blick  einmal  von  den 
immerhin  beachtenswerten  Nachahmungen  Moli^res  hin  zur  Be- 
trachtung der  übrigen  französischen  Bülinenwerkc ,  'welche  auf 
das  deutsche  Schauspiel  bis  zum  Ende  des  17.  Jahrhunderts 
einen  erkennbaren  Einfinls  ausgeübt  haben.  Auch  eine  knajipe 
Übersicht  einiger  teUs  bekannten,  teils  noch  nicht  beachteten 
Thatsachen  kann  bei  dem  Mangel  an  tiefer  schöpfenden  Arbeiten 
über  die  nicht  immer  erquickliche  Geschichte  des  Dramas  im 
1 7.  Jahi'hundert  für  weitere  Studien  nutzbringend  (»ein.  Als 
bibliographisches  Hilfsmittel  mufs  dabei  noch  immer  Gottscheds 
schon  öfter  angeführter  Nötiger  Vorrat  zur  Geschichte  der  deut- 
schen dramatischen  Dichtkunst  (1757—1765)  in  erster  Linie  be- 
imtzt  werden ;  denn  Goedeke,  welcher  in  seinem  unschätzbaren 
„Grundrifs"  dem  Drama  des  16.  Jahrhunderts  die  eingehendste 
Sorgfalt  zuwandte,  liefert  auch  in  der  neuen  .Vuflage  fiu'  das 
folgende  Säkulum  nur  einen  unvollständigen,  wenn  auch  berich- 
tigten Auszug  aus  dem  Werke  seines  Vorgängers.  Über  Einzel- 
heiten auf  diesem  Gebiete  ins  Klare  zu  konmien,  erfordert  oft 
mühsame  Nachforschungen  auf  den  deutschen  und  ausländischen 
Bibliotheken. 

Für  die  Abhängigkeit  der  mittelalterlichen  Passions-  und 
Fronleiehnamsspiele  von  den  französischen  !Mysteres  ist  besonders 
Mone  '  lebhaft  eingetreten ;  indes  sind  hier  noch  viele  Vorfragen, 
besonders  chronologischer  Art  zu  erledigen,  ehe  man  das  entschei- 
dende AVort  sprechen  kann.  Für  die  deutschen  Behandlungen  der 
Geschichte  Josephs  hat  kürzlich  A.  von  Weilen-  nachgewiesen, 
dal's  die  romanischen  Dramen  desselben  Inhalts  nu'gends  vorbild- 
lich gewirkt  haben.  Die  Fäden,  welche  das  INIeisterstück  der  alt- 
französischen  Komödie,  die  Farce  vom  Advokaten  Pathelin,  mit 
Beuchlins  epochemachendem  lateinischem  Lustspiele  „Scenica  pro- 
gvnmasmata''  (1498)  verkuüpf(>n,  hat  sich  Herman  Grimm  in 
einem  geistreichen,   aber   zu  sehr  anfechtbaren  Resultaten    gelan- 


'  Schauspiele  des  Mittelalters  1,  17.  2,  27.  UM  (1846), 

-  Der  ägyptische  Joseph  iui  Drama  des  l<i.  .lalu-hunderts  (1887). 


Moliere-Übersetzungeu  tlet^  17.  Jahrliuiiderts.  107 

geuden  Es.say  '  zu  cntwirreu  bemüht.  Dal's  vou  eiuer  cigeutliclien 
Abhängigkeit  nicht  die  Rede  sein  kann,  legt  K.  Sehaumberg"- 
dar,  wekdier  auch  das  Luzerner  Neujahrspiel  in  die  zweite 
Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  setzen  will.  P]in  ebenfalls  aus 
Luzern  stanmieudes  Fastnachtspiel  vom  Jahre  1592,  von  dem 
sich  um*  die  Inhaltsangaben  der  Akte  und  das  Verzeichnis  der 
RoUeu  erhalten  haben,  ist  nach  der  überzeugenden  Darlegung 
von  Holthauscn  •'  eine  ziemlich  treue  Bearbeitung  einer  allegorischen 
Dichtung  von  Nicolas  de  la  Chesnayc,  welche  1507  unter 
dem  Titel  La  condamnacion  de  Buncquet  erschienen  war  und 
eine  Gerichtsverhandlung  gegen  das  personifizierte  Trinkgelage, 
im  deutschen  Stücke  (Jonvivium  genannt,  enthielt.  Fast  gleich- 
zeitig verdeutschte  der  Bremei"  Schulrektor  Nathan  Chyträus 
Theodor  Bezas  biblisches  Schauspiel  Abraham  sacrifiant  (1550), 
und  zwar  direkt  aus  dem  französischen  Originale,*  nicht  aus 
einer  lateinischen  Version.  Leider  ist  es  mir  uicht  gelungen,  sein 
Werk  auf  den  öffentlichen  Bibliotheken  ausfindig  zu  machen. 
Nach  dem  Leipziger  Ostermelskataloge  1595  BI.  Djb  war  es  be- 
titelt: „Ein  Heri'h'ch,  C-hristlich  vnud  Anmutige  Tragoedi  vou 
Abrahams  Opffer  auls  dem  Frautzösischen  Gedicht  Thcodorici 
Beza3  verteutschet  durch  Nathauem  Ch\i:raeum  Sampt  einem  zusatz 
etlicher  neuwer  Christlicher  Gesang.  Herbornae  bey  Christoff 
Raben.  Ti**."  Es  ist  kein  zufälliges  Zusammentreffen,  dafs  Chy- 
ti'äus  kurz  zuvor  wegen  calviuistischer  Neigungen  hatte  aus 
Rostock  weichen  müssen  und  daCs  er  in  der  Folgezeit  verschie- 
dene theologische  Werke  aus  dem  Französischen  übersetzte. 

'  H.  Grimm,  Fünfzehn  Essays.  Erste  Folge  (:'..  Aiitl.  l^S-l),  S.  I'.'T 
bis  51 J :  Dhs  Luzerner  Neujahrspiel  und  der  Heuuo  des  Reuchliu  [IX'A 
geschrieben). 

-  Zeitschrift  f.  neufranzösische  Sprache  und  Littcratur  !•,  1—17:  Die 
P'arce  Pateliu  und  ihre  Nachahmungen.  —  Vgl.  die  Nachträge. 

^  Germania  81,  110—115;  vgl.  R.  Brandstetter,  Zeitschr.  für  deutsche 
Philologie  17,  347—365.    ^ 

^  Vgl.  darüber  J.  de  Rothschild  zum  Mistere  du  \'icl  Testanicut  *, 
XLIX.  Timm,  der  im  Rostocker  Gynmasialprogramme  vou  1882,  Nr.  577 
des  Chyträus  Ludi  literarii  sciographia  abgedruckt  und  ein  Verzeichnis 
seiner  Schriften  beigefügt  hat,  giebt  S.  VII  den  Titel:  ...Abrahams 
OpflTer  mit  andern  geistlichen  (^nnedien.  aus  dem  Franz<')si sehen.  Her- 
born 15"ö.-'  —  Vgl,  die  Xaehträge, 


108  Molierc-Übersetzuugea  des  ]7.  Jnlirlnuulcrts. 

Gegenüber  der  massenhaften  Produktion,  welche  Deutsch- 
land im  16.  Jahrhundert  auf  dem  Gel)iete  des  religiösen  und 
profanen  Schauspiels  entwickelte,  wollen  diese  vereinzelten  Ab- 
leger der  französischen  Bühne  wenig  besagen.  Anders  wurde 
es  mit  der  Wende  des  Jahrhunderts.  Die  deutsche  Dramatik, 
deren  Triebkraft  noch  nicht  unter  den  Stürmen  des  Dreifsig- 
jährigen  Kiieges  erlahmt  war,  lenkte  in  neue  Bahnen,  vor  allem 
unter  dem  Vorbilde  der  englischen  Komödianten.  Doch  gleich- 
zeitig mit  ilineu,  wie  schon  S.  81  erwähnt  wurde,  erschienen 
auch  französische  Truppen:  1586  u.  ö.  in  Frankfurt,  1604  in 
Basel,  1613  in  Regensburg,  Augsburg,  Stuttgart  u.  s.  w.  Und  ihr 
Auftreten  half  sicherlich  die  Kenntnis  des  französischen  Dramas 
verbreiten,  während  in  der  erzählenden  Litteratiu'  die  Wanderung 
von  Westen  über  den  Rhein  eigentlich  nie  aufgehört  hatte  und 
die  Lyrik  Ronsards  und  seiner  Genossen  seit  Opitz'  Auftreten 
genauer  studiert  wurde.  Ein  elsässischer  Schriftsteller,  dessen  in 
den  Initialen  J.  B.  B.  B.  versteckter  Name  noch  nicht  enträtselt 
ist,  verdeutschte  nicht  nur  das  zweite  bis  fünfte  Buch  v(in  Nicolas 
de  Montreux'  Schäferromau  von  der  schönen  Juliana, ^  son- 
dern auch  seine  Dramen  Diane  (1592)  und  Isahelle  (1594).  Die 
Titel  dieser  noch  nirgends  genannten  Werke  lauten:  „Ollenici  du 
Montsacrd  (d.  i.  Nie.  de  JMontreux),  Isabella  eine  Tragödia,  über- 
setzt durch  J.  B.  B.  B.  Strassbm-g  1607.  8^"  und:  Derselbe, 
„Diana.  Pastoral  oder  Hirtenspiel,  aus  dem  Französischen  durch 
J.  B.  B.  B.  Strassburg  1616.  8".''  ^  Eine  imdere  Hirtenkomödie, 
die  1621  erschienene  Silvie  von  Mairet,^  gab,  was  ebenfalls  noch 
nicht  bemerkt  ist,  das  Vorbild  zu  der  im  zweiten  Bande  der 
Englischen  Komödien  und  Tragödien  (1630)  enthaltenen  „Co- 
moedia  von  König  Mantalors  unrechtmessigen  Liebe  und  der- 
selben Straff".  Hier  wie  dort  ein  tyrannischer  Herrscher,  der 
die  Tochter  nicht  mit  dem  Geliebten  vereinigen  will  und  beide 
hinzurichten  befiehlt.  Ein  wohlmeinender  Zauberer  führt  diQS 
Gebot  nur  scheinbar  aus,  so  dai's  abwcchst'lud  der  eine  Teil  der 
T^iebcnden  den  anderen  wie  tot  daliegen  sieht  und  beinmmert. 
Im  fünften  Akte  dringt  ein  fremder  Ritter  als  Dens  ex  machina 

'  Strafsburg  ItJlö— UilT.    S".    Vgl.  Goedeke,  Graudrifs  2,  57(5. 
'  Exemplare  von  beiden  Stücken  auf  der  l'lmer  Stadtbibliothek. 
■'  Vgl.  die  Nachträge. 


Molifere-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts.  109 

in  das  Schlofs  und  zerbricht  den  Zauberspiegel;  das  Liebespaar 
erwacht,  und  nun  setzt  der  reuige  König  iln-er  Verbindung  keinen 
Widerstand  mehr  entgegen.  Fast  gleichzeitig  dichtete  ein  Schüler 
August  Buchners,  der  Holsteiner  Zacharias  Lund,  eine  ant-erc 
französische  Schäferkoniödie,  die  er  nicht  näher  bezeichnet,  i;:u'h. 
Sein  Stück  ist  Handschrift  gebheben:  „Reu  vnd  Leidt  Vbei'  die 
Liebe  Der  Schälferin  Dieromene.  Auss  Fransosischer  in  Teutsclicr 
Sprach  vbergesetzet  Durch  Zachariani  I^undiuni."  '  Einige  Chöi'c 
teilte  er  jedoch  1H36  in  seiner  Sammlung  „Allerhand  artige 
Deutsche  Gedichte",  Leipzig,  S.  70 — 74  mit.  1644  fand  aucli 
A.  Montchrestiens  i^ejv/erR^  (1  HO  1)  in  August  Augspuvger- 
zu  Dresden  einen  Verdeutscher. 

Auch  die  Nürnberger  Dichtergenossenschaft  verfolgte  aelit- 
sam  die  Bühnenlitteratur  Frankreichs.  Eine  gewandte  Arbeit, 
La  coim'die  des  proverhes  (1633)  des  Grafen  Cramail,''  gab 
der  Stifter  des  pegnesischeu  Blumenordens,  G.  P.  Harsdörf  f  er, 
1641  in  seinen  Fraweuzimmer-Gesprechspielen  2,  309 — -IIT  in 
einer  freien  Übertragung:  „Das  Schauspiel  Teutscher  S[)rieh- 
wörter,  Aus  dem  Frantzösischeu  mit  zulässiger  Freyheit  über- 
setzet." Beachtenswert  sind  die  von  ihm  aufgestellten  (jirimd- 
sätze  über  die  Thätigkeit  des  Übersetzers;  indem  er  sich  auf  die 
Dolmetscher  des  Pantagruels  und  des  Quevedo,  d.  i.  Fischart  und 
Moscherosch,  beruft,  sagt  er  S.  318:  „Eine  jede  Sprach  hat  ihre 
Eigenschafft  .  .  ,  Man  muss  die  Wort  fahren  lassen  und  l)edaclit 
seyn,  wie  man  den  Verstand  derselben  ausdrucken  möge:  und 
solches  mit  grosser  Befreyung,  dass  man  auslassen,  darzusetzen, 
änderen  und  wechseln  darfF,  wie  man  will,  wann  es  änderst  nicht 
wichtige  Sachen  betrifft."  So  liest  sich  auch  seine  diesmal  ziem- 
lich knappe  Prosa  ganz  angenehm.  Noch  freier  benutzte  er  KU."') 
in  demselben  Buche  3,  351 — 432  die  1629  erschienene  und  einem 

'  73  -f-  -5  Bl.  4".  Auf  der  KöDiglichen  Bibliothek  in  KoiH'ulwigen, 
Thottske  Sämling  1097  in  4".  Vgl.  Goedeke  ?<,  58.  Über  die  gniize  Gat- 
tung s.  G.  Weinberg,  Das  französische  Schäferspiel  in  der  ersten  Hälfte 
des  17.  Jahrhunderts.  1884.  M.  v.  Waldberg,  Die  deutsche  Ivcnaissaneo- 
lyrik,  1888,  S.  83—200. 

2  Goedeke  3, 247.    Exemijlare  in  Berlin,  Leipzig  (Stadtbibl.),  Zwickau. 

^  P.  L.  Jacob,  Bibliotheque  Soleinne  Nr.  929— 93t.  Parfaict,  Histuiro 
du  theätre  frangais  3,  215— 234.  Über  Harsdörtfer  s.  Tittniann.  DieXiini- 
berger  Dichterschule,  S.  194—197  (1847). 


11()  i,^^()li^l•e-Übel■setzungeu  ik's  17.  .Talirluinclerts. 

Ren6  Barry  Sieur  Du  Pe schier  zugeschriebeue  Comedie  des 
comvdles  *  für  den  ersten  Akt  seiner  „Melisa  oder  der  Gleichniss 
Freudenspiel".  Seine  Worte :  „Die  erste  Handlung  ist  fast  auss 
des  ßalsacs  Sendschreiben,  so  in  einem  Büolilein  La  Comedie 
des  C'innedies  genant  zusamen  gefast",  lassen  allerdings  einen 
Zweifel,  ob  er  die  satirische  Absicht  des  Franzosen,  Balzacs 
Lettre,-<  zu  parodieren,  die  auch  in  dem  Titel  ^^tradnlie  d'Itah'i'n 
eit   I(i)i(ja<f(>  de  l'Orateur''   angedeutet   war,  völlig  durchschaute. 

Während  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts  uuilste  natur- 
geniäl's  die  sich  zur  höchsten  Blüte  entfaltende  Littcratur  der 
1^'ranzosen  eine  wachsende  Anziehungskraft  auf  die  traurig  ge- 
sunkene und  nach  fremden  Mustern  haschende  deutsche  Poesie 
ausüben.  Die  kleinen  Reichsfürsteu,  denen  die  glänzende  Hof- 
haltung Jjudwigs  XIV.  ein  unerreiclites  Vorbild  blieb,  unter- 
hielten, soweit  ihre  Büttel  es  gestatteten,  neben  italienischen  Sän- 
gern französische  Komödianten.  Das  gröfsere  Publikum  ergötzte 
sich  an  den  Lustspielen  Molieres,  Scarrons,  Boisroberts,  welche 
ihm  die  heimischen  Bühnenkünstler  in  deutscher  Sprache  vor- 
führten, oder  las  die  gedruckten  Bearbeitungen  einzelner  ernsterer 
Stücke,  die  nicht  alle  das  wegwerfende  Urteil  verdienen,  welches 
man  meist  für  sämthche  Erzeugnisse  dieser  an  Geschmacklosig- 
keit und  Unvermögen  so  reichen  Periode  bei  der  Hand  hat. 

Unter  Corneille s  Tragödien,-  die  wir  hier  billig  voran- 
stellen, erschien  zuerst  der  epochemachendp  Cid  (IGol))  KiöO  in 
einer  metrischen  Übertragung  durch  den  Hamburger  Notar  Georg 
Greflinger,  in  zweiter  Auflage  1()79.  \\\c  Harsdörffer  geht  er 
darauf  aus,  nur  den  „Verstand"  des  Originals,  nicht  dessen  AVortc 
wiederzugeben;  denn  „jede  S[)raehe  liat  ihre  Art  zu  reden,  muls 
man  sich  also  darein  schicken,  wie  es  am  basten  stehet".  So  sehr 
auch  seine  Arbeit  noch  an  Unbeholfenheit  leidet,  so  verdient  doch, 
wie  W.  v.  Öttingen   in   seiner  lesenswerten   ISlouographie  •'  durch 


'  Jacob,  Bibliothi-que  Soleinue  Nr.  1039— lull.  1.  Suppl.  Nr.  l:'-^. 
liruuet,  Manuel  du  libraire,  5.  (5d.,  2,  887. 

-  Die  sorgsamen  Angaben  Pieots  in  seiner  Bibliographie  Coiiu'lionue 
(Paris  1876)  werden  hier  etwas  vervollständigt. 

^  Über  Georg  Greflinger  von  Regeusburg  (1>^82)  S.  70—82.  Eine  nieder- 
ländische Übersetzung  des  Cid  von  J.  van  Pleemskerck  erschien  bereits  1641  ; 
vgl.  J.  te  Winkel,  Tijdschrift  voor  nederlandsche  taal-  en  letterkundc  1,  105. 


Moliere-Ühersetzungen  des  17.  .Tahrluiuderts.  111 

eine  sorgfältige  Untersuchung  erweist,  seine  lebendige  und  seih- 
ständige Sprache  und  das  Fernhalten  aller  eigenmächtigen  l-^iii- 
schaltuugen  Lob.  1655  verdeutschte  der  Stralsburger  Isaac 
Claufs  den  Cid  nochmals  und  hängte  /Avei  Fortsetzungen  von 
Urbaiu  Chevreau  (1638)  und  Tiniothee  de  Chillac  (1()40)  an: 
Der  Climene  Trauer- Jahr  und  Der  Geist  des  GralFen  von  Gor- 
mas. 1  1699  folgte  eine  metrische  Übertragung  von  dem  herzog- 
lichen Hofmeister  Gottfried  Lange  in  A\'olfeubüttel,  welche 
Gottsched  mit  Anerkennung  nennt  und  sogar  eines  Xeudrnckes 
würdigt.-  Corneilles  Horace  (1639)  wurde  1662  von  D.  K. 
Heiden  reich  in  nüchterner  Prosa  wiedergegeben;"'  eine  an- 
dere Übertragung  in  Alexandrinern,*  welche  ich  auf  der  Berliner 
Bibliothek  vorfand,  erschien  1690  in  Prag  ohne  Namen  des  \'cr- 
fassers;  der  Ausdruck  verrät  einige  Gewandtheit,  ^'erstö(st  aber 
oft  gegen  die  Gesetze  der  deutschen  A\"ortstclluug.  Besonderer 
Beliebtheit  erfreute  sich  der  I^ol/fcnete  (1640),  welcher  bis  zum 
Jahre  1700  viermal  verdeutscht  wurde:  1666  von  Tobias  i^Mci- 
scher,"»  1669  von  Christoph  Kormart,"  1688  von  dem  Ham- 


*  Exemplare  iu  Göttingen,  Hamburg  und  auf  der  Leipziger  Stadt - 
bibliothek.  Vgl.  Goedeke  3,  221  und  Jacob,  ßibl.  Soleinne  Nr.  llö'J.  In 
Amsterdam  wurde  1654  't  icarc  ccrcolge  ran  de  Cid  [nach  Desfontaines  ?  | 
gespielt  (Wybrauds,  Het  Amsterdamsche  Tooneel  lS7o,  S.  2ö9). 

-  Exemplar  in  Berlin.  Wieder  abgedruckt  in  Gottscheds  Deutscher 
Schaubühne  Bd.  1  (1742).  Eine  summarische  Inhaltsangabe  des  Cid  für 
eine  Aufführung  in  Saalfeld  1714  sah  ich  auf  der  Kudolstädter  Bibliothek. 
In  Stuttgart  wurde  er,  wie  ein  dort  erscliienener  Textabdruck  beweist, 
1G98  französisch  gegeben;  vgl.  Trautmann,  Archiv  f.  Litteraturgeschichte 
1."),  220. 

•'■  Exemplare  in  Berlin  und  Weimar.  Goedeke  '5,  222.  Holländiscii 
schon  1G47  von  .T.  de  Witt.  —  Vgl.  die  Nachträge. 

''  Horatz,  i  Trauer-Spiel.  [  10 V-.  Bogen  1".  Auf  Bl.  L:Jb  steht:  Trag, 
gedruckt  im  Collegio  Carolino,  |  bey  Georg  Labaun,  |  Anno  lÖfO.  —  Eine 
französische  Ausgabe  erschien  1706  zu  Stuttgart;  Arch.  f.  Litt.-Gesch.  15,22(>. 

^  Exemplare  in  Berlin,  Göttingen,  Hamburg,  Oldenburg,  Rudolstadt. 
Vgl.  Goedeke  o,  222  und  A.  Laun,  Die  ältesten  deutschen  Übertragungen 
einiger  Dramen  von  Corneille.  Archiv  f.  Litt.-Gesch.  3,  24f'— 2r)6.  Die 
Berliner  Bibliothek  besitzt  eine  handschriftl.  Sonettensammlung  Fleischers 
V.  J.  1651,  betitelt:  Die  geistliche  Galatee  (Mser.  germ.  Oct.  llo). 

6  Leipzig  1669  (Berlin,  Leipziger  Universitätsbibliothek,  Prag,  ^^'eimar). 
Halle  1673  (Gottsched  1,  232).  Leipzig  und  Halle  1690  (Ulm).  Vgl. 
Goedeke  3,  223. 


112  MolitTC-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts. 

burger  Pastor  Heiurich  Elmenhorst  als  Oper'  mit  Musik  von 
Förtsch,  und  1698  von  einem  Stuttgarter  Anonymus,  welcher 
wahrscheinlich  zu  der  Gesellschaft  der  Hofkomödianten  J.  W. 
Augustin  und  J.  Fromm  gehörte.  - 

Die  Bearbeitung  des  Leipziger  Magisters  Kormart  hat  da- 
durch eine  gewisse  Bedeutung,  dafs  sie  uns  über  die  Pflege  des 
Schauspiels  in  den  Kreisen  der  Studenten,  aus  denen  schon  so 
mancher  Jünger  Melpomenes  hervorgegangen  war,  Kunde  giebt. 
Dem  Titel  zufolge  war  das  Stück  „vor  weniger  Zeit  in  Gegen- 
wart und  Versamlung  hoher  Häupter  E.  Hochlöblichen  Universität 
imd  E.  Fä\.  E.  Hoehweisen  Raths  zu  Leij)zig",  auf  dem  Fleisch- 
hause, wie  Zarncke  a.  a.  O.  9,  404  bemerkt,  vorgestellt  worden 
und  wurde,  nun  „auf  geschehenes  inständiges  Ansuchen  einer 
Studierenden  Gesellschaft"  veröffentlicht.  In  der  Vorrede  (Bl. 
Avijb)  verheifst  der  Autor,  demnächst  noch  einige  schon  vor 
etlichen  Jahren  verfertigte  Stücke  in  Druck  zu  geben,  „als  die 
Mariam  Stuart  |Vondel  1()4G]  und  Claudianam,^  den  Tinio- 
cratem,  ^    den   zur   Höllen   gestürtzten    Lucifer    [Vondels   Lucifer 


'  Chrysandcr,  Allgemeine  i\Iusikzeitung  13,  o40.  Xach  ^loUcr,  Cim- 
hria  litterata  2,  !>7ö,  wäre  der  aus  dem  Opernstreite  als  (legner  Reisers 
bekannte  Hamburger  Advokat  Aug.  Wigand  der  Verfasser  des  Textes 
gewesen.     Ein  Druck  vom  Jahre  lüSft  in  Jena. 

■-  Trautmann,  Archiv  f.  Litteraturgesch.  lö,  221.  —  Ins  Holland isehe 
übertrug  den  Polyeucte  erst  109G  F.  Rijk. 

^  Vielleicht  J.  H.  Krul,  Juliana  en  Claudiaen.  Pastorel  musyckspel. 
liiol.     Auch  in  desselben  Pampiere  wereld.     Amst.  l<itl  und  1(381. 

'  Gottsched  1,  247  giebt  den  Titel:  -Der  unbekannte  Liebhaber,  oder 
geliebte  Feind  Timocrates.  In  einem  Freudenspiele  mit  vieler  kurtz- 
weiligen  Ergetzlichkeit  von  dem  lustigen  Pickelhering  angefüllet  und  vor- 
gestellet.  Gedruckt  zu  Liebstädt  im  Vogel-Lande.  8^'  in  Prosa  (108/5)." 
Den  wahren  Verlagsort  erfahren  wir  aus  dem  Leipziger  Ostermefskataloge 
von  1682:  Dresden,  M.  Günther.  Ein  Exemplar  auf  der  Stadtbibliothek 
zu  Frankfurt  a.  J\L  habe  ich  leider  versäumt  einzusehen ;  indes  ist  die 
Autorschaft  Kormarts  schon  durch  den  Druckort  wahrscheinlich  [siehe 
Nachträge].  Als  Peter  Hil verding  dies  Stück  1711  zu  Berlin  aufführte, 
wurde  es  aus  Anstandsrücksichten  verboten  (Plümicke,  Theatergesciüchte 
von  Berlin,  S.  163.  1781.  Brachvogel,  Geschichte  des  kgl.  Theaters  zu 
Berlin  1,  9').  1877).  —  Auf  ein  vielleicht  verwandtes  Drama  von  W.  S. 
Ring,  Fortunata,  Verliebte  Feindin,  Frankfurt  a.  O.  1690  (fünf  Akte  in 
Alexandrinern,  der  Stoff  aus  Harsdörffers  Grossem  Schaw-Platz  Lust-  vnd 
Lehrreicher  Geschichte  1, 187,  Nr.  •'>?..  l(i">l),  will  ich  wenigstens  hinweisen, 


Moli^re-Übersetzuugen  des  17.  Jalirliunderts.  113 

1654],  König  David  im  Elende  [Yondel  16(30],  Heraclium  [Corneille, 
s.  u.  S.  117],  Palamedem  [Yondel  1625],  den  Don  Japhet  [Scarron, 
s.  S.  124],  Duc  de  Biron,'  das  güldene  Flüfs  [L.  Meijer,  Het  ghulde 
Vlies  1667],  und  sein  selbst  eigenen  Gefangenen  [Scarron  oder 
Thomas  Corneille,  s.  u.  S.  123]."  Hier  haben  A\-ir  das  Repertoire 
einer  sicherlich  seit  mehreren  Jahren  bestehenden  Vereiniiruna:  von 
Leipziger  Studenten,  die  sich  die  Aufführung  von  Schauspielen 
zur  Aufgabe  machte,  namentlich  von  Verdeutschungen  moderner 
niederländischer  und  französischer  Dramatiker.  Zwei  der  g-e- 
nannten  Arbeiten  veröffentlichte  Kormart  wirklich  mehrere  Jahre 
später,  nachdem  er  nach  Dresden  übergesiedelt  war:  1673  Maria 
Stuart  Oder  Gemarterte  Majestät,  Nach  dem  Holländischen  Jost 
van  Vondels,  -  und  1675  Die  Verwechselte  Printzen  oder  Hera- 
clius  und  Martiau  unter  den  Tyrannen  Phocas.  ^  Ausdrücklich 
betonte  er  den  Anlafs  zu  diesen  Dichtungen  in  dem  Zusätze: 
,,Auff  Anleitung  und  Beschaffenheit  der  Schaubühne  einer  Stu- 
dierenden GeseUschafft  in  Leipzig  ehemals  auffgeführt"  und  „Auff 
der  Schau-Bühne  einer  studierenden  Gesellschaft  in  Leipzig  ehemals 
auf  geführet".     Wenn  man  sich  nun  erinnert,  dafs  gerade  in  den 

'  Auch  dies  Drama  mag  einem  holländischen  Vorbilde  nachgeahmt 
sein.  1G29  erschien  H.  Eoelandts  Biron,  in  welchem  J.  te  Winkel  eine 
Übersetzung  von  Montalvans  spanischer  Tragödie  „El  mariscal  de  Viron- 
(1C:'5.  Ticknor  1,  6G8.  Supplement  S.  107)  vermutet.  Identisch  damit 
ist  wohl  der  am  12.  Januar  1G.39  zu  Amsterdam  gespielte  Duc  de  Biron 
(Wybrauds  S.  256).  1653  dichtete  ein  Schüler  Buchners,  der  Schlesier 
Andreas  Sevelenberg,  eine  frostige  lateinische  tragoedia  politica  Bironius 
nach  antikem  Zuschnitte,  welche  mehrfach  aufgelegt  wurde:  Lignici  1653 
(Breslauer  Stadt-  und  Universitätsbibl.,  Jena,  Kopenhagen,  Leipziger  Stadt- 
bibliothek, Zwickau),  Lipsiee  1656  (Lipenius,  Bibliotheca  realis  philo.'oph. 
[1(582]  p.  1487  b),  Yratislavise  1658  (Paris,  Bibl.  nationale).  Sicherlich  un- 
abhängig von  Sevelenberg  war  M.  D.  Dreys  Puppenspiel  von  Piron  auss 
Frauckreich  in  seinem  Lüneburger  Repertoire  von  166»!  und  der  im  Fe- 
bruar 1677  zu  Dresden  dargestellte  Krieg  zANnschen  dem  Könige  in  Hispa- 
nien  und  dem  Vicekönig  von  Portugal  Marschall  Duc  de  Biron  (Fürstenau 
1,  219).  1693  folgte  Chr.  Weises  .Schulkomödie  Der  Fall  des  Marschalls 
Biron,  die  noch  17i)8  in  Altenburg  und  in  Bautzen  von  Schülern  aufge- 
führt wurde.     In  London  erschien  Biron  schon  1606  auf  der  Bühne. 

2  Halle  1673.  8^  (Berlin,  Göttingen,  Hannover,  Leipziger  Stadt-  und 
Universitätsbibl.).     Halle  1678  (Gottsched  2,  257). 

3  Dresden  1675  (Berlm,  Göttingen,  Leipziger  Universitätsbibl.,  Weimar). 
Eine  Handschrift  von  1676  in  Görlitz. 

Aidiiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  8 


114  Molifere-ÜbersetzuDgeu  des  17.  Jahrhunderts. 

Jahren  1660  —  1668  ein  später  berühmt  gewordener  Dramatiker 
als  Student  und  Privatdocent  in  Leipzig  weilte,  der  junge  Zittauer 
Christian  AVeise,  so  läfst  sich  die  Vermutung  schwer  abweisen, 
dafs  auch  er  jener  studentischen  Gesellschaft  angehörte  und  seine 
Erstlingswerke  hier  über  die  Bretter  gehen  sah.  Wenigstens  er- 
wähnt er  1674  eine  Auffülu'ung  seiner  1668  gedruckten  Tri- 
umphierenden Keuschheit,  die  er  selber  mit  angesehen  habe. ' 
Auch  der  spätere  Schauspieldirektor  Johannes  Veiten  hielt  sich, 
wie  Heine  nachgewiesen  hat,  1660  und  1661  als  Student  in 
Leipzig  auf;  und  mag  auch  die  von  Löwen  überlieferte  Nach- 
richt, dafs  Veiten  als  Student  1669  im  Polyeukt  eine  Rolle 
dargestellt  und  hierbei  den  Entsohlufs  gefafst  habe,  sich  ganz 
dem  Schauspielerberufe  zu  widmen,  in  dieser  Fassung  eine  Un- 
richtigkeit enthalten,  da  Veiten  schon  1661  zum  Magister  kreiert 
worden  Avar,  scheint  es  mir  doch  etwas  voreilig,  aus  diesem 
Grunde  jeden  Zusanunenhang  Velteus  mit  der  Leipziger  Lieb- 
haberbühne abzuweisen.  Auch  Kormart  hatte  bei  jener  Auffüh- 
rung von  1669  den  Magistertitel  seit  vier  Jalu-en  in  der  Tasche: 
am  23.  Dezember  1665  hatte  er  denselben  durch  eine  Dissertatio 
politica  de  Constantino  Magno  "^  bei  der  Leipziger  philosophischen 
Fakultät  erlangt.  Ohne  ein  bestimmtes  Amt  scheint  er  dann 
mehrere  Jahre  in  seiner  Vaterstadt  Leipzig  gelebt  und  sich  mit 
schriftstellerischen  Arbeiten  beschäftitjt  zu  haben;  1669  übersetzte 
er  z.  B.  ein  holländisches  Werk  Consideratien  \an  staat  oder 
Politische  Wag-Schale,  ■'    wie    er   später   in    Dresden    (\llpren^des 

'  Ij.  Fulda,  Die  Gegner  der  /weiten  schlesischeu  Schule  2,  XVIII. 
IG8;:?  wurde  die  Triunipliierende  Keu.schheit  in  Hamburg  zu  einer  Oper 
unter  dem  Titel  Floretto  umgear])eitet ;  vgl.  Chrvsander,  Allgeni.  musikal. 
Zeitung  13,  29:1. 

-  9'/-2  Bogen  4".  Exemplar  in  Berlin.  Der  liespondent  war  .loh. 
Christophorus  Laurus,  Bergä  Variseus. 

3  Leipzig  und  Halle  IGGO.  Vorrede  +  ''"2  S.  8".  —  Die  bei  Goedeke 
und  Weiler  nicht  verzeichnete  Statira  erschien  in  fünf  Bänden  zu  Leipzig 
168.J — 1707,  der  enste  Band  in  zweiter  Auflage  1680.  —  Im  Abbregt^  des 
JMemoires  illustres  contenant  les  plus  remarquables  atiaires  d'estat,  Dresden 
1089,  nennt  Kormart  sich  Doctor  philos.  et  iuris  utriusque.  (Exemplare 
in  Berlin.)  Seine  Conclusio  ad  capitulationem  Josephi  in  Tractatu  de 
iure  Consiliorum  (Jena  1678  und  Dresden  1693),  welche  ein  Verzeichnis 
seiner  Schriften  enthalten  soll,  habe  ich  nicht  gesehen. 


Moliere-Übersetzuugeii  des  17.  Jalirliimderts.  115 

Roman  Die  Aller-Durchlauchtigste  Kayserin  Statira  oder  Cassaudra 
verdeutschte  und  einen  Auszug  aus  32  französischen  Memoiren- 
werken herausgab.  Gleich  Kormart  und  Weise  mag  auch  Veken 
sich  noch  längere  Zeit  nach  seiner  Promotion  in  I^eipzig  aufge- 
halten haben  und  mit  jenen  in  näheren  Verkehr  getreten  sein. 
AVanu  Kormart  geboren  wurde  mid  die  Universität  bezog,  sagen 
uns  die  dürftigen  Artikel  bei  Jöcher  2,  2147  und  Rotermund 
3,  737  nicht.  Darf  man  jedoch  aus  dem  Jahre  seines  Studien- 
abschlusses auf  sein  Alter  folgern,  so  war  er  jünger  als  Veiten 
(geb.  1640,  Magister  1661)  und  Weise  (geb.  1642,  Magister  1663). 
Lesen  wir  nun  in  diesem  Zusammenhange,  dal's  ein  1684  von 
A.  A.  von  Haugwitz  (1645 — 1706)  veröifenthchtes  Mischspiel 
Soliman  nach  dem  Zeugnis  des  Autors  „schon  vor  vielen  Jahren 
auif  einer  Universitet  einer  damaUs  von  ethchen  Studenten  zu 
einiger  Sprach -Übung  imter  sich  auifgerichteteu  Comoedianten 
Compagnie  zugefallen  auffgesetzt"  worden  ist,  so  liegt  es  nahe, 
an  die  Leipziger  Genossenschaft  zu  denken.  Freihch  ist  nur 
das  sicher,  dafs  Haugwitz  am  28.  Oktober  1665  in  Wittenberg 
in  zartem  Alter  [!]  inunatrikuliert  wurde ;  ^  ob  er  auch  in  Leipzig 
studiert  hat,  müfste  aus  der  Matrikel  noch  festgestellt  werden. 
AVir  wissen  auch  nicht,  ob  die  Bestrebungen  der  Studenten  sei- 
tens der  Leipziger  Professoren  BiUigung  und  Aufmunterung 
empfingen;  Weise  wenigstens  gelang  es  nicht,  einen  akademischen 
I^ehrstuhl  zu  gewinnen.  Dagegen  wurde  dreifsig  Jahre  später 
unter  dem  Vorsitze  des  Professors  Burkhard  Älencke  von  meh- 
reren seuier  Zuhörer  ein  Verein  zur  Pflege  der  Dichtkunst  ge- 
stiftet; da  die  Mitgheder  sämthch  aus  Görlitz  stammten,  wo  zwei 
litterarisch  fruchtbare  Rektoren,  Christian  Funcke  (1666 — 1695) 
und  Samuel  Grosser  (1695 — 1736),  auf  die  Bildung  des  Ge- 
schmackes eingewirkt  hatten,  so  nannten  sie  sich  die  Görlitzische 
poetische    Gesellschaft.-     Dafs   schon   viel    früher   ähnhche   litte- 


1  Bolte,  Zeitschrift  für  deutsche  l'hilologie  20,  86.  Der  Soliman  ist 
eine  Dramatisieriiug  vou  M.  de  SciuK^rys  Roman  Ibrahim  (1035),  der 
auch  den  jungen  Lohenstein  (lö50,  gedruckt  1G85),  einen  Heidelberger 
Poeten  (1G80)  und  den  Engländer  Elkau  Settle  (1G77)  zu  dramatischer 
Verarbeitung  lockte.     Vgl.  Jahrb.  d.  Shakespearegesellsch.  19,  115,  Xr.  1. 

-  Ihre  1697—1724  entstandenen  Erzeugnisse,  meist  Gelegenheitspoesieu, 
liegen  in  acht  Foliobänden  auf  der  Leipziger  Stadtbibliothek  (Ms.  VI,  16  b). 

8* 


116  Molifere-Übersetzuugeii  des  17.  Jalirliuiiderts. 

rarische  Vereine  unter  den  I^eipziger  Studenten,  uiul  zwar  gerade 
unter  der  lausitzischen  Tjandsmannschaft,  bestanden,  lehrt  eine 
1650  erschienene  Erzählung  im  Schäferstile:  „Des  |  HYLAS 
aufs  Latusia  \  Lustiger  j  Schau-Platz  j  Von  einer  |  Pindischen 
Gesellschaft.  |  Hamburg,  |  In  Verlegung  Christian  Guths,  Buch- 
händlers, Im  Jahr  1650."  '  Der  Autor,  welcher  v^ielleicht  mit 
dem  A-'^erfasser  der  handschriftl.  Widnmug  in  dem  einen  Berliner 
Exemplare,  Andreas  Hartmann,  identisch  ist,  bezeichnet  sich  als 
einen  aus  der  I^ausitz  (Latusia  =  Lusatia)  gebürtigen  achtzehn- 
jährigen Leipziger  Studenten  und  widmet  sein  Buch  den  Studiosen 
der  Polnischen  und  Sächsischen  Nation,  die  teilweise  unter  Pseudo- 
nymen wie  Chrysocomus,  Coeladon,  IVIyrtillo,  Daphnis,  I^ucidor 
eine  RoUe  in  der  Erzählung  spielen.  Unter  den  eingestreuten 
Liebesgedichten  begegnet  einmal  (S.  83)  auch  ein  studentisches 
Schmauslied  mit  dem  Refrain:  Rond  di  nellula. 

Doch  kehren  wir  nach  dieser  Abschweifung  zu  den  Corneille- 
Übersetzungen  zurück!  Kormart  begnügt  sich  nicht  mit  einer 
Wiedergabe  seiner  Vorlagen,  für  welche  ihm  die  ungebundene 
Rede  am  zweckdienlichsten  erschien,  sondern  er  ist  stolz  darauf, 
dieselben  ,,mit  sich  darzu  fügenden  neuen  Erfindungen  vermeh- 
ret", sie  „in  vielem  geändert  und  nach  anderer  Weise  verbessert" 
zu  haben.  Diese  Zusätze  sind  durchweg  recht  geschmacklose 
Äufserlichkeiten,  scenischer  Pomp,  Geistererscheinungen,  Hinrich- 
tungen, eingestreute  Arien.  Maria  Stuart  singt  vor  ihrer  Ent- 
hauptung: „Es  fällt  uns  ziemlich  schwer  aus  ewrcm  Reich  zu 
zielm  •  .  ."  Dafs  an  dieser  Geschmacksroheit  und  Vorliebe  für 
rein  äufserliche  Effekte  vorzugsweise  die  Oper  schuld  ist,  wird 
man  ohne  weiteres  voraussetzen;-  Kormart  sagt  es  aber  auch 
ausdrücklich  in  der  Vorrede  zur  Maria  Stuart :  „Von  des  vor- 
treflichen  Holländischen  Poetens  Vertheilungen  ist  man  in  vielen 
abgewichen,  und  nur  zum  theil  seineu  Auffsatz  nachgefolget, 
indem    mau    sich    nach    anderer    Zuschauer    Zuneigung    richten 


1726  wandelte  Gottsched  die  Vereinigung  in  die  Deutsche  Gesellschaft 
um.    Vgl.  Danzel,  Gottsched  und  seine  Zeit,  S.  79  f. 

'  200  S.  8".  Exemplare  in  Berlin  und  auf  der  Leipziger  Stadtbibl. 
Vgl.  auch  Birlingers  Alemannia  15,  12:1 

^  Vgl.  die  treffenden  Ausführungen  von  Erich  Schmidt  über  Hall- 
manu,  AUgeni.  doutsohc  Biogmi)hie  l",   IM — 147. 


Moliere-Übersetzimgeu  des  17.  Jahrhundert,«.  117 

müssen,  welche  reiche  Vorstellung  und  nicht  blosse  Aufftritte 
des  Schauplatzes  begehren.  Dahero  dann  zwar  Italienische  in 
hohen  Werth   gehalten." 

Gleichzeitig  mit  seiner  oben  S.  1 1 1  erwähnten  Cid-Übersetzung 
gab  Fleischer  eine  Verdeutschung  des  Cinna  (1639)  heraus.' 
Den  Heraclius  (1647),  welchen  Kormart,  wie  gesagt,  1675  be- 
arbeitete, lernte  der  Mttucheuer  Hof  1(590  in  einer  italienischen 
Umformung-^  kennen.  Aus  der  Andromede  (1650)  schuf  der 
Hamburger  Komponist  J.  W.  Franck,  den  wir  als  Benutzer 
von  Molieres  SlciUen  kennen  gelernt  haben,  eine  Oper,  welche  1679 
zur  Darstellung  gelangte.-'  Dagegen  beruht  sein  1682  entstandener 
Attila  wohl  nicht,  wie  Picot  angiebt,  auf  CorneUles  gleichnamigem 
Drama  (1667),  sondern  auf  einem  von  L.  v.  Bostel  übersetzten 
italienischen  Stücke.  Für  das  Wolfenbütteler  Theater  übersetzte 
F.  C.  Bressaud  1691  die  Rodogune  (1614)  und  1694  den  /Se7'- 
torius  (1643),  wälu'end  sein  Brutus  *  die  Aufschrift  „Trauer-Spiel, 
aus  des  Corneille  Französischem"  mit  Unrecht  trägt;  denn  Cor- 
neille hat  kein  Stück  dieses  Namens  geschrieben.  Wahrschem- 
lich  hegt  der  1691  anonym  gedruckte  Brutus  von  Catherme 
Bernard,  einer  Verwandten  CorneiUes,  zu  Grunde.  In  welchem 
Verhältnis  Fiedlers  1709  in  Wolfenbüttel  aufgefühi'te  und  ge- 
druckte Oper  Brutus-'  zu  Bressands  Texte  steht,  bleibt  noch  zu 
imtersuchen.  Auch  für  seine  von  Cousser  (Kusser)  in  Musik 
gesetzte  Oper  Jason  (1692)''  benutzte  Bressaud  CorneiUes  JS'Lklee 
(1636).     Unter  den  Stücken,  die  Veiten  1686  zu  Dresden  auf- 


1  Eine  andere  Übersetzung  von  C  Fürer  von  Haiinendorf  erschien 
1702.    Goedeke  3,  276. 

-  K.  V.  Reinhardstöttner,  Jahrbuch  für  Müncheuer  Geschichte  1,  110. 
In  Amsterdam  wurde  diese  Tragödie  schon  ICöO  holländisch  gegeben. 
1 695  erschien  die  Übersetzung  von  F.  Rijk.  Über  einen  1 65-")  in  Dresden 
gespielten  Heraclius  (Fürstenau  1,  184)  ist  mir  nichts  Näheres  bekannt. 
Hallmanns  Heraclius  (1684)  folgt  einem  italienischen  Originale  von  1671. 
Corneille  benutzte  bekanntlich  ein  1622  gedrucktes  Stück  Calderons  (Schack 
3, 174—178 ;  Klein,  Geschichte  des  Dramas  11,2, 483).  —  Vgl.  die  Nachträge. 

^  Chrysander,  AUgem.  musikal.  Zeitung  12,  417.  13,  289. 

"  Goedeke,  Grundrifs  3,  229. 

'■'  Chrysander,  Jahrbücher  für  musikal.  Wissensch.  1,  261. 

'■  169.J  in  Hamburg  wiederholt.  Chrysander,  Jahrbücher  1,  2i>7  und 
AUgem.  musikal.  Zeitung  11,   133. 


118  Moli&re-Übersetzungen  des  17.  .lalirliumlerts. 

führte,  hat  Heine '  zwei  Titel  für  Corneille  in  Anspruch  genom- 
men: Pompejus  (==  La  mort  de  Pomix'e)  und  Der  Kleopatra 
Tod  (=  liodognne/).  Dagegen  ist  der  1H90  von  Veiten  ge- 
gebene „Künstliche  Lügner"  wohl  nicht,  wie  Heine  vermutet, 
auf  CoraeUles  Menteur  zw  bezieheu,  da  ein  Danziger  Theater- 
zettel- der  Veltenschen  Gesellschaft  uns  auf  einen  ganz  anderen 
Inhalt  des  Stückes  weist. 

Von  den  Zeitgenossen  Comeilles  hat  zuerst  Desmarets, 
der  Sekretär  des  Kai'diuals  Richeheu,  in  Deutschland  Bewmidercr 
gefunden.  Seine  Mirame  (1639),  welche  noch  1675  von  dem 
belesenen  Verfasser  des  Alamodisch  technologischen  Interims 
S.  460  und  499  neben  dem  Cid  und  Molieres  Komödien  genannt 
wd,  übersetzte  1662  der  oben  S.  111  erwähnte  Heidenreich.' 
Seine  Aspasie  (1636)  glaubt  Heine  S.  37  in  der  1690  von  Veiten 
gegebenen  Aspasia  wiederzuerkennen;  ich  möchte  mit  meineni 
Urteile  noch  zurückhalten,  bis  eine  gleichzeitige  Wiener  Hand- 
schrift „Die  gekrönte  Schäfferin  Aspasia"  *  und  ein  HaUisches 
Trauerfreudenspiel  von  1672  „Die  königliche  Schäiferin  Aspasia"  " 
mit  dem  französischen  Stücke  verglichen  worden  sind.  Mit  Un- 
recht hat  auch  Holland  in  seiner  trefflichen  Ausgabe  der  Briefe 
der  Prinzessin  Elisabeth  Charlotte  von  Orleans^  vermutet,  dafs 
ein  in  den  Jahren  1663 — 1671  am  Heidelberger  Hofe  aufgeführtes 
Schauspiel  Sejanus,  an  welches  die  Fürstin  sich  oft  erinnert,  eine 
Übersetzung  von  Magnons  gleiclmamigcr  Tragödie  (1647)  Avar; 
es  wai*,  wie  ich  im  Jahrb.  d.  Shakespearegesellsch.  24  nachweisen 
werde,   eine  Bearbeitung  nach   dem  Englischen  des  Ben  Jonsou. 

Für  die  Gesichtspimkte,  welche  damals  noch  vielfach  für  die 
Beurteilung  von  poetischen  Werken  mafsgebend  waren,  ist  der 
Erfolg  bezeichnend,  welchen  eine  nach  unserem  Geschmacke  wenig 

'  J.  Veiten,  S.  38. 

"  A.  Mundt,  Altpreursische  IMouati^schrift  -I,  380.     Vgl.  nuten  8.  122. 

•^  Exemplare  in  Berlin,  Göttingen,  Weimar. 

*  Serapeum  186G,  319. 

^  Goedeke,  Grundrifs  3,  221.  Vielleicht  lag  dem  Hallischen  Stücke 
De  koninel:} ijckc  lierderin  Aspasia  von  ,T.  Oats  (deutsch  in  seinen  "Werken, 
Hamburg  1710—1711;  0,  1—01)  zu  Grunde.  1G74  spielte  die  Carlische 
Gesellschaft  in  Dresden  eine  Aspasia  (Fürstenau  1,  244).  Am  Amster- 
damer Theater  wurde  schon  1050  Cirus  en  Aspasia  gegeben. 

"  2,  02.  80.  125  f.  142;   3,  81.  91.  352.  377;   -1,313;   5,280;  0,90.393. 


Moliere-Übersetzuugeu  des  17.  Jahrhuuderts.  119 

hervoiTagende  Tragikomödie  von  Gillet  de  la  Tessonerie, 
L'art  de  regner  oii  le  sage  gouverneur  (1645),  in  Deutschland  hatte. 
Ein  Prinzenhofmeister  belehrt  darin  seinen  Zöghng  über  die  einzelnen 
Regeuteutugenden,  indem  er  ihm  als  Beispiel  für  jede  einen  Vor- 
gang aus  der  Geschichte  durch  Schauspieler  vor  Augen  führen  läfst. 
Die  lehrhafte  Tendenz  des  Stückes  bewirkte,  dals  1660  ein  Schlesier 
Benjamin  Knobloch  zu  Sclileswig  dem  Herzoge  Christian  Albrecht 
eine  dürftige  Prosabearbeitung  „Die  Regier-Kunst  oder  Der  kluge 
Hoifmeister"  ^  widmete,  welche  wir  sechs  Jahre  später  im  Reper- 
toire des  Puppenspielers  M.  D.  Drey  zu  Lünebm-g  wiederfinden, 
und  dafs  1677  der  Görlitzer  Rektor  Christian  Funcke  eine  Schul- 
komödie- daraus  machte;  ein  Singspiel  „Regierkunst-Schatten"-' 
war  schon  1658  in  Wolfeubüttel  zur  Aufführimg  gekommen. 
Wahrscheinlich  hat  auch  GiUet  de  la  Tessonerie  Calderons  Schau- 
spiel La  vlda  es  sueno  erst  dm'ch  seine  Bearbeitimg  ,,Le  grand 
Sigismond priiice  Polonais  ou  Sigisinand  duc  de  Varsaitf'  (1646) 
den  Deutschen  zugänglich  gemacht,  sei  es,  dafs  diese  sein  Werk 
direkt  oder  in  einer  holländischen  1647  und  öfter  gedruckten 
Übersetzung  von  Schouwenbergh  *  benutzten.  1666  spielte  Drey 
in  Lünebiu-g  auf  seinem  Marionettentheater  „Von  Sigismundo 
oder  dem  Tyrannischen  Priutz  von  Polen",  1674  gaben  in  Dresden 
die  Carlischeu  Komödianten  Prinz  Sigismundo,  imd  1690  brachte 
Adelten  in  Torgau  Prinz  Sigisuumd  in  Polilen  zm*  Darstellung.'' 
Eine  1693  zu  Hambm-g  aufgeführte  Oper  J.  G.  Conradis,  „Der 
königliche  Prinz  aus  Polen  Sigismimd  oder  Das  menschliche  Leben 
wie  ein  Traum",  ^  zu  welcher  Postel  den  Text  lieferte,  ist  nach  der 
Angabe  des  Vorwortes  aus  einer  holländischen  Komödie  übersetzt. 


'  Exemplare  in  Berlin,  Heilbronu,  Kassel,  Weimar.  Eine  Ausgabe 
von  16G1  bei  Maltzahn,  Deutscher  Bücherschatz  1875,  II,  Nr.  92:'..  Vgl. 
Goedeke,  Grundrifs  3,  221.  Bolte,  Ztschr.  f.  deutsches  Altertum  82,  14  f. 
Holländisch:  De  regeerkunst  of  de  ^T^ze  leermeester,  staatspei  door 
J.  Dullaart.     Amst.  1667. 

-  Handschriftlich  in  Görlitz. 

^  Chrysander,  Jahrb.  f.  musikal.  Wissensch.  1,  175. 

^  J.  te  Winkel,  Tijdschrift  voor  nederl.  taal-  en  letterkunde  1,  99. 
Eine  Ausgabe  Amsterdam  1668  (die  dritte)  auf  der  Berliner  Bibliothek. 

^  A.  V.  Weilen,  Shakespeares  Vorspiel  zu  Der  Widerspenstigen  Zähmung 
1884,  vS.  70.     Heine,  J.  Veiten,  8.05.    Shakespearejahrbuch  I!»,  115,  Nr.  I. 

'•  Chrysander,  AUgem,  musikal.  Zeitung  lo,  122-121. 


120  Moli&re-Ubersetzungen  des  17.  .Falirlmudert?. 

Unter  den  Werken  des  jüngeren  Corneille  (Tliomas  C.) 
wurde  Le  herger  extravagant  (1653)  von  Andreas  Gryphius, 
der  in  der  Vorrede  selbst  erklärte,  „zu  dcrogleichen  Übersetzungen 
wenig  Belieben  zu  tragen",  auf  die  Veranlassung  eines  Gönners 
in  auffallend  steifen  Alexandrinern  und  ungelenker  Sprache  wieder- 
gegeben. Den  ersten  Druck,  den  Gryphius  in  der  Ausgabe  von 
1663  selbst  erwähnt,  der  aber,  soweit  ich  sehe,  bisher  nicht  nach- 
gewiesen ist,  fand  ich  auf  der  Universitätsbibliothek  zu  Kopen- 
hagen; er  ist  unter  dem  Titel  „Der  schwermende  Schäfer  I^ysis"' 
1661  zu  Brieg  in  4^  erschienen  und  trägt  keinen  Autornamen. 
CorneiUes  Vorlage,  der  satirische  Roman  des  Jean  de  la  Lande 
(.=  Charles  Sorel  de  Souvigny.  1627),  war  schon  1647  von  Hars- 
dörffer  in  seinen  Frawenzimraer-Gesprechspielen  7,139 — 165  dem 
deutschen  Publikum  durch  einen  Auszug  bekannt  gemacht  wor- 
den. Eine  andere  Dichtung  CorneiUes,  Antwchus  (1666),  brachte 
die  Schaubühne  Englischer  und  Frantzösischer  Comödianten  (1670. 
1,  345 — 430)  in  deutscher  Prosa.  Auf  seine  1678  erschienene 
Tragödie  Es  sex  geht  wahrscheinlich  das  1688  von  Veiten  in 
Dresden  gespielte  Stück  „Die  ermordete  Unschuld  oder  Graf 
Essex"  ^  zurück.  Rascher  noch  drang  die  von  ihm  gemeinschaft- 
lich mit  Jean  Donneau  de  Vise  verfafste  Bearbeitung  einer 
Pariser  Skandalgeschichte,  des  Aufsehen  erregenden  Prozesses 
der  Madame  Voisin,  nach  Deutschland.  Das  1679  erschienene 
I>ustspiel,  in  welchem  die  verü])tcn  Verbrechen  als  ziemlich  harm- 
lose Täuschungen  dargestellt  wurden,  Ln  devlneresse  mi  hs  faux 
enchantements ,  •  wurde  schon  im  folgenden  Jahre  von  einem  ge- 
wissen Christian  ä  Gletelberg  „in  tcutschen  Habit  umgekleidet" 
unter  dem  Titel  „Eryfila.  Oder  Die  Verrathene  Zauber-  und  Wahr- 
sager-Kunst".^ Der  Übersetzer,  welcher  eine  leidhch  gewandte 
Prosa  schreibt,   sagt   aber   in    der  Vorrede  ausdrücklich,   dals    er 

'  Fürstenau  I,  ;'.'i:l.  Dastselbc  Stik'k  l)o,tiegnet  in  dem  Nürnltorger 
Drainenregister  (Jahrbuch  der  deutschen  Shakespeare-Gesellschaft  1'.',  1  IS, 
Nr.  18)  und  1711  iu  Frankfurt  „aus  dem  Frantzösischeu  übersetzt"  (Mentzel 
0,  1'19).  Über  den  spanischen  Essex  vgl.  Schack  ?.,  107  und  Lessing,  Ham- 
liurgische  Dramaturgie,  00.  bis  08.  Stück.  —  Vgl.  die  Nachträge. 

'  Neudruck  bei  V.  Fournel,  Les  contemi)orains  de  Moliere  ">,  545 — 570. 

'  Nürnberg,  Endter,  1080.  r'.i '.  Bog.  -\-  272  S.  8".  Exemplare  in 
Berlin,  Kiel,  Stuttgart,  Weimar,  Wernigerode.     Vgl.  Gocdeke  ?>,  2_'7. 


Molii^re-ÜbersetzuDgeu  des  17.  Jahrhunderts.  121 

seinen  wahren  Xamen  verschweige,  da  er  bei  diesen  rieht-  luid 
tadelsüchtigen  Zeiten  wichtige  Ursachen  dazu  habe. 

Mit  dem  Mitarbeiter  Corneilles,  de  Vis^,  ist  nach  der  Mei- 
nung Lacroix'i  jener  Franyois  Donneau  identisch,  von  dem 
1660  ein  Pendant  zu  Molieres  8(janarelle,  betitelt  Les  amoiirs 
(VAlcipi)e  et  de  Cejjhise  ou  la  cocue  imac/innire^  erschien,  wel- 
ches die  Schaubühne  von  1670  (1,  222—253)  verdeutschte. 

Die  ebenda  2,  66 — 167  stellende  Komödie  „Der  Verliebten 
Kuustgritfe",  welche  Tittmann  mit  Chazans  verschollener  iSfqjer- 
che'rie  cVamonr  (1627)  zusammenbringen  wollte,  ist  vielmehr  eine 
Übersetzung  von  Gabriel  Gilberts  Intr'ujuci^  (nnourenses  (1667), 
von  denen  man  bei  Parfaict  (10,  111 — 118)  einen  Auszug  findet. 
Die  von  ihm  benutzten  Vorbilder,  D'OuviUes  Aimer  saus  savoü' 
qui  (1646)  und  Boisroberts  Belle  invisible  ou  la  constance 
i'jjvoufee  (1656),  gehen  auf  spanische  Originale  zurück. 

Von  Boisrobert  enthält  die  erwähnte  Sammlung  1,  254 
bis  345  La  jalouse  d'elle  meme  (1649),  Die  E}^ernde  mit  Bir 
selbst;  und  diese  Komödie  gab  1679  die  Carlische  Gesellschaft 
in  Dresden  -  zugleich  mit  einem  anderen  Stücke  desselben  Autors : 
Les  trois  Orontes^  (1652).  Seine  Komödie  La  falle  gageure 
(1653)  begegnet  1690  in  Velteus  Repertoire  als  „Die  wohlnärrische 
AVette  oder  der  geizige  Gerhard" ;  nach  diesem  Titel  zu  schliefsen 
wird  sie  ihren  ^Yeg  zu  uns  üljer  Holland,  wo  sie  1671  von 
\\  Blasius  und  1677  von  einem  Anonymus  der  Gesellschaft  „Nil 
volentibus  arduum"  unter  dem  Titel  De  ynalJe  iredding  of  gierige 
Gera ar dt  übersetzt  worden  war,''  genommen  haben. 

Quinault,  von  dessen  ]Musiktragödien  naclilier  die  Kede 
sein  soll,  erscheint  in  der  Schaubühne  von  1670  mit  drei  Stücken: 


'  In  der  Einleitung  zu  dem  Neudrucke  der  Veucc  ä  la  mode  von 
Donneau  deVise,  Paris  1881,  S.  V  (Nouvelle  coUection  Molioresque  Nr.  8). 

"  Fürstenau  1,  253.  Boisrobert  bearbeitete  wiederum  ein  spanisches 
Original,  La  xelosa  de  ai  misuio  von  Tirso  de  Molina;  niederländiscli 
1678  von  P.  de  la  Croix.  Vgl.  Schack  2,  578.  ti85.  J.  te  Winkel,  Tijd- 
schrift  1,  107.     Parfaict,  Histoire  du  theätre  franyais  7,  252—250. 

•^  Parfaict  7,  361—365. 

'  Parfaict  7,  313—319.  Heine,  Veiten,  S.  37.  J.  te  Winkel,  Tijd.^clirift 
I,  106.  Die  Anregung  gab  Lope  deVega  mit  seinem  Lustspiele  Et  viayor 
imposihJe  fSchaok  2,  37-1).  Vgl.  im  Nürnberger  Verzeichnis  Nr.  17:  Dio 
unmögliche  Möglichkeit  (.Jahrbuch  11),  li8j. 


1-2-2  Moli^-re-Übersetzungen  des  17.  JalirhiuKlcrts. 

1,  45 — 144  La  conu'die  aans  coini'din^  (1654),  2,  267 — 3(30 
L'amant  indiscret  (1654)  und  1,  431 — 536  La  mere  coquette 
(1664).  Seine  Bearbeitung  von  Calderons  Lustspiel  Lances  de 
amor  y  fortuna  (1635),  betitelt  Cf)ups  de  l'amour  et  de  la  for- 
tune  (1656),  oder  die  gleichnamige  und  gleichzeitige  Boisroberts 
bildete  die  Grundlage  für  ein  holländisches  Drama  von  H.  de 
Graef:  „Aurora  en  Stella  of  ztisferlijcke  kroonzucht^^  (1665), 
das  in  Deutschland  sehr  beliebt  wurde.  Aufser  zwei  nicht  da- 
tierten liandschriftHchen  Übertragungen  besitzen  wir  Kimde  von 
Aufführungen  in  Lünebm'g  (1666  durch  den  Puppenspieler  Drey), 
in  Dresden  (1676)  und  Danzig  (um  1690)  durch  die  A'^eltenschc 
Bande  und  in  Frankfurt  a.  IM.  1741.'-  Auf  der  Danziger  An- 
kündigung lautet  der  Titel:  Der  künsthch  verliebte  Lügner  Oder 
die  bcydcn  umb  der  Cron  streitenden  Schwestern  Aurora  und 
Stella.  Zweifelhaft  mufs  es  dagegen  bleiben,  ob  die  oben  S.  95 
angeführte  Nürnberger  Aufführung  des  Verliebten  Xachtgespenstes 
(1()95)  und  em  1741  in  Frankfurt  gegebenes  Stück  gleichen 
Titels-'  auf  Quiiiaults  Fantome  amoureuj-  (1659),  eine  Bearbei- 
tung von  Calderons  graciöser  Komödie*  El  galan  fantasma 
(1634),  die  Lingelbach  1664  ins  Holländische  übersetzte,"'  oder 
auf  das  Verliebte  Gespenst  des  Andreas  Gryphius  (1660),  wel- 
ches im  Inhalte  ganz  abweicht,  zurückgeht.  .Vhnliche  Motive, 
teilweise  ebenfalls  spanischer  Abkunft,  begegnen  in  der  drama- 
tischeu  Tjitt(4'atur  des   17.  Jahrhunderts  mehrfach. 

EinigermaCscn  auffallend  ist  es,  dafs  in  der  Schaubühne  von 
1670    Scarron    gar   nicht   vertreten   ist,    der    durch    seine    von 


'  Wie  die  Mgeudeu  Dranieu  leicht  zugäuglich  iu  Quiiiaults  Werken, 
aHfserdem  bei  Foiirnel,  Les  contemporains  de  Moliere  3,  GO — 104.  Ebenda 
1,  1 — 38  L'amant  indiscret.  Holländisch  .1.  Dubbels,  Tooneelspel  zonder 
tooneelspel.  Amst.  1671.  Über  de  Vises  Mcre  coquette  (16t>5)  vgl.  Par- 
faict,  Hist.  du  th.  fr.  9,  879—882. 

*  Schack  8,  214.  44S.  Val.  Schmidt,  Die  Schauspiele  Calderons  1857, 
S.  128—183.  Parfaict  8,  152— 157.  Bolte,  Ztschr.  f.  deutsche  Philologie 
19,  92«.    Heine,  Veiten,  S.  29. 

^  E.  Mentzel,  Archiv  für  Frankfurter  Gesch.  und  Kunst.   N.  F.  9,449. 

'  Schack  :5,  219  f.  448.  Val.  Sclimidt,  Die  Schauspiele  Calderons, 
S.  1:M-189.     Parfaict  8,  274— 277. 

•  Dr  spfinl.riKtr  Minnaer.  Vgl.  .1.  van  Vloten,  Het  nederlandsche 
khichtspel  van  de  II.  tot  de  18.  eemv  8,  Oü  (18.^1). 


Moliere-Übersetziingen  des  17.  Jahrhunderts.  123 

Greflinger  verdeutschten  Novellen '  schon  einen  Ruf  erlangt 
haben  mui'ste.  Doch  erwarb  ich  vor  kurzem  einen  noch  unbe- 
kannten Schauspiekh-uck  aus  demselben  Jalu'e,  welcher  sich  bei 
näherer  Betrachtung  als  eine  Übersetzung  von  Scarrons  Komödie 
La  fdusse  apjxtreiice  (1662)  herausstellte.  Leider  fehlt  jede  An- 
gabc des  Herausgebers  und  des  Druckortes;  die  prosaische  Über- 
setzung folgt  getreu,  auch  in  den  Eigennamen,  dem  französischen 
Texte,  der  ja  nur  eine  Bearbeitung  von  Calderons  Xo  siemprc 
lo  peor  es  cierto  (1652)  ist/^  mufs  aber  als  ziemlich  fliefsend  und 
gewandt  bezeichnet  werden.  Der  Titel  lautet:  „Der  falsche  { 
Schein  |  Oder  |  Die  scheinbare  Lieb,  i  Anno  1670."  120  S.  12».  — 
Noch  ein  anderes  Stück  Calderons,  ^,El  alcaide  de  si  mismo^^,^ 
in  dessen  Übertragung  Scarron  (Le  gardien  de  soi-meme)  1655 
mit  Thomas  Corneille  (Le  geoller  de  soi-meme,  auch  Jodelet 
jjvince)  wetteiferte,  gelangte  durch  diese  Vermittelung  nach 
Deutschland:  1684  und  1690  spielte  Veiten^  in  Dresden  „Sein 
selbsteigen  Gefangener",  nachdem  schon  1680  J.  W.  Francks  von 
Matsen  versifiziertes  Singspiel  „Sein  Selbst  Gefangener  oder  der 
närrische  Prinz  Jodelet"  über  die  Hamburger  Bühne  gegangen 
war.*  172(i  wurde  diese  Oper  einer  Erneuerung  unterzogen, 
indem  Praetorius  den  Text  umarbeitete  und  Reinhard  Keiser 
diesen  neu  komponierte.  Eine  Ausgabe  der  glücklicherweise  er- 
haltenen Partitur  des  Keiserschen  Jodelet  wird  durch  Herrn 
Dr.  F.  Zelle  in  Berlin  vorbereitet.  In  Moskau  stellte  eine 
deutsche  Schauspielertruppe  den  „Prinz  Pickelhering  oder  Jodelet 
durch   sich   selbst   verhaftet"    vor  Peter   dem   Grol'sen   dar.  ^  — 

'  Bolte,  Anzeiger  für  deutsches  Altertum  l;),  li)7. 

^  Val.  Schmidt,  Die  Schauspiele  Calderons,  S.  85 — 87. 

■^  Schack  ?,,  217.  417.  Val.  S(;hmidt,  S.  140—141.  5 in.  Parfaict  8, 
116—128.  Niederländisch  1678  von  P.  van  Geleyn  nach  J.  tc  Winkel, 
Tijdschrift  1,  110. 

^  Fürstenau  1,271.  307.  Heine,  Veiten,  S.  31.  Kormarts  Übersetzung 
fällt  vor  1669;  s.  oben  S.  113. 

s  Chrysander,  AUgem.  musikal.  Zeitung  12,  190.  249.  4  19  f.  Lindner, 
Die  erste  stehende  deutsche  Oper  1855,  S.  109.  Die  Königliche  Bibliothek 
zu  Kopenhagen  besitzt  ein  Textbuch  o.  O.  und  J.,  betitelt:  ^Sein  selbst] 
Gefangener."  4i/nBogenS",  welches  wörtlich  mit  dem  5.  Bogen  4"  starken 
Hamburger  Texte  von  1680  übereinstimmt. 

^  Vgl.  oben  S.  88,  Anm.  :!, 


121  Moliere-Übersetzungen  des   17.  .Tahrliunderts. 

Audi  in  dem  1()79  von  den  Carliseheu  Komödiauteu  in  Dresden 
aufgeführten  „Jodelet"  könnte  mau  dasselbe  Stück  Searrons  zu 
erblicken  geneigt  sein,  wenn  nicht  die  1683  ebenda  von  etlichen 
Hofk(Mn(»dianten  gespielte  Komödie  von  dem  in  seinen  Herrn 
verkleideten  Diener  Namens  Jodelet '  es  wahrscheinlicher  machte, 
dafs  wir  es  in  beiden  Fällen  mit  dem  ^,Jndelet  ou  le  maUre 
valet'"  (1645)  desselben  Autors  zu  thun  haben,  dessen  Quelle 
wieder  ein  spanisches  Stück,  Dondc  luiij  agnirio  uo  ha;j  zelns 
von  Rojas,2  ist.  Vielleicht  war  die  der  zweiten  Aufführung  bei- 
gegebene Posse  „Die  französischen  Komödianten"  eine  Bearbei- 
tung von  Searrons  Comedle  den  comrdicns  (1635).  Den  Don 
Japhet  d'Armi'nie  (1652)  hatte  Veiten  1689  in  sem  Repertoire 
aufgenommen.  ^ 

Von  Moutfleury  Murden  durch  die  fahrenden  Schau- 
spieler zwei  Stücke  in  Deutschland  gespielt,  L'ccole  des  jaloiix 
ou  le  cocu  voloataire  (1664)  und  La  fille  capltaine  (1672).  Das 
letztere,  dessen  Idee  der  Dama  capitan  Figueroas  *  entlehnt 
war,  füln-tc  Paulsen  mit  seiner  Truppe  1679  in  Dresden  auf; 
und  Veiten  wiederholte  1684  die  „Jungfer  Capitain",  als  er  nach 
längeren   Wanderzügen   ebendort    zum    Karneval   eintraf."'     „Der 

'  Fürstenau  1,  254.  270. 

'  tSchack  o,  024 — 327.  Klein  11,  1,  2o0.  Eine  holländische  Über- 
setzung von  J.  Kommelijn,  Jorlelet  of  de  kiiecht  meester  en  de  meester  knecht, 
erschien  1683  zu  Amsterdam;  J.  van  Vlotcn,  Het  nederlandsch  Kluchl- 
ppel  .3,  182.     Anders  J.  te  Winkel,  Tijdschrift  1,  llL'. 

3  Heine,  Veiten,  S.  35.  Scarron  folgte  hier  dem  Maxims  dcl  cigarral 
Moretos;  vgl.  Schack  3,  354.  448.  .T.  te  Winkel,  Tijdschrift  1,  112.  Wy- 
brands,  Het  Amsterdamsche  tooncel,  S.  2tJl.  Eine  holländische  Über- 
setzung von  Claude  de  Grieck  wurde  1057  in  Amsterdam  aufgeführt  und 
gedruckt.     Über  Kormarts  Übersetzung  vgl.  oben  8.  113. 

'  Schaok  3,  jo5.  I  |S.  Parfaict  11,  237.  Eine  holländische  Übersetzung 
von  Frans  Rijk  1707  nennt  .T.  te  Winkel,  Tijdschrift  1,  112.  Auf  eine 
spätere  Verdeutschung  von  Montfleurys  Stück  durch  Forsch  ist  oben 
S.  102,  Anni.  2  hingewiesen. 

•'•  Fürstenau  1,  253.  271.  Heine,  Veiten,  S.  3,2.  Die  Jungfer  Capitain 
finden  wir  um  1710  im  Nürnberger  Dramen register  (Jahrb.  der  deutschen 
Shakespearegesellschaft  10, 117,  Nr.  34)  und  etwas  umgewandelt  auf  einem 
Frankfurter  Theaterzettel  vom  11.  Juli  1711  (Archiv  f.  Frankfurter  Gesch. 
u.  Kunst,  N.  F.  0,  151).  Französisch  wurde  es  im  Februar  1721  zu  Ham- 
burg als  Zwischenspiel  gegeben,  ebenso  L'Europc  galante  und  1725  Moliercs 
Mr.  de  Fourceauguac  (Lindner,  Die  erste  stellende  deutsche  Oper,  S.  118). 


Molifere-Übersetzuügeu  des  17.  Jahrhunderts.  125 

freiwillige  Halinrey"  befand  sich  ebeufalls  unter  den  zalilreichen 
aus  dem  Französischen  entlehnten  Stücken,  welche  I*anlscn 
1679  gab.i 

Noch  eine  in  Dresden  wiederholt,  von  fremden  Komcxliantcii 
(1672),  von  Paulseu  (1674.  1679)  und  Adelten  (1690)  dargestellte 
Posse-  „Die  Perle"  führt  Heine  S.  38  auf  ein  1672  gedrucktes 
französisches  Original,  M.  Girardins  Tji  collier  des  pcrles,  zu- 
rück ;  ob  mit  Recht,  wird  sich  schwer  ausmachen  lassen ;  bei  der 
liltesten  Aufführung  (1672)  lautet  der  Titel  wunderlich  genug: 
das  Possenspiel  von  Braten  und  der  Perleu. 

Vermutungsweise  sei  auch  der  französische  Ursprung  einer 
von  Gottsched  1,  223  verzeichneten  Schäferei  Melissa  (1668 
o.  O.  4'')  erwähnt,  welche  jedenfalls  nicht  \o\\  der  ISIelisa  Hars- 
dörifers  (oben  S.  110)  herstauunt.  Man  kann  an  Du  Rocher,  Mi'- 
Jlze,  pastoral  comique  (1639)  oder  an  die  anonyme  MiilisHa 
tragicomedie  pastorale  (1658)  denken,  in  welcher  Lacroix''  ein 
Jugendwerk  Molieres  erkennen  ^^•ill. 

Nicht  nachzuweisen  vermag  ich  das  Original  einer  Ouolz- 
bacher  Oper'*  von  1678,  deren  Titel  vms  Gottsched  1,  240  über- 
liefert: „Der  verliebte  Föbus.  Aus  dem  Französischen  in  das 
Teutsche  übersetzt  und  in  dem  Hoch-Fürstl.  Schau-Platz  zu  Onolz- 
bach  singend  vorgesteUet.    8"."    [Les  amours  du  Soleil.    1671?) 

Falls  nicht  blols  der  Text,  sondern  auch  die  Komposition 
in  Frankreich  entstanden  waren,  hätten  ^vir  liier  das  erste  Zeichen 
für  die  weitere  Verbreitung  der  französischen  Singspiele.  Wenige 
Jahre  später  erschienen  die  grolseu  Musikdramen  Lullys  auf 
den  deutschen  Bühnen,  \velche  sich,  dem  allgemeinen  Zuge  der 
Zeit  folgend,  der  Pflege  der  Oper  widmeten,  und  errangen  sich 
neben  den  italienischen  Schöpfungen  gleicher  Art  und  ihren 
deutschen  Nachbildungen  Geltung.  Zuerst  gab  man  diesel- 
ben noch  in  der  Sprache  der  Originale.  So  in  Wolfcnbüttel 
1686    das    1678    von    Molifere    und    anderen    gedichtete    Ballett 

I  Fürstenau  1,  253.    Parfaict  9,  307— P.lß. 

^  Fürsteuau  1,  235.  244.  254.  308. 

^  Neudruck  der  Melisse,  Paris  1879  (Nouvelle  collection  Molieresque 
Nr.  2). 

^  Auch  im  Nürnberger  Register  Nr.  135  (Jahrbuch  19,  153).  Andere 
Onolzbacher  Opern  bei  Schletterer,  Das  deutsche  Singspiel,  S.  218  (1863). 


12G  MolRre-Übersetzungen  des  17.  Jahrliuuderts. 

Psyche^  und  1687  den  Thesre  (1675),  zu  dem  Quinault  den 
Text  geliefert  hatte;  in  Hamburg  1689  die  zwei  Jahre  frülier 
in  Paris  gespielte  Oper  Acts  et  Galatee  und  1692  Achille  et 
l*<)lixene  (1687),  beide  von  Campistron  gedichtet  und  mit 
Ijullys  IMusik;-  doch  wui'de  bei  der  Aufführung  des  letzteren 
Stückes  dem  Textbuche  eine  deutsche  Übersetzung  von  C.  H. 
Postel  beigegeben,  und  1695  erschien  auch  Acis  und  Galathea 
in  deutscher  Sprache. '^  Kurz  zuvor  hatten  die  Leiter  der  Ham- 
burger Opernbühue,  welche  ihrem  Publikum  die  Pariser  Novi- 
täten vorführen  wollten,  obschon  sie  nur  den  Text  derselben 
und  nicht  die  Partitur  in  Händen  hatten,  zu  einem  eigentümlichen 
Auskunftsmittel  gegriffen.  Quinaults  von  Lully  komponierte 
Alceste  (1674)  wurde  ins  Deutsche  übertragen,  J.  W.  Franck 
machte  eine  neue  Musik  dazu  und  führte  1680  das  Werk  auf, 
welches  den  gerade  in  Hambiu'g  weilenden  Dichter  Kegnard  zu 
einem  anerkennenden  Urteile  veranlafste  und  1696  noch  ciimuil 
unter  dem  veränderten  Titel  „Der  siegende  .Ucides''  in  Scene 
ging.'  Genau  ebenso  erging  es  1683  dem  1675  in  Paris  auf- 
geführten und  1682  im  Haag  wiederholten  Thesee  derselben 
Verfasser,  \'on  welchem  schon  oben  die  Rede  war,  nur  da  ('s  dies- 
mal Lucas  von  Bostel  die  Kolle  des  Dolmetschers  inid  X.  A. 
Strunck  die  des  Komponisten  übernahm."' 


1  Chrysander,  Jahrbücher  für  nuisikal.  Wisseusch.  1,  2(t0.  A.  rougiu, 
I^es  vraiö  cröateurs  de  l'oiJera  francais  1881,  p.  112.  Auf  eine  Auffüh- 
rung der  auch  von  Elisabeth  Charh)tte  von  Orleans  erwähnten  Psyche 
Wd'.^  in  Hannover  ist  oben  S.  8:5  hingewiesen.  E.  Keisers  Oper  gleichen 
Titels  (Text  von  Postel)  erschien  1701  zu  Hamburg  und  wurde  zu  Wolfen- 
büttel 1702  und  1709  wiederholt;  vgl.  Chrysander,  AUgem.  musikal.  Zei- 
tung 1-1,  502.    Jahrbücher  1,  257. 

-  Allgem.  musikal.  Zeitimg  13,  'M'.\.  420 — 122. 

3  Ebenda  1-1,  -105. 

'  Ebenda  12,  434—4.37.  440.  Jahrbücher  1,  200.  Lindner,  Die  erste 
stehende  deutsche  Oper,  S.  27.  G.  Elliuger,  Alceste  hi  der  modernen 
Litteratur  1885,  S.  12  f.  Eine  neue  Bearbeitung  der  Alceste  von  J.  N. 
König  mit  IMusik  von  Schurmann  erschien  zu  Hamburg  1710.  Andere 
Opern  desselben  Titels  verzeichnet  Gottsched  aus  den  Leipziger  Mefs- 
katalogen  von  1603,  1702  und  1701. 

'••  Allgem.  musikal.  Zeitung  13,  201.  Nuitter  et  Thoinan,  Les  origiues 
de  l'op^ra  franyais  1886,  p.  165. 


Molifere-Übersetzungen  des  17.  Jahrhunderts.  127 

Für  die  musikalische  Verwertung  waren,  wie  es  seheint, 
auch  die  Übertragungen  bestimmt,  welche  Bressand  1693 
und  1694  von  Racines  Alexandre  (1666,  hier  Porus  betitelt) 
wndi  Athalie  {\Q)^1)  für  das  Wolfenbütteler  Theater  veranstaltete; 
ebenso  seine  1692  und  1695  veröffentlichten  Verdeutschungen 
von  Calprenfedes  Hermenigilde  (1643)  und  von  Pradons 
Regulus  (1688).  i 

Hiermit  mag  für  diesmal  die  liste  geschlossen  werden,  zu 
welcher  eine  umfassendere  Prüfung  der  dramatischen  Litteratur, 
auch  der  Operntexte  noch  manchen  ?s achtrag  liefern  wird.  Auf 
blolse  Vermutungen  über  Entlehnungen  habe  ich  mich  so  wenig 
als  m()glich  eingelassen;  dafs  das  hier  als  Grenze  angenommene 
Jahr  1700  keine  neue  Epoche  für  das  Verhältnis  des  deutschen 
Dramas  zum  französischen  bedeutet,  l)rauche  ich  wohl  kaum  be- 
sonders zu  betonen.  -  Nur  darauf  möchte  ich  noch  hinweisen,  da/s 
viele  der  genannten  Stücke  ganz  oder  teilweise  in  Spanien  wurzeln, 
dafs  also  die  Franzosen,  wie  andererseits  die  Holländer^  und  Ita- 
liener in  diesen  Fällen  nur  die  Vermittlerrolle  zwischen  dem  spa- 
nischen und  deutsclien  Schauspiel  übernahmen.  So  erklärt  sich  die 
mehrfach  bekämpfte  Behauptung  Löwens,  dafs  Veiten  und  andere 
Prinzipale  spanische  Dramen  nach  Deutschland  verpflanzt  hätten, 
auf  ganz  natürliche  Weise,  gleichviel  ob  sie  auf  alter  Tradition 
beruhte  oder,  wie  Bobertag  im  Archiv  für  Litteratm-geschichte 
5,  188  f.  anninmit,  auf  eine  von  Lessing  erst  1767,  ein  Jahr 
nach    dem  Erscheinen    \'on  Lö\\-ens  Werk,   veröff'entlichte    Beob- 


'  Chrysander,  Jahrbüchei-  1,  227.  2;-.0.  209.  210.  Goedeke,  Grundrils 
'^,  229.  Der  Porus  wurde  von  Cousser  komponiert  und  1694  für  eine 
Aufführung  in  Hamburg  von  Postel  einer  Textrevision  unterzogen. 
Allgem.  musikal.  Zeitung  14,  389.  Ein  Singspiel  Porus  erschien  auch 
l(j98  und  1700  zu  Stuttgart.  Von  der  Übersetzung  der  Athalie  (in 
Alexandrinern)  liegt  eine  Handschrift  ohne  Namen  des  Verdeutschers  in 
Wolfeubüttel :  Mscr.  Nov.  6:^.7.  1  (.■■)9  Bl.  1"). 

-  Vgl.  für  die  folgende  Zeit  aufser  Gottscheds  Verzeichnis  Creizonadi, 
Zur  Entstehungsgeschichte  des  neueren  deutschen  Lustspiels  1879  und 
seine  Nachträge  im  Archiv  für  Litteraturgeschichte  14,  109 — 111. 

ä  Vgl.  das  allerdings  der  Vertiefung  bedürftige  Buch  des  Grafen 
Puibusque,  Histoire  comparee  des  litteratures  espaguole  et  fraufaise  (Paris 
ISJ.''))  und  die  öfter  citierte  Abhandlung  von  .T.  te  Winkel. 


128  Molif'i-e-Übersetzungen  des  17.  Jahrliuuderts. 

m-htung- '  /urückgelit.  Direkte  Überscstzungon  aus  dein  S])anisohen 
werden  sich  kaum  während  des  17.  Jahrhunderts  in  Deutsehland 
nachweisen  lassen,  obgleich  zu  verschiedenen  jVIalen  am  kaiser- 
lichen Hofe  zu  Wien  spanische  Schausj)iele  in  spanischer  Sprache 
aufgeführt  wurden. 

'  Tn  seiner  Besprechimg  des  Conieillescheii  Essex  iui  02.  Stück  der 
Hambingischeu  Dramaturgie.  Vgl.  deu  auch  hier  sorgsaiu  und  nüchtern 
urteilenden  Koberstein,  Geschichte  der  deutscheu  Xatiouallitteratur,  1.  Aut- 
lage 1,  78.'].  789.  —  Der  feingebildete  Kurfürst  Karl  Ludwig  von  der  l'fal/ 
(1017 — 108(1)  urteilte,  wie  seine  Tochter,  die  Herzogin  Cliarlotte  von  Or- 
leans berichtet,  „dafs  die  spanische  Comedien  weit  über  die  frautzüsclie 
gingen,  aber  dal's  die  englische  über  al|es  gingen."  L.  v.  Hanke,  Sämt- 
liche Werke  i:^,,  289  (1870). 


Nachtrag  e. 

Da  zwischen  dem  Abschlüsse  des  vorliegenden  Aufsatzes  und  seiner 
Drucklegung  eine  längere  Zeit  verstrichen  ist,  niufs  ich  einige  mir  seither 
zu  Händen  gekommene  Thatsachen-  hier  anhangsweise  verzeichnen  und 
für  die  dadurch  verursachte  Unbequemlichkeit  die  Vei'zeihung  des  Lesers 
erbitten. 

S.  81,  Anm.  3.  —  Der  Prinzipal  Jan  Baptista  von  Fornenburg 
spielte  um  1000  im  Haag,  1002  ebenda,  107()  in  Rotterdam,  1074  in 
Lübeck,  1078  und  1079  im  Haag;  er  ist  auch  der  Verfasser  des  zu  Amster- 
dam 1080  und  öfter  erschienenen  Kluchtspels  Din'fjc  cn  Siiapliaan.  Vgl. 
P.  Haverkorn  van  Rijsewijk,  De  oude  Rotterdamsche  Schouwburg,  1882, 
S.  7.  Gaedertz,  Theaterzustände  von  Hildesheim,  Lübeck,  Lüneburg, 
1888,  S.  47.  —  Niederländische  Komödianten  erschienen  auch  1082  in 
München,  1084  in  Altona  und  1094  in  Lübeck.  Vgl.  Trautmann,  Jahr- 
l)uch  für  Münchener  Geschichte  2,  242,  Schütze,  Hamburgische  Theater- 
geschichte S.  05  und  Gaedertz  a.  a.  O.  S.  52.  —  Jacob  van  Rijudorp, 
welcher  im  Haag,  Leiden,  Rotterdam  und  Nordfrankreich  spielte,  bereiste 
17u;{  auch  Norddeutschland  und  Dänemark.  Vgl.  Haverkorn  van  Rijse- 
wijk S.  8. 

S.  8;^.  —  Über  französische  Komödianten,  welche  1018  und  1072  im 
Haag  spielten,  berichtet  v.  d.  Bergh,  Tijdschrift  voor  uederlandsche  Taal- 
en  Letterkunde  0,  77. 

S.  84,  Anm.  1.  —  Rosidor  sjjielte  noch  1718  in  Prag  (Teuber  1, 100  f.), 
zuvor  in  Schwerin  (Jahrbücher  tür  mecklenburg.  Gesch.  1,  100).  —  Ein 
anderer  Rozidor  war  1008  IMitglied  des  Theatre  du  ^larais  in  Paris  (Fouruel, 
Les  contemporains  de  Moli&re  ;'.,  XXXIX.  lS75j.  Eine  Madame  Marie 
Tros  de  Rosidor  aus  der  Truppe  des  am  3.  Dez.  1700  zu  Brüssel  ver- 
storbenen Fomprt?  wurde  von  George  Du  Rocher  für  den  Berliner  Hof 
engagiert. 

S.  80,  Anm.  2.  —  Deu  gleichen  pädagogischen  Zweck  verfolgt  auch 
der  Professor  Matthias  Kramer  in   seinem   italienisch-deutschen  Werke 


Moli&re-TJbersetzuugen  des  17.  Jahrhunderts.  129 

^Der  Avieder-lebeude  uud  auf  die  Italiänische  Schau-Bühne  aufgetretene 
Moliere,  das  ist,  einige,  durchgehends  lustige,  Lehr-reiche  und  besonders 
Wol-gefällige  Italiänische  Comedieu  . . .  Nürnberg  1723.  8"."  Vgl.  Gott- 
sched, Nötiger  Vorrat  1,  297  f. 

S.  93,  Aum.  2.  —  Über  Francks  Leben  und  Werke  wird  F.  Zelle  im 
Programm  des  Humboldt-Gymnasiums  zu  Berlin  1889:  J.W.  Franck,  Ein 
Beitrag  zur  Geschichte  der  ältesten  deutschen  Oper,  handeln.  —  Inzwischen 
hat  auch  G.  Elliu^er,  Zeitschr.  für  deutsche  Philologie  20,  3ül,  den  Sicüien 
Moli&res  als  das  Original  für  Francks  Oper  erkannt. 

_S.  97,  unten.  —  De  Schilder  door  Liefde  befindet  sich  unter  den  Ko- 
mödien, welche  die  „Groote  Compagnie  acteurs  van  de  Haagse  en  Leidse 
Schouwburg"  unter  Jacob  van  Rijndorp  am  18.  August  l(j99  in  Rotter- 
dam auf  einem  Theaterzettel  ankündigte.  P.  Haverkorn  van  Rijsewijk, 
l)e  oude  Rotterdamsche  Schouwburg,  1882,  S.  9.  —  Später  ist  Molieres 
Sidlien  noch  oft  als  Singspiel  verarbeitet  worden.  H.  Riemann,  Opern- 
handbuch, 1887,  zählt  folgende  Werke  auf:  L'amotir  peinfre,  französische 
Oper  von  Apell,  Kassel  179(j.  Le  Sicüien,  Opern  von  Levasseur,  Ver- 
sailles 1780;  Oostard  de  Mezeray,  Strafsburg  1825;  V.  de  Jonciferes,  Paris 
1859;  Ballett  von  F.  Sor,  Paris  1827.  Adrast  und  Isidore  von  Chph. 
Bretzner,  Leipzig  1779  (Musik  von  Preu  und  von  Kospoth).  Salieri,  Wien 
1780.    Mitscha,  Wien  1790. 

S.  103,  Anm.2.  —  Vgl.  Ellinger,  Ztschr.  f.  deutsche  Philol.  20,  293; 
ebenda  S.  824  wird  eine  Nachahmung  von  Molieres  L'amour  medecin 
in  dem  Possenspiele:  „Der  alte  verliebte  und  verachte  Freier  Jean  Henn" 
nachgewiesen,  welches  der  anonymen  Komödie:  „Das  bärtigte  Frauen- 
zimmer" 0.  O.  109(3  (Berhn.  Weimar)  angehängt  ist.  —  Da  den  Spuren 
Christian  Reuters  seither  eifrig  nachgeforscht  worden  ist,  will  ich 
hier  auf  ein  älteres  Citat  aus  dem  Schelmuffsky  aufmerksam  machen. 
Joh.  Chph.  Männling  sagt  in  seinen  „Denckwürdigen  Curiositäteu  derer 
so  wohl  inu-  als  ausländischer  abergläubischen  Albertäten",  Frankfurt 
und  Leipzig,  1713,  S.  82:  „Mahomets  Mutter  habe  diesen  ihren  Sohn 
ohne  Schmertzen,  ohne  Nabel  uud  ohne  Vorhaut  gebohren,  der  sie 
Avie  der  Schelmofsky  angeredet:  O  meine  Mutter!  Ich  bezeuge,  dafs 
kein  GOtt  sey,  als  der  einige,  und  ich  sein  Prophet."  Ebenda  S.  133: 
„Benagt  in  Siexico  in  den  Jungfern  Temiiel  eine  Maufs  oder  Ratze 
ein  Tuch,  so  soll  difs  ein  warhatftes  Zeichen  seyn,  es  habe  sich  eine 
von  den  heiligen  Jungfern  ungebührlich  verhalten."  Auf  diese  Stellen 
weist  J.  Grimm  hin  in  einer  jetzt  auf  der  Königl.  Bibliothek  zu  Berlin 
(Mscr.  germ.  quart  950)  befindlichen  Abschrift  von  „Schelmuti'skys  Reise- 
beschreibung. Schelmerode  1090"  und  „Anderer  Theil.  Padua  1697". 
Eingelegt  sind  zwei  Blätter  mit  charakteristischen  Federzeichnungen: 
„Wie  Schelmofsky  mit  Damigen  auf  dem  Margd  spazieren  geht" ;  „Herr 
Bruder  Graf",  „O!  Sapperment,  was  kam  mir  so  weitläufig  vor";  Schel- 
muffskA^  und  der  Bruder  Graf  schlittenfahrend  und  miteinander  disputierend. 

S.  107,  Anm.  2.  —  Über  das  Verhältnis  Reuchlins  zum  Maitre 
Pathelin  vgl.  noch  H.  Holstein,  Johann  Reuchlins  Komödien,  1888,  S.  40 
bis  48;  ferner  Herford,  Studies  in  the  literary  relatious  of  England  and 
Germany  in  the  sixteenth  Century,  1880,  p.  80—83 ;  A.  v.  Weilen,  Anzeiger 
für  deutsches  Altertum  13,  253;  ferner  A.  Banzer,  Zeitschrift  f.  neufrauz. 
Sprache- und  Litt.  10,93—112;  Baechtold,  Geschichte  der  deutschen  Litte- 
ratur  in  der  Schweiz  S.  210  f.  und  die  Anm.  (1888).  I^ine  russische 
Prosaübersetzuug  des  Advokaten  Pathelin  liegt  handschriftlich  auf  der 
AVolfenbütteler  Bibliothek  (115.  8  Extravag.  fol.).  —  Dafs  französische 
Ai-chiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  y 


130  IVfolifere-Übersetzungen  des  17.  .Talulmnderts. 

Moralitäteu  wie  L'honrme  pecheiir,  Bicn  orisi'  Mal  a?-ise,  L'Innoeent  nach 
England,  Holland,  Deutschland  drangen  und  dort  vielfache  Nachbildungen 
hervorriefen,  habe  ich  mich  bemüht,  in  einer  Anzeige  der  dänischen  Co- 
mmiin  de  Mundo  et  Paupere  (Kil'T)  in  der  Zeitschrift  für  deutsche  IMiilo- 
logie  21,  4HI  f.  und  in  der  Einleitung  zum  Xeudrueke  von  .1.  Strickers 
Düdeschem  Bchlömer  (1581)  nachzuweisen. 

S.  lo7,  Anm.  I.  —  Eine  zweite  handschriftliche  Verdeutschung  aus 
dem  Jahre  1017  besitzt  der  historisch-anti(]uarisclie  Verein  in  Schafl- 
hausen:  ^Theodor  Beza,  Die.:Aufoj)ferung  Isaaks.  Tragödie  aus  dem 
Französischen  übersetzt."  4".  —  Über  Lariveys  ./f//'o?r.r  vgl.  unten  zu  S.  127. 

S.  H>8,  Anm.  P>.  —  Mairets  <SV/r/c  ist  auch  benutzt  von  E.  ('.  Hom- 
burg zu  seiner  prosaischen  Tragico-Coma»dia  Von  der  verliebten  Schätferin 
Dulcimunda,  Jena  lüio  (Exemplare  in  Berlin,  Darnistadt,  Hannover, 
MünciiCT),  Tübingen,  Weimar.  Würzburg),  welche  IGbi  von  Andreas  Gärt- 
ner und  einer  Studenteugesellschaft  in  Königsberg  und  ItjiiS  in  Danzig 
aufo-eführt  wurde;  V2:l.  E.  A.  Hagen,  Geschichte  des  Theaters  in  Freulseu, 
^)<:v\,  8.  IM  f.  Altpfeufsische  Monatsschrift  L',  ^SS  {\Xi\h).  —  Eine  kürz- 
lich erschienene  Münchener  Dissertation  von  E.  Dannheifser,  Studien  zu 
Jean  de  Mairets  Leben  und  Wirken,  1S88,  gelangt  nicht  bis  zur  Be- 
sprechuns;  der  Silvie.  —  Für  ein  späteres  Schäferspiel;  ^Der  unglück- 
selige I  HIRT,  1  Nebenst  andern  beygef (igten  |  Sprach-Ubungeu,  |  Aufge- 
setzt von  I  (verschlungene  Initialen  APSV?)  |  Regenspurg,  |  Gedruckt  bey 
Paulus  Daln-  |  steinern,  1082."  1  1  Bl.  +  57  S.  Bt-  (Berlin.  Frankfurt  a.  M.) 
vermute  ich  ein  französisches  Vorbild,  da  der  anonyme  jugendliche  Autor 
zum  Teil  französische  Namen  wie  Cadige  verwendet  und  diesem  drei- 
aktigen  prosaischen  Plirteuspiele  noch  einige  Herolden  anhängt,  deren 
Stoff  zum  Teil  aus  Calpreu^des  Gassandre  [s.  oben  S.  114  f.  |  entnommen 
ist:  , Unterschiedliche  [  Aus  der  Frantzöls :  Cassaudra  |  Und  |  Andern  der- 
o-leiciien  Büchern  |  Genommene  |  Liebes-Geschichten."  |  1  Bl.  +  1-  S.  8". 
Doch  vermag  ich  zur  Zeit  das  Original  nicht  nachzuweisen. 

S.  110,  Anm.  r>.  —  In  Altona  kündigten  1684  holländische  Komö- 
dianten an:  „Don  Roderigo  de  Cid  met  groote  Pracht  ran  Klcderen,  noch 
noit  alhier  gesien."     Schütze,  Hamburg.  Theatergesch.  1794,  S.  ü5. 

S.  111,  Anm.  :'..  —  In  dem  Exemplar  der  Züricher  Stadtbibliothek 
hat  Bodmer  Heidenreichs  Arbeit  folgendennafsen  kritisiert:  -Diese  Über- 
setzung ist  überaus  schwach.  An  vielen  Orten  ist  der  Verstand  des 
Franz('iäischen  nicht  eingesehen,  zuweilen,  was  der  Übersetzer  nicht  ver- 
standen hat,  ausgelassen.  Er  ist  auch  der  deutschen  Sprache  nicht  recht 
mäclitig  gewesen.    Bodmer." 

S.  112,  Anm.  4.  —  Das  Frankfurter  Exemplar,  welches  ich  inzwischen 
eingesehen  habe,  enthält  2  Bl.  +  20?>  S.  (eigentlich  2ol,  da  S.  1!V2  doppelt 
gezählt  ist)  8 ".  Das  Titelkupfer  stellt  die  Vereinigung  der  beiden  Liebes- 
paare nach  Akt  5,  Scene  D  dar,  darunter  steht:  „IG8H.  C.  J.  K.  J.  D.  P." — 
Das  fünfaktige  prosaische  Schauspiel  entpuppte  sich  bei  näherer  Betrach- 
tung als  eine  Bearbeitung  des  Thnocrate  von  Thomas  Corneille  (lüöö) 
im  Geschmacke  der  landläufigen  Hauptaktiouen.  An  einigen  Stellen  geht 
die  Prosa  in  Alexandrmer  über  (V,  7.  l:'.),  Lieder  sind  eingelegt;  zu  An- 
fang des  dritten  Aktes  deklamiert  Erinhyle  nicht  selber  iliren  grolsen 
Monolog,  sondern  liegt  schlafend  auf  der  Bühne,  während  ein  unsicht- 
barer ('lior  die  fünf  Strophen  desselben  absinj^t  und  Pickelhering  dazu 
agiert.  Den  fünften  Akt  eröllnet  dieselbe  wieder,  wie  in  vielen  Haupt- 
aktiouen ^ani  Tisclie  sitzend",  mit  einem  Monologe;  statt  der  würdevollen 


Moliere-Übersetzuugeu  des  17.  Jahrhunderts.  131 

Tiraden  der  Köuigiu  nach  der  Erkeumnig  dos  Heldeu  (IV,  7)  schien  dem 
deutschen  Autor  ein  grellerer  Effekt  nötig:  die  Königin  sinkt  ihrem  Feinde 
ohnmächtig  in  die  Arme,  und  dann  folgen  kurze  Wechselredeu  Schlag 
auf  SchLag  zwischen  beiden.  Vor  allem  aber  sind  dem  niederen  Ge- 
schmacke  der  schaulustigen  Menge  Zugeständnisse  gemacht  durch  weit- 
gehende Einschaltungen  possenhafter  Elemente.  Aus  der  „Doridc,  confl- 
dente  d'Eriphilc"  ist  ein  „Dorides,  Pickelhering  aus  der  Insel  Doris,  der 
königlichen  Princefsin  AutTwärter"  geworden  und  ihm  „Clarilla,  desselben 
Liebste"  beigegeben ;  beide  machen  sich  nicht  nur  in  zahlreichen  (im 
ganzen  '22)  neuen  Scenen  breit,  sondern  mischen  sich  auch  in  die  ernst- 
hafte Haupthaudlung  mit  karikierenden  und  unflätigen  Bemerkungen 
liiuein.  Au  Chr.  Weises  Triumphierende  Keuschheit  (Ui(J8.  Vgl.  oben 
B.  114),  an  den  Juden  von  Venedig  (Meifsner,  Die  englischen  Komödianten 
in  Österreich,  1884,  B.  131)  u.  a.  wird  man  oft  erinnert.  Dorides  erscheint 
als  Exerziermeister  (Bolte,  Niederdeutsches  Jahrbuch  11,  15!».  12,  130), 
als  Kerkermeister,  mit  Fuchsschwänzen  oder  Flederwischen  behängt,  Avird 
von  Clarille  durch  Kleidertausch  aus  dem  Turm  gerettet,  hält  mit  ihr 
einen  stichomythischen  Dialog  oder  singt  ein  Duett  und  parodiert  scliliefs- 
lich  auf  einem  Bocke  zum  Veuustempel  reitend  die  Hochzeit  des  Heldeu. 
AVie  der  Verfasser  mit  den  Worten  Corneilles  umspringt,  dafür  nur  eine 
Probe.  Bei  diesem  sucht  sich  der  königliche  Liebhaber  Oleomeues  gegen 
das  Mifstrauen  der  Prinzessin  zu  rechtfertigen  (IV,  4): 
Que  vois-je  qiii  m'alarme,  o  divine  Princesse? 
Aurois-je  quelque  part  dans  l'ennui  qui  vous  presse, 
Et  dois-je  apprcliciider  de  man  mauvais  desfin, 
Que,  Cleomene  heweux  ait  cause  ce  chagrin'^ 
D'oti  peut-il  etre  ne  quand  la  joie  est  publique? 

Kormart  giebt  dies  ganz  kurz  wieder  (S.  146):  „Was  mufs  ich 
für  ein  Unglück  ersehen,  warum  ist  meine  göttliche  Princefsin  so  be- 
trübt?" —  schaltet  aber  vor  der  Antwort  der  Eriphyle  eine  lange  Zwischen- 
rede Pickelherings  ein:  ^Ja!  du  Schelm!  du  Timocrates-f äuger !  du  wirst 
den  dnjcrotias  aufl'  den  Buckel  kriegen,  wer  dir  nur  den  Staup-Besen  um- 
sonst geben  solte,  du  bettest  ihn  lauge  verdienet.  Hertzliebe  Jungfer 
Herrschafft,  trauet  dem  Kerl  nicht  mehr  und  geht  ihm  nicht  zu  nahe; 
wer  weifs  was  er  für  Schelmenstücken  kan,  dafs  ihr  ihm  gar  müstet  nach- 
lauflTen;  was  wolten  wir  machen,  wenn  wir  läuffisch  würden,  die  Mutter 
Königin  Hesse  uns  nicht  weg  ..."  —  Auch  im  Nürnberger  Dramenver- 
zeichnis von  1710,  Nr.  127  (Jahrb.  der  d.  Shakespearegesellschaft  19,  152) 
steht  „Der  unbekande  liebhaber  oder  gelibete  feint  timocrates". 

S.  115,  Anm.  1.  —  Auch  das  Lustspiel  von  Haugwitz,  „B.  C.  D. 
Flora,  In  ungleich  zerstreuten  Reimen  Deutsch  auffgesetzet"  (Dresden 
1684)  ist  nach  einem  französischen  Ballett  Flore  von  J.  de  Bens  er  ade 
(CEuvres  1697)  gedichtet,  welches  der  Autor  1669  in  Paris  tanzen  sah. 

S.  115,  Anm.  2.  —  Über  gelehrte  Gesellschaften  in  Leipzig  im  17.  Jahr- 
hundert vgl.  B.  G.  Struvius,  Bibliotheca  historise  litterarife  selecta  3,  2014. 
2022  (1763).  Auch  in  der  Geschichte  der  Leipziger  Oper  (seit  1693>)  spielen 
Studenten  als  Musiker  und  Sänger  die  Hauptrolle.  Vgl.  Opel,  Neues 
Archiv  f.  sächs.  Gesch.  5,  122  f.  (1884). 

S.  117,  Anm.  2.  —  Über  die  Aufführungen  des  Heraclhis,  Hermocratc 
und  Essex,  welche  der  Landgraf  Wilhelm  VI.  von  Hessen  1647  als  Prinz 
in  Paris  ansah,  berichtet  sein  Reisetagebuch  (Kasseler  Mscr.  bist,  quart  69) ; 
vgl.  C.  V.  Romrnel,  Geschichte  von  fiessen  8,  731.  —  Ein  Fragment  einer 
französischen  Tragödie  Heraclius  Empereur  d' Orient  im  IMüuchener  Cod. 
gall.  29. 


132  iUontTe-cibersetzimgen  «les  i  T.  .Taliihundon?. 

S_  117.  —  Zu  der  Hamburg;er  Oper  Attila  vgl.  Nr.  18  des  iSürn- 
berger  Verzeichnisses  (Jahrb.  d.  Öhakespearegesellsch.  19,  146):  „Der  tyra- 
nische  attilla  könig  der  hunen  und  gotteu  sanipt  desen  Untergang." 

S.  120,  Anm.  1.  —  Auf  der  Bürgerbibliothek  zu  8t.  Galleu  Ix'fand 
sich  laut  Katalog  im  Jahre  1870  eine  gedruckte  „Tragredia,  Geuauut  der 
unschuldig  ermordte  Graf  von  Esseck.  St.  Gallen  KjPH.  4"",  welche  wahr- 
scheinlich vou  den  fremden  Komödianten  gegeben  wurde,  die  nach  Scherer, 
St.  Gallische  Ilaudschrifteu,  180!»,  S.  70,  in  diesem  Jahre  in  St.  Galleu 
spielten.  Leider  war  das  Buch  während  meiner  Anwesenheit  im  August 
1888  trotz  der  Bemühungen  des  Bibliothekars  Prof.  Dr.  Dierauer  nicht 
aufzufinden.  —  Eine  im  Cod.  Viudob.  i:'>117  enthaltene  Tragödie:  „Die 
Ermordete  Unschuld  oder  Die  Enthau]itung  des  Gräften  Essecs'',  welche 
ein  Student  E.  H.  Brauer  1710  zu  Stralsburg  für  die  Truppe  Karl 
Ludwig  Hoffnuums  komponierte,  geht,  wie  C.  Heine  soeben  in  der  Viortel- 
jahrsschrift  für  Litteraturgesch.  1,  o2?> — 842  darlegt,  auf  ein  italienisches 
Stück,   welches   aus  der  spanischen  Tragödie  Coellos  (105:',)  Hofs,   zurück. 

Den  Bergor  extra rayant  des  Thomas  Corneille  citiert  der  Dichter  der 
Hamburger  Oper:  Der  irrende  Ritter  Don  Quixote  lOOii  (lOUiugrr,  Ztschr. 
f.  deutsche  Philol.  20,  ;)21f.);  sein  Vorbild  Jean  de  la  Lande  führt  J.  Rist, 
Friedejauchzeudes  Teutschland  (105:1)  zu  Ende  des  ersten  Aktes  an.  —  Über 
die  1083  erschienene  Bearbeitung  seines  Timocrotc  ist  S.  130  geredet  wor- 
den. —  Von  seinem  Ijustspiel  Don  Q'sar  d'Äralos  (1074),  in  welchem  er 
Tirso  de  Molina  (Vilktna  de  Vallecos.  Moreto  1027;  danach  La  oeasion 
haee  al  Utdro)).  107(;.  Schack  2,  570.  3,  :'.52.  J.  te  Winkel,  Tijdschr.  1,  1(>2) 
benutzt  zu  haben  scheint  (holländisch  von  H.  Angelkot,  Amsterdam  1717), 
fand  ich  in  Wolfenbüttel  eine  handschriftliche  prosaische  Übertragung 
(Mscr.  Nov.  037.  3):  „Don  Caesars  |  D'Avalos  |  Lust  Spiel.''  2  Bl.  -j- 
152  S.  4".  Schrift  des  17.  Jahrhunderts.  Anfang:  „Beatrix:  Ja,  wie 
ich  euch  gesaget,  man  versicherte  aller  erst  euren  Vater,  das  man  inner- 
halb einer  Stunde  euren  Bruder  alhie  gesehen  habe  .  .  .'• 

S.  127.  —  Unter  meinen  Notizen  aus  der  Zwickauer  Ratsscludbiblio- 
thek  finde  ich  noch  angeführt  eine  handschriftliche  französische  Ko- 
mödie in  fünf  jVkteu  mit  gegenüberstehender  deutscher  Übersetzung  (20. 
4.  22  in  10").  Anfang:  ,.La  Coniedie,  qii'ores  iious  raus  represeiitona,  eaf 
■intitiilee  les  Ja  Ion  x:  poitr  re  rjue  les  jyersonnes  qiti  iutcrriennent  eii  iceUe 
ou  la  phisparf.,  sont  niolestees  de  rariables  et  diverses  jaloiisies  .  .  ."  Dies 
ist,  wie  ich  erst  jetzt  bemerke,  ein  1579  erschienenes  Stück  von  Pierre 
de  Larivey,„/>^s  jalonx  (Viollet  Le  Duc,  Ancicn  theatre  franyois  6,  5 — 92. 
1855).      Die  Übersetzung  verdient,  genauer  untersucht  zu  werden. 

Auch  ein  Prosadrama  aus  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts: 
„Die  getreue  Liebhaber  |  Oder  ]  Die  vier  Könige  von  Grenaden.'^  19  Bogen  4" 
o.  0.  u.  J.  (Kassel,  Wernigerode)  scheint  aus  einer  französischen  Quelle 
herzustammen.  Alborat,  das  Haupt  der  Gomellen,  beginnt  mit.  einer 
Rede  an  Zogan,  das  Haupt  der  Zegern:  „Solte  wol  der  Gomellen  Ge- 
schlecht also  können  bey  Hofe  angesehen  seyn,  dals  die  Zegern  eine 
Königin  aus  iinserm  Hause  dulden  wolten.  Mein  Herr  vergebe  mir,  das 
ich  gegen  jhme,  als  dem  Haujit  der  Zegern  ..."  —  Vielleicht  identisch 
mit  den  „Vier  ])estendigen  Liebhabers'',  welche  der  Hamburger  Komö- 
diant Kaspar  Stiller  zwischen  1051  und  100:1  in  Güstrow  darstellen  wollte 
(Bärenspruug,  Jahrbücher  für  mecklenburg.  Geschichte  1,  95). 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen, 


Das  Perfektum  erfreut  sich  im  Italienischen  einer  reichen  Ver- 
wendung, es  ist  nicht  nur  erzählend,  sondern  auch  präsentisch,  und 
so  besitzt  es  einen  grofsen  Reichtum  an  neben-  und  durcheinander 
gehenden  Formen,  welcher  den  Blick  der  Grammatiker  mehrfach  ge- 
trübt und  irregeführt  hat.  Ohne  mir  vorzunehmen,  alle  Einzelheiten 
dieser  Formen  des  italienischen  Perfekts  zu  beleuchten,  will  ich  in  den 
nächsten  Sätzen  eine  der  über  dasselbe  bestehenden  Lehren  beseitigen 
und  durch  eine  richtige,  wie  ich  hoffe,  ersetzen ;  in  anderen  dunklei'en 
Punkten  hoffe  ich  wenigstens  ein  gutes  Fragezeichen,  vielleicht  auch 
einen  Wink  gegeben  zu  haben,  durch  welchen  später  einmal  das 
Richtige  zu  finden  ist. 

Meine  Hilfsmittel  sind  folgende.  Erstens :  Würdigung  und  Prü- 
fung des  bisher  Aufgestellten  und  Gangbaren,  insbesondere  bei 
Blanc,  Diez  und  in  meiner  Italienischen  Sprachlehre  (Hann.  1882); 
auch  manche  der  älteren  habe  ich  herangezogen,  sowie  auch  Neuestes, 
Zeitschriften;  ich  hoffe  nichts  Wesentliches  übergangen  zu  haben, 
wenn  mir  auch  genaue  Verzeichnung  aller  Ansichten  fern  lag.  Zwei- 
tens: Betrachtung,  Vergleichung  und  Auseinanderhaltung  der  That- 
sachen:  a)  in  der  heutigen  italienischen  Allgemeinsprache,  b)  in  der 
alten  italienischen  Litteratur,  c)  in  den  italienischen  Mundarten,  u)  Tos- 
canas,  ß)  des  Südens,  y)  des  Nordens,  d)  im  Latein,  «)  im  vorklassi- 
schen, ß)  im  klassischen,  y)  im  späten,  e)  in  altitalischen  Mundarten, 
«)  im  Oskischen  und  im  Oscolatein,  ß)  im  Umbrischen  und  im  Umbro- 
latein,  f)  in  aufseritalischen  romanischen  Sprachen  und  Mundarten, 
«)  im  Rätoromanischen,  ß)  im  Rumänischen,  y)  im  Spanischen,  (V)  im 
Alt-  und  Neuprovencalischen,  c)  im  Alt-  und  Neufranzösischen. 


|:;t  Lockere  uud  straffe  italienische  Perfektfurmeu. 

I.    Die  Accentregel  für  das  italieniiche  rerfelduni. 

Schon  Castelvetro  'iw  RembosProse  51  bemerkt,  dafs  im  Perfekt 
auf  ai,  ci,  etti,  ii  der  Accent  von  der  Stelle,  die  er  im  Präsens,  1 .  Sing., 
habe,  dem  Ende  etwas  /Airiicke:  amo,  amai;  er  bleil)e  aber  in  den 
Perfekten  auf  si  und  den  nach  lateinischer  Art,  porgo,  pursi  in  der 
1.  Sing,  und  in  der  3.  Sing.  PL,  die  zweiten  Personen  und  die  l.Pl. 
habe  den  Ton  wie  jene  ersten,  zu  denen  sie  in  Wahrheit  gehörten, 
es  habe,  v  vorgelegen :  valevisti,  valesti.  Eine  sonderbare  Erschei- 
nung, dieses  heutzutage  gewöhnlich  als  stark  oder  unregelmäfsig  be- 
zeichnete italienische  Perfekt  mit  seiner  Teilung  der  sechs  Formen 
in  zwei  verschiedenartige  Gruppen : 

feci  fece  fecero 

facesti  facemmo  faceste 

Nirgends  auf  dem  gesamten  Gebiete  der  Verwandti^cliaft  findet 
sich  so  etwas  wieder,  Avie  schon  Diez  bemerkt;  keine  der  anderen 
romanischen  Sprachen  hat  eine  Spur  von  etwas  Ahidichem,  nirgends 
das  Latein,  nicht  auch  eine  der  altitalischen  Mundarten.  AVie  in 
aller  Welt  kommt  oder  kam  man  dazu,  von  feci  zu  facesti  auszu- 
weichen, von  strinsi  zu  stringesti  ?  Da  doch  sonst  die  Sj^rache  in  der 
Konjugation  und  gerade  auch  im  Perfektum  sich  dem  Latein  so  eng 
anschliefst?  Ja,  der  Accent,  heifst  es,  scheidet  die  beiden  Gruppen. 
Das  wäre  sonderbar.  Dem  Lateiner  sollte  fecisti  gut  zu  feci  gepafst 
haben,  aber  dem  Italiener  sollte  in  einem  fecisti  oder  fecesti  der 
Accent  nicht  passen,  so  unerträglich  sein,  dafs  er  nun  für  die  zweiten 
Personen  und  für  die  erste  der  Mehrheit  aus  einer  anderen  Vorrats- 
kammer etwas  vorsuchen  raüfste?  Nein,  es  ist  ja  rein  unmöglich! 
AVir  haben  doch  vidi,  vedesti  auch  in  der  Art,  mit  Verlassung  des 
Perfektischen,  mit  Zurückgehung  auf  das  Präsentische  gebildet,  aber 
vedesti  ginge  von  Accents  wegen  und  fecesti  nicht?    Nein! 

Doch  halt!  Altmeister  Diez  luit  ein  Beispiel  zur  Hand,  durcli 
das  die  nun  einmal  niclit  abzuleugnende  Thatsache,  dafs  derAccent- 
wechsel  hier  wirkt,  wo  jiicht  begreiflich,  so  doch  glaublich  wird. 
„Wir  haben  bei  doverc,  udire  und  uscire  walu'genonunen,  wie  die 
ital.  Sprache  das  vom  Infinitiv  gegebene  Thema  in  allen  flexions- 
betonten Stenen  durchführt,  wenn  (d.  li.  während)  es  in  den  stamm- 
betonton  abgeändert  wird.  Dasselbe  geschieht  nun  auch  im  starken 
Perfekt,  \\\  welches  sich  stamm-  und  flexionsbetonte  Formen  teilen/' 


Lockere  und  strafle  italienische  Perfektformeu.  135 

devo       dobbiamo       odo       udiaino       esco      usciamo 
devi        dovete  odi        udite  hscl        üscite 

deve       devono  ode       odono         6sce       ^scono. 

Das  läfst  sich  hören,  sieht  auf  den  ersten  Anblick  unserem  Falle 
recht  ähnlich!  Aber  doch  wohl  nur  auf  den  ersten  Anblick!  Ob- 
gleich es  von  Fr.  Diez  vorgeführt  wird!  Hier  nämlich  handelt  es 
sich  um  eine  A^erdunkelung  des  Vokals  der  ersten  Silbe  in  dem 
Falle,  dafs  sie  den  Ton  verliert:  c  wird  dann  zu  o,  zu  u,  offenes  o 
(eigentlich  au)  zu  u.  Ein  wohl  begreiflicher  Vorgang !  So  sagen  die 
Rumänier  für  lateinisches  ambulare  aniblä,  indem  das  a  zu  einem 
ihnen  eigenen  tiefen  ü,  ähnlich  dem  Seufzer  eines  sich  Anstrengenden, 
wird,  oder  'nibla,  indem  es  zu  einem  blolsen,  dem  m  sich  von  selbst 
vorschiebenden  leisen  Brummen  herabsinkt  —  weil  der  starke  Ton 
nachfolgt.  Die  Stärkung  einer  folgenden  Silbe  durch  kräftige  Be- 
tonung schwächt  und  verdunkelt  die  vorhergehende.  So  wird  im 
Italienischen  aus  amaro  amero,  denn  e  ist  auch  dunkler  alsa.  (1)  In 
dovere  (lat.  debere)  ist  auch  um  des  nachfolgenden  Tones  willen  zu 
do  gegriffen.  Dafs  diese  Nebenform  von  der  Präposition  de  immer 
beliebt  wird,  wenn  ein  Lippenlaut  folgt,  hat  Diez  vortrefflich  ange- 
merkt ;  wir  dürfen  wohl  hinzusetzen,  dafs  stets  der  nachfolgende  Ton 
gewirkt  zu  haben  scheint:  domäni,  domändo,  in  domandäre  mag  der 
etwas  entfernter  folgende  Ton  doch  empfehlend  gewirkt  haben.  In 
dopo  dürfte  es  ähnlich  sein,  denn  es  ist  ursprünglich  stets  Präpo- 
sition, so  dafs  der  Ton  erst  im  folgenden  Worte  lag:  dopo  morte, 
dopo  se.  Haben  wir  üscio  (Ausgang),  so  ist  dies  entweder  vom  Ver- 
bum  genommen  oder  es  gab,  wie  Diez  meint,  dem  Zeitworte  das  Vor- 
bild, gerade  wie  ich  unabhängig  von  Diez  do  als  eine  mögliclie 
Nebenform,  zu  welcher  am  geeigneten  Orte  gegriffen  werden  konnte, 
bezeichne  (Ital.  Sprachl.  S.  35).  Der  ganze  Vorgang  aber,  sieht  man 
wohl,  vergleicht  sich  mit  unserem  zweiteiligen  Perfektum  gar  nicht 
oder  fast  gar  nicht.  Denn  in  finsi,  fingest!  sind  die  ersten  Silben 
ganz  dieselben;  in  vidi,  vedesti,  feci,  facesti  ist  auch  keine  Erleich- 
terung, geschweige  Verdunkelung  zu  spüren;  höchstens  wäre  in  eb-bi 


(1)  Die  Beweiskraft  von  amerö  könnte  wohl  einmal  so  in  Abrede  ge- 
stellt werden,  dafs  man  es  von  amere  herleitete,  doch  bliebe  immer,  dafs 
man  es  gerade  hier  gern  hatte.  Aber  es  giebt  noch  viele  andere  Beispiele 
mit  Beweiskraft.  So  das  morse  murin,  welches  in  III  erwähnt  \\'lrd. 
Von  sie.  purtäri  heifst  die  erste  Silbe  unbetont  immer  pur,  betont  por. 


136  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektfonnen. 

a-vesti,  scris-si  scri-vesti  eine,  jener  freilich  unähnliche,  Erleichterung 
zuzugeben.  Das  ist  aber  nur  ein  kleiner  Bruchteil  von  Zeitwörtern. 
Auch  wird  dafür  in  mi-si  met-testi  die  erste  Silbe  sogar  schwerer. 
Und  die  Annahme  von  der  "Wirkung  des  Accentes  bei  dieser  Zwei- 
teilung erhält  vollends  noch  den  gröfsten  Stofs,  wenn  wir  bemerken, 
dafs  zwar  die  beiden  zweiten  Personen  zu  ihi*  passen,  aber  die  erste 
der  Melirzahl  gar  nicht:  fecisti  fccistis,  ja,  aber  fecinius!  AVie  kam 
man  dazu,  dieses  von  der  Reihe  der  vorn  betonten  alizutrennen  ? 
Wenn  irgend  etwas,  so  ist  deutlich,  dafs  die  Accentregel  für  die 
Zweiteilung  des  Perfekts,  wie  sie  Diez  hat,  nichtig  und  unhaltbar  ist. 

Vor  wenigen  Jahren  versuchte  ich  einmal  die  Schwierigkeit  der 
ersten  Person  pluralis  hinwegzuräumen.  Ich  vermutete,  man  könnte 
im  Volke  unbemerkt  in  alter  und  neuer  Zeit  von  der  klassischen 
abweichende  Betonung  der  vorletzten  Silbe,  wie  in  dedcrimus  dede- 
ritis,  so  ein  fecimus  beliebt  liaben.  Der  Accent  wechselte  ja  mehr- 
fach: dederunt  dederunt  dederim!  Doch  sie  steht  auf  zu  schw'achen 
Füfsen,  diese  Vermutung,  sie  ist  unrettbar,  jene  schon  so  unklare 
Accentregel.  Fecisti  fecimus,  die  guten  lateinischen  Formen,  sind 
durch  ihren  Ton  nicht  gegen  das  Sprachgefühl  des  Italieners  und 
des  Toscaners.  So  Avenig,  dafs  sie  wirklich  vorhanden  sind,  diese 
letzteren  Formen:  weit  und  breit  toscanisch  und  sonst  mundartlich 
und  in  der  nicht  edelsten  Schriftsprache  arsimo  dissimo  ebbimo  fecimo 
giünsemo  l^ssamo  messamo  trässarao.  Zu  den  eben  angeführten  For- 
men der  ersten  Person  der  Mehrheit  schreibt  Diez  die  "Worte:  ,,  wahr- 
scheinlich zufällige  bequeme  Flexionen  ohne  historischen  Grund." 
Ungerecht  und  ganz  ungerechtfertigt,  soweit  ich  sehen  kann.  Als 
ob  facemmo  das  wohl  begriifene,  nicht  zu  erklärende,  auf  historischem 
Grunde  erkannte  wäre,  und  nicht  fecimus  das  klassisch-lateinische, 
auf  das  er  doch  überall  ziu'ückwill,  oder  als  ob  er  mit  einer  Silbe 
erwiesen  hätte,  dafs  fecimus  im  Accent  zu  fecistis  stimmte  und  nicht 
zu  feci.  Denn  wenn  oben  auf  p.  12 6  (der  dritten  Auflage)  ziunick- 
verwiesen  wird,  so  sehen  wir  dort  nur,  es  ist  einmal  so:  facennno, 
sp.  hicimos,  pr.  fezem,  afrz.  fesimes,  so  ist  das  docli  kein  Beweis, 
zumal  Spanisch  und  Altfranzösisch  die  Betonung  der  drittletzten 
wenig  begünstigen,  gegen  Toscanisch,  Sicilisch  und  andere  der  Quelle 
näher  stehende  Mundarten.  So  ein  unliistorischer  Zufall,  der  uns 
ein-  fecimo  gäbe,  wäre  wohl  der  Betrachtung  wert. 

Es  ist  also  erwiesen,  dafs  die  Anuahino,  die  sofrcnannten  starken 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen.  137 

italienischen  Perfekta  seien  um  des  wechselnden  Accents  willen  in 
zwei  Hälften  geteilt,  nichtig  ist,  indem  sie  erstens  unvernünftig  und 
unbegreiflich  ist,  zumal  auch  Diezens  A^'ergleichung  von  devo  dovere, 
esco  uscire,  odo  udire  gar  nicht  pafst,  und  weil  zweitens  eine  von  den 
drei  Formen  der  einen  Gruppe  derselben  gar  nicht  entspricht. 

//.    Das  Perfekt  auf  si  in  allen  Personen  vorJianden. 

Haben  Avir  im  vorigen  richtig  gesehen,  dafs  kein  Grund  vor- 
läge, weshalb  ein  gemeinhin  stark  oder  unregelmäfsig  geheifsenes  Per- 
fektum  nicht  vollständig  durchgeführt  werden  sollte,  so  mufs  es  sich 
in  der  Wirklichkeit  zeigen.  Das  s-Perfektum  hat  vor  allen  anderen 
hier  in  Betracht  kommenden  in  der  Sprache  die  bei  weitem  gröfste 
Ausdehnung:  versuchen  wir  es  mit  diesem  zuerst. 

Wie  es  jedem  von  uns  gelegentlich  vorkommt,  dafs  er  eine  Form 
unserer  Sprache  im  Augenblicke  des  Bedürfnisses  nicht  sowohl  fertig 
aus  seinem  Gedächtnis  hervornimmt,  sondern  sie  eben  selbst  macht, 
aus  den  gehörigen  Stücken  zusammensetzt,  gerade  so  der  Italiener ; 
seine  Sprache  ist  auch  eine  recht  lebende,  in  ihren  kleinsten  Stücken 
verstandene.  In  Zeiten,  wo  es  wenio;  Litteratur  eiebt,  wo  sich  die 
Sprache  erst  noch  bildet,  ist  das,  versteht  sich,  am  meisten  der  Fall. 
Lassen  wir  so  das  Perfektuni  von  vivere  gebildet  werden,  so  wird 
an  vive  oder  vivi  si  angehängt  und  es  erscheinen  die  Formen : 

1)  vivesi,  auch  vi'esi,  auch  vi"si,  vi"ssi 

2)  vives'sti  oder  vivesti, 

3)  vivese,  auch  vi'ese,  auch  vi"se,  visse, 

1)  \avesiino,  auch  vi'esimo,  auch  vi"siino,  vissimo, 

2)  vives'ste  oder  viveste 

3)  Aavesero,  dann  vi'esero  und  vi"sero,  vissero. 

Im  Latein  bildete  sich  aus  vivesi,  indem  e  schwand  und  v  sich 
härtete  und  zum  Gaumenlaute  umschlug  (vgl.  propior  proximus,  statt 
propisimus),  vixi.  Das  Toscanisch  -  Italienische  hält  die  Vokale, 
namentlich  zwischen  Konsonanten,  fester.  Deshalb  schwand  dieser 
vor  dem  s  mehr  allmählich,  zögernd,  wo  ihn  der  Accent  nicht  zu 
stützen  kam.  Er  mufste  ihn  zu  stützen  eintreten  in  den  zweiten 
Personen,  da  sich  hinter  ihm  zwei  s  und  ein  t  anhäuften:  eine  durch 
Position  beschwerte  vorletzte  Silbe  reifst  im  Lateinischen  und  auch 
im  Italienischen  —  wenn  es  sich  nicht  um  losere  Zusanunensetzung 
bandelt,  wie  in  prender-si  —  stets  den  Ton  an  sich.    Die  Sache  ist 


138  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektforuien. 

eo  wahr  und  so  klar,  gerade  in  den  zweiten  Personen  bei  allen 
ß-Perfekten  dieselbe,  dafs  es  hier  keiner  Beispiele  weiter  bedarf. 
Denn  eben  auf  die  zweiten  Personen  kommt  es  uns  hier  an.  Sollte 
jemand  wegen  der  ersten  Personen  der  Einheit  und  Mehrheit  und 
der  dritten  der  Mehrheit  behaupten,  das  Konsonantische  (v,  c,  g,  d  — 
condurre,  leggere,  chiudere,  preiidere)  niüfste  sich  länger  als  der  Vokal 
erhalten,  so  brauche  ich  deshalb  niclit  zu  heftig  zu  streiten,  genug, 
wenn  man  zugiebt,  das  e  (oder  i)  war  da  und  erhielt  sich,  wo  es  ging, 
namentlich  bei  Begünstigung  durch  den  Ton.  Ich  kann  die  Richtig- 
keit meiner  Behauptung  auch  durch  folgenden  Beweis  noch  erhärten. 
Wenn  es  richtig  ist,  dafs  lateinisches  dixi  und  dixti  in  dem  x  ein 
ursprüngliches  ces  haben  und  dasselbe  auch  italienisches  dissi  in 
dem  SS,  und  dafs  italienisches  dicesti  das  jenen  Formen  geschwun- 
dene e  noch  habe,  so  mufs  die  Sprache  ein  Streben  haben,  auch 
dieses  e  bei  einigermafsen  günstiger  Gelegeidieit  aufzugeben.  Und 
solche  Formen  sind  wirklich  in  Toscana  nachzuweisen.  Die  Mund- 
art von  Montale-Pistoia  hat  das  Perfekt  von  vole  (volere)  bei  Nerucci, 
Cineelle,  Pisioia  1881 

i'  vorsi  no'  si  vt^rse 

tene  vorsi,  volessi        vo'  vorsi,  volessi 
e'  vorse  e'  vorsano. 

So  buchstäblich.  Man  sieht,  eine  von  uns  gesuchte  Form  wie 
volsti,  zweite  der  Einheit  zu  volsi  (alte  Nebenform  zu  volli),  ist  dieser 
"Mundart  zu  bilden  möglich,  weil  sie  die  zweiten  Personen  des  Per- 
fekts durchweg  statt  mit  st  mit  s  bildet.  Auch  von  vieni  (venire) 
bildet  diese  Mundart  ein  s-Perfekt  viensi,  2.  Sing,  -snenissi  oder 
viensi.  Stand  vorhin  vorsi  zuerst,  volessi  zuzweit,  so  bedeutet  es  wohl, 
dafs  jene  die  gewöhnlichste,  dies  die  zwar  ursprüngliche,  doch  sel- 
tenere Form  ist.  Hier  mag  es  umgekehrt  sein,  i  weicht  schwerer. 
Neben  dem  s-Perfekt  giebt  es  hier  noch  für  die  erste  und  dritte  der 
Einheit  (letztere  versieht  immer  zugleich  mit  die  erste  der  Mehrheit, 
vgl.  Archiv  LIV,  S.  183;  Sprachl.  S.  123)  und  für  die  dritte  der  Mehr- 
heit ein  t-Perfektum.  Es  ist  aber  wie  zu  unserem  Glücke  mit  e  ge- 
bildet, so  dafs  man  sieht:  mit  unserem  vienissi  hat  es  nichts  zu  thun, 
dieses  ist,  wie  gesagt,   die  vollere,  die  Vorform  zu  unserem  viensi.  (2) 


('2)  Auch  dissi     -   dicesti   findet  man    am    gen.  Orte.     Für   sti   si   ist 
sehr  alt.     Bei  Barsegapc   und   in  den  anderen  alten  iiordital.  Denkmälern 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektfornien.  139 

Bei  diesem  kräftigen  Beweise  mufs  man  wohl  glauben,  dafs 
meine  schon  an  sich  so  deutliche  und  vernünftige  Auffassung,  „di- 
cesti  ist  zAinächst  die  Fortsetzung  von  dissi  und  nicht  von  dice(v)i" 
richtig  ist.  Ich  habe  mir  dieselbe  erdacht,  rein  aus  der  Notwen- 
digkeit und  der  Vernunft  der  Sache.  Dufs  wir  in  der  sardischen 
Mundart,  wo  die  s-Perfekta  so  fast  ausschlielslicli  herrschen,  recht 
wohl  ein  Vorbild  zu  jenem  von  mir  aufgestellten  durchgehenden  s-Per- 
fekt  finden  müfsten,  welches  meine  Sache  bekräftigte,  fiel  mir  dabei 
gar  nicht  einmal  ein.  Davor  fürchtete  ich  mich  zwar  nicht,  dafs  man 
jene  s-Perfekta  als  jünger  nachgewiesen  haben  will;  denn  gesetzt  es 
wäre  richtig,  so  kommt  es  mir  ja,  wie  oben  angedeutet,  auf  das  Alter 
nicht  so  sehr  hierbei  an  als  auf  die  Art  der  Bildung,  der  Entstehung. 
Aber  ich  erinnerte  mich,  dafs  mir  bei  meiner  einstigen  ersten  Bekannt- 
schaft mit  dem  Sardischen  dort  die  sogen,  starken  Verba  des  Lateins 
und  der  anderen  italienischen  Mundarten  zu  schAvacheu,  verba  pura, 
mit  vokalischem  Charakter  geworden  schienen:  so  sagte  ich  mir 
dunkel,  dafs  dort  nichts  zu  holen  sei.  So  sieht  man  zuweilen  den 
Wald  vor  Bäumen  nicht.  Das  mache  ich  ja  eben,  setze  das  e  ein, 
welches  dort  überall  schön  erhalten  ist  und  deutlich  dasteht.  Latei- 
nisches mulgere  (ital.  müngere)  heifst  dort  logudorisch  mülghere,  gal- 
lurisch  mugni  (campidanisches  mülliri  kommt  uns  nicht  in  Betracht, 
da  es  nur  ein  zusammengesetztes  Perfekt  hat),  im  Perfekt: 
log.  mulghesi  gall.  mugnisi 

mulghesti  mugnisti 

mulghesit  mugnisit 

mulghesimus  mugnisimi 

mulghezis  mugnisiddi 

mulghesint  mugnisini. 

Können  wir  es  schöner  sehen,  was  lateinisches  Perfekt- x,  wie 
in  duxi,  fixi  —  mulsi  steht  ja  auch  statt  mulxi  — ,  was  dafür  stehen- 
des italienisches  ss,  ns  eigentlich  und  ursprünglich  ist?  Jenes  mein 
Gebäude  habe  ich  selber  aufgerichtet  und  dieses  steht  hier  schon  so 
lange  in  den  sardischen  Grammatiken,  und  wie  lange  wohl  schon 
fest  in  dem  Munde  der  Menschen !   Der  Ton  hat  sich  hier  ganz  und 


wechseln  beide  Endungen  sehr  oft,  die  aitsic.  Vita  B.  Conr.  hat  :'.73  pur- 
rissi  =  potresti.  In  den  tose.  Volksliedern  bei  Tijrri  210  seriveressi  stressj 
=  Äcrivereste  staj-este, 


140  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen. 

gar  für  unser  in  Rede  stehendes  e  entschieden,  darum  ist  es  durch- 
weg erhalten.  Die  zweiten  Personen  und  die  erste  der  Mehrheit 
mögen  die  übrigen  Formen  beeinflufst  haben.  Demi  mülghesimus  war 
unmöglich,  da  das  Logudorische  die  Betonung  der  viertletzten  Silbe 
überhaupt  nicht  kennt.  (3)  Vielleicht  wirkte  auch  das  Beispiel  der 
Wörter,  bei  denen  die  Betonung  in  dieser  Art,  nach  der  Länge  und 
Betonung  des  vor  der  Infinitivendung  re  stehenden  Vokals,  in  der 
Ordnung  scheint:  cantdre,  timire,  finire,  Perf.  cantesi,  tiraesi,  finesi, 
die  wie  unser  oben  gegebenes  mulghesi  gelien,  doch  ist  die  erste  PI. 
cantemus,  timesimus,  finemus  zu  beachten. 

Kurz,  wir  sehen,  dafs  dicesti  keine  Abweichung  von  dissi  zu 
sein  braucht,  dafs  somit  die  Reihe  vollständig  wird  und  dafs  Formen 
wie  arsimo,  dissimo,  als  zu  einer  solchen  ununterbrochenen  Reihe 
gehörig,  keineswegs  als  Zufälligkeiten  dastehen,  auch  wohl  nicht  als 
unhistorisch,  da  die  Reihe  der  lateinischen  und  altlateinischen  (dixi, 
dixti  u,  s.  w.)  sehr  ähnlich  ist. 

in.     Das  PerfcJchmi  auf  vi  und  iii. 

Auf  derselben  Seite  160  der  Granuuatik  der  romanischen 
Sprachen  II ^  sagt  Diez  auch  noch:  „Das  ganze  starke  Perfektum 
hätte  z.  B.,  Buchstab  für  Buchstab  berechnet,  tacqui,  tacquesti,  tacque, 
tacquemmo,  tacqueste,  tacquero  ergeben,  wie  })lacui  pr.  plac,  plaguest, 
plac,  plaguem,  plaguetz,  plagron  ergab." 

Unter  den  drei  Formen,  welche  Dicz  hier  selbst  gemacht  hat, 
sind,  obgleich  er  mit  dem  „Buchstab  für  Buchstab  lierechnef'  eine 
grofse  Sicherheit  ausspricht,  nicht  mehr  und  nicht  weniger  als  drei 
falsch.  Beginnen  wir  mit  dem  tacquesti.  Diese  Form  ist  unitalienisch, 
weil  sie  das  e  vor  dem  sti  zu  viel  hat.  Wie  die  Lateiner  neben  ama- 
visti  (ohne  i  und  ohne  v)  amasti  haben,  neben  dixisti  dixti  (ohne  i 
und  statt  der  zwei  s  mit  nur  einem),  so  hat  der  Italiener  ebenfalls 
amasti  (und  sentisti,  credesti)  ohne  i  (und  ohne  v),  dicesti  ohne  i  (und 
mit  nur  einem  s  statt  mit  zweien).  Es  ist  rein  unmöglich,  auf  dem 
(.xesamtgebiete   der   italienischen    ^luiidarten    eine   2.  Sing.  Perf.   mit 


(3)  Auch  in  Sicua  lichte  mau  nicht  immer  den  Ton  weit  ab  vom 
Ende.  Ciegeu  Castelvetro  sagt  Cittadini,  dafs  in  uccidonsene,  ferißconseue 
der  Ton  nicht  auf  dem  1,  sondern  auf  dem  o  sei. 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen.  111 

einem  isti  oder  esti  nach  dem  Perfektcharakter  v  oder  u 
oder  s  oder  t  oder  d  aufzutreiben.  Glaubt  man  einmal  eine  zu  hab(>n 
—  z.  B.  giebt  Nerucci  (\^ern.)  das  Perf.  von  avere  in  der  Muiidait 
von  Montale  ebbi  ebbesti,  aber  in  den  C'incelle  sieht  man,  letzteres 
gehört  nicht  zu  ebbi,  sondern  zu  ebbetti,  ersteres  hat  er  dort  gar 
nicht,  ebl^etti,  ebbesti  giebt  er  — ,  so  wird  die  Freude  innner  wieder 
zu  Wasser.  Es  bleibt  dabei:  sti  oder  ste,  nicht  isti  oder  esti,  nicht 
iste  oder  este  heifst  die  Endung  der  zweiten  Person  der  Einheit  des 
Perfekts  im  Italienischen.  (4) 

Nach  Entfernung  des  unitalienischen  e  müfste  also  die  Form 
Avohl  tacusti  heifsen  ?  Das  wäre  auch  noch  nicht  italienisch,  sondern 
rumänisch;  tacüi,  tiTcusT,  tacü  macht  der  Ruraänier.  Aber  der  La- 
teiner hält  das  u  von  tacui  und  derartigen  Formen  kurz  und  der 
Italiener  hat  es  noch  kürzer,  nur  halbvokalisch,  so  dafs  es  nie  eine 
Silbe  bildet,  gar  keinen  Ton  tragen  kann.  Es  hilft  nichts,  wir  müssen 
zu  unserem  beim  s-Perfektum  kennen  gelernten  Mittel  gi'eifen,  uns 
erinnern,  dafs  lateinisches  tacui  und  italienisches  tacqui  eigentlich 
und  urspsünglich  taceui  oder  tacevi  heifst.  Das  Latein  giebt  uns 
diesmal  das  deutliche  genaue  Bild,  wie  der  Vorgang  war.  Man 
stelle  von  adoleo  adolevi  und  adolui  (letzteres  schrieb  Varro,  s.  Neue 


(4)  Das  Perfekt  von  ae  (avere)  heifst  nach  Nerucci  (Ciuc.  47)  buch- 
stäblich: i'ebbmi;  ten' ebbesti,  ebbessi;  'ghi  ebbette,  ebbe;  no' s'ebbt'tte, 
ebbe,  ebbamo;  vo'  ebbesti,  ebbessi;  'ghi  ebbano.  Man  sieht,  ebbesti, 
ebbessi  gehört  genau  zu  ebbetti,  so  sehr,  dafs  es  in  V.  als  guter  Beweis 
für  das  vollständige  Durchkonjugiereu  eines  Perfekts  auf  etti  stehen 
könnte,  kein  Gedanke  an  ein  lateinisches  isti.  Xur  ebbamo  und  ebbano 
gehören  zu  dem  sonst  hier  nicht  A^orhandenen  ebbi;  ebbe  ist  v-Perfekt, 
wie  credfe  gebildet.  Man  könnte  in  diesem  und  in  den  übrigen  t-Perfekt- 
formen  das  bb  für  v,  e  für  a  ansehen;  doch  ist  wohl  viel  wahrsehein- 
Ucher,  dafs  wir  Doppelbildung  haben,  von  ebbi  ebbetti  gemacht  ist.  So 
steht  in  den  Canti  pop.  march.  164  vedessaste  für  vedeste.  Vielleicht  gab 
oder  giebt  es  zu  vedeste  noch  die  lockere  Form  vedessete,  vedessate,  und 
es  fand  sich  dann  im  Gedanken  an  die  gewöhnliche  straffe  das  s  über- 
flüssigerweise ein.  Tigri  12  hat  so  stassete  =  steste:  Se  stassete  dieci 
auni  a  ritornare,  Se  stassete  dieci  anni  a  far  ritorno.  Bei  Tigri  findet 
man  auch  evamo  evate;  hierzu  stelle  man  eravamo,  eravate,  eravassimo. 
Abruzzisch  heifst  das  Perfekt  zu  stare  stive  und  stattive;  toscanisches 
staggetti  führt  Nann.  An.  an ;  ders.  ci.  impf,  statesse  von  Jac.  da  Lentino, 
stetesse  von  Niccolö  da  Siena.  Auch  conobbi,  crebbi  sind  möglicherweise 
Doppelperfekta  aus  conovevi,  crevevi. 


142  Lockere  uuil  straffe  italienische  Perfektformen. 

Fonuenl.  11-,  S.  480)  nebeneinander  —  es  giebt  auch  noch  andere 
hierfür  brauchbai'e  Beispiele  —  und  man  sieht,  dafs  neben  adolevi 
mit  langer  betonter  vorletzter  Silbe  ein  adolevi  mit  kurzer  vorletzter 
und  betonter  drittletzter  stand,  welches  das  v  weicher,  zu  u,  werden 
liefs  und  dann  das  e  verlor.  So  eben  war  es  mit  tacevi,  und  han- 
delte es  sich  darum,  die  zweite  Sing,  auf  sti  zu  bilden,  so  mufste 
sich  das  e  erhalten:  tace(v)sti,  tacesti,  und  nicht  anders  mufs  die 
von  Diez  gesuchte,  zu  tacqui  wirklich  gehörige,  von  ihm  nicht  ab- 
Aveichende  Form  heifsen.  Kann  es  eine  schönere  Überraschung 
geben?  Die  gewöhnlichen,  als  aus  der  Reihe  tretend  gescholtenen. 
Formen  der  zweiten  Personen  sind  gerade  die  gewünschten,  trefflich 
in  der  Reihe  bleibenden. 

Und  nun  zur  ersten  Person  der  Mehrheit!  Was  das  von  Diez 
gemachte  tacquemmo  zu  viel  hat,  sieht  man  nach  dem  Vorigen  bald. 
Wenn  es  Avahr  ist,  wie  ich  mit  Castelvetro  und  C'elso  Cittadini 
glaube,  dafs  von  amammo  das  vorletzte  m  aus  v  geworden  ist,  dafs 
es  aus  amav(i)mo  entstand,  so  kann  jene  Form  nur  richtig  werden 
durch  Streichung  des  vorletzten  m.  I^nd  solche  den  bei  Gelegenheit 
des  s-Perfekts  gesehenen  ganz  ähidiche  Formen  giebt  es  hier ;  Delätre 
z.  B.  in  seiner  Teorica  de'  verbi  ital.,  Fir.  1856,  hat  unter  der  Rubrik 
„erroneo"  tacquamo  piacquamo:  die  richtige  gesuchte  F'orm  heifst 
tiicquimo.  Wenden  wir  aber  jenes  unser  Mittel  hier  an,  so  erhalten 
wir  tacev'mo,  tacemmo,  die  gewöhnliche,  als  schwach  und  aus  der 
Reihe  tretend  gescholtene  Form  auch  hier  als  in  der  Reihe  bleibend, 
als  richtige  Nebenform  zu  dem  gewünschten  tacquimo  erwiesen. 

Ein  gutes  Mittel,  eine  treffliche  Erfindung,  eine  herrliche  Ent- 
deckung, die  sich  so  zum  zweitenmal  gut,  ja  noch  besser  als  zum 
erstenmal,  bewährt!  Empfiehlt  sich  die  Sache  beim  s-Perfekt  durch 
die  Beobachtung,  dafs  überhaupt  im  Latein  und  mehr  noch  im  Ita- 
lienischen ein  Konsonant  schwer  seines  ihm  nachfolgenden  Vokals 
entbehrt,  wie  der  Italiener  nicht  leicht  den  Buchstaben  x  icsi,  son- 
dern lieber  icase,  ichisi  nennt,  und  wie  im  vorklassischen  Latein 
(s.  Ritschi,  Rh.  Mus.  X,  453,  Brix  zu  Plautus'  Men.  758)  merces  zu 
mercis,  merx  und  mers  wird,  calcis,  faucis,  nucis,  scrobis,  Opis,  lentis, 
partis  u.  a.  zu  calx,  faux,  nux,  scrobs,  Ops,  lens,  pars,  Avie  optimus 
ein  in  schriftliches  OPITVMA  vor  sich  hat,  so  können  wir  hier  auch 
zu  anuivisti,  amasti  die  volkstündiche  (bei  Petronius)  alte  Form  bo\ns 
stellen,    Avelche   der    klassischen    bos    voranging.     Und  dafs  es  den 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen.  143 

Thatsachen  entspricht,  nicht  nur  erdacht  und  aus  der  Luft  gegriffen 
ist,  wenn  ich  sage,  wir  wollen  uns  vorstellen,  wie  man  die  Formen 
macht,  wie  si  an  dice,  wie  vi  oder  ui  an  tace  gehängt  wird,  das  zeigt 
uns  deutlich  die  allgemein  bekannte  Thatsache,  dafs  in  der  ältesten 
italienischen  Litteratur  und  auf  dem  breiten  Gebiete  aller  italieni- 
schen Mundarten  von  denselben,  so  zu  sagen  von  allen,  Zeit- 
wörtern sich  die Perfekta  auf  vi,  ui,  auf  si,  auf  ti,  di  nebeneinander 
finden,  so  dafs  man  recht  deutlich  sieht,  der  einzelne  bildet  im  Augen- 
blicke die  Form,  Avählt,  ob  er  dies  oder  das  oder  jenes  anhängen  soll. 
Auch  das  Altertum  hat  dergleichen,  wie  sorbui  sorpsi,  amicui  amixi, 
allexi  elicui,  und  gewifs  in  gröfserer  Ausdehnung  als  diese  Spuren 
zeigen,  aber  die  mit  der  Strenge  des  Staates  und  der  Gesetze  Hand 
in  Hand  gehende  Strenge  der  Sprache  und  Litteratur  läfst  Do})pel- 
bildung  viel  weniger  aufkommen. 

Im  heutigen  Italien  kann  es  sogar  vorkoumien,  im  Leben  und 
in  der  Litteratur,  dafs,  um  ein  Geschehenes  recht  hinzustellen,  man 
das  Perfektum  in  doppelter  Bildung  hinstellt :  gleichsam,  so  sage  ich, 
oder  ist  es  so  noch  deutlicher,  dafs  es  geschehen  und  unabänderlich 
ist?  Man  sehe  z.  B.  dieses  Lied  des  „Volgo  Neritino"  bei  Casetti 
und  Imbriani  C^anti  pop.  delle  prov.  mer.  II,  p.  13-: 

Mmi  morse  e  ninii  murin  la  nimia  paudiera, 
E  li  bilizzi  sua  supra  la  bara! 
L'eucchi,  ci  eranu'  pierti,  ssi  chiudera ; 
Li  biauclii  carui  sua  secchi  turnara. 

Stellen  wir  nebeneinander  das  gewöhnliche  morii,  das  altertüm- 
lich-j)oetische  moritti,  hierzu  noch  das  toscanische  moriedi  (Tigri 
Canti  pop.  tose.  ^  p.  411  moriede,  3  s.),  ferner  das  auch  toscanische 
morsi  (Tigri  p.  398  morse,  3  s.),  und  nehmen  Avir  endlich  noch  ein 
morissi  an  nach  Jacopone  da  Todi,  der,  wie  Nannucci  (Anal.)  zeigt, 
suffrisse  =  soffri  und  fosse  =  fu  hat  (fusse  =  fu  auch  häufig  in 
den  Canti  pop.  veron.  bei  Rigbi),  so  konunt,  wenn  wir  von  diesen 
Formen  die  zweite  Person  der  Einheit  bilden,  bei  I,  II,  IV  moristi 
heraus,  auch  dieses  bei  III,  wenn  wir  es,  wie  wohl  wahrscheinlich, 
von  morisi,  nicht  von  einem  moresi  (zum  Infin.  morere)  herleiten. 
Einzig  Hb  moriedi  würde  ein  mor(i)esti  und  ein  (III c)  moretti  (vgl. 
venetti  zu  venire,  genauer  zu  venere)  ein  moresti  ergeben.  Zieheit 
wir  nun  weiter  in  Erwägung,  dafs  unter  allen  Perfekten  die  auf  (v)i^ 
auf  a(v)i,   e(v)i,   i(v)i  in   Ausdehnung,   der  Zahl   nach,   alle  anderen, 


II I  Lockere  uud  straffe  italieuische  Perfektformen. 

selbst  die  auf  si,  bei  Aveitem  überwiegen,  so  wird  es  deutlich,  dafs 
man  zu  einem  esti  der  zweiten  der  Einheit  (und  este  der  zweiten  der 
Mehrheit)  nicht  erst  lange  fragte,  ob  es  zu  ui  gehörte,  ob  zu  etti  oder 
iedi,  ob  zu  esi,  sondern  es  ein  für  allemal,  wie  es  doch  in  den  meisten 
l"'ällen  richtig  war,  auf  e(v)i  zurückführte.  Und  ebenso  isti  immer 
auf  i(v)i.  Das  ist  die  Avirkliche  Eiitstehung  von  feci  facesti,  ebbi 
avesti,  seppi  sapesti,  misi  mettesti,  ru^ipi  rompesti  u.  ähnl.:  man  hatte 
sich  ohne  Not,  aus  Bequemlichkeit,  gewöhnt,  dicesti  neben  dissi  nicht 
von  diesem,  sondern  von  dicei  abzuleiten,  und  machte,  nun  bei  einigen 
Avenigen  sich  Verlegenheit  einstellte,  die  zur  ersten  der  Einheit  ge- 
hörigen zweiten  Personen  zu  bilden,  aus  jener  Bequemlichkeit  eine 
Tugend,  erhob  es  zur  Regel:  die  zweiten  Personen  werden  vom  Per- 
fektum  auf  (v)i  gebildet.  Und  mit  der  ersten  Person  der  Mehrheit 
ging  es  ähnlich.  Standen,  wie  vorhin  gezeigt,  tacquimo  und  tacemmo, 
parvimo  und  paremmo  (parevmo  von  parc^vi,  parvi)  als  gleichberech- 
tigt, als  ganz  gleich  nebeneinander,  so  entschied  man  sich  leicht  zu 
Gunsten  der  voci  piane;  denn  obgleich  der  Italiener  voci  sdrucciole 
nicht  ungern  hat,  so  zieht  er  im  ganzen  doch  die  Betonung  der  vor- 
letzten »Silbe  als  die  einfachere,  ruhigere,  natürlichere  (daher  ihr  Name) 
vor,  zumal  für  diese  schon  eine  grofse  Zahl  von  ammo,  emmo,  imnio 
(von  are  a[v]i,  ere  e[vji,  ire  i[v]i)  sprach,  und  da  diese  Art  nun  auch 
noch  wuchs,  zumal  auch  noch  das  Beispiel  der  zweiten  Personen 
wirkte,  zog  sie  bald  alles,  auch  wo  sie  eigentlich  kein  Recht  hatte, 
wie  bei  dissi,  zu  sich  hinüber:  dissimo  wurde  verdrängt  durcli  di- 
cemmo  von  dice(v)i,  fecimo  durch  facemmo  von  face(v)i  u.  s.  w. 

IV.    Das  Perfektum  auf  i. 

Im  Lateinischen,  und  damit  zugleich  im  Italienischen,  giebt  es 
lu'sprünglich  keiji  auf  blofses  i,  das  heifst  ohne  ilini  zuvorgehendes 
v  oder  u,  s,  t  oder  d,  auslautendes  Perfektum ;  wo  es  so  scheint,  hat 
ein  V  oder  u  gestanden,  dessen  Spuren  oft  noch  deutlich  sind.  Dies 
liabc  ich  als  eine  Wahrscheinlichkeit  in  meinen  Priscai  Latinitatis 
originum  libri  tres  (Berlin  1877)  S.  <)7,  68  ausgesprochen  und  hoffe 
es  hier  noch  wahrscheinlicher  zu  machen. 

Manche  Perfekta,  meint  man,  hätten  neben  dem  Schlufs-i  nur 
die  Verlängerung  der  Stammsilbe,  zum  Teil  mit  einem  Vokalwechsel, 
aufzuweisen.    Der  Vokalwechsel,  behaupte  ich,   ist  zufällig,   wenn  es 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformea.  145 

auch  wahr  sein  mag,  dafs  man  ilin  nachher  mit  Behagen  als  ein 
Perfektabzeichen  ansah,  er  war  und  ist  es  eigentlich  nicht:  so  wenig 
als  z.  B.  von  lateinischem  hie  das  c  ein  wirkliches  Singularzeichen 
ist,  obgleich  es  in  der  Praxis  wahr  ist,  dafs  hie  Singular,  hi  Plural 
ist.  Von  feci  z.  B.  zeigt  sich  das  e  (und  ihm  verwandtes  i)  bei  Kom- 
positis  schon  im  Präsens  adfecio  (auch  adiecio  u.  s.  w.,  man  sehe 
Lachmanns  Lukrez  oder  Kibbecks  Vergil);  man  vergleiche  auch  das 
dem  facio  sehr  nahe  verwandte  fio  —  ursprünglich  ist  es  wohl  eins 
mit  ihm,  die  passive  Bedeutung  entwickelte  sich  spät.  Die  uralte 
mid  heutige  Lust  zu  oi,  ai  (inschriftlich  Sseturnus,  oino  coiro,  tose, 
inoilto,  caildo,  vgl.  auch  Bottari  zu  Guittones  Briefen)  konnte  auch 
ein  Perfekt-e  herstellen  ;  Nannucci  giebt  als  heute  tose,  traissi,  träisse, 
träisseno  und  aus  der  Cron.  di  Mant.  dreimaliges  tresse.  Für  feci 
haben  die  Rumänier  fäcui,  und  dafs  dieses  u-Perfekt  keine  neue 
Analogiebildung  zu  tacui  sei,  legen  uns  die  alte  umbrische  und  die 
oskische  Mundart  nahe,  welche  entsprechen.  Im  Umbrischen  heifst 
facust  fakurent,  fecerit  fecerint,  und  im  Oskischen  giebt  es  fefacust 
als  Futur  exact,  fefacid  als  Perfektkonjunktiv.  So  ist  es  auch 
mit  dem  Sprachgeiste  und  mit  der  ältesten  Bildungsart  gewifs  in 
bestem  Einklänge,  wenn  die  Lex  Salia  und  spanische  Urkunden  von 
den  Jahren  88G,  1032  (DiezII^,  183)  capuimus  und  capuerit  haben. 
l"nd  die  Längung?  Ist  eine  Ersatzdehnung  für  das  schwindende  v, 
welche  nicht  immer,  aber  in  der  Regel  beliebt  wurde.  Zuweilen 
schwand  auch  das  v  nicht,  sondern  assimilierte  sich  dem  vorher- 
gehenden Vokal.  So  in  italienischem  venni  (vgl.  osk.  cebnust  Baut.  20 
=:  advenerit,  also  gewissermafsen  *  con venuerit),  tenni  (lat.  tenui), 
seppi,  alt  und  sie.  und  sonst  mdartl.  sappi  (lat.  sapui  von  sapivi  — 
Übergang  sapivi),  ebbi,  alt  und  mdtl.  appi,  happi  (lat.  habui).  (5) 
Findet  sich  zu  ruppi  im  lat.  rupi  und  zu  anderen  lateinischen  hierher- 


(5)  Dafs  in  ebbi,  seppi  u  vorliege,  zu  v  geworden  und  dann  dem  b,  p 
angeglichen,  sagt  schon  Wentrup,  ßeitr.  z.  Kenntu.  der  Neap.  Mundart, 
^Vitteub.  1855,  S.  24.  Provencalische  und  spanische  Formen  zeigen,  dafs 
dies  u  nicht  so  leicht  spurlos  verschwand.  In  Formen  wie  saup,  prov. 
für  sapui,  ist  u  nicht  übergesprungen,  sondern  von  den  zwei  Lippenlauten 
verhärtete  man  den  zweiten  und  erweichte  den  ersteren.  Worte  einer 
Beichtformel  aus  einer  von  Löwe  dem  11.  Jahrh.  zugeschriebeneu  Hs. 
sind:  offertione  ke  no  la  dei  (dedi)  siccomo  far  dibbi  (debui) ;  s.  Morandi, 
Or.  della  1.  it.  Cittä  di  Castello  1888,  p.  61. 


Archiv  f.  n.  Sprachen.     LXXXII. 


10 


146  Lockere  und  straffe  itaüeuische  Perfektformeu. 

gehörigen  Perfekten  kein  Beweis  in  Nebenformen,  so  sprechen  docli 
die  eben  angeführten  Stücke  sehr  deutlich.  Auch  erklärt  sich  ruppi 
wohl  wieder  etwas  durch  die  italienisclie  Nebenform  rümpe(v)i.  Für 
die  Angleichung  des  v  oder  u  an  den  vorhergehenden  Konsonanten 
vergleiche  man,  dafs  pons  Mulvius,  inschriftlicli  auch  Molvi,  bei  Rom 
ponte  Molle  wurde;  der  Name  Alfius  heilst  auch  Albus (G)  und  Alius, 
so  gewifs  volui  ital.  volli ;  der  Name  Pacuvius  heifst  bei  Varro  Pac- 
vius,  volscisch  Pacvies,  auf  römischen  Inschilften  auch  Pacquius, 
Paccius,  Pacius,  oskisch  Pakis.  Noch  vergleiche  man  ianuarius  gen- 
naio,  ianua  sard.  ianna,  die  stetige  Assimilation  von  mb  und  nd  zu 
mm,  nn  (Wentrup,  Beitr.  S.  30)  im  Sicilianischen,  wie  schon  Plautu.--, 
Mil.  1407,  dispennite,  disteimite  hat.  Für  Länguug  der  vorherigen 
Silbe  um  des  ausgefallenen  v  willen  ist  zu  beachten,  dafs  der  Name 
Silvius  —  Horaz  mifst  silüaj  —  neben  sich  Silius  hat,  Fulvius  auf 
einer  Inschrift  von  Spoleto  Fuulius  heifst.  Manches  in  der  Konju- 
gation spricht  auch  für  sich  selbst,  wie  wenn  aus  födivi  födi,  wohl 
durch  ein  mittleres  *fodui,  geworden  ist.  Dafs  italienisches  sap})i 
richtig  lat.  sapui  ist,  dafs  bei  ihm  und  bei  seppi  das  zweite  p  ur- 
sprüngliches u  oder  v  ist,  kann  uns  sehr  schön  sacque  =  seppe  zei- 
gen, welches  Nann.  An.  aus  der  Cron.  di  Mant.  II,  11  anführt.  Es 
ist  bekannt,  dafs  dies  Wort  bei  den  Alten  und  iu  Mundarten  im 
Präs.  Ind.  Konj.  und  Part,  mit  gequetschtem  cc  vorkommt;  aber 
durch  alle  oder  die  meisten  Formen  des  Verbums  hindurch  geht 
diese  Erscheinung  nirgend,  und  es  ist  wohl  sehr  glaublicli,  dafs  jenes 
kleine  Vorspiel  und  der  sonst  nicht  seltene  Fall,  Lippenlaut  zu 
Gaumenlaut  umschlagen  zu  lassen,  hier  angewandt  wurde,  um  das 
sonst  unrettbare  v  zu  erhalten,  nicht  dafs  sich  nach  tacere  u.  ähnl. 
dieses  aus  jenen  Präsensformen  entwickelt  hätte. 

Perfekt-u  des  Lateinischen  erhält  sich  als  solches  selten,  nur  als 
noch  kürzerer  zu  q  gehöriger  Halbvokal,  wie  oben  bemerkt.    Haben 

(6)  Zeitwörter  mit  11  vor  der  Endung  legen  die  Vermutung  nahe, 
dafs  das  zweite  von  ilinen  aus  einem  perfektischen  oder  präseutischen  v 
entstanden  sei:  vgl.  lat.  sallere,  salire,  sallire,  sard.  bälfere  für  valere. 
Catull  hat  G3  5  devolvit ;  da  der  Sinn  niclit  auf  volvere,  sondern  auf  vel- 
lere  drängt,  und  von  diesem  als  Perf.  nur  velli  und  volsi  bekannt  ist, 
bessert  man  devolsit.  Wer  steht  dafür,  dafs  es  nicht  doch  von  vello  volvi 
gab,  das  man  nur  um  des  volvere  willen  abschaft'te?  Xeue  II-,  503  er- 
wähnt diese  Lesart  nicht,  doch  vgl.  die  Ausgaben  von  Lachmann  und 
von  Bahr. 


Lockere  und  strafte  italienische  Perfektformen.  147 

die  Lateiner  zuweilen  das  u  lieber  hart,  wie  in  tenvis,  genva  in  Versen 
des  Lucrez  und  Vergil  (oskisch  lieifst  Capua  Capva),  so  setzen  dem 
die  Italiener  die  Perfekta  parvi,  dolvi,  dolfi  entgegen.  Aber  nicht 
immer  hatte  man  diesen  Geschmack,  und  diese  Formen  haben  neben 
sich  parsi,  dolsi,  und  es  mag  ein  Beweis  sein  für  meine  Auffassung, 
dafs  volli  aus  volui  sei,  wenn  es  eine  recht  alte  Nebenform  volsi  hat. 
Es  stritt  sich  um  diese  mit  volgere,  lat.  volvere,  und  mufste  zuletzt 
weichen:  wie  es  sich  im  Präsens  am  1  genügen  läfst,  mufste  es  sich 
im  Perfekt  bei  diesem  schadlos  halten.  Parere  hat  auch  mehrfach 
schon  im  Präsens  den  Lippenlaut,  Avie  im  alten  al  mio  parvente,  wie 
in  sardischem  cumparfidu  Part.,  cumparzesi,  cumparfesi  Perf.,  und 
wie  bei  Tigri  Canti  pop.  tose.  p.  65  parghi  (wieder  L^mschlag  des 
Lippenlautes  zum  Gaumenlaute)  =  pari  steht.  (7)  Wie  unsere  Auf- 
fassung von  venni  durch  tenni  gestützt  wird,  so  noch  durch  tense 
(Tigri  S.  272)  neben  oben  erwähntem  viensi.  Ist  nun  in  solchem 
Falle  einfach,  wie  wir  es  oben  empfahlen,  für  vi  si  eingetreten  ? 
Oder  ward  v  zum  Gaumenlaute  und  dann  zu  s,  oder  bildete  sich  ps 
oder  X,  dann  s?  Das  sind  schwierige  Fragen,  die  ich  nicht  ent- 
schieden, nur  angedeutet  haben  mag.  Sind  vielleicht  alle  drei,  v,  s,  t, 
so  untereinander  verwandt,  indem  aus  s  sich  gelegentlich  auch  noch 
t  oder  d  entwickelt?  Das  Umgekehrte  kennt  man  wohl,  doch  warum 
sollte  nicht  auch  dies  richtig  sein,  da  s  und  t  der  Zunge  und  den 
Zähnen  nahe  verwandt  sind  und  die  Griechen  zwischen  oo  und  rr 
kaum  einen  solchen  Unterschied  finden,  als  ob  deutsch  gut  oder  jut 
gesagt  wird  ?  Zu  vergleichen  ist  auch  Sassari  Tataris  auf  Sai'dinien. 
Ich  deute  dies  nur  an,  überlasse  es  Späteren,  Geschickteren,  bleibe 
(vgl.  Sprachl.  S.  81)  hier  bei  dem  Nebeneinander  dieser  Endungen. 
Im  Sicilischen  z.  B.  giebt  Wentrup  keinen  Übergang  von  d  zu  s  an ; 
Avolio,  Introduzione  allo  studio  del  dial.  sie.  149,  läfst  desi  aus  dedi 
entstehen,  mit  Berufung  auf  pisolo  von  podiolum.  Ich  ziehe  das 
Nebeneinander  der  Endungen  vor. 

Nebenbei  sei  hier  noch  bemerkt,  dafs  es  auch  nur  scheinbar  ist, 
wenn  man  meint,  es  gäbe  im  Altertume  mit  Reduplikation  ein  Per- 
fekt auf  blofses  i ;  dieselbe  ist  nur  ein  Schmuck,  nicht  etwas  Wesent- 


(7)  Bei  parghi  kann  man  wohl  auch  an  vengo  denken  und  hier  das  e 
oder  i  verhärtet  glauben ;  doch  ist  wohl  gerade  in  dieser  Form,  der  2.  Sing., 
an  V  zu  denken  rätlicher.  Ein  Präsens  stavo  findet  man  in  einem  Yolks- 
liede  aus  Grottaminarda,  Gas.  Imbr.  II,  49. 

10* 


148  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen. 

liches  am  Perfektum  gewesen.  Das  Ijeweist  jenes  oskische  fefacust, 
und  hat  der  Lateiner  neben  accinui  cecini,  neben  tenui  tetini,  tetuli, 
tuli,  attuli,  so  ging  u  verloren,  meistens  weil  es  guter  Ton  und  Takt 
so  wollte. 

Bei  lateinischem  vinco  vici,  frango  fregi,  rumpo  rupi  ist  für  den 
Ausfall  des  m  und  n  zu  erwägen,  dars  es  kein  wesentlicher  Bestand- 
teil des  Stammes  ist,  wie  ruptum  rumptum,  victor,  fragilis  zeigen. 
Entweder  ist  es  nur  ein  Vorschlag  des  c,  g,  p,  oder  der  Stamm,  einst 
rein,  ohne  c,  g  vorlianden,  hatte  ein  jiräsentisches  v,  welches  zu  m 
und  n  wurde.  Haben  wir  facere,  ital.  fare,  so  konnte  c,  wie  man 
gewöhnlich  glaubt,  schwinden,  es  konnte  aber  auch  urspriinglicli  das- 
selbe nicht  haben,  erst  später  bekommen  (vgl.  altlat.  friare  =  fricare, 
viere  =  vincire).  Mit  v  hätten  wir  dann  favo,  fuo,  was  sehr  unter- 
stützt Avürde  durch  fui,  futurus,  fore,  altes  fuat  =  sit,  und  noch  mehr 
durch  eine  alte  Glosse,  welche  Löwe  in  seinem  Prodr.  gloss,  mitteilt 
und  als  durchaus  zuverlässig  empfiehlt,  nach  welcher  fuat  so  viel 
war  als  faciat  und  fuet  ==  faciet.  Wie  dem  auch  sein  mag,  ra,  n  in 
solchen  Verbalstämmen  galten  als  entbehrlich  und  man  gab  sie  in 
diesen  Perfekten  auf,  um  die  Ersatzdehnung  (vi,  fre,  rii)  für  das  ge- 
schwundene Perfekt-u  deutlich  zu  haben. 

Italienisch  mufste  zu  feci  die  zweite  Person  fecsti,  also  festi, 
lauten.  Es  ist  möglich,  dafs  fei,  festi,  fe,  femmo,  feste,  ferono  von 
diesem  festi  herkommt;  vielleicht  wirkten  auch  die  anderen  l"^)rnu■ll, 
Avelche  das  c  oder  die  mit  c  anfangende  Silbe  nicht  haben.  Beach- 
tenswert dürfte  hier  sein,  dafs  Pietro  Barsegape,  den  man  auf  12.')0 
etwa  setzt,  die  zweite  Pers.  PI.  fisti  hat,  aber  die  erste  fessemo  (also 
fecimo,  wie  er  auch  ^^demo,  videno,  veneno  hat),  aber  die  dritte 
Pers.  PI.  fen  (also  fenno  von  fei),  doch  hat  er  schon  vedesti,  ve- 
dere.  Fecimo  belegt  Nann.  in  der  An.  aus  Bargigi,  Komm,  zu 
Inf.  21,  fecemo  aus  Franc.  Angeluccio,  Stör.  Aquil.,  und  aus  Boezio 
di  Rainaldo,  Stör.  Aquil.,  dreimal  fecemmo.  Dies  letzte  kann  auf 
den  ersten  Anblick  sehr  freuen  als  eine  Perfektform  dieses  Wortes 
mit  dem  ursprünglich  ihm  gehörigen  v;  doch  ist  es  Avohl  nur  eine 
nachlässige  Mischforra  aus  fecimo  und  facemmo,  wie  derselbe  aus 
derselben  Quelle  ein  dissemmo  anfülirt,  was  auch  eine  solche  verfehlte 
Mischform  (vgl.  oben  tacquemmo)  ist  und  nicht  einmal  Anspruch  auf 
Vergleichung  mit  altem  nexui  u.  a.  Doppelbildungen  haben  dürfte. 

Avere  findet  sich  in  Toscana  rein  von  dem  Stamm  a,  auch  rein 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen.  149 

von  e  gebildet,  beides  ist  z.  B.  in  Tigris  Canti  pop.  zu  beobachten : 
Inf.  er  S.  97,  enno  (=  hanno,  während  es  sonst  =  sono)  284, 
ete  =  avete  61,  154,  tu  l'esse  =  tu  l'avessi  71,  evo  =  avevo  42: 
da  ist  das  e  von  ebbi  nicht  zu  verwundern;  auch  ebi,  hebi  —  vgl. 
jenes  veneno  und  venero,  Lett.  del  sec.  XIII,  23,  84,  85  ebi,  avar- 
ebero  —  ist  von  Nann.  belegt.  Ebbimo  hat  derselbe  aus  Bargigi 
Inf.  23,  cmmo  aus  Boiardo  I,  22,  48,  doch  hat  es  Panizzi  nicht. 
Esti  führt  er  ohne  Beleg  auch  an:  es  ist  begreiflich,  wie  man  hier 
lieber  zu  einer  anderen  Reihe  griff;  esto  „dieser".  Ähnlich  war  es 
mit  sesti  (sesto  „der  sechste")  von  seppi.  Rusti  von  ruppi  konnte 
auch  schwerlich  gefallen.  Carlo  Mascheroni,  Gli  ostaggi,  pagina  sto- 
rica  del  1848  Mil.  1867,  sei  hier  übrigens  erwähnt,  scln-eibt  stets 
ebbimo,  seppimo,  fecimo. 

Wenn  nun  aber  crebbi,  conobbi  (beide  auch  mit  vv  nachweis- 
bar) den  doppelten  Lippenlaut  nur  vom  lat.  einfachen  v  haben,  ist 
es  da  nicht  unrecht,  bei  den  eben  betrachteten  ein  ursprüngliches  u 
wittern  zu  wollen?  Nein.  Es  ist  wohl  von  diesen  ^vie  von  sentivvi, 
giwi,  andavvi  in  den  Canti  Marchigiani  des  Gianandrea  S.  157, 
158,  195  anzunehmen,  dafs  sie  nur  zufällig  und  ohne  Berechtigung 
jenen  und  noch  anderen,  welche  hier  zu  nennen  sind,  sich  anschlössen. 
Piovvi,  bevvi  (auch  piobbi,  bebbi,  von  piovere,  bevere,  bere)  sind  als 
eigentliche  piovevi,  beve\ä  in  bestem  Rechte,  desgleichen  altes  debbi 
statt  devevi,  dovevi,  und  auch  ricewi  (Petr.,  Vite  de  Pontefici,  bei 
Nann.  auch  -evve,  -evvero)  ist  ricevevi  —  vgl.  oben  erwähntes  capui, 
und  capi(v)i.  Aus  dem  älteren  Sicilischen  pafst  hierzu  ricliippi  von 
richipiri,  beides  z.  B.  in  der  Vita  Beati  Conradi,  welche  Avolio  als 
Anhang  zu  seinen  Canti  pop.  di  Noto  nach  einer  Hs.  aus  Noto  von 
1350  herausgab,  p.  364,  371,  vippi  d.  i.  bevvi,  s.  Avolio  Introd.  p.  178 
(mbippi  =  bevve,  s.  Canti  del  popolo  Reggino,  Mario  Mandalari, 
Nap.  1881,  p.  135;  heute  sie.  chioppi  =  piovvi,  nap.  moppe  =  movi, 
mossi).  Statt  s  hat  man  in  volsi  im  älteren  Sicilischen  auch  c :  sollte 
dies  nicht  auf  das  u  von  volui  zurückgehen  ?  Wie  prov.  volc  (volgui, 
Diez  112,  221)?  Man  vergleiche  Avolio  Introd.  p.  192,  Vita  B. 
Conr.  373  volzi,  375  vulciru,  377,  368  volciru,  355  vulsiru,  vgl.  altes 
sachiu  =  sacciu,  Av.  Introd.  179.  Auch  hierher  pafst  altsic.  placzi, 
plassi,  plazi  (Av.  Introd.  180)  =  placuit,  valle  =  valuit,  Giov.  da 
Proc.  bei  Di  Giov.  Fil.  II,  p.  57.  —  Es  ist  wohl  deutlich,  dafs  es  ein 
Perfekt  auf  blofses  i  ursprünglich  nicht  giebt. 


150  Lockere  und  straffe  italionische  rerfektfornicu. 

V.    Das  Perfektion  auf  tti  iiuil  di. 

Schon  öfter,  u.  a.  in  der  kleinen  Schrift  Oskisches  Perfektum 
in  lateinischer  Inschrift,  Berlin  1878,  S.  '>,  und  in  der  Ital.  Sprachl. 
S.  62,  habe  ich  gezeigt,  dafs  die  Italiener  und  die  Rätoromanen 
ganz  ähnlich  den  alten  Oskern  ein  mit  tt  oder  d  statt  mit  v  oder  s 
gebildetes  Perfektum  haben,  Diez  will  alles  auf  stetti  von  lat.  steti 
zurückführen,  aus  diesem  habe  sich  detti  und  dann  die  übrigen  Per- 
fekta  auf  etti  gefunden.  Aber  wie  unzureichend  diese,  weil  sie  von 
Diez  ist,  immer  wieder  festgehaltene  Lehre  ist,  sieht  man  schon  an 
dem  einen  Umstände,  dafs  Diez  nicht  einmal  das  itti  der  poetischen 
und  alten  Sprache  erwähnt  und  in  Betracht  zieht,  geschweige  das 
atti  der  napolitanischen  Mundart :  pegliattero  bei  Ba^'ile  (AVentru}) 
S.  21,  Sprachl.  S.  14).  D'Ovidio,  Arch.  gl.  IV,  174,  Giorn.  di  F.  r. 
II,  64  Aveist  auf  diese  Formen  (purtatte,  vulatte),  als  heute  in  der 
Mundart  von  Campobasso  lebend,  hin.  Haben  die  Italiener  dieses 
Perfekt  in  allen  drei  Konjugationsklassen,  ein  atti  (nap.),  etti  (allge- 
mein), itti  (alt  und  poetisch),  so  ist  es  wohl  sein*  sonderbar,  etwas  so 
weit  verbreitetes  —  die  Rätoromanen  machen  sogar  ihi-  fui  als  füt  auf 
diese  Art  —  von  einer  einzigen  lateinischen  Perfektform  durch  einen 
neckischen  Zufall  entstanden  sein  zu  lassen.  Unter  solchen  Um- 
ständen ist  es  dringend  geboten,  das  Oskische,  welches  diesen  Perfekt- 
charakter nach  a  sehr  ausgedehnt,  fast  ausschliefslich,  nach  e  auch 
etwas  zeigt,  zu  beachten.  Wir-  haben  dort  Perfekta  der  3,  Sing,  auf 
afed  und  affcd  (vgl.  oben  andav\ä),  häufiger  auf  atted  (dadikatted  = 
dedicavit,  iirüfatted  =  probavit)  seltener  ated  (profated,  er  hat  ge- 
billigt, uunated,  er  hat  vereinigt),  in  der  3.  Plur.  attens  (prüfatt^ns 
probaverunt,  teremnattens  terminaverunt),  ferner  attins  (tribarakattins 
ledificaverint)  3.  PI.  Konj.  Pf.,  attuset  (tribarakattusct)  als  3.  PI.  Fut.  II, 
und  etuzet  (angetuzet  egerint)  3.  PI.  Fut.  11,  was  auf  ein  angeted  =z 
egit  schliefen  läfst. 

Ferner  ist  zu  bcaclitcii,  wie  wi'it  verl)roit('t  in  der  Vervollstän- 
digung der  lateinischen  \\\\^\  italii'iiisc-lK'ii  Fonnon  der  Vorba  Nomina 
und  Particuhc  die  Verwendung  der  pronominalen  Silben  vi,  si,  ti 
und  di  ist,  so  dafs  es  wirklich  zu  verwundern  wäre,  wenn  nun  plötz- 
lich ti  und  di  als  Perfektendungen  iiiclit  zu  treffen  wären.  Die 
Sache  verhält  sich  umgekehrt  als  man  gemeint  hat;  nicht  von  steti 
und  dodi  mufs  den  in  Rede  stehenden  Perfekten  Licht  konuncn,  son- 


Lockere  und  s-liaffe  italieuLschc  Perfektformen.  151 

(lern  von  diesen  aus  müssen  steti  und  dedi  erst  richtig  erkannt  wer- 
den. Auch  das  Latein  hat  seine  d-Perfekta  in  credidi,  altem  de- 
scendidi,  altem  mandidi  und  vor  allem  in  dedi  nebst  Kompositis,  sein 
t-Perfektum  in  steti,  stiti,  nebst  Komjwsitis.  (8)  Man  will  diese  letzten 
als  redupliziert  ansehen,  aber  die  auffällige  beispiellose  Kürze  dieser 
Formen  —  di,  sti  ohne  Reduplikation  —  mufs  vor  dieser  Auffassung 
warnen.  Auch  sind  im  Italienischen  alle  Reduplikationen  geschwun- 
den ;  sollten  diese  geblieben  sein?  Und  gerade  dafs  tose,  diedi  und 
detti,  stetti  und  stiedi  so  schön  nebeneinander  stehen,  bekräftigt  un- 
sere Auffassung.  Diez  meint  freilich  II 3,  153,  stiedi  gebe  es  nicht, 
aber  es  ist  wie  gesagt  schön  toscanisch,  immer  in  den  Schlufsversen 
der  toscanischen  Märchen  (Se  ne  stiedero  e  godiedero  E  a  me  niente 
ne  diedero,  Sprachl.  13,  73)  zu  finden  und  auch  römisch. 

Diez  meint  II  ^,  154,  an  credidi  wäre  bei  credetti  nicht  zu  denken, 
da  das  Italienische  dd  haben  würde,  nach  caddi,  nicht  catti,  zu 
schliefsen.  Das  steht  nicht  so  fest;  die  Sprache  kann  im  Falle  sol- 
cher Zusammenziehung,  mit  Ausstofsung  des  i,  tt  oder  dd  haben,  je 
nachdem  ti  oder  di  angehängt  wird.  So  wird  uns  cretti  von  Naii- 
nucci  aus  Pier  delle  Vigne  geboten,  und  Mastrofini  kemit  die  Formen ; 
und  creddi  kennt  Toscana,  s.  Tigri,  Canti  pop.  398,  Disgrazie  della 
Mea,  poema  rusticale,  wo  es  v.  55  heifst: 

E  mi  creddi  d'aveuimi  a  dare  a  beco  (alla  disperazione). 

Die  Frage  liegt  aber  etwas  anders  bei  credetti,  indem  es  latei- 
nischem credidi  nahe  verwandt,  nicht  mit  ihm  eins  oder  von  ihm  her- 
kommt, da  jenes  mit  di,  dieses  mit  ti  oder  vielmehr  tti  gebildet  ist. 
Haben  wir  e  in  den  von  mir  als  Stammsilben  angesehenen  von 
diedi  detti,  stiedi  stetti,  so  ist  auf  die  Imperfektkonjunktive  dieser 
Wörter  hijizuweisen,  Avelche  denselben  Vokal  haben,  und  auf  so  viele 
in  Toscana  lebende  Nebenformen  in  der  Art  von  dere,  nicht  dare 
(vgl.  auch  die  lat.  Komposita),  von  stere,  nicht  stare;  dasselbe  ist  es 
mit  andare,  venire  u.  s.  w.  Formen,  welche  hierfür  sprechen,  werden 
uns   von   Nannucci    geboten,   manchem   ist   etwas    der  Art   im  Ge- 


(8)   Se   alt    auch    descendidi   u.  ähul.    sein    mag,    ist    möglicherweise 

descendi  u.   ähnl.   doch   noch   älter.  Wie    wir    nämlich   perfektisches    v 

schon  im    Präsens   auftreten   sehen,  so  konnte  es  auch   mit   d   aufgefafst 
werden. 


152  Lockere  und  straffe  italienische  T*erfektf<>nnrn. 

dächtniß.  Schon  Barsegape  hat  stevan ;  das  altrömischc  ptavea  = 
stabat  neigt  auch  hierher.  Dea  =  dava  führt  Nanu,  aus  Jacopoiie  an. 
Was  kann  deutlicher  sprechen,  als  wenn  die  Perfekta  dei,  stei  u.  s.  w., 
selbst  alt,  vorhanden  sind?  Deo  (Bocc),  denno  (Petr.),  die'  3.  Sing. 
(Dante),  dienno  (Dante);  ebenso  sti^  (Jacupone),  stenno  (Frezzi).  In 
den  Canti  pop.  tose,  bei  Tigri  findet  man  stressi  240  :=  stareste, 
1  9  stevo,  383  andcsse,  394  andeva,  399  andevano,  devano,  409  stro, 
und  412  wird  dev' un  bacio  erklärt  „vi  do  un  bacio"  :  es  wäre  dann 
wohl  ein  deo,  ich  gebe,  als  nur  de,  wie  sich  hier  auch  sonst  die  erste 
Pers.  Sing.  Präs.  ohne  o  findet,  so  S.  16  fangen  vier  Zeilen  eines 
Rispetto  hintereinander  mit  sospir  ,,ich  seufze''  an. 

Es  ist  bekanntlich  ein  Vorurteil,  wenn  man  meint,  die  erste,  die 
a-Konjugatio)i  sei  die  älteste.  Sie  enthält  umgekehrt  die  jüngsten, 
die  abgeleiteten  Zeitwörter,  wie  dictare  von  dictus,  fugarc  von  fuga. 
Schon  Priscian  (vgl.  Fr.  Neue,  Formenlehre  der  lat.  Spr.  -  S.  4 1 4) 
lehrt  p.  837,  dafs  a  die  erste  Konjugation  bilde,  weil  es  der  erste 
Buchstab  im  iVlphabet  sei,  eben  deshalb,  d.  h.  nach  der  Reihenfolge 
im  Alj)habet,  bilde  e  die  zweite,  kurzes  i  die  dritte  (da  es  so  vielen 
Wörtern  derselben  eigen)  und  langes  i  die  vierte.  Trefi'lich  behaup- 
teten andere,  diese  letzten  beiden,  die  dritte  und  vierte,  müfsten  nur 
eine  sein.  Uns  mufs  es,  denke  ich,  fest  stehen,  dafs  die  i-Klasse  das 
Ursprüngliche  war;  von  ihr  sind  die  AVörter  der  dritten  und  zweiten 
nur  leichte  Abweichungen,  Entartungen,  indem  i  zu  e  Avurde,  mehr 
oder  weniger  schwand:  man  sehe  nur  solche  der  vierten  so  nahe- 
stehende Wörter  wie  cupio,  cupivi,  cupitum,  cupöre,  alt  cupire,  ar- 
cesso,  arcessivi,  arcessitum,  arcessere,  auch  accersire.  Da  e  nur  ein 
unreines  i  ist,  sieht  man,  wie  die  lateinische  vierte,  dritte,  zweite  Kon- 
jugation genau  genommen  nur  eine  sind.  Wie  kam  man  zu  der 
a-Konjugation  ?  Aus  der  anderen  her  stammt  sie  gewifs  auch,  dafür 
bürgen  manche  Spuren.  Die  Perfekta  in  ui  dürften  sehr  nach  der 
zweiten  und  dritten  weisen.  Sonui  ist  gewil's  kein  ursprüngliches 
sonävi,  sondern  ein  älteres  sonr-vi,  und  Varro  dürfte  in  son?re,  dieser 
archaische  Schriftsteller,  keine  jüngere,  sondern  eine  ältere  Form 
haben.  (9)   Ich  halte  es  für  sehr  möglich  und  für  nicht  unwahrschein- 


(9)  Varro  Iiat  auch  teuere,  touimus;  souere  haben  auch  P^nuius, 
Accius,  Pacuvius,  Lucretius,  so  dafs  es  gewifs  älter  ist  als  sonare.  Vgl. 
Neue  IP,  421. 


Lockere  uud  strafte  italienische  Perfektformen.  15:^ 

lieh,  dafs  sich  das  a  der  Konjugation  ursprünglich  als  ein  kurzes 
aus  kurzem  e  entwickelte,  wie  es  Toscana,  dem  heutigen  Italienischen, 
insbesondere  der  Mundart  von  Siena,  eigen  ist,  und  dafs  es  erst 
dann  seiner  Anlage  gemäfs  sich  verlängerte  und  mit  Ehren  die  erste 
Konjugationsklasse  bildete.  Dies  letzte  ist  eine  Vermutung,  doch 
vielleicht  der  Erwägung  wert.  Man  vergleiche  im  Italienischen  gio- 
vane,  Modanese,  cronaca,  Sanese.  In  den  Canti  del  pop.  Reggino 
giebt  es  p.  56  littara  fimmani,  113  fimmana,  (52  giuvana,  65,  125 
omani,  86  povaru,  202  piatä,  94  se  sapanissi,  132  dezzaru.  Celso 
Cittadini,  selbst  aus  Siena,  spricht  immer  sehr  für  amarö  und  credarö, 
erwähnt  aber  nie  die  wahre  Quelle  solcher  Formen,  den  Infinitiv 
nach  der  dritten  lat.  Konjugation.  Aber  schon  in  den  Lettere  vol- 
gari  del  secolo  XIII  scritte  da  Senesi  (Bol.  1871)  finden  sich  diese 
Infinitive  in  Menge,  und  die  Herausgeber  Cesare  Paoli  und  Enea 
Piccolomini  (die  Vorrede  ist  „Siena  nel  gennaio  1871"  unterschrie- 
ben) verfehlen  nicht,  im  Verzeichnis  sie  durch  Accentzeichen  als 
sdrucciole  kenntlich  zu  machen :  fesare,  vendare,  diciare,  pferdare,  pfen- 
dare,  scrivare,  tolare,  mettare,  condüciare,  rendare,  bätare.  Die  älte- 
sten, besten  Klassiker,  auch  Dante,  haben  gelegentlich  auch  der- 
gleichen, wenn  auch  nicht  im  Infinitiv,  aber  nach  diesen  Belegen 
liilft  kein  Spitzfindeln,  man  sieht,  dergleichen  gehört  oder  strebt  zu 
einem  Ganzen.  Sehr  viel  dergleichen,  auch  Infinitive,  hat  Ristoro 
dArezzo  (Nanu.,  Mau.  ^  193):  entendare,  essare,  defendare,  feciaro, 
fossano  u.  s.  w.  ]\Ian  vergleiche  noch  diesen  schönen  hierhergehörigen 
Infinitiv  ohne  re  aus  den  Canti  pop.  tose,  des  Tigri  S.  75:  non  ti  ci 
metta.  Auch  nicht  zu  vergessen  sind  unsere  Perfektformen  wie  tac- 
fjuamo,  diedano  =:  diedero  (Tigri  132),  turnara  =z  tornaro,  s.  oben  (III). 
In  den  Canti  pop.  marchigiani  123  findet  man  mettateve,  und  der- 
gleichen, heifst  es  dazu,  sei  im  Gebiet  von  Macerata  gewöhnlich,  und 
umgekehrt  heifse  es  daselbst  amete,  cantete.(lO)  Ob  letzteres  auf 
ein  ursprüngliches  amere,  amgre,  amire  statt  amare  hinweise,  vgl. 
flor.  amono  st.  amano,  doch  auch  amavono  st.  amavano,  oder  ob  es 
von  ai  (s.  oben  IV)  herkommt,   oder  wie  es  entstehe,  wird  schwor  zu 


(10)  Zu  amete,  amono  vgl.  Tigri  398  pappetevi  =  pappatevi,  243 
dican  —  dicouo,  385,  387,  389  paglian  =  ijaiono.  Gas.  Imbr.  II,  370  cre- 
dando,  379  disando,  Canti  pop.  inarch.  108  manuiste,  147,  118,  230,  231 
cerchenno,  razzenno.  Bei  Righi,  Canti  pop.  veron.,  findet  man  aincme 
(amamij,  vedar,  piovar,  bevar. 


l.")!  Lockere  und  straffe  italienische  Perfoktformen. 

entscheiden  sein.  In  den  Serenate  Umbre  des  Mazzatinti,  Alba  1-S83, 
p.  14  findet  sich  aniene  uno  =  amane  uno,  also  wohl  ein  Imperativ 
auf  i  oder  e  von  amare :  drei  Zeilen  beginnen  so.  In  der  Mundart 
der  Abruzzen  sieht  man  in  Finamores  Vocabolario  dell'uso  abr., 
Lanciano  1880,  S.  5,  ist  cantare  bis  auf  Infin.  und  Part.  Perf.  fast 
vollständig  und  genau  so  zu  konjugieren  wie  leggere.  Da  uns  dies 
und  zugleich  das  Durch-  und  Nebeneinander  vom  v-,  s-  und  t-Perfekt 
anzieht,  setze  ich  beide  in  den  Hauptformeu  hierher.  Inf.  candh, 
legge.  Ger.  candenne,  leggenne.  Part.  Perf.  candate,  leggiute.  Ind. 
Pr.  cände,  ch^nde  (chjiende,  chinde),  cande,  candeme  (candaime),  can- 
dete  (candilite);  l^gge,  Ijiegge  (ligge),  legge,  leggeme  (leggiiiime),  legg^te 
(leggiiiite).  Impf,  cande,  candive,  cande,  candaviime,  candavdte ;  legge 
(leggiäve),  leggive,  legge,  leggiavame,  leggiaväte.  Perf.  candive  (can- 
djieve,  candjiette),  candiste,  candi  (candise,  candette),  candeseme,  can- 
deste;  leggive  (leggjieve,  leggjiette),  leggiste,  leggi  (leggette,  legg^se), 
leggeseme,  leggeste.  Konj.  Pr.  und  Impf,  candtljsse,  candisse,  candesse, 
candasseme,  candass^e ;  leggesse  (leggiasse),  leggisse  (leggissce),  leggesse 
(leggiasse),  leggiasseme  (leggiasssime)  u.  s.  w.  (11) 

Nannucci  führt  altes  itti  an  aus  der  Yita  di  8.  Francesco,  con- 
seguitte,  finitte,  Legg.  dell'Asc,  salitte,  apparitte,  Nov.  ant.  feritte, 
Buti  inf.  5  moritteno,  .92  traditte;  oft  hat  os  Boi.,  wie  I,  3  57  fuggitti. 
Erwähnenswert  sind  noch  aus  Tigri,  Canti  pop.  tose,  conducietti  395, 
cresciette  396,  guarietti  405,  moriede411;  aus  den  Lett.  del  sec. 
XIII,  84  ricieveti:  hier  findet  sich  öfter  ein  statt  zweier  Konso- 
lumten  (bätare  41),  doch  ist  es  nicht  etwa  stehend  (80  ])OSsiamo, 
costarebbero,  valliono),  (1 2) 

Haben  wir  neben  credetti  auch  oben  erwähnte  cretti,  sie.  critti, 
luid  creddi,  so  ist  die  Frage,  ob  solche  auch  sonst  noch  vorkommende 
tti,  ddi  so  Avie  oben  und  hier  angedeutet  zu  erklären  sind,  dafs  sich 
nämlich  an  das  Stamm-t  oder  -d  mit  Ausfall  des  Vokales  die  En- 
dung ti  oder  di  angefügt  hal)e.   oder  in  der  Art,  wie  wir  früher  (IV) 

(11)  Zu  abruz/.ischeni  cande,  cliinde,  cande  vgl.  die  Einleitung  zu 
meiner  Sprachl.  luid  \\'entrup,  Beitr.  z.  K.  der  Neap.  Mdrt.  Die  Formen 
leggiasseme  und  leggiassanic  sind  ein  rechter  ]5eleg,  wie  a  gern  sich  ver- 
längert und  den  Ton  an  sich  nimmt. 

(12)  Ein  „niorite'^  :>.  Wug.  l'f.  findet  sich  auch  im  Giorn.  di  hl.  roni. 
1,  p.  10^»,  in  einem  Heldengedichte  von  Carlo  ^Martello  e  Ugoue  d'Alveruia 
in  vcneziauischcr  Mundart,  von  A.  Graf  besj)ruclicn. 


Lockere  und  straffe  italicnisehe  Perfektformen.  155 

Doppelkonsonanten,  besonders  Lippenlaute,  so  auflösten,  dafs  wir 
die  Perfektendung  vi  oder  ui  erkannten.  Bei  potti  z.  B.  könnte  lat. 
potui  hierfür  sprechen.  Aber  gerade  die  Härte,  wo  man  die  Weiche 
erwarten  sollte,  wie  bei  creddi,  cretti  von  cred,  niufs  entschieden  für 
die  schon  ausgesprochene  Ansicht  sein,  dafs  wir  ti  und  di,  nicht  v, 
zu  erkennen  haben.  Vielleicht  giebt  es  noch  einen  zwingenden  Be- 
weis in  Folgendem,  Auf  Sicilien  heifst  vedere  vidiri,  Perf.  vitti, 
vidisti,  vitti,  ^^ttimu,  vidistivu,  vittiru.  In  Noto  (s,  Avolio,  Canti 
pop.  25)  viriri,  Perf.  vitti,  viristi,  vitti,  vittimu,  viristru,  %'itturu.  In 
Xoto,  fügt  Avolio  noch  hinzu,  e  in  qualche  altro  comune  si  dice 
pure  visti,  vistimu,  vistiru.  Die  erste  dieser  letzten  drei  Formen  hat 
der  ti'eifliche  Wentrup,  S.  36,  zu  flüchtig  und  falsch  angesehen,  wenn 
er  schreibt:  In  Koto  2.  Sing,  viristi  und  visti.  Es  soll  offenbar 
heifsen:  statt  vitt  giebt  es  auch  vist,  also  1.  und  3.  Sing,  visti,  1.  PI. 
vistimu,  3.  PI.  vistiru.  Auch  Rapi  Corr.  364  hat  visti  =  vidit.  Da 
es  nun  bekannt  ist,  dafs  d  vor  t  lateinisch  (s.  Corssen,  Ausspr.  I,  208) 
und  italienisch  zu  s  wird  (Plautus  persuastrices  von  suadeo,  ital.  visto 
von  vedo,  auch  nascosto  von  nascondo),  so  dürfte  herauskommen, 
dafs  vis  von  diesem  visti,  vid  ist  und  als  Endung  sich  ti  und  nichts 
anderes  ausweist.  (13)  Hiernach  dürfte  es  richtig  sein,  in  derartigen 
Perfekten,  u.  a.  altsic.  percotti,  caddi,  ital.  caddi,  ital.  und  lat.  vidi, 
lat.  nicendi,  ascendi,  t-  bezw.  d-Perfekt  zu  erkennen  und  anzunehmen, 
dafs  ihnen  solche  Formen,  wie  altei'tümliches  lat.  descendidi,  man- 
didi,  aus  welchen  sie  erst  entstanden,  vorangingen,  vgl.  abscondidi 
und  abscondi. 

Derartige  Perfekta  sind,  versteht  sich,  wie  die  mit  v,  u,  oder  s 
gebildeten,  vollständig  durch  alle  Personen  vorhanden :  detti,  de(tt)sti, 
dette,  dettimo,  de(tt)ste,  dettero.  Dergleichen  erste  Personen  der  Mehr- 
heit sind  heute  napoletanisch  (Wentr.),  toscanisch  und  sicilisch,  man 
vergleiche  auch  videmo  aus  dem  Bai'segape.   Frühe  schon,  wie  bei  dem 


(13)  Auch  die  Romagna  hat  eine  dem  visti  von  Xoto  ganz  ähulicho 
Form  vest  =  vidit.  Mussafia,  Darst.  der  rem.  Mundart,  Wiener  Akad. 
1871,  p.  21,  wundert  sich  über  dieselbe  und  meint,  Eiuflufs  des  Part. 
(visto)  sei  unverkennbai-.  Das  wäre  doch  sonderbar.  Xacli  oecisus,  uccisi, 
o  ja,  aber  nach  posto  ein  Perf.  posti?  Noch  sonderbarer  wird  die  An- 
merkung: ^Zu  bemerken  ist  signiat.  Perf.  in  lugh.  veus,  imol.  ravenn. 
venJ.  So  auch  iu  tusc.  Mundarten."  Also  vest  von  einem  visi,  t  ist  eine 
Zugabe  I 


156  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen. 

s-Perfekluni,  drängte  sich  die  auf  der  vorletzten  betonte  Form  des 
v-Perfekts  ein,  und  so  zum  Teil  sogar  die  entsprechenden  zweiten 
Personen.  So  hat  Sicilien  detti,  dasti,  detti,  dettimu,  dästivu,  dettiru. 
Haben  die  Rätoromanen  füt,  füttast,  füt,  füttan,  füttat,  füttan  (siehe 
Peter  Justus  Andeer,  Rätorom.  Elementargramm,  m.  bes.  Berücks. 
des  ladinischen  Dial.  im  Unterengadin,  Zürich  1880,  S.  27),  avet, 
avettast,  amet,  amettast,  vendet,  vendettast,  sentit,  sentittast,  sentit, 
eentittan,  sentittat,  sentittan,  so  ist  zu  beachten,  dafs  sie  die  zweiten 
Personen  auf  isti,  istis  haben  (zu  dem  a  ist  tacquamo  u.  ähnl.  zu 
vergleichen),  und  dafs  also  Gärtner  (Rätorom.  Gr.,  Heilbronn  1883, 
S.  1 1 6)  vollständig  im  Irrtum  sein  dürfte  —  auch  anderes  weist  noch 
darauf  hin  — ,  wenn  er  das  Perfekt  im  Rätoromanischen  nicht  dem 
Volke  gehörig,  sondern  von  Schriftstellern  und  Grammatikern  nach 
dem  italienischen  Perfekt  gemacht  sein  läfst.  In  dem  alten  Liede 
auf  AV.  Teil,  RomaniaXIV,  1885,  p.  111,  V.  10,  18,  in  engadinischen 
Volksliedern  (Ulrich,  Chrest.  II,  18ü  ff.,  195)  stehen  solche  Formen. 
Vielmehr  sind  diese  füttast,  avettast,  obgleich  mit  isti  —  ast(i)  — 
gebildet,  eine  schöne  Bekräftigung  in  ital.  desti,  de(tt)sti,  nicht  de(v)sti, 
gelegentlich  crede(tt)sti,  nicht  inmior  crede(v)sti,  zu  erkennen.  Und 
noch  eine  schöne  Bestätigung  dessen  giebt  uns  die  toscanisehe  Mund- 
art von  Pistoia-Montale.  Wir  haben  mehrfach  gesehen,  wie  leicht 
ein  Konsonant  den  ihm  unmittelbar  folgenden  verschlingt,  sich  assi- 
miliert, wie  deshalb  in  Montale  unsere  Endung  der  zweiten  Personen 
sti  zu  ssi,  auch  si,  wird.  In  unserem  jetzt  eben  in  Rede  stehenden 
Falle,  dafs  wir  dsti  oder  dssi  haben,  ist  nun  diese  ^Mundart  in  Zweifel, 
was  wohl  zu  thun  sei :  soll  das  Perfekt-d  sich  diesmal  von  dem  fol- 
genden ssi  (aus  sti)  verschlingen  lassen  oder  soll  es  auch  sein  Vor- 
recht des  ersteren  geltend  machen  und  soll  st  verschlungen  werden? 
Bei  stessi  (stesti)  liegt  ersteres  vor,  das  letztere  bei  veddi,  du  hast 
gesehen. 

i'  stiedi  i'  vedessi 

tene  stessi  t«ne  veddi,  vedessi 

e'  stiede,  ste  e'  vedde 

no'si  stiede,  st^  no'si  vedde 

vo  stessi  •  vo'  veddi,  vedessi 

e'stiedano,  stettano,  stenno       c'veddano,  vedettano,  vederno. 
Das  veddi  der  zweiten  Personen  ist  zu  den  dritten   zu  stellen, 
mit  dem  s-Perfekt  der   1.   Sing,    hat   es  nichts  zu  thun.     Schönere 


Lockere  und  straffe  italieuische  Perfektfornien.  l")? 

Beweise  für  die  Richtigkeit  von  de(tt)sti,  vede(tt)sti  können  wohl 
nicht  verlangt  und  erwartet  werden.  Sted-ssi  wird  stessi,  ved(e)d-srti 
wird  veddi. 

VI.    Die  Sjmren  des  v. 

Weil  aus  den  Endungen  ai,  ei,  ii  das  v  ganz  geschwunden  ist, 
meint  man  heutzutage  gewöhnlich,  es  sei  unrecht,  dasselbe  in  irgend- 
welchen zu  jenen  gehörigen  Formen  erkennen  zu  wollen.  Und  wirk- 
lich ist  es  nicht  leicht,  dem  Zweifler  und  Leugner  es  zwingend  zu 
erweisen.  Haben  wir  amorno,  so  kann  man  leicht  avr  verwerfen 
und  das  erste  o  dem  zweiten  zur  Gesellschaft  gesetzt  annehmen,  wie 
in  fior.  amavono,  zumal  ja  in  der  ersten  PI.  auf  ommo  (Tigri  p.  71 
c'innamorommo,  giurommo,  vedemmo  gereimt)  v,  wenn  man  es  er- 
kennen wollte,  doppelt,  im  o  und  in  dem  ersten  m,  da  wäre.  Doch 
dieser  eine  Überflufs  stört  schwerlich  sehr,  und  die  Menge  der  Fälle, 
in  welchen  das  v  vorliegen  kann,  3.  Sing.,  PL,  1.  PI.,  verstärkt  die 
Beweise  doch  bedeutend.  Zur  dritten  Sing,  in  ö,  ao,  eo,  io  meinl 
Diez  mit  Delius,  es  sei  das  so  oft  angetretene  Schlufs-o  (sono  amanoj 
zu  erkennen.  Mit  einigen  trefflichen,  zum  Teil  schon  oben  ange- 
deuteten Gründen  trat  Nap.  Caix,  Giorn.  di  fil.  rom.  I,  p.  229  für 
das  V  ein  und  mit  Unrecht  hielt  ich  damals  in  der  Zeitschriftenschau 
dieses  Archivs  an  Diez  fest.  Calabrisches  fuiu  (vgl.  auch  sie.  i)ur- 
taiu,  s.  Wentr.),  welches  ich  dort  geltend  machte,  kann  noch  für  das 
V  sprechen.  Recht  für  amavit  spricht  amoe,  und  sie.  ripitivi  l.Sing. 
ist  doch  auch  ein  rechter  Fingerzeig.  (14)  Zu  einer  altsic.  3.  Sing, 
vindii  bemerkt  Avolio  (Introd.),  es  sei  dann  zu  vindi  geworden,  dem 
sich  u,  auch  a,  angesetzt  habe.  Aber  er  übersieht,  dafs  er  selbst  in 
diesem  seinem  Buche  und  in  der  von  ihm  herausgegebenen  Vita  B. 
Conr.  noch  ältere  iu  hat,  dafs  also  vindivi  das  v,  aber  auch  lieber 
das  letzte  i,  verlieren  konnte  und  zu  vindii  und  zu  vindiu  werden 
konnte.  Das  a  von  vindia,  dia  (dies)  halte  ich  auch  nicht  für  an- 
gesetzt, sondern  erkenne  darin  die  Senesische  J^ust  zu  a,  welche  den 
Calabriern  und  Siciliern  (man  lese  den  Giovanni  da  Procida)  aiidi 
nicht  fremd  ist,  leite  jenes  von  vindii  ab. 


(14)  Wenn  Barsegape  die  Endung  oe  (3.  Hing.  Perf.)  sehr  häufig  liat, 
so  spricht  dies  wohl  sehr  dafür,  dafs  man  ave,  avit  iu  ihr  zu  er- 
kennen hat. 


158  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformea. 

Aber  in  der  1.  l'l.  kann  doch  nur  der  Accent  die  Verdoppelung 
des  m  bewirkt  haben,  v  kann  ja  nicht  darin  stecken,  da  man  in  der- 
selben Fonn  des  Präsens  auch  dies  mm  hat,  z.  B.  in  Neapel,  Ind. 
und  Konj.,  in  Modica  und  Buccheri  auf  Sicilien  (s.  AVentr.),  und 
umgekehrt  mehrfach  die  1.  PI.  des  Perfekts  nur  ein  m  zeigt:  mehr- 
fach auf  Sicilien,  bei  Barsegape,  in  den  Lett.  del  sec.  XIII  scr.  da 
Senesi.  (15)  Dem  ist  zu  entgegnen,  dafs  präsentisches  Doiipel-m 
gerade  gegen  die  Wirkung  des  Accentes  spricht;  cred^,  credemmi 
(mi  credette)  also  crede-mmo,  wohl,  aber  tima,  aniammo  pafst  schlecht. 
Es  ist  mir  vielmehr  wahrscheinlich,  dafs  auch  in  dieser  Präsensform 
V  vorliegt.  Im  Latein  sind  die  Spuren  des  v  im  Präsens  zahlreich 
(Pr.  lat.  or.  j).  74):  danunt  (=  dant)  geht  auf  davunt  zurück,  vgl. 
duim,  creduim.  Aus  venundavit  in  einer  Stelle  des  Zwölftafelgesetzes 
(Neue  112,  441)  macht  mau  ungerecht  venunduit,  denn  duit  geht  auf 
davit  zurück,  vgl.  luit,  lavit,  ingruit,  ingravit  (Pr.  lat.  or.  p.  74).  Im 
Italienischen  fehlen  diese  Spui'en  auch  nicht,  s.  Canti  pop.  marcli. 
(Gianandrea)  p.  20  daga  =  dia,  19  staghi  =  stai,  14.')  a  stag  = 
Stare,  altröm.  stavea,  d.  i.  staveva.  Die  o  in  der  l.Pers.  PI.  mancher 
Mundarten,  z.  B.  von  Reggio  (Diez  II-',  226),  von  C'omo  und  von 
Piemont  gehen  gewifs  auf  av  zurück. 

Will  man  jedoch  durchaus  kein  v  in  dem  mm  zugeben,  so  bliebe 
inmier  noch,  dafs  Diez  a.  a.  O.  tacquemo  mit  einem  m  bilden  mufste, 
da  die  1.  und  3.  Sing,  den  Ton  auf  der  vorletzten  haben.  Einen 
schönen  Wink  hierfür  dürfte  auch  das  napolitanische  amaiemo  = 
amavimus  geben.  Denn  wie  in  amäie  =  amavi,  ist  doch  wohl  deut- 
lich, fehlt  das  v  hinter  a,  das  ie  in  beiden  Formen  ist  das  latei- 
nische i  der  entsprechenden.  Wenn  es  auch  nie  gelingen  sollte, 
amaiemo,  oder  das  amaimo  des  angeblichen  Spinello,  urkundlich 
recht  alt  nachzuweisen,  wie  unliistorisch,  zufällig,  in  Lauten  und  in 
Betonung  mit  der  entsprechenden  lateinischen  nichts  zu  thun  habend 
sieht  mir  diese  Form  nimmermehr  aus.  Aber  wohl  wie  ein  Beweis 
gegen  amammo  amavmo,  i  blieb  länger,  v  schwand  früher?  Nicht 
überall,  das  sind  mundartliche  Geschmacksachen,  wie  bei  vindi(v)i, 
vindiu(i),  wie  wemi  es  sie.  ripitivi  lieifst  und  ital.  gelegentlich  udio 
und  nur  udi  =  audivi. 


(15)  In  den  Lettere  del  secolo  XIII  scr.  da  Senesi  findet  sich  die 
1.  PI.  Perf.  iu  toscauischer  Weise  auf  euio  (statt  emmo),  u.  a.  S.  22,  23: 
sapemo,  traenio. 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen.  159 

VII.    Die  chronologische  Frage. 

Der  Accent,  haben  wir  wohl  gesehen,  ist  zwar  mit  im  Spiele, 
freilich  aber  nicht  in  bisher  gedachter  Weise,  als  einzige  treibende 
Ursache,  wenn  das  v-Perfekt  in  den  zweiten  Personen  und  in  der 
ersten  der  Mehrheit  die  Alleinherrschaft  bekommen  hat.  In  den 
zweiten  Personen  fielen  dem  der  Zahl  nach  schon  so  sehr  ausge- 
dehnten (v)sti,  insbesondere  dem  e(v)sti,  die  Formen  des  u-Perfekts 
von  Rechts  wegen  und,  als  in  Wirklichkeit  nicht  von  ihm  zu  unter- 
scheiden, auch  die  des  s-  und  des  t-  und  d-Perfekts  mit  zu,  so  dafs 
es  schliefslich  als  unumstöfsliche,  auch  die  wenigen  übrigen  Perfekte, 
wie  feci,  conobbi  überwältigende  Regel  dastand :  zweite  Personen 
giebt  es  nur  nach  dem  Infin.  Pr.  mit  geschwundenem  v  gebildet; 
durch  fosti,  stesti,  desti,  festi  liefs  man  sich  dabei  nicht  beirren. 
Ähnlich  in  der  ersten  der  Mehrheit;  von  Hause  aus  dasselbe  Über- 
gewicht des  v-Perfekts,  mit  dem  u-Perfekt  stand  es  fast  ebenso  (tac- 
quimo  und  tacevmo  fast  eins),  und  die  noch  standhaften  Formen 
mit  s,  t  und  d  fügten  sich  auch,  weil  schon  bei  den  zweiten  Personen 
der  Sieg  entschieden  war,  desgleichen  die  wenigen  übrigen :  dazu 
drängte  der  Umstand,  dafs  man  Piano  dem  Sdrucciolo  vorzog.  Viel- 
leicht ist  auch  zu  beachten,  dafs  man  gelegenlich  s  fallen  läfst,  zumal 
um  Sdrucciolo  zu  Piano  zu  machen ;  sardisch  heifst  asino  ainu,  für 
medesimo  haben,  wieBlanc,  Gr.  333,  bemerkt,  Dichter  gern  medesmo, 
das  Volk  medemo.  Sollte  dies  auf  römische  Perfektformen  amassimo, 
credessimo,  sentissimo,  auf  oben  erwähntes  sardisches  -emus  und  auf 
andere  ähnliche  Anwendung  finden  ? 

Die  neufranzösischen  entsprechenden  Formen  haben  in  dem 
Dach  noch  das  Erinnerungszeichen  an  s,  und  die  altfranzösischen 
mit  sm  (Diez  II 3,  228)  sind  schwerlich  von  lat.  -simus  zu  trennen: 
Burguys  Herleitung  des  s  aus  dem  st  der  zweiten  Personen  und 
Delius'  Einschub  des  s,  um  das  a  zu  kräftigen,  sind  gekünstelt  und 
unhaltbar.  Das  s-Perfekt  mufs  einst  angefangen  haben,  sich  noch 
weiter  zu  verbreiten  —  schon  vorchristlich  sind  die  Spuren  dieses 
Strebens,  bemerkt  Diez,  auf  archaisches  intell<\gi,  neglcgi  hinwei- 
send —  als  ihm  nachher  dauernd  gelang  und,  wie  es  mundartliche 
Geschmacksachen  giebt,  hielten  manche  das  dem  Toscaner  weniger 
gefällige  -simus  gerade  gern  fest,  wie  vielleiclit  jene  altfranzösischen 
Mundarten.     Betrachten    wir    einen    Au"jenblick    mit   Biondelli    die 


IGO  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen. 

Mundarten  der  Eniilia  von  Parma  Bologna  Reggio  und  dazu  die 
lorabardische  von  Bergamo.  Parma  hat  teuere  im  vollen  s-Perfekt: 
t^ins  t^ins  (prächtige  straffe  2.  Sing.,  Avie  jenes  tiensi  aus  Montale, 
wie  lat.  duxti,  finxti),  teins,  t^insen,  tMnsev  (ganz  wie  2.  Sing.,  v  nur 
pronominaler  Ansatz),  t^insen.  Bologna  hat  es  auch,  aber  die  zweiten 
Personen  sind  locker  und  die  3.  Sing,  fehlt,  ist  nur  im  v-Perfekt 
vorhanden,  die  3.  PL  doppelt:  tfeins,  tgness,  tgn^,  t^insen,  tgnessi, 
teinsen  od.  tgneun.  Reggio  und  Bergamo  haben  beide  nur  v-Perfekt, 
bis  auf  die  1.  PL,  wo  s-Perfekt  einzig,  dazu  hat  Reggio  in  der  ?>.  PL 
noch  beides.  Reggio:  tgni,  tguis,  tgni,  tgnissem,  tgnissev,  tgniren 
oder  tänser.  Bergamo:  tgne,  tgnesset,  tgne,  tegnessem,  tegnessef, 
tegne.  Dazu  kommt,  dafs  Parma  neben  dem  oben  angegebenen  noch 
das  für  Reggio  angegebene  (doch  die  3.  PL  tgnin),  also  auch  noch 
die  1.  PL  locker  mit  s,  hat.  Das  ist  doch  ein  starker  Beweis  für  die 
Zähigkeit  des  -simus!  Auch  die  italienischen,  insbesondere  römischen, 
lockeren  s-Perfekta,  wie  amassi,  credessi,  dicessi,  morissi,  fussi,  wer- 
den bekanntlich  gerade  in  der  1.  PL  sehr  geliebt,  so  dafs  sie  vielfach 
von  den  Grammatikern  nur  in  der  1.  PL  angeführt  Averden  und  eben 
in  dieser  auch  noch  aus  dem  Perfekt  ins  Imperfekt  hinübergehen: 
eravassimo.  (16) 


(16)  Nicht  nur  die  dritte  Person  der  Einheit  des  Perfekts,  auch  schon 
die  erste  läfst  das  1  des  Lateins  vielfach  zu  e  werden,  wie  z.  B.  in  Neapel 
credette,  dette,  veppe  (bevvi),  und  da  ist  es  nicht  zu  verwundern,  wenn 
dieses  auch  noch  zu  a  wird.  So  findet  man  es  in  Calabrieu,  fua  ist  dort 
fui.  IMandalari  226,  229,  2:^>4 :  Eu  ti  fici  patruna  di  stu  pettu,  E  ffua 
lidili  e  ffua  sempri  custanti.  Erosa  addurusa  culurita  e  bbedda,  Eu  sulu 
fua  hl  primu  chi  tt'auiai.  No  nnesci  mai  davanti  a  st'occhi  mei,  Pacciu 
fua  pir  tia,  pir  tia  suspiru,  Pir  tia  la  paci  e  lu  cori  perdei.  Gärtner  be- 
hauptete, die  Rätoromanen  hätten  kein  eigenes  volkstümliches  Perfektiim, 
und  muls  doch  S.  155  fovas  =  fuisti,  fova,  fuva  =  fuit,  fovan,  fuau  -= 
fuerunt  anführen:  als  oberläudisch.  Die  heute  gebräuchliche  oberländische 
Bibel  (Frankfurt  a.  M.  1870  ^Romonsch  da  la  ligia  grischa")  hat  es  auch 
gleich  in  den  ersten  Versen.  Man  wird  doch  schwerlich  glauben,  dal's 
„italianisierende  Schriftsteller"  dies  aus  Calabrien  geholt  haben,  noch 
dazu  mit  dem  schönen  v.  Schon  die  Osker  hatten  fufans  ^=  fuerunt, 
cipp.  Ab.  10.  Gärtner  S.  155  nennt  die  angeführten  Perfektformen  ,mit 
Iniperf.-Pviidung''.  Es  ist  wohl  unzweifelliaft,  dafs  Imperfekt  und  Per- 
fekt einst  eins  waren,  dafs  erstcres  ans  letztcrem  einst  so  entstand,  wie 
in  Calabrien  fui  zu  fua  wurde,  in  den  Alpen  fuvi,  fovi  zu  fuva  und  fova, 
und  wie  bei  den  Oskeru  *  fufens   zu  fufans  wurde.     Hat  Chr.  Caminada, 


Lockere  und  straffe  italieuisclie  Perfektformen.  161 

Schon  nach  dem  bisher  Dagewesenen  kann  über  das  hohe  Alter 
der  1.  PL  auf  Tmo  im  Italienischen,  über  seinen  Zusannnenhang  mit 
derselben  Endung  im  Latein,  kein  Zweifel  sein.  Hier  nur  noch 
Avenige  Belege   dafür.     Die  Vita  B.  Conradi,   von  Avolio  nach  der 

Manuale  de  pneparatione  ad  mortem,  Zürich  lG9(t,  fovas  statt  fovast,  so 
ist  zu  beachten,  dafs  diese  Form  das  i  am  Schlufs  immer,  gelegeutlich 
auch  das  t,  entbehrt,  sogar  iu  havesch  =  habuisti,  für  havettast ;  vielleicht 
richtete  es  sich  auch  uach  dem  Imperfekt,  wie  Gärtner  meint.  I\Ieine 
Ansicht  von  der  ursprünglichen  Einheit  des  Perfekts  und  Imperfekts,  ist 
hier  nicht  zu  übersehen,  wird  sehr  durch  den  Umstand  unterstützt,  dafs 
die  Betonung  von  amävimus  bis  auf  den  heutigen  Tag  mehrfach  auch 
die  von  amabamus  ist:  das  der  Betonung  der  drittletzten  so  sehr  abge- 
neigte Spanien,  wo  cantämos  in  mit  dem  alten  Allgemeinitalienischeu  und 
Toscanischeu  übereinstimmender  Weise  =  cantamus  und  =  cantavimus 
ist,  hat  doch  cantäbamos  für  cantabamus,  wie  mau  toscanisch  mundart- 
lich amävamo  keuut  und  festhält,  uud  wie  Saunazaro  Are.  6  solche  For- 
men im  Strauchelausgange  hat.  Ebenso  deutlich  imd  uicht  zu  übersehen 
ist  auch,  dafs  diese  span.  amabamus,  tose,  amavamo  zu  ueap.  amäiemo, 
tose,  dissimo,  sie.  vittimu,  parm.  teinsem,  altnordital.  videmo  u.  s.  w.  treff- 
liche Seitenstücke  und  kräftige  Belege  für  die  Dauerhaftigkeit  dieser  Be- 
tonung (imus)  sind.  Leitet  man  die  Endung  des  rätoroman.  fovas  uicht 
vom  Imperfekt  her,  so  ist  zu  beachteu,  dafs  es  zu  füttast,  amettast,  den 
dieser  Sprache  gewöhnlichen  Formen  auf  isti,  nicht  auf  sti,  sich  riclitig 
anschlielst.  Zu  amabamus,  amavamo  neben  amävimus,  amävamo,  spau. 
amäbamos  vgl.  Aumerkuug  11.  Dafs  dem  Volke  Imperfekt  und  Perfekt 
iu-ver\vandt  uud  geradezu  eins  ist,  dürfte  auch  röm.  eravissimo  beweisen. 
Denn  ssTmo  ist  doch  nichts  als  eine  Perfekteudung,  diese  Form  ist  nur 
ein  Doppelperfekt,  s.  Aum.  1.  Leitete  man  schliefslich  das  a  ini  cal.  fua, 
rätorom.  fua,  fova,  osk.  fufaus  vom  Imperfekt  her,  so  bliebe  doch  immer 
bestehen,  dafs  dem  Volke  Imperfekt  und  Perfekt  gut  zusammen  passen, 
verwandt  und  eins  sind.  Wie  man  von  der  Pflanze  die  verschiedenen 
Teile  als  gleichartig.  Zweig,  Blatt,  Blüte,  Wurzel  als  wesentUch  einerlei 
erkennt,  so  die  Zeitformen  des  Zeitwortes  in  der  italischen  Sprache. 
Das  Perfekt  hat  als  Abzeichen  vi,  Imperfekt,  Präsens  imd  Futur  haben 
es  auch ;  die  ersten  beiden  fliefsen  deshalb  etwas  ineinander,  dem  Präsens 
sucht  man  das  Abzeichen  als  unnötig  abzudrängen  und  das  Futur  schafft 
man,  als  von  den  anderen  zu  wenig  uuterscheidbar,  schliefslich  lieber  ab 
und  ersetzt  es  anders.  Noch  bemerke  ich:  wenn  (Jartner,  Eätor.  Gr.  117, 
das  friaul.  Perfekt  -äi,  -iis,  -ä,  -äriug,  -äris,  -är  mifstrauisch  und  als  wohl 
von  ital.  portal,  portarono  gemacht  ansieht,  so  übersieht  er,  dafs  dieses 
ohne  das  rumänische  Perfekt  ai,  as,  a,  arem,  aret,  are  (und  üi,  u.s,  u, 
Urem,  uret,  ure)  gar  uicht  zu  beurteilen  ist.  Ich  brauche  darauf  hier 
nicht  einzugehen,  erinnere  nur  für  die  2.  PI.  im  Kumänischen  an  das  z 
derselben  Form  im  Sardischen. 

Archiv  f.  n.  Spiachcii.    LXXXIl.  U 


162  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen. 

die  Jahreszahl  1350  führenden  IIs.  als  Anhang  seiner  Canti  pop. 
di  Note  veröflentlicht,  hat  S.  35G  arsimu.  Die  ziendich  lange  nord- 
italienische, um  1250  (Hs.  v.  1274)  gesetzte  Dichtung  des  Barsegape 
hat  viermal  deutlich  und  zweifellos  videmo,  und  es  ist  überhaupt 
nicht  erweislich  noch  wahrscheinlicli,  dafs  dieser  Dichter  mit  Ver- 
meidung des  Tones  auf  der  drittletzten  Silbe  eine  aus  der  Reihe  der 
übrigen  Formen  herausti'etende  1.  PI.  gebildet  habe,  vielmehr  ist  es 
so  gut  wie  sicher,  dafs  er  die  Formen  auf  emo  überall  mit  Wohl- 
gefallen festhielt.  Auch  fessemo  scheint  als  ein  fecimo  aufzufassen 
und  von  fesonio  „dafs  wir  thun  sollten"  (S.  215,  Biondelli  St.  ling.) 
zu  trennen.    Vgl.  S.  320,  323  gen.  O. 

Quando  te  videmo,  patre  saucto, 
Ke  nu  te  servinio  cotauto? 
Dix  li  iusti  aucora  a  Xristo : 
Di,  Meser,  quando  fo  qiiesto, 
Ke  uu  te  'sädemo  in  povertä, 
E  ke  nu  te  fessemo  caritä? 

Wann  haben  wir  dich  gesehen,  wo  wir  dir  so  sehr  gedient  haben  ? 

Sage,  Herr,   wann  ist  dies  gewesen,  dafs  wir  dich  in  Armut  gesehen 

haben  und  dafs  wir  dir  wohlgethan  haben  ?    ^Nlan  sieht  videmo,  vidi- 

mus   und  servimo,  servi(vi)mus,   und  wie  diesem   das  letzte  fecimus 

entsprechen   mufs,   dafs  kein   „wir  thätcu,  hätten  gethan''   vorliegt. 

Anders  hier,  da  die  Negationen  der  zAveiten,  vierten  und  sechsten 

Zeile  die  Konjunktive  hervon-ufen. 

Mo  quando  te  videmo  int'al  besognia, 

Ke  uuca  de  ti  nou  avessemo  sognia? 

Se  altra  persona  nel  dissese, 

A  nu  no  par  k'cl  g'el  oredesse ; 

Ke  nu  te  vedesenio  intirmitä, 

Ni  soffrir  necessitii, 

Ni  quando  te  videmo  nudo  essere, 

Povertä  fame  e  sede. 

Passender  stünde  wohl  hinter  der  drittletzten  Zeile  ein  Punkt. 
Dafs  wirklich  videmo  zu  lesen,  die  Form  nicht  als  ein  vedemo,  d.  i. 
vedemmo  aufzufassen  sei,  leliren  uns  der  Infinitiv  vedere  324,  vedeva 
243  zweimal,  293,  vfgi  d.  i.  vedete  oder  besser  vedite  296,  vecemo 
1.  PI.  ci.  pr,  242,  veyando  d.  i.  vedendo  250,  vcderi  d.  i.  vedrete,  v^ 
d.  i.  vede  296,  dreimaliges  \cdi  d.  i.  vedete  305,  vedevan  318,  vier- 
maliges vedisti  2.  PI.  Perf.  319,  videno  3.  PI.  Perf.  217,  240,  v/de 
Perf.  210,  252,  263,  285,  298.  Dafs  diese  Perfektformen  sogar  mit 
mir  als  d-Perfekt  (vididi,   vidi)  gefafst    oder  doch   gefühlt  wurden, 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektfornien.  163 

machen  wahrscheinlich  crete  und  zweimaliges  vite,(17)  von  Biondelli 
unzweifelhaft  richtig  durch  credette  und  vide  erklärt.  Auch  die 
venezianische  S.  Maria  Egiziana,  Giorn.  di  fil.  rom.  III,  p.  89  hat 
crete  399,  aber  vide  448. 

Sahen  wir  also  vorhin  bei  jenen  heutigen  Mundai'ten  Oberitaliens 
keine  Spur  von  Ausweichung  nach  dem  v-Perfekt  hin  in  der  ersten 
der  Mehrheit,  und  in  den  zweiten  Personen  eine  nicht  undeutliche 
Lust,  eben  diesen  Gebrauch  zu  verachten,  so  stimmt  dies  alte  Denk- 
mal in  dem  ersteren  Punkte,  in  Bezug  auf  die  1.  PI.,  vollständig  mit 
ihnen; (18)  dagegen  ist  dem  Verfasser  und  seiner  Sprache  die  Regel, 
in  den  zweiten  Personen  auszuweichen  und  auf  den  Infinitiv  der 
GegeuAvart  zurückzugehen,  wohlbekannt  und  entweder  vollständig 
oder  fast  vollständig  eigen. 

Toscana  und  die  Allgemeinsprache,  wissen  wir,  hat  die  Regel 
vollständig  seit  den  ältesten  Denkmälern,  obgleich  die  1.  PI.  ohne 
Ausweichung,  heute  lebend,  vielleicht  stets  neben  der  ausweichenden 
Form  vorhanden  sein  konnte.  In  Anbetracht  des  Standes  dieser 
Frage  bei  den  Mundarten  ferner  werden  wir  sagen  müssen,  dafs  die 
Regel  für  die  zweiten  Personen  durchzufüln-en  das  ältere  war,  dafs 
ilmen  die  erste  der  Mehrheit  nachfolgte,  zumal  auch  bei  jenen 
sich  das  gröfsere  Bedürfnis  als  bei  dieser  herausstellte.  jMan  möchte 
Toscana  das  Aufbringen  dieses  zweiten  Teiles  der  Regel  zuschreiben, 
lieber  als  Sardinien  mit  seinen  wenigen  Spuren  dieser  Neigung.  Bei 
dem  Umstände,  dafs  die  Formenlehre  der  zweiten  Personen  der  sici- 
lischen  und  der  toscanischen  Mundart  und  jener  alten  norditalienischen 
Sprache  mit  grofser  Genauigkeit  eine  ist,  liegt  die  Vermutung  nahe, 
dafs  um  1250  das  Ausweichen  der  ersten  Person  der  Mehrheit  noch 
jung  sein  mochte. 

Einmal,  321,  hat  Barsegape  vidisti.  Man  könnte  es  für  dem 
Latein  oder  Sicilien  entleknt  halten,  doch  ist  wohl  sicherer  nach  dem 


(17)  Vete  bei  Bars.  220  ist  als  ,siehe  dir"  von  den  Perfektformen 
dieses  Verbs  mit  t  zu  scheiden.  Auch  Bonvesin  hat  vite  Pei-f.  3.  Sing., 
und  der  altberg.  Decalog  vito  3.  PI.  Perf.  Auch  der  aven.  C.  Martello 
e  U.  d'Alvernia,  Giorn.  di  fil.  rom.  I,  hat  p.  109  vite.  Ebendort  findet 
sich  auch  feno*=  fecero,  aber  p.  101  feze  und  facisty. 

(18)  Bei  Barsegape  ist  mir  disemo  p.  25?,  (Mo  disemo  lo  re  h  bate9ao) 
nicht  entgangen ;  ich  habe  es  nicht  als  Beleg  angegeben,  weil  der  Sinn 
der  Stelle  etwas  unklar  ist. 

11* 


164  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektfonnen. 

viermaligen  vedesti  hier  ein  Verseilen  in  der  Absclirift  anzunelnnen. 
Fuisti  2.  Sing.,  233,  inöelite  geneigt  maelien,  hier  die  innner  vergeljcns 
gesuelile  italienische  Form  der  zweiten  Person  anf  isti,  nicht  auf  sti, 
zu  finde)).  Da  sie  aber  so  einsam  stehen  wiirde,  ist  davor  zu  v«arnen. 
Man  könnte  ein  fuitti,  fui(tt)sti  vernnilen,  doch  steht  320  eo  fu'  in- 
fermo,  also  fui.  AVenn  die  Sehreibung  richtig  ist —  222  Pulver  fusto 
(d.  i.  fusti  to  oder  tu)  e  pulver  ee  (ei  oder  sei)  —  so  teile  ich  nicht 
fu-isti,  sondern  fui-sti,  und  berufe  mich  auf  die  auch  diesem  Denkmal 
beliebte  Vorliebe  für  ui,  ai:  302  maitin,  cuintan,  232,  32G  seuira, 
268  luitan.  Vgl.  fi§a  =  fosse  270.  Zu  fare,  220,  erscheint  das  Per- 
fekt in  fessemo  320,  fise  292,  fisi,  fisti,  auch  fite  einmal,  als  2.  PI. 
.319,  321.  Der  Wechsel  von  st  und  s  scheint  richtig,  das  dritte  mag 
verschrieben  sein.  Einmal  319  facisti  (hierfür  auch  fisi  und  fasisli 
322,  323  Tmjierf.  ci.)  fe  3.  Sing.,  fen  3.  PI.,  beide  oft  (dazu  feva 
Imperf.).  Noch  geluirt  etwas  hierher:  fi  giamao,  fi  dito  :=  fit  dictus, 
dicitur  212,  240  und  oft  fira,  firan  =  fiet,  fient.  Bei  Betrachtung 
dieser  zweiten  Personen  der  Mehrheit  ist  man  sehr  geneigt,  facisti 
(fasisti  2.  Sing,  in  dem  von  Putelli,  Giorn.  di  fil.  rem.  II,  1G2,  ver- 
öfTentlichten  N'uovo  testo  veneto  del  Penard)  die  jüngere,  dem  \erf. 
noch  nicht  so  geläufige  Form,  fisti  die  alte  zu  fice  (wie  feci,  fe[c]sti) 
sein  zu  lassen.  Wenn  diese  Vermutung  nicht  trügt,  so  dürfte  das 
Ausweichen  der  zweiten  Personen  auch  nicht  viel  älter  als  1250 
sein.  Man  miichte  wohl  von  dieser  Zahl  aus  für  jenes  ura  fünfzig, 
für  dieses  um  hiuidert  Jahre  ungefähr  zurückgehen.  Diese  ver- 
wegene Wahrscheinlichkeitsrechnung  scheint  etwas  unterstützt  zu 
werden,  wenn  wir  mit  Tobler  die  Perfektformen  des,  Berlin  18S4,  von 
ihm  herausgegebenen  Uguyon  da  Laodho  betrachten.  In  der  ersten 
Person  der  Mehrheit  stimmt  er  gewifs  mit  Barsegape,  weifs  nichts 
von  Ausweichen  um  imus  zu  vermeiden ;  freilich  hat  er  von  hier  in 
Betracht  kommenden  Formen  nur  eine,  veesemo  (vidinui.s),  welche  eine 
besondere  Vorliebe  für  s-Perfekt  in  dieser  Form  an  den  Tag  legt, 
da  dieses  Wort  sonst  sein  Perfekt,  wie  auf  Sicilien  und  zum  Teil  bei 
Barsegape,  mit  t  gebildet  hat.  In  Bezug  auf  festi,  facesti  steht  Ugu9on 
ähnlich  wie  Barsegape,  er  hat  beides:  2.  Sing,  fisti  zweimal,  faissi 
fais,  faisso  (dies  ist  wie  faissi  oder  fais  zu  achten,  d^  o  nur  um  des 
Reimes  willen,  noch  dazu  stumm,  steht),  2.  PI.  fesse,  fese,  faesse. 
Allerdings  scheint  er  weiter  als  Barsegape,  indem  er  die  ausweichen- 
den Formen  in  «xleicher  Anzahl  als  die  anderen  hat.    Doch  erscheint 


Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformen.  165 

er  wieder  in  einem  Punkte  und  bei  den  anderen  Beispielen  weit 
hinter  Barsegape  in  der  Durchführung  des  Ausweichens  zurück. 
Uguyon  hat  nämlich  das  im  Italienischen  hier  und  da  bemerkte  rück- 
wärts wirkende  Streben  nach  Vokalharmonie  (danaro,  maraviglia)  in 
seinen  Perfektformen  sehr  stark  ausgeprägt,  so  dafs  von  einem  solchen 
Wechsel  wie  feci,  facesti,  fece,  vidi,  vedesti,  vide  hier  oft  keine  Spur 
ist.  Macht  i  den  Sclilufs,  wie  in  der  1.  und  2.  Sing.,  so  will  er  vor- 
her auch  i  haben,  öfter  sogar  in  der  drittletzten,  der  Stammsilbe, 
macht  e  den  Schlufs,  wie  in  der  3.  Sing,  und  2.  PI.,  so  wird  c  be- 
vorzugt. Er  hat  v  i  t  ^=  vidi,  v  e  e  s  s  e  und  v  e  d  h  e  s  =  vidistis ; 
vigni  =  veni,  vene  und  ven  =  venit,  tign'  =;  tenui,  3.  Sing,  tene, 
ten;(19)  traisi,  trais  =:  traxisti,  m/tis  =  misisti;  creesse  =;  credidistis, 
volesse  =  voluistis,  avisi,  avisti  =  habuistis.  Die  letzten  beiden 
Formen  sollten  e  e  haben.  Offenbar  geht  ihm  diese  Harmonie  über 
alles,  sichere  Beispiele  von  Ausweichung  hat  er  wohl  aufser  bei  fare 


(19)  Vigni  und  tigni  bei  Ugufon  dürfte  (gn  =  ni)  als  vini(v)i,  tini(v)i 
zu  fassen  sein  und  vene,  tene  als  ven'(v)e,  ten'(v)e,  indem  v  kein  zweites  n, 
sondern  Verlängerung  des  ersten  e  bildete.  Tobler  behält  das  Verdienst, 
bemerkt  zu  haben,  dafs  bei  Ugufon  in  der  2.  Sing.,  selten  PL,  das  letzte  i 
das  e  der  vorletzten  Silbe  zu  i  macht,  desgleichen  dafs  in  mitis  (mettesti) 
das  erste  i  durch  das  letzte  betonte  hervorgerufen  ist.  Hierbei  versteht 
es  sich  von  selbst,  dafs  in  der  2.  PL  in  der  Regel  e  e,  während  ich  dieses 
als  nicht  zufällig,  als  ebenfalls  berechnet  hinstelle  und  auch  die  erste  und 
dritte  der  Einheit  —  i  i,  e  e  —  hinzunehme.  Freilich  giebt  es  in  dem  letzten 
Punkte  Ausnahmen,  disse,  scrise,  divise,  mis  (alle  in  der  8.  Sing.),  sie 
stofsen  aber  die  Regel  nicht  um:  1.  vit,  r!.  vete,  1.  vigni,  3.  vene,  1.  tign', 
8.  tene  können  doch  nicht  deutlicher  sein.  Es  wäre  nicht  unmöglich, 
dafs  auch  bei  Barsegape  die  stets  auf  isti,  nie  auf  esti,  ausgehenden  2.  PL 
etwas  auf  der  Freude  am  i  zu  i  beruhten  —  vedisti,  vedeva,  vegi,  vederi, 
credisti,  credevano,  fusto,  fuisti  (fuisti)  — :  doch  aber,  auch  so  betrachtet, 
welch  einen  Fortschritt  hat  er  im  Vergleich  zu  Ugucon  nach  dem  tosca- 
uischen  feci,  facesti,  vidi,  vedesti,  vide  hin!  Diesen  Wechsel  des  Vokals 
in  der  Stammsilbe  darf  ihm  die  Harmonie  von  ii  und  ee  nie  antasten. 
Das  a  scheint  bei  beiden  von  einem  folgenden  i  oder  e  nicht  verändert 
zu  werden,  doch  einmal  hat  Barsegape  mostresi.  Derselbe  hat,  sei  hier 
noch  bemerkt,  aufser  stevan  auch  stasevan  201,  staxevan  804  (x  wohl 
nach  ven.  Art  -=  s).  Ich  achte  dies  gleich  röm.  stavea,  s  für  c,  c  für  v 
gesetzt.  In  der  Romagna  giebt  es  dergleichen  auch.  Mussafia  sagt  am 
gen.  0.  720,  Anm.:  „daseva,  staseva  in  Untermundarteu ;  Anbilduugen  an 
taseva,  diseva."  Schwerlich!  Wie  machte  man  ]il()tzlich  von  do  und  sto 
Formen  nach  taccio,  dico?     Vgl.  Anm.  7. 


1(30  Lockere  und  straffe  italienische  Perfektformon. 

nur  in  mitis,  3.  Sing,  mis,  ti-aisi,  trais,  3.  Sing,  trase.  Er  konnte 
bilden:  vediti,  viditi,  viti,  vit,  2.  Sing,  vedisti,  vidi(t)sti  (sollte  jene 
Form  des  Barsegape  so  zu  beurteilen  sein  ?),  vidissi,  vidis  3.  Sing,  ve- 
dete,  vete;  erediti,  criti,  2.  Sing.  cridi(t)sti,  2.  PI.  credesse,  creesse; 
vol(e)si,  2.  Sing.  vole(s)sti,  volisi,  2.  PI.  v  o  1  e  s  s  e ;  hat  er  ave  als  3.  Sing. 
Perf.,  so  ist  es  wohl  rive  st.  avve,  daher  avevi  schliefslich  2.  PI. 
avisti  ergab,  vgl.  av^  =.  ebbe  bei  Barsegape.  Uguyons  Gedicht 
diente,  wie  Tobler  zeigt,  dem  Barsegape  mehrfach  als  Vorbild,  ist 
also  leicht  25 — 30  Jahre  älter  und  hat  von  Ausweichung  wohl  meh- 
reres  weniger:  das  ist  eine  Bestärkung  der  zu  Barsegape'  ausge- 
sprochenen Vermutung,  dafs  zu  jener  Zeit  die  AusAveichung  bei  der 
1.  PI.  noch  sehr  jung  oder  unbekannt,  die  der  zweiten  Personen 
noch  nicht  alt  sein  mochte.  Bedenken  wir  auch,  dafs  bedeutende 
Erscheinungen  im  Zeitworte  sich  bald  über  viele  Mundarten  verbrei- 
teten, vgl.  Futur  Condizional  und  Imperfektkoujunktiv,  so  scheint 
es  nicht  unstatthaft,  hier  von  diesen  alten  mundartlichen  Denkmälern 
auf  Toscana  und  die  Allgemeinheit  zu  schliefsen.  Doch  bleibt  der- 
gleichen zunächst  unsichei*.  Namentlich  könnte  der  letztere  Fall  (mit 
den  zweiten  Personen)  leicht  noch  höher  hinaufi'eichen.  Vielleicht  ge- 
lingt es  einmal,  aufser  amasti,  amämus,  amastis,  amarunt  noch  weitere 
Vorspuren  im  Latein  zu  finden.  Neue,  Lat.  Formenl.  II 2,  493, 
hat  erepisset.  Spart.  Car.  3,  7  obrepisse,  Cic.  Plane.  7,  17  erepisti, 
Pomp,  bei  Non.;  übrigens  ist  luu"  repsi,  kein  repi,  bekannt:  könnte 
dies  u.  ähnl.  nicht  (vgl.  inschriftl.  opituma,  macisteratus,  geloria)  ein 
Beispiel  lockerer  Form  von  ps  sein,  indem  jene  Formen  anzusehen 
wären  als  erepset,  obrepse,  erepsti?  Wären  sepisset,  Cic.  Phil.  13, 
9,  20,  und  sfcpissent,  Liv.  33,  5,  6,  nicht  sowohl  durch  späte  Belege 
von  sepivi  statt  ssepsi,  sondern  in  eben  angedeuteter  Weise  zu  fassen  ? 
Evadissent,  Treb.  Poll.  30,  tyr.  5,  erinnert  doch  sehr  an  Hör.  sat.  2, 
7,  G8  evasti,  Lucil.  in  Non.  296  invasse  (Catull.  subrepsti,  Hör.  erepse- 
mus  u.  s.  w.,  s.  Neue  II-,  536). 

So  mifslich  es  auch  sein  mag,  liier  .Jahreszahlen  aufzustellen, 
fest  dürfte  doch  bleiben,  dafs  -die  Regel  des  Ausweichens  für  die 
zweiten  Personen  die  ältere,  für  die  erste  der  ^lehrheit  die  jüngere  war. 

Frieden  au.  Dr.  B  u  c  h  h  o  1 1  z. 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi, 

aus  den  Mss.  mitgeteilt 

von 

O-    Horstnaaiin.  2 


1)  Ms.  Harl.  4196. 

Sermo    in    festo  corporis    x p i. 

T)  1  1  Als  witnes  beres  iu  bis  stede: 

^  >      j  bo  was  it  in  tyme  oi  moyses        lo 

Laude  nien  herto  tak  hede  —  Omang  Jje  cbilder  Jjat  ihcsu  chese. 

ffor  vnto  Clerkes  it  es  no  nede,  fFor    when    J)ai    war    in     tliraldom 
In  J)aire  bukes  may  J)ai  se  broght 

Jje  gudenes  of  goddes  preuete  —  witli  f arao  Jiat  |)am  wranges  wrogbt  — 

Gastly  how  he  will  vs  fede  5  Yint  war  ful  lang  now  forto  teil; 

with  liis  body  in  fowroni  of  brede,  Bot  at  \)e  last  so  it  bifell  '■^^ 

Als  haly  kyrk  now  most  and  lest  Jjat  god  wald  sufFer  it  namore 

Mase  myude  now  in  |ns  new-f un  fest.  |)at  bis  f olk  in  tliraldom  wore : 

Als  dauid  in  |)e  sawter  said,  he  bad  moyses  {)at  he  suld  fle 

And  Jje  haly  gast  had  bim  puruaid  l*^  with  bis  folk  thurgh  \)e  (rede)  se. 

By  figures  Jje  folk  forto  lere ;  And  when  J^ai  to  {)e  se  war  cunien,  25 

{)ar-fore  he  said  on  {)is  manere  A  dri  way  sone  haue  J)ai  nomyn: 


1  Vgl.  „Altengl.  Leg.  Neue  Folge",  Ileilbr.  1881,  p.  LXVIII,  p.  LXXlII  Anni. 
uud  p.  LXXXII.  Von  den  drei  erhaltenen  Mss.  giebt  Ms.  Harl.  4196  den  besten 
und  ältesten  Text,  obwohl  dieser  wohl  bereits  aus  einer  älteren  Fassung  umge- 
arbeitet ist;  während  Mss.  Dd  1,  1  und  Vernon  eine  südliche  Umdichtung  der 
ursprünglichen  nördlichen  Homilie  enthalten,  beide  mit  demselben  Text,  dem 
jedoch  in  Dd  eine  eigene,  nur  hier  vorhandene  Einleitung  von  38  Versen  voraus- 
geht. In  Vernon  schliefst  sich  an  die  erste  Honiiiie  eine  zweite,  Septem  Miraculä 
de  corpore  Christi,  an,  die  ihre  ursprünglich  nördliche  Abfassung  noch  deutlich 
verrät  und  weniger  eine  Umdichtung  als  eine  einfache  Umschreibung  aus  dem  nörd- 
lichen Dialekt  zu  sein  scheint.  —  Die  Narrationes  diesen-  Homilien  des  Ms.  Vernon 
sind  bereits  in  den  „Evangeliengeschichten  des  Ms.  Vernon"  (^Archiv  1878)  abgedruckt. 

'^  In  dem  in  den  letzten  Heften  des  „Archiv"  abgedruckten  Proprium  Sanc- 
torum,  Teil  I,  der  nach  der  ersten  Korrektur  sogleich  abgedruckt  ist,  sind  leider 
einige  Druckfehler  enthalten;  so  p.  83  v.  3  1.  grouwde  st.  grounde;  p.  100  tilge 
die  Note:  Ms.  sawe  st.  dawe;  p.  106  ist  v.  IIU:  |)at  grace  of  god  lihtnede  him  {)o 
zu  ergänzen;  aufserdem  sind  mehrfach  Interpunktionen  ausgefallen  oder  nicht 
deutlich  sichtbar.  —  Aufserdem  sei  liier  bemerkt,  dafs  das  jüngst  von  l'aul  Meyer 
(Romania  XVI,  p.  221  ff.)  beschriebene,  dem  Ms.  O.vf  Bodl.  Seiden  supra  38  ver- 
wandte Ms.  Grenoble  1137  die  afrz.  Quelle  der  Kindheit  Jesu  des  Ms.  Laud  108 
zu  enthalten  scheint  und  vielleicht  auch  den  altengl.  Gedichten  über  Leben  Jesu 
und  Marias  und  die  Passion  nahesteht. 


Ui8 


Sermo  iu  festo  Corporis  Cluisti. 


J)e  water  stode  vp  als  a  wall, 
vntill  |)ai  war  past  ouer  all. 
kyng  farao  witli  fiil  gret  bol'te 
pursiicd  {>ain  witli  all  l^i^<  oste,      ■'" 
And  welo  |iai  weiid  Jie  way  to  hcnt 
Als  \)e  cbildor  oway  liad  weut: 

ie  se  closed  and  Jjam  vincast; 
aire  liues  niiglit  no  langer  last. 
are  was  he  aud  liis  inen,^e  drownd,  ■"  • 
And  goddes  folk  past  hale  and  sownd. 
Tn  wildernes  |)an  was  moyses    *•  1'" 
witli  childer  {jatgudhim-selueu  clieCe. 
God  sent  to  I)am  fra  heiiyn  doune 
Als  it  war  flowre  fnl  gretfoysowne;  *'• 
Manna  in  clergi  es  it  cald, 
Angcll  mete  nien  niay  it  bald. 
f)ai'gaderd  it,  and  lifed  ]:)ar-by, 
And  sinned  I  sali  teil  50\v  wliy: 
J)ai  gederd  inore  and  brogbt  to  hend 
|)an  Jiai  bad  niestcr  forto  spend. 
And  if  {jai  samind  it  on  Jie  day, 
0)1  Jie  niorn  wald  it  be  oway, 
And  Jjar-in  wald  be  no  foysowne, 
Bot  turn  in  to  eorrupciowne.         •"''' 
Jiai  niigbt  wele  fe  |ian  by  |)is  tbing : 
God  was  uogbt  paid  of  {)airegedering. 
\ydn  niay  we  se  it  es  ill  störe 
Of  fiir  niokyrers  \^at  bies  more 
Corn  or  ma'lt  f)an  be  bas  nede      öö 
bis  men^e  fully  forto  fede. 
be  bat  byes  corn  so  bere 
And  fernes  it  tili  it  be  dere, 
And  are  will  lat  it  lig  aud  rote 
Or  be  it  do  tili  o\wr  note,  '"''^ 

be  grenes  god,  trewly  to  teil. 
Als  did  ])e  cbilder  of  isn/rl, 
j>at  trowed  nogbt  witb    trew  cutent 
|-)at  fode  luogb  suld  ])aui  be  sent. 
Aud  Jjat  corn  gaders  gude  spede  ''"' 
And  will  Tioglit  part  iu  tyme  of  nede 
vnto  {jaui  j)at  fode  bas  nane, 
Bot  laues  it  to  bini-self  albine, 
(Tul  bard  rekining  ,^eld  sal  be 
At  Jie  donie,  when  be  sali  deined  bo  '" 
|{y-for  goil  J)at  es  bigb  iustife 
Aud    euyu    ddiues-uiau  &  al    riglit- 

wise, 
Aud  bifor  all  bis  saiutes  l'cre 
Aud  bis  augcls  all  iu-tere; 
Jian  sali  bc  wit  how  be  bas  spend  '"' 
AI  {je  gude  \)nt  god  biui  send ! 
ffor  iu  jiis  luauer  sali  god  say 
vnto  nitbinges  on  domes-day: 
^bunger  I  bad  and  tbrist  ful  grele: 
]iou  gaf  me  uo\vJ)er  driuk  ne  niete ;  f^'' 
Aud  lierberles  pou  me  forsoke; 
In  presou  wald  |)^)U  nogbt  nie  loke; 


Xakid  wben  I  was  also, 
witb-owteu  elatb  |ioii  lete  nie  go. 
Jjarfore  now  saltou  weude  to  bell,  '^'> 
Euer-niore  with  deuils  to  dwell.- 
{3an  sal  \)e  siuful  say  in  by: 
„lord,  wben  saw  we  [je  nedv 
And  did  nogbt  als  vs  feil  h>  .b)?" 
{jan  sal  be  answer  I)ani  vnto  !"• 

Aud  say:  „wben  |)at  ,^e  saw  iu  pine 
Any  of  ]je  lest  of  uiyue 
And  belpid  ])ani  nogbt  in  paire  nede, 
vnto  me  did  je  ]jat  ilk  dede." 
|)au     tburgb     dome     be     sal     |janr 
scbeude       ^5 
To  won  iu  wa  witb-owten  ende. 
{jus  on  domesday  {)e  niost  bcthing 
Sali  fall  vnto  {je  bard  nitbiug; 
flbr  {jarcjf  will  {jai  nogbt  {ja//?  scbriue, 
If  {jai  be  nitbinges  al  {)aire  liue,  1'"^ 
Bot  eucr-inore  {jai  answer  {jus  : 
„we  gif  wele  more  |jan  inen  dofe  vs". 
And  fyu  {jai  say  {jat  it  (es)  nane 
To  laue  all  to  {)am-sclf  allane 
And  spare  it  all  vntill  {jai  dy  —  1*^' 
jat  bargau  sali  {)ai  dere  babyl 
jarfore  of  nitbinges  lat  we  be 
And  tili  oure  mater  turn  will  we: 
]\Iore  iu  {jis  tvnie  ,now  will  we  teil 
Of  {je  cbilder'  of  Israel,  HO 

bow  {jai  gaderd  augell  fode 
More  {jau  neded  to  do  {jam  gude. 

}jai  traifted  noglit  in  goddes  grace: 
jar-fore  vnto  {)am  wratli  be  was, 
lie  suHerd  {)ain   peris  ilkaue  H"^ 

And  witb  {laire  enmys  to  be  l'lane ; 
witb  were  be  was  ojjou  {jaiu  wrokeu, 
ffor  {jai  bad  bis  bidiug  Ijrokeu. 
Of  sex  aud  twenty  liuudretb  tliowsand 
{jat  war  {jare  iu  desert  dwelaud,  '-" 
To  {je  laud  of  best  {jare  come  nane  fre 
Bot  anly  Calef  aud  iosue  — 
Aud  of  {ja  twa  come  all  {je  l'treue 
Of  milde  mari,  oure  beuyn-queue.  -- 
Now  in  {)is  werld  wele  may  we  fe  l-'^ 
{)at  lufed  witb  god  wele  more  er  we: 
ilbr  be  sent  {)am  bot  augcls  brede, 
l)at  bot  a  day  wald  stand  in  stede, 
Aud  vntill  vs  bere  bas  be  Cent 
liis  awiu  body,  vcrrayment,  1-^" 

{jat  cuer-more  will  last  vs  iu, 
If  we  be  out  of  dedly  syn. 
Both  liis  verray  Hell'  and  blude 
Gifes  lie  tili  oure  gastly  fode, 
{jat  for  vs  was  pined  tju  a  tre ;     ^'^5 
Ilk  day  oure-self  may  it  le 

S:;    .Ms.    «liiii.      117    Ms.   {jaii. 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


169 


In  faire  fowrom  of  erthly  brede, 
Jjat  für  vs  in  crtli  sufterd  dede 
And  toke  his  haud-werk  ont  of  hell. 
{)arby  a  tale  he(r)  will  I  teil,       1-40 
{)at  wretin  es  in  Jae  legent 
Towcheand  Jjis  haly  sacranient. 

Narracio  de   iudeo   &  xpiauo. 

Sum  tyme,  als  Clerkes  teil  50W  can, 
was  a  iew  and  a  cristen  man ; 
J:»ai  met  togeder  opou  a  day,        H'^ 
And  so  jode  sanien  by  Jje  way. 
And,  als  in  bokes  beres  witues, 
\)e  cristen  man  herd  ring  to  mes. 
he  Said  to  jie  iew :  „habide  me  here, 
Avhils  I  go  mak  my  prayere."       l'^O 
|)e  iew  said:  „I  will  assent." 
\)e  cristen  man  to  kirk  es  went, 
And  made  his  prayers  iuwardly 
vnto  oure  lord  god  al-mighty. 
Jje  iew  {jau  in  |)e  way  liim  lield,!'^"^ 
And  thoglit  his  felaw  ful  lang  dweld; 
l^arfore  vnto  ])e  kirk  he  jede, 
l)reuely  forto  tak  hede 
what  maners  was  Jjam  omaug 
|3at  his  felaw  dweld  so  lang.         1''0 
And  l^an  he  law,   or  euer  he  leuid, 
J)e  prist  bald  vp  ouer  his  henid 
A  knaue-childe,  with  wowndes  foi'e 
Tu  fete  and  heud ;  ,yt  law  he  more 
|)at  pare  was  now|)er  wife  ue  mau  !''■"' 
()f  ^am  |)at  in  Jje  kirk  was  {)au 
})at  f)ai  ne  kneled  and  held  vp  Jiaire 

hend ; 
And  fra  l>e  child  {jau  saw  he  wend 
To  ilk  mau  swilk  a  child  to  sight, 
And  euvn  bitwene  J)aire  handes   it 

light._  1™ 

fje  iew  biheld  Jjan  to  Jie  priste 
Bygan  to  vse  Jje  ewkariste, 
he  saw  him  ctt  Jse  saiue  childe 
]iat  he  bitwix  (his)  handes  bilde; 
And  ou  J)e  samewise  thoght  him  Jiare 
Did  all  \mt  in  ]ie  kirk  wäre. 
J)e  iew  ])au  went  and  stode  {)at  tide 
whare  his  felow  bad  him  abide; 
Aud  vnto  him-self  said  he  Jjau: 
.,A  lathly  life  ledes  cristen  meu!"  1^'^ 
J)e  cristen  mau,  when  mes  was  doue, 
Come  vnto  J)e  iew  füll  föne. 
J»e  iew  said:    „how  fars  J)ou  now?"' 
|)e  toJ)er  said :  „better  Jjau  ]i:)ou. 
ffor  I  haue  feue  my  sauiowre,      i^-'» 
vnto  wham  be  euer  houowre; 
And  sen  Jiat  I  haue  seiie  ]5at  sight, 
All  |ie  day  T  am   uinre  light." 


|ie  iew  said :  „so  niot  T  the, 
]n  wombe  aght  wele  füll  to  be!  l-'O 
ffor,  and  I  might  so  mekill  ette, 
])ir  thre  daies  suld  I  ett  uo  niete." 
])e  cristen  man  ])an   said  ful  right: 
„|iis  day  come  uo  mete  in  my  sight; 
Als  fer  als  I  on  may  thiuk,         l-'"' 
Jiis  day  I  saw  uo  mete  ne  driuk." 
\)e  iew  said:  „for  schäme,  lat  be! 
I  saw  both  oJ)er  men  and  |ie 
llkoue  bald  a  child  bh)dy 
Aud  ett  it  sejjiu,  sekerly.  ^m» 

And  sertes,  me  thiuk  by  I>is  scill 
A  lathly  life  ^e  gif  gow  tili!" 
])e  cristen  man  l^au  wex  all  wrath, 
And  said :  „|)ou  lies,  with-owten  atli. 
gowre  law  es  fals  aud  so  er  3c,    20s 
^e  will  nught  leue  bot  f)at  36  se. 
Jjarfore  fare  furth,  opon  Jdc  fy! 
I  will  nomore  f)i  cumpauy." 
|)e  iew  said :  „felaw,  greue  ]je  noght 
Al-if  me  here-of  wonder  thoght !  210 
Bot  teil  nie  by  sum  graither  i^reue 
how  I  might  |)e  sertayn  leue." 
'pe  cristen  man  said :  „{)is  es  {je  skill 
jat  god  of  heuyu  noght  sufler  will 
)at  pi  sinful  eghen  seghe  215 

)e  sacrament  {lat  es  so  heghe; 
le  wald  noght  schew  f)e  in  fiat  stede 
how  his  body  es  hid  in  brede: 
\n  kiu  him  flogh  ogains  {le  law 
ffor-|)i  |)ou  him  al  blody  saw. 
And  so  sali  all  })i  kiu  him  se 
At  l^e dome  when  {jai  sal  dampned  be." 
Ipe  iew  said :  „felow,  I  prai  I^e  f)an 
J)at  I  war  made  a  cristen  mau." 
jjan  was  he  cristeud  als  I  teil,  22-> 
Thurgh  {jis  miracle   Jjat  |5us  liyfell. 

Exemplum  per  speculum. 

A  faire  eusample  may  meu  se 
Of  goddes  body,  how  it  may  be 
In  diners  pr/rcels  parted  here 
Aud  ilkaue  he  goddes  Ixuly  entere ; 2 ''i' 
Aud  how  I)at  of  ane  eucharist, 
[)at  sakerd  es  Jie  cors  of  crist, 
A  huudreth  meu  may  hauejjairedale, 
And  ilkoue  haue  cristes  body  hale  — 
J)at  may  meu  by  eusawmple  here.  2"''> 
Bihald  {)i-self  in  a  Ichewere: 
{jou  sese  bot  a  face,  more  ue  les, 
whils  \)e  glas  vubrokeu  es. 
Breke  Jian  [le  glas  iu  two  or  thre: 
And  so  niauy  faces  sali  J)ou  se;240 
Breke  in  a  huudreth   |u'ces  \n-  glacv- 
And  J)ou  sali  sc  a  huudreth  face. 


220 


170 


Sermo  in  festo  Corporis  Cliristi. 


And  if  bat  [)e  glas  all  hale  wäre, 
A  face  pou  suld  fe  and  nomare. 
So  J)e  sacrament  of  goddes  body  245 
May  be  departed  in  sere  party, 
And  in  ilk  part  all  hale  es  he, 
All-if  it  neuer  so  litill  be.  — 
Alfo  jit,  J)at  \)e  sacrament 
Es  ordand  all  by  trew  entent,      250 

at  may  ilk  man  him-seluen  se 

y  J^e  making  of  J^e  vble. 
By  seuyn  feiles  it  es  made  euyu, 
To  stroy  {)e  dedl.y  sines  seuyn. 
|)e  eukarist  aw  to  be  white,  255 

fforto  destroy  flefly  delite 
And  alkins  lust  of  lichery, 
{)at  blac  es  euer  and  ful  vgly. 
Thin  aw  it  to  be  al-gate, 
Glotony  forto  abate;  2i)0 

ffor  Jjai  couait  J)at  glotons  es 
Of  niete  and  drink  ay  mekelnes. 
Rownd  it  es  and  light  to  thraw, 
( )gains  i'lewth,  Jjat  makes  men  f  law. 
And  it  es  made  with-owten  leuaine,2i")5 
wreth  and  euuy  to  stand  againe; 
flbr  enuy  bolnes  maus  hert 
when  he  feie  oj^er  men  in  quert. 
It  es  also  with-owten  bran, 
And,  als  [m  Clerkes  declare  it  kan,  270 
'  at  es  ogaines  couatife, 

at  rekkes  neuer  on  whatkin  wise 
)at  he  may  reches  vnderfang, 
Be  it  right  or  be  it  wrang. 
Also  it  es  litill  and  clene,  275 

Ogaius  pride,  ])at  euer  es  kene 
And  coualtes  to  be  gretc  and  feil, 
Als  hu'ifer,  J)at  went  to  hell 
And  feil  for  pride  fra  \>e  blis  of  heuy n. 
])e  brede  ]ius  es  ordand  by  feuyn  280 
])roper  skils  forto  reherce 
Als  funden  es  here  in  {)is  vers: 

Candida,  triticia,  tcnuis,  non  ma- 
ijna,  rofiiufla, 

Ex-pers  fnimcnti,  non  inirta  sit 
Ji Ostia  xpi.  — 

And  when  crist  made  ]>is  sacrament? 
|)at  sal  we  trow  with  trew  entent, 
fful  light  it  es  in  faith  to  feie,     285 
(Vor  ilka  cristen  man  wate  wele 
how  jiat  crist  sat  at  bis  sopere 
wlien  f>at  bis  passiown  neghed  nere, 
And  tili  Ins  appostels  gan  he  bid 
llbrto  do  als  he  I>an  did.  2'.to 

And  how  he  did,  wele  find  men  may 
In  ]ie  ])assi(>n  on  gude  friday; 

■2ÖÖ   I.  .-kilb   .St.    Iflk-si' 


he  Said :  „on  \>h  wise  sali  5e  do, 
ffor  I  most  wende  my  fader  vnto; 
J)us  sal  5e  do  in  mynde  of  me     295 
Als  oft  as  it  done  sal  be." 
J)us  of  {)e  appostels  |)at  god  sent 
Toke  haly  kirk  ]>h  sacrament.  — 

Et  dicitur  sacramentum  Nota 

Quasi  saere  rei  signiim. 
Et  dicitur  eukaristia 
Quasi  bona  graeia. 

|je  first  tels  with  trew  entent: 
A  haly  signe  es  sacrament.  300 

And  noght  eis  menes  {)e  eukarist 
Bot  gude  grace,  cumen  of  crist. 
wele  may  we  fe  it  es  gude  grace 
{)at  keper  es  in  cristes  place! 
And  grace  es  niore  worthi  ])an  kinde, 
Als  cristen  men  may  haue  in  minde. 
Men  aw  to  be  in  clene  entent 
{)at  sali  resayue  Jns  sacrament, 
ffor  Saint  paule  sais,  &  se  men  may 
In  Jie  pystell  of  Jms  day:  3lo 

\)i\i  what  man  so  with  euill  mode 
Resaiues  goddes  flell'  and  bis  binde, 
he  cums  to  bis  confusiowne 
And  resayues  bis  dampnacioune. 
|)arfore    saint     paule,     ane    of    j)e 
twelue,       315 
Sais  I)at  a  man  here  demes  him-selue 
And  of  damjmacion  takcs  bis  dome, 
vnclene  to  goddes  burd  and  he  come. 
jNIan  Jjat  dose  so,  wha-euer  he  be. 
Sali  he  neuer-more  denied  be;     320 
ffor  bis  awin  dome  wha-so  will  take, 
what  oJxT  dorne  suld  god  bim  make? 
[larfore  suld  na  man  rcklesly 
wend  to  resayue  |)at  blisced  body, 
Jiat  hfe  es,  if  J^ai  wele  it  ta,        325 
And  ded  to  I^am  [jat  dose  noght  swa. 
And  Jiarofe  here  we  saint  mark  '  say 
In  J>e  godspell  of  bis  day, 
whare  we  nuiy  find  wretin  J)us: 
To  bis  dcscipies  said  ihesus  3-30 

And  also  to  {le  iewes  in-fere, 
Telland  to  Jjam  on  Jns  manere: 

E  u  a  n  g  e  1  i  u  m    s  f  c  ?/ »  d  u  m  ^I  a  r  - 
cum. ' 

Caro   mea  uere  est  cibus, 
&    sanguis    meus    uere    est 
potiis: 

„i\Iy  fielV",  he  said,  „es  brede  of  life 
And  verray  mete  to  man  and  wife, 


'   CS  ist  .luliaii.   0,   .jü  —  j'J. 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


171 


And  niy  blude  es  drink  verray    •^>''''' 
To  all  jiat  lifes  in  cristen  lay. 
Wha  ettes  my  flell"  and  driukes  my 

blude, 
In   me   he  dwelles   with    mayne  & 

mode, 
And  I  in  him  am  ay  dwelland, 
whils     he    in     stabill    trowth    will 

Stande.       340 
And  als  my  fader,  lifand  in  blis, 
has  sent  me,  forto  mend  jowre  mis, 
And  als  he  lifes  in  lith  and  lim, 
So  lif  1  for  l)c  Inf  of  him ; 
And  he  J^at  ettes  my  body  fre,    345 
he  sali  ay  lif  thurgh  might  of  me. 
I^is  es  |)e  brede  with-owten  ende 
|)at  fra  J)e  hegh  of  heuern  descend ; 
Xoght  like  to  manna  |3at  doun  feil 
vnto  l>e  childer  of  Israel,  S'O 

ffor  {)arof  ette  jDai  in  Jjat  stede 
And  neuer-|je-lese  jit  war  Jiai  dede. 
he  J)at  {)is  brede  ettes  worthily, 
he  sali  ay  lif  and  neuer  dy"  — 
Gastly  life  ay  sali  he  haue,  355 

And  in  heuyn  sali  his  saul  be  laue. 
Crist  grante  vs  for  his  moder  sake 
])at  worthily  we  may  it  take. 
^lore  of  Jjis  mete  we  may  here  teil 
how  |3at  Saint  John  in  his  godspell  360 
Sais:  bot  if  we  ett  cristes  brede 
Aud    drink   his    blude,    oure    liues 

er  ded.  — 
All-if  it  here  be  pwrted  in  fmale, 
Crist  cors  in  heuyn  it  es  all  hale, 
And  euer  with-owteu  end  sali  last.  3^5 
|)us  aw  oure  trowth  to  be  stedfast  — 
ffor  no  man  may  here  serue  crist, 
Bot  if  his  trowth  to  him  be  trist. 

Oculus  fidei  acutus  et: 
Quia  iniiisibilia  consincit: 

])e  eghe  of  faith  es  scharp  and  kene, 
It  sese  l^at  may  noght  here  be  fene.  3T0 
J)arfore  vs  aw  to  trow  and  wirk 
Efter  kening  of  haly  kirk, 
ffor  J)at  es  here  {)e  fastest  fay, 
And  vnto  heuyn  J)e  rediest  way.  — 
More  will  I  teil  jit  in  \A&  stede  375 
how  ]iat  meu  ettes  angel  brede. 
J)is  blisced  brede  may  neuer  be  speud, 
ffor  god  him-self  hider  has  it  send 
ffra  pe  fende  man  saul  to  fend 
And  giff  f)am  blis  with-owten  ende.  3S0 
In  J)e  bigining  was  ordand 
A  custum  in  ilk  cristen  land : 
Jjat  men  and  wemen  more  &  les 
Suld  ilka  sundav  efter  mell' 


Be  howfeld  all  with  gude  entent3S5 
And  resaiue  |)is  ilk  sacrament. 
Se{)en  was  J)at  custu«*  casten  doun, 
I  sali  jow  teil  by  what  chesoune. 
ffor  folk  war  howsild  so  comunly, 
Jjai  toke  {^e  les  reward  {^arby,      390 
Ne  Jjam-self  Jjai  wald  noght  gerne 
Als  to  f)e  sacrament  suld  feme. 
Anoper  was,  for  men  wex  irk 
with  grete  trauail  in  hall  kirk, 
Aud   \>i\t  uoue  wise  J)ai  might  for- 
sake  395 

In  tyme  wheu  folk  suld  howsil  take. 
{jarfore  Jje  pape  on  {dIs  manere 
Ordand:  J^at  thrise  in  {je  jere 
Suld  men  refaiue  Jjat  blisced  brede 
Thurgh  cristen  land  in  ilka  stede ;  't'"' 
Aud  who  did  noght  anes  at  ]je  leste, 
he  sali  be  halden  bot  als  a  beste, 
Aud  he  sal  noght,  whe(u)  he  es  ded, 
haue  his  beriel  in  haly  stede. 
jarfore  pray  we  god  in-wardly    '^05 
jat  we  in  werk  may  be  worthy 
"tat  brede  enterely  forto  take, 
Sen  it  may  all  oure  sorows  slake. 
Aud  by  J)is  brede  now  will  I  teil 
Aue  ensaumple  {)at  sum  tyme  feil.  'ilO 

Narracio  de  presbitero. 

A   prest  sum  tyme  in  iwgland 
In  a  cete  was  wonand ; 
he  had  noght  led,  als  sum  men  tolde, 
his  life  als  clenly  als  he  Ibldc: 
A  grete  ouil  god  to  him  Icnd,      ^^^ 
ffor  })at  he  fuld  his  mis  ameud. 
And  als  he  lay  opon  a  night, 
God  of  heuyu  him  schewed  ])is  sight : 
A  child  him  thoght  he  faw  and  herd, 
l^at  asked  him  how  f)at  he  f erd ;  ^-" 
A  panier  in  his  band  he  broght 
fful  of  brenaud  oblis,  als  him  thoght. 
I)e  prest  I)an  asked:  ^wha  ertow? 
And  what  es  j)at  ])ou  bringes  now  ?"_ 
he  said:  ^I  am  goddos  messangere,-!-'^ 
And  lo,  oblis  I  bring  {je  here; 
})us  many  vnworthi  has  |)()U  taue 
At  \n  nies  bi  \w  allane. 
And  if  |)ou  will  noght  leue  me, 
Schew  furth    In  band   and   {lou  sal 
se."  •*3" 

|je  prest  ])ut  liirth  his  band  ououe, 
And  \>Q  dulde  has  ane  vble  tone 
(^f  bam  |iat  semid  so  brinand. 
And  put  it  in  Jie  prestes  band. 
Whcu  it  was  laid  m  a  momeut,  '•'•' 
A  hole  thurgh-out  {x-  band  it  brent. 


172 


Sfermo  in  festo  Corporis  Christi. 


Jio  cliilde  [)an  went  oway  iu  liy, 
And  \)e  prcst  bigan  to  cry. 
Ofjer  nien  \)au  come  him  to 
And  Rsked  wlii  Jiat  he  fore  so.     440 
^Lo,"  he  Said,  „how  I  am  dight! 
wha  saw  euer  swilk  a  sight?" 
A  hole  in  liis  hand  might  mcn  se 
Als  brade  als  was  |je  vble. 
J)e  jircst  {)an  wele  amendid  es,     -145 
And  efterward  sang  mauy  mes, 
And  Jie  hole  euer  in  bis  hand, 
bat  nieu  J)e  suth  niight  vnderstaud. 
ne  serued  god  in  word  and  dede, 
And  se{)in  bis  sawl  to  heuyn  ^ede.  '^^^ 
I  bald,  J^e  niau  es  niore  \)nn  niad 
Jiat  ettes  Jjis  brede  and  es  uoght  rad 
ffor  vengance  of  god  and  for  wrake, 
If  he  vnworthily  it  take!  — 
Wrogbt  it  was  thurgh  goddes  worde 
])at  he  Said  at  bis  awin  bürde. 
|je  same  niight  bas  ilka  prest : 
To  turn  f)e  brede  tili  {>e  cors  of  crist, 
And  forto  turn  wine  in  to  binde, 
J)e  same  \>at  was  sched  ou  Jje  rode,  -loo 
Cri.st  blisced   ]3e  brede,  als   sais   J)e 

boke. 
And  tili  bis  appostels  he  it  toke. 
And  said  to  f>am  on  Jjis  mancre: 
„t)is  es  my  flell"  I  gif  gow  here." 
And  efter  he  toke  {)e  chalis,        -465 
And  on  Jie  same  wise  gan  it  blis. 
And  said  to  f)am  witli   mild  mode: 
„Drinkes  of  fis,  it  es  my  binde. 
And  als  oft-tymes  als  ^e  it  take, 
Mynde  of  nie  luke  J)at  ße  make!"  470 
J)us  ordand  crist  J^is  sacrament. 
.\nd  when  he  vuto  benyn  was  went, 
]iai  did  messes  als  he  euniand, 
Als  }iai  went  in  ilka  land. 
And  when  petcr  was  pape  of  rome,4''' 
Chef  cownsailoure  of  eristeudome, 
Ne  al  l>e  ojjer,  whare  jiai  Icnd, 
Said  namore  \)im  crist  liad  keiid ; 
Ne  did  |jarto  none  o|ier  tbing, 
when  jjai  suld  {>aire  messes  sing,  4*'^' 
Bot  Jjc  pater  noster  gan  {)ai  say, 
Als  crist  had  cumand  jiaim  to  pray. 
J>ai  had  noght  eis  bot  brede  and  wine, 
And  goddes  wordes  ^ude  and  fyne. 
vestimentes  none  bau  jiai  485 

Bot  als  jiai  werid  ilka  day, 
And  vellels  ])at  of  tre  war  made  — 
None  oJjer  cbalifes  J^an  })ai  bade. 

})an  efterward  J)c  jiape  vrban, 
)at  was  balden  a  haly  man,         490 
( »rdaiiid  j»at  j)e  chalis  sulde 
Be  made  of  silucr  oJjer  eis  of  guldc, 


with  a  patene,  to  hill  ouer  all, 

Ordand  of  {je  same  metall. 

])e  pape  celestiene  allwa  49.") 

Ordand  a  saline  hat  Jitdica 

|)at  ilk  prest  Jiat  ordand  es 

Sal  say  bifor  he  go  to  mes. 

f)e  pape  siluester  toke  out  of  grew 

])e  nien  kyries,  als  Clerkes  knew;  500 

Jie  angell  sang  he  did  jiar-to 

Gloria  in  excelsis  deo. 

Saint  hillary  |ian,  als  men  hers, 

Erchebisschop  was  of  paters, 

All  Jie  remnand  ordand  he  ^'^^-^ 

J)at  we  sing  fra  laudamus  te. 

pan  by  Jie  pape  it  ordand  es 

To  sing  {lat  (iloria  at  {le  mes; 

It  co^H'ermed  pajie  tellophorus, 

And  sej)in  so  did  pape  ciuacus.  ^'f 

Pape  alisander  ordand  rath 

]ie  pistell  and  \)C  godspell  bath. 

By  ierom  and  ambrt)se  ordaind  es 

To  sing  Jie  graell  at  \:>e  mes. 

It  coniermecl  pape  gregori,  ^^^ 

And  made  Jsarto  [>e  oflertory. 

J)an  {le  pape  anastacius, 

In  his  tyme  he  ordand  {)us : 

\)at  men  suld  stand,  was  his  biding, 

whils  {le  godspell  Mas  in  rcding.  ^-'^ 

f)e  twelue  appastels  made  f)e  crede: 

To  sing  it  damacius  \^e  pape  bede. 

Pape  steuen  and  pape  dement, 

jjai  ordand  jae  vestiment. 

Pape  siluester  ordand  j^e  corporas,'^'^' 

In  tokining  I)at  goddes  Ijody  was 

In  clene  clathes  lapped  and  laid 

when  it  in  Jie  graue  was  graid. 

J)an  ])e  pape  Leones 

Ordand  \)c  preface  at  ])e  mes.      530 

Pape  alisauder  ordand  sine 

To  do  iu  chalis  water  and  wine, 

In  takin  {lat  botli  water  and  binde 

Come  fra  crist  side  on  {je  rode; 

je  binde  es  tokiu  {lat  he  vs  bo^ht,  •'"'55 

)e  water  wassches    all  euill  tnoght. 

jau  ordand  {je  j)ape  Situs, 

Thrise  {lat  men  suld  say  sanctus. 

Jelasius  made  {je  canon  right. 

And  c/-/st  {>e  pater  noster  dight.  540 

\nd  how  {lat  jiraier  ordand  was, 

jat  sali  I  teil  jow  or  I  pas. 

lis  defciitles  said  on  a  day : 

„lord,     teil     tili     vs    what     we    sal 

]iray." 
And  Saint. Ion  sais  be  bad  {)ani  bid  5I'> 
{)e  pater  noster,  and  it  vndid, 

öO'.i  {);iu  .s(.  {)at  y     ä'J7  Ms.  was  lai)ije(3. 


Sermo  in  festo  Corporis  Cliristi. 


17:? 


liow  Jjat  it  es  ordand  euyn 
tforte  destroy  {je  siues  seuyii. 
if'or  seuyii  askius  er  f)ar-iu. 
And  ilkone  niay  for-do  a  syn       -"'''^ 
If  it  be  Said  in  giide  degre 
And  cleue  Life  als  it  a\v  to  be; 
Eis  prayes  a  man  him-self  ogayne, 
And  all  bis  trauail  es  iu  vaine. 
Pajie  Innoeeiit  \mn  uext  folowand,  •">''■"' 
Fax  do7»/ui  |)an  he  ordand, 
ftbr  I)at  ilk  man  suld  kis  of^er 
And    bald    |)am    liertly     als    [)aire 

broj^er, 
In  takining  Jjat  god  ordand  pefe 
r.y  t\\ix  bim  and  man,  uener  to  Tele.  ■"''(' 
Jx;  last  word  [lan  of  J)e  fest 
Es  Said  [ms:  Ite  missa  est, 
I:)at  es  to  say  ,,uow  es  it  seut 
To  beuyu  for  vs,  ]jis  sacramont." 

Adhuc  de  canone  misse. 

IN  l>e  cauon  aw  neiiyued  to  be  •"''''•' 
ifirst  mari,  cristes  moder  fre: 
ifor  (of)  hir,  maiden  milde  of  mode, 
Toke  be  Iwt  blisced  flell'  and  binde, 
l^at  same  flell'  jjat  suflerd  dede 
And  J>at  es  uanied  ay-lastand  brede. 
[le  twehie  appostels  [)an  ueiund  eri-, 
llbr  |)ai  p/vebid  both  nere  and  ferr 
\)e  trowtb  als  be  bad  preehed  playne. 
And  for  bis  sake  sej)iu  war  |)ai  slaine. 
Jie  ajjostelis  of  crist  war  seut,      5"-'^ 
And  martires,  wlien  |iai  war  went, 
witnest  J^aire  werkes  fer  and  nere; 
{jarfore  all  done  to  ded  J)ai  were. 
Jhes».s  died  for  Inf  of  vs, 
And  Jjai  died  for  Inf  of  ibPö7/s,    •'"'''" 
witb  mekill  dole  and  diuers  ded, 
ffor  |)ai  bare  witnes  of  |3is  brede. 
Peter,  Andrew,  and  jjbilip,  find  we, 
war  banged  on  l^e  cros  all  tbre; 
Panl,  more  James,  and  Matbew  •''*•'' 
war  beuidded,  and  also  bertilmew, 

f)at  bere  was  a  fnl  baly  man, 
16  was  Hain  qnik  and  beuidded  Jjan ; 
Simon,  and  Judas  tbadeus. 
And  les  James,  Jjai  died  {)us,       •''^•"' 
Als  it  es  witb  Clerkes  knawen  : 
Jjaire  sins  war  fra  ])aire  body  drawen. 
And  Saint  Jon  {je  euangelist, 
{)at  cosin  was  to  ibesu  crist, 
in  a  tonn  ful  lang  be  dweld        •'^9''* 
And  briuand  ole  {jai  on  bim  held ; 
venim  be  drank  and  dered  bim  noght. 
And  sejjin  he  died  when  god  gude 
thoght. 


Saint  thomas  {)at  es  named  of  yndc, 
be  was  tlinrgb-stiked,  als  t'olk  mav 

finde.  '■'■« 

{jan  in  {)e  canon  neuind  es 
Twelue  {)at  war  trew  martires 
And  died  all  witb  sorowis  sere. 
And  sum  papes   and  snm  l)ill'cb()|is 

were, 
Sum  dekines  {jat  suld  be  prest,  ''''•'' 
And   sum   lawd   mon    |)at   lifed    on 

crist ; 
And  all  {jir  marters  more  and  les 
Of  {ms  ilk  brede  {)ai  bare  witnes. 
Saint  leo,  clemens,  and  cletus, 
Sixtus,  and  Cornelius,  ^'i<) 

AI  {)ir  war  papes,  and  sufferd  ded 
ftbr  {)ai  bare  witnes  of  {)is  brede; 
Cipriau  was  bisschop  of  cartaginns; 
Dekens  war  steuen   and  laurcncius, 
And  vincent  was  a  dekiu  of  luiglites; 
Grisogon,  Jon  and  panl  war  kuigbtes ; 
Saint  Cosma  and  saint  damiane 
{jai  war  lecbis  by  {lam  allaue. 
Katerine,  3Iergarete,  and  agacc, 
{>ai  died  all  for  |)is  brede  of  grace ; '"' '" 
j)arfore  es  reson  {lat  {)ai  tbrc 
Xeuynd  in  {jc  canon   be. 
AI  toke  {)ir  ded  witb  gude  cnlciit 
ttbrto  maynteue  {lis  sacrament, 
{)at  named  es  bere  angell  l)rede  •>-'' 
And  saues  man  fro  endles  dede 
And  bringes  him  to  {je  blis  of  heuyn, 
wbare  more  ioy  es   {)an   men   may 

neuyn. 
{je  sigbt  of  god  {jare  sal  {jam  fede, 
And  bis  lightnes  sali  be  {laire  wcde, 
And  werk  {jat  {jai  sali  wirk  ilkane 
Sali  be  loueing  of  god  allane. 
God  grant  vs  iu  {jat  blis  to  ])ilde, 
Tburgh  prayers  of  bis  moder  milde. 

De    indulgeuciis    inde    con- 
cessis. 

Grefe  nowmber  of  jv^/'dcjji  granted  es 
vnto  all  folk,  both  more  and  les, 
{jat  {jis  seruis  will  say  or  here 
And  als  it  fals  iu  ilka  ,^ere, 
{jat  es  {je  next  thursday  to  se 
Efter  {je  fest  of  {je  trinite.  »J*" 

{je  pape  vrbau  ordand  {jis  fest, 
ftbr  cristeu  men  both  nu)st  »S:  lest 
Suld  in  {jat  tyme  witb  gude  entent 
honore  {)is  haly  sacrament. 


038  Ms.  Alis  .St.  Aud. 


174  Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 

he  granted  to  all  mon  at  |ic  mes  •''■*>'>  Aud  foui-ty  at  pe  cuinplin  clere  6'>5 

A  huudreth  daies  of  forgifnes;  vnto  all  mon  {)at  it  will  here. 

Aud  at  \)e  niatins  wlio  wähl  be,  Aud  forjjerniare  if,  incn  will  luke, 

A  huu<lr('th  daies  haue  siild  he;  f)is  same  p^/rdoue  es  all  |)e  woke 

Aud  at  |)C  first  euiu-sang  byfore  To  {)ani  pat  cums  witli  gude  eutent, 

A  huudreth  daies  by  I)e  lex  Icore; ''='>t^  vutill  {je  vtas  be  all  weut.  ^'»'J 

And  for  ilk  oure  he  vo\vehed-faue  God  graut  vs  so,  wliils  wo  lif  here, 

llburty  dais  \y.\t  men  suhl  haue;  \)\s  seruise  forto  say  or  here, 

Aud  to  |>e  euiusaug  folowaud  jjat  we  uiay  with  [mt  pardou  leud 

A  huudreth  daies  he  cumand ;  In  lifo  |xit  lastes  with-owteu  eud. 


2  a)  Ms.  Dd   1,   1   Cambr.  Univ.   Libr. 
fol.   32  b. 

In  notiiine  sum?»i  saluatoris,  glo- 
riosissimi  subliniis  creatoris,  indiui- 
due  omuipotentis  iueffabilistrinitatis, 
inco«ipreheusibilis  et  inco»;auutabi- 
lis,  veri  dei  &  hominis,  nosh'i  pr/u- 
cipii,  ])rogredit?«-  exordiu?»:  veri 
vbi  Christus  est  fundameutu»?,  uul- 
luw  boni  operis  sup^/'est  edificiu/// : 
patebu»t  ling«a  materna,  dei  me- 
tiiante  gr«c?a. 

Panem  augeloru«?  manducauit 
homo:  Dauid  in  psalmo. 

In  |ie  name  of  oure  souereyn  sauyour, 
Jjat  is  al  weldiuge  creatour, 
\>e  heye  holi  trenyte, 
per  o  god  is  &  pcrsonis  .iij., 
Bobe  veri  god  aud  mau,  ^' 

&  pe  holi  gost,  alle  .iij.  bat  au, 
be  a-mong  vs  in  his  gv«ce  to  woue, 
to  helpe  l>e  speche  Jjr/t  is  here  be- 

gu»ne. 
aud  if  per  eny  mau  be  here 
\)at  of  his  beleue  ha})  ben  in  a  Avere  1" 
or  ha|)  errid  her-be-fore, 
wher-bi  his  soule  myhte  be  lore, 
swich  \\ord  he  mote  now  here 
to  sauen  him  fro  helle-fere ; 
and  alle  \)at  ben  in  riht  fay,         15 
J)at  Jjei  mote  hold  {)e  saf  way. 
aud  |)er-for  beseke  we  him 
J)crt  may  sauen  eueri  lyme, 
to-berste,  to-bete  bon  &  feile, 
to  saue  vs  fro  pe  fire  of  helle;      20 
aud  pis  day  lete  his  bodi  be  borejl^-^sj 
to  techiu  vs  pe  riht  wey  before, 
and  pf/t  he  to  vs  take  hede 
&  send  vs  ping  pat  we  hau  nede. 
ffor  as  1  seyde  beforu  in  latyu      ^ 
prtt  no  werk  hap  no  good  fyn, 
It  is  nouht  worth,  vcrament, 
l^ut  if  crist  be  pe  fundamcnt: 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


175 


{jer-for  wile  we  him  besecLe 

\)at  he  be  fou^der  of  eure  speche,  3« 

aud  l>at  it  eude  iu  his  uame, 

&  J)«t  |)e  foule  feud  it  schäme, 

aud  p>-ofite  to  oure  soulis  alle, 

Jjf/t  uou  in  mysbeleue  ue  falle. 

J)er-for  alle  [lat  ben  here,  35 

preyth  for  me  sum  preyere, 

ffor  ilu'su  cristis  owue  loue, 

&  also  for  joure  owu  behoue. 

^e  lewid  meu,  taki{)  liede  — 

for  J)e  clerkis  hau  uo  uede  40 

])at  I  hem  o}iene  J)is  latyu, 

for  Jjei  it  kuowe  wel  &  fyu; 

Ifor  holi  chirche  it  siugi})  meste, 

nameliche  iu  f)is  newe  feste. 

But  uertheles  it  is  ful  old  i^ 

I>rtt  dauid  iu  |)e  sawterr  told: 

for  J)is  it  is  \)at  dauid  seyde: 

Jjat  Mau  eti}>  au^gelis  l^rede. 

&  [mt  is  soth,  for  so  it  wes 

iu  tyme  of  Jie  prophete  moyses.    ^^ 

he  was  iu  Egipte  iu  gret  truage, 

&  goddis  folk  iu  foul  seruage, 

A'uder  Jie  kiug  pharao 

|)er  Avas  a  J^ousaud  meu  &  mo. 

louge  it  were  al  to  teile ;  55 

but  atte  laste  J^us  it  befeile 

\wt  god  ue  wold  suffreu  it  uo  more 

his  owue  folk  iu  thraldom  thore, 

aud  god  bad  moyses  he  schuld  fle 

wi[)  his  folk  |jorw  |3e  rede  se.        ''•' 

aud  whau  moyses  to  Jje  se  com, 

al  drye  his  folk  wi}?  him  he  uom : 

J)e  se  stod  vpriht  as  a  walle, 

til  J)ei  were  passid  alle. 

kiug  pharao  him  suyd  faste  '35 

wi|3  al  his  meyue,  &  al  iu  haste; 

aud    whau   J)ei   were   alle    iu  Jdc   se 

wi|")-iu, 
God  turuid  liire  streugj^e  al  agen, 
so  jDat  goddis  folk  was  al  ouer  weut 
&  pharao  Si  hise  were  alle  scheut.  "0 
Iu  J)is  place  it  may  ben  seyde  [f-33i)i 
])at  mau  ete  au^gelis  brecle: 
Jje  tyme  |3«t  moyses  lad  Jjus 
his  gret  ost  iu  wilderues, 
God  fro  heueue  lete  reyue  adou//  " 
as  it  Avere  a  flour,  gret  foysou;?, 
Manna,  so  it  is  wrete, 
&  it  is  seyd  au^^gelis  mete. 
Jjei  it  gaderid,  &  lyuid  jjcr-bi, 
&  synuyd  sore,  I  wile  teile  50W  whi :  ^0 
jDei  gaderid  mor  of  bred 
I^an  eueri  day  {)ei  had  to  ued; 
aud  it  wolde  not  beu  on  morwe 
for  to  kepe  ne  for  to  borwe. 


2  b)    Ms.   Veriiou  f.   CXCV. 

I.   De  festo  corpori.s  xpi. 

^E  lewede  Meu,  takej)  hede  — 
ffor  {jeos  Clerkes  haji  ut)u  uede 
[)at  I  hem  opene  {ns  latyn, 
ffor  heo  hit  conue  wel  a-fyu; 
Hbr  holy  Churclie  hit  siugcjj  moste,  5 
Nomeliclie  of  J)is  uewe  feste. 
Ac  no[)eles  hit  is  ful  olde 
I:)at  Dauid  iu  {je  pfauter  tolde: 
ffor  Jjis  is  1)6  latyn  J^at  Dauid  sede : 
I)at  Mon  ete  Angeles  Brede.  i** 

Aud  {)at  is  so|>,  for  so  hit  wes. 
J)e  tyme  of  J)e  prophete  Äloyses 
Avas  iu  Egipte  iu  gret  truage  (!) 
Aud  godus  folk  in  foul  seruage, 
Vnder  {le  kyug  Pharaou  i'' 

J^er  was  mony  a  {jousund  mon. 
Longe  hit  were  al  to  teile ; 
But  atte  laste  hit  [ms  bifeile 
I^at  god  uolde  solf're  hit  uo  more 
his  owue  folk  iu  {iraldaui  wore,    2i) 
And  god  bad  Moyses  he  scliolde  fle 
wifi  his  folk  Jjorwh  J)e  Eede  se6. 

I^o  Moyses  to  {)e  see  com, 
AI  druye  his  folk  wij)  hym  he  nom  : 
I^e  s^e  stod  vp  riht  as  a  wal,        --j 
Til  Jjci  weore  I-passed  al. 

Kyug  Pharao  him  suwed  faste 
AnJ)  his  Chares  aud  his  hoste; 
Aud  whou  J)ei  weore  alle  in  J)e  see, 

God  torued  heore  streugl^e  a-je,    30 

So  pat  J)ei  were  ouer-seyut, 

Aud  he  and  alle  hise  weren  i-dreyut. 

Iu  J)is  place  hit  mai  beo  sede 
3at  mon  ete  Augeies  brede: 
)at  tyme  J^at  Moyses  ladde  {jus    •'•''' 
lis  grete  host  In  wilderuus, 
God  dude  lete  reyue  adouu 
As  hit  were  flour  gret  foysun, 
Manna,  so  hit  is  I-write, 
And  is  I-clept  Angeles  Mete.        -^^ 
heo  hit  gedrede,  aud  liuedeu  Jjerbi, 
Aud  su;?ged  sore,  I  wol  teile  ou  whi : 
{)ei  gederde  more,  for  drede  of  brede, 
Jien  vche  day  {sei  hedde  to  uede; 
And  liit  uolde  not  beu  ou  Morwe  ^J 
flbrte  kepe  ue  for  to  Borwe, 


IT«; 


Sermo  in  festo  Corporis  Cliristi. 


I  holde  {lis  a  badde  stör  S'"' 

to  eiu'i-i  inokererr  \)at  wold  hau  mor 
of  catfl  \>au  lie  ha})  to  uede 
Jiis  owne  nicyue  for  to  fede; 
iie  hic'|)  com  a'jcn  Jie  ^ere 
&  kepit  it  til  it  be  dcr^'.  •"' 

„Hut  Jjoi'-of  do|i  he  wiseliche, 
if  he  departe  it  skilfulliche.'" 
Nay  for  solu',  j)enki{j  he  uouht 
to  porc  men  de})arteu  onht; 
Bouhte  he  neuen'  so  good  chcpe, ''■'' 
hc  ne  rewi})  not  {)e  pore  to  wepe; 
]ie  ne  rouhte  how  al  \)c  world  ^ode. 
so  \)rit  liis  owne  geling'  wcrr  gode. 
for  |ns  is  |)e  mokereris  answerr: 
,.go  joinr  wer,  corn  is  ful  der^."-  ""* 
also  for  so[)e,  \vij)-outen  gabbe, 
{)e  sauie  auswen'  he  scliall  habbe 
Avlian  alle  I)e  au/i^gelis  in  heuene  beth, 

it  alle  ou  erthe  {ißt  sufirid  detli, 
schul  ben  at  on  parlenieut :  1"'' 

lu'r  I)e  niokererf  schal  beu  scheut; 
|)or  lic  schal  vjibraydid  be 
ol'  god  hiui-sclt',  I)at  is  so  fre, 
in  what  niauen'  |)r/t  lie  liaj)  speut 
{je  godis  [>ut  god  ou  erthe  hini  leut.  1'^' 
l^er   god    him-self   schal    ^euyn    \k- 

donie  — 
hc  uiay  beu  a  drad  or  he  J)er  conie; 
For  {)is  is  I)e  word  [)at  god  wile  say 
to  \ni  niokererr  at  douiys-day, 
aud  so  liarde  to  uon  other  man  '^i" 
as  to  j)e  vnkynde  niokererr  J^an : 
„I  hungrid  whau  [)ou  wernedist  me 

niete ; 
1    wold    haue   had    driuk,    I   cowde 

uon  gete ; 
lierborwles,  J)ou  me  forsoke; 
cV  sike,  in  p//sou»,  cam  not  me  to 

loke ;  . . ."  1'^" 

(füll.   34,   3ü    und   3C   folileii.) 


Ich  holde  Jjis  a  badde  störe 
To  vche  Mokerere  }5at  biddej)  niore 
()f  Catel  Jx'U  he  hajj  to  nede 
bis  owne  Meyne  forte  fede ;  •'•" 

he  bugge|)  Corn  aßeyn  j)e  ,sere 
And  kepej)  hit  til  hit  beo  dere. 
j)er-of  he  do|:)  wysliche 
;-iif  he  departe  hit  skilfulliehe. 

Nay  forsojic,  {ienkej)  he  uouht  ■"••'' 
To  porc  ineu  parten  ouht; 
Bou,^te  he  neuere  so  good  chepe, 
he  rewel^  nout  {je  porc  wepe; 
he  ne  rouhte  how  al  {ie  world  ,iode, 
So  l);it  bis  owue  bi-jete  were  goode.  ''i' 
fi'or  j)is  is  J)e  ]\Iokcreres  onswere: 
„(Jo})  or  wey,  Corn  is  dere." 

Aud  forso{)e,  wi{)-oute  gabbe, 
\w  same  onswere  he  schal  habbe 
whon    alle    l>e   Angeles    in   heuene 
beo[>,  ''■'' 

And  alle  ou  eorj^e  I^at  IjoleJ)  de]», 
Schul  ben  at  a  parlemeut: 
l>en  |)e  Mokerere  schal  be  scheut ; 
j)cr  be  schal  vbl>revdcd  beo 
Of  God  biin-self,  [iat  is  al  frco,    "" 
In  what  niaiu-re  be  ha{)  speut 
|)e  godus  })at  (iod  ou  eorjte  lü/i/  leut. 
{>erc    god    him-self     schal    3iue    l:»e 

dome  — 
he  may  beo  adred  er  he  {»er  come; 
t^br  {)is  is  J)e  word  jiat  God  wol  say  "■'' 
To  l)e  Mokerere  at  Domcs-da>', 
And  Ccrteynliche  to  nou  oI)ur  mou 
But  to  j)e  Avrecche  ]\rf>kcrere  Jxm: 
«I    huugred    whon    Jiou    weruedesi 

me  mete; 
I  was  a-llurst,  I  coude  not  gete;  *»" 

herborweles,  \wu  me  forsoke; 
Seek,  in  pr/sun,    Jiou  ne  come   me 

to  loke; 
A-Cold,  Clo|)eles  also, 
Naked,  J)on  me  lette  go : 
{jerfore,    Mokerere,    Jiou    wende    to 

helle,  >^"' 

wi})   alle   l^e   denelen    J)er  euf^e    to 

dwelle.'' 
l)Q    wrecche     Mokerere     onswere 

schal  ]ian : 
^Lord,  whon  sauh  we  f>e  neodi  Man  ?- 
„3"s,   whon   5e  warued   \>c  leste  of 

myne, 
3e  warned  hit  me  wel  a-fyne",      90 
And  pere  hrm  tit  heore  onswere: 
flGof>  to  helle,  for  heuene  is  dere.'' 


65  1.  {)ci.     91   Iiim  in   liem   korr. 


Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII. 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi.  177 

At  Domes-day  {)e  meste  schennes 
liit  fallej)  vppon  {je  uy|)iuges ; 
ftbr  {)ei  ueuermore  wole  hem  schryue 
{)at  Jiei  weore  ui]oinges  in  heore  lyue, 
But  eue;e  heore  onswere  hit  is  {)us 
„we  jiuen  niore  Jieu  men  äiuen  vs."  — 

Torne  we  to  vre  gospelle, 
Of  {)e  folk  of  Ysraelle,  WO 

hou  J)ei  gedrede  Angeles  bi'ede 
More  \>en  {)ei  hedde  to  nede. 
{jerfore  god  wro{)  was 
f)at  Jsei  trist  not  to  his  gras, 
And  let  hem  dye ;  and  were  I-slay  l""» 
ffourti  Jjousund  ou  a  day, 
ftbr  {)at  gult  and  o\nn-  eke, 
And  godus  heste  |)at  {)ei  breke; 
f)at  of  sixe  and  twenti  {jouscnde  — 
{)us     muche    was    Jae    nou?«bre    to 
toknynge  —    iw 
{)at  J)er  eome  non  to  londe  freo 
Saue  tweyne,  Calef  and  Josue  — 
And  of  |)ulke  tweyne  com  al  {je  streue 
Of  vre  ladi,  heuene-Qweene.  — 

Now  is  wel  seue  to-day  Hö 

Jjat  he  louej)  vs  more  {)en  {jay. 
ftbr   he   ne   sende   hem  but  Angel 

brede, 
{jat  lastej)  but  a  day  to  nede; 
he  ha{)  send  us  a  Ricchor  soude: 
his  owne  bodi,  ich  vndurstonde,  !-'• 
f)at  wol   laste  euere   I^e  soule  wip- 

Inne, 
whil  {30U  art  out  of  dedly  syune. 
{mt  was  I-i^yned  for  vre  nede, 
To-day   j)OU    seost    In    ftburme    of 

brede. 
And  bauh   I  wol  30W   schewe  and 

teile      _      liiS 
Beo  I)is  ensau///ple  hou  liit  bi-felle, 
\)Sit  is  writen  In  {je  Legent 
Of  {)i(s)  holy  sacrament. 

Videmt<s  in  altari  formam  panis, 
non  carnis,  &  quare. 

A  Jew  sum  tyme  and  a  Cristene  mon 
were  felawes  in  {^e  Avey  vppon.    13<^ 
And  bi  {je  wey,  as  riht  was, 
[je  Cristene  Mon  herde  Rynge  to  Mas. 
^e  Cristene  Mon  seide:   ,a-byd  me 

here, 
whil  I  go  to  my  preyere!*^ 
J)e    cristene    mon    we»te    in    to    \>e 

churche.     135 
And  pe  Jew  bi-gon  to  grucche, 
ftbr  hym  J^hougte  his  felawe  was 
To  louge  biddinge  atte  Mas. 
12 


178  Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


\)e  Jew  ros  vp  and  forjj  ede 
iu  to  j)e  Cliurclie,  to  tako  hode.  l-"' 
\)cu  sauh  he  atte  weiiedc 
|)e  prest  holde  ouer  his  heuede 
A  rf'eir  child,  I-\voundet  sore 
Iu  flbt,  iu  houd;  5it  sauh  he  uiore 
{jat  {)er  uas  uou{)ur  wvf  nor  niou  14^> 
Of  alle  J>at  iu  {je  Chirche  were  on. 
[)at   ue  helde  vp  here  hondes  aud 
sat  ou  kueo ; 
And  froin  J)at  cliild  sauh  conie  tie 
Ano{)ur  such  as  he  sauh  stoude, 
A(ud)   lihte   bi-twenc  vche   mounes 
houde.        l^"* 

f)e  Jeiüi  a-Bod,  til  |)e  prest 
vsede  {)e  Eukarist, 
{)eu  sauh  he  him  ete  {)e  child 
jiat  he  bi-tweueu  his  houdea  held, 
Aud  al  \>At  weoro  iu  })C  churche  l>er- 
luide  !•''•'' 

I)e  Jeuh  Jjhoujte  [mt  so  heo  dude. 
|)e  Jeuh  was  agrise,  and  we;/te  hi»/ 

hy.de 
[>er  his  felawe  him  bad  abyde, 
And  bi  him-self  he  seide  {jan: 
^A  grisly  lyf  ha})  Cristen  :\rau  !M'''> 

\)e  Cristeue  ]\Ion  aftur  J^e  ]\Ias 
Com  to  J)e  stude  Joer  {)e  Jew  was. 

"ae  Jeuh  asked:  „hou  farestou?" 

be   Cristeue   mou    seide:    ^better 
jDen  {)ou; 
flbr  sij^en  ichaue  my  god  seye,     !•» 
Ipe  lihtore  ich  holde  al  my  weye.'" 

p)e  Jew  seide:  ^l^f"»  my  scolle, 
wel  ouhte  \)i  wombe  bo  fülle; 
hedde  I  so  muchel  I-',ete, 
f)is  J)reo  dayes  nolde  I  no  mete."  i"0 

„fforsoj^e,''  qua})  j)e  cristeue  mon, 
„To-day  say,5  I  siht  of  non, 
Neu  eor{3liche  kunues  mete 
J)at  my  ]\Iou{3  mihte  ete.'' 

„Let  beo!    1    sauh  wi])  mvu  e^eu 
two    '         1'5 
where  J)ou  aud  ojjur  mo, 
vche  of  ow  lieold  a  child  blodie, 
And  sij)en  3e  eten  hit,  1  uul  not  lye; 
wherfore  i  seye  {^at  oure  lawe 
Is  not  good.''  bi  J)at  sawe  i*'^ 

}je   Cristen    mon    bi-gon    to    beo 
wro|) ; 
„{)0U  lycst,  Jew,  pou  art  me  lop; 
joure  lawe  is  fals,  and  so  je  ben, 
Se  wol  not  leeue  but  Jiat  je  sen. 
perfore  al-oue  I  ^o  \>e  bi,  '85 

I  kepe  no  more  pi  cumpaygni." 

185  I  ist  /u   1118011? 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi.  179 

{)e  Jew  seide:   „ffelawe,   greef  {)e 
nouht 
{)eih  I  teile  f)e  what    I  sayh    and 

I)Oulit! 
Ac  tel  me  bi  suni  ofnir  preue 
wher-bi  I  may  J)e  soJ)e  leue!"      190 

„{)is  is  J)e  skile,"  quaf)  ^e  Cristene 
man, 
flj)at  god  nout  soffref)  Jje  {)an 
bat  J)ou  86,56  wi{)  J^iu  e^e 
pe  sacremens  |)at  ben  so  slese, 
l>at  bis  fflesch  mihte  so  ben  hud  19'' 
To  vs  cristene  wib-inue  {)e  bred; 
And  {)y  kuu  made  bvm  dye, 
l)eriore  al  blodi  Joou  "liym  se^e." 

^ffelawe,"  quii[i  Jie  Jew  {)on, 
„help  ]3at  I  were  a  Cristene  mon ;  -»'O 
ffbr  leuere  ichaue  cristned  ben 
I^en  euere  seo  such  a  siht  a^en." 

{)o    was    {)e    Jew    cristned,    and 
o{)ur  mo, 
ffor  {)e  Miracle  I^at  fei  ])o.  — 
f)is  Bred  J^at  is  godus  flesch,        205 
what  feiror  preue  wolde  men  esch 
I^at  vche  part  is  godus  entere? 
{)eih  hit  weore  parted  in  J)reo  quar- 

tere, 
And  f)eih  hit  weore  an  hundred  dole, 
vche  part  is  bis  bodi  al  hole.       210 

And  J)at  loke  bi  skile,  lo  here: 
Bi-hold  {)i-self  in  a  schewere: 
l)0u  ne  sest  but  onliche  J)i  faas, 
])e  while  al  hol  is  l>e  glaas; 
And  brek  ])e  glas  in  two  or  {)re,  215 
And  so  nioni  formes  Jdou  miht  se.  — 
Beo  |)e  makyng  of  J3e  oblee 
wel  and  skilfoliche  me  may  se, 
Of  wjuche  we  make  Godus  fflesch, 
f)is  is  J)e  saumple  whose  wol  esch. 

hit  is  maad  beo  seuen  skiles 
Ageyn  I)e  seuene  dedly  synnes : 

A5eyn  Lecherie  hit  is  whit, 
{)at  was  Blak  and  stynkyuge  euere  git. 

hit  is  {)unne  a-3eyn  Giotenye,  225 
{)at  al  to  muche  wole  swolewye. 

hit  is  round  and  liht  to  {jrowe 
Ageyn  Sleu|)e,  J)at  make{}  men  slowe. 

Of  swete  whete  mad  hit  is 
A^eyn  Wra{)j3e,  bat  is  bitternis.   230 

hit  is  mad  wif -oute  leueyn : 
Ageyn  Envye  hit  stout  ageyn, 
ffor  Envye  makej)  Men  swelle 
whon  he  seoji  enj'  spede  welle. 
hit  is  also  wiji-oute  Bryn  235 

Or  eny  ojjur  Corn  Jjer-in : 

hit  is  a-geyu  Couetyse, 
l>üt  ne  rccchej)  In  what  wyse 
12^ 


180  Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


Euy  catel  vndurfouge, 

Beo  hit  Rillt  beo  liit  wrouge.       240 

hit  is  Jjerto  clene  and  luyte 
Ajeyn  Priiide,  Jiat  euer  3ut*» 
wolde  beo  gret  and  liei^  of  wille, 
As  Lucifer,  {)at  fürst  feile 
fFor  bis  Pruide  out  of  heuene.     -*•'> 
Do  we  Jjis  Bred  a3eyn  {)is  seuene ! 

Candida  triticia,  temäs,   non  mn- 
giia,  rotun^a, 

Expers  fruvmnti,    non    mixta    sit 
Jiostia  xpi.  — 

And  hou  hit  fürst  com  and  ede 

{)at  mon  ete  Angeles  Brede, 

hit  is  lilit  so|)  to  teile, 

ftbr  vche  cristene  niou  wot  hit  welle. 

{)e  lata  soper  wi{j-outen  wene 

Avas  I-mad  atte  Ceeue, 

And  God  bad  l>e  Apostles  do  so 

whon  he  weore  to  heuene  I-go: 

.„Do  {jis  in  |je  muynde  of  me;     2ö5 

I  go  and  come  to  ow  a-je." 

Of  ])e  Apostles  Jiat  God  .sent, 

(tok)  hohchurche  {le  sacrament. 

Et  dicitur  Eiikaristia 
Quasi  bona  gracia: 

J)at  is  to  siggen,  eukarist 
As  goode  grace  com  from  crist.  2t'() 
Wel  may  we  seyeu  hit  is  good  grace 
whon  hit  is  wardeyu  in  godus  place  I 
And  grace  is  betere  Jien  nature, 
whose  Jaerto  wol  take  eure. 
I  rede  f)e  mon  be  in  good  enteut  2G5 
whose  take|)  Jais  grace  in  sacrement. 
Seint  poul  seijj,  and  siggen  1  may, 
In  {)e  pistel  of  to-day : 
„whose  vnworJ)iliche  jode 
To  fonge  Godus  fflesch  and  blöde,  270 
{)ere  he  fongejj  bis  owne  dorne"  — 
Alias,  hit  falleji  so  to  lome! 
J)erfore  poul  seij^  bi  J)at  halue: 
„he  (!)  demej)   not  God,    he  dcmel) 

hiz/^selue." 
In  {nilke  whose  i-take  be,  275 

Schal  he  neuere  beo  dampned  a-5e ; 
3if  we  vre  owne  dorn  take, 
what  oJ)ur  doni  schal  God  vs  make  ? 
berfore  make  ow  alle  Redi 
To  take  hit  not  as  fool-hardi.      280 
{)eih  seint  Poul  vs  Jirete  {ms, 
Vr  lord  hym-self,  swete  i\\esus, 
J)is  day  in  Markes  (!)  gospelle 
To  his  disciples  he  gon  teile, 


274  lie  St.  him. 


Sermo  iu  festo  Corporis  Christi.  181 

And  to  f)e  Jewes  |)at  were  ryue:  285 
„I  am  my-self  Bred  of  lyue. 
Ali  fflesch  so|)fast  mete  is, 
And  my  Blöd  verrey  drinke,  iwis. 
Whos  etej)  mi   flesch  and  driwkef) 
my  blöde, 

I  wone  v/ip  hym  and  he  wi{)  me.  290 
Mi  ffader  me  sent  and  so  I  gode, 

To  lyue  for  hym  and  he  for  me: 
So  '_  whose  me  etef),  for  me  schal  libbe. 

{)is  is  {)e  Bred  {)at  f  rom  heuene  come, 
Not  lyk  Manna,  J)at  flour  be  sibbe,  295 

J)ei  J)at  hit  ete,  weore  dede  bi  dorne, 
And  hose  etef)  of  J)is  brede, 

he  schal  liue  wi^-outen  ende." 
Jhesu,  graunt  vs  so  to  spede 

|)at  f)ulke  bred  to  heuene  wende  (\). 
Amen.        300 

(  )ff  J)ulke  Bred  in  J»e  gospelle 
8eint  Jon  we  here  j^us  teile: 
J)at  gif  we  ne  ete  of  j)ulke  brede 
Ne  drynke  liis  blood,  vr  lyf  were  dede. 
And  |)eih  we  ete  hit  al  {)us  here,  305 
hit  is  in  heuene  al  entere. 
So  schaltou  leeue,  Cristene  mon, 
{)at  in  no  weere  J)i  leue^  beo  on! 
ffor  {)i  fei|)  tit  no  mede 
where  J)ing  of  dep  takest  hede(!) ;  310 
hit  is  inpossyble  to  serue  crist 
But  \)i  be-leeue  beo  good  and  trist. 
And  eje  of  feij)  hit  is  ful  kene 
bat  seoj)  a  siht  {)at  is  not  sene. 
|)erfore  alle  {)ing  {)at  we  seo{)       315 
Leeue  we  as  holychirche  de^, 
ffor  {)at  I  holde  {)e  rihte  fey 
And  to  heuene  J)e  nexte  wey.  — 

To  teile  more  I  mot  nede 
hou  men  ete  Angeles  Brede.        320 
Of  ffoles  I  herde  herby-fore 
{)at  wyse  men  toke  of  hcm  heore  lore, 
And  so  a  sek  mon  milite  teche 
A  good  skile  pcraueuture  bifore  a 

leche. 
{)is  Bred  mihte  neuermore  bc  spende 
Til  God  hym-self  on  eor|)e  hit  sende, 
To  saue  mon  fro  pyne  of  helle, 
So  {)at  he  kepe  hit  welle. 

Sum  tyme  such  lawe  Jier  was 
|)at  vche  sonday  after  mas  330 

Eueri  trewe  wyf  and  Mon 
Schulde  be  hoseled  or  J)ei  eode  I)on. ... 

V.  289  —  296  sind  im  Ms.  in  Reimpaare 

umgesetzt,  mit  veränderter  Folge,  indem 

291  vor  290,   294  vor  293  gestellt  sind. 

'  Ms.  ffor  st.  So.     *  auf  Korrektur. 


182  Scrmo  in  festo  Corporis  Christi. 


And  |)at  for  ])h  encbosnn, 

I  wol  ow  teile  for  what  resun : 

On  was,  for  Jjat  folk  mis-bcre  335 
hem-selue,  wlion  Joei  hoseled  were. 

J)e  tof)er  was,  for  \>e  grete  trauayle 
bat  boly  cburcbe  hedde  be  ])at  entayle, 
In  nome  of  J)at  for  Godus  drede 
Me  3iuef)  nou  ])e  holy  Brede.       '^0 

J)erfore  J)e  pope  ordeyned,  J)ries 
hl  J)e  3ere 
vche  mon  I-hoseled  were ; 
And  böte  he  were  ones  atte  leste, 
\te  pope  ComaiuKlet  be  bis  beste 
pulke  bodi  {)at  so  ne  dede  345 

Schuld  neue;-  be  buried  in  holy  stude. 
J)erfore  beo  redi,  I  ow  Rede, 
fForte  fonge  Angeles  Brede. 
And  beo  pis  Bred  I  wol  jou  teile 
A  luytel  ensau???plehou  hitbifelle.350 


De  manu  sacerdotis  per  hos- 
tiam  penetrata. 

IjE-fel  Sil?«  tyme  In  Engelonde, 
|)er  was  a  prest,  ich  vndurstonde, 
pat  ladde  not  his  lyf,  as  was  tolde, 
Also  clanliche  as  he  scholde. 
God  wolde  he  scholde  hym  ameude, 
And  he  hym  a  strong  vuel  gon  sende : 
So,  he  wende  almost  to  dye. 
And  on  a  day  |iis  siht  he  seje: 
A  child  bobe  he  seih  and  herde. 
And  asked  hym  hou  he  ferde;    3(;o 
In  his  hond  bret-ful  he  beere 
Of  bernynge  Obeleis  a  paniere. 
{)e  prest  asked:  „what  is  jiat, 
And  pou  {)at  askest  of  my  stat?'' 
he  seide:  „Ich  am  Godes  Messagoro, 
And  {)eos  Obeleis  })at  ben  here^ 
{)us  monye  vnworJ:)ily  [)ou  fong, 
whon  |)at  J)0U  \-)i  JMasse  song; 
And  jif  {)at  Jjou  nult  I-leue  me, 
Scheuh    forj)    [lyu    hond,    and   [)ou 
schalt  se."  370 
J)e  niest  heold  forp)  his  hond  anon. 
And  pe  child  tok  vp  on 
Of  {jc  obeleys  J)at  were  so  rede. 
And   pult   hit    in   J)e  prestes   hond 

amidde. 
hit  fei  J)orwh  Jie  prestes  hond  on,  375 
And  ]je  child  a-wey  gan  gon. 

J)e  prest  let  men  come  hym  to 
And  tolde  hem  whi  he  ferde  so : 
„lo,"  quodhe,  „howlamdiht!  (f- 37i       ^Lo,"  quaj)  he,  „hou  I  am  diht! 
who  saw  euerr  swich  a  siht?"  who  sauh  euere  such  a  siht?"      380 

jiorw  iiis  hond  men  myhte  se  {)at  fiorw  liis  hond  mo  niihto  se 

als  brud  as  was  J)at  vble.  ^-0      As  brod  as  was  \:>ai  ubele. 


Sermo  iii  festo  Corporis  Christi. 


183 


and  he  not  maymed  was, 

&  afterward  song  many  a  mas, 

and  |)e  hole  al-wey  |)orw  his  houd  — 

|dus  I)«t  so]5e  meu  it  fond. 

&  af  ter  f  or  a  J^ousand  i30u/?d  of  gold  ^^5 

f)e  prest  uo  mor  synne  wold, 

But  seruid  god  \\i\)  greet  drede, 

&  afterward  to  heueue  gede. 

I  hold  J)fft  man  mor  [)an  mad 

Ixit  taki])  I>is  bred  &  is  not  drad  ^30 

of  Jje  wreche  f)f/t  myhte  befalle.  — 

so  wurthi  bred  it  is  wijD-alle 

Ipat  for  |3e  myht  of  |)f/t  word 

|)«t  god  seyde  at  his  bord, 

f)e  same  myht  l>at  word  ha|)  here  ^35 

to  turne  |3e  bred  in  to  other  manerp, 

&  to  turne  Jse  wyn  in  to  blöd, 

])e  same  [tat  was  schad  ou  J)e  rod. 

|)e  wordis  2:)e;-auenture   I  coude  the 

teile, 
but   I   am   not  worJ)i    &   {)er-for  I 

nelle.  «o 

al  oJ)er  maMng  to  Jje  mas 
I  dar  wel  tellin  how  it  was. 
{)e  apostelis  seyde  no  more 
but  what  Jiei  herde  of  cristis  lore  — 
no  mor  to  Jje  masse  wold  |)ei  do,  445 
and  Jje  pater  noster  Jaer-to, 
vpou  {)e  bred  and  f^e  wyn  — 
&  so  hem  ])ouhte  it  good  &  fyu. 

non  other<?  vesteraens  vsid  Jjai 
but  as  Jjei  M'erid  eueri  day;  4ö0 

and  in  vesselis  of  tre  — 
non  oJ)er  chaleys  had  he. 

Than  f)e  pope  vrban, 

|)at  was  a  ful  holi  man, 

ordeynid  Imt  J^e  chaleys  scholde  455 

ben  of  siluer  or  of  golde, 

wij)  a  patene,  to  heiin  oueral, 

made  of  Jje  same  metal. 

Ipe  pope  Celestyn,  ordeynid  he, 
a  psalme  men  clepe  Judica  me,  46(i 
{)«t  eueri  prest  Jjat  is  &  was 
schuld  it  seye  or  he  jede  to  mas. 

|)e  .IX.  kiries  Jsat  ben  in  boke 

pe  pope  siluester  of  grew  hem  toke. 

J)er-after  comij)  Gloria  in  excelsis :  465 
|)«t  J)e  auwgeüs  of  heuene  first  son(g), 
I-wis ; 

Of  seint  hillari  J)at  was,  lf.37bj 

Erchebischop  of  poytas: 

he  made  fro  landam?/.?  te 

J)e  remenau/it  |3an  singe  we,         4To 


And  he  not  I-maymed  nas, 
And  afturward  song  mony  a  mas. 
And  an  hole  Jjorwh  his  hond  —  385 
I^us  J)at  soj^e  men  hit  fond. 
After  for  a  Jjousend  pound  of  golde 
I^e  prest  no  more  synne  wolde, 
But  serued  god  wif)  gret  drede. 
And  afturward  to  heuene  gede.    390 

I  holde  ])e  Mon  more  [)en  mad 
I^at  takel?  J^is  bred  and  iiis  not  drad 
Of  J)e  wreche  J^at  mihte  bi-falle.  — 
So  wor{)i  bred  hit  is  wijj-alle 
)at  for  f)e  miht  of  Jjulke  word    39"> 
5at  god  seide  at  his  owne  bord, 
)e  same  miht  Jiat  word  hafi  here 
To  torne  J^e  bred  in  o|iur  mauere, 
And  to  torne  Jie  wyn  in  blöde, 
Joe  same  |)at  was  sched  on  Eocle.  40U 
|)e  wordus  perauenture  I  coude  teile, 

Ac  I  am  not  wor{)i  and  jieriore  I 
nelle. 

Ac  ojjur  makyng  of  f)e  Mas 
I  dar  w^el  teile  hou  hit  was. 
I>e  Apostles  seide  no  more  405 

But  what  J^ei  herde  of  cristes  lore  — 
No  more  to  [se  masse  nolde  ])ei  do. 
And  |)e  paternoster  to, 
vppe  J)e  bred  and  vppe  |)e  wyn  — 
And  so  hem  Jibougt  hit  good  and 
fyu.  41  u 

Non  oJ)ur  vestimens  vsud  J)ay 
But  as  {)ei  wereden  vche  day; 
And  in  vessels  of  treo  — 
Non  o{)ur  chalys  hedden  heo. 

Penne  Joe  jiope  vrban,  415 

J)at  was  a  ful  holy  man, 
Ordeynde  I^at  {)e  Chalys  scholde 
Ben  of  seiner  or  of  golde, 
wi|)  a  patin,  to  hule  ouer  al, 
Maked  of  |)e  same  Metal.  420 

Pe  pope  Celestyne,  ordeyned  he, 
A  psalme  Men  clepe]^  Judica  me, 
l^at  vche  prest  J)at  is  and  was 
Schulde  siggen  hit  er  he  eode  to  Mas. 

I*e  Nyne  kyries  I>at  ben  in  Boke  425 
J)e  pope  Siluestre  of  gru  hem  toke. 

Per-af tur  comejD  Gloria  in  excelsis : 
f>e  Angeles  of  heuene  fürst  song  J)i8 ; 

()f  seint  hillari  {)at  was 
Rrche-Bidchop  of  pej'tas :  4.W 

he  made  from  laudam^As-  to 
\)e  remenaunt  J)en  synge  we. 


18-] 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


J)an  {)e  pope  Tellophorus, 

&  {)at  Oper  pope  Cinacus, 

ße-twix  hem  boj)  ordeynid  was 

to  singen  gloria  at  ]ie  mas. 

pope  alisaii?idere  ordeynid  wel      *75 

to  redin  Epistil  and  gospel. 

Be  Jerom  &  ambrose  ordeynid  was 

to  make  f)e  grayel  to  J)e  mas. 

al  |)is  co/zfermyd  pope  Gregori, 

&  ])er-to  made  f)e  offertori.  480 

J)anne  I)e  pope  anastasius 
comauJKiid  in  lawe  riht  J)us: 
\)at  no  man  schuld  sitte,  he  bed, 
whil  pe  Gospel  were  red. 

Constantim<s  made  f)e  Crede,       4^5 
to  singe  it  he  gaf  ])e  rede. 

pope  steuene  &  pope  Clemens 
ordeynid  holi  vestymens. 

pope  siluester  ordeynid  f)e  corporas, 

in  tokne  Jjat  goddis  bodi  was      490 

In  clene  sendel  I-wou»de 

whan  Joseph  leyde  it  in  toumbe 

in  his  owne  graue  of  stou 

&  leyde  anoJ)cr  gret  ston  J)er-on. 

Jjanne  |)e  pope  leouws  495 

made  J)e  preiaciou?is. 

alisauwdere  |)e  pope  ordeynid  J)is: 
to  don  watir  <fe  wyn  in  \>e  chalis, 
in  tokne  \>at   Jjcr  com  bo{)  watir  & 

blöd 
of  cristis  side  J)at  heng  on  rod ;  500 
in  blöd  is  toknid  J)at  he  bouhte  vs, 
in  watir  {)at  cristenid  be  houiJ>  vs. 

J)an  ordeynid  pe  pope  sixtus 

thryes  for  to  singe  sanetus; 

Si  Jian  he  made  pe  canou//  {)er,  505 

and  god  made  J)e  pater  noster. 
And  how  &  in  what  maner  befeile 
l>at   god    made   ]>e    pater    noster,    I 

wile  teile. 
\)e  apostelis  seyde  to  crist  on  a  day : 
steche  vs,  lord,  how  we  schul  pi'ay." 
&  seyut  lohn  ]ia[)  taiilit  vs  Jiis  — 
bat  is  oue  of  his  disciplis  — 
pot  ihr.sii  tauht  hem  Jiis  preyere 
&  bad  hem  seyn  I)c  pater  noster. 

and  J)U8  moche  to  seyn  it  is:       5i5 
^Our^  fader  {lot  in  heuene  is, 
halewid  mote  j)iu  name  be.       [f.  38| 
to  J)i  kingdom  mote  come  we. 


f*Enne  J)e  pope  ToUophornus, 
And  J)at  o{)ur  pope  Cyuacus, 
Bi-tweue  hem  h(>\>e  ordeyned  was  435 
To  synge  ]pe  Gloria  to  Jje  Mas  .... 


xle  hit  Confermede,  pope  Gregori, 
And  made  J)erto  l>e  Offertori. 

PEnne  J)e  pope  Anastasius 
Comauwdet  in  lawe  riht  ]>us:       440 
{)at  no  mon  schulde  sitte,  he  beede, 
whil  ])e  gospel  were  to  Rede. 

l^onstautinus  J)epope  made  Jdc  crede, 
fforte  siggen  hit  he  bede. 

Jr  ope  Steuene  and  pope  Clemens  445 
Ordeyned  {)e  holy  vestimens. 

Jr  opeCiluester  ordeyned peCorporas, 
In  tokne  {lat  godus  bodi  was 
In  cleue  lynnen  clo|5  I-wounde 
J)at  tyme  I^at  Josep  hit  fouude    450 
In  his  owue  toumbe  of  stou 
And  leyde  a-noI>ur  gret  vppon. 

PEnne  J)e  pope  Leouns 
Made  alle  J)e  prefaciuus. 

A  lisauudre  J)e  Pope  ordeynde  {)i8 :  455 
To  do  watur  and  wyn  In  J)e  Chalis, 
In  tokne  |)at  bojje  com  watur  and 

blöde 
Of  Godus  syde  on  I)e  Roode; 
be  blood  bitokneb  Jjat  he  vs  bouht, 
pe  watur  bitoknep  vre  ffullouht.  460 

Sixtus  J)e  pope  ordeynde  vs 

{)ry3es  to  synge  Sanetus. 

J)e  pope  made  J)e  Canoun  Jier, 

And  God  made  \>e  Pater  noster. 
(A)nd  hou  and  what-maner  bifeile  465 
Jxit  God  made  Jie  pateruoster,  I  wol 

teile, 
his  Apostles  seide  hym  on  a  day : 
..Teche  vs,  lord,  how  we  schul  pray." 
And  seint  Jon  ha{i  tauht  vs  pis  — 

|)at  is  on  of  his  disciples  ^  470 

)at  Jhrs//.s-  taulite  hem  J)is  preyer 
And  bad  hem  seyeu  pe  pater  noster. 

A  nd  |}us  muchel  to  seyen  hit  is : 
^Vr  ffadur  pat  in  heuene  is, 
halewed  nu>t  |)y  uome  beo.  475 

And  to  pi  kyngdam  pat  we  teo. 


453  Ms.  Lcoiiuä,  1.  Leouns. 


Sermo  in  festo  Cüq:)oris  Christi. 


185 


J)i  wil  in  heuene  &  in  erthe  be  do. 
oure  ech  days  bred  send  vs  {)er-to.  520 
and  oure  dettis  forgeue  Jjou  vs, 
as  we  for-^euen  oure  detouris. 
&  lede  vs  in  to  no  fonding, 
but  saue  vs  fro  euil  J)ing.    amen." 

Of  J)e  holi  gost  J^e  .vij.  ,^iftis        525 

in  \>e  pato'  nostfr  touchid  is; 

of  whiche  to  god  f)er  touchin  thre, 

&  foure  in  one  to  the  and  me. 

J)is  preyere,  f)ow  it  be  schort, 

but  it  "be  seyd  in  clene  hert,        530 

It  is  a-gen  ])at  ilke  man 

])at  in  to  bis  berte  wra{)I)e  baj)  tan. 

Jjer-for  Jje  good  pope  Innocent 
pax  domini  haj)  ordeynt, 
Jjat  eueri  man  schuld  kisse  oJjerSo"« 
&  holden  bem  f or  suster  &  brotber ; 

in  tokne  J)at  god  mad  pes  wiji  man, 
\>er-iov  J^at  pes  is  ^ouen  f)an. 

J)e  laste  Avord  of  |)is  beye  feste 

is  clepid  Ite  missa  est,  540 

J)at  is  to  sey  ^it  is  I-sent 

to  heuene  for  vs,  J)e  sacrameut" ; 

be-for  |)e  boly  trenyte 

J)e  first  part  of  Jse  thre, 

|)at  ojjer  for  hem  ])at  suffrid  deth,  545 

f)e  thridde  for  bem  J)at  alyue  betb. 

It  is  ribt  Jjftt  first  nemenid  be 

oure  ladi  in  |)e  Canone: 

ffor  god  of  hire  flescb  tok 

]>at  neuere  eristeu  man  forsok;    550 

])at  flescb  be  baf>  take   the  to  fede, 

l^at  is  clepid  au^^gelis  brede. 

J)e  .xij.  apostelis  nemenid  betb, 
for  hire  preching  f)ei  suifrid  deth  — 

(a.  R. :  Quia  aposfoU  dicu7itur  missi, 
&  martires  festes  apostolon/?«.) 

As  Jjing  J)at  is  sent  ben  {)e  aposte- 
lis,     _  555 
and  marteris  ben  to  bem  witnes; 
&  alle  marteris  |)at  were  dede 

for  J)ei  were  witnes  of  J)is  brede, 

f)at  god  deyde  for  loue  of  vs, 

&  Jjei  for  ]^e  loue  of  crist  ihesus.560 

petir,  andrew,  pbilip,  these  .iij., 
were  don  vp-on  |)e  rode-tre. 

poule,  Jamys,  and  mathew 
were  beuedid,  &  bartilmew 


|)i  wille  in  heuene  and  eorJ)e  beo  do. 
vre  vche  dayes  bred  send  vs  to. 
And  vre  dettes  for-^^iue  vs, 
As  we  for-3iue  vre  dettours.         480 
And  lede  vs  in  no  fondynge, 
But  saue  us  from  vche  vuel  J)inge. 
Amen." 

(  )ff  ])e  holigost  ]}e  seuen  giftis 

In  \)e  pater  noster  I-toucbed  is; 

Of  whuche  to  God  Jjer  touched  J>re,  485 

And  foure  in  on  to  {)e. 

J)is  preyere,  Jjeih  bit  beo  scherte, 

But  bit  beo  seid  wij)  a  clene  berte, 

bit  is  a-,^ein  J^ulke  man 

|)at  in  bis  berte  wral)l3e  ha{)  tan.  490 

I*Enne  {)e  pope  Innocent, 
Pax  domini  he  ordeynt, 
J^at  vche  mon  schulde  cusse  oJ)ur 
And    holden    bim    for    suster    and 

bro{)ur ; 
In  tokne  f)at  god  made  pes  wij)  man, 
|>erfore  {)at  pes  is  giuen  |)an. 

PE  laste  Word  of  J)is  heige  fest 
Is  I-seid  Ite  jVIissa  est, 
|)is  is  to  seye  „lüt  is  i-sent 
To  heuene  for  vs,  \)\s  facrament"  ;  500 
Bi-fore  J)e  boly  Trinite 
f)e  furste  part  of  \>e  J)re, 
|)at  oJ)ur  for  hem  {)at  ])ole|)  dej), 
J)e  J)ridde  for  hem  J)at  alyue  beji. 

Hit  is  rijt  \>at  fürst  inempned  be  505 

vr  ladi  in  \ie  Canone: 

fFor  God  of  hire  {)at  flescb  toke 
5at  neuer  cristen  mon  forsoke; 
3at  flescb  he  ba|)  take  |ie  to  fede, 
)at  is  i-cleped  Aungel  Brede.       510 

f*E  twelue  Apostles  I-uempned  be|i, 
ffor  beore  prcchynge  {)ei  J)olede  de|j  — 

Qwia  Apostoli  dicuntur  missi,  & 
Martires  festes  Sij)osto\orum: 

As  {)ing  i-sent  ben  Jie  Apostles, 

And  Martires  ben  |)e  Apostles  witnes ; 
And    alle    ])e   Martires  tt  bat   weore 
dede  515 

ffor  \)ei  weore  witnesse  of  f)is  Brede, 
\)at  God  di^ede  for  loue  of  vs, 
And  \)ei  for  loue  of  Jhesus. 

Petur  and  Andrew,  pbilip,  f)eos  {)reo 
weore  don  vppon  {)e  Rode-treo.   520 

]^ouI,  James,  and  Mathew 

were  be-heuedet,  and  ßartholomew 


186 


Sermo  in  festo  Corporis;  Christi. 


was  helt  al  nakid  quyk  ^^^ 

for  his  witnes  of  JjIs  vnlik. 

and  ])at  of)er  lesse  Janiys,       [f.  38i)| 
and  symou  also,  &  thadeus, 
hire  senewis  for  cristen  lawe 
out  of  hirc  bodi  werc  drawe.        570 

and  seynt  JolTn  Euangelist, 
fjflt  was  cosyn  to  ihesu  crist, 
hc  drank  veuym,  to  make  preue 
ftot  we  lian  triij^e  and  riht  bcleiie. 

and  seyut  thonias  didimus,  575 

he  was  Jiorw-stekid  riht  J)us. 
l)er-after  comij)  .xij.  niarteris, 
})f?t  Company  in  {le  canou?^  rekuid  is ; 
Of  whiche  sii/^/me  popis  wer^, 
su»nne  bischopis  l>f!t  myter  did  hcrc, 
su/;?me  dekues  |iat  were  half  jirest, 

su7»me lewid  men  l>nt  Icuid ou  crist  — 
ffor  alle  ordres  &  alle  degres 
to  {jis  sacrameut  bere  witnes. 
Leouus,  Clemens,  &  Clet»s,  5Si 

iSixtiis,  and  Cornelius, 
these  werc  popis,  J)«t  suffrid  deth 
for  firft  bred  ]iat  ^g  a-days  seeth. 
Ciprian  was  bischop  of  Cartagiu?/s  ; 
Steuene,    laurens,    &   viuceut   were 
dekins.        590 
Grisogou,  John  and  paules, 
J)ei  werc  ou  lyue  knyhtis. 
Cosmas  and  Damianus, 
J)ei  werc  lechis,  Avretin  it  is  |)us. 
Kateriue,  Mergrete,  &  agace         505 
deydeu  for  Jiis  bred  of  grace. 
f)er-for  it  is  riht  hirc  namys  to  be 
nemenid  in  \)e  Canone, 
for  alle  these  deyde  in  good  entent 
for  to  mayntene  ])is  sacrameut.  —  600 

be  sacrameut  nu)te  \n  soule  fede 

pat  is  clepid  auy/gelis  brede. 

if  \)at  je  worJ)iliclie  it  fonge, 

it  schal  kepe  ^n\\  J)us  longe, 

fro  Jjftt  day  |)rtt  ge  ded  ben  '^05 

til  ,V)urc  bodyes  risen  a-3en; 

and  [)an  \^e  bodi  &  soule  in-ferc 

schul  wende  to  Jie  gret  mangerc 
wherc  neuerc-mor  schal  ben  no  nede 
to  no  maner  of  ertheli  l)rcde,       ''!" 
Kut  {je  sihte  of  be  blisful  trenytc 
schal  euere-mor  pi  fode  be. 

]>er   we   luvn    ]ie   moder   to    p/ry   |)e 
sonc, 
t^  WC  hau  {)c  sonc  to  ))rcy  |)c  fader. 


was  huld  al  naked  quike 
ffor  hit  witnesse  of  pis  onlike. 

And  f)at  o|nir  Jamus,  52.5 

Symon,  and  Taddeus, 
heore  senewes  for  cristen  lawe 
Out  of  heore  bodi  were  i-drawe. 

And  seint  Jon  {le  Ewangelist, 
J)at  was  sib  to  Jhe.su  crist,  530 

he  dronk  venym,  to  make  preue 
{lat  we  han  of  |)e  rihte  be-leeue. 

And  seint  Thomas  Didimus, 
he  was  jiorwh-stiked  Riht  {)us. 

{)er-aftur  comcjj  jje  xij  Martiris  5.'?-5 
]iat  in  ]ie  Canoun  Kikned  is; 

Of  whuche  su;ymie  popes  were, 
^i\ii/mc  Bill'chops  })at  Mitre  beere, 

Su/z/me  Dekenes    }>at    weore  half 
prest, 
Su»nne  lewede  Jiat  leeuede  on  crist  — 
ffor  alle  Ordres  and  alle  degres 
To  {)is  sacrement  berej)  witnes. 

Leouns,  Clemens,  and  Cletus, 
Sixtus,  and  Cornelius, 
f)eose  weore  poj)us,  })at  {^olede  de|)  545 
ffor  Jiulke  Bred  I)at  we  nou  seof). 

Ciprian  wasBill'chop  of  Cartiginus; 
Steiihene,   Laurence,  Vincent  weore 
Dekeu?^s•. 

Grisogou,  Jon  and  Paiüus, 
|3ei  weore  in  heore  lyue  knihtus.  550 

Cosma  and  Damianus, 
{lei  weore  leclies,  I-writen  is  {)us. 

Cecili,  and  Agnes,  and  Agace 
Diede  for  Jjis  bred  of  grace. 
{jerfore  is  riht  heore  nomes  to  be  555 
Nempned  in  \>e  Canone, 
ffor  alle  ])eos  di^ede  In  good  entent 
ffor  to  Meyntyme  \>e  sacrament.  — 

I'E  sacrament    mot  J)e  soule  fede 
])at  is  i-hote  Angeles  Brede.         560 
,yf  ]iou  worjiiliche  hit  fonge, 
hit  schal  kepe  |ie  {>us  lon^e, 
rtrom  jjulkc  day  J)at  jjou  ded  be 
Til  [li  bodi  rise  a-je; 
And    Iienne    bojie    bodi    and    soule 
i-fere  565 

Schal  wende  to  {)e  graunt  ^längere 
where  neuer-more  tit  no  nede 
To  noii  corj)liche  Brede, 
But  })e  siht  of  J)e  Triuite 
Schal  euermore  J)i  fode  be.  570 

Se{){)he  we  han  f)e  Modur  to  prcye 
{le  sone, 
WC  hau  I>c  soue  to  preye  {)c  Oader, 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


]S7 


Jie  holy  gost  we  han  in  wone  —  6i'^ 

J)is  entre  we  han  to-geder. 
What  lettif)  vs  for  to  wynne     [f-  3'.>I 

\)e  riche  bhs  |)f/t  is  vs  behote, 
but  it  be  ourc  owne  synne? 

J)er  is  uou  o{3er  J^ing,  I  wote.  »520 
Of  pardou;«  I  haue  no  poiiste 

to  j5ow  for  to  grau»te  of  me. 
but,  if  36  don  now  after  me, 

I  wile  30W  tellin  a  qiiantite, 
how  moche  pardou;;  je  may  habbe  *^^-^ 

grauHtid  to  3oure  moste  nede, 
to  come  to  hono^^r  wijj-outen  gabbe, 

it  is  J)is  ilke  au»gelis  brede. 

That  same  thursday  Jjrtt  uext  is 

after  f)e  feste  of  J)e  trenyte,      630 
|ie  pope  vrban  ordeynid  ])is 

Jx/t  {)an  Jiis  pardou»  schuld  be : 
au  hundrid  dayes  of  forjifnes 

he  graujitid  to  hem  alle  in  fay 
Jaat  come  vn-to  Jje  matynes  035 

on  |)at  same  thursday. 
flburti   dayes    for    eueri    hourc    [)«t 
tyde, 

&  an  hundrid  for  \^e  masse, 
an    hundrid    who-so    |)e    euensong 
abide  — 

he  grau»tid  hem  uo  lasse.         6^0 
and  al  Jiat  woke  eueriday 

J)is  pardou»  lastij)  so, 
who-so  al  |)e  seruyse  hau  may ; 

&  5et  he  schal  han  mo: 
ffor  eueri  days  seruise  'HS 

an  hundrid  days  to  böte  — 
wel  men  auhte  to  seeu  therin(!)  Jiise 

on  horse  and  also  on  fote. 
Jie  laste  ^''ope  l>at  was  now, 

his  name  JolTu  hilit,  650 

al  Jais  pardou»  he  grau^tijj  50W 

(fe  doublif)  it  wij)  his  myht. 
Meylerus,  Jiorw  goddis  grace 

bisschop  of  leyä-lymme, 
he  ha{)  amendid  al  Jiis  cas  6"5 

{)orw  myht  f)fft  god  gaf  hym : 
ffourti  days  to  pardou7^ 

he  gaf  |)er-to,  wijs-out  drede, 
to  alle  ])at  wi{)  good  deuociou;i' 

herin  it  or  don  it  rede.  ''60 

So  it  amounti|j  holliche 

on  and  fourty  gere 
&  sex-score  dayes,  truliche, 

who-so  herij)  his  seruise  here. 
Jhesu  grauwte  30W  alle  &  some  665 

in  erthe  so  for  tt)  spede 
tliat  \)is  pardou»  30W  make  come  f  *"•  "''"'l 

vn-to  J)is  heuenlich  brcde. 


Jio  holygost  we  han  in  wone  — 

f)is  enteere  we  haue  to-gader. 
What  lettej)  vs  forte  wynne         575 

{je  Riche  blisse  is  vs  bi-hote, 
Bote  hit  beo  vr  owne  synne? 

\ier  uis  non  o|3ur  {)yug,  1  wote. 
Of  Pardoun  I  haue  no  pouste 

Non  to  30W  forte  graunte.         •''80 
But,  jif  je  don  now  aftur  me, 

I  wol  ow  tolle  a  quantite, 
hou  Muchel  pardoun  ^e  may  habbe 

To  joure  meste  nede,    -* 
To  come  to  honoure  wi|)-oute  gabbe-''S5 

{lis  ilke  Angeles  Brede. 

Pulke  poresday  f)at  next  is 

Aftur  ]3e  Trinite, 
\)e  pope  vrban  ordeynde  {^is 

Jiat  hit  schulde  Jienne  be:         •'>90 
An  hundred  dayes  of  forjiuenes 

he  graunted  alle  {lay 
l^at  come  to  J)e  Matynes 

Of  {)ulke  same  day. 
ffourti  dayes  for  vche  a  tyde,      595 

An  hundred  for  |)e  Mas, 
An  hu??dred  hose  to   {le  Euensong 
a-byde  — 

he  grauntef)  hem  no  las. 
And  al  J)at  wike  vche  day 

]iis  pardoun  laste|i  so,  6on 

hose  al  J)e  seruyse  hauen  may; 

And  jiit  he  schal  han  mo : 
ffor  vche  dayes  seruyse 

An  hundret  dayes  to  böte  — 
wel  him  oujte  to  seyeu  J)ise         6^5 

On  hors  and  eke  on  foote. 
|ie  laste  pope  |)at  was  nou, 

Of  Jon  f)at  Mas  hiht, 
AI  ])e  pft/-dun  he  grau»te{)  ow 

And  doublefi  hit  wi{)  his  miht.  610 
Meilerous,  ])orwh  godes  grace 

Billchop  of  leihliniie, 
he  ha|i  mendet  in  {ns  cas 

|)orwh  miht  [)at  ho  ^af  hymme: 
ffourti  dayes  to  pardoun  615 

he  ]\a\^  fliue  Jierto  jßte 
To  alle  wij)  good  douocioun 

heroji  hit  or  hit  rede. 
So  hit  a-mounte[)  holliche 

On  and  ffourti  ^ere  6-" 

And  sixcore  dayes,  treweliche, 

whose  hcref)  his  seruyse  here. 
Jhr.'ju  graunte  ow  alle  and  some 

On  eorJ)e  so  forte  spede 
|)at  I)is  pr/ydoun  ow  make  come  625 

To  J)is  Angeles  Brede. 


188 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


670 


J)at  man  ete  au»gelis  brede, 

f>us  first  we  began ; 
to  lieuene  it  mote  vs  alle  lede 

boJ)e  wyf  and  man, 
In  nomhie  -patris  &  filij  wijj  vs  go 

Et  Spiritus  sancti  do  also.  amen. 


{)at  IMou  eete  Angel  Brede, 

J)us  fürst  we  be-gon ; 
To  heuene  niot  ow  alle  lede 

Bol^e  Wyf  and  Mon,  630 

In  nomine  patris  wiji  ou  go, 
Et  Spiritus  sancti  do  alTo.    Amen. 


]Ms.  Vernon  enthält  darauf  noch  folgende  zweite  Homilie: 
II.     Septem   miraciila   de    corpore   xpi. 


iTOd  Almihti  J)at  alle  J)ing  weldes, 
wyndes,  watres,  wodes  and  ffeldes, 
And  sof)ly,  as  |50u  madest  of  nouht 
Alle  creatures  Jiat  euer  were  wrouht, 
ffor-^ii  vs,  lord,  Jjis  day  vr  synne,  5 
fiis  digne  sacrament  to  biginne. 
And  also  worschupe  Jiö--of  to  speke, 
J)at  we  neuere  })e  ti"ouJ)e  breke, 
Ne  forte  teile  in  J)is  prolonge 
J)ing  J)at  falle|)  to  eny  wronge,      10 
But  Jjat  hit  mihte  beo  Jje  to  queme 
And  vs  in  studefast  trouJ)e  to  ^eme. 

Godus  soue  in  heuene  aboue, 
he  schewed  vs  also  muche  loue : 
tfor  whon  bis  passion  neibjed  bim  neih, 
To  bis  disciples  {)at  weren  hiin  by 
he  jaf  bis  bodi,  hem  to  fede  ■ — 
More  loue  miht  he  not  schewe  in 

dede  — 
l^at  Jiei  schulde  niuyude  haue 
Of  hym  Jiat  miht  hem  Jienue  saue.  -" 

3it  a-forward  he  let  hym  slo 
wij)  so  gret  de{i,  pyne  and  wo; 
flfor  vs  mid  hem  (lüde  he  J)is, 
To  bringe  vs  alle  to  bis  blis. 
JVIore  loue  miht  he  not  do,  25 

Ne  neuer  mon  mihte  do  so. 
ffor  vs  he  dude  hit,  in  certeyn, 
])at  we  schulde  loue  byju  wel  a,^ein; 
Jjoub  we  vr-self  an  hundred  sij)e 
O  poynt  of  such  loue  miht  we  not 
ky{)e  30 

Lyk  to  ])nt  loue  he  ha])  vs  doue, 
ffor  hit  is  vre  saluacioune. 
And  of  vs  ,yt  asko|i  he  nouht 
But  f)at  may  wel  I-nouh  be  wrouht: 
No])ing  böte  loue  wiji  good  louyug,  3ö 
To  loue  him  ouer  al  ojiur  {)ing, 

'  Das  Gedicht  ist  olfenbar  Teil  eines 
gröfseren  Ganzen,  M-elches  von  den  Ge- 
boten, SUnflen  und  Tugenden  handelte, 
vgl.  V.  3Ö1,  4lt7,  14.  Diu  Eiul.  scheint 
späterer  Zusatz. 


And  for  bis  loue  to  leue  synne  — 
wi|3  loue  bis  blisse  {jcn  we  may  wynne. 
And  {jou  may  neuere  haue  hym  to  \>e 
But  {30U  woit  fürst  synne  fle.        40 
Alle  ])ing  he  loue{),  but  synnehe  bates ; 
3if  I^ou  loue  hym,wif)  synne  Jjou  bates ; 
^if  J)ou  loue  on,  f)ou  most  nedes 
fforsake  J^at  {jyng  {jat  he  forbedes, 
Elles  hit  is  told  for  uo  loue,  45 

And  nomeliche  to  vr  lord  aboue. 
f)OU  maijt  not  loue  \üm,  \)e  boc  sei]), 
But  J)ou  haue  wiJj  \)c  good  feif), 
J)at  is  to  sey,  leeue  |30U  hit  wel, 
AI  f)at  is  writen  of  hym  vchedel.  50 
Studefast  treujie  of  loue  hit  semes, 
And  of  trewjje  loue  men  nemes: 
So  is  \)iit  on  wi{)  J)at  o{)ur, 
wij)  studefast  treujie  loue,  hisBro{)ur. 
To  whom  ou,5te  vr  loue  be  went  ?  ^^ 
To  trou|je  of  J^is  sacrament. 
J)is  schulde  leeue  vche  cristen  mon 
And  lerne  J)e  treuj)e  of  on  I>at  con : 
|)at  I^e  bred  {lat  sacrefyed  is 
On  \)c  Auter,  is  eodus  flesch,        60 
fflesch  and  blöd,  per  liit  is  leid, 
borwh  \)C  wordus  Jje  prest  haj)  seid; 
pat  lihtc  wij)-lnne  J)e  virgiue  Marie 
And  on  J)e  Kode  for  vs  wolde  dye 
And  from  de|)  to  lyue  a-Ros,        65 
God  and  iMou  in  Miht  and  loos. 
ffor  hose  trowej)  not  {)is  der 
In  [)e  sacrament  of  f)e  Auter, 
he  schal  neuere  {le  blisse  a-byde, 
fl'or  no  {ling  Jjat  him  may  be-tyde.  "0 
In  \)e  Olde  lawe  ])us  is  writen  — 
Jewes  and  Cristene  wel  hit  witen: 
God  seide  {)at  hit  was  wrouht, 
he  Comaiunlede  alle  j)ing  of  nouht  — 
bis  wordus  aren  verrey  and  der,  '^5 
Dauid  hem  seide  in  J)e  pfauter. 
Se{)J)be  he  made  al  of  nou^t  Jiat  was, 
Lasse  Maystrie  were  in  {)is  caas 

73  |)at  st.  and. 


Sermo  in  feato  Corporis  Christi. 


189 


fforte  chaunge  on  liknes 
In  to  a-noJ)ur  f)yng  {)eu  hit  is,     80 
I^at  ilke  liknesse  in  Bred  aud  Wyu 
In  ft'lesch  and  blöd  to  torue  hit  in. 
his    fi'lesch   aud    blood    in  Bred    is 

wrouht. 
SiJ)f>e  he  made  (al)  be-fore  of  nouht, 
^if  J)ou  seo  hit  not  bodiliclie  in  silit,  **■'> 
{ji  soule  wij)-lnue  .schal  trouwe  hit 

riht; 
And  I^auj  l>ow  feie  no  sauour 
But  \errey  wyu  aud  bred  of  fflour, 
{ais  is  wisdam  of  godus  ordiuaunce, 
To  saue  vs  alle  from  |:)is  chauuce.  ^ 
ffor  gif  hit  weore  as  flesch   to  take, 
\vi|5-stoude  we  scholde  aud  hit  f orsake ; 
And  for  he  nolde  we  hit  forsoke, 
Bot  alle  men  hit  vudurtoke, 
jDerfore  {)is  wisdam  liis  owue  rede  •'•'' 
Saueref)  hit  in  wyn  aud  Brede. 
hit  semej>  bred  as  to  {)e  süit 
And  as  Bred  hit  sauerej)  riht; 
Noujjur  in  siht  ne  in  felyno' 
knowest  Jiou  of  no  certeyn  piug.  K'" 
What  schal  Jjenne  Jdc  most  saue 
But  studefast  Jjouht  {)at  Jdou  schalt 

haue, 
Studefast  trou^je  of  vchadel 
[Dat  wol  vs  saue  wondur  wel. 
Aud  su»nue  hau  hit  seyeu  Bodily,  1"'' 
To  whom  he  schewed  his  Mercy. 
Lo  her  a  tale  al  and  sum 
Jjat  is  In  Vitas  patrum: 

Narracio   cuiusdam    religiosi. 

Jlit  was  a  Mon  of  Eeligioun, 

Of  alle  Men  he  hedde  gret  renouu;  HO 

And,  for  Jae  fend  wolde  hiiii  haue 

scheut, 
he  leeuede  not  in  [>e  sacrameut, 
Aud  seide,  hit  was  not  Jhesu 
I)at  couceyued  was  |)orwh  gret  vertu, 
Ne  Jhesu  was  not  J)at  oble  H^"» 

Jjat  was  reised  atte  sacre 
And  |)at  |)e  folk  honourede  to; 
To  leeue  hit  was  not  to  do. 
Bi-fore  two  Abbotes  J)us  he  tokle  — 
I^is  Abbotes  write  f)is  tale  to  holde,  120 
hit  scholde  be  told  to  eueriche  mon 
I^at  is  ajeyn  |)e  Cristendom 
Til  hit  beo  preued  bi  Clergye 
wher  hit  beo  treu]3e  or  heresye. 
{)is  Abbotes  schewed  him  J)e  rihte 

wey,  125 

wi|)  alle  {)e  ensau?/iples  {)at  J)ei  cou{)e 

sev- 


And  al  he  seide  hit  was  lye, 
But  gif  he  sege  hit  wij3  his  ege; 
„Dou  Jien  so  |)at  I  hit  seo, 
l)en  wol  I  leue  f)at  hit  so  beo."  '"^o 
J)is  Abbotes  preide  a  ful  seue-nUit 
Jjat  he  wolde  schewe  hiw,  to  trouwe 

his  miht, 
In  tt'lesch,  in  Blöd  ou  |je  auteer, 
To  Couferme  his  troujjc  der. 
Aud  hiui-self  preyde  specialy       is.") 
I^at  god  wolde  schewe  hym  in  Body, 
„Lord,  for  no  uiis-bileeue, 
Jjat  J)ow  scholdest  wijj  me  greue, 
But  forte  schewe  [>e  rilit  sopues 
\rdt  {x)W  art  sacrameut  of  Jje  Mes,  i-fo 
{)at  I  may  make  ojjer  certeyue, 
whou  I  wi{3  egen  haue  |)e  seyjene." 

]na  Abbotes  lyge  in  orisouu 
Til  Jiat  {)e  seueniht  were  dou. 
I^e  soueuday  to  churche  \>ei  come,  1^5 
{lat  o|3ur  Mon  wij)  hem  {)ei  nome. 
A  sege  was  ordeyut  for  hem  J)re, 
To  bi-holde  al  J)at  priuite 
Of  |jat  holy  sacrameut 
{jat  scholde  be  schewed  in  here  jwe- 

seut.  150 

Bi-tvveue  hem  sat  Jais  ilke  mon 
Of  whom  1)0  Miracle  fürst  bi-gon. 
Whou  |)e  oble  was  ou  {je  auter  leid 
Aud  I^e  prest  {je  Avordes  hed  seid, 
AUe  {jre  {Doujte  hem  verreylik',    15-') 
By-fore  {je  prest  a  Child  lay  quik. 
In  feir  forme,  of  ff'lesch  aud  blöd; 
{iis  say  {jei  {jre  {jer  {jey  stod. 
Whon   {)e  prest    scholde    parte    {)e 

sacrameut. 
Au  Angel  from  heueue  was  sent  l"0 
Aud  sacrefyed  {je  child  riht  {jore: 
As  {je  prest  hit  brac,  {je  angel  hit 

schore, 
{je  Blöd  in  to  {je  Chalis  Ron 
Of  {jat  child,  bo{je  God  and  Mon. 
{je  prest  gede  to  {je  higeste  degre,  l'"'' 
To  hosel  him  as  hit  fei  to  be; 
hem    {jhougte  {je   prest    brougte  ou 

{je  patin 
Mosseles  of  {jat  child  uewe  slayu. 
And  beed  him  a  Mossel  of  {jat  fi'lesch, 
wi{j  al  {je  blöd  {jer-ou  al  frcsch.  1"" 
{jen  gau  he  crie  wi{)  loude  steueue : 
^Merci,  Godus  sone  of  heueue! 
^e  Bred  I  sauh  on  {je  Auter  lyge 
hit  is  {ji  bodi,  1  seo  wi{j  ege; 
Of  {je  Bred  {jorwh  sacrameut       l""' 
To  fflesch  aud  Blöd  hit  is  went; 
{jis  I  beo-leeue,  and  euc;e  I  sclialle, 
tibr  verrey liehe  we  seon  hit  alle.- 


190 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


Wliou  ho ;in<l  I)ei  weoro alle  certeyue, 
lu  forme  of  Bred  hit  tornde  ageyne.  l><^ 
he  dude  liirn  hosel  as  ojiur  wore, 
And  was  a  good  mon  for  euer-more. 
And  al  ojjure  beo  ])e  bettre 
Jiat  here{)  {)is  tale  or  redejj  \ns  lettre. 

{jel'rcst  {jat  sacreji  Godus  bodi,  ^'^■'' 
lie  moste  beo  ful  clene  uedeli; 
A  lewed  mon  Jjat  schal  hit  receyue, 
Alle-Maner  ful{)e  moot  he  weyue. 

But  beo  jjou  ueiu;/-e  so  good  a  prest 
Ne  neuer  so  gret  wiji-lnue  \n  Brest,  1-"' 
1  rede  Jiou  here  hou  {iei  are  schewed, 
Al-|)auh  j)ei  beu  of  laugage  lewed. 

J)OU  wost  wel,  in  l>e  Oble 
Is  a  luytel  I)yng  to  se: 
So  sclialtou  beo  luytel  in  wille,  l''"» 
Luytel  and  ]\Iuchel  wi[)-outen  ille, 
Nout  in  pride  ue  in  heih{:)e, 
tf'or  no  wisdam  ue  no  sleilijje; 

Jic  so})e  hit  is  wijj  Lucifer, 
Proude  meu  schal  wone  Jier.        ^Of 

|)e  Oble  is  mad  of  vvliete, 
\>e  Beste  corn  J^at  meu  of  ete: 
8o  schulde  we  beo  meke  aud  louely 
To  alle  J)o  |3at  ben  vs  by; 
\)is  Mekenes  is  a-^eyn  Jjat  Ire      ^05 
\>at  is  wi{)  Lucifer  in  Jjat  fyre. 

|)e  paast  of  \:>e  oble  nouht  ne  owe 
Beo  maad  of  no-maner  sourdowe, 
fl'or  ])e  Iburdowe  make})  al  soure 
J)e  swettest  jjat  comejj  of  |3e  ttoure:  -'^ 

Bi  |3is  Iburdowe  is  tokenynge 
Jjat  Envye  is  a  wikked  |)iuge, 
If br  hit  for-do{j  alle  swetuesseof  dede, 
pat  god  scholde  3iue  vr  soules  meede; 

ijerfore  makej)  he  non  herburgrye  215 
)er  he  fynde{)  biforen  envye. 

O  vertue  In  f)e  whete  is 
])at  is  muche  a-5ein  Slouhnes: 
jjer  whete  come^  he  wol  not  prike, 
As  Utes  dou  aud  Barlike:  ^2" 

Ne  we  ne  scholde  not  be  prikel 
In  Ideluesse  ouer-ÄIukel ; 
Idelnesse  grucchef)  and  is  lieui  of 

|30uht 
Aud  is  soone  wrojs  for  nouht, 
And  \>iit  wra|3f)he  comej)  of  sorwe,  -2") 
Aud  of  wonhope  wol  muche  Borwe. 
J)is  sacrameut  of  Jie  Messe 
LoueJ)  not  such  Idelnesse, 
Not  wi{)  non  nul  he  dwelle 
Bute  [jer  meu  of  Jje  Joye  spelle.  230 
I)e  paast  of  {le  oble  seid  beo-forn 
Schal  not  beo  of  medlet  com, 
Bote  al  onliche  of  wliete : 
flbule  desires  schal  men  lete, 


I)at  bi-mene|) :  In  no  wyse  2.35 

we  schal  vs  sine  to  Couetyse, 
\)&t  is  also  called  Aueryce, 
{)e  whuche  is  a  foul  wikked  vice. 

Also  {)ou  seost  Jie  ol)le  is  {)iune 
Aud  muche  honeste  wijj-lnue:     "-W 
Aud  Jjat  wol  wel  signefye 
Ajeyu  [je  sinne  of  gloteuye; 
|)er  wol  not  Jje  sacrauieut  reste, 
Ac  gloteuye  wol  him  out  keste. 

And  as  |)ou  sest,  Jje  oble  is  whit:  24'> 
8o  schul  we  haue  luj-mauer  delyt 
Of  no-mauer  fl'lesches  take, 
ttbr  lecherie  makejj  \>q  soule  blake. 
bcos  seueue  jiartyes  be[) 
In  ])e  Oble,  as  we  seoj).  -"•' 

Aud  eueri  p/opurte  {)er-Iune 
Is  ajeiu  au  hed-syuue. 
A-jeyn  |)is  sacrameut  do  \)o 
|)at  areu  in  syune  aud  Jjerto  go, 
Or  areu  in  wille  a3eyn  to  wende  -•'>'' 
To  syune  aud  hem-self  scheude; 
As  Irrest  Jiat  goji  to  syuge  Mes 
Jiat  in  dedly  .syune  is; 
An  hondred  fold  he  su«ge{)  more 
Jie(u)  he  a  lewed  mon  wore.  2tii) 

Alle  \mt  receyue  J)e  sacrameut 
In  dedly  sunue  or  wikked  euteut 
Or  in  eny  of  {jeose  seueue 
I^at  Jjou  hast  here  herd  ncmpne, 
Eiht  to  heore  Dampnaciuu  (!),      2r),T 
And  |xn-fore  veugaunce  schal  be  don. 
Aud  here  I  schal  teile  a  tale 
hou  hit  is  to  J)at  mon  Bale: 

Narracio   presbitevi   pa/'o- 
chialis. 

A  Parisch-prest  was  in  a  Tonn. 
Of  ful  gret  discreciouu,  270 

tt'ul  good  and  rihtful  he  was. 
And  god  sende  hym  of  his  gras. 

Of  his  parischens  he  vndurstode 
whuche  wer  vuel   and   wmche  wer 

gode. 
Two  he  hedde  foi-te  gete  27.5 

\>nt  noldc  neuere  syune  lete. 

And  hit  fehle  on  au  Asterne, 
[)at    Jjc    prest    scholde    non    hosul 

wenie 
But  hit  were  for  \>e  gretur  syune, 
luobedience  or  Corsyng  Inue:      280 

J)is  prest  was  in  ful  »ret  J)ouht 
wher    he    schulde    hosele     hem    or 

nouht. 
lie  preyede  to  God,  heueue-kyug, 
J)at  he  wolde  sende  hiw?  tokeuyng 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


191 


whe{)er  he  scholde   hem   hosul  for- 

bede ;  -S5 

To  giue  hit  hem  he  hedde  gret  drede. 

ftVom  god  he  hedde   J)is  ouswere: 

l^at  vch  011  scholde  heor  ouue  Charge 

bere, 
Aud  J)at  he  scholde  Avei'ue  hit  none 
But  jine  hit.  for{)  to  euerichone.  -'•'*' 
„Do  as  Jlifsu  dude  iu  dede, 
And  {)0U  schalt  uo  mon  hit  forbede, 
No  more  {jeu  he  dude  Judas 
Jjat  hedde  I-don  a  gret  trespas; 

Jhrau  gaf  alle  wi[)  mylde  mood,  '-•'■"' 
whon    Bred    was    tvrrued    to    fiesch 

aud  blöd, 
ttbr  su?»me   Jjat  hit  take   hit  schal 

hem  saue, 
And    su»nne    Jjerfore    peyne   schal 

haue; 
Aftur  \>ey  areu  of  synne  clene. 
Also  schal  hit  on  hem  beo  sene.*^  -j*^"' 

3it  preyed  he  god  of  More  grace: 
Jjat  he  mihte  knowe  be  Jie  face 
whuche  resceyued  hit  worjiily, 
And  \V(^uche  to  haue  hit  not  \vor|;)i. 
And  (god)  grauz/'ted  him  his  wille  ^ü"' 
To  knowe  {^e  goode  from  }je  ille. 
|3e  folk  J3at  to  J^e  irrest  went 
rtbrte  receyue  Jje  sacrament, 

Of  soH^me  |)e  face  was  also  briht 
As  J)e  sonne  In  somer  liht;  3Ui 

And   (of)   summe   Jse    visage   was 
also  blak, 
|}at  no{)ing  miht  hit  Blakore  niak; 
Of  somme  hit  was  as  red  as  blöd, 
Starynge  as  {)ei  weore  wood ; 
Of  somme  I^e  visage  was  boUed 
stoute,        315 
As  bo{)e  heore  egeu  welleden  oute; 
And  summe  nymped  wif)  feet  and 
hondes, 
As  dogges  don    J)at  gnawen  heore 
bondes ; 
And    somme    hedde    visages    of 
Meselri ; 
Aud   somme    were   lyk    foul   Mau- 
metri.  320 

Moni  wondres  weore  on  hem  seene, 
Mo  J)eu  he  coujje  J)enne  deine. 

J)e  prest,  whon  he  sauh  alle  {)ise, 
Of  Jsat  siht  he  gan  to  grise, 
fibr  {)at  siht  he  was  hidouse         325 
And  dredful  and  Meruilouse. 

3it  pj-ejede  he  god  wij)  good  entent 
Jiat  he  mihte  M'ite  what  al  Jjis  ment. 


And  god  almihti  louede  him  wel 
Aud  wolde  schewe  him  eucridel :  330 
„Ijo  Meu  |jat  weore  so  brilit 
As  J)e  sonne  ou  day-liht, 
I)o  Meu  areu  git  iu  Charite 
Aud  clene  of  synne,  aud  worschupeJ> 
me. 
jio  Men  [)at  were  so  blake        ;«•'' 
[nit  no  l^iug  nähte  hem  blakore  make, 
po  weore  lechours  foul  wi{i-Iune 
And    haue   uo    wille    to    leue    heor 
synne. 
J)o  ]\[eu  I^at  weore  so  red  as  blood, 
{jei  are  tirauus  wikked  of  mood,  '>-io 
lieore  Eueucristeu  for  to  slo 
wij)  dede  aud  \\'i\)  word  also. 

f:)o  \>i\t  Jiow  sauh  wi{)  Bollen  visage, 

Jjo  aren  Envyous  aud  ouer-outrage. 

And  Jjo  Jjfft  nymped  her  fiugres  and 

hendes,       345 

Are  Bacbyteres  bi-twene  freudes. 

\)o  [lat  |)ou  sauh  Meseles  In  siht, 
|:)ey  loue  more  good  {^en  god  almiht. 
j)o  J)at  {jou  sauh  lik  Maumetrie, ) 
( )n  worldly  Jjinges  {)ei  most  affye,  3öo 
More  loue  Jiei  catel  {^at  he  hajj  seut 
Jjen  Jjei  don  hym  Jjat  al  ha{:i  leut. 

Joeose-maner  meu  are  riht  in  wille 
In  heore  synne  to  leue  stille. 
And  \>eriore  schal  Jje  sacrament  355 
Of  hem  aske  heor  Jugement, 
})at    Jiei    haue    resceyued    hi/n    vn- 

worjsily 
And  serued  Jie  fend  wij)  ful  Envy.^ 

Jns  tale  is  told  for  loue  of  \)o 
J)at  in  synne  to  hosul  go,  3t)0 

Or  ben  in  wille  to  torue  a^eyu ; 
AI  heore  trauayle  {>ei  don  in  veyn. 
QU  J)ou  wole  I?yu  hosel  saue  take, 
Beo  in  wille  \n  synne  to  forsake, 
Euermore  in  studefast  herte;        3ö5 
And  gif  Jiou  synne   in  bodi  smerte, 
God  takejj  hit  nougt  to  so  gret  grim 
As  {)0U  in  tresun  Keceyuede  hym. 
In  no  J)iug  wot  I  more  tresun 
{)en  bringe  [ji  lord  on  his  feluu;  37ii 
And  git  men   sei^   {)e  synne  is   tt» 

greue 
J)at  bringe])  a  trewe  mon  on  a  j)ene. 
gif  Jjou  do  jius  JdI  witande, 
|)en  Chargen  hit  me  moste  on  haudc. 
f)erfore  k)ke  [)ou  wite  nouht         375 
No  synne  I-hud  In  herte  ue  {)ouht. 

fibr  no  Clerk  Jjat  is  iu  synne, 
Til  he  leue  and  {jer-of  blynne 
he  schulde  uot  serue  atte  Auteer 
Ne  hondle  J)iug  \>at  come})  Jjer  ucer.  3X0 


192 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


I  touched  er  of  {)is  outrage 
whon  I  spac  of  ^e  sacrilage, 
bat  f)e  holigost  schewed  him  nouht 
ffor  |)e  Dekene  syngede  in  J)ouht; 
In  J)e  tale  of  Jon  ürisostomus     •*'• 
J)is  tale  is  told,  for  o\v  and  vs. 

Als  is  he  worjji  to  ben  i-schent 
l^at  soue  aftur  J)e  sacranieut 
To  folye  and  to  synne  drawes  — 
Luitel    of    Godus    vengauwce    hyin 
awes !  ■^''M 

3if  I)ou  fordete  or  ouer-sittes 
j)e  tyme  of  hosul  Jmt  Jiou  wel  wittes, 
Luitel  fors  of  him  J>ou  geues, 
Noujjur  Jiou  louest  liym  ne  leues. 
And  ouer  al  he  loue|)  [w  best;     •^y-'» 
And  J)ou  ue  wolt  a  nihtes  gest 
Leten  hym  herborwe  in  \)m  hous! 
f)OU  art  vnkynde  and  Meruylous 
{)at  al  [>e  jer  I>ou  letest  him  weyue, 
wi{)  worschipe  woltou  not  hiw  re- 
fceyue.       400 
God  Mauase{)  for  \ns  chesun, 
ffor  riht  hit  wole  and  eke  resun: 
flbr  suche  men  aren  holden  vntrewe 

In  {)e  Olde  lawe  and  in  |>e  newe. 
Comaunded  In  J^e  Olde  lawe  was  -lor» 
Oues  in  \)e  geer  to  schewe  Jji  trespas. 

[>e  newe  lawe  is  of  J)e  more  honour, 
Ones  in  Jje  5eer  resceyue  Jii  creatour, 
Oues  a  5er  him  to  knoweleche, 
p'i  lord  to  plese  for  doute  of  wreche.  -ilu 

|jat  prest  i  blame  ouer  alle  J)inge, 
wi^- outen  gret  skil   J)at   letteli   to 

synge; 
flfbr  mouy  a  soule  milite  I-saued  be 
wi[>  Jiat  Masse  J)at  l^enne  leuej)  he. 
ftbr  alle  J)at  in  ^e  peyne  Is,         -ii-'' 
AbydeJ)  socour  of  pe  Mcs, 
ffbr  eueri  Masse  makej)  Memorie 
of  soules  f)at  aren  In  purgatorie. 
Muche  J)onk  schal  he  haue 
J)at  helpej)  soules  for  to  saue;     •^-^ 
No  fjing  may  so  muchel  avayle 
Of  heore  peynes  and  heore  trauayle, 
As  J)e  sacrameut  of  Ipe  Auteer, 
hit  niake{j  hem  of  peynes  cleer. 
And  \)-dt  may  I  schewe  apertely  *-^ 
Bi  a  tale  of  seynt  Gregori: 

Narracio  felicis  presbiteri. 

oeint  Gregori  sei{)  for  ]^e  same: 
hit  was  a  prest,  iielix  his  name, 

381  ff.  Dieses  Mir.  (das  dritte  von 
den  sieben)  fehlt  hier. 


Bi-syde  he  wonede  in  a  pa|)e, 

was  a  wassching  In  an  hote  ba{)e.  *30 

\>\s  prest  ofte  Jiider  jede, 

To  wassche  him  whon  he  hedde  nede. 

{)is  prest  |jer  euer  he  foude 

A    ]\Ion,    to   wassche   him,    to    foot 

and  honde, 
he    drouj    his    hosen    of    and    his 
schon         4% 
And  redi  was  hem  on  to  don, 
At  eueri  tyme  he  |)ider  com 
his  herneis  feire  of  he  nom, 
And  seruede  him  at  eueri  tyde 
In  |)at  watur  and  ofte  beo-syde.  ^^o 

f)is  prest  I)at  com  J)ider  so  ofte, 
{)at  {)is  mou  jjer  seruede  so  softe, 
he  ne  askede  hym  neuer-more 
whej)eu  he  was  ue  hou  he  com  {>ore; 
But  eueri  tyme  he  was  redi         ^^ ' 
And  seruede  lii?>/  ful  apertely. 

\ns  prest  Jjougte,   „he  seruej)  me 
wel, 
his  trauayle  wol  I  quite  sum-del." 
Ou  a  day  he  {)ider  jiouhte 
And  twey  loues  wijj  hym  he  brouhte. 
In  to  Jjat  ba|)  jeode  |)at  prest 
And  wusch  him  as  he  dude  uest. 
{jis  mou  was  jjcre  him  ajeyn, 
To  serue  h'vti  wel  he  dude  his  Mayn. 
J)is  prest,  whon  he  scholde  go,     -lös 
he  3af  {jis  mon  ]jis  loues  two, 
And  Jjouked  him  muchel  liis  .seruyso. 
And    more    he  scholde  haue  o|nu- 
^\yse. 

Jiis  Mon  onswerde  pis  prest  a-jeyn : 
^f)is  bred  je  bringe})  to  me  in  vejTi,  ^tw 
tibr  neuer-more  schal  I  jete 
Bred  ne  non  o\nir  mete: 
I  am  a  Mon  {jat  is  ded, 
f)at  neuer-more  schal  ete  bred." 

{je  prest  asked:   „on  what  manere 
Is  hit  {iat  I)ou  wouest  here?" 
f)is  Älon  onswerde  in  {)at  tyde: 
„I  was  lord  here  ar  I  dyede; 
And  Jjis  seruise  pat  I  am  Inue 
Is  \>Q  peyne  for  my  synne.  ^TO 

Bote  I  Jie  preye  prrr  charite, 
OffVe  on  |je  Auter  {)es  loues  for  me. 
And  I  beseche  J)e  ouer  alle  Jn'uge 
J^at  sixe  Masses  for  me  pou  synge; 
And  heo  weore  songen,   I  hope  to 
wende        *'^ 
In  to  ])e  Joye  wi{)-outen  ende. 
And  wiion  {)c  sLxte  masse  is  left, 
,yf  {jou  ne  fynde  me  her  eft, 
Trouwe  |)enne  forsojje  i-wis 
J)at  for  pi  preyere  I  am  in  Blis."  480 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


193 


fjis  prest  al  J)at  wike  loDge 
öor  {)is  mon  preyede  and  senge. 
And  whon  f)e  wike  was  al  gou, 
|)e  prest  com  {)idere,  and  fond  non; 
he  hopede  wel  {)at  he  was  brouht  485 
To  Wisse,  for  he  ne  fond  him  nouht. 

Beo  [)is  tale  ^e  may  se 
I^at  hit  is  gret  Cliarite 
Masses  for  Jje  dede  to  synge, 
])e  soiiles  of  pyne  forte  bringe.    490 
Ouer  alle  |jing  hit  ha|3  poiiwer, 
f)e  sacranieut  of  Jie  Auter, 
And  uomeliche  whon  hit  is  don 
wif)  good  mouues  deuocion ; 
hini  wol  god  sanuore  here  495 

J)en  on  J)at  is  him  nouht  so  dere. 

In  {)e  seue|3e  Comaundement 
ToucheJ)  to  Jjis  sacrament, 
lu  a  tale  of  J)at  kniht 
hou  ])e  prest  Jiat  liue]3  not  riht,  fiOO 
Of  his  preyei'e  is  luytel  prou, 
And  {jere  hit  telle[)  Avel  hou. 
And  I  schal  teile  anojjur  here 
Of  a  Masse  of  a  ffood  frere: 


hou    a  man    of  SouJ)folk   was 
s  a  u  e  d   {j  o  r  o  u   a   m  a  s  s  e. 

A  Mon  in  Soujjfolk  ones  dyed,  -"'O'' 
Bi-sydes  Sudbuii,  as  men  seid, 
ffbr  {lat  mon  such  grace  was  diht 
[rdt  him   was   graunted   to   come    a 

niht 
Horte  speke  wij3  his  wyf, 
To  mende  {je  fautes  of  his  lyf.    51ü 
„jef  a  Masse,"   he  seide,    „Avere  for 

nie  don 
wijo  a  good  mo«nes  deuocion, 
I  hope  to  Joye  for  to  go 
And  beo  dilyueret  of  al  my  wo. 

I  preye  Jae,  dame,  par  cliarite  ''^l''' 
To  trauayle  so  muche  for  me." 
lieo  graunted  hym  [mt  ilke  bone, 
And  ros  vppou  J>e  morwen  sone, 
Aud  to  fie  tt'reres  sone  heo  eode, 
[ler  heo  iKjpede  best  to  spede.      520 

heo  com  and  spac  wi|)  a  ff'rere 
And   preyed    heo  moste  his  masse 

here, 
Aud  for  hire  hosebondes   soule  to 

synge,  _ 
And  heo  wolde  giue  hym  ofFringe. 

I^e  fFrere  dude  hire  a  Mes  525 

In  Comuyn,  as  J)e  seruise  is. 
Whon  J)is  Masse  I-songen  was, 
heo  wente  hom  a  good  pas. 

Archiv  f.  n.  Si)rachen.    LXXXII. 


be  niht  aftur  J)enne  com  he. 

„Slepestou?"  he  seide.  „nay,"  seide 
heo.  ■  530 

„Are  3e  sit,"  heo  seyde,  „in  blis? 
\te  Masse  for  ow  I-sougen  is." 
„J)e  Masse,"  he  seide,  „[mu  dudest 
do, 
A  parti  hit  helpe[)  me  {)erto; 
Mi  part  ich  hedde  of  I^at  Mes     535 
As  of  t)ing  I^at  Comuyn  is. 
^if  on  weore  si)ecialy  for  me  seid, 
Of  my  peyne  I  were  ful  leyd, 
Sif  {)e  prest  were  of  lyf  so  good 
jiat  God  his  preyere  vndurstood ;  540 
I  hope  J)enne  grace  to  haue 
|)at  his  Masse  mihte  me  saue." 
Ofte  he  seide  to  his  wj^: 
„A  prest,  A  prest  of  clene  lyf!" 

On  J)e  Morwen  forj)  heo  eode  545 
To  f>e  ff'reres  eft  to  spede, 
Aud  schewed  hit  to  J^e  priour, 
And  preyed  him  of  socour; 
,^if  he  hedde  euy  broj^ur 
{lat  he  kneuli  beter  ^en  o{)ur,      ''5o 
,,f)at  wol  synge  me  a  Mes 
ftbr  a  Mou  {)at  ded  is, 
At  myn  ese  he  schal  haue 
To  a  pitaunce  what  he  wol  craue." 
])e  prior  spac  to  a  ffrere  555 

And  preyed  him  on  alle  mauere 
fjat  he  wolde  a  Masse  synge 
tfor  {)at  soule  heo  made  preyinge. 

Jje  ffrere  was  an  holy  mon ; 
And  ar  he  liis  Masse  bi-gon,        5fii) 
he  preyed  to  god  his  orisou, 
wiji  a  gret  deuocion, 
I^at  hit  mihte  ben  hi;;i  to  pay, 
fie  Masse  {)at  he  scholde  synge   to- 

day. 
Whon  Jie  Masse  was  don  to  Jic  eude,5ij' 
he  bad  f)e  wommon  hom  wende, 
,,And  whon  {)ou  more  eft  heres, 
Cum  and  sey  to  vre  ffreres!" 

l>e  niht  aftur  —  lustuej)  now!  — 
he  com  aud  seide:  ^slepestou?"   57(i 
,,Nay,"  heo  sayde,  _hf)u  fare  ^e?" 
„Wel,"  he  seide,  „and  so  woi-Jj  be!" 
„Sire,  weore  je  a-payed  of  J^at  Mas 
|)at  for  ow  to-day  songen  was?" 
„3e,"  he  seide,  „graunt  Merci!     575 
bat  Masse  to  me  is  more  worfii 
peu  al  \)e  world  an  hundred  si^e, 
Ne    niiht    haue    nuid    me  neue>-   so 

blilie. 
his  preyere  was  to  god  so  dere, 
ffor   al    t)at    he   preyede    he   wolde 
here ;  580 


194 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


{)eih  he  hedde  p/eiäed  for  a  l^ou- 

sund  mo, 
rtroiii  pcyue  to  blisse  [iei  hedde  i-go ; 
fior  what  l^iug  he  hedde  asked  bone, 
God   wolde   lia   grauwted    hiiu   ful 
sone. 

haue  good  day !  for  uow  I  wende-''^'» 
To  [lat  Joye  wi]>-outeu  ende. 
God  lete  Jje  ueiiere  Jjer-of  mis, 
[)ou  ne  he,  to  haue  Jiat  blis.'- 

J)e  wyf  com  soue  ou  Jie  Morn 
And  fei  ou  kues  J)at  ft'rere  bi-forn,  ''-'D 
And  tolde  \nm  [ler  eucridel 
hou  he  for  his  jjreyere  was  wel. 
And  \iSit  flrere  ful  wel  he  lette, 
And  J)onked  God,  for  Joye  he  grette. 
wel  weore  hyiu  at  his  endynge    ^^'^ 
hedde  such  a  prest  for  hi/n  to  synge ! 
In  J)is  tale  schewed  is: 
Of  alle  {jing  good  is  \>e  mes, 
Jje  sacrament  ou  \)e  Auter 
Ouer  alle  passe]>  his  pouwer.        <'*' 
In  [)e  Masse  J)ci  hem  a-fye 
Jje  soules  |)at  are  in  purgatorie. 

pe  soue  is  oft'red   to  ])e  tiadur  of 
heuene 
ffbr  J)e  soules  J)e  prest  wol  nempue ; 
|)at  is  J)us  for  to  niene:  ßOJ^ 

Sif  J)e  prest  beo  good  and  clene, 
jjcnne  wol  Jhf.su  crist  hym  beere, 
flbr  what  Jiyng  he  luakejj  preyere; 
Preye  he  for  soule  or  for  bodi, 
|)at  aren  in  pyne  or  in  nuy,         ^'^^ 
Bot)e  wol  god  almihti  saue 
what  J)e  gode  prest  wolde  haue. 
Not  only  for  soulus  is  he  herd, 
Bote  eke  for  vs  here  in  \As  world. 
Beo  a  Mon  in  seknesse  or  in  prisun,  '•l'^ 
weyferyuge  or  in  teuiptaciun 
Or  in  eny  oI:)ur  trauayle, 
|)e  sacrament  wol  vs  a-vayle; 
hit  wol  delyuere  vs  out  oif  peyu, 
gif  vr  trou^De  beo  certeyn.  '^-O 

And  {)at  was  wel  schewed  in  dede 
In  Engelonde,  so  sei]}  seint  Bede: 
In  his  Bokes  writen  hit  is, 
A  feir  Miracle  of  J)e  Mes: 

Narracio   Bede. 

Pat  tyme  seint  Bede  was  liuoude,  t^-"' 
weore  Mony  kynges  in  {)is  londe. 
Bi-twene  two  was  gret  Batayle  — 
jerfore  i  teile  Jiis  Meruayle  — 
jat  on  hiht  Edfride,  of  North  Cu/<tre, 
jat  ojjur  of  liudeseye  was  he.      153(1 


Edfride  hedde  gret  seygneri, 
SejTit  Andren  hosbonde  of  hely. 
Jjis  Batayle  was  bi  bojje  heore  a-seut 
Bi-sydes  a  watur  uien  callcl^  Trent. 
Sire  Elfride  bro[)iu-  hette  Eleswyuue, 
he  was  slayn  })at  Batayle  Inne; 
On  bo])e  partys  ne  was  nun 
So  feir  a  kniht  of  fi'lesch  and  bon, 
Ne  non  so  douhti  was  of  Armes  - 
I)p/-fore    seint    Bede    ])leyuede    iiis 
harmes.      '•'" 
A-uoj3ur  kuilit  was  fehl  doun 
Ncrhoude  ded,  and  fei  in  swdun  : 
}ie  nome  of  jus  ,V)uge  kniht 
Ruyna,  seijj  seint  Bodo,  he  hiiit. 
Wlion  {)is  Kuyna  hedde  long  leyn,  ••i"' 
he  keuerde,  and  seet  vp  a,^eyn, 
And  stopped  his  wou^des,  }jei  schuldt^ 

not  blede, 
•Vnd,  as  he  mihte,  Jjennes  he  .^ede, 
To  seche  him  help  suniwher  to  haut-, 
Of  freudes  fynde  hini  to  saue.     ''"'^ 

As  he  weilte  wi{)  nuichel  drede, 
he  was  taken  wi{j  kyng  Coldrede ; 
And  broulit  him  to  a  lordyug. 
An  Erl,  [>at  heold  of  {^e  kyng. 

\)a  Erl  asked  him  what  he  was,  '•  ■ ' 
And  wher  he  hedde  ben  in  hard  ca-. 
llbr  doute  of  dejj  he  was  a-friht 
And  dorste  not  seye  he  was  a  kniht ; 

he  seide:  :,sire,  gif  {)i  welle  be, 
I    am    an    hosebonde    mon    of    {je 
cuntre,        "  ' 
1  was  wont  to  lede  vitayle 
To  kuihtes  {)at  weoren  in  Batayle ; 
And  uou  I  am  a  pore  mon, 
Jjus  fro  jiis  Batayle  I  com, 
And  wolde  foude  to  haue  my  lyf,  «^tü 
Til  1  may  come  to  my  wyf." 

I^is  Erl  dude  a  leche  bi  stoundes 
To     teute     to     hym,     to    hele     his 

woundes. 
f>at  tyme  was  here  mony  {)eodes, 
Mony  vsages,  and  mony  leodes,  öTO 
übr  vche  a  kyng  in  {jat  dawes 
vsede  his  diuerse  lawes; 

Summe  were  cristeue  in  vre  fay, 
And  suwme  leeuede   in   payuymes 

lay; 
Jjfrfore  J)at  tyme  was  niuchel  I>ro,  t^"5 
And  ofte  was  bojje  werre  and  wo. 
äif  a  kniht  miht  ojjer  men  take, 
he  scholde  hem  sulle  or  i«  seruage 

make. 
wherfore  i  teile  so  of  [)is  kniht: 
pe    Erl    let    him    bvnde    eueriche 
"  uiht,  tiso 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


19^ 


J3at  he  ne  scholde  from  hym  fle 
Ne  Stele  a-wey  to  his  cuntre. 
ffor  al  {)at  {)ei  mihte  him  bynde, 
Ofte  loos  J)ei  dude  hym  fyude; 
Neuer  so  faste  Jieih  heo  him  bou»de, 
Loos  a-uojjur  tyme  |3ei  him  foui^de. 

Jms  boundeu  kuiht,  Ruyna, 
hedde  a  BroJ>ur,  |jat  hihte  Tymma ; 
|ns  Tymma  was  prest  Religious, 
rtbr  he  was  Abbot  of  au  hous;     <''-'0 
80  louge  he  liuede  iu  J)at  estre 
Ijat  his  uome  heet  Tymmestre; 
\ydt  tyme,  as  ich  vudurstonde, 
hit  Avas  iu  Nortliliu^d^erloude. 
[iiä    Abbot    hedde    tijMuges    cer- 
teyue  *JP''^ 

I)at  Ruyua  was  iu  Batayle  slayiie. 
he  com  to  Treut,  I>is  Abbot  Tymma, 
And  foud  a  bodi  lyk  to  Ruyua; 
houorabliche  he  dude  hit  graue 
Iu    his    chirche    ]>er   he    wolde   hit 
haue,  "00 

Aud  soug  I^erfore  day  aud  o])ur: 
he  Aveude  hit  hedde  beu  liis  brojiur. 
])auh  Tyuima  hedde  chosuu  wrong. 
Ins  hro]}tn-  hedde  J^e  goodw.s   of  I^e 

soug  — 
tibr  God  al  wot  and  wüst  hit  J)ere  "^^^ 
ftbr  whom  he  uuide  his  preyere  — : 
{jeili  uieu  a-niht  [As  kuilit  bounde, 
A-]Morwe  [sei  hym  loos  founde, 
Meu   mihte    hym   neuere  bynde  so 

fest 
[lat    [lei   (I).  I^at   tyme   nolde  al  to- 
berst.  "10 

\)e  nieu  |jat  hedde  Jiis  kuiht  iu  holde, 
|)is  woudur  to  J^e  Erl  Jjei  tolde. 

\:>e  Erl  hedde  jDcr-of  gret  woudur 

Jjat  [na  boudes  weore  so  iu-soudur; 

he    seide,    him-self  wolde    wij)  hiw 

speke  "1''^ 

Aud  wite  whi  his  boudes  dude  breke. 

Bi-fore  pe  Erl  was  he  set, 
Aud  ])e  Erl  feire  he  gret. 
„Sey  me,"  he  seide,  „J^ou  belamy, 
Coust  J)ou  wel  on  sorcery?  "20 

Sum  wicche-craft  1  trouwe  Ijou  bere 
J)at  J)i  bondes  Jse  not  dere; 
tforsojje,"  he  seyde,   ^suwwhat  Jiou 

dos 
Jjat  euer-more  I^ei  fyude  |)e  loos." 
he    seide:    „wicche-craft     con    I 
nouht,        "25 
Ne  for  me  schal  uon  beo  wrouht, 


Ne  I  uul  by  feudes  craft 
vu-bouude  beo,  bi  uo  wicche-craft. 

Sire  Erl,""  he  seide,  „hit  is  a-uojjur : 
Iu  my  cuutre  I  haue  a  BroI)ur,  "^0 
|)at  leeuejj  wel  [)at  I  beo  slayu, 
libr  I  com  not  hom  a^eyu; 
flbr  me  he  synge})  vclie  day  a  Mes  — 
prest,  abbot  forsojje  he  is. 
I  wot  wel,  f)at  is  \>e  enchcsun     "3'> 
|)at  my  Boudus  here  vndon; 
ttbr  uo  I^ing  ue  haues  pouwer 
Ajeyu  J)e  sacramcut  of  {^e  auter. 
ftbr  (^if  I  weore  dcd,  iu  of^ur  werld, 
his  preyere  for  me  weore  I-herd,  'W 
To  bringe  me  out  of  peyue  aud  wo, 
And  sijaen  to  blisse  forte  go.'' 

AI  I^at  Meyue  aud  {jat  Erl 
Leeuede  wel  he  was  no  cherl, 
And  as  he  to-fore  hem  hedde  i-seid,  "•!•"> 
whou  I^ei  on  hym  fürst  hond  leyd; 
Bi  his  semblam^t  and  feir  beryug 
hym  semed  wel  a  gret  lordyug, 
Bi  his  speche  I>ei  vndurstood 
})at  he  was  mou  of  geutil  blöd.   "■"'" 

I)e  Erl  tok  him  iu  j^riuite  — 
whel^eu  he  was  teile  scholde  he, 
„Sey  me  soj),  and,  as   I  am  trewe 

knilit, 
l^ou  schalt   uo  skajoe  haue  be  my 
milit." 

,,Se|)I)he  J)ou  me  bi-hote.st  pes  aud 

I  am  Jae  kyuges  mou  EldriJ), 
Armes  I  bar  iu  Jjat  Batayle, 
wiji  my  pouwer  him  to  auayle." 

„So  me  Ijhoujte,"  seide  J)e  Erl, 
,,{)ou  semed  not  to  ben  a  cherl.  "*"'" 
Bote  for  {)i  knowlechyng  her  me  bye 
jjou  weore  wor[)i  for  to  dye, 
ftbr  |30u  halp  J)er  to  slo, 
laat  al  my  kyude  is  ded  me  fro; 
Bote,  for  I  er  sikerde  \ye,  "'^•'^ 

Scha(l)t  [wn  haue  uo  skajie  for  me." 

he  eode  and  sohl  him  for  Rauwsoun 
At  Londoue  to  a  rtrisouu. 
A  Ifrisoun,  ge  schul  vudurstonde,^^ 
Is  a  Mou  of  flrys-loude.  ''''^ 

Jjis  fti-isouu  scholde  [)is  Mou  forj) 
lede, 
Aud  dude  on  \\i»i  boudes  for  drede, 
flbr  a-skapyug  bi  {je  weye 
he  dude  bondes  on  him  leye. 
Bot  Iiat  vaylede  him  uo-Jjyng       •  •  • 
Neuer  a  day,  pat  byudyug: 


710  |jei  st.  }De  bondes. 


727  Ms.  nul  be  by. 

745  tilge  And. 


7 30  here  st.  ere. 


13* 


196 


Sermo  in  festo  Corporis  Christi. 


ffor  in  {)at  tyme  l>c  masse  was  songen, 
J)e    boudes    to- barst    and    al    to- 

sprougen. 
I)is  ffrisou  lihoußte :  ^lou  raay  {)is 

beo? 
he  may  riht  wel  from  me  fleo ;    "*50 
happylichc  liit  a-raylej)  nouht, 
]ie  Catel  Jiat  I  \vij>  hini  bouht." 

I)e  llrisoii  seidc:  ^wolt  J)ou  wel 
Rcstore  a-^eyu  al  niy  Catel, 
Aud  I  schal  ^iue  ])e  leue  to  go    "''■'' 
To  J)i  Cuntre  Jiat  {jou  com  fro. 
But  fürst  Jjou  schalt  me  trou[)e  pliht, 
And  trewely  hold  hit  wij)  al  \>i  miht, 
To  bringe  |)e  Catel  I  3af  for  \ie, 
And  elles  I  grau>^te  {)e  not  fre."  ^iiO 
he  grauwted  him  al  J)at  he  seide, 
And  troul^e  in   hond    wiJ)   hym   he 

leide. 
{)is  Ruyna  wente  to  kyng  loer, 
\)at  was  kyng  of  Caunturber; 
he  was  seint  Audreus  siister  sone,  "•^■'^ 
And  Ruyna  was  wout  wifj  hym    to 

woue. 
Of  al  his  stat,  bojje  wo  aud  wele, 
Ruyna  told  him  eueridele. 

|)e  kyug  jaf  him  his  Rauusun ; 
And  bar  lut  to  louduu  to  J)at  ffri- 

sun.  800 

Se{)J)e  eode  he  hom,  Isis  kniht  Ruyna, 
To  his  brojaur,  Abbot  Timma, 
Aud  tolde  him  of  al  his  wo-fare 
Aud  of  his  cu^/^fort  in  al  his  care. 
{jis  Abbot  wel  vudurstood         805 
Jsat  his  Masse  dude  him  gret  good 
And  |)e  sacrament  gon  hym  borwe 
Out  of  seruage  and  out  of  sorwe. 

f)is  tale  tellef)  vs  seyut  Bede 
In  his  gestes  \r,it  we  Rede.  ^'^ 

Bi  Jjis  tale  may  men  lere 
{jat  Masses  helpej}  vs  wel  here : 
flbr  vs  liuynge  hit  makejD  Memorie, 
Also  for  l>e  soules  in  purgatorie. 
vche  mon  schal  leeue  pat  riht     '^i'' 
{jat  helpeu  hit  wolle  as  (hit)  dude 

\>e  kniht. 
f)is  sacrament  helpej?   not  ,^it  al- 

one, 
Bote  ]je  oflryuges  euerichone, 
AI  I^at  we  offre  atte  Mes, 
AI  to  vre  saluacion  hit  is.  820 

Not  ouly  forte  saue  Jjc  dede, 
f)e  quike  hit  sauej)  also  and  rede; 
As  wel  haue  [>e  quike  J)e  prou 
As  |3e  dede  |)erof  \)e  vertu  nou ; 
Quike  and  dede,  More  and  lesse  ^-■"' 
Ben  1-saued  Jjorwh  })e  Messe. 


J)e  Offringe  is  as  a  present 
Jjat  helpej)  vs  wij)  Jic  sacrament, 
To  {)e  ft'iiilur  of  heuene  tentefuly, 
ßor    wlioin     l)()u    oft'erest    to    haue 
Merci.         ^«o 

A  tale  I  fond  ones  I-writeu, 
And  as  l  sauh  hit,   I  wol  ,^e  witeu, 
Aud  wel  a-eonleji  in  alle  j^inge 
{^at  (lod  is  payed    of  good  otlringe. 

Of   u   mau    \)at    was   closed    in 
a   myne. 

I  1  it  was  a  Mon  bi- ',onde  |ie  see,  ^■^'' 
A  Mynour,  wonede  In  a  Citee. 
Myuours,  jjei  makejj  iii  hulles  holcs, 
As  meu  don  Jjat  sechel)  coles. 
je  Mynour  souht  stoms  vudiir  molde 
jatMen  of  makeu  seiner  and  golde.  ^^" 
le  wrouhtc  and  holede   in   l)e  hille. 
A  perilous  chauace  fei  hym  tille: 
A  grot  j)arti  of  l)e  Myne 
ffel  doun  \)er  and  closed  hym  Inne. 
his   felawes    alle  I)at  weren  hym 

hende,        8J'> 

Jjat  he  \\eorc  ded  wel  j)ei  wende; 

|)ei  eode  aud  tok  hem  alle  to  Rede, 

And  tolde  his  wyf  I)at  he  was  dede. 

|jis  wo?»mou  bi-menede  hir  hose- 

bonde  sore  — 
God  leeue  J)at  mony  such  wymme/< 

wore!  —    8.")(> 
lieo  helped  his  soule  in  alle  Jjynge, 
In  almes-dede  aud  in  ciffVinge. 
heo  Offred  for  him  atte  Auter 
fful  of  wyu  a  ])icher. 
And  (a)  feir  lof  wijj-al,  !<■'"' 

Eueri  day  as  principal, 
And  al  [jat  twelf-monel)  stabely, 
Bote  o  day  [lat  passed  forby. 
li'ewe  suche  wymmen  we  fynde 
jjat     to    heore    hosebondes    are    so 

kynde!       ^'>o 
Bote  J)is  wyf  wijj  al  hire  miht 
Dude  for  him  (so)  day  and  uilii. 
hit  fei  at  I>e  twelfmone})  ende, 
his  felawes  to  {)e  hui  gon  wende, 
Aud  come  to  jjat  same  stude  eft  *^'''' 
her  {)ei  lieore  felawe  hi  werk  left. 
Riht  |)ere  {)ei  fürst  bi-gon 
bei  percede  Jsorwh  in  to  ]je  Mon : 
pe  I\lon  In  good  stat  J^ei  founde, 
Liuinge,  wij)-t)uteu  wem  or  wou»de. 
Euerichone  Jjei  hedde  ferly, 
Aud  }jat  was  gret  Resun  why! 
Alle  j)o  men  weore  in  gret  weer 
liow  he  ludde  lyued  al  Jjat  3er. 


Seruio  iu  feste  Corporis  Christi. 


197 


Bote{)enue  he  tolde  hemeiierichon^"'"^ 
how  he  hedde  lyned  f)er  al-on: 
„I  haue  I-liued  gracious  lyf 
|)orwh  cortesye  of  my  wyf: 
Eueri  day  heo  ha]j)  me  sent 
Bred  and  wyn  to  preseut;  880 

But  o  day,  [jenne  eet  I  nouht, 
ffor  my  mete  me  nas  not  brouht." 

J)ei  ladde  J)e  niou   in  to  [le  tonn, 
And     tolde     f)is     Miracle     vp     and 

doun, 
ffurst  {)orwh  lie  Citee,  885 

And  sef){>e  ]j)orwh  al  jie  contre. 
hit  com  iu  spekyng  atte  laste 
J)at  day  J^at  he  dude  faste, 
he  tolde  hem  ])e  dayes  name, 
And  his  wyf  seide  l^e  same:         890 
Jjat  day  heo  oftrede  neuer  a  del, 
pe  goode  ff'riday  hit  niilite  be  wel. 
Now  may  ge  here  J^at  almes-dede 
Gostlyche  wole  a  mon  fede, 
And  so  may  je  wel  vuderstaude  895 
{)at  God  is  payed  of  good  oftrande. 

ffor  al  {)is  tale  iu  gor  lyues 
Trustne|)  not  in  gor  wyues, 


Ne  iu  30ur  ehildron  no-Ijiug; 
Ma.kef)  or-self  gour  oft"ring!  9nn 

So  k3^ndc  a  wo«?mon  as  I  of  tolde 
Liue|)  not  now,  bco  ge  bolde! 
Ne  no  Clerk  {)at  {?is  redes 
Schal  fyndc  nou   nou  of  so  kynde 

dedes. 
3e  meu  |jat  are  nou  In  p/-eseut,  905 
}jat  hcref)  rede  Jms  sacrament, 
Ouer  alle  Jjing  hit  haj>  power, 
I^e  sacrament  on  {)e  Auter, 
As  I  haue  here  to  ow  i-schewed, 
Not  to  lered  böte  to  lewed.  910 

3e  lewede  meu,  I  teile  hit  ow  — 
]iis  Clerkes  con  hit  wel  I-nouh. 
i'reige  we  {)eune  vr  creatour, 
f)at  f)e  sacrame?ft,  vr  saueour, 
jjat    Bodi     and     soule    he    wol    vs 

saue,  915 

And  we  hi«?   to  loue  and  he  us  to 

haue.    Ame«. 


905  —  916  yiud  ofifeubar  Zusatz;  das 
inspr.  Gedicht  war  an  die  Priester,  nicht 
flie  Laien,  gerichtet. 


Sitzungen  der  Berliner  Gresellschaft 

für  das  Studium  der  neueren  Sj)rachen. 


Sitzung  am  11.  September  1888. 

Herr  B  i  1 1  z  spricht  über  die  fürstlichen  Verfasser  von  Kirchen- 
liedern. Ist  es  schon  an  und  für  sich  auffallend,  dafs  als  Dichter 
gerade  der  besten  Kirchenlieder  so  viele  fürstliche  Personen  bezeich- 
net werden,  so  erheben  sich  begründete  Zweifel  an  der  Urheberschaft, 
wo,  wie  z.  B.  bei  Albrecht  Achilles,  zwischen  der  sonst  bezeigten 
Gesinnung  und  Gesittung  des  Mannes  und  der  in  dein  ihm  zuge- 
schriebenen Liede  bezeigten  Frömmigkeit  ein  unüberbrückbarer  Ab- 
grund zu  klaffen  scheint.  Wir  haben  es  hier  mit  der  mittelalterlichen 
Sitte  der  Fürsten  und  Ritter  zu  thun,  Sprüche  als  Devise  anzu- 
nehmen. Das  that  man  auch  im  16.  Jahrhundert,  aber  damals  wählte 
man  dazu  geistliche  Lieder  als  Bekenntnis  für  die  evangelische  Lehre. 
Solche  Lieblingslieder  der  Fürsten  wurden  dann  in  den  Gesang- 
büchern als  ihre  I^icder  bezeiclmet,  ohne  dals  die  Zeitgenossen  ge- 
glaubt hätten,  nuin  hätte  die  Verfasser  vor  sich. 

Besonderes  Interesse  gewinnt  die  Frage  betreffs  der  Abfassung 
von  Jesus  meine  Zuversicht.  Das  1653  zuerst  gedruckte  Lied  galt 
bis  1770  als  anonym.  Rofsmann  wies  aus  der  nach  heutiger  Aus- 
drucksweise leicht  mifszuverstehenden  Vorrede  des  ersten  Druckes  die 
Kurfürstin  als  Verfasserin  nach.  Al)er  keiner  der  Zeitgenossen  hat, 
die  Worte  ,ihre  eigenen  Lieder'  so  gedeutet.  Haben  schon  v.  (^rlicli 
und  Preufs,  der  das  sprachliche  Moment  gcltcjul  machte,  dafs  die 
Kurfürstin  nur  eine  geringe  Kenntnis  der  deutschen  Sprache  besafs, 
sich  gegen  sie  als  A'^erfasserin  erklärt,  so  führt  der  Redende  als  be- 
sonders ausschlaggebend  an,  dafs  in  keinem  der  Gesangbücher,  die 
sonst  den  Verfasser  angeben,  der  Name  der  Kvu'fürstin  genannt  ist, 
und  dafs  in  keiner  der  Leiclieiu'edcn  und  der  zahlreichen  bei  Ge- 
legenheit ihres  Todes  entstandenen  Reden  und  Gedichte  der  Ab- 
fassung gedacht  wird. 


Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft  etc.  199 

Nachdem  noch  anderen  fürstlichen  Personen  die  ihnen  zuge- 
schriebenen Kirchenlieder  abgesprochen  waren,  führt  Herr  Vatke  als 
Kuriosum  an,  dafs  der  Vers  „Stärk'  uns  mit  deiner  Gotteskraft  zu 
üben  gute  Ritterschaft"  vom  Grofsen  Kurfürsten  als  anstöfsig  ver- 
boten wurde,  weil  er  darin  eine  Aufreizung  der  Ritterschaft  sah. 

Herr  Löschhorn  spricht  über  die  unter  dem  Titel  „Vermischte 
Aufsätze  über  Unterrichtsziele  und  Unterrichtskunst"  gesammelten 
Arbeiten  von  Münch.  Alle  durchzieht  ein  Gedanke,  man  solle  nicht 
über  den  unmittelbaren  Aufgaben  der  Schule  vergessen  die  höheren 
zu  prüfen.  Besonders  viel  liegt  dem  Verfasser  daran,  die  Schide  mit 
der  Zeit  in  Zusammenhang  zu  bringen.  Der  Vortragende  bespricht 
ausführlich  den  Aufsatz  über  die  Muttersprache,  in  welchem  die  Ab- 
schaffung des  Mittelhochdeutschen  beklagt  wird  und  andere  Wege, 
den  Schüler  in  den  Geist  der  Sj^rache  einzuführen,  gesucht  werden, 
und  empfiehlt  den  Lehrern  diese  Aufsätze  dringend. 

Herr  Bourgeois  berichtet  über  die  Jugendzeit  Alfred  de  Vignys, 
aus  der  uns  wenig  bekannt  ist.  Der  Vortragende  konnte  sich  dabei 
auf  Emile  Deschamps  stützen,  der  ihn  vor  langen  Jahren  persönlich 
von  einem  Besuche  in  der  Familie  de  Vignys  und  dem  Leben  daselbst 
Mitteilungen  gemacht  hat. 

Sitzung  am  16.  Oktober  If^SS. 

Herr  Vatke  sprach  über  ,,die  Kleiderjjresse".  Die  Kleider- 
presse (prelum),  welche  bereits  im  kaiserlichen  Rom  bekannt  war, 
hatte  den  Zweck,  die  scharfen  Falten  und  glänzenden  Farben  zumal 
der  weiblichen  Kleider  dauernd  zu  erhalten.  Martial  z.  B.  und  später 
Ammianus  INIarcellinus  sjDrechen  über  dieselbe.  Im  romanisch-ger- 
manischen jSIittelalter  finden  wir  ein  demselben  Zwecke  entsprechen- 
des Möbel,  die  „Truhe'',  ital.  cassone,  franz.  le  bahut,  engl,  trunk 
oder  auch  press,  So  sind  die  Locken  des  Junkers  geki-äuselt  „als 
ob  sie  in  Presse  gelegt  gewesen  wären".  Vgl.  das  mittelhochdeutsche 
„in  die  Falte  legen".  Littre  führt  aus  Ducange  an:  Presseur,  XIV. 
s.  den  Arbeiter,  der  den  Kleiderstoff  in  die  Presse  legt.  Und  auch 
Alwin  Schultz,  das  Höfische  Leben,  streift  unseren  Gegenstand,  wenn 
er  die  auffallende  Vorliebe  der  Frauen  in  der  Minnesängerzeit  für 
möglichst  bunte  und  grellfarbene  Gewandung  eingehend  erörtert. 

Im  Anschlufs  an  einen  im  Mai  d.  J.  gehaltenen  Vortrag  über 
Robert  Burns  machte  Herr  Hahn  Mitteilung  von  einem  Aufsatze 
Giuseppe  Bianchis  in  der  Nuova  Antologia  vom  Jahre  1886,  in 
welchem  einige  Burnssche  Gedichte  in  möglichst  getreuer  Übersetzung 
abgedruckt  sind.  Soweit  dem  Vortragenden  bekannt,  ist  dies  der 
erste  Versuch  einer  Wiedergabe  Burnsscher  Gedichte  in  italienischer 
Sprache.  Das  Gedicht  „To  Mary  in  Heaven"  gab  dem  Referenten 
Gelegenheit,    eine   treffliche   Übersetzung   anzuzeigen,    welche   Herr 


200  Sitzungen  der  Berliner  Gesellscliaft 

Direktor  Dr.  Gustav  Legerlotz  in  Salzwedel  unter  dem  Titel  „Kobert 
Burns'  Gedichte  in  Auswahl.  Leipzig  1881)"'  den  früheren  Über- 
tragungen (in  dem  Werke:  „Aus  guten  Stunden.  Dichtungen  und 
Nachdichtungen.  Salzwedel  1886"  und  in  Schulprogrammen  1882  und 
1887)  hinzugefügt  hat.  Eine  Vergleichung  mit  anderen  deutschen 
Übersetzungen  des  schottischen  Dichters  ergiebt,  dafs  die  vorliegende 
von  L.  eine  ganz  besondere  Beachtung  verdient. 

Plerr  Rödiger  macht  auf  eine  Reihe  von  Schulausgal)en  auf- 
merksam, die  Chuquet  von  deutschen  klassischen  "Werken  veröffent- 
licht hat.  Der  als  Kriegsschriftsteller  bekannte  Herausgeber  hat  dazu 
meist  Werke  gewählt,  die  mit  seiner  Wissenschaft  mehr  oder  weniger 
in  Zusammenhang  stehen,  so  Goethes  Campagne  in  Frankreich,  Götz, 
aber  auch  Hermann  und  Dorothea;  zuletzt  ist  Wallensteins  Lager 
erschienen.  Alle  Ausgaben  hat  Ch.  mit  Einleitung  und  fortlaufendem 
Kommentar  versehen,  die  beide  vortrefflich  sind.  In  letzterem  werden 
viel  Parallelen  geboten  und  sprachliche  Schwierigkeiten  gut  erklärt. 

Herr  Hahn  berichtete  über  den  dritteu  deutschen  Neuphilo- 
logentag, welcher  in  den  Tagen  vom  29.  September  bis  1.  Oktober 
d.  J.  seine  Sitzungen  in  Dresden  hielt.  Er  verlas  eine  von  Herrn 
Dr.  INIahrenholtz  eingesandte  Darstellung  der  dort  gejiflogenen  ^''er- 
handliuigen  luid  sprach  mit  besonderer  Anerkennung  ül)er  die  sehr 
interessante,  aber  wegen  der  Reichhaltigkeit  des  Programms  des 
Neuphilologentages  leider  zu  wenig  gewürdigte  Daute-Shakespeare- 
Burns-Moli^re- Ausstellung,  durch  deren  Veranstaltung  sich  die  Her- 
ren Professor  Dr.  Scheffler,  Oberlehrer  Sahr  und  Baron  von  Locclhi 
in  Dresden  ein  grofses  Verdienst  erworben  hatten.  Ein  Katalog  die- 
ser Ausstellung,  welchen  Referent  vorlegte,  gab  Zeugnis  von  der 
unermüdlichen  Thätigkeit  der  genannten  Herren. 

Im  Anschlufs  an  diesen  Bericht  teilt  Herr  Tanger  einen  Artikel 
des  Dresdener  Anzeigers  über  Dörrs  Vortrag  mit  und  knüpft  einige 
Bemerkungen  daran,  worin  er  besonders  darauf  hinweist,  dafs  der 
Vortrag  wenig  oder  nichts  Neues  enthielt.  Herr  Hirsch  bemerkt 
dazu,  dafs  Sallwürck  die  Hoffnungen,  welclie  die  Reformer  auf  ilm 
gesetzt  hatten,  nicht  erfüllt  habe,  da  er  sich  auf'serordentlich  vor- 
sichtig und  gemäfsigt  ausdrücke. 

Sitzung  am  30.  Oktoho.v  ISHS. 

Herr  Arnheini  bespricht  einen  Artikel  aus  der  Zeitschrift  für 
Volapük  „Rund  um  die  AVeit".  Derselbe  enthält  einen  im  Auftrage 
der  Philological  Society  in  London  gegel)encn  Bericht  von  Ellis,  in 
welchem  derselbe  auf  Veranlassung  der  Philological  Society  zu  Phi- 
ladelphia und  im  Gegensatze  zu  derselben  erklärt,  dafs  liei  Ei'wägung 
eines  Weltsprachesystems  das  Volapük  nicht  ohne  weiteres  zu  ver- 
werfen  sei.    Nicht  die  wissenschaftliche    Betrachtuntr  von   Ellis  ist 


für  das  Studium  der  neueren  Sprachen.  20] 

wiedergegeben,  ^^ondern  es  Averden  nur  die  beiden  auffälligen  Gründe 
angeführt,  dafs  das  Vola^iük  eine  erfundene  Sprache  sei  und  dafs  es 
grofse  Verbreitung  besitze.  Herr  Zupitza,  dem  es  ein  Parteibericht 
zu  sein  scheint,  findet,  dafs  Ellis'  Sprache  ironisch  klingt. 

Herr  Zupitza  teilt  drei  kleine  Beiträge  zur  Volkskunde  mit. 
1)  Den  von  F.  Liebrecht  in  der  Germania  33,  179  f.  zusammen- 
getragenen Seitenstücken  zu  Gretchens  „Er  liebt  mich  —  Lieht  mich 
nicht"  fügt  der  Vortragende  ein  englisches  hinzu  aus  dem  Roman 
,,Kith  and  Kin"  von  Mifs  Jessie  Fothergill  (London,  R.  Bentley  &  Son, 
1881,  3,  254  f.;  Tauchnitz  2,  257).  Eine  Dame  erzählt  hier,"  wie  ihr 
Oheim  sie  gern  niit  seinem  Sohne  Ralph  verheiraten  wollte,  "//e  threw 
US  together ;  las  favourite  plan  was  to  send  us  out  for  vxdks  in  the 
su'/nmer  evenings.  I  remeinher  it  well  ■ —  we  usecl  to  go,  one  ow  one 
side  of  the  lane,  and,  the  other  an  the  other ;  he  used  to  switch  off  the 
tops  of  the  floivers  and  weeds  with  his  cane,  and  I  used  to  potct,  and 
pluck  the  grasses  and  pull  the  seeds  off,  saying,  'This  year,  next  year 
—  sometime,  never'  That  ums  to  see  when  I  shoidd  he  married  — 
not  to  RalpJi."  2)  In  demselben  Bande  der  Germania  S.  245  führt 
Liebrecht  nach  Gubernatis  als  Mittel  an,  um  zu  erkennen,  ob  ein 
weibliches  Wesen  noch  rein  sei:  "Aceipe  frudutn  laetuccc  et  pone  ante 
nares  eius :  si  tunc  est  eorrupta,  statim  mingit."  Zwei  Mittel  zu  dem 
nämlichen  Zweck  bietet  die  im  zweiten  Viertel  des  16.  Jahrhunderts 
entstandene  Hs.  der  Bodleiana  in  Oxford  Rawlinson  C  813,  aus 
welcher  der  Vortragende  schon  vor  einigen  Jahren  einige  Lieder  mit- 
geteilt und  deren  wesentlichen  Inhalt  er  im  Sommer  1887  ab- 
geschrieben hat,  um  ihn  zu  veröffentlichen.  Fol.  34 r  findet  man: 
"Medecina  ad  probandum,  si  puella  sit  rirgo  pura.  Take  fyn  corrall 
and  puu  fhem  as  small  yn  a  morter,  as  can  he,  and  fhcnput  \)e  poudre 
yn  hur  drynke,  and,  yf  she  he  not  pure,  she  sJvall  make  watter.  — 
Anoder  medesyne  for  the  sanie.  Take  the  sediB  of  purslene  and,  lolien 
wemen  sytt  hefor  tJie  fyre,  cast  a  handfidl.  of  the  sedis  yn  to  the  fyre, 
and  then  merke  Jinr  well,  and  ye  shall  perceyre  a  evydent  (Hs.  i>yde7it 
mit  Rasur  eines  Buchstaben  davor,  de  undeutlich)  token,  yff  she  he 
nott  pnre,  etc."  3)  Auf  Fol.  35  r  derselben  Hs.  steht  mit  vielen 
Korrekturen  derselben  Hand  ein  kleines  Stück  volkstümlicher  Syno- 
n3Tiiik.  "A  harlatt,  a  himter  and  a  höre.  A  harlatt  ys  she,  pat  man 
kepes,  and,  yf  an  oder  make  lahour,  for  petye  hur  kynd  harte  can  nott 
say  'nay'.  A  huntere  ys  she,  that  ij  or  iij  good  feloives  kepys,  and 
yet  she  sechez  moo  for  hur  aduauntage.  A  höre  ys  she,  ]^nt  medele.^i 
tv'ith  7vhoo  some  euer  ciimmys,  soo  |)a<  she  hath  medeled  unth  so  many, 
that  she  knoireth  nott  the  nomhre  of  thon."  Die  vom  Vortragenden 
eingesehenen  Wörterbücher  haben  hunter  in  dieser  Bedeutung  nicht. 

Zu  Nr.  1  führt  Herr  Hirsch  den  Abzählreim  tinker,  tailor, 
soldier,  sailor  an,  Herr  M  a  r  e  1 1  e :  il  m'aime  im  peu,  beaucoup,  pas- 
sionnemcnt,  pas  du  tont,  und  Herr  Wetzel,  dafs  man  auch  im  Brau- 


202  Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft 

(Icnburgischeu  bei  solclien  Abzahlungen  Gräsersamen  anwende,  wäh- 
rend Herr  Tanger  angiebt,  dafs  auch  die  Zahl  der  Kompottfrüchte 
mit  fhis  year,  next  year,  noiv,  or  never  gezählt  werde. 

Zu  Nr.  2  fügt  Hen-  Arnheim  hinzu,  dafs  sich  in  einem  Drama 
von  Middleton  Ähnliches  finde. 

Herr  Vatke  sprach  über  das  Buch  des  Belgiers  Emile  de  Lave- 
leye,  De  la  propriete  et  de  ses  formes  primitives,  1874,  in  der  deut- 
schen Ausgabe  „Das  Ureigentum"  von  Dr.  K.  Bücher,  Leipzig  1879. 
Das  Buch  behandelt  vornehmlich  die  Entwickelung  des  gemeinsamen 
Grundbesitzes  der  Dorfgemeinschaften  bei  den  Kulturvcilkern,  die 
germanische  Mark,  die  Allmenden  der  Schweiz  und  Südwestdeutsch- 
lands, die  mittelalterliche  Feldgemeinschaft  in  England  (die  com- 
mons)  nach  E.  Nasse  in  Bonn :  „folkland  und  Ijokland  im  England 
der  normannischen  Eroberung''  wurden  erörtert  und  gezeigt,  wie  in 
England,  zumal  seit  dem  1 6.  Jahrhundert  —  wie  auch  Thomas  Morus 
in  der  Utopia  v.  1516  —  es  beklagt,  die  Grofsgrundbesitzer  den 
Kleinbesitz  an  sich  rissen :  die  Krone  war  hiergegen  machtlos,  wäh- 
rend die  absoluten  Könige  Frankreichs  von  Heinrich  HL  es  ver- 
standen, den  Bauernstand  in  seinem  Besitze  zu  erhalten  gegen  die 
Bestrebungen  der  grands  seigneurs:  so  ist  Frankreich  reich  an  den 
petits  cidtivateurs,  während  England  im  wesentlichen  nui*  den  Lord 
und  seine  Pächter  kennt. 

Herr  Tobler  spricht  über  das  adjektivische  Pronomen  posses- 
sivum,  dessen  Vielseitigkeit  der  Beziehungen  in  den  Grammatiken  zu 
Avenig  beachtet  wird.  Wie  man  sagt  mon  anii,  sagt  man  auch  mon 
ennemi,  aber  nicht  mehr  leicht  mon  voleur,  was  im  Altfrz.  noch  ge- 
w(')hnlich  ist.  Der  Redner  macht  besonders  auf  den  Fall  aufmerk- 
sam, wo  aktivische  und  passivische  Parti cipien  von  Verben,  die  den 
Dativ  bei  sich  haben,  mit  dem  Possessivpronomen  verbunden  stehen, 
eine  Ausdrucksweise,  die  im  Altfrz.  häufig  zu  finden  ist,  aber  im  Neufrz. 
nur  noch  ganz  vereinzelt  auftritt,  altfrz.  mes  nuisants,  mes  appar- 
tenants,  ma  promesse  r=  was  mir  versprochen  worden  ist,  neufrz.  nur 
noch  mon  dfi. 

Nach  la  personne  du  roi  kann  man  Avohl  bilden  ma  personne, 
die  Person,  die  ich  bilde,  die  man  in  mir  zu  sehen  hat,  aber  nach 
la  coquine  de  Toinette  nicht  sa  coquine,  die  Spitzbübin,  die  sie  ist. 
Ein  Unterschied  ist  zu  machen  zwischen  cela  sent  son  vieillard,  das 
riecht  nach  dem  Greise,  von  deiii  es  ausgeht,  und  dem  Lafontaine- 
schen  un  renard  sentant  son  renard  de  loin,  nach  dem  Fuchse,  der 
er  war.  Im  ersteren  Falle  ist  das  son  auf  cela  zu  beziehen,  im  zwei- 
ten auf  renard.  Vielleicht  ist  die  eine  der  beiden  Beziehungsweisen 
auf  die  andere  ausgedehnt  worden. 

Herr  Va  t  k  e  führt  dazu  das  Goethesche  „meine  Günstigen",  Herr 
Völkerling  ,,vos  pesants  d'or"  an,  während  Hen*  Wätzoldt  an- 
giebt, dafs  bei  Plans  Sachs  „mein  Dieb"  scherzhaft  gebraucht  wird. 


für  das  Studium  der  neueren  Sprachen.  203 

Zum  Schlufs  verliest  Herr  B  u  r  t  i  n  einen  Artikel  der  Petite 
France  über  den  style  decadant. 

Sitzung  am  13.  Kovemher  1888. 

Nach  Verlesung  des  Protokolls  führt  Herr  Arn  heim  zu  seinem 
letzten  Vortrage  noch  an,  dafs  nach  Büchmann,  über  den  Berliner 
Adrefskalender,  ein  Berliner  Professor  Burja  im  Anfange  dieses  Jahr- 
hunderts eine  allgemeine  Sprache  erfunden  habe.  Herr  Michaelis 
fügt  hinzu,  dafs  derartige  Bestrebungen  bereits  vor  mehreren  Jahr- 
hunderten aufgetaucht  sind. 

Herr  Rossi  verliest  zwei  bei  Gelegenheit  des  Besuchs  Kaiser 
Wilhelms  IT.  in  Rom  von  ihm  verfafste  italienische  Gedichte. 

II   9.  Marzo  1888.* 

Grande  e  coudur  un  popolo  guerriero 
AUa  vittoria:  grande  guadagnare 
Un'  imperial  Corona;  —  ma  piü  grande 
AI  popolo  accordar  pace  sicura, 
Face  lunga  e  benefica;  acquistare 
Di  fedeltä  e  d'amor  una  Corona 
Colla  stima  e  il  rispetto  dell'  intero 
Mondo 

Ode. 

Te,  Guglielmo,  ehe  giä  la  gloriosa  Ti  conforti  raccento  leale 

Spada  cingi  degli  avi  immortali,  Del  tuo  amico  e  alleato,  d'  Umberto, 

Con  aniore  saluta  festosa  Che  sali'  orme  del  padre  immortale 

Roma,  madre  di  tre  civiltji.  Del  suo  i^opolo  veglia  al  destin. 

Questa  terra  per  t^toriche  gesta  Su  Te  jmre,  o  Gugliebno,  la  Stella 

Grande  e  sacra,  al  tuo  arrivo,  di  fiori  Dell'  avita  graudezza  risplende. 

Ti  cosparge,  in  segnale  di  festa,  Sei  Taiispicio  di  gloria  novella 

Ed  eccheggia  pei  colli  un  Urrä  AI  cui  raggio  e  serbato  il  tuo  crin. 

Roma  libera,  unita,  maggiore  Su,  risuonin  per  l'aer  gli  squilli 

Delle  cento  sorelle  risorte,  D'ambo  gl'inui  d'Italia  e  Germania, 

Col  saluto  che  parte  dal  cuore  Si  dispieghin  congiuuti  i  vcssilli, 

Sia  conforto  al  recente  tuo  duol.  Ma  per  simbol  di  pace  e  d'amor. 

Ti  conforti  di  Roma  la  gioia,  L'amistado  sia  patto  verace, 

Rispecchiata  nel  riso  soave  Non  ofFesa  alle  genti  vicine, 

Di  Colei,  che  di  Casa  Savoia  Non  ragione  ad  accender  la  face 

E  virtude  che  splende  quäl  sol.  Di  discordie  spargenti  squallor. 

O  Guglielmo,  il  tuo  avveuto  cancelli 
Dei  nemici  d'Italia  la  speme, 
II  diritto  di  Roma  suggelli, 
Ricon.sacri  la  nostra  unitä. 

Salve,  salve,  Guglielmo !  —  il  tuo  regno 
Sia  demente,  felice,  gloriose, 
In  lui  goda  il  tuo  i)opolo  deguo 
Lunga  pace  ed  ognor  libertä. 


'^)  Yeisi  di  G.  E.  liossi  per  la  moite  dell'  inipeitituro  Uuglielmj  I. 


204  Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft 

Herr  Zupitza  spricht  „Über  die  Quelle  des  39.  Stückes  in  den 
Mendxk  ^Eventyri  ed.  Gering".  Diese  fromme  Erzählung  veranschau- 
licht Gottes  Barmherzigkeit  an  dem  Schicksal  einer  Frau,  welche 
die  schlimmsten  Sünden  (Blutschande,  dreifachen  Kindermord,  Eltern- 
mord) begangen  hat  und,  obwohl  sie  von  ihnen  nicht  förmlich  los- 
gesprochen wird,  doch,  weil  sie  dieselben  bereut,  in  den  Himmel  ein- 
geht. Der  Herausgeber  hat  II  395  nur  auf  eine  in  vielen  Einzelheiten 
abweichende  Darstellung  in  der  Scala  eceli  aufmerksam  gemacht. 
Es  ist  ihm  entgangen,  dafs  auch  eine  Handschrift  der  englischen 
Bearbeitung  der  Gesta  Romanorum  (ed.  Herrtage  S.  390)  dieselbe 
Geschichte  enthält,  und  dafs  Madden  (s.  Herrtage  S.  .504)  sie  auch 
in  einer  lateinischen  Handschrift  der  Gcsta  Harl.  4  06,  in  welcher, 
wie  in  der  Scala  cccli,  Jacobus  de  Vitriaco  als  Quelle  genannt  wird, 
und  aufserdem  in  Herolts  Promptuarium  nachgewiesen  hat,  der  sich 
auf  Petrus  de  Araore  beruft.  In  besonders  nahem  Zusammenhange 
steht  aber  die  isländische  Erzählung  (^=  I)  mit  einem  mittelenglischen 
Gedichte  (=  E),  das  zuerst  Hartshorne  in  seinen  Ancicnt  Metrical 
7^/^.^(1829)  151  ff.  und  neuerdings  Horstmann  in  den  Altenglischen 
Legenden  (Neue  Folge,  1881)  S.  334  ff.  und  im  Ai'chiv  79,  421  ff. 
veröffentlicht  hat.  Drei  Handschriften  von  E  sind  bisher  bekannt, 
eine  Cambridger  (=  C)  und  zwei  Oxforder,  nämlich  eine  Ashmole- 
Hs.  (=  A),  welcher  mehr  als  das  erste  Drittel  fehlt,  und  eine  Raw- 
linson-Hs.  {■=  R).  Der  Gang  der  Erzählung  ist  in  beiden  Darstellun- 
gen durchaus  der  gleiche,  und  selbst  in  kleinen  Nebendingen  findet 
gewöhnlich  Übereinstimmung  statt,  wobei  bald  die  eine,  bald  die 
andere  der  englischen  Handschriften  I  genauer  entspricht.  In  E 
fängt  die  eigentliche  Erzählung  mit  V.  7  C,  19  R  an:  Tlier  was  a 
man  of  mycidl  inayne  In  \io  bisshoperiche  of  Wyan  (In  \ie  byshoprich 
of  Gyan  A  vian  Jier  w«s  of  mych  mayn  R),  Hiche  (Aitd  rieh  R)  of 
londe  and  ledis  (Jede  R).  He  hade  a  tryfe  gentill  (A  wyfe  he  Jmd  gent 
R)  and  frc,  The  best  (fayrest  R)  ivoman,  ])at  my^t  be,  And  fülle  of 
nlmysdedis  f-dcdc  R).  ,4  doii^ttir  they  had  beticen  hem  twoo  fhem 
hctwene  R),  77/c  fayrest,  \mt  my^t  on  erth  goo  (jie  fayrest  woman,  \^at 
fnyth  bene  R)  Made  of  flcsshe  and  blöde.  Damit  vergleiche  man  den 
Anfang  von  I:  svä  byrjar  \wJta  ceventyr,  at  nt  i  Franz  i  einü  bis- 
kupdcemi,  er  Apgeian  (so  die  Hs. ;  Avenio  Gering)  kailax,  bjö  einn 
mikill  madr.  hann  var  rikr  madr  bm\i  i  landi  ok  laiisutn  eyri.  eina 
ko)iu  ätti  hann  göda  (vgl.  C)  ok  fiilla  af  miskunnsemi.  \)au  dttu  eina 
dnttnr  \)('i  hina  vcrnstu,  er  verda  mdtti  sköpuf  af  holldi  ok  blöäi.  Da 
die  Mutter  das  unnatürliche  Verhältnis  entdeckt,  ruft  sie  nach  R 
73  ff.  (C  55  ff.  zeigt  eine  Lücke):  'Alias',  slie  sayd  '}^at  je  weryn  bornf 
Lyne  and  soule  ^e  hau  forlo7-n  Day  mthouten  ende,  ^e  ben  itauth  1o 
|ie  fend  of  hell:  With  ^ou  ivill  I  no  lenger  dwell ;  Fh'O  ^ou  will  I  now 
ivend.'  In  I  sagt  die  Mutter  14  ff. :  'Amn,  at  vit  vöriim.  fadd  eda 
gctiH !    \\via1  iin  reit  ck,  at  ]i?7  enit  fordjörfnt  ulan  enda  ok  biindin 


für  das  Studium  der  neueren  Sprachen.  205 

w«ed  fjdndanum  i  helviti.  '^vi  vil  ek  ekki  lengr  mei\  ykkr  vera  ok  ganga 
minn  veg  i  hrott  i  sta^i.'  Das  Begräbnis  der  Mutter  wird  C  73  tt'., 
R  91  tf.  so  erzählt:  When  \)at  synfull  dede  was  done  (And  wJian  \}i>i 
dede  was  idone  R),  Tliey  (Sehe  R)  toke  {le  body  vp  (swyth  R)  sone  And 
leyde  hü  in  a  eheste  And  beryd  \)e  cors  (it  R)  wi[^  bo\)e  her  {\)orow  her 
bo])ers  R)  rede,  As  she  sodenly  hade  be  ded  (As  she  had  ibe  fayr  dede 
R),  l^at  110  man  odtir  fit  R)  wiste  (newyst  R).  Die  entsprecheiulc 
Stelle  lautet  in  I  23  ff.:  sein  \^at  var  gjört,  töku  \'.au  (A'gi.  (,')  Iwniiar 
likam  ok  lögdu  i  kistii  ok  jörduäu  liana  eptir  sinum  vüja,  sem  liori 
hefdi  fögrum  (vgl.  R)  dauila  däit,  svd  at  eingi  vissi  annat  (vgl.  C). 
Alles  geht  in  die  Kirche  aul'ser  dem  sündenbeladenen  AVeibe  C  LSI  ff., 
R  193  ff.:  But  (All  bot  A)  \^at  {^is  R)  synfull  (fehlt  A)  woman  (u\ 
alone  A)  With  (And  AR)  hir  felows  euerychon  Laße  stille  (Beleft  R, 
Duellyd  A)  in  \)at  strete  (at  iier  in  AR).  Sory  was  she  (Wo  was 
\)e7n  AR)  \^at  ilke  day,  Vat  (There  conie  AR)  noma)i  (no  men  R),  irifh 
hir  {\)em  AR)  tcold  (to  AR)  play:  Siluer  (No  s.  A,  N'e  no  s.  R)  nry^t 
sJie  non  (they  my^ht  A,  myght  \)ei  R)  gete  (wynne  AR:  die  nächste 
Strophe  fehlt  ganz  in  R).  Tille  hur  felowes  she  seide  (Seite  seyd  to 
hyre  feleys  anon  A):  'To  \)e  church  go  a-e,  I  rede  (I  rede,  [Mt  ive  to 
\te  cJtyrche  gon  A),  As  swythe  as  we  may  (And  haste  vs  in  \,e  weg  A). 
Ver  may  ire  (we  schall  A)  siim  ^ong  vian  fgnde,  \'at  is  both  curtessc 
(god  A)  and  hynde  (kynd  A),  \'at  will  with  vs  (And  tritJi  vs  will  A) 
play:'  In  I  heifst  es  7-4  ff. :  ...  nema  sü  syndafulla  (vgl.  CR)  ko)W(, 
ok  (vgl.  AR)  hcnnar  felagskapr:  {u/r  vöru  kyrrar  (vgl.  C)  at  sinu  hei- 
niili  (vgl.  AR).  \mt  var  "peirra  (vgl.  AR)  sorg  mest  hvern  dag,  at  eigi 
kömu  (vgl.  AR)  svd  niargir  menn  med  \i(Br  (vgl.  AR)  at  syngaz,  setn 
\)cer  villdu,  ok  licer  mcetti  sem,  mest  silfr  vinna.  ok,  sem  [uer  sitja 
svd  i  sitt  herbergi,  talar  hon  svd  til  \)eirra:  'ver  skulwm  ganga  til 
kirkju,  \sviat  \)ar  munu  vcr  fd  nögra  fclaga,  er  med  oss  vilja  leika,  ok 
afla  svd  peitninga.'  Da  die  Sünderin  ihre  Sünden  bekannt  hat  und 
den  Bischof  um  Lossprechung  "bittet,  C  253  ff.,  R  23ö  ff.  l^e  bisshop 
seyd  anon  ryp  (anon  hyr  tylle  R):  'Abide,  woman,  in  \)at  ti^t  (Woman, 
abydc  a  lytell  wyght  A,  Woman,  a  lytyll  whyle  be  stylle  R),  Tille  my 
sermonde  be  done.'  She  swonyd  and  fei  do7vn  there  (Seite  was  so  füll 
of  sorow  and  care  AR):  So  ful  she  u-as  of  sorow  and  care  (She  feil 
udoune  [in  swownyng  R]  before  \\em  [hgrn  RJ  there  AR):  To  berst 
hirhert  began  (Hyre  hert  braste  in  [a  RJ  two  AR).  1  erzählt  105  ff.: 
biskup  svarar:  'bid  (vgl.  AC)  litla  stund,  til  per.?  at  üti  er  sermoninii.' 
eptir  \)at  feil  hon  i  üvit  (vgl.  CR)  at  öllum  d  sjdnd^im  svd  füll  af  sorg 
ok  süt  (vgl.  die  Stellung  in  C),  at  hennar  hjarta  bi-a^st  i  sundr  (vgl. 
AR).  Der  Anfang  der  letzten  Strophe  in  C  (R  hat  nichts  Ents])re- 
chendes)  lautet :  (Jode  (Orysten  A)  men,  I  warne  alle  {}^ou  gll-  A),  Iv// 
äe  (non  of  ^ou  A)  in  no  (fehlt  A)  ivanhope  falle,  '^if  (They  A)  ^e  haue 
don  gret  (^e  be  in  A)  synne.  Damit  vgl.  man  in  I  121  f.:  ek  vara 
ydr  ok  alla  kristna  (vgl.  A)  menn.  at  \wr  fallit  eigi  i  örvünan,   \)dtt 


.20(j  Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft 

(vgL  A)  [er  haftt  stört  (vgl.  C)  ufhrotit.  Wie  an  den  hervorgehobenen 
Stellen,  so  stehen  sich  auch  sonst  die  beiden  Fassungen  ganz  nahe. 
Die  zunächst  sich  aufdrängende  Frage,  ob  beide  etwa  nur  aus  der- 
selben Quelle  geflossen  seien,  ist  wohl  zu  verneinen.  In  diesem  Falle 
würde  E  wohl  nicht  so  genau  zu  I  stimmen,  da  der  Dichter  des  Kei- 
mes wegen  sich  gewifs  sehr  häufig  von  seiner  Quelle  frei  machen 
jnufste.  \'ielniehr  ist  wohl  E  als  die  Quelle  von  I  anzusehen.  An 
sich  hat  eine  solche  Annahme  um  so  weniger  etwas  Bedenkliches,  als 
sechs  andere  Erzählungen  der  Handschrift,  die  I  bietet,  aus  dem 
mittelenglischem  Gedicht  HaHdlyng  Sijmie  stammen  (Gering  11  Du). 
Die  Kichtigkeit  der  ausgesprochenen  Ansicht  scheint  vor  allem  durch 
den  Umstand  erwiesen  zu  werden,  dafs  öfter  formelhafte  Ausdrücke 
des  englischen  Gedichtes,  die  schwerlich  aus  der  Quelle  desselben 
entlehnt  sind,  ihre  genaue  Entsprechung  in  I  haben.  Vgl.  C  1 .'). 
R  27  Made  of  flesshe  and  Mode  =^  I  5  sköput  af  holldi  ok  hloM : 
C  81.  R  9'.)  Be  darj  and  eke  be  nij^t  =  I  "26  f.  bccili  dag  ok  nött  ; 
C  84.  R  102  Tharow  [)e  (fehlt  R)  grace  of  god  almg^t  z^  I  26  f. 
ejjfir  gui\s  forsjd  ok  fgrirskipan ;  C  105.  R  123  Wher  (Ivr  R)  god 
was  irhik  and  dede  =  I  41  sein  gud  var  kvikr  ok  daudr;  C  113. 
R  131  ^She  lad  Jiipn  sgffe  and  (Site  bade  hur  fadur  V)  make  Ii//i)i  glade 
r=  I  44  bad  kann  sitja  ok  gjöra  sik  gladan  ;  G  222  (die  Stro})hi'  fehlt 
in  R)  JkdJie  lon-de  and  stille  ( h/j'^e  A)  =  I  90  bcedi  hätl  ok  lägt ;  ('  231 
(AR  haben  nichts  Entsprechendes)  Tlicij  durst  no  longur  cd)ide  =  1  98 
\iordu  eigi  lengr  at  bida.  Sodann  erklärt  aber  auch  jene  Annahnu- 
ein  paar  nebensächliche  Abweichungen  in  den  beiden  Darstellungen. 
Wenn  es  R  7G  heifst:  ^e  ben  ifauth  to  \)e  foid  of  helle,  in  I  1.'»  f. 
aber  \\it  erut  .  .  .  bundin  med  fjiindanum  i  helriti,  so  scheint  der  Is- 
länder die  R's  itauth  entsprechende  Form,  die  iteit  lauten  konnte, 
als  iteid  (=  ne.  tied)  genommen  zu  haben.  Dem  Ausdruck  \)at  ilke 
dag  C  184.  R  196  steht  in  I  76  gegenüber  hccrn  dag:  der  Über- 
setzer wird  ])at  in  seiner  Vorlage  nicht  gehabt  oder  übersehen  haben. 
Ferner  C  223  ff.  R  212  ff",  wird  erzählt  Tharow  ])e  grace  of  god  ahng^t 
A  ivorde  in  to  hir  bodg  (herte  A,  gan  R)  li^f,  i'at  ])0  bissltop  speke 
{[)er  spake  R).  In  I  aber  lesen  wir  90  ff',  med  alnnittigs  guds  niisknnn 
flö  ein  ör  i  hennar  hjarta  (vgl.  A),  \)ar  seni  biskuj)  taladi.  Der  Islän- 
der scheint  i^wrfe  =--  ord  „Spitze"  (vgl.  zu  Guy  7927)  genonunen  und 
dafür  dann  ör  „Pfeil"  gesetzt  zu  haben.  Endlich  ist  noch  C  169  f. 
R  175  f.  zu  erwähnen.  Die  beiden  Verse  werden  wohl  ursprünglich 
etwa  gelautet  haben  All  ])e  women,  ^at  icold  be  folys,  Qerne  \)ei  conie 
to  hyr  scolys.  C  hat  wyckud  nien  st.  [te  ivonien,  were  st.  wohl  be  und 
fals  st.  folys.  In  R  fehlt  be,  und  es  steht  folies  für  folys.  In  dei' 
zweiten  Zeile  hat  nur  R  ^orne,  A  Fa,st.  C  gar  kein  Adverbium ;  end- 
lich steht  in  A  vnto  st.  to.  I  68  ff",  heifst  es  niargar  ungar  vom  svd 
heimskar,  at  \>cer  villdu  gjarna  til  liennar  skOla  ganga.  Natürlich  kann 
die  Stelle  auch  dem  Isländer  entstellt  vorgelegen  haben :  jedenfalls 


für  das  Studium  der  neuereu  Bpracheu.  207 

aber  Ist  in  E  folys  =  meretrices  gemeint,  während  es  der  Übersetzer 
im  ursprünglichen  Sinne  verstanden  hat. 

Herr  Wätzoldt  giebt  im  Anschlüsse  an  Villattes  PaHsismeu 
Beiträge  zum  Argot  von  Paris.  Der  Redner  besinücht  zuerst  solciie 
Wörter,  deren  Argotbedeutungen  bei  Villatte  fehlen.  Er  geht  dann 
auf  die  Bedeutungslehre  ein  und  zeigt,  wie  die  Metai)her  bei  der 
Prägung  der  Wörter  des  Argot  eine  grofse  Rolle  spielt.  SchlicCslicli 
Aveist  er  auf  eine  Reihe  von  Fällen  hin,  in  denen  sich  Berolinisnien 
und  Parisismen  auffällig  begegnen,  ohne  dafs  an  Entlehnung  von  einer 
oder  der  anderen  Seite  zu  denken  sei.  Im  Anschluls  daran  verliest 
er  einen  im  Pariser  Argot  verfafsten  Brief  eines  Pariser  Korrespon- 
denten an  Villatte. 

Die  Vorstandswahl  ei-giebt  die  A^Mede^wahl  des  bisherigi'ii  \"or- 
standes. 

Sitzung  am  27.  Xovember  1888. 

Der  Vorsitzende  widmet  dem  verewigten  Professor  Dr.  Delius, 
welcher  der  Gesellschaft  seit  ihrer  Gründung  angehörte,  Worte  der 
Anerkennung.  Die  anwesenden  Mitglieder  erheben  sich  zu  Ehren 
des  Verstorbenen  von  den  Sitzen. 

Herr  Bouvier  giebt  im  Anschlüsse  an  den  neulichen  Vortrag 
des  Herrn  Tobler  weitere  Beispiele  für  den  Gebrauch  des  Pronomen 
possessivum  im  Französischen,  durch  Avelehe  dessen  Auffassung  be- 
stätigt wird.  Herr  Tobler  bedauert  nur,  dafs  der  Redner  auf  das 
Beispiel  un  renard  sentant  son  renard  d'une  lieue  nicht  genauer  ein- 
gegangen sei,  da  dasselbe  doch  von  den  anderen  wesentlich  verschie- 
den zu  sein  scheine.  Von  Herrn  Zupitza  ist  derselbe  darauf  auf- 
merksam gemacht  worden,  dafs  in  den  nordischen  Sprachen  derselbe 
Gebrauch  herrsche,  wie  er  ihn  neulich  aus  dem  Portugiesischen  an- 
geführt hat. 

Herr  Pariselle  spricht  über  Giosu^  Carducci.  Der  183G  ge- 
borene Dichter,  jetzt  Professor  in  Bologna,  ist  zugleich  Gelehrter,  der 
besonders  dem  Griechischen,  Lateinischen  und  Italienischen  seine 
Aufmerksamkeit  zuwendet.  Darauf  beruhen  auch  seine  Bestrebungen, 
die  klassischen  Metra  wieder  zu  beleben.  Von  Anfang  an  stellte  er 
sich  den  Romantikern  gegenüber,  die  deshalb  seinen  Erstlingsgedich- 
ten eine  feindselige  Aufnahme  bereiteten.  Seine  antikatholische, 
demokratische,  realistische,  aber  nicht  für  das  Häfsliche  eingenom- 
mene Gesinnung  haben  ihn  zum  Lieblingsdichter  des  jungen  Italiens 
gemacht. 

Herr  Lamp recht  teilte  Erfahrungen  aus  dem  französischen 
Unterricht  des  Gymnasiums  mit,  einige  auf  alle  Klassen  bezüglich, 
z.  B.  über  Abschriften  von  Klassen-  und  häuslichen  Arbeiten,  das 
Auswendiglernen  derselben,  über  die  Hinzufügung  des  Artikels  bei 
Substantiven,  der  Femininform  bei  Adjektiven  zweier  Endungen  in 


208  Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft 

Grammatik,  Wörterbuch  und  Präparationsheft,  andere  einzelne  Klas- 
sen betreuend.  Zu  dieser  gehören  die  Aussprache  des  Kasalvokals 
^,  das  Abschreiben  der  zu  lernenden  Vokabeln,  die  den  Berliner 
►Schülern  eigentümlichen  Fehler  der  Aussprache  (Quinta);  für  die 
besten  l'aradignien  erklärt  der  Vortragende  aimer,  punir,  defendre, 
apercevoir,  in  dieser  Reihenfolge,  und  belegt  seine  Ansicht  mit  Grün- 
den ;  er  bespricht  den  Wert  der  Formen-Extemporalien,  verwirft  die 
Klassen-  und  häuslichen  Arbeiten,  welche  die  Schüler  untereinander 
verbessern,  er  will  die  Lektüre  kleiner  zusammenhängender  Stücke 
nach  einem  oder  anderthalb  Jahren  beginnen  und  daneben  die  Sim- 
])licia  der  für  die  Lektüre  der  gewöhnlich  gelesenen  Schriftsteller  not- 
Avendigen  unregelmäfsigen  Verben  lernen  lassen  (Quarta).  Dies  Lese- 
buch kann  Jieben  der  bisweilen  ermüdenden  Lektüre  von  Michaud, 
Prera.  crois.,  oder  Voltaire,  Charles  XII  gelegentlich  zur  Aushilfe  be- 
nutzt werden  (Tertia).  Als  Lektüre  werden,  ungefähr  übereinstinmiend 
mit  Ulbrich,  empfohlen  für  Untersekunda :  Souvestre,  Au  coin  du 
feu,  Un  philosophe  sous  les  toits,  Erckmann-Chatrian,  Histoire  d'un 
cönscrit,  Thiers,  Expedition  d'Egypte,  ferner  Chateaubriand,  Itineraire, 
und  Barantes,  Hist.  de  Jeanne  d'Are,  verworfen :  Verne,  Le  tour  du 
monde;  für  Obersekunda:  Sandeau,  M""'  de  la  Seigliere,  Segur,  Hist. 
de  Napoleon  (aber  nur  mit  Benutzung  von  Thiei's,  C-hambray,  Bog- 
danowitsch),  allenfalls  Montesquieu,  Considerations ;  für  Unterprima: 
Mol.  BG  oder  FS,  Lanfrey,  Hist.  de  Napoleon  1806  7  und  Vol- 
taire, Siecle  de  Louis  XIV,  für  Oberprima :  Mol.  Tart.  und  vielleicht 
Mis.,  daneben  Guizot,  Histoire  de  la  civilisation  en  Europa,  zu  de.s- 
seii  Lektüre  dem  Lehrer  jedoch  umfassende  geschichtliche  Kennt- 
nisse zu  Gebote  stehen  müssen.  Von  Obersekunda,  oder  schon  von 
Untersekunda  an  k(")nnen  zur  Abwechselung  oder  ziu-  Ausfüllung 
Gedichte  von  Lafontaine,  Beranger  und  Victor  Hugo  gelesen  wer- 
den. Die  Grammatik  mufs  die  Hauptregeln  der  Syntax  zur  Ein- 
übung, daneben  andere  zur  Verweisung  enthalten ;  jene  müssen  von 
Untertertia  bis  Lntersekunda  einscliliefslich  gelernt  und  eingeübt 
werden;  in  Obersekunda  werden  sie  kapitelweise  wiederholt ;  in  Unter- 
})rima  werden  aus  ihnen  die  Paragraphen  zur  Wiederholung  auf- 
gegeben, auf  deren  Anwendung  es  in  der  folgenden  Klassenai'beil 
ankommt;  in  Oberprima  wird  ohne  Vorbereitung  geschrieben,  —  Herr 
r.amprecht  besprach  ferner  die  Art  der  Anfertigung  und  der  Beur- 
teilung der  Probearbeit,  die  schriftlichen  Arbeiten  in  Prima,  die 
verschiedenen  jMeinungen  über  das  Ziel  des  französischen  Unterrichts, 
und  bedauerte  den  grofsen  Unterscliied  der  Stundenzahl  von  Quarta 
nach  Tertia  und  die  Kürze  der  mündlichen  Abiturientenprüfung  im 
Französischen. 

Herr  Wetzel  bemerkt,  dafs  der  Ausdruck  offenes  e  ihm  w'esent- 
lich  <lazu  beizutragen  scheine,  die  fortdauernd  zu  beklagenden  Ver- 
wechselungen  von  e  und  e  bei   den  Schülern    herbeizuführen.     Herr 


für  das  Studium  der  ueueren  Sprachen.  209 

Wätzold  empfiehlt  zur  Lektüre  Guizot,  Recits  historiques.  Herr 
Herr  ig  betont,  dafs  die  Hauptsache  die  Lehrer  seien,  welche  die 
Sprache  beherrschen  müssen. 

Derselbe  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  der  Verein  deutscher 
Lehrer  in  London  nach  seinem  letzten  Berichte  ein  Seminar  eröffnet 
habe,  in  dem  Gelegenheit  geboten  werde.  Englisch  gründlich  zu  be- 
treiben. Von  der  Existenz  des  Seminars  für  das  Englische  an  der 
Berliner  L^niversität  scheint  nach  Herrn  Zupitzas  Mitteilung  der 
Verfasser  eines  in  dem  Berichte  enthaltenen  Briefes  nichts  zu  wissen. 

Sitzung  am  11.  Dezember  1888. 

Zu  Ehren  des  verstorbenen  ^Mitgliedes  der  Gesellschaft  Herrn 
Bom-geois  erheben  sich  der  Aufforderung  des  stellverti'etenden  Vor- 
sitzenden gemäfs  die  Anwesenden  von  den  Plätzen. 

Herr  Zupitza  macht  einige  kleine  Mitteilungen.  1)  In  der 
Handschrift  Eawlinson  C  22  der  Bodleiana  bilden  nach  dem  Katalog 
Nr.  11  Sententice  varice  ex  ss.  ixitrihiis  decerptce,  explanationes  qme- 
dam  mysticce  et  alia  eiusdem  generis  von  einer  Hand  aus  dem  Anfang 
des  13.  Jahrhunderts.  Auf  S.  298  stehen  hier  z\vischen  Stellen  aus 
Augustinus  vier  englische  Verse: 

Eueriche  freman  hack  to  hen  hende 

for  to  be  Large  of,  ^at  him  crist  sende: 

^an  it  es  al  ydon,  (hat  eiime  to  J)e  nende, 

na  haues  naman  of  J)?s  werld  bod  gncdetichc  his  Lenge. 

Das  IC  ist  durch  double  u,  nicht  dm-ch  tcen  gegeben.  Der  Dialekt 
scheint  westmittelländisch.  —  2)  Am  Schlüsse  der  Handschrift 
Harl.  3724  des  British  Museum  stehen  zwei  Verse  von  einer  Hand 
des  14.  Jahrhunderts,  die  schon  in  den  Reliquice  antiquce  I  57  ge- 
druckt sind,  aber  mit  Fehlern,  die  den  zweiten  Vers  sinnlos  machen. 
Sie  lauten  in  der  Handschrift; 

Silly  sieht  i  seich  vnsembly  forte  se, 

A  fwil,  ar  hit  was  fetherid,  fimdind  forte  fle. 

In  den  ReliquicB  steht  As  ivil  as  statt  A  fwil  ar  und  fetherto  statt 
fetherid.  —  3)  a.  Von  Fol.  31r  der  Handschrift  Rawlinson  C  86 
der  Bodleiana  hat  Furnivall  im  Babees  Book  S.  332  einige  gnomische 
Verse  veröffentlicht.    Von  diesen  sind  die  beiden  letzten  zu  schreiben : 

Si  vis  delere,  ttia  crimina,  die  "miserere"  : 
Per  "miserere  mei"  frangitiir  ira  dei. 

Bei  Furnivall  steht  aufser  dolere,  wie  die  Handschrift  &i^itdelere 
hat,  noch  vie^  statt  vis  und  Permiserere.  b.  Einen  weiteren  Spruch 
hat  die  Handschrift,  die  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  angehört, 
auf  Fol.  5  9  r : 

Arcliiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  ^  * 


210  Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft 

WJio  so  in  icelth  tahyth  none  liräe, 
Shal  fynde  defaute  in  tyme  of  nede. 

c.  Ebenda  steht  der  folgende  Versuch,  englisch-lateinii^che  Hexameter 
zu  machen : 

Syinj  I  irold,  buf,  alas,  discrdaiit  j)ro>tj)era,  yrafa. 
Liylond  s/n»  tyme  uns  rrynorwm  ijrmiiia  parafa. 
Of  iiianliude  tlic  Jloitre  vbi  qiioiiduin  fuernnt  honxiws : 
But  now  is  gone  J)a<  owre;  traduuf ur  talia  somnis. 

Die  Hs.  hat  Haken,  die  wohl  bedeutungslos  sind,  am  y  in  Sijng 
und  am  d  in  n-old  und  Inylond.  Vor  (jevnna  m  V.  2  ist  ein  ange- 
fangenes p  (der  Sclu'eiber  wollte  gleich  j^arata  schreiben)  getilgt.  In 
V.  1  möchte  man  discedunt  vermuten.  Am  Schlufs  des  dritten  Verses 
ist  wohl  fuerunt  mit  Verschleifung  imd  hotn'nes  (oder  omnes  ?)  zu 
lesen.  Zu  beachten  ist,  dafs  Reim  sowohl  in  der  Cäsur,  als  auch  im 
Versschlufs  stattfindet.  Noch  kunstvoller  sind  die  englisch-lalcinischen 
Hexameter  in  den  Rcliquice  antiqu(P  H  283  f.,  da  hier  immer  je  vier 
Verse  durch  gleichen  Cäsur-  und  Endreim  gebunden  sind  (vgl.  auch 
I  90.  i»l).    d.  Ferner  steht  auf  Fol.  142  r: 

Dum  riuis  et  henc  stas  et  sursimi  eoniua  yestas, 
Non  age  res  niestas :  hreuis  est  liwiuinn  potestas. 
Vir,  rideas,  que  tu  itibeas,  dtim  maynns  haheris. 
Et  caveas,  ne  forte  ruas,  cum  stnre  puteris. 

Der  erste  Vers  würde  durch  Weglassung  des  ersten  et  korrekt 
werden,  e.  Endlich  bietet  dieselbe  Handschrift  Fol.  173v  die  fol- 
gende Bauernregel  für  den  25.  Januar: 

Clara  dies  Pauli  bona  tempora  denotat  auul. 
Si  nix  vel  jiluvia,  desingnat  tempora  cara. 
Si  fiunt  venti,  desingnant  prelia  ycnti. 
Si  fiunt  nebule,  jiereunt  animalia  tjuequa. 

Fast  wörtlich  stimmt  hierzu  eine  von  Halliwell  in  den  Reliqui<E 
antiquce  I  93  mitgeteilte  Fassung,  während  eine  weitere  ebenda  II  10 
von  Th.  Wright  abgedruckte  im  Wortlaut  bedeutender  abweicht.  — - 
4)  In  die  Ilaiidschrift  Rawlinson  C  '2'1  S.  3.')«  hat  eine  Hand  des 
14.  Jahrhunderts  gesckrieben : 

Ommbns  est  notum.  quod  }>iultum  diligo  potum: 
Qui  bmia  vina  bibit,  paradiso  fortiun  ibit. 

Gewifs  eine  eigentümliche  causa  hihendi!  —  5)  Die  Handschrift  der 
Bodleiana  A.shmole  61,  die  dem  Ende  des  15.  oder  vielleicht  gar 
erst  dem  Anfang  des  IG.  Jalnlnnidcrts  angehört,  enthält  auf  Fol.  23  v 
die  folgenden  vier  Verse: 

Tres  infelices  in  mundo  dicimus  esse: 
Infelix,  qui  pauca  sapit  spernüque  doceri; 
Infelix,  qui  multa  sapit  sper?iitq\ie  docere; 
Infelix,  qui  siincta  doret,  si  riuat  inique. 


für  das  Studium  der  neuereu  Sprachen.  211 

Herr  Eödiger  besprach  die  neuen  Lehren  von  der  germani- 
schen Wortbetonung,  wie  sie  Sievers,  Paul  und  Kock  im  4.,  5.,  G. 
und  14.  Bande  der  Beiti-äge  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache 
und  Litteratur  vorgetragen  haben.  Er  erkannte  an,  dafs  die  Vers- 
betonung nicht  imbedingt  der  prosaischen  gleich  gesetzt  werden  darf 
und  dafs  man  allerdings  aus  dem  Schwund  oder  der  Verkürzung 
eines  Vokals  auf  geringe  oder  mangelnde  Betonung  desselben  schlie- 
fsen  darf.  Aber  die  Ergebnisse,  welche  Sievers'  Betrachtung  der 
Mittelvokale  in  dreisilbigen  Wörtern  mit  Länge  in  der  ersten  Silbe 
liefert,  sind  doch  zu  wenig  einheitlich,  als  dafs  dadurch  Lachmauns 
Regel  gestürzt  werden  könnte,  wenn  man  nur  in  Betracht  zieht,  dafs 
in  zusammengesetzten  Wörtern  andere  Betonungsverhältnisse  walten 
als  in  einfachen  und  dafs  gewisse  schwere  Ableitungs-  und  Flexions- 
silben den  Nebenton  an  sich  reifsen.  Noch  weniger  läfst  sich  die  Um- 
kehrung von  Lachmanns  Regeln  für  die  Betonung  zweisilbiger  Wör- 
ter rechtfertigen.  Die  bekannten  auf  der  zweiten  Silbe  betonten 
Pronominalformen  des  Ahd.  imd  Altn.  ro  aus  ero  einerseits,  sowie 
andererseits  die  je  nach  der  Quantität  der  Wurzel  verschiedene  Be- 
handlung auslautender  i  und  u  in  zweisilbigen  AVörtern  reichen  dazu 
nicht  hin.  Jedenfalls  ist  Kock  im  Recht,  wenn  er  die  von  Sievers 
angenommenen  wunderlichen  Abweichungen  und  Verschiebungen 
der  Wortbetonung  zwischen  und  in  den  verschiedenen  germanischen 
Sprachen  verwirft.  Die  Prosabetonung  läfst  sich  immer  noch  am 
besten  aus  den  Versen  erkennen  und  w^enigstens  für  das  Westger- 
manische im  wesentlichen  feststellen,  wobei  sich  Lachmanns  Regeln 
im  ganzen  bestätigen. 

Herr  L  ö  s  c  h  h  o  r  n  bespricht  eine  von  Karl  Bleibtreu  heraus- 
gegebene Broschüre:  Zur  Jahrhundertfeier  der  grofsen  Revolution. 
Dieselbe  behandelt  zuerst  die  Leiter  der  Revolution,  dann  die  Revo- 
lutionskriege. Das  mit  Phrasen  und  blendenden  Antithesen  gespickte 
Heftchen  verherrlicht  Robespierre.  Zum  Schlüsse  wird  eine  Über- 
sicht über  die  Mittel  der  Revolutionäre  gegeben,  die  der  Verfasser 
rechtfertigt  und  als  human  hinstellt. 


14' 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 


Friedrich  Müller,  Grundrifs  der  Sprachwissenschaft,  IV.  Band, 
I.  Abteilung:  Nachtrag  zimi  Grundrils  aus  den  Jahren  1877 
bis  1887.     Wien  1888.     VIII  u.  240  S. 

Die  iu  Aussicht  gestellten  Nachträge  und  Anhänge  zu  Fr.  Müllers 
schönem  grol'sem  Werke  „Grundrifs  der  Si)rach\vissenschaft^,  drei  Bände 
in  acht  Teilen,  AVien  187G — 1887,  beginnt  der  IliesenHeüs  des  Verfassers 
schon  jetzt  (Anfang  November  1887)  herauszugeben  ;  nämlich  eine  Samm- 
lung des  in  den  letzten  zehn  Jahren  zugewachsenen  si)rachwissenschaft- 
lichen  Materials  bringt  er  im  vorliegenden  Bande  und  hofl't  und  gedenkt 
er  nach  Ablauf  der  folgenden  zehn  Jahre  dasselbe  wiederzuthun.  K'uw 
reizende  Aussicht,  müssen  wir  sagen  luid  dem  Verfasser  von  Herzen  wi-i- 
tere  Gesundheit  (er  leidet  an  den  Augen)  und  Kraft  dazu  wünschen. 
Freunde  an  den  verschiedensten  Enden  der  Erde  haben  das  Werk  durch 
Heranschaflung  des  Stofl'es  gefördert.  S.  1 — 18  zu  Band  I:  Die  t^i)raclic 
der  Kham-Buschmänner  im  Norden  der  Kap-Kolonien,  mit  elf  Si)rach- 
proben  in  Prosa.  S.  19 — 54  zu  Bd.  I:  Die  Sprache  von  Nengone  (Marc) 
—  wichtig  für  die  Frage  nach  der  Entstehung  des  melanesischen  Volkes  — , 
die  Sprache  der  Bewohner  der  Nikobaren  —  ohne  Spur  eines  Zusammen- 
hanges mit  den  Papua-  oder  australischen  Sprachen,  noch  weniger  mit 
den  melanesischen  Sprachen  —  mit  Spraehprobe;  die  Sprache  der  Be- 
wohner der  Andamanen,  südlicher  Dialekt.  Eigentümlich  durch  eine 
starke,  ähnlich  nirgends  zu  findende  Entwickelnng  der  Possessiva ;  es 
giebt  aulser  den  allgemeinen  aut'h  wieder  solciie.  die  bei  Nennung  von 
Teilen  des  menschlichen  Körpers  (zerfallen  in  sieben  Klassen),  und  solche, 
die  bei  Nennung  von  Verwandtschaftsausdrücken  (zerfallen  in  acht  Klassen) 
gebraucht  werqen.  Mit  einigen  Sprachjiroben.  S.  Öl  —71  zu  Band  I : 
Die  Sprache  der  Schilluk  ist  nach  iliren  Fürwörtern  und  Zahlwörtern  als 
verwandt  mit  dem  Dinka  und  dem  Bari  anzunehmen.  Die  Sprache  der 
Serer  ist  eine  der  höchstentwickelten  Afrikas,  deren  Glanzpunkt  ähnlich 
wie  im  Türkischen  das  so  sehr  formenreiche  Verbum  ist:  fe;^  lieben,  fe;^- 
adar  wenig  beben,  fe/-er  nicht  lieben,  fe;^-el  geliebt  werden,  fe/-and  nicht 
geliebt  werden,  ic/_-iex  innig  lieben,  fe/-nor  veranlassen  zu  lieben.  Zu 
Bd.  I,  S.  7.") — 81  :  die  Nu])e-Sprache.  Ihre  hier  stehende  Ik'lcnchtung  er- 
giebt  folgende  Einteilung  der  Niger-Sprachen:  I  Ibo,  II  Yoruba,  Odschi, 
Ewe,  Nupe,  Akra,  III  Efik:  I  ist  von  II  entfernter  als  III  von  II.  Zu 
Band  I,  S.  82 — lüo:  Zu  den  Mande-Spravheu  Vei,  Mandingo,  Susu,  Barn- 


Beurteilungen  uucl  kurze  Anzeigen.  213 

bara  kommt  hier  noch  das  Meude.  Etwas  mit  denselben  verwandt  ist 
auch  noch  das  Serechule,  etwa  ein  selbständiger  Zweig  dieses  Sprach- 
stammes. Basa,  Grebo  Kru  lehnen  sich  in  den  Lauten  au  Ewe,  Akra, 
Odschi,  Yoruba;  im  Bau  stehen  sie  tiefer.  Mit  einer  Probe  des  Grebo, 
Übersetzung  von  Genesis  1.  S.  101—122,  zu  Band  I:  die  Bagrirama- 
Sprache  ist  nach  Prouomen,  Verbum  und  Zahlwort  dem  Bongo  sehr  ver- 
wandt. Die  Muzuk-Sprache  ist  in  Lauten  und  Bau  sehr  reich,  hat  sogar 
grammatisches  Geschlecht  der  Substautiva  und  Adjektiva:  „eine  über- 
raschende Thatsache  in  einer  Negersprache  im  Centrum  Afrikas".  Einige 
Sätze  als  Probe.  S.  12o— 228,  zu  Band  II:  Zahlenausdrücke  mehrerer 
australischer  Dialekte.  Zur  Sprache  der  Tschuktscheu,  mit  Berücksich- 
tigung von  O.  Nordquist.  Die  Sprache  der  Ainu  besser  beleuchtet  nach 
der  Grammatik  von  John  Batchelor,  nebst  Proben.  Eine  Eigenheit  der 
Innuit-Sprache.  Der  Objektskasus  oder  Accusativ  hat  kein  besonderes 
Zeichen,  aber  (ähnlich  wie  in  den  uralischen  Sprachen,  z.  B.  im  Magya- 
rischen) es  wird  auf  den  Besitzer  durch  ein  Suffix  hingewiesen.  Dieses 
kann  ata,  auch  blofs  a  lauten;  ersteres  2)flegt  im  Satze  zuerst,  letzteres 
danach  zu  stehen,  ersteres  beim  Subjekt  (agens),  letzteres  beim  Objekt 
(patiens)  sich  einzustellen.  Der  Apalatsische  oder  Maskoki-Sprachstamm 
wird  bekannter,  da  Gatschet  „A  migration  legend  of  the  Creok-Indians", 
Philadelphia  1884,  die  Sprachen  der  Krik  und  Hitschiti  näher  beleuchtet 
hat.  Die  Taensa-Sprache,  etwas  unsicher  durch  J.  Parisot  überliefert,  wird 
etwas  betrachtet.  Die  Sj^rache  der  Timukua  im  mittleren  und  nördlichen 
Florida;  Fr.  Pareja,  Arte  de  la  lengua  Timuquana,  1881  in  Madrid  ent- 
deckt, Paris  1886  erschienen.  Nachträge  und  Berichtigungen  zur  Sj^rache 
der  Koloschen.  Die  Sprache  der  Tsai3aueken  wird  anschaulich  gemacht; 
sie  hat  nur  wenig  Spuren  des  polysynthetischen  Baues  der  nordamerika- 
uischen  Sprachen.  Gar  nicht  hat  diesen  die  Sprache  der  Kögguba  in  der 
Sierra  Nevada  de  Santa  Marta  in  der  Provinz  Magdalena  der  Eepublik 
Columbia  (Raf.  Celedon  Gramatica  Par.  1886),  ist  dem  Guamaka  und 
dem  Bintukua  und  samt  diesen  wohl  dem  Tsibtia  verwandt.  Die  Sprache 
der  Botocuden  (Bürü,  Eugerekmung)  hat  wohl  keine  verwandte  in  der 
Neuen  Welt,  gehört  zu  den  isolierenden  Sprachen,  mit  einigen  Ansätzen 
zur  Agglutination ;  das  Verbum  hat  keine  Zeitbestimmung,  die  Zukunft 
wird  nötigenfalls  durch  den  Beisatz  ^morgen"  angedeutet.  Die  Rede- 
teile wenig  geschieden :  kueni  =  sterben,  Tod,  toter.  Die  Sprache  der 
Colorados  (so  genannt,  weil  sie  ihre  Aveifsgelbe  Haut  am  ganzen  Körper 
ziegelrot  färben,  wohnen  in  Ecuador)  ist  formlos  und  arm,  hat  für  Gott 
nur  das  spanische  dios.  Die  Sprache  der  Feuerländer  (Jiigan)  ist  prä- 
und  suffigierend,  aber  weder  polysynthetisch  noch  inkorporierend.  Nach- 
träge zu  den  Sprachen  der  Mon  oder  Peguaner  und  der  Kambodjaner: 
gehören  zu  den  monosyllabischen  Ostasiens.  Beide  Völker  haben  eine 
alte  Kultur,  welche  zugleich  mit  dem  Buddhismus  aus  Indien  kam,  daher 
sie  viele  indische,  mehrsilbige  Lehnwörter  haben.  Die  Schrift  ist  die 
indische,  aber  die  Aussprache  weicht  von  der  Schreibung  sehr  ab.  S.  2;')ii 
bis  2:);^>,  zu  Band  III :  die  Sprache  der  Kubätschi,  hängt  innig  mit  der 
Hürkasprache  zusammen.  Die  Kubätschi,  d.  i.  tatarisch  Waffenschmied, 
nennen  sich  selbst  Augwugan  ;  ihre  Nachbaren  nennen  sie  Arbukan,  Arbi- 
kan,  Urgbugan  und  mit  dem  Spitznamen  Freng.  Eine  alte  Sage  nändich 
nennt  sie  von  einem  Fürsten  aus  Rfim  geholte  Waffenschmiede,  welche  die 
Stadt  Kubätschi  erbauten.  Den  Islam  scheinen  sie  erst  im  II.  Jahrhun- 
dert angenommen  zu  haben.  Der  Verfasser  vermutet,  da  die  Armenier 
mit  A;/wanq  Albanier  bezeichnen,  was  mit  Augwugan  stimmt,  dafs  sie 
solche  ursprünglich  waren,  und  dafs  also  wohl  auch  diese  rätselhaften 
alten  Albanier  mit  dem  heutigen  Hürkan-Stamme  in  Daghestan  zusammen- 
hängen. Die  Sprache  zeigt  übrigens  mit  dem  AlbiUiischen  keine  rechte 
Berührung  (ich  bemerke  nur  atta,  Vater),  wie  auch  vom  Verfasser  nicht 


211  Beurtciluiigeii  uud  kurze  Anzeigen. 

hierauf  hingedeutet  wird,  uud  sie  niüfste  auch  (wie  der  Verf.  bemerkt) 
erst  noch  besser  bekannt  werden. 

Den  Schhifs  des  Bandes  bilden  kleinere  Nachträge  und  Verbesse- 
rungen, welche  auch  manchen  willkommenen  Nachweis  enthalten. 

Friedeuau.  H.  Buchholtz. 


Die  Formalitäten  des  Ritterselilags  in  der  altfrauzösischen  Ei)il<. 
Inaugural-Dissertation  von  Karl  Treis.     Berlin,  1887. 

Der  Verfasser  hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  die  mannigfachen  Be- 
dingungen und  Förmlichkeiten,  die  bei  dem  Übertritte  des  Knajjpen  oder 
sonstiger  Kandidaten  in  die  haute  ordre  de  chevalerie  ein  mittelalterliches 
Ceremouiell  sämtlichen  Beteiligten  auferlegte,  zur  Darstellung  zu  bringen, 
und  es  darf  nicht  unausgesprochen  bleiben,  dafs  Treis,  überall  da,  wo  er 
sich  nicht  auf  seine  zahlreichen  Quellen  berufen  konnte,  von  glücklicher 
Einbildungskraft  getragen,  sämtliche  in  Betracht  kommenden  Züge  zu 
einem  im  allgemeinen  wohlgeluugenen  Kulturbilde  zu  fügen  verstanden 
hat.  Die  Beobachtung  der  allein  zulässigeu  Methode  der  Ausbeutung 
einer  möglichst  grofsen  Anzahl  einschlägiger  Quellenschriften  hat  den 
Verfasser  zu  sicheren  Schlüssen  über  die  von  ihm  behandelten,  in  sich 
vielfach  gegliederten  Fragen  nach  dem  Stand  uud  Alter  des  Kandidaten, 
nach  Stand  und  Geschlecht  des  Weilienden,  nach  der  Anzahl  der  gleich- 
zeitig zum  Ritterschlag  zugelassenen  Kandidaten,  nach  den  Veranlassun- 
gen zur  Erteilung  des  Ritterschlags,  nach  Ort  und  Zeit  der  Ceremonie, 
nach  den  Ceremonien  vor  und  nach  dem  Ritterschlage,  nach  Kleidung 
und  Rüstung  des  Kandidaten,  nach  dem  Ritterschlage  an  sich  und  den 
daran  geknüpften  Ermahnungen,  nach  den  Festlichkeiten,  die  sich  an 
den  Ritterschlag  nachträghch  schliefsen,  geführt,  und  manche  in  frühereu 
Erörterungen  des  Gegenstandes  (vgl.  etwa  Vaublanc,  La  France  aux  temps 
des  croisades,  t.  II  [1811]  S.  21  o  ft'.,  wo  auch  weiteres  ^laterial  angegeben 
ist)  vorgetragene  und  bisher  für  zutreffend  gehaltene  Ansduiuung  kann 
durch  die  reich  begründete  Beweisführung  in  vorliegender  Studie  als  be- 
seitigt betrachtet  werden.  Die  drei  Tabellen  S.  llö— 117  zeigen  mit 
dankenswerter  Übersichtlichkeit,  wie  sehr  die  einzelnen  Denkmäler  in  ihren 
Angaben  über  das  Alter  und  die  Anzahl  der  Kandidaten,  sowie  über  die 
Reihenfolge  der  Wappnung  auscinandergelien.  Nur  an  wenigen  Stellen 
habe  ich  Mängel  vorgefunden  oder  haben  sich  mir  Bedenken  gegen  das 
von  Treis  Vorgetragene  aufgedrängt.  Das  Interesse  für  die  Arbeit  ver- 
anlafst  mich  trotzdem  zu  ausgedehnterer  Besprechung.  Unter  den  Be- 
merkungen über  den  Stand  des  Kandidaten,  die  sich  bei  Treis  S.  7 — il 
auf  die  Kluft  beziehen,  durch  die  der  Ritterstand  von  dem  Bürger  und 
dem  Bauer  sich  geschieden  wähnt  und  die  durch  Innehaltung  äufserer 
Förmlichkeiten  noch  erweitert  wurde,  hätte  auch  eine  Andeutung  über 
die  veränderte  Form  der  Anrede,  die  man  dem  neugeschairmcn  Ritter 
gegenüber  anwandte,  Platz  finden  kimnen.  Nach  Stengel  wird  Durmart 
„bis  zu  seiner  Erhebung  in  den  Ritterstand"  von  seinem  N'ater  mit  fn  an- 

§eredet  v.  AW2,  84"i,  ebenso  Guivres  von  (4cogenant  v.  i)2i:'>.  Vgl.  Durmart 
.  550.  Das  gleiche  Verfahren  aus  mittellioi-hdeutschen  Schriftwerken 
weist  nach  Gustav  Freytag,  Bilder  aus  der  deutschen  Vergangeidieit  Bd.  II, 
S.  11.  Die  Exklusivität  der  ritterlichen  (Jesellschaft  trat  an  hohen  Fest- 
tagen besonders  grell  hervor.  ]\Ian  vermilst  bei  Alwin  Schultz  Bd.  II, 
8.  ;i08  ff.  einen  Hinweis  auf  die  Thatsache,  dals  bei  solchen  Gelegenheiten 
keinem  Niedriggeboreneu  vergönnt  war,  dem  vornehmen  Kreise  zu  nahen. 
Dami  war  es  Brauch  (costiimc),  dafs  sellist  der  Dienst  bei  Tische  von 
Fürsten  oder  den  Kavalieren  des  Hofes  oder,  wie  Meraugis  S.  51—55  aus- 


I 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  215 

drücklich  bezeugt  wird,  von  den  edelsten  damoiseles  oder  den  dai»oisels 
(h  (ß-anf  rcnon  versehen  wurde.  Vgl.  auch  Berte  v.  281.  Bei  dem  Hoch- 
zeitsfeste des  Ritters  mit  den  zwei  Schwertern  und  der  Kijnigin  von  Cara- 
di(jan  .  .  .  ot  bien  .XIII.  miles  mengans,  Ne  n'auoit  cn  tonte  inaison  Nule 
fient  se  chcualier  non  Chev.  II  Esp.  12292 — 94.  Et  serudrcnt  U  chcualier  . . . 
Onqucs  n'iot  fil  de  uilain,  Ne  de  tout  cele  semaigne  N'i  eiitrait  il  fd  de 
HÜaigne  Florimont,  Ms.  1.5101,  fol.  84  a.  Sei  ior  furent  li  cheualkr  A  (=  et) 
maseor  et  penetier;  De  cliar  et  de  uin  et  de  pain  Serioirent  sens  fil  de  uilain; 
Car  se  uilains  i  fust  tieiis,  Le  ior  fut  mors  et  comfomlus,  ib.  fol.  54  c. 

Da,  wo  von  dem  Alter  des  Kandidaten,  oder  auch  da,  wo  von  den  Ver- 
anlassungen zur  Erteilung  des  Ritterschlages  die  Rede  ist,  war  Gelegenheit, 
hervorzuheben,  dals  der  Jüngling  zuweilen,  mit  oder  ohne  Hinweis  auf  seine 
nunmehr  genugsam  gestählte  Kraft  oder  sein  gereiftes  Alter,  den  Wunsch 
nach  der  Ritterweihe  zu  erkennen  giebt.  Der  junge  Alexander  wendet  sich 
mit  folgender  Bitte  an  seinen  Vater:  Saus  sies,  sire  reis;  äs€.>.  soi  forx,  e 
soi  jovnes  e  freis,  Volet  que  sie  chiralers  o  borgeis?  Adobet  mei  a  quise  de 
Greceis,  Vostra  reaume  vol  metra  a  defeis;  Si  vos  nel  faites.  tornera  a  sor- 
deis.  Ms.  Arsenal  v.  168  ff.  Ms.  Venise  v.  161  ff.  Höchst  eigentümlich  ist 
das  Verhalten  Florimonts,  der  zunächst  seinem  Erzieher  Floquart  seinen 
Wunsch  mitteilt;  es  heilst  Ms.  fr.  l.jlOl,  B.  N.  fol.  2-5  b-c:  Uii  ior  mist 
(d.  i.  Florimontj  Floquart  a  raison;  A  hoi  sen  vet  en  sa  mason.  „Maistres, 
fet  il,  fors  et  legicrs  Stii,  bien  puis  estre  Chevaliers.'^  Floqtiars  respont :  „di 
le  por  vioi;  Se  tu  le  weis,  et  ie  Votroi.  Et  weis  lefs]  tu  per  main  et  main?" 
,,Oil  uoir,  ainx  hui  que  demain.'-'-  Nachdem  er  von  Floquart  durch  treff- 
liche Lehren  auf  den  zu  unternehmenden  Schritt  vorbereitet  ist  und  son- 
stige Anordnungen  zur  Abreise  zum  roi  d' Eselabonie,  zu  dem  er  sich  auf 
seines  Erziehers  Anraten  „por  clieveler ic''  begeben  soll,  getroffen  sind, 
nimmt  er  vorerst  von  der  Mutter  und  der  Geliebten  Abschied,  um  erst 
im  letzten  Augenblick  vor  seinen  nichts  ahnenden  Vater  mit  folgenden 
kurzen,  unumwundenen  Worten  hinzutreten:  „Sire,  ie  sid  a  vos  venus, 
Assex  sui  grans,  fürs  et  crcus,  Si  vodroie  ore  estre  adobex.''  Li  dus  respont  : 
...Tel  Ivel  assez."  ib.  fol.  26  d.  Ein  ähnliches  Pochen  wie  auf  etwa  vor- 
handene berechtigte  Ansprüche,  die  Beförderung  zum  Ritter  von  dem 
eigenen  Wunsche  des  Knappen  abhängig  sein  zu  lassen,  klingt  wieder 
in  den  Worten,  mit  denen  der  junge  Lyonel  sich  an  Lancelot  wendet: 
. . .  quant  il  furent  venu  (nach  CamahalotJ,  la  voillc  devant  si  vient  Lgoniaus 
d  Lancelot  et  li  requiert  qu'il  die  au  roi  que  il  lo  face  cheralicr:  ,,car  bien 
est,  fait  iL  des  ores  mais  tans  et  raisons  que  ge  soie  clwvaliers,  et  bien  lo 
requiert  mes  aages.  Et  sachiez  que  ge  u'eusse  pas  si  longnement  estex, 
escuiers,  se  ne  fust  por  vostre  amor,  car  onquesn'oi  si  grant  talant  de  nule 
chose  comn/e  ge  ai  eu  derecevoir  la  haute  Iwrdre  de  cheralerie.''  Jonckbloet, 
Roman  van  Lancelot,  Tweede  Deel  S.  LXIV.  Der  Erfolg  ist  denn  auch 
der  erwünschte.  In  welchem  Umfange  nun  ein  den  eben  angeführten 
Stellen,  die  ja  zum  Teil  dem  Verfasser  nicht  bekannt  sein  konnten,  ent- 
sprechendes Verfahren  in  den  von  ihm  benutzten  Quellen  zum  Ausdruck 
kommt,  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden ;  doch  bemerkt  man  in  dem  von 
Treis  in  auso;iel)iger  Weise  benutzten  Roman  de  Jouf  rois  ein  den  von  uns 
citierten  Stellen  analoges  Verhalten  des  Helden:  Un  jorn  rint  son  pere 
jiroier  Par  grant  amor  dire  et  requerre  Que  l'envoiast  en  Engtcterre  Au  roi 
Henri,  que  l'adobast.  Et  que  tant  del  suen  li  donast,  Dont  il  pdist  a  grant 
honor  Estre  a  la  cort  son  seignor.  v.  104—110.  Vergl.  übrigens  auch 
Cliges  S.  4  ff. 

Der  S.  20  geäufserten  Ansicht,  dafs  bei  der  so  sehr  an  hohe  und 
kräftige  Gestalten  gewöhnten  Gesellschaft  eine  kleine  schwächliche  Person 
stets  auf  Hohn  und  Spott  gefafst  sein  mufste,  wird  man  nur  mit  Vor- 
behalt zustimmen  können.  Die  Frage  steht  zwar  nur  in  losem  Zusammen- 
hange mit  dem  Thema,  doch  da  dieselbe  vom  Verfasser  nun  eiunud  berührt 


2l()  Beurteiliiugon  und  kurze  Anzeigen. 

würfle  und  ihr  eine  knlturliistorische  Bedeutung  nicht  abgc^sprochen  wer- 
den darf,  so  mögen  hier  einige  von  mir  bei  meiner  Lektüre  gesammelte 
darauf  bezügliche  Notizen  Platz  finden.  Der  von  Trei.s  augeführten 
Stelle,  Elie  1  i!'P>,  werden  sich  gewil's  andere  anreihen  lassen,  in  denen  eine 
ähnliche,  bis  zur  Grausamkeit  gesteigerte  Verachtung  gegen  Individuen 
kleiner  Körpergestalt  sich  zu  erkennen  giebt.  Wie  indessen  auf  dem  Ge- 
biete wissenschaftlichen  Erkennens  durch  den  ]\Iund  und  die  Feder  vor- 
geschrittener Geister  schon  früh  ein  schroH'er,  an  den  Forschungsgeist  der 
Neuzeit  erinnernder  Gegensatz  gegen  den  flachen  Subjektivismus  der  Zeit 
sich  Beachtung  zu  verschaffen  sucht  und  die  abenteuerlichen  Vorstel- 
lungen und  Fiktionen  einer  von  Aberglauben  erfüllten  und  geängstigten, 
unwissenden  ^lenge  als  mit  dem  gesunden  Menschenverstände  unverein- 
bar hingestellt  werden,  so  bemerkt  man  auch  in  einzelnen  ethisch-socialen 
Fragen  schon  frühzeitig  ein  Abgehen  von  den  starren  Grundsätzen  feu- 
daler Exklusivität,  sowie  das  Bedürfnis,  für  die  Wertschätzung  des  ein- 
zelnen einen  anderen  Mafsstab  als  den  durcli  hohe  Geburt,  Beichtum  oder 
Anmut  und  Stattlichkeit  der  äufseren  Erscheinung  gebotenen  geltend  zu 
machen.  Das  Mittelalter  schliefst  von  dem  äufseren  Menschen  auf  seine 
geistige  Beschaflenheit,  ein  Standpunkt,  wie  er  nicht  treffender  betont 
werden  konnte  als  durch  einen  dem  König  AliDhons  von  Neapel  (wahr- 
scheinlich Alphons  I.  =  Alphons  Y.  von  Aragonien)  zugeschriebeneu  Aus- 
spruch; derselbe  soll  nämlich  gesagt  haben  (j?/e  la  bcatitr  oitnif  tinc  rrnijr 
sirjnifiancc  (h  bo7i)>es  et  donccft  maurs,  ainsi  commc  est  la  hel/e  flair  d'/in 
bou  et  beaii  fruit.  Brantöme,  Vies  des  Dames  Galantes  ed.  Paris  ISStJ 
(E.  Dentu),  S.  22,  dem  wir  diese  Stelle  entnehmen,  befindet  sich  mit  sol- 
cher Sittenlehre,  trotz  des  ungewöhnlich  stark  hinkenden  Vergleiches,  in 
voller  Übereinstimmung.  Der  Ausdruck  der  Forderung,  mehr  auf  das  Herz 
als  auf  das  Aufsere  zu  sehen,  wie  sie  z.  B.  in  der  Zurechtweisung,  die  Renoart 
an  tinel  dem  ihn  wegen  seiner  ärmlichen  Kleidung  versj)ottenden  Heiden 
Haucebier  erteilt,  gestellt  wird:  Paieii,  dist  il,  por  quo/  me  raii/posncz Y 
A  ros  qu'eii  tient,  se  ai  dras  despenncx  ?  Li  cuers  ii'cst  »lie  dedenX'  les 
dras  remcx,  Ains  est  el  cors  assis  et  reposez.  Tier  est  ric/ie  honis  qiii  chiet 
en  pouretex,  Et  tiex  est  richß  et  a  aroir  assex,  Qui  est  couars  et  recreanx 
clamex.  Sc  je  siii  po/nr,  Diex  nie  dorra  plente  (Bat.  d.  Alesch.  6382 — SO) 
steht  nicht  vereinzelt  da.  Delies  nit  bealtes  sens  pi-oecc  sagt  der  entrüstete 
Jozefens  zu  seinem  entarteten  Sohne.  Durmart  v.  4 ÖS.  Charakteristisch  für 
die  Verachtung  einer  auf  blofsen  Schein  gegründeten  Gröfse  ist  auch  der  von 
Heineschem  Geiste  durchwehte  Ausspruch  des  Nigellns  'Wireker,  Mihiches 
in  (.'anterbury  (um  12(in),  in  seinem  Brunellus,  sive  Specidum  stultoruni 
v.  57 — ÖB:  Eeyua  licet  te)ieat  sceptnonquc  Jeniiis  aselhts.  Jiiraqite  dct  poptilis, 
sewper  asellus  erif ;  vgl.  bei  Polycr.  Leyser,  Hist.  poet.  et  poem.  med.  a:>vi, 
Halle  1721,  S.  7r)(;.  ^lan  wird  nun  —  um  auf  unsere  specielle  J'ragc  zu 
kommen  —  oJine  weiteres  zugeben,  dafs  eine  harmonische  Vereinigung  köriier- 
I icher  und  geistiger  Vorzüge  den  Wert  ihres  Trägers  in  aller  Augen  beträcht- 
lich erhöhen  niufs,  und  nur  in  diesem  Sinne  kann  man  dem  Verfasser  eines 
an  den  durch  Schiwiheit  ausgezeichneten  Henricus  Winton.  Ei)iscopus  ge- 
richteten Gedichtes  beistimmen,  wenn  er  sagt:  Xamqiie  in  reijali  weus 
regia  eorjmre  reijuat.  Mai/nai/ionin/qtte  deeent  fortia  meiiibra  uirion.  Hagen, 
Carmina  med.  a^vi  S.  190,  l'i — 11. 

Dieser  ihrem  erhabenen  Vorbilde  sana  »/n/s  in  corpore  saiio  gewifs 
nicht  ebenbürtigen  ^laxime  ist  schon  frühzeitig  mehrfach  widersj)rochen 
worden.  Wenn  Alfred  de  Musset,  Namouna  str.  lo,  von  seinem  Hassan 
sagt:  ßir)/  q/('il  )/e  s'clcrät  qii'ä  qael(//irs  pieds  de  terre,  llassa//  rtait  j/rut- 
etre  iii/  //otz/inc  ü  rarnetlre  .  . .  Sa  petite  ///i'daille  a)/no»cait  iii/  hon  coin  .  .  ., 
so  könnte  diese  Gharakteristik,  abgesehen  von  der  P'orm,  ebensowohl 
einem  Schriftwerke  des  Mittelalters"  angeh<'")ren.  Die  Gesinnung,  die  in 
der   fast   sprichwörtlich   klingenden  .lean  Bodels  Jeu  de  St.  Nicolas   ent- 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  217 

nommenen  Stelle:  Oii  a  reit  soiivcut  (jraut  euer  en  eors  peti't  zum  Aus- 
druck kommt,  hat  schon  einige  noch  ältere  Dichter  bei  der  Personal- 
beschreibung ihrer  Helden  beseelt.  So  heifst  es  in  dem  von  ISIichelant 
jniblizierten  Alexanderliede:  Li  jirh/ees  (Dinns)  fti  mnlt  fiers,  de  peiitc  per- 
sonne. S.  220,  1.  Die  Thatkraft  des  Pipin,  dessen  unbedeutende  Er- 
scheinung zunächst  gemfs  geeignet  sein  mochte,  den  Spott  seiner  Zeit- 
genossen herauszufordern  (vgl.  A.  Streckfufs'  Dichtung  Pipin  der  Kleine), 
errang  sich  schliefslich  doch  die  verdiente  Anerkennung  bei  den  letzteren 
sowie  bei  den  späteren  Dichtern.  Bezeichnend  dafür  ist  eine  Stelle  aus 
Adenes  Berte  aus  grans  pies:  L'autrcs  (d.i.  der  andere  Sohn  des  Charles 
Martel)  ot  non  Pepins,  par  Dien  le  fill  Marie,  Cine  pies  ot  et  demi  de  long, 
plus  licn  ot  mie;  Mais  plus  hardie  ehose  ne  fu,  onques  choisie.  v.  43 — 15. 
Die  Erinnerung  an  die  Worte  Jung  Rolands:  „ein  kleiner  Mann,  ein 
grofses  Pferd",  die  Ludwig  Uhland  in  seinem  auf  freier  Erfindung  be- 
ruhenden Gedichte  „Eoland  Schildträger"  dem  heldenmütigen  Knaben  als 
Erwiderung  auf  die  Spottrede  des  Riesen  in  den  IMund  legt  und  die  als 
ein  schöner  Beleg  für  des  Dichters  ..innige  Vertrautheit  mit  mittelalter- 
licher Empfindungs-  und  Ausdrucksweise"  (vgl.  A.  Tobler,  Herrigs  Arcli. 
Bd.  LXXIX,  S.  91)  gelten  können,  wird  wachgerufen,  wenn  man  im  R.  de 
Florimont  einen  der  Begleiter  des  Fürsten  Rysus  folgendermafsen  cha- 
rakterisiert findet :  Li  onximes  fut  Leodis ;  Se  fut  uns  Chevaliers  petis,  Mai 
el  mont  n/illor  nen  anoit,  Quant  a  cheual  armex  estoit.  Ms.  fr.  B.  N.  15101, 
fol.  42a.  —  Aber  auch  aus  der  praktischen  Geschichtschreibung  jener 
Tage  läfst  sich  erweisen,  dafs  man  die  Verdienste  auch  eines  kleinen 
Mannes  wohl  zu  würdigen  wufste.  Bei  der  Belagerung  des  eastruni. 
Alf/a-xer  in  Portugal  (im  Jahre  1217)  that  sich  durch  persönliche  Tapfer- 
keit ein  Mann  hervor,  von  dem  es  heifst:  At  Martinus,  commendator  Pal- 
niele,  parrus  quidcm  corpore,  sed  non  inijKtr  leoni  cordis  ferocitate,  rexillwn. 
dc.iira  ribrans  ruiture  ge.ntis  n/ediuni  prorupit  in  agmen.  Gesta  Cruci- 
gerorum  Rhenanorum  in  den  Publications  de  la  Societe  de  l'Orient  latin, 
ser.  bist.  t.  II  (1879),  S.  M2.  Hierher  gehört  denn  auch  das  von  Treis 
selber  S.  20  mitgeteilte  Beispiel  aus  der  Chans(m  d'Antioche  I,  S.  263. 
An  hiei'her  zu  i'echnenden  sprichwörtlichen  Wendungen  fallen  mir  augen- 
blicklich bei:  Mai  nie  fois  petite  coignie  Abat  de  langue  grant  charrie. 
Florim.  Ms.  15101,  fol.  :'.la.  Tcx  a  grant  eors  et  grosce  pansce  Quiest  poc 
do'ittex  de  sa  lance.  ib.  fol.  o9a.  On  a  sovent  grard  aise  en  peJite  inaison; 
De  petite  fontaine  tot  son  saol  hoit  on  in  der  Genesis  des  Herman  de 
Valeuciennes  bei  ReifTenberg,  Phil.  Mousk.  t.  IT,  S.  CCXCTII.  Une  petite 
pluere  grant  vent  soueent  apaise  G.  ]\Iuis.  t.  II,  S-  74.  Petit  asne  porte  sourent 
grant  fais;  Montaiglon  und  Rothschild,  Recueil  de  Poes.  Franc.  ...  t.  XI, 
S.  104.  —  Unsere  Frage  hat  aber  auch  eine  ästhetische  Seite,  und  es  gehört 
in  diesen  Zusammenhang,  zu  erörtern,  welcherlei  Anforderungen  die  mittel- 
alterlichen Dichter  an  clas  Körpermals  der  von  ihnen  gepriesenen  Helden 
stellten,  um  ihrem  eigenen  Geschmacke  und  dem  ihres  Publikums  ge- 
recht zu  werden.  So  häufig  nun  Personalbeschreibungen  in  den  Epeu 
sind  und  so  wenig  die  Dichter  bei  der  Ausstattung  ihrer  Helden  mit 
allerhand  hiautes  kargen,  so  finden  sich  doch  Angaben  über  die  Körper- 
gröfse  verhältnismälsig  nur  selten.  Wo  sie  aber  diesen  Punkt  berühren, 
wdrd,  soviel  ich  sehe,  stets  der  etwaigen  Annahme,  dafs  die  Helden  sich 
durch  eine  besonders  grofse  Körpergestalt  ausgezeichnet  hätten,  durch 
Angaben  anderer  Art  vorgebeugt,  —  sie  unterscheiden  sich  von  den 
übrigen  Sterblichen  nur  durch  gröl'sere  Anmut  und  SchJudicit  des  Ge- 
sichtes, sowie  durch  bedeutendere  Körperkraft  und  ( Jewandthcit  bei  idealer 
Vollendimg  der  Formen.  Mafslosigkeit  in  den  Körpervcrhältnissen  wird 
besonders  an  sarazenischen  Kämpfern  getadelt  (vgl.  die  Schilderungen  des 
C'orsolt  in  Cor.  Looys  49S  ff.;  des  Ilaucebier  in  Bat.  d'Alesch.  :'.t;(i  fl". ;  die 
des  Baudus  ib.  G9l"<j  ü'.  u.  s.  w.),   während  es  bei  christlichen  Rittern  für 


218  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

schön  gehalten  wurde,  wenn  das  Mafs  ihres  Leibes  sich  in  der  Mitte 
zwischen  grofs  und  klein  bewegte.  Wenn  Gottfried  von  Strafsburg  von 
seinem  .Tristan  sagt,  dals  sin  lip  xe  (jiioter  7)irr,e  laue  war,  so  triti't  er  in 
dieser  Aufserung  seines  Geschmackes  ohne  Zweifel  mit  Adenes  übercin, 
welcher  die  über  den  aucli  sonst  mit  allen  Vorzügen  eines  christlichen 
Helden  ausgeschmückten  Harazenenkönig  Karahues  staunenden  Franzosen 
ausrufen  lälst:  IfxV  ci  ...  clievuUer  aioiant,  De  bonnc  taillr,  trop  prfit  ne 
trop  graut.  Enf.  Og.  2106 — 7.  Auch  von  Florimout  wird  gerühmt:  Ne 
fuf  trop  (Irans  ne  trop  pct/'s  a.  a.  Ü.  fol.  4<ic,  und  hi  ähnlicher  AVeise 
wird  zu  deuten  sein,  was  in  der  Ms.  fr.  B.  N.  789  erhaltenen  Version  der 
Alexandersage  von  dem  berühmten  Macedonierkönige  gesagt  wird :  11  ne 
f/f  mie  (jrnns,  v/a/'s  de  be/e  estachun,  Als.  fr.  B.  N.  789  v.  227  (P.  Meyer, 
Alex,  le  Grand  t.  I,  8.  124).  Das  Gleiche  ergiebt  sich  aus  folgender 
Stelle:  Ele  aviena  II  chccaliers;  Chascuns  setnbloit  hardis  et  fiers;  Li  I 
ert  trop  Ions  et  trop  grans,  Mais  li  altres  ert  bieiiseans.  Durmart  :j9!).5 — 98. 
Wenn  es  von  Aimeri  de  Xoirbone  heifst:  Graut  fit  ...  H.  Arch.  Bd.  .")(i, 
S.  26,  und  dem  Aubri  dasselbe  Prädikat  beigelegt  wird  (bei  J.  Bekker, 
Fierabras  S.  17-1),  so  liegt  darin  kein  Widers])ruch  zu  unseren  Ausführungen. 

Als  wie  bedeutsam  für  ilie  ganze  Zukunft  des  Kandidaten  sowohl 
die  Zeit  der  Weihe  (Treis  S.  46)  sowie  die  Persönlichkeit  des  Weihenden 
betrachtet  wird,  dafür  folgendes  schöne  Beispiel.  Lyonel  ist  auf  Lance- 
lots Empfehlung  von  König  Artus  zum  Ritter  geschlagen  worden,  et  il 
en  a  si  grant  joie  qiie  greignor  ne  porroit  avoir  et  dit  qiie  or  n'a-il  nule 
jiaor  qtie  il  proxdom  ne  soit  qant  il  a  si  haut  jor  iert  clietaliers  et  de  la 
ii/ain  ä  relui  dont  tuit  li  prodoiiie  ont  efievalerie  reccne.  Jonckbloet,  Roman 
van  Lancelot,  Tweede  deel,  S.  LXIV. 

Gelegentlich  der  Wappnuug  des  Kandidaten  bemerkt  Treis  S.  77 — 78, 
dals  hinsichtlich  der  Anlegung  des  oder  der  Sporeu  durch  den  Weihen- 
den ein  fester  Gebrauch  nicht  zu  konstatieren  ist.  Wenn  wir  nun  in  dem 
soeben  genannten  Roman  van  Laucelot  S.  LXV  lesen:  die  Kandidaten 
s'ariiicroit  si  com  a,  cel  tans  lo  faisoicnt.  Et  lor  cliaiK^-a  li  rois  lu  destrc 
(■sprr(i)i  si  com  il  rstoit  co.'^fianc,  so  zeigt  der  Ausdruck  si  com  a  cel  tans 
lo  faisnind  sowie  das  Präteritum  c.^itoit.  dals  der  Erzähler  von  einem  für 
seine  Zeit  nicht  melir  geltenden  Brauche  spricht,  und  aus  dieser  Wahr- 
nehmung ergiebt  sich  vielleicht  die  Handhabe  für  die  richtige  Beurteilung 
jener  Inkongruenzen  —  sie  scheinen  eben  auf  dem  veränderten  Ciebrauche 
verschiedener  Zeitepochen  zu  beruhen.  —  Der  weitere  Zusammenhang, 
dem  die  soeben  angeführte  Stelle  angehört,  ist  übrigens  noch  nach  anderer 
Richtung  hin  von  Interesse.  Es  ist  darin  die  Rede  von  der  zeitlichen 
Reihenfolge,  in  der  dem  Kandidaten  die  einzelnen  Stücke  der  Rüstung 
angelegt  werden  und  zwar  im  Verhältnis  zur  Messe  und  zu  dem  Ritter- 
schlage an  sich :  Et  au  matin  (nach  der  Nachtwache  im  Münster)  l'an- 
menerent  u  son   ostel,   sei  f'ireid  dormir  Jusqii'ä   la  graut  iiicssc.   et  lors  lo 

menerent  an  mostier  aroc   lo  roi Xlais  aucois   qu'il  antrasseut   cl 

mosticr,  fiirent  aportees  tcs  armes  a  tax.  cels  qui  cliecalier  dccuient  estre;  et 
s'armereut  si  com  a  cel  tans  lo  faisoiod.  Ei  lor  chanca  li  rois  lo  destre 
e.<iperon,  si  com  il  estoit  costumc;  inais  le.s  especs  ne  lor  eeint  pas  deranf 
qu'il  rcvenissent  del  mosticr.  Quant  il  orent  les  colees  receues,  si  alerent 
dir  messe,  et  tnit  arme,  car  issi  lo  devoient  faire.  Et  si  tust  cum  la  messe 
fic  dite,  si  lor  ceint  li  rois  les  espees.  . . .  Die  Wappnuug  —  abgesehen  von 
dem  Schwerte  —  sowie  der  Ritterschlag  an  sicli  fällt  also  hier  vor  den 
Besuch  der  Messe,  und  erst  nach  derseli)en  erhält  der  junge  Ritter  das 
Schwert.  Die  Ausdrücklichkeit,  mit  der  der  Erzähler  den  in  dieser  Wei.se 
sich  abspielenden  Verlan  1'  der  F<"inulichkeiten  betont,  weist  darauf  hin, 
dals  derselbe  sich  in  l)cwurstem  (iegensatze  zu  einem  anders  gearteten 
rn>;:ranim  l)(4'an(l.  Wahrscheiidich  alier  händigt  es  sieh  bei  diesen  Ab- 
weichungen von    der  durch  Treis   dargestellten  (,)rdMung   wieder   nur  um 


Beurteiliiugeu  und  kurze  Auzeigen.  219 

zeitliche  oder  vielleiclit  aucli  örtliche  Verschiedeuheiteu.  Dafs  solche 
letzterer  Art  .bestanden,  zeigt  Alwin  Schultz,  Höf.  Leb.  (1879)  Bd.  T, 
S.  142  ff.  —  Übrigens  legt  sich  der  junge  Alexander  die  Sporen  eigen- 
händig an:  Quant  Alix.  fu  del  tot  adoJ)ex,  Lcs  espcrons  a  cn  ses  j)ex  fermex; 
Li  reis  sis  percs  ks  li  areit  donex ;  Dp  fin  or  furcnt  a  rsmal  nidlcx,  Ms. 
de  r Arsenal  v.  393— 39B,  P.  Meyer,  Alex,  le  Grand  (1886)  I,  S.  42,  wäh- 
rend das  Schwert  ihm  von  seinem  Vater  Felis  umgegürtet  wird,  vgl.  ib.  3.")7 ; 
bei  der  Anlegung  der  übrigen  Stücke  der  Rüstung  erhellt  die  Selbst- 
thätigkeit  Alexanders  aus  dem  v.  -'.64 — 392,  ]Ms.  de  Venise  ;>55 — :)82  Gesagten 
nicht  mit  aller  Deutlichkeit.  Bemerkenswert  ist  auch,  dafs  sich  Philipp 
und  Olympias  in  die  Ausstattung  ihres  Sohnes  teilen.  Nach  dem  Vor- 
schlage des  Königs :  De  ros,  reine,  rerigent  li  resfiment,  De  niei  vemJrunt  li 
ctidra  [larniment  v.  196—197  (Ms.  de  Venise  v.  190 — 191)  giebt  die  Königin 
folgende  Kleidungsstücke  her:  die  chamise  v.  264,  Ms.  Ven.  249,  den 
hliaiit  V.  274,  Ms.  Ven.  259,  den  pelli^nn  hermine  v.  283,  Ms.  Ven.  267, 
den  iiiantcl  ii/arfrin  v.  291,  Ms.  Ven.  277,  den  haldrei  y.  300,  Ms.  Ven.  287, 
während  der  Vater  die  Teile  der  Rüstung  beschafft,  die,  ebenso  wie  die 
Kleidungsstücke,  sämtlich  ihre  Geschichte  haben  und  dadurch  doppelt 
wertvoll  sind.  Zu  den  von  Olympias  gelieferten  restitneidi:;  gehört  also 
auch  der  haldrei,  und  mit  gleichzeitigem  Hinweis  auf  diese  Thatsache 
möchte  ich  bezweifeln,  dafs  die  von  Treis  S.  69  aus  Durmart  (1286  ff.) 
angeführte  Stelle  bei  ihm  in  dem  richtigen  Zusammenhange  steht.  Unter 
cainture  kann  daselbst  nicht  der  zum  Festhalten  des  Idiaut  verwendete 
Gurt  gemeint  sein  —  es  kann  hier  nur  das  Wehrgehänge  bedeuten,  denn 
Durmart  ist  im  Augenblicke  der  Anlegung  dieser  cainture  bereits  mit 
sämtlichen  Stücken  der  Rüstung  bekleidet,  so  dafs  auf  ihn  die  von  Treis 
S.  85  citierten  Zeilen  aus  Chev.  II  Esp.  1594  Anwendung  finden.  Zu  der 
hier  geforderten  Auffassung  mahnt  auch  die  hohe  Bedeutung,  die  die 
Königin  der  Verleihung  dieses  Stückes  beimifst,  wenn  sie  sagt:  Bealx  fllx, 
...  je  ros  proi,  Ccsf  joel  portes  de  par  nioi.  Et  si  soies  ines  cJieralters 
v.  1289 — 91.  AVeuu  mm  vollends  in  dem  zehnsilbigen  Alexander  die 
kirchlichen  Ceremonien  gänzlich  in  Wegfall  kommen,  so  folgt  der  Ver- 
fasser damit  einer  bewuTsten  Absicht:  er  kennt  die  religiösen  Verhältnisse 
des  griechischen  Altertums  zu  gut,  um  sich  nicht  des  Mifsgriffes,  den 
die  Einmischung  so  evident  christlicher  Elemente  in  antike  Stoffe  bedeutet 
hätte,  bewufst  zu  sein.  Dabei  klingt  allerdings  die  au  Philipp  gerichtete 
Forderung  Alexanders:  Adobct  mei  ä  qirise  de  Grereis.  Ms.  Ars.  v.  171 
(adobex  nioi  a  f/iiise  de  grereis.  Ms.  A-^en.  1(14)  gerade  in  Alexanders  Munde 
seltsam  genug,  beweist  aber  die  Absichtlichkeit  in  den  vom  Schema  ab- 
weichenden Schilderungen  unseres  Dichters. 

Potsdam.  Alfred  Risop. 


Die  Parias  unserer  Sprache.  Eiue  Sammlung  von  Yolksaiis- 
drücken  von  Dr.  Franz  Sohns,  ord.  T^ehrer  am  Realpruirym- 
uasium  zu  Gandersheim.  Heilbronn,  (icbr.  Henninger,  1888. 
1260  S.  8.     2  ]\Ik. 

Unter  den  Parias  versteht  der  Verf.  diejenigen  Volksausdrücke,  die 
meist  nicht  in  die  Schriftsprache  gedrungen  sind,  al)er  doch  selbst  von 
Gebildeten  in  der  Umgangssprache  nicht  vcrsehmälit  werden.  Der  Samm- 
lung und  ITntersuchung  hielt  sie  der  A'erf.  uiclit  für  unwert,  weil  .sie 
zum  Teil  eine  sehr  anziehende  Gestalt  haben,  zum  grol'sen  Teile  ausge- 
prägte Züge  uralter  Vergangenheit  an  sich  tragen.  Die  Vermutung  des 
Verfassers,  dafs  die  Form,  "in  der  er  uns  diese  Samndniig  bietet,  auf 
AViderstand  stofseu  möchte,  möchten  wir  für  unbegründet  halten,   er  hat 


220  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

die  \V()rt('r  und  Redensarten  nämlich  nicht  in  der  alphabetischen  Folge 
eines  gelehrten  Wörterbuches  zusammengestellt,  sundern  in  der  Umgebung, 
in  der  sie  uns  im  Leben  entgegentreten,  also  in  zahlreicher  Gesellschaft, 
die  ebenso  wie  jene  gemustert  sein  will.  Es  ist  also  eine  bunte  Menge 
von  Scenen  aus  dem  häuslichen,  aus  dem  Volksleben,  die  an  unserem 
Auge  vorüberziehen;  diese  volkstümliche  Form,  diese  Frische  erregt  gerade 
unser  Interesse;  wie  ein  Kulturbild  mutet  uns  das  Ganze  an.  Und  doch 
würde  man  sich  sehr  irren,  weTin  man  meinen  wollte,  man  habe  die 
Arbeit  eines  Dilettanten  vor  sich.  Überall  erkennt  man  aufser  dem 
Hammlerfleifse  des  Verfassers  gründliche  germanistische  Studien,  nicht 
blofs  in  den  Mundarten  unserer  Sprache,  sondern  auch  in  der  Entwicke- 
lung  und  in  der  gesamten  Litteratur  derselben.  Die  volkstümlichen  CJe- 
sellen  haben  gröistenteils  ihre  Heimat  in  Xord-  und  ^Mitteldeutschland, 
die  süddeutschen  Volksausdrücke  hat  der  Verfasser,  weil  sie  ihm  aus 
dem  Leben  selbst  nicht  bekannt  waren,  übergangen ;  von  dorther  liefse 
sich  also  das  Buch  bedeutend  erweitern.  Aber  auch  Norddeutschland  ist 
weit  ausgedehnt,  der  Bewohner  dieses  und  jenes  Striches  kann  auch  noch 
aus  seiner  Heimat  Zusätze  machen,  Avie  er  andererseits  vieles  hier  findet, 
was  bei  ihm  daheim  nicht  gebräuchlich,  was  ihm  unbekannt  ist.  So  zieht 
nun  ein  wunderlicher  Ausdruck  nach  dem  anderen  an  uns  vorüber,  der 
in  der  vornehmen  Sprache  verpönt  ist,  den  wir  aber  doch  kennen  und 
uns  erklären  müssen,  wenn  wir  nicht  inmitten  unseres  Volkes  mit  seinen 
Gefühlen  und  Gedanken  unbekannt,  also  ihm  selbst  fremd  bleiben  wollen. 
In  eine  Berlinische  Gerichtsscene  führt  uns  der  erste  nun  schon  weit 
verbreitete  Ausdruck  Fatzke,  der  aus  Hans  Sachs  seine  Erklärung  findet, 
und  nun  folgt  eine  lange  Reihe  ähnlicher  Volksausdrücke,  wie  futsch, 
Gämelhans,  Dunzel,  Dämel,  flämischer  Kerl  u.  s.  w.,  es  sind  ihrer  meh- 
rere Hundert,  und  wie  würde  man  irren,  wenn  man  diese  Gebilde  für 
Scliöpfungen  einer  unberechtigten  Laune  hielte,  sie  leiten  ihren  Ursprung 
aus  grauer  Vorzeit  her.  Man  mul's  dem  Verfasser  für  seine  reiche  Gabe 
dankbar  sein  und  mul's  wünschen,  dal's  ihm  nicht  blofs  aus  Süddeutsch- 
land für  die  zweite  Auflage  manche  Beiträge  zuflielsen  mögen.  .,Du 
kleine  Murke!"  ist  in  Sachsen  ein  Kosewort,  _du  kleiner  Lork,  du  kleine 
Kröte"  anderswo,  und  wieder  anderswo  „du  lütke  Blage",  wie  denn  der 
Westfale  hören  kann:  „du  lütke  Aas,  du  lütke  Aasbalg,  du  lütke  Schind- 
luder, Satan"  und  ähnliche  Kraftansdrücke.  -Blage*-  ist  ein  Lieblings- 
ansdruck für  kleine  Kinder,  ebenso  Tanze,  eigentlich  ein  kleines  Kind, 
dem  der  Bauch  nocli  hängt,  wie  denn  Panzer  seine  Quelle  hat  in  dem 
lat.  pautex,  nacli  lUicheler  im  Rhein.  Mus.  1882,  Ö18.  „Lütke  Lue"  sind 
dem  Niedersachsen  allerdings  kleine  Leute,  aber  .Lütens,  Sing.  Lüt" 
sind  Mädchen.  Die  „Faxen"  werden  auf  facetiip  zurückgeführt,  nach 
dem  W.  B.  III,  \')>^~>  ist  es -^jt  Haar,  vgl.  floccus,  ,'laih.  Von  dem  -quatsch" 
ist  in  "Westfalen  auch  üblich  der  (^uasclpeter  und  das  Zeitwort  quaddern, 
und  neben  dem  vorwalken,  Schläge  austeilen,  durchwalken.  Das  „schier" 
scheint  der  Verfasser  auf  <k1i  Aussterbeetat  zu  setzen  geneigt  zu  sein; 
so  weit  .sind  wir  in  Westfalen  noch  lange  nicht,  „schier  Fleisch"  ist  all- 
gemein üblich  (übrigens  sagen  wir  nicht  „eitel  Brot",  sondern  „ihle")  für 
das  reine  Fleisch  ohne  Sehnen  und  ohne  viel  Fett,  der  gleichmälsig  be- 
«leckte  Himmel  ist  „Heben  (Heniel)  .schier".  „AU"  ^=  schon  ist  nicht 
blofs  preufsiscli  und  anhaltinisch;  aus  der  Volksmundart  ist  es  in  West- 
falen auch  in  die  hochdeutsche  Rede  überall  eingedrungen,  der  Gebrauch 
des  Wortes  „schon"  zeugt  „all"  von  einer  tüchtigen  Schulbildung.  Die 
ganze  Bagage  kann  mir  „gestohlen"  werden  ist  in  Westfalen  üblicher  als 
„gewogen  bleiben".  Mach  dich  nicht  „mausig"  erläutert  der  Verfasser 
nach  der  Verstimmung  des  Vogels  l)eim  ]\Iausern ;  eine  andere  Erklärung 
ist  ..der  die  Mause  überstanden  hat.  zum  Angrifl'  bereit,  keck,  oder  wer 
mit    Federn   sich  brüstet".     Das  Verbum    „trecken"    wird   sich   allerdings 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  221 

auch  bei  dem  Hochdeutsch  redenden  Niedersachsen  bald  verHereu,  aber 
nicht  das  Subst.  Treckschute,  und  auch  nicht  bald  das  Subst.  „Trecke" 
d.  i.  Schieblade,  „in  der  obersten  Trecke  der  Kommode  liegen  deine 
Strümpfe"  hört  man  auch  in  den  gebildeten  Familien  Westfalens.  Hübsch 
ist  die  Erklärung  des  hahuebüchenen  Kerls,  davon  kommt  auch  wohl  der 
FamiUenname  Hanebom.  Die  alte  „Kracke",  gewöhnlich  auf  das  ital. 
caracca  zurückgeführt,  wird  vom  Verfasser  vom  niederdeutschen  kracken 
(krachen)  abgeleitet;  liel'se  sich  nicht  an  „krank"  denken?  Wer  denkt 
bei  den  Meetings  der  Zeitungen  an  das  ahd.  muotan,  begegnen,  wie  der 
Westfale  sagt:  he  quam  mi  to  möte?  Wie  „niederträchtig"  statt  hnit- 
selig,  freundlich,  gebraucht  nicht  blofs  der  Süddeutsche,  auch  der  Nord- 
deutsche „gemein" ;  „dat  is  en  ganz  gemenen  Minsken"  ist  ein  grolses 
Lob.  „Wippen"  (wupptig,  Wippchen)  kommt  auch  in  Zusammensetzungen 
vor:  Wiiij^stert  ist  die  Bachstelze  nach  ihrer  schnellen  zierlichen  Be- 
wegung, und  danach  tadelnd  ein  wie  ein  Tanzmeister  schwänzelnder 
Mensch,  ironisch  auch  übertragen  auf  die  mit  stark  beweglicher  Turnürc 
ausgepolsterte  Frau.  Der  Ausdruck  „Kieweken"  für  Ferkel,  den  Scbam- 
bach  in  seinem  Wörterbuche  aufführt,  beschränkt  sich  nicht,  wie  man 
vermuten  könnte,  auf  die  Göttinger  Mundart,  in  Westfalen  ist  er  nicht 
mehr  überall  üblich,  aber  z.  B.  im  Bielefelder  Kreise  in  der  Arbeiter- 
kolonie Wilhelmsdorf.  Ebenso  beschränkt  sich  der  Ausdruck  „seinen 
Trödel  mit  jemandem  haben"  nicht  auf  die  Magdeburger  Gegend,  er  wird 
wohl  überall  in  Niederdeutschland  verbreitet  sein.  Bei  der  von  dem 
Tünipeu  (Zipfel)  kommenden  sprichwörtlichen  Redensart  gedenkt  der  Yvr- 
fasser  auch  der  viertimi^igen  Mütze  Bräsigs;  dazu  mögen  auch  die  Timpen- 
stuten,  berühmte  Lemgoer  Semmel,  erwähnt  Averden.  Bei  der  Besprecbung 
der  Klassen  der  Landleute  erläutert  der  Verfasser  bei  dem  Namen  ^Nleier 
sehr  hübsch  die  Ausdrücke  „einen  abmeiern,  meiern",  sowie  die  Bezeichnung 
Bihaspel  für  ein  uneheliches  Kind,  eigentlich  nebenbei  gehaspelt;  ebenso 
drastisch  ist  der  im  Ravensbergischen  vorkommende  Name  Överspinsel 
d.  i.  über  (nebenbei)  gesponnen,  auf  den  landesüblichen  Nahrungszweig 
hindeutend.  „Tresem"  heilst  im  Braunschweigischeu  (nach  S.  8;>,  doch 
in  der  Stadt  wenigstens  niemals)  der  Verkaufstisch  (tresor),  in  Westfalen 
allgemein  „Tresen".  „Schlapps"  heilst  der  schlaff  herumbummelnde  Mensch 
überall  in  Norddeutschland,  aber  auch  Schlappsack.  „Schauer",  meint  der 
Verfasser,  in  der  Bedeutung  „Obdach  gewährender  Ort"  sei  nur  noch  dem 
Bayern  bekannt;  indes  ebenso  dem  Westfalen,  der  auch  das  Verbum 
„uüterschauern"  hat,  sich  an  einen  solchen  Ort  begeben.  Aber  was  machen 
wir  mit  dem  „Schurlemurle"  der  Bayern  d.  i.  Mischung  von  Wein  und 
Wasser,  wofür  der  Hesse  sagt  „Schöllemolle"?  das  ist  doch  verschiedi-n 
von  dem  Kuddelmuddel  des  Hamburgers.  Statt  Schrank  sagt  der  Nord- 
deutsche nicht  Schop,  sondern  gebraucht  das  ahd.  Schap.  In  Flitzbogen 
ist  das  Wort  Fhtze  der  Pfeil ;  zu  Lessiugs  Zeit  war  das  Wort  nicht  mehr 
allgemein  üblich  (s.  Lessings  Wörterb.  zu  Logau).  Schliefslich  noch  eine 
geschichtliche  Bemerkung:  Nicht  König  Heinrich  I.  Avarf  den  Tiigarn 
einen  fetten  Hund  vor,  sondern  als  .sie  die  Dalemiuzier  zur  Hilfe  auf- 
forderten, brachten  diese  ihnen  dies  Gastgeschenk. 

Goethes  Egmont.  Mit  ausfülirlichcu  Erläuterungen  für  deu 
Schulgebrauch  uud  das  Privat.>^tudium,  vou  L.  Zürn.  Pro- 
fessor am  Gymnasium  in  Iia.statt.  Paderborn  und  Mün.^^ter, 
F.  Schöningh,  1887.     1,20  Mk. 

Eine  ausführliche,  zusammenhängende  Darstellung  der  Geschichte  des 
Abfalls  der  Niederlande  vorauszuschicken  hat  der  Herausgeber  mit  Recht 
unterlassen;  wo  der  Dichter  neu  geschafieu  hat,  ist  kurz  hier  und  «la  ;in- 


222  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

gegeben.     Mit  Rücksicht  auf  die  Schule  i.st   von  einer  gleichmüfsig  ein- 

fehendeu  Erläuterung  aller  Scenen  abgesehen,  mit  Rücksicht  auf  den 
'rivatgebrauch  vielfach  einzelne  Erläuterungen  über  die  Bedürfnisse  der 
Schule  ausgedehnt.  Mit  der  zu  berücksichtigenden  neueren  Litteratur  ist, 
soweit  Ref.  vergleichen  konnte,  der  Verf.  wohl  vertraut,  die  Ant)rdnuug 
des  Ganzen  zweckniälsig.  Dem  Texte  sind  einzelne  Worterklärungeu 
oder  historische  Andeutungen  erläuternde  Fufsnoteu  beigegeben,  dann 
folgen  als  der  ausführlichste  Teil  Fragen  über  die  einzelneu  Scenen  und 
Akte.  Daran  schlielscn  sich  längere  Bemerkungen  zu  dem  ganzen  Drama : 
die  Entstehung  des  Dramas,  die  historischen  (iuellen  des  Dichters,  über 
das  Verhältnis  des  Dramas  zur  Geschichte,  über  den  Wiederklang  der 
Erlebnisse  des  Dichters  im  Gedichte,  über  den  Stil  des  Dramas,  über 
Schillers  Kritik,  eine  kurze  Inhaltsangabe  der  Schillerschen  Bühneu- 
bearbcitung,  schlielslich  für  den  Zweck  der  Schule  eine  grolse  Zahl  von 
zu  Aufsätzen  und  Vorträgen  geeigneten  Thematen  über  den  Egmont. 
Beigegeben  ist  Schillers  Besprechung  des  Dramas.  —  Überall  zeigt  der 
Herausgeber  ein  verständiges  Urteil,  und  was  er  giebt,  reicht  für  den 
Zweck  der  Ausgabe  hin;  wer  über  Egmont  im  ganzen,  namentlich  seine 
Stellung  in  der  Eutwickelungsgeschichte  des  Dichters,  mehr  wissen  will, 
kann  sich  ja  anderwärts  genug  Rat  erholen,  wird  nicht  die  schönen  Aus- 
einandersetzungen in  Hettners  Litt.-Gesch.  übersehen,  mag  auch  das  Kott- 
buser  i'rogramm  von  1S82  von  Nötel  durchlesen.  Zu  dem,,  was  über 
Schillers  Bemerkung  über  den  unbeweibten  Egmont  gesagt  ist,  giebt  eine 
Beleuchtung  Zelters  I^rteil,  der  in  seiner  drastischen  Weise  I8i".)  bemerkt: 
„Gott  soll  mich  behüten,  Frau  und  Kinder  des  Helden  abzuwarten,  und 
wenn  ich  sie  für  mein  Geld  in  die  Witwenkasse  einkaufen  niüfste!  Daher 
mag  es  sein,  dafs  neuere  Dramen,  bei  aller  historischen  Wahrheit,  so 
brüchig  herauskommen;  mau  lebt  von  lauter  Interessen  ohne  Kapital, 
man  weils  nicht,  was  man  hat."  Es  ist  das  offenbar  eine  Anspielung  auf 
Rauj)ach.  —  Die  bei  weitem  gröfste  Anzahl  der  aus  dem  Ciedichte  zu 
gewinnenden  Themata  läfst  sich  sehr  gut  verwerten,  einzelne  sind  weniger 
passend,  z.  B.  49:  Vansen  und  Thersites.  Wie  bemerkt,  sind  die  Er- 
läuterungen zu  den  einzelnen  Akten  und  Scenen  am  Schlul's  des  Dranms 
sehr,  mitunter  zu  ausführlich  und  zeigen  namentlich  durch  die  genaue 
Disposition  den  erfahrenen  Schulmann;  aus  ihnen  gewinnt  man  hiidäng- 
lich  Stoff  für  die  Bearbeitung  der  Themata.  Auf  die  zahlrcichi'u  metri- 
schen Anklänge  im  Drama  ist  überall  aufmerksam  gemacht;  danach  ist 
auch  als  Thema  .:):'>  gestellt:  „Versuch,  einzelne  Stellen  in  jambische 
Verse  abzuteilen"  ;  Schiller  ist  ja  schon  in  seiner  Recension  vorangegan- 
gen, der  Lehrer  findet  die  Versifikation  des  5.  Aktes  von  E.  Miemeyer  im 
'Jl.  Bande  des  Archivs.  Von  den  Fufsnoteu  sind  einige  auch  für  den 
Privatgebrauch  überflüssig,  z.  B.  S.  19  die  Frage:  inwiefern?  S.  2U 
„Antwerpen,  eine  berühmte  Handelsstadt  au  der  unteren  Scheide",  S.  28 
^spöttische  Anspielung  u.  s.  w.",  S.  38  „sie  stänkern"  nicht  =  ^treiben 
sich  herum",  das  Wort  ist  ja  wohl  überall  gebräuchlich,  S.  82  „ilir  seid 
nicht  bei  Besinnung",  S.  8  mufs  es  Cateau  (Gambresis)  heifsen.  Zum 
Schlufs  noch  eine  Einzelbemerkung.  Alba  (Akt  1)  hat  Oranieus  Brief, 
er  werde  nicht  kommen,  gelesen:  „Er  wagt  es,  nicht  zu  kommen!  So 
war  demi  diesmal  wider  Vermuten  der  Kluge  klug  genug,  nicht  klug  zu 
sein."  Der  Herausgeber  bemerkt :  „Dieses  Mal  war  der  Tkluge  Oranien  gerade 
klug  genug,  meine  Absicht  zu  erraten  und  mir  aus  dem  Wege  zu  gehen, 
beging  aber  eigentlich  damit  eine  Uuklugheit,  indem  er  durch  seine 
Weigerung  zu  kommen  sich  in  den  Verdacht  des  Ungehorsams  und  der 
Widersetzlichkeit  bringt.  Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dafs  das  Wortspiel 
etwas  gesucht  erscheint.  Aber  es  ist  nicht  nötig,  die  Stelle  in  die  \V^orte 
zu  ändern :  so  war  denn  diesmal  wider  Vermuten  der  Kluge  kliig  genug, 
auch  klug  zu    sein."      Gewifs,   zu   einer   solclien    willkürliclieii  .Vnclerunc; 


Beurteiluugeu  und  kurze  Auzeigen.  22P. 

sind  wir  durchaus  nicht  berechtigt;  aber  gegen  die  aufgesti'llte  Erklärunt;- 
des  Herausgebers  ist  zu  bemerken,  dafs  wohl  der  Kluge  Uranien  heilseii, 
dafs  Alba  aber  doch  nicht  von  ihm  sagen  kann,  er  sei  scharfsichtig 
genug,  um  die  grolse  ihm  bei  Befolgung  der  Einladung  Albas  drolunidc 
Gefahr  zu  erkennen,  aber  doch  nur  so  weit  scharfsichtig,  dafs  er  un- 
klugerweise durch  seine  Weigerung  sich  in  den  Verdacht  des  Ungehor- 
sams bringe.  Oranien  ist  ja  längst  entschlossen  nicht  zu  kommen,  er 
mul's  sich  für  Tauseude  schonen,  was  auch  kommen  mag,  er  mufs  sicli 
erhalten;  mit  seiner  Absage  an  den  Bevollmächtigten  des  Königs  hat  er 
schon  nicht  den  Verdacht  des  Ungehorsams  erregt,  sondern  wirklich  Un- 
gehorsam bewiesen.  Was  kann  ihm  geschehen?  Man  kann  ihn  für  einen 
Aufrührer  erklären,  mau  kann  ihn  ächten,  man  kann  und  wird  seine 
Güter  einziehen,  das  weifs  er  laugst,  das  weifs  er  schon  vor  Albas  An- 
kunft, bei  dessen  Nahen,  aber  seine  Person  rettet  er,  und  damit  ist  Albas 
grol'ser  Plan  untergraben.  Eötscher  (Dramat.  Charaktere  H.  5;))  bemerkt 
richtig:  „Dies  ist  der  einzige  Moment,  der  Alba  aus  seinem  (ileichgewicht 
herauswirft.  Ohne  des  Prinzen  Besitz  scheint  dem  Herzog  das  eigentliche 
Ziel  seines  ganzen  Unternehmens  verfehlt.  Er,  der  so  schlau"  Berech- 
nende, sieht  sich  in  seinen  gröfsten  Plänen  durchkreuzt,  er  versinkt  auf 
Augenblicke  in  sich  selber  und  zeigt  uns  die  ungeheure  Bewegung  seiner 
Seele,  aus  der  er  sich  nur  mit  Mühe  wieder  sammelt."  „Längst,  sagt 
Alba,  hatte  ich  alles  reiflich  überwogen  und  mir  auch  diesen  Fall  ge- 
dacht, —  jetzt  u.  s.  w.  Ist's  rätlich,  die  anderen  zu  fangen,  wenn  er 
mir  entgeht  u.  s.  w.  ?"  Diese  ungeheure  Aufregung,  die  ganze  Situation 
spricht  gegen  die  Auffassung  des  Herausgebers,  nach  der,  alles  scharf 
erwogen,  Alba  sehr  kühl  aus  Oraniens  Weigerung  sich  wenig  macht,  son- 
dern ironisch  aus  seiner  juristischen  Berechnung  heraus  sagt:  der  sonst 
so  kluge  Oranien  hat  doch  jetzt  einen  dummen  Fehler  gemacht,  nun 
kann  ich  ihn  in  Form  Hechtens  in  contumaciam  verurteilen  und  in 
abseutia  et  effigie  an  den  Galgen  hängen ;  nach  derselben  Auffassung 
waren  ferner  aus  „klug  genug'"  wir  zwei  Sätze  zu  machen  genötigt,  zuerst 
beide  Wörter  scheidend:  er  war  auch  diesmal  klug,  sodann  aber:  er  war 
nur  insoweit  klug,  dafs  er  eine  Thorheit  beging.  So  wenden  wir  uns  zu 
der  Erklärung  Düntzers  zurück,  dafs  in  dem  angezogenen  Satze  All)a 
von  sich  selbst  spricht:  „so  zwingt  dich,  sagt  er  im  Fortgang,  das  Ge- 
schick denn  auch,  du  Unbezwiuglicher?  Wie  laug  bedacht!  wie  wohl  be- 
reitet! wie  grofs,  wie  schön  der  Plan !  wie  nah  die  Hoffnung  ihrem  Ziele!" 
Jedes  dieser  Worte  ist  ein  Kommentar  zu  dem  angezogenen  Satze:  Wider 
dein  Vermuten  (wie  grofs,  wie  schön  der  Plan !)  warst  du,  der  Kluge,  der 
Unbezwingliche,  diesmal  nur  klug  genug,  um  nicht  klug  zu  sein,  glaubtest 
Oranien  so  blindlings  dir  gehorsam  zu  finden  wie  Egmout;  dein  unver- 
zeihlicher Eechenfehler  bestand  darin,  dafs  du  nicht  auf  eine  schlauere 
Weise  Oranien  in  deine  Gewalt  zu  bringen  gedacht  hast.  Und  nun  ringt 
sich  aus  seiner  bebenden  Seele  das  Geständnis  einer  gewissen  Ratlosigkeit 
hervor ;  er  ist  im  höchsten  Aflekt ;  von  einer  Verhöhnung  seiner  eigenen 
Klugheit  hätte  freilich  Düntzer  nicht  sprechen  sollen. 

Goethe  und  Frau  von  Stein.    Von  E.  Adler.    Leipzig  und  M'ieii, 
Töplitz  &  Deuticke,  1887. 

Durch  die  Herausgabe  der  Tagebücher  und  Briefe  Goethes  aus  Ita- 
lien sind  wir  erst  auf  die  rechte  Weise,  so  sagt  der  Verf.,  über  das  Ver- 
hältnis Goethes  zu  Frau  von  Stein  aufgeklärt  worden,  haben  wir  erst 
gründlich  den  Charakter  der  Frau  kennen  gelernt.  Wie  verschieden  man 
auch  sonst  geurteilt  habe,  anderes  liest  der  Verf.  aus  den  ZeikMi  heraus; 
und  was  ist  nun   das   neue  Ergebnis '.'     Goethe   ist  in   seiner  glühenden 


224  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

Liebe  »ich  immer  gleich  geblieben,  aber  sie  hat  nie  seine  Liebe  voll  er- 
widert, sie  war  überhaupt  Ic einer  so  grofsen  Liebe  fähig.  Er  hat  für 
iliren  Sohn  Fritz  die  rührendste  Fürsorge  gezeigt;  aber  dafs  er,  ohne  sie 
einzuweihen,  nach  Italien  reiste,  konnte  sie  ihm  nicht  verzeihen,  sie 
schmollte  seitdem,  sie  nahm  ihn  bei  der  Rückkehr  kalt  auf,  für  seine 
künstlerischen  Bestrebungen  hatte  sie  wenig  Verständnis.  Zu  einem  ofle- 
nen  Bruche  kam  es,  als  Goethe  es  wagte,  Christiane  Vulpius  kennen  zu 
lernen  und  ein  inniges  Liebesverhältnis  anzuknüpfen.  Erst  nach  Jahren 
ist  einigermalsen  eine  Versöhnung  eingetreten.  Viel  Gutes  bleibt  an  der 
Frau  von  Stein  nicht,  zumal  sie  auch  nicht  Entschlossenheit  genug  be- 
sal's,  von  ihrem  ungeliebten,  gleichgültigen  Gemahl  sich  zu  trennen  und 
Goethe  die  ersehnte  Hand  zu  reichen.  Es  ist  kein  bezaubernd  Bild, 
welches  wir  von  ihr  erhalten;  ob  der  Verf.  aber  holi'en  darf,  dals  es  all- 
»•emein  als  treu  gezeichnet  befunden  werde,  darf  bezweifelt  werden. 

Goethes  Faust  in  EngiauJ  und  Amerika.  Bibliographische  Zu- 
sammeDstellung  von  W.  Heinemann.    Berlin,  A.  Hettlei-,  1880. 

Dies  Verzeichnis  enthält  die  Ausgaben  des  deutsi^hen  Textes  des 
Faust  mit  und  ohne  Anmerkungen,  die  in  England  oder  Amerika,  aber 
auch  solche,  die.  in  Deutschland  erschienen  sind,  sowie  eine  Aufzählung 
der  englischen  Übersetzungen.  Das  Verzeichnis  reicht  von  1S2(I  bis  l!S8ü 
und  enthält  IGl  Nummern.  Es  ist  keine  dürre  Nomenklatur,  sondern 
den  einzebu^n  Nummern  sind  sorgfältige  bibliographische  Anmerkungen 
beigefügt,  in  denen  manche  Versehen  früherer  ähnlicher  Verzeichnisse  oe- 
richtigt  sind;  sein  Aufenthalt  in  London  bot  dazu  dem  Verf.  Gelegenheit. 

Shylock  und  Nathan.  Vortrag  im  Verein  für  jüdische  Geschichte 
und  Litteratm'  zu  Frankfurt  a.  M.  von  Dr,  H.  Heinonuinn. 
Frankfurt  a.  M.,  J.  Kauüinann,  1886. 

Aus  eigener  Erfahrung,  sagt  der  ^"erf.,  ist  Shakespeare  nicht  mit  dem 
Charakter  des  jüdischen  \'olkes  bekannt  geworden;  indem  er  durch  die 
italienische  Novelle  zu  seinem  Gedicht  angeregt  wurde,  legte  sich  seine 
Phantasie  die  Frage  vor,  wie  mulste  sich  der  Charakter  eines  Volkes  ge- 
stalten, das  fortwährend  verfolgt,  von  Kunst  und  Wissenschaft  ausge- 
schlossen, durch  die  Gesetzgebung  selbst  zum  Wucher  hingetrieben  wurde? 
Die  Religion  mulste  ja  zu  engherzigem  Fanatismus  erstarren,  selbst  das 
Familienleben  vor  der  Jagd  nach  dem  Golde  zurücktreten.  Niemals  aber 
hat  Shakespeares  Bild  der  Wahrheit  der  Geschichte  entsprochen,  der 
Dichter  hat  nie  das  innere  Leben  des  Judentums  kennen  gelernt,  dieses 
erscheint  dagegen  in  Moses  Mendelssohn,  dem  Vorbilde  für  den  IS'^athau. 
Die  Abhandlung  ist  in  edlem  Stile  geschrieben. 

Zeitschrift  für  deutsche  Sprache,  herausgegeben  von  Professor 
Dr.  Daniel  Sanders.     Heft  3.     Hamburg,  Ricliter,  1887. 

Auch  dieses  Heft  bringt  wieder  viel  des  Anziehenden  und  Belehren- 
den; es  sei  der  thatkräftig  fortgefülnte  Kampf  gegen  den  Unfug  der 
Fremdwörter  hervorgehoben.  Es  ist  erfreulich,  wie  G.  Haufl'  die  Schief- 
heiten, I^nklarkciten  in  des  Kanzlers  Rümelin  Verteidigung  derselben 
nachzuweisen  nicht  ermüdet;  es  ist  eine  tadelnswerte  Leichtfertigkeit,  wenn 
man  auf  der  gegnerischen  Seite  den  Zusammenhang  der  Vorliebe  für 
Fremdwörter  mit  einer  schwachen  Teilnahme  für  das  echte  Volkstum 
übersieht    und   die   schlechte  Sache   durch  wohlfeile  Scherze  oder  Spotte- 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  225 

reien  verteidigen  will.  Ebenso  geht  der  Liebelei  mit  Fremdwörtern  ein 
launiger  kurzer  Aufsatz  ^Die  unschuldigen  Fremdwörter"  auf  den  Leib, 
anknüpfend  an  den  Bericht  eines  hochwichtigen  wissenschaftlichen  Vereins. 
Den  Haui^tinhalt  macheu  aber  auch  bei  diesem  Hefte  die  grammatischen 
Bemerkungen  aus;  bald  anknüpfend  an  ein  Lesestück,  bald  in  Form  von 
Antworten  auf  eingelaufene  Fragen  wollen  sie  in  weitem  Kreise  Belehrung 
geben,  wie  man  sich  genau  richtig  auszudrücken  habe.  Unter  den  kleinen 
Mtteilungen  kommen  so  Aufschlüsse  vor  auf  Fragen,  die  man  fast  all- 
täglich hört,  die  einem  gar  leicht  aufstol'sen  können,  z.  B.  über  das  bin- 
dende s  in  Zusammensetzungen,  ob  Friedrichstrafse  oder  Friedrichsstrafse 
u.  ä.  Den  grölsteu  Teil  der  grammatischen  Bemerkungen  knüpft  aber 
auch  hier  der  Herausgeber  au  einige  Paragraphen  des  Aufsatzes  von 
Goethe:  Der  Sammler;  es  sind  alles  sprachliche  Ausführungen,  mit  reichen 
und  fein  ausgeführten  Abschweifungen  über  Synonyme,  aus  denen  sich 
sattsam  lernen  läfst.  Auf  die  Gedankenentwickelung  läfst  sich  der  Heraus- 
geber bei  der  Anlehnung  an  Lesestücke  nicht  ein,  das  lag  aufserhalb 
seines  Planes.  Mitunter  kann  man  wünschen,  dai's  die  Ausführungen, 
namentlich  bei  den  Synonymen,  knapper  gehalten  sein  möchten;  will, 
das  ist  die  mögliche  Gefahr,  der  Schreibende  bei  jedem  Satze  und  Worte, 
welches  er  niederschreibt,  sich  so  lange  über  jedes  mögliche  Mifsverständnis 
besinnen,  so  wird  die  Frische  der  Darstellung  darunter  leiden.  Der  Verf. 
meint  z.  B.,  dals  in  folgendem  Satze  in  W.  Scherers  Litteraturgeschichte 
durch  die  Stellung  zu  einer  Mifsdeutung  des  eigentlichen  Sinnes  heraus- 
gefordert sei :  ^AUe  Poesie  ist  Stümperei,  welche  nicht  das  umgebende 
Leben  zu  gestalten  weifs",  es  müsse  heifsen:  „Stümperei  ist  alle  Poesie, 
welche  u.  s.  w."-  Indessen  bei  Scherers  Stellung  betont  jeder  vernünftige 
Leser  „alle  Poesie",  und  an  dies  hervorgehobene  Subjekt  schliefst  sich 
in  natürlichem  Redeflufs  der  Kelativsatz  au ;  wer  da  mifsverstehen  kann, 
wird  überhaupt  auch  bei  anderer  Stellung  den  Gedanken  nicht  verstehen. 
Bei  der  zweiten  Stellung  kann  aber  im  Lesen  „alle"  nicht  so  hervor- 
gehoben werden,  wie  es  soll;  es  ist  demnach  Scherers  Stellung  vorzu- 
ziehen. Wollte  man  an  der  Einschränkung  festhalten,  dafs,  ohne  Rück- 
sicht auf  die  Kraft  des  Ausdrucks,  das  Relativum  sich  immer  nur  auf 
das  nächste  Wort  zurückbeziehen  dürfe,  so  würden  dem  deutlichsten  aller 
Schriftsteller,  ich  meine  Lessing,  die  meisten  Fehler  aufgemutzt  werden 
können. 

Herford.  Hol  seh  er. 

Von  Opitz  bis  Klopstock.  Ein  Beitrag  i^ur  Geschichte  der  deut- 
schen Dichtung,  von  Dr.  Karl  Lemcke.  Neue  Ausgabe  des 
ersten  Bandes  von  Lemckes  Geschichte  der  deutschen  Dich- 
tung.    Leipzig. 

Die  Periode  in  der  deutschen  Dichtung  von  Opitz  bis  auf  die  Vor- 
männer  Klopstocks  ist  durchgehends  eine  unerfreuliche ;  „von  allgemeinem 
bedingungslosem  ästhetischem  Werte  ist  darin  im  grofscu  und  ganzen 
nichts.  Wer  aber  den  Wandelungen  nachspüren  ma^,  wie  aus  Altem 
Neues  Avird,  wer  lernen  will,  was  es  heilst,  eine  neue  Kunst  heranzuleben 
und  zu  gestalten,  wer  Einblick  gewinnen  will  in  die  Schädlichkeit  falscher 
Lehrsätze,  wie  sie  Jahrhunderte  hindurch  zu  Ab-  und  Irrwegen  und  stets 
an  den  richtigen  Zielen  vorbeiführen  —  der  soll  getrost  die  deutsche  Ge- 
schichte dieser  Zeit  zu  seinem  Studium  erwählen."  Der  Verf.  weils  durch 
seine  anziehende  Darstellung  unser  Interesse  für  diese  trockene  Penode 
zu  wecken  und  uns  die  Bedeutung  derselben  darzulegen.  Mit  Recht 
nennt  daher  Karl  Gödecke  m  dem  Vorwort  zu  seinem  Grundrifs  der  Ge- 

Arcliiv  f.  11.  Sprachen.    LXXXII.  15 


■226  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

schichte  der  deutschen  Dichtung  I/'nickos  DarstcUung  dieses  Zeitraums 
eine  gediegene. 

Nach  einer  in  grofsen  Umrissen  gegebenen  Charakteristik  der  deut- 
schen Dichtung  und  scharfsinniger  Zeicluiung  ihrer  gesamten  Entwicke- 
lung  beliandelt  der  Verf.  im  ersten  Teil  die  Zeit  von  Opitz  bis  Gottsched 
und  sucht  (Ue  tiefen  Beiladen  aufzudecken,  welche  die  traurigen  Ergeb- 
nisse lierbeigcführt  hatten.  Man  dürfe  nicht  einzelne  deshalb  anklagen. 
^Das  ganze  Volk  trug  die  t^chuld.  Was  162-1  siegte,  konnte  nur  siegen, 
weil  die  Deutschen  sich  nicht  auf  der  notwendigen  geistigen  und  Cha- 
rakterhöhe gehalten  hatten.'-.. 

Wir  lassen  zu  besserer  Übersicht  die  Überschriften  der  einzelnen  Ab- 
schnitte folgen:  1)  Die  poetischen  Strömungen  zu  Anfang  des  17.  Jahr- 
hunderts. .  2)  Die  Vormänner  und  Genossen  von  Opitz.  :'.)  Die  frucht- 
bringende Gesellschaft  und  die  üniversitäts  -  Poetik.  1)  Martin  Opitz. 
ij)  Aufnahme  der  Neucnmg  in  Süddeutschland  und  bei  den  Katholiken. 
(J)  Die  freieren  Lyriker  (Sächsische  Schule).  7)  Norddeutsche  Schule. 
8)  Fortwirkungen.  Die  religiösen  Dichter.  Dichterinnen.  9)  Die  Sati- 
riker. 10)  Das  Drama  (G.  Gryphius).  11)  Epos  und  Roman.  12)  Hofl- 
mannswaldau  und  Lohenstein  oder  die  sogen,  zweite  schlesische  Schule. 
IH)  Anti-Lohensteiner:  Die  Gelehrten.  II)  Anti-Lohensteiner:  Die  fran- 
zö.sische  Schule,     (lünther.     1-5)  Die  Hamburger  Poeten.     Brockes. 

Der  zweite  Teil:  Von  Gottsched  bis  Klo])stock,  weist  zunächst 
nach,  „wie  (xottsched,  der  Polizist  gegen  das  T'nsaubere,  der  lychr-  und 
Zunftmeister  gegen  die  l'ngeregeltheit,  mit  unglaublichem  Erfolge  eingritl'. 
In  wenigen  Jahren  hatte  er  sich  die  Diktatur  auf  dem  damaligen  deut- 
schen ParnaCs  teils  erzwungen,  teils  hatte  nuin  .'^ie  ihm  mit  Freuden  zu- 
gestanden." 

Die  folgenden  Abschnitte  besprechen :  2)  Die  Poetik  der  Schweizer. 
;'>)  Die  neuen  Bewegungen  in  Gottscheds  Kampf.  Das  satirische  Geschlecht 
(Gottsched  und  die  Neuberin.  Liscow.  Rost.  Pyra  u.  a.).  4)  Hagedoin 
und  Haller.  .'>)  Die  Hallische  Schule,  ü)  Die  sogen.  Preufsische  Schule. 
7)  Die  Leipziger  Schule. 

Der  Verf.  hat  sich  unstreitig  durch  seine  liebevolle,  unparteiische  und 
gründliche  Arbeit  ein  bleibendes  Verdienst  um  die  richtige  Würdigung 
der  von  ihm  behandelten  Periode  erworben.  A. 


Stroifzüge  diireli  cllo  inittclenglisclie  Syntax  iiuter  besoiuleror 
Berücksichtigung'  der  Sjn'aehe  Chaueers.  Von  Dr.  Eugen 
Einenkel,  Privatdozenten  an  der  König!.  Akademie  zu  Mün- 
ster i.  W.  Mit  einem  AA'iH-terbuehc  von  Willi.  Grote,  Cand. 
])lii].  Münster,  Schöniugh,  ]  887.  XXII  und  296  Seiten  8. 
Preis  4  Mark. 

Bei  weitem  das  meiste,  was  bis  jetzt  für  die  Erforschvnig  der  germa- 
nischen Sprachen  gethan  ist,  ist  der  Laut-  und  der  Wortlehre  zu  gute  ge- 
kommen;  die  Satzlehre  hat  verhältnismäl'sig  noch  wenige  I^earbeiter  ge- 
funden. Wir  haben  daher  guten  (irund,  uns  jeder  neuen  Leistung  auf 
dem  Gebiete  der  Satzlehre  zu  freuen,  und  wir  dürfen  es  desto  melir  tliun, 
wenn  uns,  wie  hier  von  Einenkel,  eine  Arbeit  geboten  wird,  die  bei  allem 
Eingehen  in  das  Einzelne  und  Kleine  doch  immer  das  Grofse  und  Ganze 
im  Auge  behält. 

Dal's  der  Verfasser  in  seineu  Streifzügeu  vornehmlich  die  Sprache 
des  II.  Jahrhunderts  behandelt,  wird  allgemeine  Billigung  iinden:  iöi 
lt.  Jahrhundert    ist    die   alte  englische  Sprache   so  weit  überwunden  und 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  227 

die  Verschmelzung  der  normannisch-französischen  mit  dem,  was  von  der 
einheimischen  weiter  zu  leben  vermochte,  so  weit  vorgerückt,  dafs  das- 
selbe als  die  eigentliche  Werdezeit  des  Neuenglischen  betraclitet  werden 
mufs.  Ebenso  wird  sicli  jeder  damit  einverstanden  erklären,  dafs  der 
Verfasser  die  Sprache  Chaucers  zu  Grunde  gelegt  und  andere  mittel- 
englische Schriftsteller  nur  nebenher  berücksichtigt  hat:  Chaucer  ist  als 
geborener  Londoner,  feiner  Weltmann,  werkereicher  Schriftsteller  und 
Dichter  ersten  Eanges  so  sehr  der  hervorragendste  Vertreter  seines  Zeit- 
alters, dafs  jede  andere  Wahl  minder  gut  gewesen  wäre. 

Auch  wenn  es  der  Verfasser  nicht  ausdrücklich  gesagt  hätte,  würden 
aufmerksame  Leser  doch  erkennen,  dafs  er  sein  Augenmerk  hauptsächlich 
auf  zwei  Fragen  gerichtet  hat:  erstens  nämlich  zu  zeigen,  ^inwieweit 
sich  die  Sprache  des  14.  Jahrhunderts  aus  den  altenglischen  Verhältnissen 
heraus  entwickelte,  bezw.  inwieweit  diese  Entwickelung  durch  romanische 
Einflüsse  gehemmt  oder  gefördert,  durchkreuzt  oder  in  gänzlich  neue 
Bahnen  geleitet  wurde ;  und  zweitens  inwiefern  alle  diese  Umstände  auf 
den  Sinn  und  das  Verständnis  der  Sprache  einwirkten."  Ich  bin  über- 
zeugt, dafs  dem  Verfasser  auch  in  dieser  Hinsicht  die  Zustimmung  nicht 
fehlen  wird. 

Das  Buch  zerfällt  in  folgende  Hauirtabschnitte :  1)  das  Substantivura 
und  der  Artikel,  2)  das  Adjektivuni  und  der  Artikel,  3)  die  Kasus,  4)  die 
Präpositionen,  5)  das  Verbum.  Mit  besonderer  Liebe  ist  die  Lehre  von 
den  Kasus  und  vom  Substantiv  mit  Infinitiv  ausgeführt  worden,  Ab- 
schnitte, die  ja  naturgemjifs  die  Aufmerksamkeit  des  Forschers  vor  allen 
anderen  beanspruchen.  Überall  im  Buche  finden  wir  willkommene  Be- 
lehrung; besonders  aber  wird  in  jenen  Abschnitten  über  eine  Reihe  von 
Punkten  ein  sehr  erwünschtes  Licht  verbreitet. 

Möge  die  fleifsige  und  tüchtige  Arbeit  Eiuenkels  die  Beachtung  fin- 
den, welche  sie  verdient. 

Bonn.  M.  Trautmann. 

W.  Kreiten,  S.  J. :  Voltaire,  ein  Charakterbild.    Zweite  vermehrte 
Auflage.     Freiburg  i.  Br.     XVI  u.  580  S.  8. 

Wer  nach  des  Verfassers  Bezeichnung  ^ein  Charakterbild"  vermeinen 
wollte,  in  dem  Buche  eine  Scliilderung  des  Gesamtcharakters  Voltaires 
zu  finden,  der  dürfte  sich  bei  genauerer  Bekanntschaft  mit  dem  Kreiten- 
schen  ^Vevk  schwer  enttäuscht  fühlen.  Es  ist  nichts  weiter  als  eine 
Schmähschrift  übler  Art,  in  der  alles,  was  der  Charakter  und  die  Schriften 
Voltaires  Abstofsendes  enthalten,  mit  aufserordenthchem  Geschick  zu- 
sammengetragen und  in  die  dem  Verf.  zusagende  Beleuchtung  gerückt 
ist.  So  entsteht  wohl  ein  Zerrbild,  aber  kern  Charakterbild.  Was  sich 
Gutes  in  Voltaires  Charakter  findet,  sein  hochherziges  und  aufopfe- 
ruugsfreudiges  Gerechtigkeitsgefühl,  seme  uneigennützigen  und  erfolg- 
reichen Bemühungen  um  das  Emporkommen  der  gänzlich  verarmten 
Bevölkerung  seines  Ländchens  Gex,  die  fürstliche  Gastfreundschaft,  die 
er  zwanzig  Jahre  laug  übte,  der  unerschütterliche  Mut,  womit  er  immer 
und  immer  wieder  gegen  althergebrachte  und  längst  zur  stehenden  Ge- 
wohnheit gewordene  Mifsbräuche  üi  Staat  und  Kirche  ankämpfte,  das 
alles  wird  entweder  mit  Stillschweigen  übergangen  oder  hühnisch  so  um- 
gedeutet, dafs  es  ebenfalls  wieder  zum  Nachteil  des  gebraudmarkten 
Philosophen  ausschlägt.  —  Es  gehört  zum  System  des  Verfassers,  alle 
Personen,  zu  denen  Voltaire  in  feindliche  Beziehungen  getreten  ist,  lobend 
herauszustreichen ;  seine  Anhänger,  Gönner  und  Freunde  nach  Möglichkeit 
in  den  Schmutz  zu  zerren.  Keiner  kommt  dabei  m  des  Verfassers  Dar- 
Btellung   schlimmer  fort  als  Friedrich  der  Grofse,  dessen  Privatleben  der 

15* 


228  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

Verf.  mit  sichtlichem  Behagen  nach  der  verlogenen,  von  Voltaire  un- 
mittelbar nach  der  Frankfurter  Aftaire  aus  Wut  und  Rachsucht  niedei-- 
geschriebenen  Vie  privee  du  Roi  de  Prusse  schildert.  Nach  Krciten  war 
Voltaire  allerdings  ein  Ausbund  aller  möglichen  Verruchtheit;  Friedrich 
der  Grofse  aber  unendlich  viel  raffinierter,  frivoler,  unsittlicher  uiul  glau- 
bensloser. Es  nimmt  sich  possierlich  aus,  wenn  stellenweise  das  ^litleid 
des  Lesers  für  den  armen  unschuldigen  Voltaire  angerufen  wird,  der  durch 
die  monströse  Lasterhaftigkeit  des  Königs  erst  in  Berlin  den  letzten  sitt- 
lichen und  religiösen  Halt  verloren  habe.  Freilich  war  der  grofse  Köni^ 
nicht  nur  Philosoph,  wie  Voltaire,  sondei'u  zudem  noch  Protestant  und 
Freimaurer!  Es  ist  ein  besonderer  Vorzug  des  Kreitenschen  Buches,  dal's 
der  Verf.  durch  sein  unaufhörliches  Höhnen,  Schmähen  und  Beschmutzen 
die  Geduld  auch  des  gläubigsten  und  langmütigsten  Lesers  ermüdet  und 
den  Eindruck,  den  eine  gerechtere  Verteilung  von  Licht  und  SchatU'ii 
hätte  hervorbringen  müssen,  selbst  zerstört.  Dr.  Fr.  Bischoff. 


Molifere-Studien.  Ein  Namenbuch  zu  Moli^res  Werken  mit  ])hil(>- 
logischcn  und  historischen  Erläuterungen  von  Herm  Fritsche. 
Zweite  verb.  u.  verm.  Aufl.     Berhn,  M'eidmann,  1887. 

Die  ungemein  rührige  Thätigkeit,  welche  sich  in  den  beiden  letzten 
Jahrzehnten  in  der  Moliere-Forschung  entfaltete,  hat  auch  auf  dem  in 
dem  obigen  Werke  behandelten  Gebiete  manche  Resultate  und  Aufschlüsse 
zu  Tage  gefördert.  Darum  erschien  es  dem  Verf.  geboten,  die  Früchte 
dieser  Bestrebungen  auch  seinen  Studien  einzuverleiben  und  eine  l'ni- 
arbeitung  der  im  Buchhandel  vergriffenen  ersten  Auflage  vorzunehmen, 
.„damit  das  Buch  in  seiner  Art  auch  fernerhin  denen  ein  brauchbarer 
Führer  bleibe,  welche  dem  grölsten  französischen  Dichter  eingehendere 
Betrachtung  widmen  wollen."  Jeder,  welcher  die  Forschungen  des  Ver- 
fassers aus  seinen  trefflichen  Ausgaben  einzelner  ]\Iolierescher  Stücke  iu 
der  Weidmannschen  Sammlung  und  aus  seinen  in  Zeitschriften  erschie- 
nenen Aufsätzen  kennt,  wird  die  neue  Herausgabe  dieses  umfassenden 
Sammelwerkes  mit  Freuden  begrüfsen,  da  hier  nicht  nur  vereinigt  ist, 
was  in  den  Einleitungen  und  Anmerkungen  jener  kleineren  Anzahl  von 
Stücken  zerstreut  niedergelegt  ist,  sondern  in  übersichtlicher  Weise  Auf- 
schlufs  auch  über  die  in  den  sämtlichen  übrigen  Stücken  Moli^res  vor- 
kommenden Namen  und  Personen  und  manche  Erläuterung  der  Moliere- 
schen  Bühnenverhältnisse  zu  finden  ist.  Schon  die  erste  Auflage  des 
Buches  hat  die  Berücksichtigung  und  Anerkennung  selbst  der  französischen 
Molifere-Forscher  gefunden;  in  seiner  neuen  Gestalt  verdient  es  in  noch 
höherem  Grade  die  Beachtung  aller  Freunde  MoUferescher  Dichtung. 

Grünberg  i.  Schi.  W.  Herforth. 

Gerraan  Classics.  Edited  with  Enghsh  notes,  etc.  By  C.  A. 
Buchheim,  Phil.  Doc,  Professor  of  the  Gerraan  Language 
and  Literature  in  King's  College,  London. 

Der  elfte  Band  dieser  längst  gewürdigten  „Clarendon  Press  Series" 
umfafst  Beckers  Friedrich  der  Grofse.  With  an  Historical  sketch  of 
the  rise  of  Prussia  and  of  the  times  of  Frederick  the  Great,  Genealogical 
tables,  and  a  map.  Oxford  1888.  Buchheims  Verdienst  um  die  Ver- 
mittelung  deutscher  Ideen  und  deutscher  Wissenschaft  in  England  ist 
von  grölster  Tragweite;  wir  wünsclien  Deutschland  recht  viele  solcher 
Interpreten.    Buchheims  Unternehmen  ist  aber  nicht  nur  ein  patriotische.«, 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  229 

sondern  auch  in  pädagogischer  Hinsicht  ein  bedeutungsvolles.  Beckers 
Friedrich  der  Grofse  zeigt  auf  jeder  Seite  die  tüchtige  Hand  des  Prak- 
tikers. Die  Einleitung  ist  geradezu  vorzüglich,  und  die  ^jSToten"  geben 
Aufklärung  über  alles,  was  zum  Verständnis  des  Autors  nötig  ist. 

Möge  Professor  Buchheims  Werk  auch  in  Deutschland  die  verdiente 
Anerkennung  finden. 

Wiesbaden.  _^__  Dr.  Otto  Weddigeu. 

Französische  und  englische  Schullektüre.  Herausgegeben  von 
F.  K.  Schwalbach:  1)  Ausgewählte  Reden  von  Mirabeau, 
Deseze  und  Chateaubriand.  2)  William  the  Conqueror  and 
Queen  Ehsabeth  von  David  Hunie.  Hamburg,  Otto  Meifsners 
Verlag. 

Der  rühmlichst  bekannte  Herausgeber  hat  es  unternommen,  den  vielen 
Sammlungen  französischer  und  englischer  Schullektüre  eine  neue  hinzu- 
zufügen, welche  sich  von  manchen  der  vorhandenen  vorteilhaft  unter- 
scheidet. Wir  erhalten  blofse  Textausgabeu,  ohne  Anmerkungen  unter 
dem  Texte,  und  in  einem  Anhange  kurze  biographische  Notizen  über  den 
Autor  nebst  den  allernotwendigsten  sachlichen  Erklärungen  mit  Ausschlufs 
von  sprachlichen  Anmerkungen.  Was  die  Auswahl  der  Schriftsteller  be- 
trifft, so  will  sich  der  Herausgeber  nach  den  „feststehenden  Resultaten" 
richten,  die  sich  aus  den  ministeriellen  Lehrpläneu  ergeben.  Wir  möchten 
Herrn  Schwalbach  raten,  dafs  er  dabei  doch  vorzugsweise  die  von  Wiese 
gegebenen  Winke  berücksichtigen  wolle,  einem  Manne,  der  die  Sprache 
und  Litteratur  der  Franzosen  und  Engländer  genau  kannte  und  in  seiner 
hohen  Stellung  segensreich  für  die  Förderung  des  Unterrichts  in  den 
neueren  Sprachen  gewirkt  hat. 

Das  französische  Heft  bringt  drei  Reden  von  Mirabeau,  die  Ver- 
teidigungsrede für  Ludwig  XVI.  von  Deseze  und  eine  Rede  von  Chateau- 
briand über  die  spanische  Frage;  das  englische  Heft  enthält  aus  D.  Humes 
Geschichte  Englands  zwei  Abschnitte :  William  the  Conqueror  und  Queen 
Elisabeth.  Die  beigefügten  Noten  sind  knapp  gehalten,  aber  im  ganzen 
für  das  Bedürfnis  ausreichend.  Die  äufsere  Ausstattung  ist  sehr  schön, 
und  der  Druck  empfiehlt  sich  im  allgemeinen  durch  Korrektheit;  Ref. 
hat  nur  wenige  unberücksichtigt  gebliebene  Druckfehler  gefunden,  dar- 
unter einen  allerdings  recht  unangenehmen  in  der  Biographie  von  Deseze, 
welcher  nach  Seite  83  im  Jahre  1790  geboren  sein  soll. 

Lectures  enfantines  par  Th.  Hatt.  I  et  H  parties.  Petits  Contes 
et  Nouveaux  petits  Contes  pour  les  enfants.  '  Strasbourg, 
Schulze  et  C''',  successeiu-s  de  Berger-Levrault. 

Die  vorliegenden  hübschen  Büchlein  erfreuen  sich  bereits  weiter  Ver- 
breitung und  haben  eine  reiche  Zahl  von  Auflagen  erlebt,  so  dafs  es 
überflüssig  erscheinen  dürfte,  an  dieser  Stelle  eingehend  über  die  neue 
Ausgabe  zu  berichten.  Die  Erzählungen  des  Verfassers  der  Ostereier 
sind  bekannt,  und  es  möge  deshalb  genügen,  den  Contes  nachzurühmen, 
dafs  die  französische  Bearbeitung  nichts  zu  wünschen  übrig  läfst  und 
auch  die  äui'sere  Ausstattung  lobenswert  ist.  Das  Gleiche  kann  man  auch 
von  den  Hattschen  Lectures  enfantines  sagen,  welche  im  Elsafs  schon  bei 
dem  Unterrichte  von  Kindern  im  Alter  von  sechs  bis  neun  Jahren  mit 
grofsem  Nutzen  gebraucht  werden. 


230  Beurteilungen  unrl  kurze  Anzeigen. 

An  die  geehrte  Redaktion  des  Archios. 

Mein  erstes  in  Deutschland  veröflentlichtcs  Wcrkchen :  Proverbi  e 
Sentenze,  wurde  bisher  von  der  Kritik  duich\veg  sehr  gütig  behandelt, 
einzig  und  allein  der  Herr  Recensent  im  Archiv  sah  es  mit  unfreundlichen 
Augen  an.  Er  sagte  darüber  (im'  80.  Bande),  es  würde  mit  Genufs  ge- 
lesen werden,  so  wunderlich  es  auch  sei,  und  fährt  dann  fort:  ^Der  Ver- 
fasser meint  nämlich,  wer  Latein  oder  Fraiizösisch  versteht,  kann  Italieni- 
sches lesen.  Wozu  dann  des  Verfassers  Übersetzung?"'  —  Diese  Behaup- 
tung nun  beruht  auf  einem  Mifsverständnis  des  Herrn  Receuseuten.  Ich 
sagte  nicht,  dafs  jeder,  der  Lateinisch  oder  Französisch  versteht,  ohne 
vorherige  Studien  italienische  Bücher  lesen  kann,  sondern,  weil  ich  deren 
einige  fand,  welche  jedoch  das  Gelesene  nicht  im  geringsten  auszusprechen 
verstanden,  kam  ich  auf  den  Einfall,  die  wenigen  und  so  aulserordeiitlich 
schnell  zu  erlernenden  Regeln  über  die  Aussprache  des  Italienischen  zu- 
sammenzustellen. Die  hieran  geknüpfte  Frage  scheint  mir  mindestens  so 
wunderlich,  wie  dem  Herrn  Reccnsenten  mein  Buch.  Darf  man  denn 
für  Menschen,  die  weder  Latein  noch  Französisch  verstehen,  keine  Bücher 
schreiben  ? 

Der  mir  oft  zum  Vorwurf  gemachte  konfuse  Titel  kommt  lediglich 
auf  Rechnung  des  Verlegers.  Die  italienischen  Worte  sollten  grün,  die 
deutschen  rot  gedruckt  werden;  dann  standen  die  beiden  Titel  gesondert, 
wenn  auch  verschlungen  beieinander.  —  An  Stelle  der  üblichen"  Bezeich- 
nungen „offen  und  geschlossen",  die,  wie  ich  oft  erfahren,  nur  denen  ver- 
ständlich sind,  die  viel  Sprachstudien  getrieben,  setzte  ich  die  von  meiner 
neapolitanischen  maestrina  gebrauchten  „hell  und  dunkel'-.  Der  Herr 
Recensent  beliebt  das  „Unsinn"  zu  nennen  und  findet  in  dem  bei  „rac- 
colti  —  tradotti,  editi"  fälschlich  gebrauchten  di  statt  da,  wozu  mich  der 
Titel  eines  italienischen  Buches  verführte,  den  Beweis,  dafs  ich  von  dem 
richtigen  Gebrauch  dieser  Wörter  keine  Ahnung  habe.  —  Ebenso  ersieht 
er  aus  dem  Umstand  der  von  mir  al)sichtlich  weggelassenen  Ul)ersetzung 
des  Spruches  212,  dafs  d'oro  adjektivisch  zu  brauchen  über  meinen  Hori- 
zont gehe,  obgleich  er  kurz  zuvor  Übersetzung  und  Erklärung  von  T.JO 
Sprüclien,  welche  ich  mit  Hilfe  einiger  Kopisten  in  wenigen  Tagen  fertig 
stellte,  „im  ganzen  gut"  nannte.  Einen  so  kühnen  Schlufs  müfste  man 
findig  nennen,  wenn  er  nicht  gerade  diesesmal  ganz  verfehlt  wäre.  Nicht 
d'oro  und  golden,  wie  Ihr  Herr  Recensent. übersetzt,  heilst  es  hier,  son- 
dern d'ore  von  Stunden.  Die  wörtliche  Übersetzung  des  Spruches  er- 
schien meinem  deutschen  Empfinden  unmöglich ,  bis  Dr.  de  Rocca  aus 
Piemonte,  eine  zweifellose  Autorität,  sie  mir  als  die  richtige  bezeichnete; 
sie  heifst:  P^hrenworte  dauern  Stunden  (Parole  d'onore  —  parole  d'ore). 

Der  Herr  Recensent  sagt:  „Die  Proverbi  von  Giusti  hat  der  Ver- 
fasser erst  nach  Abschlui's  seiner  Arbeit  kennen  gelernt,  und  be- 
dauert es;  woher  hat  er  seine?  Von  GTipsfigurenhändlern  ?"  Auf  die 
Frage:  woher  hat  er  seine?  habe  ich  schon  zu  Anfang  des  Buches  ein- 
gehend geantwortet,  und  icli  füge  hinzu  :  ja,  auch  von  ( üpsfigurenhändleni 
erfuhr  ich  viele  der  Sprüche  und  niclit  die  sehlechte.sten,  ai)er  eine  wich- 
tige Hauptquelle  hatte  ich  auf  besonders  ausgesprocheueu  Wunsch  nicht 
angebeu  dürfen.  Aus  lieber  Hand  gingen  mir  viele  Prover])i  mit  Über- 
setzung und  Erklärung  zu.  Um  meine  Dankbarkeit  für  dies  Geschenk 
zu  beweisen,  setzte'  ich  zum  Namen  dessen,  der  gesammelt  und  übersetzt, 
ein  grofses  R,  das  sich  weder  in  einem  meiner  Vornamen  befindet,  noch 
unter  irgend  einer  meiner  Arbeiten,  ja  nicht  einmal  in  demselben  Buche 
bei  den  zwei  anderen  Unterschriften.  Aus  derselben  Hand  bekam  ich 
wenige  Tage,  bevor  ich  meine  Arbeit  in  Druck  geben  mufste,  doch  ehe 
ich  dieselbe  hatte  kopieren  lassen,  die  Sammlung  des  Giusti.  Selbst  wenn 
bei  der  ersten  Sendung  sclmn    Sjjrüche   aus   der   italienischen  Sammlung 


Beurteilimgeu  und  kurze  Anzeigen.  231 

genommen  waren,  konnte  mir  das  nicht  besonders  auffallen,  denn 
Sprichwörter  haben  die  Eigentümlichkeit,  dafs  sie  von  mehr 
als  einer  Person  gekannt  zu  sein  pflegen.  Sicher  diesem  Verdachte 
entgehen  konnte  ich  schliefslich  nur,  wenn  ich  die  Sprichwörter  selber 
machte.  ]\Ieine  Dankesschuld  au  Giuseppe  Giusti  habe  ich  klar  und 
deutlich  in  dem  meiner  Sammlung  beigefügten  Postscritto  abgetragen. 

A.  Chwatal. 

Äntivort  des  Recensenten. 

Wenn  ich_  in  meiner  Anzeige  (Archiv  LXXX,  1  2)  gesagt  liabo,  das 
Büchlein  ^Italienische  Proverbi  e  sentenze  Sprüche  raccolti  e  tradotti  di 
gesammelt  und  übersetzt  von  A.  E.  Chwatal,  Magdeburg,  Druck  und 
Kommissionsverlag:  Fabersche  Buchdruckerei,  1887"  werde  mit  Genufs 
gelesen  werden,  so  wunderlich  es  auch  sei,  so  ist  dies  nicht  unfreundlich 
geurteilt,  wie  der  Herr  Verf.  schreibt,  sondern  ich  habe  mich  über  seme 
Erstliugsarbeit,  wie  er  im  Vorwort  bittet,  recht  milde  ausgesprochen.  Der 
Verfasser  ist  in  Wahrheit  mit  den  ersten  Anfangslehren  der  italienischen 
Grammatik  in  Streit,  hat  keine  Ahnung  davon,  dals  man,  um  ein  ita- 
lienisches Buch  zu  lesen  oder  gar  selbst  eins  zu  macheu,  diese  Sprache 
gründlich  erlernen  und  betreiben  mufs.  Kann  etwas  deutlicher  hiervon 
reden  als  die  ersten  Zeilen  seiner  Beilage  Über  die  Aussprache  des  Ita- 
lienischen ?  „Die  Erfahrung,  dafs  Herren,  welche  des  Lateinischen  oder 
Französischen  mächtig  waren,  jedes  italienische  Buch  mit  Leichtigkeit 
verstanden,  ohne  doch  das  Gelesene  im  geringsten  aussprechen  zu  können" 
u.  s.  w.  Wundert  man  sich  dem  gegenüber,  warum  doch  zwischen  die 
ital.  Texte  deutsche  Worterklärungen  und  gegenüber  Übersetzungen  gestellt 
sind,  so  sagt  die  dem  Buche  an  Wunderlichkeit  gleichende  Entgegnung, 
dafs  dieses  „für  die  Menschen"  sei,  „die  weder  Latein  noch  Französisdi 
verstehen."  Hell  und  (Uinkel  für  offen  und  geschlossen  sind  nicht  so  üble 
Ausdrücke;  aber  o  hell  wie  in  Pose,  dunkel  wie  in  Motte  ist  doch  ganz 
unsinnig:  das  lange  o  wie  in  Rose,  Los,  ohne  ist  ja  dunkel,  das  kurze  o 
(Motte,  von,  Gott)  ist  ja  deutsch  immer  hell,  zu  a  hin  geneigt.  Meint 
sein  Gewährsmann  Dr.  de  Pocca  aus  Piemönt,  in  „Parole  d'onore,  parole 
d'ore"  sei  kein  mundartliches  d'oro  golden  zu  Hilfe  zu  nehmen,  vielmelir 
an  Stunden  zu  denken,  so  läfst  sich  das  hören,  möglicherweise  festhalten : 
Ehrenworte  (die  man  zu  leicht  zur  Hand  hat)  dauern  (nur)  Stunden. 
Aber  so  recht  schlagend  und  klar,  den  Gedanken  au  mundartliches  d'oro 
glatt  ausschliefsend,  ist  es  mir  doch  nicht ;  in  Deutschland  habe  ich  schon 
gehört:  der  Mann  ist  gut,  auf  sein  Wort  kann  mau  sich  verlassen,  was 
er  sagt,  ist  Gold.  Herr  Chwatal  nimmt  seine  Sprichwörter  zum  Teil 
von  dieser  und  jener  Mundart  angehörigen  Leuten,  wie  ich  aus  der  Vor- 
rede seines  Buches  und  aus  der  Entgegnung  schliefse;  da  mufs  man, 
noch  dazu  bei  seiner  grofsen  Unkenntnis  des  Italienischen,  auf  manche 
Seltsamkeit  stofsen.  Den  bekannten  Spruch  Chi  due  bocche  bacia,  l'una 
convien  che  gli  puta  (Wenn  einer  zwei  Münder  küfst,  mufs  der  eine  ilnn 
stinken)  hat  er  so,  dafs  das  letzte  Wort  heifst  sputa,  schreibt  hierzu  „an- 
speit" und  übersetzt:  „Wer  zwei  Münder  küfst,  den  soll  der  eine  anspeien." 
Liegt  hier  ein  Versehen  des  Herausgebers  zu  Grunde  oder  mundartliches  ? 
Denn  der  Konjunktiv  mufs  nach  convien  che  stehen,  es  müfste  toscanisch- 
italienisch  sputi  heiisen.  Darum  kann  sich  Herr  Chwatal  freilich,  der 
noch  nicht  amare  konjugieren  gelernt  hat,  keinen  Kummer  maclicu.  Hat 
der  Mann  nicht  (187)  Impar/  (statt  impara)  l'arte  e  mettila  da  partel 
Kennt  und  versteht  diesen  gewöhnlichen  Sitruch  nicht  (Lerne  die  Kunst 
und  leg  sie  beiseite  —  irgendwann  nützt  sie  dir  dochl  vgl.  Giusti  Ky-\, 
p.  294:  A  Dionigi  di  Siracusa  ed  a  Luigi  Fihppo  di  Francia  tonio  conto 
saper  fare  da  maestro  di  scuolaj  und  verdirbt  ihn,  macht  nach  metti  von 


232  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

mettere  den  Imperativ  von  imparare  impari!  Oder  will  man  sagen,  er 
verstehe  „du  erlernst  die  Kunst  und  lege  sie  beiseite"  ?  Er  übersetzt 
„Erlerne  das  Handwerk  und  . . . "  ?  Ach,  das  ist  ein  Druckfehler,  meint 
der  Leser.  Damit  ist  es  auch  nichts.  Denn  so,  Impari  u.  s.  w.,  schreibt 
er  in  der  mir  handschriftlich  vorliegenden  P^ntgegnung  noch  einmal.  Ja, 
seine  Unkenntnis  des  Italienischen  geht  so  weit,  dafs  er  der  Redaktion  des 
Archivs  empfiehlt,  das  „Postscritto"  seines  Buches  abzudrucken,  worin  es  u.  a. 
heifst:  „Es  sind  die  Proverbi  Toscani  raccolti  di  Giuseppe  Giusti  editi  di 
Capponi  Firenze."  Das  Blatt  hat  er  gedruckt  beigefügt  und  die  Worte 
„editi  di"  mit  Bleistift  durchstrichen  und  überschrieben  „herausgegeben 
von".  Würde  letzteres,  und  nicht  wie  in  dem  Buche  gedruckt  ist,  nach- 
gedruckt, so  wäre  dies  eine  Fälschung,  gegen  die  ich  mich  hier  verwahre, 
wie  ich  auch  das  Impari  des  Buches  und  der  Entgegnung  im  Drucke 
wiederzugeben,  nicht  nach  meiner  Besprechung  zu  verändern  bitte. 

H.  Buchholtz. 


M  i  s  c  e  1 1  e  n. 


Ludivig    Uhland    als    Romanist. 

Von  Ludwig  Fränkel. 

I. 

Nachträge  zu  Bd.  LXXX,  S.  25— ll;3. 

S.  25,  A.  1 :  Der  Aufsatz  Ludwig  Uliland  als  Gelehrter  in  „Unsere 
Tage"  stammt  von  R.  Bechstein.  O.  Jägers  angezogene  Skizze  beschäftigt 
sich  im  wesentlichen  mit  Uhland  als  Dichter. 

S.  26,  A.  1 :  Vgl.  Vilmar,  Lebensbilder  deutscher  Dichter  (1869)  S.  155. 

S.  27 :  Die  gegen  Uhlands  Beurteilung  durch  H.  v.  Treitschke  gerich- 
teten Bemerkungen  sind  zum  Teil  mifsdeutet  worden.  Sie  beziehen  sich 
hier,  wie  aus  S.  65,  Anm.  2  und  S.  70,  Anm.  2  hervorgeht,  ausschliefslich 
auf  die  Besprechung  des  Romanisten  Uhland.  Bei  dieser  Gelegenheit 
lag  aber  natürlich  keine  Veranlassung  vor ,  den  grofsen  Zug  und .  die 
patriotische  Wärme,  welche  Treitschkes  Aufsatz  durchziehen,  besonders 
hervorzuheben;  freilich  wären  auch  nach  der  allgemeinen  Seite  hin  man- 
cherlei Versehen  zu  erwähnen,  doch  galt  es  eben  hier  nur  L-rtümer  in 
der  Auffassung  Uhlands  als  romanistischen  Dichters  richtig  zu  stellen. 
Höher  als  Treitschkes  schliefslich  vom  ersten  bis  zum  letzten  Buchstaben 
tendenziöse  Schilderung  steht  unbedingt  das  mustergültige  Gesamtbild, 
welches  Friedrich  Vischer,  Kritische  Gänge  4,  '^^9  ff.  entworfen  hat  und 
versehentlich  in  dieser  Abhandlung  nur  nelDenbei  (S.  77,  Anm.  2)  Erwäli- 
nung  fand.  Die  Anmerkung  auf  S.  27  hat  den  Zweck,  den  Verdacht 
einer  Treitschke  gegenüber  freilich  leicht  verzeihlichen  Voreingenommen- 
heit anderer  Art  abzuweisen,  indem  gegen  seine  Auslegungsart  Stimmen 
seiner  Richtung  ins  Feld  geführt  werden.  Die  wissenschaftliche  Methode 
des  berühmten  Publizisten  wäre  jedenfalls  schon  niclit  durchaus  stichfest, 
wenn  nur  parteilose  Männer  sie  auf  so  scharfe  Weise  bekämpften,  wie  hier 
Leute,  die  sonst  in  Parteifragen  Schulter  an  Schulter  mit  ihm  stehen. 

S.  29,  A.  1 :  Man  vergleiche  hierzu  die  trefflichen  Nachweise  Schanzen - 
bachs  in  dem  vorletzten  Osterprogramm  des  Stuttgarter  Eberhard-Ludwig- 
Gymnasiums. 

S.  30,  A.  1 :  Neben  Wieland  und  Heinse  wäre  hier  auch  Maximilian 
Klinger  zu  nennen. 

S.  30,  A.  2:  Der  Titel  von  Schlegels  Schrift  lautet:  Comparaison 
entre  la  Phfedre  d'Euripide  et  celle  de  Racine. 

S.  31  „Gesamtpoesie" :  Der  Ausdruck  ,Weltlitteratur-  findet  sich 
schon  beim  Historiker  Schlözer. 

S.  34,  A.  2:  Über  Hans  Kösters  Paolo  und  Fraucesca  (1«I2)  referiert 
schon  Keller  a.  a.  0.  genügend  (vgl.  die  Bemerkung  bei  W.  Menzel,  Geschichte 
der  deutschen  Dichtung  IIT,  I3i»j.  Von  Wildcnljruchs  Krzälilung  gilt  das- 
selbe, was  von  der  Festenbergs  gesagt  ist;  vgl.  \\\'chsler  in  \Vcstermaniis 


234  Miscellen. 

lUustr.  Deutschen  Monatsheften,  März  1888.  Über  Martin  Cxreiffs  unge- 
drucktesj  Drama  wurden  in  der  Deutschen  Roniauzeituug  vom  April  1888 
Mitteilungen  gemacht.  Ich  gedenke  gelegentlich  sämtliche  Bearbeitungen 
dieses  Stofles  eingehender  zu  behandeln. 

S.  ;>•"),  zu  V.  G:  Aufserung  an  Kölle  vgl.  Herder  bei  P^rich  Schmidt, 
Charakteristiken  S.  230. 

S.  37,  A.  2:  Interessant  ist  ein  Vergleich  mit  Friedrich  Halms  König 
AV'^amba. 

S.  38,  A.  1 :  Vgl,  E.  Paulus,  Ludwig  IHiland  und  seine  Heimat  Tü- 
bingen, S.  11. 

S.  39,  A.  1 :  Wilhelm  v.  "Wenden  von  Ulrich  v.  Eschenbach,  heraus- 
gegeben von  Wendelin  Toischer  (Prag  187G),  Einleitung  p.  XIV  über  das 
Verhältnis  zu  Chrestien. 

S.  40,  A.  2 :  An  den  abschliefseuden  Ergebnissen  der  angeführten 
neueren  Werke  mag  man  die  Bedeutsamkeit  von  Uhlands  Arbeit  messen. 

S.  41,  A.  1  :  Von  dem  hervorragendsten  Vertreter  der  neudeutschen 
Rahmenerzählung,  Gottfried  Keller,  ist  T,Das  Sinngedicht"  (Berlin  1882) 
allein  genannt,  weil  es  durch  die  Ausdehnung  und  Bedeutung,  welche 
hier  die  umschliel'sende  Handlung  einnimmt,  als  typischer  Bele^  gelten  darf. 

S.  45,  A.  1 :  Uhland  selbst  konnte  sich  uui-  mit  Mühe  und  erheblichen 
Kosten  in  den  fünfziger  Jahren  ein  Exemplar  jenes  ersten  Druckes  ver- 
schaffen. 

S.  46,  A.  1 :  Osterhages  Abhandlung  ist  im  folgenden'  Hefte  der  Zeit- 
schrift für  romanische  Philologie  weitergeführt;  Veckenstedt  schreibt  in 
der  That  ^im"  (chanson  de  Roland)  statt  ^in  der",. 

S.  40,  Z.  (3  des  Textes  v.  u. :  Vgl.  Zutavern,  Über  die  altfranzösische 
epische  Sprache  I.     1885. 

S.  53,  A.  1 :  „eine  aiisführliche  liebevolle  CharakteHstik"  ist  zum 
Folgenden  zu  interpun gieren,  also  auf  Challemel-Lacour  zu  beziehen. 

S.  51,  A.  1:  Bei  der  Erwähnung  v<m  Lacurue  de  Saint-Palaj-e  ist 
eher  an  die  „Histoire  litteraire  des  Troubadours,  conteuant  leurs  vies,  les 
extraits  de  leurs  pieces,  et  plusieurs  Particularitvs  sur  les  mceurs,  les 
usages  et  l'histoire  du  deuxieme  et  du  trcizienie  siecles,  ii  Paris  1771  (:>  ts.) 
zu  denken.  Der  Titel  des  zweiten  Originalwerkes  lautet:  ilemoires  sur 
Taucienne  Chevalerie.  Interessant  ist,  die  verständig  lobende  Stimme 
eines  sachkundigen  Litterators  der  Erscheiuungszeit  zu  hören:  Flögel, 
(xeschichte  der  komischen  Litteratur  IV  (1787),  227 — 22'.'. 

S.  54,  A.  2:  Diese  Recensionen  aus  Schlegels  Feder  (s.  S.  97)  er- 
wiesen sich  bei  genauerem  Zusehen  doch  eigentlich  als  referierende  Auszüge. 

S.  5tJ,  A.  ;i:  Ferdinauil  Wolf  veröfi'entlichte  nur  eine  Schrift  über 
dies  Thema. 

S.  59,  Z.  (3  des  Textes  v.  o. :  Vgl.  ().  Dietrich,  Über  die  Wiederholungen 
in  den  altfranzösischen  Chansons  tle  geste.    1881. 

S.  GU:  Die  bei  „Graf  Richard  <  )hnefurcht''  und  „Taillefer"  unmittelbar 
benutzten  Stellen  aus  "Wace  hat  Ilormel  abgedruckt  (neben  Uhlands  Text) 
in  Krefsners  Franco-Gallia  V  (188S),  S.  !(•  il". 

Nach  der  Datierung,  welche  W.  L.  Holland  nach  Vergleichung  des 
riüandschen  Nachlasses  in  der  revidierten  Cottaschen  Ausgabe  der  (Je- 
dichte  und  Dramen  giebt,  fällt  auch  der  „Waller"  ins  Jahr  1829,  ist  aber 
immer  noch  jünger  als  „Bertran  de  Born". 

S.  00,  A.  1:  Uhlands  „Taillefer"  ins  Franzi'jsische  üliersetzt  von  A.  Pari- 
selle:  Herrigs  Archiv  LXXV,  2:11. 

S.  Gl  (s.  a\ich  S.  17):  Vgl.  (I.Weber,  AUgeni.  Weltgeschichte  VI,  578 
zum  ersten  Kreuzzuge:  „Die  romantische  Sage  lebte  wieder  auf,  dafs 
Karl  der  CJrolse  bereits  Jerusalem  den  Heiden  entrissen  habe,  und  machte 
die  ^\'ie(lererol)erung  der  verloreneu  Errungenschaft  zu  einer  Pflicht  der 
Pietät  für  seine  Nachkommen.     Ja,   es    ging  die   Sage,   der   greise  Kaiser' 


Miscelleni  23& 

sei  von  den  Toten  auferstanden,  um  sein  Volk  selbst  gegen  die  Ungläu- 
bigen zu  führen." 

S.  64,  Z.  1  des  Textes  v.  u.  lies:  ungemeine. 

S.  6Ö,  A.  1 :  In  der  von  Michael  Bernays  unabhängig  von  Hollands 
Material  aufgestellten  Chronologie  der  Ulilandschen  Gedichte. 

S.  71,  Z.  -2  V.  0. :  Sigmund  vSchopf,  Beiträge  zur  Lebensgeschichte  u.  s.  w. 
des  Peire  Vidal.     Kieler  Dissertation  1887. 

S.  71,  Z.  12  V.  o. :  Über  eine  schwäbische  Lokaltradition  vom  heiligen 
Georg  vgl.  Ed.  Paulus,  Ludwig  Uhlaud  und  seine  Heimat  Tübingen 
(1869),  S.  10. 

S.  78,  Z.  2  V.  o.  lies:  (b.  Holland  [s.  unten  S.  7.=^,  Anm.  2]  Seite  56).' 

S.  75,  Z.  5  V.  o.  und  8.  77,  Z.  15  v.  o.:  Über  Kellers  Verhältnis  zu 
Uhland  vgl.  Zur  Erinnerung  an  Adelbert  von  Keller  (Tübingen  188:?), 
S.  6  f.,  17,  20,  22,  24  ;  Keller,  Uhland  als  Dramatiker  (1877),  S.  :-;  f. 

S.  77,  A.  2:  Sinteuis  gab  auch  eine  Monograi^hie  Dorpat  1871. 

S.  79 :  W.  Jordans  Aufsatz  auch  in  ^Berichte  des  Freien  Deutschen 
Hochstifts  zu  Frankfurt  a.  M.  f.  1868". 

B.  85:  Einige  weitere  Bemerkungen  giebt  Ullrich  im  Litteraturblatt 
für  germanische  und  romanische  Philologie,  Januar  1888,  S.  81 — 84,  ge- 
legentlich der  Besprechung  von  Benedetto  Croce,  La  leggenda  di  Niccol(> 
Pesce.     Estr.  del  Gambettista  Basile  III,  7.    1885. 

S.  86,  Z.  1  des  Textes  v.  u. :  Damit  soll  nicht  gesagt  sein,  dafs  Kircher 
als  Schillers  zweifellose  Quelle  betrachtet  werden  mufs.  Nach  L^Urichs 
Ergebnissen,  denen  Erich  Schmidt  mit  einigen  Ergänzungen  beipflichtet, 
hat  auch  eine  Fassung  des  16.  Jahrhunderts  ziemliche  Wahrscheinlichkeit 
für  sich. 

S.  87,  Anm.  1 :  Man  vgl.  jetzt  A.  Biese,  „Zur  Geschichte  des  Eoman- 
tischen"  bei  Koch-Geiger,  Ztschr.  für  vergleichende  Litteraturgeschichte 
u.  Renaissance-Litteratur,  N.  F.  I  (vgl.  Ztschr.  f.  i'oman.  Philol.  10,  9j. — 
Anm.  2:  Lefmauus  Aufsatz  behandelt  „die  Romantik  und  die  Sprach- 
wissenschaft". 

S.  88,  A.  1 :  Vgl.  L.  H.  Fischer,  L.  Ticck  und  J.  Kerner,  Allgemeine 
Zeitung  1887,  Beilage  260. 

S.  Ö8,  Z.  10  V.  o. :  Abdruck  aus  Acta  societatis  scientiarum  feunicte, 
tomus  XV. 

Z.  94,  Z.  7  V.  o.  lies:  ird'sche.  —  Z.  10  v.  o. :  Vgl.  E.  Saucrland, 
Ganelon  und  sein  Geschlecht  im  altfranzösischeu  Epos.     Programm  1886. 

S.  95,  Z.  1  des  Textes  v.  u. :  Vgl.  Werner  Hesse,  Heine  und  Schlegel : 
Allgem.  Zeitung  188o,  Beil.  174. 

S.  96,  A.  1:  Minors  Arbeit  ist  in  Heft  11  der  genannten  Zeitschrift 
zu  Ende  geführt. 

S.  97:  Die  Abhandlung  Schlegels  wurde  später  der  Sammlung  „Essais 
litteraires  et  historiques"  einverleibt,  wo  sich  der  Aufsatz  de  l'origine  des 
romans  de  chevalerie  anschlofs. 

S.  100,  A.  1:  Auf  den  362  Seiten  der  Bibliotheca  Tieckiana.  Cata- 
logue  de  la  Biblioth^que  celebre  de  Ludwig  Tieck,  Berlin  18l!i,  finden  sich 
neben  deutscher  die  romanischen  Litteratureu  besonders  zahlrcicli  ver- 
treten, allein  1200  Originalpieceu  des  spanischen  Theaters. 

S.  108,  A.  1  :  Paul  Heyse  war  hier  wie  sonst  (vgl.  S.  7;'.)  Uhlaiids 
verständnisvoller  Schüler,  namentlich  in  den  Troubadour -Novellen,  die 
sich  durch  manche  glückliche  Bildung  und  geschickte  Wortfügung  in  An- 
lehnung an  provenyalische  Vorbilder  auszeichnen.  Übrigens  hat  Heyse 
in  dieser  Sammlung  wie  Uhland  das  südfranzösische  Sagen motiv  der 
Sängerliebe  behandelt  (vgl.  auch  S.   MS  über  F()U(iue). 

8.  108,  A.  2:  Über  Dantes  persönliches  Verhältnis  zu  den  3Ialatcsta 
siehe  Frenzel,  Dichter  und  Frauen  I,  19  (vgl.  auch  TU,  869). 


236  Miscellen. 

Dritter  deutscher  Neuphilologentag 
in  Dresden  ('29.  September  bis  1.  Oktober  1888). 

20.  September.  Nach  Begrüfsuug  der  aus  126  Teilnehmern  be- 
stehenden Versammlung  durch  die  Vertreter  des  kgl.  sächs.  Ministeriums 
und  der  Stadt  Dresden,  gab  .der  Vorsitzende,  Professor  Scheff  ler-Dresden, 
einen  sehr  ansprechenden  Überblick  der  bisherigen  Neuphilologentage. 
Sodann  sprach  Baron  Guglielmo  di  Locolla  über  ^Dante  in  Deutsch- 
land". Von  den  Dante-Übersetzern  rühmte  er  besonders  Philaletes,  der 
auch  als  Kommentator  und  Protektor  des  nun  heimgegangcnen  Dante- 
Jahrbuches  hohe  Bedeutung  habe,  von  den  Interpreten  Karl  Witte.  Die 
neueren  Dante-Übersetzungen  hätten  Philalethes'  Vorlage  oft  nur  ^als 
Linienblatt"  benutzt,  Kannegiefsers  Übertragung  sei  am  besten  ^polizei- 
lich zu  verbieten".  Eine  von  Locella  mitgeteilte  Dante-Statistik  ergab, 
dafs  fast  alle  Berufsarten  und  Stände  sich  an  der  Dante-Forschung  und 
dem  Dante-Kultus  beteiligt  haben.  Auch  Herr  v.  Locella  wird  durch 
seinen  formgewandten,  sachlichen  Vortrag  und  durch  die  von  ihm  ver- 
anstaltete Dante -Ausstellung,  welche  Gegenstände  von  hohem  wissen- 
schaftlichem Werte  enthält,  viel  zur  Würdigung  seines  grofsen  Lands- 
manns beigetragen  haben. 

Herr  Prof.  Körting-Münster  sprach  über  die  „gegenwärtigen  Ziele 
und  Aufgaben  der  romanischen  Philologie",  betonte  die  Einheit  und 
Wechselwirkung  der  verschiedeneu  romanischen  Sprachen  und  Litteraturen, 
die  Wichtigkeit  der  Dialektforschung,  die  Bedeutung  der  kulturhistorischen 
und  ästhetischen  Momente  für  die  Schriftsteller-Erklärung.  Er  warnte 
vor  einseitiger  Überschätzung  der  französischen  Litterat ur,  besonders  vor 
der  ausschliefslichen  Betonung  des  Altfranzösischen.  Die  an  der  Debatte 
sich  beteiligenden  Herren  Prof.  Stengel-Marburg  und  Prof.  Kölbing-Breslau 
Avaren  im  wesentlichen  mit  den  Ansichten  des  Vortragenden  einverstanden; 
der  anregende  Gedankenaustausch  der  drei  hervorragenden  Neuphilologen 
fesselte  die  Versammlung  längere  Zeit. 

Der  Verfasser  dieses  Referates  äufserte  sich  über  „F.  IM.  Grimm  als 
Vermittler  des  deutschen  Geistes  in  Frankreich".  Schon  ein  halbes  Jahr- 
hundert vor  Mme.  de  Stael  hat  unser  Landsmann  Grimm,  der  seit  seinen 
Jünglingsjahreu  meist  in  Paris  weilte  und  im  übrigen  ganz  zum  Fran- 
zosen wurde,  auf  die  Fortschritte  der  deutschen  Dichtung  und  Wissen- 
schaft hingewiesen,  und  in  zwei  Artikeln  des  Mercure  de  France  (17.")U— 51). 
durch  sein  17"))  begründetes  Journal  etranger  und  seine  aphoristischen 
Bemerkungen  in  der  von  ihm  175o — 177o  redigierten  .,Corresp.  liter.  philos. 
et  critique"  für  sein  Vaterland  gewirkt.  Grimm  hat  sich  aber  von  den 
Fesseln  des  Gottschedianismus  nie  ganz  befreit,  konnte  daher  Lessing 
nur  einseitig,  Klojistock  überhaupt  nicht  würdigen.  In  Paris  entfremdete 
er  sich  der  deutschen  Litteratur  und  stand  ihr  schlielslich  ungefähr  so 
wie  der  von  ilim  scharf  getadelte  Friedrich  der  (Trol'se  gegenüber. 

Der  Vortrag  des  Herrn  Rektor  Dörr-Solingeu  über  „Reform  des  neu- 
sprachlichen Unterrichts,  Erfahrungen  und  Erwägungen"  sollte  nach  An- 
ordnung des  Vorstandes  erst  am  zweiten  Sitzungstage  (^lontag)  statt- 
linden, aber  in  der  \'ersammlung  hatten  die  N'orkämpfer  der  Reform 
durchgesetzt,  dal's  er  schon  Sonnabend  Nachmittag  ( l-(>  Uhr)  stattfände. 
Was  Dörr  sagte,  war  nicht  immer  neu  und  parteilos,  aber  doch  mafs- 
voUer  und  sachlicher  als  die  Erih-terungen  der  Herren  Reformer  auf 
früheren  Neuphilologentagen.  Seine  \'()rschläge  zur  Besserung  des  Unter- 
richts und  seine  Angritte  gegen  die  Vertreter  des  „Alten"  sind  durch  die 
Schriften  der  neuesten  Reformer,  der  „Jungen",  wie  sie  sich  jetzt  nennen, 
liinreichend  bekannt,  vielfach  wurden  sie  von  dem  in  die  Debatte  wirk- 
sam cingn'ifciHhMi  Oberschulrat  v.  Sallwürk,  dem  verdienstvollen  badischen 
l'ädagogeuj   berichtigt    und   eingeschränkt.     Herrn   <  >l)erlelircr  Klinkhards 


Miscellen.  237 

ungestüme  und  seine  eigenen  Erfolge,  die  er  auch  in  einer  der  Versamm- 
lung ausgehändigten  Broschüre  verherrlicht  hatte,  preisenden  Worte  liabeii 
den  wohlberechtigteu  Bestrebungen  der  Reformer  nur  geschadet  und  siutl 
hauptsächlich  daran  schuld,  dals  eine  sehr  malsvoUe,  zwischen  den  (Gegen- 
sätzen vermittelnde  These  des  Prof.  Stengel  vou  der  bereits  geleerten  V'er- 
sammluug  nur  mit  schwacher  Mehrheit  angenommen  wurde. 

Da  der  Sonntag  für  die  Besichtigung  der  reichhaltigen  Dante-,  Molicre-, 
Shakespeare-,  Scott-,  Burns-,  Saudeau-Bammlungen  der  Herren  v.  Locella, 
Prof.  Scheffler,  Oberl.  Sahr- Dresden  und  für  eine  Fahrt  uacli  Meil'seu 
bestimmt,  die  Montagssitzung  durch  geschäftliche  Beratungen  zum  grofseii 
Teile  ausgefüllt  war,  so  konnte  Herr  Prof.  Stengel  seinen  Vortrag:  „Zur 
Abfassung  einer  Geschichte  der  französischen  Grammatik  in  Deutschland- 
nur  in  sehr  verkürzter  Form  halten.  Er  erwähnte  die  eingehenden  Nach- 
forschungen nach  alten,  zum  Teil  längst  vergesseneu  Grammatiken  der 
französischen  Sprache,  die  er  auf  deutschen  Bibliotheken  angestellt  hatte, 
forderte  die  Fachgenosseu  zu  gleichen  Studien  auf,  die  dann  einer  von 
ihm  ius  Leben  gerufenen  Kommission  zur  Ordnung  und  Sichtung  über- 
geben werden  sollten.  Jedenfalls  hat  der  Gedanke,  eine  Geschichte  der 
französischen  Grammatik  in  Deutschland  zu  schreiben,  hohe  Bedeutung 
und  verdient  allseitige  Förderung  und  Unterstützung. 

Von  den  geschäftlichen  Resultaten  ist  besonders  die  Abschaflung  des 
probeweis  gehaltenen  neuphilologischeu  Centralanzeigers  hervorzuheben. 
Der  vorwiegend  wissenschaftliche  Charakter  der  Vorträge  und  Debatten 
und  die  ungestörte  Eintracht  der  verschiedenen  Berufsgeuossen  wird  sicher 
viele,  welche  sich  bisher  von  den  Bestrebungen  des  „Verbandes  der  deut- 
schen neuphilologischeu  Lehrerschaft"  fernhielten ,  bekehren.  Für  die 
sorgsame  Vorbereitung  alles  dessen,  was  für  den  Neuphilologentag  vou 
Wichtigkeit  und  Interesse  war,  verdient  der  Vorstand,  insbesondere  der 
Vorsitzende  Prof.  Scheffler,  den  wärmsten  Dank  jedes  Teilnehmers. 

Dresden.  R.  Mahreuholtz. 


Bibliographischer  Anzeiger. 


Allgemeines. 

H.  Kl  iiighaidt,  Eiu  Jahr  Erfahrungen  mit  der  neueu  Metliode.  (Mar- 
burg, Khvert.)  _  _  1  Mk.  (iO  Pf. 

A.  Raiubeau,  Die  Phonetik  im  französischen  und  englischen  Klasseu- 
uiiterricht.     (Hamburg,  Mcilsner.)  1  Äfk. 

AV  a  1 1  e  r ,  Der  franz.  Klassenunterricht.  (Marburg,  El  wert.)  1  Slk.  20  Pf. 

(t.  Gröber.  Grundiifs  der  romanischen  Philologie.  I.  Bd.  (iStrafsburg, 
■     Trübuer.)  '  _  _  U  Mk. 

Fr.  Neumanu,  Die  romanische  Philologie;  ein  (inindrifs.  (Leipzig, 
^    Fues.)  2  Mk. 

•J.  Heller,  Real-Eucvklopädie  des  französischen  Staats-  und  Gesellschafts- 
lebens.    2.  Hälfte.  '  (Oppelu,  Frauck.)  '  kompl.  10  Mk. 

H.  Paul,  Grundrifs  der  germanischeu  Philologie.  0  Lfrgn.  (8trafsburg, 
Trübner.)  ^  }\^- 

J.  Methner,  Poesie  und  Prosa,  ihre  Arten  und  Formen.  (Halle,  "Waisen- 
haus.) 2  xMk.  80  Pf. 

G.  Körting,  Encyklopädie  und  Methodologie  der  englischen  Philologie. 
(Heilbronn,  Henninger.)  S  Mk. 

E.  O.  Lu  bar  seh.  Über  Deklamation  und  Rhythmus  französischer  Verse. 
(Oppeln,  Frauck.)  1  Mk.  öo  Pf. 

A.  D armesteter,  La  question  de  la  röforme  orthographique.  (Paris, 
Delagrave.)  50  c. 

G  r  a  m  m  a  t  i  k. 

H.  Hoff  manu,  Einführung  in  die  Phonetik  und  Orthoepie  der  deut- 
schen Sprache.     (Marburg,  Ehvert.)  1  IMk.  00  Pf. 

W.  Dittmer,  Die  Pronomina  possessiva  im  Altfrauzösischen.  (Greifs- 
wald, Dissert.) 

Karl  Ganzliu,  Die  Pronomina  dcmonstrativa  im  Altfranzösischen. 
(Greifswald,  Dissert.) 

E.  Schwan,  Grammatik  des  Altfranzösischen  (Laut-  und  Formenlehre). 
(Leipzig,  Fues.)  -■'>  Mk. 

R.  Alscher,  Der  Konjunktiv  im  Rolandsliede.  (Progr.  d.  Oberrealschule 
zu  Jägerndorf.) 

O.  Mätschke,  Die  Nebensätze  der  Zeit  im  Altfranzösischeu.  (Kiel, 
Dissert.) 

H.  Saberski,  Zur  proveucalischen  Lautlehre.    (Berlin,  Mayer  &  Müller.) 

JJadke,  Die  Anfangsgründe  im  Französischen  auf  phonetischer  Grund- 
lage.    (Progr.  d.  Realgymn.  in  Stralsund.) 

Ph.  Marcou,  Der  Infinitiv  im  Französischen.     (BerHn,  ^laver  &  Müller.) 

.^n  Pf. 


Bibliographischer  Auzeiger.  239 

S.  Säuger,  Syntaktische  Untersuchungen  zu  Rabohiis.     (Leipzig,  Fock.) 

1  i\Ik.  80  Vf. 
Hörn  ig,    Syntaktische   Untersuchungen   zu    Ruhclais.     (Leipzig,   Fock;) 

1  Mk. 
A.  Haase,  Französische  Syntax  des  17.  Jahrhunderts.  (Oppehi,  Franck.) 

7  Älk. 
Scherffig,  Beitrüge  zur  französischen  Svntax.    (Progr.  d.  Kealschuk^  in 

Zittau.) 
A.  Brächet  et  Dussouchet,  Grammaire  franyaise.    Coars  Superiour. 
(Paris,  Hachette.)  1  fr. 

Lexikographie. 

A.  Lübbeu,  Mittelniederdeutsches  Handwörterbuch.  Vollendet  von 
^Chr.  Walther.     IL     (Norden,  Soltau.)  5  Mk.  '>0  Pf. 

F.  Godefroy,  Dictionnaire  de  l'ancienne  langne  franyaise  et  de  tous  les 
dialectes  du  IX'^'  au  XV^  sifecle.    Fase.  51.    (Paris,  Bouillon  et  Vieweg.) 

K.  Nowack,  Beiträge  zur  neufranzösischen  Lexikographie.  (Posen,  Reh- 
feld.) l  Mk. 

Schuste^'-Reguier,  Wörterbuch  der  deutschen  und  französischen 
Sprache.  15.  Aufl.  Ganz  neu  bearbeitet  von  W.  Daniour.  2  Bände. 
(Leipzig,  Weber.)  IC  Mk. 

A.  Millet,  Etudes  lexicographi(]ues  sur  l'ancienne  laugue  franyaise, 
ä  propos  du  dictionnaire  de  M.  Godefroy.     (Paris,  LechevaHer.) 

L.  Rigaud,  Dictionnaire  d'Argot  moderne.     (Paris,  OUendorf.)       6  fr. 

Elements  germauiques  de  la  laugue  francaise.     (Berlin,  Boll.)        :'>  Mk. 

F.  A.  Bosworth,  A  compendious  Anglo-Saxon  and  English  Dictiouary. 
(London,  Reeves.)  12  sh. 

David  Milne,  A   readable  English  Dictionary,   etymological  arranged. 

(London,  Murray.)  7  sh.  (J  d. 

R.  Bareia,  Xuovo  Dicciouario  de  los  voces  y  locuciones  latinas  y  estrau- 

geras  mas   usadas   eu  la   literatura,    el    periodismo    y    la   conversaciöu. 

(Paris,  Bouret.) 

Litteratur. 

L.  Schmidt,  Gudrun.  Eine  Umdichtuug  des  nihd.  Gudruuliedes-. 
(Wittenberg,  Herrose.)  1  :\rk.  20  Pf. 

H.  Gröueveld,  Die  älteste  Bearbeitung  der  Griseldis.sage  in  P^-ankreicli. 
(Marburg,  Elwert.)  :'.  Mk.  00  Pf. 

Th.  Vogel,  Goethes  Selbstzeuguisse  über  seine  Stellung  zur  Religion. 
(Leipzig,  Teubner.)  2  ,Mk.  4(i  Pf. 

K.  Breitsprecher,  Johanna  d' Are  und  der  schwarze  Ritter.  Eine  Studie. 
(Breslau,  Kern.)  1  ^Ik. 

J.  Gold  Schmidt,  Schillers  Weltanschauung  über  die  Bibel.  (Berlin, 
Rosenbaum.)  8  Mk. 

PI  Philippi,  Schillers  lyrische  Gedankendichtung,  in  ihrem  ideellen  Zu- 
sammenhange beleuchtet.     (Augsburg,  Votsch.)  2  Mk. 

M.    Schmitz,    Carmen    Sylva    und    ihre   Werke.      (Neuwied,   Heuser,  i 

1  Mk.  50  Pf. 

G.  Paris,  Manuel  d'ancien  fran§ais.  La  littdrature  fr.  au  nuiyen-äge. 
(Xle— Xlle  siecle).     (Paris,  Hachette.)  2  fr.  So  c. 

Th.  Süpfle,  Geschichte  des  deutschen  Kultureinflusses  _auf  Frankreich 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  litterarischen  Einwirkung.  IL 
I.  Abtlg.     (Gotha,  Thieneinauu.)  4  Mk. 

•  E.  Montet,  La  Noble  Le^on.  Texte  original  d'anres  le  ms.  de  Camr 
bridge,  avec  les  variantes  des  ms.  de  Geneve  et  cie  Dublin,  suivi  d'une 
traduction  etc.     (Paris,  Fischbacher.)  3  fr.  50  c. 


240  Bibliographischer  Anzeiger. 

E.  Seelmanu,  Bibliographie  des  altfranzösischeu  Rolaudsliedes.  (Heil- 
broun,  Henuinger.) 

G.  Rahstede,  Studien  zu  La  Rochefoucaulds  Lebeu  uud  Werken.  (Braun- 
schweig, Schwetschke.)  2  Mk.   Kt  Pf. 

F.  B  0  u  q  u  e  t ,  Points  obscurs  et  nouveaux  de  la  vie  de  Pierre  Corneille. 
(Paris,  Hachette.)  7  fr.  5ii  c. 

B.  Niemann,  Über  Mathurin  Regniers  Leben  uud  Satiren.  (Berlin, 
Gärtner.)  1  Mk. 

Le  Roman  du  renard,  avec  etude  litt<3raire  sur  le  renard.  (Paris,  Gautier.) 

Nouvelle  bibliothfeque  populaire.  ä  10  c. 

Les  satiriques  fran9ais  des  XVIIIc  et  XIXe  siScle.  Xouv.  bibl.  pop.  10  c. 

.1.  I'riedrich,  Die  Dido-Dramen  des  Dolce,  ..Todelle  und  Marlowe  in 
ihrem  Verhältnis  zueinander  und  zu  Virgils  Aneis.  (Progr.  d.  Studien- 
anstalt zu  Kempten.) 

E.  Dannheifser,  Studien  zu  Jean  de  Mairets  Leben  und  Wirken. 
(Leipzig,  Fock.) 

Vernier,  Montaigne,  Etude  litt(5raire  et  philologique  sur  Montaigne. 
(Niort,  Favre.) 

W.  Orlopp,  Über  die  Wortstellung  bei  Rabelais.     (Jena,  Dispert.) 

S.  Schopf,  Beiträge  zur  Biogra2)hie  und  zur  Chronologie  der  Lieder  des 
Troubadours  Peire  Vidal.     (Kiel,  Dissert.) 

L.  Kellner,  Zur  Sprache  Christopher  Marlowes.  (Progr.  d.  Staatsober- 
realschule zu  Wien.) 

L.  Watten dorff,  Essai  sur  l'influence  que  Shakespeare  a  exerc^e  sur 
la  trag^die  romantiquc  fran^aise.     (Kolberg,  Warnke.)  8i)  Pf. 

H.  Morf,  Die  Cäsar -Tragödien  Voltaires  und  Shakespeares.  (Oppeln, 
Maske.)  -10  Pf. 

Vitzthum  von  Eckstädt,  Shakespeare  und  Shakspere.  Zur  Genesis 
der  Shakespeare-Dramen.     (Stuttgart,  Cotta.)  4  Mk. 

Pseudo-Shakesperian  ])lays.     (Halle,  Niemeyer.)  3  Mk. 

H.  Hone,  Die  Sprache  des  neueren  englischen  Romaus  uud  der  Tages- 
presse.    (Osnabrück  u.  Kolberg,  Warnke.)  1  Mk. 

Hilfsbücher. 

C.  Schäfer,  Übungsbuch  zum  Übersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  Fran- 
zösische.    (Berlin,  Winckelmann.)  1  Mk.  20  Pf. 

P.  S^n^chaud,  abr^gd  de  littörature  franjaise  ä  l'usage  des  ^coles 
sup^rieures.     (Eisenach,  Bacmeister.)  1  Mk. 

Berger,  Übungsbuch  zur  Erlernung  des  französischen  Briefstils.  (Hanau, 
Alberti.)  1  Mk.  20  Pf. 

Racine,  Britanniens.  Publ.  avec  des  notes  par  M.  Lanson.  (Paris,  Ha- 
chette.) 1  fr. 

Ch.  Lebaigue  et  R.  Pessonneaux,  La  lecture  expliqu(§e.  Recueil  de 
Morceaux  choisis  avec  commentaires  et  questionnaires.     (Paris,  Belin.) 

2  fr.  00  c. 

J.  Storm,  Französische  Sprechübungen.  Mittlere  Stufe.  (Leipzig,  Vel- 
hagen  &  Klasing.)  1  Mk.  80  Pf. 

A.  Rani be au,  Lauttafeln  für  den  französischen  und  englischen  Unter- 
richt.    4  lith.  Blatt.     (Hamburg,  Meilsner.)  4  Mk. 

AV.  Fick,  Materialien  für  den  Anfangsunterricht  im  Englischen  nach 
lautlicher  Methode.     (Hamburg,  Seitz.)  85  Pf. 

Ch.  Dickens,  A  christmas  carol.  Mit  Erklärungen  von  G.  Tanger. 
(Leipzig,  Tauchnitz.)  1  Mk. 

F.  L.  Bierbaum,  History  of  the  English  language  and  literature. 
II  Edition.     (Heidelberg,  Weifs.)  3  Mk. 


Briefe  ¥on  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

Im  Auszuge  mitgeteilt 
von 

Karl   S  c  li  ü  d  (1  e  k  o  p  f . 

(Schluls.) 

70.  Jj.  14.  Y.  |76.]  Tausend,  tausend  Dank,  mein  bester 
Rammler,  für  die  grolsen  Beweise  Ihrer  Freundschaft,  die  Sie 
mir  in  Ihren  beiden  letzten  Briefen,  hauptsäeliKch  durch  die 
Kritik  meines  Calas  gegeben  haben.  Ich  habe  sie  wegen  der 
Mefsunruheu  zwar  nur  flüchtig  durchlaufen  können:  aber  überall 
hat  mir  mein  Gefühl  gesagt,  dafs  sie  wahr  und  richtig  ist  und 
ich  habe  mich  mein-,  als  einmal  schon  vor  den  Kopf  gesclilageu, 
dafs  ich  nicht  eben  das  vorher  gefühlet  habe.  An  vielen  Dingen 
mag  Schuld  se}Ti,  daCs  ich  den  Kopf  mit  dem  gerichtlichen  Pro- 
cefs  angefüUet  hatte,  und  also  für  meine  Absicht,  der  Wahrheit 
zu  getreu  geblieben  bin.  Gegen  einige  Erinnerungen  möchte  ich 
mich  gern  vertheidigen,  dergleichen  sind,  dafs  Marcanton  zu  viel 
Aufhebens  über  die  10  verlorenen  Louis(Vor  mache:'  nicht  diese 
sind  es,  die  ihm  den  unsinnigen  Entsclilu/s  erpressen,  sondern 
der  melankolische  Zustand  seines  Gemüths,  das  diese  Gelegen- 
heit nur  erhascht,  seine  Lage  von  der  schwärzesten  Seite  zu  be- 
trachten. So  bezieht  sich  die  Anführung  aus  dem  Shäkespear 
auf  einen  Zug  aus  des  Unglücklichen  Geschichte :  indem  er  näm- 
lich den  Monologve  des  Hamlet  To  he  or  not  to  he  beständig 
im  Munde  fühi'te  und  her  deklamirte.^     Endlich  scheint  mir  der 


"  In  dem  Monologe  des  Marc  Antoine  (so  im  Drufko  von  1780), 
ältesten  Sohnes  des  Jean  Calas,  I.  Aufzug,  1.  Auftritt. 

-  Im  Drucke  ist  demgemäfs  zu  der  Stelle:  „Doch  Seyn  oder  Nicht- 
seyn,  das  ist  die  Frage!   —  Ja,  bey  dir,  Hamlet,  bey   dir!    —  bey    mir 

Aicliiv  f.  II.  Sprachen.     I.X.XXIl.  1<J 


242  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

kleine  Zug,  den  Sie  aus  andern  guten  Gründen  verwerfen,  da  er 
vom  Tische  kömmt,  am  ganzen  Leibe  bebt,  und  als  ihn  die  alte 
Magd  fragt,  ob  er  friere,  antwortet:  nein,  ich  brenne, ^  die  der 
Geschichte  gemäls  ist,  die  Zerrüttung  seiner  Seele  und  die  Un- 
ruhe, indem  er  eben  im  Begriffe  ist,  die  That  zu  vollziehen,  aufs 
äufserste  zu  charakterisireu.  Doch  ein  Verfasser  denkt  oft  etwas 
hinzu,  an  das  weder  Ijcser  noch  Zuschauer  dachte.  Ich  will 
bessern,  was  mir  möglich  ist  und  nur  wünschen,  dafs,  wo  ich 
Unkraut  ausreil'se,  nicht  garstge  Lücken  werden  mögen,  die  das 
Ganze  noch  mehr  verunstalten.  . . .  Haben  Sie  auch  Dank  fih- 
die  Curas  posteriores  meiner  kleinen  T>ieder  vmd  des  Abcbuchs: 
sie  sollen  treulich  aufbewahret  werden. 

Ein  Exemplar  von  der  neuen  Ausgabe  meiner  Tragödien  - 
und  dem  2**^"  Stücke  des  Kinderfreundes  soll  Ihnen  entweder 
einer  Ihrer  Buchhändler  oder  der  Überbringer  dieses  Briefs  über- 
reichen. Dieser  letzte  ist  H.  Wezel,^  der  Verfasser  des  Tobias 
Knaut  und  mancherley  anderer  witzigen  Versuche.  Sie  werden 
bald  finden,  dal's  es  ein  Kopf  ist,  dem  es  nur  an  Reife  fehlet, 
um  ein  guter  Schriftsteller  zuwerden:  es  ist  auch  sonst  ein 
braver  ehrlicher  Mann,  mit  dem  Ihr  Minister  Münchhausen,  zu 
dem  er  als  Hofmeister  geht,  gewifs  zufrieden  seyn  wird,  den  ich 
mit  Liebe  für  Sie  erfüllt  habe,  und  den  Sie  vielleicht  zu  kleinen 
witzigen  Aufträgen  brauchen  können.  . . . 

71.  L.  17.  VI.  76.  ...  Freylich  w^eifs  Engel  von  meinem 
Calas  und  es  ist  mir  in  ge^visser  mafsen  nicht  ganz  lieb.  Ich 
hatte  mein  Trauerspiel  dem  alten  Eckhof  anvertrauet,  der  es  mit 
nach  Gotha  genommen,  weil  ich  die  Rolle  des  alten  Calas  ganz 
in  seine  Seele  gearbeitet  hatte.  Er  hatte  es  wieder  "Engeln  ver- 
traut und  führte  diefsfalls  eine  kahle  Entschuldigung:  ich  konnte 
also  bey  seiner  Zurückkunft  kein  Geheimnils  gegen  ihn  daraus 
machen,  imd  wenn  ich  es  zum  5**^"  Bande  meiner  Tragödien 
nehme,  so  bin  ich  ohnediefs  verratheu.  Darüber  bin  ich  aber 
noch  zweifelhaft.  . . . 


entschieden"  die  Anmerkung  gemacht:  „Marc  Antoine  ijflegte  diesen  be- 
kannten Monolog  des  Hamlet  im  Shakspeare  beständig  zu  deklamiren." 

'  1780  S.  39  beibehalten. 

*  Trauerspiele  von  C.  F.  Weifse.    IV.    I^eipzig,  Dyck,  1770. 

=>  Cf.  Goedeke  G.  R.  II,  U80  f. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weilse  an  K.  W.  Rani  1er.  243 

Kennen  Sie  denn  einen  gewissen  Cammerherru  vom  Hom- 
bold  in  Berlin?  Es  ist  hier  ein  junger  Manu  für  ihn  als  Hof- 
meister engagiret  worden:'  da  or  aber  weder  Etwas  von  dem 
Haufse,  noch  von  seinem  künftigen  Principal  weils,  so  hat  er 
mich  sehr  gebeten,  ob  ich  ihm  nicht  bald  zu  einer  kleinen  Nach- 
richt zu  verhelfen  wül'ste,  weil  er  zu  gleicher  Zeit  einen  andern 
A^orschlag  hat,  und  geru  für  sein  Glück  das  Beste  wählen  möchte. 
Ich  bin  ihm  aber  diesen  Dienst  als  einem  Menschen  von  Recht- 
schaifenheit  vmd  Talenten  schuldig.  Es  könuut  hauptsächlich 
darauf  an,  ob  er  daselbst  eine  Aussicht  zu  einem  gewissen  Glücke 
vor  sich  hat. 

Ich  erwarte  hier  täglich  uusern  Lessiug  von  seiner  gelehrten 
Italiänischen  Reise.-     Engeln  werde  ich   nächstens   schreiben.  . . . 

72.  L.  25.  YIII.  7().  Gottlob!  dals  Sie  wieder  in  Berlin 
sind. '  . . ,  Ihr  Stillschweigen  über  Ihre  Gesundheit  scheint  mir  zu 
Ncrrathen,  dafs  sie  meinen  Wünschen  gemäfs  ist.  Äleine  kleine 
Frau  hat  mich  während  Ihrer  Abwesenheit  Avieder  zum  Vater 
von  einem  kleinen  Julchen  gemacht,  drey  Mägdchen  und  ein 
Knabe,  drey  Blätter  und  ein  Stiel,  also  ist  das  Kleeblatt  fertig. 
Sie  hatte  noch  dazu  den  klugen  Streich  gemacht,  mich  imter 
einer  Entfernung  von  etlichen  Tagen,  da  ich  mit  einem  gewissen 
Baron  von  Wedel  den  Fürsten  von  Dessau  in  Werlitz  und  zu- 
gleich Basedows  Philantropin  besuchte,  damit  zu  beschenken.  . . . 

Den  Julius  von  Tarent ''  habe  ich  noch  nicht  gelesen :  Denn 
ich  hüte  mich  wohl  von  den  neuen  shäkespearisch  en  deut- 
scheu Dramen  etwas  anzurühren,  ehe  einer  oder  andere  meiner 
Freunde  mir  es  als  ein  uushakespeärisches  ange[)riesen  haben: 
unsere  Zeit,  mein  liebster  Freund,  ist  zu  schätzbar,  als  daCs  man 
alles  auskosten  kann,   und    wenn    das   halbe  Säculum  unscrs  I-.e- 


'  Campe  verliefs  das  Humboldtsclie  Haus  1776;  sein  Nachfolger  als 
Erzieher  Wilhelms  und  Alexanders  v.  Humboldt  ward  1777  Gottlob  Joh. 
Christian  Kunth  (vgl.  Das  Leben  des  Staatsrath  Kunth.  Von  Friedr. 
u.  Paul  Gold  Schmidt.  Berlin,  1881,  S.  14  f.),  der  bis  Ostern  1776  in 
Leipzig  studierte  und  vielleicht  hier  in  Rede  steht. 

2  L.  war  von  Dresden  nach  BerUn  gegangen,  ohne  Leipzig  zu  berüh- 
ren, und  schon  seit  Ende  Februar  1776  wieder  in  Wolfeubüttel. 

^  Ramler  war  am  4.  Mai  zu  seinem  Bruder  nacli  Kerstin  gereist. 

•*  Von  Leisemtz. 

16* 


244  Briefe  von  Ch.  F.  Weifte  an  K.  W.  Ramler. 

bens  vorbey  ist,  dann  läuft  die  Zeit  mit  Hirschfüfseu  nach  dem 
Grabe. 

Sie  laden  mich  künftiges  Jahr  mit  meiner  Familie  zu  sich 
ein,  weil  Ebert  hinkommen  will.  Was  denken  Sie,  mein  guter 
Rammler?  Eberts  wegen?  wenn  Sie  gesagt  hätten,  Ihrentwegen, 
und  Ihrentwegen  allein,  so  hätte  es  geschehen  können :  aber  eben 
weil  Ebert  hinkömmt,  werde  ich  nicht  hinkommen:  denn  ich  bin 
so  eyfersüchtig  in  der  Freundschaft,  als  man  es  in  der  Liebe 
seyn  kann,  und  wenn  ich  dort  bin,  will  ich  Sie  ganz,  ganz 
allein  haben,  für  mich  haben.  Überdiefs  ist  Ebert,  so  ein  guter 
Mann  er  se^m  mag,  mir  zu  sehr  Hofmanu:  er  sagt  allen  ]\Ien- 
schengesichtern  ohne  Unterschied,  dieselben  Sül'sigkeiten  und 
Freundschaftsbetheurungen  mit  eben  dem  Tone  vor,  mit  dem 
er  sie  mir  vorsagt,  und  das  verräth  mir  eben  so  viel  Kälte  und 
Gleichgültigkeit  gegen  mich  als  alle  die  übrigen. 

Kommen  Sie  lieber  zu  uns:  ich  bin  zweymal  in  Berlin  ge- 
wesen, und  Sie  sollen  zweymal  in  Leipzig-  gewesen  seyn,  ehe  ioli 
wieder  zu  Ihnen  komme.  Sie  reisen  weit  leichter,  als  ein  Mann, 
der  4.  Kinder,  4.  Kopisten,  4.  Bediente,  imd  oft  80  000  Thaler 
in  seiner  Gasse  hat:  wenn  Sie  zuschliefsen  und  Ihre  alte  ehrliche 
Guvernaute  mit  einer  HeUeparde  vor  Ihre  Thüre  stellen,  so  ist 
alles  bewacht.  . , . 

[Ich  treibe]  itzt  nur  Kindereyen  und  befinde  mich  ruliiger 
dabey,  als  da  ich  mit  andern  um  Ruhm  buhlen  AvoUte.  AVie 
lächerlich  kömmt  mir  das  tiefe  StiUschweigeu  aller  nur  möglichen 
gelehi'ten  Zeitungsschreiber  über  die  neue  Ausgabe  meiner  Tra- 
gödien vor!  Die  meisten  der  kleinern  werden  wohl  erst  abwarten 
wollen,  was  eines  von  den  gekrönten  Häuptern  der  Kimstrichter, 
der  Merkur,  oder  die  allgemeine  Bibliothek  für  einen  Ton  an- 
stimmen möchten.  . . . 

73.  Undat.  [Ende  1776.]  Haben  Sie  tausend  Dank,  mein 
bester  Freund,  für  die  väterliche  Güte,  mit  der  Sie  immer  noch 
die  Kinder  meiner  Muse  ansehen,  noch  mehr  für  die  Besserun- 
gen, die  Sie  ihnen  angedeihen  lassen.  Ich  will  es  gern  gestehen, 
dafs  die  Feliler  der  Rechtsclu-eibung  von  mii'  selbst  koimucu: 
niemand  kann  sich  (und  es  ist  mh*  eben  keine  Ehre)  um  die 
deutsche  Grammatik  weniger  bekümmert  haben,  als  ich:  daher 
läuft  so  manclic  Unsfleichheit   mit  unter:    ich  will  mir  aber  Ihre 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifsc  ;ui  K.  W.  Ramler.  245 

Erinneriingeu  sorgfältig  aiifzeichuen,  imd  bey  der  ersten  Lektüre 
meiner  Tragödien,  wenn  ich  einmal  in  der  Welt  wieder  darüber 
kommen  soUte,  nachbessern.  Unsere  meisten  jungen  Dichter 
verbittern  uns  Altgesellen  beynahe  ganz  den  Geschmack  an  der 
dramatischen  Dichtkimst.  Man  hat  uns  diese  Messe  über  bey 
Seilern  mit  nichts  als  Hamburgischen  Preisstücken  bewirthet: 
mein  Gott!  was  ist  das  für  widersinnisch  Zeug!  Findet  sich 
noch  bisweilen  eine  leidliche  Scene  drinnen,  die  man  einem  Eng- 
länder abgestohlen,  so  ist  es  ein  Glücke.  H.  Gotter  hat  eine 
neue  Manier,  unser  einen  um  sein  bischen  Rulim  zu  bringen. 
Er  fieng  mit  Engels  Dankbaren  Sohn  an  und  durchspickte  ihn 
mit  Ai'ien.  Zu  gutem  Glück  kam  E.  damals  nach  Gotha,  Avider- 
setzte  sich  mit  Händen  und  Füfsen :  Da  indessen  die  Arien 
komponirt  und  gelernt  \varen,  stoppelte  mau  ein  Ding,  wozu 
Engel  den  Plan  machte,  zusammen,  das  man  den  Jahrmarkt 
liiefs.*  Jetzt  hat  H.  G.  diese  Eln-e  meinem  Walder,-  und  was 
mich  weit  mehr  ärgert,  dem  Romeo  ^  erAviesen,  iliu  in  3.  Akte 
umgeformt  imd  mit  Lieder  durchwebt.  Da  die  Bendaische  Musik 
dazu  vortreiflich  se}Ti  soll,  so  seh  ich  im  Voraus,  dal's  mein 
Romeo  vom  dem  Theater  verdrängt  ist:  die  Sache  ist  A\-irklich 
unangenehm  und  H.  G.  sollte  biUig  jeden  in  seinem  Besitze  ruhig 
lassen.  Mit  dem  gröfsten  Wider^^^llen  miifs  ich  itzt  die  Revision 
meiner  Komödien  imd  komischen  Opern  zu  der  neuen  Ausgabe 
übernehmen.  Der  erste  Band  von  den  letztern'*  ist  schon  abge- 
druckt, und  da  zu  dem  4^*^"  Bande  mu-  ein  einzig  Stück  die 
Jubelhochzeit  vorhanden  ist,  so  thät  es  Noth,  ich  machte  noch 
eine,  um  diesen  vollzumachen,  eine  Arbeit,  die  mir  unter  der 
itzigen  Situation  höchst  ekel  seyn  würde,  wenn  ich  auch  schon 
eine  Fabel  dazu  ausfündig  gemacht  hätte. 

Allerdings  haben  Sie,    mein   liebster  Freund  unserm  Huber 


»  Die  Musik,  unter  dem  Titel:  „Der  Dorfjahrmarkt"  erschien  1776, 
der  Text  des  „Jahrmarktes''  1778. 

-  Walder,  ein  ländliches  Schauspiel  mit  Gesang  in  einem  Aufzuge. 
Musik  1777,  Text  1778;  Gotha  bei  Ettiuger.    Vgl.  Minor,  S.  121. 

3  Eomeo  und  JuUa,  ein  Schauspiel  mit  Gesang  in  drei  Aufzügen. 
Leipzig,  Dyck,  1779.    Vgl.  Minor,  S.  196,  214. 

'  Komische  Operu  von  C.  F.  Woilse.  Drri  Teile.  Li-ipzig,  i>yck, 
1777.    Ein  vierter  Teil  kam  nicht  zu  stände. 


246  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  AV.  Eamler. 

einmal  das  Opfer  der  Nymphen  geschickt,  imd  ich  habe 
Ihnen  auch  seine  Übersetzung  davon  übersanndt.'  Besinnen  Sie 
Sich:  denn  Sie  haben  sie  ganz  gewifs  wo  aufbewahret.  Ich  bin 
bey  ihm  gewesen,  um  zu  sehen,  ob  er  noch  eine  Kopie  davon 
hätte:  aber  er  hat  vergebens  nachgesucht.  Wo  mir  recht  ist, 
steht  auch  eine  in  Hubers  Choix  Utteraire  des  meilleurs  poesies 
Ällemandes  im  3**"^  Bande.^  Er  wird  sie  gern  noch  einmal  über- 
setzen, wenn  es  noch  Zeit  ist.  Dieselbe  Übersetzung  von  Huber 
steht  auch  im  Journal  etranger.  In  I^eipzig  liaben  Sie  gewüs 
keinen  einzigen  Neider,  sondern  lauter  feurige  Freunde  und  Be- 
wimderer,  das  wollte  ich  Hinen  beschwören,  und  deswegen  müssen 
Sie  auch  auf  künftigen  Sommer  wieder  zu  uns  kommen.  Herr 
E[bert]  mag  Sie  besuchen,  ehe  Sie  uns  durcli  Ihre  Gegenwart 
beglücken,  oder  wenn  Sie  weder  nach  Haiifse  sind:  denn  ich 
sehne  mich  recht  innbrünstig  nach  Ihnen. 

Dafs  unser  Lessing  noch  ein  Ehmann  gew'orden,-^  war  mir 
anfänglich  ganz  unbegreiflich:  Wenn  Sie  es  wären,  Sie  mit  dem 
gefühlvollsten  und  weichsten  Herzen,  der  zärtlichsten  und  sülsc- 
sten  Bande  fähig  und  Avürdig,  das  wäre  mir  nicht  imerwartet 
gewesen !  Immer  scheint  es  mir  auch,  dafs  L.  mehr  am  Geiste 
als  am  Herzen  muls  gefesselt  seyn,  da  die  Person  85.  Jahr  aU, 
eine  Mutter  von  8.  Kindern  und  beständig  kränklich  seyn  soll.  . . . 

74.  I^.  6.  V.  [77.].  . . .  Hier  haben  Sie,  liebster  Rammler, 
die  neue  Ausgabe  meiner  Opern  nebst  tausendfältigen  Dank  für 
die  Verbesserungen  des  Aerntekranzes,  die  Sic  mir  mitgetheilet. 
Sie  werden  finden,  dafs  ich  die  ersten  Bogen  auch  noch  Um- 
drucken lassen  und  Ihre  bessern  Lesarten  auf  das  getreuste  an- 
genommen habe:  nur  bey  einem  Paar  liabe  ich  bey  dem  Alten 
bleiben  oder  eine  kleine  Aeuderuug  vornehmen  müssen,  wo  der 
eine  Reim  unserer  Säclifsischen  Aussprache  zuwieder  war,  (es 
war  nänilicli  gereimt  Zeug  und  weich:  Mir  in  Sachlsen  lesen 
durchgängig  das  g  wie  ein  Je :  Z  e  u  k)  und  in  der  andern  war 
ein  Proviuzitdausdruck,   den    wir    hier  nicht    verstehen;    ich  kann 


I 

I 


'  Vgl.  den  G-2.  Brief. 

^  Gemeint  ist  Hubers  „Choix  de  Poesies  Ällemandes'',  die  17(j(5  in 
vier  Teilen  zu  Paris  orscliien,  eine  Übersetzung  von  Ranilers  „Opfer 
der  Nymphen"   nlx-r  niclit  ciitlKilt. 

■'  Am  s.  OklubiT   ITTii. 


Briefe  von  Ch.  F.  ^\'eifse  an  K.  W.  Ramler.  247 

mich  auf  denselbigen  nicht  gleich  besmnen.  ...  H.  Götter  hat 
durch  seinen  Eonieo  den  meinigen  vom  Tlieater  verdrängt,  ob 
es  gleich  ein  so  verstümmeltes  Ding  ist,  dafs  selbst  die  Bendai- 
sche  JNIusik  nicht  das  Mifsf allen  der  Zuschauer,  die  es  vormals 
gesehen,  heben  kann.  Haller  hat  sich,  wie  mir  Kästner  schreibt, 
in  der  Götting.  Anzeige'  gegen  den  Krispus*  imd  noch  ein  an- 
ders, dessen  Namen  ich  nicht  weifs,  erklärt  —  Ja  so  mache  denn 
Trauerspiele,  wer  Lust  hat,  welche  zu  machen!  Billig  sollte  ich 
das  zweyte  Stück  zur  Jubelliochzeit  machen,  um  den  4''"  Band 
der  komischen  Opern  auszufüllen,  da  das  erste  fehlt:  aber  ich 
kann  mich  nicht  darzu  entschliefsen. 

*  [Am  Rande :]  Ich  habe  nun  die  Keceusiou  gesehen :  ich  sehe  sie  gilt 
alle  meine  Trauerspiele  und  der  Eingang  und  Tadel  ist  durchgängig  hämisch. 
Es  sollte  mir  leicht  seyn,  zumal  Avas  unhistorisch  genennt  wird,  alles  zu- 
widerlegen. Noch  besser  wäre  es,  wenn  ich  die  Recension  der  vorlezten 
Ausgabe  der  Götting.  gel.  Zeitung,  die  mit  vollem  Backen  das  Lob  meiner 
Trauerspiele  posaunte,  gegenüber  abdrucken  lieXse.  Aber  die  Schweizer 
werde  ich  nie  wieder  gut  machen  können,  nachdem  ich  Bodmers  Oedip, 
Johannes  von  Tockenburg  und  Jul.  Cäsar  für  elende  Werkchen  erklärt  habe. 

Der  grofse  Döbeliu  hat  mich  diese  Messe  besucht  und  hat 
mh'  solche  Wimderdinge  von  seinem  Theater  erzählt,  dals,  wenn 
der  100^^®  Theil  davon  walir  wäre,  Ilineu  nichts  mehr  zu  wün- 
schen übrig  bleibt. 

Eine  seltsame  Erscheinung  war  mir  vor  km-zem  ein  Brief 
des  alten  Bodmer,"-  Avorinnen  er  mir  schreibt,  wie  er  gehört  habe, 
dafs  ich  doch  nicht  ein  so  böser  Mensch  sey,  als  er  geglaubt 
habe,  ich  solle  also  doch,  wenn  ich  auch  mit  seinen  Urtlieilen 
über  meine  Schauspiele  in  seinen  politischen  Parodien  nicht  zu- 
frieden Aväre,  seine  Person  nicht  hasscu.  Ich  habe  ihm  aus  vollem 
Herzen  darauf  geantwortet,  ob  ich  gleich  nicht  glauben  kann, 
dafs  ihm  die  Versöhnung  so  gar  sehr  von  Herzen  geht:  denn 
er  schickt  mir  eine  neue  Ausgabe  seiner  pol.  Trauerspiele  mit, 
wo  noch  alles  möghche  Böse  von  den  Meinigen  gesagt  wird.  . . . 
Ich  habe  gehört,  vmser  guter  Rode  hat  wieder  ein  ])aar  Blätter 
geätzt;  darf  ich  mu-  eine  Anzeige  für  die  Bibliothek  ausbitten? 
f  ;■     75.    L.  22.  VI.  77.    ...  Vermuthlich  liat   Ihnen  unser  Reich 


*  Vom  5.  April  1777.     Vgl.  Hirzel,   A.  v.  Hauers   Gedichte.     1«K2. 
p.  CDLXXXVll. 

'  Vgl.  ]Minor,  S.  2i:>2  ft: 


248  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  AV.  Ramler. 

schon  gemeldet,  dafs  er  sich  nahe  bey  der  Stadt  ein  artiges 
Landgütchen  gekauft,  "vvo  er  in  der  That  nach  seiner  gewöhn- 
lichen Gastfreyheit  seinen  Freunden  manche  angenehme  Stunde 
zubereitet. 

Haben  Sie  tausend,  tausend  Dank  für  Ihre  vortrefflichen 
Verbesserungen  in  meinem  Aerntekranze :  aber  ewig  Schade,  dal's 
sie  erst  nach  Abdruck  der  ersten  4 — 5  Bogen  angekommen:  nur 
bey  dem  5*"'',  der  noch  nicht  abgezogen  A\'ar  habe  ich  sie  nützen 
kömien:  indessen  habe  ich  sogleich  mit  dem  Drucke  einhalten 
lassen,  um  mir  wenigstens  von  den  letzten  Bogen  dieselben  zu 
Nutzen  zumachen.  . , .  Auch  die  ersten  Bogen  sollen  nicht  ver- 
gebens der  Zucht  ihrer  Hand  genossen  haben,  weim  mich  Gott 
anders  noch  eine  künftige  Auflage  erleben  läl'st.  Arien  möchte 
ich  freylich  weder  unsern  Liederfreunden  noch  unserm  Hiller 
gern  wegnehmen  und  ich  zweifle  auch,  da  die  Musik  abgedruckt 
und  die  Partitur  auf  allen  Theatern  ist,  ob  sie  sich  dieselben 
Averdeu  nehmen  lassen;  endlich  sind  die  Terzett  und  Qvartett 
auf  dem  Theater,  wenn  sie  gut  gesungen  werden,  ungemein  an- 
genehm und  bringen  ein  gewisses  Leben  unter  die  Sänger,  so 
elend  sie  sich  auch  lesen  lassen.  Gerade  dasjenige,  was  zum 
Henker  suchst  du  hier  etc.^  bey  dem  ich  mir  keinen  Ge- 
danken einfallen  liefs,  es  in  Verse  zubringen,  mufste  ich  auf 
wiederholtes  Bitten  Hillers  aus  Prosa  umschaffcn.  Bey  dem  Ver- 
such, die  Arien  weniger  unwahrscheinlich  einzuführen,  ist  mir 
doch  der  Zweifel  eingefallen,  ob  es  nicht  noch  ^veit  mehr  auf- 
fällt, wenn  die  Personen  etliche  30  mal  sagen  „sie  wüfsteu  ein 
Liedchen,  das  so  und  so  klänge."  Die  ängsthche  Bemühung  das 
minatürli(!he  wegzubringen,  macht,  deucht  mir,  es  weit  sicht- 
barer und  wer  sich  an  das  Singen  im  währenden  Dialog  stöfst, 
wird  sich  dadurch  schwerlich  bekehren  lassen.  Mir  wenigstens 
scheint  es  dadurch  nicht  zu  gewinnen :  doch  bin  ich  vielleicht 
auch  schon  daran  zu  gewöhnt,  als  jdafs]  ich  das  LTnschickliche 
genug  fühlen  sollte.  Ich  habe  für  ncithig  gehalten,  zu  dieser 
Ausgabe  noch  eine  Vorrede  hinzuzuthun,  um  meine  Hauptabsicht 

'  Dieses  Terzett,  in  den  älteren  Ausgaben  der  S.  Auftritt  des  III.  Auf- 
zuges, ist  im  o.  Teile  der  „Komischen  Opern"'  von  1777  (III.  A.,  11.  Auf- 
tritt, S.  2t)7  f.)  nach  Ramlers  Vorschlafe  in  Prosa  verändert,  die  frühere 
Fassung  aber  docli  in  einer  Anmerkung  wiederholt  worden. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifte  au  K.  W.  Ramler.  249 

bey  dieser  Arbeit  zu  entdecken :  sie  ist  in  gröfster  Eil  aufge- 
setzt. Leseu  Sie  Sie  doch,  mein  bester  Freund,  mit  der  Feder 
in  der  Hand  durch  und  streichen  Sie  weg,  was  Ihnen  mifsfällt: 
halten  Sie  sie  für  überflüfsig,  so  zerreifsen  Sie  dieselbige. 

Haben  Sie  Dank  für  die  französische  Übersetzung.'  Ich 
habe  sie  durchlesen :  ob  ich  sie  aber  leicht  -wieder  lesen  werde, 
zweifle  ich.  Mau  sieht  noch  den  grofsen  Dichter :  aber  mein 
Himmel!  was  ist  das  für  ein  Unterschied,  zumal  wenn  man  schon 
den  Kopf  von  der  Harmonie  der  schönsten  Verse  voU  hat. 
Sclilimm  genug,  dafs  ein  deutscher  König  seine  Horatze  erst  aus 
einer  solchen  Übersetzung  mufs  kennen  lernen:  die  Bezeugimg 
seiner  Achtung  ^  hat  mich  erfreut :  aber  wenn  er  Ihnen  Hn*  Alter 
durch  einen  ansehnlichen  Gehalt,  ohne  alle  Arbeit,  \\äe  August 
seinen  Dichtern,  ruhig  und  sorglos  gemacht,  sie  auf  das  ange- 
nehmste Landguth  in  seinem  weiten  Gebiethe  mit  diesem  Gehalten 
[sie]  verwiesen  hätte,  das  würde  mich  noch  weit  mehr  erfreuen. 
Dem  General  MöUendorf  •'^  weifs  ich  es  Dank,  dafs  er  Ihneu  durch 
die  schöne  Dose  seine  Achtuug  bezeigt.  Wäre  es  nicht  möglicli, 
dafs  Sie  es  noch,  wie  unser  Reich  machten?  Der  Maun  wird 
noch  um  ein  5.  Jahr  älter  seyn,  als  Sie,  und  seine  Frau  ist  sehr 
liebenswürdig.  Eine  Dose  ist  ja  wohl  mehr  worth,  als  ein  Apfel, 
und  diese  aus  Ihrer  Hand  ?  Da  könnten  sich  wohl  noch  3.  Erden- 
göttinnen drüber  streiten.  Ich  habe  vor  einiger  Zeit  auch  ein 
sehr  prächtiges  Gemälde,  das  die  lezte  Scene  aus  dem  Romeo 
vorstellet,  aus  München  zum  Geschenke  erhalten.  Es  ist  von 
einem  dasigen  sehr  berühmten  Künstler  Dorn  er,*  der  für  die 
Schleufsheimer  Gallerie  viel  gemalt:  so  gleich  ist  uuscr  Schicksal: 


'  Poesies  lyriqiies  de  Monsieur  Ramler.  Traduites  de  rAllemand  (par 
Cacault].     a' Berlin  et  a  Paris.    1777.    8".    Vgl.  den  51.  Brief. 

^  Durch  einen  anerkennenden  Brief,  welchen  ich  an  einem  andern 
Orte  zu  veröffentlichen  gedenke. 

3  Zum  Lobe  des  damaligen  Generallieutenants  W.  .J.  H.  v.  MöUondurf 
(1724—1816),  der  sich  bei  Leuthen,  Torgau  und  Biu-kersdorf  auszeichnete, 
hatte  Ramler  in  seine  Ode  „Abschied  von  den  Helden-  eine  Strophe  ein- 
geflickt und  in  der  französischen  Übersetzung  nachtragen  lassen.  Zum 
Danke  schenkte  ihm  M.  eme  kostbare  Dose,  auf  welcher  das  Urteil  des 
Paris  eingeschnitzt  war. 

'  Johann  Jakob  Doruer,  der  ältere  (1741— ISloj.     Vgl.  ADU.  ö,  :J54. 


250  Briefe  vou  Cli.  F.  Weifse  ;in  K.  W.  Kamlor. 

flenn  ich  wollte  Avetten,  dals  ich  es  mit  Hirer  Dose  in  einer 
Stunde  erhalten.  . . . 

76.  L.  13.  Vin.  [77.]  Ihr  Avürdiger  Minister  von  ZettUtz 
ist  nuninehro  bey  uns  gewesen  und  ich  halte  es  für  Pflicht, 
Ihnen  mein  liebster  Freund,  in  ein  paar  AVorteu  Rechenschaft 
zu  geben,  wie  ich  Ihrer  Empfehlung  eine  Genüge  zu  leisten  mich 
bestrebet  habe.  Ob  er  mit  meiner  Aufmerksamkeit  zufrieden  ge- 
wesen, weifs  ich  nicht.  Ich  habe  ihn  aber  die  zween  Tage,  da 
er  hier  gewesen,  kaum  einen  Augenblick  verlassen,  ihn  in  unsere 
Garten,  Kabinettcr  und  Bibliotheken  geführet,  mit  imsern  besten 
Leuten,  deren  ich  habhaft  werden  Ivonnte,  bekannt  gemacht, 
meine  Frau  der  Seinigen  zugeschickt,  und  endlich  ihn  noch  den 
Abend  vor  seiner  Abreise  in  unserer  Mittcwochgesellschaft,  wo 
ich  ihm  unsere  Künstler  und  Witzigen  Köpfe  am  besten  vor- 
stellen konnte,  ])ewirthet.  Es  Avaren  Avohl  ein  paar  heifse  Tage 
für  mich:  denn  die  Hitze  war  grofs,  und  ich,  der  das  Gehen 
nicht  so  gewohnt  ist,  \ne  Ihr  Herrn  Berliner,  war  so  nieder- 
gejagt,  dals  ich  diese  zwey  folgenden  Tage  we  angenagelt  auf 
meinem  Stuhle  gesefsen  und  nach  Tjuft  geschnappt  habe.  Noch 
eine  Menge  ist  mir  übrig  geblieben,  vou  dem  ich  ihn  gern  noch 
unterrichtet  hätte:  aber,  so  klein  unser  Städtclien  ist,  so  sind 
doch  2.  Tage,  wo  man  zumal  verschiedene  Bekanntschaften  er- 
richten m(>chtc  zu  wenig. 

Wie  uuendhch  freue  ich  mich  nicht  auf  Ilii-  Duodrama I' 
()  schicken  Sie  es  bald !' schicken  Sie  es,  wo  möglich  mit  einer 
Abschrift  von  der  Musik:  Die  Kosten  "sollen  alle  ersetzt 
werden:  so  können  wir  es  binnen  4.  Wochen  aufgeführt  sehen: 
denn  wir  haben  itzt  eine  Gesellschaft  hier,  die  imfehlbar  eine 
der  besten  werden  wird,  da  man  bey  Hofe  keine  Kosten 
dafür  sparet,  und  die  besten  Akteiu's  bey  nahe  überall  schon 
e7i(/a (/\rct  sind:  und  dann,  dann  kommen  Sie  aufs  Frühjahr 
zu  uns  und  ärndten  den  vollen  Beyfall  der  Bewunderung 
und  Zufriedenheit  ein.  Was  darf  man  sich  nicht  versprechen, 
wann  Dir  l3Tisches  Genie  sich  dieses  Feldes  bemächtiget,  das 
alle  Zaubereyen  der  verschwistertcn  Künste  mit  zu  Hülfe  nehmen, 

'  Oephalus  und  rrokri;*.  Eiu  Melodniiiia.  Berlin  1778,  kompouirt 
A'on  Keieliardt  und  zuerst  gespielt  in  HinnbinL;-  ;un  7.  Juli  1777.  V;jl. 
den  l'olsreuden  Brief. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifsc  au  K.  W.  Ramlcr.  251 

und  mit  in  die  Gebiete  der  Fabel  und  der  Einbildiins-skraft  aus- 
schweifen  kann!  Grüssen  Sie  den  Komponisten,  der  hier  mein 
grofser  Freund  zu  seyn  schien,  und  den  ich  erst  recht  heb  ge- 
Avinnen  werde,  wenn  er  in  Ihre  Seele  gearbeitet  hat. 

Was  mag  ich  in  aller  AVeit  den  Berl.  Kunstrichtern  der 
AUg.  Bibl.  zu  Leide  gethan  haben,  dafs  sie  mich  bei  jeder  Ge- 
legenheit demüthigen.  Sehen  Sie  nur,  wie  sie  das  kleine  Ding 
die  GeschAdsterhebe  aus  dem  Kinderfreunde  abgeschmackt  be- 
urtheilen,!  indessen,  dals  sie  die  elenden  und  faden  Kinderspiele 
eines  Rode  in  Dessau  loben.  Und  was  sagen  sie  vom  Kinder- 
freimd  selbst?  „In  des  DomHerrn  Rochau  seinem  ist  mehr 
Simplicität!"  Wenn  ich  für  kleine  Bauernkinder  von  5.  und 
6.  Jahren  Mährchen  schreiben  will,  kann  ich  es  auch,  und  mein 
Abcbuch  ist  älter,  als  des  Herrn  v.  Rochau  seines.  „Manches 
ist  zu  hoch  für  Kinder."  Für  unsre  Sächlsischen  Kinder  warr- 
hcli  nicht,  zumal  Avenn  sie  so  alt  sind,  wie  ich  die  meinigen  be- 
schreibe von  10 — 14  Jahren,  imd  haben  sie  denn  keine  Aeltern 
und  Hofmeister,  dafs  sie  fragen  können,  wenn  sie  etwas  nicht 
verstünden?  Endlich  vermifst  man  die  Sokratische  Methode.  — 
Wenn  diefs  AVochenblättchen  Catechisationen  enthielte,  so  könn- 
ten sie  sie  vermissen:  aber  in  Gesellschaftlichen  Erzählungen, 
wo  bald  diefs  bald  jenes  vorkömmt,  versteh  ich  von  der  Sokra- 
tischen  Methode  nichts.  —  Doch  vergeben  Sie,  liebster  Freund, 
dafs  ich  Rmeu  so  etwas  vorklage,  da  Sie  mich  lange  werden 
beklaget  haben:  AVenn  ich  nm*  wenigstens  so  viel  Gefälligkeit 
von  Nicolai  erhalten  könnte,  dafs  er  von  meinen  Sachen  schwiege. 

Der  Überbringer  dieses  ist  der  Graf  Auersberg  aus  Wien 
mit  seinem  Hofmeister,  ein  Schüler  von  Dennis,  der  Sie  kennen 
zu  lernen  wünschet.  . . . 

77.  L.  25.  A^.  78.  . . .  Ihre  Verbesserungen  zu  Ihrer  aller- 
liebsten Bluhmenlese  habe  ich  allezeit  sorgfältig  im  Aranuscri[)te 
nachgetragen,  und  unser  Reich,  welchem  ich  itzt  auch  eine  bal- 
dige Genesung  wünsche,  da  er  sehr  krank  ist,  wird  sie  nun  un- 
verzüglich in  Druck  geben.  So  ein  genauer  Kunstrichtcr,  als 
Sie,  mufs  kein  Mensch  auf  Erden  seyn.  Z.  B.  Bey  Peneus  wäre 
es    mir    nicht    eingefallen,    dafs    ich    nicht    nach    Bedürfnils    des 


1  ADBibl.  Bd.  31,  St.  2,  S.  r,7(.i  L 


2")2  Briefe  \ou  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

Sylbenmafses,  das  Wort  Ijald  z^vey,  bald  dreysilbig  gebrauchen 
k()nntc:  ich  daclitc,  die  Lateiner  hätten  das  auch  gethan.  Einen 
andern  Zweifel  habe  ich  Ihnen  einmal  bcy  einer  Stelle  Ihrer 
Oden^  machen  wollen,  wo  Sie  (deucht  mir)  Proserpinen  lang 
gebrancht  haben,  da  es  doch  wohl  kurz  seyn  sollte:  aber  ich 
habe  meine  Grammatik  so  vergessen,  dafs  ich  inmier  ungewifs 
bin,  zumal  da  mein  Gedächtnis  mir  sehr  ungetreu  ist, 

Ihren  Cephalus  habe  ich  aufführen  sehen.-  Den  feinen 
Kennern  hat  er  aufserordentlicli  Wohlgefallen.  Die  Brandes  sj)ielt 
die  Prokris  unverbesserlich:  aber  Cejihalus,  (Hemjiel,  den  Sie 
vielleicht  vom  Döbbeliuschen  Theater  kennen,)  hatte  nicht  den 
Umfang  der  Stimme,  oder  wufste  sie  nicht  genug  zu  schonen, 
dafs  er  gegen  das  Ende  zu  sehr  kreischte.  Dem  gröfsern  Pu- 
blilco  hätte  ich  noch  einige  Veränderung  der  Sceuen  geAVÜnscht; 
so  schön  auch  die  Decoration  war:  aber  es  geht  wie.  bey  der 
Oper:  alle  Sinnen  wollen  bey  diesem  Schauspiele  zu  thun  haben 
und  diels  um  so  vielmehr,  da  IMonolog  und  Dialog  durch  die 
Aviederholende,  ausbildende  Musik  sehr  verlängert  werden:  Ohne 
Zweifel  kömmt  es  daher,  dafs  Ariadne  auf  Naxos  -^  so  sehr  gefällt. 
Das  Meer  bey  Heiterkeit  und  Sturm,  das  fortsegelnde  Schiff, 
Donner  und  BUtz,  alles  hilft.  Ich  habe  Brandes  Ihre  Wünsche 
in  Ansehung  Hn.  Reichards  entdeckt  und  er  hat  mir  versprochen 
nach  seinem  Vermögen  es  zu  be werkst (>lHgen,  dal's  ihm  eine 
kleine  Gratification,  mid  solche  durch  ihn  an  Sie  geschickt  werde. 

Mein  Calas  und  die  Brüder,  die  ich  aber  ganz  zusauunen 
geschmolzen  und  ihnen  auch  itzt  den  Titel  die  Flucht  gegeben 
habe,  könnte  ich  abdrucken  lassen,  wenn  icli  wollte:  aber  ich 
hatte  diesen   Winter    so  \del    zu  übersetzen   angenommen   z.   B. 


'  Ode  auf  einen  Granatapfel  Vers  4. 

"^  Vgl.  den  Brief  einer  Majorin  v.  Korff  an  Ramler  (Leipzig  15.  V^.  78): 
.,Ein  wirkliches  Vergnügen  haben  wir  den  12  May  gehabt.  Cephalus  und 
Frokri.s  sahen  wir  auf  den  hiesigen  Theater  aufführen  —  und  wie  auf- 
führen —  vortreflich  —  gantz  vortreflich.  Madam  Brandes,  und  Herr 
II('iii|H'l,  zeigten  dafs  Schihie  Melodrama  in  seiner  völligen  gröfse.  Voll 
cniplinduug  habe  ich  es  angesehen.  Auch  die  Ma>laiti  Röder  machte 
die  Hiale  schön.  O  mein  Wertester  Herr  Prof.,  Avie  oft  habe  ich  Ihre 
gegeuwahrt  gewünscht,  bey  iedcn  Wahren  ausdruck  erneurte  sich  mein 
Wunsch.'' 

•''  Ariadne  auf  Naxos,  ein  Duudrama  von  J.  ("Iir.  Brandes.    Gotha  1770 


Briefe  von  Ch.  F.  Weilsc  au  K.  W-  Rainler.  253 

Courtney  Melmoths  freymüthige  Gedanken  in  3.  Tli.' 
Mifs  Moore  Abhandlungen  für  j  unge  Frauenzi  nimcr, 
andere  kleinere  Arbeiten  ungerechnet,  dafs  ich,  da  mich  meine 
Krankheit  bey  nahe  6.  Wochen  gekostet,  kaum  fertig  werden 
konnte.  Sie  werden  sagen,  liebster  Freund,  daCs  ich  als  Über- 
setzer wenig  Lorbeern  einärndten  werde,  Sie  haben  liecht:  wäre 
ich  ledig,  so  hätte  ich  gewifs  em  besserer  Dichter  und  gröfserer 
Gelehrter  werden  wollen:  al)er  wo  der  Kreis  der  Pamilic  sich  so 
erweitert  hat,  dals  die  Ausgabe  die  Einnahme  übersteigt,  nuil's 
man  bisweilen  mehr  auf  Gewinnst  als  auf  Ehre  sehen. 

Von  den  Nicolaischen  Gedichten-  habe  ich  bereits  einige 
gelesen:  sie  sind  allerliebst  mid  haben  viel  Naivetät  und  Leichtig- 
keit: wenn  das  die  ersten  Schritte  sind,  so  wird  er  manchen 
unter  uns  zurücke  lassen.  Klopstocks  deutsche  Grammatik^ 
werde  ich  nie  lesen,  wenn  ich  auch  wieder  aufs  neue  zu  leben 
anfienge,  so  wie  ich  viele,  viele  seiner  A'^erse  nicht  gelesen  habe. 
Die  angezeigten  Theatralischen  Werkchen  kenne  ich  nicht. 
Ich  will  Ilinen  dafür  ein  anders  von  unserer  gewesenen  Made- 
moisell  Lucius  anzeigen :  Düval  und  Charmillc ,  eine  wahre; 
Dresdner  Geschichte.*  Sie  will  durchaus  ihren  Namen  nicht 
wissen  lassen,  darf  sich  meines  Bedünkens  nicht  s('liämcn :  i(^h 
bin  der  Herausgeber. 

Wir  haben  uns  umsonst  auf  einander  gefreut,  mein  bester 
Ranunler.  Der  H.  v.  Thüniniel,  der  zu  Ende  der  Woche  micli 
hier  besucht,  geht  nunmehro  nicht  nach  Berlin,  da  der  Prinz 
von  Koburg,  den  er  besuchen  wollte,  zum  Könige  nach  Schle- 
sien gegangen.  . . . 

Schicken  Sie  mir  doch  Ihre  Anmerkungen  über  des  Recht - 
schaff enen  Adelungs  Wörterbuch:  ich  wollte  gern  eine  Recension 
davon  machen  und  weifs  nichts  darüber  als  eine  Lobrede  zu 
sagen:  der  4*®  Theil  kömmt  auf  Michael  geml's.     Breitkopf  treibt 


'  Liberal  Opinions,  upon  Animals,  Man,  and  Providence  by  Courtney 
Welmoth  (Pseudonym  für  Samuel  Jackson  Pratt).  London,  1775 — 77, 
YJ.  8°.  Die  Übersetzung  fehlt  in  Iphofens  Verzeiclinis,  ebenso  die  fol- 
gende. 

*  Vermischte  Gedichte  von  L.  H.  v.  Nicolay.    Berlin  u.  Stettin  1778  fl'. 

^  Über  die  deutsche  Rechtschreibung  von  Klopstock.     Leipzig  1778. 

"  Cf.  Goedeke,  G.  R.  2,  1089. 


254  Briefe  von  Cli.  F.  Weilse  an  K.  W.  Raniler. 

ihn,  dafs  er  auch  einen  Auszug  daraus  machen  soll:  aber  lieber 
gäbe  er  ein  paar  Bände  Supplemente  heraus.  Er  bittet  Sie  um 
Ihre  fernere  Freundschaft. 

78.  L.  8.  V.  79.  Sic  sind  doch  der  gefälligste  Freund, 
auf  dem  ganzen  Erdboden,  mein  bester  Ramler.  Sie  haben  mir 
diu'ch  die  llechenschuft,  die  Sie  mir  von  einigen  Verbesserungen 
in  den  Liedern  Ihrer  liluhmenlese  [gegeben  haben,] '  einen  un- 
aussprechliclien  Gefallen  gethau.  Jede  Recension,  sie  möchte 
von  mir  oder  einem  andern  seyu  gemacht  worden,  Avürde  das 
nicht  gewesen  seyn,  und  nicht  haben  seyn  können.  Jeder  Leser 
wird  Ihre  Verbesserungen  aus  einem  andern  Gesichtspunkte  an- 
sehen und  wenn  er  nicht  ganz  in  Ihre  feine  Seele  fühlet,  das 
wenigste  mal  die  wahre  Ursache  zu  der  oder  jener  errathen, 
zumal  bey  alten  Liedern,  wo  die  alten  Lesarten  zu  tief  im  Ge- 
dächtnils hängen.  Überhaupt,  glaube  ich,  würde  es  sehr  wohl 
gethau  seyu,  wenn  jeder  gute  Schriftsteller  vou  seinen  eignen 
AVerken  eine  vollständige  Recension  machte.  Es  ist  mir  be}' 
allen  meinen  Sachen  so  gegangen,  dafs  die  Kuustrichter  mir  die 
allerschwächsten  Stellen  ausgezeichnet  haben  uud  sehr  selten  eine 
einzige,  die  ich  gewünscht,  oder  auf  die  icli  in  meinen  Gedanken 
einen  Werth  gesetzt  hätte.  Hätte  ich  einen  so  inuigeu,  so  ver- 
trauten Freund,  wie  Sie  an  mir  gehabt,  der  ein  Journal  ge- 
schrieben, so  hätte  ich  mich  gewifs  bisweilen  zum  Receusenten 
mehier  eignen  Schriften  aufgeworfen;  warrlicli  nicht  um  mir 
selbst  Xomplimente  und  Lobsprüche  zu  machen;  sondern  die 
Welt  auf  das  zu  weisen,  was  ich  vorzüglich  für  gut  hielte.  Kein 
Jota  soll  übrigens  nach  dem  Gebrauch  Ihrer  Handschrift  übrig- 
bleiben, sondern  solche  so  gleich  vertilget  werden.  Das  ist  auch 
der  jNIühe  werth,  dafs  Sie  Entschuldigungen  wegen  Ihrer  Ver- 
besserung in  meinen  Liedern  in  Rücksicht  auf  den  Tadel  meines 
vorigen  Receusenten  machen.  Man  weils  schon,  was  herans- 
könnut,  wenn  ein  Schuster  den  Apclles  meistern  will  I 

Unserm  lieben  Rode  danken  Sie  unzähligmal  für  seine 
schönen  Blätter.    Wundern  Sie  Sich  bey  Leil^e  nicht,  wenn  meine 


'  Die  Selbstanzeige  steht  iu  der  Neuen  Bibl.  d.  seh.  Wiss.  XXIII,  2, 
275— 2H9  und  ist  auf  S.  Gl  meiner  Dissertation  (K.  W.  Kaniler  bis  zu  s. 
Verbindung  mit  Lessing.     Wolfeubüttel  188G)  nachzutragen. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Rainlor.  255 

Anzeigen  in  der  Bibliothek  bisweilen  ein  wenig  kalt  ausfallen. 
Wenn  ich  Ihnen  meine  Arbeiten  und  Zerstreuungen  von  Morgen 
bis  Abends  erzälileu  sollte,  so  würden  Sie  Sich  wundern,  wie 
ich  noch  alles  bestreiten  kann:  aber  das  entschuldiget  freylic;h 
nicht  beim  Publikum,  und  ich  verdiene  Ilu-en  Verweis  nacli 
allem  Eecht. 

Nach  dem  Namen  des  Filidor  werde  ich  mich  genau  er- 
kundigen.^  Jezt  in  der  Messe  laufen  alle  Leute  mit  Brctern  vor 
den  Köpfen,  dafs  man  ihnen  ausweicht,  um  nicht  über  den  Hau- 
fen gerannt  zu  werden.  Sobald  ich  ihn  weiCs,  sollen  Sic  Nach- 
richt haben.  An  Hn.  Rode  wird  unser  Winkler-  nächstens  um 
eine  Zeichnung,  als  Pendant  zu  demjenigen  schreiben,  das  unser 
Bause  nach  ihm  sticht.  Von  seinem  Catalog  von  Kupferstichen 
habe  icli  einen  Gebrauch  gejiiacht,  der  ihm  ^'ortheilhaft  sevu 
soll.  ... 

79.  L.  18.  X.  79.  ...  Schreiben  Sie  ja  keinen  Khider- 
freund!  Da  giebt  es  eine  Menge  Aeltern,  die  das  für  ein  recht 
artig  Mittelchen  ansehen,  ihren  Kindern  eine  Übung  zu  vcr- 
schaÖ'en,  und  lassen  ganze  Hecken  an  mich  schreiben:  und  icii 
—  das  kann  ich  nicht  wie  Lavater,  öflfentlich  in  Zeitungen  es 
verbitten,  weil  es  so  prahlerisch  lälst,  noch  weniger  undankbar 
schweigen:  also  vertändele  ich  mein  Leben  mit  Nichts. 

Noch  hat  mir  Reich  nicht  Ihren  geänderten  Wernicke  ■'  zu 
lesen  gegeben:  wai'um  weifs  ich  nicht!  ich  werde  ihm  aber  den- 
selben abfoderu.  Ich  freue  mich  darauf:  denn  ich  fange  an,  den 
Musen  ganz  feind  zu  werden,  seit  sie  uns  in  Almanachen  soli^h 
elendes  unharmonisches  Zeug  auftischen.  —  Aber,  liebster  Freund, 
das  ist  doch  von  Ilmeu  falsch  gedacht:  „Besser  das  ^Vltc  dem 
Untergange  entrissen,  als  etwas  Neues  gegeben,  das  bald  den 
Untergang  verdienen  möchte."     AVas  Sie  uns  Neues  geben  bleibt 


*  Vgl.  Archiv  f.  Lg.  XIII,  508,  wo  zu  berichtigen  ist,  dafs  Raiuler  aus 
Schwiegers  „Geharuschter  Venus"  (Hamburg  16G0)  S.  50  ein  Lied  in  seine 
Lyrische  Blumenlese  VIII,  59  aufgenommen  hatte  und  deswegen  dem 
Pseudonym  aachforschte. 

^  Lessings  einstiger  Keisegefährte. 

^  Christian  Wernikens  Überschriften.  Nebst  Opitzens,  Tschernings, 
Andreas  Gryphius  und  Adam  Olearius  epigrammatischen  Gedichten.  Leip- 
zig 1780. 


256  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

gewifs:  und  wenn  selbst  ein  allgemeiner  Feuerbrand  in  den 
Büchersälen  entstünde,  so  würden  Ihre  Verse  nicht  untergehen : 
denn  wer  noch  ein  wenig  ächte  Poesie  liebt,  kann  die  auswen- 
dig: und  an  den  Lesern  liegt  so  gar  viel  nicht,  die  man  erst 
mit  der  Na.se  drauf  stoiseu  nuils,  da  ('s  sie,  wo  Ranunler  arbeitet, 
eine  Goldgrube  tiuden.   . . . 

80.    L.  26.  1.  80. 

Mein  bester  Freund, 

Sie  wei'deu  Sich  wundern,  was  Sie  hier  für  ein  Exercitium 
von  mir  zu  corrigiren  bekommen!  Aber  Sie  sind  einmal  mein 
litterarischer  Mentor  und  ohne  Sie  habe  ich  nicht  das  Herz  ein 
Jota  in  die  Welt  zu  schicken.  Ich  bin  genöthiget,  meine  Sophie, 
die  ich  nunmehr  die  Flucht  genannt  und  den  Calas  drucken 
zu  lassen.  Die  Ursache  ist  folgende.  Unsere  Schauspieler,  die 
vom  Calas  gehöret,  drangen  vorigen  Sonuner  in  mich,  dals  icli 
ihnen  denselbigen  zur  A^orstellung  geben  sollte:  nun  hatte  ich  es 
längst  gewünscht,  weil  diefs  innnei"  die  beste  Schule  für  den 
Autor  ist.  Ich  gab  ihn  also  ohne  Bedenken.  Zum  Unglück 
aber  fand  sich,  dafs  4.  von  den  Hauptakteuren,  die  ich  gar  nicht 
jnissen  konnte,  katholisch  waren  und  \vegen  ihrer  hiesigen  Beicht- 
väter imd  des  Hofes  willen  darinnen  zu  sjiielen  [sich  nicht]  ge- 
trauten: nun  hatte  ich  Xoth  ihn  wieder  zm*ückzubekommen : 
er  war  durch  aller  Schauspieler  und  auch  vielleicht  mancher  Stu- 
denten Hände  gegangen,  und  ich  nuifs  fürchten,  ihn  auf  eine  Art 
gedruckt  zu  sehen,  die  mir  wenig  behagen  möchte,  da  ich  ihn 
im  Theateralmanach,  in  der  Gothaischen,  und  andern  gel.  Zeitun- 
gen angekündiget  finde:  Besser  also  ich  scliicke  ihn  selbst  fort. 
Ich  habe  Ilire  Kritiken  aufs  sorgfältigste  genützt:  abgekürzt,  wo 
abzukürzen  war:  So  habe  ich  es  au(;h  mit  dem  andern  gemacht, 
imd  ich  denke,  sie  sollen  dadurch  r'uw  ungleich  bessere  Gestalt 
gewonnen  haben.  Indessen  habe  ich  es  für  höchst  nöthig  ge- 
funden, beykonnnendc  Vorrede '  hinzuzufügen.  I*rüfen  Sie  doch, 
mein  Liebster,  ob  ich  was  Unschicldiches  darinnen  gesagt,  und 
streichen  Sie  weg  und  setzen  Sie  hinzu,  was  Sic  für  gut  halten. 
Unsern  Kritikern  möchte  ich  gern  eins  abgeben :  Denn  ich  kenne 
doch  itzt  kein  einziges  Journal,  das  em  witziges  Werk  mit  Ein- 


'  Vgl.  darüber  Minor,  S.  2(51  f. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weilse  an  K.  W.  Ramler.  257 

sieht  und  Verstand  beurtheilte.  Die  mittelmäfsigsten,  holprich- 
sten  Dichter  läfst  man  unsere  besten  aUcn  Dichter  verdrängen, 
erhebt  Klopstockische  Rhapsodien  bis  in  Himmel  und  vergifst 
ein  Adelungisches  Wörterbuch  nur  anzuzeigen.  A  propos,  dieser 
unser  Freund  sagt  mir,  dafs  er  die  Anfragen,  die  Sie  durch  mich 
an  ihn  haben  thun  lassen,  selbst  beantwortet  habe.'  Des  Minister 
Zettlitzens  Auftrag  an  ihn,  wissen  Sie.  Er  glaubt  aber  keine 
gute  kleine  Granuuatik  fertigen  zu  können,  ohne  daCs  er  zugleich 
in  einer  grofsen  Rechenschaft  von  seinen  Regeln  giebt.  Schade! 
<la(s  der  Mann  Arbeiten  übernonnuen,  worzu  herkulische  Geduld 
und  Kräfte  gehören,  luid  ich  würde  mich  nicht  wundern,  wenn 
er  einmal  unterläge.  . . . 

81.  Uiuht.  [März  17 HO.]  Tausend  Dank,  mein  liebster 
Freund,  für  Ihre  lezten  Verbesserungen  in  meiner  Vorrede. 
Aber  da  komme  ich  schon  wieder  mit  (»inem  Anliegen.  Als  ich 
diese  Feyertage  einmal  ^•on  Amtsgeschäfteii  fre\'  wai-,  fiel  mir 
ein,  ein  poetisches  Sendschreiben,  als  eine  Zueignmig  an  den 
Erbprinzen  von  Schlerswig  Holstein  Augustenburg  ^  hinzuwerfen. 
Es  ist  diels  ein  junger  liebenswiu'diger  Herr  von  16  Jahren,  der 
vor  Kurzen  mit  der  Königl.  Dänischen  Prinzessin  von  10  Jahren 
in  Hamburg  verlobt  worden,  und  der  schon  seit  3.  Jahren  mit 
mir  in  einem  selu*  vertraulichen  Briefwechsel  steht.  Ich  glaube 
nicht,  dais  an  dieser  Epistel  viel  ist :  aber  in  dem  ersten  Augen- 
lilicke,  wann  so  etwas  bey  mir  aus  der  Feder  kömmt,  bin  ich 
auch  nicht  im  Stande,  es  gewifs  zu  sagen,  oder  zu  bestimmen, 
wo  es  fehlt.  Sie  mein  bester  Mentor,  sollen  mir  also  blofs  sagen, 
ob  es  eine  Verbesserung  werth  ist,  und  allenfalls  einen  Strich 
machen,  wo  solches  nöthig,  aber  auch  einen  Strich  durchs  Ganze, 
wenn  es,  wie  ich  fürchte  gar  nichts  taugt:  Denn  es  ist  nichts 
dran  gelegen  und  ich  bin  ohnediefs  noch  sehr  ungewils,  ob  ich 
es  nütze,  oder  nicht.  Die  Tragödien  denke  ich  so  ziemlich  aus- 
gebessert zu  haben,  wenigstens  sind  unsere  neuen  Dramen  so 
beschaffen,  dafs  man  sich  unter  sie  wagen  darf,  ohne  zu  fürchten, 
dafs  man  von  ihnen  verdunkelt  werde.   Ich  lese  zwar  wenig  von  der 


1  In  einem  ungedruckten  Briefe  vom  G.  XI.  79.  Kamlers  Antwort, 
welche  dessen  Anteil  an  Adelungs  grammatischen  Arbeiten  bezeugt,  steht 
im  Neuen  Teutschen  Merkur,  1807,  Januar,  S.  46  ff. 

2  Christian  Friedrich,  Schillers  Wohlthäter.     Vgl.  den  90.  Brief. 

Archiv  f.  n.  Sprachen.     LXXXII.  1" 


258  Briefe  vou  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

Gattung  mehr,  aber  so  viel  weifs  ich  doch,  dafs  ich  seit  etlichen 
Jahreu  10.  zu  lesen  angefangen,  ohne  eines  vollenden  zu  können. 
Den  dramatisu'ten  Walwaise  habe  ich  auch  noch  nicht  gelesen,  da 
mir  derselbe  Innhalt  schon  hier  in  einem  Trauerspiel  vou  einem 
Hofmeister  war  vorgesetzt  worden  und  ich  genug  gewih'get  hatte. 
Jenes  ist,  glaube  ich,  in  INIanheim  zum  Vorschein  gekommen.  . . . 

Wegen  des  Wernicke  habe  ich  gemeinschaftlich  mit  unserm 
Adelung  alles  in  der  Welt  aufgesucht,  wo  Anr  etwas  von  ihm  zu 
linden  gedachten:  aber  alles  umsonst!  Wenn  ich  nicht  froh 
wäre,  mich  von  dem  Briefwechsel  mit  dem  Hn.  v.  Miur  los- 
gerissen zu  haben,  so  hätte  ich  an  den  geschrieben:  denn,  wenn 
wo  ein  Jota  von  W.  noch  steht,  so  bringt  es  der  heraus,  sein 
einzig  Verdienst!  Denn  sonst  ist  es  ein  beschwerlicher,  abge- 
vsclimackter,  eitler  Mann.  Günther  ist  Ihr  Leibdichter  in  Ihrer 
Jugend  gewesen  und  auch  der  Meinige,  ja  er  ist  der  einzige  bey- 
nahe  gewesen,  den  ich  bis  zum  20*""  Jahre  gekannt:  von  Tjohen- 
stein  habe  ich  lebenslang  keine  Zeile  gelesen. 

Der  4*®  Theil  des  grofsen  Adelung.  Wörterbuchs  ist  schon 
a  mWeihnachten  abgedruckt  gewesen:  und  von  dem  kiemern 
sind  es  auch  schon  8.  Bogen  und  von  einem  englisch  deutschen 
und  deutsch  englischen  auch  10  Bogen:  und  diefs  sind  noch 
lange,  lange  nicht  alle  Arbeiten,  die  sich  der  rechtschaffene  Mann 
aufladet.  Seine  kleine  Grammatik,  sagt  er  mir,  macht  ihm  un- 
endliche Mühe,  weil  er  sie  aus  der  Sprache  selbst  herausziehen 
und  nicht  seinen  beqvemen  oder  uuAnssenden  Vorgängern  nach, 
sein  Werk  auf  lateinische  und  griechische  Grammatiken  bauen, 
oder  den  Schmitt  darnach  nehmen  will.  FreyHch  wäre  es  ge- 
scheiter gewesen,  er  hätte  erst  seine  gi'ofse  raisonnirende  Gram- 
matik zu  Stande  gebracht,  weil  alsdann  ein  Auszug  leicht  gewesen 
wäre.  Er  versichert  mich,  dafs  er  sein  ganzes  Wörterbuch  durch- 
gehen und  alle  Wörter  prüfen  müsse.  Das  schlimmste  wäre,  dals 
er  bey  einer  kleinen  Grannnatik  nicht  seine  Ursachen  immer  hin- 
schreiben könne,  und  viele  seine  Aussprüche  für  den  Stolz  eines 
uvTog  i(fi]  ansehen  möchten.  Entschuldigen  Sie  ihn  nur  bey  dem 
Minister  Zettlitz,  dafs  es  langsammer  geht,  als  er  vermuthete.  . . . 

82.  L.  29.  IV.  [80.]  Tausend  Dank^  mein  bester  Freund, 
für  Ihre  lezten  Correcturen  in  meiner  poetischen  Zueignung- 
sclirift!     Jede  Verbesserung   von    Ihnen,   so   kleiu   sie   ist,   wird 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Rarnler.  259 

mir  M-ichtig:  indessen  habe  ich  Sie  verstanden  und  sie  wegge- 
lassen: in  einem  Merkur  oder  Musenallmanach  kann  sie  viel- 
leicht am  ersten  taugen.  Hier  erhalten  Sie  den  neuen  Band 
meiner  Trauerspiele  ^  brühwarm :  aber  ich  beschwöre  Sie  bey  un- 
serer Freundschaft,  dafs  Sie  mir  mit  der  grölsten  Herzensauf- 
richtigkeit sagen,  ob  Sie  wünschen,  dafs  ich  sie  nicht  hätte 
drucken  lassen:  Denn  kein  Journal  sagt  mir  die  Wahrheit  und 
keinem  meiner  übrigen  Freunde  traue  ich  so  viel  richtige  Be- 
urtheilung  zu,  als  Ihnen,  der  eben  so  viel  Theorie,  als  Ge- 
schmack, eben  so  viel  Empfindung,  als  Belesenheit,  selbst  Dichter 
und  unpartheyisch  ist.  Vor  der  Berl.  AUg.  Bibl.  fürchte  ich 
mich  am  meisten:  denn  ich  finde  bey  Gelegenheit  der  Reccn- 
sionen  des  Kinderfreundes,  dals  ich  dort  zweyerley  Richter  habe : 
einer  ist  mir  günstig,  der  andere  feindselig,  und  nach  dem  nun 
ein  oder  der  andere  Band  dem  oder  jenem  in  die  Hände  fällt, 
nach  dem  werde  ich  beurtheilet. 

Jhr  Wernike  —  o  welch  eine  Ai'beit  steckt  in  Ihren  Ver- 
besserungen, wie  schön  sind  sie  —  und  wie  wenig,  die  den  alten 
Wernicke  nicht  dabey  in  die  Hand  nehmen  werden  Ihr  ganzes 
Verdienst  dabey  einsehen! 

Mit  Lessing  bin  ich  sehr  unzufrieden,  dai's  er  seine  Muse 
so  vernaclüäfsiget.  Was  hilft  alle  sein  Balgen  und  Kampfjagen! 
Gewifs  nichts  weiter,  als  dafs  er  nach  10.  Jahren  vielleicht,  mit 
sammt  seinen  Gegner  vergessen  ist,  und  allenfalls  in  einer  pole- 
mischen Bibliothek  prangt. 

Gern  wollte  ich  von  dem  Petersburg.  Nicolai  einen  Recen- 
seuten  in  meiner  Bibl.  abgeben:  aber  ich  bin  mit  so  vielen  Ar- 
beiten überhäuft,  dafs  noch  2.  Bände  von  diesem  braven  Dichter 
von  mir  migelesen  sind.  Von  der  Älad.  Genlis  Erziehungs- 
Theater,  das  ich  übersetzt  habe,  schicke  icli  Ihnen  den  ersten 
Band,  den  Ihnen  ein  Buchhändler  übergeben  soll.  . . . 

83.  Undat.  [Mitte  1780. j  .  ..  Herrn  Dyck  habe  ich  das  mir 
vor  einiger  Zeit  zugeschickte  Gedicht  sogleich  übergeben :  Schade, 
dais  es  unter  so  vielen  mittelmäfsigen  stehen  soll. 

Noch  herrscht  über  Ihren  Wernike  in  allen  gelehrten  Zei- 
tungen   ein    tiefes    Stillschweigen:    So   bald    unsere   Kunstrichter 


'  ..Die  Fluoht"  und  _Jean  Calas"  enthaltend. 


260  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Rainler. 

eine  Yergleichung  anstellen  sollen,  so  ist  ihnen  schon  solches  zu 
mühsam.  AVie  kalil  war  die  Recension  im  [!J  Göttingischen  Zei- 
tungen !  Tadel  dürfen  Sie  wohl  nicht  fürchten,  man  müfste  sich 
denn  darüber  aufhalten,  dafs  Sie  von  Ihrem  Reichthume  fremde 
Kinder  ausstatteten,  da  Sie  eigne  Kinder  in  die  Welt  setzen  mid 
versorgen  könnten :  und  das  ist  so  gar  unwahr  nicht :  denn  es 
kostet  wahrhaftig  Müh  in  der  itzigen  niedlich  ausgebildeten 
Tracht  die  Wernikeschen  wiederzufinden. 

O !  dal's  Sie  doch  meine  Trauerspiele  gelesen  hätten,  ehe  Sie 
dieselben  aufführen  sehen !  AVas  darf  ich  mir  versprechen,  wenn 
Sie  sie  schlecht  oder  auch  nur  mittelmälsig  vorstellen  sehen? 
Der  Eindruck  bleibt  und  läist  sich  schwer  wieder  austilgen. 
Gleichwohl  geht  mii-  Ihr  Urtheil  über  alle  andern  Kritiken,  uod 
würde  mir  vielleicht  zu  Verbesserungen  bey  einer  anderweitigen 
Ausgabe  dienen.  Thun  Sie  es  doch  ja  noch,  mein  liebster 
Rammler,  wenn  es  noch  Zeit  ist  und  lesen  die  Flucht  so  wohl 
als  den  Calas,  ehe  sie  gespielet  werden.  •  Ich  fürchte  mich  vor 
Nichts  so  sehr,  als  vor  der  Recension  der  Allg.  Bibliothek:  denn 
ich  weiis,  dafs  einer  unter  den  Beurtheilern  nicht  mein  Freund 
ist,  und  Nicolai  sollte  mir  schon  den  Freundschaftsdienst  er- 
weisen, da  es  meine  letzten  Tragödien  seyn  sollen,  imd  meiner  gar 
nicht  erwähnen,  wenn  es  zu  meinem  Nachtheile  geschehen  muls. 
In  Augsburg  hat  man  den  Calas  schon  mit  sammt  dem  Bilde  von 
Chodowiecky  nachgedruckt  und  nachgestochen  und  verkauft  es 
für  3  Gr.  . . .  Ich  bin  Willens  dem  [Kinderfreunde]  ebenfalls  bald 
ein  Ende  zu  machen.  Ist  Ihnen  mit  dem  Erziehungstheater  der 
Gräfin  von  Geulis  -  was  gedient,  so  schicke  ich  es  Urnen :  Denn 
ich  habe  es  übersetzt.  Unser  guter  Adelimg  ist  scharf  über 
seiner  Grammatik  her,  und  empfiehlt  sich  Ihrer  Freundschaft.  , . . 

84.  L.  28.  IX.  [80.]  ...  So  wenig  mich  auch  itzt  der 
litterai'ische  Ruhm  melu-  rühret,  so  ist  es  mir  doch  nicht  gleich- 
gültig, dafs  Ihnen  mein  Calas  und  meine  andern  Kindereyen 
nicht  mifsfallen.  Aber  nun  möchte  ich  auch  gern  Ihre  Kritiken 
wissen,  damit  ich  bessern  kann,  was  zu  bessern  ist,  wenn  es  zu 


'  „Der  Fanatismus  oder  Jean  Calas"  wurde  in  Berlin  z.uerst  von 
Döbbelin  am  ^.  VIII.  1780  gegeben.  (Cf.  Brachvogel  1,  300.  Minor,  S.  248.) 

-  Der  Frau  Gräfin  von  Genlis  Erziehungstheater  für  junge  Frauen- 
zimmer.    Leipzig,  1780  bis  1782.    IV.    8". 


Briefe  vou  Ch.  F.  Weilse  an  K.  W.  l^imlor.  261 

einer  zwoten  Auflage  kömmt.  Ungerecht  ist  diejenige,  die  mir 
Schuld  giebt,  dais  ich  Yohäre's  nicht  mit  Ehren  erwähnet  hätte, 
ein  sicherer  Beweis,  dafs  man  meine  Von^ede  nicht  gelesen  hat, 
wo  ich  gesagt,  dafs  er  sich  durch  den  Eyfer,  Avomit  er  sich  der 
Unschuld  des  Calas  und  der  . .  J  angenommen,  sein  Andenken 
bey  der  Nachwelt  noch  unvergefslicher  mache,  als  selbst  seine 
geistvollen  Schriften. 

Hiller  läfst  Emen  seine  freundschaftliche  Empfeliluug  machen 
und  versichert  mich  theuer,  dafs  die  Sachen  an  den  Herzog  vou 
Cmland  und  die  Beantwortimg  seiner  Anfragen  schon  vor  14.  Tagen 
abgegangen  wären,  und  itzt  in  seinen  Händen  seyn  müfsten.^  Ich 
glaube  es,  weil  er  schon  vor  8.  Tagen  mir  etwas  davon  gesagt 
hat.  Veichts  Komposition  Ihres  Prokris  ^  und  Cephalus  habe 
ich  nie  gehöret:  aber  Reichards  auf  unserm  Theater.*  Wie  es 
mir  damals  schien,  (ob  ich  gleich  blofs  nach  meiner  Empfindung 
urtheile,)  war  sie  ein  wenig  mit  zu  viel  Musik  überladen,  und 
mich  däuchte,  dafs  er  den  Gang  hin  und  wieder  zu  sehr  ver- 
zögerte, indem  er  jedes  Wort  ausmalen  wollte. 

Die  Kritik,  als  ob  Calas  vorgestellet  wiu-de,  als  ob  er  mit 
ausgeränkten  Knöcheln  aus  der  Marterkammer  käme,  geht 
vermuthlich  den  Berliner  Akteur  an?  Denn  ich  habe  sie  nicht 
gelesen,  weifs  also  nicht,  wo  sie  steht. 

Unser  guter  Adelung  wird  Ihnen  nun  vennuthlich  seine  Ein- 
leitung in  die  deutsche  Grammatik,  die  eine  Geschichte  der  deut- 
schen Sprache  enthält,  überschickt  haben.  Mir  hat  sie  sehr  Wohl- 
gefallen. Da  er  zugleich  die  grofse  Grammatik,  oder  räsonnirende 
ausarbeitet,  so  geht  es  freylich  langsamm :  aber,  er  hat  mir  auch 
sehr  richtig  bewiesen,  dafs  er  die  eine  ohne  die  andere  nicht 
machen  könne.  Der  Mann  arbeitet  unsäghch,  und  Sie  würden 
erschrecken,   wenn   ich  Bmen  eine  Liste   von   allen  Büchern,  die 

'  Ein  unleserliches  Wort. 

^  Bezieht  sich  wohl  auf  Hillers  Komposition  einiger  Lieder  Elises 
von  der  Kecke,  der  Schwägerin  des  Herzogs  Peter  von  Kurland,  welche 
als  „Joh.  Adam  Hillers  geistliche  Lieder  einer  vornehmen  kurländischen 
Dame,  mit  Melodien"  1780  in  Leipzig  erschienen. 

^  Jördens  4,  285  verzeichnet:  Cephalus  und  Prokris,  ein  Singespiel 
von  K.  W.  Ramler,  in  Musik  gesetzt  von  Franz  Adam  Veichtner. 
Berlin  177'.'.    Fol. 

*  Vgl.  den  77.  Brief, 


262  Briefe  von  Ch.  F.  Weifte  an  K.  W.  Ramler. 

er  zu  gleicher  Zeit  arbeitet,  her  setzen  sollte.     Ohne  eine  Felsen- 
feste Gesundheit  hätte  er  lange  erliegen  müfsen. 

Wie  kalt  unser  Publikum  gegen  seine  Dichter  ist,  davon  ist 
Nicolai  auch  ein  Zeuge.  Ich  lese  doch  eine  Menge  Journale 
und  gel.  Zeitungen  und  erinnere  mich  kaum,  dais  ich  seine  Ge- 
dichte nur  erwähnt  gefunden  habe.  Wenn  ich  mich  mehr  in 
meiner  Bibliothek  mit  Recensioneu  von  Gedichten  abgäbe,  so 
hätte  ich  Rücksicht  darauf  genommen:  aber  ich  fürchte  das 
rjenus  irritabile  und  habe  nicht  gern  etwas  mit  ihnen  zu  thun. 
Von  Ihrem  Wernicke  habe  ich  eine  Recension  für  mein  näch- 
stes Stück : '  Wenn  ich  nicht  wegen  Mangel  von  Manuscript  es 
schon  in  dasjenige  einrücken  muf';,  das  itzt  unter  der  Presse  ist, 
so  schicke  ich  es.  Ihnen  zu  Ende  der  Messe  durch  einen  unserer 
Bekannten  zur  Durchsicht  mit.  Der  Freund,  der  sie  verfertiget, 
hat  ein  paar  kleine  Anmerkungen  gemacht,  die  ich  nicht  gerade 
\vegstreichen  wollte,  weil  es  den  Schein  einer  zu  freundschaft- 
lichen Partheylichkeit  haben  möchte:  so  bald  Sie  sie  al)er  mifs- 
billigten,  müssen  sie  doch  weg.  . . . 

85.  L.  18.  X.  80.  ...  Engel  sehe  ich  ist  immer  noch  — 
Engel,  der  nachläfsige,  hypochondrische,  launische  Engel.  Unser 
guter  Adelung  Mird  die  Fortsetzung,  mit  der  er  schon  ziemlich 
weit  ist,  künftig  zuerst  in  Ihre  Hände  geben,  und  vielleicht  er- 
halten Sie  schon  durch  die  itzt  zurückkehrende  Mefsgelegen- 
heiten  einen  Theil.  Mich  däucht,  wenigstens  ^^'as  ich  davon  ge- 
lesen habe,  thut  der  Erwartung  eine  Genüge.  ]\Ieine  Freunde 
Zolliki)f!er  und  Garve  denken  eben  so.  Hu-  Blättchen  habe  ich 
Adelung  gegeben  und  er  wird  es  nützen:  ich  habe  mich  immer 
so  Avenig  mit  granuuatikalischen  Untersuchungen  abgegeben,  dafs 
es  mu'  schwer  werden  sollte,  von  vielem  zu  sagen,  warum  ich  so 
und  nicht  anders  schrieb:  lasse  mii-  aber  jede  Bestimmung  von 
Ihnen  und  Adelung  gefallen,  die  ich  zu  meinen  Mustern  nehmen. 
Es  ist  mir  sehr  ärgerlich,  dals  ich  die  Recension  Ihres  Werniken 
schon  habe  müssen  abdrucken  lassen:  aber  ich  hatte  keine  Zeile 
Manuscript  mehr,  der  Buchdrucker  drängte  und  mit  Ausgang  der 
Messe  sollte  1  Stück  fertig  seyn.  Fiü'  mein  Leben  gern  hätte 
ich  sie  Ihnen  erst  zu  lesen  gegeben  und  ihr  videtur  darüber  ein- 


'  Sie  steht  Neue  Bihl.  XXV.  l,  loi.i— 12i'.    \'gl.  die  drei  folgenden  Briefe. 


Briefe  von  Gh.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler.  263 

geholt,  weil  darum  etliche  Bedenklichkciten  aufgeworfen  wcrdeu, 
die  dadiu'ch  wäreu  beantwortet  worden:  Sie  werden  aber  leicht 
glauben,  dafs  sie  nicht  zu  Ihi-em  Nachtheil  ist,  sondern  alles  das 
Eülinihche  dav^on  sagt,  was  Ihre  Bemühungen  verdienen. 

Ich  mufs  doch  in  Berlin  einen  hämischen  Freund  oder  Feind 
haben,  der  mir  bey  jeder  Gelegenheit  einen  Druck  giebt.  Ich 
weils  nicht,  ob  Sie  in  meinem  Kinderfreunde  die  Friedens- 
feyer  gelesen  haben.  Sagen  Sie  mir  ohne  Zurückhaltmig  und 
Sie  werden  mich  unendhch  verbinden,  ob  sie  die  Verachtung 
verdient,  mit  der  gelegentlich  bey  der  Andreischen  Musik  davon 
gesprochen  Mird.  IVIit  Freuden  will  ich  mich  dem  Urtheüe  unter- 
werfen, wenn  Sie  es  für  Avalir  halten:  lassen  Sie  aber  Ihre 
Freundschaft  für  mich  nicht  den  geringsten  Antheil  daran  neh- 
men. Ich  sehe  im  Voraus,  was  ich  vom  5**^"  Theil  meiner 
Trauerspiele  zu  gewarteu  habe.  . . . 

85a.  Ramler  an  Weifse.  [Undat.  Coneept.J  Antw.  Was 
Sie  mir  von  einer  hämischen  Kritik  wieder  ilire  Kinderkomödic 
schreiben  habe  ich  nicht  gelesen.  Aber  eben  lese  ich  das  Gegen- 
theil  im  1  Stücke  des  43.  Bd.  der  allg.  Bibl.  ^>a^.  283.  „Die 
Paar  Kinderscenen  imter  dem  Titel  des  Friedensfestes, 
mögen  wohl  das  beste  Stück  der  Sammlung  seyn,  nicht  eben 
durch  die  Kunst  des  Verf.  —  der  mag  aus  Weifsens  Friedens- 
fever  sehen,  wie  viel  ihm  fehlt  —  sondern  weil  etc.  etc. 

It.  p.  279.  Doch  bequemer  für  den  Leser  imd  auch  wohl 
redHcher  wäre  es  aUemahl  gehandelt,  die  eigenen  Ai-tikel  von 
den  abgeschriebenen  zu  unterscheiden,  und  überhaupt  Bücher, 
Avie  z.  E.  der  Kinder  freund  ist,  die  in  jeder  HausBibHothek 
zu  seyn  pflegen  nicht  zu  oft  plündern,  um  dafs  etc.  etc. 

Und  in  der  Hauptstelle  p.  258.  „Das  kleine  Schauspiel 
Versprechen  mufs  man  h  a  1 1  e  n  ist  eins  der  besten  für  Kin- 
der, sowohl  dem  Inhalt  als  der  Ausführmig  nach.  Eben  das  mufs 
ich  von  dem  Stücke  des  15  Th.  sagen,  welches  heist:  Die  Friedens- 
feyer;  und  gleichfalls  von   der  natürl.  Zauberey   im   18  Th. 

86.    L.  6.  n.  81. 

Mein  hebster,  beister  Freund, 

Ich  mufs  auch  einmal  aufser  unserer  eingeführten  Ordnung, 
und  zwar  auf  das  Begehren  eines  Freundes  an  Sic  schreiben. 
Der  H.  v.  Blankenburg   ein   warmer  Verehrer  von   Ihnen   giebt 


2(54  Briefe  von  Cli.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

auf  Verlangen  luisers  Reichs  eine  Übersetzung  der  lezten  Sulze- 
rischen  Schriften  heraus  und  wird  dieser  eine  Lebensgeschichte 
von  ihm  vorsetzen.  Da  Sie  den  Verstorbenen  ziemlich  nahe  ge- 
kannt haben  und  so  gar  als  Schriftsteller  mit  ihm  in  Verbindung 
gewesen,  so  wünschte  er  wolil  durch  mich  von  des  Mannes 
Charakter  näher  unterrichtet  zu  se}Ti,  weil  er  nicht  gern  Glei- 
mens  und  Hirzels  Posaune '  nachposaunen  möchte.  Besonders 
fehlt  ihm  auch  die  genaue  Geschichte  von  Birem  damaligen  Kri- 
tischen Wochenblatte,  2  und  ich  wollte  doch  nicht,  da  Sie  dabey 
interessiret  waren,  dafs  er  Etwas  hin  schrieb,  das  unwalir  wäre 
oder  Sie  nicht  wollten  gesagt  wissen.  Ich  stehe  Ilinen  dafür, 
dafs  Alles  was  Sie  mh*  über  diese  Sache  schreiben  werden,  oder 
die  Materialien,  die  Sie  zu  S.  Leben  an  die  Hand  geben  kön- 
nen, ohne  Ihrer  zu  erwähnen,  soll  genüzt  werden.  Blankenburg 
ist  mein  vertrauter  Freund  mul  ein  guter  Mann,  der  tiefe  Ein- 
sichten in  die  Philosophie  mit  vieler  Litteraturkenntnifs  verbin- 
det. Er  versichert  mich,  (da  er  bey  dieser  Gelegenheit  die  Sulz. 
Schriften  sehr  genau  durchstudiret,)  dafs  er  das  nicht  darinne 
fände,  was  viele  sich  einbildeten,  und  dafs  selbst  das  Gebiete  der 
schönen  Wissenschaften  betreifend,  Adelung  in  s.  Wörterbuche  die 
Begriffe  von  vielen  Dingen  weit  richtiger  als  jener  bestimmt  habe. 

Garve  hat  mir  vor  einigen  Tagen  geschrieben,  dafs  er  sich  ge- 
freviet  habe,  in  Ihnen  den  Mann  zu  finden,  der  meine  enthuiasti- 
sche  Liebe  für  Sie  so  sehr  rechtfertigte.  ^  Der  gute  Adelung 
grüfst  Sie  von  ganzem  Herzen!  Seine  Grammatik,  wo  er  so 
viel  Schwürigkeiten  zu  überwinden  hat,  wird  iluii  sehr  sauer. 

Mein  Kinderfreund  wird  Ihnen  doch  ordentlich  übergeben? 
Mit  dem  24*-"  Bändchen  werde  ich  schlielsen.  Voller  Angst  er- 
warte ich  die  Recension  meiner  lezten  Trauerspiele  in  der  AUgem. 
Bibliothek.     Ich  wünschte,    wenn   sie   nichts  Gutes   davon  sagen 

'  Hirzel  an  Gleim  über  Sulzer  den  Weltweiseu.  Zwei  Abtheilungen. 
Zürich  und  Winterthur.     1779. 

'^  Critische  Nachrichten  aus  dem  Reiche  tlcr  Gelehrsamkeit.  xVuf  das 
Jahr  1750.  Vgl.  Wagner,  Lessing-Forschungen.  Berlin,  18S1  und  meine 
Dissert.  S.  29  ff. 

^  Garve  schreibt  \'ielmehr  aus  Berlin  {V>.  1.  81):  „Ramler,  der  gewifs 
ein  redlicher,  dienstfertiger  Mann  ist,  wird  durch  etwas  Affeetation,  Egoismus 
und  Einschränkung  aller  seiner  Kenntnisse  auf  Poesie  im  Umgänge  weniger 
angenehm."  i  Briefe  von  Chr.  Gawe  au  Chr.  F.  Weiise.  Breslau,  ISu?,.  1,  IGO.) 


Briefe  vou  Ch.  F.  Weifsc  au  K.  W.  Ramler.  265 

zu  können  glauben,  dafs  sie  dieselben  lieber  ganz  mit  Still- 
schweigen übergiengen.  Ich  habe  es  Hn,  Nicolai  schon  hier  ge- 
sagt, und  bitte  es  ihm  nebst  meiner  freundschaftlichen  Jkgrüfsung 
zu  wiederholen.  Sind  Sie  mit  der  Recension  von  Wernikens 
Gedichten  in  meiner  Bibliothek  zufrieden  gewesen?  Gelegent- 
lich soll  eine  über  die  Nicolaischen  folgen.  . . . 

87.  L.  22.  Y.  81.  Ihr  lieber  Brief,  mein  bester  Fremid, 
kam  in  Absicht  der  kleinen  Nachricht  den  Siüzerischen  Antheil 
an  den  Kritischen  Neuigkeiten,  für  den  Hn.  v.  Bl[ankenburg] 
[betreifend]  zu  spät,  weil  sein  Leben  sammt  der  Vorrede  abge- 
druckt war.  Am  Ende  liegt  so  gar  viel  weiter  nicht  daran,  da, 
wie  ich  sehe,  dieselbige  kritische  Schrift  so  gar  lange  nicht  in 
seinen  Händen  gewesen.  Sulzers  Charakter  scliildern  Sie  so, 
wie  ich  ihn  durch  meine  eigne  Erfahrung  habe  kennen  lernen. 
Einseitige  Liebe  bis  zum  Enthusiasmus  für  seine  Landsleutc  und 
Bitterkeit  gegen  Diejenigen,  die  nicht  seiner  Me}'nung  waren. 
Was  Engel  über  sein  philosophisches  Wörterbuch  sagt,  glauben 
mehrere  und  nur  jüngst  sagte  mir  Jemand,  dafs  er  in  Adelungs 
Wörterbuch  mehr  Bestimmung  von  manchem,  in  die  seh.  Wlss. 
einschlagenden  Worte  und  mehr  Aufschlüsse  fände,  als  in  man- 
chem unter  derselbigen  Rubrik  weitläuftig  abgehandelten  Artikel 
in  jenem  und  unser  Adelung  selbst  sagt,  dafs  er  wenig  Trost 
bey  ihm  zu  seiner  Absicht  gefunden  habe,  so  sehr  er  gehofft, 
sich  darinnen  vorgearbeitet  zu  sehen.  Peace  to  his  Ashes!  Ich 
werde  mich  immer  freuen,  wenn  sein  Andenken  bei  der  Nach- 
welt erhalten  wird.  Lessings  Ruhm  wird  sicher  bleiben,  wenn 
auch  manche  seiner  gelehrten  Streitschrifften  nicht  mehr  sollten 
gelesen  werden.  Sein  Lob  in  der  allg.  Bibl.  imd  in  der  Berl. 
Zeitung  hätte  ihn  freylich  beschämen  müssen,  wenn  er  noch  ge- 
lebt hätte.  So  \del  weifs  ich,  dafs  ilm  sein  Chenmitzer  Bruder,' 
der  .  Conrector,  der  ihm  der  liebste  unter  seinen  GeschAvisteru 
war,  auf  eine  solche  Art  nicht  gepriesen  hätte. 

Die  Stellen  aus  der  allg.  Bibl.,  die  zum  Lobe  meines  Kinder- 
freundes  gereichen,  hatte  ich  damals  nicht  gesehen,  wohl  aber 
ein  Urtheil,  das  bey  Gelegenheit  der  Andräischen  Musik  über 
die  Friedensfeyer  über  den  Dichter   daselbst  gefällt   Anirde:   ich 

'  Theophikis. 


2(ji)  Briefe  vuii  Cli.  F.  Weifsc  an   I\.  W.  Kamler. 

habe  den  Band  nicht  bey  der  Hand.  Am  Ende  mufs  ohnediefs 
ein  Autor  lernen,  jedes  Urtheil  zu  ertragen,  wenn  er  ruhig 
schlafen  [will],  oder  er  mufs  niemals  Autor  werden.  —  Schon 
lange  war  ich  in  WiUens  meine  alten  Komödien  noch  einmal  zu 
überarbeiten:  die  Vergessenheit  aber,  in  die  sie  so  gänzlich  bey 
dem  Publikum  und  auf  der  Bühne  gerathen  sind,  überzeug! 
mich,  dafs  sie  es  nicht  wertli  sind.  Ich  werde  also  wohl  am 
klügsten  thun,  wenn  ich  meine  kleine  Mulse  der  Erziehung  mei- 
ner Kinder  wiedme,  und  die  Autorschaft  andern  überlasse. 

Wenn  es  bey  den  Recensiouen  in  meiner  Bibl.  oft  sehr 
flüchtig  zugeht,  so  müssen  Sie  verzeihen,  liebster  Freimd!  Den 
ganzen  Tag  sitze  ich  in  meiner  Zollbudc,  wo  ich  kein  Buch  bey 
der  Hand  habe  um  eine  Vergleichung  anzustellen,  in  wie  fern 
die  Recensionen  ihre  Richtigkeit  haben,  ^^el  weniger  bin  ich  auch 
selbst  einer  Anstrengimg  fähig:  die  Recension  des  Wemike 
würde  also  freylich  wohl  etwas  besser  ausgefallen  seyn,  wenn 
ich  meine  curas  posteriores  hinzuthun  können:  aber  ich  bin 
immer  froh,  wenn  ich  nur  einmal  ein  Stück  zusammenstoppeln 
kann.  Ich  hätte  längst  aufgehöret,  aber  es  wartet  Jemand  dar- 
auf, der  sie  dann  zu  einem  Tummelplatze  bitterer  Kritiken  und 
Streitigkeiten  machen  würde.  . . . 

88.  [L.]  2.  V.  [83.]  Ja,  mem  bester  Freund,  ich  bin 
krank,  so  krank  gewesen,  dafs  ich  dem  I^ande  sehr  nahe  war, 
von  dem  kein  Reisender  zurückkömmt.'  ...  Ich  \\'ill  Sic  nicht 
mit  der  Geschichte  meiner  Krankheit  unterhalten,  da  solches, 
wenn  Sie  sie  zu  wissen  verlangen,  mein  Sohn  thim  kann.  Die- 
sen überschicke  ich  Ihnen  nebst  seinem  vortrefflichen,  10jährigen 
Lehrer.  Wenn  ich  Ihnen  in  dem  ersten  noch  keinen  Dichter 
übersende,  so  finden  Sie  doch  in  ihm  einen  jungen  16jährigen 
Gelehrten,  der  einen  grofsen  Theil  junger  Leute  von  seinem  Alter 
in  der  alten  Litteratur,   in  der   alten    und    neuern  Geschichte,  in 

1  Vgl.  R am  1er  an  Reich,  7.  V.  8:5.  [ungedr.]:  „Unser  Freund 
"W^eifse  ist  uns  wiedergeschenkt  und  vorgestern  habe  ich  seinen  ersten 
lirief  erhalten  und  sein  wahres  Ebenbild  seinen  lieben  Sohn  umarmt. 
Lange  Zeit  habe  ich  keinen  so  glücklichen  Tag  gehabt,  als  diesen.  Heute 
antworte  ich  auf  seinen  Brief  noch  nicht;  aber  mit  seinem  Sohn  werde 
ich  ihm  desto  niohv  schreiben.  Aber  luciueii  luT/.lichston  rUiils  biltr  ich 
ihm  zu  iiiaehen." 


Briefe  von  Cli.  F.  Weifse  au  K.  ^^^  Ramler.  267 

der  Naturgeschichte,  in  der  theoretischen  und  praktischen  Mathe- 
matik leicht  hinter  sich  zurücldassen  kann;  was  mir  ihn  aber 
lieber,  als  AUes  macht,  der  ein  edles,  freundschaftliches  Herz  und 
alle  Empfindungen  besitzt,  die  den  guten  Menschen  ausmachen. 
. . .  Während  meiner  Krankheit  fiel  mir  der  Gedanke  ein,  wie 
bald  der  Tod  hebende  Freunde,  zumal,  wenn  sie  in  gewisse  Jahre 
kommen,  trennen  kann,  und  da  wünschte  ich  denn,  dais  mein 
Sohn  meine  verehrungswürdigeu  Freunde  in  Berlin  sollte  kennen 
lernen,  ehe  noch  dergleichen  traiu-ige  Vorfälle  kämen.  Er  wird 
Ihnen  von  dem  litterarischen  Abtrag  meiner  Schuld  Alles  mit- 
bringen, was  in  seinem  [!]  Koffer  geht. 

Wie  sehr  habe  ich  mich  gefreut,  dafs  man  dem  vortreff- 
Uchen  Rode  endlich  noch  Gerechtigkeit  wiederfahren  läfst.'  . . . 
Der  Madame  Therbusch  ihr  Leben  steht  im  neusten  Stück  der 
Bibl.,'^  das  nächster  Tage  bey  Ihnen  einlaufen  wird:  Dank  Ihnen 
für  diesen  Beytrag!  Denn  ich  habe  itzt  Noth,  die  Bibl.  vollzu- 
füllen und  Ihnen  verdanke  ich  doch  denselbigen. 

Ihre  herrliche  Ode,  Lob  der  Gottheit,^  hat  mich  sehr 
gefreut  und  in  meiner  Schwachheit  habe  ich  sie  auswendig  gelernt. 

Ich  muk  schliefsen,  Aveil  ich  meinem  Ernst  gern  noch  etliche 
Empfehlungsschreiben  für  meine  Berliner  Freunde  mitgeben 
woUte.  . . . 

89.  L.  20.  VI.  [83.]  Empfehlungsschreiben  für  H.  AVagenseil 
aus  Kaufbeiuren,  der  kleine  Biographien  für  die  Jugend  heraus- 
gegeben, auch  den  Hütten i um  zu  ediren  augefangen.'  ...  Xur 
wiU  ich  noch  melden,  dais  ich  die  Eodischen  Kupfer  zum  gröfs- 
ten  Danke  für  den  braven  lieben  Künstler  erhalten  und  wie  Sie 
aus  der  Bibhothek  werden  ersehen  haben,  auch  der  Länge  nach 
angezeigt  habe.  . . . 

90.  Undat.  [Ende  178o.j  Der  Überbringer  dieses  ist  der 
Königl.  Dänische  Legationsrath  Schiffmann,  Hofmeister  der  Prinzen 


1  Rode  ward  1783  Direktor  der  kgl.  Akademie  der  bildenden  Künste 
und  mechanischen  Wissenschaften  zu  Berlin. 

2  Neue  Bibl.  d.  seh.  Wiss.  XXVIII,  2,  .324—33-1. 

3  ^Lob    der   Gottheit.     Nach   dem    19.   Psalm.''     Berlin.    Mi.nat.^.'^ihr. 
1783,  Aprü,  S.  311  f. 

"  Ulrici    de  Hütten    Opera.     Tom.  T.  Epistolas  ...  complecteus.     Ed. 
Chr.  Jac.  Wagenseil.     Lips.  17.^3.     Weiter  nichts  erschienen. 


2t!8  Briefe  von  Cli.  F.  Weifsc  an  K.  W.  Kamler. 

von  Schlefswig  Holstein  Augustenburg.  Er  so  wohl  als  diese 
wünschen  Sie,  mein  bester,  kennen  zu  lernen  und  ich  möchte 
ihnen  gern  diesen  Vortheil  verschaifen,  da  sie  meine  Freunde  sind. 
A^orzüglich  zeichnet  sich  der  Erbprinz  ^  durcli  seinen  reifen  Verstand 
und  durch  sein  vortreffliches  Herz  aus:  er  ist,  (doch  unter  uns!) 
der  Bräutigam  der  jungen  Königl,  Dänischen  Prinzefsin,  und  studiret 
itzt  mit  seinen  beydeu  Brüdern  bey  uns,  die  bereits  Obristliieute- 
nants  in  Dänischen  Diensten  sind.  —  Doch  genug  von  Prinzen ! 

.  . .  Gern  hätte  ich  Ihnen  den  ersten  Theil  vom  Briefwechsel 
der  Familie  des  Kinderfreundes  ^  mitgeschickt :  aber  Ihr  Chodo- 
wiek}'  hält  uns  mit  den  Kupfern  auf,  und  verspricht  sie  erst  mit 
Ende  des  Monats  zu  liefern:  doch  Sie  werden  nicht  viel  dabey 
verUeren.  Es  läuft  Etwas  Unnatürliches  in  diesem  Briefwechsel 
mit  unter,  das  ich  ihm  nicht  habe  beuelunen  können.  . . . 

91.  L.  18.  V.  84.  Auch  ich,  mein  bester  Freund,  habe 
einen  sehr  traurigen  Winter  gehabt.  Fünf  Wochen  lag  ich  an 
einem  bösen  Fufse  krank,  wo  die  Rose  vor  der  Zeit  blühte  und 
noch  geht  der  Wundarzt  zu  mir:  Dann  lagen  alle  meine  Kinder 
am  Scharlachfieber,  bösen  Hälsen,  und  Masern  hart  danieder:  ja, 
meine  älteste  Tochter  Henriette  war  nur  einen  Schritt  vom  Grabe 
entfernt.  Gottlob!  dafs  es  überstanden  ist.  Unsere  völlige  Ge- 
nesung erwarten  wir  mm  von  der  heilenden  Hand  des  Frühlings. 

Dank  Einen  für  die  lezten  Theile  des  Zuschauers,^  der  eine 
imterhalteude  Lectürc  auf  dem  Laude,  vorzüglich  füi*  meine  Fa- 
milie abgeben  wird.  Die  Gedichte  Iln-es  edlen,  verblichenen 
Freundes,  des  Past.  Götz,  habe  ich  seinem  Sohne  selbst  einge- 
händiget,*  und  da   er  sie  hier   drucken   lassen   wiU,   mich  gegen 

'  Vgl.  den  81.  Brief. 

■'  Vgl.  Minor,  S.  348  f. 

^  Auszug  des  Englischen  Zuschauers  nach  einer  neuen  Übersetzung. 
Acht  Bände.  Berlin  1782  f.  Über  diesen  Auszug  des  .jSpectator"  von 
Addison,  welchen  Ben  zier  unter  Ramlers  Mitarbeit  übersetzte,  vgl. 
Seuffert  im  A.  f.  Lg.  IX,  512  ff. 

^  Gottl.  Christ.  Götz,  Buchhalter  in  der  Schwanschen  Buchhandlung 
zu  Mannheim,  schreibt  am  15.  V.  S4  aus  Leipzig  au  Ramler:  ^Hcrr 
KreissteuerEinnehmer  Weifse  hatte  die  Güte  mir  Ihre  geehrteste  Zuschrift 
vom  Ite»  dieses  [abgedruckt  bei  Voss,  Über  Götz  und  Ramler.  Maunh. 
1809.  kS.  119  f.]  persönlich  zu  üborlicforn.  l>ey  meiner  Ankunft  in 
Leipzig  konnte  mich  nichts  angenehmer  überraschen,  als  dieser  Brief  aus 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  un  K.  W.  Raiuler.  269 

ihn  erboten,  die  lezte,  oder  auch  die  erste  Korrektur  zu  über- 
nehmen. Ich  werde  mich  dabey  genau  nach  Ihrer  Vorschrift 
richten  und  alle  Mühe  darauf  Menden.  Wenigstens  habe  ich  den 
Vortheil,  dafs  ich  Ihre  Circulos  kenne,  und  wenn  mir  eine  Be- 
denklichkeit aufstofsen  sollte,  geschwind  anfragen  kann. 

Adelung,  der  sich  Ihrer  Freundschaft  recht  herzlich  emplii-hit, 
lälst  itzt  das  2^^*  Stück  seines  2'«»  Theils  vom  Magazin  drucken: 
so  bald  es  die  Presse  verlassen,  wird  er  die  beiden  Stücken  zu- 
gleich schicken. 

Haben  Sie  denn,  mein  liebster,  den  Briefwechsel  der 
Familie  des  Kinder  freund  es  erhalten?  Geschickt  habe 
ich  ihn  durch  den  Verleger;  nnd  so  Gott  Avill!  mid  Herr  Chodo- 
wiezky  [!],  so  erhalten  Sie  den  2*'^"  Band  diese  Messe  noch  durch 
die  Buchhändler.  Sagen  Sie  mir,  ob  Sie  damit  zufrieden  sind? 
Denn  Ihr  Beyfall  geht  mir  über  Alles.  Ich  sehe,  dafs  mau  für 
die  Deutschen  Kleinigkeiten  schreiben  mufs,  wenn  man  I^ob  er- 
halten will.  Der  Kinderfreuud  hat  mir  mehr  Beyfall  verschaff, 
als  Alles  was  ich  in  der  Welt  geschrieben  habe:  Doch  erkenne 
ich  auch  hier,  so  eitel  es  aus  dem  Munde  eines  Autors  klingt: 
magna  fama,  magmim  malwa!  Ich  werde  von  Aufträgen, 
Hofmeister  und  Kinderlehrer  zu  verschaffen  und  von  Briefen 
von  Aeltern  und  Kindern  bald  überschüttet,  und  diese  Messe  bin 
ich  von  Besuchern  so  bestürmt  worden,  dafs  sie  die  beschwer- 
lichste für  mich  gewesen,  die  ich  jemals  gehabt  habe.  Aufser- 
dem  ist  eine  Menge  gelelu'ter  Zugvögel  hier  gewesen,  die  mir 
itzt  die  fürchterlichsten  sind,  da  Sie  anfangen,  ihre  nichtsbedeu- 
tenden Reisen  drucken  zu  lassen.'  . . . 


diesen  Händen  und  ich  freute  mich  herzlich,  über  die  längstgewünschte 
Nachricht,  dals  Sie  nun  mit  Bearbeitung  und  Ordnen  der  Gedichte  mei- 
nes sei.  Vaters  völlig  zu  Stand  gekommen.  . . .  Noch  ist  es  nicht  ent- 
schieden, ob  ich  die  Gedichte  hier  oder  in  Mannlaeim  drucken  lafse ;  Solten 
sie  aber  hier  gedruckt  werden,  so  will  Hr.  Kreis-Steuer  Einnehmer  Weifse 
so  gütig  seyn  die  Revision  zu  übernehmen,  wobey  die  Gedichte  gewifs 
nichts  verlieren."  Derselbe  am  7.  IX.  81  aus  Mannheim:  ,Ich  lafse  es 
hier  verfertigen,  weil  Papier,  Drucker,  Kupferstecher  wohlfeiler  sind,  als 
in  Leipzig,  ich  auch  auf  Correctur  und  das  typographische  überhaupt 
mehr  Sorgfalt,  mit  Beihülfe  Hn.  Schwans,  der  die  rerision  liefst,  verwen- 
den kann,  da  alles  unter  unsern  Augen  gemacht  wird." 
'  Hier  folgt  ein  unleserlicher  Satz. 


.270  Briefe  von  Ch.  V.  ^Vei^se  an  K.  W.  Ramler. 

Vor  kurzem  war  auch  ein  neuer  Hofmeister  des  jüngsten 
Prinzen  Hires  Königl.  Prinzen  Ferdinands  bey  mir.  Man  sagt 
niir,  Campe  habe  ihn  empfohlen.  Kennen  Sie  den  jungen  Mann? 
— :  Wohl,  wir  denken  gewil's  —  einer  wie  der  andere.  Leuehsen- 
ring  ist,  wie  ich  h()re,  Hofmeister  des  künftig-kihiftigen  Kron- 
erbeu  geworden.^     Auch  ihn  habe  ich  vor  kurzem  hier  gesprochen. 

Sie  müssen  noch  lange  leben  und  noch  viele  Ausgaben  Ihrer 
Schriften  selbst  besorgen :  Denn  ich  rechne  darauf,  dal's  Sie  noch 
auf  meine  Urne  eine  Thränen  [!J  sollen  fallen  lassen !  . . . 

92.  L.  22.  X.  84.  Der  Anlauf  von  Menschen  ist  diese 
Messe  bey  mir  so  grofs  gewesen,  dais  ich  noch  wie  in  einem 
Rausche  schreibe.  Noch  ist  die  Cammerherrin  von  der  Reck  - 
und  unser  beyder  alter  Freund  Grothauseu  mit  seiner  Frau  hier, 
die  auch  den  Winter  hier  bleiben  wollen,  und  von  denen  der 
erste  sehr  krank  ist.  . . . 

Ihr  Cyrus  •*  hat  mir  viel  Freude  gemacht.  Tausend  Dank 
dafür,  so  wie  für  die  Anzeige  der  Rodischen  Blätter:  sie  selbst 
habe  ich  noch  nicht  erhalten:  Doch  bin  ich  im  A^oraus  dem  lie- 
ben Geber  verbunden.  Meine  Zeit  Verse  und  Dramen  zu  machen 
ist  ganz  vorbey:  Ist  es  Liebe  für  den  alten  Geschmack,  oder 
Mangel  des  Gefühls:  aber  ich  kami  mich  gar  nicht  mit  uuseru 
Mode  Dramen  und  dem  Theater,  wo  mau  nichts,  als  solche 
Haupt  und  Staatsactionen  sieht,  vertragen.  Alle  Embryonen,  die 
ich  sonst  noch  im  Kopfe  mit  mir  umher  trug,  sterben  nach  und 
nach  ab,  und  die  Welt  wird  so  wenig  dabey  vei'lieren,  als  ich : 
Denn  mein  Haus  ist  itzt  meine  Welt  und  meine  Kinder  meine 
Musen:  für  diese  ai'beite  ich  noch  und  spiele    mit    ihnen.     Ganz 


'  Franz  Michael  Leuchseuriug  wurde  im  April  17S1  von  Friedrich 
d.  Gr.  zum  Lehrer  des  l*rinzen  Friedricli  Wilhelm  (IIl.)  in  den  Anfangs- 
gründen der  Dialektik  ernannt,  blieb  aber  nur  bis  zum  Juni  d.  J.  im 
Amte.  Vgl.  H.  v.  Sybel,  Zwei  Lehrer  Friedrich  Willielms  m.  in  der 
Philosophie  (Berliner  Ak.  Berichte  1871),  S.  714  ü\). 

*  Vgl.  Sophie  Beckers  Tagebuch  „Vor  hundert  Jalueu",  hg.  v.  Karo 
und  Geyer  (Stuttgart  1881),  S.  58— G?.. 

3  „Cyrus  und  Kassaudane.  Ein  Singespiel",  auf  Herzog  Peters  von 
Kurland  Vorschlag  zum  Empfange  des  Czaren  verfertigt,  aber  nicht  auf- 
geführt. Zuerst  gedruckt  in  der  Berlinischen  Monatsschrift  178J,  August, 
S.  97 — 130,  dann  einzeln  Berlin  178ti  in  8".  In  Musik  gesetzt  von  J.  D. 
Hensel.     Halle  1786.    4". 


Briefe  von  Cb.  F.  Weifse  an  K.  W.  Raniler.  .271 

gewifs  würden  Sie  mit  Ihrer  feinen  musikalischen  Oper»  den 
Metastasio  und  Qvinaiüt  ausgestochen  haben,  wenn  Sie  für  Ge- 
sangspiele hätten  arbeiten  wollen:  Denn  wer  ist,  der  es  Ihnen 
an  Wohlklange  der  Verse  gleich  thut? 

Von  neuen  Mefsbüchern  habe  ich  noch  wenig  gelesen :  doch 
bin  ich  auf  Engels  Älimik^  begierig,  ob  ich  gleich  zweifle,  dal's 
dadurch  bessre  Schauspieler  werden  gebildet  werden.  Stollbergs 
Jamben  3  haben  in  einem  Schweizer  Journale  über  theologische 
und  schöne  Litteratur  eine  schreckliche  Rezension  bekommen. 
Unser  Adelung  sagt,  dals  er  mit  seinem  Wörterbuche  lange  fer- 
tig sey,  und  es  blofs  au  Breitkopfen  läge,  dafs  es  nicht  abge- 
druckt wird;  ja  er  versichert,  dafs  er  schon  wieder  zu  4.  Qvar- 
tanten  Supplemente  liegen  habe.  Zum  Grofsen  Lexico  hat  er 
die  lezte  Messe  einen  4**  Band  von  6.  Alphabeten  geliefert  und 
itzt  arbeitet  er  an  einer  philosophischen  Grammatik,  die  in  3.  Bau- 
den erscheinen  soll.  Sie  werden  wenigstens  daraus  schliefsen, 
dafs  er  nicht  müfsig  geht.  . . . 

93.  L.  20.  I.  85.  ...  Können  Sie  glauben ,  dafs  ich  sie 
[Madame  Koch]  auch  nicht  ein  einzigmal  seit  ihren  Hierseyn  be- 
suchet? ...  Nun  will  ich  ihr  heute  vor  ihrer  Abreise  wenigstens 
noch  diesen  Brief  überbringen,  und  ihr  meinen  Segen  auf  den 
Weg  geben. 

Ob  wir  gleich  itzt  nur  die  Messen  über  ein  Schauspiel  hier 
haben,  so  bin  ich  doch  in  2.  Jahren  nicht  hineingekommen. 
Sclihefsen  Sie  daraus  auf  meine  Gleichgültigkeit  für  dasselbe. 
Immer  hängt  mir  noch  der  altvaterische  Geschmack  von  Plane, 
Ordnung,  Wahrscheinlichkeit  u.  s.  w.  an,  als  dafs  ich  die  aller- 
meisten neuen  Schauspiele  mit  allen  ilirem  Guten  verdauen 
könnte.  —  Tausend  Dank!  dafs  Sie  noch  den  Krispus  einmal 
\\aeder  in  Erinnerung  bringen  wollen:  eine  andere  Frage  ists,  ob 
Einen  auch  das  Publikum  dafüi'  danken  wii"d :  Dafs  Sie  mit  mei- 
nem Briefwechsel  der  Familie  des  Kinderfreundes  zufrieden  sind, 
macht  mir  wahre  Freude,  und  ich  beschwöre  Sie,  als  einen  mei- 
ner ältesten  Freunde,   dafs  Sie  mir   Avinken,   wenn    ich    aufhören 

*  Siehe  vorige  Seite  Note  3. 

■■'  Ideen  zu  einer  Mimik.     Berlin  1785  f.  II.  (augekündigt  im  T.  Mer- 
kur 1782,  II,  179). 

^  Jamben.     Leipzig  1784. 


272  Briefe  von  C'h.  F.  Weifse  au  K.  W.  Ramler. 

soll.  Selten  hat  man  Selbstgefühl  und  Selbsterkenntnifs  genug, 
um  zu  fühlen,  Avenn  die  Kräfte  zu  sinken  anfangen. 

Die  Kammerherrin  von  der  Reck  ist  in  Ellrich  bev  Gücking;, 
nachdem  sie  hin  und  her  auf  den  Witz  umhergereiset  ist  und 
sieh  zulezt  auch  in  Weimar  noch  4.  Wochen  aufgehalten  hat. 
Ich  verehre  sie  von  ganzem  Herzen :  aber  —  unter  uns  gesagt ! 
wenn  sie  auch  keine  Verse  machte,  würde  ich  sie  verehren :  wir 
verstehn  einander!  .  .  . 

Mit  innigster  Erwartung  sehe  ich  Ihrer  Ausgabe  von  Götzens 
Gedichten  entgegen :  Dann  wird  man  sich  doch  wieder  einmal 
von  den  holprichten  Versen,  die  man  bisher  verschlucken  müssen, 
erholen  können.  . . . 

94.  L.  5.  IL  [85.]  Schon  so  oft,  mein  befster  Freund,  sind 
Sie  mir  durch  Ihre  vortreffliche  IVile  zu  Hülfe  gekommen:  o 
darf  ich  es  wagen,  Sie  wieder  um  dieser  ihre  Politur  zu  bitten? 
Nicht  ich  allein,  die  Ehre  Deutschlands  so  wohl,  als  die  Ehre 
Ihres  innigen  Freundes  gewinnt  dabey.^  Schon  vorm  Jahre  sagte 
ein  in  dem  Dresdner  Journale  von  Kanzler  und  Meifsner 
eingerückter  Brief  von  unserm  engl.  Gesandten,  dem  Grafen  von 
Brühl,  dafs  die  königl.  Familie  daselbst  viel  Vergnügen  am 
Kinderfreunde  fände  —  in  einem  neuerlichen,  ebenfalls  daselbst 
stand  wieder:  „Er  habe  den  Königlichen  Prinzessinnen,  die  sehr 
unzufrieden  gewesen,  dafs  der  Kinderfreund  aufgehört,  gesagt, 
dafs  er  fortgesetzt  würde,  und  sie  hätten  viel  Freude  darüber 
bezeugt."  ■ —  Diels  war  mir  nun  weiter  ganz  gleichgültig,  da  das 
Lob  eines  Kenners,  wie  Sie,  mir  weit  mehr  schmeichelt.  In- 
dessen erhalte  ich  einen  Brief  vom  7.  Jänner  von  dem  Hof- 
meister eines  irländischen  Lords,  der  ein  alter  Freund  von  mir 
ist,  und  rah'  sagt,  die  Lertrice  der  Königin  habe  ihm  erzählt, 
was  schon  der  Graf  Brülil  in  seinen  Schreiben  erwähnt  und  die 
Königin  liefs  mich  fragen,  ob  ich  ihn  denn  fortsetzte?  Ich  ant- 
wortete meinem  PVeund,  dafs  solches  im  Briefwechsel  ge- 
schähe, und  dafs  ich  bey  der  schmeichelhaften  Nachricht,  die  ich 
schon  damals  in  einem  deutschen  Journale  gefunden,  auf  den 
Gedanken  gekommen  wäre,  der  jungen  Königl.  Familie   in  einer 


'  Vgl.  zum  folgenden  Weifses    Selbstbiographie   S.    \96  f.   und   den 
103.  Brief. 


Briefe  von  Ch.  F.  Welfse  an  K.  W.  Ramler.  273 

kleinen  Zueignung  diese  Fortsetzung  zu  übersenden:  es  sey  aber 
nun  zu  spät,  weil  ich  schon  2.  Bcändchen  geliefert  habe.  Hier- 
auf schreibt  mii-  mein  Freund,  der  meinen  Brief  der  Lectrice  ge- 
wiesen: sie  habe  ihm  denselben  abgefodert,  und  da  sie  dem 
König  und  der  Königin  davon  gesagt,  hätten  sie  sich  ihr  ihn  [!] 
geben  lassen,  und  ihn  ganz  dm-chgelesen,  worauf  ilir  die  lezte 
gesagt,  sie  sollte  mir  schreiben,  ob  es  dazu  nicht  noch  Zeit  bey 
dem  3**^"  Theile  wäre,  sie  würde  solches  mit  grofsem  Ver- 
gnügen sehen:  ich  könnte  mich  selbst  darauf  berufen,  ich  sollte 
es  aber  nicht  allen  ihren  Kindern,  sondera  nur  ihren  beyden 
ältesten  Prinzessinneu,  Charlotten  Augusten,  und  Augusten  So- 
phien zusclii-eiben,  weil  diese  deutsch  am  befsten  sprächen.  — 
Was  soll  ich  thun?  Auf  diesen  Wink  kann  ich  nicht  zurück 
bleiben,  so  unangenehm  es  mir  von  der  Seite  ist,  da  der  3'®  Theil 
schon  vor'  14.  Tageu  fertig  ist  und  eben  sollte  versendet  wer- 
den. In  der  grölsten  Eil  habe  ich  hier  beygelegte  Erzählung 
entworfen,  A\eil  diefs  die  leichteste  Versart  für  mich  ist,  der 
hohe  Odenton,  der  ^^elleicht  der  schicklichste  gewesen  wäre, 
meine  Muse  nicht  kleidet,  und  vielleicht  für  die  Prinzessinnen 
auch  unverständlich  gewesen  wäre;  endlich  auch  die  leichte  Er- 
zählung dem  Inuhalte  augemessen  ist.  O!  dafs  ich  das  Talent 
liätte,  auf  eine  so  feine,  delikate  Art,  wie  Sie,  die  Grol'sen  zu 
loben:  Doch  ich  gebe  was  ich  kann,  und  vielleicht  hilft  mir  das 
gute  Vorurtheil,  das  mau  für  mich  gefafst  hat,  fort.  Bessern 
Sie,  Hebster  Freund,  was  zu  bessern  möghch  ist.  Wenn  man 
im  Tumulte  der  Einnahme,  die  gerade  bey  mir  itzt  am  stärk- 
sten ist,  ohne  nur  seine  Gedanken  ein  wenig  zu  sammeln,  etwas 
hinwerfen  mufs,  so  darf  mau  freylich  nichts  hervorstechendes  er- 
warten. Be^mi  Grofsen  taugen  aber  auch  Klopstockische  Schrauben 
nicht  immer.  Ist  es  Ihnen  möghch,  mir  etwa  in  8.  Tagen  diefs 
Epistelchen  wieder  zu  senden,  so  würden  Sie  zu  so  viel  Freund- 
schaftsdiensten, die  ich  Ihnen  schon  durch  mein  Leben  schuldig 
bin,  emen  neuen  hinzuthun.  Erlaubt  es  Ihre  Mufse  aber  nicht, 
so  melden  Sie  mir  es  nur  in  zwo  Zeilchen  und  vertilgen  Sic  die 
Handschrift.  .  . . 

[Beilage:]  Der  Ruf,  der  Vogelschnell  durch  weite  Länder 
flieht,  etc. 

95.     L.  28.  n.  85.    Ich  kann  den  Überbringer  dieses  HEn. 


Aiohiv  f.  II.  Spi-aclicn.     LXXXII. 


18 


274  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  AV.  Raniler. 

Doli,  aus  Gotha/  einen  liebenswürdigen  Künstler,  und  einen  der 
gr()fstcn  Bildhauer  in  Deutsehland,  nicht  hierdurch  gehen  lassen, 
ohne  Hineu,  bester  Freund,  tausend  Dank  für  Ihre  so  fehlen 
Verbesserungen  meiner  lezten  Zueignung  zu  übersenden.  Ich 
habe  sie  alle  bis  auf  2.  Zeilen  benützt,  wovon  ich  Unien  bey 
der  nächsten  Übersendung  die  Ursachen  schreiben  will,  da  ich 
Ihnen  gern  noch  etwas  von  Doli  sagen  möchte.  Der  Herzog 
von  Gotha  hat  ihn  8.  Jahre  lang  in  Italien  arbeiten  lassen,  wo 
er  selbst  3.  Jahre  in  Rom  eine  Werkstatt  eröffnet.  Er  ist  der- 
jenige, der  unserra  Winkelmaun  das  dort  aufgerichtete  Monument 
verfertiget  und  viel  schöne  Sachen  modelliret  imd  in  Marmor  ge- 
hauen. Mich  und  unsern  Zollikoffer  hat  er  vor  2.  Jahren,  da  er 
hier  für  Oeseru  an  dem  Monumente  der  Königin  INIathilde  arbeitete, 
sehr  «rlücklich  modelliret  und  itzt  hat  ihn  der  Graf  v.  Schmettau 
nach  Berlin  sich  auf  3.  Monate  vom  Herzog  von  Gotha  erbeten. 
Er  wünscht  Sie  und  Ihren  trefflichen  Rode  vorzüglich  kennen  zu 
lernen,  und  da  er  ein  so  guter  Mann  ist,  habe  ich  seine  Federung 
zu  billig  gefunden,  als  dafs  ich  sie  ilim  verweigern  konnte.  . . . 

96.  L.  4.  V.  85.  ...  HEn.  Rellstab  habe  ich  zweymal  ge- 
sehen. Wenn  er  aber  unsre  Künstler  durch  mich  will  kennen 
lernen,  so  mufs  er  aulser  der  Messe  kommen:  Doch  braucht  er 
mich  auch  dazu  nicht:  denn  so  viel  ich  ihrer  nur  kenne,  sie 
mögen  Hiller  oder  Bause  heifsen,  so  sind  sie  alle  so  meuschen- 
freimdlich,  ^vie  Ihr  lieber  Rode,  dafs  jeder  Besuch  des  guten 
Mannes  ihnen  willkommen  ist.  Freylich  hat  unser  lieber  Banse 
seine  vortreffliche  Tochter  verloren,-  an  Geist  und  Körper  schön 
und  voller  Talente.  Meine  Henriette  hatte  mit  einem  andern  jungen 
Frauenzimmer  mit  ihr  und  ihrer  Schwester  diesen  AMnter  ein 
Kränzchen  zusammen,  und  diese  drangen  mir  beyliegendes  äulserst 
flüchtige  Gedichte  in  ihrem  Namen  ab:  da  es  den  Begräbnifstag 
vertheilt  seyn  und  mithin  gleich  gemacht  und  auch  abgedruckt 
sevn  mufste,   so  können  Sie  leicht  auf  die  Zeit  rechnen,   die  ich 


>  Friedrich  Wilhelm  Doli  (1750—1810),  von  1773  bis  1781  in 
Rom,  dann  Hofbildhancr  und  Professor  in  (Jotlia.  Von  ihm  u.  a.  Les- 
sings  Denkmal  in  der  Wolfenbüttler  Bibliothek  und  Büsten  von  Mengs, 
Winckelmann  und  Keppler.  Vgl.  Beck,  Ernst  IL,  Herzog  von  Sachsen- 
Gotha  und  Altenburg.     Gotha  1854,  S.  211. 

'■'  Vgl.  unten  den  08.  Brief. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler.  27."» 

darauf  wenden  konnte:  o  dafs  ich  nicht  Ihre  Feile  dabey  zu  Hülfe 
rufen  konnte!  wenn  es  sich  anders  der  Mühe  verlohnt  hätte!  — 
Tausendmal  dankt  Ihnen  der  redliche  Vater  für  Ihr  Mitleid. 

Den  guten  Abbt  Blarer  kannte  ich  schon,  und  seiner  zu 
geniel'sen,  hatte  ich  kein  ander  Mittel,  als  dalls  ich  ihn  ein  [)aar 
mal  zu  Tische  bat:  Der  Mann  sollte  in  seiner  Kirche  wegen 
seiner  philosophischen  Denkungsart  ein  Heiliger  werden. 

Reich  hat  mir  seine  Schwürigkeiten  bey  Ihrem  Briefe  an 
ihn  '  schon  in  Weg  geworfen.  In  der  Messe  ist  er  halb  ver- 
Mirrt  und  ungeachtet  ich  schon  ein  paarmal  auf  ihn  Jagd  ge- 
macht, so  habe  ich  ihn  doch  immer  in  Abrechnung  mit  seinen 
Buchhändlern  gefunden.  Mir  würden  Ilire  Verbesserungen  vor- 
trefflich behagen.  Welcher  Logau  indessen  besser  abgehen  würde, 
ob  der  neue  oder  der  alte,  traue  ich  mir  kaum  zu  sagen:  Denn 
ich  habe  wohl  auch  schon  die  albernen  Urtheile  gehöret,  dals 
man  einem  alten  Dichter  seine  Sprache  lassen  müsse,  um  das 
Charakteristische  derselben  bem'theüen  zu  können:  aber  unser 
PubKkum  macht  es  wie  das  Volk  in  der  Fabel,  der  Vater  mag 
auf  den  Esel  reuten,  oder  ihn  führen,  nie  macht  ers  ihm  recht. 
Das  sclilimmste  aber  ist  seine  Kälte  und  sein  Undank  gegen 
seine  alten  ersten  Dichter.  Schon  die  Namen  Opitz,  Logau, 
Wernicke  sind  ihnen  Popanze,  vor  denen  sie  laufen,  indessen 
dafs  die  Franzosen  und  Engländer  ihre  ersten  alten  Dichter,  un- 
verbessert,  und  verbessert,  alle  Jahre  ^^•ieder  drucken,  und  ich 
denke  oft,  dafs  es  in  Deutschland  kaum  der  Mühe  lohnt,  sich 
Lorbeern  zu  sammeln,  weil  sie  dieselben  dem  Dichter  gemeinig- 
lich mit  ins  Grab  nehmen  und  da  verfaulen  lassen. 

Ihr  braver  Abramson  hat  mir  viel  Ehre  erwiesen  und  Sie 
noch  melu-,  durch  Ihre  herrhche  Ei-findimg,-  die  sich  allgemeinen 

1  Vom  11.  IV.  85,  worin  es  heifst:  ^ Jetzt  bin  ich  bey  der  Vermeh- 
rung des  Logau ;  denn  verbessert  ist  er  in  dem  vorigen  Jahre  schon  ganz. 
. . .  Schreiben  Sie  mir  nur,  ob  Sie  es  gegen  die  Ostermesse  1780  brauchen 
können.  Ich  kann  es  im  Julius  Ihnen  schon  völlig  druckfertig  zustellen." 
Diese  zweite  Ausgabe  des  zuerst  1759  mit  Lessiug  herausgegebenen  Logau 
erschien  erst  1791. 

2  Eine  Medaille,  erfunden  von  Ramler,  gezeichnet  von  Frisch.  Auf 
der  Vorderseite  WeiTses  Kopf,  auf  der  Rückseite  das  Brustbild  der  Pallas, 
daneben  ein  Lorbeerbaum  mit  den  SymboltMi  der  Tragödie,  Komödie  und 
Ivvrik,  und  der  Umschrift:  Latet  sub  Pallade  mentor. 

18* 


27G  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

Beyfall  erwirbt,  ob  sie  gleich  für  mich  ])eynahe  zu  rühmUch  ist! 
Tausend  Dank  für  diesen  neuen  Beweis  Ihrer  Freundschaft! 
Ich  wünschte  dem  guten  Künstler  zum  Besten,  dafs  er  sie  an 
das  hiesige  Intelligenz  Comtoir  in  Commission  etwa  zur  INIichael- 
messe  schickte,  da  es  diese  nicht  geschehen:  vielleicht  machten 
Aeltern  ihren  Kindern  damit  ChristGescheuke :  Denn  bei  diesen 
glaube  ich  noch  in  dem  besten  Credit  zu  stehen.  Die  Bekannt- 
maclumg  in  der  Gothaischen  und  I^itteratur  Zeitung  und  in  den 
Hamburgischen  würde  ihm  auch  gut(!  Dienste  thun,  weil  diese 
am  meisten  gelesen  werden. 

H.  Götze  luit  mir  gesagt,  dafs  seines  Vaters  Gedichte  ^  an 
Sie  vor  8  Tagen  abgegangen  shid.  Er  ist  spät  hier  angekom- 
men. Noch  habe  ich  sie  nicht  gelesen;  so  wie  Nichts  von  der 
Messe:  ich  freue  mich  aber  sehr  darauf  imd  bewahre  sie  für 
eine  Frühlingskost  in  Stötteritz  auf,  wo  ich  mich  in  den  ersten 
schönen  Maytagen,  flie  nicht  kommen  wollen,  recht  daran  laben 
will.  So  haben  wir  doch  diese  Messe  wenigstens  etwas  recht 
Vortreffliches  in  seiner  Art,  durch  Ihre  Fürsorge  erhalten. 

Ich  finde  im  Mefsverzeichnil's  den  Schlaftrunk  von  Lessmg.- 
Gewifs  ein  von  ihm  erhaschter  Plan,  den  ein  Stümper  ausgeführt. . . . 

97.  L.  24.  V.  86.  EmpfehlimgsbiUet  für  Mag.  Schmidt,  ein 
gelelirter,  geschickter  und  in  der  Litteratur  sehr  bewanderter  Mann. 
Er  ist  von  Ulm,  wo  er  auch  bereits  seine  künftige  Versorgung  zu 
gewarten  hat,  und  den  Winter  über  hier  bey  unserm  neuen  Super- 
intendent, dem  D.  Rosenmüller  gewesen.  . . .  Sie  haben  doch  den 
ßten  'Y\\q\\  meiner  Kindereyen,  ich  meyne  den  Briefwechsel  erhalten  ? 
Unsers  lieben  Rode  Anhang  zu  dem  A'^erzeichnisse  seiner  radirten 
Blätter  habe  ich  empfangen  und  in  meine  Bibliothek  einrücken 
lassen.  Izt  übersetze  ich  ein  Buch  über  die  alten  Jungfern,  von 
dem  Dichter  Hayley,^   welches  mir  viel  Vergnügen  macht.  . . . 


'  Vermischte  Gedichte  von  Johann  Nikolas  Götz.  Herausgegeben 
von  Karl  Wilhelm  Ramler.  III  Theile.  ^lanuheim  1785.  Leider  noch 
immer  die  einzige,  völlig  unzureichende  Ausgabe  dieses  Dichters. 

-  Der  Schlaftrunk  . .  zu  Ende  gebracht  vom  Verf.  der  Jugendgeschichtc 
Karl  und  Sophie.     Regensburg  1785.    8". 

^  Ein  philosophischer,  liistorischer  und  moralischer  Versuch  über  die 
alten  Jungfern.  Von  einem  Freunde  der  Schwesterschaft,  aus  dem  Eng- 
lischen.   Leipzig  1780.    III.    8^ 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifsc  an  K.  W.  Ramler.  277 

98.  L.  12.  IX.  86.  Liebster,  bester  Freund,  |  Ich  kanu 
meinein  Herzen  unmöglich  die  Gewalt  anthun,  und  ilim  bey  dem 
Glücke,  das  Ihnen  wiederfahren  ist,i  es  [!J  nicht  überströmen 
lassen,  da  es  von  Freude  ganz  voll  ist.  Hir  neuer  König  hat 
Sie  mit  einer  ansehnhchen  Pension  begnadiget,  eine  Gnade,  die 
Sie  zwar  längst  tausendmal  verdient  hätten:  aber  wie  viel  Ver- 
dienste bleiben  nicht  unerkannt  und  unbelohut?  Diese  erkannt 
imd  belohnt  zu  sehen,  sie  bey  einem  solchen  ]\Iannc,  einem 
Freunde,  den  man  so  hebt,  -wie  ich  Sie  liebe,  erkannt  und  be- 
lohnt zu  sehen,  das  verdient  wohl  Dank  und  Freude,  und  seit 
langer  Zeit  habe  ich  keine  freudigere  Überraschung  gehabt,  als 
die  mir  die  Zusendimg  dieser  Nachricht  gemacht.  Auch  kann 
ich  Sie  aufrichtig  versichern,  dafs  ganz  Leipzig  daran  Antheil 
nimmt  und  dafs  Hir  König  darüber  mehr  Lobsprüche  einge- 
erndtet  hat  als  wenn  er  schon  die  Hälfte  der  Lorbeern  seines 
Vorfahren  erhalten  hätte.  Jedes  hält  ilm  nun  für  einen  gerech- 
ten, Menschen  hebenden  König,  der  Verdienst  kennt  und  ehrt, 
und  sein  Volk  glückHch  machen  wird:  und  dai's  er  meinen 
Rammler  hebt  —  was  ist  das  vollends  für  mich  füi-  eine  Süfsig- 
keit!  Ich  weifs,  dals  Geld  in  der  Welt  nicht  glücklich  macht, 
und  dafs  Sie  keiner  vermehrten  Einkünfte  bediu"ften,  um  der 
Weise  und  glückliche  Mann  zu  seyn,  der  Sie  sind :  Aber,  so  Avie 
es  doch  nicht  zu  verachten  ist,  ein  gemächliches  imd  sorgenloses 
Alter  leben  zu  können;  so  ist  der  Triumpf  noch  schmeichel- 
hafter, wenn  wu*  auch  vor  der  Welt  der  Ehre  theilhaftig  werden, 
die  wr  verdienen,  und  uns  nicht  mehr  in  die  Classe  der  Tage- 
löhner herabgesetzt  sehen.  Gott  lasse  Sie  Eires  Glücks  lauge 
geniefsen!    O  dafs  Sie  nicht  30  Jahre  zurücke  haben,  so  numtert« 

1  Durch  folgendes  Kabiuettsschreiben  Friedrich  W'ilheluis  IL: 
„Hochgelahrter,  Lieber,  Getreuer.  Eure  bekannten  Verdienste,  um 
die  Wifsenschaften,  haben  Meiner  Aufmerksamkeit  nicht  entgehen  kön- 
nen, und  Euch  Meinen  Beyfall  erworben.  Zugleich  habe  Ich  Euch  aber 
auch  ]\Ieinen  Esfim  dadurch  thätig  bezeugen  wollen,  dafs  Ich  die  ordre 
gestellt  habe,  dafs  Ihr,  alljährlich,  aus  der  Genera/  Domainev  Cafse,  in 
den  gewöhnlichen  terminen,  eine  Pension  von  Achthundert  Tal.  ausge- 
zahlt erhalten  sollet.     Ich  bin  Euer  gnädiger 

Berlin  Kiniig 

den  -JTt*;»  August,  178(i.  Igez:|  t"'"-  ^^''"'' 

An  den  Profefsor  Pam/cr  alhier." 


278  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  au  K.  W.  Kamler. 

ich  Sie  noch  auf,  eine  gute,  Ihrer  würdige  Gattin  aufzusuchen: 
denn  auch  des  häiifshchen  GKicks  waren  Sie  mehr,  als  tausende 
M'chrt.  Indessen  ist  Ihnen  Hire  Muse  getreu  und  wirkhch  er- 
staune ich  oft  über  die  fleifsigen  Besuche,  die  sie  Ihnen  noch 
itzt  abstattet:  vielleicht  eben  darum,  weil  Sie  ihr  ihre  Jung- 
gesellenschaft zum  Opfer  gebracht  haben,  da  uns  abgenützten 
Ehemänner,  wenn  wir  gleich  die  keuschen  Schwestern  noch  lieb- 
zukosen  Lust  hätten,  diese  kalt  zurückweisen.  . . . 

Ihre  vortreffhche  Elegie  auf  die  hebe  Bausin  habe  ich  in 
dem  Museo  gelesen.'  Jedermann  glaubte  darinne  Rammlersche 
Poesie  zu  finden:  nur  machte  uns  der  Umstand  zweifelhaft,  wie 
Sie  zu  der  warmen  Theilnehmung  sollten  gekommen  seyn.^  Nun- 
mehr wird  sie  mit  verdoppelter  Aufmerksamkeit  gelesen  werden : 
Denn  da  man  in  einem  Journale  nichts  von  Ihnen  zulesen  ge- 
wohnt gewesen  ist,  so  hat  man  es  auch  dort  nicht  gesucht. 

Da  Oesers  Fanülie,  so  wie  ich  diesen  Sommer  meistens  auf 
dem  Lande  zugebracht,  so  haben  wir  keines  das  andere  gesehen. 
Nun,  da  alles  allmählich  wieder  in  die  Stadt  kömmt,  wUl  ich  die 
IVIlle  Oeserin  nächstens  besuchen,  mich  nach  der  überschickten 
Zeichnung  erkundigen  und  Ihnen  mit  den  ersten  Mefsbuchhänd- 
lem  getreue  Rechenschaft  davon  geben. 

Unser  Banse  sticht  itzt  Ihi'en  König  nach  einem  schönen 
Grafischen  Bilde,  das  dem  preufs.  Gesandten  Hn.  von  Alvens- 
leben  in  Dresden  gehört.  . . . 

Rode  hatte  einmal  eine  kleine  Götterlehre  zum  Schulgebraucli 
für  die  Jugend  aufgesetzt:  ich  wünschte  sein*,  dafs  man  davon 
eine  Abschrift  für  Geld  und  gute  Worte  bekommen  könnte,  weil 


I 


'  Elegie  auf  den  Tod  der  Eudosia.  Im  Deutscheu  IMuscum,  1785, 
Dezember,  S.  523—27. 

^  Ramler  folgte  der  dringenden  Bitte  Friederike  Oesers,  die  am 
30.  III.  85  schrieb:  ^Das  liebste  beste  Mädchen,  unsere  liebe  Friedericke 
Bause,  hat  uns  der  grausame  Tod  so  plözlich  geraubt,  dafs  wir  uns  noch 
wie  betäubt  anstauneu.  Wir  beweinen  sie,  wir  besingen  sie,  aber  immer 
nicht  so,  wie  sie  es  verdient,  und  wie  es  uusorm  Herzen  gnügt.  Der  beste 
Dichter,  mufs  das  beste  Mädchen  betrauern !  und  ihr  Unsterblichkeit 
geben !  . . .  Sagen  Sie  theuerster  Herr  Profefsor,  das  Teutschlands  Töch- 
tern, sagen  Sie  es  ihnen,  dafs  mau  nicht  uur  so  schön,  sondern  so  gut, 
80  fromm  seyn  mufs,  um  unserm  Geschlechte  ein  Beyspiel  zu  seyn,  und  sie 
werden  ihrem  liobenswiirdigeu  Lehrer,  mit  Dank,  und  Verehrung  srehorchen." 


Briefe  vou  Ch.  F.  ^Veifse  an  K.  W.  Ramler.  279 

ich  sie  gerne  für  meine  kleineu  Mädchen  brauchen  möchte,  da 
ich  für  sie  kein  schickHches  Handbuch  zu  der  Absicht  finde.  , . . 

99.  Undat.  [Ende  1780.]  Was  für  eine  Freude  haben  Sie 
mir  nicht  mit  Ihrem  Kebesvollem  Briefe,  so  A\ie  mit  dem  Ge- 
schenke der  Inlagen  gemacht!  Sagen  Sie  ja  nicht,  dals  Ihre 
Muse  altert.  AYenn  Ihre  Ode  ^  nicht  in  Dithyramben  Ton  ge- 
stimmet ist,  so  ist  sie  um  so  \del  unvergleichlicher,  da  ilu-e  sanf- 
ten Töne  ganz  zu  dem  sanften  Könige,  der  uns  den  Frieden  er- 
halten soll  passen,  und  dem  Olu'e  durch  ilu'e  Harmonie  so  sehr 
schmeicheln,  als  dem  Herzen,  das  in  Ihre  gefäUigen  Wünsche  so 
gern  einstimmt. 

Unter  allen  den  Liedern  die  ich  auf  Ihren  grolsen  verstor- 
benen König  gelesen,  hat  mir  Schubarts  Gedichte  -  am  besten 
gefallen,  weil  er  die  Hauptbegebenheiten  aus  seinem  Leben  km'z 
und  meisterhaft  zusammengestellt  hat. 

Tausend  Dank  für  die  Abschrift  Ihrer  Mythologie!''  O  dafs 
ich  auch  Ihre  Erklärungen  imd  Zusätze  dazu  hätte,  oder  nur 
etwas  von  Hu^em  Geiste,  mu  meine  Mädchen  darinne  unterrich- 
ten zu  können.  Versuchen  will  ich  es.  Inzwischen  sorgen  Sie 
nicht,  dafs  sie  aus  meinen  Händen  komme.  Die  Gesclüchte  des 
Valvaise  und  Gustav  Adolph  will  ich,  so  bald  sich  der  Aufruhr 
der  Messe  geleget  hat,  absclu-eiben  lassen:  denn  ich  mufs  das 
Buch  erst  aufsuchen  und  es  geht  mir  mit  dieser  Art  Büchern, 
Avie  Einen;  sie  wandern  aus  einer  Hand  in  die  Andere,  und 
bleiben  in  einer  lmge^^dssenhaften  endhch  zurück:  zum  Glücke, 
dafs  es  noch  der  Verleger  hat.  Mittlerweile  schicke  ich  Ihnen 
des  Hajiley  Versuch  über  die  alten  Jungfern,  den  Sie  Vossen 
abfedern  müssen,  wenn  er  Ihnen  denselben  nicht  seinem  Auftrag 
gemäfs  selbst  übergiebt.  Das  Buch  hat  mü'  den  Sommer  über, 
wo  ich  es  meistens  auf  dem  Lande  übersetzt,  manche  augenehme 


1  Dankopfer  für  den  Landesvater,  eine  Davidische  Kantate.  Berlin, 
1787.     bey  Johann  Friedrich  Unger.  [16  S.]  8". 

2  Friedrich  der  Einzige.  Ein  Obelisk  von  Chr.  Fr.  D.  Schubart  auf 
Hohenasperg.     Stuttgart  1786.    8". 

3  Erst  1790  erschien  „K.  W.  Ramlers  kurzgefafste  Mythologie;  oder 
Lehre  von  den  fabelhaften  Göttern,  HalbgiHtem  und  Helden  des  Alter- 
tlnuns.  In  zwey  Theilen".  ...  Ik-riin.  Maurer.  S".  Noch  ISiüi  in  7.  Auf- 
lage -wiederholt. 


280  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

Stunde  gemacht.  Wollte  der  Himmel;,  ich  hätte  für  die  häufigen 
Averse,  die  darinne  vorkommen,  einen  Übersetzer  gehabt,  wie 
den  der  uns  im  Zuschauer  die  fremden  so  schön  Aviedergegeben, 
dafs  man  sie  für  das  Original  hält.  Immer  war  ich  Willens 
einen  alten  Junggesellen  unter  meinen  Freunden  aufzufodern, 
dafs  er  mir  eine  Vorrede  darzu  machen  sollte,  und  auf  wen 
hätte  die  Wahl  fallen  können,  als  auf  Sie?  Aber  ich  wollte  Sie 
nicht  der  Kache  der  alten  Jungfern  aussetzen:  Denn  diese  kön- 
nen unmöghch  einen  alten  Jmiggesellen  gelassen  ansehen,  weil 
sie  allezeit  dabey  denken  können :  „Du  bist  auch  mit  Schuld, 
dafs  ich  nicht  entjungfert  bin."  . . . 

Die  MUe  Oeserin  hat  mir  gesagt,  dafs  sie  Ihnen  Ihre  Ent- 
schuldigung und  den  Verlauf  der  Sache  selbst  schreiben  würde. 
Sie  hat  mir  alles  erzählt  und  aufgetragen  solches  vorläufig  zu 
thun.  Aber  die  Mefsbesuche  haben  mir  den  Kopf  so  verwirrt, 
dafs  ich  mit  Zuverläfsigkeit  nicht  ein  Wort  mehr  von  dem  weil's, 
was  sie  mir  alles  gesagt  hat:  doch  war  es  viel  Schönes  für  Sie 
und  imsern  Heben  Rode. 

Sie  werden  wohl  thim,  wenn  Sie  Selbst  Verleger  Ihrer  Ge- 
dichte werden  wollen.  Der  Buchhändler  bleibt  Buchhändler  und 
hält  den  Verfasser  in  einer  demüthigenden  Abhänglichkeit,  wenn 
er  noch  so  sehr  sein  Freund  zu  seyn  scheint.  Machte  nicht  das 
Detail  der  Versendungen  und  Ab-  imd  Zurechnimgen  so  viel 
Umstände,  oder  raubte  so  viel  Zeit,  so  hätte  ich  es  auch  gethan: 
denn  so  geringhaltig  meine  Arbeit  gegen  die  Ihrige  ist,  so  weifs 
ich  doch,  dafs  ich  die  Hülsen  von  meiner  Aussaat  essen  mufs, 
wenn  jene  die  Körner  genossen  haben.  . . .  Meinen  Sohn  habe 
ich  auf  1 .  Jahr  nach  Göttingen  geschickt.  . .  . 

100.  L.  23.  I.  87.  ...  Sie  sind  mit  der  Apologie  der  alten 
Jungfern '  nicht  zufrieden  ?  aber,  die  alten  Jimggesellen  würden 
gewifs  weit  übler  zu  rechte  kommen,  wenn  ich  eine  Lobrede  auf 
sie  schreiben  sollte :  Denn  was  könnte  es  anders,  als  Satyre  vom 
Anfange  bis  zu  Ende  werden :  selbst  die  Buhlerey  mit  den  Musen, 
und  wenn  sie  ihnen  selbst  solche  göttliche  Oden,  ^^^e  einem  ge- 
wissen Rammler  eingäbe,  würde  die  alten  Hagestolzen  nicht 
schützen:  doch  diefs  bleibt  unter  uns! 


Vgl.  den  97.  und  IM).  Brief. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Kamler.  281 

Tausend  Dank  für  die  saubere  Abschrift  Ihres  mytho- 
logischen Auszugs!  Mit  Begierde  sehe  ich  dem  grofsen  Werke 
entgegen,  zu  dem  uns  selbst  öffenthclie  Blätter  Hoffnung 
machen. 

Was  sagt  denn  Nicolai  zu  den  Geifselstreichen,  die  ihm  itzt 
von  allen  Seiten  beygebracht  werden?  genug  dal's  er  Handfest 
genug  ist,  sich  zu  wehren:  sich  beklagen  darf  er  nicht,  nach  dem 
alten  Sprüchelchen:  per  quod  quls  2^eccat  etc. 

Das  Reich  Ihres  itzigen  Monarchen  scheint  den  deutschen 
Musen  günstig,  und  welcher  Patriot  sollte  sich  nicht  darüber 
freuen !  . . . 

101.  L.  24.  HI.  87.  Der  Überbringer  dieses  H.  Mnioch, 
ein  junger  Dichter,  aus  Eibingen,  der  bisher  in  Jena  studiret  und 
mir  von  Herdern  empfohlen  worden,  wünscht  das  Glück  Sie 
kennen  zu  lernen.  Die  Proben,  die  er  im  Musäum,  und  mir 
auch  schriftlich  zu  durchlesen  gegeben,  verrathen  Talente :  was 
mir  aber  an  ilim  das  liebste  ist,  ist  seine  Bescheidenheit.  Wir 
haben  ihn  hier  zu  seiner  Unterstützung  ein  paar  Declamatiouen 
halten  lassen,  die  nicht  übel  ausgefallen  sind,  ob  er  sich  gleich 
nicht  für  einen  Deklamator  von  Profession  ausgiebt:  —  Doch 
er  mag  Ihnen  seine  Schicksale  selbst  erzählen.  . . .  Ich  lese  immer 
in  Zeitungen  und  sehe  es  in  der  Berl.  Monatschrift,  wie  thätig 
Ihre  Muse  ist.  Diefs  versichert  mich  Ihrer  Gesundheit  an  Seele 
und  Leib.  , . .  Unser  Adelimg,  der  sich  Ihnen  aufs  freundschaft- 
lichste empfiehlt,  geht  als  Oberbibliothekar  nach  Dresden,  eine 
Stelle  die  sehr  einträglich  ist,  und  die  ich  ihm  der  Ruhe  wegen, 
längst  gewünschet  habe.  . . . 

102.  L.  18.  V.  87.  ...  Der  Himmel  bewahre  mich,  dals 
ich  bey  meinen  alten  Übersetzungen  zumal  von  Romanen,  die 
längst  durch  neue  verdrängt  sind,  an  eine  Ausbesserung  M'ieder 
denken  sollte!  Nein,  (im  Vertrauen  zu  Ihnen!)  diese  sehe  ich 
bey  mh-  immer  als  leichte  Waare  an,  wo,  wann  sie  verthan  ist, 
die  Mode  sie  durch  etwas  anders  ersetzen  mufs,  wenn  sie  Ab- 
gang finden  soll :  Denn  zu  einer  zwoten  Auflage  kömmt  es  nicht 
leicht,  und  geschah  es  ja,  so  sind  die  Buchhändler  solche  etc. 
dafs  sie  lieber  heimlich  nachschiefsen,   als   dem  Verfasser  davon 


Vgl.  Goedeke,  G.  R.  II,  1098. 


282  Briefe  vuu  CIi.  F.  ^Vei^sc  au  K.  W.  Rjimler. 

etwas  eutdecken,  weil  sie  fürchten,  dafs,  wenn  er  ja  das  Werk 
wieder  übergehen  wollte,  sie  Ehreuthalber  ihm  etwas  für  seine 
Mühe  anbieten  müfsten.  Julie  Grenville '  ist  also  von  dem  Über- 
setzer, so  wie  von  den  Lesern  vergessen :  nur  gestern  ward  bey 
einer  Tafel  gesagt,  dals  in  dem  Verzeichnisse  der  neuen  Mefs- 
bücher  109.  Romane  befindlich  wären:  wie  kann  man  für  diesen 
Gedrang  an  die  alten  kommen! 

Was  ich  zu  Eirem  so  herrlich  versifizirten  Gefsner-  sage? 
Fürs  erste  tausend  Dank  für  das  mir  theure  Geschenk.  Dann 
das  —  was  so  viele  von  Rammlers  Verelirern  sagen:  es  ist  schön, 
unvergleichlich:  aber  einem  Reichen,  der  so  reich  ist,-  wie  Er, 
würde  man  noch  mehr  danken,  wenn  er  uns  von  seinen  eignen 
Schätzen  gäbe,  als  dafs  er  sich  die  Mühe  nimmt,  anderer  Gold 
zu  poliren.  Freylich  sieht  man  es  nun  noch  heber  an,  man  wird 
aber  doch  nicht  reicher.  Das,  was  ich  zu  Rirer  Entschuldigung 
sage,  ist,  dafs  Sie  eine  solche  Arbeit  vermuthlich  zu  einer  Zeit 
übernehmen,  wo  Sie  nicht  Lust  haben,  über  ilu'e  eigene  Gasse 
zu  gehen,  weil  es  zu  tief  liegt,  als  dafs  sie  sich  itzt  bücken 
mögen;  um  aber  doch  etwas  zu  thuu  zu  haben,  machen  Sie  das 
cursirende  Geld  so  schön,  dafs  man  es  mm  als  Schau  Stückchen 
aufhebt.  So  fülle  ich  die  Zeit,  wo  mein  Kopf  nichts  taugt,  oder 
ich  ihn  nicht  anstrengen  mag,  und  doch  mit  der  Feder  gern 
spielen  möchte,  mit  einer  Übersetzung  aus. 

Ihren  Martial  ^  hat  mir  H,  Reich  gegeben  und  auch  für 
diefs  wichtige  Geschenk  tausend  Dank!  ich  mag  wohl  hin  und 
wieder  Übersetzungen  von  einem  oder  dem  andern  Dichter  hier 
und  da  gelesen  haben,  und  wo  ich  mich  nicht  irre,  habe  ich 
selbst  manches  übersetzt:  aber  wo  diese  AVerkchen  hingekommen 
sind,  weifs  ich  nicht:  vielleicht,  durch  Ihre  Ernnmterung  aufgc- 
fodert,  setze  ich  mich  einmal  hin  und  schicke  Ilincn  ein  paar 
Duzend,  die  ich  dann  Ihrer  Feile  überlasse. 

'  Julie  Greuville,  oder  die  Geschichte  des  menschlichen  Herzens  von 
Herrn  Brooke.     Aus  dem  Englischen.     Leipzig  1775.    III.    8\ 

^  Salomon  Gefsners  auserlesene  Idyllen  in  Verse  gebracht  von  K.  \\. 
Kamler.     Berlin  1787.    8". 

^  Marcus  Valerius  Martialis  in  einem  Auszüge,  lateinisch  und  deutseh. 
Aus  den  poetischen  Übersetzungen  verschiedener  Verfasser  gesammelt  von 
K.  AV.  Kamler.     Leipzig  1787.    8'. 


Briefe  vou  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Kamler.  283 

Es  ist  mir  sehr  lieb,  dafs  H.  Muioch '  fühlet,  dafs  es  keine 
leichte  Sache  ist,  an  einer  Bude  zu  stehen,  und  Zuschauer,  oder 
Zuhörer  zusammen  zu  trommeln,  wo  es  mehr  Schauspiele,  und 
solche  giebt,  wo  man  nicht  nur  hören,  sondern  auch  sehen  soU. 
Auf  semem  ersten  Antrag  sagte  ich  ihm  hier  auch  Alles  Glück 
ab,  und  nur  dem  Fürspruch  des  JNIitleidens  hatte  ers  zu  danken, 
dafs  sich  einige  meiner  Freunde,  die  noch  mehr  Einflufs,  als  ich 
haben,  für  ihn  interessü-ten.  Denn  es  ist  bei  uns  in  Leipzig 
tont  comme  chez  vous  und  man  möchte  mit  jedem  Augenblicke 
ausrufen:  „Potzhundert  der  Virtuosen  und  kein  Ende!"  Seit 
einiger  Zeit  finden  sich  so  gar  bey  ims  die  Italiänischen  Impn)- 
visatori  ein  imd  sind  seit  kurzem  ihrer  3.  aufgetreten.  Am 
wenigsten  ist  es  für  Leute  unsers  Gleichen  eine  Sache  mit  dem 
Hute  umher  zu  gehen:  denn  jeder  denkt,  wenn  er  sich  ja  die 
Gewalt  anthut,  etwas  hineinzuwerfen,  dafs  es  unsertwegen  ge- 
schieht. 

Ihr  Prolog,  der  in  der  lezten  Berlinischen  Monatschrift  steht,^ 
hat  mir  ganz  ausnehmend  gefallen  und  wenn  ich  ein  grofser 
Herr  wäre,  müfste  jeder  Direktor  meiner  Schaubülinen  und  jeder 
Schauspieler,  auf  die  goldnen  E-egeln,  die  darinne  gegeben  wer- 
den, schwören.  . .-. 

Nächster  Tage  lassen  Sie  Sich  auch  den  7^®"  [TheU  des 
Briefwechsels  des  Kiuderfreundes]  geben:  aber  sagen  Sie  nm-  ja 
auch,  als  mein  getreuster  kritischer  Mentor,  wann  ich  aufhören 
soll,  so  bald  das  Ding  geschmacklos  und  langweihg  wird:  Denn 
ich  fühle  itzt,  dafs  ich  nicht  ganz  den  rechten  Weg  gCM^ählet 
habe,  und  ein  ander  Fahrzeug  hätte  wählen  sollen.  Izt  kann  ich 
mich  nicht  wieder  herausfitzen,  dafs  das  Ding  die  Form  eines 
schicklichen  Ganzen  erhält,  wenn  ich  nicht  durch  50.  Bände 
fortfahren  will:  so  geht  es,  wenn  man  seinen  Plan  nicht  reclit 
überdenkt. 

Huf  Himmel,  welche  Wust  [!]  von  neuen  Schriften,  da  mir 
noch  so  viel  von  den  lezten  Messen  zu  lesen  übrig  ist!  Wollen 
Sie  uns  nicht  einmal  wieder   in  Leipzig  besuchen,    da  Ihnen  Ihr 


'  Vgl.  Brief  101. 

-  Rede  bey  Eröffnung   des   neuen    Nationaltheaters   in   Berlin.     Den 
4.  Dezember,  1786.     Berlin.  MS.  1787,  April,  S.  a09— :31ti. 


284  Briefe  von  Ch.  F.  Wcifse  an  K.  W.  Kanilor. 

König  eine  Pension  dazu  giebt?  Sie  glauben  nicht,  wie  mein 
Herz  sich  nach  Ihnen  sehnet!  Wenigstens  künftiges  Jahr,  da 
ist  den  6^''"  Junius  meine  silberne  Hochzeit,  die  sollen  und 
müssen  Sie  mit  begehen  helfen.  , . . 

103.  L.  27.  IV.  93.  Freylich,  liebster  Freund,  ist  mir  ein 
solcher  Bote,  wie  der,  der  mir  Ihren  lezten  Brief  überbrachte 
lieber,  als  alle  Staffetteu  und  Mefsgelegenheiten.  Was  für  eine 
süfse,  liebenswürdige  Frau,  ist  Fr.  v.  Bandemer,'  und  um  wie 
viel  Herzeinladender  für  mich,  da  sie  eine  so  feurige  Freundin 
von  Ihnen  ist!  O  wie  viel  hat  sie  mir  von  Ihnen  erzälilen 
müssen !  Doch  ist  mir  nichts  interessanter  gewesen,  als  die 
Nachricht  von  Ihrem  fröhlichen,  jugendlichen  Alter  und  die 
schwarze  Locke,  die  sie  mh'  von  Duien  gezeigt,  die  noch  die 
Scheitel  eines  jungen  Apollo  schmücken  würde.  jVIit  mir  geht 
es  nicht  so  gut:  mein  Haar  verräth  den  AVinter  des  Lebens  und 
ich  bin  bisher  immer  ein  Invalide  gewesen,  meine  Hand  zittert 
imd  es  kostet  Anstrengung,  selbst  einen  Brief  zukritzeln:  gleich- 
wohl sind  Bacchus  und  Venus  nie  die  Götter  gewesen,  denen 
ich  in  meiner  Jugend  geopfert  habe.  Aber  diel's  mufs  so  seyn. 
Sie  sind  ein  besserer  Dichter  und  der  Himmel  giebt  Ihnen  Geist 
und  Kraft,  damit  Sie  ihre  schwachem  Zeitgenossen  noch  durch 
deren  Früclite  in  ihrem  Alter  laben  und  ergötzen.  Gott  erhalte 
Sie  noch  lange  dabey! 

AVegen  der  Fr.  v.  B.  Gedichte  ist  es  keine  Frage,  dafs  sie 
nicht  ein  Buchhändler  unter  den  vorgeschlagenen  Bedingungen 
annehmen  soUte,  und  ich  habe  schon  diefsfalls  mit  unserm  Cru- 
sius  gesprochen,  der  sehr  bereitwillig  darzu  ist:  nur  wünscht  er 
die  bestimmte  Anzahl  der  Subscribeuten  vorher  zu  wissen;  imd 
diefs  wird  vermuthlich  nicht  schwer  seyn,  da  doch  ein  Termin 
fest  gesetzt  ist,  wenn  sie  geschlossen  wird.  Auch  mit  Grafen, 
dem  Direktor  der  Weidmannischen  Handlung  habe  ich  Hires  j\Iar- 
tials  wegen  gesprochen  und  er  erwartet  diefsfalls  Iliren  nähern 
Antrag.  Meinen  Briefwechsel  habe  ich  voriges  Jahr  zu  Michael 
mit  dem  12.  Bande  geschlossen  und  zugleich  darinnc  im  Namen 
meiner  Muse  von  dem  litterarischen  Fublico  Abschied  genommen — 


'  Vgl.  Goedoko,   G.  R.  II,   1000,   wo  jedoch   mehrere   ihrer   Schriften 
fehlen.    Auch  sie  gehöi't  zu  den  „Opfern"  von  Ramlcrs  Verbesseruugssucht. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  au  K.  W.  Kanilor.  285 

Als  ich  den  lezten  Theil  des  Briefwechsels  der  Königin  von 
Neapel  schickte,  legte  ich  bey folgendes  kleine  Gedicht  bey,  das 
aber  keine  Menschenseele,  als  diese  Fürstin  und  mein  Buch- 
drucker gesehen,  und  mit  meinem  Willen  auch  Niemand  sehen 
soll,  als  ein  Freund,  wie  Sie,  der  Nachsicht  mit  meiner  Schwach- 
heit haben  kann.  Die  Veranlassung  war  folgende.'  Die  Herzogin 
von  Würtenberg  hatte  der  Königin,  die  ihr  ihr  Vergnügen  über 
den  Kinderfreund  welchen  sie  mit  ihren  Kindern  fleil'sig  läse, 
bezeigt,  die  Herzogin  hatte  ihr  von  dem  Briefwechsel  gesagt  und 
ilir  die  ersten  10.  Theile  geschenkt.  Ich  erhielt  darauf  von  der 
Königin  einen  sehr  verbindlichen  Brief,  mit  dem  Verlangen  ihr 
die  Fortsetzung  zu  schicken :  diels  ist  geschehen  und  ich  konnte 
es  nicht  ohne  ein  kleines  Komphment  thun.  Für  eine  italiänische 
Königin,  die  hoffentlich  keine  grofse  Kunstrichterin  ist,  mag, 
dachte  ich  eine  solche  Reimerey  gut  genug  seyn :  der  Inhalt  be- 
zieht sich  hauptsächlich  auf  ihren  Brief. 

Sie  fragen  nach  unserm  Theater:  aber  seit  2  Jahren  bin  ich 
nicht  über  die  Schwelle  desselbigen  gekommen.  Den  Früliling 
und  Sommer  athme  ich  lieber  die  gesunde  und  freye  Luft  auf 
meinem  Stötteritz  ein  und  in  Herbst  und  Wintertagen  ist  es  mir 
zu  kalt:  im  Grunde  aber  reizen  mich  auch  die  neuen  Ritterspiele 
nicht,  es  mag  nun  mein  veralteter  Geschmack  daran  Schuld  seyn, 
oder  sie  mögen  wirklich  nicht  viel  taugen.  . . . 

104.  L.  21.  X.  94.  Da  itzt  Ihre  Berliner  Buchhändler 
zurückgehen,  so  kann  ich  sie  unmöglich  ohne  ein  Wort  der  Liebe 
an  Sie,  mein  innigstgehebter  Freund,  von  mir  lassen.  Noch  bin 
ich  Ihnen  ohnediels  meinen  lebhaftesten  Dank  für  die  gütige 
Aufnahme  schuldig,  deren  Sie  meinen  Sohn  an  Ostern  bey  sei- 
nem Besuche  gewürdiget,  und  die  er  nicht  genug  rühmen  können. 
Wie  sehr  würde  ich  ihn  beneidet  haben,  wenn  er  nicht  mein 
Sohn  gewesen  wäre  und  —  manche  gute  Eigenschaften  hätte. 
Er  ist  freyhch  kern  Dichter:  aber  \'ielleicht  desto  besser,  da  die 
heutigen  Dichter  mir  eben  nicht  alle  gefallen  wollen:  übrigens 
ist  er  ein  statistischer  Autor,  der  brav  in  die  Welt  hinein  schreibt 
und  wenigstens  seinen- Weg  fortgeht.  Sie,  hebster  Freund,  stehen 
nun,  wie  ich  höre,  allein    an  der  Spitze  Ihres  Theaters    und    der 


'  Vgl.  Selbstbiographie,  S.  197  f. 


2So  Briefe  von  Ch.  F.  Wcifse  an  K.  W.  Ramler. 

niilsmuthige  Engel,  mit  dessen  üblen  Laune,  Widerspruch  und 
Sonderbarkeiten  Sie  viel  m()gon  zu  kämpfen  gehabt  haben  ist 
fort.  Wie  sehr  wünsche  ich  Ihnen,  wie  sehr  dem  Theater  Glück : 
Wenn  es  nun  nicht  gedeyet,  so  sind  entweder  die  Schauspieler 
oder  unser  AVunderliches  Publikum  Schuld.  O!  dals  ich  doch 
itzt  unter  Ihrem  kritischen  Auge  meine  dramatische  Laufbahn 
anfangen  möchte!  Dann  wiu'de  vielleicht  etwas  mehr,  als  mittel- 
mäfsiges  zum  Vorscheine  gekonuueu  seyu  und  ich  meine  Muse 
überlebt  haben,  die  Sie,  wie  ich  durch  die  Hn.  Itzig  und  Michel 
erfahren,  so  freundschaftlich  wieder  aus  ilu'em  Schlummer  er- 
wecken wollen.  Ich  habe  den  Geschmack  am  Theater  ganz  ver- 
loren. Die  Guckkasten  Stücke  und  Ritterschauspiele  eckelu  mich 
an,  und  eine  gute  ital.  Opera  puffa,  die  alle  halbe  Jahre  mit 
der  deutschen  Komödie  hier  wechselt,  hat  bey  unserm  Publico 
vollends  alle  Liebe  für  die  lezte  verdrängt,  so  dafs  man  nur  aus 
Bedürfnifs  die  Zeit  zu  tödten,  hineingeht.  —  Ans  Schreiben 
denke  ich  itzt  wenig,  es  müfsten  denn  kleine  Tändeleyen  seyn, 
die  ich  für  einen  Allmanachssammler  hinwerfe :  hier  sind  ein 
})aar  solche  Pröbchen,  die  ich  für  unser  voriges  und  dielsjähriges 
Peichscontingent  liin  schrieb,  um  wenigstens  zu  sehen  ob  ich 
noch  im  Nothfall  reimen  könnte.  Desto  mehr  lese  ich  itzt,  wo 
mir  mein  Aufenthalt  auf  dem  Lande  den  ganzen  Sommer  über 
viel  Zeit  läfst:  und  o  wie  fleifsig  ist  da  mein  Rammler  mein  Be- 
gleiter, er  den  der  Gott  der  Musen  noch  itzt  so  beseelt,  dals 
man  gewifs  glaubt,  er  lüge  sich  alt,  so  wie  die  alten  Matronen 
sich  alt  zu  lügen  pflegen.  Werden  wir  bald  den  Pendant  zu 
Wielands  prächtiger  Ausgabe  von  dessen  Gedichten,  der  Bm'gen, 
wozu  Sie  uns  Hoffnung  machten,  erhalten?  Er  war  diesen  Som- 
mer einen  Tag  bey  mir  in  Stötteritz,  und  erzählte  mir,  dafs  er 
am  Ende  sein  Leben  mid  die  Geschichte  seines  Geistes  hinzu- 
thun  wolle.  Vielleicht  sollte  das  jeder  Dichter  thun,  uiu  nicht 
unzeitigen  Biographen  in  die  Hände  zufallen,  die  unter  walu'en 
und  falschen  Nachrichten  oft  der  Nachwelt  von  einer  ganz  schie- 
fen Seite  vorgestellt  werden. 

Noch  ein  Wort  von  Ihrer  Freundin,  der  Fr.  v.  Bandemer! 
Sie  schrieb  mir  schon  im  vorigen  Jahre,  dafs  Sie  ihre  Schriften 
hier  auf  ihre  eigne  Kosten  wolle  drucken  lassen,  [und]  den  schön- 
sten Druck  und  Papier,  der   zu  haben   sey,  nebst  den  Preis  für 


Briefe  von  Ch.  F.  Weii'se  nn  K.  W.  Ramler.  287 

eine  bestimmte  Anzahl  von  Exemplaren  zuwissen  verlange.  Jcli 
mittelte  Goeschen  aus,  der  den  Widand  herausgiebt,  eine  eigene 
Druckerey  angelegt  hat  imd  unstreitig  den  meisten  Kopf  unter 
unsern  Buchhändlern  hat,  auch  ein  guter  gefülliger  Mann  ist. 
Er  hat  darüber  Briefe  mit  ihr  gewechselt,  Proben  und  Papier 
zugeschickt,  und  sie  sind  völlig  eins  gewesen.  Da  aber  einige 
Berliner  und  Fraukfurther  Göschen  Angst  gemacht,  dafs  sie  ihm 
^^elleicllt,  die  füi*  ihre  Umstände  ziemlich  hohe  Sunnne,  (mich 
däucht  es  waren  800  Tlialer)  bey  der  Auslieferung  der  Exem- 
plare nicht  möchte  bezahlen  können,  so  gern  sie  auch  wollte, 
indem  sie  den  grölisten  Theil  der  Pränumeration  anticipicrt  habe, 
und  davon  lebe:  so  hat  er  ihr  geschrieben,  dafs  er  ihre  Werke 
unverzüghch  heraus  drucken  wolle,  sie  aber  bitten  müsse,  wegen 
des  grolsen  Verlags  auf  holländisch  und  Schweitzer  Papier  etwa 
die  Hälfte  voraus  zu  bezahlen,  oder  ihm  nur  hier  oder  irgendwo 
eine  sichere  Anweisung  zu  geben.  Hierauf  hat  er  aber  seit 
Vo  Jahre  keine  Antwort  erhalten.  Ich  schreibe  Einen  diefs  in 
grölster  Vertraulichkeit,  da  ich  weifs,  ^vie  sehr  sie  sich  für  die 
liebenswürdige  Frau  iuteressu'en :  aber  es  ist  freyhch  schwer  für 
eine  Person  Gewähr  zuleisten,  deren  Umstände  man  nicht  genau 
kennt.  . . . 

105.  L.  22.  XH.  94.  „Der  junge  Graf  von  Schönborn 
aus  Maynz  nebst  seinem  Hofmeister,  ein  Katholischer  Geist- 
licher, ein  oifener  Kopf  und  frey  denkender  Mann",  werden 
emp fohlen.  . . .  Wie  sehr  freue  ich  mich,  bester  Freund,  dafs  Sie 
itzt  an  der  Spitze  des  Berliner  Theaters  stehen  ^  —  Aut  nunc 
aut  numquam  —  und  wie  sehr  schmeichelt  es  meinem  Ideinen 
Autorstolze,  (wiewohl  dieser  bey  mir  ganz  verloschen  ist,)  dafs 
Sie  den  vergessenen  Dichter  bey  der  dramatischen  Welt  in  einiges 
Andenken  bringen  wollen.  Man  hat  vormals  auch  hier  einige 
von  den  kleinen  Kinderspielen  auf  die  Bühne  gebracht,  wo  das 
von  Ihnen  angezeigte  kleine  Drama,  ingleichen  die  SchUttenfarth,"^ 


'  Engel,  seit  1787  mit  v.  Beyer  und  Ramler  Direktor  des  Nutional- 
theaters,  erhielt  am  20.  Juli  1794  seine  Entlassung  und  Ramler  teilte  bis 
Ende  1796  (vgl.  den  107.  Brief)  die  Generaldirektion  mit  dem  Geh.  Rat 
V.  Warsing.    Vgl.  Brachvogel,  a.  a.  O.  II,  350  ff. 

'^  Die  Schlittenfahrt,  Kinderspiel  in  zwei  Aufzügen.  Leipzig  1777.  8°. 
Vgl.  Goedeke,  G.  R.  II,  1095. 


288  Briefe  von  Cli.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

^\'0  ein  Magister  Bihulus  vorkömmt,  Vergnügen  gemacht  haben. 
Da  sie  mein  Verleger  besonders  zusammen  drucken  lassen,  will 
ich  sie  Ihnen  schicken.  Zu  Arcadicn,  hat  Hiller  hier  eine  lieb- 
liche Musik  gesetzt,  die  aber  nicht  ])ekannt  ist,  weil  sie  nicht 
gedruckt  worden. 

Der  Frau  von  Bandemer  hajDc   ich   auf  ihren   lezten  Brief, 

—  zu  meiner  Schande  sey  es  gesagt  —  nicht  geantwortet:  son- 
dern Goeschen  gebeten,  die  Sache  mit  ihr  auszumachen.  Ihm 
kann  ich  es  freylich  nicht  verdenken,  dal's  er  nur  einige  Gewähr 
für  eine  ganz  ansehnliche  Summe  seines  Aufwands,  ja  nicht  ein- 
mal irgend  einige  Pränumeration  fodert,  welches  mehr  ist,  als 
irgend  ein  anderer  thun  wird,  der  von  ihren  Verliältnissen  gar 
nichts  weifs.  Ich  habe  aus  den  Correcturen  ilirer  Handschrift 
nur  zu  sehr  gesehen,  welch  ein  wahrer  Freund  Sie  von  der  guten 
Frau  sind  !  . . . 

106.  L.  2.  IV.  95.  Ich  kann  doch  unmöglich  unsoni 
Blankenburg  nach  Berlin  gehen  lassen,  so  sehr  sich  auch  mein 
gichtbrüchiger  Arm  dem  Schreiben  widersetzt,  ohne  ihm  ein  ])aar 
Zeilen  von  Freundschaft  an  meinen  besten  Ranunler  mitzugeben ! 

—  O!  wie  beneide  ich  ihn  um  das  Glück,  Sie  persönhch  um- 
armen zu  können !  Doch  er  ist  ja  mein  Freund  und  er  wird 
mir  wenigstens  bey  seiner  Zurücldcunft  recht  vieles  von  Ihnen 
sagen  können,  worüber  icli  mich  freuen  kann.  Das  Vorzüglichste 
wird  die  Nachricht  seyn,  dafs  Sie  den  häfslich  langen  Winter 
bey  einer  jugendlichen  Gesvmdheit  überstanden  haben.  Ich  bin 
noch  so  ziemlich  leidlich  bis  hieher  durchgekommen  und  bin  schon 
zufrieden,  dafs  ich  nur  dann  und  wann  ein  Stubengefangener  ge- 
wesen bin.  Unsere  poetischen  Patriarchen  haben  sich  überhaupt 
bisher  recht  gut  gehalten:  nur  der  alte  Ebert  hat  den  Winter 
nicht  gut  beschlossen.!  Yor  wenig  Tagen  schrieb  mir  Utz,  dafs 
er  sein  86.  Jahr  zurückgelegt  habe,  und  schickt  mir  alle  meine 
Briefe  von  40  Jahren  her  in  der  edlen  Absicht  zurück,  damit 
nicht,  da  er  aufser  einer  alten  Schwester  keine  Erben  habe,  ein 
eigennütziger  Buclihändler,  Mifsbrauch  davon  machen  möge : 
und  wie  sehr  habe  ich  ihm  dafür  gedankt  I  Ich  Avüixle  diefs 
ebenfalls    thun,    wenn    ich    es    nicht    meinem    Sohne    zur   Pflicht 


•  Er  starb  am  19.  März  1795. 


Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler.  289 

machte,  solches  ebenfalls  nach  meinem  Tode  zuthun  und  einen 
grolsen  Theil  davon  schon  vernichtet  hätte. 

Ich  wollte  Ihnen  für  Hir  Theater  eine  kleine  Comödie  mit- 
schicken: aber,  vielleicht  thue  ich  solches  hel)er  durch  die  Post, 
weil  ich  Sie,  Sie  ganz  allein,  zum  Vertrauten  machen  wollte,  und 
ein  Packetchen  durch  eine  gelegentliche  Bestellung  schon  die 
Frage  des  Überlieferers  veranlassen  möchte,  was   es    enthält.  . . . 

107.  L.  20.  VI.  97.  Ihr  lieber  Brief  fand  mich  schon  auf 
dem  Lande:  sonst  würde  Ilmen  ganz  unfehlbar  der  Überbringer 
Ihres  vortretf liehen  Geschenks  ^  bey  seiner  Zmäickkunft  meinen 
Herzinnigen  Dank  dafür  eingehändiget  haben.  O!  was  hat  mir 
diese  Fabellese  so  wie  den  Meinigen  für  angenehme  Stunden  in 
meiner  ländlichen  Einsammkeit  verschafft !  Ja,  sie  hat  mich  selbst 
zum  Fabeldichter  gemacht,  und  ich  habe  auf  meinen  Spatzier- 
gängen ein  Halb  Dutzend  Erzählungen  hingefabelt,  aus  denen 
schon  etwas  werden  könnte,  wenn  mein  Rammler  mit  seiner 
kritischen  Feile  darüber  käme.  . . . 

Allerdings  wünsche  ich  Ihnen  Glück,  dafs  Sie  der  verdrüfs- 
lichen  Theaterdirection  los  sind.-  In  Deutschland  wird  das 
Theater  nie  leicht  einen  ge^vissen  Grad  der  Vollkommenheit  er- 
reichen, wo  Schauspieler  und  Dichter  so  eigenwiUige  und  ver- 
kehrte Geschöpfe  sind,  dafs  sie  auf  die  Stimme  eines  gelelu^ten 
und  erfahrnen  Kimstrichters  nicht  hören  woUen.  Als  Lessing 
mir  die  ersten  Bogen  seiner  Dramaturgie  zuschickte,  sclu-ieb  er 
mir :  ^  „Meiner  Absicht   nach  sollten   diese  Blätter   hauptsächlich 

'  Fabeln  und  Erzählungen  aus  verschiedenen  Dichtern,  gesammelt 
von  K.  W.  ßamler.     Eine  Fortsetzung  der  Fabellese.     Berlin  1797.    8". 

^  Eamler  wurde  der  Direktion  des  Nationaltheaters  durch  folgendes 
eigenhändige  Schreiben  Friedrich  Wilhelms  IL  enthoben: 

„Besonders  lieber  Getreuer.  Bey  Eurem  Alter  und  Gesimdheits- 
umständen,  mache  Ich  Mir  ein  Vergnügen  Eurem  sehr  natürlichen  Seh- 
nen nach  Euhe  zuvorzukommen,  und  Euch  gnädigst  hiemit  zu  erkennen 
zu  geben,  dafs  Ihr,  von  jedem  Antheil  an  die  Direetion  des  Naiional- 
Schauspiels  dispensiref,  künftighin  Eure  Zeit,  lediglich  Eurer  Gesundheit 
und  Euren  Lieblingsgeschäften  widmen  könnet.  Icli  lasse  Euch  aber 
zum  Beweise  Meiner  Theilnahme  und  Achtung  das  ganze  bisher  bezogene 
Gehalt,  und  verbleibe  Euer  gnädiger  König  Fr.  Wilh. 

Berlin,  d.  löten  Dccember  1796. 

^  In  einem  verlornen  Briefe,  zwischen  Juni  und  Uktober  17G7  ge- 
schrieben, der  auch  in  Nr.  24  angeführt  wird. 

Archiv  f.  n.  Sprachen.     LXXXII.  19 


290  Briefe  von  Ch.  F.  Weifse  an  K.  W.  Ramler. 

der  Kritik  der  Schauspieler  ge^dedinet  seyn:  ich  sehe  aber  wohl, 
dal's  mit  diesem  Volke  nichts  anzufangen  ist:  sie  nehmen  Privat- 
erinnerungen übel,  was  würden  sie  bey  einer  öffentHchen  Rüge 
thun :  ich  werde  es  also  wohl  die  Autoren  müssen  entgelten 
lassen."  Ich  für  meine  Person  bin  seit  2.  Jalu'en  in  kein  Schau- 
spiel gekommen:  den  Winter  über  ist  es  mir  zu  kalt,  den  Som- 
mer liebe  ich  die  freye  Natur  zusehr,  und  von  den  neuern  Dra- 
men die  ich  gelesen  habe,  sind  wenige,  von  denen  ich  die 
Aufführung  zusehen  wünsche,  die  alten   spielt   man   nicht  mehr. 

Meine  Gesundheit  ist  noch  leidlich  genug  und  die  Beschwer- 
den des  Alters  trage  ich  mit  Gelassenheit,  da  mein  Geist  ziem- 
hch  heiter  ist.  Ich  lese  viel  und  mehr,  als  ich  verdauen  kann, 
das  heifst,  ohne  mich  grofs  zu  unterrichten,  und  blos  zum  Zeit- 
vertreib. Gern  schrieb  ich  mehr:  denn  Schreibseligkeit  gehört 
mit  zu  meinen  Fehlern;  zu  gutem  Glück  läfst  es  mir  meine  zit- 
ternde, schwerfällige  Hand  selten  zu.  Beckern  in  Dresden  schicke 
ich  bisweilen  einen  kleineu  Roman  in  seine  Erholungen,'  und  ich 
möchte  wohl  A\issen,  wenn  Sie  Sich  die  Mühe  nehmen,  diese 
Qvartalschrift  zulesen,  was  Sie  davon  hielten? 

Sie,  hebster  Freimd,  beweisen  durch  Ai'beiten,  nach  dem 
Geiste  und  der  Ki-aft,  die  Sie  beseelen,  dafs  Sie  noch  viel  zu 
jung  und  unreif  für  das  Grab  und  viel  zu  thätig  sind,  als  dafs 
Sie  die  jüngere  Welt  nicht  unterrichten  sollten.  Glücklich  würde 
sich  Göschen  schätzen,  wenn  er  die  Kinder  Eirer  Muse  ausstat- 
ten und  bey  der  Welt  einführen  sollte:  denn  bey  Wielands  Ge- 
dichten ^  hat  er  erst  gelernt,  was  ihnen  noch  zu  mehrer  Voll- 
kommenheit fehlet  und  ich  zweifle  nicht,  dafs  die  Klopstockischen 
Oden,^  wovon  ich  bereits  die  ersten  Bogen  gesehen,  noch  weit 
reitzender  ausfallen  werden.  Wie  gern  sah  ich  meinen  Freund 
Ramler  in  seinen  Händen !  . . . 


»  Erhohingen.  Herausgegeben  von  W.  G.  Becker.  Erstes  Bänd- 
chen, 1796.  S.  91—1:^9.  „Leid  und  Freude.  Eine  Revohitionsscene  in 
einem  Familien-Schauspiele"  und  anderes  mehr. 

-  C.  M.  Wielands  SämmtUche  Werke.    Leipzig  1794  ff.   4"  und  8". 

^  Klopstocks  Werke.     Erster  bis  Siebenter  Band.    Leipzig  1798  ff.    4". 


Friedrich  Melchior  Grimm, 

der  Vermittler   des   deutschen   Geistes   in   Frankreich. 

Von 

Richard  3rahreiiholtz. 

(Vortrag,  gehalten  auf  dem  3.  Neuphilologen -Tage.) 


Eine  lange  Zeit  geglaubte  Legende  läfst  Mme.  de  Stael  ihre 
französischen  Landsleute  zuerst  auf  deutsche  Dichtung  und  Philo- 
sopliie  hinweisen,  während  doch  schon  eui  halbes  Jahrhundert 
frülier  von  Deutscliland  ^de  ^'on  Frankreich  aus  an  der  Einfüh- 
rung unserer  Litteratur  in  die  Pariser  Salons  gearbeitet  \vurde. 
Zuvörderst  erwarb  sich  hier  ein  Mann,  an  dem  die  herkömmliche 
Auffassung  nm-  die  undeutsche,  französische  Richtung  seines 
Wirkens  hervorzuheben  pflegt,  bemerkenswerte  Verdienste  — 
Gottsched.  Durch  seine  Beziehungen  zu  der  in  Berhn  er- 
scheinenden, später  von  dem  htterarischen  Freibeuter  Foraiey 
nicht  ungeschickt  redigierten  „Bibliotheque  germanique"  und  sogar 
zum  „Jom-nal  des  Syavans"  in  Paris,  dem  Mittelpunkt  französi- 
scher Gelehrsamkeit  und  Kritik,  gelang  es  ihm,  eigenen  und  frem- 
den Artikeln  über  die  Hervorbringungen  der  deutschen  Dichtung 
die  Aufnahme  in  beiden  Zeitschriften  zu  sichern.  Später  schrieb 
Nicolai,  dessen  gut  deutsche  Gesinnung  und  Schaffensthätigkeit 
gleichfalls  oft  übersehen  wird,  in  französischen  Zeitungen  über  die 
htterarischen  Erscheinungen  seines  Vaterlandes,  und  nach  dem 
ersten  Erscheinen  des  von  der  Schweizer  Schule  vergötterten 
„Messias"  hatte  Bodmer  den  kühnen  Gedanken,  in  fi-anzösischen 
und  italienischen  Blättern  für  Klopstocks  Ruhm  zu  Avirken.  So 
war  der  Boden  nicht  ganz  ungeebnet  für  Friedrich  Melchior 
Grimm,  der  im  Jahre  1748  oder  anfangs  1749  nach  Pans  sich 
begab,  imi  dort  für  seine  schriftstellerischen  Pläne  ein  weiteres 
Arbeitsfeld  zu  suchen,  als  es  die  kleinstaatUche  Zerrissenheit  und 

19* 


292  Friedrich  Melchior  Grimm. 

litterarische  Ohnmacht  des  damaligen  deutschen  Reiches  ilim  ge- 
währen konnte.  Am  26.  September  1723  in  einem  Regensburger 
Pfarrhause  geboren,  war  Grimm  von  Jugend  an  in  das  klassische 
Altertum  eingeführt  und  mit  gründlichen  Kenntnissen  des  Latein 
und  Griechisch  ausgerüstet  worden,  ehe  er  noch,  etwa  1742,  die 
Universität  Leipzig  bezog.  Diese  Studien  sind  ihm  in  der  Folge 
für  seine  Beurteilung  der  französischen  Dichtung  sowohl  wie  der 
deutschen  von  grofsem  Nutzen  gewesen,  und  sie  waren  in  jener 
Zeit  keineswegs  ein  Gemeingut  der  Besten  und  Edelsten,  wie  das 
gewöhnlich  angenommen  wird.  Li  der  Pflege  der  griechischen  und 
römischen  Sprache,  dem  besten  Erbteile  des  Humanismus,  macht 
sich  in  katholischen  Ländern  schon  seit  der  Mitte  des  17.  Jahr- 
hunderts ein  Rückgang  bemerkbar,  der  nicht  zum  mindesten  eine 
Schuld  des  Monopoles  ist,  welches  der  Orden  Jesu  im  höheren 
Schulunterricht  sich  erworben  hatte.  Wie  alles,  so  wurde  von 
den  jesuitischen  Lehrern  auch  das  Studium  der  alten  Sprachen 
in  den  Dienst  der  Ordenszwecke  gestellt,  das  Latein  daher  nur 
in  Disputationen  und  Stilübungen  zu  })raktischer  Verwendung 
dressiert,  das  Griechische  fast  ganz  vernachlässigt.  Kirchen- 
latein galt  in  der  Wertschätzung  mehr  als  die  Sprache  Sallusts 
und  Ciceros,  die  spätere  römische  Litteratur  wurde  vor  der  des 
goldenen  Zeitalters  bevorzugt,  schon  mii  das  „heidnische"  Alter- 
tum in  der  Meinung  der  Zöglinge  zu  gunsten  der  Kirchenschrift- 
steller herabdi-ücken  zu  können.  So  finden  wir  in  dem  Frank- 
reich des  17.  Jahrhunderts  bedeutende  Männer,  wie  Valentin 
Conrart,  Sekretär  der  französischen  Akademie,  die  Dichter 
Ph.  Quin  au It  und  Jean-Fran9ois  Regnard,  die  des  Griechi- 
schen völlig  unkundig  sind  und  ihr  biischen  Ijatein  wieder  ver- 
gessen haben.  ÄhnHch  mangelhaft  war  die  klassische  Vorbildung 
der  Vorkämpfer  der  französischen  Aufklärung.  Voltaire,  der 
die  erste  aller  französischen  Jesuitenanstalten,  das  Coll(?ge  Louis 
le  Grand  in  Paris,  jahrelang  besuchte,  hat  nach  seinem  eigenen 
Geständnis  nur  „Kii'chenlatein  plappern  und  ein  bifschen  Horaz 
lesen".  Griechisch  aber  so  gut  wie  nicht  erlernt.  Als  welt- 
berühmter Schriftsteller  bildete  er  den  Plural  von  jiuoilfvg  in  ßaoiloT 
um  und  wurde  ob  seiner  Unmssenheit  von  einem  seiner  jesuiti- 
schen Feinde  höhnisch  verspottet.  Jean -Jacques  Rousseau 
erlernte   die  dürftigsten  Anfänge  des  Griechischen  erst  im  Man- 


Friedrich  Melchior  Grimm.  293 

uesalter,  der  gelehrte  cPAlembert  that  sich  viel  darauf  zu  gute, 
dais  iliu  nicht  einmal  die  gehäuften  Schwierigkeiten  der  —  un- 
regelmäfsigen  Zeitwörter  in  Verlegenheit  brächten.  In  prote- 
stantischen Ländern  stand  es  mit  dem  Sprachunterricht  damals 
etwas  besser,  aber  im  ganzen  schlecht  genug.  Das  Latein  nahm 
zwar  einen  Hauptteil  der  Lehrstunden  ein,  wurde  aber  mit  un- 
gehörigem und  überflüssigem  Lehrstoff  angefüllt,  dabei  die  spätere 
Litteratur  weit  mehr  als  die  des  letzten  Jahrhunderts  der  römi- 
schen Repubhk  betont  und  das  Griechische  ungebührlich  ver- 
nachlässigt. Schlecht  bezahlte,  mit  Arbeitslast  überhäufte  Lehrer, 
denen  es  ausserdem  an  einem  tieferen  Verständnis  des  klassischen 
Altertimis  und  an  höherer  Geistesbildung  fehlte,  konnten  zwar 
das  Lateinsprecheu  und  Lateinschreiben  eindressieren,  aber  nim- 
mermehr ihren  Zöglingen  eine  lebendige  Auffassung  der  Sprache 
und  Litteratur  oder  wirkliche  Begeisterung  für  klassische  Studien 
eiuflöfsen.  So  wurde  das  Latein  zwar  die  Sprache  der  Gelehrten, 
aber  die  Hochgestelltesten  und  Bedeutendsten  sahen  in  dem 
Französisch  die  eigentliche  Konversations-  und  Schriftsprache,  die 
grol'se  Masse  redete  und  schrieb  in  dem  noch  so  wenig  entwickel- 
ten und  geläuterten  Deutsch  jener  Zeit.  Hinreichend  bekannt  ist 
ja  das  gespannte  Verhältnis,  in  dem  zwei  von  den  grofsen  Dich- 
tem des  18.  Jahrhunderts,  Herder  und  Schiller,  zu  den  alten 
Sprachen,  besonders  zur  griechischen,  standen;  ebenso  bekannt, 
dafs  der  gröfste  aller  preufsischen  Herrscher,  der  nach  seines 
Vaters  strenger,  mit  dem  Stocke  überwachter  Weisung  „griechi- 
sche und  römische  Scriptores  nicht  lesen  sollte,  denn  die  taugten 
gar  nichts",  vom  Griechischen  überhaupt  nichts,  vom  Latein  so 
wenig  verstand,  dafs  er  römische  Autoren  nur  aus  französischen 
Übersetzungen  kennen  lernte.  Wer,  wie  unser  Lessing,  in  den 
alten  Sprachen  bewandert  war,  der  hatte  seine  klassische  Bildung 
an  den  beiden  Sitzen  der  Philologie  empfangen,  welche  sich  vor- 
teilhaft von  den  anderen  Hochschulen  Deutschlands  unterschieden, 
in  den  sächsischen  Fürstenschulen  und  auf  der  Universität  Leip- 
zig. Die  letztere,  welcher  damals  Ernesti,  von  seinen  bedeu- 
tendsten Schülern  als  tiefer  Kenner  des  klassischen  Altertums 
gefeiert,  erst  später  von  der  schöngeistigen  Richtung  der  Heyne- 
scheu  Schule  als  einseitiger  Grammatiker  herabgesetzt,  die  Hau|)t- 
richtung  gab,  hat  auch  Melchit)r  Grimms  Bildungsgang  noch  iiK^hi- 


294  PViedrifh  iVIelchior  (Jrimiii. 

auf  das  Studium  der  alten  Sprachen  gefülirt,  als  es  das  Regens- 
burger Gymnasium  vermochte.    Zugleich  aber  wurde  er  in  Leipzig 
mit    übertriebener    Vorhebe    für    die    einseitige   Dichtkunst    und 
Kritik  Gottscheds    erfüllt,    den    er   schon  von  Regensburg  aus  in 
sclnvärmerischen  Briefen  gefeiert  hatte.    Wer  \\t\\  es  dem  jungen 
namenlosen  Menschen,  der  von  vornherein  den  schriftstellerischen 
Beruf  ins  Auge   gefafst  hatte,   verdenken,   dals  er  sich  dem  ge- 
feierten Diktator  des  htterarischen  Deutschland  unterwürfig  näherte, 
dals    seine   Begeisterung    für    Gottsched    aufs   höchste   stieg,    als 
dieser  seine  Bearbeitung  von  Zieglers  „asiatischer  Banise"  den 
Musterdichtuugen  der  „deutschen  Schaubühne"   einreihte?     Auch 
die    unwürdigen  Schmeicheleien    seiner  Briefe   mögen    dem  über- 
ladenen Briefstil  damaliger  Zeit  zu  gute  gerechnet  werden.    Aber 
d e r  G o 1 1 s c h e d i a n i s m u s  blieb  d e r  K r e b s s c h a d e n  sei- 
ner Auffassung    der   deutschen  Litteratur,  und  da  er 
bei  seinem  fast  ununterbrochenen  Aufenthalte  in  Paris  die  Schöp- 
fungen Lessings,  Goethes,  Schillers  nur  obei-flächlich  kennen  lernte, 
überhaupt  in  die  Umwandlung  der  deutschen  Dichtung  und  Kritik 
seit  dem  Sturze  der  Gottschedschen  Schule  nicht  hinreichend  ein- 
geweiht  wm-de,   so   konnte   er   nur  mit  Gottscheds  Augen  sehen 
imd   mufste    den  Franzosen,    die    er   mit  Liebe  für  Deutschlands 
litterarische  Thaten    erfüllen    wollte,   ein    ganz  einseitig  gefärbtes, 
nicht   eben   anmutendes    Bild   zeichneu.     Im  Oktober   1750   und 
Februar  1751  erschienen  zwei  Briefe  Grimms  über  deutsche  Littera- 
tur  in    dem  „Mercure   francais",    dem  Centralpunkte  der  Pariser 
Kritik.     Offenbar  richtet   sich  Grimm  gegen  den  herabsetzenden 
Tadel    Mauvillons,    der   in    seinen   „T^ettres  franyaises  et  ger- 
maniques"   der   deutschen  Litteratur  jeden   „esprit"   abgesprochen 
hatte,    ist  aber  vorsichtig  genug,  seinen  Gegner  nicht  zu  nennen. 
Nicht   ohne    diplomatische  Sehlauheit    weil's  er  die  eben  erwachte 
Vorliebe    der   Franzosen    für   die    englische  Litteratur,   besonders 
für   den    durch  Voltaire   etwas   eingebürgerten  Shakespeare,   aus- 
zunutzen.    Auch  Englands  Dichtung  habe  bis  in  die  jüngste  y^eit 
den   gebildeten  Franzosen  als  bai'bariscii  und  ungeuielsbar  gegol- 
ten, jetzt,  nachdem  sie  besser  erkannt  und  gewürdigt  werde,  finde 
man  an  ihr  Gefallen :  ähnlich  werde  das  Schicksal  der  deutschen 
Litteratur  in  Frankreich  sem.     Schon  aus  nationaler  Dankbarkeit 
sollten    die  Franzosen   sich   mit  den  litterarischen  Erscheinungen 


Friedlich  ^Melchior  Grinini.  295 

des  Nachbarlandes  bekannt  machen,  in  dem  französische  Sprache 
imd  Litteratiir  überaus  geschätzt  würden,  in  welchem  die  Schau- 
spielhcäuser  kaum  die  Zuschauer  fafsten,  wenn  Cid  und  Älisan- 
thrope  gegeben  mirden,  während  in  Paris  die  beiden  Meister- 
werke kaum  zwanzig  Personen  herbeilockten.  Aber,  um  der 
französischen  Eitelkeit  zu  schmeicheln,  mufs  er  den  Abstand  der 
deutschen  Litteratur  von  der  französischen  noch  gröfser  erschei- 
nen lafsen,  als  er  in  Wirklichkeit  war.  Darum  spricht  er  seinen 
Landsleuten  den  „esprit  createur",  ähnlich  wie  Mauvillon,  ab 
und  gesteht  zi\,  dafs  sein  Vaterland  wohl  den  Franzosen  eben- 
bürtige Gelehrte,  aber  keine  Redner  und  Dichter,  wie  Bossuet, 
Corneille,  Molifere  u.  s.  w.  habe.  Dem  zerrissenen  deutschen 
Reiche  fehlten  die  grofsen  Centralpuukte  des  geistigen  Lebens, 
namentlich  eine  Hauptstadt  wie  Paris,  die  Teilnahme  der  Fürsten 
und  Grofsen  belohne  die  deutschen  Dichter  nicht,  \nelleicht  aber 
werde  Preufsens  grofser  Herrscher,  an  dessen  Vaterlandsliebe 
Grimm  einen  warmen  Appell  richtet,  der  Mäcen  deutscher  Dich- 
tung werden.  Die  deutschen  Gelehrten  kümmerten  sieh  nur  um 
die  römische  und  griechische  Litteratur,  die  Hochgeborenen  rede- 
ten und  schrieben  nur  französisch,  wie  hätte  da  die  deutsche 
Dichtung  gedeihen  können?  Es  war  im  Jahre  1750,  als  Grimm 
dieses  UrteU  niederschrieb,  noch  waren  die  Lessing,  Goethe, 
Schiller  am  Horizonte  deutscher  Poesie  nicht  erschienen,  und 
von  dem  zündenden  Beifall,  den  die  Anfänge  des  „Messias''  her- 
vorgerufen hatten,  waifste  Grimm,  seit  fast  z^ei  Jahren  seinem 
Vaterlande  entfremdet  und  im  Gottschedianismus  stecken  ge- 
blieben, wenig.  Das  muls  man  sich  vergegenwärtigen  mid  zu- 
gleich den  Rücksichten  auf  die  Voriu-teüe  französischer  Aus- 
schlielslichkeit  Rechnung  tragen,  um  Grimms  Urteile  gerecht  zu 
werden!  Die  Schilderung,  welche  dieser  nun  von  dem  Ent\\icke- 
lungsgange  der  deutschen  Litteratur  bis  auf  die  unmittelbare 
Gegenwart  giebt,  ist  freilich  einseitig  genug  und  nur  der  damahgen 
Unbekanntschaft  mit  den  älteren  Zeiten  und  dem  kritischen  Schema 
des  Gottschedianers  zu  gute  zu  halten.  Die  mittelaltcriiche  Dich- 
tung bis  zur  Zeit  des  Humanismus  ^rird  kurz  gestreift,  und  bei 
dem  derzeitigen  Stande  der  Forschung  liefs  sich  das  kaum  anders 
erwarten.  Dagegen  werden  Luthers  Verdienste  um  die  deutsche 
Sprache    und    geistliche    Liederdichtung    warm    gewürdigt,    Han.s 


296  Friedrich  Melchior  Grimm. 

Sachs  aber,  die  Meistersinger  und  so  viele  andere  bedeutungs- 
volle Erscheinungen  des  16.  Jahrhunderts  ungerechterweise 
herabgewüi-digt.  Der  mit  Pope  —  ganz  im  Sinne  der  willkür- 
lichen, geschichtswidrigen  Parallelen  damaliger  Kritik  —  ver- 
glichene Opitz  ist  nach  Grimm  der  Vater  deutscher  Dichtung 
und  der  geistesverwandte  A^jrläufer  des  Mannes,  in  dem  alle 
Ausstrahlungen  deutscher  Dichtung  wie  in  einem  Brennpunkte 
zusammenfallen  —  Gottscheds.  Xatürlich  kommen  die  anderen 
Dichter  der  schlesischen  Schulen  bei  Grimm  ebenso  schlecht  fort 
wie  in  Gottscheds  Kritik ;  von  den  Vorläufern  des  Leipziger 
Diktators  werden  nur  Hof  dichter,  wie  der  mit  Horaz  verglichene 
Canitz  gelobt.  Nicht  ohne  Wärme  wird  dagegen  der  geniale, 
aber  im  abenteuerlichen  Leben  verwilderte  Joh.  Christ.  Günther 
gewürdigt.  Die  Schweizer  Schule  ist  nur  ganz  kurz  ervvähnt, 
auch  auf  Klopstock  nur  am  Sclilusse  als  hoffnunggebeuden  Dichter 
der  Zukunft  hingewiesen.  Besonderes  Lob  erhalten  natürlich  die- 
jenigen, welche  entM'eder  Anhänger  Gottscheds  Avaren  oder  in  dem 
Gegensatze  der  Schweizer  und  Leipziger  Schule  eine  neutrale 
Stellung  einnahmen,  wie  Friedrich  v.  Hagedorn  und  Albrecht 
V.  Hai  1er.  Dem  Gottschedianer  Grimm  erscheint  auch  der  saft- 
imd  kraftlose  Geliert  als  bedeutender  Dichter. 

Wie  Grimm  selbst  im  Anfange  des  zweiten  Briefes  erwähnt, 
hat  seine  Scliildermig  der  deutschen  Dichtung  ihm  bei  Franzosen 
wie  bei  Deutschen  wenig  Beifall  eingetragen,  indem  die  einen 
seine  zu  warme  Vorliebe  für  das  deutsche  Wesen,  die  anderen 
seine  wolilberechnete  Schmeichelei  der  Franzosen  mifsfällig  be- 
merkten. Vielleicht  aber  ist  dieser  Hinweis  auf  die  undankbare 
Verkennung  guter  Absichten  nur  eine  schriftstellerische  Reklame 
Gnnmis,  wenigstens  ist  aus  den  französischen  und  deutschen 
Zeitschriften  jener  Tage  nicht  zu  ersehen,  dafs  die  beiden  Briefe 
im  „Mercure"  überhaupt  besondere  Beachtimg  gefunden  hätten. 
Sie  blieben  daher  ohne  Fortsetzung,  vielleicht  zeigte  sich  die 
mit  den  Neigungen  französischer  Abonnenten  rechnende  Redak- 
tion des  „Mercure"  abgeneigt,  weitere  Artikel  über  deutsche 
Litteratur  aufzunehmen. 

Im  Jahre  1754  begründete  nun  Grimm  sein  „Journal  etran- 
ger",  eine  zum  Central[>unkt  dci'  A^'eltlitteratur,  mit  sorgsam  be- 
rechueter  Arbeitsteilung  und  peinlicher  Ausscheidung  alles  Schlech- 


Friedrich  Melchior  Grimm.  297 

ten  —  nur  sagt  Grimm  nicht,  wo  das  Schlechte  vom  Guten  sich 
scheidet  —  bestimmte  Zeitschrift.  In  den  Jahrgängen  des  „Jour- 
nal ^tranger"  ist  übrigens  die  Litteratur  unseres  Vaterlandes  mn* 
dürftig  bedacht,  und  der  Beurteilung  merkt  man  es  an,  daft  die 
Anfänge  von  Lessings  weittragender  Kritik  spiu-los  an  ihr  vor- 
übergegangen sind.  So  wird  der  Karschin  Lobgedicht  auf 
Friedrich  d.  Gr.,  dessen  ästhetischen  Wert  der  gefeierte  Herr- 
scher auf  —  zwei  Thaler  absehätzte,  mit  ungemeiner  Übertrei- 
bung, aber  doch  im  Geiste  der  noch  wenig  geläuterten  Ästhetik 
damaliger  Zeit  gepriesen,  und  überhaupt  ist  Gottscheds,  nicht 
Breitinge rs  oder  Lessings  kritischer  Mafsstab  an  alle  Er- 
scheinungen der  deutschen  Litteratur  gelegt.  Wir  können  aus 
den  Urteilen  des  „Journal  etranger"  keineswegs  immer  auf  Grimms 
Autorschaft  oder  Zustimmung  schliefsen,  denn  das  von  ihm  ins 
Leben  gerufene  Blatt  trat  in  die  zweite  Stelle,  seitdem  die  schon 
im  Mai  1753  begonnene  „Correspondauce  litt^raire  philosophique 
et  critique"  ihn  vollständig  beschäftigte.  Zwanzig  Jahre  lang 
hat  er  dieses  Werk,  das  in  halbmonatlichen  handschi-iftlichen 
Berichten  einem  über  Europa  sich  erstreckenden  Kreise  frei- 
geistiger und  grofsenteils  freimaurerischer  Fürsten  und  Grofsen 
die  Kenntnis  aller  Erscheinungen  des  litterarischen  und  gesell- 
schaftlichen Lebens  Frankreichs  übermitteln  sollte,  als  Hauptredac- 
teur  und  Hauptmitarbeiter  fortgeführt;  erst  dann  ga"b  er,  durch 
seine  diplomatische  Thätigkeit  zu  sehr  in  Anspruch  genommen 
und  öfters  von  Paris  ferngehalten,  die  Leitung  an  seineu  bis- 
herigen Sekretär  imd  Hilfsredacteur  Meister,  einen  in  Zürich  ge- 
boreneu Litteraten,  ab.  Wie  weit  er  auch  später  iNIitarbcitei- 
bHeb  und  wie  weit  nameutUch  die  Urteile  über  deutsche  Dichter 
ein  Werk  seiner  Feder  sind,  das  ist  nicht  leicht  zu  entscheiden 
und  ebensowenig  durch  M.  Tourneux,  den  verdienstvollen  Her- 
ausgeber jeuer  Korrespondenz,  wie  in  Edni.  Scherers  Biographie 
Grimms  endgültig  festgestellt.  Wir  haben  an  anderer  Stelle  den 
Versuch  gemacht,  Grimms  fernere  Mitarbeit  an  dem  RiesenM-erke, 
welche  durch  seinen  zweimaligen  Aufenthalt  an  Katharinas  H. 
Hofe  und  sonstige  Geschäftsreisen  in  diplomatischen  Aufträgen 
keineswegs  immöglich  wurde,  weiter  auszudehnen,  als  das  von 
Tourneux  und  Scherer  zugegeben  wird,  in  dieser  Abhandlung 
können  wir  aber  nur  diejenigen  Urteile  über  deutsche  Litteratur 


298  Friedrich  Melchior  Grimm. 

l^erücksiclitigen,  die  vor  1773  geschrieben  sind  und  sicher  von 
ihm  herrühren.  Da  zeigt  sich  denn  doch,  dai's  Grimm  in  der 
Fremde,  wo  die  unmittelbaren  Beziehungen  zu  Gottsched  auf- 
hörten, sicli  von  dem  Einflüsse  seines  Lehrers  etwas  befreit  hat. 
Nicht  als  ob  er,  dem  Erfolge  allein  Rechnung  tragend,  von  Gott- 
scheds Schule  zu  der  Schweizer  Richtung  sich  gewandt  oder  gar 
die  Bedeutung  Klopstocks,  die  Gröfse  eines  Lessing  erkannt 
hätte !  Zu  fern  war  er  seinem  Vaterlande,  in  das  ihn  nur  gelegent- 
liche diplomatische  Missionen  zurückfülnien,  um  mit  dem  rüstigen 
Fortschritte  der  deutschen  Dichtung  und  Kritik  Schritt  zu  halten, 
ja  sich  nur  auf  dem  liaufenden  erhalten  zu  können.  So  erwähnt 
denn  seine  „Correspondance"  von  Lcssings  Werken  nur  die  Sara 
Sampson  und  die  Fabeln,  beide  mit  sichtlicher  Wärme,  sogar  nicht 
ohne  Übertreibung  würdigend,  kurz  wird  auch  Wielands  Dichter- 
thätigkeit  gestreift.  Meist  aber  sind  es  Geister  zweiten  Ranges, 
denen  er,  dem  Zeitgeschmacke  entsprechend,  den  Kranz  der  Un- 
sterblichkeit reicht,  wie  Ramler,  der  „deutsche  Horaz",  Elias 
Schlegel,  Zachariä,  Moses  Mendelssohn,  vor  allem  aber 
der  von  ihm  wie  von  den  meisten  Zeitgenossen  in  den  Hinunel 
gehobene  Saloraon  Gefsner.  Aus  dem  Lobe,  das  er  letzterem 
spendet,  darf  man  nicht  auf  seinen  Übertritt  zur  Schweizer  Rich- 
tung schliefsen,  denn  als  treuen  Anhänger  Gottscheds  seinem 
schlimmsten' Widersacher  gegenüber  bekundet  ihn  die  fortgesetzte 
Abneigung  gegen  Klopstock.  Eine  entschiedene  Parteinahme  für 
den  Dichter  des  Messias  hätte  ihm  ohnehiu  sem  enges  Verhält- 
nis zu  den  Redacteuren  und  Mitarbeitern  der  Encyklopädie,  mit 
denen  er  in  Holbachs  Salon  gern  über  alles  Kirchliche  spottete, 
unmöglich  gemacht,  als  Freidenker  sowohl  wie  als  Gottschedianer 
blieb  ihm  die  Tiefe  des  christlichen  Sängers  verschlossen.  Wenn 
er  nun  auch  Gefsner  und  andere  Dichter  der  Schweizer  Schule 
mit  den  begeistert  blickenden  Augen  des  enthusiastischen  Bod- 
mer,  nicht  mit  der  finsteren  Diktatormiene  eines  Gottsched  ansah, 
so  ist  zwischen  seiner  Neigung  und  der  kritiklosen  Bewunderimg 
des  ganz  der  Schweizer  Schule  angehörenden  ISIeister  ein  ])emer- 
kenswerter  Unterschied.  Der  letztere  widmete  dem  dahingeschiede- 
nen (xcisner  einen  Nachruf,  Avic  ihn  in  der  „Correspondance"  nur 
Voltaire  und  Diderot  erhalten  lial)eii,  während  er  Fried- 
richs  d.   Gr.    Tod    kaum    erwähnt.      \"ou    solcher   Begeisterung 


Friedricli  Melcliior  (iriinm.  299 

hielt  sich  der  Zöghüg  Gottscheds  natürlich  fern.  Aber  wir  dürfen 
den  erfreuhchen  Umschwung  seiner  früher  einseitig  Gottsched- 
schen  Kritik  um  so  weniger  verkennen,  als  er  in  Paris  zum  Fran- 
zosen geworden  war  und  sich  schon  aus  Klugheitsrücksichten 
nicht  gern  als  Deutschen  bekannte. 

Als  später  Friedrichs  Schrift  „De  la  litt(?rature  allemande" 
erschien,  in  welcher  zwar  die  grofse  Zukunft  deutscher  Dichtimg 
mit  sicherem  Scharfblick  erkannt,  aber  die  gegenwärtigen  Vor- 
kämpfer des  deutschen  Geistes,  auch  ein  Lessing  und  Goethe, 
um  so  ungerechter  der  französischen  Geschmacksrichtung  des 
königlichen  Verfassers  zum  Opfer  gebracht  wurden,  sprach  Grinmi 
in  einem  Briefe  an  seine  Gönnerin,  Katharina  II.,  bitter  genug 
seinen  Tadel  aus.  Eine  völlig  parteilose  Würdigung  des  Ver- 
hältnisses Friedrichs  d.  Gr.  zur  deutschen  Litteratur  Märe  Grinuu 
unmöglich  gewesen,  auch  wenn  nicht  persönliche  Gründe  die  Ab- 
neigung gegen  Friedrichs  Franzosenverherrlichung  geschärft  hätten. 
Der  grofse  König  hatte  zwar  früher  seiner  Bearbeitung  der 
„asiatischen  Banise"  warmes  Lob  gespendet  und  ihn  huldvoll  an 
seinem  Hofe  empfangen,  aber  in  einem  Privatbriefe  sich  desto 
oifeuer  über  Grimms  aufdriugliches  Strebertum  ausgesprochen. 
Diese  Aufserung,  Avelche  schwerlich  ganz  allein  stand,  blieb  Grimm 
bei  der  damahgen  Mifsachtung  des  Briefgeheimnisses  kaum  ver- 
borgen und  berührte  ihn  an  der  schwächsten  und  empfindlichsten 
Stelle  seines  Charakters.  Nun  war  er,  wie  Voltaire,  vor  Fried- 
richs d.  Gr.  scharfem  Blick  zu  den  schmeichelnden  Huldigungen 
der  russischen  Herrscherin  entflohen,  hatte  ihr  seine  Dienste  als 
Htterarischer  Korrespondent  und,  woran  seine  eigenen  Enthüllun- 
gen in  dem  „Memoire  historique  pour  ITmp^ratrice  Catherine'' 
nicht  zweifeln  lassen,  auch  als  politischer  Berichterstatter  zur 
Verfügung  gestellt,  und  bei  der  gegenseitigen  Abneigung,  die 
zwischen  Friedrich  und  Katharina,  trotz  des  zeitweihgen  Zu- 
sammengehens der  preufsischen  und  russischen  Politik,  bestand, 
konnte  ein  scharfer  Tadel  des  „Philosophen  von  Sanssouci"  in 
St.  Petersburg  nur  angenehm  berühren. 

Das  Urteil  über  die  Schrift  „De  la  litt^rature  alleraande" 
kann  uns  ninmiermehr  über  die  Verwandtschaft  zwisclien  Fried- 
richs d.  Gr.  und  Grimms  Stellung  zur  deutschen  Litteratur  des 
18.   Jahrhunderts    täuschen.     Beide   haben   sich  als   französische 


300  Friedrich  Melchior  C4rimm. 

Schriftsteller  einen  Namen  gemacht,  iliren  Stil  und  ihre  Anschau- 
ungsweise fast  nach  denselben  Mustern  gebildet  und  die  deutsche 
Littcratur  meist  nur  in  den  engen  Grenzen  kennen  gelernt,  Avelche 
die  Gottschedsche  Schule  ihr  zog.  Die  französische  Erziehung 
des  einen  und  die  Hinwendung  zur  französischen  Welt  um  des 
leichteren  Emporkonmiens  willen  bei  dem  anderen,  die  Entfrem- 
dung von  der  vaterländischen  Litteratiu*  gerade  zu  der  Zeit,  wo 
sie  den  Höhepunkt  dichterischen  Schaifens  erstieg,  haben  Fried- 
richs d,  Gr.  wie  Grimms  einseitige  Überschätzung  des  französi- 
schen Geistes  verschuldet.  Aber  Grimm  war  in  mancher  Hin- 
sicht besser  gestellt  als  sein  königlicher  Zeitgenosse.  Dieser 
kannte  die  deutsche  Sprache  nur  vom  Bureau  und  Exerzierplatz 
her,  mufste  daher  zu  französischen  Übersetzungen  greifen,  wenn 
er  deutsche  Dichterwerke  ohne  Mühe  lesen  wollte,  zudem  war 
sein  litterarisches  und  ästhetisches  Urteil  oft  von  französischen 
Autoritäten  beeinflufst.  Die  Welt  des  klassischen  Altertums,  aus 
der  Deutschlands  grofse  Dichter  die  Vorbilder  ihrer  Kunsttheo- 
rien und  Kunstschöpfungen  nahmen,  war  ihm  nur  in  der  Form 
bekannt,  welche  Frankreichs  Pseudo-Klassicisnuis  ihr  aufgezwun- 
gen hatte.  Von  zwei  Hauptvorkämpfern  der  deutschen  Dich- 
tung, von  Lessing  und  Goethe,  war  er  aus  persönlichen  Gründen 
unangenehm  berührt,  uud  überhaupt  zu  sein*  mit  Staatsgeschäften 
und  den  Sorgen  für  Preufsens  Zukunft  beschäftigt,  um  noch  in 
hohem  Alter  der  vaterländischen  Litteratur  eingehendes,  für  ihn 
nicht  müheloses  Studium  widmen  zu  können.  Bei  Griimu  fehlten 
die  Vorbedingungen  einer  lichtigen  Wüi'digimg  der  deutschen 
Litteratur  keineswegs,  und  wäre  er  in  Deutschland  gebheben,  so 
hätte  er  sicher  den  bösen  Feind  des  Gottschedianismus  siegreich 
überwunden  imd  sich  l-icssing,  der  ihm  in  manchen  Eigentüm- 
lichkeiten gleicht,  voll  und  ganz  hingegeben.  Auch  so  hat  er 
die  grofse  Wandlung  der  deutschen  Litteratur  seit  Klopstocks 
„Messias"  wenigstens  geahnt  uud  seine  Laudsleute  nicht,  wie 
Friedrich  d.  Gr.,  erst  auf  die  Zukunft  vertröstet. 

Lidirekt  ist  Grimm  durch  seinen  Kampf  gegen  die  französi- 
sche Oper  ein  Vermittler  des  deutschen  Geistes  in  Frankreich 
geworden.  Sein  Brief  über  die  „Omphale",  eine  lyrische,  in  der 
Pariser  Musikakademie  1752  aufgeführte  Tragödie,  und  mehr 
noch  seine  witzige  Kritik  der  nationalfranzösischen  Musik  in  dem 


Friedrich  IVIcldiior  (^.riinm.  301 

„kleinen  Propheten  von  Böhmischbroda",  dienten  zuvörderst  nur 
der  italienischen  Musikrichtung,  aber  sie  halfen  für  Glucks 
bahnbrechende  Schöpfungen  den  Weg  bereiten.  Falls  die  Be- 
richte über  Glucks  Erfolge  in  der  Seinestadt,  wie  sie  die  „Cor- 
respondance"  enthält,  von  Griinni  selbst  herrühren,  so  hat  auch 
er,  gerade  wie  sein  Lehrer  in  der  nuisikalisehen  Kritik,  Jeau- 
Jacques  Rousseau,  sich  von  Piccini  zu  Gluck  fast  bekehrt. 

Grolse  Hoffnungen  versprach  sich  Grimm  von  seinem  Ein- 
treten für  die  deutsche  Litteratur.  Schon  1762  träumt  er  davon, 
dafs  bald  jeder  Gebildete  die  deutsche  Sprache  (nach  der  von 
ihm  übersetzten  Sprachlehre  Gottscheds)  lernen  werde.  Diese 
Hoifnung  hat  sich  zwar  noch  heute  nicht  erfüllt,  aber  seiu  Hiu- 
weis  auf  Deutschlands  Litteratur  ist  nicht  ohne  Erfolg  geblieben. 
Mit  ihm  zusammen  wirkte  Formey  in  seiner  „Bibhoth^que  ger- 
manique"  und  von  Paris  aus  Fr^rons  Jesuitenorgan,  die  „Annexe 
littdraire",  für  die  Einbürgerung  deutscher  Dichtung  und  Wissen- 
schaft in  Frankreich.  Der  haiserfüllte  Gegensatz  zur  Aufklärung 
machte  Fr^ron  zu  einem  warmen  Lobredner  Hallers  imd  Klop- 
stocks,  gerade  wie  die  belgischen  Ultramontanen  unserer  Tage, 
lediglich  um  die  franzosenfreundlichen  Liberalen  zu  ärgern,  für 
die  Verbreitung  vlämischer  Sprache  und  Litteratiu-  thätig  sind. 
An  Übersetzungen  und  Bearbeitungen  deutscher  Dichterwerke 
fehlte  es  in  den  folgenden  Jahrzehnten  nicht.  Xamentlich  Gel'sner 
und  Haller  erfreuten  sich  augenscheinhcher  S}'mpathie,  auch 
Wieland  kam  die  neu  erwachte  deutschtümliche  ]Mode  zu  gute. 
Goethes  „Götz"  und  „Werther"  wurden  in  einer  Zeit,  die  sich 
an  Rousseaus  politischen  und  dichterischen  Idealen  begeisterte 
und  von  den  freiheitlichen  Ideen  der  amerikanischen  Republik 
berauscht  war,  auch  in  Frankreich  begierig  aufgegriffen  und  eifrig 
gelesen.  Die  aufgeregte  Stimnumg  der  französischen  Revolutions- 
jahre fand  in  Schillers  „Räubern",  die  fast  ein  halb  Dutzend  mal 
übersetzt  wiu-den,  ihr  laut  wiederhallendes  Orakel.  Sic  trugen 
dem  „Mr.  Gilles,  auteur  de  Robert,  chef  des  brigands" 
(so  lautete  der  Titel  einer  Übertragung)  einen  vom  Minister 
Roland  unterzeichneten  Ehrenbürgerbrief  ein,  der  erst  in  die  Hände 
des  Dichters  gelangte,  als  Rolands  Haui)t  längst  auf  der  Guillo- 
tine gefallen  wai\  Aus  patriotischen  Gründen  ist  1802  aucii  die 
Jungfrau  von  Orleans  ins  Französische  übertragen  worden. 


302  Friedrich  Melchior  Grimm.  j 

So  hat  Grimm  uns  auch  in  der  Ferne  Dienste  ers^desen,  um 
(^erent^villen  wir  seinen  Gottschedianismus  verzeihen,  sein  Fran- 
zosentum  sogar  entschuldigen  wollen.  Der  Mme.  de  Stael, 
Victor  Cousin,  Adolphe  Regnier  und  den  anderen  Vor- 
kämpfern des  deutschen  Geistes  jenseit  der  Vogesen  hat  er  die 
Wege  geebnet. 

Deutschland  hat  diese  Dankesschuld  reiclilich  gesühnt,  als  es      ■ 
den  von  der  französischen  Revolution  vertriebenen  und  geächteten 
Greis   gastlich    wieder   aufnahm  und  ihm  in  dem  friedlich  stillen 
Gotha  ein  Asyl  bereitete. 


Der  Grallant  in  Shakespeares  London. 


Von 

Dr.  Theodor  Vatke. 


Der  Gallant  ist  dem  Courtier  (Vatke,  Kulturbilder  aus  Alt- 
Euglaud,  S.  176,  257)  nahe  verwandt,  doch  bezeichnet  er  im  wei- 
teren Sinne  den  Stutzer,  den  Elegant  überhaupt.  Er  liebt  es,  von 
seinem  Anzug  zu  sprechen  und  mit  seinen  Kleidern  zu  prunken: 

„If  you  See  one  in  a  yellow  taifeta  doublet,  cut  upon  car- 
nation  velure,  a  green  hat,  a  blue  pair  of  velvet  hose,  a  gilt 
rapier,  and  an  orange  tawny  pair  of  silk  stockings,  that's  1  . . . 
you  shall  see  my  ivrought  shirt  hang  out  at  my  breeches/^ 
(Antonio    and  Meilida  V,  I,    hy  John  Marston,   A.  D.  H)02.) 

Das  gestickte  (wi'oaght)  shirt  erwähnt  ebenfalls  Fastidious 
Brick  in  Ben  Jonsons  Every  Alan  out  of  his  humour  IV,  5: 
I  had  on  a  gold  cable  hatband  . . .  He  making  a  reverse  blow 
—  falls  upon  my  emboss'd  girdle,  I  had  thrown  off  the  hang  er  s, 
strikes  off  a  skirt  of  a  thick-laced  satin  doublet  T  had,  lined 
with  four  taffatas,  cuts  off  two  panes  embroidered  \\itli  pearl, 
rends  through  the  drawings-out  of  tissue,  enters  the  linings  , . . 
Carlo.  I  wonder  he  speaks  not  of  his  ivrought  shirt.  Fast. 
...  he  rends  me  two  pair  of  silk  stockings  ...  I  haviug  bouud  up 
my  wound  with  a  piece  of  my  ivrought  shirt.  — 

Das  gestickte  Hemd  des  Fimgoso  war  zweifellos  holländisch, 

vgl.  Fairholt  I,  304/5:  Merry  DroUery  (1658). 

„There  you  may  have  a  Holland  Smock 
That's  made  without  a  göre." 

Fairholt  s.  v.  Linen:  'Cloth  madc  of  flax.  It  was  not  ma- 
uufactiu-ed  to  any  extent  in  this  country  before  the  time  of 
Charles  IL  In  the  wardrobe  accoimts  of  Henry  the  following 
linen  cloths  occm*  fi'equently:   VH.  Brabant,  linen,  Bastaret  etc. 

Ganz  ähnlich  ivar  die  Tracht  im  zeitgenössischen  Frank- 
reich: TaUemant  des  R^aux  raconte  Thistoh-e  d'un  Pardailhm  (|iii. 


304  Der  Gallant  in  Shakespeares  London. 

lorsqu'il  ^tait  sur  le  point  d'entrer  chez  quelqu'un,  aprös  l'^dit 
de  1629,  fermait  les  rideaux  de  son  carrosse  pour  se  charger  de 
dentelles.     La  visite  achev^e,  il  les  otait  de  la  meme  fayou, 

Le  pourpoint  en  taillade  grande 
D'oü  la  cheinise  de  HoUamtc 
Renfloit  en  beaux  bouillons  neigeux 
Comme  petits  ttots  cscumeux.* 

Die  Beinkleider  des  Gallant.  Middleton  (Dram.  Works, 
III,  11):  'Believe  not  these  great-hreeched  gallants'  (he  refers  to 
trunk  hose).  Die  trunk  hosen  des  gallant  scheinen  bald  darauf 
auf  den  Citizen**  übergegangen  zu  sein.  Bereits  ltU)4  werden 
dieselben  an  dem  ^grave  Citizen,  accordiug  to  the  manner'  er- 
wähnt: ^in  trunk,  stockings'  (s.  oben).  Ferner  heilst  es:  'In 
fornier  tlmes,  loide  hriches,  ruffs,  slash'd  sleeves.'  (The  Beau 
in  a    Wood'  [1701]  Agares,  Gloss.  Pantaluon.) 

Der  gallant  verachtet  den  shopkeeper  und  macht  seine  Witze 
über  denselben:  We  that  are  shopkeepers  in  good  trade,  are  so 
pestered,  that  we  can  scarce  pick  out  an  hour  for  our  morning's 
meditation;  and  howsoever  we  are  all  accouuted  dull,  and  com- 
mon jesting  Stocks  for  your  gallants  there  ai'e  some  uf  us  do 
not  deserve  it.  Beaum.  and  Fletcher,  The  Womaii  Hater  III,  4. 
So  verspottet  der  courtier  die  Sitten  des  country  people,  und 
umgekehrt. 

Zum  gallant  gehört  auch  das  curled  hair  des  courtier:  Some 
frounce  their  curled  heare  in  courtig  guise.  Spenser,  F.  Queene 
I,  IV,  14.  —  Bulwer,  in  his  Artificial  Changeling ,  1654,  — 
'It  is  noiv  held  the  accomplished  gallantrij  of  om*  youth,  to 
frizle  their  haire  like  women,  to  speake  vnt\i  an  effeminate  smal- 

*  Histoire  du  Cot^titinc  <■>/  France  par  J.  Quiclirrot,  Pari^  1876,  p.  47G. 
**  Citixen.  Fnirholt,  cd.  Dillon  1,  383:  In  the  Lord  Maijur's  pageaut 
for  1664,  one  of  the  charactcrs  in  an  enibleinatic  sliow  was  'habited  like 
a  grare  citixen,  accordiug  to  the  aucicul  /i/annrr,  in  triink-hose,  sfoek-i)ii/s 
ty'd  cross  aboec  and  bcloir  the  kuc^,  a,  satthi  duidilct,  closc  coat  gatlicred  at 
the  uaist,  a  sei  ri/fj'e  about  his  neck,  rutl'  cutis  about  his  irrist,  a  broad- 
hri))i,'d  hat,  a  lanje  cypresse  hat-bnnd  (das  hat-baud  war  in  Shakespeares 
Zeit  Abzeichen  der  genfry),  gold  girdle  and  gloves  hung  thereon,  rings 
on  his  fingers,  and  a  seai  ring  ou  his  thunib ;  a  blew  linsey-wolsey  apron 
wrapt  about  his  nnddle.'  —  Vgl.  zu  Cross  ijartcr'd  (Xa>-esJ.  'A  fashion 
oiice  prevailed  for  some  time,  of  wearing  the  garters  crossed  on  the  leg. 
Im  Shakespeare'«  tinie  the  fashion  was  yet  in  credit,  and  Olivia's  detes- 
tation  of  it  arose,  we  may  suppose,  from  thinking  it  coxconibical:  He 
will  conie  to  her  in  ijelloir  stockings,  and  'tis  a  colour  she  abhorrs;  and 
rrnss-i/artcr'd,  a  fashion  she  detests.'  (T/aiffh  Xiyht  II,  5.)  —  All  short- 
cloak'd  ktiights,  and  all  eross-gartcr'd  ycntlenien.  Beauinout  and  Fletcher,  The 
Wotnati  Haier  I,  'J. 


Der  Gallant  in  Shakespeares  London.  305 

nesse  of  voice*  and  in  tendernesse  of  body  to  match  theni,  and 
to  bedeck  themselves  with  most  indecent  trimmiug/  Dieses 
Kräuseln  der  Haare  aber  war  bei  dem  gdllant  nicht  erst  um 
1664  Mode  geworden,  es  war  diese  Sitte  vieiraehr  uralt,  Avenn 
wir  auch  Chatteer  erst  zum  Belag  hierfür  anführen  können. 

How  a  gallant  sliould  behave  himself  in  Paul's.  (Thom. 
Dekker,  Gidl's  Hornhook,  1609.)  'He  that  would  strive  to 
fashion  his  legs  to  Walk  his  silk  stockings,  and  his  proud  gait 
to  his  hroad  garters,  let  him  whiff  down  these  observations  . . . 
where  (in  the  middle  line  of  Paulis),  in  view  of  all,  you  may 
publish  your  suit  in  what  manner  you  affect  most,  either  \\\\h 
the  slide  of  your  cloak^  from  the  one  shovlder;  and  then  you 
miist,  as^t  were  in  anger  suddenly  snatch  at  the  middle  of  the 
inside,  if  it  be  taffeta.  at  the  least;  and  so  by  that  means  your 
costly  lining  is  betrayed,  or  eise  by  the  pretty  advantage  of  com- 
pliment.  But  one  note  by  the  way  do  I  especiaUy  woo  you  to, 
the  neglect  of  which  makes  many  of  our  gallants  cheap  and  ordi- 
nary,  that  by  no  means  you  be  seeu  above  four  turns;  but  in 
fifth  make  yoiu-self  away,  either  in  some  of  semster's  shop,  the 
new  tobacco  office,  or  amongst  the  hooksellers,  where,  if  you 
cannot  read,  exercise  your  smoke,  and  inquh'e  who  has  writ 
against  this  divine  weed,  &c.  For  this  \vithdra\\ing  yourself  a 
little  will  much  benefit  your  suit,  which  eise  by  too  long  Walking, 
woidd  be  stale  to  the  whole  spectators:  but  howsoever,  if  Paul's 
jacks  be  once  up  vnth  their  elbows,  and  quarrelling  to  strike 
eleven;  as  soon  as  ever  the  clock  has  parted  them,  and  ended 
the  frav  with  his  hammer,  let  not  the  duke^s  galleiy  contain  you 
any  longer,  but  pass  away  apace  in  open  view;  in  which  depar- 
ture,  if  by  chance  you  either  encounter,  or  aloof  oif  throw  your 
inquisitive  eye  upon  any  knight  or  squire,  bemg  your  familiär, 
saliite  hbn  not  by  his  name  of  Sir  such-a-one,  or  so;  but  caU 
him  Ned,  or  Jack  &c.  This  will  set  off  your  estimation  Avith 
great  men;  and  if,  though  there  be  a  dozen  companies  between 
you,  'tis  the  better,  he  call  aloud  to  you,  for  that  is  most  gen- 
teel,   to   know  where  he  shaU  find  you  at  ttoo  o'clock;   toll  him 

*  Diese  effeminate  smalness  of  voice  entspricht  dem  höfischen  Lispeln 
in  Shakespeares  England.  Hamlet  sagt  zu  Ophelia  III,  1 :  you  amble  and 
you  lisp.  Und  ebenso  Marston  (ed.  Hall  III,  11),  KastivardllocJ,  1 :  Pol. 
now  you  are  in  the  lady-fashion  von  must  doe  all  things  light.  Tread  light, 
light,"l,  and  fall  so:  that  the  court-ambk.  —  Gir.  Has  the  court  nere  a  trot? 
Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXTT.  2U 


306  Der  Gallant  in  Shakespeares  London. 

at  such  an  ordinary,  or  such ;  and  be  sure  to  name  those  that 
are  dearest  and  whither  noue  but  your  gallants  resort.  After 
dinner  you  may  appear  again,  having  translated  yourself  out  of 
your  Earjlish  cloth  cloak  into  a  light  Türkei/  grogram^  if  you 
have  that  happiness  of  shifting;  and  theu  be  seen,  for  a  turn 
or  two,  to  correct  your  teeth  with  some  quill  or  silver  Instru- 
ment, and  to  cleanse  your  gums  A\ith  a  v^rought  hnndkerchief.' 
Der  gallant  der  81iakesi)earesclien  Zeit  erscheint  bereits  im 
Jahre  1646  als  veraltet  und  lächerhch.  Dies  belegt  Fairholt, 
Costnme  in  England  ed.  Dillon  (London  1885)  vol.  I,  p.  305: 
„The  very  curious  representation  in  the  next  page  of  a  first-rate 
exquisite  is  copied  from  a  very  rare  broadside,  printed  in  1646, 
and  styled  'The  Picture  of  an  English  Anticke,  lüith  a  List 
of  his  ridiculous  Hahits  and  apish  Gestures.'  The  engra^'ing 
is  a  well-executed  copperplate,  and  the  description  beneath  is  a 
brief  recapitulation  of  his  costume:  frora  which  we  leam  that 
he  wears  a  tall  hat,  \\\t\\  a  bunch  of  ribbon  on  oue  side,  and  a 
feather  on  the  other,  his  face  spotted  \nt\\  patches,  two  love- 
locks,  one  on  each  side  of  his  head,  which  hang  upon  his  bosom, 
and  are  tied  at  the  ends  with  silk  ribbon  in  bows.*  His  beard 
on  the  Upper  lip  encompassing  his  mouth;  his  band  or  collar 
edged  with  lace,  and  tied  with  band-strings,  secured  by  a  ring; 
a  tight  vest,  partly  open  and  short  in  the  skirts,  between  which 
and  his  breeches  his  shirt  protruded.  His  cloak  was  carried 
over  his  arm.  His  breeches  were  ornamented  by  *many  dozen 
of  points  at  the  knees,  and  above  them,  on  either  side,  were  two 
great  bunches  of  ribbon  of  several  coloiu"s\"** 

*  These  love-lochs  contiuued  long  in  fashion,  and  sometimes  reached 
to  the  waist.  They  were  bitterly  denounced  by  the  Puritans.  Pryune 
wrote  a  bock  against  them,  which  he  entitied  the  '  Unloveliness  of  Love- 
loclcs';  and  Hall,  in  Itlö-l,  printed  another  'On  tlic  Loathsoniene^s  of  l^ong 
Hair.'  The  ^asit  to  England  in  1G06  of  Christian  IV.  of  Dennaark,  who 
wore  a  love-lock  in  consequence  of  suflering  from  the  disease  called  'Plica 
Polonica',  doubtless  set  tne  faslüon. 

**  In  Barry' s  'Barn  Allc!/',  IGll,  of  a  gallant  it  is  said,  'His  breeches 
must  be  plaited  his  knees  all  points.' 

When  Charles  II.  arrivecl  in  Jersey  in  UM'.^  all  his  habiliments 
were  all  purple;  no  embroidery  of  either  gold  or  silver  ornamented  his 
doublet  or  hose,  but  on  the  left  side  of  his  cloak  a  silver  star  was  at- 
tached.  Across  his  ehest  he  wore  a  purple  scarf  or  ribbon,  and  a  garter 
of  the  same  colour,  the  ends  of  which  huug  down  behind  the  leg.  The 
Duke  of  York  Avas  attired  in  an  entire  suit  of  black,  without  auy  other 
Ornament  or  decoration  than  the  silver  star  displayed  on  his  mantle.  He 
also  wore  a  purple  scarf  across  his  Shoulders.  —  Ifosl,///.-<. 


Des  Ms.  Bodl.  779 

jüngere  Zusatzlegenden  zur  südlichen  Legendensammlung. 

Mitgeteilt  von 

C.  Horstmaiin. 


Pe  feste  of  corpus  day  cristy. 

Pe  hyse  feste  of  godd«s  blood  :  l)at  late  was  I-founde, 

good  is  to  honoure  :  lu  euery  a  stounde: 

fibr  J)orw§  J^at  dere  blood  :  we  be  bougt  echon; 

gif  it  ne  hadde  for  vs  be  schad,  :  to  helle  we  most  ha  gon. 

bonefas  pe  foiir{)e,   :   ]}at  pope  was  in  rome,  5 

of  {)is  presyouse  blood  :  gan  to  nyme  ,^eme, 

&  for  ])e  day  nas  I-hold  :  lj«t  tyme  in  fie  jer, 

|)e  pope  Jjouät  it  was  good  :  ])at  it  I-holde  wer: 

perfore  he  leet  er/stene  meu  :  |)orwä  al  c/'/stindom 

to  honour  |5e  feste  :  whau  ])e  tyme  com.  10 

I^e  nexte  {)orsday  it  is   :  of  \)e  trynyte, 
whan  l)is  ilke  holy  blood  :  schal  honourid  be. 
ffor  on  scher-jDorsday  :  me  may  entendy  nougt 
for  to  do  1)6  se/'uise,   :    l)ou  it  were  |)o  wrougt; 
l)ilke  day  ourc  swete  lord  :  it  be-gan,  I-wis ;  15 

but  for  seruise  of  l^e  passiou«  :  ])at  l)anue  I-dou  is, 

&  for  \>e  fest  of  ester,  :  &  wMt-sonetyd  al-so, 
|)e  fest  of  Ixit  swete  blood   :   raj^er  may  noujt  be  do. 
perfore  ])e  pope  bonefas   :   l)at  |)e  four{)e  clepid  was, 
of  Isis  Uke  sakrement  :  say  fe  noble  cas;  20 

gret  \vil  he  had  :  l)at  l)is  sacrement  honourid  wer<?: 
pei-iore  he  l)0U3t  in  rome  :   among  his  brelieriu  J^ere, 

&  gröntid  Isat  in  stede  of  mede  :  l)at  in  abbeyis  groutid  is, 
gret  pardon  to  cr/stinmen  :  l)at  |)is  feste  honouril^,  I-wis, 
pe  nexte  {)orsday  \mt  comyl)  :  nfter  Jje  trmyte,  25 

to  alle  cristene  men  :  l)at  in  cherche  l)anne  wille  be; 
\)e)-  his  seruise  ]pat  day   :   cleuüche  schal  be  do, 
for  ])e  holy  apostlis  :  mad  \)er-oi  mende  {)o, 
aft«;-  ])at  f  e  holy  gost  :  to  hem  was  I-come 
&  in  to  preue  orysomis  :  alle  l)ey  were  nome: 

9  1.  heet? 


3U 


1  Vgl.  Altengl.  Leg.  1875,  p.  XXXV  ft'.,  und  South  Engl.  Legendaiy  1887, 
p.  XX  (wo  ein  paar  Heiligeutage  unrichtig  aufgeführt  sind).  M.s.  Bodl.  ist  die 
einzige  Hs. 

20* 


308  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

bred  bey  brek  among  hem  :  &  drou,^  to  mynde 
bat  bred   J)at  cWst  brek  :  to  bygge  alle  mankinde. 
perforc  J)ilke  holy  fest  :  J)o  he  Jjoujte  do, 
&,  so  ,^e  ofte  haue  herd,  :  ,^af  moclie  pardon  J^ßr-two. 
fibr  to  hem  ]3at  comyjj  at  masse  :  he  ,^a{  au  houdrid  dayis,        35 
&  hem  Jiat  comyj)  to  matin?^s  :  he  jaf  Ipe  same  layis, 
{)at  Jjey  schold  au  houdrid  dayis,  :  at  matin«<.s-  habbe, 
&  to  euiusong  au  houdrid  dayis  :  wit-outiu  eny  gabbe, 
to  mydmorw,  vudriu,  &  mydday,  :  uou,  &  compliu  in  hyä 

ffor  ech  tyd  fourty  dayis  :  ])e  good  man  gau  g^-antyj,  **' 

&  to  \)e  last  euiusong  :  {je  good  mau  g/-öutid  al-so 
an  houdrid  dayis  of  pardouu  :  who-so  wold  Jjedir  go; 
&  aitrr  \)e  seuejie  day  :  who-so  herde  {)e  si"/-uise, 
he  g;-«utid  an  houdrid  dayis  :  to  meu  jpat  werc  wyse. 
ffayr  was  {)e  pardou  |)f/t  {je  pope  :  to  man  g/-antid  |)o!  45 

I  weue  me  ne  schal  graut  :  fayrere  neucre-mo. 

but  mou  moot  iu  herte  :  {)enk  swy{)e  wel 
bat  pardon  to  hem  {)at  he\>  iu  dedly  sinne  :  helpi{)  no  del. 
perfore  mou  moot  ferst  :  let  hym  cleue  chryue 
&  afoug  peuauus  :  for  his  wrecched  lyue;  50 

ellis  pardou  helpi{)  uau3t  :  to  uou  forjeueuesse, 
nou{)er  her  ne  ellis-wher  —  :  holycliirche  berij)  witnesse. 
pardouu  is  of  gr^t  mygt,  :  who-so  wyte  wold: 
lor  betfr  is  o  day  iu  purgatory  :  {jan  au  houdrid  pouud  of  gold. 

ffor  who-so  werf  to  purgatory  :  for  his  sinne  dyjt,  ^ß 

&  he  hadde  on  er{)e  :  pardon  wouue  ary^t, 
ech  day  of  pardon  :  ])ai  he  hadde  woune  here 
schold  afclake  his  peyue  :  of  ou  day  {jerr. 
Iperiore  I  holde  {)at  mou  :  more  {)an  wood 

{)ot  ne  wille  p?/;-chase  pardon  :  on  er|)e  wit  his  good.  —  60 

of  mony  meü  me  tellep  :  {)«t  be{)  hard  of  raood, 
{)at  nele  nougt  leue  :  {)at  it  is  godd?<s  blood: 

ffor  Jewis  &  sarajyn?^.?  :  &  some  {)at  cr/stin  is 
be-leue{j  nou^t  \)at  it  is  :  goddtis  blood  I-wis. 
{)e;-forc  good  vs  telli{)  :  sum-what  of  {)e  olde  lawe,  65 

to  proue  a5eu  {)e  iewis  :  {)e  so{)e  of  ourf  sawe. 
for  {)ey  segge  pat  here  lawe  :  betöre  f)au  oure  is, 
ffor  {)ey  hau  ma>?na  :  {)«t  comy{)  fro  heuiu  I-wis; 
god  of  heuin  it  made  :  &  to  {le  (e)r{)e  it  sente 
to  {)e  iewis  in  desert,  :  bat  w?t  good  wille  it  hente;  'O 

{)at  was  auugeh/s  brra  :  {)at  meu  etin  {)o  — 
In  {)e  saut^r-book  it  is  :  I-write  also, 
for  \>e  merakle  {)at  god  dede  :  to  hem  in  ])ot  tyme, 
I)ey  despysid  cr/stiudom  :  &  nele  neuere  fyne. 

but  jif  ])ej  ondir-stood  a-ry^t  :  {)is  holy  blöde,  75 

ffor  al  {)at  ilke  manna  :  hem  schold  be  wel  gode. 
for  manna  Joat  to  hem  com  :  nold  nougt  twey  dayis  laste, 
but  vj!  hem  euere  {jat  o{5er  day  :  it  rotid  faste; 
ac  \)at  flesch  &  {lat  blood  :  roti{)  ueuere-mo. 
{jis  me  {3iuki{3  au  auswere  :  to  sey,^e  {le  iewis  two.  80 

an  o{-)e/-  auswere  me  mv,^t  segge  :  to  hem,  who-so  wold: 
who-so  et  of  manna  :  fjat  he  dcy,^e  schold 
bo{)e  in  body  &  soule,  :  uou  I-sparid  nas, 
{)at  alle  meu  wente  to  helle  —  :  {)is  was  an  hard  cas! 
Sif  any  Jewj  wit-segge  :  {)e  8o{)e  of  {)is  sawe,  *5 

I  woot  he  schal  finde  it  write  :  In  bok?«;  of  here  lawe: 

65   vs  8t.  is  we. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  309 

In  Adam?<5  lyf  :  he  may  finde  f)is, 
I  woot  to  so{)e  wel,  :  who-so  it  sechel^  I-'^^'is- 
but  f)o  crtst  hadde  vs  :  wi't  his  blood  I-bou,^t, 
Jte  gode  men  of  here  lawe  :  fro  helle  were  b'rou.it.  90 

lieriore  fiey  moot  gronte  :  f)at  here  eldris  be{)  jit  in  helle 
or  wit  l>at  holy  blood  bou.^t,  :  as  I  50W  teile  — 
flFor  j)e  kny3t<<s  J)at  kepte  Jhcsu  :  {)o  he  m  toumbe  was 
toldin  to  i)e  iewis  :  J)e  sof)e  of  jpe  cas.  ' 

wel  mygt  J)e  iewis  wit  :  treuly  be  |)an,  95 

who-so  etif)  his  flesch  &  blood  treuliche  :  he  is  goddw.s  man 

tak  kep  wheyj^cr  is  beter  :  J)ot  flesch  &  {)at  blood 
|)at  for  manmis  sjnnus  :  deyde  on  J)e  rood, 
pan  aungeh/s  breed  :  [iat  manna  clepid  is. 

gif  {)ou  take  good  kep,  :  \)ou  myjt  vndirstond  {)is.  100 

3at  flesch  &  |)at  blood  :  god  on  erj)e  nom 
30  he  J)0U5te  bigge  mon  :  \>ot\\^  J)e  cristindom; 
36  prophet^^s  of  iewin  lawe  :  longe  to-fore  it  sede 
3at  god  wold,  to  bigge  mon,  :  on  er{)e  tak  manhede; 
jarlam  it  tolde  :  &  so  seyde  ysay^e,  105 

Abacuk,  e^echiel,  :  &  ek  ieromyge  — 

l3ese  bej)  J)e  prophet?/s  :  |3at  of  here  kinde  cam  — 
J)at  god  for  manuws  synne  :  flesch  on  erjse  nam. 
of  manhed  &  of  godhed  :  man  he  made  on : 
but  manna  fro  heuin  :  wel  I  woot  |)at  fjon.  HO 

cr/st  made  heuin  :  &  al  \>at  {)er-inne  is : 
a  party  of  heuin  :  manna  is  I-wis. 
crist  is  herre  ])at  is  lord  :  &  weldif)  alle  Jjing 
{)an  manna  aungek/s  bred  :  |3at  is  his  oudirling  — 
fTor  to  alle  mon-kin  :  moche  woudir  it  were,  115 

gif  l3e  bred  more  mayster  were  :  ]3an  J3e  bakere. 
J3e  Jewis  |3e;--two  drouke  wate/-  :  {)at  com  of  Jse  ston, 
but  hem  gan  |3er-after  Jsurste  :  swy{3e  sore  anon. 
hy  J3at  ston  we  ondirstondi|3,  :  {3at  \)e  wate>-  of  com, 
Jhesu  crist,  J3ftt  for  vs  here  :  flesch  &  blood  nom.  120 

of  |3at  ston  dauif)  wrot  :  in  J3e  saute?--book, 
J3at  J)is  is  to  segge,  :  who-so  wole  it  look: 
,\)e  stoou  J3«t  J3e  bylder?^s  :  forsook,  {30  |)ey  wroujt, 
an  heed-ston  in  an  herne  :  is  maked,'  so  hem  {jougt. 
of  f)at  ston  com  wate?-  :  &  blood  meynd  J)er-with,  125 

J3at  we  vndirfongif)  :  to  don  oure  soule  gryth. 
l3ut  al  J3is  J)at  {)e  Jewis  liad,  :  com  in  J)estirnesse ; 
but  we  haue  c?-/stis  oune  blood  :  ryjt  in  soo]3nesse.         If-  174] 
lygt  is  beter  Jsan  myst,  :  &  S0J3  |)an  falsnesse, 
cristus  body  J3an  manna,  :  as  we  schölle  bere  witnesse.  —      130 

0  |3ing  me  may  sey^je,  :  who-so  wold  it  wite: 
nlpou  seyst  it  is  cr/sti<s  blood,  :  howg  may  I  it  wite? 
for  me  J)inke|3  for  soj3e  :  flesch  non  I  se, 
but  me  {)inki{3  I-wis  :  bred  J3at  it  be; 

win  &  wate;-  also  :  is  in  J3e  chalys,  135 

blood  me  |3inkej3  it  is  naugt,  :  ac  I-lych  it  is." 
'jperiore  I  wile  swere,  :  for  godd;<.s-  loue  leue  J3is, 
oj3er  for  rygte  so{3e  :  ]3ou  leuist  amys. 
for  wit  mony  ensaumplis  :  I  may  schewe  be 
J)at  {30U  ondirstond  :  godd?/.s  flesch  \>at  it  be. '  1*0 


105  Ms.  se  St.  so.       110  j3on  st.   ron?       113  Ms.  {)an  st.   {3at.       119   Ms.  but 
St.  by.   —    '   Hierauf  sind  v.   135—6   wiederholt  (13U   noujt;  al  st.  ac). 


310  Des  Ms.  Bodl.  77'.»  jüngere  Zusatzlegendeu 

vndirstond  f»c  myjt  \)at  is  :  in  monnus  word 

Sz  ])on  myjt  ])e;--of  vndirstond  :  \>e  ende  &  f)e  ord; 

&  more  is  J)e  v^rtew^  :  {lat  is  of  blessing 

|)an  is  {)e  strengjie  :  of  any  makiug: 

ifor  {)orw5  blessing  :  kinde  is  ofte  forlore,  145 

so  we  finde  in  moyses,  :  as  I  may  teile  foir. 

Moyses  hadde  a  gerd  :  &  to  {)e  grouud  it  cast: 
anon  it  worj)  an  addrc  :  &  gan  to  swype  fast;   • 
he  cau,^te  Ipe  addre  be  f)e  tayl,  :  he  nyste  ojjcr  won : 
&  in  to  kinde  of  {»e  jerd  :  j)e  addre  tornyd  anon.  l'^O 

here  me  may  ])e  so{)e  :  wite  swy{)e  ryjt 
f»at  kinde  {)orw5  J)e  prophete  :  tweyes  les  his  raygt. 

J)e  watris  of  egipte  :  \)ey  rönne  as  skylle  was, 
but  Jjorwj  J)e  p/-ophete  moyses  :  \>rr  fil  a  uondir  cas : 
alle  pe  wat^ris  of  \)e  lond  :  be-com  to  red  blood  —  155 

moche  wondir  hadde  J^e  folk  :  \)at  \)er  by  stood, 
ffor  in  alle  {ie  flodis  :  wate/-  nas  l>er  non 
J)at  any  J)ing  my,^te  :  his  Jjyrst  kele  vppon. 
at  jje  prophetits  best  :  J)e  blood  a-wey  gan  go 
&  pe  wate/-  |)e;--afte;-  :  held  his  kind  eue/-e-mo.  160 

Swy{)e  hard  was  be-set  :  J)e  folk  of  iesre/el 
wit  ]ie  egipsienws  on  f)rtt  on  half,  :  so  je  witef»  wel, 
on  Jjöt  oper  syde  was  Jje  se,  :  {jat  non  ne  my^te  go  — 
])e  folk  of  egipte  :  hem  dede  moche  wo : 

Moyses  nom  fe  gerd  :  Ipat  he  held  in  his  hond,  165 

&  smot  ])e  se  I)e?--w/t  :  &  ghe  in-two  wond 
&  lefte  a  wey  fayr  I-now,^  :  men  on  to  go  &  ryde, 
&  here-self  ghe  stood  as  a  wal  :  in  eyj)er  syde; 

\)o  {)e  folk  of  iesrael  :  were  alle  oue/--gon, 
J)e  se  wente  to-gedirc  :  as  ghe  was  er  Jjon.  l"0 

also  J)e  wate?-  of  iordan,  :  f)ou  it  be  a-jen  kinde, 
tornid  ]>e  strem  of  Jie  watcr  :  toward  Ipe  welle  to  winde, 
wel  je  wite])  ])at  kinde  :  ne  my,^t  it  be  nou,^t 
{)at  wat^r  schold  ^erne  agen  strem  :  to  \)e  p;-ophet?/Ä  I>ou,^t, 
o])er  {)at  it  scholde  departe  :  men  |)e;--ou  to  gon  175 

for  ])e  strok  of  a  ,jerd  :  Itat  f)e  p/-ophete  smot  f)on. 

J)e  peple  of  Israel  :  moche  {)irst  com  on; 
moyses  nom  his  gerdc  :  &  smot  {le  ston  anon : 
of  i>e  ston  ])cr  com  :  strem^/.s  grete  I-now,^  — 
who-so  seyd  it  were  Jjorwg  kind,  :  me  {)iuke{)  he  seyd  wouj.  180 

Marath,  a  wate/-  in  a  contre,  :  sumtymc  heXer  was, 
|)at  nomon  my,3te  drinke  \)er-oi.  :  J)o  moyses  say  f)at  cas, 
a  tre  he  nom  qiiiklyche  :  &  in  to  Jie  wat^/-  cast, 
&  {)e/--|jorw3  al  his  bete/-nesse  :  J)e  wnter  les  at  {)e  last, 
ech  man  may  wel  se  :  f)at  g/-ace  is  wel  more  l^"^ 

]ian  kinde,  for  Jwrw^^  g/-rtce  :  kinde  is  ofte  lore. 
vndir  elyjc  \iq  p/-ophete  :  a  man  se/-utnge  was 
\)at  a  day  oue/-  a  wate/-  hew,v  :  so  it  fei   oy  cas, 
of  J)e  helue  Jje  ax  fei  :  to  f>e  wat^/is  ^round. 
Jdc  mon  was  sory  for  Jie  lore  :  in  ]iat  ilke  stound,  l^*^ 

to  elise  he  went  :  &  scheiüd  hym  Jie  dede, 
&  bad  hym  {)at  he  schold  :  J)e/--of  help  &  rede; 
ffor  Jie  wiitrr  was  wel  dep,  :  he  nyste  what  to  do, 
&  for  to  haue  an  ojje/-  ax  :  he  nyst  how  come  |)e/--two. 

elyse  nom  a  tre  :  &  in  to  J)e  wat^/-  dede:  1^^ 

&  \)e  yrin  gan  to  flete  :  anon  in  J)at  stede; 

148  Ms.  swyj)e?      170  1.  Jjeroii.      180  bete»-  -^  bitter.      185   Mä.  mayu  st.  mau. 


zur  südlichen  Legendeusammlung.  311 

Jae  mon  nom  his  yrin  :  &  to  {)e  brigge  it  drow,^, 

&  {)o  he  it  hadde  :  he  was  glad  I-iiow,v 

who-so  seyd  J)at  J)is  J)ing  :  were  I-do  be  kinde, 

me  wold  |)iiike  for  so{)  :  he  had  lore  his  myade;  200 

ffor  wel  36  witef),  kindely  :  Iren  fletif)  noujt 

but  J)orwä  verteu  of  :  cristtis  word  l-tou^t, 

but  I)orwä  g;-ace  of  Jje  prophete  :  &  of  his  moche  my^t 

Si  of  elyje  f)at  made  fer  :  fro  f)e  heuin  alyjt  (!). 

what  schölle  me  segge  of  ihesu  cr/st,  :  hou  moche  his  grr/ce  is  205 
\mt  made  wit  his  word  :  heuin  &  er{),  I-wis? 
t)e  prophet^^s  wrt  speche  :  here  werkus  wroujt, 
&  Jhesu  wit  his  oune  word  :  al  I:>in(g)  to  ende  broujt. 
who-so  wole  loke,  :  he  may  finde  write 

In  J)e  newe  lawe  &  |)e  old,  :  I  do  30W5  to  wite,  210 

f)at  he  seyd,  al  {)ing  :  ]Der-{)orw  makid  is  — 
who-so  leuij)  olser-wise,  :  I  woot  he  leuef)  amys. 

er{)elich  men  ^e  se  oft  :  of  water  make  ale 
&  of  malt  —  ge  witi])  wel  :  ^e  sojje  of  Jjöt  tale; 
lechis  al-so  of  flour^^s  :  watens  maki|i  I-lome,  215 

Si  o^er  l>mgus  J)at  Jjer-to  by-come; 
Of  linfed  &  of  eyrin  :  &  of  o\>er  {)ing 
men  conne  al  day  :  oyle  out  bring: 
why  ne  may  noujt  ihesu  c/-?'st,  :  J^at  god  &  mon  is, 
of  bred  make  his  flesch  :  whan  his  wille  is,  220 

of  win  &  water  mak  his  blood  :  whan  his  wille  is  J)er-two? 
he  J)at  made  al  {)ing  of  noujt  :  me  ]:)inke|5  he  may  don  so. 
torne  on  J)ing  in  to  an  o|)er  :  me  {)inkef)  ly,5tpr  it  is 
\>nn  to  make  of  noujt  :  alle  {)ing,  I-wis. 

wel  je  witij)  be  kind  :  god  worchif)  al-wey,  225 

he  doj^  after  his  wille,  :  J)e  sof)e  segge  I  may : 
ffor  he  Jjat  made  kinde,  :  may  here  wel  vndo 
o{)er  tornyt  to  an  o])cr,  :  whan  erf)elich  men  don  so. 
jif  kynde  ne  hadde  here  my^t  :  {)at  tyme  I-lore 
whan  ihesu  of  mary  on  erj^e  :  was  for  vs  bore,  230 

here  maydinhood  ne  myjte  noujt  :  han  sauid  be; 
Jierfore  he  wroujt  be  wü,  :  as  f)inke{)  me. 
ffor  god  ne  mygte  on  no  wise  :  on  erjje  ben  I-bore 
of  no  woman  {)at  wist  :  of  any-mauer  höre; 
ffor  god  in  liis  kynde  :  is  so  feyr  &  clene  235 

{)at  he  ne  may  nou^t  wony  :  {)er  höre  is  I-sene. 

jDerfore  to  clene  he  brou^jt  clene,  :  boJ)e  f)o  in-fere, 
&  was  bore  of  Jje  mayde  :  ])at  was  of  sinne  skere. 
bat  flesch  &  J)at  blood  :  |)at  he  of  here  took 
Is  sacrid  on  |)e  auter,  :  as  seyj)  f)e  holy  book.  240 

J)orw^  ])e  Word  \)at  J^e  prest  :  seyft  in  {ie  masse 
godd?<s  body  mad  is  —  :  leuej)  jjis  more  &  lassei 
goddws  word  for  soJ)e  it  is,  :  &  J)e  prestz/.s  naujt: 
„f)is  is  my  body,  wher-ftorwj  mon  schal  :  fro  helle  be  brou^t. 

{)is  is  my  blöd,"  he  seyf)  al-so,  :  „{lat  for  man  schal  be  schad, 
to  bringe  man  fro  helle  :  ])at  J)edir  hajj  be  lad''  — 
{)orw5  pese  word«s  :  sykir  makid  is 
god^^s  flesch  &  lüs  blood  :  vppon  J)e  auter,  I-wis. 
Jhe.su  cr/st  it  witnessijj  :  ])at  it  ne  may  gabbe  nau',t: 
he  seyd  „J)is  is  my  blood  :  Jiat  for  -^ow^  is  foujt,  2-50 


197   brigge  st.  brink.       201  —  204    sind    verworren,    im  Ms.    folgte   202   urspr. 
nach  204.     225  Ms.  kinde  kinde.     250  soujt  (?)   aus  boujt  korr. 


312  Des  Ms.  Bodl.  770  jüngere  Zusatzlegenden 

J)is  bred  is  my  flesch  :  |)at  to  mon  I  wole  ',eue; 
f)is  he  moot  leue  :  J)at  in  heuin  wol  leue." 

Now  god,  l>at  for  sinful  mon  :  deydist  (!)  on  f)e  rode, 
gront  vs  so  to  vndirfong  :  his  flesch  &  bis  blöde 
bat  vre  moot  alle  aft^r  :  ]5is  lyf  to  heuin  wende,  255 

&  Jjer-to  haue  J)e  blis  :  J)at  last  \v?t-uute  ende, 
need  it  is  to  bidde,  :  for  kind//.v  it  haji  two : 
lyf  it  is  to  gode  men,  :  to  wikkid  def)  &  wo. 
|)erfore  good  were  ech  mon  :  hym  be-[)enke  longe, 
J)at  he  were  clene  schriue  :  {)at  flesch  to  afonge;  260 

ffor  who-so  is  in  dedly  sinne  :  &  ondirfongijD  J)is, 
seynt  poul  sey{)  to  sojje  :  Jiat  he  be-gylid  is 

"of  goddi^s  flesch  ])at  was  spyled,  :  &  his  blood  Ipat  was  schad. 
wel  aujt  of  J)is  word  :  ech  man  be  adrad ; 

ffor  beter  it  is  to  lete  :  J)an  so  for  to  take.  265 

{)erfore  good  is  to  ech  mon  :  perto  hym  redy  make. 
&  god  leue  \>at  we  moot  :  ^tcr-to  vs  clensy  so 
J)at  we  mowe  l3er-|)orw^  be  sauid  :  fro  pyne  &  fro  wo.    Amen. 
(Kest    der  Seite    und  das  folgende  Blatt  ist  leer ;    dann  folgt  der  Schlufs  von 
Mathews  und  danu  S.  Frances.) 

Seint  fraunceys  J)e  holi  f rere.  i      (4  October)     [f.  177) 

I*e  valeye  hatte  spoletan  :  f»^r  seint  franceys  was  I-bore, 

&  ]>e  toun  Assisie,  :  so  Jje  bok  vs  tellef)  fore. 

Aftir  {)at  he  was  I-borf,  :  J)e  modir  seyde  anon, 

„Syre,  ich  wele  \>at  oure  sone  :  ben  I-cleped  Jhon.'' 

^be  stille,  dame,"  qua^»  ])e  fadir,  :  ^&  haue  J)ou  J)in  pays!         5 

ffor  ich  J)e  segge  to  so|)e,  :  hote  he  chal  fronceys." 

])o  he  was  of  seue  ger  elde,  :  {)is  cliild  me  set  to  lore. 
swyf»e  jong  he  by-gan  :  to  seruy  godd»s  ore, 
ffor  he  gan  anon  to  faste  :  &  hard  lif  to  lede, 
J)rtt  alle  {)at  Jier-of  wiste  :  f)e;--of  weren  in  drede.  _  10 

&  su]i]3e  po  he  of  elde  was,  :  J)at  he  gan  au§t  to  wise, 
liis  fadir  him  tok  gr^t  catel,  :  to  vsin  marchau/zdyse, 
for  he  cholde  ben  ourgeys,  :  bo|)e  to  buggen  &  suUe ; 
ac  he  J)ouät  al  an-oJ)er,  :  as  so  ic  jou  may  teile. 

he  {)Ougt  myd  erbeliche  good  :  make  his  cheffare  ^^ 

bat  he  myjt  haue  pe  good  :  f)at  is  ell?«-whare, 
jjat  hert  ne  my^^t  be-J)enche  :  no  tonge  teile  ne  may; 
vppon  \ns  ilke  chaffarr'  :  he  [jou',te  nyjt  &  day. 

jif  f)er  come  eny  por  mon  :  f^at  bod  liim  eny  J)iug 
for  \)e  loue  of  Jhe^'U  c;vst  :  pe  hy  houeu-king,  20 

for  lore  ne  for  byjete  :  he  ne  spared  nou',t 
|3at  he  ne  jaf  anon-ry,^t  :  \>nt  J>e  oJ)f/-  hadde  by-sou',t. 

In  a  tyme  hit  by-fille,  :  as  god  saf  [le  cas, 
J)at  aneue  robe  hyni  was  I-dyjt,  :  pat  noble  &  ryche  was. 
so  sone  so  he  haclde  hit  him  vppon,  :  a  pore  knyjt  he  mette,  2t 
J)at  wit  mylde  word^s  :  wel  swy{)e  fayr  mm  grette. 
swyjje  weihe  kneu',  ])at  kny,t,  :  »fe  to  him  seyde  J)o: 
,alas,  syre,  for  godd?/.s  loue,  :  why  gestou  nous  so, 

i)at  worby  werc  to  weren  :  weden  noble  &  ryche? 
lit  rcucp  me  {»at  ich  I-se  :  J)e  gon  so  rulichel''  -^ 

\>e  kny',t  him  answercd  :  &  seyde,  ,my  leue  brofx'r, 
by  ourelord  Jhesu  crtst  :  Ich  nabbe  nouJ)e  non  olper; 


253  1.  deyde.  —  '  Der  Text  dieser  und  der  folgenden  Leg.  weicht  ganz  von  der 
Version  der  älteren  Mss.  (Laud  108,  Ash.  43)  ab 7  Ms.  olde  ?      14  Ms.  ic  (so  stets). 


zur  südlichen  Legendensammlung.  313 

nabbe  ic  nou^e  framde  no  kyn  :  Jjat  of  me  hauef)  pyte, 
ne  jyat  onifs  wole  me  helpe,  :  for  so^e  ich  segge  {)e.'' 

„Alas,"  qua\^  iranceys  f)o,  :   ^hit  me  greuef)  wel  sore" ;  35 

of  he  strepte  his  robe  anon  :  wit-oute  speche  more, 
&  seyde,  ,,for  Jhesu  cristiis  loue  :  {)is  robe  ich  ',eue  \)e, 
fFor  hit  wole  betere  J)e  be-come  :  Ipan  hit  wole  me." 

\>e  knyjt  hym  J)onked  swyj^e  ;;erne,  :  &  dede  it  on  hym  anon, 
&  franceys  al  naked  :  J)enwardis  gan  gon.  '  ^o 

for  who-so  nom  al  Jse  men  :  f)at  sittejj  her  areue, 
soche  lUtus  for  to  ^eue  :  he  cholde  I-finde  wel  feue. 

A-ny,^t  after,  as  he  slep,  :  he  sey;  in  his  raetinge 
Jhesn  er  ist  I-crouned  sitte  :  as  an  hy  kingge; 
|)at  ilke  sely  robe  :  him  J)ou5t  |)at  on  him  was  45 

f)at  he  ;^af  jae  pore  kny.^t  :  Jjat  him  mette  by  cas. 

Jhesu  cr/st  him  f)onked  :  of  J)ilke  ,yfte  \>o, 
&  so  dede  al  J)e  companye  :  jDfft  in  heuene  was  so. 
,^ut  was  franceys  he|)en  :  &  f)o  he  I-sey,^  al  J)is. 
&  ])er-oi  myjt  mony  a  mon  :  wondir  habbe  I-wis:  50 

su^  his  fadir  &  his  modir  :  bo{)e  I-cmtind  were, 
why  hy  sofFred  here  sone  :  so  longe  hej)en  J)ere. 

ffor,  as  ich  ma(i)  segge  for  soJ)e,  :  J)e  lawe  soch  Avas  \>o 
{)at  me  ne  cholde  noman  :  crzsteny  neuer-mo 
but  he  coujje  hyw-self  I-wite  :  w/t-outen  opo'  rede  55 

what  he  dede  to  goodnesse  :  &  what  he  dede  to  quede, 
&  J)at  noman  {)e  encheson  were  :  gif  he  him  wolde  spüle, 
but  ]>at  he  al  wroujte  :  after  his  ouen  wille. 

J)erfor  he  gan  draue  J)o  :  al  fr«m  marchaundise 
&  let  him-self  to  cristin,  :  &  J)o  he  dede  as  |)e  wyse!  60 

&  euer  on  crist?^s  passion  :  f)e  gOnge  fVanceys  {ioujte, 
{)at  l>er  nas  non  er]Delich  catel  :  {)at  of  his  |)ou,t  him  brou',te. 

on  a  tyme  as  he  kneled  :  &  in  his  bedws  bad, 
him  Jjoujt  he  sey  Jhesu  c/-/st  :  vppon  ])e  rode  I-sprad 
In  I^e  maner  so  he  was  :  {)o  he  mankin  boujt;  ^^ 

]3e  strong  pine  ])at  he  |)oled  :  franceys  sore  of-J)ou',t. 

Jhesu  crist  seyde  {)0  :  wit  word2^s  swyj)e  stille : 
^who-so  wille  foluen  me  :  &  seruen  me  to  wille, 
eche  day  his  rode  :  to  him  he  most  take, 
&  \)erto  himselue  :  clene  he  moot  synne  forsake;  '^^ 

liis  fadir  &  his  modir  :  he  moot  for-sake  also, 
his  wif  &  his  childrin  :  he  mot  forsake  f)er-to, 
&  also  he  mot  forsake  :  his  sostir  &  ek  his  hroper, 
clene  he  moot  for  me  for-sake,  :  franceys,  \)er  nys  non  o\>er^ 
wit  J)ilke  word  Jhesu  crist  :  ius  weye  to  heuene  nom,  '^ 

&  fronceys  nyr(t)e  neuer  :  whar  \)ot  he  by-com. 

swyj)e  glad  was  franceys  :  J)0  of  f)at  Ilke  sv'jt! 
to  fasting  &  to  his  orisonys  :  he  halp  him  al  I-dy',t; 
\>e  chalFaryng  of  Jms  world  :  J)at  he  I-vsed  her, 
he  forsok  "for  J)e  speche  :  ])at  he  I-herde  \>eT, 
&  euere-more,  what-so  he  dede,  :  ^ede  he  vp  or  dou?/, 
euere-mor  he  {)0U5t  :  vppo«  his  passioun. 

Seint  franceys  wente  atyme  :  wel  sone  aftcr  J)an 

bv  an  old  chirche  :  of  seint  damyan; 

al  to-broke  &  forlete  :  was  ])at  holy  stede,  »° 

nouät-for-{)an  In  he  went  :  for  to  bidde  his  bede. 


41   tilge  for,   49   tilge  c*c.     63  Ms.  kiielel.      79  her  =  er. 


314  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegendeu 

Anon  to-fore  ])e  holy  croys  :  he  sat  a-doun  a-kne,       lf-  ^'^] 
Sz  gan  bidde  stilleliche  :  his  bed?/s  in  prruete. 
him  f)ou',t  a  uoys  spek  to  him  :  adoiiw  of  f)e  rode, 
&  seyde,  „fronceys,  dy^t  myn  hous'',  :  f)rye  wit  mylde  mode,  ^^^ 
„{)«t  to-broke  &  "to-fa!le  is,  :  so  Jiou  I-syxt  I-wis."' 

ff/anceys  in  his  herte  anon  :  vndirstood  al  Ipis, 
&  |)0U,^t  wit  f)e  catel  :  Jiat  him  was  by-take 
doD  ourc  lord?<.s  beste  :  &  ])er  a  cherche  to  make. 
vp  he  ros,  \)o  he  hadde  :  al  I-don  his  bede,  '••5 

&  went  him  to  a  pore  prest  :  Jwt  woned  in  \)at  stede, 
<fe  a  somme  of  catel  :  ])rit  he  hadde  w/t  him  J)0 
he  bede  {)e  prest  myldeliche,  :  Si  Jnis  him  seyde  to: 
„haue,  syre,  |)is  catel,  :  {)is  cherche  for  to  ryjte, 
&  ic  woie  w/t  f)e  be  :  &  he\\)e  J)e  w/t  my  myjte."  IW 

f)e  prcst  seyde  f)o  to  him,  :  „sone,  welcome  artou  to  me! 
wel  ich  it  wole  granty  :  J)at  })ou  w/t  iTie  her  be. 
ac  of  alle  |)is  catel  :  jjat  J)on  hast  her  I-brou,5t, 
wite  hit  wel  to  sojae  :  f)ot  ich  ne  kepe  it  ry,^t  noujt, 

ffor  {jy  fadir  <fe  {)y  modir  :  my,^ten  er  ou,5t  longo  ^05 

aspye  l>at  ich  hadde  :  of  {>y  catel  afonge, 
&  whan  hit  were  I-spended,  :  also  hit  my^t  be 
hy  wolden  |)orw5  pure  lawe  :  axen  hit  al  of  me, 
&  so  \)ey  my,5ten  sone  :  vs  bo{)e  Jian  by-tray, 
ffor  wel  I  wot  we  nadden  :  wher-of  hit  to  pay."  HO 

wel  sory  was  franceys  :  \)o  he  I-hurd  f)is, 
&  wente  "to  a  put-hole  :  Jiat  he  I-sey,  I-wis: 
{)e  moneye  f)«t  he  bedde  \)e  prest  :  lie  leyde  per  ech  del, 
&  wente  ford  in  his  weye  :  &  lefte  [wr  Jae  catel. 

ofte  me  tolde  his  fadir  :  woche  was  his  manere,  l'"" 

|)orw  Oper  marchauus  pat  wente  :  in  pe  lond  his  I-fere; 
wit  word?<.s  &  w/t  Jjreting  :  he  him  chastid  Home, 
Si  rad  him  oper  {)ing  to  don  :  whan  he  to  him  come. 

ac  Jjo  his  fadir  wiste  :  pe  ry,^te  so{)e  of  f)is, 
he  to-swal  w/t  wraf)l3e  :  &  warf)  ny,^  wood,  I-wis,  l"-0 

Si  swor  he  chold  abigge  :  whan  he  him  myjt  I-finde. 
prriore  franceys  drou,^  abak  :  &  loted  him  wel  be-hinde: 
In  an  old  dich  he  lay  :  dawis  to  &  f)re, 
Si  per  nas  man  no  wiwmau  :   pat  him  myj^t  owtf!  ise. 

pe  ierpe  day  he  aros  :  iS:  to  tonne  wente.  125 

{jo  {)e  fadir  him  I-seyj,  :  faste  he  him  hente. 
nas  per  non  of  his  frend^^s-  :  |)at  wolde  him  bymene, 
Sl  |)ey  he  Avas  for  his  fasting  :  bo])e  ielu,^  &  lene, 

alle  men  pat  him  I-seyä  :  wende  pat  he  were  madde 
(fe  pat  he  werr  out  of  his  Mit;  :  his  kyn  werp  of-dradde;         ^^^ 
lytil  &  mochil  him  scornyd  :  pat  ,^eden  by  pe  weye. 
tFranceys  went  him  stille  forj)  :  &  J)c;--of  nom  non  eye, 
forji  he  wente  stille  :  so  his  speche  werr  I-lore, 
(Si  ferde  also  <le\>  pe  lombe  :  whan  he  is  I-chore. 

pe  fadir  Jjat  him  ladde  :  sory  was  I-nouj,  '35 

&  hom  to  his  house  :  viliche  he  him  drou^^ ; 
Si  anon  so  ho  was  :  In  to  his  hous  I-come, 
Fn  to  on  of  his  chaumbris  :  his  sone  he  ha{)  I-nome 
t%  so  faste  he  him  bet  :  fram  foot  to  pe  croune 
jiat  al  a  r^d  blood  eche  lerne  :  hy  ornen  al  adoune;  ^*^ 

hy  pat  stoden  Si  I-herd  :  hadden  wel  gret  pyt« 
f)at  enymon  chold  his  sone  :  for  rujie  so  by-se. 


I 


103  Ms.  castel.     lua  al  übschr. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  315 

se{){)e  he  mad  him  don  his  c1ü{j».s,  :  &  fayir  him  liaji  I-tau^te 

])nt  he  chüld  amendy  him,  :  &  god  hiin  li'a])  arau.^te, 

&  seyde,  „franceys,  leue  sone,  :  naniore  iie  do  }iou  so,  l-*'' 

ac  lerne  begge  &  seile  so  :  {wu  syxt  o\wi-  do : 

&  Ic  Ipe  wole  finde  I-non^^  :  al  ])ät  |3e  ned  be, 

^,if  \Mt  ])oii  wolt  cacchen  wit  :  &  don  al  aÜer  me." 

^leue  fadir,"  qua^  f/rmceys,  :  „forsojje  \)ou  dest  amys 
to  take  me  eny  erj)eliche  gode,  :  Ine  louye  hit  nou-,t  t-wis;    l^O 
])erfor,  whan  ich  I-se  enymou  :  pouerc  be  J)e  weye, 
Ic  him  mote  nedtis  jene,  :  |)ey  ich  cholde  deye. 
&  ])criore  ich  J^e  segge,  :  fadir,  by  godd«.*  ore, 
Sif  {)ou  take  me  f)in  gode  :  J)ou  ne  sext  hit  neuer-morr."  — 
wel  ich  wot  |)«t  J)e/-  nys  uou  :  among  vs  alle  her  iSJi 

])at  gladlich  wolde  tak  bis  good  :  to  eny  soch  spenser!  — 

J)o  J)e  fadir  l^is  I-hnrd,  :  he  was  wro|}  &  ek  sory, 
&  reuliche  he  be-held  bis  sone  :  Ipat  lef  stood  him  by; 
In  grpt  J)ou3t  he  stood  longe  :  &  nyste  what  to  do, 
lier-after  he  seyde  to  bis  sone,  :  ^to  J)e  byllcbop  we  wollej)  go,  '•'^ 
&  ^if  l>ou  wolt  |)ou  my^t  wel  :  tofore  him  me  forsake 
Sz  suj^l^e  to  ofier  Jiing?^.';  :  J)y  soule  wel  by-take; 
whan  ich  ne  may  in  nou  wise,  :  sone,  to  chasty  |)e, 
\)ou  sey  tofore  {)e  byllcbop  :  what  {)in  wille  be." 

fFremceys  was  swy{)e  bly{)e  &  glade  :  f)o  he  I-hurd  al  f)is,    1^«'' 
&  I^oujt  on  \)e  ferste  word  :  {)«t  god  him  seyde  I-wis, 
how  he  chold  for  bis  loue  :  forsake  alle  |)inge, 
fadir  &  modir,  soste;*  &  broJ)ir,  :  emi^erour  &  ek  kinge ; 
noWfj  him  JjencheJ)  to  soJ)e  :  f)«t  he  it  may  wel  do, 
]periore  al  I-redy  he  is  :  to  |)e  byllcbop  forto  go.  l"0 

fo  by  come  to  J)e  byüchop,  :  wit-outen  morp  speche 

of  he  stripte  bis  clolpus  al  :  &  gan  bis  fadir  hem  by-teche, 

bis  brech  &  bis  cherte  :  he  dede  him  of  al-so 

&  by-tok  al  bis  fadir,  :  &  naked  he  stood  jio, 

&  seyde,  „fadir,  ich  wene  ic  uabbe  nou',t  of  j^yne,  !"'■> 

for  J)ou  mygt  now  hit  ondirstonde  :   Ich  uele  nou^^t  ben  J)in 

hyne ; 
to  bis  seruyse  onlyche  :  Ic  wele  be-take  nou^  me 
J)at  me  so  deri"  aboujt  :  vppon  Jdc  rode-tre, 
for  nele  ic  neuere  her-aftw  :  on  f)e  I-caste  my  t;-?ste, 
ac  al  myn  hope  chal  here-after  be  :  on  my  lord  Jhesu  ernste."  1^0 

J)e  fadir  gaf  bis  cloJ)is  :  to  {)is  billchop  \)o; 
]3e  byllcbop  bede  franceys  :  jyat  be  hem  chold  on-do. 
franceys  nom  a  curtil,  :  &  swor  by  godd^/.s  ore 
Jsat  he  uolde  I)e;--of  neufye-eft  habbe  namorc. 

bis  leue  he  tok  &  went  him  for|)  :  endelong?^'^  f)e  weye,      1S5 
{)is  byllcbop  &  bis  him  be-held,  :  he  held  forf)  f»e  weye: 
&  ])cr  Jje  Avorld  he  forsoke,  :  franceys,  ech  a  dcl, 
so  Jhe.su  cr/st  himself  :  tofore  him  tey,^te  wel. 
to  wildirnesse  In  wode  he  went,  :  \)at  was  |>cr-besyde, 
&  |)0U3t  in  goddus  seruyse  euere  J)er  to  abyde. 
J)ere  he  was  a  whyle,  :  '&  ofte  f)eues  I-mette, 
|)at  him  Jjretened  "to  sie,  :  «.%  he  hem  fayr  grette, 
&  seyde,  „whan  30ure  wille  is,  :  al  redy  ich  am  ber-to; 
now  ^e  mowe  ^if  je  wolliJ>  :  goure  wil  on  me  to  do." 

Afterward  |)is  franceys  :  sone  him  haj)  by-f)OUjt  ^■^^ 

J)at  he  was  w?t  senne  :  to  lytel  J)er  of-soujt, 


158   lef  =  lew  pale.     ICy  Ms.  I  at.  he. 


316  Des  Ms.  Bodl.  770  jüngere  Zusatzlegenden 

&  {)ou;it,  him  were  betöre  :  in  felachipe  to  be 

k  ondirling  to  feleschipe,  :  here  workt/.«;  for  to  I-se. 

Jjerfore  sone  he  him  droug  :  in  to  a  meselrye, 

wit  boxomnesse  &  penau»?ce  :  his  soule  for  to  gye.  200 

here  veet  he  wolde  wafl'che  :  whan  f)ey  were  syke, 

&  here  body  echedel,  :  &  alle  her^  sor?<s  to  pyke; 

out  he  drouj  f»e  queture  :  manyatyme  al-so, 

&  kuste  ])er-nher  here  sorz/.s  :  whan  he  hadde  so  I-do. 

per  nys  non  amongis  vs  :  ])at  myjte  don  al  {)is,  205 

pat  me  nolden  segge  :  J)at  he  ner  buxuw,  I-wis ! 

V  raunceys  su{){)e  him  by-{)ou^t,  :  so  ic  teile  can, 

of  \)e  olde  cherche  :  of  seint  darayan, 

l)er  oure  lord  from  J)e  croys  :  in  voys  to  his  speche  com  ere 

&  bede  him  \>at  he  cholde  :  f)«t  ilke  cherche  arere.  210 

for  {)edir  he  gan  wende,  :  so  he  aujt  wel. 

anou  he  fond  in  poynt  hool  :  his  catel  eue/-y  del. 

J)er-uit  he  made  J)e  cherche,  :  &  wi't  begging  al-so, 
&  bere  hira-self  wel  ofte  :  grete  ston2/s  {)e/--to; 
&  gode  men  him  holpe,  :  so  skylle  was  &  ry^te,  215 

so  pat  in  a  whyle  \)e  cherche  was  al  dy^te. 

&  sujjjje  he  mad  a  cherche  :  of  oure  lady  marye, 
for  \)e  voys  of  {)e  croys  :  \>at  he  I-hurde  her  {)ry;^e; 
&  su|)f)e  of  seint  pete/-  :  a  cherche  he  wrou,^t  ]>o  — 
Ic  wot  it  was  J)e  {jridde,  :  &  he  ne  makid  namo.  220 

In  oure  leuedy  chirche  {)o  he  gan  take  reste; 
to  fasting  &  to  orisonys  :  his  wil  was  euer  beste; 
al  he  hated  moche  :  {jot  him  {)ou,^t  proute, 
&  who-so  were  in  chirche  :  selde  he  was  w/t-oute. 

hit  be-fil  vppon  a  day  :  Jsat  he  I-hurde  rede  225 

wher  oure  lord  taujt  his  apostlus  :  here  lif  to  lede 
&  seyde,  „siluir  ne  gold  ne  cholde  ^e  habben  non, 
no  staf  in  joure  honde,  :  aboute  for  to  goon,] 
no  schon  on  ^,oure  feet,  :  jif  je  folue  me, 
ne  to  cirtlis  nejie-mo  :  on  jou  ne  choUe  be.  230 

&  \ii  \)ou  se  in  eny  wise  :  nedful  J>in  broJ)e;-, 
{)at  \)ou  ne  ehalt  (lete)  to  bete  his  nede  :  to  jiue  him  J)flt  o\)e>\ 
ne  tit  ])e  purs  ne  cachel  :  f)in  mete  {)er-in  to  bere, 
ac  alle  J)iu  hope  do  on  me  :  <fe  ich  J5e  wil  were. 
mete  a-5eyn  amorwe  :  ne  chaltouj  I-wite  uoujt, 
for  onliche  vppo?i  me  :  Jjou  ehalt  cast  al  J)in  |)ou'jt; 
for  in  myne  warde  :  is  alle  {)ing  \>at  is, 
&  ich  ne  may  noman  for-jete  :  Jwt  me  I-serue{),  I-wis." 

Po  franceys  I-herde  J)is,  :  he  gan  {)enche  aryjt 

J)at  he  wolde  J)is  beste  holde  :  euer  by  al  his  myjt: 

a-wey  he  caste  his  staf,  :  &  dede  of  his  schon, 

&  jaf  a-wey  his  clobis  :  euerychou  but  on; 

In  stede  of  his  gerdil  :  an  harde  corde  he  toke, 

for  he  wolde  holdin  al  :  be  wrytiug  of  {)ilke  boke. 

Sut  him  Jjoujt  f)rtt  \)e  corcle  :  on  liim  to  nelTche  was :  245 

berfore  gret  kuottin  :  \>er-on  he  mad  by  cas. 

per-by  me  may  wel  ondirstonde,  :  so  we  findej)  ofte, 

&  J)at  he  hatej)  swyjie  moche  :  to  lede  his  lif  softe. 

212  1.  in  J)e  put-hole.       223  urspr.  proude.        231—7  sind  ungehörig.       233 
cachel  =  sachel.     238  I  vor  seruej)  durchstr.  ? 


235 


240 


zur  südlichen  Legendensammlung.  317 

Men  he  preched  &  vvomen  :  f)at  wolde  to  him  come, 
pat  man  ne  may  noujt  pajdn  god  :  but  his  wil  be  by-nome ;  ^50 
for  jif  Jje  flesch  moot  habbe  :  euermore  his  wille, 
he  wole  wrt-outen  ende  :  in  helle  his  soule  aspylle. 

l>e)-ior  man  chal  formest  :  clene  his  wil  for-säke, 
&  su{)  he  may  to  bettere  :  him  to  penaw^ce  take; 
ffor  noman  ne  may  seruy  :  I-fere  lord^^s  two,  255 

gif  {)at  hy  ben  wi|)erward,  :  &  paye  hem  alle  bo. 
so  hit  iarep,  weti^  hit  wel,  :  by  false  world  bis, 
&  |)e  seruyse  of  Jhesu  crist  :  \>at  is  king  of  blis: 
fFor  f)e  World  is  swyf)e  false,  :  &  Jhesu  crist  is  trcwe ; 
who-so  louef)  wel  ]Dis  world,  :  Iwis  he  louyej)  a  chrewe.  260 

ffelawis  he  ondirfenc  to  him,  :  \>at  ])o  vfit  him  were, 
&  alle  frcre  menour?<s  :  he  let  hem  clepe  J)ere  — 
Mynor  is  an  englich  :  „lasse"  for  to  spelle  — 
for  he  wold  Jiat  noman  :  of  hem  ne  cholde  teile. 
&  for  he  wolde  Jjat  in  J)e  worlde  :  nere  non  ordere  lasse,        205 
in  his  tyme  nas  non  of  hem  :  {)at  moste  singen  masse; 
&  for  he  nolde  fjat  in  J)e  world  :  hy  nadde  no  dingnete, 
{)e?-for  he  ne  softred  non  of  his  freris  :  p^-est  for  to  be, 

ac  vndir  Jje  frcre  prechour^^s  :  he  mad  hem  to  ben  echon. 
wel  me  myjte  be  {)an  I-wite  :  \)at  he  ne  louede  prite  non !    27ü 
J)o  hy  weren  to-gederc,  :  seue  frerus  hy  were. 
seint  franceys  |)0U3t  to  long  :  J)at  hy  were  J>ere: 

fforJ)e  in  to  wildimesse  :  wit  hem  he  gan  go, 
for  him  {)0U5t  J)at  |)ey  my^t  :  J)e  bet  god  serue  {)0 
In  hedus  &  in  fasting.  :  for  he  faste  euermo,  275 

To  wite  wheyj)er  his  sinne  were  :  al  for-geue  him  to  — 
for  he  was  of  his  sinne  :  euere  a-gast  wel  sore; 
to  wite  why{)er  hy  weren  for-geue  :  he  bedde  euere-more. 

V  ppon  a  fryday  it  by-fil,  :  as  he  his  bed«s  sede, 

J)at  a  Toys  com  from  heuene  :  &  seyde,  „naue  {)ou  no  drede,  280 

for  Jhesü  cr«st  al-myjty  god  :  |)e  haj)  for.^eue  Jiin  sinne; 

&  whyle  Jjat  Jiou  biddist  :  for  o])er  of  mankinne, 

naue  J)ou  none  drede  :  of  sinne  ne  of  dore, 

ac  fonde  libbe  clene  lif  :  so  ])ou  hast  I-don  wel  göre." 

so  longe  hy  hadde  I-fere  I-be,  :  ic  woot  w/t-outen  wene,     285 
J)at  hy  weren  frere  menoris  :  I-fere  Jjrittene. 
to  seyn  franceys  I-fere  :  euerichon  hy  bede 
J)a(t)  he  maked  hem  a  rule  :  here  lif  for  to  lede. 
ffranceys  J)OU§t  J)rtt  hit  were  :  swy{)e  wel  I-don; 
&  J)erfore  here  reule  :  he  gan  to  wryte  anon.  290 

ac  him  one  . . .  J)e  reule  noujt  :  w«'t-oute  comfirment: 
Jie?-fore  hy  wente  ^er-wit  :  to  |)e  pope  Inofent. 
Inofent  |)e  |)ridde  was  :  pope  in  rome  \>o, 
\)at  here  rule  &  here  wille  :  al  he  granted  to  do. 

ffor  J)e  pope  lay  anyjt  :  in  f)e  borw,  of  rome  295 

&  slep  in  his  bedde,  :  ar  hy  \)edur  come; 
him  mette  ])at  seint  peteris  chirche,  \)at  heued  of  al  is, 
was  fallinge  a-dou«ward  :  &  foul  to  cheue  I-wis, 

ac  fronceys  com  anon-ryjt  :  w/t  his  frereu  .xij., 
&  rygten  vp  \^e  chirche  :  so  fayr  &  wel  hem-selue  300 

Jiat  J)e  pope  J)OU3t  :  for  ryjt  sof)e  \)ere 
\)at  hit  nas  so  wel  I-mad  :  tofore  neuere  ere. 


254  1.  {)e  bettere.     273  Ms.   flforre.     283  dore  st.  höre?     291   Verb  fehlt. 


318  Des  Ms.  Bodl.  770  jüngere  Zusatzlegenden 

{)is  meting  \>e  pope  tolde,  :  so  ich  ',ou  teile  may, 
to  his  cardiuah^s  amorwe  :  auon  \>o  hit  was  day. 

ac  {)(jrw,^  goddw.s  g?-as  &  frrmcevs  :  so  wcl  oii  he  nom  305      » 

{)r/t  \)e  whyle  f)ey  tolden  her-of  :  to-forr  \>e  pope  he  com  m 

&  bede  {)e  comfermeut.  :  J)e  pope  him  knen  ful  wel,  • 

&  anou  him  g/r/ntod  :  \\\s  bidding  eche  del. 
to  prrchy  lyf  of  peuauMce  :  he  g/rmted  him  also, 
for  \)er  bej)  swyf)e  fewe  :  J)at  drawe  wollej)  \)er-to;  310 

&  more  he  be-het  he  wolde  :  him  graute  to  his  nede, 
&  to  prechy  wey  of  penau;?-ce  :  he  bed  him  eue/-e  to  spede. 

Swy|)e  glad  was  franceys  :  J)o  he  1-hurd  al  |)is, 
&  weute  to  his  contre  :  w/t  liis  frpris,  I-wis. 
&  as  ])ey  wenten  by  {)e  weye  :  Jjey  axed  &  sede  315 

In  what  stede  liit  were  best  :  here  lyf  to  lede, 
In  toun  o])cr  in  wildirnesse,  :  I-fer^  oJ>c/'  alon; 
of  Jns  ilke  desputelbu  :  adradde  hy  werßn  echon.  > 

„brefjerin,"  qua])  seint  fFrrmceys,  :  „I  50W  rede  \)iis,  ■ 

to  fasting  &  to  orisonys  :  to-nygt  J)ot  we  don  vs,  320     T 

&  bidde  we  jerne  to  JhcÄU  c/v'st:  Jwt  liende  is  &  fre, 
J)at  he  vs  sende  to  segge  :  what  his  wille  be." 
al  J)is  hy  grrnitcd  anon,  :  bojje  lest  &  meste, 
for  hy  wer^n  alle  irdy  :  for  to  don  his  beste. 

At  Jje  cokk^/s  crowing  :  Jjese  ircriis  J)ou5ten  echon  325 

\)at  |)ey  seye  Jhfsu  cr/st  :  vppon  Jje  rode  I-don, 
&  seyde  J)m.s,  „ic  was  I-pynyd  :  mann?/.s  soule  to  winne, 
&  to  wi?me  soul«s  to  me  :  ne  cholle  je  uojiing  blinne: 
&  Jsat  ic  wole  for  so{)e  :  Jiorw-out  alle  Jiing 
{)at  by-sydzfs  \>e  touuns  :  \>at  ben  ]ourr  won^nng,  330 

so  |)at  36  mowen  teche  \>e  folk  :  &  ek  seruin  me; 
for  manyman  |)orw3  sinne  :  {lorw^  gow^  chal  abrou5t  be." 

Glade  werc  |:)is  frcris  alle  :  for  {)at  ilke  tyding, 
&  w/t-oute  Ipe  toun  of  assi'^ie  :  hy  gönne  make  hen'  wonying. 
hard  lyf  J)ey  gon  lede,  :  so  J)ey  hadde  er  I-do,  335 

&  gaderid  to  hem  freris  :  euer  |)e  leng  Jje  mo. 

Hit  by-fil  on  a  tyme  :  Jjat  franceys  was  by  ny',te 

him-seif  alone  p/-cueliche  :  &  bede  to  god  al-my^te; 

be  fren's  wereu  in  chei'che  :  in  herc  bed?<s  echon: 

po  seyj  ])Gy  at  {le  dore  :  a  way(n)  al  furie  gon,  340 

a  clob  of  golde  set  ]3cr-inne  :  amau  so  hit  were  — 

])e  frcres  wer^u  alle  :  wel  ny  ded  for  ferr. 

{)riis  hit  3ede  aboute  :  &  wente  suf)  In  aseu. 
moche  wondir  J)e  h-rriis  hadde  :  what  hit  myjt  ben. 
|3a«ne  seyde  on  of  hem,  :  „Ic  weue,  jif  Ic  ue  lyje,  345 

|)rtt  it  was  sen  franceys  :  I-come  vs  for  to  aspyje, 
ior  jif  we  don  in  chirche  :  as  we  au'^t  to  don." 
^we  leuef)  wel  \>at  hit  so  be,"  :  J)e  o\)cr  seyden  son, 

„ffor  he  chewed  him  to  vs  :  in  fourme  of  helie; 
god  him  ha{)  I-formyd  soch  :  to  cheuen  his  mayst;-/e."  35(i 

moche  wondir  })ey  haddeu  alle  :  \)er-iiiter  euer-more, 
&  eny-{)ing  to  a-giltin  him  :  Iper-iore  hem  drad  ful  sore. 

A  frere  of  {je  ordre  of  pe  croys  :  moris  het  by  name, 

man  of  good  lyue  he  was  :  &  ek  of  noble  fame. 

Also  god  him  ";af  ^race,  :  he  fil  in  gret  langour,  355 

so  J»at  bo{)e  nygt  &  day  :  him  greued  his  dolour. 


3.S0  |)at  St.  shal?     340  Ms.  way.     3-41   clob  =:  globus.     847   tilge  for. 


zur  südlichen  Legeudeusammlung.  319 

to  sen  franceys  he  sente  aday  :  men  J)«t  to  him  sede 
jpat  he  {)OUäte  on  frere  morys  :  Avhan  he  his  bed«s  bede. 

^gentus,""  quap  seint  franceys,  „so  Ic  chele  :  him  to  habbe 

iu  Jwujt." 
anon  he  wente  to  an  auter,  :  &  for  him  haj)  by-sou',t;  360 

oyle  he  nome  of  a  lau?/?pe  :  Jiat  al  brennyng  was 
tofore  oure  leuedy  auter,  :  so  god  jef  \:>e  cas, 
croumen  of  bred  {)is  goodman  :  mengen  he  gan  ])er-to, 
&  tok  hit  Jie  messageris  :  &  fayre  him  seyde  J)o: 
„bere|)  f)is  to  frere  moris  :  J^at  jou  sente  to  me,  365 

&  J)orw5  f)e  help  of  Jhesu  crist  :  his  hele  hit  chal  be." 

Er  J)e  messager?<s  come  :  frere  morys  {jougte  ful  longe, 
&  {)at  wit  good  wille  :  ])e  medecyn  he  ondirfonge. 
wel  good  was  J)e  medecyne  :  Jiat  he  ondirfon  Jjere: 
for  in  body  &  soule  al-so  :  he  worf)  hol  &  fere.  370 

he  |)onked  ^erne  seüit  frau«ceys  :  J)at  him  serued  so, 
&  suJ)J)e  vfit  good  wille  :  to  franceys  he  gau  go. 

Su|)|je  hard  lif  he  gan  lede  :  J)orw  franceys-his  teching 
&  fonded  bo|)e  nyjt  &  day  :  to  paye  heuene-king; 
rawe  g;-aüs  was  his  mete,  :  &  water  was  his  drinke,  375 

&  jit  ne  moste  Jier-of  I-nouj  :  in  his  body  synke  — 
&  \)at  was  for  he  nolde  to  moche  :  loueye  glotenye, 
J)ot  maked  men  I-lome  :  hem  chende  wit  lecherye; 
frere  menour  he  was  to  his  lyuMs  ende, 
&  a  good  soule  to  god  :  after  his  day  he  gan  sende.  —  380 

In  pe  cyte  of  assijie  :  an  holy  prest  ]>cr  was, 
Siluestre  men  him  cleped,  :  a  good  man  by  cas. 
In  his  bed  so  he  lay  :  &  slep  vppo»  anyjt, 
he  J)oujt  he  sey  out  of  |)e  west  :  come  a  greseliche  wy^t, 
a  dragon  h.y)n  |50Ujt  it  was,  :  grisloker  ne  mygte  be,  385 

for  al  \:>e  folk  he  Jjougt  sie  :  &  brenne  al  \ie  contre; 

fFranceys  him  J)oujt  by  a  whyle  :  and  ajen  him  gan  go 
&  caste  a  croys  out  of  his  mouj)  :  &  ouerecom  }je  dragon  so; 
{)ey  J)e  dragon  were  kene,  :  him  Jiougt  in  a  stouwde 
J)at  franceys  him  hadde  ouercome  :  &  I-cast  to  grou«de.        390 

{)ryis  is  {)is  gode  prest  :  I-mette  \>is  meting, 
&  moche  J)ou5t,  whan  he  a-woke,  :  vppon  J)is  wondir  J^ing. 
by  J)e  croys  ]3at  franceys  caste  :  f)is  prest  him  ondirstode 
J)at  seint  franceys  scholdin  do  :  J^e  contreye  wel  moche  gode; 
{)is  holy  predicaciun  :  J)at  come{)  out  of  his  mouf)e,     l'- 1*^1]     395 
by  est  &  be  west  hit  was  notful,  :  by  norJ:)e  &  ek  be  souJ)e. 

f)erfore  by  red  of  senfranceys  :  J^e  world  he  al  forsok 
&  abyte  of  frere  menour  :  wit  good  wille  he  tok, 
&  swy{)e  wel  his  ordre  held  :  &  wel  lyued  also; 
jif  he*  was  goodman  byfore,  :  wel  bet^r  he  worj)  {)0.  -tOO 

Panüke  was  a  man  al-so  :  of  ])at  ilke  contre, 

worldliche  lif  he  leued,  :  wel  bet^r  myjt  be. 

of  senfranceys  gret  good  he  herde  :  teilen  vppon  a  day, 

{)at  he  wold  at  on  chapel  :  prechy  of  goddi<*-  lay  — 

f)e  castel  of  sen  Seuerin  :  me  cleped  \>e  castc(l)  J)o ;  405 

fort  I-here  his  p-edicaciou«  :  moche  folk  {)edir  gan  go. 

pansike  also  {)edir  :  w/t  oJ)e/-  he  gan  wende, 
fort  I-here  sora|)ing  :  his  lyf  w^t  to  amende. 
ac  1)0  he  was  Jjedir  I-come,  :  he  sey  a  wondir  syst: 
him  Jjoujt  Jjat  senfranceys  was  :  wrt  to  swerdas  [)orwä-pyät,  -HO 

359  Ms.  senius;  chese  undeutlich.     364  1.  heiri.     387  1.  by-J)oujt.     391  tilge  is  V 


320  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

at  f)e  heued  went  in  ])at  on  :  &  by-ne{)e  it  com  out, 
bat  o{)e/"  went  iu  at  \w  honde  :  &  styked  liim  {jorw^-out. 
by  J)e  visage  he  ne  myjt  :  f/-«nceys  I-knowe  noujt, 
ne  I-se  him  for  bryjtnesse  :  J)at  ou  liini  was  y-brou;,t; 

ac  by  \>e  speche  \iat  he  herd  :  out  of  bis  body  go,  415 

wel  he  I-kneu3  Jie  niyrak(l)e  :  \>at  he  I-sey  \>er  {)o, 
&  for  J)ot  he  p?Tched  :  so  mech  of  goddws  blood, 
\)e  tokene  of  pe  passyon  :  wel  sone  he  ondirstood. 

of  {jis  fayre  merakle  :  him  gan  to  drede  sore, 
&  I)oUj5t  frere  menor  he  wold  be  :  \)er-aiter  eue;--more;  420 

long  him  Jjoujt  er  he  hadde  :  |)e  ordir  ondirfonge. 
{)er-in  he  leued  wel  holy  lyf  :  [)cr-aiter  swyjje  longe. 

wel  holy  lyf  to  lede  :  he  hadde  swyj^e  gret  chauwce, 
&  was  J)e  forme  miuystr^  :  of  [ie  ordre  of  f/rmce; 
J)orw  l>e  goodnesse  of  bis  lif  :  &  redis  {lat  he  radde  425 

mony  mou  in  f;-auce  :  swy{)e  holy  lif  ladde; 
so  swyj)e  he  preched  of  penau/^ce  :  in  to  al  f)e  lond  aboute 
J)at  J)e  meste  part  of  J)e  contre  :  to  him  gan  aloute. 

a  name  ]}er  is  of  oure  lord  :  \>at  nomou  speke  ne  may: 
{)ulke  I-peynt  w/t  dyuerce  coloun/s  :  on  |)e  rode  he  say;        430 
nas  \>er  non  \)at  J)ilke  name  :  Ipcr-on  I-se  ne  myjte 
but  he  &  seint  fronceys,  :  ue  sene  J)e  sonne  so  bryjte, 
but  he  or  sen  f/rmceys  :  to-fore  it  hadde  I-tau,5t. 
moche  was  J^e  g;-örce  per  :  Ipat  god  hem  ha{)  araujt!  — 

\)e  goodman  pancik  :  a  grace  hadde  {aere  435 

]>at  ',if  in  liilke  contre  :  enymon  sek  werc, 
he  wold  wryte  J)is  holyname  :  al  in  bis  forheued: 
&  anon  of  al  his  euil  :  he  cholde  ben  by-leued. 
such  grace  |)orw  J)is  holyname  :  god  liim  sente  anon 
J)at  w-han  hit  was  on  hem  so,  :  hole  f)ey  weren  echon.  440 

J)is  holyman  pancike  :  hadde  f)0  non  hater 
but  onliche  on  cirtil,  :  &  faste  to  bred  &  wat^r; 
gut  of  cold  wat^r  :  he  nold  drinke  his  fiUe, 
lest  his  soule  {)orw5  glotenye  :  scholde  wende  to  heile; 
of  barliche,  melwe  &  aschin  :  his  bred  me  maked  him  \>o,     445 
&  ',ut  he  nolde  in  his  body  :  'per-of  his  fiUe  do. 

Ic  wene  men  J)at  fastifi  :  &  wandrejj  in  J)e  strete, 
hadden  leuer  whytebred  :  J)at  werc  I-maked  of  whete!  — 
In  J)is  ilke  maner  :  seu  franceys  leued  also; 
ac  Ic  ^ow  may  wel  teile  :  whoche  his  bred  was  {)0.  450 

vppon  ]ie  swpen  grou»de  :  eche  nyjt  he  lay, 
for  none  c1oJ)?<a-  he  nadde  :  but  as  he  gede  a-day; 
Oper  his  bolstre  was  a  tre  :  opcr  it  was  a  stoon  — 
nold  he  non  opcr  pele  :  to  legge  his  heued  vppow. 
his  curtil  was  of  J)e  hardeste  cloj)  :  bat  he  my^t  finde,  455 

his  gerdil  was  a  cnotted  corde  :  his  body  for  to  binde. 

so  hard  lyf  he  ladde,  :  so  \>e  bok  it  teile})  I-wis, 
to  ouercome  his  foman  :  pat  deuel  in  helle  is; 
&  leste  his  soule  {jorw^  süine  :  my,^te  ben  ouercome, 
to  hard  lif  &  to  orisonys  :  he  him  haj)  I-nome.  460 

swyjje  redy  man  he  was  :  his  couent  for  to  chaste; 
to  help  hem  whan  hit  nede  was  :  I-redy  he  was  an  haste; 
&  to  winne  heuene  :  per  ioye  is  &  gle, 
sen  fronceys  {)orw',-out  alle  J^ing  :  aloued  chastete. 

pey  senfranceys  were  :  of  ger».s  fehle  &  olde,  4&t 

jut  he  wolde  in  wintrr,  :  whan  ])e  wedir  wer  colde, 


431    Ms.   me  st.  ne.     4oU  bred  st.  bed.     451   Ms.  swpen,  st.  opeu? 


zur  südlichen  Legendensammlüng.  321 

whan  his  flesch  him  fondid,  :  late  of)er  ra{)e, 

In  snow  o|)e/-  in  iys  :  he  liim  wolde  ba{)e; 

so  he  wolde  his  flell'chus  lost  :  many  a  tyme  a-quenche, 

for  J)e  deuel  ne  cholde  :  w?t  sy/me  'him  a-chrenche.  470 

vppon  goddws  passion  :  J)e  gode  franceys  l)ou',t  so 
{)at  eue/-e  he  {)0ujt  wepyng,  :  wher-so  he  chold  go. 
to  giue  hem  J)ff.t  nede  hadde  :  boI)e  fer  &  nere, 
nolde  he  noujt  sparye  :  J)e  clo^ics  of  |)e  auterp. 

so  moche  in  his  orisonys  :  franceys  was  I-lome  475 

f)at  he  ne  seyg  no{)er  herde  :  what  about  him  corae; 
bute  he  preched  goddws  name  :  oper  mete  eten  also, 
euer-more  at  his  bedis  :  seu  franceys  was  {)o, 
so  J)at  alle  o{)er  Jjing  :  he  for-get  I-wis. 
ffor  so  doj)  now  wel  feue  men,  :  ])eriore  hy  doj)  amys!  480 

(  )n  a  tyme  a  heve  meno?/r  :  preched  of  l>e  rode 

at  a  chapitrc  general,  :  {)ere  freres  weren  wel  gode, 

&  of  J)e  holy  name  he  preched  ek  I-Avis 

\>at  Jhpsus  nagaren«s  a-latin  :  I-cleped  is. 

J)e  stede  J)at  he  preched  ou  :  hat  arelaten  —  485 

frerws  ]ier  were  monye  :  &  eke  o])er  men. 

franceys  was  J)at  ilke  tyme  :  fer  out  in  on  contre, 
&  {)ey  of  {)is  predycacion  :  swyf)e  wel  wiste  he. 
flPor  ]pat  was  wel  I-sene:  :  for  l>ere  \>e  frere  stode, 
he  I-seyj  sen  franceys  :  him  Jjougt  vppon  Jje  rode, 
his  feet  &  his  hondin  :  I-nayled  weren  Jjer-to; 
alle  {)öt  were  at  J)e  predicacion  :  Iseyj  him  also; 

vppon  J)e  croys  as  he  hing  :  he  blessed  hem  echon, 
&  out  of  here  sygte  :  sen  fronceys  wente  anon. 

^lo,"  qua^)  Antoyue  J)o,  :  ^hou  franceys  hajj  in  Jjougt 
{)at  we  habbej)  her  I-do,  :  &  ne  forjete^  hit  rygt  noujt; 
&  for  je  cholden  I-leue  :  J)at  ich  habbe  I-seyd, 
he  gou  ha{)  vppon  Jje  croys  :  I-cheued  |)at  ilke  red: 
&  wel  ich  wot  for  J)e  loue  :  {)at  he  haj)  vs  to 
&  for  ic  preched  of  J)e  croys  :  he  him  cheued  so. 
ffor  at  ones  he  chewed  :  to  vs  to  J)inge:  [f.  182] 

])e  fourme  of  J)e  rode  :  &  ek  his  louinge." 

Moche  wist  seint  f>-anceys  :  of  goddtis  preuete, 
wher|)orw  he  myjt  I-lome  :  manye  J)ing«s  I-se, 
f)ey  he  nere  nougt  in  J)e  stede  :  |)at  l>ey  were  I-do.  sa") 

Ich  wene  noufte  in  {)is  world  :  feue  men  farij)  so!  — 

fFrere  menoris  habbel^  a  stede,  :  &  gut  hy  habbe|)  I-wis, 
seint  marye  of  portiumcula  :  J)at  stede  I-cleped  is. 
sen  franceys,  to  bidde  his  bed?<s,  :  J)er-in  was  I-go, 
J)e  freres  wente  to  chapitre  :  so  hy  äugt  to  do.  ^^^ 

A  frere  hadde  I-trespased  :  &  for  Jjat  ilke  sake 
a  difliplyne  he  cholde  habbe,  :  ac  grocching  he  gan  make, 
&  for  he  wolde  his  |3onkis  :  ]ie  diffiplyue  bi-leue, 
wit  a  irerus  mantel  :  his  body  he  gan  by-weue; 
for  no|)ing  J)rtt  {je  freris  mygt  :  him  prechy  ()J)er  do,  ^^'' 

{)e  frere  nolde  for  his  gut  :  ^e  difplyne  ondirfo. 

f)ey  franceys  were  alone  :  in  his  bedis  I-wis, 
gut  he  f)orw  ~\)e  holygost  :  I-seyg  wel  al  bis ; 
an  o{)er  frere  he  cleped  :  &  ]»(s  him  seyde  to: 
^ffecche  me  l>at  frere  :  ^at  nelle  difplyne  ondirfo."  ^20 


490 


495 


500 


507  1.  hadden.     513  Ms.   diffiplyle. 
Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  21 


322  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

Grimliche  he  seyde  to  him  :  {)o  he  was  I-brou/;t: 
,sey  me,  leue  broper,  :  what  hastou  nouj^e  l-Jjou^t? 
I  sey  hoii  {)e  deuel  :  was  on  {jy  rig  alyjt 
&  hou  he  made  {)e  holde  :  \)y  nckke  holt  vpryjt, 
f)at  \>ou  ne  my^test  for  pride  :  dissiplyue  ondirfonge.  525 

tor  ^011  vs  most  forsake  :  ^if  Jiou  art  soch  longe, 
wel  Ic  woot  he  \)e  broiij^t  :  in  to  ])at  ilke  trespas, 
tt  l>at  \wn  haddist  so  mysdo  :  swy{)e  glad  he  was, 
&  him  wer^  leuf/-e  \>at  pou  wer  :  body  &  soule  I-cheut 
{jan  \)ou  \)orw\  \i\  diffiplyne  :  com  to  amendement.  •^•^^ 

!)er-fore,  leue  hro\)C)-,  ^ii  J)ou  art  cn'stus  hyne, 
)ou  most  gon  to  chapetere  :  &  take  J>in  dyffiplyne." 

{)e  frere  aft^?-  J)is  best  :  to  chapete/-e  he  gan  goon 
&  gan  him  chryue  of  bis  trespas  :  to  bem  eufry-chou, 
he  seyde  he  wolde  of  soche  ded«s  :  (cese)  euer  wrt-outen  fyne,  535 
&  bede  bem  jyiir  charite  :  geue  hyw  his  diffiplyne. 
bis  penau??ce  to  take  :  he  kneled  J)0  bem  to. 
a  cat  blakker  |)au  euy  pich  :  fram  himward  gan  go  — 
sore  he  was  of-chamed,  :  &  so  he  au.^t  wel ! 
\)erfoTe  he  gan  lete  be  :  soche  dedis  ecbedel,  540 

&  eufi;-e-efte  \)e  frere  dede  :  so  franceys  him  wolde  rede, 
&  holy  lyf  &  boxuw  :  eucre-eft  he  gan  to  lede. 

.  \  lueme  me  clepej)  an  hille  :  in  ferne  contre, 
\>er  wonyd  seint  fz-auceys  :  wbocbe  whyle  hit  myste  be. 
A  good  mau  J)ey  woned  ek  :  In  \)cit  ilke  stede  also  545 

3at  was  mocliil  I-fonded  :  J)orw  tlellchs  lostis  J)ü; 
3e  fonding  of  bis  fleflcbe  :  greued  bim  so  sore 
jat  be  nadde  no  reste  :  [ler-oi  neuer-more. 
&  for  Jifft  be  ue  my^te  :  ]>er-oi  babbe  no  pays, 
fayn  be  wolde  som  orison  :  to  babbe  of  sen  fr«nceys;  550 

he  hoped  hit  wolde  bim  helpe,  :  ner  hit  neue/-  so  lyte, 
■,if  he  wolde  myd  his  houde  :  In  parcbemyu  hit  wryte. 

ac  be  was  a-schamed  :  so  sore  in  bis  Jioir^t 
{)at  he  ue  my3t  of  seiut  f/vmceys  :  Jjis  J)ing  bidde  noujt; 
longe  he  was  in  wille  :  to  bidde  of  bim  su»?  \>^g,  ^^ 

ac  he  ne  myjte  for  chame  :  hit  bidde  for  no  j^ing. 

sen  fronceys  wiste  J)e  irerus  wil,  :  &  wiste  what  was  to  done, 
it  gan  clepye  \)e  frere  :  to  him  swyj)e  soue, 
&  seyde,  „leue  brojjer,  :  wel  ic  wot  {)iu  wille, 
&  fayn  ic  wole  J)e  helpe  :  \>at  {)ou  ne  ehalt  noujt  spylle:        560 
}3e?-forc  fecche  me  auon  :  luke  &  parchemyn, 
&  Ic  wole  be  my  my^t  :  to  follcn  wille  {jyu." 
so  \)eit  inke  cSc  parchemyn  :  to  bim  was  I-broujt;* 
be  him  wrot  au  orison  :  Jjrrt  au  englisch  is  I-wroujt: 
^swete  lord  Jhrau  c?-/st,  :  {)at  deydyst  on  ])e  rode  565 

&  boujtist  luon  from  sy«ne  :  w/t  \>m  swete  blöde, 
Jje  fend  hat  is  in  helle  :  Jjou  broujtist  him  adouw 
&  areuedist  mankynne  :  w?t  \>y  swet  passyou« : 
lord,  Ic  l>e  bvdde  :  for  me  &  for  mankynne, 
f)at  \)o\i  w/t  fiy  passyou7?  :  vs  chelde  al  fram  sy»ue."  5.o 

{)o  seyut  frauceys  hadde  I-wryte  :  al  {lis  vppon  a  boke, 
be  hit  ueld  to-gydere  :  &  to  ]ie  frere  hit  toke: 
&  borw3  |iis  ilke  boke  :  his  foudyng  went  away, 
&  ne  kepte  wel  J)is  bok  :  bo{)e  nyjt  &  day. 


523  Ms.  he  st.  I;  his  st.  f)y.        535   cese  fehlt.        564—5  im   Ms.  umgesetzt. 
568  1.   aieredist? 


zixr  südlichen  Legendensammlung.  323 

In  dyuers  syknes  :  feie  men  \)at  {)o  were,  575 

J)e  frere  J)orw  bis  holy  bok  :  to  hele  broujt  hem  ^ere. 

\  woman  ]per  was  su?«tyme  :  in  Jiilke  seine  londe 

{)ot  hadde  to  here  I-spoused  :  a  \e\)er  hosebonde; 

he  ne  myjt  soffre  :  at  chirche  \)at  je  were 

ne  in  non  oJ)er  stede,  :  to  don  here  preyere,  580 

ac  euer  he  wold  segge,  :  but  ghe  were  at  hom, 
l>at  jhe  were  aboute  :  to  don  su?>^  hordom. 
ac  J)ey  hit  was  a  good  wif  :  &  wit-oute  velenye, 
&  moche  §he  louid  to  seruy  :  oure  leuedy  seynt  marye; 
ac  here  harde  hosebonde  :  nolde  I-leue  here  noujt,     "  585 

&  Jjrtt  haj)  {)is  good  wif  :  ful  mony  a  tyme  a-boujt. 

On  a  tyme  to  sen  fronceys  :  jhe  wente  here  to  chryue, 
&  Aveping  ghe  him  tolde  :  of  here  hard  lyue; 
,^he  him  by-sou',t  sone  :  \\ät  wel  weping  chere 
Ipat  he  chold  vppon  here  :  J)enche  in  his  preyere  590 

&  bidde  oure  swete  lord,  :  jif  his  wille  were, 
Jjat  he  amended  here  lif  :  in  som  skeutis  manere; 
for  jhe  swor  by  Jhesu  cr/st  :  sore  weping  {)o 
l>at  ,^he  ne  myjt  alyue  nou",t  :  wel  longe  duren  so. 

„Dame,"  qua])  seint  fremceys,  :  „for  godd?<s  loue  ben  stille,  595 
&  Ic  wole  for  ]>e  bidde  :  myd  wel  good  wille. 
Ic  hope,  dame,  f)at  Jhesu  cmt  :  of  care  chal  J)e  vnbynde 
&  ^eue  beter  grace,  :  &  |)at  J)ou  ehalt  I-finde." 

ff'ronceys  for  J)^s  good  wif  :  gan  to  biddin  so 
\)at  alle  fie  manm<s  hardnesse  :  to  goodnesse  by-com  f)0,         "^OU 
&  ])at  he  him  amended  ek  :  in  alle  skene^s  wyse, 
&  jaf  his  wif  leue  :  to  don  godd«<s  seruyse; 
of  al  ])(tt  he  hadde  rajper  Ms  wif  mysdo 
he  him  gan  repenty  :  &  penau«ce  to  ondirfo. 

Jje  gode  wif  {)onkid  franceys  :  mony  a  tyme  &  ofte,  60» 

for  jhe  fond  here  hosebonde  :  swy{)e  good  &  softe, 
&  tolde  hou  he  hadde  :  amended  al  ms  manere.  if.  18,^] 

„dame,"  qtiap  J)o  seint  franceys,  :  „Ic  |)e  segge  here  — 
})ou  my^t  wel,  ',if  J)ou  wolt,  :  nymen  hit  for  sope  — 
for  in  on  day  so]d  I-wis  :  ',e  schollen  deye  boJ)e;  *'W 

&  |)erfore  make  jou  I-redy  :  J)e  de]}  to  ondirfouge, 
for  ich  jou  segge  to  sof)  t-wis  :  je  ne  choUeJ)  noUjCt)  libbeu 

longe." 

&  so  hy  deyden  bojje  to  so|)e  :  In  {jüke  selue  jere, 
for  ryjt  in  one  daye  :  J^ey  deyden  boJ)e  I-fere; 
ptat  on  deyde  amorwe,  :  j)«t  o|)cr  deyde  an  eue, 
&  so  hy  gownen  boJ)e  :  {)is  wrecched  hf  byleue. 

(Schlufö  fehlt ;   der  Rest  der  Seite  ist  leer.) 

Seint  fey  J)e  holi  virgine.  (6.  Oct.)     [f.  i83b] 

Ich  wot,  in  ferne  contre,  :  so  men  me  toldin  to, 
Is  a  swyf)e  noble  toun,  :  I-cleped  ageno; 
cr/stin  men  Jier  were  whyle,  :  &  hepen  men  al-so, 
&  wel  ic  woot,  of  hej)en'meu  :  \)er  were  wel  |)e  mo. 

In  J)at  ilke  tyme  was  emperour  _:  I)«t  het  dioclisian, 
&  his  chef  iustise  :  me  cleped  daciau; 


615 


580  Ms.  no?     610  for  st.  {)at. 

2V 


324  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

vppon  |)e  false  lawe  :  \>ey  be-leuedin  alle  bof)e, 

&  vv?'t  cHst  &  criBtene  men  :  hy  weren  swy{)e  wro{)e. 

',if  ])er  were  eny  cn'stene  man  :  J)at  hy  my',t  of-take, 

|)ey  wolde  hem  sone  maky  :  Jhe.su  crist  forsake;  10 

nolde  J)ey  non  spare  :  |jat  Jpey  fyndin  niy^te, 

for  ryches  ne  for  kinne,  :  pat  hy  nolden  so  dy^te. 

In  ageno,  {)e  ryche  cyte,  :  am(a)yde  Jjer  was  I-bore, 
fey  was  here  ry^te  name,  :  so  ic  may  teilen  ^ou  fore. 
Jjulke  name  here  wel  by-fil,  :  for  fey  an  englieh  is  15 

„trujje"  —  so  was  J)is  mayde,  :  for  swyjie  treue  I-wis; 
for  after  {50  \>at  \he  was  :  to  JheAU  crist  I-take, 
nejjer  for  wele  ne  for  wo  :  ghe  nolde  him  forsake. 

pat  fey  was  a  c;'?"stin  woman,  :  me  tolde  to  dacyan, 
&  anon  he  let  sende  :  after  p\s  holy  wemau.  '-^ 

anon  he  axed  here  name  :  })o  ^he  was  for])  I-broujt, 
&  of  what  kynne  jhe  was  I-come  —  :  J)at  jhe  gabbed  hyw  noujt !  — 
&  on  whom  ,^he  by-leued  :  he  axed  here  also. 
Jiis  mayde  to  J)is  \)re  \migus  :  him  answerde  \)o: 

„Syre,"  jhe  seyde,  „for  soJ)e  I-wis  :  Ic  am  on  of  J)is  touw,   25 
&  Ic  be-leue  on  Jhe.s'u  crist  :  &  on  his  passion ; 
of  J)e  beste  men  of  f)is  tou«  :  for  so{)  ic  am  I-come, 
&  crhUos  loue  ich  habbe  :  a^en  here  wil  I-uome; 
&  fey  is  my  name,  :  ic  ])e  segge  I-wis. 
w(e)l  J)ou  myjt  myd  my  body  :  don  what  Jjy  wil  is."  30 

„a-voy,  fayre  mayde,  :  an  o{)ir  {)ing  }jou  sey! 
J)ou  choldist  honoure  oure  godus,  :  for  \>y  name  is  fey: 
fey  by-fallef)  euer  to  ben  good  &  treue; 
who-so  honourej)  oure  god?^s,  :  ne  may  him  noJ)ing  rewe. 
&  {)ou  seyst  Jiat  J)ou  were  :  I-born  in  |)is  toune:  35 

J)erfore  skylle  wol  {)at  f)ou  don  :  so  men  dof)  vp  &  doune, 
&  honoury  oure  godd  :  \xit  hende  be|)  &  fre. 
&  ek  for  an  o\xr  J>ing,  :  for  soj)  ic  segge  Jje: 
Me  seyf)  me  J)ou  ert  come  :  of  s\vy])e  gret  parage; 
f)e/-fore  honoury  oure  godws  :  so  do|)  al  {ly  lenage!  40 

&  fort  honoury  pe  goddz/s  :  {)ot  an-hanged  was, 
me  f)inkej),  fayre  mayde  fey,  :  \tou  dost  gret  trespas. 
J)e?-for  ich  {)e  segge,  :  gif  f)ou  wolt  don  by  me, 
alle  l>e  maydem^.s  of  {lis  toun  :  honoury  hy  wollej)  J)e.'' 

„syre,  god  {)e  for-3ilde,''  :  ])e  mayde  seyd  him  \>o,  *^ 

„Jjat  J)ou  woldist  by  Jn'  my,5t  :  honoury  me  to  mo! 
by  foure  skylis  \wu  hast  I-p;Ynied  :  {lat  ic  don  nouj  amys 
]iat  ic  honoury  Jhe.su  cr/st  :  \)at  ic  louy  I-wis: 
Jjat  on  is,  for  ich  hate  fey,  :  <fe  for  my  kyn  f>at  o^er, 
be  J)ridde,  for  ich  am  her  of  J)is  tou»  :  I  do  as  doj)  nou|)e  öfter,  50 
pe  verjje,  for  he  an-hanged  was  :  vppon  J)e  rode-tre.         !*•  l^^l 
Ic  \)e  wille  answerie  wel,  :  5if  f)ou  wolt  I-here  me. 

jif  ich  honoury  \>jne  sodus  :  &  let  myne  alone, 
wel  ic  wot  {)fft  J)ilke  skj^b^s  :  a^ein  beb  euerychone. 
|)e  forme  is  hat  ic  hate  feijj,  :  \)at  trnxh  to  seggen  is,  Iwis, 
for  treuj)  wole  &  alle  skylle  :  to  louie  per  loue  is : 
&  wite  hit  wel  to  sobe,  :  Jhe.su  cr/st  I  louye  so 
[)flt  ic  mote  for  treupe  :  him  louye  euer-mo. 

|)fft  Oper  skylle  is  of  my  kinne  :  {jrrt  J)«u  hit  toldist  me. 
to-maner  kunne  ic  habbe,  :  for  so|)e  ich  segge  J)e:  '^ 

pat  on  is  on  my  soule,  :  bat  oper  in  my  body  is; 
&  pe  kywne  of  soule  :  wel  noble  hit  is  I-wis, 


55 


8   Ma.   cr/ststene.      41    Ms.   gDild//,«.      42   Ms.   feyr  st.  fey. 


zur  südlichen  I^egendensammlung.  325 

&  {)e  kynne  of  body  :  I(s)  wel  sone  I-do : 

&  ^er-fore  ku?me  of  soule  :  Ic  drawe  me  nou^  to. 

I^e  kiume  of  body  is  sy/me,  :  as  pride  &  lecherye,  66 

{)at  drauej)  by  here  my^te  :  men  to  velonye; 
jpe  iendus  of  helle  :  be|)  alle  of  {)ulke  künde  — 
J)at  wot  eue/ich  wis  man  :  ])at  treuj)  hafj  in  mende. 

ac  J)e  kende  of  soule  :  is  of  gret  empWse, 
for  ny,^t  &  day  to  clennesse  :  man  hit  wole  wise,  70 

&  swy|)e  sory  hit  is  :  whan  man  wole  mysdo; 
angelf^s  {)flt  bej)  gode  :  {)es  kende  hem  drauij)  to, 
&  redej)  &  wissij)  men  :  euer  in  here  manerc 
\)at  hy  fram  synne  &  velany  :  witen  hem  clene  &  sker<'; 
Jhesu  crist  of  heuene  :  here  lord  &  maystcr  is,  75 

&  J)erfore  ich  him  honoure,  :  &  euere  wille,  I-wis. 

J)e  J)ridde,  ic  am  of  {)is  tou«  :  J)ou  seydist  whylere; 
&  swy{)e  lygt  answere  :  Ich  may  \}e  jeue  J)ere. 
for  J)ey  al  ])e  men  of  fjis  tou«  :  wel  ny  doj)  amys, 
Ich  wole  me  kepe  fram  mysdede,  :  for  treuf)  it  wole,  I-wis.     80 
&  ^if  {)ou  wolt  here  mysdede  :  I-se,  dacyan, 
J)ou  it  my,^t  I-here  nouj  :  of  a  fynful  man. 

tre  of)e?-  stonys  be])  joure  god?/s,  :  o])er  hy  be{)  metal  — 
ni  ]}im  lokist  wel  aboute  :  J)us  hit  fallef)  oueral; 
>orw5  me/me  honden  hy  bef)  :  f;-«m  herc  kende  I-brou.^t:        85 
serfore  me  |)inkel}  to  so\>e  :  f)at  hy  ne  bej)  godus  nougt, 
'or  god  maked  alle  {)ing  :  so  his  wille  was, 
&  of  noJ)ing  :  he  I-maked  nas. 
|)erfore  alle  treuj)e  wole,  :  I-wis  ich  segge  J)e, 
J)at  ic  him  honour  :  ])at  made  al  J)iug  &  me.      "  90 

J)enk  \>at  J)ou  seydist  :  my  god  anhauged  was: 
wel  Ic  woot  ]iat  ])ou  seyst  soj);  :  ac  nou^t  for  his  trepas, 
ac  for  he  wolde  bigge  man  :  f/-«m  J)e  deuel«<s  pouer. 

In  wel  chame-ful  de|)e  :  he  deyde  for  vs  an  erj)e  her. 
«fe  who-so  koudde  to  sof)e  :  alle  his  work^/s  I-se,  95 

he  cholde  I-wite  to  sof)e  I-wis  :  {)at  J)er  nys  no  god  but  he. 
&  gif  J)ou  makist  {)y  godus  :  soche  workis  to  do. 
Ich  wole  wrt  myn  myjt  :  honoure  hem  euer-mo." 

^Oe,  ^e,"  qua^)  daciau,  :  „al  J)is  ne  helpef)  uougt, 

oJ)er  i>ou.  most  wit  good  wil  :  anon  chauHge  {)y  {)ou3t  100 

&  honoure  Dyane,  pat  clene  mayde  git  is, 

ojier  me  chal  myd  torment  :  |)y  body  chenden,  I-wis.'' 

to  f)at  ilke  worde  :  fey  answerde  anon : 
„goure  godws  &  goure  godildes  :  deuelen  he[>  echon; 
f)erfore  of  {)y  torment  :  ne  stondij)  me  non  eye,  105 

for  ic  am  for  cn'stus  loue  :  al  redy  for  to  deye." 

to  J)is  ilke  worde  :  dacian  seyde  fy, 
&  vppon  a  gerdyrc  :  he  let  here  to  rosty ; 
he  bed  me  cholde  here  lemys  :  on  foure  half  to-draue, 
for  to  techen  oJ)er  :  to  speke  ajen  {)e  lawe.  HO 

Salt  me  caste  one  here  body  :  &  drepte  here  wit  smere; 
gut  to  honoury  Jhesu  c/-/st  :  ne  myjt  ghe  hit  forbere. 

Capraßm  &  prim  &  felician  :  wel  gode  men  weren  l>er  \)re, 
|)at  stodin  J)er  bysyde  :  &  gon  al  {)is  I-se, 

&  seyde,  „ßis  holymayde  :  fey  by-leuej)  arygt,  HS 

&  J)erfore  we  vs  take\>  :  to  Jhesu  ful  of  myjt; 


95  Ms.   kudde? 


326  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

o\)er  goddus  we  forsaki}),  :  I-falle  what  vs  falle, 
for  alle  hy  bej)  deuelen  :  in  bour  &  ek  in  halle." 

Dacian  was  swy{je  wroj)  :  J)o  he  I-hurde  J)is, 
&  het  me  cholde  hem  lede  :  to  J)e  temple  of  mars,  I-wis,       120 
&  but  hy  wolde  sacrefyse  :  wel  fayre  |5erto  doon, 
J)at  me  cholde  smyte  of  here  heuedin  :  &  ne  spare  noujt  on. 

ioT\>  hy  wente  I-fere  :  &  to  cnst  hem  by-toke 
&  alle  o\wre  false  god^^s  :  clene  hy  forsoke; 
here  heuedis  J^e  tormentoiuv^s  of  smeteu  :  so  hy  hadde)i  I-J^oujt,  125 
\)e  soules  wente  to  heuen  :  l>at  hy  so  derc  abou^t. 

{)e  seuefje  day  of  octobre  :  {jcse  goodmen  J)olid  f)is. 
now  Jhesu  cr*st  for  here  loue  :  vs  grante  heue/^-blis.    Amen. 


■    Seint  nicasie  &  his  twey  felawis. '    (U.  Oet.)     [f- 186| 
(Folgt  auf  S.   Denis.) 

Are  bat  seint  denys  was  J)us  I-broujt  of  dawe, 

nycasie  was  bydchop  J)o  :  of  cr2'sten  men  lawe; 

a  prest  he  hadde  myd  him  :  \wt  was  I-cleped  quirin, 

&  a  dekene  also  I-wis  :  ])at  het  skuuiculin. 

\)0  sendenys  was  aslawe,  :  of  londe  hy  gönne  fle,  -'> 

noujt  for  doute  of  [)e  dejj,  :  so  {le  bok  tcUcJj  me, 

ac  for  hy  wolde  to  Jhe^u  c/-?st  :  more  folk  to  drawe 

w^t  holy  predicaciou??,  :  er  hy  were  I-brou3t  of  dawe. 

In  to  a  contre  hy  went  :  me  clepejj  rothomage, 
to  prechen  me(n)  of  Jhesu  cri»t  :  in  ])at  ilke  langage.  10 

In  eueryche  toun  hy  preched  :  \>er  J)at  hy  myjt  come, 
ne  spared  hy  for  noman  :  ne  for  Jje  empr/-our  of  rome; 
&  J»ey  hy  wisten  f)e  best  :  \mt  was  by  pilke  dawe, 
\)at  euerich  a  cristin  man  :  w/t  sorwe  cholde  ben  slawe, 
ne  for  al  Jje  beste  :  hy  ne  spared  ryjt  noujt  15 

\)at  hy  ne  fonded  Jjcrt  maniw^«  soule  :  were  to  ioye  I-broujt. 

sefcenye  be  iustise  :  I-hurd  of  hem  teile, 
&  gan  w«t  bis  meyny  :  hem  folwen  wel  snelle ; 
he  ne  fo^wid  after  but  on  lyte  stou»de, 

so  J)at  in  a  cheping  :  preching  he  hem  fou«de:  20 

nycasie  his  p?-edycaciou??  :  he  nolde  nojiiug  hele, 
ac  proued  \)at  Jhe.su  cn'st  was  ^od,  :  wit  a  swyj)e  fayr  skele. 

wroj)  was  sufceunye  :  \)0  he  I-hurd  al  ])is, 
&  to  al  J)e  peple  :  Jiis  word  he  seyde,  I-wis: 
^wel  ^e  witi{)  pnrt  l>e  emperour  :  for  f)is  ping  is  wrofi  26 

&  to-fore  his  baronage  :  ho  ha})  I-swore  his  o{) 
\>at  fjif)  me  findcj>  enyman  :  hat  be  of  |)is  emp?-?'se, 
but  he  wole  to  oure  god»,s  :  don  his  sacrefise, 
{)rtt  me  cbolden  (him)  ueme  anon  :  &  in  to  J)e  preson  caste, 
&  but  he  wole  chau»gy  his  f>ou5t  :  him  slen  at  l>e  laste;         30 
ac  me  {)inkel)  for  so{i  :  Jjrtt  ic  ^ou  finde  here 
also  hit  were  desiplis  :  of  him  for  to  lere. 

loke{)  \)r(t  hy  ben  I-nome  :  &  to  me  I-brou5t, 
o])er  ich  wot  {>e  empe/-our  :  \wt  je  ne  dredef»  him  noujt. 
&  jif  ge  findef)  wit  him  :  euy  of  his  meyne  35 

hat  se  ondirstoudeji  wel  :  \)at  cristone  men  be, 
lokep  \mt  hy  ben  I-nome  :  in  ])at  ilke  stou«de 
&  I-brougt  toforc  me  :  auou  faste  I-bou«de." 

•  cf.  Act.  SS.  Boll.  11  Oct.  p.  510  flf.;  die  Vitii  in  Maitene  Thes.  nov.  anccd.  3.  — 
10   Ms.  forwid;  1.  sewidV     33  by  st.  he. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  327 

\)e  peple  nom  f)is  ^oodnien  |)o  :  &  bou/iden  hem  wel  faste  — 

liy  ne  dorst  non  oper  do,  :  so  hy  werfn  a-gaste;  41 

me  ferde  wrt  bem  as  J)ey  hy  hadden  :  I-do  grpt  trespas, 

&  broujt  hem  to  f)e  house  :  jjer  f»e  iustise  in  was. 

„buj)  ge  |)üke  tretour?^s,"  :  q?<rtl)  Jdg  iustise  fx), 

„{)rtt  preched  of  Jhesu  crist  :  &  techef)  Jje  folk  mysdo?" 

„{)0u  lyist,"  qua[j  nychasie,  :  „Ic  J)e  segge,  I-wis,  45 

for  \)at  ])on  haueste  of  |)in  fadir  :  J)at  J)in  fadir  is; 
we  ne  taU(^t  neuer-mo  :  for  to  den  amys, 
for  hit  is  jiin  fadir  wone,  :  ful  wel  we'  witif),  I-wis ; 
|)e  deuel  ha]3  enuye  :  J)at  eny  {)ing  but  he 
scholde  in  eny  londe  god  :  I-cleped  owher  be.  50 

])er-iore  he  ha|)  of  goure  wit  :  jou  I-mad  so  naked 
f)fft  3e  cleped  hem  god^ys  :  J)at  myd  joure  houd?<s  be|)  I-raakid, 
of  metal  ojjer  of  ston  :  olier  hy  bej)  of  tre, 
f)at  in  none  wyse  :  godd««  hy  ne  my^ten  be. 

ae  30ure  godd?/s  be|)  in  eche  londe  fale :  55 

so  hit  farij)  by  kyng?/s  :  J^at  pleyej)  at  J)e  nale, 
oJ)e/-  as  somer«<s  game  :  |)at  sone  wolle  be  done, 
to  of)er  l>re  men  wole  makye  :  by-twene  mydmorw  &  none. 
so  hit  faryj)  be  ^^oure  godis,  :  for  ,^e  nabbeß  non, 
ffor  wel  Ich  wot  to  sope  I-wis,  :  deuelen  hy  bej)  echon.  iJ<* 

ac  on  god  {)?/•  is  :  \>at  makejD  alle  gode, 
to  bringen  man  to  blisse  :  \>at  deyde  on  {)e  rode; 
he  is  w/t-oute  be-ginnyng  :  &  wor|D  w/t-outen  ende: 
to  him  eueryche  wisman  :  his  herte  cholde  wende." 

y,  \\  el,  wel,"  quap  {)e  iustise,  :  ^Ic  herc  f)y  wordws  alle.  ö5 

Ig  rede  |)ou  don  |)e  sacrefyse,  :  o\)er  foul  |De  wol  be-falle, 
for  {)e  chal  rewe  |)e  tyme  :  |)ftt  {)ou  were  I-bore, 
for  wit  stx'ong  turment  :  J)ou  ehalt  ben  for-lore." 

„Iwis,"  qna])  nychasie  J)o,  :  „J)ou  lyist  haluendel; 
Ic  ne  chal  neuere  ben  for-lore,  :  for  ic  it  wot  ful  wel;  70 

\ie  tyme  ])at  ich  was  I-bore  :  ne  chal  me  neuer  reue; 
for  to  my  lord  al-one  :  Ich  wolle  ben  so  trewe 
J)at  Ich  wole  wit  good  wille  :  for  liim  J)olye  more  |f.l87] 

l>&n  J)ou  &  al  J)in  meyne  :  me  conne  don  of  sore. 
&  wytej)  wel  to  sojoe  :  Ich  habbe  I-wilwid  göre  75 

])at  jjou  me  by-hotyst,  :  for  Jhesu  cristus  lore. 

{)erfore  J)ench  auonry^t  :  jif  \)ou  canst  oujt  don: 
for  to  I^olye  martirdom  :  I-redy  we  bef)  echon, 
for  wit  oure  dej)e  crist  :  him  paye  wolle; 

J)erfore  to  deyin  for  his  loue  :  hit  vs  |)enchej)  hele.  80 

&  f)ou  ehalt  "f)olye  torment  :  in  J)e  pyne  of  helle, 
whan  we  chollej)  in  blisse  :  w^■t-outeuende  dwelle." 

^ledej)  hem,"  qua\:>  \:>e  iustise,  :  „{)«t  hit  ne  be  I-bleued, 
half  a  myle  out  of  l>e  toun  :  &  smyte{)  of  here  heued, 
&  lete  ]>e  bodyus  ligge  :  as  {)ey  hy  weren  for-gete,  85 

so  J)«t  w/t  wilde  bestis  :  {^ey  mowen  ben  I-frete." 
vpp  one  grete  wat^-r  :  me  heuedcd  hem  alle  J)re, 
&  let  J)e  bodyus  ligge  :  I^er  in  gret  vilte. 

J)e  bodyus  gownen  aryse  :  at  pe  mydny^t, 
&  ouer  J)e  gret  wat^r  :  {^ey  gönnen  hem  dy^t,  ™ 

&  euerych  body  nom  his  heued  :  by-twen  his  to  honden. 
Iper  J)is  bodyus  wodm  ouer  :  ford  nas  ]^er  neuere  er  non. 


50  Ms.  but  he  st    be.       54  Jls.  godde?        80  Ms.  hele  oder  welcV       85   Ms. 
bodyuMs. 


328  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

foi"  nychasie  wood  first  ouer,  :  wel  ich  woot  hit  is 
I-cleped  uychasie-is  forde  :  in  to  \ns  day  I-wis. 

1  yentyne  het  a  wif  :  ])at  woned  ]>er  be-syde.  9>t 

In  metyng  nichasie  com  :  to  herc  in  J)ilke  tyde, 
flPyentyne,"  he  seyde,  :  „for  moche  J)ou  louest  me, 

jerfore  after  my  deb  I-come  :  Ic  am  to  f)e, 

3at  f)ou  berye  my  body  :  &  myne  felawis  to 

jat  waren  for  Jhcsu  crishis  loue  :  gistirday  to  dejie  I-do."      1*^ 
for{)  he  wente  on  bis  way  :  \)cr  ])at  he  was  er. 
|)is  wif  a-wok  of  here  sweuen  :  |)0  liit  was  day  der, 
xhe  wente  forj)  on  here  way  :  &  beried  hem  anon. 
pe  fifte  day  of  octobre  :  J)is  dede  was  I-doon. 

nowj  bidde  we  alle  Jhcsii  cmt  :  for  loue  of  hem  ])re  105 

J)Cft  he  vs  gronte  \>e  ioye  :  l>at  euere-more  chal  be, 
&  3eue  vs  space  an  erf  e  :  ourc  synmcs  to  beten  here 
J)at  we  mowe  in  heuene-blif  :  euere  to  wonie  ])ere.    amen. 

_  Seint  calfton  •  l>e  pope.       (14.  Oct.) 

In  |)e  lond  of  rome  :  I-bore  was  seint  calston. 

to  swyj)e  gret  gooduesse  he  droug  :  in  bis  ,^ouJ)e  anon: 

&  Ipat  was  wel  I-sene  :  {)0  he  bim  dy5t  to  elde, 

for  to  flellchs  lust2<s  :  he  drou^  swj'J^e  selde. 

dometr/e  het  his  fadir,  :  l^t  bim  to  goodnesse  taujte.  5 

calston  wel  bim  oudirstood  :  \)cit  he  in  herte  caugte; 
moche  he  louid  scole  :  &  ondirstood  his  lore, 
J)er  nas  no  child  in  liis  tyme  :  bat  eue?-  lerued  more. 

so  at  Jdc  nende,  :  as  god  gaf  pe  cas, 
J)orw  grant  of  J)e  cr/stindom  :  pope  I-made  he  was.  10 

ful  wel  he  held  bis  dingnete  :  &  {)e  peple  also, 
&  Jjorw  his  predycaciou»  :  moche  folk  he  wan  \>er-to. 
palmatike  \>e  portreue  :  &  al  his  meyne 
calston  cWstenyd  bimself,  :  &  moche  of  J)e  contre. 

simplex  was  a  gret  lord  :  &  ek  a  senatour,  15 

&  swybe  wel  he  was  by-loued  :  w/t  jpe  emperour; 
noujt-for-Jjan  sen  calston  :  so  bim  ondirnom 
J)at  he  at  Jje  nende  :  bim  broujt  to  cristindom. 

ffelyx  was  an  he|)en  man  :  &  badde  a  sek  wif, 
\)at  in  J)e  palesye  badde  :  louge  wel  hard  lyf;  20 

blande  me  cleped  {>e  wif  :  by  here  ry^te  name. 
ofte  (^be  berede  of  calston  :  &  of  bis  good  fame: 
5ernc  jbe  bed  felyx  :  |)flt  be  cholde  sende 
after  |)e  pope  calston.  :  so  be  dede  at  J)e  nende. 

„pees  ben  her,"  Jje  pope  seyde  :  Jio  he  com  hem  to,  25 

^seggeb  me  auou-ry3t  :  what  ^c  wold  habbe  I-do; 
&  ji?  ic  may  in  euy  J)ing  :  J)orw5  Jhe.su  cristu-s  myjte, 
Ic  wille  do,  so  Ixit  je  :  goure  liert?/.'*  to  bim  dyjte." 

„My  wif  is  in  Jje  palejye,"  :  felyx  seyde  [lo, 
„&  jif  ])ou  |)orw5  {)y  godd».';  bolpo  :  here  briugist  of  J)is  wo,   30 
Ic  wole  forsake  myne  god?<s  :  \icit  nollel)  nou,^!  belpen  me, 
&  by-leue  on  Jhesu  cr/st  :  &  wircbyn  after  ^e." 

wit  bfft  ilke  worde  :  seint  calston  sat  a-kne, 
&  seyde,  „lord  Jbe.su  c;v'st,  :  nou{)e  ic  bidde  ^e 


»  cf.  Acta  Callisti  in  Act.  SS.  Boll.  14  Oct.  p.  439  flF.  (die  urspr.  Acta  sind  jedoch 
untergegangen).  Der  engl.  Text  weicht  hier,  wie  in  den  meisten  Stücken,  von 
den  bekannten  lat.  Quellen  bedeutend  ab.  —  21  Ms.  syjte. 


60 


zur  südlichen  Legendensammlung.  329 

\>at  J)ou  |)orw,^  my  bone  :  Jns  woman  nou]3e  arere,  35 

so  \>at  |)in  holyname  be  kud  :  here  &  ell^s-where." 

„blande,"  seyde  calston  Jw,  :  „of  \>m  euil  arys, 

&  honoure  J)ot  ilke  god  :  |)rtt  euer  was  &  is! 

gif  ])at  hit  ben  Jhesu  cr?'st  :  tellit  vs  by-vore, 

so  ({)at)  bis  holy  name  :  I-blessed  ben  J)er-fore.''  40 

Blande  w/t  ])at  ilke  word  :  aros,  &  seyde  ]yus : 
„I-blessed  be  god  of  heuene  :  ])at  is  I-cl'eped  Jhe.sus, 
&  ha])  alle  {)ing?<s  to  wille,  :  for  he  may  dyjt  &  dele. 
J)orwä  bis  seruaunt  to-fore  jouj  :  I-sent'he  haf)  me  hele; 
I-blessed  moot  be  euer  be  :  by-fore  al  \)mg  J)at  is,  45 

ffor  of  al  my  syknes  nouf»  :  Ic  am  al  hol  I-wis." 

ftelyx  was  swy{)e  glad,  :  &  blande  ek,  his  wif, 
&  boJ)e  hy  go«ne  anon-rygt  :  to  amendy  here  lif, 
&  go?men  of  sen  calste  :  c?-/stindom  ondirfonge, 
for  hem  {)0Uät  J)at  he|)en  :  {)ey  hadden  I-be  to  longe.  50 

])o  alysau;?.dre  be  iustyse  :  ^at  was  w«t  J)e  emperour, 
herden  teile  ])at  pis  folke  :  to  Jhesu  deden  honour, 
wrt  messagen^s  anon-ry,^t  :  he  hem  gan  of-sende; 
&  hy  w/t  caledop  {)e  preste  :  gönnen  I)edir  wende. 
&  for  J)ey  nolde  in  none  wyse  :  chau«gy  here  Ijougt,  55 

to  mony  an  hard  torment  :  he  hem  haj)  I-broujt. 
so  |)at  he  let  smji^en  of  :  here  heued?<s  at  J)e  nende, 
&  here  souh^s  alle  :  to  heue«  hy  gönnen  wende. 

(calston  rengned  fyf  3er  :  in  his  dingnete, 

two  mon{)2<s  &  twenty  dayis,  :  so  J)e  bok  tellej)  me. 

jyrestus  he  made  xvj,  &  deken?/s  J)er-to  foure, 

&  byO'chop?^«  XIX,  :  Jhesil  cr/st  to  honoure. 

he  ordeyned  \>re  saterdays  :  J)at  me  cholde  faste 
{)orw3-out  al  c/Vstindom  :  Jie  whyle  J)e  world  I-laste, 
for  win  &  for  oyle  :  &  for  whete  also, 
f)at  Jhesu  king  of  blis  :  sente  {)rift  J)er-to. 
Ic  ne  vonde  neuere  :  whoche  saterday(s)  hit  were; 
&  for  oure  leuedy-is  loue  :  good  is  to  faste  al  I-fere. 

&  Jaey  alle  ])e  he{)en  men  :  sore  hit  oi-\>ou^te, 
a  cherche  be-syde  ^e  water  of  tybre  :  {)is  holy  pope  him 

wroujte, 

&  {)er  he  het  singe  masse  :  ofte  &  ])at  I-lome, 
to  manye  cr/stene  men  :  J)f/t  Jjedir  to  him  come. 

{)e  deiiel  haued  wel  gret  enuie  :  {)«t  calston  so  longe  I-laste, 
&  made  ])at  he  was  I-nome  :  &  I-bouj?de  wel  faste, 
tofore  J)e  iustise  alisawKlre  :  sone  he  is  I-brougt,  "^^ 

&  acused  of  alle  J^ing  :  J)rtt  he  hadde  euer  I-wrou3t. 

„alas,"  q?<ff|)  Jje  iustise,  :  „why  hastoug  ]>i(s  I-do? 
nostow  \>at  ])e  emperour  :  alle  haj)  I-hote  vs  to 
])at  jif  we  mowin  of  soche  fey  :  enymo??  I-finde, 
f)at  we  cholle])  anon-ryjt  :  let  him  faste  binde; 
&  for  he  willyj)  l>at  ech  mau  :  habbe  myls  &  ore, 
&  böte  |)ey  wilwif),  to  fondy  :  to  chau«gen  here  lorc; 
&  but  we  mowe  in  som  wise  :  chau^gen  here  I)0U3t, 
J)e  emperour  wolle  to  strong  de\)  :  ]>at  hy  ben  I-brougt? 

\)eriore  ich  ])e  rede,  :  er  \)ou  ben  I-chent,  ^ 

do  hono?^r  to  oure  godis  :  &  com  to  amendement; 
{)aw  myjtouj  longe  :  libbe  in  good  lyue, 
&  euer  we  helpen  wollej)  :  J)«t  {)ou  ehalt  wel  {)ryue.'' 


70 


39  Ms.   by  fore  vore ;  fore  auspunktiert. 


330  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

^I-wis,  syre,"  qtia])  calston,  :  -to  [)ryue  ic  |)0U5t  wel  jore, 
Si  l~>e7-iorc  ic  for-sake  ,v^ure  god?<s  :  &  alle  liere  false  lore,         90 
&  drau  me  to  Jhe^u  crtst,  :  \)e  hcter  |)rift  to  haue, 
do  wit  my  body  what  \iou  wilt,  :  for  ic  am  cn'stus  knaue. 
for  wel  Ich  wot  J)rtt  \>(m  woldist  fayn  :  iram  Jhesu  c?-«st  me  drawe ; 
ac  ich  nele  for  nojjing  :  forsake  cHstus  lawe." 

„I-wis,"  quol>  J)e  iustise  {)o,  :  ^Ich  nele  ])e  nougt  by-traye;  95 
for  ])üu  hast  I-sayd  so,  :  now  me  schal  a-saye. 
castejj  him  anonry.^t  :  in  to  prrson  grou>«de, 
&  f)e/-  he  chal  by-leue  :  one  grete  stou^de; 
&  ech  day  ic  hote  :  wit  courgis  f)at  ,^e  him  bete, 
Si  fonde  gif  ge  mowe  him  make  :  cr/st?<s  lawe  fordete."  IW 

Eche  day  tormentourzts  :  his  beste  habbef)  I-do; 
&  whan  hy  him  bete  :  |)us  hy  seydeu  him  to: 
„calston,  by-{)enche  J)e  bet  :  &  clau«gy  \>y  ]pou^tl'^ 

„I-wis,"  quäl)  sen  calston,  :  „ge  be{)  aboute  nougt; 
alle  I^e  pyue  ^cit  ge  me  def>  :  so  swete  me  J)inke|)  gitte  ^^^ 

so  euer  git  eny  gong  child  :  to  souke  his  modir  tette." 

eche  day  {)is  good  mau  was  I-beten  :  J)e  tyme  of  half  a  ger, 
&  I^olid  wel  moche  hongir  :  in  ])c  preson  J)er. 
Moche  woudir  hadde  Jje  iustise  :  \>at  he  leue(d)  so, 
&  wende  jxtt  by  nygte  :  sommon  com  him  to  HO 

&  brougt  him  mete  &  drinke  :  {)«t  he  to  hadde  nede; 
&  Jjfrfore  {)e  iustise  anon  :  het  &  for-bede 
{)at  nomon  were  so  hardy  :  to  come  him  to  by  nygte, 
&  J)at  me  cholde  slen  anon  :  gif  eny  me  finde  mygte. 

A  knygt  l>er  was  swy{)e  sek,  :  his  name  was  priuat,  H^ 

J)at  J)orwg  meselrye  :  he  was*  I-maked  al  mat ; 

his  euil  was  so  swyj)e  hard  :  &  greued  him  so  strenge 

{)at  he  hadde  leuere  deye  :  J)an  so  to  libbe  longe. 

Also  he  set  vppou  a  day,  :  {)is  knygt  him  by-J)ougte 
how  sen  calston  pr?--by-forc  :  mony  a  wondir  wrougte:  l'-O 

&  Jjey  liit  were  forbode  J)at  none  :  codi  to  hiin  by  nygte, 
git  aboute  myddenygt  :  pedir  he  gan  him  dygte. 
In  he  com  wel  j^räiyliche,  :  J)at  per-oi  nyste  uon, 
&  myldeliche  him  sette  a-kue  :  to-fore  seint  calston; 
he  seyde,  „leue  swete  fadir,  :  haue  mwcy  of  me  ^25 

&  help  me  ]>at  ich  hele  habbe,  :  \vir  seint  charite!" 

„Good  man,"  qHct[>  calston  {)o,  :  „gif  \iou  wolt  I-leue  arygt, 
hol  &  sounde  {)ou  ehalt  be  :  {jorwg  .Ihe^'u  criatiis  mygt." 

„Ic  wole,"  qua\)  präiat  f)0,  :  „I-leue  on  him  \)at  I-bore  was 
of  [je  mayde  marye  :  w/t-oute  eny  trcspas,  l-^O 

Ipat  is  Jhciu  godd?/.s  sone;  :  to  him  ic  wole  me  take 
Si.  iram  Jiis  day  forward  :  alle  o\>er  godd«^  forsake." 

wit  pis  Word  sen  calston  :  him  c/vstenyd  sone  anon: 
&  hol  he  wax  of  al  his  euil  :  in  fiesch  &  fei  &  bon. 
seint  calston  he  Jx)uked  gerne,  :  i^  went  forjj  his  way.  135 

J)e  gayler(?/sj  him  caugt  :  gut  er  hit  were  lygt  of  day. 

hy  axeden  anon-rygt  :  what  he  hadde  per  I-do 
&  why  he  wolde  be  nygte  :  calston  wenden  to. 
prüiat  answerde  &  seyue  :  „for  ic  dede  arygte, 
&  he  me  haj)  to  hele  :  in  {)is  nygt  I-dygte.  1^0 

'ler-iore  ic  by-leue  :  on  seint  calston -is  lore 

forsake  goure  godws  :  nou{)e  &  euc/'-more." 


lOü  Ms.  leue.     136  Ms.  gayler. 


zur  südlichen  Legendensamnilung.  331 

„je,  J)ef/  quap  a  tormentour,  :  „hastouj  cr/stindom? 
J)ou  were  heter,  be  my  hode,  :  ]wu  haddist  I-ben  at  hom!" 
hy  w/t  leden  clobb?^s  :  pe  knyjt  hy  beten  so  145 

{)at  J)e  soule  &  J)e  body  :  departed"^  ])er  a-to. 

Caledep  ])e  gode  jwest  :  come  I)e  f)ridde  ny^te 

&  seyde  to  seint  calston  :  also  bit  were  in  sygte : 

„loke,  fadir,  J)rtt  J)ou  be  :  her-afte/-  stedefast, 

for  J)y  sete  I-mad  is  :  In  J)e  ioy  \>at  euer  chal  last.  150 

J)e/-fore  oure  lord  bede  :  J)at  f)ou  |)e  grey{)y  blyue, 

for  Jjou  ehalt  to-morwe  :  partin  out  of  Jiis  lyue 

In  to  ])e  blis  of  heuene,  :  for  to  hini  J)ou  chal  come 

for  J)e  harde  pyne  :  ])at  J^ou  hast  ondirnome." 

Amorwe  com  {)e  iayler?/s  :  al  w/t-outen  reste,  155 

&  J)rewe  him  out  at  {)e  \vind0u3  :  bis  nekke  for  to  berste; 
J)e/--oute  stode  scbreuen  :  Jjot  were  swyj)e  wikke, 
&  teyden  a  gret  ston  :  aboute  calston-his  nekke, 
&  J)reuen  him  &  {)e  ston  :  in  a  water-pitte, 
&  er  J)ey  l3enn?/s  wenten  :  J)e  hole  ])ej  faste  ditte.  160 

l>e  pridde  day  afte;'ward  :  |3e  body  ded  {)ey  fou??de; 
]>er  {jey  beried  hym  villiche  :  in  an  hole  in  Jie  grou^de. 

&  lier  lay  J)e  body  villiche  :  dayis  seuene-tene. 
se])^e  com  an  holy  prest,  :  a.ster,  w/t-oute  wene; 
f)e  clergye  al  wit  him  com  :  to  don  him  ])er  socour,  165 

&  buried  Jje/-  ]3is  holy  body  :  w/t  wel  grft  honour. 
a  cherche  |)ey  let  make  :  J)er  J^is  body  lay, 
{)at  me  clepej)  calston-his  cherche  :  git  to  |)is  ilke  day. 
holycherche  was  vij  dajis  :  w«'t-outeu  heued  |)o, 
for  calston  was  here  heued  I-wis  :  J)e  whyle   tat  he  mygt  go.  1"" 

&  {)us  he  deyd  in  J)is  maner  :  as  ge  habbef)  I-hurde, 
&  boujt  heuen -blis  ful  derf  :  &  {)er-of  he  nas  by-cherde. 
Nou  Jhesus  for  seint  calston-is  loue  :  vs  leue  so  don  here 
J)e  fend-is  fonding  to  witstonde  :  &  alle  bis  I-fere, 
&  bring  vs  to  J)e  Joye  :  J)ot  eue/-more  I-leste,  ^^5 

&  J)er-in  to  wonye  :  &  maken  l>er  oure  feste.     Amen. 


Seint  Vonefrede  J)e  holi  virghie.    {ii.  Nov.) '     l^- 180] 

>  onefreda  was  an  holy  raayde,  :  so  ich  ondirstonde. 
In  J)e  tyme  J)o  syre  ale^Ti  :  was  king  of  ingelonde. 
f)is  ilke  king  was  a  good  man  :  so  god  gef  J)e  cas, 
&  J)ey  bis  sone  was  a  fool,  :  I)ilke  tyme  nas  — 
&  Ipat  men  se|3  wel  ofte  :  also  {)inke{)  me, 
J)e?-fore  wel  is  l^e  cliild  Jiat  may  I-{)e,  :  be  fadir  what  he  be. 

{)is  holymayde  lerned  :  here  by-leue  f)o 
w?t  a  p;-est  of  J)e  contre  :  \>at  men  cleped  beuno. 
Jjis  mayde  he  taugt  euer  wel  :  to  flen  al  lecherye 
&  to  kepe  here  body  cleue  :  f?-rtm  syune  &  iram  folye; 
&  Jje  mayde  bim  be-het  :  myd  good  wille  po 
J)rtt  ghe  wolde  clene  mayde  :  byleuen  euere-mo. 

In  a  tyme  hit  by-fil  :  Jiat  ^fie  dudd  al-one 
atom  after  |)«t  here  frencl?<s  :  to  chirche  vveren  agone: 


147  1.  Calepod.  164  Ms.  after.  —  '  Im  .1.  1391  setzte  Erzbischof  Thomas 
Arundel  ihr  Fest  auf  3.  Nov.  fest;  ihr  Geburtstag  ist  24.  oder  22.  Juni.  Die 
Vita  s.  in  Act.  SS.  Boll.  3  Nov.    —    13   Ms.  {)e  deuel  st.  jhe  dueld. 


332  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

f)e  kyug«s  sone  com  to  here  :  in  his  rpbaudye  15 

&  gan  herß  bysechen  faste  :  to  don  his  lecherye. 

Ipe  mayde  him  answered  :  &  seyde  anonryjt: 
^Ic  nam  nougt,  to  ben  J)in  höre,  :  non{)e  I-dy^t  aryjt; 
Ic  wole  gon  to  boure  :  &  come  to  f)e  anon, 
&  {)an  w*t  my  body  f)y  wil  \)ou  my^t  don"  —  20 

for  ghe  wolde  ascapye  :  pe  mayde  seyde  al  {)is, 
&  for  ghe  nolde  nougt  habbe  :  w/t  him  to  don,  I-\vi8. 

])o  ghe  was  w/t-inne,  :  a  dorf  jhe  ondede  anon, 
&  sujjjje  to-ward  chirche  :  wel  ,^erne  jhe  gan  gon. 
anon  \)o  J)is  fool  child  :  her-of  \ie  soJ)e  I-say,  25 

])ai  he  was  by-gylid  :  f)orwä  Ipat  fayre  may, 
after  here  wel  quikliche  :  anon  he  gan  to  go, 
&  anon  drouj  out  his  swerd  :  J)0  he  com  here  to, 
&  faste  by  \)e  cherche-dore  :  he  smot  of  here  heued; 
&  hus  was  |)is  holymayde  :  of  here  lyf  byreued.  30 

God  cheued  anon  :  |)at  J)is  dede  nas  noujt  gode: 
J)erfore  w/t  J)e  dede  f)is  gong  child  :  wor{)  po  wode; 
In  al  his  woodhede  :  he  lefte  tyd?/s  {)re, 
&  su\>\)e  he  deyde  sodeynliche,  :  so  fe  bok  tellef)  me; 
{)e  deuel  was  l>o  I-redy  :  &  body  &  soule  nom,  ^ 

so  {)at  noman  nyste  :  whodir  J)öt  he  by-com. 

In  f)e  stede  J)at  f)e  mayde  :  so  byheuedid  was, 
a  swy{)e  fayr  welle  :  anon  sprong  by  cas; 
&  sowmen  toldin  su{)|)e  :  ])at  J)er-by  J)o  stode, 
bat  Iter  bej)  in  stonys  :  I-springed  al  wi{)  blöde.  *^ 

per  nys  (non)  so  queinte  :  nojjer  more  ne  lasse 
|)at  mowe  {)e  blodis  dropis  :  iram  J)e  stonys  wallche, 
ac  ech  mon  berej)  witnesse  :  \)at  hem  vp  nom, 
])at  hit  is  a  tokene  :  of  here  martirdom. 

\>o  \)h  holy  prest  beuno  :  I-hurd  of  al  Jiis  fare,  *5 

sore  him  of-fjoujt  :  \)at  he  nadde  I-ben  bare; 
&  for  \)at  hit  nas  nougt  \)e  tyme  :  J)ot  ähe  cholde  ben  dede, 
|)erfore  apredycaciou»  :  to  {se  peple  he  haj»  I-sede, 
&  in  his  predycaciüu«,  :  Ic  wot,  he  seyde  |)is: 
„hit  ner  nougt  tyme  J)ot  \)e  mayde  :  git  partid  fram  vs, 
ac  kende  Avolde  "|5at  ghe  cholde':  her-iift^/-  libbe  longe 
&  wel  seruy  .Ihesu  crist,  :  mede  to  ondirfonge; 

{lerfore  ich  gou  bidde  :  \)at  je  bidde  w?t  me 
to  oure  lord  Jhesu  c;-/st,  :  {)at  is  so  hende  &  fre, 
j)at  he  vs  sende  to-day  :  aparty  of  his  grace  '^ 

&  arere  Jjis  mayde  :  to  lyue  in  J)is  place." 

\>e  heued  to  {)is  body  :  J)is  holy  prest  gan  don: 
&  {)orw3  his  loue  &  here  :  \wt  mayde  aros  anon. 


euer  ])pr-aiter  aboute  here  nekke  was  :  as  |)ey  hit  were  a  I^ßde, 
In  tokenyng  of  J)e  marte?dom  :  bot  ghe  was  on  so  dede; 
whyt?<r  jping  ne  mygte  be  :  \)an  pe  f)rede  was. 


be  peple  seyde  for  Joye  alle  :  Deo  grwcias. 
porwg  beun'o-his  rede  :  abyte  sujjjie  ghe  nom, 
&  ladde  swyjje  hard  lif  :  &  good  nonne  by-com. 

Beuno  in  a  tyme  :  to  here  seyde  {)o: 
^wonfred,  Jhesii  crist  it  wole  :  {)at  we  to  party  ato, 
ffor  in  to  an  o^er  contre  :  nede  ic  mot  wende 
&  Jiere  nedis  to  dwellin  :  to  my  lyues  ende, 
ech  ger  \)ou  most  sende  :  som  presau»t,  Ic  {)e  teile; 
&  what  \)ou  wolt  me  sende  :  cast  hit  in  J)e  welle  — 


72   Ms.  &  after.      41   non  fehlt. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  333 

of  {)at  J)ou  dost  J)e/-iQne  :  ne  drede  J)e  ry^t  noujt 

{)at  hit  ne  chal  fyorwj  godd?<s  grace  :  to  me  ben  wel  I-broujt. 

&  after  {)is  .vij.  ger  :  hennt<s  Jjou  ehalt  fare 
&  J)y  lyf-dayis  enden,  :  Ic  wot,  ellws-whare. 
&  loke  in  {)yue  lyue  :  J)at  J)ou  loue  chastete!  75 

for  uedt^s  ic  moot  henne,  no  leng  ne  may  ic  her  be." 

At  J)e  welle  ])at  I  of  spake  :  |)e  mayde  {)o  him  brougte, 

&  suJ)J)e  tornyd  here  agen  :  &  a  chesible  him  wrougte; 

by  here  myjt  ghe  hit  made  :  boJ)e  good  &  ryche  — 

]>er  nas  in  al  {je  londe  :  no  chesible  here  I-lyche.  80 

\>o  hit  was  I-redy  J)orw  work  of  here  honde, 

In  a  whit  mantel  :  \)e  chesible  §he  it  wonde; 

ghe  leyde  hit  in  {je  streme  :  l>at  ghe  I-fonde  {ler, 
&  {)orwä  goddws  grace  :  {)e  strem  hit  for{)  her 
In  to  {)at  ilke  seine  stede  :  ])at  beuno  woned  {)o,  85 

&  {ley  hit  was  fram  \)e  welle  :  {jritty  myle  &  mo. 
&  ]^er  me  myjte  wel  I-se  :  how  good  orist  is, 
&  ]iat  it  was  a  merakle  :  echeman  may  wite,  I-wis. 

Mter  l>at  {)e  .vij.  5er  :  were  I-brougt  to  ende, 
nede  moste  wonefred  :  to  o{)er  stede  wende,  90 

&  for  beuno  {)e  holy  p*-est  :  hit  hadde  I-seyd  be-fore, 
nede  moste  {)ese  wordis  :  to  so{)e  ben  I-core; 
{)enn?is  for  to  wende  :  jhe  gan  here  dyjte  1-wis 
In  to  a  swy{)e  wilde  stede  :  {)ot  veterat  I-cleped  is. 

bo{)e  monfofs  &  nonnz^s  :  ^is  mayde  I-fou«de  {)o,  95 

\>at  ladden  good  lyue  &  clene  :  so  echman  äugt  to  do; 
bulopius  het  {)e  abbot  :  {)ot  here  mayster  was  {)ere, 
swy{)e  moche  he  dede  bis  wille  :  bis  monk^s  for  to  lere. 

a  modir  hadde  {sis  abbot  :  {)ot  him  to  man  bare, 
mayster  of  \>e  nonn?fs  :  Ic  wot  pat  jhe  was  {)are  —  lOü 

by  here  rygte  name  :  me  cleped  here  eusebie, 
for  moche  jhe  hatyed  sinne  :  &  loued  cortesye; 
{)erfore  women  drouj  to  here  :  bo{3e  fer  &  ner, 
for  in  alle  {)e  londe  :  ghe  ne  hadde  no  per. 
|)orw3  red  of  {)e  abot  :  wonefred  to  here  droug;  105 

ey{)er  of  o{)er-is  felechipe  :  was  {)o  glad  I-nouj. 

Afte;-  {)öt  eugebye  :  partid  of  {)is  lyue, 
wonefrede  dwelled  in  here  stede  :  ^erus  ten  &  fyue; 
mek  §he  was  &  of  fayr  speche  :  &  swy|)e  mylde  of  mode, 
&  {)orw  here  holy  speche  :  ghe  brougte  mony  to  gode.  HO 

su^{)e,  {jo  god  sente  his  grace,  :  to  heue?«  jhe  gan  wende, 
now  Jhe^u  for  \>e  loue  of  here  :  {)edir  vs  bringe  at  eure  ende. 

Arne«. 

Seint  illarion  \>e  holy  monk. '     (21.  Oct.) 

Gra§a  is  a  nobble  ton?*  :  In  verre  contre, 

In  ^e  lond  of  spayne  hit  is,  :  so  me«  hit  telle{)  me; 

for  his  gret  nobleye  :  men  hit  knowi{)  wide.  If- 191] 

thebatha  is  {jrop  :  viue  myle  {)cr-be-syde. 

Illarion  {)e  holy  monke  *:  In  thebatha  was  I-bore;  5 

al  his  kin  was  he{)en,  :  so  {)e  bok  te\\e\>  fore. 


77  At  St.  To.  82  und  83  im  Ms.  umgesetzt.  97  Im  lat.  (BoU.)  heifst  der 
Abt  Elerius,  seine  Mutter  Theonia.  —  '  Seine  Vita  (ed.  in  Act.  SS.  Boll.  21  Oct.) 
von  Hieronymus  ca.   390  geschrieben.   —    1    Ms.  Guja.      4   {jrop  {)orp   oppidum. 


334  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

&  \>ej  crist  him-self  ha})  :  illariou  I-core 

&  sent  him  grace  |)at  he  uas  :  to  lielle  i\vue  1-Iore. 

ry5t  was  f)is  good  childc  :  of  fals  keiide  I-come 

so  is  Jie  swete  rose  :  of  a  charp  |)orn  I-nome.  10 

Jio  J)is  child  of  elde  was  :  for  to  gon  to  scole, 
w/t  penaunfe  &  wit  fastiug  :  bis  body  he  gan  cole. 
liis  frendus  bim  seut  :  to  Alisau/^der  to  lore. 
Jjo  be  berd  of  cr/stiiidom,  :  be  loued  bim  eueve-more, 
so  l>at  at  J)e  nende  :  I-c>-/stened  be  was  l^ 

&  hidde  swyf)e  boly  lif,  :  so  crz'st  ^ef  {)e  cas. 
In  [ye  toun  of  Alisau/idre  :  be  berde  of  grammory, 
&  wbyle  be  was  hej^en  :  he  fleyg  al  foly ; 

cherche  lie  louid  swy{)e  moche  :  J)e  wbyle  Jjat  be  was  [)ere  — 
])er  were  but  fewe  cristeue  men  :  \ydt  inyrer  hem  bere.  Ät 

Meu  \>at  comen  fro  egipte  :  tolde  him  I-lome 
of  an  bolyma«  seint  ^Iwtony,  :  wlmn  by  to  bim  come. 
so  fast  was  Jhfsu  crist  :  at  bis  berte  I-steke 
J)«t  bim  nas  no|3ing  lcue/-e  :  Joan  I-bere  of  him  speke. 

In  atyme  \n»  gong  man  :  so  him  ondiruome  2'> 

Jjftt  be  soUj^t  seint  ^4Htouy  :  &  wel  to  bim  come. 
of  many  {liug^fs  hy  speke,  :  Jjo  by  come  I-uere, 
J)at  he  dwelde  to  raon{)ws  :  cristindom  to  here; 
so  wel  him  lykid  c/^'stindom  :  l>at  he  lerned  |)o, 
\>at  he  was  I-cristened  {)er  :  er  he  wold  [)c»ne  go.  30 

Glad  was  he  for  J)is  ^ing,  :  Jje  gode  syrt'  anton; 
gladdere  was  Jie  gonge  mon  :  {)at  het  illaryon. 
po  he  badde  w/t  syre  antoyu  :  alytil  wbyle  I-be, 
fayr  he  nom  bis  leue  :  to  wende  to  bis  contre; 
to  monk^s  in  felecbipe  :  wit  bim  he  gan  take,  35 

Ipat  J)ey  mysten  of  Jüpäu  o-ist  :  to-gederis  tahis  make. 

\>o  be  com  to  bis  contrr,  :  bim-selue  be  most  rede: 
for  bis  frend«*"  ])at  he})eu  were  :  al  he  fonde  dede. 
seiner  he  made  of  bis  londe,  :  &  pans  he  gan  bim  dy^te, 
&  -jaf  hem  to  pore  men  :  &  boly  cherche  to  ry^te;  -Jo 

bis  brej)eren  be  3af  here  del  :  {jat  hem  by-fa!le  wolde  — 
for  he  nolde  \>at  noman  :  of  him  playne  cholde. 
now  haf>  {)is  illarion  :  so  wondirlicbe  I-wrou3t 
f)at  of  alle  bis  godis  :  be  na|)  I-leued  him  noujt. 

Of  non  erj)elicbe  gode  :  be  Mm  ne  kept  no-|)ing,  i^ 

but  ])at  seint  antoyn  him  gaf  :  at  bis  departiug: 
Sc  \)at  was  a  sakken  curtil,  :  &  a  pilche  also, 
&  ablak  froccke  J)c/"-vppon  :  au-ouen  him  on  to  do, 
&  abok  \)at  \)e  gospeb/.s  :  werru  vppon  I-write  — 
{jis  bim  jaf  sen  Antoyn  :  In  cu^riche  wo  to  wite.  50 

for  ]3at  be  wited  myd  him,  :  nc  witcd  he  uamore, 
&  al  he  for-sok  ])e  worlde  :  to  habbeu  godd;^*'  t)re. 

nys  \>('r  non  among?/.s'  vs  :  ue  of  so  mylde  mode 
^at  wolde  \iat  me  badde  l>tis  :  I-deled  al  bis  gode! 

I'o  be  was  of  .xv.  3er,  :  to  wildirnesse  he  gan  wende,  •''''> 

for  him  |)ou5t  folye  hit  was  :  among  men  per  to  ende, 
&  bet^T  him  Jjoujt  by  him-self  :  al-one  for  to  be 

|)a«  to  libbe  among  maukinne  :  <S:  I-se  vanyte. 
)c>-iorc  he  maked  bim  an  hole  :  in  |)e  wildirnesse, 
yue  feet  it  was  hy  :  as  J)e  bok  bercf)  witnesse,  60 


J 


20  Ms.  fayre.     21   Ms.  &  tolde.     22   u.  26  Ms.  Witony. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  335 

voure  feet  it  was  brode  :  so  men  hit  tolde  J)o, 

a  lyte  lengere  ])an  his  body,  :  Ic  wot,  hit  was  also; 

for  bet^r  hit  Ijougt  a  touwbe,  :  a  dedmon  In  to  ligge, 

{)an  an  hous  to  wonye  in,  :  what-so  me  euer  segge. 

Ic  wot  ])at  meuy  mouky^s  wercn  :  leuere  to  liggen  so  stoute    ''5 

])a7i  tocorne«  in  soch  an  hous;  :  Ic  not  whey^cr  hy  ben  proute? 

AI  his  lif  to  penaw^ce  :  |)is  goodman  haf)  I-dygt: 
.XV.  nepws  he  et  echday  :  &  {)ot  a-jeu  J)e  ny^t, 
&  gif  hy  weren  grete  :  hit  wolde  him  rewe  ful  sore, 
berfore  ofte  lasse  he  et  :  to  him-selue  Jjan  more;  "O 

pre  ou«cis  water  he  drank  :  &  noujt  ellis  Iser-to. 
Ic  wene  J)at  J)er  uys  non  of  vs  :  ])at  myjte  nou  libbeu  so! 

neuere-more  he  nolde  ben  I-chore,  :  to  teilen  Ic  hit  may, 
but  ont<s  in  J)e  gere  :  a^ens  {)e  ester-day. 

vppo»  a  bed  of  rillchen  :  o{)er  on  Jae  bare  grou^ide  75 

his  body  he  gan  reste,  :  whan  he  slep  astoujjde. 

\)e  curtil  ^at  illarion  hadde  :  on  his  body  onys, 
nolde  he  neuere  of  him  do  :  but  whan  he  moste  eftsonys 
&  don  on  an  oJ)er  newe,  :  Jjot  him  was  I-jeue  by  cas, 
&  \)e  o])er  al  for-rotid  :  &  al  to-rent  hit  was.  80 

his  heued  no{)e/"  his  clof)is  :  he  ne  wiflche  neuere-mo. 
ac  5if  he  of  holywrit  :  eny  {)iug  I-hurd  \)o 
{)at  he  oudirstood  wel  :  {)orwj  any  skem/s  J)inge, 
ofte  he  bede  his  felawis  :  sum-what  |3eron  him  bringe. 

his  bed?<s  he  wolde  bidde  :  w/t  gret  deuosiou«,  85 

as  J)ey  god  were  to  him  :  f/r/m  heuen  alyjt  a-douw, 
&  in  his  bed^/s  he  ferde  :  for  al  J)e  world  so 
as  Jjey  god  &  he  I-fere  :  speken  bof)e  to. 
from  |)e  .xv.  jer  :  in  to  on  &  twenty  jere 
Illar(i)on  ladde  soch  lif  :  In  wildirnesse  \>ere.  90 

&  fram  J)e  on  &  twenty  jer  :  til  {)ot  six  &  twenty  werin  a-go, 
drye  bred,  watcr  &  salt  :  \)\s  goodman  ete  J)o; 
his  bred  was  of  barliche,  :  cleue  &  axen  I-fere  — 
In  so  hard  lyf  &  clene  :  me  nyste  neuer  ere! 

ff/-<7m  .vj.  &  twenty  5er  :  to  {)ritty  jer  ful  were  I-come,         95 
a  lytil  water-potage  he  ete,  :  wel  lytil  &  J)at  noujt  lome, 
&  seue  oimcis  he  eet  :  of  barli-bred  J)0, 
&  me  ne  moste  in  his  potage  :  non  oyle  do. 

suJ)J)e  he  fond  for  fasting  :  J)flt  bis  heued  gan  ake 
&  f)e  sygt  of  his  eygen  :  lyte  &  lyte  gan  slake:  100 

for  he  wolde  in  J)is  world  :  god  to  seruen  jit, 
oyle  he  dede  in  his  potage  :  to  seruen  him  Jie  bet 
&  to  comforty  his  lemis  :  f)ot  alle  scabbed  so  were; 
fort  he  were  of  {)re  &  fourty  (!)  jer  :  so  he  gan  libbe  |)ere. 

Bred  lyte  &  lytil  si{)J)e  :  he  gan  to  forsake,  105 

so  l)ot  J)re  score  &  seuentene  (!)  3er  :  his  lif  gan  of-take, 
&  after  ^aX,  ilke  tyme  :  his  bred  he  forsoke, 
{)at  he  namore  ne  eet,  :  as  vs  tellefj  f)e  boke; 

wortin  he  eet  myd  melke  :  &  salt  |)at  me  made  {)0, 
.V.  ouHcis  he  wolde  a  day  :  In  his  body  do  —  "O 

ete  nold  he  namore,  :  no  drinke  in  {lilke  place, 
&  Jjus  he  leued  .v.  ger  :  {)orw  5\\csvl  crisUis  grace. 

he  ne  eet  no  he  ne  drank  :  no  day  ar  eue 
fort  after  J)ört  \)e  sonne  :  gan  here  lyjt  by-leue, 


95  Ms.  xxvj.     97   Ms.   woukz«  st.  ounces.      106  so  st.  to.      109  1.  meleV 


336  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

f>an  he  wolde  ech  day  :  make  bis  niangeryje  —  115 

&  {)us  he  chastid  his  body  :  fram  sinne  &  folyje. 

J)0  he  com  to  four  &  twenty  (!)  3er,  :  {)is  man  {)at  was  so  wis, 
he  sent  aiter  his  felawe  :  {)at  heet  efficis,  [^1921 

Inke  &  parchemyne  he  bade  :  he  chold  wit  him  bringe, 
wondir  hadde  eflfiecis  :  of  J)i.s  ilk  |)inge,  120 

Jjedir  he  went  &  broujt  :  porchemyii,  wel  ic  wot. 
Iper-on  his  owe  testament  :  illarion  him-self  wrot: 
he  be-quaj)  efesis  his  certil  :  &  liis  mantel 
&  his  pilcJie  &  his  bok,  :  &  seyde,  „wite  me  wel! 
for  in  J)is  ilke  lyue  :  dwellen  no  leng  I  ne  may,  125 

for  henn?<s  ic  chal  fare  :  here-afte?-  \)e  |)ridde  day. 
&  lok  wel,  whan  my  soule  :  Is  iram.  [»e  body  agon, 
{)ot  my  body  be  I-beried  :  sone  &  \>at  auon ; 
burie  me  auou-ryjt,  :  for  loue  ic  bidde  J)is, 
&  let  erjje  to  er|)  :  al-so  his  keude  is!''  130 

his  lem«<s  gönne  a-steuie  :  J)0  J)is  was  I-do, 
&  al  manliche  bete  :  f/-«m  him  gan  ])o  go ; 
wit  his  tonge  he  heried  god  :  &  loked  w/t  his  eye, 
\)e  o\icr  witt«s  weren  a-gou  :  er  he  niyjte  deye. 

to  his  soule  he  seyde,':  ^soule,  what  eyleb  |3e?  135 

wherof  art  \)0\i  a-dradde  :  to  lete  {)is  wikkid  contre? 
go  forj)  out  of  |3e  body  :  &  ne  dred  noujt,  1-wis, 
for  wel  ic  wot,  a  meri  stede  :  J)e  is  I-mad,  I-wis. 
fourty  &  .XV.  (!)  §er  :  crist  l>ou  I-serued  haste: 
|)e;-fore  wend  out  hardeliche  :  &  ne  be  nou^t  a-gaste!"  140 

wit  J)is  ilke  word  :  liis  soule  gan  out  wende 
to  |)e  blis  of  heuene,  :  J)«t  last  wit-outen  ende. 

Moche  folk  Jjedir  com  :  JdIs  buriinge  for  to  don, 
&  buried  J)is  holy  body  :  so  hy  aujten  anon. 
nyge  morwenyngws  \)cr  he  lay  :  &  alytel  more.  145 

{)at  he  lay  so  longe  l)cr  :  efecis  of-J)ou3te  sorp; 
üram  {lilke  stede  pe  holy  body,  :  Ic  wot,  he  remuyd,  I-wis, 
&  buried  him  in  a  touii  :  ]}at  rome  (!)  I-cleped  is, 
&  let  him  jpere  berie  :  w/t  wel  gret  honour; 
&  mony  mon  of  euil  :  ]>er  ab  I-haued  socour.  l'"^" 

now  bidde  we  god  for  \:>e  loue  :  of  seint  illarion, 
J)at  he  vs  graunty  J)at  blis  :  ]pat  ending  nauej)  non.    amen. 

Seint  crissauut  and  dari5e.  •  (25.  Oct.) 

1  olim^/s  was  a  nob(l)e  man,  :  in  Alisau»drc  I-borc, 
knygt  he  was  &  gret  lord,  :  so  ic  may  teile  50U  fore, 
for  he  was  heued  &  syr»^'  :  of  alle  J)fft  contre; 
worse  man  to  cr/steue  men  :  non  ne  my^te  be. 

Numerian  me  cleped  \>o  :  \ie  emp^'rour  of  rome:  ^"^ 

he  hadde  mony  a  c//steue  man  :  I-let  slen  w?"t  dorne. 

polimius  seyde  his  frend»^  :  f)at  he  wolde  wende 
&  dwelle  a  whyle  w/t  \>e  emperour  :  \)at  was  fre  &  hende. 
crisaunt,  l>at  was  his  jonge  sone,  :  w/t  him  \>o  he  tok, 
for  he  chold  at  rome  :  lerny  vppo«  be  book.  1*^ 

swyj)e  glad  was  \)e  emperour  :  f)o  lie  was  I-come; 
to  his  preue  consayl  :  polimyus  he  ha{)  I-uome, 


117  1.  four  score  (Er  wurde  80  Jahr  alt).  118  lat.  Hesychius.  124  Ms. 
mantel  st.  pilche.  128  Ms.  ne  be.  139  1.  f.  &  twis  xv  (:=  70)?  148  1.  Majuma.  - 
'  Die  Acta,  griecli.  u.  lat.,  s.  in  A.  SS.  BoU.  p.  469  ff.;  der  engl.  Text  ruht  jedoch 
auf  ganz  anderen  Quellen.  —   4   Ms.  non  worse  ne  m.   b.     7   Ms.  poliunius. 


zur  südlicheu  Legeudeusamniluiig.  337 

he  him  made  his  iustise  :  &  gaf  him  dingnete, 

&  bed  him  uext  his  syde  :  f)at  he  cholde  be, 

&  by-gau  to  werche  :  mochil  niter  his  r^de,  15 

for  he  was  in  here  lawe  :  of  swyjje  noble  dede. 

CrissauMt,  \iat  was  polimius  sone,  :  to  eole  gan  to  go. 
nas  ]per  non  in  al  pe  cole  :  Jjat  gan  to  lerny  so, 
ffor  so  kene  was  his  wit  :  |3at  al  he  hane})  I-caugt 
Jaat  eny  mayster  in  boke  :  J)er-in  him  haue]}  I-tau^t.  20 

So  wel  he  ondirstode  al  :  J)at  me  spek  w/t  steuene, 
{)«t  in  alyte  whyle  he  was  mayster  :  of  Jse  artes  seuene. 
ae,  I-wis,  of  deuenyte  :  ne  coujie  he  ryjt  naujt, 
ffor  he  ne  seyg  neuer  bok  ])er-oi,  :  no  hit  nas  him  I-taujt. 

Polimie  loued  wel  crissaunt  :  for  his  gode  lore,  25 

&  boujt  him  bok^<6-  I-nowe  :  for  to  lerny  more. 
so  ^at  cWll'aunt  vppon  a  day  :  jide  in  chepinge: 
a  bok  of  oure  gospel?<s  :  to  seilen  me  gan  bringe, 
of  Jhesu  crist?<s  word?<s  :  &  oure  leuedy  also 
Moche  me  hadde  {)er-on  I-write  :  &  in  be  bok  I-do.  ^0 

Crisaunt  J)o  he  I-sey  {)e  booke  :  &  tok  him  in  his  honde, 
of  soche  clergye  ne  sey  he  neue;-  :  er  in  Jjilke  londe. 
|)erfore  he  stood  in  |)oujt  :  &  gan  to  syke,  I-wis, 
„a,  mahou^^de,"  seyde  he,  :  „what  clergi  is  al  l^is?"  — 
Jje  ryjte  tix  it  was  to  so{)e  :  of  al  deuinyte,  35 

of  pistlis  &  of  gospeh/s  :  so  Jie  bok  telleji  me. 

Anon  he  boujt  J)is  boke  :  &  w/t  him  hom  it  bar. 
fo  noman  he  ne  cheued  hit  :  ])at  he  fond  |3ar, 
&  him-self  he  stodiid  wel  :  &  was  in  gret  I^ougt; 
&  for  he  nadde  no  teching,  :  al  hit  was  for  nougt.  40 

&  |)ey  he  seyde  to  him-selue  :  „bok//s  so  derk  as  myste  (!)", 
a  steuen  he  herde  to  him  speke  :  myd  wel  gret  myjte: 

„Crisauwt,  f)ou  hast  I-haued  göre  :  a  bok  of  gret  lore  &  gode : 
to  by-holdin  ofte  J)er-on  :  J)in  soule  it  chal  don  fode; 
])e)-ioTe  ich  rede  J)e,  ou  J)ilke  book  :  wel  ofte  |)«t  J)oujrede,       45 
for  to  knowleching  of  sof)nes  :  forsojje  hit  wole  J)e  lede. 
for  jif  {)ou  hast  lore  of  [Destirnesse  :  er  J)is  oudirfonge, 
for  to  habbe  lore  of  lygt  :  J)e  aujte  |)enche  wel  longe.'- 
&  to  habbe  a  mayster  :  he  nyste  to  wite  whare; 
nyjt  &  day  he  f)ou,3te  :  &  was  in  swy{)e  gret  care.  ""^ 

a  velawe  c;Vsaunt  hadde  :  J)crt  cr/stin  he  was  I-hudde, 
his  c/v'stindom  for  drede  :  wel  selde  hit  was  I-cudde, 
for  f)e  emperour  was  so  cruel  :  f)at  jif  he  eny  I-fou/jde, 
to  dej)e  he  cholde  ben  I-broujt  :  In  a  wel  litil  stouwde; 
constantin  het  J)is  cr/stinman,  :  &  J)ou3t  nyjt  &  day  •''5 

of  {)e  mornyng  of  crVsaunt  :  to  wite  f)e  ry^^te  way. 

On  a  day  he  com  him  to  :  &  {)us  he  seyde  |)o: 
„seye  me,  mayster  crisaunt,  :  why  mornystou  so? 
Is  it  for  {)in  le»?mon  :  ojser  for  eny  o\)er  {)ing? 
y-wis,  me  greuej)  sore  :  J)at  ic  \)e  se  mornyng."  ^ 

„be  stille,  leue  coftau»tin,''  :  crisaunt  seyde  anon, 
„wite  hit  wel  for  soJ)e  :  to  lewmon  wil  uabbe  Ic  non. 
a  bok  ich  fond  J)is  endirday  :  &  Ich  hit  so  bougt; 
for  ic  nabbe  Jjer-on  non  ondirstonding  :  fjerfore  ich  am  lu 

soch  lioujt, 
&  §ut  alle  J)e  worse  me  is,  :  for  so{)e  ich  segge  |)e,  '''•'' 

{)«t  ich  knowe  no  mayster  :  [)«t  can  hit  teche  to  me." 

17   cole  =  scole.       30  Ms.  he   st.  me.       35  tix  =  text.       38   Ms.  for  st.  to. 
41   |)ey  st.  J)oV     1.  {)e   bok  is.     myste  st.  nyste  ? 

Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXU.  22 


388  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

„let  nie  I-se,"  qi(a\)  costauntiu,  :  ^])at  ilke  bok  anon, 
so  J)at  we  mowe  I-fere  :  loke  Jje/-vppon; 
o\)er  red  ne  can  ic  non ;  :  I-wis,  niy  leue  hro])er, 
wel  |dou  wost  oure  aj^^er  :  may  speke  Jje  bet  for  ojjer." 
J)o  costau/itin  I-sey^  ^e  boke,  :  an  lionde  he  hit  nom 
&  radde  J)er-on  &  seyde,  :  ^|)is  is  of  cristindom.- 

„(  Vistindom,  what  is  Jjat?"  :  crisaunt  seyde  Jjo, 
^Ich  not  neuer  what  [>ou  seyst,  :  how  knowistou  it  so? 
hastou  I-lerned  ou^t  per-of,  :  for  loue  sey  me  her, 
for  ich  ne  herde  of  cyz'stindom  :  speke  neuer  er." 

Costau/?tin  gan  wepe  :  &  seyde  to  hiin  J)is:  [f.  193] 

„Ic  ne  can  vppon  |jis  boke  :  noJ)ing  Jie  teche,  I-\vis, 
&  jut,  J)ey  ich  coujje,  :  vn\vorJ)y  ic  were  {)er-to ; 
hit  moste  ben  a  cristen  prest  :  bat  cou{)e  soche  ded«<Ä  do.*- 

„Gert?*«,"  qua])  crisaunt  \>o,  „pan  canstou  teile  more 
In  woche  wise  ic  my^t  best  :  comen  to  f)is  lore." 
costau>?tin  answerid,  :  „&  jif  J)ou  weit  don  by  me, 
to  Jhcsu  cr/st  of  heuene  :  {)0U  most  aboue«  J)e, 
&  alle-maner  o])e/-  godus  :  clene  J)ou  most  forsake 
&  {)in  body  &  Jjin  soule  :  to  Jht'.su  crist  by-take; 
wel  ic  woot  to  soJ)e  :  f)is  is  \ie  by-ginnyng 
how  man  chal  best  I-knowe  :  J)e  so{)e  of  soch  teching." 

Now  haj)  cr/saunt  to  Jhesu  crist  :  him  by-take,  I-wis. 
\>an  seyde  costanwtin,  :  „au  holi  prpst  \>eT  is 
In  \)e  hülle  of  uerui,  :  w/t  carc  faste  I-bou«de, 
&  so  wel  he  is  I-hudde  :  J)f/t  he  is  selde  I-fou«de  — 
for  drede  of  Jie  empe/-our  :  he  is  I-hud  so, 
lest  he  were  for  cristindom  :  anon  to  dej)e  I-do. 
bidde  jerne  to  Jhesu  cWst  :  by  day  &  by  nyjt 
Jjat  he  to  carporye  J)e  prest  :  {)e  weye  {)e  sende  ary^t." 


75 


80 


85 


95 


lüO 


^ow  is  cri^'ssaunt  in  gret  |)ouät  :  &  biddeji  ny^t  &  day, 
&  to  |)e  hil  of  nerui  :  himself  he  tok  {le  way. 
vp  &  dou»  he  äede  himself,  :  &  jn)  f)at  he  com  f)ere, 
he  wep  &  wrong  his  hondin  :  &  made  reuly  bere, 
loude  he  c;/de  to  Jhc.su  c;v'st  :  &  bed  w/t-outen  mysse 
to  carporye  J)e  holy  p/-est  :  J)at  he  him  cholde  wisse. 

carporye  set  in  his  seile  :  &  I-hurde  al  })is, 
bly{)e  he  was,  &  ek  a-gast  :  in  his  herte,  I-wis, 
for  he  nyste  \>e  encheson  :  why  me  him  cleped  \>ere;  ^05 

vnnebe  out  of  his  seile  :  he  ne  dorste  gon  lor  fere. 

Najjeles  to  \)\s  gongeman  :  out  he  weut  wel  stille, 
&  axed  him  wel  myldeliche  :  what  were  J)o  his  wille. 
„I-wis,"  qua])  crissau/^t,  „to  Jhesu  crist  :  myn  herte  is  al  I-nome, 
\)eriore  to  speke  w/t  carporye  Jje  prest  :  hedir  ic  am  I-come,  HO 
&  ich  J)e  bidde,  leue  syrc,  :  pur  seint  charite, 
gif  f)ou  wost  wher  he  is  :  \ydt  ]xm  him  teche  me." 

Carpore  nom  Jjo  cr/ssaunt  :  «fe  nolde  no  lenger  dwelle, 
&  ladde  him  wel  myldeliche  :  w/t  him  to  his  seile, 
&  nome,  J)0  he  Jjedir  com,  :  his  bok  »S:  gan  him  ondo,  HS 

&  \>e  lawe  of  cr/stindom  :  to  cr/ssau//t  he  taugt  Jjo. 
cr(i)iraunt  so  wel  him  ondirstood  :  his  teching  aplygt, 
Jjot  he  was  I-cr/stened  soue  :  aft/'r  J)e  seuejje  nygt. 

&  suf)be  he  dwellid  w/t  carpore  :  nionjj?/*-  folle  J)re, 
&  leruyd  of  cr/st»,«  mauhedc  :  &  of  ])e  triuyte;  ^20 

so  bat  Jjorwg  pe  clergye  :  J>at  he  hadde  er, 
&  porwg  {)e  gret  lore  :  Jjat  he  I-fond  jier, 


zur  südliclieD  Legeudensammluug.  339 

he  J)ouät  in  {)e  crätindom  :  {)at  he  ne  dradde  noust:- 
perfore  for  to  wenden  hom  :  crisaunt  him  haji  I-J)ouät. 

vayre  he  noui  his  leue  :  &  gau  him  hom  to  wende,  125 

for  him  J^ougt  of  cr/stindom  :  he  ondirstood  {)an  ende, 
lytil  wiste  his  freud?««  :  whodir  he  was  ago, 
for  l>ey  wende  to  sojae  :  at  scole  {aat  he  were  |)o; 
J)erfore  l>er  nas  non  |)at  axed  :  wher  he  hadde  I-be, 
ac  wende  l>at  hy  myjt  to-fore  him  :  eche  day  I-se.  130 

also  J)ey  seten  afterward  :  in  his  compenye 
&  speke  of  many  ])ingus  :  &  of  |)e  maumetrie, 
crissaunt  hem  seyde,  to  so{)e  :  here  laAve  nas  noJ)ing  naujt, 
&  {)at  l>er  nas  no  god  bat  on  :  \:,at  al  |)ing  hajj  I-wrou^t, 
&  {)ilke  god  was  Jhesu  crist  :  f)at  deyde  vppou  |)e  rode.         135 
fful  wro|)  hy  wercn  alle  :  [mt  he  f)is  "ondirstode, 
&  rnonye  him  wit-seyde  :  in  disputiciouw ; 
&  |)ilke  weren  w/t  clergye  :  anon  I-broujt  adou«. 

a  man  J)«t  louid  wel  his  fadir  :  anygt  was  at  sopere 
yvit  him,  &  of  manye  J^ing^/s  :  |)ere  hy  speken  I-fere,  140 

of  here  lawe  &  here  godus  :  hy  speken  word?<s  bolde, 
&  ech  mon  In  his  wise  :  toldin  what  hy  wolde. 

Crisaunt  seyde,  „to  sof)e  :  ic  may  seggen  {)is 
l>at  in  al  ^e  world  :  no  god  but  on  {)er  nys, 
&  f)at  (is)  Jhesu  crist  al-one  :  J)at  makid  alle  J)ing,  146 

by-gi»nyng  nad  he  neuere  :  ne  chal  habbe  euding; 
al  jiat  is  in  heuene  &  er|)e,  :  Ic  woot  forsofDe,  he  wroujte, 
&  man  J)o  he  was  forlore  :  swyjje  dere  he  hem  bongte: 

be-twene  mankin  &  |)e  fend  :  to  alegge  |)e  strif, 
vppon  1)6  rode  he  deyde  :  &  gaf  JaeHore  his  lif;  1''0 

&  aros  to  lyue  :  Jjer-after  Jje  Jjridde  day, 
&  J)at  he  was  almyjty  god  :  l^erby  me  wite  may. 
&  in  |)rtt  ilke  forme  :  Jsat  he  aros  J)0, 
by-fore  al  his  defiplis  :  to  heuen  he  gan  go. 

])e  tenj)e  day  J)e/--after  :  so  mayster  good  &  heude  155 

he  gan  to  his  desii^lis  :  J)e  holy  gost  hem  sende, 
&  hem  taugt  al  J)ing  :  al  ])at  hy  cholden  do, 
&  ek  al-maner  speche  :  he  hem  taugt  also. 
I  ne  herd  neuere  of  god  non  :  Jiat  was  so  hend  &  fre, 
&  I^ez-fore  me  J)inkeJ)  to  soJ)e  :  J^er  nys  no  god  but  he."  i*^ 

{)is  man  sete  swy|)e  stille  :  &  {)0Uät  {)o  he  herde  J)is, 
&  {)ougt  him  in  his  mode  al-one  :  |)Cft  he  seyde  amys; 
amorwe  he  wente  to  polimye  :  &  gan  to  teile  him  fore 
how  crisaunt  seyde  him  an  eue,  &  pat  he  was  for-lore. 
&  seyde,  „ic  wene  his  wit  :  makej)  him  al  sauage,  iß^ 

for  he  by-ginnej)  to  eure  godd^^s  :  speken  gret  outrage, 
&  I  not  what  wondir  :  he  hauej)  I-Jjougt  noug, 
he  sey{)  ])at  J)er  nys  no  god  but  on  :  \jat  is  I-cleped  Jhesu ; 
&  gif  pis  titlyng  come  :  al  to  l>e  emperour, 
noman  ne  may  don  him  non  help  :  ne  nomaner  socour;         170 
for  wel  {)ou  wost,  J)ou  &  we  :  for  euere  cholden  be  chent, 
gif  J)y  sone  were  of-take,  :  &  deye  in  gret  torment." 

„let  me  al  J)er-myd  I-worJ)e,''  ':  Jje  fadir  seyde  Jjo, 
„Ic  wole  foude  Jxtt  ilke  {)0ugt  :  to  maky  lüm  forgo. 
&  leuer  me  were  for  his  dede  :  \>at  he  deyde  al-one,  175 

J)an  ic  lefe  my  kende  loude  :  &  we  ben  I-cheut  echone." 
perfore  J)o  J)is  hej)ene  mau  :  frmn  him  was  I-went, 
after  cWsaimt,  his  sone,  :  anon  he  haj)  I-sent, 


136  tilge  he.     143  Ms.  for  ic.      178  Ms.  &  after. 

22- 


340  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegeuden 

&  to  him  he  seyde  :  |)0  he  was  Jjedire  I-come: 

„leue  sone  cresaunt,  :  hou  hauistoii  on  I-nome?  180 

Ic  not  to  what  god  me  sey{)  :  J)at  {)ou  art  to  I-take, 

&  oure  god?«s  dost  despise  :  &  hast  hem  al  forsake." 

„wite  hit,  fadir,"  q?/«J)  cresaii»t,  :  ^J)ou  settist  me  to  clergye 
&  [iorw  {)in  help  of  pe  seue  ars  :  Ic  habbe  J)e  maystrie : 
&  i^if  {)Cft  ilke  art  nere  :  J)at  I  lerned  laste,  185 

to  j)e  piue  of  helle  :  for  so|)e  ic  werc  I-caste; 
al  \yat  ich  euer  lerned  her,  :  who-so  hit  ondirstode, 
wolde  wel  at  \)e  laste  ende  :  bring  me  of  weyus  gode. 

for  al  hi  seggej)  Jiflt  er[)elich  encheson  :  of  hem-silue  is : 
ac  on  is  of  alle  J^inge  :  J)e  encheson,  to  softe  I-wis,  1^0 

for  he  was  euer  git  by-fore,  :  &  chal  ben  eui??'mo. 
sey  me,  leue  swete  fadir,  :  gif  gour?  godd?<s  farej)  so; 
gif  l>oii  mygt  eny  soche  :  of  joure  god^<s  finde, 
al  ray  lore  is  I-cast  a-wey  :  &  myne  bok^^s  bej)  blinde." 

,Strippe{)  \)e  ])ef,"-  qua])  l>e  fadir,  :  ^&  bete{)  him  wel  faste,  l-'"' 

so  f)nft  of  Ipat  ilke  word?/.s  :  for  euer  him  a-gaste." 

tormentour?/s  him  nome  :  &  forjj  liim  habbej)  I-brougt, 

&  to  don  his  fadris  beste  :  J)ey  ne  sparid  rygt  noujt; 

&  euer  J)e  fast^r  :  Jjot  f)ey  him  gönnen  smyte, 

he  bede  smyte  harder  :  &  seyde  hy  smyte  to  lyte.  200 

{)e  tormentour?/s  answered,  :  ^ne  greuej)  hit  {)e  noujt  sore?" 
„no,  Iwis/  qiia])  crifaunt,  :  „ic  äugt  fiolye  more, 
for  {)ilke  tyme  J3«t  my  god  :  on  er])e  was  I-do 
wel  ic  wot  for  myne  loue  :  he  was  I-beten  so, 
her  nas  no  lyme  on  his  body  :  l>at  nadden  mouy  a  wouwde,   205 
&  jit  may  vppon  my  body  :  many  an  hol  stede  be  fou^de." 

J)e  tormentour?^*;  went  :  to  his  fadir  f)o, 
&  axed  him  of  cr/saunt  :  what  hy  cholden  do, 
fibr  he  nolde  in  none  wise  :  to  chau»gen  his  mode. 
„y-wis,  I  wene,"  qHa\>  ])o  fadir,  :  ^\wt  Jje  pei  ben  wode;        210 
&  l>eriorc  ic  30U  böte  :  in  preson  {)at  ge  him  caste, 
&  ech  day  fort  eue  :  {)at  he  {jere  faste; 
&  do{)  him,  jif  se  conne,  :  so  mochil  of  vilte, 
of  ech  day  \wt  he  is  Iper  :  {lat  him  {lenche  fjre." 

swyj)e  foul  was  \)e  p;rson  :  of  J)e  wafling  I-milt,  215 

&  worse  he  was  I-seruid  :  J)an  J5eu?/.s-  \)(it  haddin  gilt; 
he  ne  seyde  wel  ue  wo,  :  ac  soff'rid  al  herr  wille. 
J)aMne  seyde  a  tormentour,  :  ^letejj  him  ben  stille 
eche  day  w/t-oute  mete  :  fort  [lat  it  ben  eue, 
{)a/^  chal  he  for  hongur  :  alle  his  foly  by-leue."  220 

„wel,  wel,'^  qiial)  cr/Hauut,  :  „ge  spekejj  aboute  noujte; 
for  my  lord  Jhesu  crist  :  so  der^  me  haue{)  aboujte, 
for  me  he  fast  fourty  dayis  :  &  ne  eet  rygt  noujte, 
&  ic  finde  \>at  ech  day  :  me  worj)  mete  I-broujte. 
to  geue  me  so  moche  mete,  :  I-wis,  hit  wer^  w'ouj,  22.') 

for  on//.s  mete  in  \)Te  dayis  :  I-wis  lüt  were  I-uoug." 

Alle  \)at  I)is  I-hurde  :  her-of  hy  hadden  drede, 
&  wenteu  &  tolde  poUime  :  what  crisau«t,  his  sone,  sede. 
„lord  mahound,"  q//a\)  }K)llime,  :  „|3ou  wost  Jwt  me  is  wo, 
for  ic  not  alyue  :  what  ich  chal  w/t  him  do!  230 

ac  jif  ])er  were  enymon  :  hat  coube  me  wisse  &  rede, 
boJ)e  gold  &  seluor  :  he  chold  habbe  to  mede." 


181   Ms.  good.      189   Ms.  his  st.   lii.      206   Ms    me  may. 


zur  südlichen  Legendensanimlung.  341 

])an  com  \jer  a  man  :  &  seyde  to  polimye: 
„I)ou  ne  mygt  noujt  of  Jiin  sone  :  |)us  habbe  {)e  maystr^e, 
for  ernsten  men  hit  segge}),  :  Ic  wot  to  so^ae  I-wis,  235 

Ipe  more  pyne  ])at  men  hem  doj)  :  {)e  leuere  hem  to  so{)e  is. 

|)erfore  I^ou  most  clojjy  {)y  sone  :  w?'t  c\o\)Us  swyjjc  gode, 
&  don  him  in  a  fayr  chauwbre  :  &  spcke  w/t  him  wit  mode, 
&  äif  bim  mete  &  drinke  :  Jxft  ben  so  ryche  &  gode, 
&  bring  to  him  mayden^s  :  to  chau^gy  his  mode;     '  240 

I)orw3  hoot  mete  &  drinke  :  his  flesch  chal  uede  wrye 
for  to  loue  som  of  hem  :  &  to  don  lecherye. 
wit  glotonye  &  lecherye  :  \)us  he  worj)  ouercome 
&  from  his  false  lawe  :  eueriche  del  I-nome." 

Nowhaf)  polimye  I-don  :  al  {)ing  after  ids  rede.  245 

&  wel  ich  wot  he  ne  spedde  :  uoinng  in  his  nede, 
&  J)ey  pollime  seyde  :  to  |)e  mayden?<s  J)o, 
„böte  se  chau»gy  his  Ijougt  :  I  chal  5o\v  wirche  wo. 

ac  if  eny  of  gow  may  :  him  drawe  fro  his  lawe, 
to  him  ghe  chal  1-spousid  ben  :  &  eke  his  owe  felawe;  25u 

wel  may  here  |)an  be,  :  wetej)  hit  to  wisse, 
for  here  ne  chal  lakky  noujt  :  of  \ns  woraus  blisse." 
viue  mayden^^s  f)ey  were  :  J^o  w/t  him  I-don, 
euench  seyde  |)at  {)(e)y  wolde  :  here  my^t  don  anon. 

To  crisauut  J)ey  went  :  wit  swyj)e  fayr  semblamjt,  255 

&  he  ne  tornyd  one  his  |)OUät  :  nojjer  taunt  ne  caiiMt. 
on  eche  syde  hy  wenten  :  &  gou  luni  clippe  &  cisse 
&  in  here  wise  {)ey  maden  moche  blisse; 

aweyward  he  tornyd  his  heued  :  &  nolde  he?«  noujt  by-holde, 
&  sore  he  gan  to  syke,  :  his  herte  fil  wel  colde,  260 

he  crid  to  oure  lord  Jhesu  er  ist  :  J^at  al  Jsing  myjt  dele  &  dygte : 
„woche  man  in  J)is  worlde  :  myjten  habbe  {ae  myjte 
agens  ])us  feie  naddrin  :  forto  stoudiu  stille, 
|)at  he  ne  moste  in  somtyrae  :  to  don  al  here  wille? 
for  böte  {)ou  him  helpe,  :  J^at  art  of  heuew  kiug,  265 

lyue  &  soule  chold  ben  I-lore  :  J^orvv  here  foul  stinging. 
^erfore,  leue  swete  lord,  :  jif  hit  J)y  wille  be, 
Ic  bidde  in  Jiis  batayle  :  \>at  |)ou  Jjenche  on  me, 
&  jif  me  grace  &  my,^te  :  so  hem  to  Avtt-stonde 
{)rtt  my  soule  ne  ben  I-take  :  in  my  fomeun^^s  honde."  270 

Of  mete  ne  of  drinke  :  uojsing  ne  ginnef)  he  teile, 
ac  halt  bis  as  vudiugne  :  Jiat  is  of  so  foul  smelle; 
&  f)e  fayre  clojjws  :  Jjfft  weren  on  him  I-do, 
he  seyde  swyj)e  foule  :  f)at  alle  hy  stonkin  J)o ; 
&  I^e  mayden^^s  alle  :  Ixtt  wereu  wit  him  Jjere,  275 

he  seyde  myd  here  stiuking  :  his  def)  hy  wolden  arere; 
J)e  clipping"&  {)e  cissing  :  Jjat  ])ey  dedin  ech  stouwde, 
him  {joujt  in  his  soule  :  hit  was  a  delpus  wou^kIc. 
ac  euer-more  of  Jhesu  crist  :  he  gan  hem  prechy  J)o, 
wan  (hy)  in  eny  wyse  :  wille  hadden  jter-to.       _  280 

On  of  Jje  viue  may  den  ^<s  :  }x/t  me  cleped  darie, 
Jjorwj  cr/saunt-his  preching  :  towurd  crist  gan  wrye, 
&  here  wille  him  tolde  :  to  him  in  p/ruyte. 
„Jhesu  crist,'^  he  seyde,  „lonl,  I  \nmk  it  J)e 
Jjat  on  of  l>e  naddrin  :  Jx/t  cholde  me  ouercome  '^^ 

J)orw  {md  swete  groce  :  is  noujjc  to  |)e  I-nome." 

here  he  clupte  &  custe  :  &  maked  gret  ioye  Inouj. 
euench  of  {)e  o\>ei-  mayden«s  :  Jicrfore  wel  smere  I0U5, 


239   tilge  so.     254   M«.  \)y.     282   Ms.  Iput  {)or\vj.     285   Ms.  of  on. 


342  Des  Ms.  Bodl.  771t  jüngere  Zusatzlegenden 

t'or  {)ey  hopedin  Jiat  he  wolde  :  sacrefise  to  make 

et  jjrtt  daric  liini  hadde  :  w/t  lechery  of-take;  29(i 

Jifrfore  {)ey  hem  lete  :  &  to  herc  wille  go 

&  speke  what  {jey  wolde,  :  &  let  here  wille  to  do. 

&  Jip^-forc  he  hcir  p/-eched  :  &  hauef)  to  cristindom  I-caujt  — 

&  alle  \^e  of)er  maydenws  :  nyste  {)p/--of  gut  naugt. 

a  iustise  |)er  com  a  day  :  J)at  het  selerin ;  295 

to  make  hem  honoury  hacus,  :  J)at  is  a  god  of  win, 
afte?-  J)e  maystris  he  went  :  &  afte;-  c/v'Haunt. 
&  he  tofore  selerin  :  wel  myldeliche  staut. 

J)0  seyde  J)e  iustise,  :  „gif  30  wollyf)  don  by  me, 
ge  moot  honouri  \ns  ilke  god  :  ])at  is  so  hende  &  fre,  300 

|)at  vs  sende])  mete  <fe  drinke  :  swyjje  gr^t  plente." 
J)an  by-spak  him  cr/sair«t,  :  ^syre,  ic  segge  it  \>e,  [f- 195] 

Jhesu  crist  sendef)  alle  f)ing  :  \>at  in  ]iis  world  is, 
&  him  ich  wille  honoury  :  for  eu«-morp,  I-wis." 
„&  ic/  quaj)  darie,  :  ^him  to  honouri  also,  305 

&  alle  o\)er  godus  ic  hers  forsake  :  novv  &  euere-mo." 

^a,  Jjeuis,"  q?/a])  selerin,  :  ^seggef)  ge  nouf)e  {)«s? 
now  hit  is  wel  I-sene  :  je  tellej)  lytil  of  vs! 
wel  ich  wot  ^e  nollej)  noujt  :  to  chau??gy  jour^  {)ouäte, 
for  ge  habbeji  goure  godd«s  loue  :  swyj3e  derc  abougte."  310 

])erfore  he  het  hem  bo{)e  :  to  strippen  hem  al  nakid, 
&  for  to  beten  here  body's,  :  me  ha{)  al  blody  1-makid. 
ey\)er  seyde  to  ojjer  \>hs,  :  _Jiis  is  a  swyjie  merye  gle! 
nou  Jhesu  crist  in  heuene,  :  I-blessed  euere  {)ou  be!" 

Men  |)er  stodin  &  women  :  &  by-held  al  J)is,  31-5 

&  seyde  Jjat  J)e  iustise  :  deden  f)er-of  amys 
])at  he  wolde  so  fayre  bodyis  :  myd  soch  torment  chende; 
ac  noman  for  J)e  emperour  :  ne  dorste  hem  come  hende. 

celerin  seyde  \)o,  :  „crissant,  hou  faristow?" 
Si  he  anon  answered,  :  „wel  ic  fare  now;  320 

ffor  wite  hit  wel  to  sojie,  :  {)is  nie  lykef)  bet 
{)an  me  dede  in  my  3ou})e  :  mylk  of  any  tet." 
celerin  by-hel  cr/saunt  :  &  chok  on  him  his  heued, 
&  seyde,  „ich  wene,  f)in  clergye  :  ])y  wit  {^e  hauej)  be-reeued; 
])ou  werc  I-set  to  cole  :  forto  lernen  gode,  325 

&  ic  wene,  J>in  lore  :  Jie  hauej)  T-makid  \^/ls  woode. 
do  &  honoure  oure  god?/s  :  er  \>ou  ben  an-hange!" 

„I-\^^s,  syre,"  qiia\->  cresaunt  })o,  :  „jier-after  me  jiinkelj  wel  lange ; 
for  myne  god  for  oure  loue  :  I-hangid  was  on  a  tre, 
&  Jierfore  ic  wole  for  his  loue  :  wel  fayn  an-hanged  be."        3.30 
Jie  tormentour?/.';  {)o  cr/saunt  toke  :  &  honged  him  on  a  tre  J)o. 
|)e  tre  ne  mygte  him  nougt  bere,  :  ac  barst  anon  a-to, 
pat  bojje  cr?saunt  &  l>e  tren  :  fillin  bojie  to  grouwde; 
&  in  al  o|)er  J)iug  :  he  was  git  hol  iS:  sou//de. 

brondis  me  dedin  to  his  syd^^s•  :  his  fei  for  to  schrenche ;    33.i 
ac  ])ey  ne  touchid  his  flesch  nougt,  :  anon  hy  gon  a-quenche. 
&  alle  \Mt  touched  in  härme  :  Jiat  fayre  mayde  darye, 
wel  sone  here  lem».<t  adryed,  :  ])at  loude  hy  go»nen  to  crye; 
wit  fot  hy  ne  mygt  wawe  :  ne  wit  hondin  ne-Jjc-mo, 
iio\)er  for  al  f)is  worlde  :  out  of  {lat  stede  to  go.  34(i 

Ipe  iustise  him  dradde  wel  sore  :  bo  he  I-sey  al  f)is, 
&  anon  to  J)e  empe/our  :  for  dred  ne  went,  I-wis, 
&  axid  him  cousayle  anon  :  what  him  were  to  rede; 
for  neuere  sej){)e  he  was  I-bore  :  he  nadde  so  mochil  drede. 

2'Jl    1.  lete   be?      297   1.  maydin  V     1.  sent  st.   went.     299  Ms.  he  st.  je. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  34.3 

{)e  empe/our  answerde  :  f)e  iustise  {)o  anon:  345 

,In  an  old  diche  :  Ic  wole  I)at  hy  ben  don, 
&  let  |)rou5  on  hem  ston^^s  :  so  J)at  men  hem  sie, 
&  so  we  mowe  deliuerid  :  of  |)e  chreuis  be.^ 
{)e  empe/-our-is  beste  :     me  dede  myd  hem  wel  blyue, 
&  so  fis  to  swete  f)ing»s  :  weren  I-broujt  of  Ivue.  350 

now  bidde  we  god  for  ^te  loue  :  of  darie  &  crisaunt, 
I)at  he  vs  helpe,  wit  senne  :  J)at  we  ne  ben  I-chent, 
&  bring  \s  to  J)e  ioye  :  J)at  lestej)  euer-more, 
^er  J)at  {)is  twey  marten<Ä  be{)  :  J)at  wit  pyne  abougt  so  sore.    amen. 

Crispin  and  crifpinyan,  twey  holi  martenisJ      (2ö.  Oct.) 

IMoche  härme  Ich  habbe  I-told,  :  &  more  ic  teile  can,       '*^' ^^^^ 

by  Jje  Wpe)-  empe/'our  :  J)«t  het  maximian. 

ffor  {)e  dej)  of  cr?stene  men  :  |)«t  he  let  sie  I-lome, 

crispin  &  c?-?spinian  :  Jiey  flouin  out  of  rome. 

suefis,  wel  ic  wot,  :  me  cleped  {)e  cite  5 

jDat  J)is  goodmen  wente  to,  :  a  whyle  J)er  to  be. 
&  for  hy  noldin  beu  I-kuowe  :  of  what  stede  hy  were, 
sone  for  to  sowy  :  anon  hy  lernyd  {)erc; 
&  ek  for  J)CTt  hy  weren  c/'Vstin,  :  so  \e]ier  to  hem  men  were* 
J)«t  \TineJ)e  any  herberwe  :  hy  my^ten  habben  {)ere.  10 

pore  men  schon  hy  made  :  myd  wel  good  wille, 
&  tolde  moche  of  cr?stindom,  :  nou5t  opinliche  ac  stUle. 
{)ey  it  were  preuiliche,  :  I-hole  ne  myjt  it  be 
|)at  here  dedis  nereu  I-kud  :  in  alle  |)e  contre. 

a  lu{)er  iustise  f)er  was  I-come  :  {)at  het  riciouar,  It 

Jjot  c;-/stin  men  dede  gret  härme  :  J^ere  &  elh<s-whar. 
he  herde  of  cr/spin  &  c/-/spinian  :  swyj^e  mochel  teile, 
&  gan  hem  aiter  sende  :  w/t  messager^^s  wel  suelle. 
&  bo{)e  hy  were  of-take  :  in  a  lyte  stou«de, 
&  I-brougt  to  ryciouar  :  wel  swyf)e  faste  I-bou?jde.  20 

ryciouar  axed  hem  swyf)e  son  :  whanne  hy  {)edir  come, 
for  mochil  he  herde  teile  of  hem  :  in  Jje  lond  of  rome; 
.,&  by  my  fey,"  he  seyde,  :  „wel  glad  ic  am  ryjt  noujie 
f)ot  ic  30U  habbe  of-take,  :  for  je  me  were  oncouJ)e. 

ffor  nou{)e  ic  wene  {)rtt  je  mote  :  honoury  my  god?<s  echone,  2-5 
oJ)er  ellis  je  chollif)  f orso|)e  :  to  {)e  de{)e  gone ; 
for  witef)  hit  wel  to  so{)e  :  J)er  nys  non  ofier  f)oujte: 
böte  je  hououre  oure  godus,  :  to  dej)e  je  worjj  I-broujte.  " 

Crispin  seyde,  „joure  god?<s  :  we  schoUef)  vain  honoure 
&  bidde  wrt  oure  myjte  :  {)at  hy  vs  wel  socoure.  30 

&  me  J)inkejj  to  soJ)e  :  in  myn  herte  I-wis 
\>at  in  al  |)e  worlde  :  none  god  but  on  \)er  nys, 
|)«t  is  oure  lord  .Thesu  crist,  :  of  alle  lordz^s  king, 
prmce  he  is  of  prmcis,  :  &  lord  of  alle  {^ing; 
euer  he  was  &  nou  is  :  &  euere-more  chal  be,  35 

one  god  alwelding  :  &  ek  personus  l>rc. 

for  euer  he  was  I-liche  gode  :  &  foUe  I-liche  of  myjte; 
&  to  sauy  vs  iram  senne  :  w(e)l  loue  he  him  alyjte: 
ffor  as  he  was  in  heuene,  :  he  hadde  wel  gret  pyte 
J)at  man  cholde  to  pine  :  for  synne  I-dampnid  be,  *»" 


352  Ms.  helpe  |)rtt  wit.  —  '  vgl.  die  Acta  in  Act.  SS.  Boll.  Oct.  25.  —  5  1. 
Suessio,  Soissons.  14  Ms.  &  st.  i«.  15  lat.  Kictiouarus.  34  Ms.  prence.  Vers  39 
doppelt  im  Ms. 


(30 


65 


344  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

{lerfor^  maiin^^s  kende  he  tok  :  fort  biggin  so 
al  mankunue-his  giltns  :  of  f)«t  hy  hadde  I-do." 

Riciouar  seyde  \)o,  :  y,\>on  most  ,^ut  teilen  me: 
suf)  ]yat  [ier  is  one  godde  :  Si  ek  \)C)-soni(s  Jjre, 
canstou  me  ou,^t  teilen  :  woch  pprson  hit  was  45 

f)at  wolde  for  i>e  loue  of  man  :  J^ole  soch  a  cas?" 

„je,  syre,"  q?<aji  crü'spinian,  :  „Ic  wot  hit  was  J)e  so{)e  (!), 
for  in  liim  is  al  wisdom  :  &  chal  ben  eucr-more.'' 

„je,"  qua\)  riciouar,  :  „Ich  nele  her-of  uamore. 
doj)  honour  to  oure  godis  :  er  hit  chal  jou  rue  sore!"  50 

„Ic  Jie  seyde,"  qua])  cr/spin,  :  „so  ic  habbe  don  göre; 
for  god  ic  wille  honoure  :  noujje  &  euer-more." 

„scornystou  me,  gadeling?"  :  riciouar  seyde  J)o; 
„ledejj  hpm  by-fore  iubyter  :  sacrefise  to  do; 
&  but  he  don  sacrefise,  :  wit  stauis  \>at  ,^e  h/ym  bete,  55 

J)öt  ech  man  weue  to  so{3e  :  Ipcit  hy  here  lyf  lete!" 

On  |)e  god?/.s  {jey  spatte  :  ^o  [)ey  come  ]Der-to. 
|)e  tormentour?<s  habbej)  sone  :  his  beste  I-do. 
„I-wis,"  q??o]5  J)is  holymen,  :  „for  al  hit  is  for  noujt, 
je  ne  mowe  uoujt  wtt  soche  pyne  :  chau//gy  oure  J)ou§t.'' 

to  Joe  iustise  hy  wente  :  to  wite  what  hy  choldin  do, 
for  rae  ne  mygte  here  Jioujt  :  for  nojDing  chau«gy  so, 
ue  me  ne  mygte  J)is  holly  meii  :  to  \>e  deji  bringe, 
])ey  me  hem  euer  bete,  :  for  none  sken?^s  f)inge; 
for  eue?-  \)e  more  »le  leyde:  vppon  hem  bo{je  Jiere, 
euere  more  hem  Jjoujte  :  [jcit  {ley  f»e  gladder  were. 

auon  him  by-J^oujte  :  })e  iustise  riciouar 
&  seyde  to  {je  tormentour^/s  :  \)at  were  v/it  hem  J)ar: 
„to  eyjier  of  hem  a  mylston  :  Ic  hote  je  binden  faste, 
&  in  ])e  water  of  oxioua  :  Ic  hote  \>at  je  hem  caste,  '^ 

&  loke  jif  Jje  chrewis  :  wollej)  deyen  so; 
Si  but  jif  \)at  hy  wollyl),  :  an  oJ)er  nie  chal  do." 

{)e  tormentoun^s  dede  his  beste  :  in  |wt  ilke  stou«de. 
an  au/igel  com  to  hem  an(m  :  &  haue])  hem  onbou«de, 
&  broujt  hem  quikliche  :  vp  to  drye  grou»de,  "5 

&  made  hem  bo{)e  hol  &  sou^de  :  of  alle  here  wou/Kle. 

„lo,  folis,"  qua])  bis  ^oodmen,  :  „{x/t  je  dedin  to  pyne 
Jhe.5U  crist  I-torned  ha])  :  vs  alle  to  medecyne, 
to  cheue  to-fore  jou  alle  :  whoche  his  myjt  be; 
for  hol  &  sound  je  mowen  :  I-se  my  felawe  &  me."  **" 

J)e  tormentour?^5  I-sey  al  I)is  :  (^  stode  astouyd  anon, 
for  |)ey  nyste  alyue  :  what  {)ey  myjten  don ; 
bey  uöldin  I-leue  for  uo{)ing  :  \)tit  (hit)  was  cr/st?/Ä  myjte 
pat  {)is  to  holy  men  :  to  soche  hele  dyjte, 
Si  to  sof)e  hy  wende  :  \)at  hit  were  Avicchinge. 
{ierfore  to  ryciouar  :  Jjcy  sente  her-of  tydinge. 

Eyciouar  "seat  &  {joujte  :  {)0  he  I-herde  {)is, 
Si  suj){)e  he  seyde  to  \)e  tormentour/«,  :  „je  bej)  falls  I-wi^ 
je  ne  ao|)  noujt  myu  lieste  :  also  lienchej)  me; 
&  \>erforr  ic  wille  wende  :  &  {wt  sojje  I-se." 

Favre  me  him  gan  dyjte  :  &  set  him  in  chayer; 
he  bed  me  cholain  bringe  :  \)h  gode  men  him  uer, 

&  seyde  to  hem  my  Ideliche  :  po  hy  weren  I-come :        l^-  l^'^J 
„habbe' je  jit  of  jourc  hele  :  cny  red  1-nome? 


85 


90 


47  1.  sone?     48  Ms.   wisdon.      54   Ms.  him.      55   Ms.   he;  liiin.      59   tilge  for. 
(15  Ms.  we  st.  nie.     10  lat    Axona  (Aisne). 


zur  südlichen  Legendensammluiig.  345 

vor  wetin  liit  wel  to  sol^e,  :  but  ^e  ben  bet  be-Iwu^t,  f5 

to  wel  lel>er  de|)  :  ge  wor|)  wel  sone  I-brou,^!." 

^Certis,"  qua]^  J)is  good  men,  :  ^socbe  red  we  habbef)  I-take, 
J)at  we  willi|)  ^oure  false  god?<s  :  euermorr?  forsake; 
ffor  oure  def  ne  may  be  so  le{)er  :  an  eue»  &  ek  amorwe 
I)at  by-ginuYug  it  (n)is  of  ioye  :  &  ende  of  oure  sorwe."  100 

])an  of  an  oj^er  tormeut  :  j^e  iustise  hiai  J)ou5t  blyue, 
&  lete  pikus  to-bete  :  Jjorw  liere  nayli^s  dryue. 
]jey  drof  pyk^^•?  }3orw  here  uayle  :  in  foot  &  in  honde; 
&  euer  {)ey  Iwnkid  Jhesu  cr/st  :  as  hy  my^ten  stonde. 

&  su{)J)e  Jje  iustise  lete  :  heni  in  pyesou  do.  105 

&  anon  amorwe  :  he  let  hem  more  pyn  so: 
for  iram  f)e  heued  to  Jje  foot  :  he  let  nyme  a  {)onge 
of  Jjis  gode  metm/ts  skynne  —  :  for  J)is  was  pyne  wel  stronge  ! 
brod  hit  was  I-corue  1-now,  :  nolde  me  hem  "noujt  sparye; 
J)ey  bede  gon  deppor  in  J)e  flesch  :  &  eue?-  Jse  fei  to  warye,    HO 

&  euer  hy  Jjonkid  Jhesu  c>-/st  :  &  ech  on  oj^er  I0U3, 
&  seyde  ey|)er  to  oJ)er,  :  „her  is  ioy  I-nou^!" 
picche  &  grece  &  oyle  :  he  let  mylte  I-fere 
&  let  f)is  goodmen  don  |)er-in  :  so  {)at  hit  sej)iug  were. 
&  hy  hit  blessed  w/t  {je  croys  :  Jjo  hy  come  J^er-ny,  115 

&  ^edin  J)er-in  baldeliche,  :  |:)at  ech  man  I-sey. 
&  iper  god  scheued  Jje  mytte  :  of  J)e  holy  rode: 
for  al  J)e  tormentry  :  ne  dede  hy  hem  but  gode. 

„who,"  qital>  {)e  iustise  J)0,  :  „my,^t  I-leue  J)is, 
o{)er  segge  \)at  it  y^ere  :  strong  wicche-craft,  I-ms?  120 

Mahound,  l^ot  art  so  gent  &  fre,  :  why  neltou,5  me  ondirftonrf« 
&  distroye  wicche-crafte,  :  Jjat  hit  ne  don  soch  schonde? 
ffor  wel  |3ou  wost,  jif  it  nere  :  for  |)e  loue  of  l>e, 
Ave  nolde  in  none  wise  :  {)us  mankinne  to  by-se; 
&  for  to  sauin  |)in  honour  :  &  holdin  vp  J^y  rygte,  125 

&  ojjer  godus  Jif/t  be])  wit  l^e,  :  |jus  hy  bej)  I-dyjte. 

J)erfore  chewe  l>at  J:)ou  art  god,  :  &  techen  J)y  power, 
&  ne  lete  nou^t  |)is  chreuin  :  vs  alle  ouer-come  her!" 

Pe  iustise  him  be-J^ougte  :  |)o  he  hadde  J)is  I-sede, 

&  heet  ])at  anon-ry^t  to  se^e  :  a  cetel  ful  of  lede,  130 

&  Jjougt  Jiis  goodmen  cholden  :  J^er-in  to  ben  I-do. 

ac  ich  wene  |)e  meste  härme  :  com  him-selue  al  to, 

for  he  hit  abouj^te  :  er  hit  were  ougt  lange: 

a  gret  drope  of  bot  lede  :  in  his  ey  spränge, 

Jie  led  him  berned  faste  :  &  dede  him  soche  tormente  135 

])at  he  deyde,  &  bis  soule  :  anon  to  helle  wente. 

glad  was  {je  deuil  J)o  :  soche  presauut  to  haue! 
now  god  f,eue  mochil  mesauntir  :  to  maystir  &  to  knaue! 
])e  body  in  his  torment  :  lep  in  to  Jie  füre  — 
\)at  mony  weren  I-serued  so,  :  {yat  mery  it  was  to  hure!         1*0 

to  maximian  me  seute,  :  {)at  was  \)c  empcrour, 
J)at  ryciouar  was  ded  po  :  \ydt  dede  him  gret  honour, 
&  Jje  maner  of  his  de\)  :  me  him  seute  also. 
])0  Jdc  emperour  it  wiste,  :  I-wis  him  was  wel  wo, 

&  seyde,  „lord  appolin,  :  liou  may  \ns  jiing  be?  1*5 

Ic  not  wheyjjer  J^ou  habbe  fordete  :  al  I)is  lond  &  me? 
a-wakejj,  ,3if  ge  slepejj,  :  &  ne  forj^ete  me  nougte, 
&  |)enche|)  wliat  we  habbi[)  many  a  day  :  for  ^oure  loue  I-wrougte! 


98  Ms    forsawe.        luO  Ms.  is.        106  M.s.    lie    le  let.        107   u.   108  til{,'e  for. 
120  Ms.   were  st.  nere.      121   Ms.  ondirstonge,  urspr.  ondirfouge.      13U  tilge  J)at. 


346  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

flf'or  iiiyn  loue  ne  do  ^e  noii5t,  :  ac  for  jou-self  je  mote, 
for  alle  |)is  londe  je  lesij)  :  but  i\e  don  som  böte;  '"i" 

whoche  man  cholde  on  er|)e  :  of  3011  stonde  drede, 
whan  to  hin  Jmt  dofj  3011  chaine  :  je  ne  gildij)  no  mede?" 

„wendef)  hom,"  qua])  \>e  empcrour,  :  „so  quikke  so  ge  mowe  gon, 
&  smytej)  of  here  heuedyn,  :  l>er  nys  non  olpcr  won; 
&  letej)  \)e  bodyiis  ligge  :  fort  hy  ben  to-drawe:  l'^5 

&  so  me  chal  hcm  techen  :  to  speke  agen  fie  lawe." 

ffor]}  wente  Jje  tormentoun/s  :  J)o  hy  I-herde  f)is: 
\)e  e^te\)e  calendre  of  nouembre  :  his  beste  J)ey  dedin  I-wis. 
cristene  men  were  feie  :  for  her^  de]>e  wroJ)e, 
&  preuiliche  be  nygte  :  biiried  heni  boJ)e.  160 

of  on  elde  hy  weren  :  &  of  o  myster  al-so, 
eyj)er  of  foiire  &  fourty  ,^er  :  f)o  hy  were  to  dej)e  I-do. 
to  heuen-blis  {)ey  wente  :  out  of  f)is  ilke  lyue. 

Now  Jhe^^u  crist  for  here  loue  :  vs  grcmte  wel  to  {)ryue, 


&  bring  vs  to  J)e  ioye  :  ])er  ])ey  wonyef)  inne, 

&  leue  vs  so  an  erj^e  to  don  :  to  heue/?-blis  a-winne.     amen. 


165 


10 


Seint  euarist  ^e  pope.'       (2H.  Oct.) 

Kuarist  pe  holy  pope,  :  so  ich  ondirstoude, 
was  I-bore  by-syde  Jericsalem  :  in  {)Cft  ilke  londe; 
al  his  kyn  by-leued  :  al  on  Jie  gywerye  — 
so  dob  jit  manyon,  :  &  {)at  is  gret  folye ; 

a  whyle  hit  was  a  lawe  :  J)rtt  god  louid  swyj)e, 
for  pey  cholde  to  .Jhpsu  crz'st  :  myd  here  herte  ben  bly{)e, 
böte  gif  hem  of-J^enche  :  ])at  herc  elderne  habbejj  I-wroujt 
Jhesu,  gif  it  {)y  wille  be,  :  \)er-to  hem  grcrnty  Jjougtl  — 

Juda  het  J)e  pop^^s  fadir  :  {)at  ich  tolde  of  er, 
preat  he  was  of  J)e  lawe  :  &  man  of  grrt  powe(r) ; 
swyjie  gret  gracc  he  hadde  :  to  conne  of  clergye, 
&  of  alle  J)e  .vij.  ars  :  he  hadde  J^e  maystrye; 

In  bethelcm  he  wonyd  :  ])€>•  god  was  I-bore. 
Jio  his  sone  I-borf'  was,  :  wel  glad  he  was  Jj&r-fore. 
his  sone  he  gan  teche  :  clergye  for  to  wiune  — 
for  who-so  wille  lerny  gode  :  gong  he  mot  by-ginne ; 
comeliche  an  englich,  :  Ich  wot,  me  seyf)  for-Jiy, 
iol  hard  it  is  to  teche  :  an  old  hors  aumbly.  — 

f)e  child  lernyd  wel  I-noug  :  \)0  he  was  to  scole  I-set, 
&  for  his  fadir  was  a  clerke  :  ne  lerned  wel  Ipe  bet. 
\>o  he  cou])e  his  smale  J:)iug;/.s^,  :  he  gede  to  heyer  lore, 
&  euer  he  was  in  wille  :  to  lerny  morc  &  niore; 
(Sr  whan  he  eny  |)ing  I-hurde  :  jiat  touched  to  cristindom, 
J^uariCt  in  his  herte  :  swyj)e  fast  hit  nom, 

Sz  witid  wel  ])at  his  fadir  :  nyste  \wr-oi  rygt  nougte;  25 

vort  he  werf  at  {:)e  laste  :  to  gret  clergy  I-brougte. 

Euarist  &  his  fadir  :  sete  &  speke  auygte 
of  manye  Jiing^.s  to-gedir,  :  so  it  is  clerkws  rygte; 
of  cr/st  \)e  sone  gan  speke  :  &  of  his  passioun. 
fto  {)e  fadir  I-hurde  f)is,  :  his  heued  he  hing  adoun;  30 

Si  \)0  be  sone  hadde  I-seyd  :  mochil  of  his  wille, 
])e  fadir  him  het  wel  sterueliche  :  l>at  he  cholde  ben  stille. 


I 


20 


'  cf.  Act.  SS.   BoU.   26  Oct,    p.   799   ff.;    Vita    fehlt.  —  5   Ms.   &  st.  a.      6  1. 
lor-J)y?      15   M6.  for  st.   ful. 


zur  südlichen  Legendensammhing.  347 

„why,  syre?"  qtia]p  ])e  soue,  „[)ou  wost  wel,  by  fiis  nyjte 
clerkis  wolle  disputy  :  of  fals  &  of  rygte. 

f)Oft  ilke  crist  is  süjifast  god,  :  ofte'me  tellej)  me,  ^ 

\)eriorc  ic  wolde  {)e  so{)e,  :  herof  I-wite  of  {je; 
for  leuere  ic  hadde  of  my  fadir  :  here  ben  ondirnoine 
J)an  ben  of  an  o])er  I-chent  :  &  ek  al  onerconie." 

\)e  fadir  gan  to  gramye  :  J)at  was  I-cleped  Judas, 
&  disputed  faste  —  :  for  ol>er  help  ])er  nas.  40 

so  J)at  wrt  pur  skylle  :  J)e  sone  haj)  oudirnome 
{)ot  he  ha{)  iudas,  his  fadir,  :  al  clene  ouercome, 
&  w/t  pure  clergye  :  him  so  für  I-broujt 
{)r/t  anon  amorwe  :  he  ondirfeug  follou,^t. 

wel  he  myjte  hopye  :  to  habben  good  endinge  45 

whan  he  cr?'stened  his  fadir  :  in  his  byginnynge! 
&  so  he  hadde  for  so{)e,  :  for  w/t  his  prechinge 
he  gan  swyj^e  moche  folk  :  to  Jhesu  cr?st  bringe. 
fFor  bojje  he  &  his  fadir  :  preched  in  ech  syde  — 
{)e  los  of  here  goodnesse  :  gan  springe  swyf)e  wyde.  50 

Su|)|3e  hy  wenten  I-fere  :  to  \>e  lond  of  rome; 
cristinmen  were  swy|)e  glade  :  fo  f)ey  |)edir  come. 
his  fadir  droug  to  good  ending  :  sone  after  anon 
&  wente  to  Jje  ioye  of  heueue  :  w/t-outen  eny  won. 

Jje  pope  l>at  was  J)ilke  tyme  :  gan  ek  to  heuene  wende:       5^ 
J)e  cardinal^/s  &  |3e  clergye  :  hy  gon  anon  to  sende, 
&  gret  conseyl  {)ey  nom  :  who  cholde  pope  to  be, 
to  wardin  Jje  cr?'stindom  :  &  sauy  Jje  dingnete. 
alle  hy  weren  at  one  :  |)orw3  hope  of  Jhe^u  criste, 
&  sacrid  fo  pope  :  J)e  gode  euariste.  ^ 

rJow  is  euarist  pope  :  &  wardij)  cristindom. 

more  harder  lyf  |3an  he  lad  er  :  anon  to  him  he  nom: 

he  him  beet  ech  day  :  twye  o])er  Isryje. 

whan  his  {)0Uj^t  him  nom  :  to  don  eny  folyge, 

swy{)e  moche  he  wakid,  :  &  prechid  ek  also,  ^^ 

&  fasted  ek  swyjje  moche  :  his  flesch  to  werchen  wo. 

mylde  he  was  in  speche  :  cr/stinmen  to  chaste, 
&  jif  he  wiste  |3at  eny  mysdede  :  he  hem  w/t-seyde  au  haste. 
he|)ene  men  ])at  were  him  nv,  :  wel  fayre  he  wolde  hem  wise  _ 
&  cheue«  hem  by  fayre  skylis  :  {)at  naujt  nas  here  seruise,     "O 
&  biddin  for  heni  ^erne  :  amorwe  &  ek  an  eue 
l>at  god  hem  sende  grace  :  to  come  to  ryjt  be-leue. 

Giwes  he  wolde  ek  w?t-neme  :  w?t  gret  cortesyse, 
&  cheued  hem  by  holy  writ  :  \jat  here  fey  was  §ret  folye. 
to  mancy  him  was  swyjje  lof)  :  for  eny  skent<s  J)inge: 
|)erfore  he  taujt  cr/stin  :  to  hate  mansinge; 
for  he  sevde  ])at  a  c/Vstinman  :  l>at  a-corsid  werc 
were  beter  to  ben  on-bore  :  &  ]>at  he  I-cr/stened  nere. 

jjerfore  cr?'stin  Sz  hef)en  :  &  eke  giues  also 
louedin  wel  f)is  goodman,  :  for  hy  hit  aujten  de.  ^" 

Jirittene  i',er  he  was  pope  :  &  monI>?/s  elleue??- 
&  twey  davis,  {jat  to  his  stat  :  he  hem  held  wel  eue??. 
preftis  he  inakid  .vij.,  :  &  twey  deken««  also, 
&  byllchop^^s  fvue  :  goddi/^'  wille  for  to  do. 

J)is  goodman  "hadde  an  vsage,  :  whan  he  p?-echy  wolde,         »^ 
{)at  l^er  .vij.  dekent<.5  aboute  :  him  to  sittin  cholde, 


36  Ms.  ])e  so{)e  I-wite.       43  für  aus    ful   koir.      45    Ms.    for    wel    me    my.^te. 
58  Ms.  cristiudou.     60  Ms.  {)e  st.  to. 


348  Des  Ms.  Bodl.  770  jünpere  Zusatzlegenden 

In  tokenyng  of  Jjc  giftws  :  of  .vij.  maner  gr«ce 
{)at  god  sende  to  raankinne  :  ircim  bis  hol}'  place; 

In  rome  hit  was  longe  I-holde  :  for  a  noble  Statut, 
k  ic  wene  in  som  stede  :  It  is  I-boldin  jit.  90 

Of  rome  was  })e  empe/'our  :  ]mt  bet  dioclisian  — 
of  bim  \ve  babbeji  mocbe  I-speke  :  &  ,5it  more  ic  can. 
of  \ns  pope  euarist  :  to  bim  sone  me  tolde, 
Si  be  bim  baji  anou  of-sent  :  wit  messagents  bolde. 
anou  lo  bim  be  seyde  :  Jjo  be  liim  l-seyj : 
^wbe{jc/-  artou  al  wode  :  of^er  ]:)ou  art  wel  nyg?" 

Euarist  answerid,  :  „ic  uam  wod  ry5t  noujt, 
ac  icb  bonoure  Jbesu  cr/st  :  ])at  dere  me  bauej»  I-bou^t. 

„Now  56  se{),"  qual>  })e  empe^our,  :  „bis  wit  bim  is  by-reued 
lediji  bim  out  of  pe  tonn  :  &  smytef)  of  bis  beued!"  10( 

J)e  .vij.  calendrc  of  noue>y/bre  :  [)is  beste  was  I-do, 
&  {)0  wente  bis  soule  to  blisse  :  afte;-  alle  bis  wo. 
by  seint  peter?<s  touwbe  :  {jey  bericd  J)is  boly  ma;me. 
<fe  rome  was  {)o  w/t-oute  pope  :  .xix.  dayis  aite?-  l>a.nne. 

now  bidde  we  alle  Jbe.sai  crist  :  for  loue  of  euarist  105 

Jjßt  be  vs  gr«nty  beuene  :  at  ourc  souh/s  vprist, 
&  J)f/t  be  bere  oure  erande  :  to  god,  oure  al{Der  kinge, 
{)at  to  J)e  ioye  of  heuene  :  be  vs  alle  bringe,     ame?«. 


95 


100 


Seint  firmin  I^e  bynchop.'       (25.  Sept.)      [f.  201b] 

oeint  firmin  ^e  billcbop  :  was  of  boly  lyf, 

swyjje  mocbe  be  hated  :  velenye  &  stryf. 

boneste  bet  anoble  preste  :  ^at  in  Ipe  touu  was: 

to  bim  be  was  to  cole  I-set  :  so  god  jef  ]De  cas, 

&  be  bim  taujt  w/t  bis  myjte  :  for  to  flen  sinne,  5 

Si  Jjot  be  cbolde  louye  pe  ryjt  fey  :  ne  sparye  for  bis  kynne. 

ft'irmiu  wel  bim  ondirstode  :  &  I^o  (!)  bis  maystris  lere, 
&  louid  bülichercbe  wel  :  stable  &  eue/-more. 
Glad  was  bis  fadir  &  bis  modir  :  Jso  \>ey  bürde  {)is, 
for  I^ey  leuedin  on  Jbc.su  crist  :  swyjje  wel  I-wis.  10 

t)0  \mt  firmin  was  of  elde  :  of  ey^tene  ^er  roume, 
lis  maystf/-  bim  ladde  aboute  :  myd  felawis  of  \>e  toune 
&  taufte  bim  {je  manere  :  to  scbewe  of  cristti^  prccbinge, 
for  be  cbolde  [x'r-after  :  meu  to  criat  bem  bringe. 

I^e  rajjc/-  bis  mayst<?/-  it  dede  :  for  he  chaste  was;  ^^ 

ue  non  [tat  loued  morc  to  vaste  :  in  f)ilke  inne  non  \^er  nas; 
&  for  to  beu  at  cherche  :  firmin  loued  also; 
be  nolde  in  none  Mise  :  to  uo  folye  go. 

also  he  batied  wo^^nne»  :  {tat  wondir  it  was  to  benche, 
be  seyde  bit  wercu  pau^ceris  :  manu//.*  soule  to  chrencbe.        20 

wel  was  bis  mayst^r  I-nayid  :  in  al  bis  manere, 
t^  wolde  liim  sette  to  scole  :  grct  clergye  to  lere, 
as  diale//ke  &  decre  :  &  eke  astrouomye. 
firmin  bim  auswercd,  :  ^\>\  Jjoujt  is  al  folye, 
for  ich  nele  lerne  no])iug  :  foly  for  to  wercbe,  25 

but  I)ing  l)at  fallijj  to  lawe  :  of  alle  bolychercbe; 
for  ic  wot,  of  clergye  I-nouj  :  ech  man  may  baue, 
nif  be  babbe  grace  :  bis  soule  for  to  saue." 


91   J)e  St.  \>o.    —   I   Von  der  Vita  in  Act.  S8.  BoU.  Sept.  2ö,  tom.  VII,   p.  .^.3  ff. 
weUht    der  engl.  Te.xt  vielfach  ab.    —    7   J)o  st.  J)orj,  vgl.  32.     23  Ms.   ilialenke. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  349 

ffirmin  lyte  &  lyte  :  Jjo  by-gan  to  preche, 
&  whan  his  mayster  were  oute  :  by-ga«  raen  to  teche.  30 

|)e  folk  swor  &  seyde  :  Jjat  bis  prpching  was  gode, 
&  J)e?-  firmin-his  lore  :  heter  hy  ondir-stode; 

alle  ]>at  him  knewe  :  hadde  of  bim  deinte 
&  wondrid  \>at  in  so  jong  a  body  :  so  mocbe  wit  my^t  be. 
a  noble  toun  was  be-syde  :  ])at  beet  tolesan;  "  35 

J)e  billcbop  jyer-oi  bet  honorat  :  so  ic  gou  teile  can ; 
rygt  goodman  be  was  of  lyf  :  &  gode  mete-jeue  also, 
bonest  radde  firmyn  :  to  f^e  byll'cbop  for  to  go, 
fFor  he  myjte  of  j^e  byllcbop  :' mocbe  good  I-here  [f.  202] 

wber{)orw  of  cbercbe  seruife  :  wel  mocbe  he  myjt  lere.  40 

to  babben  lore  of  holicherche  :  firmin  g;-flnted  })is, 
&  of  bis  fadir  &  bis  modir  :  be  nonie  lewe  I-wis  — 
ffor  {)ey  weren  bo{)e  :  {iilke  tyme  alyue 
&  hadde  ioye  &  blisse  :  ])f/t  he  wofde  I-J)ryue. 
honest  wrot  a  writ  :  J30  of  firmin-his  stat  '  4.5 

&  sent  it  wel  fayre  :  to  |5e  byllcbop  bonerat. 

l>e  byllcbop  hit  ondirfeng  :  wit  wel  good  wille, 
&  taugt  firmin  swy|3e  wel  :  bojae  loud  &  stille. 
al  |)Gft  firmin  of  goodnesse  berde  :  in  his  herte  wel  be  caugte, 
&  whan  be  myjt  ha  wbyle  :  to  o\^er  be  it  taugte.  50 

wrt  J)e  byllcbop  he  bim  bar  :  so  lef  &  so  dere 
\>at  be  was  prest  I-makid  :  w/t-inue  {^e  {aridde  gere. 

to  vaore  holy  lyf  he  droug  :  auon  \)er-{ifter,  firmine, 
&  fondid  euer  iram  sinne  :  him  kepy  pure  and  fine: 
for  so  mocbe  he  faste  :  &  ek  so  mocbe  be  woke  55 

&  so  mocbe  penaw^ce  :  to  his  body  he  toke 
to  kepy  fjrtt  hit  ne  cholde  :  toward^^s  sy«ne  wryge, 
\>at  hit  was  wel  gret  wondir  :  bou  he  hit  mygt  duryge. 

as  J)e  byllcbop  honorat  :  lay  &  slep  be  nygte, 
an  au/?gel  cam  iram  heuene  :  &  seyde  to  byw/  wel  rygte:        'W 
„honorat,  Jhe.su  c/-*st  :  me  bauejj  I-sent  to  J>e 
to  teilin  {je  somwbat  :  of  ftot  bis  wille  be. 
of  firmin-his  seruise  :  he  ba{3  ondirstonde, 
J)er  nys  non  \>at  bim  paye|)  bet  :  nou|De  in  al  {)is  londe; 
&  for  he  be-ginnej)  nygt  &  day  :  so  wel  on  to  take,  »55 

oure  lord  wille,  wite  hit  wel,  :  {jfrt  |jou  bim  byllcbop  make. 
J)er  be-se  \>e  tyme  :  wban  hit  may  ben  do, 
for  {)is  is  noujje  |)e  message  :  \mt  ic  come  {)e  to.'^ 

honorat  was  glad  &  bly|)e,  :  &  ellis  wondir  it  were, 
&  gan  to  teche  firmin  :  wel  preueliche  |30  {)ere  70 

Ipe  seruise  of  byllcbop  :  |)at  he  ne  wiste  nougt  er, 
&  bou  a  byllcbop  bim  cholde  bere  :  {jot  badde  gret  power; 
J)er  nas  no|)ing  so  preue  :  In  byl^cbop^^s•  seruise 
{)at  he  ne  taugt  to  firmin,  :  &  fayre  gan  him  wise. 

&  su|3{)e  be  made  bim  byllcbop  :  tV  gaf  bim  gret  honour      75 
&  makid  bim  his  soflTragan"  :  Sz  in  his  stede  jjrecbour  — 
&  l>at  was  for  be  was  fehle  :  &  mau  of  gret  elde, 
&  for  him  {)Ougt  jyat  be  went  :  to  prechy  to  selde. 

Su{)J)e  deyde  honorat  :  so  we  cbolli|>  echon, 
&  firmin  was  in  his  stede  :  to  ])iirchop  I-chose  anon.  *' 

Now  gef)  ])e  gode  firmin  :  aboute  to  prechy  faste, 
&  fonde[)  Jbesu  cristus  sede  :  for  to  sowin  faste; 


29   Ms.  lyte  &  lyte  &  lyte.     32  Ms.  f)e5  st.  {)er,  J)or5.     3Ö  Ms.  toselaii.     r>4  Ms. 
ä  St.  aiid.     58  1.  dryje.      63  his  überschr. 


350  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

wel  swyf)e  fast  he  preched  :  in  eueriche  a  syde, 

&  ne  s'pare{)  for  no  \iing,  :  what  him  euer  be-tyde. 

f>erfore  hepen  men  &  ieuis  :  {^ey  scornyd  hy?n  I-lome,  85 

&  seyde  he  cholde  abuggin  :  whan  eny  iostise  come. 

ac  for  here  {)retenyug  :  ne  jef  he  ryjt  noujte, 
{)at^he  ne  dede  to  goodnes  al  :  Jjat  him  fil  in  Jjou'jte. 
wel  i^e  witej)  pe  fend  hajj  :  euer-more  enuye 
to  good  men  J)at  hem  wit-draui{)  :  fmm  sinne  &  folye;  90 

&  so  he  hadde  to  firmin  :  Jjat  was  bis  foUe  foo, 
for  he  nolde  in  uone  wise  :  {)e  fendis  wil  to  do; 
jDerfore  J)e  be]:)en  &  Jje  geuis  :  herc  herte  gan  atende, 
{)at  hy  gönne  to  \)e  emperour  :  al  for  firmin  sende. 

dioclisyan  me  cleped  :  {je  emperour  al  f)o;  ^^ 

to  chendin  alle  c/-/steu  men  :  gr(e)t  wille  he  hadde  so. 
to  him  Jsey  sentin  by  lettre  :    liou   ])ey   to   grou^de  weren 

I-brou.^it, 
&  how  |)ey  ne  moste  for  firmine  :  honoure  jie  god«*-  noujt, 
&  how  he  preched  cmtiudome:  in  to  alle  {je  londe 
&  defouled  here  godis  :  &  dede  hem  chame  ».t  cbonde ;  loo 

\)erioTc  {jey  bediu  \ie  emptvour  :  he  chold  hem  ondirstonde 
&  send  hem  (a)  iustise  :  to  briugin  hem  of  bonde. 

l>e  emperour  was  ny  wode  :  {)o  he  I-hurde  {jis, 
&  Jjfft  it  cholde  amended  be  :  his  o{)  he  swor,  I-wis; 
seuerin  \)e  iustise  :  {jedir  he  haueb  I-sent  ^"■'' 

to  bringe  firmin  of  dawe  :  whan  he  were  I-lient. 

Jjey  tirmiu  hadde  mauy  foon,  :  frend?^^  he  hadde  some, 
|jrtt  him  for  to  warny  :  bej)  p/-euyliche  I-come 
&  seyde,  ^firmin,  Jjou  mys-dest  :  to  prechy  a,^en  {)e  lawe, 
&  Jjerfore  we  dredij^  alle  I-wis  :  lest  {)ou  worj)  aslawe.  ^^^ 

drawe  f)e  now{)e,  we  redij),  :  in  to  o\>cr  contre, 
so  J)at  in  J)is  londe  :  l>ou  ne  fou?ide  be; 
for  wite^D  wel  to  sojje,  :  gif  {)ou  beu  of-take, 
o{)ir  jjou  moste  py  cristindom  :  opinliche  forsake 
&  to  oure  hy  godz^s  ek  :  sacrefise  to  don,  ^1» 

o{)er  wit  pyne  &  torment  :  |)e  tit  to  deye  anon. 
for  we  {je  nollif)  non  barme  :  {)ey  we  {je  habbej)  I-taujte, 
&  ,^if  {je  barm  be-tydi{j,  :  firmiu,  ne  wite  vs  nannte!" 

fl'irmyn  auswerde  &  seyde,  :  „to  god  ich  am  I-dyjt, 
he  me  "helpe  &  rede  :  &  3eue  me  streng{je  &  mygt  1-*' 

for  to  don  his  wille  &  deye  in  his  seruise; 
for  ic  ne  cbal  of  {jis  contre  :  to  tlen  in  none  wise." 

yvit  {jis  ilke  wordis  :  {je  be{je//  be{)  agon, 
&  firmiu  gau  opinliche  :  of  c//st  precbi  anon. 

seuerin  {je  iustise  :  1-burd  uf  {je  p/robinge,  ^'^ 

&  w/t  gret  companye  :  {jedir  be  gan  {jriuge, 
&  seyde,  ^hayl,  schrewe,  :  for  now  {jou  art  of-take, 
Jjou  iie  my5t"{jy'false  lore  :  in  noue  wise  forsake. 
„bindi{j  bim,"  he  seyde  {jo,  :  „&  bringe{j  him  wit  me, 
&  ic  him  wol  teche  :  to  pleye  an  o{jer  gle!  ^^ 

wel  5ore  he  ha{j  I-rengned,  :  {jerforc  be  is  to  blame, 
{jerfore  he  ne  cbal  nomore  :  don  oure  god«s  chame." 
flaste  {)ey  him  bou/nle  anon  :  &  ne  spar(e)d  noujt, 
&  him  wit  {je  iustise  :  hy^  bim  luibbe{)  I-brou^t 
to  {je  temple  of  appolin,  :  {jat  was  {jer-be-syde; 
Jje  iustise  &  bis  compauye  :  per  hy  gon  abyde. 


1 


lob  lat.  Sebastian. 


i 


zur  südlichen  Legendensammlung.  351 

„ffirmin,"  qm{)  ])e  iustise,  :  „o  I)ing  ic  J)e  teile: 
J)ou  most  don  sacrefise  to  J^ere  godws  :  anon  —  l>at  J)ou  ne 

d  welle!  — 
o^er  me  clial  quikliche  :  {^y  foule  prede  alegge 
&  aiter  to  smyte  of  J)in  hed  :  myd  scharpe  swerdus  egge."     I4ü 

„syre  iustise,"  qua\:>  firmin,  :  „{)in  M'ille  \><m  my^t  do: 
to  Jhesu  crist  ich  am  I-take  :  &  wol  beu  euer-mo." 
„a,  J)ef !"  qua])  Jje  iustise  :  J)o  he  I-herde  \ns, 
„smytej)  of  Ms  heued  anon,  :  his  ende  is  iiy^,  I-wis; 
ne  chal  he  of  Jhesu  er«  st  :  p/-echy  neue;-e-mo."  145 

l>e  .viij.  calendre  of  noue?«bre  :  J^is  goodmaii  deyde  so. 

nouj  bidde  we  alle  Jhesu  crist  :  for  loue  of  seiut  firmin, 
J)at  he  vs  chelde  fram  senne  :  <fe  saue  vs  f?-am  helle  pin.    amen. 


Seint  Vital  J)e  holy  Marter.'      (4.  Nov.)       [f.  203| 

\  ital  was  a  noble  mon  :  In  J)e  lond  of  rome, 

&  hadde  many  bonde-men  :  Jjat  of  him  lond  uome; 

agricola  het  Jwt  ou,  :  so  ic  herde  teile: 

he  tornyd  his  lord  Vital  :  to  Jhesu  swyjae  snelle. 

cristin  hy  weren  preuiliche  —  :  oJ)er  ne  dorst  liy  noujt,  6 

for  Jje  pyne  Jsat  hy  seyj  :  to  cristin  men  I-brou^t. 

On  atyme  so  Jiey  were  (i-fere)  :  &  speke  of  cr/stindom, 
a  knyjt  to  spekin  w/t  v(i)tal  :  by  cas  f)er  com; 
J)e  knygt  stood  w/t-outen  :  a  whyle  &  abode, 
&  berede  hem  speke  of  Jhesu  cWst  :  as  he  w/t-oute  stode.       10 

„A,  mahound,  |)in  ore!"  :  he  seyde,  ^hou  gej)  J)is  ? 
{)e  empe/-our,  be  myn  heued!  :  Ic  Avole  it  teilin,  I-wis. 
ne  chal  here  foule  cristiudom  :  so  longe  ben  I-hudde, 
&  pOYw  me  to  Jje  emperour  :  hit  chal  ben  wel  I-cudde." 
Inne  went  he  noujt  Jjo  :  ac  gan  to  wenden  hom;  15 

Moche  he  Jjou^t  on  his  wordis  :  |30  he  J)edir  com. 

to  {)e  emperour  he  went  :  wel  sone  alter  {)an, 
&  seyde,  „syre,  lest  to  me,  :  syre  dioclisian! 
for  soJ)e  of  o{)ing  :  ic  {)e  teile  chal: 

a  traytour  is  nouj  in  J)in  londe  :  \>at  is  I-cleped  vital,  -o 

&  a  traytour  agricola  is,  :  for  he  is  v?'tal-his  bonde; 
oure  godz<s  Jsey  haue|3  forsake  :  &  don  hem  chame  &  chonde. 

Noman  it  me  tolde  :  to  I-wite  {)is, 
ac  w^t  myn  oune  eren  :  ic  hit  herde  I-wis ; 
In  one  preue  chau;«bre  :  as  J^ey  weren  I-fere,  25 

Ic  hem  herde  to  Jhesu  crist  :  maken  here  preyere; 
to  oure  god  Jjey  seyden  :  swyjje  moche  despit. 
J)e^-fore,  syre,  Jjou  lete  hem  neme  :  wit-outen  eny  respit!" 

J)e  emperour  in  wrajjjje  :  hem  let  neme  anon; 
so  J)at  hy  weren  bojje  :  in  hard  preson  doon.  '^ 

&  as  hy  leyen  in  here  bedis  :  f)er  vppo/*  a  ny§te, 
an  au«gel  com  from  heuene  :  f)at  chon  swyjie  bryjte; 
byfore  ^is  twey  holymen  :  wel  fayrc  he  gan  stonde 
&  cheued  tweye  croum<s  of  golde*^  :  j)rt t  he  bar  in  his  honde ; 


138  J)ere  in  {)ese  korr.  146  1.  octobre.  —  '  cf.  Ambros.  exhort.  ad  virg.  1,  2 
(geschr.  393  bei  Einweihung  der  Kirche  in  Florenz,  wohin  die  Reliquien  von  ihm 
gebracht  waren).  Eine  eigene  Vita  ist  nicht  bekannt.  In  der  Quelle  ist  Vital 
der  Sklav,  Agricola  der  Herr,  in  Bologna.  —  13  Ms.  cristindon.  21  Ms.  vatal. 
25  i-fere  fehlt. 


352  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

he  seyde,  „J)is  ilke  croiin?^?  :  ge  chollej)  habbe  at  \>e  laste,    ■^^ 
gif  ge  holdin  3011  to  crist  :  &  be{)  of  hert  stedcfaste; 
a  kingdom  je  cholleji  haue  :  so  hit  falli{}  {)e?--to, 
{je/-  nys  nou  soch  in  al  {)e  world,  :  {iat  lastif)  euer-mo; 
no  touge  ne  may  teile  :  ue  herte  ne  may  J)enche 
l>e  good  l)(it  me  habbe])  \)e?'  :  \vit-(juten  any  swenche;  ^ 

here  myrfje  ne  haue})  neuer  ende  :  ac  hit  is  euer  newe. 
\)eriore  habbe})  nouj  good  day  :  &  be})  uou^^  good  &  trewe!" 

w/t  (})at)  ilke  word  auou  :  {)e  au/?gel  wente  a-weye. 
&  })is  nieu  weren  for})  I-brou,5t  :  amorwe  ])o  hit  was  daye. 
\)e  empe/-our  hem  axid  :  hou  ]>e\  hadden  on  I-take,  *ö 

&  for  woche  {Ding  J^ey  haddin  :  bis  godd<<s  forsake; 
he  bad  hem  to  torne  here  {joujt  :  er  hy  werin  I-chent, 
for  ellis  bey  choldin  deye  :  wit  sorwe  &  torment; 
he  swor  per  nas  no  torment  :  I-vsid  in  bis  londe 
vpijon  here  flefch  :  \)at  {)ey  ne  choldin  fonde,  50 

but  gif  {)ey  tornyd  here  {joujt  :  &  dede  sacrefise 
to  her  godus  ful  of  mygt,  :  l>ey  weren  so  noble  &  wise. 
(Hier  fehlt  eiu  l'assus,  mitten  im  Texte.) 

wit  bat  ilke  word  :  vital  him  set  a-kne 
&  seyde,  ^lord  Jhesu  crist,  :  haue  mercy  on  me! 
help  me,  jif  {)in  wille  be,  :  {)at  ic  ne  beu  I-chent,         [f.  20.3  b]    55 
&  gronte  me  J)e  croune  :  {)at  {)ou  me  hast  I-sent, 

and  oudirfong  myn  soule  :  for  ic  ue  may  libbe  uamore, 
for  of  })is  gret  torment  :  Ic  am  agast  wel  sore; 
for  wite  hit  wel,  leue  lord,  :  Ic  ne  may  hit  J)olye  noujt. 
Jjerfore  let  me  deye  :  {ißt  ich  ne  chauugy  my  Jjoujt."  ö) 

wit  {)rtt  ilke  word  :  J)e  body  lil  to  grou//de, 
&  \>e  soule  to  heuene  wente  :  in  J)at  ilke  stou)/de. 

{)0  J)e  emperour  I-sey  :  \>at  vital  was  ded  so, 
he  tok  agricola  {)e  tormentour//s  :  pat  Jiey  him  choldin  slo, 
olper  to  foudin  in  som  wise  :  forto  chau//gy  bis  {joujt,  65 

er  ])crt  he  were  :  to  chamful  dej)  I-broujt. 

agricola  in  bis  tyme  was  :  mete-jeue  swy{)e  gode : 
{)e  mayste?-  of  |)e  tormentour//*-  :  wel  hit  ondirstode 
&  seyde,  „leue  agricola,  :  {)y  pine  we  chollij)  delaye, 
so  pat  in  })in  herte  :  al  uyjt  \iou  myst  asaye  70 

&  to  oure  almyjty  god?/*-  :  dou  sacrehsc  to-morwe, 
&  so  \>ou  myjt  ascapye  :  iram  pine  &  irani  sorwe.*^ 

w?t  \yat  ilke  word  :  in  p;esou  he  was  I-do; 
J)e  nyjt  me  him  radde  Home  :  {)e  sacrefyse  to  do. 
amorwe  he  was  for|)  I-broujt,  :  &  he  here  god».s  forsoke  Tö 

&  to  oure  lord  Jluvu  crist  :  clene  he  him  be-toke. 
|)e  tormentour^.s  hiiu  tok,  :  po  he  1-seyde  so, 
&  vppon  J)e  rode  anon  :  {)ey  him  habbej)  I-do. 

tormentor/<s  him  helpe  :  to  his  deJ)  Inowe, 
wit  ouIms  &  wit  croki«  :  his  flesch  hy,^  to-drowe.  '^'J 

as  he  hing  on  rode,  he  seyde,  :  ^Jbe^s'u  ful  of  blisse, 
g;Ymt  me  [)in  ioye,  :  |)e/--of  ])f/t  I  ue  mysse, 
&  oudirfong  niy  soule  :  jif  hit  bin  wille  be, 
&  for.^eue  hem  {)is  gilt  :  \wt  dop  me  soch  filte!" 

w/t  {)at  ilke  word  :  his  soule  to  heuen  wente.  **5 

\>e  tormeut()ur».s  tilliche  :  here  bodyu*-  bo|)e  hyj  cheute 
&  buried  hem  among  iewis  :  In  ])e  er|)e  swy{)e  lowe, 
80  J)at  c;v'stin  meu  :  })e  bodyis  ne  cholden  i-knowe. 


3'J   Ms.  ne  .-'     88   i  überschr. 


zur  südlichen  Legendensammluug.  858 

&  ])er  J)ey  levje  wl  villiche  :  Iburiid  swyjje  longe, 

&  110  c^/stin  man  it  wiste  :  no  ue  my3t  hem  ondir/bn^/e.  •"> 

ambrosye  ])er  was  siil)|ie  :  a  byllchop  in  {^e  stede, 
J)at  moclie  louede  Jhe^u  cr/st  :  &  gode  dedws  he  dede. 
agricolii  com  to  hiiii  on  a  tyme  :  &  seyde  to  him  {)is : 
„we  ne  bej)  uoujt  for-jete.  :  of  Jhesu  crist,  I-wis, 
&  Jjey  we  here  in  er|5e  :  of  Jie  for-3ete  be;  ^5 

for  hoiirt'  bodiis  l^ou  ehalt  lionour,  :  I-wis,  ic  prcye  Jie. 

|)erfore  wend  to-iiiorwe  :  auon  so  hit  is  day, 
to  fecchen  Vital  &  me,  :  fayr  ic  Jie  i^ray, 
&  buriin  vs  in  holicherche  :  as  ryjt  hit  is  to  dojie ; 
for  vnkendeliche  we  bejj  I-put,  :  a-^en  oiire  cmtindome :        löü 
for  in  astede  we  be|j  I-buriid  :  {^«t  cristin  ne  chold  vs  wite, 
wit  grt't  chreudenesse  of  hem-seliie,  :  &  litil  is  here  byäete."" 

ambrosie  wente  sone  auon  :  w/t  his  companye, 
&  I^ese  twey  bodyus  wherin  hy  werc  :  wel  jerne  he  gan  aspy,^e, 
&  toke  hem  vp  preuiliche  :  &  beried  hem  in  a  cherche;  l^*-'' 

so  as  ag>-/cola  him  bed  er  :  al  l>iis  he  gan  to  wirche. 
flbr  I)us  vital  &  agricola  :  here  lyuiis  hy  go/^nen  ende, 
nouj  Jhesu  for  here  beyre  loue  :  grante  vs  to  heue«  wende,    amen. 


00  Mä.  ondii-stonde  aus  ondiistoiige  korr.     95   &  st.  al.      104  1.  where. 
(Schluls  folgt.) 


Archiv  f.  u.  Sp#aclii;n.     I.XXXII. 


28 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 


Zur   deutschen  Sprache    und  I^itteriitur.     Vorträge  und  Aufsätze 
von  Karl  Biltz.     297  S.     Potsdam,  Aug.  Stein,  1888. 

Der  Verfasser  bietet  in  dem  vorliegeuden  Baude  eine  Sammlung  von 
Vorträgeu  und  Aufsätzen  litterarhistorischen  oder  sprachwissenschaftlichen 
Inhalts,  welche  er  in  den  jüngstverflosseneu  Jahren  gehalten  und  ver- 
öffentlicht hat.  Hier  sind  die  Ergebnisse  eingehender  Ff)rschung  und 
reichen  Wissens  in  gefälliger,  zum  Teil  mit  echtem  Humor  gewürzter 
Sprache  niedergelegt;  die  anziehende  Darstellung  ist  klar  und  verständ- 
lich. Manche  Einzelheiten,  insbesondere  die  scharfen  Benu-rkungen  gegen 
die  Verehrung  und  Bewunderung  Shakespeares  dürften  freilich  nicht  auf 
ungeteilte  Zustimmung  rechnen ;  immerhin  jedoch  wird  die  Sammlung 
wegen  ihrer  Fülle  an  Belehrung  und  Anregung  dem  aufmerksamen  Leser 
willkommen  sein. 

Wir  wollen  nur  den  Inhalt  der  einzelnen  Stücke  kurz  andeuten : 

1.  Zimi  Gedächinis  Heinricli,  von  Klcisfs.  Rede,  am  25.  Xov.  1871 
gehalten  in  der  artistisch-litterarischen  Gesellschaft  zu  l'erlin.  ])ag.  ."i — 21. 
Mit  warmer  Begeisterung  wird  der  eigenartige  Entwickclungsgang  des 
lange  verkannten  Dichters  dargelegt,  der  selbst  die  Aufführung  keines 
einzigen  seiner  Dramen  erlebt  hat.  Von  Kleists  Dramen  sagt  der  Verf.: 
^Es  ist  wahr,  sie  alle  tragen  nach  Inhalt  und  Kedeweise  mehr  oder 
weni":er  den  Charakter  jener  Vereinsamung  und  Abgeschiedenheit  von 
den  Strömungen  der  Zeit  an  sich,  welcher  ihrem  Dichter  ei";en  war.  In 
allen  tritt  dem  herrschenden  Idealismus  und  der  Sentimentalität  der  da- 
maligen Zeit  ein  Realismus  entgegen,  welcher  im  Bt^vulstsein  seines  Wer- 
tes und  seiner  Wahrheit  jenem  ihm  entgegenstehenden  Charakter  der  Zeit 
oft  durch  eine  absichtliche  Hervorkehrung  des  Harten  und  Unverhüllten 
zu  trotzen,  oder  seiner  zu  spotten  scheint."  Aber  „liebe,  warndierzige 
Menschen  mit  Fleisch  und  jilut  sind  sie,  die  Kinder  der  Kleistscheii 
Muse,  die  der  menschlichen  Teilnahme  immerdar  sicher  sein  werden, 
mögen  sie  auch  etwas  von  den  leidenden,  eigensinnigen  Zügen  ihres  \'aters 
an  sich  tragen." 

2.  Die  Statistik  in  der  Dichtnm).  nag.  22 — '^2.  Zuerst  gedruckt  in 
der  Nordd.  AUgem.  Zeitung  vom  7.  Fel>r.  1879.  P^ine  etwas  ungewöhn- 
liche, recht  launige  Besprechung  Heysescher  Novellen  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  Verhältnisse,  unter  denen  in  jenen  P>zählungen  die 
Menschen  geboren  werden,  sich  verbinden,  sterben. 

:'>.  Das  ridentem  dicere  verum  quid  vetat?  hat  der  Verf.  wohl  be- 
herzigt, wenn  er  für  eine  gröfsere  Beachtung  und  Würdigung  des  Lust- 
spiels in  der  ^Petition  der  P^rau  Koniixlie  an  die  Herren  Schillerpreis- 
nchter.     Verfafst  am  .").  Okt.   iSTS!"  eintritt,     p.  :'>:;— 42. 


Beurteiluugen  iiud  kurze  Anzeigen.  355 

4.  Über  den  Berliner  Shakespeare- Kult tis  im  allgemeinen  und  die 
Aufführung  seiner  (?)  Königsdramen  im  königl.  Schauspielhause  im  be- 
sonderen. Geschrieben  im  Nov.  1881.  p.  1:!— 58.  Der  Verf.  hält  für 
die  gedeihliche  Entwickelung  unseres  Dramas  einen  streng  nationalen 
Standpunkt  für  notwendig,  und  sieht  diesen  durch  Anleihen  bei  fremden 
Nationen,  vor  allem  der  englischen,  gefährdet.  In  der  [praktischen  Nutz- 
anwendung gegen  Shakespeare,  dessen  Dramen  „nur  durch  äufsere  Mittel 
und  durch  das  Yirtuosentum  der  darstellenden  Künstler  unserem  moder- 
nen Gefühl  erträglich  gemacht  wurden",  können  wir  ihm  nicht  bei- 
pflichten. 

5.  Über  die  (jecjemoärtifje  deutsche  Jmnbentrnifmlic  im  (illfiemriurn  und. 
Wilbramlts  Kricvihilde  im  besonderen.  Aus  der  Nordd.  AUgem.  Zeitung 
vom  4.  Jan.  1882.  p.  59 — 75.  Der  Verf.  verwirft  jene  als  nicht  zeit- 
gemäfs  und  beurteilt  diese  als  in  Form  und  Inhalt  für  verfehlt. 

ü.  Über  eine  Modifllmtion  in  der  gewöhnlichen  Einfeilunf/  der  deut- 
schen Litteratnrgeschichte.  p.  76 — 9!).  Die  hier  erörterten  Vorschläge, 
welche  eine  innere  organische  Entwickelung  der  einzelnen  Perioden  be- 
zwecken, wie  sie  W.  Wackernagel  für  die  althochdeutsche  Zeit  in  seiner 
Litteratnrgeschichte  bereits  gegeben  hat,  verdienen  um  so  mehr  Berück- 
sichtigung, als  sie  wesentlich  das  Eindringen  in  das  richtige  Verständnis 
fördern. 

7.  Die  Urteile  unserer  neuhochdeidschen  Klassiler  über  ihre  mittelhoch- 
dentschen  Kollegen,  p.  99 — 128.  Der  Verf.  weist  zuvörderst  nach,  dafs 
Herder,  Lessing,  Goethe  und  Schiller  die  Poesie  des  Mittelalters  nicht 
gerade  hochgeschätzt  haben  und  warnt  vor  der  übertriebenen  Lobpreisung 
jener  Dichtungen. 

8.  Über  die  gedruclde  vorlutherische  deiäsehe  Bibelid)ersetxung.  p.  126  bis 
159.  Der  Verf.  wahrt  das  Verdienst  der  aus  deni  Ende  des  14.  oder  den 
ersten  Jahren  des  15.  Jhdts.  herrührenden  Übersetzung,  welcher  die 
Lexikograj^hen  geringe  oder  keine  Beachtung  schenken.  Er  weist  das 
Verhältnis  der  vierzehn  Auflagen  derselben  nach,  welche  übrigens  Luther 
nicht  gekannt  hat.  „Seine  (Luthers)  Übersetzung  ist  nichts  anderes  als 
der  letzte,  allerdings  bewunderungswürdig  vollendete  Ausläufer  einer  durch 
Jahrhunderte  hindurch  stetig  fortgesetzten  Geistesarbeit,  von  der  die  be- 
sprochene gedruckte  Bibelübersetzung  die  immerhin  beachtenswerte  letzte 
Etappe  war." 

9.  Wann  ist  Luthers  Lied:  „Ein  feste  Burg  ist  unser  Gott"  gedichtet 
worden?  p.  160—179.  Abdruck  aus  der  N.  Pr.  Zeitung  vom  2.  April  1882. 
Der  Verf.  führt  den  Nachweis,  dafs  die  Abfassung  des  Liedes  in  die 
Jahreswende  von  1528  auf  1529  oder  in  den  Anfang  1529  fallen  mul's. 

10.  Die  neueste  Schrift  id)er  die  Zeit  der  Abfassung  von  Luthers  Lied: 
„Ein  feste  Burg  ist  unser  Gott."  p.  180—207.  Der  Verf.  rechtfertigt 
ausführlich  seine  Ansicht  über  die  Abfassun^szeit  dieses  Liedes  gegen 
Linke,  der  ohne  sicheren  Anhalt  dasselbe  im  Jalire  1525  entstehen  läfst. 

11.  Zur  Berliner  Gesangbuchfrage.  Nordd.  AUg.  Zeitung  vom  lo.  Okt. 
1869.  p.  208—227.  Wendet  sich  gegen  die  ungerechtfertigten  Bedenken, 
welche  der  Prediger  Thomas  in  einem  Votum  gegen  die  Form  älterer 
Lieder  ausgesprochen  hatte. 

12.  Über  die  Etgmologie  des  Wortes  Sorge,  p.  228—253.  Dieser  Vor- 
trag ist,  wie  die  unter  7.  8.  und  10.  aufgeführten,  m  der  Berliner  Gesell- 
schaft für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  gehalten  worden.  Geistvoll 
führt  der  Verf.  aus,  dals  der  Stamm  .ser,  (s(;ren)  nicht  sowohl  Schmerz, 
(schmerzen)  bezeichnet,  als  vielmehr-  das  Umschlielsen,  den  umschhelsenden 
Druck.  ,  ,       , 

13.  Über  das  ]Vort  und  den  Begrif}' Posse,  p.  254— 272,  ist  em  Abdruck 
aus  Archiv  LXXIII,  ucd  11.  Ül>er  den  Entuurf  eines  neurn  cU-utscIien 
Glossars,  p.  27.!- 297,  ein  Abdruck  aus  Band  LXIX,  Heft  2. 

23* 


356  Beurteil uugeii  und  kurze  Aiizeigeu. 

Wir  schliefsen  unsere  kurze  Anzeige  mit  dem  Wunsche,  dals  das 
Buch  die  Aufmerksamkeit  finden  möge,  welche  es  durch  seine  Gründlich- 
keit und  die  frische,  lebendige  Darstellung  in  reichem  Mafse  verdient. 

A. 


Zur  Reform  der  Orthographie.  Blicke  auf  die  Mängel  der  gegen- 
wärtigen Rechtschreibung  und  Fingerzeige  zur  Beseitigung 
derselben.  Von  A.  E.  Rieh.  Bax.  Danzig,  F.  Axt,  1888.  8. 
00  Pf. 

Die  Schreibung  soll  vereinfacht,  alle  überflüssigen  Buchstaben  ab- 
geschafft werden,  so  das  c,  ph,  v,  Is,  die  Kennzeichnung  der  Vokal- 
dehuung  (die  Schrift  hat  sich  nach  der  Sprache,  nicht  die  Si)rache  nach 
der  Schrift  zu  richten),  das  Doppel- Abc:  der  Verf.  giebt  dem  deutschen 
den  Vorzug,  welches  den  Patriotismus  fördere.  Im  ganzen  ist  also  der 
Verf.  für  die  möglichste  Vereinfachung,  und  giebt  seiner  Hoffnung  Aus- 
druck mit  Huttens  Motto:  Bin  unverzagt,  ich  hab's  gewagt,  luid  will 
des  Ends  erwarten. 

Näheres  und  Weiteres  zu  unserem  Weltspracheprojekt.  Von  laugen 
A.  Lauda.     Berlm,  Hennig,  1888.     32  S. 

Der  Verf.  tindet  in  dem  Gedanken  des  Volapük  Wahrheit,  alles 
strebe  danach,  international  zu  werden;  aber  der  Formenschenuitismus  in 
dieser  Kunstsprache  sei  starr  und  leblos.  Kein  einzelner  Mensch  sei  be- 
rechtigt, die  Dinge  nach  seiner  Persönlichkeit  zu  taufen  und  zu  verlan- 
gen, dals  die  übrige  Menschheit  seinem  Willen  sich  anschlielse.  Die 
Wissenschaft  ist  sprachlich  schon  zum  Teil  international;  sie  wird  nie 
durch  das  Volapük  etwas  anfangen  können.  Zweckmälsiger  wäre  es,  in 
Bezug  auf  den  Wörtervorrat  vom  Latein  auszugehen. 

Der  Weltspracheschwindel.  Von  Dr.  Karl  Feyerabend.  Heil- 
bronn, Gebr.  Henninger,  1888.     1,20  Mk, 

Der  Verf.  legt  kräftig  Verwahrung  gegen  das  neumodische  Welt- 
sprachentum  ein.  In  vorliistorischer  Zeit  schon  ist  eine  ^Menge  ver- 
schiedener Sprachen  da;  wo  sich  gröi'sere  iJolitische  Einheiten  bildeten 
oder  ein  internationaler  Verkehr  sicli  anbahnte,  exTau«;  sich  eine  bereits 
vorhandene  Sprache  ein  groi'ses  Gebiet,  so  die  griecliische,  lateinische, 
französische,  englische;  es  giebt  aber  auch  in  beschränktem  Gebiete  Kom- 
promitssprachen,  für  die  Vermitteluug  des  Handelsverkehrs.  Verschieden 
davon  sind  die  absichtlich  von  Denkern  für  den  internationalen  Verkehr 
erfundenen  Sprachen,  als  deren  Urheber  gew()hnlich  Leibnitz  genannt  wird, 
der  sich  von  einer  so  philosophisch  angelegten  Sprache  neue  Erkenntnis 
durch  Kombination  versprach.  Zahlreiche  Versuche  zu  einer  Weltsprache 
und  einer  Allschrift  sind  seitdem  gemacht,  alle  auf  verschiedenen  Wegen, 
alle  unpraktisch.  Da  ist  nun  die  neueste  I^rtindung,  Schlägers  \'olapük, ' 
erschienen.  Nachdem  der  Verf.  dessen  Eigentümlichkeit  ausführlich  aus- 
einandergesetzt hat,  kommt  er  zum  Ergebnis,  dals  in  lautlichen  Dingen 
Schläger  ganz  unerfahren  ist,  von  Phonetik  und  Lautphysiologie  nichts 
weifs,  dals  er  vergifst,  dals  dieselben  Sillien  von  den  verscliiedenen  Völ- 
kern verschieden  ausgesprochen  werden,  dals  Schläger  die  Betonungsfra^e 
nur  scheinbar  einfach  gelöst  hat,  sein  Gesetz  vielmehr  so  mechanisi-li  wie 
m()glich  ist,  dals  die  Formenlehre  trotz  ihres  gerühmten  Fornu'iu-eichtums 
nichts  taugt,  weil  sie  nicht  aus  der  Syntax  hervorgegangen  ist,  die  Syntax 
geradezu  fehlt;  weil  es  nicht  möglich  ist,  bei  den  Eigentümlichkeiten  der 


Beurteilungvn  und   kurze  Anzeisren.  357 

verschiedeneu  Si)radien  vorbeizukonuneii,  so  kiniueii  uiiiiiöylich  die  Vola- 
pükisteu  der  verschiedeiieu  Nationen  sicli  einigen,  z.  B.  in  dem  Gebranche 
der  Kasus,  der  Präpositionen,  der  Modi.  —  Nach  Öchh'iger  sind  Versuche, 
auf  Grundlage  des  Lateinischen  die  Weltsprache  aufzubauen,  hervor- 
getreten, so  von  Volck  und  Fuchs,  1882,  noch  ungenügender,  die  Erfinder 
sind  über  die  Elementargrammatik  nicht  hinausgekoinmen.  —  Noch  un- 
geniefsbarer  ist  die  gegen  Schläger  feindlich  auftretende  l'asilingua  von 
Steiner  und  Lenz,  nach  der  blofs  durch  gleiche  ^V^)rt-  und  Satzformen 
sich  die  verschiedenen  Sprachen  verständlich  und  einander  ähnlich  werden 
sollen.  Über  alle  diese  Versuche,  so  urteilt  der  Verf.,  läl'st  sich  nur 
sagen,  dafs  eine  so  geschaffene  Kunstsprache  nur  einen  theoretischen, 
nimmer  einen  praktischen  Wert  haben  kann.  Ein  praktisches  Bedürfnis 
liegt  nicht  vor.  Mit  den  drei  grofsen  Weltsprachen,  Englisch,  Französisch, 
.Deutsch,  kommt  man  in  der  eivilisierten  Welt  fort,  in  der  uncivilisierten 
wird  Volapük  wenig  nützen,  da  mufs  mau  sich  zur  Erlernung  der  T^an- 
dessprache  bequemen;  die  Kunsts])rache  führt  uns  in  keine  Art  von  Kultur 
und  Geistesleben  ein.  Dafs  die  Einheit  der  Sprache  Friedfertigkeit  und 
Bruderliebe  befördei-n  werde,  widerspricht  allen  geschichtlichen  Voraus- 
setzungen; die  Weltsprache  sieht  vielmehr  der  rohen  Gleichmacherei  der 
französischen  Revolution  ähnlich.  Dafs  aucli  als  Haudelss})rachc  das 
Volapük  allgemeine  Verbreitung  finde,  ist  schon  bei  der  Schwierigkeit 
desselben  nicht  wahrscheinlich.  Vollends  daran  denken  die  Anhänger 
nicht,  dafs  die  Sj^rache  eine  höhere  Bedeutung  hat,  dafs  sie  ein  jNIittel 
des  menschlichen  Geistes  ist,  sich  seiner  selbst  bewufst  zu  werden,  dafs  mit 
dem  Fortschritte  des  Sjtrechens  sich  das  Denken  entwickelt;  sowie  das 
Volapük  eingefüiirt  würde,  würden  sich  an  ihm  Spaltungen  in  Mundarten 
bemerkbar  machen;  alle  Kunstsprachen  werden  des  Lebens  der  Natur- 
sprachen entbehren  und  bald  nur  noch  in  den  Tabellen  der  Geschichte 
ein  Unterkommen  finden. 

Briefweclisel  von  Jakob  Grirain  und  Hoffinann  von  Fallerf^lebeu 
mit  Hendrik  van  Wijn.  Nebst  anderen  Briefen  zur  deut- 
schen Litteratur.  Herausgegeben  und  erläutert  von  K. 
Th.  Gaedertz.    Bremen,  Möller,  1888.    60  S.   gr.  8.    1,80  Mk. 

Die  hier  mitgeteilten  Briefe  fand  der  Herausgeber  im  Haag  und  in 
Leiden.  Hendrik  van  Wijn  (1740 — 1831)  nimmt  in  der  holländischen 
Gelehrten  weit  einen  geachteten  Platz  ein.  Mit  ihm  trat  J.  (Jrimm  durch 
Vermittelnng  Tydemans  1810  in  Verbindung  wegen  Mitteilung  nieder- 
ländischer Volksbücher,  dann  wegen  der  Litteratur  zu  Reineke  Fuchs;  er 
hatte  die  Freude,  mehrere  Jahre  später  eben  jenes  Fragment,  welches 
van  Wijn  besafs,  zu  erhalten  (1813).  Der  Reineke  erschien  erst  viele  Jahre 
später, "  aber  jenes  Fragment  ist  benutzt.  —  Die  Briefe  Hoffmanns  von 
Fallersleben  an  Hendrik  van  Wijn  geben  wieder  Zeugnis  von  dem  uner- 
müdlichen Fleifse  und  dem  liebenswürdigen  Charakter  Hoffmanns.  Sie 
sind  eine  höchst  schätzenswerte  Beigabe  zu  den  von  Reifferscheid  ver- 
öffentlichten Briefen  Hoffmanns  an  H.  W.  Tydeman.  Schon  als  Student 
und  Bibliothekassistent  in  Bonn  182i)  hatte  Hoffmann  fleifsig  holländische 
Volksliederbücher  gesammelt,  er  suchte  Mitarbeiter  in  Holland  selbst  anzu- 
werben, wandte  sich  unmittelbar  an  den  Reichsarchivar  van  Wijn;  von  der 
Stadtbibliothek  zu  Trier,  von  Köln,  wo  H.  (Jast  des  Herrn  v.  Haxthausen 
war,  dauerte  der  Briefwechsel  fort;  er  machte  Mitteilungen  über  das  Ge- 
dicht auf  Graf  Wilhelm  IV.  von  Holland.  Später  wurden  beide  i)ersönlich 
bekannt.  —  Die  zweite  Mitteilung  des  vorliegenden  Buches  bezielit  sich  auf 
die  Karschin  und  klärt  uns  auf  über  die  tiefe  persönliche  [MilsstimniMug, 
die  Gleim  1771  brieflich  gegen  W.  Heinse  aussprach,  deren  Grund  bisher 


358  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

unbekannt  war.  Ein  in  Leiden  aufbewahrter  Brief  der  Karschin  an 
I.,aurentiu!s  von  Santen  (f  l"'.^'^  hIs  Kurator  der  Universität)  von  1771 
giebt  diesen  Aufschlufs.  Niemand  hatte  mehr  für  die  Karsfliin  gethau 
als  Gleiin,  ihre  Zärtlichkeit  aber  quälte  ihn,  ironische  Bemerkungen  im 
Briefwechsel  zwischen  Gleim  und  Jacobi  reizten  die  Dichterin,  und  sie 
rächte  sich  durch  ein  Spottgedicht.  An  eben  denselben  Bauten  sind  ein 
paar  kurze  Briefe  Klopstocks  von  Hamburg  aus  gerichtet,  die  sich  auf 
Sammlung  von  Subskriptionen  auf  den  Messias  bezichen  und  den  ideali- 
scheu  Sänger  als  praktischen  Geschäftsmann  vorführen.  —  Schliefslich 
beziehen  sich  auch  ein  paar  Zeilen  von  Schiller  und  Goethe  auf  geschäft- 
liche Angelegenheiten. 

Goethes  Egmont.     Mit    Einleitung    uud  Anmerkungen   von  Prof. 
Ludwig  Blume.     Wien,  Gräser,  1888.     25  Kr. 

Die  Ausgabe  gehört  zu  Gräsers  Schulausgaben  klassischer  Werke, 
redigiert  von  Prof.  J.  Neubauer,  und  nimmt  unter  diesen  eine  hervor- 
ragende Stelle  ein.  Der  Text  ist  nach  den  besten  gedruckten  Quellen, 
besonders  nach  der  Ausgabe  von  Schröer  hergestellt.  Die  Anmerkungen 
sind  knapp  gcfaCst,  enthalten  aber  alles  Nötige.  Im  vierten  Aufzug,  in  dem 
Gespräche  zwischen  Alba  und  Silva,  fafst  der  Herausgeber  die  schwierige 
Stelle  wie  Zürn  (s.  oben  S.  222),  aber  die  Schwierigkeiten  dieser  Erklärung 
hebt  er  nicht  hervor.  Dem  Texte  geht  eine  ausführliche  Einleitung  voraus, 
die  auf  sorgfältigen  Vorarbeiten  beruht  und  von  einer  gründlichen  Kennt- 
nis der  Goethe-Littevatur  zeugt:  1.  die  Entstehung  des  Dramas,  2.  und  o. 
die  dramatische  Idee  und  Einkleidung  der  dramatischen  Idee.  IMan  wird 
mit  Vergnügen  diesen  Abschnitt  lesen,  sich  aber  fragen,  ob  er  nicht  über 
das  Verständnis  eines  Schülers  hinausreicht.  Der  vierte  Abschnitt:  der 
geschichtliche  Stoff  und  seine  Behandlung,  liespricht  sowohl  die  Personen, 
namentlich  den  Haupthelden,  wie  auch  Ort  und  Zeit  der  Handlung. 
Sehr  ausführlich  ist  danuif  die  K(jmposition  des  Dramas  dargelegt,  die 
hier  gebotenen  Dispositionen  werden  namentlich  für  den  Schüler  sehr 
fruchtbar  sein,  wie  sie  auch  die  früheren  Charakteristiken  vertiefen.  Die 
beiden  letzten  Abschnitte  zeigen  ebenfalls  die  sorgfältige  rmschau  auf 
dem  Gebiete  der  hierher  gehörigen  Litter;itur.  Es  ist  also  das  Buch  als 
eine  erfreuliche  Erscheinung  zu  begrüfsen. 

Heinrich  von  Kleists  Hermannsschlacht.  Ein  Drama.  Für  Schule 
und  Haus  erklärt  von  L.  Zürn,  l'rofessor  am  Gyumasium 
/u  l^astatt.     Leipzig,  Wartig,  1888.     2  IMk. 

Die  Ausgabe  ist  mit  grol'scr  Liebe,  mit  Begeisterung  veranstaltet; 
man  sieht  überall  ein  feines  Eindringen,  eine  gute  Bekanntschaft  mit 
allem,  was  über  Kleist  geschrieben  ist.  Auf  die  ausführlichen  .\ufsätzc 
von  K.  Weii'senfcls  über  die  französischen  und  antiken  Elemente  im  Stil 
lies  Dichters  im  Archiv  LXXX,  2^5— :!12,  r>C.9 — HC  konnte  er  nicht  mehr 
Rücksicht  nehmen,  sie  würden  ihn  veraidafst  haben,  noch  tiefer  in  das 
Werk  einzudringen.  Zuerst  ist  der  vollständige  Text  des  Dramas  mit 
erklärenden,  mitunter  zuviel  erklärenden  Anmerkungen  gegeben.  Hierzu 
sei  l)emerkt,  dals  der  gleich  im  Anfang  auftretende  Fürst  Seigar  im 
Personenverzeichuis  übergangen  ist;  auch  kann  es  nicht  zweifelhaft  sein 
(S.  -1),  dals  .,die  Scheitel''  .sich  auf  die  angeredete  Person  bezieht,  also 
Singular  ist;  S.  27  zu  „ratzenkahl"  statt  rattenkahl  konnte  auf  die  Ab- 
leitung von  radikal  hingewiesen  werden.  Sehr  umfangreich  ist  dann  der 
Anhang.     Zuerst    die    Analyse   der   einzelneu   Auftritte    und    Akte    nach 


Beurteiluugeu  iiiicl  kiirz<^  Anzeigen.  359 

Form  und  Inhalt  in  Frageforni ;  sie  soll  zur  Vorbereitung  dienen,  führt 
den  Schüler  unzweifelhaft  gründlich  in  das  Drama  ein,  erregt  aber  durch 
ihre  Ausführlichkeit  das  Bedenken,  dafs  sie  von  der  Übersicht  des  Ganzen 
abzieht.  Gut  ist  die  Auseinandersetzung  über  die  historische  Grundlage; 
die  aufserordentlich  vielen  Abweichungen  von  der  Geschichte  sind  mit 
Kecht  dadurch  erklärt,  dafs  das  Drama  Tendenzdichtung  ist,  aber  nicht 
alle  lassen  sich  damit  rechtfertigen.  Die  ausführlichen,  recht  guten  Be- 
merkungen über  den  Stil  des  Dramas  liefsen  sich  noch  durch  die  an- 
geführte Abhandlung  von  Weifsenfels  erweitern. 

Franz  Grillparzer  als  Dichter  des  Tragischen.  Von  Joh.  Volkelt, 
Prof.  der  Philosophie  an  der  Universität  zu  Basel  (jetzt  zu 
AVürzburg).     Nördlingen,  Beck,  1888. 

Der  Verf.  ist  ein  begeisterter  Verehrer  des  Dichters ;  er  hat  sich  nicht 
blofs  in  ihn  hiueingelebt,  er  ist  auch  mit  der  gesamten  Grillparzer- 
Litteratur  wohl  vertraut.  Das  Buch  aber  durchzulesen,  macht  einige 
Mühe;  einmal  vermifst  man  Präcision,  der  Verf.  wiederholt  sich  oft,  führt 
einfache  (ledankeu  weit  aus,  so  dafs  man  nach  Lesung  mehrerer  Sätze  sich 
sagen  mufs,  das  liefse  sich  ja  in  wenigen  Worten  zusammenfassen;  ander- 
seits ist  die  Sprache  nicht  einfach,  der  Verf.  liebt  neu  gebildete,  vornehm 
und  tief  klingende,  nicht  gefällige  Ausdrücke,  z.  B.  die  Inneulebendigkeit 
des  Dichters,  ein  Xichtseinsollendes,  die  vereinseitigt  entstellten  Erschei- 
nungen des  Menschlichen,  das  freie  und  sichere  Ausgestalten  umfassender 
kühner  origineller  Synthesen,  die  Unausgeglichenheit  zwischen  dem  weichen 
zurückgezogeneu  Innern  u.  ä.  —  Er  beschränkt  sich  lediglich  darauf, 
Grillparzer  als  dramatischen,  genauer  als  tragischen  Dichter  zu  betrach- 
ten, ihn  als  Genius  darzustellen,  und  zwar  so,  dafs  er  seine  Gedichte 
nicht  in  chronologischer  Folge,  also  nach  dem  Entwickeluugsgange  des 
Dichters,  sondern  nach  bestimmten  Kategorien  untersucht.  Er  bekämpft 
manche  entgegengesetzte  Auffassung  mit  Geschick  und  Erfolg,  muls  aber 
auch  mit  offenbarem  Widerwillen  manche  Fehler  zugestehen.  Er  hebt 
die  einheitliche  Kraft  hervor,  mit  der  G.  den  tragischen  Kernpunkt  durch 
die  mannigfaltige  Handlung  liiudurchführt,  doch  wenn  der  Dichter  spä- 
ter auch  die  bunte  Vielgestaltigkeit  des  Lebens  uns  vorführen  will,  wird 
in  Shakespearescher  Weise  die  strenge  Einheit  mehr  gelockert.  So  zerfällt 
bei  ihm  das  Tragische  in  das  Tragische  der  tyinsch-mcuschlichen  und  der 
individuell-menschlichen  Art,  wie  sich  der  Verf.  ausdrückt,  was  Vischer 
das  Tragische  des  sittlichen  Konflikts  und  das  Tragische  der  einfachen 
Schuld  nennt.  Volkelt  zergliedert  die  Dramen  „König  Ottokar"  und  ^Ein 
treuer  Diener  seines  Herrn",  die  „Jüdin  von  Toledo",  in  welchen  beiden 
letzteren  Gedichten,  wie  er  in  etwas  schwerfälliger  Art  sagt,  der  Dichter 
uns  hat  vor  Augen  führen  wollen,  dafs  das  wirklich  Geschehene  sich 
nicht  darauf  einrichte,  die  Regelmäfsigkeit  der  Idee  abzuspiegeln,  sondern 
dafs  es  uns  durch  allerhand  Launen  überrasche;  dafs  in  so  vielen  Gedich- 
ten Grillparzers  die  Helden  dem  weiblichen  Geschlechte  angehören,  dafs 
in  ihnen  eine  Zurückgezogenheit  von  \Vollen  und  Handeln,  eine  Scheu 
vor  dem  specifisch  Männlichen  hervortritt,  dafür  findet  der  Verf.  den 
Grund  in  Grillparzers  eigener  Natur.  Es  folgen  die  Dramen  der  typisch- 
menschlichen Natur:  Sappho,  die  den  "\\'iderstreit  zwischen  ideal-strehen- 
der  Kunst  und  naiv  geniefsendem  Leben  vorführt,  recht  scharf,  wie  der 
Verf.  sagt,  besser  als  Goethes  Tasso:  denn  Held  Tasso  Itesitze  kein  deutliches 
Bewufstsein  über  die  seinem  Wesen  anhaftende  Schranke  und  kein  klares 
Verlangen  nach  Ergänzung  desselben;  der  priucipielle  (icgensatz,  um  den 
es  sich  handelt,  sei  bei  Grillparzer  bedeutungsvoller  gestaltet  als  bei 
Goethe.     Das   ist   eine   Ansicht,    die   von   merkwürdigem   3Iilsvcrständuib 


360  ßeurteiluugeii  und  kurze  Aiizeigeu. 

der  Goethescheu  Dichtung  zeugt.  Die  Tragödie  -Bruderzwist  in  Habs- 
burg"  bezeichnet  der  Verf.  als  Zwiespalt  des  stillen  ficiniites  und  des 
Ganges  der  Geschichte,  „Libussa"  als  das  Gemüt  in  beschaulicher  Einheit 
mit  der  Natur  und  die  Kidturarbeit.  In  diesem  Drama  spreche  sich 
die  Gruudstimmung  des  Dichters  aus,  nämlich  ^seine  Scheu  vor  dem 
rationellen  Fortschreiten  der  Kiüturarlieit".  ^Medea"  wird  in  ähnlicher 
Weise  bezeichnet  als  Entwickehmg  der  ^Ienschlic;hkeit  der  uugcbändig- 
ten  Natur  und  der  Menschlichkeit  des  schönen  Maises.  In  dem  Drama 
„Der  Traum  ein  Leben''  lindet  der  Verf.  besonders  die  scheue,  im- 
sichere  Haltung  des  Dichters  gegenüber  dem  Leben  wieder,  dem  das 
Glück  einzig  in  des  Inneren  stillem  Frieden  besteht;  den  Grundzug 
seines  Wesens,  das  Mifstrauen  gegen  die  (jflentlichkeit,  seine  Selbstver- 
kleiuerungssucht  habe  der  Dichter  nicht  ül)cr\viuden  können,  doch  wieder 
habe  sich  damit  ein  starkes  und  hohes  Streben,  ein  leidenschaftliches 
Fühlen  verbunden,  das  habe  das  tragische  Element  in  seinem  AVesen  ge- 
bildet. Diesem  Wesen  gemäfs  seien  ihm  vor  allem  gelungen  ,,lieblich 
eingeschränkte,  halb  unbewulst  webende,  dabei  vielumfassende  weibliche 
Gemüter",  diesen  halbdunkleu  mystischen  Charakter,  etwas  Dämonisches, 
Unwiderstehliches  habe  die  Liebe  in  seinen  Tragödien,  besonders  in  Hero 
und  Esther.  Einmal  hat  Grillparzer  eine  Schicksalstragödie  gedichtet:  gegen 
den  Fluch  des  Schicksals,  das  sagt  „die  Ahnfrau",  kämpfen  vergeblicli  die 
scheinbar  freien  Menschen ;  aber  das  Schicksal  hat  trotz  aller  Unvernunft 
doch  mehr  Einfachheit  und  Würde  als  bei  Werner  nml  Müllner.  Dafs 
überhaupt  in  Grill])arzers  Werken  die  hohe  und  stille  Trauer  der  End- 
lichkeit, das  Geheimnis  der  Vergänglichkeit  alles  Irdischen  sich  ausspreche, 
das  ist  nach  des  Verf.  Ansicht  dasjenige,  was  ihn  zu  einem  grofsen 
tragischen  Dichter  gemacht  hat. 

Herford.  Hol  seh  er. 


I 


Deutsches  Wörterbuch  von  Jakob  Griniin  und  \\'ilhehii  Grinun. 
Siebenter  Band,  N  O  P  Q,  l)oarbeitet  von  Dr.  M.  Lexer. 
Leipzig,  S.  Hirzel,  1889.     VII  und  2386  Sp. 

Als  vor  nunmehr  fast  einem  Decennium  für  das  Deutsche  ^\^">rterbuch 
die  Hilfe  des  auf  dem  Gebiete  der  deutschen  Lexikographie  und  Dialekt- 
forschung vortrefl'lich  bewährten  Professors  Math.  Lexer  gewonnen  war, 
konnte  der  siebente  Band  des  grofsen  L^nternehmens,  welcher  die  Buch- 
staben N  ()  P  Q  umfassen  sollte,  in  Angriff  genommen  werden.  Die 
erste  Lieferung  (X  bis  Nacht /.(jallstimmej  wurde  im  Augut  1881  versandt; 
Anfang  1885  war  bereits  die  sechste,  April  1887  die  neunte,  endlich 
Februar  1889  die  zwölfte  und  letzte  in  den  Händen  der  Abonnenten. 
So  ist  abermals  ein  stattlicher  Band  den  bisher  vollendeten  hinzugefügt, 
der  Stärke  nach  der  dritte.  Es  liegen  jetzt  vor:  Band  I  bis  III;  Band  IV, 
erste  Hälfte,  erste  Abteilung;  von  der  zweiten  Abteilung  sieben  Lieferun- 
ixen  —  das  heilst  von  A  bis  Gchik/.  Ferner  Band  IV,  zweite  Hälfte, 
V,  VI,  VII,  VIII,  Lief.  1,  2,  3  —  das  heifst  von  //  bis  h'cirft;  Bd.  XII, 
I^ief.  1  bis  L' :  V  bis  Vcrrjchcu.  Es  fehlen  demnach  noch  das  Stück  von 
ifi'unij  bis  zum  Schlüsse  des  Buchstaben  G,  das  seiner  Vollendung  durch 
Rud.  Hildebrand  harrt;  von  h'ricli  an  der  Pest  des  Buchstaben  R,  an 
dem  Moritz  Heine  arbeitet,  die  Buchstaben  S  T  U,  endlich  der  Schlnls 
vt)u  \'cr(jrbcu  an,  welcher  E.  Wülcker  anvertraut  ist.  Die  letzte  Lieferung 
aus  der  Feder  Hildebrands  ((IriiiiU  bis  Gesnny)  erschien  im  April  1886, 
aus  Heynes  (Recht  bis  Reich)  im  Mai  1887,  aus  Wülckers  {Vcrdniiniien 
bis  Ver(jd)eii)  im  Mai  188>*.  IL  L. 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen.  361 

Ramiro  Barbaro  di  San  Giortiio,  Praktii^clic  (iramiuarik  der 
italieDisehen  Sprache.  Leiclitfarslicher  Leitfaden  zur  Erlernunj; 
derselben   für  Deutsche.     Leipzig,  1888.    VIJI    und  200  S. 

Der  Verfasser,  „Docent  der  italieuisclieu  Litteratur  an  der  Huniboldl- 
Akadeinie  und  dem  Viktoria-Lyceum  in  Berlin^,  hat  von  seiner  Befähigung, 
ein  solches  Lehrbuch  zu  schreiben,  eine  sehr  hohe  Meinung.  An  .Stelle 
des  Vorwortes  findet  sich  ein  ^Erklärung  der  Methode  (Au  den  Lehrer)" 
überschriebeuer  Aufsatz,  welcher  anhebt:  „Diese  Grammatik  ist  das  Er- 
gebnis laug  jähriger  praktischer  Lehrthätigkeit  und  die  ]\Iethodc  derselben 
hat  vorzügliche  Erfolge  erzielt."  Nuu,  es  ist  ja  möglich,  dafs  die  Per- 
sönlichkeit des  Professors  —  S.  1()  giebt  er  seinen  Familiennamen  in  einem 
Lehrbeispiel  „Mi  scusi,  siguor  di  Sau  Giorgio"  —  manchen  in  seinen 
Augen  vorzüglichen  Erfolg  zu  stände  gebracht  hat.  Ob  aber  deshalb 
seine  Methode  für  weitere  Kreise  und  für  ein  Lehrbuch  tauge,  darf  man 
bezweifeln.  Insonderheit  scheint  mir  ein  Mifsgriff",  dafs  ein  bedeutender 
Raum  liier  mit  „fehlerhaften  Exercitien"  verbraucht  ist,  in  welchen  mau 
alle  erdenklichen  Mifsgrifte  der  Lernenden,  schön  gedruckt,  vorgehalten 
bekommt,  um  sie  dann  selbst,  gewarnt,  sicher  vermeiden  zu  kimnen.  Die 
alte  Lehrregel  aber,  das  Falsche  gar  nicht,  weder  dem  Ohr  noch  dem 
Auge  vorzuhalteu,  stets  nur  das  Richtige  und  Beste  zu  zeigen,  ist  doch 
nicht  so  leicht  aufzugeben ;  man  weifs,  wie  gern  das  Gedächtnis  ein  zu- 
fällig ihm  dargebotenes  Bild,  ohne  Frage,  ob  es  das  beste,  ob  es  gut  und 
richtig  sei,  festhält.  Also  offenbare  Böcke,  F'ormfehler  u.  s.  w.  hier 
sauber  vorzuführen,  das  heifst  Druck  und  Papier  verschwenden. 

Zur  Methode  des  Verfassers  gehört  ferner  ein  unglückliches  Verdrehen 
der  hergebrachten  vernünftigen  Reihenfolge  der  grammatischen  Gegen- 
stände. Kann  es  z.  B.  etwas  Verwegeneres  geben,  als  zuerst  (in  Abschnitt  2<() 
von  der  Höflichkeitsform,  der  Anrede  iu  der  3.  Sing.  —  Ella  ha  razione, 
Lei  ha  razione,  ha  razione  =  Sie  haben  recht  —  zu  handeln  und  d  a  n  n 
(Abschnitt  21)  von  den  persönlichen  Fürwörtern  ?  Auf  S.  91  wird  gelehrt, 
es  heilst  bei  Angabe  des  Datums  i!  24,  nicht  il  24™"^',  und  S.  !'3  werden 
erst  die  Zahlen  gelehrt!  Nicht  besser  als  die  JMethode  kommt  der  Lehr- 
stofi"  bei  dem  Verf.  weg.  Er  meint  als  Italiener  alles  zu  besitzen,  nur  so 
aus  dem  Ärmel  schütteln  zu  können  und  Diez,  Blanc  oder  meine  Sprach- 
lehre nicht  nötig  zu  haben.  Da  fehlt  es  denn  nicht,  dafs  er,  zumal  bei 
der  angedeuteten  unnützen  Raumverschwenduug,  in  wichtigen  Dingen  oft 
dürftig,  mehrfach  verworren  ist,  und  mitunter,  man  sollte  es  nicht  glau- 
ben, auch  Falsches  giebt.  Wie  viele  verunglückte  Lehrbücher  der  italieni- 
schen Sprache  weifs  auch  dieses  uns  nicht  zu  sagen,  was  geschlossenes 
e  o  und  was  offenes  ist;  es  hat  viele  und  gute  Beispiele  für  beides,  aber 
wie  sich  diese  nun  unterscheiden,  wie  sie  verschieden  klingen,  das  mul's 
uns  der  Lehrer  sagen,  das  Buch  enthält  keine  Silbe  darüber.  Verf. 
kennt  nur  andrö  ohne  e,  doch  die  Promessi  sposi  haben  in  der  allgemein 
gültigen  Schulausgabe  des  Manzoni  von  1840  stets  anderö.  Recht  ver- 
worren ist  es,  von  „g  wenn  die  Silbe  li  folgt"  (S.  2)  zu  reden,  wenn  es 
sich  um  gli  als  Zeichen  für  das  geschmolzene  1  handelt.  Ebenso  wird 
über  die  licrsönlichen  Fürwörter  berichtet.  „Die  Pronominal  -  Partikeln 
verwandeln  den  Endlaut  e  des  Fürwortes  in  i  und  lassen  das  o  von  voi 
wegfallen;  nie  te  voi  —  mi  ti  vi."  Und  nun  noch  das  Allerbeste!  _  r Aus- 
genommen davon  ist  die  erste  Person  Plur.,  die  auch  n  in  c,  uoi  in  ci 
verwandelt."  Schon  früher  habe  icli  daran  erinnert,  dafs  es  falsch  ist, 
Siguor  Paolo  zu  betonen,  da  Signör  durch  den  unmittelbar  folgenden 
Titel  oder  Namen  (vgl.  S.  :!]  m.  Ital.  Spracld.,  Hann.  iss-j)  den  Accent 
verliert;  unser  Verf.  (S.  0)  weifs  es  auch  nicht.  Vado  chiedcndo,  meint  er, 
heifse  „ich  frage  jetzt",  statt  „ich  frage  fortwährend"  (S.  65);  zu  si  sta  facendo 
merkt  er  an  „im  BegrifT  sein",  und  es   mufs  heifsen  ^soeben  thuu,  dabei 


362  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

sein  zu  thun"  (stare  per  füre  lieifst  im  Ucgrifi"  sein  zu  thun,  ni.  Sprachl. 
8.  IMl).  Solche  MiCsgrirt'e  haben  wohl  iiire  Erklärung  darin,  dai's  der 
Verf.  über  die  ihm  geläufige  Sprache  zu  wenig  nachgedacht  hat.  So 
verhält  es  sich  offenbar  auch,  wenn  er  die  Endung  ofto  schlechtweg  für 
verkleinernd  angiebt  (S.  2ii),  wenn  nit>,i  i=  nl  ai/c/ie  gesetzt  wird,  während 
es  ^vielmehr,  im  Gegenteil",  lateinisch  ^immo"  ist  (s.  Sprachl.  S.  147). 
..Vergelt"  statt  v, vergilt"  (S.  152)  führt  auf  die  Vermutung,  wenn  giacche 
obschon  (!)  richtig  unter  den  begründenden  Bindewörtern  steht  (S.  IH^), 
so  möchte  es  ein  Versehen  in  der  Handhabung  des  Deutschen  sein,  doc^h 
kann  auch  Schwäche  oder  Flüchtigkeit  des  Druckes  an  diesem  „obschon" 
die  Schuld  haben.  Wenn  purch^  S.  160  mit  der  Bedeutung  „damit"  und 
S.  172  unter  den  bedingenden  Konjunktionen  mit  Konjunktiv  und  in 
einem  Beispiel,  wo  es  schlechthin  mit  „wenn"  übersetzt  wird,  erscheint, 
so  ist  dem  Verf.  das  Wesen  dieses  Bindewortes  schwerlich  mehr  als  halb 
klar  geworden. 

Friedeuau.  H.  Buchholtz. 


Zeit  seil  n'fftn  f<rh  a  ii . 

Zeitschrift  für  deutsche  Philologie,  begründet  von  Julius  Zacher. 
Zwanzigster  Band.     Halle,  Waisenhaus,  1887,  1888. 

Nach  dem  am  2:!.  März  1H87  erfolgten  Ableben  des  Prof.  .lulius 
Zacher  ging  die  Leitung  der  Zeitschrift  an  Prof.  H.  Gering  und  Prof. 
Konr.  Zacher  über;  mit  dem  XXJ.  Bande  liegann  eine  neue  Folge  unter 
Gerings  Leitung.  Ein  wohlgetrofl'enes  Porträt  Julius  Zachers  schmückt 
den  XX.  Band. 

Abhandlungen:  Die  Waldenser  und  die  deutsche  Bibelübersetzung. 
Von  Georg  P^llinger.  S.  l — :^7.  Bcstrebiuigcn  auf  dem  Gebiete  der  I^uther- 
grammatik  im  l'J.  Jhdt.  Von  .Toh.  J^uther.  S.  ;'>7 — I!'.  Eine  Quelle  zu 
Schillers  Braut  von  Messina.  Von  G.  Kettner.  S.  !!• — 51  (weist  hin  auf 
Brydones  Reise  durch  Sicilien  und  Malta  u.  s.  w.  Leipzig  1771).  Quellen- 
studien zur  Litteraturgeschichte  des  18.  .Ihdts.  Von  J.  Minor.  S.  -»-^ — 8(i. 
(L  Zur  Hamburgischen  Preisau.sschreibuug.  IL  Schiller  und  Leisewitz. 
HL  Die  Räuber  und  Goethes  (lötz  von  Berlichingen.  TV.  Schiller  und 
Shakespeare.  V.  Zu  Schillers  Spaziergang  und  Tiecks  gestiefeltem  Kater. 
VL  Zum  Venuswagen.  VH.  Zu  (roethe.  VHL  Zu  (Joethes  natiirwissen- 
schaftlichen  Schriften.)  Aus  der  Wittenberger  Universitätsmatrikel  l"i(i(l  bis 
\mi  Von  .loh.  Bolte.  S.  80—88.  Quelle  und  Schluls  des  Vorauer 
Alexander.  Von  K.  Kinzel.  S.  88 — 97.  Zur  Litteratur  des  lat.  Schau- 
spiels des  l(i.  .Ihdts.  Von  Hugo  Holstein.  S.  !'7  — 108.  Verbum  und 
Nomen  in  Notkers  de  syllogismis,  de  jtartibus  logicie,  de  rhetorica  arte, 
de  musica.  Von  .Tob.  Kelle.  S.  121'-  l.Mi.  Ein  Pasquill  aus  der  Zeit  des 
Schmalkaldischen  Krieges.  V(m  E.Matthias.  S.  I-M  — 18!).  Über  Anein- 
anderreihung der  Strophen  in  der  mhd.  Lvrik.  Von  H.  Giske.  S.  18!»  bis 
202.  Zur  Kritik  des  Nibelungenliedes  VHL  Von  Kettner.  S.  202—225. 
Particip  des  Präteritums  in  passivischer  Bedeutung  mit  haben  statt  mit 
sein  verbiuiden.  Von  O.  Erdmann.  S.  226.  Der  Teufel  in  deutschen 
Geschlechtsnamen.  Von  K.  G.  Andresen.  S.  227 — 2:^0.  Zur  Domscene 
des  Goetheschen  Faust.  Von  G.  Kettner.  S.  2.'?0 — 2;>2.  Der  Dramatiker 
Marcus  Pfefler.  Von  H.  Holstein.  S.  282 — 2'M.  Das  Gedicht  von  Joseph 
nach  der  Wiener  und  der  Vorauer  Hs.  Von  P.  Piper.  S.  2.57-  28l>, 
4:'>o — J81.  (Text.)  Christian  Reuter  und  seine  Komixlien.  Von  Ellinger. 
S.  2!10- a21.  Das  Märchen  von  Hans  Pfriem.  Von  Job.  Bolte.  S.  :'.2.5  bis 
;V26.  Schiller-Studien  von  G.  Kettner.  S.  ;'>oti — 'Mh.  (1.  Das  Berglied. 
2.   Thekla,  eine  Geisterstimme,     o.   Talbots   Monolog.)    Ein   unbekanntes 


Beurteilnugeu  iiiid  kiir/.c  Aiizeigeu.  363 

Drama  von  Leonhard  Culinauu,  von  H.  Holstein.  >S.  Iv-Ki— :!.)ft.  Julius 
Zacher.  Beitrag  zur  Geschichte  der  deutschen  Philologie.  Von  K.  Wein- 
hold.    S.  ;«5— 4'2i\     Simon  Lemuius.     Von  H.  Holstein.     8.  481—487. 

Miscellen:  Lexikographisches  von  Birlinger.  S.  238—247,  349—860, 
487—494.  Bericht  über  die  Züricher  Philologenversammlung.  Von  A.' 
Bachmann.  S.  495  u.  s.  w.  Anzeigen  und  Beurteilungen.  —  Der  Band 
schliefst  mit  einem  Aufruf  .\ur  ErrichUuuj  eines  G rabdenkmah  für  Julius 
Zacher.  Zur  Annahme  von  Geldbeiträgen  ist  der  Administrator  der  Buch- 
handlung des  Waisenhauses,  Herr  A.  Schürmann,  bereit. 

Germania.  Vierteljahrsschrift  für  deutsche  Altei-tiiinskiuKlo. 
XXXII.  Jalirgang.  Neue  Reihe,  XX.  Jahrgang;.  Wien, 
Gerold,  1887. 

Reinh.  Bechstein,   Anmerkungen   zu   Heinrichs  von  Freiberg  Tristan. 

B.  1—48.  (Hauptsächlich  Handschriftenmaterial.)  F.  Pfaff,  Die  Hand- 
schrift des  Eeinolt  von  Montalban.  S.  49 — 1;5.  F.  Grimme,  Anklänge  an 
das  deutsche  Volksepos  in  Ortsnamen.  S.  H5 — 72.  (Nach  den  Sagen- 
kreisen geordnet;  manches  recht  fraglich.)  F.  Vetter,  Lateinische  und 
deutsche  Verse  und'  Formen  aus  einer  Basler  Hs.  S.  72 — 77.  Neuvvirth, 
Die  Z wettler  Verdeutschung  des  Cato.  S.  78—92  (Text).  F.  W.  F.  Roth,' 
Ein  nd.  (ledicht  des  15.  Jhdts.  über  das  Weltende.  S.  98 — 97.  (Text  aus 
einer  Darmstädter  Papierhs.)  G.  Ehrismann,  Paulinzeller  Rennerbruch- 
stücke. S.  97—98.  (Varianten  einer  Hs.  aus  dem  14.  Jh.)  A.  Jeitteles, 
Mitteilungen  aus  Grazer  Handschriften.  S.  99 — 116.  (Legende  vom  heil. 
Ludwig  von  Toulouse.)  F.  Bech,  Zu  Kudrun,  Zu  Walther  25,  85  f. 
S.  llt» — 120.  (Stelle  ist  ^^  stelle  des  satelhogeu:  am  Sattel  pflegt  die  iintlhe 
zu  sitzen,  dort  ist  sie  festgeschnallt.)  M.  ()rtner,  ITlrich  von  Lichtenstein 
und  Steinmar.  S.  120 — 125.  (Steinmar  parodiert  -vielfach  Ulrich.) 
K.  von  Amira,  Zur  Textgeschichte  der  Frostuthingsbok.  S.  129 — 164. 
A.  Nagele,  Die  Chronologie  der  Sprüche  Walthers  von  der  Vogelweide. 
S.  165—196,  257—297.  Paul  Walther,  Zu  Walther  von  der  Vogelweide. 
S.  197—222,  299—880.  F.  Losch,  Die  mit  dem  SuffLx  ni  gebildeten 
Verbalabstrakta  im  Gotischen.  S.  228 — 245.  K.  Bartsch,  Der  I\füttinger. 
S.  246—258.  Roth,  Mitteilungen  aus  Darmstädter  Hss.  S.  258—256. 
Altdeutsche  Hs.  der  Bibl.  zu  Darmstadt.  S.  888—851.  K.  Krüger,  Otfried  II, 
4,  16.  S.  297  f.  R.  Sprenger,  Zu  Kudrun.  S.  880  f.  C.  Marold,  Ahd. 
Glossen.  851—355.  A.  Jeitteles,  Zur  nhd.  Syntax.  S.  356— .861.  H.  v.  Wlis- 
locki,  Die  Ragnar  Lodbroksage  in  Siebenbürgen.  S.  9,^^'!—'^^^.  F.  Grimme, 
Beiträge  zur  Geschichte  der  älteren  Minnesänger.     vS.  867 — 878.,  411 — 426. 

C.  JMarold,  Otfrieds  Beziehungen  zu  den  biblischen  Dichtungen  des  Juve- 
neus  etc.  S.  885 — 411.  H.  Schnell,  Zu  den  Münchener  Bruc-nstücken  von 
Marienlegenden.  S.  427 — 482.  von  Wlislocki,  Die  Mäuseturmsage  in 
Siebenbürgen.  S.  482 — 451.  S.  Singer,  Verzeichnis  der  in  der  erzbischöf- 
lichen Diöcesanbibliothek  zu  Erlau  vorhandenen  altd.  Codices.  S.  '\X\  bis 
487.  Zum  Willehalm  Wolframs  von  Eschenbach.  S.  490.  K.  Bartsch, 
Bruchstücke  aus  Strickers  Karl.     S.  488- — 190.     Miscellen  etc. 


Miscellen. 


Dumas  fils   über  Victor  Hugo. 

Bei  der  Aufnahme  Lecomte  de  Lisi  es  iu  die  Academie  nach  dem 
Tode  des  gröfsten  Lyrikers  unter  den  Zeitgenossen  (8L  März  1887)  hatte 
Alexander  Dumas  fils  die  übliche  Begrüfsiingsrede  zu  halten,  in  welcher 
sowohl  der  Kandidat,  als  sein  verstorbener  Vorgänger  gepriesen  werden 
sollen.  Die  glanzvolle  Rede,  von  welcher  Krefsner  iu  der  Franco-Gallia 
(IV,  185  fi'.)  einen  längeren  Auszug  bringt,  war  nicht  frei  von  ironischen 
Pointen.  Vor  zwanzig  Jahren  kannte  Dumas  für  den  Verbannten  bereits 
nicht  mehr  die  allgemeine  grenzenlose  Ehrfurcht,  wie  folgende  Zeilen  aus 
der  vom  10.  April  18()8  datierten  Vorrede  zu  .,le  Fils  Naturel"  (l'i. 
Januar  1858)  darthun : 

Gloire  ä  celui-lä!  vS'il  etait  reste  sur  le  sol  natal,  s'il  etait  ä  portee 
de  nos  coups,  Dieu  sait  ce  que  nous  lui  jetterions  ä  la  face;  mais  la 
fortune,  dans  sa  bizarrerie,  en  a  decide  autrement.  II  s'est  constitue 
centre  au  railieu  de  l'Ocean,  les  pieds  sur  un  rocher,  le  front  dans  la 
uue.  C'est  trop  loin  et  c'est  trop  haut!  nos  armes  ne  j)ortent  pas  lä. 
Patience!  II  aura  bien,  uu  jour  ou  l'autre,  son  heure  de  negligence, 
d'oubli,  de  foi.  II  sortira  de  ses  brumes;  il  descendra  de  son  piedestal; 
il  s'aventurera  sur  les  flots;  il  verra  alors  ce  qui  se  passera!  Ah!  tu 
nous  as  impose  le  respect,  l'admiration,  la  distance!  Ah!  tu  t'es  fait 
victime!  Ah!  tu  etais  riebe!  Ah!  tu  ne  travaillais  que  quaud  tu  voulais 
et  tu  ne  disais  que  ce  qu'il  te  plaisait  de  dire!  Ah!  nous  u'etions  pas 
de  ta  taille!  Ah!  tu  as  ete  le  geant  Athos,  tu  as  retourue  une  ile  an- 
glaise,  tu  t'y  es  taille  une  montagne  et  tu  t'es  plante  au  sommet,  dieu, 
autel  et  pretre,  et  tu  redescends  parmi  les  hommes!  A  notre  tour!  et 
rira  bien  qui  rira  le  dernier.  Äleurs  la-bas,  je  te  le  couseille,  change-toi 
bien  vite  en  statue: 

Couvrant  cette  ilo  de  ton  ailo, 
Dans  (|uelque  attitude  etenicllc 
De  genie  et  de  majeste! 

que  ton  Calvaire  soit  ton  tombeau  comnie  il  a  ete  ton  temple!  Apr^s 
avoir  ete  Athos,  sois  Eucelade!  c'est  le  seul  moyeu  pour  toi  de  remuer 
encore  un  peu  la  terre  quand  tu  ne  seras  plus  dessus,  mais  dessous.  En 
attendant,  veux-tu  savoir  la  verite,  cette  verite  vraie  que  ne  savent  Jamals 
ni  les  emigres  ni  les  rois?  Je  vais  te  la  dire...  Non;  j'aime  mioux  me 
taire,  tu  ne  saurais  plus  m'ecouter  et  tu  no  jiourrais  plus  me  croire. 
Reste  dans  tes  nuages  et  dans  tes  illuslons.  <  Jue  l'atlaire  se  regle  maintenant 
entre  toi  et  Dieu,   puisque  tu  as  voulu  le  regarder  en  face,     (."est  ii  plus 


Miscellen.  365 

simple  que  nous  devons  nos  consolations,   si  nous  avons  encore  le  temps 
d'en  offrir. 

Diese  sehr  charakteristische  Stelle  schemt  bis  jetzt  unbemerkt   ge- 
blieben zu  sem.  Joseph   Sarrazin. 


Zwm  Andenken  Thomsons. 

Im  Park  zu  Eichmond,  au  der  Stelle,  wo  mau  die  schöue  Aussicht 
auf  das  liebliche  Themsethal,  hat,  befindet  sich  eiue  einfache  weil'se  Holz- 
tafel, welche  in  schwarzer  Ölfarbe  ein  Gedicht  zu  Ehren  des  Dichters 
Thomson  trägt,  der  bekanntlich  in  Richmond  lebte  uud  seine  „Jahres- 
zeiten'' schrieb.  Da  mir  nicht  bekannt  geworden,  ob  dies  Gedicht  irgendwo, 
und  namentlich  ob  es  in  Deutschland  schou  gedruckt  worden  ist,  so  teile 
ich  es  hier  mit.  Thomson  verdient  es,  dafs  man  seiner  in  Ehren  gedenke, 
und  sein  mir  unbekannter  Lobredner  hat  sich,  wie  mir  scheint,  seiner 
Aufgabe  in  würdiger  Weise  entledigt;  mit  ganz  besonderem  Interesse  liest 
man  allerdings  die  Verse  an  Ort  und  Stelle.  (Ich  sah  die  Gedenktafel, 
wenn  ich  nicht  irre,  schon  im  Jahre  1861,  abgeschrieben  habe  ich  das 
Gedicht  1884.)  M.  K  r u  m  m  a  c  h  e  r. 

Lines  on  James  Thomson,  the  Poet  of  Nature. 

Ye  who  from  London's  smoke  aud  tunaoil  fly 

To  seek  a  purer  air  and  kinder  sky, 

Think  of  the  Bard  who  dwelt  in  youder  dell, 

Who  sang  so  svveetly  what  he  loved  so  well; 

Think  as  ye  gaze  on  these  luxuriant  bowers: 

Here  Thomson  loved  the  sunshine  and  the  flowers. 

He  who  could  paiut  in  all  their  varied  forms 

April's  young  blooms,  December's  dreary  storins, 

By  yon  fair  stream,  which  calmly  flows  along, 

Pure  as  bis  life  aud  lovely  as  bis  song, 

There  oft  he  roved.     In  yonder  churchyard  lies 

All  of  the  deathless  Bard  that  ever  dies. 

For  hei-e  his  gentle  spirit  lingers  still 

In  yon  sweet  vale  —  on  this  enchanted  hill, 

Flinging  a  holier  iut'rest  o'er  the  grove, 

Stirring  the  heart  to  poetry  and  love, 

Bidding  us  prize  the  favorite  scenes  he  trod, 

And  view  in  Nature's  beauties,  Nature's  God. 


Was  lieifst  „hecarre") 

Zu  den  Neubildungen  des  argot  boulevardier  parisien  gehört  das 
Wort  becarre,  das  ebenso  schnell  entstanden  ist  und  sich  Geltuug  ver- 
schaftt  hat  ^vie  Chic,  Vlan  und  Pschutt,  mit  welchen  es  fast  gleiche  Be- 
deutung hat. 

Ein  jNIensch  ist  h'carre,  wenn  er  sich  abends  von  U-J  Uhr  ab  in  den 
Frack  wirft  und  die  feine  Welt  aufsucht.  Der  Mcarrc  hat  sj^itze  Scliulie, 
eine  enge  Hose,  eine  weifse,  weit  offenstehende  Weste.  Er  trägt  nur 
einen  Handschuh  an  der  linken  Hand  und  keine  Sclimucksaclien.^  Der 
becarre  hat  ein  steifes,  abgemessenes,  pedantisches  Weseji,  seinen  Ki>rper 
hält  er  kerzengerade,  sein  Gesicht  ist  ernst,  sein  Typus  ganz  der  eines 
Engländers.    Ihn  ziert  ein  hoher  und  steifer  Halskragen,  eine  weilse  Bin<le 


366  Miscellen. 

mit  kurzen  Schleifen.  Die  Enden  seines  gestutzten  Backenbartes  ziehen 
sich  bis  zu  den  Ohrläppchen ;  er  hat  einen  Schnurrbart,  der  Knebelbart 
ist  ihm  versagt.  Der  becarre  ifst  kein  Abendbrot,  legt  sich  früh  schlafen, 
um  mit  Tagesgrauen  aufzustehen  und  nach  dem  Bois  zu  reiten.  Lustig 
und  mitteilsam  sein  ist  nicht  becarre. 

Die  ausschliefsliche  Beschäftigung  mit  sich  selbst  und  lästige  Schweig- 
samkeit sind  die  Hauptkennzeichen  des  becarre.  Bei  Tisch  ist  es  becarre, 
wenn  man  sich  um  seine  Tischuachbarinnen  gar  nicht  kümmert,  sie  nicht 
bedient.  Der  junge  becarre  verschmäht  die  Joppe  und  das  Jackett;  es 
ist  viel,  wenn  er  diese  wenig  vornehmen  Kleidungsstücke  des  Vormittags 
anzieht.  Von  „mittags  zwölf  IThr  ah  sieht  man  ihn  im  kurzen,  engen, 
zugeknöpften  Ul)errock.  Pallien  engen  Überzieher  tragen,  unter  welchem 
die  Rockschöfse  vorkommen,  ist  becarre.  Der  becarre  hat  gemeinhin 
einen  Kahlkopf,  auf  welchem  die  unverschämtesten  sich  einen  Scheitel  zu 
machen  versnclien.  Der  becarre  ist  blasiert,  Vergnügen  findet  er  an  nichts. 
Ist  er  Ijerauscht,  so  ahmt  er  die  SLimnie  Barons,  des  becarrsteu  der  l'ariser 
Schauspieler,  nach. 

Une  femme  becarre  ist  gleichbedeutend  mit  une  femme  pourrie  de 
chic  i.  e.  trfes  bien  mise  oder  une  femme  qui  a  beaucoup  de  distinction. 
—  Riyauch  Biet,  d'argot  moderne.  [Villatte,  Parisismen,  Berlin  188S,  S.  22: 
hi-carre,  adj.  int.  (s/m.  musik:  Aufl<)sun"^szeichen,  Quadrat*)  --  chic, 
.  pschutt,  v'lan;  le  monde  du  dernier  ^  die  ausgesuchteste  Gesellschaft 
(Journ.  amus.  No.  1527);  les  vins  les  plus  ^  die  feinsten  Weine.  —  Red.] 

*  Vgl.  oben  S.   Ö7. 

Fraustadt.  Dr.  Thiem. 


I 


Bibliographischer  Anzeiger. 


Allgemeines. 

Conrad  Eethwisch,  Jahresberichte  über  das  höhere  Schulwesen. 
II.  .Tahrgang.  1887.  (Berlin,  1888,  Gärtner.)  144  u.  482  S.  (darin 
Deutsch  S.  1—4?.,  Französisch  S.  118—140,  Englisch  S.  141— ir,?.). 

Wolf  gang  Golther,  Die  Sage  von  Tristan  und  Isolde.  (München, 
Kaiser.) 

Seh  nie  ding,  Der  Aufenthalt  der  Neuphilologen  und  das  Studium  moder- 
ner Sprachen  im  Auslande.   2.  völlig  umgearb.  Aufl.   (BerUn,  Oppenheim.) 

\'erhandlungen  der  III.  Versammlung  des  Vereins  akademisch  gebildeter 
Lehrer  an  den  badischen  Mittelschulen.  (Karlsrulie,  Bielefeld.)  (Darin 
S.  7 — .31  der  Vortrag  des  Prof.  Gutersohn:  Zur  Frage  des  neu- 
sprachlichen  Unterrichts.) 

Wilh.  Victor,  Phonetische  Studien.  Zeitschr.  f.  wissenschaftliche  und 
praktische  Phonetik.     IL  Bd.  1.  Heft.     (Marburg,  Elwert.) 

G.  Völcker,  Die  Reform  des  höheren  Schulwesens  auf  Grund  der  ü.sten- 
dorf scheu  These:  Der  fremdsprachliche  Unterricht  ist  mit  dem  Fran- 
zösischen zu  beginnen.     (Berlin,  Springer.) 

Weitzenböck,  Zur  Reform  des  Spr.achunterrichts.  Mit  einem  Anhang 
über  die  österreichische  Realschule.     (Wien,  Gräser.) 

F.  V.  Westenholz ,  Die  Griseldissage  in  der  Litteraturgeschichte.  (Heidel- 
berg, Groos.)    (177  S.) 

Deutsch. 

Herm.  Dünger,  Die  Sprachreinigung  und  ihre  Gegner.  (Dresden, 
Albanussche  Buchdruckerei.) 

Goethes  Gespräche,  herausgegeben  von  W.  Freiherrn  von  Biedermann. 
(Leipzig,  Biedermann.)     1.  Lieferung. 

W.  Hauff',  Das  Bild  des  Kaisers.  Edited  with  an  Introduction,  English 
Notes  etc.  by  Karl  Breul.  (Cambridge,  University  Press.)  (l'itt 
Press  Series.) 

F.  Heinz,  Die  Lieder  Neidharts  von  Reuenthal  auf  Grund  von  M.  Haupts 
Herstellung  zeitlich  gruppiert  u.  s.  w.     (Leipzig,  Hirzel.) 

Friedr.  Klu^e,  Von  Luther  bis  Lessing.  Sprachgeschichtliche  Auf- 
sätze.    (Stralsburg,  Trübner.) 

Ludw.  Wirth,  Die  Oster-  und  Passionsspiele  bis  zum  ItJ.  Jhdt.  Bei- 
träge zur  Geschichte  des  deutschen  Dramas.    (Halle,  Niemeyer.)    (:'.')()  S.) 

Herm.  W  e  1  c  k  e  r ,  Dialektgedichte.     (Leipzig,  Brockhaus.) 

Englisch. 

JM.  D.  Berlitz,  The  Berlitz  Method  for  teaching  modern  Languages. 
English  Part.     First  Book.     (Berlin.  Croiibacli.) 


368  Bibliographischer  Aiizeiger, 

B.  teu  Brink,  Geschichte  der  englischen  Litteratur.  Zweiter  Band:  bis 
zur  Thronbesteigung  Elisabeths.     Erste  Hälfte.    (Berlin,  Oppenheim.) 

A...  Dam  mann,   Englische    Gedichte   für    den    iSchulgebrauch.     (Berlin, 

Öhmigke.) 
Rud.  Degeuhardt,  Select  Specimens  of  English  Litterature.    (Bremen, 

Heinsius.)     (2.  Aufl.) 
Karl    Th.    Gaedertz,    Zur   Kenntnis    der    altenglischen    Bühne    nebst 

anderen  Beiträgen  zur  Shakespeare-Litteratur.     (Bremen,  Müller.) 
L.   Morsbach,    Über   den   Ursprung   der  ueuenglischen    Schriftsj) räche. 

(Heilbronn,  Henninger.)     (188  S.) 
W.    Swoboda,    John    Heywood    als   Dramatiker.     (Wien,   Braumüller.) 

(Wiener  Beiträge  zur  deutschen  und  englischen  Philologie.  III.  I(i7  S.) 
George    Stormes    Materialien    zum   übersetzen    aus    dem    Deutschen 

ins  Englische.     Neu   bearbeitet  von  W.  Kasten,     o.   berichtigte  Aufl. 

(Hannover,  Meyer.)     (8()  8.)  1  Mk. 

K.    Weil's,    Richard    Briusley   Sheridan   als   Lustspieldichter.     (Leipzig, 

Fock  in  Com.) 
O.  Schultz,  Sammlung  englischer  Gedichte.     (Altenburg,  Bonde.) 
Thomas  R.  Price,  The  Constructiou  and  Types  of  Shakespeare's  Ver.se 

as  Seen  in  the  Othello.     Press  of  thc  New  Shakespeare  Society.     (Lon- 
don, Trübner.)  1  sh. 
Französisch. 

M.  D.  Berlitz,  Methode  Berlitz  pour  l'enseignemeut  des  langues  moder- 
nes.    Partie  francaise.     (Berlin,  Cronbach.) 

A.  Dam  mann.  Französische  Gedichte,  für  den  Schulgebrauch  aus- 
gewählt und  erklärt.     (Berlin,  ()hmigke.) 

Duruy,  Le  Siecle  de  Louis  XIV.  Herausgegeben  von  K.  A.  Martin 
Hartmaun.     (Berlin,  Friedberg  u.  Mode.) 

Em.  Feichtinger,  Abrifs  der  französischen  Syntax.     (Wien,  Holder.) 

E.  Hönncher,  Fahrten  nach  Mond  und  Sonne.  Studien  insbesondere 
zur  franz.  Litteraturgeschichte  des  17.  Jhdts.  (Opjjeln  u.  Leipzig,  Maske., 

Ad.  Horning,  Die  ostfranzösischen  Grenzdialekte  zwischen  Metz  und 
Beifort.     (Heilbroun,  Henninger.) 

J.  P.  Magnin  und  A.  Di  11  mann,  Elementarbuch  der  französischen 
Sprache.     2.  Aufl.     (Wiesbaden,  Bischkopff.) 

Aug.  Sc  he  1er,  Dictiounaire  d'ßtymologie  franyaise  d'aprfes  les  resultats 
de  la  science  moderne.     Troisieme  edition.     (Bruxelles,  Muquardt.) 

Alf.  Schulze,  Der  afrz.  direkte  Fragesatz.     (Leipzig,  Hirzel.) 

L.  Süpfle,  Französ.  Lesebuch  f.  d.  unteren  und  mittleren  Klassen  der 
Gymnasien  u.  s.  w.  Neunte  Auflage  verbessert  und  vermehrt  von 
Dr.  A.  ^lauron.     (Heidelberg,  Groos.) 

C.  Töpel,  Syntaktische  Untersuchungen  zu  Rabelais.  (Oppeln  u.  Leip- 
zig, Älaske.) 

Eugen  Wolter,  Lehr-  und  Lesebuch  der  französischen  Sprache.  II.  Teil. 
(Berlin,  Gärtner.)     (510  S.) 

Andere   r  o  ni  a  n  i  s  c  h  e    S  p  r  a  c  h  e  n. 

L.  Biadene,   Morfologia  del  Sonetto  nei  secoli  XIII  e  XIV.     (Studj  di 

Filologia  Romanza  publ.  da  Ernesto  Monaci.  Fase.  X.)  (Roma,  Ltvscher.) 
E.  Günthuer,  Calderon  und  seine  Werke.  2  Bde.  (Freiburg i.  B.,  Herder.) 
C.   M.    Sauer  und   H.    Runge,   Kleine  sjjanische   Sprachlehre  für  den 

Gebrauch  in  Schulen  und  zum  Selbstunterricht.    Methode  Gjispey-Otto- 

Sauer.     (Heidelberg,  Groos.) 
Rud.    Zenker,    Die    provem;alische    Tenzoiir.      Eine    litterarhistorische 

Abhandlung.     (Leipzig,  Vogel.)  2  ^Ik. 


Des  Ms.  Bodl.  779 

jüngere  Zusatzlegenden  ziu-  südlichen  Legendensaramlung. 

Mitgeteilt  von 

C.  Horstniann. 

(Schlufs.) 


Seint  oswiu  l>e  king  |)e  holy  marter.'     (20.  Aug.)  |f.  208j 

In  som  tyme  weren  iu  ingelonde  :  king?^9  swyjje  ryue, 

for,  so  ich  finde  in  bok  I-wrete,  :  at  onus  l>cr  weren  fyue, 

&  euerich  hadde  his  kindom  :  &  al  his  pouer  to  weide, 

&  moche  werrc  was  hem  betweue  :  &  pes  swy{)e  selde  — 

for  ofte  5e  sej)  \ns  I-wis,  :  pr^de,  eniiye  &  tresoun  ß 

sleli  wel  many  a  gret  lorde  :  &  bringe}?  bem  adoun 

&  dryiiej)  hem  of  londe  :  &  dojj  lieni  wel  gret  wo  — 

for  ofte  to  sojae  hit  is  I-seye  :  \:>at  {)ey  fareji  so. 

for  so  was  seint  osewin  :  somtyme  I-drene  by  cas, 

l^at  aiter  edwiu-is  day  lae  king  :  \>at  of  norl)iiom])irlon(l  was.  1" 

Edwin  also,  his  fadir  (em),  was  king  of  norlibonibirloiide, 
wel  3ong  he  was  out  I-driue  :  bim  to  cbanie  &  choude:  (12.  Oct.) 
ftbr  ethilfrede  (pat)  ])o  :  king  of  est-selijje  was, 
him  drof  of  londe  in  §ou|3e  :  1)0  he  wel  litil  was; 
his  lond  he  sesid  &  his  men,  :  his  gold  &  ek  his  fe  —  l'' 

nede  moste  edwin  l^e  ,^onge  :  ]-)0  of  londe  fle. 

to  ])e  king  redwald  li'e  fley  :  J)fft  of  Jje  marche  (!)  was  {)0 
bol)e  lord  &  syre,  :  &  told  him  of  his  wo, 
how  ethilfred  him  hadde  :  out  of  londe  I-dreue, 
&  bede  Jjo  \:>at  he  him  cholde  :  som  seruise  to  jeue.  '^^ 

\>e  king  hadde  reujje  :  of  \>at  J^e  child  him  tolde, 
&  toke  him  to  maystris  :  Jiat  him  techy  cholde 
alle  {)ing  J)«t  good  were  :  so  he  ondirstode, 
so  hit  be-fil  to  teche  a  child  :  I)at  com  of  king?/.«  blöde. 
J)e  child  he  made  ech  day  :  byforc  him  ben  In  halle,  ^^ 

pore  &  riebe  him  louedin  :  l>ait  him  kncue«  alle; 
of  strenj),  of  cortesie  :  nadde  hc  non  per; 
so  {)at  in  a  lyte  whyle  :  he  wor})  a  good  bacheler. 

J)0  ejjilfred  I-hurde  herof  :  pat  was  his  fülle  foo, 
him  Iwugt,  but  edwin  wer^  I-chent,  :  his  hert  wol  berst  a-two.  30 


1  Voraus  geht  S.  Meigrete  in  vierteiligen  Strophen,  bereits  früher  im  Archiv 
abgedruckt.  —  Über  Oswin  vgl.  Beda  III,  14,  24,  woraus  die  Vita  in  Ms.  Jul. 
A  X  Cott.  (grölstenteils  ed.  für  die  Surtees  Soc,  liiogr.  misc.)  geschöpft  ist;  ver- 
mehrt durch  Translatio  und  Miracula;  sie  ist  zur  Zeit  Stephans  von  einem  Mönche 
von  Tynemouth  verfalst.  —  10  tilge  {)at;  1.  [)at  king  of.  11  em  fehlt?  13  Ms. 
echilfrende.     1.   est-sese  V 

Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXH.  24 


ä?0  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegendeü 

:i  ryche  present  of  hors,  :  of  cloJ>?^,<?  of  seluir  &  ek  of  eolde 
lie  sente  to  {le  kiug  redewalde  :  >.t  bed  him  \wt  he  cholde 
edwin  to  him  sende  :  \>ot  was  his  foUe  foo, 
oJ)er  in  som  wise  :  him  let  to  de^je  do. 

Redewald  f)onkid  \>e  messageris  :  w/t  wel  fayr  chere,  '15 

&  seyde,  ^je  motin  al  nyjt  :  w/t  me  to  dwellin  here; 
to-morwe  je  choUeJ)  habbe  answere  :  whan  {)at  hit  day  Is." 
glad  weren  {)e  m(e)ssagen<.s-  :  J)o  |jey  I-herde  {)is. 
ob^r  to  slen  or  for  to  chende  :  J)e  cliihle  he  {joujte  ])o, 
ftor  couetise  of  J)e  p/esaiwt  :  \>at  me  him  broujt  to.  40 

Alias,  w/t-outin  godd«s  wille  :  f)ot  couetise  was  I-wroujt, 
ffor  many  a  gultles  man  :  to  de])e  hit  haiiej)  I-broujt! 
for  swy{)e  manye  \wr  weren  {)o  :  of  \)e  kiugHs  wille  1 

&  raddiu  for  his  ryche  p/"^sent  :  edwin  for  to  byftille.  | 

edwin  wente  to  bedde  :  {)o  hit  drouj  to  ny3te  —  45 

bot  if  god  him  helpe,  :  wel  wrojj  men  {^(ejnkef)  him  dyjte! 

Nadele  he  biit  a  whylc  I-leye  :  alle  w/t-outeu  doute, 
pat  \>er  ue  com  a  gong  man  :  &  clcpid  him  \>er  oute; 
&  preue  he  was  w/t  \)e  king  :  <fe  wiste  al  his  {jou.^te; 
of  edwine  he  hadde  reujje  :  pat  cholde  to  dejje  ben  I-brou,',te  —  ■'»'^ 
f!br  {)e  king  hadde  I-sete  longe  :  w/t-outen  eny  fayle 
w/t  men  f)crt  to  edwin?<s  de{)  :  gon  liim  to  consayle.  j 

^Edwin,"  qua\)  J)is  gouge  mo«,  :  „com  out  anon  to  me!"  f 

„Ich  am  aredy,"  q?w{)  eduin,  „lo  me  {wr  w/t  Jie!" 
|)is  gong  man  gan  wepe  :  ])0  edwin  to  liim  com,  55 

&  myldeliche  anonryjt  :  by  J)e  hond  him  nom, 
„edwin,"  he  seyde,  „for  sojj  :  ic  habbe  of  J)e  pyte, 
ior  Jjou  art  of  body  I-nouj  :  stalworjj,  gent  &  fre; 

&  for  we  habbe])  so  longe  :  to-gedir  I-ben  p/rue, 
\)eriore  ich  am  hedir  I-come  :  for  to  warny  \>e  *^* 

{)at  \>ou  hast  gret  nede  :  of  J)is  lond  to  fle, 
for  r(e)dwald,  my  lord,  :  beuche])  ])e  to  sie. 
&  wite  hit  wel  to  so{)e  :  lor  hit  of-reuij)  me 
5if  ic  in  eny  wise  :  bet^r  red  cou{>e  jeue  to  J)e." 

„wostouj  eue;-,"  qtia\>  edwin,  :  „wherfore  hit  is?"  *^ 

„ge,"  q/w])  J)e  ober,  „for  ])e  p>-esau«t  :  \)at  jistirday  com  I-wia." 

Edwin  J)o  in  ])ou',te  :  a  whyle  stille  stode, 
&  su])  he  seyde  to  his  felawe  :  ])rtt  was  so  trewe  &  gode: 
„now  god  ful  of  my^te,  :  felawe,  for^ildin  \>el 
hard  hit  werc  to  abyde  :  in  ])is  lond  ded  to  be,  ''^ 

&  ek  swyj)e  gret  chame  :  henn^^s  for  to  He 
whan  1)6  king  ne  sede  :  neuer  but  god  to  me." 

„A-byd,"  qna\)  bis  jong  man,  :  „&  in  ic  wole  wende 

&  herkeny  wheyprr  god  vs  wole  :  heter  tydiug  vs  sende." 

in  to  a  chau///bir  lie  com  :  al  w/t-outen  wene,  '*      j 

&  herde  wher  ])e  kiug  her-of  :  gan  speke  w/t  J)e  quene  j 

&  here  tolde  word  «&  ende  :  how  hit  choldiu  goo. 

whan  ])e  quene  I-hurde  J)is,  :  herc  was  swyj)e  woo, 

&  seyde,  „leue  swete  »vre,  :  hit  is  wel  lite  maystrye 
to  lete  slen  eny  of  ])in  sergauiis  :  for  any-maner  euuye, 
«fe  nameliche  \>ai  ilke  man  :  ])«t  ])ou  hast  for])  I-broujte; 
\>er  J)«t  hy  bej)  treue  I-uow  :  ne  mysdo  hem  iioujte. 

cS:  wel  ])ou  wost,  leue  syre,  :  })o  he  com  ferst  to  ])e, 
he  |)e  tolde  how  eJ)iLfred  :  him  maked  of  londe  He; 


80 


39  chende  st.  sende?       43  Ms.  ])«t  st.  ])fr.       i»'!:    Ms.    \>tit  gou.       C3  for  at 
SDiV     74   1.  lydingusV      82  Ms.  henn  st.   hem. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  3?1 


&  bou  him  ondirfeug  J)o  :  to  dou  liim  lielp  &  socour:  »?> 

&  for  to  brekin  him  forward  :  hit  is  gret  deshouour, 
bot  J)oii  foodist  euy  gilt;  :  ac  f)ou  ne  findist  now  non, 
for  amonge  alle  |jin  nieu  :  trewer  her  nya  nou^t  on." 

alle  |)is  seyde  ])e  quene  :  &  swybe  möcliil  more. 
so  {)at  Jie  king  here  g;-ffnted  :  to  'don  aiter  here  lore,  '•"• 

&  seyde,  „me  ne  chal  I-finde  :  neu^r  for  no  tresour 
|)öt  ich  to  him  o]ier  to  eny  ol)^>-  mon  :  wol  ben  eny  treytour, 
&  ic  him  wole  helpe  :  his  lond  for  to  \vinne, 
&  finde  him  al  ]>at  him  ned  is  :  fort  he  ben  J)ey-iune. 
&  for  Jdou  seist  [tat  he  naj?  :  of  goodnesse  no  pere,  95 

l>an  ich  him  wol  louie  :  more  \)an  ich  dede  ere." 

fte  whil  J)e  king  &  Jie  quene  :  toldiu  I-fere  of  J)is, 
edwin  seet  &  abode  :  his  treue  fere  I-\vis; 
vppon  a  ston  he  säte  :  in  Jjoujt  al-one  in  route 
&  loked  est  &  weste  :  in  ech  syde  aboute;  loo 

he  lokid  vp,  he  lokid  dou«  :  wit  wel  drery  mode. 
Jjo  sey;4  he  w(h)ere  a  fayr  gong  man  :  at  his  feet  stode 
&  seyde  to  him,  „what  ertowj  :  Jjat  sittist  her  alone 
In  J)is  tyme  of  \^e  nyjt  :  Jjrrt  me«  abed  be|3  echone?" 

^what  artow"  qua\>  edwin,  :  „{jat  spekest  her  to  me?  105 

go  {)y  wey  henne  anon,  :  for  loue  ich  bidde  J)e, 
for  of  me  &  my  J)ou3t  :  nastou',  noujt  to  done." 
l>e  jonge  man  answerid  :  ajen  swy{)e  sone: 
„edwyn,  \>ou  ne  ehalt  :  for  me  ]ie  wrejjjjy  nou^te; 
Ich  wot  why  Jjou  sittist  her  :  &  what  fou  hast  I-{)ou,^te.        Ho 

&  jif  J)ou  wolt  myn  mede  :  sone  me  jildin  aryjt, 
ic  |)e  wole  tiding?/s  teile  :  gode  &  J)at  apiy'jt. 
for  on  {)ing  Ic  pe  teile  :  anone  at  fje  frome : 
for  J)ou  ehalt  alle  {)in  foon  :  ful  neuelich  ouercome, 
{)0u  ehalt  ben  king  of  gret  lionour  :  so  ic  J)e  teile  may,  u^' 

&  {)in  houo?/r  chal  wexin  :  her-aftcr  ech  day ; 
richesse  ne  chal  \>e  lake  :  her-aft^r  neuer-mo.'' 

Edwin  him  answerde  :  &  seyde  to  him  |)o: 
„gif  J)ou  me  holde  f)is  forward  :  \)at  Jjou  hast  ondirnome, 
euer,  |)e  whil  ich  libbe,  :  {)in  man  ich  wil  be-come,  120 

alle  J)in  wille  ic  wole  don  :  w/t-outen  eny  dauwger." 
&  w/t  l>at  ilke  worde  :  he  com  edwin  uer, 
his  ryjt  hond  he  leyde  :  on  edwins  heued  J)o, 
&  seyde,  ^whan  \)er  comej?  aman  :  &  })us  def)  ])e  to, 
ondirstonde  {)e  tokene  :  {)«t  it  comy{)  f/r/m  ine,  125 

&  do  anon  as  J)ilke  mon  :  wol  wissin  &  redin  {)e.'' 

&  edwin  w/t  good  wille  :  granted  him  al  J)is. 
wit  {)at  Word  he  nyste  :  wher  {je  o[wr  by-com,  I-wis. 
J)o  ondirstode  edwin  :  wel  Jiat  ilke  steuen 
was  in  a  warnynge  I-sent  :  tram  Jje  king  of  heuen.  l^ü 

nadde  he  but  a  whyle  I-sete,  :  f)at  his  fere  ne  com 
&  w/t  mylde  word;/.s  :  wol  fayre  him  ondir-nom. 
edwin  to'him  sede,  :  ^I-herd  'Jjou  oujt  of  me?" 
{)is  ol>er  him  answerde  :  &  seyde,  „parfey,  'je. 
for  go  now  to  J)iu  bedde  :  it  dred  \>e  ry',t  nou.^t,  1  •<•'■' 

for  |e  quene  Jjorw  here  wordis  :  ha[i  cliauz/gicl  \ie  king?/s  |iou\t. 

to-morwe  \)ou  ehalt  I-here  :  teilin  of  .som  binge_ 
pat  clene  of  al  \>'m  care  :  wel  sone  hit  chal  pe  bringe." 
Wit  J)ilke  Word  wel  sone  :  ftey  partid  atwo, 
&  J)0  edwin  :  gan  to  his  reste  go.  ^^'^ 


112  Ms.  for  ic.      129  Ms.  ondirstodede. 

24' 


372  Des  Ms.  Bodl.  77!)  jüngere  Zusatzlegenden 

amorw  me  clcped  Jie  niessager».s  :  \iat  wer^n  wel  auenauj^t; 
[)e  kiug  (bed)  \\y\  choldin  {«luke  :  here  lord  of  bis  prpsau«t, 
&  seyde,\„ed\vin  me  ha|j  I-scruid  :  &  is  bojie  good  &  treue, 
J)e/-fore  i^if  enyinou  bim  mysdede  :  bit  wolde  me  sore  reue; 
&  {lulke  day  for  soj^e  :  dial  be  neuer  I-se  1'15 

{jat  leb  edwin  by-trr/y^e  :  for  no[»ing  Jj«t  may  be; 
ffor  ic  bim  wole  belpe  :  to  winne  bis  kindom, 
f)fft  '^our^  lord  etbil/red  :  w/t  trcsou  bim  by-nom.'^ 

w/t  ])is  Word  J)ese  messagcr^/.s  :  drery  gönne  bom  wende. 
&  l^e  king  aftcr  edwin  :  wel  louelicb  gan  sende,  '^'■^> 

&  seyde,  ,lo  l>is  tr^sor  ber  :  etbil(f)red  sent  to  me 
ffor  ic  \>e  scbolde  to  bim  sende  :  o\w)-  \^c  lete  sie; 
&  for  \ioii  bast  in  my  seruise  :  euere  so  trewe  I-be, 
leb  Jje  ',iue  Jjis  tresour,  :  take  bit  anon  to  \^e\ 

ffor  ic  babbe  I-conseylid  :  niyd  my  quene,  my  wif,  1^5 

&  {iorw;^  bere  bone  ic  gmnted  :  of  [»e  to  here  Jjin  lyf; 
&  ic  J)e  babbe  I-granted  :  {)orw  here  bone  also 
|)at  ic  ne  cbal,  {le  wbylis  ic  libbe,  :  {>e  fayly  neuer-mo, 
&  in  to  {jin  owin  kindom  :  ic  J^e  wole  bringe." 

anon  edwin  fil  akne  :  \)0  he  I-burd  |)is  tydinge,  1*^ 

«&  seyde,  ^god  ful  of  my',t  :  sild  I)e  quene  &  \ie 
of  \)e  gret  goodnesse  :  ;\e  babbib  l-Jjou^t  don  me! 
for  me  J)inkeji  I  ue  myste  :  babbe  namorc  blisse 
{)ey  ic  hadde  \)e  maystry  of  alle  :  Jiat  in  \>e  world  nou^  isse. 
&  "i^if  ic  byde  JiC  day  :  jiat  ic  kin^  moot  be,  lt>5 

Ich  wole  by  my  mj'-jte  :  bit  wel  yldin  Jie." 

Now  bajj  Jie  king  redwald  :  al  bis  ost  of-sente; 
vppon  J)e  king  etbilfred  :  anon  by  he\)  weute. 
{)o  |)e  day  com  of  batayle  :  l)at  Jiey  badden  I-sette, 
etbelfred  &  bis  men  :  wcren  so  I-mette  l"0 

w?t  redwald  &  bis  power,  :  \mt  in  a  lyte  stou^de 
etlielfred  was  I-slawe  :  &  bis  men  I-broujt  to  grouwde. 

Edwin  was  I-mad  king  :  in  \)at  ilke  loude, 
&  ejnlfredis  soue  :  be  drof  awey  w/t  cbonde; 
for  he  ne  fonde  aft^r  noman  :  fjat  bim  wolde  wit-stonde,        li'''> 
he  entrid  bis  oune  eritage  :  I)orw',  ^race  of  godd?/s  sonde. 
ffor  mocbe  was  \>e  blisse  :  {xii  edwni  hadde  po  — 
for  wel  is  bim  alyue  :  \>rit  baj)  wele  aUcr  avo! 

ten  ',er  be  beld  bim  bej)in  :  bis  kindom  by  cas, 
&  ofte  bim  I)OU',t  by  bis  skele  :  {»at  j)ilke  fey  noujt  uas,         l'^'J 
«S:  wolde  swy|)e  fawe  :  to  beter  ben  I-broujte; 
ac  \yer  nas  non  \>at  wolde  :  of  crist  teilen  ou^te. 
&  as  bit  drou',  to  Jjc  myddil  :  of  l>e  elleuejjc  -^ere, 
com  pauline,  an  boly  ermyte,  :  for  to  p;-ecby  ])cre; 
it  as  Jje  king  in  eucrwik  :  gan  a  grrt  feste  "holde  1^5 

of  erhis  &  of  barouns,  :  of  kuyät^.s-  \xft  werin  bolde, 

paulin  vppon  I)C  king//s  beucd  :  bis  ry',t  boud  he  leyde, 
&  to-fore  \ie  bacbilrye  :  J)ese  word?w  seyde: 
^jnlke  man  \yat  dedc  J)e  [jus  :  sonte  me  to  \)e 
&  l)ed  I)e  holdin  forward  :  «S:  don  nÜcr  nie."  ^'^ 

\>e  kiug  bim  answered,  :  ^ic  kuoue  I)C  swy[)e  wel 
of  J)rtt  ilke  tokin  :  \>(rt  \)ou  me  seyst  ech  del" 
&  sujjjje  he  toldin  soue  :  to  alle  bis  compeuye 
J)e  tresou  of  etbelfred,  :  &  of  pc  gret  enuye, 


148  Ms.   ecliildreil.       152   Ms.   liiiii  st.  [)i'.       109   M.s.   kiiiLlon.       1"4   iMs.   cpil- 
tVfdi.s  tVcnd«.s-  solle.      17  7    tilg«   forV      l'Jli   Ms.   to  alle   to  alle. 


i 


zur  südliclion  LegeiHleiisaininlunp:.  373 

&  {je  forward  [mt  he  made  :  iu  his  grpt  wo  195 

])o  he  wende  to  sof)e  :  to  de{)e  bcn  1-do; 

„&  al  J)iug  ic  wol  don  :  \mt  \ns  man  nie  wol  Icir; 

&  ic  30U  bidde  for  myn  loue  :  ])at  5e  don  so  alle  now  heir." 

alle  \)at  him  I-herid  :  g/rmted  his  bone  anon. 

„Ich    wole    50W    segge,"    qua\>   paulin,    :    „what   5c    chollif) 

don  :  If-  210]    20U 

Ic  wole  [lat  ])ou,  syre  king,  :  &  alle  fjy  kindom 
for  1)6  loue  of  Jhcsu  crist  :  afong  cr/stindom." 
&  so  Jjey  dedin  alle,  :  ic  wot  to  sojje  I-wis, 
In  a  wate/-  by-syde  eucrwike  :  Jjat  glew  Iclepcd  is. 
&  J)e  king  mad  paulin  :  erchcbyllchop  |)o  205 

of  {je  tou»  of  euerwyke,  :  &  jaf  gret  londe  {jc/'-to. 
chast  lyf  he  ladde  :  al  w/t-outen  make, 
ne  (had)  uon  eyr  of  his  body  :  {jwt  his  eritage  myjt  takc. 
.vij.  '^er  he  was  e/-/stene  :  in  soch  good  lyue, 
&  sujjjje  he  weute  toward  his  ende  :  to  heueneward  blyue.     210 

ffor  he  loued  w/t  his  my',te  :  god  &  holicherche 
&  sauid  pore  nien  f/nrni  hem  :  Iwt  harni  liem  Avolle  werche, 
])erto  hadde  {)e  deuil  :  swyj^e  gret  enuy  I-take  — 
for  so  he  hap  to  ech  goodman  :  {)öt  wole  him  forsake. 

Cedwal  &  pende,  twey  outlawis,  :  l)cr  com  of  ferne  londe   215 
&  fonde  edwiu  p/Yuyliche  :  in  his  orisouys  stonde: 
{ley  snietin  of  his  heued  :  w/t-outen  Jugement 
as  {)eu?^s  &  robbour/^s,  :  &  {je/mys  {ley  bef)  I-went. 

benicior,  ethilfredis  sone,  :  is  {xv-to  nou  I-come 
&  haj)  his  fadir  kindom  :  anon  {jc/-  ondirnome;  220 

for  king/^s  sone  he  was  :  &  hadde  {)rtt  lond  w/t  ry^^te, 
&  for  edwin  {je  king  was  ded  :  noman  him  werne  my^te. 
ac  in  edwin-his  parte  :  of  his  owin  eritage 
Ofrik  me  made  king  \)er,  :  a  man  of  gret  jjarage. 

Cedwald  &  pende  wit  gret  pouer  :  com  ajen  al  bo  225 

&  slowiu  in  {)ilke  seine  ',er  :  pese  king^.s  bo{)e-to. 
{je  men  of  {je  londe  made  :  ofrik-his  sone  fle  — 
oswine  Avas  his  ryjte  name,  :  a  child  of  gret  bouwte; 
swyjje  ferre  me??  him  brougte  :  in  to  oncoujjc  contre  — 
ffor  jif  he  hadde  atoom  ben  f(ju??de  :  ashiwe  he  hadde  be.       2,^0 

Cedwald  &  pende  to  habbe  \)e  londe  :  wel  ^crnc  Jiey  habbejj 

I-sou,^te, 
&  for  {jey  were  he{)in  :  al  hit  was  for  nougte: 
for  Jje  cristin  kepten  hem  :  iu  eche  syde  so 
fjfft  {)ey  made  hem  at  Jje  nende  :  out  of  ]je  londe  go. 

two  ger  was  {je  kiugdom  :  I(n)  swy{)e  harde  farc,  235 

wit-outen  heued  &  king,  :  I-bou??de  in  sorwc  <fe  care; 
Ol'wald,  edwin-his  sostirsone,  :  king  {jey  made  |io, 
for  oswiu,  here  kende  lord,  :  of  londe  was  I-go. 
ten  ',er  reugnyd  ofwa'ld,  :  good  man  &  treue  1-now; 
at  ])e  laste  |)e  king  jjende  :  Av/t  treson  him  slow.  240 

And  l>o  com  {je  men  of  {)e  londe  :  it  tok  conscyl  anon, 

&  sentin  aftc?-  oswin  :  so  {)ey  au^te??  to  doon; 

{)ey  him  made  here  king,  :  for  ry\t  {jey  hadde  {)e?--t<). 

oswin  by-com  a  noble  man  tt  ryche,  :  <fe  swy{je  large  al.>ii. 

&  drow  to  alle  goodnesse  :  so  ich  50W  teile  can,  -!■'' 

{jorw  {je  red  of  a  byllchop,  :  mc  clepid  him  syre  aydau  — 


Ü2Ü  Ms.  kindon.      •!2i   1.   Osiik.     230  iM.s  attuurr' 


374  Des  Ms.  Bodl.  770  jüngere  Zusatzlegenden 

Inn  alle  \)e  loud  aboute  :  me  uyste  aydanus  per 

of  holinesse  ne  of  liue,  :  nojjer  a  heter  conseyler. 

so  nioche  haji  oswiu  f)e  king  :  by  his  red  I-wrou^t 

f)at  he  ha]>  al  his  kindom  :  in  good  pes  I-broir,t.  250 

.vif.  5er  he  reugnyd  in  wele,  :  in  ioye  Sc  ek  in  pes; 
of  alle  goodnesse  in  his  londe  :  grft  plente  \>er  wes, 
of  wisnesse  &  of  myls  I-nouj  :  eurr  for[)  he  drow^, 
&  to  strouge  men  &  onkejje  :  large  he  was  I-now^. 

fjerfore  of  his  goodnesse  :  his  ircndus  weren  wel  proute,      25.5 
&  alle  men  him  louede  :  bat  woned  Jje/-aboute. 
böte  his  on  kinn^/s-man  :  pat  het  king  ofwy, 
he  hated  moche  J)e  king  oswin,  :  (t  ic  30U  teile  why : 
for  he  was  oswald?<s  brojjpr  :  f)«t  Ya.\wr  {»er  king  was, 
(fe  desirid  to  habbe  {)e  kiugdom  :  ,^if  he  myjjt  habbe  by  cas.  260 
\)€riore  oswiu-his  goodnes  :  to  hini  was  swy{)e  wo; 
for  he  wolde  swy{)e  fayn  :  {)at  he  were  to  dej)e  I-do. 

Hit  be-fil  on  a  tyme  :  ])at  J)e  gode  seint  aydan 

wente  afote  to  prcchin  :  so  ic  ^ou  teile  can. 

|)e  gt)de  king  oswin  ])cr-oi  :  hadde  grct  pyte  \>o  265 

p«t  \)is  gode  holyman  :  scholde  afote  gon  so: 

he  let  fecche  a  noble  hors,  :  &  seyde,  „ic  ,^eue  ])is  {je; 

{)nu  ryde  {j^r-on  &  kep  hit  wel  :  for  })e  loue  of  me^." 
f)is  holy  byll'chop  aydan  :  her-of  was  wel  blylie, 
&  for  his  fayre  ^ifte  :  [jonked  ])e  king  swyjje.  270 

|)e  hors  he  rod  forj)  a  whyle  :  so  ich  50U  teile  can: 
so  {)at  in  be  wey  :  he  mette  a  jiore  man, 
<fe  him  bad  an  almesse  :  w/t  wel  drery  mode. 
\)e  byllchop  him  jaf  ])at  hors  :  {jr/t  was  so  fayr  &  gode. 
snt)/  \>at  l>er  were  :  bey  wondrid  of  {jis  I)ing  275 

Si  tornyd  ajen  hasteliche  :  &  toldin  liit  \)e  king. 

{)o  {)e  king  hit  wiste,  :  he  was  a-g/r/myd  wel  sore; 
ac  he  ne  seyde  but  lyte,  :  {jey  he  Jjou^t  {)e  morc. 
ac  bo  {)e  holy  byllchop  com  :  to  {je  king  a-je, 
{ie  king  seyde,  „wher  is  ])at  hors  :  {)at  ic  er  jaf  to  {)e?''  2Sn 

1)0  byllchof  him  answerrd,  :  „al-so  mot  ic  leue, 
to  a  pore  man  for  godd«.s  loue  :  {je  hors  ic  habbe  I-jeue." 
T|Ic  wene  wel,'^  qi(a\)  {je  king  :  w/t-oute  eny  respiit, 
.,of  me  &  my  gifte  :  pot  {jou  tellist  despit; 

by  be  gifte  liit  is  I-sene  :  also  {jencheb  me.  ^^ 

I-wi{j,  me  rue{)  gif  ic  habbe  :  of-seruid  so  to  {je." 

„be  stille,  syre,  for  godd«,s  loue,"  :  {jc  billchop  seyde  \w, 
„Ic  hit  gaf  for  godd^s  loue  :  {jot  alle  })ing  may  do; 
for  morr  ic  louie  godd^^s  sone  :  \>ai  is  of  neuen  king, 
{>a«  ich  loue  a  mar/«  sone  :  {wt  ne  can  no  {jing."  '^^ 

\)e  king  auon  niicr  {jis  :  his  wey  au  honting  nani ; 
<fe  swytje  him  gan  repenty  :  {)at  he  to  him  so  cam, 
to  oiidirneme  {>c  byd'chop  :  of  his  goodnesse  so; 
for  him  {jougt  to  sojie  :  \>((t  he  hadde  mysdo. 

{jerfore,  {jo  ho  hom  com,  :  to  jjc  byll'chop  he  him  sei  a-kne  2'.'-) 
&  seyde,  „ich  crye  {>e  mr/cy,  :  my  gilt  for-jcue  {)üu  mel 
Ic  am  a-kuowe  {j«t  ic  whyl-er  :  {jo  w/t-nom  amys." 
ftul  bly{je  was  {jc  byll'chop  :  {jo  he  I-hurde  al  {>isl 

{ie  byllchop  him  tok  vp  by  {jo  honde  :  &  {jo  gilt  for--,af  auon, 
&  gaf  him  penau^ce  {jo  :  of  ])ai  he  hadde  mys-don.  ■'^ 


247   Ms.  aydanii«»-.       253  of  st.   toV      28(!  s<>  aus  of  korr.       290   Ms.  amaiw. 
293  Ms.  oudiniuuie. 


zur  südlichen  Legendensamnilunp.  375 

&  su{)I)e  J)ey  weuteu  to  \>e  niete  :  &  madiii  glade  cherc; 
Jie  king  gladid  Jje  byllchoi)  :  swyl)e  in  his  mauere. 

&  J)e  byllchop  J)ouäte  nioche  :  &  oftc  syjte  I-wvs, 
Jiey  nie  makid  aboute  hiin  :  nioche  iove  &  blys; 
.so  moche  Ijoujte  \)e  byllchop  :  \iat  he' gan  to'wepe  soir.         ."ioö 
o  clerke  J)at  hit  I-sey  :  ne  niyjte  dwellin  uamoir, 
To  J)e  byllchop  he  seyde  au  ernys,  :  ^for  godd«s  loue  tel  mc,  lf-  211] 
why  Jjot  J)ou  so  nioruys  :  &  wliy  \)y  weping  be." 

„Certis/'    qual>  Jje   byllchop   au    yrifchs,    :    ^Ic   wepe   for 

J)is  /.ing, 
{)at  neuen  chal  I-martrid  heii  :  &  drawe  to  his  euding;  310 

for  l>er  bej)  men  uougt  wor|)y  :  bat  (he)  here  king  chal  be. 
&  ])eriore  ic  wepe  sor?,  I-wis,  :  &  ich  hit  segge  Jjc." 

fie  Clerk  hit  tolde  afterward  :  to  many  in  prcuyte, 
{)at  uolde  hit  now^t  I-leue  :  fort  hy  hit  mygt  se. 
ac  J)o  hit  fil  to  {je  tyme  :  Jjat  \>e  king  oswy,  315 

{>at  euer  hadde  by  his  my^te  :  I-ben  oswin-his  euemy, 
he  let  asembly  a  gret  ost  —  :  a-corsid  be  euer  eueuye!  — 
to  winne  oswin-his  kiugdom  :  wit  batayle  &  inaystrte. 
&  os^^^n  gan  to  gadry  also  :  gret  ost  in  his  syde, 
\>ai  to  libbe  &  to  deye  :  w/t  him  \>ey  woldiu  abyde.  320 

Oswin  weute  wit  his  ost  :  to  wilfares-doune, 
Si  w/t  him  erb^s  &  barouus  :  &  lord«s  of  many  a  tou;me. 
f)e  king  let  arenge  his  folk,  :  &  sey  J)e  cheualrye, 
(St  wel  him  payde  Jjo  he  sy^  :  |)e  fayr  comiianye. 
In  his  herte  he  be-gan  :  him  to  Jjeuche  anon  325 

f)at  härm  hit  were  to  lete  :  \^e  osttis  to-gedere  gon, 
for  wel  him  |)ou',te  J)er  cholde  :  many  in  ^lilke  plawe, 
mony  in  ey\)cr  syde  :  beu  I-wou»ded  &  I-clawe, 
Si  mony  in  lyf  &  soule  :  \}rr  cholde  ben  forlore; 
good  him  {)ouäte  to  w/t-drawe  :  J)e  batayle  Jjer-fore.  330 

&  to  his  men  he  seyde,  :  „lestenel^  nou3  to  mel 
,^oure  wil  &  goure  goodnes  :  sm|)e  wel  Ic  I-se, 
pat  ge  bej)  a-redey  :  w/t  nie  to  ben  alle  dede, 
&  god  it  jou  for--,ilde  :  in  joure  meste  uedel 
ac  if  it  Avere  ^oure  wille  :  to  don  be  myne  rede,  336 

Ic  hopy  in  J)is  batayle  :  we  choUiJ)  ^e  bet  spede. 

INIoche  wondir  it  were,  nie  |jiuke|),  :  amoug  f)us  many  men 

but  many  hadde  on  ey{)er  syde  :  bojje  frende  &  ken, 

&  §if  l>e  sone  slouh  Jje  fadir  :  for  [>e  louc  of  me, 

ojjer  Jie  bro{)er  sloug  [xtt  oper,  :  nie  |)inkef)  hit  were  gret  pyte,  340 

&  for  to  winne  al  J)e  world  :  ic  ne  kepte  hit  nougt; 

\)Rn  ic  hadde  J)is  kingdom  :  al  to  dere  l-bou3t. 

I^erfore  ge  chollef),  lording?<.s-  alle,  :  wendin  hom  a-,^en, 
Si,  ic  hote  ^ou,  to  {)e  king  osAvy  :  \)ai  ^e  trcwe  ben, 
&  dojj  to  him  J^e  seruyse  :  Jiat  him  fallij)  aryjtl  345 

nelle  ic  habbe  nomau  w/t  me  :  (but)  tondere  my  knyjt, 
for  he  me  ha])  I-seruid  wel  :  bode  day  &  uy,^t  — 
so  dede  tyfle,  his  fadir,  :  my  fadir  euer  by  his  my^t." 

Alle  J)«t  {)is  1-herde  :  &  him  louid  so, 
wel  sore  J)ey  gönne  wepe,  :  for  hem  was  swyjie  wo,  350 

&  many  ne"  mygt  louge  :  a  word  to  him  si)eke, 
ac  hem  {jougt  for  sorwe  :  herc  hert?<.s  wolde  to-brcke; 


306  Ms.  eueiich  st.  a.     309  Ms.  J)ing  .st.  king.     313  hit  aus  his  koir.     329  Ms. 
])at  St.  ])er.     331   Ms.  mem.     340  Ms.  it  hit.     346  Ms.  condere.     347  Ms.  me  me ; 

1.  bujje. 


376  Des  M.s.  Bodl.  77r>  jüngere  Zusatzlegenden 

monie  fillin  a-swowe  :  &  niony  ^i'^if^tle  &  syjte, 
Si  Jms  to  him  sede  :  Jw  {ley  speke  my^te: 

„  A  las,  kende  king  I-core,  :  oswin,  why  seistou^  su?  3.5'» 

to  libbin  &  to  deyiu  :  w/t  \ie  we  willij)  go; 

for  wel  we  wistin  ^^orc  :  \)iit  oswi  was  J)in  fo, 

("t  J)rv-f()ir  Jxjii  ehalt  ben  a-wreke  :  &  he  to  dejje  I-do. 

&  ondirstoude,  so  we  now  doj),  :  Twt  fwii  hast  w/t  Jie  ry^te, 

&  ne  forsake  {wu  vs  neuere,  :  &  don  f)in-self  in  fy,5te!  360 

for  we  nete  what  to  don  :  whan  ]v>u  vs  hast  I-bleued, 

we  nioot  farc  so  a  ded  body  :  Jsat  is  w?t-outen  heued." 

„T>o\)  a-wey,"  q?/aj)  oswin,  :  ^je  spekef)  aboute  noujte; 
ffor  ic  nel  neue?-  at  |)e  reed  :  ben  to  manslaujte." 
for{)  irani  heni  [)o  he  wente  :  wit  his  kuyjt  wel  stille,  36.^ 

&  let  echniau  in  his  weye  :  wendin  to  his  wille. 

&  myldeliche  he  wente  :  to  a  knyjtw.s-  maner, 
nadde  he  nonian  myd  him  :  but  his  knyjt  touder; 
hunwalde  was  Jie  erk/.s  iianie,  :  oswyu.s  man  w/t  rygte: 
\)('r  hy  gönne  alyjt  anon  :  to  dwellin  \}e)-  al  uygte.  370 

hmnwald  him  answerde,  :  „wel-come  mot  je  be! 
me  {jinkij)  swyf)e  gret  honour  :  ge  habbijj  I-cheued  me; 
for  morc  ne  mygte  ge  chewin  :  ]iey  ,^e  werr  my  bro{)rr, 
whan  ge  bef)  to  me  hedir  1-come  :  ä  forsake  ech  o[^cr. 
wit  me  56  cholle  dwellen  her  :  whyle  jourc  wille  be,  375 

&  ic  30W  wille  finde  Inow  :  to  gourc  wille  plente; 
&  wite  hit  wel,  syre  oswin,  :  jicit  ic  chil  so  kepc  Jie 
]iat  noman  alyne  :  chal  wite  wher  J)ou  be." 

Oswin  him  I:)onkid  fayrc  :  of  his  gode  by-heste. 
at  |ie  soper  meii  hem  seruid  :  so  hy  wereu  at  feste.  380 

&  |)o  Jiey  hadde  soupid  :  &  werin  to  bedde  y-gon, 
hunwald  to  J)e  king  osw(y)  :  gan  to  wende  anon; 

wel  myldeliche  he  sede,  :  „pow  lest  to  me,  oswyl 
at  niyn  maner  !y{>  to-ny^t  :  oswin,  Jiin  euemy; 
&  jif  [»ou  wilt  (ioii  ])y  wille  :  &  of  him  awrcke  be,  385 

hom  to  myn  hous  .sende  :  a  compenye  wit  me, 
Si  \)rr  \>Qy  mowin  for  sojje  :  auou-ryjt  him  finde; 
Sz  cheseji  whey|v>-  je  wollij)  him  a-sle  :  o\)rr  liim  binde." 
.,homwald,'"  (\/fa\>  oswy  anon  :  ,,ic  se  |)ou  louist  me, 
Si  gif  ic  se  my  tyme,  :  ic  wole  hit  jilde  Jie."  390 

Oswy  let  clepy  his  stewar(dj  :  l>at  het  ethelwin  — 
swyjie  ny  he  was  I-sibbe  :  to  fie  king  oswin  — 
he  seyde,  ^wend  w/t  hunwald  :  &  uyme  pouer  w/t  |)e, 
Si  my  foman  oswin  :  ic  böte  Jjr/t  -^e  sie, 

&  loke  |)r/t  for  no|)ing  :  Jjat  hit  ne  bc  by-leued  395 

J)at  |jou  anon  to-morwe  :  ne  bringe  me  his  heuedl" 

„Syre,  mercy,"  qiia\>  ethilwiu,  :  „how  chal  ic  hit  de, 

so  ny  so  we  bef)  by  sibbe  —  :  f)ou  wost  \mt  hit  is  so." 

.,1c  leue  wel,"  qna\^  oswy,  -{ley  |)ou  be  my  steward, 

[)at  ]iou  be  bojie  wikkid  &  fals  :  i'^  in  nede  coward.  4(K) 

ac,  be  {)e  fey  \yai  ic  oue  to  god,  :  nouJ)e  ic  swerye  \>e: 
bute  I)()U  bringe  me  his  heued,  :  an-hangid  hou  ehalt  be. 
ffor  wel  {)ou  wost  \)(it  Jvni  art  :  myne  oue/«  lege-man, 
Ä  br/forc  bou  ehalt  holdin  \nn  of>  :  so  ic  be  teile  can; 
to  libbin  &  to  deyjiu  :  w/t  me  \)on  ehalt  be,  -^Oö 

ojxr  I)ou  art  a  troytour  :  ä  so  me  chal  proue  \>e. 

353  Ms.  greadile.     3.t7   Ms.  oswin.     .iG'J  Ms.  oswyn«.?.     386  Ms.  woiirtc  :   &  a. 
391   Ms.  cchchvin,     393  Ms.  liimwald.     4U5  Ms.  deyjen'j' 


zur  südlichen  Legendensammlung.  377 

&  Iwriore  Jwu  most  ned??s  :  on  ourc  arende  wende 
&  bringe  me  his  heuid,  :  5if  Jwu  ben  trfwe  &  hende; 
Si  ^if  \)ou  wende  in  Jjy  wey  :  &  as  a  t>-aytour  flee, 
I-Iore  ])on  liast  wif  &  childe,  :  gokle,  seiner  &  fee,  ■iio 

Si  I>in-self  {jou  most  make  :  of  my  lond  fleuie. 
&  l^erfore  wende  w/t  hu?nvalde  :  <*e  to  Jiin  erand  tak  ^eme; 
to  kinue  ne  to  oj^rr  loue  :  ne  take  |)ou  ^enie  nou,^t 
])at  oswin,  myn  enemy,  :  ne  be  to  de{)e  I-broUj^t!" 

„alas,"  quo])  ethilwin,  :  .Jx/t  nede  hie  mot  forf)  gon  415 

of)f/-  ben  I-chent  for  euer  —  :  ojicr  help  nys  |)er  non. 
ac  of  god  ich  take  witnesse,  :  }iat  is  on  god  &  i^crsonus  \>rc, 
f)at  JdIs  foule  trefou«  :  is  nou^t  I-long  on  me, 
ac  hit  is  al  on  homwald  :  Jjrtt  is  in  place  J)isse. 
now  Jhcsu  awreke  oswin,  :  |)at  is  king  ful  of  blisse!"  420 

flbr]:)  \)ey  wentin  I-ferc  \)0  :  homwald  &  ethilwin, 
wit  grct  companye,  :  &  alle  Jjrctenyd  oswin. 
J)o  I^ey  come  to  J)e  hous  :  f)e?-  oswin  \>e  king  lay, 
|ie  sonne  be-gan  aryse  :  &  hit  was  lygt  of  day. 

})a;?ne  seyde  ethilwhin,  :  ,,syre  king,  |)ou  most  aryse,  -12.5 

for  we  bef»  to  [>e  hedir  I-sent  :  to  sie  \)e  in  alle  wise; 
huuwald,  f)ot  fayr  semblaimt  :  makid  {)e  lo-ny',te, 
to  oswy  |:)e  ha{)  be-tmyid,  :  |iey  hit  ben  vn-ryi^te." 

^\ii  hit  is  sof),"  q/{a\)  oswin,  :  .^I-wis  hit  reuej)  me, 
fTor  ic  nabbe  (jou)  nojjing  my(s)do  :  f»at  je  cholly|i  me  sie,    ^30 
ne  ',oure  lord  oswy,  :  f)flt  ic  wot  neucr-Jje-mo. 
J)frforc  let  tonder,  my  knygt,  :  lienn?/.?  alyue  go." 

„Alas,  gentil  king  oswin,"  :  qua])  tonder,  ^why  seystou  so? 

I-wis,  we  AvolliJ)  I-fere  :  deyiu  alle  bo; 

ne  challe  nie  neuer  her-aft^r  :  in  courte  at-wyte  me  *35 

])at  J)ou  ben  aslawe  her  :  &  I  as  a  couard  fle; 

ac,  also  ich  was  in  Jje  wele  :  to  f)e  trewe  of-take, 

Ic  nele  in  {)in  eudiug-day  :  neuf're  Jje  forsake." 

wit  f)is  ilke  word  :  Joey  kistin  hem  I-ferc, 
l>e  holy  king  oswin  :  &  his  kny;^t  touderr,  *40 

&  Avit  good  wille  :  went  out  to  here  foon; 
J)rtt  smetin  of  here  heuedin  :  w/t  charpe  swerd«s  auon. 

swyj)e  glad  was  oswy  :  Jjo  he  wiste  {lis; 
Sz  his  quene  was  sory  :  &  seyde  he  dede  amys. 
he  let  bere  here  bodyis  :  to  tenemoujie  anon  —  *^'> 

])cr  was  anoble  cherche  I-made  :  of  lim  &  of  ston : 
here  bodyis  me  beried  f)erc  :  w/t  wel  gret  honour; 
&  suljjje  mony  man  ]>orw  hem  :  I)er  haddeu  socour. 
.vy.  hondrid  &  on  and  fyfty  :  ]wt  he  Jjolid  martirdom 
nher  ])at  Jhe.su  of  his  modir  :  flesch  &  blood  for  vs  nom.      450 

two  hejjen  men  J^er  com  su|j]je  :  ful  of  felonye, 
Y(ng)ware  &  Vbbe  were  here  uamys,  :  w/t  here  compenye, 
hy  destroydin  al  J)e  londe  :  &  for-brende  also 
cherchis,  "housis  &  abbeyis  :  Jjat  jjey  myjten  of-go; 

seint  edmond  [le  king  |iey  slowe  :  {>«t  very  marter  is.  4*5 

so  t)at  l>e  king  oswin  :  was  ny  for-,^ete,  I-wis  — 
for  hej)en  were  alle  men  :  Ij«t  cherchis  adoun  |)ey  {irowc. 
.XXX.  w(i)nte/-  &  more  :  \>er  nold  noman  c//st  I-knowe. 

ac  sujij^e,  f)0  god  sent  tyme,  :  Jxirw  his  holy  gmce 
cr/stin  men  J)er  come  :  tSt'woned  in  I)e  selue  place;  ^"^ 


407   Ms.   arecnde.     415   Ms.   liit      410  Ms.  bis.     437   Ms.  tieewe.     449  \>'a  st. 
|)usV     452  Ms.  Yware. 


378  Des  M^.  Bodl.  77!'  jüngere  Ziisatzlopenden 

\>e  cherehus  I>ey  ryi^tiu  :  |)at  er  to-brukiu  werc  — 
ac  })()  ]>e  holy  niarter  oswin  :  al  {)ey  for-',eten  \)ere. 

J)()  he  hadcle  Jier  I-leye  :  an  honrlrid  jer  wel  ny,;, 
a  monke  \>at  wonyd  in  J)e  stede,  :  J)«t  was  queinte  &  slyj^, 
nioche  he  was  in  f)ilke  stede  —  :  edniunde  was  his  name  —  *S5 
&  alle  nien  hini  louid  :  for  his  holy  fanie. 

An  holy  byll'chop  J)e/-  was  ek  :  ])o  in  a  contra', 
dacian  was  his  ry;^te  name  :  so  \)e  bok  tellij)  nie; 
tosty  nie  cleped  pe  erle  :  \xit  weide  \)e  contrey  \w, 
&  f)e  contesse  iuette  :  nie  clepid  his  wif  also.  *"0 

Of  swyf)e  holy  lyue  :  |)is  nien  weren  echon: 
Jierforr  god  wold  in  here  tyme  :  to  oswin  honour  don. 

as  edmond  on  any^t  :  on  his  bed  lay  by  cas 
in  \)e  seine  cherche  :  |)er  oswin  I-beriid  was, 
wel  merye  he  fil  aslepe  :  be-twene  day  &  uy^t.  *'•'' 

him  {jou^t  l>at  a  king  :  by  him  stood  vprygt, 
to  him  he  seyde,  „edmond,  a-wakel  :  a-wak,  edmond,  now^I" 
&  edmond  him  answerde,  :  „syrc,  who  artow^? 
Ic  not  ueup/'e  what  {)ou  ert  :  no  what  Jiy  wille  be." 

{)e  oJ)er  answerde  sone,  :  „ic  was  lord  of  {lis  contre,  ^^^ 

oswin  was  my  ryjt  name,  :  for  sope  ic  segge  J)e; 
huuwald  me  'by-tr«yid  :  Si  slou^  w/t  grpt  vilte. 
for  ic  deyde  for  godd^f*'  loue  :  <fe  w/t-oute  defert  al-so, 
god  wille  Jjrtt  ich  ben  vp  I-nonie  :  &  in  cliryne  I-do. 

f)crforß  weud  to-morwe  erliche  :  to  J)e  bydchop  dacian         ♦^s 
&  seye  ^cit  to  him  \ye  sent  :  J>e  king  oswin,  ]je  good  man, 
&  sey  f)fft  god  wille  \>at  he  my  body  :  out  ot  {^e  erbe  arerp, 
&  bid  him  sende  to  |ie  erl  tosty  :  &  to  Iuette,  his  lerc, 
\>at  J)ey  come  hasteliche  :  pis  dede  for  to  do; 
for  \>e  gooduesse  of  herr  lif  :  ic  wole  |)(/t  hit  beu  so/  ^'■^^ 

a-morwe  wente  J)is  holy  monk  :  as  seint  oswin  him  bade, 
&  tolde  ])is  f>e  byllchop,  :  \>(ii  was  \)Ctiorc  wel  glade; 
J)e  erl  &  his  contesse  :  weren  wel  glade  also, 
so  \)at  seint  os\vin  was  hasteliche  :  in  to  chryue  I-do. 

])-A7ine  seyde  {)e  leuedy  :  to  ]>e  byllchop  dacian:  *^"' 

„Ic  pe  bidde,  ;^eue  me  som|)inge  :  of  J)is  holy  man  !** 
Jie  byllchop  g/rmted  lierc  boue,  :  \)(it  hit  nas  nou^t  be-leued, 
&  jaf  here  anon-ry,^t  :  an  err  of  his  lieucd. 
J)ey  wond  it  In  a  fayr  cloj)  :  &  leyd  it  in  \>e  fere. 
Of  a  fayr  merakle  herof  :  -^e  mowin  uoul)e  I-here: 
whau  {)C  fer  was  al  I-birnd  :  <fe  to  ay,5hiu  I-go, 
be  er^  me  fondc  hool  Si  sou/nle,  :  &  {)o  clob  al-so. 
perforp  \)Q  leuedy  hit  honourid  :  <S:  kept  it  for  drurye, 
&  as  a  noble  relike  :  hit  dede  iu  trcsorye. 

rloberd  sep^e  de  mou;«bray  :  lord  tt  syrr  was  ]jer^,  ^^^ 

Sz  let  in  houo//r  of  seint  oswin  :  a  i)ryorye  \>rr  a-rere; 

blake  numk^/x  ho  dede  Iper  :  of  seint  Albou?^•J  |)o, 

Si  grete  loud».s  &  rent?<.s  :  him-self  he  ,vif  \>er-to; 

\)erc  J)ey  scruid  Jhr.'^u  cr/st  :  boJ)e  day  &  nvgt. 

now  god  f(ir  seint  oswinu.s  louo  :  vs  g/vmte  to  libbc  ary^^t,      ^^^ 

\>at  we  •.\itcr  ourc  eudiiig  :  niot  to  him  come 

<Si  wende  to  j)e  ioye  :  \)€r  jiat  he  doj)  wone.     ame«. 


500 


477  Ms.  anowj  mit   durchstr.  a.       482   Ms.  liiniwald.      483  M».  deueill.      öUl 
:::=  aehin. 


zur  südllchea  Legen densammlung.  379 

Seint  ihon  &  seint  poiil,  twey  brejjeriu  of  rumc'      (JH.  Juni) 

Ihon  &  poul  bre{)erin  were  :  in  {je  bor\v3  of  rome; 

pe  modir  het  costau«ce  :  {^orw  whoni  hy  to  {jis  wurld  come. 

Julian  \)e  \e\>er  empe/our  :  Jjat  whyloui  cri^tin  was 

&  siij)|)e  forsok  bis  cristiudoni  :  for  workb/s  blisse,  alias, 

J)is  iulian  in  bis  5ouI>e  :  I-cudde  niocbe  of  clergye,  5 

&  at  {je  ende  he  it  forsok  :  &  tornyd  to  eresyc  — 

ffor  wille  to  babben  workb^s-  gode  :  be  forsok  cristindonie 
&  becoin  al  pure  bejjin,  :  &  empf/our  by-conie. 
of  cr/stin  men  godits  be  uom  :  &  made  beni  porc  to  be. 
who-so  speke  to  bim  J)e/-of,  :  be  answerid  by  autorite:  1<1 

„herc  god  sey{)  in  bere  lawe,  :  ,wbo-so  wil  my  defiple  be, 
he  mot  forsake  al  {xrt  be  ba{)  :  &  suj)  to  sewy  me': 
c;-/stinmen  godis  ich  take  :  I-\vis  for  ])at  ilke  sawe, 
for  \>ey  choldin  J)e  bettere  :  to  boldin  v;*  bere  lawe." 

ac  |)is  nas  non  afecciou«  :  ac  al  a  couetyse,  1^ 

[lorwä  red  of  l>e  deuel  :  \)at  tou-,t  bim  fds  enprise. 

f)is  Jhon  &  ek  poul  :  of  wbom  ic  toldin  ere, 
of  ^e  beste  men  of  rome  :  I-come»  J)ey  were. 
Julian  after  hem  sente  :  wt't  bim  for  to  be, 
Si  sente  to  bem  letteris  :  w/t  messager«^  wel  fre.  20 

|)is  cbildrin  answered  |)ese  messageris  :  &  seyde  to  hem  w|p)l  sone: 
{)at  f)ey  nadde  wit  ])e  emperour  :  no{)ing  for  to  done, 
„&  pe/'fore  gret  wel  l>e  empe;-our  :  &  seggef)  to  bim  Iwis, 
we  nyllyf)  nougt  to  bim  come,  :  for  we  ne  bef)  none  of  bis. 
for  clerk  he  was,  a  cristene  ek  :  &  {jot  he  ha  5  forsake,  25 

&  ek  al  cr/stin  me;me,  :  &  to  f)e  deuelis  I-take; 
Si  su{){)e  he  ba{)  forsake  :  {)e  cr/stindom  &  vs, 
we  her  bim  eue;-  forsaki|)  :  &  take  vs  to  swete  Jesus." 

f)e  messageris  to  ])e  empe^our  :  {aey  babbif»  I-told  al  |)ip, 
hou  f)ey  nellejs  noujt  to  bim  come  :  for  none  {>ing  I-wis,         ^0 
^&  {sat  is  for  ])u  haste  :  \>y  religion  forsake 
&  to  {le  worldis  honour  :  |)ou  hast  al  J)e  be-take." 

Pe  emperour  gan  to  syke  :  &  to  hem  seyde  {)o: 
„Ic  nabbe  in  falfs  religioun  :  myne  wille  Ido, 
ac,  I-wis,  ic  ondirf(t)onde  :  \>ot  tyme  was  for-lore,  -^^ 

Ich  me  tornyd  \w  to  J)e  world  :  Ic  teilin  ",oii  wberfore ; 
fTor  ic  ne  fond  in  clergj^e  :  but  al  idil  J)ou,3te 
&  mocbe  treson  &  tene  :  Jjat  ne  heli»e{)  nou^te. 
to  knyjtchipe  ic  me  drou',  :  so  je  mowin  I-se, 
|)at  me  ba]3  I-wis  I-broujt  :  to  gret  din^nete,  *0 

ffbr  wel  je  witif)  ic  wilde  :  al  {jis  cmpenc 
Kjrw  streng{)e  of  kny^tcbipc  :  &  noujt  {lorwj  clergye. 

lerfore  wendeji  '4t  a5en  :  &  biddeli  bem  come  to  me, 

5at  ])ey  mowe  libbe  in  wele  :  <fe  in  iolifte, 

for  hit'  fil  l>at  soche  men  :  {xft  Averc  of  soche  kinne  •*■' 

werin  w?t  me  in  my  palcys  :  &  noujt  hem  bokiiu  heiine. 

&  su{){)e  je  inou^  hem  sege,  :  (jif)  bcy  ne  comyb  to  me 

&  despisit  myne  beste  :  J)at  ne  cbolde  despisid  be, 

Ic  wole  neme  wreche  on  hem  :  {jorw  skylle  i*c  lawe 

also  ic  cbolde  of  myn  foon,  :  <*>:  bringen  hem  of  dawe." 

J)e  messager«s  bef)  f<jr{i  I-went  :  ä  babbcj)  I-told  al  ]ns, 
J)ot  |)e  emperour  bem  hajj  I-hote  :  of  swype  mochil  blis, 


50 


'   cf.  Vita   in   Act.   SS.  Uoll.  26  Juni.   —    11  Ms.  rny  .■-t.  niy.      13  Ms.  ciistiiiiieii, 
14  Ms.   vs  St.  up.     26  Ms.  to  to.      52   Ms.  &  st.  {jat. 


380  Des  Ms.  Bodl.  770  jiintrfre  Zusatzlcgeiulcu 

so  f)«t  {jey  cliokliii  wit  good  wille  :  to  him  comyii  aiion. 
f)e  o\)cr  answcrcd  J)ot  |)cy  nolde  :  neue;-  to  him  come  ue  go, 
HO  to  liis  paleys  wende  :  no\icr  him  honour  to  don 
iioJ)^r  ]iim  good  wille,  :  but  euer  to  ben  his  foon. 

{je  messager/^s-  wente  :  &  tolde  {)e  emperour 
how  f)ey  naddin  noujt  I-spedde  :  for  alle  horc  labour. 
J)an  seyde  {je  emperour,  :  „Ic  jene  hem  dayis  tcn 
jiif  {)ey  wolli{j  amenden  hem,  :  for  {jan  hit  chal  be  sen ;  60 

&  bot  {jey  wolli{5  be  })ilke  tyme  :  come  herr  to  mo, 
{)an  ic  may  w/t-oiiten  blame  :  of  hem  awrr-kin  be." 

sen  Jhon  &  seint  poul  :  nom  bo  heir  god^^s  echou 
Si  umongus  poir  men  :  {)ey  deled  to  hem  anon ; 
&  go»ne  hem  to  .The.su  cr/st  :  lu  alle  mauer  dyjte  65 

&  dispisid  day  &  ny^t  :  ])e  cmperourtts  myste.  J 

{)e  elleue{)e  day  {)e  empr/our  :  seilten  torencian  1 

Avit  an  image  of  golde  —  :  for  he  wa.s  a  gentil  man  — 
&  {)at  {ley  choldin  don  honour  :  to  {)is  Image  of  golde 
&  comeu  {jeraft^/'  to  {je  empr^-our,  :  gif  {jrtt  pey  wolde.  "0 

\)is  goodmeu  hem  answerfd  anon,  :  {jey  nolde  uou  oiio^r  do 
to  Ipai  ilke  innige  :  no  neurr  to  {)e  empe/'our  go ; 
^&  ,^if  iulian  is  by  lord,  :  w/t  him  haue  nes  &  grifj 
so  äugten  eucnch  treue  lord^^s-man  :  habhen  his  lord  wi{i; 
Si  wite{j  hit  wel  \yit  ourc  lord  :  is  Jhr.su  iv/st  al-onc,  75 

for  o\wr  pes  I>an  wit  him  :  uolle  we  habbc  noue." 

Tirincian  let  diggy  :  a  pit  al  in  {)e  grou/Kle, 
&  het  cjistin  {)is  good  men  :  {jer-in  wel  faste  I-bou«de. 
seue  dayis  w/t-oute  mete  :  in  {je  pit  {jey  were, 
&  sii{){)e  at  {je  ende  :  {jey  werc  be-heuedid  {jere; 
after  {)at  me  castin  :  {je  er{je  hem  vppou, 
so  {)rtt  here  bodyus  neue/-  nerc  :  I-fou«din  of  nomon. 

A  werre  by-fil  {)at  ilke  tyme,  :  so  ofte  do{)  by  cas, 
be-twene  {je  king  of  percie  :  &  \)C  emperour  {jat  {jo  wa.s: 
Si  {jedir  wente  {jis  iulian  :  so  ry^t  was  i*J:  lawe, 
&  as  god//s  wille  was  :  {jc/--in  he  was  aslawc. 

his  soule  wente  to  helle  —  :  god  wiste  hit  was  ryjte, 
{lat  he  hadde  on  er{je  Ido  :  bat  he  {te/-  finde  niygte! 

\)e  empyre  hem  nom  to  rede  :  to  chese  hem  an  emperour 
Twt  choldin  ben  here  heued  :  &  weidin  al  \>e  honour. 
Inuouimian  he  was  I-hote  :  {jat  {jo  I-chose  was. 
for  he  was  a  good  c/v'stin  mau  :  so  god  ",ef  {je  cas, 
holycherche  he  let  ondo  :  {jat  er  was  faste  Isteke, 
Si  louid  nioche  {)e  men  :  {wt  wolde  of  Jhe.su  c;/st  speke. 

seke  men  {jr/t  come  :  in  to  [>e  house  {jo 
{>er  seint  Jhon  iSt  seint  poul  :  weren  to  de{)e  I-do, 
anon  {)ey  haddin  hele  {jorwg  :  .The.s-u  c//st».s-  mygt. 
{)e/fore  men  \>at  weren  syke  :   bcdir  nie  gon  hem  dyjt. 

Ä:  men  {jat  werm  wode  :  <fi  leyin  T-bou/^le  {jere, 
{jorwg  {je  dcuelis  mygte  :  {lat  {)o  in  hem  were 
iiy  gönne  to  c/v'e  grislich  :  &  cheuid  w/'t  gret  soun 
of  seint  Jhon  i^  seint  ij(Ju1  :  {je  holy  passioun. 

A  föne  he  hadde  in  {jilke  tyme,  :  {jat  ilke  tirincian 
{jat  let  jjis  men  don  to  de{je  :  »Sc  mouy  an  o{je;-  man; 
wit  {jc  tend  he  was  1-chake  :  t^  {xjüd  wel  mochil  wo. 
In  t(j  {)is  hous  he  was  I-brougt  :  {lorw  his  frend?<s  {>o. 


80 


90 


95 


100 


10.5 


62   Ms.   &  Jjan.      (54  tilge  to.     67  1.  Tcrenciaii.      69  {jat  st.  ba'l     911.  Jouinian. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  ggl 

1)6  deuil  {)öt  in  him  was  :  wel  loude  grede  gan: 
^30ure  orisonys  me  brennyj)  :  &  make])  nie  fiü  wan." 

Tirincian  knelid  &  seyde,  :  „Jhe^u  ful  of  myjte, 
|)at  hast  I-maked  o/stindom  :  to  niankiiine  wel  ryjte,  HO 

wel  |)ou  wost  Jjat  ich  :  emperour  (!)  habbe  I-be: 
l)erioie,  leue  lord,  :  mp;cy  Ic  crye  {je, 
for-geue  me  myne  mysded?/s  :  &  helpe  sende  my  sone, 
J)orwä  l>e  deuelis  pouer  :  \vtt  ]ms  is  nie  by-nome: 
&  ich  wole  her-afte>-  :  for  euer  to  seruy  fje."  115 

wit  {)is  Word  J)e  deuil  :  awey  he  gan  to  He. 

tyrincian  for  {)is  dede  :  to'  him  gret  ioye  he  nome ; 
so  l>at  he  &  ek  his  sone  :  afeng  J)o  c//stindome. 
])e  .vij.  calendre  of  Julie  :  J)is  cas  fei,  I-wis. 
nowj  Jhcsu  J)orw  here  bonys  :  vs  gmnte  heuen-blis.     amen. 


Seint  liou  J)e  pope  {»e  gonge.       (28.  Juni) 

fis  lyon  ,{)e  gonge'  :  In  holywrit  I-cleped  is. 

In  rome  he  was  pope,  :  ic  ot  to  so{)e  I-wis; 

In  cic/le  he  was  I-bore  :  so  god  gef  ])e  cas, 

poul,  a  good  c;"/stin  man,  :  his  fadir  I-cleped  was. 

pope  lyon  was  ten  monj^ws  :  &  ek  .xvij.  dawes.  5 

wel  moche  he  him  pejTiyd  :  to  hold  vp  crisUis  lawes. 

J)e  syxte  cene  he  held  I-wis  :  {)ot  ferst  was  I-mad  in  rome ; 
wel  moche  was  ]>e  clergye  :  Jjat  f^edir  by-fore  him  come. 
\>eTC  wercn  I-dampnyd  mauyou,  :  Ic  wot  wit-oute»  fayle, 
&  for  here  ersye  to  de|)e  I-don  :  |)orwg  comyn  confayle:  10 

Matharus  &  ciri/s,  :  cergius  &  honorifius  also, 
pule,  pirc  &  petre,  politronius  :  &  ek  mo, 
steuen  &  ek  symond  :  werin  I-dampnid  after  {lan  — 
p)ese  wer^n  J)e  clerkis  :  so  ich  gou  teilin  cau, 
|)at  agen  l>e  ivillc  :  J)ey  go?ine  speke  {)o  15 

&  seyde  \>at  al  mygt  was  :  in  cr/st  &  namo. 

\)e  pope  lyon  seyde  :  {)at  it  nas  nougt  so, 
ac  in  alle  cr/stin  workis  (?)  :  |)er  werc  kend?/s  to: 
by  J)at  on  me  ondirstaut  :  J)at  he  al  man  is, 
&  ek  by  ^at  o\>c>-  :  \xit  he  is  god,  I-wis  —  20 

ierby  J)e  pope  cheued  meu  :  bo{)e  fer  &  nere, 
3at  jhe^u  was  bojje  god  &  man  :  &  nadde  to  him  no  pere. 
ie  oJ)e/-  hit  witseyde  :  euer  w/t  alle  here  mygte, 
ac  l>e  pope  hem  ouer-come  :  so  he  chold  wit  rygte. 
Jjerfore  \>ey  weren  I-dampnyd  :  &  |)orw',  ry',t  I-slaue,  25 

for  {)ey  weren  aboute  :  to  chende  J^e  ry',te  lawe. 

In  his  tyme  also  :  ])er  fil  a  woudir  cas, 
vppon  a  cher-{)orsday  :  forso{)e  by-gon  it  \yas: 
I>e  mone  be-com  as  red  as  blood  :  &  les  his  lygt  also, 
from  Jje  tyme  of  euesong  :  fort  kok-croue  was  I-do.  30 

moche  wo'ndir  hadde  \ns  folk  :  ])rtt  I-seyj  al  ])iä, 
for  suj){)e  god  deyde  on  {je  rode  :  hit  nas  I-seye,  I-wis. 
J)e  .xvij.  daye  it  was  :  J)at  bis  cas  by-fiUe 
In  |)e  ginnyn(g)  of  |)e  monf^e  :  me  clepej)  aucrille. 

Prestis  he  makid  nvue  :  &  \y-r-to  dekenus  \nr,  3-5 

&  bvll'chopis  .xxnj.  &  two  (!)  :  so  l>e  bok  noug  ie\\e\>  me. 


111  1.  Jje  cmperours  man?  114  Ms.  &  {wnvj.  —  3  Ms.  citule.  7  held  aus 
niade  koir.  11  1.  Macarius.  12  Pyrrlius;  Polychioiiius.  U  Ms.  werein.  15  Ma. 
bj'.le  (ein   Buchstabe  ausradiert).      18  Ms.  wolkis.     29   Ms.  ar  sed. 


;^f^2  iDes  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegendea 

.xij.  inonJ)2*s  &  two  &  twenty  dayis  :  after  \>at  he  was  dede, 
wel  ic  woot  J)at  rome  was  :  J)0  w/t-outen  hede. 

J)us  sen  lyon  Jje  pope  :  his  lyf  he  gan  ende 
&  to  J)e  blis  of  heuene  :  \yr-a.iter  gan  to  wende.  *^ 

Jhesu  crist  in  heuene  :  vs  gronte  pedir  to  go 
to  J)e  blis  of  paradis  :  J)at  lastij)  eup/-mo.     amen. 

Seint  marius  &  his  vif  &  his  to  sonis.'       (19.  Jan.) 

Marias  was  a  good  man,  :  ham  capadosye  I-conie 
wit  his  wif  &  his  to  sonys  :  to  f)e  borw  of  rome; 
Martha  was  his  good  wif  :  ic  wot  me  cleped  f)o, 
audifax  &  abacuk  :  his  sonys  hyjten  bo. 

Claudius  w^as  empcrour  :  in  {)at  ilke  tyme.  5 

jis  folke  comyn  to  rome  :  to  se  \)e  gret  pyne 
mt  J)e  martiris  soffrin  :  for  Jhejsu  crhtus  lorp. 
X)  pey  hem  I-seye  :  it  greued  hem  wel  sore; 

about  ftey  wentiu  echon  :  f)orw-out  al  J)e  toun 
&  jef  of  here  gode  to  hem  :  pat  were  ]}o  in  p;rsoun.  10 

for  svvy{)e  ryche  J)ey  were  :  &  hadden  moche  moneye, 
J)at  J)ey  w/t  hem  brougte  :  out  of  here  contreye. 
})erof  ^ey  partid  aboute  :  to  hem  |)at  haued  nede, 
for  J)ey  hopid  J)erfore  :  In  heuen  to  fong  gret  mede. 

a  water  go{)  in  rome  :  {)at  tihre  I-hotin  is;  15 

Jjerby  to  a  fayr  castel  :  J)is  folke  comyn  I-wis: 
a  man  hy  fouwden  J>ere  :  {lat  me  clepid  quiriue, 
{)at  in  preson  for  crisUts  loue  :  he  {)olid  moche  pyne; 
In  hongir  &  in  o\>er  pyne  :  he  Jwlid  wel  mochil  wo, 
|)rtt  wel  ny  his  lyf-dawis  :  weren  alle  a-go.  -" 

Marius  fond  {)is  man  :  in  sorwe  &  in  care: 
wit  his  wif  &  his  childriu  :  he  gan  to  dwellin  [)are; 

Eyjte  dayis  foUe  :  he  wi liehe  his  wou«d»s  echon 
&  his  feet  also  ek  :  Jiat  myd  sorwe  wereu  by-gon  ; 
alle  \)at  him  nede  was  :  |)is  goodman  him  founde,  ^^ 

&   bed   him  neme  good   comfort   :   hit  uolde  dure   but  a 

stouwde. 

Claudius  in  J)ilke  tyme  :  sente  by  his  sonde 
to  eche  c//stene  man  f>at  were  I-fou/zde  :  owher  in  his  loude, 
{)at  hasteliche  anon  :  \>ey  weren  to  dejje  I-brou^t ; 
al  his  men  he  hy^te  :  J)at  f)ey  ne  spared  nou^t.  -^ 

By  J>e  wey  of  salarye  :  cr/stinmen  me  fonde 
{)at  were  Jiedir  I-sent  :  for  to  deinen  sonde,  !*"•  '^'**1 

J>ere  for  to  libbe  here  lif  :  In  hongir  &  in  hete 
&  wit  swink  &  sorwe  :  to  winnyn  here  mete. 

CC.  &  fourty  :  to-gedir  me  fonde  |)ere;  ^ 

out  of  \)e  tou»  me  ladde  :  hem  euerichon  I-fere, 
me  bonde  hem  to  stokke*  :  &  go«nyn  to  hem  chete, 
&  so  me  hem  made  :  echon  here  lif  lete. 

J)o  hy  werin  dede,  :  a  fer  me  gan  to  make 
&  woldin  hem  forbreune  :  for  criaünmeinuis  sake:  *" 

&  marius  &  marta  :  J>edir  hy  go/me  to  go, 
audifax  «!t  abacuk  :  J)edir  comyn  also: 
to  men  bßt  hem  holpe  :  \>ey  jeuen  wel  god  here, 
&  drou  hem  al  faste  :  out  al  of  f»e  fere; 


'    Die  Acta  in  Act  SS.  Boll.  19  Jan.  weiclien  selir  ab.  —   3  tilge   was.      7   Ms. 
but;    I.  soffiid.       15  M3.  tobye.       28  tilpe  to;    Ms.  cmteme.       37   Ms.  sfokke««. 


zur  südlichen  Legendensammlußg.  88;^ 

hem  hi  beriid  quikliche  :  wel  dep  ondir  molde,  45 

{)at  J)e  liejiin  ineu  to  hem  :  come  neuer  ue  cholde. 

To  Claudius  me  tolde,  :  f)at  [>e  emperour  was, 
J)at  marhis  &  his  childriu  :  hadde  I-don  soch  a  cas. 
^nemej)  hem  quik,"  he  seyde,  :  „&  to  me  ^e  hem  bringe: 
of  hem  ich  wele  J)at  sojje  I-\vite  :  of  {)i.s  ilke  f)inge.  5» 

&  jif  \>ej  wiUiJ)  honoury  :  mahound  hat  is  so  he, 
alle  here  grete  trcspas  :  chal  for-jene  be." 

wit  {)is  ilke  word  :  ?)ie  nom  hem  alle  fourc 
&  broujt  hem  to  {)e  emperour  :  l>er  he  was  in  his  tour^". 
he  bed  to  hem  honoury  mahound ;  :  &  {jey  seyde  \>at  {>ey  uolde,  5& 
J)ey  he  hem  wolde  ^eue  :  an  hondrid  poiind  of  golde. 

To  myffian  \>e  vecory  :  \>ey  were  be-take  anon, 
J)«t  he  hem  cholde  make  :  herp  sacrefise  to  don. 
mysyan  hem  seyde,  :  „je  seme  men  of  grpt  honour, 
wite  ;^e  oujt  of  J)e  beste  :  J)«t  to  me  sent  \>e  empez-our?"  »^ 

audifax  answerde,  :  „for  we  J)e  segge  nay." 
„for  ich  jou  wolle,"  qiia^  myssian,  :  „teilen  jou  so  ich  may. 
\>e  empe/our  haj)  I-hote  :  alle  men  ondir  his  honde 
{)at  \>ey  hononrid  liis  mahound  :  ^at  I-fou»de  wen'  in  his  londe. 
for  of  non  o\>er  lawe,  I  wot,  :  ne  kepej)  he  no-J)ing,  fö 

&  wlio-so  ajen  hit  witstant  :  he  chal  to  gret  pynyng. 
&  \>eriore  ich  gou  rede  :  f)at  je  don  as  J)e  wyse, 
&  |)at  je  wende  to  mahound  :  &  don  him  sacrefise." 

audyfax  answerde  J)0,  :  „f)is  wisdom  is  al  folye; 
for  him  nol  we  honoury  noujt  —  :  wherto  chold  we  lye?"       70 
Missian  in  wra{)J)e  :  J)us  hem  seyde  to: 
„tellij)  me  nou^e  quikliche  :  gif  je  seyin  alle  so." 
Marius  answerid,  :  „we  \)e  chollip  teche 
l>at  \ie  word  Jiat  he  seyj)  :  is  oure  aljj^-;-  speche." 

„toormentoun/Ä,"  qt/al»  myssian,  :  „',e  strippe  hem  alle  anon  75 
&  betef)  hem  wit  stauis  :  J)at  hem  ake  ech  bon ! 
ne  do  je  noujt  ])e  woman;  :  ac  letef»  here  be-syde  be, 
J)ot  i^he  mowe  of  hem  :  alle  here  sorwe  I-se." 
J)is  turmentoun/s  hem  bete  :  {)at  J)ey  wery  were; 
{)e  Oper  c;/din  to  god  Jhesu  cr/st  :  as  hy  stodin  \)ere.  80 

&  mycian  het  me  cholde  :  hem  hongy  vppon  a  tre 
&  drawe  herc  fiesch  myd  crokis,  :  J)at  me  myjte  here  houus  Ise. 
euere  seyde  martha,  :  „lok  J)at  je  ben  stedefäste ! 
for  ich  wot  joure  pyne  :  ue  chal  noujt  longe  I-laste, 
&  in  J)e  Wisse  of  heue«,  :  I^t  je  mowin  awinne,  »5 

wel  merie  vs  chal  per  Jjenche  :  whan  we  bej)  ])er-inne." 

jut  myssian  let  nemyn  fer  :  &  don  to  here  syde: 
&  i>e  fer  queinte  anon",  :  ne  myjt  hit  per  abyde. 

Seppe  J)ey  weren  I-nome  adou?i  :  &  gönnen  for  to  stonde. 
missian  let'of-smvte  J^o  :  of  ech  of  hem  here  houde,  ^ 

&  seyde,  „to  dispise  oure  godi/^-  :  Jins  me  chal  jou  teche! 
&  büt  je  woUm  jit  ben  I-war,  :  me  chal  don  jou  oper  wreche." 

|)o  gönnen  J)is  men  :  to  singen  alle  J)rc: 
„now  Jhesu  cr/st  in  heuene,  :  |)y  name  I-blessed  pou  he, 
pat  in  oure  pyne  :  so  wel  vs  ondirstodel'-  '^^' 

martha  nom  anon-ryjt  :  &  smerid  here  w/t  pe  blöde; 
&  ^o  jAe  haddin  ptls  I-do  :  anon  j/*/-  Hlliu  a-kne 
&  sevden,  „oure  lord  Jhe^u  c//st,  :  nouJ)e  ich  J)onke  l)e 


Nach  46  fehlt  ein  Passus V      47   Me.  dioclisiaii.      53   Ms.  he  st.   me.       67   lat. 
Mnscianus  vicarius.      80  tilge  god.      94   tilfre   po\i.     98  Ms.   J)ey  st.  jhe. 


384  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

J)at  ic  may  be  myne  somts  :  &  be  myn  hosebonde 

I-seu  stedfastnesse  of  goddus  myjt  :  her  f)or\v',  godd«s  sondel"  100 

Me  boudiu  here  annits  to  here  nekkes  :  &  ladden  hem  vp  &  dou», 
&  ladden  hem  iram  strete  to  strete  :  |)or\v-out  al  |)e  toun; 
bey  seyden,  „alle  men  bef»  I-war  :  ])at  mowe  {)is  J)ing  I-se, 
\)nt  non  ne  ben  so  hardy  :  to  don  oure  god^AS  vilte!" 
audifax  answer^d  :  &  seyde  J)us  anon :  W5 

„{)ulke  J)flt  je  clepelj  joure  godd2As  :  for  deuelis  bej)  echou." 

for{)  me  ladde  pis  \irc  men  :  ftat  so  stedefast  were, 
amyle  w?t-oute  {)e  ioun;  :  &  J)o  f)ey  comyn  \>ere, 
'  ey  smetin  of  here  hedis ;  :  \>e  bodyis  fillin  to  grouwde, 
e  soul?^s  wente  to  heuene  :  in  {)at  ilke  stou«de.  lio 

Martha  in  a  dep  pit  :  anonryjt  me  caste  — 
&  soch  was  \ye  ending  :  ])at  Jjey  haddiu  at  J)e  laste. 
ffeUci(t)as,  a  good  woman,  :  Jjedir  com  anon 
&  gaderid  alle  to-gederis  :  here  bodius  eue;ychon ; 
\>e  .xnj.  caleudre  of  feueril  :  ghe  buriid  hem,  I-\vis.  H-'i 

|)erfore  ich  woot  wel  here  soul?<s  :  is  brou^t  in  mochil  blis. 

Now  Jhe5u  Jjfft  is  in  heuene,  :  J)ou  art  so  fre  &  hende, 
grante  vs  J)at  we  mote  :  alle  J»edir  wende,    amen. 


Seint  (s)illu(e)rin  J)e  holy  pope.'      (20.  Juni) 

lUurin  J)e  pope  :  J)at  holy  marter  is, 

was  I-bore  in  grece,  :  as  \>e  bok  vs  tellej)  Iwis; 

0(r)mysda  het  bis  fadir,  :  mau  of  gret  lore. 

J)e  pope  ne  rengnyd  but  lytil  whyle,  :  .ix.  mon|)?<s  &  namore. 

Ic  wot,  f)e  enleue  pope  :  |)at  he  was  {)er  J)o;  ■'' 

&  .xilj.  presti/s  he  made  :  in  al  bis  tyme  it  na  mo, 
&  ek  .XV.  deken2(s  :  he  makid  to  so{)e  I-wis, 
&  .XIX.  bylTchopis  :  J)e  pojie  sakrid  w/t-oute  mys. 
aiter  bis  tyme  rome  nas,  :  who-so  toldin  euene, 
wit-outen  eny  o\><'r  pope  :  but  dayus  seuene.  —  10 

agapit  het  |>e  pope  :  bat  er  by-fore  him  was: 
a  patriark  he  fou/Kle  :  [)orw  bis  conseil  by  cas, 
'  at  lete  Jie  ryjt  beleue  :  &  drou^  to  eresye  — 
e  patriark?/s  name  :  was  I-depid  antyonye. 

him  {)o  castin  out  Jjorwj  consayle  :  j>e  pope  agapit,  15 

ffor  he  f>ou3t  \iat  he  dede  :  to  c;/.stindom  despit; 
al  agapitz<.s  tyme  :  out  he  was  I-holde, 
J)ey  \)e  emperour  \>e)-iorc  :  ofte  spcke  word?/-s  bolde. 
Menna  he  dede  in  bis  stede  :  J)orw,^  bis  conseil,  1-wis, 
&  mauteyned  him  al  {)e  tyme  :  ff;Y/m  \>e  emperour  &  bis.        '^ 

{jo  \)at  agapit  was  ded  :  &  siluerin  was  iune, 
be  emperesse  f)ou5te  bringe  :  ajen  authonye  w/t  ginne: 
by  Vigel  l>e  dekene  :  to  pe  pope  j/zr  sente  sone 
pat  he  cholde  to  here  come  :  so  he  au,^t  to  done, 
o{)er  don  ajen  anthonye  :  in  to  bis  er  stede  25 

&  aryjt«  al  \>at  wrong  :  \>at  agapit  so  mysdede. 

\>o  pe  pope  |)e  lottere  I-sey,^,  :  he  stood  awhyle  stille, 
&  seyde  u\  bis  herte,  :  „wor{)e  godd/<s  wille! 
Ic  I-se  hou  it  gejj  :  &  J)e/-of  nys  non  ef»e, 
Jjis  letter  is  euchesou»  :  to  bringe  me  to  de{)e.''  30 


IOC   tilge  für.      HC  1.  süiile.   —    '  Über  Silverius  vgl.  Ait.  SS.  Holl.  20  Juni.  — 
14    tinlyoiiye    in    anthonye    korr. ;    lat.    ADtliinius.       23   Ms.    J)ey    st.    jlie. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  385 

io  {)e  emperesse  he  wrot  ajeu  :  {)at  he  for  no  J)ing 

ne  myjte  noJ)er  ne  wolde  :  mak  soch  a  be-ginnyng: 

„ffor  a  man  Jjat  is  opinliche  :  wit  fals  be-leue  of-take, 

euer-eft  in  holicherche  :  he  chal  ben  for-sake, 

&  euer-more  ic  wille  :  &  wol  don  by  my  mygte  35 

so  J)at  hit  be  acordaunt  :  to  skylle  '&  to  ryjte." 

fforj)  wente  J)e  messager?<s  :  &  tolde  J)e  empe;-esse  {)isse. 
&  J)at  ghe  nas  anon  a-wreke,  :  ful  wo  herc  was,  I-wisse! 

to  beli(s)arye  g/ze  sente  a  lettere  :  pat  was  \>o  enipe;-our, 
&  seyde,  „gentil  lord,  :  f)enche  on  ])y  gret  houour,  4u 

seche  encheson  to  silluerin  :  \xit  he  disposid  be, 
ol>er  wite  hit  wel  to  soJ)e  :  he  wol  be-traye  f)e. 

|)ou  hast  Vigil,  \)e  erchedekene  :  &  apocrifar, 
J)ey  habbef)  I-hurd  of  sillurin  :  bojje  her  &  f)ar, 
{)ey  me  habbe])  be-hote,  :  so  ic  hit  segge  to  {le,  45 

J)at  f)ey  desire|>  antonye  :  to  bring  to  his  stat  aje." 

{)e  emperour  answerde  ])0,  :  „{)is  beste  ic  wole  do. 
&  of  oJ)ing  ic  jou  warny,  :  myne  leuedy,  also: 
who-so  entysej)  to  his  dej)  :  wit  any-maner  enchiste, 
he  chal  answere  for  him  :  by-fore  Jhesu  cn'ste"-  —  50 

he  wist  hit  was  for  enuye,  :  for  to  habben  wreche, 
&  J)at  hit  nas  nougt  J)orw5  him  :  so  he  woldin  teche. 

Up  arese  falce  witnesse  —  :  l>at  god  geue  hem  pine!  — 

„alle  we  aujten  to  hate  :  J^e  pope  fillurine: 

for  wel  we  wite|3  J^at  lettris  :  he  ha{)  sent  by  sonde  ^^ 

to  J)e  king  of  gochor  :  to  come  in  to  {)is  londe, 

&  seyde  ,com  to  J)e  gate  :  J)at  aßnarie  I-cleped  is'  — 

by-syde  laterane  :  Jwt  gate  git  stant  I-wis  — 

,so  {)ou  ehalt  neme  J)e  toim  :  &  sie  \)e  emperour 
&  holdin  to  |)y-selue  :  alle  {)e  gret  honour*."  ^ 

for  alle  J)«t  git  ])e  emperour  :  ne  leued  hem  nougte; 
&  for  feie  witnesse  bere,  :  in  drede  he  was  I-brougte: 
lete/is  he  gan  write  :  &  aftcr  ^e  pope  sente, 
&  to  |)e  emperesse  him-self  :  {)f/t  ilke  whyle  he  went«. 

{)0  pey  come  to-gedere,  :  ghe  tolden  J)o  anon  ^ 

{)at  ilke  acusafion  |at  me  tolde  :  siluerin  vppon. 

J)e  em peresse  answerde,  :  „for  his  tresou  w/t  rygte        l*"-  22t;i 
he  äugte  wel  ben  vndo  :  wo-so  hit  do  mygte." 
alle  J)«t  \>is  I-hurde,  :  bojje  more  &  lasse, 
seyde  J)at  |)e  pope  ne  äugte  neuere  :  ]per-fore  singe  masse.        "^> 

Now  god  helpe  siluerin  :  {)at  is  pope  in  rome! 
to  |)e  court  he  is  I-come  :  to  stondin  l>er  to  dome. 
\>e  clergise  me  halt  ^er-oute,  :  &  in  he  is  I-nome  — 
&  feue  frend^s  he  fonde  :  t)0  he  was  in  I-come ! 

f)o  he  com  to  cha.umhve,  :  me  him  in  let;  '•' 

he  fond  Jje  empe?-our  sitte  :  at  \>e  empe;esse  bedd?/s  feet. 
anto(n)vue  J)e  empe/-esse  :  J)o  ghe  him  I-say,  ^ 

sevde  tö  J)e  empe/-oure  noul^e,  :  „lord,  to  him  ])ou  speke,  /  pray  .- 

'l>e  emperour  sevde  J)0,  :  „what  habbe  ic  mysdo  to  Jie, 
siluerm,  J)at  Jjou  woldist  :  haue  I-be-trayid  me  ?  »" 


31  Ms.  emperour.  39  Ms.  J)ey.  emperour  =  patricius.  41  Ms.  soclie;  1.  de- 
posid.  44  {)ey  st.  he  (der  Dichter  fafst  apoer.  als  Eigenname).  48  Ma.  &  myne. 
56  1.  gothes.  57  Ms.  asmarie.  58  Ms.  lacerane.  C5  Ms.  \>c  st.  {)o.  77  Ms.  an- 
toyne  seyde  to  {)e  emp.  (Antonina  ist  Belisars  Gattin).  78  Ms.  .<:  st.  I.  78  —  9 
anders  lat     80  Ms.  treayid. 

Archiv  f.  u.  Sprachen.    LXXXII.  2'J 


H86  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

good  it  is  J)at  we  alle  :  of  ]}e  beu  I-war." 
regionär  be  sodekeue  wit  J)at  word  :  bis  mautel  awey  bar, 
he  caste  pe  mantel  on  Jje  bedde  :  l>er  \)e  emp6»/esse  lay  J)o, 
&  a  mouk-his  abyte  :  on  J)e  pope  he  ha|)  l-do. 

sexte,  anoI)er  sodekene,  :  [>o  he  I-seyj  J)is,  85 

weutin  to  |)e  clergye  :  al  leyjinge  I-wis, 
,Ic  30U  segge,  good  men,  :  bojje  alle  &  some, 
\)e  pop^/s  diugnete  is  vndo  :  &  amonk  he  is  be-come." 
alle  J)ey  gönne  fle  anon,  :  ne  dorste  \wr  non  astonde; 
for  J)is  dede  J)ey  we])tin  Jjere  :  &  wrongin  here  honde.  90 

Juli,  J)at  was  an  erchedekene,  :  vndirfeng  him  Jjo 
&  sent  him  in  to  exil  :  to  trwuayl  &  ek  to  wo. 
he  him  fedde  \>er  long  :  myd  vfater  &  myd  brede, 
fort  he  were  for  sorwe  :  &  for  defaute  dede. 


{)e  .xij.  calendre  of  iulie  :  I-buried  he  was  Jjo. 
now  god  vs  bringe  to  J)e  blis  :  Jjat  he  was  in  I-do.    ame??. 


95 


Seint  paulin  J)e  ermyte.'     (10.  al.  15.  Januar.) 

(  )n  a  tyme  rengned  in  rome  :  be  emperour  decye, 

i)at  to  cr?'st  &  cristindom  :  hadde  so  gret  enuye 
)at  alle  \^e  cr/stene  me»  :  ])at  he  myjt  of-take 
he  let  sie,  but  I^ey  wolde  :  Jhesu  c?v'st  forsake. 

bis  baylin  fond  to  5onge  men  :  \)at  weren  to  c;jst  I-fonge,    5 
&  anon  me  gan  hem  pyny  :  wit  tormeus  swy|)e  strenge: 
for  J)at  on  me  stripte  nakid  :  &  w/t  hony  him  smerde 
&  set  him  to  flyin  &  to  waspis,  :  to  piue  him  so  harde; 
naked  he  stood  faste  I-bou>«le  :  euer  to  a  tre  so, 
fort  {)is  foule  wormys  :  him  hadde  to  dejje  I-do.  10 

&  for  \mt  o\^er  nolde  :  Jhesu  cr/st  forsake, 
be  a  fayr  rcuer  :  a  bed  me  ga//  him  make, 
J)er-inne  me  him  leyde  :  bounde  faste  vpri^te, 
&  dede  w/t  him  fool  woraen  :  to  habben  of  hem  J)e  sy^te, 
for  he  cliolde  torne  bis  wille  :  to  don  lecherye.  15 

ac  \)o  he  sey  \)nt  bis  flesch  :  gan  to  sinne  wrye: 
for  he  nadde  noujt  wher-wit  :  him-self  to  chaste  J)0  — 

so  fast  he  was  I-bou«de  —  :  bis  tonge  he  boot  atwo 
&  spatte  vppon  pe  folis  :  {)at  J)o  wit  him  were  — 
l^us  iram  fool  wille  :  him-self  he  chastid  Jjere;  20 

teuere  he  hadde  J)rtt  bis  tonge  :  &  bis  niou{)  snierte  sor^ 
J)an  he  war  for  sinne  :  I-dampnid  for  eur;--morr. 
sej)jie  he  deyde  for  cristiis  loue,  :  &  bis  soule  to  heue«  went. 

pauliu  stood  be-syde  :  &  sey^  al  ])is  torment: 
swyj)e  sore  he  was  agast  :  of  J)e  torment  |)at  he  syj, 
&  went  anon  in  to  desert,  :  for  he  ne  dorste  be  |)p;-uy'5. 
&  \>er  he  wonyd  forty  (I)  5er  :  al  him-self  alone, 
{)at  he  neuer  noman  I-sey  :  ne  no  bodiliche  mone. 

autoyne  hym  sonnte  se|)Iie  :  In  {)e  desert  wel  wide, 
for  he  hadde  grrt  loue  :  w/t  him  for  to  abyde.  3" 

In  |)e  desert  he  wente  :  one  grrte  stou«de, 
so  bat  a  for-ehape  best  :  at  }je  laste  he  fou«de  — 
half  man  c^  half  hors  :  hit  was,  so  tollin  ic  may; 
wit  liis  ry3t  honde  :  he  taufte  antoyuc  |ie  way. 


82  lat  Joannes  sulxliaconus  legiunaiins  priniiB  legionis.  86  Ms.  |}e  Jpe.  91  lat. 
Vigil  St.  Juli.  —  '  iiacli  der  Vita  Pauli  creui.  auctore  Ilieronymo  (in  A.  SS.  BüII. 
ilan.   I,  p.   604).    —    5  baylin   muleutlieh.      v.   10  u.   11   als  ein   Vers  gesclirieben. 


zur  südlichen  Legendensaminluug.  387 

Seppe  he  mette  an  oJ)er  best  :  al  for-schape  also,  3S 

his  heued  was  be-twene  his  J)eyis,  :  bis  choldris  aboue  I-do; 
frut  he  bar  (him)  iu  a  iianyer'—  :  hit  was  a  l()])l)che  I^inge. 
autoyne  to  him  seyde,  :  „iu  pe  uame  of  heue^i-kiuge, 
er  {)ou  gon  heuuys  :  tel  uie  what  \mu  he, 
&  what  Jjou  berist  &  what  {)ou  dest  :  herc  iu  \ns  ilke  coutre."  40 

„God  of  wede,"  qi(a\)  \As  o\ier,  :  „I-cleped  ic  am  I-wis 
ouer-al  amougis  hefienemeu  :  J)at  beleuef»  amys; 
&  for  cr/stindom  among  meu  :  so  moche  I-woxe  it  is, 
In  pes  ic  may  here  wonye,  :  for  her  non  jit  j^er  uys/ 
wrt  pat  ilke  word  :  he  nyste  wher  it  be-com.  4.'» 

for  to  seche  pauliu  :  autoyne  his  wey  he  nom : 
&  suf)f)e,  so  god  it  wolde,' :  iu  a  lyte  stou»de 
stondiug  iu  his  selle-dore  :  autou  pauliu  I-fou«de. 

f)o  paulin  on  autoyne  :  ferst  his  eye  caste, 
he  went  iu  to  his  seile  :  &  chette  his  dorc  wel  faste.  •'■'0 

autoyne  weute  to  Jje  dorc  :  &  sore  he  gau  to  wepe, 
&  seyde,  „pauliu,  ondo  pe  dore!"  :  pauliu  seyde,  „I  ne  kepe. 
fourty  3er  ic  habbe  ben  her  :  ne  com  per  uomau  to  me; 
J)erfore  ue  chaltouj  come  her-inne  :  fort  ic  wete  what  Jjou  be." 

„(jrodd«/s  sergauut  ic  am,"  quap  autoyne,  :  „&  loue  er  ist  by 

my  my^te.  '    55 

Ich  nele  neue/-  fram  pe  go  :  uo[)er  day  ne  uyjte; 
ac  pat  pou  me  iu  lete  :  Ic  bidde  pur  charite, 
for  ich  wole  pe  whyle  ic  libbe  :  here  serue  god  &  {)e." 

Iu  he  let  him  po  auou  :  &  |3ouked  oure  dryjte 
{)at  he  him  hadde  aman  I-sent  :  {)at  him  comforty  mvjte        <>o 
&  rede  him  &  chryue  him  :  whau  hit  were  uede, 
&  bryug  him  au  erpe  :  whau  {)«t  he  were  dede. 

\)0  f)at  it  was  mete-tyme,  :  {ley  seydeu  here  orisou«: 
a  whyte  coluere  iram  heueue  :  to  hem  alyjt  adou«, 
a  cake  he  hem  brou^te  :  &  leyde  to-fore  hem  soue,  '■•'> 

to  so  moche  he  broujte  :  so  he  was  wont  to  doue; 

ageu  he  fley  to  heueue,  :  be  swete  messager. 
wel  were  him  {)at  euer  was  boru  :  pat  hadde  soche  a  speucer, 
J)at  wolde  so  treuliche  him  bringe  :  mete  to  J)e  mele! 
autoyne  seyde  to  paubn,  :  „J)is  bred  [wn  most  hit  dele  70 

&  jif  me  {jer-of  to  my  parte  :  what  py  wille  be, 
for  ic  nam  uougt  wor{>y  :  to  etiu  per-oi  wit  J^e." 

„jif  \wu  uere,"  quap  pauliu,  „worjjy,  :  hit  uere  uou^t  liidir 

I-brougt; 
periore  pou  ehalt  hit  deliu  :  so  ic  habbe  I-Jiougt." 
„uay  I-wis,"  qua\:>  autoyne,  :  „so  ue  chal  hit  nou3t  be,  75 

for  god  me  haj)  hedir  Iseut  :  to  serue»  him  &  [)e; 

J)erfore  ich  woot  to  softe  :  hit  were  me  aueleuye 
gif  ich  Jie  bred  breke  :  &  hadde  J)e  maystr/e, 
&  Jjerfore  ich  uele  hit  dele  :  I-wis  neue;--mo." 
wit  |)at  word  pe  coluere  :  com  fleu  a^en  hem  to,  su 

\>e  bred  he  deled  wel  eueuc  :  &  leydeu  hem  be-twene  — 
Jiat  \>ey  were  bojic  wel  wit  god  :  ])cr  hit  was  I-seue! 
&  ]^ere  pe  leuediu  I-fere  :  whyle  godd^/s  wille  was, 
&  se{)f)e  pauliu  deyde  :  &  Jjorw  lyonis  I-beriid  was  by  cas; 
&  autoyne  uadde  neuere  mau  :  I-seye  on  ere[)e  I-broujte         *'> 
no  nyste  hon  mann».?  pit  :  scholde  beu  I-wrou^te. 

39  Ms.  hemys.     41   1.  wode?     lat  Satyrus  vocor.     46   he   übeisclir.     70-82 
anders  lat.     81   die  folgenden  Verse  sind  im  Ms.  durchstrichen. 

25' 


r>88  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

paulin  wente  to  heuene,  :  so  ich  gow  teile  fore, 
au  houdrid  jer  four-score  &  seueue  :  after  J)at  Jhesu  criat 

was  bore. 
Jhesu,  for  paulinus  loue,  :  jif  it  ben  f»y  vville, 
cheldin  vs  iram  J)e  foule  fand  :  f»at  he  vs  naujt  ne  spüle. 

amen.  yo 

Seint  ciluestir  J)e  holy  pope.  >      (31.  Dec.) 

A  nou  ])o  J)e  emperour  costauntin  :  hadde  his  falfe  godd?<s  forsake 

&  Jjorwj  siluestris  lore  :  hadde  cr?stiudom  I-take, 

{)e  iewis  woldiu,  jif  hy  myjten,  :  w/t  gn't  disputaciou« 

ciluester  vndo,  for  to  briiigin  :  al  cr/stiudom  a-dou;j. 

J)e  empcrour  so  gr«nted,  :  who-so  mayste>-  were,  •'» 

me  choldin  to  his  lawe  :  anon  to  tornyn  [yere; 

&  Jjorwj  a  comeuue  cousayle  :  aday  f)(e)r  was  1-set, 
hej)in,  iewis  &  cr/stene  men  :  {jedir  werin  I-feet. 
to  hel)in  clerki/.s-  me  dies  :  in  stede  of  iustise, 

cratou  &  neophil  |)ey  hetiu,  :  trewe  men  &  wyse.  10 

&  for  l>cr  ne  cholde  contek  be,  :  J)e  empwour  seyde  \>o 
J)at  ])e  whylis  \)at  on  speke  :  \>er  ne  chold  speke  namo ; 
&  jif  hit  be-fille  so  :  |)«t  on  wem  oue/come, 
he  ne  cholde  to  disputison  :  agen  uamon'  beu  Inome. 
sihicstre  &  his  clerkis  :  &  alle  Jje  iewis  I-wis  !•'> 

wit  wel  good  wille  :  anon  granted  al  f)is. 

J)0  aros  J)er  vp  a  iew  :  Jjat  was  wel  wis  &  war, 
me  him  clepid  by  his  name  :  mayster  abya^ar. 
he  seyde,  „{)at  cristindome  is  fals,  :  also  [)enchel)  me, 
for  f)ey  seggej)  in  here  lawe  :  \>at  \>er  he\>  godiis  \>re,  20 

vadir  &  sone  &  holygost  :  {)ey  segge{)  [xtt  god  is; 
jif  \mt  be  J)re  pe;sonys,  :  Jjre  god?^s  \)er  he\>,  I-wis, 
&  {)at  is  fals,  for  in  p/ophesy^e  :  Ich  hit  1-fiude  sone: 
,loke,'  seyj)  god,  ,{)at  ic  it  am  :  &  noue  nys  but  ic  one'.*^ 

Siluestere  him  answerrd  :  w/t  wel  mylde  mode:  25 

„{)y  prophesy  is  treue  &  good,  :  who-so  hit  ondirstode: 
fadir  <fe  sone  &  holy  gost,  :  {)ey  hy  be  pe/-sonis  bre, 
O  god  hy5  beji,  I-wis,  :  \>at  ich  may  cheue  wel  pe. 
[)e  sonne  is  hoot,  ä  dry,^e,  :  &  in  sy,^t  wel  clere: 
\wu  myjt  I-seu  to  sojie  :  pot  Jjre  kend»s  bej)  here,  '^'^ 

&  Jiey  \wr  is  on  sonne  —  :  we  sej)  wel  hit  is  so: 
for  3if  |)ou  nome  eny  kende  awey,  :  \>e  so/me  wer  al  endo, 
{lefore  |je  prophesy^e  is  good,  :  ac  p)ou  leuist  amysse." 
Craton  seyde  anon-ryjt,  :  „{)e  iew  ouer-conie  isse.'' 

Aüd  bo  aros  an  o{)ef  iew  :  ^at  was  I-hote  abram,  35 

&  to  distroiin  c/7stindom  :  f»ese  word?<s  for{)  he  nam: 


4 


'  Quelle  bei  Monibiitiiis  II,  283;  (der  grietli.  Te.\t  in  Combefis  lUustrium  mai- 
tyium  lecti  triumphi,  Paris  lf)GO,  p.  258  —  336,  ist  Übersetzung  einer  anderen  älteren, 
kürzeren  lat.  Redaktion,  und  wieder  von  Sinieon  Metaphrastes  [ed.  in  Surius,  Lipo- 
mani)  bearbeitet).  Der  Text  bei  Monibritius  liegt  der  Leg.  aurea  und  den  deut- 
sclien  JJi'urbeitungen:  Trierer  Bruchstücke  (804  Verse,  XII.  Jalirhundert ;  ed.  von 
M.  Ködiger  in  Haupts  Zeitscbr.  1878,  22,  p.  145  ff.)  und  dem  bekannten  CJedicbt 
Konrads  v.  Würzburg  zu  Grunde.  Der  engl.  Te.xt  ist  stark  gekürzt.  —  10  M. 
Zeuophilus.  14  Ms.  cholde  uamore.  15  Ms.  eiluestr«  «ü  his  ciluestre  &  his  clerkia. 
18  Ms.  al)yacar.     35  Mombr.  Jonas. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  339 

,by-I>enche  Jje,  eiluestcr,"  he  seyde,  :  „in  I)v  dispiitifoun, 
{>at  god  5af  his  blessing  :  to  sircu^;/fi(ion; 

on  abraham  &  on  his  kin  :  {)e  blessing  by-g;ui, 
&  wel  J)ou  wost  Jjf/--w/t-oute  :  I-saued  ne  worji  noniau;  w 

who-so  Wille  I-saued  be  :  he  moot  ligge  adoun 
cristindom,  &  ondirfonge  :  circuv/icifiou;^'' 

Qitad  siluestir,  ^J)ou  be-ginnys  :  Jjy  reson  al  amys, 
for  abraham  I-blessed  was  :  er  J)ou  seydist  al  Jiis 
&  he  uas  neuer  I-sircu>//fisid  —  :  [low*  wost  J)at  hit  was  so  —  ■IS 
&  |)at  is  a  conclusiou  gret,  &  false  :  f)at  Jjou  me  seist  to. 
ac  as  joure  lawe  er  by-gan  :  in  J^e  p/ophete  abraham, 
also  hit  token  ende  :  J)o  Jh^wu  crist  i-lelle  nam, 

soI>fast  god  &  sojjfast  mau,  :  &  bougte  vs  on  ])e  rode 
fram  Jje  pyne  of  helle-i^itte  :  al  w/t  his  swete  blöde;  50 

his  pes  &  his  blessing  :  to  alle  me>i  he  jaf  J)o 
f)«t  woldin  w?t  good  wille  :  his  seruise  for  to  do. 
&  for  abraham  raj^er  :  serued  him  arygt, 
he  him  gaf  his  blessing,  :  J)at  Jwu  Iknowe  my^t. 
In  tokene  of  {)is  blessing,  :  sircu/>isision  by-gan,  55 

&  J)e;--{)orw  w/t-outen  desert  :  blessing  ne  may  habbe  noman.'^ 

J)o  seyde  ueophil  :  to  {)e  emperour  I-A\as: 
„makef)  Jie  iew  gon  sitte,  :  for  he  al  ouercome  is." 

Anon  vp  Sterte  J)e  {)ridde  :  J)«t  me  cleped  golye: 

„for  he  sey{)  J)at  god  deyde  :  me  {)inkep  Jjrtt  he  ly^e:  60 

god  ne  may  in  none  wise  :  |)olye  pyne  ne  wo, 

noJ)er  sorwe  no  myseyse,  :  ue  dej)  ne-J^e-mo, 

for  he  is  lyf  &  hele,  :  ioye  &  alle  Wisse; 

for  who  seyj)  J)at  he  deyde,  :  I-^vis  he  sey|)  amysse.- 

siluestir  him  answerid  :  wel  myldeliche  &  stille:  ^5 

,J30  {)ou  seydist  J)f?t  ic  leyj  :  J)ou  seydist  {)}Tie  wille. 
Jjat  god  was  here  on  erjje  I-bore  :  Ich  teile  J)e,  moun  amy^e, 
abacuk  &  balaham  :  &  ol>c?-  prophesyge, 
of  his  de{)  ieremye  :  in  joure  lawe  tolde 

&  manye  o])cr  profetis  :  J)at  wereu  swyf)e  bolde.  70 

J)e  bokis  of  goure  lawe  :  J)ou  most  foi'sakin,  I-wis, 
o])er  nedis  grantin  :  ]>at  J)is  f)ing  al  soj)  is.^ 

.,we  se|)  wel,"  qua]}  jye  emperour,  :  ,,{)at  pis  is  wel  good  rcsou«. 
{)erfore  ])ou,  syre  golye,  :  let  beu  al  J)y  disputisou/? !" 

Anna  het  ])e  fer|)e  iew  :  &  he  aros  vp  J)o,  "5 

he  seyde,  „siluestrc,  of  J>iu  crist  :  moche  Jxni  seist  vs  t<j 

&  aleist  autorites  :  f)at  beji  of  oure  lawe, 

f)rtt  pe  prophetis  seydin  :  sumtyme  be  olde  dawe; 

ftou  seist  f)ey  seydin  fxTt  by  J^y  cr/st,  :  \vcne  \>at  hit  is  so  I 

&  J)an  ich  holdiu  me  al  ouer-come,  :  for  ryjt  is  Jirtt  ich  do."  so 

siluestir  him  answered  :  <fe  seyde,  „leue  broJ>cr, 
gif  {)ou  seist  J)flt  he  nys  nougt,  :'  \)an  f)ou  most  s(h)ewe  som  o])cr. 
&  gif  J)ou  wost  arygt, ':  tak  kep  to  his  dede : 
for  {)ey  choUef)  bere  witnes  :  of  J)at  ich  by  him  sede." 

seint  eline  answerde  f)o  :  &  seyde  at  \>(i  frome:  85 

„bot  he  moTve  scheue  ano|)er,  :  he  is  al  oue?-come." 

Kborech  seyde,  ^e  fifj)e  iew,  :  „Ich  here  a  wondir  cas: 
{)ey  seggej)  J)at  herc  cr/st  :  of  dauej)  kende  was : 


48  Ms.  alelTc.     59  M.   Godolias.     6i  1.  foij)iV     67  1.  it  tcllc{)c.     75  M.  Aunaii, 

82   I.  Iie  it.     87   M.  Doedi. 


390  Des  Ms.  Bodl.  770  jüngere  Zusatzlegenden 

Dauef»  was  I-sircomsisid,  :  &  here  cr«8t  also, 

for  \>e  grete  sinne  :  Jjat  ferst  was  I-do.  5)0 

^if  nie  porw,^  sircomsision  :  Is  f/-f?ni  Jiilke  sinne  I-brou.^t, 

me  Jiinkef)  j)«t  jourc  cristindom  :  Is  al  I-niakid  for  uou^t, 

d[>er  al  oiire  lawe  :  for  noiigt  I-niaked  is, 

{)at  god  hira-self  wit  his  hond  :  wrot  to  moyses,  I-wis.'' 

„Ich  seyde,"  qua])  siluest/T  I^o,  :  ^to  {)iu  ferc  abraham  95 

f)at  in  abraham  \)e  olde  :  ^oure  lawe  be-giunyng  nani      [f. 228] 
&  last  eiir;-,  fort  Jhe.su  c/-/st  :  hedir  an  erjie  caiu 
&  in  his  oime  body  :  cr/stindom  he  ondir-nani. 

he  begaa  in  jourc  lawe,  :  &  ^Derof  Jiou  seydist  aryjte; 
&  suJ)J)e  he  tok  eure  kende  :  Jjorw  his  swete  myjte,  100 

to  cheuen  |)rtt  gourc  lawe  :  noldiu  helpe  nou.^te 
to  bringen  mankende  to  heuene,  :  vort  he  were  I-bou^te. 

,^ut  he  by-gau  cr/stindom  :  an  o\)cr  Jjing  to  teche: 
bat  goure  lawe  to  wiwnnen  :  ne  may  uo{)ing  areche  — 
for  pou  ne  herdist  neue?-e  :  in  cyte  ne  in  tonn  loö 

])at  wy»?meu  in  ^ourc  lawe  :  hadde  circomficioiin ; 

|ian  J)ou  most,  nie  J^inkep,  :  pis  I)ing  granün  me: 
]>at  wimme(n)  bej)  I-blessed  :  o])cr  Jaat  hy  ne  be. 
ac  .riifsu,  \iai  aly.^te  irani  heuene  :  &  hadde  raanhede  herr, 
wolde  Jwt  meu  &  women  :  alle  I-saued  were:  ll(t 

Iperiore  he  made  c/-/stiudom  :  jpat  to  bo|)e  coniyn  is." 
„syrc  siluestre,'^  qxal^  craton,  :  „wel  scilful  is  Jjy  reson,  I-wis." 

1*0  aros  pe  six{)e  iew  :  J)at  nie  cleped  thusy: 

„of  on  I:)ing  ich  woudir  moche  :  &  ich  gou  teile  why: 

he  seyj)  |)at  here  Jlißsu  crist  :  was  I-born  of  a  mayde.  115 

Ich  wolde  {)rtt  Iie  J)at  prouede  :  \>at  he  \)cr-oi  so{)  sayde ! 

for  ech  man  may  wel  I-wite  :  J)at  hauef  eny  mende, 

Jiat  ,vf  amayde  Ijeren  a  child,  :  it  were  ajen  kende. 

wyji  ^he  was  wif  &  mayde  :  al  bojie-to  I-fere, 

,Vf  I>ou  cheuist  al  J)is  aryjt  :  ouerconie  ich  am  here."  120 

siluestir  answerde  &  seyde,  :  „eueriche  man  wot  Jiis 
J)at  noJ)ing  nys  so  clene  &  fayre  :  so  god  him-selue  is: 
&  sujijje  god  wolde  |)orw  liis  my^te  :  au  erpe  ben  I-bore, 
a  clene  woman  he  moste  liabbe  :  J>at  werin  w?'t-out<?n  höre; 
o[ie/-  hit  were  a3en  his  kende  :  in  here  for  to  be.  I2i 

[lerfore  his  modir  was  mayde,  :  for  sofi  ich  segge  \>e. 

Si  wlio-so  lokij)  to  ojje/-  \)miji<s  :  Jiat  god  liap  I-wrou,^t, 
hini  to  ben  I-bore  of  a  mayde  :  vnkendelich  nys  it  nou^t: 
adam  he  nualc  of  erf)e  :  J)at  modir  he  nadde  noon ; 
su])JK'  he  made  eue,  his  wif,  :  of  his  o  rib-boon.  l'^o 

wel  \)(ni  wost  ^he  hadde  a  fadir,  :  ac  modir  uon  \)rr  nas: 
Jhe.su  w/t-onte  er{)elich  fadir  :  an  erjjc  I-bore  was. 

i^he  was  wif  for  Jire  skylis  :  {)at  hini  bere  to  man : 
\>at  me  ne  cholde  no  velenye  :  sengen  here  vppon; 
&  for  to  habben  a  ferc  :  in  to  egipt  to  gon,  l-^-^ 

f)at  myjte  bere  witnesse  :  of  here  ciedis  echon ; 
&  for  he  wolde  vnknone  be  :  to  bigg  vs  wit  his  lilodc  — 
for  -jif  })e  iewis  hini  hadde  I-kno\ve,  :  nere  bey  neue;-  .so  wode, 
"ley  noldin  for  al  Jx'  world  :  hini  liabbc  I-d(»n  on  Jie  rode. 
lis'  bej)  \>e  skelis  wliy  ,^]ie  was  wif,  :  who-so  hom  ondirstode."  l-*" 

.I-wis,"  qwrrj)  neophil  {lo,  :   „he  has  answcrid  aryjt, 
&  J)ou  sixt  wel,  syrc  thusy,  :  wit-segge  him  [)ou  ne  myjt." 


1 


1U3  JU.  &  St.  an.     113M.  Chusi.    llGMs.  Jjc.      127  Ms.  |5iuk«^.     120  Ms.  incde. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  391 

Vp  aros  be/namin  :  Jjat  |)e  seiielie  iew  was: 

,me  J)inke{)  {)o,t  here  c/-/st  :  for  nojiiug  god  nas, 

for  {)at  he  wold  softry  :  I-fondid  for  to  be  —  145 

so  men  of  here  lawe  :  habbef)  I-told  nie  — 

&  {)e  fend«s  companye  :  god  hatej)  in  ech  svde; 

Jjerfore  me  f)iukel>  woudir  :  how  \)e  fend  myjt  abyde 

wit  him  eny  stou;ide  :  him  to  foudy  so. 

answere  me  to  ]3is  resou«,  :  for  ich  nele  namo."  ISO 

siluestir  him  answered,  :  ^Jiou  myit  1-sen  al  J)is: 
who-so  wile  hele  a  J)yng  :  {)at  is  I-don  amys, 
he  moot  hit  wel  ry5te  :  in  eueriche  poynt, 
&  gif  l>er  lakke  eny  poynt,  :  Jje  heier  nys  nougt  queint. 
for  \ms  dede  Jhesu  crist,  :  lord  of  alle  ][)ing:  155 

he  soffrid  to  ben  I-fondid  :  a^eus  adam««s  fouding. 
adam  g/rmted  to  Jje  fend  :  &  was  J)orw3  sinne  I-nome; 
Jhesu  a5en  sinne  stood,  :  J)e  fend  was  oue;--come. 
to  {)ot  o\)cr  demau??de  :  f)«t  J)ou  hast  forj)  I-broujt, 
Ic  answerde  whil-er,  :  for  he  ne  knew  him  nou^t."  iw 

^I-wis,"  qua])  \>e  emperour,  :  „now  J)is  is  wel  I-sede; 
])at  J)e  iew  gon  sitte,  :  me  Ijinkejj  hit  is  rede." 

\  p  aros  |)e  eygthe  :  Jjat  was  I-cleped  arthel : 

T,me  liinkef),"  he  seyde,  „of  many  Bing  :  |)at  siluester  seyj)  wel, 

&  wel  we  wite|)  for  so{)e  :  Jiat  gotf  al-my^ty  is  165 

&  naj)  to  nojjing  nede  —  :  ech  man  wot  Avel  {)is. 

why  wolde  god  ben  I-bore  :  &  sejjpe  deyin  so, 

whan  hit  nas  no  nede  :  \>at  he  hit  choldin  do?" 

„I-wis,"  qiial)  siluestir  {jo,  :  .,J)ou  seist  a  wel  soj)  I>ing, 
god  ua]^  to  noJ)ing  nede  :  for  he  is  al-my^ty  king.  170 

ac  {)ey  ech  man  woot  wel,  :  Jjey  he  nabbe  nede  nou, 
for  alle  we  habbej?  nede  :  to  him  euery-chon, 

from  heue/^  he  aly^te  :  to  betin  oure  nede, 
for  ellis  we  choldin  :  eucri  brennin  in  helle-glede. 
&  gif  he  wolde  fillin  liis  wille,  :  god  moste  ned  do  so,  175 

for  no])er  man  ne  au;;gel  :  soche  dede  ne  mygt  do. 
for  man  was  of  \)e  kend  :  l>at  hadde  |)e  best  I-broke; 
Jierfore  in  J)e  deuelis  power  :  al  man-kin  was  I-loke, 
&  was  J^pz-fore  vnworjjy  :  mankin  for  to  bigge. 
an  au^gel  was  to  Jjis  chaffare  :  to  fehle,  ich  J)e  segge:  180 

ffor  god  in  his  godhede  :  hadde  \>e  dooni  I-,^eue 
Ixtt  ech  man  for  adam?/s  sinne  :  to  helle  chold  ben  I-dreue. 
f)erfore  nedis  god  moste  :  J)at  ilke  dom  vndo; 
&  sojjfast  man  he  moste  be  :  [)e  de{)  to  ondirfo." 

„lord,"  qua])  seint  eline,  :  „J)is  is  good  resoun!  185 

Ic  hit  jene  for  dorne  :  Jjfft  l>h  iew  sitte  adoun." 

>  2)  aros  J)e  uy{)e  :  |)at  was  1-liote  Jubal : 

„agen  w/t  his  |)ou,5te  :  siluest^)-  moot  <fc  chal : 

for  gif  he  moot  his  wille  haue,  :  distroye  he  wole  spuushode, 

|)at  c;-/st  him-self  heet  :  me  cholde  holdin  al  abrude.  1^0 

&  me  l^inkef)  Jjot  is  fals  :  al  f)at  he  hauef)  I-sede 
by  god,  \>at  he  I-fonded  was,  :  I-pyuyd  iS:  ek  dede: 
for  ne  is  myjtful  &  wertew^^s  :  &  sofifast  lif  also, 
al  [)is  is  agen  kende  :  but  \>er  ben  sonys  to; 


144  Ms.  güod.      163   M.  Arohel.      172   tilge  lur.      174   1.   euer.      186   Ms.  qi(i{) 
in  |)((t  korr. 


392  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

&  ,5if  J)e/"  be{)  sonys  to,  :  a^en  keiide  hit  is,  195 

for  \)-<m  bef)  ^er  foure  p^/sonys  :  in  bis  godhede,  I-wis." 

^be  stille!''  qua]>  siluestir  \>o,  :  ^for  \>ou  spekist  a^jen  ryjt: 
Si  f)ffit  by  {)y-selue  :  to  so{)e  wite  j)oii  my^,t: 
J)ou  hast  in  Jjy-selue,  :  [xm  wost  wel,  kend«<s  two, 
of  body  &  of  soule  —  :  ech  man  hauef)  also.  200 

so  haj)  Jh&su  crist  to  kend^.s-,  :  of  god  &  of  man. 
In  bis  manhede  he  polid  :  alle  |)at  ich  teile?«  can ; 
\)eriorc,  J)ey  he  hadde  to  kendtis,  :  sone  {)er  nas  but  on." 
„Iwis,"  qwrt|)  craton,  „J)is  is  soj)  :  &  Jiat  we  se{)  echon." 

Vp  aros  thara,  a  iew,  :  \>at  {)e  tenj)e  was,  205 

&  seyde,  „of  skyUs  &  autorites  :  J)ou  tellist  mony  a  cas: 
Teile  vs  of  bis  dedis  :  Jjat  he  haj)  I-wrou',t,  [f-  229) 

&  so  f)ou  myjt  best  proue  J)e  skylle  :  l>at  ])on  hast  forj)  I-brougt.- 

„I-wis,"  qiial>  siluestir,  „Ich  wole  |)e  teile  anon. 
he  was  I-bore  of  a  mayde,  :  &  so  nas  neuer  non.  210 

\)e  bolygost  aly^t  ou  bim  :  be  J)e  flom  iordan, 
<fe  beren  vp  witnesse  :  J)at  he  was  god  &  man. 
In  {)e  cane  of  g(a)lile  :  he  tornyd  water  to  wyne, 
&  feie  men  he  helid  of  euelis  :  w/t-oute  medecyne; 
vif  fjousend  men  he  fedde  :  wit  fif  louis  of  brede  215 

&  wit  J)re  villchis;  a-rerid  to  lyue  :  mony  l>nt  weren  dede. 
he  aros  tram  dej)  to  lyue  :  wel  myjtfulliche  I-wis, 
&  sej){)e  he  stey  to  heuene  —  wel  many  I-sey,^  al  Jiis. 
tel  me,  syre  thara,  :  who  mygte  do  socli  dede?" 
„I-wis,  noman  but  god,"  :  neoplül  J)o  sede.  220 

Vp  aros  J)e  enleue{)e  :  {jat  hyjte  sylion, 

&  seyde  to  siluestre  :  f)ese  wo/'dis  anon: 

„Ic  pose  wel  {jwt  god  &  man  :  was  joure  cr/st  Jhesu, 

ek  he  was  al-my^ty  king  :  so  me  J)encheJ)  nou j : 

for  äif  he  were  al-my^ty,  :  he  myjte  of)er-wise  habbe  Ido        225 

&  deliuered  bis  peple  :  iram  pyne  &  ham  wo, 

so  ])at  he  nadde  so  chanifulliche  :  to  de{)e  ben  I-broujt. 

wel  lit€  mayst;/  it  were  tu  bim  :  to  bringe  f>e  fend  to  nou^t; 

so  he  mygt  alle  :  bis  pouer  habbe  I-  nome, 

})fft  he  ne  cholde  habbe  I-holdiu  :  mankin  in  2)res(^tne."  230 

„Ech  mau  ma  wite,"  q?mj)  siluestir,  :  „{)at  hajj  eny  in-syjt, 
])iii  to  wirche  by  mayst;'/c  :  oftc  hit  is  no  ryjt; 
Sz  god  is  euer  ryjtful  :  in  bis  werk«s  alle, 
he  nele  do  no  wrong  to  no|?ing,  :  what-so-eue/-  by-falle. 
for  ryjt  wolde  bat  he  bette  :  wit  bis  pyne  I-wis  2;^5 

alle  hing  ])at  adam  dede  :  in  paradis  amys, 
&  adam  in  al  bis  body  :  to  sinne  haddc  delit, 
\>erioTe  cr/st  in  al  bis  body  :  J>olid  pyne  t*t  despit." 

„I-wis,"  qt(a\)  f>e  quene  Jjo,  :  „{)is  skylle  is  swyjje  gode." 
„J)ilke  ieu  is  oucrcome,"  :  i\i(a\i  echmoii  \)at  \icr  stode.  240 

\  p  aros  be  .xij.  :  {)at  ,vinil)er  me  clopcd  I-wis: 
„Ich  can  porw  a  charme  :  hrd.  swvJh-  queinte  is 
slce  ech-maner  best,  :  Aif  ich  liit  sevj  in  bis  erc  — 
for  euerich  J)ing  chal  deyin  :  Jiat  hit  may  I-here." 


216  1.   &  rpiid.     218   Ms.  naiiy.     222   Ms.  wondiis.     22G   pyne  in  syiie  korr? 
240  ieu  über  ausgestr.  god.     241   M.  Zainbri. 


J 


zur  südlichen  Legendensammlung.  393 

„how  lernydist  f)ou  J)at  charme,'-  qua]>  siluestir,  :  ^Si  nc  herdist 

it  noiut,  245 

&  so  ofte  J)ou  dest  it  segge  :  lest  J>ou  tu  de^e  ben  I-broiut?" 

pe  iew  anon  answerde  :  ^what  is  J)at  to  {)e? 
her-by-syde  is  a  hole  wilde,  :  let  him  bring  to  me! 
&  l>er  ich  Avole  w/'t  myu  charnie  :  to-fore  bis  men  echon 
him  bringe  to  ]>e  dej)e  :  in  J)ilke  place  anon,  250 

&  J)an  ic  wole  bidde  :  for  goure  cortesyje 
{)at  36  me  grante,  so  ry^t  is,  :  to  habben  J)e  mavstrye.'' 

„O  {jiug,"  qua^  silueste/-,  :  „Ic  wole  granty  wel: 
jif  l>ou  hit  do  {)orw  godd«s  myjt  :  to  geue  \>e  pe  mavst/-i  echdel. 
&  aif  l>oii  wirchist  porw^i  {je  fend,  :  J)e  ne  tit  mavstrv  non,    255 
for  ich  wole  Jiorwä  godd;<s  my^t  :  'f)yne  werfo<s  alle  vndon." 
panne  seyde  pe  emperour,  :  „siluester  spekef)  al  ryjte. 
lete{)  fecche  {)e  hole  anon,  :  to  saye  pe  iew-is  rayätel" 
sixty  men  anon-ryjt  :  gou  him  aiter  go, 

&  brougt  him  to-fore  Jje  iew  :  myd  moche  chame  &  wo.         260 
&  J)e  iew  J)e  charme  seyde  :  al  in  bis  ere: 
&  anon  he  fil  adou?«  ded  :  in  pe  place  J)ere. 

J)o  seyde  J)e  iewis,  :  &  werin  swi{)e  proute : 
„I-wis,  siluestcr  is  ouercome,  :  herof  nys  no  doute!'' 
„syre  empe>-our,''  qua^  siluestre,  :  „now  is  J)i8  hole  dede,         265 
&  ondir-stondif)  vppon  o{)ing  :  f)at  was  er  I-sede: 
me  chold  asay  \\hey])er  he  wroujt  :  J)orw  godd?<.s  my^t  alle 

|)isse 
&  so  to  granty  |)e  maystr/e  —  :  |)is  was  forward,  I-wisse!" 

„parfey,"  qua^  J)e  emperour,  :  „ic  wole  wel  ])at  it  be  so." 
„arere  pe  hole  to  lyue  age,"  :  quap>  siluester  to  him  {>o,  270 

r,o^er  ellis  ich  wole  proue  :  by  skylle  of  oure  lawe, 
f)orw  {)e  fend^^s  myjte  :  J^e  hole  poii  hast  aslawe." 

^amber  him  answered,  :  ^^per-oi  nah  ich  no  mygte, 
for  {)e  uertu  of  my  charme  :  nys  nougt  J)erto  I-dy^te."- 

„{)an  is  hit  on  pe  deuil-his  half,"  :  cucap  siluest^r  bo,  275 

„{)in  charme  pat  poii  wirchist  wit  :  &  pat  |)ou  hast  I-du. 
for  god  sejp  in  goure  boke,  :  alle  ge  hit  mowe  I-se: 
,Ichc  habbe  pouer  to  lyue  arere  :  &  ek  pouer  to  sie', 
jif  f»ou  hast  pouer  to  sie  :  &  noujt  to  lyue  arere, 
f)y  mygt  is  f/'«m  god  I-dy^t  :  <fe  is  al  elh/s-where;  280 

&  gif  {)y  mygt  is  ell»s-where,  :  opcr  stede  nys  per  non, 
bot  J)orw  mygt  of  J)e  deuil  :  J)in  werk^^s  pou  dest  echon.'' 

{)an  seyde  gamber,  :  „arere  him  gif  poxi  mygt, 
\)at  me  mowe  to  so{)e  I-se  :  pat  pon  I-leuist  arygt!'' 
„for  {)e,''  q?//rj)  siluester,  „nel  ich  nougt  do, :  wite  hit  wel  to-wisse,  285 
ac  ich  wole  by-fore  al  J)is  folk  :  f)rtt  is  in  place  psse, 
so  J)at  ge  sen  Jiat  goure  laiie  :  nys  of  none  fame, 
&  honoury  wit  beter  wille  :  Jheiu  c>-istus  name." 

„Arys,  hole!"  qiia^  siluest«r  bo,  :  „ic  hote  J)e  anon 

In  {)e  name  of  Jhesu  o/st,  :  &  stonde  stille  as  ston!"  ...       290 

l)an  seyde  pe  empevour,  :  „alle  we  1-sef)  {>is, 

{)at  J)e'lawe  of  Jhesu  crist  :  is  of  wel  mochil  jtris. 

1-blessed  mot  he  euer  be  :  &  his  mygt.'/.s-  alle, 

&  who-so  spekej)  agen  cr/stindom  :  foule  moot  him  by-fallel" 

l^e  hole  gede  fr«m  on  to  on  :  &  be-com  wel  swyfie  tarne,        2<.t5 

&  alle  men  |)at  |)is  I-sey  :  I^ey  heryid  ciisUts  name. 


266   tilge  &.     271   urspr.  prope.     Nach  290  fehlen  Verse. 


394  Des  Ms.  Bodl.  770  jünfj^ere  Zusatzlegenden 

elein  was  I-c/«stenyd  :  ior  \>nt  opiu  sy,5te, 
<fe  alle  fiat  \>h  I-sey  :  ful  wel  J)ey  dediu  &  ry,^te 
&  by-leued  on  Jhesn  cr/'at  :  J)e  vvhyle  here  lif  I-leste, 
&  honourid  him  myd  niy^t,  :  [»e  lest  &  ek  Jie  nieste.  '-^^^ 

J)orw  J)e  disputiug  of  siluestir  :  {«t  so  oftc  heni  hadde  I-done(!) 
&  fiorw  J)e  meraklis  J)at  J)ey  ofte  I-sey^eu  :  niany  tottrned  to 

cristindome. 

&  siluester  {)e  holyman  :  went  oiit  of  J)is  lyue 
In  to  \)e  blis  of  heucne  :  [yer  ioyis  beji  ful  riue. 
now  JhcÄU  for  Jie  loue  of  him  :  vs  lete  herc  don  so  ^^ 

f»at  we  niote  aitcr  oiirc  ending-day  :  str^y^t  come  him  to 
&  \>er  wonye  w/t-oute«  ende  :  to  oure  ry',t  eritage, 
&  for-jeue  oure  sinu2<5  alle,  :  Imt  we  habbej)  I-don  outrage.   ame». 


Seint  remigi  Jje  holy  billchop.'    (1.  Oct.,  al.  l:'>.  Jan.) 

Pe  holy  byflchop  remygye  :  in  f?-rtnce  was  I-borc. 

a  good  whyle  er  he  were  be-jete  :  to  cr/st  he  was  I-core. 

for  an  au«gel  come  to  an  ermyte  :  \iat  was  out  of  }>at  contrc  — 

wel  ich  ot,  Jie  ermyte  was  blinde,  :  &  wel  longe  hadde  I-be. 

\ie  au«gel  him  bed,  „go  to  cilicine  :  &  teile  here  wel  blyue       5 

Jjat  jhe  chal  habben  a  child  :  in  here  olde  lyue." 

ffor|)  wente  (])e)  ermyte  :  &  tolde  here  }io,  [f.  229b] 

In  here  olde  lyue  :  what  dede  ghe  cholde  do. 

cilisine  answered  ])o,  :  „at  godd//s  wille  1-worf)  al ! 
ac  J:>ese  ilke  word?/.9  :  I-leue  ic  ne  chal,  if 

])at  ich  chold  a  child  berc;  :  for  myue  dayis  be{)  ago, 
ne  to  don  soch  ded^<s  :  ic  ue  J^enche  neucr-mo; 
for  to  soche  pleyus  :  nabbe  ic  none  haste, 
&  mony  a  day  ich  habbe  I-be,  :  &  ',ut  ic  {)enke,  chaste." 

Jjan  seyde  J)e  ermyte,  :  „ich  rede  J)e  leue  ary^t !  ^^ 

for  J)orw  \)e  child?<s  mylke  :  habbe  ic  chal  my  syjt." 

|ia»  seyde  cilicine,  :  &  gan  to  syke  sore: 
„al  redy  ic  am  to  godd/^s  wille  :  uou]>e  &  euennorc." 
also  god  jaf  grace,  :  noujt  l>rr-niU?-  ful  longe 
cilicine  {)e  gode  wif  :  w/t  childe  was  by-vonge.  20 

to  here  com  \>e  blinde  ermyte  :  t)o  ',he  deliuerid  was: 
&  wit  here  mylk  hadde  his  syjte  :  as  god  jef  \)e  cas. 
alle  \)ey  Jjonkid  Jhe.su  cr/st  :  \iat  in  {je  place  were, 
&  of  \>ese  two  wondris  :  wel  wide  nie  spake  [>ere, 
of  \>rit  olde  wif  \)at  was  so  :  myd  childe  bo  y-von^je,  25 

Si,  \)at  j)e  ermyte  hadde  his  syjt  :  I)at  hadde  be  blind  so  longe. 

{lo  {)is  child  of  elde  was,  :  to  scole  me  him  dede. 
to  lerny  wel  fayre,  gmce  he  hadde  :  anon  in  |>e  stede. 
swyfie  mylde  he  was  of  speche  :  i*t  swy{)e  lite  he  louj, 
alle  pleyu.s  he  forsoke  :  &  to  chirc.he  him  drou5,  -"^ 

glotenye  he  hated  eue/-  :  &  to  fasting  toke, 
&  mest  he  loue(d)  of  al  Jiing  :  to  lokiii  on  a  boke. 

|io  remygy  of  elde  was  :  of  to  i't  twenty  ^er, 
\)e  byllchop  of  ramense  :  drow,^  to  dej)e  jx-r. 
ac  anon  so  he  was  ded  :  &  I-buriid  in  molde,  "^ 

{)e  clerk«<.s  come  to-gedere  :  so  J)ey  wit  rj'^t  cholde, 


298  Ms.  aryjtc  in  &  ryjte  koir.  301  1.  oveicome.  —  '  r>a.s  Gedicht  giebt 
rineii  kurzen  Auszug  aus  der  Vita  auctorc  Hincniaro  cpisc.  Kemcnsi,  in  A.  SS. 
Holl.   Oll.    1.   —    23   Ms.  for  alle. 


zur  südlichen  Legendensammlung.  395 

a  byflchop  for  to  chese  :  in  Jhcsu  crhius  name. 

remygye  {)o  was  wit  hem,  :  {jat  was  of  good  fame. 

of  on  syde  &  of  oJ)e;-  :  \)ey  speke  swy{)e  faste; 

so  J)öt  remygye  to  byllcliop  :  alle  I)ey  chosin  at  \)e  laste,  40 

&  seyde,  for  äouf)e  rae  ne  cholde  :  spare  {)ilke  eliccioun. 

remygy  wit  wel  drery  cherc  :  fil  a-knes  adoun, 

&  seyde,  „ic  ne  can  nou^t  I)Pr-on  :  <fe  onworjjv  ic  am  hcr-to." 

I)ey  he  wep  &  w/t-seyde,  :  ^it  he  hit  iiiost  ondirfo. 

and  nou])e  ge  choUiJ)  I-here  :  of  a  woudir  {jing,  45 

Jwt  by-fil  to  remygy  :  ]>&  day  of  his  sacring: 
a  leem  of  bry^t  fere  :  of  his  heued  aros, 
Jjfft  ])er  nas  uon  ])at  hit  I-sey  :  l>at  sore  \)er-oi  n'agros, 
&  ondirstood  \)at  it  was  :  to  hiui  f/r/m  heue?*  I-seut. 
on  him  it  leued  fort  he  hadde  :  oudirfong  Jje  sacrement;  -^0 

&  J)o  he  hadde  so  I-do,  :  J)e  fer  wente  vp  an  hyj. 
eche  man  I-f)onkid  god  :  \>at  J^is  woudir  I-syg. 
for  al  his  croune  |)ouät  I-uoynt  :  Jw  ]>e  fer  was  by-leued; 
swetter  smel  ne  m(i)äte  be  :  J)au  com  out  of  his  heued. 

Hit  by-fil  on  a  tyme  :  f)at  remygy  I-herberuid  was  55 

at  a  good  wyu^s  hous  :  as  god  jaf  Jjat  cas; 

Si  as  god  it  wolde  :  here  win  was  al  a-go. 

{jerfore  nyst  f)is  good  wif  :  for  sorwe  what  to  do. 

euer  so  ghe  jede  aboute,  :  swyj)e  sore  ghe  syjte; 

^c  f)ey  ghe  made  to   remygy  :   as   glad  semblaunt   as   ghe 

mygte.  60 

f)o  seint  remygy  {)is  ond(i)rgat,  :  he  seyde  in  preuyte: 
„tel  nie,  dame,  for  crktus  loue  :  what  f)iug  eyle|)  Jie, 
&  why  artoug  so  sory  :  &  why  makistou  soch  fare? 
god,  fat  is  almygty  king,  :  nia  wel  a-ler/gen  |3y  care." 

„lytil  woudir,  syre,  hit  is  :  f)ey  J)«t  ich  ben  ful  wo,  65 

for,  I-wis,  oure  winys  :  hy  bef)  echon  I-do, 
&  ic  nabbe  non  o])er  J)ing  :  for  to  libben  by. 
for  drede  of  gret  hongir  &  ferst  :  ic  niake  soche  cry." 

J)o  hadde  syre  remygye  :  of  \>h  word  gret  pyte, 
&  seyde,  ^gawe  in  to  Jjy  selere  :  Jjyne  tonu/<s  for  to  I-sel"       ~^ 

fforf)  |)ey  wentin  I-fere  :  Into  J)e  seier  adoun. 
remygye  set  a-dou»  a-kne  :  &  seyde  his  orisoun, 
&  su|)J)e  he  aroos  &  jede  :  &  blessid  |)e  touu«s  on  &  011: 
&  of  swyf)e  noble  win  :  ful  Jjey  be-come  echon. 

{)e  wif  be-held  {)e  tonn?<s  :  hou  |iey  oru  oucr  aboiite ;  "5 

he  seyde,  „dame,  haue  {)is  wiin  :  &  libbe  w/t-outcn  doute! 
&  serue  god  euer  arygt,  :  for  he  J)e  finde  uuiy 
alle  f>ing  |)at  J)ou  hast  nede  to,  :  by  uygt  &  ek  be  day." 

(  'lodowein,  l>e  king  of  f/«uce,  :  In  {)ilke  tyme  hef)e«  was. 

his  wif,  was  a  cr/stin  woman  :  so  god  jef  [)rtt  cas,  ^^ 

wel  moche  radde  herc  lard  :  cr/stindom  to  oiulirfo; 

ac  he  nolde  for  nojjing  :  {lat  ghe  mygten  do. 

almayn»s  in  J)ilke  tyme  :  vpiK>n  his  lond  comc 

Si.  destroyedin  his  lond^i.s  :  ofte  Si  jx/t  1-lomc, 

his  toun?<s  f)ey  for-brendin  :  &  his  men  |)ey  slowe.  ''5 

Jierfore  Jie  king  was  wel  sory,  :  &  o\)cr  men  I-nowe. 

to  his  wif  he  tolde  {)o  :  ^at  he  moste  sau«fayle 
beu  a-wreke  of  J)e  alemayn?<s  :  &  slen  hem  w/t  bataylc: 


48  Ms.  iiagioa  mit  überschr.  u.     64  Ms.  a  leiigcu.     7U  =  go  wc.     81  Ms.  rtad'le. 


396  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

&  euer  J)e  quene  him  radde  :  whan  he  to  here  come, 

{)at  he  cholde  in  cristus  name  :  afonge  cv/stindome.  90 

[)e  king  to  here  answered  :  wel  myldeliche  f)o : 
fl^if  cr/st  me  helpe  ])at  ich  he  :  deliuerid  of  ^is  wo, 
cr?'stindome  on  his  name  :  I-wis  ic  wole  take 
wit  wel  good  wille,  :  nel  ic  hit  nou^t  for-sake.'^ 

J)an  seyde  l>e  queue  {)o  :  &  radde  hini  aryi^te:  ö5 

,,loke  J)Cft  bou  ne  triste  uau^t  :  to  |iiu  ouen  my^te, 
ac  echdel  pou  niost  triste  :  on  his  swete  grace: 
&  pou  ehalt  habbe  J)e  maystr?'e  :  I-wis  in  ])at  ilke  place." 

fforb  wente  '^e  gode  king  :  so  he  aujt  to  done, 
&  hadde  {)orwä  godd?/.s-  grace  :  \w  maystr/  of  his  föne;  IW 

&  hoom  he  com  wit  his  men  :  &  weren  hool  &  sou«de. 
\>e  quene  to  him  seyde  :  in  J)«t  ilke  stou;/de: 

„be-f»enke  |je,  syre,  what  J)ou  be-hygtist  :  Jhe.su  c;/st  &  me 
or  \>on  wentest  to  batayle,  :  I-cr/stenyd  for  to  be 
^if  bou  haddest  |)e  maystr/e;  :  &  now  {)ou  it  hast  I-wis,         105 
hold  |jy  woord,  ic  {je  rede,  :  for  ellis  {)ou  dest  amys. 
for  J)ey  he  be  fol  of  grave,  :  wreche-ful  he  is  also 
to  ech  mon  on  er\>e  :  ftat  wolle  him  mysdo. 
J)ei-fore  holdin  J)y  beheste,  :  oJ)er  ellis  at  p)e  ende 
In  body  &  in  soule,  ic  woot,  :  he  J)e  wol  a-chende."  HC 

f)e  king  granted  here  anou  :  al  Jjr/t  jhe  hauef)  I-sede; 
to  wendin  after  remygye  :  wel  hastely  he  bede, 
his  wil  he  him  tolde  :  |50  he  was  {^edir  I-come  — 
cristinmeu  \)at  bis  I-herde  :  grct  ioye  \>ey  habbej)  I-nome. 
water  he  halwid  &  cr/stenyd  :  anon  {le  gode  king.  H^ 

&  nouJ)e  ',6  mowe  I-lierc  :  a  swy|)e  wondir  J^iug:  [f.  230] 

W  han  {)e  tyme  com  {)at  he  cholde  :  wit  oyle  anoynt  be, 

remygy  nyste  wer  f)e  crem  was,  :  ne  non  he  my\t  I-se. 

Jjerfore  vp  to  heuene  :  hys  eyeu  wel  sone  he  caste 

&  bed  to  god  stilleliche  :  lu  his  herte  wel  faste  120 

J)fft  he  cholde  J)orw  his  gr«ce  :  him  som  crem  sende, 

so  {)at  he  my^te  {)is  cr»stindome  :  ary,^t  bringe  to  ende. 

l>o  he  hadde  his  bone  I-bede,  :  a  whit  coluere  com  fle 
&  brougt  an  oyl-fat  in  here  bele,  :  non  rycher  ne  mygt  be; 
{)e  oyleuat  jjhe  tok  :  in  remygyus  houde  —  125 

alle  me«  {)at  I-sey  {lis  :  {jonkid  cristos  sonde. 

remygy  dede  f»o  wit  }je  creme  :  ]iat  he  äugt  to  done; 
&  suf){)e  he  sente  \)e  remenau«t  :  to  rameiice  wel  sone  — 
for  \>er  hit  is  git  I-kept  :  wel  iiobeliche  I-wis, 
Si,  king?<s  me  anoynt  per-wit  :  whan  eny  I-crouned  is.  130 

Kemygy  {ie  gode  byll'chop  :  hadde  a  keu/^s•-man 

bat  was  a  swyjie  noble  clerk  :  so  ich  gou  teile  can, 

tor  man  he  was  of  mochil  pr/s  —  :  geuewald  he  heet  jio ; 

chast  he  was  <*t  hadde  ek  :  I-spousid  a  wif  also. 

remygy  ofte  com  by  him  :  .so  ne  went  vp  &  dou«,  1'^' 

&  conseylid  him  for  here  chastete  :  to  take  religyou». 

\)c  good  wif  wente  to  nonnerye  :  &  laddo  clene  lif  Jierc, 
&  ieiiewald  wente  to  on  abbeye  :  to  nlonk/^<  j)at  \)cr  were. 
swy{)e  hard   lif  ho  ladde  :  J)e  why]  \)at  he  |)e/-  wes. 
so  [lat  |iorw  remcfryu.s-  reod  :  to  byll'cliop  Jiey  him  chese,  l*'^ 

of  J)e  cvte  of  london  :  pyllchop  he  was  I-made, 
&  alle  ^at  him  I-knewe  :  for  nim  l^ey  weren  wel  glade. 

91   Ms.  willo.      126   Ms.  criatoiu<.      135   u.   13i!   him  st.  hcni. 


züt  südlichen  Legendeüsammlung.  §0? 

nowj  is  genewolde  byüchop  :  &  serui|)  god  ary^t, 
wel  moche  he  hated  sinue  :  be  day  &  ek  be  nvät. 

&  J)e  nonne,  his  good  wif,  :  moche  jhe  hated  sinne  also,     145 
&  to  be  schreue  of  ienewold  :  wel  ofte  jhe  wolde  go. 
J)e  feud,  Jjat  euer  haj)  enuye  :  to  euench  gode  dede, 
was  anoyed  J)at  \:>ey  cholde  :  so  holy  lif  to  lede, 
&  gan  entysy  genewold  :  &  his  wif  also; 
so  {)at  J)ey  synnyd  fleschliche  :  boI>e  to-gedir  |)o.  150 

Hit  by-ful  J)orw5  godd?/s  grace  :  noujt  \>er-aiter  longe 

{)öt  f)e  wif  be  a  cnaue-child  :  by  genewald  was  by-fonge. 

|)0  \>sit  child  I-bore  was,  :  to  genewald  me  told  hk  soiie. 

he  bed  me  chold  it  c/-/steny  :  so  rygt  hit  was  to  done, 

&  bede  me  cholde  clepye  :  Jje  child?/s  name  latro,  155 

for  here  beyre  sinne  :  J)at  in  {)efte  was  I-do. 

latro  is  an  englisch  :  ,{)ef'  I-cleped,  I-wis, 

&  for  he  was  in  J)efte  by-jete  :  soch  his  name  is. 

Ofte  hy  come?i  to-gedir  :  more  sinne  for  to  do; 
so  J)at  l^r  was  a  doujter  by-gete  :  be-twene  hem  boJ)e-to.       it'>0 
lupa  me  het  here  name  clepye,  :  for  {)is  skylle  I-wis: 
for  ghe  was  be-twene  hem  :  so  byjeten  amys. 
lupa  is  ,a  wolf'  I-cleped  :  for  soj)  in  oure  speche, 
&  l>e  fend  is  be-cleped  wolf  :  nmnnus  soule  to  be-ceche. 
for  \)e  fend  entysid  him  :  soche  sinne  for  to  do,  lt>5 

wolf  he  cleped  his  doujte/-  :  for  ske(le)  hit  was  l>erto. 

now  be-com  l>e  bifl'chop  genewold  :  for  his  sinnz^«  so  wo, 
{)at  he  nyste  alyue  :  what  he  mygte  do. 
a  messager  he  sente  :  aiter  remygy  swy{)e, 

Jjat  he  cholde  to  him  come  :  to  chriue  him  of  his  lyue;  170 

ftbr  he  nyste  for  chame  :  what  he  myjte  do. 
l>o  remygy  it  wiste,  :  anon  he  com  him  two. 

Genewold  fil  a-doun  a-kne  :  &  chrof  him  \)e.r  anon. 
&  remygy e  him  let  be-loke  :  in  a  wal  of  stoon. 
a  lytil  dore  f)e/-  was  on,  :  J)«t  remygy  leet  arere,  175 

&  ber  wit  him  J)e  keyes,  :  lest  eny  man  him  out  let  {)ere 
o]ier  his  wif  eftsonys  :  myjt  come  him  to, 
to  don  fleschlich  sinne  :  so  J)ey  hadden  er  I-do. 

Remygy  ordeyned  his  mete,  :  so  ic  50U  teile  may, 
a  pound  of  barUche-bred  :  to  habben  ech  day,  180 

&  a  drangt  of  cold  wate/-  :  he  cholde  habbe  also  — 
wel  lyte  him  aujt  to  loste  :  lechery  to  do! 
Genewold  J)er  durid  .vij.  3er  :  in  {)at  ilke  cas, 
&  bede  so  for  his  sinne  :  ]jat  hit  forjeue  was. 
wel  he  myjt  I-wite  :  {)at  he  liadde  for,^euenesse  I-heut,  185 

{jorwj  tyding  of  an  au«gel  :  Jjat  to  him  was  I-seut 
&  seyde,  , genewold,  {)y  sinne  :  al  clene  for^eue  is. 
{)e/-fore  J)ou  mygt  wende  :  out  whan  Jjy  wille  is." 

Genewold  him  answerid,  :  „ic  ne  chal  neue>--mo 
out  of  f)is  chauwbir  wende  :  ar  remygy  com  me  to;  l^ü 

&  J)ey  ic  it  wolde,  Ic  woot  wel  |)at  ich  ne  may, 
for  l>e  dore  is  ouer  me  I-loke  :  bo{)e  ny}t?ts  &  day." 

„Nay,"  qtia])  ])e  auwgel  J)0,  :  „for  nou|)e  hit  is  vndo, 

&  {)o\i  myjt  to  Jjy  wüle  :  out  of  {)is  ilke  stede  go." 

„alle  goddus  wille  I-worJ^e!"  :  genewalde  seyde  po,  1^^ 

„for  her  ich  wol  abyde  :  fort  remygy  com  nie  to." 


162  Ms.  byjetou?     1G3  Ms.  lupas. 


ä98  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

lorp  wente  J)e  auwgel  :  on  f»e  rygte  way, 
fort  he  come  to  remygye  :  J)at  in  his  bedz^s  lay, 
&  seyde  to  remygy,  „Jhesu  crjst  :  wole  ])at  {)ou  wende 
&  deliuere  geuewald,  :  for  his  lyf  draue^  to  ende,  2üo 

&  his  sinni'^Ä  him  hej)  for^eue  :  Jjat  he  ha[j  I-don." 
J)o  r^mygy  I-herde  al  J)is,  :  he  {jonked  god  anon, 
&  wente  to  ieuewold  :  &  fond  |)e  dore  ondo. 
{)0  hy  to-gedere  come,  :  ful  glad  J)ey  wer^n  bo ; 
{)ey  wente«  to  chirche  :  &  dedeu  godd^s  seruyse.  205 

moche  p)ey  dwelden  I-fere  :  f)is  men  \)at  weren  wise. 

Genewold  drouj  to  defte  :  so  we  cholle|)  echon, 
&  latro  me  made  byüchop  :  after  him  anon. 
he  lyued  swyjje  holy  lif  :  to  his  lyues  ende, 
&  loued  god  &  his  seruis  :  &  to  al  goodues  gan  wende.  '-^lü 

|)o  \)at  ])e  nonue  :  \)at  his  owe  modir  was, 
I-herde  teile  {»at  genewold  :  dede  was  by  cas, 
to  penau?«ce  jhe  here  pitte  :  swyjje  hard  &  strenge, 
&  went  here  in  to  wildirnesse  :  &  ])er  leued  ful  longe; 
so  l>at  at  f)e  laste  :  ghe  went  out  of  f)is  lyue  216 

&  wente  to  {)e  ioye  of  heue«  :  [)er  bef)  festis  ryue. 

&  ^eriore  ic  jou  warny  :  {)at  bej}  I-bou«de  in  sinne, 
of  wanhope  J)«t  ge  ne  ben  1-take  :  for  noue  worles  winne, 
{)at  god  him  nele  for-jeue  sone  :  \)af  crye  liim  milce  &  ore; 
for  gladdere  he  is  of  a  man  :  J)at  hajj  a-gilt  him  sore,  220 

{jan  he  is  of  an  hondred  :  {)at  be{)  in  gode  lyue, 
&  he  come  to  amendement,  :  man,  mayde  o]^er  vryue  — 
for  holywrit  spekef)  her-of,  :  gret  comfort  hit  is  to  vs  alle, 
ech  man  to  {)enche  |)er-vppon  :  so  what  him  euer  befalle; 
&  \>at  \)ey  ne  to  longe  abyde  :  chrift  to  oudirfouge,  225 

for  in  doing,  perel  is  :  ]^er-wit  to  abyden  longe. 

Now  Jhesu,  {)at  for  al  mankende  :  de\>  J)oled  on  {je  rode, 
haue  mercy  on  \>y  hondywerk,  :  so  {)ou  hem  oudirftode 

&  broujtest  hem  of  l>e  {jraldome  :  Jjat  J)ev  wen'  I-bou>?deu 

Inne;'  [t-23l| 

for-5eue  vs  oure  mysdedis,  :  so  ofte  I-bounden  in  sinne,  230 

&  bringe  vs  to  oure  eritage  :  f)at  to  vs  alle  is  dy^te, 
&  J)er  to  wonye  wii  him  :  {)at  is  oure  aljx"/'  dryjte.     amen. 


Seint  anicet  J)e  holy  pope.'      (17.  April) 

Seint  anyfet  [>e  holy  man  :  J)rtt  somtyme  pope  was 
In  \)e  borwj  of  rome  :  so  god  him  jef  pe  cas. 
In  cyrc  he  was  I-borc,  :  his  fadir  het  Jon. 
holyor  mau  ])n?i  he  was  J)o  :  nyste  me  nowher  uon. 
^erus  he  leued  (pope)  nyne  :  &  ek  mou{>«s  \nr, 
pve  dayis  he  leuede  ek  :  so  {>e  bok  tellej)  me. 

Moche  loued  |)is  anyseth  :  god  &  holy  cherche, 
«&  str^ngj)ed  him  ny,^t  &  day  :  godd?/,s'  wille  to  wirche; 
cristin  men  wel  swi|)e  :  ifam  sinne  he  gan  draue, 
Si,  taujten  hem  w/t  good  wille  :  to  holdin  \>e  ryjte  lawe. 

Als  \ie  pope  anycet  :  wente  aboute  \>crf, 
lie  sey3  Clerkes  «fc  pn'st«.s-  :  habben  so  long  herr 
l)at  me  ne  niy,',te  1-kiiowe  by  hem  :  in  noue  wise  \>o 
whey|)fcv-  J)ey  wereu  leued  me«  :  o^cr  hadde  herc  ordre  ondo; 


206  Ms.  dwcldem.       214  hire  in  liere  koir.       21G  Ms.  \>at  \>ei:      219  Ms.  &^ 
st.   {)at.      221—2   umzusetzen.   —    '   Vita  fehlt.   —    5   pope  fehlt.      14   1.   do? 


zur  südliclien  Legendensammlung,  3ÖÖ 

also  him  {jougt  here  croune»^  :  to  lytil  f)ey  wercn  I-chore.         15 
after  alle  bis  cardenalis  :  he  gau  to  sende  ^eriore, 

&  ordeyned  J)ot  euerich  clerke  :  \)at  w/t  ordre  were 
scholde  ben  so  I-euesid  :  Jjat  me  my-^te  I-se  his  here. 
&  jif  je  wolli{)  lerne  :  here  crounws  for  to  make, 
|)ey  moot  lerne  of  monk^s,  :  bo{)e  whyte  &  blake.  20 

|)orw3  conseyle  of  J^e  cardyiial^s  :  I^e  holyman  anycete 
vppon  peyn  of  corsing  :  Jns  stat  he  holdin  hete. 

I  ne  segge  it  noujt  be  jiHke  :  ])at  mowe  leued  be 
&  torne  to  J)is  worlde,  :  5if  here  wille  by-se  — 
as  bej)  benett2/s  &  colites  :  f)at  mowiu  w*t  bygamye  25 

oJ)er  m  oper  mauere  :  to  lesiu  here  clergye; 
§0  l>at  {)ey  ne  ben  a-singnyd  :  in  chirch  to  eny  seruyse, 
he  may  him  bet  auyse:  &  fl'erc  in  o\>er  wyse. 

&  gif  he  cholde  seruy  :  to-fore  god-his  auter, 
he  moot  let  him  euesy  &  chere  :  so  ic  ^ou  taujten  er.  30 

&  many  clerk?/s  \yer  beJ)  :  Jjat  uellej)  nou^t  don  so, 
for  hy  ne  mowiu  for  chame,  :  &  ])at  is  foul  mysdo : 
for  who-so  wille  of  his  ordre  :  in  herte  take  chame, 
Ic  woot  in  an  ojier  stede  :  him  tit  J)olye  grame. 

I*is  holy  pope  anycet  :  jw-eched  nyjt  &  day  35 

&  strengjjed  him  wel  SAvyJje  :  to  techen  cristus  lay. 

J)e  maystris  of  J)e  temple  come  :  to  pe  emperour  — 

rofiu  was  his  name  —  :  &  tolde  f)e  deshonour 

|)at  to  J)e  godis  was  I-don  :  f)orw  J)e  pope  anycet. 

Jjerfore  J)e  leper  emperour  :  him  let  anon  fet;  *^ 

&  to  him  he  seyde  :  whau  he  was  forj)  I-brou^te: 

„why  despisist  |)ou  oure  godus  :  &  ne  hem  houourist  uoujte? 

&  gif  ])ou  wolt  don  by  red,  :  [tat  {)ou  ne  ben  I-cheut, 

J)ou  most  to  hem  ben  boxu?«  :  &  come  to  amendement." 

|)e  pope  answerde  myldeliche,  :  „Ich  wolde  swyj)e  fawe,        45 
gif  hit  were  cr/stws  wille,  :  to  ameudemente  drawe; 
ac  me  Jjiukelj  in  J)y  word?/s  :  |)flt  it  amendement  is  uoue, 
for  wel  ic  woot  to  sofie  :  Jwt  \:>er  nys  god  but  one; 
&  he  me  hajj  I-maked  :  al  heued  of  his  cherche. 
J)erfore  hit  is  a  wondir  to  me  :  soch  l^iug  to  wirche,  50 

gif  ich  cholde  my  god  forsake  :  &  tak  her  to  |)yne  — 
for  \>at  ne  chal  ich  neuer  do,  :  for  wele  ne  for  pyne. 

My  body  is  I-redy,  lo,  :  do  what  J)ou  wolt  by  me! 
for  ich  nele  to  ])in  god«<s  :  neuer  boxuw^  be." 
„out,  I^ef,"  qua]»  {je  emperour,  :  „habbe  ich  abede  soch  ende?  55 
])ou  ne  ehalt  neue?-  here-afte/'ward  :  man  alyue  cheude! 
|)ou  hast  I-chent  to  manye  :  &  I-drawe  iram  oure  lawe: 
^eriore  in  {)is  ilke  day  :  l>ou  ehalt  ben  I-slawe." 

he  cleped  Jjo  his  tormentour^As-,  :  „je  ledej)  him  out  of  toune, 
&  smyteii  of  his  hed  anon  :  &  bringel)  his  lyf  a-doune!"         ^u 
vorj)  iiim  ladde  J^ese  tormentour/^s  :  &  habbel>  him  aslawe  — 
J)e  .xij.  calend(e)r  of  may  :  J^ey  brougtiu  him  of  dawe.  — 
anycet  maked  by  his  lyue  :  p/-esti<-s  .xvij., 
&  dekenes  he  niade  foiire,  :  ic  wot  w/t-oute«  wene, 
bylldiop««*'  he  made  uyne  :  to  seruen  god  also,  ^ 

er  he  wente  to  heuene  :  out  of  |)is  worldes  wo. 

Now  bidde  we  to  Jhe.su  c//st  :  for  loue  of  seint  anyfcete 
J)at  he  vs  bringe  to  heuene,  :  for  ^er  is  ioye  swete.     ame«. 


19  äe  St.  hy.      28  1.  hy  V   Ms.   let      32   iMs.  fooul.      38   liuftiii   war   Konsul. 


400  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

Seint  Sother  J)e  holy  pope.'      (22.  April) 

Sother  {)e  holy  pope  :  in  chauwpayne  was  I-bore, 

of  J)e  beste  men  of  J)e  londe  :  ic  woot  he  nom  his  more ; 

his  fadir  heet  Concors,  :  man  of  good  fame. 

sother  louede  lytil  :  any  worldw^  game; 

also  we  redej)  in  his  lyf,  :  he  louj  swyjje  selde; 

whan  he  ne  jede  to  scole  :  faste  he  wold  gon  to  felde, 

for  he  nolde  his  ])onkis  :  worldis  pley  I-se  — 

J)erfore  he  wold  afeld  :  him-self  alone  be. 

&  {)orw5  his  fadir  consayl  :  to  rome  anon  he  weute; 
iol  glade  was  {)e  clergye  :  l>at  [jey  him  J)ere  I-hente. 
wit  hem  he  leuid  wel  good  lyf  :  &  lernyd  wel  jerne, 
&  to  alle  goodnesse  :  {iis  holyman  gan  torne. 
so  bat  |)e  pope  deyde  :  so  god  jef  jiat  cas, 
&  porwj  conseyl  of  {)at  clergye  :  to  pope  I-chose  he  was.        15 

1  ope  he  lyued  .ix.  jer  :  &  J)re  mon|>?<s  \>er-to 
&  also  foure  dayis  ek,  :  as  we  I-finde{)  so. 
m-estus  he  made  eyjte,  :  &  nyne  deken?/s  wise, 
bydchopus  he  maked  J)re  :  to  don  goddws  seruyse. 

In  his  tyme  J)e  clerke  (!)  :  I-seyj  of  good  lyue 
wiwmen  in  al  ^e  lond  :  &  nome  conseyl  blyue  "  20        X 

jif  wome?i  in  holycherche  :  I-ordrid  myjte  be,  X 

for  f)e  goodnesse  {)at  me  myjte  :  In  wonie«  I-se. 

sother  J)e  holy  pope  :  him  answered  ])er-to: 
„Gode  women  movvin  wel  :  In  rdigion  ben  I-do, 
ac  I-crounyd  w^t  ordre  :  ne  chal  be  woman  none,  25 

for  nomaner  holylj'i  :  ]ier  ne  lyj)  f)e?--vppoue. 
ne  |)e  clo|>?<s  of  pe  unter  :  ne  choUe  {>ey  handly  noujt, 
böte  {)ey  ben  paraueuturc  :  to  wallchen  he»/  I-brou^t; 
&  3ut  ic  hadde  leuerp,  :  jif  a  dekene  cou|)e, 
ftat  he  will'che  {le  cloJ)?/s,  :  Jjan  eny  woman  nou|)e. 
gut  ne  chal  no  wi??mian  :  cast  encence  to  {)e  auter. 
&  gif  je  wollij)  wherforp  I-wite,  :  I  wol  jou  seggen  her: 
god  was  (male)  «fe  made  :  |)e  order?<,s  eurrychone, 
&  periore  he  chal  ben  (male)  :  Jwt  chal  ])e  werk»s  done. 
ac  {)is  ic  wole  g^v/ntin  :  wit-outiu  eny  respit 
J)at  wimman  don  alle  ])e  werk«.«  :  ])at  may  a  colit; 
&  jut  ich  wole  g;Ymten  wel  :  \)at  woman  \)e  folk  may  prcche,     lf-l82j 
jif  jhe  ben  of  religiou»,  :  &  here  sostris  to  teche. 
&  J)ey  in  uone  wise  :  ne  can  ich  ,^it  I-se 
J)at  wi??^men  w/t  ordre  :  I-crounyd  cholde  be."  4^ 

In  to  al  J)is  lond  :  \>h  goodmau  gan  wende 
&  fondid  wit  his  mygte  :  pe  maumet»^  to  chende. 

l>o  darie  J)e  iustise  :  I-herde  teile  of  bis, 
his  oj»  he  gan  to  swerye  :  In  gret  wra{)|)e,  I-wis, 
J)at  jif  sother  myjte  :  owher  ben  I-fouude,  ^5 

iie  cholde  for  his  lore  :  |)olye  de|j//.s-  wou/hIc. 

anon  he  scnte  kny^t^/.s  :  fiat  were  of  gret  pouer, 
to  neme  J)is  holypope  :  [)r?t  me  cleped  sother. 
{)e  knyät«s  him  nome  :  &  for])  |iey  him  ladde, 
&  hyjed  swijie  baldeliche  :  as  jnon  ]vit  iioujt  ne  dradde.  50 


30 


35 


'  Vita  (in  v.  5  ciwälint")  felilt.  —  10  Ms.  für  st.  fol.  28  Ms.  ben  I-brougt, 
bfii  duichstr.V  30  Ms.  wonau.  33  u.  34  male  felilt,  der  Raum  ist  leer  gelassen. 
38  Ms.  &  jif. 


i 


zur  südlicheu  Legendensamnilung.  401 

W  hau  he  com  be-fore  |)e  iustyse,  :  darie  liiin  seyde  to: 
„sey,  sotlier,  what  hastouj  I-fxni.^t,  :  what  lieiikistou  to  do? 
\yenystou  chende  oure  god/r.v  :  wit  {Mii  Haterino-, 
&  wit  f»iu  newe  sawis  :  ouir  lawis  to  groiuKle  bring? 

{3011  ue  ehalt,  ich  swere  J)e  :  be  niahoiuul  fiil  of  my^t,  55 

ac  ])on  hit  clialt  ful  son?  abigge  :  \yit  J)ou  us  dest  onry^t. 
for  hit  is  boj^e  hvwe  &  skele  :  I^at  \ve  oiur  go(b^s•  werie, 
so  |)at  no  soche  fals  trewaunt  :  ue  schole  heiu  adeiit\ 
&  j^erfor^  ich  ])e  rede  :  \)ou  dou  hem  sacrelise, 
&  let  beu  {)y  false  lawis,  :  lest  J)e  ful  sorc  agrise!^  «o 

Sother  Mm  answerfd  :  „{)ou  my,^t  dou  Jjy  wille  — 
of  my  body  ])ouer  Jjou  hast  :  &  liim  to  as'pille; 
for  to  ]nu  falce  god?/s  :  sacrefise  uel  ich  do  noue, 
for  rajje/-  ich  wolde  for-breuue  :  fei,  tlesch  &  boue.'^ 

{)e  tormeutour^/Ä  habbeji  auou  :  al  bis  beste  I-dou.  65 

&  so  deyde  bis  body  :  &  bis  soule  to  heue;?  gau  gou. 
\)0  J)e  feer  was  w/t-draue,  :  {je  body  I-founde  was 
hool  wit-outeu  auy  wem  —  :  nas  |>is  a  woudir  cas? 

\ie  teuj:)e  caleud(e)r  of  may,  :  ic  wot,  he  deyde  \w. 
&  rome  was  ou  &  tweuty  dayis  :  wrt-oute  pope  also ;  70 

&  after  ])at  anycet  :  was  I-weut  to  heuene, 
rome  was  w/t-oute  pope  :  dayis  but  seuene. 
&  l>i(s  he  ended  bis  lyf  :  for  Jh&su  cr/stus  Urne. 

uow  bidde  we  alle  to  him  :  Jiat  is  in  heuene  aboue, 
J)ot  he  vs  geue  g>-«ce  here  ou  erjje  so  do,  75 

oure  soub/s  iram  sinne  sauie  :  &  after  come  /li/t/  to.     Arne«. 


Gay  J)e  holy  pope.'      (22.  April) 

(jaye  [)e  holy  pope  :  \wt  goodmau  was  &  hende, 

was  of  dyoclisian?fs,  :  Jje  empe/-our?^s',  keude. 

he  was  I-bore  iu  a  loude  :  me  clepe})  dalmatyke, 

of  me»  Jiat  louedin  false  godiis  :  here  soub<.<t  to  byswyke; 

Gaye  was  ek  his  fadir  name,  :  tS:  so  me  cleped  bis  sone  — 

for  so  hit  is  I-lome  :  git  to  meu  I-wone. 

{)0  he  was  of  elde,  :  to  scole  he  was  I-sette, 
for  he  cholde  iu  here  lawe  :  here  godd?^^^  hery  bette, 
childriu  J)er  were  wit  him  at  rore  (!)  :  \iat  were  swy|)e  wyse, 
|)at  louedin  euer  Jhe.su  crist  :  &  ek  his  seruise. 

In  his  lore  {)is  holy  child  :  lerued  wel  I-uouj, 
&  to  f)er  cristiu  childriu  :  swyjie  moche  he  drou,',. 
for  he  hem  seyj  Iu  soch  be-leue  :  moche  woudir  him  jiou^te, 
&  for  to  telliii  of  Jhesu  crist  :  ofte  he  hem  besougte: 

so  J)at  {)is  good  childriu  :  preched  to  him  aryjte 
hou  god  by-gau  J)e  world  :  I^orw,^  his  oueu  mygte 
&  howä  he'  made  soune  &  mone  :  t*t  al  ]nug  J^at  is, 
&  howj  jje  World  was  I-lore  :  jDorwg  mann?/.*  sinne  T-wis, 
&  howj  Jhe.<!u  godd^^s'  soue  :  oute  of  heuene  aly.^te 
it  uom  J)e  keude  of  mau  :  wit  I)e  fend  to  fyäte, 
how  Jhe4.u  I)orw  his  swete  wille  :  dyde  vp-ou  I)e  rode 
&  bou,^te  mauu?(s  soule  :  {jorw,^  his  swete  blöde, 
how  he  aros  to  lyue  :  vp(-ou)  be  J)ridde  day, 
&  how  he  stev  in  to  heuene  :  pe  childrin  toldin  gay, 


7C  Ms.  {)e  St.  him.    —    '   Vita  fehlt,      bie    Fapstlegenden    sind    aus    ili's  Aiia- 
stasius  Liber  Pontif.  selbständig  entwickelt.      -    9   1.   Iure  oder  seole? 
Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  2ü 


4(.i 


402  Des  Ms.  Bödl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 

&  of  \)e  beleue  al  :  jje  childrin  tolde  I)e  kende.  -;'» 

Gay  be  day  &  be  nyj;t  :  drou  {>is  ])ing  to  niende, 

&  of  cr/stv/s  passiou;/  :  swyjje  iiiochc  he  {loujte, 

[wt  (»f  ]jis  world/w  blis  :  no|)iuü-  liim  iie  rollte. 

:ie  in  liis  lierte  p;rueliche  :  so  wel  he  it  wiste 

\)ai  liis  fadir  ou  n\  bis  Hf  :  \)er-oi  uo{)ing  iiyste.  30 

Sel^jic  doyd  liis  fadir  so  :  as  ic  gou  may  teile, 
&  for  bis  false  be-leue  :  bis  soule  went  to  belle, 
afterward  |)is  gay  :  be-|)0U3t  bim  wel  I-nou^ 
&  W'/t  alle  bis  iny,^te  :  to  cristindonie  be  drou-?: 

so  {)at  J)orw  godd?«s  g?Y/ce  :  I-cristenyd  be  was,  35 

Ä  be  w/t  al  bis  myjte  :  Jiouked  go(Ub/.s-  gras, 
alle  Jjing  be  solde  :  J^at  be  on  er|)e  badde, 
&  ,^af  it  for  godd?^Ä-  loue,  :  &  boly  lif  ladde. 
sel){)e  be  went  to  ronie  :  to  cristinme??  \iat  Jie>-  were  — 
&  glad  were  tv/stene  me»  :  Jio  [)ey  sey,^  bim  \->erp. 

so  bit  be-fil  ])orwf,  godcb^s-  gras  :  {»at  ]w  \H)])t'  was  ded, 
&  ]}er  was  gay  to  jfope  l-cbose  :  l)orw,^  al  come»  red. 
.xij.  ,^er  be  was  pope  :  &  foure  moiiI>?^*  Iter-to 
<S:  in  bis  baylye  be  lyued  :  .xij.  dayis  also. 

be  ordeyned  l)f/t  ecb  man  :  J^at  p/rst  wolde  be,  *•'> 

scbolde  vndirfong  J^e  ordr^s  :  fro  gre  to  gre  — 
wit-onte  lope  &  defante  :  \>nt  ])ey  I-taken  wen^; 
Ä  elb^s■  ne  cbolde  uoman  be  :  to  prest  I-ordeyned  [hmv. 

be  ordeyned  \mt  dekeiu^s  cbolde  :  p/rcbin  }je  newe  lawe 
as  wel  as  pirst/is  cbolde,  :  me»  to  goodnesse  drawe;  ■'"'" 

[)/"/-for(?  be  sent  aboute  :  Jie  deken?«.»;  {x/t  \)rr  werc, 
l^at  ])ey  cbolde  w/t  ber/»  myjte  :  meu  to  goodnesse  lere; 
<S:  ordeyned  [iat  ecb  cbolde  :  dwellin  hi  bis  contre, 
\nii  {)ey  ne  come  to-o;ederr'  :  for  uou,^t  Jir/t  my^te  be, 

but  it  were  for  neue  :  jir/t  ]jey  weren  of-sent  ^^> 

to  speken  of  \)e  cr/stiudom  :  [ictt  it  werc  wel  I-bent. 
j)/Y'st//.s-  be  nnule,  wel  ic  wot,  :  ful  twenty  it  fyue, 
tt  j)r/--to  deken//.s-  .vnj.,  &  fyue  byllcbop^/.s-  be  bis  lyue. 

SeJ){)e  |)e  deuil  bis  my,^te  :  cbeued  aboute  faste, 

iS:  in  to  })e  emprvouri'/.s-  berte  :  a  \e\)rr  |)ou,^t  be  caste.  •''^' 

liit  was  1)6  seconde  costantin  :  \)at  was  \)o  emperour, 

of  Jie  berfi  (I)  of  rome  :  be  weld  al  jie  bonour. 

after  al  bis  consayl  :  |)ilke  tyme  be  gan  sende 
(&  seyde  {jat  bit  were  wel  1-doon  :  c/"/stiii  mo»  to  cbciidc. 
al   {ie  consayl  was  wel  glad  :  [)o  {ley  I-lierdin  {)is,  ''^'' 

iS:  seyde  l)at  |jis  ilke  j)ing  :  was  wel  be-j)on,^t  I-wis; 
„wbat  babbe  w((  in  ])is  lond  :  wit  cr/sten  nicn  to  done? 
al   l)at  me  may  J-finde  :  ',e  beet  bem  neme  sone, 
for  |iey  he\>  false  ecbon  :  &  ne  beljH'])  nou,^t. 
bcrfore,   but   ])ev   coiiie   to   nudioun,    :    let   bem    to   de{>e   be 

l-brou,3t:-  '" 

Alany  messager;/.v  \H'r  were  :  anon  for[)  I-sent, 
and  cau,^te  many  cr/stene  men  :  &  babbej)  bem   i -dient.     |i"- 2;öl 
1)0  was  alle  cr/stene  meii  :  ^jerfoiv  .^o  sorc  afry.^te 
[iot  ecb  man  in  bis  syde  :  dede  bim  to  flygte. 

l)orw,',  coiiseil  of  l)e  clergye,  :  teilin  icb  ,V)u  may,  "^ 

Im  to  a  clif  of  an  liille  :  ney,^  jjo  [)is  gay. 
Ic  wot  \xtt  be  ne  loted  :  |jw-inne  no  stoimdc 
])at  \ie  empe;oun/,s'  messageris  :  nabbe|)  bim  1-inunde.  \ 


■10   {kmc   :uis  ]udir  o.im«'   koir.      öl  Ms.  [)o  st.  |ie?      02  I.  bor,^.      GS  Als.  he  lieet. 


zur  südlichen  Legendensaininluug.  403 

auon  I^o  Jjey  him  I-sey^,  :  f)ey  seyde,  „artou  lieiv? 
woltow  hoDoury  niahound  ^it  :  &  come^/  licdir  iierp?"  80 

gay  auswerde  &  seyde,  :  „mahound  ic  euer  forsake, 
&  bojje  my  lif  &  soule  :  to  Jhe.su  c>-/st  ie  be-take." 
{)o  nome  Jaey  grete  stouys  :  &  leyde  on  ech  a  syde, 
|)at  })e  goodmau  cholde':  ued«.s'  \)rr  abyde. 

Ijeve  deyde  J)is  goodmau  :  in  honger  &"  in  wo,  85 

l^e  tejje  ealend(e)r  of  inay  :  ic  wot  hit  was  I-do. 

Now  Jhe.s'u  cr/st  for  \ie  loue  :  Jjat  he  kiued  soiiit  gay, 
{jat  he  vs  jeue  his  blessiug  :  so  wel  so  lie  uiay.     Anieii. 

Seiut  emeriuciaue  J)e  holy  virgiue. '       (2:>.  Jan.) 

Oeiut  auueys  woued  in  rome  :  so  ich  jou  toldiu  err: 

^he  hadde  a  fostirsostir  :  |jat  w/t  herf  woued  Innr, 

euierfucyane  :  me  clejied  Jx/t  niayde  |)o. 

[w  auueys  was  to  de\)e  I-brou,^t,":  ic  wot  \)ai  lieiv  was  wo! 

to  her  touuibe  ^he  weute  :  &  gau  here  by-niene;  5 

so  moche  3lie  wep  for  herc  lone  :  J)at  ,^lie  wax  blek  &  lene; 

In  so  uioche  sorwe  :  liere  lif  ^he  gau  to  lede 

[tat  hit  is  wel  grct  reujje  :  In  bok  for  to  rede. 

a  day  as  ghe  sat  &  wep,  :  garagyu/^s  \iei-  conie 
&  scornyd  swyjjc  \>at  mayde  :  so  Jsey  dedin  I-lonie,  ]0 

&  seyde,  ^l^e  were  bettve  :  In  Jje  teniple  to  be, 
to  honoury  oure  god?/.s  :  Jjat  be|3  of  gret  poste, 
Jiau  in  J)is  ilke  wise  :  her  al  day  to  sitte 
et  wringe  Jjyue  hondeu  :  so  J)Ou  were  out  of  witte. 
for  wel  J)ou  wost  to  sojie  :  |)at  auueys  is  I-chent;  15 

\:>erioir  of  \)x  wepiug  :  uys  uou  ameudemeut." 

ageu  Jie  lefjer  sara3yn/^y  :  Jx/t  mayde  seyde  f)o: 
„o/'/st  je  dede  to  dejje,  :  J^erfore  je  worj)  wel  wo! 
moche  good  he  30W  dede  :  &  Jie  gewis  also, 
ue  myjt  ge  neuer  I-finde  :  {)at  he  hadde  ou,^t  niysdo: 
wit  euuie  3e  him  nome  :  &  to  dejje  brou^te 
&  for-geten  alle  \ie  gooduesse  :  fjat  he  to  jou  Avrou^te. 
&  Jjat  ue  |)ou-,t  joure  elderiu  :  nougt  I-nouj  to  do, 
ac  alle  Jjflt  ou  him  I-leued  :  J)ey  Ijougte;/  to  slen  also, 
&  slou'5  w/t  herc  my^t,  :  ue  leued  him  nou'^t  on. 
\wiioi-e  Jjey  weuteu  to  helle,  :  &  so  ge  cholliu  echon; 

ftbr  |jis  mayde  Ixit  ge  slowj  :  \wt  uadde  uolaing  mysdo. 
goure  soul?/.s  choUe  to  helle  :  &  solire  jwr  moche  wo, 
&  ])er  je  cholliji  sore  abigge  :  \)e  dedis  of  ;,ourr  wikkiil  lyue 
wit  piu?/.s  &  w/t  sorwe  :  pat  be|i  l>rr  ful  ryue  — 
for  alle  je  bej^  chreuey/  :  &  euer  je  habbeji  I-l)e; 
for  in  wel  mochil  sorwe  :  je  habbej)  I-brou;,t  me: 
for  Jjis  ilke  mayde  :  myu  herte  is  wel  wo.'' 

wit  \xit  ilke  word  :  emeriucyaue  })ey  tok  Jx) 
&  lad  here  wel  villiche  :  fort  jhe  com  out  of  toii// ; 
{iey  striptin  of  here  clojjis  :  vpi)on  a  fyle  diggoun 
&  stanyd  here  myd  t^Umtis  :  &  here  to  de[)e  broujte. 
[ycrf ore  Ich  ot  tosoj^e  :  J)at  hy  hit  dere  aboujtel 

h^or  Jier  com  a  J)ouder-dent  :  (ram  lieue//  au  hy  |)n 

&  slow,  of  {ae  hel)cu  me;^  :  four  hondrid  it   mo. 

Jiey  }3«t  lefte  ou  lyue  :  tS:  nc  dcyde  uoujt, 

Jjey  gönne  l>o  for  "drede  :  to  cr/stindom  torne  lieiv  j>on  jl : 


20 


30 


35 


87   tilge   [)at.   —    '  Aus   der  Vit:i  Agiiotis  (21.  Jan.)  selbsUiiiilig  entwickelt. 


KU 


Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegenden 


50 


55 


viue  J)Oiisend  jjer  were  I-cr/steuyd  :  wit  wel  blyjie  niode, 
&  eue>'inore  aft/Tward  :  J)ey  ladde  lif  wel  godc. 

ech  man  may  wel  oudirstoude  :  but  if  he  be  wode,  45 

Jjr/t  enieriuciane  I-cr/stened  was  :  in  here  oiine  blöde; 
tor  sif  J)r/t  mayd  hadde  T-leued  :  1-cr/steuyd  ^he  hadde  I-be, 
by  jje  w()rd?^s■  pat  ^\ie  spake,  :  for  s()[)e  so  Jienehe])  nie. 

(  )f  \n-fi.  maner  of  mstindoni  :  In  bok  ic  finde  I-write, 

&  here  ic  wole  hit  segge,  :  for  je  hit  choldln  I-Ante: 

J^e  ferste  nianey  c/-/stindoni  :  al-on  In  beleue  is; 

jiat  [)er-{)orw,^  niauy  iewis  :  1-saued  wer^n  I-wis, 

for  |jey  leuediu  jjat  godd^«.'.'  sone  :  scheide  I-bore  be 

of  [jat  mayde  niarye  :  Jxft  was  so  hende  &  fre; 

&  \wrfore  {jey  drouin  to  god  :  &  letin  here  folye, 

tt  in  herf!  be-leue  {ley  were  I-cy/'stenyd,  :  ich  wot  \uii  ich  ne 

Many  aniau,  wel  ic  woot,  :  to  blisse  of  heue«  com, 
as  [)e  p/ophete  ieromye,  :  Jjorw,^  {)e  oJ)e;-  cristiudom: 
|iey  were  aslawe  for  here  treu})e  :  for  {)ey  nolde  sottry  J)o, 
böte  Jjey  heni  w/t-uouie,  :  nonian  niysdo;  w 

]je/-fore  me  hem  toke  :  et  to  j)e  de])  nie  hem  broujte  — 
weteji  \)at  Jjey  were  marteris,  :  for  J)ey  non  härm  ue  fjoujte. 

,\  lul  jje  Jsridde  cn'stindom  is  :  al  in  \^c  font-ston, 
})orw3  Jhesu  cr/'^Uis  oune  blood  :  {jat  we  habbej)  echon ; 
Jiorw,^  I)ilke-mane/-  c/'/stindom  :  I-saued  we  cholle  be, 
i^if  we  woUif)  gooduesse  doou  :  &  alle  mkkeduesse  fle. 

[jorw  ])e  seconde  c/v'stindom,  :  Ich  woot  niydeuiU'e, 
J)e  maye  emerinciane  :  wente  to  heuene-blisse. 
here  frendz^s  uom  here  holy  body  :  Jio  w/t  here  myjte 
&  beried  hit  be  seint  auneys  • —  :  hem  Jjoujt  it  was  ry^te, 
for  I)ey  were  fostrid  :  in  here  lyf  boj^e  I-fere, 
xit  [)ey  choldin  in  here  dej^e  :  ben  I-beried  in  [tat  manere. 
je  jarajyn^^s'  weren  of  hem  :  so  sore  a-gast  |)o 
xit  ])ey  ne  dorste  for  nojiing  :  here  tou«?b?^s  niysdo. 
it  \ms  euded  here  lif  :  emerinciane  }jat  mayde, 
it  went  to  heuen  ful  I-wis  :  as  ich  jou  habbe  I-sayde. 

Bidde  we  to  Jhe.sii  crist  :  for  emereuciau^^s-  loue, 
J)at  he  vs  groutin  J)e  blis  :  \iat  is  in  heuen  abcnie.     ame«. 


65 


Seint  igiü  I>e  holy  pope.'      (11.  Jan.) 

Seint  igin  f)e  holy  pope  :  in  rome  (!)  was  I-bore; 
he  ladde  swyjie  holy  lif  :  so  ich  may  ,^ou  teile  fore. 
bis  fadir  was  a  noble  clerk  :  &  J)ey  he  was  vncoujje, 
|j'/fore  ich  ue  cau  bis  name  teile  :  forsojie  w/t  niy  uioupe 
|i;i)i  Icrnyd  swyj)e  wel  :  \>at  he  was  to  I-set, 
|)er  luis  in  {)ilke  tyme  :  noman  {lat  lerned  bet. 

se|»I)e  he  went  to  atten//s  :  borwj  bis  fadir  rede, 
iV:  dede  hini  to  o;ret  clergye  :  |ie  bet  for  to  spede; 
so  wel  he  leruyd  [)cr,  :  |)is  good  cliild  igin, 
jiat  he  coujie  I-now  of  grw,  :  of  ebrw  &  of  latyiu. 
lu'[)eu  he  was  [m  ,yt  :  so  ich  hit  finde  I-write; 
ac  nioche  he  desired  euer  :  of  c//stindom  to  wite. 


ir.i!,{-ii 


C7   Ms.   iiiy  deuilTe.     09  Ms.  noin  {)o.      72  Ms.   &  \)(it.   —    '  Eine  Vita  IlyKini 
(^vgl.  V.  41)  tVlilt;   Aiiastusius  enthält  nur  dürftige  Notizen. 


zur  ^üfllicliei]  Lcgcndcnsauiniliinrr.  JOS 

{lerfoir  he  went  to  ronic  :  so  o()cl  him  ,:^jif  {wt  ca.«, 

<S:  ondirfcug  c/'/stindonie  :  \h>  he  I-conie  {icdir  wa.«. 

so  holy  lif  he  hulde  :  |x/t  \wtrr  ne  iiiy5te  non  bp;  15 

Jierfoir  alle  lueu  him  louede  Jjo  :  {)r/t  hiiii  niy,^te  I-se. 

so  {jat  hit  fil  be  cliau/zce  :  \)at  \w  pope  waV  ded : 
\)e  billchop^s  &  \w  o\)rr  folk  :  {jer-of  tok  to  reed 
&  niadin  Igin  pope  :  &  heued  of  holyeherehe. 
,^enie  gaii  |30  Jjis  holymau  :  goddi'^v  werkf  to  werclie.  20 

A\el  moche  he  gan  to  p;-eche  :  &  folk  to  goodneHse  lere; 
&  whau  enynian  uiysdede  :  I)at  \)o  w/t  him  were, 

sore  he  wolde  wepe  :  &  bittß;-  ter^.s  lete, 
so  hit  werc  a  gong  child  :  I)at  werf'  son»  I-bete, 
&  sey  hem  he  wolde  myldeliche,  :  ^why  hastou^  iiiysdo  so?    25 
nostow  hit  is  a,5eu  |ie  lawe  :  synne  for  to  do? 
Avel  ich  woot  to  so\)e  :  ])y  soule  wor|j  I-chent, 
böte  gif  \)0u  \^e  rajjer  come  :  to  anieDdenieut." 

Talifs  he  wolde  hem  teile  :  of  holy  menn^/.s  lyue 
<fe  Jjer-jjorwg  to  ameudement  :  hem  drawe  swyjje  blyue.  ■!'"• 

moche  he  taugt  of  fasting  :  encr  iu  his  pypchiug, 
&  seyde  man  my',te  |ifr-wit  :  wel  moche  to  gode  bring; 
^for  wha;me  \>e  liody  [)orwg  penau^ce  :  Is  to  groiu«le  I-l)rou5t, 
J)a;me  ne  may  hit  a",eu  Jje  soule  :  J)orwg  sinne  l'tyge  noiigt/- 
ten  '^er  he  was  pope  :  &  godd?/s  wcrk^^v'  teygte,  35 

&  .vlj.  monJ)?<.s-  ])er-to  :  &  also  dawes  eygte. 

he  ordeyued  \)ot  wy't  ech  preste  :  Jjat  chal  singe  in  see 
dekene,  sodekeue  &  colyt  :  at  |)e  masse  f)ey  choldin  be 
&  dou  here  se/'uyse  :  so  hit  fil  J)er-to, 

&  uameliche  vppon  hy-dawis  :  he  hygt  me  chold  it  do.  1"^ 

.XV.  prestiis  he  ordrid,  :  as  ic  finde  In  his  lyue, 
&  byllchop?«  .VI.  :  &  ek  deken?/s  lyue, 
to  seruy  holy  cherche,  :  he  ne  maked  na  mo. 
a  pr/nce  l^er  was  in  {le  loude,  :  prisce  me  het  f)o : 
to  Jiis  ilke  holy  byllchoj)  :  he  hadde  gret  eniiye  -15 

&  sente  aft/r  him  anon  :  w/t  a  grst  companye. 
])o  he  was  to  him  I-conie,  :  he  het  him  binde  faste 
&  to  strouge  Jieues  :  In  to  preson  caste. 
&  l)cr  lay  ph  holyman,  :  Ic  wot,  swyjie  longe, 
Avit  gret  cold  &  hongir  :  I-pinyd  swyjse  strouge.  ■''" 

J)e  seuejje  day  of  ieneuer,  :  so  tellin  ich  gou  may, 
deyde  J)e  holy  pope  Igin  :  in  p/-eson  \icr  he  lay. 
rome  was  wit-oute  pope  :  Jire  dayis  Jio. 
&  I>us  endid  Jiis  goodmau  :  as  ic  gou  toldiu  .so. 

Now,  .Jhesu,  bring  vs  to  fx"  ioye  :  \>nt  he  is  I-brougt,  ''•'' 

as  f»ou  wit  |)y  fy(f)  wou«d?/s  :  derc  vs  alle  bougt.     ame». 


Melchiades  Jie  holy  im.jic'  (in.  Dcc,  al.  iX  u. 

i»i   ,  ,.    ,      ,  •      *ji-     Ti  11.  Jan.,  •_'.  Juli) 

Melchiades  J)e  pope  :  m  Afler  1-borc  was, 

of  swyj)c  good  c;vstin  kende  :  so  god  gaf  [le  cas. 

pope  he  was  Jjre  ger  :  &  .vij.  mon^us  also 

In  \>e  borwg  of  rome,  :  i^  .vii|.  dayu.*.'  \)er-U). 

.vij.  prestus  he  made  :  Jsr/t  goodme^/  wcr^-n  echon,  "• 

.V.  dekenys  &  .xij.  byil'chopis,  :  godd/z-s  seruise  to  don. 

&  sent  hem  in  to  contr^s  :  alunite  for  to  pr^'che. 

of  Jhesu  crisins  lawe  :  l)e  peple  for  to  teche. 


51   1.  eleuejie.  —   '  vgl.  Auastasiu^   Lib.   I'oiit.   —   7   M.s. 


lienn. 


3U 


406  Des  M.s.  Bodl.  TT'J  jüngere  Zusatzlegenden 

on  a  tyme  hit  be-Hl  :  |)at  he  het  uf-senrle 
\)e  clergye  Si  o\)er  inen,  :  J)at  gönne  to  liini  wende.  '" 

()f  niauy  {Jiugy^s•  |)ey  speke  :  {lo  {ley  wero  I-eunie. 
}>()  \iat  \wy  gönne  ot'  fasting-dayis  :  speken  alle  &  sonie, 
{)()  gau  {jIs  holy  pope  :  I)at  lieet  nieleliiadeis 
siiekc  to-forn  Iieni  alle  —  :  Jie  oJkv  wercn  in  pes: 

,,  I  jording»s#  he  seyde,  :  .,telle  idi  ,',011  niay  l^ 

f)at  god  ria{)  for  nian-kende  :  I-makid  J)e  f^oneday 
many  a  wondir  werke.  :  for  {)e  S(jne-day  I-wis 
erjie  he  maked  &  heuene  :  Jjat  h  so  t'ul  of  l)lif<; 

also  vppon  ]ie  soneday  :  he  made  sacrrfyse, 
bof>e  caym  &  abel,  :  ac  uougt  in  one  wyse  —  -'^ 

ffor  Jjrtt  on  was  good  :  Jx/t  ojjcr  nas  nou5t  so. 
&  gut  v2)pon  {)e  soneday  :  niorc  ])cr  was  I-do : 
jie  grcte  flood  on  erjie  com  :  to  dreuche  alle  Jjing, 
Ä  also  vppon  \ie  soneday  :  (Jje)  chip  tok  rcsting 
Jiat  nowe  &  his  ferin  :  Jjcv-in  werrn  I-do  —  25 

of  alle  l>at  were  in  erjie  :  alyue  nerc  nanio. 

Abraham  l^e  soneday  :  his  sone  hajj  I-take 
Sz  wolde  him  habbe  I-slawe  :  sacrefise  to  niake: 
( tod  l^orwg  his  niy,^t  :  {)r^-to  tok  good  kepe 
Si  in  stede  of  J)e  child  :  anou  sente  a  cliepe, 
he  het  |)«t  he  ue  cholde  nou,it  :  isaak  mysdo ; 
In  stede  of  ]ie  oouge  ehild  :  \>e  ehep  he  slouj  ])o. 

,^ut  vppon  a  soneday,  :  as  {je  buk  teile})  nie, 
Moyses  broujte  {)e  iewis  :  oucr  J>e  rede  sce; 
he  tok  moyses  |3e  lawe  :  vppon  a  soneday,  "^^ 

&  let  rine  brcd  &  flescli  :  fram  heue»,  telliu  ich  may. 

.Viid  {je  soneday,  wel  ic  wot,  :  Jhr.^u  c/v'st  was  bore, 
lo  biggin  vs  <nit  of  helle  :  &  mcit  \xtt  were  for-lore. 
Ä  ck  vppon  |)e  soneday  :  he  tornyd  wattv  to  win  — 
])ey  |)at  {)p/--of  dronke  :  {)ey  founde  hit  good  *S:  fyn. 
&  he  arerid  to  lyue  ek  :  vppon  })c  soneday 
lagare,  l>at  foure  diiyis  :  In  his  pit  ded  lay. 

also  jie  soneday  :  to  Jer/isalcni  he  rood  — 
])c  honoi'//-  \vit  me  him  ded  :  J)e  ]>ei)le  wot  al  abrood. 

1^  rani  dejj  to  lyue  he  aros  :  jje  soneday  wel  ry,te,  ■*~' 

Ä  sente  jte  holy  gost  to  his  deliplis  :  (S:  on  hem  alle  alygte. 

In  so/yiinie  bok('^s•  me  finde})  :  wlio-so  takeji  ,H^nie, 

[u/l  god  ehal  })e  soiu'day  :  al  ])e  world  deme; 

ourr  (h)rd)  broUj^t  his  modir  :  in   to  heut-n-ltlisse, 

(*c  seint  Jhon  j)e  vangelist,  :  icli  wool  wel  niyd-I-wisse.  -^'^ 

}K'/-forr  ic  hote  })rtt  nonian  :  non  ertheliehe  werk  wirche, 
bot  godd«*'  seruise  don  :  it  go  to  holy  cherche; 
ne  vppon  jje  soneday  :  fasting  non  ehal  be, 
lor  hit  werr  a,',cn  })e  lawe,  :  alst)  {)enehej)  me, 
j>at  man  wcrr  in  penau/^ce  :  iS:  ek  in  fastinge  ^ 

])ilke  day  (}iat)  god  vs  brou,^t  :  al  in  gladinge. 

}ie  })on'sday  also  :  god  made  his  mau//de 
iUnong  his  defi])lis,  :  as  jie  l)ok  teile})  me: 


40 


15  11'.   Diese  Ketlc  ist  ollciibiir  .-^clb.'jtiimli'i'  eiitwickult.      lU  lic  «t.  Iiv.      -o  1.  iwc. 


zur  südlicheu  Lcgeiuleiisauimlung.  407 

he  hein  feddo  in  body  :  &  ek  in  soule  also, 

for  his  flesdi  &  his  blöde  to  heiu  he  ^af  &  luade  |>n  —  W 

of  brcd,  of  wiü  &  of  water  :  hc  made  Jjis  wondir  {Mng: 

amoüg  his  deliplis  he  uiade  :  J)o  bis  gestenyng. 

oLirc  flesch  au  holijjorsday  :  he  her  to  heucii  au  hy 

&  set  bim  iu  bis  treue  :  to  bis  fadir  wel  uy. 

\)eriorG  ich  böte  I^e  Iiorisday  :  nieu  take  gladiug,  "i-i 

&  fjat  nie  ue  asiugue  fsat  day  :  to  no  fastiug, 
but  bit  falle  by  cours  :  |jor\v,^  cbau;^giug  of  {^e  ^eir 
|iat  euy  vigil  beu  by  cas  :  uewe  I-fouude  \)ere:  |f.  23öi 

l^an  I)at  me  faste  wel  :  so  ich  softrc  inay, 
I'or  })e  loue  of  Jje  seiut,  :  uou^t  for  skyllc  ol  j)e  day."  ''i» 

alle  Imt  J)c/-  weren  :  babbejj  I-grouted  J)is. 
for  I^oresday  &  soueday  :  befjeu  meu  fasti})  I-wis; 
&  for  l^ey  uolde  heni  be  I-lycb  :  iu  {nii  ilke  [jiuge, 
Jjo'fore  he  baji  forbode  :  Jiat  ilkedayis  fastiuge. 

A  iustise  was  ou  Jjilke  tyme  :  I)at  nie  clej^ed  rufin:  75 

be  let  neme  melchiades  :  &  dede  hiui  wel  uiocbe  pyn; 

Jie  verj^e  Ide  of  deeembre  :  he  leet  bim  sie  also, 

&  ich  ue  hude  uoujt  to  so|)e  hou  :  he  was  to  del)e  I-du. 

{)o  rome  was  w/t-oute  pope  :  dayis  tweuty  t^  .vij., 
after  [mt  melchiades  :  was  I-went  to  lieuene.  ^^ 

for  euer  me  ha|j  gret  enuye  :  to  meu  jjat  be|)  gode, . 
as  me  hadde  to  Jhesu  er  «st  :  l>at  deyde  for  vs  on  rode; 
for  euer  J:)e  wikkid  fend  :  eggef)  mau  to  dou  luysse, 
whan  l^ey  beu  iu  good  lyue,  :  [jer-of  hem  briugiu  to  wisse, 
uow  bidde  we  god  almygty  kiug  :  \xit  niter  oure  eudiug  ^5 

to  jie  ioy  {ifft  lastej)  euer  :  oure  soub/.s  (he)  {ledir  bring,     ame/^ 


Seiut  damas  Jie  pope.'       (11.  Dec.) 

Seiiit  damas  J)e  pope  :  Avas  I-borc  in  simyne. 

{)e  whil  be  was  a  gong  cbild  :  he  liste  nou^t  to  playne, 

for  be  bim  streugl>ed  moche  :  to  beu  of  good  fame  — 

so  dede  bis  fadir  bim  by-fore,  :  antoyue  was  bis  uame. 

I^o  he  was  to  pope  I-chose  :  so  god  bim  ,^ef  ])at  cas, 

au  ojjer  also  was  I-chose,  :  cor  (in  I-cleped  ])o  was. 

bol^e  J)ey  weren  godme//  :  &  bolimeu  also; 

&  for  J)er  ue  may  be  pope  :  but  on  neuer  mo, 

&  for  damas  was  stalworjje  :  &  rcdy  of  speche, 

Jie  mayst/Y'  of  holy  cherche  :  me  gau  him  by-teche; 

Corsin  I^ey  made  Ijyll'cbop,  :  ic  seggc  w/t-oute  fayle, 
of  l^e  cyte  of  appoliuc  :  I)orw,3  comyn  consayle. 
twey  cherch;^*-  damas  made  :  wel  nol>le  in  Jie  cyte: 
Ipat  ou  be-syde  \:>e  teatre  :  jut  me  may  I-se, 
f)e  o|)er  cherche  be  made  :  so  be-syde  {le  wey 
I-cleped  was  adria////e  :  by  {)at  ilke  day. 
&  gut  be  haluid  [^e  stede  :  in  jjat  cite,  peic 

seint  pete>-  &  seiut  poul  :  I-ferc  I-beried  werc. 
damas  was  {jo  pope  m  rome  :  ful  ey,^teue  5er 
&  eyäte  mou{i<<.«  &  teu  da}as  :  pe  dingnete  he  Iter. 


l.i 


5'J  .Ms.  iu  ho.iy  Iu  Imdy.  O'J  .Ms.  ich  {k.  ich  —  cch.  81  -b-l  uiij,'eii<«rig.  — 
'  vgl.  Auastasius  Lili.  Pont.  —  tj  al.  Ursiuus.  12  1.  iicapoli.  16  Ms.  adriaiino, 
lat.   ad  viaui  ArdcatLuaui.     18  .Ms.  I  1  lere. 


408  Des  Ms.  Bodl.  770  ji'uigerc  Zusatzlegenden 

xMTsiHs  lie  nmde  I)ritty  :  t^  twolt  dekeuys  |>er-to, 
n}'llchop2<s  he  niade  .Ix.  :  on  a])itc  for  to  go 
fr«ni  contrc  to  conUe  :  leuede  nien  tu  wise 
f)at  Ipcy  cholden  herc  lif  leden  :  in  godd?^>;  seinise. 

two  deken^.s-  in  I)iilke  tyme  :  weir  in  Jie  cherche  I-do,  25 

ctincord  &  calixt  :  mcii  heni  cleped  \>o: 
to  Jiis  pope  danias  :  {)ey  hadde  grct  enuye 
Si,  gotinc  him  defanie  :  of  o])in  lecherye  — 
wel  ich  wot  \mi  hit  was  :  })onv  {)e  entyseniont 
of  {je  deuel  of  helle,  :  to  niaken  hein   I-dient.  30 

wel  sory  was  {^e  pope  :  for  Jie  sclaundir  <S:  l>e  cry, 
<Sj  fjoujt  in  woche  wise  :  he  niy,^t  hini  porgy. 
anon  he  leet  ofsende  :  al  nitcr  Jie  clergye 
&  ■Aiter  erh(s  <St  barouus  :  swyjie  grr't  conipanye. 

\>o  {ley  weiT  to-gedir  I-eonie,  :  pe  pope  aros  alone  35 

&  seyde,  „leiie  hreberiu,  :  I-herkenel^  nie  echone  I 

Calixt  &  concord  :  {)at  ^e  mowj  herf  I-se, 
of  a  foul  lecherie  :  {jey  habbef)  defanied  me. 
Jierfor^  ic  habl)e  jou  of-seut,  :  ]xit  ^e  me  cholde  wise 
hou  ic  mvgt  I-porged  be,  :  to  saue  Jje  fraunchise  ■*0 

{)at  ech  pope  ha})  I-had  :  {)at  was  by-foir  me  — 
for  lof)  me  were  in  any  Avise  :  alese  {je  dingnete.'* 

And  \:>er  \wr\v  comyu  conseyl  :  apergid  him  I-wis, 

wit  eyjte  &  fourty  byll'chopis  :  \)ai  weren  of  mochil  p;-/s. 

out  of  cherche  me  drof  :  \ie  false  deken?^«  two,  *^ 

Si  {3ou',t  Iput  {ley  cholde  :  to  de{)e  ben  I-do. 

damase  hadde  reu{)e  of  heni  :  Sz  ue  soff'rcd  hit  nou,^t 

J^at  ])ey  for  herr  trrcherye  :  were  to  de{)e  I-brou,^t ; 

ac  wel  he  softVid  |)at  {)ey  wercu  :  out  of  {ie  chirche  1-drcue, 

In  myseyse  &  in  care  :  \)cr-a.iter  for  to  liue.  ^0 

{io  ordeyned  damase  :  to  segge  fer  &  ner 
at  maten»s  &  at  {)e  tydis  :  salm^^s  of  \)c  sauter, 
<^  at  euesoug  &  at  compliu  :  {lat  me  hit  choldin  do, 
vppon  {ie  peyne  of  corsnigc  :  {)e  poi)e  he  he(t)  ii/t  {)u. 
»'s:  in  to  al  holichirchc  :  ful  wol  ,^c  wite{-)  I-wis  ^^ 

jwt  {lilke  Statut  ournil  :  ,^it  I-holdin  is. 

]ie  {iridde  calendir  (I)  of  decembir  :  out  of  world  {lisse 
damas  wonte,  out  of  {lis  lif  :  in  to  heuen-blisse. 
{iritti  dayis  was  ronie  :  wit-oute  pope  {)o. 

k  {)us  eiidid  J)c  lif  :  of  danias  {ie  iiojie  so.  "^'^ 

now  i^rye  we  to  Jhp.vu  c/'/st  :  bat  is  so  frr  i^  hen<le, 
whau  we  parti{3  of  {)is  world  :  let  ouir  soul«.s  to  heuene  wende. 

anie/(. 

Seint  sat2o-nin  aud  ciciu,  twey  holy  niarter«.«;.'      (l'O.  Nov.) 

A   pirst  somtyme  was  in  nmie  :  me  cleped  saturnyne, 

f»at  hadde  w/t  him  a  dekene  :  {iat  was  I-hoto  cysine; 

jode  nien  {ley  wer^'  ])o{je  :  i*c  wol  holi  lif  ladde. 

De  empp^our  maximyan  :  {x-z'-to  grrt  enuy  hadde: 

Sr/-foir  he  he»i  dempned,  :  so  icn  ,^ou  teile  may,  ^ 

jiat  {ley  choldin  deluc  :  bo{3e  grr/uel  &  clay. 

{)eir  bey  seruod  .Tlir.vu  c/-/st  :  wit  vrW  &  wit  {jou^te. 
\)cHorr  jiey  avcit  eft-sonys  I-nome  :  it  to-forc  {)e  empcrour  I-brou^te. 


32  :Ms.  sperpy.     54  Ms.  lic  hc  liot.     57   1.  Idc.   —   »  cf.   Acta  8.  Marcelli  pspsp 
(Act.  SS.  BoU.   16.  Januar). 


zur  südlichen  Legendcusanimliinjr.  409 

Jie  empo-our  het  \m  anou  :  In  p/rson  to  do  salniiivno. 

<^.  bringe  him  to-forc  Jie  dekene  :  \)ai  het  sysinr.     '  1'» 

&  to  him  he  seyde  anou  :  J)o  he  was  I-eome: 

.Jelawe,  J)üu.most  teilen  vs  :  |)in  nanie  at  Jie  fronie." 

Jie  dekene  him  answerid,  :  ^\)e  name  ]>at  is  mvu 
Is  among  cr?steneme/?  :  I-cleped  sysin. 

Jhpsu  cn'stiif;  j^ral  ie  am,  :  <fe  wol  beu  eucr-mo,  1=> 

Ich  wol  loue  &  seriie  alle  hem  :  \>at  ou  him  I-leucJi  also." 

J)e  emperour  answerde,  :  „I)fr-of  haue  Jiy  pes! 
sysin,  Jiou  most  don  sacrefise  :  to  eure  goä  ercules 
&  doto  him  sacrefise  :  so  {wu  ou,^tist  to  do, 
o])cr  ich  wole  for-brenne  :  {ly  flesch  in  sorwe  &  wo."  20 

])o  J)is  emperour  hadde  I-seyd  :  alle  Jiese  word«.s-  Jierr, 
sysiji  Ijo  for  gladnesse  :  gan  to  leyge  wel  smere, 
&  seyde,  ,I-wis,  syrc  emperour,  :  Jwu  ne  myjt  me  paye  no  bet, 
for  habbe  Iph  ilke  J)ing  :  I  desirid  euer  git, ' 
to  beu  for  Jhe.su  cr/st?/,s  loue  :  I-brou^t  of  lif-dawe;  25 

Iierfore  ich  am  swyfje  glad  :  for  him  to  ben  I-claue  — 
&  ellis  ic  were  vnkende,  :  for  he  deyde  for  me. 
|ierfore  f)ou  mygt,  syre  emperour,  :  don  what  I)y  wille  be; 
I-chose  ic  habbe  to  Jhe.s-u  cr/st,  :  to  him  ic  wöle  holde."    if- 2;«] 

l>e  em^^erour  seyde,  „lo,  I^is  |)ef  :  speke}:)  wordis  Ixjlde!         30 
to  ladioce,  Jie  port-reue,  :  {lefore  he  chal  ben  I-take, 
jiat  he  him  caste  in  preson  :  to  niake  his  lerays  ake.* 
ladioce  him  ondirfeng  :  &  bond  him  swy{)e  faste, 
Si  sujie  in  to  preson  dep  :  wel  harde  he  him  caste. 

approprian  me  cleped  :  him  Jsat  was  iayler,  35 

{lat  him  piuyd,  &  ojaev  mo  :  {^at  weren  in  preson  J)er. 

ladioce  him  after  seute  :  after  dayis  seuene. 
w/t  l>e  sonde  {jer  come{i  ])o  :  a  swyjje  fayr  lyjt  from  heuene, 
In  Jie  ly,^t  |ier  com  a  vois  :  I)e/t  seyde  wit-oute  fayle: 
..comel^  to  me,  my  blessid  childrin,  :  \wi  libbili  in  t/Yniaylc,     *0 
&  ondirfongejj  mede  :  of  J^e  heuene- king, 
heuene  J)rtt  he  made  to  50W3  :  er  \>e  world?<s  be-giunyng.'' 

Sore  him  gan  of-drede  :  |)o  ai)i)ropriau,  (2.  Febr.) 

Si  to-fore  sysiu?As  feet  :  akne  he  fei  aft<'/-  {)au 
<fe  seyde,  .,ich  {ae  bidde,  cifui,  :  pur  seint  charite,  ■*■' 

fiat  Jjou  ne  tarie  no  lenger  :  Jiat  \>on  ne  cr/steny  me." 

wat^r  he  nom  Jso  anou  :  i*i  cristonyd  Hp(p)rop/7'an  \>o. 
]io  laydioce  Iherde  |)is,  :  his  herte  was  wel  wo, 
&  after  ap(p)roprian  anon  :  wel  sonc  he  haue|i  I-sent; 
<fe  seyde,  „me  telle{i  to  sobe  :  {)at  Jiou  Jie  hal't  I-chent:  ■^'^ 

\wu  hast  forsake  mahound  :  &  oure  god//*-  alle, 
for,  wit  hit  wel,  jif  hit  be  so}!,  :  ful  euel  \>e  wol  be-falle. 
Jierfore  don  be  red  :  ry,^t  as  ic  \>Q  wife, 
&  sitte  akne  wit  good  wille  :  i*c  don  hem  sacrefise!'^ 

„je,  je,"  qiial»  api^roprian,  :  _Ich  wot  ful  wel  anou  •'»•^ 

Jiat  J^ey  be  deue  &  doumbe  :  &  deuelin  euerychon. 
Jierfore  ic  here  forsake  :  boJ)e  hem  &  Jje, 
&  to  Jhe^u  cr?st  of  heuene  :  ich  be-take  me.*^ 

{)o  seyde  ladyoce,  :  ^Jwt  hit  ne  be  by-leued, 
et  ledef)  him  qiiik  out  of  Jje  tonn  :  i^ic  smytej)  of  his  heued!"  ^ 
J)e  tormentour^^s  him  nome  :  cS;  ladde  him  forji  |)o, 
<t  here  lord/^^•  hestc  :  anon  habbe])   I-do  — 


11   Ms.  I  cu  conic.     35   al.  Aiironiiin. 


410  Des  Mk.  Kodl.  770  jiiiijrcro  Ziisatzlegenden 

wikkod  was  J)e  lord  :  &  wikkid  ek  fie  iiieyne! 
jicv  [)c  body  werc  ded,  :  {>e  sotik  to  heury/  gan  flc. 

Erjie  nie  brou.^t  to  erj)e  :  so  hit  wa«  skille  iS:  ry,^te,  ^ 

ac  al  of  {le  holi  soule  :  nadde  |)ey  no  iiiy^te. 
.selijje  laydioce  liet  :  {)at  cisiue  weren  forjj  I-broii,^t, 
&  seyde  to  hini  auou-ryät,  :  „hastou  I-chau;/ged  |\v  {lou^t?- 
sysin  lüm  answerde  :  &  seyde,  „syr<',  uay, 

for  \)rr  nys  Jiing  on  erj)e  :  {)at  niy  IJou,^t  chau/?ge  inay.  '''J 

Ich  |)c  haue  al  of  iny  wille  :  beforr  I-seyd  Jie  ende, 
{)at  ich  wole  w/t  Jhc.su  c/v'st  :  eut^r-niore  al  wende." 

.,a,  fy!  foule  stronge  Jief,''  :  ladiocc  seyde  Jjo, 
..,Vt  1)*'U  ehalt  eft-souys  :  In  p^rson  ben  Ido, 
for  ich  wole  ]jot  ech  man  I-wite  :  I)at  ich  am  liendc  &  ire,     "i"' 
to  h)ke  ^if  nien  of  here  folye  :  ame>«ded  hy  wol  bc. 
Ä  j^ut  ic  rede  [)«t  {wn  J)e  jit  betir  by-J)enche, 
o\>er  nie  chal  ])in  folys  :  myd  p(i)u?<.s  {)e  aqueuche." 

w/t  J>at  ilke  word  :  sysin  was  jjo  I-do 
In  to  p/cson,  {)e>-  satornyne  :  was  wit  oI)er  mo.  80 

ech  of  hem  I-kneWg  o\^er  wel  :  in  Jjat  ilke  sy{)e, 
Si  werrn  for  here  compeuye  :  bo{je  glad  (S:  blyf)e. 
faste  J)ey  gönne  here  felawis  :  to  prcche  c/v'stus  lawe 
&  w/t  here  niy,5t  :  j)at  folk  to  gode  drawe. 

vol  to  i*c  fourty  dayis  :  |)ey  jicrc'  were,  85 

(^  tornyd  many  to  cristindoni  :  \)at  conie  liem  to  I-herr. 

Hy-forp  |ie  p;-/nce  ladioce  :  nie  brou,^t  heni  idtrr  \>nl  stou»de ; 
s\vi{)e  leiie  Jjey  wereu  &  wan,  :  wit  cheyiw^^-  faste  I-bou//de. 
a  swibe  gvct  image  of  bras  :  for|j  {)er  was  I-brou,5it, 
&  ladioce  hem  ])o  seyde,  :  .,do{)  aiter  myn  {jou,5t:  ^0 

hononrr}i  {lis  eniage  :  &  he\i  him  Icf  &  dei'c!'" 
Satii^rnyn  answerde  {)o  :  as  je  cholle{j  I-herc: 

„(xod  {lat  ^cf  alle  {jing  :  to  his  wille  ro  &  reste, 

Ic  him  bidde  for  his  niy^t  :  Jwt  {)is  god  here  to-berste." 

witj)  [lat  ilke  word,  :  so  ich  ^ou  teile  may,  ^•"' 

]ic  god  of  bras  al  to-drof  :  so  hit  wert'  of  clay. 

]M\\nv  ik  mauir  :  twey  kuyjt^^.s-  weren  I-wis,         (20.  Jan.) 
)at  stodin  [yrr  be-syde  :  tt  I-seyj  al  Jiis: 
)enn/^s■  {)ey  wente  prcuelii-he  :  Sc  afeug  c/v'stindom. 
|ie  tyding  of  ])is  {)iug  auon  :  to  ladioce  com :  IC" 

&  anou  he  hygte  his  ine«  :  \)(it  me  cholde  hem  take 
h  smyte//  of  here  heuedis  :  for  Jhe.su  crist«^-  sake. 
Si  \ius  niaurc  &  i)apye  :  {jolediii  martirdoin  — 
wel  ic  wot  [uit  ey})er  soule  :  {>e  wey  to  lieuene  nom. 

saturnyn  Si  cisin  :  nou^^t  \)cr-iiftcr  longe  ^^'^ 

he  let  to  twey  i)ost?t.s  :  hem  by  |)e  arnw^s  an-honge, 
w/t  staiiis  tS:  wit  courgis  :  he  let  hem  l)ete  so  faste, 
{)'/t  alle  \)at  hit  I-seye  :  I-woiidrid  J)er-()f  wel  vaste 
hat  euer  tweye  bodyis  :  my',ten  eiie/-iiio 

here  in  |)is  ilke  lyue  :  to  {miüc  so  moche  wo.  HO 

rt'ur  he  leet  leggen  :  to  here  syd?w  alle  be-gon : 
t's:  {)orw,^  Jhesu  cz/st/w  grnce  :  \)e  fer  a-qiieinte  auon. 

iadioche  seyde  to  be  tornientour».s,  :  .„^if  ,^e  loiieji  nie, 
sniyteji  of  here  heuediii   :  Jjat  ic  it  niowe  I-sel'" 

))(•  j)ridde  calendre  of  delenibre  :  here  heuediii  were  of  I-smete,  H'^ 
<t  here  soub^s  wente  to  lieuene,  :  ech  m:m   may  wel   wite. 


64  .M;i.  Ijociy  st.  soule.      71   JIs.  l'nr  jit.     liii.     7'J   .M:-.  cilin  :  sysin. 


i 


zur  siidliclicn  Legendensanimliiiitr.  411 

Jhon  Jie  ivcst  &  trason  :  dedeu  as  jie  wisc, 

hy  beriedin  here  holy  bodyus  :  &  dedin  \ie  soriüsp. 

Now  Jhcsn  cr/st,  al-myäty  god,  :  for  herc  bojier  loue 
bring  vs  to  ])e  blisse  :  {j'at  is  in  heuc/i  aboue.     amc».  120 


20 


Pe  holy  poi)e  iuocout.i       (28.  Jiilij 

Pe  liüli  pope  Innofent,  :  so  god  ,3af  J)«  cas, 

In  ])e  lond  of  al)dane,  :  ic  woot,  I-bore  he  was; 

bis  fadir  was  a  uoble  man,  :  bojje  fayr  t't  gent, 

^  among  l^e  peple  :  I-cleped  iniioceut. 

{lis  holi  jiope  reugned  :  in  his  dingnete 

to  niouJ)w.s'  &  ten  dayis  :  &  {)er-to  jeris  Jwe  (I). 

prcaUis  he  niade  .xxx.,  :  &  deken^<«  Jjrittene, 

&  ek  bylIchop?/.s  .v.,  :  Ich  woot  wit-outen  wene. 

a  good  Avif  was  f)ilke  tyme,  :  vestine  was  herc  name, 
wel  moche  ,",he  loiiid  Jhrau  crist  :  &  was  of  good  fanie: 
fFor  to  seruin  Jhc.su  crist  :  wel  moche  was  herc  |iou,5tc, 
&  anoble  cherche  |)erfore  :  ,^he  hauefi  I-wrou,^te. 
8eint  ge(r)ueys  &  prothase  :  {)ey  wereti  I-bericd  J)ere, 
l>criore  in  fte  honour  of  heni  :  Jjc  werk  ^he  lot  arcre. 
Jio  J)is  werk  I-redy  was,  :  anon  jhe  haji  I-seut 
messager?^«  wel  fayre  :  afte;*  Jse  pope  Inofent. 

Inocent  com  to  here  :  wel  myldeliche  ]>o 
&  halwid  I^e  chirche  :  so  he  au,5t  to  do ; 
leopard  &  vrsin  :  p/-est».s'  ])ey  weren  bo, 
I)at  at  })ilke  tyme  :  holpin  h/m  {jcy-to; 
lybyan  |je  dekene  :  was  also  w/t  hem  J)ere  —  fr.237j 

J)is  ike  foure  goodmeu  :  at  |:)e  halwing  werc. 
vestine,  |3e  gode  wif,  :  maked  fayre  oftringe 
&  fond  al  I)at  nede  was  :  to  fiat  ilke  f)inge. 

Innoceut  nom  leue  :  &  homward  bim  gan  dy,^te.  25 

a  cherche  he  fond  be  {le  weye  :  &  \)cr  he  aly,^te  — 
\>e  cherche  was  of  seint  anneys  :  \wt  he  aly^tc  to. 
ac  he  ne  fond  no  p/¥st  :  |)at  here  kepte  \w. 
f)erfore  he  was  sory  :  so  we  tindej)  I-write, 
&  leojiard  &  paulin  :  he  sette  here  to  wyte. 

In  a  tyme  he  of-sent  :  moche  of  \>e  clcrgye, 
a  cene  for  to  holde  :  w/t  a  gret  compenye. 
])edir  come  byll'chop?«*-  :  &  o\>er  incn  also, 
abot^f«  &  pr/oris,  :  so  ])ey  äugten  to  do. 

pelagye  &  celestiu  :  {ledir  weren  I-comc  |)o; 
alle  f»ey  were  good  cr/steuemey/  :  böte  I)is  ilke  two. 
dt'  many  |ling^^s  |)ey  speke  :  as  ])ey  to-gedir  werr, 
\'  nanieliche  of  on  jMng  :  {wt  ich  wol  U41in  herr : 
whel^e/-  a  child  Iiat  were  by-^ete  :  of  a  cristenc  mn» 
&  I-borc  in  spoushode  :  of  a  cr/steue  woina//, 
scholde  be  lawe  of  ovstindom  :  ])e/--afte/-  I-cr/.stenyd  be? 

Inocent  ])e  pope  :  answercd  &  seyde,  .„^e, 
for  ned  hit  is  \>at  ech  soule  :  beu  wallche  in  vn'sVis  l)indc 
\rdt  vs  dere  bou,^te  wit  his  dejj  :  for  vs  vppon  ]>(■  rode.- 

pelagiue  &  celestin  :  J^v-to  seyde,  ^nay, 
fjan  were  hit  twy^e  I-cristenyd  :  a,^en  c/-/stin  lay : 


.'50 


35 


40 


'   et".  Aiiast.  Lili.   Pont.  —   2  1.  Alltane.      G  al.   .w.      !S  al.  liiij.      'J  Jlb.  buslimc. 
li   Ms.  woikV     20  Ms.  hciii. 


412  Des  Ms.  Bodl.  77!>  jüngere  Zusatzlcgenclen 

f(jr  cr/stin  was  alle  I)e  kiiine  :  of  whoni  ]ie  diikl  come. 
|irrforf!  eeh  wisinan   wot  liit  lia|)  :   I-iuiw,^  of  c;v'stiudome; 
Si  good  is  ]>at  nie  let  be  :  herafty:'>-  soch  folye, 
to  cristene  childrin  tweyc,  :  fiir  hit  is  eresye." 


öO 


Inosent  {)o  seyde,  :  „lordingz«;,  ge  herr-f)  J)is! 

ac  Ic  wole  ]vo\\e  :  |)at  |3ey  seggej)  aniys 

tt  ftfl't  heir  ondirstonding  :  }>at  it  is  worse  \>i\ii  iiaUj5t, 

by  skylle  &  ek  autorite  :  })at  ])cy  be{)  be-caujt. 

of  adam?^s  siun('^^•  wite])  :  J)at  we  weir  foule  cchon  ^^ 

Si  in  sinne  by-^jete  -     :  for  o\)cr  nas  |ier  non. 

daueji  \)e  p/opliete  :  \)er-oi  hcrc\)  wittnesse,  I-wis, 
In  a  vers  he  teche})  vs  :  buxoninesse  {lorwj  |)is: 
,lo,  I-\vis'  he  sey{)  :  ,In  buxuwmesse  ie  am, 
&  in  filfje  of  sennes  :  my  modir  nie  ondir-nam'.  60 

f)is  [ling  ne  seyd  ho  nou,^t  :  by  hini-self  alone, 
ac,  wel  ic  wot,  he  seyde  hit  :  by  vs  euf/ychone. 
&  gif  we  bejj  in  sinne  I-borp,  :  we  nioot  I-wallche  be 
f>orw5  help  of  {)e  cr/stindom,  :  J)ey  o])er  seyden  ge. 

git  ic  wole  p/Y>uy  :  Jjr/t  it  is  ercsy,^e,  65 

])at  f)e  cr?"stene  child  nys  noiigt  I-cr/stened  twyje. 

Jhfsu  crist  of  heuene,  :  {x/t  fnl  of  goodnesse  is, 
\)()  he  for  vs  aly,5te  :  in  to  world  \)h, 
wit  hini  he  brou-,t  to  ech  mau  :  to  wite  oure  cr^'8tindum, 
f»o  he  oure  kende  :  of  his  modir  nom.  ''^ 

\)cr  nys  noJ>ing  so  holy  :  ne  nojiiug  so  clene 
so  is  J)e  fadir  in  heuene,  :  Ich  woot  w/t-f)Uten  wenc; 
his  modir  was  wel  clene  :  Jiat  cholde  hiin  ond(i)rfo, 
Si  ellis  he  ne  mygte  :  nou,5t  alyjte  |ier-to; 

iVc  Jhpsu  was  him-selue  :  clenuest  of  alle  Jung:  "5 

<^  i^ut  he  afeng  c;/stiudom,  :  to  ',eue  vs  teching 
|i«t  we  moste  uede  :  alle  I-cr/stenyd  be; 
for  who-so  ne  leue])  Jiis  noiigt  :  l-damjmed  he  chal  be." 

alle  [mt  \)rr  weirn  :  answerid  hini  anon 
(^  seyde,  „syir  Inocont,  1-wis  :  {)at  is  ful  wel  I-doon!"  ^0 

j)elagie  t^t  cWestin  :  |)ey  alle  danipnid  \h> 
i'k,  from  herc  velechipe  :  anon  hem  makid  go. 

f>o  seyde  inocent  :  to  hem  |)at  sete  &  stode: 
.,lording/^s,  Joo  Jhf.s-u  c/-?st  :  bougt  vs  on  {je  rode, 
,^e  habbefi  T-hurd  ht)W3  he  was  :  in  his  touw?be  I-do:  8.5 

alle  \>o  apostlis  hert?/.s  :  weren  wel  sore  {jo, 
]->rii  Jiey  fastin  echone  &  wep  :  alle  {)ilke  sat^rday: 
jir/forc  me  binkeji  it  weir  gode  ;  |iat  meii  of  ourr  lay 
to  faste  <fc  ben  In  penau;a'e  :  bojie  lost  ».t  moste, 
Si  Jiat  Jiey  for-beron  Hosch  —    :  for  hit  chal  ben  myn  beste.     ^0 
Fe  nele  hom  noii,^t  for-hoto  :  jial  hy  bon  in  vastinge. 
böte  {wt  |iey  for-ber^^  Hosch  :   leb  hoto  jiorwj  alle  f>inge.'" 

(fe  \>at  |ier  worin  :  habbi})  t-g/ynitod  al  f)is; 
so  f)«t  nie  be-leueb  flesch  :  \w  sat^-zday  I-wis. 
f)e  seconde  calendir  of  augost  :  he  gan  henn;^»;  wende.  ^-^ 

<fe  Jhrau  crist  grrnity  vs  alle,  :  {lat  is  so  frr  &  hendc, 
to  come  to  {je  loye  :  {lat  he  is  in  Idy,^t, 
for  {ie  loue  of  innocent,  :  so  wel  so  {»ou  my,^t  (II.     ame». 


54   bc{)  flurclistnclicuV     56   1.   o{ier  liclp?     81    Ms.  bestin.     93  &  st.  alle. 


zur  südliclieu  Legeiulensammlung.  413 

Seint  felix  (III)  f)e  liolv  pope.'       (2'>.  Febr.) 
(483—492.) 

relix  was  I-bore  in  rome  :  siu«tyine  be  okle  dawe; 

bis  fadir  heet  felix  ek,  :  a  man  of  \w  olde  lawe. 

J)e  soue  lernyd  so  clergye  :  so  god  jef  Jje  cas, 

}jat  be  at  Jie  ende  :  pope  of  rome  was; 

&  Jjey  bis  fad(i)r  was  a  prest  :  &  ek  au  boly  mau,  5 

felix,  liis  soue,  rae  made  pope  :  {)e;--aft/»r  na'uät-for-jjan. 

fibr  pope  be  was  ey^te  3er,  :  Ic  woot  Avit-outeu  weue, 
&  elleue  mou|)?^s  :  &  dayis  eyjteue. 
eygtene  prestws  be  made,  :  &' l)f;--to  dekeu/<Ä'  fyue, 
&  ou  &  twenty  byll'chopis  :  J)e  wbyle  be  was  alyue.  10 

a  cbercbe  he  made  in  rome  :  wit-outen  eny  rfspit 
by-syde  seint  vincentv/.s-  (!)  cbercbe,  :  of  seint  agapit. 

peter  J)at  of  alisaundr^  :  somtyme  bylTcbop  was, 
was  I-dampnyd  et  exilid  :  for  e(re)syej  as  ry.^t  was. 
to  {je  pope  me  tolde  :  Jx/t  be  was  I-cleped  aje  10 

&  1-maked  ajen  skylle  :  ajen  to  bis  dingnete, 
&  by  Jie  byllcbop  achatie  :  me  seyde  bit  was  I-do 
\)nt  of  costauutin-noble  :  beld  |)e  byllcbopricbe  {)o. 

{)0  I^e  pope  be-gau  se})  :  herof  ondirstoude, 
defencor,  bis  conseyller  (!),  :  [)edir  be  sent  by  sonde,  20 

to  a-corsi  petfir  &  acba?ie  :  {)at  badden  I-do  I)is  cboude, 
&  to  sesy  pe  byllcbopricbe  :  in  to  Jje  pop?/s  bonde. 
defencor  a-gens  bis  wille  :  for{)  went  at  Jie  laste, 
&  out  of  bere  byllcbopricbis  :  [)e  twey  byllchop^^s  be  caste. 
{)orw5  conseil  of  alle  \:>e  court  :  {Ms  {nng  was  I-do.  25 

{)re  5er  leuedin  {lese  byil'cbop^^';  :  In  carc,  sorwe  &  wo. 

^enon,  {lat  was  empe/our,  :  sente  {)orw  bis  me?-cye 
&  by-soujt  {je  pojje  felix  :  for  {)e  byllcbop  achacie, 
&  bed  be  cbolde  bim  for-geue  :  {sat  ilke  foul  mescbau«ce 
&  g/Y/ute  bim  gri{j,  \:>at  he  moste  :  {)e/-fore  to  dou  penau//ce.   ■^ 

{je  pope  gy«nted  anon  :  {)e  empe/'ouris  preyere 
so  {)at  pete>-  &  achacie  :  ue  dwelde  nou^t  I-fere; 
ac  jif  {jey  were  I-fere  :  I-foundin  alle  bo,  l*'-  2-381 

{)at  he  nolde  bis  preyere  :  grnnty  neuer-mo. 

Messene  &  vitale  :  for{)  he  sente  \)0,  35 

twey  boly  byflchopis,  :  {jis  dede  for  to  do: 
gif  {jey  founde  {)at  {ns  o\)er  :  bo{je  to-geder  were, 
bey  choldin  bem  boldin  acorsid  :  as  {jey  wereu  ere. 
pey  {)ese  byH'chop^fs  boly  were,  :  treson  hem  ba{)  I-cbent, 
so  \)at  Ipej  ne  dede  noujt  :  {je  pop^fs  comau/zdement.  •*'■• 

to-fore  alle  \>e  foUe  peple  :  \)er-of  {)ey  weren  of-take 
&  I-cast  out  of  bere  diugnete  :  for  \wt  ilke  sake. 

messene  of  {je  dede  :  bim  gan  to  repenty 
&  wit  sorwe  of  herte  :  c/vde  bim  mercy. 

of  bim  me  hadde  reu{)e  :  &  for^af  bim  {jöt  wrouge  45 

&  set  him  a  penau«ce  :  bo{je  bard  &  stronge. 
{)e  penau«ce  be  ondirfeug,  :  \>ey  bim  {je;fore  smerte, 
&  dede  hit  wel  myldelicbe  :  wit  wel  good  berte. 

Odewarde  was  king  of  o^rece  (!)  :  &  wered  kiug//.s-  ringe 
In  {je  tyme  of  {je  pope  :  pat  dede  al  {>is  ilke  {liiige.  50 


'  vgl.  Aiiast.  Lib.  Pont.;   der  ScIihUs  v.  51  ff.   ist  aus  Felix  II  (.355—8)  aiige- 
scliinulzeii.    —    12   An.  Laurentii.      18  lAls.   ine  lieKi.      38  M3.  were  uert. 


414  Des  Ms.  Bodl.  770  jüugeie  Zusatzlegeudeu 

costauntin,  his  owe  soiie,  :  was  in  rome  ]k); 

he  Uniid  in  er^sye  moclie  —  :  t'v:  \iat  was  moche  mvs-do, 

tS:  for  lie  was  a  grrt  lord   :   ]>e  iiioir  was  his  folye  — 

for  to  cheue//  liis  t'ak-e  be-leiie,  :  ho  let  liim  criateny  twye. 

cusebye  nie  clepede  hini  :  J)at  taugte  Jjat  centence  —       "  5"' 

lie  was  f)flt  ilke  tyme  :  l)in(lHi])  ot  medj^ence. 

A  ud  {jo  felix  it  herde  teile,  :  I-wis  hini  was  wel  wo, 

&  cheued  him  oiiinliche  :  {)at  he  hadde  inysdo. 

Constantiu  wit  grrt  poiier  :  to  hini  com  at  ]je  laste 

&  out  of  his  dinguete  :  wel  wrougfulliclie  him  caste.  ßiJ 

&  [>o  gan  felix  wouye  :  iu  a  lytil  stage 

{)at  he  let  makiu  er  :  vppou  his  eriiage. 

it  {jey  he  were  out  of  dingnete  I-cast,  :  nespar^'d  he  \wriore  nou',t 

l)at  he  ue  seyde  opinliche  :  ])at  constau^i^tin  hadde  niys-wrou",t. 

a  iustise  he  procurid  :  for  \)at  ilke  sake,  ''•'> 

{)at  was  1-hote  t(e)odoiY;  :  felix  he  het  to  take. 
j)e  ferjie  calendir  (!)  of  noue/^/biv  :  forf)  he  was  I-brou,^t, 
it  {lo  nie  sinot  of  his  heued,  :  ue  spaird  j)ey  hini  ry,^t  uou.^t. 
tV:  |)er  lay  Jje  holy  body  :  vul>eriid  wel  villiclie, 
fort  I)e  Jiridde  cakvMlre  of  decembr^  :  com  iu,  tivwliche:  70 

&  clerk//x  come  by  uyjte  :  wel  p/-euyliche  J^e/'-to 
&  beried  him  wit  soch  honour  :  so  {)ey  my^teu  do.     - 
<•<:  J)us  he  ended  his  lif  :  iu  |)is  world  here, 
iV:  aftrr  to  heue^/  went  :  wit-onteu  euy  denioir. 

Now  bidde  we  god  i't  seint  felix  :  j)at  he  vs  grwce  sende,     75 
j)at  we  iiiU:r  ouir  eudiug-day  :  mot  to  heiuv/  wende,     ame». 


Seint  cimplice  and  faustiue. '       (29.  Juli) 

I  wey  empp>our;^>*  in  som  tyme  :  was  in  \)e  loud  of  rome 
]3at  slouin  maiiy  a  oristinman  :  {lorw  wel  wilful  domo: 
dioclisian  &  maximiau  :  weivn  here  nam.'^';  |)o; 
nioehe  folk  of  cristindonie  :  Jiey  dienten  Jiorw,^  pyne  iK:  wo, 
for  j)e  feud  was  I-chote  :  so  faste  iu  here  J)ou,^te  •'■ 

]jat  \wy  ne  my^te  of  Jhe.su  cn'»t  :  I-here  to  speke  nnu^^te; 
for  al  was  heiv  wille  :  I-tornyd  to  fals  lay. 
twey  gode  cristene  men  :  ))ey  aspyid  vppon  a  day: 

Simplyse  het  ]uit  on,  :  cS:  \>at  o{)er  faustyne; 
lic  hem  hyjte  to  nenie  auou  :  &  dou  heni  strong  pyne.  l" 

anon  \>\»  moi  wert'u  I-nome  :  &  to  ]>e  eniprrour  I-broujt, 
tt  he  to  hem  seyde,  :  ^what  habbe  ge  I-l)ou,^t  ? 
fort  to  despise  ouiy  laue  :  &  oure  god  also? 
I'or  so{)e,  we  nelle])  soflVy  :  J>at  noman  so  ne  dol 
l^r  l)at  je  so  niote,  :  -^if  {lat  je  ben  wyse :  ^"^ 

to  oure  god  Jubyt/';'  :  to-day  dou  sacrefise, 
t^  we  woUeJi  for  jouir  loue  :  dou  sacrefise  also; 
i^  so  ^e  mowe  jouiv  lif  :  frrnii  pine  sauy  bo." 

flaustill  ])()  stood  stille  :  it  ue  aiisweiv'(d)  uoujt. 
„Syrr  empf;our,''  (\>/a\y  cimplise,  :   _to  v>u  we  bej)   i-brou;it       -" 
l(^  ben  at  jouir  wille  :  In  slcylle  Ä  iu  ryjt; 
we  wolli[)  ben   I-rnly  :  by  day  i'^-  be  uyjt. 


51    ff.  v<^l.   Aiiast.    Felix   II   (2'.)   .)uli).       .")G  An.    episc.    Nicoinedieiisis.       Gl    IV. 

Hiulers    Aiiast.     Ü7   An.   Ide.     70   Ms.  caleitlr.'.  74    Ms.    demereV    —    '   Vgl.    die 

kurzen  Acta  bei  Mombritius  u.   A.   SS.  BoU.  29.  .luli.    Der  engl.  Text  weielit  viel- 

lai-li  a.b   und   ist  uusgeführter.   —    IS  Ms.  be  st.  bo.      21    Ms.   lin. 


zur  südlichen  Legen densanimluug.  41') 

ac  o  I)iug  wetej)  to  sojje,  :  .^e  Invteuel^  vs  vit  pvue : 

ffbr  sol^e,  we  ue  dirdej)  {ie  nou.^t  :  ne  nou  of  jöuir  livne, 

ue  äouir  tormentiuge  :  ne  dirde  we  ner-l^e-nio,  "  25 

uamore  \)an  we  dredejj  \w  :  {le  wor})  of  a  slo. 

ac  we  drede{)  \>e  pyne  :  })at  lastijj  euf'/-moiY', 
In  body  &  in  soule  —  :  for  \)ai  is  oure  nieste  feir. 
&  of  joure  sacrefise  :  ue  let  we  nou^t  ejje, 

for  we  wollij)  for  cristus  loue  :  wel  fain  Ijolye  dejje.  3ü 

&  nowä  ge  witej)  to  sojje  :  al  what  is  our«  w'ille: 
we  nolli|>  lete  Jhftsu  cn'st,  :  ])ey  je  ourf  bodiis  spille." 

dioclisiau  gan  to  leyje  :  &  seyde  to  faustiu  \m: 
„woltou  holde  I)e  falf  lawe  :  &  "beeu  to  dejse  I-do?" 
faustin  answered  &  seyde,  :  „ourp  laue  nys  falf  nou.^t,  35 

for  we  leuel>  on  Jh&su  crist  :  Jiat  vs  so  dere  abon.^t! 
vor  he  is  stok  ne  stoou,  :  ne  gold  ne  siluer  he  nys, 
ac  godd«s  sone  of  heuen  :  we  witel^  he  is,  I-wis  • 
to  beggen  man  fro  sinne  :  ful  lowe  he  alyjte 
&  deyde  in  his  nian-hede  :  I)orw  Ins  swete  myjle.  40 

whan  he  Jiorw  his  niyjt  :  wolde  for  vs  deye, 
for  to  deye  for  liis  loue  :  ue  stondijj  vs  non  eye." 

„A,  foule  stinkende  Jieuis,"  :  Jje  empp;-our  seyde  |jo. 

„je  chollij)  for  oure  c?-istus  loue  :  deyiu  alle  to." 

anou  he  leet  f)e  tormeutour?«.«  :  to  smyte»  of  her?  heued :        4'' 

&  so  was  here  holy  lif  :  fm-m  fte  body  reued ; 

Jje  soul«.s  wente  to  heuene,  :  J)e  bodyus  ßllin  to  grou^/dc. 

\ie  tormentourM.s  nome  grrt  stonys  :  &  to  J)e  bodyu.v  boii/zde; 

In  to  Jje  water  of  tibre,  :  Jjat  dep  &  brood  is, 

\)ey  caste  |)e  bodyus  {)o  :  afterward  I-wis.  50 

Jhesu  Jjorwj  his  myjt  :  uolde  hem  Jiere  lete 
&  made  J^at  Jie  bodyis  :  gönne  aboue  flete. 
b(e)atrich,  here  soster,  :  jide  a  day  for  here  loue 
wepiug  by  fie  water,  :  &  sey  hem  fleten  aboue : 
jhe  went  to  crilpe  &  Jhon,  :  Jjat  to  \vestifs  were,     (18.  Aug.l'^s 
&  beried  hem  in  here  oueii  weide  (I)  :  In  fayre  mauere. 
Jie  prest^^**,  J)o  {^ey  hadde  I-do,  :  beden  here  good  day 
&  weuten  homward  p/'euylich  :  by  |)e  ryjte  way. 
beatrich  sore  wepinge  :  adou»  be  {)e  toumbe  lay 
for  loue  of  here  brejierin,  :  here  song  was  welaway.  »^ 

lucrecie,  a  fals  bedil,  :  wel  ofte  perforjj  gan  go, 
&  I-seyje  beatrix  sitte  :  J)er  at  ]}e  toumbe  so. 
to  here  he  gede  a  tyme  :  &  nom  here  be  [le  göre, 
&  seyde,  „seyg  me,  wi^/man,  :  whj'  wepistou  so  sore?" 
„ftbr  myue  brej)erin,"  ghe  seyde,  :  „myn  herte  is  so  wo,    lf-239i    C5 
})at  ic  ne  may  weping  :  forleten  neuer-mo; 
for  cristus  loue  Jjey  were  I-slawe,  :  cr«st  ich  hem  be-take 
&  my  body  &  my  soule,  :  ich  nele  hem  nougt  forsake." 

„arys,  woma«,"  he  seyde  J)o,  :  ^\)ou  most  come  wit  me. 
&  don  honour  to  oure  god^.s,  :  ,^if  hit  J.iy  wille  be.  '" 

a  whyle  [wu  hast  I-wope  here,  :  ich  wole  J)e  teclu-  pU'v.'^e; 
&  but  |)ou  hououry  oure  god?^*,  :  for  su^j  Jjou  ehalt  deyje." 

„1^0,  ich  am  al  redy,"  :  beatrich  seyde  \w, 

..vor  to  myn  breljcrin  :  \^an  ich  may  g<x 

tlbr  cr/stiii  wo?;/man  ich  am  :  &  sacredso  ic  wuli-  bringe  "i^ 

to  Jhe.su  cn'st  of  heuene  :  i^  lo  non  ti\n'\-  jiinge." 


44  1.   jourc.      5G   lut.   in  Sexto   Pliiliiipi.      &'J   Ms.  he. 


41C  Des  Ms.  Bodl.  779  jüngere  Zusatzlegeudeu 

wit  {)at  ilke  worde  :  beatrich  {)ey  l)ounde  faste, 
&  ladde  her^  iu  to  pyrsoii  :  i't  j)rr-iii  lieir  caste. 
by  iiyjt  he  slow  herr  niyd  liis  swerd  :  <!t  in  [)e  stK'te  jjiy'u  Iipit  |jo, 
tt  to  his  bedde  he  wente  :  jjo  he  hacUle  {)us  1-do.  «0 

lucine,  a  fayr  niayde,  :  foud  |je  body  {jeir, 
it  beriid  it  in  {)e  fehl  :  {jere  her^?  bre{)erin  weir. 

lucresie  went  to  {je  hous  :  lyer-after  Jie  Jiridde  day 
\)er  jjis  holy  meu  woned,  :  so  ich  3011  teile  may: 
\)er  he  fonde  a  ^oug  child  :  in  a  wownnan^/.s  barme;  85 

j>at  liiin  gan  to  warny  :  ano»  of  liis  härme  — 
i*c  ,",ut  |je  child  was  noujt  :  bat  seue  wokin  old; 
,Vt  hit  gan  to  speke  w/t  him  :  w/t  speche  swy[)e  bold : 

„lucrecie,"  it  seyde,  .,herkeue  uow  to  nie! 
|)ou  hast  aslaue  beatriche,  :  {jerfore  by-war  Jje!  w 

ior  |)ou  ne  ehalt  to  sofje  :  it  uo  lenger  astonde, 
for  sone  {jou  worst  Ituke  :  in  {)y  foon  honde." 

jjo  \^e  child  hadde  I-euded  :  jie  wor(b^'>■  \uit  he  sede, 
lucn^cy  Jjorwj)  jje  deuel  :  anon  he  gan  awede; 
&  so  he  dwellid  for  wode  :  ])re  tidis  of  Jie  day,  95 

iS:  deyde  &  wente  to  lielle,  :  so  ich  30U  teilin  may  — 
ik  \)('r  he  fond  j)e  drinke,  :  I-wis,  so  ich  trowe, 
jiat  he  hadde  to  him-self  :  |3p;--by-forp  1-browe! 

l)e  Jjridde  calendir  of  decembre(I)  :  jjese  martiris  deyde,  I-wia. 
110W3  Jhe^u  cr/st  for  Ikmt  loue  :  vs  g/vmte  heue;/-blis  100 

iS:  bringe  vs  to  \)e  ioye  :  l>er  \)at  hy  bejj  inue, 
Ä  {lat  we  mote  oiire  ryjt  eritage  :  w/t  ry,^t  to  ourc  souh/Ä-  awiuue. 

ame». 


Saint  Abdon  and  ceint  cemen,  twey  holy  MarterisJ     030.  Juli) 

Seint  abdon  &  seint  ceme?«  :  twey  brejjeriu  wer<^ 

In  fje  lond  of  cordiüie,  :  &  wercn  king//«  pere; 

cv/stin  men  J^ey  wen-  ;  &  wel  lieldin  here  lay, 

&  seruediu  wel  .Tlu>su  crist  :  so  ich  ,V)u  teile  may. 

\)ei-ot  hadde  |je  deuel  enuye  :  \)nt  hatej)  alle  goodnesse,  ■'' 

Ä  niaden  })(/t  hej)en  meu  hadde  enuye  :  of  herc  holynesse: 

To  l>e  emp^rour  der-/e  {jey  wente  :  iS:  gret  playnt  gönne  make 
how  abdou  &  seme>/   :  hadde  heir  god/^s  forsake, 
&  seyde,  ^ondirstondej),  syrc,  :  it  is  ^ourc  deshonour 
J)at  i)ey  despisit  |)e  godis  :  \)at  doj)  ^V'i^'  J^H^'  socour;  i" 

&  but  je  ben  ]jer-of  l-war  :  »S:  do  ameudement, 
/^e  mowe  awayntin  alle  :  \i(ii  oure  god//.s-  heii  I-chent: 
for  wel  we  it  oudiistondi|3  :  al  wit-outen  ope, 
for  hit  is  litil  wondir  :  }jey  hy  ben  alle  wrojje.- 

„wel  je  witej),"  qiml»  pe  enipr/-our,  :  „bat  ich  mot  don  by 

rede,  ^'' 

ik  ich  uyste  noujt  of  {je  Jiing  :  {wt  je  to  me  sede. 
;,if  je  mowe  a-foue  {aat  {jing  :  {)at  je  to  me  \)?is  tolde. 
what-so  je  me  rede{),  1-wis,  :  ich  hit  wille  holde." 

„syre,"  {ley  answer^d  {jo,  :  „but  {ns  hing  soj)  be, 
{)ou  dou  by  vs  {jy  wille  :  <&  lete  vs  alle  sde.  '-^^ 


81  Ms.  luer<>8ine.  Ho  Ms.  lucrtciiie.  Ul  M.s.  loiigeiV  —  '  Der  engl.  Text 
weielit  vielfach  ab  von  den  kürzeren  Acta  bei  Monibritius  u.  A.  SS.  BoU. ;  älin- 
licher  ist  Ado  Martyrol.  —  11.  Sennen.  7  Ms.  deiie;  Ms.  a  st.  Je.  12  Ms.  awayntin 
i_t   waynienlinV      17   z=.  a-vow. 


zur  südlichen  Legeudensammlung'.  417 

&  \>eriore  we  {je  rrde\)  :  [mt  hy  beu  ijuilc  of-sent, 
to  dousaerefise  :  ol>er  stonde  to  iuoenieut.'- 

„I-wis,"  qiia\:>  decie  Jjo,  :   „ich  wolde  it  were  I-do, 
|)at  Jjey  weiru  quik  ol-seut  :  jjat  [jey  me  come  to. 
&  gif  Jiey  speke  of  Jhesu  crist  :  to  i^ou  iii  eny  stou^de,  '-i-» 

uemep  hem  Av/t  strengiD  :  &  do\)  30  hem  faste  binde!'- 
{jeu  J>ey  went  anon-ry^t  :  &  noui  {jis  goodme^?  [x), 
&  habbelj  hem  be  ]>e  weye  :  wel  nioche  chame  I-do. 

Avel  fayre  {)ey  come  to  |)e  empf;-o?/r  :  so  hit  was  wel  ry,^te, 
&  salued  him  in  fayr  manere  :  wij)  alle  heir  my^te.  •'" 

jie  empe/-our  spek  grimliche  :  it  seyde  to  hom  })o: 
„belamyes,  why  habbe  ge  oure  godus  :  so  moche  chame  I-do? 
I^orw  meu  of  rome  ^e  he\)  I-nome  :  Sc  I-brou^t  to  ouir  lionde 
to  ondirfouge  5oure  dome  :  wit  chame  &  ek  wit  chonde: 
takej)  kep,  ich  30U  rede,  :  &  comef)  to  amendemtva,  35 

er  je  ben  to  pyne  I-brou3t  :  &  al  to-gedir  I-cheut.'- 

Abdon  \)o  auswerde  :  &  seyde,  „god  gilde  it  [je 
J)at  Jjou  hast  so  wel  I-radde  :  myue  felawe  &  me! 
for  to  aniendeu  it  were  good  :  who-so  wiste  I10W3, 
&  fyjtin  w/t  J)e  deuel,  :  for  uede  we  mot  uow;,.  ■!" 

&  Jjey  ])e  batayle  be  stronge,  :  jitc  uele  we  noujt  fle, 
for  |)orw3  Jhesu  cristtis  helpe  :  we  hopyiji  maystei"  to  be.'- 
Qnad  Jje  emperour,  „what  is  l>e  batavle  :   \y.\t  je  be{)  to 

I-dyäte?-' 
„syre,"  Jdo  seyde  semen,  :  „it  fallijj  to  godd?/.«  kuyjte 
stifliche  for  to  stoude  :  &  ne  fle  ueuer-mo  45 

f/-am  bis  lord?^s  ry^te,  :  iram  wele  ue  fro  avo; 
for  more  mauchipe  it  is  :  in  feld  for  to  deye 
J)an  to  libbe  in  sinn«*'  :  vndir  chreuis  eye. 
Ä  |ie  ryjt  of  Jhejsu  crist  :  vs  haf)  I-taugt  so 
J)at  we  ne  dood  sacrefise  :  to  deuelin  neue/--mo;  f'O 

for  chreuin  J^ey  beji  alle,  :  &  here  sergauns  echon. 
Iter-iore  we  nollijj  to  hem   :  sacrefise  do  nou." 

^Avoy,  syre!"  qua])  J)e  emperour,  :  ^{lan  bechreuestou  me? 
for  icli  hem  louie  &  don  honour,  :  |)«t  alle  meu  mow  I-se.'- 
.,for  sojie,  syre,"  qua]:)  abdon  :  „&  \)at  me  reujj  sorc,  •'^'•'' 

Ich  hadde  Teuer  }jou  leuedst  :  on  Jhe,'*u  criatns  lore." 

„out,  |)eues,"  qual>  \^e  emperour,  :   „I)e  deuel  30U  an -bonge, 
for  noujje  ich  se  J)at  goure  lif  :  Ilestelj  al  to  loiige. 
„uymejj  hem,"  he  seyde  {w,  :  „&  binde})  hem  so  fasle 
I^at  Jjey  of  here  liuis  :  ben  wel  sore  a-gaste;  '"•" 

&  castej)  hem  in  to  p/-eson  :  &  letej)  hem  Jjere  to  be. 
vort  je  habben  beste  :  to  bringen  hem  to  me!" 

anon  were  Jjis  goodme//  :  in  to  preson  I-brou^t. 
&  \m?/  bespak  him  semeit  :  &  ne  spared  ry;,t  nou^t: 
„leue  swete  broj^er,  :  me  Jjinche})  it,  I-wis,  •'■'' 

In  l>e  loue  of  Jhe^u  c//st  :  nou  be-giunyj)  oure  blis; 
for  me  f)inke})  ])at  JbeAU  cr/st  :  on  vs  he  ha})  l-ljoujt. 
I^erfore  we  to  bidde  to  him  :  pat  alle  piug  haj)  wrou.^t. 
Jiat  we  mote  hardv  be  :  to  endiu  I)is  bata>le. 
&  for  doute  of  no  de})  :  \>at  we  nou^t  ue  faylc." 

voure  mou}j«.s-  })ey  dweldin  :  in  |)'/t  i>rrsou   \)'t 
&  nome«  concayl  :  what  hy  myjte  do. 


40  1.  for  wele  ne  for.     öö   1.   viU'l). 
Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXIl. 


418 


Des  Ms.  Bofll.  779  jüngere  Zusatzlegenden 


90 


95 


J)e  vii'lje  caleudir  of  augost  :  decie  hiin  sette  iu  trouo, 
&  iifter  Abdon  &  seraen  :  he  sente  s\vy{je  sone.  [*"■  '-^+01 

})o  \)ey  wereu  forj)  I-brou^t,  :  he  seyde  to  his  coiisayle:  "5 

^alle  3e  wite|),  lording?As,  :  forsoJ>e  wit-outeu  fayle, 

J)at  Jiorw  helj!  of  oiire  goüus  :  ourc  fome«  come  to  honde, 
)ey  \)iit  Jiey  werc  riebe,  j)r()ude  &  stronge  :  by  wat^r  <y  by  londe: 
jese  to  Jiat  se  I-sef»  :  wit  clleyn^^^•  I-bounde  her  stonde, 
)at  oiire  god^s  &  me  de^insit  :  wit  chame  &  wit  cbonde,         80 
&  Av/t  gold  &  seiner  bo,  :  Avit  ston?/.s  t^  riebe  ringe 
Jjey  bef:)  aparayled  so  ricbeliche  :  |)at  of  vs  ue  teile})  no  J>iuge.'^ 

alle  \)at  bem  I-seye  :  wel  sor^  J)ey  gönne  to  drcde  — 
god  hem  sente  {lerc  :  so  mochil  of  ifayrhede ; 
<S:  niany  gr^te  lording?r.s  :  \)er  kneled  to  heni  adoun  8ö 

it  bediu  ])at  |)ey  cbolde  :  be-leue  on  mahoun, 
so  \)at  by  my^ten  libbe  :  .&  babben  so  gret  honour 
&  be  lef  &  dere  :  w/t  decie  \>e  enijKvour. 

semen  him  auswered,  :  „aboute  nou3t  it  is, 
for  ich  &  myne  brofn?/*  :  c?'/stin  we  be{),  I-wis ; 
In  oure  herte  crisUis  loue  :  is  so  fast  I-do 
Jiat  we  ne  mowe  it  letiii  :  for  nou.^t  \>cit  man  may  do; 
ior  bim  we  woUij)  bonoury  :  liou-so  bit  inier  furr. 
J)is  o])er  god^^s■  bej?  deueliu,  :  god  bem  ,^iue  carrl- 

Decie  Jjo  for  wra{jj)e  :  gan  to  grinte  et  gr^de, 
&  cleped  Valerie,  Jie  iustise,  :  &  Jius  to  him  sede: 
„()ese  tweye  peuis  tak  :  to  \>e,  ,^if  Jjou  coune, 
it  mak  hem  dem  sacrefise  :  to  I>e  god  of  {)e  sonne; 
&  jif  Jje  noUij)  dooii  sac/-/fise  :  to  ourc  god?^s  of  {le  lawe, 
t>ou  lete  bem  myd  wilde  best/zs  :  anon  to  ben  to-drawel" 

To-for«'  f)e  god  of  \)e  sonne  :  me  bem  haf)  I-brou,^t. 
Abdon  seyde,  ^f)is  is  a  god  :  wit  manu«.<;  hond^/s  l-wrou^t; 
I^erfore,  I-wis,  it  wer^  :  boj^e  chame  &  reujie 
jif  we  him  bonourid  :  &  brekin  oure  treulie;" 
vppon  bim  l)ey  spatte  :  &  seyde,  „valerie,  lo, 
noujje  jjou  sixt  w(jche  honour  :  we  wolliji  to  hem  dol 
we  honourejj  Jhe.su  c//st  :  \)at  made  alle  I^ing." 
^out,  out,"  qwfflj)  valerye  {jo,  :  „|>is  is  a  strong  speting!" 

>  it  ledin  clobb».s-  anon  :  he  leet  hem  \}0  bete; 
J)e  clobb»*-  made  in  here  fliesch  :  wowidiis  s^-^'Jje  grete. 
to  hem  he  let  go  twey  lyonys  :  fiat  hem  to-draue//  cbolde. 
{)e  lyonys  be-com  tame  anon  :  i^  hem  harmy  noble; 
aboute  hem  wel  myldeliche  :  f)ey  ^edeu  on  \>e  grou/nle 
i*t  softe  I^ey  go/aie  to  like  :  here  blody  wounde. 
se}jl)e  be  leet  foure  beris  :  to  |)is  goodmen  go. 
Jx'y  be-com  swyl)e  tame  :  \iO  pey  hem  I-sey  also; 
aboute  hem  \)ey  leyin  :  so  echman  I-sey^, 
i'>c  kepte  ])at  noman  ne  moste  :  come  hem  nyj ; 
eV:  sej){)e  Abdon  &  semen  :  bedin  w/t  good  wille 
j)at  l)ey  cbolde  aryse  :  &  go  mylde  &  stille, 
so  bat  I^ey  ne  cholde  :  no  man  mys-don : 
l)e  bestis  aresin  &  jede»  forji  :  it  ne  dwelde  l>e;-  nou.^t  on. 

valarie  heet  me  cholde  :  in  {xtt  ilke  stede 
for  to  smyte  of  here  heuedin ;  :  it  also  me  dede. 
here  soub/s  wente  to  heuene  :  ]i(ft  ech  ina»  may  1-wite; 
In  {je  tomi)le  t(»-fore  here  godis  :  here  beuedis  were  of  I-smete. 


105 


110 


115 


120 


li") 


iG   JId.   li>iidiiifj«.v.     89   1.   liein.     91   Ms.  cristiis  loue  is  loue. 


zur  südlichen  Legeudeiisammluug.  419 

vnberied  lay  Jje  bodyis  :  ^tere  dayis  {)re: 

quirin,  a  dekene,  be  nygte  :  he  gau  j^edir  te 
&  beriid  herr»  bodyis,  :  so  fayre  &  so  cou])e. 
&  Jhesvi  crht  for  herc  loue  :"  vs  grauten  alle  iiouI)e  '30 

bat  \ye  mote  so  libbe  :  here  in  world  Jjisse 
pat  we  moot  alle  come  :  in  to  heue»-riche  blisse.     amen. 


Seint  iermau  Jie  holy  bilTchoiJ.»      (:U.  Juli) 

Seint  ierman  ])e  holy  mau  :  iu  auticiodeuco  was  I-boir, 
In  1)6  toun  of  iudegen  (I),  :  of  swyl)e  nobil  niorc. 
to  lettrurc  he  was  I-set  :  Jiorw  his  ireudeu  rede, 
&  \)er-in  he  begau  :  swyj^e  wel  to  spede. 

Inou',  he  gan  to  lerne,  :  ac  euer  he  Jjoujte  J)o  5 

how^  he  myjte  his  soule  :  best  to  chelde  iram  wo; 
\wrioTe  he  gau  lerne  :  Jjo  in  alle  wise 
forto  rede  &  singe  :  in  holycherc(h)?<s  seruise. 
nolde  he  wit  no  felachepe  :  for  uo-maner  ginne 
come  to  uon  pleye  :  Jjf/t  eny  foly  was  iuue.  10 

wel  moche  he  gau  to  hatye  :  eche-mauer  tauerue, 
vor  him  {jougte  iu  soule  :  as  für  it  wolde  berne. 

\>o  he  hadde  his  gong  lif  :  iu  scole  wel  I-ladde, 
his  maystris  &  his  felawis  :  wit  him  weren  gladde; 
ech  man  |)at  him  I-knew  :  speke  gode  by  his  myjte  ^5 

&  go»uene  him  to  honowriu  :  l)oJ)e  day  &  nyjte. 

&  Jjey  him  made  toun-clerke  :  {)o  liit  tyme  was. 
alle  agen  his  wille  :  In  Jiat  ofise  he  was  — 
his  Jjoukis  he  nolde  nougt  :  soch  ofise  oudirfo, 
for  J)at  him  was  swyjje  loojj  :  eny  mau  mysdo;  '-'O 

&  nou5t-for-J)a>?  he  was  :  iu  ])at  ofise  wel  longe. 
l^er  nas  noman  I^at  mygte  of  him  :  to  playny  but  w/t  wrouge; 
&  |)e/-fore  him  louid  so  :  alle  men  I-liche 
\>at  weren  iu  J^e  touue,  :  boj^e  pore  &  riebe. 

so  hit  be-fil,  as  god  wolde,  :  {jat  J^e  byllchop  was  dede.        '■^ 
&  leued  men  &  clerk?<s  :  Jjer-of  tok  here  rede; 
so  moche  {)ey  louedy?*  alle  :  J)e  gode  clerk  ierman 
{>at  J)ey  him'to  byllchop  ches,  :  so  ich  30  telliu  can. 

&  f)er-fore  J)ey  sente  :  anon  to  I>e  kinge  — 
&  uoliiug  nyste'german  :  of  Jjis  ilke  Jjinge.  '"^ 

|)o  Jje  king  wiste  [)is,  :  anon  he  ha})  I-seut 
aiter  ierman  {je  clerk;  :  &  he  to  him  is  went. 

vavre  he  sat  adou»  a-kne  :  &  honoured  I)e  king. 
Jje  k'ing  him  tok  be  Jje  houd  :  &  was  glad  of  his  comyug, 
&  seyde,  „come  hedir,  iermau,  :  for  \)on  ehalt  sitte  by  me,      ^ 
&  ich  Jje  wil  teile  :  a  Jiiug  iu  p/ruyte. 
t)ou  hast  longe  I-be  mv  clerk  :  at  hom  at  iudegen, 
&  noul^e  Ijou  chal  beu"  byllchop  I)ere,  :  forsoI)e  w/t-outeu  wen; 
for  ic  I^e  habbe  l>er-to  I-chose,  :  non  olper  ne  may  it  be, 
&  l3e;--fore  ic  l>e  grauty  :  \:>eroi  \)e  dingnete.-  •»" 

„alas,'-  qua])  iermau,  :  „lord  syre,  hou  goj)  I)is? 
1-wis,  me  Jjinkeli  ])e  byll'chonriche  :  I>rni  hast  I-set  amys, 
for  in  soch  ofise  :  uojMug  ich  ne  can. 
{)erfore  ic  bidde  pur  charite,  :  ])on  diese  iiuo[wr  man, 


»  Auszug  aus  der  Vita  Germani  auct.  Constantiü  piesb.  (in  A.  SS.  IJoll. 
31  Juli,  p.  201).  —  2  lat.  Autisiodorensis  oppidi  indigeiia  fuit.  25  er  hiels 
Amator. 

27* 


'120  i)es  Mm.  B(k1I.  77!t  jiiiigore  Zusatzlegendeii 

j)r^t  hit  cau  &  mowe  bet  :  [xit  ilke  olis  do>  -i^ 

„German,  anoii  be  stille!"  :  ])e  king  seyrle  jio, 
ttor  by  I^e  tnni[)e  ich  habbe  to  god,  :  &  '\wt  jjoii  clialt  to  nie, 
In  \)at  ilke  billchopriehe  :  nou  o\>pr  ne  clial  liit  l>el 
tor  liit  i.s  g()dd?/.s-  wille  :  Jwt  \>ou  it  ben,  I-wis.   . 
j)erf()iY',  gif  l)uu  hit  w/t-segge,  :  [>on  dost  \)er-oi  aniys."  50 

(Jernian  Jjo  answered  :  Jk  seyde  |)e  king  to: 
„nowg  Jlv.su  crist  vae.gronty  :  grace  wel  to  dol'^ 
to  [)e  erchebyflchop  he  weute  :  so  ^od  jaf  J^e  cas, 
&  was  I-sacrrd  byll'chop  :  so  rygt  h  laue  was. 

c*^  anewe  lif  to  lede  :  anon  he  ])y-gau ;  55 

j)ey  he  hadde  good  lif  I-ledde  :  &  cleue  byuore  J)an, 
bis  lif  he  gan  amende  :  &  by  al  bis  mygte 
Iie  drowj  })e  folk  to  gode  :  by  day  &  be  uyjte. 

|)erfoiv'  iie  wente  ech  day  :  to  diuers  stede  to  p>rohe; 
&  moche  hini  loued  {)at  folk  :  so  he  gan  heni  teche,  ^ 

&  of  bis  prc'dicaciou«  :  hem  stode  wel  girt  eye : 
for  he  heni  cheued  be  skylle  :  ]iat  soule  ne  mygt  noujt  deye, 
&  alle  ])ilke  {)at  wikkid  were  :  \)e\  cholde  soft'ry  wo 
In  \)e  pyue  of  helle  :  [mt  lasteji  euer-mo. 

Of  |}is  ilke  pyne  :  heni  dradde  swyjie  sor^,  65 

«Sc  drowin  hem  froni  sinne  :  euer  i>e  leng  \>e  moir. 

riit  by-fil  on  a  tynie  :  J)is  goodman  wente  to  p/rche 

in  j)e  lond  of  bretayne  :  so  god  hiin  gan  to  teehe. 

poiY^  inen  he  niette  a  day  :  |)at  bedin  ahnesse  ,^erue. 

to  on  of  Ins  dekenys  :  |)is  goodman  gan  him  torue,  ^^ 

&  seyde  to  him,  „teile  me  nouI)e  :  for  Jiy  cortesye, 

how  moche  moueye  we  habbej)  :  in  our^  tresorye.'" 

{je  dekene  him  answered,  :  „for  sojse  ich  segge  {)e, 
Ich  nabbe  in  myne  warde  :  but  besauns  {)re.^ 
„gif  hem,"  q//a\)  {je  byll'chop,  :  „to  \)e  pore  men  echou  1"  75 

„ge,"  [jougt  [)e  dekene,  :  „{la/?  |ier  ne  leuej)  neu^r  on, 

Ä  ich  not  what  my  lord  :  her-after  haue|3  to  don: 
lirriorr  ich  wole  jene  }ie  two  :  tt  lene  wit  me  {)at  on." 
it  so  he  dede  anon-rygt,  :  hem  he  jaf  [)e  two, 
i'v:  kepte  wit  him  |)e  {)ridde  —  :  &  f)at  was  mys  I-do!  ^^ 

wel  wiste  {)o  germau  :  al  \>e  dekenys  wille, 
&  \ie\  ior\i  in  liis  wey  :  he  rod  swyfie  stille. 
Jio  he  hadde  a  whyle  I-rede,  :  he  lokid  him  by-syde: 
iS:  many  men  he  seye  :  svvyj)e  aft^;y  him  ryde. 

{jo  seyde  seint  ierman,  :  „|)is  men  we  niot  abyde,  '^^ 

Ic  wot  \>ey  wolde  speke  wit  vs,  :  tyde  what  be-tyde." 
a'^en  he  tornyd  bis  palfray  :  {lat  he  |)o  by-strode, 
i*t  agen  jiese  men  :  wel  myldeliche  he  rode. 
&  alle  {)ey  alygte  :  j)o  {)ey  him  mette, 
»S:  w/t  wel  fayrr  wonb^.s  :  myldeliche  him  crrtte.  y" 

\)e  byll'chop  to  liem  seyde,  :   „,',e  moot  tetlin  me 
In  })e  name  of  Jhi^.sn  crist  :  what  joinv  wille  be!" 
{)ese  o{)^r  go/nie  to  wepe  :  iS:  to  him  seyde  anon : 
,,oun'  lord  is  mesel  become,  :  iS:  bis  meit  echon. 
Ix'iioir  we  habl)e|i  on  of  liem  :  liedir  to  \)0  I-brougt,  *^ 

l^at  Jaou  biddc  to  god  for  him  :  I)at  al|)iug  haji   l-wrongt; 
for  we  liopej)  alle  I-wis  :  jjat  god  wol  sone 
hele  him  of  iiis  cni!  :  |)orw  [)in  holy  bone." 


yö   IV.   anders  lat. 


zur  südlifhou  Lt'jiriRU'jisaiiuuluiig.  121 

anun  Jms  holy  byllchop  :  of  Ins  liors  alvjto, 
k  bv-,süu^te  to  Jhesu  cn'st  :  to  clieuen  {jer  liis  iii.v;,h';  H"! 

&  aiter  he  ^af  Jns  seknian  :  his  blessiug  anoii: 
J)e  sek  man  aros  hini  xp  :  &  hol  he  gau  goii. 
echou  |)ey  wercn  blylie  :  for  \)at  ilke  dede, 
Si  two  hondrid  besauns  :  aiuut  |)ey  gan  hini  l)e(lc. 

^TakeJ)  hem  I)e  dekene!"  :  jjc  byllchop  sevde  jh),  !»•'> 

„&  he  may  to  sojje  T-se  :  I)at  he  ha})  nivsdö: 
ftbr  3if  he  habbe  I-do  :  as  ich  hini  ha])be  I-bode, 
he  hadde  |ht  hondrid  besann.s  :   I-brou,^t  in  to  |)i8  sLedc." 

J)e;-fore  nonum  ne  habbe  :  wanhope  of  godd/w  niy,^t, 
für  he  may  whan  his  wille  is  :  I-now  to  vs  euer  dy.^.  "" 

l>e  dekene  anon  hl  akne  :  &  merey  hini  gau  crye,  ' 
&  seint  iermayn  him  for-3af  :  J)o  al  his  folye. 

wit  hem  he  wente  t(j  here  lord  :  by  J)e  wey  wcl  J'v^te, 
&  helid  him  &  his  meyne  :  {lorw^  godd^s  swete  my\te. 
s\vy{)e  glad  |)(e)y  wereii,  :  alle  {jat  him  myjt  I-se,    '  U'» 

&  honowred  him  moche  :  In  al  {x^t  contre. 

V  ppon  an  o])er  tyme  :  so  he  aboute  wende, 

In  a  goodmann^/s  hons  :  any^t  he  alende. 

I^e  goodmann^s  dougt?//-  was  doumb  :  &  longe  hadde  I-be  — 

a  swy{)e  f ayr  niayde  it  was  :  elles  vppon  to  sc ;  120 

Jje  fadir  &  ])e  modir  :  fiat  here  hadde  forji  I-broujt, 

werin  swyjje  sory  :  for  ,3he  ue  spek  nou3t. 

anon  after  soper,  :  so  ich  ,3on  teile  can, 
seint  german  axid  myldeliche  :  al  of  ]}e  goodman: 
„hanestou  eny  don^trr'?'^  :  J>e  o|3er  seyde  |)o,  „3e/"  l-"^ 

„why  ne  moot  jhe,"  he  seyde,  :  „come  be-forc  me? 
Is  here  any  härm  I-do  :  ojjer  here  lemys  he\)  syke? 
som  Word  je  may  I-here  :  Jjat  may  ^on  alle  I-like/ 
Jie  goodman  fei  akne  :  it  to  him  seyde  ])o: 
„Ic  not,  leue  swete  syre,  :  Avhat  je  cholde  here  do;  l-'^" 

here  tt)nge  is  Jjorwj  goddws  gyace  :  noujje  so  fast  I-steke 
{)ftt  jhe  neuer  lier-by-fore  :  a  word  ne  myjte  speke." 

f)e  byllchop  him  answered,  :  ^goodman,  bc  now  stille! 
I-leuestou,  of  alle  J)ing  :  \>at  god  may  dou  his  wille  ?- 
wel  swyjje  sore  wepinge  :  {je  goodman  seyde,  „36."  13ö 

.,bring  Ijan,"  qHa\)  |)e  byllchop,  :  ^I)y  doujter  be-fore  nie." 

\)e  goodman  aros  him  vji  :  &  ue  dwellyd  noujt, 
&  ha|5  anon  his  doujter  :  to-fore  {le  byllchop  broujt. 
{lan  seyde  seint  ierniau  :  to  alle  {)e  meyne: 
„biddef)  nou{)e  euenchon  :  w/t  me  on  jourc  kue  1*0 

|)e;t  he  vs  sende  grcrce  :  {)orw3  liis  myls  Si  his  ore, 
J)ot  |)is  niayde  moot  be  :  deliuerid  of  here  sore!" 

J)0  german  ai'os  :  ont  of  his  orisoun, 
Si  he  niade  ]io  anon  :  here  sitte  akne  adouu, 
&  w/t  holy  oyle  :  he  anoynt  alle  here  face  143 

&  by-soujte  wel  gerne  :  Jhe.su  c/-/st»x  grace; 
&  suj){)e  he  made  in  a  coi)pe  :  wit  him  sopp/^s  {)re : 
Jirtt  on  he  ^af  |>e  mayde  :  I)at  l)cy  alle  my^t  I-se. 
&  jhe  it  et  it  made  a  singne  :  for  to  habbe//  more. 

.,J)OU  most  speke,"  q//e/{)  {)e  byllcho]),  :  „rajjer,  be  my  göre  I 
jif  {lou  wolt  hal)bc  |)is  mete,  :   l'orsoj)e  ic  .segge  jie, 
i>ou  hit  most  bidde  :  of  me  pur  charite." 


1U8   lic  öt.  Iiy. 


422     Des  Ms.  ßocU.  779  jüngere  Zusatzlegg.  zur  südl.  Legendensaninil. 

^Oif  me,"  qua^)  jhe,  „pur  charite  :  of  f)i.s  mete  morel" 

<fe  aftoward  redelicbe  :  .^he  spak  for  eucr-niore. 

J)e  fadir  &  Jie  modir  :  made  \>o  glad  chere,  155 

&  Jioukid  Jh^su  c//st  &  hini  :  ecli  iu  his  manere. 

nioche  mc  doutid  scint  germau  :  it  honourid  hini  also 

for  f)e  fayrc  meraklis  (I)  :  {)at  god  for  him  gan  do; 

moche  ioye  Jje/-  was  :  })o  iu  pe  ferfde, 

&  alle  J)ey  gonnyn  \)e  morr  :  |)o  god  louie  &  drede.  —  ^^^^ 

as  seint  ierman  rood  by  J)e  wey,  :  so  hit  by-fil  a  day 
|iat  he  com  be  a  tou>//be  :  Jier  a  byll'chop  lay  — 
somtyme  me  clepid  liim  :  {)e  byllchop  cassy. 
a-doun  he  alygte  &  bed  for  him  :  to  .The^u  c/v'st  mercy; 
sef){)e  he  seyde,  Jit/t  his  men  :  I-herdiu  hit  cchou :  1''5 

„cassy,  what  destou  here?  :  teile  liit  me  a-uou  I'' 
„here  ic  ligge  &  rpste,"  :  qua\)  ])e  dede  fio,  |f.241i 

„vort  it  goddiswille  be  :  \>at  ich  heun;/.s  go." 

„how  reftiftou,  broJwT,  :  f)ou  most  teile  me!'' 
f)e  dede  answerde,  „ic  rcste  in  pes  :  also  Jjou  my^t  se."  1"'^ 

„J)er  moot  l)on  reste  in  pes,"  :  qiui\i  seint  ierman,  „longe, 
&  sejjjie  at  Jie  ende  :  godd?^s  mercy  afonge. 
J)at  \)ey  moot  of  sinne  :  here  lif  so  ame»de, 
uow  bidde  we  for  c;/stene  men  :  {)at  god  hem  groce  sende." 

forjj  wente  seint  ierman  :  in  alle  \)e  coutre  1'5 

&  preched  swyjje  ",erne  :  of  \)e  c;/stiente. 
J)re  hondred  ',er  he  was  byllchop  :  in  J)is  world  here, 
&  suJ)J)e  he  wente  to  heuene  :  lpe>-  ly',t  &  ioy  is  clere. 

Xow  bidde  we  alle  to  Jhesu  crist  :   for  loue  of  seint  .Ter- 

mayn, 
Jiat  he  bringe  vs  to  Jie  ioye  :  licr  \)at  he  is  in.     ame«.' 


'     Die    später    im    JIs.    noch    folgende    Legende    von    Harlaani    und    Josaphat 
(27.  Nov.)  habe  ich  bereits  in  den  Altengl.   Leg.   1875   ediert. 


Die  hier  gedruckten  Legenden,  welche  im  Sinne  und  Stile  der  älteren  Samm- 
lung gedichtet  sind,  erscheinen  ebenso  als  freie  Bearbeitungen  der  Quellen:  sie 
zeigen  sich  entweder  aus  dürftigen  Quellen  selbständig  entwickelt  und  ausgeführt, 
oder  aus  längeren  ausgezogen,  ersteres  z.  B.  bei  den  l'apstlegenden,  die  auf  des 
Anastasius  Liber  Pontif.  beruhen.  Wie  weit  der  Dichter  noch  unbekannte  Quellen 
und  Vorarbeitungen  benutzt  habe,  ist  schwer  auszumaclien;  meines  Eracbtons 
rührt  die  Benrl)eitung  von  ihm  selbst  her.  —  Spracldich  ist  besonders  die  Ver- 
breitung der  Endung  -en  auf  den  Singular  des  Iiiilikativ  wie  des  Konjunktiv,  des 
Präs.  wie  des  Prät.  (z.  B.  ic  habben,  ic  toldin),  auch  des  Imperativ,  auffällig; 
ebenso  der  Gebrauch  von  to  vor  dem  Infinitiv  nacii   den   Hilfsverben. 


Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

Ein  Beitrag  zur  historischen  Syntax  der  frauzüisischeu  Sprache. 

Von 

Dr.   A.   Gille. 

(Halle  a.  S.) 


Die  Arbeit  ist  eine  historisch-syntaktische.  Sie  soll,  den  Gebrauch 
des  Konjunktivs  durch  die  Geschichte  der  französischen  S})rache  hin- 
durch verfolgend,  denselben  feststellen  und  erklären,  um  daraus  ab- 
zuleiten, wie  der  heutige  Gebrauch  sich  entwickelt  hat.  Die  Arbeit 
ermöglicht  demnach  eine  zweifache  Haupteinteilung:  Man  kann  ent- 
weder nach  gröfseren  zeitlichen  Perioden  fortschreiten  und  innerhalb 
jeder  einzelnen  das  syntaktische  Einteilungsprincip  anwenden ;  oder 
man  macht  die  syntaktischen  Kategorien  zu  Hauptabschnitten  und 
führt  jeden  solchen  Abschnitt  durch  die  Geschichte  der  französisclien 
Sprache  durch.  Wir  folgen  der  ersten  Methode  wegen  des  Vorteils, 
dafs  sie  ein  abgeschlossenes  Bild  einer  bestinnnten  Sprachperiode  mit 
ihren  charakteristischen  Zügen  giebt. 

Was  die  zeitliche  Einteilung  nach  Perioden  der  Sprachgeschichte 
anlangt,  so  ist  es  vollkommen  richtig,  was  Benoist,  „Syntaxe  fran- 
oaise  entre  Palsgrave  et  Vaugelas''  1877  Preambule,  sagt: 

„Les  changements  que  subit  une  langue  ne  sont  point  l'reuvre 
d'un  jour  ou  d'une  annee;  c'est  peu  ä  peu,  et  par  un  mouvement 
insensible,  que  les  constructions  fönt  place  h  d'autres  constructions, 
que  certaines  phrases  vieillissent  et  que  d'autres  tournures  leur  suc- 
c^dent  et  se  developpent.  Tout  cela  est  lent,  et  l'arbre  conserve  long- 
temps  des  feuilles  jaunies  si  cöte  de  ses  feuilles  jeunes  et  vertes." 
Nichtsdestoweniger  giebt  es  gewisse  Eigentümlichkeiten,  welche  die 
Werke  eines  oder  mehrerer  Jahrhunderte  gegenüber  denen  anderer 
Zeiten  charakterisieren  —  vgl.  die  Zusammenstellung  derselben  auf 
S.  463 — 4(54  — ,   welche  uns  berechtigen,  von  Perioden  der  Sprach- 


421  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

geschichte  zu  reden.  »Schwierig  ist  es  wegen  der  von  Benoist  richtig 
hervorgehobenen  alhnählichen  Veränderung  aller  sprachlichen  Er- 
scheinungen, bestinnnte  Grenzpunkte  dieser  Zeital)schnitte  zu  fixieren. 
Für  den  Anfang  der  ersten  Periode  sind  die  Eide  als  ältestes  fran- 
zösisches »Sprachdenkmal  von  selbst  gegeben  ;  schwieriger  ist  schon 
die  (irenzregulierung  zwischen  der  ersten  und  zweiten  Periode.  Wir 
haben  das  Rolandslied  als  Grenze  der  ersten  Periode  hingestellt, 
weil  es  in  seiner  Syntax  noch  die  charakteristischen  Eigentinnlich- 
keiten  der  früheren  Denkmäler,  besonders  ])ezüglich  der  Einleitung 
mit  (jue  und  der  Konditionalsätze  zeigt,  ohne  von  der  freieren  Modal- 
verwendung der  zweiten  Periode  Gebrauch  zu  machen.  Als  Vertreter 
der  ersten  Periode  haben  wir  herangezogen:  1)  Cantil^ne  de  Ste. 
Eulalie,  nach  Bartsch,  Chrest.  "*  p.  5  u.  0  ;  abbr.  Eul.  2)  La  Passion 
du  Christ,  Romania  II,  295;  abbr.  Pass.  3)  Vie  de  Saint  Leger,  Rom. 
I,  273;  abbr.  Leg.  4)  Vie  de  Saint  Alexis  ed.  G.  Paris  1872;  abbr. 
Alex.  5)  Karls  des  Grofsen  Reise  ed.  Koschwitz  1880;  abbr.  Charl. 
Die  Eide  sind  citiert  nach  Bartsch,  Chrest.  ^  p.  3  u.  4  ;  das  Rolands- 
lied nach  der  Ausgabe  von  Leon  Gautier  1883:   abbr.  Rol. 

An  den  Anfang  der  zweiten  Periode  haben  wir  dann  den  Comput 
gestellt,  weil  er  schon  einige  Haupteigentümlichkeiten  derselben  zeigt, 
wie  die  Einleitung  des  unabhängigen  Konjunktivs  durch  que,  freiere 
Modalverwendung  in  Temporalsätzen  und  indikativische  Konstruktion 
der  Konditionalsätze.  Wir  haben  dazu  benutzt  die  Ausgabe:  Li 
Gumpoz  Philipe  de  Thaün  ed.  Mall.,  »Strafsb.  1873;  abbr.  Cunip.  Bei 
der  Feststellung  des  Konjunktiv-Gebrauchs  dieser  Periode  leisteten 
wesentliche  Dienste  die  treft'lichen  Arbeiten  von  Bischoff',  Der  Kon- 
junktiv bei  Chrestien,  Halle,  und  von  Haase  über  Joinville  (Progr. 
Küstrin  1882).    Chrestiens  Werke  sind  citiert  (nach  Bischofl'): 

Lyon:  Li  Chevaliers  au  Lyon  ed.  L.  Holland  1880. 

R.  Chan-.     Roman  de  la  Charrette  ed.  Tarbe. 

Percev. :         Conte  del  Graal.  ed.  Potvin. 

G.  d'Angl. :  Guillaume  (FAngleterre. 
Joinville  ed.  N.  de  Wailly  187-1  ist  citiert:  Joinv.  Ferner  sind  be- 
nutzt worden  die  Dissertationen  von  1)  Kowalski:  Konj.  bei  Wace, 
Göttingen  1882;  2)  AVolrt":  Zur  Syntax  des  Verbs  bei  Adenet  le  Roi, 
Kiel  1884;  3)  Schulze -Velti'up:  Syntaktischer  Gebrauch  des  Konj.  in 
Li  Chevaliers  as  devs  espees,  Münster  18S,n.  Die  betreffenden  Ci- 
tate  sinil: 


Der  Konjunktiv  im   FiaM/,(')sischeii.  425 

Rou:  Le  romau  de  Ron  cd.  Dr.  Aiidresen   1877 70. 

Brut:  Brut  ed.  Le  Rou  de  Liucy  \Ho6. 

Nich.:  St.  Nicholas  ed.  N.  Delius  18.">(). 

Marg. :  La  vie  de  Ste.  Margueritc  ed.  Jolly  1S70. 

C'l. :  Li  Romans  de  Cleoniades  cd.  A.  v.  Hasselt  1865/66. 

Og. :  Les  Enfanecs  Ogier  ed.  A.  »Scheler  1871. 

Berte:  Li  Romanz  de  Berte  aux   graiis  pies  ed.  A.  .Sclulcr 

1874. 

Buev.  Bueves  de  Cominarchis  ed.  id. 

Chev.  II  esp. :  Chevaliers  as  devs  espees  ed.  W.  Förster. 
Aufserdem   sind   folgende  Ausgaben   unter   den   bezüglichen  Citaten 
als  Material  herbeigezogen  worden : 

Aue.  et  Nie:  Aucassin  et  Nicolete  ed.  H.  8uchier  1881. 

(YA. :  La  legende  d'CEdipe  ed.  Constans. 

Villeh.:  Villehardouin  ed.  N.  de  Wailly  1872. 

Prov. :  Guiot  de  Provins  ed.  Wolfart  et  San  Marte, 

J.  de  Cond. :    Jean  de  Conde  ed.  A.  Scheler  18(;(i. 

Cap. :  Hugues  Capet  ed.  De  la  Orange  1864. 

Bertr.GuescL:  Chronique    de  Bertrand   du  Guesclin    par  ("uvclior 
ed.  Charriere. 

Froiss. :  Chroniques   ((J]uvres    de  Froissart)    ed.   Kervyn   de 

Lettenhove. 
An  die  Grenze  zwischen  der  zweiten  und  dritten  Periode  hal)en 
wir  Froissart  und  George  Chastellain  gestellt,  denn  jener  gebraucht 
im  Gegensatz  zu  letzterem  selten  que  zur  Einleitung  eines  unab- 
hängigen Konjunktivs,  wendet  quidier  Jioch  sehr  viel  an  und  scheint 
kein  Beispiel  von  comme  mit  dem  Konjunktiv  zu  halicn.  Der  letz- 
tere Schriftsteller  ist  citiert: 

Chr.  Chast. :  (Euvres  de  Georges  Chastellain  ed.  K.  de  Lettenhove. 
Brux.  1863. 
Aufserdem  ist  herangezogen  worden : 

C.  N.  N.:       Cent  Nouvelles  Nouvelles  ed.  Th.  Wright.   Paris  18,M. 

Comm. :  Commines    in   Choix   de   chronicpics   et  memoires   ed. 

Buchen  1876. 

Vill.  G.  T.:  Villon,  Grand  Testament  ed.  Prompsault  1832. 

Für  das  1 6.  Jahrhundert  haben  wir  uns  einfach  auf  die  ein- 
gehenden Untersuchungen  AVeilsgerbers  in  „Konjunktiv  hei  den 
französischen   Prosaikern   des  16.  Jahrhuiulerts",  Dissert.  und  Fort- 


426  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

petzung  derselben  in  Ze.  f.  nfrz.  8pr.  u.  Litt.  Bd.  VIII,  Heft  7,  be- 
rufen können. 

Die  dritte  Periode  haben  wir  mit  Garnier  abgeschlossen,  obwohl 
derselbe  schon  vielfach  modernen  Charakter  hat,  so  bezüglich  der 
Verba  der  Gemütsbewegung  und  des  Fürchten.«,  um  die  letzte  Periode 
mit  den  auch  für  die  Sprache  bahnbrechenden  Klassikern  zu  be- 
ginnen. Für  Garnier  haben  wir  die  Arbeit  von  Haase  in  Französ. 
StudicJi  V,  1  zu  Grunde  gelegt. 

Für  die  letzte  Periode  boten  auch  die  Untersuchungen  von  List 
über  Voiture  in  Franz.  Stud.  I  und  von  Haase  über  Pascal  in  Zs. 
f.  nfrz.  Spr.  u.  Litt.  IV,  S.  95  fT.  manches  Material.  Für  die  Neu- 
zeit durfte  wohl  mit  Recht  auf  die  Grammatiken  von  Mätzner  und 
von  Lücking  als  Autoritäten  hingewiesen  werden.* 

Ist  somit  durch  die  Haupteinteilung  dem  Historischen  der  Auf- 
gabe Rechnung  getragen  worden,  so  mufs  nun  in  der  Einteilung 
innerhalb  jeder  Periode  das  Syntaktische  berücksichtigt  Averden,  d.  h. 
man  mufs  das  Wesen  des  Konjunktivs  zum  Einteilungsprincip 
machen.  Welches  ist  dies  Wesen  des  Konjunktivs?  Die  Sprache 
ist,  so  sagt  H.  Steinthal  in  seiner  „Grannnatik,  Logik  und  Psycho- 
logie" (Berlin  1855)  S.  358,  die  Erscheinung  des  Gedankens.  Durch 
die  Modi  hat  der  Redende  Mittel  in  der  Hand,  die  BeschafTenheit 
dieses  Gedankens  zu  kennzeichnen.  Um  die  Übereinstimmung  seines 
Gedankens  mit  der  Welt  des  aul'ser  ihm  Bestehenden  zu  betonen, 
benutzt  der  Redende  den  Indikativ.  Will  er  aber  betonen,  dal's  sein 
Gedanke  wesentlich  nur  Gedanke  ist,  gleichviel  ob  er  reales  Funda- 
ment hat  oder  nicht,  so  gebraucht  er  den  Konjunktiv.  Darum  steht 
dieser  Modus  hauptsächlich  zum  Ausdruck  des  Wunsches  und  der 
Ungewifsheit,  nach  welchen  Kategorien  wir  ihn  behandeln.  Aus  dem 
subjektiven  Charakter  dieses  Modus  folgt,  daCs  kaum  zwei  Schrift- 
steller derselben  Zeit  ganz  miteinander  in  der  Anwendung  desselben 
übereinstimmen  werden.  Ja,  in  ein  und  demselben  Schriftsteller 
finden  sich  bei  äufserlich  ganz  gleicher  Form  der  Sätze  verschiedene 
Modalkonstruktionen. 

Alles,  was  soeben  über  das  Wesen  des  Konjunktivs  gesagt 
worden  ist,  gilt  auch  für  das  Französische.    Die  Sachlage  ist  nämlich 


*   Die   anderen    benutzten    Arbeiten    finden    sich    im    Fnlcrondon    nn- 
gegebeu. 


i 


Der  Konjunktiv  im  Französischen.  427 

nicht  etwa  so,  dafs  das  Französische  seine  Konstrukf  innen  einfaeh 
vom  Lateinischen  ererbt  hätte,  sondern  aus  der  Vennischun«;  der 
verschiedenen  Nationalitäten  entstand  ein  jugendlich  lebenskräftiger 
Sprachgeist,  der  aus  sich  selbst  heraus  sich  entwickelte.  Gerade  die 
Syntax  aber  und  in  dieser  nicht  am  wenigsten  die  :\Ioduslehrc  ist 
der  deutlichste  Ausdruck  dieses  Geistes.  Andererseits  maclit  sicli 
allerdings  doch  bisweilen  der  Charakter  des  Französischen  als  einer 
Tochtersiirache  geltend:  indem  sie  manche  Konjunktion,  statt  sie 
aus  eigenen  Mitteln  zu  schaffen,  vom  Lateinischen  ererbt,  geht  auch 
die  mit  derselben  verbundene  Konstruktion  auf  sie  über.  So  kann 
man  vielleicht  manche  Erscheinungen  des  Französischen  erklären, 
die  dem  sonstigen  Sprachgel)rauch  zu  widersprechen  scheinen.  Als 
Beispiel  kann  man  die  Temporal-  und  Konditionalsätze  anführen. 


Erste    Periode. 

9.  bis  11.  Jahrhundert. 
A.    Konjunktiv  als  Ausdruck  des  Wunsches  oder  der  Ahsichf. 

Für  das  Wesen  des  Konjunktivs  macht  es  dabei  keinen  Unter- 
schied, ob  derselbe  im  Haupt-  oder  Nebensatz  vorkommt.  Der  Über- 
sichtlichkeit wegen  müssen  aber  doch  die  grannnatischen  Kategorien 
herangezogen  werden. 

1.  Im  Hauptsatz.  Der  Gebrauch  des  unabhängigen  Kon- 
junktivs —  unabhängig  insofern,  als  der  Sinn  des  Sprechenden  niciit 
besonders  durch  ein  Verb,  wie  „ich  wünsclie"  etc.,  ausgedrückt  ist  — 
ist  in  den  ältesten  französischen  Denkmälern  fast  noch  ausgedehnter 
als  im  Lateinischen.  Er  findet  sich  auch  in  allen  Personen  und 
ohne  einleitende  Konjunktion;  hauptsächlieli  anenliiigs  kommt  er 
im  Präsens  vor,  seltener  im  Imperfektum,  um  einen  unerfülltcji 
Wunsch  zu  bezeichnen. 

Besonders  häufig  zeigt  sich  dieser  Konjunktiv  in  den  Epen,  wo 
die  volkstündiche  Lebendigkeit  oft  in  Begrüfsungen,  Segenswünschen, 
Flüchen  oder  Selbstverwünschungen  sich  Luft  macht. 

Pass.  60  d:  sobre  noz  sia  toz  li  pechez.    Leg.  40  c.    Alex.  74  e. 

Rol.  37ri7:  Fei  seie,  se  jo  1' ceil ! 

Ib.  lO.öcS:  Paiens,  mal  aies  tu! 

Ib.  698,  2711—13  etc. 


428  Der  Konjunktiv  im  Franzftsipchen. 

Der  KonJ.  Impf,  wird  in  diesen  und  den  folgenden  Zeiten  bis 
ins  1 3.  Jahrh.  bisweilen  mit  „quare''  eingeleitet,  das  wie  im  Lat.  nur 
den  Sinn  einer  überleitenden  Partikel  7ai  haben  scheint: 

Alex.  4t!  ab'  E  deus,  dist  il,  quer  oüsse  un  serjant  quil  nie  guardast.* 
"Wenn  der  Wunsch  sich  an  eine  bestinnnte  Person  richtet,  um 
dieselbe  zu  einer  Handlung  aufzufordern,  erhalten  wir  den  sogen. 
Coni.  iusslvus.  Derselbe  folgt  in  seiner  Konstruktion  dem  eben  be- 
handelten, nur  dafs  er,  wie  in  seiner  Natur  liegt,  nicht  im  Imperfekt 
stehen  kann. 

Pass.  127  cd:  dontre  nos  lez,  facam  lo  ben,  gurpissem  mund  et 
som  peccad.  Alex.  125a:  aiuns. 
In  den  meisten  Fällen  ist  in  der  1.  u.  2.  PI.  nicht  zu  unter- 
scheiden, ob  Ind.  oder  Konj.  gemeint  ist,  da  i  erst  viel  später  —  als 
regelmäfsiger  Teil  der  Endung  erst  seit  dem  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts —  in  den  Konjunktiv  eindrang  (vgl.  Willenberg,  R.  St. 
m,  416  ff.). 

Fragm.  (Bartsch  8,  12):  aiest  cherte  inter  vos. 

Ib.  8,  13:  seietst  unanimes. 

Ib.  8,  10:  ne  aiet  niuls  male  voluntatem. 

Rol.  424.    Ib.  589:  Une  bataille  lur  i  rendent  eil  primes. 

Bestimmte,  oft  angewandte  Formen  dieses  Konjunktivs  lassen 
sogar  den  Imperativ  der  betr.  Yerba  nicht  aufkonnuen.  Es  kommt 
bei  diesen  Verben  allerdings  noch  liinzu,  dal's  ein  eigentlicher  Impe- 
rativ von  ihnen  schwerer  zu  denken  ist: 

aies,  aiez ;  soies,  soiez ;  saces,  saciez. 
II.  Im  Nebensatze.  Ist  das  Verb,  welches  den  Begriff  des 
Wollens  enthält,  ausgedrückt,  so  hat  man  einen  Fall  des  sogen,  ab- 
hängigen Konjunktivs.  Seine  granunatische  Abhängigkeit  wird  schon 
in  den  ältesten  Zeiten  in  der  überwiegenden  Anzahl  der  Fälle  durch 
„que"  ausgedrückt,  wenn  auch  die  parataktische  Anordnung  der 
Sätze  noch  häufig  ist  im  Vergleich  zur  späteren  Zeit  (vgl.  Riecke, 
Konstr.  d.  Nebensätze  im  Oxf.  Texte  des  afrz.  Rolandsliedes.  Diss. 
Münster  1884). 

Es  dürfte  hier  am  Platze  sein,  etwas  auf  die  Entstehung  dieses 
que,  welches  das  lat.  ut  ganz  verdrängt  hat,  einzugehen,  besonders, 
weil  diese  Entwickelung  auch  lehrt,   dal's  der  französische  (Jelirauch 


*  Vgl.  Diez,  (iranuu.  IH"-',  S.  2üti. 


i 


Der  Konjunktiv  im  Französischen.  420 

des  Konjunktivs  nicht  unniittelbai*  auf  den  lateinischen  zurückgeführt 
werden  darf:  zunächst  wird  schon  seit  dem  2.  Jahrh.  p.  C'lir.  der 
Acc.  c.  Inf.  nach  den  verbis  seutiendi  et  dicendi  oft  ersetzt  durch 
quod,  anfangs  gewöhnlich  c.  Konj.,  später  öfter  c.  Ind.  (vgl.  Dräger, 
Hist.  Syntax  II,  S.  230  ff.).  Die  Verben  des  Wünschens  und  Be- 
fehlens  haben  aber  nie  quod  nach  sich ;  sie  zeigen  vielmehr  bisweilen 
den  Inf.  oder  Acc.  c.  Inf.  nach  sich.  So  bleibt  im  allgemeinen  die 
Konstruktion  während  der  folgenden  Jahrhunderte :  Quod,  wofür 
auch  quia  und  quoniam  eintreten,  bleibt  herrschende  Konjunktion 
nach  den  verbis  sentiendi  et  dicendi,  während  nach  den  Verben  des 
Wollens  ut  immer  mehr  einem  die  Absicht  ausdrückenden  Infinitiv 
weichen  mufs  (vgl.  Rönsch,  Itala  u.  Vulgata  S.  400,  427,  447;  Koff- 
raane,  Gesch.  des  Kirchenlateins  S.  130  u.  124;  Sittl,  Die  lokalen 
Verschiedenheiten  der  lat.  Spr.  S.  110 — 111).  Wie  der  Gebrauch 
des  quod  auch  in  Gallien  sich  immer  weiter  ausbreitete,  erhellt  z.  B. 
aus  der  „Historia  Apollonii  Regis  Tyri''  und  dem  „De  t'onstantino 
Magno  eiusque  mati-e  Helena  libellus",  die  beide  höchst  wahrschein- 
lich in  Gallien  entstanden  sind  (vgl.  Thielmann,  Spr.  d.  lat  Apollo- 
nius-Romans.  Progr.  d.  Gymn.  in  Speier  1881).  Hier  wird  quod 
bereits  mehr  als  ut  zur  Einleitung  der  Konsekutivsätze  verwandt  und 
zwar  je  nach  dem  Sinn  c.  Ind.  oder  c.  Konj. : 

Const.  3,  30 :  tantam  verecundiam  concepit  quod  . . .  decrevit 
(quod  zehnmal,  ut  fünfmal).    Sogar  zur  Einleitung  von  Fiiuilsätzen, 
allerdings  nach  Verben,    die   den  Begriff  des  Mitteilens  enthalten, 
dient  quod: 

Const.  2,  18:  dicite  domino,  quod  ipsam  —  non  dimittat. 
Für  die  formelle  Entstehung  der  Konjunktion  que  ist  noch  wichtig, 
dafs  quod  zunächst  als  Pron.  rel.  sich  im  Vulgärlatein  oft  ilurch 
quid  ersetzt  findet,  dann  aber,  dafs  die  Lex  Galica  in  der  Pariser  Hs. 
stets  quid  hat  (Sittl  a.  a.  O.  S.  61  u.  62).  Unter  dem  Eintiuls  dieser 
Form  besonders  hat  sich  dann  das  französische  que  lautlich  ent- 
wickelt. 

Allerdings  bleibt  damit  das  que  nach  den  eigentlichen  Verben 
des  Wollens  noch  dunkel,  und  man  wird  sich  zu  seiner  Erklärung 
wohl  auf  die  auch  in  der  Syntax  so  mächtige  Analogie  berufen 
müssen. 

Durch  die  überwiegende  Melav.uhl  der  l-^äilc,  wo  son.-^t  (pa-  zur 
Einleitung  eines  Nebensatzes  stand,  drang  que  auch  hur  t-in. 


ino  Der  Koujunktiv  im  Französischen. 

1)  Die  liierhergehüreudeii  Verbeii  aus  den  ältesten  Texten  sind: 

cuniander,  mander,  dire,  escrier  (Rol.  1964),  voleir,  aveir  (en)  talant, 

controver  (Leg.  9  d — f.),  querre,  esti:e  j^rez,  atendre,  orer,  rover,  prier, 

deprier  (Eul.  26 — 29),  conjurer  (Pass.  45  bc),  enorter,  conforter  (Eul. 

13 — 14),   semondre,   conseillier  (Eul.  6),   prendre  conseill,   loder,  re- 

clamer,  eunsentir,  otrier,  duner,  faire,  aidier,  jugier(Rol.  309),  garder, 

nietre  gardes  (Pass.  9 Od),  torner  (Alex.  98 cd),  defendre  (que  —  ne) 

(Rol.  3438),  ne  s'  poet  garder  (que  —  ne)  (Rol.  9),  niielz  voeill,  mielz 

nie  vient,  plus  me  piaist,  est  mielz,  ainz  ferai  (Rol.  321  —  2).* 

Anm. :  Hierher  gehört  auch  lui  ert  tart  aus 

Alex.  13  e:  Mais  lui  ert  tart  qued  il  s'en  fust  alez, 
denn   wenn  auch  grammatisch  der  Nebensatz  im  Subjektverhältuis  steht, 
psychologisch  ist  er  Objekt. 

1  a)  Eine  merkwürdige  hierhergehörige  Gruppe  von  Verben  bil- 
den die  des  Fürehtens.  Indem  man  das  Eintreten  einer  Sache 
fürclitet,  prädominiert  im  Bewufstsein  der  A\'unsch,  die  Sache  möchte 
nicht  geschehen.  Beim  Ausdruck  vermischen  sich  nun  diese  beiden 
im  Bewufstsein  vorhandenen  Vorstellungsweisen.  Diese  Erklärung 
würde  eine  Art  von  „Kontamination"  ergeben  (Paul,  Principien  der 
Sprachgeschichte  2  S.  132).  So  erklärt  sich  sowohl  Konjunktiv  als 
auch  Negation  nach  diesen  Verben,  die  sich  beide  seit  den  ältesten 
Zeiten  finden. 

Solche  im  Altfranzösischen  vorkommende  Verben  sind :  craindre, 
douter,  avoir  peur,  faire  peur,  voir  peril. 
Alex.  12 e:  molt  criem  que  ne  t'en  perde. 

Ib.  40 de:   se  redotet  de  ses  parenz,   qued   il   nel  reconoissent  e  de 
riionor  dei  siecle  ne  l'encombrent. 
Das  „ne''  fehlt  in  der  einzigen  Stelle  des  Rol.,  wo  craindre  vorkonnnt: 
Rol.  257:  Jo  me  crendreie  que  vus  vus  meslisiez. 

2.  Subjektsätze.  Der  Ausdruck  der  Absicht,  des  Wunsches 
kann  auch  im  Verhältnis  des  Subjekts  zu  eiiunn  unpersönlichen 
Urteil  stehen.  Dieses  Urteil  enthält  dann  gewöhnlicli  entweder  eine 
liilliiiung  oder  Mifsbilligung  jener  Absicht.  Darum  inufs  nuin  wohl 
aucli  cantumps  als  Form  des  Konj.  auffassen  in : 

Leg.  lef:   et  or  es   temps  et  si   est  biens   que   nos  cantumps  de 
sant  Lettgier. 

*  Über  das  Ausfallen  des  einen  que  nacli  (Umi  Verben  mit  kompara- 
tivem Sinn  vgl.  besonders  Breitinger  in  Herrigs  Arcliiv  Hil.  XLV,  S.  2:'.t;  H'., 
und  Mätzuer,  Syntax  II,  S.  210. 


Der  Konjunktiv  im  Französischen.  -131 

Pass.  u8cd  (melz  ti  fura). 

Rol.  359:  Mielz  est  suis  moerge. 

Rol.  58 — 59.    Ib.  44 — 46  (asez  est  mielz). 

3.  Eigentümlich,  aber  doch  seinem  Wesen  völlig  entsprechend 
steht  der  Konjunktiv  in  indirekten  Fragen  zur  Bezeichnung 
der  Absicht.  Dieser  Gebrauch  baut  sich  nicht  auf  dem  Latei- 
nischen auf,  so  nahe  es  auch  liegen  mag,  dies  anzunehmen.  Der 
Konjunktiv,  der  im  klassischen  und  nachklassischen  Latein  fast 
obligatorisch  war  (Dräger,  Hist.  Synt.  II 2,  S.  473  fF.),  wurde  im  vul- 
gären Latein  oft  durch  den  Indikativ  ersetzt,  ohne  dafs  ein  be- 
stimmtes Princip  erkennbar  wäre  (Rönsch  a.  a.  O.  S.  428 — 29 ;  Sittl 
a.  a.  O.  S.  134;  KofFmane  a.  a.  O.  S.  130).  Dieser  Modus  ist  auch 
im  allgemeinen  derjenige  der  indirekten  Frage  im  Altfranzösischen. 
Der  Konjunktiv  steht  aber  in  dem  oben  angegebenen  Sinne.  Oft 
liegt  dieser  Sinn  in  dem  Verb  des  regierenden  Satzes  offen  ausge- 
sprochen vor: 

Rol.  630 — 631:   Si   nus   aidiez   de  Rollant   le    mai'chis,   Par  (juel 
raesure  le  poüssum  hunir. 

4.  Klar  tritt  auch  der  Charakter  des  Konjunktivs  als  Modus 
des  Unsicheren,  des  nur  Vorgestellten  zu  Tage  in  den  Relativ- 
sätzen. 

Zunächst  sind  diejenigen  Relativsätze  hier  auszuschliefsen,  die 
nicht  in  den  Zusammenhang  des  Hauptgedankens  hineingeht)ren, 
sondexui  den  Charakter  eingeschobener,  unabhängiger  Sätze  haben 
und  demnach  auch  wie  solche  konstruiert  werden  (vgl.  Joinv.  35: 
conte  de  Bretaigne  que  Diex  gart).  Es  bleiben  dann  noch  diejenigen 
übrig,  welche  einen  im  Hauptsatz  liegenden  Begriff  genau  zu  determi- 
nieren oder  einzuschränken  bestimmt  sind.  Unter  diesen  kann  man 
in  Bezug  auf  den  Modus  wieder  zwei  Arten  unterscheiden : 

a)  Die  durch  den  Relativsatz  ausgedrückte  Eigenschaft  oder 
Handlung  ist  eine  gewünschte.  Der  Modus  ist  alsdann  der  Konjunktiv. 

Alex.  5  e. 

Leg.  37  ef :  Quatre  homnes  i  tramist  armez,  Qui  lui  alassent  dccoller. 

Diese  Modalkonstruktion  hat  sich   bis  heute  nie  im  Laufe  der  Zeit 

geändert. 

Aum.:  Hierher  gehört  auch  die  schwer  zu  erklärende  Wendung: 
ite  guarder  l'liore  que,  die  sich  bis  zu  Ende  des  1:!.  Jahrli.  noch  zeigt: 

Alex.  Gle:  Ne  guardent  riiore  que  terre  les  endodet. 
In  betreti'der  Deutung  dieser  Wendung  vgl.  La  vie  de  St.  Alexis  i.l.  l'aris 


4.^2  Der  Koiijiuiktiv  im  Frnn/J^Hisclieil. 

et  Pannier  1872,  S.  ISiS.     Wir  sehlielsen  uns  der  Erklärung  von  Perle  an 
iu  „Die  Negation  im  Altfrauzösischeu"  (Zs.  f.  rom.  Phil.  II,  9). 

b)  Der  Hauptsatz  enthält  einen  Wunsch  oder  eine  Absicht.  Der 
Rehitivsatz,  welcher  den  Begriff',  in  Bezug  auf  den  der  "Wunsch  oder 
die  Absicht  ausgesprochen  wird,  einschränkt,  wird  mit  in  die  Sphäre 
des  Unsicheren  gezogen  oder  nicht,  so  dafs  er  entweder  im  Kon- 
juiiktiv  steht  oder  nicht. 

Pass.    9 6 cd:    usque   vengues   qui,   sens    pecat,    per    toz   solses   co- 
muna  lei. 

Rol.  3559:  Trestut  seit  fei  ki  n'i  fierget  ad  espleit!    aber 

Ib.  2062:   Tut  par  seit  fei   ki   ne   's  vait  envair.     Cf.   ib.    1107, 
2144  etc. 
Diese  Art  einer  attractio  modorum  hat  sich  durch   alle  Zeiten   bis 
heute  erhalten.    Vgl.  Lücking,  Gr.  §  318,  2. 

5.  Die  Temporalsätze  dienen  dazu,  durch  Angabe  der  Zeit 
die  Handlung  eines  Satzes  genau  zu  umgrenzen.  Wird  die  Hand- 
lung des  Temporalsatzes  nicht  als  sicher  eintretend,  sondern  nur  als 
gewünscht  oder  beabsichtigt  hingestellt,  so  tritt  das  dieselbe  aus- 
drückende Verb  in  den  Konjunktiv.  Derselbe  kann  also  nur  ein- 
treten nach  den  Konjunktionen,  welche  eine  dem  Hauptsatze  nach- 
folgende oder  höchstens  gleichzeitige  Handlung  bezeichnen.  Doch 
mufs  bemerkt  werden,  dafs  gerade  die  Temporalsätze  schon  in  den 
ältesten  Zeiten  den  Charakter  der  Modi  nicht  so  streng  auseinander 
halten  wie  die  anderen  Sätze.  Dies  hat  seinen  Grund  wohl  darin, 
dals  dieselben  mit  der  lateinischen  Form  auch  die  lateinische  Kon- 
struktion übernahmen: 

a)  Die  Konjunktionen,  welche  in  den  ältesten  Denkmälern  nach 
den  obigen  Principien  den  Konjunktiv  als  Modus  des  Wunsches 
zeigen,  sind;  usque  und  jusque.  Auch  im  mittelalterliehen  Latein 
findet  sich  usque  als  temporale  Konjunktion  (vgl.  Kofinuine,  Gesch. 
d.  Kirchenlateins  1879,  S.  131). 

Pass.  9Gcd  (vgl.  S.  437). 

Alex.  58  b :   ne  la  volt  demostrer,   nel   reconnoißsent  usque  il  s'en 
seit  alez. 

1vol.  1837—8  etc. 
In  der  Erzählung   zur  Einführung  von  Thatsachen   dient  besonders 
entroque,  das  also  gewöhnlich  den  Ind.  nach  sich  hat: 

Leg.  32  b;  ib.  37  b;  Creidre  ne  1'  pout  enlroquc  1'  vit. 


Der  Konjunktiv  im  ]"'i;inzösisclien.  433 

Diese  Konjunktion  geht  nach  Diez  zurück  auf  intro  usque ;    au.s    ihr 
entstand  tresque,  das  sich  zuerst  im  Rolandliede  zeigt: 

Rol.  162:  La  noit  demurent  tresque  vint  ä  1'  jur  der,  ib.  3849, 
Charl.  57,  aber  auch  tresque  c.  Konj. : 

Charl.  463 — 4:  N'en  iert  mais  receuz  par  nul  hume  carnel  Tresk'il 
seit  pleine  banste  de  tere  desterez. 
b)  Diejenigen  Konjunktionen,  welche  Form  und  Konstruktion 
vom  Lateinischen  (antequam)  ererbt  haben  und  daher  auch  da  den 
Konj.  haben,  wo  der  Sinn  eher  den  Indikativ  erforderte,  sind:  ainz 
que,  ain9ois  que.*  Die  Anwendung  des  Konj.  nach  antequam  zeigt 
sich  schon  bei  Livius  und  nimmt  dann  immer  mehr  zu,  bis  sie  im 
Mittelalter  zur  Regel  wird: 

Livius  5,  33 :  Ducentis  annis  antequam  Clusium  oppugnarent  ur- 

bemque  Romam  caperent,  in  Italiam  Galli  descenderunt. 
De  C^onstantino  Magno   lib.  6,  15   (ed.  E.   Heydenreich,  Leipzig 
1879):   ipse  (i.  e.  pater)  de  hac  vita   sublatus    fore    dicitur, 
antequam  ego  natus  essem. 
Pass.  4 9  ab:   Anz  que  la  noit  lo  jalz  cantes,  terce  vez  Petre  lo 

neiet. 
Alex.  92  ab:  Ainz  que  nez  fusses  si  'n  fui  molt  anguissose. 
Rol.  689  etc.    enceisque:  Rol.  810—11,  ib.  3480. 

6.  Finalsätze.  Adverbialsätze,  die  den  Hauptsatz  dadurch 
näher  bestimmen,  dafs  sie  die  Absicht  oder  den  AVunsch  angeben, 
welches  das  Ziel  der  Handlung  des  Hauptsatzes  bildet,  treten  natur- 
gemäfs  in  das  Gebiet  des  Konjunktivs.  In  den  ältesten  Zeiten  wer- 
den solche  Sätze  gewöhnlich  eingeleitet  mit  que  (wie  schon  quid  im 
Mittellatein  :  S.  429).  Man  wies  aber  auch  oft  durch  eine  Verbindung 
von  Präposition  und  Demonstrativpronomen  im  Hauptsatz  auf  den 
folgenden  Finalsatz  hin.  Indem  nun  durch  einen  Vorgang  der 
Gliederungsverschiebung  (vgl.  Paul,  Principien  S.  250  fi'.)  diese  Teile 
mit  zur  Konjunktion  traten,  entstanden  die  französischen  Final- 
konjunktionen. So  entstand  z.  B.  seit  dem  13.  Jahrh.  die  Wendung 
afin  que  (Joinv.  714;  Bertr.  Guescl.  23;  ib.  1304,  1343  etc.).  In  dtn 
ältesten  Zeiten  finden  sich  neben  que  noch: 

pour  ce  que,  pour  que,  par  ce  que,  i)ar  (jue. 
Der  eben  beschriebene  Vorgang  zeigt  sich  schon  in 

*  Hier  geht  also  ijiif  nie-ht  auf  quid,  sondern  auf  quam  zunick. 
Avfliiv  f.  n.  Spraclieii.     LXXXIl.  28 


434  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

Pasß.  50  cd:  per  cio  laist?ed  deus  se  iieier  que  de  iios  alet  pieted. 
Ib.  22 ab:  Trenta  deners  dune  11  en  promesdrent,  son  bon  sennior 

que  lo  tradisse. 
Ib.  126  cd.    Alex.  78  de. 

Rol.  622 — 3.    Ib.  1004:   Sunent  mil   graisle  pur  co  que  plus  bei 
seit.    Ib.  3981. 
Diese  Auffassung  und  Konstruktion  verändert  sich  nie  in  der  Ge- 
schichte der  französischen  Sprache.    Vgl.  Mätzner,  Gr.  3  S.  371. 

B.    Der  Konjunktiv  als  Ausdruck  der  Ufiyeivifsheit. 

1.    Conjunctivus  concessivus. 

Klar  tragen  diejenigen  Konjunktive  den  Charakter  des  Unbe- 
stimmten zur  kSchau,  welche  zur  Einräumung  irgend  einer  Behaup- 
tung dienen.  Der  Redende  kümmert  sich  gar  nicht  um  die  Richtig- 
keit einer  Thatsache  oder  einer  Handlung,  sondern  überläfst  dem 
Hörenden  ganz,  sich  dieselbe  nach  seinem  Belieben  vorzustellen. 

1.  Pass.  84  cd:  ja  1'  vedes  ela  si  morir,  el  resurdra. 

Sehr  oft  findet  sich  dieser  Konjunktiv  in  der  formelhaften  Wendung 
„voeillet  ou  non"  : 

Alex.  116d,  120b.    Rol.  059,  1419,  1026,  2043. 
Um  den  hohen  Grad  einer  Eigenschaft  einzuräumen,  steht  „tant'' 

Charl.  455:  tant  seit  forz  e  membrez.    Ib.  476. 

2.  Derselbe  konzessive  Konjunktiv  zeigt  sich  auch  in  Rela- 
tivsätzen, wenn  dieselben  einen  Begriff  im  weitesten  Umfange  zu- 
geben sollen.  Am  meisten  finden  sich  dieselben  in  der  lebhaften 
Erzählung  der  Volksepen. 

Bemerkenswert  wegen  der  späteren  Entwickelung  ist  der  Fall, 
wo  ein  Relativsatz  sich  auf  ein  mit  der  Präposition  por  eingeleitetes 
Substantiv  bezieht: 

Alex.  33  c — e:  por  araistet  ne  d'ami  ne  d'amie  ne  por  honors  (jui 
lui  fussent  tramises  n^en  volt  torner.    Rol.  4.'>8. 

Rol.  2740:  Carles  nc  dutet  luune  qui  seit  vivant. 
Besonders   findet  sich   dieser   Fall   im    zweit<^n  Teil  eines  Vergleichs 
der  Ungleichheit: 

Alex.  421):  si  fait  ma  medre  plus  que  femine  qui  vivet. 
Wie  sehr  der  Modus  den  Sinn  bestinimf,  erhellt  aus 

Rol.  1573:  Plus  est  isneis  que  n'est  oisels  ki  volet. 


Der  Konjunktiv  im  Frauzösischen.  43r, 

WO  der  Relativsatz  nur  die  Stelle  eines  Adjektivs  vertritt:  „schneller 
als  ein  fliegender  Vogel/' 

Hierher  gehören  auch  die  von  den  Grammatikern  so  genannten 
Konzessivsätze,  welche  sich  nicht  auf  einen  bestimmten  Sub- 
stantivbegrifl^  beziehen,  sondern  beliebig  einen  Personen-,  Sachen-, 
Ort-,  Zeit-  oder  Metbodenbegriff  verallgemeinern.  *  Dazu  dienen  fol- 
gende Verbindungen:  1)  Qui  que,  2)  Que  que,  3)  Quoi  que,  4)  Quel 
que,  5)  Oü  que,  6)  Comment  que.  Auch  im  Mittellatein  finden  sich 
die  Konzessivpartikeln  quicunque,  quamquam  etc.  oft  mit  dem  Kon- 
junktiv (vgl.  Dräger,  H.  S.  I,  524  ff.,  II,  767). 

Rol.  1546:  ki  que  1'  blasmt  ne  le  lot. 

Ib.  1592,  1912,  3363—4;  ib.  1279.    Alex.  101c. 

Rol.  3827—8  (que  que). 

Ib.  592 — 3  (quel  que  seit). 

Alex.  17  e:   ou  que  il  seit. 

Rol.  3522:  cument  que. 

Ausnahmen:  Doch  hat  hier  schon  in  der  ältesten  Zeit  die 
Sprache  dem  Redenden  die  Freiheit  der  Auffassung  gelassen :  will 
er  das  wirkliche  Eintreten  einer  Handlung  betonen,  so  setzt  er  den 
Indikativ.  Diese  objektive  Auffassung  herrs(!ht  allgemein  vor  bei 
„quant  que".  Besonders  findet  sich  derselbe  auch,  wenn  das  Verl) 
des  Konzessivsatzes  verbunden  ist  mit  dem  modalen  Hilfsverb  posse. 

Rol.  1198:  Voit  le  ferir  li  Quens  quanque  il  jjout.    Tb.  2298. 

Alex.  19  d:  larges  almosnes  .  .  .  donet  as  po^Tes   ou   qu'il  les  poL 
trover. 

Ib.  45  d:  tot  te  dorrai,  bons  hom,  quant  que  m'as  quis. 

Charl.  627:  tuz  les  gas  li  cuntat,  quant  ke  il  en  oit. 

3.  Auch  Temporalsätze  finden  sich  bisweilen  in  konzessiver 
Auffassung,  wenn  sie  beginnen  mit  „tant  cum"  : 

Rol.  544:   „Co  n'iert"  dist  Guenes,  „tant  cum  vivet  sis  nies." 

Ib.  557,  1802,  dagegen  vgl.  ib.  2126. 
Diese  Verbindung  erhält  sich  nur  bis  zum  14.  Jahrb.: 

Chev.  II  esp.  11334.    Joinv.  694. 
Froiss.  scheint  in  diesem  Falle  stets  den  Indikativ  zu  lia])en: 

III,  2:  il   serviroit  le  roy   engles   ä  V'^  armures  de  fier  laut  (pril 
seroit  en  l'empire. 


Vgl.  JoliaunCsoii,  Ausdruck  dos  Kouzossivvcrliältnissos  im  Afiz.    Diss. 

28* 


436  Der  Konjunktiv  im  Franzi'jsisohen. 

II.     Kdnjunktiv  der  Unge wifsheit  in  engerem  Sinne. 

Es  bleiben  nun  noch  die  Fälle  übrig,  wo  der  Konjunktiv  ohne 
irgend  einen  Nebensinn  des  Wunsches  oder  der  Einräumung  dazu 
dient,  eine  Handlung  oder  Thatsache  als  unsicher  hinzustellen.  Dahin 
ist  als  Unterabteilung  auch  der  Gebrauch  des  Konjunktivs  zur  Be- 
zeichnung einer  Handlung  oder  Thatsache  zu  rechnen,  die  gar  nicht 
in  der  Welt  aufser  uns  existiert  (Konjunktiv  der  Irrealität).  Eben 
weil  eine  solche  Handlung,  als  nur  in  der  Voi'stellung  des  Redenden 
vorhanden,  keinen  sicheren  Boden  hat,  ist  der  Konjunktiv  der  ge- 
eignete Modus  zu  ihrer  Darstellung.  Da  der  Konjunktiv  der  Unge. 
wifsheit  und  der  Nichtwirklichkeit  oft  ineinander  übergehen  —  wie 
z.  B.  bei  cuidier  — ,  scheint  es  besser,  beide  nicht  zu  trennen. 

1.  Im  Hauptsatz  steht  besonders  der  Konj.  Impf,  a)  um  in 
mildernder,  potentieller  Weise  eine  Handlung  als  unbestimmt  hin- 
zustellen, oder  b)  um  die  Nichterfüllung  derselben  auszudrücken. 

Ad  a)  So  steht  als  Ausdruck  der  Potentialität : 
Alex.  10  d:  mais  de  cel  plait  ne  volsist  il  nient. 
Dahin  gehört  auch  der  Relativsatz: 

Pass.  77 cd:  tu  nos  perdone  celz  pecaz  q^u'e  nos  vedest  tua  pieta<l. 
Ad  b)  Als  Konjunktiv  der  Irrealität  steht  besonders  der  Konj. 
Impf,  von  devoir: 

Alex.  64  c:  icestc  chose  nos  doüses  noncier.    Ib.  I24e. 
Vgl.  ib.  84  cd :  E  d'icel  bien  qui  toz  doust  tons  estre  .  .  . 
Rol.  455:  Vus  1'  doüssiez  esculter  e  o'i'r. 
Ib.  355.    Cump.  2355. 

Rol.  349 — 50:  La  veissiez  tanz  Chevaliers  plorer,  ki  tuit  li  dient .  .  . 
Ib.  1622  etc. 

2.  Objektsätze,  a)  Die  Verben  der  Wahrnehmung  haben 
naturgemäfs  in  den  ihnen  folgenden  Objektsätzen  den  Indikativ. 
Sind  sie  aber  bedingt  gebraucht,  so  wird  auch  das  Objekt  mit  in 
das  Bereich  des  nur  Möglichen  gezogen;  daher  in  dem  abhängigen 
Satz  der  Konjunktiv.  Naturgemäfs  steht  der  Konjunktiv  nach  einem 
negativen  Ausdruck  der  Waln-nehmung,  um  die  Realität  des  Nicht- 
wahrgenommenen  als  unsicher  hinzustellen. 

Alex.  99  e:  s'il  veit  que  jo  lui  serve. 
Diese  Auffassung   und   die   entsprechende  Konstruklion    haben    sich 
bis  heute  nicht  geändert.    Vgl.  Mätzner,  Gr.  ^  S.  364. 


Dn-  Konjunktiv  im   Fniiiz<'>sisrlien.  |;?7 

b)  Die  Verben  des  Denkens  baben  aucli,  insofern  sie  eine  Un- 
sicherbeit  binsichtlicb  des  Gedacbten  zubissen,  (b-n  Konj.  naeb  sieb. 
Die  in  den  ältesten  Zeiten  vorkonnnenden  bierbergebörenden  Verben 
sind:  cuidier,*  penser  und  croire,  wäbrend  saveir  (Rol.  3413)  und 
sungier  (Rob  719,  726)  den  Ind.  baben. 

cuidier:   Rob  3723 — 4:  Cuidet  \i  reis  qu'ele  sc  seit  pasnicc. 

penser:  Pass.  53 d;   ib.  110 cd:   zo  pensent  il   que  entre  eis  le 
Spiritus  aparegues. 

n  e  c  u  i  d  6  r :  Rol.  1 6 G 5 — 6,  1  s 4s. 

n  e  croire:  Pass.  110b. 

e)  Nacb  den  positiv  gebraucbten  Verben  des  Sagens  wird  seit 
den  ältesten  Zeiten  das  Mitgeteilte  als  objektiv  richtig  dargestellt, 
d.  b.  der  Indikativ  gesetzt.  Aber  jeder  Ausdruck  mit  dem  Sinne 
„Nichtsagen",  d.  b.  „unentscbieden,  unsicber  lassen",  bat  konse- 
quenterweise den  Konj.  nacb  sieb: 

Rol.  1959:  Ico  ne  di  Carles  n'i  ait  perdut;  etc. 

3.  Audi  in  den  Subjektsätzen  zeigen  sieb  diescll)iMi  Prin- 
cipien : 

a)  Eine  scbwankende  Konstruktion  entsprecbend  cb'r  d()p})clten 
Auffassung  zeigt  sich  naeb  dem  Ausdruck  ,,mei  est  vis". 

c.  Konj.:  Alex.  108d:   Co   lor  est  vis  que  tiengent  Deu  medisme 
(Konj.  der  Irrealität). 

c.  Ind.:   Rol.  659:   Mei  est  vis  que  trop  targe. 
Im  letzteren  Falle   ist  „scheinen"  mehr   =r  „Erscheinen   einer   wirk- 
lich vorhandenen  Thatsache". 

b)  Nach  den  verneinten  oder  bedingten  unpcrsr)nliclien  Aus- 
drücken des  Geschehens  steht  im  Subjektsatz  der  Konj.,  weil  das 
Eintreten  der  Handlung  ungewil's,  ja  sogar  ans  Irreale  grenzend  ist. 

Rol.  3913:  II  ne  poet  estre  qu'il  seient  desevret. 

4.  Zur  Bezeichnung  der  Ungewilsheit  einer  Handlung  steht 
der  Konj.  auch  in  den  indirekten  Fragesätzen,  wen n  der 
Hauptsatz  negativ,  fragend  oder  hypothetisch  gebraucht  ist. 


*  cuidier  hat  zwei  Bedeutungen: 

1)  glauben   =   sich  einbilden,    daher  auch  =    wähnon,    oft   auch    im 
Gegensatz  zu  savoir  gebraucht.     Vgl  Toliier,  Vrai  Aiiiel  8.  2ö,  MI. 

2)  besorgt   sein  (wie  auch  lat.  cogitarel. 

Hier  kommt   nur  die  erste  I'.edoutung  in   l>etiaclit. 


438  Der  Konjunktiv  im  Fraiizüsif<chen. 

Alex.  2 7  cd:   ne  sai   le  leu  ne  ne  sai  la  contrede  ou  t'alge  querre. 
II).  95  a — e. 

Rol.  1982:  or  ne  sai  jo  que  face. 
Doch  findet  sich  auch  hier  schon  statt  dessen  häufiger  der  Ind.  Fut. : 

Rol.  735:  il  ne  sevent  li  quels  d'els  la  vientrat. 
(So  sechsmal  c.  Ind.  gegen  jene  eine  Stelle  c.  Konj.)    Hier  wird  also 
das  Siegen  als  ein  sicher  eintretendes  Faktum  hingestellt  und  nur 
die  Person  des  Siegers  in  Zweifel  gezogen. 

5.  Wenn  ein  Relativsatz  sich  auf  ein  Glied  eines  bedingt 
oder  konzessiv  gebrauchten  Satzes  bezieht,  so  wird  die  durch  ihn 
ausgedrückte  Handlung  auch  ungewifs:  daher  der  Konj.  in  demselben. 

Rol.  3G69:  S'or  i  ad  cel  ki  Carlun  cuntrediet.    Ib.  3834. 

Ib.  391 :  Seit  ki  l'ociet. 
Sehr  eigentümlich  erscheint  ])ei   der  sonstigen  Konsequenz  im  Ge- 
brauch der  Modi  der  Gebrauch  des  Ind.  in  einem  solchen  Satze: 

Rol.  119  :  S'est  ki  1'  demandet  .  .  .   (Sollte  hier  nicht  besser  demant 
zu  lesen  sein  ?). 

Ib.  577:  se  est  ki  mei  en  creit,  wo  der  Ind.  vielleicht  der  x\sso- 
nanz  wegen  steht, 
b)  Ein  Konjunktiv  der  Irrealität,  wie  wir  ihn  oben  (S.   136)  be- 
sprochen haben,  findet  sich  in  den  Relativsätzen,  die  zur  Bestimmung 
eines  Substantivbcgrifi'es  dienen,  desseji  objektive  Realität  durch  eine 
Negation  oder  sonstwie  verneint  ist : 

Pass.  22  d. 

Leg.  6  ab:  Ne  fud  nuls  om  del  son  jouvent  qui  mieldre  fust  donc 
st  ciels  tiemps.    Ib.  23  ef. 

Rol.  18—19,  2903. 
Hierher  gehört,   wenn  auch  nicht  der  syntaktischen  Beziehung  nacli, 
so  doch  nach  Sinn   und  Modalgebrauch   die  von  Paul  (Priiicipieii  - 
S.  112)  angeführte  Konsti'uktion  dno  xoiyor,   wo  zu  einem  Subjekt 
zwei  Prädikate  ohne  Verbindung  gesetzt  sind. 

Rol.  1442:  Suz  ciel  n'ad  rei  plus  en  alt  de  mcillurs.    Ib.  1782, 

Ib.  1482:  Cel  neu  i  ad  Munjoie  ne  demant.    II).  653. 

Pass.  96  ab.    Alex.  112  ab. 
In  den  ältesten  Zeiten   aber  schon  empfand   das   Sprachgefühl   da? 
zweite  Prädikat  als  das  untergeordnete,  wie  sich  das  aus  dem  Setzen 
von  que  vor  dasselbe  zeigt : 

Rol.  982:  Pierre  n'i  ad  que  tute  nc  seit  nciro.    Ib.  015,  1003. 


Der  Konjunktiv  im  Französischen.  l^Q 

6.  Ebenso  steht  als  Ausdruck  der  Irrealität  der  Konjunktiv  in 
Konsekutivsätzen,  wenn  dadurch,  dals  der  Hauptsatz  ver- 
neint ist,  die  Folge  eine  imaginäre  ist.  Auch  hier  findet  sieh  in  den 
ältesten  Zeiten  die  Folge  unmittelbar,  d.  h.  ohne  Konjunktion  an- 
geschlossen : 

Alex.  55  e:  Ne  pot  müder  ne  seit  aparissant.    Rol.  8ö'.t. 

Rol.  459:    Jo  ne  len-eie    por   tut  l'or   <pie  Deus   fist   Que  jo  ne 

li  die.    Ib.  893. 
Ib.  1992  —  3:   Ne  loinz  ne  ^u-es  ne  poet  vedeir  si  der  Que  recon- 

noisse  nisun  hume  mortel.    Alex.  93  d. 

7.  Nicht  so  konsequent  folgen  die  Konditionalsätze  den 
Principien  für  den  Gebrauch  des  Konjunktivs.  * 

a)  Zur  Angabe  einer  Handlung,  deren  Eintreten  als  möglich 
angenommen  wird,  also  unentschieden  bleibt,  steht  der  Konj.  Präs., 
die  daraus  sicher  entspringende  Folge  wird  im  Hauptsatz  im  Futur 
gegeben,  oder  im  Konjunktiv  der  Aufforderung. 

Eide :  salvarai  eo  .  .  .  in  o  quid  il  mi  altresi  fazet. 

Rol,  2682 — 4:   S'en  ma  mercit  ne  se  culzt  ä  mes  piez  E  ne  guer- 
pisset  la  lei  de  chrestiens,   Jo  li  toldrai  la  curune  de  1'  cliief. 

Lois  (Bartsch*  51,  34):  e  si  alquens  vienged  apref  pur  clamer  la 
cose,  duinst  wage. 
Hierher  gehören  auch  die  mit  mais  que  eingeleiteten  Sätze  mit  dem 
Konjunktiv;  ursjn-ünglich  bezeichnet  derselbe  einen  Wunsch,  dessen 
Erfüllung  aber  Bedingung  ist  für  das  Eintreten  der  im  Hauptsatz 
ausgedrückten  Handlung : 

Rol.  234:  Saveir  i  ad,  mais  qu'il  seit  entenduz. 

Charl.  485:   „voluntiers,"  dist  li  coens,  „mais  que  Carlos  Fotrcit.'' 
Ib.  491. 

Lois  (Bartsch^  51,  24). 
Im  Gegensatz  zu  diesen,  dem  sonstigen  Gebrauch  des  Konjunktivs 
entsprechenden  Beispielen  finden  sich  aber  viele  mit  dem  Indikativ 
im  Bedingungssatze.  Inwieweit  auch  hier  mit  der  lateinischen  Form 
die  lateinische  Auffassung  sich  vererbt  hat,  dürfte  schwer  zu  ent- 
scheiden sein.  Jedenfalls  aber  stimmt  die  lateinische  Konstruktion 
in  der  klassischen  und  nachklassischen  Zeit  sehr  init  dieser  altfran- 


*  Über  die  Konditionalsätze  im  Atrz.  v^d.  liesondiTs  .1.  KUqiperieli  in 
Franz.  Studien  III,  4, 


440  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

zösischen  überein;  auch  dort  überwiegt  bei  weitem  der  Ind.  Präs.  im 
Nebensatz  (Dräger,  Hiöt.  Synt.  II 2,  7U2).  Der  Charakter  der  An- 
nahme geht  ganz  verloren  und  das  hypothetische  Satzgefüge  dient 
nur  dazu,  eine  Folgerung  auszudrücken.  Dies  zeigen  schon  die  Eide, 
so  der  zweite  Eid  (Bartsch*  4,  15 — 20). 

Rol.  788:  Deus  me  cunfundet,  se  la  geste  en  desment*  etc. 

Charl.  488,  516  etc. 
Werden  aber  die  Bedingungen  weiter  fortgesetzt,  so  werden  die  fol- 
genden nicht  durch  si  eingeleitet,  nehmen  aber  den  Konjunktiv  an. 
Dies  kann  nur  dazu  dienen,  die  obige  Auffassung  zu  bestätigen : 
Im  zweiten  Teil  der  Bedingung,  der  von  der  Form  „si''  nicht  mehr 
lieeinflufst  wird,  tritt  der  Charakter  der  Annahme  klar  zu  Tage. 

Lois  (Bartsch*,  49,  39):  se  alquens   est  apeled  de  larrecin  u  de 
roberie,   e  il  seit  plevi  de  venir  a  justice,   e  il   s'en  fuie  .  .  . 
Ib.  51,  39;  52,  5;  52,  33—34;  52,  44. 
b)  Konsequenter  ist  der  Gebrauch  des  Konjunktivs  in  den  Kon- 
ditionalsätzen durchgeführt,  welche  etwas  annehmen,    das   als  nicht 
seiend  hingestellt  Averden  soll.    Da  die  Folgerung  daraus  auch  nur 
fingiert  sein  kann,  so  tritt  auch  sie  in   den  Konjimktiv.     Das   ur- 
sprüngliche Tempus  für  diesen  Fall   der  Irrealität  (suniptio  ficti)  ist 
der  Konj.  Impf.,   der  seiner  zeitlichen  Bedeutung  nach  liier  alier  so- 
wohl Impf,  als  Plusquampf.  wiedergeben  kann.  ** 

Für  diesen  Gebruucli  linden   sich   in   den   ältesten  Denkmälern 
sehr  viele  Beispiele: 

Alex.  41b,  84  e,  90  c.    Hol.  1717  etc.  etc. 
Doch  findet  sich  auch  der  Tempuscharakter  genauer  gewahrt ;  wenig- 
stens im  Hauptsatz: 

Alex,  98  e  (impf,  du  subj.  —  plusquepf.  du  subj.). 
Überhaupt   zeigt  der  Hauptsatz   grölsere  Froilieit  der  Konstruktion. 
Analog  dem  ersten  Fall  (sumptio  daudi): 

Konj.  Präs.  —  Fut. 
findet  sich  hier  ein  Fut.  Impf,  im  Hauptsatz,  um  eine  nach  Erfüllung 
dci-  Bedingung  sicher  eingetretene  Handlung  zu  bezeichnen. 
Den  Übergang  zeigt  sehr  gut  die  St^^lle: 

Vgl.  Liv.  22,  öo,  11:  si  sciens  fallo.  tum  mc  .lujjpiter  pessinio  Icto 
afficiat.     (Dräger,  H.  S.  IP,  7:J9.) 

**  Vgl.    über   diesen  Austausch    der   Zeiten   im   gauzeu    Mittellatein: 
Rönsch,  Itala  u.  Vulgata  S.  431 ;  bes.  ^ittl  a.  a.  O.  S.  132. 


Der  Konjunktiv  im   Fninzü.sisrhcn.  IM 

Alex.  46  ab;  quer  oüsse  uu  serjant  quil  me  guardast :  jo  l'cji  fereie 
franc. 
Im  Hauptsatz  des  hypothetisclieu  Gefüges  Hudet  sich  das  Im])f'.  Fut.: 
Rol.  1804—5;  ib.  240. 

Goraiund  426  (Bartsch,  Chr.  S.  26):  „Alias"'  dist  il,    „veir  dist  li 
sorz,  Si  jeo  venisse  en  icest  ost  Que  jeo  sereic  u  pris  u  morz.'' 
Anui.:  Nach  .,comme  si"  tritt  natürlich  keine  Änderung  der  obigen 
Konstruktion  ein,  da  die  Auffassung  dieselbe  bleibt:  Alex.  29c. 

Hierher  gehören  auch  nach  Simi  und  Konsti-uktion  Sätze,  die 
formell  als  Relativsätze  zu  bezeichnen  sind: 

Rol.  11^1 — 2:  Ki  dune  oist  Munjoie  deraauder,  De  vasselage  li 
poüst  remembrer.    Ib.  1970 — 2,  3483 — 8;  ib.  240.* 
In  lebhaften  Schilderungen  kann  in  diesem  Falle  sogar  der  Haupt- 
satz ganz  unterdrückt  werden,   weil  er  aus  Ton  und  Ausdruck  leicht 
erraten  werden  konnte: 

Rol.  1341:  Ki  lui  veist  Tun  jeter  mort  sur  Taltre,  Lc  sanc  tut  der 
gesir  par  cele  place  I    Ib.  1680 — 1,  3473 — 4. 

Veränderungen  in  der  zweiten  Periode. 

12.  bis  14.  Jahrhundert. 

A.  I.  Der  Konjunktiv  tritt  jetzt  gerade  so  wie  früher  zur  Be- 
zeichnung des  Wunsches  auf,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs  et 
vom  Anfang  des  12.  Jahrb.  an  auch  in  Hauptsätzen  durch  quc  ein- 
geleitet erscheint.  Es  mag  hier  wohl  eine  Analogiebildung  vorliegen. 
Es  liegt  im  Wesen  aller  Sprachentwickelung,  dafs  die  Parataxis  all- 
mählich in  eine  Hypotaxis  übergeht  (Paul  a.  a.  O.  S.  123).  So  auch 
im  Französischen.  Die  früher  oft  vorkommende  parataktische  Glie- 
derung der  Sätze  wurde  ganz  verdrängt  von  der  hypotaktischen, 
indem  die  Nebensätze  mit  que  eingeleitet  wurden.  Der  Konjunktiv 
erschien  also  in  beinahe  allen  Nebensätzen  mit  ,,que''.  So  übertrug 
man  leicht  diese  Konjunktion  auch  in  den  Hauptsalz,  und  um  so 
leichter,  als  sie  dem  Wunsche  eine  vollere  Ausdrucksforni,  daher 
gröfsere  Wucht  verlieh,  was  man  fi-üher  durch  Partikeln  wie  or  und 
kar  schon  versucht  hatte  zu  en-eichen. 


*  Dieser  hypothetische  Gcbniucli  der  Kcl.-rmn.  Kjui  =  si  qnisi  erhalt 
sich  bis  ins  18.  Jahrh.  Vgl.  Littre,  Dict.  s.  v.  qui  No.  \<>:  -("est  dommage 
que  cette  touruure  vive  et  legere  tombe  eu  desuetude."  ■ ; 


-142  Der  Konjunktiv  im  Französisthon. 

Cump.  zeigt  zuerst  que  zur  Einleitung  eines  unabhängigen  Kon- 
junktivs in  der  formelhaften  Wendung:  que  bien  l'entendes 

(Cump.  3242;  3412,  3420  etc.), 
die  sich  neben  bien  l'entendes 

(Cump.  3246,  3514,  3522,  3526  etc.) 
findet. 

Ron  III,  6258:  E  se  io  Tai,  que  Deu  l'otreit. 
R.  Charr.  79,  15:  Que  Dex  te  doint  joie  et  honor. 
Froiss.  III,  459 :  Ma  chiere  dame,  que  Dieu  vous  commande  jusques 
au  revenir! 
Daneben  gehen  die  Fälle  ohne  „que",   und  zwar  in  der  ganzen 
Periode  in  bei  weitem  überwiegender  Anzahl  (Wace  hat  ca.  93  Proz., 
Chrestien  ca.  92  Proz.,  Bertran  du  Guesclin  ca.  85  Proz.   aller  Bei- 
spiele ohne  que). 

Aum.  1 :  Von  jetzt  ab  und  innerhalb  dieser  Periode  finden  sich  auch 
mar,  mal,  a  mal  eur,  malement_  mit  dem  Konj.  Präs.  u.  Impf,  im  Sinne 
eines  verneinenden  Wunsches.  Über  die  Entwickelung  dieser  Konstruktion 
vgl.  Gaspary  in  Zs.  f.  rom.  Phil.  VII,  573  ff". 

Kou  II,  6587:  Malement  devinast  de  mei  Qui  ne  sout  deviner  de  sei. 

Lyon  5254  etc. 

Anm.  2:  Eine  andere  sehr  merkwürdige  Anwendung  dieses  Kon- 
junktivs findet  sich  Avährend  dieser  ganzen  Zeit  nach  der  hypothetischen 
Konjunktion  „se",  um  die  Wahrheit  des  Hauptsatzes  zu  beteuern.  Soll 
dies  geschehen,  so  mufs  die  Bedingung  unter  allen  Umständen  erfüllt 
sein,  also  der  Wunsch  wirklich  etwas  für  den  Redenden  Wünschenswertes 
enthalten : 

Rou  IL  070 :  ..Gentilz  her,"  dist  li  reis,  „se  deus  me  beneie,  Tuz  siü  i)rez", 
i.  e. :  „wenn  es  mein  Wunsch  ist,  dafs  Gott  mich  segne",  was  ja  immer 
der  Fall  ist. 

Erec  58G0  („se  je  soie  salx"). 

R.  Charr.  54,  10. 

Prov.  17)53:  Vaillant  sout,  se  Dex  me  sequeure. 

Cap.  5555:  se  m'arme  soit  sauv6e.* 

In  den  Aufforderungssätzen  tritt  eine  Änderung  gegen  früher 
nur  insofern  ein,  als  eine  Aufforderung  an  eine  Mehrheit  von  Per- 
sonen, zu  denen  der  Redende  selbst  nut  gehört,  gewöhnlich  in  den 
Indikativ  tritt.  Auf  diese  Weise  wird  die  Handlung,  zu  der  wir 
selbst  uns  bestimmen  wollen,  als  sicher  eintretend  hingestellt.  Aus- 
genommen sind  die  Formen  aions  und  soions,  welche  dank  ihren 
Schwesterformen   aiez   und   soiez  schon   zu  eingewurzelt   im  Sprach- 

*  Über  die  anderen  Erklärungen  dieser  Konstruktion  vgl.  1)  I?ischoff , 
Konj.  bei  Chrestien  S.  lo;  2)  Mätzner,  Syntax  $:U:?,'^;  3)  Constans, 
Legende  d'CEdipe  p.  LXI  (er  verweist  auf  Horaz,  Oden  I,  3:  Sic  te  diva 
potens  Cypri,  .  .  .  regat)! 


Der  Konjunktiv  im  Frauz(')sischen.  443 

gefühl  waren,  als  dafs  sie  durch  diese  neue  Auffassungsweise  hätten 
verdrängt  werden  können: 

Rou  III,  7181. 

Percev.  1181:  Une  maison  faisons  ci  faire  (so  21  mal). 
Nur  selten  bricht  die  alte  Anschauungsweise  noch  durch,  wie: 

Eree  4680:  facons  tost  une  biere. 

Joinv.  850:  facons  lire  le  romant. 

II.  1 .  Auf  dem  Gebiet  des  abhängigen  Konjunktivs  ist 
zu  konstatieren,  dafs  das  Wesen  desselben  doch  nicht  mehr  so  klar 
und  fest  aufgefafst  ist  als  früher.  Es  entstehen  eine  Menge  neuer, 
meist  zusammengesetzter  Wendungen,  bei  denen  das  Moment  des 
Wunsches  zurücktritt  hinter  der  Vorstellung,  dafs  das  Gewünschte 
sicher  eintreffen  wird,  daher  denn  der  Nebensatz  neben  dem  Konj., 
der  sich  immer  noch  in  überwiegender  Anzahl  erhält,  auch  Ind.,  be- 
sonders Futurum  resp.  Impf.  Fut.  aufweist.  Abgesehen  von  den 
Verben  des  Bestimmens,  wie 

Commander,  establir  (Cump.  2007 — 8.    Brut  8172), 

ordonner  (Froiss.  II,  96), 

consillier  (Froiss.  III,  64), 

en  conseil  doner  (Brut.  2938), 

avoir  conseil  (Froiss.  II,  72:  III,  22), 

acorder  (Joinv.  220,  dagegen  vgl.  Froiss.  II,  140.    III,  95), 

plaire  (Lyon  3449), 

estre  consillie  (Froiss.  III,  380), 
bei  denen  die  Vorstellung  des  Sichereintretens  ja  noch  eher  gerecht- 
fertigt ist,  gehören  hierher: 

En  pense  ot  et  en  talent  (Brut  11645). 

A  gre  li  vint  et  a  plaisir  (ib.  7309). 

avoir  talent  (Rou  III,  9690.    Lyon  2229). 

talens  m'est  pris  (G.  d'Angl.  171,  1). 

volantez  nie  vient  (Lyon  553). 

avoir  entention.    Froiss.  III,  47  :    avoit  entenfion   quo  Tendcmain 
. . .  il  se  combateroit. 
Zu  einer  reinen  Phrase  mit  der  Bedeutung  J\  arriva"  sinkt  alhnäh- 
lich  die  Wendung  herab  „Dieu  voulut" : 

Cleom.  10626:  Diex  le  vot  k'aiusi  avint 
(vgl.  Marot  ed.   Mötjens.  La  Haye  1700,  I,  76  u.  Larivey,  Le  M«.r- 
fondu  III,  3). 


1(1  Drr  Konjunktiv  im   Frjui/'.ösisclu'n. 

An  in.     Wenn  sich  im  14.  Jahrh.  Beispiele  finden  wie: 

Cap.  B31:  et  volt  qu'i  fu  pendiis. 

llen.  le  Contref.  (Bartsch'*  417,  20):  voulsissent  que  il  fut  houny.<, 
so  sind  cUese  nicht  als  abweichende  Modalkonstruktionen  aufzufassen,  son- 
dern vielmehr  der  schwankenden  Orthographie  jener  Zeiten  zuzuschreiben. 

In  Nebensätzen,  die  eine  Aufforderung  enthalten,  tritt  in  dieser 
Perlode  oft,  auch  wenn  der  Begriff  der  Aufforderung  im  Hauptsatz 
klar  ausgedrückt  ist,  das  Verb  in  den  Indikativ.  Dieser  Indikativ 
ist  zu  erklären  als  Imperativ  (Tobler,  Ztscbr.  f.  rom.  Phil.  I,  14).  Es 
liegt  also  in  diesen  Beispielen  wieder  ein  Fall  von  Kontamination 
vor:  Vermischung  der  abhängigen  Konstruktion,  die  eigentlich  den 
Konjunktiv  verlangte  und  die  auch  die  gebräuchliche  war,  mit  der 
uiuibhängigen  im  Imperativ. 

Besonders  häufige  Imperative  sind  dites  und  faites,  vielleicht 
weil  sie  auch  sonst  sehr  oft  imj^erativisch  verwandt  wurden. 

Marg.  157. 

Percev.  ;^)17G:  Por  Dieu  vos  proi.    Que  vus  ne  me  tenes  por  vil. 

(Ed.  10984 — 5:   Une   autre  fois   vos   engardes  Que  ne  faites   tel 
jugement. 

Villeh.  43,  337.    Og.  2128.    Cl.  5707. 

Joinv.  454:  nous  vous  commandojis  (pie  vous  le  dites. 

Ib.  429  ;  ib.  24. 
So  auch  noch  im  15.  Jahrh.  bei  Charles  d'Orleans  (vgl.  R.  Studien 
V,  500  ff'.). 

1  a.  Es  zeigt  sich  auch  bei  den  Verben  des  Fürchtens  eine  sehr 
abgeschwächte  Auffassung  ihrer  vu-sj)riinglichen  Bedeutung.  Sie 
sinken  bisweilen  nur  um  der  Assonanz  und  des  Reimes  willen,  aber 
auch  sonst  schon  zu  bloCsen  Verben  der  Gemütsbewegung  herab  und 
haben  dann  die  Sache,  die  als  faktisch  vorhandene  Ursache  der 
Furcht  hingestellt  wird,  im   Indikativ: 

Rou  III,  8887 :  Co  diseient  e  co  cremeient,   Que  li  Normant  pres 
les  siueient.    Ib.  7001;   ib.  II,  1921  etc. 

Joinv.  589:  je  doutai  que  c'estoit  uns  Assacis  et  pourroit  occire  le  roy. 
2.  In  den  Subjektsätzen  bleibt  die  Auffassung  sich  treu. 
Kach  den  unpersönlichen  Ausdrücken,  die  eine  Handlung  als  eine 
erwünschte  und  erstrebensAverte  oder  deren  Gegenteil  bezeichnen, 
stelil  nacli  wie  vor  der  Konjiuiktiv.  Zu  tlen  alten  koninu'ii  jct/.t  in)ch 
besonders  folgende  ni'ue  hinzu : 

(■'est   vilanie   (Cumj).   125),    co    est    graut    f'olie   (Cump.   2G41 — 2), 


I 


I 


Der  Konjuulvtiv  im  Französischen.  445 

droiz  est,  coustume  est,  il  est  contre  raison,  viltage  est  (Brut. 

2129),  il  avient  =  il  est  avenant,  il  afiert,  il  m'est  besoigne, 

il  est  mestiers,  und  seit  dem  14.  Jahrb.:  il  faut  (Bertr.  Guedel. 

275;  Froiss.  II,  357). 
Wenn   aber  diese  oder  ähnliche  Ausdrücke  dazu  dienen,   Billigung 
resp.  Mifsbilligung  einer  vorliegenden  Thatsache   aus/udrücken,   die 
also  als  Grund  dient,  so  steht  naturgemäfs  der  Indikativ. 
G.  d'Angl.  85,  2:  pecies  est^  que  je  suis  vive. 
Vrai  Aniel  136 — 7:  drois  est  que  compere  Le  mal  li  oni.   Ib.  19(>. 
In  diesem  letzteren  Falle  wird   auch  öfter  die  zu  beurteilende  That- 
sache mit  quant  eingeleitet.    Abgesehen  davon,  dafs  viele  der  obigen 
Wendungen  verschwinden   und  andere  au  ihre  Stelle  treten,  erleidet 
die  Auffassung  und  Konstruktion  betreffs  der  Modi  in  den  folgenden 
Zeiten  nie  eine  Änderung. 

3.  Auf  dem  Gebiet  der  Fragesätze  herrscht  die  alte  Auf- 
fassung noch  vor,  doch  macht  sich  allmählich  das  Bestreben  geltend, 
das  Eintreten  der  beabsichtigten  Handlung  nicht  in  Zweifel  zu 
ziehen,  sondern  das  Fragewort  zum  alleinigen  Träger  der  Ilnentschie- 
denheit  zu  machen.  Diese  Auffassung  hat  im  14.  Jahrh.  schon  das 
Übergewicht  erreicht. 

12.  Jahi-h. :  Cump.  311 — 12:  Mais  or  demusterrum   Que  .seit  nuit 

par  raisun. 
Ib.  637:    Que    seit  meis   demustrums   Par  mult   brieves   raisuns. 

Ib.  3469. 
Dagegen  Ib.  421 — 2:  E  or  demusterruns  Pur  (piei  li  juni  unl  nuns. 

Ib.  705  fl'.;  1196.    Lyon  3517  etc. 
Og.  738;  ib.  2487:  s'est  conseillies  comment  .  .  .etc. 

13.  Jahrb.:  Joinv.  475:  et  loiu-  pria  a  touz  que  il  meissent  consoil, 

comment  11  ississent  dou  ser^-^aige.  Ib.  511,  524,  64  1,  717.  74  9. 
Dagegen  Joinv.  58 :  et  se  traveilloit  connnent  il  les  nietteroit. 

14.  Jahrb.:   Cap.  820:   estez  vous  avizee  Comment  nous  soit  res- 

ponse en  ce  jour  d'ui  donnee. 
Froiss.  XI,  238:  (il)  a  mis  toute  la  paine  et  entente  qu'il   a  peü, 

comment   il    peüst   porter  grant  dommaige    au    roiauhne  de 

Honguerie. 
Dagegen  Froiss.  II,  31:   pour  avoir  conseil  et  bon  avis  connnent 

il  ordonneroit  de  le  besoingne  . .  .    Ib.  II,  8  1 ;  II.  96  ;  111.16; 

III,  49. 


44G  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

Wiewolil  die  Konstruktion  mit  dem  Konjunktiv  immer  seltener  wird, 
hält  sie  sieh  doch  noch  bis  in  das  16,  Jahrh.: 

Larivey,  Le  Fidelle  II,  7 :  Vous  n'avez  que  chercher  qui  je  sois. 

4.  Temporalsätze.  Nach  den  Konjunktionen,  die  auch 
schon  in  früheren  Zeiten  eine  doppelte  Auffassung  zuliefsen  und 
zu  denen  seit  dem  12.  Jahrh.  besonders  noch  tant  que  (jusques  ä 
tant  que)  hinzukommt,  zeigt  sich  jetzt  oft  eine  freiere  Modalverwen- 
dung. Besonders  verdrängt  das  Impf.  Fut.  häufiger  den  Konjunktiv 
der  beabsichtigten  Handlung. 

13.  Jahrh.:  Joinv.  104:  il  ne  seroit  jamais  . . .  jusques  ä  tant  que 

il  se  verroit  vengiez. 

14.  Jahrb.:  Bertr.  Guescl.  1071 — 3:   Et  lä  jura  li   ducs  ...  Que 

jamais  la  cite  ne  monsterroit  talon,  Jusqu'ä  tant  qu'il   avoit 

mis  dedens  son  penon. 
Froiss.  III,  111:  Et  institua  lä  son   oncle  .  .  .  ä  estre  baux  de 

Haynnau  et  gouverner  le  pays  . . .  jusques  ä  tant  qu'il  seroit 

revenus  . . . 
Ib.  III,  458:  et  que  chil  l'atendesissent  sus  les  camps  tant  qu'il 

venroit  etc.  etc. 

5.  In  der  zweiten  Gruppe  der  Temporalkonjunktionen  macht 
sich  auch  eine  freiere  Verwendung  der  Älodi  bemerkbar,  insofern  als 
der  Ind.  Fut.  oder  Perf.  def.  gesetzt  wird,  um  das  sichere  Eintreten 
einer  Handlung  zu  bezeichnen. 

Cump.  2172:    Ne  ja   fin    ne    prendrat   Devant   co    qu'il    vendrat 

AI  jurn. 
Ib.  1509:  Nosti'e  Sire  esguardat  Ainz  que  le  niunt  fui-mat. 
Sonst  hat  Cump.  stets  Konj.   nach  Ainz  que  und  Anceis  que:    194; 
2156;  2492;  3410. 

G.  d'Angl.  Ol,  25:  Je  ne   ponai  venir  ancois  Que  jou  venrai,  je 

vos  promet. 
Chev.  II  esp.  6925:   ne  ne  se  moura,   C'e  dist,   deuant  k'il  li  auru 

Otroie, 
Berte  2035.    Og.  1456  etc. 

/).  T.  Auf  dem  Gebiete  des  konzessiven  Konjunktivs  jnacht 
sich  im  Princip  keine  Änderung  nierklich;  aber  die  Anwendung  des- 
selben wird  eine  viel  reichere,  als  sie  früher  war.  Daher  eine  grofse 
Anzahl  teils  unabhängiger,   teils  eingeleiteter  Wendungen   bei   allen 


Der  Koujuuktlv  im  Französischeü,  441 

Schriftstellern  dieser  Periode  sich  finden.   Besonders  liebt  die  Sprache 
immer  scharfe  Gegenüberstellung  der  eingeräumten  Fälle. 

12.  Jahrb.:  Rois  III,  20,  17  (cit.  Johanfsen,  „Ausdr.  d.  Konzessiv- 

verhältnisses im  Afrz.",  Diss.,  S.  42):  U  il  viengent  pur  pais 
u  pur  bataille,  vifs  les  prenez  et  touz  liez  les  ine  menez. 

Brut  580:  ou  voiUe,  ou  non. 

Erec  182:  Ou  fust  a  tort  ou  fust  a  dreit. 

13.  Jahi-h. :  Chev.  II  esp.  5990:  u  il  me  plaise  u  il  me  griet. 
Joinv.  662:  soit  ä  tort,  soit  a  droit. 

Auch  hier  ist  die  Einleitung  des  Konjunktivs  durch  que  schon  ein- 
gedrungen : 

Ren.   de  Montauban   308,   13  (Johannfsen  S.   44):    Que   Renans 
weille  u  non  cele  part  est  tornes. 
Neben  tant  dient  jetzt  auch  tout  zur  Einräumung  des  hohen 
Grades  einer  Eigenschaft: 

Og.  725:  Tous  soiez  joenes,  si  estes  vous  ja  tes  ...    Ib.  2454. 
Ursprünglich  zum  Zweck  temporaler  Einräumung,  später  allgemeiner 
wird  verwendet  encore: 

Cl.  3553:  encor  soit  il  et  biaus  et  gens.    Ib.  4090. 

2.  Konzessiv  ist  auch  der  seit  dem  Anfang  des  1 2.  Jahrb.  sich 
zeigende  Gebrauch  des  Konjunktivs  in  den  indirekten  Fragen 
aufzufassen,  wo  der  Hauptsatz  den  Gedanken  ausdrückt,  dafs  jeman- 
dem das  Einti'eten  dieser  oder  jener  Handlung  gleichgültig  ist ;  dies 
thut  vor  allem  die  Wendung  „moi  ne  caut'' : 

Cump.  115:  Mei  ne  ehalt  que  fols  die. 

Brut  12368 :  Ne  lor  caleit  comment  alast  . . . 

Ron  III,  8930.    Percev.  8572. 

Aue.  et  Nie.  XXVII:  Moi  ne  caut  u  nous  aillons. 

Og.  5642. 
Diese  Auffassung  erhält  sich,   wenn  auch  unter  anderen  Formen  (il 
m'est  indifTerent:  Mont  III,  8,  S.  721 ;  c'estoit  tout  un:  Calv.  3,  8,  44) 
bis  auf  die  heutige  Zeit,   wo   der  Hauptsatz  die  Wendung  enthält: 
il  n'importe,  vgl.  Lücking,  Gramm.  S.  233. 

Dieser  konzessive  Konjunktiv  konnte  leicht  auch  in  einen  von 
der  obigen  Wendung  abhängigen  Konjunktionalsatz  eindringen. 
Davon  citiert  P.  Busse,  Der  Konj.  im  altfrz.  Volksepos,  Diss..  Ki<l 
1886,  S.  42,  zwei  Beispiele: 

Monge  433  tf. :  Ne  li  caut  gaires  que  on  vende  le  ble. 


448  T)ev  Konjunktiv  im  Französischen. 

Man  darf  also  dieser  Beispiele  wegen  noch  nicht  die  Behauptung 
aufstellen,  dafs  das  Altfranzösische  nach  Ausdrücken  des  Affekts  zur 
Angabe  des  Grundes  desselben  auch  den  Konjunktiv  verwandt  habe. 
3.  Auch  das  Gebiet  der  Relativsätze,  die  durch  ihren  ein- 
räumenden Sinn  das  Bereich  des  Begriffs,  worauf  sie  sich  beziehen, 
in  die  Sphäre  des  Unsicheren  hinein  erweitern,  hat  sehr  zugenommen. 
Zuerst  ist  da  zu  erwähnen  der  konzessive  Gebrauch  -der  Relativsätze, 
die  sich  auf  ein  mit  der  Präposition  por  (oder  par)  eingeleitetes  Sub- 
stantiv beziehen  (vgl.  dagegen  Mätzner,  Syntax  I,  134).  Diese  Relativ- 
sätze finden  sich  von  jetzt  ab  viel  freier  verwendet  als  in  der  ältesten 
Zeit;  allmählich  kann  sogar  für  das  Substantiv  ein  Adjektiv  ein- 
treten, so  dafs  das  que  den  Charakter  des  Relativpronomens  verliert. 

12.  Jahrb.:  Lyon  5677:   Et  je  ne  nie  desfandrai  plus,  Ne  ja  ne 

releverai  sus  De  ci  por  force  que  je  aie. 

13.  Jahrb.:  Yilleh.  XLVI,  254;  ib.  XIII,  63.   Chev.  II  esp.  1925. 

Joinv.  536. 

14.  Jahrb.:  Froiss.  II,  99. 

Diese  Konstruktion  hat  sich  —  ganz  abgesehen  von  pour  peu  que  — 
bis  jetzt  mit  Adjektiven  Avenigstens  noch  erhalten  (vgl.  Mätzner,  Gr.  •' 
S.  368  u.  563). 

Im  12.  Jahrb.  zeigt  sich  auch  zuerst  der  konzessive  Gebrauch 
des  Konj.  in  Relativsätzen,  die  einen  Superlativ-Begriff  bestimmen. 
Aber  gerade  hier  ist  der  Auffassung  des  Si^rechenden  der  weiteste 
Spielraum  gelassen,  so  dafs  ebenso  oft  der  Indikativ  vorkommt.  Be- 
sonders gebräuchlich  ist  derselbe  bei  pouvoir  und  savoir  (vgl.  Bischoti', 
Chrestien  S.  96 — 97).  Allmählich  aber  gewinnt,  wo  es  überhaupt 
möglich  ist,  die  konzessive  Auffassung  und  mit  ihr  der  Konjunktiv 
mehr  die  Oberhand,  ein  Gebrauch,  der  heute  noch  der  herrschende 
ist  (Mätzner,  Gr.  3  369— 37 U). 

12.  Jahrb.:  Wace  hat  noch  überall  den  Indikativ. 
Erec  1868:  Dous  chasteax  lor  avoit  promis,   Les  meillors  et  les 
mieuz  assis.    Et  ces,  qui  moins  dotassent  guerre,  Qui  fussent 
en  tote  sa  terre  etc.    Bei  Chrestien  überwiegt  sonst  auch  noch 
der  Gebrauch  des  Indikativs.     Mlleh.  V,  25. 
1.'..  Jahrb.:  Chev.  II  esp.  7614.    Ci.  90.    Og.  2118  etc. 
Joinv.  597:  li  premiers  autels  qui  onques  fust  fais. 
1  I.  Jahrb. :  Bertr.  Guescl.  220 ;  ib.  1020 ;  aber  Froiss.  II,  85 :  sour  le 
plus  petit  maigre  et  chctif  cheval  qu'il  pot  trouver.   Ib.  II,  356. 


Der  Konjunktiv  im  Franz;)sischen.  449 

Für  das  Schwanken  noch  im  1.').  Jahrli.  ist  bezeichnend ; 

Chron.  Chast.  I,  51 :  les  plus  amferes  complaintes  qui  oncques  oyes 
furent,  ne  qui  jamais  partissent  de  fille  de  roy. 
Chastellain  zieht  sonst  den  Konjunktiv  vor,   ebenso   auch   im   allge- 
meinen die   Schriftsteller  des    IG.  Jahrh.    Über  das  IG.  Jahrh.  vgl. 
Weifsgerber,  Ztschr.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Litt.  VIII,  7,  S.  303—304. 

4.  Auf  derselben  Auffassung  beruht  der  konzessive  Gebrauch 
des  Konjunktivs  im  zweiten  Teil  des  A^'ergleichs  einer  Ungleichheit 
(Modalsätze,  vgl.  Horning,  Ztschr.  f.  rom.  Phil.  V,  38 G  ff.).  Der 
Inhalt  dieses  zweiten  Teils  wird  in  seinem  vollen  Umfange  einge- 
räumt, damit  der  diesen  noch  übertreffende  Inhalt  dadurch  um  so 
bedeutender  erscheint.  Natürlich  findet  sieh  auch  hier  der  Indikativ 
als  Modus  der  einfach  berichtenden  Darstellung  häufig  genug,  was 
nach  Horning  in   den  Texten  des  westlichen  Frankreichs  Regel  ist. 

1 2.  Jahrh. :  Ron  II,  3295:  N'en  out  graignur  pitie  qu'il  eussent  de  tors. 

13.  Jahrh.:  Villeh.  XII,  56. 

Aue.  et  Nie.  14,  IG:  Mais  je  vous  aim  plus  que  vous  ne  facies  mi. 
Buev.  de  Corani.  9S. 
Beide  Modi  in 

Berte  1276:  La  char  avoit  plus  blanche  que  ne  soit  blanche  laine, 
Et  les  cheveus  plus  blons  que  oncques  n'ot  Elaine. 

14.  Jahrh.:  Jean  de  Cond.  I,  89—90  etc. 

Cap.  41 — 42:  (Que)  plus  leur  doy,  ce  croy,  .VI.  fiez.  voire  X.  Que 
je  n'aie  vaillant. 

Lehrreich  für  die  Willkür  der  Auffassung  ist  auch : 

Froiss.  II,  356:  li  rois  d'Englterre  est  plus  prooains  voirenient  un 
degre  de  la  couronne  de  France  et  de  l'iretage  que  ne  soit 
Phelippes  de  Valois  et  plus  chier  auerions  ce  proufit  pour 
nostre  fil  . . .  que  nous  ne  ferions  pour  Phelippe  de  Valois. 

Es  ist  nur  eine  Äufserung  desselben  Sprachgeistes,  wenn  sicli  dieser 

Modus  auch  in  Vergleichen  der  Gleichheit,  wenn  aucb  liier  seltener, 

findet. 

12.  Jahrh.:  Rou  I,  456. 

13.  Jahrh.:  Joinv.  813:  un  home  si  vieil  come  home  poist  estre. 

14.  Jahrh.:  Jeh.  de  Cond.  I,  340. 

In  den  eigentlichen  sogen.  Konzessivsätzen  ist  keine  Änderung  hin- 
sichtlich der  Konstruktion  von  derjenigen  der  ei-steii  Periode  (vgl. 
S.  433  u.  434)  eingetreten. 

Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  29 


4f)0  Der  Konjunktiv  im  Frauzösischen. 

II.  1.  Der  potentielle  Konj  Uli  ktiv  in  Hauptsätzen 
ist  immer  noch  das  Gewülinliche ;  daneben  aber  findet  sich  bisweilen 
schon  das  Imi)f.  Fut.  in  gleicher  Bedeutung.  Diese  Erscheinung, 
dafs  dies  Tempus  immer  mehr  Modalcharakter  annimmt,  ist  im 
wesentlichen  eine  Bildung  nach  Analogie  der  hypothetischen  Satz- 
gefüge, bei  denen  das  Impf.  Fut.  seit  dem  11.  Jahrh.  in  schnell  zu- 
nehmender Zahl  den  Konj.  Impf,  im  Hauptsatze  ersetzte  (vgl.  S.  45 G). 

Bertr.  Guescl.  255:  Or  n'oseroie  aler  oü  vos  p^res  seroit. 

Dagegen  ib.  261 :  Bien  vousist  que;  ib.  1108 :  Je  voudroie  qu'il  fust. 

Froiss.  III,  9 :  Je  ne  vous  poroie  pas  racompter  tous  les  assaux. 
Das  Schwanken   der  Konstruktion   zeigen  folgende  zwei   nahe  bei- 
einander stehende  Stellen  gut: 

Froiss.  III,  455:  ...;  mos  deuissies  faire  feste  et  joie. 

Ib.  III,  45():  . . .,  vous  devries  toujours  faire  bonne  chiere. 

2.  a)  Hinsichtlich  der  Konstruktion  der  Verben  des  Denkens 
bleibt  die  Sprache  sich  nicht  ganz  konsequent.  Es  ist  nur  cuidier, 
das  dank  seiner  eigentümlichen  Bedeutung  den  Konjunktiv  bevor- 
zugt, während  die  anderen,  den  Sinn  der  ITnbestimmtheit  hintansetzend, 
sich  mehr  der  rein  objektiven  Darstellungsweise  zuwenden. 

Hier  nur  einige  Beispiele,  die  das  Schwanken  der  Auffassung 
zeigen : 

Gl.  15544:  Lors  pense  que  il  soit  perdus,  Qu  que  il  ne  set  revenir. 

Froiss.  II,  295:   si  quida  bien  que  li  hiraux  li  dist  vei'ite  et  qu'il 
fuissent  lä  venu  par  voie  de  veu. 

Ib.  III,  45  (quider  zweimal  c.  conj.);  III,  48  (quidoit  bien  c.  conj.). 

b)  Ist  dagegen  irgend  ein  Verb  der  Vorstellung  (oder  des  Wissens) 
bedingt  oder  verneint  gebraucht,  so  ist  der  Konjunktiv  als  Ausdruck 
der  Unsicherheit  oder  auch  der  Irrealität  des  Vorgestellten  der  regu- 
läre Modus.  Beispiele  dafür  finden  sich  zu  allen  Zeiten  in  Menge. 
Hierher  gehören  auch  die  Verben,  die  an  sich  schon  einen  Begrift" 
der  Unsicherheit  oder  der  Negation  ausdrücken,  wie  douter  (R.  Gharr. 
106,  23),  desesperer  (T.yon  5095),  oublier  (G.  d'Angl.  169,  9;  Gg.  2463). 

c)  Zu  den  verneinten  Verben  des  Sagens  tritt  noch  hinzu  celer 
(Og.  7559)  und  nier.  Ist  das  Sagen  nur  ein  angenommenes,  wie 
dann,  wenn  das  Verbum  dicendi  im  Vorder-  oder  Nachsatz  eines 
hypothetischen  Satzgefüges  steht,  so  wird  auch  das,  was  unter  dieser 
Annahme  gesagt  worden  wäre,  mit  in  den  Gedankenkreis  eines  nur 
Möglichen  gezogen  und  tritt  daher  in  den  Konjunktiv. 


Der  Konjunktiv  im  Französischen.  451 

Eon  III,  9068:  Mais  se  il  li  eust  aidie  ...    Dil  fus(  que  par  le  n.i 
l'eust.    Og.  5933  etc. 
Selten  findet  sich  hier  eine  rein  objektive  Dar.stelhuig  wie 

Og.  3730:  Qui  ...  Bien  peüst  dire  qu'il  erent  noble  et  fier. 
Dahin  gehört  der  Fall,   wo  das  verbuni  declarandi   im  Konj.   steht 
und  so  auch  das  Gesagte  mit  in   diesen  Bereich  gezogen   wird  (at- 
tractio  modorum). 

Bi-ut  3829:  Por  ce  que  l'on  dire  peust  Que  pres  d'iloc  cite  m'eust. 

Percev.  0778. 
Aber  auch  sonst  steht  bisweilen  nach  positivem  Verb  der  Konjunktiv, 
um  die  L-realität  des  Ausgesagten  zu  betonen: 

Kou  I,  585 :  Chascuns  kil  veit,  dist  qu'il  seit  mort, 
ßind  die  verba  sentiendi  et  declarandi  mit  negativem  Sinn  wiederum 
negiert,  so  erhalten  sie  einen  positiven  Sinn  und  niüfsten  logischer- 
weise den  Indikativ  fordern.  Es  zeigt  sich  hier  aber,  wie  die  Macht 
der  Gewohnheit,  nach  diesen  Verben  sonst  den  Konjunktiv  zu  setzen, 
den  Sieg  davon  trug  über  die  Logik,  da  man  öfter  den  Konjunktiv 
in  diesem  Falle  findet,  was  allmählich  Regel  ward. 

a)  Bei  douter: 

Chev.  II  esp.  2393:  Et  sot  bien  ne  point  ne  doutoit  Ke  eil  cheuaus 

par  uoir  estoit  Son  neuen  . . . 
Dagegen:  Lyon  0011:  Dame,  de  ce  ne  dot  ge  rien,  Que  vos  ne  li 

puissiez  molt  bien  Sa  pes  faire. 

b)  Brut  4220;  Rou  III,  3473  (ne  pas  celer  c.  Ind.) 

R.  Charr.  109,  30:  Ja  por  moi  ne  sera  noie,  Que  je  ne  Ten   se 

point  de  gi'e. 
c.  Konj.:  Lyon  1701:  Viax  tu  donc,  fet  ele,  noier  Que  par  toi  ne 
soit  morz  mes  sire  ? 
Anm.:  Das  merkwürdige,   jetzt  allgemeine  Gesetz,   dafs  in   einem 
vorangestellten  Objektsatze  eines  verbum  dicendi  der  Konjunktiv  eintritt, 
scheint  im  13.  Jalirh.  zuerst  ein  Beispiel  aufzu weisen :_ 

Joinv.  805:  Que  pechiez  soit  ordure,  ce  tesmoigne  li  ]iaiens. 
Man  kann  \äelleicht  als  Grund  dafür  anführen,  dals  der  Iiilialt  des  Neben- 
satzes, da  seine  Auffassung  nicht  von  vornherein  durch  einen  voran- 
geliendenVerbalbegrhr  bestimmt  ist,  zunächst  schwankend  ausgedrückt  wird. 
Lidforss  (Observations  sur  l'usage  syntaxique  de  Konsard  etc.  Luud 
1865,  S.  48  ff.)  weist  zur  Erklärung  auf  denselben  Ge])rau(li  im  .Mittel- 
hochdeutschen hin. 

3.  Es  ist  nur  ein  Zuwachs  an  Ausdrucksmitteln,  nicht  aber 
eine  eigentliche  Änderung  der  Auffassung,  wenn  von  einer  schein- 
baren Handlung  berichtet  wird  luicli  Ausdrücken  wie  „faire  sejnl)lan(" 

29* 


452  Der  Konjunktiv  im  Französischeil. 

und  „moiietrer  semblant"  =:  so  thiui  als  ob.     Der  Konjunktiv  steht 
zuuj  Ausdruck  von  etwas  Unentschiedenem. 

12.  Jahrh.:   Brut  90:5'):   Semblant  fist  que  rault  Ten  pesast.    Erec 

G037. 

13.  Jahrb.:  Berte  1796. 

14.  Jahrb.:  Bertr.  Guescl.  887:   eii  faisant  le  samblant  Que  pour 

ceulx  du  ebastel  nous  aillons  travillant. 
„faire  semblant"  c.  Ind.  heifst  geradezu :  etwas  Thatsächliches  zeigen 
(durch  sein  Benehmen). 

3.    a)  Subjektsätze.    Hieran  schliefsen  sich   nach  Sinn  und 
Konstruktion  die  schon  aus  der  ersten  Periode  bekannten  Fälle  an, 
wo  das  Scheinen  einer  Sache  berichtet  wird,  die  Realität  also  völlig 
unsicher  bleibt.    Die  Mehrzahl   dieser  Fälle  hat  konsequenterweise 
den  Konjunktiv,  daneben  aber  findet  sich  häufig  genug  der  Indikativ. 
Abgesehen  von  den  neuen  Wendungen   liegt  also   auch  hier  eigent- 
lich keine  Änderung  der  ersten  Periode  gegenüber  vor. 
Erec  1152:  Bien  i  pert,  qu'il  s'est  combatuz. 
Og.  288 :  Quar  bleu  li  samble  trop  en  a  deraore. 
Froiss.  III,  49 :  . . .,  car  il  leur  sambloit  que  celle  cevauchie  estoit 
parfaite. 
Man  kann  beobachten,   wie  diese  letzte  Auffassung  besonders  über- 
wiegt, sobald  die  Person,  der  etwas  scheint,  mit  ausgedrückt  ist;  d.  h. 
nach  den  Ausdrücken  moi  est  vis,  ce  m'est  avis,  il  me  semble. 

So  bleibt  Auffassung  und  Konstruktion  bis  auf  die  heutige  Zeit, 
doch  läfst  sich  für  keine  Zeit  der  Gebrauch  bestimmt  fixieren. 

b)  Zur  Angabe  einer  nicht  eintretenden  Handlung  steht  im  all- 
gemeinen in  dieser  Periode  wie  in  den  früheren  und  wie  in  allen 
späteren  der  Konjunktiv  der  Ungewifsheit  resp.  Irrealität  neben  dem 
Indikativ  als  Modus  der  sicheren  Darstellung  (Mätzner  S.  361). 

Eiiu'  merkwürdige  Ausnahme  bietet  sich  seit  dem  12.  Jahrh. 
nach  einer  Wendung  wie  ,,peu  s'en  faut  que".  Man  findet  nämlich 
in  dieser  ganzen  Periode  danach  den  Indikativ: 

12.  Jahrb.:  Brut  1161:  poi  se  fali  Que  desoz  soi  ne  l'abati. 
Zur  I^rklärung   dieser   eigentümlichen    Konstruktion    wird   man    sich 
wohl  auf  die  Kontamination  berufen  können,  indem  man  Vermischung 
zweier  Darstellungsweisen  annimmt: 

Es  fehlte  wenig,  dafs  er  ihn  zu  Boden  warf  (was  den  Konjunktiv 
verlangt  hätte),  und:  Er  warf  ihii  nicht  zu  Boden. 


I 


Der  Konjunktiv  im  Franzüsi.'^oheu.  453 

13.  Jahrb.:  Villeh.  LXV,  -iOo. 

Ahnlich:  Joinv.  SOG:   a  pou   8e  ala,    quc   il    iie   nous  afoiulroroiit 

en  l'yeaue. 
Dagegen  Chev.  II  esp.  G674 :   Pen   «'cn    faul  k'il   ne   lui   cstuisse 
A  pasmer. 
Noch  Garnier  (ed.  Förster)  VI,  774  liat: 

Conibien  s'en  est  fallu  que  ie  n'ay  veu  descendre  sur  vous,   lucs 
deux  enfans,  vn  carnager  eschmdre.  * 
Der  Konjunktiv   ist   aber  doch   seit   dem    IG.  Jahrb.    vorherrschend. 
Vgl.  AVeifsgerber,  Zs.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Litt.  VIII,  7,  S.  282. 

4.  In  den  indirekten  Fragesätzen  unsicheren  Inhalts 
zeigt  sich  jetzt  der  Indikativ  schon  viel  mehr  in  A^erwendung  als 
früher.  Schon  bei  Chrestien  stehen  nur  25  Froz.  derartiger  Sätze  im 
Konjunktiv. 

Og.  1438:  ne  sai  que  plus  vous  die. 

Berte  104:  ne  sevent  quel  part  puissent. 

Joinv.  14:  il  ne  veoient  pas  comment  la  neiz  pcust  soufrir  les  cos 

des  ondes. 
Cap.  p.  32:  Dame  roine,    estez-vous    avizee  Comment   nous   soit 
response  en  ce  jour  d'ui  donnee? 
In  Froissart  scheint  nur  der  Indikativ   in  solcher  indirekten  Frage 
zu  stehen  (II,  G7;  II,  129;  II,  478  etc.). 

5.  Hinsichtlich  der  Relativsätze  tritt,  abgesehen  davon, 
dafs  die  oben  (p.  438)  erwälmte  Konstruktion  uno  y.oivm-  logisclieren 
Konstruktionen  Platz  machen  mufs,  in  dieser  wie  in  iX^n  späteren 
Perioden  keine  Änderung  ein.  Auch  die  neuen  Ausdrucksweisen, 
welche  die  fortschreitende  Entwickelung  der  Siiraclie  erzeug!,  werden 
aus  dem  alten  Geiste  heraus  gel)oren ;  so  l)esonders  die  Wendungen : 

quc  je  puisse,  que  je  sache,  que  je  oisse,  que  moi  soveigne  u.  a. 
Diese  Relativsätze  dienen   dazu,  den   Inhalt  einer  Aussage   zu  be- 
schränken auf  das,  was  man  selbst  kann,   weil's,  hörte  etc.    Ist  nun 
der  Inhalt  der  Aussage  ein  negativer,   so   wird  durch   eine  Art  von 
Ideenassociation   auch   der  Begriff  des  Könnens  etc.   in  den  Bereich 


*  Vgl.  die  Wendung  pur  jx)!  quo: 
Rol.  oG08:  Carles  cancelet,  pur  poi  qu'il  n'est  caüt,  wegen  eines  Wenigen 

(nur)  ist  er  nicht  gefallen. 
Gorm.  (Bartsch  24,  31):  a  bien  i>etit  qucd  il  ne  chiet. 
Villon  G.  T.  26,  8:  A  peu  que  le  cueur  ne  me  fend. 


454  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

deR  Unsifhcren  resp.  Irrealen  gezogen,  daher  denn  der  Konjunktiv. 
Vgl.  Tübler  in  Zs.  f.  rem.  Phil.  II,  560  ff.  Der  Indikativ  ist  aLso  an 
seiner  Stelle  in 

Rou  I,  444  ff.:  Lungement  pariit  en  Angou  ...  Li  gaz  e  la  de- 
struction  Que  Hasteins  iist,  que  nus  savum. 
Aber 

Rou  II,  2207:  Unkes  n'en  deraanda  trieves,  que  Tum  oist. 

Lyon  5784.    R.  Charr.  122,  10:  La,  ou  je  puisse,  ne  nie  verra  ja 
nule  espie. 

Chev.  II  esp.  821  (dont  clc  se  membrast). 

Joinv.  594:  que  je  oisse. 
Diese  Konstruktion  hat  sich   durch   alle  Zelten  hindurch   erhalten. 
Von  gebräuchlichen  Wendungen  allerdings  findet  sich  nui*  noch  que 
je  Sache  und  qu'il  me  souvienne.   Vgl.  Lücking,  Frz.  Gr.  §  316,  S.  240. 

6.  Auch  auf  dem  Gebiete  dei'  Konsekutivsätze  ist  eine 
Erweiterung  insofern  zu  verzeiclinen,  dafs  das  Verb  derselben  auch 
dann,  wenn  sie  die  Folge  einer  hypothetischen  Annahme  oder  einer 
Frage  mit  unsicherem  Sinne  angeben,  naturgemäfs  in  den  Konjunktiv 
der  Unsicherheit  tritt: 

Cump.  2113:  Se  itant  feissum  Que  nus  nel  cuntissum  Vendreit . . . 

Ib.  3498  ff.,  139  ff. 

Percev.  2836:  Se  vos  en  venes  au  desus,  Qu'envers  vos  ne  se  puisse 

plus  Dcffendre  . . . 

Tb.  24 1 9 :   Et  ma  coupe  coment  ot  il  ?    Aime  le  tant  u  prise  chil, 

Qu'il  li  ait  de  son  gre  reudue? 

Solche  Beispiele  finden  sich   iji  allen  Schriftstellern  aller  folgenden 

Zeiten. 

Anm.r  Um  auszudrückcu,  dafs  eine  Handlung:,  welche  die  Hand- 
lung des  Hauptsatzes  begleiten  könnte,  nicht  eingetroffen  ist,  wird  seit 
dieser  Zeit,  wiewohl  noch  selten,  die  Konjunktion  ^sans  que"*  angewandt 
und  zwar  c.  Coni.: 

liyon  3817:  .Toie  por  lor  oste  cnorer  Font,  sans  ce,  que  talent  en  aient. 
Ist  aber  die  begleitende  Handlung  schon  verneint  ausgedrückt,  oder  leitet 
überhaupt  sans  que  ein  festes  Faktum  ein,  so  steht  natürlich  der  Ind.: 

Nieh.  2<J(J:  Benz  ceo  que  mnstrez  ne  lor  fu  Ne  ne  l'eurent  aiuceis  veü. 

llou  III,  Ü.JÜ'J.     Lyon   1.j74;  ib.  212'.. 

.Foiuv.  ;*>88:  sanz  ce  que  uulz  ne  Ten  i)rioit. 

Folgende  Konstruktion  entwickelt  sich  erst  im  Laufe  dieser 
Periode : 

7.  Kausalsätze  haben  dann  den  Konjunktiv,  wenn  ein 
Grund  zurückgewiesen  wird  mit  Hilfe  einer  vor  die  Kausalkonjunktion 


I 


Der  Konjunktiv  im  Franz()(<ischen.  455 

gesetzten  Negation.  Der  Inhalt  desselben  ist  dann  nämlich  entweder 
unsicher  gelassen  oder  er  wird  als  entschieden  irreal  hingestellt,  doch 
ist  in  dieser  ganzen  Periode  diese  Konstruktion  noch  sehr  selten. 

Cl.  1998:  Je  nel  di  pas  pour  ce,  sachiez,  k'assez  vaillans  gens  nc  soiez. 
8.  Auf  dem  Gebiet  der  Konditionalsätze  hat  für  die 
sumptio  dandi  der  Indikativ,  der  ja  schon  früher  das  Übergewicht 
hatte,  den  Konjunktiv  immer  mehr,  aber  doch  noch  nicht  völlig  ver- 
drängt (Cump.  2303 — 5).  Für  die  sumptio  ficti  erhält  sich  die  alte 
Konstruktion  impf,  du  subj.  —  impf,  du  subj.  in  starker  Anzahl 
während  der  ganzen  Periode  weiter.  Daneben  aber  tritt  auf  und 
nimmt  an  Gebrauch  schnell  zu  die  der  sumptio  dandi  analog  ge- 
I)ildete  Konstruktion :  impf,  de  l'ind.  —  impf,  du  fut.  Zuerst  scheint 
w'ieder  Cump.  diese  Konstruktion  zu  haben: 

Cump.  315:  E  tuz  tens  durereit  (i.  e.  Nuit)  Se  li   soleilz   n'estcit. 
Ib.  2531,  2559. 
Chrestien  hat  in  der  sumptio  ficti  im  vollständigen  Satzgefüge  nach 
si  schon  ca.  3G  Proz.  aller  Beispiele  mit  dem  Indikativ,  Chcv.  II  esp. 
ca.  50  Proz.,  Hugues  Capet  uiid  Froissart  ca.  60  Proz. 

Werden  aber  die  Bedingungen  fortgesetzt,  so  bleibt  die  alle 
Auffassung  bestehen,  d.  h.  die  folgenden  Bedingungen  treten  in  den 
Konjunktiv,  der  allerdings  von  dieser  Periode  ab  entsprechend  dem 
sonstigen  Gebrauch  öfter  durch  „que"  eingeleitet  erscheint.  In  dieser 
Periode  überwiegt  aber  noch  die  Fortsetzung  der  Bedingung  ohne 
„que"  und  in  zweiter  Linie  kommt  die  Wiederholung  der  Kon- 
junktion si.  Über  den  Unterschied  dieser  Konstruktionen  vgl.  die 
Erklärung  Toblers  bei  Bisehoff  a.  a.  O.  S.  1 24. 

'Veränderungen  in  der  dritten  Periode. 

15.  und  IG.  Jahrhundert. 
A.  I.  In  den  Wunsch-  und  noch  mehr  in  den  Aufforderungs- 
sätzen  dringt  „que"  als  einleitende  Konjunktion  immer  weiter  vor; 
doch  ist  gerade  hierbei  der  sulijektiven  Neigung  grofser  Spielraum  ge- 
lassen. Während  z.  B.  im  Test.  Pathelin  vom  Anfang  des  1 5.  Jahrh.  nur 
zwei  Beispiele  mit  „que"  sich  finden :  548  Que  Dieu  luv  soit  miseri- 
cors,  und  ib.  297*  (cit.  Muret  in  Herr.  Arch.  Bd.  39,  S.  97),  hat  der 

*  Das  dritte  Beispiel  mit  que,  das  Muret  citiert:  Test.  V.  111,  rechne 
ich  nicht  hierher.    Vgl.  8.  457,  sub  B. 


456  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

gegen  liöl  zu  schreiben  anfiingendc  Chronist  Georges  Chastellain 
in  der  i\Ichrzahl  der  unabhängigen  AVunschsätze  ein  „que"  :  I,  öi': 
(juc  jnaudite  soit  l'heLU'e  de  ma  naissance,  ny  quo  engendree  fusse 
(ebenso  I,  29;  I,  48;  I,  52  u.  a.    Dagegen  I,  i7;  I,  61). 

Für  das  16.  Jahrh.  zeigt  sich  keine  ^Vnderung  in  dieser  Hin- 
sicht. Vgl.  AVeifsgerber,  Diss.,  Giefsen  1886,  S.  1 — 10.  Garnier  hat 
nach  Haase  (Frz.  St.  V,  1,  S.  48  ff.)  161  Beispiele  mit  que,  55  ohne 
que.  Auch  in  der  Folgezeit  ist  die  Einleitung  des  Konjunktivs  durch 
que  stets  das  Überwiegende  gewesen.  Vgl.  Lücking,  Frz.  Gr.  S.  23 1. 
II.  1.  Hinsichtlich  des  abhängigen  Konj  unk  ti  vs  zeigt 
sich  weder  in  dieser  noch  in  einer  späteren  Periode  eine  jirincipielle 
Änderung  der  alten  Auffassung. 

1  a.  Im  Laufe  dieser  Periode  aber  geht  die  Abschwächung  des 
alteji  Begriffs  des  Fürchtens  als  eines  AVunsch-Begriffs  immer 
Aveiter  vor  sich. 

Chr.  Chast.  I,  29 :  et  si  tost  (ju'il  avoit  fern,  pouvoit  doubter  qu'il 

le  reseroit.  Vgl.  ib.  I,  31. 
Montaigne  (cit.  Glauning  in  Herr.  Arch.  Bd.  19):  Je  crains  que 
c'est  un  traistre. 
AVeifsgorbcr,  Diss.  S.  20,  führt  ca.  17  Proz.  der  Beispiele  c.  Ind.  auf, 
wobei  allerdings  auch  diejenigen  mitgezählt  sind,  bei  denen  das  Fut. 
resp.  Impf.  Fut.  infolge  der  hypothetischen  Auffassung  des  Neben- 
satzes steht,  wie 

Heptaraeron  140,  VI,  57:   craignant  que,  si  eile  s'cn  appercevoil, 
je  perdrois  le  moicn  de  souvent  la  frequent<?r. 
2.    Hinsichtlich  der  Temporalsätze  ist  die  in  der  vorigen 
Periode  geltende  Freiheit  wieder  verschwunden : 

a)  jusques  a  ce  que  und  jusqucs  a  tant  que  haben  ganz  wie  in 
der  ersten  Periode  den  Indikativ  oder  Konjunktiv  nach  sich. 

c.  Konj.:  C.  N.  N.  I,  3:  rentree  du  prinsault  luy  fut  refusee  jusques 

ad  ce  qu'il  nommast  son  parain.  Ib.  I,  61. 
c.  Ind.:  Ib.  I,  47;  I,  48;  I,  73:  faisoit  des  choses  merveilieuses  ... 

jus(iues  ad  ce  que  Dicu  plus  ne  vouloit  . .  . 
Jean  Marot  V,  121  (cit.  Littre  s.  v.  Jusque;  vgl.  Glauning,  Synt. 

Stud.  zu  Marot). 

b)  ains  que  — -  bei  Rabelais  schon  selten,  bei  Montaigne  nicht 
mehr  vorhanden;  vgl.  Glauning  in  Herr.  Arch.  Bd.  49  — ,  avant  que, 
devant   que,   paravant   que   (Comm.  ed.  Buchon  2,  4),  premier  que 


I 
I 


Der  Konjunktiv  im  F'ranzösischcn.  457 

(Chr.  Chast.  I,  47)  mit  dem  Konjunktiv.    In  der  Konstruktion  dieser 
Sätze  ändert  sich  bis  in  die  Neuzeit  nichts.   Vgl.  Mätzner,  Gr.  S.  365. 

B.  Auch  in  dieser  Periode  ist  das  Gebiet  des  konzessiven 
Konjunktivs  ein  sehr  uinfangi-eiches.  Die  Einleitung  desselben 
durch  „que''  hat  jetzt  auch  hier  grofse  Fortschritte  gemacht. 

15.  Jahrb.:  Test.  Path.  144:  Qui  scaura  Trouver,   que  ce  soit  §ä 

ou  lä,  Que  j'aye  une  fois  de  bon  vin  ? 

Ohne  que:  Villon,  G.  T.  47,  3:  Vaille  que  vaille. 
Hier  ist  auch  der  Relativsatz  konzessiv: 

Mag  er  immerhin  wert  sein,  soviel  er  nur  immer  wert  sein  mag. 
Ebenso 

Chr.  Chast.  I,  80:  Fist  qui  pust  ou  laissast  qui  voulsist. 

16.  Jahrb.:  Marot  129:  Et  qu'ainsi  soit  ... 

Larivey,  La  Constance  I,  1.*    Ib.  III,  7:  qu'il  soit  vray. 
Vgl.  AVeifsgerber,  Diss.  S.  10 — 11.    Auch  diese  Konstruktion  bleibt 
bis  in  die  Neuzeit  dieselbe.    Vgl.  Mätzner,  Gr.  S.  359. 

Hinsichtlich  der  eigentlichen  Konzessivsätze  läfst  sich  für  das 
1 5.  und  1 6.  Jahrb.  noch  weniger  eine  Regel  für  den  Modalgcbrauch 
fixieren  als  früher.  Im  allgemeinen  überwiegt,  zumal  im  16.  Jahrb., 
die  konzessive  Auffassung,  d.  h.  die  Konstruktion  mit  dem  Kon- 
junktiv über  die  einfach  berichtende  Darstellung  mit  dem  Indikativ. 
Konj.:   Chr.  Chast.  I,  58:   combien  que  delibere  y  soye  e  conclu. 

Ib.  I,  65. 
Ib.  I,  88 :  comment  que  fust. 

Comm.  (ed.  Buchon)  I,  8 :  pour  excuse  qu'en  S9ust  faire. 
Ib.  4,  10:  pour  quelquc  bruit  qu'il  y  eüt. 
Vgl.  Weifsgerber,  Zs.  VIII,  7,  S.  307—312. 

Ind.:  Chr.  Chast.  I,  56:  quoy  qu'il  avoit  appris.    Ib.  I,  58. 
Comm.  7,  15:  encore  qu'il  peut  bien  i  avoir  d'autres  fautes. 
Rabelais  III,  38  (cit.   Schäffer  in   Herr.   Arch.   Bd.  35):   quelque 
fille  il  vouldra  choisir. 
Anm.:  Nach  non  obstant  que,  das  seit  dem  Anfunp  des  i:>.  .lahrh. 
als   Konjunktion   auftritt,   herrscht   iui  15.  Jahrh.   noch   keine   konzessive 
Auffassung;  es  wird  die  gegensätzliche  Thatsachc  einfach  berichtet: 
Chr.  Chast.  I,  2«:    nouobstant   qu'elles  son  espouventables   ä  attendre. 
Comm.  (ed.  B.)  o,  6:    en    estois    bien    assure,    non    olistant    que  je   ne 
sjavois  bien  le  contraire.     Ib.  :!,  9. 


Vgl.  Vogels  in  Rom.  Stud.  V,  445  ff. 


458  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

ir.  1.  Bezüglich  des  potentiellen  Konjunktivs  streiten 
sich  noch  inuner  Konjunktiv  und  Impf.  Fut.  um  die  Herrschaft  (vgl. 
Chr.  Chast.  I,  58  u.  59).  Eine  Neuerung  allerdings  ist  seit  dem  An- 
fang des  16.  Jahrh.  eingetreten:  Um  in  bescheidener  Weise  das 
eigene  Wissen  oder  Können  unbestimmter  auszudrücken,  setzt  man 
den  Konj.  Präs.  von  savoir  und  pouvoir.  Dieser  Gebrauch  ist  wahr- 
scheinlich mit  hervorgerufen  durch  das  schon  in  der  vorigen  Periode 
so  häufige  Auftreten  der  Formeln  (jue  je  sache,  que  je  puisse  (vgl. 
S.  455).    Beispiele  hat  Weifsgerber,  Diss.  S.  12. 

2.  Im  15.  Jahrh.  setzt  sich  zunächst  die  alte  Tendenz  des 
Schwankens  hinsichtlich  der  Verba  des  Vo rs teile ns  (auch 
cuider)  noch  fort;   dieselbe  ist  durchaus  noch   nicht  fester  geworden. 

Chr.  Chast.  I,    22:    Sy  croy  sürement,    ...   certes  que  vray    soit 

glorieux  martir.    Ib.  I,  Go. 
Ib.  I,  80:   cuidans  qu'il  fust  favorable  aux  acteurs  et  que  faveur 

plus  fust  cause. 
Ib.  I,  92 :  pensans  que  nous  ayons  tout  oublye. 
c.  Ind.:  Ib.  I,  30:   car  fermeraent  croy,  et  bien  y  a  paru,   que  le 

bon  prince  s'en  mit  au  droit  ploy. 
Comra.  II,  13,  S.  57,  1:   et  croy  qu'il  n'y  mourut  point  deux  cens 
personnes  en  tout,   que  tout  le  reste  ne  fuist,  ou  se  cachast 
aux  eglises. 
Ib.:  et  croy  <{u'il  y  avoit  quarante  mille  hommes. 
Im  IG.  und  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrh.  Jiinnut  die  Anwen- 
dung von  cuider  in   seiner  ursprünglichen  Bedeutung  allmählich  ab 
—  vgl.  Haase,  Frz.  Stud.  V,  1,  S.  52:  cuider  =  penser  — .    Diese 
Bedeutung  wird   nun   von  anderen  Verben  wie  songer,  estimer,  pen- 
ser u.  a.  mit  übernommen.    So  kommt  es,  dal's  in  dieser  Periode  der 
Konjunktiv  nach  diesen  Verben  häufiger  ist  als  früher.    Vgl.  Weifs- 
gerber, Zs.  VIII,  7,  S.  280—292. 

3.  Der  Konjunktiv  der  Ungewil'sheit  im  indirekten  Frage- 
sa tze  findet  sich  noch  im  15.  und  10.  Jahrb.:  er  scheint  erst  vom 
Ende  des  10.  Jahrh.  an  zu  verschwinden. 

Maistre  P.  Patelin  (ed.  Genin)  S.  31  :   Et  nc  pouvois  scavoir  com- 
ment  nous  en  peussons  avoir. 
Cf.  Weifsgerber,  Zs.  VIII,  7,  S.  293—294. 

4.  Auf  dem  Gebiet  der  A  d  ver  bi  al  sätze  sind  wenig  Ver- 
ändei'lngen  zu  verzeichnen. 


Der  Konjunktiv  im  FranziVsischon.  459. 

a)  Die  in  der  vorigen  Periode  entstandene  Konstruktion  der 
abwehrenden  kausalsätze  findet  sich  in  dieser  Periode  etwas  häufiger: 

Chr.  Chast.  I,  93:  non  pas  qu'il  besoingnast  a  ses  gens. 
Calv.  3,  2,  27  (cit.  Grofse  in  Herr.  Arch.  Bd.  61):  Car  les  iniques 
ne  craignent  point  Dien,  pource  qu'ils  ayent  crainte  .  . .  niais 
pource  qu'ils  sevent. 
So  hat  sich  diese  Konstruktion  noch  bis  heute  erhalten.    Vgl.  Mätzner, 
Gr.  S.  366. 

b)  Eine  der  merkwürdigsten  Veränderungen  ist  der  sowohl 
temporale  als  kausale  Gebrauch  von  comrae  mit  dem  Konjunktiv. 
Zwar  finden  sich  dafür  schon  in  einigen  früheren  Denkmälern  Bei- 
spiele (vgl.  Diez  III  '^,  333),  aber  dann  fast  nur  in  Bearbeitungen  nach 
dem  Lateinischen.  Man  wird  auch  den  Gebrauch  des  15.  und 
16.  Jahrb., 'der  dem  Sprachgeist  so  sehr  zuwider  ist,  erklären  müssen 
als  entstanden  durch  den  Einflufs  der  wiedererwachenden  gelehrten 
Studien.  Warum  sollte  nicht  auch  die  Syntax  wie  die  Lautlehre 
ihre  construetions  savantes  haben? 

15.  Jahrb.:  Christ,  de  Pisan  (Bartsch*  445,  3):  comme  tel  orgueil 

puist  estre  prejudiciable  . . . 
Ib.  445,  17:  comme  oisivete  soit  cause  ... 
Chastellain  hat  den  Konjunktiv  in  dem  Traite  de  Troyes: 

Comme,  par  accordance  finale  et  paix  perpetuelle,  soient  huy  faites 
et  jurees  en  cette  nostre  ville  de  Troyes  . . . 
Sonst  zieht  Chastellain  den  Indikativ  vor:  I,  1.  16.  18.  40  etc. 
Enguerrand  de  Monstrelet  (ed.  Buchon),  Prol. :  Comme  doncques 

assez  soit  convenable  et  digne  occupation,  que... 
Comm.  I,  5,  jx  16:    comme    tous    eussent  soupe  et  qu'il   y   avoit 
largeraent  gens. 
Der  Wechsel  des  Modus  im  letzten  Satz  weist  auch  darauf  hin,  dafs 
der  Konjunktiv    nur   bewirkt  ist   durch   die   Form   der  regierenden 
Konjunktion,  nicht  durch  eine  besondere  Auffassung.    Im  16.  Jahrh. 
ist  diese  Auffassung  ganz  gewöhnlich.    Vgl.  Benoist  a.  a.  O.  S.  90  ff. 
Malherbe,  Lettres  a  divers  1 07 :    Comme  quelques-uns  le  priassent 
de  se  retirer,  il  leur  repondit. 
Selbst  Racine  zeigt  diese  Konstruktion   noch  in   seinen  Jugendüber« 
Setzungen : 

Mesnard  V,  526:    Un  jour,    comme   ce  meme  oratour  haranguat 
publiquement. 


460  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

h.  Bedingungssätze.  Merkwürdigerweise  findet  sich  sogar 
noch  im  Anfang  des  15.  Jahrh.  der  Konj.  Präs.  im  Bedingungssatze: 
dir.  ('hast.  II,  153:  Si  ...  je  les  (i.  e.  les  yeus)  reduise  sur  k's 
Espagnes  apr^s  et  que  je  mette  en  compte  ...  Ib.  II,  154. 
Sonst  ist  allerdings  aus  dieser  ganzen  Periode  kein  weiteres  Beispiel 
dafür  zu  finden.  Der  Coni.  Im])f.  zum  Ausdruck  der  sumptio  ficti 
wird  immer  seltener,  erhält  sich  aber  noch  bis  ins  1(5.  Jahrh.  (hirnier 
hat  kein  Beispiel  mehr  davon  (Haase,  Frz.  8tud.  V,  1,  14).  Vgl.  Vogels 
H.  489;  AVeifsgerber,  Zs.  VIII,  7,  321.  Besonders  beliebt  erscheint 
dafür  im  1(5.  Jahrh.  der  Konj.  Plusquatnpf.  Vgl.  Weifsgerber,  Zs. 
VIII,  7,  kS.  31  G — 318.  Es  ist  eine  Eigentümlichkeit  dieser  Periode, 
dafs  si  öfter  durch  quand  ersetzt  wird : 

Comm.  (cit.  Tönnies) :  Quant  le  dict  duc  eust  voulu,  le  ville  n'eust 

peu  . . . 
Ib. :  Quant  nos  gens  eussent  combattü,  ils  n'eussent ... 
Für  das  1(5.  Jahrh.  vgl.  Weilsgerber,  Zs.  VIII,  7,  S.  337—339. 

Die  hypothetischen  Sätze  werden  bisweilen  ersetzt  durch  einen 
mit  „que"  eingeleiteten  Konjunktiv  der  Annahme,  wie  in  der  heu- 
tigen Granmiatik  auch  noch : 

Calv.  709,  IV,  7 :   Que   le  pape  maintenant  presche,   on   le  repu- 
teroit  pour  un  monstre. 
Vgl.  Weiisgerber,  Diss.  S.  13. 

Was  übrigens  die  Anreihung  der  Bedingungssätze  betriffst,  so 
nimmt  die  Anfügung  des  zweiten  Bedingungssatzes  ohne  Konjunktion 
und  im  Konjunktiv  immer  mehr  ab,  so  dal's  sie  im  16.  Jahrh.  schon 
der  seltenste  Fall  geworden  ist.  Vgl.  Weifsgerber,  Zs.  VIII,  7,  S.  339 
bis  342. 

Veränderungen  in  der  vierten  Periode. 

17.  Jahrhundert  bis  jetzt. 

Ä.  I.  Auf  dem  Gebiet  des  abhängigen  Konjunktivs  zeigt  sich 
insofern  innerhalb  dieser  Periode  eine  Änderung,  als  erst  seit  der 
Mitte  des  17.  Jahrh.  nach  den  Verben  des  Fürchtens  der  Konjunktiv 
der  alleinherrschendc  Modus  geworden  ist.  Dies  ist  mit  zuzuschreiben 
dem  Umstände,  dafs  auch  nach  den  Verben  der  Atiekte,  zu  denen  sich 
craindre  etc.  gesellt  hatten,  der  Konjunktiv  jetzt  eintritt  (vgl.  S.  4(52). 

Interessant  ist  es  zu  sehen,  wie  beim  Übergange  die  alte  Kon- 
struktion noch  eine  Zeit  lang  neben   der  neuen  fortlebt:  Schon  bei 


l^er  Konjunktiv  im  Französischen,  '461 

Garnier  scheint  ein  Indikativ  nicht  mehr  vorzukommen  (Haase,  Frz. 
Stud.  V,  1,  51);  doch  hat  Voiture  noch  den  Indikativ: 

Voit.  I,  304,  2G:  j'ay  peur  qu'il  m'arrivera. 

Ib.  I,  337,  22:  je  crains  que  nous  ne  trouverons  plus  desormais 
qu'en  vous.    (Vgl.  Mätzner,  Gr.  R.  363.) 

2.  Auf  dem  Gebiet  der  indirekten  Fragesätze  hat  jetzt 
der  Indikativ  den  Konjunktiv  überall  völlig  verdrängt,  sowohl  in 
denen  mit  erstrebtem  als  auch  in  denen  mit  unsicher  gelassenem 
Inhalt.    Vgl.  Mätzner,  Gr.  S.  357. 

3.  Die  Temporalsätze  ziehen  in  dieser  Periode  den  Kon- 
junktiv vor.  Um  jedoch  die  objektive  Realität  einer  Sache  zu  be- 
tonen, hat  jusqu'ä  ce  que  meistens  den  Indikativ.  Vgl.  Mätzner, 
Gr.  S.  365. 

B.  Hinsichtlich  der  konzessiven  Nebensätze  setzt  sich  die 
Freiheit  der  Auffassung  des  15.  u,  16.  Jahrh.  noch  bis  in  die  Mitte  des 
17.  Jahrh.  hinein  fort.  Vgl.  List,  Synt.  Stud.  über  Voiture  in  Frz. 
Stud.  I;  Haase,  Syntax  Pascals  in  Zs.  f.  nfrz.  Spr.  u.  Litt.  TV,  95  ft*. 

Charakteristisch  für  die  Auffassung  des  konzessiven  Konjunktivs 
in  diesen  Sätzen  ist  das  Urteil  des  Malherbe  (ed.  Laianne)  im  Com- 
mentaire  sur  Des  Portes  IV,  S.  319  über  dessen:  bien  qu'eufin  voua 
fussiez  le  triomj)he  des  Dieux.    Malherbe  sagt: 

Fussiez  est  mal  pour  fütes.  Fussiez  s'entend  d'une  chose  dou- 
teuse ;  fütes,  d'une  certaine.  * 
Seit  der  Mitte  des  17.  Jahrh.  aber  beansprucht  der  Konjunktiv  ent- 
schieden den  Vorrang.  Menage,  Observations  sur  la  langue  fran- 
gaise,  Paris  1672,  S.  159,  stellt  den  Gebrauch  des  Subjonctif  in 
diesem  Falle  als  Regel  auf.    Vgl.  Mätzner,  Gr.  S.  36S  u.  369. 

IL  Von  dem  Konjunktiv  der  unsicheren  Behaup- 
tung in  Hauptsätzen  hat  sich  nur  die  urbane  Wendung  behauptet: 
je  ne  sache  pas  (Mätzner,  Gr.  S.  358).  Dieser  Ausdruck  wurde  in 
seiner  Weiterexistenz  wesentlich  gestützt  durch  den  beschränkenden, 
auch  formelhaften  Relativsatz  „que  je  sache"  (vgl.  S.  455  u.  458), 
der  sich  auch  allein  von  allen  ähnlichen  Wendungen  rettete. 

2.  Nach  den  Verben  des  Vorstellens  hat  sich  sehr  all- 
mählich eine  Wandlung  zur  Bevorzugung  der  objektiven  Darstellung 


*  Vgl.  Holfeld,  Sprache  des  Franjois  de  Malherbe,  üüttingeu  1875. 


462  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

und  damit  des  Indikativs,  wie  sie  heute  üblich  ist,   vollzogen.    Die 
Klassiker  haben  noch  oft  den  Konjunktiv: 

Corn.  Mel.  IV,  1.  Le  Ment.  I,  4.  Cinna  IV,  4.  Mol.  tlc.  des 
maris  II,  8.  Dep.  am,  I,  2 :  Mar,  foree  sc.  VI  etc.  Rac.  vgl. 
Mesnard  VIII,  p.  XCIV. 
Abgesehen  natürlich  von  der  verneinten,  fragenden  oder  bedingten 
Verwendung  des  Hauptsatzes,  nach  welcher  der  Konjunktiv  als 
Modus  des  unsicher  Vorgestellten  sich  findet,  zeigt  der  moderne  Ge- 
brauch den  Konjunktiv  nur,  um  die  Irrealität  des  Vorgestellten  zu 
betonen.  Andererseits  steht  nach  negativen  Verben  der  Indikativ 
als  Modus  der  Gewifsheit. 

Rev.  d.  d.  M.  18G9,  p.  5G3:  Si  vous  avez  jamais  pu  douter  que  le 
visage  de  l'homme  est  le  parfait  miroir  de  son  ärae  . . . 
(cit.  Bertram  in  „Beiträge  zur  Feststellung  des  gegenwärtigen  Sprach- 
gebrauchs" in  Herr.  Arch.  Bd.  47). 

Rev.  d.  d.  M.  1868,  p.  1005:  II  (Götze)  ignorait  que  Lessing  ... 
avoit  employe  ses  veilles  ä  explorer  les  contrees  perdues. 
(cit.  id.)    Vgl.  Mätzner  a.  a.  O.  S.  3G4. 

3.  Sehr  merkwürdig  erscheint,  vorwiegend  erst  seit  dem  Anfang 
des  17.  Jahrb.,  obwohl  das  16.  Jahrb.  schon  Beispiele  dafür  bietet 
(vgl.  Weifsgerber  a.  a.  O.  S.  273—279),  und  bei  Garnier  der  Kon- 
junktiv sogar  schon  weit  überwiegt  (vgl.  Haase,  Frz.  Stud.  V,  1,  51), 
der  Konjunktiv  nach  den  Verben  der  Gemütsbewegung,  per- 
sönlichen Avie  unpersönlichen.  Während  früher  der  Grund  des  Affektes 
gewöhnlicher  in  einem  mit  quant,  si,  por  ce  que,  que  etc.  eingelei- 
teten Satze  gleichwertig  neben  dem  Ausdruck  der  Freude,  der  Trauer 
oder  des  Erstaunens  stand,  tritt  jetzt  dieser  letztere  Begriff  so  in  den 
Vordergrund,  dafs  der  Grund  der  Erregung  nur  als  subjektive  Vor- 
stellung, deren  objektive  Realität  unentschieden  gelassen  wird,  liin- 
zugefügt  ist.  Soll  die  Realität  der  Ursache  betont  werden,,  so  wird 
gewöhnlich  darauf  als  auf  ein  Faktum  durch  ein  vorangehendes  „ce'' 
hingewiesen.  Der  Modus  ist  dann  naturgemäfs  der  Indikativ.  Diese 
Auffassung  ist  vielleicht  mit  durch  die  lat.  Konstruktion  hervor- 
gerufen (gaudeo  quod,  c.  Ind.  und  c.  Konj.).  Die  französischen 
Klassiker  schliefsen  sich  noch  manchmal  der  älteren  Auffassung  an. 
Vgl.  Genin,  Lexique  compai'e  de  la  langue  de  Moli^re  p.  165.  Mesnard, 
Racine  t.  VIII,  p.  XCIII.  Der  Graminnlikcr  Bouliours  (Remarques, 
"200)  fordert  bereits  den  Konj.  nach  s'etonner.  Vgl.  Mätzner,  Gr.  S.  363. 


Der  Konjunktiv  im  Französischen.  4(3;-! 

4.  In  den  Adverbialsätzen  tritt  keine  grofse  Änderung 
ein.  Zu  bemerken  ist  nur,  dafs  von  der  unnatürlichen  Konstruktion 
von  comme  mit  dem  Konjunktiv  sich  nur  eine  formelhafte  Wendung 
erhalten  hat:  comme  ainsi  soit  que  .  . .,  die  sich  schon  im  15.  Jahrh. 
in  Cent  Nouvelles  Nouvelles  (I,  p.  XXI)  findet.  Sonst  ist  die  Sprache 
wieder  zur  richtigen  Auffassung  des  Sinnes  dieser  Konjunktion  zu- 
rückgekehrt. 

Anm.:  Nach  sans  que  steht,  gleichviel  ob  die  abgewehrte  Handlung 
bejaht  oder  verneint  ausgedrückt  ist,  der  Konjunktiv.  Vgl.  iMät/ner,  Gr. 
S.  370.  Garnier  hat  noch  zweimal  den  Indikativ:  G.  Vif,  IUI  ;  il>.  \I1, 
143C.     Sogar  Moliere  noch  L'Etourdi  I,  9. 

5.  Auf  dem  Gebiet  der  hypothetischen  Satzgefüge  ist 
die  Konstruktion:  impf,  du  subj.  —  impf,  du  subj.,  die  sich  bis 
Marot  (45)  und  Rabelais  (cit.  SchäfFer  I,  5;  II.  14;  IV,  35)  fort- 
gesetzt hatte,  ganz  verschwunden  und  hat  der  schon  früher  häufigeren 
impf,  de  l'ind.  —  impf,  du  fut.  Platz  gemacht. 

Nur  das  plusqueparf.  du  subj.  hat  sich  nicht  verdrängen  lassen, 

vielleicht,  weil  die  Formen  eüt  und  füt  zu  oft  angewandt  waren  und 

darum  zu   fest  im  Leben  der  Sprache  hafteten,  eine  Annahme,   die 

noch  unterstützt  wird  durch  die  Erscheinung,  dafs  auch  nach  connne 

si  und  que  si  diese  Formen  sich  erhalten  haben,  obwohl  die  moderne 

Sprache   sonst,    entsprechend   der  Konstruktion    der   hypothetischen 

Sätze,  danach  den  Indikativ  setzt.    Vgl.  Mätzner,  Gr.  S.  36G. 

Anm.:  In  Bezug  auf  die  Weiterführung  der  Bedingungssätze  sei 
hingewiesen  auf  die  Bemerkung  des  Vaugelas  (Remarques  sur  hi  laugue 
frangaise,  ed.  Chassang,  Paris  1880)  I,  137: 

Observe  que,  bien  qu'on  puisse  repeter  le  si,  la  mauiere  la  plus  natu- 
relle est  de  se  servir  de  que, 
eine  Bemerkung,  die  auch  für  die  heutige  Zeit  noch  gilt. 

Charakteristische  Eigentümlichkeiten  der  ersten  Periode. 

1)  Der  Konjunktiv  im  Hauptsatz  —  sowohl  der  des  Wunsches 
als  der  der  TJngewifsheit  —  erscheint  nicht  mit  que  eingeleitet. 

2)  Der  Konj.  herrscht  im  Konditionalsatz. 

Gemeinsame  char.  Eigentümlichkeiten  der  ersten  und  xiieiten  Periode. 
Der  Konj.  wird  konzessiv  in  Temporalsätzen  gebraucht. 

G&m.  char.  Eigentümlichkeiten  der  ersten,  xn-eiten  und  dritten  Piriode. 

1)  Der  Konj.  Impf,  steht  potentiell  im  Hauptsatz. 

2)  Der  Konj.  kann  stehen  in  indirekten  Fragen  mit  erstrebtem 
oder  unsicherem  Inhalt. 


464  Der  Konjunktiv  im  Französischen. 

Char.  Eigentümlichkeiten  der  zweiten  Periode. 

1)  que  dient  bisweilen  zur  Einleitung  des  Konj.  im  Hauptsatze. 

2)  Die  Modi  werden  nach  den  Verben  des  Wünschens  freier 
verwandt;  nach  Verben  der  Aufforderung  besonders  ersetzt  oft  der 
Imperativ  den  Konj. 

3)  Auch  in  Temporalsätzen  werden  die  Modi  freier  verwandt. 

4)  Der  Konj.  steht  oft  in  Modalsätzen. 

5)  peu  s'en  faut  que  regiert  den  Indikativ. 

G)  Der  Indikativ  verdrängt  den  Konj.  in  Konditionalsätzen. 

Gem.  char.  Eigentümlichkeiten  der  xiceiten  und  dritten  Periode. 
Die  Verben  des  Fürchtens  regieren  oft  den  Indikativ. 

Gem.  char.  Eigentümlie/ikeiten  der  xiveiten,  dritten  uml  vierten  Periode. 
Die  Kelativsätze  nach  einem  Superlativ  erhalten   infolge  kon- 
zessiver Auffassung  den  Konj. 

Char.  Eigentümlichkeiten  der  dritten  Periode. 

1)  que  dient  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  zur  Einleitung  des  un- 
abhängigen Konj. 

2)  comme  regiert  oft  den  Konj. 

Getn.  char.  Eigentümlichkeiten  der  dritten  und  vierteil  Periode. 
Zum  Ausdruck  der  Potenzialität  steht  bisweilen  sogar  der  Konj. 
Präs.:  je  sache,  je  puisse. 

Cliar.  Eigentümlichkeiten  der  vierten  Periode. 

1)  Die  Verba  des  Fürchtens  regieren  den  Konj. 

2)  Die  Verba  des  Vorstelleus  haben  gewöhnlich  den  Indikativ. 

3)  Die  Verba  der  Gemütsbewegung  regieren  den  Konj. 

4)  Der  Konj,  ist  mit  Ausnahme  des  Konj.  Plusqupf.  aus  den 
Konditionalsätzen  verschwunden. 


Sitzungen  der  Berliner  Gresellschaft 

für  das  Studium  der  neueren  Sprachen. 


Sitzung  am  1^).  Jamiar  1889. 

Herr  Raucli  spricht  über  Ibsens  Gesellschaftsdramen.  Er  glebt 
zunächst  eine  eingehende  Darstellung  des  Lebensganges  des  seit  län- 
geren Jahren  in  München  wohnenden  Dichtei's,  der  ihm  auf  einer 
Reise  in  Tirol  auch  persönlich  bekannt  geworden  ist.  Nachdem  er 
daravif  die  anderen  Werke  des  Dichters  flüchtig  berührt  hatte,  ging 
er  näher  auf  die  dem  Gesellschaftsleben  der  Gegenwart  entnommenen 
Dramen  ein,  indem  er  ihren  Inhalt  und  die  ihnen  zu  Grunde  lie- 
genden Ideen  besprach.  Mit  dem  Drama  „Die  Gespenster''  brach 
der  Redner  ab.  Die  Fortsetzung  und  eine  Würdigung  des  Dichters 
im  allgemeinen  behielt  er  sich  für  einen  späteren  Vortrag  vor. 

Herr  Direktor  Schulze  tritt  wieder  in  die  Gesellschaft  ein; 
Herr  Pedro  de  Mugica  hat  sich  zur  Aufnahme  gemeldet. 

Sitzung  am  29.  Jamiar  1889. 

Der  stellvertretende  Vorsitzende  gedenkt  des  herben  Verlustes, 
den  die  Gesellschaft  durch  den  Tod  ihres  Begründers  und  bestän- 
digen Vorsitzenden,  des  Herrn  Professor  Dr.  L  u  d  w  ig  H  e  r  r  i  g ,  er- 
litten hat.  Zu  Ehren  des  Abgeschiedenen  erheben  sich  die  Anwesenden 
von  den  Sitzen.  Seinem  Andenken  die  nächste  Versammlung  der 
Gesellschaft  zu  weihen,  wird  im  weiteren  Verlaufe  der  Sitzung  be- 
schlossen.    Die  Rede  bei  dieser  Feier  übernimmt  Herr  I.  Schmidt. 

Auch  Herr  Zermelo  ist  der  Gesellschaft  durch  den  Tod  ent- 
rissen worden.  Nachdem  der  stellvertretende  Vorsitzende  seiner  in 
ehrenden  Worten  gedacht,  erheben  sich  auch  zu  seinem  AiKk-nkcn 
die  Anwesenden. 

Herr  Zupitza  giebt  zwei  Beiträge  zur  niitUlLiiglisclicn  Liüc- 
raturgeschichte: 

1)  In  Horstmanns  Altenglischen  Legenden  (Neue  Folge,  18H1) 
S.  499  ff.  ist  eine  Marienlegende  aus  der  Auchinleck-Handscbrift  ab- 

Arcliiv  t.  n.  Spraclien.     LXXXII.  3U 


466  Sitzungen  der  Berliner  Gesellscliaft 

gedruckt.     Leider  ist  der  Anfang  verloren  gegangen,   in  dem  erzählt 
worden  sein  mufs,   dafs  ein  Clerk  die  Jungfrau  Maria  anflehte,   sie 
mit  leiblichen  Augen  sehen  zu  dürfen.    Sie  läfst  ihm  nun,  und  zwar, 
wie  das   folgende  zeigt,    mitten    in   der  Nacht,   diu'ch   einen  Engel 
sagen,  daCs  er,  wenn  sein  Wunsch  in  Erfüllung  gehe,  dann  zeitlebens 
(in  diesem  Sinne  ist  v.  20  zu  ergänzen;  v^gl.  v.  123)  blind  sein  müsse. 
Der  Clerk  denkt  sich,   dafs  er  ja  ein  Auge  zumachen   und   so  retten 
könne:  mit  diesem  werde  er  dann  immer  noch   seinen  Lebensunter- 
halt verdienen.    So  wiederholt  er  denn   dem  Engel  gegenüber  seine 
Bitte.     Dieser  verschwindet,  erscheint  aber  bald  zum  zweitenmal  bei 
dem  Clerk  mit  der  Nachricht,  dafs  er  die  Jungfrau  Maria  sofort  er- 
blicken solle.     Sie  kommt,   von   einer  musizierenden  Engelschar  be- 
gleitet, und  der  Clerk  sieht  sie  in  voller  Schönheit,  aber,  wie  er  sich 
vorgenommen,   nur  mit  einem  Auge.     Am  nächsten   Morgen    ist  er 
aber  deshalb   sehr  ärgerlich   auf  sich:   er  fürchtet,   dafs   ihm  ]\Iaria 
dies  übel  genommen  haben  müsse.    Er  bittet  sie,  sich  ihm  noch  ein- 
mal zu  zeigen:  dann  wolle  er  gern  sein  Leben  lang  ganz  blind  sein. 
In  der  folgenden  Nacht  kann  er  vor  Herzeleid  keinen  Schlaf  finden. 
Da  kommt  Maria  abermals,  wieder  von  Engeln  begleitet.    Sie  erklärt, 
dafs  sie  ihm  verzeihe,  giebt  ihm  aber  zu  bedenken,  dafs  es  ihm,  wenn 
er  vollständig  erblinde,  sehr  schlecht  gehen  werde.    Er  erwidert,  dal's 
er  gern  leiden  wolle,  wenn  sie  ihm  nur  dereinst  einen  Platz  im  Himmel 
gewähre.    Sie  verspricht  ihm  das  und  kehrt  in  den  Himmel  zurück. 
Der  Clerk  ist   aber  am  nächsten  Morgen  wieder  im   vollen  Besitze 
seines  Augenlichts.  —  Soviel  der  Vortragende  weils,   ist  noch  nicht 
darauf  hingewiesen  worden,  dafs   sich   dieselbe  Geschichte   in  latei- 
nischer Fassung  in  Herolts  Promptnarimn  discipuli  de  mirarvlis  (jlo- 
riuae  Marie  findet  unter  der  Überschrift:  Quidmn  mdit  ^jukritudinent 
Marie  et  perdidit  vnum  oculum.    Exemplum  LXXIX.    Der  Anfang 
lautet  hier:    Qtddam  clericus  parisius  heatissime  virgini  multum  de- 
uofus  qui   [wohl  zu  streichen]   ardeiäi  animo  diu  desiderahat  indere 
■piilcritndinon    Virgin is  Marie.     Post  mvlta  tempara  angelus  domini 
ex  parte  Marie  destinatus  sahäauit  derirnm  ei  dicens.     Hier  teilt  der 
Engel  gleich  das  erste  Mal  (eine  Angabe  über  die  Tageszeit  ist  nicht 
vorhanden)  dem  Klerikus   mit:   'Bomina  mea,  Maria,   ...   exaudiuil 
orationem  tuam  et  mandat  tibi,   quod  tali  die  et  liora  veniet  ad  te,  et 
ridebis  eani.'    Den  Entschlufs,  nur  ein  Auge  zu  opfern,  fafst  er  erst, 
nachdem  er  dem  Engel  erklärt:  'Lihenfer  rolo  perdere  lunien,  vt  ipsain 
seniel  ridere  merear.'     Von   irgendwelcher  Begleitung  der  Jungfrau 
Maria  ist  bei  Herolt  nicht  die   Ueile.    Nachdem   sich  der  Klerikus 
zuerst  nur  nüt  einem  Auge  an  ihrer  Schönheit  geweidet,   will    er   sie 
auch  mit  dem  zweiten  geniefsen:  da  verschwindet  sie  aber  gerade 
{cum  postea  mamim  deponeret,  vt  eam  auihobus  oeulis  inspiceret,  heata 
virgo  disparuit.   et  eavi  tdfro  non  vidil).    Nun   maclit  er  sich   wegen 
seines  Benehmens  Vorwürfe.     Es   heilst  dann:  nomiue   diu  beatam 


I 


für  das  Rtudium  der  uoiioroii  Sitraclieii.  1(17 

rirginem  Marimn.  exorassei,  ut  eam  videre  posset  iterato.  Auch  ilir 
zweiter  Besuch  wird  durch  einen  Engel  angemeldet,  der,  nachdem 
der  Klerikup  versichert,  dafs  er,  falls  er  tausend  Augen  hätte,  sie  alle 
verlieren  wollte,  wenn  er  die  Jungfrau  ein  zweites  Mal  ordentlich 
sehen  könnte,  ihm  mitteilt:  'Ipsa  cletnenU.ssiinu  domina  iiiandat  tibi, 
qiiod  videhis  eam,  et  superstitnn  oeulum  iion  aniittes  et  insiijwr  recn- 
'perahis  ondum  perdituni.'  Die  Darstellung  in  dem  englischen  Ge- 
dicht, nach  welchem  der  Clerk  erst  am  Morgen  zu  seiner  grofsen 
Überraschung  merkt,  dafs  er  seine  volle  Sehkraft  wiederhabe,  ist  weit 
wirkungsvoller.  Die  Bitte  um  einen  sicheren  Platz  im  Himmel,  die 
der  Clerk  in  dem  Gedichte  ausspricht,  fehlt  in  der  lateinischen  Fas- 
sung. Es  heifst  hier  nur:  quod  noti  niulto  tempore  poat  totum  sie 
fuit  factum,  et  heata  rirgo  Maria  apparens  ei  ridendcvn  se  exhibuit  el 
amissvm  oenhim  ei  restitnit.  Es  scheint,  dafs  die  Quelle  Herolts  eine 
andere  Avar  als  die,  aus  welcher  der  englische  Dichter  geschöpft  hat. 
2)  In  den  lieliquice  antiqiicB  edd.  Wright  and  Halliwell  1,  4  f. 
hat  der  letztere  ein  Gedicht  mit  dem  Anfang  'The  /als  fox  camme 
unto  owre  croff  veröffentlicht,  dem  er  die  folgende  Bemerkung  voraus- 
schickt: 'From  the  University  Library,  MS.  Ee  1,  12,  ro»fainiiig  an 
English  metrical  Version  of  the  Psalms,  said  in  the  MS.  to  hare  liren 
written  in  A.  D.  1342,  an  velliim,  but  the  MS.  itself  evidently  belo)igs 
to  the  löth  Century.'  Aber  den  Hauptinhalt  dieser  Hs.  bildet  nicht 
eine  englische  metrische  Übersetzung  der  Psalmen,  sondei'n  eine 
Sammlung  geistlicher  Lieder  in  englischer  Sprache.  Was  ferner  die 
Jahreszahl  1342  anlangt,  so  ist  diese  erst  durch  die  Rasur  eines  (' 
und  eines  L  hergestellt  worden:  ursprünglich  hat  1492  dagestanden, 
was  schon  in  dem  Katalog  der  Hss.  richtig  bemerkt  ist.  Die  Jahres- 
zahl findet  sich  am  Schlufs  der  Liedersammlung  vor  dem  Gediclit, 
das  Halliwell  abgedruckt  hat:  Explicit  über  ympnorum  et  canticoruni, 
quem  composuit  Frater  Jacohus  Rynian  ordinis  Minorum  ad  laudem 
omnipotentis  dei  et  ssmetissime  matris  eins  inarie  omniumque  .sanc- 
torum  Anno  domhii  3ßlJes\mo  CGCC'""  LXXXXII".  Das  erste  C 
und  das  L  sind  offenbar  ausradiert  worden,  um  die  Hs.  älter  er- 
scheinen zu  lassen.  Die  ympni  und  canti^-a  des  Jacül)us  Kynian, 
dem  noch  keine  Litteraturgeschiclite  ein  Plätzchen  eingeräunU,  hat, 
sind  zum  Teil  Übersetzungen  lateinischer  Originale.  Zu  diesen  ge- 
hört das  folgende  Gedicht. 

Conditor  alme  sydtrum,  llarimj  rarth,   (liis  imrhle  s/ndde  he 
Eterna  Inx  credencium,  .'iptitc  ■'» 

Christe,  redemptor  omninm,  Thurgh  the  pereli  of  dedty  yille. 

Exaudi  preces  supplicum.  Tlioti  saredest  fro  yrete  dohitrr 

,    .  , .  To  the  qiltii  gering  .focoure. 
Hoty  Diuker  o/  aterirs  bn</ht,  J     J  J        » 

Of  fvithefutl  men  eferuntt  lighl.  This  imrhh-droiriug  nyyhr  niln  nyyht, 

C'risi,     that     ayeue    manl^ynde    hast  As  spoirse  ofboinr,  thoii  raine  outrighl 

bonyht,  Fro  the  cluusnrc  utoost  clenty  dight 

Here  onrr  prayers  uf  biixu'm  tiionylil.  Of  vinder  Mary,  rirggne  hrlght: 

i)0* 


4GS  Sitzungen  <1or  Berlinor  rresellschaft 

Tb  icliose  yrete  myfjlit,  as  it  is  riylil.       Tenne  of  uiire  Ij/fe  defende  vs  froo 

Chi  knees  hnnpfh  n(erij  in'ifht :  Thednrte  of  flie  false  fende,  oure  foo.-^ 

Alle  herieulii  and  erthihi  thinne       ^'^  r       i         i   i  ■  i       j 

Tr       ,        ,;'  I     ,  "'.i      ,1  l.awde  and  honoure,  mm  and  vertue 

Knnirleqe  tliem  meh'  to  thii  bplninvi.  .,'         ;         i  t     i  ■  ti 

■'  ■'  ■'   ■  11)  (jud  and  to  uis  sonne  J licsKC, 

0  holij  lorde,   ire  besechr  the.  Also  rnfo  tlie  holigoost. 

Of  alle  t/i/'s  irorlde  that  jwje  shall  be:       Botlie  tlire  and  one,  of  m/jghth  moosf. 

Dem  englisehen  Dichter  hat  das  lateinische  Lied  in  der  über- 
arbeiteten Gestalt  vorgelegen :  vgl.  Mone,  Lateinische  Hymnen  des 
Mittelalters,  Freiburg  i.  B.  1<S83,  I  50  in  den  Anmerkungen.  Die 
zweite  Strophe  stimmt  zu  der  Fassung  Qui  condoleiis  interitu  Mortis 
'perire  seculum  Salvasti  mundum  languidutn  Donaiis  reis  remediuni, 
während  dieselbe  ursprünglich  lautete  Qui  condolens  hominihus  Mortis 
snhiectis  legibus  FaHus  homo  restituis  Vitam  in  tuo  sanguine.  Auch 
die  vierte  Strophe  setzt  voraus  Cuius  forti  jxjtentirr  Gpini  curvant^ir 
omnia:  Cniestia,  terrestria  Faientur  nufn  subdita,  nicht  aber  Cuius 
forti  potentice  Genu  flectatur  omniuni  Cadestium,  terrestrium  Nee  non 
et  infernalium.  Endlich  geben  Vv.  19  f.  wieder  Conserva  tws  in 
tempore  Ilostis  a  telo  perfidi,  während  der  ältere  Text  statt  des  zweiten 
dieser  Verse  hat  Quamdiu  sumus  advence.  Allein  dem  englischen 
Text  fehlt  ebenso,  wie  Mones  Hs.  A  und  dem  römischen  Brevier,  die 
interpolierte  Strophe,  welche  sich  sonst  hinter  V.  16  der  jüngeren 
Fassung  findet  (vgl.  auch  Roth,  Lateinische  Hymnen  des  Mittelalters, 
Augsburg  1888,  S.  9):  Oecasiwi  sol  custodiens,  Lima  palhreni  reli- 
nens,   Candor  in  astris  relucens  Certos  observat  limites. 

So  finden  sich  ferner  übersetzt  Verbum  supermim  prodiens;  Vor 
clara,  ecce,  intonat;  A  solis  ortus  cardine  u.  s.  w.  Selbständig  scheint 
■/..  B.  das  folgende  Lied  auf  Heinrich  VI.: 

0  (/ood  Hern/  tlio  sixte  btj  na  nie  Wherforc  inblisse  tlifking  of  ijvace  -" 

Botlir  of  litiilond,  ye,  aud  of  Frau  nee,       Hath  graunted  the  a  joycfnll  place. 

^(    ''J' 'e  f"ii'  '"^jf        '      '         "'  ^s  scripture  seith,  blessed  thni^  be. 

And  Ol  hitl  irortliii  qoiiernannce.  mi    ,  ,•  n  i     ■  i         i  i   i 

,1  „     ,'•  '  •,•/  •',  .-  Ihat  nierrtitiitl  he  m  norde  and  dedr; 

ridl  oj  ntereu,  n:aii(nd  venaeaitnve ;   ■'  tti      ,i         i    ;»  v        »      r  ri   ■    i        /• 

,ir,     'r        ■  •'', , .        .1     1  ■         f  ror  theu  shall  tuende  of  Cnesl  so  fre 

Wnerjore  in  Misse  the  lunii  ot  qrace  i,  •',       •     'Z  J      ,  '  .,.- 

TT  .,  '  j-j  ,1  •      r  II     I  Mereii  also  m  turne  oj  nme.  -i> 

rlnth  qrauntid  the.  a  louetdl  plaee.  m,  ■    '      .  ■■'   .,'.■.  j 

•'  j  j  1        i  II,, g  ,-(>rfu  ay  in  the  dtd  sprede; 

A  kiny  thou  were  of  grete  renoinie  WJierefore  ifi  Idisse  the  king  of  graee 

And  of  vertue  tnore  cxcellent,  Hath  graunted  the  a  Joyefull  place. 

XXXIX.  ycre  weriing  croirne  ^"        <        •  „    j/                     ;          i  ;      • 

,,              •' r      j    "^  ■  •     .     .  A  prtnce  thou  teere  mfke  Aüabeuninf. 

hii  iirace  ot  qod  onininoteid.  n     •    i    ■       ,i         •*                            di 

jp    ■     ■        '  ^               ^      ,  raeieid  in  adtiersite:                        •'" 

M/iuir  in  ntereu  permanent;  ti-i       r        h         i     j 

jjri       r        ■   -it-       ,11-  f                 "  heretore   thou   hast  a  eroivnc  con- 

iV herefore  in  Inisse  the  In ny  of  graee  '                               .. 

Hath  qraiinted  the  a  jouefull  plaee.  t     n-  f     ii     f  i-   u 

■'  j  j  I        1  1,1  1,1, sse  of  alle  felieite, 

As    a    trne    knyght,    both    day    und  H'here  joy  hath  perpefuite; 

iiyyht        •     '•"'  ///     tlic    irhiehe    blisse     the    king    of 
Oiiro  saryoinv   thou  didde.^t  homuirv  graee 

Il'i/li    her/    und    tnyende.    ir\th    irllle  Hath  graimtid  the  a  ioyfull  place.  3.0 

und  niyyhl,  __  _^___ 
///  helth.   in  irelthe  and   in  dolonre. 
F.iiir  at  nede  graunting  soeoure;  '  ih'm  Hs. 


für  das  Studium  der  iumum-ou  Spraclicu.  4ti9 

In  thy  grsfnrr  fhon  were  Itkc  Johr,  Wkcrforr  In  hlls  Ihr  hl  inj  nf  (fmcr 

Sfpfffast  of  felfh  and  myeld^'  of  mndr.  Ilatli  (jniHntld  Ihr  a  joyfnil  place. 

Not  prour/r  of  trsfnre  ne  of  roobc  ,„,  .         e  ,,      ,  f  ,  -« 

Xr  cmanms  of  norlddy  yoodr  !t  *7"?T  "^  '^^  ¥'  '''•  f?' 

Xe  sumpf  uous  of  cnrncül  fondc :       W  ^he.whfhc  uas  had  as  ru-hr  trecmire, 

Wherrfore  in  bllsse  tkr  liay  ofywcc      ^"^''^  f"'''^  ''"^  "^'"^  """[  '^"^'"'  "^'■ 

Hath  yrannted  tltc  a  loijcfuU  pl'ctcc.         ,„  i     ;;     ■     i"""" 

•^  '       ■'  lo  yonye  aud  olde  m  diic  mcasure: 

AI   Wyiidrsorc,  thy  place  natyf  Whrrefore    lo    Cr  lest    thon.     do    thy 

Almyyhty  yod  In  bllsse  aboue  eure, 

Bofh  vnto  mau,  tu  chleld  and  nyf  -i^  'fhat     he     /rill    yvaunfe     rs     of   hin 

Xow  dotlie  yrete  thyuyis  for  thy  loite.  yva<;c             55 

As  pcdently  the  dedc  doth  protie;  In  bllsse  u-\th.  Ute  to  haue  a  plai-e. 

Die  Gedichte  Rymans  zeigen  keinen  besonderen  Schwung,  auch 
fehlt  es  ihnen  an  Tiefe  der  Empfindung;  indessen  ist  ihnen  eine  ge- 
wisse Formgewandtheit  nicht  abzusprechen.  Sie  verdienen  gewifs 
eine  Ausgabe,  die  der  Vortragende  sich  vorbehält. 

HeiT  Koch  bespricht  den  von  Förster  in  Vollmöllers  Neu- 
drucken jüngst  herausgegel^enen  Trette  delaGrammere  von  Meigret. 
Über  das  Leben  des  Verfassers  sind  nur  spärliche  Nachrichten  über- 
liefert, die  bis  zum  Jahre  15ö<S  reichen.  Er  entfaltete  eine  reiche 
litterarisehe  Thätigkeit,  die  sich  indessen  meist  auf  Übersetzung  grie- 
chischer und  lateinischer  Schriftsteller  beschränkte.  In  seinem  Trette 
folgt  er  Donat  und  Priscian,  giebt  aber  auch  eine  Reihe  eigener  Be- 
obachtungen, so  dafs  sein  Werk  als  die  Grundlage  für  die  franzö- 
sische Grammatik  zu  betrachten  ist.  Besonders  gut  hat  er  die  Theorie 
(-les  Satzaccents  entwickelt.  Die  Accente  und  die  Cedille  hat  er  ein- 
geführt. Redner  schliefst  mit  dem  Wunsche,  dafs  die  von  Meigrel 
angebahnte  phonetische  Schreibweise  uns  endlich  bald  l)eschiedcn 
sein  möge. 

Herr  Lamprecht  spricht  Meigret  die  Erfindung  der  Accente 
ab  und  weist  sie  dem  älteren  G.  Tory  aus  Bourges  zu.  Auch  hätten 
flie  Bestrebungen  Meigrets  l)ald  der  Vergessenheit  anheimfallen  müssen, 
da  man  mit  seiner  Orthographie  nichts  hätte  anfangen  können. 

Herr  Koch  meint,  dafs  man  aus  Meigrets  Buche  die  Aussprache 
des  16.  Jahrhunderts  leichter  als  aus  irgend  einem  anderen  erlernen 
könne. 

Herr  AVätzoldt  findet,  dafs  eine  phonetische  Orthographie  sich 
schwer  bei  einer  Sprache  einführen  lasse,  deren  Laute  noch  nicht 
feststehen.  Mit  dem  Wandel  der  Laute  müsse  dann  auch  die  Ortho- 
graphie wechseln. 

Herr  Koch  erwidert,  dafs  jedes  Jahrzehnt  .\nderungcn  in  der 
Orthographie  ])ringe.  ^Nlan  könne  solche  also  auch  mit  dem  Laut- 
wandel einführen.  Doch  liege  ein  weiteres  Eingehen  liierauf  dem 
Thema  zu  fern. 

Herr  Bouvier  berichtet  in  französischer  Spradu'  ülur  un  cahier 
du  precepteur  Wieland,     Das   Heft  stannnt    aus  dem  .lalirr    1758. 


470  Sitzungen  der  Berliner  (Jesellscliaft 

Gof^chrieben  i.st  es  von  Hiuis  Konrad  Ott  in  Zürich,  dem  Schüler 
AVielands.  Es  enthält  Abhandlungen,  die  AVieland  seinem  Schüler 
zu  diktieren  pflegte,  so  eine  Ermunterung,  die  Zeit  wohl  anzuwenden, 
über  deji  Vorzug  der  Vergnügungen  des  Geistes  vor  den  sinnlichen, 
über  die  Malerkuust  uiid  ihr  Verhältnis  zur  Bildhauerei.  Die  Auf- 
sätze scheinen  sämtlich  von  Wieland  zu  stanuuen,  der  gerade  in  jener 
Zeit  sehr  produktiv  Avar.  Einen  feststehenden  Plan  scheint  er  dabei 
nicht  gehabt  zu  haben  ;  sie  sind  der  Form  nach  ganz  deutlich  impro- 
visiert. 

Herr  Pedro  de  Mugica  wird  in  die  Gesellschaft  aufgenommen. 
Die  Ergänzung  des  Vorstandes  wird  für  die  zweitnächste  Sitzung 
festgesetzt. 

Sitzung  am    12.  Fehruar  1880. 

Herr  I.  Schmidt  hält  einen  Vortrag  zum  iVndenken  L.  Herrigs 
(abgedruckt  Arch.  LXXXII,  I— XXIV). 

Herr  P  e  n  n  c  r  hat  sich  zum  Eintritt  in  die  Gesellschaft  gemeldet. 

Sitzung  am  26.  Febraar  1880. 

Der  stellvertretende  Vorsitzende  macht  der  Gesellschaft  Mit- 
teilung von  dem  Tode  des  korrespondierenden  Mitgliedes  Herrn 
Brockerhoff  in  Rheydt,  zu  dessen  Ehren  sich  die  Versammelten 
von  den  Sitzen  erheben. 

Herr  Rödiger  spricht  über  den  Rhythmus  des  angelsächsischen 
Allititerationsverses.  Er  erkennt  den  grofsen  Fortschritt  an,  welchen 
flie  Sieversschen  Untersuchungen  für  die  Erkenntnis  des  bezeichneten 
Verses  bedeuten,  glaubt  aber  nicht  wie  Sievers  auf  einen  Rhythmus 
in  ihm  und  im  germanischen  Verse  verzichten  zu  müssen.  Die  Siever.— 
sehen  Typen  könnten  bestehen  bleiben,  nur  bedürften  sie  anderer 
Deutung. 

HerrZupitza  stinnnt  dem  Vortragenden  bei,  soweit  er  sich 
gegen  Sievers  negativ  vci-halte;  doch  sei  ihm  unsicher,  ob  auf  Rödigers 
Weise  das  geistige  Rand  gefunden  werde,  da  er  die  Einheit  dabei 
vermisse. 

Herr  Rödiger  erwidert,  dals  die  Länge  der  Verszeile  gleich- 
gültig sei;  auch  in  strophischen  Gedichten  kämen  verschieden  lange 
Verszeilen  vor.  Die  überlangen  Schwellzeilen  der  vorklassischen 
mittelhochdeutschen  wie  der  angelsächsischen  Litteratur  seien  eine 
auf  Erregung  des  Dichters  zurückzuführende  Licenz,  die  sich  beson- 
<lers  bei  Betrachtungen  und  Btsclueibungen  zeige,  weswegen  die 
Sclnvcllverse  gewöhnlich  gruppenweise  vorkämen. 

Herr  Penn  er  wird  in  die  Gesellschaft  aufgcnonnnen.  Zum 
Eintritt  hat  sich  Herr  ])r.  Max  Schmidt  gemeldet. 


für  das  t^tudium  der  ntMieren  Sprachen.  171 

Zum  Vorsitzenden  der  Gesellschaft  wird  Herr  Prof.  Z  u  p  i  t  z  a  , 
in  das  dadurch  frei  gewordeiu?  Amt  de.«  stellvertretenden  Vorsitzenden 
Herr  Direktor  W  ä  t  z  o  1  d  t  gewählt. 

Sit  zun;/  am  12.   März  1889. 

Herr  Lamprecht  spricht  über  Lubarsch,  Deklamation  und 
Rhythnuis  der  französischen  Verse.  ()})peln  1S8.S.  XI  u.  äO  S.  gr.  s. 
Die  Broschüre,  gerichtet  gegen  „Sonnenburg,  AVic  sind  die  franzö- 
sischen Verse  zu  lesen  ?*'  zerfällt  in  drei  Abschnitte,  deren  erst(>r  über 
die  Verschiedenheit  des  Vortrags  epischer,  lyrischer  und  dramatischer 
Gedichte  handelt.  Der  zweite,  wichtigste,  berichtet  über  Unterredungen, 
welche  der  Verfasser  mit  Legouve,  de  Banville  und  Leconte  de  Lisle 
über  dasselbe  Thema  gehabt  hat.  Aus  ihnen  gewinnen  wir  eine 
ziemlich  grofse  Anzahl  für  den  Vortrag  von  Versen  beachtenswerter 
Regeln,  Der  dritte  berichtigt  eine  Anzahl  von  »Sonnenburg  aufge- 
stellter Behauptungen.  —  Wenn  auch  die  Form  der  Broschüre  Mängel 
zeigt,  wenn  auch  manche  Regeln  nicht  klar  genug  hervorgehoben  und 
aus  ihrer  Vergleichung  keine  Resultate  gezogen  sind,  so  ist  sie  doch 
als  belehrend  und  anregend  zu  empfehlen.  Die  ausführliche  Recen- 
sion  Lamprechts  steht  Deutsche  Litteraturzeitung  1889,  S.  272. 

Herr  Mar  eile  zeigt  an  Versen  aus  Hernani,  dafs  nuin  beim 
Enjambement  auch  den  Reim  genügend  für  das  Ohr  des  H(')renden 
zur  Geltung  bringen  kann.  Er  macht  ferner  aufmerksam  darauf, 
dafs  der  Poesie  populaire  das  Enjambement  fremd  sei. 

Herr  Tob  1er  spricht  über  Monacis  Bemühungen,  einen  zuver- 
lässigen Text  für  die  Divina  commedia  zu  gewinnen.  Monaci  hat 
die  65  in  Rom  aufbew^ahrten  Mss.  an  60  Stellen,  alier  leider  nur  für 
das  Inferno,  verglichen.  Fahre  man  auf  diese  Weise  bei  den  übrigen 
der  mehr  als  500  vorhandenen  Mss.  fort,  so  werde  man  allmählich 
zu  einer  Klassifikation  derselben  gelangen  und  die  die  Kräfte  eines 
einzelnen  übersteigende  Arbeit  der  Vergleichung  sämtlicher  Mss. 
werde  erleichtert  Averdcn.  Redner  fordert  auf,  im  Anschluls  an  Mo- 
naci zunächst  die  acht  in  Berlin  befindlichen  Mss.  zu  vergleichen. 

Derselbe  bespricht  die  von  Ton-aca,  Livorno  1888,  heraus- 
gegebenen Poemetti  mitologici.  Das  erste  derselben  ist  das  Ninfale 
fiesolano  des  Boccaccio,  das  der  Herausgeber,  sogar  ohne  Angabe 
des  Verfassers,  einfach  nach  der  Ausgabe  des  Mollini  abgedruckt 
hat,  während  er  aus  den  Mss.,  deren  eines  sich  in  Bcilin  befindet, 
einen  vielfach  besseren  Text  hätte  gewinnen  können.  Das  zweite  in 
dem  Büchlein  enthaltene  Gedicht  ist  das  Driadeo  d'amore,  von  dem 
sich,  wie  Torraca  sagt,  eine  kritische  Ausgabe  nicht  verlohne.  P^r 
druckt  es  deshalb  aus  einer  Handschrift  ab,  während  allein  in 
Rom  und  Florejiz  noch  acht  andere  vorhanden  sind.  So  ist  es  nicht 
zu  verwiuidern,   dafs  viele  Stellen  dunkel  hlcilicn.     Das    früher   dem 


472  yitzuugcu  der  Bcrliucr  Gesellschaft  etc. 

lAiigi  Fulci  zugeschriebene  Gedicht  ist  wahrscheinlich  ein  Werk 
seines  Bruders  Lucii  Pulci  und  wohl  kurz  nach  dem  Tode  desCosimo 
1464  vcrfafst.  Eine  Eigentümlichkeit  des  Reimes  findet  sich  in  den 
Schlufsstrophen  der  vier  Gesänge,  indem  in  Zeile  1,  o,  5  und  ebenso 
in  Zeile  2,  4,  6  dieselben  Wörter  im  Reime  stehen,  die  dann  auch 
in  Zeile  7  und  8  aufserhalb  des  Reimes  vorkommen. 

HeiT  Buchholtz  findet  bei  dem  letzten  Punkte  einen  Anklang 
an  die  Sestinen  bei  Dante,  den  auch  Heir  Tobler  aiierkennt;  doch 
meint  letzterer,  dafs  die  gleichen  Wörter  im  Reime  bei  den  Sestinen 
leichter  zu  ertragen  seien.  Herr  Michaelis  I.  weist  auf  ähnliche 
Reimspielereien  bei  Kuhlmann,  Herr  Rödiger  auf  ebensolche  bei 
Hartmann  von  Aue  hin. 

Herr  Tanger  berichtet  über  die  Besprechung,  die  seine  Aus- 
gabe von  Dickens'  Ckristmas  Carol  in  der  holländischen  Zeitschrift 
Taalstudie  erfahren  hat.  Da  die  Herausgeber  der  Zeitschrift  eine 
Erwiderung  seinerseits  aufzunehmen  sich  geweigert  hätten,  so  lege  er 
dieselbe  der  Gesellschaft  vor.  Der  vorgerückten  Zeit  wegen  konnte 
der  Redner  zunächst  nur  die  wenigen  Punkte  anführen,  in  denen  er 
die  Kritik  ten  Bruggencates  als  berechtigt  anerkennt. 

Herr  M.  Schmidt  wird  in  die  Gesellschaft  aufgenommen  ;  zum 
Eintritt  haben  sich  die  Herren  Dr.  Kabisch  und  Krüger  ge- 
meldet. 

Sitznnf]  (im  27.  März  18H0. 

Herr  Tanger  brachte  den  weitaus  gröfsten  Teil  seiner  Erwide- 
rung auf  Herrn  ten  Bruggencates  Kritik  seiner  Ausgabe  des  Christ - 
mas  Carol  zur  Kenntnis  der  Gesellschaft.  —  Die  Erwiderung  wird 
im  Archiv  gedruckt  werden.  —  Bei  der  vorgerückten  Zeit  war  eine 
eingoheiide  Diskussion  nicht  möglich. 

Die  Herren  Kabisch  und  Krüger  werden  in  die  Gesellschaft 
aufgenommen ;  zum  Eintritt  hat  sich  Herr  Dr.  Otto  gemeldet. 


Zu  Dickens'  Christmas  Carol. 

Eine  Gegenkritik. 


Im  ersten  Heft  des  Id.  Jahrganges  der  holländischen  Zeitschrift  „Taal- 
studie''  hat  Herr  ten  Bruggencate  aus  Leeuwarden  eine  lange,  äufserst 
abfällige  Kritik  meiner  für  Tauchnitz'  „Students'  Series'-  veranstalteten 
Ausgabe  des  Christmas  Carol  veröfFentlicht.  Da  sie  meiner  Ansicht  nach 
in  den  allermeisten  Funkten  ungerechtfertigt  ist,  so  schrieb  ich  eine  aus- 
führliche .,Er\videruug''  und  ersuchte  die  Herausgeber  der  Zeitschrift 
(Herrn  Baale,  Herrn  ten  Bruggencate  und  Herrn  Schwippert)  um  Auf- 
nahme derselben  in  ihre  Zeitschrift.  Es  kam  darauf  ein  abschläglicher 
Bescheid,  weil  1)  die  nächste  Lieferung  schon  fertig  sei;  2)  weil  meine 
Erwiderung  zu  lang  sei,  :*.)  weil  sie  „des  assertions  contestables"  enthalte. 
Dafür  aber  schlug  man  Herrn  Prof.  Dr.  Hoppe  als  Schiedsrichter  vor. 
Ich  antwortete :  1 )  Auch  mit  einer  Veröffentlichung  in  der  folgenden 
Nummer  der  Zeitschrift  würde  ich  zufrieden  sein.  'J)  Die  Länge  kiuine 
bei  einer  Antwort  auf  eine  i^'i,  Grofs-Oktavseiten  füllende  Kritik  nicht 
ins  Gewicht  fallen.  :!)  Die  event.  Anfechtbarkeit  gewisser  Punkte  in 
meiner  Erwiderung  sei  kein  Hindernis,  da  Herrn  ten  Bruggencates  Kritik 
noch  viel  mehr  Anfechtbares  enthielte  und  doch  aufgenommen  sei.  4)  Auf 
das  Arbitrium  des  Herrn  Prof.  Hoppe  könne  ich  mich  nicht  einlassen, 
nicht  etwa,  weil  ich  denselben  nicht  als  eine  der  hervorragendsten  Auto- 
ritäten auf  dem  Gebiete  des  modernen  Englisch  anerkenne,  auch  nicht, 
weil  ich  mich  vor  seiner  I^ntscheidung  fürchte,  sondern  einmal,  weil  ich 
gelegentlich  in  meiner  Ausgabe  auch  einer  Ansicht  des  Herrn  Prof.  H(jppe 
entgegengetreten  bin  (er  mülste  in  diesem  Ealle  also  Partei  und  Richter 
sein),  und  dann  besonders,  weil  man  auf  einen  öffentlich  erfolgten 
Angriff  entweder  ganz  schweigt  oder  öffentlich  antwortet.  Für  den 
Fall  erneuter  Abweisung  bat  ich  um  Rücksendung  meines  ^Ianuskript>. 
Nach  einigen  Tagen  traf  dasselbe  denn  auch  ein,  begleitet  von  einer 
brieflichen,  „The  Editors  of  jTaalstudie'"  unterzeichneten  Mittt'ilung  und 
einer  langen  Entgegnung  von  Herrn  ten  Bruggencate. 

In  dem  Schreiben  der  Herausgeber  wird  die  erneute  .Abweisung  moti- 
viert: 1)  Because  many  of  liis  remarks  are  worthless,  in  the  opintou  of 
the  editor  for  the  Emjlish  dirision  of  'Taalstmlie'  (d.  h.  also  mit  nackten 
Worten,  in  der  ileinung  des  Herrn  ten  Bruggencate,  meines  Cleguers,  der 
ganz  ungeniert  als  Partei  und  Richter  fungiert!);  '_')  Because  tliey  neyer 
insert  any  paper  which  has  not  been  written  in  the  language  of  whi<-h 
it  treats;'  :'>)  Because  therc  is  not  room  enough  for  such  a  lengthy  piij-cr 
as  Dr.  T.'s,  containing  as  it  does,  many  incorrect  statements.""  (.Janz  neu 
war  mir,  dai's  ich  hätte  englisch  antworten  müssen.     Ich  hatte  allerdings 


474  Zu  Dickens'  Chrii^tma.s  Carol. 

geschwankt,  ob  icli  deutsch,  oh  ich  englisch  sclireilten  sollte,  überlegte 
mir  aber,  dafs-  ich  als  Deutscher  keinen  Grund  habe,  mich  einer  fremden 
Sprache  für  eine  anerkauntermalseu  polyglotte  Zeitschrift  zu  bedienen. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dal's,  wenn  die  deutsche  Abfassung  das 
einzige  Hindernis  für  den  Abdruck  meiner  Erwiderung  gewesen  wäre, 
ich  sie  gern  englisch  umgeschrieben  hätte,  aber  sie  wäre  dadurch  ja  nicht 
kürzer  und  „in  the  opinion  of  the  editor  for  the  English  division"  jeden- 
falls auch  nicht  Aveniger  anfechtbar  geworden. 

Ich  niufs  also  auf  anderem  Wege  an  die  Otlentlichkeit  appellieren, 
habe  aber  geglaubt,  das  Verhalten  der  Herausgeber  der  .Taalstudie'- 
ebenfalls  bekannt  machen  zu  sollen,  damit  man  in  Zukunft  wisse,  wessen 
man  sich  seitens  jener  Herren  zu  gewärtigen  hat. 

Was  nun  Herrn  ten  Bruggencates  Entgegnung  betrifft,  so  giebt  er 
mir,  wenn  meist  auch  nur  zögernd,  in  einigen  Punkten  recht;  in  einer 
Reihe  von  anderen  Punkten  findet  er  nunmehr  die  Fragen  „of  no  con- 
sequence"  und  möchte  sich  damit  aus  der  Affaire  ziehen.  i\Ieist  alier 
verharrt  er  schroff  bei  seiner  Ansicht  und  wirft  mir  Rechthaberei  vor. 
Ich  habe  aber,  wie  sich  zeigen  wird,  in  drei  Punkten  in  meiner  Erwide- 
rung ihm  recht  gegeben  und  anerkannt,  dal's  er  in  einigen  anderen  wenig- 
stens Annehmbares  vorgebracht  hat:;  ob  ich  hätte  Aveitere  Konzessionen 
machen  müssen,  das  mögen  die  Fachgenossen  entscheiden,  wenn  sie  die 
Kritik  und  meine  Erwiderung  geprüft  haben.  Auf  eins  aber  mik-hte  ich 
noch  hinweisen:  Herr  ten  Bruggencate  hat  mehrfach  Anstol's  an  meinen 
Anmerkungen  genommen,  weil  er  irrtündicher-  oder  willkürlicherweise 
keinen  Unterschied  zwisclien  einfach  „übersetzenden"  und  „umschrei- 
bend-erläuternden" Anmerkungen  macht.  Deutschen  Lesern  mei- 
ner deutschen  Anmerkungen  würden  .solche  Verwechselungen  schwer- 
lich passiert  sein. 

Gern  wäre  ich  gleich  auch  auf  die  einzelnen  Ausführungen  in  der 
„Entgegnung"  des  Herrn  ten  Bruggencate  genauer  eingegangen  und  hätte 
manches  daraus  citiert;  leider  aber  hat  er  mir  in  seiner  Antwort  auf  meine 
diesbezügliche  Anfrage  die  Erlaubnis  dazu  verweigert:  er  sei  gezwungen 
gewesen,  seine  P^ntgeguung  in  grofser  Eile  anzufertigen,  da  ich  so  schnell 
mein  Manuskript  zurückverlangt  hätte.  Herr  ten  Bruggencate  hatte  meines 
Erachteus  nach  allgemeinem  Brauch  überhaupt  gar  keine  Veranlassung, 
solche  nur  für  meinen  Privatgebrauch  bestimmte  Entgegnung  zu  Papier 
zu  bringen.  Er  hätte  ruhi"-  abwarten  sollen,  was  ich  auf  seine  Kritik 
veröffentlichen  würde,  und  hätte  alsdann  in  aller  Ruhe  .seine  Entgegnung 
ausarl)eiten  können.  —  Ich  lasse  nun  meine  Erwiderung  folgen.  Nach- 
trägliche Zusätze,  die  also  Herrn  ten  Bruggencate  noch  nicht  vorgelegen 
haben,  sind  deutlich  durch  jedesmalige  Vorsetzung  von  „ — Zusatz"  kennt- 
lich gemacht. 

K  r  w  i  d  e  i"  u  n  g. 

Auf  Herrn  ten  Bruggencates  Recension  erlaube  icli  mir  Folgendes  zu 
erwidern : 

„Die  Erkenntnis,  dafs  in  einer  auch  für  die  Schule  bestimmten  Sanuu- 
lung,  wie  ,The  Students'  Series  for  School,  College,  and  Home',  auf  die 
Dauer  das  herrliche  ,GhristnKis  Carol'  nicht  zu  entbehren  sei,  war  die 
Veranlassung,  den  bereits  vorhandenen  Ausgaben  diese  neue  liinzuzufügen." 
So  beginnt  die  Vorrede  zu  meiner  Ausgabe,  die  ich  im  Auftrage  der  ver- 
ehrlichen Verlagsbuchhandlung  ])esorgt  habe.  Hätte  der  Herr  Receusent 
die  Vorrede  aufmerksam  gelesen,  so  wären  ihm  vielleicht  auch  die  Schluls- 
worte  derselben  aufgefallen:  «Möchte  diese  Ausgabe  ihren  Vorgängerinnen 
sich  würdig  anreihen  und  auch  an  ihrem  Teile  etwas  zu  einer  immer  ver- 
tiefteren  Kenntnis  des  liebenswürdigen  Dichters  beitragen."  Es  geht  dar- 
aus hervor,  dal's  icli  einerseits  die  Ausgabe  nicht  unternommen  habe,  um 


Zu  Dickens'  Christmas  Carol.  475 

viel  Neues  zu  Tage  zu  fördern,  andererseits,  dafs  es  mir  nicht  einpefallen 
ist  meine  Vorganger  überflüssig  machen  zu  wollen.  Meine  Ausgabe  sollte 
bilhgerweise  als  das  beurteilt  werden,  was  sie  sein  will,  nicht  als  das 
was  man  willkürlich  von  ihr  zu  verlangen  beliebt.  Herr  ten  Firuggen- 
cate  scheint  nun  von  dem  Grundsatze  auszugehen,  dafs,  wenn  braucbhare 
Ausgaben  eines  Werkes  vorhanden  sind,  neue  Ausgaben  nur  veranstaltet 
werden  sollten,  wenn  dadurch  die  früheren  vollstäiidiir  aus  dem  Felde  ge- 
schlagen würden.  Dies  ist  jedoch  ein  unhaltbarer  Standpunkt,  der  für 
Verleger  und  Autoreu  eine  entschieden  zurückzuweisende  Beschränkung 
der  persönlichen  Freiheit,  für  das  ganze  litterarische  Leben  einen  uner- 
träglichen, weil  unnatürlichen  Zwang  bedeuten  würde.  Jede  wissenschaft- 
liche Arbeit,  selbst  wenn  sie  sich  mit  einem  schon  wer  weifs  wie  oft  be- 
handelten Gegenstande  befaist,  hat  ihre  Existenzberechtigung  und  be- 
gründeten Anspruch  auf  Achtung,  wenn  der  Verfasser  liei  der  Berück- 
sichtigung oder  Benutzung  voraufgegangeuer. Leistungen  ehrlich  verfährt, 
d.  h.keiu  Plagiat  begeht,  den  Stoff"  noch  einniaL selbständig  und  mit 
Aufbietung  seines  besten  Wissens  und  Könnens  durcharbeitet,  und  den 
Vorgängern  gegenüber  sein  eigenes  Urteil  nicht  in  die  Tasche  steckt. 
Eines  Plagiats  hat  mich  Herr  ten  Bruggencate  nicht  anklagen  können ; 
jede  Seite  meiner  Arbeit  liefert  dem,  der  sehen  will,  Beweise  meiner 
Selbständigkeit;  nirgends  bin  ich  einer  Schwierigkeit  aus  dem  Wege  ge- 
gangen, und  trotzdem  spricht  Herr  ten  Bruggencate  meiner  Ausgabe  die 
Existenzberechtigung  ab  und  versagt  ihr  die  Achtung,  die  jede  ehrliche 
und  ernste  Arbeit  beanspruchen  darf.  —  So  viel  über  die"  einleitenden 
Bemerkungen  des  Herrn  Recensenten. 

Sehen  Avir  uns  nun  den  speciellen  Teil  seiner  Kritik,  mit  anderen 
Worten  das  erschreckend  lange  Register  von  Begehungs-  und  I Unter- 
lassungssünden an,  die  mir  zur  Last  gelegt  werden  (acht  volle  Seiten  hat 
Herr  ten  Bruggencate  anzufüllen  gewufst!),  so  gestehe  ich  gern,  dafs  in 
drei  Fällen  Herr  ten  Bruggencate  recht  hat;  in  einigen  anderen  bringt 
er  wenigstens  Annehmbares  vor;  in  allen  übrigen  Fällen  jedoch  hat  er 
meines  Erachtens  so  weit  vorbeigeschossen,  dafs  man  in  seinem  eigenen 
Interesse  wünschen  möchte,  er  hätte  seine  Recension  nie  geschrieben. 
Herr  ten  Bruggencate  ist  nämlich,  um  es  kurz  zu  sagen,  weder  im  Deut- 
schen noch  im  Englischen  (trotzdem  er  sich  offenbar  auf  seine  Kenntnis 
des  letzteren  viel  zu  gute  thut)  genügend  .,uj)  to  the  mark",  um  ein  kom- 
petentes LTrteil  über  ein  von  einem  Deutschen  kommentiertes  englisches 
Werk  abgeben  zu  können.  Das  klingt  hart,  aber  wer  da  glaubt,  wie  Herr 
ten  Bruggencate,  dafs  der  Satz:  ,,Wenn  du  mich  um  einen  Groschen 
mehr  fragtest  und  daraus  eine  offene  (streitige)  Frage  machtest,  möchte 
es  mich  gereuen,  dafs  ich  so  mild  gewesen"  (zu  p.  llo,  1  m.  Ausg.),  idio- 
matisches modernes  Deutsch  sei,  beweist,  dafs  er  nicht  qualifiziert  ist, 
über  deutsch  geschriebene  Anmerkungen  zu  urteilen ;  und  wer,  wi(>  Herr 
ten  Bruggencate,  zu  meiner  Übersetzung  der  Stelle  im  Chr.  G. :  ,we  knew 
that  we  were  helping  ourselves  ^^  dafs  wir  zulangten,  oder:  nahmen  was 
wir  fanden,"  die  lakonische  Bemerkung  machen  kann:  Nonsensel.  beweist, 
dafs  es  ihm  nicht  an  Aplomb,  M'ohl  aber  an  dem  richtigen  \'erstän<biis 
ganz  landläufiger  englischer  Redensarten,  mithin  an  der  Befähigung  fehlt, 
englische  Texte  zu  verstehen  oder  gar  zu  erklären. 

Dafs  diese  beiden  nicht  die  einzigen  P'älle  sind,  wo  Herr  ten  Bruggen- 
cate eine  mangelhafte  Kenntnis  des  Deutschen  sowohl  als  des  Endischen 
verrät,  Avird  sich  aus  dem  Folgenden  ergeben,  wo  ich  nunmehr  die  ein- 
zelnen Bemerkungen  des  Herrn  Recensenten  über  meine  Anmerkungen 
der  Reihe  nach  durchgehen  werde.  Dabei  soll  ein  vorangestelltes  A  an- 
deuten, dafs  ich  mich  der  Ansicht  des  Herrn  ten  Bruggencate  anschliefso, 
ein  B,  dal's  seine  Kenntnis  des  Deutschen  nicht  ausreichte,  ein  G.  dafs 
seine  Kenntnis  des  Englischen   mangelhaft  war,   ein  D  endlich,   dafs   aus 


476  Zu  Dickens'  Christiuas  Carol. 

diesem  oder  jenem  anderen  (irunde  der  Herr  Recensent  sich  als  unzu- 
verlässig erwies. 

Herr  ten  Kruggeucate  möchte  mir  einen  Vorwurf  daraus  machen, 
dafs  ich  das  „shall''  in  Dickens'  Vorrede  (the  (ihost  of  an  Idea,  which 
sliall  not  put  my  readers  out  of  humour)  unerklärt  gelassen  habe.  Eine 
Erklärung  war  überflüssig.  Mit  der  Bedeutung  ^soll'-,  die  der  deutsche 
Schüler  kennt,  wird  mau  der  Stelle  durchaus  gerecht. 

A  (Seite  2,  Anm.  2  meiner  Ausgabe.)  In  seiner  Bemerkung  über 
„niarh  (Marley)  hat  der  Herr  Recensent  recht. 

B  (2,  5)  „Cut  up-  wird  gewöhnlich  mit  -tief  oder  aufs  tiefste  lie- 
triibt"  übersetzt  (nicht  mit  „untröstlich",  wie  Herr  ten  Bruggencate  will). 
Ich  habe  diese  etwas  stärkere  Übersetzung  absichtlich  vermieden  aus 
Rücksicht  auf  den  Text,  wo  es  heifst:  „dreadfuüy  cut  up.^  Geben  wir 
dies  mit  „schrecklich  betrübt^"  wieder,  so  haben  wir  eine  Übersetzung,  an 
der  nur  ein  Übelwollender  etwas  auszusetzen  finden  kann.  Es  gar  mit 
^kaput",  noch  dazu  in  der  ganz  unbekannten  Bedeutung  -untröstlich^ 
zu  übersetzen,  wie  Herr  ten  Bruggencate  vorschlägt,  wäre  in  Unterrichts- 
stunden in  Deutschland  durchaus  unzulässig. 

C  (M,  1)  „to  take  a  stroll"  ist  für  jeden,  der  mit  dem  „recent  Ger- 
man"  vertraut  ist,  durch  „uniherbummeln"  zutreffend  übersetzt.  Beide 
Ausdrücke  sind  slangartig  angehaucht. 

C  D  {■'',  2)  Wie  mit  -stroll"  für  -walk"  verhält  es  sich,  glaube  ich, 
mit  „turning  out"  statt  des  einfachen  „going  out".  Meine  Anmerkung 
lautet:  „turning  out  =  going  out  oder  venturing  out  (sich  herauswagend, 
Schmidt)."  Die  letzte  Wiedergabe  vei'dient  den  Vorzug,  denn  sie  ist,  wie 
„turning  out",  etwas  gewürzter  als  das  einfache  -ausgehen",  sie  läfst  also 
den  leisen  Anflug  von  Slang  nicht  ganz  verloren  gehen.  —  Wenn  nun 
Herr  ten  Bruggencate  einfach  bemerkt,  dals  tnrnl)ui  out  nicht  rodiiriny 
out  =  sich  herauswagend  bedeute,  so  muls  man  eine  falsche  Vor- 
stellung von  der  Fassung  meiner  Anmerkung  gewinnen,  da  das  von  mir 
vorangestellte  -going"  fortgelassen  ist.  Dies  ist  nicht  der  einzige  Fall,  wo 
Herr  ten  Bruggencate  sich  eine  ungenaue  Wiedergabe  meiner  Erklärung 
hat  zu  schulden  kommen  lassen.  —  Zusatz.  Aus  meiner  Anmerkung  geht 
hervor,  dals  ich  weder  rfo'nuj  out  noch  vciituriny  out  für  sich  als  genaue 
Äquivalente  für  furniny  out  halte,  sonst  hätte  ich  nur  eine  Umschrei- 
bung zu  geben  brauchen.  Ich  glaube  ferner,  dafs  sich  dieser  englische 
Ausdruck,  wie  unzählige  andere,  überhaupt  nicht  ganz  genau  deutsch 
wiedergeben  läfst,  dafs  aber  im  Deutschen  -sich  herauswagen"  oft  in  sehr 
ähnlicher  Bedeutung  gebraucht  wird.  Hervorhel)cn  will  ich  noch,  dals 
im  Texte  „rashly"  vor  turning  out  steht,  und  dafs  mir  dieses  mshiy  erst 
recht  die  IFmschreibung  -venturing  out"  zu  unterstützen  scheint. 

(:'.,  4)  -Literally  to  astonish  his  son's  weak  mind."  Herr  ten  Bruggen- 
cate will,  um  von  seiner  langen  Bemerkung  hier  nur  die  Quintessenz  zu 
geben,  das  Adverb  nur  auf  den  Infinitiv  beziehen,  während  ich  in  meiner 
Erklärung  es  den  ganzen  Satz  bestimmen  lasse  und  diese  Auffassung  hin- 
reichend l)egründe.  Herr  ten  Bruj^gencate  wird  jedenfalls  zugeben  müssen, 
dafs  meine  Erklärung  nicht  spracliwidrig  ist;  mögen  alsdann  andere  ent- 
scheiden, ob  der  Herr  Recensent  recht  hat  oder  ich. 

G  (1,  1)  -a  tight-fisted  band  at  the  grindstone."  Trotz  Herrn 
-StoHel's  paper,  Taalstudic  VITI",  ist  meine  Erklärung  -geiziger  (tc- 
schäftsmann"  zu  halten.  Baumann,  Londinismen,  sagt  |s.  v.  grindstone): 
„[Wetzstein]  ermüdende,  erscIir)pfVnde  Arbeit:  we  werc  kept  with  our 
noses  to  the  grindstope  ( Green wood),  wir  mulsten  ohne  Unterbrechung 
arbeiten."  Ich  erinnere  ferner  daran,  dafs  _to  grind"  die  Slangbedeu- 
tung „angestrengt  arljeiten"  hat.  Ich  habe  also  nicht  unüberlegt  i/n'url- 
xfone  mit  Arbeit,  Grcschäft  umschrieben.  Da  aufserdem  dadurch 
ein   ganz   i)assender  Sinn  erzielt  wird,   so   vermag   ich   nicht    einzusehen, 


Zu  Dickens'  Chrlstmas  Carol.  J7T 

warum  Herr  ten  Bruggeneate  sagt,  ich  sei  hier  .all  abroad^  Er  sclieint 
ein  „faible"  für  starke  Ausdrücke  zu  haben.  —  Zusatz.  Es  handelt  sicli 
hier  doch  höchstens  um  eiue  von  der  seinigeu  abweichende,  aber  gleicii- 
berechtigte,  weil  wohlbegrüudete  xVnsicht,  die  man  in  weniger  schrolfer 
Weise  ablehnen  sollte,  wenn  sie  einem  nicht  behagt. 

A  (4,  2)  „Self-contained.''  Bei  nochmaliger  Prüfung  schlielse  ich 
mich  der  Ansicht  des  Herrn  ten  Bruggeneate  an :  self-containcd  =  in 
sich  abgeschlossen. 

B  ß  {-i,  7)  -to  thaw."  Ich  habe  nicht  einfach  behauptet,  wie  man 
aus  Herrn  ten  Bruggencates  Worten  schliefsen  muls,  dafs  _to  thaw 
wärmer  machen  heifse,  sage  vielmehr:  .,to  thaw  (eigentlich  tauen),  hier 
=  wärmer  machen" ;  und  dal's  .diese  letztere  Bedeutung,  ohne  saclilich 
unzutretfend  zu  sein,  für  die  Ubersetzuno;  durchaus  palst,  beweist  der 
Text,  wo  to  thaw  durch  oue  degree  näher  bestimmt  ist.  Solche  Freihi'it 
durfte  sich  Dickens  wohl  nehmen;  im  Deutschen  aber  läl'st  sich  tauen 
absolut  nicht  durch  „um  einen  Grad"  näher  bestimmen,  und  deshalb  muls 
to  thaw  anders  übersetzt  werden. 

C  (5,  5)  „to  edge  one's  way"  übersetze  ich  mit  Tliiergen:  „sich  au 
der  Seite  vorbeidrücken."  Webster  (s.  v.  to  edge,  v.  i.)  sagt:  -to  move 
sideways;  to  mo\e  graäually,  as,  edge  along  this  way."  Jedenfalls  spricht 
dies  mehr  für  Thiergen  und  mich,  als  für  Herrn  ten  Bruggeneate,  dei- 
von  „Scrooge's  knife-like  cuttiug  t)iroiigh  the  crowd"  spricht,  weil  er  in 
edge  eine  Anspielung  auf  ein  Messer  findet.  Daran,  dals  Scrooge  sich 
gewaltsam  einen  XVeg  durch  die  Menge  bahnt,  ist  bei  der  Schilderung, 
die  uns  Dickens  von  seinem  Naturell  giebt,  nicht  zu  denken.  Hier  hätte 
Herr  ten  Bruggeneate  gründlicher  sein  müssen.  Und  dabei  sagt  er  von 
mir:  „Dr.  Tanger  prcteiuh  to  explain  the  word  to  edge." 

C  (5,  0)  „nuts"  ist  und  bleibt  vulgär.  Das  von  Herrn  ten  Bruggen- 
eate gebrachte  Citat  aus  der  „Academy-  beweist  doch  nur,  dals  man  es 
für  nötig  hielt,  bei  dem  Gebrauche  des  Wortes  in  ernster  Litteratur  in 
Parenthese  eine  humoristische  Entschuldigung  hinzuzufügen. 

C  (6,  o)  Herr  ten  Bruggeneate  mag  sich  glücklich  schätzen,  wenn  er 
den  eigentlichen  „brown  fog"  nicht  aus  persönlicher  P^rfahrung  kennt. 
Warum  schüttet  er  übrigens  seine  Zornesschale  nicht  über  Dickens'  Hau]>t 
aus,  der  sich,  obgleich  Herr  ten  Bruggeneate  nur  etwas,  von  -gelbem-" 
fog  wissen  will,  erdreistet,  im  Texte  von  „i)alpable  hrown  air"  zu  sprechen  ? 
Dals  ein  leichterer  „fog"  schmutzig  gelb  erscheinen  kann,  will  ich  nicht 
leugnen;  nur  dachte  Dickens  hier  nicht  an  einen  solchen. 

D  (G,  4j  „That  nature  ..  .  was  brewing  on  a  large  scale."  Während 
die  Natur  von  Herrn  ten  Bruggeneate  hier  recht  prosaisch  und  wörtlich 
als  „Brewer"  personifiziert  gefalst  wird,  erkläre  ich  in  meiner  Anmer- 
kung: „(man  hätte  glauben  können,)  die  Natur  hätte  etwas  Grolses  in 
Arbeit."  An  dem  hierbei  nötigen  Hinweis  darauf,  dals  tu  hmr  oft  bihl- 
lich  für  planen,  vorbereiten,  in  Arbeit  haben  gebraucht  wird, 
habe  ich  es  nicht  fehlen  lassen.  Den  Einwand  des  Herrn  Kecensenteu  : 
„that  this  translation  entirely  loses  sight  of  and  ignores  the  vapour  or 
mist,  which  attends  the  work  of  Nature'-,  begreife  ich  nicht;  gerade  :ius 
dem  vielen  Dampf  oder  fog  schliefsen  wir  ja,  dals  in  der  Werkstätte  der 
Natur  Grofses  in  Arbeit  ist.  Herr  ten  Bruggeneate  hat  also  kein  Glück, 
mir  hier  eine  Oberflächlichkeit  nachzuweisen,  wohl  aber  glaube  ich  ihm 
wieder  etwas  mehr  Gewissenhaftigkeit  im  C'itieren  anempfehlen  zu  nuisseu. 
Er  sagt:  „As  if  nature  were  brewing  on  a  large  scale  r=  als  ob  die  Natur 
etwas  Grofses  in  Arbeit  hätte,  sags  Dr.  T.",  während  aus  dem  Obigen 
sich  ein  anderer  Wortlaut  des  Textes  .sowohl  als  auch  meiner  Anmerkung 
ergiebt.  —  Zusatz.  Ich  will  der  entgegenstehenden  Ansicht,  nach  der  die 
Natur  wörtlich  als  -Brewer-  personifiziert  gedacht  ist,  ihre  Berechtigung 
nicht   absprechen,    behaupte    aber,    dals    die    meinige  ebeufalls  zu   recht- 


478  '/'VL  Dickens'  Christmas  Carol. 

fertigen  ist.  Die  Frage  ist  nur,  ist  es  unzulässig,  die  Stelle  freier  aufzu- 
fassen, wie  ich  es  thue? 

C  (7,  1)  „Again"  (to  smoke  againj.  Über  dieses  agaiii  sind  für  mich 
die  Akten  noch  keineswegs  so  geschlossen,  wie  sie  es  für  Herrn  ten  Bruggeu- 
cate  zu  sein  scheinen,  der  mit  seinem  dreisten  ^again  nei-er  means  in- 
folgedessen*' (davon)  die  Sache  zu  erledigen  vermeint.  Aus  Hoppe.-s 
Supplement-Lex.  (2.  Aufl.  .s.  v.  again)  sei  hier  angeführt:  Gs.  St.  III,  1: 
a  familiarity  that  made  my  blood  freeze  again.  Sollen  wir  hier  auch 
uyain  als  Inteusitätsadverb  zu  freeze  gelten  Tassen  ?  Noch  deutlicher  ist 
(ib.  M.  j\I.  W.  II,  1):  I  turned  up  the  whites  of  my  eyne,  tili  the  strings 
awmost  cracked  again.  Wäre  ar/a/'n  hier  etwa  =  intensely,  so  würde 
durch  das  voraufgehende  awiiio.st  (^almostj  eine  Absurdität  entstehen,  die 
hoffentlich  auch  Herrn  ten  Bruggencate  nicht  entgehen  wird.  Versucht 
man  es  aber  mit  der  von  mir  verfochtenen  Bedeutung  infolgedessen, 
davon,  die  doch  aus  der  Grundbedeutung  von  agaiu  (angelsäclis.  ougegu) 
sich  mit  Leichtigkeit  ergiebt,  so  schwindet  jede  Schwierigkeit.  Übrigens 
citiert  Hoppe  (1.  c.)  selber  aus  Ogilvies  Imperial  Dictionary:  >There  is 
au  idiomatic  use  of  the  word  in  such  phrases  as,  he  Struck  it  tili  it  rung 
again,  implying  energy  on  the  part  of  the  suhjecf  or  arfor,  and  rrciprocal 
action  or  rctuni  on  that  of  the  ohjcct."  Mit  dieser  Auffassung  deckt  sich 
die  meiuige  durchaus.  So  viel  über  Herrn  ten  Bruggencates  „ncver\  — 
NWuu  nun  Hoppe  «(laiii  durchgeheuds  in  solchen  Phallen  als  lutensitäts- 
wort  auffai'st,  so  glaube  ich,  dafs  er  aus  der  Ogihneschen  Bemerkung 
nicht  den  richtigen  Schlul's  gezogen  hat.  In  unserem  Falle  äufserte  sich 
die  „energy"  of  the  suhjcct  in  Freds  „rapid  Walking",  wobei  die  Lungen 
gehörig  angestrengt  wurden;  ihre  „reciprocal  action"  (return)  zeigt  .sich 
iu  dem  dampfenden  Atem  des  jungen  ^lauues.  —  Zusatz.  Ich  verweise 
Herrn  ten  Bruggencate  ferner  auf  Murrays  New  Dictionary  s.  v.  again  2, 
und  dort  besonders  auf  das,  was  unter  c)  bemerkt  wird:  „from  echo 
[again],  exteuded  to  creak,  crack,  thrill,  shake,  reel,  dauce,  ache,  shine, 
gleam,  wink,  etc.,  to"  express  sympathetic  response  to  action,  imUcatiug 
the  intensity  of  the  action  itself."  Murray  sagt  nicht,  indicating  the  in- 
tensity  of  the  response  to  action,  sondern  „the  intensity  of  the  action 
■itself.'^  Das  deckt  sich  genau  mit  der  Auffassung  Ogilvies,  wie  sie  sich 
iu  seiner  vorhin  aus  Hoppes  S.-L.  citierten  Aufserung  ergab;  und  damit 
deckt  sich  auch  die  Erklärung,  die  ich  in  meiner  Anmerkung  zu  dem  ayain 
gebe.  Intensität  liegt  wohl  überall  vor,  wo  sich  dieses  aga  i?/ 
zeigt,  aber  nicht  an  der  Stelle,  wo  man,  auch  in  England,  sie  häufig  an- 
nimmt, nämlich  au  der  durch  again  qualifizierten  Thätigkeit  oder  besser 
Kückäufserung,  sondern  an  der  anderen,  die  Murray  mit  flf7/'m  itself.  im 
Gegensatze  zu  der  „response  to  action"  bezeichnet.  Und  nun  vergleiche 
man  noch  einige  andere  Beispiele  aus  Hoppes  reichhaltiger  Sammlung: 
D.  C.  S.  p.  l!tl :  he  grinned  Ins  aj)i)roval  of  the  jest,  until  his  white  teeth 
shone  again.  D.  B.  L.  p.  18U :  Let  it  (the  fire)  shine  upou  the  holly  until  it 
winces  again.  D.  B.  L.  p.  180:  [the  dahlias,|  which  bobbed  again,  as  the 
heavy  drops  of  wet  dripped  off  them;  und  St.  Tr.  V,  cli.  II:  they  should 
be  thrashed  ad  putorem  usque  =:  tili  they  stink  again.  ^lau  werfe  nicht 
ein,  dafs,  wenn  so  viele  Engländer  selber  dies  again  als  Intensitätsadverb 
auffassen,  wir  doch  lieber  auch  ein  (xleiches  thun  sollten.  Ganz  land- 
läufige Redensarten  werden  oft  verkehrt  verstanden.  Wie  viele  Deutsche 
z.  B.  wissen,  dafs  in  „Kind  und  Kegel"  Kegel  so  viel  heilst  wie  Bastard? 

B  (7,  2)  [HeJ  foUowed  it  up  with  .Humbug-.  Ich  übersetze  in  der 
Anmerkung  frei :  „(er)  vervollständigte  es."  Dals  to  folloir  folgen  heilst, 
wissen  unsere  Schüler;  da  aber  die  nächstliegende  Übersetzung  des  obigeu 
.Ausdrucks  (er  liefs  «huauf  „Hujubug"  folgen)  hier  nicht  brauchbar  ist, 
so  empfalil  sich  eine  freiere,  wie  die  oben  gegebene,  oder  auch  etwa:  „er 
setzte  hinzu."     Als  Nichtdeutscher   freilich    konnte  Herr  ten  Bruggencate 


Zu  Dickens'  Cliristinas  Carol.  47ii 

schwer  ermessen,  was  mich  zu  der  Anmerkung  veraulalst  haben  konnte. — 
Zusatz.  Herr  ten  Bruggencate  wirft  mir  vor,  dafs  ich  .to  follow  up- 
nicht  als  dem  „prize-fighters'  Slang"  entlehnt  erklärt  habe.  Meine  An- 
merkung bringt  nichts  Falsches,  und  im  übrigen  bin  ich  auch  jetzt  nocii 
nicht  sicher,  ob  die  englische  Sprache  ihr  ^to  follow  up-  den  prize-Hghters, 
oder  ob  die  letzteren  dies  ihrer  Muttersprache  entlehnt  haben  und  in 
einem  speciellen  Sinne  verwenden.  Ich  hatte  also  keinen  Grund,  etwas 
Unsicheres  in  meine  Anmerkung  aufzunehmen. 

C  D  (8,  4)  „Dead  against  you."  Dafs  iu  ^dead  blue'-,  Velclies  ich 
mit  clead  drunk  beiläufig  als  Beleg  für  dead  agaitist  anführe,  drad  wirk- 
lich die  Entschiedenheit  andeuten  soll,  dal's  n  dead  bliir  also  ein  ent- 
schiedenes, kräftiges,  ungemischtes,  ungebrochenes  Blau  bczeii-hnet,  wird 
Herr  ten  Bruggencate  aus  F'lügels  grolsem,  denuiächst  in  neuer  Auflage 
erscheinenden  Wörterbuch  ersehen  können.  Ich  führe  daraus  nur  ein 
Beispiel  an:  liis  hair  in  early  youth  a  dead  blach'  (.1.  Brown,  Ilonc  l-l) 
—  ein  tiefes  Schwarz.  —  Zusatz.  Dead  white  heilst  ebenfalls  rein  weiCs 
oder  kreideweifs. 

_  D  (8,  ü)  ^With  a  stake  of  holly  through  bis  heart.'-  Dals  ich  nicht, 
gleich  den  meisten  anderen  Herausgebern,  in  meiner  Anmerkung  auf  die 
mittelalterliche  Sitte  hinweise,  Selbstmördern  einen  ^stake''  durchs 
Herz  zu  treiben  und  sie  so  am  Kreuzwege  zu  begraben,  möchte  Herr 
ten  Bruggeucate  mir  zum  Vorwurf  machen.  Die  Hinweisung  ist  von  mir 
absichtlich  fortgelassen  worden,  denn  es  handelt  sich  im  Texte,  den 
Herr  ten  Bruggencate  beim  Lesen  meiner  Anmerkungen  nicht  grüudlicli 
genug  berücksichtigt  hat,  keineswegs  um  Selbstmr)rder.  Wenn  nun 
ein  Hinweis  darauf  auch  nicht  geschadet  hätte,  so  war  er  doch  nicht 
nötig,  denn  Avas  im  übrigen  zum  Verständnis  der  Stelle,  wie  sie  thal- 
sächlich bei  Dickens  steht,  erforderlich  ist,  findet  der  Leser  in  meiner 
Anmerkung. 

(H,  o)  In  „to  come  round"  (again)  ist  durch  ein  Versehen  in  meiner 
Anmerkung  die  Klammer  um  wjain  fortgeblieben;  mjnin  selbst  ist  jedoch 
absichtlich  hinzugesetzt  worden,  da  es  in  der  LTmgangssprache  in  dieser 
Redensart  fast  nie  fehlt. 

B  (P,  5)  »Bound  on  other  journeys"  übersetze  ich  mit  Rücksicht  auf 
den  Zusammenhang  durch:  ^Mit  anderen  Reisezielen-,  und  setze  in  Klam- 
mern hinzu :  (eigentlich :  zu  anderen  Reisen  verpflichtet,  auf  anderen  Reisen 
befindlich).  Wülste  Herr  ten  Bruggencate  etwas  mehr  Deutsch,  so  hätte 
er  an  dieser  Anmerkung  keinen  Anstols  genommen.  Geradezu  erheiternd 
wirkt  seine  Frage  unter:  2ndly:  How  cau  rerpfUchtct  xu  ever  mean 
befindlich  auf?  Er  hätte  beispielsweise  zu  22,  2,  wo  ich  zu  .,a  very 
low  fire  indeed"  die  von  ihm  nicht  beanstandete  Anmerkung  mache: 
, heruntergebrannt,  dürftig",  ebenso  geistreich  fragen  können:  How  can 
l/ernn(en/ehrannt  ever  mean  diirftiy? !  —  Zusatz.  Aber  Herr  ten  Bruggen- 
cate stölst  sich  besonders  an  dem  o»,  statt  des  sonst  üblichen  to  oder 
for  hinter  bouud.  Die  letzteren  Präpositionen  stehen  aber  meines  Er- 
achtens  deshalb  hier  nicht,  weil  das  Ziel,  der  Bestimmungsort,  niclit 
präcise  angegeben  ist ;  das  on  zeigt  uns  also  blois  das  .auf  der  Reise  Be- 
findlichsein"  an,  gerade  so  wie  iu  den  von  Herrn  ten  Bruggencate  nocii 
angeführten  Beispielen :  bound  on  dangerous  errands,  on  an  expedition,  un 
adventures.  Dal's  aber  in  allen  solchen  Fällen  mit  bound  sicii  jetzt  die 
Vorstellung  der  Bestimmung,  des  Verpflichtetseins  verbindet  (ganz  gleicii, 
ob  andere,  ob  wir  selbst  uns  die  Verpflichtung  auferlegen),  scheint  mir 
aufser  Frage  zu  stehen.  Ich  sehe  also  nicht  ein,  was  Iferr  ten  Bruggen- 
cate in  meiner  Anmerkung  Falsches  entdecken  will. 

C  (11,  1)  In  der  Phrase  „to  be  a  party  to  sometiiing*  möchte  Herr 
ten  Bruggencate  atnjtlünii  statt  .^unicIhiiKj  lesen.  Ich  werde  micii  hüten, 
ihm  diesen  Anfängerfehler  nachzunuicheu. 


•'180  Zu  Dickens'  Christmas  Cfirol. 

C  (11,  3)  ,To  hid  oue  the  greetiiigs  of  the  season"  soll  kein  Eugliscli 
sein,  meint  Herr  ten  Bruggencate.  Er  lese  in  Flügels  groiseni  Wörter- 
buch s.  V.  bid:  1)  bieten  (einen  Grufs  etc.);  ib.:  to  bid  one  joy,  to  bid 
one  good  morning,  to  bid(od.give)  one  the  tiine  (compliment)  of  the  day. 
Das  dürfte  genügen.  Allerdings  sagt  Herr  ten  Bruggencate:  „to  bid  any 
one  etc.  is  not  English."'  Ich  gebe  ihm  zu,  dafs  kein  Engländer  hier  any 
gebrauchen  würde;  nur  stammt  dies  (oiy  nicht  von  mir,  sondern  von 
Herrn  ten  Bruggencate  her! 

?  (11,  4)  „I'U  retire  to  Bedlam.''  Ich  zweifle,  ob  Dickens  bei  dieser 
Aufseruug  von  Scrooge  gemeint  hat,  dal's  Serooge  nach  Bedlam  gehen 
wolle,  weil  dort  im  Vergleich  zu  allen  übrigen  verrückten  Menschen  die 
Vernünftigen  sitzen.  Dieser  Gedanke  liegt  keineswegs  so  nahe,  als  dal's 
man  alsdann  nicht  im  Texte  eine  weitere  Erklärung  desselben  erwarten 
müfste.  I^ine  solche  findet  sich  jedoch  nicht.  Ich  glaube  also  nach  wie 
vor,  dafs  Scrooge  nach  Bedlam  will,  weil  ihm  alle  um  ihn  her  verrückt 
erscheinen,  mithin  auch  er  an  sich  selber  irre  wird. 

C  (14,  1)  Ich  bin  Herrn  ten  Bruggencate  für  die  freundliche  Beleh- 
rung und  die  groi'se  Neuigkeit,  dal's  man  Fackeln  nicht  blofs  bei  starkem 
Nebel,  sondern  ^bei  grofser  Dunkelheit  in  general"  gebraucht,  sehr 
verbunden.  Mancher  wird  mit  mir  bisher  geglaubt  und  in  London  auch 
gefunden  haben,  dafs  es  gegen  Dunkelheit  dort  wie  anderwärts  Gas-  und 
elektrisches  Licht  giebt.  Herr  ten  Bruggencate  scheint  andere  Beobach- 
tungen gemacht  zu  haben.  —  Dafs  im  übrigen  link  auch  in  der  vorlie- 
genden Verwendung  jetzt  weniger  gebräuchlich  ist  als  to)X'h,  halte  ich 
auf  Grund  eigener  Erfahrung  aufrecht. 

D  (16,  2)  Herr  ten  Bruggencate  meint,  ich  hätte  das  veraltete  God 
rest  you  inerry  erklären  sollen.  Im  Texte  steht:  God  bless  you  merry 
gentleman.  Das  reftt  you  inerry  findet  sich  nur  als  Illustration  in  meiner 
Anmerkung.  Der  Herr  Recensent  verlangt  also  mit  anderen  Worten,  ich 
solle  noch  Anmerkungen  zu  meinen  Anmerkungen  schreiben !  Und  so 
fort  in  dulce  infinitum  ? 

C  (18,  2)  „Up  a  yard."  Von  vielen  Londoner  Strafsen  zweigen  sich 
Sackgassen  ab,  die  bald  mews,  bald  courts,  bald  yards  genannt  werden. 
Vgl.  übrigens  S.  h,  Aum.  2  meiner  Ausgabe.  Abgesehen  hiervon  kann 
an  dieser  Stelle  yard  nicht  „Hof"  in  dem  gewöhnlichen  Sinne  bedeuten, 
sonst  würde,  ehe  man  auf  den  „Hof''  gelaugt,  der  Hausflur  oderTliorweg 
eines  an  der  Strafse  stehenden  Vorderhauses  zu  durchschreiten  sein. 
Davon  steht  bei  Dickens  nichts.  Scrooge  geht  die  Gasse,  an  deren  Ende 
(up  the  yard)  sein  Wohnhaus  steht,  die  dadurch  also  als  cid  de  sac  sich 
darstellt,  hinauf  und  gelangt  schlielslich  an  seine  Hausthür,  an  der  sich 
der  famose  „knocker"  befindet.  Wenn  nun  diese  Thür  von  Dickens  selber 
(p.  120  meiner  Ausg.)  strect-door  genannt  wird,  so  mul's  Scrooges  Haus 
doch  an  einer  Art  Strafse,  nicht  auf  einem  allseitig  umschlossenen 
Hofraum  stehen.  Diese  mews,  courts  oder  yards  sind  fast  immer  sehr 
eng,  und  so  kann  es  denn  wunderlich  erscheinen,  dafs  sich  ani  Ende 
einer  so  schmalen  Sackgasse  ein  so  riesiges  Gebäude  findet.  —  Übrigens 
will  ich  gar  nicht  behaupten,  dafs  yard  als  Strafsenbezeichuung  jetzt  noch 
immer  Sackgasse  bedeuten  müsse.  George's  Yard,  Lombard  Street, 
London  EG  z.  B.  führt  (gewifs  infolge  eines  Durchbruchs)  aus  Lombard 
Street  hindurch  nach  Gornhill.  -  Ehe  also  Herr  ten  Bruggencate  sich 
iiber  meine  Anmerkung  hermachte,  hätte  er  gut  gethan,  sicli  besser  zu 
informieren. 

B  (22,  1)  „Fire-guard"  übersetze  ich,  ebenso  wie  es  Flügel  in  seinem 
grofsen  Wb.  tluit,  ganz  richtig  mit  „Feuergitter".  Wenn  nun  Herr  ten 
Bruggencate  ferner  meint,  es  diene  „nie'"  dazu,  das  Herausfallen  von 
Kohlen  zu  verhindern,  sondern  um  das  Umherfliegen  von  «sparks"  zu 
Verhüten,    so    ist   das    leere  Wniiklauberei.      lIiTr  ten  liruiiuein-att'   meint 


7a\  Dickeus'  Chiistinas  C'arol.  481 

ofl'enbar,  wie  ich,  das  Feuergitter  diene  zum  Schutz  gegen  Feuersgefaiir. 
Bei  hoch  aufgetürmten  Kamiufeuern  k<mnen  sehr  wolil  ohne  das  (Jittcr 
brennende  Kolilen  über  den  Kaminvorsetzer  hinweg  auf  den  FulsbudcM 
fallen;  öfter  noch  kommt  es  vor,  dals  durch  kleine  lOxplosionen  bren- 
nende Kohlenstücke  (nicht  blofs  ^sparks'- )  ins  Zimmer  geschleudert  wer- 
den. Gegen  beides  bietet  das  Gitter  treulichen  Schutz;  es  müiste  aber 
sehr  dicht  geflochten  sein,  wenn  nicht  einmal  kleine,  übrigens  wenig  ge- 
fährliche ^sparks""  hindurchfliegen  könnten.  —  Zusatz.  Im  übrigen  ist 
nicht  klar,  was  wir  uns  bei  einem  gewöhnlichen  Kamin  imtcr  Herrn  ten 
Bruggencates  ^brazier'-  denken  sollen.  Meint  er  vielleicht  .grate'-  ?  Es 
kann  nicht  die  Rede  davon  sein,  dafs  diese  Schutzgitter  ,,0»  ihv  iup  of 
the  brazier"  gestellt  werden ;  sie  werden  vielmehr  vor  dem  Feuer  auge- 
bracht, und  zwar  meist  mit  Haken  an  den  Querstiibeu  (iron  bars)  der 
Kamine  befestigt.  Herausfallende  Kohlenstücke  können  alsdaiui  immer 
nur  auf  den  eisernen  ^fender'',  nie  ins  Zimmer  rollen.  —  Wb.  erklärt: 
.„a  framework  of  iron  wire,  to  be  placed  /'n  front  of  a  fire-])lace ;  a  fender.'" 

D  (22,  -1)  Herrn  ten  Bruggencates  Bemerkung:  „dcsiyncd  has  not 
the  meauing  of  ge\eichnet,  but  of:  dazu  bestimmt,  die  Bibel  zu  illu- 
strieren," verdient  besonders  festgenagelt  zu  werden.  I\Ieine  Anmerkung 
lautet  wörtlich:  ^designed  ...  Scrij)tures,  frei  etwa:  mit  bildlichen  Dar- 
stellungen aus  der  biblischen  Gescliichte."  Kein  Wort  von  dcsigned  = 
gezeichnet!  Es  wird  also  meine  Anmerkung  erst  entstellt  luid  ge- 
fälscht, und  dann  bekämpft!  Fürwahr  ein  Verfahren,  welches  mit  ««- 
fair  noch  sehr  gelinde  bezeichnet  ist. 

C  (24,;;)  Dals  „deed",  wie  ich  erkläre,  Kaufsurkuude  bedeuten  kann, 
findet  man  im  kleinsten  Schulwörterbuch.  Um  den  Erklärungsversuch 
deed  hier  =  ^simply:  Act,  Actus",  d.  h.  also  That,  in  abstraktem  Sinne, 
beneide  ich  Herrn  ten  Bruggencate  nicht.  Handelt  es  sich  doch  bei 
Marley's  chain  um  lauter  konkrete  Gegenstände:  cash-boxes,  ke\s,  pad- 
locks,  ledgers,  heavy  purses  wrought  in  steel!  Wie  allerliebst  mülsten 
sich  nun  einige  /Ihaten"  dazwischen  ausgenommen  haben !  —  Zusatz.  Hätte 
Herr  ten  Bruggencate  in  seiner  Kritik  statt  Act  (Actusl  etwa  Act<'  oder 
Aktenstück  (pl.  Akten)  geschrieben,  so  könnte  num  annehmen,  dais  auch 
er  unter  deed  sich  etwas  Konkretes  vorgestellt  hätte;  an  der  Thatsachc 
aber,  dafs  wir  bei  ihm  schwarz  auf  weifs  Act  (Actus)  lesen,  ist  nicht  zu 
rütteln. 

B  D  (30,  5)  ^Flowery"  eigentlich  blumenreich  =  pathetisch.  —  liier 
möchte  Herr  ten  Bruggencate  das  Wort  „flowery"  als  .metaiihorical", 
verblümt,  verstehen.  Abgesehen  davon,  dals  verblümt  etwas  ganz 
anderes  ist  als  metapl/orical,  kann  man  von  den  Reden  Marleys,  in  denen 
sich  nur  eine  zweifellos  bildliche  Wendung  findet  (nämlich  p.  od  meiner 
Ausg. :  the  dealings  of  my  trade  were  but  a  drop  of  uater  in  the  com- 
prehensive  ocean  of  mv  business)  nicht  behaupten,  wie  das  Herr  ten 
Bruggencate  ganz  ungeniert  thut,  dals  ^Marley  had  beeu  nn/  mctaphori- 
(■ab\  AVohl  aber  waren  die  Reden  des  Geistes  immer  eindrintrlicher, 
ernster  und  pathetischer  geworden.  Meine  Erklärung  scheint  mir  also 
ganz  den  Thatsachen  zu  entsprechen. 

C  (81,  3)  „Thankee"  soll  nach  Herrn  ten  Bruofgencate  incht  aus 
thank  ye,  sondern  aus  thunk  fliee  zusammengezof^en  sem !  Er  setzt  selber 
hinzu:  „Harkee  and  Lookee,  however,  seem  to  be  contractions  froin  the 
verb  and  the  uominative  ye."  Bis  Herr  ten  Bruggencate  senie  Beweise 
beibringt,  bleibe  ich  bei  meiner  Ansicht.  —  Zusatz.  Eruinern  aber  wdl 
ich  noch  an  Good-bve. 

(33,  2)  Scrooge  wollte  „Hunibug!"  sagen,  wurde  aber  plötzlich  nacli- 

denklich    und    blieb    bei    der   ersten    Silbe    stecken.      Die  erste   Silbe  ist 

^hum",  und  diese  bildet  zugleich  den  bekannten  englischen  Ausruf  bei 

verlegenem  Sinnen.    Auf  diesen  von  Herrn  ten  r.iuggencate  nicht  ciiipfim- 

Archiv  f.  n.  Sprachen.    LXXXII.  ^'-l 


482  Zu  Dickens'  Christmas  Carol. 

denen  Doppelsinn  in  hton  glaubte  ich  den  Schüler  hinweisen  zu  sollen, 
da  ich  ihn   für  einen  von  Dickens  beabsichtigten  liielt  und  noch  halte. 

C  {M,  1)  „ferref-  bedeutet  im  Slang  eine  Art  Wucherer.  Da  Herr 
ten  Bruggencate  sich  nach  meiner  ^authority"  hierfür  erkundigt,  so  „ver- 
weise ich  ihn  wiederum  auf  Flügels  treffliches  grolses  Wörterbuch.  Übri- 
o^ens  führt  auch  Köhlers  Dictiouary  diese  Bedeutung  an.  —  Zusatz.  Flügel 
führt  sogar  auch  das  Verb  to  ferret  in  dem  der  Slangbedeutung  des  Sub- 
stantivs entsprechenden  Sinne  betrügen,  pressen  an. 

D  (M,  2)  In  seiner  Bemerkung  zu  „supernatural  medium''  passiert 
dem  Herrn  ten  Bruggencate  das  Malheur,  dafs  er  das  ^optische  Me- 
dium" mit  dem  „Dunstkreise"  (Atmosphäre)  des  Geistes  verwechselt,  der 
z.  B.  p.  2()  m.  Ausg.  erwähnt  wird :  „There  was  something  very  awful, 
too,  in  the  spectre's  being  provided  with  an  infernal  atmosphere  of  its 
own."  Von  solcher  Specialatmosphäre  kann  man  wohl  mit  Herrn  ten 
Bruggencate  sagen,  „it  attends  the  ghost",  von  einem  Medium  nicht.  Auch 
hier  also  vermag  Herr  ten  Bruggencate  meiner  Anmerkung  nichts  anzu- 
haben. 

C  (41,  tJ)  Der  Gedanke  in  dem  fraglichen  Abschnitt  ist  dieser:  the 
large  house  had  kept  nothing  of  its  ancieut  state  outside.  Dickens  fährt 
fort:  nor  was  it  more  retentive  of  its  ancient  state,  witinn,  und  ich  er- 
kläre in  meiner  Anmerkung:  ^nor  ...  retentive  of  . . .,  etwas  gesucht  für: 
nor  had  it  kept  more  of  . . .,"  d.  h.  more  of  its  ancient  State  nitliin  than 
it  had  kept  outside.  Das  Englisch  in  meiner  Anmerkung  ist  ganz  korrekt 
und  „natural",  wie  mir  aus  englischem  Munde  versichert  wird;  (Zusatz. 
Allerdings  mufs  man  sich  die  Mühe  geben,  die  durch  die  Auslassuugs- 
punkte  angedeuteten  Worte  zu  ergänzen.)  wenn  also  Herr  ten  Bruggen- 
cate meint,  ich  hätte  schreiben  müssen:  nor  had  it  rct((ined  a>ii/,  or  any 
iiiore,  so  irrt  er  sich  wieder  einmal.  Hoffentlich  ist  ihm  niclit  unbekannt, 
dals  to  keep   auch  die  Bedeutung  des  gewählteren  to  retain   haben   kann  ? 

C  (42,  2)  „plaiii  deal  forms"  bedeutet  und  kann  hier  weiter  nichts 
heifsen  als:  unan gestrichene  Bänke  aus  Fichtenholz.  Bei  Schul- 
bänken handelt  es  sich  (wenigstens  in  England  und  Deutschland)  nur 
darum,  ob  sie  angestrichen  sind  oder  nicht,  keineswegs  aber  darum, 
ob  Verzierungen  oder  Schnörkel  daran  sind.  Wenn  aber  die  hol- 
ländische Schuljugend  auf  verzierten,  mit  Schnörkeln  u.  dgl.  versehenen 
Schulbänken  sitzt,  so  wird  mau  das  allerdings  als  mildernden  lUnstand 
dafür  gelten  lassen  kfMinen,  dafs  Herr  ten  Bruggencate  diesen  Ausdruck 
bei  Dickens  miisverstanden  hat. 

C  (12,  I)  „Latriit  echo,  hier  etwa:  schüchtern,  leise  (eigentl.  versteckt)." 
Auch  diese  Anmerkung  findet  keine  Gnade  bei  Herrn  ten  Bruggencate, 
welcher  vorschlägt:  „ein  schlafendes  Echo",  welches  noch  dazu  „durch 
die  Stimmen  der  Kinder"  geweckt  werden  soll.  Schade  nur,  dafs  diese 
„Kinder",  ohne  welche  allerdings  das  Echo  wohl  ungestört  weiter  schlafen 
würde,  nicht  dem  Dickensschen  Texte,  sondern  ausschliefslich  der  Phan- 
tasie des  Herrn  Kecensenten  entstammen.  —  Wieder  ehi  eklatanter  Be- 
weis, dals  Herr  ten  Bruggeni-ate  sich  bei  seinem  „Kritisieren"  nicht  einmal 
die  Mühe  gegeben  hat,  meine  Anmerkungen  im  Zusammenhange  mit 
dem  Texte  zu  prüfen. 

B  (1-1,  1)  „expending  all  the  earnestness  of  his  nature"  (on  such  sub- 
jects)  übersetzeich  kurz  und  frei :  sich  ereifern.  Dafs  Herr  ten  Bruggen- 
cate sich  ereifern  nur,  oder  vorwiegend,  in  der  Bedeutung  to  (jrt  (iiiyrij 
kennt,  macht  meine  Anmerkung  nicht  falsch.  Oder  möchte  er  auch 
„deutsch"  besser  können  als  die  Deutschen  selber? 

C  (4G,  1)  „One  dear  night."  Es  ist  falsch,  dies  mit  Herrn  ten  Bruggen- 
cate durch  „eines  schönen  Al)ends"  übersetzen  zu  wollen.  Das  wünle 
englisch  sein :  one  f^inr  evening  od.  night.  Cf.  Flügels  grolses  Wb.,  s.  v. 
tiue.     Ikur  li;it  den  in  meiner  Anmerkung  gegebenen  Sinn. 


Zu  Dickens'  Christmas  Carol.  48?. 

B  (46,  5)  Die  Stimmung  des  Seliulmeisters  gegen  den  jungen  Scrooce 
ist  eme  gemischte,  wie  schon  der  Ausdruck  „ferocious  condpsccnsiou"  zeijrt. 
Er  mufs  zu  dem  Besuch  und  also  auch  zu  Scrooge  oinijicnnarseu  freund- 
lich sein  uud  kann  doch  seinen  Arger  nicht  ganz  unterdrücken  (a  terrible 
voice  in  the  hall  cried  ...;  he  (jlared  at  voung  Scrooge).  Wenn  man  aus 
eigener  Erfahrung  weifs,  was  der  Abgang 'eines  Boarders  in  solchen  l'rivat- 
instituten  zu  bedeuten  hat,  wird  nuiu  nicht  mit  Herrn  ten  Bruggencate 
behaupten,  dafs  die  Annahme,  der  Schulmeister  sei  wegen  der  bevor- 
stehenden Verminderung  seiner  Einnahme  ärgerlich,  „an  den  Haaren 
herbeigezogen"  oder  gar  „a  mare's  nest"  sei.  Herr  ten  Bruggencate  hat 
doch  wohl  „an  den  Haaren"  etc.  gemeint,  als  er  in  seinem  Deutsch 
schrieb  „mit  den  Haren"  ? 

B  (58,  3)  „You  think  not  =  du  meinst  also  nicht?"  Scrooge  will 
auf  die  voraufgegangene  Frage  keine  klare  Antwort  geben.  Kr  airtwortet 
also  ausweichend.  Das  geht  aus  meiner  Anmerkung  für  jeden  Deutschen 
oder  des  Deutschen  genügend  Mächtigen  deutlich  hervor.  Die  Bemerkung 
des  Herrn  ten  Bruggencate  dokumentiert  also  wieder  nur  seine  Unfähig- 
keit, über  deutsch  geschriebene  Anmerkungen  zu  urteilen. 

(58,  5)  „For  the  love  of  him  you  once  were."  Um  den  Schülern  das 
Verständnis  zu  erleichtern,  weise  ich  sie  an,  für  die  Übersetzung  sich  ein 
wlio  vor  yoit  zu  ergänzen.  Es  hat  mir  ganz  fern  gelegen,  behaupten  zu 
wollen,  dafs  ivho  hier  eigentlich  fehle  oder  stehen  müsse.  Die  knappe 
Fassung  meiner  Anmerkung  hat  wohl  dieses  Milsverständnis  bei  dem 
Herrn  Eecensenten  hervorgerufen.  Im  übrigen  behaupte  ich  mit  Recht, 
dafs  Auslassungen  des  relativen  Nominativs,  aulser  nach  here  /x.  ihrrc  is. 
nicht  gewöhnlich  sind.  Fälle  wie  der  obige  lassen  sich  wohl  in  beliebiger 
Zahl  ad  hoc  konstruieren,  sind  aber  in  der  alltäglichen  Sprache  ziemlich 
ungewöhnlich  und  erfordern  demnach  iu  Schulausgaben  eine  Anmerkung. 
Zusatz.  Hätte  mir  der  Herr  Recensent  eine  unvorsichtige  oder  undeut- 
liche Fassung  meiner  Anmerkung  vorgeworfen,  so  hätte  ich  mir  das  ge- 
fallen lassen  müssen ;  ich  möchte  mir  aber  keinesfalls  Dinge  andichten 
lassen,  an  die  ich  nicht  im  entferntesten  gedacht  habe.  Seite  99,  Anm.  ^ 
sage  ich  auch,  „man  ergänze  sich  dahinter"  etc.,  und  niemand  wird  das 
so  mifsverstehen,  als  sollten  gerade  die  dort  gegebenen  AVorte  als  fehlend 
hingestellt  werden.  Nur  auf  den  Sinn  sollte  der  Schüler  hingewiesen 
werden. 

C  D  (59,  1)  „Pinioned  him  in  both  his  arms."  Hätte  der  Herr  Re- 
censent ein  Wörterbuch  befragt,  so  würde  er  sich  wohl  gehütet  haben, 
meine  Anmerkung  „packte  ihn  fest  an  (oder  bei)  den  Armen"  anzugrei- 
fen; so  aber  haben  ihn  seine  mangelhafte  Kenntnis  des  Englischen  und 
seine  Oberflächlichkeit  dahin  geführt,  to  pinion  mit  „umklammern"  zu 
übersetzen.  —  Zusatz.  Webster:  pinion,  v.  t.  1.  to  bind  or  confine  tlie 
wings  of ;  to  confine  by  binding  the  wings.  3.  to  restrain  by  binding  the 
arm  or  arms  to  the  body.  4.  to  confine;  to  shackle,  to  ciiain.  Also 
keine  Spur  von:  in  die  Arme  sclüiefsen! 

(t)l,  2)  Meine  Anmerkung  zu  „fictitious  turkey"  scheint  Herr  ten 
Bruggencate  nur  zum  Zweck  der  Verlängerung  meines  vermeintlichen 
Sündenregisters  zum  Gegenstande  einer  Bemerkung  gemacht  zu  haben. 
Sagt  er  doch  selbst:  „the  matter  is  of  no  consequence."  Da  er  sachlich 
nichts  daran  aussetzen  kann,  so  läuft  seine  Bemerkung  wiederum  auf 
leere  Wortklauberei  hinaus. 

D  (69,  2)  „Pot-bellied  baskets  . . .,  shaped  like  the  waistcoats  of  jolly 
old  gentlemen."  Ich  fasse  und  erkläre  ivaisfrnaf  als  scherzhaft  gcl^raucht 
für  ircfist  (Leib,.Bauch),  denn  die  Westen  der  Dickbäuchc  lialx'n  Itekannt- 
lich  nur  dann  Ähnlichkeit  mit  dickbäuchigen  Körben,  wenn  sie  von  den 
Bäuchen  ausgefüllt  sind.  Was  Herr  ten  Bruggencate  daran  auszusetzen 
findet,  ist  schier  unbegreiflich.     Uud    wenn    er   hier  gar   au  mpacious   in 

31* 


4M  7j\x  DickenH'  Christmas  Cnrol. 

dem  Siinie  vou  bequem  (im  Gegeusatze  zu  //>//</ 1  denkt,  so  versteht  ei' 
die  Stelle  gründlich  falsch. 

C  (70,  1)  „to  a  fish.''  Herr  ten  Bruggencate  irrt  sich  wieder,  wenn 
er  diesen  Ausdruck  mit  ^as  if  reduced  to  a  fish"  erklärt.  7b  n  man 
heifst  eigentlich  nur:  alle  bis  zum  letzten  Manne,  nicht  einmal  der  letzte 
ausgenommen;  alle  wie  einer  oder  ausnahmslos  sind  freiere  Über- 
setzungen mit  derselben  Bedeutung.  Wenn  ferner  Herr  ten  Bruggencate 
leugnet,  „to  a  fish'-  sei  eine  scherzhafte  Nachbildung  von  to  a  man, 
so  möge  er  hierüber  Engländer  befragen,  wie  ich  es  vorher  gethan  habe. 

1)  (70,  7)  Was  die  Bemerkung  des  Herrn  ten  Bruggencate  über  four 
und  tart  bezwecken  soll,  vermag  ich  nicht  einzusehen ;  meine  Anmerkung 
wenigstens  gab  keinen  Anlal's  dazu,  und  doch  mufs  jeder,  der  jene  Be- 
merkung liest,  zu  dem  Glauben  kommen,  dals  ich  mir  in  betretl"  des  syno- 
nymischen Unterschiedes  der  beiden  Wörter  etwas  habe  zu  schulden 
kommen  lassen.  AVieder  also  zeigt  sich  Herr  ten  Bruggencate  hier  unzu- 
verlässig. 

(75,  '2)  „collars."  Wenn  Herr  ten  Bruggencate  behauptet,  der  Plural 
rollars  (hier  und  p.  8o,  6  m.  Ausg.)  erkläre  sich  ebenso  wie  fuiiijs  und 
sct'ssors,  so  ist  das  noch  nicht  erwiesen,  da  letztere  Wiirter  l)t'kauntlich 
nur  Plurale  sind,  während  dies  von  collar  nicht  gilt.  Den  riural  halte 
ich  hier  vielmehr  für  einen  von  Dickens  als  scherzhaft  beabsichtigten, 
um  so  mehr,  als  sich  (p.  74  m.  Ausg.)  findet:  „Ins  monstrous  shirt  follar-. 
im  Singular  —  was  freilich  dem  Herrn  Recensenteu  entgangen  zu  sein 
scheint.  Im  übrigen  erinnere  ich  daran,  dafs  in  familiärer  Sprache  z.  B. 
gesagt  wird:  He  looks  (is)  all  I/als,  all  oren-oats.  wenn  jemand  einen  zu 
grofseu  Hut  oder  Überzieher  trägt  —  was  mir  ein  ganz  willkommenes 
Licht  auf  obigen  Plural  zu  werfen  scheint.  —  Zusatz.  An  und  für  sich 
ist  Herrn  ten  Bruggencates  Versuch,  diesen  Plural  von  col/ar  aus  der 
Zweiteiligkeit  der  alten  Vatermörder  zu  erklären,  nicht  übel ;  ich  würde 
mich  seiner  Ansicht  sogar  gern  anschliefseu,  wenn  ich  in  den  Wi'irter- 
büchern  eine  Spur  davon  entdecken  könnte,  auch  wenn  mir  nur  noch 
ein  zweifelloser  Beleg  dafür  aus  «1er  Litteratur  beigebracht  würde.  Bis 
dahin  aber  scheint  mir  Herrn  ten  Bruggencates  Auffassung  der  Stt'Ue 
noch  recht  zweifelhaft  zu  sein.* 

B  C  (7ü,  2}  „Kampant,  hier  z=  ausgelassen,  lustig."  Au  dieser  An- 
merkung etwas  zu  ändern,  habe  ich  nicht  die  geringste  Veranlassung. 
Wollten  wir  mit  Herrn  ten  Bruggencate  „sich  bäumend"  übersetzen,  so 
entstände  ein  ganz  wunderlicher  Smu.im  Deutscheu ;  und  falls  der  Herr 
lleceusent  eine  „authority"  für  meine  Übersetzung  wünscht,  bin  ich  wieder 
in  der  glücklichen  Lage,  ihn  auf  Flügels  grolses  Wb.  verweisen  zu  kön- 
nen. —  Zusatz.  Noch  beweiskräftiger  aber  scheinen  mir  die  im  Texte 
dem  rampant  voraufgehenden  Zeilen  zu  sein. 

A  (8o,  2)  Herr  ten  J5ruggencate  hat  recht:  tnopence  spricht  mau  nicht 
töpence,  sondern  gewöhnlich  tüpeuce  aus,  obgleich  auch  andere  Aus- 
s])rachen  gehört  werden. 

Vj  (87,  7)  Herr  ten  P)ruggencate  irrt  sich,  glaube  ich,  wenn  er  meint, 
dafs  das  deutsche:  sie  wünscliten  sich  „mit  ihrer  Kanne  Grog"  ein  fröh- 
liches Weihnachtsfest,  dem  englischen  ,.in  their  can  of  grog"  gleichkänu». 
Ganz  genau  läfst  sich  das  Englische  hier  schwerlich  deutsch  wiedergeben; 
doch  kommt  bei  dem  wahren  Sinne  näher  als  mit.  Da  nun  aber  z.  B. 
„bei  einem  Glase  -Wein"  gewöhnlich  „inrr  a  glass  of  wine"  heilst,  so 
glaube  ich  auch  jetzt  noch,  bei  dieser  Gelegenheit  mit  Recht  auf  dieses 
üblichere  „over"  hingewiesen  zu  haben. 

*  Herr  Professor  Kapier,  üxfoul,  liat  iiiic  iiizwisclieii  •io.ii'lirieben,  »lal'd  er 
meine   Auffa.ssuiig   des   Plurals   „coUara"    teilt. 


i 


Zu   DifkcMis'  riiristm;is  Carol.  185 

B  C  (SO,  I)  „Bless  th()8e  wonion."  Irli  erkläre:  ,et\va,  die  nielils- 
nutzigen  Frauen.''  Herr  ten  Hrugorencate  hat  ()trenl)ar  nieiit  l)e(laelil-,  «lafs 
man  im  Deutscheu  wie  aueh  iu  anderen  Sprachen  sehr  oft,  um  seine 
Freude,  Zärtlichkeit,  Bewunderung  etc.  sdieinbar  zu  versteckt>n,  in  der 
That  aber  nur,  um  sie  desto  stärker  iiervortreten  zu  hissen,  tadi'inck' Aus- 
drücke, ja  geradezu  Schimpfworte  anwendet.  Dieser  ganz  gewiUiuliche 
rhetorische  Kniff  liegt  auch  hier  vor,  und  kein  Deutsclier  Krauchte  be- 
sonders darauf  hingewiesen  zu  werden.  Der  Kngländer  vt'rw(>ndet  zu 
gleichem  Zwecke  sehr  gern  sein  „bless''.  Auch  dies  scheint  dem  H(>rrii 
Recensenteu  unbekannt  zu  sein. 

B  (92,  2)  ^In  good  temper  =  in  aller  Freundschaft."  -No!  nieiiii 
Herr  teu  Bruggeucate:  (jood-hunioiirprlhj.^'  Thatsächlich  meinen  wir  beide 
wohl  dasselbe,  nur  hat  Herr  ten  Bruggencate  das  wieder  nicht  ijemerken 
können,  da  er  des  Deutschen  zu  wenig  mächtig  ist. 

C  (92,  A)  „to  shake"  übersetze  ich  durch  ^wankend  machen-  (näm- 
lich iu  seinen  verkehrten  Ansichteu).  Herr  ten  Bruggeucate  falst  es  als 
„rühren'-.  Ich  fürchte,  es  wird  ihm  schwer  werden,  hierfür  schlagende 
Belege  zu  finden.- 

D  (9o,  2)  Da  .,the  sexton's  spade"  bildlich  und  nicht  wörtlich  zu 
nehmen  ist,  so  habe  ich  auch  .with  his  own  hands"  figürlich  fassen  zu 
müssen  geglaubt,  .,etwa:  aus  freiem  Autriebe,  von  selbst-.  Herr  ten 
Bruggencate  scheint  diese  Ausdrücke  wörtlich  verstehen  zu  wollen; 
vielleicht  hat  er  die  Freundlichkeit,  uns  alsdauu  zu  erklären,  wie  nuiii 
die  „kindnesses  of  life"  eventuell  unter  .,Mithilfe  des  Totengräberspatens- 
kultiviereu  kann. 

D  (9:1,  o)  Nicht  als  Übersetzung,  sondern  ganz  klar  als  beiläufige 
P^rläuteruug  stehen  in  meiner  Aumerkung  die  Worte;  .^Scrooge  ist  ja 
erst  durch  ^larleys  Geist  dahiu  gebracht  worden,  jene  ,kindnesses'  zu 
schätzen.-  In  seiner  Oberflächlichkeit  glaubte  Herr  ten  Bruggencate, 
ich  wollte  to  cultirate  mit  schätzen  wiedergeben,  und  fiel  deshalb  sofort 
auch  hierüber  her,  dabei  ganz  überseheud,  dals  an  dieser  Stelle,  d.  h.  iu 
Stave  III,  Scrooge  noch  gar  nicht  nach  den  sich  l)ci  ihm  jetzt  erst  all- 
mählich entwickelnden  besseren  Grundsätzen  handeln  kann;  wohl  aber 
fängt  er  nach  und  nach  an,  die  ^kinduesses  of  life"  zu  schätzen. 

B  (98,  2)  ,.For  (he  fle.sh  there  is  upon  it.''  Ich  erkläre:  ,nach  dem 
(wenigen)  Fleische,  welches  darau  ist  (zu  urteilen),-  während  Herr  ten 
Bruggencate  for  schlechthin  als  „wegen  =r  ou  account  of  übersetzt. 
Die  Bedeutung  „wegen"  würde  für  Deutsche  al)er  die  Zweideutigkeit 
zulassen:  man  sieht  Fleisch  auf  dem  Fulse,  er  ist  also  Heischig,  deshalb 
„a  claw".  Dickens  jedoch  will  offenbar  sagen:  Man  sieht  so  gut  wie  gar 
kein  Fleisch  auf  dem  abgemagerten  Fulse,  (leshall»  kann  man  ihn  „a  ciaw- 
uennen.  Und  dieser  Sinn  geht,  ohue  die  iMi'igliclikeit  eines  Mil'sverständ- 
nisses  übrig  zu  lassen,  aus  meiner  Anmerkung  hervor.  Hätte  Dickens 
liftle  vor  flct^h  gesetzt,  so  wäre  wegen  genügend  gewesen. 

D  (99,4)  Nur  Übelwollen  oder  Krittelsucht  konnte  Herrn  ten  Bruggen- 
cate veraulasseu,  meine  Anmerkung  zu  beanstanden.  Dals  ich  ebenso  wie 
er  an  die  Redensart  „to  appeal  from  A  to  B"  gedacht  hal)e,  geht  daraus 
zur  Genüge  hervor,  dals  ich  das  zu  ergänzende  fo  nir  (dem  tn  li  ent- 
sprechend) iu  Parenthese  durch  „(an  nach)-  andeute.  Das  juristische 
Fremdwort  „appellieren"  habe  ich  absichtlich  vermieden. 

C  {\>'^\  9)  „Deny  it!"  Aus  der  Kede  des  Geistes  gt^iit  hervor,  ilals  er 
warut  und  droht.  Er  warnt  Scrooge  vor  der  rnwissenheit,  weil  sie 
(loonted  sei,  wofern  nicht  noch  beizeiten  das  Merkmal  des  Dunin  auf  ihrer 
Stirn  durch  mehr  Aufklärung  ausgelöscht  wird;  er  wendet  sich  dann 
zornig  gegen  die  schuldbeladene  Stadt  und  ruft  ihr  zu:  Denv  itl  Hierzu 
rate  ich,  sich  ein  „if  von  can!"  zu  ergänzen.  Der  Geist  meint:  bitl  w>i> 
vanml!    Er  fährt  fort:    „Slander  those  whu   teil  it  ye/    und  wir  halxni 


48(i  Zu  Dickens'  Clirislnia,'^  Carol. 

uns  wieder  dazu  zu  denken:  Init  slandering  will  not  excuse  von,  or  con- 
fute  thein.  Das  Schlufswort  ^And  bide  tlie  end!^  allein  hätte  Herrn  ten 
Bruggencate  genügen  können,  um  ihm  /ai  zeigen,  dal's  der  Geist  warueod 
und  drohend,  nicht  auffordernd  der  Stadt  gegenübersteht.  Die  ganze 
vStelle  ist  freilich  nicht  leicht,  deshalb  wollen  wir  Herrn  ten  Bruggencate 
keinen  zu  schweren  Vorwurf  daraus  machen,  dafs  er  nichts  mit  ihr  an- 
zufangen gewufst  hat.  —  Zusatz.  Die  Stelle  scheint  mir  in  der  That  so 
schwer  und  dunkel,  dafs  ich  es  mir  durchaus  nicht  sehr  zu  Herzen 
nehmen  würde,  wenn  mir  bewiesen  würde,  dafs  ich  sie  ebenfalls  noch 
nicht  richtig  erfafst  habe. 

D  (lOo,  1)  „excrescence  . . .  nose."  Ob  ich  recht  hatte,  in  betreff  des 
Mannes  mit  dem  Auswuchs  auf  der  Nase,  den  ich,  wie  Herr  ten  Bruggen- 
cate selbst  zugiebt,  ganz  richtig  mit  ^Schlemmer"  bezeichne,  beiläufig 
an  „Trunkenbolde"  zu  erinnern,  darüber  möge  der  Herr  Recensent  sich 
bei  einem  Arzte  erkundigen.  Protestieren  aber  mul's  ich  wieder  einmal 
gegen  die  zweideutige  Fassung  der  Bemerkung  des  Herrn  ten  Bruggen- 
cate, die  dem  Leser  der  „Taalstudie"  ein  falsches  Bild  von  meiner  An- 
merkung geben  mufs.  Freilich,  ohne  diese  Zweideutigkeit  hätte  jeder 
sofort  die  Nichtigkeit  seiner  ganzen  Bemerkung  erkannt. 

B  (lo:l,  1 — 5)  In  „But  I  must  be  fed,  //'  /  )»ake  u>ie"  hätte,  so  meint 
Herr  ten  Bruggencate,  der  Bedingungssatz  erklärt  werden  sollen.  Nötig 
war  das  nicht,  denn  ähnliche  Redensarten  mit  „machen"  sind  im  Deut- 
schen gar  nicht  selten:  den  dritten  Mann  „machen",  er  „machte"  den  Be- 
gleiter, den  Liebenswürdigen  etc.,  was  freilich  dem  Herrn  Recensenten 
nicht  bekannt  zu  sein  scheint. 

B  D  (107,  2)  „Let  the  charwoman  alone  to  be  the  first"  etc.  Die 
Scheuerfrau  sagt  (allerdings  von  sich  selber!  —  als  ob  es  etwas  Un- 
erhörtes wäre,  dafs  Leute  von  sich  in  der  dritten  Person  sprechen!); 
„Möge  denn  (meinetwegen)  die  Scheuerfrau  die  erste  sein."  Herr  ten 
Bruggencate  hat  wiederum  nur,  weil  er  des  Deutschen  nicht  mächtig 
genug  ist,  den  Sinn  meiner  Anmerkung  mifsverstanden.  Im  übrigen  irrt 
er  sich,  glaube  ich,  wenn  er  meint,  dafs  an  dieser  Stelle  „let  the  char- 
woman ah)ue"  bedeute:  „lafst  sie  nur  unbehelligt,  sie  wird's  schon  fertig 
bringen."  Sie  schlägt  ihren  diebischen  Genossen  vor,  sie  sollten  in  der 
Reihenfolge  ihres  Ersclieinens  auch  ihre  Bündel  (offnen,  und  da  sie  selbst 
die  erste  war,  so  will  sie  (not  afraid  for  them  to  see  it,  p.  lUl'  m.  Ausg.) 
ihr  Vertrauen  in  die  Diskretion  der  beiden  anderen  dadurch  beweisen, 
dafs  sie  ihr  Bündel  zuerst  öffnen  will.  Wie  nuin  etwas  anderes  aus" 
dem  Texte  herauslesen  kann,  ist  mir  schwer  begreiflich,  besonders  wenn 
man  beachtet,  was  p.  109  f.  m.  Ausg.  weiter  gesagt  wird:  „But  the  gal- 
lantry  of  her  friends  would  not  allow  of  this  (nändich,  dafs  die  Scheuer- 
frau den  Anfang  machte);  and  the  num  in  faded  black,  »luioitiiuj  tlie 
hrracli.  first,  produced  Jiis  plunder."  I^nm()glich  kann  Herr  ten  Bruggen- 
cate den  Dickeusschen  Text  giimdlich  gelesen  haben,  sonst  hätte  er  nimmer 
von  einem  „Fertigbringen"  an  dieser  Stelle  sprechen  können. 

C  (los,  :>)  „AVf/v/  perso)i  /las  a  right  to  take  care  of  theDUichra"  nenne 
ich  einen  Verstofs  gegen  die  Grammatik.  Herr  ten  Bruggencate  hält  es 
für  „simply  recent  English".  Allerdings  hört  man  derartige  Konstruk- 
tionen häufig  genug,  aber  man  hört  noch  viel  häufiger  „it  is  inc"  statt 
des  korrekten  ,it  is  /".  Herr  tiMi  Hruggencate  wird  dies  freilich  vielleicht 
auch  für  „simply  recent  English"  erKlären ;  aber  die  englischen  Gram- 
matiker? Es  verstellt  sich  von  selbst,  dafs  diese  Sorte  von  „recent  English" 
auf  unseren  Schulen  nicht  gelehrt  wird  und  nicht  zu  lehren  ist.  —  Zu- 
satz. Herr  ten  Bruggencate  thäte  besser,  Mr.  Henry  Sweet  uns  nicht  als 
Muster-Stilisten  hinzustellen.  Sweet  ist  viel  zu  sehr  absichtlicher 
Neuerer  in  seiner  Sprache,  um  als  guter  Stilist  gelten  zu  können.  Schreibt 
er   doch  z.  B.   (Sounds  and  Forms  of  Spokeu  Swedish,  p.  11) ;    lu    loud 


Zu  Dickens'  CLristnias  Carol.  187 

declamation  or  shüiiliiig,  in  which  tho  nioiith  i.s  natiiraliv  opcned  iiidc- 
lier  ...!  Wer  rlas  schreibt,  nia<r,  wie  Sweet  es  ist,  ein  jjjrofser  riiilolope 
sein,  er  ist  aber  kein  Musterschriftsteller. 

C  (108,  4)  Nach  dem  eben  citierten  Satze  fährt  die  Scheuerfrau  fort: 
„He  (d.  h.  Scrooge)  always  dkl''  und  die  Unmdrrxs  bekräftigt  dies  mit: 
„No  mau  more  äo."  Hierzu  bemerke  ich:  , Etwas  gewagt  für:  no  mau 
did  so  (nämlich  take  care  of  himsclf)  more  tlian  he.''  Herr  ten  Hruggen- 
cate  findet  meine  Worte:  etwas  gewagt  .simplv  ki)stlich'*,  scheint  also 
wirklich  keine  Ahnung  davon  zu  haben,  was  an  Jem  englischen  Ausdruck 
auffallend,  kühn  oder  gewagt  ist.  Da  er  aus  jeder  guten  Crammatik 
des  Englischen  die  erforderliche  Aufklärung  über  den  Gebrauch  dieses 
„60''  schöpfen  kann,  so  brauche  ich  sie  ihm  hier  nicht  zu  geben. 

D  (U)9,  5)  Im  Gottesurteil  erlitt  nach  altem  Glauben  der  Schul- 
dige die  gerechte  Strafe.  Ich  übersetze  deshalb  frei  J/fdi/innd  mit  .ge- 
rechte Strafe"  und  glaube  durchaus  den  richtigen  Sinn  ilcr  Slelle 
damit  zu  treffen.  Herrn  ten  Bruggencates  Bemerkung  läuft  also  wieder 
einmal  auf  leere  Wortklauberei  hinaus. 

C  (lUO,  8)  Herr  ten  Bruggeucate  verwechselt  das  einfache  tu  speak 
mit  fo  spcak  out,  wie  der  Text  liest.  Dafs  ein  Unterschied  zwischen  fn 
speak  piain  und  to  speak  plahdy  besteht,  ist  bekannt,  l'nbekannt  jedoch 
ist  Herrn  ten  Bruggeucate  ofleubar,  dafs  es  in  korrektem  Englisch  u  u  r 
heifsen  kann :  to  speak  out  plahdy. 

C  (1<I9,  !•)  ^I'm  not  afraid  for  them  to  see  it.-  Mir  lag  daran,  dem 
Schüler  hier  bei  der  Übersetzung  zu  helfen  und  ihn  vor  dem  (Jcdauken 
zu  bewahren,  als  stände  etwa  for  ihcm  auffälligerweise  statt  of  thcui.  wel- 
ches ihm  nach  afraid  geläufig  ist.  „For  them  to  see  it"  übersetze  ich 
also:  „wegen  des  Umstandes,  dafs  sie  es  sehen",  und  glaube  luich  wie 
vor,  damit  den  wahren  Sinn  des  Ausdruckes  wiedergegeben  zu  haben. 
Diese  meine  Erklärung  pafst  auch  vollkommen  für  die  anderen  Beispiele, 
welche  Herr  ten  Bruggeucate  anführt :  You  would  have  been  . . .  pleased 
for  me  to  love  you  . . . ;  I  shall  be  really  glad  for  you  to  see  her.  ^lit 
Unrecht  aber  rechnet  Herr  teu  Bruggeucate  zu  dieser  Erscheinung  auch 
Beispiele  wie:  He  is  much  too  goodi  for  you  to  offeud  him ;  oder  gar: 
There  is  uothing  so  rare  as  for  a  mau  to  ride  Ins  hobby  without  mo- 
lestation,  da  iu  solchen  Fällen  for  einfach  dem  deutschen  f  ü  r  gleich- 
zusetzen ist  und  keinerlei  kausalen  Beigeschmack  hat. 

C  (109,  10)  „helping  ourselves"  —  bereits  zu  Anfang'  erwähnt. 

B  (110,  4)  Herr  ten  Bruggeucate  versucht,  mir  eine  Lektion  im  Deut- 
scheu zu  geben.  —  Ebenfalls  schon  zu  Anfang  erwähnt.  —  Zusatz.  Herr 
ten  Bruggencate  weifs  wohl  nicht,  dafs  im  Deutschen  sehr  häufig  nach 
„wenn"   das  Prje.sens  Indicativi  in  konditionalem  Sinne  gebraucht  wird? 

C  D  (117,  2)  „he  doiic,  familiär  häufig  .statt  liarc  donr."  So  lautet  in 
Wirklichkeit  meine  Anmerkung.  Herr  ten  Bruggencate  aber  dreht  die 
Sache  anders  herum :  „Dr.  T.  irants  us  to  read  .harr  doue'.''  Das 
klingt,  als  schlüge  ich  eine  Textänderuug  vor.  A\'ieder  erweist  sich  Herr 
ten  Bruggeucate  als  ein  unglaubwürdiger  Berichterstatter.  .\uf  seinen 
Vorschlag,  wie  die  ganze  Stelle  zu  verstehen  sei.  hier  einzugehen,  näm- 
lich, dafs  nicht  die  Frauen,  sondern  die  Kleider  mit  dem  Jlwii  \v(iul<l  be 
done"  gemeint  seien,  halte  ich  nicht  für  der  :\Iühe  wert. 

(120,  4)  „the  growth  of  vegetation's  death,  not  life."  (Ironth  kann 
liier  nur  Produkt  bedeuten,  womit  eben  ijra.'is  und  irerd  gemeint  sind. 
Herr  ten  Bruggencate  scheint  im  übrigen  gar  nicht  zu  bemerken,  was 
dem  „Student"  an  dieser  Stelle  sachHcTi  und  sprachlich  auffallen  mufs. 
Sachlich  fällt  auf,  dafs  yra-^s  und  umd.  die  doch  sicher  zur  lebenden 
Vegetation  gehören,  hier  willkürlich  von  Dickens  davon  ausgenomnuMi 
werden;  sprachlich,  dafs  dichterisch  rcyriafiotis  drall/  für  abgestorbene 
Vegetation,  vajctatlon's  life  für  die  lebende  gesagt  wird.    Die.s  ist  in  meiner 


488  Zu  Dirken«'  C'liristniat<  Carol. 

xVumeikiing  erklärt  imd  es  genügt  meines  Erachtens  zum  Verständnis  der 
Stelle,  wie  sie  bei  Dickens  thatsächlich  steht,  wenn  auch  nicht,  wie  sie 
sich  in  den  ({edanken  des  Herrn  Recensenten  zu  malen  scheint. 

D  (122,  1)  Der  Geist  verrät  endlich  durch  das  Zittern  seiner  Hand, 
dafs  die  ergreifenden  Bitten  des  Hcrooge  ihn  nicht  ganz  fühllos  lassen. 
Scrooge,  der  dies  bemerkt,  ruft  aus:  „Your  nature  intercedes  for  me." 
lv\\  erkläre:  ^hier  etwa  =^  CJefühl."  Herr  ten  Bruggencate  versteht 
aber  nature  als  fiood-uatHrc !  Aus  dem  Zucken  der  Hand  kann  man 
wohl  auf  eine  Regung  des  Gefühls,  nicht  aber  gleich  auf  (jnnd-naiurc 
schliefsen ! 

D  (12:>,  8)  Auf  die  letzte  und  armseligste  unter  all  seinen  zahlreichen 
„kritischen"  Bemerkungen  einzugehen,  muls  ich  mir  versagen,  da  es  mir 
schwer  werden  würde,  dabei  den  nötigen  Ernst  zu  bewahren. 


Ich  kann  endlich  zum  Schlüsse  kommen.  In  drei  l'unkten  habe 
ich  Herrn  ten  Bruggencate  recht  geben  können.  In  10  Fällen  dagegen 
habe  ich  ihm  nachgewiesen,  dals  er  nur  mangelhaft  deutsch  kann,  in 
;'>2  Fällen,  dals  er  im  Englischen  nicht  hinreichend  sattelfest  ist,  in 
21  Fällen  endlich,  dals  er  ein  unzuverlässiger  Berichterstatter  ist.  A[an 
wird  nun  wissen,  was  man  davon  zu  halten  hat,  wenn  Herr  ten  Bruggen- 
cate sich  erkühnt  zu  sagen,  dals  in  meiner  Ausgabe  „t'JO  ntcaiy  incorrect 
Statements"  geboten  werden;  man  wird  jetzt  auch  beurteilen  können,  in 
wessen  Gesellschaft  man  sich  ,.(»i  niorc  dangfiruu.-^  ijro/ti/d"  befindet,  in  der 
des  Herrn  ten  Brujjgencate  oder  in  der  meinigen.  —  Zusatz.  Herr  ten 
Bruggencate  wird  sich  hiermit  nicht  zufrieden  geben ;  hat  er  mir  doch 
schon  in  seinem  neulichen  Briefe  angekündigt,  dals  er  einen  Auszug  aus 
meiner  Erwiderung  und  .seine  PjUtgegnung  in  den  „Taalstudie"  veröffent- 
lichen, den  betreffenden  Artikel  auch  besonders  abziehen  lassen  und  an 
verschiedene  Autoritäten  in  Deutschland,  sowie  au  die  Herau.^geber  der 
neusprachlichen  Zeitschriften  versenden  wird.*  Nun,  für  mich  ist  die  Sache 
erledigt;  wenn  er  noch  mehr  Zeit  und  Mühe  auf  diese  Fragen  verwenden 
will,  kann  ihn  niemand  hindern;  nur  möge  er  nicht  erwarten,  dals  ich 
mich  hierüber  mit  ihm  auf  weitere  Polemik  einlasse. 


*  Oatj  ist  inzwischen  bereits  gcsclifhen,  und  zwar  oiine  dals  Herr  trn  Hrnggpn- 
catc,  welcher  sonderbare  Vorstellungen  von  littcrarischeni  .\nstand  7,u  haben  scheint, 
mich  um  Krlaubnis  zui-  VeröfTentlicliung  der  brtreftcnden  Stellen  meines  Manu- 
skripts gebeten  hätte.  So  handelt  der  Maim,  der  kurz  zuvor  mir  die  nachgesuchte 
Erlaubnis  versagte,  seine  als  IManuskript  in  meinen  Händen  befindliche  „Ent- 
gegnung" (itruntlich  zu  besprechen.  Noch  ehe  also  meine  „(legenkritik**  erschien, 
hat   Herr   ten   IJruggencate  schon   versucht,  sie    „tot"   zu   machen! 

Berlin,  Februar  1880.  Dr.  G.  Tanger. 


Beurteilungen  und  kurze  Anzeig-en. 


W.  Wilmaiins,  Uutersuchungeu  zur  niittelhoclKlontsrhen  Metrik. 
Beiträge  zur  Geschichte  der  äheren  deutschen  Litteratur, 
Heft  4.     Bonn,  Weber,  1888.     196  S.  8. 

Der  Anhang  8.  1:5l'— 104  und  aulser  ihm  beträchtliche  Tcih-  rh'r 
Untersuchungen  S.  5 — i;U  enthalten  die  Materialieusamnilnng,  auf  welche 
sich  die  Erörterungen  stützen,  so  dafs  für  die  eigentliche  Abliaiidhing 
nur  ein  geringerer  Raum  übrigbleibt.  Da  aber  auch  diese  Abhandlung 
überwiegend  erörternd  und  abwägend  zu  Werke  geht,  l)ereitet  eine  kurze 
Wiedergabe  des  Inhalts  Schwierigkeiten. 

Das  Buch  besteht  aus  drei  Abhandlungen. 

I.  Der  daktylische  Rhythmus  im  Minnesang  (8.  5 — 78,  i<  1-  (iii).  In 
Anlehnung  an  die  ähnlich  benannte  Untersuchung  von  Weifsenfeis  (Halle 
188H)  und  mit  dem  von  diesem  benutzten  Material  wird  nach  dem  Tr- 
sprung  des  daktylischen  Verses  von  vier  und  drei  Hebungen  gesucht  und 
das  Verhältnis  desselben  zu  den  jambisch-trochäischen  Versen  erörtert. 
Als  Vater  des  deutscheu  viertaktigen  daktylischen  Verses  betrachtet  Ver- 
fasser den  romanischen  Zehnsilber,  wie  auch  Bartsch  annahm. 

II.  Kürnbergs  Weise  (8.  81 — !>0,  ij  61 — 1>5).  Der  romani.sche  Zehn- 
silber  ist  auch  der  Grofsvater  des  Nibeluugeuverses :  sein  Vater  ist  eine 
deutsche  daktylische  Laugzeile  von  sieben  Hebungen.  Die  Verwandten 
der  Nibelungenstrophe  müssen  nicht  notwendig  ihre  Nachkommen  sein, 
sondern  können,  wie  sie,  von  dieser  daktylischen  Langzeile  abstammen. 
Ein  solcher  Verwandter,  die  sog.  Kürnbergstrophe,  entstand  um  ll'Jn,  „wo 
der  daktylische  Rhythmus  die  Modeform  des  Minneliedes  gewesen  zu  sein 
scheint".  Dafs  diese  auch  von  Rittern  gedichteten  Lieder  einen  viel  ur- 
wüchsigeren Ton  anschlagen  als  die  hötischen  Lieder  älterer  Dichter,  wie 
des  Hausen,  erklärt  sich  daraus,  dafs  es  zwei  Arten  Ritter  gab:  vornehme 
Leute,  wie  Hausen,  dichteten  nach  romanischem  Vorbilde  h<)tische  Lieder 
das  ritterliche  Ingesinde,  das  nur  zur  Bedienung  und  Sicherheit  gehalten 
wurde,  ahmte  diese  vornehme  Poesie  nach    und   dichtete  Kürnbergslieder. 

III.  Gebrauch  der  Wörter  mit  kurzer  Stammsilbe  bei  den  Minne- 
sängern (8.  93 — V.]l,  §  6tj — Oü).  Einsilbig,  als  stumpfe  Reime,  werden  die 
Stämme  auf  r  m  g  h"b  viel  häutiger  verwendet  als  die  auf  /  .s-  /  d  ii  aus- 
lautenden. Die  zugehörigen  Endungen  sind  c  et  en,  sehr  selten  ciit  el  er 
cni.  Der  Gebrauch  solcher  zweisilbiger  W()rter  als  stumpf  im  Keime  ist 
in  der  Blütezeit  allgemein,  verschwindet  aber  allmählich  ganz.  Im  Inneren 
des  Verses  ist  es  ähnlich,  doch  meidet  die  Lyrik  hier  die  zweisilbigen 
Worte  mit  einsilbiger  Aussprache.  Ferner  bciiandelt  dieser  Aufsatz  die 
Verwendung  mehrsilbiger  Worte  mit  kurzer  Stammsilbe. 

Ein  Sc'ldufswort  giebt  einige  allgemeinere  Bemerkungen  besonders 
über  die  Geschichte  der  Vortragsweise.    Aus  dieser   und  aus  dem  Ver- 


490  Beurteilungen  und  kurze  Anzeigen. 

hältnis  der  Dielitung  zur  Mu^ik  werden  die  Cirundsätze  hergeleitet,  naeh 
denen  in  den  vorliegenden  Aufsätzen  und  in  anderen  ähnlic-her  Riehtung 
die  Metrik  behandelt  wird. 

Bekanntlieh  wiss^en  wir  von  der  Musik  und  der  Vortragsweise  der 
älteren  Minnesänger  gar  nichts:  überliefert  ist  nur  der  Text.  Was  über 
Musik  und  Vortragsweise  behauptet  wird,  stützt  sich  doch  nur  auf  Schlüsse, 
die  aus  diesem  Texte  gezogen  sind.  Wendet  mau  diese  Schlüsse  wieder 
als  Beweise  für  den  Text  an,  so  bewegt  sich  die  Beweisführung  im  Kreise; 
Zirkelschlüsse  gelten  aber  in  der  Logik  nichts.  Das  wird  auch  oflcnbar 
von  denen  anerkannt,  welche  den  Versuch  macheu,  uual>hängig  von  den 
alten  Texten  Anhaltspunkte  für  ihre  Skandierung  im  noch  lebendigen 
Volks-  und  Kinderliede  zu  finden :  dies  soll  die  wahre  Quelle  der  Er- 
kenntnis für  die  altdeutsche  Metrik  sein.  Wir  wollen  diese  Frage,  die 
doch  wieder  eine  neue  petitio  principii  und  unbe\nesene  Voraussetzung 
enthält,  hier  zunächst  nicht  erledigen,  sondern  die  neue  Metrik  selbst  zum 
Worte  kommen  lassen.     Da  soll  iu  dem  Blücherliede  betont  werden 

Was  blasen  die  Trompeten  Husaren  herau.s. 
Messen  wir  von    den   entsprechenden  Versen    der   übrigen   Strophen 
einige  nach  demselben  Schema,  also  zu  vier  Hebungen: 

2.     ()  schauet  wie  ihm  leuchten  die  Aiigeu  so  klär. 

5.     Bei  Lü'tzen  auf  der  Aue  er  hielt  solchen  Sträufs. 

8.     Bei  Leipzig  auf  dem  Tlane,  o  herrliche  Schlacht. 
Ich   habe  von  ein  Dutzend  l'ersonen   von  genügender  Bikhmg,  doch 
ohne  metrische  Gelehrsamkeit,  diese  Verse  lesen  lassen   und  übereinstim- 
mend nur  folgende  Betonung  gehört: 

O  schauet  wie  ihm  leuchten  |  die  Augen  so  klar. 

Bei  Lü'tzen  auf  der  Aue  |  er  hielt  solchen  Straufs. 

Bei  Leipzig  auf  dem  Pläne  |  o  herrliche  Schlacht. 
Der  erste  Versteil  ist  zweifellos  jjunbisch  gemessen  ;  aber  aucli  der 
zweite  mufs  so  betont  werden,  weil  es  unwahrscheinlich  ist,  dal's  inner- 
halb einer  Zeile  der  Rhythmus  wechselt.  Eine  Schwierigkeit  erwächst 
freilich  in  dem  Umstände,  dals  die  jambische  Messung  die  Annahme  der 
Synkope  einer  Senkung  erfordert:  die  Aü^en  so  klär.  Dafs  aber  dies, 
und  nicht  die  daktylische  Messung  die  Meniung  des  Dichters  war,  geht 
aus  folgenden  (rründen  hervor: 

1)  In  allen  neun  Strophen  ist  der  erste  Versteil  der  ersti?n  wie  der 
zweiten  Zeile  ganz  rein  jambisch  gebaut;  die  daktylische  Messung  mutet 
an  jeder  dieser  Stellen  der  Zunge  Unmögliches  zu,  nämlich  dreisilbige 
Senkungen. 

2)  Die  iui  zweiten  Versteil  beider  Zeilen  auftretende  Schwierigkeit 
(Svnko]>c  der  Senkung)  erklärt  sich  aus  der  Absicht  des  Dichters,  hier 
durch  die  harte  Betonung  den  Hauptgedanken  stark  hervorzuheben;  es 
sind  Hinkverse. 

:^)  Für  einen  Teil  dieser  Verse  giebt  es,  meines  Wissens  vom  Dichter 
herrührende,  Varianten,  welche  auch  im  zweiten  Versteil  den  glatten 
jambischen  Rhythmus  herstellen,  nämlich 

(  er  hielt  solchen  Strauis  (  o  herrliche,  Schlacht^ 

I  da  hielt  er  solchen  Sträufs  '/  o  schö'ne  Ehrenschlächt. 

I)  Der  dritte  und  vierte  Vers  jeder  Stroi)he  sind  zweifellos  daktylisch; 
aber  in  diesen  Versen  kommen  nie  .solche  greuliche  Betonungen  vor,  wie 
sie  die  daktyli-sche  Messung  der  ersteu  und  zweiten  Zeile  jeder  Strophe 
zumutet:  der  dritte  und  vierte  Vers  enthalten  nur  glatte  Daktyleu. 

Diese  dritten  und  vierten  Verse  sind  oHenbar  die  Ursache  gewesen 
für  die  falsche  Lesung  der  ersten  und  zweiten. 

WeiHi  luui  Hinz  oder  Kunz  .,Was  blasen  die  Trompeten"  oder  ^Da 
brach  er  den  Franzosen^  skandierte,  so  wäre  kein  (iruiui  vorhanden,  den 
Leuten  ihr  Vergnügen  zu   störeu;    aber  es  ist  Eduard   Sievers  (Faul- 


Beurteilungeil  und  kurze  Anzeigen.  UM 

Braune,  Beiträge  V,\  128),  welcher  jiuf  .s<4ehe  Betonungen  sein  metrisches 
System  stützt.  Sind  nach  seinen  Grundsätzen  diese  Verse  des  Rlüeher- 
liedes  viertaktig,  so  ist  das  System  falsch.  Sievers  hebt  aber  (S.  ItiÖ)  es 
als  em  Zeugnis  für  die  Richtigkeit  seiner  Ansichten  hervor,  dafs  er  mit 
Wilmanns  in  den  Resultaten  üljereinstimme,  und  davon,  dafe  Wilmann.s 
dem  widersprochen  habe,  ist  mir  nichts  bekannt. 

Es  kam  mir  darauf  an,  in  einem  Falle  der  jungmetrischen  Wissen- 
schaft einen  Irrtum  nachzuweisen  und  darauf  das  Urteil  zu  stützen,  dafs 
wir  alle  Ursache  haben,  derselben  vorläufig  mit  Zweifeln  zu  begegnen 
und  ihr  auf  jeden  Fall  das  Recht  abzusprechen,  Verschiebungen  in  der 
Litteraturgeschichte  vorzunehmen,  also  etwa  den  Morungen  in  das  n.  .Jahr- 
hundert und  die  sog.  Kürnbergslieder  als  Nachahmungen  höfischer  (Je- 
dichte  hinter  den  Hausen  zu  setzen  (Weifsenfels  S.  1.'>s.  Wihnans  S.  7:>. 
120.  8M).  —  Von  den  drei  Abteilungen  in  Wilmanns'  Buche  bietet  die 
dritte  offenbar  sehr  lehrreiche  Beobachtungen ;  die  erste  wird  wohl  noch 
manchen  Anfechtungen  unterworfen  sein;  die  dritt*«  aber,  über  den  Kiirn- 
berg,  enthält  schwerlich  etwas,  was  als  sicherer  Besitz  der  Wissenschaft 
betrachtet  werden  kann. 

Berlin.  E.  Henrici. 


Karl  Theodor  Gaedertz,   Zur  Kenntnis    der   allen^Iischen    Bühne 
nebst   anderen   Beiträgen    zur   Shakespeare -Litteratur.      Mit 
der  ersten  authentischen  inneren  Ansicht  des  Schwan-Theaters 
in  London    nnd  Nach})ildung   von  Lucas  C'ranachs  Pvranuis 
und  Thisbe.    Bremen,  C.  Ed.  Müller,  1888.    VIT!  u.  79  S.  8. 
Den  Anlafs  zur  VeröfTentlichung  des  hübsch  ausgestatteten  Rüchlein-; 
gab  dem  Verfasser   ein  glücklicher  Fund   auf  der  Utrechter  Universitäts- 
bibliothek.    In  den  Excerpten   des  Utrechter  Juristen  Arcnd  van  Bucheil 
(1.5H5 — 1641)  ist  eine  Federzeichnung  des  Londoner  Schwantheaters  fnth/n 
te  theatre  off  in  cyn)  enthalten,  welche  Bucheil  seinem  .lugendfreunde  und 
Landsmanne  .lohannes  de  Witt  verdankte.     Dieser  gelehrte   Kunstfreund 
war  1565  zu  Utrecht  geboren,  studierte  seit  158.')  unter  Justus  Lipsius  zu 
Leiden    und  unternahm    dann  verschiedene  Reisen,   auf   denen  er   allerlei 
Material  zur  Archäologie  und  Litteratur,  besonders  zu  einem  leider  unter- 
gegangenen Konkurrenzunternehmen  zu  Karel  Älanders  Srhildrrhorf,-  (|t;n||, 
betitelt   „Cnrho)/    Pictoriiwi';    sammelte.      ItioS    ward    er    Kanonikus    zu 
St.  Marien  in  Utrecht,   Kill    ging  er  nach  Paris,    1620  nach  Italien   und 
starb  1622  zu  Rom  (oder  Venedig).     Die  Londoner  Reise,   auf  der  er  das 
Schwantheater  besuchte   und  skizzierte,   setzt  Gaedertz   wohl    mit   Recht 
ins  .Tahr  1500,   da   in    den   von  Bucheil  kopierten  Bemerkungen  de  Witts 
das  Schwantheater  das  beste  und  geräumigste  fpresfanlissin/un/  rt  oDi/i/issi- 
mmii)  genannt  und  weder  das  im  November  1506  umgebaute  Hlackfriar-- 
Theater  noch  der  Globus  erwähnt  wird. 

Vom  Inneren  des  altenglischeu  Theaters  —  .Vufsenansichten  sin<l 
mehrere  erhalten  —  besafsen  wir  bisher  luir  eifie  da.s  Theater  Rrd  Bull 
darstellende  Abbildung  aus  dem  .lahrc  1(162, '^  die  jedoch  manches  unklar 
läfst.  Aus  de  Witts  Zeichnung  aber  vernu)gen  wir  uns  eine  ziemlich 
deutliche  Vorstellung  zu  machen,  wie  eine  Loudimer  ]{ühne  zu  Shake- 
speares Zeit  aussah.  Zu  besserer  Veransehaulichung  rekonstruiere  ich 
aus  der  perspektivischen  Ansicht  der  Bühne  und  des  Zuschauerraumes  in 
einer  flüchtigen  Skizze  den  Grundrifs  des  Gebäudes. 

*  Wiederholt  bei  Iv.  Genöe,  Shakespeare.  Sein  Lebm  un<l  seine  \\  ( rko, 
1872,  S.  77. 


492 


Hfiirtoiliingpii  iiiirl  kurze  Anzeigen. 


Das  h^chwantheater  war  kein  1)l()l'ser  ITolzban,  sondern  wenigstens 
teilweise  ans  Fliutsteinen  erbaut  und  enthielt  nicht  weniger  als  :>(»()()  Sitz- 
plätze. In  einem  ovalen  Hofe  erhebt  sich  das  durch  die  Heischrift  ...1//- 
vKiriDH  rrdrs"  gekennzeichnete  Haus  der  Schauspieler  (A).  aus  welchem 
zwei  Thüren  (na)  auf  die  Bühne  führen.  Oberhalb  derselben  befindet  sich 
eine  nnt  Leuten  besetzte  Galerie,  wohl  der  Platz  für  die  Musikanten  und 
unbeschäftigten  Schauspieler.  Das  turmähnlich  emporsteigende  zweite 
Stockwerk  wird  von  einer  weithin  sichtbaren  Fahne  nut  dem  l>ilde  eines 
Schwans  gekrönt.  Uie  etwa  1  '/.•  Meter  über  dem  Boden  beHndliclu'  Bühne 
zerfällt  in  zwei  Teile,  einen  überdachten  (B)  und  einen  unbedeckten  (C. 
„Prosca'uium'').  Wahrscheinlich  konnten  beide  durch  einen  Vorhang  ge- 
trennt werden,  welcher  zwischen  den 
beiden  hölzernen,  marmorähnlich  an- 
gestrichenen Säulen  niederging,  von 
denen  das  Dach  getragen  wird  (hhi. 
Auf  dem  vorderen  Teile  (',  der 
eigentlichen  Bühne,  sind  drei  Schau- 
spieler sichtbar:  zwei  Frauen,  von 
denen  eine  auf  einer  Bank  sitzt, 
und  ein  auf  sie  zueilender  Bote. 
Der  Zuschauerraum  besteht  aus  dem 
gleichfalls  unbedeckten  Parterre  /> 
(„Pldiüf/cs  sine  arcna"  betitelt, 
ground,  yard)  und  dem  ovalen, 
aufsen  vielleicht  achteckigen  (wie 
beim  späteren  Globetheater)  Galerie- 
gebäude (El.  Das  letztere  enthält 
drei  von  Säuleu  getragene  Stock- 
werke: Orcliestra*  (::=■  Parkettlogen  i, 
Srdilia  (erster  Kang)  und  /'orfio/s 
(zweiter  Rang);  darüber  ein  Dach 
(Tcetuni).  Stufen  („hif/rcssus-,  rc) 
führen  aus  der  Arena  zu  der  Or- 
chestra.  Die  auf  de  Witts  Zeich- 
nung nicht  sichtbaren  Hau[)teingänge  (ddl  sind  von  mir  hinzugefügt 
worden.  Es  könnte  scheinen,  als  wiese  die  (tvale  Form  auf  einen  Zn- 
sammenhang mit  den  römischen  Amphitheatern  und  den  in  Italien  längst 
wohlbeachteten  Vorschriften  Vitruvs  hin;  aus  der  mittelalterlichen  Bühne 
hat  sich  .schwerlich  diese  Gestalt  des  Theaters  selbständig  entwickelt.  Fm 
noch  auf  einige  Einzelheiten  hinzuwei.seu,  sei  zu  S.  \-  an  Immermaiins 
Rekonstruktion  der  Shakespoarebühne  bei  ^lax  Koch,  Shakespeare  |!f^>N.')| 
S.  2(i:^  erinnert.  S.  (i,  Z.  12  ist  hinter  dlspari  ein  Wort  wie  ftprcie  oder 
forvia  einzuschalten.  S.  7  wird  „üb  itlifinn  iiiarDKirnim  rolrirrii/"  über- 
setzt: „wegen  der  wie  mit  Marmorstrichen  ül)erzogcnen  |I|  Farbe.'" 

Im  Gegensatz  zu  dem  interessanten  i'rsten  Teile  ist  der  übrige  Inhalt 
des  Buches  ziendich  unbedeutend  und.  wohl  auch  nur  als  f^üllsel  zu  be- 
trachten. S.  [!• — ;J2  wird  unter  der  Überschrift  „Zum  Zwischenspiel  im 
Sommernachtstraum"  eine  ganz  in  der  Luft  schwebende  Hypothese  ent- 
wickelt. Weil  in  einem  1-52G  bei  G.  Khan  in  Wittenberg  erschienenen 
Bn(;he  eine  die  Geschichte  von  Pyramus  und  Thisbc  darstellende  Titel- 
hordüre  aus  Granachs  t^chule  vcn-kommt  und  diese  in  einem  b"».")")  ge- 
druckten Verlagswerke  von  R.  Tottel  in  London  nachgebildet  wird,.,  soll 
Shakes[»eare  |!|  die  ovidische  Fabel  aus  einer  verlorenen  englischen  Über- 
setzung   eines    verlorenen    deutschen    Buches    über   Pyramus    und   Thisbc 

*  Ortciiliar  int  (iiit'dntz,  wiiiii  er  S.  I  t  die  Insiliiit't  ,.(>/•(•/( (■.//•'("  auf  doii 
liauiii   „unten  rcclits  uikI  liiik.s    zuiiäclist   der  lUiliiic",    d.   Ii.  das  l'artcirc   bcaieht. 


Beurtellitngeü  und  kurze  Anzeigen.  4{'i:\ 

kennen  gelernt  haben.  —  S.  .33—48  wird  eine  Abscliritt  des  Abschnittes 
„Stratford-on-Avon"  in  W.  Irvings  Sketch  Book  beschrieben,  welche 
James  Saunders  mit  Tuschzeichnungeu  und  Anmerkungen  versehen  hat.  — 
Ein  Artikel  „Zu  Cohns  Shakespeare  in  (termanv'-  (S.  7t!-7ft)  weist  in 
einer  Singekomödie  des  zweiten  Teiles  der  .,Kngrischen  Komixlien'-  vom 
Jaiire  1030  Remmisceuzeu  ans  Gabr.  Rolleuhagens  Amantcs  amentes  nacli. 
l^erlin.  j.  Bolte. 

Kleine  italieuische  Sprachlehre  für  den  Gebrauch  in  Schulen  und 
zum  Selbstunterricht  von  Karl  INIaniuard  Sauci-.  Vierte 
(Titel-)  Auf  läge.    Heidelberg,  Jul.  Groos,  ISNS.    YIl  u.  2U.S  S. 

Das  Büchlein,  ein  Auszug  aus  der  weitverbreiteten  „Italienisclien  Kon- 
versationsgi^ammatik"  desselben  Verfassers,  verfolgt  ., vorwiegend  praktisclie 
Zwecke".  Über  ."i'.l  Lektionen  verteilt,  deren. Jede  aulserdem  eiue  kleine 
Anzahl  Vokabeln  sowie  eine  Aufgabe  zum  Übersetzen  aus  dem  Italieni- 
schen ins  Deutsche  und  umgekehrt  enthält,  bringt  es  die  Formcnlcluv 
und  wenigstens  das  Notdürftigste  aus  der  Syntax  in,  wie  iwizucrkcnncn 
ist,  klarer  und  fafslicher  Darstellung.  Im  „Anhang''  sind  eine  „Kleine 
Wörtersammlung",  einige  „Leichte  Redensarten  und  Gespräche-  und  end- 
lich zwei  Dutzend  „Leichte  Lesestücke"  zusammengestellt. 

Störend  ist,  dafs  der  Verfasser  sich  nicht  von  der  alten  I'nsitte  hat 
freimachen  wollen,  das  Deutsche,  der  Übersetzung  zuliebe,  zu  entstellen, 
und  Sätze  zu  bringen  wie  folgenden:  Ich  war  gewesen  vorgestern  in 
dem  Theater,  und  gestern  ich  war  gewesen  im  Konzerte  (S.  37).  Ist 
das  Buch,  nach  dem  Vorwort,  auch  für  diejenigen  bestimmt,  „deren 
grammatische  Kenntnisse  eine  gewisse  Höhe  nicht  übersteigen",  so  wird 
es  unter  den  Italienisch  Lernenden  in  Deutschland  doch  kaum  jemand 
geben,  der  eine  kurze  Darstellung  der  Lehre  von  der  Anordnung  der 
Satzteile  im  Italienischen  nicht  zu  verstehen  vermöchte.  Eine  solche  fehlt 
aber  gänzlich.  Völlig  unzulänglich  ist  der  einleitende  Abschnitt  über  die 
Aussprache,  was  bei  einem,  auch  für  den  Selbstunterricht  bestimmten 
Buche  doppelt  bedauert  werden  muls.  Um  iiur  ein  Beispiel  anzuführen, 
so  wird  über  das  offene  und  geschlossene  E  buchstäblich  nichts  weiter 
gesagt  als  (S.  2) :  E  hat  bald  den  Laut  des  deutschen  e  in  dem  ^Vorte 
geh,  bald  uähert  sich  die  Aussprache  dem  ä,  z.  B.  in  der  dritten  Silbe 
des  Wortes  deslderio. 

Berlin.  E.  P  a  r  i  s  e  1 1  e. 

Da.s  moderne  Drama  der  Franzosen  in  seinen  Haiiptvertreteru. 
Mit  zahlreichen  Textproben  aus  hervorragenden  Werken  V(ui 
Augier,  Dumas,  Sardou  und  Pailleron.  Von  Dr.  Joseph 
Sarrazin.     Stuttgart,  Frommann,  188S.     VIII  u.  825  S.  8. 

„Gebildeten  Lesern  Ideengehalt  imd  Tendenz  der  wichtigsten  zeil- 
geuös.sischen  Bühnenwerke  der  Franzosen  zu  übermitteln,  das  alliuäldiche 
Entstehen  des  ,Salondranias'  aus  bescheideneu  Aufängen  zu  zeigen,  ist 
der  Zweck  dieses  Buches"  (Vorwort  S.  VIIj.  Es  besteht  im  wesentlichen 
aus  vier,  wie  der  Verfasser  selb.st  sagt,  „anspruchloseir,  aber  mit  Saeh- 
kenntnis  und  gutem  L^teil  entworfenen  Skizzen  der  vier  auf  dem  Titel 
genannten  Dramatiker.  Als  Ergänzung  zu  tlen  landläufigen  populären 
Litteraturgeschichten,  die  gerade  in  Bezug  auf  das  Theater  der  neuesten 
Zeit  meist  recht  kümmerlich  geraten  sind,  kann  dieser  Teil  von  Sarrazins 
Arbeit  nur  willkommen  geheilsen  werden.  Weniger  gilt  dies  von  dem 
einleitenden  Abschnitt:    „Die  Vorläufer  des   socialen   und  Siltendramas." 


494  Beurteiluügeü  und  kurze  Anzeigen, 

Auf  den  45  Seiten,  auf  denen  das  bürgerliche  Drama  von  Diderot  Und 
Beaumarchais,  das  Drama  der  Romantiker,  die  Ecole  du  bon  Sens,  sowie 
Scribe  und  Konsorten  abgehandelt  werden,  wird  selbst  der  ^gebildete 
Leser",  der  etwa  nur  Engel  und  Bornhak  kennt,  nicht  viel  Neues  finden. 
Berlin.  E.  Pariselle. 

Novo  Diccionario  da  lingua  portugueza  e  alleraa  enriquezido  com 
OS  termos  technicos  do  comercio  e  da  industria,  das  sciencias 
e  das  artes  e  da  linguagein  familiär  per  H,  Michaelis,  em 
duas  partes,  Parte  segunda:  Aliemäo  -  portuguez.  Leipzig, 
Brockhaus,  1889.  Neues  Wörterbuch  der  portugiesischen 
und  deutschen  Sprache  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
technischen  Ausdrücke  des  Handels  und  der  Industrie,  der 
Wissenschaften  und  Künste  und  der  Umgangssprache  von 
H.  Michaelis.  In  zwei  Teilen,  zweiter  Teil:  Deutsch-Portu- 
giesisdi.    Leipzig,  Brockhaus,  1889.     YI  und  573  S. 

Dem  1887  erschienenen,  seiner  Zeit  hier  empfohlenen  ersten  Teile  von 
H.  Michaelis'  portugiesischem  Wörterbuche  ist  nun  der  zweite,  in  Anlage 
und  Trefflichkeit  ähnliche  gefolgt.  Mit  Verweisung  auf  jene  Anzeige  und 
auf  die  des  deutschen  Teiles  von  dem  italienischen  Wörterbuche  derselben 
Verfasserin  gebe  ich  hier  nur  einige  kurze  Bemerkungen.  Der  groise 
Reichtum  des  vorliegenden  gegenüber  den  Wörterbüchern  von  Bösche- 
(1870)  und  von  Wollheim  da  Fonseca^  (188.'>,  1877)  ist  deutlich,  mag  mau 
es  nur  von  aul'sen  sehen  oder  irgendwelche  Seite  überblicken.  Ich  habe 
von  ungefähr  den  Abschnitt  „Geld",  und  zwar  nur  den  zweiten  Teil  von 
Geld-eswert  bis  zu  Ende  vor  mir,  und  finde,  dafs  er  das  erste  der  ge- 
nannten um  9,  das  zweite  um  27  einzelne  Angaben  übertrifft.  Mir  fällt 
das  Wörtchen  „daran"  in  die  Augeu:  auf  18Vi  Zeilen  in  knappem  Aus- 
druck welch  eine  Fülle  von  Einzelheiten  beider  Sprachen !  Wollheim  hat 
hier  15,  Bösche  S' '.^  Zeilen.  „Ob"  als  Präposition  (=  über)  haben  diese 
Wörterbücher  alle  drei  nicht.  Sehr  viel  ist  auch  in  dem  vorliegeudeu 
Bande  für  die  verschiedensten  Teile  des  menschlichen  Könnens  und  Wissens 
geleistet,  wie  es  ja  der  Titel  verheilst.  Versteht  sich,  es  ist  nicht  leicht, 
hier  auch  nur  annähernd  die  verschiedenen  Frager  zufrieden  zu  stellen. 
Solei  kennen  die  beiden  anderen  Wörterbücher  nicht  und  das  vorliegende 
giebt  an :  „ovo  cocido  em  agua  salgada" ;  es  müfste  wohl  heifsen :  o.  c. 
conservado  em  a.  s.,  denn  nach  dem  Kochen  ist  es  noch  wie  jedes  andere 
gekochte  Ei,  es  wird  nun  aber,  das  hartgesottene,  etwas  geklopft,  so  dals 
<lie  Schale  ganz  brüchig  und  rissig  ist,  und  so  wird  es  dann  bis  zum 
(lenuls  in  Salzwasser  aufbewahrt.  Sojabohne  (sola  hispida)  kenneu  alle 
drei  nicht.  Unter  „Schwarzwurzel"  oder  „Schwarzwurz"  findet  man  nur 
bei  VV^ollheim  das  beliebte  Gemüse  escorcioueira,  man  muls  es  bei  den 
anderen  beiden  unter  „Skorzonere"  suchen.  Das  „Mörlein",  eine  Art 
Burgunderrebe,  kenneu  alle  drei  nicht.  Das  Vorzeichen  in  der  Musik 
kennt  Bösche  nicht,  Fonseca  giebt  antesigno,  unsere  Verfasserin  annadura, 
clavel.  Den  Namen  Joachim  auf  der  ersten  Silbe  zu  betonen  statt  auf 
«lein  a  dürfte  trotz  „Jochimkeu"  nicht  richtig  sein.  Wir  bekommen  hier 
näudich  wieder  in  sehr  dankenswerter  Weise  die  deutscheu  Wörter  alle 
mit  Betonungszeichen,  was  das  Buch  Ausländern  ebenfalls  vor  den  beiden 
anderen  wertvoll  machen  muls. 

Friedenau,  März   1889.  H.  Buchholtz. 


Bibliog^raphischer  Anzeiger. 


D  e  u  t  s  c  h. 

K.   G.  Andresen,  Über  deutsche  Volksetymologie.     5.  verbesserte    und 

stark  vermehrte  Auflage.    (Heilbrouu,  Henuinger.)    4:',0  S.       5,50  M. 
J.  Bayard  und  M.  Plate,  Cours  gradue  de  laugue  allemande.    I.  Cours 

elementaire.     210  S.     (Dresden,  Ehlermauu.) 
G.  Carel,  Voltaire  und  Goethe  als  Dramatiker,    Programm  der  Sophieu- 

schule  zu  Berlin.     88  S. 
Joh.  Aug.   Eberhards    synonymisches    Handwörterbuch    der   deutscheu 

Sprache.     14.  Aufl.     Umgearbeitet,   vermehrt   und    verbessert   von   Otto 

Lyon.     (Leipzig,  Grieben.)     941  S. 
Herders  Briefe  an  Joh.  Georg  Hamann.    Im  Originaltext  herausgegeben 

von  Otto  Hoff  manu.     (Berlin,  Gärtner.)    VI  u.  284  S.  ti  M. 

F.  Kern,  Goethes  Lyrik  ausgewählt  und  erklärt  für  die  oberen  Klassen 
höherer  Schulen.     (Berlin,  Nicolai.)     128  S. 

B.  May  dorn,  Hilfsbücher  f.  d.  deutschen  Unterricht  u.  f.  d.  selbst.  Be- 
schäftigung mit  den  deutscheu  Klassikern.     (Ratibor,  Simmich.)     77  S. 

P.  Nerrlich,  Zu  Jean  Paul.  Programm  des  Askanischen  Gymnasiums 
zu  Berliu.     [Progr.  Nr.  50.]     24  S. 

Max.  Schmitz,  Carmen  Sylva  (Königin  Elisabeth  von  Rumänien)  und 
ihre  Werke.     (Neuwied  u.  Berlin,  Heuser.)     (J5  S.  l/yi)  M. 

G.  Steinhausen,  Geschichte  des  deutschen  Briefes.  Zur  Kulturgeschichte 
des  deutschen  Volkes.    I.Teil.  (Berliu,  Göfsner.)  VIII  u.  190  S.   4,:)0M. 

Vierteljahrschrift   für  Litteraturgeschiclate.     Unter  Mitwirkung   von  Erich 

Schmidt  und   Bernhard  Suphan  herausgegeben    von  Beruh.  Seuffert. 

I.  Bd.,  ;{.  u.  4.  Heft.     (Weimar,  Böhlau.)     r,?,0  S. 
G.  Zöpfel,  Die  höfische  Dorlpoesie.     Eine  Untersuchung  über  Neithard 

vou   Reuenthal    und   seinen   Einfluls   auf  den  altdeutschen   Minnesang. 

(Wien,  Seidel.)     74  S.  2  M. 

Englisch. 

J.  Doli,   Neues  Lehrbuch  der  englischen   Sprache.    Erster  Teil:   Lese-, 

Schreib-  und  Sprechschule.     (Karlsruhe,  Reiff.)     XVI  U..200  S. 
R.  D  res  sei,  Bilder  aus  der  englischen  Geschichte   zum  Übersetzen    ins 

Englische.     (Halle,  Gesenius.)     2.'55  S. 
E.   Gosse,    A    History   of   eighteenth    Century  Literature    (1600  —  1780). 

(London,  Macmiliau.)     410  S. 
O.  Hahn,  Zur  Verbal-  u.  Norainalflexion  bei  den  schottischen  Dichtern. 

(John  Barbour.    Robert  Burns.)     IIL    l'rogramm  der  Viktoriaschule  zu 

Berlin.     26  S. 
Karl 

die 
E. , 

(Wien,  Holder.)     13?.  S.  'j'^  l^r. 

H.  Plate,  Lehrbuch  der  englischen  Sprache.    I.  Vorstufe.    2.  verbesserte 

Auflage.     160  S.     IL    Grammatik  für  Oberklas.seu.    :3S.  neu  bearbeitete 

Auflage.     336  S.     (Dresden,  Ehlenuanu.) 
J.  Pünjer  und  F.  F.  Hodgkinson,   Lehr-  u.  Lesebuch  der  englischen 

Sprache.    (Hannover,  Meyer.)    VIII  u.  272  S.  2,20  M. 


ierlm.     26  S. 

rl  Müllenhoff,  Beovulf.  Untersuchungen  über  das  ags.  Epos  und 
lie  älteste  Geschichte  der  altgerm.  Seevölker.  (Berliu,  Weidmann.)  Iti.".  S. 
Nader   und   A.  Würzner,   Elementarbuch  der  englisclien   Sprache. 


496  Bibliographischer  Anzeiger. 

J.  Schipper,  Englische  Metrik  in  historischer  und  systematischer  Ent- 
wickeluug  dargestellt.  Zweiter  Teil:  Neueuglische  Metrik.  Zweite 
Hälfte:  Strophenbau.     (Bonn,  Straufs.)     1U64  S.  11  M. 

Ct.  Schleich,  Über  das  Verhältnis  der  mitteleugl.  Romauze  Ywain  and 
(iawain  zu  ihrer  afrz.  Quelle.  Programm  des  Andreas-Realgymnasiums 
zu  Berlin.  ..[Progr.  Nr.  i>l.J     P.2  S. 

G.  Wack,  Über  das  Verhältnis  von  König  Alfreds  Übersetzung  der 
Cura  pastoralis  zum  Original.     (Kolberg,  Warnke.)    58  S.        l,'2o  M. 

Französisch. 

Job.  Bauer  und  Tb.  Link,  Französische  Konversationsübungen  für  den 

Schul-  u.  Privatgebrauch.    Purster  Teil.    228  S.    (München,  Oldeubourg.) 
L.  Bert  ran  d,  Sur  les  idiomes  et  les  dialectes  de  la  France.    (Stuttgart, 

Gerschel.)    42  S.  1,20  M. 

Ladv  Blenn erhasset,  Frau  v.  Stael,  ihre  Freunde  und  ihre  Bedeutung 

u.'s.  w.    Dritter  Band.     (Berlin,  Paetel.)     5Ü9  S.  9  M. 

O.  Böruer,   Hilfsbuch  für  den  französ.  Unterricht  in  Schule  und  Haus. 

(Dresden,  Ehlermann.)     155  S. 
G.  Bounin:    La   Soltane,    Trauerspiel   von  Gabriel  Bounin.     Paris  Itill. 

Neudruck  besorgt  von  E.  Stengel   und  .1.  Venema.     Mit  einer  litte- 

rarischeu  Einleitung  von  Job.  Venema.    Ausgaben  u.  Abhandlungen  etc. 

Heft  81.     (Marburg,  Elwert.)     04  S. 
G.  Dreyliug,    Die  Ausdrucksweise  der  übertriebenen  Verkleinerung  im 

afrz.  Karlsepos.     Ausgaben   u.  Abhandlungen  etc.   Heft  82.     (Marburg, 

Elwert.)     Iti7  S. 
Friedr.  Koldewev,    Französische  Svnonvmik   für  Schulen.     S.  Auflage. 

(Wolfeubüttel,  Zwifsler.)    219  S. 
Rieh.  Mahren  ho  Itz,   Jean-Jacques  Rousseau.     Leben,  Geistesentwicke- 

lung  und  Hauptwerke.     (Leipzig,  Renger.)     VI  u.  17ü  S.  4  M. 

Gio.  Meli,  Lehrgang  d.  frz.  Syntax.  (Zürich,  Cäsar  Schmidt.)  164  S.  l,tJU  M. 
K.  Meurer,  Französisches  Lesebuch.    Erster  Teil,  für  Quarta,  Unter-  u. 

Obertertia.     2.  Aufl.     (Leipzig,  Fues.)     204  S.  1,00  M. 

W.  Niederstadt,  Alter  und  Heimat  der  afrz.  Chanson  de  geste  Doon 

de  Maience,  sowie  das  Verhältnis  der  beiden  Teile  derselben  zueinander. 

(Diss.  von  Greifswald.)     54  S. 
Fr.  Scholle,  Die  afrz.  und  altnordischen  Überlieferungen  des  Rolauds- 

liedes  und  der  Wert  der  Oxforder  Handschrift.     Programm   des  Falk- 

Realevmnasiums  zu  Berlin.     [Progr.  Nr.  9^.]     24  S. 
Anna  Sommer,  Trait^  de  lecture  explicative  et  raisouuee.    Pr^cedö  d'uue 

lettre-preface    et  de  la  theorie  de  la   lecture    par  Mme   J.  Th^nard. 

(Copenhague,  Hoest.)     100  S. 

Italienisch. 

A.  Baragiola,  Italienische  Übuugsbibliothek.  VIL  Goethes  italienische 
Reise.     :'..  Heft.     (Dresden,  Ehlermann.)     198  S. 

A.  Bossola,  La  flessione  verbale  nella  lingua  italiaua;  saggio  di  gram- 
matica  comparata.     (Toriuo.)     83  S. 

Giosiic  Carducci,  Opere.  Volume  I.  (Discorsi  letterari  e  storici.)  (Bo- 
logna, Zanichelli.)     448  S. 

L.  Goldschmidt,  Die  Doktrin  der  Liebe  bei  den  italienischen  Lyrikern 
des  l:'..  Jahrb.     (Breslau,  Kühner.)  1,50  M. 

(lio.  Meli,  Grundrils  der  ital.  Grammatik.    (Leipzig,  Brockhaus.)    157  S. 

Slavisclie   Sprachen. 

Osk.  Asboth,  Kurze  russische  Grammatik.    (Ix'ip/.ig,  Brockliaus.)    145  S. 

1,00  M. 


Ludwiff  Herrig". 


Am  10.  November  ISSS  wurde  in  dem  festlieli  geseluiuickteii 
und  hell  erleuchteten  Saale  der  Berliner  Groisloge  Ro\al  York 
kurze  Zeit  nach  dem  eigentlichen  am  1 :!.  ( )ktol)er  gefallenen  Jubel- 
tage, an  dem  zahlreiche  Dejiutationcn  \(in  nah  und  fern  erschie- 
nen waren,  die  fünfzigjährige  Ijchrthätigkeit  ihres  CirdismeLstcrs 
Ludwig  Herrig  gefeiert.  Wohl  durfte  es  den  .lubilar  mit  Stolz 
erfüllen,  dal's,  nachdem  ihm  \on  Sr.  Majestät  eine  Auszeichnung 
durch  einen  hohen  Orden  zu  teil  geworden  war,  eine  sehr  ansehn- 
liche Versammlung,  in  der  sich  aul'ser  Mitgliedern  des  h'reimaui-ci-- 
bundes  Spitzen  der  Mihtärbilduugsanstalten,  nanihafti'  l  'iiivcrsitäts- 
professoren,  sowie  zahlreiche  Lehrer  höherer  Schulen  und  sonstige 
persönliche  Verehrer  befanden,  din'c;h  iin-c  l)crufenen  Kedner  ilie 
Anerkennung    seiner    vielseitigen    Tjeistungen    aussprechen     li<'ls. 


11  T.uflwjo;  Herrig. 

Sah  er  sich  doch  von  so  vielen  jüngeren  Pädagogen  umgeben,  die 
sich  rühmten,  aus  seiner  Schule  hervorgegangen  zu  sein  I  Hatte 
er  es  doch  erreicht,  dafs  er  in  den  weiteren  Kreisen  der  allgemein 
Gebildeten  geradezu  als  der  bedeutendste  Vertreter  der  neueren 
Sprachstudien  galt!  Aber  auf  diesen  I^ichtbliek  eines  reichen  Lebens 
ist  bald  der  letzte  Tag  gefolgt.  Am  21.  Januar  ISSI)  fand  in 
denselben  Räumen,  die  damals  vom  AViederhall  des  .lubels  lielebt 
waren,  eine  von  der  Loge  veranstaltete  Trauerfoier  für  den  am 
1 7.  Jaiuiar  Verschiedenen  statt.  Nach  Beendigung  derselben  be- 
wegte sich  der  Leichenzug  dem  Friedhofe  zu,  wo  die  Beisetzung 
unter  hohen,  dem  geistigen  Range  des  Toten  entsprechenden 
Ehren  stattfand. 

Friedrich  Christian  Ludwig  Herrig  wurde  am 
12.  Mai  1816  zu  Braunschweig  von  lutherischen  Eltern  geboren 
und  am  2.  Juni  in  der  Andreaskirche  getauft.  Sein  Vater,  mit 
Vornamen  Christian  Gottfried,  ein  schöner  grofser  Mann, 
war  Kanmiermusikus  und  Inhaber  der  Hofmusikalienhandlung. 
Er  hatte  sich  mühsam  emporgearbeitet  und  vererbte  seinen  rast- 
losen Fleils  auf  den  Sohn,  der  es  stets  leibhaft  beklagte,  dal's  er, 
selbst  viele  Jahre  hindurch  ringend,  nicht  im  stände  gewesen 
war,  dem  Vielgeliebten  die  Tage  des  Alters  zu  verschönen. 
Ludwig  war  das  älteste  Kind  aus  der  zweiten  Ehe  seiner  Mutter 
Karoline  Henriette,  geb.  Vogelsang.  Von  ihr  stammte 
gewils  ebensowohl  seine  gleichmäf'sige  Zufriedenheit  und  heitere 
Stimmung  als  seine  rege  Teilnahme  an  dem  Wohl  seiner  Mit- 
menschen. Denn  trotz  sehr  bescheidener  Mittel  hielt  sie  stets 
die  Hand  offen  und  war  bemüht,  das  (Jlüek  anderer  zu  f(')r- 
dern.  Eine  ältere  Stiefschwester  des  Verstorbenen,  die  ihm 
.  durchaus  geistesverwandt  wai-,  teilte  später  in  seinem  Hause 
Freud  und  Leid  bis  an  ihr  l^nde.  Sein  einziger  Bruder,  ein 
sein-  begabter  Kammermusikus  zu  Braunsehweig,  starb  ziem- 
lieh früh,  indem  ov  einen  Sc^hii  liinterliefs,  den  Ludwig  llerrig 
nnt    seinen     eiü'eneu    Kintlern    erzogen    li:it.       l'>     ist     (\vy     durch 


I.iKlwia:  Herne;.  111 

schriftstellerische  und  dichterische  Leistungen  bekannte  Hans 
Herr  ig. 

Das  Haus,  in  welchem  sich  die  Hofmusikalienhandlung  einst 
l)efunden  hat,  steht  noch  jetzt  auf  der  Hagenhrücke,  einer  Stralse 
nördlich  von  dem  nicht  weit  entfernten  Burgplatz,  also  nahe  dem 
Mittelpunkte  der  Stadt.  Zur  Zeit,  als  Lud\\'ig  Herrig  geboren 
wurde,  zählte  Braunschweig  nicht  viel  über  30  000  Seelen  und 
trug  vorwiegend  den  Charakter  einer  Fabrik-  und  Handelsstadt; 
seine  Messen  waren  weit  berühmt  und  zogen  Kaufloute  aus  der 
Fremde  herbei.  Es  hatten  sich  viele  altertümliche  Häuser  er- 
halten, und  zahlreiche  Denkmäler  mahnten  an  eine  bedeutende 
A'^ergangenheit.  Dazu  kam  der  Glanz  des  herzoghchen  Hofes, 
der  geeignet  war,  Lokalpatriotismus  zu  nähren.  Auch  besafs  die 
Stadt  ein  von  den  Fürsten  in  tüchtigem  Stand  gehaltenes  1'heater 
und  eine  äufserst  wertvolle  Kunstsammlung  im  Museum.  Wir 
können  uns  leicht  denken,  dafs  ein  lebhafter  und  reich  begabter 
Knabe  auf  solchem  Boden  und  in  solcher  Umgebung  vielfache 
und  fruchtbare  Anregung  erhalten  mufste. 

Vererbung  und  Jugendeindrücke  machten  Herrig  besonders 
empfänglich  für  Musik,  den  unmittelbaren  Ausdruck  der  Empfin- 
dung. Er  scheint  sich  auch  früh  eine  nicht  unbedeutende  Fertig- 
keit im  Klavierspiel  erworben  zu  haben ;  später  fand  er  allerdings 
wenig  Zeit,  seine  Übungen  fortzusetzen.  Die  Künste  der  Anschauung 
dagegen  blieben  ihm  wohl  verhältnismäl'sig  fremd.  Damit  stinnnl 
es,  dafs  er  für  Mathematik  und  Naturwissenschaften  niciil  viel  liitcv- 
esse  zeigte.  Seiner  ganzen  ursprünglichen  Richtung  nach  wäre  rv 
der  Gefahr  der  Vei-flüchtigung  ausgesetzt  gewesen,  wenn  er  nicht 
später  in  den  Sprachstudien  einen  festen  Halt  gefunden  hätte. 

Von  Herrigs  JugendentAnckehmg  ist  dem  Verfasser  dies(>r 
Skizze  leider  nur  bekannt  geworden,  dafs  er  das  ObergyiinKi>ium 
seiner  Vaterstadt  unter  dem  besonders  durch  bedeutende  Iam- 
stungen  auf  dem  Gebiete  des  Lateinischen  bekannten  Direktor 
Georg  Theodor  August  Krüger   durchnuichte,  d<in  «t  als 

A 


IV  Ludwio-   ITorriii'. 

einer  seiner  Lieblingsschüler  sehr  nalic  trat.  Als  er  schon  den 
oberen  Klassen  augehörte,  erlebte  er  im  SeptemV)er  IS^JÜ  den 
Volksaufstand,  den  Brand  des  Schlosses  imd  die  A^erbannuug 
des  Herzogs  Karl.  Dafs  ein  solches  Ereignis  einen  gewaltigen 
Eindruck  auf  ilin  machen  nuilste,  liegt  auf  der  Hand.  Von 
Ostern  l)is  Michaelis  18H4  besuchte  er  das  von  dem  Abt  Jeru- 
salem unter  der  Regierung  des  Herzogs  Karl  um  die  Mitte  des 
vorigen  Jahrhunderts  gegründete,  vor  ein  paar  Decennien  in  die 
tec^hnische  Hochschule  umgewandelte  (V)llegium  Carolinum,  damals 
ein  Lyceum  oder  akademisches  Gymnasium,  an  welchem  ei-  auch 
am  3.  Oktober  des  erwähnten  Jahres  die  Abiturientenprüfung 
bestand.  Ijitterarische  Bestrebungen  hatten  sich  seit  Lessiug  und 
Leisewitz  in  Braunschweig  erhalten ;  am  Collegium  ('arplimnn 
hatten  Männer  wie  Ebert  und  Gärtner  gewirkt,  und  auch  zu 
jener  Zeit  vereinte  es  noch  sehr  bedeutende  Kräfte.  Unter  diesen 
ist  besonders  der  damalige  Direktor  der  humanistischen  Abteilung 
des  Kollegs,  Hofrat  Petri,  Dr.  theol.  et  phil.,  namhaft  zu  machen, 
ein  gründlicher  und  geschmackvoller  Erklärer  der  Griechen  und 
liömer,  der  aber  zugleich  sehr  gediegene  Kenntnisse  auf  dem  (ie- 
biete  des  Englischen  besals  und  sich  aufserdem  mit  orientalischen 
Studien  befaüste.  Bei  ihm  h()rte  Herrig,  so  seltsam  dies  schdu 
klingen  mag,  in  dem  Zeitraum  eines  Semesters  Vorlesungen  über 
.Vschylus,  Thu(y'dides,  JuNcual,  gri(M'hische  Litteraturgeschichte, 
Hebräisch  und  Arabisch.  Aber  damit  Wvi't^  er  sich  noch  lange 
nicht  genügen;  sein  Feuereifer  erweckte  in  ihm  das  Streben, 
alles  auf  einmal  zu  erfassen.  Halicr  trieb  er  gleichzeitig  noch 
Französisch,  Englisch,  Italienisch  und  Spanisch  unter  Tveitimg 
von  Lektoren  und  besuchte  aufserdem  Vorlesungen  d(>s  Pi'(tfess<irs 
GriepeuUerl  ül)er  Ästhetik,  Psychologie  und  l^eredsamkeit. 
Wenn  wir  bedenken,  da(s  er  so  vielerlei  Studien  sich  hingab, 
während  ihm  das  AbituiMcntenexamen  umnittelbai'  lieNorstand.  so 
werden  wir  wohl  sagen,  es  war  hohe  Zeit,  dals  ei-  in  i\vv  Ivnutine 
des    Puivei'sitätslebens   etwas   zur    Ivuhe   kam. 


Ludwig-  HiTrig.  \' 

A^ou  dein  akademisdieu  Triciniimn,  Midiadis  1884—1837, 
brachte  der  Studeut  das  erste  Jahr  in  Göttinnen  zu;  dann  ging 
er  auf  anderthalb  Jahr  nach  Halle,  wo  er  ein  Liebling  der  Damen 
wiu^de,  und  kehrte  für  das  Schlulssemester  nach  GiHtingen  /.urüci<. 
Aus  seiner  Göttinger  Zeit  erzählte  er  selbst  einmal  seinen  Kollegen, 
dals  er  auf  der  Mensur  habe  zurückgehalten  und  bedeutet  Averden 
müssen,  er  solle  nicht  wie  ein  Stier  drauf  losgehen.  Gleich  der 
Mehrzalil  seiner  Kommilitonen  nahm  er  lebhaft  Partei  für  die  be- 
rülunteu  sieben  Professoren,  welche  gegen  die  Aufhebung  der 
lumnoverschen  Konstitution  protestiert  hatten.  Die  Studenten 
sollten  dafür  mit  Karzer  l)estraft  werden,  erhielten  aber,  da  die 
Räume  nicht  ausreichten,  nur  Stubenarrest.  Wir  eriniicni  uns 
noch  seiner  späteren  ergötzlichen  Schilderung  im  Freundeskreise, 
\vie  er  damals  zu  Ehren  der  Göttinger  Sieben  mehr  Bier  habe 
trinken  müssen  als  je  in  seinem  Leben,  während  aus  allen  Häu- 
sern der  Musenstadt  vom  Morgen  bis  zum  Abend  das  Lied  von 
den  Binschgtuiern  als  Vorbereitung  auf  die  ahgemeine  \\andcr- 
schaft  erschallte. 

Mit  besonderer  Dankbarkeit  gedachte  der  Verstorbene  der 
Anregung,  die  er  durch  Schneidewin  in  Göttiugen  empfangen 
hatte.  Nach  seinen  Andeutungen  mul's  er  an  den  von  diesem 
Philologen  geleiteten  Seminarübuugen  teilgenommen  haben.  M'ie 
weit  er  aber  philologische  Studien  auf  der  Universität  betrieben 
hat,  läi'st  sich  nicht  feststellen,  da  die  Testierbügen  sich  nicht 
aufgefunden  haben.  Obgleich  er  das  Studium  der  klassischen 
Philologie  mit  dem  der  Theologie  verband,  widmete  er  sich  vor- 
zugsweise der  letzteren,  wollte  auch  eigentlich  Prediger  werden. 
Daher  meldete  er  sich  zuerst  zum  theologischen  Examen  und 
bestand  dasselbe  in  Wolfenbüttcl  am  1.  September  1887.  In 
dem  Zeugnis  wird  besonders  seine  rednerische  l^egabnng  hervor- 
gehoben, und  diese  zeigte  er  auch  wirklich  aui'  der  Kanzel,  indem 
er  in  seiner  Vaterstadt  öfter  predigte,  z.  B.  am  W'eilmachtstagc 
des  eben  erwähnten  Jahres  in  der  Brüdernkirchc.     \\'cnige  Tage 


VI  Ludwig  Herrig. 

nachdem  er  das  theologische  Examen  abgelegt  hatte,  machte  er 
die  P^eier  des  hundertjährigen  Bestehens  der  Universität  Göt- 
tiugen  mit,  wie  er  auch  1887  die  alte  Bildungsstätte  aufsuchte, 
als  fünfzig  Jahre  längeren  Bestehens   festhch   begangen   wurden. 

Nachdem  Herrig  schon  im  Wintersemester  1837—38  zur 
Aushilfe  am  Katharineum,  dem  Obergymnasium  von  Bi-aun- 
schweig,  dem  er  seine  erste  wissenschaftliche  Bildung  verdankte, 
beschäftigt  gewesen  war,  wm-de  er  am  1,  Oktober  1838  an  dem- 
selben fest  angestellt,  und  zwar  mit  dem  damals  herkönmilichen 
Anfangsgehalt  von  200  Thalern.  Am  15.  Dezeiuber  desselben 
Jalires  erlangte  er  das  Doktordiplom  von  Tübingen  diu-ch  eine 
Dissertation  de  Felagli  doctriua,  in  welcher  er  die  Fortentwicke- 
lung der  pelagianischen  Ansichten  in  der  neueren  Philosophie 
von  Kant  bis  Hegel  verfolgte.  Bis  hierher  also  sehen  wir  ihn 
auf  Bahnen,  die  er  später  ganz  verlassen  hat. 

Die  Anstellung  als  Gymnasiallehrer  mochte  unserem  Freunde 
sehr  erwünscht  sein,  da  sich  den  Kandidaten  der  Theologie  da- 
mals in  Brauuschweig  nicht  sehr  günstige  Aussichten  darboten. 
Zunächst  wurde  die  Laufbahn  von  ihm  vielleicht  nur  als  etAvas 
Vorübergehendes,  als  ein  einstweiliges  Auskunftsmittel  imgesehen ; 
aber  bald  sollte  sie  sein  ganzes  geistiges  Leben  ausfüllen.  Damals 
bewies  er  zum  erstenmal  deu  glücklichen  Takt,  der  ihn  später 
stets  so  sicher  auf  seineu  Wegen  geleitet  hat.  Augeregt  durch 
Professor  Vultejus,  unter  dessen  Ijcituug  er  am  Collegium 
Caroliuum  englische  Studien  begonnen  hatte,  beschloi's  er,  indem 
er  Urlaub  nahm,  sich  durch  längeren  Aufenthalt  in  England  und 
Frankreich  die  Sprachen  dieser  Länder  gründlicii  anzueignen. 
Die  Fähigkeit  dazu  besal's  er  in  seltenem  Mai'se;  denn  er  ver- 
einte feines  Gehör,  Geläufigkeit  der  Zunge,  schnelle  Auffassungs- 
gabe und  wunderbares  Aneignungsvermögen  mit  einem  treuen 
( Jedächtnis,  so  dai's  er  in  wenigen  Monaten  mehr  als  andere  in 
vielen  -Jahren  zu  erreichen  vermochte.  Auf  der  damals  gelegten 
(nnrndlage  hat  er  später  fortgebaut;   denn  er  ist,   als  seine  Ver- 


Ludwig  Herrig.  \I1 

hältnisse  sich  günstig  genug  gestaltet  hatten,  um  es  iluu  zu  er- 
lauben, immer  wieder  ins  Aushmd  gereist  und  hat  durch  neue 
Berührung  mit  dem  fremden  Boden  das  früher  Ciewonuene  be- 
festigt und  erweitert. 

Nachdem  Herrig  im  Jahre  1889  in  die  Loge  zu  Braunsehweig 
eingetreten  war,  der  sein  Vater  als  Bruder  angehörte,  verheiratete 
er  sich  am  13.  April  1841  mit  Johanna  Zwilgmeyer,  der 
Tochter  eines  Fabrikanten  seiner  Vaterstadt,  die  ihm  eine  treue 
Lebensgefährtin  geblieben  ist  und  ihn  überlebt  hat.  Die  be- 
schränkten Verhältnisse,  in  denen  er  sich  befand,  trieben  ihn, 
sich  nach  Verbesserung  umzusehen.  Es  l)ot  sich  ihm  eine  mit 
800  Thaleru  dotierte  Oberlehrerstelle  an  der  Real-  und  Gewerbe- 
schule in  Elberfeld,  die  er  annahm,  obgleich  er  eine  Residenz 
verlassen  mufste  und  in  eine  Stadt  kam,  in  der  man  nach  seiner 
eigenen  Beschreibung  nicht  einmal  eine  Tasse  Katlee  in  einer 
Konditorei  zu  trinken  erhielt. 

Dals  er  sich  in  seiner  Heimat  allgemeine  Achtung  erworben 
und  die  Herzen  seiner  Schüler  gewonnen  hatte,  gab  man  ihm 
öifenthch  kund,  als  er  die  Stätte  seiner  ersten  Wirksamkeit  ver- 
liefs.  Es  wurde  ihm  von  seinen  Kollegen  ein  silberner  Ehren- 
l)echer  geschenkt  imd  von  den  Zöglingen  der  Anstalt  ein  Fackel- 
zug gebracht.  Bei  dieser  Gelegenheit  sprach  er  die  Worte;  „Die 
Fackeln  dieses  Abends  werden  verlöschen;  möchten  Dank  und 
Liebe,  die  sie  entzündet,  bleiben!" 

Nachdem  die  Übersiedelung  nach  Elberfeld  zu  Ende  des 
Jahres  1842  erfolgt  war,  mulste  den  von  dv\-  [)reulsischen  Schul- 
behörde gestellten  Anforderungen  nachträglich  genügt  werden. 
Herrig  bestand  das  Examen  pro  facultate  docendi  unter  dem 
Vorsitz  des  berühmten  Mathematikers  Professor  Plücker  in 
Bonn  am  16.  August  1842  und  erwarb  sich  ein  Zeugnis  der  Be- 
fähigung für  alle  Klassen  im  Deutscheu,  Französischen,  Englischen 
und  in  der  Religion,  im  Lateinischen,  in  dci-  (Jeschichtc  und 
Geographie  für  Tertia.    Ein  Nachtragszeugnis  des  1  iekt( »rs  X  a  d  a  n  d 


VIII  Ludwiü   Hrrrig. 

vom   -Ki.  Dezember  des^elhcii  .lahrcs  lirht   seine  Verliautlicit    mit 
der  älteren  und  ueuereu  französischeu  Litteratur  hei\<tr. 

Au  der  Elberfelder  Realschule  ist  Herrig  ueuu  Jahre  laug 
thätig  geweseu,  luid  dort  hat  er  dureli  Heilsige  Arbeit  deu  Gruud 
zu  seinem  AVeiterkommeu  gelegt.  Am  2.  September  1843  hielt 
er  eiue  Schulrede  über  Mittel  und  Zweck  einer  guteu  Erziehung, 
iu  welcher  Zusammeuwu-kung  von  Schule  und  Haus  gefordert 
wurde.  Zwei  Jahre  später  erschien  von  ihm  im  Schnl})rognunm 
eine  Abhandlung  Essaij  oii  Merlin  tltc  MayictKii,  deren  Inhalt 
man  aus  einer  kurzen  Besprechung  im  ersten  Jahrgang  des 
Archivs  S.  254  erseheu  kann.  Bei  dem  jetzigen  Standpunkt  der 
Wissenschaft  dürfte  dieselbe  wohl  kaum  noch  von  Interesse  sein. 
Aber  von  der  gröfsten  Bedeutung  ist  es,  dal's  Herrig  im  Jahre 
1846  im  Verein  mit  Heinrich  Yiehoff  das  ArcJtic  für  das 
Studium  der  ueuereu  Sprachen  begründete.  Viehoff'  war  damals 
noch  Oberlehrer  au  der  Realschule  zu  Düsseldorf,  \'on  wo  er 
später  zum  Direktor  der  vereinigten  höiieren  Bürgerschule  und 
königlichen  Provinzialgewerbeschule  zu  Trier  berufen  wurde.  Er 
war  zwölf  Jahre  älter  als  Herrig,  hatte  sich  schon  durch  kleinere 
Schriften  als  Asthetil\er  und  Litterarhistoriker  bewährt  und  seineu 
Schiller-Konuneutar  herausgegeben,  wälii'eud  er  gerade  im  Begriff' 
stand,  den  Kommentar  zu  Goethe  folgen  zu  lassen.  Im  Jahre 
1848  hatte  er  eine  A'ierteljahrsschrift  veröff'eutlicht  unter  dem 
Titel:  „Archiv  für  deu  Unterricht  im  Deutschen  in  Gymnasien, 
Realschulen  und  andereu  höhereu  Lehranstalten",  von  der  jedoch 
nur  zwei  Jahrgänge  erschienen  waren.  ( )bgl('icli  diese  Zeitschrift 
aus  Mangel  an  Teilnahme  und  Unterstützung  so  bald  wieder  ein- 
gegangen war,  zeigte  er  sich  bereit,  in  Gemeinscliaft  mit  Herrig 
.  ein  ähnliches,  aber  umfassenderes  Unternehmen  ins  AA'erk  zu  setzen. 

Da  mir  nichts  Genaueres  über  das  Verhältnis  der  beiden 
Herausgeber  zueinander  bekamU  geworden  ist.  so  wiederhole  ich, 
was  Viehoff's  Scliwiegersohn,  \  iktor  Kiy,  im  Archiv  W\.  LXXXI, 
lieft  '.],  S.  200,  augegeben  hat:   ..\'ieliotl'  und  Herrig  hatten  sich 


Ludwig  HiM-rig.  IX 

im  Jahre  J84l'  iu  Düsseldorf  kennen  oelernl  und  hcsuclilcn  >i('li 
seitdem  gegenseitig;  am  häufigsten  aber  traten  sie  sich  während 
des  Sommers  auf  der  Station  Hochdahl,  wo  sie  ihre  ( iedankcn 
über  alles  miteinander  austausehten,  was  ihr  äulseres  und  inneres 
Leben  bcNvegte.  Es  war,  schreibt  mir  Herr  Professor  llerrig, 
als  ob  uns  eine  elektrische  Kraft  miteinander  ganz  |)lr)tzhch  ver- 
bunden hätte." 

Man  kann  sich  kaum  einen  schöneren  Bimd  zur  F()rd('inmg 
der  Wissenschaft  und  zur  Einführung  derselben  in  das  Leben 
denken,  als  zwischen  Viehotf*,  \velcher  poetisch  reich  begal)t  und 
sinnig  war  wie  Orest,  und  dem  durch  sein  lebhaftes  Wesen  und 
durch  Findigkeit  im  Schaifeu  von  Hilfsmitteln  für  den  Augen- 
blick an  Pylades  erinnernden  Herrig.  Beide  Männer  standen 
einander  nahe  durch  lilierale  Anschauungen  iu  politischer  und 
religiöser  Hinsicht,  die  aucii  iiu'  LTrteil  über  Erscheinungen  auf 
dem  Gebiete  der  Litteratur  bestinuncn  umlsten;  denn  dals  A^iciiofl" 
der  katholischen  Kirche  angehörte,  kann  nicht  iu  Betracht  kom- 
men, da  er,  ohne  gegen  dieselbe  Front  zu  machen,  oder  gar  aus 
ihr  auszutreten,  rein  humanistischen  Ansichten  huldigte.  Beide 
INIänner  ergänzten  sich  durch  umfassendes  AVissen  iu  der  ^^'eise, 
dais  jeder  sein  besonderes  Gebiet  beherrschte,  zugleic-h  aber  auf 
dem  des  Mitarbeiters  nicht  fremd  Avar.  Beide  Mäimer  empfanden 
aulserdem  das  Bedürfnis,  weitere  Kreise  für  iln-e  wissensciiaft- 
hchen  Bestrebungen  zu  gewinnen  und  so  Eintiuls  auf  die  Schuh', 
niittelbar  aber  auf  das  Leben  auszuüben.  Viehoft"  hatte  mit  einer 
ausschliefslich  für  den  deutscheu  Unterricht  bestimmteu  \'icrtcl- 
jahrsschrift  nicht  genügenden  Anklang  gefunden.  Eine  ähnliciie 
Erfahrung  würde  Herrig  gemacht  haben,  wenn  er,  wie  er  es 
zuerst  beabsichtigt  hatte,  damals  ein  entspreciiendes  Bhitt  für 
das  Französische  und  Englische  n)it  Berücksi(!htiguug  anderer 
moderner  Sprachen  hätte  gründen  woHen.  Denn  \\a>  das  Englische 
betrifft,  so  verfolgte  man  allerdings  zu  jener  Zeit  l)ei  uns  die 
Litteratur   des  Nachbarlandes    mit  regem  Literesse,   man    his  die 


X  Ludwig  Herrig. 

zahlreichen,  in  der  Regel  herzlich  schlechten  Übersetzungen  der 
Dichter  und  insbesondere  der  llomcinschriftsteller;  allein  Kenntnis 
der  Sprache  war  Eigentum  eines  sehr  kleineu  Kreises,  da  sich 
zum  Erlernen  derselben  wenig  Gelegenheit  darbot.  Im  Franzö- 
sischen war  es  allerdings  insofern  etwas  besser  bestellt,  als  diese 
Sprache  in  den  Schulplan  der  Gymnasien  gehörte.  Aber  es  wurde 
darin  nicht  viel  geleistet,  zumal  da  die  Lehrer  selbst  oft  nur  ein 
beschränktes  Wissen  besal'sen,  oder  es  nicht  weiter  als  zur  Fertig- 
keit im  Parlieren  brachten.  Herrigs  unbestrittenes  Verdienst  ist 
es,  dafs  er  Bahn  gebrochen  und  den  Boden  geebnet  hat;  die 
Begründung  des  Archivs  war  der  erste  Schritt  dazu. 

Das  Archiv  für  das  Studium  der  neuereu  Sprachen  erschien 
von  1846 — 1848  als  Vierteljahrsschrift  zu  Elberfeld  und  Iserlohn 
im  Verlag  von  Julius  Bädeker.  Die  Herausgeber  betrachten 
es  im  Vorwort  als  erwiesen,  „dal's  das  Studium  der  Sprachen 
und  Litteraturen  der  neueren  Kultm-völker,  wenn  es  auf  die 
rechte  Weise  betrieben  wird,  walu'es  Humanitätsstudium  ist,  dalis 
in  ihm  eine  reiche  Quelle  echt  mensclilicher  Bildung  fliel'st".  Für 
die  Lehrer  der  ßealschulen,  die  sich  auf  diese  Quelle  vorzugs- 
weise angewiesen  sehen,  soll  ein  Organ  ins  Leben  gerufen  wer- 
den, wie  es  deren  mehrere  für  klassische  Philologie  und  Alter- 
tumskunde längst  giebt,  und  es  wird  dabei  die  Hoifnung  ausge- 
S})rochen,  dafs  sich  auch  Gynuiasiallehrer  für  den  Anbau  des 
Gebiets  der  modernen  Philologie  interessieren  imd  sich  dabei  be- 
teiligen werden.  Die  Aufgabe  soll  eine  doppelte  sein,  Förderung 
der  Wissenschaft  einerseits  luid  andererseits  des  Schulunterrichts 
in  neueren  Sprachen,  um  ihm  mehr  Gehalt  und  bildende  Kraft 
zu  geben.  Daher  wird  das  Archiv  besonders  für  den  Kreis  des 
Wissens  bestinunt,  der  zu  den  Schulen  in  der  nächsten  Beziehung 
steht,  also  wesentlich  auf  das  Deutsche,  Französische  und  Eng- 
lische beschränkt,  dabei  aber  die  Notwendigkeit  anerkannt,  bis- 
weilen auf  das  Gebiet  der  anderen  romanischen  Sprachen,  sowie 
des  Lateinischen,  ebenso  aber  auch  auf  das  des  Alt-  und  Mittel- 


Ludwig  Honig.  Xl 

hochdeutschen  überzugreifen.  Zu  selbständigen  Al)li:iii(lhnigeii 
und  ßecensiouen  soll  eine  Programmeuschau  nebst  einem  biblio- 
graphischen Anzeiger  hinzutreten,  auch  noch  eine  besondere 
Rubrik  für  Miseellen  gebildet  werden. 

Herrig  selbst  lieferte  für  das  Archiv  während  seines  Be- 
stehens als  Vierteljahrsschrift  insbesondere  eine  Reihe  \on  Ab- 
handlungen über  die  Entwickelung  des  englischen  Dramas.  Der 
erste  Artikel  über  Mirakelspiele,  Moralitäten  und  die  Anfänge 
der  Komödie  ist  sehr  kurz  gehalten,  der  zweite  geht  ausführ- 
licher auf  Marlowe  ein,  im  di'itten  wird  Greene  etwas  genauer 
charakterisiert,  während  der  Verfasser  über  die  gleichzeitigen 
Dramatiker  flüchtig  hinwegeilt.  Die  Aufsätze  sind  recht  geeignet, 
eine  Bekamitschaft  mit  Shakespeares  Vorgängern  zu  vermitteln  ; 
sie  mufsten  zur  Zeit  ihres  Erscheinens,  als  mau  sich  nm-  in  eng- 
lischen Werken  Rat  erholen  konnte,  sehr  willkommen  sein. 

Mit  dem  vierten  Jahrgang  oder  sechsten  Bande  ging  das  Archiv 
1849  in  den  Verlag  von  George  Westermaun  in  Braun- 
schweig über,  mit  dem  Herrig  bis  zu  dessen  Tode  im  Jahi-e  llS7!>, 
also  fast  ein  MenscheuaUer  hindurch,  nicht  allein  in  beständigem 
Geschäftsverkehr,  sondern  auf  dem  Ful'se  genauer  Freundschaft 
gestanden  hat.  Viehoff,  der  bis  dahin  die  Redaktion  der  auf 
das  Deutsche  bezüglichen  Beiträge  besorgt  hatte,  während  semem 
Mitherausgeber  der  gröfsere  Teil  der  Redaktionsgeschäfto  zu- 
gefallen war,  trat  zurück.  Herrig  übernahm  die  iüleinige  Leitung 
des  Blattes,  von  welchem  fortan  jährlich  acht  Hefte  erschienen. 
Charakter  und  Tendenz  der  Zeitschrift  blieben  im  wesentlichen 
unverändert;  niu  sollte  dieselbe  in  Zukunft  auch  die  italienische 
Litteratur  und  Sprache  mehr  in  ihren  Kreis  hercinzieiien.  Auf 
dem  Titelblatt  wurde  aufser  der  ferneren  besonderen  Mitwii-kung 
Heinrich  Viehoffs  auch  die  Robert  Hieckes,  der  diin.al-  l'ro- 
fessor  am  Gymnasium  zu  Merseburg  wai-.  in   Aussicht  gestellt. 

Herrig,  der  zu  seiner  iilten  Liebe  zurüekgekein-t  war,  li('l.< 
im  ersten  Bande  der  neuen  Folge  seiner  Zeitschrift    Studien  zur 


XII  J>tiil\vi^'-  Hcrrig-. 

Geschichte  der  irischen  Liederdichtuug  erscheinen.  Dann  weirlen 
ihn  Wühl  die  Redaktionsgesehäfte  zu  sehr  in  Anspruch  genonnnen 
haben,  als  dais  er  mehr  als  gelegentliche  Besj)rechungen  von 
Werken  hätte  l)eisteuern  können.  Eine  kurze  Charakteristik 
Shelleys  im  neunten  Bande  giebt  ein  Lel)eusbild,  geht  aber  auf 
die  Werke  des  Dichters  nicht  näher  ein.  Auch  ein  Aufsatz  über 
Beu  Jonson  im  nächsten  Bande  ist  zu  kurz,  um  eingehend  sein 
zu  können.  Etwas  ausführlicher  werden  später  Beaumont  und 
Fletcher  besprochen.  Dann  folgt  aber  eine  Reihe  von  sehr 
dankenswerten  Artikeln  über  die  damals  noch  bei  uns  nur  wenig 
bckaimte  Litteratur  nou  Nordamerika  mit  Berücksichtigung  so- 
w(jhl  der  eigenartigen  Entwickelung  der  Sprache  als  auch  der 
liöhei'cn  Bildungsanstalten  im  12.,  l'S.  und  14.  Bande  des  Archivs. 
Obgleich  die  Herausgabe  des  Archivs  viel  Aufwand  von 
Zeit  und  Kraft  erforderte,  machte  es  Herrig  möglich,  nebenbei 
noch  eine  stattliche  Reihe  von  Büchern  zu  schreiben  oder  zu- 
sammenzustellen. Früher  schon  hatte  er  Übersetzungen  Shelley- 
scher Gedichte  und  eine  Verdeutschung  des  Werkes  Pickwick 
abroad  von  Reynolds  geliefert,  sowie  Extracts  from  the  Ger- 
man  Literatxre  adlected  and  trandated  bj/  Dr.  Harrif/  heraus- 
gegeben. Es  folgte  ein  Cahier  de  Littrndari'  /rciirai.sc,  als 
Leitfaden  zu  akademischen  Vorlesungen,  eine  unter  dem  Xamen 
H.  Hamilton  veröffentlichte  Reise  nach  London,  die  eine  kurze 
praktische  Anleitung  zum  mündlichen  Gebrauciie  der  englisciien 
Sprache  sein  sollte;  dann  kamen  Aufgaben  zum  Übersetzen  aus 
dem  Deutschen  ins  Englische,  von  denen  LSNO  die  zwölfte  Auf- 
lage herausgekonmien  ist.  Wichtiger  als  alle  eben  erwähnten 
Werke  ist  die  1850  im  Verlag  von  George  Westermann  zu 
Brauuschweig  erschienene  Sanunlung  The  British  Classical 
Authors,  Select  Specintens  nf  the  Xational  Literatare  of  Eng- 
land from  G,  (Jtancer  to  the  Present  Tivu',  Pnetrij  and  Proae. 
Diese  Chrestomathie  hat  bis  zu  ihrer  letzten  ti-1.,  im  Jahre  1889 
erschienenen     Auflage    vielfache     Umarbeitungen    erfaiu'en.      Es 


Liidwio-  Tforrio-.  \lll 

fehlten  ursprünglich  die  später  hinzugefügten  l)i(.uT;i|.liisclicii 
Skizzen  der  Autoreu,  und  erst  in  einer  der  letzten  Ausgaben 
ist  ein  litterarhistorischer  Überblick  hinzugetreten,  der  die  Übei-- 
schrift  führt  An  H/Moricol  Outline  of  Kncjlhh  Literat nva. 
Der  Stoff  ist  hin  und  wieder  verändert,  indem  leichtere  Stücke 
in  ein  später  zu  erwähnendes  Lesebuch  für  niittlci-c  Klassen 
verwiesen  sind;  während  der  Nichterfolg  einer  älniliehen  Samm- 
lung, The  American  (7at<sicnl  Authors,  die  1854  erschien  nnd 
keine  zweite  Auflage  erlebte,  den  Herausgeber  veranlaCste,  Muster- 
jn-oben  der  amerikanischen  Litteratur  dem  erstgenannten  M'erke 
als  Anhang  hinzuzufügen.  Ferner  hat  Hen-ig,  um  nur  ila>  W'ich- 
tigste  hervorzuheben,  später  alles  der  Periode  vor  der  Königin 
Elisabeth  Augehörende  gestrichen,  Ben  Jensons  Komödie  Kven/ 
Man  in  His  Humour  fortgelassen  und  den  ganzen  Abschnitt 
unterdrückt,  der  die  Überschrift  führte  77/r  (ircat  l)irinrs.  Die 
Zusammenstellung  wurde  immer  mehr  den  Bedürfnissen  der  Real- 
schule angepal'st,  während  ursprünglich  aucji  dem  \\ Citcrstudium 
hatte  Rechnung  getragen  werden  sollen. 

Durch  die  Redaktion  des  Archivs  war  Herrig  mit  den  tüch- 
tigsten Vertretern  der  damals  noch  in  den  ersten  Anfängen  be- 
griffenen Wissenschaft  der  modernen  Philologie  in  N'erkehr  ge- 
treten und  hatte  seinem  Xameu  einen  guten  Klang  erworben. 
Seine  Werke  hatten  ihn  allen  denen  bekannt  gemacht,  die  sich 
für  Schulwesen  interessierten.  So  kam  es,  dals  er  im  Jalu'(^  ISöl 
einen  Ruf  nach  Berhn  erhielt.  Er  sollte  m-sprünglich  eine  An- 
stelluno- an  der  von  dem  Direktor  v.  Kloeden  diriüierten 
Friedrich- Werderschen  (Gewerbeschule  erhalten,  und  es  wurde 
damals  in  den  Zeitungen  als  etwas  Aulscrordentlichcs  hervor- 
gehoben, dals  ehie  nicht  direktoriale  Stelle,  um  einen  so  bedeu- 
tenden Gelehrten  und  Sehulmann  zu  gewinnen,  mit  einem  (iehalt 
dotiert  wurde,  dessen  sich  die  ältesten  Lehrer  dieser  Anstalt  nach 
zehn-  bis  fünfzehnjähriger  Dienstzeit  nicht  zn  ei-freuen  hatten. 
Die    für    ihn    u;eschaffene    Stelle    hatte    er    kaum    angetreten,    al> 


XIV  Tiudwis:  Herrig. 

er  am  2.  September  1851  zuni  ordentlieheD  Lehrer  an  der 
Dorotheenstädtischen  Realschule  j>:e\vählt  wurde.  Er  erhieh  550 
Thaler  für  sechzehn  wöchenthche  Lehrstunden  und  auiserdem 
350  Thaler  für  acht  Lehrstunden  au  anderen  städtischen  An- 
stalten, also  ein  Gesamtgehalt  von  900  Thalern. 

Machen  A\-ir  jetzt  ein  wenig  Halt,  um  uns  Herrig,  wie  er 
damals  \\'ar,  zu  vergegenM'ärtigen !  AVo  er  auftrat,  überall  erregie 
er  durch  sein  kräftiges  und  gesundes  Wesen  wie  durch  seine 
schöne  Erscheinung  allgemeine  Aufmerksamkeit.  Die  Blicke 
konnten  sich  nicht  abAvenden  von  den  edlen  Zügen  seines  Ge- 
sichts, und  seine  vornehme  Haltung  entsprach  der  geistigen 
Überlegenheit,  welche  er  nicht  nur  Gleichgestellten  gegenüber 
fühlen  mufste.  Der  Zauber  seiner  Persönlichkeit  aber  bestand 
vor  allem  in  der  Gabe  des  Wortes,  das  er  stets  treifend  zu  iindeu 
und  schön  vorzubringen  wuIste.  Da  er  viele  Reisen  gemacht  und 
überall  aufmerksam  beobachtet  hatte,  da  er  ein  besonderes  Geschick 
besal's,  stets  das  Pikante  richtig  auszuwählen,  da  er  mit  bedeuten- 
den Männern  sowohl  in  seiner  Heimat  als  im  Auslande  in  persön- 
licher Beziehung  stand  und  manche  ergötzliche  Anekdote  zum  besten 
geben  konnte,  war  er  allgemein  gesucht  als  einer  der  interessante- 
sten Gesellschafter.  Diese  Virtuosität  wufste  er  aber  auch  als 
T^ehrer  mit  Glück  zur  Geltung  zu  bringen.  Dafs  die  Discijilin 
ihm  nie  Schwierigkeit  gemacht  hat,  läCst  sich  leicht  begi'cifcn. 
da  er  ja  auch  im  Leben  seine  aul'serordentliche  Gewandt  heil  in 
der  Behandlung  von  Leuten  der  verschiedensten  Art  bekundete, 
mit  denen  allen  er  fertig  zu  werden  verstand.  Die  Schüler 
fürchteten  aufserdem  seinen  Sarkasmus,  obgleich  er,  überwiegend 
milde,  demselben  auf  dem  Katheder  wie  im  geselligen  Kreise 
Zügel  anlegte  und  nur  im  wirklich  geeigneten  Augenblicke  von 
dieser  scharfen  AVafFe  Gebrauch  machte.  Es  bedurfte  dessen 
auch  nui-  selten,  da  die  Schüler  (hu'ch  geistreiche  Behandlung 
des  Stoffs  in  steter  Spamnmg  gehalten  wurden.  Von  Herrig 
wurden   die  lebenden  Sprachen   als  solche  gelehrt,  und  an   seinem 


Liidwio-  TTorria-.  \V 

eigenen  Leben  entzündete  sich  Leben.  Thni,  dem  Vielgevvandteu, 
der  vieler  Menschen  Städte  gesehen  und  ihren  Sinn  erkannt 
hatte,  stand  in  jedem  Augenblick  ein  reiches  Material  zu  (Ücbotf, 
um  die  Lektüre  zu  erläutern  oder  Sprachformen  in  ihren  mannig- 
fachen Beziehungen  zu  kennzeichnen.  Alles,  womit  die  sogcnatm- 
ten  Reformer  sich  jetzt  so  viel  wissen,  versuchte  er  schon  mit 
Glück  vor  vielen  Jahren,  ^\^e  er  uns  dies  selbst  in  einer  Vereins- 
sitzung geschildert  hat,  und  wie  es  längst  von  ihm  bekannt  war. 
Nur  die  Phonetik  liels  er  aus  dem  Spiel,  obgleich  er  derselben 
auf  seiner  ersten  Reise  nach  England  nahe  getreten  sein  soll. 
Er  verstand  es  aul'serdem,  die  Schüler  über  Schwierigkeiten  fort- 
zuheben  und  ihnen  Mut  zu  machen,  so  dafs  er  sie  bald  dahin 
brachte,  sich  im  fremden  Idiom  zu  versuchen.  Sie  gewannen 
bei  ihm  überhaupt  das  Bewufstsein,  dafs  sie  etwas  leisten  konn- 
ten. Dabei  gab  er  viel  auf  schönen  Vortrag  und  war  selbst  im 
stände  zu  zeigen,  wie  Dichter  gelesen  zu  werden  verlangen,  so 
dals  es  also  seinen  Lehrstimden  auch  an  Glanz  nicht  fehlte.  Kr 
richtete  sich  ferner  nicht  bloCs  an  den  Verstand,  sondern  aucli 
an  das  Gemüt  seiner  Schüler  und  gewann  ihr  Herz,  w(>il  er  an 
jedem  von  ihnen  ein  unverkennbares  persönliches  Interesse  nahm. 
Wie  sehr  jene  dies  fühlten,  geht  daraus  hervor,  dafs  sie  im 
späteren  lieben  seiner  stets  mit  Liebe  gedachten.  Ein  Reiter- 
offizier im  Elsafs  fand  das  treffende  Wort,  als  ei-  lierrig  zn 
seinem  Jubiläiun  den  Vers  sandte: 

Von  allen  Sprachen,  die  dein  Wissen  lehrt. 
Die  deines  Herzens  dich  am  meisten  eln-t. 

Herrigs  Kinder,  ein  Sohn  und  drei  Töchter,  waren  sämtlirli 
schon  vor  seiner  Übersiedelung  nach  l^erlin  gelx.rcn.  Da  d;is 
anfängliche  Einkommen  in  der  Hauptstadt,  so  liocli  l.cmox'n 
man  es  auch  finden  mochte,  für  eine  solche  l'\iniili«'  sell)si  Ix'i 
sehr  bescheidenen  Ansprüchen  nicht  ausreichte,  und  da  er  tlnrch 
langjährio-e  Schwierigkeiten  in  dem  Kntsclilufs  gefestigt  war.  für 
tlie  Zukunft  der  Seinigen    ausreichend  zu  sorgen,    gab  er  längen- 


XVJ  Liidwio;  Horriii'. 

Zeit  neben  seinen  sonstigen  zahlreichen  Lehrstunden  noch  Unter- 
richt un  Töchterschulen  und  hielt  viele  .lahre  hindurch  Pensionäre. 
Die  Erziehuuii'  derselben,  Avelche  er  mit  der  seines  Sohnes  und 
Neffen  zu  vcrl>inden  wufste,  lag  ihm  sehr  am  Herzen  und  gelang 
ihm  in  den  meisten  Fällen,  da  er  seiner  ganzen  Richtung  nach 
stets  bestrebt  war,  auf  Individualität  einzugehen.  Deutsche  und 
Ausländer  nmCsten  sich  gegenseitig  fördern;  die  letzteren  wurden 
in  km'zer  Zeit  so  weit  gebracht,  dal's  sie  eine  ("»ft'cntliche  Schule 
besuchen  konnten.  Herrig  leitete  ihre  Studien  und  wuIste  sie 
anzuregen;  besonders  des  Abends  im  geselligen  Ki-eisc  ti'at  sein 
belebendes  Vermögen  her\<)r.  Viele  der  früheren  Zöglinge  sind 
auch  als  ^Nfänner  mit  ihm  in  cngci-  h'rcundschaftsbczichung  ge- 
blieben. 

Der  gegenseitige  geistige  Austaus<'li  von  Angehörigen  ver- 
schiedener Nationen  sollte  in  grölsercm  Umfange  ins  A^Vrk  gesetzt 
werden,  als  Herrig  zu  Ostern  1859  teils  mit  fremdem,  teils  mit 
eigenem  Gelde  eine  Erziehungsanstalt  gründete,  das  V'tktorla- 
fnstitiit  zu  Falkenberfi  in  der  Mark.  Er  hatte  sich  anfangs 
dem  flüchtigen  Gedanken  hingegeben,  daCs  er  dort  einmal  in  länd- 
licher Mufse  den  Abend  seines  Lebens  beschlieCsen  kiumte;  aber 
vielseitige  Thätigkeit  war  ihm  im  liaufe  der  Jahre  so  sehr  zum 
Bedürfnis  geworden,  dal's  er  si(>  nicht  hätte  entbehren  können. 
Ausländische  Pensionäre  blieben  in  l'^alkenbcrg  allmählieh  aus,  und 
es  wurde  nötig,  die  Anstalt  auf  veränderter  (Jruudlage  fest  zu 
organisieren.  Die  anfängliche  Oberleitung  von  l^x'rlin  aus  stellte 
sich  als  ungenügend  heraus  und  inuCste  diu'ch  die  j)ers()nliche 
Verantwortlichkeit  eines  Dirigenten  an  Ort  und  Stelle  ersetzt 
werden.     So  trat  der  Gründer  von  dem   Unternehmen  zurück. 

Die  erste  Auszeichnung,  welche  Herrig  seitens  der  Staats- 
behch'de  in  l^erlin  zu  teil  wurde,  bestand  in  der  Verleihung  des 
Professortitels  im  Juni  iSäi*.  Weitere  Anerkemumg  l)ekuudete 
sieli  darin,  dal's  mau  ihn  bei  seiner  nicht  verborgen  gebliebenen 
Ai'beitski'alt    luicli    iüv  aiidei'e  Aiiitei-   und    Für  die   verschiedensten 


Ltifhvi'o   Hcnit;-.  XVII 

mit  dem  Schnlfach  zusammenhängenden  Sphären  /ii  iiewimi<-ii 
suchte.  Von  der  Dorotheenstädtischen  Realschule  \viii-de  «m-  iiacli 
drei  Jahren  an  die  gleichfalls  städtischen,  damals  noch  ungetrenn- 
ten Lehranstalten,  das  Friedrichs-Gynuiasium  und  die  Realsciml«' 
desselben  Namens,  versetzt.  An  der  letzteren  führte  er  fimt'zehn 
Jahre  lang,  bis  zu  seiner  Übersiedelung  nach  I^ichterfelde  im 
Sommer  1878,  das  Ordinariat  der  Prima.  Nachdem  er  eine  Zeit 
lang  als  Hilfslehrer  an  der  Königlichen  Kadettenanstalt  beschäf- 
tigt gewesen  war,  erfolgte  seine  definitive  Anstellung  an  derselbru 
im  April  1853  mit  einem  Anfangsgehalt  von  35()  Thalern  15  Siiber- 
groschen.  Am  23.  Februar  1854  wurde  er  zum  etatsmälsigen 
Professor  befördert.  Es  kamen  noch  andere  Amter  hinzu,  so 
dalis  er  zuletzt  in  Berlin  nach  seinen  eigenen  Angaben  über  rin 
ansehnliches  Jahreseinkommen  verfügte. 

Eine  Wirksamkeit,  die  seinen  Wünschen  besonders  entsprach, 
fand  Herrig  in  den  sechziger  Jahren  als  Docent  an  dei-  Kriegs- 
akademie; diese  hat  er,  nachdem  er  sich  schon  hatte  pensionieren 
lassen,  bis  zur  letzten  Stunde  seines  Lebens  fortgesetzt.  Die 
französischen  Lehrstunden,  welche  er  den  jungen  Offizieren  er- 
teilte, M'aren  ihm  deshalb  so  heb,  weil  es  weniger  auf  Einpauken 
als  auf  Anregung  zu  selbständigem  Studimn  ankam.  ]\\-  hatte 
hier  ein  äufserst  williges  Publikum,  das  vermöge  gröl'serer  geisti- 
ger Reife,  indem  der  Unterricht  die  Form  freien  Verkehrs  an- 
nahm, die  Macht  seiner  Persönhchkeit  empfand  und  ihm  dimkbar 
entgegenkam.  Mehr  vielleicht  als  in  irgend  einer  anderen  I^ehr- 
thätigkeit  —  und  er  machte  ja  die  verscin'edenartigstcn  |»;ida- 
gogischen  Erfahrungen  —  fühlte  er  sich  hier  in  seinem  «-igent- 
lichen  Lebenselemente. 

Einen  weitgehenden  und  nachhaltigen  Einfiuls  auf  die  Lehrer- 
welt s-ewann  Herri«;  dm-ch  seine  Ernenmmg  zum  aurserordentliciien 
MitgHed  der  wissenschaftlichen  Prüfungskonuui.ssioii  der  l'rcvinz 
Brandenburg  für  das  Fach  der  neueren  Sprachen  am  L'l.  April 
1853,   auf   welche   bald    eine  .Vnstelhmg   als  Mitgli<-d    der  Olx-r- 


XVIII  Ludwi«:-  Herri.o-. 

Militärexaminationskommission  folgte.  Letzteres  Amt  hat  er  noch 
unmittelbar  vor  seinem  Tode  versehen ;  aus  der  Prüfiuigskom- 
mission  für  das  sogenannte  Oberlehrerexanien  schied  er  aus,  als 
er  Berlin  verliefe,  mn  die  Stelle  als  Studiendirektor  in  I^ichter- 
felde  anzutreten.  Gerade  zum  Examinator  von  Kandidaten  des 
höheren  Schulamts  war  er  in  vieler  Hinsicht  wie  geschaffen. 
Herrig  glich  nicht  dem  gewöhnlichen,  ebenso  gewissenliaft  als 
ängstlich  ein  Symptom  nach  dem  anderen  beobachtenden  Arzte, 
sondern  dem  groisen  Heilkünstler,  der  sich  auf  sein  in  einzelnen 
hallen  allerdings  täuschendes,  aber  im  allgemeinen  sicheres  Apercu 
verläfst.  Er  besafs  eine  Menschenkenntnis  sondergleichen,  die  ilui 
gewöhnlich  sicher  leitete.  Indem  er  die  Bedürfnisse  der  Schule 
zur  Norm  seiner  Beurteilung  machte,  suchte  er  nicht  Lücken  des 
Wissens  festzustellen,  sondern  sich  eine  Ansicht  zu  bilden,  ob 
der  betreffende  Kandidat  bei  gewissenhaftem  Fortarbeiten  sich 
dem  Unterricht  in  den  von  ihm  beanspruchten  Klassen  gewach- 
sen zeigen  würde.  Oft  ist  er  freilich  wohl  zu  milde  gewesen 
und  hat  leider  manchmal  nur  LTndank  dafür  geerntet.  Aber  durch 
die  Forderung,  dals  der  Lehrer  einer  neueren  Sprache  dieselbe 
mündlich  wie  schriftlich  müsse  handhaben  köimen,  hat  er  zur 
Hebung  des  modernen  Sprachstudiums  beigetragen.  Dazu  kam 
noch,  dafs  er  sich  der  von  ihm  Examinierten  lange  nachher  er- 
innerte und  für  viele  derselben  eine  ihrer  besonderen  Beanlaguug 
entsprechende  Stellung  zu  finden  Miifstc. 

Von  Herrigs  amtlicher  Thätigkeit  ist  noch  zu  erwähnen,  daCs 
er  achtzehn  Jahre  lang  das  Berliner  Seminar  füi"  I^ehrer  der 
neueren  Sprachen  geleitet  hat.  Die  Gründung  desselben  verdan- 
ken wir  seiner  Initiative,  da  er  im  Februar  1859  in  eiuer  Ein- 
gabe an  das  Ministerium  teils  die  Gründung  eines  solchen  Se- 
minars vorgeschlagen,  teils  darauf  hingewiesen  liat,  wie  notwendig- 
es sei,  an  unseren  Universitäten  Lehrstühle  für  moderne  Spracli- 
studien  zu  errichten.  Da  die  Verbindung  eines  Seminars  für 
neuere  Spracliou    mit    der  Universität    auf  Schwierigkeiten   stiel's, 


Ludwig  Ht'iri;r.  \l.\ 

so  wiu'de  Herrig  aufgefordert,  eiiicu  iuideren  Plan  der  An  iui>- 
zuai'beiten,  dafs  sich  ein  Seminai'  au  das  Friedrichs-Gyiuuasium 
anschlösse,  an  welchem  er  selbst  angestellt  war.  Unter  Ge- 
nehniigimg  des  neuen  von  ihm  vorgelegten  Planes  wurde  he- 
stiijmit,  dals  nur  Kandidaten,  die  das  Examen  pm  t'acultatc 
docendi  bestanden  hätten,  ordentliche  Mitglieder  werden,  al)ei- 
auch  Studenten  nach  Beendigung  des  \'ierten  Semesters  als  Hos- 
pitanten zugelassen  werden  sollten.  Am  31.  Mai  1860  meldete 
Herrig  als  Direktor  dem  Proviuzial-SchulkoUegiun)  den  ersten 
Seminaristen  an,  während  ein  Sohn  Heinrich  Viehoffs  als  Hospitant 
hinzukam.  Durch  Herrigs  rastlose  Bemühungen  nahm  die  Be- 
teiligung immer  mein-  zu,  so  dals  bis  zum  Jahre  1870  weit  über 
zweihundert  Lehrer  der  Anstalt  angehört  hatten,  von  denen 
mehrere  Dü-ektoren  höherer  Lehraustalten,  andere  Universitäts- 
doceuten  geworden  waren.  Die  Seminarübungen  unter  Herrigs 
Leitung,  der  erst  1878  bei  seinem  Übergänge  nach  Lichterfelde 
zurücktrat,  bestanden  zunächst  in  Bes])rechung  eingelieferter 
grösserer  Arbeiten  entweder  in  französischer  oder  englischer 
Sprache,  für  welche  der  Dirigent  eine  Beihe  von  Themen  vor- 
schlug, indem  er  zugleich  Whike  für  die  Art  der  Behandlung 
gab.  Dazu  kamen  sonstige  Redeübungen  über  litterarisciie  oder 
pädagogische  Themata  und  Übersetzungen  aus  dem  Deutschen 
ins  Französische  oder  Enghsche.  Mit  besonderer  Vorliebe  lieCs 
Herrig  Dahhiianns  Geschichte  der  beiden  Revolutionen  übertragen, 
und  es  giug  dabei  etwas  flott  zu,  indem  \<>f  allein  (Teläutigkcit 
erlangt  werden  sollte.  Aufserdem  wurde  den  Seminaristen  Ge- 
legenheit geboten,  sich  sowohl  durch  Hospitieren,  als  durch  eige- 
nen Unterricht  imter  beständiger  Kontrolle  des  Scminardireklors 
})ädagogisch  zu  entwickeln. 

Nach  dem  Angegebenen  kami  es  uns  niclit  bclrcindcn.  dals 
es  Herrig  ganz  ähnlich  erging  wie  vor  ihm  «Icni  cip-nl liehen  lie- 
gründer  der  Altertumswissenschaft,  Friedrich  August  Wulf, 
dessen    Leistungen    in    Berlin    hinter    denen    seiner    Hallcschen 


XX  Ludwig  Herrig. 

Periode  zurückblieben.  Eine  Grolsstadt  mufs  die  Kräfte  ver- 
zehren, wenn  man  sieh  nicht  zu  isolieren  versteht.  Zu  selb- 
ständigen .Vi'ljeiten,  wie  man  sie  unter  günstigeren  Verhältnissen 
von  ihm  hätte  erwarten  dürfen,  konnte  Herrig  nicht  mehr  ge- 
langen; nicht  mehr  flössen  Artikel  aus  seiner  Feder  wie  diq  in 
den  ersten  Jahrgängen  des  Ai'chivs.  Ist  es  doch  fast  unbegreif- 
lich, wie  er  die  Zeit  zur  Redaktion  des  Blattes  imd  zu  der  da- 
durch veranlarsteu  Korrespondenz  fand.  Ungeachtet  aller  an  ihn 
gestellten  Ansprüche  war  er  dabei  noch  unermüdlich  in  der  Arbeit 
für  seine  Verleger.  Ln  Jahre  1856  gab  er  im  Verein  mit 
Burguy  als  Pendant  zu  den  British  Clansical  Anthors  eine 
französische  Chrestomathie  füi'  die  oberen  Klassen  heraus  unter 
dem  Titel  La  Fraucr  LitUrairt'.  Es  schlössen  sich  1863  die 
für  mittlere  Ivlassen  bestimmten  Sanmiluugen  an:  Preniieres  Ltc- 
tures  francaises  und  First  English  Reading  Book.  Welche  Ver- 
breitung diese  drei  ebenfalls  im  Verlage  von  George  Westermanu 
erschienenen  Werke  gefunden  haben,  geht  aus  der  grolsen  Zalil  der 
Auflagen  hervor.  Herrig  besorgte  aufserdem  1857  eine  neue  Be- 
arbeitung der  Wagnerschen  Grammatik,  ferner  die  Herausgabc  einer 
Sammlimg  englischer  Schriftsteller  mit  erklärenden  Anmerkungen 
in  deutscher  Sprache  und  heferte  selbst  dazu  Macbeth  und  Thv 
Merchant  of  Venice.  Ein  ähnliches  Unternelmien  in  gröi'serem 
Mafsstabe  bildete  den  Schlul's  seiner  schriftstellerischen  Thätig- 
keit.  1886  erschienen  im  Verlage  des  Freiherru  v.  Tauchuitz 
die  ersten  Bände  des  Students  Series  for  School,  College,  and 
Home,  deren  Leitung  Herrig  übernommen  hatte.  Darunter  be- 
fand sich  von  ihm  selbst  erklärt  Thnnias  ('arlgle,  The  Reign 
of  Terror,  ein  längerer  Abschnitt  aus  dessen  Geschichte  der 
französischen  Revolution. 

Unruhiger  Schaffensdrang  trieb  Herrig  sein  ganzes  Leben 
hindurch,  seine  Kräfte  auf  allen  ihm  nur  irgend  zugänglichen 
Gebieten  zu  versuchen.  Vorübergeheiul  ist  er  auch  einmal 
Publizist    geworden.      Seiue    politischen    Ansichten    hatten    schon 


Ludwig  Hcrrig.  XX F 

vor  der  Zeit  des  französischen  Krieges  einen  wcsentliclien  Wan- 
del erfahren.  Im  frühen  Mannesalter  war  er  entschieden  liberal 
gewesen,  von  Jahr  zu  Jahi-  ward  er  konservativer;  vor  allem 
empfand  er  unbedingte  Bewunderung  für  den  Fürsten  Bismarck. 
Daher  war  es  ihm  erwünscht,  dals  er  die  Aufforderung  zur 
Herausgabe  eines  englischen  Blattes  erhielt,  dessen  Autgabe  in 
Berichtigung  der  Urteile  über  preufsische  Politik  und  Beeinflussung 
der  ausländischen  Presse  bestehen  sollte.  Am  U).  Januar  1869 
erschien  in  Berlin  die  erste  Nummer  des  zweimal  wöchentlich 
ausgegebenen  Blattes  Tlw  North  Gerwuin  Correspondent.  Herrig 
hat  dasselbe  mehrere  Jahre  lang,  namentlich  auch  während  des 
Krieges  geleitet. 

Ein  grolses  Verdienst  hat  sich  Herrig  nicht  nur  um  die- 
jenigen, welche  sich  in  der  Hauptstadt  Preuisens  mit  moderner 
Philologie  beschäftigten,  sondern  aucli  um  weitere  Kreise  der 
Fachgenosseu  durch  die  Gründung  der  Berliner  Gesell nchaff  für 
das  fStudiuiit  der  neueren  Sprachen  erworben.  Da  Mätzner 
aus  dem  Schatten  des  Studierzimmers  nicht  hervortrat,  erblickten 
die  Berliner  in  den  fünfziger  Jahren  allgemein  in  Herrig  geradezu 
eine  Verkörperung  der  noch  jungen,  nicht  zur  Geltung  gekom- 
menen Wissenschaft.  Von  ihm  mufste  also  die  Anregung  aus- 
gehen, wenn  etwas  zu  stände  kommen  sollte.  Vermöge  seines 
rührigen  Wesens  gelang  es  ihm,  diejenigen  zusammenzubringen, 
von  denen  sich  Arbeit  erwarten  liel's,  abei-  auch  andere  für  eine 
Vereinigung  zu  gewinnen.  Festsetzung  der  Statuten  und  M  abl 
des  Vorstandes  erfolgte  am  1.  Dezember  1857;  es  war  die  erste 
regelmäfsige  Sitzung,  in  der  schon  Vorträge  gehalten  wurden. 
Das  Archiv  bot  sich  als  Organ  des  Vereins  dar  und  brachte 
fortan  regelmäi'sige  Berichte  über  dessen  Thätigkeit.  Hcnig.  al^ 
die  Seele  des  Ganzen,  wurde  zum  Vorsitzenden  gewähh  und  bat 
auf  allgemeinen,  wiederholt  ausgesprochenen  WunscJi  das  i^rä- 
sidium  bis  an  sein  Lebensende  behalten  müssen.  Er  ist  stets 
einer   der   regelmäCsigsten  Teihiehmer   gewesen    und    hat    nur   in 


XXII  Ludwig  Hcrrig. 

Ausnahnicfälleu  eine  Sitzung  versäumt.  Seltene  Gaben  waren 
in  ihm  Ncrcint,  die  ihn  zum  Vorsitzenden  einer  wifssenscluiftHt^hen 
Gesellschaft  befähigten,  ja  Meisterschaft  in  der  Leitung  bekunde- 
ten. Nicht  allein,  dal's  seine  Redegewandtheit  an  jedem  Abend 
hervortrat  und  sich  bei  besonderen  Gelegenheiten  zu  glänzenden 
Leistungen  steigerte,  er  wul'ste  aufserdem  eine  di})lomatische 
Haltung  zu  behaupten,  die  oft  notwendig  Avurdc,  wenn  bei  hefti- 
gem Zusammeustors  die  Sjjitze  abgebrochen  werden  mui'ste.  Aui'ser- 
dem  erkannte  er  es  stets  mit  feinem  Takt,  wenn  die  Erörterun- 
gen aufhörten,  allgemein  interessant  zu  sein,  wulste,  ohne  per- 
sönlich zu  verletzen,  dem  Langweiligen  ein  Ende  zu  machen  und 
zu  geeigneter  Zeit  durch  einen  Scherz  zu  erfrischen.  Dabei  hatte 
er  ein  besonderes  Talent,  die  Mitgheder,  oft  fast  mit  Gewalt,  zu 
Vorträgen  heranzuziehen  und  für  die  nötige  Abwechselung  des 
Stoffes  zu  sorgen. 

Herrigs  Unerschöpflichkeit  an  Mitteln,  um  die  ihm  vor- 
schwebenden bedeutenden  Zwecke  zu  fördern,  zeigte  sich  einige 
Jahre  nach  der  Gründung  der  Gesellschaft  für  das  Studium  der 
neueren  Sprachen,  indem  er  eine  Anzahl  von  Mitgliedern,  welche 
ilun  besonders  fähig  schienen,  zum  Halten  öff'entlicher  Vorträge 
in  dem  dazu  überlassenen  Konzertsaale  des  Schauspielhauses  ver- 
;nilarste.  Dei-  Ertrag  wurde  zu  Reisestipendien  für  jüngere 
moderne  Philologen  ^'er\vandt. 

Einer  von  Herrig  gegründeten  Anstalt  nuils  noch  gedacht 
werden,  wenngleich  dieselbe  vor  ihm  zu  Grabe  getragen  ist. 
Michaelis  1872  wurde  die  von  ihm  längere  Zeit  geplante  Akddemie 
für  ))ii)derne  Philologie  eröffnet.  Mochten  auch  die  den  Lekto- 
ren der  Universitäten  zufallenden  Aufgaben  in  crweitertcjn  Uni- 
lange  gelöst  werden,  mochten  auch  einleitende  Vorlesimgen 
jüngeren  Studenten  sehr  erwünscht  sein;  die  Anstalt  hätte  doch 
nur  lebensfähig  bleiben  können,  wenn  an  der  Berliner  Universi- 
tät keine  Lehrstühle  für  romanische  Philologie  nnd  für  das  Eng- 
lische errichtet  wären.     Herrig  selbst,  der  zu  dieser  zeitgemäfsen 


Liidwio-  TTerrio-.  XXIII 

Errungenschaft  viel  beigetragen  hatte,  hielt  an  iler  Akademie 
Vorträge  über  Eneyklopädie  der  modernen  Philologie  und  er- 
klärte Chaueer  und  Spenser. 

Es  ist  schon  gesagt  worden,  dais  Herrig  iiach  dem  Beispiele 
seines  Vaters  der  Braunschweiger  Freimaurerloge  beigetreten  war. 
Er  hatte  damals  eben  das  dreiundzwanzigste  Lebensjahr  vollendet 
und  stand  zur  Zeit  seines  Todes  nahe  vor  seinem  fünfzigjähriijen 
Maurer-Jubiläum.  In  Elberfeld  wurde  er  bald  Redner  der  doiti- 
gen  Loge  und  im  Alter  von  zweiunddreiCsig  Jahren  Meister  vom 
Stuhl.  Auch  in  Berlin  erwählte  man  ihn  ISö:]  zum  Meistei-  vom 
Stuhl  in  der  Johaiuiis-Loge.  Darauf  folgten  andere  Beförderungen, 
bis  er  1873  nach  dem  Tode  des  Professors  Seh naken bürg 
zum  Grol'smeister  der  Grofsloge  Royal  York  erhoben  wurde. 
Diese  Stellung  hat  er  sechzehn  Jahre  lang  bekleidet ;  er  hat  stets 
der  Vereinfachung  der  Bräuche  das  Wort  geredet  und  ist  mit 
Entschiedenheit  für  Zulassung  der  Juden  zum  Maurertum  ein- 
getreten. Indem  seine  Ansichten  denen  des  K  i-  o  n  p  r  i  n  /.  e  n 
und  nachmaligen  Kaisers  Friedrich  entsprachen,  wurde  ihm 
dessen  besondere  Gunst  zu  teil. 

Als  im  August  1878  die  Verlegung  der  Hauptkadettenanstalt 
von  Berlin  nach  Lichterfelde  stattfand,  bei  Avelcher  Gelegenheit 
Hemg  eine  kleine  Schrift  herausgab:  IMc  UdwptkadettPitdiiHtdlf 
zu  Lichter  fei  de,  wurde  er  zum  Ordinarius  oder  Studiendirektor 
des  ersten  Bataillons  ernannt.  Mit  dieser  Beförderung  steigerten 
sich  die  an  ihn  zu  stellenden  Ansprüi^he,  so  da/s  er  sich  ji'tzt 
vielleicht  weniger  glücklich  fühlte  als  früher,  da  er  mir  für  die 
Leistuns:en  seiner  eig-enen  Klassen  verantwortlich  war.  Die 
städtische  Anstellung  mulste  aufgegeben  werden;  dagegen  führte 
er  die  Thätigkeit  an  der  Kriegsakademie  fort.  Sonst  war  keim' 
wesentliche  Änderung  eingetreten,  nur  daCs  Zeit  verloren  ging 
durch  die  Notwendigkeit  des  beständigen  Hin-  und  Herfahrens 
zwischen  Berlin  und  Lichterfelde.  Im  Jahre  188;")  liels  sich 
Herrig,   dessen  Brust   schon  viele  Orden  schmückten,   ohne    sein 


XXIV  T.ndwio-  Honiu'. 

fünfzigjähriges  Dienstjiibiläuni  ubzuwarteu,  iu  den  Ruliestand 
versetzen,  indem  er  jedoch  seine  Stelle  an  der  Kriegsakademie 
und  die  Prüfung  im  Fähnrich examen  beibehielt.  Er  zog  nach 
Berlin  zurück,  um  endlich  eine  durch  Fleifs  und  Anstrengung 
errungene  ehrenvolle  Mul'se  zu  geniel'sen.  Ruhe  Avar  ihm  nicht 
lauge  vergönnt;  nur  zu  ))ald  ereilte  ihn  der  Tod.  Ein  mit  Asthma 
verbundenes  Herzleiden  hatte  längst  zu  Befürchtungen  Anlais 
gegeben.  Am  17.  Januar  1889,  als  er  aus  der  Kriegsakademie 
zurückkehrte  und  sich  eben  die  Thür  seines  Hauses  hatte  öifnen 
lassen,  sank  er  leblos  zurück.  Der  Todeskampf  war  ihm  erspart 
worden.  Sein  Staub  ruht  auf  dem  Matthäikirchhofe  nicht  weit 
von  den  Gräbern  der  Gebrüder  Grimm,  zu  deren  Füfsen  er  einst 
in  Göttingen  gesessen,  mit  denen  zusammen  er  die  Universitäts- 
stadt verlassen  hatte. 

Herrig  gehörte  einer  Zeit  des  Werdens,  des  Übergangs  in 
seiner  Wissenschaft  an.  Dal's  er  sich  in  einer  solchen  Zeit,  ohne 
eigentliche  Fachstudien  auf  der  Universität  betrieben  zu  haben, 
auf  dem  Niveau  zu  halten  vermochte,  verdient  die  höchste  An- 
erkennung. Er  hat  überall  thätig  zugegriffen  und  die  Sache  der 
modernen  Philologie  gefördert  wie  kaum  ein  anderer,  indem  er 
ihr  Anerkennung  verschafft  hat.  Seine  Erdenbahn  ist  weniger 
reich  an  Erlebnissen,  als  an  stiller,  von  Segen  begleiteter  Thätig- 
keit  gewesen.  Durch  stete  Bereitwilligkeit  zu  helfen  imd  Gutes 
zu  thun  hat  er  Unzählige  zu  tiefgefühltem  Dank  verpflichtet, 
seine  Familie  hat  ihn  geradezu  vergöttert.  Mögen  manche  Hoff- 
nungen ihm  fehlgeschlagen,  nicht  alle  Blütenträume  gereift  sein, 
er  war  ein  glücklicher  Mensch.  Sein  Andenken  wird  stets  ge- 
segnet werden. 

I  m  m  a  n  u  e  1    S  c  li  m  i  <1 1. 


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